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HARVARD
COLLEGE
LIBRARY
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GESCHICHTE
RÖMilSCHEN LITERATUR.
W. S. TEUFFEL.
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ins AWIAQS.
LEIP2IG.
DBDCK UND VERLAG VON B. G. TEUBNEK.
1872.
HARVARD COLLEGE LIBRARY
GIFT OF
DR. JOHN RATHBONE OLIVER
AUGUST 4, 1941
Das Hecht der Uebersetzung in fremde Sprachen wird vorbehalten.
Vorwort.
Durch Zweierlei hauptsächlich unterscheidet sich die vor-
liegende Bearbeitung der romischen Literaturgeschichte schon
äasserlich von ihren Vorgängern: dem Umfange nach durch ihre
gleichmässige Berücksichtigung der christlichen Literatur^ der
Art. nach durch ihre chronologische Anlage. Das Eine wie das
Andere ist der Ausfluss davon dass vor Allem mein Bestreben
war eine wirkUche Geschichte der romischen Literatur zu
geben, eine Darstellung ihrer Erscheinungsweisen während der
Jahrhunderte ihres Daseins.
Von diesem leitenden Gresichtspunkte aus musste es als ganz
unmöglich erscheinen die christliche Literatur auszuschliessen
oder auch nur zu verkürzen; denn vom Ende des zweiten Jahrh.
n. Chr. an ist sie nun einmal ein Bestandtheil der römischen
Literatur, und zwar einer von immer zunehmender Wichtigkeit.
Sie trotzdem hintanzusetzen wäre nur dann zulässig wenn man
überhaupt sich, mit Weglassung aller technischen Fächer, auf
die sog. schöne Literatur beschränken wollte. Behandelt man
aber die Literatur der Jurisprudenz, Naturwissenschaften u. s. f.,
so darf man auch gegen die der Theologie sich nicht verschliessem
Abhalten könnte davon nur etwa ihr grosser Umfang. Aber es
versteht sich dass sie • Gegenstand der Literaturgeschichte nur
in der Ausdehnung werden kann in der es auch die übrigen
technischen Fächer sind; und was die Art ihrer Behandlung be-
triflFfc, so war mein Bemühen sie mit historischem Sinne anzu-
fassen, also ohne Einmischung in die dogmatischen Zänkereien,
aber auch ohne Geringschätzung.
Das andere Unterscheidungsmerkmal ist die Anlage nach der
Zeitordnung. Sie ist eine so unmittelbare Folge des historischen
Grundcharakters und hat sich mir in mehr als zwanzigjährigem
akademischem Vortrage so vollständig bewährt dass ich hofife
es werde auch in Zukunft dabei sein Bewenden haben.
Eine weitere Folge der historischen Haltung welche meine
Arbeit erstrebt war dass für mich der zufallige Umstand ob
von den Schriften eines Mannes viel oder wenig oder vielleicht
auch gar nichts auf uns gekommen ist nur von untergeordneter
Bedeutung war. Ich habe die einzelnen Gestalten der Literatur
nach ihrem innern Werthe, an sich und für ihre Zeit, zu war-
IV Vorwort.
digen gesucht und könnt« mich dadurch dass vielfach der Zufall
gerade gegen die gehaltvollsten und selbständigsten sich miss-
günstig erwiesen hat nicht bestimmen lassen nun auch meiner-
in Schatten zu drängen.
it war mein Bestreben auf Zuverlässigkeit gerichtet, wie
rteiHchkeit Ich habe mich fem zu halten gesucht gleich
blinder Bewunderung alles Geschriebenen wie von Partei-
tr oder wider. Aber den unwandelbaren Gesetzen nach
ch eines Mannes Tüchtigkeit und eines Schriftstellers
emisst musste nnverkfirzt ihr Etecht werden.
Grenze fOr die Darstellung war dadurch gegeben dass
erk eine römische Literaturgeschichte ist, eine Ge-
der Literatur des römischen Volkes und des römischen
Wäre mein Ziel eine lateinische Literaturgeschichte
d. h. eine Geschichte der in lateinischer Sprache ab-
Literatur, so hätte ich kein Ende zu 6nden gewusst,
war dieses mit dem Ende des römischen Volkes und
ron selbst geboten. Nur durfte hier nicht mit Pedanterie
werden. Mit der Absetzung des Augustulus war weder
1 noch vollends gar das Volk vernichtet; es waren daher
Haupterscheinungen der Literatur im sechsten Jahr-
nit in Betracht zu ziehen, und um ihnen ihre richtige
ing zukommen zu lassen musste auch manches schein-
idartige und Unbedeutende noch- Aufnahme finden,
darf dieses Vorwort nicht schliessen ohne meinen
Voi^ängem den schuldigen Zoll der Dankbarkeit zu
1. Bähr's umfassende BUcherkenntniss hat mir manche
liefert die mir selbst entgangen war. Wenn es ver-
ässig selten vorkam, so hat diess seineu Grund theils
18 ich vom ersten Beginn meiner Studien an mir die
le und römische Literaturgeschichte zur Lebensaufgabe
und daher von Anfang an dafür gesammelt habe, theils
Imstande dass ich grundsätzlich darauf verzichtete alle
isgesprochenen Ansichten, mögen sie irgend welchen
r sich haben oder nicht, zu verzeichnen. Bernhardy's
Werke aber verdanke ich seit einer langen Reihe von
nendlich viele Anregung, und es ist für mich ebenso
s wie Pflicht diess hier öffentlich auszusprechen,
ingen, 31. October 1870.
Die günstige Aufnalune welche dieses Bach gefunden, so
dass die starke Auflage fast unmittelbar nach YoUendung des
Ganzen Tergriflfen war, diente mir als Sporn auf die Vervoll-
kommnung desselben allen Fleiss zu verwenden. So zeigt denn
diese zweite Auflage viel zahlreichere und tiefer gehende
Aenderungen und Zusätze als die Kürze der dazwischen liegenden
Zeit erwarten lassen sollte. Aber theils hatte schon das Er-
scheinen der ersten Auflage über einige Jahre sich erstreckt,
während deren manches Neue nachwuchs, theils musste die zu-
sammenhangende Durcharbeitung des ganzen Gebietes nament-
lich-für den ersten Theil viele Erweiterungen und Verbesserungen
mit sich bringen. Aber auch sonst galt es nicKt selten wahr-
genonmiene Lücken auszufällen, Irrthümer zu berichtigen, Un-
gleichheiten zu beseitigen. Manches habe ich auch den freund-
lichen Mittheilungen von Fachgenossen zu danken, wie besonders
M. Hertz, dann F. A. Eckstein, Freudenberg, L. Müller, E. Wölflflin;
Anderes neueren Programmen und Dissertationen, für deren ge-
fallige Zusendung ich den Verfassern durch sorgfältige Benützung
und Erwähnung meinen Dank abzustatten suchte. Anlage und
Plan aber ist im Wesentlichen unangetastet geblieben, da ich
ihn wohl als erprobt betrachten darf. Ausstellungen die sich
darauf bezogen habe ich daher, so zugänglich ich sonst für Be-
lehrung bin, sehr selten Folge gegeben. So namentlich nicht
dem Vorwurfe allzu grosser Theilung in der Kaiserzeit. Wen
hindert denn diese Theilung weiterzulesen oder aus der Inhalts-
übersicht den gewünschten Ueberblick sich rasch zu verschaffen?
Wenn die Quellen es gestatteten und die einzelnen Generationen
sich imm^r selbst gegen einander scharf genug abhöben, so würde
ich eher noch weitere Zerlegung des Stoffes für das Richtige
halten, um dem geschichtlichen Entwickelungsgange Schritt für
Schritt nachzufolgen. Sonst a,ber habe ich keinen Beitrag zur
Verbesserung meines Werkes wissentlich unbenutzt gelassen und
werde auch fernerhin für jeden dankbar sein.
Tübingen, 30. Juni 1872.
Wilhelm Sigmund Tenffel.
Inhaltsübersicht
A. Allgemeiner und sachlicher Theil.
1. Bömischer Volkscharakter. S. 1. 2. Stellung der Römer zur
Literatur. S. 2.
3. Dramatische Begabung der Römer. S. 3. 4. Yolksmässigc AufFüh-
rungen. S. 4. 5. Die Fescenninen. S. 4. 6. Die saturae. 8. 5. 7. Der
mimuB. Begriff und ältere Geschichte. Planipes. S. 7. 8. Der mimus
am Ende der Republik und in der Kaiserzeit. S. 9. 9. Die Atellancn als
Volksposse. S. 13. 10. Die Atellanen als Literaturzweig. S. 14. 11.
Volkspoesie der Römer. S. 15. 12. Das Kunstdrama. Uebersicht. S. 17.
13. Die Tragödie. S. 17. 14. Die praetexta. S. 20. 15. Die palliata.
Uebersicht ihrer Geschichte. S. 21. 16. Nähere Charakteristik der pal-
liata. S. 22. 17. Die togata (tabernaria, trabeata). S. 26. 18. Die
Rhinthonica. S. 28.
19. Das Epos. Geschichtliche und nationale Stoffe. S. 29.. 20. Das
heroische Epos. S. 31. 21. Christliche Epiker. S. 32. 22. Epithala-
mium. S. 33. 23. Das Lehrgedicht? S. 33. 24. Spruchgedichte. S. 36.
25. Der poetische Brief. S. 37. 26. Räthscl. Centoncs. Akrosticha. S. 38.
27. Die Fabel. S. 40. 28. Die Satire als Literaturzweig. S. 41. 29.
Das Idyll. S. 43.
30. Aelteste Xyrik. S. 44. 31. Das Epigramm. S. 45. 32. Die
Elegie. S. 46. 33. Der lambus. S. 48. 34. Die Melik. S. 60.
35. Die Prosa bei den Römern. S. 52. 36. Die Geschichtschreibung
bei den Römern im Allgemeinen. S. 52. 37. Die Annalisten. S. 55. 38.
Die Historiker der cic. und augusteischen Zeit S. 57. 39. Die Historiker
der Kaiserzeit. S. 58. 40. Die Inschriften. S. 61. 41. Die Alterthums-
forschung, Polyhistorie und Grammatik. S. 62.
42. Die Beredtsamkeit bei den Röme^n. S. 67. 43. Die Beredtsam-
keit in der Republik. S. 69. 44. Die Beredtsamkeit in der augusteischen
und der Kaiserzeit. .Rhetorik. S. 73. 45. Briefe und Briefsammlungen.
S. 78. .
46. Die Jurisprudenz in der Republik. S. 81. 47. Die Jurisprudenz
in der augusteischen und der Kaiserzeit. S. «84.
48. Die Philosophie bei den Römern in der Zeit der Republik. ^S. 87.
49. Die Philosophie in der Kaiserzeit. S. 90.
50. Mathematik und Astronomie. S. 92. 51. Die Naturwissenschaften.
S. 94. 52. Die Land- und Haus-Wirtschaft. S. 95. 53. Die Heilkunde.
S. 96. 54. Die Kriegswissenschaft. S. 98. 55. Die Architektur. S. 98.
56. Die Feldmesskunst. S. 99. 57. Die scriptores metrologici. S. 100.
58. Die Geographie. S. 100.
Inhaltsübersicht. VII
B. Besonderer und persönlicher Theil.
L Yorgeichichte der rdmisolieii Literatiir, bii inm J. 514 d. St.
59. Formeller Charakter der ältesten Aufzeichnungen. Carmen. S. 103.
60. Der Saturnius. 8. 103. 61. Materieller Charakter der ältesten Auf-
zeichnungen. Ueber sieht. S. 105. 62. a) Gottesdienstliches. Carmen
saliare. S. 106. 63. Carmen fratrum arvalium. S. 106. 64. Weissagungen.
S. 107. 65. Tabulae Iguvinae. S. 108. 66. b) Politisch -historisches.
Foedera-regum. S. 108. 67. Bundesverträge aus der ältesten Zeit der
Republik. S. 109. 68. Leges regiae. S. 109. • 69. lus Papirianum. S. 110.
70. Conunentarii regum. S. 110. 71. Libri und commentarii pontificum.
S. 110. 72. Fasti als Kalender. S. 111. 73. Fasti als Magistratsver-
zoichnisse. S. 114. 74. Annales pontificum. S. 115. 75. Aufzeichnungen
anderer priesterlicber Collegien. S. 117. 76. Aufzeichnungen weltlicher
Behörden. S. 118. 77. Libri magistratuum. S. 118. 78. c) Monumenta
privata. Haus- und Familien - Chroniken. S. 119. 79. Lobreden auf Ge-
storbene. S. 119. 80. Loblieder auf Gestorbene. Neniae. Tafellieder.
S. 120. . 81. Inschriften der fünf ersten Jahrhunderte. S. 121. 82. Car-
mina triümphalia. S. 123. 83. Andere carmina popularia. S. 123. JB4.
d) Bechtsquellen und Rechtsliteratur. Die zwölf Tafeln. S. 124. 85.
Legis actiones. S. 125. 86. Cn. Flavius (ins Flavianum). S. 125. 87.
Aelteste Rechtsgelehrte. P. Sempronius. Ti. Corunoanius. S. 126. 88.
Appiua Claudius. S. 126.
n. Erst« P^ode. Von Andronikna bis in die inUanische Zeit. J. 514—670 d. Bt.
89 — 91. Charakteristik der beiden Jahrhunderte. S. 127. (89. Das
sechste Jahrhundert. S. 127. 90. Das siebente Jahrhundert. S. 132. 91.
Sprache und Metrik in beiden Jahrh. S. 134.)
A. Sechstes Jahrhundert.
I. Dichter.
92. Andronicus. S. 137. 93. Cn. Naevius. S. 139. 94. Plautus.
Leben und schriftstellerische Thätigkeit. S. 141. 95. Die erhaltenen
zwanzig Stücke in der überlieferten (alphabetischen) Reihenfolge. 'S. 143.
96. Ihre Gesammtgeschichte und Literatur. S. 149. 97. Dichterische
Eigenthümlichkeit des Plautus. S. 152. 98. Fortleben des Plautus. Pro-
loge. Alte Commentatoren. S. 155. 99. Q. Ennius. Sein Leben. S. 155.
100. Seine Annales. S. 157. 101. Seine Tragödien und praeteztae. S. 159.
102. Seine Satnrae. Epicharmus, Euemerus u. A. S. 160. 103. Dichteri-
sche Eigenthümlichkeit des Ennius. S. 161. 104. M. Pacuvius. S. 162.
105. Statins Caecilius. S. 163. 106. Andere Palliatendichter. Trabea,
Luscius u. A. S. 164. 107. P. Torentius. Sein Leben. S. 165. 108.
Seine schriftstellerische Thätigkeit. Handschriften. Commentatoren. Di-
daskalien. S. 167. 109. Seine sechs Stücke in der herkömmlichen
Ordnung. S. 170. 110. Dichterische Eigenthümlichkeit des Terenz. S. 174.
111. Der Togatendichter Titinius. S. 175. 112. Der Palliatendichter
Tnrpilins. S. 176. 113. Andere Dichter des sechsten Jahrh. d. St. S. 176.
114. Metrische Inschriften aus dem sechsten Jahrh. d. St. S. 177.
YIIl Inh<sübenicht.
II. ProBaisten.
116. Aelteste Geschichtschreiber : Q. Fabius Pictor. S 177. 116. L.
Cincius Alimentus. S. 180. 117. M. Porcias Cato. Leben und Charakter.
S. 181. 118. Cato als Redner. S. 182. 119. Cato aU Geschichtschrei-
ber. S. 184. 120. Cato's praecepta ad filium und andere Schriften. S.
186. 121. Cato's Schrift de re rustica. S. 187. 122. Andere gleich-
zeitige Redner. S. 188. 123. C. Sulpicios Galius und C. Titius. S. 190. \
124. Gleichzeitige Juristen: P. und Sex. Aelius u. A. S. 191. 125. M. ^
FulviuB Nobilior und sein Sohn Q. S. 192. 126. Andere gleichzeitige
Geschichtschreiber. S. 193. 127. Sp. Carvilius. S. 194. 128. Prosaische
Inschriften des sechsten Jafarh. d. St. S. 194.
ß. Siebentes Jahrhundert d. St.
I. Dichter.
129. Hostius. L. Attius. S. 196. 130. T. Quintius Atta. S. 198.
131. L. AfranioB. S. 199. 132. C. Lucilius. S. 200. 133. Epigramma-
tisten: Pompüius, Yalerius Aedituus, Porcius Lioinus, Q. Catulus. — A.
Fiuius. S. 203. 134. Didaktiker: Q. Valerius, Terentius Ljbo, Volcatius
Sedigitus. S. 204. 136. L. Pomponius und Novius. S. 205. 136. Me-
trische Inschriften aus J. 600—670. S. 206.
II. Prosaisten.
137. Redner J. 600 — 620: der jüngere Africanus, seine Freunde und
Gegner. 8. 207. 138. Geschichtschreiber dieser Zeit, besonders Cassins
Hemina und Piso Frugi. S. 210. 139. Juristen dieser zwei Jahrzejmte,
besonders M'* Manilius, M. Brutus und P. Mucius Scaevola. S. 212.
140. Die Zeit' der Gracchen (J. 620—636). Ti. und C. Gracchus. S. 214.
141. Die andern Redner der gracchischen Zeit, besonders C. Garbo, 0.
Fanniue €. F., M. Scaurus, C. Curio. S. 217. 142. Geschichtschreiber
aus dieser Zeit, bes. C. Fannius M. F., Antipater und Asellio. S. 219.
143. Alterthumsfgrscher und Gelehrte der gracchischen Zeit, bes. Tuditanus
und Junius Gracchanus. S. 223. 144. Stoiker und Juristen dieser Zeit:
C. BlossiuB und Q. Tubero, Q. Scaevola Augur. S. 224.
146. Die Zeit nach den Gracchen, Jahr 635 — 660. Redner darin: T. '
AlbuciuB, C. Fimbria u. A. S. 225. 146. P. Rutilius Rufus und Q. Lu-
tatius Catulus. S. 227. 147. L. Aelius Stilo und andere Literatoren. S. 229.
148. Die Jahre 650—670. Cn. Matius, Laevius. S. 231. 149. Die
Hauptredner dieser Zeit: M. Antonius und L. Crassus. S. 233. 160.
Redner zweiten Ranges, bes. L. Philippus, Caesar Strabo, C. Cotta, P.
Sulpicius, C. Curio. S. 235. 161. Die Rechtsgelehrten dieser Zeit:
Q. Scaevola Pontifex und seine Schüler und Fachgenossen. S. 237. 152.
Die Annalisten dieser Zeit: Aufidius, Quadrigarius, Yalerius Antias. S. 239.
153. Sisenna und Licinius Macer. S. 242. 154. Sulla und LucuUus.
C. Piso. S. 245. 155. Andere Geschichtschreiber aus der sollanischen
Zeit: L. Manlius, Voltacilius. S. 247. 156. Gelehrte, Lehrer und Litera-
turen, bes. PlotiuB Galius, Nicanor, Opilius, Gnipho, Cosconins, Ser. Clodius.
S. 248. 157. Schriftsteller über Land- und Hauswirtschaft: Saserna,
Inhaltsüberaiclit. IX
Scrofa VL. A. S. 250. 168. Anhänger der Philosophie'. S. 251. 159. Die
Rhetorik ad Herennium. S. 252.
160. ProBaische Inschriften aus den Jahren 600 — 700. S. 254.
nL Zw«He Periode. Das goldene Zeitalter der römischen Literatar, J. 671—770.
A. Die ciceronische Zeit, J. 671—711 d. St.
161. Allgemeine Charj^kteristik und Uebersicbt der ciceroniöchen Zeit.
S. 255.
I. Erste Hälfte der ciceronischen Zeit, J. 671—691 d. St.
162. M^ Terentins Varro. Sein Leben nnd Charakter. S. 265. 163.
Seine Schriftstellerei. Ueberblick und Poetisches. S. 267. 164. Die
prosaischen Schriften Varro's. S. 270. 165. Varro's Werk de lingua
laiina. S. 276. 166. Varro's Bücher rerum rnsticamm. S. 278. 167.
Erhaltung der varronischen Schriften. Die sog. sententiae Varronis. S. 279.
168. Q. Hortensins und andere Redner, bes. der Optimaten. S. 281. 169.
Atticus und andere Geschichtschreiber. S. 283. 170. üobersetzer philo-
sophischer Schriften, Amafinius u. A. S. 286. 171. Aquilius Gallus,
Sulpicius Rufus und andere Juristen. S. 287.
172. M. Tullius Cicero. Sein äusseres Leben. S. 290. 173. Cicero
als Mensch und Staatsmann. S. 291. 171. Cicero als Schriftsteller. S. 292.
175. Cicero als Redner. S. 294. 176. Die erhaltenen Reden Cicero's.
S. 296. 177. Sonstige Reste von C.icero's rednerischer Thätigkeit. S. 309.
178. Cicero als Schriftsteller über Rhetorik. S. 310. 179. Cicero's rhe-
torische Schriften. S. 311. 180. Die Sammlungen ciceronischer Briefe
im Ganzen. 8. 315. 181. Die erhaltenen Sammlungen dieser Briefe.
S. 317. 182. Cicero als Philosoph. S. 321. 183. Cicero> philosophi-
sche Schriften. S. 323. 184. Cicero als Jurist. S. 336. 185. Cicero
als Historiker. S. 336. 186. Cicero's Schriften in gebundener Form.
S. .338. 187. Q. Cicero. S. 339. 188. M. Tullius Tiro. S. 341.
189. Dichter dieser Zeit: Albucius, Egnatius, D. Laberius, M. Furius
Bibaculus. S. 342.
n. Zweite Hälfte der ciceronischen Zeit, J. 691—711 d. St.
190. Die ältere Generation. Uebersicht. S. 345. 191. C. lulius
Caesar. Sein äusseres Leben. S. 346. 192. Caesar's Charakter und
Schriftstellerei. S. 347. 193. Die erhaltenen commentarii des Caesar.
S. 349. 194. Fortsetzung seiner commentarii durch Hirtius u. A. S. 353.
195. Cornelius Nei>os. S. 366. 196. P. Nigidius Figulus und andere
Augoralschriftsteller. S. 361.. 197. Valerius Cato, Orbilius und andere
Grammatiker. S. 365. 198. M. Porcius Dato der Jängere. S. 367. 199.
Die Juristen Ofilius, Trebatius, A. Cascellius u. A. S. 368. 200. Die Redner
M. Calidius, C. Memmius u. A. S. 370. 201. T. Lucretius Carus. S. 371.
202. Die jüngere Generation. Uebersicht. S. 376. 203. C. Sallustius
Crispus. Leben und Schriften. S. 377. 204. Sein schriftstellerischer
Charakter. S. 382. 205. Q. Tubero, Alfenus Varus, C. Matius. S. 386.
206. Andere Caesarianer (bes. Redner), wie Q. Cornificins, M. Antonius, L.
Baibus. Caelius Rufus, Munatius Plancus u. A. S. 380. 207. Gelehrte
I ■' *■•
»j;>..
X ItihaltBÜbersicht.
lind Lebrer: Atoius Philologus ii. A. S. 393. 208. Dichter ohne Partei-
farbc; Yarro Atacimis, Publilius Syrus u. A. S. 395. 209. Anti-
cacsarische Redner und Schriftsteller: M. und D. Brutas, C. Cassius, Cas-
sius Parmensis, Trebonius, Ampius, Pitholaus u. A. S. 399. 210. Dichter:
Ticidas, Helvius Cinna und Licinius Calvus. Anser. S. 402. 211.
Catullus. S. 406. 212. Politische Tageeliteratur. S. 411. 213.
Acta eenatus. Acta populi. S. 413. 214. Briefe. S. 415.
215. Inechrifken aus den Jahren 670—710 d. St. S. 415.
B. Die augusteische Zeit, J. 711—767 d. St.
216. Allgemeine Charakteristik und Uebersicht. S. 417. I. Die
leitenden Männer. 217. August, Maecenas und Agrippa. S. 426. 218.
Asinius Pollio und M. Messala. S. 431.
II. Die Dichter. 219. L. Varius und Aemüius Macer. S. 437. 220.
P. Vergilius Maro. Leben und äussere Verhältnisse. S. 439. 221.
Vergils Charakter als Mensch und Dichter. S. 441. 222. Vergils Ge-
dichte: die Bucolica. S. 444. - 223. Vergils Georgica. S. 445. 224.
Vergils Aeneis. S. 448. 225. Die kleineren vergilischen Gedichte! S. 453.
226. Fortleben von Vergils Person und Gedichten. S. 459. ^ 227. Cornelius
Gallus. S. 464. 228. Codrus. Bavius und Maevius. S. 465.
229. Q. Horatius Flaccus. Leben und äussere Verhältnisse. S. 466.
230. Charakter als Mensch und Schriftsteller. S. 469. 231. Die Satiren
des Horatius. S. 472. 232. Seine Epoden. S. 474. 233. Seine Oden.
S. 475. 234. Seine Briefe. S. 481. 235. Schicksale seiner Werke.
S. 484.
236. C. Valgius Eufus. S. 489. 237. Andere Freunde des Horaz:
Aristius Fuscus, Ser. Sulpicius, Titius u. A. S. 490. 238. Domitins
Marsus. S. 491. 239. Pupius. Melissus. Lynceus. S. 492. 240. Al-
bius Tibullus. Sulpicia und Lygdamus. S. 493. 241. Sex. Propertius. S. 498.
242. P. Ovidius Naso. Leben und Charakter. S. 502. 243. Ovids
erotische Dichtungen. S. 506. 244. Ovids Metamorphosen und Fasti.
S. 509. 246. Ovids Gedichte aus der Verbannung. S. 511. 246.
Pseudo - Ovidisches. Allgemeine Ovid- Literatur." S. 513. 247. Ovids
dichterische Freunde: I^onticus, Tuticanus, Macer d. J., Sabinus, Cornelius
Severus, Pedo Albino vanus und andere Epiker aus der letzten Zeit des
Augustus (Rabirius, Julius Montanus u. A.). S. 515.
248. Didaktiker: Gratius Faliscus und Manilius. S. 519. 249. Elegiker,
Lyriker, Dramatiker u. dergl.: Bassus, Proculus, Alfius Flavus, Gracchus,
Philistio u. A. S. 522.
ni. Die Prosaiker. 250. Die Geschichtschreiber Octavius, Volumnius,
Bibulus, Dellius und die Autobiographen. Cincius. S. 523. 251. T.
Livius. Leben und Schriften. S. 525. 252. Charakteristik des Livius
und seines Geschichtswerkes. S. 529. 253. Pompeius Trogus. (Justinus.)
S. 536. 254. Fenestella, Arruntius u. a. Geschichtschreiber der spätem
augusteischen Zeit. S. 539. 255. Der Grammatiker Sinnius Capitö.
S. 542. 256. M. Verrius Flaccus. (Festus. Paulus.) S. 543. 257. C.
Julius Hyginus. S. 546. 258. Andere Grammatiker, Gelehrte und For-
Bcher der Zeit. S. 551. 259. Vitruvius Pollio. S. 553. 260. Juristen
Inhaltsübersicht. XI
der Zeit: Antistius Labco, Ateius Capito, Fabius Mela. B. 556. 261. Die
Philosophie in der augusteischen Zeit. Q. Sextius Niger. Faiürius Fabianus
u. A. S. 559. 262. Die Redner der augusteischen Zeit. Q. Haterius,
Messalinus und Cotta, Aeseminus, T. Labienus, Cassius Severus u. A. S. 5G3.
263. Die B betören: Porcius Latro, Arellius Fuscus, Albueius Silua u. A.
S. 567. 264. Seneca der Vater. S. 673. 265. Rutihus Lupus. S. 677.
IT. Dritte Periode. Bie rl^miiehe Xaiierzeit
266. Allgemeine Uebersicht der Eaiserzeii S. 578.
A. Das silberne Zeitalter der römischen Literatur.
Erstes christliches Jahrhundert, J. 14—117 n. Chr.
267. Charakteristik und Uebersicht S. 579.
1. Die Zeit der julischen Dynastie, J. 14—68 n. Chr.
268. Uebersicht und Reihenfolge. S. 585.
a. Die Regierungszeit des Tiberius.
269. Literatur und Schriftsteller in dieser Zeit. S. 585. 270. Mit-
glieder des kaiserlichen Hauses: Tiberius. Germanicus. S. 586. 271. Redner
und Rhetoren: Voticnus Montanus, Mam. Scaurus, Domitius Afer u. A. S.
.589. 272. Geschichtschreiber: Cremutius Cordus, Aufidius Bassus u. A.
S. 592. 273. Vellejus Paterculus. S. 593. 274. Valerius Maximus.
S. 597. 275. A. Cornelius Celsus. S. 601. 276. Juristen: Masurius
SabinuB, Nerva u. A. S. 604. 277. Grammatiker: Julius Modestns, Rem-
miufi Palaemon, Nisus u. A. S. 605. 278. Antonius Castor. Apicius.
lulius Atticus und Graecinus. S. 607. 279. Phaedrus. Pomponius
Secundus. S. 608.
b. Die Regierungszeit des Caligula, Claudius und Nero, J. 37 — 68 n. Chr.
280. Literatur und Schriftsteller in dieser Zeit. S. 611. 281. Mit-
glieder des kaiserlichen Hauses: Claudius. Agrippina. Nero. S. 613. 282.
L. Annaeus Seneca. Sein Leben und Charakter. S. 616. 283. Schrift-
stellerische Eigenthümlichkeit des Seneca. S. 618. 284. Seneca*s pro-
saische Schriften. S. 621. 285. Seneca's poetische Schriften, bes.
Tragödien. S. 624. 286. Geschichtschreiber: Gaetulicus, Nonianus, Cor-
bolo, Bocchus. S. 628. 287. Curtius Rufus. S. 630. 288. Columella.
S. 633. 289. Scribonius Largus u. a. Aerzte. S. 636. 290. Ascomus.
8. 637. 291. Pomponius Mela. S. 639. 292. Redner und Rhetoren:
Vibius Crispus, Eprius Marcellus, Julius Africanus, Galerius Trachalus,
Verginius Flavus u. A. S. 640. 293. Juristen: Proculus, Nerva filius,
Cassius Longinus, Sex. Pedius u. A. S. 643. 294. Lehrer und Anhänger
der Philosophie: Cornutus, Musonius, Thrasca Pactus, Helvidius Priscus
u. A. S. 644. 295. Valerius Probus. S. 648. 296. Panegyricus in
Pi^onem. S. 652. 297. Persius Flaocus. S. 654. 298. Lucanus. S. 657.
299. Caesius Bassus u. a. Dichter. S. 661. 300. Petronius. S. 663. 301.
Calpurnius Siculus. (Nemesianus.) S. 666. 302. Das Lehrgedicht Aetna.
Lucilius Junior. S. 669. 303. Homerus latinus. S. 671. 304. Ge-
dichte des cod. Voss. 86. S. 673.
XU Iphaltfiüberaicht.
2. Die Zeit der tlaviecben Dynastie, J. 69—96 n. Chr.
305. üebereichi S. 673.
a. Vespasianus und Titus.
306. Literatur und Schriftsteller unter ihnen. S. 674. 307. PI in ins
der ältere. Leben und Schriflstelierei. S. 675. 308. Seine naturalig
historia. S. 678. 309. Andere Historiker: Mucianus, Cluvius Rufus,
Vipstanus Messala, Fabius Busticus. S. 682. 310. Die Rhetoren Gabini-
anus, Aper, lulius Secundus. S. 685. 311. Die Juristen Caelius Sabinug,
Pegasus u. A. S. 686. 312. Valerius Flaccas. S. 687. 313. Andere
Dichter: Curiatius Maternus, Saleius Bassns. S. 690.
b. Domitianus.
314. Literatur und Schriftsteller unter ihm. S. 691. 315. Silius
Italiens. S. 693. 316. Statins. S. 696. 317. Martialis. S. 701. 318.
Arruntius Stella, Turnus, Scaevus, Yestricius Spurinna, Sulpicia. S. 706.
319. Dichteriinge der Zeit. S. 709. 320. Qnintilianus. S. 710. 321.
Sonstige Rhetoren und Redner: Aquilius Regulus, Victorius Marcellus,
Septimius Severus u. A. S. 716. 322. Sex. lulius Frontinus. S. 720.
323. Juristen (Aufidius Chilis) uud Grammatiker (Aemilius Asper u. A.).
S. 723. 324. Sonstige Schriflsteller in Prosa, bes. Arulenus Rusticns.
S. 725.
3.- Die Zeit des Nerva und Trajan, J. 96—117 n. Chr.
325. Uebersicht. Nerva. Traianus. S. 726. 326. Juvenalis. S. 728.
327. Sonstige Dichter der Zeit: Titinias Capito, Passennus Paulus u. A.
S. 733. 328. Cornelius Tacitus. Leben und Charakter. S. 734. 329.
Seine Schriften: Dialogus. S. 743. 330. Der Agricola. S. 746. 331.
Die Germania. S. 748. 332. Die Historiae. S. 752. 333. Die Annales.
S. 754. 334. Gesammtausgaben. S. 757. 335. Der jüngere Plinius.
.S. 758. 336. Sonstige Redner und Geschichtschreiber unter Trajan.
Annius Florus u. A. S. 764. 337. Juristen: Neratius Priscus, Inventius
Celsus, lavolenus. Aristo u. A. S. 767. 338. Die Grammatiker Flavius
Caper, Urbanus, Velins Longus, CaeselUus Vindex u. A. S. 771. 339.
Die Gromatiker Hyginus, Baibus und Siculus Flaccus. S. 773.
B. Zweites Jahrhundert, J. 117—211 n. Chr.
340. Uebersicht. S. 776.
1. Die Zeit Hadrians, J. 117—138 n. Chr.
341. Hadrianus. S. 779. 342. Suetonius Tranquillus. S. 781. 343.
Florus. S. 786. 344. Andere Historiker der Zeit. S. 788. 345. Die
Juristen Salyius lulianus, Pomponius u. A. S. 789. 346. Rhetoren: Calpurnius
Flaccus u. A. S. 792. 347. Grammatiker : Terentius Scanrus u. A. S. 794.
348. Sonstige Prosaiker. S. 795. 349. Dichterisches aus der Zeit:
Annianus u. A. S. 796.
2. Die Zeit der Antonine, J. 138—180 n. Chr.
a. Antoninus Pius, J. 138 — 161 n. Chr.
350. Antoninus Pius. Uebersicht. S. 798. 351. M. Cornelius Fronto.
S. 799. 352. Sonstige Redner, Rhetoren und Sophisten: Fabius Severus
iDbaltsabersichi. XIII
a. A. S. 803. 353. Gelehrsamkeit und Grammatik: Sulpicius ApoUinaris,
Arruntias Celsus u. A. S. 804. 364. Philosophen: lunias Ruaticus n. A.
S. BOG. 355. Geschichtschreibung: Ampelins. Licinianus. S. 808. 356.
Juristen: Africanus, Maecianus, Ulpius Marcellus u. A. S. 809. 357.
Gains. S. 812. 358. Schriftsteller in gebundener Form. Pervigilinm
Veneria u. A. S. 816.
b. M. AureliuB, J. 161—180 n. Chr.
359. M. Aurelins. üebereicht. S. 818. 360. Die Schaler dea Fronto:
Aufidins Victorinus, Titianns n. A. S. 820. 361. A. Gellius. S. 822.
362. L. Apuleins. Leben and Ohaiakter. S. 825. 363. Seine Schriften.
S. 828. 364. Cervidius Scaevola u. a. Jnriaten. S. 833.
3. Die Zeit des Commodas und Septimius Severus,
J. 180—211 n. Chr.
365. Uebersicht. Septimius Seyems. S. 835. 366. Papinianus. S. 836.
367. Callistratus, Tvyphoninus u. a. Juristen. S. 838. 368. Minucius Felix.
S. 840. 369. Tertullianus. S. 842. 370. Grammatiker: Acro, Porphyrio,
Dosithens, Sammonicus der Vater, Statilius Maximus u. A. S. 846.
C. Drittes Jahrhundert, J. 211--305 n. Chr.
1. Erste Hälfte, J. 211—253 n. Chr.
371. Uebersicht S. 848. 372. Doraitius Ulpianus. S. 850. 373.
Julius Paulus. S. 853. 374. Marcianus, Macer, ModeBtinus u. a. Juristen.
S. 856. 375. Julius Romanns, Juba, Censonnus u. a. Grammatiker.
S. 857. 376. Gargilius Martialis. S. 861. 377. Marius Maximus u. a.
Geschichtschreiber. S. 862. 378. Cyprianus. Novatianus. S. 866. 379.
Schriftsteller in gebundener Form: Alfius Avitus. Septimius Severus.
Sammonicus der Sohn, u. A. S. 868. 380. Commodianus. S. 870.
2. Zweite Hälfte, J. 253—305 n. Chr.
381. Uebersicht S. 872.
a. Die Zeit vor Diocletian, J. 253—284.
382. Nemesianus. S. 875. 383. Die Geschichtschreiber der Zeit.
S. 876. 384. Aquila Romanus. S. 877. 385. Julius Solinus. S. 878.
386. Nonins Marcellus. S. 880.
b. Die Zeit Diocletians, J. 284—305.
387. Beredtsamkeit: Panegyriker. Eumenins. S. 882. 388. Geschicht-
schreibung: Spartianus, Gallicanus und Pollio. Julius Valerius. S. 886.
389. Codex Gregorianus und Hermogenianus. S. 890. 390. Sacerdos.
S. 89^. 391. Terentianus Manrus. S. 893. 392. Arnobius. S. 894.
393. Lactantius. S. 896. 394. Schriftwerke in gebundener Form. Repo-
aiannSy Pentadius u. A. S. 901.
D. Viertes Jahrhundert.
395. üebereicht S. 902.
XIV Inhiütsüber&icht.
1. Erste Hälfte des JahrimndertB.
396. Con&tantin und seine Lobredner. Nazarias u. a. Redner nnd Bhe-
toren. S. 905. 397. Die Eaiserbiographien von yopiscus, Lampridius,
Capitolinus. S. 908. 398. Optatianus und Juvencus. S. 910. 399. Hermo-
genianuB. Fragmenta vaticana u. A. S. 913. 400. Grammatiker: Comi-
nianus, Albinus, AsmoniuB, Euauthius u. A. S. 916. 401. Firmicus Ma-
ternuB, der Heide und der Cbrist. S. 918. 402. Philosophie. S. 923.
403. Marius Victorinus. S. 924. . 404. AeliuB DonatuB. S. 928. 405.
PalladiuB. S. 929. 406. Itineraria. Begionenver^eichnisse. S. 930.
2. Zweite Hälfte.
a. Die Zeit vor Theodosius I.
407. Geschichtsqnellen. Der Chronograph von 354. S. 932. 408. Ge-
schichtsabrisse : Aurelius Victor. S. 934. 409. Eutropius, Rufus Festus,
Julius Obsequens. S. 936. 410. Redner: Mamertinus u. A. S. 938. 411.
Hilarins, Lucifer u. A. S. 940. 412. Grammatiker: Charisius. Diomedes.
S. 942. 413. Avienus. S. 945. 414. Ausonius. S. 948. 415. Da- .
masus u. a. christliche Schriftsteller. S. 954. 416. Uebersetzungen von
Diktys, Josephus, der Bibel u. A. S. 955.
b. Die Zeit von Theodosius I. J. 379 «.
417. üebersicht. S. 959. 418. Symmachus, Vater, Sohn und Enkel.
S. 960. 419. Sonstige Redner. Pacatus. S. 966. 420. Rhetorische
Schriftsteller. Fortunatianus, Arusianus. S. 968. 421. Heidnische Ge-
schichtschreiber: Nicomachus. Ammianus Marcellinus. S. 969. 422. Heid-
nische Philosophen: Vettius Praetextatus u. A. S. 974. 423. Servius. Ti.
DonatuB. S. 975. 424. Vegetius. S. 978. 425. Plinius Valerianus.
S. 980. 426. Marcellus Empiricus. S. 982. 427. Ambrosius. S. 985.
428. Hieronymus. S. 987. 429. Rufinus u. a. christliche Prosaiker.
S. 991. 430. Prudentius u. a. christliche Dichter. S. 993. 431. Pau-
linus Nol. S. 996. 432. Lex dei. S. 998.
3. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
433. Claudianus. S. 999. 434. Augustinus. S. 1003. 435. Sulpicius
Severus. S. 1009. 436. Hilario. Tichonius. Mallius Theodorus. S. 1011.
437. Pelagius u. a. Zeitgenossen Augustins. S. 1012. 438. Macrobius.
S. 1013. 439. Vibius Sequester, Exuperantius, lulius Honorius, Papiria-
nus u. a. Grammatiker. S. 1016. 440. Aggenus u. a. Gromatiker.
S. 1019. 441. Endelechius. Licentius. S. 1019. 442. Symphosius.
S. 1022. 443. Avianns. S. 1023. 444. Anonyme Lehrgedichte de
figuris u. a. S. 1024. 445. Martianus Capeila. S. 1025.
E. Fünftes Jahrhundert.
446. Üebersicht. S. 1028.
1. Erste Hälfte des Jahrh.
447. RutiliuB Namatiantts. S. 1031. 448. Orosius. S. 1033. 449.
Marius Mercator u. a. Anhänger Angnstins. S. 1036. 460. Cassianus u. a.
Inhaltsübersicht. . W
Zeitgenossen. S. 1037. 461. Vincentius Lerin. S. 1039. . 452. Papst Leo
d. Gr. S. 1041. 453. Prosper Aquit. u. a. christliche Prosaiker. S. 1043.
454. Codex Tbeodosianus. S. 1045. 455. Consultatio. S. 1047. 456.
Caelius Anrelianas u. a^ Uebersetzer. S. 1048. 457. Merobandes. Victor.
OrienÜTis. S. 1050. 458. Salviauus. S. 1053.
2. Zweite Hälfte des Jahrb.
459. Uebersicht. S. 1056. 460. ApoUinaris Sidonins. S. 1059. 461.
BasticittB Domnulas, Clandianus Mamertns und Fanstus. S. ltS4. 462.
Amobios ionior, Gelasius, Gennadius u. a. christliche Schriftsteller. S. 1066.
463. Christliche Qeschichtschreiber: Victor Vitensis, Idacins. S. 1069. 464.
Dares. S. 1070. 465. Grammatiker: Cledoniüs, Consentias, Pompeins,
Phocaa, Bnfinus u. A. S. 1072. 466. Sednlins. S. 1075. . 467. Auspi-
eins, Dracontins, Avitus u. a. christliche Dichter. S. 1078. 468. Flavius
Felix, Florentinas, Loxorius, Coronatus u. A. S. 1081.
F. Sechstes Jahrhundert.
469. Allgemeines. S. 1083. 470. Boetius. S. 1085. , 471. Ennodius.
S. 1088. 472. Fulgentius der Bischof und der Grammatiker; S. 1091.
473. Priscianus. 8. 1094. 474. Eutyches, Audax u. a. Grammatiker.
S. 1097. 475. Cassiodorus Senator. S. 1098. 476. Chronisten: Mar-
cellinus, Victor Tunn. u. A. S. 1104. 477. Geschichtschreiber: Jordanis.
S. 1106. 478. Gildas Sapiens und Gregor von Tours. S. 1108. 479.
Anthimus u. a. Mediciuische. S. 1110. 480. BechtsbÜcher. Corpus iuris
u. A. S. 1112. 481. Historia Apollonii Tyrii. S. 1118. * 482. Maxi-
mianos. S. 1119. 483. Arator. Venantius Fortunatus. S. 1121. 484.
Corippus. Orestis tragoedia. S. 1125. 485. Gregor I, Eugippius u. a.
theologische Schriftsteller. S. 1127.
G. Ans dem siebenten Jahrhundert
486. Sisebutus, Julianus u. a. Spanier. S. 1130. 487. Isidorus Hisp.
S. 1131. 488. Aethicus Ister und Geographus Ba^ennas. S. 1134.
489. Üebersetzungen medicinischer Werke. S. 1135.
490. Aus dem achten Jahrh.: Aldhelmus, Beda u. A. S. 1137.
Alphabetisches Begister. S. 1139.
Druckfehler, Berichtigungen und Zusätze.
S. 18, A. 1 (Z. 4) fuge bei: zweite Auflage 1871.
S. 23, A. 4 streiche die Stelle aus Diomedes.
S. 24, A. 4 föge zu: F. Ritschi, cauticum u. diverbium bei Plautus, Rh.
Mus. XXVI. S. 599—637.
S. 30, Z. 11 schreibe: theilweise.
S. 31, Z. 17 l. : C. Matius, später Gaurus, und Z. 19: Ilias (von Ninnius
Crassus), wie etc.
S. 43, A. 4«Z. 4 füge zu: im Berliner Ind. lect. für Sommer 1860. 9 pp. 4.
S. 49, A. 3, Z. 1: Die iambischen Inschriften in Büchelers Greifswalder Ind.
lect. 1870, 25 pp. 4. und Rhein. Mus. XXVII. p. 127—145.
S. 66, Z. 23 lies: nur T. 1— 111 und.
S. 66, A. 8 E.: H. Kettner im Hermes VI. S. 165—177.
S. 149, Nr. 20, A. 3 g. E. lies: 101, S. 616—618. 647 f. 709-712. 781—784.
848—852. 103, S. 460—462. 809—818.
S. 150, A. 3, 1.: Leipzig 1847; und: Mittheil, aus d. cod. Ambros. Berlin 1871.
S. 154, A. 8 g. E. lies: C. Fuhrmann, die Vergleich ungssätze u. s. w.
S. 171, Z. 6 V. u. lies: "Eavtov (vgl. Dziatzko, Rhein. Mus. XXVII. S. 159- 162).
S. 201, Z. 4. V. u. 1.: nur von B. 21, 24, 25 und vielleicht 23 fehlen.
S. 222, A. 6 füge bei: E. WöliFlin, Antiochus von Sjrakusu. Coelius Antipater
(Winterthur 1872) S. 2a^84.
S. 265, Z. 14 V. u. lies: Aechtungsliste.
S. 266, Z. 4 y. u. lies: discriptiones.
S. 268, A. 2, Z. 3 ist aie Parenthese zu streichen.
S. 297, Z. 12 V. u. lies: J. A. C. Rovers.
S. 300, Z. 8 füge bei: Fr. Richter (Leipzig 1871).
S. 303, Nr. 26, A. 2 füge bei: Fr. Richter (Leipzig 1872).
S. 313, Z. 6 V. u.: H. Jordan im Hermes VI. S. 196—213.
S. 329, A. 2, Z. 2 lies: A. S. Wesenberg.
S. 331, Z. 3 schreibe: Ein Scherz war u. s. w. und Z. 6: Bonon. 1811.
S. 361, Z. 3 lies: (Cöln 1839. 8. Bonn 1842. 4.). Vgl. W. Fricke u. s. w.
S. 364, A. 14 E. lies: 218, 10 g. E.
S. 380, Z. 2 V. u.: A. Weinhold in RitschFs Acta soc. Lips. I. p. 183—242.
S. 396, A. 5 E. lies: J. Bernays, und A. 7, Z. 4 lies: E. E. Hudeman.
S. 419, Z. 5 V. u. lies: avia (Livia).
S. 456, A. 4 lies: 1839. L. Schwabe, in Cirin observ. pars l,Dorpat 1871. 18 pp. 4.
S. 532, A. 8, Z. 4 lies: und Polybios vielleicht nicht u.s. w.; Z. 7: be-
sonders Antipater, Antias u. s. w.
S. 534, Z. 3 v. u. füge bei: 0. Kohl, über Zweck und Bedeutung der liv.
Reden, Barmen 1872. 29 S. 4.
S. 539, Z. 6 1.: des Justin, Leipzig 1872. 160 S. (t= Fleckeisens Jahrbb. Suppl. VI).
S. 591, Z. 1 V. u. lies: Coa. 768 = 15 n. Chr., zum Sterben genöthigt J. 38;
vgl. Epheineris epigr. I. p. 60 f. 65.
S. 632, Z. 5 schreibe: 348. 551—562. 756—768.
S. 730, Z. 6 V. u. füge bei: L. Friedl&nder, de nominibus person. in luv.
satiris, Königsberg 1872. 7 pp. 4.
S. 748, Z. 10 V. u. lies: 1870, p. 27—46.
S. 796, Z. 4 V. u.: H. Jordan, Topographie von Rom (Berl. 1871) S. 291 ff.
S. 796, A. 5: Vgl. dazu unten 456. Z. 12 der Anm. 1. Val. Rose.
S. 847, A. 3 g. E. lies: Die Identität des Verf. der eQfiriv. und der Gramma-
tik bestreitet Boucherie u. s. w. Wirklich citiert die Grammatik
den Donatus und Sacerdos.
S. 957, A. 4 E.: Dictys recogn. F. Meister, Lips. 1872 (Bibl. Teubner.).
S. 962, Z. 4 ff . 1.: Gestorben wohl um 415, da er in den Wirren . . , wo
sein Sohn als praef. urbi — 83), niemals genannt wird.
S. 963, Z. 22 1. : bes. seine relationes als praef. urbi J. 884 (herausgeg. von
W. Meyer, Lips. Teubner 1872), sowie die seines Sohnes (J. 418 f.).
S. 989, Z. 15 lies: Lips. 1872. 228 pp.
A. Allgemeiner und sachlicher Theil.
1. Den Römern fehlte die Beweglichkeit, Vielseitigkeit und
die Phantasie der Hellenen*, ihre Vorzüge liegen in der Nüch-
ternheit und Schärfe des Denkens, der Festigkeit und Ausdauer
des WiUens. Ihre Verständigkeit richtete sich auf das Zweck-
mässige und artete wohl auch in Selbstsucht und Pfiffigkeit aus,
wie ihre Festigkeit in Eigensinn und Schwerfälligkeit. Auf
dem Gebiete des Staates und des Rechts haben jene Eigen-
schaften Grosses und Dauerndes hervorgebracht; für die Kunst
und Literatur waren sie entschieden ungünstig.
1. Cic. Tusc. I, 1, 2: qnae tanta gravitas, quae tanta constantia, ma-
gnitudo animi^ probitas, fides, qnae tarn excellens in omni genere virtiis in
Ullis fuit ut sit cum maioribus nostris comparanda? (3.) doctrina Graecia
no8 et omni litteranim genere superabat etc. De imp. Pomp. 20, 60: maiores
nostroB semper in pace consuetudini, in bello utilitati paruisse. Tac. dial.
5: si ad ntüitatem vitae omnia consilia factaque nostra dirigenda sunt.
Plin. N. H. XXV, 2: nostri, omnium utilitatum et virtutum rapacissirai.
QuintiL XII, 2, 7: ego illum quem instituo romanum quendam velim eese
aapientem, qui non secretis disceptationibus, sed rerum experimentis atqne
operibns vere civilem virum exhibeat. Cornelia bei Com. Nep. : dices pulchrum
esse inimicos ulciaci. id neque maius neque pulchrius cuiquam atque mihi
esse videtur, sed si liceat rep. salva ea persequi.
2. Varro r. r. I, 2, 2 : vetus proverbium : Komauus sedendo vincit. Liv.
XXIII, 14, 1: insita (Romanorum) animis industria. Liv. XLII, 62: romana
couatantia, vgl. ib. XXX, 7: romana in adversis rebus coustantia, und Polyb.
III, 75 exti*. XXVII, 8: töiov xovto ndvtrf nagä 'Paiia^oig ^Q'og xal ndxQiov
ioTL, xb Ttarcc iilv rag iXazTtoGSig avd'aöearaTovg aal ßagvTcctovg (palvBü^ai,
%axa. dh rag imrvxlctg a>g fiSTQiardrovg. ib. I, 39: ovtsg iv navrl tpiXori^oi
öiacpBQOVTiag.
m
3. Fronte epist. p. 135 N.: putem, quia reapse nemo est Romae (pdo-
aroQyog^ ne nomen qnidem huic virtnti csso romanum. Die romana simpli-
TsuFTKi«, Böm. Liters tnrgeschiohtc. 2. Aufl. 1
2 Sachlicher Theil.
citas (z.B. bei Martial. XI, 20/10 und Symmach, epist. VII, 123) ist häufig
viel weniger Geradheit als Derbheit. Auch von der fides romana (Liv. V,
27, 11) bekamen die anderen Völker eigenthümliehe Begriffe. Liv. IX, 11,
7: semper aliquam fraudi speciem iuris imponitis. Plut. Grass. 31: ov yäg
VfiBcg ys TtcLvv fivi^fiovsg OfioXoymv ot ^PtoiiaLOi.
4. Der jüngere Africanus bei Macrob. Sat. III, 14, 7: eunt in ludum
histrionum, discunt cantare, quae maiores nostri ingenuis probro ducier
voluerunt. ib. 10: Gate, cui . . etiam cantare non serii hominis videtur.
Sen. Gontrov. I. praef. 8: cantandi saltandique obscena studia. Tac. dial.
10 : in Graecia, ubi ludicras quoque artes exercere honestum est. Alle nicht
unmittelbar praktischen Beschäftigungen sind artes leviores (Cic. Brut. 1, 3)
und mediocres (Cic. de or. I, 2, 6), studia leviora (Cic. de or. I, 49, 212.
Gat. 14, 50) und minora (Cic. Brut. 18, 70).
5. Ueber den römischen Volkscharakter: R. Ihering, Geist des röm.
Rechts I. bes. S. 291—313. Bernhardy,- röm. L. G. S. 2 ff . W. Teuffei,
Charakteristik des Horaz S. 23 — 34. Bunsen, Aegyptens Stellung I. S. 194 ff.
K. F. Hermann, Culturgesch. d. Gr. u. R. IL S. 2G ff. C. Pet«r, Studien
zur röm. Gesch. (1863) S. 116 ff. und Geschichte Roms IIL (1867.) S. VI—
XVII. Pantke, Parallele zwischen griechischem und römischem Volkschar-
akter, Wien 1854. E. Zeller, Religion u. Philos. b. d. Römern (Berl. 1866),
S. 8 ff.
6. Eöpke, über den ästhetischen Standpunkt der Römer in Vergleichung
mit den Griechen, Berlin 1807. L. Friedländer, über den Kunstsinn der
Römer in der Eaiserzeit, Königsberg 1851. K. F. Hermann, über den Kunst-
sinn der Römer und deren Stellung in der Gesch. der alten Kunst, Göt-
tingen 1855.
2. So lange die römische Eigenthümlichkeit ungetrübt be-
stand galt literarische Thätigkeit nur so weit als sie selbst eine
praktische Seite hatte für unbedenklich. Die Schriftsteller waren
lange Zeit Fremde, wenig geachtet und mit der Armut ringend,
daher von der römischen Gleichgültigkeit gegen die Form mit
ergriffen. Zwar die Wichtigkeit der Beredtsamkeit als eines
Mittels für die politische Wirksamkeit, und den Werth der
Kenntniss des Geschehenen sowie der Rechtskunde wusste man
früh zu würdigen; um so mehr aber waren alle übrigen Gebiete
des Wissens vernachlässigt; gebundene Form fand nur im Dienste
des Cultus Anerkennung und bestand lange Zeit in einer ein-
zigen Art. Erst die wachsende Bekanntschaft mit dem Helle-
nischen rief im Laufe des sechsten Jahrhunderts d. St. neue Be-
griffe, Interessen und Bedürfnisse ins Leben.
1. Cic. p. Plane. 27, 66: M. Catonis illud quod in principio scripsit
Originum suarum semper magnificmn et praeclamm putavi: clarorum ho-
minum atque magnorum non minus otii quam negotii rationem exstare
2 f. Stellung der Römer zur Literatur. 3
oportere. Derselbe Cato bei Gell. N. A. XI, 2, 5 zum Ruhme des alten
Rom: poeiicae artis bonos uon erat, si-quis in ea re studebat ant sese
ad convivia adplicabat grassator vocabatnr. Festus p. 333 a. M.: scribas
proprio nomine antiqui et librarios et poetäs vocabant. Bezeichnend dafür
welche Literaturzweige als zulässig galten ist die Schrifbstellerei des altern
Cato. Er fürchtete tag dnoßalovai *Piafiaioi tcc ngayfiara yQafifuxtoiv ^llrj-
viTLmf dveenlrjod-ivTsg (Plut. Cato mai, 23). üebersicht der Betheiligung der
Römer an der Literatur bei Cic. Tusc. I, 1 — 3.
2. Yoorduin, de artibus et doctrinis in quibus Roniani elaboraverunt,
Gent 1822. 150 pp. 4. M. Hertz, Schriftsteller und Publicum in Rom,
Berlin 1853. 45 S. 8.
3. Ein bezeichnender Ausfluss der conservativen und praktischen Richtung
der specifisch römischen Literatur ist die Anzahl und Wichtigkeit der zur
Einleitung in die verschiedenen Gebiete des (öffentlichen) Lebens bestimmten
Schriften. In dieser isagogischen Literatur ragen besonders die Werke
des altem Cato und viele des Varro hervor. Aber noch des Q. Cicero
Schrift de petitione consulatus und Frontin's de aquis gehören dahin. L.
MerckUn, die isagogischen Schriften der Römer, Philologus IV. S. 413 — 437.
0. Jahn, über römische Encyclopädien, Berichte der sächs. Ges. d. W. 18r>0,
S. 263 ff.
3. Unter den verschiedenen Gattungen der Poesie hat das
Drama noch die meisten Anknüpfungspunkte im römischen
Volkscharakter. Wie alle Italiener, hatten auch die Römer
einen scharfen Blick für das Auffallende in der äusseren Er-
scheinung, die Grabe feiner Beobachtung, lebendiger Nach-
ahmung und rascher Erwiederung. Das Improvisieren, die Neck-
und Spottlieder, sowie die Form von Wechselgesprächen und
Wechselgesängen sind daher in Italien uralt.
1. Proben des italum acetum (Hör. S. I, 7, 32; vgl. maledica civitan,
Cic. p. Cael. 16, 38; Romanorum facetiae, Trebell. Gallien, 9) geben die
zahlreichen Beinamen welche ursprünglich Spitznamen waren und sich auf
körperliche Eigenthümlichkeiten bezogen; s. Quintil. I. 0. I, 4, 25. Fr.
Ellendt, de cognomine etc. (Königsberg 1853) p. 9 — 22. Später wurde diese
Eigenschaft durch die politischen und gerichtlichen Kampfe weiter ausge-
bildet. Vgl. Cic. de or. II, 64 ff. Quintil. VI, 3.
2. Verbot der occentationes in den XII Tafeln , bei Prügelstrafe. — Plaut.
Aül. in^ 2, 31 f.: te iam nisi reddi mihi vasa iubes pipulo hie differam ante
aedes. — SpottUeder auf den Triumphator, s. unten 82. — Die Sitte bei Suet.
Vesp. 19: in funereFavor archimimus personam eius (des Vesp.) ferens imi-
tansque, ut est mos, facta ac dicta vivi. Amöbäische Form hat das Lied
der fratres arvales, dijB Fescenninen, die Lieder beim Tiiumphe, Bettler-
lieder (Schol. Hör. Ep. I, 17, 48), Hirtenlieder (amant alterna Camenae, Verg.
EcL III, 69).
4 * Sachlicher Theü.
3. Vorliebe für dialogische Einkleiduog noch lange in die Literatur
hinein fortwirkend, z. B. bei dem Juristen Junius Brutus, bei C. Curio.
Ihre Volksthümlichkeit zeigt z. B. die Inschrift aus Aesernia, I. R. N. 5078.
4. Bei festlichen Gelegenheiten erfolgten lustige Auffüh-
rungen dieser Art, unter Begleitung der tibia und Tanz, auch
öffentlich. Die Theilnehmer hatten sich, nach dem Gefallen der
Südländer an Vermummungen, verkleidet, das Gesicht gefärbt
oder mit einer Maske verdeckt. Von der possenhaften Dar-
stellung eines vorgekommenen Ereignisses war ein kleiner Schritt
zu der einer erdichteten Handlung, wobei der Plan erfunden,
verabredet, die Ausführung des Einzebien den Mitwirkenden
überlassen war. Volksmässige Aufführungen dieser Art waren
die Fescenninen, die Saturae, die Mimi, weiterhin die Atellanen.
1. Verg. Ge. II, 385 iF.: Ausonii . . coloni versibns incomptis ludunt
risuque soluto oraque corticibus sumunt horrenda cavatis etc. Tibull. II,
1, 55: agricola . . minio suffusus . . rubenti primus inexperta duxit ab arte
chorofl.
2. Mommsen R. G. P. S. 206—208.
5. Die Fescenninen haben ihren Namen von der süd-
etruskischen Ortschaft Fescennium, sind aber überhaupt mittel-
italisch. Sie waren ein Bestandtheil einer ländlichen Volks-
lustbarkeit, wurden bei heitern Anlässen aufgeführt, und die
Theilnehmer ergiengen sich dabei in gegenseitigen Sticheleien,
derben Witzen im massiven Volksgeschmack u. dgl. ur-
sprünglich auch bei ländlichen Festen (z. B. nach der Ernte,
am Feste der Tellus und des Waldgottes) ausgeübt, sah sich
die Sitte allmählich in einen engem Kreis gedrängt und auf
Hoclizeiten beschränkt. Als seit dem Ende der Republik die
Kunstpoesie sich der Fescenninen bemächtigte fasste sie die-
selben theils von ihrer skoptischen Seite auf, theils von ihrer
Anwendung bei Hochzeiten.
1. K. Zell, Ferienschriften II. S. 121 ff. 0. Müller, Etrusker IL S. 284 ff.
R. Klotz, lat. Lit. Gesch. I. S. 292 ff. W. Corssen, Origincs poes. p. 124— 1.S2.
A. Th. Broman, de versibus fescenn. üpsala 1852. 18 pp. 4. A. Roasbach,
röm. Ehe (1853) S. 340—346.
2. Featus im Auszuge des Paul. Diac. p. 85 M. : Fescennini versus, qui
canebantur in nuptiis, ex urbe Fescennina dicuntur allati, sive ideo dicti
quia fascinum putabantnr arcere. Der unmittelbare Zusammenhang des
Namens mit dem der Ortschaft wird sich, bei der sprachlichen Form des
Wortes und der Analogie der Atellanae, nicht abweisen lassen. Weiterhin
4 — 6. Fescennini, Saturae. 5
kt aber gemeinsame Abstammung von fascinus = Phallos, als dem Symbol
der Fruchtbarkeit, das ebenso bei ländlichen Festen als bei Hochzeiten an
seinem Platze war (Rossbach S. 343 ff.), ganz wohl denkbar.
3. Hör. Ep. II, 1, 139 ff.: agricolae prisci . . condita post frumenta le-
yantes tenapore feste corpus et ipsum animum . . Tellurem porco, Sil-
vanum lacte piabant, floribus et vino Genium. . . (145.) Fescennina per hunc
inventa liccntia morem versibus alternis (vgl. Liv. VII, 2, 7 u. Sen. Med.
108) opprobria rustica fudit, libertasque recurrentes accepta per annos lusit
amabiliter, donec iam saevus apertam in rabiem coepit verti locus u. s. w.
Liv. VII, 2, 7: non . . fescennino versu similem incompositum temere ac
rüdem alternis iaciebant. Lucan. II, 368 f.: non soliti lusere sales nee more
sabino excepit tristis convicia festa maritus. Macrob. Sat. III, 14, 9: M. Cato
senatorem non ignobilem Caecilium . . Fescenninum vocat, wohl wegen
seines ridicularia fundere, iocos dicere (ib.). Vgl. Fest. v. spatiator,
p. 344 b. M.
4. Cattill. 61, 122 f.: ne diu ta^eat (bei der Hochzeit) procax fescen-
nina locutio. Sen. Med. 107 ff.: concesso iuvenes ludite iurgio. hinc illinc
iuvcnes mittite carmina. rara est in dominos iusta licentia. ib. 113 f.:
festa dicax fundat convicia fescenninus, solvat turba iocos. Sen. Controv.
VII, 21: inter nuptiales fescenninos (wie Plin. N. H. XV, 22, 86 vgl. Serv.
Aen, VII, 695: Fcscennium oppidum est, ubi nuptialia inventa sunt car-
mina) in crucem generi nostri iocabantur. Ausou. cento nupt. (Id. XIII):
fescenninos amat celebrita.s nuptialis verborumque petulantiam notus vetere
instituto hidus admittit. Symmach. or. pro patre 9 (p. 46 Mai). Claudian.
Fescenn. 4, 29 ff.: ducant pervigiles carmina tibiae permissisque iocis turba
licentior exsultet tetricis libera legibus. Apoll. Sid. ep. I, 5 g. E. (von
Ricünere Veimahlung) : cum per omnia theatra . . Thalassio fescenninus ex-
l>licaretur.
5. Catulls erstes Hochzeitgedicht (LXI) bildet (v. 122 ff.) die nationale
Sitte nach. Vgl. Auson. Id. XIII s. f.: quid Anniani fescenninos (loquar)?
Von Claadian haben wir in nuptias Honorii Aug. et Mariae fescennina (vier
Gedichte in verschiedenen Massen). Dagegen Macrob. Sat. 11, 4, 21: tem-
poribus triumviralibus PoUio, cum fescenninos in eum Augustus scripsisset,
ait: at ego taceo. non est euim facilo in eum scribere qui potest pro-
scribere.
6. Nach Diomedes III. p. 475 P. = 479, 13 K. nannten die (späteren)
Grammatiker den Amphimaker oder Kretikus auch fescenninus und amphi-
meres. Als ursprüngliches Mass der Fesceuninen aber, so weit sie über-
haupt gebundene Form hatten, ist das saturnische vorauszusetzen. Auf die
Bühne kamen die Fescemiinen nicht.
6. In den saturae scheint von Anfang an das Drama-
tische überwogen zu haben. Es waren wohl lustige Auffüh-
rungen der ländlichen Jugend Latiums, einzelne Lieder oder
komische Erzählungen, vorgetragen unter gesticulierendem Tanz
und begleitet von der tibia, ihren Anlässen und Gegenständen
ß Sachlicher Theil.
nach niauchfaltiger als die Fescennineii. Sie hängten sich an
die landesüblichen Feste an und wurden, als im J. 390 d. St.
in Rom eine öffentliche Bühne errichtet ward, von umher-
ziehenden Bänkelsängern auch auf dieser aufgeführt. Später,
nachdem unter die öffentlichen Lustbarkeiten auch kunstgerechte
Dramen in griechischer Weise aufgenommen worden waren, schlös-
sen sich jene an dieselben an und giengen in Folge dessen all-
mählich in den Namen Nachspiele, exodia, über, den sie aber
bald an die Atellanen abzutreten hatten.
1. üeber die saturae ist Alles dunkel und unsicher. Einigen Halt bietet
der Ausdruck saturas agere (Liv. VII, 2, 7 : impletas modis saturas descripto
iain ad tibicinem cantu motuque congruenti peragebant), die Herübernahme
auf die Bühne und der Uebergang in den Begriff exodia; s. Liv. VIT, 2, 11:
iuventus histrionibus fabellarum actu relicto ipsa inter se more antiquo
ridicula intexta versibusiactitare coepit; quae exodia postea appollata . . sunt.
•2. Ableitung des Namens. Dionied. III. p. 483 P. = 485 f. K.: satira
dicta sive a Satyris, quod similiter in hoc carmine ridiculae res pudendae-
que dicuntur, quae velut a Satyris proferuntur et fiunt; sive satura a lance,
quae referta variis multisque primitiis in sacro apud priscos dis infereba-
tur . .; sive a quodam genere farciminis, quod multis rebus refertum sa-
turam dicit Varro vocitatum. Unter diesen Ableitungen fand die zweite lange
Zeit ausschliesslichen Beifall, und es wurde der Name bald auf die Manch-
faltigkeit des Inhalts bezogen, bald auf die Mischung von Gesang, Tanz,
Musik und Text; obwohl die Hervorhebung der Manchfaltigkeit das Dasein
einheitlicher Fornjen voraussetzt, was erst bei der späteren, literari-
sclien Gestalt der Satire zutrifft. Mommsen, R. G. I*. S. 28. 206. 430, hat
die erste Ableitung, in modificierter Gestalt, aufgenommen. Nach ihm ist
satura „der Mummenschanz der vollen Leute" {oktvqoi, saturi, vgl. TibuU.
II, 1, 23 saturi . . coloni, und Vespae iudiciura coci 44: Thyrsides Satyros,
— facio et saturos ego plures), „das beim Volkscarneval gesungene Lied".
Welcher iSubstantivbegriff' soll dabei der Femiuinalform zu Grunde liegen?
Etwa res? Vgl. übrigens das ital. farsa (eig. Füllsel, Gemengsei) und die
arabische Dichtart Qasside (eig. das Volle, Satte, H. Ewald in d. Götti.
Gel. Anz. 1861, S. 833).
3. Errichtung eines Brettergerüsts im Circus für Vorstellungen zur
L'nterhaltung der Menge (durch raimi, s. unten 7) im J. 390 = 364 v. Chr.,
Liv. VII, 2. Fest. p. 326, a: scenicos (ludos) primum fecisse C. (Ati-?jlium,
M. Popilium M. f. (Cos. 395 d. St.) (curules) aediles menioriae (prodiderunt)
liistorici. Mommsen I*^. S. 430: „die neue Bühne . . war zwar zunächst
lediglich für Spielleute und Possenreisser jeder Ai*t bestimmt, unter denen
die Tänzer zur Flöte, namentlieh die damals gefeierten etruskischen, wohl
noch die vornehmsten* sein mochten; indess" war damit doch ein Keim für
ein regelrechtes Theater gegeben, wie es 120 Jahre später durch Andro-
nikus begonnen wurde. Nachdem durch diesen ein förmliches, der grie-
chischen Literatur entnommenes Textbuch eingeführt worden war mochten
6 f. Saturae. Der Mimus. 7
die alten Lieder zur tibia minmebr zur Ausfüllung der Pausen verwendet
werden, während die possenhaften Aufführungen, in ähnlicher Weise wie
das» griechische Satyrdrama, sich an jene kunstgerechten ernsthaften an-
schlössen.
4. Exodiuni bezeichnet den Schluss einer Aufführung (übergetragen
Varro bei Nonius p. 27: Socrates . . in exodio vitae; vitae cursum . . ab
üriginc ad exodium adductae; ut ad exodium ducas), insbesondere ein hei-
teres Nachspiel zu einem ernsthaften Stücke; vgl. Plut. Grass. 33: etg
TOiovTo tpaaiv i^oÖiov X7\v KQctaoov avQcctriytav, manSQ tQccycaSlccv , tsXsv-
rrjceci. Vgl. Peloind. 34: tr}v ratpr^Vy olov zgaycodtas fiBydcXr^g, rrjg tvQccvviSog
i^odiov d-fatgitiov ysvoiisvTiv. Schol. luv. 111, 175: exodiarius apud veteres
in fine Indorimi intrabat, quia ridiculus foret, ut quidquid lacrimarum
atque tristitiae conlegissent ex tragicis affectibus huius spectaculi risus de-
tergeret. Nach dem Untergang der alten saturae wurden hiezu neben den
mimi mit Vorliebe die Atellanen verwendet; daher Atellanicum exodium
Suet. Tib. 45), exodium At^llanae (luv. "VI, 71) und Lyd. de mag. 1, 40:
Azdldvtj Bozlv 7} t^v lsyoy,Bva}v i^oSiciQiajv. Miss verständlich Livius (Vü,
•J, 11): quac cxodia postea appellata consertaque fabellia potissimum Atel-
lanis sunt. Vgl. 0. Jahn, Hermes IL S. 227.
7. Der Mimus, als possenhafte Darstellung von Personen •
und Handlungen auf der Bühne; ist in Rom der Sache nach
Wühl so alt als das Dasein einer Bühne. Ursprünglich wohl
selbständig auf der Bühne aufgeführt, wurde er, seitdem auf
derselbea kunstmUssige und ernste Darstellungen überwogen,
als Nachspiel verwendet, trat aber hiebei lange Zeit gegen die
neuhereingekommene atellanische Volksposse zurück, bis im ci-
ceronischen Zeitalter auch der Mimus in die Literatur aufgenom-
men wurde und nun seinen Platz auf der Bühne — zuerst als
Nachspiel, in der Kaiserzeit auch selbständig — um so länger
behauptete.
1. Diomed. III. p. 488 P. = 491, 13 ff.' IC: mimus est sermonis cuius-
libet motu» fbermonem movere, wie iocum movere bei Sali. Cat. 26) sine
reverentia, vel factorum et (etiam) turpium cum lascivia imitatio; a Graecis
ita defiiiitus: (iC^g iartv ni(ji,7jat.g ßiov td te avyyi6xo)Qrj(iiva xal davyitagr^tcc
irfpiejjcöv. So sind nach Euanthius die mimi benannt ab diuturna imitji-
tione vilium rerum et levium personarum, und nach Isid. Or. XVIII, 49:
mimi sunt dicti graeca appellatione quod rerum humanarum sint imita-
tiones. Plutarch, Quaest. sympos. VII, 8, 4, unterscheidet zwei Arten von
(tCftoi, mv tovg fihv vno^iaeig, rovg Se nuCyvitc v,alovGiv, welche aber beide
sich zur Tischunterhaltung nicht eignen, die ersteren 8id td n>r\%ri tmv
dgafidztav nal z6 Svaxoqriyrizovy die naCyvia aber nicht wegen ihres
Schmutzes, obwohl sie trotzdem eine beliebte Unterhaltung bei Tische
bilden, sogar in Anwesenheit von Frauen und Knaben. In letzterer Bedeu-
tung z. B. bei Polyb. XXXI, 4: vito tmv fiiiKov 6 ßccadsvg staefpsQSzo . .
8 Sachlicher Theil.
o)g etg av täv fiificov. nccl tfjg avn<p(OVLag 7tQO%ctlovy,svrig dvttnrjdrjccig (og-
X^tto xnl vnfüQivfto (letct t(ov ysXoitonoi^v. Die Literaturgeschichte kann
nur der eretere, scenische, Mimus beschäftigen; über die andere Art, die
(it^oi als possenhafte Aufführungen in Privatkreisen, welche der Sitten-
geschichte angehört, s. bes. 0. Jahn*s Prolegg. zu seiner Ausg. des Persius,
p. LXXXIV — XCII. Ueber den römischen Mimus überhaupt W. C. L. Zicgler,
de mimis Rom., Göttingen 1788, und bes. C. I. Grysar's (die Zeiten zu wenig
sondernde) Abb., der römische Mimus, Wien 1854 = Sitzungsber. der Wiener
Akad., philosophisch-hist. Gl. XII. S. 237—283, nebst den Anhängen S. 283—
337. Ueber den späteren Mimus auch E. Munck, de fab. Atell. p. 124 ff.
Krahner, Ztschr. f. Alt, Wiss. 1852, S. 390 ff. L. Friedländer, Sittenge-
schichte Roms IP. S. 298 ff.
2. Der Mimus war „ein uraltes volksthümliches Product, und von seiner
ursprünglichen Gestalt unterscheiden sich die Erzeugnisse des Laberius
und Syrus nicht mehr als von der alt«n Posse von Atella deren literarische
Bearbeitung durch Pomponius und Novius". J. Vahlen, Ztschr. f. östr. Gymn.
1859, S. 291. In der That stimmt der Mimus ganz zum italischen Volks-
charakter (§. 3 f.) und zur Culturstufe der Homer. So lange er nicht schrift-
lich fixiert war, und damit nicht abgegrenzt von den possenroisserischen
Aufführungen im gewöhnlichen Leben, entzog er sich der Beachtung. Doch
hat die Spuren seines Vorkommens vor der suUanischen Zeit M. Hertz zu-
sammengestellt, in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 581 — 583. Die älteste ist bei
Festus p. 326 M., wo nach Erwähmmg der Errichtung einer Bühne und
Einrichtung von Spielen darauf (ludi scenici, saltationes) es heisst: solebant
(bis prodire mimi) in orchestra (?), dum (in scena actus fa-)bulae compo-
neren(tur, cum gestibus ob-)scaeni8. Darauf Erwähnung von ludi (Apolli-
nares) C. Sulpicio C. Fulvio cos, (vielmehr P. Sulp. Cn. Fulvio = 543 d. St.
211 V. Chr.) wobei ein libertinus mimus magno natu qui ad tibicinem sal-
taret auftrat, und der abweichenden Ansicht des Sinnius Capito, der den
Vorfall Claudio et Fulvio cos. (542 = 212) ansetzte. Vgl. F. Osann, Festus
und die erste Aufführung von Mimen in Rom, Jahns Jahrbb. LXXIIL
S. 660—663. Aus dem siebenton Jahrh. werden Ausschreitungen des Mimus
durch nominatim compellare in scena (Cornif. ad Her. I, 14, 24. II, 13, 19)
angeführt, sowie aus J. 639 von Cassiodor dass die Censoren artem ludi-
cram ex urbe removerunt. Aus derselben Zeit muss der mimus vetus op-
pido ridiculus Namens Tutor bei Cic. de or. II, 64, 259 (Scene J. 663 d. St.)
sein. Val. Max. II, 10, 8 bezeichnet die nudatio mimarum auf der Bühne
an den Floralien als einen priscus mos iocorum. Ebenso lässt der dgxifufiog
Zagi^ (Plut. SuU. 36) in der Zeit des Sulla auf alte Organisation dieses
Standes schliessen. Vielleicht dass vor dem Aufkommen des Namens mimus
die Sache unter der Bezeichnung planipes bestand: vgl. Grysar S. 245 f.
3. Diomed. III. p. 487 P. = 490, 3 ff. K.: quarta species (fabularum
latinarum) est planipedis, q\ii graecc dicitur iLifiog, ideo autem latine pla-
nipes dictus quod actores pcdibus planis, i. e. nudis, proscenium introirent,
non ut tragici actores cum cothurnis neque ut comici cum soccis. . . cuius
planipeais ^^j^a . . ita . . meminit: daturin estis aurum? exsultat planipes.
s «8 P. 277 in.: mimi planipedes. Auson. ep. 11: de mimo planipedem.
7 f. Der Mimns. Begriff und ältere Geschichte. PlanipcB. 0
Juv. VIII, 191: plauipedes audit (populus) Fabios (vgl. Suet. Ner. 4. Tac.
Hisi III, 62). Donat. de com.: planipedia aiitem dicta ob humilitatem
argnmenti eius ac vilitatem actornm, qui . . utuntur in scena . . piano pede
Gell. I, 11, 12: si ut planipedi saltanti . . numeros et modoß . . tibicen in-
cineret. M aerob, Sat. II, 1, 9: planipedia et fabulonis (sannionis?) impudica . .
verba iacientis. Die sachliche Identität von planipes und mimus ist hienach
wohl unzweifelhaft.
4. Cic. ad Farn. IX, 16, 7: secundum Oenomaum Attii non, ut olini
solebat, AteUanam, sed, ut nunc fit, niimuni introduxisti. Vgl. embolium
(Cic. p. Sest. 54, 116) und emboliaria bei Plin. N. H. VII, 47, 158, aus der
sullanischen Zeit, sowie aus der Kaiserzeit bei Orclli 2613, und emboliarius
(Garucci, graffiti d. Pompei p. 14). Dass noch später manchmal der mimus
als Nachspiel verwendet wurde ist ausserdem vielleicht zu schliessen aus
Donaths (de com.) Definition des siparium: mimicum velum quod populo
obsifltit dam fabularum actus commutfintur. Vgl. Sen. tranq. 11, 8: Publi-
lius . . inter multa alia cothurno, non tantum six)ario, fortiora et hoc ait.
Juv. VUI, 185 f. : vocem . . locasti sipario, clamosum ageres ut Phasma Ca-
tiüli. Auch 8. Sueton. Dom. 10: occidit et Hclvidium filium, quasi scenico
exodio (wohl einem Mimus) sub persona Paridis et Oenones divortium suum
cum uxore taxasset.
8. Zu einem Literaturzweig wurde der Mimus am Endo
der Republik durch D. LaberiusJ Publilius Syrus und vielleicht
L. Valerius. Damit wurde der Kreis seiner Stoffe erweitert,
seine Form der der übrigen Dramengattungen näher gebracht.
In der Kaiserzeit sodann, wo der Mimus zusammen mit dem
stummen Pantomimus die Herrschaft hatte, verfassten Texte für
denselben Philistion, ein CatuUus und Lentulus, neben welchen
noch Hostilius, Marullus, Atticus, Vergilius Romanus, Aemilius
Severianus und Aesopus genannt werden. Was aus dieser Zeit
über den. Charakter des Mimus berichtet wird gestattet, wenn
man die Raffiniertheit in Abzug bringt, einen Rückschluss
auch auf die ältere Gestalt. Nur dass jetzt^ nachdem fast
alle andern Dramengattungen in dem Mimus untergegangen
waren, dieser eine reichere Handlung entfaltete und selbständig
auftrat.
1. Athen. VI. p. 261 C: Ni%6X(xog (Damasc.) . . ZvXXav <pr}alv . . ovta
XatQsiv (Ufioig tuxI yeloatonoioig , (pdoysXoav yevofievov, ag k^I nolXce yijg
fif'r^a ccvroig x^Q^t^^^f^i' ^^ff drj(ioa^ccg. ifKpavCSovat S' ccvrov to tcbqI T«vr«
iXaQQv at Vit avzov y^atpstaai aatVQitial HcafKodiai ry naxQCm cp<ov7i, was
Grysar S. 287 auf Mimen bezieht. Vgl. Plut. SuU. 2 u. 36 und unten 154,
1 E. Sicher waren Mimographen in Caesar's Zeit Laberius und Publilius
S}TU8, Letzterer zugleich Mime (Schauspieler). Aus der augusteischen Zeit
L. Crassicius^ genere Tarentinus, . . initio circa sccnam versatus est, dum
10 Sachlicher Theil.
mimographüö adiuvafc (Suet. granim. 18). Zweifelhaft ist ob die vonSencca
(Kp. 8, 9) aeiucm Lucilius zugeschriebenen Senare aus Minien sind. Ueber
Atticus s. Martial. H, 7, 3: componis belle mimos. Von Vergilius Romanus
aiigt Plin. Ep. VI, 21, 4: scripsit mimiambos tenniter, argate, venuste atque
in hoc genere eloquentissime. Tertiill. apolog. 16: disincite Lontulorum et
llostiliorura venustates, utrum mimos an deos vestros in iocis et strophis
lideatis. Aesopus bei Amm. Marc. XXX, 4, 21; Aemilius Severianus (aus
Tarraco), miniographus , Orelli 2622; MaruUus, s. A. 6. Für den panto-
iriimus componierten Sujets in der Kaiserzeit Arbronius Silo (Sen. suas. II,
19: pantomimis fabulas scripsit), Lucan (fabulae salticae XIV, Vacca),
Statius (Juv. VII, 87).
2. Cic. de or. II, 59, 242: mimorum est ethicoruni si niniia est iniitatio
<-5irikierende Charakterbilder), sicut obscenitas. Vgl. ib. 239. orat. 26, 88:
ridiculo sie usurum oratorem ut . . nee subobsccno (iitatur), ne nümicuni
situ Ovid. Trist. II, 497 fobscena iocantes) und 515 (iniitantes turpia).
Quiiitil. VI, 1, 47. — Hauptzweck: Lachen zu erregen, Hör. S. I, 10, 6 f,
Apulej. Flor. I, 5. p. 5, II Kr.: si minms est riscris, . . si comoedia est fa-
veris. Cassiod. Var. IV fin.: mimus, qui nunc tantunnnodo derisui habetur.
Ij.yd.'mag. T, 40: iii\nv.r] r] vvv öifd'sv fiovrj am^Ofiivr}, rexvcnov fitv t%ovGa
nv8\v ^oyojj ^lovov to nl^d'og InayovGci yf Acori. Mittel dazu auch das Go-
bichterschneidcn (Quintil. VI, 3, 29), Nachahmen von Thierlauten u. dgl.
Auftreten eines dressierten Hundes, Plut. de sol. anim. 19.
«
3. Oekonomie und Plan. Cic. Phil. II, 27, 65: persona de mimo, modo
Gj^cns, repente dives. p. Cael. 27, 65: mimi est iam exitus, non fabulae: in
quo cum clausula non invenitur fugit aliquis ex manibus, deinde scabilla
concrepant, aulaeum tollitur. Später hierin grössere Sorgfalt. Quintil. IV,
2, 53: est quidam et ductus rei credibilis, qualis in comoediis etiam et
in mimis. Plut. de solert. anim. 19 (aus Vespasians Zeit): /tttftw nXo%riv
i-xovti ÖQcefiattiirjv xat TcoXvngoaconov. — Proben des Dialogs bei Cic. de or.
ir, 67, 274, z.B.: quid est tibi Ista mulier? „Uxor". Similis, me dius fidius.
— Prolog, von Laberius (Macrob. Sat. II, 7,2 f.). Vgl. Isid. Orig. XVIII,
19: habebant (mimi) suum actorem qui antequam mimum ageret fabulam
l)ronuntiaret. Ueber die cantica s. unten A. 11.
4. Als scurrile Darstellung des gemeinen Lebens berührt sich der Mi-
mus mit der Togata und hat mit ihr viele Titel gemeinsam, wie Aquae
caldae, Augur, Compitalia, Fullo, Virgo, letztere beiden auch mit der kunst-
inässigen Atellane, mit welcher er ausserdem die Titel Gemini, Hetaera,
Nuptiae, Piscator theilt. Das hauptsächlichste Unterscheidungsmerkmal wird
wohl beim Mimus das Ueberwiegen der Mimik, bei den Atellanen das Vor-
kommen der oscae personae gewesen sein. Mit der Palliata hat der Mimus
die Titel Colax, Hetaera, Phasfea gemeinsam, und auch Alexandrea, Belo-
nistria, Cacomnemon, Cophinus, Ephebus, Necyomantia, Scylax sind ur-
sprünglich griechische Titel von Mimen.
5. Die Handlung des mimus war mit Vorliebe obscön, bes. Verführun-
gen, Ehebruchsscenen, Ueborlisten von Gatten oder Vätern oder überhaupt
Arglosen. Vgl. Ovid. Trist. II, 497 ff. Cic. p. Eab. Post. 12, 36 : illim omnes
8. Der MiiuDs am Ende der R^3publik ii. in der Kaiscrzoit. 1 1
praestigiae, . . omncs fallaciac, omnia deniqiie ab iis mimoi-^m argumeuia
nata sunt. Juv. VI, 44. VIII, 197. Capitol. M. Anton. 29, 2. Lamprid. Heliog.
25, 4 (mimica adulteria). Donat. zu Aen. V, 64: mimi solis inhonestis et
adulteria placent. Lactant. inst. VI, 20: (mimi) docent adulteria dum
fingnnt. Minac. Fei. Oct. 37, 12: in scenicis (ludis) . . tuvpitudo prolixior.
nonc enim mimus vel exponit adulteria vel monstrat, nunc enervis histrio
amorem dum fingit infigit. Grysar S. 253. In derselben Richtung wurden
auch die mythologischen Stoffe ausgewählt und behandelt, welche nament-
lich in der Kaiserzeit immer häufiger wurden (von Laberius: Lacus Avernus,
Xecjomantia). Amob. adv. gent. IV, 35: etiam mimis et scurrilibus ludi-
cris sanctissimorum personae interponnntur deorum, et ut spectatoribus
vacois risus possit atque hilaritas excitari iocularibus feriuntur cavillatio-
nibus numina. ib. VII, 33: symplegmatibus plurimis intemiixtos se esse de-
risionis in materiam norunt (dii). TertuU. apolog. 15: dispicite . . utruiu
mimos an deos vestros . . rideatis, moechiuu Anubim et masculam Lunaiu,
Dianam ilagellatani et lovis mortui testamentum recitatuni et tres Hercules
famelicos irrisos. Aehnliche Stoffe Kinyraa und Myrrlia (Joseph. Ant. XIX,
1, 13), Paris und Oenone (Suet. Dom. 10), TPriapus (Augustin. civ. dei VI, 7).
Ebenso in den Pantomimen Leda (Juv. VI, 63. Amob. adv. g. VII, 33. Ap.
Sidon. c. 23, 285), Pasiphae (Suet. Ner. 12), Danae (Ap. Sidon. c. 23, 282 ff.)
"• dgl- C^pulej. apol. 74 extr. Arnob. 1. 1. Ap. Sidon. carni. 23, 271 — 299}.
Dadurch waren die Mimen theils ein Symptom theils ein Hauptbeforder-
ungsmittel der greulichen Sittenverderbniss.
6. Mit dieser Scurrilität und Verderbniss bilden einen scheinbaren Con-
trast (Sen. Ep. 8, 8 f.) die weisen und moralischen Sprüche von welchen
besonders des Syrus Mimen, vielleicht unter dem Einflüsse der griechischen
Komödie (vgl. Plaut. Rud. IV, 7 , 23 ff.), förmlich strotzten. Doch ist diese
Vereinigung von Possenhaftigkeit und Altklugheit volksmässig (vgl. W.
Hertzberg zu Juvenal XV, 16. S. 336 f.), und in der Kaiserzeit wird der
zweite Beatandtheil wohl minder hervorgetreten sein. Dagegen persönliche
Anzüglichkeiten, wie sie schon früher der Mimus sich erlaubt hatte (Corni-
ficius oben 7, 2. Laberius v. 7), nahm er sich jetzt manchmal gegen die
Höchstgestellten heraus. Capit. M. Ant. 8, 1 : adepti imperium ita civil iter
äc ambo egerunt ut . . eos MaruUus, sui temporis mimographus, cavillando
irapune perstringeret. ib. 29, 1 f. (ter — TuUus). Maximin. 9, 3 ff*. Lam-
prid. Comm. 3, 4 (appellatus est a mimis quasi obstupratus). Vgl. Vopisc.
Aurel. 42, 5. Minuc. Fei. Oct. 34, 7: non philosophi studio, sed mimi con-
vicio (vgl. Cio* p. Mur. 6, 13) digna ista sententia est.
7. Die Darstellung der Mimen geschah durch Einen Hauptschauspieler.
PubliliuB cum mimos componeret ingentique assensu in Italiae oppidis agere
coepiaset (Macrob. S. II, 7, 7). Laureolum . . Lentulus egit (Juv. VIII, 187).
Doctus archimimus . . cotidie in Capitolio mimum agebat (Augustin. civ. d.
VI, 10). Neben diesem gab es auch actores secundarum (Suet. Cal. 57\
die jenem untergeordnet waren (Hör. Ep. I, 18, 13), ihn blind nachahmten
(Suet. L 1.) und von ihm die Schläge einnahmen (Juv. V, 171. VIII, 192.
Martial. II, 72, 3 f. V, 61, 11 f. Arnob. adv. g. VII, 33). Insbesondere war
unter diesen die stehende Rolle des stupidus (Orelli 2645 aus Verona:
12 Sachlicher Theil.
Aui"clius Eutyches, stiipidus grcg(iß) urb(anac), vgl. ib. 2608. Juv. VIII, 197.
Capitol. M. Ant. 29, 2), dargestellt capite raao (Heinrich zu Juv. V, 171.
S. 219 f. Non. Marc. p. 6, 25: calvitur =* frustratur, tractum a calvis mimis,
quod aint omnibus frustratui. Arnob. 1. 1.: delectantur dii stnpidorum ca-
pitibus raais, salpittarum sonitu ac plausu, factis et dictie turpibus, fasci-
nornm ingentium rubore). Festus s. v. salva res, die palliata einmischend:
secundarum partium fuit qui fere omnibus mimis parasitus inducitur.
8. Dem Mimus eigenthümlich und eine Hauptquelle der Lüderlichkeit war
die Darstellung der weiblichen Rollen durch Frauenzimmer. Vgl. 7, 2 g. E. Am-
mian. XXIII, 5, 3: cum Antiochiae . . scenicis ludis mimus cum uxore immissus
.0 medio sumpta quaedam imitaretur. Manche Mimae gelangten zu einer ge-
wissen Berühmtheit, wie Arbuscula, Dionysia, Cytheris, Origo, Quintilia,
Thymele (bei Juv. u. Martial), Bassilla (C. I. gr. III. p. 1023); Claudia Her-
mione, archimima, Orelli 4760; Arete archimima, Gruter p. 330, 4.
9. In der Kaiserzeit ist an eine Beschränkung in der Zahl der Schauspieler
nicht zu denken; vgl. Petron. Sat. 80: grex agit in scena niimum, pater
illc vocatur, filius hie, nomen diyitis (vgl. Sen. Ep. 114, 6: in mimo divites
fugitivi) ille tenet. Plut. de sol. an. 19: fitjtto) n}.o%j]v txovti . . noXvnqo-
üionov. So erforderte der Laureolus ein grosses Personal (Joseph. Ant. XIX,
1, 13).
10. Kostüm der niimi eine bunte Harlekinsjacko, centunculus (Aj^ulej.
apol. 13) und keine calcci (cxcalceati, Sen. Ep. 8, 8), daher planipedcs,
oben 7, 3. Die Mimae ihrem Charakter gemäss aufgeputzt und entblöst;
{,'igcnthümlich, wie es scheint, das reciniura oder ricinium. Festus p. 274 —
276: recinium . . esse dixerunt vir(ili8) toga(c simile vestimcntum quo)
niulieres utebantur, praetextum clavo i^urpureo, unde reciuiati mirai plani-
pcdes. Vgl. Varro L. L. V, 132: antiquissimis amictui ricinium. Non. Marc,
p. 542: ricinum . . pallcolum femineum breve. Serv. Aen. I, 282: togas
etiam feminas habuisse cycladum et recini (Var. ricini) usus ostendit. Mas-
ken waren schon durch die Mimik ausgeschlossen. Starkes Schminken; vgl.
Hieronym. ep. 60, 29: eas quae rubore frontis addito parasitos (vgl. A. 7 E.)
vincunt mimorum. üeber die Rangstufe auf der die Mimi in der öffentli-
chen Schätzung standen s. z. B. Vopisc. Carin. 16, 7: mimis, meretricibus,
pantomimis, cantoribus atquc lononibus Palatium implevit. Vgl. Trebell.
Gallien. 21, 6. Trig. tyr. 9, 1 u. A.
11. Die Sprache der Mimen war, dem Stoife und Publicum entsprechend,
plebejisch; über Laberius s. Gcllius XVI, 7. Als Versraasse finden wir in
den Ueberresten iambische Senare und trochäische Tetrameter. Vgl. Laberius
V. 55 : versorum, non numerum, numero studuimus. Doch ist bei der Hand-
lung des Mimus (z. B. den alapae) kaum zu glauben dass alle Mimen zu
jeder Zeit durchaus gebundene Form hatten ; vielmehr wird diese sich wohl
auch manchmal auf cantica beschränkt haben. Das Vorhandensein solcher
erhellt aus fiiy^aSol (Plut. Süll. 2). Die obscena cantica von welchen omne
convivium strepit (Quintil. I, 2, 8) waren wohl hauptsächlich aus Mimen.
Versus cantare bei Capitol. Maximin. 9 , 5. Auch salva res est dum cantat
senex, Fest. p. 326. Plin. Ep. VII, 24, 7: singulos gestus (pantomimi, ib. 4)
cum canticis rcddebant. Die Begleitung durch die tibia galt wohl haupt-
8 f. Mimus. Atellanen als Volksposse. 13
sächlich der saltaiio; Festus p. 276: ad tibicinem saltare; GcU. I, 11, 12:
ai ut planipedi saltanti . . numeros et modos . . tibicen incineret. Hieronym.
ehron. a. Abr. 1995 = 732 d. St.: PyladesCilix pantomimus , cum veteres ipsi
canerent atque saltarent, primus Bomae chorum et fistulam sibi praecinere
fecit. Quintil. I, 10, 31: non hanc (masicen) a me praecipi quae nunc in
sceois effeminata et impudicis modis &aeta non ex parte minima si quid
in nobis virilie roboris manebat excidit. Macrob. Sat. II, 7, 13: cum can-
ticum qnoddam saltaret Hylas (Pantomime) cuius clausula erat tov fiiyav
AyafiifLvova^ Tgl. Apulej. apoL 74 extr.: saltandis fabulis exossis plane et
enenrisy sed, ut audio, indocta et rudi moUitia. negatur enim quidquam
hiatrionis (allgemeiner Ausdruck) habuisse praeter impudicitiam. ' Auch im
Pantomimus fehlten also cantica nicht, nur daes diese von einem Chore
vorgetragen wurden. Apoll. Sidon. ep. VIII, 9: chori pantomimorum bono
cantu male dictata (Text) commendant. carm. 23, 264 (chorus omnis hi-
strionum). Anthol. lat. 111, 5 f. R. (p. 108): nam cum grata chorus diffundit
carmina dulcis, quae resonat cantor motibus ipse (der Pantomime) probat.
Vgl. noch Lukian. de saltat. 63 f. Cassiod. Var. I, 20. IV, 51.
12. Ueber den Mimus im Mittelalter vgl. Grysar S. 331 — 337, und Krah-
ner, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1852, S. 388 f.: die letzten heidnischen Priester
waren auch die letzten Mimen und Joculatoren (s. z. B. die Schilderung
eines solchen in einem Sermon des Maximus Taurincnsis bei Muratori
Anecd. IV. p. 99), und die früheste Kunde von dem Drama des beginnenden
Mittelalters zeigt uns dasselbe als ein kirchliches und dieselben Joculatoren
in seinem Dienste.
9. Die Atellanen (Atellanae fabulae) sind benannt nach
dem campanischen Landstädtchen Atella, in einer ursprünglich
oskischen Gegend. Atellanerstücke bedeuteten von Anfang an
Krähwinkeliaden, komische Darstellungen kleinstädtischen Trei-
bens, deren Figuren allmählich stehend wurden. Nachdem im
J. 543 d. St. die Römer Campaniens Selbständigkeit vernichtet,
die Landschaft latinisiert hatten, gelangte Sache und Name nach
Rom, und bald waren Maccus, Bucco, Pappus und Dossennus
auch beim römischen Volke allbekannte und beliebte Gestalten,
an die man ähnliche, wie Manducus, Mania, Laniia, Pytho, an-
schloss. Die jungen Römer mochte das neue Spiel als eine
Art verbesserter saturae anmuten, und sie übten es persönlich,
maskiert, aus. Dabei wurde höchstens der allgemeine Gang der
Handlung verabredet, das Uebrige der Improvisation überlassen.
Um so kunstloser war die Anlage der Stücke. Die Form war
wohl meist einfacher Dialog, etwa mit eingelegten Liedern im
satumischen Masse; der Witz massiv, die Gesticulation lebhaft
und gleichfalls gern schmutzig; die (lateinische) Sprache plebe-
jisch gehalten.
14 Sachlicher Theil.
1. Literatur: C. E. Schoter, über die Atellanen, Leipzig 1825, und de
AtellaniB exodiis, Breslau 1830. F. Weyer, üb. d. At., Mannheim 1826. ZeU,
Ferienschriften, IL S. 139 tf. Klenze, philol. Abhh. (Berlin 1839) S. 91— 10i>.
E. Munk, de fabulis Atellanis (nebst Sammlung der Bruchstücke), Breslau
1840. Th. Keller, de lingua et exodiis Atellanarom, Bonn 1850. (leer.)
Lannoy, Essai sur les Atellanes et sur quelques productions du th^ätre po-
pulaire dans Tancienne Rome , in den Möm. de la societe litteraire de Loa>
vain, V (1850) p. 85—130. Mommsen, B. G. IP. S. 438-442. W. Teuffei in
Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1957—1960.
2. Diqmedes III. p. 487 P. = 490, 1 f. K.: tertia species est fabularum
latinarum quae a civitate Oscorum Atella, in qua primum coeptae (un-
richtig), appellatae sunt Atellanae, argumentis dictisque iocularibus. Momm-
sen a. a. 0. hält die Atellanen für ursprünglich und uralt latinisch und
die (seit 543) latinisierte Oskerlandschafb nur für 'ihren poetischen Schau-
platz. Letzteres stünde in einigem Widerspruch mit dem hohen Alter,
sowie mit der allgemeinen Bezeichnung der Atellanen als osci ludi (Cic.
Farn. VII, 1, 3), oscum ludicrum (Tac. A. IV, 14), der stehenden Figuren
als oscae personae (Diomed. III. p. 488 P. = 490, 20 K.).
3. Maccus ist dumm, gefrässig und lüstern, hat Eselsohren u. s. v.
ßucco arbeitet mit der bucca, plappernd und fressend. Pappus ist ein
eitler, aber sehr verblendeter Alter, der von Frau und Sohn überlistet wird.
Dossennus (dorsum) ein pfiffiger Beutelschneider, der dottore.
4. Liv. VII, 2, 12: quod genus ludorum (At.) ab Oscis acceptum t-enuit
iuventus nee ab histrionibus poUui passa est. eo institutum manet ut acto-
res Atellanarum nee tribu moveantur et stipendia tamquam expertes artie
ludicrae faciant. Daraus in seiner Weise VaL Max. II, 4, 4. p. 71, 12 ff.
Halm. Pest. v. personata, p. 217 a. M.: per Atellanos, qui proprie vocan-
tur personati, quia ius est iis non cogi in scena ponere personam, quod
ceteris histrionibus pati necesse est. Als J. 639 d. St. die Censoren artem
ludicram ex urbe removerunt nahmen sie davon nur aus latinum tibicinem
et ludum atellanum (M. Hertz statt des hdschr. talanum), Cassiod. ad a.
(S. 620 bei Mommsen).
5. Varro Gerontodidascalo: putas eos non citius tricas Atellanas quam
id extricaturos ? Non. p. 8, 29. Vgl. Tertull. spect. 17: Atellanus gesticu-
lator. Quinül. I. 0. VI, 3, 47: amphibolia, neque illa obscura (? obscena)
quae Atellani e more ca2)tant.
6. Missverständlich Strabon V, 3, 6. p. 233 C. : tav X>o%a}v iTiXeXoinoziov
ri diccXcKTog fiBvsi nccga toig 'PcofiaioiSj aats xal Tton^fiata atirivoßateLGd'ai
•natcc tiva ciy^vcL naxqiov %a\ {iiiLoXoysißQ'ai. Oskisch wäre in Rom nicht
verstanden worden; vgl. Liv. X, 20, 8. Titin. v. 104. Gell. N. A. XVII, 17, 1.
Macrob. Sat. VI, 4, 23. Vielleicht kam dem Strabon die Sprache der rustici
(Varro L. L. VII, 84. 96) in den Atellanen so fremdartig vor dass er sie für
einen andern Dialekt hielt, verführt überdiess durch den Namen der osci ludi.
10. In der suUanisclien Zeit wurde die Atellaiie durch Poin-
ponius aus Bononia und Novius aus einer Volksposse zu einem
10 f. Atellanen als Literaturzweig. Volkspoesie. 15
Zweige der Kunstdramatik gemacht, indem dieselben die Stücke
rollständig schriftlich auszuarbeiten begannen. Durch geord-
neten Plan, Charakterzeichnung und metrische Form wurde die
Atellane nunmehr den anderen Arten der Komödie gleich und
war nur etwa burlesker. Neben der Schilderung des Volkslebens
und persönlichen Anzüglichkeiten finden sich jetzt auch mytho-
logische Titel. Seitdem wurde die Atellane in Rom als Nach-
spiel verwendet und auch durch eigentliche Schauspieler aufge-
fuhrt. Noch in der ersten Kaiserzeit bestand sie fort und hatte
an Mummius einen Vertreter, wurde aber den Zeitverhältnissen
gemäss immer stummer und gieng bald im Pantomimus unter.
1. Cic. Farn. IX, 16, 7 (J. 708): secundum Oenomaum Accii non, iit
olim solebat, Atellanam, sed, ut nunc fit, mimom introduxisti. Vgl. Mar.
Yici p. 2527 P. und oben G, 4. In Landstädtchen wurden Atellanen auch
selbständig aufgeführt, Juv. III, 175.
2. Suet. Nero 39: Datus Atellanarum histrio in cantico quodam u. s. w. ;
vgl. Galb. 13: AteUanis notiasimum canticum exorsis. Juv. VI, 71 f.: Ur-
bicua exodio riaum movet Attellanae gestibua Autonoes. Orelli 5G82 (ans
Pompeji): Methe Cominiaea Atellana. 'Tac. A. IV, 14: Caesar (Tiberius) de
immodeaüa hiatrionum rettulit. . . oacuiu quondam ludicrum, levissimae
apud Tolgum oblectationis , eo flagitiorum et virium venisse ut auctoritate
patrum coercendum ait. Vgl. Suet, Tib. 45 extr. Calig. 27 extr.: Atellanae
poetam (den Mummius?) ob ambigui ioci versiculum media amphitheatri
arena igni cremavit. — Macrob. Sat. I, 10, 3: Mummius, qui post Novium
et Pomponium diu iacentem artem Atellaniam suscitavit. — Spartian. Hadr.
26, 4: in convivio tragoedias, comoedias, Atellanas . . semper exhibuit
i^Hadrian). Tertull. de spectac. 17. Arnob. adv. gent. VII, 33. Ueber das
Verhältniaa zum Mimua s. oben 8, 4. Vgl. L. Friedländer, Sittengesch.
Roms 11'. S. 297 f.
11. Zur Volkspoesie gehört bei den Römern Alles was
in der Zeit vor Einführung kunstmässiger Poesie, also vor An-
dronikus und dem Jahre 514 d. St., in gebundener Form (dem
saturnischen Rhythmus) bei ihnen vorhanden war. Auch manches
aus der literarischen Zeit Ueberlieferte reicht, nach Bestimmung
und Art, in die ältere zurück. Aus der Kaiserzeit sind hieher
zu rechnen vorzugsweise Pasquille und sonstige Gelegenheits-
gedichte mit Hinneigung zum Accentuieren und Gleichgültigkeit
gegen den Hiatus. Daher auch die für den Gebrauch und das
Verständniss des Volks berechneten christlichen Kirchenlieder
in gleicher Weise gehalten sind.
1. Aufzählung der Erscheinungen in gebundener Form auH der Zeit
vor Andronikus unten $. 59 ff.
16« Sachlicher Theil.
2. Sitte des Singeos bei der Arbeit. Varro bei Nonius p. .66: homines
rusticos in vindemia incondita cantare, sarcinatriceB in machinis. Ausserdem
). reichen aus der literarischen Zeit wohl weiter zurück: a) volksthümliche
Liebeslieder, wie eines bei Hör. S. I, 6, 16 f. angedeutet ist. Kunst-
producte aber sind Ständchen -Lieder bei Plaut Cure. I, 2, 60 ff. (in Kre-
^ tikern), Hör. ü. IH, 10 und Ovid Amor. I, 6. — b) Wiegenlieder; a.
Schol. Fers. III, 16: quae infantibus, ut dormiant, solent dicerc saepe: lalla,
lalla, lalla, (i. e.) aut dormi aut lacta (s. Rhein. Mus. XXIV. S. 619 f.); vgl.
lallare bei Pers. III, 18 und Auson. epist. XVI, 90 f. : nutricis inter lemmata
Lallique sconniferos modos. — c) Lieder bei Einderspielen, Hör. Ep. I,
1, 59 f. u. II, 3, 417 (mit Schol.), woraus wohl (s. L. Müller, in Pleckeisens
Jahrb. 89, S. 484) die Verse zu gestalten: habeat scabiem qufsquis ad me
v^nerit novfssimus. Rex erit qui recte faciet; quf non faciet n6n erit. Auch
vielleicht Malum consilium consultori [s^mper ipsijst pessimum (Varro B.
li. III, 2, 1. Gell. IV, 5, 5). Dergleichen Sentenzen konnten übrigens auch
aus der Literatur (wie des Syrus Mimen) in den Volksmund übergehen und
zu Spruch w<Jrtern werden. — d) Spottlieder auf verspätete Feldarbeiter
(Hör. S. I, 7, 28 ff. mit Auson. Mosell. 166: navita labeus . . probra canit
seris cultoribus), auf Geizhülse (Plaut. Trin. 350 ff. R.: civi immuni sein
quid cantari solet? „Qu6d habes ne habefis et illuc quod nön habes habeas,
malum, Quärudoquidem nee tibi bene esse p6te pati neque alteri." — Da-
gegen erweist sich durch Inhalt und Ausdruck als spät das Recept für
gulones bei Macrob. S. VII, 12, 9: miilsum quod probe tdmperes Mfscen-
dumst novo Hymdttio Iilt vetulo Fal^mo.
3. Auch in den volksmässigen Ergüssen aus der Kaiserzeit tritt Vor-
liebe für den (der lat. Sprache naturgemässen) trochäischen Tetrameter zu
Tage. In diesem Masse gehalten ist z. B. Orelli-Henzen 6674 (Grabschrift des
Soldaten T. Cissonius: dum vixi bibi libenter: bibite vos qui vfvitis), sowie
die Pasquille aus dieser Zeit bei Sueton. Caes. 80 (vgl. 49. 51), Schol. Juv.
V, 3. Vgl. Suet. Calig. 6. Galb. 6. Voplsc. Aurel. 6, 5. 7, 2. Kunstreichere,
aus den gebildeteren Kreisen hervorgogangene , haben das Mass des Epi-
gramm: Suet. Caes. 20. Oct. 70. Tib. 59. Cal. 8. Ner. 39. Dom. 14. 23.
Vgl. Schol. Hör. S. I, 7, 20. Ein epigrammatarius bei Vopisc. Florian. 16, 3.
Vgl. G. H. Bernstein, versus ludicri in Rom. Caesares priores olim com-
positi, Halle 1810. Zell, Ferienschrifben IL S. 165—169. Was (nach Festus
p. 285 M.) retiario ad versus mirmillonem pugnanti cantatur wird gewöhnlich
^: sotadisch gemessen, lässt sich aber wohl auch volksmässig saturnisch auf-
fassen: Non to pet6, pisc^m petö: quid me fügis, Galle? — Von Kirchen-
: W Hedern vgl. z. B. Äpparebit repentina Dfes magna dömini u. s. w. Anderes
unten bei Gommodianus, Damasus, Ambrosius, Venantius Fortunatus u. A.
Bald machte sich auch der Reim geltend, wie in den zwei römischen Volks-
gcdichten aus dem sechsten Jahrh. bei Gregorovius, Gesch. d. St. Rom I.
■ jH - S. 372 f. W. Grimm, zur Gesch. des Reims, Abhandl. d. Berl. Akad. 1851.
4. Zell, Fcrienschriftcn IL S. 97 ff. Edelestand du Meril, poesies po-
?^v;'! pulaires latines anterieurcs au douziemc siöcle, Paris 1843. W. Teuffei, in
^^" • . Pauly's R<?al-Enc. VI, 2. S. 2736—2738. L. Müller, de rc metr. poett. latt.
<"'■ *-■■*-■
i
J
12 f. Das Kunstdrama. Die Tragödie. 17
(Lips. 18Gl)'p. '445 — 449 (de poesi rhythmiea). Westphal, allg. griech. Metrik
(Leipzig 1866) S. 270 ff.
12. Das Eunstdrama; welches, zuerst unter allen Gat-
tungen von Kunstpoesie, zu Anfang des sechsten Jahrh. in Rom
importiert wurde, fand rasch nach der ernsten wie der heiteren
Seite hin eifrige Bearbeitung, bald mit mehr bald mit weniger
Selbständigkeit. Doch überwogen weitaus die zur Belustigung
dienenden Arten, die palliata, Rhinthonica, togata (einschliess-
lich der trabeata und der tabemaria), der mimus (nebst plani-
pedia oder riciniata), wozu noch kommen die Atellanen in ihrer
zweiten Gestalt. Auf der ernsten Seite ist neben der Tragödie
nur die praetexta zu nennen.
1. Donat. de com.: Fabiila generale uoiuen est; eios dnae primae par-
tes sunt tragoedia et coraoedia. Caesius Ba.söUB de metr. p. 2672 P. zählt
auf: tragoedia, praetextata, comoedia, tabernaria, Atellana, Rhinthonica,
inimi. Donatus 1. 1.: comocdiaruni forinae sunt tres: palliatae, graecnm
habitnra referentes, togatac, iuxta formam persouarum habitnm togaram
desiderantes, . . Atellanae etc. und: comoedia multas species habet: aut
enim palliata est aut togata aut tabernaria aut Atellana aut mimus aut
Rhinthonica aut planipedia. (Euanth.) de trag, et com.: illud vero tenen-
dum est, post vbctv TitofMpd^av Latinos multa fabularum genera protulisse,
ut togatas, a scenicis atquo argtunentis latinis; praetextas . .; Atellanas, . .;
Rhinthonicas, ab auctoris nomine; tabernarias, ab humilitate argumenti et
stili; mimos, ab diutuma imitatione vilium rcrura et levium personarum.
Lyd. de magg. I, 40: j^ xcD/irodi'a Tsiivitai flg intd, eis naXlidraVy toyätav,
'AzBXXdvriv, taßfQvuQiccVy 'Pti^oiytxrjv, nlavmföuQiav xal fK/tix^i».
2. üeber sämmtliche Gattungen enthalt werth volle Nachrichten (ge-
mischt mit verkehrten) theils Diomedes ars gramm., B. III. p. 484 — 489 P.
=a 487 — 492 Keil, theils der Aufsatz de tragoedia et comoedia, wovon die
erste Hälfte den Euanthius zum Verfasser hat, die zweite Hälfte von We-
sterhov als fragmentum Donati (de comoedia) herausgegeben ist; das Ganze
abgedruckt auch in Zeune's Ausg. des Terenz, I. p. XXV — XXXIV.
13. Die Tragödie verlief beidenEömem in durchgängiger
Abhängigkeit von den Griechen. Zwar hätte es im Charakter
der Römer, ihren Einrichtungen und ihrer Geschichte nicht an
Umständen* gefehlt welche für die Hervorbringung. einer selb-
ständigen tragischen Poesie günstig gewesen wären; aber die
poetische Kraft zur Gestaltung solcher Stoffe war bei ihnen doch
nicht vorhanden, am wenigsten zu der Zeit wo erstmals ihnen
Tragödien vorgeführt wurden. Diese waren Uebersetzungen aus
dem Griechischen, bei Andronikus noch roh gearbeitet, mit zu-
nehmender Güte und Selbständigkeit bei Nävius, Ennius, Pacu-
Tkuvfkl, BOm. lilteTfttnrgeschichic. 2. Aufl. 2
18 Sachlicher Theil.
vius, Attius. Gravitätisch waren diese Tragiker der Republik
alle, in Haltung der Charaktere wie Gedanken und Sprache, nur
dass sie bald in Schwulst ausarteten, bald in Trivialität herab-
glitten und ihre Verse schwerfällig bauten. Dasselbe dürfen
wir voraussetzen von den Tragödien des Atilius, C. Titius, C.
Julius Caesar Strabo, Varro, Q. Cicero, Cassius aus Parma, sowie
wohl auch von denen des Santra und des Asinius PoUio, doch so
dass Letzterer, wie es scheint, im Stoffe selbständig war. Die
Verfeinerung der Technik in der augusteischen Zeit wirkte auch
auf die Tragödie und zeigte sich gewiss ebenso in des L. Varius
Thyestes, Ovids Medea, wie bei Gracchus und wohl auch
bei Turranius, Mam. Scaurus, Pomponius Secundus, unzweifel-
haft in den Tragödien des Seneca. Aber in demselben Masse
verzichteten diese Dichter auf populäre Wirkung, und immer
mehr überwucherte die Phrase. Unter den Tragödienschreibern
der späteren Zeit ist nur Curiatius Maternus von einiger Bedeutung.
1. Die früheren Sammlungen der fragmentarischen Ueberreste (zuletzt
in Bothe's Poetae scenici latini) sind veraltet. Tragicorum latinorum reli-
quiae, recensuit 0. Ribbeck. Lips. 1852 (mit quaestiones scenicae und einem
Wörterverzeichniss). Neue Auflage angekündigt
2. T. Baden, de causis neglectae a Romanis tragoediae, Götti. 1789.
H. Planck vor seiner Ausg. der Medea des Ennius (Götti. 1807. 4) p. 9—66.
G. Köpke , Warum sind die Römer gegen die Griechen im Trauerspiel zu-
rückgeblieben ? in Seebodes N. Archiv 1826, S. 146 — 161 und vor seiner
Uebersetzung des Plautus. A. G. Lange, Vindiciae tragoediae rom., Lips.
1822. 4 und in seinen Vermischten Schriften (Leipzig 1832) p. 15 ff. W.Regel,
virorum doctorum de re tragica Rom. iudicia et<j. Götti. 1834. 4 und: res
tragica Rom. retractata, Lüneburg 1845. 4. Th. Ladewig, Analecta scenica,
Neustrelitz 1848. 4. Ganz besonders aber F. G. Welcker, die griechischen
Tragödien u. s. w. (Rhein. Mus. Suppl. II, 3.), Bonn 1841, S. 1332—1484.
Ueber die Tragödie in der Kaiserzeit auch L. Friedländer, Sittengeschichte
Roms II«. S. 308—314.
3.' Die Zahl der uns irgendwie bekannten Dichter von Tragödien be-
läuft sich höchstens auf 36; die der Stücke auf höchstens 150 (vgl. Ribbeck
p. 435 — 437); erhalten sind nur die des Seneca. Allgemeine Beurteilung
bei Quintil. X, 1, 97: tragoediae scriptores veterum Attius atque Paouvius
clarissimi gravitate sententiarum, verborum pondere, auctoritate personarum.
ceterum nitor et summa in excolendis operibus manus magis videri poiest
temporibus quam ipsis defuisse. . . (98.) iam Varii Thyestes cuilibet grae-
carum comparari [?] potest. Ovidii Medea videtur mihi ostendere quantum
ille vir praestare potuerit si ingenio suo imperare quam indulgere maluisset.
eorum quos viderim longe i>rincepB f?] Pomponius Secundus.
4. Auch die Tragödie bestand aus ruhigeren und bewegteren Partien,
j
13. Die Tragödie. 19
Dialog und GeBang, diverbium und cautica. Vgl. Donat. de trag, et comoed.:
diverbia histnonee pronuntiabant. cantica vero temperabantur modis non
a poeta, sed a perito artis musicae f actis. Der Dialog war überwiegend im
iambischen Senar gehalten, der aber in der republikanischen Zeit an allen
Stellen ausser der letzten sich Spondeen (bzhgsw. Anapäste und Daktylen)
gestattete und erst von der augusteischen Zeit an rein gehalten wurde.
Die cantica zeigen wenig metrische Manchfaltigkeit; am häufigsten sind
Anapäste und Kretiker, daneben troch. und iambische Tetrameter, auch
daktylische Verse. Diese wurden von der tibia begleitet (Cic. orat. 55, 184.
de or. I, 60, 254. Tusc. I, 44, 107. Hör. Ep. II, 3, 215;, und Geübtere
konnten schon aus der Ouvertüre des tibicen das Stück erkennen welches
gegeben wurde (Cic. Acad. pr. II, 7, 20 vgl. de or. 111, 50, 196).
5. In der ciceronischcu Zeit kamen durch den ausgezeichneten Schau-
spieler Aesopus die Tragödien (bes. des Pacuvius und Attius) sehr in Auf-
nahme; 8. z.B. Cic. p. Sest. 56. Fin. V, 22, 63. Tusc. I, 44, 106. Lael. 7, 24.
Andere tragoediannn actores sind Rupilius (Cic. off. I, 31, 114), Catienus
und Fufius (Hör. S. H, 3, 60 f.), Apelles (Suet. Calig. 33), Glyko (Pers. V,
9), Apollinaris (Suet. Vesp. 19).
6. Einen Chor in der Weise der Hellenen können die Römer schon
darum nicht gehabt haben weil bei ihnen die orchestra durch den Senat
besetzt war. Chorische Orchestik ist dadurch ausgeschlossen, nicht aber
zeitweiliges Erscheinen und Zusammensingen einer Mehrheit von Schau-
spielern (catervae atque concentus, Cic. de or. 111, 50, 196; vgl. Columelhi
XII, 2) auf der Bühne, deren pulpitum eben darum breiter war (Vitruv.
V, 5). Bei den älteren römischen Tragikern ist irgendwelche Nachbildung
der Chorlieder schon deshalb wahrscheinlich weil sie überhaupt Uebersetzer
sind; dazu kommen Titel wie Bacchae, Eumenides (vgl. Cic. p. Rose, Am.
24, 66 f. in Pis. 20, 46), Hellenes, Myrmidones, Phinidae, Phoenissae,
Stasiastae, Troades, sowie zahlreiche einzelne Spuren. So setzt die Er-
zählung von Lucullus bei Hör. Ep. 1, 6^ 40 ff. (vgl. Plut. Luculi. 39 : ütgar-
r^yov noxB q>i,XoTifiovfisvov nsgl 9'sag xal X^Q^ ^^^^ TioGftov altovfiBvov nOQ
(pvQag xXaiivdccg) einen Chor voraus. So sang in der Ino des Andronikus
choras hymnum Triviae (Ter. Maur. 1934), war im Lycurgus des Nävius
ein Chor von Bacchae, in der Iphigenia des Ennius ein chorus (Gell. XIX,
10, 12), ebenso in dessen Medea (fr. 14 =« Eur. Med. 1251 ff.); bei Pacuvius
ein stasimum (Mar. Vict. p. 2522 P.) und in Antiopa, Chryses, Niptra
gleichfalls Chorähnliches. Einen chorus Proserpinae erwähnt Varro L. L.
VI, 94. Spärlicher sind die betreffenden Anzeichen bei Attius, doch deutlich
in den Bacchae und im Philocteta. Auch Pomponius Secundus (Ter. Maur.
1965 ff. 2135 ff. Mar. Vict. p. 2564 P.) und Seneca hätten ihre Chorpartien
(zur Markierung der Acte) ohne den Vorgang der Aelteren wohl nicht
gedichtet, Horaz (a. p. 193 ff.) nicht so ausführlich über die Einrichtung des
Chors gesprochen, wenn er im römischen Drama nicht existiert hätte. Vgl.
auchManil. astr. V, 486 von einem dexter actor: aequabit choros gestu. Phädr.
V, 7, 25 ff. : tnnc chorus ignotum modo reducto canticum insonuit, cuius haec
fuit sententia: Laetare, incolumis Roma, salvo Principe. Vgl. überhaupt
Grysar, über das canticum und den Chor in der römischen Tragödie, Wien
2*
20 Sachlicher Theil.
1855 = Abhandl. der Wiener Ak. XV, S. 365—423 (das canticum S. 367—
383 ; der tragische Chor S. 384 — 403 ; die KitharÖden und die cantores tragoe-
diarum in der Kaiserzeit, S. 403—423). O. Jahn, Hermes IT. S. 227 — 229.
14. Die national-römische Tragödie ist die (fabula) prae-
texta, welche in Ermanglung eines einheimischen Heroenmy-
thus historische Stoffe behandelte und meist von solchen Dichtem
bearbeitet wurde welche zugleich Tragödien (mit griechischem
Stoffe und nach griechischen Originalen) verl'assten. So Nae-
vius (Clastidium; Romulus), Ennius (Ambracia; Sabinae und
Scipio?), Pacuvius (Paullus), Attius (Aeneadae, s. Decius; Brutus),
Baibus ein Iter ad Lentulum; für das Lesen Pomponius Secundus
einen Aeneas^ Persius einen Restio (Vescia?), Curiatius Matemus
tnnen Domitius und Cato, ein unbekannter Dichter (Oassius?) einen
Marcellus. Auch die Octavia gibt sich als eine praetexta.
Form und Charakter der praetexta war der TragJklie nachge-
bildet, und nur der Ton, entsprechend dem Stoffe, etwas weniger
hoch gehalten.
1. Die Fonn praetexta haben Asinius Pollio (bei Cic. Farn. X, 32, 3.
5), Horatius (Ep. II, 3, 288), Probns (vita Persii, p. 237 Jahn), Festiis
(p. 223 vgl. p. 352, a. M.); die Bezeichnung als praetcxtata ist bei den spü-
teren Grammatikern die vorherrschende.
2. Diomedes p. 487 P. == 489, 24 if. K.: prima species est togatarani
(nationale Dramen) quae praetextatac dicnntur, in qnibus imperatonim
negotia agebantur et publica et reges romani vel duces inducuntur, per-
äonarum dignitate et sublimitate tragoediis similes. praetextatac autem
dicuntur quia fere regiim vel magistratuum qui praetexta utuntur in eius-
niodi fabulis acta comprehenduntur. (Vgl. praetextati in magistratibus, in
.sacerdotiis, bei Liv. XXXIV, 7. Auch Non. Marc. p. 541: x>raetexta, insigne
romanum, quod supra tunicas honorati quique sumuut.) Diomed. p. 490,
10 fF. K.: togata praetextata a tragoedia differt, quod in tragoedia heroes
inducuntur, . . in praetextata autem . . Brutus vel Decius, item Marcellus (vel
Africanus et his similia, fügt Bhabanus Mauras bei, Opera L p. 47 ed.
Colon. 1627). Manil. astr. V, 483: (dexter actor) magnos heroas aget civis*
que togatos. Donatus de comoedia: tragoedia, si latina argumentatio sit,
praetextata dicitur. Euanth. de trag, et com.: praetextatas , ab dignitate
personarnm et latina historia. Lydus de magg. I, 40: ^ tQayatSia xBpLVBxai
flg Tt^niSatccv xal TCQaiTe^tdtav' av rj ^hv TiQTimddta ilXrjvi'Kas ^%u vno-
&iasLg, 7} Sh nQans^zdta ((otiaXTidg. Daher kann Tacitus dial. 2 (vgl. Plaut.
Amphitr. prol. 41, 93. Capt. 62) den Cato des Curiatius Maternus (ungenau)
als tragoedia bezeichnen. Die praetextae meint mit seinen togatae Sen. Ep.
1, 8, 8; 8. unten 17, 1. Aufführung der praet. vielleicht bei ludi trium-
phales (G. Röper).
3. Sammlung der Ueberreste bei J. fl. Neukirch, fab. tog. p. 71 — 95
14 f. Die Prätexta. Die Palliata; ihre Geschichte. 21
undBibbeck, trag. p. 235-— 240, vgl. p. 348— 351. F. G. Welcker, diegriech.
Tragödien (1841) S. 1344—1347. 1388 flf. 1402 f.
15. Unter den Arten der Komödie (vgl. 12) ist die früheste
die palliata^ d. h. die mit griechischem StoflFe und nach grie-
chischen Originalen^ insbesondere der neuen attischen Komödie^
gearbeitete. Sie beherrscht das ganze sechste Jahrh. d. St. Zu
ihr gehören Andronikus, Naevius, Plautus, Ennius, Trabea^ Ati-
lius, Licinius Imbrex, Juventius, Statins Caecilius, Luscius La-
nuvinus, Terentius, Plautius, Turpilius. Diese Namenfolge stellt
einerseits einen Fortschritt dar in Verfeinerung der äusseren
Form, andererseits eine Abnahme der Selbständigkeit gegenüber
von den griechischen Originalen. Die altem Palliatendichter
suchten durch allerlei Zuthaten, locale, zeitliche, vergröbernde,
die Stücke dem Geschmacke ihres Volkes anzupassen; die spä-
teren, wie Terenz, verschmähten diess, verloren aber darüber
die Fühlung mit dem Volke, das sich lustigeren Gattungen zu-
wandte, den togatae, Atellanen und mimi. In Folge dessen er-
losch die Hervorbringung von Palliaten und musste die Bühne,
wenn sie solche aufführen wollte, auf die ältßre Literatur zurück-
greifen. So erhielten sich besonders die Stücke des Plautus und
Terenz bis in die Kaiserzeit hinein auf der Bühne. Was in
letzterer Zeit selbst Derartiges hervorgebracht wurde, wie von
Vergilius Romanus und M. Pomponius B^ssulus, blieb auf enge
Kreise beschränkt und ohne Wirkung.
1. Diomed. III. p. 486 f. P. =s 489, 18 E.: graecas' fabulas ab habitu
palliatae Varro alt nominari. Vgl. Plaut. Cure. II, 3, 9: isti Graeci pal-
liati etc. Pallium graecanicum (Suet. Dom. 4) «r tfidtiov BlXrjviTiov (Lukian.
merc. cond. 25). Vgl. Sen. controv. IX, 26, 13: cum latine declamavcranl,
toga posita, sumpto pallio, . . graece declamabant. Auch wurde die Pal-
liata schlechtweg comoedia genannt und ihre Dichter comici. Vgl. Bitschi,
Parerga S. 189. So Diomed. IIL p. 488 P. = 490, 14 ff. K.: togata taber-
naria a comoedia differt, quod in comoedia graeci ritus inducuntur perso-
naeque graecae . ., in illa vero latinae. . . Terentius et Caecilius comoedias
Bcripserunt. So nennt Qnintil. XI, 3, 178 als maximos actores comoediarum
seiner Zeit den Demetrius und Stratokies, wo die nähere Beschreibung und
182 zeigt dass Palliaten gemeint sind. Ebenso Fronto Ep. p. 54 und 211 N.
(comoedias, ateUanaa). 106 (sententias comes ex comoedis) u. A.
2. Die alte attische Komödie war zu eng mit ihrer Zeit verwachsen
als dass sie für eine andere Nation und Zeit zur Nachbildung sich geeignet
hätte; die mittlere aber ist eine blose Uebergangsform. Dagegen die neue
war zeitlich die nächste, im sechsten Jahrh. d. St. allein noch auf der
Bühne, und durch ihre typische Charakterzeichnung und allgemein mensch-
22 Sachlicher Theil.
liehe Haltung vorzugsweise für die Uebertragung auf fremden Boden ge-
eignet. Innerhalb derselben besonder» Menander, dann auch Diphilos, Plii-
lemon. Andere bei Gell. II, 23, 1: comoedias lectitamus nostrorum poeta-
rum sumptas ac versas de Graecis, Menandro aut Posidippo aut ApoUodoro
aut Alcxide et quibusdam item aliis comicis. UQiatofisvTjs 6 'Mrjvaiog, . .
vTtoTiQitqg trig d^xotiag inofjbaidiag, dnelsvd'sgog tov ßaatkicog^Adgiarov^Aihen^.
' III. p. 115 B.) spielte sicher in griechischer Sprache. Bugge, causas non-
nuUas ueglectae apud Romanos comoediae Graecorum veteris et mediae ex
ipsa civitatis romanae forma eruere conatus est, Christiania 1823.
3. Ueber den Untergang der pall. in der Eaiserzeit M. Aurel. comin.
XI, 6: Tj via nrnfKodüc ngbg xt notB nagsiXrjntai ^ xar* oXiyov Inl xriv f%
f.u(irj<SLccg q>dozBxviav vnsQQvrj; Wohl blose Stilöbung war der Versuch des
Surdinus, ingeniosus adolescens (in der augusteischen Zeit), a quo graeciic
fabulae elegant>er in sermonem latinum conversae sunt (Sen. suas. 7, 12. p.
43 f. Bu.). Comoedias audio bei Plin. Ep. V, 3, 2 ist wohl von recitierten
(wie des Vergilius Romanus) zu verstehen.
4. Wunderliche Location der Palliatendichter (Caecilius Statius, Plau-^
tu8, Naevius, Licinius, Atilius, Terentius, Turpilius, Trabea, Luscius, Eunius)
von Volcatius Sedigitus bei Gellius XV, 24. Vernunft darein zu bringen
bemühte sich vergeblich Th. Ladewig, über den Kanon des Volc. Sed. Neu-
strelitz 1842. 4. Vgl. Ritschi in ReifFerscheids Sueton p. 501 f. H. Iber, de
Volcati Sedigiti canone, Münster 1865. 48 pp.
5. Die Ueberreste der Palliatendichter (ausser Plautus und Terenz)
in Bothe's Poetae scenici lat. und bes. bei 0. Ribbeck, Comicorum latiuo-
rum . . reliquiae (Lips. 1855), p. 3—112. Zur Textkritik vgl. Th. Bergk in
Fleckeisens Jahrbb. 1870, S. 823—846.
16. Aus der neuen Komödie nahm die palliata nicht blos
Handhmg, Charaktere, Oekonomie und äussere Form sondern
auch die Blasiertheit und den sittiichen Nihilismus und hat da-
durch zur Lockerung der Sitten Roms nicht wenig beigetragen.
Insbesondere der Prolog, Epilog und auch wohl die Eintheilung
in Acte stammt aus den attischen Vorbildern. Da die Palliata
einen Chor so wenig kennt wie die neue Komödie, so zerfällt das
einzelne Stück in Dialogpartien (diverbia) und Monodien (cantica).
In jenen haben die Palliatendichter mit Rücksicht auf ihr Publi-
cum, die Redseligkeit ihrer Originale gekürzt und dafür die
Handlung vermehrt, namentlich durch das Mittel der Con-
tamination, zumal da sie in der Zahl der Schauspieler sich we-
niger beschränkt sahen als ihre Vorbilder. Der Dialog ist meist
im iambischen Senar gehalten, für die cantica sind (ausser Sep-
t^naren) Kretiker und Bacchien besonders häufig, letztere ver-
hältnissmässig streng, die Senare in prosodischer Hinsicht mit
zahlreichen und starken Zugeständnissen an die volksmässige
lö f. Nähere Charaktoristik der Palliata. 23
Aussprache. Der Vortrag der cantica wurde von der tibia be-
gleitet. Masken hatten die Schauspieler erst seit der Zeit des
Terenz.
1. Ueber das Verhältniss der palliata zur neuen Komödie s. besondere
MoinmBen R. G. P. S. 883 — 885 und W. Hertzberg vor seiner Uebersetzung
plautinischer Stücke (Stuttgart 1861) S. IX— XXXil. Die Charaktere beider
Gattungen sind: geizige Väter, leichtsinnige Söhne, listige Sklaven, geld-
und liebesüehtige Hei&ren, plumpe und aufschneiderische Eriegsmänner,
hungerleiderische Parasiten, lauter Symptome einer überreifen, der Fäulniss
nahen oder schon darein übergegangenen Cultur. Manil. astr. V, 472 ff.
(ardentis iuvenes raptasque in amore puellas elusosque senes agilesquc per
omnia servos). Apulej. Flor. III, 16 (p. 20, 17 ff. Kr.): et leno periurus et
amator fervidus et servulus callidus et amica illudens et uxor inhibens et
mater indulgens et patruus obiurgator et sodalis opitulator et miles proe-
liator, sed et parasiti edaces et parentes teuaces et meretrices procaces.
Isidor. Orig. XVIII, 46: comoedi sunt qui privatorum hominum acta dictis
ac gestu canebant atque stupra virginum et amores meretricum in suis
fabulis exprimebant.
2. Euanth. de tr. et com.: comoediae aut motoriae sunt aut statariao
aut mixtae. motoriae (sunt) turbulentae, statariae quietiores, mixtae ex
utroque actu consietentes. Dabei fallen die plautinischen so ziemlich alle
den motoriae zu, von Terenz die meisten den mixtae, Phormio den moto-
riae, Hautontim. den statariae (Haut. prol. 36). Darnach auch die Schau-
spieler (vgl. Donat. zu Ter. Ad. prol. 24 nebst Quintil. XI, 3, 178) und
weiterhin die Redner (Cic. Brut. 30, 116. 68, 239) in statarii und motorii
eingetheilt.
3. Diomedes III. p. 489 P. » 491 , 29 f. K. : latinae comoediae chorum
non habent, sed duobus membris tantum constant, diverbio et cantico.
primis autem temporibus, sicuti adserit Tranquillus, omnia quae in scena
versantur in comoedia agebantur. uam et pantomimus et pjthaules et
choraules in comoedia canebant (der pantomimus wohl in Folge der Schei-
dung von Gesang und Action; vgl. Liv. VII, 2, 10: inde ad manum cantari
histrionibus coeptum diverbiaque tantum ipsorum voci relicta). Allmählich
aber habe sich eine Sonderung von histriones (actores comoediarum), mimi
und tibicines vollzogen.
4. Diomed. III. p. 491, 23 ff. K.: personae diverbiorum aut duae uta
tres aut raro quattuor esse debent, ultra augere numerum non licet, in
canticiB autem una tantum debet esse persona aut, si duae fuerint, ita esse
debent ut ex occulto una audiat, nee conloquatur, sed secum . . verba
faciat. Dass drei als die Normalzahl der zu verwendenden actores auch
bei den Palliatendichtern galt ist an sich wahrscheinlich und erhellt für
die spätere Zeit aus Martial VI, 6 : comoedi tres sunt, sed amat tua Paula,
Luperce, quattuor: et Ttoatpov Paula TtQoaamov amat. Indessen waren die
Aedilen der Bepublik weniger auf das Sparen bedacht als die Choregen
Athens und bewilligten den Dichtern auch mehr Schauspieler; und so ist
unter den plautinischen Stücken nur bei zweien (Cist. und Stich., beide
24 Sachlicher Theil.
jedoch unvollständig erhalten) allenfalls mit drei Schauspielern auszukom^
«men, vier aber (Capt., Epid., Merc, Pseud.) erfordern mindestens vier, zehn
mindestens fünf Schauspieler, Poenulus und Rudens aber sechs; von den
terenzischen machen Haut, und Hec. 5, Ad. und Phorm. 6 Schauspieler noth-
wendig, Andr. und £un. sogar noch mehr. Nicht einmal in dem engeren
Sinne worin Horaz (Ep. II, 3, 192) vor Scenen mit mehr als drei redenden j
Personen warnt beschränken sich die Palliatendichter ; s. die Aufzählung j
bei F. Schmidt S. 4, A. 1. Diomed. III. p. 488 P. ="491, 2 f. K.: at latini '
scriptores complures personas in fabulas introduxerunt, ut speciosiores fre- j
quentia facerent. Ps. Ascon. zu Cic. div. in Caec. 48 (p. 119 Or.): latinae
fabulae per pauciores agebantur personas (als die Palliaten), ut Atellanae,
togatae et huiusmodi aliae. Fr. Schmidt, über die Zahl der Schauspieler
bei Plautus und Terenz und die Vertheilung der Rollen unter dieselben.
Erlangen 1870. 58 S.
5. G. Hermann, de canticis in Rom. fabb, scenicis, Opusc. I. p. 290 fF.
G. A. B. Wolff, de canticis etc. Halle 1824. 4. Grysar (s. oben 13, 6).
. Uebrigens gibt es auch Komödien ohne cantica, wie Plaut, mil. glor. , Perea,
vielleicht auch Epidicus. Spuren synodischer (mehrstimmiger) cantica Rud
II, 1 (piscatores) und bes. am Schlüsse der Captivi; vgl. auch ib. II, 1.
Daher in den glossae Salomonis die Behauptung: apud Romanos quoquc
Plautus comoediae choros exemplo Graecorum inseruit (Rhein. Mus. XXII.
S. 446). Musikbegleitung tibiis paribus aut imparibus aut sarranis, wor-
über z. B. Diomed. p. 492, 10 ff. K. Varr. R. R. I, 2, 15: dextera tibia
alia quam sinistra, ita ut tamen sit quodam modo coniuncta, quod est al-
tera eiusdem carminis modorum incentiva, altera succentiva. Donat. de
comoed. s. f., praef. Eun. u. Adelph., wo: modulata est tibiis «lextris, i. e.
Lydiis, ob seriam gravitatem, qua fere in omnibus comoediis utitur hie
poeta (Ter.), saepe tamen mutatis per scenam modis cantica mutavit,
quod significat titulus scenae, habens subiectas personis litteras M. M. C.
(mutatis modis cantici). Sinistris (oder sarranis), mit hellerem Ton, also
bei minder ernsten Partien. Der Ausdruck tibiae pares wird gewöhnlich
erklärt: mit lauter dextrae oder sinistrae (impares = dextrae und sinistrae),
wobei aber die Angabe ob dextrae oder sinistrae zu erwai^ten wäre; -s. K.
Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 594—597. Vgl. Grysar a. a. 0. S. 376—378.
E. V. Bruner, quaestiones terentianae (1868) p. 1 — 79 (de canticis et tibiis
fabularum Ter.).
6. In der alten attischen Komödie und wohl auch noch der mittleren
wurden die Pausen in der Handlung durch Chorlieder bezeichnet und aus-
gefüllt, in der neuen wohl schon durch den avXrjtjjg. Frühestens in letzterer
kann daher die Eintheilung in Acte aufgekommen sein, wie denn auch bei
Aristoteles sich noch nichts Derartiges findet. Die Theorie derselben
scheint von den Alexandrinern aufgebracht worden zu sein. Schon Varro
schrieb de actibus scenicis, und vorausgesetzt ist diese Eintheilung bei Varro
(R. R. I, 26 quartus actus; II, 5, 2 secundus actus; III, 17, 1 tertius actus)
und Cic. ad Qu. fr. I, 16, 46: ut hie tertius annus imperii tui tamquam
tertius actus perfectissimus atque ornatissimus fuisse videatur (vgl. Apul.
Flor. 16, 64. p. 132 Bip.: cum iam in tertio actu, quod genus in comoedia
16. Nähere Charakteristik der Palliata. 25
fieri amat, iucundiores affectua moveret), noch unmittelbarer in Horatius'
Begel (Ep. II, 3, 189): neu sit quinto productior actu fabula. Doch können
die ursprünglichen Handschriften des Plantus und Terenz noch keine Ein-
theilung in Acte enthalten haben, und auch in den auf uns gekommenen
Handschriften ist noch keine Spur davon. Donat klagt wiederholt über die
Schwierigkeit dieser Eintheilung (vgl. Euanth. de tr. et com.: postremo ne
locum quidem reliquerunt choro, quod latini fecerunt comici^ unde apud illos
dirimere actus quinquepartitos difficile est), und auch die nicht seltene Un-
zweckmässigkeit, wo nicht Unrichtigkeit, der überlieferten beweist ihren spä-
teren Ursprung. Im Allgemeinen s. Donatus arg. Andr.: est attente animad-
vertendum ubi et quando scena vacua sit ab omnibus personis, ut in ea chorus
(in der Tragödie) vel tibicen (in der Komödie) audiri possit; quod quom videri-
mus, ibi actum esse finitum debemus agnoscere. Fünf Acte als Maximum
setzt auch Donaths Regel (ib.): nullam personam egressam quinquies ultra
exire posse. Diese vertheilen sich gewöhnlich in der Weise dass der erst«
die Auseinandersetzung (nQoraai.g) enthält, in Act II bis IV der Knoten
geschürzt, die Verwicklung herbeigeführt wird {inCtaoig), worauf dann im
fünften die Lösung erfolgt (xaraffT^o^r)). Vgl. G. A. B. Wolff, de actibns
apud Plautum et Terentium, Guben 1814. 4. Ritschi, Opusc. philol. II.
S. 354 — 365. (Rhein. Mus. IV. S. 597 — 607. VI. S. 518 f.) K. F. Her-
mann, de Ter. Adelphis, Jahns Jahrbb. Suppl. VI. p. 71 ff. G. Schmitz,
de actoum in Plautinis fabulis descriptione, Bonn 1852. E. v. Bruncr,
quaest. terent. (1868) p. 20—31.
7. Die Eintheilung in Scenen findet sich in allen Handschriften des
Plaut4is und Terenz regelmässig, da Namenüberschriften der jedesmal
sprechenden Personen unentbehrlich waren. Die sprechenden Personen
werden hier meist durch Buchstaben (A, B u. s. w.) bezeichnet, der tibicen,
als letetsprechend, durch oo. Ritschi, Rhein. Mus. IV. S. 356 f. 607 — 610
= Opuflc philol. IL S. 294 f. 366—368.
8. Der Prolog enthielt der Regel nach die Darlegung des Inhalts des
nachfolgenden Stückes (Ter. Andr. prol. 5 if.), wurde aber auch, wie die
Paiabase in der alten Komödie, zur Erörterung persönlicher Anliegen des
Dichters benützt. Euanth. de tr. et com. unterscheidet daher vier Arten:
üvotaxiTiLog^ commendaticius; afaqpo^txd^, relativus; v^ro^erixo^, argn-
mentarias; fMXTOg, mixtus. Vorgetragen wurde der Prolog uncostümiert
(sine omamentis, Plaut. Poen. prol. 123, = ornatu prologi, Ter. Hec. prol.
B, 1) von einem Schauspieler der nicht gleich zu Anfang des ersten Acts
aufzutreten hatte (ümkleidung, Poen. prol. 126; Ausnahmen bei Ritschi
Parerg. p. 19) oder vom dominus gregis (wie bei Terenz öfters). Doch
steht er nicht immer vor dem ersten Act (Plaut, mil. II, 1. Cist. I, 3;
vgl. Donat. praef. zu Ter. Phorm. a. E.) und kann auch überhaupt fehlen
(Plaut. Cure.). Für neue Aufführungen eines Stückes, auch nach dem Tode
des Verfassers, wurden neue Prologe gedichtet; die erhaltenen zu plautini-
Bchen Stücken sind grösstentheils von dieser Art und meist von unleid-
licher Breite und Geschmacklosigkeit; s. Ritschi, Parerga S. 209 ff. 225 ff.
233 ff. und unten %, 98.
9. Die stehende Form des Epilogs ist: plaudite. Vgl.Menand.fr. 831:
26 Sachlicher Theil.
f^aQocvxfg fTrix^orrjarfTf mit Plaut. Truc. SchlusB: plaudite atqne exsuTgit«.
Auch 8. Quintil. VI, 1, 52: illud quo veteres tragoediae comocdiaeque
cluduutur, Plodite. Hör. Epi. II, 3, 156 u. a.
10. Als Ersatz für vorgenommene Kürzungen des Originals und zur
Erhöhung der stoftlichen Anziehungskraft eines Stücks nahmen schon Ka^-
vius, Plautus, Ennius und nach deren Vorgang auch Terenz (Andr. prol.
18 ft.) aus einem griechischen Stücke verwandten Inhalts einzelne Scenen
in das von ihnen bearbeitete herüber, was Luscius tadelnd contaminarc
nannte; s. Andr. prol. 16. Haut. prol. 16 ff.
1 1 . Die nQoacDTca n^otatiKct dienen vorzugsweise zur Erleichterung der
Exposition, s. Donat. arg. Andr.: pei'soua protatica intelligitur quac semel
iuducta in princiino fabulae in nullis deiuceps fabulae partibus adhibetur.
Euauth. de trag, et com.: n^oxatiHct ngoamna, i. c. personas extra argu-
mentum arcessitas , uon facilc ceteri habent (doch Plautus im Miles den
Artotrogus); quibus Tereutius saepe (in Andr. und Eun.) utitur, ut per
harum inductiones facilc pateat argumentum.
12. Masken. Diomed. III. p. 486 P. = 489, 10 fl\ K.: antea galearibus,
non pcrsonis, utebantur, ut qualitas coloris indicium faceret aetatis, cum
obsent aut albi (Greise; vgl. albicapillus, Plaut. Mil. 631. Bacch. 1101;
dazu langer Bart und Stock, Plaut. Menae. 854. 856) aut nigri (Jünglinge;
buhlerische zugleich gelockt, cincinnati, vgl. Plaut. Mil. 923) aut ruti
(Sklaven), persouis vero uti primus coepit Roscius Gallus, praecipuus
histrio, quod oculis perversis erat nee satis decorus sine personis nisi para-
»itus pronuntiabat. Dagegen Donat. de comoed.: personati primi egisse
dicuntur comoediam Cincius Faliscus, tragoediam Minucius Prothymuts,
welcher Letztere auch in den Adelphi mitwirkte. Dazu Donat. praef. zu
Ter. Ad.: haec acta est . . agentibus L. Ambivio et L. . ., qui cum suis
gregibus iam tum personati agebant. Aber der Phormio z. B. wurde noch
ohne Masken aufgeführt, wie I, 4, 32 ff. = 210—212 zeigt. Einmal einge-
führt, scheint das Tragen von Masken fortwährend die Regel geblieben zu
sein; wenigstens erhellt dies aus Stellen wie Cic. de or. III, 69, 221: in
ore sunt omuia. . . personatum ne Roscium quidem magnopere laudabant
(nostri senes), sowie aus dem cogi in scena ponere personam, quod ceteris
histrionibus (ausser den Atellaui) pati necesse est (Fest. p. 217 M.); auch
wird seitdem an den actores comoediarum (im Unterschied von den minii
= artifices scenici, bei Sen. Ep. I, 11, 7) nur die Stimme, der Vortrag und
die Action als charakteristisch hervorgehoben, wie bei Quintil. III, 8, 51.
XI, 3, 178.
13. Als actores comoediarum kennen wir aus der Zeit des Plautus
einen (C. Publilius) Pollio (Ritschi, Parerga S. 250. 256. 261 f. 392), aus
der des Terenz dui-ch Donatus und die Didascalien ausser den in Anm. 12
Genannten besonders: (L.) Ambivius Turpio, L. Atilius aus Präneste (im
Bembinus zu Hec: L. Ambivius, L. Sergius Turpio ; zu Ad.: L. Hatilius
Praenestinus, L. Ambibius Turpio); aus der des Quintilian: Stratocles und
Demetrius (I. 0. XI, 3, 178).
17. Togatae im weiteren Sinne heissen theils alle nicht
17. Die Togata. 27
den Griechen nachgebildeten, Bondern ursprünglich italischen
Dramen, mag darin die Toga mit Verbrämung (praetexta und
trabeata) oder ohne solche die Tracht der agierenden Personen
bilden. Im engern Sinne aber bezeichnet togata diejenige na-
tionale Dramengattung worin Leute in der einfachen Toga, tog-
ati, auftraten. Später wurde dafür der Name tabernaria
häufiger. Diese togata stellt das Treiben der unteren Stände
ßonis dar, hat in Folge dessen einen derberen Ton als die pal-
liata, zugleich jedoch mehr Frische und wahres Leben. Lisbe-
sondere aber hat sie vor jener den ganzen Begriff der Familie
voraus: das weibliche Geschlecht spielt darin eine unvergleichlich
bedeutendere Rolle als in der palliata, wogegen die Sklaven zu-
rücktreten. Zeitlich begrenzt ist die togata einerseits durch die
überfeinerte Palliata (Terenz), andererseits durch die kunstmässige
Atellane und den Mimus. Ihre Hauptdichter sind Titinius,
Quintius Atta und L. Afranius, alle aus der Zeit von 585 bis
675 d. St. Durch Afranius wurde die togata in höhere Kreise
der Gesellschaft gehoben, Oekonomie und Ton der palliata in
:>ic eingeführt, auch wohl griechische Stücke für seine Zwecke
benützt, und dadurch eine Art Mittelgattung geschaffen, die aber
mit ihm erlosch. Noch in der Kaiserzeit wurden Togaten (des
Afranius) aufgeführt, aber, dem Zeitgeschmacke gemäss, mit
Einmischung von Pantomimik.
1. Zu den togatae im weitesten Sinne des Wortes (als einem generale
Domen) recbnet Diomedes III. p. 486 f. P. = 489 f. K. a) praetextatae,
b) togatae =* tabernariae, c) Atellanae, d) planipedes, und definiert sie:
quae [scriptae sunt secundum ritus et habitum hominum togatorum, i. e.
Romanoram. In diesem Sinne nmfasst togata auch die von Diomedes über-
gangene trabeata, freilich eine blos vorübergehende und wenig bedeu-
tungsvolle Erscheinung, vorzugsweise dem Ritterstande gewidmet, dessen
ijpecifische Tracht die trabea war (Pers. III, 29. Dio LVI, 31), und einzig
auf der Person des Freigelassenen von Mäcenas, C. Melissus, beruhend.
Suet. de gramm. 21 extr. (p. 116 Rffsch.): fecit (Mel.) et novum genus toga-
tarum inscripsitque trabeatas. In derselben allgemeinen Bedeutung, sogar
vorzugsweise von praetextae, gebraucht togatae Sen. Ep. I, 8, 8: non at-
tingam trägicos nee togatas nostras. habent enim hae quoque aliquid se-
veritatis et sunt inter comoedias ac tragoedias mediae.
2. Diomed. III. p. 467 P. = 489, 28 ff. K.; secunda species esttogatarum
quae tabernariae dicuntur et humilitate personarum et argumentorum simi-
litudine comoedüs (=» palliatis) pares, in quibus . . humiles homines et
privatae domus inducuntur, quae quidem olim, quod tabulis tegerentur,
communiter tabernae vocabantur. Vielmehr sind privatae domus auch in
Rachlichei: Theil.
tabernae vielmehr Buden von Uandwerkern und Ober-
ideo. FeetuB v. togatarum (p. 352, a. M.) zählt unter
beniariae u. A. auch auf plagiarii, eervi denique, nber-
: tabernis honeate prodeant. Vgl. auch die Togaten-
riuB, Fullonia, Libertus, Psaltria, Tibicina. Togatnc
le dieser Art bes. bei Cio. p. Sest. 66, 118. Hör. Ep.
1, 9, 3, Sen. Ep. XIV, 1 (=- 89), 7 (vgl. Afran. v. 299).
lÜl. X, 1, 100, Gell. X, 11, 8. XIII, 8, 3.
ttz der togatae ist gewöhnlich Rom; nicht Belten aber
eine Proviuzialstadt verlegt, um entweder die Klein-
zu machen oder unter deren Haske Rom zu gebeeln '
zu achilderu welchen Uom auf ein Landkind macht;
sinae, Ferentinatis, Setina, Velitema, ülubrana. Schon
:11t femer die grOBee Betheiligung des weiblichen Gc-
Jungfrauen), noch mehr aus den Bruchatdcben. Vgl.
160: in tegatis victricee appellautur qnae viroa extu-
hnend ist weiter Donat, zu Ter. Eun. 12: concesawni
: comicie aervos dominia sapientioree fingere, quod item
488 P. :* 490, 16 f. K.: togataa taliernariafi in acenam
I duo, L. Afraniua et G, Quintiua. Acro zu Hör. Ep. IT,
iraetextaa et togataa acripserunt Aeliue Lamia, Anto-
iaaua, Afraniua, PomponiuB (Secundna). Ein togatariua
(cui in puerilem habitnm circumtonsam matronam
irat Auguatua und den er dafür per Irina theati'a
avit) bei Suet Aug. 16; vgl. Pliu. N. H. VII, 49:
lionem, qui primus togataa aaltare inEtituit, utriaqoe
Itasee, et D. Auguati et quoa Claudius Caesar consniatu
lando LXIII non amplius anni interfnere, rjuamquam
Äüffahrung des Incendimn von Äfranius nnter Nero,
nng der Oekonoraie der palliata hat Afranina Prologe
Sat. VI, 6, 6: Afranium . . qui in prologo ex persona
er Sella die Sophia redend auftrat) und cantica (sogar
Seat. 55, 118: cum ageretur togata ^ Siraulana, ut
>ta clariEsima concentione . . cootionata est. Dabin
Obernatune dea Parasiten, wofQr freilich das rOmiachc
die Bcurrae Analogien boten.
er Vebcrreat« von Togaten ausser bei Botho auch bei
abula togata (Lips, 1833) p. 96—280 und bei Itibbock,
B8. Ucber die Togate s. auch Ladewig in Pauly'e
ä034 f. und Moramsen R. G. 1». S. 885 f. II'. S. 438.
iie in Rom fand auch die Rbitithonicii, be-
Phlyakographen Rhiuthoii aus Tarent, welcher
lurch possenhafte BehaDdlimg ins Lächerliche
17 — 19. Die Togata. Die Bhinthonica. Das Epos.. 29
zog. Auch [XagoTQaymdla und 'IraXixi^ wird diese Gattung ge-
nannt. Ihre Vertretung in der uns erhaltenen Literatur ist
zweifelhaft. Am nächsten verwandt scheinen Atellanen mit
mythologischem Stoffe.
1. Die Aufnahme der Rhinthonica in Eom erhellt aus ihrer Aufführung
unter den Arten des römischen Lustspiels, s. oben 12, 1. lieber Khinihon
s. bes. Snid. s. v. (II. p. 614 f. Bernh.): 'Fivd'otv, Tagavtivog noDfiinog,
aQXTjyog r^g naXovftivrig iXa^otqaytpöCag, ^ *<?^^ tpXvanoyQatpCa' viog Ss ^v
TLSQaiUiog xal ysyovsv inl zov nQcirov UxoXffiaiov (323-286 v. Chr. =
431 — 46d d. St)* ÖQafiaTcc öh ccvxov -iKOfuna Xr[ . Steph. Byz. v. Ta^ag:
dviyQafpJicav noXXol . . ie«l ^Piv^av Tagavtivog q)Xvcc^, tä tgayitioc ^iftaQ-
QV^iii^av elg ytXoiov. Athen. IX. p. 402 B: ffg d* satlv ovtog {£yiX7iQic(g)
zrig ttaXiKTJg xaZovfifVTjs ntaficoSiag noirftrigy yivog TccQavttvog. Lyd. de
mag. I, 40: *Piv&(ovi%ri (fffrlv) r/ fgwrtxi}, wo Welckers Vermutung ^lo^txr},
gebilligt von Vahlen, Rh. M. XVI. S. 474, nicht sehr empfohlen wird durch
das vorausgegangene axBXXavri Sb sativ ri xtäv Xsyofisvtov e^oSiaQ^iov; vgl.
vielmehr Plaut. Men. II, 1, 11 = 236 R.: Graeciamque exoticara von Unter-
italien (Graecia magna).
2. Die TLotiiipSoTQaytpS^a des Alkilos, Dcinolochos und Anaxandrides
(Meineke bist. crit. com. gr. p. 247 f.) ist älter als die UagoTQ. deren «qx
r)yog Rhinthon war, also nicht mit ihr identisch. Vielleicht war TirnfKodotQ.
mehr komödienartig (etwa wie Plaut. Amphitr., welcher im Prolog v. 69
u. 63 als tragicocomoedia bezeichnet wird), tXaQotQ. aber possenhaft, atel-
lanenartig. Tragicocomoedia auch bei Lutat. zu Stat. Theb. V, 160.
3. Eine Rhinthonica ist jedenfalls der plautinische Amphitruo nicht;
8. Vahlen, Rh. M. XVI. S. 472 ff., welcher vermutet dass vielmehr Atella-
nen mit mythologischem Stoffe Rhinthonicae seien, possenhafte Travestie-
rnngen mythisch-tragischer Gegenstände.
4. Bemhardy zum Suidas II. p. 614 f. Neukirch, de fab. t^g. p. 16 —
18. E. Mnnk, de fabb. Atell. p. 84—89. Vahlen, Rh. M. XVI. S. 472- 476.
19. Für das Epos günstig war der Trieb der Römer auf
das Erhalten, der das Geschehene in der Erinnerung zu bewahren
suchte und in der gebundenen Form eine Förderung des Be-
haltens und Weitergebens erkannte. Daher schon frühe in den
Ahnenliedern und den Aufschriften mancher Art Epenartiges.
Das hier befolgte saturnische Mass war auch das der ältesten
literaturmässigen Epiker, des Andronikus und des Naevius, jener
(mit seiner lateinischen Odyssee) noch bioser Uebersetzer, dieser
(mit seinem bellum punicum) kühn in das Leben seines Volkes
und der Gegenwart hineingreifend. Auch des Letzteren Nachfolger
Ennius wählte, in seinen Annales, einen nationalen StoflF, aber
erweitert zu einer ganzen römischen Geschichte bis auf seine
30 Sachlichor Theil.
Zeit und in dem giiechischen Masse für Episches, dem dakty-
lischen Hexameter, gehalten. »Sein Vorgang wurde massgebend
nach Inhalt wie nach Form. Sein erster Fortsetzer, wie es
scheint, war Hostius mit seinem bellum istricum; später ver-
fassten L. Attius und A. Furius gleichfalls Epen mit dem
Titel Annales. Darauf behandelte Cicero sein (^onsulat und
seine Verbannung in Hexametern (de suo consulatu, de tempo-
ribus meis), Varro Atacinus aber Caesars bellum sequanicum.
In der augusteischen Zeit verherrlichte Anser den M. Antonius,
Andere bearbeiteten Stoffe aus der Zeitgeschichte in der Weise
der Alexandriner und theilweisse in panegyrischer Richtung, wie
L. Varius (de morte, nämlich C^aesaris; Panegyricus Augusti),
Tibull (Panegyrikus auf Messala), Octavian selbst (Sicilia), Cor-
nelius Sevenis (bellum siculum), Tiabirius (bellum actiacum),
Pedo Albinovanus (de navigatione Germanici per oceanuni
septentrionalem). In der Kaiserzeit wandte sich die epische
Thätigkeit mit Vorliebe der freieren und schöneren Vergangen-
heit zu: Lucan's Pharsalia, das Epos de hello civili bei Petron.
Sat. 119, und des Silius Italiens Punica. Noch um die Mitte
des dritten christlichen Jahrh. waren solche Stoffe beliebt, und
Alfius Avitus behandelte damals dergleichen sogar in iambischen
Dimetem. Wo man aber die Gegenwart zum Stoffe wählte, wie
unter Trajan die Verfasser eines bellum dacicum und parthicuui,
konnte es nur in höfischem Sinne geschehen. Dahin gehören
ßordian's Antoninias, (ylaudianus mit seinen zahlreichen pane-
gyrischen Epen auf Stilicho und dem bellum Gildonicum und
geticum; zuletzt des Corippus lohannis uud laudes lustini.
1. Das stoffliche Interesse blieb immer das überwiegende und leitende.
Cic. de imp. Pomp. 9, 26: sinite hoc loco, sicut poetae solent qui res ro-
manas scribunt, praeterire me nostram calamitatem. Drang der römischen
Grossen nach Verherrlichung, z. ß. Cic. p. Arch. 10, 26. 11, 27. So wurde
dann von Augustus das Abfassen von Epen systematisch begünstigt und
veranlasst, und es bedurfte fast der Entschuldigung (wie bei Horaz) wenn
man keines machte. Einen Haufen wirklicher oder vermeintlicher Epiker
zählt Ovid. ex Pont. IV, 16 auf. In der neronischen Zeit war das Ver-
fassen von Epen eine Art Mode, s. Persius I, 69 ff. Vgl. Petron. Sat. 118.
Martial. IV, 14. X, 64. Stat. silv. II, 7, 48 ff.
2. Dass der daktylische Hexameter mit dem phonetischen Bau der
lateinischen Sprache vielfach im Widerspruch steht und seine Anforderun-
gen den römischen Dichtern manchen Zwang auferlegten hat näher erörtert
Eöue, über den Sprachgebrauch der römisclien Epiker, Münster 1840.
19 f. (reschichtlicheB und heroiBche» Epos. -il
3. Aas dem Epos eines Grannius (G. Anniiis?) von mindestens drei Bü-
chern drei Hexameter angefahrt bei Priscian VI, 9, 49 (p. 237 H.). Aus
einem (Redner) Gannius Worte (in Prosa) bei Paulus v. veteratores
ip. 369 M.).
4. F. Winkelmann, die epischen Dichter der R<)mer bis in die Zeitou
Virgils, in Jahns Archiv IL S. 658 ff.
20. Ein heroisches Epos konnte im alten Rom nicht
entstehen, da die italischen Götter Abstractionen und götter-
gleiche Heroen dem Bewusstsein fremd waren. Als daher gegen
das Ende der Republik, unter dem Einflüsse der alexandrinisehen
Dichter, auch diese Grattung Anbau fand musste man fremde
Stoffe wählen. So Varro Atacinus (Argonautica), C-atull (Epi-
thalamium Pelei et Thetidos), Helvius t'inna (Smyrna), Lieinius
Calvus (lo), Pedo (Theseis), sowie (dem Stofle nach) Ovid's Me-
tamorphosen, später der Culex und die Ciris, weiterhin Valerius
Flaccus (Argonautica). Andere übersetzten die Ilias, wie (■. Ma-
tius und (Ninnius?) Crassus, später Gaurus und für die Schule
der sog, Pindaruß Thebanus; etwas höher Strebende griffen nach
dem epischen Kyklus, wie der kyprischen Ilias (von Laevius?j,
wie Furms Bibaculus (Aethiopis), Aemilius Macer (Antehomerica
und Posthomerica), Julus Antonius (Diomedea), Domitius Mar-
sus (Amazonis), Camerinus (Excidium Troiae), aus späterer Zeit
Neros Troica, Lucans lüaca, Statins' Thebais und Achilleis u. A.
In der Mitte zwischen der historisch-nationalen und der alex-
andrinisch-myihologischen Richtung steht Vergils Aeneis, welche
eine einheimische Sage in historisch-psychologischer Weise, aber
mit mythologischem Hintergrunde, durchführt und für die poe-
tische Technik der Nachfolgenden mustergültig wurde. So
schrieb am Ende des vierten Jahrhunderts Claudianus seine
mythologischen Epen Raptus Proserpinae und Gigantomachia.
Noch der letzte Ausläufer des römischen Epos, die tragoedia
Orestis (in Hexametern), zeigt zahllose Anklänge an Vergil.
1. Manier der Beschreibungen, z. 6. Sen. Apoc. 2, 3: omnes poetae,
non contenti ortus et occasus describere (wie Julius Montanus, Sen. Ep.
122, 11—13)^ etiam medium diem inquietant. Pathos der obligate Ton:
heroici carmiuis sonus, Tac. dial. 10. üebertragung der Weise des heroi-
schen Epos auch auf das historische, wie bei Silius; vgl. Petron. Sat. 118:
non enim res gestae versibus comprehendendae sunt, quod longe melius
hiatorici faciunt, sed per ambages deorumque ministeria et fabulosum sen-
tentiarum tormentum praecipitandus est liber spiritus, ut potius furentin
auimi vaticinatio appareat quam religiosae orationis sub testibus tides.
32 Sachlicher Theil.
2. Abfalleüd von der üeberlieferung ist schon die dem Eumolpns in
den Mund gelegte Troiae halosis in Senaren bei Petron. Sat. 89. In dem-
selben Masse paraphrosierte später Avienus die Geschichte des Livius,
bearbeitete Marianus die Argonautica des ApoUonius und Theriaca des
Nikander.
3. Einfluss des Vergil, s. unten bei dessen Fortleben. L. Cholevius,
epitheta ornantia quibus utitur Vcrgilius cum iis comparata quibus poste-
riores cpici latini, maxime quidem Silius, carmina sua distinxerunt, I.
Königsberg 1866. A. Joly, les m^tamorphoses de Tepopee latine au moyen
äge, Revue contemporaine LXXIV (1870). p. 613—640. LXXV. p. 21- 43.
21. Nach dem Siege des Christenthums wurden von den
Epikern dieses Bekenntnisses statt der römischen Geschichte und
der griechischen Mythologie nunmehr Stoffe aus der biblischen
Geschichte alten und neuen Testaments bearbeitet. So von
Proba Paltonia in ihrem cento; die des alten Testaments von
Avitus, Victor (Genesis) und Victorinus (Maccabäer), sowie von
dem Verfasser der metrischen Wiedergabe des Inhalts von Penta-
teucb und Buch Josua; die des neuen von Juvencus, Sedulius
(Carmen paschale) und Arator (Apostelgeschichte). Den metri-
schen panegyrici auf Kaiser und auf weltliche Würdenträger, wie
sie auch jetzt noch Claudianus, Apollinaris Sidonius (auf Avitus,
Maiorianus und Anthemius), Merobaudes (auf Aetius), Corippus
und Venantius Fortunatus (auf fränkische Grosse) verfassten, traten
an die Seite Lobgedichte (epische Hymnen) auf (Jott, Christus,
christliche Märtyrer und Heilige, sowie auf Bischöfe und Päpste.
Auf Christus z. B. von Mamertus Claudianus, auf Märtyrer
besonders Damasus, Prudentius (Peristeph.), Paulinus von Nola
(Felix); Martin von Tours wurde zum Gegenstande verherr-
lichender Epen gemacht von Paulinus aus Perigueux, Amoenus
und von Venantius Fortunatus, welcher auch viele Bischöfe be-
sauff. Daneben wurden aber unter dem Einflüsse der Rhetor-
schule fortwährend Lobreden im epischen Masse auch auf poly-
tlieistische Gegenstände verfasst, scherzhafte wie ernstgemeinte.
1. Aufzählung christlicher Epiker bei Veuant. Fort, vita Mart. I,
14 — 25. Sammelwerke: G. Fabricius, poetarum veterum ecclesiasticorum
opera christiana et operum reliquiae ac fragmenta, Basel 1564. fol. M. Mait-
taire, opera et fragmenta veterum poetarum latinorum, London 1713. 2 Voll,
fol. P. Leyser, historia poetarum et poematum medii aevi decem poat.
ann. a Chr. n. 400 saeculorura, Halle 1721. Henry, histoire de la po^sie
chr^tienne, Paris 1856.
2. Verse über Sodom und Gomorrha und über dem Propheten .Tonas,
oft an den Werken des TertuUian (s. d.).
21 — 23. Christliches Epos. Epithalamium. Lehrgedicht. 33
3. Mehrere tausend Hexameter sind erhalten TOn einer Bearbeitung
der jüdischen Geschichte die in den Hdss. bald den Namen des Tertullian
trägty bald den des Cyprian, bald den des Juvencus (s. d.). Das Werk scheint
aus dem 6. christl. Jahrh. zu stammen, und für diese Zeit ist Sprache und
Metrik nicht ungewandt. Vergilische Reminiscenzen sind zahlreich, auch
Ovid und Horaz, sowie Juvenal sind benützt, das A. T. in der itala. Vgl.
L. Müller, Rhein. Mus. XXI. S. 123—132 nebst ebd. S. 266 ff.
4. Landes Herculis in 137 eleganten Hexametern von ungenanntem
Ver&jsser, AnthoL lat. 881 R. Hymnus Claudii auf Luna (»» Isis, Cybebe
u. s. w.) ib. 723; auf Mars ib. 749; an Liber ib. 761 (Gebet um glückliche
Heimkehr). In läudem Solis ib. 389, von einem Schuldichter, vielleicht
einem Landsmann und Zeitgenossen des Martianus Capella (Rhein.
Mus. XXV. S. 454 f.). Parodischer Hymnus (Spottgedicht) auf Pan
ib. 682 R.
22. Zu einem Lobgedichte aus Anlass der Vermählung
wurde allmählich das Epithalamium, bewahrte aber dabei von
seiner ursprünglichen Stellung zur Erotik her fortwährend eine
gewisse sinnliche Keckheit und Derbheit. Aus älterer Zeit be-
sitzen wir Catull's Epithalamium Pelei et Thetidos und kennen
Calvus und Ticidas als Verfasser von Aehnlichem; aus der
Kaiserzeit sind Epithalamien erhalten von Statins^ Ausonius,
ClaudianuS; Paulinus, ApoUinaris Sidonius, Ennodius, Luxorius,
Venantius Fortunatus (auf Sigibert), und das Epithalamium
Laurentii.
1. Das Epithalamium, zur Verherrlichung eines jungen Paares, seiner
Eltern und Ahnen, ist meist im epischen Masse gehalten. Auch von Gal-
lienuB wird eines erwähnt.
2. Eine Beimischung von Sentimentalität hat das epithalamium Lau-
rentii von 87 Hexametern (Anthol. lat. 742 R.) von unbekanntem Verfasser,
aber nach Verstechnik und Religionsstellung (heidnische Hochzeitgebräuche,
Bartweihe ad aras) wohl noch aus saec. IV. An dem Bräutigam (Lauren-
tius) wird seine Thätigkeit als Gerichtsredner gerühmt, an der Braut
(Florida) ihre Bildung und das lanificium. totum unclassisch =» omnia.
Wemsdorf, poetae lat. min. IV, 2. p. 462 — 603. L. Müller, Rhein. Mus.
XXII. S.83f. 89—100. XXIV. S. 126—130. M. Haupt, Hermes II. p. 13—15.
23* Das Lehrgedicht (didaktische Epos) entsprach dem 2i
nüchternen Sinne der Römer und fand daher schon sehr frühe
Vertretung. Von ansehnlichem Alter ist die Unterweisung eines
Bauern an seinen Sohn im satumischen Masse^ und Appius Clau-
dius wie Cato schrieben in ähnlicher Richtung. Manchfaltiger
waren die StoflTe von Ennius' Lehrgedichten. Die Satiren des
Lucilius schlugen gleichfalls die Bahn des Didaktischen ein und
TerrPBL, Rom. Literaturgeecbiohte. 2. Aufl. 3
34 Sachlicher Theil.
behandelten sogar die Orthographie. Literaturgeschichtlichen
Inhalts waren die Jichrgedicht« von L. Attius (Didascalica),
Q. Valerius aus Sora, Volcatius Sedigitus, Porcius Licinus. Unter
diesen Lehrgedichten waren die wenigsten im Masse des griechi-
schen Epos gehalten, das erst am Ende der Republik, unter dem
Einflüsse der griechischen Literatur, das herrschende wurde.
So war in Hexametern verfasst vielleicht des Polyhistor Varro
Lehrgedicht und des Varro Atacinus Cosmographia, sicher Ci-
cero's Uebersetzung des Aratus und des Lucretius Darstellung
der epikureischen Philosophie (de rerum natura), weiterhin Vergils
Georgica, welche einen glücklich gewählten Stoff mit Wärme
und vollendeter Kunst gestalten. Ovid verwendete das elegische
Mass zu spielend didaktischer Behandlung erotischer Gegenstände
(Ars amandi, Remedia amoris, Medicamina faciei), sowie ein-
heimischer Sagen (Fasti); im epischen Masse nur den mytho-
logischen Stoff der Verwandlungen (Metamorph.) und Halieutica.
Zeitgenossen Ovid's von weniger Geschmack bearbeiteten, in
blinder Nachahmung der Alexandriner, auch ganz prosaische
Dinge in Lehrgedichten. So verfasste Valgius Rufus ein Lehr-
gedicht über die Kräuter, Aemilius Macer Theriaca und eine
Ornithogonia, Gratius Faliscus Cynegetica, Manilius Astronomica;
im ersten christl. Jahrh. Germanicus eine neue Bearbeitung des
Aratus, Columella ein Lehrgedicht über den Gartenbau; auch
das beschreibende Epos Aetna aus dem Beginne des silbernen
Zeitalters ist hieher zu rechnen, sowie aus dem vierten Jahrh.
des Palladius Lehrgedicht de re rustica, die vielerlei Sachen des
Ausonius, besonders seine Moseila, die Elegie Phoenix, des Avie-
nus Descriptio orbis terrae und Aratea, sowie (in lamben) seine
Ora maritima, auch die christlich -dogmatischen Gedichte des
Prudentius; aus dem fünften des Rutilius Namatianus Reisebe-
schreibung (Itinerarium) im elegischen Masse. In letzterem
Masse ist auch des Orientius Commonitorium gehalten; dagegen
die Lehrgedichte des Dracontius über Gott und die Schöpfung,
des Avitus über die Trinität im epischen. Ist in den meisten
dieser Arbeiten die Versification eine äusserliche Zuthat zu dem
Stoffe, so schwindet vollends der poetische Gehalt bei den Lehr-
gedichten Von Grammatikern für den Gebrauch der Schule, der-
gleichen nicht nur die versus memoriales sind (besonders zahl-
reich vertreten bei Ausonius) sondern insbesondere die Lehrbücher
der Rhetorik, Metrik, Prosodik, Metrologie in gebundener Form,
23. Da» Lehrgedicht. 35
die carmina de figuris vel schematibus (von Marbod und unbe-
kannten Verfassern), des Terentianus Maurus metrisch gehaltene
Werke de litteris, de syllabis versus heroici, de metris Horatii^
die ähnlichen von Caesius Bassus und Albinus, die carmina de
ponderibus et mensuris, de librae partibus u. dgl. Unternehmungen
ähnlicher Art sind die Arzneimittellehren im epischen Masse von
Serenus SamonicuS; Flavius und Vindicianus, das Lehrgedicht de
aucupio u. A. Besonders fruchtbar an derartigen Erzeugnissen
war dann das Mittelalter.
1. E. J. W. Bruner, de canmne didascalico Romanorum, Helsing-
fora 1840. 4.
2. Schulgedichte wie das poetische Turnier der XII sapientes
(Schulgelehrten) Palladius, Asclepiadius , Eusthenius, Pompilianus , Maxi-
minus, Vitalis, Basilius, Asmenius, Vomanius, Euphorbius, lulianus, Hilasius
in der Anthologia lat. 495 — 638 R. Zuerst hat Jeder einen Hexameter
vorzutragen de ratione tabulae, dann je ein Distichon als Epitaph des
Vergil, darauf zwei Hexameter de unda et speculo, viertens ein Distichon
über das Eis, fünftens drei Hexameter über den Regenbogen, 6) zwei Di-
sticha über Vergil, 7) vier Hexameter über die vier Jahreszeiten (nach
einem ovidischen Thema), 8) zwei Disticha über die MorgenrÖthe und
Sonne (meist mythologisch ausgeführt), 9) fünf Hexameter über den Inhalt
der Aeneis, 10) Grabschrift auf Cicero in drei Distichen, 11) die zwölf
Sternbilder in sechs Hexametern, endlich 12) über ein freigewähltes Thema
in beliebigem Metrum (iambische Senare 635; Hendekasyllaben 636; horazische
Metra 628 f.) und beliebiger Verszahl. Neben dem Cultus d«s Vergil und
Cicero sind also Themata aus der Natur (auch 635) besonders zahlreich
vertreten. Eine gute üeberlieferung aus dem Alterthum ist erkennbar be-
sonders 608. 611. 614. Leichte christliche Färbung hat nur 559 (hie meruit
perpetuam requiem). Diess und die technische Eleganz (nur 628, 7 ein
Nothbehelf) gestattet nicht diese Sammlung später als in saec. 4—5 zu
setzen. Oertliche Anspielungen fehlen; doch weist das vierte Thema und
im siebenten die Schilderung des Winters auf ein nördlicheres Land als
Italien, also wohl Gallien.
3. Memorialverse, wie die Namen der Musen (Anth. lat. 664 R.), der
Sternbilder (ib. 679). Aufzählung der Benennungen der Winde im Grie-
'chischen und Lateinischen in 27 Hexametern, erhalten durch Hdss. des
Cassiodor und Isidor, worunter der Ovetensis saec. VII— VIII, Anthol. lat.
484 R. Ihrem Inhalte nach scheinen sie aus Isidor de rer. nat. geschßpft
und wohl um dessen Zeit verfasst.
4. Hexameter über die Sternbilder, Zeiteintheilung u. dgl. Anthol.
lat. 676 — 680, theilweise aus Hdss. des Beda. Astronomisches Lehrge-
dicht von trockenem unbehülflichem Tone in 76 Hexametern aus einem
cod. saec. XI ib. 761.
5. Aufzählung von Ausdrücken für die Stimmen der verschiedenen
3*
36 Sachlicher Theil.
Thiere aus einem cod. saec. X Anthol. lat. 730. 733, sowie ib. 762 unter
dem Titel de philomela in 70 elegischen Versen von bedenklicher Be-
schaifenheit (z. B. v. 53 ist ein Heptameter) aus einem cod. saec. XI (auch
bei Reifferscheid , Sueton. p. 308 — 311). Am Schlüsse eine christliche
Wendung. Ursprung wohl in deutschen Kreisen (vgl. v. 11: dulce per ora
sonat quam dicunt nomine drostam). Goldast (Catalecta Ovid. p. 71) wollte
in einer St. Galler Hds. als Namen des Verfassers Albius Ovidius luven-
tinns gefunden haben, was aber ohne Zweifel erdichtet ist.
24. Lehrgedichte im Kleineu sind die Spruchgedichte, die
in der Kaiserzeit theils aus grösseren Ganzen ausgelesen und
zusammengestellt wurden, theils auch (wohl besonders für den
pädagogischen Bedarf) selbständig angefertigt. Eine Sammlung
letzterer Art in vier Büchern ist diejenige welche den Namen
Cato trägt, je aus zwei Hexametern besteht und in üeber-
setzungen das ganze Mittelalter hindurch eine grosse Rolle ge-
spielt hat. Auch andere Fassungen dieses Spruchbuchs in Prosa
und Versen sind auf uns gekommen.
1. Das Spruchgedicht verhält sich zum Lehrgedicht ebenso wie das
Epigramm zur Elegie. Üeber die an Syrus anknüpfende Spruchliteratur in
iiimbischen Senaren s. unten bei Publilius Syrus.
2. Die Sammlung im Paris. 2659 saec. IX ist betitelt: Über (quartus)
Catpnis philosophi, Paris. 8320 saec. X in. (wohl durch Vermischung mit
Seueca) Catonis Cordub. Scaliger erwähnt einen vetustissimus codex Sime-
onis Bosii mit der Ueberschrift: Dionysii Catonis disticha de moribus ad
filium; doch ist von dieser Handschrift sonst nichts bekannt (Hauthal p.
XXII f.) und DionysiuB vielleicht durch eine in derselben Handschrift be-
iindliche Uebersetzung der Periegese des D. veranlasst (Haupt, de carm.
buc. p. 15). Der Name Cato soll die Sprüche wohl nur als weise bezeichnen;
vgl. H. Jordan, Rhein. Mus. XIV. S. 277—280. B. I enthält 40, 11 31, III
24, IV 49 Sprüche. B. II, 111, IV haben dazu noch eigene (die Sammlung
empfehlende) Prologe, welcher zu B. I nur verloren zu sein scheint.
Der zu B. II kennt noch das phanr.aceutische Lehrgedicht des Macer. IV,
4\) ist eine Art Epilog. Die Sprüche selbst haben eine monotheistisch -
humanitäre Richtung, ohne specifisch christliche Färbung, manche (wie I,
26. II, 26. in, 3. IV, 26) sogar eine gut heidnische, und auch die Abmah-
nung von sortes (U, 12) und von blutigen Opfern (IV, 14. 38) ist frei von
christlicher Motivierung. Die Sprüche über Behandlung der Frauen und
Sklaven tragen gleichfalls diesen Charakter; vgl. IV, 44: cum servos . . fa-
mulos dicas, homines tarnen esse memento, und III, 12: uxorem . . nee
retinere velis (ihrer dos zu Liebe) si coeperit esse molesta. Der Mangel -au
rhetorischem Pompe (nudis scribere verbis) wird IV, 49 entschuldigt. Sprache
(mage ; officiperdus IV, 42) und Versbau sind noch ganz leidlich. Verhältniss-
inäHsig die stärksten Incorrectheiten sind petere als Anapäst in der Hebung der
nsv^rniifisQjjg (I, 31), der Hiatus in der Senkung iudex tu esse memento (1,14)
und denarium dreisilbig (IV, 4). Alles führt darauf dass die Sammlung
24 f. Spruchgedichte. Poeti8cher Brief. 37
noch aus guter Zeit stammt, etwa saec. III — IV n. Chr. Vindicianus (Ende
von saec. IV) kennt sie bereits.
3. Der Sammlung voraus geht eine prosaische von 56 ganz kurzen
Sprüchen mit eigenem Vorwort (Cum animadverterem quam plurimos gra-
viter in via morum errare succurrendum opinioni eorum . . fore existimavi,
maxime. ut gloriose viverent. . . nunc te, fili carissime, docebo etc.), von
anderem Verfasser und wohl auch aus späterer Zeit, sogar wohl aus ver-
schiedener. Denn während Nr. 1—40 auf dem Standpunkte des Alterthums
steht (z. B. 5: foro pare; 23: pugna pro patria), so tritt in den späteren
(zugleich etwas wortreicheren) der christliche Ursprung stark hervor (53 :
minime iudica; 54: alienum noli concupiscere). In den früheren (meist aus
zwei Worten bestehenden) ist ebenso deutlich die Sorge für die Schuldis-
ciplin ausgeprägt (Nr. 11, 26, 27, 38); vgl. 36 £P.: trocho lüde, aleam fuge,
litteras disce. Die Fassung schwankt in den Handschriften vielfach.
4. Verzeichniss der Handschriften (von saec. IX an) bei Hauthal p.
IV — XIV, der Ausgaben aus saec. XV ib. p. XV— XXI. Neuere Haupt-
ausgabe von 0. Amtzen (Utrecht 1735 u. 1754). Darin auch die Abhand-
lungen von Boxhom und Cannegieter de Catone. Catonis philosophi Über . .
ad fidem vetustissimorum librorum mss. atque impressorum reo. F. Hauthal,
Berlin 1869, XXXVIU u. 81 pp. F. Zarncke, der deutsche Cato; Geschichte
der deutschen Uebersetzungen der im deutschen Mittelalter unter dem
Namen Cato bekannten Distichen, Leipzig 1852. I. Feifalik, der altböh-
mische Cato, Sitzungsberichte der Wiener Akademie 1861, bist, philol. Cl.
XXXVI. S. 211 ff.
5. Einzelne Sprüche, je aus einem Hexameter bestehend, betitelt Sen-
teutiae generales in singulis versibus^ oder monosticha de moribus incerti,
auch proverbia Catonis philosophi, meist gut nach Inhalt wie Fassung, aus
Hdss. saec. IX — XI in Riese's anthol. lat. 716 (IL p. 163 — 166). Den
68 einzeiligen Sprüchen sind drei auch ,im Tone verschiedene zweizeilige
beigemischt
25. Didaktische Richtung haben auch der poetische Brief 22
und die Fabel. Zu einem poetischen Briefe kann jedes Ge-
dichf werden durch das Anreden einer bestimmten Person, und
so sind Lehrgedichte welche z. B. an einen Sohn gerichtet sind
zugleich Episteln. Im engem Sinne aber heissen so solche Ge-
dichte worin die Bestimmung für einzelne Personen auf den
ganzen Inhalt des Gedichts und seine Haltung von Anfang bis
zu Ende bedingend einwirkt. So richtete Sp. Mummius aus
dem Lager vor Korinth (J. 608 d. St.) scherzhafte Briefe in
Versen an seine Freimde in Rom; so gab Lucilius einigen sei-
ner Satiren die Form von Briefen an Freunde, und ein Brief
ist auch des Gatull Gedicht an Allius. In der augusteischen
Zeit widmete Horaz einzelne Satiren dem Mäcenas, viele lyrische
38 Sachlicher Theil. •
Gedichte einzelnen Freunden, und verhandelte in seineu späteren
Lebensjahren Fragen des Lebens und der Literatur in wirklichen
Briefen im epischen Masse. Ovid schrieb im elegischen theils
fingierte Liebesbriefe von Frauen des Mythus (Heroides) theils
ernstlich gemeinte der Klage und Bitte aus der Verbannung
(Tristia und ex Ponto). Die andern Elegiker, sowie die Satiriker
Persius und Juvenal reden gleichfalls öfters einzelne Personen an,
ohne jedoch mit der Brieffor^i Ernst zu machen. Wirkliche Briefe
aber sind manche von Statins, sowie die 25 des Ausonius in ver-
schiedenen Massen und theilweise von scherzhaftem Inhalte, auch
solche von ÄpoUinaris Sidonius.
1. Cic. ad Att XIII, 6, 4 (vom J. 709 d. St.) : Mummium fuisse ad Corinthum
pro certo habeo. saepe enim hie Spuring qui nnper est mortuua cpistolas
(seines Grossvaters) mihi pronnutiabat versiculis facetis ad familiäres missas
a Corintho. Von Lucilius begann ein Buch oder eine Satire: salutem ver-
sibuB Lucilius quibus potest impertit, totumque hoc studiose et sedulo etc.
2. Briefe sind TibuU. II, 1 (vgl. W. Teuffei, Studien S. 372) und (Lygd.)
III, 5. Brief einer Gattin an ihren fern im Osten im Felde stehenden Gatten
bei Propert. V, 3. Namen wie Situation sind wohl fingiert. Dido Aeneae An-
thol. lat. 83 (p. 94—99) R. mit Befrain; vgl, Wemsdorf poetae lat. min. IV.
p. 65 f. 439—461. Wirkliche Briefe z. B. Stat. Silv. IV, 4 (an Victorius Marcel-
lus) und IV, 8 (Glückwunschschreiben) , sowie der des Licentius an Augustin.
36. Gleichfalls meist im epischen Versmasse gehalten vtraren
alleriei Spielereien bei Tische v^rie in der Schule. Die Jläthsel
knüpften an die griechische Literatur an; erst in den letzten
Jahrhunderten Roms aufkommend trieb diese Gattung bis weit
in das Mittelalter hinein immer neue Sprossen. Dagegen aus
den Kreisen der Schule hervorgegangen sind die mancherlei
Variationen über alte (besonders vergilische) Themata und die
Flickgedichte (centones), welche aus willkürlich zusammenge-
lesenen Versen und Verstheilen älterer Dichter einen neuen In-
halt hervorbrachten. Andere Künsteleien hauptsäclilich der spä-
teren Zeit sind akrostichische oder sonst nach einem äusser-
lichen Zweck angelegte Gedichte.
1. Bei den Griechen yqttpoi als Tischunterhaltung; vgl. Athenäus B. X.
Daher fingiert eine solche Einkleidung der älteste römische Bäthseldichter
Symphosius. Aeltestes lateinisches aenigma (perantiquum, perquam lepidum,
tri}>us versibus senaris compositum, mit Lösung in M. Varronis de sermone
lat. ^ Warcellum libro II) bei Gell. XII, 6. Lösen von Räthseln als Zei-
chen dep Weisheit Hist. ApoUonii 42 f. vgl. 4 f Später wurden lateinische
ß^jLthsjßl ißii^ beliebter Zeitvertreib in den Klöstern, und es ist daher, ausser
den B^tbselQ voii Aldhelmus und Tatvinus, vieles Derartige von ungenann*
•25 f. Poetibcher Brief. RÄthael. Centones. Akrosticha. 89
ten Verfassern erhalten; Manches noch ungedruckt; vgl. A. 2. Eine Anzahl
Räthsel von barbarificher Form aus einem cod. Bern. saec. VIII in Riefio's
anthoJ. lat. 481 (I. p. 296 — 304) und, aus einer Wiener Hds. vervollstän-
digt, ib. IL p. LXVI — LXXVl. Anderes ib. 656 f. (aus Voss, saec^ IX).
685. 770 f. vgl. II. p. XLII. L. MüUer in Fleckeisens Jahrb. 93, S. 266—
•272. 666. 95, S. 497. Rhein. Mus. XXII. S. 151 f. J. Klein, ebds. XXIII.
S. 662—665.
2. H. Hagen, antike und mittelalterliche Räthselpoesie ; mit Benützung
noch nicht veröffentlichter Quellen aus den Handschriftenbibliotheken zu
Bern und Einsiedeln (Biel 1869. 51 S.), bes. S. 23 ff.
3. Isidor. orig. I, 38, 25: centones apud grammaticos vocari solent
qui de carminibus Homeri vel Vergilii ad propria opera more centonario
ex multis inde compositis in unum sarciuntur corpus, ad facultatem cuius-
que materiae. denique Proba, uzor Adelphi, centonem ex Vergilio De
fabrica muudi et Evangeliis plenissime expressit, materia composita secun-
dum versus et versibus secundum mateiiam concinnatis. sie quoqne quidam
Pomponius ex eodem poeta inter cetera stili sui otia Tityrum in Christi
honorem composuit; similiter (wie aus den Vergilischen Bucolica) et de
Aeneidos (versibus). Andere centonarii sind Hosidius Geta (Medea), Auso-
nius (cento nuptialis = Idyll. XIII), SeduUus (de incarnatione verbi), Ma-
vortins (iudicium Paridis und de ecclesia; s. W. H. D. Suringar, Anonymi
cento Vergilianus de ecclesia, Utrecht 1867. Anthol. lat. 10 u. 16, p. 44—49
R.), Luxorius (epithalamium Fridi, Anth. lat. 18, p. 66 — 68 R.). Im Kleinen
schon bei Petron. sat. 132, p. 185 Bü.
4. Die aus ihrem Zusammenhange gerisseneu vergilischen Verse wurden
manchmal für scherzhafte Zwecke musivisch zu einem neuen Ganzen zu-
sammengestellt, wie von Ausonius, oder in lehrhafter Absicht (de alea,
Narcissus, Hippodamia, Europa, Alcesta, Medea u. dgl.). Häufiger leitete
das Bestreben die heidnischen Worte christlichem Inhalte dienstbar zu
machen und dadurch zu veredeln (Maronem mutatum in melius, Anthol.
lat. 735, 4 R.). Noch von A. Rosäus wurde so die Aeneis zu einer Christias
umgearbeitet: Virgilü evangelisantis Christiados libri XIII, Tigur. 1664.
Bei der Zusammenfugung von zwei Verstheilen nahm man es in der spä-
teren Zeit mit dem Metrum öfters sehr wenig genau; z. B. Medea (Anth.
lat. 17) 93: nunc scio quid sit amor. hospitio prohibemur harenae, und ib.
64 f. 87. 172. 196. 211 f. 226. 260. 269. 316. 320. 357. 377. 387. 391 f. 430.
436. 446 (aus 461 Versen). Luxorius (ib. 18) 33: nomen inest virtutis et
nota maior imago. Anth. lat. 719, 20. 25. 78 u. sonst.
5. Centones vergiliani im cod. Salmas. p. 1—46 = nr. 7—18, p. 23—68
Rse. Dazu ib. 719 (11. p. 169 — 172). Sammlungen der centones homerici
und vergiliani von H. Stephanus (1578), J. H. Kromayer (Hai. 1719), L. H.
Teucher (Lips. 1793).
6. B. Borgen, de centonibus homer. et vergil., Kopenh. 1828. 4. F. Ha-
senbalg, de centon. vergil., Putbus 1846. 4. L. Müller, metr. lat. p. 465 f.
7. Akrosticha, besonders zur verdeckten Angabe eines Namens, z.B.
des Verfassers oder des Stifters (Anthol. lat. 120 R.), sind aus der griechi-
40 SachUcher Theil.
sehen Literatur herübergenommen und schon der älteren römischen nicht
fremd; schon Ennius verfasste eines (Cic. de divin. II, 54, 111) und dann
Aurelius Opilius (Suet. gramm. 6. Ritschi, Parerg. p. XVI f.). Aus späterer
Zeit iiißchriftliche bei Renier, Inscr. de TAlg. 2074 (von Fortunatus) u. 2928
(Lovella), sowie (christliche) bei de Rossi, Inscr. Christ, nr. 425 (vom J. 396).
753. 831. Vgl. Rhein. Mus. XX. S. 138. 457. 634 f. Philologus XIII. S. 183 f.
Commodianus gab einer ganzen Sammlung von Gedichten (Instmctiones) diese
Anlage. Verbindung von Akrostich und Telestich Anthol. lat. 669 R. (Nicholao
Euantius), bei Sedulius (ib. 492 f.), sowie (aus einem cod. saec. VI — VII)
ib. IL p. LVI (Laurentius vivat senio). Rhein. Mus. XXIII. S. 94 f. Von Felix
unter Thrasamund Verbindung von Akrostich, Mesostich und Telestich.
8. Andere schulmeisterliche und mönchische Tändeleien sind die Ge-
dichte in Form eines Kreuzes u. dgl., wiä von Porfirius Optatianus und
Venantius Fortunatus, mit einer bestimmten Buchstabenzahl (wie von Felix
u. A.) oder ohne einen bestimmten Buchstaben u. dgl. Ueber die versus ser-
pentini und recurrentes s. unten 32, 9.
23 27. Die Fabel, welche par'anetischen Inhalt in scherzhafte
Erzählungen nainentlich ans dem Thierleben (Thierepos) ein-
kleidet, erscheint in der romischen Literatur zuerst als eines der
Darstellungsmittol in den saturae des Ennius, Lucilius und Horaz,
als selbständige Gattung aber erstmals bei Phädrus (in Senaren)
in der Zeit des 'liberius und Claudius. Unter Hadrian verfasste
Dositheus, ein Jahrhundert nachher Titianus eine prosaische
' Uebersetzung der Fabeln des Babrios ; später scheint Symmachus,
wohl in gebundener Form, Aehnliches gearbeitet zu haben, und
etwa ein Jahrhundert nach ihm dichtete Avianus 42 Fabeln des
Babrios im elegischen Masse nach. Die prosaische Bearbeitung
der Fabeln des Phädrus durch den sogenannten Romulus, späte-
stens aus dem zehnten Jahrb., bildete im Mittelalter den Aus-
gangspunkt für eine Reihe anderer Fabelsammlungen, wie des
Anonymus Neveleti Bearbeitung der drei ersten Bücher des Ro-
mulus in Distichen, des Baldo und des Alexander Neckam.
1. Die Fabel von der Haubenlerche bei Ennius (in satiris . . versibut^
quadratis), Gell. II, 29 =? Vahlen*s Ausg. des Ennius p. 159 — 161. Die vom
kranken Löwen (Hör. Ep. I, 1, 73 ff.) schon bei Lucilius (Non. p. 303, 17 ff.).
Andere bei Horaz, S. II, 6, 79 ff. Epp. I, 7, 29 ff. 10, 34 ff. Anspielungen
auf Fabeln bei Hör. S. II, 3, 299. 6, 56. Epp. I, 3, 19. 16, 45.
2. Seneca Cons. ad Polyb. 8, 27: non audeo te usque eo producere ut
t'abelias quoque et Aesopeos logos, intemptatum romanis ingenüs opus,
äolita tibi venustate conectas. Da er damals in der Verbannung lebte, so
kannte Seneca den Phädrus noch nicht. Avianus praef.: has pro exemplo
iabulas . . poemati suo Flaccus aptavit, quod in se sub iocorum commu-
nium specie vitae argumenta contiueant. quas graecis iambis Babrins repetens
27 f. Fabel. Satire. 41
in duo Volumina coartayit. Phaedrus etiam partem aliquam quinque in libellos
resolvit. Auson. Epist. 16 , 74 — 81 : apologos . . Aesopiam trimetriam, quam
vertat exili stilo, pedestre concinnans opus, fand! Titianus artifex. ib. 17
rühmt er von Symmachus: quis ita ad Aeeopi veuustatem . . accedat?
3. Quintil. I, 9, 2: Aesopi fabellas, quae fabulis nutricularum proxime
succedont, narrare sermone puro et nihil se supra modum extollente, deinde
eandem gracilitatem stilo exigere condiscant (pueri, aetatis nondum rheto-
rem capientis). Phädr. I prol. : duplex libelli dos est: quod risum movet
et quod pmdenti vitam consilio monet. Vgl. ib. IL prol. III. prol. 83 ff.
lY, 2, 1 ff. Append. epil.: hoc . . Musa quod ludit mea nequitia pariter
laudat et frugalitas.
4. H. Oesterley, Romulus, die Paraphrasen des Phädrus und die äsopische
Fabel im Mittelalter, Berlin 1870. 124 S. G. Diestel, Bausteine zur Geschichte
der deutschen Fabel (Programm des Vitzthumschen Gymnasiums in Dresden,
1871) S. 25—32.
28. Die Satire wurde zu einem Literaturzweige durch 24
EnniuS; welcher einer Sammlung seiner vermischten Gedichte
den Titel Saturae -gab. Dieses Beispiel befolgte vielleicht sein
NefiFe PaQUvius, sicher der romische Ritter C. Lucilius. Die bei
Letzterem im Inhalte überwiegende Kritik der öflfentlichen Zu-
stande seiner Zeit wurde fortan ein Hauptmerkmal im Begriffe
der Satire, da derjenige welcher, nach einigen minder bedeu-
tenden Nachfolgern, mit glänzender Begabung in der Weise des
Lucilius weiter arbeitete, Horaz, mit Nachdruck dieselbe Rich-
tung verfolgte, jedoch ausschliesslich nach der Seite des socialen
und literarischen Lebens und unter Beschränkung auf den He-
xameter. Die aus Prosa und Versen frei gemischten Saturae*
Menippeae des Polyhistors Varro fanden hinsichtlich dieser Form
Nachfolge in der Zeit des Nero bei Seneca {^AxoxokoHvvxcn^i^g)
und Petronius. Dagegen Horaz erhielt in der neronischen Zeit
einen Nachahmer an dem jugendlichen Stoiker Persius. Unter
Domitian schrieb Turnus Satiren; nach dem Tode jenes Kaisers
der Rhetor Juvenalis seine dunkel gefärbten Sittenpredigten und
Sittengemälde. Satirischer Geist ist auch in dem (in Prosa geschrie-
benen) Sittenroman des L. Apulejus (Metamorph.) und in man-
chen apologetisch-polemischen Schriften des TertuUianus. Im vier-
ten Jahrh. verfasste Tetradius Satiren, im fünften Claudian seine
episch gehaltenen Angriffe in Rufinum und in Eutropium.
1. Diomed. III. p. 482 f. P. = 486, 30 fF. K.: satira dicitur Carmen
apud Romanos nunc quidem maledicum et ad carpenda hominum vitia ar-
chaeae comoediae cbaractere (richtiger Quintilian X, 1, 93: satira quidem
tota nostra est) compositum, qualc scripserunt Lucilius et Horatius et Per-
42 Sachlicher Theil.
Bius. at olim earmeii quod ex variis poematibus cooBtabat satira vocaba-
tur, quäle scripsdrunt Pacuvins et Ennius. Die Ableitung des Namens von
saiura lanx (s. oben 6, 2) würde auf die Satire als Literaturzweig, auch
schon die des Ennius, wohl passen; hätte Ennius bei diesem Titel an die alten
(dramatischen) Possen gedacht, so müsste er ihn humoristisch gemeint haben.
2. Hör. S. I, 10, 54 (46) f.: hoc erat, experto frustra Varrone Atacino
atque quibusdam aliis, melius quod scribere possem. Zu diesen quidam
alii gehörte wohl auch der Polyhistor Yarro mit seinen vier Büchern Sa-
turae, sodann L. Albucius (cuius Luciliano charactere sunt libelli, Yarro
R. R. III, 2, 17), C. Trebonius (Cic. ad Fam. XII, 16, 3) und die Freige-
lassenen Saevius Nikanor (Suet. gramm. 5) und Lenäus (ib. 15). — Lyd.
de magistr. I, 41: (tsd"* ov (Lucilius) nal rovß iisz* avtov, ovg naXovai
^Ptofiaiot oc(TVQi%ovs f oe vscitSQOt . . rriv aatvQtmr^v i-Kifdtvvav %mfiip9iaVy
^OQixTiog i^hv ovx i^m r^g tixvris x^ifav, IleQaiog Sl xov fcoirjrriv SmtpQOVcc
ILiit/eaad'at d'iXmv ro Av%6q>QOVog TiagfiX^ev dfucvQOV Tovifvog dh xal 'lov-
ßsvaXiog xal TlBt^mviog avrod'sv rat^ XoiSogiaig ifCB^BXd'ovtsg rov aazvQfnov
vLfiov naQttQcaaav. Aus späterer Zeit des Yictor Brief an den Abt Salomo
und die Satire aus Arelate bei Ap. Sidon. ep. I, 11.
3. Quintil. X, 1, 96: alterum illud etiam priuB'(L. Müller: amplius)
satirae genus, sed non sola carminum varietate mixtum, condidit Terentius
YiUTo, vir Romanorum eruditissimus. Ygl. A. Riese, Yarr. sat. menipp. p.
1 ff. L, Müller, Rhein. Mus. XXIY. S. 140—143. Der Kyniker Menippos
aus Gadara, Schüler des Eynikers Diogenes, aus der Generation nach Alex-
ander, hatte als anovdoyeXot:og ernsthafte Gegenstände aus den praktiscl^ßn
Gebieten der Philosophie in heiterem Tone abgehandelt. Seine Weise ist
am besten zu erkennen aus seinem Nachahmer Lukianos, bei welchem auch
der Uebergang aus der prosaischen zur metrischen Darstellung sich häufig
findet. Die Lockerung des Sohönheitsgefiihls in seiner Zeit und Menippos'
Stellung als Kyniker macht glaublich dass Menippos damit bereits vorange-
gangen war. Cic. Acad. post. I, 2, 8 lässt den Yan*o sagen: in illis vete-
ribus nostris quae Menippum imitati, non interpretati , quadam hilaritate
conspersimus multa admixta ex intima philosophia, multa dicta dialectice.
Ygl. Gell. II, 18, 7 : MenippUB . . , cuius libros M. Yarro in satiris aemulatus
est quas alii cynicas, ipse appellat Menippeas. Dieselbe Mischung von
Prosa und Yersen zeigen saec. Y Martianus Capella, saec. YI Boethius de
consolatione philosophiae und die Historia Apollonii regis Tyri. Doch kön-
nen diese trotzdem nicht wohl für satirae menippeae gelten, da in ihnen
die Einmischung von Yersen nur dazu dient die sonstige Darstellung manch-
faltiger zu machen, ein satirisches Element aber nicht vorhanden ist. Eher
haben beide Merkmale Kaiser Julian'» griechisch geschriebene Kcciüaifsg.
4. Nach Porphyr, zu Hör. Ep. I, 3, 1 (p. 387 Hth.) war der Zeitgenosse
des Horaz, Julius Florus, ein saturarum scriptor cuius sunt electae ex
Ennio, Lucilio, Yarrone saturae. Gleichzeitig mit Juvenal schrieb angeblich
Silius (Schol. Juv. I, 20: Lucillium dicit . . vel Silium et ipsimi sui tem-
poris satyricum, qui omnes, ut Probus refert, ex Aurunca fuerunt) und
Manlius Yopiscus (Stat. Silv. I, 3, 103). Zweifelhaft ist in dieser Zeit Inlius
Rufus; die Satire der Sulpicia aber ein Machwerk von saec. XY. Satire in
28 f. Die Satire aU LiteraturÄweij^. Das Idyll. 43
Form cinCB Testaments von Fabricius Veiento; aus dem dritten Jalirh. das
Testament eines Schweins, eine Parodie der juristischen Testamentsformen,
veröffentlicht zuerst von Petrus Lambecius, comm, de bibl. Caes. Vindob. III.
p. 346 ff., dann bei Brissonius de formulis VII. p. 677 u. A. Vgl. unten 45, 11.
Aus dem vierten Jahrh. sagt Ausonius (Epist. 15) von seinem alumnus Tetra-
dius z.B. (v. 9 f.): rüdes Camenas qui Suessae praevenis aevoque cedis, non
stilo; später Butilius Nam. von seinem Freunde Lucillus (Itin. I, 599 — 606):
huius vulnificis satira ludente Camenis nee Turnus potior nee luvenalis erit
(v. 603 f.).
5. Is. Gasaubonus de satyrica Graecorum poesi et Roman, satira, Paris
1605. Halle 1774. J. A. Vulpi, de satirae lat natura et ratione eiusque
scriptoribus, Padua 1744. G. L. König, de satira Rom., Oldenb. 1796. Flögel,
Geschichte der komischen Literatur, II. S. 1 — 57. Wernsdorf, poetae latini
minores, III. p. XIII— XXVI. C. L. Roth, de satira, Nüniberg 1843. 4. =
kleine Schriften II (Stuttgart 1857). p. 384 — 440; zur Theorie und innem
Geschichte der römischen Satire, Stuttgart 1848. W. Teuffei in Pauly's
Real-Enc. VI, 1. S. 819 — 822. C. Scheibe, de satirae rom. origine et progressu,
Zittau 1849. 4. H. Berning, de satirarum scriptoribus Rom., Recklingshausen
1850. 4. Fr. Haase, d. röm. Satire, in Prutz Deutschem Museum 1851. S. 858—-
867. J. M. Söderhelm, de vernacula Rom. satira ad ideam eins nativam
adumbrata, Helsingfors 1852. 4. C. Petermann, über den Ursprung und Be-
griff der röm. Satire, Glogau 1856. 4. Jung, de satira rom., Neisse 1862. 4.
6. E. Szelinski, de nominibus personarum . . apud poetas satiricos
Rom., Königsberg 1862. 4. J. Schultz, de prosodia satiricorum rom. capita
duo (de muta cum liquida et de synaloephe)^ Königsberg 1864.
29« Das Idyll als Gattung, mit seinem weiblich weichen 25
Schmachten nach einem vermissten Ideale, blieb den Römern in
der Hauptsache fremd. Am meisten idyllischen Geist zeigt TibuU,
nächstdem Vei^l, und in seiner Art auch Horaz. Aber im
Ganzen kannten die Römer das Landleben zu genau als dass
sie es idealisiert hätten. Aus ländlichen Verhältnissen hervor-
gegangen gerieth der junge Vergil zuerst auf diese Gattung,
ahmte den Theokrit nach, ohne ihn zu erreichen, durch sein
AUegorisieren die Gattung sogar verunstaltend. Dagegen das
Moretum zeugt vom Humor seines Verfassers. Die Dirae des
angeblichen Valerius Cato schwanken zwischen Idyll und Satire,
neigen sich aber eher zum ersteren, besonders durch ihre amö-
bäische Fassung. Aus dem Anfange der Regierung des Nero
sind besonders die sieben Eklogen des Calpumius Siculus; an
ihn schloss sich gegen Ende des dritten Jahrh. Nemesianus
ap. Vielleicht aus derselben Zeit waren des Septimius Serenus
Opuscula ruralia in vielerlei lyrischen Massen, stofflich aber
Idyllen. Um so weniger sind diess die BUSvkKia des Ausonius,
44 Sachlicher Theil.
am ehesten nocli in einzelnen Partien die Mosella, sowie aus dem
Ende dieses vierten Jahrh. das Gedicht des christlichen Rhetors
Severus Sanctus Endelechius de mortibus boum. Von Claudianus
haben sieben Gedichte manchfaltigen Inhalts und theils im epi-
schen, theils im elegischen Masse den gemeinsamen Titel Eidyllia.
1. Diomed. III. p. 483 P. »= 486, 17 E.: bucolica dicuntur poemata
eecundum Carmen pastorale composita. lieber den Namen Idyll s. W. Christ
in den Verhandl. der Würzburger Philologenversammlung (Leipzig 1869)
S. 49 — 58. Ecloga (auserlesenes Stück), in der Eaiserzeit für jedes kleinere
Gredicht, =» idyllium, poematium, s. Plin. £p. IV, 14, 9: sive epigrammata
äive idyllia sive eclogas sive . . poematia . . vocare malueris. In der er-
haltenen Literatur sind Eclogae betitelt die Hirtenlieder des Vergil und
Calpumius, sowie eine Sammlung von kleineren Gedichten des Ausonius.
Christ a. a. 0. S. 56. A. 2.
2. Aus Vergils Georg, s. bes. II, 458 if. Horaz (S. II, 6. Ep. I, 10)
liebt und preist das Landleben als das gesündere und unabhängigere. —
Macrob. Sat. III, 18, 11: Sueius, vir longe doctissimus, in idyllio quod in-
scribitur Moretum, worauf er 8 Hexameter daraus anführt, die sehr ver-
bchieden sind vom Tone des vergilischen Moretum; vgl. ib. VI, 1, 37 u. 5,
15: Sueius in libro quinto. Sueius poeta ib. III, 19, 1; auch wohl gemeint
bei Non. p. 72, 23. 139, 24. 513, 21 (trochäische Bruchstücke). L. Müller,
Rhein. Mus. XXIV. S. 553—557. Auf Idyllisches weist wohl Ovid. ex Pont.
IV, 16, 35: (cum) Naidas a Satyris caneret Fontanus amatas. Gleichfalls
in der augusteischen Zeit schrieb M. Valerius Messala erotisch gehaltene
Idyllen in griechischer Sprache (Verg. Catal. 11, 13 — 24).
3. H. Hagen, Beitrag zur lateinischen bukolischen Poesie aus einem
cod. Einsiedlensis saec. X, im Philologus XXVIII. S. 338 — 341 » Anthol.
lat. 725 u. 726 Ese. Es sind zwei Nachahmungen der vergilischen Eklogen,
zum Preise Neros gewendet; s. unten bei Calpumius Siculus.
4. Wettstreit des Frühlings und des Winters (je drei Hexameter) vor
dem Schiedsrichter Palaemo, Anthol. lat. 687 R. Scherzhaft iudicium coci
et pistoris iudice Volcano (von Vespa) ib. 199.
5. Hunger, de poesi Bom. bucolica, Halle 1841. B. Unger, Valg. Ruf.
p. l>85— 326. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2528 f.
2ß 30, Die Lyrik, als subjective Poesie im weitesten Sinne,
stimmte wenig zu dem auf das Handeln gerichteten Wesen der
Römer, und wurde daher erst spät und in beschränktem Um-
fange bei ihnen betrieben. Verhältnissmässig frühzeitig finden
sich nur solche Arten welche mit dem Leben irgendwie in Be-
ziehung standen, wie Cultuslieder (der Salier, fratres arvales,
Hymnus des Andronikus u. A.), Gesänge zu Ehren Verstorbener,
Klaglieder, Zaubersprüche, und was sonst durch das satumische
Mass zum carmen wurde. Ausserdem führte der nationale Hang zu
30 f. Lyrische Arten. Das Epigramm. 45
scharfer Kritik schon frühe zu Spottliedern, dergleichen die Fes-
cenninen; die occentationes, die Soldatenlieder auf den Trium-
phator; und wohl auch manche in den Volkspossen eingelegte
cantica waren.
1. Offizielle Lyrik des Livius Andronikus (Liv. XXVII, 37. Fest. p. 333),
P. Licinius Tegula (Liv. XXXI, 12), später des Catull (c. 34 auf Diana) und
des Horaz (c. saec).
31. Unter den Kunstformen der Lyrik fand die leichteste, 26
das Epigramm, am frühesten Anbau, theils als Aufschrift, theils
als Gelegenheits- und Sinngedicht, theils auch als kleine erotfsche
Elegie. In ersterer Weise wurde es seit Ennius allmählich immer
häufiger auf Gräbern wie Bildern verwendet, bald blose Hexa-
meter (wie die Grabschrift des Plautus), bald Distichen (wie die
Grabschrift des Cn. Cornelius Scipio Hispanus, Prätor 615 d. St.),
am umfassendsten in Varro's Imagines. Vertreter der beiden
anderen Richtungen des Epigramm sind aus der ersten Hälfte
des siebenten Jahrh. d. St. Pompilius, Valerius Aedituus, Porcius
Licinus, Q. Lutatius Catulus, Quintius Atta; aus der zweiten Hälfte
Varro Atacinus, Licinius Calvus und Catull, und wohl auch Hor-
tensius, C. Memmius Gemellus, Q. Scaevola, und Andere denen
erotische Gedichte zugeschrieben werden. In der augusteischen
Zeit August selbst, Domitius Marsus, Pedo, Comificia, Sulpicia,
Gaetulicus. Unter Domitian sodann wurde das Epigramm in meh-
rerlei Formen mit Virtuosität gehandhabt von Martialis; auch
Ausonius hat Manches dieser Art, und noch lange fort dauerte
die Hervorbringung solcher Kleinigkeiten, insbesondere für das Be-
dürfniss derGrabschriften. Noch aus dem sechsten Jahrh. haben wir
eine Sammlung von Epigrammen des Luxorius. Aus dem siebenten
Jahrh. sodann besitzen wir die Gedichtsammlimg des codex Salma •
sianus. In neuerer Zeit sind diese kleineren Gedichte zusammenge-
stellt und unter dem Namen Anthologia latina veröffentlicht worden.
1. Lyricorum iuennditas, elegomm lasciviae, iamborum amaritado, epi-
grammatum lusus, Tac. dial. 10. — Ecquis nostrorum poetarum tarn fluentes
carminum delicias fecisset (wie Anakreon)? nisi CatuUus forte pauca et
Calvna itidem pauca. nam LaeviuB implicata et Hortensius invenueta et
Cinna inlepida et Memmius dura, ac deincepe omnes rudia fecerunt atque
absona. Gell. XIX, 9, 7; worauf ib. 10 ff. versus Valeri Aeditui, . . item
Porcii Licini et Q. Catuli angefahrt werden quibus mundius, venustius, li-
matiusy tersius graecum latinumve nihil quidquam reperiri puto. Martial. I.
praef.: lascivam verborum veritatem, i. e. epigrammaton linguam, excusarem
ai meum esset exemplum: sie scribit CatuUus, sie Marsus, sie Pedo, sie
GaetuHcus, sie quicumque perlegitur. Plin. Ep. V, 3, 5 zählt als Verfasser
46 Sachlicher Thoil.
erotischer Gedichte auf: M. Tulliuxn, C. Calyam, Asinium PoUionem, M. Mes-
Balam, Q. Hortensiuin, M. Brutum, L. Sullam, Q. Catulum, Q. Scaevolam,
Ser. Sulpicium, M. Varronem, Torquatum, immo Torquatos, C. Memmium, Len-
tulum Gaetulicum^ Annaeum Senecam, Anuaeum Lucanum , . . Verginium Ru-
fum, . . d. lulium, d. Augustum, d. Nervaiu, Tiberium Caesarem ; ferner Nero-
nem, weiterhin (ib. 6) P. Vergilius, Cornelius Nepos et prius Attius Enniusque.
Es scheint frühzeitig eine erotische Anthologie veranstaltet worden zu sein,
woraus vielleicht Plinius, dann Gellius (1. 1.) und Apulejus (apol. 9) ihre
»peciellen Kenntnisse auf diesem Gebiete haben werden. Auch Anthol. lat.
23—25. 29. 427—436. 446. 448—453. 458—460 stammen wohl aus solcher
Quelle. H. Paldamus, römische Erotik, Greifswald 1833.
2. Epigramme zu Bezeichnung ihrer literarischen Stellung, nach dem
Vorgange der Alexandriner gekleidet in die Form von Grabschriften, von
Naevius, Plautus, Ennius, Pacuvius ; 0. Jahn im Hermes II. S. 242 f. Cicero's
Freigelassener, M- Tullius Laurea, verfasste Epigi-amme in lateinischer
(Plin. N. H. XXXI, 2) wie griechischer (Anth. gr. II. p. 90 f.) Sprache.
Gegen das Ende der Republik zahlreiche Epigramme auf Personen und
Ereignisse des Tages. So Anthol. lat. 419—426 zum Preise Caesars, 462 f.
förmliche Gedichte auf den Tod der feindlichen Brüder Maevius. In der
ersten Eaiserzeit wurden Stoffe w^ie der Tod des Cato Uticensis, das Grab
des Pompejus und seiner Söhne mit Vorliebe behandelt; s. Anthol. lat. 392 ff.
413 f. R. Anderes s. oben 11, 3.
3. Martial. I. praef. (s. A. 1.). VIII. praef.: quamvis epigrammata a
severissimis quoque et snmmae fortunae viris ita scripta sint ut mimicam
verborum licentiam affectasse videantur. Fronto p. 212 N.: novissimos in
opigrammatis versus habere oportet aliquid luminis.
4. Catalecta veterum poetarum von Jos. Scaliger, Lugd. B. 1573. 1595.
1617. Epigrammata et poematia vetera . . ex codicibus et lapidibus . . col-
lecta, von P. PithÖus, Paris 1590. Lugd. 1596. Genev. 1619. Anthologia
latina von P. Burmann, Amsterdam 1759 u. 1773. 2 Voll. 4. Anthologia
vett. latt. epigraramatum et poem. ed. H. Meyer, Lips. 1835. 2 Voll. Anth.
lat. sive poesis latinae supplementum. P. I: carminain codicibus scripta, rec.
A. Riese. Fase. 1: libri Salmasiani aliorumque carmina (Lips. 1869). Fase. 2:
reliquorum librorum carmina, Lips. 1870. P. II, enthaltend die inscriptiones
metricae, ist von F. Bücheier zugesagt. Neuere kritische Beitrüge von E.
Bährens, lectiones latt. (Bonn 1870) p. 31—35.
29 32* In Folge des Einflusses der alexandrinischen Dichter
gewann am Ende der Republik besonders die Elegie in Rom
Boden, und bierin übertrafen die Schüler durch Wahrheit und
Wärme der Empfindung wie durch Kunstvollendung weitaus ihre
griechischen Vorbilder. CatuU zwar bewegt sich in dieser Form
meist noch etwas unfrei; besser scheint es schon dem Cornelius
Gallus (Lycoris) geglückt zu sein; TibuU lieferte darin Meisterwerke,
Propertius leidenschaftliche Bilder, und Ovid war in der elegi-
schen Form ganz und gar zu Hause. Im ersten christl. Jahrh.
31 f. Epigramm. Die Elegie. 47
war diese Form lange Zeit in der Mode, und auch die Schule
bediente sich ihrer zu Stilübungen. Um so geringer war der
Gehalt dieser Hervorbringungen. Später theilte sich dieses Mass
mit dem epischen in das Schicksal für alle möglichen StofiFe ver-
wendet zu werden; und als die Verwilderung einbrach, als die
Bande der alten quantitierenden Kunstpoesie gelöst und die neu-
euitypäische Form der Poesie noch nicht zur Reife gediehen war,
da waren es wiederum jene beiden metrischen Formen welche,
als die verbreitetsten und populärsten, davon vorzugsweise be-
troffen wurden.
1. Diomed. III. p. 481 f. P.= 484, 17 ff. K. : elegia est Carmen compo-
situm hexametro versu pentametroque. . . quod genns carminis praecipue
scripserunt apud Romanos Propertius et TibuUus et Gallus, imitati Graecos
Callimachum et Euphoriona. Cic. Tusc. III, 19, 45 über Ennius; o poetam
egregium, quamquam ab his cantoribus Euphorionis (Caivus, Catull, Cinna
etc.) contemnitur. Quintil. X, 1, 93; elegia quoque Graecos provocamus.
cuins mihi tersns atque elegans maxime videtur auctor TibuUus. sunt qni
Propertium malint. Ovidius utroque lascivior, sicut durior Gallus. Zeitliche
Aufeinanderfolge s. Ovid. Trist. IV, 10, 53 f.: successor fuit hie (Tibnllus)
tibi, Galle, Propertius illi; quartus ab his serie temporis ipse fui. Der
älteste Dichter dieser Art, Varro Atacinus, ist, als minder bedeutend, in
diesen Aufzählungen übergangen. Die Verfasser von kurzen Elegieen (d. h.
Epigrammen) aus dieser Zeit s. oben 31, mit A. 1. Vielleicht gehört dahin
auch Cassius aus Parma (Hör. E]3. I, 4, 3). Aus der augusteischen Zeit
femer der Verf. von Tibull. III (Lygdamus). Angeblich horazische elegi
hielt schon Sueton für unecht.
2. Persius I, 51 f.: si qua elegidia (Epigramme?) crudi dictarunt pro-
ceres. Juv. I, 3 f.: impune . . mihi recitaverit ille togatas, hie elegos? So
verfasste Elegieen unter Domitian Arruntius Stella, in der Zeit des Jüngern
Plinius dieser selbst (Ep. VII, 4, 3. 7) und Passennus PauUus, municeps
und Nachkomme des Propertius. Wohl ans dem ersten christlichen Jahr-
hundert ist die rhetorische Elegie auf die spes, Anthol. lat. 415 (I. p. 268 —
271) R. Von ähnlichem Charakter ib. 440 (p. 279) R. und die 16 Disti-
chen der Eucheria poetria ib. 390. Noch aus dem sechsten Jahrh. die sechs
Elegieen des Maximianus.
3. Elegische uSiünoxa^ wie in obitum Maecenatis, Consolatio ad Li-
viam de morte Drusi, Elegia ad Valerium Messalam u. A. bei Wernsdorf,
poetae lat. min. III u. IV. Unter diesen ist die Consolatio wohl von einem
Italiener des 16. Jahrb. verfasst. Ebenso ist ein neueres Machwerk der
elegische Cento eines angeblichen Asinius Cornelius Gallus bei Wernsdorf
III. p. ft3 ff.
4. Um die Person der von ihnen besungenen Mädchen verbreiteten die
erotischen Dichter der Römer ein heilsames Helldunkel, theils durch die
Weglassnng concreter Züge, theils durcli die Sitt^ sie mit verändertem,
48 Sachlicher Theil.
jedoch meist zugleich prosodisch übereinstimmendem Namen zu erwähnen.
Apulej. apol. 10: accusent C. Catullum quod Lesbiam pro Clodia nominariti
et Ticidam similiter, quod quae Metella erat Perillam scripserit, et Pro-
pertium, qui Cynthiam dicat, Hostiam dissimulet, et Tibullum quod ei sit
Plania in animo, Delia in versu. L. Schwabe, Quaest. Catull. p. 231—235.
Aufzählungen von Dichtergeliebten bei Martial. Vlll, 73, 5 ff . und Apoll.
Sidon. epist. II, 10.
6. „Eine gewisse Gleichmässigkeit der Satztheile, selbst eine Ai^ der
Symmetrie der Perioden, war bei den Elegikem schon durch die Natur des
Distichons bedingt; sie erscheint aber durchaus unbewusst und unbeab-
sichtigt und entbehrt deshalb nicht zahlreicher Ausnahmen, gerade wie die
Elegie auch vornehmlich zu Sprüngen des Gedankenganges, Einschaltungen
und Digressionen , überhaupt zu laxerer Disposition, gleichsam einlädt.*^
L. MüUer. Vgl. Westphal, griech. Metrik IP. S. XVIII. Dagegen förmliche
strophische Composition will nachweisen C. Prien, die Symmetrie und Re-
sponsion der römischen Elegie, Lübeck 1867. 86 S. 4. Vgl. £. Rautenberg,
de arte compositionis in Ovidii Amoribus, Breslau 1868.
6. 0. F. Gruppe, die römische Elegie; kritische Untersuchungen u. s. w.
Leipzig 1838. 2 Bde. G. Gebhardi, de Tibulü, Prop., Ovidii disüchis quae-
stiouum elegiacarum spec, Königsberg 1870. 52 pp.
7. Den nahen Zusammenhang zwischen Epigramm und Elegie (vgl A. 1 f.)
zeigen auch die epitaphia und epicedia. So grenzen durch ihren Umfang an
Elegien an die Epitaphien des mimus Vitalis (Anthol. lat. 683 R., dreizehn
Distichen) und des Nymphius (ib. 722, zwölf Distichen im Namen seiner
Gattin Serena); während Epitaphe zur Charakteristik von Schriftstellern, wie
des Seneca (ib. 667) und Lucanus (ib. 668) Epigramme auf sie sind (vgl.
oben 31, 2).
8. Lehrgedichte im elegischen Mass, wie der Phoenix und, gleichfalls
aus dem vierten Jahrb., de rosis nascentibus (25 Distichen), Anthol. lat. 646
11. Vgl. oben 23. Auch Räthsel und centones in diesem Masse; s. oben 26.
9. Mit dem Wachsen des Ungeschmackes wurden immer künstlichere
Formen ausgebrütet oder nachgebildet. Dergleichen sind die versus echoici
oder serpentini (epanaleptische) , worin die ersten Worte des Hexameters
(bis zur Penthemimeres) sich als zweite H&ifte des Pentameters wieder-
holen, dergleichen besonders Pentadius verfasste. Anderes bei Apoll. Si-
donius (ep. VIII, 11), Sedulius, Venantius Fortunatus (III, 37) und Anthol.
lat. 38 — 80 Rse. VgL oben 26, 7 f Sidonius ep. IX, 14: versus recur-
rentes, . . qui metro staute . . ut ab exordio ad terminum sie a fine
releguntur ad summum. sie est illud antiquum: Roma tibi subito motibus
ibit amor. nee non habentur pro recurrentibus qui pedum lege servata . .
per singula verba repetuntur, . . qualia equidem legi multa multorum, z.B.:
praecipiti modo quod decurrit tramite flumen tempore consumptum iani
cito deficiet. Solche Verse hiessen auch anacyclici, dergleichen wir beson-
ders von Poriirius haben, anthol. lat. 81 (I. p. 92 f.) R.
27 33. Die vom Drama her geläufige metrische Form des Jam-
bus wurde bald auch für andere Zwecke verwendet (Grabsebriften,
32 f. Elegie. Die lambik. 49
wie des Pacuvius). Als Carmen maledicum scheint den lambus
unter den Römern zuerst Furius Bibaculus angewandt zu haben^
neben ihm CatuU, Calvus, auch der jüngere Cato, sodann Horaz
(Epoden) und Bassus. Eine Nuance waren die mimiambi des
Cn. Matius. Die Kaiserzeit konnte dieser Gattung nicht günstig
sein, und der lambus wurde hier meist farblos in Anwendung
gebracht. Doch ist unter den Gedichten des Martialis ein Theil
in diesem Masse gehalten, und später Hess Ausonius es sich an-
gelegen sein auch den eigentlichen lambus wieder aufzufrischen.
1. Diomed. III. p. 482 P. = 485, 11 ff. E.: iambus eet Carmen male-
dicum. . . cuius carminis praecipui scriptores . .• apud Romanos Luciliue
et Catullus et Horatius et BibaculuB. QuintiL X, 1, 96: iambus non sane
a Bomanis celebratus est ut 'proprium opus, (sed aliis) quibusdam interpositus.
cuius acerbitas in Catullo, Bibaculo, Horatio, quamquam illi epodos intervenit,
reperietnr. Vgl. ib. IX, 4, 141: aspera et maledica . . etiam in carmine
iambis grassantur. X, 1, 9: scriptores . . iamborum veterisque comoediae
etiam in illis (parum verecundis verbis) saepe laudantur. Ovid. rem. am.
377 f.: liber in adversos hostes stringatur iambus, seu celer extremum seu
trahat ille pedem (Hinkiambus). Catull 36, 5 (truces vibrare iambos) und
40, 2 gebraucht iambus von maledica carmina überhaupt, abgesehen vom
Masse, auch von Hendekasyllaben, wie er (und später Martial) sie vorzugs-
weise anwandte.
2. Plut. Cato min. 7: oqyy xofl vsottiTL tf^iipag sccvtov slg tdiißovg
noXla Tov S%inC(ova ^ad'vßQias, to9 ni^Q^ nQoaxQfiodiifvos rov 'AQx^^^oxoVy
To d' dnoXaGTOv dtpslg xal nccLÖagi^ösg. Ovid. Trist. IV, 10, 47 : Bassus quo-
que clarus iambo. Materiell iambisch war auch die satira des Lenäus (Suet.
gramm. 15) und ist es die Ibis des Ovid. Choliambisch sind unter den vergili-
schen Catal. 2 u. 7, iambisch 3 — 5 und 8 ; choliambisch auch die mimiambi des
Matius, sowie Petron. Sat. 5, der Prolog des Persius und ein Theil der Ge-
dichte des Martialis. Auch unter den Priapeia ist der lambus vertreten. Von
einem lambographen Flaccus die Verse (bei Paul. p. 263 M.): videres alios
ructare ac respuere pulcherrima superbia. Antistius Sosianus probrosa
adversus principem (Nero) carmina (lamben?) factitavit volgavitque (J. 62
n. Chr.), Tac. A. XIV, 48. Aurelius Apollinaris um 280 n. Chr. Auf Con-
stantin's Verwandtenmord ein Epigramm (Hendek.) angeblich von Abla-
vius bei Ap. Sidon. epist. V, 8. Scherzhafte Sinngedichte auf Zeitgenös-
sisches in Hendekasyllaben bei Lamprid. Alex. Sev. 38. Von Ausonius s.
bes. Epigramm. 45 — 52 gegen den Rhetor Bufus. Vg;!. Biese's Anthol. lat.
U. p. 372.
3. In den Inschriften sind iambische Senare nicht selten; s. 136, 3. So
die Altarinschrift des L. Fulvius Maximus in Bonn (Rhein. Mus. XIX. S. 53 — 62.
Jahrbb. d. rheml. Ali Fr. XXXVI. S. 116 ff. XXXVII. S. 151 ff. Annal.
deir Inst. arch. XXXVI. p. 224 ff.), die Inschrift auf den Schulmeister Fu-
sius Philocalus (Hermes I. S. 147—151, vgl. S. 151—155), die Grabschrift
der Senenia Pollia (Orelli-Henzen 6237. Ritschi, Rhein. Mus. XVII. S. 300 ff.)
Tkuffel, BOm. LiteratnrgeBchiohto. 2. Aufl. 4
50 Sachlicher Theil.
und viele andere (vgl. Fröhner, Philologus XIII. S. 176. 183. 185). Ska-
zonten (Hinkiamben) z. ß. bei Orelli 4828 (Rom), Mommsen I. R. N. 2001
(Nola), Jahrbb. d. rheinl. Alt. Fr. XXXII. S. 63, Meyer Anthol. lat. 1302.
Grabschrifb auf einen Hund in Hendekasyllaben mit catullischen Remini-
scenzen, aus Auch, Hermes I. S. 68.
28 34. Am Ende der Republik, wo die Kenntniss der griechi-
schen Literatur in Rom immer vielseitiger, das Leben erregter
geworden war, versuchte fast jeder höher gebildete Römer sich
gelegentlich in irgend welcher Form von kleinen Gedichten; auch
die Begabteren, wie Laevius, Varro Ätacinus, Calvus und CatuU,
bewegten sich unschlüssig in verschiedenen Gattungen und me-
trischen Formen; den CatuU aber machte Liebe und Hass die er
darin niederlegte zum ersten eigentlichen Lyriker der Römer.
Auf seiner Bahn wandelte Horaz fort, -mit viel weniger persön-
lichem Pathos, aber desto schärferem Kunstverständniss. Andere
in seiner Zeit brachten es über Tändeleien und Anläufe nicht
hinaus. Im ersten christl. Jahrh. war Formgewandtheit sehr ver-
breitet und in Folge dessen auch poetisches Dilettantisieren; her-
vorragend aber und von nachhaltigem Einfluss war keiner der
zahlreichen lyrischen Dichter dieser und der nächsten Zeit, wie
Caesius Bassus, Salejus Bassus, Gaetulicus, Arruntius Stella, Ves-
tricius Spurinna, der jüngere Plinius, P. Annius Florus, Voconius,
Hadrian, Sentius Augurinus, Pompejus Satuminus, Annianus. Von
dieser Fonnbeherrschung, welche Manchen — wie den Septimius
Serenus und Terentianus Maurus — trieb Verse zu machen nur um
ein bestimmtes Metrum darzustellen, sind besonders glänzende
Vertreter Statins und später Ausonius, auch noch Apollinaris
Sidonius und Boetius; nicht minder ist das Pervigilium Veneris
ein unverächtliches Zeugniss von der lyrischen Kunst des zweiten
oder dritten Jahrh. Von den christlichen Dichtern des vierten
Jahrh. zeichnet sich Prudentius durch die Manchfaltigkeit der
von ihm gehandhabten melischen Masse aus. Theils abwechselnd
theils bleibend in besonderer Gunst waren die Hendekasyllaben,
trochäischen Tetrameter und iambischen Dimeter.
1. Die ältesten Meliker bezeichnen, unter dem Einflüsse der römischen
Begriffe und wegen des spielenden Inhaltes, ihre Arbeiten selber als nugae,
ineptiae, (Eroto-)paegnia, opuscula u. dgl. Hierher gehören viele der von
Plin. Ep. V, 3, 5 (s. oben 31, 1) Genannten, vielleicht auch Cassius aus
Parma. In der augusteischen Periode vielleicht Titius (Hör. Ep. I, 3, 9 ff.),
Julus Antonius (vgl. Hör. 0. IV, 2) und Rufus (Ovid. ex Pont. JV, 16, 28);
dann des Mäcenas Tändeleien und des Melissus Ineptiae.
34. Die Melik. 51
2. Vorzugsweise aus der augusteischen Zeit stammen auch die Pria-
peia« 87 Scherz- und Schmutzgedichte auf Priapus in manchfachen metri-
schen Formen, bes. lamben und Hendekasy Ilaben , von meist ungenannten
Verfassern, von Catull an. Text in den lateinischen Anthologien, an Bü-
cheler's .Textausgabe des Petronius (Berlin 1862) p. 109 ff. (nebst dessen
Vindiciae libri Priapeiorum, Rhein. Mus. XVIII. p. 381 — 416), sowie in L.
Muller's Ausgabe des Catull (Lips. Teubner. 1870) p. 95—119. Vgl. ib. p.
XLI — LIX. LXXIX — LXXXU. Abhandl. darüber von J. E. Wemicke, I.
Thom 1853. 144 pp. 8.
3. Quintil. X, 1, 96: lyricorum Horatius fere sölus legi dignue. . . si
quem adicere velis, is erit Caesius Bassus, quem nuper vidimus; sed eum
longe praecedunt ingenia viventium (wobei er wohl an Aruntius Stella,
Vestricius Spurinna, vielleicht auch schon Statins, denkt, zugleich ein Mass-
stab für das Urteil über Bassus). Diesen epigonen Lyrikern fehlte es we-
niger an Form als an Inhalt. Versiculi des Plinius, erotischen Inhalts, bes.
Hendekasy Ilaben, Ep. V, 8, 1. VII, 4, 1. 7 ff. Gleichzeitig Passennus Paul-
lus Nachahmer des Horaz (ib. IX, 22, 2). Voconius poeta unter Hadrian,
welcher selbst auch dergleichen schrieb. Damals Vorliebe für den volks-
mässigen (s. oben 11, 3) trochäischen Septenar (Annius Florus); darauf der
dim. iamb. (z. B. Annianus). Im fünften Jahrh. n. Chr. waren die Hende-
kasy Ilaben wieder in Mode (Sidonius u. A.). Absichtliche oder unwillkür-
liche Ueberschätzung von Zeitgenossen z. B. auch in Bezug auf Numerianue
(Caesar 284 n. Chr.) bei Vopisc. Car. 11, 2: versu talis fuisse praedicatur
ut omnes poetas sui temporis vicerit. Votivinschrift des Alfenus Fortuna-
tus in lonikern, Renier Inscr. de TAIg. 157. Christliche Hendekasyllaben
Anthol. lat. 768 R.
4. Da der Römer das Singen für einen Verstoss gegen den Anstand
ansah (oben 1, 4), so werden in der guten Zeit auch die meUschen Gedichte
nicht auf Gesangsvortrag berechnet gewesen sein. So wohl noch die des
Horaz. Zwar sagt er 0. IV, 9, 4: verba loquor sociauda chordis, und oft
spricht er von seiner lyra, cithara, testudo, barbitos, von plectrum und von
fides, von canere, cantare, dicere. Die Stellen darüber hat gesammelt 0.
Jahn im Hermes II. S. 418 — 433 und daraus den Schluss gezogen dass die
lyrischen Gedichte des Hör. wirklich bestimmt gewesen seien mit Instrumen-
talbegleitung gesungen zu werden. Aber hierbei wird in Abzug zu bringen
sein was nur eine Nachahmung der Redeweise der griechischen Originale
ist^ andererseits eine Beschränkung auf graecisierende Kreise, wie den des
Horaz, und auf solche die mit dem musicierenden demi-monde verkehrten
einzutreten haben. Wenigstens bilden gegen die Allgemeinheit der Sitte
schon in der damaligen Zeit theils Hör. Ep. II, 1 , 214 die Bezeichnung der
lyrischen und epischen Dichter als solcher qui se lectori credere malunt
(quam spectatoris fastidia ferro superbi, wie die dramatischen), theils die
Thatsache der Cäsur schwerwiegende Einwendungen die nicht ausser Acht
bleiben durften. Aber in der eigentlichen Kaiserzeit wurden auch hierin
die Vorstellungen und Sitten lockerer. Cantus inter convivia dulcis, schon
bei Manil. astr. V, 333. So wurde auch bei Liedern die musikalische Be-
gleitung üblich. Zwar nur historisch ist Plin. Ep. VII, 17, 3: lyrica, quae
4*
52 Sachlicher Theil.
non lectorem, sed choram et lyram poecunt. Anders aber wenn derselbe
(ep. IV, 19, 4) von seiner Frau rühmt: versus meos cantat etiam formatque
cithara, . . docente amore. Noch Apoll. Sidon. ep. VIII, 4: iämbos, elegos,-
hendecasyllabos et cetera carmina . . Narbonensibus cantitanda.
30 35. Wie in der griechischen Literatur so ist auch bei den
Römern eine schriftmässige Prosa verhältnissmässig spät ent-
standen und ausgebildet worden. Bis dahin war Alles im Sa-
tumius gehalten, dessen Band um so weniger hemmte je lockerer
es war. Der erste Schritt zu einer prosaischen Literatur geschah
mittelst Veröffentlichung einer (J. 474 d. St.) gehaltenen Rede,
durch Appius Claudius. Da indessen die nachfolgenden Schrift-
steller sich der griechischen Sprache bedienten, so beginnt die
Geschichte der Prosa eigentlich erst mit dem älteren Cato. Lange
blieb jedoch die geschriebene Rede zurück hinter der gesprochenen
und deckte sich mit ihr erst in Cicero, in dessen Zeit die Prosa
ihren Gipfelpunkt erreicht und schon ein vollständiger Ausdruck der
Eigenart jedes Schriftstellers ist. Einen rhetorischen Anstrich aber
behielt sie in Folge des römischen Volkscharakters fortwährend. Im
ersten Jahrh. der Kaiserzeit sinkt sie bereits von ihrer Höhe, durch
Vermischung mit dem poetischen Ausdruck und Abkehr vom
Natürlichen. Die Verarmung von Formenlehre wie Syntax be-
ginnt schon in dieser Zeit. Später drang auch das Volksmässige
ein. Wie dann in der Literatur Provinzialen das üebergewicht
erhielten, die kein angeborenes Sprachgefühl leitete und die
daher die Sprache aller Zeiten und Stilgattungen durcheinander-
mengten, wurde die Verwirrung immer grösser. Schriftsprache
und lebende Sprache giengen immer weiter auseinander, und die
Art von jener war ganz abhängig von der Bildungsstufe des
einzelnen Schriftstellers, welche immer tiefer sank. Je weiter die
Ausbildung der provinziellen Idiome (der romanischen Sprachen)
fortschritt, um so mehr wurde das Lateinische zu einer fremden
Sprache.
1. Isidor. orig. I, 37, 2: praeterea (ait Varro? aiunt?) tarn apud Graecoa
quam apud Latinos longe antiquiorem curam faisse carminum quam prosae.
omnia enim prius versibus condebantur, prosae autem studium sero viguit.
. . apud Romanos Appius Caecus adversus Pyrrhum solutam orationem
primus exercuit.
31 36. Für Geschichte, als Aufbewahrung des Geschehenen
zum Ruhme der Vergangenheit, zur Nachachtung für Gegenwart
und Zukunft, besassen die Romer einen sehr regen Sinn. Uralt
35 f. Die Prosa. Geschichte. 53
ist die Sitte amtlicher Aufzeichnungen durch die Pontifices, die
Jahres- und Monatsverzeichnisse, die fasti und annales, die libri
pontificii, commentarii regum, magistratuum, und vom Beginn der
Republik an war der jährliche Wechsel der Behörden ein weiterer
Antrieb zu solchen Aufzeichnungen. Aber auch für die Familien
war die Sitte Hausbücher zu führen; der imagines, später der
Stammbäume^ die der laudationes funebres, der Gesänge von den
Ahnen beim Mahle, Anlass genug das Geschehene im G^dächt-
niss zu erhalten. Andererseits jedoch war die Geschichte, wie im
Alterthum überhaupt so auch bei den Römern, in geßihrlich
engem Bunde mit dem Interesse des Staats und der Familie.
Das Verlangen das geschichtlich Wahre als solches zu ermitteln
und fortzupflanzen ist auch den Römern fremd; um so lebhafter
war der Wunsch mittelst der Geschichte ihr Volk, Haus, ihre
Partei oder Person in ein günstiges Licht zu stellen. Frühzeitig
trat dazu als weiteres trübendes Element die Rhetorik und
machte gleichgültig, wo nicht gar leichtfertig gegen Zahlen und
sonstiges Thatsächliche, desto geneigter aber zu beliebigem Aus-
malen. Noch femer als historische Kritik lag den Römern lange
Zeit historische Kunst. Sallust ist der erste kunstgerechte Hi-
storiker der Römer; alles Frühere ist entweder rein register artig
gehalten oder doch ohne wahre Verarbeitung des Stoffes und
ohne historischen Stil. Die ältesten Geschichtschreiber zogen es
sogar vor griechisch zu schreiben, hauptsächlich wohl weil das
Lateinische für schriftliche Darstellung noch wenig ausgebildet war,
aber gewiss zugleich um die Kunde des Greschehenen im engern
Kreise der Patricier zu halten.
1. Sammlungen der üeberreste der römischen Geschichtechreiber von
A. Krause (Vitae et fragmenta hist. vett. rom., Berlin 1833) und (bis zur
Zeit Cicero's) von C. L. Roth, an Gerlachs Ausg. des Sallust von 1852,
p. 249 ff., am besten von H. Peter, historicorum romanorum relliquiae, dispo-
suit, recensuit, praefatus est; Vol. I. Lips. Teubner. 1870. Dazu M.Hertz,
de hist. rom. reliquiis quaestionum capita quinque, Bresl. 1871. 4.
2. G. J. Vossius, de historicis latinis, Lugd. Bat. 1627. 1651. 4. Nach-
träge dazu von J. A. Fabricius, Hamburg 1709. M. Hanke, de BK)m. rerum
scriptoribus, Lips. 1669. 1675. 4. H. Ulrici, Charakteristik der antiken
Historiographie, Berlin 1833. L. de Closset, essai sur Thistoriographie des
Romains, Brüssel 1849. C. Nipperdey, zur Geschichte der römischen Histo-
riographie, Philologus VI. S. 131 — 140. F. Althaus, de historiae conscri-
bendae historia, Berlin 1852, p. 49—62. F. D. Gerlach, die Geschichtschreiber
der Römer, von den frühesten Zeiten bis auf Orosius, Stuttgart (Hoffmann)
1855. Die Einleitungen zu Darstellungen der römischen Geschichte, von
54 Sachlicher Theil.
Niobuhr, Wachsmuth, Blum, Schwegler, Mommsen (I* S. 432 ff.). Unter-
suchungen über die Glaubwürdigkeit der altröm. Geschiebte von L. 0.
Bröcker (Basel 1855), G. C. Lewis (übersetzt von F. Liebrecht, Hanover
1858). H. Nissen, kritische Untersuchungen über die Quellen der vierten
und fünften Dekade des Livius, Berlin 1863. H. Peter (A. 1) L p. XLllI— LIX.
3. Pontifices, penes quos scribendae historiae potestas fuit, Vopisc. Tac.
1,1. Lange konnte daher kein Nichtpatricier, später kein Nichtfreigebore-
ner an die Geschichtschreibung feich wagen: L. Voltacilius Pilutus . . primus
oninium libertinorum , ut Cornelius Nepos opinatur, scribere historiam
oxorsus, non nisi ab honestissimo quoqne scribi solitam ad id tempus,
Suet. rhet. 3. Hüufiges Zurückgehen auf VorgJlnge, z. B. Liv. VIII, 18, 12:
memoria ex annalibus repetita . . dictatorem cre<ari placuit. — Stadtchro-
niken auch ausserhalb Roms. Liv. VIII, 10, 8: inter Romanos Latinosque
qui eius pugnae memoriam posteris tradiderunt. Später flössen beide zu-
sammen, und ValeriuB aus Antium ist so ein römischer Geschichtschreiber.
4. Pädagogische Zwecke. Plut. Cato mai. 20: %al rag tatOQiag de
Gvyyqatpai rprialv avxog (Cato) ISCa xbiqI yntl fiBydXoig yodfifuxaiv, onong
oi'yiod'sv vnciQXV "^^ naiSl nQog ifineiQiccv tmv naXccimv %ccl nazqimv mtpf-
5. Vermöge ihres allgemeinen Hanges zur Rhetorik nahmen die römi-
schen Historiker gern die Sitte der Griechen an, in ihre Geschichtsdarstell-
utigen Reden einzuflechten. Schon der alte Cato that diess, über das
Bedürfniss hinaus, dann Antipater. Die kunstmässigen Historiker verwenden
sio als Mittel der Abwechslung und zur Charakteristik der Handelnden und
der Situationen. Auch die Schlachtberichte der rhetorisierenden Geschicht-
wchreiber — wie Sallust, Livius, Tacitus — sind, im Unterschiede von denen
büi Technikern wie Xonophon, Polybios und Caesar, Ausmalungen ihrer
Phantasie und theilweis ziemlich einförmig gehalten. Verhandl. der Würz-
burger Philologenvers. (Leipzig 1869) S. 190. 191. 200.
6. Geschichte und Roman wurde von vielen röm. Geschichtschreibern
alter und neuer Zeit thatsächlich verwechselt, und theoretisch kann sie
(Jiiintilian so wenig unterscheiden dass er X, 1, 31 sagt: historia est pro-
xima poesis et quodammodo Carmen solutum, et scribitur ad narrandum,
non ad probandum. Richtiger Plin. ep. V, 8, 9 f.: habet quidem oratio et
historia multa communia, sed plura diversa in his ipsis qnae communia
videntur. narrat illa, narrat haec, sed aliter etc. vgl. ib. 4: orationi et
carmini parva gratia, nisi eloquentia est summa; historia quoqno modo
scripta delectat. sunt enim homines natura curiosi et quamlibct nuda rerum
cognitione capiuntur. Dagegen Cic. Brut. 11, 42: quoniam concessum est
rlietoribus ementiri in historiis, ut aliquid dicere possint argutius. de leg.
I, 2, 5: cum sit (historia) opus, ut tibi quidem videri solet, unum hoc Ora-
torium maxime (wohl hauptsächlich in Bezug auf stilistische Darstellung).
V«rl. unten 39, 2. Ideologisch Tac. Agr. 1: apud priores . . celeberrimus
quisque ingenio ad prodendam virtutis memoriam, sine gratia aut ambi-
tione, bonae tantum conscientiae pretio ducebatur.
32 37. Bis zum Ende des zweiten punischen Kriegs schuf Rom
36 f. Die Prosa. Geschichte. Die Anualisten. 55
nur Geschichte und Geschichtsquellen. Als es dann zu einer
Darstellung der Geschichte kam schloss sich diese in ihrer Form
naturgemäss an die bisherigen annales an. Daher sind die äl-
testen römischen Geschichtschreiber Annalisten. Deren gab es
zwei Generationen: eine ältere, und eine jüngere. Die ältere
reicht bis in das siebente Jahrh. d. St. hinein und besteht meist
aus Männern welche selbst eine Rolle im Staate gespielt hatten
und dann in magerer chronikartiger Fassung, aber mit einer
gewissen Zuverlässigkeit, die Thatsachen in der Jahresfolge ver-
zeichneten. An ihrer Spitze steht Q. Fabius Pictor; ihm folgten
L. Cincius Alimentus, C. Acilius und A. Postumius Albinus. Alle
diese behandelten die älteste Geschichte summarisch, die der
eigenen Zeit ausführlicher, und schrieben alle in griechischer
Sprache, wie auch der Sohn des älteren Africanus. Bei Pictor
imd Acilius kamen aber bald lateinische Bearbeitungen nach.
Der Erste der lateinisch schrieb und zugleich den Gegenstand zu
einer Geschichte von Italien erweiterte war Cato (Origines).
Seinem Vorgange folgten in Bezug auf die Sprache L. Cassius
Hemina und wohl auch Ser. Fabius Pictor-, dann L. Scribonius
Libo, Fabius Maximus Servilianus (Cos. 612), L. Calpurnius Piso
Frugi (Cos. 621), C. Sempronius Tuditanus (Cos. 625). Mit der
Zeit nach den gracchischen Kämpfen beginnt die jüngere
Annalistik, welche unter dem Einflüsse von Parteigesichtspunk-
ten schrieb und mit zunehmender Weitschweifigkeit. Zu ihr
gehören schon Vennonius und Cn. Gellius. Einwirkung griechi-
scher Stilistik verräth C. Fannius, besonders aber dessen jüngerer
Zeitgenosse L. Coelius Antipater; der Einfluss von Polybios' Prag-
matismus tritt bei Sempronius Asellio zu Tage. In die Mitte des
siebenten Jahrh. d. St. und die suUanische Zeit fallen mehrere
Verfasser von Denkwürdigkeiten und Selbstbiographien, nämlich
M. Aemilius Scaurus, P. ßutilius Rufus, Q. Lutatius Catulus, so-
dann Sulla selbst und (griechisch) L. Licinius LucuUus; später
M. Varro, Caesar, Augustus, Agrippa u. A. In der sullanischen
Zeit ist Voltacilius Plotus der erste nicht freigeborene Geschicht-
schreiber, und Cn. Aufidius schrieb wieder griechisch. Die jüngere
Annalistik hat jetzt ausgeprägte Vertreter an Q. Claudius Qua-
drigarius und dem abenteuerlich ausmalenden Valerius Antias.
Achtbarer war C. Licinius Macer, der letzte eigentliche Annalist.
Denn L. Cornelius Sisenna (Prätor 676) befolgte in seiner zeit-
genössischen Geschichte viel mehr eine sachliche als eine chrono-
56 Sachlicher Theil.
logische Ordnung. Aber noch bei Tacitus macht sich das an-
nalistische Element geltend, und auch manche Kaiserbiographien
hatten die Form von Annalen.
1. Directe Unwahrheit scheute die ältere Annalistik. Wohl aber suchte
äie unangenehme Thatsachen todtzuschweigen, wie Rom's Unterjochung
durch Forsena, den Loskanf der Stadt von den Galliern, das caudinische
Joch mit dem darauf folgenden Friedensbruch. Auch Umstellungen nahm
sie unbedenklich vor. Nissen, Rhein. Mus. XXV. S. 64. Sie schrieben
griechisch, wie die ältesten deutschen Chronisten lateinisch und im 17 — 18.
Jahrh. manche deutsche Schriftsteller französisch.
2. Wo von der Mitte des siebenten Jahrh. d. St. an annales erwähnt wer-
den, da sind annaUstische Schriftwerke gemeint, buchmässige Fortsetzungen
der annales maximi. Vgl. Schwegler, R. G. LS. 11 f. Je näher der augustei-
schen Zeit, desto grösser der Umfang der Annalen, desto geringer ihre durch-
schnittliche Glaubwürdigkeit. H. Nissen, Rhein. Mus. XXV. S. 2. Gemeinsam
ist allen Annalisten ihre völlige Unkenntniss fremder Länder.
3. „Die Geschichtschreibung der röm. Republik wird von zwei Ström-
ungen beherrscht, einer rhetorischen und einer patriotischen. Dem Stre-
ben nach bewegter unterhaltender Darstellung ward jegliche Rücksicht
auf historische Wahrheit geopfert. Die patriotische Fälschung erfüllt in
gleicher Weise die gesammte Annalistik. Sie offenbart sich im Kleinen bei
Livius, wenn er in seiner Bearbeitung des Polybios alles den Römern Nach-
theilige entfernt oder ändert; aber sie hat es ebenso gut vermocht den
grossen Gang der Ereignisse zu ^verdunkeln und zu entstellen." H. Nissen,
Rhein. Mus. XXV. S. 1.
4. Im Unterschiede von annales als Chroniken bezeichnet historia (Er-
zählung) in der Regel, wie] noch bei Cluvius Rufus und Tacitus^ pragmatische
Darstellung eines zeitlich nahen oder selbsterlebten Stoffes (Gell. V, 18, 1 ff.
Serv. Aen. I, 373. Isid. orig. I, 40, 1). Aber häufig war Beides bei einander,
indem der erste Theil eines Geschichtswerkes aus annales, der spätere aus
historia bestand. So konnten beiderlei Titel für dasselbe Werk gewählt
werden. H. Nissen, krit. Unters. S. 87 mit Anm. Vgl. F. Thiersch, Münch-
ner Gel. Anz. 1848, Nr. 131 ff. H. Peter, bist. I. p. XL VIII— L. LXIII. Die
Zeitordnung hielten aber begreiflicher Weise auch die historiae im Wesent-
lichen ein. Vgl. Plin. Ep. I, 1: non servato temporis ordine, neque enim
historiam componebam.
5. In Benützung der Vorgänger herrschte grosse Freiheit. Der Nach-
folgende schrieb die Werke des Früheren mit mehr oder weniger Zuthaten
und Umarbeitung ab, mit oder ohne Nennung dos Namens. Meist legte
der Schriftsteller eine einzige Hauptquelle seiner Arbeit zu Grunde und än-
derte dieselbe nach anderen Quellen oder eigenem Ermessen ab. C. Peter,
das Verhältniss des Liv. u. s. w. Anclam 1853. 4. H.Nissen, krit. Unters.
S. 77—80. 90. Th.Plü8s, neues Schweiz. Museum VI (1866). S. 47 f. H.Peter,
bist. I. p. LIV— LVm. LX f.
37. Die Annalisten. 57
6. Cic. de or. II, 12, 52 f.: erat historia nihil aliud nisi annalium con-
fectio. Tac. dial. 22: nuUi sensus tarda et inerti stnictura in morem anna-
lium componantur. Dionys. I, 7: sial dh (die Tt^ayficctBLat der Annalisten)
rais iXXriviyiaig xQOvoyQcccpiccig ioi%vCcci. Den Massstab rhetorischer Stilistik
anlegend Cic. leg. I, 2, 6: post annales pontiiicnm maximorum . . si aut
ad Fabium aut ad . . Catonem aut ad Pisonem aut ad Fannium aut ad
Vennonium venias, qu^jnquam ex bis alius alio plus habet virium, tarnen
quid tarn exile quam isti onmes? Fanni autem aetati coniunctus Antipater
paulo infiavit vehementius , . . sed tarnen admonere reliquos potuit ut ad-
curatiutf scriberent. ecce autem successere huic belli (nette Historiker;
Guilelmus: Gellii; s. aber Vahlen ad l.), C^odius, Asellio: nihil ad CoeUum,
sed potius ad antiquorum languorem et iuscitiam. Fronto epist. p. 114, 2 ff.
N.: historiam scripsere Sallustius structe, Pictor incondite, Claudius lepidc,
Antias invenuste, Seisenna longinque, verbis Cato multiiugis, Coelius sin-
gulis. Dionys. Ant. I, 7: ix t^v tatoQtmv . , ag ot nQog avtav inatvovfitvot
^PtofAaioDV övvsYQatpav, TIogyiLog ts Katoav xal ^dßiog Md^iy^og xal OvaXsQiog
6 'AvriBvg xal AiTiivviog MayiSQ^ AiXioC xb xal riXXioi xal KaXnovQvioi, %ccl
BTBQoi avxvol TCQog tovtoLg ävÖQBg ovK dq)ccvBig, Die allerältesten (Q. Fabius
und L. Cincius) hatte Dionys. schon I, 6 genannt.
7. Mommsen R. G. IP. S. 463 f. L. Kieserling, de rer. rom. scriptori-
bus quibus T. Livius usus est, Berl. 1858. H. v. d. Bergh, de antiquissimis
annalium scriptoribus romanis, Greifsw. 1859. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc.
I, 1. S. 1018 — 1020. Ueber die Verwendung der priesterlichen annales durch
die (späteren) Annalisten und deren Einwirkung auf Livius s. H. Nissen,
krit. Unters. S. 86 ff.
8. Sempronius Asellio bei Gell. V, 18, 8: inter eos qui annales relin-
quere voluissent et eos qui res gestas a Bomanis perscriberc conati essent
omnium rerum hoc interfuit. annales libri tantummodo quod factum quo-
quo anno gestum sit, ea demonstrabant ita quasi qui diarium scribunt,
quam Graeci iqj7i(LBQida vocant. nobis non modo satis esse video quod
factum esset, id pronuntiaro, sed etiam quo consilio quaque ratione gcsta
essent demonstrare.
9. Cic. ad fam. V, 12, 8: scribam ipse de me, multorum tamen exemplo
et clarorum virorum. Tac. Agr. 1: apud priores . . plerique suam ipsi
vitam narrare fiduciam potius morum quam adrogantiam arbitrati sunt, ncc
id Butüio et Scaüro citra fidem aut obtrectationi fuit. L. Wiese, de vita-
rum scriptoribus romanis, Berlin 1840. 4. W. H. D. Suringar, de romanis
autobiographis, Lugd. B. 1846. 4. Köchly und Rüstow, Einl. zu Caes. gall.
Krieg (Gotha 1867) S. 3—6. Die apologetische Richtung war in diesen Me-
moiren so ausgesprochen dass Cic. Brut. 29, 112 ein solches Werk geradezu
laudes nennt. Was Andere nicht selbst thaten, das thaten für sie dienst-
willige Clienten, später auch hungernde griechische Literaten.
38. In der ciceronischen Zeit veranlasste der reiche Stoff 33
den die Gregenwart bot^ zusammen mit der Verbreitung einer
gewissen schriftstellerischen Fähigkeit, Viele zu geschichtlichen
Darstellungen. So ausser Atticus, Cicero und Cornelius NepoK
r>>< Sachlicher Theil.
auch Hortensius, Varro, ProciliuS; Luccejiis, Libo u. A. Unter
diesen zeichneten sich durch Weite des Stoffes Atticus und Cor-
nelius Nepos aus, wurden aber nach Inhalt wie Form überragt
durch die Leistungen von Caesar und Sallustius. Caesar hat zu-
gleich durch Begründung (J. 695) einer amtlichen Zeitung den
späteren Geschichtschreibern vorgearbeitet. Der Bürgerkrieg för-
derte ausser Caesars eigenen Schriften noch viele andere Dar-
f^tellungen aus Parteigesichtspunkten zu Tage. Parteischriftsteller
für Caesar waren Hirtius, Oppius und Cornelius Baibus, für Pom-
pejus trat Voltacilius Pilutus auf, sowie T. Ampius Baibus, für
C'icero sein Tiro. Den parthischen Krieg des M. Antonius beschrieb
Dellius. Auf der Gegenseite verfasste M. Brutus gleichfalls
Denkwürdigkeiten, und sein Stiefsohn Bibulus und sein Freund
Volumnius geschichtliche Schriften zu seinem Lobe. Die Zeit-
geschichte behandelten auch die Annalen des Tanusius Geminus,
sowie theüweise Q. Tubero, den Bürgerkrieg selbst Asinius PoUio
und M. Valerius Messala. Die augusteische Zeit brachte in der
römischen Geschichte des Livius ein Werk von künstlerischer
Formvollendung hervor und durch Pompejus Trogus die erste
Universalgeschichte, zu welcher Idee Varro, Atticus und Corne-
lius Nepos nur schüchterne Anläufe genommen hatten. Varro's
sittengeschichtliche Richtung aber fand einen achtungswerthen
Nachfolger an Fenestella.
1. Am Ende der Republik wurde die Summe aus der historischen Thä-
tigkeit der Früheren gezogen, und sie liegt uns vor in den Werken des
Livius, des Dionysios aus Halikarnass und der Redaction der capitolinischen
Fasten. Nissen, Rhein. Mus. XXV. S. 65.
33 39. Im Verlaufe der Kaiserzeit verlor sich immer mehr das
Verständniss der Zustände des alten Rom, sowie die Möglichkeit
und der Mut zu wahrheitsgetreuer Darstellung der Gegenwart
und nächsten Vergangenheit. Desto breiter machte sich der Ser-
vilismus und die Schönrednerei. Servil schrieben unter Tiberius
(wenigstens in Bezug auf die Gegenwart) Vellejus Paterculus und
Valerius Maximus; ihren Freimut büssten Labienus schon unter
August und Cremutius Cordus unter Tiberius. Um so unbestrit-
tener blieben die Geschichtsdarstellungen welche die Mitglieder
der herrschenden Dynastie selbst verfassten, wie August, Tiberius,
Agrippina, weiterhin der schreibselige Claudius und noch später
Trajan (Dacica) und Septimius Severus. Neutrales Gebiet wählte
Curtius; x^ufidius Bassus sowie der ältere Plinius beschränkten
38 I'. Die Gcschichtsohrcibur. 50
sich auf die auswärtigen Verhaltnis.se. Abur tlurch das gauze
erste Jahrhundert glomm ein Sinn für die Geschichte fort. Davon
zeugt nicht nur die grosse Zahl der ganz oder halb verschollenen
Geschichtswerke aus dieser Zeit, wie von dem altem Seneca,
Servilius Nonianus, Lentulus Gaetulicus, Fabius Rusticus, Chivius
Rufus, Cornelius Thuacus, sondern auch dass in einer der ersten
Pausen des Despotismus ein Tacitus entstehen konnte. Mit der
Beredtsamkeit bheb indessen die Geschichtschreibung fortwährend
in verhängni ssvoll enger Berührung; je mehr daher jene aus-
artete, vollends unter dem Einflüsse der Schule des Fronto, desto
tiefer sank auch die Geschichtschreibung an Achtung und Acht-
barkeit. Bezeichnend für die Geschichtschreibung der Kaiserzeit
ist femer ihre Richtung auf das rein Persönliche, aus welcher
theils eine Anzahl Biographien von Privaten hervorgieng theils
die Geschichtsbehandlung welche Sueton begann und seine Nach-
folger carikierten. Unter diesen Hof- und Kaiser-Geschiehtschrei-
bem war der bedeutendste Marius Maximus, untergeordneter Jitnius
Cordus, Aemilius Parthenianus, Aelius Maurus, Curius Fortunatia-
nns, Fulvius Asprianus, u. A. Aus ihnen schöpfen dann ohne
Urteil und Geschmack die erhaltenen sechs Scriptores historiae
augustae: Aelius Lampridius, Julius Capitolinus, Volcatius Galli-
canus, Aelius Spartianus, Trebellius Pollio und Flavins Vopiscus.
Erst für das vierte Jahrh. haben wir an Ammianus Marcellinus
einen trefflichen Gewährsmann. Für die Geschichte der republi-
kanischen Zeit wurde in dieser Epoche des allgemeinen Verfalls
Liviua ausschliesslich massgebend, so sehr dass -selbst diejenigen
älteren Abrisse der republikanischen Zeit welche keineswegs ein-
fache Auszüge aus Livius sind, wie Florus und Victor'» viri
illustres, doch den Späteren dafür galten. Den Livius selbst aber
fand man zu weitläufig. Er wurde daher (spätestens im dritten
Jahrh. n.Chr.) in einen tabellarischen Abriss gebracht, aus welchem
Obsequens und Cassiodor geschöpft haben, sowie Vopiscus, Eutro-
pius, Sex. Rufus und Pseudo - Idatius. Noch andere Quellen he-
nOtzten Licinianus und L. ÄmpeHus ; den Sallust zog lulius Exuper-
antius aus. Vom vierten Jahrh. an machte auch auf diesem Gebiete
der Einfliiss des Christenthums sich geltend. Der Chronograph
des J. 354 gibt neben Consularfasten auch eine Ostertafel, neben
einem Verzeichniss der praefecti urbis auch eines der römisclien
Bischöfe und der Märtyrer. Des Sulpicius Severus Chronik (um
400) enthält einen Abriss biblischer und nachbiblischer Geschichte;
00 SachHcher Theü.
des Orosius Werk hat einen christlich-apologetischen Zweck; die
Chroniken beginnen mit Erschaffung der Welt. Im 5. und 6.
Jahrh. war das gegenseitige Abschreiben allgemeine Sitte: so
Hieronymus den Eusebios, Prosper (J. 455) den Hieronymus,
Victorius (Ostertafel, J. 457) den Prosper, Cassiodor (J. 519) den
Victorius, Jordanis (J. 551) den Cassiodor, und zwar jeder so dass
er seinen Vorgänger immer bis auf die eigene Zeit fortsetzte.
Andere Fortsetzer der Chronik des Prosper sind Marcellinus
und Victor aus Tunnuna. Wichtige Specialgeschichten besitzen
wir von Jordanis (Gothen), Gildas (Britannien) und Gregor von
Tours (Franken).
1. Tac. Hiet. I, 1: postquam bellatum apud Actium . . magna ingenia
cessere; simul veritas pluribus modis infracta, primum inscitia reip. ut
alienae, mox libidine adsentandi aut rursus odio adversus dominantes. A.
1) 1: temporibus Angusti dicendis non defuere decora ingenia, donec gli-
scente adulatione deterrereqtor. Tiberii Gaiqne et Claüdii ac Neronis res
florentibus ipsis ob metom falsae, postquam occiderant, recentibus odiis
compositae sunt. Ein Beispiel letzterer Art ist wohl C. Fannius (Plin. Ep.
V, 6, 3). Joseph. Antiq. XX, 8, 3: nolXoi ttjv «fpl Nigoava üvvzBXU%aüiv
tßzoQiaVy mv o£ iiev öiä xolqvv, bv Tcsnovd'ozsg vn avtov, tjjg dlrfisCag rjfifi-
XriöaVj Ol Sh dia fiiaog . . dvcciSmg ivenagcovriöav xoig ipsvafucaiv. . . [iridh
Tcov ngo avtov ysvoiiivmv yqdtpovzBg ztjv dXi^d'sucv zi^g tazoQÜicg zsztjqi^iuxolv.
v.aizoi itQog ixeLVOvg avzoig ovdev iiCoog r^v, ats fisz' avzovg noXXto XQOvnp
ysvofiivoig.
2. Plin. Ep. V, 5, 3 von C. Fannius: tres libros absolverat, subtiles . .
atque inter sermonem historiamque medios. Die historia erforderte nach
den Zeitbegriffen (vgl. Quintilian, oben 36, 7) höheren Schwung, Phantasie,
eloquentia. Tac. dial. 23: eloquentia Aufidii Bassi aut Servilii NonianL
Agr. 10: quae priores nondum comperta (über Britanniae situm populosque)
eloquentia percoluere rerum fide tradentur. Daher die Alternative, entweder
auf eloquentia (Stilistik) oder auf veritas und fides zu verzichten. Vopisc.
Prob. 2, 7: mihi id animi fuit ut non Sallustios, Livios, Tacitos, Troges
atque omnes disertissimos imitarer vires in vita principum et temporibus
disserendis, sed Marium Maximum, Suetonium Tranquillum, Fabium Mar-
cellinum, Gargilium Martialem ceterosque qui haec et talia non tam diserte
quam vere memorisie tradiderunt. Von ähnlichem Standpunkt aus Licinia-
nus: Sallustium non ut historicum puto, sed ut oratorem legendum; nam
et tempora reprehendit sua et delicta carpit et contiones ingerit et dat in
censum loca, montes, flumina et hoc genus amoena et culta et comparat
disserendo. Daher aber auch Urteile wie von Seneca N. Q. VII, 16, 1 f.:
uec magna molitione detrahenda est auctoritas Ephoro: historicus est. . .
haec in commune de tota natione (der historici), quae adprobari opus suum
et fieri populäre non putet posse nisi illud mendacio adsperserit. üeber
die Geschichtschreibung der Frontonianer vgl. Lukian nmg Sst avyyqdqiuv
Tr}v lözOQiav.
39 f. Die Geßchichtschreiber. Inschriften. 61
3. In der Eaiaerzeit kamen zu den sonstigen Geschichtsquellen (z. B.
den acta) auch noch ephemerides (Tagebücher), z. B. Anreliani (Vopisc.
Aurel. 1, 6), Turduli Gallicani (Vopisc. Prob. 2, 2. vgl. 3, 4. 5, 1). Daraus
flössen wohl auch die oft .so kleinlichen persönlichen Züge welche die
Schriftsteller yerzeichnen, weil etiam minora plerique desiderant (Capit.
Max. et Balb. 6, 1). In der früheren Eaiserzeit yerfassten Biographien von
Privaten Plinius d. Aelt. von seinem Freunde Pomponins Secundus (Plin.
Ep. III, 5, 3), Julius Secundus von Julius Asiaticus (Tac. dial. 14), Tacitus
von Agricola, Claudius Pollio von seinem freunde Annius (Plin. Ep. VII,
31, 5). Dazu die laudes des Paetus Thrasea und Helvidius Priscus durch
Herennius Senecio und Arulenus Rusticus (Suet. Dom. 10. Plin. Ep. VII, 19, 5).
4. üeber das gegenseitige Abschreiben s. Mommsen, Cassiodor S. 565 f.
Wie unbefangen man dies ansah zeigt Ausonius, der seine Fasti (von An-
fang der Stadt bis auf seine Zeit) mit dem Verse schloss: hactenus ad-
scripsi fastos. si fors volet, ultra adiciam; si non, qui legis adicies. Vgl.
Prokop. aedif. VI, 7 : ottp dia aTcovSijg iezai . . tö Xoym iv&etvai,, TCQoosetai
5. Die sogenannte historia miscella ist uns in zwei Bearbeitungen
erhalten. Die erste, welche in Hdss. den Namen des Paulus Diaconus trägt,
legt Eutrops Breviarium zu Grunde, erweitert es etwas und setzt es von
Valenünian bis Justinian fort. Die zweite, dem Landolfus Sagax zuge-
schriebene, wiederholt jene erste, aber mit reichlichen Zusätzen, und führt
sie bis auf Leo den Armenier fort. Ausgaben von P. Pithoeus (1569), J.
Gruter (1611), Muratori (scriptores rer. italic. I), H. Canisius (ed. noviss. Cherii
1855. XIII u. 566 pp.), neuerdings von Fr. Eyssenhardt (Berol. 1869. 721 pp.).
6. Wie die älteste römische Geschichtschreibung mit Einträgen in die
fasti (Kalender) begann, so die älteste mönchische mit Randbemerkungen
zu den Ostertafeln. Ebenso wurden auch in den Elosterannalen die An-*
gaben über die frühere Zeit aus den Vorgängern abgeschrieben und daran
die Aufzeichnungen aus der eigenen Zeit angereiht. Aus Italien kam jene
Sitte im sechsten Jahrh. ins fränkische Reich, gegen Ende des siebenten
auch nach Belgien und Deutschland, sowie nach England (Beda venerabilis).
Wattenbach, deutsche Geschichtsquellen S. 40. 85.
7. Fälschungen des fünfzehnten Jahrh. sind der Fenestella, Messala
Corvinus und die historia Papirii. Vgl. Hermes I. S. 135 f.
40. Eine wichtige Geschichtsquelle sind die Inschriften,
deren es schon aus dem sechsten Jahrh. der St. gibt. Mit dem
siebenten Jahrh. d. St. beginnen sie zahlreicher zu werden, aus der
Kaiserzeit aber ist ihrer eine überströmende Menge in allen Provin-
zen des römischen Reichs gefunden worden.
1. Aeltere Sammlungen von M. Smetius (Inscriptiones antiquae, Lugd.
B. 1688. fol.), J. Gruter (Thesaurus inscriptionum , Heidelberg 1603. 1663.
Amst. 1707. fol.), Th. Reinesius (Syntagma inscriptionum antiquarum, Lips.
1682. fol.), Muratori (Novus thesaurus veterum inscriptionum, Mailand 1739.
4 Voll. fol.).
62 Sachlicher Theil.
2. Neuere Sammlungen von J. C. Orelli (Inscriptionum latinarum selecta-
rum amplissima collectio, Zürich 1828. 2 Voll., vonW. Henzen 1856 durch
einen dritten Band vermehrt) und die bahnbrechenden Arbeiten vonTh.Momm-
sen (Inscriptiones regni Neapolitani latinae, Lips. 1852. fol. Inscriptiones
confoederationis helveticae latinae, Zürich 1854. Inscriptiones latinae an-
tiquissimae ad C. Caesaris mortem = Corpus inscriptionum latinarum YoL I,
Berlin 1863. fol.) und F. Ritschi (Priscae latinitatis monumenta epigraphica
ad archetyporum fidem exemplis lithographis repraesentata = Corpus inscr.
lat. Vol. primi tabulae lithographae. Berlin 1862. gr. fol.). Vol. II des
Berliner Corpus inscr. lat. enthält Inscriptiones Hispaniae latinae ed. E.
Hübner (1869. LVI u. 828 pp. fol.), Vol. IV (ed. C. Zangemeister et R.
Schöne, 1871. 272 pp. u. 57 Tafeln) die Wand- und Vasen -Inschriften aus
Pompeji, Herculaneum und Stabiä.
3. Das locale Princip befolgen die Sammlungen von L. Renier (In-
Bcriptions romaines de VAlg^rie, Paris 1855 f. fol.), L. M. Jordao (Portugal-
liae inscriptiones romanae, Vol. I. Lissabon 1859. fol.), J. W. Chr. Steiner
(Codex inscriptionum rom. Rheni, Darmstadt 1837 — 1854, 2 Thle., und Codex
inscr. rom. Danubii et Rheni, Seligenstadt 1851 — 1862, 4 Thle.), Th. W.
Rappenegger (die röm. Inschriften im Orossherz. Baden, Mannheim 1845),
J. V. Hefner (das römische Baiern in seinen Schrift- und Bildwerken, 3. Aufl.
München 1852), Chr. Stalin (Wirtembergische Geschichte, Bd. I), W. Bram-
bach (Corpus inscriptionum rhenanarum, Elberfeld 1866), J. M. Ackner und
F. Müller (die römischen Inschriften in Dakien, Wien 1866) u. A. (Inscrip-
tiones latinae in terris Nassov. repertae, Wiesbaden 1854).
4. Ein chronologisch sachliches Eintheilungsprincip liegt zu Grunde
der Sammlung christlicher Inschriften von J. B. de Rossi (Inscriptiones
^ christianae urbis Romae septimo saeculo antiquiores, I. Rom 1861).
5. Zur Methodik der Epigraphik vgl. W. Henzen, die lateinische Epi-
graphik und ihre gegenwärtigen Zustände, in der Allg. Monatsschrift, I
(Braunschweig 1853), S. 157 — 184. F. Ritschi, Monumenta epigraphica tria
. . commentariis grammaticis illustrata (Berlin 1852. 4.) , in seiner Enarratio
vor den P. L. M. E. und in zahlreichen einzelnen Abhandlungen, zusam-
mengestellt im vierten Bande seiner Opuscula.
6. Zu den metrischen Inschriften vgl. F. Bücheier in Jahns Jahrbb.
LXXVII. S. 60 — 78 und Anthologiae epigraphicae lat. specimen I, Greifs-
wald 1870. 26 pp. 4. W. Fröhner, im Philologus XIII. S. 165—191. ^
7. Im Ganzen s. auch E. Zell, Handbuch der römischen Epigraphik,
Heidelberg 1850—1857. 3 Thle.
:h 41. Aus dem gleichen Grunde wie die Geschichtsehreibung
und in Zusammenhang mit ihr entstand und gedieh bei den Rö-
mern auch die Alterthumsforschung, nach der sachlichen
wie der sprachKchen Seite. Zur letzteren trieb überdiess das
praktische Bedürfniss die in der Entwicklung begriffenen Laute
der Sprache in der richtigen Weise durch die Schrift zu fixie-
40 f. iBichriften. Alt«rthamsforachnng. (53
reu. Die Meisten und Vornehmsten aber wandten sich dem mos
maiorum zu, der Erforschung der Gebräuche und Einrichtungen
der alten Zeit. So Cincius Älimentus, Cato, M. Fulvius No-
bihor, Cassius Hemina, C. Sempronius Tuditanus, M. Junius
Oracchanus. Dazu gesellten sich vom siebenten Jahrh. an auch
Studien über die ältere Literatur, insbesondere Erklärung der
Dichter, theils geschichtliche theils spraehüche (glossograpbische).
Vertreter dieser Richtung sind, ausser L. Attius und Lucilius,
auch Porcius Licinus, Q. Valerius aus Sora, Volcatius Sedigitus,
Octavius Lampadio, Sisenna, Saevius Nikanor, Aurelius Opilius,
M. Antonius 6rnipho, Q. Cosconius, Santra, besonders aber L.
Aelius'Stilo und dessen Schwiegersohn Ser. Clodius, Auf sprach-
lichem Gebiete gab der Stoiker Krates, welcher im J. 595 d, St.
als Gesandter nach Rom kam, eine nachhaltige Anregung.
Man versuchte sich im Etymologisieren, die Einen indem sie
überall auf das Griechische zurückgiengen (Hypsikrates), die An-
dern Indem sie Alles aus dem Lateinischen selbst abzuleiten
suchten (Varro, Nigidius Figulus, Labeo), In der ciceronischen
Zeit, wo Rom nachgerade der anerkannt« Mittelpunkt des gei-
stigen Lebens im gesammten Reiche war und alle Hülfsmittel
der Forschung in sich schloss, erreichte diese ihre Blüte mit
Varro, und neben ihm Nigidius Figulus, Valerius Cato, Atejus
Philologus u. Ä. Von Staatsmännern schrieb z. B. Caesar selbst
de analogia, Appius Claudius (Cos, 700) und L, Caesar über das
Auguralwesen. In der augusteischen Zeit erlebte die gelehrte
Forschung einen Nachsommer durch Julius Hyginus, Verrius
Placcus, M. Valerius Messala, Sinnius Capito, Scribonius Aphro-
disius, L. Crassitius, an welche sich dann lulius Modestus, Pom-
ponius Marcellus, A. Cornelius Celsus und Asconius Pedianus
anreihten. Die Vielseitigkeit des Celsus wurde noch überboten
durch die des älteren Plinius, und noch im zweiten Jahrh. zeigen
Sueton, Sul2>icius ApoUinaris und auch Pronto eine mancli-
faltige Bildung und literarische Thätigkeit.
Im Ganzen aber hat seit dem ersten Jahrh. n. Chr. die Schule
mit ihren engeren Zwecken und Bedürfnissen die Herrschaft ge-
wonnen; die Grammatiker geben jetzt in der Forschung den
Ton an und die Gelehrsamkeit wird immer mehr zunftmässig.
So Q, Remmius Palämo, M. Valerius Probus aus Beryt, Annans
Comutu8, Caesius Bassus, Aemilius Asper, Flavius Caper, Cae-
sellius Vindex, ürbanus, Velins Longus; dann unter Hadrian
04 Sachlicher Theil.
Terentius Scaunis; unter Antoninus Pius A. Gellius und wohl auch
Festus. Von den Ergebnissen dieser älteren t^orsclier zehrten dann
die Späteren. So schon im dritten Jahrh. Arruntius Celsus, Helenius
Acro, Pomponius Porphyrio^ lulius Bomanus und Censorinus. Nach
längerer Unterbrechung begegnen wir sodann um die Mitte des
vierten Jahrh. wieder namhafteren Grammatikern^ die aber meist
Verfasser von Lehrbüchern (Artes) sind, wie Sacerdos, Comi-
nianus, Marius Victorinus, Aelius Donatus, Agroecius, Charisius,
DiomedeS; der jüngere Probus; Commentatoren wie Ti. Claudius
Donatus, Servius Maurus Honoratus; Lexikographen wie Nonius
Marcellus. Dann im fünften Jahrhundert Macrobius und zu
Anfang des sechsten Priscian. Auch auf diesem Gebiete ist der
Schein der Manchfaltigkeit und Bewegung grösser als die Wirk-
lichkeit, da auch hier die Ausnützung der Vorgänger in gröss-
tem Umfange betrieben wurde und oft mit sehr wenig Urteil.
1. Suet. degramm. 1: grammatica Romae ne in usu quidem olin), nedmn
in honore ullo erat, rndi scilicet ac bellicosa etiamtum civitate necdum
magnopere liberalibus disciplinis vacante. initium quoque eins mediocre
cxtitit, si quidem antiquiBeimi doctorum, qui iidem et poetae et semigraeci
erant (wie Livius und Enniua), . . nihil amplius quam Graecoe interpreta-
bantur. ; . ib. 2: primus . . Studium grammaticae in urbem intulit Grates
Mallotes, Aristarchi aequalis, qui missus ad senatum ab Attalo rege inter
secundum ac tertium bellum punicum, sub ipsam Enni mortem, . . nostris
exemplo fuit ad imitandum: hactenus tamen ut carmina panmi adhuc di-
volgata vel defunctorum amicorum, vel si quorum aliorum probassent, di-
ligentius retractarent ac legende commentandoque et ceteris nota facereut;
ut C. Octavius Lampadio, . . ut postea Q. Vargunteius etc. . . instruxerunt auxe-
runtque ab omni parte grammaticam L. Aelius Lanuvinus generque Aeli
Ser. Clodius etc. ib. 3: posthac magis ac magis et gratia et cura artis in-
crevit, ut ne clarissimi quidem viri abstinuerint quo minus et ipsi aliquid
de ea scriberent utque temporibus quibusdam super viginti celebres scholae
fuisse in urbe tradantur, auch grammatici (als Sklaven) theuer gekauft
wurden, wie Lutatius Daphnis und L. Apuleius. iam in provincias quoque
grammatica penetraverat, ac nonnulli de notissimis doctoribus peregre do-
cuerunt, maxime in Gallia togata, inter quQs Octavius Teucer et Sescennius
(?Fe8c. oderPesc?) lacchus et Oppius Chares.
2, AnniuB Plorus, Vergil. or. an p. (p. 108 H.) : in reditu est mihi pro-
fessio litterarum . . sedere in scholis et pueris praecipere. . . (p. 109) quam
imperatorium, quam regium est sedere a suggestu praecipientem bonos mores
et sacrarum studia litteranun, iam carmina praelegentem quibus ora men-
tesque formantur, iam . sententiis variis sensus ezcitantem, iam exemplis
ro(borantem). In Bezug auf Bücher bestand die Thätigkeit der grammatici
im emendare, distinguere, adnotare (notas adicere, welche notae bald in
41. Alterthumsforschung und Grammatik. 65
blosen Zeichen, bald in kurzen Bemerkungen bestanden. J. Steup, de
Probia p. 17—34.
3. Von literarischem Eigenthum haben wie überhaupt die Alten bo nament-
lich die Grammatiker keinen Begriff ; unbefangen schreibt VerriusFlaccus den
Varro aus, Probus den Verrius, Plinius den Probus, Caper den Plinius, Ju-
lius Komanus den Caper, Charisius den Julius Bomanus^ und zwar mit sehr
ungleicher, rasch abnehmender Sorgfalt. Ein früheres Lehrbuch wird in
beliebigem Umfange abgeändert und umgestaltet, ein ausführliches abge-
kürzt, eines für Vorgerücktere für die Bedürfnisse der Anfänger herunter-
gestimmt, und dann als eigenes herausgegeben. Auch wird wohl der erste
Theil eines Lehrbuchs aus dem einen Vorgänger herübergenommen, der
zweite aus einem andern, wobei dann möglicher Weise der Name des
ersten Verfassers auf das ganze Werk übergetragen wurde, insbesondere wenn
es ein berühmter Name war, wie Probus. Vgl. A. 12. So wird in Citaten dem
Probus zugeschrieben was anderswo als Eigenthum des Sacerdos oder des
Diomedes erscheint. Gesteigert wurde die Verwicklung dadurch dass in
derselben Handschrift Lehrbücher verschiedener Verfasser vereinigt wurden.
In den letzten Jahrhunderten des Alterthums wurde es sogar Sitte in den
Handschriften grammatischer Schulbücher leere Blätter mit Excerpten aus
anderen (älteren) Werken von verwandtem Inhalte auszufüllen.
4. Samüilungen der erhaltenen Schriften der grammatici latini von
D. Gothofredus (Genf 1595. 1622. 4), El. Putsche (Hanoviae 1605. 4.), Fr.
Lindemann (Lips. 1831 — 1840. 4. unvollständig; nur T. III und IV, 1),
und besonders von H. Keil, Lips. 1857 ff. 6 Bde, wovon bis 1868 fünf voll-
ständig erschienen sind. Vgl. W. Christ im Philologus XVIII. S. 112 ff.
Dazu als supplementum von H. Hagen (Lips. Teubner 1870) Anecdota hel-
vetica quae ad grammaticam latinam spectant (CCLXI u. 399 pp.), ent-
haltend 1. Commentum Sedulii Turicense in Eutychis artem de discernendis
coniugationibus. 2. Ars Asperi grammatici. 3. Ars anonyma Bernensis.
4. Primae explanationes Sergii de prioribus Donati gramm. u. B. 5. Petri
grammatici excerpta. 6. Quaestiones grammaticae sei. ex cod. Bern. 7.
Vergilii granmiatici excerpta. 8. Commentum Einsidlense in Donati artem
minorem, und 9. in D. a. maiorem. 10. Comm. Einsidl. in Donati barbaris-
mum. 11. Differentiae sermonum (des Ps. Cic). 12. Auetores anonymi de
orthographia IV. 13. Auetores anonymi de litteris III.
5. Suringar, historia critica scholiastarum lat., Lugd. Bat. 1834 f.
3 Bde. L. Lersch, die Sprachphilosophie der Alten, Bonn 1838—1841.
3 Bde. van Heusde, de L. Aelio Stilone (1839) p. 17—33. Gräfenhan,
Geschichte d. class. Philologie im Alterthum, Bonn 1843 ff., bes. Bd. IV
(1850).
6. Scriptores latini rei metricae; mss. codd. ope subinde refinxit
Th. Gaisford, Oxon. 1837. XIV u. 616 pp. Enthält: Marius Victorinus,
Marius Plotius, Caesius Bassus, Atilius Fortunatianus, Servii centimetrum,
Rnfinus, Censorinus, Priscianus, Diomedis lib. lU, Mallius Theodorus, script.
vett. apospasmatia. Ueber die scriptores de orthographia (bes. Flavius
Caper, Velius Longus und Terentius Scaurus) s. auch bei Cassiodorus.
7. Alphabetische Anlage hatte schon des Verrius Flaccus Werk de
TjnnPFBi., Rom. Literattugeachichte. 2. Aufl. 5
66 Sachlicher TheiL
verborum significatu, weiterhin eines von Caesellius Vindex, später des
NoniuB Marcellas (theilweise). Diese lexicalischen Arbeiten sahen sich
aber immer mehr verdünnt und auf das Trivialste eingeschränkt; der Kreis
des Wissenswerthen und der citierten Schriftsteller wurde immer enger ge-
zogen. So schrumpften sie allmählich zu den kümmerlichen Glossaren zu-
sammen welche in verschiedener Fassung auf uns gekommen sind, theil-
weise in sehr alten Handschriften, wie Paris, saec. VIII (vgl. F. Dübner
im Rhein. Mos. von Welcker und Näke III. 1833. S. 470 ff.), Bern. saec.
IX, Palat. 1773 saec. X u. a. Thesaurus novus latinitatis sive Lexicon
vetus e membranis nunc primum erutum, in Mai's classici auct. VIII. Rom
1836. 640 pp. Ein Glossarium vetus ex membranis bibl. vat. ib. VI.
p. 501—551 (abacta — zelotypia).
8. Besonders häufig kehrt in den grossen ^ncyclopädischen Glossen-
sammlnngen der Name des (Lutatius) Placidus als Lemma (Placidi) wieder,
manchmal ohne dass das eigens dessen Namen tragende Glossar die betr.
Glosse enthielte. Daraus die Ergänzungen des letztem bei Mai, class.
auct. VI. p. 564-574, vgl. A. Wilmanns, Rhein. Mus. XXIV. S. 364 ff. Die
Hdss. des eigentlichen Placidusglossars sind alle jung (saec. XV). Unter
ihnen ist bemerkenswerth die von G. Corsi (le glosse latine di Luttazio Pla-
cido grammatico, accresfeiute . . per un nuovo codice del secolo XIV, Pisa
1846, aus den Annali delle universita toscane I, 1. p. 149—174), wegen ihrer
Ueberschrift: incipiunt Glossae Luctatii Placidi grammatici in Plauti co-
medias. Per A litteram etc. Wirklich bt es glaublich dass die jetzige
Sammlung einen ursprünglichen Kern plautinischer Glossen enthält (Ritschi
im Rhein. Mus. XXV. S. 459 ff.). Aber auch die relativ vollständigsten
Hdss. des Placidus geben nicht das ursprüngliche Werk desselben,' sondern
einen Auszug aus einer viel reichhaltigeren Sammlung. Ausgabe der
Placidusglossen aus vier Vaticani in Mai's classici auctores III (Rom 1831).
p. 427—503 (alumna bis vernulus) vgl. VI. p. 554—574 (ab alto — vulgua).
R. Klotz in Jahns Archiv H. 1833. S. 439 ff. 485 ff.
9. Der in Glossarhandschriften öfters genannte Salomo (der vielleicht
die Redaction des Glossars angeordnet hatte) ist Salomo III, Abt von St.
Gallen, dann Bischof von Constanz, f 919; Rhein. Mus. XXIV. S. 388 f.
10. Einzelne Glossare herausgegeben von F. Osann (aus Paris. 7651,
Giessen 1826. 4.), Fickert (Naumburg 1843. 4.), Fr. Oehler (aus einem cod.
Erfurt, saec. IX, in Jahns Archiv XHI), G. F. Hildebrand (Portmund 1845.
, 4. Göttingen 1854.), C. Peter (Zeiz 1850. 4.), Deycks (Münster 1854. 4.),
G. Thomas (aus Monac. lat. 6210, Sitzungsber. d. Münchner Akad. 1868, II.
S. 369 ff. vgl. Halm und Hofmann ebd. 1869, II. S. 1 ff.).
11. Ueber die glossae Pithoeanae oder Isidori (weil sie zum Theil in
Hdss. des Isidor stehen) s. Rhein. Mus. XXIII. S. 491. üeber die von
Labb^ herausgegebenen griechisch-lateinischen Glossen (Cyrilli, Philoxeni,
aliorum veterum glossaria ed. Ph. Labbaeus, Paris 1679. fol.) s. ebd. XVII.
S. 159 f. XVIII. S. 253 ff. A. F. Rudorff, über die Glossen des Philoxenus und
Cyrillus, Berlin 1866. 4. Mit Tafel. A. Wilmanns, Placidus, Papias und andere
lateinische Glossare, Rhein. Mus. XXIV. S. 362—382. H. üsener, der liber
41 f. Grammatik. Die Beredtsamkeit bei den Römern. (57
glossarum, ebd. XXIV. S. 882—391. F. Ritschi, zu Placidus und lateini-
acher 6lo3sographie, ebd. XXV. S. 466 — 463.
12. Als scriptores mythographi latini werden zusammengefasat
Hyginus, Fulgentius, Lutatius Placidus, Albericus philosophus, zusammen
herausgegeben von Th. Muncker (Amstelod. 1681) und A. van Staveren
(Lugd. B. 1742. 4.). Vgl. Lange, de nexu Hyg. fabb. p. 11—26. E. Klussmann,
de Alberici mythogr. codice Gothano II, Rudolstadt 1868. 4. Dazu kamen
die drei mythographi vaticani, erstmals herausgegeben von A. Mai
(classici auctores e vaticanis codd. editi, T. III, Rom 1831) und danach
von G. H. Bode (scriptores rerum myth. latini III, Celle 1834, 2 Voll.).
Der erste derselben (mythographus vaticanus I) ist wohl aus der ersten
Hälfbe von saec. VI. Er ist noch Heide, benützt aber (wenigstens B. II)
bereits den Fulgentius. Nach Mai trägt dieses Compendium der Mythologie
die üeberschrifl: C. Hygini libri fabularum, wahrscheinlich weil im späteren
Alterthum der Name Hyginus typisch wurde für mythologische Compendien
zum Schulgebranch. Jünger ist mythogr. vat. II, welcher aus dem ersten
Manches wörtlich entlehnt. Mythogr. vat. III aber ist aus saec. IX oder X»
De mythographis latinis, Breslau 1834. 4. F. Osann, Haller Allg. Lit. Ztg.
1834, Erg. 61. 12. Suringar, de mythographo astronomico, Lugd. 1842. 4.
M. Zink, der Mytholog Fulgentius (1867) S. 13—15.
42. Für Beredtsamkeit waren die Römer schon von Na- 36
tur wohlausgestattet; durch ihren scharfen Verstand, ihren Ord-
nungssinn, ihre italische Lebhaftigkeit, gemässigt durch römi-
schen Ernst. Noch günstiger war der Einfluss von Sitte und
Verfassung, die Mündlichkeit aller Verhandlungen, die grosse
Zahl der Anlässe wo es gut zu reden galt, zum Volke, zum Se-
nate, zu Geschworenen oder zu Einzelrichtem, zum Heere, zu
einer Trauerversammlung. Die Fähigkeit zu reden wurde daher
ein unerlässljches Erfordemiss im Staate, der Besitz von Beredt-
samkeit ein Mittel zu politischer Bedeutung, vollends als die
Standesvorrechte nacheinander fielen und die politischen Par-
teikämpfe immer häufiger und hitziger wurden. In Folge dessen
nahm die Beredtsamkeit von Anfang an eine praktische Rich-
tung und wurde die Uebung im öflfentUchen^ Reden ein wesent-
licher Bestandtheil im Bildungsgange eines jungen Römers, so
dass schon der ältere Gato schriftliche Anleitung dazu gab und
in manchen Familien, wie bei den Scribonü, sich die Beredt-
samkeit Generationen hindurch fortvererbte. Daher auch die
grosse Zahl von Rednern unter den Römern, das frühe Begin-
nen der Beredtsamkeit und die hohe Blüte die sie bei ihnen
erreichte, ihr Steigen und Fallen mit der politischen Verfassung.
1. Cic. Off. n, 19, 66: huic (eloquentiae) a maioribus nostris est in
6*
68 Sachlicher Theil.
toga dignitatis principatus datus. Brat. 49, 182: . . in tanta et tarn vetere
republica mazamis praemiis eloqnentiae propositis omnes cupisse dicere,
non pluramOB ausos esse, potuisse paucos. or. 41, 141: quis tunquam
dubitarit quin in rep. nostra primas oloquentia tenuerit semper urbanis
pacatiaque rebus, secundas iuris scientia? Liv. XXXIX, 40: ad summos
honores alios scientia iuris, alios eloquentia, alios gloria militaris provexit.
Quintü. II, 16, 8: pop. rom., apud quem summa semper oratoribus digni-
tas fuit. Tac. dial. 37: . . procerum manum multum in his studiis operae
curaeque posuisse nee quemquam Ulis temporibus mägnam potentiam sine
aliqua eloquentia consecutum.
2. Cic. de or. II, 13, 56: nemo studet eloquentiae nostrorum hominum
nisi ut in causis atque in foro eluceat: apud Graecos etc. (war das Be-
redtsein Selbstzweck). Das Praktische gieng sogar auf Kosten der Moral:
eine Verpflichtung bei der Wahrheit zu bleiben wurde für den gericht-
lichen Redner kaum anerkannt. Was Cic. Brut. 207 von M. Antonius sagt,
dass er facilis in causis recipiendis gewesen sei, gilt auch von ihm selbst,
und wiederholt lehrt er dass für den Büdner nicht das verum Ziel sei,
sondern yerisimile; s. de or. U, 59, 241. off. II, 14, 61. Aehnlich Quintil.
II, 15, 32. m, 8, 13. Xn, 1, 33 ff. VI, 2, 5: ubi animis iudicum vis affe-
renda est et ab ipsa veri contemplatione abducenda mens, ibi proprium
oratoris opus est. Dagegen XII, 7, 7: non convenit ei quem oratorem esse
volumus iniusta tueri scientem; vgl. IV, 2, 93.
3. Beginn in früher Jugend. Der 18jährige Africanus minor sagt bei
Polyb. XXXII, 9: Öoiui slvai näaiv ^avxios tig . . xal noJiv yiBxoiQ^Ofiavos
trig ((opM'Ciiris at^saecag xal nQd^sfog ort nqiasig ovx cciQOVfiai Isysiv. Plin.
ep. V, 8, 8: undevicesimo aetatis anno dicere in foro coepi. Besonders
häufig machte man den Anfang mit der Lobrede auf einen eben gestorbe-
nen Verwandten. Noch Tiberius novem natus annos defunctum patrem
pro rostris laudavit (Suet. Tib. 6). Der jugendliche Charakter solcher lau-
dationes fdnebres war daher wohl mit ein Grund dass sie (später) so selten
herausgegeben wurden, E. Hübner im Hermes| I. S. 441. Auch mit An-
klagen Schuldiger die rednerische Laufbahn zu beginnen war häufig; s.
Polyb. XXXII, 16 g. E. Cic. Off. II, 14, 49. Suet. Caes. 4. Val. Max. V,
4, 4. Quintil. XII, 6, 1. Tac. dial. 34 g. E. Apulej. apol. 66.
4. Die Reden welche spätere Historiker in die Eönigszeit verlegen
beweisen natürlich nichts für die Beredtsamkeit jener Zeit; doch machte
die Verfassung schon damals ein gewisses Mass von politischer Beredtsam-
keit nothwendig. Dann aus J. 370 d. St. lässt Livius (VI, 20) den ange-
klagten M. Manlius pro fastigio rerum oratione etiam magnifica reden.
Die Sanmilung von Meyer bringt es von Appius Claudius bis Symmachus
auf 158 Redner, ungerechnet die vielen deren Reden nie geschrieben wur-
den oder von denen uns wenigstens nichts Derartiges bekannt ist. Vgl. 43, 12.
5. Hauptquellen Cicero's Brutus, der Bhetor Seneca, Tacitus' dialogus,
Sueton's viri ill., Quintilian X, 1, 105—122 u. XII, 10, 10—12. AuchPlinius'
Briefe. Oratorum romanorum fragmenta collegit H. Meyer, Zürich 1832.
(Pariser Nachdruck 1887.) 1842.
42 f. Die Beredtsamkeit in der Bepublik. 69
6. A. Westermann, Greschichte der röm. Beredtsamkeit, Leipzig 1885.
F. Ellendt, auccincta eloquentiae rom. usque ad Caesarea historia, vor
seiner Ausgabe des Brutus. Auch Mommsen IP S. 455. III. S. 596 f.
43* Die älteste Beredtsamkeit war naturalistisch, der kunst- 36
lose Ausdruck einer durch eine bestimmte Lage und bestimmte
Zwecke angeregten, politisch bedeutenden und redefähigen Per-
sönlichkeit. Aber schon am Ende des fünften Jahrh. d. St. gab
Appius Claudius eine politische Rede nachträglich heraus, und von
den Leichenreden die aus dem sechsten Jahrh. erwähnt werden
ist denkbar dass sie von Anfang an geschrieben waren. Jeden-
falls der grösste Redner des sechsten Jahrh., der ältere Cato,
muss seine Reden in der Regel niedergeschrieben (und veröffent-
licht) haben, wenn auch vielleicht erst nach ihrer Abhaltung,
als politische Streitschrift. Ueberhaupt war im sechsten Jahrh.
d. St. das gesprochene Wort noch die Hauptsache; das Nieder-
schreiben und Veröffentlichen der Reden geschah für politische
Zwecke. Ausser Cato kennen wir aus dieser Zeit herausgegebene
Reden besonders von dem altem Africanus, L. Papirius, und
C. Titius. Das siebente Jahrhundert d. St. traf die römische
Beredtsamkeit schon so entwickelt dass das Bekanntwerden mit
der griechischen Rhetorik sie nur steigern und bewusster ma-
chen, nicht aber ihres nationalen Charakters entkleiden konnte.
Der Erste welcher seine Reden kunstmässig anlegte war Ser.
Sulpicius Galba (Cos. 610), und schon den jungem Gracchus
machte die Verbindung von Begabung und Kunst zu einem
vollendeten Redner. Auch war es schon in der ersten Hälft«
des siebenten Jahrh. d. St. eine Ausnahme wenn ein Redner
keine seiner Reden herausgab, und es gab schon Solche welche
Reden schrieben die dann Andere hielten. In der Zeit der
Gracchen hatte die praktische politische Beredtsamkeit ihre
höchste Höhe eiTeicht, und einige Jahrzenhnfce hindurch wurde
diese Stufe festgehalten. Als es aber allmählich nicht mehr das
souveräne Volk war zu dem der Redner sprach, sondern ein
Haufe Pöbels, fieng man an weniger Werth zu legen auf die
künstlerische Vollendung der gesprochenen Rede. Bei den
herausgegebenen trat der politische Zweck jetzt meist zurück:
man schrieb und veröffentlichte Reden auch nur als Probe seiner
Beredtsamkeit. Die hervorragendsten Redner dieser Zeit waren
M. Antonius (Cos. 655) und L. Crassus (Cos. 659); aber neben
ihnen stand noch eine ganze Reihe gleichfalls in ihrer Art be-
70 Sachlicher Theil.
deutender Redner, wie Q. Mucius Scaevola (Cos. 659), L. Marcius
Philippus (Cos. 663), L. Apulejus Saturninus (654), M. Livius
Drusus (663), C. Julius Caesar Strabo (Aedil 664), P. Sulpicius
Rufus (666), C. Aurelius Cotta (Cos. 679). Das praktische
Ziel nie aus den Augen verlierend hielten die Römer und
römisch denkenden Theoretiker, wie in der suUanischen Zeit die
Rhetorik an Herennius, die von den griechischen Rhetoren auf-
gebrachten Difteleien von sich ferne, so sehr sie sonst die An-
leitung zu schätzen wussten die sie durch Griechen erhielten.
Nach der Mitte des siebenten Jahrh. begannen auch Einheimische
in lateinischer Sprache Unterricht in der Beredtsamkeit zu
ertheilen. Durch die Griechen fand auch die damals im griechi-
öchen Asien herrschende überladene Redeweise in Rom Eingang
und hatte namentlich an Hortensius einen Vertreter. Aber
schon dessen jüngerer Zeitgenosse, Cicero, lenkte davon wieder
ab und einem Mittelwege zu, der rhodischen Schule; und ihn
hat eine glückliche Verbindung von Talenten, geschärft und
veredelt durch unermüdlichen Fleiss, auf die höchste Höhe der
römischen Kunstberedtsamkeit gehoben. Zugleich hat er um
die Popularisierung der Hauptlehren der Rhetorik sich Verdienste
erworben. In seinen späteren Lebensjahren bildete sich eine
Richtung welche ihn noch immer allzu asiatisch fand. Ein
Kreis jüngerer Männer, zu denen auch Caesar gehalten zu haben
scheint, gieng grundsätzlich auf die echten alten Attiker zurück,
und die Meisten wählten sich unter jenen sogar den sehwung-
losesten, den Lysias, zum Muster. So M. Calidius, M. Brutus,
Licinius Calvus, Caelius Rufus, Q. Cornificius, und weiterhin
Asinius Pollio, welcher den Thukydides vorzugsweise bewunderte.
So häufig in dieser Zeit das Veröffentlichen von Reden war, so
war es doch auch jetzt noch selten dass die gehaltene und die
herausgegebene g^nau übereinstimmte; denn 'der Redner sprach
zwar vorbereitet, aber in der Hauptsache frei.
1. Cato: orator est, Marce fili, vir bonus dicendi peritu«; s. Sen. Con-
trov. praef. 9, p. 49, 17 Bu. Vgl. Qnintil. XU, 1, 1 ff. Plin. cp. IV, 7, 5.
2. Zu den ältesten Bednern gehören P. Licinins Crassusr (Cos. 549) und
M. Cornelius Cethegus (Cos. 560). Schriftlich herausgegeben wurden be-
sonders Leichenreden schon in der ersten Hälfte des sechsten Jahrh. d. St.
und meist wohl für politische Zwecke. Vgl. 42, 3.
3. Quintil. III, 1, 19: Bomanorum primus, quantum ego quidem sciam,
coudidit aliqua in hanc materiam (Theorie der Beredtsamkeit) M. Cato
43. Die Beredtsamkeit in der Republik. 71
ille CensoriuB (in seineu praccepta). post M. Antonius incohavit. Aber
noch lange fort gab es Autodidakten, wie von Curio (Cos. 678) Cicero
(Brut. 59, 214) sagt: nullum ille poetam noverat, nullum legerat oratorem,
nuUam memoriam antiquitatis collegerat; non publicum ius, non privatum
et civile cognoverat. quamquam hoc quidem fuit etiam in alüs — et
magnis quidem — oratoribus, . . ut Sulpicio, ut Antonio. Doch waren
solche Fälle damals Ausnahmen, und mit Unrecht sagt daher Aper (bei
Tac. diaU 19) noch von den Rednern der ciceronischen Zeit: paucissimi
praecepta rhetorum aut philosophorum placita (Letzteres ist eher richtig)
cognoverant.
4. Cic. de or. II, 22, 92 > nostri oratores . . scripta, ex quibus iudicium
fieri posset non multa sane reliqnerunt. orat. 38, 132: Crassi perpauca
sunt, nee ea indiciorum, nihil Antoni, nihil Cottae, nihil Sulpici. p. Cluent.
50, 140: M« Antonium aiunt solitnm esse dicere, idcirco se nuUam umqnam
orationem scripsisse ut, si quid aliquando non opus esset ab se esse dic-
tum, posset negare dixisse. Dagegen erwähnt Cic. geschriebene Reden von
den beiden Gracchen (Brut. 104. 117), M. Aemilius Scaurus (ib. 112), P.
Rutilius Rufus (114), dem Sohne des Jüngern Africanus (77), Q. Tubero
(117), Curio (122) und dessen Sohn (220), Sulpicius Galba (127), Flavius
Fimbria (129), T. Albucius (131), Q. Lutatius Catulus (132), Q. Scaevola
(163), Caesar (262); dazu Livius eine Rede des älteren Africanus (J. 569),
Andere von C. Titius (J. 593), Quintil. X, 1, 116 von Ser. Sulpicius Rufus,
Sueton (Caes. 55) von Caesar Strabo, Ascon. Cornel. p. 62 Or. von P. Comi-
nius. Auch extra urbem, apud socios et Latinos, gab es Redner und von
ihnen veröffentlichte Reden (Cic. Brut. 169 f.), wie von L. Papirius aus
Fregellä und T. Betutius aus Asculum.
5. Der ältere Cato und noch (C.) Gracchus begann jede seiner Reden
mit einer Anrufung oder doch Erwähnung von Göttern, Serv. zu Verg.
Ae. VII, 259. XI, 301. Symmach. ep. III, 44. Gell. XIII, 23 (22), 1 (in
plerisque antiquis orationibus). Vgl. Val. Max. I praef. Plin. pancg. 1.
Die Ausnahmslosigkeit womit diess von den Reden des Cato ausgesagt
wird macht wahrscheinlich dass es auch von dei\jenigen gilt welche er in
Civilprocessen (cansae privatae) gehalten hat, welche die einzigen derarti-
gen sind von denen wir aus der Zeit vor Cicero wissen dass sie veröffent-
licht wurden, wie auch aus der Zeit nach Cicero nur einige vor dem
Centumviralgericht gehaltene civilrechtliche uns bekannt sind. H. Jordan,
Caton. quae exstant, p. LXXXVII.
6. L. AeliuB Stilo . . scriptitavit orationes multis, orator ipse numquam
fuit, Cic. Brut. 169 vgl. 205 f. M. Bibulus scriptitavit accurate, cum prac-
sertim non esset orator, ib. 267. So C. Laolius für Tubero und für Fa-
bius Maximus, Plotius Gallus für Sempronius Atratinus (Suet. rhet. 2),
Caesar für Metellus (Suet. Caes. 55). Cicero selbst verfasste so Reden für
Cn. Pompejus und T. Ampius (Quintil. III, 8, 50) und (J. 700) für einen
Vater die Leichenrede auf seinen Sohn Serranus (ad Q. fr. III, 8, 5: laudavit
pater scripto meo). Fronto ep. II, 1 (p. 123 N.): Ventidius ille, postquam
Parthos fudit fugavitque, ad victoriam suam praedicandam orationem a G.
Sallustio mutnatuB est.
72 Sachlicher Theil.
7. Cic. Brut. 96, 328: id declarat totidem quot dixit . . scripta verbiß
oratio. Diess war aber nicht das Gewöhnliche: s. ib. 24, 91: videmas aüos
oratores inertia nihil scripsisse, ne domesticus etiam labor accederet ad
forensem; pleraeque enim scribuntar orationes habitae iam, non nt habean-
tur. Vgl. ib. 93. Plin. ep. IV, 9, 23. Sen. suas. 15: huic actioni (des
Asinins PoUio) qni interfuenmt negant eum haec dixisse . . sed postea com-
posuisse. Plin. Ep. I, 20, 7: . . Ciceronis pro Murena (27, 67), pro Vareno
(auch p. Quintio), in quibus brevis et nuda quasi subscriptio quorondam
criminum solis titulis indicatur. ex bis apparet illum permulta dixisse, cum
ederet omisisse. Aehnlich machte es C. Galba (Cic. Brut. 127) und L; Gras-
sus (ib. 160. 164), }n der Regel aber scheint Cicero seine Reden so "wie
sie gehalten waren vollständig herausgegeben zu haben. So war die Cor-
neliana iisdem paene verbis quibus edita est . . perorata (Comel. Nep. fr.
60 R.). Kleine Abänderungen und Zusätze, in Berücksichtigung des Ein-
druckes bei dem Vortrage der Rede, sind dadurch nicht ausgeschlossen.
Der jüngere Plinius (ep. IX, 28, 5) und Fronto (ep. p. 184 N.) gaben ihre
Reden gewöhnlich überarbeitet und erweitert heraus.
8. Quintil. X, 7, 30: plerumque multa agentibus accidit ut maxime
necessaria et utique initia (von Reden) scribant, cetera quae domo afferunt
cogitatione complectantur, subitis ex tempore occurrant. quod fecisse M.
Tullium commentariis ipsius apparet. Sen. Controv. III. praef. 6 von Cassius
Severus: sine commentario numquam dixit, nee hoc commentario contentus
erat in quo nudae res ponuntur, sed maxima parte perscribebatur actio;
illa quoque quae salse dici poterant adnotabantur; sed cum procedere nollet
nisi instructuB libenter ab instrumentis recedebat. In der Zeit des Cicero
wurden die gehaltenen Reden nachgeschrieben (wie die pro Milone). Suet.
Caes. 56 von Caesars Rede pro Q. MeteUo: non immerito Augustus existimat
magis ab actuariis exceptam male subsequentibus verba dicentis quam ab
ipso editam. Noch Quintilian beklagt sich (VII, 2, 24) dass Buchhändler-
speculation Reden von ihm welche neglegentia . . notariorum corruptae
waren veröffentlicht habe. Andererseits wurden auch nicht gehaltene Reden
veröffentlicht von Cato und von Cicero (Verrin. actio II, Miloniana,
Philipp. II). M. Brutus schrieb blos exercitationis gratia eine Vertheidig-
ungsrede [für Milo (Quintil. III, 6, 93 vgl. X, 1, 23), Cestius Pius in
Milonem (Sen. contr. III. praef. 16), Lucanus sogar in Octavium Sagittam
et pro eo. Auch untergeschobene Reden gab es frühzeitig. Sulpici (tr.
pl. 666) orationes quae feruntur, eas post mortem eius scripsisse P. Canu-
tius putatur. . . ipsius Sulpici nuUa oratio est, Cic. Brut. 206. Dann in
der nachciceronischen Zeit Reden gegen Cicero unter dem Namen des
Catilina und des M. Antonius, Ascon. p. 95 Or. Quintil. IX, 3, 94.
9. Suet. gramm. 26 = rhet. 1: rhetorica quoque apud nos perinde
atque grammatica (oben 41, 1) sero recepta est, paulo etiam difBcüiue,
quippc quam constet nonnumquam etiam prohibitam exerceri. . . paulatim
et ipsa utilis honestaque apparuit, multique (wie Cicero, Cn. Pompejus, M.
Antonius, Augustus u. A.) eam et praesidü causa et gloriae appetivenint.
. . plerique antem oratorum etiam declamationes ediderunt. quare magno
studio hominibus iniecto magna etiam professorum ac doctorum proflnxit
•/
43 f. Die Beredtsamkeit in der Republik u. der augusteischen Zeit. 73
copia, adeoque floruit ut nonnulli ex infima fortuna in ordinem senatorium
atque ad summos honores processerint. Hieronym. zu Euseb. Chr. a. 1929 »^
666 d. Si: Plotius Gallus primus Romae latinam rhetoricam docuit. Vgl.
Suet. rhet 2. Sen. controv. II, 8, 5. p. 116, 22 f. Bu. Quintil. II, 4, 42. Die
J. 662 durch die Censoren (worunter L. Crassus) erfolgte Ausweisung der
laidni rhetores (Suet. 1. 1. Gell. XY, 11, 2) war wirkungslos. Hieron. 1. 1.
1936 SS 673 d. St.: Yultacilius Plotus latinus rhetor, Cn. Pompei libertus
et doctor, scholam Romae aperuit.
10. Griechische Lehrer der Beredtsamkeit waren in der cic. Zeit der
ältere Hermagoras, Molon, Apollodoros aus Pergamon. Schüler: ApoUodori
praecepta magis ex discipulis cognoscas, quorum diligentissimus in tradendo
fuit latine G. Valgius, graece Atticus, Quintil. III, 1, 18. Vgl. Hieronym.
1. 1. 1953 = 690 d. St.: Apollodorus Pergamenus, graecus orator, praeceptor
Calidii et Augusti, clarus habetur. Cic. Brut. 263: C. Sicinius, ex disci-
plina Hermagorae; ebenso T. Accius aus Pisaurum, ib. 271. Schüler des
Molon auch T. Torquatus, Brut. 246.
11. Zur Charakteristik der attischen und der asiatischen Beredtsam-
keit vgl. Cic. z. B. Brut. 61. 326. or. 27. Quintil. XII, 10, 16: antiqua
divisio inter Atticos atque Asianos fuit, cum hi pressi et integri, contra
inilati illi et inanes haberentur, in his nihil superfuerit, Ulis iudicium
maxime ac modus deesset.
12. Fronte ad Ver. p. 127 N. : omnes universos quicunque post Ro-
mam conditam oratores extiterunt . . si numerare velis vix trecentorum
numerum complebis. Charakteristik der Hauptredner bei Vellej. II, 86, 2.
Tac. dial. 18 (Cato, C. Gracchus, Crassus, Cicero, Corvinus). Fronte epist.
p. 114 N. (contionatur Cato infeste, Gracchus turbulente, TuUius copiose.
iam in iudicüs saevit idem Cato, triumphat Cicero, tumultuatur Gracchus,
Calvus rixatur). Apulej. apol. 96 (neque Cato gravitatem requirat, neque
Laelius lenitatem, neque Gracchus impetum, nee Caesar calorem, nee Hor-
tensius distributionem , nee Calvus argutias, nee parsimoniam Sallustius,
nee opulentiam Cicero). Aus der ciceronischen Zeit Quintil. XII, 10, 11:
vim Caesaris, indolem Caelii, subtilitatem Calidii, diligentiam Pollionis,
dignitatem Messalae^ sanctitatem Calvi, gravitatem Bruti, acumen Sulpici,
acerbitatem Cassii reperimus.
44. -Die augusteische Zeit enthält in Asinius PoUio und M. 37
Messala noch Vertreter der republikanischen Beredtsamkeit, und
auch August selbst, sowie Agrippa und Maecenas, zeigen sich
gelegentlich als rednerisch gebildet. Aber in ihr schwinden mit
der alten Verfassung auch die Gelegenheiten und Stoffe für die
Beredtsamkeit und wachsen in demselben Masse die Hindemisse
und Schranken. So tritt immer mehr die blose Theorie an die
Stelle der Praxis, rhetores an die der oratores, Declamation an
die Stelle der Rede. Noch in die Zeit Augusts fallen daher die
frühesten Vertreter der kaiserlichen Beredtsamkeit, der Red-
74 Sachlicher Theil.
ner Cassius Severus, die Rhetoren Porcius Latro, Albucius Silus,
Arellius Fuscus, Junius Gallio, Cestius Pins, Fulvius Sparsus,
Argentarius, Blandus, Q. Haterius, Julius Bassus^ Pompejus
Silo, Varius Geminus, u. A., an die sich in Augusts letzten
Jahren noch der Rhetor Seneca und Rutilius Lupus anreihten.
Das Wesen dieser neuen Beredtsamkeit besteht in ausschliess-
hchem Cultus der Form neben wissentlichem Verzicht auf ernst-
haften Inhalt und praktische Zwecke. Die Rhetorschule wird
jetzt Selbstzweck und Mittelpunkt des geistigen Lebens und
baut sich eine Welt von Fictionen auf, meist aus den griechi-
schen Vorgängern geschöpft. Aus den^ genus deliberativum
nimmt sie ihre suasoriae', vom iudiciale ihre controversiae; von
der epideiktischen Gattung sind die laudationes und vituperatio-
nes beliebt. Die Manieren des rhetorischen Hörsaals werden
dann auch auf die wenigen Gelegenheiten übergetragen wo man
noch praktisch thätig sein konnte, und diese zu Schaustellungen
theatralischer Declamation benützt. Desto seltener war Rechts-
kenntniss. Die namhaftesten nachaugusteischen Redner dieser
Art sind Votienus Montanus, Romanius Hispo, Crispus Passienus,
Domitius Afer, Vibius Crispus, Galerius Trachalus, Julius Afri-
canus, Julius Secundus, und zuletzt Tacitus und Plinius. Ver-
gebens weisen Quintilian und Tacitus (im dia'logus) auf die
echten classischen Muster hin und kämpfen gegen die Richtung
ihrer Zeit an, von der sie unwissentlich selbst mitergrififen sind.
Mit Fronto wurde die Rede noch überdiess geschraubt und mit
Archaismen geschmacklos behängt. Dieselbe Manier, aber mehr
Geist hat Apulejus. Je vielseitiger und feiner das römische
Recht sich, besonders im dritten Jahrh., entwickelte, um so un-
zugänglicher wurde es für die Phrasenmacher, die so auch den
letzten Rest von praktischer Thätigkeit einbüssten und sich von
da an auf Prunkreden beschränkt sahen, auf den servilen Pa-
negyrikus, fingierte Standreden und auf die Form von Briefen.
Besonders Gallien war hieran fruchtbar. Noch der bedeutendste
Veiireter dieser Richtung ist Symmachus, nächstdem Ausonius;
die Panegyriker erstrecken sich von der Zeit Diocletians (Eume-
nius, dann Nazarius) in die des Julian (Claudius Mamertinus) und
Theodosius I (Drepanius Pacatus), und noch aus dem sechsten
Jahrh. haben wir des Ennodius Lobrede auf Theoderich. Ge-
haltreicher, aber in der Form verwahrloster war die Art der
afrikanischen Rednerschule, welche im dritten und vierten Jahrh.
44. Die Beredtsamkeit in der Kaiserzeit. Die Rhetorik. 75
dem Christentlium seine geistvollsten Vert'eeht<»r geliefert hat
(TertulUan, Arnobius, Cyprian, Augustinus). Die Rhetorik dieser
Jahrhunderte beschäftigte sich damit die alten Meister aus-
zuziehen und durch Verwässerung ihrer Zeit mundgerecht zu
machen.
1. Tac. dial. 38 extr.: (orationes) mediis d. Augusti temporibus habi-
tae, postquam longa tempomm quies et coutinuum populi otium et assi-
dua Benatus tranquillitas et maxime principis discipliua ipsam quoque elo-
quentiam, sicut omnia, pacaverat. Damah lehrte zu Rom Rhetorik, neben
den Griechen Theodorus ans Gadara und Caecilius auB Kaie Akte, auch
der römlBche Ritter Blandus. Sen. Contr. IL praef. 5: Blandus rhetor, qui
eques rom. Romae docnit. ante illum intra libertinoB praeceptores pulcher-
rimae disciplinae continebantur et . . turpe erat docere (gegen Bezahlung)
quod hönestum erat discere. Für die gewachsene Bedeutung der Rhetorik
ist auch diese bezeichnend.
2. Tac. dial. 14 extr.; uovi rhetores, veteres oratores. Dieser novi
werden von dem älteren Seneca mindestens 100 genannt. Geschriebenes
gab es von ihnen wenig; Sen. controv. L praef. 11: fere aut nulli commeu-
tarii maximorum declamatorum extant aut, quod peius est, falsi. Spätere
auch bei Juv. VIT, 143 S. 214. Nero war der erste Kaiser der julischen
Dynastie welcher alienae facundiae bedurfte, Tac. A. XIII, 3. Die Haupt-
redner seiner Zeit charakterisiert Quintil. XII, 10, 11: copiam Senecac,
vires Africani, maturitatem Afri, iucunditatem Crispi, sonum Trachali, ele-
gantiam Secundi.
3. Lateinische Schriftsteller über Rhetorik aus dem ersten Jahrh.
(ausser Seneca und Quintilian): Celsus, Laenas, Luranius (Quint. IX, 4, 38),
Stertinius, Gallio, Porcius Latro, Cestius Pius, Plinius der Aeltere (Quint. XI,
3, 143), Verginius, Tutilius, Vettius (Juv. VII, 150 f). Vgl. Quintil. III, 1,
19 — 21. Quintilian war der erste von Staats wegen (durch Vcspasian) ange-
stellte Lehrer der Beredtsamkeit. Schon in dieser Zeit Juv. VII, 147 f.:
accipiat te Gallia, vel potius nutricula causidicorum Africa, si placuit mer-
cedem ponpre linguae.
4. Sen. controv. I. praef. 6 f. : ut possitis aestimare in quantum cotidic
ingcnia decrescant et . . eloquentia se retro tulerit. . . in deterius . . data
res est sive luxu temporum . . sive cum praemium pulcherrimae rei ceci-
disset. Wirklich lagen die causae corruptae eloquentiae, welche Tacitus
(dial.) und Quintilian (vgl. V, 12, 23. VI, prooem. 3. VIII, 6, 76) in eigenen
Schriften zu ergründen suchten, nicht blos in der licentia atque inscitia
declamantium (Quintil. II, 10, 3), sondern diese war nur ein Symptom, und
die eigentücben Ursachen lagen in den Zeitverhältnissen (vgl. Sen. epist.
114), wie denn eloquentia saeculo servit (Lactant. inst. div. V, 1). Das
Publicum war nicht besser als seine Redner und verlangte immer Neues
und Pikantes; Petron. sat. 3 f. Tac. dial. 19. Quintil. IV, 1, 67. 72. 5, 10.
8, 1. Ebenso waren die welche vividam et incorruptam eloquentiam tuendit?
civibus exercebant (Tac. A. XIII, 42), die gerichtlichen Redner, causidici
(Martial. II, 64), nicht anders als die Schulredner, vielmehr in ipsa capitis
76 Sachlicher Theil.
aut fortunarum pericula irrupit voluptas (Quint IV, 2, 122 vgl. 127. 3, 2.
Sen. controv. IX. praef. 2. Pers. I, 83 ff. Martial. VI, 19). So wurde auch
die Sitte des Applaudierens (sogar durch bezahlte Claqueurs) von der
Schule (Quintil. II, 2, 9 ff.) auf das Centumviralgericht übergetragen (Plin. epist.
n, 14, 4 ff.), in Gallien später auch auf die Kirche (Ap. Sidon. ep. IX, 3).
Für das juristisch Technische sahen sich die meisten dieser Gerichtsredner,
in Ermangelung eigener Kenntnisse, auf pragmatici als monitores ange-
wiesen, Quint. XII, 3, 2 ff. Juv. VII, 123. Weichmütig Plin. epist. II,
3, 5: scholasticus (Schulredner) tantum est, quo genere hominum nihil aut
sincerius aut simplicius aut melius, nos enim qui in foro yerisque litibus
terimur multum malitiae, quamvis nolimus, addiscimus: schola et auditorium
et ficta causa res innoxia est.
5. Der Unterricht des rhetor folgt auf den des grammaticus (Suet.
gramm. 4). Zur Praxis der Bhetorschulen vgl. Körber, über den Bhetor
Seneca S. 30 ff. Begonnen wurde mit dem genus demonstrativum (ini-
SsiüTLnov; vgl. Quintil. 11, 1, 8), dann aufgestiegen 2u dem deliberativum
{cviißovXevTiTLOv) oder den suasoriae und von da zum iudiciale (<SvKavL7i6v)
und den controversiae. Die letzteren zerfielen in drei Theile; die sententiae
(Ansichten über die Anwendung des Gesetzes auf den einzelnen Fall),
divisio (Zerlegung in einzelne Fragen, quaestiones) und colores (Mittel eine
strafbare Handlung zu beschönigen). Quintil. X, 3, 21: obstant fere turba
discipulorum et consuetudo classium certis diebus audiendarum, nonnihil etiam
persuasio patrum numerantium potius declamationes quam a^stimantium.
6. Petron. sat. 1 f.: declamatores . . clamant: haec vulnera pro liber-
tate publica excepi etc. . . rerum tumore et sententiarum vanissimo strepitu
hoc tantum proficiunt ut cum in forum venerint putent se in alium orbem
terrarum delatos. et ideo ego adolescentulos existumo in scholis stultissimos
fieri quia nihil ex his quae in usu habemus aut audiunt aut vident, sed
piratas cum catenis in litore stantes, sed tyrannos edicta sciibentes, . . sed
rcsponsa in pestilentiam data ut virgines tres aut plures immolentur etc.
Tac. dial. 35: tyrannicidarum praemia aut vitiatarum electiones aut pesti-
lentiae remedia aut incesta matrum aut quidquid in schola quotidie agitur,
in foro vel raro vel numquam, ingentibus verbis persequuntur.. Auch die
abdicati gehörten zu diesen unpraktischen Themata; vgl. Juv. VII, 168.
Quint. II, 10, 6. VIII, 3, 23. Über das Donnern gegen Tyrannen auch Juv.
VII, 151. Beliebte Geschichtsstoffe waren z.B. Sulla (ib. I, 16 f.), Hannibal
(VII, 161 ff.) ; aus der Literatur besonders Vergil und Ovid (namentlich für
Übungen in gebundener Form). Arbeiten über solche Schulthemen unter
den Namen des Quintilian und Calpurnius Flaccus, besonders wichtig aber
der ältere Seneca, auch des Philostratos vitae sophistarum. Der Vortrag
übertrieben lebhaft und gebärdenreich, Quint. II, 12, 9 f. IV, 2, 37. 39. XI,
3, 184. Sitte des Applaudierens, s. A. 4.
7. Aus dem dritten Jahrh. Lamprid. Diad. 4, 2: solent pueri pileo in-
signiri naturali (Glückskappe), quod obstetrices rapiunt et advocatis cre-
dulis vendunt, siquidem causidici hoc iuvari dicuntur. Alex. Sev. 35, 1 ff.:
oratores et poetas non sibi panegyricos dicentes, quod . . stultum ducebat,
sed aut orationes recitantes aut facta veterum canentes libenter audivit. . .
44. Die Beredteamkeit in der Kaiserzeit. 77
ad Athenaeum audiendorum et graecorum et latinorum rhetorum yel poe-
tamm causa frequenter proceasit. audivit etiam forenses oratores causas
recitantes quas vel apud ipsum vel apud praefectos urbis egerant. 44, 4 f. :
rhetoriboB, grammaticis^ medicis etc. salaria institnit et auditoria decrevit
et discipulos cum annonis . . dari iussit. etiam in provincüa oratoribus
foreusibus multum detulit, plensque etiam aimonas dedit, quos constitisset
gratis agere. Ib. 68, 1 Claudius Yenacus, orator amplissimus. Vgl. Capi-
tol. Maximin. 29 (iun. 3), 4: Messalam ex familia nobili, oratorem poten-
tissimum eundemque doctissimum. Des Jüngern Maximin Lehrer war orator
Titianus, ib. 27 (iun. 1), 6. Unter Gordian III Misitheus, doctissimus yir,
quem causa eloquentiae dignum parentela sua putavit (Capit. Gord. 23, 6).
Numerianus erhielt Yom Senat eine Statue mit der Inschrift: Numeriano
Caesari, oratori temporibus suis potentissimo (ib. 11, 3). Der jüngere Po-
stumus war nach Trebell. PoU. XXX tyr. 4, 2 ita in declamationibus di-
sertuB ut.eius controversiae Quintiliano dicantur insertae.
8. Aus dem yierten Jahrh. die Lehrer des Ausonius, Ti. Victor Miner-
yius, dessen Sohn Alethius Minerrius, dann Latinus Alcimus Alethius, Lehrer
des Kaisers Julian, Aemilius Magnus Arborius, rhetor Tolosae, Auson. Profess.
Burdig. 1. 6. 2. 16. Stoffe panegyrici und fictae ludorum (Schulen) Utes,
Auson. 1. 1. 1, 13 fP. Symmach. ep. III, 6: mitto decantatas iudicialium medita-
tionum fictiones et inania simulacra causarum. Augustin. confess. Y, 8, 14:
audiebam quietius (als in Earthcigo) ibi (in Born) studere adolescentes et
ordinatiore disciplinae coercitione sedari, ne in eins scholam quo magistro
non utuntur passim et proterve irruant, nee eos admitti omnino nisi ille
permiserit. contra apud Carthaginem foeda est et intemperans licentia scho-
lasticorum. irrumpunt impudenter et prope furiosa fronte perturbant ordi-
nem quem quisque discipulis ad proficiendum instituerit. multa iniuriosa
faciunt . . et punienda legibus, nisi consuetudo patrona sit.
9. Koch im sechsten Jahrhundert hat Ennodius in seinen Schulreden
dieselben Stoffe, z. B. in novercam quae cum marito privigni odia suadere
non posset utrisque venena porrexit; in cum qui praemii nomine Yestalis
virginis nuptias postulayit; in tyrannum qui praemii nomine parricidae
statuam inter vires fortes dedit; in eum qui in lupanari statuam Minervae
locavit; und als ethicae: yerba Thetidis cum Achillem videret extinctum;
Yerba Menelai cum Troiam videret exustam; verba Didonis cum abeuntem
videret Aeneam, u. dgl. Dergleichen wurde denn auch in Yersen behandelt,
z. B. sacrilegus capite puniatur etc. (Anthol. lat. 21 B.); verba Achillis in
parthenone, cum tubam Diomedis audisset (ib. 198); Erwägung des August
ob er wirklich die Aeneis verbrennen solle (ib. 655. 672).
10. Sammlung der späteren rhetorischen Schriften, bis auf Beda herab,
von C. Halm: Bhetores latini minores, ex codd. maximam partem primum
adhibitis emendavit. Lips. 1863. Sie enthält die scriptores de figuris sen-
tentiarum et elocutionis (bes. Rutilius Lupus, Aquüa und Julius Bufinianus),
dann die Lehrbücher der Bhetorik von Fortunatianus, Augustinus, Sulpi-
cius Yictor, Julius Severianus und Julius Yictor, sowie die betr. Theile der
encyclopädischen Werke des Martianus Capella, Gasaiodor und Isidor; weiter
Albini (vulgo Alcuini) dialogus de rhetorica, und eine Anzahl Schriftsteller
78 Sachlicher Theil.
welche einzelne Theile der Rhetorik behandelt haben, wie Priscian's lieber«
Setzung der 7tQ0YV(ivd<spLata des Hermagoras, Abhandlungen von Emporius
(de ethopoeia; de loco communi; de demonstrativa et de deliberativa ma-
teria), Rufinus (de compositione et de metris oratorum), Clodiani libellus de
statibufl; De attributis personis et negotiis (ausCic. de inv. I); Excerpta ex
Grillii comm. in Cic. de inv. ; Bedae Yen. Über de schematibus et tropis, u. A.
45, Briefe, amtliche wie persönliche, treten bei den Rö-
mern frühzeitig in die Literatur ein, selbständig und in Gre-
schichtswerken, die von bedeutenden Männern bald auch ge-
sammelt. So Briefe des älteren Cato an seinen Sohn, von
Cornelia an ihren Sohn C. Gracchus, später von Caesar, M. Brutus
und besonders der Briefwechsel des Cicero, auch in seinem
jetzigen Bestände eine reiche Quelle für die Zeitgeschichte.
Selten aber sind die erhaltenen Briefe so rein vertrauliche Er-
güsse augenblicklicher Stimmung wie die meisten ciceronischen;
gewöhnlich dienen sie einem persönlichen oder politischen
Zwecke und sind von Anfang für -die Veröflfentlichung geschrie-
ben. Bald bemächtigt sich auch dieser Form die Rhetorik und
liefert Suasorien in Briefform, wie die des Seneca sind; oder es
wird ein beliebiger Stoff — sogar gelehrte — in dieser Ein-
kleidung zwanglos und populär behandelt. Die des Plinius sind
darauf angelegt in bunter Abwechslung Fragen und Ereignisse
zu besprechen, vor Allem aber ihren Verfasser in günstiges
Licht zu stellen. Seit dem zweiten Jahrh. n. Chr. bildet sich
der Brief zu einer eigenen Stilgattung aus, worin der Inhalt oft
sehr zurücktritt. Solcher Art sind die Briefe des Fronto, Sym-
machus, Apollinaris Sidonius, im fünften Jahrh. die von Salvianus,
Ruricius und Ennodius. Einen Theil ihrer seelsorgerlichen Wirk-
samkeit bilden die von Cyprianus, Lactantius, Ambrosius, Hiero-
nymus, Augustinus, Paulinus von Nola u. A., meist von salbungs-
reicher Wortfülle, am inhaltreichsten die von Hieronymus. Ge-
schäftlicher Art sind auch die des Cassiodor, zum Theil amtliche
Erlasse über weltliche Gegenstände, wie die Papstbriefe über
kirchliche. Unter letzteren sind die von Leo und Gregor dem
Grossen auch literarisch bedeutsam. Die in solchen Erlassen
erstrebte stilistische Rundung führte in den Zeiten wo der
byzantinische Geschmack der herrschende war zu endloser
Breite.
1. Wirkliche Privatbriefe, an Vertraute und ohne den Gedanken an
Veröffentlichung geschrieben, lassen sich in Bezug auf Inhalt wie Form
46. Briefe. 79
gehen. Cic. Phil. II, 4, 7: quam multa ioca solent esse in epistolis, quae,
prolata si sint, inepta videantar! qaam multa seria, neque tarnen uUo modo
divolganda! ad Fam. IX, 21, 1: epistolas quotidianis verbis texere Bolemus.
XV, 21, 4: ego illas Calvo litterae n^isi, non plus quam has quas nunc
legis existimans exituras. aliter enim scribimus quod eos solos quibus
mittimua, aliter quod multos lecturos putamus. Vgl. Anm. 8.
2. Briefe mit pädagogischer Tendenz und persönlichem Interesse als
Ausgangspunkt die von Cato an seinen Sohn und der des T. Liyius gleich-
falls an seinen Sohn. Mit politischer Tendenz die von Cornelia. Dagegen
war die Briefform Nebensache bei dem Schreiben des älteren Africanus an
König Philipp über seine eigenen Leistungen, dann des Scipio Nasica Über
den von ihm mitgemachten Feldzug gegen Perseus (Plut Aemil. Paul. 15),
auch wohl dem des C. Gracchus an M. Pomponius.
3. Briefe in Geschichtswerken bei Antipater, Quadrigarius , Macer und
besonders Sallust. Fronto ep. ad Ver. II, 1 (p. 126, 1 ff. N.): extant epis-
tulae . . in serie partim scriptae historiarum vel a scriptoribus (?) com-
positae, ut illa Thucydidis nobilissima Niciae ducis epistula ex Sicilia missa,
item apud G. Sallustium ad Arsacen regem Mithridatis . . et Cn. Pompei
ad senatum . . et Adherbalis apud Cirtam obsessi . . breves nee ullam
rerum gestarum expeditionem continentes. inlatae autem . . extant Catuli
litterae. Spätere Unkunde nahm auch erdichtete Briefe bei den Geschicht-
schreibem und bei Bhetoren fSr geschichtliche Urkunden; so ist das Meiste
von dem was sich in dieser Art bei den scriptores bist. aug. findet wohl
ein Erzeugniss früherer Bhetoren; s. C. Gzwalina, de epistularum actorum-
que quae a script. h. a. proferuntur fide atque auct. P. I. Bonn 1870.
Vgl. A. 6.
4. Häufig ist die Briefform bei Schriften von Juristen, wie Antistius
Labeo, Ateius Capito, Proculus, Neratius, luventius, lavolenus, Africanus;
wohl ausgehend von schriftlichen Bescheiden (responsa) auf Anfragen über
Gegenstände des B^chts (s. 46, 5). Von solchen wurde die Sitte dann auch
auf andere Grebiete übergetragen, wie auf Geschichte und Grammatik.
Gellius Xni, 18, 2: Erucius Clarus . . ad Sulpicium Apol}inarem scripsit,
. . quaerere sese et petere uti sibi rescriberet quaenam esset eorum ver-
borum (des Cato) sententia. Vgl. A. 5.
6. Gelehrte Erörterungen in Briefform in Varro's Epistolae und Epi-
stolicae quaestiones, bei Valgius Bufus, Valerius Messala, Sinnius Capito,
Verrius Flaccus, M. Valerius Probus, Sulpicius ApoUinaris, Lactantius.
6. In den Bhetorschulen der Eaiserzeit war das Abfassen von Briefen
eine beliebte Aufgabe, wobei man gern an berühmte Namen anknüpfte.
Auf diesem Wege entstanden viele untergeschobene Briefe, wie des Horaz
epistola prosa oratione, quasi conunendantis se Maecenati, deren Unecht-
heit schon Sueton erkannte, der Brief ad Caesarem senem de i*ep. im Stile
des Sallust, später auch die angeblichen Briefe des Seneca an den Apostel
Paulus.
7. Ai>ollin. Sidon. epist. I, 1: (Sammlung meiner Briefe) Q. Symmachi
rotunditatem, C. Plinii disciplinam maturitatemque vestigiis praesumptiosis
80 Sachlicher Theil.
insecuturus. nam de M. Tullio allere me in stilo epistolari melius puto,
quem nee lulius Titianus totum sub nominibus illustrium feminarum digna
similitudine expressit.
8. Quintil. IX, 4, 19: est . . oratio alia vincta atque contexta, soluta
alia, qualie in sermone et epistulis, nisi cum aliquid supra naturam suam
tractant, ut de phüosophia, rep. similibusque. Plin. Ep. VI, 16, 22: aliud
est epistulam, aliud historiam, aliud amico, aliud omnibus scribere. VII,
9, 8: Yolo epistulam diligentius scribas. nam . . preasus sermo purusque
ex epistulis petitur. Sjmmach. ep. YII, 9: ingeniorum yarietas in familiari-
buB Bcriptia neglegentiam quandam debet imitari. Apoll. Sidon. epiat. VII,
18: ita mens patet in libro (Epp.) veluti vultua in apeculo. dictayi enim
quaepiam hortando etc. VIII, 16: in hoc stilo, cui non nrbanns lepos
inest, 8e4 pagana simplicitas. . . nos opuscula sermone edidimus arido,
exili, certe maxima ex parte yulgato. Vgl. ib. IX, 3.
9. Symmach. ep. II, 36: olim parentea etiam patriae negotia, quae
nunc angusta vel nuUa sunt, in familiarea paginas conferebant. id quia
yersia ad otium rebus omisimus, captanda sunt nobis plerumque intentata
Bcribendi semina, quae fastidium tergeB.nt generalium litterarum. Je küm-
merlicher aber der Inhalt war, desto pompöser war seit dem vierten christl.
Jahrh. die Form. Das förmliche Wesen, das schon den alten Römern
eigen, unter dem Einflüsse des Despotismus aber ins Schnörkelhafte ausge-
artet war, äussert seine Wirkung und tritt uns stark ausgeprägt schon
in den Briefen des Symmachus entgegen. Mit einer Sentenz den Brief zu
eröffnen wird Regel. Die einfache Anrede Tu wird ersetzt und verbrämt
durch allerlei ceremoniöse Wendungen. Der Kaiser wird von Symmachus
mit tua (vestra) aetemitas, percnnitas, dementia, mansuetudo, serenitas,
tranquillitas, maiestas oder tuum numen angeredet, für Andere sind, je
nach ihrer Rangstufe, die Titulaturen tua sanctitas, religio, reverentia,
praestantia, celsitudo, sublimitas, excellentia, magnificentia, laudabilitas,
eximietas in regelmässigem Gebrauche, und die ihm nahestehenden Nico-
machi filii nennt Symm. wenigstens tua (vestra) unanimitas. Ebenso ist
das Epitheton sanctns überaus wohlfeil (z. B. Synun. ep. V, 16. 21. 31. 41).
Dazu gibt die Bezeichnung der Bekannten, Freunde und CoUegen, je nach
ihrem Altersverhältnisse, als parens, frater oder filius, meist in Verbindung
mit dominus (z. B. dominus et filius mens), den Umgangsformen etwas
Süssliches. So tituliert Honorius in den amtlichen Erlassen den Symm. :
Symmache parens carissime (atque amantissime). In den Briefen christ-
licher Schriftsteller kommt dazu noch frater in Christo dilectissime u. dgl.
In letzteren ist gewöhnlich Anfang und Schluss von realem Inhalt, die
Mitte aber ein überströmender pastoraler Erguss, durchzogen von zahlrei-
chen Bibelstellen.
10. Aeltere Sammlungen der Papatbriefe von A. Carafa (1591),
Holstenius (1662), in denen der Concilienbeschlüsse , Eanones, BuUarien
(neuestes das Turiner, mit Appendix 1867) u. A. Beste von dem Bene-
dictiner Coustant: Epistolae romanorum pontificum et quae ad eos scriptae
sunt a s. demente usque ad Innocentium III quotquot reperiri potuerunt;
T. I ab a. Chr. 67 ad a. 440; Paris 1721. Fortgesetzt (aber nicht ver-
öffentlicht) von Mopinot und Durand. Aus deren Papieren, adhibitis prae-
4ri f. Briefe. Die Jurisprudenz boi den Römern. 81
stantissimis codd. Italiae et Germauiae, reo. et ed. (die Briefe a b. Hilario
ad Pelagium II) A. Thiel; T. I (Braunsberg 1868. XL u. 1018 pp.).
11. Zur Unterhaltungsliteratur gehört noch der Roman, als erdichtete
kurzweilige Erzählung (bes. erotischer Verwicklungen). Bei den Römern ist
er fast so alt als unter seinem Adel die Langeweile, und er liebt auch von
Anfang an die starke Würze: Sisenna's üebersetzung der Mdriaianä des
Aristides. Daher milesia (fabula) für Roman überhaupt. Petronius fügt zur
Schlüpfrigkeit ein satirisches Elemj^nt. Apulejus (Metamorph.) übersetzt
einen Zauberroman und mischt ihm sonstige Erzählungen bei, sowie heid-
nische Mystik. Aus derselben Zeit Capitol. Clod. Albin. 11, 8: milesias
nonnulli eiusdem esse dicunt, quarum fama non ignobilis habetur, quamyis
mediocriter scriptae sint. Hieron. c. Rufin. I, 17 (IL p. 473 Vall.): quasi
non cirratorum turba müesiarum in scholis figmenta decantet et Testamen-
tum suis (oben 28, 4) Bessorum cachinno membra concutiat atque inter
scurrarum epulas nugae istiusmodi frequententur. Comment. in lesai. XII in.
(IV . p. 491 Vall.) : multo pars maior est milesias revolventium quam Piatonis
libros. Martian. Cap. 11, 100 (p. 28, 7 Eyss.): mythos poeticae diversitatis,
delicias milesias historiasque mortalium . . se amissuram . . formidabat.
Gleichfalls nach einem griechischen Original gearbeitet ist die Historia
Apollonü regis Tyri aus dem sechsten christl. Jahrb., welchem auch die
Schrift des angeblichen Dares Phryg. angehört.
46. Die Rechtswissenschaft ist das einzige Gebiet der 38
Literatur welches sich bei den Römern von Anfang bis zu Ende
rein national entwickelt hat. Der unbeugsame Sinn der auf
sein Recht sich steift und davon nicht lässt war den Römern
immer eigen und für das Festwerden eines Rechtes günstig, zu
dessen Ausbildung dann die bei ihnen reichlich vorhandenen
Eigenschaften der Verstandesschärfe, des praktischen Geschickes
und des Ordnungstriebes vollkommen ausreichten, imd wofür die
der römischen Rechtsverfassung eigenthümliche Vereinigung von
Stätigkeit und Entwicklungsfähigkeit bald höchst forderlich
wurde. Sehr früh gab es feste Satzungen, ursprünglich von
sacralem Charakter und im Besitze der patricischen Pontifices,
daher auch deren Auslegung, Anwendung und Weiterbildung in
der Hand der Patricier lag. Nachdem aber um 450 d. St. die Klag-
formen und das Verzeichniss der Gerichtstage veröfifentlicht wor-
den waren wurde das Recht allgemein zugänglich und hat auch
alsbald Vertreter an den Plebejern P. Sempronius Sophus und
Tib. Coruncanius. Bei der positiven Natur des Rechts konnte
die literarische Thätigkeit anfänglich nur im Sammeln und Er-
läutern der Rechtsquellen bestehen; so bei dem ersten juristischen
Schriftsteller, Sex. Aelius Catus (um 560). Je manchfaltiger
dann das Leben sich gestaltete, desto wichtiger wurde die
Tbvffel, röm. Literaturgeschichte. 2. Anfl. 6
82 Sachlicher Theil.
Rechtskenntniss, und die auctoritas prudentum, wie sie sich in
ihren Reehtshescheiden (responsa) aussprach, wurde allmählich zu
einer förmlichen Rechtsquelle. Seit Anfang des siebenten Jahrh.
d. St. finden wir die responsa aufgezeichnet und in Sammlun-
gen veröflFentlicht; so von dem Sohne des Cato Censorius, von
M. Junius Brutus und P. Mucius Scaevola (Cos. 621), während
M'. Manilius eine Formularsamm^ng herausgab. In der Mitte
des siebenten Jahrh. d. St. wurde, wohl unter dem Einflüsse des
stoischen Systems, das römische Recht schon systematisch dar-
gestellt durch Q. Mucius Scaevola (pont. max., Cos. 659). Dessen
Schüler 'war C. Aquilius GuUus, und durch des Letzteren Schiller,
Ser. Sulpicius Rufus, wurde die Systematisierung des Rechts, zu
welcher auch Cicero einen Beitrag lieferte, wesentlich gefordert.
Dass bis dahin die Rechtskenntniss überwiegend auf mündlichem
Wege fortgepflanzt worden war und in manchen Familien (wie
den Aelii, Mucii, Porcii, Sulpicii, später den Antistii) gleichsam
sich vererbte hatte die Juristen allmählich zu einem eigenen
Stande gemacht.
1. Quellen: Pomponius de origine iuris, Dig. I, 2. Weiterhin über-
haupt die Digesten. Sammlungen von Gneist (Institutionum syntagma^
Lips. 1858), G. Brims (fontes iuris rom. antiqui, ed. II, Tubing. 1871) und
von Ph. E. Huschke (lurisprudentiae anteiustinianae quae supersunt, Lips.
1861. 1867), und das Corpus iuris anteiustinianei, Bonn 1835 ff.
2. J. A. Bach, historia iurisprudentiae romanae, Lips. 1754 ff. editio
sexta, ed. A. C. Stockmann, Lips. 1806. S. W. Zimmern, Geschichte des
römischen Privatrechts bis Justinian; bes. I, 1 (Heidelberg 1826). A. F.
Rudorff, römische Rechtsgeschichte, Leipzig 1857, bes. I: Rechtsbildung.
Auch in den Lehrbüchern der Institutionen, bes. dem von Puchta, B, I. F. D.
Sanio, zur Geschichte der römischen Rechtswissenschaft, Königsberg 1858;
und: Varroniana in den Schriften der röm. Juristen, vornehmlich an dem
Enchiridion des Pomponius, nachzuweisen versucht, Leipzig 1867. Momm-
sen R. G. V. S. 406, A. 2. 441 f. IL S. 458—460. — H. E. Dirksen, Bruch-
stücke aus den Schriften der römischen Juristen, Königsberg 1814; und:
hinterlassene Schriften zur Kritik und Auslegung der Quellen römischer
Rechtsgeschichte und Alterthumskunde , herausgegeben von F. D. Sanio,
2 Bde., Leipzig (Teubner) 1871. üeber die ältesten römischen Juristen auch
de Geer, Verslagen etc. der hoUänd. Akademie, VII (1863) p. 196—209.
3. Bei den Griechen war die Rechtsbildung und Rechtswissenschaft
auffallend vernachlässigt; s. Cic. de or. I, 45, 198. 59, 253. Desto gün>
stiger lagen die Verhältnisse bei den Römern; vgl. Ihering, Geist des röm.
Rechts I. S. 300 ff. Bei ihnen wurde die Rechtskenntniss sogar populär:
vgl. die Sponsionsformeln für Viehhandel bei Cato (R. R. 144—150) und
Varro (unten 139, 1). Je nationaler daher ein Dichter ist nm so mehr tritt
46. Die Jurisprudenz in der Republik. 83
bei ihm das Recht hervor. So bes. bei Plautus. Aber auch Terenz (Eun.
prol. 10 ff.) glaubt ein Stück des Lnscius damit abgethan dass er ihm
einen groben Verstoss gegen den Civilprocess nachweist. Vgl, noch die
Togatentitel Emancipatus, lurisperita (auch Icta?) vonTitinius undAfranius.
Dass Geschäftsmänner (wie M\ Curius, Cic. ad Pam. VII, 29) Rechtskunde
besassen ist ohnehin selbstverständlich; später auch einzelne Frauen, Juv.
VI, 244 f.
4. Cic. de or. I, 48, 212: iuris consultus vere nominaretur . . qui legum
et consuetudinis eius qua privati in civitate uterentur et ad respondendum
et ad cavendum peritus esset, off. II, 19, 65: in iure cavere, consilio iuvare
atque hoc scientiae genere prodesse quam plurimis vehementer et ad opes
angendas pertinet et ad gratiam. itaque cum multa praeclara maiorum
tum quod optime constituti im*is civilis summo semper in honore fuit co-
gnitio atque interpretatio. Liv. XXXIX, 40: ad summos honores alios
scientia iuris . . provexit. Im Vergleich mit der Beredtsamkeit nennt sie
Cic. (Brut. 161 vgl. or. 141. de off. II, 19, 66) die zweite Kunst. Je nach
BedürfhisB setzt er sie auch wohl herunter; vgl. de or. I, 56, 236. p. Mur.
11, 25. Zusammenhang mit dem Pontificat (Cic. de leg. II, 19, 47). üebri-
gens zeichneten sich ebenso viele Juristen der Republik durch gesellige
Talente und Witz aus (die Mucii, Aquilius Gallus, Cascellius, Trebatius) wie
durch Charakter (Rutilius Rufus, die Mucii, Sulpicius Rufus, Cascellius, An-
tistiuB Labeo).
5. Dem consulere der dienten (consultores) steht das (de iure) respon-
dere (Cic. Brut. 30, 113) der consulti gegenüber, das entweder zu Hause
erfolgte (auf einem solium sitzend, Cic. de or. II, 55, '226. III, 33, 133)
oder indem man transverso foro ambulabat (ib. III, 33, 133. vgl. ib. I,
58, 246). Cic. p. Mur. 9, 19: Servius . . urbanam militiam respondendi,
scribendi, cavendi, plenam sollicitudinis ac stomachi, secutus est; . . praesto
multis fuit, multorum stultitiam perpessus est, adrogantiam pertulit, difß-
cultatem exsörbuit. Indem man bei diesen Consultationen Jüngere als Zu-
hörer zuliess bildete man zugleich Schüler, wie schon Coruncanius. So war
Cicero auditor des Augurs Q. Scaevola. Dabei gab es viel (Formeln) aus-
wendig za lernen, Cic. de or. I, 68, 246.
6. An Trebatius schreibt Cic. (ad Fain. VII, 19): num ins civile ves-
trnm ex libris cognosci potest? qui quamquam plurimi sunt doctorem
tarnen nonnnnqnam desiderant. Dagegen de or. I, 43, 192: neque ita multis
litteris aut voluminibus maguis continentur. eadem enim sunt elata pri-
mum a plnribns, deinde paucis verbis commutatis etiam ab eisdem scrip-
toribus scripta sunt saepius. Noch stärker (aber im Scherze) p. Mur. 13,
28: perpaucis et minime obscuris litteris continentur. itaque si mihi homini
vehementer occupato stomachum moveritis, triduo me juris consultum pro-
fitebor.
7. Der Schematismus des stoischen Systems konnte bei Juristen nicht
ohne Einfluss bleiben. So war der Augur Q. Scaevola mit Panaitios be-
freundet (Cic. de or. I, 11, 45), und der Pontifex Q. Scaevola verräth stoischen
Einfluss in seiner Dreitheilung der Götterlefare (Augustin. civ. d. IV, 27)
uad in dem Buchtitel T>90i. Späterhin zeigte sich namentlich in der Auf-
6*
.S4 Sachlicher Theil.
fassung den Naturrechts (als q>vasL 8i%aiov) Einwirkung des Aristoteles und
der Stoiker. M. Voigt, das ius naturale L Leipzig 1856. Hildenbrand,
Rechts- u. Staats -Philosophie I. S. 593 ff. Laferriäre, M^m. concemant
rinfluence du stcicisme sur la doctrine des Jurisconsultes romains, M^m. de
Tacad. des sciences morales X (1860) p. 579 — 685. Mit dem Epikureismus
hält die Jurisprudenz für unvereinbar Cic. ad Fam. VII, 12.
39 47. Da das Hauptfeld der römißchen Jurisprudenz, das Ci-
vilrecht, von der Staatsverfassung ziemlich unabhängig war, so
brachte deren Umsturz keine Störung in die Entwicklung jener;
vielmehr erforderte die monarchische Concentration der Gesetz-
gebung und Rechtspflege um so dringender technische Rath-
geber und Organe. Die Zeit des Augustus besass ausgezeichnete
Juristen an A. Cascellius, C. Trebatius Testa, auch Q. Tubero;
und unter ihm begann die Spaltung der Juristen in Sabinianer
und Proculianer, an der Ersteren Spitze der schmiegsame C. Ate-
jus Capito, während das Haupt der Proculianer der republika-
nisch gesinnte M. Antistius Labeo war. Schon August verlieh
den responsa theilweise Gesetzeskraft, machte aber zugleich das
ius respondendi vom Kaiser abhängig. Unter den folgenden
Kaisem der julischen Dynastie blühten die Rechtsgelehrten
Masurius Sabinuß, M. Coccejus Nerva, Vater und Sohn, C. Cassius
Longinus und Sempronius Proculus. Den Kaisem unentbehrlich
und in seinem Privatrecht auch in den schlimmsten Zeiten un-
gestört, ja die höchsten Stellen im Staate bekleidend, erhielt
der Stand der Juristen fortwährenden Zufluss an begabten und
charaktervollen Männern, welche ihre Wissenschaft zu einer für
Laien unerreichbaren Feinheit ausbildeten und dem Rechte
Gleichheit und Folgerichtigkeit verliehen. War schon unter der
flavischen Dynastie (Caelius Sabinus, Pegasus, Juventius Celsus
der Vater), dann unter Nerva und Trajan (Celsus Sohn, Neratius
Priscus, Priscus Javolenus, Titius Aristo) die Zahl bedeutender
Rechtsgelehrten und Rechtslehrer ansehnlich, so folgen sich
vollends seit Hadrian, etwa 130 bis 230 n. Chr., die grossen
Juristen in ununterbrochener Reihe: Salvius Julianus, L. Volu-
sius Maecianus, Sex. Pomponius, L. Ulpius Marcellus, Q. Cervi-
dius Scaevola, ganz besonders aber die Koryphäen und Classiker
der Jurisprudenz: Gaius, Aemilius Papinianus, Julius Paullus,
Domitius Ulpianus, sowie Herennius Modestinus. Solche geistige
Grössen erhoben die Rechtswissenschaft zu einer Höhe dass,
damit verglichen, alles der republikanischen Zeit Angehörige als
47. Die Jurisprudenz in der augusteischen und der Kaiserzeit. 85
blose Vorarbeit erscheint, verliehen ihren Schriften die Klarheit,
ja Schönheit von wissenschaftlichen Kunstwerken, und schufen
das römische Recht aus einem Bürgerrechte zu einem Menschen-
rechte um, in welchem die nationalen Besonderheiten nahezu ab-
gestreift, die Rechtsbegriffe auf den klarsten Ausdruck gebracht
sind und das, allenthalben durchweht vom Geiste der Humani-
tät, zu einem Horte der Bedrängten geworden ist. Manches
was ursprünglich rechtswidrig und eine Härte war wussten sie
zu mildem oder umzuwandeln durch ihre Auslegung, die freilich
zugleich den Worten Gewalt anzuthun lehrte.
Mit der Mitte des dritten Jahrh. n. Chr. erlischt die juri-
stische Production jählings. Talente gab es überhaupt nicht
mehr, und nachdem das Edict durch Julianus (unter Hadrian)
codificieii worden war konnte auch mittelmässige Begabung das
Recht handhaben. Erst im vierten Jahrh. beginnt wieder die
literarische Thätigkeit, aber jetzt beschränkt auf Sammeln der
Rechtsqnellen, besonders der kaiserlichen Verordnungen, womit
schon am Ende des zweiten Jahrh. Papirius lustus begonnen
hatte, unter Diocletian aber entsteht nun der codex Gregoria-
nus, unter Constantin die Fragmenta vaticana und der codex
Hermogenianus. Unter Theodosius H und Valentinian IH wurde
dann die Codification des christlich-römischen Rechts unternom-
men, in dem codex Theodosianus, dem im J. 438 Gesetzeskraft
verliehen wurde und der von 448 bis 468 an Novellae des Theo-
dosius und seiner Nachfolger Nachträge erhielt. Den Abschluss
machte die durch Justinian angeordnete und hauptsächlich von
Tribonianus ausgeführte Sammlung der Rechtsquellen, zuerst
(J. 529) der Codex lustinianeus, dann (533) die Institutionen und
die Digesta, eine Auswahl aus den Schriften der besten Juristen
in 50 Büchern, darauf (534) eine vermehrte Auflage des Codex
(repetitae praelectionis). Die Novellae constitutiones lustiniani
endlich wurden nach dem Tode Justinians von Privaten zu-
sammengestellt.
1. Populäre Vorstellungen von der Aufgabe der Juristen: qui iuris
nodos et legum aenigmata solvit, Juv. Vlll, 58. lurisconsulti, quorum
summua circa* verborum proprietatem labor est, Quintil. V, 14, 34. Wirklich
blieb die Entwicklung des Criminalrechts weit zurück hinter der des Privat-
rechts. Auch noch in der Kaiserzeit war ein gewisses Rechtsverständniss
lange verbreitet. So sagt bei Apulej. Met. IX, 27 ein gewöhnlicher Mann:
non herciscundae famihae, sed communi dividundo formula dimicabo. Und
eine Inschrift der appischen Strasse (Orelli 5069) : Iter privatum Anni Largi.
86 Sachlicher Theil.
precario utitur Antonius Astralis (damtt keine Servitut entstehe). Anderer-
seits auch populäre Sticheleien auf die Diffcelei (nimia et misera diligentia,
üig. II, 31, 88, 17) der Juristen, wie auf den Grabschriften: huic monu-
mento dolus malus abeato et iurisconsultus (oder ius civile), Orelli 4374.
4390 f. 4821. So wird ib. 7236 ein librarius gerühmt qui testamenta scripsit
annos XIY sine iuris consulto. Auch das Testament eines Schweins (oben
28, 4) gehört hieher, obgleich es wohl aus juristischen Kreisen stammt.
2. Der praefectuB nrbi war ein Jurist, und Juristen verfassten die kai-
serlichen Verordnungen (constitutiones). Capitol. Ant. Philos. 11, 10: habuit
secum praefectos, quonun et anctoritate et periculo semper iura dictavit.
usus autem est Scaevola praecipue iuris perito. Lamprid. Alex. Sev. 16,
1: neque ullam constitutionem sacravit sine XX iurisperitis et doctissimis
ac sapientö)us yiris isdemque disertissimis non minus L. Dieser Apparat
war aber nicht das Gewöhnliche. Ihre amtliche Stellung brachte die Ju-
risten in den Geruch dass sie vorzugsweise das Interesse des Fiscus im
Auge haben (Juv. IV, 53 ff.); doch waren die ausgezeichnetsten unter ihnen,
ein Labeo, Cassius (Tac. A. XIV, 43), Papinian (Spartian. Carac. 8), von
Servilismus weit entfernt.
3. Quintüian (XII, 3) verficht ausdracklich die Nothwendigkeit der
Rechtskenntniss für die Redner und tröstet (ib. 6 vgl. 9) diese: das Recht
sei non tam arduum quam procul intuentibus fortasse videatur, polemisiert
jedoch (ib. 11) auch gegen die Juristen welche die Beredtsamkeit ver-
schmähen und se ad album ac rubricas transtulerunt et formularii vel . .
leguleii esse maluerunt. In der Regel verstanden die Redner vom Rechte
gar nichts (vgl. oben 44, 4), das sich zu ihren Phrasen so spröd verhielt;
ja sie glaubten in ihrem Dünkel sogar sich darüber lustig machen zu können
(Tac. dial. 32). Noch Apoll. Sidon. ep. VIII, 16: veternosus legalium quae-
stionum aenigmatista. Gegensatz von causidici und iurisconsulti schon bei
Seneca apocol. 12. In einem gewissen Zusammenhang aber wurden Rechts-
kenntniss und Beredtsamkeit doch fortwährend gedacht; vgl. Lamprid. Alex.
Sev. 16, 2: si de iure aut de negotiis tractabat solos doctos et disertos
adhibebat.
4. Die allgemeine Unkenntniss der Eaiserzeit über die Zustände der
Republik (vgl. oben 39, 1) betraf auch deren Juristen. Die iuris auctores
der Republik wurden bald als veteres- bezeichnet und vergessen. Celsua ist
der Letzte der noch einzelne Schriften der veteres vor Q. Mucius Scaevola
benützt zu haben scheint. Auch die Schriften der veteres nach Q. Scaevola
haben wahrscheinlich schon Pomponius und dessen Zeitgenossen nicht mehr
im Original benützt, und Pomponius begeht daher in seiner Uebersicht bei
der älteren Zeit verschiedene Fehler.
5. In der juristischen Literatur des zweiten und dritten christl. Jahr-
hunderts unterscheiden sich zwei Hauptarten: Lehrbücher und Responsen
(Gutachten). Letztere geben durchaus nur die Meinung des Respondeuten;
die Lehrschriften aber nicht nur die ihres Verfassers sondern auch der
älteren auctores iuris, sowie die betr. kaiserlichen Erlasse, und erstreben
darin eine gewisse Vollständigkeit. Aeusserlich lehnen sie sich meist an
bestimmte Texte an, seien es Gesetze oder ältere Lehrbücher. Daher die
47 f. Die Jurisprudenz in der Kaiserzeit. Philosophie. 87
Häufigkeit der Titel Ad edictum, Ad legem luliam, sowie Ad Yitelliuni,
Ad Plautiüm oder die Anführung apud Labeonem; z. B. Cassius apud Ur-
seium scribit besagt: Cassius in seiner Bearbeitung des Werkes vonUrseius;
Marcellus apud lulianum notat '^ macht zu Julian (Dig.) die Anmerkung.
So schrieb Paulus Notae ad Papinianum, Ulpian ad Marcellum. £x Plautio,
ex Cassio bezeichnet Excerpte aus diesen.
6. Die Mitte zwischen Lehrbüchern und Besponsa halten die Quaestiones,
hervorgegangen aus juristiBchen Fragen welche die auditores an den Lehrer
richteten, theils über wissenschaftliche Bedenken theils über praktische
BechtsfäUc die an einen Schüler oder auch an den Lehrer gelangt waren.
Diese Literatur erstreckte sich auf das gesammte Civilrecht. Zu ihr ge-
hörten schon Labeo^s Posteriora. Mommsen, Zeitschr. für Rechtsgesch. VIl.
1869. S. 83 f. 93—95.
7. Ein häufiger Buchtitel ist auch Digesta, z. B. von Alfenus Varus,
Juventius Celsus, Salvius Julianus, Ulpius Marcellus, Cervidius Scaevola. Er
bedeutet die syst^atische Zusammenstellung der sämmtlichen rechtswis-
senschaftlichen Arbeiten eines Bechtsgelehrten oder eines Kreises von sol-
chen, sei es dass sie von ihm selbst oder von einem Späteren herrührt.
Die ursprüngliche Ordnung wird dabei aufgelöst zu Gunsten der neuen
systematischen. Mommsen, Zeitschr. f. Bechtsgesck. VII. S. 477. 480 — 486.
IX. S. 82. Dazu vgl. H. Pernice, Miscellanea zu Bechtsgeschichte u. Textes-
kritik L (Prag 1870) S. 1—88.
8. Der Bechtsunterricht blieb noch längere Zeit unentgeltlich oder doch
ohne rechtlichen Anspruch auf Honorierung; s. Ulp. Dig. L, 13, 1, 6. Der
erste ausschliessliche Lehrer des Bechts (professor iuris civilis) war Gajns.
Durch ihn wurde auch ein neuer juristischer Literaturzweig begründet, die
Institutiones^ eine Einführung in das Bechtsstudium. Nach ihm verfass-
ten Inst, auch Gallistratus, Ulpianus; kürzere Paulus, ausführlichere Floren-
tinus und Marcianus. Abschluss durch die justinianischen. F. P. Bremer,
die Bechtslehrer und Bechtsschulen im römischen Kaiserreich, Berlin 1868.
H. Dernburg, die Institutionen des Gajus (1869) S. 3—11.
9. C. F. Hommel, Palingenesia librorum iuris veterum, sive Pandecta-
rum loca integra . . exposita et ab exemplari Taurellii Florentino accura-
tissime descripta, 3 Tomi, Lips. 1767 f. Dirksen's hinterlassene Schriften
(s. oben 46, 2), z. B. von den Zeugnissen der Epigraphik über . . einzelne
römische Bechtsgelehrte, Abhh. der Berliner Akad. 1852, S. 105—208. H.
H. Fitting, über das Alter der Schriften römischer Juristen von Hadrian
bis Alexander Severus, Basel 1860. 55 S. 4. Mommsen, die Kaiserbezeich-
mmg bei den Juristen, Ztschr. f. Bechtsgesch. IX. S. 97 — 116.
48. Zum Betriebe der Philosophie hatten die Römer we- 4o
nig natürlichen Beruf. Zwar fehlte es ihnen nicht an der Nei-
gung aus den zerstreuten Erfahrungen des Lebens eine Summe
zu ziehen; aber das eigentliche SpecuKeren erschien ihrem
rein praktischen Sinne als Müssiggehen. Alles eigentlich Phi-
losophische kam ihnen nur durch die Griechen zu, und zu einer
88 Sachlicher Theil.
Zeit wo in Hellas selbst an die Stelle der grossen Meister Epi-
gonen getreten waren welche auf Reproduction und schulmässi-
ges Weiterspinnen eines kleinen Kreises von Gedanken sieli be-
schränkten. Der erste Vermittler griechischen Philosophierens,
Q. Ennius, griff sogar (ausser der Lebensweisheit seines Epi-
charmus) nach einem Erzeugniss seichtester Aufklärung, der
Schrift des Euhemeros, und noch bei Pacuvius und L. Attius
klingt dieser Ton nach. Die Unvereinbarkeit solcher Lehren mit
der bestehenden Sitte und Religion veranlasste J. 581 d. St. die Aus-
weisung der Epikureer Alkaeos und Philiskos, J. 599 = 155 die
möglichst baldige, aber doch zu späte, Entfernung der aus Athen
gekommenen Gresandtschafb, bestehend aus dem Akademiker
Kameades, dem Stoiker Diogenes und dem Peripatetiker Eüto-
laos, von denen besonders der Erstere durch seine Beredtsam-
keit und Freisinnigkeit auf die jüngere Generation tiefen Ein-
druck machte. Bald fand der weitsichtige Stoiker Panaitios bei
dem jüngeren Scipio. Aufnahme und durch ihn der Stoicismus
unter den Römern Eingang. Anhänger desselben waren der
jüngere Laelius, Q. Aelius Tubero, C. Fannius, Sp. Mummius,
C. Blossius, P. Rutilius Rufus, Valerius Soranus, L. Aelius Stilo,
femer die Juristen Q. Mucius Scaevola (der Augur wie der Pon-
tifex), L. Lucilius Baibus, Sex. Pompejus und Ser. Sulpicius
Rufus, sowie zuletzt der jüngere Cato und als Schriftsteller
Stertinius. Andere Römer wurden durch den Griechen -dem sie
in die Hände geriethen für andere Systeme gewonnen; nament-
lich die (neue) Akademie fand durch ihren Probabilismus und
hieraus fliessende advokatische Nutzbarkeit manchfachen An-
hang, wie C. Aurelius Gotta (Cos. 679), L. LucuUus, L. Tubero.
Zu den Peripatetikem neigten sich M. Piso (Cos. 693) und M.
Licinius Crassus (Cos. .684). Den Epikureismus empfahl seine
Fasslichheit, ethische Lässlichkeit und Selbstgenügsamkeit nament-
lich solchen Naturen welche sich aus dem politischen Getriebe
gern in behagliche Müsse zurückzogen, wie in der Zeit des
Cicero sein Atticus, Papirius Paetus und M. Marius. Eben darum
fand dieses System auch am frühesten literarische Vertretung in
lateinischer Sprache, ausser Ennius und der communis historia
des Lutatius in der Zeit vor Cicero durch Rabirius, Catius und
Amafinius, besonders aber durch Lucretius. Ausserdem waren
Bekenner des Epikureismus C. Vellejus, L. Saufejus, L. Manlius
Torquatus (Prätor 706), Statilius, P. Volumnius, theil weise auch
48. Die Philosophie in der Republik. 89
C. Cassius. Auch ein mit allerlei abergläubischen Bestandtheilen
zersetzter Pjrthagoreismus fand einen Apostel an Nigidius
Pigulus und Gläubige (wie P. Vatinius). Zahlreicher waren
diejenigen welche, nach dem Beispiele der angesehensten griechi-
schen Philosophen dieser Zeit, wie des Antiochos aus Askalon,
mehrere Systeme synkretistisch verbanden, wie der Polyhistor
Varro in der Dialektik, Theologie und Naturphilosophie zur Stoa
hielt, in der Ethik aber zur Akademie, und M. Brutjis, der um-
gekehrt in der Ethik Stoiker, sonst aber Akademiker war. Be-
sonders aber ist der Eklekticismus vertreten durch die zahlreichen
phüosophischen Schriften des Cicero.
1. üebersicht bei Cicero, Tubc. IV, 1—3 vgl. de or. II, 37. Acad. pr.
II, 2, 5. Quintil. X, 1, 123 f. — Hepke, de philosophis qui Bomae docu-
emnt usqne ad Antoninos, Berlin 1842. E. Zeller in seiner Gresch. der
griech. Philosophie, und in dem Vortrag: Religion und Philosophie bei den
Römern, Berlin 1866 (in Virchow's Sammlung gemeinverst. Vortr. XXIV.),
bes. S. 18 ff. Mommsen R. G. 11*. S. 411—417. IIP. S. 550. Auch A. Stahr,
Aristoteles bei den Römern, Leipzig 1834.
2. Den Hang der Römer zum Reflectieren bezeugt des Appius Caecus
Lehrgedicht, der ältere Cato und der sententiöse Charakter der bei ihnen
populärsten Dramengattungen. Namentlich nahm ihre Lebensweisheit gern
eine fatalistische Färbung an, wie L. Paullus bei Liv. XLV, 8 und Scipio
Africanus bei Cic. off. I, 26, 90. Aber bezeichnend ist des Ennius Wort:
phflosophari est mihi necesse, at paücis, nam omnino haüd placet (Reliq.
ed. Vahlen p. 145). Die im J. 573 d. St. ausgegrabenen angeblichen Bücher
des Numa, mit scripta philosophiae Pythagoricae, wurden verbrannt, quia
philoBophiae scripta essent, Plin. N. H. XIII, 27, 86. Der ältere Cato war
oXmg (piXocoipia nQoaxsHQOvyuog (Plut. Cat. mai. 23). Cicero glaubt seine
philosophische Schrifkstellerei fast in jeder seiner derartigen Schriften
rechtfertigen zu müssen und thut diess besonders aufrichtig off. II, 1, 2 ff .
Noch Tacitus lässt seinen Agricola (Agr. 4) sagen : se prima in iuventa Stu-
dium philosophiae acrius, ultra quam concessum Romano ac senatori, hau-
sisse, und Grellius meint: degustandum ex philosophia, non in eam ingur-
gitandum.
3. Was die Römer von der Philosophie verlangten war Bildung des
Charakters, Belehrung über die sittlichen Aufgaben des Menschen, über die
Güter durch deren Besitz seine Glückseligkeit bedingt ist und über die
Mittel um sie zu erlangen "(Zeller a. a. 0. S. 19). So gab Varro als causa
philosophandi an dass der Mensch dadurch bonus et beatus werde, und
ComeUuB Nepos (bei Lactant. Inst. III, 15, 10) macht gegen das Betreiben
der Philosophie geltend: video magnam partem eorum qui in schola de
pudore et continentia praecipiant argutissime, eosdem in omnium libidinum
cupiditatibus vivere. Und schon Pacuvius (bei Gell. XIII, 8, 4) sagte: ego
odi homines ignava opera et philosopha sent^ntia. Dazu die durchschnitt-
liche Mittelmässigkeit der Griechen welchen die Römer ihre Philosophie
90 Sachlicher Theil.
»
yerdankten. „So wurden denn die Römer in der Phüosophie nichts als
schlechter Lehrer schlechtere Schüler^' (Mommsen).
4. Abwägung der verschiedenen philosophischen Systeme hinsichtlich
ihrer Verwendbarkeit fiir die Beredtsamkeit bei Quintil. XII, 2, 24 f. Am
wenigsten förderlich erschien hiefür der Stoicismus; Cic. de or. III, 18, 66.
fin. IV, 28, 78 f. Parad. praef. 2. Brut. 80, 114. 118 fF. Quintil. X, 1, 84
vgl. Xn, 2, 26. Cic. Parad. praef. 1: animadverti saepe Catonem . ., cum
in senatu sententiam diceret, locos graves ex philosophia tractare abhor-
rentes ab hoc usu forensi et publico, sed dicendo consequi tarnen ut illa
etiam populo probabilia viderentur. Am gunstigsten dagegen schien hiefiir
die neue Akademie; s. Cic. de or. III, 21, 80.
6. Cic. in Vatin. 6, 14: tu qui te Pythagoreum soles dicere et hominis
doctissimi nomen tuis immanibus et barbaris moribus praetendere. Zu den
Philosophen kann aber darum Vatinius nicht zSMen, so wenig als etwa
Caerellia wegen Cic. Att. XIII, 21, 5: mirifice Caerellia^ studio videlicet
philosophiae flagrans, describit (libros meos) de tuis; istos ipsos de finibus
habet; vgl. ib. 22, 3. So hat auch die „Dame** bei Hör. Epo. 8, 16 libelli
stoici inter sericos pulvillos.
41 49. Augustiis begünstigte das Studium der Philosophie
planmässig und verfasste sogar selbst Hortationes ad philoso-
phiam. Ausser ihm kennen wir jedoch nur T. Livius, Crispi-
nus und den älteren Sextius als philosophische Schriftsteller aus
seiner Zeit. Philosophische Bildung aber besassen und bekun-
deten fast alle bedeutenden Schriftsteller dieser Periode, wie
Vergil, Horaz, L. Varius, Viele verbanden damit Interesse für
Naturwissenschaften. Der Zeitströmung entsprach am meisten
der Epikureismus, der in den ernsteren Naturen die Stimmung
wehmütiger Resignation hervorrief. Auch noch im ersten Jahrh.
n. Chr. blieben der Epikureismus und der Stoicismus die einzigen
in Rom vertretenen Systeme. Jetzt aber fanden Wenige (wie
Aufidius Bassus) in sich die Freiheit und Selbstgewissheit des
Sinnes wie sie der Epikureismus zur Grundlage hat; die Meisten
wandten sich dem Stoicismus zu, die Einen indem sie, wie Se-
neca, durch Weglassung der kosmologischen Grübeleien und
Härten des Systems ihn abschwächten, Andere, wie der jüngere
Sextius, durch Beimischung theistischer und pythagoreischer Be-
standtheile ihn vertiefend. Die charaktervollsten Männer, wie
Paetus Thrasea, Helvidius Priscus, und auch der junge Persius
Flaccus, verschärften sogar noch die Schroffheiten der Lehre und
Praxis und brachten, da sie zugleich dem Despotismus mitzuhul-
digen unterliessen, das stoische Bekenntniss zu politischer Miss-
liebigkeit. Andere machten wenigstens die Mode mit einen Phi-
49. Die Philosophie in der aagasteischen und der Kaiserzeit. 91
losophen zu halten und mit ihm zu disputieren. So sah sich Rom
mit Philosophen überschwemmt, unter denen viele durch persön-
liche Verächtlichkeit die Philosophie selbst in üblen Ruf brachten.
Klein war die Zahl derer die, wie der Kyniker Demetrios, Anderen
das Beispiel unabhängigen Sinnes gaben. Yespasian und Domitian
verwiesen die Philosophen aus Rom und Italien. Auch noch im
zweiten Jahrh. tiberwog die stoische Richtung und war in Rom
zahlreich vertreten, durch Griechen wie Römer, unter Letzteren
besonders durch Junius Rusticus; mit M. Aurel gelangte der
Stoicismus sogar auf den Thron. Andere betrieben die Popula-
risierung der Philosophie, indem sie ihre epideiktischen Vorträge
auch auf dieses Gebiet erstreckten, wie Apulejus. Dabei suchten
Manche die Wirkung zu verstärken durch einen nebelhaften
Mysticismus, der sich willkürlich Piatonismus nannte, wie Taurus,
Favorinus, und auch Apulejus. Der Neuplatonismus des dritten
Jahrh. hat in der römischen Literatur keinen namhaften Ver-
treter. Der Sieg des Christenthums im vierten Jahrh. trieb die-
jenigen welche ihm nicht zufielen zu Wiederauffrischung der
Schätze der alten griechischen Philosophie, die durch Reproduction
und üebersetzung zugänglicher gemacht wurden. So durch Augu-
stin in seiner vorchristlichen Zeit, so besonders durch Boetius im
sechsten Jahrh. Durch solche Bemühungen wurden jene den
abendländischen Völkern überliefert, die das Mittelalter hindurch
davon zehrten.
i. L. Varus (Yarius?) Epicnreus, Caesaris (August) amicus, Quintil.
VI, 3, 78. Er und Vergil hatten den Syron zum Lehrer. Horaz vergpottet
in seinen älteren Gedichten die Wunderlichkeiten der Stoa und bekennt
sich zur epikureischen Lehre; in den späteren lässt er dem Ernste und Ge-
halte des Stoicismus Gerechtigkeit -widerfahren. Liv, XLIU, 13, 1: nihil
deos portendere vulgo nunc credunt. Unter Caligula Iloiini^Siog, ffvynXrixi-
Kog ftiv, tag aQX^S ^^ diBXriXvd'mg exsdov ndaag^ 'Eninovqnog d\ ciXkaag xal
Si avxo dnQciyitovog inixridBvrrig ßiov, Joseph. Antiq. XIX, 1, 5. Auch
auf Grabschriften der Zeit ist diese Richtung manchfach vertreten. Die
Sextii^ Vater und Sohn, schrieben in griechischer Sprache, wie auch
Comutus.
2. Im ersten Jahrh. n. Chr. studierten die Meisten Philosophie ut nomine
magnifico segne otium velarent (Tac. hist. IV, 6); auch Frauen cokettierten
damit, s. L. Friedländer, Sittengesch. Borns V. S. 292 f. Von Nero erzählt
Tac. A. XIV, 16: etiam sapientiae doctoribus tempus impertiebat post
epulas utque contraria adseverantium discordia frueretur. nee deerant qui
ore voltuque tristi inter oblectamenta regia spectari cuperent. Diese tri-
stitia gehörte zum Costüm der Philosophen, sogut wie der lange Bart und
der schäbige Mantel, den sie, um mehr zu imponieren, Ton den Eynikern
92 Sachlicher Theil.
entnahmen. Vgl. Martial. IV, 53. Juv. XIII, 121 f. Nur daes zu diesem
SpiritualismuB die servile Aufdringlichkeit und ethische Verworfenheit so
vieler Exemplare übel stimmte. Quintil. I. 0. I. prooem. 15: voltum et
tristitiam et dissentientem a ceteris habitum pessimis moribus (wovon
Proben bei Juv. II, 4 ff. 65) praetendebant. XII, 3, 12: alii pigritiae arro-
gantioris, qui subito fronte conficta immissaque barba . . paulum aliquid
sederunt in scholis philosophorum, ut deinde in publice tristes, domi
dissoluti captarent auctoritatem contemptu ceterorum. Ueber diesen Hoch-
mut auch V, 11, 39: inferiora omnia praeceptis suis ac litteris (?) credunt.
Dagegen die Redner gewöhnlichen Schlages sapientiae studium et praecepta
prudentium penitus reformidant (Tac. dial. 32). Weiter vgl. Quintil. XI,
1, 33: philosophiam ex professo, ut quidam faciunt, ostentantibus etc.
ib. 35: at vir civilis vereque sapiens, qui se non otiosis disputationibus,
sed administrationibus reip. dediderit, a qua longissime isti qui philosophi
vocantur recesserunt. Aehnlich XII, 2, 6 f. vgl. ib. 9: hanc artem superbo
nomine et vitiis quorundam bona eius corrumpentium invisam. Populäre
Sticheleien: facilius inter philosophos quam inter horologia conveniet (Sen.
apocol. 2, 3), und numquam philosophum audivit bei Petron. sat. 71. Aehn-
liche Polemik gegen die griechischen Philosophen zu Rom übrigens schon
bei Plautus, Cure. IT, 3, 9 ff., und dieselben Klagen noch bei Gellius, z. B.
VII (VI), 10, 5: nunc videre est philosophos nitro currere ut doceant ad
fores iuvenum divitum eosque ibi sedere atque opperiri prope ad meridiem,
donec discipuli noctumum omne vinum edormiant. XIII, 8^ 5: nihil fieri
posse indignius neque intolerantius dicebat (Macedo, familiaris mens)
quam quod homines ignavi ac desides, operti barba et pallio, mores et
emolumenta philosophiae in linguae verborumque artes converterent et
vitia facundissime accusarent intercutibus ipsi vitiis madentes. Aus der-
selben Zeit Apulej. Flor. I, 7. p. 118 Bip.: ne . . rüdes, sordidi, imperiti
pallio tenus philosophos imitarentur et disciplinam regalem, tam ad bene
dicendum quam ad bene vivendum repertam, male dicendo (doppelsinnig)
et similiter vivendo' contaminarent. — C. Martha, les moralistes sous Tem-
pire romain . . philosophes et poetes, Paris 1865.
3. Ulpian. Dig. L, 13, 1, 4: an et philosophi professorum numero sint
(welche ein Klagerecht auf ünterrichtsgeld haben)? non putem, non quia
non religiosa res est, sed quia hoc primum profiteri eos oportet, mercenariam
operam spernere.
4. Capitol. M. Antonin. philos. 2, 7: usus est etiam Commodi magistro,
. . Apollonio Chalcedonio stoico philosopho. 3, 2 f.: audivit et Sextum
Chaeronensem Plutarchi nepotem, luuium Busticum, Claudium Maximum
et Cinnam Catulum, stoicos. peripateticae vero studiosum audivit Clau-
dium Severum et praecipue lunium Rusticum, . . stoicae disciplinae peritissi-
mum. L. lunius Rusticus, philosophus stoicus, Orelli 1190. C. Tutilius
Hostilianus, philosophus stoicus, domo Cortona, ib. 1191. C. Matrinius
Valentins, philosophus epicureus, ib. 1192. Gaius Stallius . . ex epicureio
gaudivigente choro, ib. 1193. Ceionius Rufius Albinus v. c. Consul (J. 335
n. Chr.), philosophus etc. ib. 3111.
42 50, Den hohen praktischen Werth der Mathematik und
50. Mathematik und Astronomie. 93
der Astronomie wussten die Römer nicht zu würdigen, sondern
betrachteten sie als müssige Speculation. Einzelne Liebhaber
ausgenommen, wie Sex. Pompejus und Sulpicius Gallus (Cos. 588),
beschränkten sie sich auf das unmittelbar im Leben Anwendbare^
auf das niedere Rechnen und auf das Messen, letzteres für den
Bedarf des Lagerschiagens und des Vertheilens von Ackerlosen
zur Feldmesskunst erweiternd. Sonst aber bestand die Mathematik
der Römer in verflachter Wiedergabe griechischer Fachwerke,
insbesondere des Nikomachus. Daüä einzige einigermassen erhal-
tene Werk eines Römers über Greometrie ist das des Baibus unter
Trajan. Mit Astronomie beschäftigte sich Sulpicius Gallus aus
Liebhaberei, Varro aus Polyhistorie, Nigidius Figulus aus Mysti-
cismus; vollends in der Eaiserzeit herrschte die Astrologie. Unter
Tiberius machte sie Manilius zum Gegenstande eines Lehrge-
dichts. Aus dem dritten christlichen Jahrhundert ist von Be-
deutung des Censorinus Abhandlung de die natali, aus dem
vierten besitzen wir von Julius Firmicus Matemus acht Bücher
matheseos, aus dem sechsten des Boetius zwei Bücher de insti-
tutione arithmetica.
1. Das rechte Verständniss von der Bedeutung der mathematischen
Wissenschaften war auch im griechischen Alterthum wenig verbreitet;
8. W. Teuffei zu Ariatoph. Wolken 201. So rechnet noch Plutarch, an
seni 16, die ysmiiitqai und aQid'iirizLHol zu den ov nga-Kzinäs dXXa d'soDQti-
tinas xs%va$ ^xovt^g. Vgl. Ulpian. Dig. L, 13, 1 pr.: liberalia studia acci-
pimus qilae Graeci iXsv^^Qict appellant; rhetores continebuntur, gramma-
tici, geometrae. Die Vorstellung der Römer erhellt schon aus der Bedeu-
tung von mathematici = astrologi. Die Vernachlässigung der Astronomie
rächte sich in der Zeit der Bepublik durch permanente Ealenderverwirrung.
Im Allgemeinen Cic. Tusc. 1, 2, 5: nihü (apud Graecos) mathematicis illu-
strius; at nos metiendi ratiocinandique utilitate huius artis terminavimus
modum. Das Rechnen nahm auch im Schulunterricht eine Stelle ein; s.
Hör. S. I, 6, 72 ff. Ep. I, 1, 56. 11, 3, 325 f. Vgl. im Allgemeinen M.
Cantor, mathematische Beiträge zum Culturleben (1863) S. 168—230.
2. Pirmic. Mat. math. IL praef. (p. 16 ed. 1561): Fronto noster, Hipp-
archi secutus antiscia {dvriayua), ita Apotelesmatum sententias protulit
tamquam cum perfectis iam et peritis loqueretur, nihil de institutione,
nihü de magisterio praescribens. sed nee aliquis paene Latinorum de hac
arte institutionis libros scripsit, nisi paucos versus lulius Caesar, et ipsos
tarnen de alieno opere mutuatus. M. vero Tullius. . . etiam ipse de insti-
tutione pauca respondit. . . Antiscia Hipparchi secutus est Fronto. . . aur
tiscia enim illa vera sunt, sicut et Navigius noster probat. Unter lulius
Caesar meint Firm, den Germanicus; vgl. VIU, 6: executus est herum
aiderum numerum graece Aratus, . . latine vero Caesar et decus eloquentiae
94 Sachlicher Theil.
TulliuB. sed hi tantiun nomina ipsarum et ortus, non autem apoteles-
- matum auctoritatem edidemnt, ita ut mihi videantar non aliqua astrologiae
Bcientia, sed poetica potans elati licentia docilis sermonis studia protulisse.
Von ManiliuB hat Firm, also keine Eenntniss. Er hat sich zu seinem
Werke entschlossen ne omni disciplinarum arte translata solnm hoc opus
extitisse videator ad quod romanum non affectasset ingenimn (V. praef.,
p. 115).
44 61. Auch für die sie umgebende Natur hatten die Romer
kein reines Interesse und nahmen sich weder die Zeit noch hat-
ten sie den Mut sie unbefangen zu beobachten. Daher sind sie
in den Naturwissenschaften immer zurück und von den
Griechen abhängig geblieben. Insbesondere die von Aristoteles
und Theophrast zu so hoher Ausbildung gebrachte (Zoologie
und) Botanik kam nach Rom spät, und erhielt dürftigen Anbau,
hauptsächlich im Zusammenhang mit der Landwirtschaft, weni-
ger mit der Heilkunde, da die römischen Aerzte die Heilmittel-
lehre noch mehr als Anderes vernachlässigten. Die Schriften des
Nigidius Figulus • blieben ohne Einfluss. In der augusteischen
Zeit übersetzten Valgius Rufus und Aemilius Macer alexandri-
tiische Lehrgedichte botanischen und zoologischen Inhalts. In
den encyclopädischen Werken des Celsus und des altem Plinius
waren auch die Naturwissenschaften vertreten, und die erste
Eaiserzeit hatte für dieselben eine dilettantische Hinneigung
indem sie an die Naturerscheinungen moralisierende Betrachtun-
gen zu knüpfen liebte. Davon zeugen auch Seneca's Quaestiones
naturales. Die späteren Jahrhunderte begnügten sich mit Wie-
dergabe der griechischen Schriften.
1. Plin. N. H. XXV, 2 f.: minus hoc (Botanik, Pharmakognosie, Toxi-
kologie u. dgl.) quam par erat nostri celebravere. . . primusque et diu so-
lus idem ille M. Cato . . paucis dumtaxat attigit. . . post eum unus illu-
strium tentayit C. Yalgins. antea condiderat solus apud nos . . Pompeius
Lenaeus, Magni libertus. . . Pompeius . . transferre ea (des Mithridates
Eecepte für Gifte und Gegengifte) sermone nostro libertum suum Lenaeum,
grammaticae artis, iussit. Von Cornelius Valerianus citiert Plinius wieder-
holt (n. h. X, 2. XIV, 3 vgl. Ind. auct. VIII) zoologische und botanische
Angaben (vgl. auch III, 17), welche aber den Charakter des Anekdoten-
haften haben.
2. Plinius n. h. XXII, 7, 16: plerisque nitro etiam inrisui sumus ista
(Botanik, Pharmakologie) commentantes atque frivoli operis arguimur etc.
Letzteres besonders auch vom Standpunkte einer beschränkten Rhetorik.
Vgl. praef. 13: sterilis materia, rerum natura . . narratur, et haec sordi-
dissima sui parte, ut plurimarum rerum aut rusticis vocabulis aut extemis,
immo barbaris . . ponendis.
51 f. Die Naturwissenschaften. Land- und Haus-Wirtschaft. 95
3. R. Albani, de historia naturali apud vet^res, Dresden 1864. 40 pp. 8.
Ernst R F. Meyer, Geschichte der Botanik I (Königsberg 1854) bes. S. 334 ff.
n (1858) S. 1 ff.
63« Für die Landwirtschaft hatten die Römer ganz be- 43
sonderes Interesse und suchten sich neben den eigenen Erfahr-
ungen auch die fremder Völker nutzbar zu machen. So liess der
Senat das landwirtschaftliche Werk des Karthagers Mago ins
Lateinische übersetzen, und das Einzige was wir von dem altem
Cato besitzen ist seine Schrift de re rustica. An Mamilius Sura,
an Saserna (Vater und Sohn), sowie Tremellius Scrofa hatte das
siebente Jahrhundert d. St. weitere landwirtschaftliche Schrift-
steller, und auch vom Polyhistor Varro haben wir noch eine
Schrift dieses Inhalts. Vergils Georgica sind eine Verherrlichung
dieser Seite menschlicher Thätigkeit. In der nämlichen Zeit
schrieb Hyginus über Landbau und Bienenzucht und widmete
Sabinus Tiro dem Maecenas sein Werk über den Gartenbau.
Letzteren behandelte im dritten Jahrhundert n. Chr. auch Gargilius
Martialis. Im Anfange der Kaiserzeit beschäftigte die landwirt-
schaftliche Schriftstellerei auch Männer von Ansehen, wie lulius
Graecinus und neben ihm Cornelius Celsus, lulius Atticus; erhal-
ten sind nur die zwölf Bücher des Columella aus der Zeit des
Seneca. Das Werk der Brüder Quintilii gegen Ende des zweiten
Jahrhunderts n. Chr. war wohl griechisch geschrieben; das des
Palladius, aus dem vierten Jahrhundert, in vierzehn Büchern,
behandelt zuletzt die Baumzucht im elegischen Masse, wie Colu-
mella seinem B. X über den (Jartenbau epische Form gegeben hatte.
Das den Namen des Apicius tragende Kochbuch ist um die Mitte
des dritten christlichen Jahrhunderts nach griechischen Quellen
gearbeitet.
1. Varro R. R. I, 1, 10: hos (graecos scriptores de agricultura) nobili-
tate Mago Earthaginiensis praeteriit punica. lingaa, quod res dispersas
comprehendit libris XXVII, quos Cassius Dionysius üticensis vertit libris
XX ac graeca Lingua Seztilio praetori misit. . . hosce ipsos utiliter ad VI
libros redegit Diophanes in Bithynia et misit Deiotaro regi. Vgl. ib. 17, 3.
38, 1. n, 1, 27. in, 2, 13. Cic. de or. I, 58, 249. Plin. N. H. XVIII, 5:
Poenus Mago, cni . . tantum honorem Senatus noster habuit Carthagine
capta ut, cum regulis Africae bybliothecas donaret, unius eins XXVm
Volumina censeret in latinam lingnam transferenda, cnm iam M. Cato prae-
cepta condidisset, peritisque linguae punicae dandum negotium, in quo
praecessit omnes vir clarissimae familiae D. Silanus. Vgl. ib. XVII, 11. 16.
19. 30. XVra, 7. 28. XXI, 68.
2. Isid. orig. XVII, 1, 1: apud Romanos de agricultura primus Cato
90 Sachlicher Theil.
instituit, quam deinde M. Terentius (Varro) expolivit, mox Vergilias laude
carminum extulit. nee miaus Studium habuerunt postmodum Cornelius
Celsus et lulius Atticus, Aemilianus (Palladius) sive Colmnella, insignis
orator, qui totum corpus disciplinae eiusdem complexus est. Cassiod. divin.
lect. 28 : in agris colendis . . inter ceteros Columella et Aemilianus auctores
probabiles extiterunt etc. Genauer Colum. I, 1, 12—14: ut agricolationem
romana tandem civitate donemus . . iam nimc M. Gatonem Censorium illum
memoremus, qui eam latine loqui primus iustituit: post hunc duos Sasemas,
patrem et filium, qui eam diligentius erudierunt; ac deinde Scrofam Tre-
mellium, qui etiam eloquentem reddidit, et M. Terentium, qui expolivit;
mox Yergilium, qui carmine quoque potentem fecit. nee postremo quasi
paedagogi eins meminisse dedignemur, lulii Hygini, veruntamen ut Cartha-
giniensem Magonem rusticationis parentem maxime yeneremur. nam huius
XXVIII memorabilia illa volumina ex SCto in latinum sermonem conversa
sunt, non minorem tamen laudem meruerunt nostrorum temporum viri,
Cornelius Celsus et lulius Atticus . . . cuius velut discipulus dua volumina . .
lulius Gra^cinus . . posteritati tradenda curavit.
3. Colum. XU, 4, 2 : tum demum nostri generis postquam a bellis otium
fuit quasi quoddam tributum victui humano conferre non dedignati sunt,
ut M. Ambivius et Maenas Licinius, tum etiam C. Matius, quibus studium
fuit pistoris et coci nee minus cellarii diligentiam sui praeceptis instituere.
Ist die Aufzählung, virie glaublich, eine chronologische, so dürfte Ambivius
in die erste Hälfte des siebenten Jahrh. d. St. zu stellen sein. Ein Monas
wird genannt auch bei Varro R. R. II, 3, 11 vgl. 1, 1. 8, 1. Ueber Matius,
den Zeitgenossen des Cicero, s. Colum. XII, 44, 1: quae C. Matius diligen-
tissime persecutus est; . . illi enim propositum fiiit urbanas mensas et
lauta convivia instruere. libros tres edidit, quos inscripsit nominibus Coci
et Cellarii et Salgamarii.
4. Plin. n. h. XIX, 67: Sabinus Tiro in libro Cepuricon (Jtiywov^txwv)
quem Maecenati dicavit. Andere Verfasser von KipiovQLnä: Caesennius,
Castricius, Firmus; Aehnliches von Oppius.
6. Sammlungen der Scriptores rei rusticae veteres latini Venet. Aid.
1533. Basil. Hervag. 1536. 4. Ed. Victorius, Lugd. 1641. 2 Voll. Par. 1643.
Lugd. 1549. Heidelb. (Commel.) 1595. Curante L M. Gesnero, Lips. 1735.
2 Voll. 4. Ed. secunda (besorgt von I. A. Ernesti), Lips. 1773 f. 4. In der
Zweibrücker Sammlung (Bip. 1787) 3 Bde, virozu 1788 als vierter ein Lexicon
rusticum. Dieselben illustravit I. G. Schneider, Lips. 1793 — 96. 4 tomi in
9 partes.
45 63. Die Heilkunde war in Rom mehr als fünf Jahrhun-
derte unbekannt. Die einfache Lebensweise und Abhärtung
Hess selten ein Bedürfniss davon aufkommen; und geschah es,
so gab es Hausmittel und Beschwörungsformeln für Mensch und
Vieh. So sah es noch der ältere Cato an und eiferte gegen
die griechischen Aerzte, die immer zahlreicher nach Rom kamen
und in deren Händen, auch die ärztliche Praxis wie Wissen-
63 Die Heilkunde. 97
Schaft fast ausschliesslich blieb ^ bis die arabische Medicin der
griechischen an die Seite trat. Nur wenige Schriften in latei-
nischer Sprache begegnen uns. Unter Tiberius schrieb Celsus
seine Encyclopädie, von der wir die auf die Medicin bezüglichen
Bücher noch haben. Sie sind nach griechischen Mustern gear-
beitet, mit gesundem Urteil und in gebildeter Sprache. Auch
der ältere Plinius bietet Vieles für die Geschichte der Medicin.
Bedeutender ist im zweiten Jahrhundert n. Chr. der Methodiker
Caelius Aurelianus aus Afrika, der in barbarischer Sprache,
aber anschaulich die Krankheitsformen zeichnete. Die Em-
piriker Scribonius Largus im ersten Jahrh. n. Chr. und Serenus
Samonicus (zu Anfang des dritten Jahrh.) verfassten Arzneimittel-
lehren, jener in trockenem Tone die zusammengesetzten Arz-
neien behandelnd, dieser in gebundener Form ein Volks- und
Haus- Arzneibuch liefernd, wie im vierten Jahrhundert Vindicianus.
Ausserdem bietet das vierte und fünfte Jahrh. n. Chr. eine An-
zahl geistloser Empiriker, die in roher Sprache viel Aberglauben
vortrugen, wie Theodorus Priscianus, Sex. Placitus, Marcellus
(Empiricus) und die unter dem Namen des Apulejus (Barbarus),
Antonius Musa und Plinius (Valerianus) schreibenden Fälscher.
Gleichfalls aus dem vierten und fünften Jahrh. haben wir thier-
ärztliche Schriften von Pelagonius und P. Vegetius.
1. Plin. N. H. XXIX, 5: millia gentium sine medicis degant, nee tarnen
Bine medicina, sicut populus rom. ultra sexcentesimum annum, nee ipse in
accipiendia artibus lentus, medicinae vero etiam avidus. 6: CassiuB Hemina
. . . auctoT est primum e medicis venisse Romam Peloponneso Archaga-
thum (J. 535 d. St.). ib. 7 Catos Warnung vor den griechischen Aerzteii:
inrarunt inter se barbaros uecare omnes medicina (vgl. Plut. Cato mai. 23).
ib. 8: profitetur (Cato) esse commentarium sibi quo medeatur filio, servis,
familiaribus. . . solam hanc artium graecarum nondum ezercet romana
gravitas in tanto fructu; paucisBimi Quiritium attigere, et ipai etatim ad
Graecos transfugae; immo vero auctoritas aliter quam graece eam tractanti-
buB, etiam apud imperitos ezpertesque linguae, non est. Je zahlreicher aber
unter den griechischen Aerzten die Schwindler und Charlatans waren (einer
der klfigsten am Ende der Republik Asklepiades aus Prusa), desto weniger
gelangte der Stand zu Achtung; vgl. z. B. bei Yopisc. Firm. 7, 4 die Zu-
sammenstellung: sunt Aegyptii . . mathematici, haruspices, medici.
2. Auch die Augenärzte deren Namen wir aus ihren Stempeln noch
kennen sind, nach ihren cognomina zu schliessen, meist griechischen Ur-
sprungs und, wegen der Häufigkeit der Namen Julius und Claudius, meist
aus dem ersten und der zweiten Hälfte des ersten christl. Jahrh.; C. L.
Qrotefend, die Stempel der griechischen Augenärzte gesammelt und erklärt,
Hanover 1867.
TBxrrtneL, KOm. Litcraiurgescliiohte. 2. Aufl. 7
98 Sachlicher Theil.
3. Kurt Sprengel, pragmatische Geschichte der Arzneikunde, I (Halle 1792) ;
4. Aufl. besorgt von J. Rosenbaum, Leipzig 1846, I. S. 199 — 226. Hecker,
Gesch. der Heilkunde II. E. laensee, Gesch. der Medicin I (Berlin 1840).
5. 103—180. L. Choulant, Handbuch der Bücherkunde der älteren Medicin,
zweite Aufl., Leipzig 1841, bes. S. 161 ff.
46 64. Kriegswissenschaft und Kriegsgeschichte wurde erst
in der Kaiserzeit literarisch behandelt, und wir haben aus dieser
die Schrift des Hyginus über das Lagerschlagen (vgl. unten 56),
des Sex. Julius Frontinus (unter Domitian) Strategematica, wo-
von aber das letzte (vierte) Buch aus dem vierten bis fünften
Jahrh. stammt, sowie das Werk des Vegetius (im vierten Jahrb.),
Epitoma rei militaris.
1. Aus der Zeit der Republik ist nur etwa zu erwähnen des älteren
AfricanuB Begründung Beines strategischen Verfahrens, welche er in einem
an König Philipp gerichteten Schreiben (in griechischer Sprache) gab; s.
Polyb. X, 9, 3; dta t^g iniatoXijg rijs ngog ^CUnnov avxov xov TlontCav
oatpäg inzB^emorog Sri rovzoig roCg iaXoyianotg x(friadi(iBvog . . nad'oXov
ZB zoig iv 'ißrjQCa 7tQccy(iaai,v ijcißccXoizo xal %aza fiBQog zij z^g KaQXV^^'
vog noXioQ%la. Vgl. oben 46, 2.
2. Veget. I, 8 (p. 12, 12 fF. L.) : compulit evolutis auctoribus ea in hoc
opusculo . . dicere quae Cato Censorius de disciplina militari scripsit^ quae
Cornelius Celsus, quae Frontinus perstringenda duzerunt, quae Patemus
diligentissimus iuris militaris adsertor in libros redigit, quae Augusti et
Traiani Hadrianique constitutionibus cauta sunt. Laur. Lyd. de magistr. I,
47 : iKXQTVQBg KeXcog zb xttl IldzBQVog %al KaziXlvoLg {ov% o avvcofiozrjg, dXX'
BZBQog\ Kdzcav nQO clvzAv 6 n^mzogy nctl ^Qovzivog, fiBd'* ov^ %al ^Psvcixog
(Vegetius), *P(0(iccroi ndvzsg.
3. Aus Vegetius ausgeschrieben ist des angeblichen Modestus libellus
de vocabulis rei militaris ad Tacitum Aug. (vgl. A. 4). Aeltere Abschriften
davon als aus saec. XV gibt es aber nicht. In Wahrheit ist das Büchlein verfasst
von Pomponius Latus oder einem Schüler desselben, mit dessen Schrift de
magistratibus (und de legibus) es ursprünglich (anonym) zusammen er-
schien. Peyron, notitia libr. bibl. Taurin. (1820) p. 86 f.
4. Veteres de re militari scriptores quotquot extant nunc prima vice
in unum redacti corpus, Wesel 1617. (Frühere Sammlung, Bonon. 1496 fol.)
Ausserdem finden sich Frontinus und Modestus (A. 3) mit abgedruckt in
den Ausgaben des Vegetius Paris. 1616. Colon. 1624. 1632. 1680, von Fr.
Modius (Colon. 1680), Stewechius (Antverp. 1586. 4.) und P. Scriverius
(Antv. 1607. 4.).
47 66. Auf dem Gebiete der Architektur waren schon in der
Zeit der Republik Fuficius, Varro und P. Septimius schriftsteller-
isch thätig. Erhalten ist nur das Werk des Vitruvius de archi-
tectura (in zehn Büchern) aus der Zeit des Augustus.
54—56. Kriegswissenschaft. Architektur. Peldmesskunat. 99
1. Vitniv. Vn. praef. 14 (p. 160, 7 ff . R.): animadverti in ea re ab
Graecis volumina plura edita, ab nostris oppido quam pauca. Fuficius enim
minuu de bis rebus ni primus instituit edere volumen, item Terentius
Varro de novem Disciplinis (s, unten 164, 6, a) unum de arcbitectura, P. Sep-
timius duo. Als Praktiker, von denen er aber keine Schriften kenne, nennt
er ib. 17 den Cossutius und G. Mucius.
2. Vitruv. I, 1, 3 fordert Ton dem Architekten ut litteratus sit, peritus
grapbidoB, emditus geometria, historias complures noverit, philosophos di-
ligenter andierit, musicam scierit^ medicinae non sit ignarus, responsa
iurisconsultorimi noverit, astrologiam coelique rationes cognitas habeat.
3. Vitruv. V, 1 f.: non de architectura sie scribitur uti historia aut
poemata. . . vocabula ex artis propria necessitate concepta inconsueto ser-
mone obiciunt sensibus obscuritatem.
66« Die Feldmesskunst wurde, so weit wir wissen, 48
zuerst selbständig von Varro behandelt. Erwachsen ist sie wohl
auf kirchlichem Boden. Durch die Müitärcolonien und die
Reichsvermessung unter August wurde dann ihre Bedeutung so
gesteigert dass in der Kaiserzeit eigene Schulen dafür entstan-
den, sowie eine eigene halb mathematische, halb juristische
Literatur, welche vom ersten christlichen Jahrh. an bis ins
sechste herabreicht. Der älteste dieser schriftstellernden Feld-
messer (gromatici, agrimensores) ist Frontinus, dessen Werk
später von Aggenus ürbicus conmientiert wurde. Unter Trajan
schrieb Baibus seine expositio, sowie Hyginus, bald darauf auch
Siculus Flaccus. In späte Zeiten aber fallen M. Junius Nipsiis,
Innocentius u. A. mit einer theilweise barbarischen Latinität.
Unter den hieher gehörigen Schriften des Boetius ist viel Un-
echtes. Von Anderem ist der Name des Verfassers nicht bekannt.
1. Verbindung mit Kirchlichem; s. H. Nissen, das templum, Berlin 1869.
S. llfF. Verbindung mit Jurisprudenz; vgl. Cic. p. Mur. 9, 22: tu (der Jurist
Sulpicius) exercitatns es in finibus regendis. Literatur schon alt; vgl.
Martial. X, 17, 6: mensorum longis . . vacat ille libellis.
2. Sammlungen: von A. Tumebus (de agrorum condicionibus libri,
Paris 1554. 4.), N. Bigaltius (Auetores finium regundorum, Paris 1614. 4.),
G. Goesius (Bei agrariae auctores legesque, Amsterd. 1674. 4.), besonders
aber; Gromatici veteres ex recensione C. Lachmanni, Berlin 1848. = die
Schriften der rOmischen Feldmesser^ herausgegeben und erläutert von Blume,
Lachmann und Budorff, Bd. I, wozu Bd. ü. (1852) die Erläuterungen der
Genannten und Th. Mommsen's, bes. S. 320 ff. die gromatischen Institutio-
nen von Budorff.
3. Paul. Diac. p. 96 M.: groma appellatur genus machinolae cuiusdam
quo regiones agri cuiusdam cognosci possunt, quod genus Graeci yvcofiovcc
7*
100 Sacblicher Theil. ^
dicunt. Also ein Visierinstrument. Vgl. im Allgemeinen Zeiss, Ztschr. f.
Alt. Wißfl. 1840, Nr. 106 — 108, Mommeen in den Schriften der röm. Feld-
messer IL S. 174 — 176, und den Art. Agrimensores von W. Rein und E.
Wölfflin in Pauly's Real-Enc. T, 1. S. 594—696.
4. Ueber die volksthümlichen Bestandtheile in der Sprache der Gro-
matiker s. A. F. Pott, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1864, S. 219 ff.
40 57. Erst in der Kaiserzeit begann eine selbständige Litera-
tur über Masse und Gewichte, theil weise sogar in gebundener
Form.
1. Metrologicorum scriptorum reliquiae. Cellegit, recenauit, partim
nunc primum edidit Fr. Hultsch. Vol. II, quo scriptores romani et indices con-
ti nentur. Lipsiae, Teubner. 1866. Inhalt: praefatio (kritische Hülfsmittel und
Zeichenerklärung) p. I — XXXI; prolegomena in scriptores romanos (literar-
historisch) p. 1 — 46. Auszüge aus Varrq L. L. p. 49 — 63; aus Golumella
p. 53 — 56 ; aus Frontin. de limit. , p. 66—69 ; aus Hygin. de cond., p. 59 — 61.
Volusius Maecianus p. 61 — 76. Auszüge aus Festus, p. 76—82; aus Priscian
p. 82 — 86; aus Victorius p. 87 f. Das Carmen de ponderibus p. 88 — 98;
das de lihrae . . partibus p. 99 f. Epiphanius, p. 100 — 106. Auszüge aus
Isidor, p. 106 — 123 u. p. 136 — 142. Varia fragmenta p. 123 — 135. Calvi
versio tabularum Alexandrinarum p. 142 — 146.
50 68. Auch die Geographie wurde unter den Römern zuerst
von dem Polyhistor Varro eigens abgehandelt, dann wohl von
Cornelius Nepos, sonst aber meist nur als Anhang oder Beigabe
zur Geschichtschreibung. In Stoff und Behandlung blieb sie
von den Griechen abhängig, so weit ihr nicht Autopsie zu Gute
kam, wie in Catos Origines, wie bei Caesar und Sallust. Ein-
zelne beschrieben auch ihre Reisen und was sie darauf gesehen,
wie Trebius Niger, Statins Sebosus, Turranius Gracilis. Indessen
erst die von Caesar beabsichtigte, von August durch Agrippa
ausgeführte Vermessung und Beschreibung des ganzen römischen
Reiches, unter Entwerf ung von Karten und geographischen Ab-
handlungen, schuf eine umfassende und zuverlässige Grundlage.
Bald folgte denn die fleissige und in ihrer Art kritische Arbeit
des Pomponius Mela. Aus eigener Anschauung lieferten fort-
während Manche Einzelbeiträge, wie Seneca in seinen Schriften
über Indien und Aegypten, Mucianus über den Osten, sowie für
Germanien und Britannien die Germania des Tacitus und sein
Agricola. Umfassenderes leistete des altem Plinius Abriss der
Erdbeschreibung in B. III bis VI seiner N. H. Seneca's Quaest.
nat. enthalten eine Art mathematischer und physischer Geogra-
phie. Die ganze Erdbeschreibung unternimmt nach Plinius kein
67 £ Metrologie. Geographie. 101
"zweiter Römer. Wohl aber wurde seine Arbeit um die Zeit
Hadrians in einen Auszug gebracht und mit Angaben aus andern
Quellen vermehrt, womach* dann im dritten Jahrh. n. Chr. So-
linus seinen eigenen Auszug machte. Gleichfalls im dritten
Jahrh. schrieb der ältere lulius Titianus seine descriptio pro-
vinciarum imperii romani. Aus dem vierten Jahrh. sind die
geographischen Lehrgedichte des Avienus (orbis terrae und ora
maritima) und die Mosella des Ausonius; auch des Ammianus
Marcellinus Geschichtswerk enthält viel Geographisches. Zu
Anfang des fünften Jahrh. verfasste Rutilius Namatianus sein
Itinerarium (de reditu suo) im elegischen Masse; um dieselbe
Zeit (oder noch zu Ende des vierten Jahrh.) Vibius Sequester
sein Schulbuch über die bei den gelesensten Dichtern vorkom-
menden geographischen Namen. Von den beiden unter dem
Namen des Aethicus (jqd'ixdg) Ister laufenden Kosmographien
ist die eine ein Auszug aus der Kosmographie des Julius (Ho-
norius) Orator und bloses Verzeichniss, die andere eine zusam-
menhängende Beschreibung; eine dritte ist ein Werk des Mittel-
alters. Aus dessen Beginn ist der sogenannte Geographus Ra-
vennas. Verzeichnisse der Strassenzüge, Stationen und Entfer-
nungen geben die Itineraria, deren wir aus dem vierten Jahrh.
drei haben, das It. Antonini, das Hierosolymitanum (von Bur-
digala nach Jerusalem) und das It. Alexandri. Das Original
der Peutinger'schen Landkarte aber (Tabula Peutingeriana) ge-
hörte wohl schon der Mitte des dritten christlichen Jahrh. an.
In dem engem Kreise der Hauptstadt bewegt sich des Frontinus
Schrift de aquis urbis Romae (aus dem Ende des ersten Jahrh.),
sowie das Regionenverzeichniss der Stadt Rom aus dem vierten
Jahrh., welches in einer doppelten Redaction (wahrscheinlich
aus 334 und etwa 360 n. Chr.) erhalten ist und aus dessen
mittelalterlichen Interpolationen die beiden trügerischen Schrift-
steller P. Victor und Sex. Rufus entstanden sind.
1. ükert, Geographie der Griechen und Römer, bes. I, 1. Gotha 1816.
Lelewel, Geschichte der Erdkunde, in dessen kleineren Schrr. geogr.-hist.
Inhalts (ubers. von Neu, Leipzig 1836). A. Forbiger, Handbuch der alten
Geographie, Leipzig 1842, und andere Lehrbucher dieser Art.
2. Den Geographus Ravennas pflegt man mehr wegen seiner barbari-
schen Sprache als aus zuverlässigen sachlichen Gründen in das siebente
Jahrh. zu setzen. Dass ihm ein griechisches Original zu Grunde lag er-
hellt aus den vielen Namen welche den Durchgang durch das Griechische
102 Sachlicher Theil. Geographie.
yerrathen. A. v. Gutschmid, Rhein. Mus. XII. S. 438 — 441. Ausgaben von
Placidus Porcheron (Paris 1688), J. Gronov (an seinem Mela, 1696), A.
Gronov (1722), bes. aber von M. Pinder und G. Parthey, Bavennatis ano-
nymi cosmographia et Guidonis geographica, ex libris mss. ediderunt, Berlin
1860. XYIII und 674 pp. (mit Karte). M. Pinder, über die Eosmographie des
G. R., Berliner Akad. Oct. 1853. A. Jacobs, de Gallia ab Anonymo Ray. de-
scripta, Paris 1858. 71 pp. (mit Karte). G. Parthey, Aegypten beim G. R.
(Abhandl. der Berl. Akad. 1858. 35 S. 4.) ; die Erdansicht des G. R. (Mo-
natsber. der Berl. Ak. 1859. S. 627 ff.); Geogr. Ray. beim Riccobaldus
Florariensis (Hermes IV. S. 134—137.)
3. Die tabula Peutingeriana, benannt nach dem Augsburger Raths-
herm Konrad Peutinger, an den sie durch ihren Entdecker (in Worms,
J. 1507) Konr. Celtes kam, ist eine im J. 1265 zu Colmar gemalte und
jetzt (aus der Bibliothek des Prinzen Eugen) in der Wiener Hofbibliothek
befindliche Copie eines alten Originals, auf zwölf breiten Pergamentstrei-
fen. Es ist eine Reisekarte, welche die ganze den Römern bekannte Welt
umfasst (im Westen fehlt ein Stück), von Nord nach Süd stark zusammen-
gepresst, desto gedehnter von Ost nach West. Verhältniss der Breite zur
Höhe 2174: 1. Veröffentlichung durch C. P. von Scheyb, Wien 1753 fol.;
dann von Mannert, Lips. 1824. fol., auch in Katancsichs Orbis antiquus e
tab. Peut. (Buda 1824 f. 4.) und im Recueil dltin^raires anciens von Fortia
d'ürban (Paris 1845. 4), sowie von E. Desjardins (Paris 1868 ff.). Abhand-
lungen: üeber den Strassenzug der P. T. von Vindonissa nach Sumlocenis
und von da nach Regino, von A. Pauly, Stuttgart 1836. 4. Mit 1 Karte,
üeber die P. T. und die zwischen Rhein und Donaumündung auf ihr ver-
zeichneten Grenz Völker s. E. v. Wietersheim, Gesch. der Völkerwanderung,
Bd. II, Excurs c. üeber den Gallien betreffenden Theil der Tafel s. A.
Maury in Revue arch. 1864. I. p. 60—63. E. Paulus, Erklärung der P. T.
mit besonderer Anwendung auf die Römerstrassen von Windisch (Vindo-
nissa) nach Regensburg (Reginum) und von Pfin (Ad fines) nach Augsburg
(Aug. Vind.), Stuttgart 1867. Mit 1 Tafel.
4. Für die Statistik des späteren römischen Reiches ist von Wichtig-
keit das byzantinische Staatshandbuch (Verzeichniss der Hof-, Civil- und
Militär- Aemter), Notitia dignitatum et administrationum omnium, tarn civi-
lium quam militarium, in partibus orientis et occidentis, eine ofßzielle Ar-
beit, verfasst am Ende des vierten Jahrh. Hauptausgabe von E. Böcking
(Bonn 1839—1850, wozu 1863 ein Index). Der Text (nebst Bildern) besteht
aus 116 pp.; das Uebrige fällt auf die Adnotatio.
B. Besonderer und persönlicher Theil.
I.
Vorgeschichte der römischen Literatur
bis zum J. 514 d. St.
59. Was in der ältesten Zeit von Geschriebenem über den 51
Charakter von Registern hinausgieng hatte ohne Zweifel alles
eine gewisse rhythmische Haltung und war in so fem ein Carmen.
1. Alter der Schrift in Eom: in Latium litteras attulerunt Pelasgi,
Plin. n. h. VII, 57, 193. Erst seit der Tarquinierherrschaft aus Cumä er-
halten? Schwegler I. S. 26. Dagegen für das hohe Alter der Schreibekunst
in Rom (mit Recht) Mommsen R. G. P. S. 199 f. B. Modestow, der Ge-
brauch der Schrift unter den römischen Königen, Berlin 1871. 139 S.
2. Carmen z. B. Liv. I, 24. 26 (lex horrendi carminis). 32. III, 64 (ro-
gationis Carmen). X, 38 (Schwurformel). 41. Cic. p. Mur. 12, 26 (praetor
ne . . aliquid ipse sua sponte loqueretur ei quoque Carmen compositum
est), de legg. II, 23, 69 (XII tabb.). de or. I, 57 extr. Macrob. III, 9, 6 ff.
(Carmen quo di evocantur). Ritschi, Sat. poes. I. p. 4 f. H. Düntzer, das
Wort Carmen als Spruch, Formel, Lehre, in Mützells Ztschr. f. Gymn. 1857.
S. 1—33 (vgl. PhilologuB XXVIII. S. 242 ff.) und dagegen 0. Ribbeck in
Fleckeisens Jahrbb. LXXVII. S. 201—213.
3. C. Zell, Ferienschriften IL S. 99 ff. W. Corssen, Origines poesis
romanae, Berlin 1846. W. Th. Streuber, über die älteste Poesie der Römer,
VerhandL der Basler Philol. Vers. 1847. R. Westphal, über die älteste
Form der röm. Poesie, Tübingen 1862.
60. Jener Rhythmus wird durch den Namen saturnischer, 52
d. h. altitalischer, Vers bezeichnet. In diesem tritt für das Ohr
am stärksten hervor das Zerfallen in zwei Hälften von verschie-
denem Grundrhythmus, die erste Hälfte gewöhnlich ansteigend,
die zweite in der Regel fallend. Nächstdem scheinen das Mass-
gebende die Hebungen zu sein, je drei in einer Vershälfte, wo-
gegen die Senkung unterdrückt werden kann und der Hiatus
noch nicht bekannt ist. Hebung wie Senkung kann zweisilbig
104 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
sein. Die lockere Fügung wird gekräftigt durch das Band der
Alliteration. Eine andere Auffassung legt unmittelbar den
Massstab griechischer Metrik an und stellt als Grundschema des
Saturnius auf:
Dabünt malum Metelli Naevio poetae. — Der Saturnius lebte,
noch lange nachdem die Einführung der griechischen Verskunst
(mit den Massen der scenischen Dichter und dann den dakty-
lischen des Ennius) ihn aus der Literatur verdrängt hatte, in
der Nation fort und scheint zu Rom noch am frühesten ausser
Gebrauch gekommen zu sein.
1. Mar. Vict. III, 1. p. 25S6 P.: versus cui prisca apud Latinos aetas
tanqaam Italo et indigenae Saturnio sive Faunio nomen dedit. Andere Ab-
leitung (von satura) bei Mommsen R. G. P. S. 206 Anm.
2. Serv. Verg. Ge. II, 386: ad rhythmum solum compositus. Vgl. W.
Teuffei in Fleckeisen's Jahrbb. LXXVII. S. 281. Ansicht von Niebuhr, K.
F. Hermann (Culturgesch. II. S. 67), R. Westphal (Dissertation von 1852;
etwas modificiert AUg. Metrik, 1865, S. 261 — 266) u. A. — Die Form der
späteren Volkslieder wäre dann nur eine Wiederauffrischung der ursprüng-
lichen, durch die Kunstpoesie eine Zeit lang zurückgedrängten. Ueberhaupt
reiht sich bei dieser Auffassung der Saturnius als gleichartiges Glied in die
Geschichte der Volkspoesie ein. Vgl. Westphal, a. a. 0. S. 264 — 256. K.
Bartsch, der satumische Vers und die altdeutsche Langzeile; Beitrag zur
vergleichenden Metrik (Leipzig 1867. 62 S.), wo aber der Versuch eine ur-
sprüngliche Vierheit der Hebungen in beiden Hälften zu erweisen nicht
gelungen ist.
3. Hellenisierende Auffassung: Atil. Fortunat. p. 2680 P.: habet prima
parte iambicum dimetron catalecticon, in secunda trochaicon bittchycata-
lecton, quod ithyphallicum dicimus (Pfau: zwei trochäische Tripodien, die
erste mit Anakrusis); doch mit dem Geständniss so zahlreicher Abweichun-
gen ut vix invenerim apud Naevium quos pro exemplo ponerem. Auf
dieser Seite bes. G. Hermann (Metr. $. 525), E. 0. Müller (alle Senkungen
ausser der letzten können unterdrückt werden; vgl. Corssen p. 193 ff. und
W. Hertzberg, Hall. A. Lit. Z. 1847. April. S. 765 f.), F. Ritschi (negative
Grundsätze: ut nee omittatur unquam vel prioris hemistichü anacrusis
vel alterutrius thesis finalis, nee unquam alteri hemistichio anacrusis ad-
datur, nee saepius quam in singulis hemistichiis semel reliquae theses sup-
primantur, nee quicquam offensionis vel arsium solutio vel neglectio cae-
surae vel vocalium hiatus habeat; de tit. Mumm. p. IL), vgl. 0. Ribbeck
in Jahns Jahrbb. LXXVII. S. 199 ff. und dagegen Corssen, Aussprache IL
S. 418 ff. Beschränkungen und Berichtigungen der Ritschrschen Theorie s.
auch bei F. Bücheier in Fleckeisens Jahrbb. LXXXVII. S. 330—342 und A.
Spengel, Philologus XXIIl. S. 81 — 113, welcher Letztere die fünf „Gesetze"
aufstellt: 1) Der sat. Vers ist ein asynartetischer. 2) In keinem Verse kann
mehr als Eine Thesis unterdrückt werden, und zwar nur die vorletzte, ge-
60. Der Saturnius. 105
wohnlich des zweiten HemiBtichs. 3) Die Cäsur kann nie yernachläeeigt
werden, sondern tritt entweder nach der vierten Thesis ein oder nach der
dritten Arsis. 4) Hiatus wird häufig zugelassen. 5) Die Arsen können auf-
gelöst, die Thesen durch Pyrrhichien und häufiger noch durch Längen er-
setzt werden. Unerlaubt ist der Pyrrhichius nur in der letzten Thesis,
sowie bedingt in der vierten. Auch R. Westphal, allg. Metrik, bes. S. 252 f.
In der Mitte steht die Ansicht von Mommsen R. G. I. S. 206 f.
4. Flayii Sosipatri Charisii de versu Satamio commentariolus, ex cod.
Neap. nunc primum ed. a P. G. Schneidewin. Gott. 1841. 4. Vgl. H. Keil,
Philologus III. S. 90 ff. Stellensammlung von J. A. Pfau, de numero sa-
turnio Spec. I (Quedlinburger Progr. 1846. 4) und de n. s. commentatio
(Quedlinb. 1864. 8.) p. 7—49.
5. H. Düntzer und L. Lersch (de versu quem vocant Satumio, Bonn
1838) erklärten für die Hauptsache das Untergeordnetste, die Silben-
zählung; später wollte Düntzer (Philologus XXVIII. S. 230—276), in das
andere Extreme gerathend, dem Saturnius keine anderen Freiheiten ein-
räumen als die welche sich in den übrigen volksthümlichen Sprüchen
und bei den Komikern nachweisen lassen, und erklärte (a. a. 0. S. 242-
262) die monumentalen Saturnier für Prosa. C. H. Weise, der sat. Vers im
Plautus (!), Quedlinb. 1839. Th. Korsch, de versu saturnio, Moskau 1868.
140 pp.
6. Die Erkcnntniss dass auszugehen sei von den monumentalen Sa-
turniem ist der bleibende Gewinn von Ritschis Forschungen. Die Satur-
* nier des Andronikus und Nävius kommen erst in zweiter Reihe in Betracht.
Aber wenig Wahrscheinlichkeit hat es dass die einzige metrische Form
deren sich ein literarisch noch nicht cultiviertes Volk bediente in eine
Vielheit künstlicher und schwieriger, mit dem blosen Gehör nicht zu fassen-
der Bestimmungen eingeschnürt gewesen sei.
7. Anwendung in Volksliedern und Inschriften; Atil. Fort. II, 27
(p. 2680 P.): maxime triumphaturi in Oapitolio tabulas huiusmodi versibus
incidebant. Bücheier in Fleckeisens Jahrbb. LXXVII. S. 61. vgl. W. Teuffei,
ebend. S. 281 f. W. Fröhner, Philologus XIII. S. 208.
8. Festus s. V. navali Corona (p. 162 a. M.). Atil. Fort. p. 2680. Li-
viuB XL, 52 (J. 575 d. St.). XLI, 28 (J. 580). Titulus Mummianus (c. 615
d. St.) 8. Ritschl's Monogr., Berlin 1852. 4. Schol. Bob. zu Cic. p. Arch.
p. 359 Or. (J. 620). Vgl. unten 83; 88, 5; 114 und 136, 1.
9. W. Th. Streuber, de inscriptionibus quae ad numerum Sat. referun-
tur, Zürich 1846. Inschrift von Sora (Mommsen I. R. N. 4495), s. W.
Henzen, Rhein. Mus. N. F. V. S. 70 ff. Diar. inst. Arch. 1846. p. 71 ff.
Ritschi, Monumenta epigraph. tria, p. 14 ff.; Satumiae poeseos reliquiae,
Bonn 1854. 4.; Rhein. Mus. VIII. S. 288.
61. Ihrem Inhalt nach sind die Denkmäler und Aufzeich- 53
nungen der ältesten Zeit vorzugsweise praktischer Art, theils
rein gottesdienstlich, theils politisch -historisch, und sie haben
106 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
theils einen öffentlichen theils einen privaten Charakter. Vom
vierten Jahrh. d. St. an gewinnt auch das Recht Bedeutung für
die Literatur.
1. Seit dem J. 390 d. St. befand sich in Rom eine stehende Bühne;
8. oben 6, 3.
a) Gottesdienstliches.
54 62. An dem uralten Frühlingsfeste der Salier im März
wurden beim Festzuge auf dem Palatinus von jener Priester-
schaft alte, schon der ciceronischen Zeit unverständliche und
daher in ihr commentierte Cultuslieder (axamenta), besonders zu
Ehren des Lichtgottes Mars, abgesungen^ deren treue Fortpflan-
zung auf frühzeitige Aufzeichnung schliessen lässt.
1. Zurückfahrung auf Numa, Varr. L. L. VII, 3. Cic. de or, III, 51,
197. Hör. Ep. II, 1, 86. Liv. I, 20. Quintil. I, 10, 20. Ter. Scaur. p. 2261.
Diomed. p. 473 P. = p. 476 K. Im unterschiede von diesen Salü palatini
waren die coUini (oder agonenses) jüngeren Ursprungs, s. Scheiffele in
Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 690 f.
2. XJnverständlichkeit, Hör. 1. 1. Quintil. I, 6, 40. Daher Gommentar
von L. Aelius Stilo (Varro L. L. VII, 2. Fest. p. 141. 146. 210. 329) und
7on Sabidius (? Schol. Mai's zu Aen. X, 241). Vorliebe späterer Alter-
thümler, Capitolin. M. Ant. 4. Symmach. Ep. III, 44.
3. üeberreste dayon vielfach zusammengestellt und commentiert, z. B.
Egger, lat. serm. vet rell. p. 72 f. Bergk, de carm. Sal., Marburg 1847. 4.
Corssen, origg. poes. rom. p. 43. 55— 86.
4. Quintil. I, 10, 20: versus quoque Saliomm habent Carmen.
6. üeber den ganzen Saliercult s. Scheiffele in Fauly's Beal-Enc. VI,
1. S. 688—694. Becker-Marquardt, röm. Alterth. IV. S. 369—380. Ueber
Mars als Sonnengott s. Bergk, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1866, S. 143 f. vgl.
Corssen 1. 1. p. 28 — 36 und in Aufrecht und Euhn*8 Ztschr. U. S. 1—36.
Schwegler I. S. 228 ff. (Gott des Wachsthums).
6. In der Zeit des Verfalls der alten Religion wurden auch preisende
Erwähnungen von Fürsten in das Salierlied aufgenommen, wie des August
(Dio LI, 20. Mon. Anc. II, 19), Germanicus (Tac. A. II, 83. vgl. Henzen
6382), Verus (Jul. Cap. M. Ant. 21).
oo
63. Die arvalische Brüderschaft, welche im Mai, kurz
vor der Ernte, einen feierlichen Flurumgang hielt, hatte gleich-
falls ihre feststehenden uralten Ritual-Lieder, von welchen eines,
sammt dem Protokoll einer Zusammenkunft dieses CoUegiums
aus der Zeit des Heliogabalus, auf uns gekommen ist. Es wurde
mit lebhafter orchestischer Bewegung (tripudium) und im
Wechselgesang vorgetragen.
f
'^ 62—64. Carmen saliare. Arvalische Brüderschaft. 107
! 1. Die zwölf fratres arvales bedeuten wohl die zwölf Monde, die Söhne
derselben Sonne. Vgl. über sie bes. W. Hertzberg, de ambarvalibus et
ambnrbialibuB, in Jahn's Archiv Y. S. 414 ff. £. Hoffmann, d. Arvalbrü-
der, Breslau 1858. 4. (auch in denVerhandl. der Bresl. Phil.-Yers. S. 67 ff.).
Vgl. L. Preller in Jahns Jahrbb. 79, S. 547 f. Mommsen in d. Grenzboten
1870, I. S. 161—178.
2. Der im J. 1777 zu Rom gemachte Fund ist herausgegeben yon Ma-
rini, gli atti e monumenti de* fratelli arvali, scolpiti giä. in tavole di marmo
ed ora raccolti, diciferati e commentati, Rom 1795. 2 Voll. 4. (Fascimile
II. p. 668 und bei Ritschi F. L. M. E. XXXVI A.) und seitdem oft abge-
druckt und erläutert, z. B. G. Hermann, El. d. metr. p. 613 ff. Orelli
Inscr. I. p. 388 ff. ygl. IL p. 444. R. H. Klausen, de carmine fratrum arva-
lium, Bonn 1836. Corssen, Origg. p. 86 ff. Th. Bergk, Zeitschr. f. Alt. W.
1856, Nr. 17 — 19. Melchiorri, Appendice agli atti e monumenti de* fratelli
Arvali, Rom 1855.' 4. W. Henzen, frammenti di tavole arvaliche, Annal.
deir inst. arch. XXX (1858) p. 47 — 53. De Rossi, vicende degli atti de'
fratelli arvali, ed un nuovo frammento di essi, ebds. p. 54 — 79. Corp. Inscr.
lat. I, 28. p. 9 f. Borghesi, Oeuvres IV. p. 394 ff,
3. Neuer Fund von acta der fratres arvales J. 1866 u. 1867 beim
fünften Meilenstein der via Portuensis, in der Vigna Ceccarelli; zuerst
72 Zeilen, enthaltend die Acten des CoUegiums von Oct. 58 bis März 59
n. Chr. Vgl. Rossi, Bull. d. archeol. cristiana 1866, p. 63—62. W. Hen-
zen, im Hermes H. S. 37—65 imd Th. Mommsen, ebds. S. 56 — 64. Dann
29 Bruchstücke, reichend vom J. 38 bis ungefähr 250 n. Chr. ; s. W. Henzen,
scavi nel bosco sacro dei fratelli arvali; relazione etc. Rom 1868. fol.
(Annali dell' inst, arch, XXXIX), p. 1—99; nebst Nachtrag im Bull, deir
inst. arch. 1869, p. 81 — 121. Vgl. 0. Hirschfeld in d. Götti. gel. Anz. 1869,
S. 1497—1617. A. Klügmann im Philologus XXVIII. S. 469 — 494. Grenz-
boten 1869, II. S. 481—498.
64. So hatten sicherlich auch noch andere kirchliche Kör- 56
perschaften ihre uralten Lieder und Litaneien. Ausserdem gab
es alte Sprüche und Weissagungen im satumischen Mass^ welche
der Volksglaube auf Faunus, Carmentis u. A. zurückführte und
welche theilweise schon frühzeitig gesammelt, noch mehr aber
gefälscht wurden.
1. Ennius Ann. y. 222 V.: versibus quos olim Fauni vatesque cane-
bant. Fest. p. 325: yersus antiquissimi, quibus Faunus fata cecinisse
hominibus videtur, Satumii appellantur. Ebenso gab Carmentis ififiixQovg
XQTi^ttovg (Plut. quaest. rom. 66), nämlich im Satumius (Varr. L. L. VII,
88). Similiter Marcius et Publicius vates cecinisse dicuntur (Cic. de diy. I,
60, 116). Hör. Ep. U, 1, 26: annosa volumina vatum, und dazu Porphyrio:
veteres libros Marci yatis Sibyllaeque et similium. Vgl. Fest p. 326,
b. M.: ex libris sibyllinis et yaticinio Marci yatis. Corssen, Origg.
p. 6—16. 162.
2. Marcius (Cic. 1. 1. Liy. XXV, 12. Macrob. Sat. 1, 17. Plin. N. H.
108 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
VII, 33. Porphyr. 1. 1. vgl. Fest. p. 165: Cn. Marc.) lebt<;, unbestimmt wie
lange, vor dem zweiten punischen Kriege (vates hie Marcius illustris
fuerat etc. Liv. 1. 1.). Von mehreren dieses Namens sprechen Cic. de div.
I, 40, 89 (Marcii fratres, nobili loco nati). II, 55, 113 (nee Pablicio nescio
cui, nee Marciis vatibus). Serv. Ae. VI, 70. Syramach. Ep. IV, 34: Marcio-
mm vatam divinatio caducis corticibus inculcata est. Vgl. unten 82, 4.
Reduction der Proben bei Liv. 1. 1. auf Saturnier von'Westphal, Form d.
ält. röm. Poesie S. 58.
57 66. Ritualvorschriften, Gesänge und Gebete im umbrischen
und zugleich im lateinischen Dialekte enthalten die sieben im
J. 1444 in der Stadt Gubbio (Iguvium, umbrisch Ikuvi) gefundenen
Tafeln (tabulae iguvinae) von verschiedenem Alter. Satur-
nischer Rhythmus mit Alliteration tritt darin theilweise • unver-
kennbar zu Tage.
1. Erste vollständige Veröffentlichung 1723 durch Bonarota in Demp-
sters Etruna regalis. — Lanzi, Saggi di lingua Etrusca Vol. III. B. Lep-
siuB, de tabulis eug;ubini8 (Berlin 1833), im Rhein. Mus. II (1834) S. 191 ff.
und: Inscriptiones umbriacae et oscae, ad ectypa monumentorum confectae,
Lips. 1841. mit Atlas. G. F. Grotefend, Eudimenta linguae umbricae^ Han-
nover 1835—39, VIII Partes, u. in Pauly's Real-Enc. IV. S. 95—103. C.
Lassen, Beitrage zur Deutung der eug. Tff., im Rhein. Mus. I (1833). S. 360 ff.
und II. S. 141 ff. S. Th. Aufrecht und A. Eirchhoff, die umbrischen
Sprachdenkmäler, mit 10 lithogr. Taff. Berlin 1849—1851. 4. 2 Bde. Ph. E.
Huschke, die iguvin. Tafeln nebst den kleineren umbr. Inschriften, Leipzig
1859. 8.
2. SatunuuB und Alliteration, s. G. F. Grotefend in Pauly's Real-Enc. IV.
5. 98. 99. 100. Westphal, älteste röm. Poesie S. 57 f.
b) Politisch-Historisches.
58 66. Bundesverträge aus der Königszeit sind 1) der apo-
kryphe hundertjährige des Romulus mit den Vejentern; 2) das
Bündniss des TuUus Hostilius mit den Sabinem; 3) das des
Servius Tullius mit den Latinem; 4) der Friedensschluss des .
Tarquinius (Superbus?) mit Gabii.
1) Dionys. Antiq. II, 55: atriXais ivBxtxQa^B rag hp^oXoyCag, nach griechi-
scher Sitte.
2) Dionys. III, 33: cxriXag dvtiyodtpovg ^ivreg, vgl. Hör. Ep. II, 1, 24 f.
3) Dionys. IV, 26: tpa firjSelg XQ^^og avtovg d(pavtari atYjlrjv xatacTx«v-
daag xttluriv iyQarpsv iv zavtji etc. und sie war yQaiifidizaiv ^x^vaa x^9^'
TizriQag ilXrivtyimv, otg to icaXatov 17 'EXXag ixQciTO. Vgl. Plin. ep. VIII,
6, 14: incisa et insculpta sunt publicis aetemisque monumentis . . sie quasi
foedera antiqua, sie quasi sacrae leges.
4) Geschrieben auf dem Fell des dabei geopferten Stieres, yQtxfiiiccaiv
C5— 68. Tabulae iguvinae. Foedera regnm. Leges regiae. 109
a^jjrai'xoeg, und im Tempel des Sancus aufbewahrt, Dionys. IV, 58. vgl.
Paul. Diac. p. 56 M. Hör. l. 1. Gegen die Beziehung auf den letzten Tar-
quinius ist Mpmmsen R. Gesch. I. S. 143. Vgl. auch Schwegler I. S. 18 f.
A. 2. S. 21. 37, A. 9. 43 E. 789.
67. Aus der ältesten Zeit der Bepublik finden wir 1) die 59
Urkunde des Schifffahrts- und Handelsvertrags mit Karthago^
angeblich aus dem ersten Jahre der Republik; 2) Vertrag mit
Konig Porsena; 3) Bündniss mit den Latinem vom J. 261 d. St.;
4) Foedus Ardeatinum aus dem J. 310. Dazu noch 5) die lex
tribunicia prima vom J. 261 d. St. und 6) die lex Icilia de
Aventino publicando^ vom J. 298 d. St.
1) Polyb. III, 22: Siad'ri'Kai . . a^ nctd"' oaov tjv dvvaxov dKQißiaxaxa
diSQfiTivsvaavtsg rmeCg vnoyeyQatpafisv. ri\Xi%avxri yäq rj diacpoQa yiyovs
xrjg dtaXs%xov mal nagä *Pci)na£oig xifg vvv n(f6g xr^v ciQxaiav Scxs xovg
awsxoDxdxovg ivia fioXig i^ Iniaxdatmg disvriQiVBiv. Aus einem Mi&sver-
ständnisse des Polyb. erklärt (und als erster Vertrag der des J. 406 d. St.)
von Th. Mommsen, Rom. Ohronol. S. 320—325, 2. Aufl., unter Zustinunung
von J. Aschbach, Sitzungsber. der Wiener Akad. XXXI. S. 421—428, A.
Schäfer, Ehein. Mus. XV. 8. 396 f. 488. XVI. S. 288—290; dagegen be-
kämpft von E. Müller, Verhandl. d. Frankfurter Philologenvers. (1861) S.
79—92, und H. Nissen, in Fleckeisen's Jahrbb. 96, S. 321—332. Vgl. auch
P. J. Röckerath, foedera Romanorum et Oarthaginiensium critica ratione
illnstrantur, Münster 1860. 74 pp. H. Nissen, de pace a. 201 a. Chr.
Cartbaginiensibus data, Marburg 1870. 4.
2) Plin. N. H. XXXIV, 14, 139: in foedere quod expulsis regibus
populo rom. dedit Porsena nominatim comprehensum invenimus ne ferro
nisi in agricultura uterentur.
3) Cic p. Balb. 23, 53: foedus . . quod quidem nuper in columna ahe-
nea meminimus post rostra incisum et perscriptum fuisse. Vgl. Liv. II,
33. Fest. p. 166 M.
4) Liv. IV, 7.
5) Fest. p. 31^, 30.
6) Liv. m, 31. Dionys. X, 32.
68. Die sogenannten leges regiae, angeblich Verordnun- eo
gen und Entscheidungen welche von den römischen Königen
ausgiengen, in ihrer Form zum Theil Alterthümlichkeit anstre-
bend und von sacralem Charakter, sind uraltes Gewohnheitsrecht,
erst später aufgezeichnet und willkürlich unter die einzelnen
Könige vertheilt.
1. H. E. Dirksen, Versuche zur Kritik u. Auslegung der Quellen des
röm. Rechts (1823), S. 234—358. W. Rein in Pauly's Real-Enc. IV. S.
994 f. Schwegler I. S. 23—27. vgl. S. 572, A. 1. 664, A. 8.
110 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
^^ 69. Die Sammlung dieser angeblichen leges regiae hiess
nach ihrem Urheber ius papirianum. Da das älteste ius civile
mit dem ius sacrum zusammenfallt, so liess sich als Inhalt jener
Sammlung, im Hinblick auf einzelne Bestimmungen in derselben,
mit einigem Rechte das ius civile bezeichnen, genauer aber be-
stand sie aus sacralen Normen. Oeffentlichen Charakter scheint
die Sammlung nie gehabt zu haben.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 2: quae omnes (leges regiae) conacnptae
exstant in libro Sexti Papirii, qui foit illis temporibus quibns Superbns. . .
is liber appellatnr ius civile papiriannm . . qnod (Papirins) leges sine or-
dine latas in unum composuit. ib. §.56: fuit in primis peritus (iuris) P.
Papirius, qui leges regias in nnum contulit. Schwanken über die Person
und Zeit des Pap., s. Schwegler I. S. 24 f. A. 5. Inhalt nsQl t&v tsQmv
nach Dionys. III, 36. Des Granius Flaccus liber de iure papiriano citiert
Paulus Dig. L, 16, 144. Vgl. W. Rein in Pauly's Real-Enc. IV. S. 660 f.
6- 70. Die commentarii regum nehmen den Schein als ob
sie von (den) Konigen aufgezeichnet wären nur mit Unrecht
für sich in Anspruch, mögen aber Bestimmungen über könig-
liche Functionen enthalten haben,, welche, der Sache nach uralt,
in der historischen Zeit, niedergeschrieben und gesammelt wurden.
1. Cic. p. Bab. p. r. 5, 15: ex annalium monumentis atque ex regum
commentariis. Besonders commentarii Numae (Liv. I, 31), welche Ancus
Martins in album elata proponere in publico iubet (Liy. I, 32. vgl. Dionys.
III, 36). *Tjio(ivripLata Novna (Plut. Marceil. 8) = libri Numae (Piso bei
Plin. N. H. XXVin, 4) = leges Numae (Serv. Aen. VI, 860) = lex Pom-
pilii regi^ in Pontificum libris (Festus p. 189 M.). Ebenso commentarii
Serrii Tullii (Liv. I, 60) >» descriptio classium (Festus p. 246. 249 M.), dem
Inhalte nach auch = censoriae tabulae (Cic. orat. 46, 166).
2. Schwegler I. S. 27 f. vgl. 646, A. 2,
3. Anderer Art sind die auf einer Unterschiebung oder Mystification
beruhenden Bücher Numas von religionsphilosophischem Inhalte, welche im
J. 673 d. St, ausgegraben wurden ; s. Yarro (de cultu deorum) bei Augustin.
civ. dei VII, 34, E. v. Lasaulx, über die Bücher des K. Numa, Abhandl.
der bair. Akad. phil. Cl. V. S. 83 ff. und dagegen Schwegler I. S. 664 — 668.
63 71. Den ausgedehntesten Gebrauch von der Schreibekunst
machten die Priester/ und zv^ar theils in Bezug auf ihren un-
mittelbaren Wirkungskreis, den Gottesdienst und dessen Ritual;
sov^ie das geistliche Recht (libri pontificii oder pontificum
u. dgl.), theils über denselben hinaus durch Aufzeichnungen
von Vorkommnissen Staats- und sacrabechtlicher Art welche als
Vorgänge für künftige Fälledienten (commentarii pontificum).
69 — 72. Leges regum. Libri und commentavii pontificum. Fasti. Hl
1. ünbeatimmte Anführungen (pontifices dicunt, docent, apud p. legi-
mu8 etc.) Varro L. L. V, 23. Colmn. II, 21, 5. Macrob. Bat. HI, 20, 2.—
Val. Prob, de notis 1 (Grammat. lat. ed. Keil IV. p. 271, 9): in legibus
publicis pontificumque monumentis.
2. Pontificum libri, Cic. de or. I, 43, 193. Hör. Ep. II, 1, 26. Fest,
p. 189, a, 9 M.: testimonio esse libros pontificum, in quibus sit etc. Ma-
crob. Sat. I, 12, 21. — pontificii libri, Varr. L. L. V, 98. Cic. Rep. II, 31,
64. vgl. N. D. I, 30, 84. Fest. p. 356. — pontificales libri, Sen. epist.
108, 31. Serv. Verg. Ecl. V, 66. Ge. I, 21. Ae. XII, 603. vgl. Lyd. mens.
rV, 20. -— libri sacri, Serv. 6e. I, 272. libri sacrorum. Fest. p. 141. Ein
Tbeil davon waren wohl die indigitamenta (eig. Anrufungsformeln),, i. e.
pontificales libri, Serv. Ge. I, 21.
3. Commentarii sacrorum (pontificalium) , Fest. p. 165. 286. 360. —
commentarii pontificum, Cic. Brut. 14, 65. p. dom. 53, 136. Liv. FV, 3.
VI, 1. Plin. N. H. XVIII, 3. Quintil. VIII, 2, 12. — tsgotpavt^v yqatpaC,
Dionys. Vill, 56. tsQccl Siltoi, ib. I, 73. teQcti ßißloi, ib. X, 1.
4. Ambrosch, observationes de sacris Rom. libris, Part. I. Bresl. 1840. 4.
und: über die Beligionsbücher der Kömer, Bonn 1843. Seh wegler I.
S. 31—34.
72. Die Pontifices^ als Inhaber der Zeitmesskunst ^ führten 64
auch die fasti, da« Verzeichniss der Spruch- oder Gerichts-Tage
(dies agendi, dies fasti), als Bestandtheü der Monatstafel (Ka-
lendarium), mit Aufzählung der auf jeden Tag fallenden Feste
und Spiele, Märkte, Opfer u. dgl., woran sich allmählich, aus-
gehend von den Jahrestagen trauriger Ereignisse, auch sonstige
kurze Notizen über geschichtliche Vorkommnisse anschlössen,
sowie Bemerkungen über den Aufgang von Sternbildern. Seit
der Preigebung dieser fasti (unten 86) wurden auch von Privat-
personen fasti auf Tafeln und in Büchern veröffentlicht und
zum Gegenstande gelehrter Erläuterung gemacht. Nach Ein-
führung der julianischen Zeitrechnung (709 d. St.) kam die
Veröffentlichung wieder in offieielle Hände, jetzt des Imperator
als pontifex maximus. Wir besitzen aus dieser Zeit eine Anzahl
auf Stein gegrabener oder geschriebener (gemalter) Kalender-
bruchstücke aus Rom und itaHschen Städten, und vom achten
Jahrhundert d. St. bis in die Zeit des Claudius herabreichend.
Als die neue Zeitrechnung sich eingelebt hatte wurde wieder
Baum für die Privatindustrie. Erhalten sind noch zwei voll-
ständige Kalender, ein amtlicher des vierten Jahrhunderts, ge-
schrieben von Furius Dionysius Philocalus (aus dem J. 354 n.
Chr.), und eine christliche Umarbeitung des amtlichen Kalenders,
verfasst von Polemius Silvius (aus J. 448 f. n. Chr.).
112 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
1. Varro L. L. VI, 4. p. 210 Sp.: dies fasti per quos praetoribus
omnia verba sine piaculo licet fari. contrarii horum vocantur dies nefasti,
per qnofl dies nefas fari praetor em Do, Dico, Addico. itaque non potest
agi. Vgl. ib. 7. p. 229. Ovid. Fast. I, 48. Liv. I, 19 extr.: idem (Numa)
nefastos dies fastcsque fecit. — Suet. Caes. 40: fastos correxit, iam pridein
vitio pontificum per intercalandi licentiam turbatos »= Einführung der
julianischen Zeitrechnung; vgl. Aug. 81. Capit. M. Antonin. 10: fastis dies
iudiciarios addidit. — Petron. Sat. 30: altera (tabula in poste triclinii de-
fixa habebat inscriptum) lunae cursum stellarumque septem imagines pictas,
et qui dies boni quique incommodi essent distinguente buUa notabantur. —
Cic. Phil. II , 34, 87 : adscribi iussit in fastis ad Lupercalia: C. Caesari . .
M. Antonium . . regnum detulisse, Caesarem uti noluisse. Bei Domitians
Regierangsantritt wurde eine Senatscommission niedergesetzt qui fastos
adulatione temporum foedatos exonerarent, Tac. H. IV, 40. Vgl. C. I. lat.
I. p. 377 b.
2. Fulvius Nobilior in fastis quos in aede Herculis Musarum posuit,
Macrob. Sat. I, 12. vgl. 13 extr. Varro L. L. VI, 4. p. 213 Sp. Censorin.
d. n. 20. 22. Charis, I. p. 112 P. = 138, 16 K.
«
3. Verrius Flaccus statuam habet Praeneste, in superiore fori parte,
circa hemicyclium in quo fastos a se ordinatos et marmoreo parieti incisos
publicarat, Suet. gramm. 17. Theilweise erhalten in den fasti praenestini;
s. unten A. 8, 10. Vgl. Mommsen, C. I. lat. I. p. 363, a. Nachgrabungen des
J. 1863 constatierten dass das hemicyclium worin nach Foggini diese fasti
gefunden wurden nicht das des Verrius Flaccus ist. Vgl. Henzen im Bull,
arch. April 1864.
4. Fasti als Bücher (Fest. p. 87, 19. Ovid. Fast. I, 667) verfassten
Junius Gracchanus, Cincius, Cornelius Labeo, Ovid, Nisus, Masurius Sabi-
nus, Julius Modestus (de feriis) u. A. Festus p. 67. Macrob. Sat. I, 11
extr. Merkel vor seiner Ausg. der Fasti des Ovid p. LIII. Mommsen C. I.
lat. I. p. 363. — Astronomische Fasten von Clodius Tuscus, Merkel 1. 1. p.
LXVI ff. — Aus der griech. Literatur Joh. Lydus de mensibus.
5. Sammlungen der epigraphischen fasti durch Jucundus; J. Mazochi
(1509?); Aldus Manutius vor T. III seiner 2. u. 3. Ausg. des Ovid; Ge.
Fabricius (1687). Vgl. C. I. lat. I. p.^293. Grftvius Thesaur. VIII. P. F.
Foggini, Fastorum anni rom. a Verrio Flacco ordinatorum reliquiae u. s. w.
Rom 1779 fol. Daraus in Orelli Inscrr. II. p. 379 ff. Vollständige und
kritische Sammlung dieser hemerologia und menologia durch Th. Monmi-
sen, C. I. lat. I. p. 293 — 360. Dazu sachliche Commentarii, ib. p. 361 -—
412. Vgl. dessen Rom. Chronologie S. 208 ff. (2. Aufl.), auch Ideler, math.
Chronol. IL S. 136 ff. Ph. E. Huschke, römische Studien I (Breslau 1869):
das alte römische Jahr und seine Tage.
6. Nur das in unsem Steinkalendem mit grosser Schrift Geschriebene
gehört zum ältesten röm. Festkalender (wahrsch. ursprünglich ein Bestand-
theil der XII Tafeln); alles mit kleiner Schrift Beigesetzte ist späterer
Nachtrag. Th. Mommsen, im Rhein. Mus. XIV. S. 82 f. 86. C. I. lat. I.
p. 361 f. Die Auszüge aus dem amtlichen Kalender sind auf den erhal-
72. Fasti als Kalender. 113
tenen mit Willkür und ünkenntniss gemacht. Mommsen C. I. lat. I.
p. 363, b.
7. Mommsen, die neuen Fragmente der Jahrtafel des latinischen
Festes (feriale), im Hermes V. S. 379—385. Sie beziehen sich auf die Jahre
304—306, 537—542, 652—654 d. St. und J. 40—43 n. Chr.
8. Erhaltene hemerologia, nach ihrer Entstehungszeit geordnet:
1) Pincianum (aus Juli, Aug., Sept.), zwischen 723 und 725 d. St. oin-
gehauen, Orelli p. 418. C. I. lat. I. p. 298.
2) Allifanum (aus Juli und Aug.), vor 725 eingehauen. Orelli p. 413.
C. I. p. 299.
3) Tusculanum, vor 734 geschrieben; C. I. p. 300.
4) Venusinum (Mai u. Juni), wohl aus 726. Or. p. 412 f. C. I. p. 360 f.
5) Sabinum (aus Oct.), nach 735 eingehauen, C. I. p. 302.
6) Kalendarium der fratres arvales vom J. 742 (752) — 767, enthaltend
Theile des August, September, October, November und 23 April; grosse
Aehnlichkeit mit Nr. 14. W. Henzen, Relazione (1868) p. 83—93.
7) Maifeianum, Marmortafel, zwischen 746 und 757 geschrieben. Orelli
1. p. 382 ff. 411. C. 1. p. 303—309. Merkel zu Ovid's Fast. p. XII ff. Vgl.
p. XVII— XXI. LH.
8) Esquilinum (aus Mai u. Juni), vor 757 verfasst. Or. p. 412. C. I. p. 310.
9) Feriale Cumanum, bis 739 reichend, eingehauen nach 757. C. I.
p. 310. 0. Eellermann in 0. Jahns Spicil. epigr. p. 3 ff. 21.
10) Praenestinum des Verrius Flaccus, geschrieben zwischen 752 u.
763 (10 n. Chr.) mit Nachträgen bis 774 (21 n. Chr.), enthaltend Januar
bis April u. December; bei Foggini 1. 1. Orelli 11. p. 379 ff, 408 ff. C. I.
p. 311—319.
11) Vallense (Aug. u. Sept.), geschrieben nach 760 (7 n. Chr.) und vor
767 (14), mit Nachträgen bis 784 (31). Orelli I. p. 413. C. I. p. 320 f.
12) Ostiense, geschrieben noch vor dem Tode des August (767), C. I.
p. 322. G. B. de Rossi, Bull. arch. 1860, p. 71—80.
13) Vaticanum (aus März, Apr., Aug.), geschrieben nach 768 und vor
787, Orelli p. 412. C. I. p. 322.
14) Amiterninum (aus Mai bis Dcbr.), geschrieben nach 769 (16 n. Clir.)
und wahrscheinlich vor 772 (19), Orelli p. 412. C. T. p. 323—325.
16) Pighianum, geschrieben zwischen 784 und 790 (31 — 37), in den
letzten Jahren des Tiberius, C. I. p. 326.
16) Antiatinum (aus den letzten 6 Monaten), reichend bis 19 n. Chr.,
eingehauen J. 804 (51), unter Claudius. Orelli p. 413. Henzen 6445. 0.
I. p. 327—329.
17) Farnesianum (aus Febr. u. März), Orelli p. 412. C. I. p. 330.
18) Urbinas, C. I. p. 330.
19) aus der aedes Concordiae zu Rom,
20) aus der via Gratiosa zu Rom; Nr. 17—19 noch wahrscheinlich aus
der Zeit der julischen Dynastie; C. T. p. 331.
TitüPTEii, Rftm. Literatnrgeichiobte. 2. Aufl. 8
1 14 Die fünf ersten Jabrh. d. St.
9. Den amtlichen Kalender der Mitte des vierten christl. Jahrb. achrieb
am Ende des J. 354 der Kalligraph Furius Dionysius Philocalus in Rom
ab, stattete ihn mit zahlreichen Bildern aus und widmete seine Arbeit
einem Yalentinua. Sie ist in zwei Exemplaren erhalten, von welchen das
eine (Peiresciannm, saec. 8 oder 9) wieder verloren gieng und nur in zwei
Abschriften des 17 saec. (in Brüssel und der Vaticana) noch existiert; vom
zweiten (saec. 9), ursprünglich in Strassburg, jetzt in Bern, ist nur der
December noch vorhanden, dafür aber zu Wien eine vollständige AbschritT.
aus 1480. Oefters herausgegeben, z. B. von Lambecius, Bibl. Caesarea,
Append. comm. 1. IV (Wien 1671) p. 271 — 302, X. Schier, Kalendarium
Furii D. Ph., Wien 1781. Montfaucon, Antiq. Suppl. I. p. 25—37. Grävius
Thes. Vlll. p. 95—113. Bes. aber Th. Mommsen, C. I. lat. I. p. 334—366.
Dazu dessen Abhandl. über den Ohronographen des J. 354, in den Abhaudi.
der Sachs. Ges. d. W. II (1850) S. 650—561 (Handschriften). 565—571. 607 f.
und die üebersicht im C. I. lat. I. p. 332 f.
10. Der Kalender des Polemius Silvius ist geschrieben J. 448 f. unter
Yalentinian III und gerichtet an den Bischof Eucherius (f zu Lyon um 450).
In seinem christlichen Eifer hat der Verfasser alles an dem alten Kalender
was ihm nach heidnischem Aberglauben aussah weggelassen, dafür aber
geschichtliche Data, grammatische und meteorologische Bemerkungen u. dgl.
aus seinem eigenen Wissen hinzugethau. Erhalten in einer Brüsseler Hand-
schrift; abgedruckt in Henschen's Acta sanctorum, Juni, VII (1717) p. 178
—184 und daraus in Migne's Patrologia XIII (1845) p. 676 ff.; jetzt (je
neben dem des Philocalus) von Th. Mommsen, C. I. lat. I. p. 335 — 357.
Dazu dessen Abb. über den Laterculus des Polemius Silvius, in den Abhh.
der sachs. Ges. d. W. III (1853) S. 231—277, vgl. dessen Abb. über Cassio-
dor, ebds. VUI. S. 694 — 696, und die Zusammenstellung der Ergebnisse im
C. I. lat. I. p. 333, b.
11. Ausserdem ist ein ländlicher Monatskalender, mit Angabe der
ländlichen Geschäfte, Feste, der Länge des Monats und Tages u. s. w. (me-
nologium rusticum) in doppelter, materiell nicht verschiedener Fassung er-
halten: menol. rust. Colotianum und Vallense, abgedruckt zuletzt C. I. lat.
1. p. 368 f. vgl. Grävius Thes. VIII. p. 19 ff. Orelli Inscr. II. p. 380 f.
65 73. Von den Tages- (und Monats-) Verzeichnissen her
wurde der Name f asti übergetragen auch auf Jahresverzeichnisse
mit Angabe der eponymen Magistrate jeden Jahres (fasti con-
sulares), der in jedem Jahre gehaltenen Triumphe (fa^ti triumpha-
les), der jeweiligen Priester (fasti sacerdotales). Auch von fasti
in dieser Bedeutung des Wortes sind Ueberreste auf uns ge-
kommen, unter denen die fasti capitolini weitaus die wichtig-
sten sind.
1. Fasti als Verzeichnisse bes. von Behörden z. B. Liv. IX, 18: in an-
nalibus magistratuum fastisque. Cic. in Pis. 13, 30: hos consules fasti ulli
ferre possunt? ad Brut. I, 15: in fastis nomen adscribitur; vgl. Tac. A. III,
72 f. Fasti als Kalender u. MagistratsverzeichnisBe. 115
17: e faatifi rädere. Trebell. Gallien. 15: Gallienum tyrannum in fastos
publicoß rettulenint.
2. Fasti capitolini, so genannt von der jetzigen Aufbewahrung der
aufgefundenen Bruclistücke auf dem Capitol; im 16. u. 19. Jahrb. zu Rom
in der Nähe des Forum ausgegraben; ursprünglich auf der marmornen
Wand des Castortempels oder der regia eingegraben, und zwar zuerst nach
718 und vor 724 d. St. (weil der Name des M. Antonius und seines Gross*
Vaters ausgelöscht ist, in Folge des SC. von 724, und dann wieder herge-
stellt), darauf fortgesetzt nieht vor J. 742; die Magistrate von 742 bis 766,
sowie die Säcularspiele bis 841 wurden wahrsch. unter Domitian hinzuge-
fügt. Weitere Fortfuhrung dieses amtlichen Verzeichnisses mochte wegen
der geschwundenen Wichtigkeit des Consulats und des Häufigerwerdens
der Jahresbezeichnung nach der trib. pot. der Kaiser nicht als dringlich
erseheinen; in den Municipien aber hatte man fortwährend Interesse dafür;
vgl. die fasti Caleni zum J. 289 n. Chr. bei Orelli-Henzen 6447. Über die
Geschichte dieser amtlichen fasti, ihre Entdeckung und Veröffentlichung s.
W. Henzen im C. I. lat. I. p. 415—425.
3. Die fasti capitolini waren ein Verzeichniss der aufeinander folgen-
den Consuln, Censoren, Dictatoren und magg. e^^q. (fasti consulares nach
dem Hauptinhalt), sowie (auf den Pfeilern zur Seite der Hauptwand) der
vorgekommenen Triumphe (f. triumphales). Letztere reichen von Romulus
bis zum J. 735 d. St., und auch die ersteren erstreckten sich wohl ursprüng-
lich auf die Königszeit mit. Der Chronograph des J. 354 (Anon. Noris.)
ist der letzte Schriftsteller von welchem directe Benützung dieser fasti
sich erweisen lässt.
4. Abdruck der Fasti capitolini mit Ergänzungen z. B. von J. G. Baiter,
Zürich 1838, u. bes. von W. Henzen im C. I. lat. I. p. 425—442, wozu An-
merkungen ib. p. 443 — 451. Die acta triumphorum ib. p. 463—461, nebst
den commentarii, ib. p. 462 — 464. Eine vergleichende Zusammenstellung
der Angaben der Schriftsteller und Fasten über die J. 245—766 d. St. von
Th. Mommsen ib. p. 483 — 552.
5. Ausserdem 16 kleinere Bruchstücke von Consular- und Triumphal-
Fasten aus der Zeit der Bepublik und des Augustus herausgg. u. commen-
üert von W. Henzen, C. I. lat. I. p. 465—479. Bes. wichtig darunter die
fasti Venusini (früher Capuani), Nr. VI, p. 467 — 471, abgedruckt auch
bei Mommsen. 1. R. N. 697; sowie die barberinischen Triumphalfasteu, C. 1.
lat. T. Nr. XVI, p. 477—479.
6. Fasti der fratres arvales von J. 752—790 d. St., enthaltend die Con-
suln und den praetor urb. und peregr. d. J., bei W. Henzen, Eelazione (vgl.
oben 63, 3) p. 94 — 99 (frammenti di fasti civili).
7. In die Sacerdotalfasten wurden die Einträge alljährlich gemacht,
wie aus der verschiedenen Schrift derselben erhellt; s. Orelli-Henzen 6063.
6058. Th. Mommsen, Sacerdotalfasten aus Bovillä, Ztschr. f. Alt. Wias.
1845, Nr. 65, S. 513— 517. B. Borghesi, frammento di fasti sacerdotali, und
sul fi-ammento di fasti sac. ritrovato nella Basilica Giulia, Memorie ITI.
p. 155—225. Monumenti etc. 1856, p. 48—52. = Oeuvres HI. p. 391 ff.
8*
116 Die fönf ersten Jahrh. d. St.
66 74. Von den ursprünglicli nicht zur Veröflfentlichimg be-
stimmten Aufzeichnungen der Priester sind zu unterscheiden
die von Anfang an mit Rücksicht auf die Veröffentlichung ab-
gefassten annales pontificum, vom Pontifex maximus ge-
führt (aber nicht desshalb annales maximi genannt), indem dieser
alljährlich eine weisse Tafel öffentlich aufstellte worauf die denk-
würdigen Ereignisse des Jahres, besonders auch (seit J. 505
regelmässig) die Prodigien, in kürzester Fassung verzeichnet
wurden. Wer Lust hatte mochte sich davon Abschriften neh-
men. Diese Sitte war eine sehr alte und bestand bis ins siebente
Jahrhundert d. St. hinein. Als aber die Aufzeichnungen und
Veröffentlichungen dieser Art durch Schriftsteller immer häu-
figer wurden, fand man jene amtlichen entbehrlich. Wie man
sie jetzt zusammenstellte und ihnen Buchform gab bildeten sie
eine Sammlung von 80 Büchern. Indessen da ihr Aufbewahrungs-
ort, die Amtswohnung des Pontifex maximus (Regia), wiederholt,
die ganze Stadt aber durch die Gallier (J. 364 d. St.) in Flam-
men aufgieng, so können äie auf die älteren Zeiten bezüglichen
Theile jener Sammlung nur aus der Erinnerung nachgearbeitet
und daher minder glaubwürdig gewesen sein, und was über die
ältesten Zeiten nachträglich aufgenommen wurde war ohnehin
nur freie Dichtung.
1. Paul. Diac. p. 126: maximi annales appellabantur non (? vgl. Häb-
* ner S. 419) [a] magnitudine, sed quod eos pontifex maximus confecisset;
vgl. Serv. Ae. I, 377 (s. A. 2). Macrob. Sat. III, 2, 17 und Cic. Legg. T,
2, 6: annales pontificum maximornm, sowie (nach ihm) Qnintil. X, 2, 7:
pontificum annales. Vgl. 6 naga xotg dgitegsvai (nach Niebuhrs Verbesse-
rung statt ayxtffTfvfft ; bei dem jedesmaligen pont. max.) neifisvog nivcc^ bei
Dionys* Hai. I, 74. Annales publici bei Cic. de rep. ü, 15, 28. Diomed. III.
p. 484 E. Der Name maximi kam ohne Zweifel erst später auf, als es auch
noch andere annales, von anderen Urhebern und von kleinerem Umfang,
gab (Hübner S. 419).
2. Serv. Aen. I, 377: ita annales conficiebantur: tabulam dealbatam
quotannis pontifex maximus habuit, in qua praescriptis consulum nomini-
bus et aliorum magistratuum digna memoratu notare consueverat, domi
militiaeque, terra marique gesta, per singulos dies (mit Angabe der Tage
und in chronologischer Ordnung), cuius diligentiae annuos commentarios
in octoginta libros veteres rettulerunt eosque a pontificibus maximis, a qui-
bus fiebant, annales maximos appellarunt. Gell. N. A. IV, 5, 6: in annalibus
maximis, libro undecimo. Diese Bedaction in Buchform rührte vielleicht
gleichfalls (s. A. 3) von P. Mucius her. Hübner S. 422.
3. Cic. de or. II, 12, 52: ab initio rerum romanarum (rhetorische Ueber-
treibung und Phrase) usque ad P. Mucium pontificem maximum (ums J.
74 f. Aunales pontificum. Comm. u. libri augurum. 117
631 — 640 d. St.) res omnes siiigulorum annorum luandabat litteris pontifex
maximns referebatque in album et proponebat tabulam domi, potestas nt
CBset populo cognoscendi: ii qui etiamnunc annales maximi nominantur.
(H. Peter, bist. rom. I. p. IX ff.) Der offizielle Charakter und die Bestim-
mung für die grosse -Menge brachte auch tendenziöse Entstellungen des
Sachverhalts mit sich; s. H. Nissen, krit. Unters. S. 97 f.
4. Cato bei Gell. N. A. II, 28, 6: non lubet scribere quod in tabula
apud pontificem maximnm est, quotiens annona cara, quotiens lunae aut
solis lumini caligo aut [aliut] quid obstiterit. Vgl. Cic. de rep. I, 16, 25:
ex hoc die, quem apud Ennium et in maximis annalibus consignatum vide-
mus, superiores solis defectiones reputatae sunt. Die regelmässige Auf-
zeichnung der Prodigien durch die pontifices erfolgte aber erst seit dem
J. 605 d. St. J. Bernays, Rhein. Mus. XII. S. 436 f.
5. Livius und wohl auch Dionysius scheinen die ann. max. nicht (un-
mittelbar) benützt zu haben, s. Schwegler I. S. 8. A. 4. vgl. S. 11 f. A. 13.
Zwar sagt Dionys. FV, 30: iv zaCg iviavaioig civccyQCifpatg xara tov tsöauga
noarbv ivMvrov r^g TvXXCov agxrig tov ^AqQOvvta rfrf^fvrijxora nciQBiXri-
rpttpkfv. Doch kann er damit auch Annalisten gemeint haben; vgl. IV, 7
(L. Piso Frugi iv tccCg iviccvaioig Tc^ayiuctSLaig) und 15 (derselbe iv t^
Tcqmzri zmv iviavaCmv dvayQatpmv).
6. Nägele, Studien über altital. u. röm. Staats- u. Rechtslebou (Schaff-
liausen 1849) S. 269 ff. F. D. Gerlach, von den Quellen der ältesten röm.
Geschichte (Basel 1853). Schwegler I. S. 7 ff. Mommsen P. S. 432 f. J. G.
Hulleman, disp. critica de annalibus maximis, Amsterd. 1856. 86 pp. Lewis,
Untersuchungen über die Glaubwürdigkeit der altröm. Gesch. (übersetzt
von Liebrecht, 1858) I. Cap. IV u.*V. E. Hübner, Jahrbb. für class. Philol.
LXXIX. S. 401. 407. 411-423. H. Peter, bist. rom. L p. VIII— XXVI.
76. Wie das CoUegium der Pontifices, so hatte auch das 67
der Augum seine Bücher- (libri augurales) und Denkschriften
(commentarii augurum). Ebenso gab es libri Saliorum, com-
mentarii XVvirorum. Ausserdem hatten die einzelnen Priester-
schaffcen ihr Album oder ihre Fasten, chronologische Verzeich-
nisse der betreffenden Priester, sowie ihre Protokolle (acta) über
die vorgekommenen Amtshandlungen.
1. Libri augurum z. B. Varr. L. L. V, 21. 33, 58. VII, 51. Cic. Rep. I, 40,
63. II, 31, 64. N. D. I, 33, 72. II, 4, 11. p. dom. 15, 39. Gell. N. A. XIII,
14, 1. Fest. p. 26lJ. 322. Serv. Ae. IV, 45. IX, 20.
2. Commentarii augurum, Cic. de div. II, 18, 42. Fest. p. 317. Serv,
Ae. I, 398.
3. Libri Saliorum, Varr. L. L. VI, 14.
4. Commentarii XVvirorum, Censorin. 17, 9. 10. 11.
5. Priesterverzeichnisse , z. B. das album pontificum sutrinorum (Grutcr
p. 302, 1) u. A. bei Becker-Marquardt, röm. Alterth, IV, S. 182.
6. Fasti, Orelli Inscr. 2207. Plin. n. h. XI, 71, 186. lieber die Sacer-
dotalfasten s. oben 78, 7.
118 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
7. Acta collegii Aesculapii et Hygiae aus dem J. 153 n. Chr. bei Ürelli
2417. üeber die Acta fratrum arvalium s. oben 63, 2 f.
(58 76. Auch die weltlichen Behörden hatten ihre entsprechen-
den Aufzeichnungen ; theils solche die von ihnen verfasst wur-
den (commentarii magistratuum), theils solche deren Ge-
genstand sie waren (libri magistratuum). Erstere bezogen sich
auf die Amtshandlungen der einzelnen Behörden: commentarii
consulum, quaestorum u. a. Die wichtigsten dieser Art sind
die tabulae censoriae (ungenauer libri censorii), Listen über
den Personal- und Vermögens -Stand der römischen Bürger-
schaft, als Ergebniss des abgehaltenen Census, sowie Ueber-
sichten über das Staatsvermögen. Einen Privatcharakter und
Privatzweck scheinen dagegen gehabt zu haben die commentarii
censorum.
1. Commentarii consulum, Varro L. L. VI, 8b. Commentarium vetus
anquisitionis M. Sergii M'. f. Quaestoris, ib. VI, 90. 91. 92.
2. Tabulae censoriae, Varr. L. L. VI, 86. Cic. orat. 46, 156. de leg.
agr. 1, 2, 4. Plin. N. H. XVIII, 3. — Libri censorii, ßell. II, 10, 1. vgl.
ti(iriTt%ä yQcifiyMTtt, Dionys. IV, 22. Einsetzung der Censur J. 311 d. St.
3. Commentarii slaayoDyLKol (vgl. Gell. XIV, 7, 1) gewesener Censoreii,
in ihren Familien als Leitfaden erblich, Dionys. I, 74. vgl. unten 78, 2.
Dahin gehört auch der Saturnier oridnS consül magistrum povpuli dicat,
Vel. Long. p. 2234 P. vgl. Reifferscheid, Rhein. Mus. XV, S. 627.
4. Schwegler I. S. 28—30.
60 77. Libri magistratuum heissen die Verzeichnisse der
Behörden jedes Jahres, dergleichen wohl geführt wurden seit-
dem die Behörden jährlich wechselten. Ein Theil derselben
war auf Leinwand geschrieben und heisst daher libri lintei.
Diese waren auf dem Capitol im Tempel der Göttin der Erin-
nerung aufbewahrt und werden von Livius als eine Quelle seiner
Gewährsmänner öfters erwähnt.
l.'Liv. IV, 7: neque in annalibus priscis neque in libris magistratuum.
XXXIX, 52 (in mag. libris) vgl. IX, 18 (oben 73, 1).
2. Leinwand Schreibmaterial der alten Zeit, z. B. Liv. X, 38: ex libro
vetere linteo der Samniten. Plin. n. h. XIII, 60: postea publica monumenta
plumbeis voluminibus, mox et privata linteis confici coepta aut ceris. Fronto
ep. ad Caes. IV, 4 (p. 67 N.): multi libri lintei, quod ad sacra attinet.
Symmach. ep. IV, 84.
3. Magistratuum libri, quos linteos in aede repositos Monetae Macer
LiciniuB citat, Liv. IV, 20, 8. vgl. ib. 7, 10. 13, 7. 23, 2. Urkunden auf
76 — 79. Comm. u. libri magistratuum. Monum. priv. Lobreden. 119
diesem Material werden den gallischen Braud am wenigsten überlebt haben,
und die welche Macer arglos benützte waren daher ohne Zweifel später
nachgearbeitet. H. Peter bist. rom. I. p. CCCXLV f.
c) Monumenta privata.
78. Auch Private machten sich frühzeitig Aufzeichnungen 70
für späteren Bedarf, sowohl in Zusammenhang mit ihren Haus-
büchern als selbständig, theils über Ereignisse welche das
Granze betrafen (Stadtchroniken) theils über solche welche nur
für die jeweilige Familie oder Person näheres Interesse hatten
(Haus- und Familien -Chroniken). Während bei den ersteren
nur das Bestreben das Geschehene in der Erinnerung festzu-
halten leiten konnte, so mischte sich bei den zweiten leicht
persönliche Vorliebe und Verherrlichungstrieb ein. Die letzte-
ren werden erst begonnen haben als der Sturz des Königthums
die Bedeutung der Adelsfamilien gehoben hatte, und die älteste
derselben scheint die des fabischen Geschlechtes gewesen zu sein.
1. Privata monumenta, Liv. VI, 1.
2. Ipsae familiae sua quasi ornamenta ac monumenta servabant, et ad
usum . . et ad memoriam laudum domesticarum et ad illustrandam nobi-
litatem suam, Cic. Brut. 16, 62. Vgl. Plin. n. h. XXXV, 7: tabulina codi-
cibus implebantur et monimentis rerum in magistratu gestarum. Fest. v.
tablinum (p. 356 f. M.) : tablinnm pröxime atrium locus dicitur, quod antiqui
magistratus in suo imperio tabulis (eum implebant).
3. Nägele, Studien S. 303 ff. Schwegler I. S. 12 ff. — Anderes ö. oben
76 Ende, mit A. 3.
79. Zu dieser Gattung gehören die Ahnenlisten und Fa- 71
milienstammbäume (stemmata), die Aufschriften (indices, elogia)
unter Ahnenbildem, und die Lobreden auf gestorbene Ange-
hörige (laudationes oder orationes funebres), bei welchen allen
früh und spät über dem panegyrischen Zwecke die Wahrheit
vielfach hintangesetzt wurde.
1. Eitelkeit secundärer Geschlechter eine Verwandtschaft mit vorneh-
men nachzuweisen, und der vornehmen (wie der Antonii, lulii) ihre Ahnen
bis auf Trojaner und auf Götter zurückzufahren. Festus p. 130. 166 M.
Dionys. IV, 68. Plut. Fab. 1. Anton. 4. Num. 1. Plin. N. H. XXXV, 2, 8:
etiam mentiri clarorum imagines erat aliquis virtutum amor. Comel. Nep.
Att. 18. Suet. Caes. 6. Vitell. 1 u. a.
2. Suet. Galb. 3 : imagines et elogia generis. Vitell. 1 : extatque elogi
(nach M. Hertz, de bist. 1871, p. 10 f.) ad Q. Vitellium . . libellus. Solche
120 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
Aufschriften einer lleihe von Ahnenbildern (elogia) wurden in späterer Zeit
aus privaten und öffentlichen Quellen angefertigt, und aus ihnen schöpften
wohl hauiTtsächlich die laudationes fiinebres, soweit sie die maiores betrafen.
Dergleichen historische elogia auf Männer der Republik, aber meist aus der
Kaiserzeit, sind gesammelt und erläutert von Mommsen, C. 1. lat. I. p. 277—
280. Auch Aufschriften auf Grabmälern heissen elogia. Aufschriften auf
Statuen oder Hermen für Bibliotheken, C. I. p. 281. Anderes s. unten 81.
3. G. Curtius, über die Etymologie des Wortes elogium, Berichte der
öächs. Qes. d. Wiss. 1864, S. 1—8. A. Fleckeisen in seinen Jahrbb. 93, S.
3—9. Düntzer, in Kuhn's Ztschr. f. vergl. Sprachf. XVI. S. 275—278.
4. Vitiatam memoriam funebribus laudibus reor falsisque imaginum
titulis, dum familia ad se quaeque famam rerum gestarum honorumque
fallente mendacio trahunt, Liv. VIII, 40, vgl. IV, 16, u. Cic. Brut. 16, 62:
bis laudationibus historia rerum nostrarum est facta mendosior. multa
enim scripta sunt in eis quae facta uon sunt etc. Die Sitte solcher lauda-
tiones ist alt, Dionys. V, 17. Plut. Poplic. 9 vgl. Polyb. VI, 53 u. Cic. de
legg. II, 24, 62. vgl. de or. II, 11. Liv. II, 47^ 11 (J. 274 d. St.). Auch s.
Quintil. III, 7, 2. XI, 3, 153. Gell. N. A. Xm, 20, 17 (cum et laudationes
funebres et librum commentarium de familia Porcia legeremus). Noch M.
Aurelius und Verus laudavere pro rostris patrem, Capitol. Ant. phil. 7, 11.
5. Verhältnissmässig frühzeitig wurden solche laudationes in Bnchforiu
herausgegeben. Solche gab es von Q. Caecilius Metellus (Plin. n. h. VII,
139) auf seineu Vater Lucius (J. 533 d. St.), Fabius Cunctator auf seinen
Sohn (zwischen 547 und 551 d. St. vgl. Plut. Fab. 1), M. Claudius Marcel-
lus (Liv. XXVII, 27) auf seinen Vater (J. 546), Laelius auf den Jüngern
Africanus u. s. w. Aus späterer Zeit von Caesar, M. Brutus u. A.
6. Die erste nicht amtliche (vgl. Liv. V, 50, 7. Plut. Camill. 8) Leichen-
rede auf eine Frau (seine Mutter) hielt Lutatius Catulus (Cos. 652), Cic. de
or. II, 11, 44. Seitdem wurde auch diess Sitte (Suet. Caes. 6), wenigstens
für Frauen deren Söhne emporgekommen waren (Plut. Caes. 6). Mommsen,
zwei Sepulcralreden aus der Zeit Augusts und Hadrians, Abhandl. der Berl.
Ak. 1863, S. 465 ff. bes. S. 464. A. F. Rudorff, über die Laudation der
Murdia (Orelli 4860), Berlin 1869. 4. (Abhandl. der Berl. Akad.)
7. Taylor, lectiones Lysiacae c. 3 (ed. Lysiae, London 1739. 4. p. 680 ff.).
Döring, de laudationibus fun. apud veteres, in seinen Opusc. p. 100 ff. Caden-
bach, de Romanorum laud. fun., Essen 1832. 4. Schwegler I. S. 16 f. Ger-
lach, Geschichtschr. d. R. S. 27 — 29. H. Graff, de Rom. laudationibus,
Doi-pat 1862. 96 pp. 8. E. Hübner, Hermes I (1866) S. 440 f.
72 80. Auch Loblieder auf Verstorbene gab es schon in
alter Zeit. Solche wurden theils bei den Leichenbegängnissen
unter Begleitung der tibia gesungen (neniae), theils bei fest-
lichen Gelagen durch Knaben, später von den Theilnehmern
im Rundgesang, gleichfalls zur tibia. Beide Sitten sind uralt,
und die erste bestand auch — wiewohl entartet — bis in späte
79 f. Lobreden u. Loblieder auf Verstorbene. Inschriften. 121
Zeiten fort; die zweite war schon einige Menschenalter vor der
Zeit des älteren Cato im Erlöschen.* Eine Handhabe für Re-
construction der älteren römischen Geschichte bietet weder die
eine noch die andere.
1. Veterum instituta, . . meditata ad memoriam virtutis carmina etc.
Tac. A. m, 6.
2. Nenia est Carmen quod in funere laudandi gratia cantatur ad
tibiam, Fest. p. 161. 163. vgl. Cic. legg. II, 24, 62. Quintil. VIII, 2, 8. ^
Ursprünglich wohl beim Leichenschmause (nach Non. s. v. ist silicernium
ein convivium funebre das antiquo more ad sepulcrum cum defuncti laude
Statt fand) und durch die Angehörigen (vgl. Suet. Aug. 100), später vor
dem Leichenhause, beim Leichenzuge und am Orte des Verbrennens durch
bezahlte Klageweiber, praeficae (schon Naevius bei Bibbeck Com. p. 25 : haec
. . praeficast, quae sie mortuimi coUaudat; Plaut. Tnic. II, 6, 14 f.: praefica,
quae alios coUaudat etc. Varro L. L. VII, 70: mulier . . quae ante dorn um
]nortui laudes eins caneret u. a. St.), daher geschmacklos und bald be-
rüchtigt (nenia, ineptum et inconditum carmen etc. Non. p. 145, vgl. Plaut.
As. IV, 1, 63. Truc. II, 1, 3. Petron. Sat. 47. 58. Capitol. Clod. Alb. 12:
neniis quibusdam anilibus occupatus, u. a. St. bei W. Teufifel in Pauly's
Real-Enc. V. S. 395 f.). J. Wehr, Abschiedsschrift für E. Curtius (Götti.
1868) p. 11 — 17^ behauptet asiatischen Ursprung der nenia.
3. Cic. Brut. 19, 75: utiuam exstarent üla carmina quae multis saeclis
ante suam aetatem in epulis esse cantitata (deinceps, Tusc. IV, 2, 3) a
singulis convivis (spätere', von den Griechen entnommene Sitte, Mommsen
V. S. 205. 424) de clarorum virorimi laudibus in Originibus scriptum reli-
quit Cato! Vgl, Tusc. 1. 1. u. I, 2, 3. Val. Max. II, 1, 10. Dagegen Varro
bei Non. s. v. assa voce: in convivüs pueri modesti (vgl. Mommsen E. G.
P. S. 205) ut cantarent carmina antiqua, in quibus laudes erant maioinmi,
et assa voce et cum tibicine. Vgl. auch Hör. Od. IV, 15, 25 ff.: virtute
functos more patrum duces . . canemus, und I, 12. Zurückführung auf
Numa bei Cic. de or. III, 51, 197. Quintil. I, 10, 20. Lobheder auf Ro-
mulus bei Dionys. I, 79. Plut. Num. 5; auf Coriolan, Dionys. VIII, 62.
Vgl. C. Zell, Ferienschrr. II. S. 170 ff. 193 ff.
4. Niebuhr hat diese Lieder für ein zusammenhängendes Epos gehal-
ten und darauf die Hypothese gebaut dass dieses Epos der auf uns gekom>
menen Darstellung der ältesten röm. Geschichte als Quelle gedient habe,
daher diese einen so poetischen Charakter an sich trage, lieber diese
jetzt allgemein aufgegebene Ansicht s. bes. W. Corssen, Origg. p. 112 ff.
162 ff. Schwegler L S. 53 — 63. H. Cl. Willenborg, de Diocle . . deque
Niebuhrio antiquissimam gentis rom. memoriam e carmiuibus manasse ad-
firmante, Münster 1853.
81. Denkmäler verwandter Art sind die Aufschriften auf 73
Weihgeschenken, Ehrensäulen und Grabmälem, dergleichen aus
den ersten Jahrhunderten der Republik uns eine Anzahl theils
122 I>ie fünf ersten Jahrh. d. St.
literarisch theils inschriffclich erhalten ist. Literarisch: 1) die
Inschrift an dem leinenen Panzer des Tolumnius welchen A.
Cornelius Oossus im J. 317 (326?) d. St. weihte und welchen
noch August sah. 2) Die tabula triumphalis des Dictator T.
Quintius vom J. 374. 3) Die Grabschrift des A. Atilius Caia-
tinus (Cos. 496). Inschriftlich: 4) die Inschrift an der colunma
rostrata welche dem C. Duilius, zu Ehren seines Seesiegs über
die Karthager im J. 494, errichtet wurde. 5) Von den Scipio-
nengrabschriften die drei ältesten, die Namensaufschrift des L.
Cornelius Cn. f. Scipio (Cos. 456), die seines Sohnes L. Cor-
nelius L. f. Scipio (Cos. 495) und des Letzteren elogium in
iSatumiem. 6) Von andern Inschriften reichen wohl noch in
das fünfte Jahrhundert d. St. zurück Grabschriften von Fourii
(C. I. lat. I, 63 ff.), einzelne aus Präneste (ib. 74 ff.), sowie
zwei Fragmente eines Senatusconsult aus Venusia (ib. 185 f.).
1. Liv. IV, 20.
2. Liv. VI, 29. FeetuB p. 363.
3. Cic. Cato 17, 61: Carmen incisum in sepulcro; vgl. de fin. II, 35, 116.
Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2017 f.
4. Ausser Aelterem, das jetzt antiquiert ist, s. F. Ritschi, Inscriptio quae
fertur colonmae rostratae Duellianae, Berlin 1862. 4; Comm. altera, Bonn
1861. 4; P. L. M. E. XCV, und Mommsen C. 1. lat. I, 195 (p. 37—40). So
wie die Inschrift vorliegt ist sie keinenfalls ursprünglich, sondern aus der
Zeit des Kaisers Claudius; im günstigsten Falle ist sie die Erneuerung der
ursprünglichen Inschrift mit Einmischung von Neuerem (Ritschi, Rhein.
Mus. IX. S. 19); indessen die neben den späteren Formen sich findenden
hyperantiken, sowie zahlreiche sachliche Inconvenienzen (vgl. auch Haakh
in Pauly's Real-Enc. II. S. 1279 f. A.) und der ganze redselige Ton machen
Mommsens Ansicht (1. 1. p. 40 b) wahrscheinlicher, dass die Säule ursprüng-
lich keine oder nur eine ganz kurze und einfache Inschrift; hatte, die er-
haltene aber erst bei einer Restauration des Denkmals unter Claudius nach
den vorhandenen Geschichtsquellen und unter gesuchter Nachbildung der
alterthümlichen Ausdrucksweise angefertigt wurde.
5. Die Scipionengrabschriften wurden 1614 und 1780 an der appischen
Strasse ausgegraben und sind oft abgedruckt und erläutert, z. B. von
Visconti, Orelli u. A. Jetzt bei Ritschi P. h. M. E. XXXVII — XLII und
Mommsen C. I. lat. l, 29—39, p. 11 — 21. Die in die Zeit vor 514 fallen-
den sind dort Nr. 29, 31, 32. p. 16. 17 f. Ueber diese Grabschriften s.
Ritschi, Rhein. Mus. IX. S. 1-19. 159. Th. Mommsen, ebd. S. 462 — 468.
R. G. V S. 426. F. Bücheier, in Fleckeisens Jahrbb. 87, S. 328—330. 336 f.
Im Aufbringen dieser Sitte zeigt sich mit die hellenisierende Richtung der
Scipionen.
6. F. Ritschl, de sepulcro Furiorum Tusculano, Berlin 1853. 4. Ueber
81 — 83. Inschriften. Camiina triumphalia und popularia. 123
ihre Zeit ib. p. III. lieber die zwei Inschriften aus Venusia (I. R. N. 715 f.
= C. I. lat. I, 185 f.) Ritachl, Inscr. Aletr. p. XIV not.
7. Was aus dieser Zeit durch Münzen und Inschriften an Geschriebe-
nem auf uns gekommen ist findet sich gesammelt im C. I. lat. I, wo die
pars prior (p. 1 — 40) die Inscriptiones vetustissimae , hello Hannibalico
quae videntur anteriores, enthält.
8. In Nachbüdnng der alten Sitte umgab Augustus den im J. 762 ein-
geweihten Tempel des Mars Ultor auf dem forum Augusti mit Statuen von
Grössen der römischen Geschichte von Aeneas an, sammt entsprechenden
Aufschriften (elogia). Diese Einrichtung fand in manchen Municipien (wie
Arretium, Pompeji) Nachahmung. Die nach seiner Annahme auf jene
augusteischen zurückgehenden der erhaltenen elogia s. bei Mommsen C. I.
lat. I. p. 281 — 292 (mit Gommentar). Literarische, in gebundener Form,
von Varro, dem älteren Symmachus, sowie Anthol. lat. 831 — 865 R.
82. Alt ist femer die Sitte dass beim Siegeseinzuge eiiies 74
Feldherm dessen Heer Lieder preisenden und neckenden Inhal-
tes vortrug (carmina triumphalia), häufig im Wechselgesange.
1. Liv. III, 29. IV, 20. 53. V, 49. VII, 10. 17. 38. X, 30. XXXIX, 7.
XLV, 38. 43. Dionys. II, 34. VIT, 72. App. Fun. 66. Plut. Aemil. P. 34
^6 ötQatoe . . &d(ov tu filv (p6dg uvag natgiovg dvafiefiiyfiivag ysXoDTij za
dl Ttaiavag imvijiiovg xal tmv SianBnQayfiivatv inaivovg). Marcell. 8. Dio
XLIII, 20. Vellej. II, 67. Suet. Caes. 60 f. Martial. I, 4, 3 f. Panegyr.
incert. (VDI bei Jäger) 18, 3.
2. Form des Wechselgesangs (alternis versibus), Liv. IV, 53. Plin. N.
H. XIX, 8, 144.
3. Refrain io triumphe, Varro L. L. VI, 68. Tibull. II, 6, 18. Liv.
III, 29. vgL Hör. 0. IV, 2, 49 f.
4. Zell, Ferienschriften II. S. 148 ff. Guicherit, de carminibus fratrum
Marciorum et de carminibus triumphalibus militum Romanorum, Lugd.
Bat. 1846.
.83. Volksthümlichen Charakter und meist saturnischen 75
Rhythmus hatten auch die alten Witterungsregeln, Beschwörungs-
formeln, Zaubersprüche u. dgl.
1. Fest. p. 93: in antiquo carmine: hiberno pulvere, verno luto gran-
dia farra, camille, metes. Vgl. Macrob. Sat. V, 20, 18: in libro vetustissi-
morum carminum . . invenitur hoc rusticum vetus canticum: hiberno u. s.w.
Serv. zu Georg. I, 101. Plin. N. H. XVII, 2, 14, sowie XXVIII, 2 (5), 29: car-
mina quaedam exstant contra grandines contraque morborum genera u. s. w.
Ib. XXVII, 12, 106 (in freien trochSischen Rhythmen: reseda, mörbos re-
seda! scisne, scisne, quis hie puUus ^gerit radfces? ndc caput nee p^es
habeat). Cato R. R. 160. Varro r. r. I, 2, 27: terra pest^m ten^to, s&lus
hie mannte (saturnisch). Vergil. Ae. IV, 487 ff. Hör. Ep. II, 1, 138. Tibull.
1, 2, 53 f. Mommsen R. G. P. S. 204. 432. Vgl. oben 11.
124 Die liinf ersten Jiihrh. d. St.
(1) Rechtsquellen und Rechtsliteratur.
76 84. Die seit Abschaffung des Königthums für die Plebejer
immer diückender werdende Rechtsunsicherheit und Rechts-
ungleichheit gegenüber von den Patriciem führte nach langen
Kämpfen am Anfange des vierten Jahrhunderts d. St. zur Ent-
werfung und Einführung eines gemeinen Landrechts ^ durch
welches das bestehende, aber grösstentheils ungeschriebene, Ge-
wohnheitsrecht formell codificiert, materiell durch die gemach-
ten Erfahrungen und die neugewonnene Kenntniss auswärtiger
Staats- und Rechts -Verhältnisse verbessert wurde: die Gesetz-
gebung der zwölf Tafeln. Sie regelte das Civilrecht und Civil-
verfahren, umfasste aber auch sacral- und criminal- rechtliche,
sowie polizeiliche Bestimmungen. Mit der fortschreitenden Pra-
xis und Sprachentwicklung vermittelt wurden diese Gesetze schon
. frühzeitig durch Commentatoren.
1. J. 300 d. St. lex Terentilia, Absendung von drei Gesandten nach
Hellas. Rückkehr J. 302, Wahl eines Gesetzgebungsausschusses (Xviri legi-
bus scribundis), Amtsantritt im Mai 303, Abfassung von 10 Tafeln, zu denen
im J. 304 noch zwei hinzukamen. Beihülfe des Ephesiers Hermodoros.
2. Einiluss der solonischen Gesetzgebung, Cic. de legg. II, 23, 59. 25,
64. Dig. X, 1, 13. XLVII, 22, 4. Plut. Sol. 21. 23. F. Hofinann, Beiträge
zur Gesch. d. griech. und röm. Rechts (Wien 1870). S. 1 ff.
3. Die XII tabulae wurden fons omnis publici privatique iuris, Liv. III,
34. vgl. Dionys. X, 3. Auson. Id. XI, 619. Tac. A. III, 27. Die swei letz-
ten Tafeln werden oft vom allgemeinen Lobe ausgenommen, Cic. de vep. II,
36, 61. 37, 63.
4. Diod. XII, 26: ßQax^mg xorl ansQ^TToag avyKSifiivri. Gell. N. A. XX,
1,4: eleganti atque absoluta brevitate verborum scriptae , doch daneben
quaedam obscurissima aut durissima u. s. w.
5. Auf Erz gegraben (Liv. III, 57. Dionys. X, 57. Diod. XII, 26); das
ursprüngliche Original zwar wohl beim gallischen Brande zu Grunde ge-
gangen , aber nachher aus dem Gedächtniss wieder hergestellt. Bis in die
ciceronische Zeit in den Schulen auswendig gelernt, Cic. de legg. II, 4, 9.
23, 59. In der Zeit des Diodor (XII, 26: Siiiisive d^ccviiaioy^svr] fi^sxQi' tmv
%a&* TifjMg KcciQÖiv) und des A. Gellius (XX, 1) noch vorhanden. Für die
des Cyprian geht es aus dessen rhetorischer Wendung (Epist. U, 2: incisae
8 int leges XII tabulis et publice aere praefixo iura praescripta sint, —
inter leges ipsas delinquitur, inter iura peccatur) keineswegs hervor.
6. Commentatoren: Sex. Aelius Catus (Cic. de legg. II, 23, 59. Top.
2, 10. Pompon. Dig. I, 2, 2. J. 38), L. Acilius (Cic. de legg. 1. 1.), L. Aelius
Stilo (s. d.), Ser. Sulpicius Rufus (Dig. L, 16, 237. Fest. p. 210. 322 vgl.
p. 174. 321. 376), Antistius Labeo (Gell. N. A. I, 12, 18. VII, 15, 1. XX,
1, 13), Valerius (Fest. p. 321 vgl. 253. 355. R. Scholl, XII tabb. p. 35—
84—86. Zwölf Tafeln. Legis actiones. Cn. Flavius. 125
38), Gajus (von dessen Commentar 20 Bruchstücke in den Digesten erhal-
ten sind).
7. Sammlung und Bearbeitung der Ueberreste der zwölf Tafeln nächst
Gothofredus (z. B. in Otto's Thesaur. iur. rom. III. p. 1 — 254) bes. von
H. E. Dirksen, üebersicht der bisherigen Versuche zur Kritik u. Herstellung
des Textes der Zwölftafelfragmente, Leipzig 1824. Legis X-II tabb. reli-
quiae, edidit, constituit, prolegomena addidit E. SchöU, Lips. 1866. Auch
z. B. in Egger, lat. serm. vet. rell. (Paris 1844) p. 89 ff. R. Gneist, Institut,
syntagma (Lips. 1858). Näheres bei R. Klotz, Lat. Litt. Gesch. I. S. 328,
A. 416 u. S. 342 f. und De XII tabularum libello eiusque origine, Lips. 1868. 4.
R. Schölls Prolegg. capp. 1—4, p. 1—112.
8. Ueber die Zwölftafelgesetzgebung s. bes. Schwegler III. S. 1 — 47.
85. Die Errungenscliaft der zwölf Tafeln wurde den Ple- 77
bejem alsbald dadurch wieder verkümmert dass die Patricier
sich in den Alleinbesitz der Auslegung und Anwendung der-
selben zu setzen wussten. Insbesondere die Kenntniss der ge-
naueren Formen des gerichtlichen Verfahrens (legis actiones),
sowie der Tage an welchen ein Rechtsgeschäft kirchenrechtlich
zulässig sei, blieb den Plebejern verschlossen.
1. Interpretatio legum, auctoritas prudentum, disputatio fori (ius civile
im eng. S.), Pompon. Dig. I, 2, 2. $. 5. Et interpretandi scientia et actio-
nes apud collegium pontificum erant, ib. ^. 6. vgl. Yal. Max. II, 5, 2.
2. Legis actiones theilweise älter als die 12 Tafeln, bes. die per sa-
cramentum und wohl auch die per iudicis (arbitrive) postulationem; we-
niger per condictionem , per manus iniectionem, per pignoris capionein.
Literatur bei Rein in Pauly's Real-Enc. IV. S. 902—904 u. dazu bes. Schmidt,
de^riginibus legis actionum, Freiburg 1857. 4.
3. Diebus fastis, quos populus a paucis principum quotidie petebat,
Plin. N. H. XXXIU, 6, 17. vgl. Cic. p. Mur. 11, 25. Vgl. oben §. 72.
86. Abhülfe verschaflFte ums J. 450 d. St. der Schreiber C-n. 78
Flavius, welcher mit Unterstützung seines Patronüs App. Clau-
dius den Kirchenkalender und die Legisactionen veröffentlichte:
Fasti und ius Flavianum.
1. Appii Gaeci (s. unten 88) scriba, cuius hortatu exceperat eos dies
consultando assidne sagaci ingenio, Plin. n. h. XXXIII, 6, 17. Cic. p. Mur. 11,25.
2. Verzeichniss der dies fasti und nefasti durch ihn auf einer Gipstafel
auf dem Forum aufgestellt, Liv. IX, 46. Vgl. Val. Max. II, 5, 2.
3. Legis actiones composuit, Cic. ad Att. VI, 1, 8. vgl. de or. I, 41,
186. Pompon. Dig. I, 2, 2, 7. Hie Über, qui actiones continet, appellatur
ius civile Flavianum, Pompon. 1. 1. Später ergänzt und fortgeführt durch
Sex. Aelius, welcher alias actiones composuit et librum populo dedit, qui
appellatur ius Aelianum, Pomp. 1. 1. Auszüge aus dem ius Flavianum in
120 Die fünf ersten Jahrh. d. St.
der Schrift des Probus de nötig? Th. Mommsen, Berichte der sächs. Ges.
d. W. 1853, S. 133 f.
79 87. Nachdem so die Rechtsquellen alle öflFentlich geworden
waren hörte die Rechtskeuntniss auf ein Monopol der Patricier
zu sein: unter den ältesten Rechtsgelehrten sind neben einigen
Patrieiem die bedeutendsten die Plebejer P. Sempronius Sophus
und Tiberius Coruncanius, der erste Rechtslehrer.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 37: fuit . . maximae scientiae Sempronius,
lauern populus rom. aotpov appellavit (Cos. 460 d. St., unter den ersten
plebej. Pontifices 454, Censor 455, s. Haakh in Pauly's Real-£nc. VI, 1. S.
974 f. Nr. 12); C. Scipio Nasica, qui Optimus a senatu appellatus est (Ver-
wechslung? Derjenige welcher, aber erst im J. 550, den Beinamen Optimus
erhielt heisst sonst immer Publ. und war Consul 563 d. St. Vgl. Pauly's
Iteal-Enc. II. S. 666 f. Nr. 11), cui etiam publice domus in sacra via data
est, quo faciliuB consuli posset. deinde Q. Mucius (? Maximus vermutet Byn-
kershoek). . §. 38: post hos fuit Ti. Goruncanius, qui, ut dixi (§.35), primus
profiteri coepit. cuius tarnen scriptum nullum extat, sed responsa complura
et memorabilia eins fuerunt (Muretus: feruntur). Er war Cos. 474 d. St.
und der erste plebejische Pontifex maximus. Vgl. Pauly's Real-Enc. II.
S. 722 f. und E. Schrader, Cor. der erste öffentliche Rechtslehrer, Civilist.
Magazin V. S. 187 ff.
2. Ob Sophus und Goruncanius ihrer Rechtskeuntniss ihr Priesteramt
verdankten oder umgekehrt ihrem Priesteramte ihre Rechtskenntniss , mag
zweifelhaft sein; vgl. Mommsen P. S. 442.
so 88. Die heryorragendste Erscheinung dieser Zeit aber und
ihr um ein Jahrhundert voraus war Appius Claudius Caecus
(Censor 442 d. St., Cos. 447 und 458), der geniale Edelmann
welcher im Staate die Beschränkung des vollen Gemeindebürger-
rechts auf die Ansässigen zersprengte, der das alte Finanzsystem
]>rach, von dem die römischen Wasserleitungen und Strassen,
die römische Jurisprudenz, Eloquenz und Grammatik datieren,
und von dem auch die Anfänge einer lateinischen Schriftprosa
sowie einer Kunstpoesie herrühren.
1. Mommsen R. G. I*. S. 427. 378. 420 und Römische Forschungen I
(Berlin 1864) S. .301 — 313 (demagogischer Charakter bes. seiner Censur).
Vgl. Haakh in Pauly's Real-Enc. IL S. 4ö6 f. Nr. 11. N. Saal, de App. Cl.
Caeco comm. hist. Köln 1841. 4. W. Siebert, über App. Claudius Caecus,
luit bes. Berücksichtigung seiner Censur und der des Fabius und Decius,
Kassel 1863. 111 S. 8. W. Ihne, röm. Geschichte J (1868).
2. Sein elogium bei Orelli 539, u. im C. I. lat. I. p. 287, Nr. XXVIIl.
3. Pompon. Dig. I, 2, 2. §. 36: App. Claudius . . maximam scientiam
habuil. hie Ceiitemmanu» appellatus est. Appiam viam stravit et aquam
87 f. P. SemproniuB. Tib. Coruncaniiis. App. Claudius. 127
Claudiam iuduxit, et de Pyrrho in urbem uon recipiendo seutentiam tulit
(berühmte Rede vom J. 474, lange erhalten, s. Cic. Brut. 16, 61. Cato m.
6, 16. Sen. Ep. 114, 13. Tac. dial. 18. 21. Quintil. II, 16, 7). hunc etiani
actiones scripsisse traditum est (vielmehr hat er die legis actiones des
Flavius veranlasst; Mommsen streicht actiones), primnm de usurpationibus,
qui über non exstat. idem . . B litteram invenit (d. h. unterschied die
beiden Laute r und s durch die Schrift, vgl. Mommsen P. S. 443), ut pro
Valesiis Valerii essent et pro Fusiis Furii. Auch die Verbannung des Z
aus der Schrift wird auf ihn zurückgeführt (Martian. Cap. p. 64, 4 Eyss.).
4. Sollers iuris atque eloquentiae consultus, Liv. X, 22. vgl. 19. Er
war der Erste welcher etwas Prosaisches niederschrieb und herausgab.
Isidor. Origg. I, 37, 2.- primus apud Graecos Pherecydes Syrius soluta ora-
tione scripsit, apud Romanos autem Appius Caecns . . (s. oben 35, 1); iam
exhinc cuteri prosae eloquentiam condideruut.
5. Cic. Tusc. IV, 2, 4: mihi Appii Caeci Carmen, quod valde Panaetius
laudat epistola quadam quae est ad Q. Tuberonem, Pythagoricum videtur.
Vgl. Fest. p. 317: in Appii sententiis. Ps. Sali. Ep. ad Caes. I, 1, 2.: quod
in carminibuB Appius ait, fabrum esse suae quemque fortunae. Also etwa:
fab^r suse fortunae ünusqufsquest ipsus. Priscian. VIII. p. 792 P. = 384,
3 ff. Htz.: Appius Caecus: amicum cum vid^s öbliviscere miserias u. s. w.
(satumisch). Der erste Anfang hellenisierender römischer Poesie, Momm-
sen P. S. 432.
n.
Erste Periode der romisclieii Literatur.
Von Andronikus bis in die sullanische Zeit.
J. 514—670 d. St.
89. Die Jahrhunderte wo Rom keine eigentliche Literatur 8i
besass sind die seiner politischen Grösse. Die Literatur kam
erst auf durch das Bedürfniss der Schule und der Schaubühne,
als die Unterweisung durch Begleiten des Vaters auf den Markt
und in den Rath nicht mehr genügend erschien, und von der
Bühne ausser den bisherigen altnationalen Possen und Tänzen
auch zusammenhängende theatralische Vorstellungen erwartet
wurden. Die römische Literatur ist daher von vornherein unter
dem Einflüsse der griechischen; sie ist durch diese ins Leben
gerufen, in ihrer Art fortwährend von ihr abhängig und kann
desshalb selbst auch Boden gewinnen nur auf Kosten des echt
und alt romischen Wesens*).
') Mommsen R. G. I». S. 860 f.
128 I^as sechste imd siebente Jahrh, d. St.
Kenntiiiss griechischer Sprache und Einrichtungen ist zwar
in Italien und Rom uralt. Griechischen Einfluss verräth schon
die servianische Verfassung und die Beschaffenheit der ludi
romani^); auf dem Gebiete des Cultus nährten ihn die sibyl-
linischen Bücher. Auch Namen wie Codes (XvxAo^), Cata-
mitus (Ganymedes) deuten auf frühe Zusammenhänge. Zu An-
fang des vierten Jahrhunderts d. St. wird die römische Gesetz-
gebung verbessert durch Benützung der solonischen, im Laufe
des Jahrhunderts auf dem römischen Forum ein eigener Platz
für die Griechen (Graecostasis) eingerichtet. Seit der Eroberung
Campaniens, zu Anfang des fünften Jahrhunderts d. St., ge-
winnt dieser Einfluss an Ausdehnung: Beinamen wie Philippus,
Philo, Sophus, Agelastus haben nichts Fremdartiges, die Sitte
bei Tische zu liegen, Verstorbenen Grabschriften und Denk-
mäler zu setzen u. A. wird von den Griechen her angenommen*).
Als am Ende des fünften Jahrhunderts auch die Beziehungen zu dem
griechischen Unteritalien immer häufiger werden, können römische
Grosse bei Missionen sich schon der griechischen Sprache be-
dienen, wie die Seefahrer und Handelsleute unter den Römern
es wohl schon früher verstanden. Durch die zahlreichen griechi-
schen Sklaven und Freigelassenen wurden auch die unteren
Stände Roms mit Griechischem bekannt. Nach solchen Vor-
bereitungen war die Wirkung um so rascher und tiefer als der
erste punische Krieg die waffenfähige Mannschaft Roms in Sici-
lien mit griechischer Bildung in engere und länger dauernde
Berührung brachte. Von dort nahm man Geschmack für feinere
Genüsse mit nach Hause, und es ist daher wohl kein Zufall dass
schon im nächsten Jahre nach Beendigung des ersten punischen
Krieges (J. 490 — 513) Andronikus zu Rom mit Dramen auftreten
konnte, und seitdem solche Aufführungen ohne Unterbrechung
sich folgten. Selbst während des hannibalischen Krieges ( J. 536 —
553) hatten dieselben in der Hauptsache ihren ungestörten Ver-
lauf; denn des Naevius schriftstellerische Wirksamkeit fällt zum
grössten Theile und von der des Plautus wenigstens die grössere
— wenn auch wohl minder fruchtbare — Hälfte in die Zeit
dieses Krieges. In ihm haben die specifisch römischen Tugen-
den sich nochmals in ihrem schönsten Glänze gezeigt. Aber als
die furchtbare Anspannung aller Kräfte, welche er noth wendig
') Mommsen I^ S. 87. 209 ff.
«) Mommsen I*. S. 424. V^l. oben §. 81, 5.
89. Charakteristik des &echsteu Jahrh. 129
gemacht hatte, nachliess, das Crefühl der Erlösung von einer
Ungeheuern Gefahr und der Jubel über den endlichen Sieg für
alle Genüsse des Lebens zugänglicher machte^), schlug auch die
Literatur tiefere Wurzeln in Rom, zumal sie schon um 548
durch Verleihung der Corporationsrechte an die poetae als bür-
gerlich achtbar anerkannt worden war. Zugleich traf es sich
dass J. 550 M. Cato den Ennius nach Rom brachte, das künf-
tige Haupt der altrömischen Partei denjenigen welcher bald der
Bannerträger der hellenisierenden Richtung werden sollte. Seit
dieser Zeit wurde immer mehr wahr was Porcius Licinus bei
GelHus XVn, 21 sagt:
In dem zweiten Pönerkriege hat die Muse raschen Schritts
Sich hineinbegeben in des Romulus rauhes Kriegervolk ^).
Mit Betrübniss sah ein nationalgesinnter Dichter wie Naevius
das Verlassen der nationalen Bahn und Umsichgreifen des
Fremden*), Der in gleichem Verhältnisse mit ihrem Reichthum
wachsende Ehrgeiz der Nobilität kam der GafFlust der Menge
wetteifernd entgegen-, mit andern Volksbelustigungen wurden
daher auch die dramatischen Aufführungen eifrig gefördert, die
Anfertigung von Stücken für diese wurde zu einer leidlich loh-
nenden Arbeit, und neben und nach Plautus sehen wir daher
Ennius, Pacuvius, Statins Caecilius, Terenz hiefür thätig. Die
Kriege mit Philipp III. von Makedonien (J. 554 — 557) und voll-
ends der mit Antiochus (J. 563 f.) trugen zur Untergrabung
altrömischer Sitte wesentlich bei, erweiterten indessen auch den
Horizont, rückten die Idee eines Weltreiches immer näher, damit
aber zugleich die Nothwendigkeit die angestammte Nationalität
zu vertauschen gegen die hellenische Civilisation mit ihrem kos-
mopolitischen und humanitären Charakter. Nun war aber deren
Ueberlegenheit so gross dass man sich zu ihr nur aufnehmend
und lernend verhalten konnte; und dabei fehlte es den meisten
Röm_ern an der Fähigkeit an dem Fremden zu sondern zwischen
dem WerthvoUen, Unerlässlichen, und dem Ungeeigneten und
*) Auch die oskische Atellane acheint um diese Zeit nach Rom ge-
kommen zu sein; 8. oben §. 9.
*) Poenico hello secundo Musa pinnato gradu
intulit se hellicosam in Romuli gentem feram.
Vgl. auch Hör. Ep. II, 1, 162 f.
^) Diess hesagt seine Grahschrift: mit seinem Tode obliti sunt Romai
loquier latina lingua.
Tkctpel, Rom. LiteTaturgeachichte. 2. Aiifl. 9
130 D^ sechste und siebente Jahrh. d. St.
Schädlichen; ohne Vorbehalt und Wahl warfen sie sich der hel-
lenischen Ciiltur in die Arme und eigneten sich nicht blos ihre
glänzenden Lichtseiten an sondern auch ihre grellen Schatten.
Anfangs waren es ausschliesslich die Vornehmen welche dem
neuen Wesen sich zuwandten; insbesondere der Kreis der Sci-
pionen schätzte und forderte das Hellenische und hielt sich
seinerseits von den Ausschreitungen desselhen ziemlich^) ferne.
Seine Abkehr von der altrömischen Denkweise zeigte der ältere
Africanus besonders durch das Wort das er im Munde führte:
numquam se minus esse otiosum quam cum otiosus esset ^);
womit er aber seine Mussestunden ausfüllte erhellt aus dem
Vorwurf den ihm die Gregenpartei, an deren Spitze Q. Fabius
stand^ im J. 550 machte, dass er sich mit Scharteken und Tur-
nen abgebe^). Ein hochachtbarer Vertreter der hellenisierenden
Richtung war auch L. Aemilius Paulus (c. 527 — 594). Beide
schrieben und sprachen geläufig griechisch, wie auch T. Quintius
Flamininus (Cos. 556), Ti. Gracchus (Cos. 577. 591), C. Sulpi-
cius Galluö (Cos. 588), Cn. Octavius und ohnehin alle Annalisten
des hannibalischen Krieges (Fabius Pictor, Cincius, Acilius).
Verse machten Q. Fabius Labeo (Cos. 571) und M. Popillius
Laenas (Cos. 581). Selbst Cato entfaltete wenigstens in lateini-
scher Prosa eine rege schriftstellerische Thätigkeit, und er der
behauptete dass die Romer über den griechischen Büchern das
Handeln verlernen werden*) musste noch in seinen alten Tagen
sich dazu verstehen das Griechische zu erlernen. Aber es mehren
sich auch schon die Symptome des Verfalls der altrömischen
Sittenstrenge^), so dass ein Mann vom alten Schlage, wie T.
Manlius Torquatus, sich in seiner Vaterstadt fremd und einsam
fühlte®). Mit jeder Generation, fast mit jedem Jahre, werden
diese Symptome bedenklicher, die Zerklüftung des Familienlebens,
die Missachtung von Gesetz und Ordnung, und sogar der väter-
>) Vgl. Nävins bei Gell. N. A. VII (VI), 8, 5. Val. Max. VI, 7, 1.
«) Cic. Off. III, 1, 1.
8) Liv. XXIX, 19 8. f.
*) Vgl. oben 2, 1 und bei Plin. N. H. XXIX, 7: quandocumque ista
gens suas litteras dabit omnia corrumpet.
'^) Liv. XXVI, 2, lö (aus J. 543): enm (Cn. Ptilvins) in ganea histrisquo,
nbi iuventutem egerit, senectatem actunim.
**) Liv. XXVI, 22, -9 (J. 543): nequo ego vestros mores consul ferre
potero neqne vos imperiam meum.
89. Charakteristik des sechsten Jahrh. 131
liehen Götter. In demselben Masse steigerte sich zwar auch
der Widerstand der Anhänger des Alten, wie des alten Cato,
der namentlich in seiner Censur (J. 570) den Kampf rücksichts-
los durchführte. Aber sie versuchten Unmögliches, einen Process
aufzuhalten der das Ergebniss von tausend unabänderlichen
Factoren war, der Umwälzung sich entgegenzustammen die sich
mit unwiderstehlicher Gewalt in Glauben, Leben und Sitte, im
Denken und im Handeln der Nation vollzog. Dazu waren die
Mittel die sie anwandten vielfach verkehrt und zweckwidrig.
So verwies man J. 581 die epikureischen Philosophen Alkäos
und Philiskos aus Bom, so vertrieb man J. 593 abermals die
Philosophen und rhetores latini, so schickte man J. 599 die
athenische Gesandtschaft an deren Spitze Karneades stand mög-
lichst bald wieder nach Hause. Dafür aber lockte der Senat
J. 587 tausend vornehme und hochgebildete Achäer — worunter
Polybios — nach Italien und hielt sie dort 17 Jahre lang als
Geissein fest, üeberhaupt hat die Politik der schamlosen Selbst-
sucht welche der römische Senat in dieser Zeit befolgte und
welche ihren Gipfelpunkt erreichte in dem nichtswürdigen Ver-
fahren gegen das unglückliche, zu Boden geworfene Karthago*),
die mutwilligen, nichts als Vergrösserung und Bereicherung be-
zweckenden Kriege welche Bom seit dem zweiten punischen
fortwährend führte, den altrömischen Geist weit nachhaltiger
untergraben als alle hellenische Kunst und Weisheit je ver-
mocht hätte. In erschreckender Progression wuchs namentlich
in den drei letzten Decennien des sechsten Jahrhunderts das
innere Verderben, die Sittenlosigkeit^), Feilheit, unersättliche Be-
reicherungswut, die um Nichts sich kümmerte, über Gesetze,
Senatsbefehle, Staatsprocesse frech sich hinwegsetzte, eigen-
mächtig Krieg führte, ohne Erlaubniss Triumphe feierte, die Pro-
vinzen aussog, die Bundesgenossen beraubte. Schimpfliche Ver-
träge und Friedensschlüsse werden immer häufiger. Statt früher
durch virtus vergrössert sich jetzt Bom durch Hinterlist, Treu-
losigkeit und diplomatische Bänke. " Eine gewisse Bildung ver-
breitet sich freilich allmählich auch über die Masse: schon die
*) Vgl. über diese machiavellistische Politik C. Peter, Studien zur röm.
Gcflch. (Halle 1863) S. 115 jff. Selbst ein so warmer Bewunderer der Rö-
mer wie Polybios wird dadurch wiederholt zu Aufschreien der Entrüstung
veranlasst; s. XXXI, 18 vgl. 8. 12. 19 extr. XXXII, 2.
^ Vgl. Polyb. XXXI, 24 und bes. XXXU, 11 (p. 1096 Bk.).
9*
132 Das sechste und siebente Jahrh. d. St.
vielen griechischen Fremdwörter bei Plautus (und Ennius) zeu-
gen hiefür ^), und dass die ludi scenid immer mehr das üeber-
gewicht gewinnen über die circenses^). Aber was in den dra-
matischen Spielen dem Volke hauptsächlich geboten wurde, die
Stücke der palliata, trug selbst wiederum zur Auflösung der
Sitten erheblich bei, und gelegentlich trat auch unverkennbar zu
Tage dass diese Bildung doch nur ein leichter Firniss war, der
von selbst abfiel sobald man sich gehen liess^).
81 90. Was das sechste Jahrhundert gereift hatte, das voll-
endete das siebente: schon das J. 608 brachte Karthago's und
Korinths Zerstörung. Mit Karthago war eine Mahnerin zu fort-
gesetzter kriegerischer Tüchtigkeit für immer verstummt, und
weitsichtiger als der alte Eiferer Cato beweinte daher der wel-
cher sie zerstören musste selbst ihren Fall; Korinths Untergang
und die Vernichtung der hellenischen Selbständigkeit trieb die
Hellenen schaarenweise nach Rom, um dort Ersatz zu finden
für die verlorene Heimat. Mit dem eigenthümlich römischen
Wesen war es jetzt für immer zu Ende: Graecia capta ferum
victorem cepit. Aus dem sechsten Jahrhundert herüber ragt in
das siebente herein die edle Gestalt des jüngeren Africanus
(c. 570 — 625), des Freundes von Panaitios und Polybios; um
ihn sammelt sich Alles was nicht untergehen will in dem Strome
des Egoismus, der Geldgier und Sittenlosigkeit: von Altersge-
nossen (ausser Terenz) sein Bruder Q. Fabius Maximus (Cos.
609), sein Schwager Q. Aelius Tubero, M'. Manilius (Cos. 605),
der jüngere Laelius (Cos. 614), D. Junius Brutus (Cos. 616),
L. Furius Philus (Cos. 618), Sp. Mummius, Sex. Pompejus, P.
Rupilius (Cos. 622); von jüngeren Männern C. Lucilius (geb.
606), die Schwiegersöhne des Laelius, C. Fannius und Q. Mu-
cius, sowie der jüngere Tubero, P. Rutilius, A. Verginius u. A.*)
Aber je stärker der Gegensatz war in welchem das Denken und
Thun dieses Kreises zu der herrschenden Richtimg stand, desto
mehr geriethen sie in arist9kratische Absonderung hinein und
desto geringer wurde ihr Einfluss. Der Bankrott der Nobilität,
') Mommsen R. G. P. S. 857, Anm.
^) J. 574 dauern die circenses zwei Tage, die 8ceiiici fünf (Liv. XL,
62); J. 580 die circenses einen Tag, die scenici vier (ib. XLII, 10).
3) Vgl. z. ß. Polyb. XXX, 13 (aun Athen. XIV. p. 615) vom J. 587.
*) Vgl. Cic. Lael. 27, 101.
90. Charakteristik des siebenten Jahrb. 133
die innere Fäulniss der höheren Stände tritt zu Tage im numan-
tinischen Kriege (J. 611 — 621) und regt die Gracchen (J.621 — 631)
zu ihren Anstrengungen auf; er bekundet sich grell im jugur-
thinischen Kriege (J. 643 — 648) und macht es der rohen Kraft
des geistig wenig bedeutenden Marius möglich wunderbare Er-
folge zu gewinnen. Damit dass er griechisch nicht versteht
bildet dieser bereits eine Ausnahme in seiner Zeit^), ohnehin
von der regierenden Classe^); schon die Aufführung griechischer
Stücke zu Rom in griechischer Sprache zeigt die Verbreitung
dieser Kenntniss. Manche Inschriften aus dieser Zeit sind in
beiden Sprachen verfasst, und die Römer, früher in der palliata
sich selbst als barbari mitbezeichnend, theilen jetzt mit den
Griechen die Herrschaft, sie auf dem Gebiete der Politik, die
Griechen auf dem der Bildung. Die römischen Schriftsteller der
Zeit erkennen das Uebergewicht der griechischen Literatur an,
die einen indem sie auf Wetteifer in der Form Verzicht leisten,
wie Lucilius, Andere indem sie Correctheit und Glätte in zu-
nehmendem Masse erstreben, wie L. Attius; Manche lassen sich
durch blinde Nachahmung sogar ins Tändelnde führen, wie die
erotischen Epigrammatiker. Die politischen Verhältnisse bewir-
ken zunehmende Ausdehnung und Verfeinerung der Volkslust-
barkeiten ^). Seit J. 609 wurden alljährlich vollständige Theater
in griechischer Weise, mit umherlaufenden erhöhten Sitzreihen,
errichtet, wenn auch noch aus Holz und so dass das Theater
nach gemachtem Gebrauche jedesmal wieder abgebrochen wurde;
denn erst 699 wurde durch Pompejus ein Theater aus Stein ge-
baut. Portwährend überwiegt daher auch in der literarischen
Production das Drama. Die Tragödie hat im siebenten Jahrh.
an L* Attius einen achtbaren Vertreter; innerhalb der Komödie
lösen sich palliata, togata, kunstmässige Atellane und kunst-
mässiger Mimus in rascher Folge ab, zeigen aber eben in dieser
Stufenfolge ein immer tieferes Herabsteigen zum Geschmacke
der Masse, zur plebejischen Posse und zu gemeinem Sinnenkitzel.
») Sali. Jug. 85, 32.
*) P. CrasBus, Cos. 623, versteht fünf griechische Dialekte, s. unten 139, 5.
•) Tac. A. XIV, 21: possessa Achaia Asiaque ludos curatius editos . .
a L. Mummii triumpho (609), qui primus id genus spectaculi (theatrales
artes) in urbe praebuerit. Vgl. Ritschi Parerga S. 227 f. Mommsen, Rhein.
Mns. X. S. 127. Vereinzelt und wirkungslos war der Reactions versuch der
Censoren des Jahrs 639 d. St.; s. ohen 9, 4.
134 Das sechste und siebente Jahrh. d. St.
Das Epos zehrt noch an dem Aufschwünge den es nach der
Mitte des sechsten Jahrh, (in.Naevius und Ennius) genommen
und findet in der Gregenwart keinen Antrieb zu neuem Auf-
blühen. Ueberhaupt war ausserhalb des Dramas die poetische
Production fast erloschen; kaum dass Lucilius und. jene Erotiker
eine Ausnahme machen. Der . Nation als solcher fehlte es an
dichterischem Vermögen und Streben, und die inneren Unruhen
Hessen es auch zu keiner Sammlung kommen. Dagegen Ge-
schichtschreibung; Beredtsamkeit und Rechtskunde wachsen in
der Treibhaushitze der politischen Kämpfe rasch an Umfang
und Grehalt. Unter den Geschichtschreibem sind die bemer-
kenswerthesten im siebenten Jahrh. d. St. Piso Frugi, Anti-
pater, Asellio, weiterhin die jüngsten Vertreter der Annalistik,
Valerius Antias, Sisenna und Licinius Macer. Die glänzendsten
Redner sind, nächst C. Gracchus, M. Antonius und L. Crassus.
Die Jurisprudenz ist durch die beiden Q. Scaevola, Augur und
Pontifex, am besten yertreten. Die Forschung wird von der
Mitte des siebenten Jahrh. an emsig nach allen Seiten hin betrieben,
in Prosa wie in gebundener Form, meist zwar nicht von eigent-
lichen Römern, ausser L. Aelius Stilo.
81 91. In Bezug auf Sprache und Metrik sind die beiden
Jahrhunderte eine Zeit lebendigster Entwicklung und schliessen
schon alle die^ drei Stufen in sich durch welche die Geschichte
der römischen Poesie überhaupt verlaufen ist, die des Saturnius,
der poetae scenici und der daktylischen Dichter. Tief gewurzelt
ist im Lateinischen der Trieb die Vocallängen (besonders im
Auslaut) zu Kürzen abzuschwächen, die auslautenden Consonan-
ten aber zu verdunkeln und abzustossen; schon im sechsten
Jahrh. war daher das Lateinische auf dem Wege in umbrische
Stumpfheit zu verfallen, die Flexionsformen zu trüben, die Decli-
nation einzubüssen und so schon jetzt zu einer romanischen
Sprache zu werden. Die poetae scenici hatten in jenen Be-
ziehungen der nachlässigen und schwankenden Aussprache des
gewöhnlichen Lebens viele Zugeständnisse gemacht. Während
der Saturnius weder die Verlängerung eines kurzen Vocals durch
das Nachfolgen von zwei Consonanten (die Positionslänge) kennt
noch den Hiatus und in die Senkung nicht nur nach Belieben
kurze oder lange Silben gestellt sondern dieselbe auch oft genug
völlig unterdrückt hatte, so haben die älteren dramatischen
91. Oharakteristik des sechsten u. siebenten Jahrli. 135
Dichter in allen diesen Beziehungen wenigstens lockere Grund-
sätze befolgt. Die Positionslänge haben sie kaum anerkannt^
für den Hiatus zeigen sie geringe Empfindlichkeit^ die Senkung
feUt zwar niemals bei ihnen, aber die alte Unbestimmtheit hin-
sichtlich der Quantität der Silben welche in sie fallen besteht
auch bei ihnen noch fort.^) Erst Ennius hat in diesen drei
Punkten sich grosserer Strenge beflissen. Zwar auslautendes s
hat auch er prosodisch unberücksichtigt gelassen; es war dem-
nach schon in seiner Zeit vor Consonanten so gut wie unhör-
bar; erst von den alexandrisierenden Dichtern gegen Ende der
Bepublik wurde es als voller Laut anerkannt^. Aber in allem
Uebrigen hat Ennius mit scharfem Schnitte der Unbestimmtheit
ein Ende gemacht, indem er jedem in der gesetzmässigen
Sprache vorhandenen Laute seine Geltung verschaffte, jede Silbe
in einer der beiden grossen Kategorien Lang oder Kurz unter-
brachte und diese Scheidung in allen zweifelhafte!] Fällen mit-
telst feinhöriger Belauschung dessen was in correcter Aussprache
das Uebergewicht hatte vollzogt). In Zusammenhang damit er-
hielt auch die Senkung ihre feste Regelung, und der Hiatus
wurde grundsätzlich vermieden. Diese neue Prosodik war die
Folge davon dass Ennius ein in der römischen Literatur neues
Mass eingeführt hatte, den daktylischen Hexameter, in welchem
er auch die Auflösung der Hebungen beseitigte, die in allen vor
ihm angewandten Massen, dem satumischen wie den scenischen,
geübt worden war. Preihch erstreckte sich sein Einfluss nur
auf die Schriftsprache und die nach dieser sich modelnde
Sprache der Gebildeten; die kunstlose Praxis des gewöhnlichen
Lebens gieng daneben noch geraume Zeit ihre eigenen alten
Wege fort. Nicht nur dass der Satumius auch nach Einführung
des Hexameters noch eine gute Weile fortbestand, in den öffent-
lichen Denkmälern und in den volksmässigen Formen drama-
tischer Lustbarkeit: auch eine Art von Vulgärmetrik bestand im
siebenten Jahrb., welche -sich zwar des Hexameters bediente, auf
diesen aber die prosodisdilßn Freiheiten der scenischen Dichter
des sechsten Jahrh. übertrug und namentlich die Auflösung der
Hebungen beibehielt; so in der Inschrift des Mummius und den
sortes Praenestinae. Selbst bei den Eunstdichtem zeigte sich
') Vgl. Ritschi, OpuBCula II. S. 683 f. A.**
«) Vgl. Cic. or. 161.
8) Ritschi, Rhein. Mus. XIV. S. 394 flf. 407.
136 Sechstes und siebentes Jahrhundert d. St.
die Einwirkung der nationalen Weise wenigstens in ihrer fort-
währenden Vorliebe für die Alliteration. Im Granzen aber hat
Ennius das Verdienst den drohenden Zerfall des Lateinischen
wenigstens für die Schriftsprache auf mehrere Jahrhunderte auf-
gehalten zu haben.
Wie die Sprachformen selbst in dieser Zeit fixiert wurden,
so auch deren Wiedergabe durch die Schrift. Das lateinische
Alphabet*) stammt von einem jüngeren griechischen, dem dori-
schen der Griechen in Kyme (Cumae) und in Sicilien, und wurde
desshalb von Anfang an von Links nach Rechts geschrieben.
Es bestand aus 21 Buchstaben, worunter X und Z, aber nicht G.
Im sechsten Jahrhundert führte der Freigelassene des Cos. 520 u.
526, Sp. Carvilius, das Schriftzeichen G ein, liess aber das von
Anfang an unpopuläre und allmählich ausser Gebrauch gekom-
mene Z weg, das erst in der ciceronischen Zeit, zusammen mit
Y, (wieder) in die Schrift kam und nun seinen Platz am Schlüsse
des Alphabets erhielt. Das Alphabet des Carvilius bestand so
gleichfalls aus 21 Buchstaben. Andere Bestimmungen der
Schreibung knüpfen sich an die Namen von Dichtern an, weil
bei dem schwankenden Zustande der lateinischen Sprache und
der Seltenheit fliessender Handhabung der Kunst des Schreibens
jeder Dichter zugleich den Grammatiker zu machen hatte, um
die gesprochene Sprache in der Schrift genau wiederzugeben'^).
So soll Ennius zuerst die Verdoppelung der Gonsonanten in der
Bücherschrift angewandt haben ^); L. Attius bezeichnete die Länge
von Vocalen durch Verdoppelung derselben, und Lucilius unter-
schied die Laute I und EI durch die Schrift, — alle mit dem
Erfolge dass ihr Vorgang auf die Schreibung der wichtigeren
Urkunden ihrer Zeit, theil weise auch griechischer*), Einfluss
übte, wenn auch nicht immer sogleich und noch weniger gleich-
massig^). Von den Vocalen schrieb man vor J. 520 ausser A nur
0 Vgl. Mommsen R. G. P. S. 196—200. .W. Corsseu in Paul/s Real-
Enc. I, 1. S. 803 — 805. F. Ritschl, zur Geschichte des lat. Alphabet«^,
Rhein. Mus. XXIV. S. 1 — 32. 132 f. (die Buchsmbenformen in den Inschriften).
*) Etwa wie die ältesten Setzer (bes. des Griechischen) Gelehrte sein
mussten.
^) Vereinzelt findet sich auch der Sicilicus (') als Zeichen der Conso-
nantenverdopplung (Mar. Vict. 1, 2, 2. p. 246r> P. == p. 7 G.) angewandt;
8. Hermes IV. S. 413—415.
*) H. Sauppe, Göttinger Gel. Anz. 1867. Nachr. Nr. 9. S. 159.
*) W. Weissbrodt, specimen grammaticum, Coblenz 1868.
92. Sechstes Jahrh. Dichter: Andronicuß. 137
0 und E; zwischen 520 und 550 kam neben 0 auch V auf,
aber erst zwischen 550 und 568 siegte V und I für die Dauer ^),
doch so dass ihre Verdopplung fortwährend vermieden wurde.
Die Aspiration der Consonanten in der Schrift auszudrücken be-
gann man ums J. 650, Anfangs mit Uebertreibung und auch am
unrechten Orte, und von solchen MissgriflFen blieben manche
durch die ganze römische Literatur hindurch im Grebrauche^).
*) Ritschi und Mommaen, Rhein. Mus. IX. S. 14—18. 464 ff.
») So die Schreibung Bosphorus. Vgl. Catull 84. Quintil. I, 6, 20. A.
Fleckeisen in sn Jahrbb. 99, S. 656—658. 101, S. 458 f.
A. Sechstes Jahrhundert d. St.
I. Dichter.
92. Andronicus (c. 470 — c. 550 d. St.) kam jung, vielleicht 82
bei der Eroberung Tarents (J. 482 d. St.), als Gefangener nach
Rom und in den Besitz eines Livius, vielleicht des nachmaligen
(J. 547) Siegers von Sena, M. Livius Salinator. Vom Unterricht
im Lateinischen und Griechischen lebend, erhielt er die Frei-
lassung und damit den Namen (L. ?) Livius Andronicus. Für
seine Schüler übersetzte er die Odyssee in lateinischen Satur-
niem, unbehülflich und nicht ohne schwere Missverständnisse.
Daneben war er Schauspieler und schrieb sich selbst seine Texte,
die er gleichfalls aus dem Griechischen übersetzte und heraus-
gab, vorzugsweise Tragödien, unter Nachbildung der leichteren
griechischen Masse und Beibehaltung der volksmässigen Allite-
ration. Die erste Aufführung eines solchen zusammenhängenden
Stückes geschah im J. 514 = 240 v. Chr. Im J. 547 wurde ihm die
Anfertigung des Dankliedes für den Sieg bei Sena übertragen.
Auch wurden ihm zu Ehren den poetae Corporationsrechte ver-
liehen und diesen für ihren Gottesdienst im Minervatempel auf
dem Aventin ein Platz eingeräumt.
1. Vorname L. (Gell. N. A. XVII, 21, 42. Pest. v. surregit, p. 297 M.)
entstanden aus dem Anfange des Namens Livius?
2. Hieronym. chron. ad a. 1830 (Bongars. ad a. 1831) = 567 d. St.
(vielleicht veranlasst durch das Consulat des Salinator): Titus Livius tra-
goediarum scriptor clarus habetur, qui ob ingenii meritum a Livio Salina-
tore (Cos. 566 d. St.), cuius liberos erudiebat, libertate donatus est.
Gassiod. Chron. ad a. 515: bis conss. ludis romanis primum tragoedia et
comoedia a Lucio Livio ad scaenam data. Dagegen J. 514 bei Cic. Brut.
18, 72 (unter Berufung auf Atticus), sowie Cato mai. 14, 50 und Gell.
XVII, 21, 42.
138 Sechstes Jahrhundert d. St.
3. SaetoD. de gramm. 1 : antiquissinü doctorom, qui iidem et poetae et
semigraeci erant, — Liviuni et Ennium dico, quos utraque lingua domi
forisque docuisse adnotatum est — nihil amplius quam Graecos interpreta-
bantnr aut si quid ipsi latine composuissent praelegebant.
4. Liv. Vn, 2, 8: Livins . ., qid ab saturis ausus est primus argnmento
fabulam serere, idem scilicet, id quod onines tum erant, suomm canninam
actor etc. Cic leg. II, 15, 39: (theatra) quae solebant quondam conpleri
severitate iucunda Livianis et Naevianis modis. Glossae Salomonis: tra-
goedias comoediasque primus egit idemque etiam composuit Livius Andro-
uicus, duplici toga (laena == avQfia'y s. Ehein. Mus. XXIII. S. 676 — 678)
involutus.
5. Titel der Tragödien des Andr.: Achilles, Aegisthus, Aiax (masti-
gophorus), Andromeda, Danae, Equus Troianus, Hermiona, Ino, Tereus.
Ueberreste bei E. Elussmann, Rudolstadt 1849. 26 pp. 4. und Bibbeck,
trag. lat. p. 1 — 5, vgl. p. 243 — 245. Komödien: Gladiolus, Ludius, Virgua
(? Ribbeck Verpus, 0. Günther Auriga). Ueberreste bei Bibbeck, com.
lat. p. 3 f.
6. Cic. Brut. 18, 71: et Odyssia latina est sie tamquam opus aliquod
Dacdali et Livianae fabulae non satis dignae quae itermn legantor. Gell.
N. A. XVIII, 9, 5: ojffendi in blbliotheca Patrensi librum verae vetustatis
Livi Andronici, qui inscriptus est 'Ödmi^sia. in quo erat versus primus:
virum mihi, Camdna, insecä versütum. Auf die Odyssia hauptsächlich be-
zieht sich wohl die Benützung der carmina Livi als Schulbuch durch Orbi-
lius, Hör. Ep. II, 1, 69 ff. Die Ueberreste der Od. gesammelt von 0.
Günther, im Frogr. von Greiffenberg 1864. 10 pp. 4. J. A. Pfau, de numero
satumio (Quedlinburg 1864) p. 70—78. Vgl Fleckeisen's Jahrb. 87, S. 331
—333. 93, S. 566—668 u. A.
7. Liv. XXVII, 37 (J. 547 d. St): decrevere pontifices ut virgines ter
novenae per urbem euntes Carmen canerent. id cum in levis Statoris aedo
discerent conditum ab Livio poeta Carmen etc. . . carmen in lunonem regi-
nam canentes, illa tempestate forsitan laudabile rudibus ingeniis, nunc
abhorrens et inconditum, si referatur. Fest. p. 333 M.: cum Livius Andro-
nicus belle Punico secundo scripsisset carmen quod a virginibus est can-
tatum, quia prosperius resp. populi rom. geri coepta est, publice adtributa
est ei in Aventino aedis Minervae, in qua liceret scribis histrionibusque
consi^re ac dona ponerc, in honorem Livi, quia is et scribebat fabulas
et agebat. Wenn Letzteres (agere) wirklich noch J. 547 Statt fand, so
müsste Andr. etwa J. 490 d. St. geboren sein. Vgl. 0. Jahn, Berichte d.
Sachs. G. d. W. 1856, S. 294 ff. AI. Biese in den Verhandl. der Heidelberger
Philologenvers. (Leipzig 1866) S. 161—166.
8. H. Düntzcr, L. Livii Andr. fragmenta collecta et inlustrata, Berlin
1835. 94 pp.
9. F. Osann, Analccta critica (Berlin 1816) p. 1—28. Stieve, de rei
Bcen. ap. Rom. origine (Berl. 1828) p. 68 — 90. A. L. Dollen, de vita Livii
Andr., Dorpat 1838. 52 pp. W. Teuffcl in Pauly's Beal-Enc. IV. S. 1118—
1120. 0. Günther in MützelFs Ztschr. 1860, S. 809—814. Th. Mommsen,
B. G. P. S. 861—863.
92 f. Dichter: Andronicus. Naevius. 139
93. Cn. Naevius, gebürtig aus Campanien, aber von Na- 83
tionalität ein Latiner, kämpfte im ersten punischen Kriege mit
und brachte seit d. J. 519 = 235 v. Chr. Stücke zur Aufführung, im
Allgemeinen in der Weise des Andronicus, nur mit mehr Talent
und Freiheit und unter Bevorzugung der Komödie. Der rück-
sichtslose Freimut mit dem er darin, in echt romischer Weise,
auch politische Grossen angriff zog ihm zuerst Gefangniss und
dann Verbannung zu, in welcher er (um 555) starb. In seinen
späteren Lebensjahren unternahm er es auch den nationalen und
selbsterlebten Stoff des ersten punischen Krieges poetisch zu be-
handein, und that es im satumischen Masse. Vermöge dieser
nationalen Richtung wurde er femer innerhalb des Dramas
Schöpfer der praetexta, und erhielt sich Jahrhunderte hindurch
im. freundlichen Gedächtnisse seines Volkes. Auch uns noch
weht aus den spärlichen auf uns gekommenen Ueberresten ein
frischer, energischer, reichbegabter und selbstbewusster Geist
entgegen.
1. Goll. N. A. 1, 24, 1 f.: triiun poetärum illustrium epigrammata,
Cn. Naevi, Plauti, M. Pacuvii, quae ipsi fecerunt et incidenda scpulcro suo
reliqaerunt. . . epigramma Kaevi plenum superbiae campanae (vgl. Cic. leg.
agr. II, 33, 91. Liv. IX, 6, 5) . .: immörtales mortäles si fordt fas fldre,
flerdnt divad Camdnae Nadviüm po^tam. it4que postquam äst orcino trä,-
ditüs thesaüro obliti sunt Romai loquiär linguä. latina. „Wenn N. nicht
römischer Bürger, sondern Bürger einer latinischen Stadt Campaniens war,
so erklärt es sich leichter dass ihn die römische Polizei so rücksichtslos
behandelte. Schauspieler war er auf keinen Fall, da er im Heere diente."
Th. Mommsen.
2. Gell. XVII, 21, 44 f.-: anno post Romam conditam quingentesimo
undevicesimo . . Cn. Naevius poeta fabulas apud populum [primum?] dedit,
quem M. Varro in libris [libro? vgl. I, 24, 3] de poetis primo stipendia
fecisse ait hello poenico primo, idque ipsum Naevium dicere in eo carminc
quod de eodem hello scripsit. Vgl. unten 94, 2.
3. Gell. III, 3, 15: de Kaevio accepimus fabulas eum in carcere duas
scripsisse, Hariolum et Leontem, cum ob aesiduam maledicentiam et probra
in primores civitatis, de graecorum poetärum moro dicta, in vincula Ro-
mae a triumviris eoniectus esset, unde post a tribunis plebis exemptus
est, cum in his quas supra dixi fabulis delicta sua et petulantias dictonim,
quibus multoB ante laeserat, diluisset. Ps. Ascon. zu Cic. Verr. act. pr.
10, 29. p. 140 Gr.: dictum facete et contumeliose in Metellos antiquum
Naevii est: fatö Metdlli Hömai fiunt cönsuMs, cui tunc Metellus consul (J.
548) iratus versu responderat . .: dabünt malüm Metälli Nadviö poätae. —
Plaut, mil. gl. 211 f. B.: ös columnatüm poetae esse indaudivi bärbaro,
Quoi bin! custödes semper tötis horis öccubant.
140 Sechstes Jahrhundert d. St.
4. Hieron. chron. zu J. 1816 » 663 d. St. 201 v. Chr.: Naeviua comi-
cuB Uticae moritnr, pulBiis Borna factione nobilium ac praecipue Metelli
(Metellorum?). Cic. Brut. 15, 60: his consulibus (des J. 550)^ ut in veteribus
common tariis (welchen?) scriptum est, Naeviue est mortuus; quamquam
Varro noster, diligentissimus investigator antiquitatis, putat in hoc erratum
yitamque Naevi producit longius. Varro hatte ohne Zweifel Recht. Ge-
hören war N. etwa 486 oder 490.
5. Tragödien: Andromacha (? von Ennius?), Danae, Equus troianus,
Hector proficiacens, Hesiona, Iphigenia, Lycurgus. Fragmente bei Bibbeck
trag. p. 6—13. vgl. p. 246—247.
. 6. Praeteztae: Clastidium (auf den dortigen Sieg des M. Marcellus,
J. 632 d. St), Bomulus s. Alimonium Bomuli et Bemi. Bibbeck trag,
p. 236 f. vgl. p. 348 f. Grauert im Philologus II. S. 116—130. Böper,
ebds. VII. S. 691 f. Berchem unterscheidet: Lupus s. Alimonium B. et B.,
und Bomulus.
7. Komödien: Acontizomenos, Agitatoria, Agrypnuntes, Appella, Ario-
lu8, Astiologa, Carbonaria, Colax, Commotria, Corollaria, Dementes, Deme-
trius, (Diobolaria?) Dolus, Figulus, Glaucoma, Gymnasticus, Lampadio,
Leo, Ludus, Lupus (vgl. Anm. 6), Nagido, Nautae, Nervolaria, Paclex,
Personata, Proiectus, Quadrigemini, Satura (? Festus p. 257 M.), Stalagmo-
nissa, Stigmatias, Tarentilla, Technicus, Testicularia, Tribacelus, Triphallus,
Tunicularia. Die Ueberreste bei Bibbeck, com. lat. p. 6 — 25. Vgl. Kluss-
mann p. 132 — 181. Vieles ist unsicher, namentlich wegen der häufigen
Verwechslung mit Laevius, Livius und Novius. Die Stücke mit lateini-
schem Titel sind wohl die späteren. Alle aber gehören der palliata an;
doch bewegte sich N. seinen Originalen gegenüber, wie es scheint, freier
als selbst Plautus, und nahm schon Contamination vor (Ter. Andr. prol. 7).
Von den Komödien (und etwa dem Epos) gilt wohl hauptsächlich des
Horaz ärgerliche Frage (Ep. II, 1, 53): Naevius in manibus non est et
mentibus haeret paene recens?
8. Bellum punicum (poenicum). Cic. Cato 14, 49 f.: si habet aliquod
iamquam pabulum studii atque doctrinae, nihil est otiosa senectute iucun-
dius. . . quam gaudebat Bello suo punico Naevius! — Suet. de gramm. 2:
C. Octavius Lampadio Naevii Punicum bellum . . uno volumine et conti-
nenti scriptura expositum divisit in septem libros. Santra bei Non. p. 170,
21: quod volumen unum uos lectitavimus, id postea invenimus septemfariam
di Visum. Ein Cornelius und ein Virgilius als Commentatoren bei Varro
L. L. VII, 39. — Cic. Brut. 19, 76 f.: Naevi . . Bellum punicum quasi
Myronis opus delectat. . . et luculente quidem (Naevius rem scripsit),
etiamsi minus quam tu (Ennius) polite. Die beiden ersten Bücher ent-
hielten die Urgeschichte Roms und Karthagos (Aeneas und Dido), das
dritte begann dann mit dem ersten punischen Kriege. Der Stofl" war
in nüchterner Weise, etwa im Tone einer Beimchronik, behandelt. Die
Ueberreste ex recensione I. Vahlen, Lips. 1854. 20 pp. 4. Auch bei
Pfau, de numero sat. (Quedl. 1864) p. 79 — 95. Vgl. Fleckeisens Jahrb. 87,
S. 333—336.
93 f. Dichter: Naevius. Plautus. 141
9. A. Schütte, de Cn. Naevio poeta, P. I. Würzburg 1841. E. Kluss-
mann, Cn. Naeyii poetae rom. vitam descripsit, carminmn reliquias coUegit,
poefiis rationem ezposuit, Jena 1843; nebst M. Hertz, Berliner Jahrbb. 1843.
IL S. 217—236. W. Teuffei, in Pauly's Real-Enc. V. 1846. S. 396--400.
Mommsen, R. G. V. 8.879 — 881. 873 f. 898 f. M. J. Berchem, de Gn.
Naeyii poetae vita et scriptis, Münster 1861. 112 pp.
10. AuB der Zeit des Naevius, aber nicht von ihm selbst, ist das
Nelei carmen priscum, aus welchem durch Festus und Charisius Bruch-
stücke im iambischen Masse erhalten sind; s. 0. Müller's Festus p. 388, b.
Ribbecks tragici p. 198 f. 347 f.
94. T. Maccius Plautus ist geboren um 500 = 254 in 84
der umbrischen, aber damals wohl schon latinisierten Landstadt
Sassina, als Freier, aber von niedrigem Stande. In Rom an der
Bühne beschäftigt, verlor er die dort gemachten Ersparnisse
durch Handelspeculationen, verdingte sich zeitweilig in eine Mühle,
und erwarb sich den Lebensunterhalt durch lateinische Bearbei-
tung griechischer Lustspiele, bis er J. 570 = 184 starb. Die
Nothwendigkeit schnell zu arbeiten, um sich etwas zu erwerbeu,
verbunden mit der stofflichen Unselbständigkeit seiner Hervor-
bringungen, lässt auf Fruchtbarkeit des Plautus schliessen. In-
dessen über die Anzahl der von ihm bearbeiteten Stücke ent-
stand Unsicherheit, hauptsächlich dadurch dass man bald alle
Palliaten aus der Zeit des Plautus — von denen viele nur noch
in Bühnenexemplaren vorhanden sein mochten — als plautiniseli
zu bezeichnen sich gewöhnte. Varro unterschied unter diesen
drei Classen: 21 allgemein als echt anerkannte, ferner wahr-
scheinlich echte (wohl 19 Stücke), und endlich unechte. Die
der ersten Classe (fabulae Varroniana«) sind ohne Zweifel die
erhaltenen.
1. Der Name (statt des früheren M. Accius) aus dem Ambrosianus und
Gell. III, 3, 9 gewonnen von Ritschi, de nominibus Plauti, Parerga p. 3 —
43, und gegen Geppert (Jahns Archiv XlX. S. 262 ff. vgl. Ritschl's Aus-
gabe des Mercator p. XI f.) vertheidigt von M. Hertz, T. Maccius Plautus
oder M. Accius Plautus? Berlin 1854. 32 S. 8. Dazu (gegen Vallauri): de
Plauti poetae nominibus epimetrum, Breslau 1867. 16 pp. 4. Nach dem
Prolog zur Asin. (v. 11, nach der Emendation von Bücheier und L. Müller)
war Macius (mit doppel zeitigem a) die ältere, in der Zeit des Plautus ge-
bräuchliche Namensform, Maccius also die spätere.
2. Cic. Brut. 15, 60: Plautus P. Claudio L. Porcio coss. (J. 570) mor-
tuus est, Catone censore. Cato 14, 50 unter den Beispielen von Beschäfti-
gungen der senectus: quam gaudebat . . Truculento Plautus, quam Pseu-
dulo (aufgeführt J. 563)1 Diess stimmt auch zu andern Daten. Vgl. Ritsehl,
de aetate Plauti, Parerga p. 45—70. Daher ist jedenfall« unrichtig wenn
142 Sechstes Jahrhundert d. St.
Hieronym. zu Euseb. chron. 1817 (Boug. 1818) =» 554 d. St. angibt: Plan-
tus ex ümbria Sarsinas Romae moritur, wofür M. Hertz moratur Yor schlug,
Andere Verwechslung mit clarus habetur annehmen. — Gell. I, 24, 3:
epigramma Plauti, quod dubitasaemus an Plauti foret, nisi a M. Yarrone
positum esset in libro de poetis primo: Postquam est mortem aptus Plautus
comoedia luget, scaena est deserta, dein risus, ludus iocusque et numeri
innumeri simul omnes coulacrimarunt. — Lessing, Abhandl. von dem Leben
und den Werken des PL (J. 1750), sämmtl. Werke III. S. 1—27 (Lachmann).
C. 6. Andresen, de vita Plauti, Altona 1843. 4.
3. Gell. III, 3, 14: Saturionem et Addictum et tertiam quandam . . in
pistrino cum scripsisse Varro et plerique alii memoriae tradiderunt, cum,
pecunia omni quam in operis artificum scenicorum pepererat in mcrcatibus
perdita, inops Romam rediisset et ob quaerendum victum ad circumagendas
molas quae trusatiles appellantur operam pistori locasset. Hieronym. 1. 1.
(a. A. 2): qui propter annonae difficultatem ad molas manuarias pistori se
locaverat, ibi quotiens ab opere vacaret scribere fabulas solitus ac yendere.
Hör. £p. II, 1, 175: (Plautus ist formlos:) gestit enim nummum in locnlos
demittere.
4. Gell. III, 3, 11: feruntur sub Plauti nomine comoediae circiter cen-
tum atque triginta. Serv. praef. ad comm. in Aen.: Plautum alii dicunt vi-
ginti et unam fabulas scripsisse, alii qnadraginta, alii centum. Letztere
Zahl wohl (mit M. Hertz) aus einer andern Quelle als 130; anders Bitschi,
Parerga S. 126. 173. Gell. 1. 1. 12: homo eruditissimus L. Aelius XXV eius
(Plauti) esse solas existimavit. Ueber Varro ib. 1 ff . dass er nach seinem
persönlichen Gefühl und Urteil, ob ein Stück des Plautus würdig sei oder
nicht, seine Classen unterschieden habe: (3) nam praeter illas XXI quae
Varronianae vocantur, quas idcirco a ceteris segregavit quoniam dubiosae
non erant, sed consensu omnium Plauti esse censebantur, quasdam item
alias probavit, addu'ctus filo atque facetia sermonis Plauto congruentis,
casque iam nominibus aliorum occupatas Plauto vindicavit. Ritschi ver-
mutet dass dieser zweiten Classe {dvTiXsyofisva) Varro 19 Stücke zutheilte
(daher die Zahl 40 bei Servius), etwa (S. 128 ff.): 22. Saturio; 23. Addictus;
24. Boeotia; 25. Kervolaria; 26. Fretum; 2?. Trigemini; 28. Astraba; 29. Pa-
rasitus piger; 30. Parasitus medicus; 31. Commorientes; 32. Condalium;
33. Gemini lenones; 34. Feneratrix; 35. Frivolaria; 36. Sitellitergus; 37. Fu-
gitivi; 38. Cacistio; 39. Hortulus; 40. Artemo. Zur dritten Classe (vo^a)
könnten dann gehören (ebd. S. 154 ff.): 1. Golax; 2. Carbonaria; 3. Acharistio;
4. Bis compressa; 5. Anus; 6. Agroccus; 7. Dyscolus; 8. Phagon (? Hertz:
Paplagon, d. h. Paphlagon); 9. Cornicula; 10. Calceolus; 11. Baccaria;
12. Caecus aut Praedones. Dass aber die (mit Ausnahme der letzten. Vi-
dularia) erhaltenen 21 eben die Vari'onianae (der eraten Classe, 6fu>Xoyoi;-
fiBva) sind ist schon an sich höchst wahrscheinlich. Varro's Ansehen be-
wirkte dass man die von ihm anerkannten Stücke im Abschreiben und
Lesen bevorzugte.
5. Zur Entstehung der kritischen Schwierigkeit s. Gell. III, 3, 13: non
dubium est quin istae (alle?) quae scriptae a Plauto non videntur et no-
mini eius addicuntur vetenim poctarum fuerint et ab eo rotractatae atque
94 f. Dichter: Plautus. Seine Stücke. 143
expolitae sint ac propterea resipiant stilum plautinum. Diess könnte nur von
Stücken des Andronikns und Naevius gelten; s. Bitschl Parerga S. 96 — 113.
In $. 10 erwähnt Gellius auch dass in Varro's über de comoediis plautinis
id qnoque scriptum, Plautium fuisse quempiam poetam comoediarum, des-
sen Stücke wegen der Namensähnlichkeit (Gen. Plauti) mit denen des
Plautos zusammengeworfen worden seien; was aber nicht weit hilft; s.
Ritschi S. 95 f. Hauptursache (Bitschl S. 113 f.): dass der Name plauti-
nisch zu einer Art von CoUectivbezeichnung für die Blütezeit der palliata
wurde, indem das Namenlose theils selber sich an den berühmten Namen
anlehnte, theils missverständlich, von manchen Schauspieluntemehmem
auch wohl wissentlich, dem Plautus zugeschrieben wurde. Vgl. Mommsen,
B. G. I'. S. 882: „solcher handwerksmässigen Eomödienbearbeiter scheint
es in Bom damals [zur Zeit des Plautus] eine ziemliche Zahl gegeben zu
haben; allein ihre Namen sind, zumal da sie wohl durchgängig ihre Stücke
nicht pvblicierten [d. h. nicht selbständig und unter ihrem eigenen Namen
herausgaben], so gut wie verschollen [ein solcher Verschollener wäre eben
Plautius] ; und was von diesem Bepertoire sich erhielt gieng späterhin auf
den Namen des populärsten unter ihnen, des Plautus."
6. Ueber die ganze Frage s. Bitschl, die fabulae Varronianae des
Plautus, Parerga S. 71--246.
96. Die erhaltenen zwanzig Stücke stehen in den Hand- 85
Schriften in ungefährer alphabetischer Ordnung, nur dass bei
den Bacchides diese jetzt zu Gunsten der chronologischen ver-
lassen ist. Das Folgende zählt sie in dieser überlieferten Reihen-
folge auf.
1) Amphitruo, das einzige plautinische Stück mit mytho-
logischem (komisch-wunderhaftem) Stoffe, der etwas ethisch Be-
denkliches hat, aber mit formeller Meisterschaft und heiterster
Laune behandelt ist. Original und Abfassungszeit unbekannt.
1. Bedenklich ist das &evle Spiel das mit der Tugend der treuen und
edlen Alkmene getrieben wird. Verwechslungen wie in den Menaechmi,
nur hier in Folge absichlAicher Nachahmung. Wegen der Mischung gött-
licher und menschlicher Personen vom Prolog als tragicomoedia bezeichnet.
Das Original ohne Zweifel aus der neuen Komödie und weder ein Stück
des Archippos (alte att. Komödie) noch des Bhinthon; s. J. Vahlen, Bhein.
Mus. XVI. S. 472 ff. AuffClhrungen vielleicht noch im vierten und fünften
Christi. Jahrb.; s. Arnob. adv. g. IV, 35. VII, 33. Prudent. perist. X, 226.
Augustin. Epist. 202. Nach IV, 2 ist eine Lücke von ungefähr 4 Scenen
oder 300 Versen, entstanden durch den Verlust einer Blätterlage; im 15.
Jahrh. von Hermolaus Barbarus durch eine nach Form und Inhalt miss-
glückte Nachdichtung ausgefüllt.
2. Ausgaben von P. Ast (Landshut 1818), Th. Verwaijen (Utrecht 1827),
P. Lindemann (Lips. 1884), F. W. Holtze (Lips. 1846).
3. F. Osann, über den A. des PI., Bhein. Mus. von Weleker und NakeJI.
144 Sechstes Jahrhundert d. St.
S. 305 — 335. Em. Hoffmaun, de Plauti Amph. exemplari et fragmentis,
Breslau 1848. Welcker, griech. Trag. S. 1478—1481.
2) Asinaria, von possenhaftem Stoffe, aber manchfaltiger
und lebendiger Gharakterzeichnung und mit Scenen von grosser
komischer Wirkung. Original wohl der ^Ovayog des Demophilos
und Abfassungszeit um 560.
1. Prolog V. 11: Demophilns scripsit, Macius vortit barbare (s. oben
94, 1). Den Vorschlag: eam Diphilus scripsit hat Bitschi zurückgenommen,
Opusc. II. S. 6.83; vgl. Fleckeisens Jahrbb. 97, S. 212—214.
2. Ausgabe von E. J. Richter, Nürnberg 1833. — Linge de As. PL, in-
signi corruptae apud Atticos sub novae comoediae aevum puerorum edu-
cationis exemplo, Hirschberg 1834.
3) Aulularia, eines der ausgezeichnetsten Stücke d^s Plau-
tus, nach Anlage wie Ausführung, enthaltend die Zeichnung
eines Geizhalses in einer Manchfaltigkeit von Situationen. Der
Schluss ist verloren.
1. Original sicher ein Stück der neuen Komödie. Abfassungszeit wegen
III, 5 nach Aufhebung der lex Oppia, also nach 559; Ladewig in Ztschr.
f. d. A. W. 1841, S. 1085 f.
2. Ausgaben von Göller (Cöln 1825), E. J. Richter (Nümb. 1833), Deenik
(Leyden 1835), vT. Hildyard (London 1839), Th. Vallauri (Turin 1853), W.
Wagner (with notes, Cambridge 1866).
3. Wolif, prolegomena ad PI. A., Naumburg 1836. 4. Bromig, Verglei-
chung der A. des PI. und des Avare von Moli^re, Burgsteinfurt 1854. 4.
C. Humbert, Moliere's Avare und PI. A., in Herrig's Archiv XVIIL S. 376
— 410. G. Claus, de Aul. PI. fabula iisque scriptoribus qui eam imitati
sunt, Stettin 1862. 74 pp. W. Wagner, de PL A. Bonn 1864. 34 pp.
4) Captivi, ein Rührstück, ohne erotische Verwicklung und
spannendes Interesse, doch mit schönen Scenen und durch die
Figur des Parasiten belebt.
1. Contamination (so dass der Haupttheil aus^Anaxandrides, der Parasit
aus Antiphanes wäre) ohne triftige Grunde behauptet von Ladewig, der
Kanon des Volc. Sed. (1842) S. 28- 31; halb zurückgenommen in Pauly's
Heal-Enc. V. S. 1733.
2. Ausgaben von Avellini (Neapel 1807. 4.), Bosscha (Amsterd. 1817),
Fr. Lindemann (em., Lips. 1830; mit Mil. gl. und Trinummus, Lips. 1823.
1844), C. E. Geppert (lat. u. deutsch, Berl. 1859), J. Brix (für den Schul-
gebr. erkl., Leipzig 1865. 1870).
3. Lessing, Werke IIl. S. 77-122. 127—140. Vgl. W. Hertzberg vor
seiner Uebersetzung S. XIX. ■— J. Brix, Emendatioues in PL Capt., Liegnitz
1862. 22 pp. 4. B. Dombart, in d. Blatt, f. d. bair. Gymn. V, 6 u. 7 (J. 1869).
5) Ourcnlio (Gurgelnieusch), komischer Name des Parasi-
1)5.. Dichter: Plautus. Die erhaltenen Stücke. 145
ten in dem Stücke. Die Charaktere sind die gewöhnlichen, die
Erfindung ziemlich dürftig. Abfassung bald nach 561.
1. IV, 2, 23 flP. Anspielung auf die lex Sempronia (Liv. XXXV, 7) vom
J. 561. W. Teuffei, Studien u. Char. (1871) S. 262. Ausser IV, 2 ist merk-
würdig IV, 1 als eine Ai-t von Parabase.
2. Ausgabe von C. E. Gcppert (lat. u. deutsch), Berlin 1845. Lindemann,
scena PI. ex Cure, emeudata, Zittau 1845. 4. L.Mercklin, Symbolae exeget.
ad Cure. PL, Dorpater Lee tionsk atalog 18G1. 14 pp. 4. A. Spengel, das
canticum in Plaut. Cure. (I, 2), Philologus XXVI. S. 364—358.
6) Casina, nach den KkriQOv^EvoL des Diphilos gearbeitet,
aber mit Zuthat von Unsauberkeiten im massiv römischen Ge-
schmacke, die wohl auch den Wegfall der Schlusspartien zur
Folge hatten. Das Erhaltene ist nämlich ohne Zweifel eine ab-
gekürzte spätere Bühnenbearbeitung, während der Prologschreiber
noch das vollständige Stück kannte.
1. W. Teuffei, Stud. u. Charakt. S. 257— 260. Abfassung vor dem Verbot
der Bacchanalien (J. 568) folgert Mommsen R. G. P. S. 873, Anm. aus V,
4, 11 gegen Ritschi, Parerga S. 191 ff. vgl. dessen Opusc. II. S. 658—660.
2. Unecht ist die angeblich in Pompeji gefundene Theatermarke mit
der Inschrift: Casina Plauti.
3. Ausgabe (in us. lectt.) von Geppert, Berlin 1866. — Th. Ladewig,
Einl. und Anm. zur Gas., Rhein. Mus. III. S. 185 ff. Th. Mommsen, zum
Prolog der Gas., ebds. X. S. 122—127. Ueber Gas. III, 6 s. A. Fleckeisen,
Kritische Miscellen (Dresden 1864) S. 5 ff. G. Fuhrmann, in Fleckeiseus
Jahrbb. 99, S. 480—484. Geppert, über die Gas. im cod. Ambr., in Mützells
Ztschr. für Gymn. XVII. S. 625 — 636. W. Studemund, ebds. XVIII. S.
526 — 558, und Emend. plaut. (1871) p. 3—7. 15.
7) Cistellaria, kaum zur Hälfte erhalten, vielleicht gleich-
falls nach einem Theaterexemplar. Die Handlung hat viele
Aehnlichkeit mit der des Epidicus. Abfassung vielleicht um 555.
1. Ausgabe von L. E. Benoist, Lyon 1863.
2. Th. Ladewig, Einl. und Anm. zur Cist., Rhein. Mus. IH. S. 520 ff.
W. Teuffei, Stud. und Charakt. S. 260—262. Studemund, Emend. plaut 1871.
p. 7—14.
8) Epidicus, mit reicher, aber etwas verwickelter Hand-
lung und ohne besonderen Aufwand von Witz und Lebendigkeit.
Abfassung nach J. 55t).
1. Die Verwickeltheit der Handlung erklärt sich vielleicht (mit Ladewig,
Ztschr. f. d. A. W. 1841, S. 1086—1090 und dagegen R. Müller, p. 5—14)
aus Gontamination und dient andererseits vielleicht der ungünstigen Auf-
nahme des Stückes zur Erklärung, während der Dichter (Bacch. 215)
TEUFFEii, Rom. Literaturgeschichte. 2. Aufl. 10
146 Sechstes Jahrhundert d, St.
dem Darsteller der Hauptrolle, PoUio (oben 16, 13), die Schuld davon
zuschiebt. — II, 2, 40 ff', setzt die Aufhebung (J. 559) der lex Oppia smnp-
tuaria voraus.
2. Ausgaben von Fr. Jacob (Lübeck 1835) und C. E. Geppert, Berlin 1865.
— R.' Müller, de PI. Epidico, Berlin 1865. — Uebersetzung von Fr. Jacob,
Lübeck 1843.
9) Bacchides, nach Anlage wie Charakterzeichnung eines
der besten Stücke. Die Eingangsscenen sind zugleich mit dem
Schlüsse der Aulularia zwischen dem vierten und dem sechsten
Jahrhundert n. Chr. verloren gegangen. Original wohl Menan-
der's ^Ig i^aitarcSv. Aufführung J. 565.
1. Ueber Inhalt und üeberreste der verlorenen 2 — 3 Scenen s. Ritschi,
Opußc. II. S. 292 — 374. Die schlechten Ergänzungen in älteren Ausgaben
sind wahrscheinlich von Antonio Beccadelli aus Palermo verfasst.
2. Contamination ist unwahrscheinlich; s. W. Teuffei, Stud. u. Charakt.
S. 256 f. In V. 1073 R. Anspielung auf die vier Triumphe des J. 665 (Ritschi
Parerga p. 423 ff.).
3. Die jetzige Stellung des Stückes (nach Epid.) kann erst dem fünften
christl. Jahrh. angehören, gründet sich auf v. 214 f. R. und rührt vielleicht
von Calliopius her. Ritschi Parerga p. 391 ff. vgl. Opusc. II. S. 321.
4. .Ausgaben von F. Ritschi (Hai. 1836), G. Hermann (Lips. 1846).
5. Abhandlungen: in Ritschis Parerga p. 391 — 430 (de PI. Bacch.) und
(die ursprüngliche Gestalt der pl. Bacch.) Opusc. IL S. 292 ft*. F. V. Fritzsche,
Rostocker Sommerkatalog 1846. 7 pp. 4. Schneidewin (zu I, 2), Rhein. Mus.
IL S. 415—427. M. H. E. Meier, Halle 1853. 4. = Opusc. IL p. 330—336.
Th. Ladewig im Philologus XVII. 1860. S. 261 ff.
10) Mostellaria, die Geistergeschichte, ein Stück von sehr
correcter Anlage und mit einer Manchfaltigkeit gutgezeichneter
Charaktere.
1. Original wohl das ^aaiia des Philemon, Ritschi Parerga S. 159 f.
272, Anm.
2. Ritschl, de turbato scenarum ordine Most. PL, Parerga p. 431 —
508. J. A. Stamkart, commentarius in PL Most., Amsterdam 1858. 128 pp. 8.
3. Erklärt von A. 0. Fr. Lorenz, Berlin 1866. Vgl. Lorenz im Philo-
logus XXVIL S. 543 — 547. A. Spengel, ebd. XXVIIL S. 726 — 728.
With notes, prolegomena and excursus by W. Ramsay, London 1869.
CXVI u. 295 pp.
11) Menaechmi, wohl das gelungenste der plautinischen
Stücke, die lustigen Verwechslungen und Conflicte behandelnd
welche durch die täuschende Aehnlichkeit zweier Zwillingsbrü-
der herbeigeführt werden. Vorbild und Abfassungszeit unbekannt.
1. Argumentum sicelissat (prol. 12) bezieht sich nur auf die Heimat
der beiden Zwillingsbruder. Dass die Jtöv^ot des Poseidippos zu Grunde
95. Dichter: Plautus. Erhaltene Stücke. 147
liegen (Ladewig, Philologus I. S. 275 ff.) ist sehr zweifelhaft; s. W. Teuffel,
Stud. S. 263. Für die Abfassungszeit (vor J. 539?) bietet II, 3, 60 wenig
Festes.
2. Zur Kritik: J. Vahlen, Rhein. Mus. XVI. S. 631 — 638. W. Teuffel,
Stud. u. Charakt. S. 263—273.
3. W. Claus, üb. d. M. d. PI. und ihre Nachbildung, bes. durch Shake-
speare, Stettin 1861. 48 S. 4.
4. Ausgaben von J. Hildyard (Cantabr. 1840), Geppert (lat. und deutsch,
Berl. 1845), J. Brix (f. d. Schulgebr. erkl., Leipzig 1866). Vgl. A. 0. F.
Lorenz, Götti. Gel. Anz. 1868, S. 1208—1213.
12) Miles gloriosus, stark aufgetragene Zeichnung eines
Bramarbas^ nicht ohne Gedehntheiten und Unwahrscheinlich-
keiten^ doch im Ganzen wohl angelegt und heiter ausgeführt.
1. Der überlieferte Titel gegen Fleckeisen, Rhein. Mus. XIV. S. 628 f.
Anm., vertheidigt von W. Hertzberg, Ue))ersetzung S. 356 f. und A. Riese,
Rhein. Mus. XXII. S. 303 f.
2. Original nach U, 1, 8 der 'AXaitav eines griechischen Dichters, und
daneben für die Eingangsscene der Kola^ des Menander (W. A. Becker)
oder der At^riaizs^x^s des Diphllos (Ritschl). Vgl. W. Teuffel, Studien S. 273 f.
■
3. Abfassungszeit nach J. 550 (wegen y. 211 f.) und vor 568 (wegen 1016).
4. Ausgaben von Danz (Vimar. 1804), Lindemann (em., Lips. 1827; mit
Capt und Trin. 1823. 1844), Vallauri (Turin 1855), A. 0. F. Lorenz (erklärt,
Berlin 1869).
5. RitsAl^ scena Plaut, emend., Bresl. 1839. 4.; Bonner Sommerkat.
1849; Opusc. II. p. 404 — 422 (de argumento acrosticho Mil. gl.). F. V.
Fritzsche, Rostocker Index Sommer 1850. M. Haupt, Berliner Index Sommer
18Ö8, und Hermes III. S. 147 f. 0. Ribbeck, Rhein. Mus. XU. S. 594—611.
A. Schöne, ebd. XVIII. S. 157—162. Seitz, zu PI. m. gl., Jever 1867. 4.
A. Romberg, zum M. gl. des PL, Coburg 1869. 4. Fleckeisens Jahrbb. 101,
S. 61 — 78. Literaturübersicht von A. 0. F. Lorenz, Philologus XXX. S.
578—614.
13) Mercator, mit einer der Casina ähnlichen Handlung,
aufgefahrt wahrscheinlich nicht vor 558 d. St. Original Phile-
mon's "E^JtOQog,
1. Abfassungszeit aus III, 1, 28 gefolgert von Ladewig, Ztschr. f. d. A.
W. 1841, S. 1085; vgl. Ritschl Pnrerga p. 344.
2. Zum Mercator; Ritschl, Opusc. IT. p. 395—403. E. J. Brix, Philo-
logus Xn. S. 650 — 657. F. Bücheler, Rhein. Mus. XV. p. 428 — 444. K.
Dziatzko, ebd. XXVI. S. 421—439 (Prolog).
14) Pseudölus, nach Haltung, Ton und Form von einer
gewissen Gereiftheit, aufgeführt J. 563.
1. Dass Pseudolus = ^^svdvXog der Titel sei s. 0. Seyifert, Philologus
10*
148 Sechstes Jahrhundert d. St.
XXV. S. 448 f. Anm. lieber den Üebergang von griech. v in lat. o s. Fleck-
eisen Jahrbb. 93, S. 9—12.
2. Erste Aufführung bei der Einweihung des Tempels der magna mater
(vgl. II, 4, 19) nach der Didaskalie (Ritschi, Parerga S. 286, 296). Vgl.
Cic. Cato 14, 50: quam (gaudebat in senectute) Truculento Plautus, quam
Pseudulo! — Bearbeitung nach einem Stücke der mittleren Komödie be-
hauptet Bergk, Rhein. Mus. XX. S. 290.
3. Annot. instr. Romeijn, Daventr. 1836. -- Mit Rud. u. Truc. denuo
rcc. et expl. F. H. Bothe, Lips. 1840. — H. üsener, Pseud. Plaut, scaena
secnnda recognita, Greifswalder Sommerkatal. 1866. 18 pp. 4. A. Eiessling,
Rhein. Mus. XXIII. S. 411—426.
15) Poenulus, in Erfindung und Anlage nicht ohne Män-
gel, aber berühmt durch das darin vorkommende Phönikische.
Aufführung um 565 d. St. Original ein KaQxriSovioq^ wahr-
scheinlich des Menander.
1. Ueber die Mängel und die Zeitkriterien s. W. Teuffei, Studien und
Charakt. S. 274 — 276. Bei einer späteren Aufführung Umnennung in
Patruus pultiphagonides (prol. 64). Die letzte Scene ist in doppelter (un-
yereinbarer, aber ungefähr gleich alter) Fassipg erhalten, Ritschi Parerga
p. 601. Th. Hasper, de Poenuli plautinae duplici exitu, Lips. 1868 (die
zweite Fassung sei für eine Aufführung zu Anfang des siebenten Jahrh. d.
St. , und in der für diese gemachten Umarbeitung liege das ganze Stück vor).
2. Ausgabe von Geppert, Berol. 1864. — Ueber das Punische s. Pro-
gramme von Bellermann (Berlin 1806 — 1808), E. Lindemann (Schnceberg
1833 f. 1837), Wex (Schwerin 1838). F. C. Movers, phönikische lotete, I. Berl.
1845. Wex im Rhein. Mus. U. S. 130 ff. IX. S. 312—315. XII. S. 627—630.
F. Hitzig, ebds. X. S. 77 — 109. J. Derenbourg im Journal asiatique 1869,
p. 84—91.
16) Persa, ein Bedientenstück von einfacher Erfindung,
doch theilweise sehr lebendiger Ausführung. Abfassungszeit
wahrscheinlich J. 557 d. St.
Th. Ladewig, über den Kanon des Volc. Sed. S. 38 — 40.
17) Rudens (das Schifftau), vorzüglicher durch die heitere
und witzige Ausführung vieler einzelnen Scenen als durch die
Anlage des Ganzen. Abfassung um 562 d. St.
1. W. Teuffei, Stud. u. Charakt. S. 276 f.
2. Ausgaben von F. V. Reiz (Lips. 1789), C. E. Chr. Schneider (Vratisl.
1824), F. H. Bothe (s. Pseud.), Geppert (Berlin 1846. Vgl. Ritschi, Rhein.
Mus. V. S. 128 ff.), E. Benoist (Paris 1864).
3. Kampmann, adnott., Oels 1830. 4. Zum Prolog C. Dziatzko, Rhein.
Mus. XXIV. S. 570-584.
18) Stichus, aufgeführt 554 d. St. ludis plebeis. Original
Menander's ^iXddsXcpoi^ doch unter Abänderung des Schlusses.
95. Dichter: Plaiitus. Erhaltene Stücke. 149
Ritschi, Parerga S. 261—280. Bergk, Zeitschr. f. A. W. 1850, S. 332 ff.
W. Teuffei, Stud. u. Charakt. S. 277—279. Dziatzko, Rhein. Mns. XXI. S.
82 f. A. Spengel, Philologus XXVIII. S. 728—731.
19) Trinummus, ein Familienstück , ohne weibliche Cha-
raktere, von bemessener Anlage und Tonfärbung. Aufgeführt
nicht vor 560 d. St. Original Philemon's &rj(favQ6g.
1. Ausgaben von G. Hermann (Lips. 1800 n. 1853), Göller (Colon. 1824),
Lindemann (em., Lips. 1830; mit Capt. nnd Mil. 1823. 1844), Geppert (lat.
u. deutsch, ßerl. 1844. Leipzig 1854), Th. Vallauri (Turin 1856), J. Brix
(für den Schulgebrauch erklärt, Leipzig 1864; vgl. A. 0. F. Lorenz, Götti.
Gel. Anz. 1868, S. 1174—1200; zweite Aufl. 1871) und bes. Ritschi (rec,
instrum, crit. et prolegomenis auxit, Lips. 1871 = PL comoed^ I, 1).
2. Ritflchl, de actae Trin. tempore, in Parerga p. 339—354. De inter-
polatione Trin., ebds. p. 511—579. Grauert, Allg. Schulztg. 1829, Nr. 4—6.
M. H. E. Meier, de PI. Tr., Opusc. II. p. 321—329. Vollbehr, de Tr., Rends-
burg 1862. 16 pp. 4. Bergk, Marburger Ind. 1849 f. 12 pp. 4. F. V. Fritzsche,
Rostocker Ind. 1849 f. W. Studemund, der pl. Trin. im cod. Ambrosianus,
Rhein. Mus. XXI. S. 574—621. Vgl. Hermes I. S. 304 ff. 310 f.
3. XJebersetzt von F. Osthelder (Speier 1852 f. 4.) und W. Wagner
(Frankf. 1861).
20) Truculentus, aufgeführt um 565 d. St., voll guter,
aber wilder Laune, zum Theil etwas redselig. Hauptrolle die
einer Hetäre.
1. Cic. Cato 14, 50 (s. oben 94, 2). W. Teuffei, Stud. u. Charakt. S. 279.
2. Ausgaben von Göller (Colon. 1824), F. H. Bothe (s. Pseud.), Geppert
(Berol. 1863), A. Spengel und W. Studemund (Gotting.' 1868).
3. Zur Kritik: C. E. Chr. Schneider, Vratisl. 1834. 4. A. Spengel, lectt.
Plaut., München 1866. 8 pp. 4. J. Brix, Epistula ad A. Spengelium, Liegnitz
1868. 4. A. Kiessling in Fleckeisens Jalirbb. 97, S. 609—642. Th. Bergk,
ebd. 99, S. 478—480. Fleckeisen, ebd. 101, S. 848—852. B. Dombart, Phi-
lologus XXVIII. S. 731—739.
4. C. E. Geppert, über die sog. italienische Recension im Truc, in s.
plautinischen Studien I (1870) S. 87—111.
Nr. 21, Yidularia, gieng, als letztes Stück der Sammlung, noch im
Laufe des Mittelalters verloren. W. Studemund, commentatio deVidularia
plautina, Greifswald 1870. 26 pp. 4.
Querolus s. Aulularia, in Prosa, aus dem 3. oder 4. christl. Jahrb.,
herausgg. von P.Daniel (Paris 1564), Klinkhamer (Amsterd. 1829). Der Inhalt
davon sowie der Stoff des Amphitruo (obwohl schwerlich unmittelbar des
plautinischen) in elegische Verse gebracht von Vitalis de Blois (Blesensis)
im 12. Jahrb.; herausgegeben von F. Osann, Darmstadt 1836.
96. Diese plautinischen Stücke sind uns in zweierlei Recen- 86
sionen überliefert, deren eine in dem ambrosianischen Pahmpseste
150 'Sechstes Jahrhundert d. St.
(A), die andere in den Handschriften des J. Camerarius (BCD)
uns erhalten ist.
1. Im Anfang des 15. Jahrh. waren die 12 letzten Stücke verschollen.
Belcannt waren nur die acht ersten; sie waren in sehr vielen Hdss. ver-
breitet, zwar in verschiedener Ordnung, aber alle wesentlich in der alpha-
betischen (Ritschi, Opusc. IL p. 236 — 238). Von den letzten zwölf wurde
in Deutschland um 1428 eine Handschrift aufgefunden (der Orsini'sche
Codex = Vaticanus 3870; s. Ritschi, Opusc. IL S. 19 Anm.), sowie im 16.
Jahrh. die beiden Heidelberger (Palatini) Hdss. des Camerarius, der vetus
codex (B), saec. XI, welcher alle 20 Stücke enthält (jetzt Vaticanus 1615),
und der (von Pareus) sogenannte decurtatus (C) saec. XII, welcher nur die
12 Stücke Bacchides bis Truculentus noch enthält (seit 1815 wieder in
Heidelberg). Dazu D (Vaticanus 3870) aus gleicher Quelle wie C, aber auch
Amph., Asin., Aul. und die erste Hälfte der Captivi bietend.
2. Im Laufe des 15. Jahrh. wurde in Italien, wahrscheinlich auf Ver-
anstalten von Alfons I in Neapel (reg. seit 1435), vielleicht durch Antonius
aus Palermo, ein dem damaligen Bedürfniss und Geschmack eutsprechendcr
Text der 20 Stücke redigiert, in höchst eigenmächtiger und kenntnissloser
Weise, mit unzähligen Aenderungen, .Conjecturen und Interpolationen, und
dieser in zahlreichen Exemplaren verbreitet. Eine der ältesten dieser in-
terpolierten Hdss. ist der Vindobonensis vom J. 1443, zugleich mit dem
Lipsiensis der relativ correcteste. Vgl. Ritschi, Opusc. IL S. 1 — 34; und
über die Hdss. des Camerarius ebds. S. 103 ff. 125 ff. Ausgabe des Tri-
nummus (1871) p. VIIT ff.
3. Jenen Hdss. allen, welche sich sämmtlich auf die Recension des
Calliopius gründen, steht gegenüber das von A. Mai 1815 auf der ambrosia-
nißchen Bibliothek zu Mailand gefundene Palimpsest (cod. Ambros.), welches
freilich 7 Stücke gar nicht und die andern zum Theil sehr lückenhaft
enthält, aber von diesen einen älteren unverdorbeneren Text bietet. Vgl.
A. Mai, M. Acci Plauti fragmcnta inedita etc. Mediol. 1815 (auch bei
Osann, Anal. crit. p. 205 — 228). F. Ritschl, Oinisc. IL S. 167—197. und
Prolegomena zum Trinummus ed. 1 cap. I, VT, VII; ed. 2 p. VII f. Gep-
pert, über den cod. Ambr. und seinen Einfiuss auf die plautinischc Kritik,
Leipzig 1847. W. ' Studemund, Rhein. Mus. XXL S. 574—579.
4. In gewissen Formeln ist die Abweichung zwischen beiden Textes-
recensionen fast stereotyp, z. B. dass A advenio hat, die Palatini aber veni;
ähnlich in der Wortstellung (z. B. Trin. 466. 470). Auch hat B oft alter-
thümliche Formen (wie quem, quoius) bewahrt, wo A bereits die späteren
(cum, cuius) zeigt (z. B. Trin 529. 533. 536). Vgl. Studemund, Rhein. Mus.
XXL S. 606 f. Der Urheber der Recension des A muss nach dem Metriker
Heliodor und vor dem Grammatiker Charisius gelebt haben; s. Studemund,
Festgruss (Würzburg 1868) S. 40—56.
5. Kritische Geschichte der Ausgaben und des Textes von Plautus (bis
auf Bothe) von Ritschl, Opuscula IL S. 1 — 161. Von den ersten 8 Stücken
erste Ausg. s. 1. et a. Vom vollständigen Plautus ed. princeps cura Georg.
Merulae, Vcnet. 1472 fol. (die 7 letzten Stücke aus einer nicht interpolier-
90. Dichter: Plautus. Erhaltene Stücke. Literatur. 151
tcn Abschrift des cod. Ursin.). Revision durch Merula's Schüler Eusebius
Scutarius, Mediol. 1490. fol. Ven. 1495. 4. — Venet. 1499 fol. von Bern.
Saracenus. Cum interpret. I. Bapt. Pii, Mediol. 1500. fol. (aus seinem Com-
mentar schreibt sich die heutige Abtheilung in Acte her). Neue Textescon-
stitution durch Pylades Buccardus aus Brescia, Brixiae 1506. fol. Dessen
Text, aber interpoliert und verstümmelt, wurde durch die Aldina (Ven. 1522)
Vulgate bis auf Joach. Camerarius (Kammermeister), dessen vollständige
Ausgabe Basileae 1552 erschien. Nachtrag dazu 1553; s. Rhein. Mus. XXIII.
S. 660 f. Lambins Commentar (und Text) gab nach des Verf. Tode (Lu-
tetiae 1576) J. Helias heraus. Fr. Tanbmanns Commentar erschien Wite-
bergae 1605, dann (mit reicheren Angaben aus den seitdem, in die Heidel-
berger Bibliothek gelangten Hdss. des Camerarius u. a.) 1612, am besten
(ex recognitione lani Gruteri) 1021. 4. — Ed. J. Ph. Pareus, Francofurti
1610. 8.; mit Variantensammlung aus den Pfälzer Hdss. Neapoli Nemetum
(Neustadt in der Pfalz) 1619. 4. = Francofurti 1623. 4., und (ohne die
Varianten Sammlung, 'aber mit vollständigerer Aufzählung der Fragmente)
Francof. 1641. 8. — Die weiterhin, bis auf Ritschi, geltende Vulgate (und
Verszählung) gründete sich auf die Ausgabe von J. Fr. Gronov (Lugd. Bat.
1664. 1669. 1684; c. praef. Ernesti, Lips. 1760. 2 Bde. 8.). — Ed. Fr. H.
Bothe, Berol. 1809—1811. 4 Voll. 8., und Poetae scenici latini (Halberstadt
1821.) Vol. I u. II = Stuttgart 1829 f. 4 Voll. — Rec, interpr. est C. W.
WeJBe, Quedlinb. 1837. 1847. 2 Voll, und bei Tauchnitz, ed. nova 1866. —
Ex recognitione A. Fleckeiseni, Lips. Teubner. 1859. 2 Voll. (10 Stücke). —
Epochemachend: ex rec. et cum apparatu critico Fr. Ritschelii. Tom. I.
(Prolegomena, Trinummus, Mil., Bacch.), Bonn 1848 f. IL (Stich., Pseud.,
Men., Most.) 1850 f. III. (Persa, Merc, Poen., Rud.) 1853 if. Gleichzeitig
eine Ausgabe mit blosem Text. Neue Bearbeitung Lips. 1871. ff. Vgl. A.
Fleckeisen, in Jahns Jahrb. LX. S. 234—263. LXI. S. 17—66. Th. Bergk,
Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1848, S. 1129 ff.
6. üebersetzungen: von Danz (lat. und deutsch, 4 Bde, Leipz. 1806 —
1811); Kuffner, Wien 1807 ff. 5 Thle.; Köpke, Berl. 1809. 1826. 2 Bde;
Rost (9 Stücke), hrsgg. von Lipsius, Leipz. 1836; M. Rapp (im Trimeter),
Stuttg. (Metzler) 1838 ff., vollständig in 17 Bdchn.; W. Hertzberg (Trinum-
mus, Mil., Capt., Rud.), Stuttg. 1861; W. Binder, Stuttg. (Hoffmann) 1862 ff.;
J. J. C. Donner, Leipzig u. Heidelb. 1864 ff. (bis jetzt 3 Bde). Französische
z. B. von de Belloy, Paris 1870 (Amph., Rud., Aul.).
7. Zur Textkritik z. B.: F. Ritschi, Opusc. II. S. 274-291 u. sonst. A.
Fleckeisen, Exercitationes Plautinae, Gotti. 1842; Plautinische Analekten,
Philologus II (1847) S. 57—114; Kritische Miscellen, Progr. des Vitzthum'-
schen Gymnasiums in Dresden, 1864; Plautinisches , in seinen Jahrbb. 95,
S. 625 — 637. J. Brix, Emendationes Plautinae, Brieg 1847. 4. Hirschberg
1854. 4. Th. Bergk, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1855, Nr. 37 f.; Haller Programm
von 1858. 1866; Philologus XVII. S. 38—58 u. sonst. M. Crain, Philologus
IX. S. 646—678; Progr. von Putbus 1858. 4.; Berliner Ztschr. f. Gymn. 1806,
S. 471—485. 867—870. 1867, S. 148—154. Th. Ladewig, Philologus XVII.
S. 248—269. 452—480. C. Kretschmer, Quaestiones PL, Breslau 1863. 32 pp.
Andr. Spengel, T. Maccius Plautus; Kritik, Prosodie, Metrik, Göttingen
152 Sechstes Jalirluiudcrfc d. St.
1865. 240 S. K. IL Weise, die Komödien des Tl., kritisch nach Inhalt
und Form beleuchtet, zur Bestimmung des Echten imd Unechten u. b. w.,
Quedlinburg 1866. 189 S. A. Kiessling, plautinische Miscellen, in der Sym-
bola philolog. Bonn. S. 833 — 840, und Rhein. Mus. XXIV. S. 115—120.
Sophus Bugge, Tidskrift for Philologi (Kopenhagen 1867 f.) VI. S. 1—19.
VII. S. 1 — 37 (Lorenz, Philologus XXVIII. S. 357 tf. 561 ff.). W. Studemund
im Festgruss der Würzburger Philologenvers. (Wörzburg 1868) S.38 — 76, und
Emendationes plautinae, Greifswald 1871. 15 pp. 4. H. A. Koch, Rhein. Mus.
XXV. S. 617—622. 0. Seytfert, Philologus XXV. S. 439— 470. XXVIl. S. 432
—473. XXIX. S. 385—416. F. Lorenz, ebd. XXVII. S. 543 — 550. XXVIII.
S. 183 — 187. C. E. Geppert, plautinische Studien I (Berlin 1870) 152 S.
87 97. Plautiis ist ausschliesslich komischer Dichter und ist
ein Volksdichter mit allen Vorzügen und Fehlern eines solchen.
Zwar entlehnt er seinen Stoff aus der griechischen Literatur,
und hier scheint ihn Philemön fast mehr angezogen zu haben
als der feine Menander. Aber Plautus ist selbst so voll eigener
Einfälle dass er immer wieder von seinem Originale weg ge-
räth und seine eigenen Witze einmischt. Auch führte der ver-
schiedene Bildungsgrad des beiderseitigen Publicums auf Ver-
gröberung der Zeichnung. Persönliche Anspielungen finden sich
unter den eigenen Zuthaten nicht; wohl aber übt Plautus an
Richtungen und Verhältnissen seiner Zeit oft eine scharfe, ernst-
gemeinte Kritik. Mit der Wahrscheinlichkeit nimmt er es nicht
immer geiaau, und die Anlage seiner Stücke ist oft lose. Seine
Hauptstärke ist der lebendige Dialog. Seine Witze sind häufig
derb, nicht leicht aber fad; und Süssliches ist ihm zuwider. In
Handhabung der Sprache zeigt Plautus eine bewundernswerthe
Leichtigkeit und Fülle und gibt die wirkliche Umgangssprache
seiner Zeit mit allen ihren Schwankungen in Lauten und For-
men treulich wieder, sogar auf Kosten der metrischen Eleganz.
Dadurch bilden seine Stücke eine wichtige* Urkunde für die Ge-
schichte des Lateinischen. Im Metrischen nehmen sie eine
Mittelstellung ein zwischen dem altnationalen Saturnius und
den Griechen: mit jenem theilen sie die Vorliebe für Allitera-
tion, die prosodische Lockerheit (insbesondere das Nichtvorhan-
densein des Positionsgesetzes) und wohl auch die geringe Em-
pfiindlichkeit gegen den Hiatus; mit diesen aber die Metra und
die allgemeinen Regeln über deren Gestaltung. Dieselben werden
von Plautus in der freieren Weise der älteren poetae scenici ge-
handhabt, aber mit vollkommener Sicherheit und oft mit wirk-
lichem Wohlklang,
Ü7. Dichter: Plautus. Chiiiaktciifc»tik. 153
1. Zur Charakteristik des Plautus vgl. Hitachi, praef. des Miles p. XXI f. :
in praecipuis virtutibus Phxuti praeter alacrera vigorem coUaudari solitum
concinna simplicitas est et facilis perspicuitas. Mommsen 11. G. P. S. 881
— 883. W. Hertzberg vor seiner Uebersetzung, bes. S. XXVIII f. XXXII fF.
Th. Ladewig in Pauly's Real-Enc. V. S. 1728—1739. Musterung der einzelnen
Stücke in Ritschis Opusc. IL S. 732—752, bei M. Rapp, Gesch. d. griech.
Schauspiels (Tübi. f862) S. 302—365, und J. L. Klein, Gesch. des Dramas IL
(Leipzig 1865) S. 492—566.
2. Unter den Alten übertreibt Cicero die Bcwundcnmg (wenn er Off, I,
29, 104 dem PI. das iocandi genus elegans, urbanum, ingcniosum, facetuai
auf gleicher Linie mit den Attikern zuschreibt; Apoll. Sidon. XXllI, 148
gar: Graios, Piaute, sales lepore transis), Horaz die Kritik (vom Stand-
punkte des Kunstdichters) Ep. II, 1, 170 ff. 3, 270 ff. In der augusteischen
Zeit priesen die Verehrer der altlateinischen Dichter seine Lebendiglctiit
und Raschheit, die sie mit der des Epicharmos verglichen, wohl damit zu-
gleich seine vielfache Formlosigkeit beschönigend; über dieses vielfach
miss verstandene properare ad exemplar Epicharmi (Hör. Ep. 11, 1, 57 f.) s.
Th. Ladewig, iiber den Kanon des Volc. Scd. (1842), S. 19—26 und Philo-
logUB 1. S. 276 — 285. Auch vgl. Linge, de Plauto properante ad ex. Ep.,
Ratibor 1827. 4. Zu properare vgl. bes. Aristoph. Eccl. 583: log to rax'^-
vf.Lv xctqCtGiv ^Lfxi%ii nXsiCzov Tia^a toiai &satats.
3. Abfassungszeit der Stücke. Köpkc vor seiner Uebcrsctzung S. Xlll ff'.
Windischmann, Rhein. Mus. I. S. 110 ft'. F. Ritter, Allg. Schulztg, 1830,
S. 873 ff. Petersen, Ztschr. f. Alt. W. 1836. S. 615 ff. Naudet im Journal
des Savants 1838, p. 330 ff. Vissering, Quaestiones Plaut. 1. (Amsterdam
1842) p. 94 ff. Ritschi, Parerga 1. S. 177 f. 353 f.
4. Verhältniss zu seinen griech., Originalen: W. A. Becker, de com.
rora. maxime Plaut, quaestiones (Lips. 1837) p. 82 ff". Ritschi, Parerga S.
271 ff^. Fr. V. FritzBche, de graecis fontibus Plauti, I. Rostock 1845. 4.
G. Boissier, quomodo graecos poctas Plautus transtulerit, Paris 1857. Fr.
Schultz, Plautus in seinem Verhllltniss zur mittleren und neueren griechi-
schen Komödie, Neustadt in Pr. 1866. 24 S. 4. W. Hahn, scaenicao quae-
stiones plautinae, Greifswald 1867. bO pp.
5. Reichthnm an Schimpfwörtern u. dgl. Vgl. P. Langen, de cxse-
crandi formulis Plautinis Terentianisque, Rhein. Mus. XII. S. 426—433.
6. Häufigkeit der Anspielungen auf Kriegswesen und Juristisches.
Kampmann, res militares PL, Breslau 1839. Romeijn, loca nonnulla ex PI.
com. iure civili illustrata, Daventr. 1836. E. 1. Bekker, de emtione vendi-
tione quae Plauti fabulis fuisse probetur (Berlin 1853) und loci Plautini de
rebus creditis, Greifswald 1861. 25 pp. 4. G. Demelius, i>lautinische Stu-
dien, Ztschr. für Rechtsgeschichte von Rudorff, Bruns u. s. w. I. (1862) S.
351—372. II. S. 177—238. Vgl. oben 46, 3. — Geppert, das plaut, Münz-
wesen, plaut. Studien L S. 41—57.
7. Am meisten gelingt dem Plautus die Schilderung von Personen der
niedrigen Volksclasse, wie Sklaven und Parasiten. Die pessimistische An-
schauung vom gesammten weiblichen Goschlechte ist zum einen Theile
154 SecliHtt's Jahrhundert d. St.
volksmässij?, nach andern Seiten ein Reflex der Blasierllu'it der neuen
attischen Komödie. L. E. Benoist, de pcrsonis muliebribus apud PI., Mar-
seille 1862. 77 pp. Thatsächliche Widersprüche und Tnconsequenzen sind
bei PI. nicht selten. Geppert, plaut. Studien I. S. 61 — 85.
8. Sprache. Törnerös, de iugenio sermonis Plaut., Upsala 1833. Eamp-
mann, de Ab praep. usu Plaut., Breslau 1842; de In praep. usu PL, 1845.
F. Lübker, de usu infinitivi PI., Schleswig 1841 = Ztschr. f. d. Alt. W.
1849, Nr. 14 — 16. Fr. Umpfenbach, meletemata Plautina, Giessen 1860.
67 pp. (de med et ted accusativis, p. 3 — 47; de iussivo temporis prae-
teriti, p. 48 ff.). F. Ritschi, plautinische Excurse, Opusc. 11. S. 436— 658. 661;
neue plautinische Excurse I (auslautendes d im alten Latein), Leipzig 1869,
nebst Rhein. Mus. XXIV. S. 482—492. Th. Bergk, auslautendes d im alten
Latein (Beiträge zur lat. Gramm. L), Halle 1870. 168 S. Fr. Schultz, de obso-
letis coniugationum Plaut, formis, Conitz 1864. 23 pp. 4. H. Bocksch, de ca-
ßuum quam dicunt attractione ap. PL et Ter., Breslau 1865. 41 pp. 8. G.
Schmilinski, de proprietate sermonis PL usu linguarum romanicarum illu-
ßtrata, Halle 1866. 48 pp. F. W. Holtze, Syntaxia priscorum script. lat. usque
ad Terentium. L II. Lips. 1861 f. 426 und 396 pp. E. Lubbert, grammatische
Studien L Breslau 1867. U. Bresl. 1870. A. Spengel, die Partikel nonne im Alt-
lateinischen, München 1867. 4. E. Ballaa, grammatic plautina I (de particulis
copulativis), Greifswald 1867. 50 pp. C. Fuhrmann, die Versicherungssätze
bei PL, Fleckeisens Jahrbb. 97, S. 841 — 854; de particularum comparativaruni
usu plaut. I, Greifswald 1870. 43 pp. R. Jonas, de verbis frequentativis
et intensivis apud comoediae lat. scriptorep I, Jena 1871. 20 pp. 4.
Lexicon Plautinum by L. Evans, London 1853.
9. Die verhältnissmässig nicht sehr zahlreichen technischen Mängel
bei PlautuB (bes. die Härten in den anapäst. Tetrametern) haben ihren
Grund in der prosodischen Beschaffenheit der Sprache selbst, wie sie PL
als lebendiges Material vorfand (Ritschi Opusc. II. S. 190 A.). Keine Mängel
aber sind seine Abweichungen von der Prosodik und Metrik der späteren
daktylischen Dichter, vielmehr Symptome einer wichtigen Uebergangsstufe
zwischen diesen und dem Saturnius; s. oben S. 134 — 136. Diess würdigt
(im Unterschiede von dem in den Prolegg. zur ersten Ausg. des Trinummus
dargelegten mit seinen Vocalausstossungen) das neuere System von Ritschi,
Rhein. Mus. XIY. S. 394—407. vgl. Opusc. II. S. 444—447. 600 ff'. Modifi-
cation des älteren Ritschrschen Systems (mittelst der Lehre vom Hochton)
von W. Corssen (Vocalismus u. s. w. letzter Abschnitt) und J. Brix (vor
seiner Ausgabe des Trinummus; vgl. de PL et Terentii prosodia, BrcsL
1841). üebertreibungen des neuern Systems von Ritschi bei W. Wagner,
in sr Ausg. der Aulul. und Rhein. Mus. XXIL S. 111—121. 422—428. Einen
Vermittlungsversuch zwischen diesem und dem älteren System unternimmt
W. Christ, Rhein. Mus. XXIII. S. 559—581. Einen bei Ritschl, Fleckeisen
n. 8. w. mit Recht untergeordneten Umstand, den Bau der Wörter, macht
zur Hauptsache die Casuistik von C. F. W. Müller, plautinische Prosodie,
Berlin 1869. 800 S.; Nachträge dazu, Berlin 1871. 159 S. Sonstige Literatur
über die plautinische Prosodie und Metrik. Linge, de hiatu in vers. PL,
Breslau 1817. E. Kärchcr, Prosodisches zu PL u. Ter., Carlsruhe 1846.
R. Enger, zur Prosodik des PL, Ostrowo 1852. 4.
97 f. Dichter: Plautus. Fortleben. 155
10. F. V. Fritzsche, de canticis Plaut. I. Rostock 1861. 8. pp. 4. (lud.
lect.) W. Studemund, de canticis PI., Halle 1863. 94 pp. 8, Vgl. A. Spen-
gel, Eos I. S. 606—609. M. Crain, über die Composition der pl. Cantica,
Berlin 1865. 53 S. A. Spengcl, de versuum creticoruni usu plautino, Berlin
1861. 0. SeyfFert, de baccbiacorum versuum usu pl., Berlin 1864. 48 pp.
Geppert, der sog. tctr. cret. in syll., plaut Studien I. S. 19—38.
98. Die plautinischen Stücke erhielten sich auch nach dem 88
Tode des Dichters lange Zeit auf der Bühne, und für Wieder-
aufführungen zu Anfang des siebenten Jahrh. d. St. sind die
meisten erhaltenen Prologe verfasst. Auch wurde Plautus bald
Gegenstand gelehrter Behandlung in ' Sprache wie Sachlichem,
ganz besonders durch Varro.
1. Prologe. Ritschi, Parerga I. S. 180—238. W. Teuffei, Studien und
Charakt. S. 256. 260 f. 263 ff. 273. A. L. R. Liebig, de prologis Teren-
tianis et Plautinis, Görlitz 1859. 50 pp. 4. C. Dziatzko, de prologis PI.
et Ter. quaestiones selectae, Bonn 1864. 38 pp.; über die plant. Prologe,
allgemeine Gesichtspunkte, Luzern 1867. 16 S. 4. Th. Ladewig, zu den
Prologen der pL Kom., in Fleckeisens Jahrbb. 99, S. 473—477. A. 0. F.
Lorenz, Ausgabe des miles S. 44 — 51.
2. Metrische Inhaltsangaben (argumenta) zu den plaut. Stücken haben
wir zweierlei: akrostichische (zu allen Stücken ausser Bacch.), welche viel-
leicht noch aus dem 7. Jahrh. d. St. (Aurelius Opilius) stammen, und nicht-
akrostichische (deren fünf erhalten sind), wohl aus der Zeit der Antonine.
Ritschi vor seiner ersten Ausg. des Trinummus, p. 316 — 320. F. Osann,
Ztschr. f. Alt. W. 1849, S. 199 ff.
3. Verzeichnisse (indices) der (echten) plautinischen Stücke nach Gell.
III, 3, 1 von L. Attius, Aelius (Stilo), Aurelius Opilius, Volcatius Sedigitus,
Serv. Claudius, Manilius und Varro (s. d.).
4. Förmliche Commentatorcn dos PI. waren Sisenna und (unter Ha-
drian) Terentius Scaurus. Ritschi, Parerga p. 374 ff.
5. Einzelheiten des plautinischen Sprachschatzes erläuterten die Glosso-
graphen Aurelius Opilius, Ser. Claudius, so wie Aelius Stilo, Flavius Caper,
Aruntius Celsus. F. Hitachi, de veteribus Plauti interpretibus, in seinen Par-
erga I. p. 357 — 387. Von einem der Genannten (oder doch jedenfalls aus
verhältnissmässig alter und guter Zeit) rührte wohl her die umfängliche plau-
tinische Glossensammlung, mit Belegstellen und Erklärungen, woraus unser
heutiger Placidus nur ein magerer Auszug ißt (Ritschi, Rhein. Mus. XXV.
S. 463; vgl. oben 41, 8). lieber die bei Nonius benützten Plautuscom-
mentare vgl. A. Schottmüller, Symbola philol. Bonn. S. 823 ff.
6. Ein altes, vor der Zeit Priscian's verfasstes plautinisches Glossar
8. bei Ritschi, Opusc. IL p. 234 — 236, vgl. ebd. p. 228 ff. 237 — 273. A.
Spengel, T. Maccius Plautus S. 50 ff.
99. Q. Ennius, geboren J. 515 = 239 zu Rudiae im Lande 89
der Peucetier, wo Griechisches und Oskisches sich vielfach durch-
150 Sccbst<?8 Jahrhundert d. St.
drangt diente J. 550 auf römischer Seite in Sardinien, wo ihn
M. Porcius Cato traf und mit nach Rom nahm. Hier lebte
auch er vom Unterrichten im Griechischen und Anfertigen von
Uebersetzungen griechischer Stücke für die römische Bühne, und
gewann sich die Gunst des älteren Africanus. M. Fulvius No-
bilior, Cos. 565, nahm den Dichter in seine Provinz Aetolien
mit, als Zeugen und Herold seiner Thaten. Dessen Sohn ver-
schaffte J. 570 dem Ennius das römische Bürgerrecht, indem er,
zum triumvir coloniae deducendae ernannt, mit Genehmigung des
Volks demselben ein Ackerloos (in Potentia) zuwies. J. 585
starb Ennius an der Gicht.
1. Geburtsjahr bezeugt durch Varro, Gell. N. A. XVII, 21, 43. vgl.
Cic. Brut. 18, 72 f. Tusc. I, 1, 3. — Strab. VI. p. 281 Gas.: 'PoSiai, noXtg
tllrivlg i^ f^ff ^v 6 »oti^rr/s "Evviog. Mela II, 4, 61. Sil. It. XII, 393 ff.
Au.son. Id. XII (grammaticom. 17) u. A, Calabrae Pierides, Hör. 0. IV, 8,
20 vgl. Ovid. A. A. III, 409. Suid. v. "Evviog: Ttoiijrr^g Miaadniog. Fest.
V. solitaur. p. 293 M.: quam cousuctudinem (non gcmiaandi iitteras in scri-
bendo) Ennius rautavisse fertur, utpote Graecus graeco more usus. Suet.
gramm. 1: antiquissimi doctorum, qui iidem et poetae et semigraeci erant,
Livium et Ennium dico u. s. w. Gell. XVII, 17, 1: Q. Ennius tria corda
habere sese dicebat, quod loqui graece et osce et latine sciret.
2. Cornel. Nep. Cato 1,4: praetor provinciam obtinuit Sardiniam, ex
qua quaestor superiore tempore ex Africa decedens Q. Ennium poetam
deduxerat. Vgl. Hieron. z. Euseb. Chron. a. 1777 == 614 d. St.: Q. Ennius
poeta Tarenti (Missverständniss) nascitur, qui a Catone quaestore Eomam
translatus habitavit in monte Aventino (vgl. Varro L. L. V, 34, 163: . .
ligioncm Porcius, ni^mlich Licinus, designat quom de Ennio scribcns dicit
eum coluissc Tutilinae loca), parco adraodum sumptu contcntus et unius
(? vgl. Cic. de or. 11, 68, 276) ancillae ministerio. Fr. Kitter, Ztschr. f. d.
A. W. 1840, S. 370. '
3. Cic. p. Arch. 9, 22: carus fuit Africano superiori nostcr Ennius;
itaque ctiam in sepulcro Scipionum putatur is esse constitutus ex marmore.
Liv. XXXVIII, 66: Bomae extra portam Capcnam in Scipionum monumento
tres statuae sunt, quarum duae P. et L. Scipionum dicuntur esse, tertia
poetae Q. Ennii. Vgl. Welcker, Trag. S. 1360. — Vertrauliches Verhältniss
zu Scipio Nasica, Cic. de or. II, 68, 276.
4. Cic. p. Arch. 11, 27: ille qui cum Actolis Ennio comite bellavit
Fulvius. Tusc. I, 2, 3: oratio Catonis, in qua obiecit ut probnim M. No-
biliori quod is in provinciam poetas duxisset. duxerat autcm consul illo
in Aetoliam, ut scimus, Ennium. Aur. Vict. ill. 52, 3: quam victoriam
(des Fulvius über die Actolier), per sc magnificam, Q. Ennius, amicus eins,
insigni laude celebravit. Symmach. cp. I, 21: Q. Ennio ex aetolicis manu-
biis captiva clilamys tantum muneri data Fulvium decolorat.
5. Cic. p. Arch. 10, 22: ergo illum, . . Rudinum hominem, maiores
99 f. Dichter: Ennius (Leben und Annales). 157
nostri in civitatem recepenint. Brut. 20, 79: Q. Nobiliorem M. f. . ., qul
etiam Q. Ennium, qui cum patre eius in Aetolia militaverat (ungenau),
civitate donavit, cum triumvir coloniam deduxisset. Liv. XXXIX, 44: eo-
dem anno (570 d. St.) coloniae duae, Potentia in Picenum, Pisaurum in
gallicum agrum, deductae sunt. . . diviserunt agrum coloniasque deduxe-
runt iidem triumviri, Q. Fabius Labeo et M. et Q. Fulvii, Flaccus et No-
bilior. Vgl. Fr. Ritter a. a. 0. S. 383—385. In Folge dessen Ennius' Aus-
ruf: nos sumus Eomani qui fuvimus ante Eudini, Cic. de or. III, 42j 168.
6. Cic. Cato mai. 5, 14: annos septuaginta natus — tot enim vixit
Ennius — ita ferebat duo quae maxima putantur onera, paupertatem et
senectutem, nt eis paene delectari videretur. Brut. 20, 78: hoc (C. Sulpi-
ciiis Gallud) praetore ludos Apollini faciente, cum Thyesten fabulam do-
cuisset, Q. Marcio Cn. Servilio coss. (585 = 169), mortem obiit Ennius."
Hieron. zu Euseb. Chr. ad a.' 1849 = 586 d. St.: Ennius poeta septua-
genario maior articulari morbo perit (vgl. Ennius bei Priscian. VII F. p.
829 P.: numquam poetor nisi si podager; auch vgl. Hör. Ep. I, 19, 7 f.:
Ennius ipse pater numquam nisi potus ad arma prosiluit dicenda; Seren.
Sammon. 713 f.: Ennius ipse pater, dum pocula siccat iniqua, hoc vitio tales
fertur meruisse dolores) sepultusque (? vgl. A. 3) in Scipionis monumento,
via Appia intra primum ab urbe miliarium. quidam ossa eius Rudiam ex
laniculo translata adfirmant (vielleicht weil ihm dort irgend ein Denkmal
errichtet war). Grabschrift bei Cic. Tusc. I, 15, 34: aspicite, o cives, senis
Enni imaginis formam. hie vestrum panxit maxima facta patrum u. s. w.
vgl. ib. 117. Cato mai. 73.
100« Den meisten Ruhm gewann Ennius als Epiker, durch 90
seine achtzehn Bücher Annales, welche die traditionelle römische
Geschichte, von Aeneas' Ankunft in Italien bis auf des Dichters
eigene Zeit, in chronologischer Ordnung darstellten. Das Werk
sollte ein Seitenstück zu den homerischen Epen werden, und
galt den Römern auch dafür; der künstlerische Werth desselben
kann aber nur sehr untergeordnet gewesen sein. Wichtig wurde
es auch dadurch dass darin, neben vielem Anderen was die ho-
merische Weise nachahmte, der epische Vers der Hellenen
erstmals in die römische Literatur eingeführt wurde.
1. Ueberreste (über 600 Verse und Verstheile) am besten bei J. Vah-
len, Ennianae poes. reliquiae (Lips. 1864), p. 3 — 88. vgl. ib. p. XVIII — LXXX.
Würdigung bei Mommsen R. G. P. R. 899—901.
2. Diomed. III. p. 480 P. = 484, 3 ff. K. (nach Reifferscheids Emen-
dation in Jahn's Jahrb. 79, S. 157 f.): epos latinum primus digne scripsit
Ennius, qui res Romanorum decem et octo complexus est libris, qui vel
annales (in)8cribuntur, quod singulorum fere annorum actus contineant,
sicut publici annales quos pontifices scribaeque conficiunt, vel Romais (nach
Reifferscheid in der augusteischen Zeit aufgebrachter Titel), quod Roma- .
norum res gestas declarant.
158 Sechstes Jahrhundert d. St.
3. Erstes Buch (fragincnta emend., dispos., illustr. H. Ilberg, Bonn
1852. Vahlen p. XX— XXXIX): Einleitung, Vorgeschichte, Gründung bis
zu Romulus' Vergötterung. Zweites Buch (Vahlen p. XXXIX f.): Numa bis
Ancus Martius. Drittes (Vahlen p. XL — XLIII): die drei letzten Könige.
Viertes (ib. p. XLIII — XLV): Anfang der Republik bis zur gallischen Er-
oberung. Fünftes (ib. p. XLV — XL VII): Samniterkriege? Sechstes (p.
XLVII— LV): Pyrrhus. Siebentes (librorum VII— IX, s. de bellicis punicis,
fragmenta emend., disp., illustr. Th. Hug, Bonn 1852. Vahlen p. LV —
LXI): erster punischer Ki-ieg, in Kürze, weil der Stoff schon von Naevius
behandelt war, über welchen in gespreizter Geringschätzung geurteilt
wurde; s. Cic. Brut. 19, 75. Achtes und neuntes (Vahlen p. LXI — LXVIII):
Hannibalischer Krieg. Zehntes und elftes (ib. p. LXVIII — LXXI): make-
donischer Krieg. Zwölftes (ib. p. LXXI f.) : ? Dreizehntes und vierzehntes
(p. LXXII — LXXIV): Krieg mit Antiochus, Fünfzehntes (p. LXXIVf.):
Fulvius Nobilior in Aetolicn. Tod des altem Africanus (J. 567). Damit
Abschluss ums J. 570. — Plin. N. H. VII, 29, 101 (von der fortitudo welche
Gegenstand der poetica fabulositas geworden): Q. Ennius T. (Liv. XXXIX,
56. XL, 1: L.) Caecilium Dentrem fratremque (M., s. Liv. XLII, 6) eins
praecipue miratus propter eos sextum decumum adiecit annalem. Das
Buch hatte daher ein neues Proömium, und erhielt weitere Fortsetzungen
durch B. XVU u. XVIII (Vahlen p. LXXV— LXXX), worin die Ereignisse
von J. 571 bis 580 behandelt und schliesslich von der eigenen Person des
Dichters gesprochen wurde; s. Gell. XVII, 21, 43: consules Q. Valerius
et C. Manilius, quibus natum esse Q. Ennium poetam M. Varro in primo
de poetis Ubro scripsit eumque cum septimum et sexagesimum annum
haberet (also J. 582) duodevigesimum (so Merula, F. Ritter, Vahlen,
XIIX statt XII) annalem scripsisse, idque ipsum Ennium in eodem
libro dicere.
4. Q. Vargunteius annalfes Ennii, quos certis diebus in magna frequen-
tia pronuntiabat, Suet. gramm. 2. Vgl. ib. 8: M. Pompilius Andronicus
. . adeo inops atque egens ut coactus sit praecipunm illud opusculum suum,
Annalium Ennii elenchorum, XVI milibus nummum ouidam vendere. Cic.
opt. gen. or. 1, 2: licet dicere Ennium sunmium epicum poetam, si cui
ita videtur. Martial. V, 10, 7 f.: Ennius est lectus salvo tibi, Roma, Ma-
rone et sua riserunt saecula Maeoniden. Vitruv. IX. praef. 16: qui littera-
rum iucunditatibus instinctas habent mentes nou possunt non in suis
pectoribus dedicatum habere sicut deorum sie Ennii poetae simulacrum.
Quintil. X, 1, 88: Ennium sicut sacros vetustate lucos adoremus, in quibus
grandia et antiqua robora iam non tantam habent speciem quantam reli-
gionem. Vgl. II, 17, 24: dicet notum illud (des Ennius): Dum clavom rec-
tum teneam; vgl. IX, 4, 116. Vulcat. Gall. Avid. Cass. 5, 7: scis versum
a bono poeta dictum et omnibus frequentatum : Moribus antiquis etc. Gell.
XVIII, 5, 2: (Antonio) luliano nuntiatur anagnosten quendam, non in-
doctum hominem, voce admodum scita et canora Enni Annales legere ad
populum in theatro. ib. 3: Ennianistam . . se ille appellari volebat. 4:
quem cum iam inter ingentes clamores legentem invenissemus etc. 7:
eumque aliquot eorum qui aderant „quadrupes equus^* apud suum quisque
grammaticum legisse se diccrent etc. Spart. Hadr. 16, C: Ciceroui Catonem,
100 f. Dichter: Ennius (Annalen und Dramen). 159
Vergilio Ennium, Sallustio Coelium praetulit. Macrob. Sat. VI, 9, 9: quia
saeculum nostnim ab Ennio et omni bibliotheca vetere descivit, multa
ignoramus quae non laterent ai veterum lectio nobis esset familiaris.
101. Nächstdem ist die Tragödie Ennius' wichtigstes Ar- 91
beitsfeld. Dabei seheint er mit Vorliebe Stücke des Euripides
ins Lateinische übertragen zu haben, da ihn dessen Aufklärung
und rhetorisierende Manier angezogen haben mag. Auch Prae-
texten verfasste Ennius, sowie Komödien, ohne jedoch auf letz-
terem Gebiete zu Bedeutung zu gelangen.
1. Erhalten sind ßruclistücke von Achilles und (vgl. Welcker, Trag.
S. 1374. Klussmann in Jahns Jahrb. Suppl. XL S. 325 — 328. 0. Jahn,
Hennes III. S, 191 f.) Achilles Aristarchi, Aiax, Alcumaeo, Alexander,
Andromacha Aechmalotis, Andiomeda, Athamas (? Welcker a. a. 0.), Cres-
phontes, Erechtheus, Eumenides, Hectoris lustra, Hecuba (F. Osann, Ana-
lecta crit., Berlin 1816, p. 126 — 140), Iphigenia, Medea exsul (vgl. H.
Planck, Q. Ennii Medea, commcntario perp. illustrata etc. Götti. 1807. 4.
F. Osann, 1. 1., p. 79 — 125), Medea Atheniensis, Melanippa, Neinea, Phoenix,
Telamo, Telephus, Thyestes. Die üeberreste bei Ribbeck, Trag. lat. p.
13—62 (vgl. p. 248—278), und Vahlen, Enu. p. 91—150. Welcker, griech.
Trag. S. 1373—1380.
2. Glossae Salomonis (Rhein. Mus. XXII. S. 446): tragodias Ennius
fere omnes ex graecis transtulit, plurimas Euripidis, nonnuUas Aristarchi.
Von den uns bekannten Stücken sind sicher nach Euripides: Andromeda,
Hecuba, Iphigenia, Medea exsul, Melanippa, Telephus, sowie Alexander,
Andromacha; wahrscheinlich aber auch Alcumaeo, Cresphontes, Erechtheus,
Medea Ath., -Phoenix. Nach Aeschylos nur Eumenides, nach Sophokles
wahrscheinlich Aiax, nach Aristarchos der eine Achilles. Die Yergleichung
mit den betreifenden Originalen zeigt dass die Stücke des Ennius freie
Uebersetzungen waren, bei der Iph. mit Vervollständigung der Handlung
aus Sophokles (Contamination). Vgl. Cic. fin. I, 2, 4: cum . . fabellas
latinas ad verbum e graecis expressas non inviti legant. quis enim tarn
inimicus paene nomini romano est qui Ennii Medeam aut Antiopam Pacuvii
spemat aut reiciat quod se isdem Euripidis fabulis delectari dicat? de opt.
gen. 6, 18: eidem . . Andromacham aut Antiopam aut Epigonos latinas
recipiunt; quod igitur est eorum in orationibus e graeco conversis fasti-
dium, nullum cum sit in versibus? Gell. XI, 4: Euripidis versus sunt in
Hecuba. . . hos versus Q. Ennius, cum eam tragocdiam verteret, non sane
incommode aemulatus est. Dass Ennius dieser Thätigkeit bis an sein Ende
treu blieb zeigt Cic. Brut. 20, 78.
3. Ambracia war höchst wahrscheinlich eine praetexta und behandelte
seines Gönners M. Fulvius Nobilior Eroberung der gleichnamigen Stadt,
J. 565. Ribbeck, com. lat. p. IX f. vgl. Vahlen, Enn. p. 153. Eine zweite
praetexta des Ennius, Sabinae (der Raub der Sabinerinnen), vermutet Vah-
len (Rhein. Mus. XVI. S. 580, vgl. Enn. p. LXXXVIII) wegen Jul. Victor,
p. 402, 30 Halm: ut (in) Sabinis Ennius dixit.
*f
160 Sechstes Jalnhundert d. St.
4. Gellius IV, 7, 3: Ediiü versum (trochäisch) ex libro qui Scipio in-
scribitur. Während meist der Scipio für einen Bestandtheil der Satiirae
angesehen wird (Lersch, Vahlen), so hat G. Röper, de Q. Ennii Scipione
(Danzig 1868. 30 pp. 4.) wahrscheinlich gemacht dass' derselbe, wie schon
Aeltere annahmen, gleichfalls eine praetcxta war. Vgl. Rhaban. Manr. (oben
14, 2). Die ernste und gehaltene Sprache der Ueberrestc ist dafür günstig.
Als Mass sind nur troch. Septenarc erwiesen. Abfassung vor den Annales,
etwa 554, nach Scipio's siegreicher Heimkehr aus Afrika (J. 55:J); zu spli-
terer Datierung (Vahlen p. LXXXVll) liegt kein wirklicher Grund vor. Die
Ueberreste (theilweis unsichere, besonders II) bei Vahlen Knn. p. 155 — 157.
Vgl. L. Lersch in'Welcker u. Näke Rhein. Mus. V. 1837. p. 416—421. F.
Ritter, Ztschr. f. d. Alt. W. 1840. S. 388— 3V)5.
5. Der leichte Ton der Komödie scheint dem Ennius wenig geglückt zu
sein. Von zwei Komödien, Cupuncula und Pancratiastes, haben wir schwache
Spuren; s. Ribbeck com. p. 4. Vahlen, Enn. p. LXXXI und p. 153 f. Vol-
catius Sedigitus führte ihn unter den komischen Dichtern nur antiquitatis
causa mit auf.
92 102. Ferner gab Ennius Saturae heraus, in dem Sinne einer
Sammlung vermischter Gedichte in verschiedenen Metren. Be-
standtheile derselben waren wohl der Sota, Protrepticus, die Hedu-
phagetica, der Epicharmus, Euemerus und Epigramme.
1. üeber die saturae des Ennius s. Vahlen Ennius p. LXXXI — XC. Die
Reste ib. i>. 154 tf. Vier Bücher nach Por^^hyr. zu Hör. Sat. I, 10, 47;
aus einem sechsten citiert Donat. zu Ter. Phorm. II, 2, 25. Versmasse:
Trochäen, Jamben, Sotadeen, daktyl. Hexameter; dass Ennius auch Satur-
nier gedichtet habe ist an sich nicht wahrscheinlich und auch nicht er-
wiesen. Inhalt lehrhaft, auch Fabeln. — C. Petermann, über die Satirc
des Ennius, Hirschberg 1851 f. 4. Vgl. oben 28, 1.
2. Sota = Sotades {ZatdSrjg)^ nach welchem das sotadische Mass
benannt ist. In Sota Ennii, Varro L. L. V, C2; Sota Ennianus bei Fronto
ep. ad Caes. IV, 2 g. E, ; in Asota, Fest. p. 316 M. Vahlen Enn. p. 164 f. XC f.
3. Praecepta s. Protrepticus , Doppeltitel, in beiden Sprachen, Vahlen
p. 165 u. XCI.
4. Heduphagetica, gastronomischen Inhalts, nach dem Alexandriner
Archestratos, Vahlen p. 166 u. XCI f. Rhein. Mus. XVI. S. 581 Anm.
5. Epicharmus, eine Art naturphilosophischen Lehrgedichtes, wohl be-
titelt nach demjenigen welchem die in dem Buche ausgesprochene (pytha-
goreische) Weisheit in den Mund gelegt war. In trochäischen Tetrametern.
Vahlen p. 167 f. und XCIII f.
6. Euemerus, sive Sacra historia, lateinische Bearbeitung der lsqcc
avayQcicpTj des EvrifihQog (um 450 d. St.), mit Uebertragung dieses tollen
blasphemischen Systems der Mythendeutung auch auf die italischen Götter.
Cic. N. D. I, 41, 119: Euhemerus, . . quem noster et interpretatus et se-
cutus est praeter ceteros Ennius. Augustin. Civ. D. VII, 26 (27): totam
102 f. Dichter: Ennius. 161
de hoc Euhemerus pandit historiam, quam Ennius in latinum vertit elo-
quium. Aus den Ausführungen des Lactantius (nach einer Umarbeitung
in Prosa) hört sich vielfach der ursprüngliche trochäische Rhythmus heraus.
— Erahner, Grundlinien zur Gesch. d. Verfalls u. s.w. S. 37 ff. Gerlach, histor.
Studien S. 154 ff. Mommsen R. G. I*. S. 843. Vahlen p. XCIII f. u. p. 169 ff.
B. ten Brink, Varronis locus de urbe Roma, accedunt Q. Ennii apologus
Aesopicus et reliquiae Euemeri versibus quadratis, Utrecht 1865.
7. Die wenigen Epigramme (im elegischen Mass), z. B. die Grabschrift
des Ennius, bei Vahlen Enn. p. 162 f. vgl. p. XC.
108. Ennius ist entschieden ein künstlerisches Talent. 93
Zwar scheint er rasch gearbeitet zu haben, und seine Gedichte
verletzen oft die Gebote der Schönheit und des guten Ge-
schmackes; aber auf der neuen Bahn die er einschlug hatte er
auch besonders grosse Schwierigkeiten zu überwinden und war
durch das Kümmerliche seiner äusseren Lage in der gleich-
massigen Ausbildung seiner reichen Gaben gehindert. Dieses
Missverhältniss zwischen äusserer Stellung und innerer Lei-
stungsfähigkeit steigerte zugleich sein Selbstgefühl. In seiner
Zeit ein Sendbote der Aufklärung, hat er der römischen Poesie
und Sprache die Wege gezeigt und eröfliiet auf denen sie Jahr-
hunderte lang fortwandelte.
1. Die augusteischen und kaiserlichen Dichter heben einseitig und un-
dankbar (A. Zingerle, Ovid's Verhältn. II. S. 1 — 11) an Ennius hauptsächlich
seine relative Formlosigkeit hervor: Horaz Ep. II, 1, 50 — 52. 3, 259—262.
Prep. IV, 1, 61. Ovid. Am. I, 15, 19. Val. Max. Vm, 14, 1. Sen. Ep. 58,
6 vgl. Dial. V, 37, 6. Fragm. 110—114.. Martial. XI, 90. Macrob. I, 4, 17.
Gerechtere Würdigung bei Ovid. Trist. II, 423 f. : suo Martern cecinit gravis
Ennius ore, Ennius ingenio mazimus, arte rudis. Vgl. Qnintil. I. 0. I, 8, 8.
X, 1, 40. Auch Sen. fr. 114 H.: qiiidam sunt tam magni sensus Q. Ennü
ut, licet scripti sint inter hircosos, possint tamen inter unguentatos placere.
Macrob. Sat. VI, 3, 9: nemo ex hoc viles putet veteres poetas quod versus
eomm scabri nobis videntur. ille enim stilus Enniani saeculi auribus solns
placebat etc. Quintil. X, 1, 88. Fronto p. 114, 2 Naber: multiformis.
Cicero, zu uneingeschränkt, de or. I, 45, 198 u. de prov. cons. 9,21: summus
poeta. Tusc. III, 19, 45 f.: egregius poeta . . praeclarum Carmen. Doch
Grat. 11, 36: multa apud Ennium neglegentius. pro Mur. 14, 30: ingeniosus
poeta et auctor valde bonus. Affectierte Bewunderung spricht auch
Vitruvius aus; s. oben 100, 4. — Vgl. Lucr. I, 118 ff. Mommsen R. G.
P. S. 892—896. Patin, etudes sur la po^sie latine (Paris 1869) IL p. 1—103.
2. Sprach- und Versfünsteleien, beziehungsweise Geschmacksfehler, z. B.
Ann. 113. 586. 452. Trag. 337. 448. Sat. 34 f. Vgl. L. Müller in Fleckeisen^s
Jakrbb. 95, S. 604 f. Acrostichon Q. Ennius fecit, Cic. de divin. II, 54, 111.
3. Selbstgeföhl. Vgl. Grabschrift, die Polemik gegen Naevius, Cio. Brut.
19, 76. Ann. 3 f. 15. Sat 6 f. Doch s. auch Ann. 551.
Tkvpfk^ Böm. Literatiirgeichi eilte. 2. Aufl. 1 l
1G2 SechßteB Jahrhundert d. St.
4. Aufklärung (ausser Euhemerus) bes. IVag. 363 — 369 V.: 6go deum
genuB esse semper dizi et dicam ca^litnm, S^d eos non curare opinor quid
agat humanüm genus; N/im si cnrent, bdne bonis sit, m&le malis, quod
nunc abest. . . S^d superstitiösi vates inpudentesque ^oli Aüt inertes aüt
insani aut quibus egestas ünperat, Qui sibi semit&m non sapiunt, ^Iteri
monstränt viam; Qufbus divitias pöllicentur, ab eis drachumam ipsi petunt.
5. Verdienste um die Sprache s. oben 91, S. 134 ff. L. Muller, metr
p. 69 f. üngermann, Q. Ennius poeta versu hexametro in litteras latinas
inducto quatenus meritus sit, Coblenz 1866. 4. — Festus p. 293 M.: nuUa
geniinabatur littera in scribendo. quam consuetudinem Ennius mutavisae
fertur, utpote Graecus graeco more usus, quod illi aeque scribentes ac le-
gentes duplicabant mutas, semi[T0Cale8 et liquidas].
G. Aeltere (antiquierte) Sammlungen der üeberreste von Columna
(Neapel 1590. 4.) = Fr. Hessel (Amsterd. 1707. 4.); der Annalen von P.
Merula (Leiden 1695. 4.) und K. S(pangenberg) , Lips. 1826. M. Hoch, de
Ennianorum Ann. fragm. a P. Merula auctis, Bonn 1839. Jos. Lawicki, de
fraude Pauli Morulae, Ennianorum annalium editoris, Bonn 1862. Th. Bergk,
Quaestiones Ennianae, Marburg 1844. XVII pp. 4; Specimen novum, Halle
1860. 11 pp. 4; Kritische Studien zu Enn., in Fleckeisens Jahrb. 83,
S. 316—334. 496—609. 617—638; de Ennianis reliquiis, Balle 1863. 4.
7. Ennianae poesis reliquiae. Rec. lo. Vahlen. Lips. 1864. XCIV u.
238 pp. 8. Vgl. Schneidewin, Götti. gel. Anz. 1866, S. 666—671. 0. Rib-
beck, Rhein. Mus. X. S. 265—292. Vahlen, Rhein. Mus. XIV. 8. 652—669.
XVI. S. 571—685.
94 104. M. Pacuvius, der Schwestersohn des Ennius, war
geboren um 534 d. St. in Brundisium, und betrieb, von seinem
Oheim nach Rom gezogen, dort neben dem Gewerbe eines Ma-
lers auch das Abfassen von Bühnenstücken, insbesondere von
Tragödien. Nachdem er noch J. 614 dort ein Stück aufgeführt
hatte kehrte er nach Unteritalien zurück und starb zu Tarent
ums J. 622. Wir kennen von ihm nur 12 Tragödien und eine
praetexta (Paulus). Jene zeigen Vorliebe für Sophokles neben
Herabstimmen des Tones zum Schauspiel, die Ueberbleibsel alle
nach Stimmung, Sprache und Versbau einen gut bürgerlichen
Charakter.
1. Cic. Brut. 64, 229; AttiuB isdem aedilibus ait se et Pacunum do-
cuisse fahulam, cum ille octoginta, ipse triginta annos natus esset. Attius
aber war 684 geboren. Hieron. zu Euseb. Chr. a. 1863 ^ 600 d. St. =
164 v. Chr.: Pacuvius Brundisinus tragoediarum ^criptor darus habetur,
Ennii poetae ex filia (vielmehr seiner Schwester, s. Plinius) nepos, vixitque
llomae quoad picturam exercuit ac fabulas venditavit. deinde Tarentum
transgressus prope nonagenarius diem obiit. Plin. N. H. XXXV, 7: pro-
xime celebrata est in foro boario, aede Herculis, Paeuvii poetae pictura.
Ennii sorore gcuitus hie fnit, clarioremque eam artem Romae fecit gloria
103—105. Dichter: Ennius. Pacuvius. Statius Caecilius. 163
scenae. Gell. XIII , 2, 2: cum Pacuyius grandi iam aetate et morbo cor-
poris diutino adfectus Tarentum ex urbe Roma concessisset etc. und
I, 24, 4; epigi-amma Pacuvii verecundissimnm et purissimum dignumque
eiuB elegantissima gravitate : . . Hie sunt poetae Pä^uvi Marc! sita Ossa etc.
2. Tragödien: Antiopa, Armorum iudicium, Atalanta, Chryses, Dul-
orestea (0. Jahn, Hermes H. S. 229—233), Hermiona, Iliona, Medus, Niptra,
PentheuB, Periboea, Tencer. Sammlung der üeberreste bei Bibbeck, Trag,
p. 62—114 vgl. p. 278—298 nebst Welcker, Trag. S. 1380—1384. W. Teuffei,
Tübinger Progr. 1858, S. 7—11. Der Paulus (Bibbeck p. 236 vgl. p. 349)
hatte wohl (Bothe, G. Böper) den Aemilius Paulus Macedonicus (Pydna)
zum Gegenstande; 0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1856, S. 301.
3. Unsicher ist die Angabe von Diomedes III. p. 483 P. = 485, 33 K.:
satira . . carmen . . quäle scripserunt Pacuvius et Ennius.
4. Gell. VI (VII), 14, 6: exempla in latina lingua M. Varro esse dicit
ubertatis Pacuvium, gracilitatis Lucilium, mediocritatis Terentium. Da-
gegen Fronte p. 114, 1 (Naber) nennt den P. mediocris. Cic. Brut. 74,258: illo-
mm (des Laelius und jungem Africanus) aequales Caecilium et Pacuvium
male locutos videmus; vgl. ad Att. VII, 3, 10. Orat. 46, 155. Lucil. bei
Non. p. 30, 27: tristis contorto aliquo ex Pacuviano exordio. Hör. £p. II,
1, 66 f. Quintil. X, 1, 97. Pers. Sat. I, 77 f. Martial. XI, 91. Tac. dial.
20. Würdigung dieser Urteile: W. Teuffei im Tüb. Progr. 1868, S. 11—14.
Vgl. 0. Jahn im Hermes IL S. 234 f.
5. H.Stieglitz, de Pacuvii Duloreste, Lips. 1826. 130 pp. 8. Th. Ladewig,
Art. Pacuvius in Pauly's Beal-Enc. V. S. 1042 — 1044. J. Wennemer, de
Pacuvio, inprimis de eins Antiopae, Dulorestis Ilionaeque fragmentis, Mün-
ster 1863. 50 pp. 8. Mommsen, B. G. IP. S. 432 f. W. Teuffei, Caec. Sta-
tins, Pacuvius u. s. w. Tübingen 1868. 4. S. 5 — 14.
105. Statius Caecilius, der ungefähr gleichaltrige Zeit- 95
genösse des Pacuvius, gehorte durch Geburt dem keltischen
Stamme der Insubrer an, kam nach Rom wahrscheinlich als
Kriegsgefangener um 554 — 560, und schloss sich nach seiner
Freilassung hauptsächlich an Ennius an, den er auch nur um
wenig überlebte, ohne aber dessen hohes Alter zu erreichen.
So zeitlich in der Mitte stehend zwischen Plautus und Terenz,
scheint sich Caecilius in den Komödien die er nach neuattischen
Originalen verfasste Anfangs mehr an die Art des Plautus ge-
halten zu haben, während er später, in Folge der hellenisieren-
den Richtung der Zeit, immer regelrechter wurde, aber doch sich
mehr Kraft bewahrte als Terenz entwickelt. Die Üeberreste zei-
gen ganz die Weise der palliata, aber weniger alterthümliche
Formen als bei Pacuvius.
1. Hieronym. zu Euseb. Chr. a. 1838 = 676 =« 179 v. Chr.: Statius
Caecilius comoediarmn scriptor clarus habetur, natione Insuber Gallus et
11*
1G4 Sechates Jahrhundert d. St.
Ennii primum contuhernalis. quidam Mediolanensem ferunt. mortuuB est
anno post mortem Ennii III (die Zahl eingefügt von Ritachl, Sueton. ed.
Reitferscheid, p. 497, um den Caec. noch die Andria des Terenz erleben
zu lassen) et iuxta eum in laniculo (so Bitschi 1. 1. statt iuxta laniculum)
sepultuB. Vgl. K. P. Hermann, de script. ill. p. 3 f. Gell. IV, 20, 13: Cae-
cilius ille comoediarum poeta inclutus servue fuit et propterea nomen ha-
buit Statius. sed postea versnm est quasi in cog^nomentum appellatusque
. oöt Caecilius Statius. Caecilius kurzweg z. B. bei Cic, de or. II, 10, 40.
Brut. 74, 258. de opt. gen. 1, 2 ad Att. VII, 3, 10; Statius allein niemals,
auch nicht de or. II, 64, 257. — Starb Caec. J. 588 so mag er, da er nie
zu den longaevi gerechnet wird (Ritschi, Parerga S. 183, Anm.), um 535
geboren gewesen sein, stand also 554—560 im kriegstüchtigen Alter.
2. Anfängliche Misserfolge als Dichter, Prolog II, 6 fif. zu Ter. Hec.
Später Bestellung zum Beurteiler aufzuführender Stücke, Suet. vit. Ter. 2.
Ritschi, Parerga S. 329 Anm.
3. Von den 39—40 Komödientiteln die wir kennen (s. Caecilii Statii . .
deperd. fabb. fragmenta ed. L. Spengel, München 1829. 62 pp. 4. und Rib-
beck com. p. 29 — 69) stimmen 16 mit menandrischen überein (Andria, An-
(Irogynos, Chalcia, Dardanus, Ephesius, Hymnis, Hypobolimaeus Rastraria,
imbrii, Karine, Nauclems, Plocium, Polumeni, Progamos, Synaristosae, Syn-
ephebi, Titthe), zwei (Chrysion und Epicleros?) mit solchen des Antipha-
lies, einer (Epistathmos?) mit Poseidippos, und einer (Epistula?) mit Alexis.
Die Titel selbst zerfallen in drei Classen (Ritschi, Parerga S. 144 f.): 1) rein
lateinische, wie Plautus sie zu wählen pflegte; 2) Doppeltitel, lateinische
und griechische; 3) rein griechische, in der Weise des Terenz und Tur-
pilius. Letztere bilden die weitaus überwiegende Zahl. Hienach zu schlies-
seu, hätte „Caecilius, Anfangs ganz auf plautinischer Bahn wandelnd, sich
allmählich emancipiert und durch immer näheren Anschluss an griechische
Art und Weise endlich die Stufe herbeigeführt auf der die Römer mit
gänzlicher Selbstentäusserung sich in eine fremde Kunstgattung hineinzu-
versetzen und ein unvermischt griechisches Kunstwerk mit Empfänglichkeit
aufzunehmen im Stande waren" (Ritschi a. a. 0. S. 145 Anm.).
4. Varro bei Non. v. poscere: in argumentis Caecilius poscit palmam;
bei Charis. IL p. 215 P. = 241, 28 f. K.: m<9r] Trabea, Atilius, Caecilius,
facile moverunt. Vgl. Hör. Ep. II, 1, 59 und Anderes bei W. Teuffei, im
Tübinger Progr. von 1858, S. 3, A. 16 — 20. Als geborener Insnbrer und
spät nach Rom gekommen konnte Caecilius nicht für einen guten Gewährs-
mann für das was fein lateinisch sei gelten; Cic. ad Att. VII, 3, lo.
5. Im Allgemeinen s. Mommsen l*. S. 8H3 und W. Teuffei, Caecilius
Statius u. s. w. Tübingen 1H58. 4. S. 1—5.
9Q 106, Ein Palliat^ndichter aus der Zeit des Caecilius war
auch Trabea und vielleicht der ihm ähnliche Atilius, sowie
der Urheber der Boeotia, Aquilius, und Licinius Iinbrex.
Ein älterer Zeitgenosse und Nebenbuhler des Terenz war Lus-
cius Lavinius,
105—107. Dichter; Caeciliug. Trabea. Luscius. Terentius. 1()5
1. Yarro bei Cham. IL p. 215: »a^r/ Trabea, Atilius, Caeciliua facile
moveruni Vgl. Biischl, Parerga S. 194 f., welcher (S. 196) demgemass die
Blütezeit, der beiden Ersteren vor die des (erst erwachsen nach Rom ge-
kommenen) Caecilius setzt. Der Gentilname des Trabea ist unbekannt, der
Vorname Q. ohne urkundliche Gewähr. Zwei üebcrreste (aus Cicero's Tusc.)
von lebhaftem Tone und gebildeter Sprache bei Ribbeck, com. p. 26.
2. Archaistischer sind die spärlichen üeberbleibsel des Atilius (p. 27
bei Ribbeck), der als Palliatendichter durch den Titel Misogynos bezeich-
net wird. Da Cicero (ad Att. XIV, 20, d) ihn poeta durissimus nennt,
ebenso aber Porcius Licinus bei Cic. fin. I, 2, 5 den Atilius welcher die
Elektra des Sophokles übersetzte einen ferreus scriptor, so sind wohl Beide
identisch. Weniger wahrscheinlich ist dass er derselbe sei mit dem Schau-
spieler L. Hatilius aus Präneste (oben 16, 13) welcher (zu Anfang des sieben-
ten Jahrb.? Dziatzko, Rhein. Mus. XXT. S. 1-1, A. 13) in terenzischeu
Stücken aufbrat.
3. Die Boeotia, ihrem Titel nach zur palliata gehörig, für deren Ver-
fasser schon zu (vor) Varro's Zeit ein Aqullius galt,' schrieb Varro wegen
ihres plautinischen Geistes dennoch dem Plautus zu (Gell. III, 3, 3 f), wo-
gegen L. AttiuB nachdrücklich sich erklärt hatte (ib. 9). Die Zeitanspie-
lungen passen zu J. 580 — 600 d. St. Ritschi, Parerga S. 82 ff. 123 ff. 208.
Ribbeck, com. p. 27—29.
4. Licinius Imbrex, vetus comoediarum scriptor, in fabula quae Ne-
aera (in)scripta est, Gell. XIII, 23, 16. Vgl. Paul. Diac. p. 109 M.: Im-
brex nomen cuiusdam comici. Zur palliata weist ihn der Titel Neaera.
Ribbeck, com. p. 29.
5. Luscius Lavinius (Lanuyinus), der (maJevolus) vetus poeta gegen
welchen in allen terenzischeu Prologen, mit Ausnahme derer zur Hecyra,
bitter polemisiert wird. Er übersetzte mehrere Stücke von Dichtern der
neuen attischen Komödie , wie das ^daii.a des Menander (Ter. Eun. prol.
9) und einen SriaavQos (ib. 10), so wortgetreu dapss er auch Züge die einem
römischen Publicum Anstoss geben mussten mitherübernahm und dem Te-
renz die Abweichungen von seinem griechischen Original und die Zuthaten
aus anderen griechischen Stücken als Fehler tadelte. Ter. Eun. prol. 10 ff.
Vgl. Andr. prol. 15 ff. Haut. 16 ff. Ad. 1 ff. Grauert, Analekten S. 116 f.
Ladewig, über den Kanon des Volc. Sed. S. 12—17. Ribbeck, com. p. 71 f.
6. Ueber Plautius s. oben 94, 5.
107, P. Terentius (Afer) war zu Karthago J. 569 d. St. 97
geboren, gelangte aber frühe nach Rom, wo er Sklave eines
(Senators) Terentius (Lueanus) war, der ihm die Erziehung eines
Freien geben liess und bald ihm die Freiheit schenkte. Viel-
leicht als Africaner kam er mit dem jungem Africanus in ein
niUieres Verhältniss, wodurch das Gerede hervorgerufen wurde
dass jener der wahre Verfasser seiner Stücke sei. Nachdem
er sechs Stücke zur Aufführung gebracht begab sich Terenz
Studien halber nach Griechenland. Auf der Rückreise von dort
166 Sechstes Jahrhundert d. St.
starb er im J. 595 =' 159 v. Chr., erst 26 Jahre alt, eine Tochter
hinterlassend.
r
1. Quelle der durch Donatus (vor seinem Commentar zu Terenz) uns
erhaltene Auszug aus Suetons Werk de poetis, vorzugsweise eine Zusam-
menstellung der (manchfach widerstreitenden) Angaben der Grammatiker.
Vgl. N. Fritsch, Suetonii vita Ter. emend. et illustr. Bonn 1852. K. L. Roth,
Rhein. Mus. XII. S. 174—188. H. Borgens, Philologus XL S. 787 f.; besonders
aber Kitschrs Bearbeitung dieser vita Terentii in Reüferschoids Sueton.
reliqq. (Lips. 1860) p. 26—35 und p. 479—538. Dazu Th. Bergk, Philologus
XVI. S. 627—636. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1870, Nachr. 7, S. 111—122.
2. Was sich sonst noch Derartiges findet, wie in Hieronymus* Bear-
beitung der Chronik des Eusebius (zu J. 1859 =* 596 d. St.) , in der von
G. V. Murr (Nürnberg 1786 ff.) aus einer Nürnberger, von A. Mai (Modiol.
1815) aus einer Mailänder Hdschr. herausgegebenen (und daher vita Am-
brosiana benannten) vita, geht auf dieselbe Quelle zurück, theilweise mit
willkürlichen Ausmalungen. Vgl. Ritschi 1. 1. p. 534 ff. Selbständigen Werth
hat nur der ganz kurze Zusatz des Donatus zu jenem Auszug.
3. Nach llom kam Terenz wohl durch einen Sklavenhändler, der ihn
in Afrika kaufte oder raubte. Als Kriegsgefangener jedenfalls nicht un-
mittelbar, da er nach dem £nde des zweiten punischen Kriegs (563) ge-
boren wurde und beim Beginn des dritten (605) schon todt war; s. Fcne-
stülla bei Sueton. Bergk a. a. 0. S. 628: „es ist gar nicht unwahrscheinlich
dass T. bei einem Streifzuge der Numidier in das karthagische Gebiet in
Kriegsgefangenschaft gerieth und so entweder auf dem Wege des Handels
oder als Geschenk des Masinissa oder eines seiner politischen Agenten in
das Haus eines röm. Senators kam." Anthol. lat 734, 2 R.: Romanis du-
cibus bellica praeda fui.
4. Den Vornamen Publius kann T. entweder von seinem Freilasser
haben oder von einem andern Gönner, etwa dem jungem Africanus. Vgl.
Cic. ad Farn. XIII, 35, 1. ad Att. IV, 15, 1.
5. Cum multis nobilibus famüiariter vixit, sed maxime cum Scipione
Africano et G. Laelio. quibus etiam corporis gratia conciliatus existima-
tur. . . non obscnra fama est adiutum Terentinm in scriptis a Laelio et
Scipione, eamque ipse auxit numquam nisi leviter (vgl. Prol. zu Haut, und
Ad.) refutare conatus (Suet. 1. 1.). Letzteres wohl weil das Gerede für
keinen der beiden Theile beleidigend war. Erörterungen darüber bei Suet.
1. 1. Vgl. Cic. ad Att. VII, 3, 10: Terentium, cuius fabellae propter ele-
gantiam sermonis putabantur a C. Laelio scribi. Quintil. I. 0. X, 1, 99:
licet Terentii scripta ad Scipionem Africanum referantur. Vagellius in
Actione bei Donatus. Vielleicht dass T. seine Arbeiten vor ihrer Veröffent-
lichung im Kreise seiner Freui^de vorzulesen pflegte und dabei deren Be-
merkungen und Mittheilungen nach Verdienst berücksichtigte. Für uns
hat das Gerede jedenfalls den Werth einer Bürgschaft für den rein und
specifisch römischen Charakter von T.*s Sprache.
6. Post editas comoedias nondum quintum atque vicesimum (die Zahl
XXXVI beruht nur auf der depravata scriptura interpolatorum librorum,
107 f. Dichter: Terentius (Leben). 107
Kitschi 1. 1. p. 515) egressuB (Hitachi ingreasus) anniim, causa vitandac
opinionis qua videbatur aliena pro suis edere seu (studio fügt Bitschi ein)
percipiendi Graecorum instituta moreaque, quo» non perindo exprimoret
in scriptis, egressus (6. Becker: in Graeciam profectus) est neque amplius
rcdiit. . . Q. Cosconius redeuntem e Graecia perisse in mari dicit cum (die
'dann folgende Zahl GVin ist nur eine eine Wiederholung von CVM, Eitschl
p. 519) fabttlis conversis a Menandro; ceteri mortuum esse in Arcadia (den
Zusatz Stymphali streicht Bitschi p. 520) sive Leucadiae tradunt (Flock-
eisen, krii Miscellen, Dresden 1864, S. 59—61: perisse in mari in sinu
Leucadiae dicit), Cn. Cornelio Dolabella M. Fulvio Nobiliore coss. (J. 595),
morbo implicatum ex dolore ac taedio amissarum sarcinarum, quas nave
praemiserat, ac simul fabularum quas novas fecerat. Suet. 1. 1. YgLLucan.
V, 651 f.: oraeque malignes Ambraciae portus, wozu Schol.: maUgnos dixit,
sive quia saxosi sunt/sive quia Terentius illic dicitur periisse. Auson. epist.
18, 16: Arcadiae medio qui iacet in gremio.
7. Da Hecyra und Adelphi J. 594 aufgeführt sind und J. 595 Ter.
starb, so kann er nicht viel länger als ein Jahr von Bom weg gewesen
sein. War er bei seinem Tode 26 J. alt, so war er 569 geboren, also um
dieselbe Zeit wie der jüngere Africanus. Fenestella's Behauptung (für apo-
logetische Zwecke), T. sei älter gewesen als Scipio und Laelius, scheint
allein zu stehen; Bitschi p. 513 f.
8. Fnisse dicitur mediocri statura, gracili corpore, colore fusco (Suet.
1. 1. vgl. Ps. Verg. Moret. 32 f.: Afra genus, tota patriam testante figura,
torta comam labroque tumens et fusca colore). Sein Bild auf Contorniaten
in Gotha, sowie in einer vaticanischen Hdschr. seiner Stücke aus 9 saoc;
eine Büste des T. mit einer komischen Maske auf dem rechten Arme seit
1839 im capitolinischen Museum. Visconti Iconogr. rom. I p. 317 ft'. O.
Müller's Archäologie von Welcker 421, 3.
9. Beliquit filiam, quae post equiti rom. nupsit, item hortulos XX
iugerum via Appia ad Martis (vgl. Pauly^s Beal-Enc. I, 2. S. 158 Anm.),
Sueton.
108. Die sechs Komödien welche Terenz verfasst und zu 98
Rom auf die Bühne gebracht hat sind alle erhalten^ und in zahl>
reichen Hdss., welche in zwei Classen zerfallen, den Bembinus
und die auf die Recension des Calliopius zurückgehenden. Auch
Commentatoren fanden seine Stücke in der Kaiserzeit; wir be-
sitzen nur noch den Commentar des Donatus und des Eugra-
phius. Ausserdem sind zu den Stücken Didaskalien auf uns ge-
kommen, aber in schwieriger Fassung, sowie metrische Inhalts-
angaben.
1. Scripsit comoedias sex, ex quibus primam Audriam etc. Suet. 1. 1.
vgl. Auson. epist. 18, 15 von der Zahl Sechs: protulit in scenam quot dra-
mata fabellarum etc.
2. lieber die Terenzhandschriften vgl. Ritschi, de emendatione fabu-
168 Sechstes Jakrhundert d. St.
larum Torentianaruin, yör dem Breslauer Index schol. für 1838 f. und jetzt die
Ausgabe von F. Ümpfenbach p. I— XXXVII. Hiemaoli stehen der Haapt-
quelle, dem Bembinus (A) saec. Y, alle übrigen gegenüber, welche sämmt-
lieh auf die Recension eines unbekannten Grammatikers Calliopius zurück-
gehen, nur dass Calliopii recensio in Victoriano (D) et Decnrtato (G,
saec. XI— XII), qnibus, praeter partes nonnullas Ambrosiani (F), iragmen-
tnm Vindobonense (V, saec. X^XI), fragmenta Colonensia (W. Schmitz,
cölnische Terentiusfragmente — zu Andr. u. Ad. — in Fleckeisene Jahrbb.
97, S. 652—655), Laurentianus XXXYIII, 27 (saec. XII) addendus est, . .
reficta est ex commento Aelii Donati (Ümpfenbach p. I). Willkürlich
umgestaltet ist die Recension des Calliopius wie des Donatus z. B. im
Riccardianus (E) saec. XI. Der älteste und vollständigste Vertreter der
-Recension des Calliopius ist Paris. 7859 saec. X (P). Die Unterschrift des
Calliopius (feliciter Calliopio) tragen der Vaticanns 3868 (C) und sein
Doppelgänger, der Basileensis (B), sowie Ambrosianus (F), Paris. (P), alle
saec. X. Vgl. 0. Jahn, die Subscriptionen u. s. w., Berichte der säch's. G.
d. W. 1851 , S. 362—364. Ueber die zwei ältesten Pariser Hdss. s. Ritschi,
Rhein. Mus. VIII. S. 289—292. ümpfenbach p. XXIV ff. — Geppert, zur Gesch.
der terentianischen Kritik, Jalms Jahrb. Suppl. XVIII. S. 28 — 87. J. Brix,
de Ter. libris mss. a Bentleio adhibitis, Brieg 1852. 4; de Ter. fabulis
post Bentleium emendandis, Liegnitz 1857. 4.
3. Commentatoren: Valerius Probus, Aemilius Asper, Helenius Acro,
AeliuB Donatus, Euanthius; zweifelhaft Aruntius Celsus; s. Suringar, bist,
crit. schoL lat. I. p. 77 ff. Ritschl, Parerga p. 361 ff. Aelius Donatus' Com-
mentar zu Terenz ist werthvoll auch durch Vergleichung der griech. Ori-
ginale, fehlt aber zum Hautontimorumenos. Dagegen der Commentar des
Eugraphius (nicht später als saec. X) hat keinen selbständigen Werth. Vgl.
ümpfenbachs Ausg. p. XLIII — XL VI. Die Scholien des cod. Bembinus s.
bei F. ümpfenbach, Hermes II. S. 337 — 402, und dazu W. Studemund, über
die ed. princ. der Terenzscholien des cod. Bemb., in Fleckeisens Jahrbb.
97, S. 546—571. Vgl. ümpfenbachs Ausg. p. XXXVIU ff.
4. Diejenige Redaction der Didaskalien welche jetzt die Vulgata der-
selben bildet stammt aus den Emendationen des Ant. Goveanus (Venedig
1567) her. Ritschl, Parerga S. 325, A. In ihr sind verschiedene Redactionen,
die des Bemb. und die calliopische, vermischt. Beiden lag eine ursprüng-
lich vollständigere Sammlung von Nachrichten (Didaskalien) zu Grunde,
welche aus Bühnenexemplaren der betr. Stücke von oder nach den Gram-
matikern des 7. Jahrh. d. St. zusammengestellt sein mochte. Daraus hat
der Bemb. eine lückenhafte und verwirrte, aber nicht durch systematische
Redaction oder willkürliche Aenderungen entstellte Auswahl erhalten, die
calliopische Recension eine überlegte, je auf eine einzige (die erste) Auf-
führung sich erstreckende, aber theilweise mit Willkür gemachte. Dziatzko
Rhein. Mus. XXI. S. 87 ff. Vgl. überhaupt Ritechl, Parerga S. 263 ff. J.
A. Becker im Mainzer Progr. 1852. 4. Geppert in Jahns Jahrbb. Suppl.
XVIII. S. 550 — 582. W. Wilmanns, de didascaliis Terentianis, Berlin 1864.
66 pp. Alfred Xohl, didascaliae Terentianae explicatae, Halle 1865. 65 pp«
C. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 570—598. XXI. S. 64—92.
108. Dichter: Tereutius (Didaskalieu u. s. w.). 169
5. Die Aufzäbltiug in §. 109 folgt der herkömmlichen Ordnung, welche
sich an den Bemb. anschliesst, der damit die Reihenfolge der AbfasBiiu^
getroffen zu haben meint. Die^e erwähnt er allein regelmässig, durch
facta I (prima oder primo loco), II u. s. w. (Ritschi Parerga S. 263 u. S.
264, A.), während die andern Udss. die Numer nur dreimal geben, aber
übereinstimmend mit Bemb. Bei Donat ist gleichfalls Andr. I, Phorm. IV,
Hec. Y; aber Eon. ist bei ihm III, und Ad. ist 11. Die Hec. ist inconse-
qaent numeriert, da sie nach der Zeit ihrer Abfassung II, nach der ihrer
vollständigen Aufführung VI sein müsst«; vgl. Ritschi in Reifirerscheids
Saeton, p. 601. Zu Lebzeiten des Terenz erfolgten nach den Didaskalicn
nachstehende Aufführungen:
J. 688. Andria.
589. Hecyra 1 (erstmals) .
59 1.* Hautontimorumenos.
593. Eunuchus (lud. meg. im April).
Phormio (lud. rom. im September).
591. Hecyra 2 (zweiter Versuch) und Adelphi (bei den Leicheu-
spielen des Aemilius Paulus).
Hecyra 3 (vollständige Aufführung, ludis romauis).
Dziatzko, Rhein. Mus. XXL S. 84—87. üeber die Möglichkeit früherer Ab-
fassung der Adelphi s. unten §. 109, 6.
6. A. L. R. Liebig, de prologis Terentianis et Plantinis, Görlitz 1859.
50 pp. 4. C. Diiiatzko, de prologis Plaut, et Ter. quaestiones selectae, Bonn
1863. 38 pp. 8. vgl W. Wagner in Fleckeisens Jahrb. 91, S. 279—293.
7. Ausgaben sämmtlicher Stücke des Terenz. Editio princeps: Argento-
rati apud Mentelin., 1470 fol. Eine Ausg. s. 1. et a., nach Salomonsen, in
Jahn's Archiv IV. 1836. S. 325 — 330, in Italien um 1470 — 1475 gedruckt.
Dann Venet. 1476 mit Donat; c. notis Mureti, Venet. 1555. 8.; emend. a
Faerno, Florent. 1565; c. Donati et Eugraphii comm. ed. Lindenbrogius,
Paris. 1602. Franoof. 1623; c. annot. Boecleri, accedunt comm. Guyeti,
Argentorati 1657; Latin et fran9. par Mad. Dacier, Paris 1688. 12. HI Voll.;
ex reo. et c. not. R. Bentleji, Cantabr. et Lond. 1726, zuletzt herausg.
von YoUbehr, Kiel 1846; comm. perp. illustr., acced. Donatus, Eugraphius,
CalphumiuB etc., cur. Westerhovius , Hag. Comit. 1726. 4. II Voll., wieder
herausg. von Stallbaum, Lips. 1830; ed. Zeune, Lips. 1774. 2 Voll. ; ed. Botho
in Poet. scen. T. IV., Mannhem. 1837; ed. Perlet, Lips. 1821; ed. Reinhardt,
Lips. 1827; iUustr. Lemaire, Paris 1827. III Voll.; ed. Elberling, Havniae
1834; reo. A. Fleckeisen, Lips. (BibL Teubner.) 1857. With notes crit. and
exegetical, an introduction etc. by W. Wagner, Cambridge 1869. XI u.
489 pp. Edidit et apparatu critico instruxit Fr. Umpfenbach, Berlin 1870.
LXXXTX u. 510 pp.
8. Aelteste Uebersetzung: Terentius der hochgelahrte Poet. Zu tütsch
transferirt nach dem Text und nach der Gloss. Mit vielen Holzschnitten.
Strassburg 1499 foL Neuere: von Th. Benfey, Stuttgart 1837 ff. 9 Bdchn,
umgearbeitet (Andr., Eun. und Ad.) Stuttgart 1854; von Fr. Jacob, Berlin
1845; J. Herbst, Stuttg. (Hoffmann) 1854 ff. J. J. C. Donner, Leipzig und
Heidelb. 1864, 2 Bde.
170 SechBtee Jahrhundert d. St.
9. Allgemeine Erliluterungflschriftcn: Bohnkenü dictata cd. S^hopen,
Bonn. 1825. Gronovii notae in Terent. ed. Frotecher, Lips. 1833. G. Her-
mann, de BenÜejo eiusque edit, Terent., in Opusc. II. F. V. Fritzsche,
quaest. Terent. spec. I., Bostoch. 1849. 4.; Lectionee Terentianae (I. Do
Ter. codice Rostochicnsi. II. de graecis Ter. fontibus), Bostoch. 1860. 26 pp. 4.
1862. 8 pp. 4. Jos. ErauBB, Quaestiones Terentianae criticae, Bonn 1850.
48 pp. A. Klette, exercitationes Terentianae, Bonn 1855. 23 pp. Rein-
hardt, über eine neue Bearbeitung des Ter., Hildburghausen 1855. 19 S. 4.
J. Brix, de Ter. fabulis post B. Bentleium emendandis, Liegnitz 1857.
18 pp. 4. Th. Ladewig, Beiträge zur Kritik des Ter., Neustrelitz 1858.
26 S. 4. £ a Bruner, Quaestiones terentianae, Helsingfors 1868. 92 pp.
»0 109. Diese sechs Stücke sind folgende:
1) Andria, aufgeführt J. 588 an den megalensischen Spie-
len, eine Bearbeitung der *Av8gCa des Menander, mit Zuthaten
aus der TlEQvv^La desselben Dichters. Die Schlussscene ist in
doppelter Fassung erhalten.
1. Im Bembinus ist die Didaskalie, zusammen mit dem Anfang des
Stücks, verloren; Donats titulus aber berichtet über die erste Aufführung
(und eine zweite, zwischen J. 611 — 620, durch Q. Minucius und Valerius,
Dziatzko, Bhein. Mus. XXI. S. 64 f.). Vgl. Suet. vit. Ter. 2: primam An-
driam cum aedilibus daret, iussus ante Caecilio recitare ad cenantem cum
venissot, dicitur initium quidem fabulae, quod erat contemptiore vestitn,
subsellio iuxta lectulum residens legisse, post paucos vero versus invitatus
ut accumberet cenasse una, dein cetera percucurrisse non sine magna Cac-
cilii admiratione.
2. Dass der Prolog für die erste Aufführung sei bejaht G. Dziatzko,
Bhein. Mus. XX. S. 579 f. XXI. S. 64 f., gegen W. Wagner im Bonner
über miscell. 1864, p. 72—82.
.S. Verhältnißs zum Original: Grauert, Analekten S. 173 — 197. K. F.
Hermann, Ter. Andr. quam fideliter ad Menandrum expreesa sit, Marburg
1838. 4. W. Ihne, Quaest. p. 5 — 15. Th. Benfey vor sr. Uebersetzung.
W. Teuffei, Stud. u. Charakt. (1871) S. 280 f.
4. Schlussscene: Döderlein, lect. var. trias, g. E. Grauert, Analekten
S. 197 — 204. Bitschi, Parerga p. 583 — 606. Nach Letzterem stammen beide
Fassungen aus dem Alterthum, aber von verschiedenen Verfassern; die
kürzere ist wohl die ältere und von Terenz selbst, die ausführlichere für
eine Aufführung nicht lange nach Ter.'s Tod.
5. Ausgaben: mit ausführl. Comm. von Perlet, Bonneburg 1805; cum
notis ed. Fikenscher, Lips. 1809; ex rec. Fr. Bitteri, Berl. 1833; mit krit.
und exeget; Anm. von B. Klotz, Leipzig 1865. XII u. 220 S. 8.; rec. et
illustr. L. Quicherat, Paris 1866. 69 pp. 12.
6. Boos, über den Charakter des Sosia in der Andria, in: Versuche
über Classiker, Giessen 1790, S. 39—93. Drakenborch, dictata ad Ter.
com., in Grauerts Analekten p. 1—56. A. B. Wolfi' in Ter. A., Guben 1811.
109. Dichter: Terentiua (Andria, Eunuchua, Haut.). 171
J. Wollenberg, Collation der A. aus einem cod. der Bibliothek zu Tours,
in Mützells Ztschr. XIV. S. 711—718.
7. Vogel, Ter. Andr. in graecum conversa, P. I. Treptow 1863. 4.
Üeberaetzt von F...x (Felix Mendelsohn-Bartholdy), mit Einl. u. Anm.
herausgeg. v. K. W. L. Heyse, Berlin 1826. 4.
2) Eunuchus, kunstreich zusammengesetzt aus Menanders
Evvov%oq und Bestandtheilen von dessen Koka^, Die Manch-
faltigkeit und Lebendigkeit seiner Handlung versehaifte dem
Stücke schon bei Lebzeiten des Dichters entschiedenen Erfolg.
1. Verhältniss zum Original: Grauert, Analekten S. 147 — 173. W.
Ihne, Quaest. p. 15—25. W. Teuffcl, Stud. u. Char. S. 281 — 284. Nach
Pers. Sat. V, 161 ff. hiess Thais im Evv. Chrysis, Phadria aber Chärestra-
tuB, Parmeno dort Davus, und Gnatho hiess im KoX. Struthias.
2. Eunuchus bis die (deinceps, Eitschl) acta est meruitque pretiuni
quantum nuUa antea cuiusquam comoedla, i. e. (vgl. Ritschi Suet. p. 503 f.)
octo milia nummum, Suet. p. 29 R. Vgl. Auctar. Donat. ib. p. 35 u. Do-
naths praef. zum Eun. Ritschi, Parerga S. 330—333. Dziatzko, Rhein.
Mus. XXL 9. 68, A. 6.
3. Die Gonsuln des Aufführungsjahrs fehlen bei Donat; die Didaskaiie
(der titulus) der calliop. Recension gibt M. Valerius (593), C. Mummius (608),
Fannius (593); die aed. cur. bei Donat und in der calliop. Rec. L. Postu-
mius AJbinus (Cos. 600, also Aedil um 594), L. Cornelius Morula (wohl der
Vater des gleichnamigen Cos. von 667) und Aufführung ludis megalensibus ;
im Bemb. aber M. Junius (Brutus^ der Rechtsgelehrte, ein vir praetorius?)
und L. Julius (Caesar, Vater des gleichnamigen Cos. von 664?), ludis ro-
manis. Daher wohl zwei Aufführungen, J. 593 (Coss. M. Valerius Messala,
C. Fannius Strabo; Aedilen Albinus und Merula) und wieder 608 (Coss. Cn.
Cornelius Lentnlus, L. Mummius Achaicus ; Aedilen Junius und Julius). Vgl.
Dziatzko, Rhein. Mus. XXI. S. 66—68.
'4. F. Seybold, über den Eunuchen des Ter., Pirmaaenz 1786. Roos,
super Ter. quibusdam locis, in seinen Versuchen über Classiker, p. 131 — 150.
Böttiger, spec. novae ed. Ter., in seinen Opuscula p. 245 — 284.
5. Üebersetzt von Gravenhorst, Hamburg 1852.
3) Hautontimorumenos, der Selbstquäler, nach dem
gleichnamigen Stücke des Menander, ohne Zuziehung eines zwei-
ten; ein Intrikenstück, mit etwas abenteuerlicher Handlung, magerer
Charakteristik und trockenem Tone.
1. Avtbv (vgl. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 571, A. 1) tL(u»^oviisvog =>
se crucians (1, 1, 29), se ezercens (1, 1, 94) ; ipse se poeniens (Cic. Tusc. III, 27, 65).
2. Ex integra graeca integra comoedia, prol. 4; ib. 36 stataria genannt.
3. Consuln des Aufführungsjahrs im Bemb.: Cn. Cornelius, Marcus
(vielmehr Manius) luvenius (d. h. luvencius, luventius), in den andern Hdss.
M. lunio, T. Sempronio, wohl Hinweisung auf J. 591, wo Ti. Sempronius
172 Sechstes Jahrhundert d. St.
Gracchus II uud M\ luventius Thalna Cousuln waren, und auf Wieder-
holung im Consulat eines Cornelius (Cn. Cornelius Lentulus J. 608? P. Cor-
nelius Scipio Nasica Serapio J. 616?). Bei der ersten Aufführung (ludis
uiegalensibus) wohl aed. cur. L. Cornelius Lentulus (ohne Zweifel der Gre-
sandte von J. 592 bei Polyb. XXXI, 23 und Cos. 698) und L. Valerius Flac-
cus (Cos. 602?). Vgl. Dziatzko, Rhein. Mus. XX. S. 574 f. XXL S. 68 f.
70,. A. 11.
4. Lessing, Hamburgische Dramaturgie Stück 87 f. Zimmermann,
über den H. des T., Hamburg 1829.
4) Phormio, betitelt nach dem Parasiten des Stücks, wäh-
rend das Original des Apollodoros aus Karystos 'Ejccdixccionevog
hiess. Die Handlung ist spannend, die Uharakterzeichnimg
manchfaltig und fein, die Ausführung lebendig und heiter.
1. lieber Titel und Original s. prol. 25 — 28 nebst Donatus, nach wel-
chem Apollodors Stück vielmehr 'EmdtHafof&sVr; betitelt war. Vgl. Meineke,
hißt. crit. com. gr. p. 464 — 466.
2. Im Bemb. lautet der titulus: acta ludis megalensibus Q. Caspioue
Gn. SeryUio cos. Graeca ApoUodoru Epidicazomenos. Facta est IUI. Im
Vaticanus sind die Coss. G. Fannius, M. Valerius angegeben, wie bei Donat
i.praef.) M. Yalerio et Cn. (vielmehr C.) Fannio coss.; auch haben die Hdss.
der calliop. Rec. und Donat ludis romanis. Letztere berichten die erste
AuiTührung, J. 593, unter den Aedilen Albinus und Merula; der Bemb. eine
spätere Wiederaufführung, etwa J. 613 (wo Coss. Cn. Servilius Caepio und
Q. Pompejus, wahrscheinlicher als 614, wo Coss. C. LaeUus und Q. Servilius
Caepio). Dziatzko, Rhein.vMus. XX. S. 675. XXI. S. 70—72.
3. Ter. Phormio ed. C. G. Elberling, Kopenh. 1861.
4. J. Wollenberg, Collation des Ph. aus einer Hds. des 13. saec. in
Tours, in Mützells Ztschr. XIV. S. 888 — 893. C. H. Humbert, Lc Phormion
de T^rence et les Fourberies de Scapin de Meliere, Elberfeld (Progr.
der Realsch.) 1859. 4.
5) Hecyra^ die Schwiegermutter, ein Stück von eigenthüm-
licher Charakterzeithnung und fast ohne Handlung, daher nicht
na<^h dem Greschmacke des römischen Publicums und lai^e mit
Schwierigkeiten der Aufführung kämpfend.
1. Die Handlung verläuft nur im Gemüte, und die sohliessliche Lösimg
hebt nur gemütliche Schwierigkeiten. Mit der Charakterzeichnung scheint
es der griechische Dichter auf Abweichung von dem Hergebrachten ab-
gesehen zu haben. Die Exposition erfolgt durch nQoatana ngotariucc.
2. Da für *E%vQa das Lateinische ein eigenes Wort (socrus) hat, so ist
fast gewiss dass das Stück (wie die Adelphi) nach einem ^Eytvifa betitelten
griechischen gearbeitet ist. Ein solches ist zwar nicht bekannt, doch nicht
zu bezweifeln die Angabe des Donat: fabula Apollodori (Carystii) dicitur
109. Dichter: Terentms (Phormio, Hec, Adelphi). 173
esse graeca^ zumal da derselbe sie im Commentar fünfmal, unter Anführung
bestimmter Worte des Apollodor, wiederholt (vgl. Meineke fragm. com. gr.
p. 1104 f. ed. min.)- Wenn daher der Bemb. sagt: graeca Menandru, so
ist diese vielleicht veranlasst durch Apoll. Sidon. £p. IV, 12, welcher Me-
nanders 'EnitQsnovrsg als eine fabula similis argumenti (wie die Hec.) be-
zeichnet, wob^ aber sehr fraglich ist wie weit diese Aehnlichkeit gieng.
Höchstens Hesse sich annehmen dass die nQoaatna nootaxina aus dem me-
nandrischen Stücke seien. W. TeufPel in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1700,
Anm. Dziatzko, Rhein. Mus. XXI. S. 76—78. 80 f. Vgl. Fr. V. Fritzsche,
Lectiones Terentianae, Rostock 1860. 4. p. 21 — 26.
3. Sachlich richtig würde die Didaskalie lauten: facta II (es heisst
aber V). acta ludis megalensibus Sex. lulio Caesare (Cos. 597), Cn. Comelio
Dolabella (Cos. 595) aedilibus cur., Cn. Octavio T. Manlio coss. (J. 589 =«
165). primum acta sine prologo. (Störung durch fnnambuli, proL I, 4.)
relata est iterum L. Aemilio Paulo ludis funeralibus (J. 595; dazu prol. I).
non est placita (vgl. prol. II, 33 S.). tertio relata est (mit prol. II) Q. Fulvio
(Cos. 601) L. Marcio (Cos. 605) aed. cur. (an den ludi romani des J. 594
d. St.). placuii (Darauf Abreise des Terenz in den Osten.) Vgl. Dziatzko,
Rhein. Mus. XX. S. 576 ff. XXI. S. 72 — 76. Ritschi, in Reifferscheids
Sueton p. 500 f.
6) Adelphi^ nach Menanders 'AdsXtpoi^ unter ^litbenützung
einer Scene aus dem Anfange der Svvanodvrjcxovteg des Di-
philos. Die einfache, wohlberechnete Anlage^ feine Charakter-
zeichnung und Heiterkeit des herrschenden Tones machen die-
ses Stück des Terenz zu seinem gelungensten. Nur hat die
skeptische Art wie schliesslich die alte und die neue Zeit gegen
einander abgewogen werden etwas unbefriedigendes.
1. Acta ludis funeralibus Lucio Aemilio Paulo, quos fecere Q. Fabius
Maxumus, P. Cornelius AMcanus. . . facta sexta, M. Comelio Cethego,
L. (Anicio) Gallo cos. (J. 504 = 160). So nach dem titulus. Dass aber
diese Aufführung nicht die erste war haben Wilmanns und Dziatzko wahr-
scheinlich gemacht (s. Rhein. Mus. XX. S. 577 f. XXT. S. 78—82). Donatus,
praef. Ad., sagt: hanc dicunt ex Terentianis secundo loco actam; und da
Leichenspiele wenige Tage nach dem Tode des Betreffenden gehalten zu
werden pflegten, für ein neues Stück aber die Vorbereitungen unmöglich
so schnell sich hätten beendigen lassen, auch der Prolog noch einen be-
scheidenen Ton anstimmt, und Haut. prol. 17 (multas contaminasse graecas
etc.) das Vorausgehen mehr als Eines contaminierten Stückes voraussetzt,
Bo hat jene Angabe Donats viele Wahrscheinlichkeit.
2. Verhältniss zum Original: prol. 6 ff . Grauei-t, Analekten S. 124 — 147.
Ihne, Quaest. p. 25—38. W. Teuffei, Stud. und Char. S. 284 f. W. Fielitz,
über Anfiang und Ende der menandrischen Adolphen, in Fleckeisens Jahrbb.
97, S. 676—682. Ueber den Schluss s. W. Teuffei, Stud. und Charakt.
S. 285 — 288. Im Allgemeinen vgl. Lessing, Hamburgische Dramaturgie
Stück 71 f. 97 — 100. Zimmermann, Terenz und Menander, ein Beitrag
174 Sechstes Jahrbandert d. St.
zur Erkl. der Ad., Clansthal 1824. E. Fr. Hermann, de Ter. Adelphis, Mar>
bürg 1838. 4. =« Jahns Jahrbb. Suppl. VI. p. 65—79.
3. Holtze, Bemerkungen zu einigen Stellen der Ad., in Jahns Jahrbb.
Suppl. XL S. 1—23. Speck, Obs. crit, in Ter. Ad. Bresl. 1847. Eotter,
ad Ter. Ad. ezcnrsus de sono versuum, Bresl. 1846. 4. A. Klette, Adel-
phon Terentianae emendationes , in der Symbola philolog. Bonn. p. 843 —
848. D. Gröhe, Rhein. Mus. XXII. S. 640—643.
100 HO. Die dichterische Eigenthümlichkeit des Terenz besteht
in dem negativen Merkmale der Unfreiheit und dem positiven
der Correctheit, theilweise der Eleganz. Er folgt seinen grieclii-
schen Originalen treulich, und wo er sie kürzen, die Handlung
reicher machen muss greift er abermals nach Griechen. Seine
StoflFe sind ziemlich einförmig und auch in den Personennamen
wenig Abwechslung. Terenz hat nicht die Lebendigkeit, Frische
und Beweglichkeit des Plautus, aber auch nicht seine Unarten.
Der ruhige Mittelton gelingt ihm am besten; nicht so die
Sprache des Aflfects, und an komischer Kraft leidet er bitteren
Mangel. Die Anlage seiner Stücke ist ebenmässig und glatt,
die CHiarakterzeichnung reinlich und consequent. Er ist ein
Kunstdichter, mehr nach dem Geschmacke vornehmer Kenner als
des Volkes. Auch seine Sprache zeigt überall Glätte und Ele-
ganz. Seine Verse sind nicht so manchfaltig und belebt wie die
des Plautus, aber geordneter und strenger.
1. Üeber Terenz überhaupt s. Th. Ladewig in Pauly's Real-Enc. VI, 2.
S. 1695—1701. Bohtz, über das Komische und die Komödie, S. 196 f.
Mommsen R. G. IP. S. 433 — 437. Musterung der einzelnen Stücke bei
M. Rapp, Gesch. d. griech. Schauspiels (Tüb. 1862), S. 269—291. 297—302,
J. L. Klein, Gesch. d. Dramas 11 (Leipzig 1865). S. 567—635, und inBitschrs
Opusc. IL S. 752—764.
2. Yerhältniss zu seinen Originalen. Fabulae eins exstant quatuor e
Menandro transla^ae, Andria, Eunuchus, Adelphi et Heautont., duae ex
Apollodoro Caricio (d. h. Carystio), Hecyra et Phormio (vita Ambros. bei
Mai, Fragm. Plaut, et Ter. p. 38. Ebenso Donaths Zusatz zu Suetons vita).
Ueber die Art der Benützung s. Meineke zu Menand. p. 1 — 9. 19—22.
67—79. 9'8— 100. 140—142. Grauert, bist. u. philolog. Analekten, S. 116
— 208. Benfey in den Einl. zu seiner Uebersetzung. Könighoff, de ratione
quam Ter. in fab. gr. lat. convertendis secutus est, Cöln 1843. W. Ihne,
Quaestiones terentianae, Bonn 1843. Th. Ladewig, über den Kanon des
Volc. Sedigitus (1842), und Beiträge zur Kritik des Ter. (1858) S. 1—10.
3. Ein Symptom der Unselbständigkeit ist auch die Häufigkeit der Con«
tamination, so geschickt sie gewöhnlich ausgeführt ist. Die Personennamen
seiner Originale änderte Ter. meist ab, hauptsächlich so dass die Personen
einen Namen führen dessen Appellativbedeutung ihrer Rolle entspricht.
/
110 f. Terentius als Dichter. TitiniuB. 175
Die Liebhaber heissen Phädria, ChariniiB, Chaerea, Pamphilus; die Mädchen
Pamphila, Philumena, Bacchis; die Sklaven Geta, Syrus, Parmeno u. s. w.
Diese Sitte hindert von den Charakteren und Stacken ein festes Bild zu
behalten. Ohnehin bildet die Liebe eines jungen Mannes zu einem Mäd-
chen welches schliesslich als Freie erkannt und geheiratet wird den Gegen-
stand der Andria, des Eun., Haut., Phormio; auch in der Hec. eine Art
<xvccyv(OQi.afias, und in den Ad. ist die Geliebte wenigstens eine obscure
Person. — Auch die Metra seiner Originale änderte Ter. nach Bedürfnis»
und Belieben ab. — Die Exposition erleichterte sich Ter. öfters durch ngo-
atona n(fOtati%d, s. oben §. 16, 11.
4. Quintil. X, 1, 99: Terentii scripta . . sunt in hoc genere elegantis-
sima et plus adhuc habitura gratiae si intra versus trimetros stetissent
(weil es für Partieen von höherem Stil dem T. an Schwung fehlte).
5. Magere Wortspiele: Andr. 218. — Eun. prol. 42. 45. Haut. 218. —
Haut. 356. 379. 526. Hec. 543. Ad. 220 u. sonst.
6. Gell. VI (VII), 14, 6: vera et propria . . exempla in latina lingua
M. Varro esse dicit . . mediocritatis Terentium.
7. Afranius in Compitalibus : Terenti numne similem dicent quempiam?
(Ritachl, Suet. p. 523.) und wohl auch v. 30: ut quidquid loquitur sal me-
rumst! Cicero ad Att. VII, 3, 10: Terentium, cuius fabellae propter ele-
gantiam sermonis etc. und in Limone (bei Suet.): . . lecto sermone, Terenti^
. . Menandrum in medium nobis sedatis motibus affers etc. Caesar (bei
Suet.): . . puri sermonis amator. lenibus atque utinam scriptis adiuncta
foret vis, comica ut aequato virtus polieret honore cum Graecis neve hac
despectuB parte iaceres! Caesar erkennt ihn daher nur als dimidiatus Me-
nander an.
8. E. Eärcher, Prosodisches zu Plaut, und Terenz, Karlsruhe 1846.
Liebig, dQ hiatu in versibus Ter., Bresl. 1848. 8. und: de genitivi usu Teren-
tiano, Oels 1853. 26 pp. 4; die hypothetischen Sätze bei Ter., Görlitz 1863.
36 S. 4. Heinrichs, de ablativi apud Ter. usu et ratione, P. I. Elbing 1858.
28 pp. 4. n. Elbing 1860. 26 pp. 4. B. Born, de diverbii apud Ter. versi-
bus, Magdeburg 1868. 22 pp. 4.
111. Der erste Togatendichter ist für uns Titinius, ausioi
einem geachteten plebejischen Geschlechte in der Zeit des Te-
renz, den er aber überlebt zu haben scheint. Seine Stücke ha-
ben alle lateinische Titel und waren stofflich bereits tabemariae.
Die Ueberreste zeigen einen derben, volksthümlichen Ton, eine
Sicherheit, Lebendigkeit und Frische die an Plautus erinnert,
während die methodische Charakterzeichnung Titinius mit Te-
renz gemein hatte und sie namentlich auch auf Frauenrollen
erstreckte.
• 1. Varrö bei Charis. II. p. 215: rid'ri nullis aliis servare convenit (con-
tigit?) quam Titinio, Terentio, Attae. Mit Eitschl, Parerga S. 194 f. (vgl.
Ehein. Mus. XXIV. S. 486) mag hieraus geschlossen werden dass Tit. vor
170 Sechstes Jahrhundert d. St.
Ter. geboren war; da aber dieser schon sehr jting als Schriftsteller auftrat
und das Vorhandensein von Togaten schon während der Bühnenthätigkeit
des Ter. unerweislich und unwahrscheinlich ist, so wird die des Tit. erst
nach dem Tode des Ter. begonnen haben.
2. Seren. Samm. med. 1046 f.: allia praecepit Titini sententia necti,
qui veteri ciaras expressit more togatas.
3. Uns bekannt sind 15 Titel; die Bruchstücke bei Bothe, poet. scen.
V, 2. p. 58—76. Neukirch, fab. tog. p. 102—152. Ribbeck, com. p. 115—137.
4. Ueber Tit. vgl. Neukirch 1. 1. p. 97—101. ßitschl, Parerga S. 194 f.
Ladewig in Paul/s Real-Enc. VI, 2. S. 2014, Nr. 11. Mommsen R. G. I*.
S. 885 f.
102 US, Der palliata treu blieb Turpilius, gleichfalls ein
Altersgenosse des Terenz, aber weit ins siebente Jahrh. d. St.
hinein am Leben. Auch er bearbeitete Stücke der mittleren
und neuen Komödie lateinisch. Der Ton seiner Üeberreste- ist
lebhafter als bei Caecilius und Terenz, die Sprache reich an
volksthümlichen Bestandtheilen, der Versbau wie bei Terenz.
1. JBieronym. zu Euseb. Chr. a. 1914 (Amand. 1915) == 651 d. St.:
Turpilius comicus senex admodum Sinuessae moritur.
2. Die Üeberreste bei Bothe, scen. lat. V, 2. p. 77 — 94. F. Grautoff,
Turpil. comoediarum reliquiae, Bonn 1853. 42 pp. Ribbeck, com. p. 73 — 96.
3. Von den 13 uns bekannten Titeln (alle griechisch) stimmen sechs
mit solchen des Menander überein, Demetrius war nach Alexis gearbeitet,
Lemniae oder Philopator nach Antiphanes. „Es ist wahrscheinlich dass T.
früh aufhörte zu dichten, weil mit dem Ablaufe des sechsten Jahrh. d. St
die Zeit der palliata vorbei war und an der Gunst des Volkes keine Auf-
munterung mehr fand.^^ Ritschi, Parerga S. 188 Anm.
103 118. Andere Palliatendichter dieser Zeit waren luventius
und Valerius; als Verfasser eines kirchlichen Liedes im J. 554
d. St. wird Licinius Tegula genannt^ und die beiden Consubi
des J. 581 d. St., Q. Fabius Labeo und M. Popülius Laenas,
finden wir als Dichter bezeichnet.
1. luventius comicus bei Varro L. L. VII, 65. vgl. VI, 50. luventius
in comoedia. Gell. XVIII, 12, 2. luventius in Anagnorizomene bei Fest,
p. 298 V. summuBsi beruht auf Conjectur (vgl. 0. Müller p. 407). Paul.
Diac. (p. 299 M.) setzte dafEir den Collectivnamen für die spätere palliata:
TerentiuB. — Ribbeck, com. p. 70 f.
2. Valerius (identisch mit Val. Aedituus? Vetus poeta heisst dieser bei
Gell. XIX, 9, 10 und wird vorLicinus und Catulus genannt), Verfasser eines
Phormio, Ribbeck, com. p. 72. Vgl. oben 84, 6 und unten 1.33, 2.
3. Herrenlose Palliatentitel : Adelphi, Hydria, Georges; Ribbeck, com.
p. 96 f.
112 ff. Titinius, Turpilius u. a. Dichter. Pabius Pictor. 177
4. Livius XXXI, 12 g. E.: decemviri . . carmen ab ter novenis virgini-
bu8 cani per urbem iosseront (in Folge von Prodigien) donumque lononi
Reginae ferri. . . carmen . . tum condidit P. Licinius Tegula. Vgl. Bitschi,
Parerga S. 197. 104.
5. Üeber Fabius und Popillius vgl. unten 124, 5.
114, Von den Inschriften des sechsten Jahrh. d. St. haben 104
nur wenige eine ausführlichere und in gebundener Form gehal-
tene Passung.
1. Ueber das in Satumiem üeberlieferte vgl. oben 60, 8. Sonst ge-
hören hieher von den Scipionengrabschriften (vgl. oben 81, 5) Nr. 33 und
34 (C. I. lat. I. p. 19 f.), sowie vielleicht (wenn sie nicht aus dem Anfang
des 7. Jahrh. d. St. ist) die Inschrift von Sora C. I. lat. I, 1175.
2. Von den literarisch überlieferten Grabschriften des Naevius (s. 93,
1), Plautus (s. 94, 2), Ennius (s. 99, 6), Pacuvius (s. 104, 1), ist die erste in
Saturniem, die zweite (schwerlich plautinische) in Hexametern, die dritte
im elegischen Masse, die vierte in iambischen Senaren gehalten.
II. Prosaisten«
11&« Unter den ältesten romischen Geschichtschreibem^oö
welche sich noch der griechischen Sprache bedienten (s. oben
36), ist dettfrüheste und bedeutendste Q. Fabius Pictor (geb.
um 500 d. St.)y aus der Zeit des zweiten punischen Krieges.
Seine t^xoQia reichte von Aeneas an bis auf seine Zeit^ letztere
ausführlicher behandelnd. Polybios und Dionysius tadeln ihn
zwar manchfach; aber Polybios hat ihn für den hannibalischen
Krieg doch als eine Hauptquelle benutzt^ und Livius scheint ihm
häufiger zu folgen als er ihn nennt. Neben der griechischen
gab es auch eine (jüngere) lateinische Bearbeitung seines Ge-
schichtswerkes. Mit weniger Sicherheit werden ihin Schriften
über das ius pontificium beigelegt.
1. Dionys. Ant. I, 6: opMiag Sh tovtoig (den griechischen Darstellern
der römischen Geschichte) %al ovdhv dia(p6(fovg i^idta%av taxoif^ag xal
'Pcofia^cav oaoi tä noclaM iffyoc trig noXsmg iXlrivi%y dialixtco Gvviyqa'^av,
&v bIci ngsaßvtaToi Koimog tc ^dßiog xal Asvxiog KCy%tog^ cc(up6t£(foi
Tuczä Tovg (poivmtTiovg duiuceavTsg nolifiovg. xovxwv 8\ roh (xvSq^v i%d-
rsQOs olg itlv avtog ^(fyoig nocQSyBvsto dia tiiv ift/nstgiav d-agißAg dvi-
YQatffS, m dh a^;|rara rd ftsrd zriv %xlciv xrig noXstog ysvofieva %B<paXaici}-
dmg iniSgaiisv. Polyb. III, 9: %ttxd xovg %ai^ovg (des hannibalischen
Kriegs) 6 y^dtpuov (Fab. P.) yiyovB xal xov üvvsdqCov ^i,bxbi%b xav *P(o-
(laimv. Liv. XXII, 7, 4 (bei der Schlacht am Trasimenersee) : Fabium
aequalem temporibus huiusce belli potissimom auctorem habui. Zur nähereu
Bestunmung der Zeit des Fabius Pictor vgl. Eutrop. III, 6: L. Aemilio
TxüTFBL, Böm. Literaturgeachichte. 2. Aufl. Vi
1 78 Sechgtes Jahrhundert d. St.
COS. (629 d. St.) ingentes Gallorum copiae Alpes transierant. sed pro Ro-
manis tota Italia consensit traditumque est a Fabio historico, qni ei bello
interfoit etc. Ebenso Oros. IV, 13. Vgl. Plin. N. H. X, 34. Nach der
Schlacht bei Cannä (J. 538) Q. Fabius Pictor Delphos ad oraculom missus est
(Liv. XXII, 57, 5 vgl. XXIII, 11, 1 ff.). Plut. Fab. Max. 18: sig JsX<povs
inififpd'ri d'sonQonog W%ta>Q avyyBviig ^aßiov (des Cunctator). App. Hann. 27 :
Tj ßavXrj Koivxov ^dßiov, xov cvyyqatpia täpSb tmv i^ymVj ig deiq)ovg
^nffucB etc. üeber seinen Vater und Sohn s. Haakh in Pauly's Beal-Enc.
VI, 2. S. 2911 ff. Nr. 31 u. 38.
2. Liv. I, 44, 2: scriptorum antiquissimus Fabius Pictor. II, 40, 10:
Fabium, longe antiquissimum auctorem. Dionjrs. VII, 71: Kotvznp ^aßitp
ßsßaiaz^ XQoilievog %td avSs(iiäg izi Ssoftsvog nitnsatg erigag' naXaioxaxog
yaQ avriif xmv tet (foiucmct öwra^aiiiveav %al niartv ov% i^ tov rj%ovoe \l6vov
dXKa xal ^| iv uvxog ^yva nccQexofievog, Dagegen IV, 6 und 30 tadelt
Dionys. bei einem untergeordneten Puncto dessen ^a^vfi^a. Polyb. I, 14
sagt er habe die Geschichte des punischen Krieges unternommen dia x6
xovg ifj^nsLQOxaxa Sonovvxag ygatpsiv vnhQ avxov, ^tllvav nal ^dßiovy fiij
SBOvxmg Tjpuv aTeriyyBlitivai xr^v ccXt^^biuv. i%6vxag (jihv ovv iipBva^nci xovg
avdgag ov% vnoXccitßccvai, 0X0x^^6 fiBvog in xov ßlov xal xr^g atgiaBtog avxmv,
wohl aber habe den Pictor sein patriotisches Interesse für die Römer irre
geführt; vgl. ib. 58. III, 8 u. 9 aber spricht sich Polyb. auch über Pictor
in seiner kritteligen Weise aus, vielleicht zugleich unter dem Einflüsse der
Rivalität zwischen den Scipionen und Fabiem. Th. Lucas im Glogauer
Progr. 1864, p. 10—18. H. Peter, hißt. I. p. LXXXIII f. Livius I, 55, 8:
magis Fabio, praeterquam quod antiquior est, crediderim . . quam Pisoni.
Liv. citiert ihn sonst noch VIII, 30, 9. X, 37, 14; aber auch wo er unbe-
stimmt antiquissimos scriptores oder priscos annales oder vetustiores scrip-
tores erwähnt meint er wohl vorzugsweise den Pictor. Vgl. W. Harless,
de Fab. p. 33—35.
3. Die Ueberreste des Pictor bei A. Krause, vitae et fragm. vett. bist,
rom. p. 52 ff. und C. L. Roth (an Gerlachs Sallust von 1852) p. 260—259;
W. Harless, de Fab. p. 13—33; H. Peter, bist. I. p. 5—39. 109 f. Ab-
handlungen (ausser D. G. Moller, Altorf 1689. 4.) von H. K. Whitte (Kopenh.
1832), A. Krause (a. a. 0. p. 38 ff.), Exp. Baumgart (Breslau 1842. 62 pp.),
W. Harless (de Fabiis et Aufidiis rer. rom. scriptoribus, Bonn 1853.
p. 1—12), K. W. Nitzsch (Q. F. P. über die ersten Jahre des hannibali-
schen Krieges, Allgem. Monatsschrift, Braunschweig 1854, S. 67 — 84), Du
Rieu (Disp. de gente Fabia, Lugd. Bat. 1866, p. 166—199), L. Kieserling
(de rer. rom. script., Berlin 1858, p. 7 — 18). Auch W. A. Becker, Rom.
Alterth. I. S. 39 ff. A. Schwegler, R. G. L S. 74—77. F. D. Gerlach, die
röm. G^schichtschr. S. 34—44. H. Nissen im Rhein. Mus. XXII. S. 565 ff.
H. Peter, bist. L p. LXIX— C.
4. Plut. Romul. 3: xa %vQimxttxa (der ältesten röm. Geschichte) ngm-
xog Big xovg '^EXXrivag i^BdcaiiB JwxX'^g 6 Ucna^^to;, 9 %al 0dßiog IliiixcDQ
iv xoCg nXBiaxoig inrinoXovdirjaB» Die sachliche Uebereinstimmung zwischen
Pictor und dem sonst ganz obscuren Diokles erklärt sich wohl richtiger
aus der Gemeinsamkeit ihrer Quellen (Schwegler I. S. 412—414), wo nicht
115. Prosaifiten: älteste GeschiclitBchreiber: Fabius Pictor. 179
gar (mit Schwegler S. 414). daraus dass Diokles römische Amialisten benützt
hat. Vgl. Kieserling p. 16 f. H. Peter, hist. I. p. LXXX— LXXXII.
5. Da ans dem Werke des Fabius Pictor Stellen in lateinischer Sprache
als Worte des Geschichtschreibers selbst mehrfach aufgeführt werden (z. B.
spelunca Martis, lupus als Femininum, duoetvicesimo anno, letzteres bei
Gell, y, 4, 3), so ist jedenfalls auch eine lateinische Bearbeitung anzu-
nehmen. Nur muss dieselbe später gewesen sein als die griechische, da
jene eine höhere Ausbildung der lat. Prosa zur Voraussetzung hat, deren
älteste Urkunde Cato's Origines sind (daher bei Cic. de or. II, 12, 51: ut
noster Cato, ut Pictor, ut Piso, und ib. 53: talis noster Cato et Pictor et
Piso; dagegen de leg. I, 2, 6, wo es sich um das Sachliche handelt, die
Ordnung: ad Fabinm aut Catonem aut ad Pisonem). Fraglich kann dann
sein ob die lat. Bearbeitung noch yon dem Verfasser selbst ausgeführt
worden ist oder, wie bei Acilius, von einem Dritten, vielleicht gleichfalls
einem Fabius. Aber die Annahme dass es zwei berühmte Annalisten des
Namens Fabius (Pictor) gegeben habe (H. Peter, hist. I. p. LXXVI— LXXX,
CLXXVIII f.) wird dadurch noch nicht begründet. Viele (wie Krause,
Baumgart, Kieserling) halten für diesen zweiten Fabius den Juristen Servius
Fabius Pictor, Andere den Fabius Maximus Servilianus (Cos. 612), der doch
wenigstens sicher Geschichtliches verfasst hat. Numerius kann nicht mehr
in Betracht kommen seit in der betreffeuden Stelle des Cicero (de div. I,
21, 43: Aeneae somnium, quod in numerum Fabi Pictoris graecis annalibus
eiusmodi est) M. Hertz (philologisch -klinischer Streif zug, S. 32 ff. vgL
Rhein. Mus. XVII. S. 579, A. 8 und Fleckeisens Jahrbb. 99, S. 768) das
vorauszusetzende N. oder N, statt mit Sigonius in Numeri, vielmehr in
nostri aufgelöst hat (A. Dederich, quaest. phüol., Emmerich 1852: quod
nimirum in F. P. gr. ann. etc.). üebrigens lässt sich aus der angef. Stelle
Ciceros auch schliessen dass die lateinische Bearbeitung der Annalen des
F. P. den Traum des Aeneas gar nicht oder nicht in dieser Ausführlich-
keit enthielt, dieselbe also zugleich eine abgekürzte war. Diese war (oder
wurde) auch in Bücher eingetheilt; das erste Buch citiert Non. p. 518, 28;
das vierte Gell. V, 4, 3. Zweifelhaft ist Dionys. A. I, 79: Koivrog ^dßiog
o i7/xTa>9 leyofisvog . , iv t^ n^cifg yi^cpei, da Dionys. sonst nicht nach
Büchern citiert.
6. Dass Fabius Pictor sein griechisches Geschichtswerk nicht vor Be-
endigung des zweiten punischen Krieges begann liegt in der Natur der
Sache, sowie dass er es bis zu dessen Ende fortgeführt haben wird. Letz-
teres wird wahrscheinlich durch Appian. Hann. 27 (s. A. 1); positiv be-
weisen lässt sich aber Beides nicht.
7. Festus p. 250, b. g. E.: puilia saxa esse ad portum qui sit secun-
dum Tiberim ait Fabius Pictor, quem locum putat Labeo dici etc Da
Labeo sicher der Jurist Antistius Labeo ist, und Macrob. III, 2, 3 f. Vera-
nius ex primo libro Pictoris anführt (vgl. oben 47, 5), so hat es alle Wahr-
scheinlichkeit dsLss das Citat sich auf eine Schrift des F. P. de iure ponti-
ficio bezieht. Nur kann deren Verfasser der Jurist Servius F. P. (s. unten
139, 3) mindestens ebenso gut sein als der Annalist Q. F. P. Non. Marc,
p. 518: Favius Pictor Herum gestarum lib. I: „et simul videbant picum
12*
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180 SechstCB Jahrhundert d. St.
Martium". Idem iuris pontificii libro III. DiesB beweist nur dase der
Annalist wie der Jurist Fabius Pictor hiessen und dass Nonius beide für
identisch hielt.
106 116. Des Pictor jüngerer Zeitgenosse, L. Cincius Ali-
rnentus, Prätor J. 544 f., schrieb ein ähnliches Werk wie jener,
gleichfalls griechisch, und wie es scheint nicht ohne Quellen-
forschung und Kritik. Doch ist die Gestalt dieses Annalisten
durch die häufige Verwechslung mit einem viel späteren Manne
dieses Namens unsicher geworden.
1. Dionys. 1^ 74: Asvmog Klyniog, dvriQ in xov ßovl€vti%ov avvsSifiov,
(setzt die Gründung Roms) nsgi t6 xizat^ov hog trjg dmdfnazrjg oXvii-
niadog (Mommsen, röm. Chronologie' S. 315 ff. Plüss p. 34 ff.), ^iv. XXI,
38, 3: L. Cincius Alimentus, qui captum se ab Hannibale (jedenfalls nach
seiner Prätur, etwa J. 546) scribit. XXVI, 23, 1: praetorum inde comitia
habita. P. Manlius Yulso . . et L. Cincius Alimentus creati sunt XXVII,
7, 12 : legiones decretae : M. Valerie cum Cincio (bis quoque est enim proro-
gatum in Sicilia imperium) Cannensis ezercitus datus. Vgl. noch ib. XXVI,
28, 3. XXVII, 5. 7. 8, 16. 26, 3. 28, 17. 29, 4.
2. Dionys. I, 6 (s. oben 116, 1) und ib. 79: mql Sh tmv in z^g 'lUag
yivoyAvmv Koivxog fihv ^äßiog . . co ABvytiog xk Kiyniog mal Kaxmv Uoi^iog
xal niamv Kalnov^iog xal xmv äXlatv cvyyqtLfpicav ot nlslovg rjnoXov-
d'riaav. Liv. VII, 3, 7: Volsiniis quoque clavos indices numeri annorum
fixes in templo Nortiae etruscae deae comparere diligens talium monu-
mentorum auctor Cincius adfirmat. Da Liv. andere als Geschichtswerke
sonst nie citiert, so ist die Stelle wohl mit M. Hertz u. A. auf den Anna-
listen Cinc. zu beziehen. Die Gründe von Mercklin, Plüss (p. 17 ff. 26 ff.)
und H. Peter (bist. I. p. CX— CXIV) beweisen nur die Möglichkeit sie auch
auf den Alterthumsforscher Cinc. (s. A. 4) zu deuten. Liv. XXI, 38, 3 — 5:
L. Cincius Alimentus . . maxime auctor me moveret, nisi confunderet nu-
merum Gallis Liguribusque additis. . . ex ipso autem audisse [se] Hanni-
bale etc. Vertheidigung dieser Angahe des Cincius bei F. Lachmann, de
fönt. Liv. II. p. 80 ff. vgl. Plüss p. 5—8. H. Peter, bist. I. p. CIX ff. not. 2.
Dass andere Schriftsteller (z. B. Polybios) ihn nicht erwähnen mag aus der
Gleichheit des Stoffes mit dem Werke des berühmteren Fabius sich erklären
und beweist jedenfalls nicht dass diese griech. Annalen des Cinc. ein Mach-
werk aus augusteischer Zeit (Mommsen) waren.
3. Die Ueberreste von Cincius bei Krause p. 63 — 68, M. Hertz, Cinc.
p. 17—21, C. L. Roth (1862), p. 259—262, und H. Peter, bist I, p. 40—43.
Abhandlungen: H. Liebaldt, bist. rom. reliq. spec. De L. Cincio AI. Diss.
Halle 1833, p. 9 ff. M.Hertz, de Luciis Cinciis, Cinciorum fragm. ed. Berlin
1842. 112 pp. Schwegler R. G. I, S. 78—80. Gerlach, röm. Geschichtschr. S.
44 — 52. Eieserling, de rer. rom. script. p. 18 — 22. J. Th. Plüss, de Cinciis
rerum rom. scriptoribus, Bonn 1865. 45 pp. vgl. N. Schweiz. Mus. VI (1866)
S. 43 ff. H. Peter, bist I. p. CI— CIV. CIX— CXVII.
4. Dem Cincius werden femer zugeschrieben (s. Hertz p. 32 — 60. Huschke,
. .r ■
116 f. Prosaisten: L. Cinciuß Alimentus. M. Porcius Cato. 181
iurisprud. anteiust. p. 17 — 24 = 19 — 25) ein Buch de fastis (Macrob. Sat. I,
12, 12 vgl. JUymog iv rfl5 nsifl eoQtäv beiLyd. de mens. IV, 92 und ib. IV,
44: IUy%iog o ^PwfiaLog ffoqptffrijg), de comitiis (Fest. v. patricios, p. 241 M.),
de consulum potestate (Fest. y. praetor^ p. 241 M.), de officio iurisconsulti
(wovon Festus v. nuncupata pecunia, p. 173 M., und p. 321, ein zweites
Buch citiert), mystagogica (ein zweites Buch bei Fest. v. trientem, p. 363 M.),
de re militari (aus dem 3., 6. u. 6. Buche bei GrelL XVI, 4), de verbis
priscis (bei Fest. bes. p. 214. 277. 330. M.)- ^^^ ^^^ diese staatsrechtlich
antiquarischen Schriften von einem späteren gelehrten Juristen Namens
L. (Fest. p. 218) Cincius verfasst sein müssen ist augenscheinlich und durch
M. Hertz 1. 1. p. 61 fP. näher nachgewiesen worden. Während aber Hertz (und
H. Peter) diesen in die Zeit des Cicero (und Varro) setzt und mit dem in den
Briefen des Gic. vorkommenden L. Cincius identificiert, hat Plüss p. 36 if. ihn
bis in das augusteische Zeitalter herabgerückt, wofür günstig ist die Aufzähl-
ung beiArnob. adv. gent. lU, 38 und beiCharis. inst, gramm. I, 21, 124 ^e
p. 107 P. = p. 132, 30 K. (Varro et TuUius et Cincius); vgl. auch Gell. VII,
15, 5 (Aelii, Cincii, Santrae) u. Fest. p. 173 (Cincius et Santra). Dagegen
aber s. Macrob. I, 12, 12 f. (Cingius . . Cingio etiam Varro consentit) und
Fest. p. 166. 174. 277 (Cincius et Aelius). 170 (Santra, Aelius, Cincius). Er
müsste also mindestens ein jüngerer Zeitgenosse des Cicero gewesen sein.
Auch vermutet Plüss dass dieser Cincius zugleich (um 729 d. St.) Annalen
verfasst habe, welche vielfach (z. B. von Dionys. Hai.) mit dem Werke des
gleichnamigen alten Annalisten verwechselt worden seien, was nur dann
glaublich wäre wenn auch der jüngere Cincius griechisch geschrieben hätte.
Vgl. H. Peter, bist. I. p. CIV— CIX. CXIV f.
117, Der eifrigste Vertreter der nationalen Richtung inio7
Leben und Literatur ist im sechsten Jahrh. d. St. M. Porcius
Cato, geboren zu Tusculum J. 520 d. St., Quästor 550, Aedil
555, Prätor 556, Consul 559 = 195 v. Chr., Censor 570 = 184,
gestorben 605. Eine kemhafte, tüchtige Natur, ihrer Ziele klar
bewusst und sie bald mit schroffer Energie, bald auch mit Schlau-
heit verfolgend, kampflustig und voll Mutterwitz, ist Cato das
Urbild eines alten Römers. Aber daneben verräth er den Ein-
fluss seiner Zeit in der Eitelkeit womit er seine Person in ein
helles Licht zu stellen liebte und in seinem oft unreinen Egois-
mus. Li der Politik besass er nicht die Weitsichtigkeit- seiner
aristokratischen Gegner, aber an patriotischem Wohlmeinen über-
traf ihn Keiner. Trotz der geringen Achtung die er vor aller
Schreiberei bezeigte war er doch ein fruchtbarer Schriftsteller
und ist sogar der erste eigentliche Prosaist der Römer.
1. Beinamen des Cato (=» Sapiens): Censor, Censorius, Orator, später
von dem üticensis unterschieden durch den Beisatz priscus oder superior.
Vielseitigkeit; s. Quintil. XII^ 11, 23: M. Cato idem summus imperator,
idem sapiens, idem orator, idem historiae conditor, idem iuris, idem rerum.
182 Sechstes Jahrhundert d. St.
rusticarum peritiflsimus fuit. Vgl. Cic. de or. III, 33, 135. Brut. 294, sowie
unten 120, 2. Liv. XXXIX, 40 (beredte und warme Charakteristik, welche
aber von den Origines nicht eigens spricht). Ueber sein Leben und
seinen Charakter s. des Cornelius Nepos und des Cicero Cato, Plutarchs
ßü>s Kätcavog, Victor vir. ill. 47; von Neueren bes. W. Drumann, Gesch.
Roms V. S. 97 — 148. Ausserdem J. G. Schneider, de M. Porcii Catonis vita,
studiis, scriptis, in seinen Scriptores rei rusticae, T. I, 2. G. C. Brillenburg,
de . . Catone Censorio, Lugd. B. 1826. W. E. Weber, de . . Catonis vita et
moribuB, Bremen 1831. 4. Wilms, Catonis Censorii vita et fragmenta, Dortmund
1839. 1843. 4. Th. Benvall, de . . Catone Censorio, Helsingförs 1845. H. Dohrn,
über Cato d. Aelt. und dessen Lebensverhältnisse, Itzehoe 1845. 4. W. Teuifel,
in Pauly's Real-Enc. V. S. 1904—1911. Mommsen R. G. I«. S. 846 ff. F. D.
Gerlach, M. P. C. der Censor, Stuttgart 1869. 0. Jäger, M. P. C, Halle
1870. 430 S. (Darstellungen aus d. röm. Geschichte, Stes Bdchn.).
2. J. H. V. Bolhuis, diatribe in . * Catonis scripta, Utrecht 1826. A. Lion,
Catoniana, sive . . Catonis Censorii quae snpersunt operum fragmenta,
Götti. 1826. H. Jordan, M. Catonis praeter librum de re rustica quae ex-
stant, Lips. 1860 (CIX pp. Prolegomena und 135 pp. fragmenta). 0. Rib-
beck, M. Pore. Cato Cens. als Schriftsteller, im Neuen Schweiz. Museum I
(Bern 1861) S. 7 — 33. Auch H. Jordan, Quaestionum Caton. capita TI,
Berlin 1856.
3. Cic. Brut. 18, 69 von Cato: cum ita sit ad nostrorum temporum
rationem vetus ut nullius scriptum extet dignum quidem lectione quod sit
antiquius. Vgl. ib. 16, 61: nee vero habeo quemquam antiquiorem, cuius
quidem scripta proferenda putem, nisi quem Appi Caeci oratio . . et non-
nullae mortuorum ]audationes forte delectant. Aber der Erste welcher eine
grössere Anzahl von Schriften (und theilweise von grösserem Umfange) in
lateinischer Sprache verfasste und herausgab ist Cato unzweifelhaft. L.
Dietze, de sermone Catoniano, Anklam 1871. 37 pp.
4. Plut. Cato mai. 7: svxaQig ctfut xal Sstvog ffV, rjdvg xal %cctanJiT]v,TL-
HOff, qiiloaumfinaiv aal avatrufog, dnotpd'syfiatL'Kog xal ayrnviawiiog. Mit seinen
rothen Haaren, seiner gewaltigen Stimme und den Eeulenschlägen die seine
Rede in Ernst und Witz führte prägte sich Cato Freund und Feind tief ein.
108 118. An allen öffentlichen Angelegenheiten bis an sein
Lebensende aufs Eifrigste sich betheiligend und mit der herr-
schenden Partei und der hellenisierenden Zeitströmung uner-
müdlich im Kampfe liegend hatte Cato reichste Gelegenheit
seine angeborene Rednergabe zu erproben. Er war aber auch
der erste Römer welcher in grösserem Massstabe seine Reden
niederschrieb und herausgab. Cicero kannte deren mehr als 150,
wir nur von 80, vom Consulatsjahre Cato's ab, Bruchstücke oder
Anlässe. Diese 80 vertheilen sich ungefähr gleichmässig zwi-
schen gerichthche und politische (im Senat oder vor einer Volks-
versammlung gehaltene) Reden. Die üeberreste zeigen eine un-
117 f. Prosaisten: M. Porcius Caio (Leben iind Reden). 183
gekünstelte Beredtsamkeit, die sich aber trefflich versteht auf
alle wirksamen Tonarten, Scherz und Ernst, Selbstlob und
schneidenden Spott.
1. Ungenau Gomel. Nep. Cat. 3, 3: ab adolescentia confecit (vielmehr
haboit) orationes. Richtiger lässt Cicero (Cato mai. 11, 38) ihn sagen:
causarum illustrium quascumque defendi nunc (in senectute) cum maxime
conficio orationes. Unter den uns als veröffentlicht bekannten sind auch
solche welche nachweislich nicht wirklich gehalten worden sind (in M\ Aci-
lium vom J. 565, s. Jordan p. LXXVI). Vgl. oben 43, 8.
2. Cic. Brut. 17, 65: refertae sunt orationes amplius centum quinqua-
ginta, quas quidem adhuc invenerim et legerim, et verbis et rebus illustri-
btts. Die auf uns gekommenen Titel und Bruchstücke sind gesammelt
(ausser von Bolhuis und Lion, s. 117, 2) von H. Meyer, orat. rom. fragm. '
p. 11 — 151 (der es auf 93 Reden brachte) und gesichteter von H. Jordan,
Caton. q. exst. p. 33 — 74 vgl. p. LXI — XCVIII. Uebersicht p. XCV: earum
quas cognovimus Gatonis orationum dimidia fere pars in iudiciis causisque
versatur, in suadendis dissuadendisque legibus atque in sententiis senatoriis
altera pars. Civilrechtliche Fälle behandelten mehrere; ib. p. LXXXYII—
LXXXIX. Selbstvertheidigungen (z. B. de innocentia sua, Rhein. Mus.
XXrV. S. 331 f.) kennen wir nur sechs (Jordan p. XCV f.) während wir doch
wissen dass Cato 44mal sich von Gegnern angeklagt sah, ohne indessen
jemals verurteilt zu werden (Plin. n. h. VII, 27, 100. Victor vir. ill. 47, 7.
Plut. Cat. 15. comp. 2. Val. Max. III, 7, 7. Ampel, lib. mem. 19, 8). Die
Reden dieser Art waren der Natur der Sache nach Improvisationen, und
Cato mochte wohl auch nicht selbst dazu beitragen die gegen ihn erhobe-
nen Anschuldigungen auf die Nachwelt zu bringen. Ueberdiess waltete hier
der Zufall, da Liv. XXXIX, 40 unter seinen scripta omnis generis auch
orationes pro se multa auffuhrt. Ueber seine Proömien s. oben (43, 5).
3. Die Reden des Cato erhielten sich durch die Rhetoren und Gram-
matiker, sowie durch die Alterthümelei des zweiten Jahrh. (wie Hadrian
Ciceroni Catonem praetulit. Spart. Hadr. 16, 6) verhältnissmässig lange. Im
vierten christl. Jahrh. kannte sie Servius (ad Aen. VII, 259. XI, 301) und
Marius Victorinus (Boeth. in Cic. Top. I. p. 271 Gr.). Jordan p. XCVI.
4. Die beste (Jordan p. XCVII f.) Charakteristik der Redeweise des
Cato gibt Gellius, N. A. VI, 3, 17 ff. 52 f., wo z. B. (53:) ea omnia distin-
ctins numerosiusque fortassean dici potuerint, fortius atque vividius potuisse
diel non videntur. Die Schilderungen des Cicero (bes. Brut. 16, 63 ff. 85,
293 f., auch de or. I, 37, 171. orat. 45, 152) sind theils phraseologisch ver-
schwommen, theils getrübt durch das Bestreben den Cato als Schild und
als Folie für sich selbst zu benützen. Verständig Quintü. II, 5, 21. Im
Allgemeinen z. B. Ampel. 19, 8: hie est omnium rerum peritissimus et, ut
Sallustio Crispo videtur, romani generis disertissimus. Doch schrieb schon
Verrius Flaccus de obscuris Catonis (Gell. XVII, 6, 2 f.). Neuere Literatur
über Cato als Redner: E. Schober, diss. de Catone Cens. oratore, Neisse,
1825. 4. F. BUendt, historia eloq. rom. p. 13 — 15. A. Westermann, Gesch.
d. röm. Beredts. 23—27, S. 37—53.
184 Sechstes Jahrhundert d. St.
109 119. Cato verfasste femer die erste römische Gescliichte in
lateinischer Prosa, mit seinen sieben Büchern Origines, die er
in seinen späteren Lebensjahren begann und fast bis zu seinem
Tode fortführte. Das Werk zog auch die übrigen Volksstämme
Italiens, einschliesslich Oberitaliens, in seinen Kreis und be-
handelte zugleich das Ethnographische und Culturgeschichtliche in
einem umfange welcher gleichfalls ohne Nachfolge blieb. Im
üebrigen war die Darstellung in der Weise der Annalisten ge-
halten, bald mager, bald ausführlich und sogar für die Aufnahme
ganzer Reden des Verfassers Ilaum findend.
1. Comel. Nep. Gat. 3, 3 f.: senex (also wohl nicht vor dem sechzig-
sten Lebensjahre, 580 d. St.) historias scribere instituit. earum sunt libri
VII. primus continet res gestas regum populi rom.; secundus et tertius
unde quaeque civitas örta sit italica; ob quam rem omnes Origines videtur
appcUasse. in quarto autem bellum poenicum est primum (wohl nebst
summarischer Darstellung der ihm vorausgehenden Jahrhunderte der Re-
publik), in quinto secundum. atque haec omnia capitulatim sunt dicta
(nach den Hauptsachen, unter Hervorhebung besonders bezeichnender Hand-
lungen und Aeusserungen , Jordan p. LIY). reliqua quoque bella pari modo
persecutus est, usque ad praeturam Ser. Galbae (genauer bis J. 605, s. A. 2)
qui diripuit Lusitanos. atque horum bellorum duces (z. B. Hannibal, Ma-
harbal; aber sicher auch die römischen, aus den dem Verf. so wenig thenren
Adelsgeschlechtern; vgl. Plin. N. H. VIII, 5, 11: Cato, cum imperatorum
nomina annalibus detraxerit, eum qui fortissime proeliatus esset in poenica
acie Surum tradidit vocatum) non nominavit, sed sine nominibus res notavit.
in eisdem exposuit quae in Italia Hispaniisque aut fierent aut viderentur
admiranda (bemerkenswerth, d'ccv[iccaicc, nccQccSo^ct). in quibus (wohl über-
haupt den Origines) multa industria et diligentia comparet, nulla doctrina
(keine Büchercitate , s. Jordan p. LX). Dionys. Ant. I, 11: /7dpxtog Kdxiov,
6 tag yevealoyiag tmv iv 'itaXia nolsonv inifisliürcita cvvccyaymv. ib. 74:
Kdttov IloQüiog BllrivtyLov fisv ovx oQt^ei XQ^vov (als Gründungsjahr Roms),
innieXrig dl ysvofievog el y,a,C rtg aXXog n^ql trjv üvvayoDyrjv r^g a^;i;cifto/lo-
yovfisvrig tatoqCag ^teaiv ccTtotpatvei Sval xal xQui%ovta %cil tSTQa%oaioig
vüTBQOvaav raiv 'lliaxciv. 6 dh xgovog ovtog dva^stifr}d'elg raig 'E^atoad'i'
vovg (der die Zerstörung Trojas J. 1183 setzte) XQOvoyqatpCaig %axd xo nqmzov
hog TtCnxBi xrig tßSofirig oXviiniccdog. (1183 — 432 = 751.)
2. Festus fd. h. Ven-ius Flaccus) p. 198 M.: Originum libros quod in-
scripsit Cato non satis plenum titulum propositi sui videtur amplexus,
quando praegravant ea quae sunt rerum gestarum p. rom. Fronto p. 203 N.:
Cato, . . qui . . italicarum originum pueritias. inlustravit. Der Titel (An-
fänge, Urgeschichte) erklärt sich am besten bei der Annahme dass die drei
ersten Bücher zuerst allein erschienen (ähnlich Lewis; zustimmend H. Peter).
Vom siebenten Buche wenigstens ist gewiss dass es erst nach den andern
ausgearbeitet und veröffentlicht wurde; s. Cic. Brut. 23, 89: Lusitanis a Ser.
Galba praetore (J. 603) . . interfectis T. Libone tribuno pl. (605) populum
119. Prosaisten: M. Porcius Cato (Origines). 185
incitaute . . M. Cato legem suadens in Galbam multa dixit; quam oratio-
nem in Origines snas rettnlit, paucis anteqoam mortuus est diebus an men-
sibus. Vgl. Cato bei Cic. Cato mai. (Scene J. 604) 11, 38: septimus mihi
liber Originnm est in manibus. Gell. XIII, 25 (24), 15: Cato ex Originum
septimo, in oratione quam contra Ser. Galbam dixit. Die Herausgabe der drei
ersten Bücher könnte um 588 erfolgt sein, da das Alter von Ameria darin
nach dem Kriege mit Perseus bestimmt war (Plin. N. H. III, 14, 114: Ame-
riam . . Ca^o ante Persei bellum conditam annis DCCCCLXIV prodit).
Üebrigena war die ins fünfte Buch aufgenommene Rede Catos pro Bhodi-
ensibuB gleichfalls schon aus J. 586 «» 168 v. Chr. Würde man daher die
ursprüngliche YeröfFentlichung auf 5 Bücher erstrecken, so wäre der Titel
a parte potiori gewählt, da die Hereinziehung der Urgeschichte auch des
übrigen Italien Cato eigenthümlich war, während er für die Urgeschichte
Boms an Fabius Pictor einen Vorgänger hatte, dem er hier manchmal
folgte (vgl. Dionys. ant. I, 79), und auch die Geschichte der beiden puni-
sehen Kriege von jenem vorher bearbeitet war. Jordan p. XXIV: qui li-
bros Septem ab Aeneae adventu ad Ser. Galbae praeturam pertinentes
' Origines' nominavit satis . . monstravit sese res romanas ab origine re-
petitas vel ab origine libros VII composuisse. Aber dieselbe Ausdehnung
hatten die Werke fast aller Annalisten, ohne dass doch der Titel Origines
sonst jemals gewählt worden wäre.
3. Historiae das Werk zu nennen berechtigte sein allgemeiner Inhalt
sowie dass es von B. IV an Selbsterlebtes enthielt; so Comel. Nep. 1. 1.
und Serv. Aen. VI, 842 : Cato Censorius, qui scripsit historias. Plut. Cat. 25 :
öwstdtzsTO Xoyovg te navxodanovs nctl taroqücg. Zusammenstellung mit den
Annalisten bei Cic. de or. II, 12, 51: Graeci quoque ipsi sie initio scripti-
tarunt ut noster Cato, ut Pictor, ut Piso. De leg. I, 2, 6: post annt^^es
ponti£cum maximorum . . si aut ad Fabium aut ad . . Catonem aut ad Piso-
nem aut ad Fannium aut ad Vennonium venias. Plin. n. h. VIU, 5, 11 (vgl.
A. 1) nennt die Origines geradezu annales. Abweichend von der Art der
bisherigen Annalisten war jedenfalls auch die Aufnahme von Reden des
Verfassers, wie Cato überhaupt haud sane detrectator laudum suarum (Liv.
XXXIV, 15, 9) war. Diese Reden scheinen später eigens zusammengestellt
worden zu sein und dadurch (wie die aus Sallusts Historiae) das Werk selbst
dem sie ursprünglich angehörten überlebt zu haben (vgl. Jordan p. LVIII).
4. Das Fehlen von Namen (A. 1) wie die Ungleichheit der Behandlung
erschwerte für die Späteren die Benützung des Werkes, und sie zogen es
daher meist vor auf Fabius Pictor zurückzugehen.
5. Sammlung der Ueberreste der Origines bei Krause p. 89 ff. , C. L.
Roth p. 266—288, H. Jordan p. 3—30 vgl. p. XIX— LXI. A. Wagner, . .
Orig. fragmenta emendata, disposita, illustrata, Bonn 1849. 68 pp. 8. A. Bor-
mann, . . Originum libri VII. reliquias disposuit et de instituto operis
disputavit. Brandenburg 1858. 48 pp. 4. H. Peter, bist. I. p. 51—94. Vgl.
H. Jordan in Jahns Jahrbb. LXXIX. S. 424—433. J. Vahlen, Ztschr. für
östr. Gymn. 1859. S. 480—489. Auch W. Fröhner, Philologus XV. S. 350 f.
6. Schwegler R. G. I. S. 81 — 84. Gerlach, Geschichtschr. S. 56—68.
L. Kieserling, de rer. script. p. 23—29. H. Peter, bist. p. CXXVII— CLXVH.
186 Sechatee Jahrhundert d. St.
110 120, In der Form von Lehren für seinen 8ohn veröffent-
lichte Cato auf seine Erfahrungen gegründete Anleitungen zur
Landwirtschaft, Gresundheitspflege, Beredtsamkeit, wohl auch
zur Kriegführung, sowie vielleicht zur Handhabung des Rechts.
Namentlich aus den drei ersten Gebieten zeugt manches treffende
Wort von seinem Scharfblick. Auch verfasste er für seinen
Sohn Lebensregeln in gebundener Form und richtete an ihn
Briefe. Wie er die Witzworte Anderer gesammelt und heraus-
gegeben hatte, so sammelte man bald auch die seinigen; über-
diess lehnten sich im Mittelalter Spruchsammlungen an seinen
Namen an.
1. 0. Jahn, über römische Encyclopädien, Berichte d. sächs. G. d. W.
1850, S. 263—273. 281. H. Jordan, Caton. q. exst. p. XCIX ff.
2. Der Bachlich passendste Titel für das didaktische Hauptwerk des
Cato ist praecepta ad filium (Non. v. mediast., p. 143). Daneben finden
sich allgemeine Angaben, wie ad filium, libri qnos scripsit ad filium (Serv.
Georg. II, 95), oder besondere Bezeichnungen, die'entweder der Form ent-
nommen sind (oratio, epistula) oder dem Inhalt (de agricultura, de ora-
tore). Zweifelhaft ist dann femer der Umfang dieses Werkes. War Cato
auch omninm bonamm artium magister (Plin. N. H. XXXV, 2, 2 vgl. XIV,
4, 44: insignis . . claritate litteramm praeceptisque omninm rerum expe-
tendarum datis generi romano) und konnte Cic. (de or.. III, 33, 136) von
ihm sagen: nihil in hac civitate temporibus Ulis sciri discive potuit qnod
ille^ non com investigarit et scierit tum etiam conscripserit, so fragt es sich
doch ob diese umfassende Schrifkstellerei in einem einzig^en Werke bei ein-
ander war. Vorschrifken über Landwirtschaft enthielten die libri ad filium
jedenfalls; s. Jordan p. 78 f. CI f.; ebenso war die Polemik gegen die
griechischen Aerzte (vgl. oben 53, 1) und mancherlei Cfesundheitsregeln an
seinen Sohn gerichtet (0. Jahn S. 265 — 268. Jordan p. 77 f.); nicht minder
Kegeln für den Redner (Jordan p. 80), um deren willen ihn Quintil. III, 1,
19 (oben 43, 3) für den ersten Römer erklärt der condidit aliqua in hac
materia. Dass die Anleitung sich auch auf das Kriegswesen erstreckte,
somit der liber de re militari (Jordan p. 80 — 82 vgl. p. CII f.) ein Bestand-
theil der praecepta ad filinm gewesen wäre (Jalin S. 270 f.) ist an sich
ganz glaublich, wird aber durch die üeberreste nicht unterstützt, da sich
in diesen weder eine Anrede noch eine besondere Berücksichtigung des
Standpunktes eines Lernenden erkennen lässt. Vgl. Eöchly und Rfistow,
griech. Kriegsschriftsteller II (1856) S. 61—65. Noch mehr gut dies von
Cato's juristischen Schriften, deren er jedenfalls verfasst hat (Cic. de or. III,
33, 135: num quia ins civile didicerat causas non dicebat? aut quia poterat
dicere iuris scientiam neglegebat? utroque in genere et elaboravit et prae-
stitit. Pompon. Dig. I, 2, 2, 38: deinde — nach den Aelii — M. Cato,
princeps Porciae familiae, cuius et libri exstant, sed plurimi Marci filii eins,
ex quibus ceteri oriuntur, Monunsen ordiuntur). Aber da sein Sohn auf
diesem Gebiete berühmter wurde, so ist das Citat bei Festus p. 157 M.
120 f. Prosaisten: M. Porcius Cato (Praecepta, de re nistica u. A.) 187
(Cato in commentariis iaris civilis), sowie Cio. de or. II, 33, 142 eher auf
diesen zu beziehen; s. 124, 6. Was sicher den praecepta angehört lässt
diese als eine Art Noth- und Hülfs-Bfichlein fcir einen jungen Römer er-
scheinen, eigenthümlich geförbt durch die originelle energische Persönlich-
keit des Verfassers, zeugend (wie auch die dicta) von einer merkwürdigen
Gabe den Nagel auf den Kopf zu treffen (z. B. rem tene, verba sequentur;
nihil agendo homines male agere discunt), und in kategorischem, fast ora-
kelhaftem Tone gehalten.
3. Dass der liber Catonis qui inscriptus est Carmen de moribus (Gell.
XI, 2, 2 vgl. Non. p. 466) den praecepta angehört habe macht liber wie
Carmen unwahrscheinlich. Wenn es ein Yersmass hatte (vgl. oben 59, 2),
so war diess ohne Zweifel das satumische (Bitschi, Vahlen, Jordan); doch
lassen die wenigen Ueberreste (Jordan p. 82 f.) dieses nur theilweise er-
kennen. Vgl. Bitschi, poes. Saturn, spicileg. I. Bonn 1854. 4. p. 7 ff.
J. Vahlen, Ztschr. f. d. östr. Gymn. 1869, S. 469—477. H. Jordan p. CHI f.
Für trochäische Septenare sprachen E. Kärcher (Philologps VIII. S. 727 —
731 vgl. IX. S. 412—425) und A. Böckh (Monatsber. der Berl. Akad. Mai
1854, S. 264 — 282), für Sotadeen A. Fleckeisen (Catonianae poesis reliquiae,
Lips. 1864).
4. Briefe des Cato an seinen Sohn werden erwähnt von Cic. (de off. I,
11, 10) und Plutarch (Cato maL 20. Quaest. rom. 39), ohne dass die Art
der Anführung auf einen Bestandtheil der praecepta hinwiese. Ob Cato
auch an Andere gerichtete Briefe veröffentlichte ist unsicher. Jordan p. 83 f.
vgl. p. crv f. ^
5. Cic. off. I, 29, 104: multa multorum facete dicta, ut ea quae a sene
Catone collecta sunt, quae vocant 'Anocp&iypMta. Plut. Cato mai. 2 extr.:
fis^riQfirjvBVfjuiva (aus dem Griechischen) noXXa xata Xi^iv iv zoig 'Ano~
(p0'6yfioc(it «al ratg yvmiLoloyicci^g (Witzworte und Sentenzen, wohl zwei
Arten derselben Gattung) tita%xai,. Vgl. Jordan p. CVI und 83, Bhein.
Mus. XIV. S. 261—283, und in Jahns Jahrb. 73, S. 384—391.
6. Die eigenen dicta des Cato scheinen bald nach seiner Zeit gesam-
melt worden zu sein, aus persönlicher Erinnerung wie aus seinen Schriften
(bes. Beden). Cicero und Cornelius Nepos kannten ohne Zweifel schon eine
solche Sammlung; die meisten aber hat Plutarch überliefert; Zusammen-
stellung bei Jordan p. 97 — 111 vgl. p. CVI f. Viel später wurden aus
seinen Schriften (bes. Beden) scharfe Unterscheidungen synonymer Aus-
drücke von Grammatikern ausgehoben, was das Missverständniss erzeugte
als hätte er selbst über Synonymik (differentiarum liber) geschrieben;
Jordan p. CVII f.
7. lieber die metrische Spruchsammlung unter dem Namen Cato s.
oben 24, 2 ff.
121. Vollständig erhalten ist uns von sämmtiichen Schriften in
des Cato nur das Buch de re rustica, eine für ein bestimmtes
Gut (des L. Manlius) bei Casinum und Venafrum berechnete
Anleitung zu dessen Bewirtschaftung. Auf den ersten syste-
188 Sechstes Jahrhundert d. St.
matischen Theil folgt in ziemlicher Unordnung eine bunte Menge
von Recepten, Haushaltungsregeln, Formeln für Kauf und Miethe,
für Opfer und sympathetische Ouren. Der Ton entspricht der
schroffen Weise des Cato: aphoristisch hingeworfene kurze Sätze
von grosser Bestimmtheit lösen einander ab. Die Sprache hat
nicht viel Alterthümliches; daher in der Schrift uns eine spätere
Ueber arbeitung vorliegen wird, zu welcher der Inhalt wie der
Mangel eines erkennbaren Planes einlud.
1. Text in den Sammlungen der Bcriptores rei rusticae; s. oben 52, 5.
Besonderer Abdruck cura Haynisch^ Schleiz 1743. üebersetzt von 6. Gross
(Halle 1787), Ganter (Donaueschingen 1844). Erhaltung in der ursprüng-
lichen Gestalt (allmähliche Entstehung aus gelegentlich gemachten Auf-
zeichnungen für den Privatgebrauch) behaupten B. Klotz (über die ur-
sprüngliche Gestalt von Cato*s Schrift de r. r., in Jahns Jahrbb. Suppl. X.
1844. S. 5 if . vgl. seine lateinische Literaturgeschichte I. S. 22 — 24) und
L. Dietze, de serm. Gat. (1871) p. 4 f.; modernisierende Ueberarbeitung
H. Keil, observationes criticae in Catonis et Varronis de r. r. libros (Halle
1849. 101 pp. 8.), bes. p. 66—76. Zur Textkritik Keil l. l. und Monatsber.
d. Berl. Akad. 1852, S. 160 f. H. Usener im Rhein. Mus. XIX. S. 141—144.
2. Die Beziehung auf ein bestunrntes Gut hat nachgewiesen K. W.
Nitzsch, über Cato's Buch vom Landbau, Zeitschr. f. d. Alt. Wiss. 1845,
Nr. 62—64, S. 493—511. Daraus erklärt sich die besondere Berücksichti-
gung des WeinbauB (Casinum) und Olivenbaus (Venafrum), während vom
Getreidebau wenig die Bede ist, weil auf dem Gute des L. ManhuB die
Aecker verpachtet waren, ungenau daher Varro (R. R. I, 2, 28): in magni
illius Catonis libro qui de agri cultura est editus. H. Aurel. an Fronte lY,
-6 (p. 69 N.): legi ex agricultura Catonis. Dagegen bei Cic. Cato m. 15, 54:
in eo libro quem de rebus rusticis scripsL Ein Theil des Gutes, der zur
Winterwaide bestimmte, bestand auch aus ager publicus. Sogar Hand-
werkeradressen aus Casinum und Venafrum c. 135. üeber die in der Schrift
vorkommenden Pflanzen s. E. Meyer, Gesch. der Botanik L S. 841 — 347.
3. Bezeichnend 'für den Geist und Ton ist namentlich c. 143 über die
vilica, z.B.: ea te metuat. facito ne nimium luxuriosa siet. vicinas aliasque
mulieres quam minimum utatur, neve domum neve ad sese recipiat. ad
cenam ne quo eat neye ambulatrix siet. rem divinam ni faciat. . . scito
dominum pro tota familia rem divinam facere. munda siet. villam con-
versam mundamque habeat. u. s. f.
112 122. Zeitgenossen des Cato die wir als Redner kennen sind
Q. Fabius Maximus (Cunetator), Q. Caecilius Metellus, M. Cor-
nelius Cetbegus, P. Licinius Crassus (Dives), der ältere Africa-
nus, der Vater der beiden Gracchen, sowie L. Papirius und L.
Paulus.
1. Q. Fabius Q. f. Q. n. Maximus Verrucosus, Cos. 521, 526, 539, 640,
121 f. ProsaiBien: Cato. Fabius Cnnctator, A^canus d. alt. u. A. 189
545; Censor 524; Dictator 537; s. A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. VI, 2.
S. 2901 — 2911. Cic. Cato m. 4, 12: malta m eo viro praeclara cognovi,
sed nihil est admirabilius quam quo modo ille mortem filii tulit, clari viri
et consularis. est in manibus laudatio; quam cum legimus, quem pbijo-
sophum non contemnimus? Plut. Fab. 1: diaamistai ävtov loyog ov slnsv
iv xa Srifim, tov npcidbg avzov fiBd"' vnatBCav dnoQ'avovtog iy%<6fLiov.
ib. 25: z6 ^ iyamiiiov . . avxog slns natccatäg iv ccyoQoi xal yifdipag tov
loyov i^id(o%fv. Ob „Fabius Maximus: amitti quam apisci" bei Priscian.
Yin. p. 380, 16 f. Htz. daraus ist steht nicht fest; s. Hertz zu d. St. Der
Sohn (Cos. 541) wird nicht vor J. 548 gestorben sein; s. Haakh a.' a. 0.
S. 2911, Nr. 32.
2. Q. Metellus, Cos. 548; s. Haakh a. a. 0. II. S. 23, Nr. 3. Plin. N. H.
Yn, 43: Q. Metellus in ea oratione quam habuit supremis laudibus patris
sui L. Metelli (Cos. 503; Dictator 530) . . scriptum reliqnit etc. Vgl. Cic.
Brut. 14, 57.
3. M. Cornelius Cethegns, Cos. 550, gestorben 558; s. C. Errafft in
Pauly's Beal-Enc. II. S. 686, Nr. 1. Als Bedner gepriesen von Q. Ennius,
8. Cic. Brut. 15, 67—59. Cato m. 14, 50. Enn. ed. Vahlen p. 45 f. IV f.
4. P. Licinius Crassus Dives, Cos. 549, t 571; s. W. Teuffei in Pauly's
Beal-Enc. IV. S. 1054 f. Nr. 10. Liv. XXX, 1, 5: facundissimus habebatur
seu causa oranda seu in senatu, ad populum suadendi aut dissuadendi locus
esset; iuris pontificü peritissimus. Vgl. Cic. de or. III, 33, 134. Cato mal.
20, 50 (et pontificü et civilis iuris Studium).
5. Der ältere Africanus (Cos. 549. u. 560), f um 570; s. C. Erafft a. a.
0. n. S. 654—661. F. D. Gerlach, Scipio Afr. der ältere und seine Zeit,
Basel 1868. 176 S. Cic. Brut. 19, 77: ipsum Scipionem accepimus non in-
fantem fuisse. Liv. XXXIX, 52, 3: tribunus pl. M. Naevius (J. 567 oder
669), ad versus quem oratio inscripta P. Africani est. vgl. XXXYIII, 56.
Gell. IV, 18, 6: fertur etiam oratio quae videtur habita eo die a Scipione;
et qni dicunt eam non veram u. s. w. Cicero glaubte nicht an ihre Echt-
heit; s. Off. in, 1, 4: nulla eins ingenii monumenta mandata litteris; und
sicher war sie apokryph, s. Nissen, krit. Unters. S. 51. lieber seinen Sohn
s. 126, 3| über seinen Schwiegersohn Nasica s. 126, 4. Den Laelius auch
dieses Africanus rühmt als politischen Bedner Sil. It. XV, 453—458.
6. TL Sempronius P. f. Ti. n. Gracchus, Cos. 577 u. 591, Censor 585;
8. A. Haakh a. a. 0. VI, 1. S. 978—981. Cic. Brut. 20, 79: erat isdem
temporibns Ti. Gracchus . . cnius exstat oratio graeca apud Bhodios (J. 589
oder 693). quem civem cum gravem tum etiam eloquentem constat fuisse.
Auch von ihm (vgl. A. 5) gab es eine apokryphe (Vertheidigungs-) Bede
in dem Processe seines Schwiegervaters, des älteren Africanus; s. Liv.
XXXVni, 56, 2 ff. Von seiner Gattin, Cornelia, sind in den Hdss. des
Cornelius Nepos (wohl aus dessen Abschnitt de oratoribus romanis) zwei
grössere Bruchstücke eines Briefes an ihren Sohn Gajus (vom J. 630) er-
halten. Dass es Briefe von ihr im Alterthum gab ist unzweifelhaft (Cic.
Brut. 58, 211: legimus epistulas Comeliae, matris Gracchorum: apparet
fiÜos non tarn in gremio educatos quam in sermone matris. Vgl. Quintil. I,
1, 6. Plut. C. Gracch. 18: iv toig imctoX^oig avTTJg); ob aber die auf uns
190 Sechstes Jahrhundert d. St.
gekommenen echt seien ist schon bezweifelt worden (A. G. Lajige, Ver-
mischte Schrifben S. 108 ff. S.örgel, Comeliae . . epistolarum fragmenta
genuina esse non posse, in W. Bauer und G. Friedlein, Blätter für das
b^erische Gymnaflialscholwesen, III. 1866. p. 101 ff. 144 ff.), wenn auch
gewiss mit Unrecht. Ein Rhetor hätte die Mutter der Gracchen wohl eher
' für Freiheit und für Bache an den Mördern des Bruders declamieren
lassen (vgl. oben 44, 6); nimmermehr aber w&re einem solchen diese Ver-
bindung von altrömisch-mftnjilicher Energie des Gedankens mit weiblicher
Weichheit und Sorglosigkeit der Stilisierung gelungen. Vgl. auch L.
Mercklin, de Comeliae vita, moribus, epistolis, Dorpat 1845. Nipperdej,
spicileg. p. 84 — 105. Sörgel, Cornelia d. Mutter d. Gr., ein römisches
Frauenbild, Erlangen 1869.
7. Cic. Brut. 46, 170: apud maiores nostros video disertissimum habi-
tum ex Latio L. Papirinm Fregellannm, TL Gracchi P. f. fere aetate; eins
etiam oratio est pro Fregellanis colonüsque latinis habita in senatu.
8. L. Aemilius L. f. M. n. Paulus, Cos. 572 und 586, f 694; s. W.
Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 368 — 370. Cic. Brut. 20, 80: etiam
L. Paulus, Africani pater, personam principis civis facile dicendo tuebatur.
Vgl. Liv. XLV, 8. Val. Max. V, 10, 2: quem casum (Tod seiner Söhne)
quo robore animi sustinuerit oratione quam de rebus a se gestis apud po-
pulum habuit hanc adiciendo clausulam nulli ambiguum reliquit. Vgl. Liv.
XLV, 41. Plui Aem. P. 36. Decret von ihm (L. Aimilius L. f. inpeirator)
aus der Zeit seines Oberbefehls in Spanien (vom 19. Januar 565 d. St.),
utei quei Hastensium servei in Turri Lascutana habitarent liberei essent,
auf einer Erztafel J. 1867 gefunden; s. C. I. lat. n. Add. 5041, nebst Her-
mes III. S. 243—260. 261—267.
113 128« Uüter den jüngeren Zeitgenossen des Cato welche im
sechsten Jahrh. d. St. Redner waren sind besonders bemer-
kenswerth C. Sulpicius Gallus und C. Titius, jener wegen
der Gründlichkeit seiner Bildung, dieser weil er auch Tragödien
verfasste.
1. C. Sulpicius C. f. C. n. Gallus, Cos. 588, f «04 (s. Cic. Brut. 23, 90) ;
vgl. Haakh in Pauly's Beal-Enc. VI, 2. S. 1493 f. Nr. 29. Cic. Brut. 20, 78 :
de minoribus C. Sulpicius Qallus maxime omnium nobilium graecis litteris
studuit, isque et oratorum in numero est babitiis et fmi reliquis rebus
omatus atque elegans. Off. I, 6, 19: Tidebamus in studio dimetiendi paene
caeli atque terrae C. Gallum. . . quam delectabat eum defectiones solis et
lunae multo ante nobis praedicere! Seine angebliche VorausYerkündigung
der Mondsfinstemiss in der Nacht vor der Schlacht bei Pydna (vom 21 —
'22. Juni 586 d. St. *» 168 v. Chr. nach dem proleptischen julianischen
Kalender) hat Th. H. Martin, Revue aroh^ol. 1864. I. p. 192 ff.^ wohl mit
Recht auf eine nachträgliche Erklänmg der Naturerscheinung am darauf-
folgenden Tage beschränkt. Als astronomischen Schriftsteller führt ihn
Plinius im Ind. auct. zu Buch 11 auf, vgL N. H. II, 19, 21 : in qua sententia
(des Pythagoras über die Entfernung der Qestime von einander) et Gallus
123 f. Redner und Juristen: Gallus. Titins. Aelii. 191
Sulpicius noster foit. Vgl. ib. c. 9: ab imperatore productus ad praedicen-
dam eclipsim, mox et composito volnmine.
2. Macrob. 11, 12 » III, 16, 14: C. Titins, yir aetatis Lncilianae, in
oratione qna legem Fanniam (J. 693) snasit. Cic. Brut. 45, 167: eiusdem
(wie M. Antonios and L. Grassus) fere temporis foit eques rom. C. Titins,
qni meo indicio eo pervenisse videtnr quo potuit fere latinus ' orator sine
graecis litteris et sine multo usu pervenire. huius orationes tantum argu-
tiarum, tantum exemplomm, tantum urbanitatis habent ut paene attico
stilo scriptae esse videantur. easdem argutias in tragoedias satis quidem
ille acute, sed pamm tragice transtulit. Ist die lex Fannia die vom J. 593
(und eine andere dieser Art kennen wir nicht), so muss Titins erst in
seinen späteren Lebensjahren sich der Tragödie zugewandt haben. Vgl. die
Ordnung bei Fronto Epist. I, 7. p. 20, 6 N. : contigisse quid tale M. Porcio
aut Q. Ennio aut C. Graccho aut Titio poetae? Bücheier bezieht auf ihn
NoviuB Y. 68 It.: in tragoedia Titi. Ein Anderer ist der C. Titins des
J. 666 (vgl. Pauly's Eeal-Enc. VI, 2. S. 2009, Nr. 4). üebrigens leiden die
Angaben Ciceros zum Theü an Ünwahrscheinlichkeit. Wer Tragödien
verfasste kann nicht ohne Kenntniss der griechischen Literatur überhaupt
(wohl aber vielleicht der rednerischen) gewesen sein; imd wenigstens der
erhaltene grössere üeberrest einer Rede des Titins zeugt weniger von
argutiae, Urbanität und attischem Stil als derber Energie und drastischer
Detailmalerei. Jedenfalls aber wird Titius J. 593 noch jung gewesen sein.
— Haym, de C. Titio, Lauban 1832. 4. Momnusen R. G. II*. S. 403 f.
vgl. 456. Bücheier im Greifswalder Ind. lect. f. 1868 f. p. 4.
124. Namhafte Juristen aus dem sechsten Jahrh. d. St.ll4
sind die beiden Aelii, PubKus und besonders dessen jüngerer
Bruder Sextus, der erste Verfasser eines juristischen Buches,
betitelt Tripertita, weil es die zwölf Tafeln, deren Auslegung,
und das Klagformulajr zum Inhalt hatte. Ausserdem Scipio Na-
sica, L. Atilius (oder Acilius), Q. Fabius Labeo und Cato's Sohn.
1. P. Aelius Q. f. P. n. Paetus, Cos. 663, Censor 555, t 580. W. TeuiFel
in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 332, Nr. 6. Pompon. Dig. I, 2, 2, 38: deinde
(nach Ti. Coruncanius) Sex. Aelius et frater eins, P. Aelius, et P. Atilius
TnaTJTnaTn scientiam in profitendo habaerunt, ut duo Aelii etiam consules
fuerint. Atilius autem primus a populo Sapiens appellatus est.
2. Sex. Aelius Paetus Catus, Cos. 556, Censor 560. W. Tcuffel a. a. 0.
S. 332 f. Nr. 6. Cic. de or. I, 48, 212: sin quaereretur quisnam iuris con-
sultus vere nominaretur, eum dicerem qui legum et consuetudinis eins qua
privati in civitate uterentur et ad respondendum et ad agendum et ad
cavendum peritus esset; et ex eo genere Sex. Aelium^ M\ Manilium, P. Mu-
cium nonunarem. Brut. 20, 78: Sex. Aelius, iuris quidem civilis omnium
peritissimus, sed etiam ad dicendum paratus. Cato mai. 9, 27: nihil Sex.
Aelius tale (über das Alter), nihil multis annis ante Ti. Coruncanius, nihil
modo P. Crassufl (s. 122, 4), a quibus iura oivibus praescribebantur, quo-
rom ttsque ad extremum spiiitum est provecta prudentia. Pompon. 1. 1.:
192 Sechstes Jahrhundert d. St.
Sex. Aelium etiam Ennius laudavit, et ezstat illius liber qui inscribitur
Tripertita, qui über veluti cnnabula iuris continet. Tripertita autem dici-
tur quoniam lege XII tabularum praeposita iungitur interpretatio (vgl.
B. Scholl, Legis XII tabb. reliqq. p. 22—25), deinde subtezitur legis actio,
eiusdem esse tres alii libri referuntur, quos tarnen quidam negant eiusdem
esse, sed hos sectati ad aliquid Aeli Gati (nach Huschke's Verbesserung).
Vgl. ib. 7: augescente ciyitate, quia deerant quaedam genera agendi, non
post multum temporis spatium (nach Cn. Flavius) Sex. Aelius alias actio-
nes composuit et librum populo dedit, qui appellatur (in der späteren Zeit)
ius Aelianum.
3. Pomponius Dig. I, 2, 2, 37: fuit maximae scientiae (als Jurist) . .
Graius (?) Scipio Nasica, qui Optimus a senatu appellatns est (J. 550;
Cos. 561), cui etiam publice domus in sacra via data est, quo facilius con-
suli posset. Vgl. oben 87, 1.
4. L. Atilius bei Pomponius, s. A. 1. Dagegen Cic. Lael. 2, 6: scimus
L. Acilium apud patres nostros appellatum esse Sapientem . . quia pru-
dens esse in iure civili putabatur. Leg. II, 23, 59: hoc (lessum der XII
. Tafeln) veteres interpretes Sex. Aelius, L. Acilius non satis se intellegere
dixerunt.
5. Q. Fabius Labeo, Cos. 571; s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2.
S. 2912 f. Nr. 37. Cic. Brut. 21, 81: Ser. Fabius Pictor et iuris et litterarum
et antiquitatis bene peritus; Quintusque Fabius Labeo fuit omatus eisdem
fere laudibus. Suet. yita Terent. 4 (p. 31 f. Bffsch.): Santra Terentium
putat . . uti potuisse . . Q. Fabio Labeone et M. Popillio, consulari utroque
ac poeta. Vgl. oben 113, 5.
6. M. Porcius Cato (Licinianus), geb. um 562, f 602; s. W. Teuffei m
Pauly's Real-Enc. V. S. 1910, Nr. 11. Pomponius s. oben 120, 2. Gell. XIII,
20 (19), 9: ex maiore Catonis filio, qui praetor designatus patre viyo mor-
tuus est et egregios de iuris disciplina libros reliquit. Inst. I, 11, 12:
apud Catonem bene scriptum refert antiquitas etc. Ulp. Dig. XXI, 1, 10, 1 :
Catonem scribere lego etc. Paul. ib. XXIV, 3, 44 pr.: Nerva et Cato
responderunt, ut est relatum etc. u. XLV, 1, 4, 1 : Cato libro XV scribit etc.
Besonders bekannt ist er durch die regula Catoniana, dass für die Gültig-
keit von Legaten der Stand zur Zeit ihrer Errichtung massgebend sei;
8. darüber den Digestentitel XXXIV, 7 und Majansius ad Ict. fragm. I.
p. 83 — 110. E. L. Hamier, de regula Catoniana, Heidelberg 1820.
115 125. Einer der aristokratischen Gegner des Gato^ M. Ful-
vius Nobilior, verfasste und veröfifentlichte fasti. Audi dessen
Sohn Q. bethätigte Interesse für die Literatur.
1. Der Vater war Cos. 565 (in AetoHen), Censor 575. Macrob. Sat. 1, 12, 16 :
Fulvius Nobilior in fastis (oben 72, 2) quos in aedp Herculis Musarum (gestiftet
wohl aus der atolischen Beute, vgl. Plin. N. H, XXXV, 10, 66. G. B. de
BoBsi, sul tempio d'Ercole e delle Muse nel portico di Filippo, Bull, dell'
inst. arch. 1869, p. 3 — 12) posuit Bomulum dicit . . lunium mensem vocasse.
Vgl. ib. 13, 21: Fulvius id egisse M\ Acilium cos. dicit a. u. c. a. DLXU,
125 f. Proßaistcn: Fulviiis Nobilior. C. Acilias. Albinus. 193
inito niüx Lello aetolico. Varro L. L. VI, 33: iit Fulvius scribit et lunias
(über den Nanieu Aprilis). Cenaorin. d. n. 20, 2: magis lunio Gracchano
et Fnlvio et Varroni et Suetonio aliisque crcdenduui. ib. 4: sive a Numa,
ut ait Fulvius, sive, ut lunius, a Tarquinio. 22, 9: Fulvius et lunius
auctores sunt (über die röm. Monatsnamen). Charis. I. p. 112 P. = p. 138,
15 f.: Nobiliore. comparativa Pliniiis e putat ablativc finiri; antiquos
tarnen ait per i locutos, quippe fastoa omnes et libros „a Fulvio Nobiliori"
scriptum rettulisse. Vgl. oben 72, 2 und über sein Ycrbältniss zu Ennius
A. 2. u. oben 99, 4. 5.
2. Cic. Brut. 20, 79: Q. Nobiliorem M. f. iam patrio instituto deditum
studio littoraruui, qui etiam Q. Enuium, qui cum patrc eins in Aetolia mili-
taverat (vgl. oben 99, 4), civitate donavit cum triumvir coloniam deduxisset
(J. 570, wo coloniae duae, Potentiam in Picenum, Pisaurum in gallicum
agrum deductae sunt, Liv. XXXIX, 44, 10; vgl. oben 99, 5). Liv. XLIX:
Q. Fulvius Nobilior ei (dem Cato) saepe ab eo in senatu laceratus respondit
pro Galba (J. 606, auf die Klage der Lusitani). Cos. war Quintus J. 601,
und wahrscbeinlich Censor J. 618.
126. Geschichtschreiber in Cato's Zeit waren ferner C. Aci-ii6
lius, A. Postumius Albinus, sowie der Sohn des älteren
Africanus, welche aber alle in griechischer Sprache schrieben.
Auch der ältere Africanus, sowie Scipio Nasica lieferte einen
Beitrag zur Geschichte.
1. Cic. off. III, 32, 115: Acilius autem, qui graece scripsit historiam,
pliures ait fuisse qui in castra revertissent (nach der Schlacht bei Cannae).
Das "Werk gieng aber (einleitungaweise?) bis auf die Gründung Roms zu-
rück; 8. Plut. Eomul. 21 {Faios 'AniXiog tatOQSt, nffo t^s iir^ascag etc.).
Dionys. Ant. III, 67 (Fdiov 'AxClXiov noiTiadfisvog . . ^B^airnzriv). Strab.
y, 3, 3. p. 230 (falls hier statt des handschriftlichen oys KvXio$ oder
6 yiBKvXtog mit Schwegler, R. G. I. S. 80, A. 1 'A%vXi,og zu schreiben ist).
Portgeführt hatte A. seine Geschichte mindestens bis J. 560 (Liv. XXXV,
14, 5), wahrscheinlich aber herab bis in seine eigene Zeit, falls er (was
ziemlich sicher) der C. Acilius Senator ist der nach Gell. VI (VII), 14, 9
(vgl. Plut. Cat. mal 22) im J. 599 bei einer griechischen Gesandtschaft
im Senat den Dollmetscher machte, und (was ziemlich wahrscheinlich) bei
Liv. LIII die überlieferte Schreibung C. lulius Senator graece res romanas
scribit (um J. 612 d. St.) mit M. Hertz (de Cinc. p. 12. Rhein. Mus. XVII.
S. 579 f. A. 9) in Acilius Senator abzuändern ist. Später wurde das Werk
von einem Claudius lateinisch bearbeitet und in dieser Gestalt von Livius
benützt; s. Liv. XXV, 39, 12: Claudius, qui annales Acilianos ex graeco in
latinum sermonem vertit. Vgl. XXXV, 14, 5: Claudius secutus graecos
Acilianos libros. Dieses Werk war sicher nicht identisch mit den Annalen
des Cl. Quadr., da diese mit dem gallischen Brande begannen, Acilius aber
mit der Gründung Roms. Wahrscheinlich sind jedoch auch die Personen
dieser beiden Claudii verschieden (Sigonius, F. Lachmann, H. Nissen,
Kieserling, H. Peter bist. I. p. CCXCVIIf.); wenigstens gibt* es für ihre
Identificiening (Giesebrecht, Plüss, Mommsen u. A.) keine entscheidenden
TsvrrsL, KOm. Literatiurgeechichte. 2. Aufl. 13
'■,'.;■ 't.
■ . r
194 Sechstes Jahrhundert d. St.
Gründe. Im Allgemeinen vgl. Gerlach, Qeschichtschr. S. 53 f. Kieserling,
rer. rom. script. p. 29 f. A. Preuner in Pauly's Real-Enc. I, 1. .S. 109 .f.
Nr. 4. H. Nissen, krit. Untersuch. S. 39—41. H. Peter, hist. I. p. CXIX—
CXXII u. p. 44—48.
2. A. Postumius A. f. Albinus, Cos. 603; vgl. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. V. S. 1941, Nr. 33. Polyb. XL, 6: AvXog UoatovfjLiog . . olyiiag
fisv fiv v,al ysvovg tt^üotov, xara dl xr^v IdCav cpveiv at<oyLvXog %al Xdlog
%al 7CS(fn6Q0g SiacpsQOvxmg. ini&vfn^oag 8h sv&'ioag Ix nccldav xrjg sXXTjvinTJg
dycoy^g xal diaXintov noXvg filv f^v iv zovtoig. . . tsXog 8s xai KOtrma
yqdfpsiv xal nffay(iocTi%7iv latOQiccv insxsigriaev, Cic. Acad. pr. II, 45, 137:
A. Albinnm, . . doctum sane hominem, ut indicat ipsius historia scripta
graece. Brut. 21, 81: vivo Catone minores natu multi uno tempore ora-
tores flomerunt. nam A. Albinus, is qui graece scripsit historiam, . . et
litteratus et disertus fuit. Gell. XI, 8, 2 ff. (welchen Macrob. praef. 14 ff.
wörtlich ausschreibt): Albinus . . res romanas oratione graeca scriptitavit.
Aus Macrob. (II, 16 =) III, 20, 5: Postumius Albinus Annali primo de
Bruto: ea causa sese stultum brutumque faciebat könnte man auf das Vor-
handensein einer lateinischen üebersetzung auch dieses Werkes schliessen;
doch könnte die Üebersetzung jener Worte ebenso gut von dem GewSJirs-
manne des Macrob. herrühren wie die in praef. 14 ff. von Cornelius Nepos
(Gell. XI, 8, 5). Jedenfalls aber scheint es hienach dass auch Post, irgend-
wie auf die Anfänge Roms zurückgieng. Serv. Ae. IX, 710: Postumius De
adventu Aeneae et Lutatius Communium historiarum Boiam . . dicunt wird
durch die Uebereinstimmung mit dem falschen Vict. de orig. g. rom. 15, 4
nicht empfohlen und scheint auf einem Missverständniss zu beruhen. Vgl.
H. Peter, hist. I. p. CXXV f.
3. Cic. Brut. 19, 77: filius eins (des älteren Africanus), . . si corpore
valuisset, in primis habitus esset disertus; indicant cum oratiunculae tum
historia quaedam graeca, scripta dulcissime. Cat. mai. 11, 35: ad pater-
nam magnitudinem animi doctrina uberior accesserat. Vellej. I, 10, 3:
P. Scipioni, P. Africani filio, nihil ex paterna maiestate praeter specieni
nominis vigoremque eloquentiae retinenti. Augur ward er J. 574 (Liv. XL,
42, 13). Seine Grabschrift in Satumiern im C. I. lat. I, 33 Q). 19).
4. Plut. Aemil. Paul. 15: 6 Naaiyiccg iniKaXovfisvog Zurjn^av (Cos. 592
u. 599, Censor 595; s. C. Krafft in Pauly's Real-Enc. IL S. 667, Nr. 12) . .
ysy(faq)€i)g negl rav ni^d^scav zovtav (im Kriege mit Perseus) iniatoXiov
TtQog TLva tav ßaciXioav. Vgl. ib. 16. Cic. Brut. 20, 79: P. etiam Seipio-
nem Nasicam . . habitum eloquentem aiunt. Vgl. Cato mai. 20, 50. üeber
die ähnliche Schrift des älteren Africanus s. oben 54, 1.
117 127. Eine literarhistorisch erwähnenswerthe Persönlichkeit
aus dem sechsten Jahrh. d. St. ist auch der Freigelassene Sp.
Carvilius, einer der Ersten die in Rom eine öfifentliche Schule
errichteten und der Ordner des römischen Alphabets von 21
Buchstaben.
1. Plut. Qnaest. rom. 59, p. 278 D: ngcÖTog dvsto^e ygctfifiatoöiöaüTia'
126 S. Albinus. Sp. Carvilius. L. Attius. 195
XsCov ZnuQLog Koc(fßtliog, dnsXsvd'SQOs Ka(fßiXiov xov ngtotov ya{Ji,BtriV i%ßct-
lovTog, üeber die Zeit dieser ersten (willkürlichen) Ehescheidung schwan-
ken die Angaben zwischen J. 519 und 524; s. Ritsch! Parerga p. 68—70.
Auch W. Rein in Pauly's Real-Enc. IL S. 1188. üeber das Alphabet des
Caryilius s. oben S. 136.
128. Unter den Inschriften des sechsten Jahrh. welche 118
keine gebundene Form haben nimmt sprachlich wie sachlich das
SC. de Bacanalibus die hervorragendste Stelle ein. Im üebrigen
ist deren Zahl klein ^ und ihre Bedeutung gehört theils der po-
litischen Geschichte theils der der Schrift an.
1. Das SO. de Bacanalibus vom J. 568 in Facsimile bei Ritschi P. L.
M. E. XVm, aufgeführt und erläutert im C. I. lat. I, 196. p. 43 f.
2. Ueber das Decret des L. Aemilius Paulus vom J. 565 d. St. s.
oben 122, 8.
3. Von den Scipionengrabschriften gehört hieher Nr. 36 (p. 20) im
C. I. lat., für L. Cornelius Scipio, Quaestor 587, t iiDi 5^3, sowie vielleicht
Nr. 36 (c. 600?) für Scipio Asiagenus. Von den elogia bezieht sich auf
das sechste Jahrh. das des L. PauUus (C. I. lat. I. p. 278, I vgl. p. 289,
XXX), des P. Claudius Pulcher (ib. p. 279, IX), des älteren Africanus
(p. 280, XIV), Q. Fabius Maximus (p. 288, XXIX), sowie des Vaters der
Gracchen (p. 289, XXXI).
4. Die übrigen datierbaren Inschriften des sechsten Jahrh. (vom An>
fang des hannibalischen Kriegs an) s. im C. I. lat. I, 530 — 539, p. 145 — 148.
B. Siebentes Jahrhundert d. St.
I. Dichter.
129. ungefähr zu Anfang des siebenten Jahrh. d. St., wie 1 19
es scheint, hatte das Epos einen Vertreter, Ennius einen Fort-
setzer seiner Annalen an Hostius mit seiner Bearbeitung
des istrischen Kriegs der Jahre 576 S, Bedeutender war
L. Attius, geboren J. 584 d. St. und gestorben um 650,
berühmt hauptsächlich als Verfasser von Tragödien, welche
Nachbildungen von griechischen waren. Die Auswahl welche
Attius unter diesen traf zeugt von richtigem Verständniss
des wahrhaft Tragischen, auch einiger Vorliebe für das Ro-
mantische, sowie für den troischen Sagenkreis. Der Ton der
Ueberreste ist lebhaft und bewegt, häufiger verständig zuge-
spitzt als pathetisch. Auch original römische Stoffe behandelte
er in den Prätexten Aeneadae s. Decius und Brutus. Ausserdem
verfasst« er in gebundener Form neun Bücher Didascalicon,
13*
m
196
Siebentes Jahrhundert d. St.
Pragmaticon libri, Parerga und Annales. In Vielseitigkeit, Fonu-
gewandtheit, aufgeklärter Richtung luid auch künstlerischem
Selbstgefühl dem Eniiius ähnlich, übertrifft Attius diesen Vor-
gänger an Sorgfalt und Feile.
1. Das bellum istricum des Hoatius ncheint mindestens aus drei Bü-
chern bestanden zu haben; vgl. Macrob. VI, 3, 6 und 5, 8 (libro II belli
hiatrici). Serv. Aen. XII, 121 (belli histrici primo). Vgl. Fest. v. scaevam
und tuesca, p. 325. 356 M. Diesen relativ unwichtigen Krieg eigens zu
behandeln konnte kaum etwas Anderes bestimmen als die Absicht die
Annales des Ennius fortzusetzen. Würde man aber den Titel mit Bergk
(Fleckeisens Jahrbb. 83, S. 322) auf die Kämpfe des J. G25 beziehen, so
fiele auch dieser Erklärungsgrund weg. Für die Ansicht dass hienach
Hostius der früheste Fortsetzer des Ennius ist spricht auch die Aufführung
desselben bei Serv. 1. 1. nach Ennius und vor Asellio, bei Macrob. VI, 5, 8
nach Naevius, und die Beschaffenheit der Citate aus dem Epos (sient, auch
die Messung Dia Minerva, semol autem tu, invictus Apollo, wenn sie sicher
wäre) ist mindestens nicht dagegen. Unzweifelhaft würde jene Datienmg
wenn ganz feststünde dass bei Priscian. VI. p. 719 P. = 270, 8 f. Htz.
(vetustissimi etiam „hoc pecu", und „haec pecua" plurale, dicebant. Hosti-
lius in I annali: saepe greges pecuum ex hibemis pastibus pulsae) das
handschriftliche Hostilius abzuändern sei in Hostius. Hiezu würde endlich
stimmen Prop. III, 20, 8: splendidaque a docto fama refulget avo, voraus-
gesetzt dass die dort angeredete Cynthia in Wirklichkeit Hostia hiess und
eine Römerin war. Vgl. im Allgemeinen A. Weichert, poetar. latin. vitae
p. 3—18.
2. Hieron. zu Euseb. Chr. a. 1878 = 616 d. St.: L. Accius tragoediarum
scriptor clarus habetur, natus Mancino et Serrano coss. parentibus liber-
tinis et seni iam Pacuvio Tarenti sua scripta recitavit. a quo et fundus
Accianus iuxta Pisaurum dicitur, quia illuc inter colonos fuerat (sein Vater,
denn die deductio geschah schon J. 570) ex urbe deductus. Der Frcilasscr
seines Vaters war vielleicht ein Vorfahr des Ritters T. Attius (Accius) aus
Pisaurum in der Zeit des Cicero. Accii (und Attii) auf Inschrr. aus Pisau-
rum, Olivieri marm. Pisaur. 1738. Die gleicherweise beglaubigten Schrei-
bungen Attius und Accius sind wohl dialektisch verschieden. In der Kaiser-
zeit wurde die mit tt allmählich die herrschende: die Griechen schreiben
immer Attiog.
3. Cic. Brut. 64, 229: Accius isdem aedilibus (um 614) ait se et Pacu-
vium docuisse fabulam, cum ille LXXX, ipse XXX annos natus esset,
p. Arch. 11, 27: D. Brutus, summus vir et imperator (Cos. 616), Accii ami-
cissimi sui carminibus templorum ac monumentorum aditus exomavit suo-
rum, wozu Schol. Bob. p. 369: eins versus Satumii a D. Bruto Gallaeco
vestibnlo templi Marias superscripti. — Cornif. ad Her. I, 14, 24: mimus
quidam nominatim Accium poetam compellavit in scena. cum eo Accius
niuriarum egit. hie nihil aliud defendit nisi licere nominari eum cuiua
nomine scripta dentur agenda. Vgl. ib. II, 13, 19: P. Mucius (iudex) eum
qui L. Accium poetam nominaverat condemnavit. — Plin. N. H. XXXIV,
129. Dichter: Hostius. L. Attiuß. 197
10: notatum ab auctoribus est L. Accium i)oetam in Camenarum aede ma-
xima forma stataam sibi posuisse, cum brevis admodum fuiaset. — Cic.
Brut. 28, 107: D. Brutus M. filiu8, ut ex familiari eius (vgl. leg. II, 21, 54)
L. Accio poeta »um audire solitus, u. s. vr. — Val. Max. III, 7, 11: poeta
Accius . . luUo Caesari, amplissimo ac florentissimo viro (selbst auch Ver-
fasser von Tragödien^ aedilis J. 664, starb J. 667), in conlegium poetarum
venienti numquam adsurrexit, . . quod in comparatione communium stu-
diorum aliquanto se superiorem esse confideret. üeberdiess war Attius um
etwa 40 J. älter als dieser Eunstgenosse. — Tod des Attius sexagesimo
anno (rund) vor der Wiederholung seines Tereus im J. 710 d. St., Cic.
Phil. I, 15, 36 vgl. ad Att. XVI, 2, 3 und 5 in.
4. Quintil. V, 13, 43: aiunt Attium interrogatum, cur causas non age-
ret, cum apud eum in tragoediis tanta vis esset optime respondendi, hanc
reddidisse rationem: quod illic ea diceret quae ipse vellet, in foro dicturi
adversarii essent quae minime vellet. Bei Cic. p. Plane. 24, 59 heisst er
gravis et ingeniosus poeta, Sest. 56, 120: summus poeta. Die Epitheta al-
tus (Hör. Ep. II, 1, 56), animosi oris (Ovid. Am. I, 15, 19) u. dgl. bezeichnen
ebenso allgemein seine Eigenschaft als Tragiker. Vgl. Gell. XIII, 2, 2:
cum Pacuvius . . Tarentum concessisset, Accius, tunc haud parvo iunior,
proficiscens in Asiam cum in oppidum venisset, devertit ad Pacuvium co-
miterque invitatus plusculisque ab eo diebus retentus tragoediam suam
ctd Atreus nomen est desideranti legit. (3.) tum Pacuvium dixisse aiunt,
sonora quidem esse quae scripsisset et grandia, sed videri tamen ea sibi
duriora paulum et acerbiora. (4.) ita est, inquit Accius, uti dicis: neque
id me sane paenitet; meliora enim fore spero quae deinceps scribam.
5. Von den Tragödien des A. sind uns noch mindestens 37 Titel bekannt,
wohl so ziemlich alle die er überhaupt verfasst hat; die berühmtesten
waren etwa Atreus, Epigoni, Epinausimache, Philocteta, Teiephus. Die
üeberreste bei Ribbeck, trag. p. 114—194. Vgl. p. 298—346. H. Grote-
meyer, de L. Attii tragoediis, Münster 1851. Aufzählung der Titel und
des Inhalts der Stücke bei W. Teuffei im Tübinger Univ. Progr. 1858,
S. 17 — 28. Die Epinausimache und die Nyctegresia waren vielleicht nicht
nach einer griech. Tragödie, sondern nach der Ilias (also in der Form selb,
ständig) gearbeitet.
6. Von seinen Prätexten (Ribbeck Trag. p. 237—240 vgl. p. 349—351)
behandelte Decius den Opfertod des jüngeren P. Decius Mus (J. 459 d. St.),
Brutus den Sturz des Tarq. Superbus und die Einsetzung von Gonsuln.
7. Didascalica, eine Geschichte der griech. und röm. Poesie, mit be-
sonderer Berücksichtigung der Dramatik^ wahrscheinlich (nach Analogien)
in trochäischen Tetrametern (G. Hermann; nach Lachmann, Ritschi u. A.
vielmehr Sotadeen). Madvig, Opusc. acad. (Kopenh. 1834) p. 96 ff. W.
Teuffei, Tübinger Progr. von 1858, S. 35 f.
8. Pragmaticon libri, (gleichfalls) in troch. Tetrametem und literarisch-
kunstgeschichtlichen Inhalts.
9. Aus den Parerga bei Non. p. 61 v. porcae ein Bruchstück land-
wirtschaftlichen Inhalts. Vielleicht auf diese oder die Pragmatica ist zu be-
198 Siebentes Jahrhundert d. St.
ziehen Accius in Praxidico mit einer iambischen Vorschrift über das Säen
bei Plin. N. H. XVIII, 6, 55 vgl. Ind. auct. libri XVIII.
10. Annales im epischen Mass, mindestens drei Bacher, woraus mytho-
* logische Anführungen (über Hermes und die Kgovia) erhalten sind.
11. Reflectieren über die Sprache beweisen so manche Wortkünsteleien
in Attius' Tragödien, insbesondere die Art der Anwendung der Alliteration
(W. Teuffei, Progr. von 1858, S. 32 f.), die Nachricht (bei Mar. Vict. p. 2456 P.)
dass er aggulus (statt ang.) schrieb, z und y nicht anwandte, die Länge
von Vocalen durch Gemination bezeichnete (was der ältere Plinius, wenig-
stens bei den Endungen der vierten Declination, wieder befolgt zu haben
scheint; s. Detlefsen in der Symbola philol. Bonn. S. 712 f.); M. Varro
widmete ihm seine Schrift de antiquitate litterarum. Vgl. Varr. L. L. X,
70: Accius haec in tragoediis largius a prisca consuetndine movere coepit
et ad formas graecas verborum magis revocare, a quo Valerius (s. unten
134, 1) ait: Accius Hectörem nolet facere, Hectora malet; und V, 21: apud
Accium non terminus, sed termen. Daher hat auch Wahrscheinlichkeit die
Vermutung von Detlefsen (Rhein. Mus. XVIII. S. 236—238) dass bei Plin.
N. H. VII, 39, 128: pretium hominis in servitio geniti maximum ad hanc
diem fuit grammaticae artis Daphni (vgl. 156, 1), Accio (die Hdss. Natio,
also wohl L. Atio) Pisaurense vendente et M. Scauro principe civitatis HS
DCC licente, der Tragiker gemeint sei, dessen Unterricht dem Daphnis seinen
grossen Werth verliehen habe.
12. J. Stahlberg, de L. Attii vita et scriptis, Halle 1844. G. Boissier,
le poete Attius. etude sur la tragddie latine pendant la r^publique. Paris
1856. W. Teuffel, Caecilius Statins u. s. w., Tübinger Universitätsprogramm
1858. 4. S. 14—37, und Pauly's R^al-Enc. I, 2. S. 2008—2010.
120 130. T. Quintius Atta, Togatendichter in der ersten
Hälfte des siebenten Jahrh., gestorben 677 d. St. Die elf Titel
welche wir von ihm kennen sind alle römisch; die spärlichen
üeberreste zeigen viel Archaistisches und einen lebhaften, kecken
Ton. Consequente Charakterzeichnung rühmte man auch von ihm.
1. Hieronym. zuEuseb.Chr. a. 1940 (Freh. 1939) = 677 d:St.: T. Quintius
(bei Schöne Quinticius) Atta scriptor togatarum Romae moritur sepultusque
via Praenestina ad miliarium U. — Diomed. III. p. 490, 8 E: Atta toga-
tarum scriptor; ib. p. 490, 16 f.: togatas tabernarias in scenam dataverunt
praecipue duo, L. Afranius et G. Quintius.
2. üeberreste bei Bothe scen. lat. V, 2. p. 97 — 102; Neukirch, fab.
tog. p. 153—164; Ribbeck, com. p. 137 — 140.
3. Varro bei Charis. II. p. 215 (241, 27 f. K.): Tjd-ri nullis aliis servare
convenit quam Titinio, Terentio, Attae. Fronto Epist. IV, 3. p. 62 Naber:
animadvertas particulatim elegantis Novium et Pomponium et id genus in
verbis rusticanis et ioculariis, Attam in muliebribus.
4. Bei Hör. Ep. II, 1, 79 fi'. ist Atta Beispiel eines der antiqui die noch in
die Gegenwart hereinwirken und sie (nach seiner Meinung) beeinträchtigen.
130 f. Dichter: L. Attius. Quintiuß Atta. L. Afranius. 199
5. Non. Marc. v. crines, p. 202 M.: Atta in Epigrammatibus.
6. Neukirch, de fab. tog.'p. 153—164. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc.
I, 2. S. 2049.
131, Nach Fruchtbarkeit wie nach künstlerischem Werthel2i
der bedeutendste Dichter der togata ist L. Afranius, geboren
600 — 610 d. St. Von seinen Stücken kennen wir so ziendich
alle Titel, da das Interesse für sie lange wach blieb. Er be-
arbeitete national-römische StoflFe, aber im Geiste des Menander
und mit Benützung desselben. Seine Stücke bewegten sich vor-
herrschend in den mittleren Kreisen und dem Familienleben»
In der Form wusste er, wie Titinius, die Volksthümlichkeit des
Plautus mit der correcten Eleganz des Terentius zu verbinden.
1. Cic. Brut. 45, 167: quem (den C. Titius) studebat imitari (hat wohl
nur den Werth eines Uebergangs) L. A&anins poeta, homo perargutus, in
fabulis quidem etiam . . disertus. Vellej. II, 9, 3: clara etiam per idem
aevi spatium fuere ingenia, in togatis Afrani, in tragoediie Pacuvii atquc
Attii, usque in graecorum ingeniorum (0. Jahn : tragicorum) comparationem
evecti. Vgl. I, 17, 1. Quintil. X, 1, 100: togatis excellit Afranius; utinam
non inquinasset argumenta puerorum foedis amoribus, mores suos fassus
Danach Auson. epigr. 71, 2 ff.: repperit obscenas veneres vitiosa libido, . .
quam toga facundi scenis agiiavit Afrani. Dergleichen Stoffe, der neuen
Komödie in der Hauptsache fremd geblieben, entsprachen, wie die Atella-
nendichter zeigen, den Durchschnittssitten des damaligen Rom. — Macrob.
Sat. VI, 1, 4: Afranius togatarum scriptor in ea togata quae Compitalia
inscribitur non inverecunde respondens arguentibus quod plura sumpsisset
a Menandro Fateor, inquit, sumpsi non ab illo modo Sed ut quisque habuit
conveniret quod mihi Quodque me non posse melius facere credidi, Etiam
a Latino. Cic. fin. I, 3, 7: locos quosdam, si videbitur, transferam, . .
cum inciderit ut id apte fieri posset, ut ab Homero Ennius, Afranius a
Menandro solet. Zu seiner ganzen Richtung (vgl. oben 17) stimmte auch
seine Bewunderung des Terenz (Afran. v. 29 f.).
2. Mehr als 40 Titel kennen wir; die berühmtesten waren Divortium,
Emancipatus, Epistula, Fratriae, Privignus, Vopiscus. Die üeberreste bei
Bothe, scen. V, 2. p. 160—200; Neukirch, fab. tog. p. 176—279; Ribbeck,
com. p. 140—187. Dazu vgl. Philologus XXI. S. 122. 480. Miguel, Cues-
tion filolögica: un fragmento de Afranio^ Madrid 1864. 60 pp. 8. und:
Nueva disertacion acerca de un fragm. de Afr., Madrid 1864. 113 pp. 8.
3. Aufführung seines Simulans J. 696 (Cic. p. Sest. 55, 118), seines In-
cendium unter Nero (Suet. Ner. 11). In der augusteischen Zeit stellten
Enthusiasten ihn dem Menander gleich (Hör. Ep. II, 1, 57); ungefähr in
der des Hadrian widmete sich (Julius?) Paulus seiner Erklärung (Charis. IL
p. 214 P. = 241, 1 f. K. Vgl. unten 142, 4. Noch Apulej. apol. 12: per-
eleganter Afranius hoc scriptum reliquit.
4. Bothe, scen. V, 2. p. 156—159. Neukirch, fab. tog. p. 165—175.
200 Siebenteß Jahrhundert d. ßt.
Mommaen, R. G. H». S. 438. W. TeufFel, Caecilius Statius u. s. w. Tu-
bingen 1858. 4. S. 37—43.
122 132. C. Luciliiis, geboren um 606 d. St. iii der Latiuer-
stadt Suessa Aurunca in Campanien, aus einem wohlhabenden
ßittergeschlechte, und schon jung in den Kreis des jüngeren
Africanus aufgenommen. Als Latiner ohne das ius honorum,
aber in unabhängiger Stellung, legte Lucilius seine Gedanken
über Alles was er sah und hörte und las in seinen vermischten
(ledichten (Saturae) nieder, und unterwarf darin das Leben der
Gegenwart nach allen Seiten hin — nach Politik, Sitten und Lite-
ratur — einer freimütigen Kritik, wie sie weder ein Komiker
vor ihm noch ein Satiriker nach ihm gewagt hat. Die üeber-
reste verrathen vielseitige Bildung, scharfen Verstand, sittliche
Tüchtigkeit, heitere Laime und treflFenden Witz, aber auch
Gleichgültigkeit gegen die äussere Form. Ein hochachtbarer
und liebenswürdiger Vertreter des neurömischen Wesens, starb
Lucilius im J. 651 d. St.
1. Hieron. zu Euseb. Chr. a. Abr. 1870 (Freher. u. Amand. 1869) = 607
d. St.: Lucilius poeta nascitur. Vellej. II, 9, 4: celebre et Lucilii nomen
fuit, qui sub P. Africano (J. 620 f. d. St.) Numantino hello eques milita-
verat. Hieron. 1. 1. ad a. Abr. 1914 = 661 d. St.: G. Lucilius (die Hdss.
Lucius) satirarum scriptor Neapoli moritur ac publico funere effertur anno
aetatis XL VI. Eine sichere Spur welche über 651 hinausdeuten würde ist
nicht vorhanden, da die von Lucilius erwähnte (Gell. II, 24^ 10) lex Licinia
spätestens 650 fällt (s. Rein in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1509) und die
Bezeichnung des Lucil. als senex bei Hör. Sat. II, 1, 34 nichts über dessen
Lebensdauer aussagt; s, Teuffel's Comm. zu d. St. (Leipzig 1867), S. 22 f.
Der im J. 663 spielende Dialog von Cic. de orat. (s. I, 16, 72. II, 6, 26)
setzt den Lucilius als gestorben voraus. Vgl. im Allgemeinen Varges, Rhein.
Mus. 1835, p. 15—69.
2. Juv. I, 20: magnus Auruncae alumnus. Auson. Epist. 15, 9: rüdes
Camenas qui Suessae praevenis. — Hör. S. II, 1, 75 nennt sich infra Lucili
censum, wozu Porph.: constat enim Lucilium fuisse maiorem avunculum
Pompei. etenim avia Pompeii soror Äucilii faerat. Lucilius besass zu Rom
sub Velia das Haus quae Antiochi regis filio obsidi publice aedificata fue-
lat (Ascon. p. 13 Or.).
3. Verhältniss zum jüngeren Africanus (J. 570—625) und Laelius (Cos.
G14) : Hör. S. II, 1, 71—74. Ungenau ib. v. 62—68; s. W. TeuffeVs Comm.
dazu S. 28 f. Andere Freunde: (Postumius) Albinus, L. Aelius Stilo, Granius.
Gegner oder doch von Lucilius Angegriffene: Mucius Scaevola, L. Cornelius
Lentulus Lupus (Pers. I, 115), Q. Caecilius Metellus (s. unten 137, 7; Hör. S.
II, 1, 67), T. Albucius, Hostilius Tubulus, Papirius Carbo u. A. — Comif. ad
Her. II, 13, 19: C. Caelius iudex absolvit iniuriarum eum qui Lucilium
poetam in scena nominatim lacserat.
132. Dichter: C. Lucilius. 201
4. Cornif. ad Her. IV, 12, 18: quo in vitio (in Bezug auf verborum
traiectio) est Lucilius assiduus, ut hoc est in priore (Lachmann primore)
libro. (Ps. Acro zu Ilor. S. II, 1, 22 spricht von Hör., nicht von Lucilius.)
Wenn daneben sicher 30 Bücher citiert werden (nur vom B. 21 fehlen
Bruchstöcke ; vgl. L. Müller in Fleckeisens Jahrbb. 95, S. 798 f.), so ist eine
doppelte Eintheilungsweise vorauszusetzen: eine ältere, in zwei grosse
Theile oder Sammlungen, und eine spätere, in 30 Bücher. Vgl. van Heusde,
Lucil. p. 251 ff. Lersch, Ztschr. f. d. Alt. W. 1839, S. 403— 40Ö. J. Becker,
ebds. 1843. Nr. 30—33. K. Fr. Hermann, Götti. GeL Anz. 1843, S. 380—
384. Petermann, Jahns Jahrb. XXXIX. S. 161 ff. und Ztschr. f. d. Alt. Wiss.
1846, Nr. 37 f.
6. Die Art der Eintheilung und die Urheber derselben sind nicht sicher.
Jedenfalls aber fanden die Satiren des L. frühzeitig gelehrte Bearbeitung.
Suet. gramm. 2: (studium grammaticae beschränkte sich zu Bom anfäng-
lich darauf) ut carmina parum adhuc divolgata vel defunctorum amicorum,
vel si quorum aliorum probassent, diligentius retractarent ac legendo com-
mentandoque eüam ceteris nota facerent; . . ut Laelius Archelaus Vet-
tiusque Philocomus Lucilii satiras familiaris sui, quas legisse se apud Ar-
chelaum Pompeius Lenaeus, apud Philocomum Valerius Cato praedicant.
Und c. 14: huius (des Curtius Nicia in der Zeit Ciceros) de Lucilio libros
etiam Santra comprobat.
6. Die saturae des L. waren manchfaltig wie in der Form (die Hexa-
meter überwiegen, doch auch viele Trochäen und lamben) so auch im In-
halte. Vorherrschend aber war bei letzterem die ethisch-kritische Tendenz,
durch welche L. der erste Satiriker wurde. Daher Hör. S. II, 1, 62: est
Lucilius ausus primus in hunc operis componere carmina morem; I, 10, 48
nennt er ihn inventor, ib. 66 Graecis intacti carminis auctor. , Vgl. K. Fr.
Hermann, de satirae auctore ex sententia Horatii, Marburg 1841. 4; wo-
gegen C. Petermann, Hirschberger Progr. 1846 und 1851. 4., vergebens
wieder die Stelle auf den (Nachahmer der Griechen) Ennius beziehen wollte.
Noch anders M. Crain (Philologus IX. S. 675 ff.) und A. Riese (Varr. satt,
menipp. p. 5, n. 2). Hör. S. I, 4, 6: hinc (von der alten Komödie) omnis
pendet Lucilius ist unrichtig und ungerecht; die Behauptung von Lydus
(de mag. I, 41: rov ^Pivd'oavoCy og i^aiiit^fOLg ^y^ctips TtQoaTog nonfmSiav, i^
ov ngärog Xaßißv tag dcpOQfucg Aov%iXLog o *P(0(iaLog TiQtoiyioig ^nsatv imo-
fifodrias), Lucilius habe sich an Rhinthon angeschlossen, beruht sichtlich
auf Verwechslung.
7. Gegenstände der Kritik des L. Dass er primores populi arripuit
populumque tributim (Hör. S. II, 1, 69) bestätigen die Ueberreste. Vgl.
Trebonius bei Cic. Fam. XII, 16: qui magis hoc Lucilio licuerit adsumere
libertatis quam nobis? Apul. apol. 10: C. Lucilium, quamquam sit iambi-
cus, tarnen improbarim quod Gentium et Macedonem pueros directis no-
minibuB carmine suo prostituerit. E. Szeliuski, de nominibus personarum
apud poetas sat. rom. (Königsberg 1862) p. 1 — 10. Aber auch Literarisches
und Grammatisches. Gell. XVII, 21, 49: Pacuvius et Pacuvio iam sene Ac-
cius clariorque tunc in poematis eorum obtrectandis Lucilius fuit. Hör. S.
I, 10, 63: nil comis tragici mutat Lucilius Atti? wozu Porph.: facit autem
202 Siebentes Jahrhundert d. St.
haec Lucilius cum alias tum vel maxime in tertio libro, meminit et nono
et decimo. Insbesondere polemisierte er gegen des Attius Neuerungen in
Sprachgebrauch (quare pro facie, pro statura Accius status , bei Non. p. 226)
und Schreibung, wobei er die von Attius eingeführte Doppelschreibung
langer Vocale (oben 129, 11) verdrängte und nur ei für i beibehielt; Ritschi,
Monum. epigr. tria (1852) p. 30 f. W. Corssen, Philologus XVIII. S. 723—726.
— Quintil. X, 1, 94: eruditio in eo (L.) mint et libertas atque inde acerbitas
et abundantia salis.
8. Mittlere Haltung. Cic. de or. II, 6, 25: C. Lucilius, homo doctus
et perurbanus, dicere solebat, neque se ab indoctissimis neque a doctissimis
legi volle; . . quo etiam scripsit: Persium non curo legere, . . Laelium Decu-
mum volo. Fin. I, 3, 7: nee vero, ut noster Lucilius, recusabo quominus om-
nes mea legant. utinam esset ille Persius! Scipio vero et Rutilius multo
etiam magis. quorum ille iudicium reformidans Tarentinis ait se et Consen-
tinis et Siculis scribere. facete is quidem, sicut alia; sed neque tam docti
tum erant . . et sunt illius scripta leviora, ut urbanitas summa appareat,
doctrina mediocris. Petron. Sat. 4 extr.: schedium Lucilianae humilitatis.
Gell. VI (VII), 14, 6: vera et propria . . exempla in latina lingua M. Varro
esse dicit . . gracilitatis Lucilium. Vgl. Fronto p. 113 f. und p. 62 Naber.
9. Vernachlässigung der Form. Vgl. Hör. S. I, 4, 9 ff. 10, 1 ff. 50 ff.
Was dieser behauptet (S. L, 4, 9 f.), L. in 'hora saepe ducentos . . versus
dictabat stans pede in uno, bestätigt L. selbst, z. B. fr. XI, 6: conicere in
versus dictum praeconis volebam Grani. Besonders der Versbau ist sehr
locker, ohne aber den Ereis des Zulässigen im Ernste zu überschreiten;
vgl. L.Müller metr. lat. p. 71 f. R. Bouterwek, quaest. lucil.; comm. proso-
diaca, metrica, critica, Elberfeld 1867. Worauf Ausonius anspielt (Epist.
5, 36 ff*. : villa Lucani- mox potieris -aco. rescisso disces componere nomino
versum; Lucili vatis sie imitator eris) bezieht sich auf Scherze.
10. Das Ansehen das Lucilius noch in der augusteischen Zeit (bes. bei
der nationalen Partei) genoss erhellt aus den häufigen und angelegentlichen
Auseinandersetzungen des Horaz mit ihm. Noch später gab es Leute welche
Lucilium pro Horatio^ Lucretium pro Vergilio legunt (Tac. dial. 23); und
wer auf Energie und Originalität den Hauptwerth legte hatte darin ganz
Recht. — Quintil. X, 1, 93: satira quidem tota nostra est, in qua primus
insignem laudem adeptus Lucilius quosdam ita deditos sibi adhuc habet
amatores ut eum non eiusdem modo operis auctoribus sed omnibus poetis
praeferre non dubitent. üeber seine ethische Wirkung Juv. I, 165 ff.
11. Sammlung der Fragmente (über 800) von Janus Dousa (mit Anm.
von Franz Dousa), Lugd. B. und Amst. 1661. 4. Patav. 1735. 8. (besorgt
von Vulpi), an Havercamps Censorinus (Lugd. B. 1643. 1767.), in der Zwei-
brücker Ausg. von Persius u. Juvenal, u. sonst, Fragmens revus, traduits
etc. par E. F. Corpet, Paris 1845. Edidit, auxit, emendavit Fr. D. Gerlach,
Zürich 1846. Angekündigt ist eine neue Bearbeitung von L. Müller.
Beiträge zur Kritik: E. Klussmann, Philologus XVI. p. 166—168. L.
Müller, metr. lat. passim (s. p. 483), Rhein. Mus. XVII. S. 195—200, Fleck-
eisens Jahrbb. 97, S. 424 ff. 438 f. u. sonst; J. Iltgen, Luciliana, Bonn 1865.
132 f. Dichter: C. Lucilius. Epigrammatibten. 203
31 pp. Quaestiones Lucilianae von A. Fürth (Bonn 1866. 34 pp.) und R.
Bouterwek (s. A. 9). Zum B. I: R. Bouterwek, Rhein. Mub. XXI. S. 339—
361. B. m bearbeitet von Varges, Stettin 1836. 4. B. IX von L. F. Schmidt,
BerUn 1840. 4.
12. üeber Lucilius: Manso in den Nachträgen zu Sulzer lY. S. 419 —
442. Patin, cours sur Lucile, Paris 1836. Herrn. Schönbeck, Quaestionum
Lncilianarum Part. I. Halle 1841. 8. Petermann, de Lucilii vita et car-
minibus, Breslau 1842. 8. Dziadek, sat. rom. imprimis Luciliana ant. Gr.
comoediae non dissimilis, Conitz 1842. 4. J. A. G. van Heusde, Studia cri-
tica in C. Lucilium, Trai. ad Rh. 1842. 321 pp. 8. Vgl. E. Fr. Hermann,
Gott. G. A. 1843. Stück 37—40. S. 361 — 392 (worauf Heusde replicierte:
Epistola ad C. F. H., de Lucilio, Trai. ad Rh. 1844. 52 pp. 8.), Petermann
in Jahns Jahrbb. XXXIX. S. 146—169, und Gerlach, ebds. XLIII. S. 371—
388. F. D. Gerlach, C. Lucilius u. d. röm. Satura, Basel 1844. 4. S. 11—
22. =» Historische Studien (Basel 1847) S. 3 £P. Gh. Labitte , les satires de
Luc, Revue d. deuz mondes 1845. III. p. 721 — 745. Patin, Journal des
Savans 1846, Fövr. p. 65 — 76. Mai p. 281 — 296. Gh. Elsperger, comm.»
de satira Lucilii, Ansbach 1851. 21 pp. 4. Duykers, l^tude sur Luc, Revue
de rinstr. publ. en Belgique, 1861, Nr. 2—4. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. IV. S. 1181—1187. Mommsen, R. G. II*. S. 444—448.
133. Epigramme meist erotischen Inhalts und nach grie-i23
chischen (alexandrinischen) Vorbildern verfassten Pompilius und
Valerius Aedituus in der ersten Hälfte des siebenten Jahrh.,
Porcius Licinus und Q. Lutatius Catulus (Cos. 652) in
der Mitte desselben, Licinius überdiess ein Gedicht literar-histo-
rischen Inhalts in trochäischen Tetrametem, Catulus auch eine
Autobiographie. Letzterem befreundet war der Epiker A. Furius
aus Antium. Ausserdem verfasste C. Julius Caesar Strabo um
diese Zeit Tragödien, Laevius Lyrisches, Cn. Matius Mim-
iamben u. A.
1. Papini (vielmehr Pompili) iniyQafifidxtov quod in addlcscentem
fecerat Cascam, Varro L. L. VII, 28 (zwei Distichen); vgl. Pompilius (so
M. Hertz statt Pomponias) in epigranunate , Priscian. III. p. 602 P. = p.
90, 2 Htz. Nonius Marc. p. 88 (nach Lachmann's Verbesserung, Lucret.
p. 306): Varro ovog XvQccg: Pacvi discipulus dicor, porro is fuit Enni, En-
nius Musarum. Pompilius clueor. Varro L. L. VII, 93: apud Pompilium
(ein Senar). A. Riese, Varr. satt. p. 183 hält daher P. für einen Verfasser
von Tragödien.
2. Gell. N. A. XIX, 9, 10: versus cecinit Valeri Aeditui, veteris poe-
tae, item Porcii Licini et Q. Catuli, quibus mundius, venustius, limatius,
tersius graecum latinumve nihil quidquam reperiri puto (sehr übertrieben).
Zu dem ersten Epigramm des Val. Aed. (ib. §. 11) vgl. H. üsener, Rhein.
Mus. XIX. S. 150 f. XX. S. 147—151. R. Peiper, ebds. XIX. S. 311.
3. Das Epigramm des Porcius Licinus bei Gell. XIX, 9, 13. Vgl. XVII,
204 Siebentes Jahrhundert d. St.
21, 45: Porcius Licinu» serius poeticam Eomae coepisse dicit in his yersi-
bns: Poänico boll6 secundo u. s. w. (oben S. 129, A. 2). Elf trochäiache
Septenare von ihm über Terenz in Suetons vita Terentii c. 1 f. (p. 292,
16 ff. lloth, p. 27, 9 ff. llffsch.), von diesem wohl aus Varro's Schrift de
pocltis geschöpft; s. Ritschi, Parerga S. 244. 622. 637 f.; in Rcifferscheids
Sucton p. 489—497. Die vier letzten wiederholt ib. p. 294, 18 ff. Roth =
p. 33, 7 ff. Rffsch. Auch vgl. Charis. I. p. 103 P. = p. 129 K.: huius fre-
tus, Porcina Licinus.
4. Zwei halb erotische Epigramme des Q^ Catulus (unten 146, 4) bei
Gell. XIX, 9, 14 und bei Cic. deor. nat. I, 28, 79. Daher mit aufgezählt
bei Plin. Ep. V, 3, 6. Vgl. oben 31, 1. Seine Autobiographie richtete er
ad A. Furinm poetam, familiärem suum (Cic. Brut. 35, 132). Aus dieses A.
Furius Annales führt Macrob. Sat. VI, 1, 31—34. 44. Hexameter an welche
Vergil nachgeahmt habe ; höchstes Citat Furius in undecimo (annali), ib. 34.
Archaistisch sind sie so wenig dass sie ebenso gut von Vergil selbst sein
könnten. Weniger gilt diess von den Versen bei Gell. N. A. XVIII, 11, 4.
Vgl. ib. 2: Furium veterem poetam, und im ind. capp.: ex carminibus Furi
Antiatis. Vgl. Weichert poet. lat. rel. p. 348 — 353. Ein anderer Vers bei
Schol. Veron. Aen. IX, 379: in annalibus belli gallici: hie qua ducebant
vastae divortia fossae. J. Becker, A. Furius Antias, Zeitschr. f. d. Alt. Wiss.
1848, S. 697 ff.
6. Üeber L. Julius Caesar Strabo (Aedil 664) s. unten 150, 3; über Cn.
Matius und Laevius unten 148, 4 ff.
6. üeber Valerius Valentinus s. unten 145, 1.
12t 184. In gebundener Form schrieb in der ersten Hälfte des
siebenten Jahrh. auch der gelehrte Q. Valerius aus der Latiner-
stadt Sora, und vielleicht Terentius Libo, weiterhin Volcatius
Sedigitus.
1. Bei Cic. de or. III, 11, 43 sagt L. Crassus: nostri (die eigentlichen
Römer) minus student litteris quam Latini. Dennoch übertreffe leicht
auch der ungelehrteste geborene Römer litteratissimum togatorum omnium,
Q. Valerium Soranum, lenitate vocis atque ipso oris pressu et sono. —
Varro L. L. VII, 31: apud Valerium Soranum: vetus adagio est, o P. Scipio
(gestorben J. 625). Hienach ist er auch noch Zeitgenosse des L. Attius
und daher es möglich dass er der Valerius ist von welchem Varro L. L.
X, 70 den Vers anführt: Accius Hectorem nolet facere, Hectora malet, wo
0. Müller auch an den Aedituus denkt. Zwei Hexameter (stoischen Inhalts,
über Juppiter als höchsten und einen Gott) bei Augustin. civ. d. VE, 9.
g. E. (vgl. Mythogr. Vat. p. 152 Bode): in hanc sententiam etiam quosdam
versus Valerii Sorani exponit idem Varro in eo libro quem seorsum ab
istis de cultn deorum scripsit. Plin. N. H. praef. (extr.): hoc ante me
fecit (nämlich seinem Buche eine Inhaltsübersicht beizugeben) in litteris
nostris Valerius Soranus, in libris quos inontidtov inscripsit. In diesem
war es wohl auch wo er den geheimen Namen der Stadt Rom (Plin. N. H.
III, 5, 9. Solin. 2) oder (nach Plut. quaest. rom. 58 s. 61) ihrer Schutzgott-
heit enuntiavit und dafür bald (durch einen elenden Tod, Plut. 1. 1.) büsste
134 f. Dichter: Scdigitns n. A. Novius. L. Pomponius. 205
(Plin. 1. 1.). Er kann auch der Valerius sein welchen Varro L. L. Vy 65
wegen der Ableitung des plautinißchen scnipipedae anfuhrt, sowie der-
jenige welcher die XII Tafeln commentierte (oben 84, 6.) Vgl. Haakli in
Pauly's Eeal-Enc. VI, 2. S. 2342, Nr. 50. Seine beiden Söhne, Q. u. D.,
nennt Cic. Brut. 46, 169: vicini et familiäres mei, non tara in dicendo ad-
mirabiles quam docti et graccis littcris et latinis.
2. Donats Zusatz zu Snetons Leben des Terenz: quos Terentios poctas
fuisse scribit Metius (Maecius), quorum alter Fregellanus fuerit Terentius
Libo, der andere der Komiker.
3. Gell. XV, 24, 1: Sedigitus (im ind. capp.: Volcatius Sedigitus), in
libro quem scripsit de poetis, quid de bis sentiat qui comoedias fecerunt
et quem ex^ omnibns pracstare ceteris putet ac deinoeps quo quomque in
loco et honore ponat bis versibus suis demonstrat. Folgen 13 iambische
Senare, worin zehn Palliatendichter in einer überaus wunderlichen Location
aufgezählt werden; s. oben 15, 3. Ist bei Suet. vit. Terent. p. 294 Roth
= p. 33 Rffsch. die Reihenfolge Porcius (Licinus), Afranius, Volcatius,
Cicero, Caesar die chronologische, wie wahrscheinlich, so wird Volcatius
nach der Mitte des 7. Jahrh. geblüht haben. Doch scheint der Zeit-
genosse des Cicero, P. Nigidius Figulus, jene Verse bereits in eines seiner
Werke aufgenommen zu haben, da dieselben in Hdss. des Plautus dem
Nigidius zugeschrieben werden; Ritschi, Parerga S. 65 f. 240 f. M. Hertz j
de Nig. Fig. p. 47—49. Drei andere Senare von ihm über Terenz bei
Sueton. V. Ter. p. 294, 4 ff. Roth = p. 32, 10 ff. Rffsch. mit Ritschi
p. 517 f. Er scheint hienach das Leben und die Schriften der betr. Dichter
kurz behandelt und eine Art ästhetischer Würdigung derselben gegeben zu
haben. Ueber die Zeit der ]3alliata scheint er aber nicht herabgestiegen zu
sein, und auch darum ist nicht rathsam ihn in die ciceronische Zeit hinein-
zurücken.
136. Nach der Mitte des siebenten Jahrh. d. St. blühten 125
auch die beiden Dichter welche die Atellane aus einem Volks-
spiel zu einem Zweige der komischen Literatur machten, Novius
und L. Pomponius aus Bononia, Letzterer, wie es scheint,
der originellere und noch fruchtbarere. Beider Ueberreste lassen
in tiefen Sittenverfall auch bei den niederen Volksclassen
hineinblicken.
1. Macrob. S. I, 10, 3: Novius, Atellanarum probatissimus scriptor, und:
post Novium et Pomponium (oben 10, 2). Dieselbe Ordnung bei Fronte
(oben 130, 3). Vorname unbekannt : häufig Verwechslung mit Naevius. No-
vianae Atellaniolae excerpiert von M. Aurelius nach Fronto £p. II, 10. p. 34
Naber. Ueberreste (43 Titel) bei Munk, fab. Atell. p. 166 vgl. p. 117 iF.
Ribbeck, com. p. 216—230.
2. Stoffe des Novius: personae oscae (Duo Dossenni; Maccus copo,
exsul; Mania medica; Pappus praeteritus) , Stände und Gre werbe (Agricola,
Bubulcus, Ficitor, Vindemiatores ; Bubulcus cerdo, Fullones; Milites, Optio,
206 Siebentes Jahrhundert d. St.
Hetaera), Landstädter (Milites Pometinenses) , Literarisches (v. 5. 26. 38.
67. 116, vielleicht auch eine Travestie Phoenissae), parodisch Mythologi-
sches (Hercules coactor). Scheinbar in der Weise der alten PaUiata sind die
Titel Dotata, Gallinaria, Lignaria, Tabellaria, Togularia, in der der neuen
Paediun^. Bemerkenswerth auch Mortis et vitae iudicium; Malivoli,
Parcus, Surdus.
3. Die possenhafte Haltung und die ObscÖnitäten, die Häufigkeit der
Alliteration und volksmässigen Formen und Constructionen, aber auch die
Versmasse hat Novius mit Pomponius gemein. Dem Novius eigenthümlich
ist vielleicht die verhältnissmässige Häufigkeit von Bildern aus dem Einder-
leben (v. 41. 62. 65).
4. Hieron. zu Euseb. Chr. ad a. Abr. 1928 = J. 665 d. St.: L. Pom-
ponius Bononiensis, Atellanarum scriptor, clarus habetur. Vellej. 11, 9, 6:
sane non ignoremus eadem aetate (wie Valenus Antias u. A.) fuisse Pom-
ponium, sensibus celebrem, verbis rüdem et novitate inventi a se operis
commendabilem. Vgl. Schober, de loco Yellei, Neisse 1831. 4. Macrob.
Sat. VI, 9, 4: Pomponius, egregius Atellanarum poeta. Vgl. Fronto ad
M. Caes. IV, 3. p. 95 Mai. = 62 Naber (s. oben 130, 3). Sen. Contfov. VIT,
18, 9. p. 206, 21 f. Bu.: auctorem huius viti quod ex captione unius verbi
plura significantis nascitur aiebat (Cassius Severus) Pomponium Atella-
narum scriptorem fuisse. E. Munk, de L. Pomponio Bononiensi Atella-
narum poeta, Glogau 1826. 8. und de fab. Atell. (Lips. 1840) p. 93 ff. Th.
Ladewig in Pauly's Real-Enc. V. S. 1876 f. Seine Ueberreste bei Munk,
fab. At. p. 135 — 164. Ribbeck com. p. 191 — 215. Zu den 65 dort aufge-
führten kommt auch noch Dotalis, s. L. Müller, metr. lat. p. 429.
5. Stoffe ausser den oskischen Figuren (Bucco auctoratus, adoptatus;
hirnea Pappi, Pappus agricola, praeteritus, sponsa Pappi; Maccus, Macci
gemini, Maccus miles, Sequester, virgo) besonders Stände (Rustici, FuUones,
Leno, Pictores, Piscatores, Pistor, Praeco, Medicus, Aeditumus, Aruspex,
Augur u. A.), Stammesunterschiede (Campani, Galli Transalpini), Politi-
sches (Petitor, Pappus praeteritus, Praefectus morum). Literarisches (Phi-
loBophia; vgl. v. 83. 138. 181), auch Mythologisches (Agamemno suppositus,
Marsya, wohl auch Atalanta, Sisyphos, Ariadne, Vahlen im Bhein. Mus.
XVI. S. 473 f., und vielleicht Atreus). Manche Titel klingen wie von
Palliaten (Adelphi, Synephebi, Syri, Dotata). Persönliche Anspielungen
v. 15. Erotische Verwicklungen derbster Art, wie Verkleidung als Mäd-
chen, V. 57 ff. 67 f.; Maccus Virgo; Nuptiae; Prostibulum. Zahlreiche
ObscÖnitäten und sonstiger Schmutz; Wortwitze, sehr häufige Alliteration;
Sprüchwörtliches und anderes Volksmässige. Versmasse: iambische Senare
und Septenare, trochäische Septenare, auch (v. 164 f.) Eretiker.
126 136. Inschriften in gebundener Form aus dem siebenten
Jahrh. gibt es thieils im satumischen Masse theils im volks-
mässig gehandhabten Hexameter oder in anderen griechischen
Metren, besonders dem iambischen Senar.
1. Im Saturnius: der titulus Mummianus vom J. 609 (C, I. lat. I, 541.
p. 150 f. vgl. oben 60, 8), die Grabschrift des Maarcus Caicilius (ib. 1006,
135 ff. L. Pomponius. Inachriften in gebundener Form. 207
p. 218), die Inschrift von Sora (ib. 1176, p. 240; vgl. oben 60, 9. 114, 1),
wie auch die Grabschrift der Atistia (ib. 1016, p. 222) wohl so gemeint
ist, sowie vielleicht ib. 1080: amä.nti88ima suis, fide maxsuma, pia.
2. Im populären Hexameter: der titulus Mummianus im C. I. lat. I,
542. p. 151 f., sowie die sortes Praenestinae (ib. 1438 — 1454, p. 268—270).
Ausserdem die Grabschrift des Cn. Taracius (ib. 1202, p. 244) und des
Protogenes (ib. 1297, p. 253). Ein daktylischer Oktometer ib. 1480, p. 273.
Auch Nr. 1038 lässt daktylisches Mass erkennen. lamben und Hexameter
in Nr. 1019; Distichen Nr. 1011 und 1220, sowie von den Scipionengrab-
schriften Nr. 38 (p. 21).
3. Im iambischen Masse gehalten sind von den Inschriften des C. I.
lat. Nr. 1007—1010. 1012. 1027. 1059? 1267? 1273. 1306. 1431. 1479; tro-
chäisch wohl ib. 1459; s. L. Müller in Fleckeisens Jahrb. 97, S. 214 A.
Die Inschrift auf dem Denkmal Marcei Yergilei Eurysacis pistoris redem-
ptoris und seiner Gattin Atistia (C. I. lat. I, 1014—1018, p. 222 f.), aus der
augusteischen Zeit, hat eine Art rhythmischer Prosa.
n. Prosaisten«
137. Die beiden ersten Jahrzehnte des siebenten Jahrh.i27
(600 — 620 d. St.) waren für Rom ausgefüllt durch Kriege, ins-
besondere den lusitanischen (601 — 620; Viriathus) und den nu-
mantinischen (611 — 621), in deren schmachvoller Führung sich
bereits die Folgen des J. 608 = 146 (Karthaga, Korinth) zeigen.
Die literarische Thätigkeit war daher in dieser Zeit sehr unter-
geordnet. Redner haben diese beiden Jahrzehnte an dem
• jüngeren Africanus und dessen Bruder Fabius Aemilianus, sowie
dem jüngeren Laelius, an Sulpicius Galba, M. Lepidus, Furius
Philus, Q. Metellus Macedonicus, auch den beiden Mummii.
1. P. Cornelius Scipio Aemilianus, geb. 570 (Liv. XLIV, 44, 3), Cos.
607 und 620, Censor 612, f 625; vgl. C. Krafft in Pauly's Real-Enc. II.
S. 662 — 666. Cic. Brut. 21, 82: C. Laelius et P. Africanus in primis elo-
quentes, quorum exstant orationes. Lael. 25, 96: quanta üla (Scipionis)
fuit gravitas^ quanta in oratione niaiestas! . . sed . . est in manibus oratio.
Vgl. p. Mur. 28, 58. de inv. I, 4, 5. de or. I, 49, 216. Brut. 74, 258. off. I,
32, 116. Scipionis oratiunculae excerpiert von M. Aurelius, nach Fronto
Ep. II, 10. p. 34 N. Unter den üeberreste^ seiner Beden (Meyer ed. I.
p. 101 — 106) sind zwei etwas umfangreichere, bei Gell. VI (VII), 11, 9.
Macrob. (II, 10 =) III, 14, 7. Die meisten geissein in schneidender Weise
die einreissende Verweichlichung der Sitten. Art des Vortrags s. Cic. de
or. I, 60, 255: multi oratores fuerunt, ut illum Scipionem audimus et Lac-
.lium, qui omnia sermone (Gesprächston) conficerent pauUo intentiore. —
Allgemeine Bildung des Africanus. Cic. Tusc. I, 3, ö: Galbam, Africanmn,
Laelium doctos fuissc traditum est. II, 26, 62: semper Africanus Socrati-
cum Xenophontem in manibus habebat. Insbesondere die Kvqov naidfCcc^
208 Siebentes Jahrhundert d. St.
Cic. ad Q. fr. I, 1, 8, 23. (Sokratische) Ironie hatte ihm C. Fannius in
AnnaJibus zugeschrieben; vgl. 142, 4. Cic. Acad. II, 5, 15. de or. II,
67, 270. Brut. 87, 299. ÜAgang mit Polybioß (Polyb. XXXII, 9 f.) und
Panaitios (Cic. Acad. II, 2, 5. pro Murena 31, 66. vgl. de or. II, 37, 154.
Vellej. Pat. I, 13, 3). Freundschaft mit G. Laeliua (z. B. Cic. de or. II,
6, 22. Hör. S. II, 1, 71 ff.), Terenz (oben 107, 5) und dem jungen Lucilins
(oben 182, 1 u. .3).
2. Q. Fabius Maximus Aemilianus, alterer (Polyb. XXXII, 9 f. Cic.
Lael. 19, 69) Bruder des Scipio Africanus; Cos. 609; s. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 2914, Nr. 44. Geistig weit weniger bedeutend als sein
jüngerer Bruder (Cic. 1. 1.), spielte er auch eine wenig hervorragende Rolle.
Er hielt die Leichenrede auf (den Jüngern) Africanus (Cic. pro Mur. 36, 76),
welche C. Laelius verfasst hatte und npäter unter seinem eigenen Namen her-
ausgab; s. Schol. Bob. zu Cic. p. Mil. 7, 2. p. 283 Or.: super Africani laudi-
bus exstat oratio C. Laeli Sapientis, qua usus videtur Qu. Fabius Maximus
in laudatione mortui Scipionis. Vgl. Cic. de or. 11, 84, 341: Q. Tuberoni
Africanum avunculum laudanti scripsit C. Laelius.
3. G. Laelius (Sapiens), Sohn des Gleichnamigen (oben 122, 5), etwas
älter als sein Freund Scipio Aemilianus (Cic. de rep. I, 12, 18); Cos. 614;
8. H. Hanna, de C. Laelio Sapiente, Lugd. B. 1832. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. IV. S. 725—727, Nr. 2. — Cic. Brut. 21, 84: ingeni, litterarum,
eloquentiae, sapientiae denique, etsi utrique (dem Africanus und dem Lae-
lius) primas, priores tarnen lubenter deferunt Laelio. Vgl. ib. 82 (oben
A. 1) und de or. I, 60, 255. Brut. 21, 83: plurimum tribuitur ambobus,
dicendi tamen laus est in Laelio illustrier, at oratio Laelii de collegiis non
melior quam de multis quam voles Scipionis; . . multo tamen vetustior
et horridior ille quam Scipio. de or. I, 13, 58: Ser. Galbae et . . C. Lae-
lio, quos constat dicendi gloria praestitisse. Brut. 24, 94: hanc ob causam
(weil Laelius limatius dicendi consectabatur genus) videtur Laeli mens spi-
rare etiam in scriptis (orationibus) , Galbae autem vis occidisse. 86, 295:
de Laelio, cuius tu oratione negas fieri quidquam posse dulcius, addis etiam
nescio quid augustius. nomine nos capis summi viri vitaeque elegantissimae
verissimis laudibus. Vgl. de rep. VI, 2, 2 (Laelii oratio exstat). N. D. III,
17, 43 (in illa aureola oratiuncula). Anklagereden von Laelius kennen wir
nicht, wohl aber politische, Vertheidigungen und Lobreden (s. A. 2). Vgl.
H. Meyer, orat. fragm. p. 96 — 100 ed. 1. — Cic. ad Att. VII, 3, 10:
Terentii fabulae propter elegantiam sermonis putabantur a C. Laelio scribi;
vgl. oben 107, 5. Fin. 11, 8, 24: Diogenem stoicum adulescens, post autem
Panaetium audierat Laelius.. Von seiner Vorliebe für Philosophie aotpos
(Lucil. ib.), Sapiens genannt (Brut. 58, 213. oflf. II, 11, 40. III, 4, 16). Anti-
pater widmete ihm sein Geschichtswerk (orat. 69, 230).
4. Ser, Sülpicius Galba, geb. um 565 (aetate paulum his — dem Lae-
lius und Jüngern Africanus — antecedens heisst er bei Cic. Brut. 21, 82),
J. 605 wegen einer Handlung schmählicher Treulosigkeit die er 604 als
Proprätor in Lusitanien begangen angeklagt und nur durch künstliche
Mittel freigesprochen; trotzdem Cos. 610. Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-
Enc. VI, 2. S. 1494 f. Nr. 31. Als Redner war er nach Cic. Brut. 21, 82
137. Prosaisten J. 600- 620. Redner. 209
der erste ROmer welcher künstliche Figuren anwandte (ut egrederetur a
proposito ornandi causa, . . ut communibus locis uteretur), wohl um die
Schlechtigkeit der Sache zuzudecken. Dagegen war er, der divinus homo
in dicendo, ignarus legum, haesitans in maiorum institutis, rudis in iure
civili (Cic. de or. I, 10, 40). Sein Vortrag zeichnete sich aus durch grosse
Lebhaftigkeit (in agendo . . vehemens atque incensus, Brut. 22, 88; inci-
tata et gravis et vehemens oratio, ib. 24, 93; latenbus et clamore con-
tendebat, de or. I, 60, 255; nihil leniter dixit, or. 30, 106; vgl. Brut. 22,86:
atrocior acriorque Laelio; 23, 89: elegantia in Laelio, vis in Galba; de
or. III^ 7, 28: gravitatem Africanus, lenitatem Laelius, asperitatem Galba,
profluens quidquam habuit Carbo et canorum), daher seine Beden ge-
schrieben minderen Eindruck machten (Brut. 24, 93 f.). Auch war sein
sprachlicher Ausdruck minder gefeilt (exiliores orationes sunt et redolentes
magis antiquitatem quam aut Laelii aut Scipionis aut etiam ipsius Catonis;
itaque evanuerunt, vix iam ut appareant, Brut. 21, 82 vgl. ib. 86, 295.
Tac. dial. 18).
5. M. Aemilius Lepidus, qui est Porcina dictus (Cic. Brut. 25, 95),
Cos. 617; 8. W. TeuflPel in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 357, Nr. 8. Cic. 1. 1.:
isdem temporibus fere quibus Galba, sed paulo minor natu, et summus
orator est habitus et fuit, ut apparet ex orationibus, scriptor sane bonus.
Vgl. ib. 86, 295. 97, 333. Doch theilte auch er Galba's Unkenntniss des
Rechts (de or. I, 10, 40). Aemilius Porcina orator, in oratione uti lex
Aemilia abrogetur, Priscian. IX. p. 474, 20 f. Htz.
6. L. Purins Philus (Cos. 618) perbene latine loqui putabatur littera-
tiusque quam ceteri, Cic. Brut. 28, 108. Freund des Jüngern Africanus;
Umgang mit gelehrten Griechen (de or. II, 37, 164). Unter den durch die
Stoa angeregten und praktisch Weisen (sapientes) neben Cato und Laelius
aufgefOlhrt de leg. agr. II, 24, 64 vgl. de or. II, 37, 154. p. Mur. 31, 66.
de rep. III, 3, 5. Vielleicht (M. Hertz in Fleekeisens Jahrbb. 85, S. 64)
war er Verfasser einer Schrift aus dem Sacralrecht und bezieht sich auf
ihn Macrob. S. III, 9, 6 ff.: carmen (quo di evocantur) quod ille (Samoni-
cus Serenus) se in cuiusdam Furii vetustissimo libro repperisse pro-
fessus est.
7. Q. Caecilius Metellus Macedonicus, Cos. 611, Censor 623, f 639;
politischer Gegner des jungem Africanus; s. A. Haakh in Pauly's Real-
Enc. II. S. 23 f. Nr. 6. Cic. Brut. 21, 81: Q. Metellus . . in primis est
habitus eloquens . . cuius et aliae sunt orationes et contra Ti. Gracchum
exposita est in C. Fanni annalibus.
8. Cic. Brut. 25, 94: fuerunt etiam in oratorum numero mediocrium
L. et Sp. Mummii fratres, quorum exstant amborum orationes; simplex
quidem Lucius et antiquus, Spurius autem nihilo ille quidem omatior, sed
tamen astrictior; fuit enim doctus ex disciplina Stoicomm. Lucius ist der
Cos. 608 und Zerstörer Korinths; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V.
S. 199—202, Nr. 3. Sein jüngerer Bruder Spurius begleitete ihn als Legat
nach Achaja und schrieb epistolas versiculis facetis ad familiäres missas a
Corintho (Cic. ad Att. XIII, 6, 4). Vgl. oben 26, 1. W. Teuffei a. a. O.
S. 202, Nr. 4.
Teuffel, Böm. liiteraturgoBchichte. 2. Aufl. 14
2 1 0 Siebentes Jahrhundert d. St.
9. Cic. Brut. 26, 94: multae sunt 8p. (Postumii) Albini (Coa. 606) ora-
tiones. — Andere s. 138, 2. 4. 139, 4 u. 5.
128 138. Die Geschichtschreiber in dem ersten Fünftel des
siebenten Jahrh. d. St. halten sich noch an die Weise der altern
Annalisten, schreiben aber nach Cato's Vorgange alle lateinisch.
Der früheste unter ihnen ist Cassius Hemina, der bedeutendste
L. Calpumius Piso Frugi; beide beginnen mit der Entstehung
Roms und schliessen mit der eigenen Zeit. Ausserdem gehören
dazu Fabius Maximus Servilianus und vielleicht L. Scribonius
Libo. Ueber naturhistorische Gegenstände schrieben Trebius
Niger, sowie (wohl etwas später) der Spanier Turranius Gracilis.
1. Censorin. d. n. 17, 11 (über die vierten Säcularspiele) : at Piso cei^-
soriuB etCn. Gellius, sed et Cassius Hemina, qui illo tempore vivebat, post
annum factos tertium adfirmant, nämlich im J. 608 d. St. Yetustissimus
auctor annalium heisst Cass. bei Plin. N. H. XIII, 27, 84. vgl. XXIX, G:
Cassius Hemina ex antiquissimis auctor est. L. Cassius Emina bei Prisciaii.
IX. p. 482, 15 H. Das Citat Cassius Hemina de censoribus libr. II (bei
Nonius p. 346, 22) hat nichts Unglaubliches (Hertz, de bist. 1871, p. 2 f.).
Von dem Geschichtswerk des Cass. H., das bald Annales bald (ungenau)
Historiae genannt wird, werden vier Bücher angeführt. Die Urgeschichte
war ausführlich behandelt und auch auf andere Städte Italiens erstreckt.
Das vierte Buch hatte den Titel bellum punicum posterior (d. h. posterios) ;
das dritte Buch behandelte also wohl den ersten punischen Krieg, während
das zweite die röm. Geschichte bis zum ersten pun. Kriege kurz zusammen-
gefasst haben wird (Vahlen Enn. p. LI not.). Da Plinius in seinem
Quellenverzeichniss ihn zu B. XII (arborum naturae), XIY (de peregrinis
arboribus et unguentis), XXXII (Heilmittel) mit auiTührt, so scheint er
auch Curiositäten mitbehandelt zu haben. Ebenso Kirchliches und Staats-
rechtliches, sowie Versuche zu etymologisieren. Die Ueberreste von ihm,
die sich theilweise gegen andere Cassk schwer abgrenzen lassen, bei Krause
p. 166—166, C. L. Roth (1862) p. 288—295, J. E. Schmitter (Cassii He-
minae annalium fragmenta emendata etc., Düsseldorf 1861), zuletzt H.
Peter, bist. I. p. 96—108. Ueber ihn Schwegler B. G. I. S. 87 f. Gerlach,
(^eschichtfichr. S. 69 f. H. Peter, bist. I. p. CLXVIII— CLXXVII.
2. L. Scribonius Libo, Volkstribun J. 605. Cic. Brut. 23, 90: Libonem
)ion infantem video fuisse, ut ex orationibus eins intellegi potest. Er i^t
wohl auch gemeint ad Att. XIII, 30, 3 (in Libonis annali XIV); vgl. 32, 3.
44, 3 (Libonem mecum habeo et habueram ante Cascam).
3. Q. Fabius MaximuB Servilianus, Cos. J. 612. Macrob. I, 16, 26: FabiuB
Maximus Servilianus pontifex in libro XII negat oportere atro die paren-
tare. Möglicher Weise Verwechslung mit Ser. Fabius Pictor (139, 3).
Öchol. Veron. zu Georg. EI, 7: . . Servilianus historiarum scriptor. Serv.
zur Aen. I, 3: Fabius Maximus annalium primo. Dionys. Ant. I, 7: äg ot
n^og ammv iitccLVOVfievoi 'Pa)fuxi<ov avviyi^oLtpav ^ TIoQmog rf Kaxfov «al
138. ProBaisten der J. 600—620 d. St. Piso Frugi u. A. 211
0dßios Md^niog %al OvccliQLog 6 'Avxuvq u. b. w. Da Polyb. III, 8 ausser
FabiuB Pictor noch keinen Geschichtschreiber der gens Fabia zu kennen
scheint, so wird Servilianus mit seinen Aufzeichnungen erst in späteren
Jahren begonnen haben. W. Harless, de Fabiis p. 37—44. vgl. ib. p. 3.
H. Peter, bist. I. p. CLXXXH-CLXXXIV u. 114 f.
4. L. Oalpumius Piso Frugi, trib. pl. 606, Cos. 621, Censor wahr-
scheinlich 634 (censoriuB, A. 1. Plin. N. .H. XIII, 13 vgl. Tliatov Asvxiog o
rifiriTt%6g bei Dionys. Ant. II, 38. 39. XII fr.), Gegner der Gracchen. Sein
Geschichtswerk begann mit Aeneas und reichte im siebenten Buche min-
destens bis J. 608 d. St. (Censorin. 17, 13: Piso, in cuius annali septimo
scriptum est sie etc.). Als Titel gewöhnlich Annales angegeben; nur dass
Plin. 1. 1. sagt: L. Piso censorius primo commentariorum ; daher 0. Jahn
(Berichte der sächs. G. d. W. 1848, S. 429 f.) und Plüss, de Cinc. p. 28,
not. 83 (auch bei Dionysios) einen zweiten Piso, M. Hertz (philologisch -
klinischer Streifzug, 1849, S. 15 — 19) wenigstens eine zweite Schrift dieses
Piso (antiquarischen Inhalts) unterscheidet; vgl. dagegen H. Peter, bist. T.
p. CXCIII f. An Wahrheitsliebe fehlte es dem Piso gewiss nicht (gravis
auctor nennt ihn Plinius, N. H. II, 63, 140), und die Anführungen des-
selben, die besonders in den zwei ersten Büchern des Livius und bei Dio-
nysios häufig sind, verrathen zwar nicht immer guten Geschmack, im
Ganzen aber einen schlichten, nüchternen, treuherzigen Sinn, auch einen
Anflug von Bationalismus, der dem Eomanüker Niebuhr so antipathisch
war. Ueber die Darstellung des Piso urteilt Cicero, vbm Standpunkte des
Stilisten, ungünstig; Gellius, als Bewunderer alles Alterthümlichen, findet
das einfache Nebeneinander seiner Sätze reizend. Brut. 27, 106: Piso et
causas egit et multarum legum aut auctor aut dissuasor fuit, isque et ora-
tiones reliquit, quae iam evanuerunt, et annales sane eziliter scriptos. Vgl.
de leg. I, 2, 6. de or. II, 12, 61 ff. oben 37, 6. Dagegen Gellius VII (VI),
9, 1: res perquam pure et venuste narrata a Pisone. XI, 14, 1: simpli-
cissima suavitate et rei et orationis L. Piso Frugi usus est in primo annali.
Seine beiden Beispiele zeigen dass Piso sich in anekdotenhaftes Detail
einliess; auch fuhrt ihn Plinius als Quelle an zu Buch XII bis XVIII (Bäume),
XXVIII u. XXIX (medicinae), XXXIIl f. (MetaUe), XXXVI (Steine). Vgl.
A. 1. Seine üeberreste bei Krause p. 139 ff., C. L. Roth p. 295—304, und
H. Peter I. p. 118 — 137. Liebaldt, de L. Calpurnio Pisone annalium scriptore,
Naumburg 1836. 4. Schwegler I. S. 88 f. Gerlach, Geschichtschr. S. 60—62.
Kieserling, rer. script. p. 30—35. H. Peter, bist. I. p. CLXXXVIII— CCI.
5. Plin. n. h. IX, 30, 48 (89): L. LucuUo proconsule Baeticae (J. 604
d. St.) comperta de polypis quae Trebius Niger e comitibus eins prodidit.
Vgl. ib. (93): ut ipsius Trebi verbis utar. ib. 25, 41 (80): Tr. N. u. X, 18,
20 (40) : Trebius auctor est. Ausser für B. IX (de aquatilium natura) wird er
auch für B. XXXII (medicinae ex aquatilibus) als Quelle genannt.
6. Plin. n. h. III. pr. 3: a vico Mellaria Hispaniae ad promunturium
Africae Album, auctore Turranio Gracile iuxta genito. Daher wird er
im Quellenverzeichniss zu B. III an erster Stelle genannt, wie auch zu B. IX
(vgl. A. 6), sowie zu B. XVIII (naturae frugum). Vgl. IX, 6, 11: Turraniuß
prodidit expulsam beluam in Gaditano litore.
212 Siebentes Jahrliundcrt ä. St.
129 139. Bedeutende Juristen haben diese zwei Jahrzehnte
an Manius Manilius, M. Junius Brutus, Ser. Fabius Pietor, und
besonders dem Consul des J. 621, P. Mucius Scaevola, einem
scharfsinnigen, jedoch mehr bedächtigen und behaglichen als
energischen Ehrenmanne, der auch die offiziellen annales ab-
schloss und in Buchform brachte. Er wie Manilius und Brutus
waren angesehene Schriftsteller in ihrem Fache, insbesondere
Manilius Verfasser von Formularen zu Eaufcontracten. Auch
des Scaevola Bruder, der Cos. 622, P. Licinius Crassus Mu-
cianus, war ein genauer Kenner des Rechts, sowie C. Marcius
Figulus.
1. M\ Manilius, Cos. 605, zum Freundeskreise des jungem Africanus
gehörig; s. L. Bröcker in Pauly'a Real-Enc. IV. S. 1481 f. Nr. 4. — Pompon.
Dig. I, 2, 2j 39: post hos (Cato und sein Sohn) fuerunt F. Mucius et Bru-
tus et Manilius, qui fundaverunt ins civile. ex bis . . libellos reliquit . .
Manilius tres. et exstant volumina scripta, Manilii monunienta. Cic. de or.
I, 58, 246: Manilianas venalium vendendorum leges ediscere. Varro R. K.
II, 3, 5: Manilius scriptxun reliquit (Sponaionsformel über den Kauf von
Ziegen) sie. ib. 5, 11: paulo verbosius haec (Stipulationsform) qui Manilii
actiones sequuntur. 7, 6: emtio equina similis fere ac boum, . . ut in
Manilii actionibus sunt perscripta. L. L. VII, 5, 106. p. 161 M.: nexum
Manilius scribit omne quod per libram et aes geritur. Bei Varro immer mit
der Var. Mamilius. Cic. iin. I, 4, 12: partus ancillae sitne in fructa habendus
disseretur inter principes civitatis, P. Scaevolam Maniumque Manilium, ab
iisque M. Brutus dissentiet, . . nosque ea scripta . . legimus libenter. ad
Fam. VII, 22: ut scires id . . Sex. Aelium, M\ Manilium, M. Brutum sen-
sisse. Vgl. ib. 8, 2. p. Caecin. 24, 69: si ut Manilius statuebat, sie est
iudicatum. Gell. XVII, 7, 3 : Q. Scaevola patrem suum et Brutum et Mani-
lium, vires adprime doctos, quaesisse ait u. s. w. Dig. XLI, 2, 3, 3:
Brutus et Manilius putant u. s. w. Als Jurist heisst er bei Cic. (rep. I,
12, 18. vgl. Brut. 28, 108) vir prudens. Brut. 28, 108: nee multo minus
(als P. Scaevola) prudenter (loqui putabatur) M\ Manilius. de or. III, 33,
133: M\ Manilium . . vidimus transverso ambulantem foro, quod erat insignc
eum qui id faceret facere civibus omnibus consilii sui copiam.
2. M. Junius Brutus, iuris peritissimus (Cic. Brut. 34, 130 vgl. 47, 175;
iuris civilis in primis peritus, Off. II, 14, 50). Pompon. 1. 1. 39 heisst er
praetorius und wird gesagt dass er septem libellos reliquit. Dagegen Cic.
de or. II, 66, 223: tres Bruti de iure civili libros tribus legendes dedit.
p. Cluent. 51, 141: tres excitavit recitatores cum singulis libris quos M.
Brutus . . de iure civili reliquit. Quintil. VI, 3, 44: tris excitavit lectores
hisque (M. Bruti) dialogos dedit legendos. Die dialogische Einkleidung
erhellt aus Cic. de or. II, 65, 224, wo es auch heisst: ex libro teiiio, in
quo finem scribendi fecit (M. Brutus); tot enim, ut audivi Scaevolam dicere,
sunt veri Bruti libri. Also waren nach Scävola die vier weiteren Bücher
Fortsetzungen des ursprünglichen Werkes durch einen Juristen des sieben-
139. Juristen der J. 600—620 d. St.. P. Scaevola ii. A. 213
tcn Jahrb. — Cic. de or. II, 33, 142: video in Catonis (des Sohnes) et inBruti
libris nominaüm fere referri quid alicui de iure yiro aut mulieri respon-
derint. Gell. VI (VII), 16, 1. XVII, 7, 3. Big. XLIX, 15, 4 (inter Brutum
et Scaevolam varie tractatum est).
3. Cic. Brut. 21, 81: Ser. Fulvius (Cos. 619) et una Ser. Fabius Pictor
et iuris et litterarum et antiquitatis bene peritus. Gell. I, 12, 14: in libro
I Fabii Pictoris quae verba pontificem maximum dicere oporteat . . scri-
ptum est. X, 15, 1: in libris qoi de sacerdotibus publicis compositi sunt,
item in Fabii Pictoris primo scriptos legimus. Non. Marc. v. picumnus
(p. 618): F. P. in iuris pontificii libr. III. Nach der Art der Nennung scheint
auch Gellius (vgl. oben 115, 7) dieses Werk de iure ponti^cio dem berühm-
ten Annalisten Fabius Pictor zugeschrieben zu haben. Vgl. H. Peter, bist. I.
p. CLXXIX— CLXXXI u. p. 111--113.
4. P. Mucius Scaevola, 6 vofjbOÖsiKTJig (Plut. Gracch. 9), Cos. 621, f um
640 (vgl. Ascon. in Milon. p. 46 Or.); s. W. Teuffei in Pauly's Real-Eno. V.
S. 181—183, Nr. 8. — Pompon. 1. 1. 39 (s. A. 1). Ist die dortige Reihen-
folge der Aufzählung (Mucius, Brutus, Manilius) nicht etwa dignitär, son-
dern wollte chronologisch sein, so würde Pomp, den Vater und den Sohn
verwechseln; s. W. Teuffei a. a. 0. S. 182 Anm. vgl. S. 180 Anm. Ausser-
dem Pomp. 1. 1.: ex his P. Mucius etiam decem libellos reliquit. . . illi duo
(Manilius u. P. Mucius) consulares fuerunt, P. autem Mucius etiam ponti-
fex maximus. Letzteres war er mindestens seit 631 ; s. Cic. de dom. 63, 136.
Als solcher scheint er die Abfassung der offiziellen Annales durch den ponti-
fex maximus, welche durch die Privat- Annalisten überflüssig geworden, ab-
geschafft zu haben; wenigstens giengen jene (nach Cic. de or. II, 11, 52) nur
usque ad P. Mucium pontificem maximum. Gleichzeitig wird er wohl für
die Sammlung der bisher geführten annales und deren Herausgabe in Buch-
form Sorge getragen haben; s. oben 74, 2 u. 3. Mommsen, R. G. IP. S. 453.
Zusammenhang des Pontificats mit Jurisprudenz: Cic. de leg. II, 19, 47
(vgl. 21, 52): . . Scaevolae (Vater und Sohn, Letzterer Cos. 669), pontifi-
ces ambo et eidem iuris peritissimi (vgl. de leg. II, 21, 62). saepe, inqnit
P. fllius, ex patre audivi pontificem bonum neminem esse nisi qui ius ci-
vile cognosset. de or. I, 37, 170: P. Crassus, ille Dives, . . cum P. Scae-
volae frater esset, solitus est ei persaepe dicere , neque illum in iure civil!
satis facerc posse nisi dicendi copiam assumpsisset . . neque se ante cau-
sas amicorum tractare atque agere coepisse quam ius civile didicisset.
Brut. 28, 108: latine loqui putabatur . . P. Scaevola valde prudenter et
acute, paulo etiam copiosius. de or. I, 56, 240 (von Crassus): id quod
ipse diceret et in P. Mucii, fratris sui, libris et in Sex. Aelii commentariis
scriptum protulisse. Die Proben seiner Entscheidungen und Aeusserungen
die uns erhalten sind zeigen ihn eben so scharf im Definieren (Cic. Top. 4,
24. 6, 29. 8, 37. 9, 38) als stark in der Casuistik (Cic. de leg. II, 22, 57.
fin. I, 4, 12. Gell. XVII, 7, 3. Dig. XXIV, 3, 66 pr. XLIX, 15, 4. L, 7,
17. vgl. XL VII, 4, 1, 15), insbesondere auch bereits im Anleiten zu gesetz-
licher Umgehung der gesetzlichen Bestimmungen (Cic. leg. II, 21, 53).
Nur eine Parteiansicht aber war es wenn Nasica ihm den Grundsatz fiat
iustitia, pereat mundus zuschrieb (Val. Max. III, 2, 17: tum Scipio Nasica
214 Siebentes Jahrhundert d. St.
quoniam, inquit, consul, dum iuris ordinem sequitur, id agit ut cum oinni-
bU8 legibus romanum imperium corruat etc.). In seinem Umgange bildete
sich Rntilius Rufus (Cos. 649); s. unten 146, 2. Sein glänzendster Schüler
aber war sein Sohn, der Cos. 669 (unten 151, 1 ff.).
.5. P. Licinius Crassus Dives Mucianus^ leiblicher Bruder des Vorigen,
aber adoptiert von P. Crassus (Cos. 649; s. oben 122, 4); Cos. 623, f 624.
8. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1057 f. Nr. 15. — Gell. I, 13, 10: is
Crassus . . traditur habuipse quinque rerum bonarum maxima et praecipua:
quod esset ditissimus, quod nobilissimus, quod eloquentissimus, quod iuris-
consultissimus , quod pontifez maximus. Cic. de or. I, 60, 216: P. Crassus
idem fuit eloquens et iuris peritus (ebenso Brut. 33, 127. Cato mal. 14,
50). Ib. 66, 240: fuit Crassus in numero disertorum, sed par Galbae (oben
137, 4) nuUo modo. ib. 37, 170 (s. A. 4). Brut. 26, 98: P. Crassum valde
probatum oratorem . . accepimus, qui et ingenio valuit et studio et habuit
quasdam etiam domesticas disciplinas. nam . . cum esset P. Muci (Cos.
579) filius fratremque haberet P. Scaevolam (s. A. 4) domi ins civile cogno-
verat. in eo industriam constat summam fuisse maximamque gratiam, cum
et consuleretur plurimum et diceret. Unter den Juristen nennt ihn, aber mit
dem Vornamen L. (wohl durch Verwechslung mit dem Redner L. Crassus,
unten 149, 3 f.) und an unrechter Stelle (nach Sex. Pompejus u. A.) , Pompon.
Dig. I, 2, 2, 40: L. Crassus, frater P. Mucii (des Cos. 621, s. A. 4), qui Mu-
eianus dictus est. Ausserdem s. Val. Max. VIII, 7, 6: P. Crassus, cum in
Asiam ad Aristonicum regem debellandum consul venisset, tanta cura grac-
cac linguae notitiam comprehendit ut eam in quinque divisam genera (d. h.
Dialekte) . . penitus cognosceret. Natürlich verstand er das Griechische
schon vorher vollständig.
6. Valer. Max. IX, 3, 2: G. Figulum mansuetissimum , pacato iuris
iudicio (studio?) celeberrimum , Sohn des Cos. 592 und 598, aber selbst
nicht zum Consulat gelangt; daher die ärgerliche Frage an seine consul-
tores: an vos consulere scitis, consulem facere nescitis?
130 140. Die Zeit der Gracchen (J. 620 — 635 d. St.) "war
eine Periode innerer Stürme, die den Staat in seinen Grund-
festen erschütterten. In diesen leidenschaftlichen Parteikämpfen
war die Rede eine mächtige WaflFe, obwohl sie gegen brutale
Gewalt nichts ausrichtete. Am gewaltigsten handhabte die Rede
in dieser Zeit der jüngere Gracchus (J. 600 — 633 d. St.), Die
zündende Energie seiner Beredtsamkeit tritt uns aus den weni-
gen Proben die wir von ihr besitzen noch ergreifend entgegen.
Wie überhaupt so auch als Redner viel weniger bedeutend war
des Caius älterer Bruder, Tiberius (J. 591 — 621 d. St.).
1. Personalien und Literatur. Tiberius Sempronius Gracchus, geb. 591
oder 592 d. St., Quästor des Cos. Hostilius Mancinus im numantinischen
Kriege (J. 617 = 137), Volkstribun 621 = 133, als welcher er, ungeduldig
über den Widerstand welchen er bei seinen wohlgemeinten Vorschlägen
140. Prosaisten J. 620— -636: die Graccheß. 215
fand, bald aus der gesetzlichen Bahn gerieth und von dem Pontifex maxi-
mus P. Nasica erschlagen wurde {ovnm TQux%ovra yeyovmg, Plut. C. Gracch.
1). Cajus war neun Jahre jünger (Plut. Ti. Gr. 3. C. Gr. 1), somit 600
oder 601 geboren, 621 ff. triumvir agris dividundis, 628 f. Quästor des Cos.
Aurelius Orestes in Sardinien, Volkstribun 631(123) — 633(121), in welchem
letztem Jahre er dem Cos. L. Opimius erlag. A. Haakh in Pauly's Real-
Enc. VI, 1. S. 983—987. Dieckmann, die beiden Gracchen, Hanover 1851.
Th. Lau, die Gracchen und ihre Zeit^ Hamburg 1854. 287 S. 8. J. Sörgel,
deTi.etC. Gracchis, T. Erlangen 1860. 24 pp. 4. II. Erlangen 1868. 21 pp. 4.
III. Erlangen 1866. 24 pp. 4. A. G. G. Lundenius, de Ti. Sempronio
Graccho, Helsingfors 1850. 159 pp. 8. A. G. Kok, quo anno aetatis Ti.
Gracchus quaestor fuerit, in seinen Quaestiones Plutarcheae, Lugd. Bat 1863.
2. Gemeinsames und Vergleichung Beider. Plut. Ti. Gr. 2: Idia n^oa-
(onov wxl ßliiJLiLcczi %cci %ivrj(Utti. n^aog xal %aTttütrj(i€Ctiii6s ^v o Tcßigiog,
fvtovog dl Tuxl aq>o9Q6g 6 Fatog. . . 6 Xoyog tov fihv Fcctov q>oßsif6g hccI
nBQinad"rig slg Ssivmaiv, rjÖicav 6* o tov TißsQ^ov xal (läXXov inaymyog
oFutov. t^ dh li^si na&aQog tukI dianenovrifiivog dnQißäg i%sivog, 6 äh
Fcctav ntd'avog xal ysyav<oiiivog. re» 6' tj^bl . . o fiBv inismiig xofl ngSiog,
b de tQaxvg xal ^fiofirdv^g. Mag hier der Unterschied allzusehr geschärft
sein, so war doch jedenfalls Cajus der lebhaftere und durch die Erfahrun-
gen seines Bruders verbittert. Liv. LX: G. Gracchus . . eloquentior quam
frater. Dio fr. 85 Bk.: 6 FQixTixog trjv fihv yvcifiriv ofLoiav xA dSsltp^ bI%bv . .
T^ d^ noLQuayLBv^ t(ov Xoytov noXv avtov nqoBtpB^Bv. Yellej. II, 6, 1: ingenio
eloquentiaque longe praestantior. Cic. Brut. 97, 333 : Gracchi in contionibus
multo faciliore et liberiore genere dicendi (usi sunt quam superiores). Plin.
N. H. XIII, 26: longinqua monumenta Tiberii Caique Gracchorum manus,
quae apud Pomponium Secundum . . vidi.
3. Tiberius. Cic. Brut. 27, 103: foit uterque (Carbo und Tib.) sum-
mus orator. 104: et Carbonis et Gracchi habemus orationes nondum satis
splendidas verbis, sed acutas prudentiaeque plenissumas. fuit Gracchus . .
graecis litteris eruditus. nam semper habuit exquisitos e Graecia magistros,
in eis iam adolescens Diophanen Mytilenaeum (vgl. Plut. Ti. 8. 20), Grae-
ciae temporibus Ulis disertissumum. de harusp. resp. 19, 41: Ti. Gracchus
convellit statum civitatis: qua gravitate vir, qua eloquentia, qua dignitate!
Appian. b. c. I, 9: TißsQiog 2BfiitQoivLog r^daxog, dviiQ litifpavrig %aX Xayi,-
itQog ig <piXoTifiiav , bIubiv tb dwardrccTog. Dass seine Stellung zum nu-
mantinischen Vertrag in den Bhetorschulen frühzeitig ausgebeutet wurde
zeigt Quintil. VII, 4, 13: interdum culpa in hominem relegatur: ut si
Gracchus reus foederis numantini . . missum se ab imperatore suo diceret.
Martian. Cap. V. p. 149, 18 ff. Eyss.: remotio est cum obiectum crimen
in alterum vel in aliud . . removetur. in alium, ut Ti. Gracchus in Man-
cinum, qui auctor faciendi foederis foit. Man kann daher auch zweifelhaft
sein ob das was Plutarch (Ti. Gr. 9. 15) und Appian (b. c. I, 9), Ersterer
(c. 15) als Probe der ni%'CLv6trig und nvnvotrig tov dvö^og, den Tib. zur
Begründung seiner Anträge sprechen lassen wirklich aus Beden desselben
geschöpft ist oder Ausmalung von Bhetoren und rhetorisierenden Histori-
kern (wie FanniuB oder Livius). Die Quelle des Plutarch scheint wirklich
216 Siebentes Jahrhundert d. St.
Proben ans den Reden wenigstens des Cajus gegeben zu haben; vgl. C. (>r.
4 eztr.: toiavtrj (isv rj niTiQ^a rmv Xoytov rjv avtov, nal Ttollci Xaßeiv in
rav ysyifafifiivatv laxiv ofioia.
4. CaiuB. Allgemeine Charakteristik seiner Beredtsamkeit. Plut. C.
Gr. 1: tov Xoyov acnSQ mnyms^a naraCTLBvaioftsvos iitl rriv noXivBiav . .
ditidsi^s Tovg ällovg fritoQag ncciSav (infantium) firjdhv 6iaq)iQ0VTag.
3: la%v<ßv tm XsyBiv ag aXXog ovSsig. 4: r^v de xorl fifyaXoqxovozatog ntti
QmfiaXscrcatog iv tc9 Xiyeiv. Vgl. Anm. 2. Cic. de harusp. resp. 19, 41:
C. Gracchus quo ingenio, qua eloquentia, quanta vi, quanta gravitate di-
cendi! pro Font. 17, 39: exstat oratio hominis, ut opinio mea fert, nostro-
rum hominum longe ingeniosissimi atque eloquentissimi, C. Gracchi. Brut.
33, 125: vir et praestantissumo ingenio et flagranti studio et doctus a
puero, C. Gracchus, noli enim putare quemquam pleniorem aut uberiorem
ad dicendnm foisse. . . damnum illius immaturo interitu res romanae la-
tinaeque litterae fecerunt. 126: eloquentia nescio an habuisset parem ne-
minem, grandis est verbis, sapiens sententiis, genere toto gravis: manu^
extrema non accessit operibus eius; praeclare incohata multa, perfecta non
plane. Tac. dial. 18 : Catoni seni comparatus C. Gracchus plenior et uberior.
26: malim C. Gracchi impetum. In der Zeit des Fronto erneuerte sich
das Interesse für Gracchus. Fronto Epist. p. 145 N.: tribunalia Catonis
et Gracchi et Ciceronis orationibus celebrata. p. 114: contionatur Cato
infeste, Gracchus turbulente, TuUius copiose. iam in iudiciis saevit idem
Cato, triumphat Cicero, tumultuatur Gracchus, Calvus rixatur. p. 54: ora-
tores veteres, quorum aut pauci aut praeter Catonem et Gracchum nemo
tubam infiat. Beschäftigung mit Beden des (C.) Gracchus ib. p. 56. 61.
105. Diesem neuerwachten Interesse verdanken wir die Erhaltung kost-
lieber Proben seiner Beredtsamkeit durch Gellius, bes. N. A. X, 3, 3 — 5.
XI, 10. 13, 3. XV, 12. Dio hat bereits wieder aus secundären, dem
C. Gracchus politisch abgeneigten Quellen geschöpft; s. fr. 85 Bk., wo
auch: noXXy iilv nvnvozrizi ivd'Vftrjfidtaav , noXXy Sh xal atpoSqoxTiTi ovo-
IMXxmv Inlnav idrjiirjyoQSv.
5. Art der Beredtsamkeit des C. Gracchus: Lebendigkeit des Vortrags
(Plut. C. Gr. 4; monitor zum Massigen oder Steigern der Stimme, Cic. de
or. III, 60, 225. Plut. C. Gr. 4 extr. de cohib. ira 6. vgl. Val. Max. VIII,
10, 1. Quintil. I, 10, 27. Gell. I, 11, 10 ff. Dio fr. 85 Bk.) und der Action
(Auf- und Abgehen, Entblösen des Armes, Plut. Ti. Gr. 2. Dio 1. 1.). Cic.
de or. III, 56, 214: quae sie ab illo esse acta constabat oculis, voce, gestu,
inimici ut lacrimas tenere non possent. Einschneidende Polemik gegen den
Uebermut der Oligarchie und auch einzelnen Gegnern gegenüber (Schol.
Vat. in Cic. or. p. Place. 2, 16. p. 233 Or.: gegen Piso C. Gracchi extat
oratio maledictorum magis plena quam criminum; vgl. Cic. p. Font. 17, 39).
Cic. Tusc. III, 20, 48: lege orationes Gracchi: patronum aerarii esse dices.
Wahl der treffendsten Ausdrücke, Cic. de or. I, 34, 154. — Gell. XI, 13, 2:
in eius orationis principio collocata verba sunt accuratius modulatiusque
quam veterum oratorimi consuetudo fert. Ueber seine exordia oben 43, 5.
Angebliche Benützung des Rhetors Menelaus aas Marathus, Cic. Brut. 26,
100. Die üeberreste von (17) Reden bei Meyer, or. rom. fragm. p. 116 —
128 = 227—249 ed. IL
140 f. Die Gracchen. Audere lledner der Gracchenzeit. 217
6. Cic. de divin. I, 18, 36: Ti. Gracchus P. f. . . nonne, ut C. Gracchus,
filius eius, scriptum reliquit, duobus anguibus domi conprehensis haruspices
conyocavit? Genauer ib. II, 29, 62: C. Gracchus ad M. Pomponium scripsit
duobus anguibus domi conprehensis haruspices a patre convocatos. Vgl.
Plut. Ti. Gr. 1. Die betreffende Schrift hatte also Briefform, war somit
keinenfalls eine Rede, sondern wohl eine politische Schutz- und Streit-
schrift. Auf sie kann sich daher gleichfalls beziehen Plut. Ti. Gr. 8: 6 ^
dSelqfOs ccvtov Fdiog Jtv rtt/t ßißUa) yiyi^atpsv (was dem Tib. den Anstoss
zu seinen leges agrariae gegeben habe). Vgl. H. Peter, bist. I p. CLXXXV
— CLXXXVn.
141« Von den Rednern der gracchischen Zeit standen aufisi
Seiten der Gracchen nur die Brüder Crassus (Cos. 623) und Scae-
vola (Cos. 621), des Tiberius Schwiegervater Appius Claudius
(Cos. 611), sowie M. Fulvius Flaccus (Cos. 629), C. Papirius
Carbo (Cos. 634) und' P. Decius (Prätor 639), vielleicht auch
C. Scribonius Curio (Prätor 633); auf der Gegenseite aber T.
Annius Luscus (Cos. 601), Q. Metellus (oben 137, 7), P. Nasica
(Cos. 616), L. Piso Frugi (oben 138, 4), P. Popüius (Cos. 622),
C, Fannius (Cos. 632), Q. Aelius Tubero (unten 144, 2), der
princeps senatus M. Scaurus (Cos. 639), M. Livius Drusus
(Cos. 642).
1. Cic. Acad. pr. II, 5, 13: duo sapientissimos et clarissimos fratres,
P. Crassum et P. Scaevolam (oben 139, 4 u. 5), aiunt Ti. Graccho leguni
auctores fuisse, alterum quidem palam, alterum obscurius.
2. Appi Claudi volubüis, sed paulo fervidior erat oratio, Cic. Brut. 28,
108. Ap. Claudius C. f. Polc(er) auf einem limes Gracchanus; Censor 618;
A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. IL S. 410, Nr. 26.
3. Cic. Brut. 28, 108: in aliquo numero (erant) etiam M. Fulvius
Flaccus et C. Cato . ., mediocres oratores, etsi Flacci scripta sunt, sed nt
studiosi litterarum (dilettantischer Forscher auf dem Gebiete der Literatur).
Pauly's Real-Enc. III. S. 632 vgl. 534.
4. C. Papirius C. f. Carbo, tr. pl. 623, praetor 629, Cos. 634; C. Fuchs
in Pauly^s Eeal-Enc. V. S. 1145 f. Nr. 2. Cic. Brut. 27, 104: et Carbonis . .
habemus orationes (oben 140, 3). 105: Carbo . . est in multis iudiciis cau-
sisque cognitus. hunc . . L. Gellius . . canorum oratorem et volubilem
(vgl. de or. III, 7, 28) et satis acrem atque eundem et vehementem et
valde dulcem et perfacetum (vgl. Lael. 25, 96) fuisse dicebat; addebat in-
dustrium etiam et diligentem et in ezercitationibus commentationibusque
multum operae solitum esse ponere (vgl. Quintil. X, 7, 27: C. Carbo etiam
in tabemaculo solebat hac uti exercitatione dicendi). 106: hie optimus
illis temporibus est patronus habitus. Vgl. 43, 159 u. 62, 221 (eloquentis-
sumuB homo); 27, 103 (summus orator). Seine Bildung muss aber einseitig
rednerisch gewesen sein, wenn er, wie Galba und Porcina (oben 137, 4 u. 5),
von den leges, instituta maiormn und dem ins civile wenig verstand (Cic,
218 Siebentes Jalirhandert d. St.
de or. I, 10, 40). Auch war er eben so charakterlos wie talentvoll: er, der
Genosse des C. Gracchus (Cic. Lael. 11, 39. Mil. 3, 8. Val. Max. VI, 2, 3),
vertheidigte und pries als Consnl dessen MOrder L. Opimius (Cic. de or. II,
25, 106. 39, 166. 40, 169).
5. Cic. Brut. 28, 108: Flacci (Anm. 3) aemulus P. Decius fuit, non infans
ille quidem, sed ut vita sie oratione etiam turbulentus (weil er J.' 634 den
L. Opimius belangte). Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 879, Nr. 7.
6. Cic. Brut. 20, 79: et T. Annium Luscum, Q. Fulvi collegam (im
Consulat), non indisertum dicunt fuisse. Vgl. Flut. Ti. Gr. 14: Titos ''jIv-
viog, ov% inieinrig fikv ovSh amipQmv av^Qionog, iv dl Xoyo) nsgl tag ^^mr^-
ötig xal dnoxqlcBig äfiaxog slvui donmv. Festus v. satura (p. 314, b M.):
T. Annius Luscus in ea . . quam dixit adversns Ti. Gracchum. Er ist viel-
leicht der Annius gegen welchen der ältere Cato eine Rede hielt (Festus
p. 305 M.) Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1022, Nr. 11.
7. P. Cornelius Scipio Nasica Serapio (Cos. 616). Cic. Brut. 28, 107:
Attius . . illum . . cum omnibus in rebus vehementem tum acrem aiebat
in dicendo fuisse. C. Krafft in Pauly's Real-Enc. II. S. 667 f. Nr. 13.
8. P. Popillius C. f. Laenas, Cos. 622 (vgl. C. I. lat. I, 650 f. p. 164.
A. Haakh a. a. 0. V. S. 1900 f. Nr. 10), cum civis egregius (als Verfolger
der Anhänger des Ti. Gracchus) tum^non indisertus fuit, Cic. Brut. 25, 95.
9. Cic. Brut. 26, 99: C. F annius C. f., qui consul cum Domitio fuit
(J. 632 d. St.; doch vgl. unten 142, 4), unam orationem de sociis et nomine
latino contra C. Gracchum reliquit sane et bonam et nobilem. 100: cum
FanniuB numquam sit habitus elinguis. nam et causas defensitavit et
tribunatuB eins (J. 612 oder 613), arbitrio et auctoritate P. Africani gestus,
non obscurus fuit. Stellen aus seiner Rede gegen C. Gracchus bei Cic.
de or. III, 47, 183. Jul. Victor in Halms Rhet. lat. min. p. 402. Chans. I.
p. 143, 13 K. üebrigens halten Mommsen (C. I. lat. 1. p. 158) und H. Peter
(bist. I. p. CCIII — CCV) Cicero's Unterscheidung zwischen einem Fannius
C. f. (welcher nie existiert habe) und einem Fannius M. f. (unten 142, 4)
für einen Irrthum und beziehen alle Angaben (auch Cic. de rep. I, 12, 18)
auf Fannius M. f. Vgl. ad Att. XVI, 13, 2.
10. M. Aemilius M. f. L. n. Scaurus, geboren J. 592 d. St. aus einem
vornehmen, aber verarmten Geschlechte, durch seine Energie, Gewandt-
heit und Klugheit allmählich zum Vorkämpfer der Oligarchie in der nach-
gracchischen Zeit geworden; Cos. 639 u. 647, Censor 645, seit 640 princeps
senatus, t nm 665. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 370—372.
H. Peter, bist. I. p. CCLllI — CCLX. Wie er immer auf den guten Schein
Werth leg^, so verfasste er wohl auch desshalb eine Selbstbiographie
(tres ad L. Fufidium libri scripti de vita ipsius, Cic. Brut. 29, 112 vgl.
35, 132. Plin. n. h. XXXIII, 21 und Val. Max. IV, 4, 11 nach Köchly's
Verbesserung), die aber (vielleicht eben wegen ihrer sichtlich apologeti-
schen Haltung) wenig Verbreitung fand (Cic. 1. 1.). Möglich dass Cicero's
Empfehlung (1. 1.) der Schrift um einige Jahrhunderte das Dasein fristete;
wenigstens werden seltsame Formen (wie sagittis confictus, poteratur,.
possitur) aus Scaurus de vita sua noch bis zu der Quelle von Charisius
141 f. Andere Redner der Gracchenzeit. Greschichtschreiber. 219
■
(p. 146, 36 K.: Scaums libro III) und Diomedes herab citiert (Historicormii
reliquiae von C. L. Roth p. 327 f., von H. Peter I. p. 185 f.), und nicM
nur bei Valer. Max. (TV, 4, 11) und Frontinus (Strat, IV, 3, 18) finden sich
Nachrichten daraus sondern noch bei Aurelius Victor geht das Gapitel
über Scaurus (iU. 72) mittelbar wohl auf diese Quelle zurück. Daneben
kannte Cicero Beden von ihm (Brut. 29 , 112: huius et orationes sunt), wie
es scheint sowohl gerichtliche als politische. Brut. 29, 111: in Scann ora-
tione . . gravitas summa et naturalis quaedam inerat auctoritas. . . 112:
hoc dicendi genus ad patrocinia mediocriter aptum videbatur, ad sena«
toriam vero sententiam . . vel maxime. de or. I, 49, 214: quamquam est
in dicendo minime contemnendus, prudentia tamen rerum magnarum magis
quam dicendi arte nititur (in seiner Oifentlichen Stellung).
11, M. Livius C. f. DruBus,- trib. pl. J. 632, Cos. 642; W. Teuffei in
Pauly's Real-Enc. IV. S. 1108 f., Nr. 6. Vir et oratione gravis et auctori-
tate, Cic. Brut. 28, 109 vgl. Plut. C. Gr. 8: rjd'st. xal Xoyto %al nkovxtp roig
luiUaxa tifimfLivois • • ^vdtiMog.
12. C. Scribonius Curio, Prätor 633, der erste von drei Rednern aus
der familia Curionum, in qua tres continua serie oratores ezstiterunt (Plin.
N. H. Vn, 41 vgl. Schol. Ambr. in Cic. or. in Clod. et Cur. p. 330 Or.).
de. de or. II, 23, 98 nennt ihn vel eloquentissimus temporibus illis. Ge-
nauer Brut. 32, 122: fuit . . sane illustris orator, cuius de ingenio ex ora-
tionibus eius existumari potest. sunt enim et aliae et pro Ser. Fulvio de
incestu nobilis oratio, nobis quidem pueris haec omnium optuma puta-
batur. Vgl. ib. 124. Eine Stelle daraus bei Cic. de inv. I, 43, 80 = ad
Herenn. U, 20, 33. Scripsit etiam alia nonnuUa (Reden) et multa dixit et
illustria et in numero patronorum fuit, Brut. 32, 124. Consul wurde er
nicht (Cic. Brut. 122): vielleicht hatte er zu den Gracchen hingeneigt.
142. Die Geschichtschreiber in diesen Jahrzehnten stre-l32
ben meist empor aus der Weise der alten Annalistik. Zwar
nicht Cn. Gellius und wohl auch nicht Tuditanus, Vennonius
und Cn. Aufidius, der sogar wieder griechisch schrieb, desto ge-
wisser aber C. Fannius mit seiner Beschränkung auf die nächste
Vergangenheit und seiner Wahrheitsliebe, in stilistischer Hin-
sicht L. Coelius Antipater mit seiner rhetorisch ausgeschmück-
ten Geschichte des zweiten punischen Kriegs, und stofflich Sem-
pronius Asellio, welcher sich gleichfalls auf das Selbsterlebte
beschränkte, dabei auch die innere Geschichte mit zu behandeln
suchte und eine Art von Pragmatismus erstrebte. Fannius und
Asellio nähern sich so dem Memoirenartigen und grenzen an
die Autobiographen. In die gleiche Zeit fällt wohl auch der
Abschluss der bisher amtlich geführten annales und deren Ver-
öffentlichung in Buchform (oben 139, 4).
1. Fvaiog FMios in der Geschichte der Königszeit erwähnt bei Dio-
220 Siebentes Jahrhundert d. St.
uys. Hai. II, 31. 76 vgl. riXXLog IV, 6. VI, 11 (ot negi rilhov). VII, 1.
Cn. Gellii annalem tertimn mit einem Gebete der Hersilia bei Gell. N. A.
Xni, 23 (22), 13 vgl. XVIII, 12, 6: Cn. GelUuB in annalibus. ib. VIII, 14
enthielt verba qnaedam ex Naevio poeta et Cn. Gellio non usitate collo-
cata. Censorin. d. n. 17, 11: Piao cenBOrius et Gn. Gellias. Macrob. Sat. I,
16, 21: GelliuB annalium libro XV et CassiuB Hemina. Charis. I, 15. p. 54,
13 ff. K. : GelliuB in II . . et in V . . et in VII . . idem Gelliua XCVII
(? exe. Cauchii: XXVII). p. 55, 7 (wie auch p. 139, 2): GeUiuB libro XXIII
(? Cauch.: XXXVI; bei Priscian. VII, 37. p. 750 P. =» p. 318, 4 f. Htz.
dasselbe Fragment Gellius libro XXX). Umfangreich und umständlich
muBB das Werk jedenfalls gewesen sein. Möglicherweise ist dieser Annalist
der Cn. Gellius gegen welchen der alte Cato eine Bede hielt (Gell. N. A.
XIV, 2, 21. 26). Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. III. S. 661 f. Ueber
Cic. leg. I, 2, 6 8. oben 37, 6. — Krause, fragm. hist. p. 202 ff. C. L. Both
p. 304—308. H. Peter, hist. I. p. CCXXXVUI — CCXLIV und p. 165—175.
Vgl. M. Hertz, de hist. rom. reliqq. p. 1, not. 2.
2. Cic. leg. I, 2, 6: Fabium aut . .'Catonem ant Pisonem aut Fannium
aut Vennonium. ad Att. XII, 3, 1: moleste fero Vennonii me historiam
non habere. Dionys. Hai. IV, 15: (og Ovsvvmviog tatOQfi'nsv.
3. Cn. Aufidius praetorius (seine Prätur wird um 650 fallen) pueris
nobis (also etwa 660 d. St.) et in senatu sententiam dicebat nee amicis
deliberantibuB deerat et graecam scribebat historiam et videbat (Bentley
vivebat) in litteris, Cic. Tusc. V, 38, 112 .vgl. fin. V, 19, 54: equidem e
Cn. Aufidio praetorio, erudito homine oculis capto, saepe audiebam. Er
erlebte ein hohes Alter (Cic. p. dom. 13, 35). C. I. gr. 2349 b {vno Fvatov
AvfpMov FvaCov vlov zov dvtiaTgazriyov) aus Adramyttion bezieht sich
wahrscheinlich auf seinen Sohn (W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2.
S. 2128, Nr. 5). Von jener graeca historia haben wir keine üeberreste;
doch war ihr Inhalt ohne Zweifel die Geschichte Boms. W. Harless, de
Fabiis et Aufidiis rerum rom. scriptoribus (Bonn 1853) p. 46 — 49.
4. Cic. Brut. 26, 101: alter C. Fannius, M. f., C. Laeli gener, et
moribus et ipso genere dicendi durior. is soceri instituto . . Panaetium
audiverat. eins omnis in dicendo facultas ex historia ipsius non ineleganter
scripta perspici potest. Vgl. ib. 31, 118 und oben A. 2. KriegsgefÄhrte
des Ti. Gracchus im dritten punischen Kriege (Plut. Ti. Gr. 4) und (J. 612)
in Hispanien (Appian. Hisp. 67). Trib. pleb. J. 613 (Cic. ad Att. XVI,
13 C) ? vgl. oben 141, 9. Um 625—629 Prfttor {^dvvog Afwpxov vtog ötgar-
riyog, Joseph, ant. XIII, 9, 2). Er ist wohl auch der C. Fannius M. f.
(C. I. lat. I, 560) Strabo, Cos. 632, und dann geboren um 580 d. St.
Victorin. in Cic. rhet. I, 20. p. 57 Or. = 203, 27 Halm: Sallustius . . in
libro I Historiarum dat Catoni brevitatem, . . Fannio vero veritatem.' Höchste
bekannte Bücherzahl: C. Fannius in VIII annali (Schol. Ver. ad Aen. III,
707) oder G. Fannius annalium VIII (Charis. I, 21. p. 124, 1 K.). Und da
die Darstellung breitspurig genug gewesen zu sein scheint (vgl. Cic. Brut.
21, 81: des Metellus Bede contra Ti. Gracchum exposita est in C. Fanni
annalibus) und kein üeberrest auf die entfernte Vergangenheit hinweist,
wohl aber Alles auf die selbsterlebte (z. B. Cic. de or. II, 67, 270: Fannius
142. Geschichtschreibcr aus der Gracclicnzeit: C. Fannius. Aiitipater. 221
in annalibus suis Africanum Aemilianam . . appellat stgoava » Brut. 87,
299: ut ait in historia sua C. Fannius), so wird sich auf letztere das Werk
beschränkt haben, wenn auch (nach dem Titel Annales) in annalistischer
Anlage. Für die gracchische Zeit wird es dann besonders wichtig gewesen
sein. M. Brutus (unten 209, 1) brachte es in einen Auszug: epitome Bruti
Fanniana an (?) Bruti epitoma Fanniorum, Cic. ad Att. XII, 5, 3. — 0. L.
Roth, bist. p. 311-.313. H. Peter, bist. I. p. 138—140. A. Haakh in
Paulys Beal-Enc. III. S. 421, Nr. 5. H. Peter I. p. CCII— CCVm.
5. Cic. leg. I, 2, 6: Fannii actate (Dativ) coniunctus Antipater paulo
infiavit yehementius habuitque vires agrestis ille quidem atque horridas,
sine nitore ac palaestra etc. de or. II, 12, 64: paululum se erexit et addidit
historiae maiorem sonum vocis vir optimus, Crassi familiaris, Antipater.
Brut. 26, 102: L. Caelius Antipater scriptor . . fuit ut temporibus illis
luculentus, iuris valde peritus, multorum etiam, ut L. Crassi (geboren 614),
magister. Pompon. Big. I, 2, 2, 40: Caelius Antipater, qui historias con-
scripsit, sed plus eloquentiae quam scientiae iuris operam dedit. Seine
Rechtskenntniss lässt auf römische Nationalität schliessen. Freigelassener
war er jedenfalls nicht; s. Suet. rhet. 3 (oben 36, 3). Dass er der gracchi-
schen Zeit angehört zeigt Cic. de divin. I, 26, 56: 6. Gracchus multis dixit,
ut scriptum apud eundem Caelium est, sibi in somnis . . fratrem visum
esse. . . hoc antequam tribunus pl. G. Gracchus factus esset et se audisse
scribit Caelius et illum dixisse multis. Vgl. Val. Max. I, 7, 6: Caelius
etiam, certus romanae historiae auctor, sermonem de ea re ad snas aures
illo adhuc vivo pervenisse scribit. Antipater verfasste somit sein Werk
nach dem Tode des C. Gracchus. Vellej. II, 9, 6: vetustior Sisenna fuit
Caelius. Cic. orat. 69, 230: quod (traicere verba, quo melius cadat oratio)
se L. Caelius Antipater in prooemio belli punici nisi necessario facturum
negat. . . et hie quidem, qui hanc a Laelio (Popma u. A. unnöthig:
L. Aelio), ad quem scripsit, . . veniam petit, et utitur ea traiectione ver-
borum et nihilo tamen aptius explet concluditque sententias. Es ist wahr-
scheinlich dass eine derartige Erklärung am Anfange des Ganzen, nicht
eines Theiles, abgegeben wurde und das Werk sonach den (zweiten) puni-
schen Krieg behandelte, die wenigen nicht auf diesen sich beziehenden
Ueberreste also Digressionen angehörten. Vgl. Cic. de divin. I, 24, 49:
hoc item in Süeni, quem Caelius sequitur, graeca historia est; is antem
diHgentissume (sehr ausführlich) res Hannibalis persecutus est. Sonst wird
das Werk in den Quellen bald ungenau als historiae bezeichnet; bald nach
Anlage und Charakter als annalis oder annales. Bücherzahl wohl sieben,
da eine höhere niemals, das 7. Buch aber öfters angeführt wird. Dem
Antipater fehlte es nicht an Kritik (Caelius: ex scriptis eorum qui veri
arbitrantur, Priscian. VIII, 4, 18. p. 383, 11 Htz.) und Sinn für die Wahr-
heit (Liv. XXI, 46, 10. XXVII, 27, 13); aber nach dem verdächtigen Lobe
Cicero*s scheint es als wären bei ihm jene Vorzüge durch Rhetorik Über-
wuchert worden. Auch zeigen die Ueberreste Einflechtung selbstverfasster
Reden (z. B. von Pönem), sowie Hang zu Ausmalung, Beschlreibungen
(Liv. XXIX, 27, 13 ff. Non. Marc. p. 137, 16), üebiertreibungen, nnd Gleich-
gültigkeit gegen Zahlen (Liv. XXIX, 26, 3: Caelius ut abstinet numero ita
ad immensum multitudinis speciem äuget). Livius mag ihn daher (i»
222 Siebenies Jahrhundert d. St.
seiner dritten Dekade) häufiger verwendet haben alfi er ihn nennt. Vgl.
H. Peter, hiat I. p. CCXXV— CCXXX. M. Brutus hatte auch dieses Werk
(vgl. A. 4 £.) excerpiert (Cic. ad Att. XIII, 8: epitomen Bruti Caelianorum
velim TOihi mittas, vgl. Charis. II. p. 195 P. =a 220, 12: Brutus et Coelius
frequenter eo usi sunt). Auch ^inen Commentator (alterthümlicher Formen)
fand Antipater (in der Zeit ^adrians?) an (Julius?) Paulus; s. Charis. I.
p. 115 P. s» 143, 9 f. K.: Paulus in Coelii hist(oriarum oder -ae) libr. I;
vgl. ib. n. p. 101 P. == 126 K. p. 193 P. =» 217 f. K.
6. Sammlung der üeberreste des Antipater bei Krause (p. 190 — 201),
C. L. Roth (p. 313—322), Meltzer (p. 16—39), H. Peter, hist. I. p. 147—164.
Ueber ihn die Preisarbeiten von W. Groen van Prinsterer (Lugd. B. 1821.
4.) und B. A. Nauta (Lugd. B. 1822. 4.); A. Krause, bist, fragm. p. 182 —
189; L. Kieserling, de scriptoribus p. 35 — 38; 0. Meltzer, de L. Coelio
Antipatro belli punici secundi scriptore u. s. w. Lips. 1867. H. Peter I.
p. CCXIII— CCXXXVIL
7. Festus V. Mamertini (p. 158 b, M.): cuius historiae auctor est Alfiu»
Ubro I belli carthaginiensis. Gegen den Vorschlag (Philologpis VI. S. 133)
Caelius zu schreiben (statt Alfius) s. H. Peter, hist. I. p. CCXXXVI.
CCCLXVn f.
8. Der von Cic. leg. I, 2, 6 (vgl. oben 37, 6) als Nachfolger des Anti-
pater genannte Clodius erinnert an KXmSiog rtff iv iUyx^P xffovmv bei Plut.
Num. 1, vgl. Appian. Gall. I, 3: iv ^j^^ovtxatg avvtd^Bai Sotisi IJavlto ta
KXavdio), Doch ist dieser Chronogroph Clodius schwerlich identisch mit
dem Clodius bei Cicero 1. 1. Vgl. H. Peter, hist. I. p. CCXLV. CCXCVHI flf.
und p. 176.
9. Sempronius Asellio. Vorname unbekannt; der A. Sempronius
Asellio welcher J. 665 als Prätor erschlagen wurde kann er nicht sein, da
sein Werk Über diese Zeit hinausreichte; eher der L. Asellio welcher J. 654
in Sicilien Prätor war. Is Asellio sub P. Scipione Africano tribunus mili-
tum ad Numantiam (J. 620 f. vgl. oben 132 , 1) fuit (wie Butilius Bufus
und C. Lucilius) resque eas quibus gerendis ipse interfuit conscripsit (Gell.
II, 13, 3). Geboren also um 595 d. St. Nächst dem problematischen Citat
Asellio rerum romanarum XL (XI? XX?) bei Charis. II, 14, 31. p. 195,
18 K. (welches sich auf J. 668 oder 671 d. St. bezieht) ist die höchste
Bücherzahl ib. p. 220, 14: Sempronius Asellio historiarum XIV; genauer
der Titel bei Gell. XIII, 22 (21), 8: Sempronius Asellio in libro rerum
gestarum XIV. Der Tod des Ti. Grachus (J. 621) war im fünften Buche
erzählt (Gell. II, 13, 2. 4 f.), der des Livius Drusus (J. 663) im vierzehnten.
Polemik des Asellio gegen die gewöhnliche Geschichtsbehandlung der
Annalisten und Darlegung seiner eigenen Grundsätze bei Gell. V, 18, 8 f.
(vgl. oben 37, 8): nobis non modo satis esse video quod factum esset, id
pronuntiare, sed etiam quo consilio quaque ratione gesta essent demon-
strare. . . nam neque alacriores ad remp. defendundam neque segniores ad
rem perperam faciundam annales libri commovere quidquam possunt.
scribere autem bellum initum quo consule . . sit etc. . . non praedicare
autem interea quid senatus decreverit aut quae lex rogatiove lata sit, . .
}d fabulas pueris est narrare, non historias scribere. Dass Cic. leg. I, 2, 6
142 f. Geachichtschreiber und Alterthumsforscher der Gracchenzeit. 223
ihn neben Gellius und ClodiuB tief unter Antipater stellt geschieht aus ein-
seitiger Hervorhebung der stilistischen Seite oder aus ungenügender Eennt-
niss des Werkes von Asellio. Die Fragmente bei Krause p. 218 — 221,
Roth p. 323—326, H. Peter I. p. 178—184. Vgl. W. Stelkens, der römische
Geschichtschreiber S. A., Crefeld 1867. 4. H. Peter, bist. I. p. CCXLVIII—
COLI. W. Eggert, S. A. quem locum quamque yim inter historicos rom.
habuerit, Rostock 1869. 35 pp.
143* Alterthumsforscher haben diese Jahrzehnte an dem 1 33
Annalisten C. Sempronius Tuditanus (Cos. 625) und dem Gxaccha-
ner M. Junius; jener neben einem eigentlichen Geschichtswerke
Verfasser von, libri magistratuum, dieser einer Schrift de potesta-
tibus. Ausserdem lunius Congus. Auch der Dichter L. Attius, der
um diese Zeit blühte, war zugleich Gelehrter (oben 129, 7. 8. 11).
Andere verwandten ihre Thätigkeit vorzugsweise darauf die
ältere Literatur zugänglich und verständlich zu machen, wie
Lampadio und« Yarguntejus.
1. C. Sempronius C. f. C. n. Tuditanus, triumphierte als Cos. Eal.
Oct. 625 de lapudibus (C. I. lat. I. p. 459, XXI). A. Haakh in Pauly's
Keal-Enc. VI, 1. S. 976 f. Nr. 20. Cic. Brut. 25, 95: G. Tuditanus cum
omni vita atque victu excultus atque expolitus tum eins elegans est habi-
tum etiam orationis genus. Dionys. Hai. I, 11: ot Xoyir<ozaToir röiv fcopLccC-
%(hv cvyyQa(ps<ov y iv olg loxi IIoQTiLog re Kdxcav . . %ctl FaXog SsfiTCQmnog
aal aXXoi avxvoC, Vgl. ib. I, 13. Die dortige Angabe über die Urein-
wohner Italiens wird aus dem Geschichtswerke sein, sowie die über Eegu-
lus bei Gell. VII (VI), 4, 1 und über den Triumph des Flamininus (J. 560
d.^St.) bei Flut. Flam. 14. Dasselbe scheint somit in der Weise der Anna-
listen Urzeit wie nähere Vergangenheit befasst zu haben. Daneben wird
genannt Tuditanus libro III magistratuum (Macrob. Sat. I, 13, 21) über die
Schaltzeiten und in commentario XIII C. Tuditani (Messala bei Gell. XIII,
15, 4) über den Prätor; und diesem Werke werden auch die Angaben über
die nundinae (Macrob. S. I, 16, 32) und die tribuni pl. (Ascon. ad Cornel.
p. 76 Or.) angehören. Aus Anlass des Einschaltens, das Manche auf Numa
zurückführten, kann dort auch von den J. 573 d. St. gefundenen angeb-
lichen Büchern des Numa (oben 70, 3) die Rede gewesen sein, so dass
sich gleichfallB auf dieses Werk beziehen lässt Plin. K. H. XIII, 13, 27:
hoc idem tradit L. Piso censorius primo commentariorum . . Tuditanus
tertio decimo, Numae decretorum fuisse (anders H. Peter I. p. CCXI). Die
Ueberreste von Tuditanus bei Krause p. 179—182, Roth p. 309—311, H,
Peter I. p. 142—146.
2. Plin. N. H. XXXIII, 2, 9: idque duravit ultra C. Gracchum. lunius
-certe, qui ab amicitia eins Gracchanus appellatus est, scriptum reliquit.
Censorin. d. n. 20, 2: magis lunio Gracchano et Fulyio et Varroni et Sue-
tonio credendum; vgl. ib. 4. 22, 9. oben 125, 1. Varro L. L. VI, 33: ut
Fulvius scribit et lunius; vgl. ib. V, 42. 48. 55. VI, 95: in M. lunii com-
mentariis. Ulp. Dig. I, 13, 1 pr.: Gracchanus denique lunius libro septimo
224 Siebentes Jahrhundert d. St.
de poteatatibus, womaeh Ljd. de magiBtr. I, 24: 'lovvu>s rgctKxtavöt Iv 19
nfpl i^oveuöv. Das Werk war au seinen Freund Pomponins, den Vater
des Ätticoa, gerichtet (Cic. leg, III, 20, 49; de poteEtatom iare . , pluribiu
verbis acripsit ad patrem tanm M. Tuniiis sodalis, perite meo qnidem iadicio
et diligenter). Die späilichen Ueberreste zeigen wie Junius Sacherfoiachuug
und WorterklBxmig zu vereinigen bemüht war; gracchische Parte itendenz
aber l&ast sich daraus nicht erweisen; Gellins XIV, 8, 1 f. schliesst eine
solche Bogat aus. Ebenso wenig erweislich ist unmittelbare Benützung
der Schrift des Gracchanus noch nach Varro. Niebuhra Phantasien haben
hier viel Yerwirrong angerichtet, Sammlung der Fragmente des Qrac-
chanue und Erörterungen über ihn: E, E, Dirksen, Bruchstficke aus den
Schriften der rOm, Juristen (Königsberg 1814) 8, 56—60, A. Krause, bist,
p, 221 f. L, Mercklin, de lunio Gracchano, Part, I, II. Dorpat 1840. IB41,
M, Hertz, de Cinciis (1842) p. 88—109, W. Teuffei in Pauly'a Real-Enc.
rV. (1844). S. 634 f, J, Becker in d. Zeitachr. f. Alt. Wist, 1854, Nr, 16.
F. D, Gerlach, die röm. Geschichtachreiber (1856) S. 84—88,
3. InniuB Congua, befreundet mit C. Luciliua (Plin. n. h. praef, T),
homo cnriOBUB et diligens eruendae vetustafis, nam higt«ricua (neu fuit?),
Schol. Bob. zu Cic. p, Plane, p. 264 Or. Vgl. C. L. Roth, Ehein. Mus. VIl.
S, 613 — 615. J. Becker (a, Ä. 2 E,) identificiert ihn mit Gracchanus.
4. Ueber C, Octavius Lampadio a. oben 93, 6; über Q. Yargusteius
oben 100, 4,
34 144. Die stoische Philosophie hatte in der grafichiBchen
Zeit Bekenner an dem treuen Freunde des Tiberius Gracchus,
C. Blossius aus Kuinä, und an dem charaktervollen, aber ein- .
seitigen Q. Tubero (Cos. 636), welcher auch Jurist war. Bei
dem Augur Q, Scaevola, Cos. 637, Überwog die Rechtskennt-
nies über den Stoicismus. Juridische Schriften verfasste in dieser
Zeit C. Livius Drusus.
1. Plut, Ti, Gr, 8: ,^i<Hpavovg xov f'^iOQOg xtcl Blonaiov toi (ftXoaö-
tpov jtttpoppijoavKü* aviöv. äv . . -^v . . 0 Bl. avrö^ev i^ 'liaUat Kv-
ftatoi, AvTinaTQOv xov Tagaitas ycyoväis Iv Saxfi avvri&Tii xnl TcnftTiftivOi
im avToii Ttt/ompiovrjatti ygafifiÜTDiv tpiXoaöipmv. Vgl. ib. 20. Cic, Lael.
11, 37. W. Tenffel in Pauly's Real-Enc. I, 2, S. 2399, Nr. 2,
2. Q, Aelius Tubero, Enkel des L. AemUius Paulus und Scbweeter-
Bohn des jflngereu Africanns, Fr&ter wohl 631, cos. suff. 636, Liehlings-
schüler dea Panaitioa. Sein Stoicismus war ihm nicht ungünstig in der
Jurisprudenz, hinderlich aber in der Beredtsamkeit, und liesB ihn, bei der
Schroffheit womit er ihn auch im Leben durchführt«, in seiner Zeit als
Sonderling erscheinen; a. W. Tenffel in Pauly's Real-Eno, 1, 1. S. 384 f.,
Nr. 4. Cic. Lael, 11, 37: Ti, Qtaochum remp, vexantem a Q. Taberone . .
dereliotum videbamns. Brut, 31, 117: Q. Äeliua Tubero fuit . . nullo in
oratArum numero, sed vita severuB et congmens cum ea disciplina quam
colebat, paulo etiaro durior, . . nt vita sie oratione dnruB, iucultus, hör-
144 f. Stoiker u. Juristen der Gracchenzeit: Tubero. Scaevola u. A. 225
ridus. . . fdit autem constans civis et fortis et in primis G. Graccho mo-
lestus, quod indicat Gracchi in eum oratio, sunt etiam in Gracchum
Tuberonis. is fnit mediocris in dicendo, doctissumns in disputando. • Die
Leichenrede ftlr seinen Oheim Africanus Hess er sich daher durch C. Lae-
lius verfertigen (Cic. de or. 11, 84, 341). Pompon. Dig. I, 2, 2, 40: Q. Tu-
bero, ille stoicus, Panaetii auditor, qui et ipse consnl. Cic. bei Gell. I,
22, 7: nee vero scientia iuris maioribus suis Q. Aelius Tubero defuit, doc-
trina etiam superfuit, was Gellius erläutert: disciplinas enim Tubero stoi-
cas et dialecticas percalluerat. Panaitios selbst und Hekaton und Posei-
donios richteten an ihn philosophische Schriften. Die staatsrechtlichen
Schriften des Q. Tubero in der ciceronischen Zeit (s. d.) beziehen Manche
auf ihn.
3. Q. Mucius Q. f. Q. n. Scaevola, von seinem gleichnamigen Neffen
(unten 151, 1) unterschieden durch die Bezeichnung als Augur, geboren
um 695 (J. 625 ist er iam aetate quaestorius, Cic. de rep. I, 12, 18), Cos.
637, gestorben nach 666 (Val. Max. UI, 8, 6). Vgl. W. Teuffei in Pauly's
Real-Enc. V. S. 183 f. Nr. 10. Eigentlicher Bedner war er nicht (Cic.
Brut. 26, 102: oratorum in numero non fuit; vgl. de or. I, 10, 39. 49, 214.
55, 234), noch weniger Philosoph, doch dem Panaitios befreundet (Cic. de
or. I, 11, 45). Seine StSarke war das respondere de iure; Schriften aber
scheint er nicht verfasst zu haben. Yellej. 11, 9, 2 : Q. Mucius iuris scientia
quam proprie eloquentiae nomine celebrior fuit. Cic. Brut. 26, 102: iuris
civilis intellegentia atque omni prudentiae genere praestitit. 58, 212: peri-
tissimus iuris idemque percomis est habitus. Atticus und Cicero pflegten
als adolescentuli seinen Consultationen anzuwohnen (Cic. legg. I, 4, 13.
Lael. 1, 1. Brut. 89, 306). Bei aller Charaktertüchtigkeit war er zugleich
persönlich liebenswürdig (comiter, ut solebat, Cic. de or. I, 9, 35 und 55,
234: ezimia suavitate), sogar ein ioculator (ad Att. lY, 16, 3), und kann
daher ganz wohl der Q. Scaevola sein welchen Plin. £p. V, 3, 5 zwischen
Q. Catulus und Ser. Sulpicius als Verfasser von lasciva carmina nennt.
Dann könnte er auch allenfalls der Movmog SusvoXag sein von welchem
Anthol. Pal. IX, 217 (Anth. gr. ed. Jacobs II. p. 241) ein Epigramm auf
ein Bild des Pan inmitten von Ziegen erhalten ist. Das rühmende Epi-
gramm auf Cicero^s Jugendgedicht Marius (Q. Cic. bei Cic. de legg. I, 1, 2:
ut ait -Scaevola de fratris mei Mario: canescet saeclis innumerabilibus)
könnte der Zeit und den sonstigen Verhältnissen nach gleichfalls von ihm
sein. Wahrscheinlicher aber wird Beides (mit M. Haupt, Berichte der
Sachs. G. d. W. II. S. 52) auf seinen Sohn Q. Scaevola (trib. pl. 700) zu
beziehen sein, der sich J. 695 unter der cohors amicorum des Dichterlinges
Q. Cicero befand (Pauly's Real-Enc. V. S. 188, Nr. 17).
4. C. Livius C. f. Drusus, des Vornamens wegen älterer Bruder des
Cos. von 642 (oben 141, 11). Cic. Tusc. V, 38, 112: C. Drusi domum com-
pleri a consultoribus solitam accepimus; . . caecum adhibebant ducem.
, Val. Max. VIII, 7, 4: Livius Drusus, qui et aetatis viribus et acie oculorum
defectus ins civile populo benignissime interpretatus est utilissimaque di-
Bcere id cupientibus monumenta composuit.
145* Die blutige Unterdrückung der gracchischen Reform- 135
Tbuffsl, Böm. Litoraturgescbiohie. 2. Aufl. 15
22G Siebentes Jahrhundert d. St.
versuche steigerte den Ueberinut der Nobilität auf den höchsten
Grad und machte die Schlechtigkeiten des jugurthinischen Krie-
ges (J. 643 — 648) möglich, erweckte aber auch in C. Marius
den Rächer. Literarisch bilden die Jahre 635 bis 650 d. St. die
Blütezeit des C. Lucilius und des L. Afranius. Redner dieser
Zeit waren des alten Cato Enkel, Cos. 636, Q. Metellus (Cos.
645), der von Lucilius gegeisselte Epikureer T. Albucius, C. Galba,
C. Fimbria (Cos. 650) u. A.
1. Ausser Lucilius (oben 132), L. Afranius (oben 131) fallen in diese
Zeit auch noch Atta (oben 130), die Erotiker Pompilius, Valerius Aedituus
und Catulus (oben 133), der gelehrte Q. Valerius Soranus (oben 134, 1),
sowie A. Furius (oben 133, 4) und Porcius Licinus (oben 133, 3). Auch
der seltsame Humorist Valerius Valentinus scheint dieser Zeit anzuge-
hören. Festus p. 363 M.: Tappulam legem conyivalem ficto nomine con-
scripsit iocoso carmine Valerius Valentinus, cuius meminit Lucilius. Val.
Max. VIII, 1, 8: C. Cosconium Servilia lege renm . . Valeri Valentini
accusatoris eins recitatum in iudicio carmen, in quo puerum praetextatum
et ingenuam yirginem a se corruptam poetico ioco signiiicaverat, erexit.
Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2346, Nr. 65.
2. Gell. XIII, 20 (19), 10: M. Cato M. f. M. n. is satis vehemens ora-
tor fuit multasque orationes ad exemplum avi scriptas reliquit et consul
cum Q. Marcio Rege fuit (J. 636 = 118) inque eo consulatu in Africa . .
mortem obit. Auffallend ist dass Cicero im Brutus seiner nicht gedenkt.
Vielleicht dass seine Reden mit denen seines Grossvaters vermengt wurden.
Vgl. noch Festus p. 154, 25 ff. Priscian. IIT. p. 602 P. = p. 90, 12 ff. Htz.
(Cato nepos de actionibus ad populum ne lex sua abrogetur).
3. Q. Caecilius Metellus Numidicus, Cos. 645 = 109 (gegen Ju-
gurtha), Censor 652; vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. IT. S. 30 f. Nr. 21.
Vellej. II, 9, 1 nennt ihn und Scaurus als Redner zweiten Ranges in ihrer
Zeit. Vgl .Cic. Brut. 35, 135. Gell. I, 6, 1: oratio Metelli Numidici, gravis
ac diserti viri, quam in censura dixit ad populum de ducendis uxoribus.
Liv. LIX: Q. Metellus censor censnit ut cogerentur omnes ducere uxores
liberorum creandorum causa, extat oratio eins, quam Augnstus Caesar . .
in senatu recitavit. Suet. Aug. 89: libros totos senatui recitavit, . . ut
orationem Q. Metelli de prole augenda.
4. Cic. Brut. 35, 131: doctus etiam Graecis T. Albucius, vel potius
paene Graecus. . . licet ex orationibus iudicare. fuit autem Athenis ado-
lescens, perfectus Epicureus (vgl. de d. nat. I, 33, 93) evaserat. So hatte
ihn J. 633 Q. Scaevola dort getroffen und ihn verspottet, welche Scene
Lucilius in seinen Satiren schilderte; s. Cic. de fin. I, 3, 8 f. or. 44, 149.
Im J. 651 der Erpressung angeklagt und verurteilt begab er sich wieder
nach Athen und philosophierte in aller Gemütsruhe (Cic. Tusc. V, 37, 108).*
A. Preuner in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 652, Nr. 1.
5. Cic. Brut. 33, 127: C. Galba (Quästor 634), Servi (oben 137, 4) . .
filius, P. Crassi (oben 139, 5) . . gener, . . rogatione Mamilia, lugurthinae
145 f. Nacbgracchische Redner. Rutilius Rufus. 227
coniarationis invidia^ cum pro sese ipse dixisset, oppressuB est (J. 644).
extat eias peroratio, qui epilogus dicitur; qui tanto in honore pueris nobis
erat ut eum etiam edisceremtis.
6. Cic. Brut. 34, 129: C. (Flavius) Fimbria . . bonns auctor in senatu.
idem tolerabilis patronns nee mdis in iure ciyili, et cum virtute tum etiam
ipso orationis genere über, cuius orationes pueri legebamus, quas iam
reperire vix possumus. Vgl. de or. II, 22, 91.
7. Aus derselben Zeit werden von Cicero als Redner genannt, aber
ohne von ihnen herausgegebener Reden zu erwähnen, P. Scipio und L. Bestia
(Brut. 128), C. Licinius Nerya (ib. 129), C. Sextius Calvinus, M.Brutus und
L. Caesulenus (ib. 130), M. Silanus, M. Aurelius Scaurus, A. Postumius Al-
binus, der flamen Albinus, Q. Caepio (ib. 135), C. und L. Memmii (vgl.
Sali. lug. 30, 4), Sp. Thorius, M. Marcellus und sein Adoptivsohn P. Lentulus
(Brut. 136), L. Cotta (ib. 137); ferner L. Apulejus Satuminus (seditiosorum
omnium post Gracchos eloquentissimus, ib. 62, 224), C. Servilius GFlaucia (ib.).
146. Eine mehrseitige literarische Thätigkeit entfalteten iniso
dieser Zeit die beiden Optimaten P. Rutilius Rufus (Cos. 649)
und Q. Lutatius Catulus (Cos. 652): der edle Rufus ein Anhänger
der Stoa, Redner^ Kenner des Rechts und Schriftsteller auf diesem
Gebiete, endlich Verfasser von geschichtlichen* Werken, insbe-
sondere einer Selbstbiographie; der wenig energische Catulus
neben seiner politischen und kriegerischen Wirksamkeit Verfasser
erotischer Epigramme, sowie gleichfalls einer Selbstbiographie
und Ton sonstigem Geschichtlichem.
1. P. Rutilius Rufus, geb. ums J. 596 (vgl. Cic. Brut. 22, 85 mit
Appian. Hisp. 88), im Kreise des jüngeren Airicanus aufgewachsen, unter
welchem er auch (wie Asellio, oben 142, 9) im numantinischen Kriege (J.
620 f.) als trib. mil. diente (Appian. Hisp. 88 vgl. Cic. de rep. I, 11, 17).
Als Prätor (in unbekanntem Jahre) Urheber der actio (Gai. Inst. IV, 35)
oder constitutio (fragm. Yat. 1) Rutiliana, sowie des Edicts über die Pa-
tronatsrechte (Dig. XXXVIII, 2, 1, 1), und wohl früher der lex Rntilia
über die rufuli (Festus p. 261 M.). Cos. 649 =« 105, später (J. 662?) zur
Strafe für seine strenge Rechtlichkeit nach sokratisch stolzer Vertheidigung
von den Ritter-Geschwornen verurteilt und nach Smyrna sich verbannend,
wo er das Bürgerrecht erhielt (Cic. p. Balb. 11, 28. Tac. A. IV, 43), noch
im J. 676 lebte (Cic. Brut. 22, 85 vgl. de rep. I, 8, 13 und de d. nat. III,
32, 80), und wo er auch (nach J. 677) gestorben zu sein scheint; s. A.
L'Oisel, vie de P. R. R., jurisconsulte stoicien, in seinen divers opuscules
(Paris 1652. 4.) p. 161 ff. und in Meermanns Thesaur. iur. 1. p. 369 ff.
Majansius Comment. II. p. 1 ff. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 586 f.
Nr. 7. Löwe, P. Rutilii Rufi vita narrata, Züllichau 1853. 4. Ph. E. Huschke
in der Zeitschr. für Civürecht N. F. XIV. (1856.) S. 1—21. H. Peter, bist.
I. p. CCLXI— CCLXV.
2. Vellej. II, 13, 2: P. Rutilium, virum non saeculi sni sed omnis aevi
16*
228 Siebentes Jahrhundert d. St.
Optimum. Vgl. noch Capitol. Gordian. 5, 6. Ammian. XXX, 4, 6. Cic. Brut.
30, 113: Butilius in quodam triati et severo genere dicendi versatus est.
. . multa Opera multaque industria Rutilius foit; quae erat propterea gra-
tior quod idem magnum muniis de iure respondendi sustinebat. (114.) sunt
eiuB orationes ieiunae, multa praeclara de iure; doctus vir et graecis Ht-
teris eruditus, Panaeti auditor, prope perfectue in stoicis. Suet. Aug. 89:
libros totoB . . recitavit . . ut orationem . . Rutili de modo aedificiorum.
Diomed. I. p. 372 P. == 376, 4 K,: P. Rutilius . . pro L. Cesutio ad popu-
lum. H. Meyer, oratt. p. 263 ff. ed. II. Seine Rechtskenntniss verdankte
er dem P. Scaevola (oben 139, 4), s. Cic. off. II, 13, 47 vgl. Pompon. Dig.
I, 2, 2, 40. Aus seinen juristischen Schriften wird in den Digesten (aus
Schriften des Ulpianus) Einiges angefahrt, aber ohne nähere Angabe; s.
Dig. VII, 8, 10, 3. XXXm, 9, 3, 9 (vgl. Gell. IV, 1, 22). XLIII, 27, 1, 2.
S. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 280—282. Auch was
Macrob. Sat. I, 16, 34 (Rutilius scribit etc.) über die nundinae anführt
könnte durch Vermittlung des Varro aus einem juristischen Werke des
Rutilius stammen (oder aus seiner Selbstbiographie).
3. P. Rutilius Rufus de vita sua citieren Charisius (p. 120, 17. 126, 11.
130, 18. 139, 18. 146, 3ö. 196, 16 Keil) und Diomedes (p. 374, 13. 376, 3 K.),
Ersterer wiederholt (p. 120. 139) aus dem fünften Buche desselben. Auf
eine Darstellung von Selbsterlebtem fährt auch Appian. Hisp. 88: 'PovtCliov
'Povtpov, avyyqatpitL zavSe tmp ^ifymv (vor Numantia), tots jjUiÄ^jrovyra,
hiXBvcB u. s. w. (daraus Suid. s. v. 'PovT£kios)y und was Isidor. Orig. XX,
II, 4 aus Rutilius Rufus de vita sua anfährt stimmt gleichfalls mit App.
Hisp. 85. Ebenso kann aus der Schrift de vita sua sein Plut. Mar. 28:
cjg ÖS 'PovrCliog tazoQSi, tä fihv aXla (pUaX'qd'Tjs oivrjQ %al XQ'H^'^^^f ^^
dh T09 Maqlea nQOü%B%i(OV%<oi , sowie Plut. Pompei. 37 (6 ^PqvxÜllo^ iv raig
taxoqCaig). Dagegen f&llt die Gesandtschaft des J. 699 (aiunt Rutilius et
Polybius, Gell. VI (VII), 14, 10) in seine früheste Kindheit, und der Tod
des älteren Scipio (Scipionem et Polybius et Rutilius hoc anno mortuum
scribunt, Liv. XXXIX, 52, 1) sicher vor seine Geburt, ohne dass aber un-
möglich wäre dass beide Ereignisse irgendwie in die Selbstbiographie her-
eingezogen worden wären. Jedenfalls muss neben der lateinischen Be-
arbeitung eine in griechischer Sprache angenommen werden, worin vielleicht
der persönliche Standpunkt mehr zu einem historischen erweitert und der
allgemeinere Titel 'latoQioci gewählt war. Vielleicht aber war diess auch ein
ganz selbständiges Werk. Vgl. Athen. IV, 66, p. 168 E. (aus Poseidonios
Apam.): 'PovTiXlei) zm xriv ^tofMcHriv IcxoQlav ixdc^caxoTt t^ ^EXkrivtav qxov^.
VI, 108. p. 274 C: ^PovtiXiog *Pov(pog 6 tr^v ndxQiov IcxoqCav yeyqa(ptog.
XII, 61. p. 543 B: diaßorjxog fiv naqä 'Paiia^otg wxl SCxxiog inl XQvq)^ . .,
Sg (prici 'PovxÜiog, was aus Anlass von Rutüius' Ankläger Apicius*(vgl. ib.
p. 168 E) bemerkt sein konnte. Beide Arbeiten scheinen in Smyma ver-
fasst zu sein; vgl. Oros. V, 17 extr.: Smyrnam commigrans litterarum
studiis intentus consenuit. Im Allgemeinen s. Krause^ bist. p. 227 — 231.
C. L. Roth p. 328 — 330. Suringar, de rom. autobiogr. p. 8 ff. Gerlach,
Geschichtschreiber S. 77 — 79. Nissen, krit. Untersuchungen (1863) S. 41 — 43.
H. Peter, bist. I. p. CCLXV— CCLXIX u. p. 187—190.
146 f. J. 635—650. Rutilins RufuB. Q. CatuluB. Aelius Stilo. 229
4. Q. LutatiüB Catulus, geboren um 602J Cos. 652=102, mit Marius
Sieger über die Kimbern bei Vercellä 658, f 667, einer Hinrichtung durch
Marius zuvorkommend. Cic. Brut. 35, 132: non antiquo illo more, sed hoc
nostro . . eruditus (ygl. de or. II, 7, 28). multae litterae, summa non yitae
Bolum atque naturae sed orationis etiam comitas, incorrupta quaedam latini
sermonis integritas (vgl. 74, 259. de or. ni, 8, 29. ofif. I, 37, 133. Quintil.
XI, 3, 35). quae perspici cum ex orationibus eins (vgl. oben 79, 6) potest
tum facillume ex eo libro quem de consulatu et de rebus gestis suis con-
scriptum molli et xenophonteo genere sermonis misit ad A. Furium poetam,
familiärem snum. Plut. Mar. 25: ofiouc dh %al tov KdzXov etvxov anoXo-
ystcQ'at . . tatOQOvai (Sulla?), vgl. 26: mg tov KdxXov avxov tfftOQBiv Xiyovci,
und 27: ra ovv XdtpvQot . . dvsvsx^iivfx'' Xiyovciv, H. Jordan (Hermes VI.
S. 68—81) identificiert diesen über mit den latae Catuli litterae bei Fronto
p. 126 N. , als einer politischen Broschüre in Briefform, in Stil und Umfang
das Mass des eigentlichen Briefs überschreitend. Auch verfasste L. C. Com-
munes historiae (oder eine Communis historia) in mindestens vier Büchern
(Philargyr. zu Verg. Ge. IV, 564), welche nach den üeberresten (vgl. C. L.
Roth, bist. p. 332 f. H. Peter, bist. I. p. 192 f.) euhemeristische Richtung
gehabt zu hiaben scheinen, so dass der Titel weltliche Gesehichte (im Ge-
gensatze 2ur historia sacra) bedeuten könnte (AI. Riese, Rhein. Mus. XVIII.
S. 448 — 450) oder auch (wie des Timaios Koival tatogiat) Geschichte meh-
rerer Völkerschaften (H. Peter, bist, I. p. CCLXXIV). Zweifelhaft ist ob
daraus oder aus* einem antiquarischen Werke des Catulus (H. Peter) die
Angaben sind über den lacus Curtius (Cornelius et Lutatius scribunt etc.
Varro L. L. V, 150) und über das Gründungsjahr Roms (Nepoti et Lutatio,
Solin. I, 27). Zu der skeptischen Haltung welche Catulus auch in der Phi-
losophie (als Anhänger der neuen Akademie) einnahm (Cic. Acad. II, 48, 148)
stimmt' jene Richtung vollkommen. Üeber die Epigramme des Catulus s.
oben 133, 4. Im Allgemeinen L. 0. Bröcker in Pauly's Real-Enc. IV. 8.
1246 f. Nr. 8. H. Peter, bist. I. p. CCLXX— CCLXXV, vgl. p. 191—194.
147« Einen Gelehrten hat diese Zeit an dem römischen 137
Ritter L. Aelius Praeconinus Stilo aus Lanuvium. Er hielt zur
Stoa und war der Erste welcher (Befreundeten) in lateinischer
Literatur und lateinischer Redekunst eigentliche Unterweisung
gab und die lateinische Sprach- und Alterthumsforschung wissen-
schaftlich begründete^ indem er auf die ältesten Denkmäler zu- •
rückgieng und sie commentierte. Der erste römische Philolog,
vererbte er Umfang und Ziel seiner Forschung auf seinen Schüler
Varro. Gleichzeitig mit Stilo wirkten in ähnlichem Sinne auch
Gelehrte griechischen Ursprunges, wie Laelius Archelaus und
Vettius Philocomus.
1. Suet. de gramm. 2 (p. 101 f Rffsch.): instruxerunt auxeruntque ab
omni parte grammaticam L. Aelius Lanuvinus generquo Aelii Ser. Clodius,
uterque eques rom. multique ac varii et in doctrina et in rep. usus. (3.)
Aelius cognomine duplici fuit; nam et Praeconinus, quod pater eius prae-
230 Siebeutes Jahrhundert d, St.
conium fecerat, vocabatur et'Stilo, quod orationes nobilisBuno cuique scri-
bere solebat; tantua optimatium fautor ut Metellom Namidicum (oben 145, 3)
in exsüinm comitatus Bit (J. 654). Cic. Brut. 66, 205: L. Aelius . . fuit
vir egregius et eques rom. oum primis honeatus, idemque eruditissimua et
graecia litteris et latinia antiquitatiaque noatrae et in inventia rebua et in
actis acriptorumque veterum litterate peritua. quam acientiam Yarro noater
acceptam ab illo anctamque per aeae . . ploribua et illustrioribua litteria
explicavit. (206.) aed idem Aeliua atoicua eaae Yoluit, orator autem nee
atuduit umquam nee fuit; scribebat tarnen orationea quas alii dicerent,
ut (205: Cottae pro ae lege Yaria, J. 663,) Q. Metello *F., ut Q. Caepioni
(vgl. ib. 169), ut Q. Pompeio Rufo. . . (207.) hia acriptia etiam ipae iuter«
fui, cum' eaaem apud Aelium aduleacena eumque audire perstudioae aolerem.
Cornif. ad Herenn. lY, 12, 18: Luciliua . . in priore llbro: Haa res ad te
acriptaa, Luci, miaimua, Aeli. Yarro bei Gell. N. A. I, 18, 2: L. Aeliua
noater, litteria omatiaaimua memoria noatra, nnd L. L. Yll, 2: homo in pri-
mia in litteria latinia exercitatua. Ygl. auch noch Gell. X, 21, 2: qui do-
ctiaaimna eorum temporom fuerat, L. Aeliua Stilo. Plin. N. H. XXX, 1, 7
(L. Aelii Stilonia, Praeconini ob id cognominati). XXXYU, 1, 4 (Stilo Prae-
coninua). Oefteca in den Hdaa. Laeliua statt L. Aeliua, z. B. Cic. ad Farn. IX,
15, 2. Acad. poat. I, 2, 8. (or. 69, 230? a. oben 142, 5. de or. I, 62, 265?
Plin. N. H. XI Y, 18, 15?). Da hienach L. Aeliua eineraeita noch Freund dea
Luciliua war, andereraeita Cicero noch bei ihm in die Schule gieng, ao muaa
er etwa J. 610 geboren aein und ein hohes Alter erreicht haben. Ygl.
Ritachl Parerga S. 239.
2. Literariache Thätigkeit: Aeliana atudia (antiquitatia romanae), Cic.
de or. I, 43, 193? vgl. Acad. poat. I, 2, 8. Berufung auf mündliche Aeua-
aerungen bei Yarro R. R. IH, 12. L. L. Y, 66. 101. YI, 7. Gell. N. A.
XII, 4, 5. Schriften: Aelii . . interpretationem carminum Saliorum vi-
debia et exiliter (?) expeditam et praeterita obacura multa, Yarro L. L.
YU, 2. Ygl. Feat. v. manuoa, molucmm, peacia. Coraaen, Orig. poea. rom.
p. 48 ff. und oben 62, 2. — Erklärung der XII Tafeln: Cic. Legg. II, 23,
59. Feat. v. aonticua morbus. R. Scholl, Leg. XII tabb. reliqq. p. 29 f. will
hierbei den Stilo überall verstanden wiaaen wo achlechtweg Aeliua citiert ist.
— Commentarium de proloquiis L. Aelii, docti hominis, qui magiater Yar-
ronia fuit, . . legimua. aed in eo nihil edocenter neque ad inatituendum
explanate acriptum eat, feciaaeque videtur eum librum Aeliua aui magia
admonendi quam aliorum docendi gratia. Gell. N. A. XYI, 8, 2 f. — Zur
Kritik und Aualegung älterer lateiniacher Dichter. Bewunderer dea Plautus,
Quintil. X, 1, 99. Indicea Aelii (u. A.) auper hia fabulia (Plauti) quae di-
cuntur ambiguae. Gell. lU, 3, 1 und ib. 12: homo eruditisaimus L. Aeliua
XXY (comofediaa) eiua (Plauti) eaae solaa exiatimavit. Ygl. oben 94 ,4. 98 , 3
II 5. Zahlreiche etymologiache (in quo . . erravit aliquotiena, Yarro bei Gell.
I, 18, 2) und grammatiache Bemerkungen dea Stilo zuaammengeatellt bei van
Heufide p. 64—81.
3. Hauptachrift: Diaquiaitio de L. Aelio Stilone, Ciceronia in rhetoricia
magistro, Rhetoricorum ad Herenn. ut videtur auctore (letzterer Beweia-
versuch iat miaslongen). inaerta aunt Aelii Stilonia et Servii Claudii frag-
147 f. Die Jahre 650—670. Stilo. Matius. 231
menta. scripsit J. A. C. van Heusde. Traj. ad Rh. 1839. VIII u. 109 pp..
Vgl. Mommsen, R. G. II*. S. 426. 457.
4. Sueton. gramm. 2 (vgl. oben 41, 1): ut Laelius Archelans Vettius-
que FhilocomuB Lucili saturas familiaribns suis (pronuntiabant) , qiias le-
gisse se apnd Archelaum Pompeius Lenaens, apud Philocomum Valerius
Cato praedicant. Da im Folgenden dieser niedrigeren Stufe gelehrter
Thätigkeit'die höhere, durch Stilo vertretene gegenübergestellt vnrd (in-
struxerunt etc., oben A. 1), andererseits die Schüler der Genannten (Le-
naeus und Cato) der ciceronischen Zeit angehören, so werden Archelaus und
Philocomus ungefähr gleichzeitig mit Stilo, etwa J. 645 — 675, zu setzen sein.
148. Die beiden Jahrzehnte 650 — 670 d. St. umschliesseniss
abermals heftige innere Kämpfe theils mit den Bundesgenossen,
welche sich im marsischen Kriege . völlige Gleichstellung mit
den Römern erstritten, theils zwischen der wieder erstarkten
Volkspartei und der für ihre Vorrechte sich wehrenden und
schliesslich durch Sulk siegreichen Nobilität. Das rege Leben
das sich in diesen Kämpfen entfaltet bringt auf den nationalen
Gebieten geistiger Thätigkeit, in Beredtsamkeit und Rechts-
gelehrsamkeit, glänzende Früchte hervor. Die Kunst zu reden
wird Unterrichtsgegenstand und auch von Einheimischen ge-
lehrt. Die Geschichtschreibung ist in den Händen der jüngeren
Annalistik und verräth bei den Einen Einfluss der Rhetorik,
bei Andern überdiess Parteifärbung. Auch auf dem Gebiete der
Poesie herrscht Leben: die atellanische Volksposse wird durch
Novius und Pomponius schriftmässig, Cn. Matius verfasst Mim-
iamben und übersetzt die Hias; Laevius beginnt in scherzhaften
erotischen Gedichten die manchfaltigen Formen der griechischen
Melik nachzubilden; ihren Epiker hat die Zeit an A. Furius, ihren
Tragiker an C. Julius Caesar Strabo. Zugleich sind diese Jahr-
zehnte die Jugendzeit von Cicero (geb. 648) und Caesar (geb. 654).
1. Latini rhetores zu Born, s. oben 43, 9.
2. Ueber die jüngere Annalistik s. oben 37 (S. 55 ff.)-
3. Ueher Novius und Pomponius s. oben 135.
4. Varro L. L. VIT, 95: apud Matium: Corpora Graiorum maerebat
mandier igni. Vgl. ib. 96. Gellius, der den Matius fast nie nennt ohne vor
ihm als einem doctus vir, homo impense doctus, vir ernditus u. dgl. sich zu
verneigen, citiert Cn. Matium . . in seöundo Iliadis (YII, 6, 5) und Cn.
Matius in Iliadis XXI (IX, 14, 14 vgl. 15). Vgl. Charis. p. 117, 13. 345, 8 K.
Priscian. YII. p. 334, 19 f. Htz.: Gn. Matius in Diade: celerissimus advolat
Hector. Die mimiambi waren possenhafte (mimusartige) lamben, eine Mo-
dification der lambik, nicht des Mimus. An Aufführung auf der Bühne ist
nicht zu denken. Dem possenhaften Charakter des Inhalts entspricht auch
das Versmass (senarii claudi). Die Ueberreste aus den mimiambi des Cn.
232 Siebentee Jahrhnndert d. St
MatiuB in L. MfiUer'B Aosg. des CatuU (Lipa. 1870) p. 91 f. Vgl Prücian.
VI. p. 274, 26 f. Htz. Mftcrob. 111, 20, 6. Terent. Manr. v, 2416 ff. Ziegler,
de mimiB p. 66 S. Weraadorf, poett- latt. min. IT. p. 668 ff. L. C. M. Anbert,
de Haido mimiamb. auctore, Cbristiania 1844. 4.
6. Ausooiaa im Nachworte zu Heinem cento nnptialiB, in deseen Becht-
f. quid antiqniaHimi poetae LaevÜ Gtotopaegniou Ubioi loqoar?
1 ist nicht wahTscheinlich dass LaeviuB, wie L. UQller meint, erat
des Varro und LucretiuB angebOrt, so sehr dazD die Mancbfaltig-
Elaganz seiner Metrik passea wüide. Für unsere Datierung spricht
r Charakter der Sprache des Laevius (vgl. bes. GeUius XIX, 7, 2 ff.),
chterwElhnung in der Aufzählung von Erotikem der letzten Zeit bei
ist. II, 427 ff., sowie die Ordnung in welcher Oellius XIX, 9, 7 ihn
en n)m. Erotikem auffuhrt: Laevius . . Hortensins . . Ciima . .
« (vgl. oben 31, 1). Weniger beweist ib. U, 24, 8: huius legis (der
aomptuaria, gegeben vor dem Consulat des Licinius, also vor 6&7
. W. Bein in Pauly's Real-Eno. VI, 2. S. 1509) Laevius poeta me-
Erotopaegnüs (vgl. ib. 10: Lucilius qnoque legü istins meminit),
len Worten des L. (lex Licinia introduoitur, lux liquida baedo red-
icht mit Sicherheit erhellt daas er von seiner eigenen Zeit spricht.
III, 8, 3 nennt ihn Laevinus; dagegen vgl. Gell. XIX, 7, 2 (in Lae-
nnine) and 12 (verbonim Laevianorum). Häufige Verwechslung seines
mit Liviua, Naevius, Laelius (z. B. Apulej. apol. 30). Porphyr.
0. UI, I, 2. p. 245 vgl. 241 H.: Romanis utdque non prius audita,
Laevius lyrica ante Horatium scripserit, sed videntur illa non
im lege ad iyricum cbarocterem exocta. Je weiter des Laevius Art
t von der seinigen entfernt war, um so eher hatte Horaa ein
on diesem Vorgänger abzusehen. Gell. XEX, 7, 2; figuras habitus-
ttomm nove ant insigniter dicterom in Laeviano illo carmine. Na-
1 liebte L. kühne Wortznsammensetsnngen in der Weise der älteren
chter. Die üeberreste zeigen scherzhafte Behandlung der griechi-
jthologie nnd vielerlei lyrische Masse (iambische Dimeter, Trochäen,
en, Anapäste, daktylische Tetrameter, phaläkische Verse, loniker u. a.)
' Behandlung und Mischung.
Sechste BQcherzahl: Laevius 'Epmconui/vföiv VI bei Charia. II. p.
- 204, 16 K. Vgl. Charis. IV. p. 288, 6 f. K: in pterygio PhoeniciB
lOvissimae ödes Erotopaegnion. Wahrscheinlich ünterabtheÜungen
resanuntliteU (Weichert p. 40 vgl. 57) sind die Citate Laevius in
Priscian. p. 269, 6 3.tz.), in lone (ib. p. 281, 3), in Protesitaodamia
II, 10, 5. NoniuB p. 116. 209. Priscian. p. 242, 13 vgl. in Protesilao
. p. 484, 9; in Landamia, p. 496, 27), in Sirenocirca (Priscian. p.
Non. p. 120), in Centauria (Fest. p. 206 M.), Alcestis (Gell. XIX, 7,
rine in Polymetria bei Priscian p. 2GS, 12.
)ie cormpten Citate Vaeius und Veina Pullis oder Pulis bei Nooius
hl vielmehr auf Sueius (vgl. oben 89, 2) zu beziehen. Ebenso sind
lameter aus Laerina Cypria lUas wohl dem Ninnius Crasana' zu-
a. Tgl. Priscian. IX. p. 478, 12 f: Ninnius Crassus in XXIV Uia-
i Non. p. 475, 14: Craasns lib. XTI IliadoB.^Daher bat wohl mit
148 f. Die Jahre 650 — 670. Laeviiis. M. Antonius. 233
Recht Hertz bei Priscian X. p. 502, 24 statt neuius in Iliadis secundo ge-
schrieben: ninnins, und L. Müller ebenso bei Charis. 1. p. 145, 21 K. statt
Laevius Cypriae Iliadis libro I vorgeschlagen: Ninnius. Dieser wird dann
wohl ein Zeitgenosse des Furius Bibaculus sein.
8. Stoffsammlung bei A. Weichert, de Laevio poeta, in den poett. latt.
vitae etc. p. 31—88. Dazu Fr. WüUner, de Laevio poeta, Münster 1829. 4.
und in der AUg. Schulzeitung 1830. II. S. 1259 ff. W. Teuffei in Pauly's
Beal-£nc. IV. S. 732. L. Müller, de re metr. p. 75—77 und in seiner Aus-
gabe des CatuU (Lips. 1870) p. 76—83, vgl. p. XXXVIII— XL.
9. üeber A. Furius s. 133, 3; über Caesar Strabo s. unten 150, 3.
149, Die Hauptredner dieser Zeit sind M. Antonius (Cos. 139
655) und L. Licinius Crassus (Cos. 659), jener ein Autodidakt
der das was er war seinem trefflichen Gedächtniss, seiner ange-
borenen Lebendigkeit und beweglichen Phantasie verdankte und
hauptsächlich durch glänzenden Vortrag wirkte; Crassus aber
ein Mann von feinem Verstände und juris|pcher Bildung, als
Redner daher weniger hinreissend als Antonius, dafür aber über-
zeugend durch die Klarheit seiner Auseinandersetzungen und
gewinnend durch heiteren Witz und Gewähltheit der Sprache.
1. M. Antonius C. f. Orator, geboren 611, Prätor 650, Consul 655 =»
09, Censor 657, durch die Marianer getödtet 667; s. E. J. G. Bruner, de
M. Antonio et L. Crasso oratoribus rom., Helsingfors 1853. 4. W. Teuffei
in Pauly's Real-£nc. I, 1, S. 1169--1171, Nr. 6. Charakteristik seiner Bede-
weise (ausser de oratore, wo er und Crassus die Hauptträger des Gesprächs
sind) bes. Cic. Brut. 37, 139—38, 142 (vgl. 57, 207. 59, 215. 88, 801. 89, 304),
z. B.: erat memoria summa, nuUa meditationis suspicio. . . verba ipsa
non illa quidem elegantissimo sermone. . . sed tamen in verbis et eli-
gendis . . et collocandis . . nihil non ad rationem et tamquam ad artem
dirigebat; yerum multo magis hoc idem in sententiarum ornamentis et
conformationibus. . . actio singularis. . . gestus erat . . cum sententiis
congruens. . . vox permanens, verum subrauca natura, sed hoc vitium
. . in bonum convertebat. habebat enim ilebile quiddam in questionibus
aptumque cum ad fidem faciendam tum ad misericordiam commovendam.
Gesammtergebniss: omnium eloquentissimus quos ego viderim (Cic. Tusc.
V, 19, 56). Vgl. de or. I, 38, 172: Antonii incredibilis quaedam . . vis in-
genii videtur, etiamsi scientia iuris nudata sit, posse se facile ceteris armis
prudentiae tueri.
2. Seine Bieden, unter welchen die für M\ Aquilius (J. 656) die be-
rühmteste gewesen zu sein scheint, gab M. Antonius grundsätzlich nicht
heraus, nicht sowohl — womit er selbst es scherzhaft zu begründen pflegte
— aus advocatischer Schlauheit (oben 43, 4) als vielmehr wohl haupt-
sächlich in der Erkenntniss dass geschrieben dieselben unmöglich gleichen
Eindruck machen könnten wie von ihm vorgetragen. Nur eine kleine,
wenig bedeutende Schrift de ratione dicendi veröffentlichte er gelegentlich ;
234 Siebentes Jahrhundert d. St.
s. Cic. orst. 5, 18. Brut. 44, 163. Quintil. III, 1, 19 (hoc solum opus eius,
atque id ipBom imperfectum, manet). 6, 45. Eine Aeusserung daraus bei
Cic. de or. I, 21, 94. orat. 6, 18. Quintil. VIII. prooem. 13. XII, 1, 21.
Plin. Ep. V, 20, 5. Die Nachrichten über die von Antonius gehaltenen
Reden s. bei H. Meyer oratorum fragm. p. 280 — 291 ed. II.
3. L. Licinius L. f. GrassuB, geboren 614 (Cic. Brut. 43, 161), J. 635
erstmals als Redner aufgetreten (annos natus XXI, Cic. de or. III, 20, 74;
unrichtig XIX bei Tac. dial. 34; s. Rhein. Mus. XIX. S. 675—677), 636
Führer der Colonie nach Narbo Martins, Cos. 660, Censor 662, als welcher
er bei der Ausweisung der rhetores latini (oben 43, 9) mitwirkte (Cic, de
or. III, 24, 93 f. Tac. dial. 35), f 663. Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-
Enc. IV. S. 1058—1063, Nr. 18. Die Darstellung welche Cic. de or. von
CrasBUB gibt ist getrübt dadurch dass Cic. sichtlich sich selbst mit ihm
identificiert; wie er denn auch die Komödie mit dem kilikischen Triumph
ihm nachgemacht hat. Jene Identification geht so weit dass dem Crassus
sogar (ü, 33, 142 vgl. I, 42, 190 f.) die Absicht beigelegt wird ein Werk
de iure civili in artem redigpindo zu schreiben. Ebenso werden I, 34, 164 f.
ihm die Stilübungen zoj^schrieben welche Cic. in seiner Jugend gemacht
hat (vgl. Quintil. X, 5, 2). Namentlich die Betonung der Nothwendig-
keit vielseitiger Bildung für den Redner (z. B. I, 34, 156 ff.) stammt aus
dieser Quelle; denn in Wahrheit spricht nichts dafür dass sich Crassus
in dieser Hinsicht von Antonius und andern Vornehmen seiner Zeit wesent-
lich unterschied. Treuer ist die Schilderung Brut. 38, 143 — 39, 145.
40, 148. 43, 168 — 44, 166. Z. B. 143: erat summa g^ravitas, erat cum gpravi-
tute iunctuB facetiarum et urbanitatis . . lepos; latine loquendi accurata
et sine moleBtia diligens elegantia; in disserendo mira explicatio; cum de
iure civili, cum de aequo et bono disputaretur, argfumentorum et simili-
tudinum copia. 145: ut eloquentium iurisperitissimuB Crassus, iurisperi-
torum eloquentissimus Scaevola (unten 151, 1 f.) putaretur. 168: vehemens
et interdum irata et plena iusti doloris oratio . . idem et peromatus et
perbrevis. 159: iam in altercando invenit parem neminem, versatus est
in omni fere genere causarum. 162: quin etiam comprehensio et ambitus
ille verborum (der Satzbau) . . erat apud illum contractus et brevis, et
in membra quaedam, quae naXa Graeci vocant, dispertiebat orationem
libentius (vgl. orat. 66, 223). Tac. diaL 18: Graccho politior et omatior
CrassuB. 26: C. Gracchi ünpetum aut L. Crassi maturitatem. Macrob.
Sat. V, 1, 16 f.: sunt stili duo: . . unus est maturus et gravis, qualis Crasso
adsignatur, . . alter huic contrarius, ardens et erectus et infensus, quali est
usus Antonius.
4. Herausgegebene Reden des Crassus. Cic. orat. 38, 132: Crassi per-
pauca sunt, nee ea iudiciorum. Brut. 43, 160: orationis eins (für die Ve-
stalin Licinia, J. 641) scriptas quasdam partes reliquit. . . exstat in eam
legem (de colonia Narbonem deduoenda) . . oratio. 161: haec Crassi (pro
lege Servilia) cum edita oratio est (J. 648), . . XXXIV tum habebat annos.
44, 162: est etiam L. Crassi in consulatu (J. 659) pro Q. Caepione . . non
brevis ut laudatio, ut oratio autem brevis. postrema censoris oratio, in
his Omnibus inest quidam eine ullo fuco veritatis color. 163 l vellem plura
149 f. Redner aus 650 — 670. L. Crassus, L. Philippus, C. Strabo u. A. 235
Crasso Kbuisaet scribere. 164: multa in illa oratione (pro lege Servilia)*. .
dicta sunt, plura etiam dicta quam scripta, quod ex quibusdam capiiibuB
expositis nee explicatis intellegi poiest. ipea illa censoria contra Cn. Do-
mitium collegam non est oratio, sed quasi capita rerum et orationis com-
mentarium paulo plenius. Vgl. oben 43, 7. Die Einfachheit seiner Bede-
weise war nicht nach dem Geschmacke der späteren Rhetorik. Nur durch
Cicero sind uns einzelne Stellen aus seinen Beden erhalten; s. H. Meyer
oratorum fragm. p. 291 — 317 ed. II. Diese Proben zeigen häufige Anwen-
dung der Anaphora und der rhetorischen Frage und sind eben wegen ihrer
Lebendigkeit angeführt, geben daher nur von einer Seite an der Bercdt-
samkeit des Grass us ein Bild.
150, Neben diesen beiden hervorragenden besass diese Zeiti40
tüchtige Redner an dem Juristen Q. Scaevola (Cos. 659) und an
L. Marcius Phiüppus (Cos. 663); unter den etwas Jüngern waren
die bedeutendsten Redner C. Julius Caesar Strabo, welcher auch
Tragödien verfasste, C. Aurelius Cotta (Cos. 679) und P. Sulpi-
cius Rufus, nächst welchen auch C. Scribonius Curio (Cos. 678)
erwähnenswerth ist.
1. Ueber Scaevola s. unten 151, 1.
2. L. Marcius Philippus, geboren um 610 d. St., Cos. 663, Censor
668, gestorben nach 677; s. W. TeuflFel in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1538—
1640, Nr. 4. Cic. Brut. 47, 173: duobus summis, Crasso et Antonio, L. Phi«
lippus proxumus accedebat, sed longo intervallo tarnen proxumus. . . erat
in Philippo . . summa libertas in oratione, multae facetiae; . . erat . .
graecis doctrinis institutus, in altercando cum aliquo aculeo et maledicto
facetuB. Vgl. 45, 166: summa nobihtate hominem, . . summa etiam elo-
quentia. Da er zu improvisieren pflegte (Cic. de or. II, 78, 316), so kennen
wir nnr einige aus der Erinnerung angeführte Worte aus Reden von ihm,
bei Cic. off. II, 21, 73. de or. III, 1, 2. Sallust (Hist. I) legt ihm eine
Bede gegen Lepidus (J. 676 f.) in den Mund.
3. C. lulius L. f. Caesar Strabo (C. I. lat. I. p. 278, IV; auch Sesqui-
culuB und Vopiscus, Mar. Victor, de orthogr. I. p. 2456. Varro R. R. I,
7, 10. Cic. Phil. XI, 5, 11), aed. cur. (J. 664 = 90; Cic. Brut. 89, 305.
Ascon. in Scaur. p. 24 Or.), Q., tr. mil. bis, Xvir agr. dand. adtr., iud.,
pontif. (nach dem elogium im C. I. lat. 1. 1.), J. 667 mit seinem älteren
Bruder Lucius (Cos. 664) von den Marianern erschlagen. Cic. Brut. 48,
177: festivitate et facetiis C. lulius L. f. et superioribus et aequalibus
suis Omnibus praestitit, oratorque fuit minume ille quidem vehemens,
sed nemo umquam urbanitate, nemo lepore, nemo suavitate conditior
(vgl. de or. II, 23, 98. off. I, 37, 133. Tusc. V, 19, 55). sunt eins ali-
quot orationes, ex quibus, sicut ex eiusdem tragoediis, lenitas eius sine
nervis perspici potest. de or. III, 8, 30: novam quandam rationem attulit
orationis. . . res . . tragicas paene comice, tristes remisse, severas hilare,
forenses scenica prope venustate traotavit. Ascon. zu Cic. p. Scaur. p. 24
Or.: idem inter primos temporis sui oratores et tragicus poeta bonus ad-
236 Siebentes Jahrhundert d. St.
zDodum habitus est. huius sunt enim tragoediae, quae inscribuntnr luli.
Von letzteren kennen wir die Titel Adrastus, Teuthras, Tecmessa; Welcker,
griech. Trag. S. 1398—1400. Bibbeck tragg. p. 194. Vgl. oben 129, 3.
Die üeberreßte seiner Reden bei Meyer p. 330 ff. ed. 11. Vgl, C. KraflPt in
Pauly's Real-Enc. IV. S. 426, Nr. 8.
4. C. AureliuB M. f. Cotta, geboren um 630 (Cic. Brut. 88, 301),
663—672 in der Verbannung, Cos. 679, t 680. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. I, 2. S. 2164 f. Nr. 10. Cic. Brut. 49, 182 f.: aetate inferiores paulo
quam Julius, sed aequales propemodum fuerunt C. Cotta, P. Sulpicius,
Q. Varius, Cn. Pomponius (ygl. ib. 62, 221. 90, 308; dagegen de or. III,
13, 60), C. Curio (A. 6), C. Carbo (Prator 669, t 672; Brut. 62, 221), L.
FufiuB (Brut. 222), M. Drusus (ib.), P. Antistius (ib. 226 f.). . . ex bis Cotta
et Sulpicius cum meo iudicio tum omnium facile primas tulerunt. Vgl. de
or. I, 8, 30. orat. 56, 204. Ascon. in Comel. p. 66 Or. Cic. Brut. 55, 202:
inveniebat acute Cotta, dicebat pure ac solute. . . nihil erat in eins ora-
tione nisi sincerum, nihil nisi siccum atque sanum. Vgl. 92, 317 (remissus
et lenis et propriis yerbis comprehendens solute et facile sententiam). orat.
30, 106, de or. II, 23, 98. III, 8, 31. Zu dieser yerständigen Weise stimmte
CS auch dass er Interesse für die Philosophie hatte und sich an die neue
Akademie (und Antiochos) anschloss; s. Cic. de deor. nat. I, 7, 16. II, 1, 1.
de divin. I, 5, 8. Veröffentlicht hat er keine Beden (orat. 38, 132). Cottae
pro se lege Varia ]quae inscribitur, eam L. Aelius (oben 147, 1) scripsit
Cottae rogatu, Brut. 66, 205 vgl. 207: Cottam miror, summum ipsum ora-
torem minumeque ineptum, Aelianas levis oratiunculas voluisse existumari
suas. Sallust (Eist.) legt ihm eine oratio ad populum rom. in den Mund.
Sammlung der Nachrichten über ihn und seine Beden bei Meyer, oratt.
p. 339—343 ed. II.
5. P. Sulpicius Bufu 8, Altersgenosse des Vorigen, etwa 633 geboren,
al8 Volkstribun J. 666 von den Sullanern geächtet und getödtet; b.
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1496 f. Nr. 35. Cic. Brut. 55, 203:
fuit Sulpicius yel maxime omnium quos quidem ego audiverim grandis et,
ut ita dicam, tragicus orator. yox cum magna tum suavis et splcndida;
gestus et motus corporis venustus; . . incitata et volubilis, nee ea redun-
dans tamen et circumfluens oratio. Crassum hie volebat imitari, Cotta
malebat Antonium (nach Cicero's Schilderung der Redeweise Beider mQchte
man diess eher umkehren); sed ab hoc vis aberat Antoni, Crassi ab illo
lepos. Vgl. de or. I, 29, 131. II, 21, 88. 23, 96. III, 8, 31. de harusp. resp.
19, 41. Brut. 56, 205 (vgl. orat. 38, 132): Sulpici orationes quae feruntur,
eas post mortem eins scripsisse P. Canutius putatur. ipsius Sulpici nuUa
oratio est, saepeque ex eo audivi cum se scribere neque consuesse neque
posse diceret.
6. Cic. Brut. 57, 207: bis duobus (Cotta und Sulpicius) eiusdem aetatis
annumerabatur nemo tertius, sed mihi placebat (Cn.) Pomponius (s. A. 4)
maxume, vel dicam, minume displicebat. 58, 210: erant tamen quibus
videretur illius aetatis tertius Curio, quia splendidioribus fortasse verbis
utebatur et quia latine non pensime loquebatur, ubu, credo, aliquo dorne-
stico. nam litterarum admodum nihil sciebat. Vgl. 59, 213. Volkstribun
160 f. Redner der J. 650—670 : Cotta, P. Sulpicius u. A. 237
war dieser C. ScriboniuB 664, Gonsnl 678, und starb 701; s. A. Haakh
in Pauly'ß Real-Enc. VI, 1. S. 879 f. Nr. 11. Er war ein erbitterter
Feind des Caesar (Suet. Caes. 9. 49. 50. 52) und verfaeste gegen ihn eine
politische Streitschrift in dialogischer Form; s. Cic. Brut. 60, 218 f.
Auch war er Pontifex maximus; daher Varro's Logistoricus Curio de
cultu deorum.
7. Cic. Brut. 47, 174: horum (Antonius, Crassus, Philippus) aetati prope
coniunctus L. Gellius . . nee erat indoctus . . nee romanarum rerum
immemor et verbis solutus satis. sed in magnos oratores inciderat eins
aetas. . . ita diu vizit (etwa J. 615 — 700 d. St.) ut multarum aetatum
oratoribus impUcaretur. Vgl. ib. 27, 105 (familiaris noster L. Gellius).
Consul war er 682, Censor 684 d. St. Vgl. A. Haakh in Pauly^s Real-
Enc. III. S. 662 f.
8. Ausser den Grenannten erwähnt Cicero im Brutus noch eine grosse
Anzahl von Solchen welche Reden hielten (qui tantum in dicentium numero,
non in oratorum, fuerunt, s. 47, 176) oder gar nur clamatores (49, 182)
waren. Er konnte hiebei nahezu Jeden aufführen welchen die Magistrats-
yerzeichnisse enthalten, kümmert sich aber ziemlich wenig um die chrono-
logische Ordnung, sondern schüttet ab und zu einen Sack voll Namen
mit magerer Charakteristik aus, wie 165 f. 168 f. 175. 178 — 180. Noch
am ehesten erwähnenswerth sind die welche in dieser Zeit apud socios et
Latinos oratores habiti sunt (46, 169), nämlich Q. Yettius Yettianus e Mar-
sis, Q. und D. Yalerii Sorani, die Söhne des oben 184, 1 Besprochenen,
C. Rusticelius Bononiensis, und besonders omnium eloquentissimus extra
haue urbem T. Betutius Barrus Asculanus, cuius sunt aliquot orationes
Asculi habitae et illa Romae contra Caepionem nobilis sane, cui orationi
Caepionis ore respondit Aelius (oben 147, 1), Brut. 46, 169. Ib. 89, 304
heissen oratores non illi quidem principes L. Memmius (ygl. ib. 36, 136.
70, 247) et Q. Pompeius, sed oratores tamen. Letzterer, Q. Pompeius
Rufus (Cos. 666), etiam ipse scripsit eas (orationes) quibus pro se est usus,
sed non sine Aelio (ib. 56, 206).
151« Nächst der Beredtsamkeit entfaltete die mit ihr un-i4l
mittelbar zusammenhängende Rechtsgelehrsamkeit in dieser
Zeit das meiste Leben. Sie hatte einen glänzenden Vertreter
an dem Pontifex Q. Scaevola (Cos. 659), einer der wohlthuend-
sten Gestalten des Römerthums, ebenso gründlich wie vielseitig
gebildet und freisinnig, ein Ideal yon einem Manne des Rechts,
dem er sein Leben weihte als Sachwalter, Rathgeber, Lehrer
und Schriftsteller; der Erste welcher eine systematische Bear-
beitung der Rechtswissenschaft; unternahm, die allen Nachfolgern
als Grundlage diente, und dabei frei von aller Pedanterie, rede-
gewandt und ein Charakter von unbeugsamer Rechtlichkeit und
ungetrübter Lauterkeit. Neben seinen Schriften lebte er auch
durch zahlreiche Schüler fort, unter denen die hervorragendsten
238 Siebentes Jahrhundert d. St.
waren Lucilius BaJbus und Aquilius Gallus. Neben ihm wirkten
als Juristen besonders Sex. Pompejus^ Aeuleo und Q. Cornelius
Maximus.
1. Q. MnciuB P. f. (Sohn des oben 139, 4 Besprochenen) P. n. Scae-
Yola, Freund des Redners L. Crassus (oben 149, 3 f.) und sein College in
allen Aemtem (z. B. dem Consulat 659), ausser der Censur und dem Yolks-
tribunat, von den Marianern ermordet 672; vgl. S. W. Zimmern, Gesch.
d. röm. Priyatrechts I, 1. S. 284—287. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V.
S. 184 — 187, Kr. 11. Von seinem gleichnamigen Oheim (oben 144, 3) unter-
schieden durch die Bezeichnung als pontifex maximus, z. B. Ascon. p. 67
Or.: significat Q. Mucium Scae^olam pontificem maz. eundemque et ora-
torem et iurisconsultum. L. Crassus nennt ihn bei Cic. de or. I, 39, 180:
aequalis et collega mens, homo omnium et disciplina iuris civilis eruditis-
simus et ingenio prudentiaque acutissimus et oratione maxime limatus . .
atque, ut ego soleo dicere, iuris peritorum eloquentissimus, eloquentium
iuris peritissimus. Seine Redeweise zeichnete sich aus durch Klarheit,
Eleganz und Bündigkeit des Ausdruckes; s. Cic. de or. I, 63, 229. Brut.
39, 145. 40, 148. 44, 163 (Scaevolae dicendi elegantiam satis ex iis oratio-
nibus quas reliquit habemus cognitam). Wie an den Stellen wo ein Scae-
vola kurzweg und fast sprüchwörtlich genannt ist (wie bei Hör. Ep. II, 2, 89)
vorzugsweise an ihn als den berühmtesten Träger dieses Namens zu den-
ken sein wird, so könnte er auch der von Quintil. XI, 2, 38 wegen seiner
Gedächtnissstärke erwähnte Scaevola sein. Sein Interesse für Systematisier
rung des ins civile, zumal die Schrift nsgl oqodv (A. 2. g. E.), macht
glaublich dass er zur Stoa bielt und dass er daher wirklich der doctissimus
pontifex (maximus) Scaevola ist von welchem Augustin. de civ. dei lY, 27
(nach Varro) die stoische Dreitheilung der Götterlehre (Götter der Dichter,
der Philosophen, der Staatsmänner) und sehr aufgeklärte Aeusserungen
über die Yolksreligion anführt; s. E. Zeller, die Philosophie bei den
Römern (1866), S. 32 — 36, wo nur nicht aus der Ungefährlichkeit solcher
Aeusserungen abgeleitet sein sollte was vielmehr Ausfluss der allezeit be-
währten Offenheit und Charakterfestigkeit des Scaevola war.
2. Pompon. Dig. I, 2, 2, 41: Q. Mucius, P. f., pontifex maximus, ins
civile primus constituit, generatim in libros XVIII redigendo. Vgl. Gell.
VI (VII), 16, 2 : Q. Scaevola in librorum quos de iure civili composuit XVP.
„Zum ersten Mal erschien hier ein umfassendes, einheitliches und geglie-
dertes System anstatt der früheren Gesetzesinterpretation und Casuistik,
der Gutachten und PräJudicien." A. F. Rudorff, röm. Rechtsgeschichte I.
S. 161. Es war getragen von dem specifisch römischen Grundgedanken
des freien Verfügungsrechtes, letztwillig und unter Lebenden (uti legassit
super familia tutelave, ita ins esto, Dig. L, 16, 120 vgl. 122. Gell. IV, 1, 17.
Dig. XXXm, 9, 3 pr. XXXIV, 2, 27 pr.), woran sich die Verpflichtung
Anderer aus Verletzungen und Verträgen (Gell. VI (VII), 16, 2. Dig. XVÜ,
2, 30. XLVn, 2, 76, 1), sowie die Rechtsverfolgung (Dig. XIX, 6, 11) an-
schloss; s. Rudorff a. a. 0. S. 161 f. An dieses Werk lehnte sich die
Rechtsschriftstellerei der nächsten Zeit an, ergänzend, weiterbildend und
berichtigend. Vgl. oben 47, 5. So schrieb Ser. Sulpicius Notata Mncii (Dig.
k.
151 f. Rechtsgelehrte d. J. 650—670: Q. Scaevola Pontifex u. A. 239
XVII, 2, 30 vgl. Gell. IV, 1, 20: in reprehensis Scaevolae capitibus. Gaj. Inst.
I, 188. III, 149), Laelius Felix Ad Q. Mucimn (Gell. XV, 27, 1. 4), Gajua (I,
188) Ex Q. Mucio, und Sex. Pomponins (nach Hadrian, s. Dig. VII, 8, 22) Ad
Q. Mucium lectionom libn XXXIX, welches letztere Werk in den Pandek-
ten statt des Q. Mucius selbst sehr häufig excerpiert und wohl auch Dig.
XLI, 1, 53 f. gemeint ist (Zimmern a. a. 0. S. 287, A. 28). Ausser diesem
Hauptwerke yerfasste Scaevola ein Compendium, über singularis "ÖQcav
(definitionum) , welches in den Pandekten viermal angeführt ist (Dig. XLI,
1, 64. XLIII, 20, 8. L, 16, 241. 17, 73; vgl. XXXV, 1, 7 pr. Muciana cautio),
als das älteste dorthin übergegangene Werk.
3. Pompon.' Dig. I, 2, 2, 42: Mucii auditores fuerunt complures, sed
praecipuae auctoritatis Aquilius Gallus, Baibus Lucilius, Sex. Papirius,
G. Inventius. . . omnes tarnen hi a Ser. Sulpicio nominantur^ alioquin per
se eorum scripta non talia exstant ut ea omnes appetaut; denique nee ver-
santur omnino scripta eorum inter manus hominum, sed Servius (iis) libros
suos complevit. Unter diesen gehört sicher Gallus (unten 171, 1) der cicero-
nischen Zeit an, wie Cicero selbst auch eine Zeit lang Zuhörer bei den
responsa dieses Q. Scaevola war (Lael. 1, 1). Sex. Papirius und G. Inven-
tius sind sonst nicht bekannt, wohl aber wird bei Cic. Brut. 48, 178 einem
T. luventius zwar Trockenheit als Redner, dabei jedoch magna iuris civilis
intellegentia zugeschrieben. L. LuciHus Baibus, doctus et eruditus homo
von bedächtlicher Langsamkeit (Cic. Brut. 42, 154), war der frühere Lehrer
des Ser. Sulpicius (unten 171, 2). ^^u^. )t Ct^^ f'U '^ö
4. Juristen neben Scaevola waren, ausser Antipater (oben 142, 5),
Q. Tubero (oben 144, 2) und Rutilius Bufus (146, 2), auch Q. Lucretius
Vfspillo (in privatis causis et acutus et iurisperitus, Cic. Brut. 48, 178) und
Paulus (Pompon. 1. 1. 40; richtiger nach Cic. Lael. 27, 101 Aulus) Ver-
ginius, sowie Volcatius, der Lehrer des A. CascelUus (Plin. N. H. VIII,
40, 61), und wohl auch C. Sextius Calvinus (oben 145, 7), Pontidius (Cic.
de or. II, 68, 276), sowie M. Buculeius (ib. I, 39, 179).
5. Sex. Pompeius, Cnei Pompei (Magni) patmus (Pompon. Dig. I,
2, 2, 40); praestantissimum ingenium contulerat ad summam iuris civilis
et ad perfectam geometriae et rerum stoicarum scientiam (Cic. Brut. 47, 175
vgl. de or. I, 15, 67. TII, 21, 78. off. I, 6, 19).
6. Der römische Ritter C. (Visellius) Aculeo, der Freund des Redners
L. Craasus (Cic. de or. II, 1, 2), nach Cic. de or. I, 43, 191 ita tenens ius
civile ut ei (ausser Q. Scaevola) nemo de iis qui peritissimi sunt antepo-
natur, und (Brut. 76, 264) seine Rechtskenntniss auf seinen Sohn C. Visel-
lius Varro vererbend.
7. Q. Cornelius Maximus, mu: bekannt als der Lehrer des Trebatius
Testa (s. d.), und Cic. ad Fam. VII, 17, 3 (idem Q. Cornelio videbatur,
vgl. ib. 8, 2). Vgl. auch Gaj. Inst. I, 136 (Maximus). Dig. XXXIII, 7, 16, 1
(CoAelius).
162. Unter den Annalisten dieser Jahrzehnte maehtei42
Q. Claudius Quadrigarius den Fortschritt seine römische Ge-
240 Siebentes Jahrhundert d. St.
schichte erst mit dem gallischen Brande zu beginnen^ unter-
scheidet sich aber im üebrigen wenig von Valerius Antias,
welcher mit seinem sehr ausführlichen Werke der bedeutendste
unmittelbare Vorgänger des livius ist, jedoch in seinen aben-
teuerlichen Ausmalungen und ungeheuerlichen Zahlangaben, sowie
dem Bestreben seine gens zu verherrlichen, zugleich ein bezeich-
nender Vertreter der jüngeren Annalistik. Archaistisch scheint
dessen Darstellung nicht gewesen zu sein.
1. Yellej. Uy 9, 6: aeqaalis Sisennae Rutilius (oben 146, If.) Claudinsque
QuadrigariuB et Yalerins Antias. Person des Gl. unbekannt. Identisch
mit dem üebersetzer des Acilius? s. oben 126, 1. Als Titel seines Werkes
ist Annales durch GeUius verbürgt. Die höchste uns bekannte Buchzahl
ist Q. Claudius in XXIII annali bei Gell. X, 13, 4. Dass schon das erste
Buch von der Eroberung Borns durch die Gallier handelte zeigen dessen
Ueberreste; der hierdurch entstandene Schein von historischer Kritik wird
aber dadurch wieder zerstört dass auch Gl. bei Schlachtberichten auf
feindlicher Seite ungeheure Verlustzahlen angab (Liv. XXXIIl, 10, 9.
XXXVm, 28, 8. Oros. V, 20) und sachlich (Rhetorik) auch sonst sich von
seinen Vorgängern wenig unterschied. Nach sonstiger Analogie wird er
sein Werk bis auf seine Zeit fortgeführt haben; in B. XIX kam Sulla's
Krieg gegen Archelaos und Marius* siebentes Consulat (J. 667) vor. Spä-
teste sichere Angabe aus J. 672 bei Oros. Y, 20 (Claudius historicus). Da
das dritte Buch bereits den ersten punischen Ejrieg erzählte, so muss die
Behandlung des Stoffes sehr ungleichmässig gewesen sein: Anfangs ganz
übersichtlich, in zunehmender Breite je näher der Verfasser seiner eigenen
Zeit kam, so dass er auch Beden und sicher (Gell. I, 7, 9. III, 8, 8) ganze
Briefe seiner Erzählung einverleibte. Auch im Einzelnen war die Dar-
stellung umständlich und schlug öfters (z. B. Gell. X, 13, 4) einen räson-
nierenden Ton an. Die Sprache war archaistisch trocken, ohne Satebau,
und daher sehr nach dem Greschmacke der Zeit des Fronto; s. Fronto bei
Gell. XUI, 29 (28), 2 und Epist. p. 114, 3 f. N.: historiam scripsere . .
Claudius lepide, Antias invenuste, Sisenna longinque. Gell. XV, 1, 4:
Q. Claudi, optumi et sincerissimi scriptoris; IX, 13, 4: Q. Claudius . .
purissime atque inlustrissime simplicique et incompta orationis antiquae
suavitate descripsit. Cicero und Dionys. Hai. erwähnen ihn nicht; Livius
nennt ihn zehnmal, immer kurzweg Claudius und theilweise gegen ihn
polemisierend. Er scheint ihn besonders in der zweiten Hälfte der ersten
Dekade neben Yal. Ant. verglichen zu haben. Die meisten ueberreste ver-
danken wir dem GeUius. Sammlung derselben bei Krause p. 249 — 266,
Roth p, 339—361, H. Peter, im Progr. von Frankfurt a. d. 0. 1868.
33 pp. 4. und bist. I. p. 205—236. Vgl. Plüss in Fleckeisens Jahrbb. 103,
S. 66 — 68. üeber Claudius s. Giesebrecht, über Q. Cl. Quadr., Prenzlau
1831. 4. Krause p. 243 — 249. Kieserling, de rer. script. p. 43 — 46. Nvsen,
krit. Unters. S. 39—41. H. Peter hist. I. p. CCLXXXVH— CCXCVÜ.
2. Valerius Antias (wohl Nachkomme des L. Valerius Antias bei
Liv. XXni, 34, 9), Verfasser eines bald Annales bald Historiae (oder Hi-
152. Annalisten der J. 650 — 670: Quadrigarius, Valerius Antias. 241
storia) genannten Geschichtswerkcß von mindestens 75 Büchern (B. LXXV
citiert Gell. VI (VIl), 9, 17; B. LXXIV Priscian. IX, 53. p. 872 P. = 489,
6 ntz.), das mit der Urzeit Eoms begann (Gell. VII (VI), 7, 6; erst das
zweite Bnch handelte von Numa, das 22ste von der sponsio des Ti. Gracchus)
und bis in die sullanische Zeit herabreichte (er hatte noch von den Erben
des J. 663 gestorbenen Redners L. Crassus gesprochen, PHn. N. H. XXXIV,
3, 14). Dionys. Hai. nennt ihn II, 13 und I, 7 (s. oben 37, 6) unter den
inaivovfisvoi der rOm. Geschichtschreiber und hat aus ihm Vieles was zur
Verherrlichung von Valerii dient, bes. bei den ersten Sabinerkriegen ;
A. Kiessling, de Dionys. Hai. auct. p. 20—29. Auch Plutarchs Poplic. scheint
vorzugsweise aus ihm geschöpft zu sein; H. Peter, die Quellen Plut. S. 45 — 51
und bist. I. p. CCCXVin ff.
3. Den Val. Ant. kennen wir besonders durch Livius, der ihn häufiger
nennt als irgend einen Vorgänger (in den erhaltenen Büchern 35 Mal) und
den Rahmen seines Werkes von ihm entnommen zu haben scheint. In
den ersten Dekaden folgt er ihm arglos nnd gibt daher nicht blos dessen
kolossale Bürgerzahlen (bei den lustra) sondern spricht auch Vü, 36, 13 gutes
Mutes von 30000 Erschlagenen, ib. 37, 16 von ad quadraginta milia scu-
torum; IX, 27, 14 ad triginta milia caesa aut capta; ib. 43, 17 tnginta
milibus hosüum caesis; ib. 37, 11 gar caesa aut capta eo die hostium
milia ad sexaginta u. s. w. Nur HI, 5, 12 die schüchterne Bemerkung:
difBcile ad fidem est, in tarn antiqua re, quot pugnaverint ceciderintve
exacto adfirmare numero; audet tamen Antias Valerius concipere summas.
Vgl. ib. 8, 10. In den helleren historischen Zeiten aber, wo er auch
bessere Quellen hat (wie Polybios), entdeckt Liv. die Unzuverlässigkeit
und Aufschneiderei seines bisher fast blind befolgten Gewährsmannes und
tadelt ihn nun mit um so grösserer Bitterkeit je weniger die im Früheren
durch Antias veranlassten Irrthümer gut gemacht werden konnten, da die
betr. Bücher (Dekaden) schon veröffentlicht waren. Vgl. XXVI, 49, 3:
scorpiones maiores minoresque ad LX captos scripserim si auctorem grae-
cum sequar Silenum, si Valerium Antiatem, maiorum scorpionum sex milia,
minorum tredecün: adeo nullus mentiendi modus est. XXX, 19, 11: Va-
lerius Antias quinque milia hostium caesa ait. quae tanta res est ut ant
impudenter ficta sit (von Antias) aut neglegenter (von Andern) praeter-
missa. XXXVI, 38, 6: duodetriginta milia hostium caesa Antias Valerius
scribit, capta tria milia et quadringentos , signa militaria CXXFV, equos
MCCXXX . . ubi nt in numero scriptori parum fidei sit, quia in augendo
eo non alius intemperantior est, magnam victoriam fuisse adparet. XXXIII,
10, 8: si Valerio quis credat, omnium rerum immodice numerum augenti,
quadraginta milia hostium eo die sunt caesa, capta, ubi modestius men-
dacium est, quinque milia septingenti. XXX VUI, 23, 8: Valerius Antias,
qui magis (als Claudius) immodicus in numero augendo esse solet. Vgl.
' auch XXXIX, 43, 1 : Valerius Antias, ut qui nee Catonis orationem legisset
et fabulae tantum sine auctore editae credidisset. Wenn daher für eine
Angabe Valerius der einzige Gewährsmann ist fügt Livius häufig si Valerio
credamus (credas) bei (XXXVI, 19, 12. XXXIX, 41, 6. XLIV, 13, 12) oder
nennt nur den Gewährsmann (XXXVHI, 60, 6. XXXIX, 22, 9. 66, 7), theil-
weise unter ausdrücklicher Verwahrung, wie XXXVII, 48, 1 ff. (Valerius
TBvrFXL, Röiu. Literaturgeschichte. 2. Aafl. 16
242 Siebentes Jahrhundert d. St.
Antias auctor est rumorem celebrem Romae fuisse. . . nimoris huius quia
neminem alium auctorem habeo, neque adfirmata tes mea opinione sit nee
pro vana praetermissa) und XLV, 43, 8 (HS ducenties ex ea praeda re-
dactum esse auctor est Antias. . . qnod quia nnde redigi potuerit non
apparebat auctorem pro re posui). In der That geht bei Valerius die
Zahlenluge ins Absurde: 40000 Feinde und darüber in einer Schlacht er-
schlagen zu lassen ist ihm ganz geläufig (Liv. XXXIII, 10, 8. 36, 13.
XXXIV, 15, 9. XXXVI, 19, 12. Oros. IV, 20). Bei Tolosa aber Hess er,
sich selbst überbietend, gar octoginta milia Bomanorum sociorumque,
. . quadraginta milia calonum atque lixarum getödtet werden (Oros. V, 16).
Dass diess uiid andere Ausmalungen von ihm einfach erdichtet wurde
erhellt auch daraus dass er mit seinen Angaben sehr häufig ganz allein
stand; 8. Gell. VI (Vn), 19, 8: Valerius Antias contra decretorum memoriam
contraque auctoritates veterum annalium dixit. Vgl. ib. 8, 6. Liv. XXXII,
6, 5: Valerius Antias tradit . . XII milia hostium eo proelio caesa u. s. w.
ceteri graeci latinique auctores . . nihil memorabile actum . . tradunt.
4. Unglückliche Versuche den Antias zu vertheidigen bei Krause
p. 269 ff. und Liebaldt p. 12 ff. Sammlung der Ueberreste bei Krause
p. 272—288, Roth p. 361—363 und H. Peter bist. I. p. 237—276; über ihn
s. Liebaldt, de Valerie Antiate annalium scriptore, Naumburg 1840. 22 pp. 4.
Schwegler R. 6. I. S. 90—92. Nissen, krit. Untersuchungen. S. 43—46.
Kieserling, de scriptoribus p. 46 — 49. H. Peter, bist. I. p. CCCV— CCCXXII.
143 163. L. Cornelius Sisenna (J. 635 — 687) verfasste neben
anderen Schriften insbesondere eine Geschichte seiner Zeit in
geschraubt alterthümelndem Stile, wogegen dessen Freund C. Li-
cinius Macer wieder auf die ältesten Zeiten zurückgieng und
deren Darstellung in Folge fleissiger Quellenforschung manch-
fach berichtigte, dabei aber zugleich der Rhetorik und wohl
auch der Vorliebe für seine gens zu viel Einfluss gestattete.
1. Sisenna muss um 636 geboren sein (Roth, Sis. vita p. 4—10), war
Prätor 676 (SC. de Asclepiade im C. I. lat. I. p. 110 f.: Cos. Q. Lutatio
Q. f. Catulo et M. Aemilio . . Lepido, pr. urbano et inter peregrinos L. Cor-
nelio . . f. Sisenna, vgl. Cic. Comel. I, 18 mit Ascon. p. 74 Or.) und starb
687 auf Kreta als Legat des Pompejus im Seeräuberkriege (Dio XXXVI, 1 Koq-
vriXiog Ztaivvagy ygl. Appian. Mithr. 96 Aiwutos £iüiwäg). C. L. Roth, L. Cor-
nelii Sisennae . . vita, Basel 1834. 4. H. Peter bist. I. p. CCCXXIII— CCCXXVÜI.
2. Vellej. II, 9, 6: historiarum auctor iam tum (ums J. 646 d. St.)
Sisenna erat iuvenis; sed opus belli civilis (=» socialis? A. Riese S. 54 f.)
SuUanique post aliquot annos ab eo seniore editum est (also wohl nicht
vor J. 680). Cic. Brut. 64, 228: inferioris aetatis (als P. Antistius) erat '
prozimus L. Sisenna, doctus vir et studiis optumis deditus, bene latine
loquens (dagegen 74, 269 f.: Sisenna quasi emendator sermonis usitati cum
esse vellet non . . deterreri potuit quo minus inusitatis verbis uteretur.
. . ille familiaris mens recte loqui putabat esse inusitate loqui), gnarus
reip., non sine facetiis, sed neque laboris multi nee satis versatus in causis
153. Cornelius Sisenna. 243
(doch vertheidigte er den C. Rutilius nach Brut. 260, und J. 684 den VerreB,
8. Cic. Verr. Acc. II, 4ö, 110. IV, 20, 43 vgl. ib. 16, 33; Letzteren gemein-
sam mit Hortensins, mit dem er auch sonst befreundet war, Sen. Controv. I.
prooem. 19 und unten 154, 2); interiectusque inter duas aetates Hortensi
et Sulpici nee maiorem consequi poterat et minori necesse erat cedere.
httius omnis facultas ex historia ipsius perspici potest; quae cum facile
omnis vincat superiores (?), tum indicat tamen quantum absit a summo
quamque genus hoc scriptionis nondum sit satis latinis litteris illustratum.
Leg. I, 2, 7: Sisenna, eins (des Macer) amicus, omnes adhuc nostros scri-
ptores . . facile superavit. is tamen neque orator . . umquam est habitus
et in historia puerile quoddam consectatur, ut unum Clitarchum neque
praeterea quemquam de Graecis legisse videatur. Diese Vergleich ung mit
einem der abenteuerlichen Geschichtschreiber Alexanders d. Gr. kann nicht
wohl treifend sein wenn der Fachmann Sallust Recht hat, lug. 95, 2: L.
Sisenna optume et diligentissime omnium qui eas (Sullae) res dixere per-
secutus parum mihi libero ore locutus yidetur.
3. Für die Anlage des Werkes von Sisenna bezeichnend ist die Aeus-
senmg (bei Gell. XII^ 15, 2): nos una aestate in Asia et Graecia gesta
litteris idcirco continentia mandavimus ne vellicatim aut saltuatim scri-
bendo lectorum animos impediremus. Titel Historiae. Umfang jedenfalls
12 Bücher; über diese Zahl nur ein vereinzeltes Citat bei Non. p. 468, 10:
Sisenna Eist. lib. XXIII (aus J. 672 d. St.?)^ statt dessen XIIII, von Riese
S. 63 XVIIl vorgeschlagen worden ist. Doch ist auch aus B. 9 u. 12 nur
je ein Citat bekannt. Ueber das Jahr 663 zurück weisen nur einige Frag-
mente welche über die Urzeit (Aeneas u. s. w.) handeln (Serv. Aen. I, 108.
242. XI, 316) und wahrscheinlich aus einem Frooemium (in der Weise des
Sallust) stammen. Denn die Annahme einer eigenen Schrift des Sisenna
über die Gründung Roms (wegen Non. p. 127, 29: Sisenna ab urbe condita:
iuxtim Numicium flumen obtruncatur, näml. Aeneas) hat wenig Glaubliches.
Die Ueberreste zeigen viel Detailbeschreibung, auch Spuren von Reden
(bes. B. rV) und Excursen (Philosophisches im Sinne des Epikur), so dass
die Behandlung umständlich gewesen sein muss (longinque, Fronto, oben
152, 1). Das Meiste bezieht sich auf den marsischen Krieg (vgl. Cic. de
div. I, 44, 99) und ist uns durch Nonius erhalten, der (aber fast nur aus
B. III u. IV) die alterihümlichen Formen des Sisenna auffuhrt. Sie geben
uns von der capriciös archaisierenden Sprache des Sisenna einen Begriff: vgl.
Anm. 2 Cic. (Brut.) und Varro bei GeU. II, 25, 9: Sisenna nnus „adseutio"
(nicht adsentior) in senatu dicebat; vgl. Quintil. I, 5, 13. Tac. dial. 23.
Sammlung bei Krause p. 303 — 817, Roth p. 368 — 377 und H. Peter I.
p. 277—296. A. Riese, über das Geschichtswerk des L. Cornelius Sisenna,
in der Festschrift zur Begrüssung der XXIV Philologenversammlung (Leipzig
1866) S. 53—64.
4. Die Alterthümelei des Sisenna steht in Wechselwirkung mit seiner
Thätigkeit als Grammatiker. Rufinus p. 2711 P. =» 384 Gaisf. führt Stellen
an aus Sisenna in commentario Poenuli, Sisenna in Rudente, S. in Amphi-
tryone, in Captivis, in Aulularia. Er ist so der erste uns bekannte Com-
mentator des Plautus; s. Ritschi Parergap. 374 f. 376—384. Sisenna's Com-
mentar zum Amphitruo erwähnt auch Charis. p. 178. 182. 196 P. s» 198,
16*
244 Siebentes Jahrhundert d. St.
26. 203, 27. 221, 6. 9 K. vgl p. 83. 96 P. = 107, Uß. 120, 10 ff. K. Ritschi
1. 1. p. 385 f. Drei von den letzteren vier Stellen beziehen sich auf Adver-
bia auf -im, für welche Sisenna auch in seinem Geschichtawerk eine Vor-
liebe zeigte. Von der Gelehrsamkeit desselben einen hohen Begriff zu
geben sind aber diese Bemerkungen nicht geeignet. Dagegen zeigt ihn
als Lebemann im Geschmacke des Sulla die Thatsache dass er des Aristei-
des schlüpfrige Erzählungen (Md'^üiaita) übersetzte; Ovid. Trist. II, 443 f.;
vertit Aristiden Sisenna, nee obfuit illi historiae (seiner Erzählung) turpes
inseruisse iocos. Fronto Epist. p. 62 N.: animadvertas particulatim ele-
gautis . . Sisennam in lasciviis. Diese Schrift scheint aus 15 Büchern be-
standen zu haben; wenigstens citiert Charis. II mehrmals (p. 194. 196. 200.
207. 209 Keil) B. XIII und (nach den exe. Cauch.) p. 223, 14 K. Sisenna
Milesiarum XIIII, sowie p. 208, 4: Sisenna Milesiarum XV. Im Allgemeinen
vgl. Krause, bist. p. 299—303. Wernicke, Sisenniana, s. Sisennae vita et
fragmenta, Thom 1839. 4. Gerlach, Geschichtschreiber S. 90 — 92. H. Peter,
bist. I. p. LU. CCCXXVIII— CCCXXXVU.
5. C. LiciniusL. f. Macer (auf Denaren aus der Zeit des Sulla, J. 670 —
673, 8. Mommsen, röm. Münzwesen, S. 607, C. I. lat I. p. 137. 434), Vater des
im J. 672 geborenen Redners und Dichters Calvus (s. d.), tr. pleb. 681,
als welchen Sallust (Hist.) ihn eine Rede ad populum halten lässt; J. 688
wegen Erpressungen in seiner prätorischen Provinz vor dem Prätor Cicero
angeklagt und von ihm verurteilt, gab er sich selbst den Tod; s. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1075, Nr. 1. Ihn als Redner charakterisiert
Cic. Brut. 67, 238: C. Macer auctoritate semper eguit, sed fuit patronus
propemodum diligentissimas. huius si vita, si mores, si voltus denique
nou omnem commendationem ingeni everteret, maius nomen in patronis
faisset. non erat abuiidans, non inops tarnen, non valde nitens, non plane
horrida oratio; vox, gestus et omtda actio sine lepore; at in inveniendis
componendisque rebus mira accuratio. . . hie etsi etiam in publicis causis
probatur, tamen in privatis illustriorem obtinebat locum.
6. Noch deutlicher tritt Cicero's Abneigung zu Tage in dem Urteil
über Macer als Geschichtschreiber, de leg. I, 2, 7: quid Macrum numerem?
cuius loquacitas habet aliquid argutiarum, nee id tamen ex illa erudita
Graecorum copia, sed ex librariolis latinis, in orationibus autem (folgt eine
corrupte Stelle, welche jedenfalls einen starken Tadel enthielt; Mommsen
schreibt: multa, sed inepta, elatio, summa impudentia). Hienach hätte
Maoer gleichfalls Reden (und vielleicht Briefe, vgl. Nonius p. 259: Licinius
Macer in epistola ad senatum, falls sich diess nicht auf Sallust's Hist. be-
zieht) seinem Werke einverleibt und war dasselbe überhaupt redselig ge-
halten. Erheblicher und in sich glaublicher sind die Ausstellungen von
Livius, VII, 9, 5: quaesita ea propriae familiae laus leviorem auctorem Li-
cinium facit. cum mentionem eins rei in vetustioribus annalibus nullam
inveniam etc., und von Dionys. Hai. Ant. VI, 11: AiycLvvtog xal ot ns^l
riXXiov ovSlv i^riranotss ovre tav bI%6x(ov ovrs tav Svvatoiv , und VII, 1 :
Ainivvios xal PeXliog xccl aXXoi <sv%vol rmv ^PtofiaLcov GvyyQacpiav ovöhv
i^Tfcayiottg tav ns^l tovg XQOvovg dtiQißcag. Wenigstens würde die Gleich-
gültigkeit gegen das Chronologische zu dem rhetorischen Charakter des
153 f. Licinius Macer. Sulla und Lucullus. 245
Werkes stimmen. Auch ist sehr glaublich dass die lebhaft antiopiimatische
Richtung des Verfassers in seinem Geschichtswerke sich nicht verleugnete,
obwohl es in die eigene Zeit nicht hinabgereicht zu haben scheint. An-
dererseits hatte er vor fast allen seinen Vorgängern den grossen Vorzug
unmittelbarer Quellenforschung, wenn er sich auch dabei von Fälschungen
täuschen Hess. Vgl. Liv. IV, 7, 12: Licinius Macer auctor est et in foedere
Ardeatino et in linteis libris (s. oben 77, 3) ad Monetae inventa. 20, 8:
quod tarn veteres annales quodque magistratuum libros, quos linteos in aede
repositos Monetae Macer Licinius citat identidem auctores. 23, 2 f.: in tarn
discrepante editione (der Consuln) et Tubero et Macer libros linteos aucto-
res profitentur. neuter tribunos mil. eo anno fuisse traditum a scriptoribus
anüquis dissimulat. Licinio libros haud dubie sequi linteos placet et Tu-
bero incertus veri est.
7. Titel des Geschichtswerks von Macer ohne Zweifel Annales, wo-
neben auch ungenauer Historiae. Das Werk umfasste jedenfalls die älte-
sten Zeiten (Macrob. Sat. I, 10, 17. Dionys. II, 52) und wird von Livius
nur in der ersten Dekade (7 mal) genannt; das letzte Datum wobei er es
anführt ist aus Jahr 455 d. St. Auch die Bücherzahl ist unbekannt; nur
aus B. l u. 11 werden sichere Anführungen gemacht; dann folgen gleich
Priscian. X. p. 895 P. = p. 525, 3 f. Htz. (vgl. Diomed. I. p. 366 P. =
369, 15 K.: Aemilius Macer: omnium etc.): Aemilius Macer in XVI anna-
lium: omnium etc., wo Verwechslung mit Licinius Macer mindestens ebenso
glaublich ist wie die umgekehrte bei Plin. N. H.; endlich Nonius p. 221,
11: Licinius Rerum romanartun lib. XXI, wo Name und Zahl gleich unsicher
ist; G. J. Vossius, Weichert, Giesebrecht und Hertz denken an Clodius
Licinus.
8. Sammlung der Ueberreste von M. bei Krause p. 237 — 242, Roth p. 363
—367 und H. Peter I. p. 300—309. üeber Macer vgl. Weichert, poetar. lat.
vitae p.92 — 104. Einseitige Urteile von Liebaldt, C. Licinius Macer, Naumburg
1848. 19 pp. 4. und (in entgegengesetzter Richtung) vonMommsen R. G. III*.
S. 591, vgl. Rom. Chronol. S. 88 ff. 94, und Rom. Forschungen l. S, 315 ff.
Gerechter Schwegler, R. G. I. S. 92 f., Kieserling, de rer. script. p. 38 — 43,
und H. Peter, bist. I. p. CCCXXXVIII — CCCLIII. Vgl. auch Gerlach, Ge-
schichtschreiber S. 87 — 90.
154« Wie in den vorangehenden Jahrzehnten Scaurus, Rutiliusui
Ruf US und Catulus, so verfasste jetzt der Dictator L. Cornelius
Sulla (J. 616 — 676) eine Selbstbiographie, commentarii rerum
suarum, in 22 Büchern, welche nach seinem Tode von seinem
Freigelassenen Epicadus ergänzt und abgeschlossen wurde. Lu-
cullus (J. 640 — 697), an den sie*gerichtet war, schrieb in seiner
Jugend selbst auch eine Geschichte des marsischen Krieges, in
griechischer Sprache; und später behandelte ein C. Piso den
Krieg zwischen Sulla und Marius.
1. Sulla war Cos. 666 u. 674, Dictator 672—675; f 676. Vgl. C. Krafft
in Pauly's Real-Enc. II. S. 669 — 677. Th. Lau, C. Cornelius Sulla, eme
246 Siebentes Jahrhundert d. St.
Biographie, Hamburg 1855. Die Phthiriasis, an welcher n. A. auch Sulla
gestorben sein soll, ist höchst wahrscheinlich überhaupt eine Fabel; s. bes.
Th. Husemann, in d. Zeitschr. der k. k. Gesellschaft der Aerzte zu Wien
(Red. Hebra), XII (Wien 1856). S. 497—533.
2. Plut. Luculi. 1: SvXXccg zag avtov ngd^fig dvaygcetpcov lyteCvco (Lu-
cullus) TtQoascpcovriöBv. Vgl. ib. 4. SuU. 6. Sulla 37: t6 slytoötov xal Sev-
xfQOv TCDv vnoiivriiidvciv tcqo dvftv rifisQmv rj izdsvra yQccqxov iTcavaazo.
Sueton. gramm. 12, p. 110 RfFsch.: Cornelius Epicadus (unten 166, 8), L.
•Corneli Sullae dictatoris libertus calatorque in sacerdotio augurali, . .
librum quem Sulla novissimum de rebus suis imperfectum reliquerat (die
anderen waren also vollendet) ipse supplevit. Als Titel wird rerum gesta-
rum (Gellius) oder suarum libri oder commentarii {vnoiivruujcza) genannt.
Sulla in vicesimo primo renim suarum, Priscian. IX, 39. p. 864 P. = p. 476,
4 Htz. Sachlich ist letzterer Titel der passendste. Sulla hatte in dem
Werke sich als besonders begnadeten Götterliebling hinzustellen, seine
Gegner aber (bes. den Marius) herabzusetzen sich bemüht. Trotzdem hat
Plutarch, besonders in seinem Leben des Sulla und des Marius, diese Me-
moiren sehr stark und imvorsichtig ausgebeutet, und auch sonst haben sie
zur Entstellung der geschichtlichen Wahrheit beigetragen. H. Peter, bist.
I. p. GCLXXVI— CCLXXXIV. Die Reste daraus bei Krause p. 290 — 295,
Roth p. 334—338 und H. Peter L p. 195—204.
3. Ein griechisches Epigramm von Sulla auf ein Bild der Aphrodite,
bestehend aus zwei Hexametern und einem Pentameter, findet sich in der
Anthol. graeca II. p. 66 ed. lacobs. Ueber die (angeblich) vtc* avtov yQa-
(puaai eazvqi'nal %(o(ia)SLat. zij nazqiai fpaovy s. oben 8, 1. Vielleicht beruht
diese Angabe auf einem Missverständniss der Thatsache dass unter Sulla
die Atellanen geschrieben zu werden anfiengen; s. oben 10 u. 135.
4. L. Licinius L. F. LucuUus, geb. um 640, Cos. 680, f 697; s. sein
clogium im C. I. lat. I. p. 292. W. Drumann, G. R. IV. S. 120—174. W.
Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1070 — 1074. Berühmt durch seinen
Reichthum, auch fem gebildet. Besungen von Cordubae nati poetle (Cic.
p. Arch. 10, 26). Plut. Luculi. 1: 6 AovnovXXog rjai^rjzo ytal Xiyeiv [navag
Snazigav yXmzzav, coazs xfti 2^t;Ho;s (s. A. 2) . . insivip nQocBtpmvriasv dtg
avvza^oiisvco xal öia&rjaovzL zr]v lazoQiav dfieivov. . Xiyszat viov ovta
(ums J. 666 d. St.) nqog ^Oqziiaiov zbv 8i,%oX6yov xal Siatvväv zov iütOQinbv
i-K naiSidg zivog sig anovdrjv 7CQ0sX9'0VGrig OfuoXoyrjaai, rcQod'SfievGiv no^rjfta
xal Xoyov iXXrjvLttov zs xal Q(o^a'C%QV, elg o zi dv Xd%ri zovzcav, zov MaQ-
ßixov inzfXsiv noXffiov. Hai'jccog ioinBv slg Xoyov ^XXrivmov 6 TcX^gog dfpi-
•aiüd'at. Siaaci^Bzat ydg BXXtivmri zig tczoqCa zov Maqaniov noXiiiov. Vgl.
Cic. ad Att. I, 19, 10: non dicam quod tibi ut opinor Panhormi Lucullus
de stiis historiis dixerat, se, quo fiicilius illas probaret romani hominis
esse, idcirco barbara quaedam et aoXoma dispersisse. Wie er überhaupt
seine Talente wenig verwerthete, so brachte er es auch nie zu streng
knnstmäasiger Beredtsamkeit, obwohl Plut. Luc. 33 ihn dsivog stnsiv nennt.
Vgl. Cic. Brut. 62-, 222 (oratorem acutum) und Tac. dial. 37 (unten 168, 3).
5. Auch für die Philosophie fehlte es dem LucuUus nicht an Interesse,
vgl. Plut. Luc. 1: yevofiBvog n^saßvzsQOg r]dri navzdnaaiv . . dcprJHS zrjv
154 f. Sulla und Lucullus. L. Manlius. Pilatus. 247
öioLvoictv iv (piXoaofpltf c%oXdJ^Bi,v lial dvanctvsad'aiy to d'scoQriTL'KOv avTt^g
iys^Qag. Cic. Acad. pr. 11, 2, 4: maiore studio Lucullus cum omni litte-
rarum generi tum philosophiae deditus fuit quam qui illum ignorabant
arbitrabantur, nee yero ineunte aetate solum sed et pro quaestore aliquot
annos et in ipso bello. . . cum autem e philosophis . . putaretur Antio-
chnS) Ffailouis auditor, excellere, eum secom et quaestor habuit (J. 667 f.)
et post aliquot annos Imperator. . . delectabatur autem mirifice lectione
librorum de quibus audiebat. Vgl. de fin. 111, 2, 7 f.
6. Plut. Mar. 45: FaCos tig IlsiaaiVy dvriQ £atOQi%6gy über den Tod des
Marias mit als Quelle genannt Da er sonst nie wieder erwähnt wird, so
ist unbekannt welcher der Calpurnii Pisones er war. Der oben 138, 4 be-
handelte L. Piso ist es jedenfalls nicht; eher der Cos. 687 s» 67 v. Chr.
H. Peter, bist. I. p. CCCLXVllI.
155. Der sullanischen Zeit gehört auch der Senator L. Man- 1 15
lius an, welcher ein euhemeristisch gefärbtes Reise- und Wunder-
Buch yerfasste; sowie der Freigelassene L. Voltacilius Pilutus,
der erste nicht frei Geborene welcher sich zu Rom an die
Geschichtschreibung wagte. Seiner sonstigen Stellung gemäss
scheinen seine derartigen Arbeiten rhetorisch angelegt und
apologetisch unterthänig gewesen zu sein.
1. DionjB. Ant. 1, 19: XiffiafUig ov iprifsi Abviuos MdlXiog, dvriQ ovx
äarifiogy avtog iÖeiv (in Dodona). Plin. N. H. X, 2, 4: primus atque dili-
gentissime togatorum de eo (den Phönix) prodidit Mamilius (im Autoren-
verzeichniss zu B. X: Manilius) Senator üle maxumis nobilis doctrinis doc*
tore nuUo. . . prodit idem Mamilius . . fuisse eins conyersionis annum
prodente se P. Licinio Cn. Cornelio cos. (657 d. St.) ducentesimum quintum
decumum. Varro hat dieses Buch vielfach benützt; s. L. L. V, 31 (Mal-
lius). Vll, 16 u. 28 (Manilius); vgl. Amob. 111, 38 (Manilius). Macrob.
Sai I, 10, 4 (Mallius). Th. Mommsen, Rhein. Mus. XVI. S, 284—287, wel-
cher für möglich hält dass es der L. Manlius sei den wir aus Münzen
Sullas als dessen Proquästor um 670 (röm. Münzwesen S. 695) und aus
Schriftstellern (Liv. XC. Oros. V, 110. Caes. b. c. 111, 20. Plut. Sertor. 12)
als Statthalter von Gallia Narbonensis um 677 kennen. Auch ist wahr-
scheinlich (Ritschi Parerga 8. 242) dass er identisch ist mit dem Manilius
welchen Gellius (s. oben 98, 3) als Verfasser eines Verzeichnisses der ech«
ten plantinischen Stücke aufführt.
2. Suet. gramm. 27 =» rhet. 3, p. 124 Rffsch.: L. Voltacilius Pilatus
(Hieronymus: Plotus) servisse dicitur . . donec ob Ingenium et studium
litterarum manumissus accusanti patrono subscripsit. deinde rhetoricam
professuB Cn. Pompeimn Magnum (geboren J. 648) docuit patrisque eius (Cn. ]
Pompeius Strabo, Cos. 665, f 667) res gestas nee minus ipsius (ohne Zweifel
bei dessen Lebzeiten) compluribus libris exposuit, primus omnium liberti-
norum, ut Cornelius Nepos opinatur, scribere historiam orsus (s. oben 36, 3).
Hieronymus zu Euseb. Chron. 1936 = 673 = 81 v. Chr.: Vultacilius Plotus
il
■ ■»w.
248 Siebentes Jahrhundert d. St.
latinuB rhetor, Cu. Pompei libertus et doctor, ucholam Romae aperuit. Dass
er vielmehr Freigelassener eines Voltacilius war zeigt sein Name.
3. Ueber Trebius Niger und Tarranias Gracilia s. oben 138, 5 u. 6.
116 156. Seit der Mitte des siebenten Jahrh. d. St. scheint der
Jugendunterricht allmählich in ein festes Greleise gekommen zu
sein; es mehren sich daher die Namen Solcher welche zu Rom
und im übrigen Italien als Lehrer der Grammatik und Rhetorik
wirkten, grossentheils freilich Freigelassene und von fremder
Nationalität. Die Meisten waren auf jenen Gebieten zugleich
schriftstellerisch thätig und verbanden mit grammatischer For-
schung auch antiquarische und literarhistorische. Einzelne ga-
ben ihren gelehrten Werken gebundene Form; so L. Attius,
Porcius Licinus, Q. Valerius Soranus und Volcatius Sedigitus.
Die bedeutendsten Gelehrten waren in dieser Zeit L. Plotius Gallus,
Saevius Nicanor, Aurelius Opilius, Antonius Gnipho und Pompilius
Andronicus, weiterhin Q. Cosconius, Ennius, Epicadus^ Hypsi-
crates, Nicostratus, Servius Clodius und Staberius Eros.
1. Sueton. gramm. 3, p. 102 Rffsch. (oben 41, 1).
2. L. Plotius Gallus (Suet. rhet. 2 =» gramm. 26) primus Romae latinam
rheioricam docuit; s. oben 43, 9. Die Zeitbestimmung des Sueton (bei
Ilicronymus), J. 666 — 677, stimmt zu Cicero's Angabe pueris nobis (bei
Suet. 1. 1. vgl. Sen. controv. II, 8. p. 116, 23 Bu.) oder extremis L. Crassi
temporibus (Quintil. II, 4, 42). Vgl. M. Varro bei Non. p. 79: Autumedo
mcus, quod apud Plotium rhetorem bubulcitarat, „erili dolori non defuit".
Nach Quintil. XI, 1, 143 hatte er de gestu eine Schrift herausgegeben.
IIuQc eundem (nam diutissime vixit) M. Caelius . . significat dictasse Atra-
tino accusatori suo actionem (Suet. rhet. 2.).
3. Saevius Nicanor primus ad famam dignationcmque docendo per-
vcnit fecitque praeter commentarios , quorum tamen pars maxima inter-
ccpta dicitur, satnram quoque, in qua libertinum se ac duplici cognomine
esse . . indieat, Sueton. gramm. 5, p. 104 Rffsch. Seine Satire war also
(wie die des Lucilius und Horaz) eine Selbstdarstellung seiner Persönlich-
keit. Sueton führt daraus zwei Hexameter an, worin auslautendes s proso-
disch ignoriert ist.
4. Sueton. gramm. 6, p. 105 Rffsch.: Aurelius Opilius, Epicurei cu-
iusdäm libertus, philosophiam primo, deinde rhetoricam, novissime gram-
maticam docuit. dimissa autem schola Rutilium Rufum (oben 146, 1—3)
damnatum in Asiam secutus (ums J. 660) ibidem Smyrnae simulque conse-
nuit composuitque variae eruditionis aliquot volumina, ex quibus novem
unius corporis . . Musarum . . inscripsisse se ait ex numero divarum et
appellatione (vgl. Gell. I, 25, 17: Aurelius Opilius in primo librornm quos
Musarum inscripsit). Die Musae enthielten nach der Probe bei Gellius
Worterklärungen, daher wohl auf dieses Werk die zahlreichen AnfiLhrungen
156. Plotius Galius, Nicanor, Opilius, Gnipho u. a. Gelehrte. 249
bei Varro L. L. und besonders Festus zu beziehen sind, wo er bald Aurelius
genannt wird (Varro VII, 65. 70. 106. Fest. p. 68. U7 u. sonst)' bald
Opilius (Varro VII, 50. 67. 79. Fest. p. 85), von Festus auch Aurelius
Opilius (p. 141) oder Opilius Aurelius (p. 163). Vgl. Egger, serm. lat. reliqq.
p. 27 ff. Rhein. Mus. XXIII. S. 682. Als Glossograph hatte er Plautiis be-
sonders zu berücksichtigen, ohne dass er desswegen für einen eigentlichen
Scholiasten desselben gelten kann. Auch zählt Gellius III, 3, 1 ihn unter
den Verfassern von indices der plantinischen Stücke auf, wohin ohne
Zweifel sein libellus qui inscribitur Pinax mit der akrostichischen Aufschrift
Opillius (Suet. 1. 1.) gehört. F. Osann (Ztschr. f. d. Alt.-W. 1849, S. 199 ff.)
vermutete daher mit Wahrscheinlichkeit dass daraus die akrostichischen
Argumente der plautinischon Stucke entnommen seien. Ritschi, Parerga
5. 180. 239 f. 321. 364 f. XV f. F. Osann, Aurelius Opilius der Gramma-
tiker, Ztschr. f. d. Alt.-Wi8s. 1849, Nr. 25—28.
5. M. Antonius Gnipho, ingenuus in Gallia natus, sed expositus, . .
fuisse dicitur ingenii magni, . . nee minus graece quam latine doctus. . .
docuit prinium in D. lulii (geb. 654) domo pueri adhuc, deinde in sua pri-
vata. docuit autem et rhetoricam, ita ut quotidie praecepta eloquentiae
traderet, declamaret vero nonnisi nundinis. scholam eins claros quoque
viros frequentasse aiunt, in bis M. Ciceronem, etiam cum praetura funge-
retur (J. 688, vgl. Macrob. Sat. III, 12, 8). scripsit multa, quamvis annum
aetatis quinquagesimum non excesserit. etsi Ateius Philologus (sein Schüler,
Suet. gramm. 10) duo tantimi volumina De latino semione (vgl. Quintil. I,
6, 23) reliquisse eum tradit, nam cetera scripta discipulorum eins esse, non
ipsius. Suet. gramm. 7, p. 105 f. Rffsch.
6. M. Pompilius Andronicus, natione Syrus, studio Epicureae sectae
desidiosior in professione grammaticae habebatur. . . itaque cum se in
urbe non solum Antonio Gniphoni sed ceteris etiam deterioribus postponi
viderct Cumas transiit ibiquo in otio vixit et multa composuit, besonders
Annalium Enni Elenchi, die später Orbiliue unter dem Namen ihres Ver-
fassers herausgab. Sueton. gramm. 8, p. 106 Rffsch.
7. Q. Cosconfus, als Gewährsmann angeführt in der suetonischen
vita Terentii (p. 32, 13 Rffsch.); s. oben 107, 6. Er ist ohne Zweifel iden-
tisch mit dem von Varro L. L. VI, 36 und 89 (Cosconius in Actionibus) er-
wähnten Grammatiker. Ritschi in Reifferscheids Sueton p. 518.
8. Cornelius Epicadus *(v^l- oben 154, 2) in eo libro quem de metris
scripsit, Mar. Victorin. p. 1957 P. Epicadus de cognominibus, Charis. I.
p. 85 P. = 110, 3 K. Aus einem antiquarischen Werke desselben scheint
entnommen Macrob. I, 11 , 47 (de sigillaribus . . Epicadus refert Herculem
etc.); vgl. H. Peter, bist. I. p. CCLXXVII. not. 1.
9. Ser. ClodiuB, eques rom. und Schwiegersohn des L. Aelius; s. oben
147, 1. Plin. N. H. XXV, 7, 24: tradit M. Varro, Ser. Clodium eq. rom.
etc. Suet. gramm. 3, p. 102 Rffsch.: cum librum soceri nondum edituni
frande intercepisset, ob hoc repudiatus secessit ab urbe. Nach seinem
Tode schenkte sein (Halb-) Bruder Papirius Paetus seine hinterlassenen Pa-
piere und Bücher dem Cicero; s. ad Att. I, 20, 7 (Ser. Claudius) und II,
250 Siebentes Jahrhundert d. St.
1, 12 (beide vom J. 694). Vgl. ad Farn. IX, 16, 4 (an Paetus): Servius,
frater tuus^ quem litteratissimum fuisse iudico, facile diceret ,,hic versus
Plaut! non est, hie est*', quod tritas aures haberet notandis generibus poe-
tarum et consuctudine legendi. Yarro L. L. VII, 106 (vgl. 70 u. 66) nennt
ihn nach Aurelius (oben A. 4), dessen ganze Richtung er getheilt zu haben
scheint, da er auch ebensowohl Glossograph war (s. Varro 1. 1. vgl. Gell.
XIII, 23, 19 in commentario Ser. Claudii. Serv. Aen. I, 52 und II, 229:
Clodius commentariorum. I, 176: Clodius scribit, commentariorum IV*^) als
Verfasser eines Verzeichnisses der echten plautinischen Stücke (Gell. III, 3,
1). Vgl. Ritfichl, Parerga S. 242 f. p. 365 f. Auf ihn bezieht Fr. Ochler,
Rhein. Mus. XVIII. S. 253—261 (Glossae Servii grammatici) die im Glos-
sarium des Labbäus mit S bezeichneten (ungefähr 2000) Glossen.»
10. Staberius Eros . . emptus de catasta (vgl. Plin. N. H. XXXV, 18,
58) . . temporibus Sullanis proscriptorum liberos . . gratis in disciplinam
recepit, Suet. gramm. 13. Fronto p. 20 Naber: quorum (der älteren römi-
schen Schriftsteller) libri pretiosiores habentur . . si sunt a Lampadione
aut Staberio (scripti). Priscian. VIII. p, 385, 1 Htz.: Staberius de propor-
tione. Er war noch Lehrer des Brutus und Cassius (Suet. 1. 1.). Ein Mythus
war wohl dass Publilius, Manilius und er eadem nave nach Italien kamen
(Plin. L 1., der ihn übertreibend conditor grammaticae nennt).
11. Festus V. senacula (p. 347 a. M.): Nicostratus in libro qui inscri-
bitur de senatu habende.
12. Varro L. L. V, 88: cohortem in villa Hypsicrates dicit esse
graece x^Q^^^- Vgl. Festus v. aurum (Paul. p. 8 M.), wo irrig Hippocrates.
Gell. XVI, 12, 6: id dixisse ait (Cloatiua Veras) Hypsicraten quempiam
grammaticum, cuius libri sane nobiles sunt super bis quae a Graecis
accepta sunt.
13. Suet. gramm. 1: quod nonnuUi tradunt duos libros de litteris syl-
labisque, item de metris ab eodem Ennio (dem Dichter, oben 99 ff.) editos,
iure arguit L. Cotta (also ein Literaturhistoriker des ersten christlichen
Jahrb.), non poetae, sed posterioris Enni esse, cuius eüam de augurandi
disciplina volumina feruntur. Dieser Grammatiker Ehnius war es auch
wohl der die notae Tironianae ausbildete. Festus v. topper (p. 352 b. M.):
Ennius vero sie: topper fortasse valet in Enni et Pacuvi scriptis. Auf
ihn ist wohl auch Varro L. L. V, 86 (foedus, quod fidus Ennius scribit
dictum) zu beziehen. Vgl. noch Charis. p. 76 P. = 98 K.: eramnam Ennius
ait per e solum scribi posse. M. Hertz, Sinnius Cap. S. 9 f.
14. Ueber Cincius s. oben 116, 4.
147 157. Schriftsteller über Land- und Hauswirtschaft
waren, spätestens in der sullanischen Zeit, die beiden Sasema
und darauf Scrofa, vielleicht auch Mamilius Sura und Licinius
Maenas.
1. Sasema ist ein cognomen in der gens Hostilia (s. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. III. S. 1530, Nr. 13). Colum. I, 1, 12 (vgl. oben 52, 2)r
157 f. Saserna. Scrofa. Philosophie. 251
«
post hnnc (Catonem) duos Sasemas, patrem et filinm, qui eam dlllgentius
erudierunt. Varro R. R. I, 2, 22: sequar Saseraarum, patris et filÜ, libros.
Sasemae in dem Quellenverzeichnisse von Plin. N. H. X, Sasernae pater
et filins ib. XIV, XV, XVII, XVIII, vgl. XI (Saserna) und XVE, U, 22:
arbusti ratio niiram in modum damnata Sasemae patri filioque, celebrata
Scrofae, vetustissimis post Catonem peritissimisque. Vgl. Varro R. R. I,
16, 5: Sasemae liber praecipit. 18, 2: Saserna scribit. Columella I, 1, 4 f.:
id non spernendus auctor rei rusticae Saserna videtur adcredidisse. nam
eo libro quem de agricultnra scriptum reliquit u. s. w. Vielleicht dass
der Sohn das vom Vater unvollendet hinterlassene Werk abschloss und
herausgab.
2. Varro R. R. I, 2, 10: coUegam (des Varro), XX vir qui fuit ad agros
dividundos Campanos, . . Cn. Tremellium Sero f am, virum omnibus vir-
tutibus politum, qui de agricultura Romanus peritissimus existimatur.
II, 1, 11: Scrofa noster, cui haec aetas defert remm rusticarum omnium
palmara. Auf diesem Gebiete war er auch Schriftsteller; s. A. 1. Colum. II,
1, 2: Tremellii auctoritatem revereri, qui cum plurimarum rusticarum rerum
praecepta simul eleganter et scite memoriae pfodiderit etc. Vgl. ib. I,
1, 12 (Scrofa Tremellius). 6. II, 1, 4 (Tremellius). Von Plinius wird er in
dem Quellenverzeichniss zur N. H. XI. XIV. XV. XVII. XVIII genannt,
immer als Scrofa.
3. Mamilius Sura, von Plinius N. H. in den Quellenverzeichnissen zu
Buch VIII, X, XI, XVII, XVIII, XIX aufgefährt, im Texte selbst aber nur
XVIII, 42 genannt (Cato . . Sura Mamilius . . Varro). Vgl. Th. Mommsen,
Rhein. Mus. XVI. S. 282.
4. Ueber M. Ambivius, Licinius Maenas, sowie C. Matius s. oben 52, 3.
158. Zum Philosophieren bot die ganze Zeit von 650bisi48
675 wenig Müsse; die sich damit befassten vertheilen sieh ziem-
lich regelmässig so dass die Juristen der Stoa, die Redner der
neuen Akademie oder den Peripatetikem zufielen. Der Epikureis-
mus fand nur unter Solchen Anhang die dem öffentlichen Leben
fern standen.
1. Cic. de or. III, 21, 78: quid . . C. Velleius afferre potest quam ob
rem voluptas sit summum bonum quod ego non possim vel tutari . . vel
refellere . . hac dicendi arte in qua Velleius est rudis? . . quid est quod
aut Sex. Pompeius (oben 151, 5) aut duo Balbi aut . . qui cum Fanaetio
vixit M. Vigellius de virtute homines stoici possint dicere? de deor. nat.
I, 6, 15: cum C. Velleio senatore, ad quem tum Epicurei primas ex nostris
deferebant. . . etiam Q^Lucilius Baibus, qui tantos progressus habebat
in Stoicis ut cum excellentibus in eo genere Graecis compararetur. Gleich-
zeitig waren Q. Catulus (oben 146, 4), C. Cotta (oben 150, 4) und L. Lu-
cuUus (oben 154, 4 ff.) Anhänger des Antiochos (Akademie), etwas später der
SJtere Zeitgenosse Cicero's (Cic. Brut. 64, 230 vgl. Ascon. in Pis. p. 15 Or.)
M. Piso (Cos. 693) durch den Peripatetiker Staseas (Cic. de or. I, 22, 104)
Anhänger dieses Systems (Cic. de deor. n. I, 7, 16. ad Att. XITl, 19, 4),
252 Picbeütes Jahrhundert d. St.
und ähnlich der Triumvir M. Crasßus diurch Alexander Polyhistor (Plut.
Crass. 3). Zur Sioa aber hielt ausser den Genannten besonders Q. Scae-
vola (oben 151, 1), und aus den noch Aelt«ren P. Rutilius Rufus (146, 2)
und L. Stilo (147, 1). Epikureer kennen wir (ausser Vellejus) in T. Albu-
cius (145, 4) und Pompilius Andronikus (156, 6). Philosophisches Interesse
hatte auch der Verf. der Rhetorik ad Herenuinm (159, 2).
2. Die frühesten epikureischen Schriftsteller unter den Römern, Ama-
finiuK, Rabirius, Catius, gehören — nach der Art zu schliessen wie bei Cic.
Acad. post. I, 2, 5 von ihnen die Rede ist — erst der ciceronischen Zeit
an; s. unten 170.
140 159. Eine bemerkenswerthe literarische Erscheinnng der
suUanischen Zeit sind die vier Bücher Rhetorica ad C. Her-
ennium, eine vollständige Rhetorik nach 'griechischen Quellen,
aber vom römisch-nationalen Standpunkte, mit Weglassung alles
dessen was dem Römer als unpraktische Diftelei erschien und
die Beispiele für die rednerischen Figuren den römischen Red-
nern der glänzenden letzten Jahrzehnte entnehmend, theil weise
auch sie selbst bildend. Die Art der Behandlung des Stoffes
zeugt ebenso von Klarheit und Selbständigkeit des Denkens als
von Charakter und nationalem Selbstgefühl. Auch muss der
Veri'asser äusserlich in unabhängiger Stellung gewesen sein. Sein
Name ist nicht überliefert: aber die Annahme dass er Corni-
ficius hiess hat an Quintilian eine gewichtige Unterstützung.
1. Zur Charakteristik des Werks vgl. bes. I, 1, 1: illa quae graeci
scriptores inanis adrogantiae causa sibi adsumpserunt reliquimus; . . nos
ea quae videbantur ad rationem dicendi pertinere sumpsimus; non enim
spe quaestus aut gloria commoti venimus ad scribendum, quemadmodum
ceteri etc., und IV, 7, 10: nomina rerum g^raeca convortimus. . . reÜquum
scripturae consumetur in exemplis. haec si aliena posuissemus , factum
esset ut etc. his de causis, cum artis inventionem probassemus Graecorum,
excmplorum rationem secuti non sumus. lY, 1, 1: nihil neque ante rem
neque praeter rem locuti sumus.
2. Persönliche Verhältnisse des Verfassers. I, 1, 1: etsi negotiis fami-
liaribus impediti vix satis otium studio suppeditare possumus, et id ipsum
quod datur oti lubentius in philosophia consumere consuevimus, tarnen
tua nos, C. Herenni, voluntas commovit ut de ratione dicendi conscribere-
muB. rV, 56, 69: simul lubenter exercemur (Herennius und der Verfasser)
propter amicitiam, cuius initium cognatio fecit, cetera philosophiae ratio
conti rmavit. IIl, 2, 3: si quando de re militari aut de administratione
rcip. scribere velimus. IV, 12, 17: haec qua ratione vitare possimus in
arte grammatica dilucide dicemus. Das Beispiel IV, 54, 68: modo consul
quondam is deinde primus erat civitatis, und: proficiscitur in Asiam, deinde
hostis est dictus, post imperator et populi rom. consul factus est deutet
169. Rhetorica ad Herenninm. 253
auf AbfaBsung des letzten Buches nach Sulla's Tode (oder mindestens unter
seiner Dictatur).
3. Zahlreiche Partien des Werks sind wörtlich benützt von Cicero in
seiner Jugendschrift de inventione; s. 179, 1. Die Dreitheilung der insi-
nuatio z. B., welche ad Her. I^ 9, 16 als neu und eigene Erfindung be-
zeichnet ist, wird von Cic. de inv. I, 17, 23 kurzweg angenommen. Auch
die Verschiedenheit in vielen Hauptpunkten (C. L. Eayser, Ed. p. IX f.
und in den Münchner Gel. Anz. 1852, S. 482 — 487) ist ein Beweis dass
die üebereinstinimung nicht etwa blos aus Gemeinsamkeit der Quellen
sich erklärt.
4. Dass Hieronymus, Fortunatianus, Priscianus u. A. das Werk für
eiceronisch hielten (Kayser, Ed. p. XII f.) beweist nur deren Akrisie.
Andere Vermutungen über die Person des Verfassers (dass es Antonius
Gnipho sei oder Aelius Stilo u. dergl.) brachten es kaum bis zu einiger
Wahrscheinlichkeit. Die durch C. L. Kayser (Münchner Gel. Anz. 1852,
S. 492 IF. und in seiner Ausgabe) wieder aufgebrachte Autorschaft des
CornificiuB stützt sich auf Quintilian. Vgl. I. 0. III, 1, 21 nach Nennung
von Cicero: scripsit de eadem materia (Rhetorik) non pauca Comificius,
aliqua Stertinius. Aus des Cornif. Werke fuhrt er Verschiedenes an, ins-
besondere lateinische Bezeichnungen für griechische Eunstausdmcke (vgl.
A. 1), was sich genau so in der Khetorik ad Herennium findet. So V^ 10, 2 :
ideo illud Comificius contrarium appellat == ad Her. IV, 18; IX, 2, 27:
oratio libera, quam Comificius licentiam vocat =» Her. IV, 36, 48; 3, 71:
Comificius hanc traductionem vocat »= Her. IV, 14, 20; 3, 91; et hoc Cor-
nificius atque Kutilius ciripLu iBitwq putant = Her. IV, 25, 35; 3, 98:
adicit his . . Comificius interrogationem etc. =s Her. IV, 15 — 30. An an-
dern Stellen entnimmt Quintil. demselben Werke, ohne es zu nennen,
Beispiele, wie IX, 3, 81 (= Her. IV, 14, 20). 56 («Her. IV, 26, 34).
70 (= Her. IV, 21, 29). 72 (= Her. IV, 22, 30). Um die Zeit des Cicero
sind uns mehrere Comificii bekannt. So einer der J. 680 scriba des Prä-
tors Verres war (Verr. Acc. I, 67, 160), ein Senator P. Comificius (Ascon.
in Mil. p. 37) und Q. Comificius, welcher 685 tr. pleb. war (Verr. act.
prima 10, 30: Q. Manlium et Q. Cornificium^ duos severissimos atque inte-
gerrimos iudices, quod tribuni pl. tum erunt, iudices non habebimus; vgl.
Ascon. in tog. cand. p. 82 Or.: vir sobrius ac sanctus), 690 Ciceros Mitbe-
werber um den Consulat (Cic. ad Att. I, 1, 1) und auch bei Sali. Cat. 47, 4
und Cic. ad Att. I, 13, 3 als Senatsmitglied genannt. Eayser Ed. p. VI
hält den Letzteren für den Verfasser.
5. Das Werk wurde im Mittelalter viel gebraucht und abgeschrieben;
über die Hss. davon s. Kayser Ed. p. XV— XXX. C. Halm, Analecta Tul-
liana, Fase. I: lect. var. ad iibros rhet. qui ad Her. inscripti sunt ex codd.
coli, cum brevi adnot. critica, München 1852. J. Simon, die Hdss. der Rh.
an Her. I. Schweinfurt 1863. 4. II. Schweinfurt 1864. 4.
6. Ausgaben von P. Burmann (mit Cic. de inv.), Lugd. Bat. 1761, und
besonders Cornifici Khetoricorum ad C. Herennium libri IV; rec. et inter-
pretatus est C. L. Kayser, Lips. 1854. XXX und 328 pp. 8. Vgl. Kayser,
Heidelb. Jahrbb. 1854, S. 411 — 413 und Philologus XII. S. 271—279. C.
254 Siebentes Jahrh. d. St. 160. Prosaische Inschrr. aus d. J. 600 — 670.
Halm, zur Textkritik der Rhetorik ad Her., Rhein. Mus. XV. S. 536—573.
L. Spengel, die Interpolation in der Rh. ad Her., ebend. XVI. S. 391—413.
C. Hansel, zu Comif. Rh., Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 851— 854k
7. üeber das Werk s. C. L. Kayser, Münchner Gel. Anz. 1852, Nr.
59 — 62. A. Kammrath, de librorum rhett. ad C. Herenninm auctore, Holz-
minden 1858. 23 pp. 8. J. Forchhammer, Kort udsigt etc. 1858 f. (s. Philo-
logus XVI. S. 674). Mommsen, R. G. II«. S. 457 f. W. Teuffei, über €ic.
Schriften (Tübi. 1863. 4.) S. 23—26. F. Blass, Gesch. d. griech. Bcredts.
(1865) S. 121 f.
150 160. Unter den prosaischen Inschriften aus den Jahren
600 — 670 d. St. sind besonders erwähnenswerth die amtlichen
Urkunden, wie die tabula Bantina, lex repetundarum, lex
agraria u. a.
1. Tabula Bantina, gefunden zu Bantia in Apulien, auf der einen
Seite mit lateinischem, auf der andern mit einem (nicht identischen) oskischen
Texte, auB den J. 621 — 636 d. St., erstmals veröffentlicht 1795. Der er-
haltene Theil enthält Bestimmungen zur Sicherung der Verfassung (von
Bantia). Pacsimile bei Ritschi P. L. M. E. XIX; Text, Literatur (z. B.
A. Eirchhoff, das Stadtrecht von Bantia, Berlin 1853) und Erläuterung von
Th. Mommsen, C. I. lat. I (1863). p. 45—48.
2. Lex (Acilia, früher unrichtig Servilia) repetundarum vom J. 631 oder
632 d. St., zuerst vollständig veröffentlicht von F. ürsinus, Rom 1583, am
besten erläutert von C. A. C. Klenze (Berlin 1825. 4.). Facsimile (mit unten
Nr. 5) bei Ritschi P. L. M. E. XXIII— XXVIII j Abdruck und Erläuterung
im C. I. lat. I. p. 49—72.
3. Gleichfalls aus der Zeit der Gracchen sind wohl die Ueberreste
einer lex de quaestione perpetua bei Ritschi Tf. UI, bei Mommsen Nr.
207 f. p. 126; sowie wohl die Inschrift des L. Betilienus L. f. Vaarus aus
Aletrium, ib. 1166, p. 239.
4. Schiedsrichterlicher Spruch von Q. und M. Minucius in einer Grenz-
streitigkeit zwischen den Genuates und Viturii, vom J. 637 d. St., gefunden
1506; bei Ritschi Tf. XX, im C. I. lat. I. p. 72—74.
5. Lex agraria vom J. 643 d. St., früher lex Thoria genannt (die aber
in 635 oder 636 fiel), vielleicht von dem trib. pl. C. Baebius (Sali. lug.
32 f.); erhalten auf der Rückseite der lex repet. (Nr. 2), im C. I. lat. I.
p. 75—106.
6. Erlass des Prätors L. Cornelius Cn. f. an die Tiburter, wahrschein-
lich aus der Mitte des siebenten Jahrh. d. St., erstmals gedruckt 1583, im
C. I. lat. L p. 107 f.
7. Lex parieti faciendo aus Puteoli vom J. 649, aber erst in der
Kaiserzeit eingehauen, C. I. lat. I, 577. p. 163 — 165.
161. Charakter der ciceronischen Zeit. 255
m.
Zweite Periode.
. Das goldene Zeitalter der römischen Literatur.
Ciceronisches und augusteisches Zeitalter, J. 671 — 770 d. St.
A. Cioeronisohe Zeit, J. 671—711 d. St.
16L Das goldene Zeitalter der romischen Literatur ist diei5i
Periode wo sie in Bezug auf Formvollendung, grossentlieils auch
in sachlicher Gediegenheit, ihren Höhepunkt erreicht. Diess
vertheilt sich an zwei Grenerationen; die Prosa ersteigt ihren
Gipfel in der ciceronischen Zeit, die Poesie aber in der augu-
steischen.
Zu Anfang der. ciceronischen Zeit ist die Niederwerfung
der Volkspartei, der Sieg der Nobilitat eine vollendete That-
Sache. Aber dieser Zustand war ebenso unhaltbar wie unbe-
rechtigt. Die Nobilitat war zu entartet und zu sehr durch
Selbstsucht zerrissen als dass ihre Herrschaft hätte von Bestand
sein können; das Volk aber, durch die Ausdehnung des römi-
schen Bürgerrechts auf alle Italiker äusserlich zu einer furcht-
baren Macht geworden, war thatsächlich nunmehr das blinde
Werkzeug in der Hand kühnen Ehrgeizes. Es lag Alles fertig
für die Herrschaft eines Einzigen, welche zu behalten Sulla zu
unbequem gefunden hatte, so dass sogar Abenteurer wie Catiüna
es wagen konnten danach zu greifen, und dem Cn. Pompejus
bei mehr Festigkeit des Willens sie nicht entgangen wäre-, aber
den verwöhnten Günstling des Glückes brachte seine Eitelkeit
und Empfindlichkeit zu einem Schaukelsystem das damit endete
dass er bei beiden Parteien Achtung und Vertrauen eingebüsst
und dem klaren willensstarken Caesar in die Hände gearbeitet
hatte. Die nächste Frucht davon war das erste Triumvirat
(694=60 v.Chr.), die weitere der Krieg zwischen Pompejus und
Caesar, des Erstem Tod, des Caesar Sieg und Alleinherrschaft.
Die hirnlose Ermordung Caesars bewirkte nur dass die fast
schon todte Republik nochmals, durch einen neuen Bürgerkrieg,
sterben musste; die Agonie begann von Neuem, abermals bildete
ein Triumvirat die Zwischenstufe zur Monarchie, und wie das
erste dem Cicero die Verbannung gebracht hatte, so kostete das
zweite ihn das Leben.
256 Ciceronisches Zeitalter. J. 671—711 d. St.
Die Zeit hat nicht die fieberhafte Erregtheit der gracchi-
schen: dazu war die innere Erschöpfung des einen der streiten-
den Theile, der Nobilitat, bereits zu gross; aber an Leben
hat sie keinen Mangel. Die Parteien kämpfen gegen einander
noch lange mit den Waffen des Geistes, mit Wort und Feder,
auf dem Forum und im Senat, auch noch als bereits die rohe
Grewalt sich geltend machte und zuerst Gladiatorenbanden, dann
formliche Heere die Entscheidung herbeiführten. Die Beredt-
samkeit, die Geschichtschreibung, die politische Literatur hat
daher auch in dieser Zeit noch fortwährend das Uebergewicht.
Neu ist aber dass jetzt ein Zweig der Literatur um den andern
die Hohe der Kunst erklimmt, indem das Vorurteil schwindet
als sei das Schriftstellern etwas Unwichtiges und komme es da-
bei fast nur auf die Sache an. Hierin zeigt sich die Unterwer-
fung des Römerthums unter den hellenischen Geist, die in dieser
Zeit zum festen Ergebniss wird und über immer mehr Gebiete
sich ausbreitet. Zwar fehlt es noch immer nicht an Männern
welche treu zur nationalen Fahne stehen, wie Varro; aber sie
sind schon weit zurückgedrängt und stark in der Minderheit.
In den herrschenden Kreisen ist die Entfremdung vom Volke
und der Abfall vom römischen Wesen ein allgemeiner; nur dar-
nach trachtet ein Jeder dass er möglichst rasch, auf irgend wel-
chem Wege, durch Baub oder durch Käuflichkeit, selbst auch zu
der Möglichkeit gelange es Andern gleichzuthun in toller Ver-
schwendung. Den unnatürlich gesteigerten Gelüsten kam die
überfeinerte hellenische Cultur entgegen und ward zur Mode wie
zum Bedürfniss. Hellenen sind in allen Häusern, als Lehrer der
Jugend, als Vorleser, als Gesellschafter im Hause und auf der
Beise; und oft sind es durch Geist und Wissen bedeutende
Männer die sich in den Dienst der römischen Grossen begeben
und ihnen zu imponieren wissen: Luculi hat seinen Antiochos,
M. Crassus dto Alexander Polyhistor, L. Piso den Philodemos.
Auch Staseas bei M. Piso, Philagros bei Metellus Nepos scheinen
sich über das Gewöhnliche etwas erhoben zu haben; Cicero hat
Diodotos, Lyson, ApoUonios in seiner Umgebung; M. Brutus
den Aristos, Straton, Poseidonios und Empylos. Den Meisten
ist es zwar wenig Ernst, hüben und drüben: der Grieche will
der Nahrungssorgen überhoben sein, und der Kömer in seinem
Hofstaat auch einen Philosophen, Poeten und eine dienstwillige
Feder haben. Aber tüchtigere Naturen und Solche deneji Reich-
161. Charakteristik und Uebersicht. 257
thum und hohe Stellung nicht schon als Erbe zugefallen war
erkennen in der hellenischen Bildung ein treffliches Mittel durch
eigene Leistungen ihre Vorgänger zu überbieten und so empor-
zukommen. Hatten schon bisher Verbannte ihren Aufenthalt
mit Vorliebe in hellenischen Städten genommen , wie Metellus,
Rutilius Rufus, so wurde es jetzt immer häufiger dass strebsame
junge Römer Bildungsreisen in den Osten unternahmen, nament-
lich an die damaligen Hauptsitze der philosophischen und rhe-
torischen Studien, nach Athen, Rhodus, Mytilene, und am Ende
der ciceronischen Zeit war das Beziehen einer griechischen Hoch-
schule schon ein anerkanntes Erfordemiss der höheren Bildung^
wie das Beispiel des jungen Cicero und Horaz, des L. Bibulus,
Messala u. A. zeigt. Andererseits ergossen sich über Rom ausser
den Hellenen der Gegenwart auch die der Vergangenheit, in
ihren Büchern: wie schon früher Aemilius Paullus nach seinem
Siege über Perseus eine griechische Bibliothek nach Rom ge*-
bracht hatte, so kam jetzt, nach der Eroberung Athens durch
Sulla, die Bibliothek des Apellikon nach Rom, und mit ihr be-
sonders die meisten Schriften des Aristoteles und Theophrast;
durch Lucullus ebenso reiche Bücherschätze aus der pontischen
Beute, so dass es von jetzt an Bibliophilen gab (wie Varro und
Cicero) und allmählich ein Buchhandel sich ausbildete, wie ihn
z. B. Atticus betrieb. Auch das Uebersetzen griechischer Schrif-
ten ins Lateinische wurde hiedurch gefordert. Zwar die Vor-
nehmeren bedurften dessen nicht, da sie des Griechischen voll-
kommen mächtig waren und sogar gerade da wo sie vertraulich
und gemütlich wurden mit Vorliebe sich der weichen griechi-
schen Sprache bedienten*, aber auf weitere Kreise war doch nur
durch Uebersetzungen zu wirken. Indessen waren es jetzt nicht
mehr Dramen worauf sich die Uebersetzer vorzugsweise warfen:
die vornehme Welt liess dem Volke seine nationalen Belusti-
gungen und amüsierte sich selbst in griechischen Schauspielen.
Wohl aber wurden die Erzeugnisse hellenischer Sittenlosigkeit
und Aufklärung jetzt ins Lateinische übertragen; so durch Si-
senna die Romane des Aristeides, durch Amafinius u. A. epiku-
reische Schriften. Erst später übersetzten Cicero und dann Mes-
sala auch ernstere griechische Schriften. Es war begreiflich und
durch die griechischen Lehrer selbst verschuldet dass überhaupt
nicht sowohl die alte echte classische Literatur der Hellenen
den Römern in die Hände kam, sondern die leichtwiegende der
Tkvpfsl, Rom. Literaturgetckichte. 2. Aufl. 17
258 CiceronischcB Zeitalter. J. 671—711 d. St.
Gegenwart und letzten Vergangenheit. So bildeten die Redner
sich nicht sowohl nach Demosthenes als nach den hellenischen
Rhetoren Eleinasiens^ wo das Griechische mit Orientalischem
zersetzt war; und als später eine jüngere Schule auf Lysias zu-
rückgieng ward dieser Missgriff dadurch noch gesteigert dass
dieselben Männer in der Poesie sich die Alexandriner zu Vorbildern
wählten. Aber so wunderbar reich und unverwüstlich war der
hellenische Geist dass er trotz alledem noch mächtige Wirkun-
gen übte, und nicht blos zerstörende: vielmehr geht er jetzt mit
dem Römerthum einen Bund ein dessen Früchte die meisten
literarischen Erscheinungen dieser Periode sind. Zwar verleugnen
diese ihren romischen Ursprung nicht: er verräth sich theils in
dem Ueberwiegen der praktischen Richtung in der Literatur
theils auch in dem Mangel an Feinheit welcher den Einen, wie
Lucretius und (.-atuU, dem Capriciösen welches Anderen, wie
dem Sallust, anhaftet. Aber noch unverkennbarer sind die Spu-
ren der griechischen Einwirkung in dem Reichthum, der Manch-
faltigkeit, der Achtung und Popularität welche die Literatur all-
mählich gewinnt und ganz besonders in der Sorgfalt welche jetzt
der Form zugewendet zu werden anfängt und welche am Ende
der ciceronischen Zeit theilweise sogar in einseitigen C'ultus der
Form ausartet.
Die praktische Richtung der Literatur und der Einfluss der
politisch bewegten Zeit tritt besonders hervor an den Gebieten
welche jetzt hauptsächlich Anbau iSnden. Die Beredtsamkeit
vor Allem erreicht jetzt in kunstmässigem Betriebe ihren Gipfel-
punkt. Schon bisher, wo griechischer Geschmack und griechische
Kunst nur vereinzelt eingewirkt, hatte sie es zu Leistungen
gebracht welche in Verarbeitung und Verwerthung der politi-
schen und der Rechtsfragen und in packender Kraft die Hellenen
weit hinter sich Hessen; und noch zu Anfang dieser Periode ist
Hortensius ein glänzender Beweis was romisches Talent auch
bei einseitiger Schulung erreichen konnte. Ein Fortschritt war
kaum möglich von Seiten der Natur und Begabung; er war es
aber auf Seiten der Kunst, und hier geschah er durch Cicero.
Unersättlich im Lernen, unermüdhch arbeitend an seiner geisti-
gen Vervollkommnung, hat er den Gesichtskreis und die Stoffe
der Beredtsamkeit erweitert, reiche Kenntnisse, klares Bewusst-
sein der Kunstgesetze und ein verfeinertes Gefühl für das Schöne
und Passende im sprachlichen Ausdruck in ihren Dienst ge-
161. Charakteristik und Ueberaicbt. 259
bracht und dadurch anstatt der bisherigen Zerfahrenheit dem
lateinischen Stile Gesetz und Ordnung und Reinlichkeit verliehen.
Willig erkannten auch Zeitgenossen wie Caesar hierin seine
üeberlegenheit und Mustergültigkeit an. Zwar musste er am
Abende seines Lebens die Erfahrung machen dass die jüngere
Generation sich über ihn hinausgeschritten dünkte^ ihn zu asia-
tisch fand und den Namen Atticisten ausschliesslich für sich in
Anspruch nahm; und auch in der Zeit unmittelbar nach ihm
sträubten sich Sallust und Asinius PoUio gegen seine Stilistik.
Aber in der Hauptsache blieb diese siegreich; sein Sprachschatz^
Wortgebrauch und Satzbau wurde der classische und fand^ nach-
dem Rom selbst allmählich davon abgefallen war^ in späten Jahr-
hunderten ehrenvolle Wiederaufrichtung.
In Zusammenhang mit der kunstmässigen Ausbildung der
Beredtsamkeit gewann auch die Theorie derselben^ die Rheto-
rik, an Bedeutung. Hier aber herrschten jetzt die Griechen,
Hermagoras, Molon, ApoUodoros, Theodoros; und deren Lehr-
bücher wurden beim Unterrichte entweder im Original zu Grunde
gelegt oder in einer lateinischen Uebersetzung, dergleichen Val-
gius anfertigte. Cicero, der in seiner Jugendschrift de inven-
tione den gleichen Weg gegangen war, verfolgte in seinen
reiferen Jahren eher die Bahn der Rhetorik ad Herennium, in-
dem auch er die Streitfragen der Schulen bei Seite liess, steigerte
aber dabei das Popularisieren des Stoffes. Denn an die Stelle
der knappen strengen Methodik jener Schrift setzte er unter-
haltendes, durch die Vielseitigkeit seiner Kenntnisse und den
Reichthum seiner eigenen Erfahrungen anziehendes und be-
lehrendes Reden über die Fragen der Rhetorik.
Nächstdem gedieh in dieser Zeit die politische Literatur.
Mit der Verbreitung der Bildung war der Griffel immer mehr
zu einer Macht geworden, und an Händen die bereit waren ihn
zu führen war Ueberfluss. Um alle bedeutenden Persönlichkeiten
und Vorgänge der Zeit setzt sich daher alsbald eine Literatur
an von Plug- und Streit -Schriften, von Memoiren und Biogra-
phien. Auch die auffallend zahlreiche Bearbeitung welche die
sacralen Gebräuche in dieser Zeit fanden — durch A. Caecina,
Appius Pulcher, Valerius Messala, Trebatius — erklärt sich wohl
aus deren politischer Bedeutung. Ebenso steht der Briefwechsel
zu einem guten Theile in solchem Zusammenhang, noch mehr
die Geschichtschreibung, wie Caesars Beispiel zeigt. Neben
17*
260 Ciceronisches Zeitalter. J. 671—711 d. St.
dieser politisch gefärbten Historiographie hat die alte anna-
listische Weise noch ihre Ausläufer, den vollkommensten in Cor-
nelius Nepos. Reichsten Stoflf lieferten Varro's geschichtliche
Werke. Uebersichten verfassten M. Varro, Atticus und Cornelius
NepoS; diese drei zugleich Vertreter der vergleichenden Geschicht-
schreibung (Griechen und Römer). Für die stoffliche Seite der
Geschichte war die Einführung einer amtlichen Zeitung (acta
diurna) durch Caesar (J. 695 = 59) sowie das Aufkommen der
Stenographie (notae Tironianae) höchst förderlich. Andrerseits
enthält diese Zeit in Sallust den ersten Vertreter der neuen
Weise, welche, in dem Bewusstseih dass Geschichte zu schreiben
auch eine Kunst sei, in Schilderung der Begebenheiten und han-
delnden Charaktere den griechischen Vorbildern nachstrebt.
Mit der Geltung der Bildung wuchs auch die der Forschung
und Gelehrsamkeit, zumal da sie einen Varro hatte, der in
einem langen Leben eine erstaunliche Fülle des Wissens sich
erwarb und in Schriften niederlegte, in ehrlichem nationalem
Sinne, und so reich dass Jahrhunderte davon zehrten. Nächst
ihm genossen Valerius Cato, Nigidius Figulus und Santra das
meiste Ansehen; auch Aristokraten wie Valerius Messala (C6s.
701) betheiligten sich an der Erforschung des vaterländischen
Alterthums. Die Werkzeuge der Civilisation, die Lehrer, zogen
persönlich noch wenig Vortheil aus dem wachsenden Eifer
für Bildung. Selten widmeten sich Freie diesem Berufe, wie
Orbilius Pupillus, und dieser ward nie des Lebens froh; die
meisten waren noch immer Freigelassene griechischen Ursprunges,
wie Curtius Nikias, Lenäus, Attejus Praetextatus, Caecilius Epirota.
Ausser den Lehrern lieferte Hellas nach Rom hauptsächlich
Philosophen, und durch diese fand philosophisches Dispu-
tieren und Schriftstellern in Rom immer mehr Eingang. Eine
Seltenheit war es aber dass man es damit so wichtig nahm wie
Cato mit seinem Stoicismus oder Lucretius mit seinem epikurei-
schen Bekenntniss; die Meisten pflückten aus den verschiedenen
Systemen die ihnen zusagenden Früchte. Auch die Schrift-
steller auf diesem Gebiete entschieden sich, wie die Hauptphilo-
sophen des damaligen Hellas selbst, für einen Eklekticismus
dessen einzelne Bestandtheile je nach der Individualität des Ver-
fassers gemischt waren. So hielt Varro in der Ethik zur Aka-
demie, sonst zur Stoa, M. Brutus umgekehrt in der Ethik zur
Stoa, sonst zur Akademie, und Cicero liess am liebsten die ver-
161. Charakteristik und Üebersicht. 261
scliiedenen Systeme gegen einander reden. Ausser Lucretius
haben wir aus dieser Zeit nur von Cicero Schriften philosophi-
schen Inhalts, und deren Werth liegt lediglich in ihrer Form,
in der Gewandtheit womit die lateinische Sprache den neuen
Stoffen angepasst ist.
Die Poesie spielte in dieser Zeit lange eine untergeordnete
Rolle und hat, ausser dem was M. Varro und M. Cicero in dieser
Art unternahmen, nur die Arbeiten des Valerius Cato, Furius
Bibaculus und Q. Cicero aufzuweisen. Das Bedeutendste unter
diesen leistete M. Varro, der durch die Manchfaltigkeit der von
ihm, besonders in seinen saturae Menippeae, angewandten metri-
schen Formen und die Strenge die er sich dabei auferlegte ein
Vorgänger der alexandrinisierenden Dichter war. In der zweiten
Hälfte des Zeitraums macht sich der Einfiuss des Hellenismus
auch darin bemerklich dass der Poesie grössere Aufmerksamkeit
geschenkt wird. Die erste bedeutende Frucht dieser Bewegung
ist das Lehrgedicht des Lucretius, zwar durch und durch römisch
in seiner ehrlichen Schroffheit und alterthümlichen Sprache,
aber zugleich erfüllt von einem Geiste der Aufklärung- und in
seiner Form auf der Bahn des Ennius weiter wandelnd. Die
jüngere Generation sodann verbreitete sich über die verschiedenen
Zweige der Poesie und versuchte sich in den manchfaltigsten
Formen, mit Geist und Erfolg CatuU, neben ihm seine Freunde
Licinius Calvus und Helvius Cinna, auch Varro Atacinus und
Cassius aus Parma. Nur das Drama blieb von diesen unange-
baut: in ihrer selbstgenügsamen Abkehr von der eigenen Nation
verschmähten sie es für das Volk zu dichten und bildeten lieber
die geistesarmen, aber formcorrecten alexandrinischen Dichter
nach. Die Bühne sah sich so auf die Vergangenheit angewiesen,
und ausgezeichnete Schauspieler, wie der Tragöde Aesop und der
Komöde Roscius, hauchten den Stücken der Tragiker und Pal-
liatendichter des sechsten Jahrh. d. St. neues Leben ein. Unter
den volksmässigeren Gattungen gewann im Laufe der ciceroni-
schen Zeit der Mimus die Herrschaft, als die entsprechendste
Darstellung der hauptstädtischen Zügellosigkeit. Für ihn arbeitete
der römische Ritter D. Laberius, sowie der Freigelassene und
Schauspieler Publilius Syrus. Durch Laberius wurde der Mimus
zugleich in die Literatur eingeführt.
In dieser Zeit wurde auch der letzte Rest der nationalen
Prosodik beseitigt. Das im Leben fast unhörbare und daher
262 Ciceronisches Zeitalter. J. 671—711 d. St.
von Ennius vor Consonanten unberücksichtigt gelassene auslau-
tende s wurde von den alexandrinisierenden Dichtem dieser Zeit
grundsätzlich und regelmässig als voller Consonant behandelt,
nachdem noch M. Varro und Lucretius das prosodische Ignorie-
ren desselben sich erlaubt hatten, obwohl verhältnissmässig nicht
allzuhäufig. ^) Nur die Verschleifung von auslautendem m vor
anlautendem Vocal blieb für alle Zeit bestehen- Auch das ist
ein Symptom des Sieges den der Hellenismus gewonnen dass
das lateinische Alphabet in dieser Zeit um die griechischen Buch-
staben y und z vermehrt wird und die griechischen Aspirate
jetzt in der lateinischen Schrift (durch th, ph, ch) wiedergege-
ben werden.*) Lang i wird seit der suUanischen Zeit theils
durch ein über die Höhe der Zeile verlängertes I theils durch
einen Apex bezeichnet.^)
Unter den literarischen Persönlichkeiten der ciceronischen
Zeit besteht ein stark ausgeprägter Unterschied je nachdem sie
der ersten oder der zweiten Hälfte derselben, der älteren oder
der jüngeren Generation, angehören. Die Aelteren, deren Jugend
in die Schreckenszeit der Kämpfe zwischen Sulla und Marius fiel,
haben in Literatur und Leben noch eine gewisse ernste Haltung,
die auch dem Furius Bibaculus nicht abzusprechen ist. Das
Ende des siebenten Jahrh. d. St. und den Anfang des achten
kennen wir aus Cicero und Catull als eine stürmische entfesselte
Zeit; es ist die Zeit eines Clodius und der Clodia, wo Zucht-
losigkeit für Genialität galt und die altrömische Ehrbarkeit aus
Leben und Literatur geschwunden war.*) Die jüngere Genera-
tion, die in dieser Atmosphäre aufwuchs und frühzeitig in den
Strudel hineingerieth, wurde von ihm auch verschlungen, ver-
zehrte in Sinnentaumel rasch ihre Kräfte und fand ein frühes
Ende. Gegenüber von den altrömischen Dichtem, die auch
durch das hohe Alter das sie erreichten als' wahre Patriarchen
dastehen, ist es auffallend wie kurzlebig die Schriftsteller dieser
^) Vgl. J. Jessen, Quaestiones Lacretianae p. 22 — 26.
*) Cic. orat. 48, 160. Quintil. XII, 10, 27.
') Ol. Kellermann in 0. Jahn's Spec. epigraph. (Kiel 1841) p. 105 ff.
F. Bitschl im Rhein. Mus. XIV. S. 299 ff. 378 ff. 487 f. und P. L. M. E. Suppl.
V (Bonn 1864). p. XIV f. W. Schmitz, studia orthogp. et orthogr. lat.,
Düren 1860. 4.
*) Cic. p. Cael. 17, 40: haec genera yirtutum non solum in moribus
nostris sed vix iam in libris reperiuntur.
161. Charakteristik und üeberaicht. 263
Zeit sind, ein CatuU, Calvus, Caelius Rufas, theilweise auch Lu-
cretius und Sallust. Sie sind auch in dieser Hinsicht, wie in
ihrer literarischen Richtung, die Vorläufer der Augusteer, eines
TibuUus und Propertius, nur dass diese an den politischen Ver-
hältnissen eine Art Gegengewicht besassen. Diejenigen unter
ihnen denen ein längeres Leben beschieden war erreichten theil-
weise erst in der augusteischen Zeit den Höhepunkt ihrer Wirk-
samkeit, wie Trebatius, Asinius Pollio, Q. Tubero, C. Matius.
Innerhalb der beiden Generationen selbst besteht wiederum
ein Unterschied hinsichthch der nationalen und der politischen
Richtung. In der älteren ist der Gegensatz zwischen Alterthüm-
lich und Fortgeschritten verkörpert auf dem Gebiete der Prosa
in Varro und Cicero, bei der jüngeren innerhalb der Poesie
durch Lucretius und CatuU; die Einen sind national und auf die
Sache gerichtet, die Andern hellenisieren und streben nach voll-
endeter Form. Cicero und der Kreis des Catull stehen so prin-
cipiell auf demselben Boden; aber das gleiche Princip wird dort
mit Mass durchgeführt, hier mit schroffer Einseitigkeit, so dass
die Epigonen die Nase rümpfen über den zurückgebliebenen
Consularen, und Cicero sich mokiert über die neumodischen
Dichterlinge die in der Beredtsamkeit nichts Höheres kennen als
Lysias und in der Poesie dem Euphorion nachleiern.^) In der
Pohtik geht dann die jüngere Generation wieder auseinander, je
nachdem sie republikanisch gesinnt ist — wie Catull, Calvus
und die bedeutendsten Theilnehmer der Verschwörung gegen
Caesar, M. und D. Brutus, C. Cassius und Cassius aus Parma —
oder auf Caesars Seite steht, wie Sallust, C. Matius, Q. Tubero,
M. Antonius, Curio, Trebatius, Asinius Pollio u. A.
Auch das ist eine Eigenthümlichkeit dieser Zeit dass, nach-
dem mit dem marsischen Kriege die letzten Schranken zwischen
Rom und Italien gefallen sind, die italischen Landstädte in zu-
nehmendem Masse an der Literatur sich betheiligen und diese
allmählich aus einer römischen zu einer italischen wird. Als
vollends auch das diesseitige GaUien in den Verband gezogen
war und Italien nunmehr seine natürlichen Grenzen hatte, so
strömen auch von dort die Talente auf den grösseren Schauplatz.
Catull, Cornelius Nepos, Furius Bibaculus, Cassius (Parmensis)
— — ^— ^— — — — ,
*) Cic. orat. 48, 161 (poetae novi). ad Att VII, 2, 1 (vsoategot und
anovdstd^ovxeg). Tusc. III, 19, 45 (cantores Euphorionis), Vgl. auch
Quintil. XU, 10, 12 ff.
2fj4 Ck»n0iii£cbe« Zeitalter, t. 671—711 d. St.
und w^tterfain Äenübns Macer, Cornelias (talluB, T. Livins sind
aiu Oberitalien gebürtig, Varro (Atacinos) und Pompeius Trogus
US dem jenseitigen Gallien.') Wollten feinere Ohren auch
»en Xeorömem etwas heraashören was sie von der
IS unterschied, *) so beeassea Letztere am so mehr Frische
Ter. Die langsamere Entwicldnng der femer stehenden
[taUens bot dazn den Yortheil dass sie, unabhängiger von
ich wechselnden Moden Borns, um so treaer festhielten
wahrhaft ClassischeD^), und aas dieser Quelle schöpfend
sie in der folgenden Zeit oft genug neue Lebenskraft
Ton der ewigen Unruhe anfgeriebenen und erschöpften
der Weltstadt
rch Umfang und nachhaltigen Einfluss seiner schritl-
chen Thätigkeit nimmt Cicero in dieser Zeit eine Central-
; ein. Um ihn gruppieren sich die Aelteren und ein
ler JOngeren. Etwas älter als Cicero sind Varro (geb.
iquilins Gallus, die Optimaten M. Crassus (geb. vor 639),
illus (geb. uro 640), Hortensius (geb. 640), M. Piso (geb.
), sowie Atticns (geb. 645), die epikureischen- Uebersetzer
Albucius. Gleichaltrig mit Cicero sind Cn. Pompejus und
e (beide geboren 648), Sulpicius Rufus, sowie ongefahr
!ejns, Q. Tubero, Q. Cicero (geb. 652) und Furius Biba-
geb. 651). Auch Tiro, Trebatius Testa {geb. um 665)
ra Nigidius Figulus (Prätor 696) gehören noch zu seinem
Sonst aber übt auf die Jüngeren Caesar (geb. 654)
i Anziehungskraft. Unter diesen stehen an Lebensjahren
icero näher Lueretius (geb. 655), Cato Uticensis (geb.
j. Memmius (Prätor 696), Cornelius Nepos (geboren um
P'alerius Cato (geb. um 664), Hirtius, Oppius, Munatius
:, M. Calidiua, C Trebonius, Maecius Tarpa, C. Cassius,
a Messala. Orbilius Pupillus, obwohl schon 640 geboren,
t erst jetzt seine Wirksamkeit. Die noch Jüngeren
soweit sie Gegner der werdenden Monarchie sind, viele
ingspunkte mit Cicero gemein, sind aber fast noch mehr
II umworben als dass sie seine Gunst suchten. Dahin ge-
agua, stndia latina provincialiuin, Helsingfora 1849.
ic. Brut. 171 f.
ocb Suoton. gmmm. 'H aa^t: in proviiicia . . duraut« adhac ibi
, necdiiTn ornuinu ikUolilii aicut Romae.
162. Varro's Leben und Charakter. 265
hören M. Brutus (geb. 669), D. Brutus (geb. nach 670), Calvus
(geb. 672), auch Catull (geb. 667). unter den Caesarianem
dieses Alters hat Cicero zu C. Matius (geb. um 670) und Caelius
Ruf US (geb. um 666) ein freundliches Verhältniss, ein zweifel-
haftes zu Asinius Pollio (geb. 670), ein feindseliges zu Sallust
(geb. 667) und M. Antonius (geb. um 671). Von Varro Ata-
cinus (geb. um 672) sind die persönlichen und politischen Be-
ziehungen unbekannt.
Das Consnlatsjahr Ciceros (691) bildet einen gewissen
Wendepunkt wie in Ciceros Leben so |auch in der Stellung der
Parteien. Wir zerlegen hienach die ciceronische Zeit in zwei
Hälften und theilen der ersten diejenigen Schriftsteller zu deren
persönliche oder literarische Blütezeit vor jenes Jahr fällt, der
zweiten die erst nach 691 zur Blüte gelangten.
Erste Hälfte der clceronischen Zeit.
Die Jahre 671—691 d. St.
•
162. M. Terentius Varro, geboren J. 638 in der sabini-152
sehen Stadt Reate, aus einem altsenatorischen Geschlechte, wid-
mete sich von Anfang an hauptsächlich der Forschung und
literarischer Thätigkeit, blieb aber auch dem öffentlichen Leben
nicht fem und wurde namentlich von Pompejus in amtlichen
Stellungen verwendet wo es auf Zuverlässigkeit und Tüchtigkeit
ankam. Auch im Bürgerkriege kämpfte er auf Seiten der Ver-
fassungspartei in Spanien gegen Caesar, wurde vom Sieger zum
Vorstande der zu gründenden öffentlichen Bibliothek bestimmt,
von M. Antonius aber (J. 711) auf die Aechtungslinie gesetzt. Der
Gefahr entgangen, erreichte er, bis an sein Ende arbeitsam, fast
das neunzigste Lebensjahr. Varro ist ein Schriftsteller von
wunderbarer Fruchtbarkeit und Vielseitigkeit der Stoffe wie der
Form, dabei eine eigenthümliche Mischung von Volksmässigkeit
und universellster Bildung, Lustigkeit und Pedanterie; ein ehren-
hafter Charakter, bieder und nüchtern und heiter, der alten Zeit
anhängend imd von römischem Patriotismus erfüllt, aber auch
für griechische Bildung offen, ohne jedoch um Ebenmässigkeit
und Schönheit der Darstellung sich zu bemühen; insbesondere
gefallt sich sein Humor in phantastischen und barocken Ein-
kleidungen.
1. Hieronym. in Euseb. chron. ad a. Abr. 1901 = 638 d. St.. = 116
V. Chr.: M. Terentius Varro filosofus et poeta nascitur. Derselbe ad 1990
266 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
SS 727 = 27 V. Chr.: M. Terentius Varro filosofos prope nonagenarius
moritur. BeatinnB nennt ihn Symmachos Epist. I, 2; vgl. Yarr. R. E. IL
praef. 6. II, 8, 3. 5. 6. Von sich wohl sagte er im Catus: mihi puero mo-
dica nna fait tanica et toga, sine fasciis calciamenta, equus sine ephippio,
balneum non cotidianmn, alveus rarus. Schüler des Stilo (s. 147, 1) und
des Antiochos aus Askalon (Cic. Acad. post. I, 3, 12), wie Cicero, aber vor
diesem. Befreundet mit Cn. Pompejus (Q«ll. XIY, 7, 2) und Atticus (Cic.
ad Att. II, 26, 1. Varro R. R. II, 1, 25. 2, 2), mit Cicero aber, bei der
Yerschiedenartigkeit d^s beiderseitigen Wesens, nie besonders intim (Roth
5. 8). Briefe Cicero's an ihn, ad Farn. IX, 1—8. Volkstribun (Gell. XHI,
12, 6); aedil. cur. (Vitruv. II, 8, 9 vgl. Plin. N. H. XXXV, 14, 49). Nach
Münzen Pro Q(uaestore) des Procos. Pompejus, wahrscheinlich 678 in Spa-
nien gegen Sertorius (Roth S. 12, A. 21), wo er um diese Zeit diente (Sali.
Hist. II. fr. 42: haec postquam Varro in maius more rumorum accepit),
sicher im Seeräuberkriege (J. 687) sein Legat (Varr. R. R. II, praef. 7) und
mit einer Corona navalis geehrt (Plin. N. H. VII, 30, 51), wahrscheinlich
(Roth S. 17) auch im mithridatischen (J. 688 f.). Wohl nach diesem war
er Prätor (Themist. p. 453 Dd.: Bdffciy» triv i^aniXs%w i^pz^v uqxi^v^ vgl.
Appian. b. c. IV, 47 icxQazriyri'tuog). 3. 695 Mitglied der Zwanzigercom-
mission für AusfCihrung der von den Triumvim durchgesetzten lex lulia
agraria (Varr. R. R. I, 2, 10 vgl Plin. N. H. VII, 53). J. 705 mit Afranius
und Petrejus Legat des Pompejus in Spanien, musste er, nach dem Abfall
der einen seiner Legionen, sich Caesar ergeben (Caes. b. c. I, 38. II, 17 — 20)
und scheint sich nun am weiteren Kriege gegen diesen nicht betheiligt zu
haben. J. 707 widmete Varro ihm seine Antiquitates rerum div. (Lactant. I,
6, 7. Augustin. Civ. D. VQ, 35). Bestimmung zum Bibliothekar, Suet.
Caes. 44 vgL Isid. Orig. VI, 5, 1. M. Antonius, der 707 auf Caesars Befehl
dem Varro ein schon geraubtes Gut wieder hatte herausgeben müssen (Cic.
Phil. II, 40, 103) und J. 710 desselben sich abermals bemächtigte (ib.
41, 104 f.), proscribierte ihn 711; aber Fufius Calenus rettete ihm das
Leben (App. b. c. IV, 47), wogegen ein Theil seiner Bibliothek (Gell. III,
10, 17) und sein reicher Grundbesitz, wie es scheint, für ihn verloren blieb
(Roth S. 28 f.). Val. Max. VIII, 7,3: Terentius Varro . . non annis, qui-
bus saeculi tempus aequavit, quam stilo vivacior fuit. in eodem enim
lectulo et Spiritus eins et egregiorum operum cursus exstinctus est. Plin. N.
H. XXIX, 19: nisiM. Varronem scirem LXXXIH (L. v. Jan; früher LXXXVIII)
vitae anno prodidisse etc. Vgl. unten 163, 1. J. G. Schneider, de vita M.
Ter. Varr., in seinen Scriptores rei rusticae I, 2. p. 217—240. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1688 f., Anm. K. L. Roth, über das Leben des
M. Terentius Varro, ein biographischer Versuch; Basel 1857. 33 S. 8.
G. Boissier, fitude sur la vie et les ouvrages de . . Varron, Paris 1861.
2. Allgemeine Charakteristik. Cic. Brut. 15, 60: diligentissimns in-
vestigator antiquitatis. Acad. post. I, 3, 9: nos in nostra urbe peregri-
nantes . . tui libri quasi domum reduxerunt. . . tu aetatem patriae, tu
descriptiones temporum, tu sacrorum iura, tu sacerdotum, tu domesticam,
tu bellicam disciplinam, tu sedem regionum, locorum, tu omnium divina-
rum humanarumque rerum nomina, genera, officia, causas aperuisti plu-
rimumque idem poetis nostris omninoque latinis et litteris luminis et verbis
162 f. Varro's Charakter und poetische Schriften. 267
attuliati, atque ipse variom et elegans omni fere numero poema fecisti
philoBophiamque multis locis incohasti, ad impellendom satis, ad edocen-
dum parum. Phil. II, 41, 105. Bei August, civ. d. VI, 2: homo omnium
facile acutissimus ei> sine ulla dubitatione doctissimus. Empfindlich ad
Att. XIII, 18 (J. 709): homo TtolvYQdfptotccTog numquam me lacessivit (durch
Widmung eine/ Schrift behelligt). Dionys. II, 21: Tsgevtiog Ovaggtov . .
civTjQ x&v %aza trjv avtrjv 7iXi%l(iv a%yMoavz(ov TtoXvnstQOtaxog, Quintil. X,
I, 95: TerentiuB Varro, vir Eomanorum eruditissimus. plurimos hie libros
et doctissimos composuit, peritissimus b'nguae latinae et omnis antiquitatis
et rerum graecarum nostrarumque , plus tamen scientiae coUaturus quam
eloquentiae. Xn, 11, 24: quam multa, paene omnia, tradidit Varro!
Augustin. civ. d. VT, 2: M. Varro . . tametsi minus est suavis eloquio,
doctrina tamen atque sententiis ita refertus est ut in omni eruditione . .
studiosum rerum tantum iste doceat quantum stüdiosum verborum Cicero
delectat. Weiterhin: yir doctissimus undecumque Varro, qui tarn multa
legit ut aliquid ei scribere vacasse miremur, tam multa scripsit quam
multa vix quemquam legere potuisse credamus. Sen. oons. ad Helv. 8, 1.
Apulej. apol. 42 u. A. Plut. Eomul. 12: Ovaggava zov tpCkoeotpoVy ävÖga
'P(o(ia£(ov iv laxogla ßLßluxmoxoctov,
3. L. Mercklin, die varronische Literatur seit dem J. 1826, im Philo-
logus XIII. S. 683—751. A. Riese, die varr. Lit. seit 1858, ebd. XXVII.
S. 286—331.
163. Die Gesammtzalil der Schriften Varro's, wie siei63
durch ein wohl auf ihn selbst zurückgehendes Verzeichniss uns
bekannt ist, belief sich auf ungefähr 620 Bücher, welche 74
verschiedenen Werken angehorten. Unter diesen hatten gebun-
dene Form 6 Bücher pseudotragoediarum, 10 poematorum in
lyrischen und dem elegischen Mass, 150 Bücher saturae Menip-
peae, eine Mischung von Prosa und Poetischem, doch mit üeber-
gewicht der ersteren, endlich 4 Bücher Saturarum und vielleicht
ein Lehrgedicht naturphilosophischen Inhaltes.
1. Gell. III, 10, 7: tum ibi addit (M. Varro in primo librorum qui in-
scribuntur Hebdomades) , se quoque iam duodecimam aunorum hebdoma-
dam ingressum esse (also über 77 J. alt) et ad eum diem septuaginta
hebdomadas librorum (also 490) conscripsisse. Auson. Profess. Bardig. 20,
9 f.: omnis doctrinae ratio . . quantam condit sexcentis (rund) Varro vo-
luminibus. Ein Verzeichniss der Schriften des Varro, welches wohl aus
Varro's Büchern de sua vita entnommen war (Ritschl S. 69—61 = S. 549 ff.),
gab Hieronymus in einem Briefe ad Paulam (s. de vir. illustr. = scriptor.
eccl. c. 54). Ein grösseres Citat daraus enthält Bufin. apolog. (=» invectiv.)
II, 20. Das Verzeichniss des Hieronymus selbst aber fand sich in einer
Handschrifb der Stadtbibliothek zu Arras in der praefatio von Origenes'
Commentar zur Genesis und ist daraus zuerst veröffentlicht und erläutert
worden von F. Ritschl, die Schriftstellerei des M. Terentius Varro, Bonn
1847. 83 S. = Rhein. Mus. VI. S. 481—660. EinFacsimile der Handschrift an
268 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
dem Bonner Vorlesungsverz. für 1849 f. Dann von J. B. Pitra, im Spicilegium
Solesmense, Vol. III (Paris 1855), p. 311 — 313 (vgl. p. I f.) und (nach zwei
Pariser Handschriften der Homiliae in Genesim) von Ch. Chappuis, Sen-
tences de M. Ter. Yarron et liste de ses ouvrages ^'apr^s difiPdrents ma-
nuscrits (Paris 1856) p. 117—124. Vgl. Ritschi, Rhein. Mus. XII. S. 149 ff.
Das Verzeichniss gibt sich selbst als unvollständig (et alia plura, quae
enumerare longum est. vix medium descripsi indicem, et legentibus fasti-
dium est), und enthält 38 oder (bei Einzelzählung der libri singulares) 46
Numern (mit 520 — 522 einzelnen Büchern), worin aber 21 uns aus sonsti-
gen Anfahrungen bekannte fehlen. Hienach hat Ritsch! , die Schrifbstellerei
S. 545 ff. = 65—88, die Gesammtzahl der von Varro überhaupt verfassten
Werke auf 74, die Zahl der Bücher annäherungsweise auf 620 berechnet,
60 dass also auf die letzten in vollständiger Müsse verbrachten 11 — 12 Le-
bensjahre Varro's 130 Bücher fallen würden. Letzterem Theile seines
Lebens gehören die wichtigsten und umfangreichsten seiner Werke an,
Varro's früheren Jahren aber die poetischen und rednerischen Arbeiten,
namentlich die saturae Menippeae und die logistorici (Ritschi, Rhein. Mus.
VI. S. 554 f. A. 11).
2. Von Varro's Arbeiten in metrischer Form waren vor dem Verzeich-
niss des HieronymuB nur Epigramme zu den Imagines und Verse aus den
satirae Menippeae (Hexameter und elegische Distichen) bekannt. Die
Pseudotragoediae (nach den Pariser Handschriften) werden den Hilarotrag-
oediae (vgl. oben 18, 1 u. 2) ähnlich zu denken sein (Ritschi, Rhein. Mus.
XII. S. 151 f.), und zwar wahrscheinlich in Versen. Vgl. Riese, Varr. Satt,
p. 31 f. Die poemata waren wohl kurze Gedichte (verba plura modice in
quandam coniecta formam, Varro bei Non. p. 428) in der Weise der ca-
tullischen, und auf sie bezieht sich wohl Diomed. L p. 395 P. «s 400, 29 E.:
Varro in poetico libro. Im Unterschiede von den saturae Menippeae (s.
A. 3) müssen die Saturae schlechtweg genannten durchgängige metrische
Form gehabt haben, etwa in der Art der lucilischen. Vgl. Bitschl, Rhein.
Mus. VL S. 493, Anm. Auf ein Lehrgedicht Varro's de rerum natura
sollte man schliessen aus Quintil. I, 4, 4 (die Grammatik könne nicht
ignara philosophiae sein vel propter Empedoclem in Graecis, Varronem ac
Lucretium in Latinis, qui praecepta sapientiae versibus tradiderunt). und
Lactant. div. inst. II, 12, 4 (Empedocles . . de rerum natura versibus
Bcripsit, ut apud Romanos Lucretius et Varro ; zu Vellej. II, 36, 2 : auctores
carminum Varronem ac Lucretium vgl. Riese, Varr. p. 50), wofern nicht
Quintilian, und nach ihm Lactantius, selbst erst auf ein solches aus Cicero's
Worten (Acad. post., s. oben 162, 2) geschlossen haben. VgL A. Riese,
Varr. Satt. Men. p. 16. Reifferscheid's Sueton p. 408.
3. Ueber die saturae Menippeae vgl. oben 28, 3. Dazu Prob, zu
Verg. Ecl. VI, 31. p. 14, 19 K.: Varro . . Menippeus . . nominatus . . a societat«
ingenii, quod is quoque (Menippus) omnigeno carmine satiras suas (un-
glückliche Uebertragung eines römischen Begriffs auf Menippos) expoliverat.
Dass bei Menippos und so auch in Varro's satirae Menippeae überhaupt
Prosa und Verse gemischt waren kann auch nach dieser Stelle für erwiesen
gelten. Für Varro erhellt es überdiess für jeden Unbefangenen aus den be-
163. Varro's poetische Schriften (Satirae Menippeae). 269
treffenden Ueberresten. Ausser diesem formalen Merkmale hatten die var-
ronischen ^turae menippeae (wie manche Schriften des Lukianos) mit den
Arbeiten des Menippos gemein hauptsächlich den Inhalt und den Ton, den
philosophischen Standpunkt des Kynikers, 4er ein freies Verhalten zu, den
verschiedenen Systemen und Betonen der praktischen Seiten mit sich
brachte, sowie das Spielen zwischen Ernst und Scherz. Wegen dieses phi-
losophischen Ausgangspunktes der Saturae menippeae des Varro können
diese von Cicero gemeint sein mit seinem varium et elegans omni fere
numero poema (oben 162, 2), obwohl poema von einem 150 Bücher umfas-
senden und zugleich Prosa enthaltenden Werke nach Ausdruck und Nume-
rus auffallend bleibt. Sonst finden wir in den Ueberresten besonders hfi-ufig
Rügen des Abfalls der Gegenwart von der Einfachheit der alten Zeit, und
damit Anschluss an die polemische Richtung der luciHschen Satire. Uebri-
gens muss auch Inhalt wie Einkleidung bunt gewesen sein, Gelehrsamkeit
und Leben, Mythologie und Geschichte, Vergangenheit und Gegenwart um-
spannend. Die Anlage ist häufig dialogisch, und Varro scheint dabei
manchmal in eigener Person aufgetreten zu sein (Anreden Varro, Marce;
vgl. die Titel Marcopolis, Marcipor und Bimarcus). Auch Erzählungen einer
Reihe von Erlebnissen scheinen vorgekommen zu sein (z. B. im Sexagessis).
Den Gedankengang werden wir uns in der Weise der horazischen Satiren,
locker und abspringend, vorzustellen haben. Neben vielem Volksmässigen
(Sprüchwörtliches, Derbes, Alliteration) findet sich auch Griechisches zahl-
reich eingemischt, einzelne Worte wie ganze Verse. Die angewandten
Versmasse sind sehr manchfaltig und wirklich omni fere numero gehalten;
dabei meist sehr correct durchgeführt. Die iambischen Senare überwiegen;
nächstdem Trochäen, Skazonten, Hexameter (und Disticha), Anapäste; aber
auch Sotadeen, Galliamben, Choriamben, Hendekasyllaben, Glykoneen, Ere-
tiker, Bakchien. A. Riese, Varr. reliqq'. p. 55 — 90. Dass Varro, wie er
(nach dem Vorgange des Lucilius) jvom Lateinischen ohne Weiteres ins
Griechische übergeht, so auch manchmal mitten im Satze von Prosa zu
Versen, behauptet A. Riese in Fleckeisens Jahrb. 95, S. 646—648, bestreitet
aber lebhaft L. Müller, de re metr. lat. p. 78 ff. und Rhein. Mus. XXIV.
S. 312 — 314. Die meisten Ueberreste sind durch Nonius erhalten; die
grösste Zahl fällt auf die Eumenides. Für die Ausscheidung des zu den
Saturae menippeae Gehörigen gibt Gellius die besten Anhaltspunkte, wor-
nach die Verzeichnisse bei Oehler p. 42 ff., Vahlen p. 203 f. und A. Riese
p. 38 ff. Die Titel sind meist wunderlich und willkürlich (z. B. Sesculixes,
Papiapapae, Zniafioexia, *In7co%v(oVy *Td^oitv<ov), bald griechisch bald latei-
nisch, gern aus einem Sprüchwort bestehend (nescis quid vesper serus
vehat; post vinum seplasia fetet; mutuum muH scabunt; aXXog ovtog
^HQatiXijgi dlg naidsg %t yiQovtsg u. A.), keinenfalls aber alle doppelt, viel-
mehr hat die Vermutung von A. Riese (p. 26. 43 ff. Symb. S. 481 ff.), dass
die mit nsQl beginnenden Nebentitel (wie bei den -platonischen Dialogen)
von einem späteren Grammatiker herrühren, viele Wahrscheinlichkeit. Die
Doppeltitel scheinen das Merkmal der Logistorici zu sein. Die Abfassungs-
zeit ist nur vom T^iwxQuvog (s. 164, 3) bekannt (J. 694); J. 709 lässt Cicero
(Acad. I, 2, 8) den Varro diese Satiten vetera sua nennen. Sammlung der
Satt. Men. reliquiae durch Fr. Oehler (Lips. 1844) und A. Riese (Lips. 1865;
270 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
vgl. Rhein. Mus. XX. S. 401—443. XXL S. 109—122. Fleckeisen's Jahrbb. 95,
, S. 488—496. 507—609). Kritische Beitrage von G. Köper (Philologus IX.
p. 223—278. 567—573. XV. S. 267—302. XVII. S. 64—102. XVIU. S. 418—
486. Eumenidmn reliquiae, Danzig 1858. 1861. 1862), J. Vahlen (in Yarr.
S. M. reliqoias coniectanea, Lips. 1858. 230 pp. 8. Dazu die Beiträge von
Ribbeck und Bücheier, Rhein. Mus. XIV. S. 102—130. 419—452), C. L. Kayser
(Heidelb. Jahrb. 1860, S. 241 -252), L. Müller (metr. poet. lat. und Fleckeisen's
Jahrbb. a. a. 0.), M. Crain (Berliner Zeitschr. für Gymn. 1866, S. 606—618),
J. Mähly, Varroniana (bes. zum Modius), Basel 1865. 39 S. 4. u. A. — L.
MerckKn, die Boppeltitel der varronischen Menippeae und Logistorici, Rhein.
Mus. XII. S. 372—398; vgl. Philologus XIII. S. 713—728. AI. Riese- in den
prolegomena seiner Ausgabe, in der Symbola philolog. Bonn. S. 479 — 488,
und im Philologus XXVII. S. 316—331. Mommsen, R. G. HI*. S. 584—590.
154 164. Die prosaischen Schriften Varro's erstreckten sich fast
über alle Gebiete des Wissens und der literarischen Thätigkeit,
Beredtsamkeit, allgemeine und Literaturgeschichte, Jurisprudenz,
Grammatik, Philosophie, Geographie, Landwirtschaft u. s. f.
Bei aller seiner encyclopädischen Richtung aber hat Varro doch
immer vorzugsweise das eigene Vaterland und dessen Vergan-
genheit im Auge behalten und durch diesen Theil seiner Schrift-
stellerei mittelbar und unmittelbar noch lange fort einen grossen
Einfluss ausgeübt. Namentlich die christlichen Kirchenväter,
und unter diesen ganz besonders Augustinus, haben ihn fleissig
gelesen und benützt. Die bedeutendsten unter den prosaischen
Schriften Varro's, und die sich auch am längsten im literari-
schen Verkehr behaupteten, waren die Antiquitates rerum huma-
narum et divinarum, die Büchfer de lingua latina, rerum rusticarum,
die Encyclopädie der artes liberales (Disciplinarum libri) und
die Imagines.
1. Reden: Orationum libri XXII, und Suasionum libri III, erstere
wahrscheinlich nicht gehaltene Uebungsreden (bzhgsw. Flugschriften), mög-
licher Weise z. B. in Laudationes bestehend (Varro's laudatio Porciae bei
Cic. ad Att. XIII, 48, 2), die Suasiones vielleicht politischen Inhalts. Jedes
Buch bestand wohl aus einer Rede. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 495 — 497.
652, A. 3.
2. ADyiGtofffKav libri LXXYI, ErGrtenmgeif philosophischen (be-
sonders ethischen) Inhalts (loyoi) ' mit einem reichen Beiwerk geschichtli-
cher Belege (tcTOQlai) aus Mythus und Historie, vielleicht in der Weise des
Herakleides aus Pontus, und vne Cicero's Cato und Laelius ernsthaft und
populär gehalten und in Prosa, mindestens theilweise dialogisch. Jedes
Stück hatte einen Doppeltitel, dessen erste Hälfte der Name einer lebenden
oder gestorbenen Person bildete die' mit dem Thema in irgend welcher
Beziehung stand und die vielleicht jedesmal hauptsächlich das Wort führte,
164. Varro's prosaische Schriften, 271
während die zweite Hälfte den Inhalt in lateinischer Sprache angab; z. B.
Catua, de liberis edncandis; Messala, de valetudine; Cnrio, de deortun cultu;
Marius, de fortnna; Orestes, de insania; (Fundanius) Gallns, de admirandis;
Sisenna, de historia. Abfaasungszeit wohl nach den Saturae menippeae, Ende
des 7ten und Anfang des 8ten Jahrhunderts d. St. Noch Apoll. Sidon. ep.
YIII, 6 E. : Varronem logistoricnm . . misi. Bitschi, im Bonner Katalog für
1845 f. nnd im Ehein. Mus. VI. S. 501 — 503. 643 f. A. 662 f. A. 4. Riese,
Yarr. satt. Menipp. p. 32 — 38. 53, und die Ueberreste (besonders zahlreich
aus dem Catus) ib. p. 247 — 259. L. Erahner, Yarronis Curio de cultu
deorum, Priedland 1861. 28 pp. 4. L. Mercklin, Philologus XIU. S. 728—
731. Chappuis, fragments des ouvrages de Y. intitul^s Logistorici, Hebdo-
mades, . . de forma philosophiae, recueillis etc. Paris 1868. 112 pp.
3. Zeitgeschichtliches: Legationum libri III und De Pompeio III,
sowie De sua vita libri III; die ersteren ohne Zweifel Yarro's Thätigkeit
als Legat des Pompeius behandelnd, im Seeräuberkriege, gegen Mithrida-
tes und in Spanien; s. 162, 1. Die Schrift über Pompejus war wohl apo-
logetisch gehalten. Ritschi, Rhein. Mus. YI. S. 498 — 601. Appian. b. c. n,
9 (vom J. 694 d. St.) : %al xiq avxmv (der Triumvim Pompeius , Caesar und
Crassus) xrivSs triv avfKpQoavvriv avyy(faq)evgj Ovdgffiov, svl ßißX^tp nsQiXocßtav
iniyoarps TQiiMQavov.
4. Werke zur römischen Geschichte, a) Antiquitatum libri
XLI (Hieronymus unrichtig XLY), eine römische Alterthumskunde, nach
sachlichen Gesichtspunkten in zwei Hälften zerfallend, rerum humanarum
in 25jBüchem (4 Theile von je 6 Büchern, nebst Einleitungsbuch), und
sodann (quod prius exstit^rint civitates, deinde ab eis res divinae institutae
sint, August. C. D. YI, 4) 16 rerum divinarum (6 Theile Yon je 3 Büchern,
nebst einem Buche Einleitung) ; s. die genaue Inhaltsübersicht bei Augustin.
de civ. dei YI, 3: quadraginta unum libros scripsit Antiquitatum; hos in res
humanas divinasque divisit, rebus humanis viginti quinque, divinis sedecim
tribuit, istam secutus in ea partitione rationem üt rerum humanarum libros
senos quattuor partibus daret. intendit enim qui agant^ ubi agant, quando
agant, quid agant. in sex itaque primis de hominibus scripsit, in secundis sex
de locis, sex tertios de temporibus, sex quartos eosdemque postremos de rebus
absolvit. quater autem seni viginti et quattuor fiunt. sed unum singula-
rem, qui conmiuniter prius de omnibus loqueretur, in capite posuit. In
divinis identidem rebus eadem ab illo divisionis forma servata est, quan-
tum adtinet ad ea quae diis exhibenda sunt, exhibentur enim ab homini-
bus in locis et temporibus sacra. haec quattuor quae dixi libris complexus
est ternis: nam tres priores de hominibus scripsit, sequentes de locis, ter-
tios de temporibus, quartos de sacris, etiam hie, qui exhibeant, ubi exhi-
beant, quando exhibeant, quid exhibeant, subtilissima distinctione commen-
tans. sed quia oportebat dicere maximeque id exspectabatur quibus ex-
hibeant, de ipsis quoque diis tres conscripsit extremes, ut quinquies temi
quindecim fierent. sunt autem omnes, ut diximus, sedecim, quia et istorum
exordio unum singularem, qui prius de omnibus loqueretur, apposuit; quo
absoluto consequenter ex illa quinquepertita distributione tres praecedentes,
qui ad homines pertinent, ita subdivisit ut primus sit de pontüicibus, se-
272 Ciceronißclie Zeit. Erste Hälfte, J. 671— 691.
cundus de auguribus, tertius de quindecim viria eacrorum; secundos tres
ad loca pertinentes, ita ut in uno eorum de sacellis, altero de sacris aedi-
bus diceret, tertio de locis religiosis; tres porro, qui istos sequuntur et ad
tempora pertinent, id est ad dies festos, ita ut nnum eorum faceret de
feriis, alterum de ludis circensibus, de Bcaenicis tertium. quartorum trium
ad sacra pertinentiuxa uni dedit consecrationes, alteri sacra privata, ultimo
publica, hanc velut pompam obsequiorum in tribus qui restant dii ipsi
sequuntur extremi, quibus iste universus cultus inpensus est: in primo dii
certi, in secundo incerti, in tertio cunctorum novissimo dii praecipui atque
selecti. Die rer. human, libri suchten dem Verfalle der Staatsreligion ent-
gegenzuwirken und waren ad Caesarem pontificem gerichtet (Augustin. de
civ. dei VII, 35. Lactant. Inst. I, 6, 7), somit wohl Ende 707 herausge-
geben. Davon auch eine kürzere Bearbeitung, *Enixofi7j Antiquitatum in 9
(4 + 0) Büchern. Priscian ist der Letzte dem das Werk selbst noch vor-
gelegen zu haben scheint. Bitschi, Rhein. Mus. VI. S.'506. L. H. Erahner,
comm. de Varr. antiqq. . . libris XLI, Halle 1834; und über das zehnte Buch
der Antiqq. rer. div. des Varro, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1852, S. 385—412.
L. Mercklin, Philologus XHI. S. 731—730. Zusammenstellung und Erläu-
terung der Ueberreste bei B. Merkel in seiner Ausg. von Ovids Fasti p.
CVI— CCXLVII. Vgl. auch C. fl. J. Francken, fragmenta Varr. quae inve-
niuntur in libris s. Augustini de civ. dei, Lugd. Bat. 1836. Lüttgert, Theo-
logumena Varroniana, a s. Augustino in iudicium vocata, Sorau 1858.
1859. 4. L. Mercklin, de Varrone coronarum Rom. militarium interprete
praecipuo, Dorpat 1859. 4.
b) Annalixun libri lU, wohl ein chronologischer Abriss wie der annalis
des Atticus und die chronica des Cornelius Nepos. Eitschl, Rhein. Mus.
VI. S. 508 — 510. L. Urlichs, die Anfänge der griech. Eünstlergeseh. S. 35 f.
c) de vita populi romani (vgl. Dikäarchs Biog 'Ellccdog) in 4 Büchern,
an Atticus gerichtet (Charis. I. p. 101 P. <= 126 , 25 E.) , nach den Ueber-
resten daraus (gesammelt von Eettner p. 21 — 39) eine Art Culturgeschichte,
sachliche und chronologische Anordnung künstlich combinierend , so dass I
die Zustände des Einzelnen, II Familie und Staat, III Eriegswesen, IV den
Untergang des Staats (der Republik) behandelte. Abfassung vielleicht um
711 (Ritschi,* Rhein. Mus. VI. S. 512). H. Eettner, Varronis de vita pop.
rom. . . quae ezstant, Halle 1863. 42 pp.
d) de gente populi rom. 4 Bücher; s. Amob. adv. nat. V, 8: Varro . .
in librorum quattuor primo quos de gente conscriptos rom. pop. dereli-
quit, curiosis computationibus edocet ab diluvii tempore (der deukalioni-
schen) adusque Hirti consulatum et Pansae (J. 711) annorum esse milia
nondum d\io. Verfasst im J. 711 oder kurz darauf (s. Arnob. 1. 1.), ein
Versuch die römische Zeitrechnung in den universalhistorischen Synchro-
nismus einzureihen und damit gleichsam den geschichtlichen Stammbaum
des römischen Volkes aufzurichten (Roth, Leben d. V. S. 27). Diese Genea-
logie wm-de, nach einer chronologischen Einleitung, über die sikyonische
und athenische Eönigsreihe (B. I u. II) auf die lateinische (B. III) und
dann die römische (B. IV) weiter geführt, mit besonderer Berücksichtigung
der ethnographischen Zusammenhänge der Einrichtungen Roms (Serv. Aen.
164. Varro's prosaische Schriften, 273
Vn, 176). Die Schrift ist in der ersten Hälfte von Augnstin. de civ. d.
XYIII stark benutzt: s. bes. c. 2. 13. Francken, fragm. Varr. p. 124 — 150.
H. Kettner, varronische Studien (Halle 1865) S. 38—63 und die üeber-
reste S. 63—78.
e) de familiis troianis (römische Patricierfamilien die von Aeneas oder
Genossen desselben abstammen wollten) in mehreren Büchern (Serv. Aen.
V, 704: Varro in libris quos de familiis troianis scripsit). Vgl. liitschl,
Rhein. Mus. VI. S. 607 f. W. Hertzberg zu seiner üebersetzung der Aeneis
V, 116 ff. S. 369.
f) Aetia {Atxiccj nach dem Vorgange des Kallimachus) , Erklärung (der
ratio, causae, des cur) römischer Gebräuche bes. des Privatlebens, wohl
die Hauptquelle für Plutarchs Atrtcc ^cnfia'CTui. L. Mercklin, Philologus HI.
S. 267—277. XIH. S. 710 f. G. Thilo, de Varrone Plut. Quaest. rom. auctore
praecipuo, Bonn 1853. J. J. W. Lagus, Plutarchus Varronis studiosus,
Helsingfors 1847. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 612.
g) rerum urbanarum libri III, vielleicht eine Geschichte der Stadt Rom
hauptsächlich aus topographischen Gesichtspunkten. Ritschi a. a. 0. S. 510 f.
0. Jahn, Hermes II. S. 235.
h) tribuum liber (angeführt von Varro L. L. V, 66), benützt in den
Tribusartikeln des Festus; s. L. Mercklin, Quaestiones Varronianae (Dorpat
1852. 4.) p. 5 ff.
Alle diese Schriften (b — h) sind Ergänzungen und weitere Ausfühi-un-
gen des in den Antiqq. rerum humanarum behandelten Stoffes, zu welchem
gehört auch der schon J. 683 (Pompeius cum initurus foret consulatum. Gell.)
verfasste Elcay(oyi,yi6g ad Pompeium, ex quo disceret quid facere dicere-
que deberet cum senatum consuleret (Gell. XIV, 7, 2). Dagegen der in
den res divinae erörterte Stoff kehrt in keiner Specialschrift wieder, da
Varro in augurum libris (Macrob. Sat. I, 16, 19) von zweifelhaft;er Rich-
tigkeit (statt libro, nämlich Antiquitatum) ist; s. Ritschi, Rhein. Mus. VI.
S. 540.
5. Literarhistorische Schriften (Ritschi a. a. 0. S. 513 — 524): de
bibliothecis III; de proprietate scriptorum III (stilistisch? Ritschi S. 524);
de poetis (die römischen) in mehreren Büchern (Gell. I, 24, 3: epigramma
Plauti . . a M. Varrone positum in libro de poetis primo; vgl. XVII, 21,
43. 45); de poematis III (wohl eine Art Poetik); de lectionibus III (wahr-
scheinlich über die Recitationen, Ritschi S. 521 ff.); de compositiono satu-
rarum (Non. p. 67). Insbesondere die dramatische Literatur, und inner-
halb dieser namentlich Plautus, wurde von Varro in einer Reihe von
Schriften behandelt (Ritschi S. 516 ff.). So de originibus scenicis III; de
scenicis actionibus (Aufführungen) HI (nach Hieronymus; bei Charis. I.
p. 74 P. = 95, 18 K.: Varro de actionibus scenicis V; vgl. den Anonymus
de generibus nomin um ed. Otto, Giessen 1850. 4., Nr. 306); de actibus
scenicis III; de personis (Masken) III; de descriptionibus (Charakterschil-
derungen) III; quaestionum Plautinarum V (wohl zur Erklärung einzelner
dunkler Ausdrücke) und de comoediis Plautinis (über echte und unechte
Stücke?) mehrere Bficher (M. Varro in libr. de comoediis PI. primo, Gell.
TsurrBL, Rom. Iiiteraturgeschicbte. 2. Aufl. 18
274 Cicerouißche Zeit Erafce Hälfte, J. 671—691.
III, 3, 9). Servius Ae. X, 894 (ut etiam Varro in ludis theatralibus docet)
meint eher das Bach der Antiqq. rer. lium. das de ludis seenicis handelte
(s. oben S. 272, Z. 5) als die Monographie de seenicis actionibus. Ein be-
sonders merkwürdiger Bestandtheil der literarhistorischen Schriften Varro's
sind seine
Imaginnm libri XV oder Hebdomades, ein biographisches Bilderbuch,
herausgegeben um 715 d. St. (Gell. III, 10, 17), enthaltend 700 Porträt-
bildnisse griechischer und römischer Berühmtheiten (Könige und Feldherren;
Staatsmänner; Dichter; Prosaiker; Fachmänner; Künstler; tm£ andern Ge-
bieten) mit je einem (metrischen) elogium. Das erste Buch bildete wohl
die Einleitung nebst den 14 Urvätern der in den folgenden Büchern auf-
gestellten Gattungen; die weiteren. 14 Bücher (oder 7 Dyaden, die geraden
Zahlen für die Griechen, die ungeraden für die Römer?) werden je 7 Heb-
domaden oder 49 imagines entifaltcn haben (14mal 49 » 686 -|- 14 =» 700).
Von demselben Werke veranstaltete Varro (wohl später) eine wohlfeüere
( Volks-) Ausgabe , wahrscheinlich ohne Porträts, 'Enitoiiriv ex Imaginum
libris XV libros IUI (Hieronymus) , welche letztere Zahl Ritschi zuerst
(Rhein. Mus. XII. S. 160) in VII (Uli) abgeändert, dann (Epimetrum 1858)
belassen und auf vier Hauptkategorien (Staat, Literatur, Kunst, Sonstiges)
bezogen hat. Plin. N. H. XXXV, 2, 11: imaginum amorem flagrasse quon-
dam testes sunt Atticus iUe Ciceronis (s. unten 169, 2, d) et M. Varro
benignissimo invento, insertis voluminum suorum fecunditati septingentorum
inlustrium aliquo modo imaginibus. Gell. lU, 10, 1: M. Varro in primo
librorum qui inscribuntur Hebdomades vel de imaginibus. 11, 7: M. Varro
in libro de imaginibus primo Homeri imagini epigramma hoc adposuit.
Symmach. Ep. I, 2: scis Terentium . . tleatinum . . Hebdomadum libros
epigrammatum adiectione condiisse. . . in socerum . . tibi delegamus epi-
grammata. nam et Varronis libri diversis notantur auctoribus. Vgl. ib. I, 4.
AuBon. Mosell. 305 ff.: forsan et insignes hominumque operumque labores
(der griechischen Architektur) hie habuit decimo celebrata volumine
Marci hebdomas. F. Creuzer, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1843, Nr. 133—147
= Deutsche Schriften, zur Archäologie III. S. 531 ff. Elster, in Jahn's
Archiv XVIÜ. S. 202—206. XIX. S. 31—52. M. Hertz, in Gerhard's Denk-
mälern, Forschungen 1850, S. 142 f. F. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 513 f.
XII. S. 163 f. 160. XIII. S. 317—319; de ordine quo Varr. Hebd. dispositae
fuerint, Bonner Katalog 1856 f.; Epimetrum disput. de Varr. Hebd. libris,
Bonner Katalog 1858. L. Mcrcklin im Dorpater Katalog 1857, Rhein. Mus.
Xni. S. 460 ff. und Philologus XIII. S. 742—751. XV. S. 709—712. L. Ur-
lichs, Rhein. Mus. XIV. S. 607—612. J. Vahlen in Jahn's Jahrb. LXXVII.
S. 737—746.
Auch auf kunstgeschichtliche Schriften des Varro lassen Bruchstücke
aus ihm bei Plinius schliessen. Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 520, A.
6. Fachwissenschaftlicho Schriften (Ritschi a. a. 0. S. 503—505):
a) Disciplinarum libri IX, bei den Römern die erste cnkyklopädische
Zusammenfassung der artes liberales, wie sie durch griechische Wissen-
schaft ausgebildet waren, nämlich 1) grammatica (Wilmaniis, Varr. gramm.
p. 98—116. 208 — 218), 2) dialcctica, 3) rhetorica, 4) geometria, 6) arithme-
164. Varro's prosaische Schriften. 275*
tica, 6) astrologia, 7?) musica, 8) medicina, 9) architectura (vgl. oben 55, 1),
woraus die sieben artes liberales des Mittelalters wurden, wie sie schon
bei Augustinus und Martianus Capella sich finden. Bezieht sich auf das
achte Buch die Angabe von Plinius N. H. XXIX, 4, 65 (cunctarer in pro-
ferendo ex his remedio ni M. Varro LXXXIII vitae anno prodidisset) , so
wäre dieses Werk eines der spätesten des Varro. F. Ritschi, Quaestiones
Varronianae, Bonn 1845. 55 pp. 4. Vgl. Rhein. Mus. VI. S. 603 f. 536.
L. Mercklin, Philologus XIII. S. 736—738.
b) Die in Discipl. zusammengefassten Fächer hat Varro überdiess
groBsentheils auch in Einzelschriften behandelt; so die Grammatik (s. e),
die Philosophie (de forma philosophiae libri lü; vielleicht auch ein ein-
zelnes Buch de philosophia, nach Augustin. civ. d. XIX, 1 ff. vgl. Ritschi,
Rhein. Mus. VI. S. 503), .zu welcher (wie zur arithmetica) auch die ohne
Zweifel pythagorisierenden neun Bücher de principiis numerorum gehören.
Vgl. L. Krahner, de Varrone ex Martiani satura supplendo; c. 1: de Var-
ronis philosophia, Friedland 1846. 4. Diese philosophischen Schriften sind
sicher nach Ciceros Academica, also nach J. 709, verfasst (Wilmanns,
Varr. gramm. libr. p. 9). Femer eine eigene Rhetorik (Varro . . in libro
III Rhetoricorum , Priscian. IX. p. 872 = 489, 2 Htz.). Die geometria zer-
fiel bei Varro nach der theoretischen Seite in nccvovmri (quae ad aures
pertinet, Grundlage der Musik; s. Ritschi, Quaest. Varr. p. 30 f.) und onttKr}
(quae ad oculos pertinet, Optik nebst iTtmsdoitszQia und ateQSO(i£rQLa,
Ritschi p. 37—39), nach der praktischen Seite in Gromatik und Geogra-
phie (Ritschi p. 39 — 48). Die Gromatik oder Kunst und Lehre der Agri-
mensoren war dann ohne Zweifel in der Schrift de mensuris (Priscian. VIII.
p. 818 P. = 420, 15 Htz. Ps. Boeth. de geometr. p. 1234) eigens behan-
delt (Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 535 f. 554, A. 8), wie vielleicht auch die
Länderkunde (Ritschi S. 555, A. 12), in deren Gebiet weiter einschlagen
de ora maritima libri (Serv. Ae. I, 108. 111. V, 19. VIII, 710), wohl
identisch mit dem opus quod de littoralibus est (Solin. 11). Zweifelhaft
aber ist ob das von Hieronymus genannte Buch de valitudine tuenda
eine selbständige Ausführung oder vielmehr ein logistoricus war (Ritschi
S. 502. 536).
c) Aus praktischen Gebieten sind ausser den Hbri rerum rusticarum
(unten 166) die Schrift de aestuariis (in libro quem de aest. feci, Varr.
L. L. IX, 26), sofern damit solche aestuaria gemeint sind welche Meer-
wasserfischteiche speisen (Ritschi S. 554, A. 10), sowie die beiden Witte-
rungskalender für den Landmann und für Seefahrer: Ephemeris (rustica
oder agrestis), verfasst nach dem J. 708 (Kitschi S. 533), und Ephemeridis
navalis libri ad Pompeium (Non. p. 71, 19. Itin. Alex. M. 6), verfasst um
677 (Varro Cn. Pompeio per Hispanias militaturo librum illum Ephemeri-
dos sub nomine elaboravit, Itin. 1. 1.), Schifffahrtsprognostica, von Vege-
tius V, 11 kürzer libri navales genannt (Ritschi S. 532 f.). Th. Bergk,
Rhein. Mus. I (1842). p. 307—374.
d) de iure civili libri XV, wohl in dem Sinne als römisches Privat-
recht; Ritschl S. 505. Für eine allgemeine juristische Propädeutik und die
Hauptquelle von Pomponius hält das Werk F. D. Sanio, Varroniana in den
18*
276 Ciceromache Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
Schriften der rom. Juristen, vornehmlich an dem Enchirid. des Pomponius
nächzuweisen versucht (Leipzig 1867), S. 134 vgl. S. 211 ff. Verwandten
Inhalts sind wohl auch die libri de gradibus (Verwandtschaftsgrade) bei
Serv. Ae. V, 410. Antiquarische und staatsrechtliche Fragen neben gram-
matischen finden sich erörtert in den üeberresten der Epistolicae quae-
stiones, mindestens in acht Büchern (Ritschi S. 537), und wohl auch der
Epistulae, falls diese überhaupt von jenen verschieden sind, in welchem
Falle sie in graecae und latinae (Non. p. 141: Varro ejustula latina; p. 121:
Varro epistula latina libro I; p. 473: Varro ep. lat. libro II; vgl. p. 419:
Varro . . epistulis Latiniae) werden eingetheilt gewesen sein (Ritschi
S. 537—640. 553, A. 5 f.). •
e) Grammatischen Inhalts waren, ausser dem Gesammtwerke, den
2.5 Büchern de lingua latina (unten 166) und der epitome daraus in 9 Bü-
chern, folgende Einzelschriften: de antiquitate litterarnm (Priscian. I.
p. .540 P. = p. 8, 2 Htz.: Varro in II de antiquitate litterarum), an (den
Tragiker L.) Attius gerichtet und daher wohl eine der ältesten Schriften
Varro's (Ritschi S. 629 f. 657, A. 21. Wilmanns p. 117—125. 218—220);
de origine linguao latinae III (an Pompejus gerichtet? Ritschi S. 530 f.);
n^gl ;(;a^axT7^90(>v (= tvnotVy Formen der Wortbildung, Usener in Fleckeisena
Jahrb. XCV, S. 247 f.), mindestens drei Bücher (Charis. II. p. 170P. = 189,
25 K.: Varro in III n. %.); de similitudine verborum III (== de analogia,
Ritschi S. 629); de utilitate sermonis (Charis. p. 98 P. = 123, 3 K.: Varro
de ut. 8. mi), die anomalia in den Vordergrund stellend (Ritschi S. 529);
endlich de sermone latino V (Hieronymus; dagegen Rufin. p. 2707 P. == p. 378
Gaisf.: Varro de lingua latina ad Marcellum, und ib. p. 380 G.: Varro in
Hb. VII de lingua latina ad Marcellum, vgl. Gell. XII, 6, 3. 10, 4. XVI,
12, 7 f. XVm, 12, 8. Wibnanns p. 47—97. 170—208), die Metrik mit be-
handelnd (Ritschi S. 524, vgl. Westphal, griech. Metrik I*. S. 116 f. 173)
und für die Orthographie Hauptquelle der späteren Grammatiker. Ein
Exeerpt des Abschnittes über die Accente enthält des Sergius Explan, in
Donat. in den Analect. gramm. Vindob. p. 526 und bei Keil gramm. IV.
p. 525 ff. vgl. Wilmanns p. 49 ff. und Lentz zu Herodiau I. p. XXXI ff. Ein
anderes wohl in der Orthographie des Terentius Scaurus p. 2262 — 2264 P.,
vgl. Usener im Rhein. Mus. XXIV. S. 94 — II4. Im Allgemeinen A. Wil-
manns, de Varr. libris grammaticis scripsit relliquiasque subiecit, Berlin
1864. 226 pp. 8.
7. Singulares (libri) X bei Hieronymus, (wvoßißla unbekannten Inhalts
(Ritschi S. 502).
155 166. Von der gesammten literarischen Thätigkeit Varro's
sind nur zwei Schriften auf uns gekommen, de lingua latina
und rerum rusticarum libri III. Aber von den ursprünglich 25
Biichern de lingua latina ist uns nur Buch V bis X erhalten,
und auch diese am Ende von VI, VIII und X, sowie am An-
fang von VII und IX verstümmelt, ausserdem vielfach inter-
poliert und sonst verderbt. Das vollständige Werk behandelte
164 f. Varro's prosaische Schriften (de ling. lat.). 277
in seiner ersten Hälfte die Lehre von der Bildung und Flexion
der Wörter, in der zweiten die Syntax, unter starker Benützung
der Alexandriner und Stoiker. Vom fünften Buche an war das
Werk dem Cicero gewidmet und ist daher spätestens J. 711 ver-
fasst und wohl auch herausgegeben. Der sprachwissenschaftliche
Standpunkt ist sehr ungleich, die Schreibweise alterthümelnd
abgerissen und ungefüg.
1. Die strenge mechanische Symmetrie der Disposition wie in den Anti-
qiiitatum libri (s. oben 164, 4, a) so auch in den Büchern de lingua latina
erhellt aus der wiederholten Hervorhebung derselben. VII, 110: quoniam
omnis operis de lingua latina tris feci parteis, primo quemadmodum voca-
bula imposita essent rebus (Etymologie), sccundo quemadmodum ca in
casus declinarentur fDeclination und Conjugation) , tertio quemadmodum
coniungerentur (Syntax). V, 1: quemadmodum vocabula essent imposita
rebus in lingua latina sex libris cxponerc institui. de his tris (ausser dem
ersten, die Einleitung enthaltenden Buche, also B. H — IV) ante hunc feci,
quos Scptumio misi. in quibus est de disciplina quam vocant STVfioloyLTii^v,
quae contra eam dicerentur, volumine primo (B. II); quae pro ea, secundo
(B. III); quae de ea, tertio (B. IV). in his ad te (Cicero) scribam, a quibus
rebus vocabula imposita sint in lingua latina, et ea quae sunt in consuetu-
dine apud poetas. VI, 97: quoniam de hisce rebus tris libros ad te mittcre
institui, de oratione soluta duo, de poetica unum, et ex soluta ad te misi
duo, priorem (B. V) de locis et quae in locis sunt, hunc (B. VI) de tem-
poribus et quae cum his sunt coniuncta: deinceps in proxumo (B. VII) de
poeticis verborum originibus scriberc institui. VII, 5: dicam in hoc libro
de verbis quae a poetis sunt posita, primum de locis, dein de his quae in
locis sunt, tertio de temporibus, tum quae cum temporibus sunt coniuncta.
VIII, 24: de quibus utriusque generis {dvaloyiag und dvmficcUccg) dccli-
nationibus libros faciam bis ternos: prioris tris (B. VIII, IX, X) de earum
declinatiouum disciplina, posterioris (B. XI, XII, XIII) ex eins disciplinac
propaginibus. de prioribus primus (B. VIII) erit hie: quae contra simili-
tudinem (Analogie) dcclinationum dicantur, sccundus (B. IX), quae contra
dissimilitudincm (Anomalie), tertius (B. X) de similitudinum forma, de
quibus quae expediere, singulis tribus; tum de alteris totidem scribere ac
dividere incipiamus. Buch XIV bis XXV behandelte dann die Syntax. Vgl.
Ritschi, Rhein. Mus. VI. S. 525 f. Wilmanns, de Varr. libris gramm.
p. 22 ff. Zusammenstellung der Ueberreste aus den verlorenen Büchern bei
Wilmanns p. 141—170.
2. Die Widmung an Cicero erstreckte sich auf B. V — XXV. Vgl.
Gell. XVT, 8, 6: M. Varro de lingua latina ad Ciceronem quarto vicesimo;
auch Priscian X, 50. p. 540, 4 Iltz.: Varro in XXIII ad Ciceronem. Daraus
dass die ersten Bücher einem Andern gewidmet waren ist wohl zu schliessen
dass sie schon verfasst waren als Varro sich entschloss mit Cicero eine
Art Tauschhandel der Widmungen einzugehen. Schon J. 707 versprach
er dem Cicero magnam et gravcm TtQoacptovrjaiv (Cic. ad Att. XIII, 12, 3),
wurde aber damit nicht so schnell fertig wie Cicero mit seinen Büchern,
278 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 071-691.
80 dass dieser J. 709 ungeduldig wurde (biennium praeteriit cum ille KaXX-
mnlSrig assiduo cursu cubitum nulluni processerit, 1. 1.) und erst auf des
Atticus Zureden sich entschloss selber den Anfang zu machen durch Wid-
mung seiner Academica an Varro (ad Att. XIII, 12, 3. 16, 1 f. 18). Das
Werk Varro's wurde also erst nach dem Ei'scheinen von Cicero's Academica
(J. 709) fertig, ohne Zweifel aber vor Cicero's Tod (Ende 711). Wenigstens
hat 0. Müllers Vermutung, es sei erst nach Varro's Tod unfertig veröffent-
licht worden, die Thatsache gegen sich dass Varro selbst eine Epitome
davon herausgab. Vgl. 0. MüUcr's Praef. i>. I — XI und dagegen L. Spen-
gel, Abhandl. der bair. Akad. VII, 2. S. 443 ff.; Roth, Leben Varro's S. 25,
und Wilmanns, Varr. libr. gramm. p. 37 — 46. Verrius Flaccus scheint das
Werk nicht benützt zu haben, vielleicht weil er es missachteto. Vgl.
Schwegler, Eöm. Gesch. I. S. 127: „die Schrift wimmelt von unsinnigen,
kindischen, selbst gegen die Anfangsgründe der lateinischen Grammatik
verstossenden Etymologiecn."
3. Die ziemlich zahlreichen Handschriften des Werkes de lingua lat.
stammen sämmtlich aus dem 15ten Jahrh. und sind Abschriften der medi-
ceischen in Florenz, Laur. 51, 10 saec. XI. C. Liichmann, Rhein. Mus.
1835, S. 104. 1845, S. 611. H. Keil, Rhein. Mus. VI. (1848.) S. 142—145.
Editio princeps von Pomponius Lactus, Rom um 1471. Neuere Ausgaben
hauptsächlich von L. Spengcl (Berol. 1826) und C. 0. Müller (Lips. 1833);
nach Letzterem A. E. Egger (Paris 1837). Neucrc Beiträge zur Kritik
(s. Philologus Xlll. S. 684 — 692 und XXVII. S. 303 — 307) besonders von
L. Spengel, über die Kritik der varron. Bücher de l. 1., München 1854. 4.
(Abhandl. der bair. Ak. VII, 2. S. 429—482); de emendanda ratione libro-
rum . . de 1. 1., München 1858. 4.; Philologus XVII. S. 288—306. W. Christ,
Philologus XVI. S. 450-464. XVII. S. 59—63. H. Kettner, krit Bemer-
kungen zu Varro u. lat. Glossaren, Rossleben 1868. 4. Zur Sacherklärung
L. Lersch, Sprachphilosophie d. Alten III. S. 169 ff. C. .E. L. Oxe, de
Varr. etymis quibusdam, Kreuzmvch 1859. 4. A. Wilmanns, de Varr. libr.
gramm. p. 1—46.
1.56 166. Varro's drei Bücher rerum nisticarum besitzen wir,
mit Ausnahme einer Lücke zu Anfang des zweiten Buchs, voll-
ständig. Das erste handelt vom Ackerbau, das zweite von der
Viehzucht, das dritte von den auf einem Gute gezogenen Vögeln
und Fischen. (Gelehrsamkeit und lange Lebenserfahrung liefern
hier dem achtzigjährigen Verfasser reichen Stoff. Die Einklei-
dung ist dialogisch in der Weise der philosophischen Schriften
Oicero's, aber mit lebhafterer Scenerie und Handlung, und ist
von Varro dazu benützt seinen etwas zopfigen, aber in seiner
gutmütigen Behaglichkeit ansprechenden Witz spielen zu lassen,
besonders hinsichtlich der Namen seiner Personen.
1. R. li. I, 1, 1: annus octogesimus admonet me ut sarcinas coUigam
ante quam proficiscar e vita. Die Abfassung fallt somit ins J. 717 d. St.
165 f. Varro's prosfiische Schriften (rer. rust.). 279
Die Scenerie des Gesprächs von B. II wird ins J. 687 (21 April), die von
13. III ins J. 700 versetzt; s. II. praef. 7. III, 2, 3 (vgl. Cic. ad Att. IV,
15, 5). Ibid. I, 1, 4: scribam tibi (seiner Gattin Fundania) tres libroa in-
dices (übersichtliche). Diess blieb stehen, obwohl Buch II und III andere
Adressaten erhielten, jenes den Turranins Niger, dieses den Q. Pinnius.
I, 1, 11: quo brevius (wogen der grossen Zahl der Vorgänger) de ea re
conor tribuB libris exponere, uno de agricultura, altero de re pecuaria,
tertio de villaticis pastionibus. Tl. praef. 6: quoniam de agricultura libruro
Fundaniae uxor^i propter eins fundum feci, tibi^ Niger Turrani noster, qui
vehementer delectaris pecore, . . de re pecuaria breviter ac summatim
percurram. III, 1, 9: cum putarem esse rerum rusticarum . . tria genera,
unum de agricultura, alterum de re pecuaria, tertium de villaticis pastio-
nibus, tres libros institui, e queis duo scripai: primum ad Fundaniam
uxorem de ligricultura, secundum de pecuaria ad Turranium Nigrum. qui
reliquus est tertius, de villaticis fructibus, hunc ad te (Q. Pinnius) mitto,
quod Visus sum debcre pro nostra vicinitate et amore scribere potissimum
ad te. Wie diese fortwährende Einprägung der Disposition specifisch varro-
nisch ist (vgl. 165, 1), so kehrt in diesem Werke auch die Polemik gegen
den Untergang der alten Sittcneinfalt oftmals wieder. Ausführung über die
Namenwitze (Fundania, Fundilius, Agrasius, Agrius, Stolo, Scrofa, Vaccius,
Merula, Passer, Pavo u. A.) bei A. Schleicher, Meletematon Varron. spec. I
(Bonn 1846) p. 1^12.
2. Da die Lücke nach der praef. von lib. II sich in allen Handschriften
findet, so stammen diese sämmtlich aus der gleichen Quelle. Diese ist
wohl die von P. Victorius benützte, später aber verloren gegangene Hand-
schrift der Marcusbibliothek zu Florenz (Marcianus). Die beste Abschrift
davon ist Laur. 51, 4, geschrieben zwischen 1420 und 1430. A. Schleicher,
Melet. Varr. I. p. 13 ff. (p. 20—32 index codicum) und besonders H. Keil,
Obser^ationes criticae in Catonis et Varronis de re rustica libros, Halle
1849. Vgl. L. Mercklin, Philologus Xlll. S. 694—698. Der Text in den
Scriptores rei rusticae (s. oben 52, 5) und in den opera Varronis (s. 167, 3).
üebersetznng von G. Grosse, Halle 1788. A. Fremy, quid in libris M. T. V.
de re rustica ad litteras attineat, Paris 1843. Diss.
167. Die übrigeu Schriften Varro's scheinen über das 157
sechste christliche Jahrhundert hinaus sich nicht erhalten zu
haben. Unter den sogenannten sententiae Varronis sind nicht
wenige welche wirklich aus Schriften des VaiTO entnommen
sein könnten.
1. Ueber das Vorhiiltniss des Martianus Capella zu Varro s. Ztschr.
f. d. Alt.-Wis8. 1845, S. 1126 ff. Jahns Archiv Xlll. S. 590 ff. Krahncr,
de Varrone ex Martiani satura supplendo^ Friedland 1846. 4. Dass Isidor
Hisp. die 36 Stellen an denen er den Varro nennt nicht aus diesem^ selbst,
sondern erst mittelbar duroh andere Ciowährsmänner aus ihm geschöpft
hat ist theils wahrscheinlich theils gewiss gemacht worden durch H. Kett-
ner, varronischo Studien (Halle 1865) S. 2—37. Daraus ist mit ziemlicher
Sicherheit zu schliessen dass dem Zeitalter des Isidor, dem siebenten Jahrh.
280 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
n. Chr., von dem varronischen Nachlasse nicht mehr vorlag als uns. Diess
begreift sich um so leichter wenn, ut traditur a maioribus (Joh. Saresber.
Policrat. II, 26. VITI, 19), Papst Gregor I (J. 590—640) eine ganze Samm-
lung von Büchern aus dem Alterthum auf dem Palatinus verbrannt hätte.
Petrarca spricht in einem Briefe den er (1 Oct. 1343) an Varro richtet
die unerfüllt gebliebene Hoffnung aus: divinarum et humanarum rerum
libros XLI, qui nomen tibi sonantius pepererunt, hos adhuc alicubi forsitan
latitare suspicor, eaque multos iam per annos me fatigat cura. Roth,
Lebeu Varro's S. 4 f. A.
2. Die Sententiae Varronis, ungefähr 160 an Zahl (abgedruckt z. B.
bei A. Riese, Varr. Satt. p. 265 — 272), finden sich in den Handschriften
unter verschiedenen Titeln (Sententiae Varronis ad Papiriauum Athen is
audiontem; Proverbia Varronis ad Paxianum; Sententiae Varronis ad Athe-
niensem auditorem morales atque notabiles; Varro ad Athenieusem audi-
torem; Liber moralis quem VaiTO scripsit ad Ath. aud.; Varro in Morali-
bu8 oder in libro Moralium). Ueber sie muss unbefangene Betrachtung
dem Urteile von Riese beistimmen (1. 1. p. X f.): non absonum puto con-
icere aliqua certe ex parte eas c Varronis libris derivandas esse, nam
in sunt sententiae quales liberalior tantum excultiorque medio aevo aetas
invcuire potuit quaeque Varronis ingenio aptissimae sunt (z. B. 1: di
esscmus ni moreremur. 4: cum natura litigat qui mori grave fort. 10: in
mnltis contra omnes sapere desipere est. 37: eo vultu ^imittendae sunt
divitiae quo accipiendae. 39: philosophiae non accommodari tempus, sed
dari oportet; ipsa enim praecipuus est dei cultus. 62: eo tantum studia
iutermittantur ne omittantur. 84: nil novit qui aeque omnia. 85: cito
transcursa citius labuntur. 86; sie multi libros degustant ut convivae de-
liciiis. 151 : sie studendum ut propter id te put-es natum ; noch mehr freilich
erinnert dergleichen an Gleist und Ausdrucksweise des Seneca). nee obstat
seiiuo, qui profecto illius aevi barbarie foede infectus est, cum in talibus
florilegiis sentcntias tantum rcspiccre, verba neglegere suoquo usui accom-
modare possent. So ist 56 (omnia nosse impossibile) inhaltlich identisch
mit Varr. R. R. II, 1, 3 (nemo omnia potest scire). Manche» isf metrisch
oder leicht in ein Metrum zu bringen (wie 9. 21. 84. 98. 101), daher die
varronischen saturae hauptsächlich zu der Sammlung beigesteuert haben
mögen. Mercklin vermutet« dass der obscure Grammatiker Varro (bei
Vergilius Maro de VIII partibus or.) aus der karolingischen Zeit der Ver-
fasser sei. In den encyclopädischen Schriften des Mittelalters (z. B. Vincen-
tius Bellovacensis Speculum historialc und doctrinale, Arnoldi de Hollandia
Libor Vaticani) wurden diese Sentenzen viel benützt. Literatur: Senten-
tias M. T. V. . . edidit et commentario illustravit Vinc. Bevit, Padua 1843.
R. Klotz, über die dem Varro beigelegten Denksprüche, Jahns Archiv IX.
S. .^82—603. Düntzer, ebds. XV. S. 193 ff. vgl. Jahns Jahrb. LIV. S. 1^5 ff.
L. Mercklin im Philologus II. S. 480— 4S3. XUl. S. 739—742. Quicherat,
penseea inddites de Varron, Bibl. de Tecole des chartes III, 1. (Paris 1849)
p. 3 ff. Sentences de M. T. V. et liste de sc? ouvrages, d'apres diffdrents
manuscrits, par Ch. Chappuis, Paris 1856, p. 1 — 116. Ritschi, Rhein.
Mus. XII. S. 147—149.
3. Eine verlässliche Sammlung und Bearbeitung des ganzen varroni-
167 f. Sententiae VaiTonis. Q. Hortensius. 281
sehen Nachlasses gibt es noch nicht. Aelteres: Varronis opera cum notis
J. Scaligeri, A. Turnebi all., Paris 1569. 1573. 1581. 1585. Von Ausonius
Popma, Lugd. Bat. 1601. Dortrecht 1619. Amsterdam 1623. Editio Bipon-
tina 1788. 2 Voll.
168. Unter den Rednern der Optimatenpartei war der be-i58
deutendste Q. Hortensius üortalus (J. 640 — 704 d. St.), als
Mensch weich bis zur Verschwommenheit, als Redner durch Ge-
dächtnissstärke und kunstreiche Gewähltheit des Vortrags lange
Zeit die erste Rolle spielend, bis Cicero ihn überholte. Auch
literarisch war er thätig: nicht nur dass er einen Theil seiner
Reden herausgab, sondern er verfasste auch eine Schrift über
allgemeine Fragen aus dem Gebiete der Beredtsamkeit, ausserdem
Annales und erotische Gedichte. Neben ihm sind unter den
Optimaten als Redner nennenswerth der Triumvir M. Licinius
Crassus (J. 638—701), L. Licinius LucuUus (J. 640—698), M.
Pupius Piso Calpurnianus (Cos. 693), sowie auch Cn. Pompejus
Magnus (J. 648 — 706) und einige Andere.
1. Hortensius war Aedil 679, Prätor 682, Consul 685, f 704, nach
Seren. Sammon. 261 ff. an einem Halsleiden. Cic. Brut. 88, 301: (erat
Hortensius) primum memoria tanta quantam in nuUo cognovisse me arbi-
tror (Probe bei Sen. Controv. 1. praef. 19. p. 54, 3 ff. Bu.), ut quae secmn
commentatus esset, ea sine Bcrii)to verbis eisdem redderet quibus cogita-
visset. . . 302: attulcratque minume volgarc genus dicendi, duas quidem
res quas nemo alias, partitiones, quibus de rebus dicturus esset, et col-
lectiones eorum quae essent dicta contra quaeque ipse dixisset. . . 303: vox
canora et suavis, motus et gestus etiam plus artis habebat quam erat
oratori eatis. 95, 326: Hoiiensius genere (orationis asiatico) florens clamores
faciebat adolescens. habebat enim et Meneclium illud studium crebrarum
venustarumque seutentiarum . . et erat oratio cum incitata et vibrans tum
etiam accurata et polita. 327: erat excellens iudicio volgi et facile primas
tenebat adolescens. . . aed cum iiim honores et illa senior auctoritas gra-
vius quiddam rcquircret, remanebat idem nee decebat idem; quodque ex-
ercitationem studiumquc dimiserat, quod in co fuerat acerrimum, concin-
nitas illa crebritasqiie seutentiarum . . vestitu illo orationis quo consueverat
ornata non erat. Quintil. XI, 3, 8: diu princeps orator, aliquando aemulus
Ciceronis existimatus est, novissime, quoad vixit, secundus. Dem Cicero
gegenüber benahm er sich immer neidlos anerkennend und wohlwollend,
wiewohl er von dem reizbaren Nebenbuhler vielfach verkannt wurde.
2. Von den zahllosen Reden welche Hortensius im Laufe von 44 Jahren
gehalten hat kennen wir von 26 die Anlässe; s. Luzac p. 119 — 146. Meyer,
orat. rom. p. 168 — 172 = p. 361 — 378 ed. IL Herausgegebene Reden (z.B.
pro Verre, Quintil. X, 1, 23): Cic. Brut. 94, 324 (discendi genus quod fuerit
in utroque orationes utriusquc etiam posteris nostris indicabunt). 96, 328
(id declarat totidem quot dixit, ut ainnt, scripta verbis oratio), or. 37, 132
282 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
(dicebat melius quam scripsit). Quintil. XI, 3, 8 (actione valiüsee plurimum
. . fides est quod eius scripta tantum intra famam sunt, . . ut ax>parGat pla-
cuiäse aliquid co diccnte quod legentes non invenimus). Ausserdem Quintil.
II, 1, 11: loci . . quibus quaestiones generaliter tractantur, quales simt
editi a Q. quoque Hortensio, nt Sitne parvis argumentis credendum? vgl.
ib. 4, 27. Priscian. VIII. p. 792 P. « 381, 10 Htz. Vellej. II, 16, S (ma-
xime dilucide Q. Hortensius in Annalibus suis rettulit). Cic. ad Att. XII,
5, 3 (de bono auetore Hortensio sie acceperam; mündlich? vgl. XIII, 32, 3
ex Hortensio audieram; 33, 3 non temere dixit Hortensius). Erotische Ge-
dichte; s. Plin. Ep. V, 3, 6 (oben 31, 1). Ovid. Trist. II, 441 (nee minus
Ilortensi nee sunt minus improba Servi carmina). Gell. XIX, 9, 7 (oben
31, 1). Varr. L. L. VIII, 14 (Ortensius in poematis: cervix). Vgl. ib. X, 78.
Gatidl. 05, 3 f. Im xVIlgemeincn L. G. Luzac, de Q. II. oratore Ciceronis
aemulo, Lugd. Bat. 1810. 161 pp. Linsen, de H. oratore Cic. acmulo, Abo
1822 f. 4. W. Drumann, Gesch. Eoms III. S. 81 — 108. W. Teuffei in
Pauly's Real-Enc. III. (1843.) S. 1497—1503.
3. Cic. Brut. 64, 230: Hortensius . . suos inter aequalis M. Pisonem
(A. 5), M. Crassum, Cn. Lentulum (Cos. 682\ P. Lentulum Suram (Cos.
683) longe praestitit. Tac. dial. 37: ex his (den vetera quae et in anti-
quariorum bybliotbecis adhuc manent et cum maxime a Muciano contra-
huntur ac iam . . edita sunt) intellegi potest Cn. Pompcium (A. 6) et M.
Crassum non viribus modo et ai*mis sed ingenio quoque et oratione valu-
isse, Lentulos (A. 7) et Metellos (A. 8) et Lucullos (A. 4) et Curioncs (s.
141, 12. 150, 6 und den Volkstribun des J. 704) et ceterani procerum ma-
num multum in his studiis operae curaeque posuisse. Unter diesen war
M. Licinius P. f. Crassus Dives im J. 699 über 60 J. alt (Plut. Crass. 17)
Priltor 682, Cos. 684 und 699, Censor 689, Mitglied den ersten Triumvirats
694, fiel gegen die Parther 8 Juni 701; s. W. Drumann, Gesch. Boms IV.
S. 71 — 115. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1064—1068, Nr. 29.
Cic. p. Mur. 23, 48: vir summa dignitate et diligentia et faoiütate dicendi.
Brut. 66, 233: mediocriter a doctrina instructus, angustius etiam a natura,
labore et industria . . in principibus patronis aliquot annos fuit. Starker
trägt die Farben auf Plut. Crass. 3: naideiccg zrig nsgl Xoyov ^Xiaxct filv
to QTjtoQLMv yial XQsmdsg slg noXlovg rjati^Ge, xal yevofiEvog deivog slnsfv
iv totg itaXiaxa ^Pioiiaitov inifieXfia x«l novco rovg svtpveaTccTOvg vneQspccXsv.
4. Ueber L. Luculi us s. oben 154, 4 f. Dessen Bruder, M. Licinius
LucuUus, nach seiner Adoption (durch M. Terentius Varro) M. Terentius
M. f. Licinianus Varro, Cos. 681 (s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV.
S. 1074 f. Nr. 9), wird von Cicero (Brut. 62, 222) neben M. Octavius Cn. f.
und Cn. Octiwius M. f. (Cos. 678) unter den politischen Rednern aufgeführt.
5. Cic. Brut. 67, 236: M. Piso (Cos. 693) quidquid habuit habuit ex di-
äciplina, maximeque ex omnibus qui anto fuerunt graecis doctrinis eniditus
fuit. habuit a natura genus quoddam acumiuis, quod etiam arte limave-
rat, quod erat iu reprehendendis verbis versutum et sollers (vgl. ad Att.
I, 13, 2). . . is cum satis floruisset (als Redner) adolescens, minor haberi
est coeptus postea; deinde ex Virginum iudicio (J. 681?) magnam laudem
est adeptus et ex eo temiiore . . temut locum tam diu quam ferro potuit
168. Q. HortensiuB, M. CrassuB, M. Piso u. a. Optimaten. 283
laborem. Ascon. zu Cic. in Pis. p. 15: Pupiiis Piso eisdem temporibus
quibus Cicero, sed tanto aetate maior ut adolescentulum Ciceronem pater
ad euni deduceret, quod in eo . . multae inerant litterae. Cic. fin. V, 1,
1: cum audissem (zu Athen) Aniiocfium, ut solebam, cum M. Pisone. de
deoT. nat. I, 7, 16: M. Piso si-adesset, so wäre auch die peripatetische
Schule verti-eten. ad Att. XIII, 19, 4 (J. 709, wo Piso hiemach schon todt
war): confeci V libros nsgl reXmv, ut . . nsQiTtatritLyia. M. Pisoni darem.
de or. I, 22, 104: est apud M. Pisonem . . Peripateticus Staseas.
6. Cn. Pompeius Magnus, geb. 30 Sept. 648, Cos. 684, 699 und (sine
coUega) 702, Triumvir 694, f 29 Sept. 706; vgl. W. Drumann, Gesch. Roms
IV. S. 324—556. W. Teuffei in Pauly'a Real-Enc. V. S. 1848—1854. IjTach
Tac. diaL 37 (s. A. 3) gab es geschriebene Reden von ihm. Cic. Brut.
68, 239: maiorem dicendi gloriam habuisset nisi eum maioris gloriae cu-
piditas ad bellicas laudes abstraxisset. erat oratione satis am^ilus, rem
pmdenter videbat; actio vero eins habebat et in voce ma>gnum splendorom
et in motu snmmam dignitatem. Vellej. II, 29, 3: sanctitate praecipuus,
eloquentia medius. Quintil. XI, 1, 36: Pompeius abunde disertus rerum
suarum narrator. Plut. Pompei. 1: nt&avoTfis loyov. Schreiben von ihm
aus dem Anfange des Bürgerkriegs (J. 705) bei Cic. ad Att. VIU, 11 und
12, je A— D.
7. Die Lentuli bei Tac. dial. 37 werden wohl die bei Cic. Brut. 64,
230 (s. A. 3) genannten sein, von welchen Cn. Cornelius Lentulus Clodianus
ib. 66, 234 und der Catilinarier P. Cornelius Lentulus Sura ib. 235 als
Redner charakterisiert wird (vgl. ib. 90, 308 Lentuli duo). Ausserdem Cn.
(Cornelius) Lentulus Marcellinus (Cos. 698) ib. 70, 247; P. Cornelius Len-
tulus Spinther (Cos. 697) und L. Cornelius Lentulus Crus (Cos. 705) ib.
77, 268.
8. Zu den Metelli bei Tac. dial. 37 (A. 3) vgl. Cic. Brut. 70, 247:
duo Metelli, Celer (Cos. 694, s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 26 f.
Nr. 15) et Nepos (Cos. 697; s. Haakh a. a. 0. S. 27—29, Nr. 16), non nihil
in causis versati, nee sine ingenio nee indocti. ad Att. VI, 3, 10 (J. 704):
orationem Q. Celeris mihi velim mittas contra M. Servilium. Vgl. ad Farn.
V, 4, 2.
9. Ueber L. Lucceius s. 169, 5.
10. Andere Redner dieser' Zeit, von denen aber die Veröffentlichung
ihrer Reden nicht erwähnt wird, zählt Cicero auf, im Brutus 67, 237 (P.
Murena, C. Censorinus, L. Turins). 68, 239 (C. Piso, M\ Glabrio, L. Tor-
quatus). 240 (D. Silanus, Q. Pompeius A. f. Bithynicus). 241 (P. Autro-
nius, L. Octavius Reatinus, C. Staieniis). 69, 242 (C. und L. Caepasii, C.
CosconiuB Calidianus, Q. Arrius). 70, 245 (T. Torquatus T. f., doctus vir
ex Rhodia disciplina Molonis). 246 (M. Pontidius; M. Valerius Messala,
Cos. 693). Erucius, der Ankläger des Sex. Roscius (s. unten 176, Nr. 2),
beisst Antoniaster (geschmackloser Nachahmer des Redners Antonius) bei
Cic. p. Varen. fr. 8. p. 443 = 930 Or.
169« Auf dem Gebiete der Geschichtschreibung war unter 159
den älteren Zeitgenossen Cicero's thätig besonders sein Freund
284 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, J. 671-691.
T. Pomponius Atticus (J. G45 — 722), hauptsächlich mit seiiiem
Annalis, einer synchronistisch angelegten römischen Geschichte
in magerer Tabellenform. Aussefdem Procilius, Hortensius, Luc-
cejus, Sulpicius, L. Tubero u. a. noch weniger Bedeutende.
1. T. Pomponius Atticus, seit der Adox)tion durch seinen Oheim Q. Cac-
cilius Q. f. Pomponianus Atticus, der durch Cicero's Briefwechsel mit ihm
(unten 181, 2) und des Cornelius Nepos xianegyrische Biographie bekannte
Geldmann und Buchhändler. J. G. Üulloman, diatribe in T. Pomp. Att.,
Utrecht 1838. G. Boissier in Ciceron et ses amis (Paris 1866). W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2004—2096.
2. Schriften des Atticus: a) unus liber graoce confectus, de consulatu
riceronis (Cornel. Nep. Att. 18, 6 vgl. Cic. ad Att. II, 1, 1 vom J. 604:
tuus puer . . mihi litteras abs te et commentarium consulatus mei graece
scriptum reddidit).
b) Aunalis. Cic. Brut. 3, 13 f.: sahitatio . . illius libri quo me hie
(Atticus) affatus . . excitavit. . . quo omnem rernm (nostrarum fügt 0.
Jahn aus 5, 19 ein; vgl. aber auch or. 34, 120) memoriam breviter et . .
perdiligenter complexus est. 4, 15: . . ut explicatis ordinibus temporum
uno in conspectu omnia viderem. 5, 19: eis (durch Cicoro's Schrift de
rep. vom J. 700) . . ad veterum rerum nostrarum memoriam comprehend-
ondam . . inccnsi sumus (Atticus). Vgl. ib, 10, 42. 11, 44 (te, quem rerum
rem. auctorem laudarc possum religiosiesiuium). 18, 72. 19, 74. orat. 34,
120: quem laborem (nicht blos die römische Geschichte sed etiam imperi-
osonim populorum et rogum illustrium kennen zu lernen) nobis Attici nostri
Icvavit labor, qui conservatis notatisque temporibus . . annorum septingen-
toriun memoriam uno libro colligavit. ad Att. XII, 23, 2: scriptum est in
tuo Annali. Vgl. Cornel. Nep. Hann. 13, 1 und Ascon. zu Cic. in Pis. p. 13
(Atticus in Annali). Schol. Ver. zur Aen. II, 717. Solin. Polyh. 2. C. L.
Roth, bist. lat. p. 382 — 385. Cornel. Nep. Att. 18, 1 f.: summus . . fuit . .
antiquitatis amator; quam adeo diligenter habuit cognitam ut eam iotam
in eo volumine cxposuerit quo magistratus ordinavit. nulla enim lex neque
pax neque bellum neque res illustris est populi rom. quae non in eo suo
tempore sit notata, et . . sie familiarum originem subtexuit ut ex eo cla-
rorum virorum propagines possimus cognoscere.
c) Corn. Nep. Att. 18, 3 f.: fecit hoc idem separatim in aliis libris, utM.
Bruti rogatu luniam familiam a stirpe ad hanc aetatem ordine enumeraverit
(wozu aber viel Erfindung oder unkritische Aufnahme der Familiendichtun-
gen erforderlich war; vgl. oben 78, 2. 70, 1. 3), notans qui a quoque ortus
quos honores quibusque temporibus cepisset. pari modo Marcelli Claudii
de Marcellorum, Scipionis Cornelii et Fabii Maximi Fabiorum et Aemilio-
rum. Hienach überwog bei Atticus die freundschaftliche Dienstwilligkeit
über das Interesse für geschichtliche Wahrheit.
d) Imagines. Plin. N. H. XXXV, 3, 11: imaginum amorem flagrasse
quondam testes sunt Atticus ille Ciccronis edito de iis volumine et M.
Varro. Nep. Att. 18, 5 f.: attigit poeticen quoque . . namque de viris qui
169. AtticuB n. a. Geschicbtschreiber. 285
honore reruraque gestarum amplitudine ceteros rom. populi praestiterunt
cxposuit ita ut sub siogulonim imaginibus facta magigtratnsquc eoram . .
quatemis quinisue vereibna deecripBerit.
3. Cic. ad Att. II, 2, 2 (J. 694): Dicaearcbus . . a quo molto plura
didiceris quam de Procilio. Varro L. L. V, 148 (a Procilio relatum). 154
(ut Procilius aiebat). Plin. N. H. VIII, 2, 4 (Nacbricbt aus J. 673 d. St).
Ind. XII. XIII. Ps. Ascon. zu Cic. Verr. p. 171 Or.: legimus de Oppio et
Procilio. Möglicherweiße der trib. pleb. 698 d. St. Procilius.
4. Ueber die Annalen des Q. Hortensius s. 168, 2. Ueber Luculis Ge-
schichte des marsischen Kriegs s. 154, 4.
5. Cic. ad Fam. V, 12, 1 (J. 698) an L. Lucceius Q. f.: genus scrip-
torum tuorum, . . vicit opinionem meam, . . ut cuperem quam celerrime
res nostras monumentis commendari tuis. (2.) . . videbam italici belli et
civilis historiam iam a te ])aeue esse perfectam, dixeras autem mihi te
reliquas res ordiri. (3.) . . gratiam illam de qua . . in quodam prooemio
scripsisti. Nach Ascon. p. 92 f. , der ihn (orator) paratus eruditnsque nennt,
hielt und veröffentlichte er J. 690 orationes in Catilinam. Vielleicht sind
diess die scripta die dem Cicero gefielen und in ihm den Wunsch erregten
sein Consulat von ihm behandelt zu sehen, was Luccejus halb versprach,
aber nie ausführte. Ein Brief von ihm an Cicero (aus J. 709) ad Fam. V,
14. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Keal-Enc. IV. S. 1156 f. Nr. 3.
6. Cic. ad Att. XIII, 30, 3 (J. 709): in Libonis Annali (II?) quattuor-
decim annis post praetor est factua Tuditanus quam consul Mummius.
32, 3: eum (den Tuditanus) video in Libonis (II?) praetorem. Diess könnte
derselbe Libo sein an welchen Varro eine Schrift von mehreren Büchern
gerichtet hat (Varro ad Libonem primo, Macrob. (II, 14 =) III, 18, 13),
also wohl sein und des Pompejus Freund L. Scribonius Libo (Haakh in
Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 881 f. Nr. 13). Dann wEre aber bei Appian. b.
c. III, 77 (oaäs fisv riai nsgl rov Baaaov äo%si^, AißoDvi d' ori) auf einen
Andern «u beziehen oder mit Pcrizonius Aißim zu schreiben, da das dort
Erzählte (aus J. 708) eher auf einen Caesarianer schliessen lilsst. Vgl. M.
Hertz, Breslauer Ind. lect. 1864 f. p. 13-— 17.
7. Cornel. Nep. Hann. 13, 1 : quibus consulibus interierit (Hannibal) non
convenit. namque Atticus (gibt das J. 571 an) . . at Polybius (das J. 572),
. . Sulpicius autem Blitho (das J. 573).
8. L. (Aelius) Tubero, Jugendfreund und Schwager des M. Cicero,
J. 693 — 696 Legat des Q. Cicero in Asien. Vgl. W. Teuffei in Pauly's
Beal-Euc. I, 1. S. 335 f. Nr. 6. Cic. p. Lig. 4, 10: homo cum ingenio tum
etiam doctrina excellens. ad Q. fr. I, 1, 3, 10 (J. 694): legatos habes . .
de quibus honore et dignitate et aetate jiracstat Tubero, quem ego arbi-
tror, praesertim cum scribat historiam, maltos ex suis annalibus posse de-
ligere quos velit et possit imitari. Zweifelhaft ist ob dieses Geschichts-
werk fertig und herausgegeben wurde oder als Stoffsammlung auf seinen
Sohn Q. Tubero übergieng. Das Erstere ist nicht zu schliessen aus dem
Plural AHioi bei Dionys. Hai. Ant. I, 7 (oben 37, 6). Wie Cicero hielt auch
286 Ciceroniscbe Zeit. Erste Hälfte, J. G71— 691.
Tubero sich zur (neuen) Akademie, und der Skeptiker Ainesidemos richtete
an ihn seine IIvQQoiveioi loyoi (Phot. Bibl. 212. I. p. 169 ßk,).
160 170. Vorgänger Cicero's in populärer Behandlung philo-
sophischer Gegenstände in lateinischer Sprache waren Amafinius,
Rabirius und Catius, alle drei auf das epikureische System sich
beschränkend, ohne stilistischen Aufputz, treu nach den griechi-
schen Quellen, und auch nicht ohne Erfolg.
1. Cicero's Aeusserungen über diese Vorgänger zeigen wenig Unbe-
fangenheit. Acad. post. I, 2, 5: vides ipse . . non posse nos Amafinii aut
Rabirii similes esse, qni nulla arte adhibita de rebus ante oculos positis
volgari sermone dispntant. nihil defininnt, nihil partiuntur, nihil apta in-
terrogatione concludnnt, nullam denique artem esse nee dicendi nee dis-
serendi putant. (6.) iam vero physica, si Epicurum, i. e. si Democritum,
probarem, possetn scribere ita plane ut Amafinius. quid est enim magnum
. . de corpusculomm (ita enim appellat atomos) concursione fortuita loqui?
Tusc. I, 3, 6: multi iam esse libri latini dicuntur scripti inconsiderate ab
optimis illis quidem viris sed non satis eruditis. fieri autem potest ut
recte quis sentiat et id quod sentit polite eloqui non possit . . nee delecta-
tione aliqua allicere lectorem. . . itaque suos libros ipsi legunt cum suis,
nee quisquam attingit praeter eos qui eandem licentiam scribendi sibi per-
mitti volunt. II, 3, 7: est quoddam genus eorum qui se philosophos ap-
pellari Tolnnt, quorum dicuntur esse latini sane multi libri, quos non
contemno equidem, quippe quos numquam legerim; sed quia profitentur
ipsi illi . . se neque distincte neque distribute neque eleganter neque Or-
nate scribere, lectionem sine ulla delectatione neglego. IV, 3,6: C. Ama-
finius exstitit dicens, cuius libris cditis commota multitudo contulit se ad
eam potissimum disciplinam. (7.) post Amafinium multi eiusdem aemuli
rationis multa cum scripsissent Italiam totam occupaverunt . . et facile
ediscuntur et ab indoctis probantur.
2. Rabirius wird ausser Acad. I, 2, 5 (s. A. 1) nicht genannt^ da er
mit dem Dichter C. Rabirius (s. d.) nicht wohl identisch ist.
3. Cic. ad Fam. XV, 16, 1 (J. 709): Catius Insuber (vgl. unten 195, 1),
Epicureus, qui nuper est mortuus, quae ille Gargettius (Epikur) et iam
ante Democritus eidcoXa, hie spectra nominat. 19, 2: Epicurus, a quo
omnes Catii et Amafinii, mali vcrborum interpretes, proficiscuntur. Quintil.
X, 1, 124: in Epicureis levis quidem sed non iniucundus tamen auctor est
Catius. Porphyr, zu Hör. Sat. II, 4 (p. 292 H.): Catius Epicureus fuit qui
scripBit quattuor libros de rerum natura et de summo bono. ib. Acro zu
V. 48 (p. 287 H.): irridet eum qui de opere pistorio in libro scripsit Car
tius Miltiades ; wo Cruquius hat: irridet eum quod de op. pist. in suo libro
scribit de se ipso: haec primus invenit et cognovit Catius Miltiades. Vgl.
W. Teuffei Comm. zu Hör. Sat. II. S. 114 — 116. In den Aufschriften der
Satire wird der Redende theilweise M. Catius (Cacius) genannt (s. Hauthals
Schol. p. 280), bei Plin. Ep. IV, 28, 1 T. Catius.
^^^ 171. Nach f^haraktertüchtigkeit ein würdiger Schüler des
170 f. Amafiniua und Catins. AquiliuB G^allu9. 287
Pontifex Q. Scaevola war der Jurist C. Aquilius Gallus, in
seiner Gleichgültigkeit gegen politische Th'ätigkeit ein Symptom
ebenso der zunehmenden Abkehrung vom Staate wie der be-
ginnenden Ausbildung der Jurisprudenz zu einem selbständigen
Berufe. Desto vielseitiger und fruchtbarer war sfein Schüler
Servius Sulpicius Rufus (J. 649 — 711 d. St.), eine friedliche
Natur, den Extremen abhold, als Redner tüchtig, achtbar als
Gelehrter, und auch der Poesie nicht fremd, weitaus am bedeu-
tendsten aber als Kenner und Lehrer des Rechts und Verfasser
zahlreicher Schriften, durch die er auf die Ausbildung der
Rechtswissenschaft einen lange fortwirkenden Einfluss gewann.
Gleichzeitige Juristen waren P. Orbius und Precianus, mindestens
ein Rechtskenner C. Furius Camillus.
1. Plin. N. H. XVII, 1: multo pulcherriina domuB consensu omniuin
in colle Viminali C. A quill i equitis rom., clarioris illa quam iuris civilis
scientia. Prätor 688 mit Cicero, f vor 710; s. W. Teuffei in Pauly's Beal-
Enc. I, 2. S. 1388 f. Nr. 9. Cic. p. Caecin. 27, 78 (J. 685): iuris civilis ra-
tionem numquam ab aequitate seiunxit, tot annos ingenium, laborem, fidem
suam populo rom. promptum . . praebuit, . . ita iustus est et bonus vir
ut natura, non disciplina, consultus esse videatur, ita peritus ac prudens ut
ex iure civil! non scientia solum quaedam verum etiam bonitas nata videa-
tur. Brut. 42, 164: Galli, hominis acuti et exercitati, promptam et para-
tam in agendo et in respondendo celeritatem. Pompon. Dig. I, 2, 2, 42:
ex. quibus (den auditores Mucii) Gallum maximae auctoritatis apud popu-
lum fuisse Servius dicit. Vgl. oben 151, 3. Auch ülpian kennt ihn nur
aus zv^eiter Hand (Dig. XIX, 1, 17, 6: Gallus Aquilius, cuius Mela refert
opinionem, recte ait), und in den Digesten, wo er etwa ein Duzendmal
genannt wird, ist niemals ein bestimmter Buchtitel namhaft gemacht.
Vielleicht gehen daher diese Erwähnungen auf Anführungen zurück welche
sein Schüler Sulpicius Rufus über mündliche responsa des Aquilius machte.
Einige rechtliche Formulare sind das Einzige wovon wir mit Sicherheit
wissen dass Aquilius es selbst schriftlich veröffentlicht hat. So besonders
die Aquiliana stipulatio et acceptilatio (Inst. III, 29, 2. Dig. XL VI, 4, 18, 1),
die Formel für Erbeinsetzung nachgeborener Enkel (Dig. XX VIII, 2 , 29 pr.),
und formulae de dolo malo aus seiner Prätur (Cic. off. III, 14, 60. 15, 61.
deor. nat. III, 30, 74). Majansius, ad XXX ict. comm. II. p. 57—126.
Heineccius, de C. Aquillio Gallo icto celcberrimo, Opusc. II. p. 777 ff.
S. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrech ts I, 1. S. 287 f.
2.^Ser. Sulpicius Q. f. Rufus, mit Cicero ungefähr gleichaltrig (aeta-
tes vestrae . . nihil aut non fere multum differunt, Cic. Brut. 40, 150),
Prator 689, Cos. (nach Scheitern für 692) 703, J. 708 von Caesar zum Pro-
consul von Achaia ernannt; f 711 auf einer Sendung von Mutina. A. Haakh
in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1497 f. Nr. 41. Ursprünglich zusammen mit
Cicero zum Redner sich ausbildend verzichtete Rufus erst vom J. 677 an
auf Wetteifer mit Cicero und wandte sich vonsugsweise der Jurisprudenz
Ciceroniache Zeit. Erste HUlft«, J. CT 1—691.
der er durch die Vielseitigkeit seiner Bildung einen wiaeenachafl-
'ortechritt begründete. Cic. Brut. 41, 162 f.: exiutumo iaris civilis
I nsum . . apud multOB fuisse, artem [Systematik) in hoc uno (?).
mqiiam efFecisset ipsius iuris Bcicntia, niai praet«rea didiciaset . .
am. 42, 163: scd adiuuiit etiam et litterarum scientiam et loquendi
Utt, qnae es seriptis eius, quorum Bimilia nulla (volumina multa
'gl. Pompon. 1. 1.) snnt, facillume perspici potest. (154.) cumque
causa dnoboa peritissumis 0})cram dedisaet, L. Lucilio Balbo (oben
et C. Aquilio Gallo, Galli . . celerital«m subtdlitate diligentiaque
t, Balbi . . tarditat«m vicit, expedicndis couEcieudiaque rebus.
. Dig. T, 2, 2, 43: institutus a Balbo Lucilio, inatmctus autem
a Gallo Aquiiio, qui fuit Cercinae, itaque libri complures eius (dee
esstant Cercinae coufccti. . . huiua volumina complura exataat
1 der Zeit des Pompouiaa). reliquit autem prope CLXXX libros.
tei Cic. Brut. 4a, 16C: audivi nuper (J. 707) eum (den Sulp. Rufua)
et frequenter Sami, cum ex eo ius noatnim pontiflciura, qua ex
m iure civili coniunctum eaact, velteni cognoscere. Correspondenz
ro; Ser. Sulpiciue, iuris civilis auctor, vir bcne litteratiis, scripsit
arronem. . . Vorro teacripait etc. Gell. II, 10, 1 f.
line Probe der redneriechen Bildung des Rufus gibt besonders sein
reiben an Cicero über den Tod der Tullia (J. 709), ad Farn. IV,
Unater sachlicher Erzilhlung ist sein Bericht über den Tod dea
3llna ib. IV, 12 (J. 709). Quintil. X, 1, 116; Ser. Sulpiciua inaignem
lerito famam tribus orationitius meruit. 7, 30: fcruntur aliorum
[als des Cicero commentarii, Entwürfe von Reden) et inventi forte,
ictarus quisqnc coniposucrat, et in liliros digesti, ut caiisaram
nt actoe a Ser. Snlpicio, cuiua trea orationes (vollständige, von
«t heranagcgebenc) exstant. sed hi de qiiibus ioquor commentarii
exocti ut ab ipao (Sulp.) mihi in mcmoriam poateritatia Tideantnr
ipoaiti (andera als die erat von Tiro herausgegebenen commentarii
ro). Von jenen trcs orationea ueuut Quintilian (IV, 2, lOG, vgl.
und Fcatus p. Iü3 M.) eine pro Autidia, und eine andere, in einem
^streite, contra Aufidiam (VI, 1, 20), fiills die letztere nicht mit
3ren identisch ist und auf einem Sehreib- oder GedilchtnifiBfehk'r
na beruht. Üb die Rede gegen Murena (J. G91) eine dieaei her-
>eueu Redeu war ist nicht bekannt. Im Allgemeinen s. Mejer,
om.' p. 398—402; auch oben 43, 8. — Quiutil. X, ö, 4: et illa ex
onveraio multum et ipsa contulerit. ac de carminibus quidem
llung lateinischer Gedichte in Prosa) neminem crcdo dubitare, quo
cre exercitutiouia dicitur uaua esae Sulpiciua (falls die»» nicht der
) , 5 besprochene Redner ist). Unter den Verfassern erotiacher
führt Plin. Ep. V, 3, ö (s. oben 31, 1) auch Ser. Sulpicinm auf
d. Trist 11, 441 (oben 108, 2).
uristischc Schriften des Sulpicius liufus. Ser. Sulpicius inrcconsul-
aetatia suae doctissimua, in libro de sacris detcstandis sccundo,
'. (VI), 12, 1. Ser. SulpiciiiB in libro quem coraposuit de dotibus,
,2. 4, 1 f. Vgl. Dig. XII, 4, 8. XXIII, :i. T'J, 1. Ser. Sulp, in
. 171. Ser. Sulpicins BufuB u. a. Juriaten. 289
reprebensis Scaevolae capitibu3, Gell. IV, 1, 20. Commentar zu den XII Tafeln
(oben 84, 6). Servlus duos libros ad Brutum perquam (Ad Brutnm item-
que?) brevisßimos Ad edictum subBcriptos reliquit, Pompon. Dig. I, 2, 2, 44.
Vgl. XJlp. ib. XIV, 3, 5, 1 : Seryius libro primo ad Brutum. Vielleicht auch
bei Varro L. L. V, 40: diyidit in eo, ServiuB Bcribit Sulpicius, u. s. w.
Ableitung des Wortes religio von relinquere bei Macrob. Sat. III, 3, 8 dem
Ser. Sulpicius, von Gell. IV, 9, 8 dem (späteren) Masurius Sabinus in com-
mentariis quos de indigenis composuit zugeschrieben. Plin. N. H. XXVIII, 2
(5), 26: Seryii Sulpicii, principis yiri, commentatio est, quamobrem mensa
linquenda non sit. In den Digesten wird er öfters angefahrt, ohne dass
sich aber directe Auszüge aus seinen Werken fänden. Ev. Otto, über sing,
de Tita, studiis, scriptis, honoribus Ser. Sulpicii Bufi, in Otto Thesaur. V.
p. 1556—1630. S. W. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 290—
292. R. Schneider, Quaestionum db Ser. Sulp. Rufo icto rom. spec. I u. II,
Lips. 1834. A. P. Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 163. 236.
5. Pompon. Dig. I, 2, 2, 44: ab hoc plurimi profecerunt, fere tamen
hi libros conscripserunt: Alfenus Varus Ca ins (Catus nach Huschke's Vor-
schlag, 8. unten 205, 2), A. Ofilius, T. Caesius, Aufidius Tncca, Aufidius
Namusa, Flavius Priscus, G. Ateius, Pacuvius Labeo, Labeonis Antisti
päter, Ciuna, Publicius Gellius (?). ex his decem libros octo conscripserunt,
quorum omnes qui fuerunt libri digesti sunt ab Aufidio Namusa in CXXXX
libros. Unter den Genannten sind keine Schriften bekannt von T. Caesius
und Flavius Priscus. Zu den weniger berühmten gehört auch Cinna, als
juristischer Schriftsteller angeführt Dig. XXIII, 2, 6. XXXV, 1, 40, 1 ; sowie
Publicius, ib. XX»XI, 50, 2. XXXV, 1, 61, 1. XXXVIU, 17, 2, 8 (Afri-
canus et Publicius), der aber wohl einer späteren Zeit angehört, so dass
bei Pompon. 1. 1. eher mit Mommsen Publius Gellius zu lesen sein wird.
G. Ateius ist wohl derselbe von welchem es Dig. XXIII, 3, 79, 1 heisst:
Ateius scribit Servium respondisse, und vielleicht der Täter des berühmten
Juristen C. Ateius Capito, da Letzterer bei Pompon. 1. 1. 47 Schüler des
Ofilius heisst. Der Vater war Volkstribun 699 und Prätor (vielleicht 702);
s. Pauly's Real-Euc. I, 2. S. 1964 f. Nr. 2. Collectiv Servii auditores wer-
den, wohl nach dem Sammelwerke des Aufidius Namusa, angeführt Dig.
XXXIII, 4, 6, 1. 7, 12 pr. 7, 12, 6. XXXIX, 3, 1, 6:
6. Cic. Brut. 48, 179: cuius (des T. Juventius, oben 161, 3) auditor
P. Orbius, mens fere aequalis, in dicendo non nimis exerdtatus, in iure
autem civili non inferior quam magister fuit. Im J. 691 war er Prätor i.n
Asien; Cic. p. Place. 31, 76: P. Orbius, homo et prudens et innocens.
7. Ein Precianus iureconsultus bei Cic. ad fam, VII, 8, 2 (J. 700).
Einen Volcatius s. oben 151, 4.
8. Cic. ad fam. V, 20, 3 (J. 705): docuerunt me periti homines, in his
cum omnium peritissimus tum mihi amicissimus C. Camillus, . . praedes
ValerianoB teneri. Vgl. ib. XIV, 6, 2 (J. 704): si auctio . . fiet, eures ut
PomponiuB (Atticus) aut . . Camillus nostrum negotium curet. 14, 2 (J. 705):
cum Pomponio, cum Camillo . . consideretis. Auch sonst wird er als ge-
schäftlicher Berather von Cicero und seiner Familie genannt; s. ad Att.
V, 8, 3. VI, 1, 19. 5, 2. XI, 16, 5. 23, l. Er ist wohl identisch mit dem
Tnnmu«, BOm. Literaturgeschichte. 2. Aufl. 19
290 Ciceromsche Zeit. Erste H&lfte, J. 671^691.
scherzhafb als Gonnnand (ad fam. IX, 20, 2. vom J. 708) und Keuigkeits-
krilmer (ad Att. Xm, 33, 4 ygl. ib. 6, 1 ans 709) bezeichneten Camillus.
162 172. M. TuUias Cicero war geboren den 3. Januar 648
= 106 V. Chr. auf seinem väterlichen Gute bei Arpinum als
Sohn eines römischen Ritters. Nachdem er sich allseitig vor-
gebildet trat er als Redner erstmals unter Sulla's Dictatur auf.
Zu seiner v^eiteren Vervollkommnung brachte er zwei Jahre
(675 — 677) in Griechenland und Kleinasien zu, war 679 Quä-
stor in Sicilien, 682 curulisch«r Aedil, 688 Prätor (urbanus),
691 = 63 Consul. Die in seinem Consulatsjahre ausgebrochene
und von Cicero unterdrückte catilinarischo Verschworung bot
den Triumvim des J. ^5 den Vorwand um den unbequemen
Consular durch seinen Feind P. Clodius entfernen zu lassen.
Ende April 696 verliess Cicero Italien und lebte zu Thessalonich
und Dyrrhachion als Verbannter. Am 4. August 697 zur Rück-
kehr ermächtigt langte er am 4. September wieder in Rom an.
Vom 31. Juli 703 bis 30. Juli 704 hatte er die Provinz Küi-
kien als Proconsul zu verwalten. Nach Rom zurückgekommen,
traf er den Kampf zwischen Caesar und der Senatspartei, Pom-
pejus an deren Spitze^ bereits ausgebrochen. Nach langem
Schwanken begab er sich im Juni 705 zu Pompejus nach Dyr-
rhachion, wo 'fer sich auch während der Schlacht bei Pharsalos
(9. August 706) befand. Vom Ende Septembers 706 bis Septem-
ber 707 lebte Cicero zu Brundisium, . des Siegers Ankunft und
Erlaubniss zur Rückkehr nach Rom erwartend. Die Jahre
708 und 709, in unfreiwilliger Müsse rerbracht, waren um so
fruchtbarer an literarischen Arbeiten. Der 15. März 710 rief
den Cicero in die politische Thätigkeit zurück, verwickelte ihn
aber bald in Kämpfe mit M. Antonius, die mit seiner Proscription
durch das xweite Triumvirat und seiner Todtung (7. December
711 = 43) endigten.
1. Biographie des t^lntarch. Von Neueren Con. Middleton, history of
the life of Cicero, Dublin 1741. 4. 2 Bde. Basel 1790. 4 Bde. 8.; Deutsch
z. B. Altona 1759. 3 Bde. W. Dnunann, Geschichte Borns Y. S. 216->716.
VI. S. 1 — 880. H. M. Flemmer, Atfnales Oioeroniani, Kopenhagen 1848
(dänisch geschrieben). W. Teuffei in Pauly*s Real-Enc. VI, 2. (1860.) S.
2182 — 2206, sowie (ausgefOhrter und ohne Quellennach Weisungen) in den
Studien und Charakt. (1871) S. 289—888. C. A. F. Brückner, Leben des
Cicero. I: das bflrgerliche und Priyatleben Cicero's, GOttingen 1852. W. H.
D. Suringar, M. Tullii Cic. comm. rerum suarum s. de vita sna. aocessertiBt
annales Ciceroniani, Lugd. Bat. 1854. 854 pp. W. Forsyth, Life of M. Tul-
172 f. Cicero's Leben und Charakter. 291
lins Cicero, London 1864. 2 Bde. G. Boissier, Cic^ron et ses amiSi Paris
1865; deutsch bearbeitet von E. Döhler, Leipzig 1869.
2. Opi>enrieder, de Cic. proconsule Ciliciae, Augsburg 1853. 4. G.
d^fiugues, de Cic. in Cilicia provincia proconsulatu , Strassburg 1859. Fr.
Hoffmann, Cic. in Eilikien, Philologus XV. S. 662—671. C. Härtung, de
proconsulatu Cic. ciliciensi, Würzburg 1868.
173* Cicero ist eine geistig reichbegabte Natur ^ Tielseitig,l63
gewandt^ dabei wohlwollend, auf das Edle gerichtet und mit
rastlosem Eifer dem selbstgesteckten hohen Ziele nachstrebend,
überaus achtungswerth in einer Zeit wo die Meisten niedriger
Selbstsucht frönten. Aber er war aus weichem Stoffe gebildet,
allen Eindrücken von aussen zugänglich, ohne die Festigkeit
des Innern um ihnen gegenüber das Gleichgewicht zu bewahren.
Seine bewegliche Phantasie, seine Feinfühligkeit und unendliche
Erregbarkeit hat ihn zu einem liebenswürdigen Menschen ge-
macht und zu einem grossen Redner, aus welchem jede ange-
schlagene Saite voll und reich widerklang; sie machte ihn vor-
züglich geeignet zum Vermittler und DöUmetscher hellenischer
Feinheit und Formschünheit, aber zugleich auch zu einem schwan-
kenden Charakter, rasch wechselnd zwischen Aufschwung und
Abspannung, empfindlich, launisch, eitel, durch jede Schärfe ver-
wundet, ängstlich vor Gefahren und verzagt in bösen Tagen.
Wohl mochten auch Andere ihre schwachen Stunden haben;
aber lücht bei Vielen kehrten .sie so regehnässig wieder und
Keiner hatte wie er das Unglück dass das Auf- und Abwogen
seiner Stimmungen in authentischen Belegen auf die Nachwelt
kam. Immer vom Augenblicke völlig hingenommen, eignete sich
Cicero wenig zum Staatsmanne und hatte doch nicht Selbst-
kenntniss genug um diess einzusehen, noch Entsagung genug
um darnach zu handeln. So dienten die Anläufe die er machte
um eine politische Rolle zu spielen nur dazu seine Schwäche
an den Tag zu bringen. Auch hier voll guten Willens, besass
er doch nicht die Ruhe und den Scharfblick um den rechten
Weg zu erkennen, noch den Mut und die Ausdauer um darauf
fortzuwandeln. Abwechselnd sah er sich daher benützt und bei
Seite geschoben, angezogen und abgestossen, enttauscht durch
die Schwäche der Freunde un4 die Stärke der Gegner, und
schliesshch gleich sehr bedroht von den Extremen zwischen denen
hindurch er einen Weg gesucht hatte.
1. Von Urteilen der Alten s. bes. Asinius PoUio he\ Sen. suas. VI.
19*
292 CiceroniBche Zeit. Ente Hälfte, J. 671—691.
36, 16 ff. Bu.: huiuB viri tot tautisque operibuB manfiuri in omne aevum
praedicare de ingenio atque industria aupervacuum est. . . utinam mode-
ratioB Becundas res et fortius adTersas ferre potuisset! namqne utraeque
cum yeneraat ei, mutari eas non posse rebatur. . . maiore simultateB ad-
petebat animo quam gerebat. sed quando mortalium nulli Yirtus perfecta
contigit, qua maior pars vitae atque ingenii stetit, ea iudicandum de ho-
mine est. Quintil. XII, 1, 16: nee M. Tullio defuisse video in ulla parte
civis optimi yoluntatem. Schrift des ABinius 'Oallus (s, d.) gegen Cic. und
die GegenBchrifb des (nachmaligen Kaisers) Claudius (s. d.), sowie die des
Suetonius (s. d.) gegen Didjmos.
2. In früheren Jahrhunderten trübte die Bewunderung des Stilisten
den Blick für unbefangene Beurteilung des Charakters und Staatsmanns.
Die versäumte Kritik wurde aber überreichlich nachgeholt durch W. Dru-
mann, der in seiner Gesch. Borns Bd. VI den Charakter Cicero^s (S. 411—
526 als Mensch; S. 526 — 588 als Staatsmann) nach allen Seiten hin zwar
gründlich aber übellaunig und unter Yerkennung aller entschuldigenden
Umstände beleuchtet hat Ihn suchte Th. Mommsen (R. 0. III*. S. 597—
600) zu überbieten durch Masslosigkeit des Ausdruckes und unhistorische
Gereiztheit. Billig C. Peter, Gesch. Roms II«. S. 174-180. Auch vgl. W.
Teuffei, Studien und Charakt. (1871) S. 338—343. F. D. Gerlach, M. Tullius
Cicero, Redner, Staatsmann, Schriftsteller; Basel u. Ludwigsburg 1864. 66 S.
1C4 174. Cicero besass in wunderbarem Masse die Gabe Frem-
des in sich aufzunehmen und es innerlich verarbeitet in leichter
fliessender Sprache aus sich herauszusetzen. Er hat in Folge
dessen die römische Literatur um mehrere Gebiete bereichert
welche für dieselbe bis dahin kaum erschlossen gewesen waren
und ist der Schöpfer einer Sehriftprosa geworden deren Fülle
und Rundung und Angemessenheit an den Geist der lateinischen
Sprache für lange Jahrhunderte mustergültig wurde. Aber die
Leichtigkeit der Hervorbringung schloss die Gefahr in sich
rasch und viel und über alles Mögliche zu schreiben und mit
der blosen Formgewandtheit auch da durchkommen zu wollen
wo ernstliche Studien und sachliche Gediegenheit erforderlich
waren. Dieser Versuchung erlag Cicero wenigstens in der Müsse
der Jahre 709 und 710. Seinen Lebensberuf setzte Cicero in
seine Thätigkeit als Redner, und hier zeigte sich sein Talent in
vollstem Glänze. Sorgfältig vorbereitet, wurden die gehaltenen
Reden grossentheils nachher herausgegeben. Nächstdem wurden
die hier gewonnenen Kenntnisse und Erfahrungen verwerthet in
rhetorischen Schriften. Dann wurde die reflectierende Schrift-
stellerei auch auf andere Gebiete erstreckt, zunächst auf die
Staatswissenschaft, darauf die Ethik, Religionsphilosophie, und
siQ versuchte sich sogar in den fasslicheren Fächern der theore-
174. Cicero als Schriftsteller. Gesammtansgaben. 293
üschen Philosophie. Daneben führten ausgebreitete persönliche
Besdehungen und die Gewohnheit mit der Feder zu denken fort-
während zu einem überaus regen Briefwechsel.
1. A. Denerling, Cicero's Bedeutung fQr die römische Literatur, Augs-
burg 1866. 104 8. — y. Clavel, de Cic. Graecorum interprete, Paris 1869.
2. Zeitliche Aufeinanderfolge der Hauptschriften Cicero's, abgesehen
von den Stüübungen seiner Jugend in Prosa und Versen. J. 673 : pro Quintio.
— 674: pro Roscio Amerino. — 684: Verrinen. — .685: pro Caecina. —
688: de imperio Cn. Pompei. — 691: Consulatsreden , de lege agraria, pro
Rabirioi in Catilinam, pro Murena. — 692: pro Sulla, Archia. — 695: pro
Flacco. — 697 f.: Reden post reditum. — 698: pro Sestio, in Vatinium,
pro Gaelio, de provinciis cons., pro Balho. — 699: in Pisonem, de oratore.
— 700: de rep., pro Plancio, Rabirio Postume. — 702: pro Milone, de le-
^bus. — 708: Brutus, Paradoxa, Orator, pro Marcello, Ligario, partitiones
oratoriae. — 709: pro Deiotaro, de finibus, Academica, Tusculanae. —
710: de deorum natura, Cato maior, de divinatione, de fato, Topica, de
optimo genereor., Laelius, de officiis, Philipp. I— IV. — 711: Philipp.
V— XIV.
3. Üeber Cicero als Stilisten s. F. Hand, Lehrbuch des lat. Stils S. 54 ff.
und bei Ersch tmd Gruber I, 17. S. 241 f. J. Bake, Schol. hyponmemata
(Lugd. Bat. 1837) p. 1 ff.
4. C. Halm, zur Handschriftenkunde der ciceron. Schriften, München
1850. 24 S. 4. und denselben im Rhein. Mus. IX. S. 321—350. Jahn*6 Archiv
XV. S. 165 ff. J. G. Baiter, Philologus XX. S, 335—362. 507—509.
5. Zur ciceronischen Bibliographie s. Schweiger, class. Bibliogr. II, 1.
S. 102 ff. Orelli Onomast. Tüll. VI, 1. p. 193 ff. 3. p. 344 f. W. Wagner,
. class. Bibliogr. S. 367 ff.
6. Gesammtansgaben: Ed. princeps, Mediol. 1498. IV Voll. fol. —
Venet., Junt. 1534 ff. IV Voll, fol., von P. Victorius. — Venet. Aid., be-
sorgt von P. Manutius 1540 — 1546. 9 Voll. 8. — A Dion. Lambino emend.
et aucta, Paris 1566. IV Voll. fol. und sonst. — Cum notis varr. cura
J. G. Graevii, Amstelod. 1684 ff. XI Voll. 8.; nicht vollständig. — Cum
clavi Cic. ed. J. A. Emesti, Lips. 1737 ff. 6 Voll. 8.; Halle 1757. 4 Voll.;
1774 ff. 6 Voll.; 1820. 9 Voll. — Cum delect. comm. (stud. Jos. Oliveti),
Paris 1749. 9 Voll. 4.; Genev. 1743 ff. — E rec. Graevii (cura G. Gara-
tonii), Neap. 1777 ff. (unvollständig; nur Vol. 1—11. 14—17. 23. 24 er-
schienen). — Cum notit. lit. et clavi, Bipont. 1780. 13 Voll. 8. — Cum
indd. et varr. iectt., Oxon. 1783. 10 Voll. 4. nebst Oliveti del. comm., ibid.
1824. 4., Halle 1825«: 3 Voll. — Recogn. Ch. G. Schütz, Lips. 1814 ff.
20 Voll. — Rec. J. C. Orelli, Turici 1826 ff.. IV Voll. gr. 8. Editio altera
emendatior. Vol. I. (libri rhetorici). curaverunt I. C. Orellius et I. G. Bai-
teruB, Turici 1845. H. Orationes. ad codd. ex magna parte primum aut
itemm coUatos emendaverunt I. G. Baiterus et C. Halmius. Pars prior.
Tnr. 1854. Pars posterior 1856. III. Epistolae. curav. Orellius et Baiterus
1845. IV. (libri qui ad philosophiam et remp. speclant) ex libris mss. par-
294 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
tim primnm partim iterum excuBsie emend. Baiterus et Halmius 1861 ; dazu
nachträglich 1862 Deperditorum fragmenta (ohne Mitwirkung von Baiter
und Halm, ausser bei Timaeus). Zur Ed. I. (als Vol. V) Cic. Scholiastae,
C. Marina Yictorinus, Bufinus, G. Julius Victor, Boethius, Fayonius Eulo-
gius, AsconiuB. Pedianus, Scholia Bobiensia, Scholiasta Gronovianus (über
welchen letzteren s. Th. Mommsen, Rhein. Mus. XYI. S. 140 — 145), edd.
J. C. Orelli et J. G. Baiter, 2 Partes, 1833. und Onomast. TuUianum (als
Vol. VI — VIÜ), continens Cic. vitam, bist, litterariam, ind. geograpb. et
bist., ind. legum et formularum, indicem graecolat., fastos consulares, 1836
—1838. 8 Voll. — Ex rec. C. F. A. Nobbe, Lips. 1828. 1 Vol. in 4. und
10 Voll, in 8. Iterum ed., Lips. 1849. 11 u. 32 Voll. kl. 8. — Cur. N. E.
Lemaire, Paris 1827 ff. 19 Voll. 8. — C. L, F. Panckoucke (mit französ.
Uebers.), Paris 1835 ff. 36 Voll. — Recognovit R. Klotz, 11 Voll, in V Par-
tes (scripta rhet.; Orationes; Epp.; scripta philosophica; Indices), in der
Bibliotheca Teubneriana (editio II emendatior, 1863 —-1871). — Edd. I. G.
Baiter et C. L. Kayser (Lips., B. Tauchnitz, 1861—1869, 11 Voll.).
7. Lezica zu Cic: Marii Nizolii Thesaur. Cic, Basil. 1559. Venet.
1570. fol. und oft, z. B. Patav. 1734. fol. (cur. J. Facciolati), Lond. 1820.
3 Voll. 8. — Clayis Ciceroniana, ed. Ernesti (bei seiner Ausg. und sonst,
zuletzt YOn A. H. Rein, Halae 1831). — Lex. Cic. von C. G. Schütz, Lips.
1817. 4 Voll. Auch Orelli's und Baiters Onomast. TuU. und Pars V. von
Klotz (Lips. 1856), sowie Vol. XI^ (1869) von Baiter -Kayser (Fragmenta
und Index nominum).
165 175. Zum Redner hatte den Cicero schon die Natur reich
ausgestattet: die ausserordentliche Beweglichkeit seines Geistes,
seine lebhafte Einbildungskraft, die Entzündbarkeit und Wärme
seines Gefühls, ein ganz ungewöhnliches Formtalent, eine un-.
erschopfiiche Fülle des Ausdrucks, ein glückliches Gedächtniss,
die Gabe des schlagenden und erheiternden Witzes, dazu gün-
stige Stimmmittel und eine würdevolle Gestalt, — durch dieses
Alles war Cicero wie Wenige zum Redner berufen. Aber er
that auch seinerseits Alles um auf diesem Gebiete das Höchste
zu erreichen: erst nach langer mühseliger Vorbereitung, theo-
retischer wie praktischer, begann er die öffentliche Thätigkeit
als Redner, und stand nie stille, sondern arbeitete fortwäh-
rend an seiner Vervollkommnung, trat immer wohl vorbereitet
auf, betracht/ete jede gelungene Leistung als eine Stufe und
einen Sporn zu einer noch vollendeteren, und suchte sich der
Aufgabe und der Mittel - sie zu erreichen durch fortgesetztes
Nachdenken und Studium bewusst zu werden. Dadurch hat er
nach allgemeinem Urteil den Platz zur Seite des Demosthenes
oder gleich nach ihm erreicht, wiewohl er an dessen sittlichen
Ernst und daraus fliessende Kraft entfernt nicht hinanreicht.
176. Cicero als Redner. 295
Dafür übertrifiFt Cicero ihn an Manchfaltigkeit und Glanz ^ wo-
durch er sich der asiatischen Schule mehr nähert als der atti-
schen. Die Worte strömen ihm so reichlich zu dass er manch-
mal breit wird, oft ist aber seine Redseligkeit auch Mittel um
die Schwäche seiner Gründe zu verdecken. In der Form liegt
seine Stärke: sie ist klar, gewählt, rein, rund, sachgemäss, an-
schaulich, geschmackvoll und blendend. Alle Tonarten, vom
leichten Scherz bis zum tragischen Ausdrucke, stehen ihm zu
Gebot, besonders aber gelingt ihm die Sprache der scheinbaren
üeberzeugung und Empfindung, die er durch feurigen Vor-
trag noch wirkungsreicher zu machen wusste, daher er ganz
überwiegend in Criminalprocessen thätig war. Freilich artet dieser
Vorzug manchmal auch in Effecthascherei aus, und der Prunk
der Worte verhüllt oft die Armut der Gedanken, die Bedenk-
lichkeit der Sache. Dass er in der Annahme von Vertheidig-
ungen nicht sehr wählerisch war hat Cic. mit den Sachwaltern
aller Zeiten gemein. Als Ganzes sind seine Reden oft nicht
befriedigend, es fehlt ihnen nicht selten an Schärfe der Auf-
fassung und Anordnung; desto wirksamer aber sind viele
Einzelheiten.
1. Cicero'B Selbstschilderung Brut. 93, 322 vgl. Quintil. X, 1, 106—112.
XII, 1,-19-^21. 10,- 12—15.
2. Cic. orat. 30, 108: nemo orator tarn mnlta ne in graeco quidem
otio scripsit quam multa sunt nostra, eaque hanc ipsam habent quam
probe varietatem.
3. Quintil. VI, 3, 3: non solum extra iudicia sed in ipsis etiam ora-
tionibus habitus est (Cic.) nimius risus affectator. Vgl. Macrob. Sat. II,
1, 13. Drumann VI. S. 599 ff.
4. F. Hand bei Ersch und Gruber I, 17. S. 213—217. Jenisch, ästhe-
tisch-kritische Parallele des Demosthenes und Cicero, Berlin 1801. Dru-
mann VI. S. 588 — 644. Cadenbach, de Cicerone oratore, Essen 1847. 4.
F. BlasSy die griech. Beredtsamkeit (1866) S. 125—129. A. Deuerllng,
Cicero*s Bedeutung S. 21—28.
5. Auf eine Sammlung der Reden Cicero's worin jede Bede ein eigenes
Buch bildete weisen Citate wie Charie. p. 368, 28 K.: Cicero causarum de-
cimo tertio; Quintil. V, 10, 98: Cicero pro Caecina . . et alia in eodem
libro plurima. Commentar des Asconiais (s. d.).
6. Ausgaben sänuntlicher erhaltenen Beden des Cic. von B. Klotz
(3 Bände, Leipz. 1835. 1837. 1839) und besonders von Baiter, Halm u. A.
im zweiten Bande ihrer Umarbeitung der Orelli'schen Gesammtausgabe
des Cicero (Turic. 1854. 1856). Vgl. Halm in den Münchner gel. Anz. 1854,
JJr, 19—21.
Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
7. Ausgewählte Reden fQr den Schulgebranch z. B. von B. Weiske
(13; Lips. 1807), Matthiä (13; Lips. 1830 f.), Madvig (12; Eopenh. 1830. |
1841. 1848. 1858), Steinmetz (13; Mainz 1832), Orelli (15; Zürich 1836),
E. y. Zorck (ed. sexta, Lugd. Bat. 1836), C. Halm (Leipzig und Berlin
1850 — 1866^ 7 Bändchen, Weidmännische Sammlung) u. A. Neuere Text-
ausgaben der or. sei. die des Haller Waisenhauses, welche in einer grossen
Anzahl yon Auflagen verbreitet ist (ed. XX cur. 0. Heine, 1870); von |
6. Linker (or. Tullianarum decas, I. Wien 1857), Fr. Pauly (Prag 1860),
C. Habn (18 Beden; Berlin 1868).
8. Cicero's sämmtliche Beden, übersetzt von C. N. Oslander (in der
Metzler'schen Sammlung, 27 Bändchen). Ausgewählte, übersetzt von C. F.
Wolff (5 Bände, Altona 1807—1819), G. Wendt, Stuttgart (Metzler) 1858
(Class. d. Alt.); von £. Jenicke (in der Engelmann^schen Sammlung),
Leipzig 1858 ff.; von J. Siebelis (Stuttgart, Hoffmann, 1861 ff.).
166 176. Die erhaltenen Beden Cicero's sind in chronologischer
Ordnung folgende:
1) pro Quintio, gehalten J. 673 d. St., eine Verhandlung
in iudicio^ wobei Cicero's Client in die Stellung eines Klägers
gedrängt ist und auf Entscheidung der eingegangenen sponsio
praeiudicialis zu seinen Gunsten klagt. Die Verhandlung ist
nur eine Episode in dem Hauptprocesse, welcher eine gegen
Quintius angestellte Schuldklage betrifft^ die sich auf einen
Societätsvertrag gründet. Gesiegt scheint Cicero nicht zu haben.
Die Rede hat eine etwas breite Ausführung; aber schulmässig
strenge Disposition.
1. Den dritten Theil, welcher einen Punkt von untergeordneter Wich-
tigkeit und wenig Interesse ausfiihrte, scheint Cicero selbst bei der Ver-
öffentlichung der Rede weggelassen zu haben; vgl. oben 43, 7.
2. Drumann, Gesch. Roms III. S. 82—84. V. S. 232—234. F. L. Keller,
Semestria ad M. TuU. Cic. I, 1. (Zürich 1842) mit den Recc. von Bachofen,
in Richter's Jahrb. 1842. S. 961—1007, und Th. Monmisen, Zeitschr. f. d.
Alt.- Wies. 184Ö. S. 1086—1099. Zeyss, Zeitschr. für d. Alt-Wiss. 1846.
Nr. 61 f. S. J. E. Rau, disputat. iuridica ad Cic. or. p. Qu., Lugd. Bat.
1825. J. Frei, der Rechtsstreit zwischen P. Quinctius und S. Naevius; eine
Einleitung zu Cic. Rede für P. Q., Zürich 1852. 38 S. 4. S. Benfey, zur
juristischen Erklärung der Bede pro Q., Philologus X. S. 126—133. E.
Klotz, Adnotatt. ad Cic. or. Quinct., Lips. 1862. 4.
3. Besonders herausgegeben mit der pro Sex. Rose, von J. Facciolati,
Padua 1728. 1731.
2) pro Sex. Roscio Amerino, J. 674 gehaltene erfolg-
reiche Vertheidigungsrede gegen die Anschuldigung des Vater-
mords. Der Fall war dadurch erschwert dass ein Günstling des
176. Cicero'ß Reden. 297
Dictators Sulla die Gegenpartei bildete^ und schon dass Cicero
trotzdem die Yertheidigung übeniahm empfahl ihn^ . sowie auch
die — wenn auch schonende so doch dabei freimütige — Art
der Ausführung. Auch diese Rede theilt die Eigenschaften der
▼origen; ausserdem' hat sie manchen entbehrlichen rhetorischen
Aufputz. Die Lücke nach c. 45 scheint nicht von Cicero selbst
herzurühren.
1. Cic. Brut. 90, 312. 316. Orat 30, 107. Quintil. XII, 6, 4.
2. EriauteningBschriften. Schol. Gronov. bei Orelli IV. p. 424 — 437.
Programme von 8. N. J. Bloch, Kopenhagen 1814. 1816. Roeskild 1827 f. 4.
C. J. T. Assen, histor.-krit. Bemerkungen, gelesen am 20. August 1828 im
Amsterd. Institut. A. Niki, abundantiam Iuvenilem in Cic. or. p. R. A.
apparentem notayit, Kempten 1836. 4. Drumann V. S. 234—244.
3. Sonderausgaben von H. B. Matth&i (Schleswig 1799), W. Bachner,
(rec. emend. etc. Lips. 1835), J. C. Orelli (Zürich 1837. 4.), £. Osenbrüggen
(mit Einl. und Gommentar, Braunschweig 1844), G. W. "Gossrau (Quedlinb.
1863), C. Halm (in der Weidmännischen Sammlung I., 6te Auflage 1870),
S. Karsten (Utrecht 1861), Fr. Richter (Leipzig, Teubner, 1864). — üeber-
setzt Yon Gliemann, in Jahn's Archiv XI. 6. 677—616.
3) pro Q. Roscio Comoedo, nach der gewöhnlichen An-
nahme gehalten im J. 678 ^ nach Drumann aber erst im Jahr
682 d. St. Gregenstand der Rede ist ein Sklave (Panurgus) wel-
chen der Kläger, C. Fannius Chaerea, dem Roscius zur Aus-
bildung in der Schauspielkunst übergeben hatte, unter der Be-
dingung dass der Gewinn den dann einst die Kunst des Sklaven
eintrüge zwischen Herr und Lehrer getheilt werden sollte. Nun
hatte aber ein gewisser Flavius diesen Panurgus get5dtet und
dafür zuerst dem Roscius und dann dem Fannius Schadenersatz
bezahlt; um dessen Theilung es sich handelt.
1. ünterholzner, über die Rede des Cic. f. den Schansp. R., in Sa-
vigny's Zeitschr. I. S. 248 ff. F. A. C. Rovers, de Cic. or. p. R. C, Utrecht
1826. N. München, or. p. R. G. iuridice exposita, Colon. 1829. Puchta,
über den der Rede . . zu Grunde liegenden Rechtsfall, Rhein. Mus. V.
S. 316—328. G. E. Heimbach, observatt. iur. rom. (Lips. 1834) p. 18 ff.
Huschke in Richter's krit. Jahrb. 1840. S. 481 ff. A. Hanedoes, diss. de
Cic. p. R. C. oratione, Lugd. Bat. 1844. Drumann, G. R. V. S. 346—348.
2. Or. p. R. C. ed., comm. , adnott. illustr. C. A. Schmidt, Lips. 1839.
— Uebersetzt von E. Osenbrüggen, in Jahn's Archiv XL S. 654—676.
4) pro M. Tullio, gehalten vor reciperatores J. 682 oder
683, Klage im Namen des TuUius gegen einen Nachbar von
diesem, den sullanischen Veteranen P. Fabius, welcher dessen
Landhaus (im Gebiete von Thurii) zerstört hatte.
298 Ciceronische Zeit Erste Hälfte, J. 671—691.
1. Tac. diaJ. 20: qaiA (nunc) de exceptionc et formata per|>etietur illa
immensa volumina quae pro M. Tullio aut A. Caecina legimu«? Vgl. Jul.
Victor p. 240 Or. = 419 Halm. Schol. Bob. pr. Mil. p. 278 Or. — Für
J. 682 spricht Dromann, G. R. V. S. 258, A. 64 b.
2. Ausgaben yon Mai, Peiron, Beier, s. unten 177, 2. Ph. E. Huschkc,
in J. 6. HuBchke's Anal. lit. (Lips. 1826) p. 98 ff. 872 ff. E. J. Richter,
Nürnberg 1834. 12. Keller, Semestr. 1,8. p. 653 ff. In Orelli's sweiter
GesammtauBgabe p. 88 — 102.
3. C. Beier, iurisprud. in Cic. or. p. T. ezponitur, in Jahn's Jahrb. I.
p. 214—220. Savigny, über Cic. or. p. T. und die actio vi bon. rapt., in
der Zeitschr. f. gesch« Rechtsw. V. Nr. 3.
5) Diyinatio in Caeciliuni; wodurch Cicero (Jahr 684
d. St.) sich selbst das Becht erkämpfte als Ankläger des Verres
wegen dessen Prätor in Sicilien (gegen Hortensius und Sisenna)
aufzutreten^ statt des von dem Bedrohten vorgeschobenen un-
gefährlichen Q. Caecilius Niger; und
6 — 11) in Verrem, bestehend aus zwei actiones, von wel-
chen die erste am 5. August 684 als Einleitung zur eigent-
lichen Klage gesprochen ist^ worauf Cicero die einzelnen Elag-
punkte in der Weise vorbrachte dass er gleichsam nur die
Uebersehriften gab, den Text aber durch Zeugenabhor und
Verlesen von Urkunden sich von selbst bilden liess; dagegen
verarbeitete er seinen reichhaltigen Stoff später, nach der Ver-
urteilung des Beklagten, zu den fünf Büchern der actio secunda:
de praetura urbana, de iurisdicüone Siciliensi, de frumento, de
signis, de suppliciis. Diese actio secunda ist aber nur sehrift-
lieh herausgegeben, nie wirklich gehalten worden, obwohl der
Verfasser sich den Anschein gibt als sei das Urteil noch nicht
gefällt und sollte durch diese Beden auf dessen Findung noch
eingewirkt werden.
1. Caecilius war . ein §iiteltv^iQi%6g ai^Qentog, ivo%0£ z^ lov^tct^sip
(Plnt. Cic. 7); daher des Cicero Wit«: quid ludaeo cum verre? — J. W.
Sluiter, spec. acad. in Cic. div. in Caec, Lugd. Bat. 1832. Ffir den Schul-
gebraueh heransgeg. von Fr. Richter, Leipzig (Teubner) 1870. Vgl. Fr.
Richter in Fl«ckeiBen*8 Jahrbb. 103, 8. 421—431.
2. Dnunann V. S. 263 ff. 327. Fs.-Ascon. p. 97—213 Or. ßchol. Gron.
p. 382 — 405 Or. Francke, prolegg. in Cic. orr. Verr., Wittenb. 1823, und
in Friedemaan und Seebode Mise. crit. II. p. 293 ff. Madvig, Opnsc. acad.
I. p. 323 ff. P. C. Massd, disp. lit. iurid. de Cic. or. in V. de inrisd. Sic,
Lugd. Bat 1824. Brauneisen, Bemerkungen über die verrin. Reden, Ha-
dersleben 1840. 4. Eramarczik, die Eunstränbereien des Verres, zur ErU.
▼on Verr. IV., Heiligenstadt 1849. 4. EOnig, de Cic. in Verr. artis openoa
aestimatore, Jever 1863. 4. L. Bchwabe (zu Verr. IV) im PUk>k)gQB XXX.
176. Cicero'ß Reden. 299
S. 311—346. U. Degenkolby die lex Hieronica . ., Beitrag zur Erklärung
der Verrinen, Berlin 1861. G. Halm, fiber die Hdss. der Yerrinischen Reden
des Cicero, insbesondere den vaticanischen Palimpsest, in den Munchener
gel. Anz. 1858, Nr. 29 — 33. W. G. Pluygers, Spec. emendat. in Cic. Verr.
act. n. libr. 2 et 3. Lugd. Bai 1855. 4.
3. Ausgaben der Verr. von C. G. Zumpt (Berlin 1831 ; Text besonders, ib.
1830), G. Long (with a commentary, ed. II. London 1862). Einzeln Lib. II von
Creuzer und Moser, Göttingen 1847; IV von N. G. EichhofF, Giessen 1825,
und übersetzt in Jahn's Archiv XIII, 1 f.; V von Orelli, Leipzig 1831.
Rede gegen Caecilius und gegen Verres IV und V, erklärt von C. Halm
(Weidmännische Sammlung). 1852 (mit einer Karte), bis jetzt 5 Auflagen.
Viertes (Leipzig, Teubner 1866) und fönftes (ebds. 1868) Buch erklärt von
Fr. Richter.
12) pro M. Ponteio, vom Jahr 685, in einer Repetunden-
klage; nur unvollständig erhalten.
1. Die Ueberreste der Rede wurden J. 1820 von Niebuhr aus einem
vaticanischen Palimpsest vermehrt durch Bruchstücke des ersten Theiles
(Rom 1820. 8.; auch in Mai's Class. auct. II. p. 363 iF.), durch neue Bruch"
stdcke aus dem Anfang der Rede naeh einer Handschrift des Nicolaus von
Cues (Cusanus) von Jos. Klein (Berlin 1866), S. 57—78.
2. üeber den Inhalt der Rede s. Drumann V. S. 329—335.
13) pro Caecina^ vom Jahr 685, gehalten vor redpera-
tores, über eine Erbsehaftsstreitigkeit , wobei mindestens das
formelle Recht auf Seiten Cicero's war.
1. Cic. orat. 29, 102. Vgl. Tac. dial. 20 (oben S. 298, Z. 1 f.). Quintil.
V, 10, 98. Vertheidiger der Gegenpartei (des L. Aebutius) war C. Piso.
2. H. C. Gras, diss. iurid. qua . . Cic. iustam pro Caec. causam dixisse
ostenditur, Lugd. Bat. 1769. 4. Rumpf, Observ. in Cic. or. p. Caec,
Giessen 1810. 4. Ph. £. Huschke, Analect. lit. p. 164 ff. R. Klotz, adnot.
crit. ad Cic. or. Caecin. partes I. II. Lips. 1866 f. 51 pp. 4. Drumann V.
S. 335—344. F. L. Keller, Semestr. lib. II. (Zürich 1843) und dazu Th.
Mommsen, Zeitschr. für d. Alt.-Wiss. 1845. Nr. 136 ff. C. A. Jordan in
den Prolegg. vor seiner Ausgabe der Rede (Lips. 1847), und gegen
Jordan: Zeyss, Cic. hat den Process des Caecina verloren, Zeitschr. f. d.
Alt.-Wiss. 1848. Nr. 109 — 111. A. H. G. Zimmermann, de A. Caecina
(1852), p. 6—10.
14) de imperio Cn. JPompei, gehalten im Jahr 688 als
Prätor^ zur Unterstützung der lex Manilia. Das Lob des Pom*
pejus ist stark aufgetragen, die Darstellung aber meisterhaft.
1. Cic. de or. 29, 102. Fronte de bell, parth. p. 221 f. Naber. Vgl.
Schol. Gronov. p. 437—442 Or.
2. A. Mühlich ^ geschichtl. Einl. nebst Plan zu Cic. R. u. s. w. Bam-
berg 1826. 4. C. W. Haun, Versuch einer Würdigung der Rede, Merseb,
300 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
1827. 4. Dnunann V. S. 366—359. A. Niki, levitateni et fallaciam argu-
mentationis in Cic. or. etc. oetend., Kempten 1842. 4. J. A. Reinhard, de
aliqaot locomm in Cic. or. p. I. M. fide historica, Freibarg i. Br. 1852.
33 pp. 8. Bauenneister, Cic. Rede de imp. Gn. P. nach ihrem rhetorischen
Werthe erl&utert, Luckau 1861. 31 S. 4. .
3. Aasgaben von C. Beneke (Lips. 1834), Halm (Lips. 1849 and in der
Weidmännischen Sammlung mit Rose. Am.), G. W. Gossrau (Quedlinburg
1854. 183 S. 8., wovon 140 S. Einleitong).
15) pro A. Cluentio Habito, Vertheidigung eines Gift-
mörders, aus dem J. 688.
1. Qnintil. II, 17, 21: Cicero se tenebras offudisse iudicibus in causa
Clucntii gloriatus est. Vgl. ib. IV, 6, 11. VI, 5, 9. XI, 1, 61 — 63. 74.
Apoll. Sid. ep. VHI, 10: M. Tullius . . pro Cluentio. ipse se yicit.
2. Drumann V. S. 360 ff. C. J. van Assen, disp. iurid. lit. de Cic. or.
pr. ein., Franeker 1809. 8. — Kritische Ausg. von J. Classen, Bonn 1831.
16 — 18) Drei Reden de lege agraria contra P. Servilium
RuUom, die frühesten von Cicero's Consulatsreden (J. 691), ent-
haltend die Bekämpfung des masslosen Vorschlages des Yolks-
tribunen Servilius, für den Ankauf und die Vertheilung von
Ländereien in Italien einen (demokratischen) Zehnerausschuss
mit den ausgedehntesten Befugnissen niederzusetzen. Den zu-
gleich gegen Pompejus gerichteten Vorschlag bekämpft Cicero
scheinbar vom demokratischen Standpunkte aus. Die erste Bede
ist am 1. Jan. im Senat gehalten (erhalten nur der letzte Theil),
die zweite und .(kurze) dritte an das Volk gerichtet, eine vierte
(gleichfalls kurze) nicht auf uns gekommen.
1. Cic. ad Att. II, 1, 3. Quintil. II, 16, 7.
2. Or. III de lege agr. in usum schol. rec. J. L. Ussing, Kopenhagen
1850. Rec. et expl. A. W. Zumpt, Berlin 1861. Vgl. F. Richter in Jahn's
Jahrbb. 87, S. 251—272.
3. B. Thorlacius, de lege RuUi agraria, in dessen Proluss. et opusc.
acad., Kopenh. 1806, p. 259—312. Drumann III. S. 152 ff. 0. Zeyss, die
Umtriebe des P. Servilius Rullus, eine Erläuterung der agrarischen Reden
des Cicero, Reval 1846. 4. Mommsen R. G. IIP. S. 169 f.
4. H. C. Gebhart, Obss. crit. in Cic. orr. de l. agr., Hof 1851. 4.
H. Ebeling, codicis Lagomarsini IX quae sit auctoritas in oratt. Tüll, de
lege agr. recensendis, cum mantissa de cod. Paris. 7774, Braunschveig 1863.
19) pro G. Rabirio perduellionis reo, aus J. 691.
1. üeber die Sache vgl. Mommsen R. G. ni. S. 158 f. 2. Ausg.
20 — 23) Die vier Reden in L. Catilinam, in Sachen der
catilinarischen Verschwörung, die erste gehalten am 7. Nov.
176. Cicero^B Reden. 301
691 im Senat und dem Gatilina seine neuesten Schritte im Ein-
zelnen vorhaltend; die zweite, vom 8. November, dem Volke
von den Vorgängen im Senat und Catilina's Abreise aus Rom
Nachricht gebend; die dritte, vom Abend des 3. December,
theilt dem Volke die Verhaftung der in Born befindlichen Cati-
linarier auf Grund der den Allobrogem abgenommenen Brief-
schaften mit; die vierte ist am 5. December im Senat gehalten
und unterstützt den Antrag auf Hinrichtung der Verhafteten.
1. Zur Sache vgl. bes. Dnimaiin V. S. 877—677. E. Hagen, Catilina,
eine biatorische Untersuchung, Königsberg 1854. Mommsen B. G. III*.
S. 162 — 182 und im Hermes I. 3. 434. Fr. Banr, im Correepondensblatt
f. d. gel. Schulen Würtembergs 1868, S. 189—199. 1870, S. 24—40. 193—
209. 252—269.
2. F. A. Wolf machte sich den Scherz mit ernster Miene die Unecht-
heit von einer dieser Beden anzudeuten, und behauptete diess später, immer
noch doppelsinnig, von altera ex mediis duabus. Demgem&ss bewies
H. G. J. Cludius (im Frogr. von Gumbinnen, 1826. 4. und wiedergedr. in
Seebode's Archiv II. p. 47 if.) die Unechtheit der zweiten (obwohl Wolf
selbst, falls es ihm überhaupt irgendwie Ernst war, eher die dritte meinte»
s. Körte, Wolfs Leben L S. 332), B. A. Morstadt (Schaffhauser Progr. 18421
1844.) die der ersten, Zimmermann (im Hamburger Progr. 1829) und
E. A. Ahrens (Coburg 1832 und 1837. 4.) u. A. die der vierten, gegen
welche letztere Behauptung aufbraten C. F. Schnitzer (Quaest. Cic, Aarau
1836. Heilbronn 1837. 4.), G. H. Kblster (Itzehoe 1839. 4.), £. P. Hinrichs
(Hamburg 1839. 4.), Drumann (V. S, 612—517. 520 f.) u. A. Orelli und
Paldamus (Zeitschr. f. d. Alt.-Wiss. 1837. Nr. 65 f. 1838. S. 112) verdach-
tigten gar die drei letzten. In Holland aber glaubte sp&ter, ermutigt
durch den Vorgang von Bake — der ihm dann auch zu Hülfe kam (Over
de method van onderzoek naar de echtheid of de onechtheid van Cic. I
Cat., Amsterdam 1859. 44 pp. 4.) — , ein junger Gelehrter sich an der
ersten cat. Bede die Sporen verdienen zu können, s. S. H. Binkes, disp. de
or. I in Cat. a Cicerone abiudicanda, Lugd. Bat. 1856. L u. 66 pp. 8. An-
dere seiner Landsleute nahmen sich die Mühe seine Scrupel zu widerlegen,
s. J. 0. G. Boot, or. I in Cat. rec. et a Cic. male abiudicari demonstravit
etc., Amsterdam 1857. XXV u. 78 pp. 8. und in den Verslagen der holländ.
Akademie V, 1 (1860). E. J. Kiehl, Catilina, Deventer 1857. P. Epkema,
Epist. crit. de or. I in Cat. frustra a Cic. abiudicata, Amsterdam 1857.
101 pp. 8. Karsten in den Verslagen der holL Akademie IV, 2. Auch
C. Franke, I. Bakium or. I in Catil. a Cic. male abiudicasse, Sagan 1863. 4.
Ueber diese ganze Frage vgl. die verständigen Bemerkungen von Dru- '
mann V. S. 470 — 474. Auch Madvig Opusc. acad. IT. p. 338—351. Bäum- v
lein in der Zeitschr. f. Alt.-Wiss. 1838. S. 66 ff. E. Hagen, de Cic. Catili-
nariis ad . . Gottholdium, Königsberg 1851. 4. Zur materiellen Verthei*
digung der ersten Bede (gegen Drumann und Hagen, Catil. S. 213 f.) vgl.
auch Adam im Heilbronner Progr. 1855. 4. Eine besonnene Kritik, welche
302 Ciceronische Zeit. Ente Hälfte, J. 671—601.
nicht ouB scheinbaren oder wirklichen Anstössen den FehlschlasB der
Unechtheit zieht, wird diese Beden unangefochten lassen.
3. Ausgaben von C. Morgenstern (Dorpat 1804), ~£. Anton (Leipzig
1827), C. Beneke (Leipzig 1828), J. Ph. Krebs (mit pro Sulla, in us. schol.,
Giessen 1829), C. Halm (mit p. Sulla u. Arch. in der Weidmännischen
Sammlang, bis jetzt 6 Auflagen), Fr. Richter (Leipzig, Teubner, 1869).
24) pro L. Murena^ erfolgreiche Vertheidigung des nach lex
TuUia de ambitu belangten designierten Cos. L. Licinius Murena
(Nov. 691), wenig überzeugend, aber geistreich und heiter, mit
allerlei Witzen über Jurisprudenz und Stoicismus, deren Ver-
treter dem Cicero in Ser. Sulpicius Rufus und M. Cato gegen-
überstanden; ausserdem die Furcht der ^schworenen vor einem
Consulat des Catilina eifrig ausbeutend. Die Rede scheint jedoch
nicht ganz so gehalten zu sein wie sie geschrieben ist.
1. In 27, 57 sind de Postnmii criminibus, de Serrii adolescentis nur
die Ueberschriften gegeben; s. oben 43^ 7. Ausserdem hat gegen das Ende
der überlieferte Text durch den Zufall verschuldete Lücken, wie 73. 80. 86.
Die Handschriften stammen alle ab von einer welche zu Anfang von saec.
XY Poggio aus Deutschland nach Italien brachte.
2. Quinta. XI, 1, 69 f. Flut. Cic. 36. Dmmann V. S. 477, A. 66 f.
J. Luzac,- observ. apologett. pro Ictis rom. ad Cic. p. Mur. c. 11 — 13,
Lugd. Bat. 1768. 4. Niebuhr, Rhein. Mos. I, 3. S. 223 ff, F. Winiewski,
quo tempore Murena ambitus sit reus fadbus, Milnster (Sommerkatalog)
1863. 88 pp. 4. Matern, de ratione ea qua Cic. in or. p. Mur. habita cum
Stoicos tum M. Catonem tractavit etc., Lissa 1864. 31 pp. 4. Boot, de
emendanda et explicanda Cic. or. p. Mur., Mnemosyne Y. p. 347 — 364.
C. Hahn, über die Handschriften zu Cic. Bede p. Mur., München 1861.
48 S. 8. (aus den Sitzungsberichten der Münchner Akad. 1861.) G. Sorof,
de Cic. p.'M. or. commentatio critica. I. Potsdam 1861. 4. Andere kritische
Beitrfige von J. F. C. Campe (in Fleckeisen's Jahrbb. 93, S. 179—190) und
W. Tenffel (ebd. 101, S. 821 f. 103, S. 264. 604).
0
3. Bec. et explicavit A. W. Zumpt, Berlin 1859. Yerhandlungen dar-
über zwischen C. Halm und A. W. Zumpt in der Berliner Zeitschr. f. Gymn.
XIV. S. 881—905. XY. S. 337--360. XYL S. 337—366. 833—840. Erklärt
von G. Tischer (Berlin 1861), C. Halm (Berlin 1866), H. A. Koch (Leipzig,
Teubner 1866). üebersetzt von G. Wend^ Stuttgart (Hoffmann) 1869.
25) pro P. Comelio Sulla^ aus dem J. 692, erfolgreiche
Vertheidigung gegen die Anklage auf Theilnahme an der cati-
linarischen Verschwörung.
1. Schol. Bob. p. 359 — 369 Or. Gell. XIT, 12, 2 f. G. E. J. Everta,
spec. acad. in Cic. or. p. Sylla, Noviomag. 1835. 8. M. Seyffert, Ep. crit.
de Cic. p. Sulla et Sestio orr., Berlin 1848. 4. C. Campe, Beiträge cur
Kritik des Cicero I (Greiffenberg 1860. 4.) S. 21—25.'
176. Cicerone Reden. 303
2. Ausgaben tob Frotecher (Lipe. 1831. Cammentar 1832), C. Hahn,
(Lipg. 1846 und in der Weidmännischen Sammlung, Bd. III) und Fr. Richter
(für den Schulgebrauch erkl., Leipzig, Teubner 1869).
26) pro Archia^ gehalten im Jahr 692 zur Vertheidigung
von Archias' bestrittenem Bürgerrechte.
1. Die Rede enthält viel Declamation und ist desswegen zuerst von
G. W. Schröter (rec., suas obss. adiec. M. C. B., Lips. 1818), gegen wel-
chen Fr. putz auftrat (in Seebode's krit. Bibl. 1820. p. 774 ff. 1821.
p. 220 ff. 783 ff. 1822. p. 165 ff. 335 ff. 656 ff. 1089 ff.), dann von J. C. W.
Büchner (Schwerin • 18B9. 1841. 4.), welchem J. Lattmann entgegentrat
(Oöttingen 1847. 8.), dem Cic. abgesprochen worden — als ob dieser nicht
auch h&tte Declamatorisches schreiben können! Auch ygl. Tac. dial. 37:
nee Ciceronem magnum oratorem P. Qnintius defensus aut Licinius
Arehiaa faciunt: Gatilina et Milo et Yerrcs et Antonius hanc illi famam
circnmdedemnt.
2. Ausgaben von G. E. Schelle (Text, Uebers. u. Comm., mit p. Mil.
n. Lig., Leipzig 1797—1808. 3 Thle.), H. 0. F. Hülsemann (c. carmin. Ar-
chiae, Lemgo 1800), C. C. G. Wiss (Leipz. 1814), M. C, B. (s. A. 1), C. Leve-
zow (Berlin 1823), R. Stürenburg (Lips. 1832. Leipz. 1839), C. Halm (Weid-
männische Sammlung, Bd. III).
3. Zur Erklärung: Schol. Bob. p. 353—359 Gr. P. Manutius, comm.,
Rom 1572. 4. G. van Walwyk, exerc. iur. philol. ad Cic. or. p. A., Lugd.
Bat. 1776. 4. C. D. Ilgen, Opp. var. 11, 1 (Erfurt 1797). J. Th. Netscher,
disp. iur. lit. de Cic. or. p. A. , Lugd. Bat. 1808. E. H. Frotscher, krit. u.
erklär. Bemerk., Schneeberg (Leipz.) 1821. Jacobs in Ersch und Gruber I, 5.
S. 137 ff. Drumann IV. S. 199—204. Schneither, Mnemosyne V. p. 113—
128. G. Autenrieth in den Blatt, f. d. bair. Gymn. III (1867). S. 322 ff.
27) pro L. Valerie Placco, aus dem J. 695, erfolgreiche
Yertheidigong gegen eine Bepetundenklage, welche D. Laelius
erhoben hatte.
1. Auch nach den Vervollständigungen der Rede aus einer ambrosia-
nischen und einer vaticanischen Handschrift (Mai, Auetor. class. 11. p. 1 — 36)
ist zwischen c. 2 und 3 noch eine Lücke. Macrob. II, 1, 13: pro L. Flacco,
quem repetundarum reüm ioci opportunitate de manifestissumis crimini-
bus exemit. is locus in oratione non ezstat: mihi ex libro Fusü Vivaculi
notus est.
2. C. A. Poortmann, diss. lit. iurid. de Cic. or. p. Fl., Lugd. Bat. 1835.
Drumann V. S. 619—631.
28 — 31) Vier Reden post reditum, nämlich (28) oratio
cum senatui gratias egit^ (29) or. cum populo gratias egit, (30)
de domo sua ad pontifices, um die Ungültigkeit der Weihung
seines Hausplatzes durch Clodius und somit die Statthaftigkeit
von dessen Bückgahe zu beweisen^ diese drei aus dem Sept. 697,
304 Ciceroniflche Zeit. Erste H&lfte, J. 671—601.
(31) de haruspicum responsis, letztere aus dem J. 698 und ver-
anlasst durch die Erklärung der haruspices, das Heilige werde
missachtet, was Clodius auf Cicero's Hausbau (auf geweihter
Statte) gedeutet hatte, Cicero nun aber auf Clodius bezieht.
1. Die erste Bede ist eine Danksagung ffir das was der Senat zu Gun-
sten von Cicero's Bückberufung gethan habe (ad Att. lY, 1, 5). Zur dritten
vgl. ad Att. IV, 2, 2. Quintil. X, 1, 23; zur vierten Ascon. p. 69 Or. und
Quintü. V, 11, 42.
2. Der zweiten Bede, ad populum, fehlt es an äusserer Beglaubigung,
um so weniger aber an inneren Verdachtsgründen. Die andern drei sind
unzweifelhaft echt, obwohl früher vielfach bestritten. J. Markland (Be-
marks on the epistles of Cic. to Brutus etc. with a dissertation upon fonr
orations adscribed to Cic, London 1745, vgl. Wolfs Ausg. p. XLVII ff.)
fand mit seinen Zweifeln gewichtige Unterstützung an F. A. Wolf (Cic.
quae vulgo feruntur oratt. lY etc., Berl. 1801), dessen Ansicht fDr Schütz,
Orelli u. A. massgebend wurde. Dagegen wurde die Unzulänglichkeit der
sprachlichen und sachlichen Einwendungen und das Gewicht der äussern
Gründe für die Echtheit nachgewiesen theils gegen Markland von Boss
(durch eine deductio ad absurdum, in der diss. in which the defense of
Sulla etc., Lond. 1746) und Gesner (Cic. restitutus, in den Conmi. soc.
Gott. III. p. 223—284), theils gegen Wolf von J. A. Savels, disp. de vin-
dicandis Cic. V oratt. (auch pro Marcello), Köln 1828. 4. und in seiner
Ausg. der or. p. r. in sen. (Köln 1840) und de Cic. or. pro domo ad pon-
tifices (Essen 1833. 4.), Th. Lucas, Quaest. TuU. spec. (Hirschberg 1837. 4.),
Drumann II. S. 300 f. A. 69. S. 311 ff., G. Lahmeyer, orat. de hsrusp. resp.
habitae originem Tullianam etc., Göttingen 1849. Meerdeivort, ann. ad
or. q. Cic. fertur de har. resp., Lugd. Bat. 1850. A. Dietzsch, über die
Halm'sche Ausgabe der Beden Cicero's in ihrer Bedeutung fClr die Unter-
suchung der angefochtenen Beden, Bhein. Mus. N. F. XII. S. 529 ff.
3. Parallele Dankreden an das Volk u. an d. Senat, deutsch mit einem
Comm. von B. Weiske, Leipz. 1800. Bede an d. Sen. (c. 1 — 8) mit Comm.
von F. F. Frenzel, Soest 1801. H. Wagner, Cic. or. post red. in senatu
rec, scripturae var. adiecit, prolegomenis instruxit, annotationibus . . ex-
planavit, defendit, Lips. s. a. (1858) 74 pp. 8.
32) pro P. Sestio, vom März .698, erfolgreiche Verthei-
digung gegen die Anklage auf vis, mit Aufbietung aller Mittel
der Beredtsamkeit. Mehr noch aber als von der Anklage und
dem Angeklagten spricht der Redner von sich selbst und der
Partei der Optimaten.
1. ad Q. fr. U, 4, 1: Sestius noster absolutus est a. d. Y. Id. Mart. et
. . Omnibus sententiis absolutus est. . . scito nos in eo iudicio consecutos
esse ut onmium gratissimi videremur. nam defendendo et moroso homini
cumulatissime satis fecimus et . . Yatinium . . concidimus. Schol. Bob.
p. 291 — 313 Or. J. D. van Dam, spec. lit. in Cic. or. p. S., Lugd. Bat. 1824.
176. Cicero's Reden. 305
Madvig, OpuBC. acad. p. 411—524. 524 ff. T. Baden in Jahn's Archiv IJT.
S. 197 ff. Drumann V. S. 664 ff. C. F. Hermann, Vindiciae lect. Bern, in
Cic. or. p. Sestio, Göttingen 1852. 4. Bacher in der Berl. Ztschr. f. Gymn.
XVI. S. 840—864. 913—929. H. Probat in Fleckeißen's Jahrbb. 97, S. 351—
S54. H. Wrampelmeyer, librormn mss. qni Cie. orr. p. Seat, et pro Cael.
continent ratio qnalia ait, Götti. 1868. 30 pp. 4.
2. Anagaben YOn 0. M. Müller (Eöalin 1827. Cnrae «ec. ib. 1831),
J. C. W. Lotzbeck (Baireuth 1829, mit p. leg. Man.), Orelli (mit der pro
Cael., Zürich 1832. 8., sodann vor dem Züricher Lectionskatal. 1834. 4.,
zum dritten Male Heidelberg 1835. 4;), C. Halm (Lips. 1845 und 1853 ff.
in der Weidmännischen Sammlung, Bd. IV, wo bis jetzt drei Auflagen),
H. A. Koch (für den Schulgebrauch erklärt, Leipzig, Teubner, 1863).
33) in P. Vatinium, mit dem • Processe des Sestius zusam-
menhängend^ in welchem Yatinius als Belastungszeuge aufge-
treten war. Auch diese Rede* erreichte ihren Zweck.
1. Cic. ad Qu. fr. H, 4, 1 (a. Nr. 32, 1). Schol. Bob. p. 315—325 Or.
Drumann V. S. 682 ff. •
2. Auagabe von Halm, Lipa. 1846.
34) pro M. Caelio, aus dein J. 698, voll Geist und bos-
haften Witzes, besonders gegen die eigentliche Klägerin, die
berüchtigte Clodia; für die Sittengeschichte von Wichtigkeit.
1. J. Elerk, de Cic. or. p. C, Lugd. Bat. 1825. 'Madvig, Opuac. acad.
p. 375 ff. Schwabe, Quaeat. Catull. p. 63 .f. 66 f. VoUenhoven, Emend.,
Lugd. Bat. 1839. H. Wrampelmeyer (a. Nr. 32, A. 1). W. Oetling, libro-
rum maa. qui Cic. or. p. C. continent.. . condicio, . . eiuadem Caelianae
virtutea et yitia . . inveatigantur et . . illuatrantur, GGtti. 1868. 65 pp. 4.
C. L. Kayaer in den Heidelb. Jahrbb. 1870,' S. 417 — 429. C. Barwea, quaeat.
tull. apec. I ad Cael. or. apectana, Götti. 1868. 39 pp.
2. Ausgabe von Orelli, Zürich 1832 (mit p. Seat.).
35) de proyinciis consula'ribus, gehalten Ende Mai's
698, zur Unterstützung des Vorschlags dass dem Caesar die
Statthalterschaft in Gallien verlängert werde.
1. Drumann V. S. 706 ff. Mommaen R. G. IIP. S. 305. Anm. Madyig
Opuac. II. p. 1 ff.
2. Ed. Orelli, Zürich 1833. 4. Erklärt von ö. Tiacher, Berlin 1861
(Weidmann).
36) pro L. Balbo vom J, 698, Vertheidigung eines Ver-
trauten von Caesar (und Pompejus) gegen die Anklage auf An-
massung des Bürgerrechts.
1. Rumpf, Obaa. in Cic. p. Balbo, Qieaaen 1814. 4. P. J. Elout, de
Cic. or. p. B. Lugd. Bat. 1828. 121 pp. 4. Madvig Opuac. II. W. Bachner,
annott. critt ad or. p. B. Schwerin 1866. 4.
Tsutfxij, BOm. liiteraturgeschichU. 2. AoA. 20
306
Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671 — 691.
37) in L. Pisoneni; aus dem J. 699, im Senat gehalten,
eine Rede von monströser Massivität.
1. Der Anfang ist nicht erhalten. Elf Bmchstflcke daraus hat aus der
Handschrift des Nicolaus Cusanus erstmals herausgegeben J. Klein, d. Hand-
sehr, des Nie. C. (Berlin 1866) 8. 49 f. Vgl. Göttinger Gel. Ans. 1866, S. 1682
—1586. C. Halm in Fleckeisen's Jahrbb. 93, S. 623—628.
2. Ascon. p. 1 — 17 Or. H. Lagomarsini, in Friedemann und Seebode
Mise. crit. I. p. 329 ff. Dmmann VI. S. 4 ff.
38) pro Cn. Plancio, vom J. 700, gegen die Anklage auf
Bestechung.
1.' Schul. Bob. p. 253 — 273 Or. G. de Man, de Cic. or. p. PI, Utrecht
1809. 4. Dmmann VI. S. 45 ff. H. Keil, obss. oritt. in etc. Erlangen 1864. 4.
C. Campe, zur B. f. PI., in Fleckeisen^s Jahrbb. 95, S. 266—273.
2. Ausgaben von G. Garatoni (Bologna 1815. 4.), Orelli (Lips. 1826X
£. Wunder (Lips. 1830. 4.), E. Köpke (fQr den Schulgebrauch erklärt,
Leipz. 1856).
39) pro C. Rabirio Postumo, vermutlich erfolglose Ver-
theidigung dieses Gaesarianers gegen eine sehr begründete Klage
wegen Erpressungen, aus dem J. 700.
1. Quintil. m, 6, 11- IV, 2, 10.
2. Drumann VI. S. 71 ff. C. Halm, über Cicero's Rede pro C. R. P.,
eine kritische Abhandlung, München 1855. 52 S. 4. (Aus den Abhandl. der
bair. Akademie VII, 3.) B. ten Brink, loci quidam corruptiores in Cic. or.
etc., Philologus XL p. 92—100.
40) pro T. Milone wegen der Tödtung des Clodius, welche
als eine Handlung der Nothwehr dargestellt wird, aus dem
J. 702; nicht die wirklich gehaltene (erfolglose) Rede, sondern
nachträglich mit grosser Sorgfalt ausgearbeitet, ein rednerisches
Meisterwerk.
1. Ascon. p. 81—65 Or. (ed. ill. Frotscher, Freiberg 1845. 4.). Quin-
til. VI, 5, 10. X, 5, 20. Schol. Bob. p. 275—290. Schol. Gron. p. 443 f.
2. CA. Schwarz, an Cic. ob Mil. defensum sit reprehendendus, Gör-
litz 1789. 4. F. W. Hagen, exercit. acad. in Cic. or. p. M., Erlang. 1792.
J. L. Puttmann, de moderatione inculpatae tutelae, ad Cic. or. Mil. (Opusc.
iur. crim. p. 111 ff.). A. F. G. Curth, de artificiosa forma or. p. M., Berlin
1833. Spengel, Ztschr. f. Alt-Wiss. 1843. S. 432 ff. C. W. Elberling, nar-
ratio de T. Annio Milone, Kopenh. 1840.
3. Bierregaard, de supplem. Peyron. lacunae or. Mil. XII., Kopenh.
1830. C. Wex, zu Cic. p. M., Jahn^s Jahrbb. 83, S. 207—213. L. Lange,
Obss. ad Cic. or. Mil., I. Giessen 1864. H. ib. 1865. 4.
4. Ausgaben von Schelle (s. Nr. 26), G. Garatoni (Bologna 1817), Orelli
(Lips. 1826), W. Freund (Breslau 1828. 4.), E. Osenbrüggen (Hamb. 1841),
176. Cicero's Reden. 307
C. Halm (Weidmann'sche Saminlung, Bd. V, Aufl. 5), J. Wagener (Paris
1860), Fr. Richter (f. d. Schulgebr. erkl., Leipzig, Teubner 1864).
5. Dentech von J. P. Brewer (mit Einl. und Anm., Düsseid. 1830), G.
F. Strodtbeck (Ulm 1852. 4.); ins Griechiache übers, yon W. Birkle^
(Stattg. 1860. 4.).
41) pro M. Marcello, im J. 708 im Senat an Caesar
gerichtet zu Grünsten der Zurückberufung dieses seines alten
Gegners.
1. Auch diese Rede hat ihre Beglaubigung durch Citate und Zeugnisse
nicht vor Anfechtungen der Hyperkritik bewahren können, in welcher Be-
ziehung namentlich F. A. Wolf, mit seinem Zweifel Nachfolger des spani-
schen Jesuiten Juan Andres, allen seinen Scharfsinn aufgeboten hat um zu
beweisen dass die Rede schlecht — und desswegen nicht von Cicero —
sei, 8. die Vorrede zu dessen Ausg. der Rede (Berlin 1802. 8.). Anhänger
fand diese Ansicht an Spalding (de or. MarcelL, in Wolfs und Buttmanns
Mus. antiq. stud. I. 1808), Schütz, Orelli u. A., Bekämpfer von ungleichem
Werthe an Ol. Worm {vod^siag suspic. liberare conatus est, Eopenh. 1803),
F. Ealau (ad Wolfianas or. p. M. castigati, Frankf. 1804. 4.), B. Weiske
(comment. in or. . . cum append., Lips. 1805), Barbier-Vemars (in seinem
Mercure latin, Paris 1813. V. und in Seebode's Archiv 18t4. p. 475 ff.),
L. Hug (Lucubr. de or. Cic. p. Marc, Freiburg 1817. 4.), Savels (s. oben Nr.
28 ff.), F. Passow (Verm. Schrr., Leipz. 1843. g. 258 ff.), Drumann VI. S.
266 ff. Einen sogenannten Mittelweg (Annahme von Interpolationen in der
vorhandenen Rede n. s. w.) schlug* A. L. G. Jacob ein (de or. quae inscrib.
p. Marc. Ciceroni vel abiudicanda vel adiud., Berl. u. Halle 1813), welchem
Hand u. A. folgten. Vgl. noch Schol. Ambr. p. 370 f. Schol. Gronov. p.
418 ff. Or. Drumann VI. S. 262 ff.
2. Sonderausgabe von Seebode (Braunschw. 1815). G. Keller, nonnulla
de Cic. or. p. Marc. (Ratibor 1845. 4.) und* lateinisch und deutsch mit Anm.
(Ratibor 1860. 4.). Für den Schulgebrauch erklärt (mit Ligar. und Deiot.)
von Fr. Richter, Leipzig (Teubner) 1870.
42) pro Q. Ligario, öffentliche Fürsprache bei Caesar für
diesen verbannten Pompejaner, vom«J. 708.
1. B. Weiske (an seiner Ausg. der Marcell.) hat die Rede grundloser
Weise verdächtigt. Zur Erklärung vgl. Schol. Ambros. p. 371 f. Schol.
Gron. p. 414 ff. Or. P. H. A. Zillesen, de or. p. L., Lugd. B. 1826.
2. Ausgaben von Schelle (s. Nr. 26), Soldtui (Hanau 1889), C. Halm
(Weidmännische Sammlung, Bd. V, Aufl. 5), Fr. Richter (s. Nr. 41, 2).
3. Nach einer neuen Constitution des Textes übersetzt von E. W. Nauck,
Cottbus 1844. 38 S. 4. Uebersetsst und mit kritisch- cxeget. Anmerkungen
begleitet von H. Eratz, Stuttgart 1869. 18 S. 4.
43) pro rege DeiotarO; Yertheidigong dieses galatischen
Fürsten gegen die Anschuldigung eines Mordversuches auf Cae-
sar, gehalten in des Lietzteren Wohnung, October 709.
20*
308 CiceroniBche Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
1. Schol. Ambr. p. 372. Schol. Gron. p. 421 ff. Or. Muret'e nott. in or.
p. D., in dessen Opusc. III. p. 858 ff. C. J. G. Mosche, de Cic. in scri-
benda or. p. D. consilio etc., Lübeck 1815. 4. und in Friedemann und See-
ibode Mise. crit. I. p. 218 ff.
2. Ausgaben yon Frotscher (Lips. 1835), Soldan (Hanau 1836), C. Halm
(Weidmännische Sammlung, Bd. V. Aufl. 5), Fr. Richter (s. Nr. 41, 2.).
44 — 57) Die 14 Philippicae (Antonianae); aus den J. 710
und 711 d. St. Die erste derselben (vom 2. Sept. 710) sucht
den Redner wegen seiner langen Abwesenheit vom Schauplatze
der politischen Thätigkeit zu rechtfertigen und beklagt sich über
einen neuesten Angriff seines „Freundes" M. Antonius. Als
dieser^ hierüber aufgebracht^ am 19. September im Senat eine
Rede hielt worin er des (ausgebliebenen) Cicero ganze politische
Laufbahn beleuchtete, arbeitete der Angegriffene eine' Gegenrede
aus, welcher er die Einkleidung gab als sei sie auf der Stelle
zur Erwiderung im Senate gehalten worden, welche er aber erst
nach des Antonius Abgang aus Rom veröffentlichte, — die
zweite philippische. Die dritte, vom 20. December, beantragt
dass der Senat den D. Brutus und Octavian für ihren Wider-
stand gegen den Consul Antonius belobe; als diess geschah,
theilte Cicero den gefassten Beschluss noch an demselben Tage
dem Volke mit, in der vierten Rede. Die fünfte (vom 1. Jan.
711) stellt den Antrag jenen Qegnern des Antonius Auszeich-
nungen zu verleihen, diesen selbst aber für einen Reichsfeind zu
erklären. Nachdem, am 4. Jan. die erste Hälfte dieses Antrags
angenommen, statt der zweiten aber noch ein gütlicher Versuch
beschlossen war, verkündete diess Cicero dem Volke an demselben
Tage, in der sechsten. Die siebente (Ende Januars) dringt
abermals auf Kriegserklärung gegen Antonius. Dass auch nach
dem Scheitern jenes Versuchs nur eine halbe Massregei be-
schlossen wurde tadelt die achte (Anfangs Februar) und macht
positive Vorschläge. Die neunte befürwortet, unter neuen Aus-
fällen auf Antonius, Ehrenbezeugungen für Ser. Sulpicius. Die
zehnte beantragt die nachträgliche Bestörtigung der von M.
Brutus in Makedonien und Griechenland getroffenen Massregeln.
Die elfte (Mitte März 711) spricht (vergebens) dafQr dass die
Bestrafung des Dolabella (der den Caesarmorder C. Trebonius
hingerichtet hatte) dem (Caesarmorder) C. Cassius übertr^en
werde. In der zwölften sucht Cicero die beschlossene aber-
malige Gesandtschaft an Antonius rückgängig und sich selbst
176 f. Cicero's Reden. 309
von der Theilnahme daran frei zu machen. Die dreizehnte
(20 März 711) vertheidigt seine Eriegspolitik gegen die Frie-
densmahnungen des M. Lepidus und Munatius Plancus. Endlich
die vierzehnte (22 April 711) beantragt ein grosses Dankfest
wegen des Siegs über Antonius bei Forum Grallorum und Aus-
zeichnungen für die siegreichen Feldherren.
1. Besonders berühmt ist die zweite Philippica, s. Juvenal X, 125 f.
2. Ausgaben der Philippicae von G. G. Wemsdorf (Lips. 1821 f. 2
Bände, verb. Text ib. 1825), Orelli (Zürich 1827); die zweite besonders
herausgegeben Ton Wernsdorf (mit Uebersetzung, Leipz. 1816), H. A. G.
Winckler (Cassel 1829), Frotscher (Lips. 1833; nebst Probe von einem
Comm., Leipz. und Annab. 1836). Die erste und .zweite erklärt von C.Halm
(Weidmannsche Sammlung, Bd. VI. Aufl. 3) und &. A. Koch (Leipzig,
Teubner, 1870).
3. J. Mittermayr, Beiträge zur Erkl. der ersten phil. R. (Aschaffenb.
1841. 4.); zur ^zweiten (ebend. 1843. 1846. 4.). C. Campe, Philologus X.
S. 627 ff. und Fleckeisens Jahrbb. 91, S. 163—174. F. G. Jentzen, über des
Cic. vierte phil. R., Lübeck 1820. Gegen A. Krause's zwecklose Ver-
dächtigung der vierten (Cic. quae fertur Phil. lY expl. et Ciceroni dero-
gavit, Berl. 1839, und üeber Cic. vierte phil. Rede, Neustettin 1847. 4. =
Jahn's Jahrbb. Suppl. XIIL p. 297 — 313) s. Schuster, Vindiciae Cic. or.
Phil, quartae, Lflneb. 1861 f. 4. Schirlitz, Cic. phil. nona, Wetzlar 1844. 4.
y. F. Deycks, de Cic. Phil. orr. cod. vaticano, Münster 1844.
177. Ausser diesen 57 Reden sind Bruchstücke erhalten 167
von ungefähr zwanzig weiteren,, und von 33 anderen wissen wir
wenigstens dass Cicero sie gehalten hat. Dazu kommt noch
eine Anzahl nur geschriehener (nicht gehaltener) Lobreden, näm-
lich auf Caesar (vom J. 698), den jüngeren Cato (J. 708) und
dessen Schwester Porcia (J. 709).
1. Unter den Bruchstücken sind die erheblichsten die zu den zwei Cor-
nelianae (pro C. Comelio, de maiestate, vom J. 689, s. Ascon. p. 66 — 81
Or. und Quintil. VIII, 3, 3 f. vgl. VI,. 6, 10. X, 6, 13), zur oratio in toga
Candida (J. 690 im Senat gehalten, vgl. Bücheier, Q. Cic. p. 9 f.) und zur
Scanriana -(pro M. Aemilio Scauro, vom J. 700, s. Drumann VL 8. 36—
46. Ascon. p. 18— -30. Schol. Bob. p. 373—376 Or.).
2. Sammelausgaben der Bruchstücke einzelner Reden: Sex orationum
partes ineditae, ed. A. Mai. ed. alt., Maü. 1817. 8.; Auetor. class. IL p.
277 — 326. Oratt. p. Fonteio et C. Rabir. fragmenta ed. Niebuhr, Rom
1820. Oratt. p. Scaur., Tüll, et in Clod. fragmenta inedita ed. A. Peyron,
Stuttg. 1824. 4. Oratt. p. Tüll., in Clod., p. Scauro, p. Flacco fragmenta
ined. coli. C. Beier, Lips. 1826, nebst Indd. (herausgg. von G. Hertel), Lips.
1831. Oratt. p. Tüll., in Clod., p. Scauro, p. Flacco ed. et expl. E. C.
d'Engelbronner, Rotterdam 1830. Die Bruchstücke s&mmtlicher Reden sind
310 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
zusammengestellt in den Gesammtaasgaben von Nobbe (p. 1119 ff.), Klotz
(IV, 3. p. 201—249), Orelli IV, 2. p. 4*9—459 — IV. p. 929 — 966. 1011.
1055 f. der zweiten Aasgabe (Torici 1861), und Baiter-Eayser Vol. XI. p.
1 — 38. C. Halm, Beiti^e zur Berichtigung und Ergänzung der cic. Frag-
mente (Leipz. 1862), bes. S. 16—31.
3. Ueber die 33 Beden a. Orelli IV, 2. p. 460 f. » p. 966 f. der zweiten
Ausgabe. Westermann, Gesch. der rOm. Beredtsamkeit S. 341 f.
4. Skizzen und Goncepte von Reden des Cic. veröffentlichte aus dessen
Nachlass sein Freigelassener Tiro. Quintil. X, 7, 30: quod fecisse M. Tul-
lium commentariis ipsius apparet. ib. 31: Ciceronis ad praesens modo
tempus aptatos (commentarios) libertus Tiro contraxii Vgl. ib. IV, 1, 69:
Cicero pro Scauro ambitus reo, quae causa «st in commentariis (nam bis
eundem defendit), prosopopoeia . . utitur. Hieronyn. apol. ad Rufin. II.
p. 469 Vall. (in commentariis eausamm, pro Gabinio).
5. Ueber Cicero's laudatio Caesaris s. ad Att. IV, 5; über seine lau-
datio Porciae ib. XIII, 37, 3. 48, 2.
6. Plut. Caes. 54: iy^aipe Kmi^v iy%üi(uov Katmvog, 6itoiiM xm Xoytp
d-iiuvog Kmtotva, Fr. Schneider, de Ciceronis Catone minore, Zeitschrift
für die Alt.-Wiss. 1837. Nr. 140 f. H. Wartmann, Cato von Utika (Zfirich
1858) S. 145—153. C. GOttling, de Cic. laudatione Catonis et de Caesaris
Anticatonibus, Jena 1865. 4. » Opusc. acad. p. 153 — 166. Orelli IV. p. 987 f.
Baiter-Eayser XI. p. 67 — 69. Der Inhalt dieser Lobrede auf Cato erregte
bei Caesar einigen Anstoss (ad Att. XII, 40, 1. XIII, 27, 1), obwohl er ihre
formelle Vorzüglichkeit anerkannte (ib. XIII, 46, 2); er veranlasste daher
zuerst den EUrtius zu einer Gegenschrift und schrieb dann selbst eiaen
Anticato. Dagegen dem M. Brutus war Cicero's Schrift zu wenig warm
und zu eng, da Cicero sich yorsichtiger Weise hauptsächlich an Cato's
Privatcharakter gehalten hatte; er schrieb daher selbst auch (Anfangs 709)
einen Cato.
7. Die Untergeschobene Rede pridie quam in exilium iret s. z. B. in
der zweiten Orelli^schen Ausgabe Cicero'» II. p. 1412 ff. und bei BaSter>
Kayser XL p. 156 — 164. Ueber die fingierten Streitreden zwischen Sallust
und Cic. (z. B. bei Baiter-Eayser XI. p. 147—155) s. unten 203, 6.
168 178. In der Theorie der Beredtsamkeit war Cicero Schüler
der Griecheu und übersetzte sogar in seiner Jugend ein grie-
chisches Lehrbuch. In reiferen Jahren trat er mit selbständigen
rhetorischen Schriften auf, nicht um die Theorie weiter zu för-
dern^ sondern um seine eigene Stellung in der Geschichte der
römischen Beredtsamkeit darzulegen und seine rednerische Weise
gegen Widersacher zu vertheidigen. Dabei weiss er die Haupt-
lehren der Rhetorik in anziehender Weise zu popularisieren. In
seinem Kampfe gegen den abstracten Doctrinarismus und den
leeren Schematismus der Schulrhetorik geräth Cicero sogar in
178 f. Cicero'ß rhetorische Schriften. 311
das Extrem des blosen Empirismus und lässt öfters Schärfe der
Begriffe vermissen.
1. Die Bänuntliohen rhetorischen Schriften Cicero*8 sind herausgegeben
von C. G. Schütz (Lips. 1804. 1808, 3 Bände) und bilden Vol. I. der Orel-
li'schen Ausgabe (Ed. II. Tur. 1846); die kleineren von J. F. Wetzel (Lieg-
nitz 1807. 1823) und Orelli (Zürich 1830).
2. C. W. Piderit, über den Kunstwerth der rhetorischen Schriften Ci-
cero's^ in Jahns Jahrbb. 82, S. 603—516. L. Spengel, Rhein. Mus. XVIII.
S. 495 — 498. H. Jentsch, Aristotelis ex arte rhetorica quid habeat Cicero,
Berlin 1866. 8. -
179« Die erhaltenen rhetorischen Schriften Cicero's sind 169
nach der Zeit ihrer Abfassung folgende.
1) Rhetorica, eine unreife Jugendarbeit, hauptsächlich,
wie es scheint, nach Hennagoras und Comificius. Die zwei
Bücher, welche allein fertig gemacht sind, handeln vom redneri-
schen Stoffe, de inventione, und werden daher gewöhnlich so
betitelt.
1. Gic. de or. I, 2, 6: quoniam quae pueris aut adolescentulis nobis
ex commentariolis nostris incohata ac rudia exciderunt vix hac aetate
digna et hoc nsu, quem ex causis quas diximus tot tanti^que consecuti
sumus. Vgl. 6, 23. Quintil. II, 14, 4. 15, 6 (in rhetoricis, quos sine dubio
ipse non probat). III, 1, 20 (rhetoricos suos). 3, 6 (Gic. in Rhetoricis).
5, 14 f. (ex Gic. rhetorico I. . . ipse hos libros improbat). 6, 50 (Gicero
in libris rhetoricis =- de inv. I, 8) und 68 (in primo Giceronis rhetorico).
59 f. (Gic. his pulcherrimos illos de oratore libros substituit). 64. Hieronjm.
adv. Rufin. I. p. 137.
2. Gic. de inv. II, 2, 4: quoniam nobis quoqae voluntatis accidit ut
artem dicendi perscriberemus, non unum aliquod proposuimas exemplum,
cuius omnes partes . . exprimendae nobis necessario viderentur, sed Om-
nibus unum in locum coactis scriptoribus quod quisque commodissime
praecipere videbatur excerpsimus etc. Hermagoras wird genannt I, 6, 8.
9, 12. 11, 16. 51, 97. Quintil. III, 6, 59: sunt velut regestae in hos com-
mentarioB quos adolescens deduxerat scholae, et si qua est in his culpa,
tradentis est. ib. 11, 10. 18 (in Rhetoricis Hermagoran est sccutus). Vgl.
F. Bader p. 18—24, und über die Benützung des Gomificius ib. p. 6—11.
3. „Der Verfasser hatte die Rhetorik ad Herennium (s. oben 159) vor
sich liegen und benütst sie häufig, sucht auch fortwährend es anders und
besser zu machen als jene, macht es aber gewöhnlich schlechter." „Das
ganze genus demonstrativum wird in einem einzigen Gapitel, dem letzten,
abgemacht, zum Beweise dass der junge Verfasser selbst den Plan auch
die anderen vier Theile auszufahren bereits aufgegeben hatte." L. Spengel,
Rhein. Mus. XVin. S. 496.
4. Gommentar des Marius Victorinus (s. d.) zu der Schrift. Excerpta
ex Grillii commento in Gic. de inv. bei Halm, Rhet. lat. min. p. 596 — 606.
312 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
5. Sonderausgabe mit den Anmerkungen von Lambin, Gronov u. s. w.
von P. Burmann, Lugd. Bat. 1761, neu herausgeg. von F. Lindemann,
Leipz. 1828 (Schulausg. 1829.). üebersetzt von G. H. Moser, in der Metz-
ler^schen Sammlung, röm. Pros. 127 f.
6. A. Linsmayer, Variae lectiones ad Cic. libr. I. de inventione ex IV
codd. exscriptae, congessit et brevi annot. instr., München 1853 (VIII und
27 pp. 8.) B= C. Halm, Analecta Tulliana, fasc. II. F. A. Eckstein, Varietas
lectionis codicis Leidensis ad Cic. de inv. libros II. Halle 1854. 4. F. Bader,
de Cic. rhett. libris, Greifswald 1869. 30 pp.
2) De oratore libri tres, verfasst J. 699, eingekleidet in
die Form eines Gesprächs welches die beiden grössten Redner
der früheren Zeit, L. Grassus und M. Antonius, mit Anderen
im J. 663 gehalten hätten. Durch diese Einkleidung hat die
Behandlung an Leichtigkeit, Vielseitigkeit und Lebendigkeit ge-
wonnen, Cicero die Trockenheit systematischer Darstellung und
die Aufstellung eines eigenen Glaubensbekenntnisses vermieden,
so unverkennbar ist dass seine Personen nur seine eigenen An-
sichten aussprechen. Obwohl die dramatische Kunst eines pla-
tonischen Dialogs bei weitem nicht erreicht ist, so ist das Werk
doch durch den Reichthum seines Inhaltes und die Gefeiltheit
der Darstellung zu den vollendetsten des Cicero zu rechnen.
Das erste Buch erörtert die Bildung zum Redner, das zweite
die Behandlung des Stoffes, das dritte die Form und den Vor-
trag der Rede.
1. Cic. adAtt XIII, 19, 4. Fam. I, 9, 23 vgl. VII, 32, 2. Oben 149, 3.
2. J. A. Emesti, de praestantia librr. Cic. de or., Lips. 1736. 4. J. F.
Schaarschmidt, de proposito etc., Schneeb. 1804. H. A. Schott, comm. qna
III de or. libri examinantur, Lips. 1806. 4. G. E. Gierig, vom ästhetischen
Werthe der Bücher de or., Fulda 1807. C. F. Matthiä, Prolegg. äh ii. s. w.
Frankf. 1812. 4. Schölten, animadvv. in Cic. de or. libros, -Utrecht (1828)
72 pp. 8. E. L. Trompheller, Versuch einer Charakteristik der u. s. w., Co-
burg 1830. 4. Busch, Obss. ad Cic. de or., Rostock 1830. 4. Rhode, de
anacoluthis in Cic. de or., Breslau 1833. C. G. König, Opuscc. latt. (Meis-
sen 1834) p. 869 ff. Paul, de Cic. de or., Th6m 1840. 4. Ellendt vor seiner
Ausg. II. p. VII ff. C. Kuniss, quaedam de Cic. de or., Dresden 1842.
Brückner, quid Cic. in libris de or. ex Isocrate et Aristotele mntuatus sit,
Schweidnitz 1849. 4. F. Th. Adler, locos quosdam libr. I et II emend.,
illustr., Halle 1869. 32 pp. 4.
3. Ausgaben z. B. von Z. Pearce (Cambridge 1716, zuletzt Lond. 1795),
G. C. Harless (Lips. 1816), 0. M. Müller (ZüUichau 1819. 1838), R. J. F.
Henrichsen (Kopenhagen 1830), C. G. Kuniss (Leipz. 1837), und ganz be-
sonders von Fr. Ellendt (Eönigsb. 1840. 2 Bände). Dazu C. Fräokel, Nach-
träge und Berichtigungen zu Fr. Ellendt's Comm. über Cic. de or. , 5 Hefte,
179. Cicero'ß rhetorische Schriften. 313
•
DoTpat 1855—1860. C. W. Piderit, zur Kritik uad Exegese von Gic. de
or., Hanau 1857. 1858. 4. Bake (zu B. III) in Mnemosyne VII. p. 97—123.
G. Sorof, PhilologuB XXI. p. .654— 674, und Vindiciae Tullianae, Beriin
1866. 4. Erklärt von C. W. Piderit, Leipz. 1859. 1862. 1868. Bec. lo. Bake,
Amsterdam 1863.
4. Uebersetzt von Dilthey (Stuttgart, Metzler 1828; umgearbeitet von
F. Baur, ebend. 1859, Gl. d. Alt.); von R. Kühner (Stuttgart, Hoffmann 1858).
3) Brutus de claris oratoribus, verfasst zu Anfang des
J. 708 9 eine pragmatische Darstellung der Greschichte der römi-
schen Beredtsamkeit, höchst werthvoU durch die Fülle des darin
ausgeschütteten historischen Materials, viele treffende und leben-
dige Charakteristiken, so wie die Aufschlüsse über Cicero^s
eigenen Bildungsgang. Die dialogische Form ist mit mehr
Ernst und Geschick behandelt als in den philosophischen Schrif-
ten; doch fehlt es nicht an grösseren und kleineren stilistischen
ünfertigkeiten.
1. Die Zahl der besprochenen Redner betiUgt gegen 200, mit grund-
sätzlicher Beschräi^kung auf die gestorbenen (s. 65, 231). Von den lebenden
werden nur Caesar, M. Marcellus und Cicero selbst abgehandelt. Vgl. 93,
319. Or. 7, 23. Quintil. X, 1, 38. Oben 150, 8. 168, 10.
2. Alle vorhandenen Handschriften des Brutus und des Orator sind aus
der 'zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts und gehen auf diejenige zurück
welche ums J. 4 420 in Lodi gefunden wurde, später aber wieder verloren
gieng und für uns nur durch Abschriften existiert. Am Schlüsse fehlt
Einiges.
3. Ausgaben von Wetzel (Nürnberg 1776, Halle 1793), Orelli (mit den
übrigen kleineren rhetor. Schrr., Zürich 1830), H. Meyer und G. Bemhardy
(Halle 1838), Euniss (Leipz. 1838), C. Peter .(Leipz. 1839), Fr. EUendt (Kö-
nigsberg 1825 und besonders 1844), 0. Jahn (Leipz. 1849, Berlin 1856, 1865),
C. Beck (third edition, Cambridge in Massachussets 1853. 195 pp. 8.), C.
W. Piderit (für den Schulgebrauch erklärt, Leipz. 1862).
4. E. L. Trompheller, Bemerkungen Über Cic. Br., Coburg 1832. 4.
£. Marggraff, Obss. criticae in 0. Jahnii editionem Bruti Cic, Berlin
1855. 4. G. Schwister, Quaestiones aetiologicae in Cic. Brutum, Bonn 1857.
Bake, Curae secundae in Cic. Br., Mnemosyne VI. p. 421—438. Piderit, zur
Kritik und Exegese von Cic. Brut., Hanau 1860. 1862. 4. (Campe,) Beiträge
zur Kritik des Cic. I "(öreiffenberg 1860. 4.) S. 1—21. J. Mähly, Rhein.
Mus. XX. S. 637—640. G. Hänel, ad Cic. Brut. 27, 106. Lips. 1867. 4.
5. Uebersetzt von C. A. Mebold (Stuttg. 1829), neu bearbeitet von W.
S.- Teuffei, Stuttgart 1859 (Cl. d. Alt).
4) Orator ad M. Brutum," Cicero's rednerisches Vermächt-
niss, sein Ideal eines Redners ausmalend, von Werth aber mehr
durch einzelne Erörterungen und Bemerkungen als durch Voll-
314 Ciceronische Zeit. Erste Hüifte, J. 671—691.
ständigkeit und planmässige Anlage des Ganzen; verfasst gleich-
falls noch im J. 708. •
1. Cic ad Fam. VI, 18, 4. JiY, 20, 1. de diyin. II, 1, 4. ad Att. XIV,
20, S a. Fam. XII, 17, 2 seinem Inhalte nach de optimo genere dicendi
genannt.
2. Ausgaben von H. Meyer (Lips. 1827), Orelli (Zfirich 1830), F. Göller
(Lips. 1838), Peter und Weller (Leipz. 1838), 0. Jahn (Leipz. 1851. Berlin
1859. 1869), Pidcrit (Leipzig, Teubner, 1865).
3. G. Weller, Symb. critt. ad Cic. or., Heiningen 1837. 4. Paul, de
or., Thom 1844. 4. Bake, de emendando Cic. or., Lugd. B. 1856. 82 pp. 4.
Piderit, Eos I. S. 401—409. II. S. 168—181; Jahns Jahrbb. 91, S. 372—374.
765—772. Vollbehr, ad Cic. or. symbb. criticae, Glückstadt 1864. 4.
4. Uebersetzt von Hauff (in seiner Philologie II, 1. S. 111 ff.), Brewer
(Düsseldorf 1824), Mebold (Stuttgart 1829), W. S. Teuffei, Stuttgart 1861.
(Cl. d. Alt.)
5) Partitiones oratoriae (oder de partitione oratoria),
im J. 708 oder 709 verfasst, eine Uebersicht über das Gesammt-
gebiet der Rhetorik in Form von Fragen (die er seinen Sohn
stellen lässt) und Antworten, ein ziemlich trockener Katechismus.
1. Quintil. III, 3, 7. Drumann VI. S. 293.
2. E. Reusch, disquis. de Cic. partt. or., Helmstedt 1723. 4. Piderit,
zur Kritik von Cic. p. or., Hanau 1866. 4. und in Fleckeisens Jahrbb. 95,
S. 275—283. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1867, S. 1863—1877'
3. Ausgabe von Hauptmann (Lips. 1731) und Piderit (für den Schul-
gebr. erklärt, Leipz. 1867). Uebersetzt (mit Topik) von G. H. Moser, Metz-
ler ^sche Sammlung, röm. Pros. 137.
6) Topica ad C. Trebatium, eine Erläuterung der Topik
des Aristoteles, im J. 710 auf der Reise aus dem Gedächtniss
niedergeschrieben.
1. Cic. ad Fam. VII, 19. Quintil. III, 11, 18. V, 10, 64 (scribens ad
Trebatium ex iure ducere ezempla maluit).
2. Von einem. Commentar des Boethius dazu sind noch sechs Bücher
erhalten (in dessen Opp. und in vielen älteren Ausgaben der Schrift des
Cicero, auch bei Orelli V, 1. p. 269 fF.).
3. F. G. van Lynden, interpr. iurispr. Tüll, in Topp, rxpositae, Lugd.
Bat. 1805. 180 pp. 8. W. A. Macejowski, obss. in Cic. Topp. (Opusc,
Warschau 1824. p. 63—84), Brandis im Rhein. Mus. III (1829). S. 547 ff.
J. Klein, de fontibus Topp. Cic, Bonn 1844. F. Bücheier, Philologus XXL
S. 123—126.
7) De optimo genere oratorum, Vorwort zu einer
Uebersetzung der Reden des Demosthenes und dos Aeschines
179 f. Cicero's rhetoriscbe Schriften und Briefe. 315
für und wider Ktesiphon, über den attischen und den asiatischen
Redestil, vielleicht gleichfalls aus dem J. 710.
1. Ascon. p. 31 Or.
3. Heraosg^^ben (nebst Top. nnd partitt.) von G. H. ^aalfrank (Ra-
tisb. 1823) und von 0. Jahn an seinem Orator.
180« Die vier auf uns gekommenen Sammlungen ciceroni-l70
scher Briefe enthalten, mit Einschluss von 90 an Cicero ge-
richteten, im Ganzen 864 Stücke, und sind sowohl persönlichen
wie politischen Inhalts, ein unerschöpflicher Schatz für die
Zeitgeschichte, zum Theil aber von der Art dass die Veröffent-
lichung nicht im Interesse Cicero's lag; denn bei einem Manne
der 80 rasch zu denken, und so lebhaft zu fühlen pflegte wie
Cicero, und dem es Bedürfniss war seine jedesmaligen Gredanken
und Empfindungen mündlich oder in Briefen an einen vertrauten
Freund wie Atticus auszusprechen, gewährt ein solcher Brief-
wechsel einen oft nur allzutiefen, ja sogar manchfach täuschen-
den Einblick in sein Innerstes^ wie denn Drumann den Stoff ,
zu seiner Anklage zum grössten Theile diesen Briefen entnom-
men hat.
1. Der früheste Brief ist vom J. 686, der späteste vom 28. Juli 711;
aus Cicero's Gonsulat ist keiner erhalten. Fronto ad M. Antonin. II, 5. p. 107
Naber: omnes Ciceronis epistolas legendas censeo, mea sententia vel magis
quam omnes eins orationes. epistolis Ciceronis nihil est perfectius. Vgl.
auch oben 45, 1.
2. B. B. Abeken, Cicero in seinen Briefen u. s. w., Hannover 1835.
J. V. Gruber, quaestio de temporibus atque serie epistolarum Ciceronis,
Stralsund 1836. 4. A. Stinner, de eo quo Cic. in epistolis usus est sermonc,
Oppehi 1849. 18Ci^. 1864. 4.
3. Cicero selbst hat die von ihm geschriebenen Briefe nicht gesam-
melt, noch weniger sie herausgegeben; aber schon bei seinen Lebzeiten
trugen üun Nahestehende sich mit derartigen Gedanken. Vgl. ad Att.
XVI, 6 extr. (vom J. 710): mearum epistolarum nuUa est ifwccyrnyi^, sed
habet Tiro instar LXX. et quidem sunt a te quaedam sumendae. eas ego
oportet perspiciam, corrigam; tum denique edentur; und an Tiro (Fam.
XVI, 17, 1 vom J. 708): tuas quoque epistolas vis referri in volumina.
Nach Cicero's Tode, wo durch die Rhetorenschnlen sein Ansehen immer
höher stieg, wurde das Sammeln und Herausgeben seiner Correspondenz
um so eifriger betrieben, theilweise wohl aus buchhändlerischer Specula^
tion. Cornelius Nepos, in dem vor dem J. 720 verfassten Theile seiner
Biographie des Atticus (Att 16, 3), kennt durch private Mittheilung —
denn dass sie noch nicht herausgegeben waren sagt er selbst — die XVI
Volumina epistolarum an Atticus; und von einer langen Reihe anderer
Sammlungen wissen wir durch Citate. So citiert Macrob. Sat. II, 1, H
316 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
Cicero in libro epifitolanim ad Corneliam Nepotem secundo, Nonius Mar-
cellus (ed. Gerlach et Roth) p. 286 ein neantes Buch von -Briefen ad Bru-
tarn (ad Brut. I, 1, 1), p. 306 ein neuntes ad Hirtium, p. 201 Mn viertes
ad Pompeium, p. 196 ein drittes ad Caesarem, pl 225 und 289 ein drittes
ad Caesarem iuniorem, p. 65 ein drittes ad Pansam, p. 348 ein zweites
ad Axium, p. 188 ein zweites ad iilium, p. 190 ein erstes (und somit min-
destens zweites) ad Gassium (^ ad Farn. XV, 16, 3); ausserdem p. 319 ad
Calvum (nach Priscian. 11. p. 490, 12 Keil mehrere Bücher), p. 297 epistola
ad Catonem; Suet. rhet. 2 ad M. Titinnium, Quintü. VI, 3, 112 ad Gae-
relliam, Charisius p. 85 P. o* p. no Keil (quamvis Cicero requietem dixerit)
ad Hostilium, ib. p. 108, 26 (Keil) ad Marcellum, wozu noch die illtivi%al
{ngog 'HQoidrjv, ngbg TliXonci %ov Bv^avtiov etc.) bei Plut. Cic. 24 kommen
(Nake p. 10 f.). Von allen diesen Sammlungen ist an sich wahrscheinlich
dass sie schon in der augusteischen Zeit veranstaltet wurden, wo noch
wenig verloren gegangen, die Empf&nger selbst aber fast alle todt waren.
Die kümmerlichen Ueberreste dieser umfangreichen Samminngen sind zu-
sammengestellt bei Orelli IV, 2. p. 461—468 =» p. 968 — 974 ed. II (vgl.
C. Halm, Beiträge zu den cicer. Fragm. S. 31 f.), besser bei Baiter-Kayser
XL p. 38—50.
4. Neben diesen umfassenden Sammlungen erscheint sehr frühe auch
eine kürzere, deren einzelne Bücher nach den vorwiegenden Adressaten
citiert zu werden pflegen, s. z. B. Gell. N. A. I, 12, 19 von dem Schreiben
des PoUio an Cicero (Fam. X-, 33, 5): in libro epistolarum M. Giceronis ad
L. Plancum et (und genauer) in epistola (M.) Asini Pollionis ad Cic; vgl.
Gell. XII, 13, 21: in libro M. TuUii epp. ad Ser. Sulpicium = Fam. IV,
4, 4; Non. Marc. v. comedim (p. 83, 30 M. =■ p. 59 Gerl.): Cicero ad Var-
ronem epistola Peti (d. h. ad Paetum, s. Fam. IX, 20, 3), während Nonius
den Brief Fam. XV, 16 aus der vollständigeren Sammlung (ad Cassium I)
citiert, was freilich nicht beweist dass sie zu seiner Zeit noch existierte.
Diese kürzere Sammlung ist erhalten (ad Fam.).
5. Die Briefe des Cicero wurden mehrere Jahrhunderte fleissig gelesen
(s. die Uebersicht der Anfahrungen bei Nake, bist. crit. p. 38 f.) und auch
excerpiert (Fronto ad Antonin. II, 5. p. 107 Naber: memini me excerpsisse
ex Giceronis epistulis ea dumtaxat quibns inesset aliqua de eloquentia vel
philosophia vel de rep. disputatio; praeterea si quid elegantius aut verbo
notabili dictum videretur excerpsi); doch weitaus nicht in dem Grade und
so lange fort wie die meisten andern ciceronischen Schriften. Wir finden
daher nur vereinzelte Spuren des Vorhandenseins von Handschriften der-
selben und deren Benützung in den Jahrhunderten des Mittelalters (Orelli
vor seiner Ausg. p. VI f.), insbesondere vom 10 — 14. Jahrhundert (ib. p. VH
—XII; über Job. Saresber. ib. p. VII f.; Über Petrus von Blois ib. p. IX f.).
Erst Petrarca hat sie wieder entdeckt, und zwar im J. 1345 bei Verona
die an Atticus, Q. Cicero, Brutus und Octavius, etwas später in Vercelli
die Briefe ad famüiares (vgl. Orelli 1. 1. p. XII f. XXXIX f. M. Haupt,
dno epistolae ineditae de inventione Giceronis epp. ad Fam. , Berl. 1856. 4.
F. Hofmann, der kritische Apparat u. s. w. S. 1—6. Detlefsen, in Jahns
Jahrb. 87 , S. 550 ff.). Von den Epp. ad &m. ist der Urcodex (saec. XI,
180. Cicero*B Briefe. 317
die Quelle aller Übrigen Handflcbriften) noch vorhanden (Ck>d. Medic.
plut XLIX, Nr. IX), wie auch die Abschrift des Petrarca (Cod. Medic.
pl. XLIX, Nr. VII); dagegen von den ad Att. etc. ist die in Verona ge-
fundene Handschrift wieder verloren gegangen und nur die grOsstentheils
von Petrarca gemachte Abschrift erhalten (ib. plut. XLIX, cod. XVIII),
welche zugleich zahlreiche Gorrecturen von Coluocio^ Salutato enthält,
meist Vermutungen dieses Gelehrten, theilweise auch Besserungen auf
Grund der Vergleichung der Urhandschrift (vgl. Hofmann S. 6 f. und
8—25). Indessen der cod. Tumesianus (z), aus welchem Lambinus die ver-
hältnissmftssig zuverlässigsten Mittheilungen gibt, der aber jetzt verloren
ist, stammt nicht aus dieser Abschrift Petrarca's (M) ab (F. Hofmann
S. 26 — 30), sowenig als ein cod. Escurial. saec. XIV oder XV; und auch
die Bandnoten in Cratanders Ausgabe (c), Basel 1528, scheinen sich auf
eine üeberlieferung zu gründen welche älter ist als Med. (Fr. Hofinann
S. 26. 30—47), nämlich entweder auf dieselbe Handschrift zu welcher die
Würzburger und Münchner Blätter (Spengel, Münchner Gel. Anz. 1846,
S. 917 ff. 926 ff. Halm, Rhein. Mus. XVm. S. 460—463) gehören oder doch
eine ihr ganz entsprechende, üeber die Handschriften aus dem 15. Jahr-
hundert und die edd. principes vom Jahr 1470 (die Bomana und die Jen-
soniana »■ B und I) s. Fr. Hofinann S. 48 — 65, und über die diplomatische
Geschichte der Briefe: Orelli Prolegg. vor T. III. seiner zweiten Ausgabe
des Cicero, nebst D. DeÜefsen in Jahns Jahrbb. 87, S. 551 — 571. Populär
G. ^oissier, surla maniäre dont furent recueillies et publikes les lettres de
Cic^ron, Paris 1863.
6. H. A. Koch, EmendationeB Ciceronis Epistolarum, Putbus 1855.
10 pp. 4. Rhein. Mus. XII. p. 268—279. F. Bücheier, zur Kritik der cice-
ron. Briefe^ Rhein. Mus. XI. S. 509 — 535. J. Krauss, Cic. Epp. emenda-
tiones. I. Cöln 1866. 4. H. Lips. 1869. 44 pp. 8. Br. Nake, historia critica
M. TuUi Ciceronis epistolarum, Bonn 1861.
7. Anagaben sämmtlicher Briefe in chronologischer Ordnung: von
C. G. Schütz (Halle 1800. 6 Bde.), Lünemann (Göttingen 1820. 4 Bde.), FrT
Bentivoglio (Mailand 1826 ff. 10 Bde.), Bülerbeck (Hannover 1836. 4 Bde.),
auch von A. Thospann (Leipz. 1833. Th. I.). — Uebersetzungen von C. M.
Wieland (Zürich 1808—1821. 7 Bde., wovon Bd. VI und VII herausgg. von
Gräter; s. dazu die Bemerkungen zu Wieland's Uebersetzung u. s. w. von
C. F. D. Moser, Ulm 1828), G. H. Moser, C. H. Dörner, Fr. Rauchenstein
und F. Baur (in der Metzler'schen Sammlung, Bdchn. 51 — 76), C. L. F.
Mezger (Stuttgart, Hoffmann 1859 ff.).
8. Schulauswahlen z. B. von A. Matthiä (ed. IV. besorgt von F. H.
Müller, Leipz. 1849), S. N. J. Bloch (Kopenh. 1818), B. A. Pflanz- (Rottweil
1831), C. F. Süpfle (Karlsruhe 1836, 5. Ausg. 1861), R. Dietsch (Lips.,
Teubner 1854, 2 Partes), F. Hofmann (I. Berlin 1860. Weidmännische
Sammlung), Jos. Frey (Leipzig, Teubner, 1864).
181. Die erhaltenen Sammlungen sind folgende: ^71
1) ad Familiäres, 16 Bücher aus den J. 691 — 711,
nach den Personen der Empfanger geordnet (mit einziger Aus-
318 CiceroniBcho Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
nähme von Buch Xm), doch ohne consequente Befolgung der
Abfassungszeit^ wahrscheinlich von Tiro herausgegeben, in der
Weise dass er zuerst die zwölf ersten Bücher utid dann erst
nachträgUch die yier letzten veröffentHchte.-
1. Der Titel ist sweifelhaft (P. Yictorins: M. Talli Cicerosis epistola-
rom libri XVI) ,' jedenfalls aber nicht Ad divenoe, was gar nicht latei-
nisch ist.
2. Das dritte Buch enthält nnr Briefe an Appins Claudius Pnlcher,
das achte nur Briefe des M". Caelius (unten 206, 4) an Cicero, B. XIV nur
Briefe des Cicero an Terentia und die übrige Familie, B. XVI ausschliess-
lich Briefe an Tiro; B. XIII lauter (weitere) Empfehlungsschreiben, B. XV
Nachträge zu den zwölf ersten Büchern.
3. Die Sammlung scheint gleich nach Cicero*8 Tod herausgegeben,
ehe noch die ganze Fülld von Briefen erschlossen war aus welcher später
die umfassenderen Sammlungen hervorgiengen (so F. Hofmann). Die ent-
gegengesetzte Ansicht (von B. Nake), dass die ausfiihrlichen Sammlungen
früher seien, die erhaltene (ad Fam.) aber nur aus diesen (von verschie-
denen Händen) excerpiert, hat gegen sich dass dieser Auszug gar zu kopflos
gemacht sein müsste, indem z. B. aus den vier Büchern ad Pompeium nur
der einzige Fam. V, 7, aus den drei an Caesar nur VII, 6 f. aufgenommen
wäre. Wohl aber scheint die Eigenthümlichkeit von B. XIII und XV eine
vermittelnde Ansicht zu erfordern wie sie oben aufgestellt worden ist.
Auch wäre die Aeusserung über Atticus, Fam. XVI, 23, 2, schwerlich bei
Lebzeiten des Atticus (welcher 722 starb) verMFentHcht worden.
4. War der Herausgeber 'Hro oder Atticus? Für Atticus entscheiden
sich Tunstall, £p. ad Middleton. p. 16, Drumann VI. S. 409 und Nake
p. 32 — 34, der aber gegen Tiro nichts anzuführen weiss als die mangelhafte
Ordnung der Sammlung, welche sich aus der Schwierigkeit der Aufgabe
(und der oben angenommenen doppelten VerOffentliehong) hinreichend er-
klärt. Für Tiro spricht die Gewissbeii dass er eine Sammlung veranstalten
wollte, die Thatsache dass Buch XVI auch ganz unbedeutende Briefe an
ihn enthält, auch solche die nicht von M. Cicero herrühren und solche
die nar über Tiro handeln, nicht an ihn gerichtet sind (16); ferner der
Umstand dass diese Sammlung keinen Brief von Tiro enthält, wie die un-
zweifelhaft von Atticus herrührende keinen von Atticus. Vgl. F. Hofmann,
ausgew. Briefe Cicero^s I. S. 6 — 11. Ebenso ist auf gleichzeitige Entstehung
der beiden Sammlungen ad Fam. und ad Att. daraus zu scMiessen dass
grundsätzlich (die beiden Ausnahmen Fam. VIII, 16 »» Att X, 9 A; Fam.
IXf 14 3s Att. XIV, 17 A bestätigen nur die Begel) sie sich zu einander
ausschliessend verhalten.
&. Aosgaben z. B. von P. Mamitius (Aid. 1676. Ven. 1579. 1689 fol.;
dessen Commentar herausgegeben aoch von C. G. Richter, Leipz. 1779.
2 Bände), J. G. Graevins (Amsterdam 1677. 1693. und sonst, 2 Bde.)» J. A.
Bengel (Stuttg. 1719), Cellarius und Corte (Leipz. 1771 und sonst), T. F.
Benedict (Leipz. 1790—1796. 2 Bde.), J. 0. F. Weteel (Liegnitz 1794), J. A.
Hartyni-Lagnna (Vol. I. Lip5. 1794. 4. Anfang des Commentars in Jabn's
181. Cicero's erhaltene Briefe. 319
Archiy 1833. IL S. 249 ff. 365 ff. und mit Petri Victorii curae terüae in
Epp. ad Farn. II. herausgegeben von Orelli, Zürich 1840. 4). C. £. G.
Schneider, de cod. Med. epp. Cic ad Farn, auctoritate, Breslau 1832. 4.
und ludicinm de Cic. ep. ad Farn. V» 12 (Breslau 1837. 4.). Kle^jn^ Obss.
critt. in Cic. epp. ad Fam., Lugd. Bai. 1860.
6, Die nicht von Cicero herrührenden Briefe (Clarormn virormn epist.
etc.) mit Comm. von B. Weiske (Lips. 1792). Die Familienbriefe (ad snos)
von F. Miesberg, Glogau 1839. Ep. ad L. Lucceinm (V, 12) ed. ill. C. H. Frot-
scher, Annaberg 1838. B. Jacobs, ad Cic. epp. ad Farn, librum XIII, Jahn's
Jahrb. 86, S. 782—734. J. Müller, Beiti^e snr Kritik nnd Erkl. der Br.
Cic. an P. Lentulas, Insbmck 1862. Oudendorpii scholia in selectaa epp.
ad Fam. ed. J. A. Liebmann (Lips. 1839). M. Caelii Bufi et M. Tallii
Ciceroaia epp. mntoae ed. W. H. D. Suringar, Lugd. Bat. 1845. B. Nake,
der Briefwechsel zw. Cic. und Caelins, Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 60—68,
und De M. Caeli Bufi epist. libro, in der Symb. philoL Bonn. p. 373—384.
B. Nake, de Planci et Cic. epistulis, Berlin 1866. 4.
2) Ad Atticnm^ gleichfalls 16 Bücher^ mit dem J. 686
d. St. beginnend und einige Monate vor Cicero's Tod aufhörend^
zum Theil mit dem Werthe von SelbstgespräGhen und oft in
einer nur dem Empfanger verständlichen andeutenden Aus-
drucksweiae. Auch hier lässt die Ordnung viel zu wünschen
übrig. Die Veröffentlichung (ohne die entsprechenden Briefe
des Atticus) erfolgte ohne Zweifel erst nach dem Tode des
Adressaten^ aber auf seine Veranlassung.
1. Cic. ad Att. YIII, 14, 2: e^ tecum tamquam mecum loquor.
•2. Den Anfang hestimmt Corn. Nep. Att. 16, 3 ungenau: XVI (die
Hdss. XI) yolumina epistolarum ab consulatu eius (des Cic.) usque ad ex-
tremum tempus ad Atticum missarum. Charakteristik der Correspondene
ib. 16, 4. Die Briefe aus den letzten Monaten Cicero's sind vielleicht aus
Rücksichten auf Octavian unterdrückt (vgl. Ifake, bist. crit. p. 17, n. 30).
Ans der gleichen ängstlichen Vorsicht sind die Briefe des Atticus wegge-
lassen, obwohl sie zum YerstAndnisse der ciceronischen oft unentbehrlich
sind nnd Cicero sie sorgfältig aufbewahrt hatte (ad Att. IX, 10, 4 ff.). Aus
derselben Eigenschaft des Atticus erklart sich die Zurückhaltung der
Sammlung bis nach dem Tode des Empfängers (J. 722), was ans Com.
Nep. 1. 1. erhellt, üebrigens sind Theile der Sammlung verloren gegangen;
E. B. Sen. de brev. vit. 5 citiert aus quadam ad Att. epistola eine Stelle
die sich im heutigen Texte nicht findet.
3. Ausgaben vop P. Manutius (Venet. 1547 und oft), P. Victorius (Flo-
renz 1671), J. G. Graevius (Amsterd. 1684. 1693. 1727. 2 Bde.), J. C. G.
Boot (rec. et adn. ill., Amsterdam 1865 f. 2 Bde.).
4. Dass die beiden angeblichen Handschriften des Sim. Bosius von
Cicero's Briefen an Atticus (Cmsellinns und Decurtatos) nicht existiert
haben und seine Angaben über ihre Lesarten erdichtet sind, wie auch seine
320 Ciceroniache Zeit Ente Hälfte, J. 671—691.
Angaben über den TameBianus, soweit sie nicht durch Lambin bestätigt
werden, Misstranen verdienen, hat M. Haupt nachgewiesen vor dem Ber-
liner Sommerkatalog 1865. Vgl. D. Detlefsen, in Fleckeisens Jahr b. förclass.
Philol. Suppl. III, 1. 8. 111—131. (Leipzig 1867). Fr. Hofmann, der kri-
tische Apparat zu Cicero's Briefen an Atticus geprfifb, Berlin 1863. Auch
vgl. oben 180, 5.
3) Ad Quintum fratrem, 3 Bücher, aus den J. 694 — 700.
Ohne Zweifel ist nie mehr herausgegeben worden.
1. Ueber Blattversetzungen in dieser Sammlung (und theil weise in der
ad Att.) s. Th. Mommsen in der Zeitschr. f. Alt.-Wi8s. 1844. Nr. 76 ff. vgl.
1846. Nr. 98 f. Orelli p. LXVÜI seiner zweiten Ausgabe.
2. Herausgegeben von J. Hoffa (Heidelb. 1843), und mit ad Brut, von
P. Manutius (Frankfurt 1680 und sonst), Valerius Palerm. (Hagae Com. 1726).
3. £p. I, 1 vom J. 694, mit der Ausdehnung und Feile einer Ab-
handlung (Aber Provinzialverwaltnng), eine Art von Gregengeschenk Mr des
Bruders Sendschreiben de petitione, besonders herausgegeben von J. Faccio-
lati, Padua 1738.
4) Bnefwechsel zwischen M. Brutus und Cicero, zwei Bü-
cher, deren einzelne Stücke in grosser Unordnung stehen.
1. Die Briefe des zweiten Buchs beziehen sich auf die Zeit vor der
Schlacht bei Mutina, die des ersten auf die nach derselben. Im ersten
Buche steht das Trostschreiben über den Tod der Porcia (I, 9) vor der
Nachricht von ihrem Kranksein (I, 17, 7). 1, 11 wird von Antistius Vetus
nach Rom gebracht, welcher I, 9, 3 schon dort ist, u. dgl.
2. Das zweite Buch verdankt seine Nachstellung dem Umstände dasa
es erst nach dem ersten (in Deutschland) aufgefunden (und von Cratan-
der erstmals herausgegeben) wurde; eine Handschrift desselben ist nicht
bekannt.
3. Plut. Brut. 63: to iniaroliov {Bifovtov), stnsQ ä(fa tmv yvrfiCmv
iati. Die Unechtheit beider Bücher hat zuerst Tunstall behauptet (Cam-
bridge 1741, und Observations on the present collection etc., Lond. 1744),
dann besonders Markland (Bemarks on the epistles etc., Lond. 1746), auch
F. S. Huldrich (de fide et auctoritate epp. Cic. et Bruti, Zürich 1797. 4.),
wogegen ihre Echtheit an Middleton (Lond. 1743) und neuerdings an K. Fr.
Hermann warme Vertheidiger fand; vgL des Letzteren Vindioiae latinitatis
epp. Cic. ad Br., Gotting. 1844. 4.; Göttinger gel. Anzeig. 1844. St. 196 f.
1846. St. 96 f. S. 961—981; Zur Rechtfertigung der Echtheit des Briefw.
u. 8. w., Göttingen 1846 (Abhandl. der Gott. Ges. d. Wiss. II. S. 189 ff.
III. S. 143 ff.) ; Vindiciamm Brutianarum epimetrum, GK^tti. 1846. 4. Gegen
ihn vgl. A. W. Zumpt, de Cic. et Bruti mutuis epf^ quae vulgo feruntur,
Berlin 1846. 4. Berl. Jahrb. 1846. H. Nr. 91—94. Orelli (adn. zu p. 766
u. 776) meint, B. I sei' aus der Zeit des Augustus, B. .II aus dem 16ten
Jahrh. Aehnlich Niebuhr, Vorles. über röm. Gesch. von Schmitz H. S. 106 f.;
Fr. Hofmann, a. a. 0. S. 3 f. glaubt, beim ersten Buche sei die Echt-
181 f. Cicero's Briefe und philosophische Schriften. 321
heit möglich, beim zweiten unwahi-scheinlich. Nipperdey (Abhandl. der
Sachs. Ges. d. Wisa. 1866, S. 71, A. 15) behauptet die Unechtheit nur der
beiden Schmähbriefe gegen Octavian, Ep. I, 16 u. 17. In der That ist das
was man gegen die Sammlung geltend gemacht hat von wenig Erheblich*
keit, besonders die Widersprüche von Cicero's vertraulichen Urteilen über
Personen mit seinen öffentlichen, oder mit Aeusserungen zu anderer Zeit.
Der schlichte Charakter dieser Briefe, ohne rhetorische Gebläh theit, sieht
nicht nach Fälschung aus, stimmt vielmehr ganz zu Brutus' attischer
Richtung. Vgl. unten 209, 1. Dass sie eine Auswahl aus der grösseren
Sammlung sind macht das Citat bei Non. Marc. p. 286 (Ep. ad Brut. IX
== ad Brut. I, 1) wahrscheinlich.
5) Sicher ist die Unechtheit des Briefes ad Octavianum,
welcher im Mediceus zwischen den Briefen ad Quintum fratrem
und denen ad Atticum in der Mitte steht.
Anderes ist so augenscheinlich spätes Machwerk dass es mit Recht aus
den Q^uef^n Ausgaben der Briefe weggeblieben ist. Vgl. auch R. Uercher,
Philologus IX. S. 592.
182. Die philosophischen Studien betrieb Cicero ur-i7L>
sprünglich als Mittel zu seiner rednerischen Ausbildung, und
erst in seinen letzten Jahren, als er in seiner staatsmännischen
und rednerischen Thätigkeit sich gehemmt sah, schrieb er, um
sich zu beschäftigen und zu vergessen, in kurzer Zeit eine
Menge von Büchern philosophischen Inhalts. Er gibt darin
seine griechischen Quellen in freier, unmethodischer Weise wie-
der, aber unter zahlreichen Missverständnissen, wie er z. B.
häufig die Akademiker und die Peripatetiker verwechselt. Seine
Quellenstudien erstrecken sich vorzugsweise auf neuere grie- \
chische Philosophen; von Piaton aber und vollends Aristoteles j
hat er nur ungenügende Kenntniss. Die schwierigen Probleme /
liess er bei Seite, und präcise scharfe Definitionen sind ihm j
fast antipathisch. Zu den verschiedenen Systemen verhielt er |
sich eklektisch. Am meisten sprach ihn das Probabilitätssystem .'
der neueren Akademiker an wegen seiner Brauchbarkeit für den i
Advokaten, so wie auf dem Gebiete der Ethik der stoische Idea- ^
lismus, dessen Schroffheiten Cicero aber wegliess, wogegen er
von der laxen Moral und dem trägen Indifierentismue der Epi-
kureer sich abgestossen fühlte. Erheblicher als der materielle
Werth dieser Schriften ist der formale Nutzen welchen Cicero
gestiftet hat, indem er zuerst unter den Römern philosophische
Gegenstände in der Muttersprache auf fassliclie und geHcluiiack-
volle Weise behandelte und so den Römern Schöpfer einer philo-
TfcL'FPcx, Rom. Literaturgeschichte. ?. Aufl. 21
322
Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
sophischen Sprache wurde. Die Form seiner philosophischen
Schriften ist meist die dialogische^ aber etwas eintönig und ohne
rechten Ernst durchgeführt: ' es sind Excerpte denen die Grestalt
von Dialogen gegeben ist.
1. Paradox, prooem. 2: nos ea philoaophia plus utimur quae peperit
dicendi copiam et in qua dicuntur ea quae non multmn discrepent ab
opinione populari. Vgl. Brut. 43, 161. 91, 315. 93, 322. Tusc. IV, 4 in. V,
29, 82. D. N. I, 3—6.
2. ad Att. XII, 52 eztr.: dices, qni talia conscribis? 'AnoyQaipa sunt,
minore labore fiunt; verba tantum affero, quibus abundo; vgl. Farn. XÜI,
63 in. Die Zuthat seines eigenen Urteiles und Geschmackes hebt er her-
vor in der Öffentlichen Aensserung de finn. I, 2, 6. 3, 7. off. I, 2, 6.
3. Missverständniss über das Wesen der platonischen Ideen im Qrat.
/ 2, 7—10. In Bezug auf Aristoteles' nikomachische Ethik heisst es de fin.
V, 5, 12: quare teneamus Aristotelem et eins filium Nicomachum, cuius
accurate scripti de moribns libri dicuntur illi quidem esse AristcJtelii^ sed
non video cur non potuerit patris similis esse filius, eine Aensserung welche
\^ es zweifelhaft macht ob Cicero je dieses Werk selber gesehen hat, s. Mad-
vig's Excurg. ad 1. Anderes s. Brut. 31, 120. 40, 149. de fin. V, 3. 5 extr.
8, 21 (antiquis, quos eosdem Academicos et Peripateticos nomlütamus).
23 extr. und oft.
4. Literatur, ausser anderem Aelterem: Brucker, bist. crit. phil. T. II.
p. 33 ff. J. G. Zierlein, de philosophia Cic, Halle 1779. 4. Meiners, Venu.
Schriften I. p. 274 ff. H. G. F. Hulsemann , de indole philosophica Cic,
Lüneb. 1799. 4. Ciceronis bist, philosophiae antiquae etc., coUegit Fr. Ge-
dicke, Berl. 1815. Herbart, über die Philosophie des Cic, in dessen kl.
philos. Schrr. (Leipz. 1842) I, 11. R. Kühner, Cic in philosophiam merita,
Hamb. 1825. Gniard, de Cic. phüosophi in cives suos meritis, Landsberg
1832. 4. Bitter und Preller, bist, philosophiae graeco-romanae (Hamburg
1838) p, 416—433. Krische, Forschungen auf d. Gebiete d. alten Philo-
sophie, Götting. 1840. J. A. C. van Heusde^ Cic. q^Xonlazonv, Utrecht 1836.
H. Ritter, Gesch. d. Philosophie IV. S. 103 ff. Drumann VI. S. 650—677.
E. Zeller, Philosophie der Griechen III, 1. S. 674 — 693. Baumhauer, de
Aristotelia vi in Cic. scriptis, Utrecht 1841. Ritter, über Cicero's Bekannt-
schaft mit aristotel. Philosophie, Zerbst 1846. 4. Leglaj, Cic. philosophiae
historicus, 1846. Eleemann, Cicero's Leistungen in der Philosophie und
seine Verdienste um dieselbe, 1851. C. Creme, quid Graecis Cicero in
philosophia, quid sibi debuerit, Düsseldorf 1855. 4. Burmeister, Cicero als
Neuakademiker, Oldenburg 1860. W. Thomas, de Aristotelis l^tox^qixoig
Xoyoiq deque Ciceronis Aristotelio more, Göttingen 1860. Bernhardt, de
Cic graecae philosophiae interprete, Berlin 1865. 4.
6. Die. Gesammtausgaben der philosophischen Schriften Cicero^s von
J. Davis (Cambridge 1736 ff. 6 Bände; ed. Rath, Halle 1804—1820) und
J. A. Görenz (Leipz. 1809 — 1813. 3 Bände) sind unvollendet geblieben.
In Orelli's Cic. bilden sie Vol. IV. Die Bruchstücke der verlorenen philo-
sophischen Schriften am besten bei Baiter-Kayser XI. p. 50 — 83.
182 f. Cicero's philosophische Schriften. 323
6. L. Vancher, in Cic. libros philosophicos curae criticae. I. Lausanne
1864. M.' Haupt, Emendationes Oiceronianae , Berlin 1867. 4. J. Jeep, de
löcis nonnullis philosoph. Cic. librorum emendandis, Wolfenbüttel 1868. 4.
183. Eine Aufzählung seiner philosophischen Schriften gibt 173
Cicero selbst, de divin. II, 1. Nach der Zeit ihrer Abfassung
sind es folgende:
1) De republica, den üebergang bildend aus Cicero's
praktischer Wirksamkeit, verfasst im J. 700 S, und vor seiner
Abreise nach Eilikien (J. 703) herausgegeben, in sechs Büchern,
von denen aber kaum ein Drittel auf uns gekommen ist.
1. Cic. de div. 11, 1, 3: his libris adnumerandi sunt sex de rep., quos
tum Bcripsimus cum gubemacula reip. tenebamus. Vgl. ad Farn. Vni, 1
extr. Att. V, 12, 2. VI, 1, 8. de legg. III, 2, 4. Tusc. IV, 1, 1.
2. Die Entstehungsgeschichte des Werkes können wir aus Cicero's
Briefen verfolgen. Den ursprünglichen Plan, nur Verstorbene redend ein-
zufahren, änderte Cic. auf das Zureden des Cn. Sallustius dahin ab dass
er darin selbst mit seinem Bruder das Wort- führte, kehrte aber bald wieder
zu der ursprünglichen Anlage zurück, verlegte die Scene ins-J. 625 d. St.
und machte zu Sprechern den jüngeren Africanus, Laelius u. A. Vgl. ad
Qu. fr. III, 5 und 6, 1 f. Bicharz, de politicorum Cic. librr. tempore natali,
Würzb. 1829. 4. Die Form ist ein Versuch die platonischen Dialoge nach-
zuahmen. Vgl. Drumann VI. S. 83— -87.
3. Cicero hat für das Werk besonders Piaton und Aristoteles, aber
auch Polybins, Theophrast u. A. benutzt und seine eigenen politischen Er-
fahrungen darin niedergelegt. M. S. Gratama, de Cic. de rep. et de legg.
libris diss. iuridica, Groningen 1827. J. v. Persiijn, de politica Cic. doctrina
in libris de rep., Amsterd. 1827. E. S. Zachariä, staatswiss. Betrachtungen
über Cicero's Bücher vom Staat, Heidelberg 1823.
4. Ein Theil des sechsten Buchs, der Traum des Scipio, ist durch Ma-
crobius' Commentariorum in Somnium Scipionis libri. duo aufbehalten.
Gemhard, de Cic. Somn. Scip., Weimar 1834 f. und in dessen Opuscc. latt.
p. 373 ff. Eine alte griechische üebersetzung davon (von Planudes) s. bei
C. P. Hess, Cic. Cato etc. ex gr. interpr., Halle 1832. p. 70 ff. , auch heraus-
gegeben von Brüggemann, Conitz 1840. 4. Für den Schulgebrauch erklärt
von C. Meissner, Berlin 1869.
5. Das Meiste hat A. Mai in einem vaticanischen Palimpsest entdeckt
und herausgegeben (Rom 1822. 4. und Stuttg. 1822. 8.; auch in Class.
auct., Rom 1828. I. p. 1^386. und abermals Rom 1846), nach ihm C. G.
Schütz (Leipz. 1823), F. Steinacker (Leipz. 1823), C. F. Heinrich (Bonn
1823), G. H. Moser (Frankf. 1826), C. Zell (Stuttg. 1827), F. Osann (Götti.
1847). G. N. du Bieu, Schedae Vaticanae, in quibus retractatur palim-
psestus Tullianus de rep. (Lugd. Bat. 1860) p. 1 — 126 und dazu Giraud,
S^ances de Tacad. des sc. mor. et pol. 1861, Februar und März (Philolo-
gus XVIII. S. 669 f.). In Orelli's zweiter Ausgabe IV. p. 759—853. 925 f.
21*
324 Ciceroniscbe Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
6. Uebersetzt von G. H. Moser (in der Metzler'schen Sammlung, Rom.
Pros. 22 f.). Villemain, la R^p. de Cic. traduite . . avec un discours pr^-
liminaire etc. Paris 1858.
2) De legibus, angefangen wohl im J. 702 f., unmittelbar
nach der Beendigung des vorigen Werkes, um seiner Politeia
nun auch Nomoi von sich an die Seite zu geben, wieder auf-
genommen J. 708, aber nicht zu Ende geführt und auch von
Cicero selbst nicht mehr herausgegeben; wenigstens erwähnt er
des Werkes weder in seinen Briefen noch sonst jemals. Es be-
stand wohl ursprünglich aus sechs Büchern, auf uns gekommen
sind aber nur drei, nebst einigen Bruchstücken des Weiteren.
Auch das Erhaltene hat Lücken; und hätte Cicero das Werk
selbst herausgegeben, so würde er ohne Zweifel aus seinem Vor-
rathe von Vorreden eine hinzugefügt haben, während jetzt das-
selbe sogleich dialogisch beginnt. Das erste Buch, eine Art
Naturrecht enthaltend, ist mit Sorgfalt ausgearbeitet, leidet aber
an Oberflächlichkeit und Unklarheit der Begriffe; im Späteren
dagegen ist Vieles nur Entwurf und Skizze. Als Quelle scheint
neben Piaton besonders Chrysij^pos gedient zu haben; auch in
der dialogischen Form wurde wieder Piaton nachzuahmen ver-
sucht; doch nimmt Cicero fortwährend auf Sie concreten Ver-
liäitnisse Roms ganz besondere Rücksicht. Das zweite Buch
handelt vom Entwerfen der Gesetze und dem ius sacrum und
])ildet vielfach mit Glück die Sprache der alten Gesetze nach;
das dritte de magistratibus; das vierte sollt« handeln de pote-
statum iure, das fünfte vielleicht de iure publico, und das sechste
de iure civili.
1. Auf das J. 702 (als Zeit des Anfangene) führen auch die Zeitau-
spielungen (z. B. Augurat des Cic, s. II, 13, 32; Tod des Clodius, ib. 17,
42), wiewohl nicht mit Yoller Sicherheit, da sie auch blos der Einkleidung
angehören können. Damals aber wurde das Werk nicht vollendet (Unter-
brechung durch die kilikische Verwaltung und dann die Bürgerkriege);
vgl. Brut. 5, 19: ut illos de rep. libros edidisti nihil a te sane accepimns,
und TuBC. IV, 1, 1 wird wohl die Schrift de rep. erwähnt, nicht aber de
legibus. Wiederauftiahme 708, s. Farn. IX, 2, &: modo nobis stet . . et
scribere et legere noXitsiag et, si minus in curia atque in foro, at in litterls
et libris . . navare remp. et de moribus ac legibus quaerere. Aber auch
jetzt blieb das Werk liegen, vielleicht in Folge des zunehmenden Interesses
lör systematische Philosophie oder überhaupt wegen anderer literarischer
l'Iane und Arbeiten. Fehlen einer Vorrede gegen den Grundsatz in sin-
gulis libriß utor prooemüs, ad Att. IV, 6, 2, vgl, XVI, 6. — Für die ur-
tpriingliche Erstreckung aui sechs Bücher spricht theils die Analogie der
183. Cicero*8 philosophische Schriften. 325
Schrift de rep. theils das Citat bei Macrob. Sat. VI, 4, 8: Cicero in quinto
de legibus.
2. üeber die Abfassungszeit s. ausser den Prolegg. der verschiedenen
Ausgaben C. Peter in seiner Ausgabe des Brutus (1839) p. 264—270. Horr-
mann, de tempore quo Cic. libros de legg. scripsisse videatur, Detmold
1845. 4. Im Allgemeinen Th. Kelch, comm. de legg. Cic., Elbing 1826. 4.
C. F. Feldhiigel, über Cicero's Bücher de legg., Zeitz 1841. 4. Drumann VI.
S. 104— 107. Kritische Beiträge von A. W. F. Krause (Deutsch -Krone
1842. 4. und in Jahns Archiv XV. p. 234—239), C. Halm (Jahn's Jahrb. 79,
S. 759—778), J. Vahlen (Zeitschr. für Ostreich. Gymn. 1860, S. 1— 32. 1861.
S. 19—24), Reifferscheid (Rhein. Mus. XVII. S. 269—296), A. Baumstark.
(Philologus XIX. S. 633—649).
3. Ausgaben von J. Davis (Cambridge 1727. 1745, wiederherausgegeben
von R. G. Rath, Halle 1818. T. V.), J. F. Wagner (Göttingen 1804),
J. A. Görenz (Leipz. 1803), G. H. Moser und Fr. Creuzer (Frankf. 1824),
J. Bake (Lugd. Bat. 1842), C.'F. Feldhügel (Zeiz 1852 f. 2 Voll.), 'in
Orelli's zweiter Ausg. IV. p. 855 — 924. Ex recognitione lo. Vahlen,
Berlin 1871.
4. Uebersetzt von Hülsemann (Leipz. 1802), C. A. F. Seeger (in der
Metaler'schen Sammlung, Rom. Pros. 29) und A. W. Zumpt (in der Klotz-
sehen Uebers. der philos. Schriften, Thl. II).
3) Paradoxa, verfasst im April des J. 708, unmittelbar
nach dem Brutus, ehe noch die Kunde vom Tode des M. Cato
nach Rom gelangt war, und vor dem Orator. Wegen seines
geringen Umfanges ist das Schriftchen de divin. II, 1 nicht eigens
aufgeführt. Der Inhalt ist eine mehr rhetorische als eigentlich
philosophische Darstellung von sechs auffallenden Sätzen der
stoischen Lehre.
1. Aus der obigen Datierung erklären sich die Berichtigungen welche
für Parad. 2. in de fin. IV, 19, 52 und für Parad. 3. in de fin. III, 10 f.
liegen.
2. Morgenstern, Prolegg. in Cic. P., Dorpat 1819 fol. und in Seebode's
Mise, critt. I, 1. p. 386 ff. Bardili in Hauffs Philologie II, 2. S. 1 ff. Dru-
mann VI. S. 288—290. 0. Heine, kritische Bemerkungen zu Cic. Parad.,
Philologus X. S. 116 — 125. Detlefsen, über eine Cicerohandschrift der k. k.
Hofbibliothek, Sitzungsber. der Wiener Akad. 1855. XXI. S. 110—129.
3. Ausgaben von A. G. Oernhard (mit Cato, Leipz. 1819), J. Borgers
(Lugd. Bat. 1826. 4.), Orelli (mit Tusc, Zürich 1829), G. H. Moser (Göttin-
gen 1846); bei Orelli IV. p. 743 — 758 ed. II.
4. Uebersetzt von F. Baur (Stuttgart, Metzler 1854, Class. d. Alt), R.
Kühner (Stuttgart, Hoffmann 1864). Griechische Uebersetzung von Dionysius
Petavius (Paris 1653. und bei Hess, Cic. Cato etc., so wie Cic. Parad. graece
versa etc. ab J. Morisoto, ed. Wensch, Halle 1841).
4) Wie Cicero mit den Paradoxen den Standpunkt des Red-
326 Ciceronische Zeit. Ente Hälfte, J. 671—691.
nen noch nicht yerhusHsen hatte, so war seine Consolatio,
falls man die Schrift zn den philosophischen rechnen will, rein
aus personlichem Bedürfhiss und angenblicklichen Verhältnissen,
dem Tode seiner Tochter, hervorgegangen. Sie wurde yerfasst
im J. 709, unter Benützung von Erantor's Schrift xsqI xdv^ovg
und andern griechischen Werken.
1. Vgl. ad Att XII, 14, ^. 21 extr. Tusc. I, 26 extr. m, 31, 76. IV,
29, 63. divin. II, 1, 3. 9, 22. Plin. N. H. praef. u. A.
2. Die erhaltenen Bmcbstücke der Schrift am besten bei Baiter-
Kayser XL p. 71 — 76. Vgl. Halm, Beiträge zn den ciceronischen Fragm.
H. 32—36. Fr. Schneider, de Congolatione Cic, Breslau 1836. Dmmann VI.
S. 319— 321. B. A. Schultz, de Cic. Consolatione , Greifswald 1860. 102 pp.
3. Eine Fälschung ist M. Tnllii Cic. Consolatio. Liber nunc primum
re^vertus et in lucem editus. Colon. 1683. - 120 pp. 8.
5) Erst in seinem Hortensius gab Cicero eine Vorrede
zu den beabsichtigten eigentlichen philosophischen Schriften,
um diese Art von Thätigkeit vor sich und Andern zu recht-
fertigen und womöglich dabei Nachfolger zu finden. Indessen
int der Hortensius bis auf eine Anzahl Bruchstücke verloreu
gegangen.
1. Cic. de div. II, 1, 1: cohortati sumns ut maxime potuimus ad phi-
loHOphiae Studium eo libro qui est inscriptus Hortensius. Vgl. Augustin.
conf. III, 4, 7 f. VIII, 7, 17 (lecto Ciceronis Hortensie oxcitatus eram studio
bapientiae etc.).
2. Der Hortensius war noch im 11. Jahrhundert auf der Insel BiCi-
(lienau vorhanden, und noch im zwölften in einem Kloster des westlichen
Frankreich (in Abbatia Bevensi). Vgl. Rhein. Mus. 1. S. 128 — 130. Die
Ucberroste am besten bei Baiter-Kayser XL p. 55—67. Vgl. Crecelius, in
Jahn's Jahrb. 75, S. 79 f. und Halm, Beiträge u. s. w. S. 35—39. Fr. Schnei-
der, Tremesno 1841. 4. Drumann VI. S. 322.
H) De finibus bonorum et malorum, fünf Bücher, ver-
tasst in der ersten Hälfte des J. 709, unmittelbar vor den Aca-
(lemica, und dem Brutus gewidmet, eine Zusammenstellung der
Lehren der griechischen Schulen über das höchste Gut und
U(»bel, also über eine Hauptfrage der praktischen Philosophie,
wie die Academica die Hauptlehre der theoretischen Philosophie
heliandelu, die Erkenntnisslehre. Eingekleidet ist das Werk in
drei Gespräche, in welchen Cicero nach der Weise des Aristo-
tt»les sich selbst die Hauptrolle zugetheilt hat, im Uebrigen aber
nur Gestorbene auftreten lässt, nämlich im ersten Gespräche
(B. I. und n.), welches ins J. 704 gesetzt wird, den L. Manlius
183. Cicero's philosophische Schrifbea. 327
Torquatus und C. Valerius Triarius, von denen der Erstere die
epikureische Lehre vorträgt (B. I.), die dann Cicero (B. IL) zu
widerlegen sucht; im zweiten (B. III. IV.), ins J. 702 gesetzt,
den jüngeren Cato, welcher die stoische Lehre darlegt (B. IIL),
worauf Cicero (B. IV.) zeigt dass diese von der des Antiochus
aus Askalon nicht wesentlich abweiche; im dritten (B. V.), das
sich als im J. 675 gehalten gibt, M. Pupius Piso, der die Lehre
der Akademiker und Peripatetiker darstellt, L. Tullius Cicero
u. A. Cicero's Quellen hiebei sind nicht die primären (nament-
lich nicht Aristoteles und Epikur), sondern jüngere Vertreter
der betreffenden Schulen, wie Phaedrus, Chrysippus, Antiochus,
Kameades, und der Beurteilung fehlt es an festen Gesichts-
punkten; doch ist dieses Werk durch Sorgfalt der Darstellung
vielleicht das vorzüglichste unter den eigentlich philosophischen
Schriften des Cicero.
1. Cic. de div. II, 1, 2: com fnndamentum esset philosophiae in finibus
bonorum et malorum, perpurgatus est is locus a nobis quinque libris, ut
quid a quoque et quid contra quemque philosophum diceretur intellegi
pOBset. ad Att. XIII, 12, 3: ntf^l rslmv övvxaiig. Vgl. ib. 19, 3 f. 21, 4.
XII, 6, 2. de legg. I, 20. Drumann VI. S. 323 f.
2. Im Allgemeinen vgl. die Prolegg. von Görenz und Madvig u. A.
Göring, primi Cic. de finn. libri descriptio etc., Lübeck 1831. 4. Schneider,
Cod. Glogav. in C. d. f. discrep. lectio, Breslau 1841. 4. G. F. Schömann,
ad Cic. de fin. libri V., in s. Opusc. p. 390 — 401. Andere kritische Beiträge
von G. F. Unger (Philologus XX. S. 872 — 377. XXL S. 481 — 496), F. P.
Waldenström (Annotationes, Upsala 1863. 4.), F. F. Waldenström (Annota-
tiones, üpsala 1863), L. Vaucher (s. 182, 6), D. Böckel (Progr. der Thur-
gauer Eantonsschule 1863. 4.), 0. Heine, Fleckeisen's Jahrbb. 93, S. 2^6 —
263), Iw. MfiUer (I. Erlangen 1869. IL 1870. 4.).
3. Ausgaben von Davis (Cambridge 1728. 1741. Oxford 1809. in Rath's
Ausg. T. L), Bremi (Zürich 1798. L), Görenz (Leipz. 1813), Orelli (mit
Acadd., Zürich 1827), Fr. Otto (Leipz. 1831), J. N. Madvig (Kopenh. 1839;
ed. altera emendata, Kopenh. 1869. LXIX u. 868 pp.), H. Alanus (Dublin
1866); bei Orelli IV. p. 76—206 ed. H.
4. Uebersetzt von C. V. Hauff (Tüb. 1822), G. C. Kern (in der Metzler-
sehen Samml., röm. Pros. 118 f.; neu bearbeitet von F. Baur, Class. d. Alt. 1864).
7) Academica, verfasst im J. 709, zuerst in zwei Büchern,
welche nach (Q. Lutatius) Catulus und (L. Licinius) LucuUus
benannt waren, neben welchen in der ersten Fassung noch
Hortensius und Cicero am Gespräche Theil nahmen; bald aber
setzte Cicero an deren Stelle den Cato und M. Brutus; als
darauf Atticus schrieb, Yarro nehme es übel dass Cicero ihm
328 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
noch nie eine Schrift gewidmet habe, so wurde das ganze Werk
noch einmal völlig umgearbeitet, in vier Bücher abgetheilt und
dem Varro gewidmet. In dieser zweiten Bearbeitung liess Cicero
den Värro die Ansichten des Antiochus vortragen und führte
selbst die des Philon aus. Von der ersten Bearbeitung, welche
Atticus schon hatte abschreiben lassen als Cicero sich zu ihrer
Umschmelzung entschloss, ist das zweite Buch (LucuUus) erhal-
ten, von der zweiten (Academica posteriora) der erste Theil des
ersten Buches und einzelne Bruchstücke. Der LucuUus enthält
(He (Erkenntniss-) Lehre des Antiochus und Philon, während der
Catulus die des Karneades nebst einer allgemeinen Darstellung
der alten und neuen Akademie umfasst haben mag. Der An-
fang der zweiten Bearbeitung gibt allgemeine Erörterungen und
eine Uebersicht über die Geschichte der Philosophie von Sokrat^s
bis Arkesilas, dem Vorgänger von Karneades und Philon. Cicero
widmete der akademischen Lehre desswegen eine besondere Dar-
stolhmg weil er durch dieses System überhaupt sich am meisten
angezogen fühlte, und für unsere Kenntniss desselben bildet
seine Schrift, bei dem Mangel anderer, eine Hauptquelle.
1. lieber das Verhältniss der beiden Bearbeitungen e. besonders ad
Att. XIII, 13, 1: ex duobus libris contuli in quattiior. grandiores sunt
omnino quam erant illi, sed tarnen multa detracta. . . multo haec erunt
spleudidiora, breviora, meliora. 16, 1: illam dytaSrifiaCtiriv avvta^iv totam
ad Varronem traduxiinus. primo fuit Oatuli, Luculli, Hortensii. deinde . .
eosdem illos aermones ad Catonem Brutumquc transtuli. ecce tuae litterac
de Varrone. nemini visa est aptior 'AvTtrOXitcc ratio. Vgl. ib. 12, 3. 18. 19,
3. 5. 21, 4. 32, 3. ad Farn. IX, 8. de off. II, 2, 8. Quintil. III, 6, 64.
Oben 165, 2.
2. A. C. Rauitz, couim. de libr. Acad., Leipz. 1809. 4. und in Acta eem.
Lips. II, 1. p. 165 — 173. Brandis im Rhein. Mus. III. S. 543 ff. Görenz
vor seiner Ausg. Dnunann VI. S. 327 — 330. Krieche, über Cicero's Aka-
demika, Göttingen 1845. K. F. Hermann, Beiträge zur Kritik von Cic.
LucuUus, im Philologus VII. S. 466 — 476. C. J. H. Engstrand, de libris
Ciceronis academicis, Upsala 1860. 32 pp. 8.
3. Ausgaben von Davis (Cambridge 1725. 1736; bei Rath T. Hl.), Fr.
Hülsemann (Magdeburg 1806), Görenz (T. 11. 1810), Orelli (mit de finn.,
/iürich 1827); in Orelli's Gesammtausgabe Vol. IV. p. 1 — 55 (LucuUus) und
p. 56- 74 (Acad. post.), vgl. p. 854 ed. II. — Uebersetzt von G. H. Moser
(in der Metzler 'sehen Sammlung, Rom. Pros. 77. 80).
8) Tusculanae disputationes, so benannt nach Cicero's
Gut bei Tusculum, auf welchem die Gespräche als gehalten
dargestellt werden und auf dem sie geschrieben worden sind.
183. Ciccro*8 Philosoph Lsclie Schriften. 329
Angefangen wurden sie J. 709, beendigt und herausgegeben
J. 710, nach de finibus und vor de divinatione und de fato,
in fünf Büchern, und sind dem M. Brutus gewidmet. Ueber
ihren Inhalt sagt Cicero selbst, de divin. 11, 1, 2: libri Tuscu-
lanarum disputationum res ad beate vivendum maxime necessa-
rias aperuerunt. primus enim (liber) est de contemnenda morte,
secundus de tolerando dolore, de aegritudine lenienda tertius,
quartus de reliquis animi perturbationibus, quintus . . docet ad
beate vivendum virtutem se ipsa esse contentam. Seine Quel-
len dabei waren Piaton und die Stoiker, zum Theil auch die
Peripatetiker.
1. Cic. ad Att. XIII, 32, 2: Dicaearchi nsgl tpvx^g ütrosque velim
niittas et KaraßdöSios. TffinoXixinov iion invenio et epistolam eins quam
ad Aristoxenum misit. tres cos libros maxime nunc vellem; apti essent
ad id qiiod cogito (vgl. Tusc. 1, 11, 24). XV, 2, 4: quod prima disputatio
Tusculana te confirmat sane gandeo. 4, 3.
2.- Kühner 8 Prolegg. und Cic. in phil. mer. p. 111 ff. Drumann VI.
S. 347 f. Emendationcn von A. F. Wesenberg (Viborg 1830. 1841. 1843 f. 4.),
Bake (Schol. hypomn. IV.). 0. Heine, de Cic. Tusc. dispp., Halle 1854. 8.
Bogen, de locis aliquot e Cic. Tusc. etc., Neuss 1856. 4. 1861. 4. J, Schien-
ger, Coniecturae in etc., Philologus XII. p. 280 — 291. IL Muther und 0.
Heine zu Cic. Tusc, in Jahn's Jahrb. 85, S. 491 — 501. J. Jeep, de locis
quibusdara Tusc. disp. quaestiones criticae, Wolfenbüttel 1865. 4. H. Muther,
über die (rhetorische) Composition des ersten und fünften Buchs von Cic.
Tusc, Coburg 1862. 4. 0. Heine, de fontibus Tusc disp., Weimar 1863. 4.
G. Zietzschmann, de Tusc. disp. fontibus, Halle 1868. 70 pp.
3. Ausgaben von Davis (Cambridge 1709. 1723. 1730. 1738. Oxford
1806, bei Rath T. IL), F. A. Wolf (Leipz. 1792. 1807. 1826), R. Kühner
(Jena 1829. 1836. 1846. 1853), Orelli (mit den Paradoxa, Zürich 1829), R.
Klotz (Leipz. 1836. Nachträge und Berichtigungen, Leipzig 1843), G. H.
Moser (3 Bände, Hannover 1836 ff.), P. H. Tregder (Koiienh. 1841),, C.
Jöurdain (Paris 1842), C. F. Süpfle (Mannheim 1845), G. Tischer (Weid-
männische Sammlung 1850 fl".; Aufl. 5, besorgt von G. Sorof, 1868), G. A.
Koch (zwei Hefte, Hannover 1864. 185'Ü; Orelli-Baiter (IV. p. 207—368 ed.
II); M. Seytfert (emend., comment. criticos adi., Lips. 1864), 0. Heine (für
den Schulgebr. erkL, Leipzig, Teubner, 1864), S. G. Cavallin (Lund 1870).
4. Uebersetzt von F. H. Kern in der Metzler'schen Sammlung, röm.
Pros. 3—5; umgearbeitet von F. Baur, Stuttgart 1854 (Class. d. Alt.), R.
Kühner (Stuttg., Hoffmann, 1855); latein. und deutsch mit Anm. (Engel-
mann'sche Sammlung), Leipz. 1861.
0) Timaeiis, freie Bearbeitung des gleichnamigen plato-
nischen Dialogs mit selbstgemachter Einkleidung und nach den
Academica, also J. 709 oder 710, geschrieben.
330 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
1. Priflcian. XII. p. 1220 P. = p. 463, 19 f. Htz.: Cicero in Timaeo.
Die Ueberßchrift De universo hat keine Beglaubigung. Wahrachcinlich
sollte diese Uebersetzung einem grösseren Werke einverleibt werden worin
Nigidius Figulus den Pythagoreismus vertreten hätte (Hermann p. 8. 18 f.).
Das erhaltene grössere Bruchstück s. bei Orelli IV, 2. p. 495—613 = IV.
p. 995—1010 ed. H.
2. Dnunann VI. S. 353 f. E. F. Hermann, disp. de interpretationc
Timaei Plat dial. a Cic. relicta, Göttingen 1842. 4.
10) De deorum natura, drei Bücher, geschrieben J. 710,
nach den Tusculanen, nachdem sie schon J. 709 begonnen
worden waren. Sie sind gleichfalls dem M. Brutus zugeeignet.
Das Gespräch wird in die latinischen Ferien ungefähr des
J. 677 gesetzt, und 0. Vellejus vertritt dabei die epikureische,
Q. Lucilius Baibus die stoische, C. Aurelius Cotta die aka-
demische Schule. Hauptquelle für das erste Buch (epikureische
Ileligionsphilosophie) war die Schrift des Epikureers Phaedrus
nsQl d'E^v. Zur Kritik der Epikureer benützte Cicero die Schrift
des Stoikers Posidonius über diesen Gegenstand, und für das
zweite Buch (stoische Lehre) die Werke des Kleanthes, Chry-
sippos, Zenon, für das dritte die Akademiker Eameades und
Klitomachos, also lauter späte und zum Theil unreine Quellen.
Die Darstellung ist daher manchfach unklar, und die Kritik ver-
fehlt oft die Hauptsache.
*
1. Cic. de div. II, 1, 3: quibuß (Tuac.) editis trcs libri perfecti sunt de
natura deorum. ad Att. KIII, 39, 2: libros mihi . . mittas, et maxime
^uISqov mql d'BÄv et TlaXldSog. Drumann VI. S. 349 f.
2. P. van Weselen- Schölten, de philosophiae Cic. loco qui est de divina
nat., Amsterd. 1783. 4. (Franke,) über den philosophischen Charakter von
Cicero's Büchern von d. N. d. G., Altona und Leipzig 1799. Eindervater,
philosophische Abhandl. über Cic. v. d. N. d. G., Leipz. 1790. A.B. Krische,
Forschungen auf dem Gebiete der alten Phil. I. S. 34 ff. E. Müller, Cic.
libris de N. D. non extremam manum accessisse, Bromberg 1839. 4. Schultze,
spec. codd. Lagomars, de n. d., Liegnitz 1847. 4.
3. Ausgaben von J. Davis (Cambr. 1718. 1723. 1733. 1744. Oxf. 1807,
bei Rath T. VI), Kindervater (Lips. 1796), Wideburg (Heimst. 1811), Hein-
dorf (Lips. 1815), G. H. Moser und F. Creuzer (Lips. 1818; kleine Ausgabe
von Moser, Lips. 1821), C. G. Schütz (Halae 1820), Ast (Monac. 1829), H.
Alanns (Lond. 1836), G. F. Schömann (Weidmännische Sammlung 1850 ff.
3. Aufl.), Orelli-Baiter IV. p. 369—480 ed. II. Kritische Beiträge von Schö-
mann (Opusc. III. p. 274—279. 280 — 383), Heidtmann (zur Kritik und In-
terpretation von Cic. N. D., Neustettin 1858. 4.), I. Befcker (comm. critt,
Büdingen 1865. 4.), R. Klotz (adn. critt. P. I — lU. Lips. 1867. 1868. 4.).
4. Uebersetzt von J. F. v. Meyer (Frankf. 1832), G. H. Moser (in der
183. Cicero's philosophische Schrifben. 331
Metzler'Bchen Sammlung, röm. Pros. 43 f. und Class. d. Alt. 1855), B. Küh-
ner (Stuttg., Hermann, Nr. 137. 142).
5. Ein miasglückter Täuschungsversuch ist: Cic. de N. D. über quartus
etc. ed. F. Seraphinus (d. h. der naqhmalige Superintendent H. H. Cludius
in Hildesheim, gest. 1835; nach Andern Ph. Marheineke), Bonn 1811.
11) Gato maior oder de senectute, au Atticus gerichtet^
Anfangs 710 verfasst. Das Gespräch wird ins J. 604 gesetzt^
ist aber vielmehr ein zusammenhängender Vortrag zum Lobe
des Alters, für welchen Piaton, Xenophon, Hippokrates, der
Stoiker Ariston u. A. den Stoff lieferten; daneben hat Cicero
auch auf die Zeichnung von Gato^s Gharakter Soi^alt verwendet.
1. Cic de div. II, 1, 3: interiectus est etiam nuper liber is quem ad
nostrum Atticum de senectute misimus. ad Att. XIV, 21, 3: legendus
mihi saepiuB est Cato maior ad te missus. amariorem enim me senectus
facit. XVI, 3, 1: idem avvxayfna misi ad te retractatius , et quidem AfiX^-
tvnov ipsum crebris locis inculcatum et refectum.
2. W. Richter, de laudandis et vitupcrandis in Cic. de sen., Guben
1803. P. J. van der Ton, C. m. explicatur et e graecis potiss. fontibus
illustr., Löwen 1821. 206 pp. 4. und: comm. ad quaest. de Cic. Cat., Löwen
1822. 4. Nassau, adnotatt. in libr. Cic. de sen., Groningen 1829. Drumann
VI. S. 360 f.
3. Th. Mommsen, über eine Leydner Handschr. von Cic. C. m., Mo-
nateber, der Berl. Ak. 1863, S. 10 — 21. J. G. Sauppe, ein Bheinauer cod.
des C. m., Philologus XXI. S. 535—539. 675—679. G. Lahmeyer, zur Wür-
digung der Leydner und der zweiten Bheinauer Hds. von Cic. Cm., Phi-
lologus XXm. S. 478—481, vgl. XXI. S. 284—307. Rüdiger, zur Handschrif-
tenkunde des Cic. de sen., Berl. Zeitschr. f. Gymn. 1864, S. 798 f. Zu Cic.
C. m. von J. Mähly (Neues Schweiz. Mus. VI. 1866. S. 243—250) und C.
Meissner (Fleckeisens Jahrbb. 103, S. 57—65).
4. Ausgaben von J. F. Wetzel (Liegnitz 1792. 1808 mit Lael.), J. A.
Götz (mit Somn., Nümb. 1801), A. G. Gemhard (mit Parad., Lips. 1819),
P. A. Reijnders (mit Lael., Groningen 1825), F. W. Otto (Lips. 1830), R.
Klotz (Leipz. 1831), J. B. Hutter (München 1832), J. J. de Gelder (Lugd.
Bat. 1832), J. N. Madvig (Kopenh. 1835), G. Tischer (Halle 1847), J. Som-
merbrodt (Weidmännische Sammlung 1851 ff., fünf Auflagen), C. Nauck
(Berlin 1855), G. Lahmeyer (Leipz., Teubner, 3. Aufl. 1871), G. Long (New-
York 1861), C. Meissner (für den Schulgebrauch erklärt, mit Somn. Scip.,
Berlin 1870). Bei Orelli IV. p. 584—611 ed. II.
5. Griechische Uebersetzung von Th. Gaza (bei Hess p. 3 ff.); deutsche
von Pahl (in den Metzler'schen Sammlungen), K. G. Bauer (Leipz. 1841),
F. Jacobs (in Klotz's Uebers. von Cicero's philosoph. Schriften, Th. IL),
in der Engelmann'schen Sammlung, Leipzig 1860.
12) De divinationO; zwei Bücher, zur Vervollständigung
der Schrift über das Wesen der Gottheit, die Selbstoffenbarung
332 Cicerouische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
der Gottheit und deren Erfassung durch den Menschen behan-
delnd; im J. 710, nach dem Cato maior und nach Caesars Er-
mordung, herausgegeben; eingekleidet in eine Unterredung auf
dem Tusculanum -zwischen Cicero und seinem Bruder. Das erste
Buch gibt die betreffenden Lehren der Stoiker (aus Chrysippos
ttsqI xQTjö^av, Ttsgl (iccvrixrjg, Diogenes, Antipater), das zweite
die Grundsätze der Akademiker über den Gegenstand (nach
Karneades, unter Benützung des Stoikers Panaetius). Die Volks-
vorstellungen und einschlägigen politischen Institute werden
möglichst geschont, doch gibt der Augur Cicero auch so noch
manchen dankenswerthen Aufschluss; seine eigene skeptische
Betrachtung der Sache blickt durch die oft humoristische Be-
handlungs weise sattsam hindurch.
1. Definition der divinatio 1, 5, 9: carum reruin quae fortiütae puian-
tui* praedictio atque praesensio; vgl. Gell. N. A. IV, 11, 1.
2. Tennemann, Geschichte der Philosophie V. S. 121 ff. Drumann VI.
S. 352. Höfig, Cic's Ansichten von der Staatsreligion, Krotoschin 186.5. 4.
'3. Ausgaben von Davis (Cantabr. 1721. 1730. 1740; ed. Rath, Halle
1807), J. J. Hottinger (Lips. 1793), G. H. Moser (Frankf. 1828), L. diese
(Lips. 1829), H. Alanus (Lond. 1839); Orelli IV. p. 481 -566 ed. II.
4. Uebersetzt von G. H. Moser (in der Metzler'schen Sammlung, Rom.
Pros. 16 f.), R. Kühner (Stuttgart, Hoffmann, 1868).
13) De fato, Schlussstein der religionsphilosophischen
Abhandlungen Cicero's und gleiclifalls J. 710 geschrieben.
Das Schriftchen bekämpft die Ansichten der Stoiker über die
eifiaQfievri vom Standpunkte der Akademiker aus, ist aber
lückenhaft auf uns gekommen. Als Quellen werden genannt
besonders Chrysippos, auch Poseidonios, Kleanthes, Diodoros,
Karneades u. A. Als Stoffsammlung hat die Schrift Werth,
doch verräth die Darstellung Flüchtigkeit; ein festes Ergebniss
wird nicht erzielt.
1. Cic. de div. II, 1, 3: quibiis (de n. d. und de* divin.), ut est in
animo, de fato si adiunxeriraus, erit abunde Bati6fa<?tum toti huic quaestioni.
de fat. 1,2: Hirtius noster, cos. designatus . . post interitum Caesaris.
Gell. VII (VI), 2, 15. Macrob. Sat. (II, 12 =) HI, 16, 4. Dnimann VI.
S. 353 f.
2. Ausgaben (mit de divin.) von Davis, Moser, Alan; besonders von
J. H. Bremi (Lips. 1795). Orelli IV. p. 567—583 ed. TL. — Uebersetzt von
Moser (hinter de divin.).
3. Nuovi frammenti del libro di Cicerone de fato di recenti scoperti
in pergamene palimpseste, dal Ch. Cav. L. Crisost. Ferrucci, Modena
188. Cicero'e philosophische Schriften. 333
1853. 4. Diese angebliche Entdeckung findet sich abgedruckt (S. 469 —
472) und (von F. Ritschi) nach Verdienst gezüchtigt im Rhein. Mus. IX.
S. 473—477. XIII. S. 163-173. Vgl. auch F. W. Schneidewin, Göttinger
gel. Anz. 1853, S. 1917—1926. G. Linker, Zeitschrift für die Ostreich.
Gymn. V. (1864.) S. 81—84. 423—426. H. Alanus, in fragraenta libri Cic,
de f. quae nuper Modenae edita sunt observationes, Dublin 1854.
14) Laelius oder de amieitia^ dem Atticus zugeeignet,
nach dem Cato maior und vor dem Werk über die Pflichten,
ebenfalls noch im J. 710 geschrieben. Der Dialog wird ge-
führt von dem jüngeren Laelius und dessen Schwiegersöhnen
C. Fannius Strabo und Q. Mucius Scaevola und zu dem eben
(J. 625 d. St.) erfolgten Tode des Freundes von Laelius, des
jüngeren Africanus, in Beziehung gesetzt. Benützt ist dabei
vornehmlich Theophrast's Schrift über den Gegenstand, auch
Chrysippos und (mittelbar?) die Ethik des Aristoteles. Die logische
Anlage hat Mängel, sonst ist aber die Ausführung lebendig und
praktisch.
1. Cic. off. II, 9, 31: de amicitia alio libro dictum est. Gell. XVII,
5, 1: Cicero in dialogo cui titulus est Laelius vel de amicitia. ib. I, 8, 10:
eum librum (des Theophrast ns^l (ptXiag) M. Cicero videtur legisse cum
ipse quoque librum de amicitia componeret.
2. Gemhard, quaedam ad recognoscenda ea quae Cic. in Lael. dii«)).
pertinentia, Weimar 1823. 4. (Opusc. p. 323 ff.) Vogel, coUatio triam
codd. mss. Cic. de am. Monacensium, Zweibrucken 1839. 4. 0. F. Kleine,
Adnott. in Cic. Cat. mai. et Laelium, Wetzlar 1865. 10 pp. 4. C, K.
Putsche, über einige Stellen u. s. w., Philologus XII. S. 293—301. Th.
Mommsen, de Laelii Cic. codice Didotiano (saec. IX — X), Rhein. Mus. XVI 11.
p. 694—601.
3. Ausgaben von Wetzel (mit Cato, s. Nr. 11, A. 4), J. G. Lenz (Hildburgh.
1778), A. G. Gemhard (Lips. 1826), C. Beier (Lips. 1828), J. B. Hutter
(Augsb. 1833), R. Klotz (Lips. 1833), M. Seyffert (Brandenb. 1844 f. 2 Ab-
theil.), C. W. Nauck (Weidmann'sche Sammlung 1852 ff., Aufl. 6. 1870),
G. Lahmeyer (Leipzig, Teubner 1861. 1870); Orelli IV. p. 612—640 ed. II.
4. üebersetzungen von Fahl (in den Metzler' sehen Sammlungen), A. A.
Schreiber und G. F. W. Grosse (Halle 1827), F. K. v. Strombeck (Braun-
schweig 1827, mit den übrigen sogen, kleinen Schriften), in der Engel-
mann'schen Sammlung (Leipz. 1854). Griechische von Dionysius Petaviiis
bei Hess (Halle 1833) p. 99 ff.
15) De gloria, zwei Bücher, Ende Juli des J. 710 feriig
gemacht, aber nicht erhalten.
1. Cic. de off. II, 9, 31: nunc dicamus de gloria, quamqnam ea quoque
de re duo sunt uostri libri. Vgl. ad Att. XV, 27, 2. XVI, 2, 6. 6, 4. Gell.
(
I
334 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
XV, 6, 1. Drumann VI. S. 365 f. Fr. Schneider, Meletemata in Cic. de gl.
libros, Ztechr. f. d. Alt.- Wies. 1839, Nr. 28 f.
2. Noch Petrarca las die Schrift (Epist. XV, 1), und Gelehrte des
fun&ehnten Jahrhunderts (wie Franc. Philelphus und F. Alcyonius) wurden
beschuldigt dieselbe für eigene Schriften benützt und dann verbrannt zn
haben, s. Hand bei Ersch und Gruber I, 17. S. 238. Die Bruchstücke
8. Vi Orelü IV, 2. p. 487 f. (=» IV. p. 988 f. ed. H) und Baiter-Kayser XL
p. 69—71.
16) De officiis, in drei Büchern, von Cicero an seinen
Sohn gerichtet Auch diese Schrift ist in der unfreiwilligen
Müsse verfasst welche M. Antonius dem Cicero nach Caesars
Tod im J. 710 verschaffte «und, wie die andern aus dieser Zeit,
sehr rasch auf das Papier geworfen. Als HauptqueHe dienten
dabei die Stoiker, besonders Panaitios in den zwei ersten Bü-
chern, im dritten Poseidonios, ausserdem Diogenes aus Babylon,
Antipater aus Tyrus, Hekaton, ferner Piaton und Aristoteles.
Grewürzt und belebt hat Cicero seine Darstellung durch zahl-
reiche Beispiele aus der römischen Greschichte, aber auch
dadurch Ungleichheit in die Behandlung gebracht. Der sittliche
Standpunkt ist der eines praktischen Politikers und erhebt sich
schon darum wenig über die Conventionellen romischen Begriffe.
1. Off. I, 2, 6: sequimur . . potissimum Stoicos, non ut interpretes,
sed, ut solemus, e fontibus eorum iudicio arbitrioque nostro quantum quo-
que modo videbitur hauriemus. Vgl. II, 24, 86. III, 2, 7. 12, 51 f. 15, 63.
23, 89. 91. ad Att. XV, 13, 6: nos hie q)iXoüO(povfisv (quid enim aliud?)
et tä nsql Tov %ad'ri%ovrog magnifice explicamus nQogtpmvovusvque Giceroni.
XVI, 11, 4: Tce nsgl tov xa^ijxorro?, quatenus Panaetius, absolvi duobus.
illius tres sunt. . . etim locum Posidonius persecutus. ego autem et eins
librum arcessivi et ad Athenodorum Calvum scripsi ut ad me ra %s(pula ta
mitteret. Gell. XIII, 28 (27), 1.
2. Garve, philosophische Anmerk. und Abhandl. (6. Aufl., Breslau 1819).
Bardili, Briefe über Cicero's Bücher von den Pflichten, in Hauff's Philo-
logie I, 2. S. 1—39. 3. S. 41—64. II, 1. S. 25—66. E. G. Rath, Cic. de
off. in brevi conspectu, Halle 1803. Fr. Binkes, de analysi et constitutione
doctrinae in etc., Lugd. Bat. 1819. Lilie, de stoicorum philosophia morali^
ad Cic. librr. de off.. Alt. 1800. Thorbecke, principium philosophiae mor.
e Cic. opp. phil. exp., Lugd. Bat. 1817. J. F. Sachse » de libror. Cic. de off.
indole atque proposito, Quedlinb. 1825: 4. B.' Kühner, Cic. mer. p. 108 ff. ,
Drumann VI. S. 357 — 369. Grysar, Prolegg. ad Cic. libr. de off., Köln
1844. 4. Dahlbäck, de Off. Cic. comm., üpsala 1860. A. Desjardins, les
Deyoirs, essai sur la morale de Ciceron, Paris 1865.
3. Kritische Beiträge von J. Heller (Philologus XH. p. 302 — 315),
H. Sauppe (Coniect. TuU., Gott. 1857. 4.), G. F. Unger (Philologus
188. Cicero's philoeophische Schriften. 335
Suppl. in. S. 3 — 106), W. Maler (nonnulli loci ex . . tractantur, b. 1. et a.
Carlsr. 1867?).
4. Ausgaben von J. G. Graevius (Amsterd. 1688. 1710. Neapel 1771.
Graevii scholia in Cic. off. prim. ed. Röther, Wittenberg 1824), J. Faccio-
lati (Padua 1720. Vened. 1747, wie Graevius mit den kleinen Schriften),
J. F. Heusinger (Braunschw. 1783; repet. suisq. animadverss. auxit C. Th.
Zumpt, Braunschw. 1888), J. F. Degen (Berl. 1800. 1820. 1825; 4. Ausg.,
umgearb. von E. Bonnell, Berl. 1848), A. G. Gemhard (Lips. 1811), 0. Beier
(Lips. 1820 f. 2 Bde. nebst Indd., Lips. 1831), G. Olshausen (Schlesw. 1823),
R. Stürenburg (Lips. 1834. 1843), C. G. Zumpt (kleinere Ausgabe, Braun-
schweig 1837. 1849), 0. Bredberg (Kopenh. 1839), C. Wordsworth (London
1841), Bf. Alanus (Dublin 1841), G. F. W. Lund (Kopenh. 1849), G. F. Unger
(Leipzig 1852), J. v. Gruber (Leipzig, Teubner 1856. 1866), 0. Heine (Ber-
lin, Weidmann, 1857 ff. 3 Aufl.); Orelli IV. p. 641—742 ed. IL
5. Uebersetzungen von J. J. Hottinger (Zürich 1820), G. G. üebelen
(Stuttg., Metzler 1834, Rom. Pros. 88. 92; umgearbeitet Yim F. Baur, 1856,
Gl. d. Alt.), R. Kühner (Stuttg., Hofiinann, 1859).
17) De yirtutibuS; wegen der Verwandtschaft des Inhal-
tes wohl kurz vor oder nach der Schrift über die Pflichten, also
gleichfalls im J. 710, verfasst, aber nicht erhalten.^
Hieron. in Zach. 1, 2. Augustin. de trin. XIV, 11. Charis. II. p. 186 P.
= 208, 15 f. K. Orelli IV, 2. p. 492 = IV. p. 992 f. ed. 11; Baiter-Kayser
XL p. 76. Drumann VI. S. 359.
Nicht genau zu datieren sind folgende Schriften philoso-
phischen Inhalts von welchen nur Bruchstücke auf uns gekom-
men sind:
18) Uebersetzung von Xenophon's Oeconomicus, in einem
Alter von ungefähr zwanzig Jahren verfasst, in drei Büchern.
Vgl. Cic. de off. II, 24, 87. de sen. 17, 69. Plin. n. h. XVIII, 25, 60.
Colum. XII. praef. 7 u. 1, 6. Gell. N. A. XV, 5, 8. Macrob. Sat. (II, 16 =-)
ni, 20, 5. Serv. zu Georg. I, 43. Hieron. apol. adv. Ruf. II. p. 227 Bas;
Die Bruchstücke bei Orelli IV, 2. p. 472—477 (= IV. p. 974—979 ed. II)
und bei Baiter-Kayser XL p. 50—54.
19) Uebersetzung von Platon's Protagoras, wohl gleich-
falls eine Jugendarbeit.
Van Heusde, Cic. <pdo7KXat<av p. 92 ff. Drumann VI. S. 354, A. 74.
Orelli 1. 1. p. 477 = IV. p. 979. Baiter-Kayser XI. p. 54 f.
20) De aüguriis^ aus unbekannter Zeit^ jedenfalls nach
dem J. 703; wo Cicero Augur wurde, verfasst.
Nach Drumann VI. S. 352 f. im J. 710 nach der Schrift de divin. ver-
fasst. Die üeberrestc bei Orelli IV. p. 980 ed. IL; Baiter-Kayser XL p. 55.
336 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. G71— 091.
Charis. p. 98. 112 P. = 122, 22. 139, 11 K.: Cicero deauguriis, vgl. augu-
rales libri bei Serv. Aen. V, 738.
171 184. Auf dem Gebiete der Rechtsgelehrsamkeit, wie
auf dem der Philosophie, war Cicero nur Dilettant, wenn auch
ein unterrichteter. Er war zu sehr Redner und zu wenig ge-
schaffen für scharfe Begriffsbestimmung als dass er hier ein
dankbares Feld seiner Thätigkeit hätte finden können. Doch
• verfasste er eine Schrift de iure civili in artem redigendo,
vielleicht ursprünglich dazu bestimmt das sechste Buch des
Werkes de legibus zu bilden, bei dessen NichtvoUendung aber
besonders bearbeitet.
1. ad Farn. VII, 30, 2 verwechselt Cicero in der Definition von pro-
prius Besitz und Eigenthnm. Ueber Cicero als Rechtsgelehrten ältere
ControversBchriften von A. Schulting (Opusc, Franeker 1708 und sonst),
Bynkershoek (Opuscc. IL p. 60), J. G. Hornemann (Lips. 1797. 4.), femer
J. L. E. Püttmann (Miscell., Lips. 1783. p. 143 ff.), F. A. van der Mark, de
meritis Cic. circa ins naturae, Groningen 1797. G. Dedel, Cic. doctrina de
iure etc., in den Annal. acad. Gron. (Groningen 1824. 4.). Bach , bist, iuris-
pnid. rom. p. 258 ff. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 288—290.
u. A. Drumann VI. S. 644 — 650. Platner, de partt. Cic. rhett. quae ad
ius spectant, Marburg 1829. 4. G. de Caqueray, Explication des passages
de droit privä contenus dans les oeuvres de Cic^ron, Rennes 1857. XV und
601 pp. A. Desjardins, de scientia civili apud Cic, Beauvais 1858. Vgl.
oben 46, 4 u. 6.
2. Quintil. XII, 3, 10: componere aliqua de iure coeperat. Gell. I,
22, 7 : M. Cicero in libro qui inscriptns est de iure civili in artem redigendo.
Vgl. was Cicero, de or. II, 33, 1^2 ff. unter der Maske des Crassus ^oben
149, 3) von sich sagt, besonders: est nobis poUicitus ius civile, qnod nunc
diffusum et dissipatum esset,' in certa genera coacturum et ad artem. fa-
cilem redacturum. Ueber die Schrift vgl. H. E. Dirksen in seinen hinter-
lassenen Schriften I. S. 1 ff. Drumann VI. S. 107 f. Orelli IV. p. 979 f.
ed. IL Baiter-Eayser XL p. 55.
175 185. Auch als Geschichtsclireiber war Cicero thätig,
und de legg. I, 2 f. (vgl. de or. II, 12 — 15) gibt er eine scharfe
Charakteristik der ganzen bisherigen Geschichtschreibung und
die Andeutung dass er der Mann wäre auch auf diesem Gebiete
epochemachend aufzutreten. Ein ungewönliches Mass geschicht-
licher Kenntnisse besass Cicero allerdings, und seine Reden wie
philosophischen und rhetorischen Schriften (insbesondere der
Brutus) sind Zeugen davon; indessen stand ihm auch hier wieder
seine rednerische Natur und seine Unfähigkeit von der eigenen
Person abzusehen hindernd im Woge, und manche gelegentliehe
• 184 f. Cicero als Jurist und Geschichtschreiber. • 337
Aeusserungen zeigen wie wenig streng er über die Aufgabe des
Geschichtschreibers dachte. Es ist wohl glaublich dass er bei
längerem Leben diesem Gebiete sich zugewandt hätte; wirklich
verfasst hat er aber nur Schriften über sein Consulat, eine (viel-
leicht nie vollendete) Geheimgeschichte ^ und Admiranda, was
aber alles für uns verloren ist.
1. Plut. Cic. 41: SiavoovpkBvog, a>g Xiy st ai, trjv ndxqiov taxoQ^av yQ€C(pij
nSQiXaßsiv xal nolla avpLn^^at tav iXXi}vir%oiv %al olavg zovg slQTjuivovg
Xoyovg avzäv xal iiv^'ovg ivtavd'a y^dtpai etc. Corn. Nep. fragm. Guelf.:
ille (Cic.) fiiit unus qui potuerit et etiam debuerit historiam digua voce
pronuntiare^ quippe qui oratoriam eloquentiam rudern a maioribus acce-
ptam perpoliverit, philosophiam ante eum incomptam latinam sua confor-
marit oratione.
2. Zwar weiss Cicero wohl primam esse historiae legem ne quid falsi
dicere audeat (de or. II, 15, 62 vgl. ib. 62—64), aber in praxi handelt er
anders. So mutet er dem Luccejus zu (ad Farn. V, 12, 3): amori nostro
plusculum etiam quam concedit veritas largiare; und orat. 11, 37. 20, 66
(vgl. 36, 124) rechnet er die historiae zum yivog iTcidsixtinov der Beredt-
samkeit, wie wenn er keine andere Axt der Geschichtschreibung kennen
würde als die der isokratischen Schule. In Folge dessen behauptet er
(Brut. 17, 66), Philistos und — Thukydides sei verdunkelt worden durch —
Theopomp. Anderes s. oben 36, 6.
3. Drumann VI. S. 677—680. J. G. Linsen und S. G. Bergh, de Cic.
historico, Abo 1826. 4. F. Buchholtz, über Cicero's Ansicht von der Ge-
schichte, Eunomia (1802. August) S. 390—403. Schwegler, röm. Gesch. I.
S. 93—96. F. D. Gerlach, die röm. Geschichtschreiber S. 96 f.
4. Commentarius consulatus sui graece compositus (ad Att. I^ 19, 10.
II, 1 in.), im J. 694 ausgearbeitet (ad Att. 1. 1.), zu welcher Zeit sich Cicero
auch mit einer lateinischen Schrift über denselben Gegenstand beschäftigte
(ad Att. I, 19, 10). Vgl. Plut. Caes. 8. Cass. Dio XLVI, 21.
5. 'Avi%dota, schon im J. 695 begonnen (ad Att. II, 6, 2), nach Cae-
sars Tode auf Atticus' Betreiben wieder aufgenommen (ad Att. XTV, 14, 5.
17, 6. XV, 2, 2. 4, 3. 13, 3. 27, 2. XVI, 2, 6) und nach dessen Tode
herausgegeben. Denn nach Dio XXXIX, 10 (vgl. XLVI, 8) ist dieses
ßißXiov dnoffi^ritov identisch mit dem tmv iavtov ßovXsvfUctatv dnoXoyiafibog
oder der ratio (Charis. I. p. 146, 31 f. K.) oder expositio consiliorum suo-
rum (Ascon. in or. in tog. cand. p. 83 Or. Augustin. contra lulian. V, 5.
Orelli IV, 2. p. 491 =« IV. p. 992 ed. IL). Vgl. Drumann VI, S. 360 f.
6. Admiranda (Plin. N. H. XXXI^ 8, 2. 28, 1), aus unbekannter Zeit.
Die Ueberreste bei Orelli IV, 2. p. 493 f. (= IV. p. 994 ed. 11). Baiter-
Eayser XI. p. 76.
7. Priscian. VI, 16, 83. p. 267, 6 Htz.: Cicero in Chorographia, mit
den Varianten ortogr., hortogr., cosmogr. , chosmogr. , chronogr. und cronogr.
Wirklich hatte sich Cic. im J. 695 auf Atticus' Veranlassung mit geogra-
TsuPFBL, Barn. Literata^escliichte. 2. Aufl. 22
338 . Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
«
phischen Studien beschäftigrt; g. ad Att. II, 4, 1. 3. ep. 6. 7. 9 f. 12, 8.
14, 2.
8. Andere apokryphe Schriften. Synonyma, eine för den ciceronischen
Sprachgebrauch nicht unwichtige Schrift eines unbekannten alten Gramma-
tikers; bei Orelli IV. p. 1063 f. W. L. Mahne, Gic. quae vulgo feruntur
Synonyma ad L. Yeturium secundum editiones Romanas denuo excudi
curayit, Lugd. Bat. 1851. und: secundum editionem Parisinam denuo exe.
cur., ib. 1851. Eine ähnliche Schrift sind die Differentiae sermonum Ci*
ceronis, aus Bemer Hdss. saec. IX u. X herausgegeben von H. Hagen,
Bupplem. gramm. latt. (Lips. 1870) p. 275—290; vgl. ib. p. CXVII— CXXIV.
Femer de notis (Orelli IV. p. 993) u. A.
9. Eine Sammlung von Cicero's Witzen (liber iocularis) erwähnt' Quin-
til. VI, 3, 5. Vm, 6, 73. Vgl. unten 188, 2. R. Klotz, Fragm. p. 295 fiF.
176 186. Innerhalb der Poesie hat es Cicero über die Versifi-
cation nicht hinausgebracht , die ihm vermöge seiner ganzen
Leichtigkeit in der Form fast von selbst kam und die er auch
Anfangs nur als Stilübung betrieb. Später aber veranlasste ihn
sein brennendes Verlangen nach Lob sich selbst und seine Er-
lebnisse zum Gregenstande von Epen zu machen^ nicht zum Yor-
theile für seinen Ruf.
1. üeber Cicero als Dichter vgl. Sen. exe. controv. III. praef. 8. Sen.
de ira III, 37, 5. Tac. dial. 21. Juvenal. X, 124 f. Martial. n, 89, 3 f.
Plut. Cic. 4a Schol. Bob. p. 306 Or. Drumann VI. S. 681 — 684. J. F.
Jugler, de poesi Cic, Lips. 1744. 4. J. Baden, de poetica facultate Cic,
Eopenh. 1789 und in dessen Opuscc (Kopenhagen 1793) p. 421 ff. f*. M.
Frantzen, de Cic. poeta, Abo 1800. van Heusde, Cic. (pilonldtmv (Utrecht
1836) p. 25 ff. 34 ff. V. Faguet, de poetica Ciceronis facultate, Poitiers 1857.
>
2. Jugendversuche. Plut. Cic. 2: iffifvrj nmg nifoG'v(i^ttQOv inl noiri~
tmrjvy %ai ti noirjiidTiov in naMg avrov diaaaaitxaiy Uovtios rXorvxo^,
iv xezQafiBTQa} nsnoirjiLivov. Jul. Capitol. Gordian. 3, 2: adolescens cum
esset Gordianus . . poemata scripsit . . et quidem cuncta illa quae Cicero,
i. e. Marium (so Peter statt et de merio oder ex de merio) et Aratum et
Halcyonas (daraus wohl die zwei Hexameter bei Non. p. 65, v. praevius) et
Uxorium et Nilum (Casaubonus : Limona, s. A. 3). quae quidem ad hoc scripsit
ut Ciceronis poemata nimis antiqua viderentur. — Serv. zu Verg. Ecl. I,
58: Cicero in elegeia quae Talea Masta (Talemasta, taliamastas, taha ma-
stas, thalamasta) inscribitur: (folgt ein Hexameter). R. Unger, Subsicivo-*
rum capita tria (Friedland 1854. 4.), c. 1 (de Ciceronis quibusdam carmi-
nibus) will hier Cinna statt Cicero, und Halimastys statt Tamelastis lesen,
ürlichs, Eos I (1864). S. 151 schlägt vor: in elegia quae Italia maesta in-
scribitur, was er dann mit dem Epos de suis temporibus identificiert. —
üeber das Epos Marius, aus dem J. 667, vgl. ad Att. XII, 49, 1. de leg.
I, 1, 1 f. Drumann V. S. 221. Orelli IV, 2. p. 667 =- IV. p. 1048. Baiter-
Eayser XI. p. 129 f. — Ueber Cicero's metrische Uebersetznng von Aratus
0atv6fievK und dioarffista, wovon noch namhafte Stücke erhalten sind, s.
186 f. Cicero als Dichter. Q. Cicero. 3H9
Orelli IV, 2. p. 616—666 -= IV. p. 1014—1083. ed. II. Baiter-Kayser XL
p. 96 — 129. G. Schulz, quaestiones criticae ad Cic. Aratea, Neuiuppin
1868. 4. Aach Abschnitte ans Homer übersetzte Cic. metrisch; s. de fin.
V, 18, 49. Orelli p. 614 f. = 1012 f. Bait^r-Kayser XL p. 89—91.
3. Femer fährt Suet. Terent. 6. ans Cicero in Limone (AtiiKov, Pra-
tum) vier Hexameter über Terenz an (vgl. Bitschi in Beifferscheid's Siieton
p. 624); Epigramme Plin. Epp. VII, 4, 3 und QuintiL VHI, 6, 73.
4. Qnintil. XI, 1, 24: in carminibus utinam pepercisset (das Selbstlob
sparsamer angebracht), qnae non desiemnt carpere maligni. Dahin ge-_
hören aus dem J. 694 die drei Bücher de suo consulatu im epischen Vers-
mass. S. ad Att. II, 3, 3. vgl. I, 19, 10. de divin. I, 11 fP. Orelli IV, 2.
p. 568—670= IV. p. 1048—1061. Baiter-Kayser XL p. 130—136. Dru-
mann V. S. 601 f. J. M&hly, Philologus XXV. S. 644—651. Femer das
(ums J. 699) verfasste Epos über seine Leidenszeit (de temporibus meis),
gleichfalls in drei Büchern. Vgl. ad Fam. I, 9, 23. ad Q. fr. IH, 1, 24.
II, 15, 2. 16, 6. Att. IV, 8^, 3. Dramann VI. S. 20 f. Orelli IV. p. 1061 f.
— Endlich verfasste Cicero auch , im J. 700 d. St. , ein Lobgedicht auf
Caesar; ad Qu. fr. lü, 1, 11 (po&ma ad Caesarem). VgL 4, 4. 8, 3. 9, 6
{inog ad Caesarem). II, 16, 2. Ob es jemals zu Ende geführt wurde ist
freilich mehr als zweifelhaft. Vgl. Drumann ÜI. S. 322.
6. Eine Fälschung ist das Lehrgedicht Orpheus, oder de adolesceute
studioso, angeblich von Cicero für seinen in Athen studierenden Sohn ver-
fertigt; 8. A. Weichert, de L. Vario etc. p. 297.
6. Sammlung der ciceronischen Fragmente von Andr.. Patricius (fragm.
ed. illustr,, Venet. 1666. 4.), Orelli, ISfobbe-Klotz , Baiter-Kayser (XL 1869).
F. Schneider, de Cic. fragm., Tremesno 1844. 4. C. Halm, BeitrSge zur
Berichtigung und Ergänzung der ciceron. Fragmente, München 1862. 8.
(aus den Sitzungsberichten der Münchner Akademie).
187. Cicero's jüngerer Bruder, Quintus (J. 652 — 711), zeigtei77
lebhaftes literarisches Interesse, besonders för Geschichtschrei-
bung und Poesie, und scheint seines Bruders Leichtigkeit der
Production getheilt zu haben. Er verfasste ein annalistisches
Werk sowie eine Anzahl Tragödien, wie es scheint Uebersetzun-
gen griechischer Originale. Wir haben von ihm noch das com-
mentariolum petitionis, in Form eines Sendschreibens an seinen
Bruder Marcus, verfasst Anfangs 690 d. St., und einige Briefe.
1. Auf J. 652 als Geburtsjahr des Q. Cicero ist aus seiner Amtslauf-
bahn zu schliessen. Aedü war er 68&, Pr&tor 692, verwaltete 693—696
Asien, war Legat des Pompejus in Sardinien 698, des Caesar in Gallien
und Britannien 700 — 702, seines Bruders in Eilikien 703, und wurde mit
Letzterem proscribiert und pammt seinem Sohne getödtet J. 711; s. Dru-
mann, Gesch. Roms VI. S. 719—751. C. H. Blase, de Q. Tullii Cic. vita,
Cöln 1847. 4. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2284—2240. Bücheier,
Q. Cic. reliqq. p. 1 — 24.
22*
340 Ciceronißche Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
2. Schol. Bob. zu Cic. p. Arch. 2. p. 354 Or.: foit enim Q. TuUins non
solum epici verum etiam tragici canninis scriptor. Cic. ad Att. II, 16, 4
(J. 695): Q. frater . . me rogat ut Annales suos (in gebundener Form 2)
emendem et edam. ad* Q. fr. 11, 13, 4 (J. 700): Gallisthenem et Philistum
. . in quibus te videp volutatum. . . sed qnod adscribis: aggrederisne ad
historiam? me auctore potes. 16, 4 (J. 700): o iucundas milu tuas de
Britannia litteras! . . te vero vno&eaiv scribendi egregiam habere video.
quos tu Situs, quas naturas rerum et locorum, quos mores ^ quas gentes,
quas pugnas, quem yero ipsum imperatorem habes! (Also sollte es ein
Epos werden.) ego te libenter . . adiuvabo et tibi versus quos rogas . .
mittam. III, 4, 4 (J. 700): sine uUa mehercule ironia loquor, tibi istius
generis in scribendo priores partes tribuo quam mihi. Vgl. III, 5. ib. 6, 7
(J. 700): quattuor tragoedias XYI diebus absolvisse cum scribas tu quidquam
ab alio mutuaris? et ndd-og quaeris, cum Electram et Trodam (Troilum?
A^ropam Bücheier) scripseris? . . sed et istas et Erigonam mihi velim
mittas. ib. 1, 13: in ea (epistola) -nihil erat novi praeter Erigonam, quam
si . . accepero scribam ad te quid sentiam; nee dubito quin mihi placitura
sit. 9, 6: ne accidat quod Erigonae tuae, cui soli Caesare imperatore iter
ex Gallia tutum non fuit. Eine 'HQiyovrj gab es z. B. von Sophokles. Cic.
de fin. y, 1, 3: tum Quintus: . . Sophocles . ., quem scis quam admirer
quamque eo delecter. ad Q. fr. 11^ 16 , 3 (J. 700) : Ilvvdsinvovs ^tpo%Xiovgy
quamquam a te factam fabellam video esse festive, nullo modo probavi.
ad Fam. XYI, 8, 2: ego (Q.) certe singulos eins (des Euripides) versus sin-
gula aXifiUaq (?) testimonia puto.
3. Drei Briefe des Q. Cicero an Tirö, ad Fam. XVI, 8 (J. 705) 26 f.
(J. 710), und einer (ib. XVI, 16) an seinen Bruder Marcus (J. 694?). Zu-
sammen bei Büoheler p. 64 — 67. Vgl. noch Cic. ad Qu. fr. II, 15 b, 2:
in brevi epistula nqayii,axi%^q valde scripsisti. III, 1, 19: epistulam tuam
. . aristophaneo modo valde et suavem et gravem.
4. Das Sendschreiben an seinen Bruder Marcus, als derselbe sich J. 690
um den Consulat bewarb, veranschaulicht den damals besonders schwung-
haft betriebenen ambitus, vielleicht unter Mitbenützung von .Theophrast
nB(jX (fdoriiUag (Cic. ad Att. II, 3, 3). Die Anlage ist geordnet, aber ein-
förmig, die Darstellung trocken und nüchtern (Bücheier p. 3. 7 f.). Heraus-
gegeben ist es wohl nach dem Tode beider Brüder, aus dem Briefwechsel
des Marcus heraus und daher auch in diesem. Aelteste bekannte Hds.
Berolin. saec. XI — XII (aus Corvey). Ausgaben, ausser denen der Briefe
des M. Cicero (z. B. von Orelli, p. 359 — 370), von Valerius Palermus (oben
181, 3), C. G. Schwarz (cum animadv., Altdorf 1719, Nürnberg 1791), J.Hoffa
(cum lect. var., Lips. 1837). J. W. Tijdeman, in Q. Cic. de pet. cens. ad-
nottat., Lugd. Bat 1838 f. Q. Ciceronis reliquiae, recogn. F. Bücheier,
Lips. 1869. 70 pp.
5. Durch den codex Vossianus 111 (saec. IX) werden 20 Hexameter de
XII signis (vgl. Bücheier p. 68 f. Riese Antfa. lat. 642), mit sehr wenig
Beglaubigung aber zwei (von Pentadius verfasste) Distichen gegen die
Weiber (lliese 268) dem Q. Cicero zugeschrieben; sie stehen in der Anth.
187 f. Q. Cicero. Tiro. 341
lat. von Burmann HI, 88. V, 41; bei Meyer Anfch. lat. I. p. 16. Vgl. Orelli's
Cic. ' IV. p. 1053 f. Baiter-Kayser XI. p. 138.
188. Cicero's Freigelassener und Freund, M. TuUius Tiro, 178
überlebte seinen Patronus lange und sorgte pietatsvoU für dessen
Andenken, indem er dessen Leben beschrieb. Reden und Briefe
desselben herausgab, auch vielleicht seine Witzworte sammelte.
Ausserdem verfasste er selbständige Schriften encyclopädischen
und grammatischen Inhalts und scheint sich auch mit Dicht-
kunst befasst zu haben. Besonders berühmt aber ist sein Name
geworden durch die notae Tironianae.
1. Cic. ad Farn. XVI, 4, 3: innumerabilia tua sunt in me officia: do-
mestica, forensia; urbana, provincialia; in re privata, in publica; in studiis,
in litteris nostris. 17, 1: %avmv esse meorum scriptorum soles. Vgl. ad
Att. VII, ö, 2. Gell.. VI (Vn), 3,8: Tiro Tiülius, M. Ciceronis libertus,
sane quidem fuit ingenio homo eleganti et haudquaquam rerum littera-
rumque yeterum indoctus, eoque ab ineunte aetate liberaliter insütuto ad-
miniculatore et quasi administro in studiis litterarum Cicero usus est. ib.
XIII, 9, 1. XV, 16, 2. Freigelassen wurde er J. 7D0 d. St. (Cic. ad Farn,
XVI, 16). J. 704 war er noch adolescens (ad Att. VI, 7 extr.). Hieronym.
zu Euseb. Chron. ad a. Abr. 2013 (Freher. 2012) == 760 d. St.: M. Tul-
lius Tiro, Ciceronis libertus, qui primus notas commentus est, in Puteolano
praedio (vgl. Cic. Farn. XVI, 21, 7) usque ad centesimum annum conse-
nescit. J. C. d'Engelbronner, de M. TuUio Tirone, Amsterdam 1804. 4. A.
Lion, Tironiana,'in Seebodes Archiv 1824, p. 246 ff. und ed. alt., Gotting.
1846. Drumann, G. R. VI. S. 405—409 W. Teuffei in Pauly's Real-Enc.
VI, 2: S. 2207 f.
2. Ascon. in Milon. p. 49 Or.: ut legimus apud Tironem libertum Ci-
ceronis in libro IUI de yita eins. Die Tendenz der Schrift war eine apo-
logetische. Plutarch, welcher (Cic. 41. 49) dieselbe anführt, hat sie jeden-
falls bei einem Theile seines Biog Kinigcovog benützt; s. H. Peter, Quellen
Plutarchs S. 129—136. Tac. dial. 17. Gell. IV, 10, 6. — ib. XV, 16, 2: a
Tirone . . librorum patroni sui studiosissimo. Eine auf ihn zurüclfgehende '
Handschrifb der Beden des Cic. ib. I, 7, 1 (in oratione Cic. V in Verr.,
libro spectatae fidei, Tironiana cura atque disciplina facto) u. Xm, 21, 16
(in uno atque in altero antiquissimae fidei fibro Tironiano). Quintil. X, 7,
31 (oben 177, 4). Wahrscheinlich war Tiro auch der Herausgeber cicero-
nischer Briefsammlungen; s. oben 180, 3. 181, 4. Endlich galt er far den
Urheber' der Sammlung von ioci Ciceronis. Quintil. VI, 3, 6: utinam libertus
eius Tiro, aut alius quisquis fuit, qui tris hac de rO libros edidit, parcius
dictorum numero indulsissent etc. Macrob. S. II, 1, 12: liberti eius libros
qnos is de iocis patroni composuit. Schol. Bob. in Sest. p. 309 Or.: hoc
etiam dictum . . Tullius Tiro . . inter iocos Ciceronis adnumerat.
3. Gell. VI (VII), 3, 10: (Tiro) epistulam conscripsit ad Q. Axium, fa-
miliärem patroni sui, confidenter nimis et calide, in qua sibimet visus est
orationem (des alten Cato) pro Rhodiensibus acri subtilique iudicio per-
342 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
ceoBuisse (wahrscheinlich in maiorem gloriam patroni). X, 1, 7: quod . .
Tiro Tullios . . in epistula qnadam jenarratius scripsit ad hunc ferme mo-
dum. Xin, 9, 2 ff.: (Tnllins Tiro) libros complures de usn atqne ratione
lingnae latinae, item de variis atque promiscais qnaesüonibus composnit.
in his esse praecipae videntnr quos graeco titolo Uavdixiag inscripsit.
ibi de his stellis .'. hoc scriptum est. Charis. II. p. 186 P. == 207, 30 E.:
„novissime" Tiro in Pandecte non recte ait dici etc. — Cic. Fam. XVI, 18, 3
(J. 709): tn (Tiro) nullosne tecum libellos? an pangis aliquid Sophocleum?
fac opus appareat.
4. Suetonius (ed. Beifferscheid p. 135 f.) und aus ihm Isidor Orig. I,
21 und eine Casseler Hdschr. der Notae Tironis et Senecae (W. Schmitz,
Symb. phüol. Bonn. S. 532) : vulgares notas Ennius primus mille et centum
inyenit. notarum usus erat ut quidquid pro contione aut in iudicüs dice-
retur librarii scriberent simul astantes, divisis inter se partibus quot quis-
que verba et quo ordine exciperet. (Vgl. Manil. Astr. IV, 197 ff. Quintil.
XI, 2, 26. Auson. epigr. 146.) Bomae primus TuUius Tiro, Ciceronis li-
bertus, commentatus (wohl commentus, wie bei Hieronymus, s. A. 1) est
notas, sed tantum praepositionum. post eum Vipsanius, Philargyrus et
Aquila, libertus Maecenatis (auch bei Dio LV, 7; s. unten 217, 8) alius
alias addiderunt. denique Seneca contracto omnium digestoque et aucto
numero opus effecit in quinque milia. Der hier genannte Ennius ist wohl
nicht der Dichter (wie noch W. Schmitz, de Eom. tachygr. 1869. p. 6 ff.
annimmt), sondern der Grammatiker (oben 156, 13), welcher bei vernünftigerer
Anordnung vor „denique Seneca" aufzuführen gewesen wäre. Unter der
Aufschrift Notae Tironis (Tyronis) et Senecae ist eine reichh£dtige Samm-
lung solcher Abkürzungen, aus verschiedener Zeit und in sechs commen-
tarii zerfallend, auf uns gekommen, veröffentlicht zuerst 1603 von Gruter
in seinem Thesaurus inscriptionum (vgl. W. Schmitz, Rhein. Mus. XVIII.
S. 145—148. XXV. S. 161—163. 312. 429—431), wornach ü. F. Kopp in
meiner Palaeographia critica (Mannheim 1817. 4.) II ein Lexicon Tironiai^imi
ausarbeitete. Ein Verzeichniss der Handschriften dieser notae bei Kopp I.
§. 331—354 und bei Zeibig S. 57 ff. Dazu Th. Sickel, Urkunden der Ka-
rolinger I. S. 326^-339, und: das Lexicon Tironianum der Göttweiger Stifts-
bibliothek, Sitzungsber. der Wiener Ak. XXXVITI. 1861. lieber die (älteste)
Casseler und die Wolfenbüttler Handschrift s. W. Schmitz, Tironiana, in
der Symb. philol. Bonn. S. 531 — 650. Zur Sache vgl. G. Michaelis, über
das den tironischen Noten unterstellte Princip der Prädicatskürzung, in
seiner Zeitschr. f. Stenographie 1859, Nr. 1. J. W. Zeibig, Geschichte und
Literatur der Geschwindschreibekunst, Dresden 1863; Nachträge dazu,
Dresden 1867.
170 189. Der gebundenen Form bedienten sich in dieser Zeit
ausser Varro, Hortensius, den beiden Cicero u. A. auch der Sa-
' tiriker L. Albucius und der Didaktiker Egnatius (de rerum
natura), sowie Sueius und Ninnius Crassus. Ein Nachzügler
der palliata scheint Quintipor Clodius gewesen zu sein. Bedeu-
tender war der römische Ritter D. Laberius (J. 649 — 711),
188 f. Notae Tironianae. Laberius u. a. Dichter. 343
welcher in seinen Mimen griechische Büdung mit volksmässiger
Derbheit zn verbinden wusste^ sowie M. FuFius Bibaculus aus
Cremona (geb. 651 d. St.), Verfasser von Spottgedichten in der
Weise des Catull, namentlich gegen die Monarchisten, femer
eines Sammelwerkes (Lucubrationes), vielleicht auch eines Epos
über den gallischen Krieg.
1. Yarro B. B. III, 2, 17: L. Albucius, homo, ut scitis, apprime do-
ctus^ cuias Luciliano charactere sunt libelli, dicebat etc. vgl. ib. 6, 6: Hör-
tensiuB, . . quem secuti multi, ut qoidem Albucius aiebat. Fronto p. 113 f.
Naber: in poetis quis ignorat ut gracilis sit Lncilius, Albucius aridus^, su-
blimis Lucretius ?
2. Macrob. Sat. VI, 5, 2: Egnatius de rerum natura libro primo (nach
Accius in Philoctete und vor LucretiuB in secundo); ebenso ib. 12 (nach
Livius, EnniuB, Accius, vor Comificius). Von den dort angefahrten Hexa-
metern zeigt einer prosodisches Ignorieren des auslautenden s.
3. Cic. ad Qu. fr. IT, 11, 4 (J. 700): si Sallustii Empedoclea legeris,
hominem non putabo. Auf den Geschichtschreiber Sali, bezieht diess A.
Schöne in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 761 — 756, auf Cn. Sallustius (in Ci-
cero's Briefen) W. Teuffei in Pauly.'s Beal-Enc. VI, 1. S. 703, Nr. 3.
4. üeber Sueius (Moretum) s. oben 29, 2. M. Hertz, Berl. Jahrbb. 1843.
IL S. 232 f.
5. Ueber Ninnius Crassus s. oben 148, 7.
6. Varro in Bimarco: cum Quintipor Clodius tot comoedias sine uUa
fecerit Musa etc. Non. p. 448. Die Bezeichnung als comoediae macht
wahrscheinlich dass es Palliaten waren. Vgl. oben 16, 1. Vielleicht sind daher
Varro's Worte bei Non. p. 117 mit AI. fidese zu schreiben: Quintdporis Clodi
Antipho fies ac poemata eins gargaridians dices: 0 Fortuna etc. (aus Ter.
Phorm. 841, wo Geta den Vers spricht).
7. Sueton. Caes. 39: ludis (des J. 709 d. St.) D. Laberius eques rom.
mimum suum egit. Vgl. Macrob. S. H, 7, 2: Laberium, asperae libertatis
(nach dem Massstabe der Eaiserzeit) equitem rom., Caesar . . invitavit ut
prodiret in scenam et ipse ageret mimos quos scriptitabat, wo mimum
quem scripserat sachlich richtiger wSxe. Denn Lab. hatte bis dahin mimi
für die von Magistraten gegebenen ludi (vgl. Macrob. II, 6, 6) verfasst,
ohne selbst aufzutreten, und wird ein zweites Mal auch nicht aufgetreten
sein. Vgl. Sen. Controv. VII. p. 207 und (besser) 414 f. Bu. Damals hatte
Lab. sein sechzigstes Lebensjahr vollendet (v. 109 Bb.), war somit 648—649
geboren. Hieron. zu Eus. Chr. ad a. Abr. 1794 = 711 d. St.: Laberius mimo-
rum scriptor decimo mense post C. Caesariß interitum (also Januar 711)
Puteolis moritur. Ergreifender Prolog zu dem (unfreiwilligen) Auftreten
des J. 709, erhalten durch Macrob. 11, 7, 3 (aus Gell. VHI, 16). Politische
Anspielungen ib. 4 f. Vgl. Gell. XVÜ, 14, 2: C. Caesarem ita Laberii
maledicentia et adrogantia (nach Caesars Meinung) offendebat ut acceptiores
sibi esse Publilii quam Laberii mimos praedicaret. Auch im Leben führte
344 Ciceronische Zeit. Erste Hälfte, J. 671—691.
Lab. eine scharfe Zunge; s. Sen. 1. 1. und Macrob. II, 3, 10. 6, 6. Die 44
Titel die wir von seinen Stücken kennen und die sonstigen Ueberreste
zeigen wie der mimus alle früheren Gattungen der Komödie in sich auf-
genommen hat, das Griechenthum der palliata, das Familienleben und den
römischen Boden der togata, die Derbheit und Schamlosigkeit der Atellane.
Neben den palliatenähnlichen Titeln, (vgl. oben 8, 4) auch von Ständen
und Beschäftigungen entnommene, wie^Augur, Catularius, Gentonarius, Co-
lorator, Fullo, Piscator, Bestio, Salinator^ Staminariae; Intriken- und Cha-
rakterstücke wie Aries, Cancer, Carcer, Imago, Nuptiae, Paupertas, Taurus;
Aulularia, Caeculi, Galli, Gemelli, Late loquentes, Sorores, Strictnrae,
Virgo; Cretensis, Tusca; Anna Perenna, Lacus Avemus; Compitalia, Natal,
Purilia, Saturn alia. Dass der mimus auf der Höhe der Zeitbildung steht
erhellt aus Anspielungen auf Pythagorea dogma, Cynica haeresis, Demo-
critus; aber auch die Sittenlosigkeit der Zeit ist reichlich vertreten. Kühne
Wortbildungen des Laberius, z. B. Gell. XYI, 7, 1 f. Tertull. de pall. 1.
' Manches aus der Sprache des Pöbels (Gell. XIZ, 13, 3). Y. 55 Bb. das
Bekenntniss: versorum, non numerum numero studuimus. Die Senare sind
gebaut wie die der bisherigen poetae scenici und meist sehr fliessend; ausser-
. dem Trochäen, vereinzelt Bacchien. Die Ueberreste bei Bothe scen. p. 205 ff.
und in Ribbecks com. lat. p. 237 — 268. Ueber Lab. s. besonders C. J.
Grysar, der röm. Mimus (1864) S. 290—296.
8. Hieron. in Euseb. Chron. ad a. Abr. 1914 = 651 d. St. (Todesjahr
des Turpilius und Lucilius): M. Furius poeta cognomento Bibaculus
Cremonae nascitur. Willkommen wäre die Ahnahme von C. Nipperdey, in
Hör. Satt. I comm. altera (Jena 1858. 4.) p. 12—15, dass Hieron. das Ge-
burt^ahr des Bib. um mindestens 20 Jahre zu früh angesetzt habe, falls
sie durch etwas Anderes begründet wäre als den Wunsch die eigene Vor-
stellung von dem Dichter mit dessen Lebenszeit in Einklang zu bringen.
— Quintil. X, 1, 96: iambus . . cuius acerbitas in Catullo, Bibaculo, Ho-
ratio . . reperietur. Diomed. III. p. 842 P. » 486, 17 K. (s. oben 33, 1).
Tac. A. IV, 34: carmina Bibaculi et CatuUi referta contumeliis Ca^sarum
leguntur; sed ipse divus lulius, ipse divus Augustus et tulere ista et reli-
quere. Die Ueberreste des Bib. (Hendekasyllaben , Jamben, Hexameter) in
L. Müller's CatuUus (1870) p. 89 f. Ribbeck, Append. Verg. p. 7 f. hält
ihn auch fär den Verfasser von Vergil. Catal. 5. Der Hexameter bei Schol.
Juv. VIII, 16 (Bibaculus: Osce senex Catinaeque puer, Cumana meretrix) wird
aus einem Epigramm sein. Plin. N. H. praef. 24 über die Wahl von Bücher-
titeln: nostri . . facetissimi Lucubrationum (inscripserunt) , puto quia Bi-
baculus erptt et vocabatur. Darnach wohl Macrob. S. II, 1, 13: is locus (des
Cicero) . . mihi ex libro Fasii Vivaculi notus est. Mit Beziehung auf dieses
Werk wohl Messala Corvinus in quadam epistola . . non esse sibi dicit
rem cum Furio Bibaculo, ne cum Ticida quidem aut litteratore Catone
(Suet. gramm. 4).
9. Die Literatur über den leeren Streit ob bei Plinius praef. 24 (A. 8) Biba-
culus oder (zur „Ehrenrettung" des Dichters) Vivaculus zu schreiben sei s. bei
W. Teuffei zu Hör. Sat. II, 5, 40. S. 135. Dass Bib. lange lebte zeigt Suet.
gramm. 9: Orbilius (geb. 642) vixit prope ad centesimum aetatis annum,
180 f. Bibaculus. Uebersicht. 345
amissa tarn pridem memoria, ut versus Bibaculi docet: Orbilifis nbinam
est, litterarum oblivio? Sollte dieses iam pridem, was physisch kaum
denkbar, sogar auf 16 Jahre ausgedehnt werden, so könnte Bib. das betr.
Gredicht um 726 verfasst haben. Von dieser Seite wäre sonach kein Hin-
demiss die Worte des Horaz (S. II , 6, 40 f. vom J. 724 d. St.): seu pingui
tentus omaso Furius hibemas cana nive conspuet Alpes auf Bib. zu be-
ziehen. Porphyr, z. d. St.: hie versus Furii Vivaculi est. ille enim, cum
vellet Alpes nivibus plenae describere, alt: luppiter hibemas cana nive
conspuit Alpes, welchen Vers auch Quintil. VIII, 6, 17 als Beispiel einer
harten Met-apher anführt. Specieller Acro ad 1. : Furius Vivaculus in präg-
matia belli gallici: luppiter u. s. w. Ist diess richtig, so wäre Bib. an-
fänglich ein Bewunderer Caesars gewesen und, wie Andere, erst als seine
monarchischen Bestrebungen hervortraten sein bitterer Gegner geworden.
Diess ist ebenso leicht möglich wie dass derselbe Schriftsteller früher
ein schwülstiger, später und in einer anderen Gattung ein schneidiger
Dichter gewesen sei. Zweifelhafter ist ob auf Bib. auch zu beziehen ist
Hör. S. I, 10, 86 f.: turgidus Alpinus iugulat dum Memnona, dumque de-
fingit Rheni luteum caput, wozu zwar bei Acro: Bibaculum quendam poe-
tam gallum tangit, der demnach auch eine Aethiopis verfasst haben müsste ;
aber Porphyrie: Cornelius Alpinus Memnona hexametris nimirum descri-
psit. Gewiss ist dass die Verse bei Gell. XVIII, 11 nicht von Bib. her-
rühren; s. oben 138, 4. Eirchner's Vermutung (Comm. zu Hör. S. I. 1865.
S. 329), dass die acht Eingangsverse vor Hör. S. I, 10 den Bib. zum Ver-
fasser haben, hat wenig für sich.
10. Unkritische Stoffsammlung bei A. Weichert, de M. Furio Bibaculo
poeta, in seinen poett. latt. vitae p. 831 — 364. Das andere Extrem ist ver-
treten durch C. Nipperdey, 1. 1., welcher auch behauptet dass Hör. unmög-
lich einen so berühmten Dichter wie Bib. habe verspotten können, sondern
ein unbekannter Furius Alpinus von ihm gemeint sei. A. Wissowa, über
die den Dichter Furius betreffende Stelle in Hör. S. II, 5. Berlin 1867. 4.
Zweite Hälfte der eiceronischeii Zeit.
Die Jahre 691—711 d. St.
190. In diesen Jahren tritt Caesar in den Vordergrund, igo
Es ist eine Zeit wo die politischen Stürme sich im Bürgerkriege
austoben. Innerhalb dieser Zeit selbst aber heben sich wiederum
zwei Generationen gegen einander ab. Zur älteren gehören von
Geschichtechreibem, ausser Caesar selbst, Cornelius Nepos und
Caesars Forteetzer Hirtius, sowie Oppius; von Gelehrten und
Lehrern Nigidius, Valerius Cato, Orbilius; der Stoiker Cato; die
Juristen Ofilius und Cascellius; die Redner Calidius und Mem-
rnius; endlich der Dichter Lucretius.
1. Zu derselben (älteren) Generation (§. 190—201) scheint Maecius
Tarpa zu gehören, welcher schon J. 699 als dramatischer Kritiker thatig
34Ü Cicerouische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
war (Cic. ad fam. YII, 1, 1: nobis eraut ea perpetienda quae Sp. Maecius
probayisset) , ohne dass bekannt w&re ob diese Verwendung desselben sich
auf literarische Leistungen gründete. Denn sehr zweifelhaft ist seine Iden-
tität mit dem in Donats Zusatz zur yita Ter.: duos Terentios poetaa fuisse
scribit Metius. Später nahm er gleichfalls eine Amtsstellnng bei Becita-
tionen im collegium poetarum ein (Hör. S. I, 10, 46 und dazu die Verhandl.
der Heidelberger Philologenvers. S. 163 — 166) und wird daher von Horaz
(Ep. II, 3, 387) sprüch wörtlich fOr einen Eunstrichter genannt.
181 191. C. lulins C. f. C. n. Caesar war geboren den 12 Juli
654 (100) als Sohn eines Vaters der schon nach' der Prätur ge-
storben war und der trefflichen Aurelia. Als Verwandter des^
Marius gerieth er nach SuUa's Sieg in Gefahr, diente J. 674 ff.
in Asien, begann seine rednerische und politische Laufbahn mit
Anklagen gegen Mil^lieder der Nobilität wegen Erpressungen,
bildete sich J. 679 in Rhodos weiter aus, wurde Quästor (687)
in Hispania ulterior, Aedil 689, pontifex maximus 691, war
Prätor 692, Proprätor in Hispania ulterior 693 f., Consul 695
(59), nachdem er 694 mit Pompejus und Crassus das erste Tri-
umvirat geschlossen und von jeher durch alle Mittel sich als
Mann des Volkes hinzustellen gewusst hatte. Die Jahre 696 —
704 war Caesar Proconsul in Gallien, dieses Land den Römern
unterwerfend und innerlich ordnend, zugleich aber sich selbst
reiche Mittel verschaffend und ein kriegsgewohntes, ergebenes
Heer heranbildend. Mit diesem erkämpfte er sich J. 705 — 708
die Alleinherrschaft (Cos. H 707, lU 708), die er J. 709 f. be-
kleidete, als Consul sine collega (IV J. 709, V 710) und dicta-
tor reip. constituendae, bis er am 15. März 710 den Streichen
seiner Mörder erlag.
m
t. Quellen für das Leben Caesars ausser seinen commentarii besonders
Sueton's d. lulius, nächstdem Plutarchs ßiog KaCaaqoq^ letzterer wohl aus
denselben Quellen wie Appian's 'E{KpvXia^ wahrscheinlich Asinius Pollio
und Livius; s. H. Peter, Quellen Plutarchs (1866) S. 119—129.
2. Gesammtdarstellungen des Lebens von Caesar: W. Drumann G. B.
in. (1837.) S. 129—762; im Auszuge von C. Krafft, Pauly's Real-Enc. IV.
S. 427—483. P. van Limburg-ßrouwer, Cesar en zjjne tijdgenooten, 3 Theile,
Groningen 1844—1846. Mommsen R. G. III. Eöchly und Rflstow, Einl.
zu Caes. Comm. üb. d. gall. Krieg (1857) S. 9 — 60 (bis J. 703). C. Peter,
G. R. II. S. 209 £F. Merivale's Gesch. d. R. unter dem Kaiserthum, Bd. I
der deutschen üebersetzung (Leipzig 1866). Napoleon's III histoire de
Jules C^sar, bis jetzt zwei Bände, Paris 1866 (mit Atlas) u. 1866. Zugleich
in deutscher üebersetzung (Wien, Gerold).
3. Die überlieferte' Datierung von Caesars Geburtsjahr hat gegen
Mommsen III'. S. 15 f. A. (welcher 652 wollte) vertheidigt C. Nipperdey,
J
191 f. Caesar'B Leben und Charakter. 347
Abhandl. d. sächs. Ges. d. Wiss. 1866. V. S. Sff., indem er vielmehr die
gewöhnliche Ansicht von den leges annales als unrichtig nachwies.
192. Caesar's Begabung ist von wunderbarer Vielseitigkeit: 182
ebenso gross als Staatsmann wie als Feldherr^ war er durch
Klarheit des Greistes und eiserne Energie des Willens zum
Herrscher über eine ihrer selbst nicht mehr mächtige Zeit be-
rufen ^ erkannte diesen Beruf frühzeitig und verfolgte ihn mit
dem ganzen Aufwand seiner geistigen Mittel, durch List wie
Kühnheit, mit ruhiger Stätigkeit und weitsichtigster Berechnung.
Aber die Eigenschaften die ihn zum Herrscher Roms empor-
hoben waren wenig geeignet ihn zum glänzenden Schriftstellei;'
zu machen. Obwohl er die Sprache mit vollkommenster Sicher-
heit in Rede wie Schrift handhabte, so war ihm doch beides
immer nur Mittel für bestimmte politische Zwecke und nach
Gegenstand wie Art bedingt durch diese Zwecke und seine
ganze phantasiefreie Persönlichkeit. Darum legte er selbst nur
geringen Werth auf seine Beredtsamkeit, obwohl er darin in
seiner Zeit nur dem Cicero nachstand und durch Schärfe, Ge-
schmack und Lebhaftigkeit der Sprache und des Vortrags sich
auszeichnete; noch geringeren gewiss auf die Verse die er nicht
blos in seiner Jugend machte. Den nüchternen Denker bekun-
det das Schriftstellern über Sprachrichtigkeit, den heitern ge-
winnenden Lebemann das Sammeln von Witzen; dagegen die
Abfassung eines astronomischen Werkes (de astris) stand wohl
mit Caesars Kalenderverbesserung in Zusammenhang, und ganz
unzweifelhaft dienten der Politik die Schriften gegen den zum
Märtyrer der Republik erhobenen Cato, sowie Caesars commentarii.
1. Caesar als Redner. Cic. Brut. 72, 262: de Caesare . . itä iudico,
. . illum omninm fere oratorum latine loqni elegantissime. (vgl. unten A.
4), nee id solum domestica consuetudine . . sed . . multis litteris, et eis
qnidem reconditis et exquisitis, summoqjie studio et diligentia .est conse-
cutus. 76, 261: splendidam quandam minumeque veteratoriam rationem
dicendi tenet, voce, motu, forma etiam magnifica et generosa quodammodo.
Fronto Epist. p. 123 Nab.: Caesari facultatem dicendi video imperatoriam
füisse. Quintil. X, 1, 114: C. Caesar si foro tantum vacasset, non alius ex
nostris contra Ciceronem nominaretur. tanta in eo vis est, id acumen, ea
concitatio ut illum eodem animo dixisse quo bellavit appareat; exomat
tarnen haec omnia mira sermonis, cuius proprio studiosus fuit, elegantia.
Tac. A. XIII, 3: dictator Caesar summis oratoribus aemulus. Suet. Caes.
55: post accusationem Dolabellae (J. 677; unrichtig die Hdss. bei Tac.
dial. 34) haud dubio principibus patronis annumeratus est. Vgl. noch
Quintil. XII, 10, 11 (oben 43, 12). Vellej. II, 36. Tac. dial. 21 (A. 2).
348 Ciceronieche Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
Apulej. apol. 95. Flut. Caes. 3. lieber Caesar als Stilisten überhaupt
Hirtius , b. g. VUI. praef . 7 : erat in Caesare facultas atque elegantia
summa scribendi.
2. Caesars Beden. Cic. Brut. 75, 262: orationes eins mihi vehementer
probantur, compluris autem legi. Tac. dial. 21 Iftsst seinen Lobredner der
neuen (kaiserlichen) Beredtsamkeit sagen: concedamus C. Caesan ut propter
magnitudinem cogitationum et occupationes rerum minus in eloquentia
effecerit quam divinum eins Ingenium postulabat, . . nisi forte quisquam
Caesaris pro Decio Samnite . . ceterosque eiusdem lentitudinis ac teporis
libros legit. .Gell. lY, 16, 8: C. Caesar, gravis auctor linguae latinae, . .
in Dolabellam actionis 1 lib. I (die Hdss.: actionis 111: ibi). V, 13, 6: in
oratioue quam pro Bithynis (J. 677, s. Rhein. Mus. XIX. S. 577 — 681) dixit
hoc principio usus est (vgl. Jul. Rufus 8, p. 40, 24 Halm). Xlll, 3, 5: rep-
peri in oratione C. Caesaris qua Plautiam rogationem suasit (J. 684?).
Vgl. Non. p. 354. Schol. Bob. p. 297 Gr.: Caesaris orationes contra hos
(Memmius und Domitius, J. 696) exstant, quibus et sua acta defendit et
illos insectatur. ib. p. 317: ibi (im Senat) habitae sunt tres ülae orationes
contra Domitium et Memmium. Suet. Caes. 6: in amitae laudatione (J.
686) . . sie refert. 55: orationes aliquas. reliquit, inter quas temere quae-
dam feruntur, wie die pro Metello (oben 43, 8) und apud milites in Hispania.
Zusammenstellung der Ueberreste von Caesars Reden und der Nachrichten
über siß bei Meyer, oratt. rom. * p. 408 — 420 und in Nipperdey's Caes. von
1847, p. 749—751.
3. Caesars Gedichte. Tac. dial. 21 : nisi qui et carmina eorundem (des
Caesar und M. Brutus) miratur. fecerunt enim et carmina et in bjblio-
thecas rettulerunt, non melius quam Cicero, sed felicius, quia istos fecissc
pauciores sciunt. Suet. Caes. 56: feruntur et a puero et ab (ut ait Varro,
ab Bentley) adulescentulo quaedam scripta, ut Landes Herculis, tragoedia
Oedipus, item Dicta coUectanea. quos omnis libellos vetuit Augustus pu-
blicari. ib.: reliquit et . . poema quod inscribitur Iter, (quod fecit) . .
dum ab urbe in Hispaniam ulteriorem quarto et vicesimo die pervenit
(J. 708). Sechs Hexameter über Terenz bei Suet. v. Terent. 5. Plin. N. H.
XIX, 8,, 144: olus . . d. lulii carminibus . . celebratum. Plin. Ep. V, 3, 5
(oben 31, 1) lässt auf erotische Gedichte (Epigramme?) schliessen. Vgl.
noch' Plut. Caes. 2: noii^fucta y^cptov,
4. Si](eton. Cae6. 56: reliquit et de analogia duos libros, . . (quos)
in transitu Alpium, cum ex citeriore Gallia conventibus peractis ad exer-
citum rediret, . . fecit (J. 699?). Fronto Ep. p. 221 Naber: . . G. Caesarem
. . duos de analogia libros scrupulosissimos scripsisse, . . de nominibus
declinandis, de verborum aspirationibus et rationibus. Cic. Brut. 72, 253:
qui etiam in maxumis occupationibus ad te (Cic.) . . de ratione latine lo-
quendi accuratissime scripserit. Gell. XIX, 8, 3: G. Caesar, . . vir ingenii
praecellentis, sermonis praeter alios suae aetatis castissimi, in libris quos
ad M. Ciceronem de analogia conscripsit. Wie Caesar auch hier Militär
und Regent war zeigt der Grundsatz der ib. I, 10, 4 nach dem ersten Buch
angeführt vrird, ut tamquam scopulum sie fugias inauditum atque insolens
verbum. ■ Zusammenstellung der Ueberreste aus dem Werke bei Nipperdey
192 f. Caesar als Redner und Schrifteteller. Caesara Schriften. 349
Caea. (1847) p. 753—757. Lerach, Sprachphilosophie d. Alten I. S. 129 ff.
Fr. Schütte, de G. lulio Caeaare grammatico, Halle 1865 (die Fragmente
p. 13—36).
5. Cic. ad Farn. IX, 16, 4 (J. 708): audio Caeaarem, cum volumina
iam confecerit 'Anotp^syfuiztov , si quod afferatur ad eum pro meo quod
meum non sit reicere aolere. Bei Suet. Caea. 66 (oben A. 3) Dicta col-
lectanea.
6. De astria. Macrob. I, 16, 39: luliua Caesar aiderum motua, de qui-
bua non indoctoa libroa reliquit, ab aegyptiia diaciplinia hauait. Plin. N.
H. im QueUenverzeichniaa (B. I) zu B. XVIII unter den einheimiacben: ex . .
L. Tarutio, qui graece de aatria acripsit, Caeaare dictatore, qui item. Wirk-
lich iat er in B. XVIII dann öfbera genannt, ao wie von Ptolemäua und
Lydua; a. Nipperdey (1847) p. 757—762. Wie die Worte dea Pliniua zwei-
felhaft laaaen ob daa Werk griechiach oder lateiniach geschrieben war, ao
möchte auch daa Schweigen Sueton'a über dieaea Werk darauf fähren daaa
ea nicht eigentlich von Caeaar verfaaat, aondem in aeinem Auftrag und
nach den von ihm gegebenen Gesichtspunkten von einem Andern (einem
Griechen?) ausgearbeitet und (unter seinem Namen?) herausgegeben war.
Ueber die Augurien aber schrieb L. Caeaar, a. unten 196, 12.
*
7. Suet. Caea. 56: reliquit et de analogia duoa libroa et Antiaato»-
nea totidem . . (quoa) aub tempua Mundenaia proelii (17 März 709) fecit.
Juv. VI, 338: duo Caesaria Anticatonea. Die Schrift war gegen Cicero'a
Lobachrifb auf Cato (oben 177, 6) gerichtet, unter starken Schmeicheleien
gegen Cicero (Plut. Caes. 3. Cic. 39. Plin. N. H. VII, 30, 117), aber mit
desto grösserer Bitterkeit gegen Cato, den er, um den Heros der republi-
nischen Partei seines Nimbus zu entkleiden, als eine lächerliche Person -
hinstellte und nichts Gutes an ihm liess (Plut. Caes. 54. Cato min. 36. 52.
54. Plin. £p. III, 12). Cicero äusserte sich gegen Caesar selbst über diese
Schrift anerkennend (ad Att. XIII, 50, 1. 51, 1), anders freilich nach Cae-
sars Tod (Top. 25, 94). Vgl. H. Wartmann, Leben des Cato (1868) S.
161—175.
8. Dass ein Mann von Caesars Stellung einen ausgebreiteten Brief-
wechsel hatte ist selbstverständlich, und es gab mehrere Sammlungen seiner
Briefe, die naeh seinem Tode gemacht und veröffentlicht waren, theilweise
in einer Geheimschrift gehalten, zu welcher Sueton (Caes. 56 vgl. Gell.
XVII, 9, 3 f.) den Schlüssel gibt. Suet. 1. l.t epistulae quoque eins ad se-
natum exstant. . . ezstant et ad Ciceronem, item ad familiäres domesticis
de rebus u. s. w. Gell. XVII, 9, 1: libri sunt epistularum C. Caesar is ad
C. Oppium et Balbum Comelium, qui rebus eins abaentia curabant. Zu-
aammenatellung der Anführungen von Briefen dea Caeaar an die Genann-
ten und viele Andere bei Nipperdey, Caea. (1847) p. 766 — 783. Briefe von
Caesar an Cic. u. A. bei Cic. ad Att. IX, 6 A. 7 C. 13 A. 16. X, 8 B.
9. F. W. Otto, Nachlese zu der Sammlung von Fragmenten Caesara,
Ztschr. f. d. Alt.-W. 1850, Nr. 39 f. nebat M. Hertz, Philologua V. S. 764 ff.
193. Erhalten ist von Caesars schriftlichen Arbeiten nuri83
die wichtigste, seine Denkwürdigkeiten (commentarii). Sie
350 Ciceronieche Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
erzählen die Geschichte der ersten sieben Jahre des gallischen
Kriegs in sieben und die Geschichte des Bürgerkriegs bis zum
alexandrinischen in drei Büchern und halten die Mitte zwischen
einer blosen Stoffsammlung oder den flüchtig hingeworfenen
Bemerkungen eines Tagebuchs und einem sorgfaltig ausgefeilten
historischen Werke. Aber so kunstlos und schlicht die Form
ist, so reiflich erwogen ist der Inhalt. Ohne jemals plump die
Wahrheit zu verletzen versteht der Verfasser meisterhaft die
Kunst die Thatsachen zu seinen Gunsten zu gruppieren und am
rechten Orte zu schweigen; ohne je in Prahlerei zu verfallen
oder auch nur den Schein der Objectivität aufzugeben weiss er
seine Person und Verdienste aufs Trefflichste ins Licht zu setzen,
sein Handeln als berechtigt, seine Beweggründe al« rein hinzu-
stellen. Die Bücher über den gallischen Krieg veröffentlichte
Caesar nach dessen Beendigung, J. 703; die über den Bürgerkrieg
scheinen nicht vollendet zu sein.
% 1. Suet. Caes. 56 in.: reliquit et rerum suarum commentarios gallici
civilisqne belli pompeiani. Cic. Brat. 76, 262: etiam commentarios quos-
dam BcripBit rerum suarum valde quidem probaudos, nudi enim sunt recti
et venusti, omni ornatu orationis tamquam veste detracta. Hirtius b. g.
VIII. praef.: Caesaris nostri commentarios rerum gestamm Galliae . .
contexui u. s. w. constat inter omnes, nihil tam-operose ab aliis esse
perfectum quod non horum elegantia commentariorum superetur. qui sunt
editi . . adeo probantur . . ut praerepta, non praebita facultas scriptoribus
videatur. . . ceteri quam bene atque emendate, nos etiam quam facile
atque celeriter eos perfecerit scimus. Sueton. Gaes. 66: Pollio Asinius
parum diligenter parumque integra veritate compositos putat, cum Caesar
pleraque et quae per alios erant gesta temere crediderit et quae per se
yel consulto vel etiam memoria lapsus perperam ediderit, existimatque
rescripturum et correcturum fuisse. Letzteres kann nur etwa vom bell,
civ. gelten; s. KOchly-Rüstow, Einl. z. gall. Krieg S. 93. Nachweisung
einer Anzahl von Entstellungen des Thatsächlichen bei Drumann III. S.
756 f. Dass man das Werk als einseitige Parteischrift betrachtete war
vielleicht mit ein Grund warum wir es so wenig berücksichtigt finden.
Strabon IV. p. 177 nennt es vTcofi/vi^nata , Plut. Caes. 22 (sowie Symmach.
Epist. IV, 18 und Arator ep. ad Parthen. 39 f.) iq>rjfisQ£Sss (vgl. Appian.
Celt. 18: iv taCg IBCaig avayqatpatq rmf U^cdv l^ytov), wie Ap. Sidon. IX,
14 missverständlich beU. gall. VIII als Balbi ephemeris bezeichnet Letz-
terer (Ep. IX, 14) kennt das Werk nur dem Titel nach, und er wie Gros.
VI, 7 missversteht libri C. Caesaris de hello gallico so als ob es die Bücher
von Caesars gallischem Kriege bedeutete, und hält Caesars Biographen,
Sueton, für den Verfasser. Vgl. Roth's Ausg. des Sueton p. CI f.
2. Die Handschriften der commentarii zerfallen in zwei Classen,
von denen die eine, ältere (saec. IX f.) und bessere, nur die acht Bücher
193. Caesars Schriften. Commentarii. 351
de bello gallico enthält, die andere, jüngere (saec. XI ff.) und qualitativ
geringere, sämmtliche Bacher. Zur ersteren gehören besonders Bongars. I,
Paris. I, Voss. L, Vat., auch der Moysiacensis (M); zur zweiten {jd bei
Dübner) der Thuaneus (Par. II), Leidensis I, Ursinianus, Yindobonensis I,
Andinus und Oxoniensis. Der Schluss von bell. gall. VIII und von b.
Hispan. ist in keiner 'Handschrift erhalten; bell. civ. zeigt auch sonst
Lücken, üeber die Handschriften beider Classen s. Nipperdey Ed. 1847,
p. 37—50. H. J. Heller im Philologns XVII. p. 492—609; über die der
ersten A. Frigell in der Nordisk ünivers. Tidskr. (Upsala 1857) IH. S. 50—
58. D. Detlefsen, Philologus XVII. ^. 649-660. Whitte, coli. codd. II mss.
Hayn. Caes. de b. g., Kopenhagen 1847.
3. Ausgaben der commentarii (einschliesslich der Fortsetzungen).
Ed. princeps, Rom. 1469. fol. lensoniana, Yen. 1471. fol. Cura Ph. Bero-
aldi (Bonon. 1504. fol.), lo. lucundi (Aid. 1513, 1519), Florentina 1508. Ed.
F. Ursinus (Antv. 1570), I. Lipsius (Antv. 1585), los. Scaliger (Lugd. Bat.
1606). Sammelausgabe (mit den Erklärungen von Glareanus, Manutius u.
A.) von G. Jungermann (Frankfurt 1604. 4.). Ex rec. lo. Davisii, Gantabr.
1706. 1727. 4. Cum annotatt. Sam.. Clarkii, London 1712. fol. Cum not.
var. ed. I. G. Graevius, Lugd. Bat. 1713. 2 Voll. Ebenso cura Fr. Guden-
dorpii, Lugd. Bat. 1737. 4. (u. Stuttgart 1822. 8. 2 Voll.). Ed. S. F. N.Mo-
rus, Lips. 1780 (cur. I. I. Gberlin, Lips. 1805. 1819).
Kritische Ausgaben: Bec, optimorum codd. auct. ann.^ quaestiones
criticas (251 pp.) praemisit C. Nipperdey, Lips. 1847. Annot. crit. instruxit
Fr. Dübner, Paris 1867. 2 Voll. Vgl. W. Dittenberger, Götti. Gel. Anz.
1870, S. 6—28.
Schulausgaben mit kurzen Anmerkungen (oder Wörterbuch) von J. Ch.
Dähne (Lips. 1825), A. Möbius (Hannover 1826. 1830. 2 Bde.), J. C. Held
(Sulzbach 1822 ff.), C. G. Herzog (Leipzig 1825 ff.), A. Baumstark (Freiburg
1832), Fr. Kraner (Berlin, Weidmann), A. Doberenz (Leipzig, Teubner).
Textabdrücke von C. Nipperdey (Lips. 1847. 1856), E. Hoffmann (Vin-
dob. 1856 f.). Fr. Kraner (Lips, Tauchn., 1861), B. Dinter (Lips, Teubner,
1864. 1870), '^i. Dübner (Paris 1866) u. A.
4. üebersetzungen gibt es in alle Sprachen. Eine in^s Griechische wurde
im 16ten Jahrh. nach der Ausgabe des B. Stephanus (Paris 1544) wahr-
scheinlich in Paris von einem Franzosen gemacht und von Jungermann
1606 erstmals herausgegeben; s. H. J. Heller im Philologus XIL p. 107 —
149. Deutsche z. B. von Baumstark (Stuttgart, Metzler), sowie (gall. Kiieg)
von Köchly und Rüstow (Stuttgart, Hoffmann, 1856).
5. Erläuterungsschriften über Caesar und seine Memoiren überhaut)t.
C. E. Schneider, über Caesars Charakter, aus seinen Schriften, in Wach-
ler's Philomathie I. S. 180 ff. D. Henne, de Caes. rerum a se gestamni
scriptore, Paris 1843.
J. F. ROsch, über die Comm. des C. nebst Beiträgen zur röm. Taktik,
Haue 1783. Napoläon (I), pr^cis des guerres de C^ar, Paris 1835; deutsch
Stuttgart 1836. W. Rüstow, Heerwesen und Kriegführung Caesars, Gotha
1855. Nordhausen 1862. A. v. Cohausen, Caesars Rheinbrücken, philolo-
352 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
g^sch, militärisch und technisch untersucht, Leipzig 1867. Schulkarten
zum b. g. und civ. von H. Rheinhard, Stuttgart 1859. W. Rflstow,' Atlas
zu Caes. gall. Kr. in 15 Karten u. Plänen, Stuttg. 1868.
üeber die Glaubwürdigkeit der Comm. Caesars Bresemer (Berlin 1835. 4.),
F. Winkelmann ' (JahnH Archiv IL S. 533 — 550), F. Eyssenhardt (Jahns
Jahrbb. LXXXV. S. 756—764), F. Seck (de . . fide, Essen 1860 u. 1864. 4.).
6. Fl'. H. Th. Fischer, die Rectionslehre bei Caesar, Halle 1853. 1854. 4.
C. Kossak, de ablat. absol. usu ap. Caes., Gumbinnen 1858. 4. Reinhardt,
diÖ tempora und modi bei Caesar, Heilbronn 1859. 4. W. Dittenberger im
Hermes IIL S. 375—381 (esse beim -Partie, fut. act.). Ph. A. Proksch, Ge-
brauch der Nebensätze bei Caes. L Bautzen 1870. 40 S. 4.
Beiträge zur Kritik von Fr. Kindscher (Zerbst 1860. 1864. 4.), Beck
(Lauenburg 1863. 4.) u. A.
7. Üeber die Zeit der Herausgabe der Bücher vom gallischen Kriege
8. C. E. Schneider in Wachler's Philomathie L 8. 184 ff. (verfasst im Winter
702 f., yeröffenÜicht wohl Frühjahr 703; unwahrscheinlich Kraner u. A.:
704 — 705). Die drohenden Stürme sollte die Rechtfertigungsschrift be-
schwichtigen, dem Volke Caesar als den höchsten Aufgaben gewachsen
zeigen. Da Caesar seine Kriegsuntemehmungen ohne Auftrag des Senates
ausgeführt hatte, so bemüht er sich fortwährend sie als noth wendige Ver-
theidigungsmassregeln hinzustellen. Sein Bericht beschränkt sich auf die
kriegerischen Vorkommnisse. Diese erzählt er als Römer für Römer, ohne
eine Regung von Mitgefühl, aber auch ohne Schönfärberei, bei all den
Grausamkeiten und Treulosigkeiten gegen Völker welche nichts als ihr
Recht und ihre Unabhängigkeit wider den ehrgeizigen Störer ihres Frie-
dens yertheidigten. Eine gewisse Wärme fühlt sich durch nur bei tüchtigen
Leistungen seiner Getreuen. Auch hütet sich Caesar durch aUzu technisch
militärische Haltung die populäre Wirkung seines Berichts zu beeinträch-
tigen. Die DarsteUung ist knapp, ohne karg zu sein, durchsichtig und le-
bendig, schlicht ohne einförmig zu werden, und anziehend auch wo sie sich
gehen lässt. Räsonnierende Inhaltsübersichtbei Köchly und Rüstow, Einl. z.
gall. Krieg S. 51—85; Charakteristik ebds. S. 85—94.
8. Ausgaben des bellum gallicum mit Anm. (bzhgsw. Wörterbuch,
Karten u. dgL) von C. G. Elberling (Havn. 1827), J. C. Held (Sulzbach
1825 ff. 1832), C. G. Herzog (Leipzig 1825. 1831), J. Apitz (Berlin 1835),
C, E. C. Schneider (rec. et ill., Halle 1840—1855. 2 Voll.; nur B. I— VlI),
M. Seyffert (2. Aufl. Halle 1851), Eichert (Breslau 1859 f.), Stüber und
Rheinhard (Stuttgart 1860), A. Frigell (rec, codd. contulit, comm. instr.,
üpsala 1861, 3 partes), F. W. Hinzpeter (8. AufL, Bielefeld 1868), Fr. Kra-
ner (1853; 6. Aufl., bes. von W. Dittenberger, Berlin, Weidmann), A. Do-
berenz (5. Aufl., Leipzig, Teubner, 1871), J. Quosseck (Cöln 1866) u. A.
9. Erläuterungsschriften. H. Köchly und W. Rüstow, Einleitung zu
Caesars Commentarien über den gallischen £jieg, Gotha 1857.
C. W. Glück, die bei Caesar vorkommenden keltischen Namen, München
1857. H. J. Heller, de nominibus celticis in Caes. comm. traditio, Philolo-
gus XVn. p. 270—287.
193. Caesar'ß commeniÄrii. 353
J. Reichard, geograph. Nachweis der Kriegsvorf&Ue . , in Gallien,
Leipzig 1832. Geographie des transalpinischen Gallien von F. A. M. Fiedler
(Essen 1828) und J. v. Hefner (München 1836). M. A. Fischer, Gergovia,
Leipzig 1856. A. v. Göler, Caesars gall. Krieg in den J. 58—63 v. Chr.,
Stuttgart 1858; im J. 52, Carlsruhe 1859; im J. 61, Heidelberg 1860. A. v.
Cohausen, Caesars Feldzüge gegen die Germanen am Rhein, in den Jahrbb.
der rheinl. Alt. Fr. XLHI. S. 1—66.
10. Zahllos wurden, seitdem Napoleon III diesemGegenstande seine Stu-
dien zugewandt, die geographischen und militärischen Beiträge dazu aus
Frankreich. Zu dem Bedeutenderen gehört F. de Saulcy, les campagnes de
Jules Cesar dans les Gaules. IStudes d'arch^ologie militaire. I. Paris 1862.
L. Fallue, Conquete des Gaules, Paris 1862. Creuly, carte de la Gaule sous
le proconsulat de C^sar, Paris 1864. Aufzählung und Beurteilung der ein-
schlägigen Arbeiten in der Literaturübersicht von Ö! J. Heller, Philologus
XIX. S. 465—676. XXIL S. 99—174. 285—330. XXVI. S. 652—700. K. Tho-
mann, der französische Atlas zu Caes. gall. Kr., Zürich 1868. 4. 1871.
25 S. 4. (belgischer Feldzug, Expedition ins Wallis, Seekrieg mit Venetien).
A. Platen, de fide et auctoritate Caes. de b. gall. comm., Liegnitzl854. 4.
11. Die drei Bücher des bellum civile sind unverkennbar schwächer
und flüchtiger gearbeitet und enthalten manche unzweifelhafte Nachlässig-
keiten und Unrichtigkeiten. Uebrigens ist d^r Text ganz besonders ver-
dorben überliefert. Zur Sache Fr. Hofinann, de origine b. c. Caesariani,
Berlin 1857, und Th. Mommsen, die Rechtsfrage zwischen Caesar und dem
Senat, Abhandl. der Breslauer hist.-philol. Ges. I (1867) S. 1 — 58. A. v.
Göler, d. Bürgerkrieg zwischen Caesar und Pompejus im J. 60 — 49 v. Chr.,
Heidelberg 1861; die Kämpfe bei Dyrrhachium und Pharsalus, Karlsruhe
1854; Treffen bei Ruspina, Karlsruhe 1856. Möhring, Quaest. Caesarianae,
Kreuznach 1858. 4.
J. V. Hefner, Geographie zu Caesars b. c, München 1836. H. Glöde,
über die historische Glaubwürdigkeit Caesars in den Comm. vom Bürger-
krieg, Kiel 1871. 50 S.
12. Ausgaben des b. c. mit Anmerkungen u. s. w. von J. C. Held (Sulz-
bach 1822 ff. 4. Aufl. 1857), C. G. Herzog (Leipzig 1834), J. Apitz (Berlin
1837), A. Doberenz (Leipzig 1854. 1863. 1871), Fr. Kraner (4. Aufl., bes.
von Fr. Hofmann, Berlin 1868).
Bestreitungen der Authentie in einem Programm aus Culmbach 1864. 4.
und von Heidtmann, Essen 1867. 4.
Kritische Beiträge von Elberling (obss. er., Havn. 1828, und varr. lectt.
Roeskild 1853), Whitte (collatio codd., Havn. 1847), J. N. G. Forchhammer
(de vera . . emendandi ratione, Havn. 1862), Hartz (Adnotatt., ZüUichau
1864), L. Vielhaber (Wien 1864. 4.) u. A.
194. Nach Caesars Tode betrachtete der Kreis seiner näch-i84
sten Vertrauten es als Pflicht auch diejenigen Feldzüge dessel-
ben zu beschreiben welche Caesar selbst nicht mehr geschildert
hatte y also sein letztes Jahr in Gallien^ den alexandrinischen^
africanischen und spanischen Krieg. Diese sind sichtlich von
Txumii, Böm. Literatarg««cliichte. 2. Aufl. 23
354 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
dreierlei Verfassern. Völligen Mangel an stilistischer Befähigung
zeigt der des spanischen Krieges; in weit geringerem Masse
der des africanischen; bei jenem zerhackt und stammelnd ist
die Darstellung bei diesem geschmacklos gewunden und schwül-
stig. Dagegen die Erzählung des achten Kriegsjahres in Gal-
lien und des alexandrinischen Feldzugs verräth einen gebildeten
Verfasser und das Bestreben die Schreibweise des Caesar nach-
zuahmen; sie hat ohne Zweifel den A. Hirtius zum Urheber.
Von G. Oppius kann weder der africanische herrühren noch der
spanische ; vielmehr jeder nur von einem Manne der, obwohl in
untergeordneter Stellung, den Krieg mitgemacht hatte und daher
von Hirtius ersucht worden war seine Erinnerungen aufzuzeich-
nen, um sie dereinst seiner eigenen Darstellung zu Grunde zu legen.
1. Suet. Caes. 56: Alexandrini Africique et Hispaniensis (belli) incer-
tus auctor est. alii Oppium putant, alii Hirtium, qui etiam Gallici belli
noviBsimum imperfectumque librum suppleverit. Vgl. die praefatio zu b.
g. VUI: coactuB adBidois tuis vocibus, Balbe, . . rem difficillimam suscepi.
Caesaris nostri commentarios remm gestarum GaUiae non cohaerentibus
BuperioribuB atque insequentibna eins scriptis contexui, novisBimnmque im-
perfectum ab rebus gestis Alexandriae confeci UBque ad exitum non qui-
dem civilis dissensionis , cuius finem nullum videmus, sed vitae CaesariB.
. . mihi ne illud quidem accidit ut Alexandrino atque Africano bello inter-
essem. quae bella . . ex parte nobis Caesaris sermone sunt nota. Hieraus
erhellt dass diese Fortsetzung nach Caesars Tod verfaest ist, zu einer Zeit
wo der Krieg mit Antonius wahrscheinlich geworden » somit für den Bür-
gerkrieg in der That kein £nde abzusehen war, und von einem Vertrau-
ten des Caesar, aber nicht von Cornelius Balbus, also entweder von G.
Oppius oder A. Hirtius. Letzteren bezeichnet Sneton (Caes. 66: Hirtius ita
praedicat) [entschieden als Verfasser von b. g. VIll. Da nun Hirtius am
27 April 711 fiel, und die Beschreibung des bellum africanum sichtlich
einen anderen Charakter hat als b. g. VIII und alexandrin. (s. A. 3), wäh-
rend doch der Verfasser der praefatio zum b. g. VUI die Absicht hatte
auch bell. afr. zu beschreiben, so hat viele Wahrscheinlichkeit die Combi-
nation (von Nipperdey) dass Hirtius wie b. g. VIII so auch bell. alex. J. 710
— 711 verfasst habe, an der beabsichtigten Beschreibung des bell, afric.
und hisp. aber durch seinen Tod verhindert' worden sei, worauf die für ihn
von Subalternen gemachten Aufzeichnungen über diese Kriege, so wie sie
sich in seinem Nachlasse fanden, mit herausgegeben wurden. Vgl. Dru-
mann III. S. 76. C. Nipperdey, de snpplementis commentariorum Caesaris,
Berlin 1846 = ed. Caes. 1847, p. 8—34. Köchly-Rüstow, Einl. z. gall. Krieg
S. 106—110.
2. Sowohl Hirtius als Oppius besassen die Bildung welche das Abfas-
sen eines G^schichtsworkes voraussetzt. Beide aber auch zu viel literarische
Uebung als dass sie die Verf. des bell. hisp. und afr. sein konnten. Hir-
tius verfasste auf Caesars Veranlassung J. 709 von Spanien aus eine Ge-
194. Fortsetzungen von Caesar s commentarii. 355
genschrift gegen Cicero's Lobrede auf Cato, in Form eines Sendschreibens
an Cicero, toII Schmeicheleien für den Letzteren (Cic. ad Att. XII, 40, 1.
41, 4. 44, 1. 46, 3. 47, 3). Ein kurzer Brief von Hirtius an Cicero bei Cic. ad
Att XV, 6. Aber auch Oppius verfasste Schriften. Vor Allem *ein Leben
Caesars, angeführt von Plut. Pompei. 10 (Chtnlto iilv, otav nBql Kaicaqog
nolBftianf r (piltov diaXiyritaiy aipodga 9si niaxsveiv ftsr' evlaßsiae) u. 17
(über Caesars persönliche Tapferkeit), sowie Suet. Caes. 53 (circa victum
G. Oppius adeo indifferentem docet ut etc.). Daraus mag auch sein was
Plin. N. H. XI, 46, 104 (C. Marium . . Oppius auctor est) über des Marius
Härte gegen sich selbst anführt. Vgl. Suet. Caes. 62: G. Oppius . . librum
edidit, non esse Caesaris filium quem Cleopatra dicat. Ausserdem Charis.
I. p. 119 P. =» 147, 3 E.: Oppius De vita Cassii, idem De vita prioris Afri-
cani (Gell. VI, 1, 2). Es ist zu vermuten dass die erstere Schrift direct
oder indirect gegen den (^aesarmörder C. Cassius gerichtet war, die letztere
aber eine Vergleichung des Caesar mit dem JQteren Africanus anstellte, die
wohl zu Caesaris Gunsten ausgefallen sein wird. Aber auch L. Cornelius
Baibus aus Gades, an welchen b. g. VIII gerichtet ist, scheint selbst über
Caesar geschrieben zu haben; s. Suet. Caes. 81: cnius rei (Vorzeichen von
Caesars Tod) . . auctor est Cornelius Baibus, familiarissimus Caesaris, wel-
cher letztere Ausdruck Beziehung auf den Baibus minor (unten 206, 4)
nicht empfiehlt. Briefe des Baibus maior an Cicero aus J. 706 bei Cic.
ad Att. VIII, 16 A. IX, 7 B. 13 A; ein gemeinschaftlich mit Oppius ver-
fasster ib. IX, 7 A.
3. Bell. gall. Vm trägt am Schlüsse im Par. 11 den Namen A. Hirtii,
wie auch im Bongars. I und Scaligeranus. Die Anlage ist wohlgeordnet,
die Sprache die der besten Zeit, doch die Darstellung ohne Caesars Frische;
sie hat vielmehr etwas Mattes, Lebloses und Eintöniges (Nipperdey 1847,
p. 13). So namentlich im Satzbau (Vorliebe für cum, Verbindung durch
Belative u. dgl.) und in der Wortstellung. Das bellum alexandrinum
zeigt bereits grössere stilistische Gewandtheit und (wohl in Folge des an-
ziehenderen Stoffes) lebhaftere Färbung, theilt aber mit b. g. VIII so viele
sprachliche Eigenheiten dass die Identität des Verfassers nicht zu bezwei-
feln ist (Nipperdey p. 14 f.). Dagegen im belL africanum ist die Erzäh-
lung umständlicher und befolgt mechanisch die Zeitordnung; der Partei-
standpunkt des Verf. ist naiv, seine Loyalität täppisch; die Sprache zeigt
viele Nachlässigkeiten und vulgäre Wendungen (z. B. unrichtigen Gebrauch
des Plqpf.), Streben nach Grossartigkeit ohne die Befähigung dazu, einen
beschränkten Wortschatz (Interim z. B. steht 68 mal), Anwendung von Aus-
drucken und Constructionen (z. B. sehr oft Inf. bist.) die bei Hirtius fehlen
(Nipperdey p. 16^24). Umständlich, bis zur Unfähigkeit Wesentliches und
Unbedeutendes zu unterscheiden, ist auch bell, hispaniense, und ebenso
ist das Mechanische der Anlage hier ins Unleidliche gesteigert; die Vul-
garismen sind hier zahlreicher und erstrecken sich ausser dem Plqpf. auch
auf falsche Anwendung des Conjunctiv und viele einzelne Wendungen (wozu
auch wohl bene multi u. dgl. gehört); sogar grobe Sprachschnitzer sind
häufig genug. Von Satzbau und Stil ist kaum eine Spur. Mit dieser Un-
cultur bilden einen heitern Contrast die manchfachen Cittfte (bes. aus En-
23*
356 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. G91— 711.
nius) welche der Vgrf. anbringt (Nipperdey p. 24 — 30). Aus dem flüchtigen
Charakter der ursprünglichen Schrift mag sich theilweise auch ihr verdor-
bener Text erklären. Der Verfasser focht selbst in dem Kriege mit, kann
also Oppins nicht sein, der sich damals in Rom befand, wie auch der ältere
Balbns. Ebenso verräth bell. afr. eine zu niedrige Bildungsstufe als dass
es von Oppius yerfasst sein könnte, vielmehr wird es gleichfalls von einem
subalternen Theilnehmer am Kriege herrühren, dessen Aufzeichnungen
Hirtius zu benützen gedachte. Vgl. Nipperdey p. 33 f.
4. 0. E. C. Schneider, nova comment. de hello hisp. recensio, und de
indagando belli hisp. scriptore, Breslau 1837. 4.
186 195. Cornelius Nepos, gebürtig aus Oberitalien und be-
freundet mit Atticus und Cicero, wie mit seinem jüngeren Lands-
mann CatuUus. Seine Lebenszeit fällt wohl zwischen 660 und
730 d. St. Neben erotischen Gedichten waren drei Bücher Chro-
nica sein frühestes Werk; auch ein geographisches scheint er
verfasst zu haben. Seine übrigen Schriften zeigen Einfluss des
Varro in ihrem Interesse für das Culturgeschichtliche, ihrer bio-
graphischen und moralisierenden Richtung. So die fünf Bücher
Exempla, die ausführlichen Lebensbeschreibungen des älteren
Cato und des Cicero, besonders aber sein letztes und umfas-
sendstes Werk, de viris illustribus, mindestens sechszehn Bücher,
worin Römer und Auswärtige in parallelen Abtheilungen be-
handelt waren. Was davon erhalten ist, das Buch de excellen-
tibus ducibus exterarum gentium- und (aus dem Buche de latinis
historicis) die Lebensbeschreibungen des Cato und des Atticus,
zeugt weder von geschichtlicher Kritik noch von stilistischer
Vollkommenheit, ist aber bei dem Mangel besserer Quellen öfters
von Werth und empfiehlt sich durch Uebersichtlichkeit und An-
spruchslosigkeit der Darstellung.
1. Vorname unbekannt. Heimat: Plin. N. H. III, 18, 127: Nepos, Padi
accola. Plin. Ep. IV, 28, 1 an Vibius Severus: Herennius Sevenis . .
magni aestimat in bybliotheca sua ponere imagines municipum tuorum,
Comelii Nepotis et T. Catii (des Insubrer's, oben 170, 3). Da von den vier
Städten des Insubrergebietes (Ptol. III, 1, 33) nur Ticinum am Po liegt,
so könnte diess die Vaterstadt des C. N. sein (Hermes III. S. C2, A. 1).
Ostiglia (Hostilia) bei Mantua, das neben anderen Orten darauf Anspruch
macht seine Gebnrtsstätte zu sein, hat ihm am 2 Mai 1868 ein Standbild
errichtet.
2. Lebenszeit. Hieronym. ad Pammach. 12 (II. p. 419 ValL): refert . .
Cornelius Nepos se praesente . . eam pro Comelio . . defensionem peroratam
(J. 689 d. St., s. oben 177, 1). Plin. N. H. IX, 39, 137: Nepos Cornelius,
qui divi Augusti principatu obiit, me, inquit, iuvene violacea purpura vi-
195. Cornelius Nepos. 357
gebat . . nee multo poet rubra Tarentina, huic successit dibapha T^ria. . .
hac P. LentuluB Spinther aedilis curulis (J. 691 d. St.) primus in praetexta
usus improbabatur. Vgl. ib. XXXVI, 7, 59. J. 710 d. St. starb ihm ein
Sohn als puer (Cic. ad Att. XVI, 14, 4). Diess, sowie die Bewunderung
womit er an Atticus (geb. 645) emporblickt, macht wahrscheinlicher dass
Kcpos um 660 geboren war als (wie Mommsen und Andere ihn ansetzen)
um 650. Corn. XXV, 19, 1 (quoniäm fortuna nos superstites ei esse voluit)
beweist keine Altersgleichheit mit Atticus. Aus unerkennbarem Grunde
berichtet Hieron. zu Eus. Chron. erst ad a. Abr. 1977 = 714 d. St.: Cor-
nelius Nepps scriptor historicus clarus habetur. Er überlebte den CatuU
(Att. 12, 4) und Atticus (f 722; Att. 19, 1), ohne dass aber bekannt ist wie
lange er nach Herausgabe des Zusatzes zum Atticus (s. A. 5, Schluss) noch
lebte,
3. Verhältnisß zu Atticus, Cicero und Catull. Att. 13, 7: saepe propter
familiaritatem domesticis rebus interfuimus. Da Atticus 668— 689 in Athen
lebte, kann die familiaritas nicht vor 690 begonnen haben. — Gell. XV,
28, 1 zu stark: Cornelius Nepos . . M. Cicoronis ut qui mazime amicus
familiaris fuit.' Briefwechsel des Cicero mit Nepos (oben 180, 3). Best
daraus bei Suet. Caes. 55 ; von einem Briefe des Nepos an Cic. bei Lactant.
Inst. III, 15, 10 (oben 48, 3). Anderes bei Cic.- ad Att. XVI, 5, 6. 14, 4.
Catull mochte an den Landsmann von der Heimat aus empfohlen sein und
fand an- ihm einen Gönner, der seiner auch in seinen Chronica rühmend
gedachte; s. Catull 1, 3 ff.
4. Nicht erhaltene Schriften. 1) erotische Gedichte. Plin. Ep. V, 3, 6:
a bonis, inter quos vel praecipue numerandus est P. Vergilius, Cornelius
Nepos, . . npn quidem hi senatores, sed sanctitas morum non distat ordi-
nibus. — 2) Chronica. Catull 1, 5 £P.: iam tum cum ausus es unus Ita-
lorum Omne aevum tribus explicare chartis, Doctis, luppiter, et laboriosis.
Auson. Epist. 16: apologos Titiani et Nepotis chronica, quasi alios apologos
(nam et ipsa instar sunt fabularum) . . misi. Dass Saturn als Mensch be-
handelt war deutet auf naiven Euhemerismus. Das Ganze war wohl ein
chronologischer Abriss dergleichen auch Atticus und Varro verfasst hatten,
nur vielleicht gleichmässiger auf die ausserrömischen Daten erstreckt. Die
Anführungen daraus in C. Halm's Ausgabe (1871) p. 119 f. — 3) Exempla.
Gell. VI, 18, 11: Cornelius Nepos in libro Exemplorum quinto . . litteris
mandavit.' Nach den Anführungen daraus (bei Halm p. 120 f.) scheii^t es
dass darin, im Geiste des Varro, die Einfachheit des alten Bom den ent-
arteten Sitten der Gegenwart gegenübergestellt war. Mamurra (f 709?)
war darin genannt, und vielleicht ist daraus auch Suet. Aug. 77: non am-
plius ter bibere eum solitum super cenam in castris apud Mutinam Cor-
nelius Nepos^ tradit. — 4) Leben des Cato. Com. Nep. Cat. 3, 5: huius
de vita et moribus plura in eo libro persecuti sumus quem separatim de
eo fecimus rogatu T. Pomponii Attici. — 5) Leben des Cicero (in mehreren
Büchern), wohl nach dessen Tod verfasst. Gell. XV, 28, 2: Cornelius Nepos
. . in librorum primo quos de vita illius (Cic.) composuit errasse videtur.
— 6) Geographisches Werk, wie es scheint in der Weise der Paradoxo-
graphen, ohne Sichtung der Nachrichten, doch mit Angabe der Ortscnt-
^Pi CV^grewMitte Zeit, Zweite HJLfie. J. «>l— 711
FÜL ¥. H. V« 1. 4: iciciB prcüfecUr Kirectsr postessosa Gxaedae
. q^ 0!>git£x.i fiOftrc» mifKi^j^ paoiO mi^TU cooftiiSea quae-
MidiMCr. . . qsjeqoe alia Comelist Xepc« aridianBe cxedidiL
£i»( Mtt^ijBea Enrä&ncDgea des Werket bei Hahs pi 13S — 1±«.
$. Hierü^jai. IL p. ^1 ValL: de Tim ÜIostrib^B scripaenu:! apad
L^Iiy>i , Tarn> üi <kn Imagines , Sactra. Xepot, HTginns et . . Tran-
q«L.:2f. Gell. XI. ^. 5: in libro Comeli Xepotis de icl^iftribTu Tim XIII
^Uer Cat^> . Cham. L p. 141 K.: Cornelia« Nepos inlostriam iV, und:
C<c^L:a y*rpOi inltistriiim Tirorum libro XVL TgL IL p. 52»3, 12: Xepos
d« izJLrjiUTf,T»ä rliiä TL Serr. Aen. I. 36«: Comelioi Xepos in eo libro qni
Vha iLüftri^mi icicribitnr. VerweÜTicgen bei Com. Xepoi selbst- ~X 3, 2:
Msd de b^iC in eo libro plara bnat exposita qoi de hiÄtoricis graecis con-
•eriptua est, praef. 8: in boc exponemiu libro de Tita ezceilenüani im-
peratorum. XXIII, 13, 4: aed no« tempos est hnius liljn fiieere finem et
iU/nzaorum ezplicare imperatorea, qno facilios, collatis ntrommqne fiictia,
qtä Tiri ptaefereodi sint poeeit indicarL Unter den nicfatrömischen impe-
ratorea werden znervt die griechischen behandelt, dann, nach einer Ueber-
«tfrht fib<T die griechucben Könige welche zugleich imperatorea waren,
Hamilear and HannibaL VgL XXI, 1, 1: hi fere fnemnt graecae gentis
doeea 'damnter aoch Datamet ^ qni memoria digni Tideantnr, praeter reges,
namqoe eot attingere nolmmns, qnod omninm res gestae separatim sont
relatae in dem Boche de regibns). Anf Bacher de poetis nnd de gramma-
tieaa weisen Anführungen bei Sneton, Tita Terent. 1. 3. gramm. 4 Tgl.
Diomed. L p. 405 P. » 410, 9 K. Hienach waren die viri illustres nach
den Gebieten nnterschieden worin sie sich auszeichneten und innerhalb
dieser wiederum Xichtrömer 'exterarum gentium oder graeci) nnd Römer
in parallelen Büchern behandelt, ganz wie in den Imagines des Yarro (oben
H. 274,. Die Anführnngen aus nichterhaltenen Büchern bei Halm p. 121 --
126, Zo» Charakteristik des voll ständigen Werkes Tgl. auch XTI, 1, 1:
Tereor . , oe non Titam eins enarrare, sed historiam \'idear scribere. XV,
1, 3: cum exprimere imaginem consuetudinis atque Titae velimus. XXV,
t9, 1: remm exemplis lectores decebimus . . snos cuiqne mores plemmque
eonciliare fortanam. MoralLiieren auch VIII, 2, 3. 3, 2. Widmung an At-
ticns, s, praef. L Herausgabe zwischen 719 und 721; Zusatz zum Leben
des Atticus ^nach dessen Tode) 7^5 oder 726 d. St., jedenfalls Tor 727, wo
Octavian Clmperator seit 725) den Titel Angustus erhielt; s. XXV, 19, 2:
in afBoitatem penrenit Imperatoris, DiTi filii.
6. IGUsig ist das Lob bei GeU. XV, 28, 1: Cornelius Nepos rerum
memoriae non indiligens. Quintilian nennt ihn in seiner Aufzählung der
römischen Geschicht^chreiber nicht, und Plinins (s. A. 4, Schluss) besich-
tigt ihn der Leichtgläubigkeit. Zu der Vorstellung die wir hienach von
seiner Grösse als Geschichtschreiber erhalten stimmt Tollkommen was von
ihm anf uns gekommen ist. Man begreift nicht warum er unter den duces
oder imperatores gerade diese ausgewählt, andere (und darunter einen
Bratidaa, Aratos, Philopömen, Kleomenes III) übergangen hat; ebenso steht
die Ausführlichkeit der Behandlung keineswegs immer im Verhältniss zur
Wichtigkeit des Geschilderten; wesentliche Quellen (wie Herodot) bleiben
195. Cornelius Nepos. 359
unbenfitzt, die benutzten werden vielfiEich flüchtig behandelt und missver-
standen. Die Reihenfolge der ducea und die Anordnung des Stoffes in
ihren vitae ist planlos; Wichtig^ und Unwichtiges wird nicht gehörig
unterschieden; das Chronologische wird oft vemachlässigt, um so grösseres
Interesse dem Curiosen und Anekdotenhaften zugewendet. Die Anlage ist
rhetorisch, die Chcurakteristik d^r Einzelnen meist einseitig, vorzugsweise
die Lichtseiten hervorkehrend, und gewöhnlich wird der gerade Geschilderte
als der GrÖsste in seiner Art hingestellt. Der Stil gehört zu dem genus
tenue'und hat etwas Zierliches so lange er sich in kurzen Sätzen bewegt;
unternimmt der Verfasser grössere Perioden, so verwickelt er sich in der
Regel und stolpert. Sprachschatz und Wortstellung zeigen wenig Abwechs-
lung. Einzelne Wörter und Constructionen weichen von dem Sprachge-
brauche der mustergültigen Prosaisten der Zeit ab. Aber wer desshalb den
Schriftsteller in einen andern Zeitraum verlegen wollte würde weit über
das Ziel hinansschiessen. Eine Zeit welche neben einem Cieero und Caesar
nicht nur einen Yarro umschliesst sondern auch die Verfasser des bell,
afr. und hisp. und die bald darauf einen Vitruv sah hat sehr gut Raum
auch für einen Stilisten wie Cornelius Nepos. Allem nach war er ein gut-
mütiger, wohlwollender, ehrlicher, aber geistig ziemlich beschränkter
Mensch und Schriftsteller. Vgl. Nipperdey's Einleitung (1849) S. XXI f.
XXVm— XXXII.
7. Viel Verwirrung angerichtet hat ein (incorrectes) Epigramm von
sechs Distichen (z. B. in Riese*s Anth. lat. 783, in Halms Ausg. des C. N.
p. 101) welches in den Handschriften hinter dem Hannibal steht und worin
ein Probus sein Buch dem Theodosius (I?) überreicht, worauf die (missver-
ständliche) Unterschrift folgt: Aemilii Probi de exe. duc. ext. gent. Über
explicit. Darnach hat sich namentlich Fr. W. Rinck grosse Mühe gegeben
diesen Aemilius Probus unter Theodosius als den Verfasser der fraglichen
vitae zu erweisen. Da aber eine solche Datierung des Werkes literar-
historisch und stilistisch unmöglich ist, und die unbestritten von Cornelius
Nepos herrührenden vitae des Cato und Atticus genau die gleichen histo-
riographischen und sprachlichen Eigenthümlichkeiten zeigen wie die der
duces, so ist sicher der Name des Aemilius Probus nur auf die Urheber-
schaft des Epigramm zu beziehen womit derselbe die von ihm (sowie sei-
nem Vater und Grossvater) gefertigte Abschrift des Cornelius Nepos be-
gleitete. Möglich dasB (wie Bergk, Philologus XII. S. 580, vermutet) der
eine Theil des Namens überdiess aus Missverständniss von EM(endavi)
PROBVS entstanden ist. Auch für die Annahme dass das uns vorliegende
Werk ein später gemachter Auszug aus dem urspi'üoglichen des Cornelius
Nepos sei gibt es keinen irgend haltbaren Grund. Vgl. Madvig, Opusc. IL
p. 123, n. 1. Lachmann, Rhein. Mus. II (1843) S. 144. Fleckeisen, Philo-
logus IV. S. 346. Nipperdey (1849) S. XXXVI— XXXVHI.
8. De librorum numero et auctoritate in C. L. Roth's Ausgabe (1841)
p. 207—243. 251 — 257. So zahlreich die Handschriften sind, so geht
doch keine über das 12te Jahrh. zurück; die meisten sind aus dem 15ten,
haben alle im Lysander dieselbe Lücke und stammen alle aus derselben
Urhandschrift. Die ältesten, besten und vollständigsten Abschrifben äieses
360 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
archetypus sind die des Gifanius oder des Daniel, der Leidensis, der Par-
censis zu Löwen (Rhein. Mus. Vlll. S. 626 — 639. W. Vischer, Philologus
XXVL S. 706 f.), sowie eine ütrechter Ausgabe von 1642.
9. Die Ausgaben sind zahllos; s. Schweiger, class. Bibliographie II,
1. S. 294 ff. Bardili's Praef. p. XIX ff. und über die ältesten Eoth (1841)
p. 243—251. Ed. princeps ap. lensonum, Venet. 1471 fol. Hauptausgaben
von Lambin (Paris 1569. 4.), A. Schott (cum notis varr., Prankf. 1608. fol.),
Böcler (Argentor. 1640), J. A. Bos (cur. Fischer, Lips. 1759), A. van Sta-
veren (Lugd. Bat. 1734. 1773. Stuttg. 1820, 2 Bde, cur. W. H. Bardili), J.
M. Heusinger (cum perp. ann., Eisenach 1747), J. H. Bremi (ed., illustr.,
Zürich 1796. 1812. 1819. 1827), J. Ch. Dähne (ed. et ann. adi., Lips. 1827).
Erste kritische Ausgabe von C. L. Roth, Aemilius Probus etc. praemissa
sunt Einckii prolegomena (p. 1 -CLXII), Basel 1841. Erklärt von C. Nip-
perdey, Leipzig 1849. Avec un commentaire etc. par A. Monginot, Paris
1868. Apparatn critico adiecto cd. C. Halm, Lips. Teubner. 1871.
Schulausgaben (mit deutschen Anmerkungen, bzhgsw. Wörterbuch) von
F. S. Peldbausch (Heidelberg 1828), Dähne (Helmstedt 1830), Fr. Billerbeck
(Hannover 1830 u. sonst), C. W. Reinhold (Pasewalk 1839. 1854), J. Siebeiis
(Leipzig, Teubner, 1861 ff. 7. Aufl. 1871), C. Nijiperdey (kleine Ausg., 6. Aufl.
Berlin 1868), C. W. Nauck (Königsberg 1856), R. M. Horstig. (Wittenberg
1862), F. W. Hinzpeter (4. Aufl. Bielefeld 1870), H. Ebeling (Berlin 1870) u. A.
Texte von G. A. Koch (Lips. Tauchn. 1855), R. Dietsch (Lips., Teub-
ner, 1863; mit Wörterbuch von H. Haacke, 1868), C. Nipperdey (Berlin
1867), C. Halm (Bibl. Teubner. 1871).
10. Uebersetzungen von J. A. B. Bergsträsser (z. B. Frankfurt 1815), J.
Siebeiis (Stuttgart, Hoffmann, 1856), J. Dehlinger u. R. Stern (Stuttgart,
Metzler 1859) u. A.
Cornelius Nepos zum Uebersetzen aus dem Lat. ins Griechische bear-
beitet von R. Yolkmann, Leipzig 1862.
11. Beiträge zur Textkritik von A. Fleckeisen (Philologus IV. S. 308—
351), Heerwagen (Collect., Baireuth 1849. 4.), C. Nipperdey (Spicilegium
crit. in C. N., Lips. 1850; Spie, alterius P. I. II. Jena 1868. 4. 111. 1869.
IV u. V. 1870. VI. 1871).
12. W. F. Rinck, saggio di un esame critico etc., Venedig 1818; über-
setzt von D. Hermann, Leipzig 1819; umgearbeitet in C. L. Roth's Ausgabe.
C. F. Ranke, comm. de C. N. vita et scriptis, Quedlinburg 1827. 4. A.
Walicki, de C. N., Dorpat 1832. G. E. F. Lieberkühn, de auctore vitt.
quae sub nomine C. N. feruntur, Lips. 1837; Vindiciae librorum iuiuria
suspectorum, Lips. 1844 (defensio C. N. contra Aem. Pr. librarium). J. Th.
Lütkenhus, de C. N. vita*et scriptis, Münster 1838. A. F. Nissen, de vitis
quae vulgo C. N. nomine feruntur, Rendsburg 1839. 4. H. Peck, Jahns
Archiv X. S. 73—98. Heerwagen, Münchner GeL Anz. 1846, Nr. 28—32.
A. Linsmayer, de vit. exe. duc, München 1858. 4. R. Winckler, Beiträge
zu der Streitfrage u. s. w., Berl. Ztschr. f. Gymn. XIX. S. 433—443. L. Gras-
berger, zur Würdigung des C. N., Eos I. S. 225—242.
De fontibus et auctoritate C. N. von *J. F. Hisely (Delft 1827), R. H.
195 f. Cornelius Nepos. Nigidius Figiilus. 361
Eye. Wichers (Groningen 1828), A. Ekker (Acta soc. Rheno-Traiect. 111.
1828. p. 193 ff.). Quaestiones hisioricae in C. N. Titas von Freudenberg
(Cöln 1839. Bonn 1841. 4.), Biedermann (Bonn 1842. 4.). Vgl. W. Fricke,
d. Quellen Plutarchs im Leben des Alkibiades, Leipzig 1869.
Zur yita Alcibiadis J. Wiggers (Lips. 1833), Catonis A. F. B. S. van
Heemfra (Lugd. Bat. 1826), Attici J. Held (Prolegomena, Breslau 1826).
13. Domheim, Beiträge zur Latinität des C. N., Detmold 1861. 4.
14. R. Hanow, de C. N. a loco quem in scholis obtinet removendo
Züllichau 1850. 4. Dagegen z. B. Pomtow, Berliner Ztschr. f. Gymn. XIV.
S. 897—925.
196. Unter den Gelehrten der Zeit nahm die nächste Stelle 186
nach Varro P. Nigidius Figulus (Prätor J. 696) ein, welcher
in umfassenden Werken nicht blos die Grammatik sondern auch
die Theologie und verschiedene Zweige der Naturforschung be-
handelte, aber bei seiner Richtung auf das Entlegene und Ab-
sonderliche wenig Einfluss gewann und bald durch Varro völlig
in Schatten gestellt wurde. Mit Astrologie befasste sich auch
L. Tarutius, und Appius Claudius (Cos. 700) trieb Nekromantie
und schrieb über das Auguralwesen, üeber das Letztere ver-
fassten gleichfalls Schriften C. Marcellus, M. Messala (Cos. 701), .
L. Caesar und A. Caecina. Ueber verwandte Gegenstände
schrieben Veranius, Granius Flaccus, Aufustius und ein Manilius.
1. P. Nigidius (Cic. p. SuU. 14, 42. Timae. 1. Plut. Cic. 20. an seni
27 u. sonst) Figiilus (vgl. Schol. Lucan. I, 639), Prätor 696 (Cic. ad Qu.
fr. 1, 2, 5, 15), also spätestens 656 geboren. Als eifriger Pompejaner von
Caesar verbannt (Cic. ad fam. IV, 13 vom J. 708). Hieron. zu Eus. Chrou.
a. Abr. 1972 =» 709 d. St.: Nigidius Figulus Pythagoricus et magus in
exilio moritur. Als Pythagoreer war er politisch conservativ und leistete
dem Cic. gegen Catilina viresentliche Dienste (p. SuU. u. Plut. 1. 1.). Orphisch
mystische und magische Richtung des damaligen Pythagoreismus, auch bei
Nig. Fig. Geheimkünste, HerbeischaflFen von Gestohlenem (Apulej." mag. 42),
Nativitatsstellen (Suet. Aug. 94. Dio XLV, 1). Vielleicht auf hiedurch
herbeigeführte Conflicte mit der Polizei bezieht sich das sacrilegium Nigi-
dianum bei Ps. Cic. in Sali. resp. 5. Vgl. Mommsen R. G. 111*. S. 652 f.
2. M. Hertz, de P. Nigidii Figuli studiis atque operibus, Berlin 1845.
Quaestiones Nigidianae von J. Klein (de vita Nigidii, Bonn 1861) und J.
Frey (Rössel 1867. 4.). Sammlung seiner Fragmente von A. Riccobonus
(Basel 1679), J. Rutgers (Var. lect., Lugd. B. 1618, El, 16. p. 246-— 298);
der astronomischen bei R. Merkel, Ovid. Fast. p. LXXXVI ff. A. Breysig,
de N.. F. fragmentis apud schol. Germanici servatis, Berlin 1864. F. Bü-
cheier, Rhein. Mus. Xffl. S. 177 ff.
3. Cic. Timae. 1: fuit vir ille cum ceteris artibus, quae quidem dignae
libero essent, ornatus Omnibus, tum acer investigator et diligens earum
3()2 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
rerum quae a natura involutae videntur. denique sie iudico, post illos
nobiles Pythagoreos . . bunc exstitisse qui illam (disciplinam) renovaret.
Gell. IV, 9, 1: Nigidius Figulus, homo, ut ego arbitror, iuxta M. Varro-
nem doctissimus. Vgl. ib. 16, 1. X, 11, 2 (bomo in omnimn bonarom ar-
tium disciplinis egregius). XI, 11, 1. XIII, 26, 1. 6. XV, 3, 5. XVII, 7, 4.
Schol. Bob. Cic. Vatin. p. 317 Or. Serv. Ae. X, 175: Nigidius est solus
post Varronem, licet Varro praecellat in theologia,, bic in communibos lit-
teris. nam uterque atrumque scripsit.
4. Commentarii grammatici wabrscbeinlicb in 30 Büchern (Gell. X, 6,
1: P. Nigidius dicit in commentariorum nndetricesimo), die Grammatik in
ihrem ganzen Umfange behandelnd, auch Orthographie, Synonymik, Ety-
mologie, und gern auf die Ursachen der Erscheinungen zurückgehend,
vielfach .im Anschluss an Varro. In der Etymologie Purist (frater z. B.
von fere alter). Gell. XVII, 7, 5: anguste perquam et obscure disserit, nt
Signa rerum ponere videas ad subsidium magis memoriae suae quam ad
legentium disciplinam. XIX, 14, 3: Nigidianae commentationes non pro-
inde (wie die des Varro) in vulgus exeunt et obscuritas subtilitasqne eamm
tamquam parum utilis derelicta est. Vielleicht von ihm her die Bezeich>
nung der Vocallänge durch einen apex, Rhein. Mus. XXIV. S. 107 f.
6. Quintil. XI, 3, 143: qui de gestu scripsemnt circa tempora illa (der
veteres), Plotius Nigidiusque.
6. P. Nigidius in libro quem de extis composuit, Gell. XVI, 6, 12.
Nigidius Figulus in libro primo augurii privati, ib. VII (VI), 6, 10. Lyd.
de ostent. 45: 6 NtyiSiog iv zij tmv 6vsCq(ov inic%iipii. Vgl. ib. 27 ff.
(^fprj^BQog ßQOvtoanonCa . . naza rov 'Pcafiaiov 0£yovlov i% täv Tayrjfcoq).
7. Macrob. III, 4, 6: Nigidius de dis libro nono decimo. Es werden
also wohl mindestens 20 gewesen sein. Sie erstreckten sich auch auf den
Cultns, einheimischen wie ausländischen. Sammlung der Ueberreste in
Merkel's Ausg. der Pasten, p. CLXXXV ff.
8. Naturwissenschaftliche Schriften. Cic. Timae. 1 (s. oben A. 3). a)
Astronomisches. Serv. Ge. I, 43: Nigidius in Sphaera graecanioa; 218:
Nigidius commentario Sphaerae graecanicae. ib. 19: Nigidius . . Sphaerae
barbaricae. Ueber deren Verhältniss s. Bücheier, Rhein. Mus. Xm. S. 177
—188. — b) P. Nigidii in secundo librorum quos de vento composuit verba,
Gell. II, 22, 31. Nigidius de ventis IUI ait, Schol. Bern. Georg. I, 428.
Nach C. Wachsmuth (Lyd. de ost. p. XXIV — XXVI) ist daraus was sich
bei Lydus ost. p. 19 f. über die Wetterzeichen findet. — c) Zoologisches.
Gell. VI (VII) 9, 5: P. Nigidius de animalibus libro II. Macrob. lil, 16,
7: Nigidius Figulus . . in . . libro de animalibus quarto. Rutgers p. 270 ff.
Serv. Ae. I, 178: Nigidius de hominum naturalibus IUI (über die Zeu-
K^ng); vgl. Plin. N. H. VII, 15, 66 f. — Eine Schrift de terris behauptet
J. Klein p. 26.
9. Cic. de divin. II, 47, 98: L. Tarutius Firmanus, familiaris noster,
in primis Chaldaeicis rationibus eruditus; urbis nostrae natalem diem re-
petebat etc. Vgl. Plut. Romul. 12. Lyd. de mens. I, 14 (Ta^^otJwoff 6
yM%'7iiutTi%6g). Oben 192, 6. Mommsen, röm. Chronol.' S. 145 ff.
196. Nigidius Figulus, Ap. Claudius, Caecina u. A. 363
10. Appius Claudius Ap. f. Pulcher, Augur seit 695, Prätor 697,
Cos. 700, als ProcoB. von Eilikien Cicero's Vorgänger, Censor 704, f 706;
ein rechtes Prototyp des Durchschnittsschlags der damaligen No\)ilitllt,
sich selbst Alles erlaubend, gegen Andere aber eine strenge Amtsmiene
annehmend, und von einer Halbbildung welche allem Aberwitze Baum liess.
Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 412—415, Nr. 41, und Bull, dell'
inst. arch. 1860, p. 225 — 233. 1861, p. 63 f. C. I. lat. I, 619. p. 181 f.
Cic. Brut. 77, 267: Appius Claudius, coUega et familiaris mens, . . et satis
Studiosus et valde cum doctus tum etiam exercitatus orator et cum augu-
ralis tum omnis publici iuris antiquitatisque nostrae bene peritus fuit.
Tusc. I, 16, 37: ea quae mens amicus (zeitweise) Appius vs'KvoiJMvzsta
faciebat. de divin. I, 58, 132: psychomantia, quibus Appius . . uti solebat.
ad fam. III, 4, 1 (J. 703) an ihn: illo libro augurali quem ad me aman-
tissime scriptum suavissimum misisti. de legg. 11, 13, 32: est . . inter
Marcellum (C. Claudius Marcellus, der Cos. 704 oder der 705 d. St.) et
Appium, optimos augures, magna dissensio (nam eorum ego in libros incidi),
cum alteri placeat anspicia ad utilita^m esse reip. composita, alteri dis-
ciplina vestra (augurum) quasi divinari videantur posse. Dass Letzteres die
Ansicht des Appius war erhellt aus de divin. 11, 35, 75, Fest. v. soUisti-
mum, p. 298 M.: Ap. Pulcher in augnralis disciplinae libro I ait. Vgl.
noch Cic. ad fam. III, 9, 3. 11, 4.
11. M. Valerius Messala, Cos. 701; s. A. Haakh in Pauly's Beal-£nc.
VI, 2. & 2347—2349, Nr. 77. Macrob. I, 9, 14: M. Messala, Cn. Domitü
in consulatu coUega idemque per annos LV augur, de lano ita incipit (vgl.
Lyd. mens. 4, 1). Gell. XIII, 14, 5 f. (über das pomoerium). 15, -3 (liber
M. Messalae auguris de auspiciis primus). 16, 1 (Messala in eodem libro).
Fest. p. 157. 161 (Messala augur in explanatione auguriorum). 253 (. . ssalla
in espla-). 351 (Messala augur ait). Vgl. ib. p. 290. 293. 348 u. unten 218,
g. E. Zweifelhaft ist ob er es war welcher de dictis involute schrieb (Fest.
p. 321). Vgl. R. Scholl, XII tabb. p. 37.
12. Priscian. VIII. p. 791 P. =» 380, 3 f. H: Lucius Caesar: certaeque
res augnrantur. Fest. p. 161 M.: maiorem consulem L. Caesar putat dici
eum qui etc. Dadurch erhalten ihre genauere Beziehung die Anführun-
gen bei Priscian. VI. p. 719 P. = 270, 5 H. (Caesar in Auguralibus) und
Macrob. "l, 16, 29 (lulius Caesar XVP Auspiciorum libro negat nundinis
contionem advocari posse).
13. Plinius N. H. I, Quellen zu B. U.: Caecina, qui de etrusca disci-
plina (scripsit). Cic. ad fam. VI, 6, 3 (J. 708 oder 709 an Caecina): si
te ratio quaedam etruscae disciplinae, quam ä patre . . acceperas, non
fefellit. Sen. nat. quaest. II, 56, 1: haec (über fulguratio) apud Caecin-
nam invenio, facundum virum et qui habuisset aliquando in eloquentia
nomen, nisi illum Ciceronis umbra pressisset. Vgl. ib. 39, 1. 49, 1. Schol.
Veron. zu Aen. X, 198 (p. 103 f. ed. Keil). Cic. ad fam. VI, 9 (J. 708): et
patre eins . . plurimum usi sumus et hunc a puero, quod et spem magnam
mihi afferebat summae . . eloquentiae et vivebat mecum coniunctissime . .
etiam studiis communibus, semper dilexi. Jene Schrift scheint er erst später
verfasst zu haben. Die Vertheilung der Nachrichten zwischen Vater und
366 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
weitere Persönlichkeit. Sichtlich ist geschichtlicher Ausgangspunkt und
Verfasser bei beiden Gedichten derselbe (vgl. auch Dir. 20 mit Lyd. 13);
dass die Trennung von der auf dem Gute zurückbleibenden Lydia (y. 41.
89. 95 fif.) den Verlust des letzteren besonders schmerzlich mache sagen
schon die Dirae, ohne d: ss der Zusammenhang der Lydia mit dem Gute
klar würde. Die „Lydia" beneidet das Gut um den Besitz der Geliebten
und beklagt deren unverschuldeten Verlust, unter Aufwand von mytholo-
gischer Gelehrsamkeit und in dem tändelnden, Menschen- und Manneswürde
verkennenden Tone eines Theiles der Elegiker der augusteischen Zeit, deren
AnfUngen beide Gedichte ohne Zweifel angehören. Sie dem Vergil zuzu-
schreiben bestimmte die Thatsache. dass auch dieser im J. 713 sein Gut
eingebüsst hatte. Sonstige Uebereinstimmung mit dessen Verhältnissen,
Denkweise »und dichterischer Eigenthümlichkeit ist aber nicht vorhanden.
— Ausgaben: Catalecta Viigilii . . cum comm. los. Scaligeri, Lugd. Bat.
1617, p. 169 fP.; in Burmanns Anthol. lat. 11. p. 649 fif. und V^ernsdorfs
poetae lat. min. III in. Cum brevi annot. crit. ed. H. C. A. Eichstaedt, Jena
1826. 4. Reo. et . . illustr. C. Putsche, Jena 1828. Daraus in Meyer's
Anthol. lat. 108 und bei F. A. Giles, London 1838. V. C. carmina cum
animadv. A. F. Naekii. accedunt . . de V. C. eiusque vita ac poesi . .
diss. cura L. Schopeni, Bonn 1847. Dirarum Carmen enarratum et reco-
gnitum ed. 0. Bibbeck, Eiel 1867. 4. und in seiner Appendix Vergiliana
(1868) p. 165—178. vgl. p. »2 f. 50—61. Kritische Beiträge von M. Schmidt
(Philologus Vni. S. 190—192) und F.'C. Göbbel (Berl. Ztschr. f. Gymn.
1866, S. 684—590 u. 1868, S. 750—761). •
3. Suet. gramm. 9: (L.?) Orbilius Pupillus Beneventanus . . primo
»apparituram magistratibus fecit, deinde in Macedonia corniculd, mox equo
meruit, functusque militia studia repetit, quae iam inde a puero non le-
viter attigerat; ac professus diu in patria quinquagesimo demum anno
Romam co^sule Cicerone (J. 691 d. St.) transiit, docuitque maiore fama
quam emolumento. namque iam persenex pauperem se . . quodam scripto
fatetur. librum etiam cui est titulus Tlefftalyrig edidit continentem querelas
de iniuriis quas professores neglegentia aut ambitione parentum acciperent.
fuit autem naturae acerbae . . etiam in discipulos, wofür das Zeugniss des
Horatius (Ep. II, 1, 71) und des Domitius Marsus beigebracht wird, ac ne
principum quidem virorum insectatione abstinuit. . . vixit prop3 ad cen-
tesimum aetatis annum. . . statua eins Beneventi ostenditur in Capitolio.
Aus einer Schrift von ihm ib. 4 u. 8. Er ist vielleicht (Wiss, Reisig u. A.)
der grammaticorum equitum doctissimus dessen Herbigkeit in den Ein-
gangsversen von Horaz Sat. I, 10, 4 ff. der Feinheit und Milde des Valerius
Cato gegenübergestellt wird und welcher puerum (etwa den Scribonius
Aphrodisiensis, Suet. gramm. 19) mit aller Gewalt zum Verfechter der alten
Dichter heranbilden will. — A. G. Lange, Andenken an Orbilius, in dessen
vermischten Schriften S. 182—188.
4. Suet. gramm. 14: Curtius Nicia adhaesit Cn. Pompeio et C. Mem-
mio; sed cum codicillos Memmi ad Pompei uxorem de stupro pertnlisset
proditus ab ea Pompeium offendit domoque ei interdictum est. fuit et
Ciceronis familiaris, wofür Belege beigebracht werden aus dessen Briefen
197 f. Orbiliua. Cato Uticensis. 367
ad Dolabellam (wo Niciam nostrmn) und ad Atticuin (XII, 26, 2 vom J. 709:
de Nicia quod scribis, 9i ita me haberem ut eiua humanitate fnii possem
in primis vellem illum mecum habere. . . praeterea nosti Niciae nostri im-
becillitatem, mollitiam, consuetudinem victus). huius de Lucilio libros (vgl.
oben 132, 5) etiam Santra comprobat.
198. Den Stoicismiis brachte der jüngere Cato (J. 659 — 188
708) zu Ehren, indem er sich zü ihm oflFen bekannte und in
Wort, Leben und Sterben dessen Grundsätze verwirklichte. Die
Starrheit des stoischen Systems stimmte trefflich zu der ünbeug-
samkeit von Cato's Charakter, wovon eine gewisse Einseitigkeit
und Selbstbeschränkung ujizertrennlich war.
1. M. Pordas Cato, Urenkel des Censorius, geb. 659, Quaestor 689,
Yolkatribnn 692, Prätor 700, gab sich nach der Schlacht bei Thapsus,
April 708, um nicht die Republik zn überleben, zu ütica selbst den Tod.
Bei allem Mangel an Weitsichtigkeit und geistiger Beweglichkeit war er
doch überaus ehrenwerth durch die Treue, Festigkeit und üneigennützig-
keit womit er der Sache der Bepublik diente. Vgl. Plutarchs Cato minor
(wohl nach Paetus Thrasea). Charakteristik bei Sali. Catil. 54. W. Dru-
mann, G. R. V. S. 153—198. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S. 1911
—1916, Nr. 20. H. Köchly, akad. Vorträge I. S. 63—152. H. Wartmann,
Leben des Cato von Utica, Zürich 1868. F. D. Gerlach, M. Porcius Cato
der jüngere, Basel 1866.
2. Willkürlich zu a. Abr. 1948 (Amand. 1949) = 686 d. St. Hieronym.
Eus. Chron.: M. Porcius Cato stoicus philosophus agnoscituv. Cic. Brut.
31, 118: stoici . . traducti a disputando ad dicendum inopes repennntur.
unum excipio Catonem , in quo perfectissimo stoico summam eloquentiam
non desiderem. 119: habet a stoicis id quod ab illis petendum fuit, sed
dicere didicit a dicendi magistris eorumque more se exercuit. legg. III,
18, 40: nee est umquam longa oratione utendum, nisi aut peccante senatu
. . tolli diem utile est aut cum tanta causa est ut opus sit oratoris copia;
. . quorum generum in utroque magnus noster Cato est. Verwendung der
Philosophie, s. oben 48, 4. Quintil. XI, 1, 36: Cato eloquens Senator
fuit. Plut. Cato min. 6: o X6*^o^ vsagov filv ovdsv ovdh nofji^ov elxsv,
nXX' r^v Bg^tog ttal nsQinad'rig aal XQaxvg. ib. 23: rovtov y^vov &v Kdtmv
sItcs duiaoiSsad'ai q>aal zov Xoyov (die Rede gegen die Catilinarier) , da sie
der Cos. Cicero habe nachschreiben lassen, falls diess nicht etwa Ver-
wechslung mit derjenigen ist welche Sallust (Catil. 52) ihm in den Mund
legt. Schneider, de Catone Üticensi oratore, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss. 1843,
112 f. Üeber Cato's lamben gegen Metellus Scipio, der ihm seine Braut
entfahrt hatte, s. oben 33, 2. Das einzige Schriftliche was von ihm auf
uns gekommen ist sein Brief an Cicero vom J. 704, ad fam. XV, 6.
3. Plin. N. H. Vn, 30, 113: Uticensis Cato unum ex tribunatu militmn
(J. 687) philosophum , alterum ex Cypria legatione (J. 696) deportavit (nach
Rom). Besonders befreundet war Cato mit den Stoikern Antipatros aus
368 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
Tyros (Plut. 4.), Athenodoroa (ib. 10 u. 16), ApoUonidea (ib. 65 f.); doch
auch mit dem Peripatetiker Demetrios (ib.), sowie mit Philostratos (ib. 67).
4. Schon gleich nach seinem Tode wurde Cato's Gestalt ein Streitgegen-
stand für die politischen Parteien; s. oben 192, 7 und unten 212, 2. 217, 3,
Auch noch unter den julischen Kaisem war bei der Opposition die Ver-
herrlichung Cato's und seines Todes in Prosa und Versen ein beliebtes
Thema; s. Riese's Anthol. lat. 397 ff.
189 199» Innerlialb des Rechts hatte Caesar den Plan gefasst
das gesammte geltende ius civile in ein Gesetzbuch zu sammeln^
und sein Gehülfe dabei war der gelehrte Jurist A. Ofilius,
dessen schriftstellerische Thätigkeit das gesammte Gebiet des
Rcfchts umspannte. Nächst diesem war der bedeutendste Rechts-
kenner der vielseitig gebildete witzige jüngere Freund des Ci-
cero, C. Trebatius Testa, der noch weit in die augusteische
Zeit hinein lebte und Lehrer des Antistius Labeo war. Unge-
fähr gleichaltrig mit Trebatius war der republikanisch gesinnte,
charaktervolle und gleichfalls witzige Jurist A. Cascellius,
sowie L. Valerius.
1. Suet. Caes. 44: (destinabat) ins civile ad certum^ modum redigere
atque ex immensa diffusaque legum copia optima quaeque et necessaria
in paucissimOB conferre libros. Isid. Orig. V, 1, 5: leges redigere in libros
primus cos. Pompeius instituere voluit, sed non perseveravit, obtrectato-
rum metu (wohl vor den* Juristen), deinde Caesar coepit id facere, sed
ante interfectus est.
2. A. Ofilius, Schüler des Ser. Sulpicius, s. oben 171, 6. Pompon. Dig.
I, 2, 2, 44: ex his auditoribus plurimum auctoritatis habuit Alfenus Varus
et A. Ofilius, ex quibus . . Ofilius in equestri ordine perseveravit. is fuit
Caesari familiarissimus et libros de iure civili plurimos et qui omnem
IDärtem opens fundarent reliquit. nam de legibus vicesimae (vielmehr mit
Sanio, rechtshist. Abb. 1845, S. 78: XX == de legibus viginti libros) con-
scripsit (et) de iurisdictione (über das obrigkeitliche Recht; vgl. -Dig. XXVI,
7, 36), idem edictum praetoris (vgl. Dig. II, 7, 1, 2. XLIII, 20, 1, 17. 21,
3, 10) primus diligenter composuit. (45.) . . ex his Tre])atius peritior Cas-
cellio, Cascellius Trebatio eloquentior fuisse dicitur, Ofilius utroque doctior.
Schüler von ihm waren Tubero (ib. 46) und Atejus Capito (ib. 47). In den
Digesten wird angeführt Ofilius libr. V iuris partiti (XXXII, 55, 1. 4. 7),
Of. libr. XVI actionum (XXXIII, 9, 3, 5. 8), Of. ad Atticum (L, 16, 234, 2).
Als Jurist erwähnt ihn Cic. ad Fam. VII, 21 (J. 710) und vielleicht ad Att.
XIII, 37, 4 (J. 709) vgl. Fam. XVI, 24, 1 (J. 710). Rudorff, röm. Rechts-
geschichte I. S. 164.
-3. Pompon. Dig. I, 2, 2, 45: fuit eodem tempore (wie Ofilius) et Tre-
batius, qui idem (item oder quidem? oder Trebatius, Quinti C. M. auditor.
fuit ex etc.) Cornelii Maximi (oben 151, 4) auditor fuit. ex his Trebatius
peritior u. s. w. (s. A. 2). . . Trebatii complures (libri exstant), sed minus
199. Ofiliua. Trebatius. Cascelliua. 369
freqaentantur. 47: AutistiuB Labeo . . institutus est a Trebatio. Geboren
war C. Trebatius Testa um 665 zu Yelia in Lucanien, kam als adolescens
nach Rom und" in Verbindung mit Cicero, der ihn, zur Verbesserung siiner
Vermögensumstände, J. 700 nach Gallien an Caesar empfahl (ad fam. VU,
5), wo er mindestens ein Jahr blieb. Aus dieser Zeit sind Cicero's Briefe
an ihn, ad fam. VII, 6—18; dazu aus J. 710 ib. 19—21, und unbekannten
Datums ib. 22. Von daher blieb er auf Caesars Seite, aber vermittelnd
und mässigend; so dann auch unter August; s. Hör. S. IT, 1. Justinian.
Inst. II, 26 pr.: dicitur Augustus convocasse prudentes, inter quos Treba-
tium quoque, cuius tunc auctoritas maxima erat. Er scheint noch ums J.
740 gelebt zu haben. Porphyrio zu Hör. 1. 1. (p. 200 Hauth.): ad Treba^
tium scribit equitem romanum (Letzteres durch Octavian geworden? W.
TeuflFel zu Hör. S. H, 1, 29). hie est Trebatius- iuris peritus, qui locum
obtinuit inter poetas (was ganz zu dem Bilde des heiteren Lebemannes
stimmt) et aliquot libros de civili iure composnit et de religionibus novem
(vielmehr XI?). Letztere bei Gell. VII (VI) 12, 4: C. Trebatius . . in libro
de religionibus secundo; Macrob. IH, 7, 8 (Trebatius Religionum libro
nono) und 3, 6 (Trebatius libro decimo Eeligionum); vgl. ib. I, 16, 28. III,
3, 2. 4. 6, 1. Serv. Aen. XI, 316 (Trebatius de religionibus libro VII).
Unter seinen juridischen Schriften finden sich namentlich von seinem Com-
mentar zum Edictum aedilium curulium Spuren in den Digesten (IV, 3, 18,
3 f. XXI, 1, 6, 1. 12. 4. 14, 3. vgl. Gell. IV, 2, 9 f.). Ausserdem vgl. Dig.
XI, 7, 14, 11. XXXII, 100, 1. 3. XLI, 2, 3, 6. XLIII, 24, 22, 3. S. W.
Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 297—299. 0. Stange, de
C. Tr. T. et de eo loco quem inter aequales tenuerit, Berlin 1849. A. Haakh
in Pauly's Real-Enc. VT, 2. S. 2078—2080. W. Teuffei im Commentar zu
Hör. Sat. II (Leipzig 1867), S. 10—14.
4. Pompon. 1. 1. 45: A. Cascellius, Quintus Mucius Volusii auditor,
denique in illius honorem testamento Publium Mucium nepotem eins reli-
quit heredem. Hier ist Volusii wohl abzuändern in Volcatii, nach Plin.
N. H. Vin, 40, 144: Volcatium nobilem, qui Cascellium ius civile docuit.
Fraglich ist sodann das Verhältniss in welches Q. Mucius (oben 151, 1)
zum üebrigen zu setzen ist: entweder Q. Mucii et Volcatii auditor (vgl.
W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. S. 188 f. Nr. 21) oder Q. Mucii audi-
toris Volcatii auditor (Mommsen). Weiter berichtet Pomp. 1. 1. über Cas-
cellius: fuit autem quaestorius, nee ultra proficere voluit, cum illi etiam
Augustus consulatum offerret. ex his etc. (s. A. 2). Cascellii scripta non
exstant nisi unus liber bene dictorum (Sammlung seiner Witzworte durch
einen Andern? vgl. oben 120, 6. 188, 2.). Val. Max. VI, 2, 12: Cascellius,
vir iuris civilis scientia clarus, quam pericnlose contumax! nullius enim
aut gratia aut auctoritate compelli potuit ut de aliqua earum rerum quas
triumviri dederant formulam componeret* hoc animi iudicio universa eorum
beneficia extra omnem ordinem legum ponens. idem cum multa de tem-
poribus liberius loqueretur (unter August) . . duas res . . magnam sibi
licentiam praebere respondit, senectutem et orbitatem. Vgl. noch Hör. Ep.
II, 3, 371 (als lebend vorausgesetzt). Quintil. VF, 3, 87. Macrob. H, 6, 1
(Cascellius iuris consultus urbanitatis mirae libertatisque habebatur, mit
TsuFFXii, Körn. Literaturgeschichie. 2. Aufl. 24
370 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
Anführang eines Witzes von ihm aus dem J. 698 d. St.)- Er ist wohl der
Urheber des iudicium Cascelliantmi sive secntorium bei Gaj. Inst. IV, 166.
169. Angeführt wird erDig. XXXII, 100 pr. XXXIII, 6, 7 pr. XXXV, 1, 40, 1.
E. G. Lagemans, de A. Cascellio icto, Lugd. Bat. 1^23. 4. Zimmern,
Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. S. 299 f. H. £. Dirksen, der Bechtsgelehrte
A. Gase, ein Zeitgenosse Cicero's, Berlin 1868. 4. a» Hinterlassene Schriften
II, Abth. 4, Nr. 3.
6. L. Valerius iureconsultus, ex domesticis atqae intimis familiaribus
des Cicero (ad fam. IQ, 1, 3 vom J. 702), auch witzig wie sein Alters-
und Fachgenosse Trebatius (ib. I, 10), wie es scheint aus Apulien gebürtig
(Apuliam tuam, ib. vom J. 700). Nicht unwahrscheinlich ist es dass er
gemeint ist auch ib. VII, 11, 2 (J. 701, an Trebatius): si diutius frustra
abfueris, non modo Laberium sed etiam sodalem nostrum Valerium per-
timesco. mira enim persona induci potest Britannici iureconsulti; woraus
nicht mit Sicherheit zu schliessen ist dass auch er Mimen verfasst habe.
Möglicher Weise (vgl. 134, 1) ist er auch der Valerius weicher als Com-
mentator der zwölf Tafeln erwähnt wird (oben 84, 6).
6. Antistius Labeo, Vater des berühmten Juristen dieses Namens und
selbst auch Jurist (Pompon. Dig. I, 2, 2, 44). Er war einer der zu Caesars
Ermordung Verschworenen , f 712. Vgl. Appian. b. c. IV, 136 (in) aotpia
yvoigiiiog). Pauly's Beal-Enc. I, 1. S. 1163, Nr. 21. Hatte er den Vornamen
Pacuvius (M. Hertz zu Priscian. p. 384 und in Fleckeisens Jahrbb. 91, S.
216), so wird er gemeint sein auch bei Gell. V, 21, 10: prima epistula (des
SinniuB Capito) scripta est ad Pacuvinm Labeonem.
7. üober Alfenus Varus s. unten 206, 2.
190 200. Unter den Rednern dieser Generation erwatben sich
Anerkennung besonders M. Calidius (Prätor 697) und der ta-
lentvolle, aber sittenlose C. Memmius (Prätor 696), Letzterer zu-
gleich in gebundener Form sich versuchend und bekannt durch
seine Verbindung mit Lncretius und wohl auch CatuUus. Aus-
serdem sind als Redner zu nennen C. ManiliuS; P. Sestius, L.
Herennius Baibus und der bekannte Bedränger des Cicero, P.
Clodius.
1. Hieron. Eus. Chron. ad a. Abr. 1960 =» 697 d. Si: M. Calidius
orator clarus habetur, qui bello postea civili (J. 707) Caesariauas partes
secutus (vgl. Caes. b. c. I, 2), cum togatam Galliam regere t, Placentiae
obiit. Nach ib. a. Abr. 1963 *= 690 d. St. war ApoUodorus Pergam. sein
(und des Octavian) Lehrer in der Beredtsamkeit. Ausführliche Schilderung
seiner rednerischen Eigenthümlichkeit bei Cic. Brut. 76, 274 — 80, 278, wo
z. B.: non fuit orator unus e multis, potius inter multos prope singularis
fuit, ita reconditas exquisitasque sententias moHis et pellucens vestiebat
oratio. . . accedebat ordo rerum plenus artis, actio liberalis, totumque
dicendi placidum et sanum genus. . . nee erat ulla vis atque contentio.
Vgl. Vellej. II, 36, 2. Quintil. XII, 10, 11 (subtilitas). 39. Hienach hielt er
zu der neuattischen Richtung. XJeberreste aus seiner Rede in Q. Gallium
200 f. Memmius und andere Redner. Lucretius. 371
(vom J. 690 d. Si) bei Festus v. sufer, p. 309 M. und Nonius p. 208, 27.
Vgl. noch Quintil. X, 1, 23. A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. II. S. 74. H.
Meyer, orat. fragm." p. 436—439. ^
2. Cic. Brut. 70, 247: C. Memmius L. f. perfectus litteris, sed graeciB,
fastidiosus sane latinarum; argutue orator verbisque dulcis, sed fugiens
non modo dicendi verum etiam cogitandi laborem. Die erotischen Gedichte
desselben (oben 31, 1. vgl. Ovid. Trist. II, 433: Memmi Carmen) scheinen
aber doch nicht griechisch gewesen zu sein. Yolkstribun 688. Als Prätor
(J. 696) trat er gegen Caesar auf, liess sich aber später von ihm gewinnen
(Suet. Caes. 73: Gai Memmi, cuius asperrimis orationibus non minore acer-
bitate rescripserat, etiam suffragator mox in petitione consulatns fuit).
Proprätor in Bithynien J. 697 f., wo Helvius Cinna und Catull in seiner
cohors waren (unten 211, 3). J. 701, wegen ambitus bei der Bewerbung
um den Consulat belangt, gieng er nach Griechenland in die Verbannung,
wo er um's J. 706 starb. W. TeuflFel in Pauly's Beal-Enc. IV. S. 1766 f.
Nr. 8. Vgl. Grenzboten 1869. II. S. 129—143.
3. G. Manilius, als tr. pleb. 688 Urheber der lex Manilia, wofSr ihn
Livius eine contio bona halten Hess (Liv. ep. 100). L. 0. Bröcker in Pauly*s
Real-Enc. IV. S. 1482 f. Nr. 6.
4. P. Sestius, Quästor 691, tr. pl. 697, Proprätor in Kilikien J. 704
(Plut. Brut. 4), später auf Caesars Seite getreten, üeber die Langweilig-
keit seiner Rede gegen Antius in einer Civilklagsache s. Catull 44^ 10 ff.
Cicero, der ihn J. 698 vertheidigte (s. oben 176, 32), dachte gleichfalls
von seinen Fähigkeiten gering {tdimtrigj Plut. Cic. 26; nihil umquam legi
scriptum ariatimöiazsQOv , ad Att. VII, 17, 2). W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. VI, 1. S. 1128 f. Nr. 6.
5. L. Herennius Baibus, J. 698 d. St. Mitankläger des M. Caelius (Cic.
p. Cael. 11, 26 ff.) und J. 702 Mitankläger des Milo (Ascon. p. 36. Gr.).
6. P. Clodius Pulcher, Quästor J. 693, trib. pleb. 696, f 702; s. Dru-
mann G. R. II. S. 199—370. Haakh in Pauly's Real-Enc. IL S. 416—420.
C. W. Elberling, narratio de P. Cl. P., Kopenhagen 1839. Cic. p. Cael. 11,
27: P. Clodius . . cum inflammatus ageret . . voce maxima, tametsi proba-
bam eius eloquentiam ,' tarnen non pertimescebam; aliquot enim in causis
eum videram frustra litigantem. J. 700 trat er als Ankläger des Procilius
auf, sowie als Vertheidiger des M. Scaurus.
201. T. Lucretius Carus (wahrscheinlich J. 656 — 699)i9i
behandelte in seinem aus sechs Büchern bestehenden Lehrge-
dichte de rerum natura die Physik, Psychologie und — obwohl
kurz — Ethik des Epikur, in Anlehnung an die Weise des Em-
pedokles und Ennius. Hat der Dichter auch unzweifelhaft sich
vergriffen indem er eine so trockene mechanische Lehre zu be-
arbeiten unternahm y so hat doch die Begeisterung womit er sie
als Erlösung aus der Nacht des Abei-glaubens predigt und der
ehrliche Eifer womit er auf die falschen Grotzen losschlägt etwas
24*
372 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
Erhebendes, und bewundernswürdig ist die geistige Bjraft und
Ausdauer die sich im Kingen mit dem spröden StofiPe kundgibt.
Ueberdiess bricht des Dichters grosse Begabung sich oft genug
Bahn durch die Fesseln des Planes. Der Grundton ist ernst
und trüb und nicht selten bitter, die Darstellung ungleich und
oft schwerfallig, die Sprache scharf, kühn und von einer Her-
bigkeit die einen eigenthümlichen Reiz hat. Mit seiner Art zu
denken und zu schreiben Ton der Gegenwart ab und einer bes-
sern Vergangenheit zugekehrt fand der Dichter in seiner eige-
nen Zeit wenig Beachtung-, aber auf die Augusteer hat er ent-
schiedenen Einfluss ausgeübt. Manche Anstösse in dem Werke
erklären sich auch daraus dass dasselbe von seinem Verfasser
nicht zu Ende gearbeitet werden konnte.
1. Uieronym. Euseb. Chr. ad a. Abr. 1923 (Amand. u. Freh. a. 1922)
SB 660 d. St.: T. Lucretius poeta nascitur. postea amatorio poculo in furo-
rem versus, cum aliquot libros per intern alla insaniae conscripsiaset, quos
postea Cicero emendavit, propria se manu interfecit anno aetatis XLIV.
Hienach wäre das Todesjahr 703 — 704 d. St. Dagegen Donat. vita Vergil.
2: XV^ anno virilem togam cepit, illis consulibus iterum quibus natus. erat
(nämlich 699, Cn. Pompeio U und M. Licinio Crasso II), evenitque ut eo
ipso die Lucretius poeta decederet. Diess würde, die Richtigkeit des er-
reichten Lebensalters vorausgesetzt, auf J. 655 — 656 als Geburtsjahr führen.
4
Das Begensburger Glossar im Anhange der Glossae Salomonis: Titus lu-
cretius poeta nascitur sub consulibus. ann XX Ü: II an uirgilium. Dabei
ist aber die dortige Datierung des Todes von Vergil zu Grunde zu legen;
s. üsener, Rhein. Mus. XXII. S. 444 f. vgl. ebd. XXIII. S. 678—680. — Für
die Richtigkeit von Donats Datierung spricht dass Cicero's Aeusserung über
Lucretius vom J. 700 (s. A. 2), im Zusammenhange mit seiner Thätigkeit
als Herausgeber, den Tod des Dichters voraussetzt. Wird hienach ein Irr-
thum des Hieronymus angenommen, so bedarf es dazu kaum einer so
nothdürftigen Erklärung wie sie die Verwechslung der Coss. von 666 Q.
Caecilius und T. Didius mit den etwas ähnlich heissenden von 660 (C. Cae-
lius und L. Domitius) bieten würde. Ueber den Werth der übrigen Angaben
des Hieronymus ist gleichfalls Meinungsverschiedenheit. Lachmann zu Lucr.
p. 63: ego in Hieronjmianis nihil omnino quod credi non possit invenio:
neque enim totam poSsin per intervalla insaniae compositam dicit, sed
aliquam partem. Aber doch aliquot libros, deren es im Ganzen nur sechs
sind, und dass es gerade ein Epikureer und Atheist ist der auf so schreck-
hafte Weise endet und ein Werk dieses * Inhaltes das in den (verhältniss-
mässig) lichten Augenblicken eines Tollhäuslers verfasst wurde muss doch,
ganz abgesehen von dem märchenhaften Liebestrank, zur Vorsicht gegen
die Angaben mahnen. — Fr. Polle, Philologus XXV. S. 499 ff. XXVI.
S. 561—565. J. Jessen, Festgruss (Kiel 1869) S. 52 ff.
2. unter „Cicero" schlechtweg hat Hieronymus (s. A. 1) sicher den be-
201. LucretiuB. 373
rühmieu Bedner verstanden, nicht dessen Bruder Quintns, und auch sonst
spricht fßr Letzteren gar nichts. Aber gegen die Geschichtlichkeit der ganzen
Nachricht könnte Bedenken erregen dass Cicero, dessen Fehler Schweig-
samkeit über seine Leistungen doch gewiss nicht ist, hierüber nie eine
Silbe sagt, von Lucretius nie Verse anfahrt und über ihn ziemlich kühl
urteilt, ad Q. fr. II, 11, 4 (J. 700): Lucretü poömata (vgl. Gell. I, 21, 6:
in carminibus Lucreti und Yellej. II, 36, 2) ut scribis ita sunt: multis
luminibus ingenii, multae etiam artis. sed cum ad umbilicum veneris (so
Bergk statt cum veneris; M. Hertz: com finieris), virum te putabo; si
Salln&tii Empedoclea legeris, hominem non putabo. Tk Bergk, Cic. do
Lucr. iudicium, Marburg 1846. 4. Jedenfalls war Cicero's Thätigkeit dabei
eine untergeordnete, und es scheint fast als hätte er der Pathenschaft bei
einem so polizeiwidrigen Werke sich halb geschämt. Sicher war sie kein
starker Beweis fnr die auch sonst zweifelhafte Behauptung (bei Plin. Ep.
III, 15, 1), M. TuUium mira benignitate poetarum ingenia fovisse. Eher
ist aus Lucretius' Nachahmung von Cicero's Aratea (s. Munro zu Lucr. Y,
619. p. 598) auf ein Yerhältniss Beider zu schliessen. Vgl. noch Gornel.
Nep. Att. 12, 4: quem post Lucretii Catullique mortem multo elegantissi-
mum poetam nostram tulisse aetatem etc. Ovid. Am. I, 15, 23. Trist. II,
425. Vitruv. IX, 3. Yellej. II, 36, 2: auctores carminum Yarronem ac
Lucretium. Quintil. X, 1, 87: Macer et Lucretius legendi quidem, sed non
ut phrasin, i. e. corpus eloquentiae faciant. elegantes in sua quisque ma-
teria, sed alter humilis, alter (Lucr.) dif&cilis. St^t. Silv. II, 7, 76: docti
furor arduus Lucreti. Horaz verräth besonders in seinen Satiren Yertraut-
heit mitLucrez, z. B. 1, 1, 13 (Lucr. II, 104. Y, 164). 118 f. (Lucr. III, 938).
3,^38 ff. (Lucr.^IY, 1153 ff.). 5, 101 (Lucr. Y, 82). 6, 4 (Lucr. III, 1028). 18
(Lucr. III, 69). 0. I, 26, 6 ff. (Lucr. lY, 2 ff.). Noch 0. lY, 7, 15 kehrt der
bonus Ancus (Lucr. III, 1025) wieder. E. Göbel, Ztschr. für östr. Gymn.
1857, S. 421 — 427. GelL I, 21, 7: non verba sola, sed versus prope totos
et locos quoque Lucreti plurimos sectatum esse Yergilium videmus. Ygl.
unten 224, 6 g. E. So mag auch Yergil. Ge. II, 490 ff. vorzugsweise an Lucrez
denken. Einfluss auf Ovid, s. A. Zingerle, Ovid's Yerhältn. II. S. 12—47;
bedeutender auf Manilius (s. 248, 5). Die Archaisten des ersten christli-
chen Jahrh. zogen Lucr. dem Yergil vor (T^. dial. 23).
3. Zur Charakteristik des Werkes. Lucrez ist von seiner Lehre so fest
überzeugt dass er mit mitleidigem Behagen dem Irregehen der Andern
zusieht (n, 7 — 13), und au die Yerdienstlichkeit seines Unternehmens glaubt
er so sicher dass er Tag und Nacht (I, 143. lY, 966 f.) sich damit be-
schäftigt und über alle Schwierigkeiten des Gegenstandes (I, 413 ff. 921)
und der lateinischen Behandlung (propter egestatem patrii sermonis I, 140.
832. ni, 261) sich hinwegsetzt, aus Hoffnung auf Ruhm (I, 922), den er
mit seiner liebenswürdigen Naivität in Anspruch nimmt primum quod
magnis doceo de rebus et artis relligionum (vgl. 63 ff. 84 ff. II, 44, wo
parallel damit mortis timores stehen) animos nodis exsolvere pergo; deinde
quod obscura de re tarn lucida paugo carmina, musaeo contingens ouncta
lepore (I, 930 — 933); auch wegen der Neuheit seines Beginnens (I, 925—
929. vgl. II, 1023 ff.), welche relativ zu verstehen ist, für die römische Li-
teratur. Ein Zug von Schwermut geht durch seine ganze Weltanschauung,
374 CiceroniBche Zeit Zweite H&lfte, J. 691—711.
2. B. III» 870—077 und oft. J. Beisacker, der Todesgedanke . . bes. bei
Epikur und Lncretius, Trier 1862. 4. Dabei bekunden ein warmes edles
Gemüt so viele ergreifende Schilderungen aus dem Menschenleben (I, 938 ff.
n, 1163 ff. m, 907 ff. V, 223 ff.) wie aus der leblosen Natur (II, 29 ff.
144 ff. 352 ff.).
4. System. E. y. Suckau, de Lucr. metaphysica et morali doctrina,
Paris 1857. J. W. Braun, Lucr. de atomis doctrina, Münster 1857. F. Hilde-
brandt, Lucr. de primordüs doctrina, Magdeburg 1864. 4. P. Mont^e, Lucr.
consid^r^ comme moraliste, Paris 1861. Fr. Siemering, Quaestionum Lu-
cretianarum Part«.I et II, Königsberg 1867 (I. de philosophia Epicurea etc.
p. 1 — 23, II. de aliorum philosophorum quae apud Lucr. Epicureum occur-
runt sententiis etc. p. 23 — 49). Th. Bindseil, quaestiones lucret., Anclam
1867. 4.
Yerhältniss zu seinen Quellen. A. J. Reisacker, Quaestiones lucret.
(Bonn 1847) und Epicuri de animorum natura doctrina a Lucretio discipulo
tractata, Cöln 1855. 4. E. Hallier, Lucr. carm. e iragmentis Empedoclis
adumbratum, Jena 1857.
5. Sprache. F. W. Altenburg, de usu antiquae locutionis in Lucr. car-
mine obviae, (xotha 1857. 4. G. W. F. Proll, de formis antiquis Lucretianis,
Breslau 1859. B. Schubert, de Lucretiana verborum formatione, Halle 1865.
B. Bouterwek, Lucretianae quaestiones grammaticae et criticae, Halle 1861.
Fr. Polle, de artis vocabulis (philosophische Eunstausdrücke) quibusdam
Lucretianis, Dresden 1866. F. W. Holtze, syntaxis Lucretianae lineamenta,
Lips. 1868. 204 pp. C. G. L. SlÄdler, de sermoAC Lucr., Jena 1869. 51 pp.
G. Kühn, quaest. lucr. grammaticae et metricae, Bresl. 1869. 64 pp.
6. Nichtvollendung. Ueber das Mass derselben und die Sorgfalt des
Herausgebers sind die Ansichten getheilt (s. Purmann in Jahn's Jahrbb. 67,
S. 658 ff. Polle, im Philologus XXV. S. 503 f.), nicht aber über das Dass
und darüber dass die (drei) ersten Bücher der Vollendung näher gebracht
worden sind als die letzten.
7. Üeber Lucrez und sein Werk : Bayle dictionnaire s. v. Nachträge zu
Sulzer Vn. S. 310—336. Bruner, de carmine didasc. (Helsingfors 1840. 4.)
p. 20—41. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. (1845.) S. 1195 — 1198.
L. Grasberger, de Lucr. carminö, -München 1856. 61 pp. (bes. de Li. philo-
sophia, p. 5 — 21; de arte Li, p. 21 — 41). C. Martha, Bevue des deux mondes,
März 1863, p. 187 — 215; le po^me de Lucr. morale, religion, science,. Paris
1869. Mommsen B. G. III*. S. 573—677, und danach J. Mähly, im neuen
Schweiz. Mus. V. 1865. S. 167 — 188. Fr. Polle, die Lucrezliteratur seit
Lachmann und Bernays, Philologus XXV. S. 489—530. XXVI. S. 290—345.
524—565.
8. Alte Commentatoren: Valerius Probus (s. d.). Hieronym. in Buf. I.
(H. p. 472 Vall.): puto quod puer legeris Aspri . . commentarios . . et alio-
rum in alios, Plautum videlicet, Lucretium, Flaccum etc. Vgl. J. Steup,
de Probis p. 81 f. not. 2. Das Mittelalter hindurch war Lucr. verschollen;
J. Jessen, Philologus XXX. S. 236—238.
9. Die Handschriften des Lucr. gehen alle zurück auf einen arche-
typus saec. IV oder V in Capitalschrift, ohne Wortabtheilung (Lachmann
201. LucretiuB. 375
zu Lucr. p. 3; vgl. Philologus XXV. S. 528 — 530). Von diesem wurden seit
saec. IX drei Abschriften gemacht, von welchen die drei Familien stammen
in die sich alle erhaltenen Hdss. vertheilen (Lachmann p. 4 — 11). Der ein-
zige Vertreter der ersten ist der oblongus (oder Leidensis 1); s. £. Göbel,
Rhein. Mus. XV. S. 401—418. Die zweite Familie besteht aus den italici
(acht Laurent., worunter Nr. 30 die Hds. von Niccoli, sechs Vatic; auch
eine Cambridger), welche alle aus der einen (dem oblongus sehr ähnlichen)
Handschrift stammen welche Poggi aus Deutschland brachte. Vgl. Philo-
logus XXV. S. 517 f. Ein stark interpolierter Vertreter dieser zweiten
Familie ist der Münchner Pergamentcodex der einst im Besitze des P. Victo-
rius war (cod. Victorianus) und dessen Correcturen wahrscheinlich von Pon-
tanus* Schüler, Marullus (t 1500), herrühren; s. L. Spengel, Münchner Gel.
Anz. XXXIII (1851). S. 771 ff. W. Christ, quaest Lucr., München 1855.
E. Göbel, quaest. Lucr. crit., Salzburg 1857. 4. Rhein. Mus. XII. S. 453 f.
De cod. Victor, von H. Sauppe (Götti. 1864. 4.) und Bouterwek (Halle 1865. 4.).
Munro*S Ausg. p. 7—15. 27. Fr. PoUe, Philologus XXV. S. 518—528. Die
dritte Familie besteht aus dem quadratus (Leid. 2) und zwei Bruchstücken,
den (acht) Schedae Havnienses und den (zehn) Schedae Vindobonenses; s.
R. J. F. Henrichsen, de fragm. Gottorpiensi Lucr., Eutin 1846. E. Göbel,
Rhein. Mtfs. XII. S. 449 ff.
10. Auf dieser handschriftlichen Grundlage, nur unter Einmischung
mancher nichtberechtigte'n sprachlichen Voraussetzungen (Philologus XXVI.
S. 294 — 298), ist der Text des Lucretius erstmals von Lachmann bearbeitet
worden (1850), welchem die Revision von J. Bemays (1852) folgte. Die
nächst Lachmann bedeutendste Leistung für die Textkritik ist die von
Munro (1860. 1864), zugleich die einzig erhebliche seit langer Zeit für die
Erklärung des . Dichters. Zahlreiche kritische Beiträge in Quaestiones Lu-
cretianae von H. Purmann (Breslau 1844. Lauban 1858. 4. 1860. 4.),
J. Siebeiis (Lips. 1844), Oppenrieder (Augsburg 1848), H. Lotze (Philologus
VII. 1852. S. 696—732), W. Christ (München 1865), J. Jessen (Göttingen
1868, p. 10 — 40); Observationes Lucretianae von P. E. Göbel (Bonn 1854),
und Abhandlungen verschiedenen Titels von J. N. Madvig (Opusc. I. p. 305
—322), J. Bernays (Rhein. Mus. V. p. 533—587; VIH. S. 159 f.), H. Pur-
mann (Naumburg 1849. 4. Cottbus 1867. 4.), F. W. Altenburg (Schleusin-
g^n 1845. 4.), J. Roos (Groningen 1847), Th. Bergk (Jahns Jahrbb. 67,
S. 315—330. 83, S. 316—334. 495—509. 617—638; im Haller Ind. lect.
1865), C. Winckelmann (Salzwedel 1857. 4.), Fr. Susemihl und A. Brieger
(Philologus XIV. S. 650—567. XXIIL S. 456—472. 623—643. XXiV. S. 422—
453. XXV. S. 67—91. XXVII. S. 28—57. XXTX. S. 417—447), L. MüUer
(ebds. XV.. S. 157—162), Th. Bindseil (Halle 1865), F. Polle (Philologus
XXV. S. 269—283), F. Bockmüller (Lucretiana, Stade 1868. 26 pp. 4.) u. A.
Vgl. die Uebersicht von F. Polle, Philologus XXVI. S. 298—345. 524 ff.
11. Ausgaben (vgl. Munro L p. 3 — 23). Ed. princeps s. 1. et a. (wahr-
scheinlich Brix. 1473). fol. Aldina I (1500. 4.) cura H. Avancii; cum comm.
I. B. Pii, Bonon. 1511 fol. luntina (cura P. Candidi), Flor. 1512. Cum
comm. D. Lambini, Paris 1564. 4. 1570. 4. Prancof. 1583. 8. und oft.
Cum collectan. Ob. Gifanii, Antverp. 1566. 8. und oft. Cum notis Th. Creech,
376 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
Ozon. 1695, zuletzt 1807. 1818. 1835. Cum notis varr. ed. S. Havercamp,
Lugd. B. 1725. 4. 2 VoU. Ed. G. Wakefield, Lond. 1796. 4. 3 Bde. Glasg.
1813. 8. 4 Bde. (vgl. Madvig OpuBC. I. p. 306 f.). Ed. H. G. A. Eichstaedt,
Lipa. 1801. Vol. I. (Prolegg., Text, Index). Ed. A. Forbiger, Lips. 1828. Rec.
et einend. C. Lachmann, cum comm., 2 Bde., Berlin 1850. 1853—1855.
1860—1866. Ed. J. Bernays, Lipa. 1852. With notes by H. A. J. Munro,
Cambridge 1860. ed. II. 1866; Vol. II (translation in Prosa) 1866. Text
von Munro (recogn.), Cambridge 1860. 1864.
12. Deutsche Uebersetzungen von J. H. F. Meineke (Leipz. 1795. 2 Bde.),
C. L. V. Knebel (Leipzig 1821 u. 1831), G. Bossart -Gerden (Berlin 1866),
W. Binder (Stuttgart, Hofifmann 1868 f.). Uebersetzungsproben von L. Gras-
berger (in Terzinen, Würzburg 1862. 4.) und A. Brieger (I, 1 — 369, Posen
1866. 4.).
192 202. Die jüngere Generation, deren beste Lebensjahre in
die stürmische Zeit des Bürgerkriegs zwischen Caesar und Pom-
pejus hineinfielen und die sich genöthigt sah selbst auch Stel-
lung zu nehmen in diesen Kämpfen, erhält dadurch einen lei-
denschaftlich erregten Charakter, wie im Leben so grossentheils
auch in der Literatur. Getragen von den Ergebnissen der bis-
herigen Entwicklung, mit hellenischer Bildung gesättigt und der
eigenen Kraft sich bewusst, schlug man mutig neue Bahnen
ein und suchte es den Griechen auch in der Literatur gleich
zu thun. Sallust in der Geschichte, CatuU in der Poesie zeigen
wie erfolgreich dieses Streben war; und beide Altersgenossen
waren nur die hervorragendsten unter einer grossen Zahl von
Mitstrebenden: in der gebundenen Form Varro Atacinus und
Licinius Calvus dem CatuU nahezu gleichkommend und auf an-
derem Gebiete der Syrer Publilius, in prosaischel: Darstellung
durch Rede und Schrift M. und D. Brutus, Caelius Rufus, Cor-
nificius, Curio, Fumius und viele Andere. Sogar eine Frau,
Hortensia, zählt unter den Rednern, und andere Frauen, wie
Catulls Lesbia, machen Gedichte. Diese Zeitgenossen verfolgen
in der Beredtsamkeit alle wesentlich die gleiche Geschmacks-
richtung auf das Natürliche, Einfache und Schmucklose, zum
Theil mit solcher Absichtlichkeit dass es selbst wieder zur
Künstlichkeit wird. In der Poesie streben sie den alexandrini-
schen Dichtem nach und begegnen sich theilweise auch in den
Stoflfen. So verfassen Epen mit mythologischem Stoflfe Valerius
Cato (Diana), Catull (Epithal. Pelei), Calvus (lo), Cinna (Zmyr-
na), Comificius (Glaucus), Caecilius (Cybele); Epithalamien und
Hymenäen Catullus, Calvus und Ticidas. Auch entsprach es
202 f. Die jüngere Generation. SalluBtius. 377
ebenso dem alexandrinischen Vorgang als den lockeren Sitten
der Zeit und dieser Kreise dass fast ein Jeder zur erotischen
Poesie seinen Beitrag lieferte. In der Politik aber gehen sie
auseinander, und diese beherrscht Alles. Wie bedeutende Zeit-
ereignisse alsbald eine ganze Literatur hervorrufen, so begleitet
die Poesie die Mäni\er und Vorgänge des Tags mit ihren Gra-
ben; die Geschichtschreibung verräth den Einfluss der Politik
in Ausgangspunkt wie Ziel, und die Beredtsamkeit fangt bereits
an ihn darin zu empfinden dass das gewohnte Feld der Wirk-
samkeit ihr verkümmert wird.
1. Ueber die Juristen Trebatias Testa und A. Cascellius b. oben 199, 3 u. 4.
2. Anonyme Epigramme zum Preise Caesars und bes. seines Zuges
nach Britannien aus dem cod. Voss. 86 in der Anthol. lat. 419 — 426 R.
Anderes s. unten 212, 4.
3. Im Nachstehenden sind zwischen die beiden grössten Literatur-
erscheinungen die kleineren so verteilt dass an Sallust sich die caesarisch
gesinnten Schriftsteller Q. Tubero, Alfenus Varus, G. Matius anreihen, darauf
die Redner, Tagsschriftsteller und sonstigen Prosaisten (meist von der
Gegenseite) folgen, den Beschluss aber und Uebergang zur augusteischen
Zeit CatuU und die anderen Dichter bilden.
203, C. Sallustius Crispus aus Amitemum (J. 667—720193
d. St.) widmete nach einem bewegten Leben seine letzten Jahre,
nach Caesars Tode, der Geschichtschreibung. Zuerst verfasste
er eine Monographie über die Verschwörung des Catilina,
mehr nach literarischen als archivalischen Quellen, mit sichtli-
chem Streben nach Unparteilichkeit, doch ohne Verleugnung
seiner Sympathie für Caesar. Die Behandlung ist pragmatisch-
psychologisch und rhetorisch, im Chronologischen aber weniger
genau. Gleichmässigere Anlage und glattere Sprache hat der
lugurtha, der mit ruhiger Objectivität die römische Oligarchie
in ihrer tiefsten Entwürdigung vorführt, unter sorgfaltiger Be-
nützung aller Quellen. Endlich fünf Bücher Histofiae, begin-
nend mit Sulla's Todesjahre (676 d. St.) und fortgeführt bis
687, vielleicht aber ohne zum Abschluss gelang zu sein. Das
Werk war ebenso angelegt wie die beiden kleineren Schriften,
ist uns jedoch nur in Bruchstücken erhalten. Dadurch dass,
vielleicht im zweiten christlichen Jahrb., die sämmtlichen in den
drei Geschichtswerken Sallusts sich findenden Reden und Briefe
für rhetorische Schulzwecke zusammengestellt wurden retteten
sich auch aus den Historiae vier Reden und zwei Briefe. Fälsch-
378 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
lieh den Namen des Sallust tragen zwei Briefe ad Gaesarem
senem de republica und die invectiva Sallustii in Ciceronem^ an
welche Ciceronis in Sallustium responsio angeschlossen isi
1. Die Schreibang SaJlustiuB ist die bestbeglaubigte uad etymologisch
richtige. — Hieronym. zu Euseb. ehr. ad a. Abr. 19S0 = 667 = 87 y. Chr.
(im cod. Freher. erst zu 1931 «= 668): Sallustius Crispus scriptor historicus
in Sabinis Amiterni naecitur; und ad 1981 es 718 d. St.: Sallustius diem
obiit quadriennio ante actiacum bellum. Chron. pasch. I. p. 347 (vielleicht
nach Phlegon's 'Olvfimof ncat, Reifferscheid Suet. p. 381): . . vitaxtav Magiov
TO ^' xal Klwa xo ß' (668 d. St.) ZaXovariog iysvvrjd'rj naldvSaig oxroo-
ßQiatg, und p. 359: Zalovatiog dns^avs jcqo xgi&v Idmv fuctmv. Gell. XVII,
18: M. Varro . . in libro quem [in]8cripsit „Pius aut de pace" C. Sallustium
scriptorem seriae illius et severae orationis, in cuius historia notiones cen-
sorias fieri atque exerceri videmus, in adulterio deprehensum ab Annio
Milone loris bene caesum dicit et cum dedisset pecuniam dimissum. Vgl.
Porph. zu Hör. S. I, 2, 41. Serv. Ae. VI, 612. Respons. 5. — Volkstribun
702 (Ascon. Mil. p. 38 Or.). Durch die Censoren 704, wohl aus politischen
Parteigrunden, aus dem Senat gestossen (Eesp. 6. Dio XL, 63); von Caesar
705 wiedereingesetzt durch üebertragung der Quästur (Resp. 6 7gl. 8) und
(707?) der Prätur; durch Caesar Proconsul von Africa J. 708; s. bell. air.
8. 34. 97. Als solcher sich bereichernd; s. Resp. 7. Dio XLIQ, 9. Besitz
der horti Sallustiani.
2. Catilina (bellum Catilinarium, de coniuratione Catilinae), erste
Frucht der Müsse des Sallust (Cat. 4, l^ff.), verfasst nicht vor 711, heraus-
gegeben etwa 712. Sachliche (namentlich chronologische) üngenauigkeiten
sind der Darstellung mehrfach nachgewiesen worden , bes. von W. Drumann
und E. Hagen; vgl. H. Wirz, Catilina's und Cicero's Bewerbung (Zürich 1864)
S. 32 ff. Fr. Baur, Correspondenzbl. 1870, S. 193 ff. D^m Cicero gegenüber
hält sich Sali, tactvoll, weder je ihn tadelnd noch warm ihn fobend; die
persönliche Vorliebe für Caesar aber bricht manchmal hindurch. Zahl-
reiche reflectierende Einleitungen; nach dem Vorgange griechischer Schrift-
steller C. Sallustius in hello iugurthino et Catilinae nihil ad historiam
pertinentibus principiis orsus est (Qnintil. III, 8, 9). R. Dietsch, quo tem-
pore quoque consilio Sallustius Catilinam scripserit, Grimma 1856. 4. Hane-
graat, de temporum computatione in libro de coniuratione Catilinae, Zut-
phen 1846. Friedr. Baur, Chronologisches und Apologetisches zum Catilina
(s. oben 176, 20, 1). W. Ihne in den Verhandlungen der Würzburger Phi-
lologenversammlung (Leipzig 1869) S. 106 — 116.
Ausgaben von J. Ch. W. Dahl (Braunschweig 1800), Ch. G. Herzog
(Leipzig 1828), Fr. Kritz (ed. illustr., Lips. 1828), G. v. Wieringhen-Borski
(ed. ill., Groning. 1831), R. Dietsch (erklärt, Leipzig 1864). Mit Anm. zum
Uebersetzen ins Griechische von Holzer u. Rieckher, Stuttgart 1869.
Uebersetzt (mit Text) von Ch. G. Herzog (bei seiner Ausg.) und C.
Holzer (Stuttgart 1868). Ins Griechische von /C. Holzer und J. Rieckher,
Stuttgart 1869.
Beiträge zur Kritik und Erklärung von C. W. Nauck (das Vorwoi't,
203. Sallustius (Schriften). 379
Königsberg in d. N. 1860. 4.), Kvicala (Ztschr. f. östr. Gym. 1863, S. 579—
626), Th. Wiedemann (Philologus XXII. S. 495—604) u. A.
3. lugurtha (bellam iugorthinum), wohl hauptsächlich nach den Me-
moiren des Sulla, Scaurus und Butüius, mit Benützung des Sisenna (Jug.
95, 2) und anderer Quellen (ib. 17, 7), doch in Ortsschilderungen und
Ethnographie nicht sehr zuverlässig. Der politische Gesichtspunkt (vgl.
ib. 5, 1) überwiegt, verführt aber nicht zur Parteilichkeit. Meisterhafte
Zeichnung der politischen Verhältnisse in den Reden des Memmius (c. 31)
und MariuB (c. 85). Mit dem Ausblick auf Letzteren schliesst die Schrift.
Anlage (Einleitung, Excurse, Reden) wesentlich dieselbe wie im Catilina;
sogar Wiederholung von Wendungen aus diesem und dem lug. selbst;
doch ist das Yerhältniss der einzelnen Theile mehr ausgeglichen. Aus-
gaben von Ch. G. Herzog (Leipzig 1840), 0. Gehlen (Regensburg 1862),
0. Sichert (Breslau 1867). R. Dietsch^ Obss. criticae in lug. partem ez-
tremam, Grimma 1845. 4: Widmann, de Memmii oratione, Blaubeuren
1857. 4. Mommsen, Hermes I. S. 427 — 430. Uebersetzt von C. Holzer,
Stuttgart (Neff) 1868.
4. Historiae, ihrem Stoffe nach thatsächlich eine Fortsetzung des
Werkes von Sisenna. Absichtliche Uebergehung der Geschichte des Sulla,
lug. 95, 2. Der Inhalt erstreckte sich bis senos per annos (Auson. Idyll.
rV, 61 ff.). Der Beginn mit J. 676 ist sicher (Anfangsworte: res populi
rom. M. Lepido Q. Catulo coss. ac deinde militiae et domi gestas com-
posui), und Nichts in den üeberresten weist über J. 687 hinaus. Auch
hier Streben nach geschichtlicher Unparteilichkeit; s. unten 204, 2. Durch
die rhetorische Sammlung (im Ganzen 15 Reden und 6 Briefe aus Sallust)
sind aus den Hist. erhalten 4 Reden (Lepidi, Philippi, Cottae^ Macri) und
2 Briefe (Cn. Pompei, Mithridatis). A. Fabricius, de M. Lepidi ap. Sali,
oratione, Moskau 1848. Andere grössere Ueberreste das fragmentum Bero-
linense (von Heine gefunden, von G. H. Pertz zuerst herausgegeben, als
vermeintliehes Fragment des Livins), auf J. 681 und B. II sich beziehend
(vgl. H. Jordan, Hermes II. S. 81 — 85) , und die fragmenta Vaticana aus B. HI,
von dem Kriege gegen Spartacus handelnd. Vgl. Jordan in seiner Ausgabe
des Sali. (1866) p. 111—128, und de vaticanis Sali. hist. 1. lU reliquiis im
Hermes Y. p. 396—412. Anderes in der Nachbildung des Inline Exuperan-
tius. Sammlung der Ueberreste der Hist., nach früheren Arbeiten von J.
Th. Kreyssig, 1811 bis 1852, besonders von Fr. Kritz (disposita suisque
coram. illustrata, Lips. 1853; und: neu geordnet und erklärt, Erfurt 1856).
Nachträge im Rhein. Mus. XVIU. S. 478 f. XIX. S. 147 f. Erklärt und über-
setzt von 0. Gehlen (Wien 1865). G. Linker, Sali. Hist. prooemium . .
restituere tentavit, Marburg 1850. J. G. Schlimmer, hist. rerum gest. in
Hist. Sali, libris, Utrecht 1860. Reden und Briefe der Hist., rec. et ed.
OreUi (Zürich 1830; dazu die historia critica eclogarum ex Sali. Hist.,
Zürich 1833). Darüber von R. Klotz (Leipzig 1849) und besonders H. Jordan,
Rhein. Mus. XVIII. S. 584—593.
5. Die zwei Briefe ad Caesarem (der erste hat aber vielmehr die
Form einer Rede) sind sicher aus der Eaiserzeit und der Rhetorschule
(suasoriae), beide unpraktisch und die Redeweise des Sallust nachahmend.
.-^80 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
zudem in übertreibend archaistischer Orthographie. Der zweite ist weit-
schweifig und enthält theil weise die gleichen Vorschläge wie der erste,
ohne doch an ihn anzuknüpfen. Daher scheinen sie Bearbeitungen des
gleichen Schulthemas von verschiedenem Standpunkte, aber (bei der Gleich-
heit der Anlage, des Geistes, der Sprache und vieler einzelnen Wendun-
gen) jedenfalls aus derselben Zeit, wenn nicht von demselben Verfasser,
wie Orelli und Jordan annehmen, indem Letzterer denselben in die Zeit
zwischen den Flaviem und Antoninen setzt, Orelli in die des Fronto und
ihn für den Urheber der Zusammenstellung der sallustischen Beden und
Briefe hält. Vgl. W. Teuffei im Tübinger Doctorenverzeichniss von 1868,
S. 13 f. H. Jordan, de suasoriis ad Caes. senem de rep. inscriptis, Berlin
1868. 32 pp. Den sallustischen Ursprung verficht wieder C. Spandau, eine
Salluststudie, Baireuth 1869. 31 S. 4.
6. Die Invectiva Sallustii in Ciceronem (angeblich im Senat) ist
kurz, roh und theilweise offen verleumderisch. Da besonders bitter Cicero's
Verfahren gegen die Catilinarier besprochen wird, so könnte sie von einem
der Letzteren herrühren (vgl. Ascon. p. 95 Or.). Quintilian kannte sie und
glaubte an ihre Echtheit (vgl. XI, 1, 24). Die Besponsio (Ciceronis in Sal-
lustium) ist ausführlicher und declamatorischer , enthält aber manche sonst
nicht bekannte und innerlich glaubhafte Nachrichten, verräth auch eine
energisch anticaesarische Gesinnung, so dass sie aus dem Anfange der
Eaiserzeit zu stammen scheint. Schwache Spuren führen auf einen Didius
(Linker: Epidius) als Verfasser. Dio benützte wohl die Schrift. Vgl. Cor-
radi Quaestura p. 85— 128^ die Programme von Ch. G. Herzog (Gera 1834 ff. 4.)
und W. Teuffei a. a. 0. (1868) S. 14 f.
7. Alte Erklärer. Aemilius Asper (Lyd. de magistr. HI, 8: AlfUltos iv
TC9 vTCOfivrifiaxi tmv IJaXXovaTLOv tatOQiav, Charis. p. 216, 28 K.: Asper
commentario Sallustii Historiarum 1) und Statilius Maximus (?s. d.). Suidas
V. ZrivoßLog: ZfivoßLOs aofpiazrjg TcaiSsvaag ini 'ASqucvov KaCaaqog ^ygatps . .
fietdtpQaaiv iXirivinrng tav *IöTOQiav £aiovatiov tov Q(0(ia'ixov taroQixov
töiv nalov^iivoiv avtov BsXmv (Bella). Ein Anonymus zum Catil. bei Su-
ringar, bist, schol. L p. 254.
8. Handschriften. Die Reden und Briefe (auch die ad Caesarem) sind
überliefert durch Vatic. 3864 saec. IX. Die Hss. der Bella zerfallen in zwei
Classen. Die ältere (meist aus saec. X) hat den besseren Text, aber lug.
103, 2 bis 112, 3 eine Lücke. Bester Vertreter Paris. Sorb. Nr. 500 saec.
IX — X. Die jüngere Classe ist vielfach interpoliert, füllt aber jene Lücke
aus. Bester Vertreter Monac. saec. XI. In einem Theile der ersten Classe
sind die fehlenden Capitel am Schlüsse nachgetragen; ein Theil der zweiten
hat an einigen Stellen Worte die in den anderen fehlen und doch echt
sind. Abweichende Ansichten über das Verhältniss der zwei Classen zu
einander von C. L. Roth (Rhein. Mus. N. F. IX. S. 129—135 nebst S. 630 f.),
R. Dietsch (Ausgabe von 1869), E. Wölfflin (Philologus XVH. S. 154—159.
519—548 und dagegen E. Brentano, de C. Sallustii Crispi codicibus recen-
sendis, Prankfurt 1864. p. 2 ff.), H. Jordan (über Vat. 3864, im Hermes I.
S. 231—240; über cod. Nazarianus , . ebds. S. 240 ff. vgl. III. S. 460 f.).
Sonstige Beiträge aus Handschriften: Thorlacius, HI codd. pergam. descr..
203. SaJlustius (Schriften). 381
Kopenhagen 1815. 4. Birnbaum, spec. lectt. Sali, e codd. Trevirens., Trier
1822. 4. Bojesen, de duobus codd. Sali. Havniensibus, Eopenh. 1847. Ga-
tenäcker, Variae lectt. ex 111 codd. maa., Würzburg 1837. 1839. 4. A. Alanus,
lectiones codd. trium, Dublin 1865. Gollaüon einer Handschrift aus Bar-
celona, Philologus XIV.- S. 7^9 f. J. C. Wirz, de fide atque auctoritate
codicis Sali, qui Parisiis in Bibl. imp. n. 1576 asservatur, Aarau 1867. 4.
A. Eussner, Philologus XXV. S. 343 f. und im Würzburger Festgruss (1868)
S. 168 flF. 184 flF.
9. Ausgaben. Ed. princeps s. 1. (Ven.) 1470. 4. Rom. 1490. 4.
Venet. Aid. 1509. 8. Paris. 1509. 4. (von Ascensius). Basel 1538. 8. (von
Glareanus). Ed. L. Carrio, Antv. 1573. 1580. Jan. Gruter, Frankf. 1607.
J. Wasse, Cantabr. 1710. 4. £ rec. et c. notis G. Cortii, Lips. 1724. 4.
(Wiederabdruck Lips. 1825 if.). Rec. et cum notis varr. ed. S. Havercamp,
Haag 1742. 2 Bde. 4. (Wiederabdruck durch Frotscher, Lips. 1828 f.).
Ferner von G. Ch. Harles (Nümb. 1778. 1797)^ in der Zweibrücker Samm-
lung (1779. 1796), von H. Eunhardt (Lübeck 1809), O. M. Müller (Leipzig
u. Züllichau 1821), W. Lange (Halle 1815. 1824. 1833), F. D. Gerlach
(recogn., varr. lectt., commentarios atque indices adiecit, 3 Bde. 4. Basel
1823. 1827. 1831; denuo rec. atque ed., Basel 1832; rec; adnot. crit., in-
dicibus bist, et gramm. instruxit; Vol. I. Basel 1852; berichtigter Text,
einl. Abb., ausgew. Lesarten, Stuttg. 1870), C. H. Frotscher (Lips. 1825 ff.
3 Bde. 8.), F. Eritz (ad fid. codd. rec. c. comm.. Lips. 1828. 1834 f. 2 Bde.
nebst Ind., wozu die Frag^enta 1853; recogn. et succincta annot. iliustr.,
Lips. 1856), E. W. Fabri (mit Anmerkungen, Nürnberg 1831 f. Zweite Aufl.
1845), C. H. Weise (Lips. 1831), H. E. Allen (London 1832), J. C. Orelli
(Zürich 1840 und 1853), R. Dietsch (Lips. 1843. 1846; grosse Ausgabe, in
zwei Bänden, Lips. 1859; mit deutschen Anmerkungen, I. Leipzig 1864),
A. Hedner (notis ill., Orebro 1848), Tho. Heightley (with notes and ex-
cursus, London 1848), R. Jacobs (Leipzig 1852. Vierte Aufl., Berlin 1864),
F. W. Hinzpeter (mit Anmerkungen, Bielefeld 1867).
Texte von E. F. Bojesen (Eopenh. 1837. 1852), G. Linker (Wien 1855),
Gerjagh-^fliips^ Tauchn. , 1856), R. Dietsch „Bibliotheca Teubner., ed. V.
1867), und besonders H. Jordan (mit kurzer adnot. critica, Berolin. 1866).
10. Eritische und exegetische Abhandlungen. G. St. Lechner, Observa-
tiones in noimullos Sali, locos, Hof 1828. 4. Selling, lectionum Sali, decades
III., Augsburg 1831. 4.; Emendationes Sali., Ansbach 1835. 4. G. Linker,
Emendationen zu Sallust, Wien 1855 (Sitzungsber. der Akad.). F. Hitzig,
in der Monatsschrift des wiss. Vereins in Zürich 1856, lOtes Heft. G. Wagner,
disp. de locis quibusdam Sali., Ratibor 1861. 4. F. Gründel, quaestiones
Sallustianae, EOnigsberg 1861. H. Jordan, im Hermes I (1866) S. 229—250.
A. Eussner, im Würzburger Festgruss (1868) p. 158—194, und Exercitationes
Sallust., Würzburg 1868.
11. üebersetzungen von Schlüter (Münster 1806 f. 2 Theile), v. Wolt-
mann (Prag 1814), v. Strombeck (Göttingen 1817), J. E. Hock (3. Aufl.,
Frankfurt 1818), L. Neuffer (Leipzig 1819), E. Göriz (Stuttgart, Metzler,
1829), A. Hauschild (mit lat. Text, Leipzig 1852), C. Cless (Stutt^rt, Hoff-
mann, 1855 f. und 1865, 2 Bde.), R. Dietsch (Stuttgart, Metzler, 1858).
382 CiceroniBche Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
194 204. Sallust ist der erste kunstmässige Greschichtschreiber
der Römer. Die Bahn seiner römischen Vorgänger verlassend
hat er viebnehr unter den Griechen seine Vorbilder gesucht.
Unter diesen hat ihn besonders der ernste Thukydides angezo-
gen und zur Nachahmung gereizt. Ihm folgte er schon in der
Wahl seiner Stofife, indem auch er vorzugsweise die eigene Zeit
und Selbsterlebtes in seinen Geschichtswerken schilderte. Ist es
ihm auch nicht gelungen den hohen Standpunct seines Vorbil-
des, seine durchdringende Kritik und seine objective Haltung
zu erreichen, so hat er ihm doch redlich nachgestrebt in Wahr-
heitsliebe und Unparteilichkeit. Auch in der Anlage seiner
Werke hat er Manches dem Thukydides nachgemacht, insbeson-
dere die Sitte der Einleitungen und die Einflechtung von Reden
zur Charakteristik der Situation und der handelnden Personen.
Nur hat bei dem Römer das rhetorische Element ein Gewicht
wodurch vielfach das historiographische beeinträchtigt wird, na-
mentlich durch das Uebermass von Reflexionen und eine gewisse
Gleichgültigkeit gegen das äusserlich Thatsächliche gegenüber
von dem Psychologischen. In der Gharakterzeichnung hat Sal-
lust seine Hauptstärke, und er ist auch darin unter den Römern
ohne Vorgänger, sowie in der Sorgfalt die er auf die Form ver-
wendete. Wie Thukydides, obwohl schwerlich in demselben
Ma^se, hat auch Sallust langsam gearbeitet und die Ausfeilung
seiner Schriften sich Mühe kosten lassen. Wie sein Vorbild
bemüht er sich kurz, knapp, gedrängt zu sein, in einem Grade
dass er darüber oft dunkel und geschraubt wird*, und im Einzel-
nen des Sprachgebrauchs, hat er von dem in seiner Zeit Grewöhn-
lichen mit Bewusstsein sich entfernt und nach griechischen Ana-
logien, besonders aber aus der Weise des älteren Cato, sich
eine eigene Schreibart gebildet. Dieses archaistische Element
seiner Darstellung, zusammen mit ihrer rhetorischen Färbung,
hat dem Sallust namentlich in der Zeit des Fronto und dann
wieder am Ende des vierten und im fünften christl. Jahrh. grosse
Verehrung verschafft.
1. Primus romana Crispua in historia, Martial. XIY, 191. Quintil. II,
5, 19: Livium a pueris magis (legi velim) quam Sallustium, et hie historiae
maior est auctor, ad quem tarnen intellegendum iam profectu opus sit. —
Vellej. II, 36, 2: aemulum Thucydidis Sallustium. Quintil. X, 1, 101:
nee opponere Thueydidi Sallustium verear. San. Rhet. suas. 6, 21: hoc
(Nekrolog beim Berichten des Todes einer bedeutenden Person) semel aut
iterum a Thucydide factum, item in paucissimis personis usurpatum a
204. Sallustins (Charakteristik). 383
SallaBtio. Dass Sali, unter allen griechischen Oeschichtschreibem gerade
den Thuk. sich anserkor ist bezeichnend, zugleich aber ein Erklärungsgrund
dafür dass im eigentlich Innerlichen die Nachbildung nicht gelingen konnte.
Nicht nur dass Sallust den entgegengesetzten politischen Standpunct ein-
nimmt und ebenso entschieden zur (imperial-)demokratischen Partei hielt
wie Thukydides Aristokrat war, sondern es ist auch der Ernst und das
Würdevolle bei Thukydides tiefgewurzelt und naturwüchsig, bei Sallust
aber etwas erst spät und künstlich Angeeignetes. Dass dieser Ton zu den
Antecedentien von Sallusts Leben wenig stimme ist oft bemerkt worden.
Am lärmendsten schon von Lenäus^ welcher tanto amore erga patroni (des
Cn. Fompejus) memoriam exstitit ut Sallustium historicum, quod eum oris
probi, animo inverecundo (also als einen Tugendheuchler) scripsisset, acer-
bissima satura laceraverit, lastaurum et lurchonem et nebulonem popino-
nemque appellans et vita scriptisque mönstrosum, praeterea priscorum
Catonis verborum ineruditissimum furem (Sueton. gramm. 15). Aber auch
der ehrliche Gellius (oben 203, 1) bemerkt dass man Vorkommnisse wie das
im Hause des Milo nach dem streng aburteilenden Tone in den Schriften
dss Sallust nicht für möglich halten sollte; Macrobius nennt desshalb
(Sat. II, 9»III, 13, 9) den Sallust gravissimus alienae luzuriae obiurgator
et censor. Auch Symmachus bezeichnet ihn (Epist. V, 68) als einen scriptor
stilo tantum probandus; nam morum eins damna non sinunt ut ab illo
agendae vitae petatur auctoritas. Das Urteil des Lactantius (Inst. d. II, 12.
p. 143 f. Bip.: quod quidem non fugit hominem nequam Sallustium, qui ait:
nostra omnis vis etc., Cat. 1, 2. recte, si ita vizisset ut locutus est. servivit
enim foedissimis voluptatibus suamque ipse sententiam vitae pravitate
dissolvit) ist in so fem ungerecht ils die moralischen Aeusserungen auf die
Tmmoralitäten des Lebens erst nachfolgen, also nicht jene durch diese
widerlegt werden können, sondern eher als Kundgebungen der gewonnenen
besseren Einsicht und nachträglicher Keue aufgefasst werden müssen. Die
Aufrichtigkeit dieser Sinnesänderung zu bezweifeln ist kein Grund vor-
handen, wenn sie auch etwas spät eintrat, als Sallust die Früchte seiner
Vergangenheit geborgen hatte und das Leben ihm nicht viel Weiteres
bieten konnte als schriftstellerischen Ruhm. Eine Nachwirkung der eigenen
Vergangenheit darf aber wohl gefunden werden in einem gewissen Pessi-
mismus welchen der Geschichtschreiber verräth, einer Neigung minder edle
Beweggründe bei den Handelnden vorauszusetzen, einem AnBuge von
Blasiertheit und Jlenschenverachtung. Vgl. auch J. W. Löbell, zur Beur-
teilung des Sallust, Breslau 1818.
2. Wahrheitsliebe. Catil. 4, 2: statui res gestas populi rom. . . per-
scribere, eo magis quod mihi a spe, metu, partibus reip. animus über erat.
4, 3 und 18, 1: quam verissume potero. Hist. I, 6: neque me divorsa pars
in civilibus armis movit a vero. Dem entsprechend Augustin. Civ. dei I, 5:
Sallustius, nobilitate veritatis historicus. Isidor. Orig. XUI, 21, 10: Salin-
stius, auctor certissimus. Vgl. Avien. ora marit. 32 ff. Vollständigkeit und
Genauigkeit des Einzelnen hat aber Sali, nicht erstrebt; namentlich die
Zeitangaben sind häufig unbestimmt (interea, isdem temporibus, dum haec
aguntur), und nicht leicht opfert er eine ideelle Beziehung dem chrono-
logischen Zusammenhange. Oft werden auch die verbindenden Mittelglieder
384 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
der Thatsachen weggelassen. Seine nüchterne, aufgeklärte Denkweise hat
den Sallust hinsichtlich der Prodigien und der sonstigen Romanticismen
des Livius sehr schweigsam gemacht.
3. Ueber die Proömien s. oben 203, 2. W. M. Fahl, de prooemiis SalL,
Tübingen 1859. 4. B. Kuhn, Bemerkungen über die Einl. zu Sali. Cat. u. Jug.,
Tauber bischofsheim 1868. Von den bei Sallust vorkommenden Briefen
ist der des Lentulus an Catilina (Cat. 44) seinem Inhalte nach historisch
(vgl. Cic. Catil. III, 5, 12); und ähnlich scheint es sich mit dem des C&ti-
lina (c. 35) und dem des Pompejus an den Senat zu verhalten. Die Reden
bei Sallust haben alle etwas Eindringliches und Ergreifendes und sind der
Eigenthümlichkeit und Stellung des jedesmal Redenden weit mehr ange-
passt als die des Livius. Urkundlich sind sie aber darum doch nicht. So
ergäbe sich für Catilina's Anrede an seine Genossen ein anderer Inhalt
aus Cic. p. Muren. 25 und Plut. Cic. 14; und von dem was bei Cic. ad
Att. XII, 21 (vgl. p. Sest. 28, 61. Vellej. II, 36, 3 f. Plut. Cato min. 23) aus
Cato^s Rede im Senat mitgetheilt wird findet sich Nichts in derjenigen
welche SaUust dem Cato in den Mund legt. Daher werden wohl auch die
übrigen Reden bei Sallust in demselben Sinne gemeint sein wie Thuky-
dides (I, 22) von den seinigen aussagt. Dabei zeigen jene eine viel grössere
rednerische Uebung, Fähigkeit und Kunst als die des altattischen Historikers.
Von SaUust's redneiischer Bildung zeugt auch die Nachricht bei Fronto
Epist. ad Yer. II, 1. p. 123 Naber: Ventidius iUe, postquam Parthos fudit
fugavitque (J. 716 d. St.), ad victoriam suam praedicandam orationem a
G. Sallustio mutuatus est. Wenn daher der Rhetor Seneca Controv. lU.
praef. 8, p. 361, 15 f. sagt: orationes Sallustii in honorem historiarum
leguntur, so ist diess das einseitige Urteil eines Schulrhetors der von seinen
unpraktischen Finessen und Figuren in den energischen Reden des Histo-
rikers zu wenig wiederfand. Andererseits ist mindestens in seiner Moti-
vierung verkehrt der Ausspruch des Licinianüs (p. 42 f. ed. Bonnensium):
Sallustium non ut historicum puto sed ut oratorem legendum. nam et
tempora reprehendit sua et delicta carpit et contiones inserit et dat in
censum loca, montes, flumina et hoc genus amoena et culta et comparat
disserendo. Nach Justin. XXXVHI, 3, 11 Pompeius Trogus . . in Livio et
in Sallustio reprehendit quod contiones directas pro sua oratione operi suo
inserendo historiae modum excesserint, worin derselbe, vom Standpunct
objectiver Geschichtsschreibung, Recht hatte, wenn wir gleich diese Reden,
als theilweis rhetorische Meisterwerke, nicht entbehren möchten. — A. Euss-
ner, Sallust in der Schule, Berl. Zeitschr. f. Gymn. 1«68, S. 801—812.
4. Urteile aus dem Akerthum über die Sprache des Sallust. Atejus
ermahnte den Asinius PoUio (ut) vitet maxime obscuritatem Sallustii et
audaciam in translationibus (Suet. gramm. 10 extr.). Zur letztern Eigen-
schaft vgl. Quintil. IX, 3, 12 f. Sen. Controv. IX. p. 249, 16 f. Bu. GeU. X,
26, 1 ff. — GeU. N. A. IV, 16, 1 : eleganti^ orationis Sallustii verborumque
fingendi et novandi studium (vgl. I, 15, 18: novatori verborum Sallustio; ib.
VI, 17, 8. X, 21, 2) cum multa prorsus invidia fuit, multique non mediocri
ingenio viri conati sunt reprehendere pleraque et obtrectare. in quibus
plura inscite aut maligne vellicant. Vgl. X, 26, 1 ff. Quintil. X, 3, 8: sie
204. Sallustius (diarakteristik). 385
«
(langsam) scripsisBe SaUustium accepimus, et sane manifestns est etiam ex
opere ipso labor.
Kürze. Sen. Controv. IX. p. 249, 9 ff. (ygl. p. 433, 12 ff.) Bu.: cum
Sit praecipua in Thncydide yirtas brevitas, hac enm Sallustius yicit et in
suis illum castris cecidit. . . ex Sallusti sententia nihil demi sine detri-
mento sensus potest. L. Sen. Epist. XIX, 5 (»« 114), 17: Sallustio yigente
amputatae sententiae et yerba ante exspeetatnm cadentia et obscura bre-
yitas fuere pro cultu. Quintil. lY, 2, 45: vitanda est etiam illa Sallustiana,
quamquam in ipso yirtutis locum obtinet, brevitas et abmptum sermonis
genus. X, 1, 32: illa Sallustiana brevitas, qua nihil apud aures vacuas
atque eruditas potest esse perfectius. 102: immortalem illam Sallustii
velocitatem. Gell. III, 1, 6: SaUustium, vel subtilissimum brevitatis arti-
ficem. Macrob. Sat. Y, 1, 7: breve (dicendi genus), in quo Sallustius regnat.
Stat. Silv. lY, 7 extr.: Sallusti brevis. ApolL Sidon. carm. II, 190. XXIII, 151.
Apulej. apol. 95 (parsimonia).
5. Gräcismen. Quintil. IX, 3, 17: ex graeco translata vel Sallustii
plurima. Gerlach's Ausg. IIL p. 331 f. Poppo's Thucyd. Yol. YI. p. 372—381.
Die Archaismen bestehen hauptsächlich in Wendungen die dem Cato
entnommen sind (wie multi mortales, prosapiau. A.). Ygl. Lenäus (oben A. 1).
August (bei Suet. Oct. 86): verbis quae C. Sallustius excerpsit ex Originibus
Catonis. Asinius Pollio in libro quo Sallustii scripta reprehendit ut nimia
priscorum verborum affectatione oblita (Suet. gramm. 10; vgl. unten 207, 1).
Ygl. Gell. X, 26, 1: Asinio Pollioni in quadam epistala quam ad Plancum
seripsit et quibusdam aliis C. Sallustii iniquis. Epigramm bei Quintil.
Yni, 3, 29: et verba antiqui multum fnrate Catonis, Crispe, iugurthinae
conditor historiae. Fronto Epist. lY, 3. p. 62 Naber: M. Porcius eiusque
frequens sectator C. Sallustius. Ygl. ib. U, 13. p. 36. Serv. Ae. I, 6: Cato
in Originibus hoc dicit, cuius auctoritatem Sallustius sequitur (Catil. 6).
So lug. 31, 1 =i Caton. reliq. p. 27, 1 Jordan. 85, 8 =« p. 50 J. F. Deltour, de
Sallustio Catonis imitatore, Paris 1859. Einzelne Archaismen nachgewiesen
z. B. bei Priscian. YI, 12. p. 707 P. = p. 249, 10 ff. Htz. (vis als Plural),
Non. Marc. p. 82 (daritudo statt claritas) u. sonst. Auf Yorcatonisches gehen
sie aber nicht zurück und sind dazu bestimmt die Darstellung feierlicher,
pathetischer zu machen. P. Schnitze, de archaismis Sallusüanis , Halle
1871. 83 pp.
6. Der Bau und die Yerbindung der Sätze ist bei Sallust höchst einfach
und schmucklos, theilweise sogar einförmig, namentlich durch das häufig
an die Spitze gestellte igitur. Ueberhaupt wiederholt Sallust gewisse
Lieblingswendungen nsennüdlich. Manches ist offenbar geziert, wie paucis
tempestatibus (lug. 96, 1) statt brevi tempore. Der Eindruck der Einfachheit
wird namentlich auch durch die ausgedehnte Anwendung des infinitivus
historicus herbeigeführt. Innerhalb des Satzes aber liebt Sallust jähen
Wechsel der Construction, des Subjeets und Ausdrucks. Nachweisnngen
bei Gerlach III. p. 307 — 382. N. Ostling, de elocutione C. Sallustii,
Upsala 1862. F. Bussmann, de temporum et modorum apud Sali, usu,
Greifswald 1862. Badstübner, de Sali, dicendi genere, Berlin 1863. 4.
TEXTTFBii, BOm. Literatarg«8cbioh\e. 2. Aufl. 25
386 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
A. Laws, de dicendi genere Sali., Bössei 1864. 4. Zeitfachs, de orthograpbia
Sallustiana, Sondershausen 1841. 4.
7. Die scharf ausgeprägte Eigenthümlichkeit des Sallust forderte ebenso
zum Widerspruch heraus wie sie in einer Zeit wo man das Absonderliche
bewunderte und aufsuchte ihre Anziehungskraft ausüben musste. Den
Widerspruch vertritt nicht jaloss Lenäus und Asinius PoUio (A. 1 u. 5) sondern
auch Sallust's Gegenfössler in der Geschichtschreibung, T. Lirius. Sen. Con-
trov. IX. p. 249, 15 ff. vgl. p. 433 f. Bu. : T. Livius tarn iniquus Sallustio fuit
ut hanc ipsam sententiam, et tamqnam translatam et tamquam corruptam
dum transfertur, obiceret Sallustio. Dagegen fühlte Tacitus sich wahl-
yerwandtschafblich zu Sallust hingezogen. Er nennt ihn (A. III, SO) rerum
romanarum florentissimus auctor, und der Einfluss des Sallust auf seine
eigene historische Art ist ganz unrerkennbar. Einen geschmacklos übertrei-
benden Nachahmer fand Sallust in der Zeit des Augustus an Arruntius (s. d.).
Für die Zeit des Fronte musste ein so pikanter, mit dem haut-goüt der
Alterthümlichkeit ausgestatteter Schriftsteller wie Sallust ganz besonderen
Beiz haben. Er spielt denn auch in der Correspondenz zwischen Fronte
und M. Aurelius eine grosse Bolle. Wiederholt findet sich die Zusammen-
stellung Cato, Sallust und Cicero (p. 93. 105. 149 N.), indem sie an Sallust
die rednerische Seite hauptsächlich hervorheben. Namentlich werden seine
Antithesen (p. 107. TgL 108 ff. 162) und seine Sentenzen (p. 48 N.) bewundert.
Unter dem Einfluss dieser Zeitrichtung und seiner natürlichen Gutmütigkeit
nimmt auch Gellius mehrmals (III, 1. IV, 15. X, 26) für Sallust Partei gegen
seine Widersacher. Im vierten und fünften chribtl. Jahrh. fand Sali, aber-
mals viele Nachahmer, wie Septimius (Dictys), den Pseudo-Hegesippus; auch
Sulpicius Severus bedient sich gern saUustischer Wendungen, und Exupe-
rantius ist fast ein saUustischer Cento.
, 8. Literatur über Sallust überhaupt. J. J. H. Nast, de virtutibus historiae
Sallustianae, Stuttgart 1785. 4. » Opusc. lat. IL, Tübingen 1821, p. 90—103.
0. M. Müller, über C. Sallustius, ZüUichau 1817. F. D. Gerlach, über den
Geschichtschreiber Sallust, Basel 1831 » Historische Studien (Hamburg 1841)
S. 286 ff.; die Geschichtschreiber der BOmer (Stuttgart 1855) S. 103—107;
de Sali, vita et scriptis, vor seiner Ausgabe 1852, p. XIII ff. Blum, Ein-
^ leitung in d. rOm. Gesch. S. 141 ff. H. Ülrici, Charakteristik der antiken
Historiographie S. 125 ff. Lerminier, £tudes sur Thistoire I. p. 309 ff. Dreis,
prolegomena in C. Sali, opera, I. Kiel 1837. 4.; über Sallust als Geschicht-
schreiber, Itzehoe 1843. 4. De Gerlache, ^tudes flur Salluste, Brüssel 1847; J
D Edition, Brüssel 1859. W. Teuffei, in Pauly's Beal-Enc. VI, 1. S. 696—702
und im Tübinger Doctorenverzeichniss (1868) S. 1—21. B. Dietsch, in den
Verhandlungen der Stuttgarter Philologen -Versammlung (Stuttgart 1857. 4.)
S. 27—39. Th. Vogel, de Sali, vita, moribus ac scriptis, Mainz 1857. 4.
195 205. Ein Geschichtswerk das bis auf seine Zeit heral)-
reichte yerfasste auch Q. Aelius Tubero^ der zugleich Redner
war, am meisten Anerkennung . aber als juristischer Schriftstel-
ler fand. Nach der formellen« Seite wurde er auf letzterem Gre-
biete übertrofifen von P. Alfenus Varus aus Cremona (Cos. 715).
204 f. Sollnstius. Q. Tabero. Alfenus Vartis. 387
Mit den Grammatikern berührte sich am nächsten der Jurist
C. Aelius GalluS; als Verfasser eines Verzeichnisses juristischer
Ausdrücke mit Sacherklärungen. Der dem Caesar und noch dem
Augustus eng befreundete Ritter C. Matius hatte Interesse für
Literatur und schrieb selbst über Gastronomie.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2, 46: post hos (OfiliuB, Trebatios) quoque
(Mommsen: Q.?) Tubero fuit, qui Ofilio operam dedit; fuit autem patri-
cius (prias patronus? die Aelii waren plebejisch) et transiit a causis
agendis ful ius civile, mazime postquam (Ende 708) Q. Ligarium accusavit
nee obtinnit apud C. CaeBarem. . . Tubero doctissimuj qnidem habitus
est iuris publici et privati et complores utriasque operis libros reliquit;
sermone tarnen antiquo usus afifectavit seribere et ideo parum libri eins
grati habentur. Alterthümelnden Stil hatten auch die übrigen Schriften
des Tubero. Seine Anklagerede gegen Ligarius kannte noch Quintilian (X,
1, 23. XI, 1, 80 vgl. 78. V, 13, 20. 31). Von seinen juristischen Schriften
nennt GeU. XIY, 2, 20 (praecepta Aelii Tuberonis) super officio iudicis,
woraus vielleicht ib. 7, 13 : in libro IX Tuberonem dicere ait (vgl. ib. 8, 2).
Auffahrung von Ansichten des Tubero Dig XXXII, 29, 4. XXXIII, 6, 7 pr.
(Ofilius, Cascellius, Tubero). 10,7, 1.2. P. H. Saaymans Yader, de Q. Aelio
Tub. icto eiusque quae in Pandectis exstant fragmentis, Lugd. B. 1824. 4.
Als Greschichtschreiber wird er {Tov^BQtav Aüiog, was nicht auf seinen Vatet
zu beziehen ist, s. oben 169, 8) von Dionys. I, 80 Ssivog dvriQ %al m^l xriv
avvay(oyriv xriq taroQÜKg inifulrje genannt; vgl. ib. 7 u. Liv. lY, 23, 1 (Yalerius
Antias et Q. Tubero). Tubero IIb. XIY Historiarum citiert Nonius p. 481.
Das Werk reichte von den ältesten Zeiten bis (mindestens) zum Beginn des
£jrieg8 zwischen Caesar und Pompejus. Die Anfahrungen daraus bei Krause
p. 325—328, Roth p. 437—439, H. Peter I. p. 311— 316 nebst Suet. Caes. 56.
Auch scheint er der Q. Tubero zu sein welchen Plinius unter den Quellen
von Buch II, XYin (vgl. ib. 26, 64 u. Schol. German. p. 132 Br.) und XXXYIII
nennt Gell. YI (YII), 9,11: Aelium quöque Tuberonem libro ad C. Oppium
Scripte ,occecurrit* dixisse Probus adnotavit. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. I, 1. S. 336 f. Nr. 7. H. Peter, bist. I. p. CCCLY— CCCLXI.
2. Sueton. Galb. 3: avus (des am 24. Decbr. 751 geborenen Kaisers
Galba) clarior studiis quam dignitate (non enim egressus praeturae gradum)
multipUcem nee incuriosam historiam edidit. Plut. Bomul. 17: mg *l6ßag
q>rial FdXßav JSovXnUtov tctOQsCv, Oros. Y, 23: fuisse tunc (J. 678 d. St.)
Pompeio XXX milia peditum . . Galba scribit, Sertorium autem LX m.
ped. . . babuisse commemorat.
3. Pompon. Dig. I, 2, 2, 44: ex bis auditoribus (des Ser. Sulpicius,
oben 171, 2 ff.) plurimum auctoritatis habuit AlfenusYarus. . . ex qnibus
YaruB et consul fuit (suff. J. 715 d. St. nach den Fasti Biond., s. Orelli-
Henzen 6438. C. I. lat I. p. 467, Y). Er ist wohl der Alfenus bei Catull
30^ 1 und der Yarus der mit Yergil bei Siron Philosophie hörte (Schol.
Yeron. zu Yerg. Ecl. YI, 9. Serv. zu Ecl. YI, 13. Ae. YI, 264), sowie der
Alfenus Yarus der als Legat des Octavian J. 714 dem Yergil (Ecl. YI) sein
v&terliches Gut bei Mantua zu schützen versprach (vgl. Ecl. IX, 27), und
25*
388 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
der Alfenus vafer bei Hör. S. I, 3, 130 ff. welcher omni abiecto instrumento
artis clansaque tabema doch noch (potentialiter) sutor erat, wozu Porphyrio
(p. 72 f. Hth.) : urbane Alphenum Yarum Cremonensetn deridet, qui abiecto
Butrino quod in municipio sno ezercnerat Romam petiit magistroque nsus
Salpicio icto ad tantam scientiam pervenit nt conBulatum gereret et publico
fnnere efferretur. Vgl. ib. p. 63 f.: Alfenns, sutoris filius, qui ita iuris
studio intendit ut beneficio artis huius latum clavum sumeret u. s. w.
Gellius YII (VI), 5, 1: Alfenus ictus, Ser. Sulpicii disdpulus rerumque anti-
quarum non incuriosus, in libro Digestorum XXXiy<>, Coniectaneorum
autem II». Ueber das Yerhältniss beider Titel vgl. L. Mercklin, Philo-
logus XIX. S. 653 f. A. 3. Im Ganzen waren es (nach dem Flor. Index) der
Digesta 40 Bücher, eine Sammlung von Besponsen (des Serv. Sulpicius,
Heimbach in der Ztschr. f. Rechtsgesch. U. S. 340. Mommsen zu Dig. XIX,
2, 27), welche von Aufidius Namusa in seine Sammlung (oben 171, 5) auf-
genommen, von Paulus epitomiert worden ist; in seiner ursprünglichen
Gestalt ist das Werk bis zum siebenten und in der paulinischen Epitome
(als libri Dig. Alfeni a Paulo epitomatorum) bis zum achten Buche in den
Pandekten excerpiert. Vgl. Hommel, Palingenesia libr. iuris vett. (Lips.
1767) I. p. 27 — 38. Bemerkenswerth ist besonders das längere Excerpt
Dig. y, 1, 76 als von philosophischer Bildung zeugend (quod, ut philosophi
dicerent, ex particulis minimis consisteremus); andere verrathen Eenntniss
des Griechischen, fast alle einen einfachen und fliessenden Stil. Ev. Otto,
P. Alfenus Yams ab iniuriis veterum et recentiorum liberatus, im Thesaur.
iur. rom. Y. p. 1631—1688. S. W. Zimmern, Gresch. d. röm. Privatrechts I, 1.
S. 296—297. Huschke, Ztschr. f. histor. Rechtsw. XY. S. 187 (welcher bei
Pomponius 1. 1. Alfenus Yams Caius in das agnomen Catus umändern
möchte). W. Teuffei in Pauly's Eeal-Enc. I, 1. S. 768 f. Nr. 8.
4. Gell. XYI, 6, 3: C. Aelius Gallus in libro De significatione ver-
borum quae ad- ins civile pertinent secundo (Definition von vestibulum) =»
Macrob. YI^ 8, 16, nur mit dem Beisatze yon vir doctissimus. Dig. L, 16, 157:
C. Aelius Gallus libro I de yerborum quae ad ius civile pertinent signifi-
catione (Definition von paries und via). Abgekürzter Titel bei Serv.
Georg. I, 264: Aelius Gallus de verbis ad ius civile pertinentibus vallos . .
appellat; und Festus p. 218^: postliminium receptum Gallus Aelius in libro
primo significationum quae ad ins pertinent ait esse eum qui etc.; p. 273':
reus nunc dicitur qui causam dicit. . . at Gallus Aelius libro H significa-
tionum verborum quae ad ius pertinent ait: reus est qui etc.; p. 302'*:
saltum Gallus Aelius 1. U. significationum quae ad ius pertinent ita definit;
p. 352^: flimien recte dici ait Aelius Gallus libro H quae ad ius pertinent.
Mehr als ein zweites Buch wird niemals angefahrt, da Festus p. 862, 5 M. :
(nota)vit Aelius in XII (tabulis) signi(ficare), auf Aelius Stilo (oben 147, 2)
sich bezieht; s. R. Scholl, De legis XII tabb. reliqq. p. 29. Yielleicht war
die Anlage alphabetisch. Aelius Gallus oder Gallus Aelius kurzweg citiert
Festus ausserdem noch 19 Male. Diese ausgedehnte Benützung, sowie die
Gegenüberstellung von nunc mit st Gallus Aelius p. 273* zeigt dass das
Werk des Gallus schon dem Yerrius Flaccus als Yorarbeit vorlag. Gallus
Aelius bei Gajus Dig. XXII, 1, 19 pr.; 0. Aelius bei Priscian YIII. p. 382, 1 H.
C. W. E. Heimbach, C. Aelii Galli Icti fragroenta rec. et illustr., Lips. 1823.
205 f. Aelius Gallus. C. Matius. C. Curio. 389
Ph. E. HuBchke, iurisprad. anteiust. (Lips. 1861) p. 28—32 =» p. 29—33 (1867).
W. Teuffei in Pauly'a Real-Enc. I, 1. S. 337, Nr. 1.
6. C. MatiuB, geb. um 670 d. St., der treue Freund des Caesar, durch
sein mildes und besonnenes Wesen vorzüglich geeignet zu der Vermittler-
rolle die er spielte, ohne in das politische Parteigetriebe oder auf amt-
liche Thätigkeit sich einzulassen. Er trug seine Liebe zu Caesar auch auf
Octavian über und scheint erst ums Jahr 750 gestorben zu sein; s. Plin.
N. H. XII, 2, 6, 13: primus C. Matius ex eqnestri ordine, divi Augusti ami-
cuB, invenit nemora tonsilia intra hos LXXX annos. E. v. iiCutsch , Ztschr.
f. d. Alt.-Wiss. 1834, S. 164—166 (welcher C. und Cn. Matius nicht unter-
scheidet). W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV (1845). 'S. 1643—1646. Cic.
ad Fam. VII, 16, 2 (J. 701): C. Matii, suavissimi doctissimique hominis.
XI, 27, 6 f. (J. 710): ut haec (piXoaotpovfLSva scriberem tu me impulisti.
. . omnia me tua delectant, sed maxime maxima cum fides in amicitia . .
tum lepos, humanitas, litterae. Apollodoros aus Pergamum widmete ihm
seine Ars (Rhetorik), Quintil. III, 1, 18. Sein Brief an Cicero (ad fam. XI, 28
vom J. 710) ist ein treues Spiegelbild seines edlen Gemütes und fein-
gebildeten Geistes. Ein mit Trebatius zusammen an Cicero gerichtetes
Schreiben des Matius (J. 706) ad Att. IX, 16 A. Wohl erst unter August
verfasste er sein gastronomisches Werk (oben 62, 3), dessen Gegenstand'
bezeichnend ist für seine Harmlosigkeit und seine Richtung auf verfeinerten
Lebensgenuss.
206. Unter den übrigen Anhängern Caesars haben literar-196
historisches Interesse^ meist als Redner oder Verfasser erhalte-
ner Briefe, der reichbegabte Taugenichts C. Scribonius Curio
(Volkstribun 704), Q. Comificius, der Triumvir M. Antonius (J.
671 — 724), sowie L. Baibus; von schwaukenden Politikern der
talentvolle Abenteurer M. Caelius Rufus und der charakterlose
L. Munatius Plauens (Cos. 712). Auch des Letztem langjäh-
riger Legat, C. Fumius, war ein Redner, sowie der junge L.
Sempronius Atratinus (Cos. 720), Q. Volusius, Annius C*imber,
und von Hortensia gab es noch im ersten Jahrh. n. Chr. eine
veröffentlichte Rede.
1. Vellej. II, 48, 3: C. Curio trib. pl. (704, f 705), . . vir nobilis, '
eloquens, audax, suae alienaeque et fortunae et pudicitiae prodigus, homo
ingeniosissime nequam et facundus malo publico, cuius cupiditatibus vel
libidinibus neque opes uUae neque voluptates sufficere possent. Vgl.
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 880 f. Nr. 11. Ueber ihn als Redner
Cic. Brut. 81, 280: ita facile soluteque verbis volvebat satis interdum acutas,
crebras quidem certe sententias ut nihil posset ornatius esse, nihil expeditius.
atque hie parum a magistris institutus naturam habuit admirabilem ad
dicendmn; industriam non suih expertus; Studium certe fuit. Reden von
ihm gab es noch in der Zeit des Tacitus; s. dial. 37 (oben 168, 3). Vgl.
Meyer, orat. rom.* p. 481 — 484. Briefe von Cic. an ihn ad fam II, 1—7
(aus J. 701 und 703).
390 Ciceronische Zeit. Zweite HSlfte, J. 691—711.
2. Hieron. zu Eus. Chron. a. Abr. 1976 = Ol. 184, 4 = 713 d. St.:
Cornificius poeta a militibus desertus interiit. . . hnins soror Gornificia,
cuius in&ignia exstant epigrammata. Diese kann der Zeit nach nur der in
Africa gegen T. Sextius gefallene ehemalige Quästor des Caesar (Pro-
prätor 706) sein, der auch mit Cicero befreundete (an ihn ad fam. XII,
17—30 aus J. 709—711) Q. Cornificius (W. Drumann G. R. II. S. 617—621.
Haakh in Pauly's Real-Enc. IL S. 710, Nr. 3), welchen Cic. (ib. 18, 1) etwas
spitzig zu den magni orateres zählt und (ib. 17, 2) ihm seinen Orater zu
freundlicher AuQiahme empfiehlt: in quo saepe suspicatus sum te ab indicio
nostro, sie scilicet ut doctum hominem ab npn indocte, paullulum dissidere.
ib. 20: me amabis et Scripte aliquo lacesses. Ohne Zweifel ist dieser
identisch mit dem dichterischen Freunde Catulls (c. 38), Verf. erotischer
Gedichte (leve Comifici . . opus, Ovid. Trist. U, 436)^ woraus ein Hendeka-
syllabus bei Macrob. VI, 4, 12 und ein daktylischer Rest (aus einem Epos?)
ib. 5, 13 (Cornificius in Glauco). Vgl. Schwabe, Quaest. Catull. p. 298—800.
Zweifelhaft aber ist ob auf ihn zu beziehen ist Cornificius in primo de
etymis deorum (Priscian VI. p. 711 P. «» 257, 6 Htz.), woraus wundersame
Ableitungen von Göttemamen und eine Verweisung auf Cic. D. N. bei
Macrob. I, 9, 11 (Cornificius Etymorum libro tertio). 17, 62. 17, 9. 33. 23, 2.
Anderes bei Fest. p. 123. 194. 282 und sonst, Servius, Lactantius u. A.
Wie aber Comif. zwischen 709 und 713 in Syrien und Africa zu einer
solchen Schrifbstellerei Zeit und Stimmung gefunden hätte ist nicht abzu-
sehen. Vielmehr werden diese Schriften einem Grammatiker Cornificius
der augusteischen Zeit zuzutheilen sein, der Spottvers auf Vergil bei
Cledonius (Eeil V. p. 45, 2 f.) jdem Cornelius Gallus. Alles auf den Dichter
Cornif. bezieht Th. Bergk, Marburger Sommerkatalog 1843. 4. Dagegen
J. Becker, Cornificius Longus und Cornificius Gallus, Ztschr. f. d. Alt.-Wiss.
1847, Nr. 133 f. S. 1060 ff.
3. M. Antonius der Triumvir, vgl. Drumann G. R. I. S. 64 — 517.
Pauly's Real-Enc. 1, 1. S. 1174—1180. Als Redner gerieth er, bei seiner
mangelhaften Bildung, leicht in ein falsches Pathos hinein, wurde dann
schwülstig, dunkel und oft auch incorrect (Suet. Aug. 86: M. Antenium
. . ea scribentem quae mirentur potius homines quam intellegant; vgl.
Cic. Phil. III, 9. Xm, 10 f. ad Att. X, 8 f. XIV, 3 f.). Zu viel Ehre war es
wohl wenn man ihn desshalb einen Anhänger der asianischen Redeweise
nannte (Plut. Ant. 2. 43 vgl. Suet. 1. 1.). Seine Briefe an Cicero aus dem
J. 706 (ad Att. X, 8 A. 10, 2) und 7ip (XIV, 13 A) zeigen einen ungekün-
stelten Stil. Plin. N. H. XIV, 22, 148: M. Antenio. is enim . . avidissime
adprehenderat hanc palmam (der Leistungsfähigkeit im Trinken), edite
etiam volumine de sua ebrietate. . . exiguo tempore ante proelium acti-
acum id volumen evomuit. Darauf, sowie auf seine Correspondenz mit
Octavian (wovon Proben bei Sueten, z. B. Aug. 69), bezieht sich Ovid ex
Pont. I, 1, 23: Anteni scripta leguntur.
4. Asinius Pollio an Cicero (ad fam. X, 32, 3) J. 711: Balbus quaester
. . ludis praetextam de suo itinere (J. 705) ad L. Lentulum procos. solli-
citandum (um ihn zum Verlassen des Pompejus imd zur Rückkehr nach
Rom zu bewegen, ad Att! VIII, 9, 4. 11, 6. 15 A, 2. IX, 6, 1. VeUej. II,
206. Cornificius. M. Antonius. Baibus minor. Ca^lius Bufus. 391
51, 3) posuit. et quidem cum ageretur flevit, memoria rerum g^starum com-
motuB. ib. 5: praetextam (desB.) si voles legere, Gallum Cornelium, familiä-
rem meum, poscito. Vgl. Welcker, griech. Tragödie S. 1402. Dieser Baibus
ist der, zum Unterschiede von seinem Oheim (oben 194, 2), Baibus minor
genannte, nämlich L. Cornelius P. f. Baibus, welchefr noch lange in die
augusteische Zeit hinein lebte (jedenfalls noch 741) und J. 735 als Pro-
consul ex Africa triumphierte; s. W. Drumann, G. R II. S. 608 — 610. A.
Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 694 f. Nr. 3. Da er nach Vellej. 1. 1.
auch ad pontificatum adsurrexit und literarische I^clination besass, so ist
es nicht unmöglich dass er der Cornelius Baibus ist aus welchem Serv.
Ae. lY, 127 etwas über den Hymenäus anführt und auf welchen sich be-
zieht Macrob. III, 6, 16: Cornelius Baibus 'E^riytirinmv libro XYIII».
5. M. Caelius M. f. Bufus. Plin. N. H. VII, 49, 165: C. Mario Cn.
Carbone III cos. ( J. 672 =» 82 y. Chr.) a. d. V Eal. lunias (28 Mai) M. Caelius
Bufus et C. Licinius Calyus eadem die geniti sunt, oratores quidem ambo,
sed tarn dispari eventn. Hiegegen hat Nipperdey, Bhein. Mus. XIX. S.
289—291 eingewendet dass nach der Art wie Cicero (Brut. 79, 273. 81,
279 f.) von Beiden spricht dieselben nicht wohl ganz gleichaltrig sein kön-
nen, und Caelius seiner politischen Laufbahn (trib. pl. 702, Quästor und
30 J. alt also frühestens 700; aed. cur. 704) nach älter sein müsse. Statt
Caelius wäre vielleicht Curio zu nennen gewesen, oder waren Caelius
und Calvus zwar an demselben Tage geboren, aber nicht in demselben
Jahre, Caelius etwa 669 (85), Calvus 672 (82), indem Plinius die beiden
Consulate des Carbo yerwechselte. Und' da Cael. schon J. 696 die legitina
aetas für Aemter hatte (Cic. p. Cael. 7, 16. 18), also 27 (vgl. ib. 8, 19) oder
30 J., kann er nicht nach 669 geboren sein.
6. Lange Zeit hielt Caelius zur Senatspartei und Cicero. Diese politische
Correctheit machte den Cic. nachsichtig gegen des Caelius lockere Sitten
und verschwenderische Lebensweise, und er vertheidigte ihn -J. 698 (s. oben
176, 34) gegen Anschuldigungen der Clodia, zu deren ausschweifendem
Kreise er längere Zeit gehört, dann aber mit ihr gebrochen hatte. Wäh-
rend Cicero's Abwesenheit in Kilikien (703 f ) hatte Caelius ihm die Neuig-
keiten aus Bom zu berichten. Diese Correspondenz (17 Briefe) füllt B. VIII
von Cic. ad fam. Caelius zeigt darin ein scharfes (etwas medisantes) Urteil
über Personen und Zustände, bei allem Schwanken in Bezug auf die eigene
Stellung dazu, lebhafte Darstellung, einen humoristischen Ton, originelle
Schreibweise. Vgl. oben 181, 2 n. 6. Dazu der Brief an Cicero ad Att. X,
9 A (J. 705). Nach Ausbruch des Bürgerkriegs trieben den Cael. seine
Schulden in das Lager des Caesar, und dieser ernannte ihn zum Prätor für
706. Als solcher wollte er tabulae novae einführen, ward aber abgesetzt
und bald darauf erschlagen. Er ist wohl der Bufus des Catull (c. 77 vgl.
69), zuerst -mit dem Dichter befreundet, dann (etwa 696) als Nebenbuhler
bei Clodia gehasst. Vgl. Schwabe, Quaest. Catull. p. 64—67. 85—89. 133 f.
Drumann G. B. II. S. 411—422. A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. II. S. 477
— 480, Nr. 7. G. Boissier, Caelius et la jeunesse romaine au temps de
C^sar, Bevue des deux mondes XLIX (1864) p. 41 ff.
7. Ueber Caelius als Bedner Cic. Brut. 79, 273: splendida et grandis
392 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
et eadem inpriiais faceta et perurbana . . oratio, graves eius contiones
aliquot fuerunt (auch de aquis, Froutin. aq. 76), acres accusatioDeB tres
(gegen C. Antonius 695, L. Sempronius Atratinus den Vater, iterum, 698,
Q. Pompejus Rufus 703), . . defensiones (besonders 698 pro se gegen Atra-
tinus, auch pro Saufeio 702 und pro M. Servilio 703) . . sane tolerabiles.
Darnach Quintil. VI, 3, 69. X, 1, 115; asperitas Caelii ib. X, 2, 25 vgl. Tac.
dial. 18. 21. 25 (amarior). Er scheint also mehr zu den Atticisten gehalten zu
haben als zu Cicero's Bedeweise, obwohl er in seiner Jugend von Letzterem
Anleitung zur Beredtsamkeit bekommen hatte (p. Cael. 4, 9). Vellej. U, 68, 1 :
M. Caeliu8,yir eloquio animoque Curioni (A. 1) simiUimus, sed.in utroque per-
fectior, nee minus ingeniöse nequam. Sen. de ira III, 8, 6: Caelium ora-
torem fuisse iracundissimum constat. Seine Beden kannten noch Quintilian,
Piinius (Ep. I, 20, 4) und Tacitus (dial. 21. 25). Zusammenstellung der
Üeberreste und Nachrichten davon bei Meyer, Orat. rom.' p. 460 — 470. Sehr
anschauliche Schilderung aus einer solchen bei Quintil. IV, 2, 123 f. Witze
über Clodia ib. VIII, 6, 53.
8. L. Munatius Flancus, Caesars Legat und für J. 712 von ihm zum
Cos. ernannt; nach Caesars Tod schlug er sich, nach einigem Schwanken,
auf die Sefte des Senats, dann auf die des Antonius, später, als es diesem
schlecht zu gehen anfieng, auf die des Octavian, wobei zu bleiben dessen
Glück ihm gestattete. Censor 732, aber allgemein missachtet. W. Teufifel
in Paul/s Beal-Enc. V (1846). S. 204 — 208, Nr. 9. C. L. Both, über M.
PL, Erklärung der Inschrift auf dem Mausoleum in Gaeta (Mommsen I.
B. N. 4089), in den Mittheilungen der Basler Alterth.-Ges. IV (Basel 1852).
A. W. de Klerck, Disq. de etc., Utrecht 1855. H. A. Eleijn, de L. et T.
Munatiis Plancis, Lugd. Bat. 1857. Bei Suet. rhet. 6 und Plin. N. H. VII,
12, 55 heisst er orator; orator insignis habetur bei Hieronymus zu a. Abr.
1992 = 729 d. St.; summa eloquentia bei Cic. ad fam. X, 3, 3 vgl. XIII,
29, 1. Ascon. in Mil. p. 33 Or. Seine rhetorische Bildung, aber auch seine
Eitelkeit, erhellt aus seinen Briefen an Cicero (ad fam. X, 4. 7—9. 11. 15.
17 f. 21. 23 f.) aus J. 710 und 711, welche sehr wohl stilisiert sind, mit
Cadenzen, Antithesen u. dgl. trefflich ausgestattet (verborum et sententia-
rum gravitasj ib. 12, 1. 16, 1. 19, 1), aber mit ihren schönen Worten oft
eine sehr zweideutige Gesinnung bemänteln.
9. Hieronym. zu Euseb. Chron. a. Abr. 1980 = 717 d. St.: Furnii
pater et filius clari oratores habentur, quorum filius consularis ante patrem
moritur. Vgl. die Furnii (de populo oratores) bei Tac. dial. 21. Der Vater
(C. Furnius) war mit Cicero befreundet; trib. pleb. 704. Legat des L.
Plancus (A. 8) J. 710 f. und mit ihm zu Antonius übertretend, bei dem er
bis Actium blieb. Von Octavian wurde er amnestiert und J. 725 adlectus
inter consulares (Dio LU, 42). Dass er Bedner war bestätigt auch Cic. ad
fam. X, 26, 2 (qui alienas causas tarn facile discas). Plut. Auton. 58 nennt
ihn gar dsivotatos bIxbZv 'Patfuclmv, Auf ihn bezieht sich wohl Hör. Sat.
I, 10, 86: te, candide Furni, wozu Acro: hie historiarum elegantia damit
(später). Von dem Sohne (Cos. 737) berichtet eine raffinierte Schmeichelei
gegen Octavian Sen. de benef. II, 25, 1. Vgl. A. Haakh in Pauly's Beal-
Enc. III. S. 659 f. Nr. 1 u. 2.
206 f. Munatius. Fumii. Aieius Fhilologus. 393
10. L. SemproniuB AiratinuB, durch M. Antonius Cos. 720 d. St., aber
bald (vor Actium) zu Octavianus übergetreten und durch ihn Procos. von
Afrika, als welcher er IV id. Octobr. 733 (Yarr.) ex Africa triumphierte
(fasti tr. ad a.). Hieronymus zu Eus. chron. ad a. Abr. 1996 >»= 733 d. St.:
Airatinus, qui XVII natus annos Caelium (s. A. 7) accusaverat (J. 698 d. St. ;
also geboren 681), clarus inter oratores habetur, ad extremum morborum
taedio in balneo voluntate exanimatus heredem reliquit Augustum. Cicero
nennt ihn (p. Cael. 1, 2) seinen necessarius, sagt von ihm (ib. 3, 8):
Ornate docteque dixiati und nennt (ib. 7, 15) ihn diaertus adolescens. Als
Bedner im Senat J. 714 neben Messala genannt bei loseph. b. iud. I, 14, 4.
Vgl. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 973 f. Nr. 8.
11. Vatinius an Cicero, ad fam. V, 10 a, 2 (J. 709) r defenditur (Cati-
lius) a Q. Volusio, tuo discipulo. Vgl. Haakh in. Pauly's Real-Enc. VI, 2.
S. 2746, Nr. 6.
12. T. Annius Cimber, Lysidici filius (Cic. Phil. XI, 6, 14), durch M.
Antonius- zur Prätur gelangt (ib. XIII, 12, 26), als Redner und Schriftsteller
von affectierter Alterthümlichkeit; s. Quintil. VIII, 3, 28 f. = Vergil. Catal.
2. Octavian bei Suet. Oct. 86 an M. Antom'us: tu dubitas Cimberne Annius
an Veranius Flaccus imitandi sint tibi? d. h. wohl: du schwankst nur
zwischen A. C. und den pontificalia verba des Ver. (oben 196, 14) und
schreibst daher in der Sprache des Cato. J. G. Huschke , de Annio Cimbro,
Rostock 1824. 4.
13. Auch Caesar's Freund, der Bitter Mamurra aus Formiae, f 709,
war literarisch thätig, wie es scheint in gebundener Form;^. Catull 57, 7
und 105: Schwabe, Quaest. Catull. p. ia.7 f. 226.
14. Val. Max. VIII, 3, 3: Hortensia, Q. Hortensi (oben 168, 1) filia,
cum ordo matronarum gravi tributo a triumviris (J. 711) esset oneratus
nee quisquam virorum patrocinium eis accommodare änderet, causam femi-
narum apud trium vires et constanter et feliciter egit; repraesentata enim
patris facundia impetravit ut etc. Vgl. Appian. b. c. IV, 32 f. Quintil. I,
1,6: Hortensiae Q. filiae oratio apud triumviros habita legitur non tantum
in sexus honorem.
207. Die Gelehrten und Lehrer waren an den politischen 197
Kämpfen unmittelbar nur wenig betheiligt. Der bedeutendste
unter ihnen ist der Grieche Atejus ^rätextatus, ein vielsei-
tiger und fruchtbarer Schriftsteller, der sich selber Philologus
nannte; nächstdem Santra, welcher Literarhistorisches schrieb;
ferner des Cn. Pompejus Freigelassener, Lenäus, sowie Epidius,
Sextus Clodius und Guvius Bassus. Vielleicht gehört auch der
Beisebeschreiber Statins Sebosus dieser Zeit an.
1. Sueton. gramm. 10: Ateius Philologus libertinus Athenis est
natus. hunc Gapito Ateius, notus iuris consultus, inter grammaticos rhe-
torem, inter rhetores grammaticum fuisse ait. de eodem Asinius PoUio,
394 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 601—711.
in libro quo Salliistii scripta reprehendit ut nimia priscorum verborum
affcctatione oblita, ita tradit: ,in eam rem adiutorium ei fecit maxime
qoidem Ateius Praetextatus, nobilia grammaticus latinus, declamantium
deinde auditor atqqe praeceptor, ad summam Philologus ab semet nomi-
natuB.* ipse ad Laelium Hermam scripsit se . . audisse Antonium Gnipho*
Dem (oben 166, 5), . . praecepisee antem multis et claris iuyenibas, in quia
Appio quoque et Pulchro Glaudiis fratribus (vgl. oben 196, 10). . . Philo-
logi ^ppellationem assumpaisBe videtur quia . . multiplici variaque (loctrina
censebatur. quod sane ex commentariis eins apparet, quamquam paucis-
simi exB^nt. de quorum tamen copia sie altera ad eundem Hermam epi-
stola significat: ,Hylen nostram, . . quam omnia generia coegimua, uti acia,
octingentoa in libroa.* coluit postea familiariaaime C. Salluatium et eo
defuncto Asinium Pollionem, quoa hiatoriam componere aggreaaoa alterum
breviario rerum omnium romanarum, ex quibua quaa vellet eligeret, in-
struxit, alterum praeceptis de ratione acribendi. quo magia miror Aainium
credidiase antiqua eum verba et figuraa aolitum eaae colligere Salluatio,
cum aibi aciat nil aliud suadere quam ut noto civilique et proprio aermone
utatur vitetque maxime obscuritatem Salluatii et audaciam in tranalatio-
nibua. Seine peraönliche Ueberzeugung von dem besten Stile konnte den
AtejuB nicht hindern für Salluat, auf deaaen ausdrückliche Bestellung, eine
Sammlung von Archaiamen zu machen. ^
2. Suet. gramm. 14: huiua (dea Curtiua Nicia, oben 197, 4) de Lucilio
libroa etiam Santra comprobat. Vgl. Martial. XI, 2, 7: aalebrosum San-
tram. Hieronym. de vir. illuatr. (II. p. 821 Yall.) praef.: fecerunt hoc idem
(literarhiatoriache Schriften verfassen) . . apud Laünoa Varro, Santra,
Nepoa, HyginuB. Gell. YII, 15, 5: ne si Aelii quidem, Cincii et.Santrae
dicendum ita censuiaaent. Verriua Flaccua (bei Featua p. 277 M.) und
Quintil. XII, 10, 16 erwähnen den Santra bei literarhiatoriachen Fragen.
Sueton. vit. Terent. 4 (p. 31 , 10 BfFach.) : Santra Terentium exiatimat etc.
Featua p. 277 M.: quam rem (über reciniati mimi planipedea) diligenter
exaequitur Santra libro II de antiquitate verborum. Schol. Veron. Aen. V,
95 (p. 95, 4 f. E.): Santra de antiquitate verborum libro III ait etc. ad
Aen. II, 171 (p. 86, 15 E.): ut Santra antiquitatium libria. Non. p. 170, 21:
Santra de verborum antiquitate III (oder 1. ll): quod (dea Naeviua b. pu-
nicum, s. oben 93, 8) volumen unum noa lectitavimus et poatea (in anderen
Handschriften) invenimus septemfariam divisum. Aus Santra Nuntiis Bacchi
führt NoniuB (s. Tragg. latt reliqq. p. 195 Bb. vgl. p. 347, ed. II p. 228)
vier (nicht ganz vollständige) Senare an, von denen mindeatena drei helle-
nisch, correcten Bau haben. — L. Lerach, Sprachphiloaophie III. S. 165 ff.
und Ztachr. f. d. Alt. Wisa. 1839, Nr. 13 f. 43. A. E, Egger, lat. aerm. vet.
reliqq. p. 18—21. L. Preller, ausgew. Aufaätze S. 377 f.
3. Suet. gramm. 15: Lenaeua, Magni Pompei libertus et paene omnium
expeditionum comes, defuncto eo filiiaque eiua (zuletzt atarb Sextus, J. 719)
aehola ae auatentavit . . ac tanto amore erga patroni memoriam exatitit
ut Salluatium historicum . . acerbissima satura laceraverit (s. oben 204 , 1).
traditur autem puer adhuc Athenia aubreptua refugiaae in patriam, . .
verum . . gratia manumisaua. Auch über Pharmakologie schrieb Lenaeua
(Plin. n. h. XXV, 3); s. oben 61, 1.
207. Santra, Sex. Clodius u. a. Lehrer. 395
4. Säet, gramm. 28 =» rhet. 4: (M.) Epidius calumnia notatus ludum
dicendi aperait docuitque intcr ceteros M. Antonium et Augustutn (aach
den Vergil, s. unten 220, 3). quibus quondam C. Cannutius . . malle [se] re-
spondit Isaürici esse discipulum quam Epidii calumniatoris. hie Epidius
ortum se a C. Epidio Kucerino praedicabat. Bei Plin. N. H. XVII, 38,
243 (qualibus ostentis Aristandri apud Graecos volumen scatet, . . apud
nOB vero C. Epidii commentarii, in quibus arbores locutae quoque reperi-
untur) möchte H. Peter (Rhein. Mus. XXII. S. 163) eher an Epicadus (oben
154, 2) denken. Vgl. noch oben 208, 6.
6. Snet. gramm. 29 = rhet. 5: Sex. Clodius e Sicilia, latinae simul
graecaeque eloquenüae professor, male oculatus et dicax par oculomm in
amicitia M. Antonii triumviri extrisse (?) se aiebat. . . a quo (M. Antonio)
moz consule (J. 710) ingens etiam congiarium accepit. Vgl. Cic. Phil. IT,
47, 43 (fhetorem . . salsum hominem). ITT, 9, 22. ad Att. lY, 15, 2-(J. 700):
yereor ne lepore te suo detineat diutius rhetor Clodius. Lactant. Inst. 1,
22, 11: Sex. Clodius in eo libro quem graece scripsit. Arnob. adv. gent.
V, 18: Sex. Clodius sexto de diis graeco. Dagegen der bei Servius (zu
Aen. I, 176: Clodius commentariorum quarto, vgl. ib. 52. 11,229) angeführte
Clodius ist wohl Clodius Tuscus (s. d.). M. Bernays, Theophrasts Schrift
über die Frömmigkeit S. 10 ff.
6. Von einem Grammatiker Gavius Bassus werden angeführt Schriften
de origine verbornm et vocabulorum (Gellius II, 4, 3 ff . III, 19, 1 f. V, 7)
in mindestens 7 Büchern (ib. XI, 17, 4), de verborum significatione (Macrob.
ÜI, 18, 2) commentaria (Gell. Ill, 9. 18, 3 f.), de diis (Macrob. I, 9, 13 vgl.
ITT, 6, 17. Lyd. de mens. IV, 2. vgl. Quintil. I, 6, 36. Lactant. inst. I, 22,
9). Da er nach Gell. III, 9, 8 den equus Seianus noch zu Argos sah, dessen
letzter Eigenthümer C. Cassius J. 718 den Tod fand, so scheint er dieser
(spätestens der augusteischen) Zeit anzugehören. Eretzschmer, de fönt.
Gell. p. 99 f.
7. Statins Sebosus, von Plinius genannt im Quellenverzeichniss zu
B. II und IX, sowie als Sebosus zu B. III, V, VI, VU, XII, XIII. Nach-
richten aus ihm ib. VI, 36 (Angabe der Fahrzeit zu den insulae Hespcri-
dum) und IX, 17 (Wunder des Flusses Ganges). F. F. Hudeman, der
römische Seefahrer Statins Sebosus, Zt^chr. f. d. Alt. Wiss. 1852, Nr. 3.
Einen Sebosus nennt als Freund des Lntatius Catulus und lästigen Nachbar
Cicero, ad Att. II, 14, 2. 15, 3 (J. 695 d. St.).
208. Dichter dieser Zeit von denen wir keine Betheiligung i98
an den politischen Kämpfen kennen waren P. Terentius Varro
aus Atax (J. 672 — 717 d. St.) und Publilius Syrus; jener zuerst
Epiker in der Weise des Ennius (bellum Sequanicum) und Ver-
fasser Yon Saturae^ dann berühmter geworden als Bearbeiter
alexandrinischer Epen und Lehrgedichte (Argonautae^ Chorogra-
phia, Ephemeris), ausserdem Elegiker; Publilius Syrus, aus
Antiochia gebürtig, dichtete für das Theater mimi die noch in
der neronischen Zeit aufgeführt wurden und deren reicher Schatz
396 . CiceroniBche Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
an Sprüchen der Lebensweisheit im ersten christlichen Jahrh.
ausgezogen^ im Beginne des Mittelalters aber mit Sentenzen aus
andern Quellen vermischt wurde. Beiden Dichtem gleichzeitig
war der durch CatuU in üblen Geruch gebrachte Epiker Tanusius
Geminus aus Oberitalien.
1. Hieronym. in Euseb. Chron. ad a. Abr. 1935 = 672 d. St. » 82 y. Chr.:
P. Terentius Yarro vico Atace in provincia Narbonensi nascitur. qui
postea XXXV"™ annmn agens graecas litteras cum summo studio didicit.
Hör. S. 1, 10, 46: hoc (die Satire) erat experto frustra Varrone Atacino . .
melius quod scribere possem. Hienach war Yarro zur Zeit der Abfassung
dieser Satire (J. 718, s. W. TeufFel im Rhein. Mus. lY. S. 111—113) bereits
nicht mehr am Leben. Dieses Yerfassen von Satiren fällt wohl in die
frühere, nationale Periode des Yarro, wohin auch sein bellum Sequani-
cum gehören wird (Priscian. X. p. 877 P. =» 497 Htz.: P. Yarro belli
Sequanici libro II), welcher Stoff dem Yarro nach Zeit und Schauplatz
besonders nahe lag und vielleicht durch Caesar's britannische Unterneh-
mungen mitveranlasst war (Bemays). Porphyrie ad Hör. 1. 1. (p. 186 Hth.):
Terentius Yarro Narbonensis, qui Atacinus ab Atace fluvio dictus est.
Quintil. X, 1, 87: Atacinus Yarro in iis per quae nomen est assecutus in-
terpres operis alieni, non spemendus quidem, verum ad augendam facul-
tatem dicendi {Tärum locuples. Diess bezieht sich auf die Argonautae oder
Argonautica des Yarro, eine freie Bearbeitung des Epos von Apollonius aus
Rhodos in vier Büchern, welches preisend erwähnt Ovid Am. I, 15, 21 (Yarro-
nem . . quae nesciat aetas?). A.A. III, 336 f. Trist. II, 439 f. ex Pont. lY, 16,
21. Ygl. unten 247, Ig.E. Prop. II, 34, 86. Stat. Silv. II, 7, 77. Sen. Con-
trov. XYI, 28 (p. 195, 8 ff. Bu.): illos optimos versus Yarronis. Die Ueber-
reste bei Wüllner p. 12 ff. und zuletzt bei A- Biese, Yarr. Sat. Menipp.
p. 261 — 263. B. Unger, Epistola de Yarrone Atacino, Friedland 1861. 4.
Ausserdem eine Chorographia (Yar. bei Priscian cosmographia), worin nach
einem metrischen prooemium Europa, Asien und Africa der Reihe nach
behandelt waren; Original das Werk des Alexander aus Ephesos (mit dem
Beinamen 6 Av%voi), Die Ueberreste bei Riese p. 263 f. Femer eine
Ephemeris (Witterungskunde) in Hexametern, nach Aratos; s. Bergk, Rhein.
Mus. I (1842). S. 372 ff. Riese p. 264. Beschreibungen werden^ in dem
Epos eine grosse Rolle gespielt haben. Als Elegiker theilte Yarro die
erotische Richtung der Alexandriner und seiner unmittelbaren Nachfolger.
Propert. II, 34, 85 f.: haec quoque perfecto ludebat lasone Yarro, Yarro
Leucadiae maxima fiamma suae. Ovid. Trist. II, 439 f.: is quoque phasi-
acas Argo qui duxit in undas non potuit Yeneris furta tacere suae. Diess
sind aber die einzigen Spuren seiner Elegieen, sei es weil seine, Nachfolger
ihn. verdunkelten oder weil ihn seine ausserrömische Abkunft zu keinem
EinfiuBs gelangen Hess. Das Epigramm (Anthol. lat. 414 R.) auf das Grab
des reichen Galliers Licinus (der erst unter Tiberius starb; s. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. lY. S. 1081 f.) wurde wohl wegen der Landsmann-
schafb dem Yarro zugeschrieben (Schol. Pers. 11, 36: non invenustum Yar-
ronis epigramma). Ebenso wissen wir von Yarro's Satiren einzig durch
208. Varro Atacinus. Publilius. 397
Horaz 1. 1. Im Allgemeinen b. Fr. Wüllner, de P. Tereniii Yarronis Atacini
Tita et Bcriptis, Münster 1829. 4.
2. Hieronym. zu Eus. Chron. 1974 = Ol. 184, 2 = 711 d. St. (Laberius'
Todesjahr, s. oben 189, 7): Publilius (so Amand.) mimograpbus natione
Syrus Bomae scaenam tenet. Den Namen Publilius hat (statt Publius) als
den bestbeglaubigten und richtigen erwiesen E. WölMin, Philologus XXII.
S. 439 f. Plin. N. H. XXXV, 17, 68: talem (pedibus cretatis) Publilium
Lochium (0. Jahn: Antiochium), mimicae scaenae conditorem, et astrologiae
consobrinum eins Manilium Antiochum, item grammaücae Staberium Erotem
eadem nave advectos Tidere proavi. Macrob. II, 7, 6 f.: Publilius, natione
Syrus, cum puer ad patronum domini esset adductus, promeruit eum non
minus salibus et ingenio quam forma. (7.) ob haec et alia manumissus et.
maiore cura eruditus, cum mimos componeret ingentique adsensu in Italiae
oppidis agere coepisset, productus Bomae per Caesaris ludos (J. 709) omnes
qui tunc scripta et operas suas in scenam locaverant provocavit ut singuli
secum posita inyicem materia pro tempore contenderent. nee ullo recusante
superayit omnes, in quis et Laberium. (8.) unde Caesar . . Publilio palmam
. . dedit. Hier scheinen zweierlei Wettkämpfe, die mit einem Mimus und
im Improvisieren, durcheinandergemischt.- In der Kunst des Improvisierens
war Syrien stark, s. Wölfflin S. 443 f. Gell. XVII, 14, 1 : Publilius mimos
scriptitavit. dignus habitus est qui subpar Laberio iudicaretur. (3.) huius
Publilii sententiae feruntur pleraeque lepidae et ad communem sermonum
usum (Macrob. II, 7, 10: sensum) commendatissimae (Macrob. adcommoda-
tissimae). Sen. Controv. VII, 18, 8 f. (Publilianae sententiae). Sen. de
tranq. an. 11, 8: Publilius, tragicis comicisque vehementior ingeniis, quotiens
mimicas ineptias et yerba ad summam caveam sx>ectantia reliquit, inter
mnlta alia cothumo, non tantum sipario, fortiora et hoc ait. Epist. 8, 8:
quantnm disertissimomm yersuum inter mimos iaoetl quam multa Publilii
non ezealceatis, sed oothurnatis dicenda sunt! Vgl. oben 8, 6. Auch Zeit-
anspielungen scheint Publilius gelegentlich angebracht zu haben; s. Cic. ad
Att. xrv, 2, 1.
3. Dass von den Stücken des Publilius nur zwei apokryphe Titel be-
kannt sind (Non. p. 133, 7: Publilii Putatoribus, und Priscian. X. p. 632, 25
Htz.: Publius in Murmidone) erklärt sich daraus dass er vorzugsweise
Schauspieler und Improvisator war und seine Stücke daher fast nur in
Theaterezemplaren existierten. Die zahlreich darin enthaltenen kernigen
Sprüche sammelte im ersten chrisÜ. Jahrh. (denn Gellius 1. 1. kennt die
Sanmilung bereits) ein Liebhaber und gab sie heraus, so dass erst jetzt
PubliHiis ein Gtogenstand der Literaturgeschichte zu sein anfängt. Mono-
stichische Proben daraus bei Gell, und Macrob. 1. 1. Diese Sammlung ist
uns erhalten, am vollständigsten (aber ohne Uebersdirift) im cod. Fri-
singensis (jetzt Monac. lat. 6292), für die Buchstaben A bis N auch in
andern alten Handschriften (aus saec. IX und X), im Ganzen über 650' echte
Verse. Da sie fast durchaus aus allgemeinen Klugheitsregeln und Sätzen
all^licher confessionsloser Lebensanschanung bestehen, und Seneca (Ep.
33, 7) schreibt: pueris sententiaa ediscendas damus, so ist glaublich dass
die Sammlung in den Schulen verwendet wurde. Manche Variationen
398 Ciceronische 2eit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
desselben Gedankens können daher stammen, aber anch schon von Publiliua
selber. Ebenso mag die alphabetische Ordnnng von dem ursprünglichen
Sammler herrühren^ da die Art derselben (Berücksichtigung nur des ersten
Buchstabens, nicht aber der weiteren) der Gewohnheit des Alterthums ent-
spricht; jedenfalls findet sich diese Ordnung am Beginne des Mittelalters.
Schon Tor saec. IX gieng die zweite Hälfte verloren; dafür wurden (pro-
saische) Sentenzen aus dem damals noch vollständigeren Pseudo-Seneca de
moribus, zur ungefö.hren Länge eines Verses zugestutzt, aufgenommen, und
dieses Conglomerat erhielt nach dem bekannteren Verfasser den Titel Sen-
tentiae (oder Proverbia) Senecae und wurde weiterhin aus andern Schrift-
stellern noch manchfach interpoliert, besonders saec. XIV und XV. In-
zwischen war, etwa saec. X, die echte zweite Hälfte (N bis V) wieder auf-
gefunden worden. Sie lag dem Schreiber des cod. lE^risingensis vor und
wurde von ihm in die zu seiner Zeit bereits traditionelle aus Prosa und
Versen gemischte Sammlung eingereiht, je hinter den unmetrischen Pro-
verbien eines Buchstabens. Wölfflin a. a. 0. S. 444 — 463. In den gedruckten
Ausgaben (ed. princeps, von Erasmus, Argent. 1516) wurden dann die ver-
schiedenen Bestandtheile bald mehr bald weniger geschieden (WOlfFlin
S. 464 — 456); das blühendste Durcheinander in F. H. Bothe's Sammlung
(Fragm. com. lat. p. 220 ff.) und darnach von G. Zell (Stuttgart 1829) u. A.
Anfang einer Scheidung in Ribbecks Comic! latini p. 261 — 308. Vgl. dazu
Wölfflin, Philologus XI. S. 191. XVI. S. 618. XXII. S. 437 4. 449. 466—468.
Publilii Syri sententiae ad fidem codicum opt. nunc primum recensuit
E. Wölfflin, Lips. (Teubner) 1869. Unkritisch Grysar, über den mimus
(oben 7, 1) S. 306—310.
4. Sen. Epist. 93, 9: paucorum versuum Über est (des Metronaz), et
quidem laudandus atque utilis. annales Tanusii scis quam ponderosi sint
et quid vocentur. hoc est vita quorundam longa quod Tanusii sequitnr
annales. Dass hier mit quid vocentur hingewiesen werde auf Catull 36, 1 :
annales Volusi, cacata charta (vgl. 6: electissima pessimi poetae scripta;
19 : plena ruris et inficetiarum, und 95, 7 : Volusi annales Paduam morientur
ad ipsam, wo also wohl der Verfasser lebte)- und Volusius eine Maskierung
des wirklichen Namens Tanusius sei ist eine alte Vermutung^ welche sehr
viel Wahrscheinlichkeit hat; s. Schwabe, Quaest. GatuU. p. 278 — 281.
Weiterhin wäre dieser Tanusius ohne Zweifel identisch mit Tanusius
Geminus welchen Sueton (Gaes. 9 vgl. Plut. Gaes. 22) unter seinen Quellen
for die Biographie Gaesars aufführt. E. ünger, de Tanusio Gemino annalium
scriptore, Friedland 1865. 4.
5. In ähnlicher Weise erwähnt Gatull noch andere (schlechte) Dichter
seiner Zeit, wie Aquinus (Gatull 14, 18. Gic. Tusc. V, 22, 68), Gaesius
(Gatull 14, 18), Suffenus (Gatull 14, 19. 22, 1 ff.). Schwabe, Quaest. Gatull.
p. 267 f.
6. Gomel. Nep. Att. 12, 4: L. lulium Galidum, quem post Lucretii
GatuUique mortem multo elegantissimum poetam nostram tulisse aetatem
vere videor posse contendere, neque minus virum bonum optimisque arti-
bns eruditum, post proscriptionem equitum (nachdem die Liste der Pro-
scribierten aus dem Ritterstande bereit« geschlossen war) propter raagnas
208 f. Pnblilius u. a. Dichter. M. Brutus. 399
eiu8 Africanas possessioneB in proscriptorum numeruzn a P. VolumDio
praefecto fabrum Antonii absentem^ relatum eipedivit (Atticus). Einleuchtend
ist die freundschaftliche Ueberschätzung dieses ganz obscuren Dichters, der
vielleicht identisch ist mit dem L. lulius ans Alrica welchen Cicero (ad
fam. XIII, 6, 3 f. J. 698) dem Valerius Orca empfiehlt. Auf diesen Galidus
(nicht: Calidius) bezieht Biese AnthoL lat. 776 (vgL II. p. XXIX).
20Ö, Von den Theilnehmem der Verschwörung gegen Cae-199
sar war der redliche^ aber geistig nicht hochstehende M. lunius
Brutus der literarisch bedeutendste und thätigste^ namentlich
auf dem Gebiete der Philosophie und der Beredtsamkeit; des
D. Brutus und C. Cassius Schreibweise kennen wir aus Briefen
an Cicero; ebenso den Cassius aus Parma und C. Trebonius^
welche beide überdiess Verfasser von Poetischem waren. Ausser-
dem verfassten Geschichtswerke in einem dem Caesar abgeneigt
ten Sinne Ampius Baibus und Actorius Naso.
1. M. lunius Brutus. Vgl. W. Dxumann, G. R. IV. S. 18—44. W. Teuffei
in Paulj's Real-Enc. IV. 8. 518—627. 532 f. Cic. Brut. 94, 324 von Hortensius:
annis ante decem causas agere coepit (nämlich J. 659, s. Brut. 64, 229:
L. Crasso Q. ßcaevola coss. primum in foro dixit) quam tu (Brutus) es natus.
Das hiernach sich ergebende Geburt^ahr 669 »s 85 hat gegen sich dass
dabei die Sage, Caesar (geb. 654) sei selbst Vater des Brutus, eine hand-
greifliche Absurdität gewesen wäre; auch sagt Vellej. II, 72, 1 : hunc exitum
M. Bruti septimum et tricesimum annum agentis (J. 712) fortuna esse voluit
(vgl. Liv. CXXrV: annomm erat circiter XL). Diess würde auf 675 oder 676
(79 oder 78 v. Chr.) als das Geburtsjahr des Brutus fQhren. Daher mit
vieler Wahrscheinlichkeit Nipperdey, Bhein. Mus. XIX. S. 291, bei Cic. 1. 1.
ante sedecim schreibt Vgl. Comel. Nep. Att. 8^ 1 f.: occiso Caesare . . sie
M. Bruto usus est ut nullo ille adolescens aequali familiarius quam hoc
sene (Atticus geb. 645). J. 703 war Brutus bereits Schwiegersohn (Cic. ad
fam. III, 4, 2) des App. Claudius (oben 196, 10). Aur. Victor ill. 82: Athenis
philosophiam, Rhodi (sonst nicht bezeugt) eloquentiam didicit (Lehrer in
Athen Pammenes, sowie Aristos, der Bruder des Antiochos, Cic. Brut. 97, 332.
Orat. 30, 105. Acad. post. I^ 3, 12. Plut. Brut. 2). Cytheridem mimam cum
Antonio et Gallo poeta amavit. . . civili hello . . Pompeium secutus est.
quo victo veniam a Caesare accepit et procos. (?) Galliam (cisalp.) rexit
(J. 708). J. 710 durch Caesar praetor (urb.)« t nach der Schlacht bei
Philippi, J. 712.
2. Cicero pflegt den M. Brutus fibertrieben zu loben (z. B. Brut. 6, 22),
zuerst als den Liebling des Caesar^ dann als dessen Mörder; er widmete
ihm de finibus, Paradoxa, de deor. nat., Tusc, den Orator und den Brutus.
Die stilistischen Grundsätze Beider waren aber verschieden; vgl. Cic. ad
Att. XV, 1 b, 2 : ego secutus (Med. : solus) aliud (iudicium de optimo genere
dicendi) sum, und Tac. dial. 18: legistis et Calvi et Bruti ad Ciceronem
missas epistulas, ex quibus facile est deprehendere Calvum quidem Ciceroni
Visum exsanguem et aridum,. Brutum autem otiosum atqae diinnctum.
400 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
rursusque Oiceronem a Calvo quidem male audisse tamqnam solatoiu et
enervem, a Bruto autem . . tamquam fractom atque elombem. Als Cha-
rakter seiner Bedeweise wird gravitas angegeben (Quintil. XII, 10, 10.
Tac. dial. 25). Namentlicli strebte er nach rhythmischem Fall der Prosa
(Quintil. IX, 4, 76); daher Cicero 's Polemik hiegegen im Orator. üeberein-
stimmend urteilen Qoinial. X, 1, 12^ dass er in seinen philosophischen
Schriften multo quam in orationibus praestantior suffecit ponderi remm,
und Tac. dial. 21: Brutum philosophiae suae relinquamus. nam in oratio-
nibus minorem esse fama sua etiam admiratores eins fatentur. nisi forte
quisquam . . Bruti pro Deiotaro rege (vgl. Cic. Brat. 6, 21. ad Att. XIV, 1, 2)
ceterosque eiusdem lentitudinis ac teporiB libros legit, nisi qui et carmina
eorundem miratur; fecerunt enim et carmina (s. oben 192, 3). Vgl. Stat.
Silv. IV, 9, 20: Bruti senis oscitationes (langweilige Reden). Andere yer-
Öffentlichte Reden des Brutus: de dictatura Pompe! (Quintil. IX, 3, 95)
Tom J. 703, die am 17. März 710 auf dem Capitol gehaltene (Cic. ad
Att. XV^ 1 b, 2), sowie sonstige contiones Bruti (falsa quidem in Augnstum
probra, sed multa cum acerbitate habent, Tac. A. IV, 34); femer die Stil-
übung pro Milone (orationem Brutus ezercitationis gratia scripsit, Quintil.
X, 1, 23 vgl. 6, 20. III, 6, 93. Ascon. in Mil. p. 42 Or. Schol. Bob. p. 276);
laudatio ~ seines Schwiegervaters App. Claudius (Diomed. p. 367 E.) und
seines Oheims M. Cato (Cic. ad Att. XÜI, 46, 2. vgl. XII, 21, 1). Vgl. Meyer,
orat. rom.* p. 446—452.
3. üeber des Br. philosophische Schriften s. Cic. Acad. post. I, 3, 12.
Hinneigung zur alten Akademie, Cic. Brut. 31, 120. 40, 149. Erwähnt werden
die Schriften de virtute (an Cicero gerichtet, s. fin. I, 3, 8. Tusc. V, 1, 1.
Sen. consol. ad Helv. 9, 4 ff. vgl. 8, 1), ns^l xad-i^xavtag (Sen. £p. 95, 45;
vgl. M. Brutus de ofßciis bei Priscian VI. p. 679 P. =» 199 Htz.), de patientia
(Diomed. I. p. 378 P. =» 383 K,). Eine jugendliche Uebung war wohl der
Auszug aus den AnnjQen von Fannius und Antipater (s. oben 142, 4 u. 5),
wie Br. auch den Polybios ezcerpie]:te (Plut. Brut. 4).
4. Briefe. (M.) Brutus in epistolis (Quintil. IX, 4, 75. Diomed. I.
p. 388 K. Priscian. IX. p. 474 Htz. vgl. Plin. N. H. XXXHI, 12: M. Bruti
in Philippicis campis epistolae reperiuntur, frementes fibnlas tribunicias ex
auro geri), ad Caesarem (Charis. I. p. ISO E.), ad Ciceronem (Tac. dial. 18).
Ueber den Briefwechsel des Brutus mit Cicero s. oben 181, 4. Das Er-
zeugniss eines Rhetors sind die auf uns gekommenen Briefe des Brutus in
griechischer Sprache, zuletzt herausgegeben von A. Westermann (Bruti
epistolae graecae ex rec. A. W., Lips. 1856. 4). Vgl. Phot. cod. 158, p.
101 Bk. R. Hercher, Philologus Vm. S. 187—190. Seine Verse (s. Tac'.
dial. 21 , oben A. 2) scheinen erotischen Inhalts gewesen zu sein nach der
Aufzahlung bei Plin. Ep. V,*3, 5 (oben 31, 1.)
5. D. lunius Brutus, als adolescens bei Caesar J. 698 ff. in Gallien (b.
g. III, 11. VII, 9. 87) und auch im Bürgerkriege auf seiner Seite, von ihm
mit Vertrauen beehrt und zum Cos. für 712 bestimmt; im Sommer 711
durch M. Antonius hingerichtet. Seine Briefe an Cicero aus J. 710 und 711
(ad fam. XI, 1—4. 9—11. 13. 13 a. 19. 20. 23. 26) sind traurige Belege der
Eopflosigkeit und Hasenherzigkeit die er seit seiner Theilnahme an der
71
209. Anticaeearische Redner nnd Geschichtachreiber. 401
Ermordung Caesars fortwährend bewies. W. Drumann G. R. IV. S. 9 — 13.
W, Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 513—616, Nr. 19.
6. G. Cassius Longinus, etwas älter als M. Brutus (Plut. Brut. 29.
40), J. 701 ff. Quästor in Parthien, 706 tr. pleb.; im Bürgerkriege auf der
Seite des Pompejus, von Caesar besiegt und dann zu seinem Legaten er-
nannt, später für 710 mit M. Brutus zum Prätor; f nach der Schlacht bei
Philippi (712). Eine schroffe, schneidige Natur, aber selbstsüchtig, ohne
höhere Ziele (vgL Plut. Brut. 29. comp, cum Dione 1. Brut. 87: Kaöaiog
TOig 'EniTuyüQOv Xoyoig xQciii^svog xal neql tovrav i^og i%tav). Von seinen
Briefen an Cicero ist ad fam. XV, 19 (J. 709) ein gutgelaunter Widerhall
von Cicero's Schreiben; XII, 11 — 13 (aus 711) geschäftliche Berichte, zum
Theil mit berechneter Schmeichelei gegen Cicero, 13 vielleicht (J. Erauss)
von seinem Neffen L. Cassius. Vgl. W. Drumann G. R. II. S. 117 — 162.
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 194—198, Nr. 11.
7. Cassius Parmensis, nach seiner Theilnahme an der Ermordung Cae^
sars Befehlshaber über einß Flottenabtheilung in Asien (J. 711). Ueber
seine Thätigkeit als solcher berichtet er an Cicero in dem kriecherischen
und auch die Schreibweise des Consularen nachahmenden Briefe ad fam.
XI [, 13. Später bei Sex. Pompejus und M. Antonius, nach der Schlacht
bei Actium 723 hingerichtet. Drumann IT. S. 161 —163. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. II. S. 200 f. Nr. 20. Porphyrio zu Hör. Ep. I, 4, 3 (scri-
bere quod Cassi Parmensis opuscula vincat), p. 393 Hth.: in partibus
* Cassii et Bmti cum Horatio tribunus mil. militavit. . . scripserat multas
tragoedias Cassius. Acro (p. 390 H.): Epicureus fuit et poeta. . . saüras
scripsit. . . aliquot generibus stilum exercuit. inter quae opera ,Elegia
et epigrammata* eins laudantur. lambischer Vers von Cassius bei Quintil.
V, 11, 24. Ein anderer, noch mehr in der alten spondeenreichen Weise
gehaltener Senar aus einer Prä^zta Brutus eines Cassius bei Varro L. L.
VI, 7. VII, 72. Aus einem schmähenden Briefe des Cass. Parm. an Octa-
vian eine Stelle bei Suet. Aug. 4. Ans einer epistula Cassi Parmensis ad
. M. Antonium bei Plin. n. h. XXXI, 11. A. Weichert, de L. Yarii et Cassii
Parmensis vita et carminibus (Grinuna 1836), p. 176 — 300.
8. Dem Cassius Parm. ungefähr gleichzeitig ist der Schnelldichter
Cassius Etruscus bei Hör. S. I, 10, 69—71 ; s. Kirchner zu d. St. (S. 364 f.).
9. C. Trebonius, .Qnästor 694, trib. pl. 699, J. 700 ff. Caesars Legat in
Gallien und im Bürgerkriege auf dessen Seite; praet. urb. 706; Cos. 709;
Febr. 711 durch Dolabella get^^dtet. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI,
2. S. 2083 f., Nr. 9. J. 707 scheint er eine Sammlung der Witzworte Ci-
cero's verfasst zu haben; s. ad fam. XV, 21, 1 — 3, z. B.: liber iste quem
mihi misisti quantam habet declarationem amoris tui! primum quod tibi
facetum videlur quidquid ego dixi, . . deinde quod illa . . fiunt narrante
te venustissima. quin etiam ante quam ad me veniatur risus omnis paene
consumitur. Sein eigener Brief an Cicero (ad fam. XII, 16) vom J. 710
ist sehr innig gegen den alten und den jungen Cicero und begleitet versiculi
(lamben gegen M. Antonius?), in Bezug auf deren Ungeniertheit er meint:
turpitudo pcrsonae eins in quam liberias invehimur nos vindicabit (16, 3).
TxuTFXL, ROm. liiteratnrgeschichte. 2. Aufl. 26
402 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691— 711.
Auch bittet er (16, 4): tu, eicut mihi pollicitus ee, adiunges me quam pri-
mum ad tuos sermones.
10. Suet. Caes. 75 extr.: Pitholai carminibus maledicentissimis lacera-
tarn existimationem suam civili animo tulit. Dieser Pith. ist wohl der M. Vol-
taciliuB (nach den Hdas.; v. Jan Otacüius, vgl. aber oben 166, 2) Pitholaus
von welchem Macrob. U, 10, 13 einen Witz auf den eintägigen Consul
(J. 709) Caninius Rebilus anfährt, sowie (nach Bentley) der Rhodius Pi-
tholeo bei Horaz (S. I, 10, 22), welcher nach Acro (zu Hör. 1. 1., p. 170
Hth.) dicitur epigrammata ridicula scripsisse in qoibus graeca verba mixta
■
erant cum latinis.
11. T. Ampius Baibus, trib. pl. 691, Prfttor 696, Freund des Cicero
(Bede pro T. Ampio, Quintil. III, 8, 50), eifriger Pompejaner; s. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 920 f. Nr. 2. Aeusserungen Über Caesar aus
dem Geschichtswerke des Ampius bei Suet. Caes. 77; vgl. Cic. ad fam. VI,
12, 5 (J. 708): cum Studium tuum consumas in virorum fortium factis
memoriae prodendis.
12. M. Actorius Naso, nach Sueton. Caes. 9 (vgl. 52 Naso) Verfasser
eines Werkes über Caesar oder die Zeit des Bürgerkrieges.
200 210. Demselben Kreise gehörte wohl auch Ticidas an, der
Verfasser erotischer Gedichte (auf Perilla), sowie C. Helvius
Cinna, welcher besonders in seinem mythologischen Epos
Zmyma mühsam auf den Pfaden der gelehrten alexandrinischen
Dichter fortwandelte, und sicher ein anderer Freund CatuUs,
der reichbegabte und charaktertüchtige C. Licinius Calvus (J.
672 — 707), ebenso bedeutend als geschichtlicher Redner wie als
Dichter und auf beiden Gebieten seine grosse natürliche Leb-
haftigkeit mit Bewusstsein durch Formstrenge zügelnd. In der
Beredtsamkeit huldigte Calvus der neuattischen Richtung, und in
der Poesie wusste er alexandrinische Correctheit mit Leidenschaft-
lichkeit des Inhaltes, in Liebe wie in Hass, zu vereinigen, in
der Weise des Catull und ihm am meisten ebenbürtig. Dagegen
war Anser, welcher gleichfalls in dieser Zeit erotische Gedichte
verfasste, ein Anhänger des M. Antonius, und ihn rettete seine
politische Richtung in die augusteische Zeit hinüber.
1. Ovid. Trist. II, 433 f. (nach Catullus und Calvus, vor Cinna): quid
referam Ticidae, quid Meiumi Carmen, apud quos rebus abest nomen
nominibusque pudor? Apulej. apol. 10: accusent . . Ticidam similiter, quod
quae Metella erat PeriUam scripserit. Pentameter des Ticidas zum Preise
von Valerius Cato's Lydia bei Suet. gramm. 11. Ticidas neben Furius
Bibaculus und (Valerius) Cato genannt ib. 4. Priscian. V. p. 189, 2 ff.
(Htz.): sole (als Vocativ) quoque antiqui. Ticidas in hymenaeo: felix lectule
talibus sole amoribus.
210. Helvius Cinna. 403
2. G. (Catull 10, 30) Helvius Cinna, mit Catull im Gefolge des Prä-
tors Memmius (oben 200, 2) in Bithynien (Catull 10, 29 f.). Sonst ist aus
seinem Leben sehr wenig bekannt. Auch seine Parteistellung im Bürger-
kriege kennen wir nicht positiv; doch zeigt der Gegensatz zu Anser und
die Zusammenstellung mit L. Varius bei Yergil. Ecl. IX, 86 f. dass er
schliesslich auf Seiten Octavians stand, wohl nachdem er mit seinen Freun-
den ursprünglich anticaesarisch gewesen war und für die „Befreier" ge-
schwärmt hatte. Ueber das Jahr 710 hinaus lebte er und war also nicht
der caesarisch gesinnte Yolkstribun C. Helvius Cinna der bei Caesars
Leichenfeier aus Missyerständniss erschlagen wurde. Wenn Plut. Brut. 20
letzteren einen noiriri%6g dvrjQ nennt, so beruht das auf Verwechslung
mit dem bekannteren Träger des Namens, dem Dichter. Yergil. Ecl. IX,
36 (wahrscheinlich vom J. 714) ist der Dichter noch als lebend erwähnt;
auch das Propempticon Pollionis weist zum Mindesten über J. 710 hinaus.
Nach 716 wird Cinna nicht mehr genannt; er mag also um diese Zeit
gestorben sein. »
3. Hauptwerk des Cinna: Smyrna (Zmjma), den Mythus von der un-
natürlichen Liebe der Myrrha zu ihrem Yater Einyras behandelnd, also
schon nach seinem Stoffe alexandrinisch. Dass Cinna an diesem Epos,
trotz seines geringen Umfangs (Catull 96, 9), zehn Jahre feilte (Catull. 96.
Quintil. X, 4, 4. Serv. und Philargyr. zu Yerg. Ecl. 1. 1. Porphyr, und
Acro zu Hör. £p. II, 3, 388) ist ebenso bezeichnend für seinen Mangel an
wirklichem poetischem Talent wie für seine Richtung auf Ausdifteln der
Form. Nach den Ueberresten gehörte Cinna auch zu den anovSsidiovrsg.
Was die Folge von alledem war sagt Philargyr. 1. l. (in Lion's Servius
II. p. 327): fuit autem über obscurus adeo ut et nonnulli eins aetatis
grammatici (besonders L. Crassitius) in eum scripserint magnamque ex
eins enarratione sint gloriam consecuti. quod obscurus fuerit etiam Mar-
tialis ostendit in illo versu (X, 21, 4): iudice te melior Cinna Marone fuit.
Unter den erotischen Dichtern nennt ihn Ovid Trist. H, 436 (Cinna quo-
que his comes est, vgl. A. 1); dass die betreffenden Gedichte illepida
waren ist dem Gellius (s. oben 31, 1) ebenso zu glauben wie 'dass er non
ignobilis neque indoctus poeta (G^U. XIX, 13, 6) war. Poem ata (also
lyrische) von ihm bei Gell. IX, 12, 12 (senarius claudus) und XIX, 13, 6
(Hendekasyllaben). Cinna epigrammatis Non. Marc. p. .87, 27 vgl. Isidor.
Orig. YI, 12, 2 (zwei Disticha zur Begleitung eines Geschenks, bestehend
in einem aus Bithynien mitgebrachten Exemplar von Aratos* ^aivofiBvcc).
Yier Hexameter aus einem Propempticon Pollionis (Charis. I. p. 99 P. =
124 K.) bei einem von dessen Kriegszügen (etwa J. 716 d. St. gegen die
Parthiner?). Commentar oder Einleitung dazu von Hyginus (Charis. I. p. 134,
12 E. : Inlius Hyginus in Cinnae propemptico). Im Allgemeinen A. Weichert,
de C. Helvio Cinna poeta, in dessen poett. latt. vitae etc. (Lips. 1830)
p. 147 — 187; über die üeberreste von Cinna's Gedichten ib. p. 187—202 und
in L. Müller's Catull p. 87—89.
4. Gleichfalls mit einem Gedichte (Epos?) mythologischen Inhalts, auf
Eybele, beschäftigte sich — nach Catull 36, 13 ff. — ein anderer Freund
CatuUs, Caecilius in Novum Comum, ohne dass aber bekannt wäre ob es
jemals fertig und veröffentlicht worden ist.
404 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
5. C. LiciniuB Macer (Cic. ad Qu. fr. IT, 4, 1) CalvuB (mit doppeltem
Zunamen; s. Drumann 6. R. IV. S. 195, A. 72), Sohn des Annalisten Li-
cinius Macer (oben 153, 6), Val. Max. IX, 12, 7. Geboren am 28. Mai 672;
8. oben 206, 5. Andererseits setzt Cicero*s Brief an Trebonius, ad fam.
XV, 21, 4 (J. 707), den CaLvns als inzwischen gestorben voraus. Allge-
meine Charakteristik. Cic. Brut. 81, 279: facienda mentio est . . duorum
adolescentium qui, si diutius vizissent, magnam essent eloqüentiae laudem
consecuti, nämlich C. Curio (oben 206, 1) und C. Licinius Calvus. 82, 283:
Calvus . . orator fuit cum litteris eruditior quam Curio tum etiam accura-
tius quoddam dicendi et exquisitius afferebat genus. quod quamquam
scienter' eleganterque tractabat, nimium tamen inquirens in se atque ipse
sese observans metuensque ne vitiosum colligeret etiam verum sanguinem
deperdebat. itaque eins oratio nimia religione attenuata doctis et attente
audientibus erat illustris, a multitudine autem et a foro . . devorabatur.
(284.) Tum Brutus, atticum se, inquit, Calvus noster dici oratorem volebat;
indc erat ista exilitas, qu^ ille de industria consequebatur. ad fam. 1. 1.:
genus quoddam sequebatur in quo, iudicio lapsus, quo valebat, tamen as-
Bcqucbatur quod probaret. multae erant et reconditae litterae, vis non
erat. . . de ingenio eins valde existimavi bene. Vgl. Tac. dial. 18 (oben
209, 2). Quintil. X, 1, 115: inveni qui Calvum praeferrent onuiibus. . . est
(Calvi) et sancta (vgl. XII, 10, 11) et gravis oratio et frequentcr vchemens
quoque. imitator autem est Atticorum fecitque illi properata mors iniuriam.
Sen. controv. VII, 19. p. 210 f. Bu: Calvus, qui diu cum Cicerone iniquis-
simam litem de principatu eloqüentiae habuit, usque eo violentus accusator
et concitatus fuit ut in media eins actione surgeret Vatinius reus et excla-
maret: rogo vos, iudices, num si iste disertus est ideo me damnari oportet?
. . solcbat practcrea cxcedcre subsellia sna et impetu latus usque in ad-
versariornm partem transcurrere. . . compositio quoque eins in actionibun
ad excmplum Demosthenis vigct: nihil in illa' placidum , nihil lene est,
omnia excitata et fluctuantia. Die andere Seite, die gehaltene Form, heben
hervor auch Tac. dial. 25 (adstrictior), Apulej. apol. 95 (argutiac); dagegen
Fronte p. 114 Naber: in iudiciis . . Calvus rixatur.
6. Seneca 1. 1. (p. 211, 7 f. Bu.): erat (Calvus) parvolus statura, propter
quod etiam CatuUus in hendecasyllabis (53, 5) vocat illum „salaputtium
disertum". Daher Ovid. Trist. II, 431: exigui Calvi. Tac. dial. 21: ipso
mihi (einem Verfechter der neumodischen Beredtsamkeit) Calvus, cum
unum et vigenti, ut puto, libros (d. h. B«den) reliquerit, vix in una et al-
tera oratiuncula satisfacit. nee dissentire ceteros ab hoc meo iudicio vid^:
quotus enim qnisque Calvi in Asitium aut in Dnisum legit? at hercle in
omnium studiosornm manibus vcrsantur accusationes quae in Vatininni
inscribuntur ac praecipue secnnda (es waren also mindestens drei) ex bis
oratio; est enim verbis ornata et sententiis, auribus iudicum accommodata.
Ib. 34 extr.: uno et vicesimo (aetatis anno) Caesar Dolabellam, altero et
vicesimo Asinius PoUio C. Catoncm, non multum actate antecedens Calvns
Vatinium iis orationibus insecuti sunt quas hodie quoque cum admiratione
legimus. Vgl. Quintil. XII, 6, 1: cum . . Calvus, Caesar, Pollio multum
ante quae«toriam omnes aetatem (damals das dreissigste Lebensjahr) gra-
210. LiciniuB Calvus. Anser. 405
vissima iudicia susceperint. Den P. Vatinins hat Calvus mehrere Male an-
geklagt, das erste Mal vielleicht J. 698 de vi, ein zweites Mal de sodaliciis
(allgemeiner ambitus, Charis. p. 229, 9 K.) im August 700, wo Cicero den
Angeklagten vertheidigte (Schol. Bob. p. 262. Hieronym. adv. Bufin. IIl,
39 = n. p. 666 Vall.); vielleicht ein drittes Mal noch J. 700, wo Cicero
als Entlastungszeuge für Vatinins auftrat (ad fam. I, 9, 4. 19); s. Rhein.
Mus. XIX. S. 681—588. Meyer, orator. rom. p. 474—478. So vertheidigte
Calvus auch J. 698 den P. Sestius (Schol. Bob. p. 292) , ein ander Mal den
Messius, und nach Sen. 1. 1. (p. 211, 20 ff.) war der Epilog zu dieser Bede
non tantum emollitae compositionis sed infractae. Dass Calvus auch com-
mentarii rhetorischen Inhalts verfasst hätte, wie es nach der verdorbenen
Stelle Tac. dial. 23 scheinen könnte, ist sehr wenig wahrscheinlich und
dort wohl statt Calvi zu lesen L. Aeli (Rhein. Mus. XIX. S. 568 f.).
7. Seneca 1. l. (p. 211, 14 f. Bu.): carmina quoque eins (des Calvus),
quam vis iocosa sint, plena sunt ingentis animi, wofür als Beispiel ein
scharfes Wort gegen Pompejus angeführt wird ; vgl. Schol, Lucan. VTI, 726.
Suet. Caes. 73: Gaio Calvo post famosa epigrammata (vgl. c. 49) de re-
conciliatione per amicos (Catull? vgl. 211, 5) agenti ultro ac prior scripsit.
So wissen wir von Hendekasyllaben (gegen M\ Curius), Choliamben (gegen
Tigellius) des Calvus. Andererseits erotischer Inhalt; s. oben 31, 1. Ovid.
Trist. II, 431 f.: par (wie bei Catulls Lesbia-Liedem) fuit exigui similisque
licentia Calvi, detexit variis qui siia furta modis. Vgl. Prep. III, 25, 4.
32, 89 f. : haec etiam docti (also wohl in alexandrinischer Weise) confcssa
est pagina Calvin cum caneret miserae funera Quintiliae (Catull 96, 6), die
wohl seine Frau war. Aus solchen wohl der Glykoneus bei Charis. L
p. 147 K. (Licinius Calvus in poemate). Auf Elegieen deuten Ueberreste
wie bei Charis. I. p. 101 K. (Calvus in carminibus). Calvus in Epithalamio
(daktylisch), Priscian. VI. p. 658 P. =» 170 Htz. Auch der Freundschaft war
ein Theil seiner Gedichte geweiht; vgl. Charis. I. p. 77, 3 K.: Calvus ad
amicos (poetisches Sendschreiben?): ne *triclinariu8 (Anapäste?). Ausserdem
ein Epos lo (Serv. Verg. Ecl. VI, 47. VIII, 4. Calvus in lo, in KciVs
gramm. lat. IV. p. 226, 8. 234, 32). Zusammenstellung der Ueberreste seiner
Gedichte an Lachmanns (p. 86 — 87) und L. MüUer's (p. 83 — 87) Catull,
sowie bei Weichert p. 131 — 146. Grosse Uebereinstimmung mit Catull;
daher häufig mit ihm zusammengenannt, z. B. Hör. Sat. I, 10, 19. Prop.
III, 25, 4. 32, 87 ff. Ovid. Am. III, 9, 62 (cum Calvo, docte Catulle, tuo).
Trist. II, 431 f. Plin. Ep. I, 16, 5. IV, 27, 4. Gedichte Catulls an ihn:
14. 50. 96. Vgl. Schwabe, Quacst. Catull. p. 255 — 266. Im Allgemeinen
8. A. Weichert, poetar. latt. vitae etc. p. 89 — 130. R. ünger, Valg. Ruf.
(1848) p. 47—51.
8. Ovid. Trist. II, 435: Cinna bis (Erotikern wie Ticidas und Mem-
mius) comes est Cinnaque procacior Anser. Er heisst poeta bei Serv. zu
Vergil. Ecl. 7, 21. Ohne Zweifel ist er derselbe über welchen Cicero (Phil.
XIII, 5, 11) witzelt: ii qui nunc Mutinam oppugnant, D. Brutum obsident,
de Falemo Ansercs depellantur. Hienach war er ein eifriger Parteigänger
des M. Antonius. Vielleicht nur auf einer Combination beruht die Angabo
des Servius (zu Verg. Ecl. 9, 36): alludit ad Anscrem quendam Anton ii
406 Ciceronische Zeit. .Zweite H&lfte, J. 691—711.
poetam (Unger p. 18 f. will comitem), qui eiuB laudes sciibebat. . . de hoc
etiam Cicero (l. 1.) . . ipsum enim agram (Falernum) ei donarat Antonius.
Ebenso das alphabetische glossarium Vergilianum in Lion's Seryius IL
p. 373: Anser poeta erat Antonii, de quo Mel(i88a8? s. d.) in Philippica
Ciceronis dixit n. s. w. Sicher aber beruht es auf irriger Auslegung
wenn Servius 1. 1. behauptet: quem ob hoc (als Antonianer) per transitum
carpsit (Vergilius). Denn die Worte VergiPs (Ecl. 9, 35 f.) ,,neque adhuc
Vario yideor nee dicere Cinna digna, sed argutos inter strepere anser
olores^* sind ein Ausdruck der Bescheidenheit des jungen Dichters, der sein
Yerhältniss zu jenen Silteren Kunstgenossen mit dem der Gans zu Schwanen
vergleicht (vgl. Symmach. Epist. I, 1: liceat inter olores canoros anserem
strepere, Apoll. Sidon. IX, 2. carm. 22 praef., und Anderes bei Unger p. 9 f.).
Ebenso wenig spielt Propertius auf Anser an in der schwierigen Stelle III,
32, 83 f.: nee minor his animis aut, si minor, ore, canorus, anseris indocto
carmine cessit clor = ovöh x^^^^ <^^ tovxcav (Georg, und Aen. vgl. haec,
81) to nvevfjLa rj, stneg xbiq€ov, x6 ye atofia {^kovov) o Xiyvg iiv%vog (Vergil)
rnexcifffiasv dvaßaXofisvog to azBxvov tov x^'^^^ iofiM (die Bucolica). Un-
begründet ist daher auch die Aufzählung des Anser unter den obtrcctatores
Yergilii, womit einen noch bescheidenen und glaubhaften Anfang macht
ein im Bemensis nicht sich findender Theil von Donaths vita Yergilii 67
(in BeifiPerscheid's Sneton. p. 66) : coaevos omnes poetas ita adiunctos habuit
ut, cum inter se plurunum invidia arderent, illum una omnes colerent,
YariuB, Tucca, Horatius, Gallus, Propertius. Anser vero, quoniam Antonii
partes secutus est, illum non observasse dicitur. Comificius (oben 206, 2)
ob perversam naturam illum non tulit. Gegen Weichert, poett. latt. vitae
etc. p. 159 — 168, vgl. R. Unger, de Ansere poeta (zum Jubiläum von G. G.
Buchka), Neubrandenburg 1858. 19 pp. 4.
201 211. In C; Valerius Catullus aus Verona (J. 667 — 700
d. St.) besitzt die römische liiteratur ihren grössten lyrischen
Dichter. Anfangs in den Fussstapfen der Alexandriner weiter-
gehend^ hat er in der Schule des Lebens^ insbesondere durch
die Liebe zu Lesbia, seine reiche Begabung entfaltet und in
den manchfachsten Formen bethätigt. Aber zu gleichmässiger
Vollendung, Reife und ungetrübter Schönheit durchzudringen
verhinderte ihn sein frühes Ende; er ist immer JüngUng ge-
blieben, leidenschaftlich in Liebe und Hass, heissblütig und
rücksichtslos, von argloser Hingebung und unendlicher Reizbar-
keit, ideologisch und derb, gemütvoll und giftig, über die
Schranken der Sitte und die Linie des Masses kecken Fusses
sich hinwegsetzend.
1. Der Vorname aus Apnlej. apol. 10 (accusent C. CatuUum qnod
Lesbiam pro Clodia nominarit) und Hieron. chron. a. Abr. 1930 =3 667 d. St.
= 87 V. Chr,: Gaius Valerius Catullus scriptor lyricus Veronae nascitur.
Bei Plin. N. H. XXXVII, 6, 81 ist Q. Catullus corrupt, und dasselbe im
210 f. Anser. CatuUus. 407
DatanuB ^^ Biccardianus und im Cuiacianus aus Verwechslung mit Q. (La-
iatius) Catulus entstanden; s. F. Osann, comment. sem. philol. Giss. 1856.
c. 4. Schwabe, Quaest Catnll. p. 6 ff. 11—24. Geburtsort Verona, Ovid.
Amor. III, 15, 7. Martial. XIV, 195 u. A. Grundbesitz in Sirmio, c. 31.
2. Todesjahr. Hieron. 1. 1. Abr. 1959 = 696 (aber A P F erst zu 1960
= 697 = 57 V. Chr.): Catullus XXX aetatis anno Bomae moritur. Hiero-
nymus (oder Sueton) bleibt sich also (s. A. 1) bei Geburts- und Todesjahr
gleich. Aber dass das letztere unrichtig auf 696 oder 697 bestimmt wird
erhellt aus Catull. 113, 2 consule Pompeio . . nunc iterum (J. 699) vgl. 11,
12 und 29, 20, sowie 63, 2 f. (J. 700); sonst weist über J. 700 hinaus nur
c. 52: sella in curuli Struma Nonius sedet, per consulatum peierat Vati-
nius, sofern Vatinius erst am Schlüsse des J. 707 Cos. war. Aber dass er
schon viel früher mit Bestimmtheit darauf rechnete (und somit schwören
mochte: ita consul fiam ut haec vera sunt) zeigt Cic. in Vat. interrog. 2, 6.
5, 11. vgl. Schol. Bob. p. 315 Or.; und in diesen Schwindelhoffnungen be-
stärkt wurde Vat. wohl durch die Verabredungen der Triumvim in Luca
(J. 698, vgl. Cic. ad Att. IV, 8 b, 2). Da ferner die Jahre 700—707, be-
sonders 702 und 70Ö, einem Catull überreichen Stoff zu beissenden Epi-
grammen bieten mussteu und doch davon sich in seinen Gedichten keine
Spur findet, so ist in der That wahrscl^einlich dass er J. 702 ff. nicht erlebt
hat. Andererseits ist festzuhalten dass Catull jung gestorben ist (Ovid.
Amor. III, 9, 61 f.: iuvenilia cinctus tempora, . . docte Catulle, im Ely-
sium). Und diess ist er, auch wenn man seinen Tod ins J. 700 oder 701
setzt, da gegen die Richtigkeit des Geburtsjahrs 667 (zugleich das des
Sallust) sich nichts einwenden lässt. Schwabe, quaest. Cat. p. 33 — 48.
3. Verhältniss zu Lesbia. Prop. III, 32, 87 f.: haec quoque lascivi
cantarunt scripta Catulli, Lesbia quis ipsa notier est Helena. Ovid. Trist.
II, 427 f.: sie sua lascivo cantata est saepe Catullo femina, cui falsum
Lesbia nomen erat, nee contentus ea multos volgavit amores in quibus
ipse suum fassus adulteriumst (vgl. Schwabe, Quaest. Cat. p. 137). Martial.
VIII, 73, 8: Lesbia dictavit, docte Catulle, tibi u. A. Die Nachricht des
Apulejus (s. A. 1), dass sie eigentlich Clodia geheissen, erhält ihre Be-
stätigung durch Cicero's Rede pro Caelio (Schwabe, Quaest. Cat. p. 135).
Sie war die (etwas ältere) Schwester des P. Clodius (geb. c. 661) und selbst
spätestens 660 geboren; vermalt an ihren Vetter, den Q. Caecilius
MetelluB Celer, Cos. 694, t (durch seine Gattin?) 695, uns auch durch
seinen empfindlichen Brief an Cicero (ad fam. V, 1. J. 692) bekannt; vgl.
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 26 f. Nr. 15 und S. 420, Nr. 45. Sie
wusste wie andere junge Männer (z. B. den Caelius Rufus) so auch unsern
schwärmerischen geistreichen Jüngling aus der Provinz, trotzdem dass Catull
ziemlich jünger, als sie war, in ihr Netz zu locken und darin mehrere
Jahre lang (etwa 693—696, Schwabe, Quaest. Catull. p. 129 — 134) festzu-
halten, so dass er die glühendsten Lieder an sie richtete, auch nach Zer-
würfnissen wieder zu ihr zurückkehrte, bis ihm endlich die Augen darüber
aufgiengen dass die welche er als ein Ideal angebetet vielmehr eine ver-
ächtliche Person sei. Den Verlauf dieses Verhältnisses durch CatulFs Ge-
dichte hindurch zu verfolgen ist mehifach versucht worden; s. W. Th. Jung-
408 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte/j. 691—711.
clansseD, zur Chronologie u. s. w. (Itzehoe 1857) S. 8— IT. Schwabe, Quaest.
Catull. p. 71—129. 358 f. Ribbeck, Catullus (1863) S. 29—45. 56 f. W. Vor-
länder, de Catnlli ad Lesbiam carminibus, Bonn 1864, p. 1 — 46. B. West-
phal, CatuUs Gedichte (Breslau 1867) S. 33 — 61. 100 — 149. Gegen des
Letzteren Phantasie von erotischen Beziehungen zwischen Clodia (Lesbia)
und — Cicero s. G. F. Rettig, Catulliana I, vor dem Berner Sommerkatalog
1868. 4. p. 3 — 12. H. H. Heskamp, de C. vita, et ordine quo carmina amatoria
sunt scripta, Münster 1869. 34 pp. Vgl. Anm. 12.
4. Aufenthalt Catulls in Bithynien im Gefolge des Proprätor Memmius
(oben 200, 2) mit Helvius Cinna u. A. vom Frühling 697 bis 698, aber ohne
die erwartete Ausbeute; s. c. 10* 6 ff . 28, 7 ff . 31, 5 ff . 46. Schwabe, Quaest.
Catull. p. 158 — 174. Auf der Rückreise Besuch am Grabe seines schon
früher (vgl. 65, 1—15. 68a, 19—26. 68b, 91—100) in Troas gestorbenen
Bruders; c. 101. Schwabe 1. 1. p. 176—181.
5. Angriffe auf Caesar und Anhänger desselben. Suet. Caes. 73:
Valerium Catnllum, a quo sibi versiculis de Mamurra (c. 29 vom Ende 699,
und besonders c. 57 ; s. 0. Jahn im Hermes IL S. 240 f.) perpetua stigmata
imposita non dissimulaverat, satis facientem eadem die adhibuit cenae
(wohl Anfangs 700 in Verona) hospitioque patris eins sicut consueverat uti
perseveravit. Vgl. Tac. A. IV, 34 (oben 189, 8). Gegen Mamurra besonders
gerichtet sind ausserdem (später, nach der Versöhnung Catulls mit Caesar,
unter dem Namen Mentula) c. 94. 105. 114. 115. vgl. 42, 4. Der Hass des
Dichters scheint ursprünglich dem Mamurra gegolten zu haben und Caesar
nur in Folge seiner Verbindung mifc demselben mithereingezogen worden
zu sein. Darauf deutet, nach anfänglichem Trotze (c. 93) und halber
Wiederholung der Angriffe (54, 6 f.), des Dichters freiwilliges Entgegen-
kommen gegen Caesar (Suet. L 1.) und die Satisfaction c. 11, 10 — 12. Die
Art wie aus politischen Gründen im Kreise des Catull über Caesar ge-
sprochen werden mochte kann jenen zu solcher Uebertragung seiner An-
griffe veranlasst haben; bei Catull selber scheinen politische Beweggründe
dabei nicht die leitenden gewesen zu sein. Glaublich ist auch dass er die
Annäherung des Calvus an Caesar (s. 210, 7) vermittelte. Vgl. im Ganzen
Schwabe, Quaest. CatulL p. 182—239. Auch C. Pleitner, Catulls Gedichte
an und über Caesar und Mamurra kritisch behandelt. Speier 1849. 4.
6. Unter den Gedichten (im Ganzen 116 Stücke) sind die frühesten
wohl die Nachbildungen von alexandrinischen, vor Allem das Epos (von
408 Hexametern) welches die Hochzeitfeier des Peleus und der Thetis zum
Gegenstande hat (Nr. 64) und welches nach seiner ganzen Manier und zahl-
reichen einzelnen Spuren nahezu eine Uebersetzung sein muss (W. Hertz-
berg in der Uebersetzung von 1862, S. 130 f.), etwa nach Kallimachos
(A. Riese, Rhein. Mus. XXI. S. 498 — 509). In diesem Gedichte sind die
spondeischen Versausgänge (vgl. oben 210, 2) sowie die Alliteration be-
sonders häufig. Ebenso die Uebersetzung von EaUimachos' Elegie auf die
Locke der Königin Berenike (Nr. 66) nebst Widmung an Hortensins (Nr. 65)
und das Zwiegespräch mit einer Thüre (Nr. 67), sowie das nach einem
sapphischen übersetzte Epithalaminm (Nr. 62) und das Sendschreiben an
Manlius i\n elegischen Mass (Nr. 68 a). Wegen seines mythologischen
211. Catullus. 409
Inhaltes und seiner alterthumlichen Wortzusammensetznngen dflrfte auch
der Attis (Nr. 63) za den älteren Gedichten gehören^ obwohl er durch
seine Formvollendung und besonders die meisterhafte Handhabung des
galliambischen Masses eine hohe Eunststufe Terräth. An dem „Enkomion
an Allius" oder Mallius (Nr. 68 b) hat die Befolgung der traditionellen
heptadischen Gliederung — Prologes, Archa (lyrisch), Katatropa, Omphalos
(episch), Metakatatropa, Sphragis (lyrisch), Epiloges — nachzuweisen gesucht
.Westphal, Catulls Gedichte S. 78 ff. Die eigentlich lyrischen und die iani-
bischen Gedichte halten sich mit richtigem Tacte von allen gelehrten
Anspielungen fern und sind unmittelbare Ergüsse eines erregten Gefühls,
in Liebe oder Hass, daher auch bald von wohlthuender Wärme bald von
ätzender Bitterkeit. Der kolossale Realismus der aus so vielen spricht ist
theils römisch und republikanisch theils Ausfluss der tiefen Verstimmung
welche die schmerzlichen Erfahrungen mit Lesbia zurückgelassen hatten.
Aber glänzende Handhabung der manchf altigsten metrischen Formen haben
sie alle mit einander gemein. Zu den ansprechendsten gehört das Lied auf
die Vermählung des Manlius Torquatus (Nr. 61). Der Hymnus auf Diana
(Nr. 34) mag für einen bestimmten kirchlichen Anlass gedichtet sein.
7. Dass die Gedichte Catulls zuerst einzeln herausgegeben wurden ist
bei ihrem Inhalte selbstverständlich und wird positiv bewiesen durch die
Bückbeziehüng von c. 16, 12 auf c. 5 und 7. Andererseits wird durch die
vorausgesandte Widmung an Cornelius Nepos gewiss dass CatuU noch selbst,
bereits leidend und seinen Tod ahnend (c. 38. 52), eine Sammlung derselben
veranstaltet und veröffentlicht hat. Dass er in diese nicht alles früher
einzeln Veröffentlichte aufnahm erhellt aus dem Vorhandensein von An-
führungen aus Gedichten Catulls die sich in der. Sammlung nicht finden
(zusammengestellt z. B. in Schwabens Catull p. 169 — 172). Die Zeit der
Herausgabe muss, nach den in der Sammlung enthaltenen Zeitandoutungen
(s. A. 2), das J. 700 sein, und zwar nach Schwabe Quaest. Cat. p. 297
ungefähr die Mitte desselben, wogegen F. Büchelcr (im Greifswalder Winter-
katalog für 1868 f.- p. 16 — 17) wegen der vorausgesetzten Beziehung von
Cic. ad Q. fr. II, 13, 4 (auricula infnma molliorcm) auf Catull 25, 2 (mollior
. . imula auricilla) sie 2—3 Monate früher setzen will. Anspielung auf 62, 1
(vesper adest) bei Varro L. L. Vll, 50 (dicit Valerius, nach Schwabe).
8. Die überlieferte Ordnung der Gedichte ,_ welche ohne Zweifel von
Catull selbst herrührt, ist die dass die umfangreicheren die Mitte der
Sammlung einnehmen (c. 61 — 68) und von den kleineren umschlossen sind,
indem vorausgehen die iambischen und in melischen Massen gehaltenen
Gedichte (Hendekasyllaben, Choliamben, sapphische Strophen u. s. w.), nach-
folgen die im elegischen Masse (Epigramme), zu welchen c. 65—68 ebenso
den ücbergang bilden wie vom ersten zum zweiten Theile c. 61. Im ersten
Theile selbst ist das Princip der Abwechslung befolgt, indem je die inhaltlich
zusammengehörenden oder verwandten Gedichte durch heterogene getrennt
sind; die des zweiten Theiles stehen in metrischer und sachlicher Ordnung
(Westphal, C/itulls Gedichte S. 1—12). Im dritten Theile herrscht ein
Durcheinander welches zuerst von Scaliger bemerkt, dann von Lachmann
und einleuchtender von Bergk (Rhein. Mus. XV. S. 507—513) und Westphal
410 CiceroniBche Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711. '
(a. a. 0. B. 12 — 32), nämlich durch Blattversetzung (indem der librarius
der Urhandschrift fol. c vor fol. b abschrieb), erklärt worden ist. Nach
Beseitigung dieser Verwirrung ergibt sich auch im dritten Theile eine
dem ersten ähnliche Ordnung (Westphal S. 23 f.).
9. Sämmtliche Handschriften der catullischen Gedichte gehen auf
einen archetypus zurück welcher längst verloren gegangen ist. Aus ihm
wurde einerseits in Frankreich für eine zwischen dem 7. und 9. Jahrh.
veranstaltete Blumenlese CatuU c. 62 abgeschrieben. Diese Anthologie
existiert noch in zwei unvollständigen Abschriften, Par. 8071 (= liber
Thuaneus, saec. IX— X) und Vindob. 277, von denen nur die erste Catuir
c. 62 enthält. Andererseits wurde aus dem archetypus spätestens in der
ersten Hälfte des 10. Jahrh. eine Abschrift sämmtlicher catullischen Ge-
dichte gemacht welche der Bischof von Verona, EAther, J. 966 aus der
dortigen Capitelsbibliothek benützte und welche schwer leserlich war
(exemplar corruptissimum). Dieser codex Veronensis blieb dann lange ver-
schollen und wurde erst zu Anfang des 14. Jahrh. wieder aufgefunden,
benützt (z. B. von Petrarca) und, aber erst 40 Jahre nachher, abgeschrieben.
Später gieng er wieder verloren. Die älteste und beste Handschrift und
die einzige erweislich direct aus dem cod. Veronensis gemachte ist der
Sangermanensis (St. Germain, jetzt in Paris, G bei Rossbach und Schwabe)
vom J. 1375. , Bei den ungefähr 70 anderen Hdss. die es gibt ist nicht
klargestellt durch wie viele und welche Mittelglieder sie mit dem cod.
Veron. zusammenhängen. Die nächstbesten Hdss. sind der Colbertinus (saec.
XV, in Paris, C bei Schwabe), Santenianus oder Laurentianus (saec. XV,
in Berlin, L); weiterhin Datanus (vom J. 1463, in Berlin, D), aber stark
interpoliert, und Hamburgensis (H), der wenig interpoliert ist, aber von
Schreibfehlem winmielt. M. Haupt, Quaest. Catull. (1837) p. 2—9; Berichte
d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1849, S. 2ö6fif. Th. Heyse, Catull übers. (1865)
S. 279 — 282. L. Schwabe, in den Verhandl. der Meissner Philologenvers.
(Leipzig 1864) S. 111 — 120, im Dorpater Eatal. 1865. 4. und vor seiner
Ausgabe (1866) p. I— XXXUL Vgl. Philologus XXIV., S. 361—354. Auch
vgl. Th. Bergk, Rhein. Mus. XV. S. 670—573. W. Fröhner, Philologus
XIV. S. 568 — 585. A. Rossbach, codicum Cat. quos Silligius descripsit col-
lationes, Breslau 1859. 4.
10. Ausgaben (meist zusammen mit Tibull und Propertius). Ed. prin-
ceps s. 1. 1472. 4. Parm. 1473. 4. Interpolierte Ausgaben (bes. von Avan-
cius und Guarinus) von ed. Regiensis 1481 fol.- an. Cum comm. Mureti,
Ven. 1554. Cum comm. Achillis Statu, Ven. 1666. Cum castigationibus
los. Scaligeri, Pai-. 1577, Antv. 1682, Heidelb. 1600. Cum comm. Is. Vossii
(London 1684. 4.), I. A. Vulpii (Patav. 1710. 1737. 4.). Cum perp. adn. F.
W. Döring, Lips. 1788—1792; Altenb. 1834. Recogn. c. var. lect. I. Sillig,
Gotting. 1823. Ex rec. C. Lachmanni, Berol. 1829; ed. alt. 1861. Recogn.
A. Rossbach, Lips., Teubner, 1864; ed. IL 1860. Recogn. L. Schwabe,
Gissae 1866. Recogn., app. criticum, prolegomena, appendices adiecit R.
Ellis, Lond. 1867. Texte von M. Haupt (Lips. 1853. 1861. 1868), L. Müller
(Lips. Teubner. 1870).
11. Uebersetzt von K. Schwenck (Frankfurt 1829. 1846), Th. Heyse
211. CatuUus. 411
(mit lat. Text, Berlin 1856), W. Hertzberg und W. Teuffei (Auswahl in den
Class. d. Alt., Stuttgart, Metzler 1865; vollständiger in den röm. Dichtem,
ebds. 1862, mit Einl. u. Anm.), Th. Stromberg (in Reimen, Leipzig 1858),
Fr. Pressel (Stuttgart,. Hoffmann, 1860), R. Westphal (C/s Gedichte in
ihrem geschichtlichen Zusammenhange übersetzt und erläutert, Breslau
1867). Schaffrath, Einiges über Catull und dessen Uebersetzer, Bedburg
•1864. 4.
12. Abhandlungen allgemeinen und sachlichen Inhalts. F. Jacobs
in den Nachträgen zu Sulzer 1. S. 158—171. C. Zell, Ferienschriften I.
S. 125—143 (C.'s Liebe). C. G. Heibig, deutsche Jahrbücher 1842. S. 1213
— 1219 (zur Charakteristik des C). J. v. G. Fröhlich, über die Anordnung
der Gedichte d. C, Abhandl. der Münchner Akad. Cl. I. Bd. HL 1843. S.
689 — 716. W. Th. Jungclaussen, zur Chronologie der Gedichte des C,
Itzehoe 1857. 4. L. Schwabe^ Quaest. Catullianarum über I, Gissae 1862.
366 pp. (Vol. I, 1 seiner Ausgabe). E. Brunär, de ordine et temporibus car-
minum C, Acta soc. sc. Fennicae, VII (Helßingfors 1863). p. 599 — 657.
0. Ribbeck, C. Val. Cat., eine literarhistorische Skizze, Kiel 1863. B. Rich-
ter, de CatuUi vita et carminibus P. I, Freiburg 1865. 4. Nobbe, de metris
C, Lips. 1820. 1821. 4. M. Haupt, CatuUus qua arte poetas expresserit
alexandrinos, Berlin 1855. 4. 0. Franke, de artificiosa carminum C. com-
positione, Greifswald und Berlin 1866. Mommsen, R. G. IIP. S. 536 f. 554 ff..
W. Teuffei vor der Uebersetzung (1862) S. 6—19. H. H. Heskamp, de C.
vita etc. (A. 3). De metris CatuUi in L. MüUer's Ausg. p. LIX— LXXVIII.
13. Beiträge zur Kritik und Erklärung. G. V. A. Pfeiffer, Symbolae
C, Gotting. 1834. M. Haupt, Quaestiones C. (Lips. 1837); Observationes
criticae (Lips. 1841) und de ndnnuUis C. carm., BeroL 1857. 4. F. Hand,
Obser\'atione8 criticae (Jena 1848. 4.) und Quaest. G. (Jena 1849. 4.). J. v.
G. Fröhlich, Vorschläge zur Berichtigung des Textes^ Münchner Abhh.
a. a. 0. V. S. 233—275 (München 1849), und Ueber einige Gedichte, ebds.
VI. S. 257—279. F. Ritschi, Emend. C. trias, Bonn 1857. 4. R. Klotz,
Emend. C, Lips. 1859. 4. J. Pohl, Lectiones C. I., Euskirchen (Münster)
1860. 8. II. Sigmaringen 1866. 4, P. Böhme, Quaest. C, Bonn 1862. Th. Bergk,
Emend. C, Halle 1864. 4. L. Schwabe, Coniecturae C, Dorpat 1864. 4.
H. A. Koch, in der Symbola phü. Bonn. p. 315 — 320. G. F. Rettig,
Catulliana II, Bern 1870. 17 pp. 4. J. Mähly in Fleckeisen's Jahrbb. 103,
S. 341—367.
14. Zu einzelnen Gedichten. F. Hand, c. LV restit., Jena 1848. 4. C.
Pleitner, des C. Hochzeitgesänge, DiUingen 1858. 104 S. 4. Zu c. 64 (Epi-
thal. Pelei et Thet.) spicileg. animadv. von Com. Müller (Hamburg 1836. 4.),
M. Haupt, Berlin 1855. 4. p. 7—13), F. Ritschi (de nonnulüs locis, Bonn
1857. 4.), E. Fritze (recens. ill., Halberstadt 1863. 4.). A. Weise, zur Kritik
von C. c. 68, 65, 101., Naumburg 1863. 4.; krit. u. erkl. Bemerk, zu c. 68,
Zeitz 1869.
212. Neben dem dass die in einer Angelegenheit gehalte-202
nen Reden^ deren VeröflFentlichung immer häufiger wurde, einen
reichen Stoff räsonnierender Tagesliteratur darstellten; bekämpften
412 Ciceronische Zeit. Zweite Hälfte, J. 691—711.
sich die gegenüberstehenden Parteien auch noch mit eigenen
Flugschriften. Gegen Caesar schrieben solche M. Varro, C. Scri-
bonius Curio und A. Caecina. Andere benützten Tagesereignisse
zum Aussprechen oder Andeuten ihrer Parteiansichten. Dazu
diente namentlich die Form von Leichenreden (laudationes) auf
einen kürzlich Gestorbenen. So rief Cato's Tod in Utica eine
ganze Literatur ins Leben. Zu seinem Lobe schrieben Cicero,
M. Brutus^ M. Fadius Gallus und Munatius; dagegen A. Hirtius,
Caesar selbst, Metellus Scipio und später Augustus. Ebenso
wurde Cato's Tochter, Porcia, bei ihrem Tode der Gegenstand
von laudationes des M. Varro, Lollius und Cicero. Manche
bedienten sich auch der gebundenen Form (Epigramme und
Pasquille).
1. üeber Varro's Tgindgavog vom J. 694 8. oben 164, 3. Gurions Schrift
vom J. 695 8. oben 150, 6. A. Caecina b. oben 196, 13. üeber die poeti-
schen Angriife auf Caesar s. oben 209, 10. 210, 7. 211, 5.
2. üeber die Schriften aus Anläse von Cato's Tod (J. 708) s. Wart-
raann, Leben des Cato von ütica (Zürich 1858) S. 145 ff. üeber Cicero's
Cato oben 177, 6. Zu dessen Ergänzung verfasste M. Brutus seine Schrift;
8. oben 209^ 2. Des Hirtius Anticato s. oben 194, 2; über den des Caesar
192, 7. Die Lobschrift des M. Fadius Gallus erschien wahrscheinlich im
Juli oder August 709; s. Cic. ad fam. VII, 24 extr. vgl. 25, 1. Cato's
Freund Munatius avyyQafVfia nsgl Kdtcavog i^söoDUSj Plut. Cat. min. 37
vgl. 25. Dagegen Metellus Scipio hatte schon bei Cato's Lebzeiten ein
ßvßXiov herausgegeben ßXaatprjfUttg Ttatsxov tov Kdzmvog, ib. 57. üeber
Augustes Schrift s. Sucton. Aug. 85: multa varii generis prosa oratione com-
posuit, ex quibus nonnulla in coetu familiarium velut in auditorio recitavit,
sicut Kescripta Bruto de Catone, quae volunüna cum iam senior ex magna
parte legisset, fatigatus Tiberio tradidit perlegenda.
3. Porcia, Tochter des Cato üticensis und Gemahlin des M. Brutus.
Ihr Kranksein erwähnt Brutus ad Cic. I, 17, 7; und als sie in Abwesenheit
ihres Gatten sich entschlossen hatte ^ta voaov TutraXinsiv tov ßCov (Flut.
Brut. 53) machte Brutus seinen Freunden in Rom Vorwürfe dass sie es
nicht verhindert haben {atg dfislrfi'eicrjg in avrc5v, Plut. 1. 1.). Trost-
schreiben Cicero's an Brutus ad Brut. I, 9. Die Darstellung als ob sie erst
nach dem Tode ihres Gatten sich (mittelst feuriger Kohlen die sie schluckte)
den Tod gegeben hätte ist eine Erfindung der Ehetorenschulen. Cic. ad
Att. XIII, 48, 2 (J. 709): laudationem Porciae tibi misi corrcctam. . . et
velim M. Varronis et Lollii mittas laudationem. LoUii utique; nam illam
legi; volo tamen regustare.
4. Epigramme auf Zeitereignisse s. oben 31, 2. lamben 33, 2. Tro-
chäen (vgl. oben 11, 3), z.B. (auf den Tod des Crassus): postquam Crassus
carbo factust^ Carbo (oder carbo) crassus factus est (Eichcnfeld und End-
212 f. Tagealitcratnr. Acta scnatus. 413
lieber, Anal. Yindob.)- Cic. ad Q. fr. II, 8, 2 (J. 699): cum omnia raaledicta,
Tcrsas denique obeceniseimi in Clodium et Clodiam dicerentur.
213. Die Tagesneuigkeiten wurden seit J. 695 d. St. regel-203
massig veröffentlicht in den acta^ und zwar die Senatsprotokolle
in den acta senatus, die öffentlichen und privaten Vorkommnisse
in den acta populi oder acta diurna. Letztere waren ein amt-
liches Tageblatt, unttr einem amtlichen Redactear, wurden jeden
Tag öffentlich aufgestellt, von Unternehmern abgeschrieben und
versandt. Echte Ueberreste von letzteren acta sind nicht auf
uns gekommen.
1. Sucton. Caes: 20: inito bonore (des Consulats, J. G95 =» 59 v. Chr.)
primae omcium instituit ut tarn senatus qaam populi diurna acta confierent
et publicarentur. An sich bezeichnet acta das Geschehene oder Verhan-
delte selbst, insbesondere Amtshandlungen der Behörden, dann, als abge-
kürzter Ausdruck (statt commentarii actorum), die Aufzeichnung jener Ge-
genstände. Von den Verhandlungen des Senats waren vor Caesar nur die
Beschlüsse regelmässig protokolliert und in geeigneten Fällen veröffentlicht
woi'den; Caesar dehnte die Aufzeichnung und Veröffentlichung auch auf
die Verhandlungen aus. Die Aufzeichnung (Protokollierung) bestand dann
die ganze Kaiserzeit hindurch fort (noch yom J. 438 n. Chr. haben wir
gesta in senatu urbis Romae de recipiendo codice Theodosiano) , aber die
Veröffentlichung untersagte schon August (Suet. Aug. 36: auctor et aliarmn
remm fuit, in quis, ne acta senatus publicarentur). Gegenstand dieser
Protokolle waren ausser den gefassten Beschlüssen auch die im Senat ge-
stellten Anträge, die eingelaufenen Berichte und Schreiben, in der Kaiser-
zeit besonders auch die durch den Quästor vorgetragenen Reden der Kaiser
und die Acclamationen der Senatsmitglieder. Die Abfassung des Protokolls
besorgten zuerst vom Consul, dann vom Kaiser damit beauftragte Senato-
ren; später der curator actorum senatus, von Hadrian an der ab actis
senatus, welches Amt gewöhnlich die Mittelstufe zwischen der Quästur
und der Aedilität (beziehungsweise dem Tribunat) bildete. Aufbewahrt
wurden diese acta senatus theils im Reichsarchiv (tabularinm), wo sie
wohl nur Senatsmitgliedern (und für bestimmte Zwecke) zugänglich waren,
theils in besonderen Abtheilungen der öffentlichen Bibliotheken, zu welchen
man nur auf ausdrückliche Erlaubniss des praefectus urbis Zutritt erhielt.
Manche Verhandlungen des Senats fanden aber auch in die acta populi
Aufnahme und wurden dadurch allgemein zugänglich. E. Hübner, in Fleck-
eisens Jahrbüchern Suppl. III. p. 564—594, und in Kürze W. Rein in
Paulj's Real-Enc. I, 1. S. 132 f. 147 f. Verzeichniss der uns bekannten
Senatsbeschlüsse (senatus consulta) bei Rein a. a. 0. VI, 1. S. 1033 f. und
bei Hübner l. 1. p. 622—627.
2. Die acta diurna populi heissen auch acta diurna oder acta populi
rom. oder acta populi oder acta publica, acta urbana, rerum nrbanarnm
acta, acta urbis, diurna populi rom., oder diurna (z. B. luv. VI, 483) oder
acta (z. ß. luv. II, 136) schlechtweg; bei den gi'iechischen Schriftstellern
414 Ciceronische Zeii. Zweite Hälfte, J. 691—711.
tä xoiva vnofivrifi4xta oder vnofi.viifiatcc kurzweg. Mittheilung der Neuig-
keiten aus Born an Abwesende war vor Caesar Sache der Privatth&tigkeit
gewesen, und diese erlosch auch nach Caesars Einrichtung nicht; durch
Caesar aber wurde die Zusammenstellung und Veröffentlichung der Nach-
richten eine regelmässige und amtliche. Die Vorkehrung entsprach so sehr
einem dringenden Bedürfnisse nicht nur der verreisten Römer sondern
auch der Bewohner der Weltstadt selbst und der sonstigen Angehörigen
des Reichs- dass sie ohne Unterbrechung fortbestand und wohl erst als sie
mit Verlegung der kaiserlichen Residenz nach Constantinopel ihre Bedeu-
tung einbüsste allmählich aufhörte. Der Inhalt dieser acta war theils ein
amtlicher (Vorgänge in der kaiserlichen Familie, Verordnungen der Kaiser
und der Behörden, Beschlüsse oder auch Verhandlungen des Senats und
sonstige Vorfälle welche man zur allgemeinen Eenntniss bringen wollte),
theils ein privater, bestehend aus Familiennachrichten aller Art, Anzeigen
von Geburten, Heiraten, Ehescheidungen, Todesfällen u. dgl. welche man
an die Redaction eingesandt hatte, oft in subjectiver Fassung („der tief-
gebeugte Gatte", saucius pectus, Quintil. IX, 3, 17). Die Anzeige der Ge-
burten erfolgte bei dem praefectus aerarii und wurde von M. Antoninus
Philosophus sogar gesetzlich vorgeschrieben. Vom praefectus aerarii wird
die Mittheilung an den Redacteur der acta erfolgt sein, theils statistisch
in blosen Summen, theils unter Hervorhebung einzelner Fälle aus bekann-
teren Familien, wofern letztere Anzeige (in den acta) nicht den Familien
selbst überlassen war. Die offizielle Zusammenstellung wurde in albo ver-
öffentlicht^ und wie man früher von den annales sich Abschriften gemacht
hatte (oben 74) so wurden jetzt diese acta durch zahlreiche scribae ver-
vielfältigt und an ihre Abonnenten versandt. Nach Verfluss einiger Zeit
kam das Original in das Staatsarchiv und konnte dort für schriftsteller-
ische Zwecke benützt werden. Auszüge daraus waren die Acta Muciani
und Acholii. In den Privatbibliotheken werden die acta bei ihrer Mas-
senhaftigkeit nicht leicht vollständig gewesen sein; vielleicht wurden sie
von Anfang schon in blosen Auszügen bezogen. Vgl. E. Hübner a. a. 0.
p. 594—622 und im Auszuge bei Rein a. a. 0. S. 134 — 137.
3. Sonstige Literatur über die acta senatus und die acta populi. J.
Lipsius im Excurs A zu Tac. Ann. V. F. C. Schlosser, in seinem und Bercht's
Archiv für Geschichte I (Frankfurt 1830), S. 80—106. R. E. Prutz, de fon-
tibus quos in conscribendis rebus inde a Tiberio usque ad mortem Ne-
ronis gestis auctores veteres secuti videantur (Halle 1838) p. 14 — 21. V.
Leclerc, des joumaux chez les Romains, Paris 1838. W. A. Schmidt, in
seiner Zeitschr. für Geschichtswiss. I (1844) S. 303 — 365. G. E. F. Lieber-
kühn, de diumis Rom. actis (Weimar 1840) und Epistola critica ad Le-
Clercium (Lips. 1844). J. W. A. Renssen, de diumis aliisque Rom. actis,
Groningen 1867. C, Zell, Ferienschriften N. F. I (Heidelberg 1857) S. 1—108.
4. Ein Fabricat des 15. Jahrh. sind die elf Fragmente von acta populi
welche zuerst Pighius (1615) in seinen Annales U. p. 378 veröffentlicht hat
und die nach ihrem Hauptverfechter, Dodwell (Praelect. acad., Oxon. 1692,
p. 665 — 691), gewöhnlich fragmenta Dodwelliana genannt werden. Gegen
deren Echtheit s. besonders P. Wesseling, Probabilia (Franeker 1731)
213 ff. Acta populi. Briefe. Inschriften. 415
p. 354—385, und J. A. Ernesti im ersten Excurs seiner Ausgabe des Sueton
(Lips. 1748). Dagegen yersuchte Lieberkühn (bes. in seinen Vindiciae libro-
rum ininria suspectorum, Lips. 1844, p, 1 — 100 =* Epi^tola . . ad Le Cler-
cium) die Echtheit zu vertheidigen , gegen welchen s. H. Heinze, de spuriis
actorum diumorum fragmentis I, Greifswald 1860. Vgl. C. Zell a. a. 0.
S. 109—150.
214. Eine Mittelstellung zwischen der rasonnierenden und 204
der blos berichtenden Tagesliteratur nehmen die Briefe ein,
deren wir aus dieser Zeit in den ciceronischen Sammlungen
eine grosse Anzahl besitzen, meist von Cicero selbst, aber auch
von nicht wenigen Zeitgenossen. #
1. Ueber die Briefe s. oben 45; über die Caesars s. oben 192, 8; über
die von M. Brutus oben 209, 4.
2. Ueber die ciceronischen Briefsammlungen s. oben 180 und 181.
Ausser den Briefen von Cicero selbst sind darin enthalten Briefe von seinem
Bruder Quintus (oben 187, 3), von seinem Sohne (ad fam. XYI, 21. 25),
M. Brutus (oben 181, 4. vgl. 209, 4), Ser. Sulpicius (fam. IV, 5. 12)y Mar-
cellus (ib. IV, 11), Q. Metellus Celer (oben 211^ 3), Q. Metellus Nepos (ad
fam. V, 3), Vatinius (ib. V, 9. 10), L. Lucceius (V, 14), A. Caecina (oben
196, 13), A. Pompeius Bithynicus (fam. VI, 16), M\ Curius (fam. VII, 29),
M. Caelius Bufus (oben 206, 6), Dolabella (fam. IX, 9), Munatius Plauens
(pben 206, 8), Ser. Sulpicius Galba (fam. X, SO), C. Asinius Pollio (fam. X,
31. 32. 33), Lepidus (fam. X, 34. 85), p. Brutus (oben 209, 5), C. Matius
(oben 205, 5), C. Cassius (oben 209 ^ 6), Cassius Parmensis (oben 209, 7),
P. Lentulus (fam. XII, 14. 16), C. Trebonius (oben 209, 9), M. Cato (oben
19$, 2). Dazu als Beilagen zu Briefen an Atticus Briefe des Cn. Pompeius
(oben 168, 6), Caesar (oben 192, 8), Baibus (oben 194, 2), M. Antonius
(eben 206, 3).
215. Von den Inschriften aus den Jahren 670 bis 710 d. St.20ö
hat keine mehr das satumische Mass. Unter den prosaischen
sind die wichtigsten die lex Cornelia de XX quaestoribus vom
J. 673, das Senatusconsultum de Asclepiade, Polystrato, Me-
nisco in amicorum formulam referendis vom J. 676 , die lex
Antonia de Termessibus, ungefähr vom J. 683, die lex Rubria
de civitate Gralliae cisalpinae um 705, und die lex lulia muni-
cipalis vom J. 709 d. St.
1. Die metrischen Inschriften aus dem siebenten Jahrh. d. St., ohne
genaueres Datum, s. oben 136.
2. Die lex Cornelia des Dictators Sulla, ungefähr aus J. 673 (vgl. Tac.
A. XI, 22), erstmals gedruckt 1660; bei Ritschi, P. L. M. E. XXIX, C. I.
lat. I, 202. p. 108 — 110. Die Erztafel, ausgegraben unter den Trümmern
des Saturnustempels zu Rom, trägt am Rande die Ueberschrift YIII de XX
q(uae8toribu8) und ist der Theil eines grösseren Ganzen.
416 Ciceronischo Zeit. Zweite Hälfte, J. 691 — 711.
3. Das SC. wodurch Asclepiades Philini f. Clazomenios , Poljstratus
Polyarci f. Carystius, Meniscus Irenaei f. Milesius für viri boni et ameici
erklärt werden ist in lateinischer und griechischer Sprache abgefasst und
steht bei Ritschi Tf. XXX', im C. L lat. I, 203. p. 110—113.
4. Die lex Antonia des Yolkstribonen C. Antonius M. f. u. a. bestätigt
die Autonomie der Stadt Termessus maior in Pisidien; bei Kitschi Tf. XXXI,
im C. I. lat. I, 204. p. 114 f.
5. Die lex Eubria, gefunden J. 1760 in Veleia, vielfach commentiert,
zuletzt von Th. Mommsen in Bekkers und Muthers Jahrb. des deutschen
Rechts, IL S. 319 — 334, herausgegeben von Ritschi, legis Rubriae pars
superstes (Berlin 1851. 4.), und in P. L. M. E. Tf. XXXII; C. I. lat. I, 205.
p. 115—119. . •
6. Die lex lulia municipalis des Caesar (nach ihrem Fundort im J. 1732 f.
auch tabulae Heracleenses genannt), zur Ordnung der Rechtsverhältnisse
der Municipien, ursprünglich griechisch, zwei Tafeln aber mit lateinischer
Uebersetzung auf der Rückseite. Dieser lateinische Text bei Ritschi P. L.
M. E. Tf. XXXni und XXXIV, im C. I. lat. I, 206. p. 119 — 125. Haupt-
schrift darüber von Savigny, Vermischte Schriften III. S. 279 — 412. Eine
lex municipalis enthält auch die der augusteischen Zeit angehörige lamina
Tudertina und die lamina Florentina; s. C. I. lat. I. p. 263.
7. Erwähnung der rogatio Hirtia (vom J. 708?) auf der Erztafel C. I.
lat. I, 627 f. p. 184.
8. Von den datierten Inschriften aus dem J. 670—710 d. St. (C. I. lat. I,
573 — 626) sind besonders erwähnenswerth die aus der sullanischen Zeit
(Nr. 584 — 586 und 587 — 589 vom populus Laodicensis af Lyco, populus
Ephesius und Avklcdv to noivov), wie der Meilenstein des M. Terentius
Varro Lucullns (Pauly's Real-Enc. IV. S. 1074 f. Nr. 9), Nr. 583; die cam-
panische Weihinschrift (Nr. 573) worauf in servora lunonis Gaurae contu-
Icrunt (J. 683), und die aus Furfo (Nr. 603 vom J. 696), letztere wegen
ihres incorrecten Latein.
9. Bleierne Schleudergeschosse (glandes) mit Inschriften aus der Be-
lagerung von Asculum (J. 664 f.) im C. I. lat. I, 644—680, p. 189—192;
eine glans Mundensis (J. 709) ib. p. 192; aus der Belagerung von Pemsia
(J. 713 f.) ib. 682—705, p. 192 — 194, letztere theilweise mit derben Soldaten-
witzen, wie pete culum Octaviani; L. Antoni calve, Fulvia, culum pandite;
L. Antoni calve, peristi C. Caesarus victoria; esureis et me celas. -G. Eroli,
Bull, deir inst. arch. 1871, 4.
10. Datiei'te tesserae gladiatoriae aus den Jahren 669 bis 710 im C. I.
lat. I, 717—738, sowie aus 721—827 d. St. ib. 739 — 774. 776»».
11. Ziegel mit Jahresangabe aus Municipien (Veleja) von den Jahren
678 biß 743 d. St. im C. L lat. L p. 202 f.
12. Verwünschungen (devotiones) aus republikanischer Zeit im C. I.
lat. I, 818 — 820, p. 208 f. vgl. Hermes IV. S. 282 f.
13. Grabschrift des L. Manneius Q. (libertus) medicus, q>vai%6g olvo-
dozriq nach der Methode des Asklepiades aus Prusa (W. Teuffei in Pauly'a
215 f. Inscbnften. Augusteische 2eit. 417
Real-Enc. I, 2. S. 1845, Nr. 13), also wohl aus der Zeit des Pompejus, C. I.
lat. I, 1256.
14. Scherzhafte Wandinschrift aus Pompeji: üruannia pereit de ta-
berna. sei quis eam retulerit dabuntur etc. im C. I. lat. I, 1254. p. 249.
Eine andere ebendaher mit dem genauen Datum: C. Pumidius Dipilus
heic fuit a. d. V. nonas Octobreis M. Lepid. Q. Catul. cos. (J. 676), ib.
I, 590.
B. Die augusteische Zeit.
J. 711 — 767 d. St.
216. Mit der Schlacht bei Actium und dem Tode des M.206
Antonius war das Jahrhundert der' Bürgerkriege geschlossen:
Octavian war unbestrittener Alleinherrscher. Aber klug und
vorsichtig die Klippe meidend an der sein grosser Vorgänger
gescheitert war brach Octavian nicht offen mit der republika-
nischen Vergangenheit; er liess ihre Einrichtungen äusserlich
fortbestehen ; aber machte sie allmählich alle zu Werkzeugen
seiner Herrschaft. So hat die augusteische Zeit eine Doppel-
stellung: sie umschliesst die Zersetzung des Alten und die Bil-
dung eines Neuen^ das Absterben der Republik und das Werden
und Wachsen der Monarchie. In den bedeutendsten Männern
des Zeitalters tritt diese Doppelstellung klar zu Tage: Asinius
PoUio^ Meissala^ Horaz haben unter der Republik gekämpft und
eine Rolle gespielt, und Vergil hat In seiner Jugend eine Weile
in Catuirs Weise gedichtet. Im (ranzen aber hatte das Schicksal
dem Octavian seine Aufgabe wesentlich erleichtert. Furchtbar
hatte der Tod aufgeräumt unter den Gegnern der Monarchie,
und die noch lebten waren kraftlos, entmutigt, ohne Rückhalt
im Volke, das der ewigen Kämpfe satt war. Andere führte
Kleopatra's unwürdige Herrschaft über M. Antonius in das Lager
Octavians; so den M. Messala, Cn. Domitius Ahenobarbus (Cos.
722), L. Sempronius Atratinus (Cos. 720).^) So machte denn
einer um den andern seinen Frieden mit der neuen Gestaltung
der Dinge.*) Am unfügsamsten zeigten sich die Juristen Cas-
') Auch Horaz vermittelte sich hierdurch die politische Schwenkung
welche thatBächlich durch sein Yerhältniss zu Maecenas bedingt war; vgl.
Epo. 9. 0. I, 37. Von Vergü vgl. Aen. VRI, 688.
^ Sen. de dem. I, 10, 1 von August: Sallustium et Cocceios et Deillios
et totam cohortem primae admissionis ex adversariorum caBtris conscripsit.
iam DomiÜOB, Messalas, Aainios, Cicerones, et quidquid floris in civitate
erat, clementiae suae debebat.
Tximvii, BOm. Literaturgefchichte. 2. Attfl, 27
418 Augußteiftcho Zeit. J. 711—767 d. St.
cellius und Labeo: sie schadeten wenig, und man Hess sie ge-
währen; nur begünstigte man ihnen gegenüber den geschmeidi-
gen Atejus Capito. Asinius PoUio verschmerzte vielleicht niemals
die Bedeutungslosigkeit zu der ihn die Monarchie verdammt
hatte; aber sein Mut reichte nur zu Nadelstichen. Auch Horaz
blieb von dem Herrscher lange in scheuer Entfernung; aber er
versöhnte sich allmählich aufrichtig. Von Anfang an für den
Erben Caesars sympathisch gestimmt waren Matius, Trebatius
Testa, L. Varius, sowie Vitruvius; politisch harmlos Publilius
Syrus, Ticidas und Vergil. Vor dem Erfolg beugte sich alsbald
Munatius Plauens. Je länger die Monarchie bestand und über
Belohnungen und Strafen frei verfügte, desto mehr strömte es
ihr zu: es war zuletzt ein wahrer Wetteifer in Kriecherei.*)
Charaktere wie Labeo und Labienus galten bald für Sonder-
linge, die man nicht begriiBF oder gar belachte. Die offizielle
Heuchelei, die alten Formen und Namen fortbestehen zu lassen
auch nachdem der Inhalt ein entgegengesetzter geworden, ver-
breitete einen Geist der Unwahrheit über die höheren Stände
und die Literatur, welcher noch gesteigert wurde durch das
Aufkommen der windigen Declamation. Eine andere Wirkung
jener offiziellen Heuchelei ist dass der thatsächliche Herrscher
um so empfindlicher wird gegen deren Aufdeckung und um so
mehr alle Mittel anspannt 'um das Alte vergessen zu machen^
das Neue zu befestigen. Die Literatur wird dadurch theils ein-
geengt theils zum instrumentum regni herabgewürdigt
Am meisten leidet unter diesen Verhältnissen die Beredt-
* samkeit. Hatte sie schon unter Caesar Hemmungen erfahren,
so werden diese jetzt dauernd und immer stärker. Das öffent-
liche Leben erlischt, die politische Arbeit geht in die Hände
des Herrschers über, die Volksversammlungen werden immer
seltener und bedeutungsloser, die Gerichte immer abhängiger
und technischer. Für die Redner bleiben zuletzt nur die Ver-
handlungen im Senat und die Civilprocesse vor den^ Centum-
viralgericht, und jene sind durch die Anwesenheit des Herr-
*) Tac. A. I, 2 von August: ubi militem donis, populum annona, cun-
ctos dulcedine otii pellexit, ineurgere paulatim, munia senatus, magistra-
tuam, legum in se trahere, nnllo adversante^ cum ferocissimi per acies aut
proscriptione cecidissent, ceteri nobilium, quanto quis servitio promptior,
opibuB et honoribus extoUerentur ac novis ex rebus aucti tuta et praesentia
quam vetera et periculosa mallent.
2 Iß. Charakteristik und Ueberaicht. 419
Sehers und den Knechtssinn der grossen Mehrlieit der Mitglieder
in Schranken gehalten^ oft auch kurzweg durcli Rescripte und
mündliche Vorträge des Fürsten abgeschnitten^ während des
Centumviralgericht« schmale Competenz durch die wachsende des
praefectus urbi Einbiisse erleidet. So schwindet den noch aus
der Republik überkommenen Rednern Asinius PoUio und M. Mes-
sala immer mehr der Boden; wer nicht verstummen will muss
sich der neuen Art fügen ^ dem kunstvollen Reden ohne ernsten
Zweck und Inhalt^ der Declamation.^)
Auch das andere Gebiet welches in den Zeiten der Repu-
blik zu hoher Blüte gelangt war, die Geschichtschreibung,
empfand schmerzlich die veränderten Umstände.^) Anfangs zwar
findet M. Brutus in Memofren von Freunden, wie Messala und
Volumnius, offene Vertheidiger; aber nach Actium fand Asinius
PoUio bald gerathener sein Werk über die Bürgerkriege un-
vollendet zu lassen. Die Geschichte der Gegenwart sah sich
gehindert durch das Aufhören der Oeffentlichkeit; den Verschluss
der amtlichen Acten.') Noch mehr minderte sich die Möglichkeit
über die handelnden Personen rückhaltslos zu urteilen. Mochte
man daher nicht in dynastischem Sinne Geschichte schreiben,
so musste man sich abgelegenen neutralen Gebieten zuwenden,
wie Pompejus Trogus, Penestella und L. Arruntius, oder »o ge-
mütlich phantasievoll zu schreiben wissen wie T. Livius. Desto
einladender wurde die G^schichtschreibung für die Griechen.
Durch ihre Nationalität den politischen Verwicklungen entrückt,
durch die Sprache in der sie schrieben von der Einwirkung auf
die Menge ausgeschlossen, überdiess mit grosser Leichtigkeit den
Verhältnissen sich anbequemend und sie für sich verwerthend,
fanden sie in Rom ein reiches Feld für schriftstellerische Wirk-
samkeit: ausser Timagenes und Nikolaos aus Damaskos schrieben
*), Vgl. oben 44 mit Anm. 1.
^ Vgl. oben 39, 1. Sen. III. p. 437 Hse: ab initio bellorum civilium,
nnde primum yeritaa retro abiit. 8net. Claud. 41: historiam in adulesceu-
tia, hortante T. Livio, . . scribere adgressus est . . coepitque a pace civili,
cum aentiret neque libere neque vere sibi de superioribus tradendi potes-
tatem relictam, correptus saepe et a matre (Antonia) et ab ayia (Octavia).
Sehr einzuschränken ist daher Sen. Controv. IL p. 155, 9 f.: tanta sub
divo Augusto libertas foit ut praepotenti tunc M. Agrippae non defiu^rint
^qui ignobilit|item exprobrarent.
*) Vgl. oben 213, 1.
27*
420 Augusteische Zeit; J. 711—767 d. St.
unter August und zum Theil in Rom auch Diodor, Dionysios
aus Halikamass^ Strabon^ Juba^ Parthenios, Didymos Chalken-
teros u. A., sowie die Bhetoren Caecilius aus Kaie Akte^ Her-
magoraS; Apollodoros und dessen Schüler Moschos^ Areios^ Era-
ton^ Lesbonax, Athenodoros und der Dichter Erinagoras.
Die Jurisprudenz wusste August an das monarchische
Interesse zu ketten^ indem er das Ertheilen von Rechtsgutach-
ten, das bisher einzig auf dem Vertrauen der Befrager beruhte,
von der Genehmigung des Fürsten abhängig machte^) und zu-
gleich diesen Rechtsaussprüchen eine Bedeutung verlieh durch
welche sie an die Stelle des früheren prätorischen Edictes tra-
ten. ^) So privilegiert vertieften sich die Juristen um so mehr
in die Ausbildung ihrer Wissenschaft, und schon jetzt legte der
persönliche Gegensatz zwischen Labeo und Capito den Grund zu
den beiden Schulen^ der Sabinianer^ die von Capito ausgiengen^
und der Proculianer^ der Anhänger des Antistius Labeo. ^)
Noch entschiedener forderlich war der Untergang des öiBFent-
liehen Lebens für die Eunstpoesie und für die Gelehrsamkeit.
Hatte früher der Römer literarische Thätigkeit nur als
Nebenbeschäftigung^ zur Ausfüllung des otium^ zulässig gefun-
den, so wurde sie jetzt, wo die früheren negotia so starke Min-
derung erfahren hatten, bei Vielen zur Lebensaufgabe. Insbe-
sondere die Poesie wurde jetzt als eine Eunst mit ganzem Ernste
*) Pompon. Dig. I, 2, 2, 47 (49): ante tempora Augusti publice re-
spondendi ius non a principibus dabatur, sed qui fiduciam stadiorum suo-
ram habebant consulentibns reBpondebant. . . primus divus Augustus,
ut maior iuris auctoritas haberetur, constituit ut ex auctoritate eiua re-
Bpondereut.
') GajuB Inst. I, 7: respouBa prudentium sunt seilten tiae et opiniones
eonim quibus permisBum est iura condere. quorum omnium si in unum
sententiae concurrant, id quod ita sentiunt legis vicem optinet. Sen. Epist.
94, 27: iurisconsnltorum valent responaa, etiam si ratio non redditur.
") Pompon. Dig. I, 2, 2, 47; hi duo (Labeo und Capito) primum veluti
diversas sectas fecerunt; nam Ateius Capito in bis quae ei tradita fuerant
perseverabat, Labeo ingenii qualitate et fiducia doctrinae, qui et ceteris
operis sapientiae operam dederat, plurima innovare instituit. Wexln hie-
nach Labeo als Rationalist, Capito als Positivist sieb bezeichnen lässt, so
hebt Rudorff (Rom. Rcchtsgesch. L S. 182) daneben hervor dass die Sabi-
nianer der neuen Staatsordnung zugeneigt waren, die Proculianer den
älteren Grundlagen des Rechts, und dass dieser Gegensatz seine Bedeutung
verlor nachdem Hadrian durch Julianus das geltende Rechte hatte codifi^^
eieren lassen. Vgl. Bremer, die Rechtslehrer (1868) S. 68 — 71.
216. Charakteristik and Uebersicht. 421
betrieben ^) und Streben nach hellenischer Formvollendung zum
Gesetze gemacht. Die Form wird um so wichtiger je mehr
man in den Stoffen, nothgedrungen und aus Wahl, sich be-
schränkt und Rücksichten walten lässt. Prosodie und Metrik
bewahrte die Strenge die sie durch die alexandrisierenden Dichter
der ciceronischen Zeit gewonnen und trug sie auf neue Formen
über; auch die volksmässige Vocal verschleif ung wurde mehr und
mehr eingeschränkt.^) Indessen was an Kunst gewonnen wurde
gieng an Popularität verloren: man dichtete für einen erlesenen
Kreis von Kennern und Freunden und für die Nachwelt, und
rächte sich für den Mangel an Fühlung niit dem Volke durch
gespreizte Missachtung desselben.^) Je fremder man aber dem
Volke wurde, um so mehr sah man sich auf die höheren Re-
gionen angewiesen: die Kunstdichter wurden zu Hof dichtem, und
diess steigerte wiederum das Misstrauen und die Abneigung
gegen sie. So sehen wir die augusteischen Dichter, an ihrer
Spitze Horaz, in fortwährendem Kampfe mit einer Gegenströ-
mung, welche die alten nationalen Dichter hochhält und in
diesen Cultus wohl auch viel sonstige Unzufriedenheit mit der
Gegenwart kleidet. Erst mit dem Absterben der älteren Gene-
ration gewann die neue Richtung allmählich mehr Boden.*)
Neben dieser allgemeinen Förderung durch die Verhältnisse
fanden die Vertreter der neuen Poesie auch noch unmittelbare
Unterstützung durch die Machthaber, zum Theil aus persönli-
cher Liebhaberei, noch mehr aber aus politischer Berechnung.
August selbst liess es nicht an Aufmunterungen aller Art feh-
len^), und seine Freunde wurden die Mittelpunkte literarischer
Kreise, unter denen es zwar nicht ohne Eifersüchteleien ab-
') Das Versemachen wurde förmlich gelernt; s. oben 197, 1. Martial.
IV, 61, 3 f.: in echola poetarum dam fabulamur.
*) L. Muller, de re metr. p. 74 u. 281 f. W. Corssen, Vocalismus II.
S. 199 f. Besonders streng sind in dieser Hinsicht Ovid, der Verf. des
Culex, Gratius Faliscus und Manüius.
*) malignum spernere volgus. Hör, 0. II, 16, 39 f. Vgl. lU, 1, 1: odi
profanuni volgus et arceo. Epi. I, 19, 37: non ego ventosae plebis suffragia
venor. Ps. Vergil. Catal. 11, 64: pingui nil mihi cum populo. Ps. TibuU.
ni, 3, 20: falso plurima volgus amat.
^) Hör. 0. IV, 3, 14 ff. (et iam dente minus mordeor invido).
^) Suet. Aug. 89: ingenia saeculi sui omnibus modis fovit.
1
422 Augusteißche Zeit. J. 711—767 d. St.
^eng ^), die aber «m ihrem gemeinsamen Yerhältniss zu Augustus
Zusammenhang und Stimmung hatten. Obenan stand der Kreis
des Maecenas^ in welchem Horaz zwar nicht das älteste^ aber
sehr bald das durch Selbständigkeit des Charakters ^ Schärfe des
Verstandes und künstlerische Begabung hervorragendste Mitglied
war. Ausser ihm gehorten dazu Yergilius und L. Yarius^ Plotius
Tucca^ Quintilius Yarus^ Aristius Fuscus, Domitius Marsus^ Me-
lissus und Andere^); später^ als Horaz sich mehr und mehr aus
Rom zurückzog, auch der von diesem nie genannte Propertius.^
Die entschieden gouvemementale Färbung dieses Ejreises theilte
sich immer mehr den einzelnen Mitgliedern mit. Politisch zu-
rückhaltender war der des Messala; wenigstens findet sich bei
dessen ausgezeichnetstem Mitgliede, Tibull, des Augustus Name
niemals. Andere Angehörige desselben waren Messala's Bruder
Pedius Poplicola, Aemilius Macer, Yalgius Rufus, Lygdamus,
Sulpicia, der Yerfasser der Ciris und der Elegie auf Messala^),
Lynceus, zum Theil auch Ovid.^) Asinius PoUio machte sich
vorzugsweise durch Kritisieren geltend, und der oppositionelle An-
strich den er hatte bewirkte dass* nur die unabhängigsten Mit-
glieder anderer Kreise, wie Horaz,. sich in seinen Bereich wagten.
Erst als Augustus feststand, überhoben der Nothwendigkeit sich
Zwang anzuthun, und allein stand, verlassen von den Geföhrten,
^) Vgl. San. Controv. II, 12, 12 f. p. 154 f. Bu. Dergleichen spiegelt
sich wohl in dem Urteil welches Agrippa über die poetische Art des Vergil
fällte. Donats vita Verg. 44 (62): M. Yipsanins a Maecenate enm sup-
positum appellabat novae cacozeliae repertore (Var. repertorem), non tu-
midae nee ezilis, sed ex communibus verbis atque ideo latenÜs. Dagegen
freundliche Urteile über Vergil von Maecenas bei Sen. snas. p. 6 f. 17,
26 Bn.
«) Vgl. Hör. S. I, 10, 81 ff. Ep. I, 3. Auch s. Ovid Trist. IV, 10, 41 ff.
Martial. VIII, 56.
') Umgekehrt nennt Propertius (s. d.) gleichfalls nie den Horaz, spielt
aber öfters auf Stellen desselben an. Ebenso übergeht Ovid den Horaz in
seiner Aufzählung A. A. III, 333 ff., polemisiert gegen ihn (S. II, 5, 10 ff.)
ib. II, 271 f., und ertheilt ihm erst nach seinem Tode das ziemlich magere
Tiob: tenuit nostras numerosus Horatius aures (Trist. IV, 10, 49 f.). Es
mag sein dass Horaz seine geistige und gesellige Ueberlegenheit . jüngeren
Männern gegenüber manchmal auf eine ffir diese drückende Art geltend
machte.
*) Vergil. Catal. 11.
^) Vgl. ex Pont. I, 7, 28 f. an Messalinus: nee tuus est genitor nos in-
fitiatus amicos, hortator studii causaque faxque mei. Trist. FV, 4, 27 ff.
216. Charakteristik und Uebersicht. 423
Freunden und. Rathgebern seiner besten Jahre, die ihm alle im
Tode vorausgiengen, in seinem engsten Familienkreise derer be-
raubt die er liebte und auf die beschränkt die er nicht liebte,
überdiess greisenhaft grämlich und unduldsam geworden war, da
flackerte ab und zu etwas auf von dem Octavianus der Pro-
scriptionen, der das Unbequeme am liebsten gründlich beseitigte,
und er ergriff da Massregeln wie gegen Labienus, Cassius Se-
verus und Ovid. In seinen früheren Jahren aber hatten die
Talente sich vielmehr vorzusehen dass sie durch seine Freund-
lichkeiten sich nicht aus ihrer naturgemässen Bahn bringen
Hessen; und für die Gelehrten sorgte er durch Anlegung öffent-
licher Büchersammlungen, womit schon Asinius Pollio nach seinem
dalmatischen Triumphe (J. 715) vorangegangen war und nun
Octavian nachfolgte durch seine Octaviana (J. 721)^) und die
am Tempel des palatinischen Apollo (J. 726).
In Folge dieser planmässigen Begünstigung -literarischer
Thätigkeit gab es in der augusteischen Zeit zu Bom eine Un-
zahl von Dichtem und Dichterlingen^), auch unter dem weib-
lichen G^schlechte (wie Sulpicia, Cynthia und Perilla), und die
Vorträge schriftstellerischer Arbeiten vor einem eingeladenen
Publicum, bald vor Jedermann der kommen mochte*), sowie die
Declamationen wurden allmählich zu einem Ersätze und Abieiter
für die früheren Yolksversamndungen. Diese recitationes hatten
zwar wohl eine Anknüpfung an dem alten collegium poetarum^);
aber erst Asinius Pollio schuf sich in ihnen eine Entschädigung
für die verkümmerte öffentliche Wirksamkeit^), und sie entspra-
^) Dio XLIK, 43 extr. Am Theater des Marcellus.
*) Hör. Ep. II, 1, 108 ff.
^) Vgl. Sen. Controv. X. praef. 4 (p. 292 Bu.): T. Labienus . . decla-
mavit Qon quidem populo, sed egregie. non admittebat populum, et quia
nondum haec consuetudo erat inducta et qdia putabat turpe ac frivolae
iactationis.
. *) Vgl. oben 92, 6. 129, 3.
*) Sen. Controv. FV. praef. 2 (p. 375 Bn.): Pollio Asinius numquam
admissa multitudine declamavit (vgl. oben A. 3), nee illi ambitio in studiis
defuit: primus enim omnium Bomanorum advocatis hominibua scripta sua
recitavit. Suet. Aug. 89: recitantes et benigne et patienter audiit, nee tan-
tum carmina et historias sed et orationes (z. B. Sen. controv. II, 12, 12 f.) et
dialogos. Zur Organisation dieser recitationes vgl. Tac. dial. 9^ 17 ff. Mich.
Plin. Ep. VIII, 12. luvenal. VII, 40 ff. Suet. Claud. 41. K. Lehrs, popu-
läre Aufsatze (1856) S. 175 ff.
424 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
chen so sehr depi Geiste der Zeit dass sie seitdem nicht wieder
erloschen und bald zu einer Macht wurden welche über den
Erfolg der Schriftsteller entschied ^ aber auch durch den Beifall
der Clique manches untergeordnete Talent über sich selbst ver-
blendete.
Unter den verschiedenen Grattungen der Poesie findet na-
mentlich das Spos und die ihm verwandten Arten des Lehrge-
dichts und des Idylls durch Vergilius Anbau und Vervollkomm-
nung. Soweit das Epos der Gegenwart unmittelbar zugekehrt
ist tritt es nur als Lobgedicht auf.^) Die Satire wird durch
Horaz verjüngt; aber ihrer Voraussetzung, republikanisch freier
Bewegung, entbehrend beschränkt sie sich auf persönliche, li-
terarische und sociale Stoffe und verlässt bald den Kampfplatz,
um im poetischen Briefe später in harmloserer, zeitgemässerer
Gestalt wieder zu erstehen. Zur höchsten Blüte gelangt die
Lyrik. Das Melos gewinnt an Horaz einen- Bearbeiter zwar
nicht von ursprünglich poetischem Geiste, aber desto grösserer
Reife des Urteils, Vielseitigkeit der Bildung, Strenge und Fein-
hörigkeit für die Form, und sich frei erhaltend von ^m Miss-
griffe der Früheren, welche die Alexandriner zu Vorbildern ge-
wählt hatten. Die Elegiker können sich zwar von diesen Vor-
gängern nicht ganz trennen, übertreffen sie aber durch Geist
und echtes Leben. Aufgenommen durch Cornelius Gallus er-
reicht die erotische Elegie in TibuU die klare Lieblichkeit
hellenischer Erzeugnisse, bereichert sich durch Propertius an
Manchfaltigkeit der Stoffe und erreicht durch -Ovidius eine Leich-
tigkeit und Vollendung der Form welche niu' wetteifert mit der
Leichtfertigkeit des Inhaltes. Dagegen das Drama findet noch
immer kein Gedeihen.^) Von der Gegenwart abgekehrt wird die
Tragödie gelehrt und wirkungslos; die Komödie kann vor dem
Ernste der nächsten Vergangenheit und der Empfindlichkeit der
Gegenwart nicht aufkommen; des Melissus trabeata bleibt ganz
vereinzelt. Die schlaffe Menge weidet sich lieber an prunkvoller
Scenerie und üppiger Pantomimik, die auch Maecenas begünstigt:
auf Aesopus folgt Pylades und Bathyllus auf Roscius.
Auch die Prosa tritt in dieser Zeit zurück. Sie hat zwar
in Livius noch einen Stilisten ersten Ranges; aber schon dieser
') 0. Haube, de carminibus epicis saeculi Augusti, Breslau 1870. 36 pp.
*) Vgl. oben S. 261.
216. Charaktcrintik und Uebersicht. 425
verräth in einer gewissen poetischen Färbung seiner Parstellung
den Abfall von der strengen Classicität und das Nahen des sil-
bernen Zeitalters. Die anderen Prosaisten sind meist Techniker
irgend welcher Art, welchen es überwiegend um ihren Gegen-
stand zu thun ist. So besonders Julius Hyginus, Verrius Flaccus,
Sinnius Capito, Vitruvius Pollio und die Juristen Antistius Labeo,
Atejus Capito und Andere. Für die Philosophie fehlt es weder
an Antrieben noch an Interesse. August selbst yerfasst Horta-
tationes ad philosophiam und T. Livius philosophische Schriften.
Vergil hat die Absicht sich auf die Philosophie zurückzuziehen,
und Horaz führt es aus; auch der Verfasser der Ciris und Lyn-
ceus, sowie Iccius schwärmen dafür. Aber ein eigentlicher Fach-
schriftsteller ist doch nur Sextius, und dieser in griechischer
Sprache. Die Andern verstehen unter Philosophie Grundsätze
für das Leben, und dabei gehen die Meisten von der Ueber-
zeugung aus dass aller irdische Glanz und alle menschliche
Weisheit nichtig sei. Daraus ziehen sie, je nach ihrer Stimmung
und Art, bald ernsthafte, bald lockere Folgerungen, immer aber
den praktischen Grundsatz dass es vergeblich und thöricht wäre
gegen das in Staat und Kirche Bestehende anzukämpfen. Viel-
mehr wird das was ein Gebot äusserlicher Nothwendigkeit war,
die Abkehr von öffentlicher Thätigkeit, von den Meisten als
ihre eigene Wahl gesetzt, der Grundsatz sich auf sich selbst zu
stellen zu einem System des Subjectivismus, einer Art prakti-
scher Philosophie ausgebildet, deren bewusstester und beredtester
Wortföhrer wiederum Horaz ist. Durch diese freiwillige An-
erkennung der äusserlich gezogenen Schranken erhält die Litera-
tur dieser Zeit etwas Egoistisches und Resigniertes.
XJeberhaupt bewirkt die Gleichheit der einwirkenden Ver-
hältnisse hei den augusteischen Schriftstellern eine gewisse
Gleichförmigkeit. Zwar ist Anfengs ein Unterschied zwischen
der älteren Generation, deren Jugend noch in die Zeit der Re-
publik und der Bürgerkriege fiel, und der jüngeren, die ganz
unter der Monarchie aufgewachsen war; aber bald breitet der
Frieden und der milde Despotismus seine erschlaffenden Wir-
kungen über Alle gleichmässig aus, und Junge wie Alte preisen
um die Wette das Glück einer iners vita, des Schlummems an
einem murmelnden Bache ^), vertändeln Zeit und Eunst an ero-
') Vgl. W. TeuflFel zu Horaz S. 11, 6, 61. S. 164.
426 Augustciache Zeit. J. 711—767 d. St.
tischen Spi^len mit Angehörigen des demi-monde, sehnen sich in
Augenblicken der Uebersättigung nach der gesunden Einfachheit
der Natur, und suchen das Gefühl der verlorenen Freiheit und-
Selbstachtung zu betäuben durch pomphafte Verkündigung ihrer
Unsterblichkeit. Aber einem so klaren Geiste wie Horaz verleiht
die stille Einsicht in die Hohlheit und Heuchelei der ganzen
Zeit einen Zug der sich bald als leise Ironie bald als Wehmut
bald als' tiefe Verstimmung ausprägt.
Am deutlichsten tritt der Unterschied der Generationen zu
Tage auf dem Gebiete der Beredtsamkeit, wo den wenigen
Rednern welche noch aus der republikanischen Zeit stammen
innerhalb des jüngeren Geschlechtes nur Rhetoren entsprechen,
anfänglich allerdings solche in welchen die Erinnerung an die
alte Zeit noch lebendig ist, wie Cassius Severus und theilweise
auch der Vater Senecaj aber die anderen Grössen der Decla-
mation und Rhetorik aus der augusteischen Zeit, ein Porcius
Latro, Albucius Silus, lunius Gallio, Cestius Pius, Rutilius Lu-
pus u. A., lassen sich in ihrer Weise von denen des nachfol-
genden Jahrhunderts kaum unterscheiden.
1. E. HOck, römische Geschichte vom Verfall der Republik u. s. w.
I, 2 (Braunschweig 1843) S. 341 — 370. A. E. Egger, ezamen critique des
historiens anciens de la vie et du rägne d* Auguste (Paris 1844), bes. p. 59
—74. F. D. Gerlach, das Zeitalter Augustes, Basel 1849. A. W. Schmidt,
Geschichte der Denk- und Glaubensfreiheit im ersten Jahrh. der Kaiser*
herrschaft (Berlin 1847), S. 35—65. 260 ff. 290 ff. (carikiert). C. Merivale,
history of the Romans IV (London 1862), p. 538 — 587. G. Bernhardy,
Grundriss der röm. Literatur, fünfte Bearbeitung , (Braunschweig 1869), S.
254—285. C.Peter, Geschichte Roms III. (1867) S. 95—134. C. Campe, lite-
rarische' Tendenzen und Zustande zu Rom ini Zeitalter des Horaz, in Fleck-
eisen's Jahrbb. 103, S. 463—479. 537—554.
L Die leitenden Männer.
207 217. Die leitenden Männer der Zeit waren alle zugleich
selbst literarisch thätig. August (J. 691 — 767 d. St.) verfasste
mancherlei in gebundener Form^ noch mehr in Prosa^ namentlich
Autobiographisches und eine Uebersicht seiner Regierungsthätig-
keit die uns durch das Monumentum Ancyranum grösstentheils
erhalten ist. Auch Briefe von ihm waren lange im Umlauf.
Maecenas (um 685 — 746) war als Prosaist berüchtigt durch
seinen gezierten Stil und rerfasste daneben Tändeleien, in rer-
schiedenen Versmassen. Auch Agrippa (691 — 742 d. St.) schrieb
•216 f. Die leitenden Männer. August. 427
Memoiren, und unter seiner Leitung wurde die Vermessung des
romischen Reiches vollendet. Die Ergebnisse dieser Arbeiten
legte er in commentarii nieder und veranlasste die Anfertigung
einer Karte des ganzen Reiches.
1. C. OctaviuB C. f., geb. 23. September 691 = 63 v. Chr., von Caesar
testamentarisch adoptiert nnd seitdem Caesar Octavianus. Schlacht bei
Actium 2. Sept. 723. Titel Augustus seit Anfang 727., f'19. August 767
= 14 n. Chr. K. Höck, röm. Geschichte vom Verfall der Bepublik an,
I, 1 (Braunschweig 1841) S. 219 — 426. 2 (Braunschweig 1843) S. 1 — 121,
W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. (1847.) S. 827—844. Beul^, Auguste,
sa famille et ses amis, Paris 1867. 363 pp. Ueber seine Schriften: Augusti
imperatoris fragmenta cur. I. A. Fabricius, Hamburg 1727. 4. A. Weichert,
de imp. Caeparis Augusti scriptis commentatio I. IL Grimma 1835 f., und
Imp. Caesaris Augusti operum reliquiae, Grimma 1841 — 46. 4.
2. Sneton. Aug. 84: eloquentiam studiaque liberalia' ab aetate prima
et cupide et laboriosissime exercuit. . . neque in senatu neque apud po-
pulum neque apud milites locutus est umquam nisi meditata et composita
oratione. . . pronuntiabat dulci et proprio quodam oris sono. 86: genus
eloquendi secutus est elegans et temperatum, vitatis senientiarum ineptiis
atque concinnitate , . . praecipuamque curam duxit sensum animi quam
apertissime exprimere. Tac. A. XIII, 3: Augusto prompta ac profluens
quaeque deceret principem eloquentia fuit. Fronto Epist. p. 123 N.: Au-
gustum . . eleganter et latine, linguae etiamtum integro lepore potius quam
dicendi ubertate praeditmn puto. Leichenrede fär «eine avia Julia im zwölf-
ten Jahre (Suet. 8. Quintil. XII, 6, 1. Nikol. Dam. Aug. 3), auf M. Marcellus
J. 731 (Dio LIU, 80. Serv. Aen.'I, 712), auf Agrippa J. 742 (Dio LIV, 28),
seine Schwester Octavia J. 743 (Dio LIV, 35. Suet. 61), Drusus J. 745
(Suet. Claud. 1. Liv. CXL. Dio LV, 2).
3. Suet. 85: multa varii generis prosa oratione composuit, ex quibus
nonnulla in coetu familiarium velut in auditorio recitavit, sicut Rescripta
Bruto de Catone (vgl. oben 212, 2), . . item Hortationes ad philosophiam et
aliqua de vita sua, quam tredecim libris (vgl. A. 5), Cantabrico tenus hello
nee ultra, exposuit. Flut, compar. Demosth. c. Cic. 3: 6 Kataaq iv toig ngög
UyQinnav xal Mcci%rjvav vnofivrifiaeiv; vgl. Brut. 27. 41 (iv rotg vTcoikvi^-
fiaaiv). Suet. Cland. 1: nee contentus elogium tomulo c^ius (des Drusus)
versibus a se compositis inscnlpsisse, etiam vitae memoriam prosa oratione
composuit (Angustua). Aus seinen Briefen s. Suet. Caes. 56 (brevem
admodum ac simplicem). Aug. 69. 71. 76. 86. Claud. 4. gramm. 16. Tac.
dial. 13 (an Vergilius, vgl. unten 224, 1). Briefe an Horaz in dessen vita
von Suetou. Brief an Maecenas bei Macrob. II, 4, 12 (vgl. 0. Jahn, Hermes
II. S. 247 f.) und bei Sueton. vita Horatii. Angustua in epistolis ad C.
Caesarem, Qnintil. I, 6, 19. vgl. ib. 7, 22.
4. Snet^ 101: tribus volnminibus, uno mandata de funere suo com-
plexus est, altero indicem rernm a se gestarum, quem vellet incidi in ae-
neis tabulis quae ante Mausoleum statuerentur , tertio breviarium totius
imperii, quantum militum sub signis ubique esset, quantum pecuniae in
428 AiigUBteißche Zeit. J. TU— 767 i St.
aerai-io et fiscis et vectigaliorum residuis. Tao. A. I, 11: proferri libellum
recitarique iuesit (Tiberius). opes publicoe continebantar, quantum civiam
sociorumque in armis, quot classes, regna, provinciae, tributa aut vectigalia
et necessitates ac largitiones. quae cuncta sua manu perscripserat Augustus
addideratque consilium coercendi intra terminos imperii. Vgl. Dio LVI, 33.
Von dem iudex wurden Abschriften gemacht für Tempel des Augustus in
den Provinzen; so für das Augusteum in ApoUpnia (C. I. gr. 3971), wovon
noch ein kleiner Theil in griechischer Uebersetzung erhalten ist (Mommsen,
res gestae d. Aug. p. XXIV), und für den Augustustempel zu Ankyra in
Galatien. Letztere Abschrift ist im lateinischen Original sowie in griechi-
scher Uebersetzung grösstentheils aufgefunden und veröfifentlicht: das
Monumentum Ancyranum, von welchem G. Perrot 1861 einen weiteren
Theil (den ersten des griechischen Textes) entdeckte. Vollständige Aus-
gabe niit ausführlichen Erörterungen in: Res gestae divi Augusti. ex
monumentis Ancyrano et Apolloniensi ed. Th. Mommsen, Berlin 1865. A. W.
Zumpt, de mon. Anc. supplendo, Berlin 1869. 24 pp. 4. Ausgaben des
früher Bekannten in Egger's Examen critique p. 421 — 466; ex reliquiis
graecae intcrpretationis restituit J. Franz, commentario perpetuo instruxit
A. W. Zumpt, Berlin 1846. 4.; hinter Orelli's Tacitus I. p. 671—591. Theile
des Index scheinen von August schon im J. 750 verfasst zu sein (Mommsen
p. XLU und 37. W. Brambach, Rhein. Mus. XX. p. 606); die Schluss-
rcdaction aber (oder die letzten Zusätze) erfolgte im Sommer 767; s. Momm-
sen p. 3 f.
5. Suet. Aug. 85: poetica summatim attigit. unus Über exstat, scriptus
ab eo hexametris versibus, cuius et argumentum et titulus est Sicilia; ex-
stat alter aeque modicus Epigrammatum (vgl. Martial. XI, 20), quae fere
tempore balinei meditabatur. nam tragoediam magno impetu exorsus, non
Buccedenti stilo, abolevit, quaerentibusque amicis (den L. Varius nennt
Macrob. II, 4, 2), quidnam Aiax ageret, respondit Aiacem suum in spon-
giam incubuisse. Suidas v. Avyovatog KaCaccQ (I. p. 861 B.): iyQatpe nsQl
toü l8Cov ßiov xofl Twv ngd^ecov ßißUa ly (s. Anm. 3) xal t^ay tpSiav
AiavTog xb xal 'AxMstog. Letztere wird wohl das gleiche Schicksal gehabt
haben wie der Aias.
'6. C. Maecenas (z. B. Tac. A. XIV, 53; ib. VI, 11: Cilnium Maece-
nat^m, cquestris ordinis; vgL Macrob. II, 4, 12: Cilnioi*um smaragde) aus
einem vornehmen etrurischen Geschlechte, geboren id, April. (Hör. 0. IV,
11, 14 — 20) wahrscheinlich zwischen 680 und 690 d. St. Erstmals von
Octavian Terwendet finden wir ihn J. 714 (Appian. b. c. V, 53) und seit-
dem Öfters namentlich zu diplomatischen Missionen, wenn es galt zu ver-
mitteln und zu versöhnen, wofür Mäcen's weiche friedliche Natur besonders
geeignet war. Ebenso empfahl ihn sein Mangel an ernsthaftem Ehrgeiz
(neben grosser, aber harmloser Eitelkeit) für Vertrauensstellungen wie in
Rom nach der Schlacht bei Actium, während er im Kriege niemals eine
bedeutende Rolle spielte; s. Frandsen S. 24 S. 40 ff. Nach T. Gallus in
Schol. Verg. Ge. I, 2 Maecenas proefectus praetorio fuit; s. Mommsen,
Rhein. Mus. XVI. S. 448. Ums J. 731 d. St. (s. W. Teuffei in der Ztschr.
f. d. Alt Wiss. 1846, S. 608 ff.) gieng er mit Terentia eine Ehe ein welche
217. Die leitenden Männer. Angnstus. Maecenas. 429
durch Angust's Rücksichtslosigkeit eine Quelle von Qualen für ihn wurde.
Er starb nach längerem Kränkeln J. 746 (Dio LV, 7).
7. Beste Charakteristik des Maec. von Vellej. II, 88, 2^ C. Maecenas,
equestri sed splendido genere natus, vir ubi res vigiliam ezigeret sane exsom-
nis, providens atque agendi sciens, simul vero aliquid .ex negotio remitti
posset, otio ac mollitiis paene ultra feminam fluens; nou minus Agrippa Caesari
carus (und nützlich), sed minus honoratus; . . nee minora consequi poterat,
sed non tarn concupivit. Einseitig Seneca, der ihm gegenüber von seinem
(theoretischen) Stoicismus wohlfeilen Gebrauch macht. Besonders Epist.
114, 4: quomodo Maecenas yizerit notius est quam ut narrari nunc debeat,
quomodo ambulaverit, quam delicatus fuerit, quam cupierit videri, quam
vitia sua latere noluerit. quid ergo? non oratio eins äeque soluta est quam
ipse discinctus? non tam insignita illius verba sunt quam cultus, quam
comitatns, quam domus, quam uxor? magni vir ingenii fuerat (Epist. 92, 35
sogar: habuit ingenium et^rande et virile, und 19, 9 ingeniosus vir) si . .
non etiam in oratione difftneret. videbis itaque eloquentiam ebrii hominis,
involutam et errantem et licentiae plenam. Folgt (6) eine Probe aus Mae-
cenas de cultu suo und darauf (6) die Reflexion: non statim cum haec
legeris hoc tibi occurret hunc esse qui ^olutis tunicis in urbe semper in-
cesserit? . . hunc esse qui . . in omni publico coetu sie adparuerit ut pallio
velaretur caput exclusis utrimque auribus . .? hunc esse cui . . comitatus
hie fuerit in publico, spadones duo . .? hunc esse qui uxorem miliens duxit,
cum unam habuerit? u. s. f. Vgl. Epist. 19, 9. 92, 36. 101, 10 ff. 120, 19.
Dial. I (de provid.), 3,' 10 f. Aber diese moUities (Sen. Ep. 114, 7 f.) war
gewiss mit berechnet, um seiner Person und Stellung ein möglichst harm-
loses Aussehen zu geben. ^
8. Maecenas in eo libro qui Prometheus inscribitur (Sen. Ep. 19, 9) in
Prosa; Maecenas in dialogo II bei Chans. I. p. 146 K. Maecenas in Octaviam
(Prosa) bei Priscian X. p. 536 Htz. Serv, Aen. VIII, 310: Maecenas in
Symposio, ubi (cui) Vergilius et Horatius interfuerunt, cum ex persona
Messalae de vino loqueretur ait (in Prosa). Sen. de benef. IV, 36, 2. —
Servius zu Vergil. Georg. II, 42: constat Maecenatem . . plura composuisse
carmina. Hexameter bei Sen. Ep. 92, 35. Chans. I. p. 79 f. E. (vgl.
Grammat. lat. V. p. 575, 1)^ Diomed. I. p. 366 P. =» 369 E., wohl auch
Grammat. lat. V. p. 591 E. Bei Sen. Epist. 101, 11 Glykoneen von Mae-
cenas. Hendekasy Ilaben bei Sueton. vita Hör. und (wahrscheinlich) bei
Isidor. Orig. XIX. 32, 6. Galliamben bei Diomed. III. p. 514 und Atil.
Fortnnat. p. 2677 P. Scherze des August über Maecenas* Stil (calamistri,
Tac. dial. 26) bei Sueton. Aug. 86 und Macrob. II, 4, 12. Wunderlich
Dio LV, 7: n(^tos OTifiBicc rtv« yQ€C(i,(ucT(ov n^os rdxog i^svQB xal avtä
9i' 'AhvXov ditslfvd'iQOv avxvovg i^eöiSa^sv. Vgl. vielmehr oben 188, 4.
Ebenso ist unrichtig des Servius (zu Ge. II, 42) Folgerung aus Hör. 0. II,
12, 9 ff.: etiam Augusti Caesaris gesta descripsit.
9. J. H. Meibom, Maecenas, sive de C. Cilnii Maecenatis vita, moribus
et rebus gestis Über singularis, Lugd. Bat. 1653. 4. A. Lion, Maecenatiana,
sive de C. C. M. vita et moribus scripsit atque operum fragmenta collegit,
GOtti. 1824. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. II. S. 355—357. P. S. Frandsen,
430 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
0. Cilnins Maecenas, eine historische Untersuchung liber dessen Leben und
Wirken, Altena 1843. 238 S. Vgl. W. Teuffei in den Jahrbüchern der
Gegenwart 1843, Nr. 23 f. W. E. Weber, Q. Horatius Flaccus (Jena 1844)
S. 143 ff. H. J. Matthes in den Symbolae literariae V. p. 1—36.
10. AT. Vipsanius Agrippa, geboren 691, somit Altersgenosse (und
auch Jugendfreund) des Octavian, Prätor 714, Cos. 717, Aedil 721, um
durch glänzende Fürsorge für die Interessen Roms den Gegensate zwischen
Oct. und dem mit Kleopatra schwelgenden M. Antonius zu heben; Censor
und Cos. II J. 726; Cos. III J. 727. Octavians kriegerisches Factotum zn
Wasser und zu Lande, auch als Diplomat nicht ohne Glück öfters (bes. im
Orient) verwendet, ergeben und zuverlässig, aber dabei seiner Verdienste
wohl bewnsst und da^er ausser Caesars Erben Niemand über sich ertragend;
»eit 733 Augustes Schwiegersohn; f 741 = 13 v. Chr.
11. Agr. besass rednerische Bildung, belangte J. 711 den C. Cassius
als Caesaimörder (Plut. Brut. 27 vgl. Vellej. II, 69, 5) und trat noch später
als Vertheidiger auf (Sen. Controv. II, 12, 13. p. 155, 13 Bu.); auch s. Plin.
N. U. XXXV, 9, 26: exstat cius oratio magniiica et maximo civium digna
de tabulis omnibus signisque publicandis. In der Literatur hatte er einen
/war derben (Plin. 1. 1.: M. Agrippa, vir rusticitati propior quam deliciis),
aber gesunden Geschmack (vgl. oben S. 42^, A. 1) und stofflich eine prak-
tische Richtung. Frontin. aquaed. 98: M. Agprippa . . descripsit quid aqua-
rum publicis openbus, quid lacibus, quid privatis daretur. ib. 99: qui ex
commentariis Agrippae aquas haberent.
12. Reichsvermessung und Reichskarte. Der angebliche Aethicus Ister
Expos, in., an Gronov's Mela: lulius Caesar . . cum consulatus sui fasces
crigeret ex Scons. censuit omnem urbem iam romani nominis admetiri per
prudentissimos vires et omni philosophiae munere decoratos. ergo a lulio
Caesare et M. Antonio coss. orbis terrarum metiri coepit . . usque ad
consulatum Augusti III et Crassi, annis XXI. . . a Zenodoxo omnis oriens
dimensus est. . . a consulatu item lulii Caesaris et M. Antonii \isque in
consulatum Augusti X., annis XXIX . . a Theodoto septemtrionalis pars
dimensa est. . . a consulatu similiter lulii Caesaris usque in consulatum
Satumini et Cinnae a Poljclito meridiana pars dimensa est, annis XXXII,
. . ac sie orbis omnis terrae intra annos XXXII a dimensoribns peragratus
est et de omni eins continentia perlatum est ad senatum. Abgekürzt und
zugleich vervollständigt im Vat. 3864: lulio Caesare et M. Antonio coss.
omnis orbis peragratus est per sapientissimos et electos vires IV, Nicodemo
orientis, Didymo occidentalis, Theudoto septemtrionalis, Polyclito meridiani.
Liber colon. p. 239 Lachm.: mensuras limitum et terminorum ex libris
Augusti etc. Vgl. F. Ritschi, die Vermessung des röm. Reichs unter Au-
gustus, die Weltkarte des Agrippa und die Eosmographie des Aethicus,
Rhein. Mus. N. F. I (1842) S. 481 — 523, bes. S. 486 ff. Chr. Petersen, die
Eosmographie des Eaisers Augustus und die Commentarien des Agr., Rhein.
Mus. Vm. S. 161—210. 377—403. IX. S. 85—106. E. Mfillenhoff, über die
Weltkarte und Chorographie des Eaisers August, Eiel 1856. 4. nebst A. v.
Gutschmid, Rhein. Mus. XII. S. 619 ff. Ueber Agrippa's Antheil s. bes.
Plin. N. H. III, 2, 16 f.: longitudinem universam eins (Baeticae) jirodidit
217 f. Agrippa. Asiniiis PoUio. 4JM
M. Agrippa 475 m. p., latitudiuem 258. . . Agrippam quidem, in tauta
viri diligentia praeterque in hoc opere cura, cum orbem terrarum urbi spe-
ctandom propoeiturus essefc, errasse quis credat et eum eo divum Augustuni ?
18 namque complexam eam porticum ex destinatione et commentariis M.
Agrippae a sorore eins incohatam peregit. Hienaeh hinterliew Agr. nur
einen Entwurf zu der Weltkarte und chorographische Commentarien , er-
theilte jedoch seiner Schwester (Paula) testamentarisch den Auftrag auB
beiden die grosse Welttafel für eine öffentliche Porticus anfertigen zu las-
sen, -was dann aber vielmehr August selbst ausführte. Vgl. noch Plin. lY,
12, 81: Agrippa totum eum tractum ab Histro ad oceanum . . in longitu-
dinem, . . in latitudinem prodidit. ib. 91: Sarmatiae . . longitudo . ., la-
titudo . . a M. Agrippa tradita est. ego incertam in hac terrarum parte
mensuram arbitror. Aus ihm Martian. Cap. VI, 632 (p. 212 Eyss.) und G84
(p. 213 E.).
13. Agrippa's Autobiographie. Philargyr. zu Verg. Georg. II, 162:
Agrippa in secundo vitae suae dicit excogitasse se ut ex Lucrino lacu
portum faceret. Vgl. Plin. N. H. VIT, 45, 148: (Augusti) Philippensi proelio
morbidi fuga et triduo in palude aegroti et, ut fatentnr Agrii)i)a ot Mao-
cenas, aqua subter cutem fusa turgidi lateLra.
14. Literatur über Agrippa, ausser den älteren Arbeiten von F. W.
Sommer (1717. 4.), G. C. Gebauer (1777), Le Blond {lISQ) und Raffaelle
Mecenate (de vita rebusque gestis M. Vips. Agr. commentarius , testimoniis
scriptorum veterum concinnatus, Rom 1821): P. S. Frandsen, M. Vipsanius
Agrippa, eine historische Untersuchung über dessen Leben und- Wirken,
Altona 1836. 260 S. D. v. Lakeren-Matthes, de Agr. in remp. rom. meritis,
Amsterdam 1840. J. H. van Eck, quaestiones historicae de M. V. A., Ley-
den 1842. Ö9 pp. A. Preuner in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 699—609.
218. Nächst diesen leitenden Männern sind in der augu-208
steischen Zeit die durch Vergangenheit wie Stellung in der
Gegenwart bedeutendsten Asinius Pollio und Valerius Messala.
C. Asinius Pollio (679 — 758 3. St.), in den Bürgerkriegen thätig
für Caesar und Antonius, zog sich, mit dem Letzteren zerfallen
und doch für Octavian nicht gewonnen, von dem politischen
Leben zurück und widmete sich der Literatur und Thätigkeit
als Redner. Zuerst verfasste er Tragödien, dann eine Geschichte
der Bürgerkriege vom ersten Triumvirat an, ohne aber dieses
Werk selber zu vollenden. Als Redner und Stilist strebte er
nach alterthümlicher Strenge und schuf sich, als die rednerische
Wirksamkeit verkümmert war, einen Ersatz in den öffentlichen
Vorträgen (recitationes). Durch Femhaltung von der Politik sich
gleichzeitig seine. Stellung wie den Ruf der Unabhängigkeit ret-
tend übte er um so strengere Kritik innerhalb der Literatur.
Auch den M. Valörius Messala (J. 690—762 d. St.) hatte seine
432 Augusteißche Zeit. J. 711—767 d. St.
MissachtuBg des M. Antonius in das Lager des Octayian getrie-
ben, dem er fortan mit Aufrichtigkeit und Treue, aber ohne
Selbstentwürdigung, Dienste leistete. Als Redner stand er dem
Pollio zui; Seite, hatte aber etwas Vornehmes und Weichliches,
das ihn wohl auch hinderte den Uebergang zur Declamation
mitzumachen. Dafür beschäftigte er sich später mit antiquari-
schen und grammatischen Forschungen, in jenen den eifersüchti-
gen Stolz eines Altadeligen verrathend, mit diesen auch ins
Einzelne herabsteigend. In seinen jüngeren Jahren aber theilte
er eifrig die Richtxing der Zeit auf Bewunderung des Helleni-
schen, übersetzte Griechisches und schrieb selbst auch griechisch,
in gebundener Form wie in Prosa (Denkwürd^keiten).
1. C. AsiniüB Cn. f. Pollio, geb. 679« 75 y. Chr., Ankläger des G. Cato
J. 700, praetor 709. Nach Caesar's Tode wäre er gern znr Senatepartei
übergetreten, hätte diese mehr Mut, Geschicklichkeit, Glück und Entgegen-
kommen gegen ihn bewiesen. So aber entschied er sich, nach langem
ZOgern, für M. Antonins. Bei der Vertheilung der Aemter imter die
Parteigänger der Triumvim im J. 711 wurde Pollio zun Consul designiert
und bekleidete das Amt J. 714 »» 40 y. Chr. In demselben bekämpfte er
die Parthiner, welche zu Brutus gehalten hatten; Eroberung yon Salonä,
Triumph ex Parthineis a. d. YIÜ Kai. Noy. 716 (Fasti cap. und Barb.).
Was ihn darauf mit M. Antonius entzweite ist nicht positiy bekannt; Stoff
dazu aber gab es (wohl beiderseits) yielen, und dass es geschah erhellt aus
der Anführung bei Charis. I. p. 80, 2 E.: Asinins contra maledicta AntoniL
Andererseits hatte er zn yiel Selbstachtung um sich dem (weit jüngeren)
Octayian anzuschliessen (Vellej. II, 86, 3 f.) und unterzuordnen, behielt
vielmehr bis zu Ende gegen ihn eine zurückhaltende Stellung, ohne ihm
in Wesentlichem offen entgegenzutreten, aber auch ohne sich yor ihm zu
beugen. Hieron. ad Euseb. chron., a. Abr. 2020 = 6 n. Chr. =» 759 d.^t.:
Asinius Pollio oratoif et consularis, qui de Dalmatis triumphayerat, LX^X
aetatis suae anno in yilla Tusculana moritur. Bestätigt wird diese Angabe
durch Sen. Contr. IV. praef. 5 (p. 376 Bu.), wonach Pollio J. 4 n. Chr. noch
lebte, und Tac. dial. 17: Asinius paene ad extremum (Augusti principatum)
durayit.
2. Gedichte des Pollio. Carmina Sophocleo digna cothurno, also
Tragödien, hat er yerfasst (oder geht damit um) schon zur Zeit von Vergil
Ecl. 8, 10 (J. 715), ygl. ib. 3, 86 (Pollio et ipse facit nova carmina). Hör.
S. I, 10, 42 f. (ums J. 718): Pollio regum facta canit pede ter percusso (im
Trimeter). 0. H, 1, 9 — 12 (J. 724 qder 725): paulum seyerae Husa trag-
oediae desit theatris, nämlich während A. P. seine Geschichte der Bürger-
kriege schreibt. Dass A. P. Tragödien wirklich herausgab erhellt aus Tac.
dial. 21: Asinius . . yidetur mihi inter Menenios et Attios studuisse; Pa-
cuyium certe et Attium non solum tragoediis sed etiam orationibus suis
ezpressit: adeo durus et siccus est. Dass sie aufgeführt wurden zeigt
theatris bei Hör. 1. 1. Irgend etwas Näheres über sie ist aber sonst nicht
218. AsiniuB PoUio. 433
bekannt. Nach dem Geschichtswerke scheint A. P. nicht mehr zur Trag-
ödie zurückgekehrt zu sein. Missverständlich wohl Serv. Yerg. Ecl. 8, 10:
alii ideo hoc de PoUione dictum yolunt quod et ipse utriusque linguae
ti-agoediarum scriptor fuit. Da nach Plin. £p. V, 3, 5 (oben 31, 1) vgl.
VIT, 4, 4 auch A. P. erotische Gedichte yerfasste, so ist wahrscheinlich aus
diesen (oder vielmehr einer Sammlung von Erotika) entnommen Gharis. I.
p. 100, 24 K.: Polio: „Veneris antistita Cupra" (Cuprias).
3. Geschichte der Bürgerkriege vom ersten Triumvirat an (J. 694,
Metello consule. Hör. 0. II, 1, 1 vgl. Suid. v. natliav: nsgl tov l^ttpvXCov
tfjs ^Pdfirjg noXifjujv ov inoXstiricav Kaiodif rs nal Uo^Tcq'Cog), in lateinischer
Sprache (^oo/iuxixcofi, Suidas v. 'Ac£viog\ und wohl kurzweg Historiae betitelt
(Sen. suas. 15, p. 33, 2: PoUio in Historiis suis. ib. 25, p. 37: in Historiis
eins . . ne Historias eins legere concupiscatis; vgl. Val. Max. VJII, 13. ext. 4.).
Abgehandelt war darin die Schlacht bei Pharsalos (Suet. Caes. 30 u. a.
H. Peter, die Quellen Plutarchs S. 124 — 127), der spanische Krieg (Suet.
Caes. 55) , Cicero's Tod (Sen. suas. 24. p. 36 f. Bu.) und wohl noch die
Schlacht bei Philippi (vgl. Tac. A. IV, 34: Asinii Pollioni& scripta egregiam
eorundem — nämlich des Cassius und Brutus — memoriam tradunt). Nach
Hör. 0. II, 1, 1 — 8. 17 ff. arbeitete er daran ums J. 724 oder 726, und
mindestens drei Bücher wurden auch herausgegeben (Val. Max. VIII, 13.
ext 4: Asinius Pollio, non minima pars romani stili, in tertio Historiarum
suarum libro); ob aber 17 (Suidas v. 'jla^vios IlmUmv: 'Pmiiaios. taroQ^ag
(to(uici7Lag awita^sv iv ßißXioig ti') ist zweifelhaft, da diese Zahl sich auf
eine Fortsetzung des Werkes, vielleicht aus den Papieren des Consularen,
durch dessen Freigelassenen, A. P. aus Tralles (W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. I, 2. S. 1868. Nr. 25 und dagegen Fr. Eyssenhardt in Fleckeisen's
Jahrbb. 85, S. 757 f.), beziehen kann. Das Fehlen von Anführungen über
die Kämpfe zwischen Octavian und Antonius (denn dass die Stelle über
Tiberius, Priscian. VIII, 19. p. 386, 9 f. Htz., aus den Historiae war ist un-
erwiesen) macht wahrscheinlich dass das Werk des A. P. auf diese sich
nicht erstreckte, somit nicht weiter geführt wurde, vermutlich weil A. P.
selbst es als periculosae plenum opus aleae (Hör. 0. II, 1, 6) erkannte.
Dass das Veröffentlichte keine rhetorische Fassung hatte sagt Sen. suas.
25, und Atejus (oben 207, 1) hatte ihm, historiam componere a^resso,
gerathen ut noto civilique et proprio sermone utatur (Suet. gramm. 10,
p. 109, 2 ff. R.).
4. Pollio als Redner, gerichtlicher und politischer (Hör. 0. II, 1, 13 f.),
später auch als Declamator; s. die Stellen bei H. Meyer, orat. rom.' p. 487
—491 und F. Blass, die griech. Beredts. (1865) S. 141 — 144. Sen. Epist.
100, 7: compositio Pollionis Asinii salebrosa et exsiliens et ubi minime ex-
spectes relictura. denique omnia apud Ciceronem desinunt, apud Pollio-
nem cadunt, exceptis paucissimis quae ad certum modum et ad unum
exemplar adstricta sunt. Quintil. X, 1, 113: multa in Asinio PolUone in-
ventio, summa diligentia, adeo ut quibusdam etiam nimia videatur, et con-
silii et animi satis; a nitore et iucunditate Ciceronis ita longo abest ut
videri possit saeculo prior. Vgl. die (vom Standpunkte des dortigen Spre-
chers übertreibende) Schilderung bei Tac. dial. 21 (oben A. 2) , vgl. 25 (nu-
Tkutfbl, BOm. Literaturgeschichte. 2. Aufl. 2$
434 Auguateiache Zeit. J. 711— 767 d. St.
meroaior Asiniua). In aeinen Uebungareden aber war er floridior aliquante
(Sen. Contr. p. 376, 6 f. Bu.) ala in den gerichtlichen. Beiapiele ana jenen
bei dem älteren Seneca, z. B. p. 186. 192. 223. 382 Bn.; Znaammenatellnng
der üeberreste ana den gerichtlichen bei Meyer 1. 1. p. 491—501. Unter
letzteren aind die apäteren alle Vertheidigungsreden, falla nicht bei Charia.
I. p. 97, 11 E. mit den excerpta Cauchiana zu leaen iat Aainiua in Vale-
riam. Die Schilderungen seiner B^deweiae wie die Polemik gegen die des
Cicero (Quintil. XU, 1, 22) laaaen den A. F. ala Verwandten der AttDdaten
in der ciceroniachen Zeit eracheinen; doch wird er von dieaen unterachieden
bei Quintil. X, 2, 7.
6. Sonatige proaaiache Schriften dea PoUio. Ala philoaophiachen Schrift-
atelier (oder Stilisten?) erwähnt ihn Sen. Epist. 100, 9. Asiniua Pollio ad
Caeaarem I bei Charis. I. p. 134, 3 E. Vgl. A. 6. Erhalten sind aber nur drei
Briefe dea A. P. an Cicero Tom J. 711, beiCic. ad fam. X, 31—33. VgL oben
214, 2. Ana Charia. I. p. 84, 6 ff. (puer et in feminino aezu antiqui dice-
baut, ut . . in Nelei carmine, • . ubi tarnen Yarro . . a puera putat dictum,
aed Aelius Stilo, magiater eiua, et Aainiua contra), aowie Priscian. X. p. 888
P. =a 613, 7 f. Htz. (nanciacor etiam nactam facit, absque n, ut Probo et
Capro et Pollioni et Plinio placet) u. A. hat M. Haupt, im Berliner Ind.
lect. fKr Sommer 1856, p. 3—5, geschlossen dass A. P. auch grammatische
Schriften yerfasst habe, welchen er die literarisch-ästhetischen Urteile des-
selben zuweist (ygl. unten A. 6), sowie Charis. I. p. 97, 11 (s. A. 4)
Asinius in Valerium, womit Catnll gemeint sein solle. Dagegen ygl. Th.
Bergk (Philologus XXIX. S. 329) u. J. Steup (de Prob. p. 71), welche einen
von A. P. verschiedenen Grammatiker Pollio annehmen.
6. Pollio als Eritiker. Sen. Controv. IV. praef. 3 (p. 376, 7 ff. Bu.):
illud strictum eius (des A. P.) et asperum et nimis iratum in cenaendo
(nach 0. Jahn) iudicium adeo ceaaabat (in den declamationea des A. P.)
ut in miiltis illi venia opus eaaet quae ab ipso vix impetrabatur. Wie das
Urteil über Cicero (oben 173, 1) aicher, ao wird wohl auch daa über Cae-
sara Commentarien (Suet. Caes. 56; a. oben 193, 1) aua den Hiatoriae dea
A. P. stammen; das über Porcina Latro (Sen. p. 144, 6 ff. Bu.) ist aus einer
declamatio; der Tadel gegen Cicero (Sen. suas. 15, p. 32 f. Bu.) ist aus
einer Bede (Sen. 1. 1.), und ebenso wohl auch der gegen einen Auadruck
des Labienua (Quintil. IX, 3, 13 vgl. ib. IV, 1, 11). Auaaerdem Sueton.
gramm. 10, p. 108, 3 Rffsch.: Asiniua Pollio in libro quo Sallustii scripta
reprehendit (vgl. oben 204, 5). Vielleicht dass dieser liber Briefform hatte;
vgl. Gell. X, 26, 1: Asinio Pollioni in quadam epistola quam ad Plancum
scripsit . . dignum nota viaum est quod (Sallustius) in primo Historiarum
n. 8. w. Vgl. A. 5. In diesem liber war wohl auch die Eritik des ciceronischen
Stils (Quintil. XII, 1, 22) enthalten, sowie das Urteil über den paduanischen
Beigeschmack der Ausdmcksweise des Livius (Quintil. I, 5, 56. Vlll, 1, 3),
vielleicht die Erwiderung einer Bemerkung von Livius de oratoribus qui
verba antiqua et sordida consectantur et orationis obscuritatem severitatem
putant (Sen. controv. IX, 26, 26).
7. Ueber die Gründung einer Bibliothek durch A. P. und seine Ein-
fuhrung von recitationes s. oben S. 423 f. Im Allgemeinen s. J. B. Thor-
218. Asinius Pollio. M. Messala. ' 435
becke, diaputatio historioo-critica de C. A. F., Leyden 1820. Drumann, G.
R. II. S. 2—12. Giemen, C. A. F., Lemgo 1842. 4. F. Jacob, A. F., Lübeck
1852. 4. 0. Hendeeourt, diss. de yita, gesÜB et soriptis A. F., Löwen 1858.
W. Teuffei in Fauly's ßeal-Enc. I, 2. S. 1869—1865. B. Luzzato, ricerche
storiche SU C%)0 Aainio Pollione, Fadna 1867.
8. M. ValeriuB M. f. Messala Corvinns. Hieronymns ad a. Abr. 1958 =»
695 d. St: Messala Corvinns orator nascitur et T. Livius Fatavinns scriptor
historicns; und zu a. Abr. 2027 =» 54 Ang. =» 765 d. St: Messala Corvinns
ante bienninm qnam moreretnr ita memoriam ac sensnm amisit nt vix
panca verba coninngeret, et ad extremum . . inedia^ se confecit, anno
aetatis LXXII (Freherianns LXXVII). Hier ist die Datierung des Todes
(ins J. 12 n. Chr.) jedenfalls unrichtig, da Ovid, der schon im December
9 n. Chr. in die Verbannung gieng, noch zu Rom den Tod des Messala
erlebte (Ovid. ex Font. I, 7, 27 — 30). Messala kann daher spätestens An-
fangs 9 n. Chr. = 762 d. St. gestorben sein. War er damals 72 J. alt, so
wäre er J. 690 d. St. =s 64 v. Chr. geboren gewesen, also im gleichen Jahre
wie der junge Cicero (Cic. ad Att. I, 2, 1), mit welchem (und dem jungen
Horaz , geb. Ende 689) Messala gleichzeitig zu Athen studierte (J. 709 f.)
und Cos. wnrde (Messala am 1. Jan. 723, Cicero an den Iden des Septem-
ber 724). Nipperdey, Rhein, Mus. XIX. S. 282—288. Vgl. Borghesi, Oeuvres
numism. I. p. 406 ff. Unrichtig ist jedenfalls die Angabe bei Tac. dial. 17 :
Corvinns in medium nsque Angusti principatnm . . duravit; s. Rhein. Mus.
XIX. S. 288—292. Obwohl bei Caesars Ermordung nicht in Rom anwesend
kam Messala doch im J. 711 auf die Froscriptionsliste, wurde zwar wieder
gestrichen, blieb aber trotzdem bei Brutus und Cassius, in deren Lager er
eine hervorragende Stellung einnahm (Vellej. II, 71, 1: Messala, fulgentis-
simus iuvenis, prozimus in illis castris Bruti Cassiiqne auctoritati). Nach
der Niederlage ihrer Sache bei Fhilippi (J. 712) wandte er sich zu Anto-
nius, &nd sich aber bald durch dessen Treiben gründlich abgestossen
(Flin. N. H. XXXIII, 3, 14. Charis. I. p. 129, 7 E.: Messala contra Antonii
litteras. ib. p. 104, 18: M. Messala de Antonii statuis) und versöhnte sich
mit Octavian (Appian. b. c. IV, 38), der ihn mit offenen Armen aufnahm
und (J. 718 ff.) mehrfach verwendete, auch J. 723 »» 31 an Antonius' Stelle
zum Cos. machte. Messala blieb dem Octavian auch fortan treu, ohne
jedoch an seinen bisherigen Freunden und Grundsätzen zum Yerräther zu
werden (vgl. Flut. Brut. 53). iTc^I 'jintiop vavaQxv^^^ (Appian. b. c. IV, 38).
Sieg am Ataz über die Aquitanier an seinem Geburtstag (Tibull. I, 7) und
Triumph (ex Gallia, a. d. YII Kai. Oct.) 727 » 27 v. Chr. Im J. 729 »
25 Messala Corvinns primus praefectus urbis factus sexto die magistratu
se abdicavit, incivilem potestatem esse contestans (Hieronym. chron. ad
a. Abr. 1991, vgl. Tac. A. VI, 11. Rhein. Mus XIX. S. 285). Curator
aquarum J. 743 » 11 v. Chr., Frontin. aq. 99 vgl. 102. J. 752 beantragt
er den Titel pater patriae für August (Suet. Aug. 58). Unechtes elogium
des Messala bei OreUi-Henzen 5346. Vgl. im Ganzen A. Haakh in Fauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 2352 f Anm.
9. Schon J. 711 schreibt Cicero ad Brut. I, 15, 1 über Messala: cave
pntes probitate, oonstantia, cnra, studio reip. quidquam illi esse simile;
28*
43f3 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St
ut eloquentia, qua mirabiliter excellit, vix in eo locum ad laudandum
habere videatur. quamquam in hac ipsa sapientia plus apparet: ita gravi
iudicio multaque arte se ezercuit in verissimo genere dicendi. tanta autem
industria est tantumque eyigilat in studio ut non maxima ingenio . . gratia
habenda videatur. Das verissimum genus dicendi zeigt dass Messala sich
nicht den Neuattikern, sondern der Weise des Cicero anschloss. Vgl. Tac.
dial. 18: Cicerone mitior Corvinus et dulcior et in verbis magis elaboratus.
Quintil. X, 1, 113: Messala nitidus (vgl. I, 7, 35) et candidus et quo-
dammodo praeferens in dicendo nobilitatem suam, viribus minor. Sen. con-
trov. II, 12, 8: fuit Messala exactissimi ingenii quidem in omni studiorum
parte, latini utique sermonis observator diligentissimus. Bei Sen. ludus de
m. Claud. 10, 2 diserüssimus vir. Suet. Tib. 70: in oratione latina secutus
est Corvinum Messalam, quem ^nem adolescens observarat. üeber Mes-
sala's Einleitungen s. Quintil. IV, 1, 8 und Tac. dial. 20 in. Seine Rede
gegen die von Ser. Sulpicius (f 711, s. oben 171, 3) vertheidigte Aufidia
kannte noch Quintilian (K, 1, 22). Anderes bei Meyer, orator. fragm.^
p. 610—613.
10. Quintil. X, 5, 2: vertere graeca in latinum veteres nostri oratores
Optimum iudicabant. . . id Messalae placuit, multaeque sunt ab eo Scri-
ptae ad hunc modum orationes, adeo ut etiam cum illa Hyperidis pro
Phryne diifficillima Romanis subtilitate contenderet. Verfasser bukolischer
Gedichte in griechischer Sprache (oben 29, 2) und, wie es scheint, in der
allegorisierenden Weise der vergilischen ; eine (metrische) üebersetzung der-
selben kündigt der Verfasser von'Vergil. Catal. 11 (vgl. unten. 225, 5,
Anm. 2) an. Desswegen oder wegen anderer Gedichte unter den Eroti-
kem bei Plin. Ep. V, 3, 6 (oben 31, 1). Auf (griechisch geschriebene?)
Denkwürdigkeiten des Messala (über die* Schlacht bei Philippi u. s. w.)
lässt Plut. Brut. 40. 42. 45 schliessen, und auch von Appian scheinen die-
selben benützt zu sein (vgl. z. B. b. c. IV, 38. 121). Sueton. Aug. 74:
Valerius Messala tradit u. s. w. Plin. N. H. XXXIII, 3, 14: Messala ora-
tor prodidit u. s. w. Ibid. XXXV, 2, 8: eztat Messalae oratoris indignatio,
quae prohibuit inseri genti suae Laevinorum alienam imaginem. similis
causa Messalae seni expressit volumina illa quae de familüs condidit.
Vgl. XXXIV, 38: verba ipsa de ea re Messalae senis ponam; Servüiorum
familia u. s. w. Im Quellenverzeichniss von B. XXXIII (und XXXI V) nennt
Plinius auch Messala, B. XXXV ex . . Messala oratore, Messala sene. Er-
örterungen in Briefform; Suet. gramm. 4 (p. 103 Rff.): eosdem litteratores
vocitatos Messala Corvinus in qnadam epistola ostendit. Quintil. I, 7, 35:
ideo minus Messala nitidus quia quosdam totos libellos non verbis modo
singulis sed etiam litteris dedit? vgl. ib. 23: Messala in libro de S littera.
IX, 4, 38: quae fuit causa et Servio . . subtrahendae S litterae (im Auslaut
vor anlautendem Consonanten) , quod reprehendit Luranius (Veranius?
Bergk), Messala defendit. Vgl. ib. I, 5, 15. R. Scholl, leg. XII tabb. p. 36 f.
not. 2 bezieht diese Schrift vielmehr auf den Augur Messala (oben 196, 11).
11. Gedicht zu Ehren des Messala Tibull I, 7 u. a. Panegyricus auf
ihn bei Tibull IV, 1. Elegia ad Messalam unten 225, 5, Anm. 2. Im All-
gemeinen vgl. D. G. Moller, disputatio de M. Valerie Messala Corvino,
218 f. M. Messala. L. Varius. 437
Altorf 1689. 4. C. van Hall, M. Yal. Mess. Corvinus, Amsterdam 1820.
2 Voll. L. Wiese, de M. Val. Messalae Corvini vita et studiis doctrinae,
Berlin 1829. 79 pp.
12. Ein Product des 15. Jahrh. ist das den Namen des Messala tra-
gende Scbriffcchen de progenie Aagusti Gaesaris, gedruckt herausgegeben
zuerst von J. Bedrot 1532. 1540, später in Ausgaben der scriptores bist.
roTO., des Eutropius u. s. w., zuletzt von C. H. Tzschucke, Lips. 1793, und
Kafaelle Mccenate, Rom 1820. H. Jordan im Hermes III. S. 426—428.
IL Dichter.
219, Unter den Dichtern der augusteischen Zeit ist der209
älteste L. Varius Rufus (um 680 — 740 d. St.), ein Bewunderer
schon des Caesar, dann des Octavian, und Verfasser von Epen
auf sie, am berühmtesten aber geworden durch seine Tragödie
Thyestes (J. 725) und durch seine Freundschaft mit Vergilius und
Horatius, namentlich seine Herausgabe der Aeneis des Ersteren.
Ungefähr gleichaltrig mit ihm und gleichfalls ein Freund des
Vergilius war Aemilius Mac er aus Verona (f 739 d. St.), Ver-
fasser von Lehrgedichten nach Nikandros, Omithogonia, Theriaca
und wahrscheinlich auch eines botanischen (de herbis).
1. Dass Varius ein ungefährer Altersgenosse des Helvius Clnna (oben
210, 2) und jedenfalls älter war als Yjergil erhellt aus Verg. £cl. IX, 35:
neque adhuc Yario videor nee dicere Cinna digna. Epos auf Caesar, de
morte, woraus Proben (12 Hexameter) bei Macrob. VI, 1, 89 f. 2, 19 f.
Daher Hör. S. I, 10, 51 f.: forte epos acer ut nemo Varius ducit. Hin-
weisung auf Verherrlichung der Thaten des Agrippa (und Octavian) durch
ein Epos des Varius bei Hör. 0. I, 6, 1 — 4. Erfüllung dieser Erwartung
nach Porphyrio zu Hör. Ep. I, 16, 25: versus Tene magis etc. . . sunt
notissimo ex panegyrico Augusti; vgl. Acro ib.: haec enim Varius de Au-
gusto scripserat. Zusammen mit Vergil (als Epiker) bei Hör. Ep. II, 3, 55.
Glaublich ist dass er auch Elegisches verfasste; Porph. zu Hör. 0. I, 6, 1:
fuit L. Varius epici (L. Müller, statt et ipse) carminis et tragoediarnm
(bekannt ist aber nur der eine Thyestes) et elegorum (oder elegiarum)
auctor, Vergilii contubernalis. Nur als Tragiker erwähnt bei Martial. VIII,
14, 7 f. Zur Zeit der Abfassung von Hör. Ep. II, 1, 247 (um J. 742) war
Varius bereits gestorben.
2. Scholion in der Pariser Miscellanhds. 7530 saec. VIII (Rhein. Mus. I.
S. 107), nach der UeberschriftlncipitThuestesVarii: Lucius Varius cognomento
EufuB Thyesten tragoediam magna cura absolntam post actiacam victoriam
Augusti ludis eins (J. 725, vgl. Dio LI, 19. 21) in scena edidit. pro qua
fabula sestertium deciens accepit. Vgl. F. W. Schneidewin, Bhein. Mus. I
(1842). S. 106—112. II. S. 638 f. Citat daraus bei Quintil. III, 8, 45. Zwei
anapästische Fragmente ohne Nennung des Stuckes bei Bibbeck, trag. lat.
p. 195 f. vgl. p. 347. ed. IL p. 229f. Quintil. X, 1, 98: Varii Thyestes cuilibet
438 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
graecarnm comparari potest. Tac. dial. 12 extr.: nee uUus Asinii aut Messalae
über tarn illuRtris est quam Medea Ovidii aut Yarü Thyestes. Philargyr. zu
Verg. Ecl. 8, 10: Varium, cuius ezstat Thyestes tragoedia, omnibus tragicis
praeferenda. F. G. Welcker, die griech. Tragödien III (1841) S. 1426—1430.
3. Verhältniss zu August (Hör. Ep. II, 1, 245 ff.), Maecenas (faneg.
in Pis. 238 f.: Maecenas tragico quatientem pulpita gestu evezit Varium;
vgl. Martial. VIII, 56, 21. XII, 4, 1 f.), Horaz (welchen Varins bei Maecenas
einführte. Hör. S. I, 6, 55; vgl. 5, 40. 93. 9, 23. 10, 89. II, 8, 21. 63) und
Vergil. Herausgabe der Aeneis, s. unten 224, 2. Schrift über Vergil; Quintil.
X, 3, 8: Vergilium paucissimos die oomposuisse versus aucter est Yarius.
Vgl. Gell. XVII, 10, 2: amici familiaresque P. Yergilii in iis quae de in-
genio moribusque eins memoriae tradiderunt.
4. Die von Heerkens dem Yarius zugeschriebene Tragödie Tereus hat
zum Yerfasser einen Italiener des 16. Jahrb., Gregorius Corrarius, und
wurde unter dem Titel Progne gedruckt, Yenedig 1558. 4. Weichert, de L.
Yario p. 118—120.
5. A. Weichert, de L. Yarii et Gassii Parmensis vita et carminibus
(Grimma 1836) p. 1—120. B. Unger, de Yalgii Bufi poematis (Hai. 1848)
p. 296 — 303, und L. Yarii de morto edogae reliquiae ezpl., Halle 1870.
28 pp. 4.
6. Hieronym. zu Eus. Ghron. a. Abr. 2001 » 28 Aug. = 739 d. St.:
Aemilius Macer Yeronensis poeta in Asia moritur. Serv. Yerg. Ecl. Y
in.: Mopsus (intellegitur) Aemilius Macer Yeronensis poeta, amicus Yergilii.
Ovid. Trist. lY, 10, 43 f.: saepe suas volucres legit mihi grandior aevo
quaeque nocet serpens, quae luvet herba Macer. Caton. dist. II. praef.:
quodsi mage nosse labores herbanim vires. Macer has tibi carmine dicet.
Quintil. X, 1, 87: Macer et Lncretius legendi quidem, sed non ut phrasin
. . faciant; elegantes in sua quisque materia, sed alter (Macer) humilis,
alter difficilis. ib. 56 : Nicandrum frustra secuti Macer atque Yergilins (oder
Yalgius, 8. d.)? XU, 11, 27: neque post Lucretium ac Macrum Yergilins.
YI, 3, 96: Ovidius ez tetrastichon Macri carmine librum in malos poetas
composuit. Tibull. II, 6 in. Manil. astr. U, 43 ff.
7. Hezameter aus Macer Aemilius Omithogonias secundo bei Diomcd.
I. p. 374, 21 E. vgl. Non. Marc. p. 220, 18 (Licinius Macer in Homitho-
gonia). 518, 25 (Aemilius Macer in Ornithogoniae libro I). Isidor. Orig.
XII, 7, 19. Unger p. 2—6. Macer Theriacon (H?) bei Charis. I. p. 81,
18 E. vgl. Isidor. Orig. XH, 4, 24. Unger p. 6 — 10. Sonstige unbestimmte
Anführungen bei Serv. Aen. I, 435. Schol. Bern. Georg. II, 160. Charis.
p. 65, 7. 107, 4. 133, 11. 14, sowie .72, 17. 100, 33; letztere beide Stellen
wohl aus dem botanischen Werke (Unger p. 11—14). Unter seinen Quellen-
Schriftstellern nennt Plinius den Aemilius Macer zu Buch IX, X, XI, XYII,
und es ist daher wahrscheinlich (Unger p. 16 f.) dass auch in Buch XIX,
XXI f., XXYin, XXIX, XXX, XXXU, wo bei ganz Ähnüchen Stoffen das
Quellenverzeichniss Licinius Maoer nennt, dieselbe Namensverwechslung zu
Grunde liegt wie bei Non. p. 220, 18 undDiomed. p. 369, 15 E. (oben 153, 7).
8. Broukhusius zu TibuU II, 6. p. 274 f. Maffei, Yerona ülustr. lU, 2.
219 f. AemiliuB Macer. Vergilius (Leben). 439
p. 41 ff. B. Unger, de Aemilio Macro Nicaudri imitatore, Friedland 1845.
18 pp. 4.
9. Fälschlicher Weise ti%t den Namen des Aemilius Macer das Werk
(in Hexametern) eines Arztes Odo im karolingischen Zeitalter de viribus
herbarum; s. Unger 1. 1. p. 10 f.
220. P. Vergilius Maro wurde geboren zu Andes bei2io
Mantua den 15 October 684 = 70 v. Chr. in bescheidenen Ver-
hältnissen, aber sorgfältig ausgebildet. Als im J. 713 und 714
d. St. das Gut seines Vaters wiederholt Veteranen Octayians
zugetheilt worden war bewirkte die Fürsprache hochgestellter
Freunde Rückgabe oder Ersatz. Seitdem lebte Vergilius theils in
Rom theils in Campanien (Neapel), vielfach gehemmt durch seine
schwache Oesundheit, aber allmählich in behagliche äussere Um-
stände gekommen. Nachdem er die Bucolica (713 — 715) und Geor-
gica (717 — 724) vollendet und herausgegeben hatte, die Aeneis
(seit 725) schon weit vorgerückt war, wollte Vergil zu deren
Vollendung sich nach Athen und Asien zurückziehen, Hess sich
aber in Athen von August zur Umkehr bewegen, erkrankte
bald darauf und starb zu Brundisium, den 22 September 735
= 19 V. Chr., 51 Jahre alt.
1. Quellen, a) Vita Yergilii ie commentario Valeri Probi sublata,
bei H. Keil, M. Valerii Probi comm. (HaUe 1848) p. 1 f. und in Reiffer-
scheids Sueton p. 52—54 vgl. p. 398 f. 0. Jahn's Persius p. CXLI ff. Der
Auszug ist nachlässig gemacht, hält sich aber von Fabeleien frei; Ribbeck
in Fleckeisens Jahrbb. 1863, S. 351 ff.
b) Donaths vita Vergilii bei Reifferscheid 1. 1. p. 54—68, und H. Hagen
in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. IV. p. 734—745; nach einer Pariser Hds.
herausgegeben von E. Wölfflin, Philologus XXTV. S. 153 — 165. Sie steht
vor des jüngeren Donat Commentar zu Vergil und ist wohl grösstentheils
geschöpft aus Sueton de vins illustribus, welcher selbst das Meiste dem
Asconius und dieser weiterhin den Schriften des L. Varius (oben 219, 3)
und C. Melissus (A. 4) verdankte; sie enthält viele werthvolle Angaben, ist
aber interpoliert durch Zusätze aus dem Commentar des Servius und nament-
lich durch allerlei widersinnige mittelalterliche Erfindungen, die in den
späteren Handschriften dem ursprünglichen Texte angefügt sind. Vgl.
Reifferscheid 1. 1. p. 399 — 404. Hagen p. 676—689.
c) Hieronymus zu Euseb. Chron. ad a. Abr. 1948. 1959. 1964. 1999
(nach AB; nach F um 1 — 2 Jahre früher). Gleichfalls aus Sueton.
d) Die den Namen des Servius tragende vita (vor dem Commentar
zur Aeneis), welche aber die echte, von Servius in seiner Einleitung zu den
Bucolica (IL p. 97) erwähnte nicht ist; s. Reifferscheid p. 399.
Ausserdem eine (nicht vollständig erhaltene) vita von Phocas, gram-
maticus urbis Romae, in Hexametern, fast ganz ausDonats vita entnommen;
440 Augusteißche Zeit. J. 711—767 d. St.
B. Reifferscheid p. 68—72 und p. 403 f. Antbol. lat. 671 R. Endlich vitae
von geringem Werthe in einzelnen Vergilbdss., wie zwei Bernern, einem
Monacensis und einem Reginensie; s. Reifferscheid p. 52 f. Hagen 1. 1.
p. 746.
2. Name. Die Inschriften aus der Republik und den ersten cbristL
Jahrhunderten haben ganz überwiegend Vergilius (nicht Virgüius); ebenso
die ältesten Hdss., wie der Mediceus; und auch die Griechen schreiben
fast durchaus BsgyClLog oder OvegyCliog. Das früheste datierbare Beispiel
für Virg. ist aus saec. V n. Chr. (s. bei Claudianus). Im Mittelalter, unge-
fähr seit saec. IX, föngt die Schreibung Virgilius an begünstigt zu werden,
besonders durch phantastische Ableitungen des Namens (von virgo oder
virga, die aber wohl selbst früher vergo und verga lauteten), und im 14.
und 15. Jahrb. erscheint diese als die siegreiche. Doch erwies schon da-
mals Angelus Politianus ihre Unrichtigkeit. Vertheidigungsversuch der
letzteren durch F. Schultz, orthographicarum quaestionum decas (Pader-
born 1855) p. 42 — 44. Dagegen s. £. Hübner, in Fleckeisens Jahrbb. 77,
S. 360 f. H. Hagen, ebds.*95, S. 608. Th. Creizenach, ebds. 97, S. 294—
296. F. Ritßchl, kleine philolog. Schriften II. S. 779—781. Vgl. Th. Bergk
im Philologus XXVIIL S. 441 f. Anm. J. Pohl im Programm von Linz am
Rhein 1871, S. 14—16.
3. Die Belege zu den Angaben über die Lebensumstände des Vergil
s. bei W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2644—2648, sowie bei
Ribbeck vor seiner Textausgabe des Vergil (Bibl. Teubneriana, Lips. 1867)
p. VIII— XXXVI. Name von Vergils Mutter Magia PoUa, des Vaters aber
Maro. Letzterer war mercennarius od^r figulus und brachte es durch seine
Thätigkeit allmählich zu einem kleinen Vermögen. Unterricht zu Gremona
seit 696. Nach Anlegung der toga virilis (15. Oct. 699 = 55 v. Chr.) nach
Mediolanum, 701 «s 53 nach Rom, wo Verg. studuit apud Epidium (oben
207, 4) oratorem cum Caesare Augusto (vita Bern.), ohne aber mehr als
einmal vor Gericht als Redner aufzutreten. Desto eifriger studierte er
Philosophie, worin sein und des (Alfenus) Varus (oben 205, 3) Lehrer der
Epikureer Siro {Ss^gmVy M. Haupt, Hermes I. S. 40 f.) war, sowie Mathe-
matik und andere Naturwissenschaften, auch Medicin. Zeit der Rückkehr
in die Heimat unbekannt. J. 713 Erstreckung der Güteranweisungen von
Cremona aus auf das nahe Gebiet von Mantua durch den limitator Octa-
vius Musa; Vergils väterliches Gut fiel einem Centurionen Arrius zu. Für-
sprache des Asinius PoUio und Cornelius Gallus bei Octavian. Nach Be-
endigung des perusinischen Kriegs ersetzte Octavian den Asinius Pollio in
Gallia transpadana durch den ihm ergebeneren Alfenus Varus, der dem
Vergil zwar Schutz versprach , aber nicht verhinderte dass durch den Primi-
pilar Milienus Toro sein väterliches Gut abermals in Besitz genommen
wurde, er selbst durch einen Clodius beinahe getödtet worden wäre. Flucht
Vergils und seines Vaters auf ein Gut das dem Siron gehört hatte (Ca-
tal. 10). Cornelius (Gallus) und (Aemilius?) Macer riethen sich nach Rom
zu wenden, wo der inzwischen durch seine Bucolica bekannt gewordene
Dichter durch Verwendung des Mäcenas Entschädigung far seinen Verlust
erbalten zn haben scheint^ etwa in Campanien (Gut bei Nola, Gell. VI
220 f. Vergilius (Leben und Charakter). 441
(VII), 20, 1). Ende 715 stand Yergü mit Maecenas schon so vertraut dass
er den Horaz in diesen Kreis einführen konnte. J. 717 trafen Beide auf
dem iter Brundisinum zusammen, Hör. S. I, 5, 40 iF. Vergils weiteres
Leben ist diurch keine äusseren Ereignisse bezeichnet. Dum Megara . .
ferventissimo sole cognoscit languorem nactus est eumque non intermissa
navigatione (aus Griechenland nach Italien) auxit ita ut aegrior aliqnanto
Brundisium appelleret, ubi diebus paucis obiit, XI Kai. Oct. 6n. Sentio
Q. Lucretio coss. Ossa eins Neapolim translata sunt. Donaths vita 35 (51).
52 Lebensjahre berechnet Anthol. lat. 560. 566 B.
4. Person. Corpore et statura fuit grandi, aquilo colore, facie rusti-
cana, varia yaletudine. nam plcrumque a stomacho et a faucibus ac do-
lore capitis labörabat, sanguinem etiam saepe reiecit. Donats vita 8 (19).
Daher ist sehr glaublich dass dem Horaz, bei seiner Schilderung S. I, 3,
29 ff., das Bild des Vergil vorschwebte. Zuverlässige Abbildungen von ihm
sind nicht auf uns gekommen. Donaths vita 16 (27): in sermone tardissimum
ac paene indocto similem eum fnisse Melissus tradidit. ib. 28 (43) f.: pro-
nnntiabat autem (seine Arbeiten) cum suavitate tum lenociniis miris.
5. Persönliche Verhältnisse. Donaths vita 13 (24): possedit prope
centiens sestertium ex liberalitatibns amicorum (Hör. Ep. II, 1, 246 f. mit
Schol. Martial. VIII, 56, 5 ff. Serv. Ae. VI, 862) habuitque domum Romae
Esquiliis iuxta hortos Maecenatianos, quamquam secessu (Tac. dial. 13)
Campaniae Siciliaeque plurimum uteretur. Bei seiner Bedürfnisslosigkeit
konnte denn Vergil ein ziemliches Vermögen hinterlassen. Heredes fecit
ex dimidia parte Valerium Proculum fratrem alio patte, .ex quarta Augu-
stum, ex duodecima Maecenatem, ex reliqua (je Vi,) L. Varium et Plotium
Tuccam, Donat. 37 (56). Vermählt war Vergil nie.
221. Vergil war persönlich eine kindlich harmlose lieben8-2li
würdige Natur; sanft und lauter und friedlich, ein guter Sohn
und treuer Freund, von ehrenhafter Gesinnung und voll Hin-
gebung an Personen wie ideale Interessen, aber den Anforder-
ungen und Schwierigkeiten des wirklichen Lebens wenig ge-
wachsen. Wenn er daher doch Feinde hatte, so galten diese
nicht seinen personlichen Eigenschaften, sondern seiner politisch-
literarischen Richtung und Stellung. Auch als Dichter ist er
wesentlich derselbe. Am besten gelingen ihm in allen Dicht-
gattungen solche Gegenstände welche gemütliche Wärme erre-
gen oder zulassen, wie die leblose Natur, das Heimatland, die
Familie und die Liebe. Aber er ist zu weich und zu wenig
genial als dass er auf dem seiner Natur zusagendsten Gebiete
hätte beharren und darauf Ruhm ernten können. Er lässt sich
von aussen auf Stoffe führen für die er nicht geboren war; er
sammelt für diese mit dem Fleisse des Gelehrten und feilt an
der Form mit der ünverdrossenheit eines Künstlers; aber die
442 AngnsteiBche Zeit. J. 711—767 d. St.
gewissenhafteste Arbeit ersetzt nicht den Mangel an Schöpfer-
kraft und Erfindungsgabe, an ursprünglicher Frische , Anschau-
lichkeit und Lebendigkeit. Dagegen erwirbt ihm die treue Arbeit
jene Correctheit und Eleganz in Composition, Sprache und Versbau
durch welche Vergil für den poetischen Sprachgebrauch und Stil
der Römer auf lange hinaus mustergültig geworden ist.
1. Nähere AusfQhning obiger Charakteristik bei W. Teuffei in Pauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 2648—2651.
2. Charakter als Mensch. Horaz nennt (S. I, 6, 54) den Vergil opti-
muB und (ib. 5, 40 f.) eine anima Candida; vgl. 8. I^ 3, 32 f.: bonns ut
meiior vir non alius quisquam etc. Auch die Schilderung eines Dichters
bei Hör. Ep. II, 1, 119 ff. ist sichtlich nach VergiFs Bilde entworfen. Aus
Donaths vita z. B. 11 (22): et ore et animo tarn probum constat ut Neapoli
na(fi'sv£ag vulgo appellatus sit ac si quanlSo Romae, quo rarissime com-
meabat, viseretur in publice sectantes demonstrantesque se subterfugeret
in prozimum tectum. Der Klatsch bei Donat 9 f. (20 f.) über sein Ver-
hädtniss zu seinen Lieblingssklaven Alexander (=» Alexis in Ecl. II) und
Kebes, sowie zu Plotia Hieria, einer amica (Hagen in Ribbecks prolegg.
p. VI— VIII, der auch den griechischen Namen dafflr anfahren konnte) des
L. Varius, beurteilte nach sich selbst das was ihm an Vergil unbegreiflich
war. Ib. 12 (23): bona cuiusdam exulantis offerente Augusto non sustinuit
accipere.
3. Donat. 43 (61): obtrectatores Vergilio numquam defuerunt. Als
solche werden von Donat angeführt Numitorius mit seinen Antibucolica (s.
222, A. 1), die Aeneidomastix des Carvilius Pictor, Herennius, welcher
tantum vitia eins, Perellius Faustus, welcher furta (eins) contraxit. sunt et
Q. Octavi Aviü^OfioioT^xatv (Reifferscheid: homoeon elenchon) octo yolumina,
quae quos et unde versus transtulerit continent, ib. 43 — 45 (61 — 63). Dazu
Bayius und Maevius (s. d.), der Antonianer Anser (oben 210, 8), Cornificius (oben
206, 2), Cimber (Quintil. VIH, 3, 27 f.), spater Caligula (Suet. Cal. 34) u. A.
Nachklänge daraus bei Macrob. Sat. I, 24, 6 f. III, 10—12 und bes. V, 3— 16
über die angeblichen furta des Vergil. Dagegen schrieb Asconius Pedianus
einen Über contra obtrectatores Vergilii, Donat. 46 (64). Vgl. Ribbeck Pro-
Icgomena p. 96 — 113.
4. Hör. S. I, 10, 45: molle atque facetum Vergilio annuerunt . . Ca-
menae. Schilderungen aus der leblosen Natur in den Ecl. und Ge., sowie
Ae. V, 213 ff. IX, 435 ff. XI, 68 ff.; halbidyllisch auch Ae. X, 803 ff. XI,
456 ff. Tgl. XII, 473 ff. Malerisch treffende Bezeichnungen ffir einzelne
Pflanzen, E. Meyer, Gesch. der Botanik I. S. 374 f. Patriotische Wäx^ne,
Go. 11, 136 ff. Ae. VI, 809 ff. 842 ff. Tiefes Gefühl für Familienglflck und
Mutterschmerz Ge. II, 523. Ae. VI, 680 ff. VIU, 408 ff. IX, 283 ff. 476 ff.;
auch die empfindungsreiche Stelle über Marcellus am Schlüsse von Ae. VI.
Von Vergils zartem Verständniss der Liebe zeugt das ganze vierte Buch
der Aeneis, das wohl für den gelungensten Theil des gesammten Werkes
gehalten werden darf. Von Sarkasmus dagegen findet sich bei Vergil fast
keine Spur, W. Hertzberg zu Aen. XU, 321. Alle seine Gestalten zeigen
221 «f. Vergilius (Charakter). 443
ein mild menschliches Wesen, ohne Schroffheiten und Härten, aber auch
ohne viel Energie^
5. Quintil. X, 3, 8: Vergilium paucissimos die composuisse versus auctor
est Varius (oben 219, 3), vgl. ib. 1, 86. Gell. XVII, 10, 2 f. Donat. vita
22 f. (33 f.) vgl. 34 (49). An den Georg, arbeitete Vergil mindestens 7 Jahre,
und an der Aen. hatte er schon mindestens zehn gearbeitet und gedachte
ihr noch triennium continuum zu widmen (Donat. 35 » öl), dann aber die
Feder für Jmmer niederzulegen und sich ganz einem beschaulichen Leben
zu ergeben (ut reliqua vita tantum philosophiae vacaret, Donat. 1. 1.) Da
das Dichten ihm eine Arbeit war, so sehnte er sich herzlich nach deren
Beendigung. Der unpraktische Gelehrte verräth sich oft genug in YergilB
Gedichten, z. B. Ge. I, 281 f. lU, 26 ff. IV, 408. Ph. Wagner bei Heyne
IV. p. 590—695. W. Hertzberg zur Aen. VIII, 660. 708. 726. Ueber den
Mangel an Originalität s. bei den einzelnen Gedichten und die Nachwei-
sungen von F. Ursini, Virgilius collatione graecorum scriptorum illustraffts,
Antv. 1568, Leov. 1747. F. G. Eichhoff, ftudes grecques sur Virgile, ou
Becueil de tous les passages des poötes grecs imit^s dans les Buc, les
Gdorg. et r£n^ide, Paris 1825. 3 Bde. Auch W. Bibbeck in seines Bru-
ders Ausgabe.
6. Seiner politischen Ansicht nach ist Vergil correcter Augusteer.
Zwar blickt er mit schwärmerischer Begeisterung zurück auf Roms grosse
Vergangenheit (Vergilius, amantissimus vetustatis, Quintil. I, 7, 18), aber
für die Gegenwart freut er sich doch vor Allem des gewonnenen Friedens
und versäumt keine Gelegenheit den Urheber dieses Zustandes in jeder
Tonart zu preisen. Dennoch ist er von dem — gegen Horaz mit so ^el
Geräusch und viel weniger Grund geschleuderten — Vorwurfe des Servi-
lismus ziemlich verschont geblieben, vielleicht weil er für weniger zurech-
nungsfähig galt ah dieser. Dem Antonius gegenüber erscheint auch ihm,
wie dem Horaz und Properz, die Sache des Octavian als die nationale,
Ae. VUI, 685 ff. Eine philosophische Weltanschauung tritt nirgends scharf
hervor; auch hier ist vielmehr Alles in Gemütlichkeit aufgeweicht. Vgl.
übrigens Aldenhoven, über den virgilischen Fatalismus, Ratzeburg 1850. 4.
R. Dietsch, theologumcnon Vergilianorum particula, Grimma 1853. 4.
7. Quintil. X, 1, 86: curae et diligentiae vel ideo in hoc (Verg.) plus
(quam in Homero) est quod ei fuit magis laborandum, et quantum emi-
nenübus vincimur fortasse aequalitate pensamus. Nur wird diese aequa-
Utas selbst, wenn sie durch Nichts unterbrochen wird, schliesslich ermüdend.
— C. G. Jacob, de epithetorum nonnuUorum apud Verg. vi atque natura,
Cöln 1829. 4. Th. Eppelin, über die Vergleichungen Vergils, Lahr 1862.
Spitta, Quaestiones Vergilianae, Gdtti. 1867. 4. (über den Gebrauch des
Pluralis zur Bezeichnung Eines Gegenstandes oder Begriffes). Ueber Ver-
gils Anwendung der Hypallage, Metonymie und des Hendiadys s. W. Hertz-
bergs Aeneis (Stuttg. 1859) S. XIV— XVUI. Ladewig, de VergiUo verborum
novatore. I. Neustrelitz 1869. 16 pp. 4.
222« Die erhaltenen Gedichte des Vergil sind^ nach der Zeit 212
ihrer Abfassung geordnet , folgende:
444 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
1) Bucolica, zehn eclogae, verfasst J. 713 — 715, Nach-
ahmungen, theil weise üebersetzungen Theokrits, aber mit
künstlichem Hereinragen von Personen und 'Vorgängen der
Gegenwart. Symmetrische Anlage ist ebenso unzweifelhaft als
durchgängige strophische Gliederung unerweislich.
1. Douat. vita 19 (30): cum res romauas iucohasaet ofPensus materia
ad Bucolica transiit, maxime ut Asinium Pollionem Alfeuumque Yarum et
Cornelium Gallum celebraret, quia in distributione agrorum . . indemnem
Be praestitissent. 25 (40): Bucolica triennio . . perfecit. (Vgl. Servius' vita
Verg.: tunc ei proposuit Pollio ut Carmen bucolicum scriberet, quod eum
congtat triennio scripeisse et emendasse.) 26 (41): Bucolica eo succeseu
edidit ut in scena quoque per cantores crebro pronuntiarentur (vgl. Tac.
di^. 13. Serv. Ecl. VI, 11). 43 (61): prolatis Bucolicis Numitorius quidam
rescripsit AntibncoUca, dnas modo eclogas, sed insulsissime , nagmöi^aceg.
unter den einzelnen Stücken gibt X sich selbst als letztverfasstes; auch I
und IX, IV und VIII, sowie VI bieten sichere Handhaben für Bestimmung
ihrer Abfassungszeit; von V ist wenigstens sicher dass sie nach II und III
verfasst ist, welche beiden, zusammen mit der ähnlichen VII, die Gattung
noch am wenigsten getrübt durch Zeitanspielungen zeigen und daher die
ältesten Stücke sein mögen. Vgl. Ribbeck, Prolegomena^. 1—10. C. Scha-
per in Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 633— -657. 769—794 und dagegen Ribbeck
1. 1. p. 10 — 13. Die Bucolica wurden, wie es scheint, zuerst als einzelne
eclogae (vgl. Symmach. epp. III, 11 g. E.) herausgegeben und hatten eigene
Ueberschrifben (Ecl. VI, 12). Dass bei der Herausgabe der ganzen Samm-
lung Ecl. I von Vergil selbst vorangestellt wurde (somit wohl überhaupt
die überlieferte Ordnung von ihm herrührt) erhellt aus Georg. IV, 566 vgl.
Ovid. Amor. I, 15, 25.
2. Theokrit gegenüber zeigen die Eklogen mehrfach ein Verfahren
ähnlich der Contamination bei den Palliatendichtern (oben 16, 10), wie z. B.
Ecl. III nach Theokr. IV und V gearbeitet ist, Ecl. VIII nach Theokr. II
und III. Die Vergleichung mit dem griechischen Dichter fällt selten zu
Gunsten des römischen aus; oft ist die Verschlechterung handgreiflich, wie
VIll, 43 ff. vgl. mit Theokr. III, 15 ff. Die Einmischung ganz fremdartiger
Dinge aus der nächsten Gegenwart kann gewiss auch nicht für eine Ver-
besserung gelten. Die Gestalten haben dadurch nicht an Leben gewonnen
dass Tityrus und Menalcas eigentlich Vergil selbst ist, Daphnis (Ecl. V)
Caesar, Lycidas == Varius, Amaryllis ^= Hieria (s. oben 221, 2) oder
dass Ecl. III, 84 ff. von Amyntas kurzweg zu Pollio übergesprungen
wird. „Theilweise ist von dem eigentlichen bukolischen Charakter gar
nichts übrig geblieben, z. B. Ecl. IV, worin das mit dem Consulat des
Pollio und mit dessen gleichzeitig geborenem Sohne angeblich beginnende
goldene Zeitalter in einer übertriebenen, trotz einzelner ansprechender
Stellen dennoch im Ganzen wenig geschickten Weise geschildert wird."
C. Peter, G. R. III. S. 105. — Gell. IX, 9, 4 ff. G. A. Gebauer, de poeta-
rum graecorum bucolicorum, inprimis Theocriti, carminibus in Eclogis a
Vergilio expressis libri duo. Vol. I (librum I pai'temque posterioris con-
22^ f. Vergilius (Bucolica und Georgica). 445
tinens), Lips. 1861. 256 pp. 8. (früher Part. I. 1856); und Qaatenas Yergi-
liuB in epitheiis imitatus sit Theocritnm, Lips. 1863. 4. (Programm von
Zwickau.) Aelteres: J. 6. Mensel, de Theoer. et Virg. poetis bucolicis,
Götti. 1766. 4. J. C. Jahn, compar. Id. XI Theocriti cum Ecl. II Virgilii,
Culmbach 1781. 4.
3. Die Modeliebhaberei der sogen, strophischen Composition hat auf
die Eklogen zuerst angewendet Bibbeck in Fleckeisens Jahrbb. 75, S. 65 —
79 und dann in seinen Ausgaben. Vgl. R. Peiper ebds. 91, S. 344 — 355.
96, S. 456—460. 97, S. 167 f., Westphal, griech. Metrik U (1868) S. XVIII,
und das nüchterne Urteil von Ph. Wagner, Lect. Vergil. (1859) p. 92.
Wem etwa durch die Ausstattung der Gedichte mit Aap a |3', aaaa, a'a'a'a'
u. 8. f. das Yerständniss derselben und die Freude daran erhöht worden
sein sollt«, dem sei das von Herzen gegönnt; wir können es nicht von uns
rühmen und haben die üeberzeugung dass die ganze Hypothese vor einer
unbefangenen Betrachtung der Eklogen selbst nicht Stand halt. Auch
konnte dieselbe ohne die herkömmliche Auswerfung einer Anzahl Verse
die ihr hinderlich waren und ohne Annahme etlicher Lücken an Stellen
wo sonst Niemand etwas vermissen würde (wie VIII, 58. X, 47) nicht
durchgeführt werden. Was bei den Wechselgesängen (wie III, 60 ff. VII,
21 ff.) selbstverständliche Forderung war, das durfte, schon zur Unter-
scheidung von jenen, nicht kurzweg auf die Gedichte im Ganzen überge-
tragen werden.
4. Virgils ländliche Gedichte (Text, metrische Uebersetzung und aus-
führliche Erklärung) von J. H. Voss in 4 Bdn. (ThL I und ü enthält die
Bucolica, III und IV die Georg.), Altona 1797. 1830. Uebersetzt von
C. N. Osiander, Stuttgart (Metzler) 1834. 16. und (kürzer) Stuttgart 1853
(Class. d. Alt.). F. W. Genthe, Virgils Eklogen, metrisch übersetzt, mit
einer Einleitung über Virgils Leben (S. 3 — 32) und Fortleben als Dichter
(S. 35 — 44) und Zauberer (S. 47 — 85) und einem Versuch über die Ekloge
(S. 89 — 134), Magdeburg 1830.» Leipzig 1855 (zweite umgearb. Aufl.). Ueber-
setzt (mit Georg, und Jugendgedichten) von W. Binder, Stuttgart (Iloff-
mann) 1856.
5. Varianten der Weissenauer Hdschr. zu Verg. bukolischen Gedichten,
im Feldkircher Programm 1861. 4. P. Hofman-Peerlkamp, ad Virgilium
(Ecl. und Georg.), Mnemosyne X. p. 1—49. 113 — 162. 229—308. 367—387.
Th. Ladewig, Beurteilung der Peerlkampschen Bemerkungen zu den länd-
lichen Gedichten Vergils, Neustrelitz 1864. 26 S. 4.
6. Freymüller, über die messianische (!) Weissagung in Vergils Ecl. IV,
Progr. von Metten 1852. 29 S. 4. L. Qiesebrecht, Damaris II (1861) S.
197 ff. Zu EcL VIII vgl. E. v. Leutsch, Philologus XXII. S. 214—220 und
Peiper in Fleckeisens Jahrbb. 1864, S. 456—460. G. Gevers, die zehnte
Ekl. des V. eine Parodie (Verden 1864) mit Ph. Wagner in Fleckeisens
Jahrbb. 91, S. 773 — 776. G. Bippart, Beiträge zurErkl. u. Kritik d. Virg.
(Ecl. I u. II), Prag 1868. 4. (Abhandl. d. k. Ges. d. W.)
223. 2) Georgica, vier Bücher, verfasst 717—724 d. St.213
Das erste Buch hat den Ackerbau zum Gegenstände, das zweite
446 AuguBteische Zeit. J. 711—767 d. St.
die Baumzucht^ das dritte die Viehzucht^ und das vierte die
Bienenzucht. Das Werk ist ein Lehrgedicht^ yeranlasst durch
Maecenas und ihm gewidmet^ aber den eigenen Neigungen und
Anschauungen des Dichters vollkommen entsprechend. Der Stoff
ist daher mit sichtlicher Liebe und Wärme behandelt und so
weit verklärt und vergeistigt als seine Natur zuliess, so dass
auch die lehrhaften Abschnitte sich von dem Tone der rein poe-
tischen nicht auffallend unterscheiden. Diese ihre meisterhafte
Form macht die Greorgica zum vollendetsten grosseren Erzeug-
nisse der römischen Eunstpoesie.
1. Donats vita 20 (31): deinde (nach Buc.) edidit Georgica in honorem
Maecenatis. 26 (40): Georgica septem . . parfecit annis. (Vgl. Serv. vita
Verg.: item propoBuit Maecenas Georgica, quae scripsit emendavitque
Septem annis.) 27 (42): Georgica reverso post actiacam victoriam Augnsto
atque Atellae reficiendarum faucium cansa commoranti per continunm
quadridunm legit, snscipiente Maecenate legendi vicem quotiens interpel-
laretnr ipse vocis offensione. Das Werk war also damals (Mitte des J. 725
d. St.) vollständig fertig und zur Herausgabe reif, kann in diesem Zustande
aber bereits mehrere Monate gewesen sein. Dass nunmehr aber mit der
Yeröffentlichnng nicht länger gezOgert wurde macht der Beginn der Ar-
beiten für die Aeneis wahrscheinlich, vor welchen Vergil die Georg, so
gewiss abgeschlossen haben wird als die Buc. nachdem er den Entschlnss
zu den Georg, gefasst hatte. Auf eine zweite Ausgabe durch Vergil führt
Serv. Ecl. X, 1: fuit autem (Cornelius Gallns, s. unten 227) amicns Vergi-
lii, adeo ut qnartus Georgicorum (liber) a medio usque ad finem eins lau-
des teneret, quas postea (nach des G^us Ungnade und Tod, J. 728 d. St)
iubente Aagusto in Aristaei fabulam commutavit. Vgl. zu Georg. IV, 1:
sciendum . . nltimam partem huius libri esse mutatam. nam laudes Galli
habuit locus ille qui nunc Aristaei et Orphei continet fabulam, quae in-
serta est postquam irato Augusto Gallus occisus est. Ein solches Ansin-
nen hätte man dem Horaz gewiss nicht gemacht, und noch gewisser hätte
er es nnberücksichtigt gelassen. Der weiche Vergil aber entsprach ihm,
und so entstand eine zweite authentische Ausgabe, veröffentlicht etwa 729
d. St., da die Umarbeitung nur für die Oeffentlichkeit bestimmt sein
konnte. Dass bei dieser (jelegenheit der Dichter auch sonstige Aender-
ungen vornahm ist an sich glaublich, und manche Spuren weisen positiv
darauf hin (Bibbeck Prolegg. p. 23. 24. 30); tiefgreifend können sie aber
nicht gewesen sein, da noch im jetzigen Bestände keine Zeitandeutong
über das J. 717 einerseits und 724 — 725 andererseits hinausfahrt (ib. p.
14 — 22). Auf eine dritte Ausgabe lässt schliessen Donats vita 40 (53): Va-
rio ac simnl Tuccae scripta sua sub ea condieione legavit ne quid ederent
quod non a se editnm esset, sofern diess eine Vollmacht zu neuer Her-
ausgabe der Buc. und G^rg. mitenthält. Dass bei dieser dritten Ausgabe,
durch fremde Hand and nach zweierlei authentischen, einzelne Verwirr-
ungen entstehen konnten ist begreiflich; von einer Nichtvollendung der
223 f. Vergilins (Georgica). 447
Georg, kann man aber deshalb nicht reden, während doch Anfang und
Schlnas zeigen dass der Dichter in seinem Theile das Werk fertig gemacht
hat. Die in jenen Prolegg. p. 31 — 48 sich findenden Ausstellungen sind
theils unerheblich theils beweisen sie höchstens dass das Gedicht noch
vollendeter sein konnte.
2. Ffir den Stoff standen dem Yergil die Anschauungen und Erfahr-
ungen seiner eigenen Jugend zu Gebote. Daneben wird er aber, seiner
ganzen Natur nach, nicht unterlassen haben auch Bflcher zu Bathe zu
ziehen, zumal da wie die griechische so auch die römische Literatur ge-
rade für die Landwirtschaft reichhaltig genug war (s. oben 52). Serv.
Geoig. I, 43: sane sciendum Xenophontem scripsisse unum librum Oeco-
nomicon, cuius pars ultima agriculturam continet. de qua parte multa ad
hoc opus Vergilins transtulit, sicut etiam de (^eorg^cis Magfonis Afri (oben
62, 1), Catonis (oben 121), Yarronis (oben 166), Ciceronis quoque libro
tertio Oeconomicorum (oben 183, 18), qui agriculturam continet üeber
Hyginus s. d. Macrob. V, 2, 4: vulgo nota sunt quod (Yergiüns) Theocritnm
sibi fecerit pastoralis operis anctorem, ruralis Hesiodum et quod in ipsis
Georgicis tempestatis serenitatisque signa de Arati Phaenomenis traxerit.
Gell. TX.y 9, 3: scite et considerate Vergilins, cum autHomeri aut Hesiodi aut
Apollonii aut Parthenii (vgl. ib. XIII, 27, 1 f.) aut Callimachi aut Theocriti
aut quorundam aliorum locos effingeret, partem reüquit, alia ezpressit.
Prob. comm. in Georg, p. 42, 13 ff. E.: haue universam disputationem
(G^org. I, 233 ff.) certum est Vergilium transtulisse ab Eratosthene, cuius
über est hexametris versibus scriptus, qui Hermes inscribitur. Plin. N. H.
XVIII, 75: Vergilins etiam in numeros lunae digerenda quaedam putavit,
Democriti secutus ostentationem. Planmftssiges Befolgen einer einzigen
Haaptquelle lässt sich aber nicht erweisen. — Nach Suidas v. Uif(fiav6g
verfasste ein Arrianos (letdtpQaaiv xmv rtca^yinciv tov BsQyiXUov iniumg.
Ein warmer Bewunderer der Georg, ist Columella (III, 1, 1. VII, 1, 3. X,
praef. 3 u. v. 433 ff.).
3. Ausgabe von G. Wakefield, Cantabrig. 1788. Lateinisch und deutsch
von J. C. Manso (Jena 1783) und J. H. Voss (landl. Gedichte III u. IV).
üebersetzt von F. W. Genthe (Quedlinb. 1829) und C. N. Oslander (Stutt-
gart, Metzler, 1835 und 1853).
4. Ueber die Georgica s. in Heyne -Wagner's Ausgabe I. p. 265—278.
E. Tegner, de digressionibus in Georg. Verg., Lund 1799. De Veig. Georg,
von E. L. Posselt (Carlsruhe 1786), A. G. Rein (Gera' 1829. 4.). Bruner,
de carm. didascal. (Helsingf. 1840) p. 41 — 50. Jos. Schiestl, Virg. Georg,
tantum abest ut sint poema omnibus numeris absolutum ut potius sint
poema verae genuinaeque poesi omnino repngnans, Amberg 1830. 4. Jahn,
Praef. p. XXXI— XXXVI. XL. Genthe a. a. 0. S. 17 — 23. Tittler, ober
die Zeit der Veröffentlichung der Georg., Brieg 1857. 21 S. 4. Unter-
berger, Virg. Georg., ein literatnrgeschichÜicher Versuch, Brixen 1863. 4.
5. Hanow, schedae criticae ad Verg. G^rgica, Lissa 1863. 4. Th. Momm-
sen, zu den Schollen der vergilischen Georg., Rhein. Mus. XVI. S. 442—453
vgl. XVII. S. 143 f. G. Thilo, Servil in Verg. Georg. I, 1 — 100 commen-
tarius, Halle 1866. 4.
448 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
214 224, 3) Aeneis, zwölf Bücher, ums J. 725 begonnen,
aber bei dem Tode des Dichters (J. 735) noch unvollendet und,
dessen dringendem Wunsche zuwider, von L. Varius und Tucca
herausgegeben. Gegenstand des Epos ist Aeneas als Gründer
eipes neuen Ilion mittelst der Stadt Rom und in dieser des ju-
lischen Greschlechtes. Für die Ausführung benützte der Dichter
theils griechische Epiker theils machte er umfassende Studien
über italische Sagen, Geschichten und Oertlichkeiten, und mischte
Griechisches und Italisches absichtlich durch einander, zum
Schaden der Naturwahrheit. Aber in der Darstellung seelischer
Zustande zeigt er Feinheit und tiefes Verstandniss. Im Uebri-
gen bleibt die Begründung des Geschehenden allzu äusserlich,
die Handlung selbst, ausser im zweiten und vierten Buche,
ohne frisches Leben, der Held zu marklos. Der Ton ist etwas
einförmig pathetisch und vom Natürlichen abgekehrt. Auf roma-
nische Ohren aber hat zu allen Zeiten diese vornehme Rundung
der Sprache einen Zauber geübt wie wir ihn wenigstens bei
dem Wohlklange der männlich schonen Verse empfinden.
1. Das Versprechen Georg. III, 46 f. (mox tarnen ardentie accingar
dicere pugnas Caesaris u. s. w.) würde eher auf ein Epos zu Ehren Octa-
vians Bchliessen lassen; wohl mit dessen Zustimmung (oder nach Seryius
auf seinen Wunsch) wurde aber der Gegenstand erweitert. Ums J. 728
hat Propertius bereits Eenntniss von dem erweiterten Plane; s. Prop. III,
32 (II, 34), 61—66. Vgl. Donat. 30 (45). Ib. 25 (40): Aeneida XI perfecit
(relativ) annis. 23 (34) : Aeneida prosa prius oratione formatam digestamque
in XII libros particulatim componere instituit, prout liberet quidque, et
nihil in ordinem accipiens. (24 =» 35.) ac ne quid impetum moraretur
quaedam imperfecta transmisit, alia levissimis yerbis veluti fiilsit, quos
per ioeum pro tibicinibus interponi aiebat ad sustinendum opus, donee
solidae columnae advenirent. Vergil griff also die poetische Ausarbeitung
des in Prosa Entworfenen an verschiedenen Enden an, je nach Stimmung,
ohne sich an die Ordnung seines Entwurfes zu binden, ib. 30 (45): Aene-
idos yixdum coeptae tanta exstitit fama ut Sex. Propertius non dubitaverit
sie praedicare (s. otien), (31 =» 46) Augustus vero — nam forte expeditione
Cantabrica (J. 729) aberat — supplicibus atque etiam minacibus per io-
eum litteris efBagitaret ut ,^sibi de Aeneide yel prima carminis vnoyQatprj
vel quodlibet %mXov mitteretur". cui tamen multo post perfectaque de-
mum materia (nicht auch die ganze Form) tres omnino libros recitavit,
secundum, quartum et sextum. Anspielung auf Ae. VI, 287 f. bei Horaz
(0. n, 17, 17 f. etwa vom J. 727), der diesen Theil vorher gekannt haben
wird,
2. Donats vita 37 (56): . . L. Varium et Plotium Tuccam, qui eins
Aeneida post obitnm iussu Caesaris emendaverunt. 39 (52): egerat (Ver-
gilins) cum Vario, prius quam Italia decederet, ut si quid ipsi accidisset
224. VergiliuB (Aeneis). 449
Aeneida CQmbureret; at is ita factnrum se pernegarat; igitur in exirema
yalitudine assidue scrinia desideravit/ crematumB ipse; verum nemme af-
ferente nihil quidem nomioatim de ea cavit. (40 =» 63.) ceterom eidem
Yario ac simul Taccae scripta sua sab ea condicione legayit ne quid ede-
rent quod non a se editom esset. (41 =» 59.) edidit antem auctore Augnsto
VariuB, sed summatim emendata, nt qui yersus etiam imperfectos sicut
erant reliquerit. Hieronym. zu Euseb. chron. a. Abr. 2000 = Aug. 27 =
738 d. St: Varius etTucca, Vergili et Horati contubernales, poetae babentur
illustres. (Von Tucca ist sonst nicht bekannt dass er selbst Dichter gewesen.)
qui Aeneidum postea libros emendarunt sub lege ea ut nihil adderent.
Serv. prooem. zur Aen. p. 1 f. L.: postea ab Augusto Aeneidem propositam
scripsit, annis undecim; sed nee emendavit nee edidit, unde eam moriens
praecepit incendi. Augustus vero, ne taatum opus periret, Tuccam et
Varium hac lege iussit emendare ut superflua demerent, nihil adderent
tarnen. Zweifelhafte Proben ihrer redigierenden Thätigkeit werden angeführt
von Servius zu Ae. II, 667 — 688 (vgl. K. Kappes, zur Erklärung der
Aeneis, Freiburg 1859). IV, 436. V, 871. VII, 468. Vgl. Ribbeck, Prolegg.
VergiL.p. 90 — 96. Das superflua demere konnte sich nur auf Varianten
erstrecken, lässt sich aber nicht mehr sicher verfolgen. Uebrigens vgl.
noch Gell. XVU, 10, 6 f.: quae procrastinata sunt ab eo, ut post recense-
rentur, et absolvi quoniam mors praeverterat nequivenmt, nequaquam
poetarum elegantissimi nomine atque iudicio digna sunt, itaque cum morbo
oppressus adventare mortem videret petivit oravitque a suis amicissimis
impense ut Aeneida, quam nondum satis elimavisset, adolerent.
3. Die Vermutung von L. Lersch (Süddeutsche Schulzeitung IV, 2. S.
88 ff. und Mus. d. rhein.-westphäl. Schulm. UI. 1845), dass die Aeneis
ursprünglich auf 24 Bücher berechnet gewesen sei, je von dem Umfange
eines Buches der Georgica, und die jetzige Eintheilung dicht von Verg.
selbst herrühre, hat nur etwa die Analogie der homerischen Gedichte für
sich (welche aber für den bescheidenen Dichter vielleicht eher eine Ab-
mahnung von der Zahl 24 war) und das bestimmte Zeugniss Donats (bzhgws.
Suetons), vita 23 (34), gegen sich. Die Meinung aber als hätte Vergil die
Absicht gehabt den Stoff über den Tod des Turnus hinaus, bis zu Aeneas'
Ansiedlung in Latium, weiterzuführen widerspricht der Gesammtheit der
Nachrichten, die nur eine qualitative Nichtvollendung kennen, und be-
stimmten Andeutungen des Gedichts selbst; s. XII, 803. 819 ff. 833 ff. Vgl.
W. Hertzbergs Aeneis S. IV f-
4. Bei einem so zweifellos unvollendeten und von seinem Verfasser
selbst zur Vernichtung bestimmten Werke ist es selbstverständlich dass es
— ausser den grossen kSnstlerischen (s. A. 6) — Mängel im Einzelnen und
Kleinen, Incongruenzen, Lücken, Widersprüche, Vergessliohkeiten, Rech-
nungsfehler u. dgr. enthält. So hat schon Markland (praef. zu Stat. Silv.
a. E.) bemerkt dass in der Aeneis nonnulla sunt contradictoria, multa
languida, exilia, nugatoria, spiritu et maiestate carminis heroici defecta,
und Peerikamp hat (in seiner Ausg. der Aen., Lugd. Bat. 1843) diess in
seiner Weise näher nachzuweisen gesucht, mit obligater Folgerung auf
Interpolation der getadelten Stellen. (Gegen Peerikamp s. J. Freudenberg,
Tkutfel, BOm. Literalargesoliichic. 2. Aufl. 29
450 Augusteische Zeit J. 711—767 d. St.
Vindiciar. Virjjr. spec, Bonn 1846. 4. J. Siebeiis, in Aen. ab H. P. editae
librum I. adnotationes , Hildburgh. 1845. 29 pp. 4. S. J. £. Bau, de versibus
spurüs in Aen. I., Leyden 1845. Jahn's Jahrbb. XLIII. S. 3 — 53.) Incon-
gruenzen in den sechs ersten Büchern hat herrorgehoben Fr. Conrads,
Quaestiones Virgilianae, Trier 1863. 4.; für alle Bücher ist in Peerlkamps
Fussstapfen getreten Bibbeck Prolegg. p. 69 — 87, wo gleichfalls der unter
den gegebenen Umständen vergebliche Versuch gemacht ist bei diesen
kleinen UnvoUkommenheiten zu unterscheiden zwischen solchen die ihren
Orund in der Unfertigkeit des Gedichts haben und anderen die von angeb-
lichen Interpolatoren herrühren. Dass alle Bücher (wenn auch in ver-
schiedenem Masse) unvollendet sind beweisen schon die in allen ohne Aus-
nahme vorkommenden unvollständigen Verse (im Ganzen 68). Vgl. noch
Th. Ladewig, über einige Stellen des Vergil, Neustrelitz 1863. 25 S. 4.
5. Der Glaube dass die Römer, von einer Colonie her welche Aeneas
in Latium gegründet, die in den sibyllinischen Büchern genannten Aenea-
den und Abkömmlinge der Trojaner seien, vielleicht ursprünglich durch
schmeichlerische Griechen den eiteln römiscltien Grossen eingepflanzt, fand
schon zur Zeit des ersten punischen Krieges in Rom offizielle Verwerth-
ung; s. Justin. XXVIII, 1, 5 f. Suet. Claud. 25. Seitdem ist dieser
Zusammenhang ein stehender Glaubensartikel der römischen Geschicht-
schreiber in Prosa und Versen. A. Seh eben, de poetis Aeneae fugam atque
fata ante Virgilium describentibus , Münstereifel 1828. 4. Namentlich
wurde er angeknüpft an die angebliche TJebersiedlung der troischen Hei-
matsgötter nach Latium (Lavinium); W. Hertzberg zur Aeneis S. 334 — 338,
und im Allgemeinen Schwegler, Rom. Gesch. I. S. 279 flF. bes. S. 307 iF.
Eigens behandelt war er aber vor Vergil noch nicht worden. In der
Zeit des Augustus kam zu den nationalen Beweggründen noch das dynast-
ische dass Aeneas mittelst seines Sohnes lulus =» Ascanius der Stamm-
vater der gens lulia sein sollte. Vergil hebt an seinem Helden ganz be-
sonders diese seine providentielle Mission hervor, so sehr dass derselbe
darüber zu keinem selbständigen Handeln kommt. Er ist überhaupt von
Vergil sehr nach seinem eigenen Bilde geschaffen: weichmütig, zu Thränen
geneigt, piet-ätsvoU, für die edelsten Empfin4angen zugänglich, aber ohne
eigene Initiative, von aussen her — insbesondere von den Göttern — ge-
leitet und geschoben. Wie der zarte Stammhalter eines glänzenden Hauses
wird er von den Göttern ängstlich gehütet und geht auch selbst, im Be-
wusstsein seiner Aufgabe, gefährlichen Abenteuern möglichst aus dem
Wege. Für den Helden eines Epos ist diess eine sehr bedenkliche Stel-
lung, und die dumpfe Leblosigkeit eines grossen Theils der Aeneis hat
hierin ihre Wurzel. Zudem war die ganze Aeneassage ein Erzeugniss der
Reflexion, ohne Boden im Volke, ohne Verzweigung mit dem öffentlichen
Leben, und Vergil musste ihr erst künstlich solche Berührungspunkte
schaffen. Er sucht jeden Zweifel niederzuhalten durch consequente, plan-
mässige Identificierung des Troisch-Hellenischen mit Italischem, und Durch-
einandermengung des Mythischen und Geschichtlichen; aber dadurch ist
etwas Schiefes, Widerspruchsvolles, Haltungsloses in seine Darstellung ge-
kommen, eine Unsicherheit des Bodens und der Beleuchtung die durch
keine Localfarbung gut zu machen war, wie sie Vergil unverkennbar er-
224. Vergilius (Aeneis). 451
strebt und auch yielfach erreicht hat. Vgl. seinen Brief an August bei
Macrob. I, 24, 11: paene yitio mentis tantum opus ingressus mihi Tideor,
cum praesertim . . alia quoque studia ad id opus multoque potiora im-
pertiar. So wird ib. 16 f. die in der Aen. zu Tage tretende Eenntniss des
ins pontificium und ins augurale gerühmt; III, 1, 6 ff. ebenso in Bezug auf
inferorum deorum cultus; 2, 7 seine profunda scientia, wie sie sich in der
yerborum proprietas bei der Technik des Opfems u. s. w. zeige; I, 24, 18
dass er astrologiam totamque philosophiam . . operi suo . . adspersit.
Ebenso Serv. zu Aen. VI in.: totus quidem Yergilius scientia plenus est
etc.; zu II, 67: saepe dictum est Yergilium inventa occasione mentionem
iuris pontificii facere in quacunque persona. Vgl. auch Niebuhr, Rom.
Gesch. P. S. 112. 217 f. Helliez, Geographie de Virg., Paris 1771. 1820.
Bonstetten, Yoyage sur la scdne des dix demiers livres de rfin^ide, Genf
1804 f. (deutsch von K. G. Schelle, Leipzig 1806. 2 Bde.). H. Töpfer, Vir-
gilii geographia in Aeneide exhibita, Arnstadt 1828 — 1834. 4 Fartt. 4.
C. N. Oslander, de carmine epico Virgilii' vere populari, Stuttg. 1816. 4.
L. Lersch, de morum in Virg. Aen. habitu, Bonn 1836; Die Idee und anti-
quarische Bedeutung der Aeneis, im Mus. d. rhein.-westph. Schulm. ü, 1.
S. 18 — 36; und: Antiquitates Yergilianae, ad yitam populi rom. descriptae,
Bonn 1843. A. Göbel in Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 658 — 662. Ch. Muff,
antiquitates rom. in Virg. Aen. illustratae, Halle 1864. A. No81, Virgile
et ritalie, Faris 1866.
6. Macrob. I, 24, 18: praedicarim quanta de Graecis cautus et tam-
quam aliud agens modo artifici dissimulatione, modo professa imitatione
transtulerit. Dagegen Asconius vertheidigte den Vergil gegen Vorwürfe
circa historiam fere et quod pleraque ab Homero sumpsisset (yita 46 ==>
64). Aus den homerischen Gedichten entnahm Vergil theils die allgemeine
epische Oekonomie und Technik theils vieles Einzelne, insbesondere dass
er mit dem letzten Theile der Irrfahrt des Aeneas beginnt und seine frü-
heren Erlebnisse ihn nur nachträglich erzählen lässt; wie auch B. VI ganz
Odyss. XI nachgebildet ist und überhaupt der ersten Hälfte (den Irrfahr-
ten) ebenso die Odyssee zu Grunde liegt wie der zweiten (Kämpfe) die,
Ilias. Ton und Geist der Aeneis steht freilich zu Homer in diametralem
Gegensatze. Literatur ausser dem oben 221, 6 Angeführten: A. G. Walch,
de eo quod nimium est in imitatione Homeri Virgiliana, Schleusi. 1733. 4.
J. A. H. Tittmann, de Virg. Homerum imitante, Wittenb. 1787. 4. F. Sey-
bold, Vergleichung Virgils und Homers, nebst Bemerkungen z. Kritik des
Ersteren, Firmasens 1789. 4. G. C. Lauter, de Virg. imitatore Homeri,
Heidelb. 1796. 4. Andrea, Jocorum Homero -Virgilian. spec. I. IL, Jena
1804. 1814. H. Müller, Hom. u. Virgil, eine Farallele, Erfurt 1807. J.
Eckert, Farallele zw. d. Rias und Virg. Aen., München 1829. 4. K. A. Stein-
metz, de aliquot locis Odysseae et Aen. ad orci maniumque descriptio-
nem pertinentibus, Merseb. 1840. 4. H. Wedewer, Homer, Virgil, Tasso,
Münster 1843 ; und : üeber die Episoden in der Aeneis, Museum d. rhein.-
westphäl. vSchulmänner I. S. 78 ff. L. Müller, de re metr. p. 219. 223.
307. 322. M. Wilms, qua ratione Verg. in Aen. aut locuturum aliquem
aut locutum esse indicaverit, Duisburg 1866. 4. Der Stoff des zweiten
Buches ferner ist den Kyklikem (Fisander? Macrob.^ V, 2, 4) entnommen,
29*
452 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
B. IV dem vierten Buche des Apollonius Rhodius (lason und Medea) nach-
gebildet. Von römischen Dichtem hat Yergil besonders den Ennius be-
nützt (z. B. VI, 846), wie Servius in seinem Commentar an vielen Stellen
und Macrob. VI, 1 f. nachgewiesen hat; ebenso non verba sola sed versus
prope totos et locos quoque Luoreti plurimos sectatum esse Vergilium vi-
demus (Gell. I, 21, 7 vgl. Macrob. 1. 1.). Zufällig dagegen ist wohl das
zeitweise Zusammentreffen im Ausdrucke mit Naevius, A. Furius und an-
deren römischen Epikern. — Im Allgemeinen Kuschel, über die Quellen von
Vergils Aeneis, Breslau 1858. 32 S. 4.
7. „Zwar ist Vergil noch weit entfernt von jenem ewigen Gelärm und
Gepolter seiner bramarbasierenden Nachahmer; . . aber es bleibt auch so
noch genug von erkünsteltem Pathos übrig, das sich . . besonders in
wuchtigen Attributen Luft macht, die denn freilich durch masslose Wie-
derholung ihren eigenen Eindruck schwächen. So kommt z. B. das Ad-
jectiv ingens in der Aeneide 152 mal, immanis 43 mal vor." W. Hertzberg
vor seiner Aeneis S. IX.
8. Die Sorgfalt Vergil's in Ausfeilung seiner Verse ist besonders von
L. Müller de re metr. p. 140 f. 183. 190 f. nachgewiesen. Sie gilt auch von
der Aeneis, obwohl hier Stoff und NichtvoUendung eine gewisse Lockerung
der Strenge mit sich brachten. Von Aelterem s. z. B. Gossrau, de hexa^
metro Vergilii, in seiner Ausg. der Aen. p. 624 ff.
9. AllgemMnes Preisen der Aeneis (bzhgsw. des Vergil) bei Ovid Amor.
I, 15, 26 f. A. A: III, 837 f. Rem. am. 396. Trist. II, 633 ff. Prop. III,
32,. 66 f. Quintil. X, 1, 66. 86 ff. Stat. Theb. XII, 816 u. A.
10. EinfluBs der Aeneis auf die deutsche Literatur, zuerst durch Heinr.
v. Veldek's Eneide (um 1180); s. G. Gervinus, Gesch. der poetischen Na-
tionalliteratur I. S. 238 ff. Cholevius, Gesch. der deutschen Poesie nach
ihren antiken Elementen I (1864). S. 101 ff.
11. 'Fr. Drück, de vitiis virtutibusque Hom. et Virg. saeculi ipsorum
indole aestimandis, Stuttgart 1780. 4. C. G. Heyne, de carmine epico
Virgiliano, in seiner Ausgabe H. p. 1 — 36; de rerum in Aeneide tractata-
rum inventione, ib. p. 37 — 66; censura eorum quae in Aen. oeconomia re-
prehendi possunt, ib. lü. p. 854—859. P. F. Tissot, fitudes sur Virgile,
comparö avec tous les poätes dpiques et dramatiques des anciens et des
modernes, Paris 1826. 4 Bde. Segrais, r£n. considdr^e par rapport ä Tai-t
de la guerre (Mdm. de Tacad. des inscr. XXIV), in welcher letzteren Be-
ziehung auch Napoleon I (pr^cis des guerres de Cdsar p. 209 ff.) dem Vergil
grosse Ünkenntniss vorgeworfen hat. Ferd. Winkelmann in Jahn's Archiv
1833. II. S. 666—684. L. Magnier, analyse critique et litt^raire de Vfindide,
Paris 1844. Cadenbach, Prolegomena ad Virg. Aen., Essen 1844. 4. Breier,
de Vergilio epico poeta recte aestimando, Lübeck 1866. 4.
12. Sonderausgaben der Aen. von B. F. Schmieder (Berlin 1800. 2 Bde.),
E. Th. Hohler (Wien 1826 f. 2 Bde.), C. Thiel (mit Eriäut. f. Gymn., Beri. 1834.
1838. 2 Bde.), P. Hofman-Peerlkamp (ed. et adnot. instruxit, Lugd. 1843),
G. W. Gossrau (in us. schol. annot. perp., Quedlinb. 1846). Zu B. I u. II
Commentar von A. Wcidncr, Leipz. 1869.
224 f. VergiliuÄ (Aeneis, Culex). 453
13. J. Stanko, de P. Victorii commentariis originalibuB ineditis in libr.
IV Aeneidos, München 1861. 4. J. Henry, notea of a twelve yean' voyage
of discovery in the first six books of the Eneis, Dresden 1853. 688 pp.;
deutsch bearbeitet in seinen Adversaria Yirgiliana im Philologus XI. 8.
480-632. 597—642. XII. S. 248 — 270. XIH. S. 629—644. XVII. S. 627—
648. K. Kappes, zur Erklärung von Vergils Aeneis, I. Freiburg 1859.
IL Constanz 1863. III. Donaueschingen 1870. J. M. van Gent, annotationes
criticae in Aen., Lugd. Bat. 1864. G. Friedreich, Beitrag zur Erklärung von
Aen. II, Teschen 1868. 4.
14. üebersetzt von C. L. Neuffer (Frankfurt 1816, Stuttgart 1830 ff.),
W. Binder (Stuttgart, Hoffmann, 1867), P. E. L. Lots (in gereimten Ottaven,
Leipzig 1867), und am besten von W. A. B. Hertzberg (mit trefflicher Ein-
leitung und Anmerkungen), Stuttgart (Metzler, Glass. d. Alt.) 1869. 474 8.
225. Ausser diesen grösseren und unzweifelhaft echten2i6
Dichtungen des Vergil kennen wir auch noch eine Anzahl
kleinerer Gedichte welche seinen Namen mit ungleichem
Rechte tragen. Unter diesen ist
1) Culex soweit vollständig beglaubigt dass es feststeht
Vergil habe in seiner Jugend ein (kleines) Epos mit diesem
Titel und von dem ungefähren Inhalt des erhaltenen verfasst;
die nähere Beschaffenheit des letzteren macht aber wahrschein-
lich dass dasselbe vielmehr eine — wenige Jahrzehnte nach
Vergils Tod verfertigte — Nachdichtung an die Stelle des von
Vergil selbst vernichteten echten Gedichtes ist.
1. Donats vita 17 (28): poeticam puer adhuc auspicatus in Balistam
ludi magistrum ob infamiam latrociniorum coopertum lapidibus distichon
fecit: monte sub hoc u. s. w. deinde Catalecton et Priapeia et Epigram-
mata et Diras, item Cirim et Culiccm cum esset annorum XVI. Folgt
eine Inhaltsangabe des letztern. (19 =» 30.) scripsit etiam de qua ambigitur
Aetnam (imten 301). mox cum res romanas incohasset . . ad Bucolica transiit.
Die vorher genannten sind somit nach Donaths Meinung sämmtlich Jugend -
gedichte Vergils. Servius (vor seinem Comm. zur Aen.) p. 1: primum a
Vergilio hoc distichon factum est in Balistam latronem: monte u. s. w.
scripsit etiam septem sive octo libros hos: Cirin, Aetnam, Gulicem, Priapeia,
Catalecton, Epigrammata, Copam, Diras (oben 197, 2). Das Moretum fehlt also
in beiden Aufzählungen. In beiden ist die Ünkritik so gross dass dieser
Theil unmöglich auf Sucton zurückgehen kann, sondern das enthält was
in der Zeit des Donatus (bzhgsw. Servius) für Jugendgedichte des Vergil
angesehen und in deren Sanmilung (als Anhang zu den übrigen Gedichten
Vergils) aufgenommen zu werden pflegte. Spätere Jahrhunderte vennehrten
dann die Sammlung noch durch ihre eigenen Erzengnisse, oft wohl nur
zur Blattausfüllung in der betr. Hds.; s. unten 5, A. 5.
2. Unter den Handschriften der sog. kleineren Gedichte ist die
Helmstädter die reichhaltigste. Von den aifdem enthält die eine Classc
Aetna, Ciris, Catalecta u. A., die andere den Culex, Dirac, Copa, Moretum
454 Augusteische Zeit J. 711 — 767 d. St.
nebst dem Vir bonus u. s. w. (S. 459, A. 6). Von der ersten Classe ist am voll-
ständigsten der codex Bhedigeranus. Andere sind aus beiden G lassen gemischt.
Beschreibung dieser Hdss. bei Eibbeck, Appendix Vergil. p. 24 — 38. Vgl.
R. Peiper in der Berliner Ztflchr. f. Gymn. 1868, S. 770—777. J. Klein,
Rhein. Mus. XXIV. S. 607—614.
3. Zusammenstellung der carmina minora besonders von J. Sillig, im
vierten Bande des Heyne- Wagnerschen Vergil, in Chr. Jahn's Textausgabe,
im vierten Bande von Ribbecks Vergil (als Appendix Vergiliana, Lips.
1868) und in dessen Textausgabe. Vgl. J. Mahly, Heidelb. Jahrbb. 1870,
^. 769—796. 801—839. üebersetzt und erläutert von W. A. B. Hertzberg,
Stuttgart (Metzler) 1856 (Gedichte des Vergil, zweite A^thlg.; Class. d. Ali).
4. Zeugnisse für die Abfassung eines Culex durch Vergil (ausser
Donath A. 1). Sueton. vita Lucani (p. 50 Rffsch.): ut praefatione quadam
aetatem et initia sua cum Vergilio comparans ausus sit dicere: et quantum
mihi restat ad Culicem! Vgl. Stat. Silv. II, 7, 73 f.: haec primo iuvenis
canes sub aevo, ante annos Cnlicis maroniani. Statins scheint also geglaubt
zu haben dass Vergil seinen Culex XXVI (nicht XVI) Jahre alt verfasst
habe. Stat. Silv. I praef.: et Culicem legimus et Batrachomyomachiam
etiam agnoscimus; nee quisquam est illustrium poetanim qui non aliquid
operibuB suis stilo remissiore praeluserit. Er glaubte also den vergilischen
Culex noch zu besitzen, obwohl er ihm (seiner Beschaffenheit) keine An-
erkennung zollte. Martial. XIV, 185 (nach zwei Epigrammen auf die Ba-
trachomyomachie) : accipe facundi Culicem, studiose, Maronis, ne nucibus
positis Arma virumque legas. B&s vermeintlich vergilische Gedicht war
also damals noch nicht in die Gesammtansgabe aufgenommen. Doch
zweifelte Martial nicht an dem vergilischen Ursprung; s. auch VIII, 56, 19 f.:
protinns Italiam concepit et Arma virumque qui modo vix Culicem fleverat
ore rudi. Ebensowenig die Quelle von Nonius, (Frobus?) p. 211: labrusca,
genere feminino, Verg. in Bucolicis (V, 7); neutro Vergilius in Cnlice (v.
53). Um dieser Zeugnisse willen haben Näke (zu Val. Cat. Dir. I. p. 227),
W. Teuffei (in Pauly's Real-Enc. VI, 2. 1851. S. 2657), Ribbeck (Rhein.
Mus. XVIII. S. 100 f. Append. Verg. p. 20—22) den auf uns gekonmienen
Culex filr vergilisch halten. Es ist aber ganz wohl möglich dass Martial
und Statins bei ihrer Identification des erhaltenen mit dem vergilischen
sich getäuscht haben. Verdacht erregt schon die Sonderexistenz des erstem
in der Zeit Martials. Sodann kann der Ausgangspunkt des Gedichts nur
gewesen sein dass die Schnake desswegen weü sie sonst nicht zur Ruhe
der Unterwelt eingehen könne den Hirten- (dem sie das Leben gerettet)
um ein Begräbniss gebeten habe. Aber gerade diese Motivierung, ohne
welche die Conception der ganzen Idee keinen Sinn hat, fehlt in dem vor-
handenen Culex, erdrückt durch das Bestreben eine möglichst vollständige
Beschreibung der Unterwelt zu geben. Dazu kommen noch Nachahmungen
von Stellen aus sämmtlichen echten Dichtungen Vergils (besonders von
Ecl. VI und Aen. VI, s. Fr. Baur S. 371—373), wenn dieselben auch nicht
so keck ausgeführt sind wie in der Ciris.
5. Ueber die künstlerische Beschaffenheit des erhaltenen Culex (412
Hexameter) besteht keine Meinungsverschiedenheit. Es ist unbestritten dass
225. Vergilius (Culex und Ciris). 455
das Gedicht in Bezug auf Composition und Ausfährung ebenso schülerhaft
ist wie musterhaft hinsichtlich des Versbaues. Es zeigt in letzterer Hin-
sicht „Sorgfalt im Detail der Yersbildung und empfindliches Gehör für
glatte Aequabilität und Vermeidung von Härten" (W. Hertzberg S. 61).
Nur glauben die Einen diese Merkmale noch unter dem Begriffe der Jugend-
lichkeit befassen zu können (Ribbeck) , während die Andern (W. Hertzberg,
Frdr. Baur; auch L. Müller, de re metr. p. 42 und Bhein. Mus. XXUI.
S. 658 f.) in der einseitig technischen Vollendung neben Stümperhaftigkeit
in allen anderen Beziehungen ein Zeichen erkennen dass das Gedicht von
Vergil nicht verfasst ist, auch wenn sein Ursprung bis in die augusteische
Zeit hinauf reichen sollte (so L. Müller, metr. p. 217. 317, und Fr. Baur;
dagegen W. Hertzberg: aus der ersten Hälfte des ersten christl. Jahrb.,
zwischen Ovid und Persius). Eingehende Beleuchtung des Culex von W.
Hertzberg in der Einleitung zu seiner Uebersetzung, S. 6 — 25. Friedr. Baur,
ist der uns überlieferte Culex ein Jugendgedicht des Vergilius? in Fleck-
eisens Jahrbüchern 93, S. 357—377.
6. M. Haupt, Verbesserungen des Textes des Culex, Monatsberichte der
Berliner Akad. 1858, S. 646—659. Ribbeck, Vermutungen zum Culex, Rhein.
Mus. XVIII. S. 100—112.
2) Ciris, die Geschichte von dem Verrathe der megarischen
Königstochter Skylla an ihrem Vater Nisus und ihrer Verwand-
lung in den Vogel Ciris. Das Epyllion stammt wohl aus dem
Kreise des Messala und ist dessen Sohn (Cos. 751 d. St.) ge-
widmet. Vergils Gedichte sind stark ausgebeutet; daneben aber
zeigt sich der Verfasser als Schüler und Nachahmer CatuUs,
und klingt ausserdem manchfach an Lucretius, sowie an Tibul-
lus und andere augusteische Dichter an. In seiner feinen Schil-
derung von Seelenzuständen erinnert das Gedicht an Vergil.
Der Versbau ist weniger gefeilt als' bei diesem, die Sprache
aber bewegter.
1. Für den vergilischen Ursprung der 541 Hexameter spricht nichts.
Alles aber dagegen, und der Verf. simuliert auch keineswegs eine solche
Urheberschaft, äussert sich vielmehr im Eingange ausführlich über seine
persönlichen Verhältnisse. Damach ist er ein schon älterer Mann, der
nach einem bewegten (politischen) Leben am liebsten sicli ganz der (epi-
kureischen) Philosophie widmen und ein Lehrgedicht in deren Sinne ver-
fassen möchte. Der Name desselben ist unbekannt. Cornelius Gallus, auf
welchen J. H. Voss gerathen hatte (so dass vielmehr Vergil die Ciris ge-
plündert hätte), ist es nicht (s. W. Hertzberg S. 53 — 55); eher der Lynceus
des Propertius (unten 239, 3). Der Vermutung (von W. Teuffei, in Pauly's
Beal-Eno. VI, 2. S. 2657) , dass der Messala (v. 54) welcher v. 36 iuvenum
doctissime angeredet wird der älteste Sohn des Redners Messala, Messa-
linus (unten 262, 6), Cos. 751, sei, haben auch W. Hertzberg S. 55 und
Ribbeck Append. p. 16 zugestimmt. Das (jedicht mag also um 735 — 740
456 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
verfasst sein. Für die Entstehung in der augusteischen Zeit macht L.
Müller, de re metr. p. 42, den weiteren Umstand geltend dass in der Ciris
auch die Elegieen Gatulls und das kleine Epos de Feleo et Theti nach-
geahmt seien, während nach Augnstus sonst immer nur Gatulls lamben und
Hendekasyllaben berücksichtigt werden.
2. Nachweis der Entlehnungen aus Vergil (welchem ganze Verse ent-
nommen werden, vgl. 96 f. 126. 167. 185. 210. 232. 267. 29$. 302. 318.
349. 370. 398. 405 f. 480. 437. 474. 638 ff.), aus Catull (v. 168 ff. 177 ff.
195 ff. 241. 360. 387 ff. 442. 511; vgl. M. Haupt, Quaest. Catull. p. 45. 75 f.
Observ. crit. p. 6. 14) und andern Dichtern s. bei Schrader, Emendationes
p. 34 ff. vgl. Sillig rV. p. 155 ff. Abweichungen vom Sprachgebrauche Ver-
gils, besonders im Grebrauche der Partikeln, Jacob zu Propert. p. 165 und
bei Sillig IV. p. 143 f. Haupt, Observ. crit. p. 48. Abweichungen von dessen
Versbau, W. Hertzberg S. 61 Anm., dessen ganze Einleitung (S. 51 — 58)
überhaupt die beste Charakteristik des Gedichtes enthält. Vgl. auch Bibbeck,
Appendix Vergil. p. 16 — 18. Im Ganzen steht die Weise des Verfassers
Catull (bzhgsw. Ovid) näher als der vergilischen.
3. Dass das Gedicht stofflich nach einem griechischen (alexandrinischen)
Vorbild gearbeitet ist macht theils der mythologische Charakter des Stoffes
selbst theils die Nennung des Paläphatus (v. 88), sowie (v. 488) die ety-
mologische Ausdeutung des Namens Ciris (von xeigsiv), wahrscheinlich.
Unbekannt aber ist ob Eallimachos oder Parthenios (Meineke, Anal. alex.
p. 273) oder ein Anderer dieser Vorgänger war.
4. F. W. Graser, Epist. ad Richter., qua I. Silligii de Cir. poem. ex-
ordio disputatio examinatur, Guben 1836. 4. H. Beck', de Ciri, Coburg
1839. Kritische Beiträge von M. Haupt (Quaestiones Catull. p. 76 — 78;
Monatsberichte der Berliner Akad. 1868, S. 669 — 671), G. Pütz (Adnota-
tiones ad Virg. Cirin, Cöln 1846. 4.), Ribbeck, Rhein. Mus. XVUI. S.
112 — 122).
3) Moretum (der Kräuterkloss), ein anmutiges Idyll aus
der Zeit des Vergilius, vielleicht von diesem selbst nach einem
griechischen Gedichte des Parthenios gearbeitet, voll anschau-
licher Detailmalerei und liebenswürdiger Laune, sowie in mei-
sterhafter Form.
1. Nach J. G. Vossius, de poet. gr. 9 fand sich in einem cod. Ambros.
des Gedichts die Angabe: Parthenius Moretum scripsit in Graeco, quem
Virgilius imitatus est. Sie bildet wohl die Vermittlung mit der Thatsacbe
dass die „Frische der Anschauung, Plastik der Ausführung und sinnliche
Scharfe der Charakteristik" (W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2658)
in dem Gedichte, „die scharfe, jeder Phrase abholde Bezeichnung der
Dinge wie sie sind" (W. Hertzberg S. 95), sonst gar nicht Vergils Art ist.
Und dass das griechische Original ziemlich wortgetreu übertragen sei hat
W. Hertzberg (S. 95. 100. 101 f.) aus dem Namen Simylus, dem Masse
v. 18 und aus v. 116 erschlossen. Die 124 Hexameter schildern wie der
Bauer Simylus in der Morgendämmerung aufsteht, sein Brod bäckt, sein
225. YergiliuB (Moretum, Gopa, Catalecta). 457
moretam fertig macht und dann an die Arbeit geht. Aüch-Sneius hatte
ein Moretam verfasst (oben 29, 2), und vielleicht hat der Wunsch es besser
als Sueiufl zu machen den Yergil zu neuem Anfassen der Aufgabe ver-
anlasst. Jedenfalls ist das Gredicht aus der besten Zeit der römischen Li-
teratur, wie schon die Stellung beweist welche v. 76 die laotuca im Ver-
gleich mit der Zeit Martial's (Martial. XIII, 14, 1) einnimmt (Stauder in
der Ztschr. f. Alt-Wiss. 1853, S. 290). Vgl. Lachmann zu Lucret. p. 326:
in Moreto, quod Carmen Vergilianis aetate par esse ezistimo. M. Haupt,
Quaest. Catull. p. 62. W. Hertzberg's Einleitung S. 93-- 96. Bibbeck Ap-
pendix p. 14 f. oben S. 453, A. 1.
2. F. G. Klopfer, Moretum quod vulgo Virgilio adscribitur, cum ver-
sione yemacula et animadversionibus, Zwickau 1806. 4. F. W. Schneidewin
in Jahn's Archiv U. S. 426 f. Chr. Jahn ebds. IV (1836). S. 627—639. M.
Haupt, Quaest. Catull. p. 49—53. Stauder, zu Vergil's Moretum, Zeitschr.
f. d. Alt.-Wi8S. 1863, Nr. 37 f.
4) Copa (die Schenkwirtin), eine kleine Elegie aus bester
Zeit, in ihrer Technik ganz der Weise Vergils entsprechend,
um so weniger aber nlit ihrem lebenslustigen Inhalt und Ton
an ihn erinnernd, zudem mit Anklängen an vergilische Stellen.
1. Als vergilisch bezeichnet werden die 19 Distichen durch einige Hdss.,
und auch Charisius hielt sie dafür; s. Charis. I. p, 47 F. =» 63, 11 E.:
quamvis Vergilius librum suum Cupam inscripserit. Auch Lachmann zu
Lucret. III, 374. p. 164 citiert Vergilius . . in Copa 31. Die üeberein-
stimmung der Copa mit der vergilischen Technik im Bau des Pentameters
hat W. Hertzberg S. 105 nachgewiesen, aber auch S. 104 die mit Proper-
tius (da an Catull der Zeit nach nicht zu denken sei), und S. 103: „die
reinliche und scharfe Detailmalerei, die Kürze des Ausdrucks, die Volubi-
litat der Satzbildung, und die lebensfrohe übermütige Stimmung die das
Ganze durchzieht, diess sind gerade nicht charakteristische Eigenthümlich-
keiten Vergils." V. 27 cantu rumpunt arbusta cicadae = (Jeorg. III, 328;
y. 36 cineri ingrato «= Aen. VI, 213; vgl. umbrosis harundinibus (y. 8)
mit Aen. VIII, 34 umbrosa harundo. V. 31 = Calpum. ecl. XI, 46. Ap-
pendix Vergil. p. 14. Das Gedicht über die augusteische Zeit hinabzu-
rücken liegt jedenfalls keinerlei Grund yor.
2. C. D. Ilgen, Animadyersiones philolog. et criticae in Carmen Virg.
quod Copa inscribitnr, Halle 1820. 4, (hält ohne Grund den Valgius Bufus
für den Verfasser). Heyne-Sillig IV. p. 281 ff. Uebersetzt (mit den Catal.)
von F. Fiedler, Wesel 1830. 4. K. Zell, Ferienschriften I. S. 5—52. W.
Müller, Rom und die Römerinnen II. S. 171 ff.
5) Catalecta, eine Sammlung von vierzehn Gredichten im
elegischen und iambischen Masse und von manchfaltigem In-
halte. Der vergilische Ursprung ist nur bei wenigen bezeugt,
aber auch nur bei wenigen unmöglich.. Mindestens aus der Zeit
Yei^s scheinen alle zu stammen.
458 Augußteische Zeit. J. 711—767 d. St.
1. Ausonius grammaticomast. (Idyll. 12,) 5 f.: die quid aignificent Ca-
talccta Maronis? in his (2, 3) al Celtarum poeuit, sequitur non lucidiuB tau.
Die Hdss. der Cat. selbst nennen sie catalepton und cathelepton; daher
Bergk, Rhein. Mus. XX. S. 291 für den eigentlichen Namen %aza. lentov
erklärte, was aber für eine Sammlung vermischter Qedichte kaum ein so
passender Titel wäre wie wttdlenTa. Dagegen Prolusiones (scherzhafte
Jugendgedichte) scheint man vorzugsweise die (vermeintlich vergilischen)
Priap'eia genannt zu haben; s. Diomed. III. p. 512 P. und E.: Priapeum,
quo Vergilius in prolusionibus suis usus fuit, tale est: incidi patulum in
specum procumbente Priapo, welcher sinnlose Vers, wie das Folgende
zeigt, von dem Grammatiker zur Veranschaulichung der metrischen Form
gebildet ist und keineswegs vcrgilisch sein soll. Solcher Priapeia stehen
in den Hdss. der Catal. an deren Spitze drei (Append. Vergil. p. 147—150);
das erste ganz kurz und unbedeutend, v. 1 mit fehlerhafter Synalöphe
und in seiner Pointe gleich Martial. YIII, 40; das zweite (iambische Se-
nare) und dritte (im Priapeius) Variationen desselben Thema's, ohne sichere
Urheberschaft; s. W. Hertzberg S. 110 f. Bibbeck, Append. Verg. p. 4f. Dass
Plin. Ep. V, 3, 6 den P. Vergilius (oben 31, 1) unter den boni aufzählt
welche erotische lusus verfasst haben wird aufgewogen durch das Schwei-
gen Ovids, welcher (Trist. II, 536 — 538) aus diesem Gebiete nur Aen. IV
und die Bucolica zu nennen weiss. Vgl. noch J. E. Wemicke, Priapeia
(Thorn 1853) p. 9—11. 108—112. F. Bücheier, Rhein. Mus. XVIII. p. 383.
2. Von den Catalecta haben elegisches Mass Nr. 1, 6, 9 — 14; iambisches
Nr. 3, 4, 5 und 8, sowie (choliainbisches) Nr. 2 und 7. Als vergilisch be-
glaubigt ist Nr. 2 (auf Annius Cimber, oben 206, 12) durch Quintil. VIII,
8, 28 und Ausonius (s. A. 1). Ein bestimmtes Merkmal welches die Ur-
heberschaft Vergils ausschlösse trägt nur Nr. 5 an sich, dessen Eingang
persönliche Verhältnisse seines Verfassers andeutet die den vergilischen
widerstreiten. Auch die servile Elegie an Messala (Nr. 11) aus J. 727 kann
nicht von Vergil sein (schon wegen v. 17), sondern ist von einem Anfänger
der seine mythologische Gelehrsamkeit zur Schau trägt und eher in der
Manier des Ovid als des Vergil dichtet. Bibbeck, Append. Verg. p. 12 f.
räth auf Lygdamus (unten 240, 4), was wenigstens glaublicher ist als
R. Ungers Verwendung für Valgius Rufus (de Valg. Ruf. p. 304 ff.). Die
Bitterkeit der lamben (bes. von Nr. 3 f. und 8) stimmt zwar wenig zu dem
sanften Wesen welches Vergil später an sich hatte, erklärt sich aber ge-
nügend aus der Hitze der Jugend, der Erregung der Zeit, und dem Vor-
gange des CatuU. Sie und das catullische Oitat in 3, 6, die Travestie eines
catuUischen Gedichts in Nr. 8, sowie die Hinkiamben Nr. 7, und in Nr. 13
catullische Reminiscenzen, lassen auf eine literarische Durchgangsstufe
schliessen auf welcher Vergil von CatulPs Geist und Weise hingenommen
war. B. Klotz, de Catulli c. IV eiusque parodia Vergiliana, Lips. 1868. 4.
Zu Vergils persönlichen Verhältnissen passen genau Nr. 6, 7, 10; Männern
aus seinem Kreise gelten 1, 9, 13, 14. Im Allgemeinen s. W. Hertzberg's
Einleitung zu seiner Uebersetzung der Catalecta, S. 108—110, und Ribbeck,
Appendix Vergil. p. 6—14. L. MüUer's Catull. (1870) p. XLIII— XLVI.
3. Vgl. den Heyne -Wagnerischen Vergil IV. p. 341—382. F. Fiedler,
226. Vergilius (Ca^talecta, Epigrammata u. A.). 459
ex Verg. Catalectis epigramm. VII et Copa, Wesel 1830. 4. F. Näke,
Valer. Caton. (1847) p. 221 ff. M. Haupt, Emendationes Catalect. Vergil.,
Berlin 1859. 13 pp. 4.
4. Von den Epigrammata welche des Donatus and Servius Aufzählung
(oben Nr.' 1, A. 1) enthält geben Proben die Epigramme des cod. Salm.
Nr. 256—263 Rse, vgl. Anthol. lat. I. p. XXVIII f. R.). Mehrere hatte man
vielleicht früher; oder war diess der ältere Titel f&r die später jGatalecta
genannte Sammlung. Wenigstens Gedichte im epischen Masse, wie Vir
bonus und Est et non, können zu keiner Zeit als Epigrammata bezeichnet
worden sein.
5. In einigen Handschriften (s. Bibbeck, Append. Vergil. p. 24) werden
dem Vergil zugeschrieben drei spätlateinische Gedichte, de viro bono et
prudente, de est et non monosyllabis, de rosis nascentibns et senescentibus,
aufgenommen in die lateinischen Anthologien und in Bibbccks Appendix
Vergil. (p. 181 ff.); femer 15 Hexameter Ad puerom (Bitte um Erhörung)
bei Riese, Anth. lat. 781. Die Elegie Bosetum oder De rosis nascentibus
(50 Verse, bei Riese Nr. 646) kann nach Latinität und poetischem Stil nicht
vor dem vierten christlichen Jahrh. verfasst sein und findet sich auch in
einer Hdschr. des Ausonius (s. d.). Ebenso (Riese Nr. 645) die 25 Hexa-
meter über Est et non (Ja und Nein), während sie in andern (Jüngern) dem
Priscianus eloquentissimus beigelegt werden, also wohl dem Grammatiker
des Namens. Die 26 Hexameter über den vir bonus (Riese 644) sind eine
Ausweitung horazischer Gedanken (bes. S. II, 7, 86 f. Ep. ü, 2, 206 ff.) und
begegnen sich mehrfach mit den apokryphen X9'^<f^ ^^' Vgl. Näke,-Val.
Cat. p. 240.
6. Auch zwei Elegieen auf Maecenas, in obitum Maecenatis (144
Verse, bei Wernsdorf poetae lat. min. UI. p. 155—176) und de Maecenate
moribundo (34 Verse, ib. p. 177 -—182), in der Appendix Vergil. p. 193 ff.
und in Riese's Anth. lat. 779 f., tragen in zwei Handschriften den Namen
des Vergil, und ihre sorgföltige Technik weist sie dem ersten christl. Jahr-
hunderte zu; vgl. L. Müller de re metr. p. 52 und Rhein. Mus. XXIII. S.
657 f. mit Ribbeck Append. p. 61.
7. Von prosaischen Schriften des Vergil ist nur sein Briefwechsel
mit August bekannt, welcher wohl auf Augustes Betrieb veröffentlicht
wurde. Proben daraus in Donats vita Verg. 31 (46) und bei Macrob. I,
24, 11 (oben 224, 6). Vgl. Tac. diaL 13 (testes Augusti epistulae), Claudian.
Epist. 3, 23 (dignatos tenui Caesar scripsisse Maroni), und das Urteil des
älteren Seneca exe. controv. lU, 8. p. 361, 14 f. Bu.: Vergilium illa feli-
citas ingenii in oratione soluta reliquit.
226« Vergüs Gedichte erhielten frühzeitig Eingang in deii2i6
Schulen, fanden Nachahmer, Uebersetzer und Erklärer, unter
welchen M. Valerius Probus einer der ältesten und bedeutend-
sten war, späterhin Servius. Des Letztem Commentar besitzen
wir noch, von den anderweitigen Arbeiten Ueberreste in den
verschiedenen Scholiensammlungen. Daneben wurden die ver-
460 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
gilischen Gedichte für centones verwendet und vom Aberglauben
als Stechbuch. Ausserdem wurden sie fleissig vervielfältigt. Vergil
selbst aber wurde im Munde des Volks allmählich zu einem
Wunderthäter und Zauberer, auf dessen Namen bis tief in das
Mittelalter hinein die Völker des Abendlandes wetteifernd ihre
phantastischen Erfindungen und Sagen häuften.
1. Snet. gramm. 16: Q. Caecilius Epirota . . primus dicitur . . Vergi-
lium et alioB poetas novos praelegere coepisse. Quintü. I, 8, 5: optime
institutum est ut ab Homero atque Yergilio lectio inciperet. Oros. I, 18:
Aenoae . . adventus in Italiam quae arma commoverit . . ludi litterarii
disciplina nostrae quoque memoriae inustum est. AuguBtin. ciy. dei I, 3:
apud Vergiiium, quem propterea parvuli legunt ut yidelicet poeta magnus
omuiumque praeclarissimus atque optimus teneris ebibitus animis non fa-
cile oblivione possit aboleri. lul. Capitol. Clod. Albin. 5, 2: fertur in
scholis saepissime cantasse inter puerulos „Arma amens*' etc. (Aen. IX,
314). Macrob. S. I, 24, 6: Vergilianos versus, qualiter eos pueri magistris
praelegentibus canebanius. Auson. epigr. 137, 1: Arma virumque docens
atque Arma yirumque peritus. Auflösung vergilischer Stellen in Prosa als
Schulaufgabe, Augustin. confess. I, 17, 27 vgl. 13, 20 ff. Umgekehrt themata
vergiliana für die Yersification ; vgl. oben 23, 2 u. Anm. 2.
2. Anspielungen auf Yergilisches oft; bei Oyid (s. A. Zingerle, Ovid's
Verhältn. II. S. 48—113). Anführungen der Aeneis (II, 77) auch beiPhädrus,
fab. III. praef. 27; bei luvenal II, 99 f. III, 197. IX, 102. Vgl. Wehle,
Observ. in Petron. p. 44 — 46. Bibbeck prolegg. crit. p. 200 ff. Schon Livius
hat aus der vergilischen Phraseologie Vieles entnommen; noch mehr Ta-
citus; s. E. Wölfflin, Philologus XXVI. S. 130 — 132. Verse auf Vergil,
Anthol. lat. 507—518. 556—566 R. Benützung in den Rhetorschulen; Sen.
suas. 3, 5 (solebat Fuscus ex Vergilio multa traherc). Serv. Aen. X, 18:
et Titianns et Calvus (Var. Catulinns), qui themata omnia de Vergilio
elicuenint et adformaverunt ad dicendi usum. Vgl. A. 1 und Bibbeck
prolegg. p. 188. Vergilstellen fand man in Pompeji an den Wänden an-
geschrieben, bes. Ecl. VIII, 70. II, 56. Aen. II in. Bhein. Mus. XII. S. 250 f.
Auf einem silbernen Löffel steht Ecl. II, 17; auf einem Belief der Villa
Albani Aen. I, 607 ff. über dem Kopfe einer Wildbräthändlerin, 0. Jahn
Berichte der sächs. G. d. W. 1861, S. 365. Verwendung auf Grabschriften,
Marini fratr. Arv. p. 826 f. papiri dipl. p. 332 f. Anführungen im täglichen
Leben, Suet. Dom. 9. Dio LXXV, 10. Lamprid. Diadum. 8, 7. Vopisc.
Tac. 5, 1. Car. 13, 3. Apulej. apol. 56 (Aemilianus habe ob deorum con-
temtum den Beinamen Mezentius) u. ofb.
3. Q. Glitius Felix, Vergilianus poeta, auf einer Inschrift aus Bom bei
Orelli 1179. Nachahmer Vergils aber sind kurzweg alle römischen Epiker
und Didaktiker mehr oder weniger, am meisten Persius , V alerius Flaccus,
Silins Italiens, Statins, Ausonius, Prudentius, Paulinus (L. Müller, de re
metr. p. 136). Anfang von centonenartiger Verwendung der vergilischen
Gedichte schon in der Ciris, s. oben 225, 2. A. 2. Späteres s. oben 26, 4 — 6.
226. VergiliuB (Fortleben seiner Gedichte). 461
4. Verwendung als Stechbach, um in zweifelhaften Lagen daraus Rath
zu schöpfen, sortes Vergilianae, auch offiziell in Tempeln; s. lul. Capitol.
Clod. Albin. 5, 4: in templo Apollinis Cumani . . cum sortem de fato suo
tolleret, his versibus ei dicitur esse responsum (Aen. VI, 857 f.). Lamprid.
Alex. Sey. 4, 6: huic sors in templo Fraenestinae talis exstitit (Aen. VI,
882). 14, 5: ipse . . Vergilii sortibus huiusmodi illustratus est (Ae. VI,
848 ff.). Spartian. Hadr. 2,8: cum soUicitus . . Vergilianas sortes consu-
leret, Quis procul etc. (Ae. VI, 808 ff.) sors excidit. Trebell. PoU. Cliuid.
10, 4 ff. : cum in Apennino de se consuleret responsum huiusmodi accepit
(Ae. I, 265); item cum de posteris suis (Ae. I, 278); item cum de fratre
(Ae. VI, 669). Schwarz, de sortibus poeticis, Altorf 1712 =» diss. sei. p.
17 ff. Im Mittelalter (wo Vergil an Dante einen Bewunderer hatte, vgl.
E. Ruth in den Heidelb. Jahrbb. 1849, S. 883 — 907) wurde namentlich die
einen prophetischen Ton anstimmende vierte Ekloge messianisch gedeu-
tet; Th. Oreizenach, die Aeneis, die vierte Ekloge und die Pharsalia im
Mittelalter, Frankfurt a. M. 1864.. 37.8. 4. Nachklang davon oben 222, 6
g. E. und F. Piper, Virgilius als Theolog und Prophet des Heidenthums
in der Kirche, Berlin 1862 (evangel. Kalender für 1862, S. 17—83). So
sollte Vergil auf die Bekehrung Constantins Einfluss gehabt haben; vgl.
Rossignol, Virgile et Constantin le grand, Paris 1845.
5. Uebersetzer Arrianos (s. oben 223, 2 g. E.) und vgl. Sen. Consol.
ad Polyb. 8, 2: Homerus et Vergilius, tam bene de humano genere meriti
quam tu et de omnibus et de illis mernisti, quos pluribus notos esse vo-
luisti quam scripserant.
6. üeber die Erklärer der vergilischen Qedichte s. Ribbeck prole-
gomena critica c. 9, p. 114—200, wo abgehandelt sind Q. Caecilius Epi-
rota, Pollio, G. lulius Hyginus, lulius Modestus, L. Annans Cornutus, Ae-
milius Asper, M. Valerius Probus, Flavius Caper, Urbanus, Velins Longus,
Q. Terentius Scaurus, Caesellius Vindex und Sulpicius Apollinaris,
Helenius Acro, Haterianus, Aelius Donatus, Carminius, Avienus, Servius,
die angeblichen commentarii des Probus, lunius Philargyrius, die scholia
Bernensia und scholia Veronensia. Dazu H. Hagen vor seiner Ausgabe der
Scholia Bernensia p. 696—708. Ueber die einzelnen Grammatiker s. unten,
.je in ihrer Zeit. In einer Hds. saec. XIV zu Padua Fulgentius super Bucol.
et Georg. Virgilii, jedenfalls dicht von dem Mythologen Fulg., s. Jungmann,
quaest. Fulg. p. 61. — J. M. Dozio, Cynthii Cenetensis in Vergil. Aen.
commentar. (zuerst herausgg. von A. Mai, auct. class. VII) e cod. Ambros.,
Mailand 1845.-
7. unter den Scholiensammlungen geben sich die Berner (zu Buc.
und Georg.) selbst als Auszüge aus den Commentarien von T. Gallus,
Gaudentius und lunilius Flagrins (aus Mailand) ; s. H. Hagen p. G96 ff» De
scholiorum Bernensinm codicibus bei Hagen p. 689 — 696. Ausgabe der-
selben zuerst von 0. W. Müller (Rudolstadt 1847. 1852. 1853. 1854. 4.),
besser von H. Hagen in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. IV. p. 749 — 983, wozu
Appendices und Indices p. 984 — 1014. Die (trümmerhafteft) Scholia Vero-
nensia zuerst aus einem Palimpsest zu Verona herausgegeben von A. Mai,
dann abgedruckt an Lion's Servius II. p. 305 ff. und am besten von ü. Keil,
462 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
M. Valerii Probi in Vergilii Bucolica et Georgica commentarius (p. 1—68).
accedunt scholiorum VeronenBium (p. 71 — 108) et Aspri quaestionum Yer-
güianarum (p. 111 — 115) fragmenta, Halle 1848. Dazu Rhein. Mus. VI.
S. 869 ff. und in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 65 — 72. A. Herrmann, d. Yero-
neser Yergilscholien, Donaueschingen 1869. 32 S. 8. Progr. Vgl. noch
G. Thilo, Beitrilge zur Kritik der Scholiasten des Vergil, Rhein. Mus. XIY.
S. 535 ff. XY. S. 119 — 154. Th. Mommsen, über die Münchner Hds. der
vergilischen Schollen, Mus. XYI. S. 137—140.
8. Yersificierte Inhaltsangaben zu Yergils Werken aus saec. lY — Y z. B.
in Riese's Anthol. lat. 1 u. 2 (p. 1—10), vgl. ib. 691—602. 634. 663 f. 874.
Eine Art Yorwort ib. 717 (11 Hexameter). L. Müller, Rhein. Mus. XIX.
S. 114 — 125 und XXIII. S. 654 — 657. Ribbeck, Prolegomena critica p.
369 — 880. Ygl. unten bei Sulpicius Apollinaris. J. Mähly, zu Yergfils ar-
gumenta Ovidio adscripta, Zeitschr. f. d. Ostreich. Gymn. XXH, 5.
9. Yon den vergilischen Gedichten besitzen wir sieben Handschriften
in Capitalschrift, wovon jedoch drei nur eine Anzahl Bl&tter umfassen,
nämlich die schedae rescriptae Sangallenses (G bei Ribbeck), die schedae
rescr. Yeronenses (Y), und die drei Berliner Blätter (A), welche ursprüng-
lich zu einer vaticanischen Handschrift (Nr. 3266) gehörten. Die älteste,
aber ebenfalls sehr unvollständige, Handschrift sind die schedae Yaticanae
Nr. 3225 (F) aus dem zweiten christl. Jahrh. Yon den umfangreicheren
(aber gleichfalls nicht ganz vollständigen) Handschrift;en ist besonders
wichtig der Mediceus (M) aus dem fünften Jahrb.; cod. Falatinus (P), Nr.
1631 in der Yaticana, aus saec. 4 — 5; cod. Yaticanus Nr. 3867 (R), gleichfalls
aus saec. lY — Y. Dazu der cod. Gudianus (y) saec. IX, drei Berner Hdss. (a,
b, c) aus saec. IX und X, sowie (aus saec. X— XII) der codex Minoraugien-
sis (m). Ueber diese Hdss. s. Ribbeck Prolegomena critica ad Yerg. (1866)
p. 218 — 230; de scriptum codicum antiquissimorum ib. p. 231 — 264; und
librorum manu scriptorum rationes explicantur ib. p. 265 — 361 (wo p. 363
de codicibus Yindobonensibus und p. 363 — 361 de aliis recentioris aetatis
libris). Ergebniss p. 361: redire omnem nostram memoriam ad unum ar-
chetypum currenti stilo parum nitide scriptum oppletumque nube coniectu-
rarum, glossematom atque interpolationum (vgl. oben 222, 3. 224, 4). Son-
stige neuere Literatur über die Yergilhandschriften. J. G. Eck, Yarietas
lect. ex cod. membr. acad. bibl. Lundensis, Lund 1844, 9 Partes. G. Butler,
codex Yergilianus qui nuper ex bibliotheca abbatis Matt. Lud. Canonici
Bodleianae accessit (angeblich aus saec. XI) cum Wagneri textu collatus,
Oxon. 1854. G. H. Pertz, über die Berliner und die vaticanischen Blätter
u. s. w. Berlin 1863. 4. (Abhandl. der Berl. Akad.), nebst dem Nachtrag
in den Monatsberichten 1864, S. 278 ff. und J. Henry in Fleckeisens Jahrbb.
95, S. 419 — 423. £. Hoffmann, zur Eenntniss und Beurteilung einiger Yer^
gilhdss., Ztschr. f. Ostreich. Gymnasien XYI. S. 129-^148. 477—608. Win-
nefeld, ein üeberrest eines Codex von Yergile Aeneis mit Scholien des
Servius, Eos IL S. 583 — 540.
10. Gesammtausgaben der vergilischen Gedichte. Ygl. die Notitia
literaria in der Zweibrücker Ausg., in der Heyne -Wagnerschen Ausg. lY.
p. 635—742, und Schweigers dass. Bibliogr. II, 2. S. 1145 ff., auch F. W.
226. VergiliuB (Handschrifben und Ausgaben). 463
Wagner, Grnndriss der clasa. Bibl. (Breslau 1840) S. 639—647. Wir nennen
nur die wichtigsten. Ed. princeps, Rom um 1469 fol. Yenet. ap. Aid. 1601.
8. u. oft. Cum comment. Donati, Serrii etc. per 6e. Fabricium, Basil.
1661. fol. u. oft Argumentis, explicationibus et notis illustrata a J. L. de
la Gerda, Madrit. 1608 — 1617. fol. 3 Voll. E recens. Dan. Heinsii, Lugd.
Bat 1636. 12. Bec. Nie. Heinsius, Amstelod. 1664. 1676. 12. Interpretat
et notis illustr. Car. Buaeus, in us. Delph., Paris 1676 etc. 4., ed. noviss.
opera J. J. Boqnete, 3 Voll. 12. Paris 1860. Com comment. Serv., Philarg.
etc., Ursini, N. Heinsii etc. ed. P. Burmann., Amstelod. 1746. 4 Voll. 4.
Variet lect et perp. adnot - iUustr. a C. G. Heyne, Lips. 1767 — 1776.
IV Voll.; ed. II. 1788; ed. III. 1798—1800. V Voll.; ed. IV. cur. G. Ph. E.
Wagner, Lips. 1830 — 1832. IV Voll. .(Vol. IV: Virg. quae vulgo feruntur
carmm. Culex etc., rec. et Heynii suasq. obss. add. J. Sillig), wozu 1841
als Vol. V.: P. Vergrili Mar. carmm. ad pristinam orthographiam . . re-
Yocata, nebst Indices*. Auszug der Heyne'schen Ausgabe: in tironum grat.
perp. adn. ill. C. G. Heyne, Lips. 1779. 1788. 1799. 2 Voll., cum animadw.
ed. E. C. F. Wunderlich et F. E. Ruhkopf, ib. 1816 f. 1822. 2 Voll. Ad
optim. librr. fidem recogn. et in us. schol. ed. J. Chr. Jahn, Lips. 1826.
ed. n. 1838. ed. IV. 1860. Rec. et illustr. A. Forbiger, Lips. 1836—1839.
ed. n. 1846. ed. III. 1862. Perpetuo comm. ad modum J. Bond explicuit
Fr. Dabner, Paris (Didot) 1868. 16. Recensuit 0. Ribbeck, Lips. Teubner
1869 — 1862, 3 Bde., wozu 1866 Prolegomena critica und (als Vol. IV) 1868
Appendix Vergiliana. Oeuvres de Vergile, texte latin . . avec un commen-
taire critique et explicatif, une introduction etc. par E. Benoist, Paris 1867 ff.
Schulausgaben Von E. F. Süpfle (Carlsruhe 1842. 1847), Ph. Wagner
(breviter enarrayit, Lips. 1846. 1849. 1861; in deutscher Bearbeitung yon
Koch, Leipz. 1849), Th. Ladewig (Berlin, Weidmann, 1860—1862; 3 Bdchn.;
6te Aufl. 1871).
Textausgaben von Paldamus (Lips. TauchBits.lSM^ mit Einleitung)^
M. Haupt (ed. nitida, Lips. Hirzel 1868), Th. Ladewig (Berlin 1866), Rib-
beck (Bibl. Teubner., Lips. 1867).
11. Ph. Wagner, Quaestiones Vergilianae (in der Heyne'schen Ausgabe
IV. p. 383 — 687) und Lectionum Vergilianarum libellus, Philologiis Suppl. I.
p. 307—426; nebst Philologus XV. S. 361 f. XVL S. 637—642. XVII. S.
170 — 172. C. Regel, Quaest. Verg. criticarum specimen, Celle 1866. 30 pp. 4.
Ph. Spitta, Quaestiones Vergilianae, Göttingen 1867. 47 pp. 4.
12. Das grosse Ansehen welches Vergil bei der Nachwelt als Dichter
genoss und welches sich auch in Verehrung seiner Grabstätte bekundete
(Plin. Epp. m, 7, 8. VgL Martial. XI, 48 f. Stat Silv. IV, 4, 61 ff.), der
superstitiOse Gebrauch den man von seinen Gedichten machte (oben A. 4),
zusammen mit Ausdeutungen seines Namens (von virga Zauberstab) und
des seiner Mutter (maga), bewirkte dass die Person Vergils allmählich ins
Mythische verflüchtigt wurde. Schon in Donats vita finden sich derartige
Züge, §, 3 — 6, dann in den späteren Zusätzen 8—18, 69 f. und 78, und je
tiefer ins Mittelalter hinein, desto abenteuerlicher wird die Ausmalung,
desto mehr wird Vergil zu einer Gestalt wie Faust oder Theophrastus
Paracelsus. Im Unterschied von diesen erscheint er aber stets als ein
464 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
wohlwollender Genius, der überall gern helfend eingreift. Nur eine Rö-
merin die seine Liebe schnöd getäuscht hatte bekommt auch seine B>ache
zu fahlen. Wie für die romantische Phantasie die Namen aller Zeiten
und Völker wild durcheinandertaumeln, so wurde auch Yergil bald unter
den fabelhaften Kaiser Octavianns gesetzt bald unter den König Servius
(in den sieben Weisen), bald unter Titus (Gest. Rom. c. 57), bald unter
Darius in Rom (ib. c. 120), auch in die Bretagne unter den König Artus,
oder ist er Sohn eines Ritters aus „Campanien im Ardenner Wald*^ und
Qiner römischen Senatorstochter unter dem Kaiser Remus, der seinen
Oheim Romulus erschlug und dessen Nachfolger sein Sohn Perseus wurde,
unter dessen Regierung Yergilius an der Schule zu Toledo studierte
(deutsche Yolksbb. S. 3 — 7). Der Schauplatz seiner Thaten sind die Städte
Rom und Neapel. In Rom thut er seine Wunder meist auf Veranlassung
des Kaisers, der ihn nach einem nutzlosen Kampfe mit ihm zu seinem
obersten Rathsherm gemacht hat, und dieselben bezwecken theils die
Sicherung des Staats nach aussen (wie die Salvatio Romae) theils Ord-
nung im Innern. In seinem geliebten Neapel aber, das er gründete und
im Grunde der See auf Eier stellte, sorgt er durchgängig aus eigenem
Antrieb fuLr die Wohlfahrt der Stadt Von seinem Leben in Neapel ist
ein besonders grotesker Zug dass er auf einer durch die Luft geschlagenen
Brücke sich die Sultanstochter aus Babylon holt. Vgl. im Allg. Genthe
vor seiner Üebersetzung der Eclogen S. 68—97 = 47—86 der zweiten Ausg.
Ad. Keller, Li Romans des s^t Sages, p. CCIII f. Siebenhaar, de fabulis
quae media aetate de P. Virg. circumferebantur, Berl. 1837. 4. F. Michel,
quae vices quaeque mutationes et Virgilium ipsum* ^t eins carmina per
mediam aetatem ezceperint^ Paris 1846. Grässe, Beiträge zur Lit. und
Sage des Mittelalters (Dresden 1860. 4.). II: zur Sage vom Zauberer Vir-
gilius. G. Zappert, Virgils Portleben im Mittelalter, Wien 1851 (Denk-
schriften der Wiener Akad. II). Schwubbe, P. Virgilius per mediam aeta-
tem gratia et auctoritate fiorentissimus, Paderborn 1862. 4. K. L. Roth,
über den Zauberer Virgilius, in Franz Pfeiffers Germania IV. (1869) S.
257—298; vgl. K. Bartsch, ebds. S. 237 — 240 und F. Liebrecht ebds. X.
S. 406 ff. C. G. Milberg, Memorabilia Vergiliana (Meissen 1867. 4.) und
Mirabilia Vergiliana (Meissen 1867. 4.). F. Gregorovius, Geschichte d. Stadt
Rom IV (1866) g. E. Comparetti, Virgilio mago ed innamorato, 1867 ff.
Les faictz merveilleux de Virgile, Genf 1867. 64 pp. 24. (Wiederabdruck
eines Volksbuchs des 16. Jahrh.).
217 227. Vergils Jugendfreund, Cornelius Gallus aus Porum
lulii (J. 685 — 728 d. St), war der Erste welcher die erotische
Elegie der Alexandriner auf romischen Boden verpflanzte. Aber
durch Octavians Gunst in kriegerische und politische Stellungen
gelangt, wurde er übermütig und endete frühzeitig tragisch.
1. Asinius Pollio bei Cic. ad fam. X, 32 extr. (J. 711): Gallum Corne-
lium, familiärem meum. Probus zu Vergfil. Buc. p. 6, 1 Keil: insinuatus
Augusto per Comelium Gallum, condiscipulum suum, promeruit (Vergiliua)
ut etc. An ihn gerichtet ist Vergil. Ecl. X (J. 715), wonach er damals
226 f. VergiliuB. Cornelius Gallus. Codrus. 465
bereits Gedichte verfasst und die Untreue seiner Geliebten Ljcoris (oben
209, 1) erfahren hatte; s. v. 2 — 6. 10. 22 ff. 42 ff. 72 ff. Dazu Servius:
Gallus ante omnes piimus Aegypti praefectus fuit, poeta eximius. nam
et Euphorionem . . transtulit in latinum sermonem et amorum suorum de
Cytheride scripsit libros quattuor. . . fuit autem amicus Vergilii, adeo ut
quartus Georgicorum a medio usque ad finem eins laudes teneret; s. oben
223, 1. vgl. 220, 3. Prob, zu £cl. 10, 50: Euphorion, . . cuius in scribendo
secatus colorem videtur Cornelius Gallus. Ovid. Trist. II, 445: nee fuit
opprobrio celebrasse Lycorida Gallo. Vgl. rem. am. 765. Martial. YIII,
73, 6. Quintü. X, 1, 93 nennt ihn als Elegiker durior. Vgl. noch oben
206, 2. 4. 225, 2. A. 1.
2. Theilnahme des Gallus am 'Kriege gegen Antonius, Dio LI, 9.
Sueton. Aug. 66: Comelimn Gallum, quem ad praefecturam Aegypti (J.
724) ex infima fortuna provexerat (vgl. Dio LI, 17. Strab. XVII. p. 819.
Eutrop. VII, 7). . . ob ingratum et malevolum animum domo et pro-
vinciis suis interdixit. Gallo et accusatorum denuntiationibus et senatus
consultis ad necem compulso etc. Hieronym. chron. a. Abr. 1990 = Aug.
17 =B 728 d. St.: Cornelius Gallus Foroiuliensis poeta, a quo primum
Aegyptum rectam supra diximus, XLIU aetatis soae anno propria se manu
interfecit. Vgl. Ovid. Trist. II, 446. Amor. III, 9, 63 f. Propert. III, 32,
91 f. Dio LIII, 23 f. Ammian.* Marc. XVII, 4, 6. W. A. Beckers Gallus»
I. S. 16 ff. — Suet. gramm. 16: Q. Caecilius Epirota . . ad Comelium
Gallum se contulit vixitque una familiarissime. . . post deinde damnationem
mortemque Galli etc. Vgl. unten 258, 1.
3. Sehr zweifelhaft ist Jacobs* Zutheilung zweier gi'iechischen Epi-
gramme (Anal. II. p. 106. Anthol. gr. IL p. 93) FdXXov an Cornelius GiiUus.
4. C. Ch. C. Völker, commentatio de C. G. vita et scriptis, P. I. Bonn
1840. IL Elberfeld 1844.
5. J. 1590 veröffentlichte Aldus Manutius 50 Disticha auf Lycoris als
Verse Asinii Cornelii Galli (abgedruckt bei Wernsdorf III. p. 183—195 vgl.
p. 125—134; in Biese's anth. lat. 914). Die Ausnützung bekannter Stellen
des Vergil, Horaz, TibuU und Ovid (Met. und Trist.), sowie mehrere künst-
lich berechnete Lücken und das Fehlen gröberer Anstösse machen wahr-
scheinlich dass das Gedicht ein Erzeugniss des 15ten Jahrh. ist. Riese I, 2.
p. XXXIIl f. Ebenso verhält es sich mit den drei Epigrammen (bei Wernsdorf
III. p. 195 — 198; Riese 915 — 917) welche Manutius gleichfalls dem Gallus
zuschrieb und von denen eines auf CatuU und Juvenal anspielt. Noch
Anderes s. bei Riese p. XL f. not. 28.
228. Gleichfalls dem Vergil befreundet und, wie es schein 1.228
Verfasser von Elegieen war (der pseudonyme?) Codrus. Gegner
von Vergil aber waren die Dichter Bavius und Maevius. Da-
gegen wird ein feindliches Verhältniss zu Vergil ohne Grund
behauptet von Anser, dem Anhänger des M. Antonius und Ver-
fasser von erotischen Gedichten; s. oben 210, 8.
TsuTFBL, Böm. Literaturgeschichte. 2. Aufl. 30
466 Augusteische Zeit. J. 711- 767 d. St.
1. Vergil. Ecl. 7, 21 ff.: nymphae . . Libethrides, . . mihi Carmen quäle
meo Codro concedite: proxima Phoebi versibus ille facit. Vgl. ib. 25 f.
5, 11. Aehnlich sagte Valgius von ihm: ille canit quali tu voce, CatuUe,
canebas atque soles numeros dicere, Cinna, tuos; dulcior ut numquam
pylio profluxerit ore Nestoris aut docto pectore Demodoci. Vgl. Unger,
Valg. p. XI. Müssige Vermutungen über seinen wahren Namen (Cornificius
oder Cinna oder gar Vergil) bei den alten Auslegern zu d. St. Am ehesten
wäre noch an den römischen Namen Cordus zu denken. Vgl. R. Unger, Valg.
p. 405 ff.
2. Hieronym. in Eus. chron. ad a. Abr. 1982 == Ol. 186, 2 = Aug. 9
= 720 d. St.: M. Vavius poeta, quem Vergilius in Bucolicis notat, in
Cappadocia moritur. Porphyrie zu Hör. Epo. 10, 1 f. (p. 490 H.): hie est
Maevius importunissimus poeta, quem et Vergilius consimili contumelia
notat; und zu Sat. II, 3, 239 (p. 276 H.): de hoc (dem Sohne des Aesopus)
Maevius poeta scribit. Vergil. Ecl. 3, 90: qui Bavinm uon odit amet tua
carmina, Maevi. Dazu Servius: pro poena ei contingat ut diligat Maevium
peiorem poetam. nam Maevius et Bavius pessimi fuerunt poetae, inimici
tam Horatio quam Vergilio. unde Horatius (Epo. 10, 1 ff.). Ebenso Phil-
argyrius, wohl aus Sueton: duos sui temporis poetas dicit pessimos, quorum
carmina ob humilitatem abiecta sunt. . . ex quibus Vavius curator fuit,
de quo Domitius in Cicuta refert .(^ass er mit seinem Bruder in Güter-
gemeinschaft und Frieden Jebte, bis sich jene auch auf die Frau ausdehnte).
Serv. zu Ecl. 7, 21: ut sit . . Thyrsis . . Vergilii obtrectator, scilicet aut
Bavius aut Anser (oben 210, 8) aut Maevius poetae. Zu 6e. I, 210: reprehensus
Vergilius dicitur a Bavio et Maevio hoc versu: hordea qui dixit superest
ut tritica dicat (vgl. Ecl. ö, 36). Weichert, poetar. lat. vitae etc. p. 308 — 312.
C^ß'^ 218 229. Q. Horatius Flaccus, geboren 8 December 689 d. St.
zu Venusia, als Sohn eines Freigelassenen, erhielt seinen Unter-
ifjL ß.C rieht zu Rom und dann (etwa J. 709) zu Athen. Dorthin kam
im August 710 M. Brutus und gewann auch den jungen Horaz
I ^' für seine Sache. Von ihm zum tribunus militum ernannt zog
Horaz mit ihm in Makedonien und Asien herum, bis die Schlacht
^J (^'Z' bei Philippi (Herbst 712) seiner kriegerischen Laufbahn ein
jähes Ende machte. Er benützte die Amnestie zur Rückkehr
nach Rom und kaufte sich, durch die Ackervertheilung unter
die Veteranen seines väterlichen Vermögens beraubt, die Stelle
Q eines Quästorenschreibers. Daneben veröflfentlichte er Satiren und
r{^^ Epoden. Hierdurch bekannt geworden wurde er Ende 715 von
Vergil und L. Varius dem Maecenas vorgestellt und (Herbst 716)
in dessen Gesellschaft aufgenommen. So begleitete er diesen
^(h^' J^jm auf seiner Reise nach Brundisium. Von Maecenas erhielt
^ er ums J. 721 ein Landgut im Sabinischen zum Geschenke.
Auch wurde er wohl durch ihn mit Octavian bekannt. In seinen
Mannesjahren verfasste Horaz auch lyrische Gedichte, in seinen
228 f. Codrns, Bavins, Maevhis. Iloratius (Leben). 467
spätesten Briefe. Gestorben ist er kurz nach Maecenas, am 27
November 746, und wurde neben diesem bestattet *
1. Die reichste Quelle für Kenntnisa von Horatiuö' Leben sind seine
eigenen Gedichte. N&chstdem verdanken wir eine Reihe wichtiger Nach-
richten der Lebensbeschreibung des Dichters welche, als ein Auszug aus
dem de poetis handelnden Theile von Suetons Schrift de viris illuatribus,
durch Horazhandschriften uns erhalten ist. Sie wurde frühzeitig den Ab-
schriften der horazischen Gedichte vorgesetzt, insbesondere solchen die mit
Scholien versehen waren. Aus letzteren gelangten in den Text der vita
bald auch Interpolationen, wie über das speculatum cubiculum (aus Schol.
Ep. I, 19, 1; s. Roth im Rhein. Mus. XIIL S. 531. Reiffcrscheid , Suetou
p. 389 f.). Andererseits zog diese Verwendung der suetonischen Arbeit
auch Abkürzungen derselben nach sich, wie in der Aufzählung der hora-
zischen Gedichte (0. Jahn bei B^ifferscheid p. 390). Text der vita in C.
L. Roths Ausgabe des Sueton p. 297 f. vgl. p. LXXX— -LXXXV, sowie den-
selben im Rheinischen Museum XIII. S. 617—532. F. Ritter in den Pro-
legomena seiner Horazausgabe , p. V — VII. A. Reifferscheid , C. Suetoni
Tranquilli praeter Gaesarum libros reliquiae (Lipa. 1860) p. 44 — 48 vgl.
p. 387 — 392. Auf Benützung dieser vita deutet schon Porphyrio zu S. I, 6, 41:
patre libertino natum esse Horatium et in narraüone quam de vita ipsius
habui ostendi. Vgl. Schol. zu 0. IV, 1, 1 (ut refert Suetonius in vita Ho-
ratii) und zu Ep. II, 1, 1 (cuius rei etiam Suetonius auctor est).
2. Reliquae Horati vitae in libris poetae . . repertae . . ne ullam qui-
<lem antiquam memoriam nisi quae ex ipsis carminibus recepta sit conti-
nent, Reifferscheid 1. 1. p. 387 f. Aufzählung und Beurteilung derselben
bei C. Kirchner, Novae quaestiones horatianae (Naumburg 1847. 4.) p. 42
— 44 (not. 6).
3. Neuere Darstellungen des Lebens von Horaz, besonders: Masson,
vita Horatii, Lugd. Bat. 1708. Mitscherlich vor seiner Ausgabe der Oden
I. p. CXLIV— CLXXIX. C. PasBOw, über das Leben und Zeitalter des Ho-
raz, vor seiner Ausgabe der Briefe. Franke, fasti horatiani p. 5 — 20. de
Walckenaer, histoire de la vie et des po^sies d'Horace, 2 Bde. Paris 1840.
W. Teuffei, Horaz (Tübingen 1843) S. 1—13; in Pauly's Real-Enc. III. S.
1465 — 1469. No61 de Vergers, vie d'Horace, ätude biographique sur Ho-
race, Paris 1855. 84 pp. mit 2 Karten und 6 photograph. Ansichten.
4. Der Vorname Quintus aus Sat. II, 6, 37 ; das cognomen Flaccus Epo.
15, 15. S. U, 1, 18. Der Tag der Geburt aus Sueton, der Monat auch aus
Hör. Ep. I, 20, 27; das Jahr aus Epo. 13, 6. 0. III, 21, 1. Ep. I, 20, 27 f.
Der Geburtsort bes. aus S. II, 1, 34 f. Stand des Vaters: Sat. I, 6, 6. 45.
86. Ep, I, 20, 20. Erziehung, Sat I, 6, 72 ff. 4, 105 ff. Unterricht, Ep.
II, 1, 69. 2, 42 ff. Tribunus militum, 8. 1, 6, 48. Ueber die Feldzüge mit
Brutus und die Flucht bei Philippi 0. II, 7, wo v. 9 (relicta non bene
parmula) vorheriges tapferes Kämpfen (vgl. Ep. I, 20, 23) nicht ausBchlieebt
und die allgemeine Folge jeder Niederlage aussagt; vgl. z. B. Liv. XXXIX,
20: quattuor milia militum amissa . . et arma multa, quae quia impedi-
mento fugientibus per silvestres semitas erant passim iactabantur. Hora/.
konnte die allgemeine Flucht nicht verhindern und war mit der Sache des
30*
468 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
Brutus nicht so enge verwachsen dass ein G^bot der Ehre ihm den Tod
zu suchen vorgeschrieben hätte. Sueton: victis partibus venia impetrata
scriptum quaestorium comparavit. Vgl. S. II, 6, 36 nebst Ep. I, 14, 17.
Einbusse des väterlichen Vermögens Epp. II, 2, 50 f., wo: paupertas im-
pulit audax ut versus facerem. Sie benahm ihm die Furcht vor den An-
stössen die er etwa geben könnte und pflanzte ihm das Verlangen ein sich
bekannt zu machen, um dadurch irgendwie in eine zusagendere Lage zu
kommen. Vgl. Franke, fasti hör. p. 17—20.
5. Bekanntwerden mit Mäcenas S. I, 6, 41 — 61. vgl. II, 6, 40. Ge-
schenk des Sabinum J. 721; s. W. Teuffers Commentar zu Sat. II, S. 63 f.
vgl. S. 158 f. G. F. Grotefend, wann erhielt Horaz sein sabinisches Land-
gut? Rhein. Mus. lU. S. 471— -473. Erwähnung des Sabinum bes. Epo. 1,
25 ff. Sat. II, 3, 6. 308. 6, 1 ff. 16. 60 ff. 0. I, 17. Ep. I, 16, 1—14. Literatur
darüber, ausser den älteren Werken von Dom. de Sanctia (Roma 1761. 4.
1768. 4.), Capmartin de Chaupy (3 Bände, Rom 1767—1769) und Campenon;.
Walckenaer I. p. 409 — 413 (mit Karte). Strodtmann vor seiner Uebei;^.
der lyr. Gedichte S. 52 — 59. Noel de Vergers im Didot'schen Horaz .^.
XXIII— XXX. P. Rosa, Villa d'Orazio, im Bull, deir inst. arch. 1857/ p.
106 — 110. Vgl. Jahn's Jahrbb. LXXVII, S. 479 — 481. W. Pfitzner, über
das sabinische Landgut des Horaz, Parchim 1864. 20 S. 4. — Eine Quelle
auf seinem Gute (S. H, 6, 2. Ep. I, 16, 12 f.) nannte Horaz nach einer
bei Venusia befindlichen, einer lieben Jugenderinnerung, fons Bandusiae
(navdoGÜt?) 0. III, 13. Vgl. Strodtmann a. a. 0. S. 59—66.
6. Nach seinen eigenen Angaben war Horaz von Person das Gegen-
theil des Vergil (oben 220, 4), kurz (S. II, 3, 309. Ep. I, 20, 24) und dick
(Ep. 1,4, 15), daher August seine Gestalt mit einem bauchigten sextariolus
verglich. Auch hatte er in der Jugend dimkles Haar (Ep. I, 7, 26 vgl.
0. n, 11, 15. III, 14, 25). Später Gichtleiden Ep. I, 20, 24 vgl. 7, lOff.;
hypochondrische Anwandlungen Ep. I, 8. Auf einen gewissen, wenigstens
relativen, Wohlstand lassen manche Angaben schliessen, wie über seine
Bibliothek (S. I, 6, 122. H, 3, 11 f. 6, 61. Ep. I, 7, 12. 18, 108 f.), seine
Reisen (Ep. I, 15, 1 ff., vgl. 7, 11 f.), seine Sklaven (Sat. I, 6, 116. II, 7, 118)
und seine Parasiten (Sat. II, 7, 36). Ueber Abbildungen des Horaz s.
Vipconti iconographie romaine I. p. 389 ff. (pl. 13).
7. Die Frage nach der Abfassungszeit der horazischen Gedichte
wurde zuerst behandelt von Masson, lani templum Christo nascente resera-
tum (Rotterdam 1700) und vita Horatii (1708). Bündig und treffend sprach
sich darüber Bentley in der praefatio seiner Ausgabe aus. Vgl. hierüber
Masson, histoire critique de la r^publique des lettres, Amsterdam 1714.
V. p. 148 — 203. C. Kirchner, Quaestiones horatianae (Naumburg 1834. 4.)
p. 1 — 41. Joh. Apitz, de aetate poematnm horatianorum a R. Bentleio
inventa, Berlin 1853. Eine selbständige chronologische Ordnung befolgte
Sanadon in seiner ersten Horaz - Ausgabe , 1728. In neuerer Zeit zuerst
wieder Vanderbourg in seiner Ausgabe der Oden, wo I. p; 313 ff. sur la
publication des trois premiers livres des Ödes; II, 2. p. 556 — 563 sur la
publication des Epodes; p. 625—631 ordre chronologique des Ödes d'Ho-
race. Besser Begründetes stellte G. F. Grotefend auf im Artikel Horatius
der Ersch und Gruber'schen Encyclopädie 11, 10 (1833). S. 457—476. Vgl.
229. Horatius (Persönliches).
469
dessen Schriffc: die schriftstellerische Laufbahn des .Horatius, Hannover
1849. Gleichzeitig gab C. Kirchner a. a. 0. von seinem System eine Ta-
belle. Neue Untersuchung durch C. Franke, fasti horatiani, Berlin 1839;
mit einer Epistola Lachmanni, p. 235 — 240. Revision der Frage durch W.
Teuffei, Prölegomena zur horazischen Chronologie, Ztschr. f. d. Alt. Wiss.
1842, S. 1103 >- 1116; über die Abfassungszeit der Epoden, ebds. 1844,
Nr. 64—66, S. 508—525. 1845, Nr, 75—77, S. 596—616; über die der Sa-
tiren, Ehein. Mus. IV (1845), S. 93—119. 208—241. Ausserdem: W. Für-
stenau, de carminum aliquot hör. chronologia, Hersfeld 1838. S. Cahn,
trias quaestionnm horat., Bonn 1838. B. Sökeland, über die Zeitfolge der
horaz. Gedichte. I. Coesfeld 1841. 4. W. Th. Streuber, über die Chronologie der
horaz. Dichtungen, Basel 1843. C. G. Zumpt vor Wüstemanns Ausg. d. Sat.
S. 20—42 (vgl. Rfeein. Mus. IV. S. 224 ff.), üeber die Abfassungszeit ein-
zelner Gedichte Abhandlungen von W. Fr. Wiedasch (Quaestiones chrono-
^ logicae, Nordhausen 1847. 4.; über 0. I, 2), Fr. üeberweg (Philologus VI.
), 306—323: über 0. 1, 34), C. F. Sehrwald (de tribus Hör. carminibus,
Jtenburg 1858.^0 pp. 4.), Clodig (de ordine et temporibus quibus H. sa-
composui^^wst 1867. 4.). Ribbeck, Episteln S. 83—96. Ueber (an-
g^y£he)^ig^0^[^^Ki der horazischen und vergiUschen Gedichte auf einan-
uit^'^^b^ckeisen's Jahrbb. 99, S. 313—330.
-a welcher die horazischen Gedichte in den Hand-
'\* jStenen ^Y ^^ gemein folgende: 4 Bücher Carmina, Epoden, Car-
*v3.e*'^jwe, SHtiren, Briefe. Nur die sogenannte Ars poetica steht in
^V^J^Hr 11^^ ^^T^ Epoden und dem Carmen saec. bald zwischen den
>atiren ui^J^riefen, vielleicht weil dieses Stück, als das letztverfasste,
sht noch von Horaz selbst seine Stellung zugewiesen erhielt. Die über-
icferte Ordnung befolgt das Princip das metrisch Gleichartige zusammen
zu stellen, und zwar in der Folge der Entstehungs weise der einzelnen Bü-
cher, nur dass die Oden den Vortritt haben, offenbar weil der Ordner auf
sie den meisten Werth legte. Innerhalb der einzelnen Bücher tritt der
Gesichtspunkt hervor die an besonders verehrte Freunde gerichteten Ge-
dichte möglichst auch durch ihre Stellung hervorzuheben; im Uebrigen
sind in den Epoden die Gedichte von gleichem Maase zusammen gestellt,
in den Oden dagegen möglichst getrennt; wenigstens stehen nie zwei sap-
phische Oden unmittelbar hinter einander, wohl aber einige Male alkäische,
deren es auch mehr sind. 0. II, 1 — 10 wechseln alkäische und sapphische
Gedichte regelmässig unter einander ab. Diese Ordnung war um so zweck-
mässiger da die einzelnen Gedichte ursprünglich nur durch die Verschie-
denheit ihres Maases, nicht aber durch Ueberschriften , gegen einander
abgegrenzt waren. H. Stephanus, diatribe de titulis et ordine librorum
Horatii, in seiner Ausgabe des Horaz. S. Cahn, trias quaestionnm hör.
(Bonn 1838) p. 1 — 17. W. Teuffei, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1842, S. 1108
— 1111. A. Herrmann, Curae horatianae, Celle 1861. 4. AI. Riese, in
Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 474— 4*6. Ribbeck, Episteln S. 82 f.
230. Horaz ist ein fein organisierter Verstandesmensch. 224
Schwung der Phantasie, idealen Flug der Gedanken und Ge-
fühle, begeistertes und Begeisterung weckendes Wesen darf
1
470 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
man bei ihm nicht suchen. Was man aber bei ihm findet ist
eine unvergleichliche Klarheit, Ruhe und Scharfe des Greistes,
eine durchdringende Kenntniss des eigenen Selbst und anderer
Personen und Verhältnisse. Zuverlässig und treu gegen Freunde,
ist er scharf gegen Feinde. Sein Unabhängigkeitsgefühl ent-
leidet ihm die Hauptstadt und gewinnt ihn für die Stille des
Landlebens. Sein poUtisches Bekenntniss und seine Haltung
gegenüber von August ist ein fortwährendes Compromiss zwi-
schen diesem Unabhängigkeitsgefühl und seiner Einsicht in das
unter den gegebenen Umständen Mögliche und Unvermeidliche.
Er trifft auch hier die schwierige Mittellinie, weder anzustossen
noch sich etwas zu vergeben. Er ist kein Mann der Opposition,
aber er hält auf politischen Anstand. Seine Weltanschauung ist
die des reiferen Alters, welches die Leidenschaften hinter sich
hat und vor sich den Tod. Der Ton wechselt daher zwischen
mutigem Erfassen dessen was das Leben Erfreuliches bietet und
resigniertem Hinblick auf das was es versagt; er bewegt sich
am liebsten in den mittleren Stimmungen und gedämpften Ac-
corden. Das Ziel wonach Horaz unablässig strebt ist die ruhige
Glätte? des Gemüts, unentwegt durch Stürme des eigenen Innern
wie durch äussere Begegnisse oder Ansinnen anderer Menschen.
Sein Verstand schärfte ferner seinen Geschmack und verlieh
seiner Sprache die wohlthuende Durchsichtigkeit die ihr nur da
abgeht wo er nicht sich selbst geben kann. Sonst aber liegt
nichts ihm ferner als Gesuchtes und Geschraubtes. Sein Bewusst-
sein der Begrenztheit menschlichen Seins lässt ihn mit Humor
über sich selbst reden, mit tonie über das was sich gross dünkt,
und äussert sich besonders liebenswürdig in einem Anstrich gut-
mütiger Schalkhaftigkeit.
1. Jani, de moribus Horatii prolusio (Halle 1774. 4. und in seiner
Ausgabe I, p. C — CHI). R. van Ommeren, Horaz als Mensch und als
Bürger von Rom, aus dem Holland, übers, von Walch, Leipzig 1802. Seiz,
Horaz nach seinem Leben und seinen Dichtungen, Nürnberg 1815. W. Teuf-
fei, Charakteristik des Horaz (Leipzig 1842), bes. S. 55 ff.; über Horatius
(Tüb. 1868. 4.) S. 34 f. W.E.Weber, Q. Horatius Flaccus als Mensch und
Dichter, Jena 1844. Andaltshauser, über Horaz und seine Dichtungen,
Straubing 1846. 4. Lysander, Comm. de Horatio homine ac poeta, Lund
1848. 4. B. Karsten, Q. Hör. FL, ein Bück in sein Leben, seine Studien
und Dichtungen, aus dem Holland, übersetzt von M. Schwach, Leipzig 1863.
Fr. D. Gerlach, Leben und Dichtung des^ Horaz, Basel 1867.
2. Verhältniss zu Freunden. F. Jacobs, Vermischte Schriften V.
S. 3 ff. Knebel, zur Charakteristik des Horaz, insbes. sein Verhältniss zu
230. Horatius (Charakteristik). 471
Mäcenas, Ztsclir. f. d. Alt. Wiss. 1841, Nr. 93. Frandsen, Mäcenas (1843)
S. 193—220. C. G. Zumpt vor Wüstemann's Ausg. der Satiren, S. 12—19.
G. F. Grotefend, des Horaz Freunde und Bekannte, Philologus IL S. 280
—288. H. Paldamus, Horaz und Mäcenas, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1848,
Nr. 113. Fr. Jacob, Horaz und seine Freunde, Berlin 1862 f. 2 Bde.
3. Üeber das Verhältniss des Horaz zu August gibt Sueton merk-
würdige Einzelheiten, welche zeigen wie viel dem Letzteren daran lag den
Dichter für sich zu gewinnen und wie zurückhaltend sich dieser gegen
ihn benahm. Ganz dasselbe beweisen auch des Letzteren Gedichte, theils
mit ihrem langen Schweigen, trotz der manchfachen persönlichen Berüh-
rungen welche die Freundschaft mit Mäcenas herbeiführen musste, theils
auch, als es endlich gebrochen wurde, in der an das Thatsächliche , offen
Daliegende sich haltenden und die eigene persönliche üeberzeugung nicht
mitverwickelnden Weise der Ausführung. Wo Horaz positiven, dringen-
den Aufforderungen sich nicht zu entziehen vermochte, da fühlt sich die
äussere Nöthigung in der Haltung des betr. Gedichtes sehr deutlich durch.
Dass er schliesslich dem Erfolge gehuldigt hat lässt sich nicht leugnen.
Aber er that es erst nach langem Sträuben, als die Monarchie unabänder-
lich feststand und ferneres Schmollen kaum mehr verständig gewesen wäre.
Auch gibt es heutzutage nicht Viele welche ihm aus jener Haltung einen
Vorwurf zu machen berechtigt oder geneigt wären. Neuerdings ist es
vielmehr Sitte geworden aus den horazischen Gedichten tiefe und feine
politische Berechnungen herauszulesen. So will man die Entdeckung ge-
macht haben dass Horaz die Empfehlungen der Mässigung und des ruhi-
gen ehrgeizlosen Lebensgenusses vorzugsweise an solche Männer richte
deren hohe Geburt, Reichthum oder stolzer Sinn dem Augustus am meisten
Besorgnisse einflössen konnte (C. Peter, Gesch. Roms III. S. 110). Aber
dass er sie an Solche richtete bei denen sie wohlangebracht waren ist
doch wohl selbstverständlich; dass er diess jedoch im Dienste des Augustus
gethan habe, dafür spricht auch nicht das Geringste.
Literatur über die Frage. Wieland's Einl. zu Brief II, 1. Boost, über
eine Anklage des Horaz, Frankfurt 1807. F. Jacobs, Vermischte Schrif-
ten V. S. 318 flP. E. Salverte, Horace et Tempereur Auguste, Paris 1823.
Giesebrecht, quid de Horatio senserit Augustus, Prenzlau 1829. 4. Feld-
bausch, de Horatio non adulatore, Heidelberg 1839 (vgl. W. Teuffei in
Jahn's Jahrbb. XXVIII, S. 327 ff.). Hempel , wie ist Horaz zum Herold des
monarchischen Princips geworden? Bromberg 1840. 4. W. E. Weber,
Horaz als Mensch (1844) S. 168 ff. Werner, Quaestiones horatianae, Götti.
1847 (de Horatio Augusti laudatore). Paul, de Hör. in Augustum adula-
tione, Thom 1847. 4. 0. Jahn, Grenzboten 1868, S. 96 f.
4. Hinsichtlich der Sittlichkeit des Horaz ist zuzugeben dass seine
Ansichten über die Beziehungen der Geschlechter sich erst in seinen spä-
testen und reifsten Gedichten über die seiner Zeit erheben. Doch ist
keineswegs alles in den Oden in dieser Hinsicht Gesagte wörtlich zu neh-
men. Vgl. im Allgemeinen Lessing, Rettung des Horaz (Werke IV. S. 215 ff.;
Ausgabe von 1867. VIII. S. 1 — 40). Les amours d'Horace, Cologne 1728.
W. Teuffei, de Horatii amoribus, Jahn's Archiv VT (1840). S. 325—374.
VIL S. 648 — 650; Charakteristik des Horaz (1842) S. 85 — 89. Düntzer,
472 Augusteische Zeit. J. 711— 7C7 d. St.
Kritik und Erklärung des Horaz lü. S. 35 — 42. W. E. Weber in Jahn's
Archiv IX. S. 248—273.
5. Von einer Philosophie des Horaz kann man reden theils in dem
Sinne einer Weltansicht, theils sofern Horaz zu den beiden in seiner Zeit
zu Rom geltenden griechischen Systemen, dem epikureischen und dem
stoischen, in seinen Schriften Stellung nimmt. Anfönglich ein entschiede-
ner Bekenner des Epikureismus (8. I, 5, 101 ff. Ep. I, 4, 16) und Bekämpfer
des Stoicismus, yerräth Horaz doch schon durch das Oftmalige und Ein-
gehende seiner Beschäftigung mit dem letztem System (S. I, 3. II , 3. 7)
ein geheimes Interesse dafür (vgl. W. Teuffei zu Sat. II, 7. S. 176 f.). Von
Anfang an neben allem Lebensgenüsse einen nachdenklichen Sinn ver-
rathend lernt Horaz allmählich den sittlichen Ernst achten den der Stoi-
cismus, trotz seiner Wunderlichkeiten, in sich schliesst und hört daher all-
mählich auf ihn zu bekämpfen und nimmt immer mehr von ihm an (vgl.
Ep. I, 1, 17), obwohl er niemals zu ihm übertritt, vielmehr eine kritische
oder eklektische oder dilettantische Stellung zu den verschiedenen Systemen
einnimmt (Ep. I, 1, 14). 0. I, 34 ist mehr Ausdruck einer augenblick-
lichen Stimmung als Ausfiuss einer gründlichen Aenderung der Ansicht.
Die dortige angebliche Bekehrung hinderte den Dichter nicht sich noch
später Epicuri de grege porcum zu nennen (Ep.. I, 4, 16). Wohl aber zeigt
0. II, 2, 19 ff. dass er mit den vierziger Jahren (um J. 730) dem Stoicis-
mus mehr Gerechtigkeit widerfahren zu lassen anfieng. Schriften de phi-
losophia Horatii oder horatiana von J. Berger (Viteberg. 1704. 4.), Fore-
lius Henning (üpsala 1706), Isr. Noräus (Upaala 1706. 4.), Briegleb (Co-
burg 1777. 4.); de poenitentia Horatii philosophica (0. I, 34) Schriften von
Benner (Giessen 1734. 4.) und List (Giessen 1785). Pflugradt (praeside J.
E. J. Walch), de i)hilo8ophia Hör. stoica, Jena 1764. 4. J. H. B. Portlage,
de praeceptis Hör. ad art^m beate vivendi spectantibus, Osnabioick 1835. 4.
Werner, de Horatio philosopho (Quaest. hör., Göttingen 1847). Munding,
die sittlicljcn uud religiösen Ansichten des Horaz, Hottweil 1853. 4. J.
Grautegein, de Horatii ratione theologica et philosophica, Münster 1857.
A. Arnold, das Leben des Horaz und sein philosophischer, sittlicher und
dichterischer Charakter, Halle 1860. Th. Vogel, die Lebensweisheit des
Horaz, Meissen 1868.
219 231. Die von Horaz zuerst bearbeitete Dichtgattung ist
die der Satire. Wie sein Vorgänger Lucilius macht sie Horaz
zu einer Darlegung seiner Persönlichkeit und seiner persönli-
chen Ansichten über mancherlei Gegenstände. Aber nach den
greuelvollen Erlebnissen der jüngsten Vergangenheit war es
nicht möglich das Gebiet der Politik zu betreten ohne alte
Wunden aufzureissen-, und vollends ein Schriftsteller welcher auf
der unterlegenen Seite eine thätige Rolle gespielt hatte konnte
über Politik ohne Gefährdung seines Charakters mir schweigen.
Die Stoffe des Horaz und die Gegenstände seiner Kritik sind
daher ausf?!chliesslich sociale und literarische. Der Satiriker geht
230 f. Horatius (Philosophie, Satiren). 473
von einer ernsten Grundlage aus, er will für das ethische Ideal
gewinnen durch Bekämpfen seiner Entstellungen; aber seine
Waflfen sind die des Scherzes, er behandelt das Verkehrte und
Verwerfliche als lächerlich. Der Gang der Erörterung hat mehr
den Schein der Lässigkeit als dass er wirklich planlos wäre.
Die Satiren des zweiten Buchs haben überwiegend dramatische
und dialogische Einkleidung und zeigen eine reifere Kunststufe
als die des ersten. In der äusseren Form hat Horaz freiwillig
sich auf das epische Versmass beschränkt, als das dem überwie-
gend lehrhaften Inhalte seiner Satiren entsprechendste und durch
den Vorgang des Lucretius ihm empfohlene; in der Handhabung
desselben hat er künstlerische Gesetzmässigkeit mit Leichtigkeit
zu verbinden gewusst.
1. Horaz selbst befasst unter dem Namen Seimones (Plaudereien) so-
wohl seine Satiren (S. 1, 4, 42. Ep. I, 4, 1) als seine Briefe (Ep. 11, 1, 4.
250), weil beide in der Weise des sermo, der Sprache des gewöhnlichen
Lebens, gehalten sind und sich von dieser nur durch das Metrum unter-
scheiden (S. I, 4, 56 ff. vgl. Musa pedestris, S. II, 6, 17. Ep. 11, 3, 95).
Aber eben weil auch die Briefe sermones sind empfiehlt sich für die Sa-
tiren mehr die Bezeichnung als satirae, zumal da S. II, 1, 1. 6, 17 zeigt
dass sie dem Sinne des Dichters entspricht und diese Benennung überdiess
die literar- historische Stellung der betreffenden Gedichte, ihr Verhältniss
zu den Vorgängern und Nachfolgern, besser charakterisiert.
2. Bearbeitungen sämmtlicher Satiren (ausser den Gesammtausgaben
der horazischen Gedichte). Uebersetzt^ mit Einleitungen und Anmerkungen
von C. M. Wieland, Leipzig 1786. 2 Thle. Vierte Auflage 1819. Erklärt
von L. F. Heindorf, Breslau 1815; neu bearbeitet von E. F. Wüstemann,
Leipzig 1843; dritte Auflage, mit Berichtigungen und Zusätzen von L. Döder-
lein, Leipzig 1859. Kritisch berichtigt, übersetzt und erläutert von C. Kirch-
ner, I (Stralsund 1829. 4.). üebersetzt und erklärt durch W. E. Weber;
herausgegeben von W. S. Teuffei, Stuttgart 1852. Satiren und Briefe,
erklärt von G. T. A. Krüger, Leipzig (Teubner), sechste Aufl. 1869. Ans
dreissig unverglichenen und allen bisher verglichenen Hdss. . . kritisch her-
gestellt, metrisch übersetzt und mit erklärendem Commentar versehen von
C. Kirchner. I. Text, Uebersetzung- und kritischer Apparat, Leipzig 1854.
11, 1: Commentar zum ersten Buche der Satiren, Leipzig 1865. II, 2: Com-
mentar zum zweiten Buche der Satiren, verfasst von W. S. Teuffei, Leipzig
1857. Sermonendichtungen, lat. und deutsch mit Anm. von J. S. Strodt-
mann, Leipzig 1855. Satiren und Briefe in deutsche lamben übertragen
von Fr. Frölich, Schleswig 1856. Lateinisch und deutsch von L. Döderlein,
Leipzig 1860. Recensuit P. Hofman Peerlkamp, Amstelod. 1863. Satiren
und Episteln, deutsch mit Einleitungen und Anmerkungen von E. Munk,
Berlin 1867. Rec. A. Holder, Lips. 1869.
3. Unter den Bearbeitungen einzelner Satiren (vgl. W. Teuffcl, über
Uoraz 1868, S. 11) sind besonders crwähnenswerth: I, 1 (von F. A. Wolf)
474 Augusteisclie Zeit. J. 711—767 d. St.
Berlin 1813. 4. K. Keisigs Vorlesnngeu über Sat. I, 1, herausgegeben von
Eberhard, Coburg 1840. 4. Vgl. W. Teuffei in Jahns Jahrb. XXXII. S. 343
— 363. F. A. Eckstein, familiaris interpretatio, Lips. 1865. 4. — I, 3 und 4
von C. PasBOw, Berlin 1827. 1828. 4. Joh. Apitz, Coniectanea in Hör. Sa-
tiras, cum var. lectt. cod. ms. Berolinensis, Berlin 18ö6. C. Nipperdey, de
locis quibusdam Hör. ex I Satt, commentatio I. H. Jena 1858. 4. T. Momm-
sen, Bemerkungen zu Hör. S. I, Frankfurt 1871. 30 S. 4.
4. Dan. Heinsius, de sat. horatiana libri H. Lugd. Bat. 1612. 8. Ha-
berland, de iusto pretio satiris horat. statnendo, Lips. 1774. 4. Manso in
den Nachtragen zu Sulzer IV. S. 446 ff. Niebuhr, Brief an einen Philolo-
gen, herausgeg. von Jacob S. 135—138. W. Teuffei, Charakteristik des H.
(1842) S. 47—50. H. Berning, de satirica poesi Hör. collata cum Juvenali,
Becklingshausen 1843. 4. F. A. Beck, über das Wesen der horaz. Satire,
Giessen 1859. 4. C. J. Bolia, de Hör. et luv. satt, auctoribus, Freiburg
1861. Grothof, Hör. als Satiriker, Heiligenstadt 1863. 4. E. Szelinski, de nomi-
nibus personarum . . apud poetas satiricos rom. (Königsberg 1862) p. 10 — 42.
Clodig, s. 229, 7. Th. Fritzsche, Menipp und Horaz, Güstrow 1871. 30 S.
220 232. Die ungefähr gleichzeitig mit den Satiren verfassten
Epoden sind in ihrem aggressiven Charakter den Satiren we-
sentlich gleichartig und theilen hierin mit ihnen den Standpunkt
der Jugendlichkeit; nur sind sie ebensosehr gegen einzelne Per-
sonen gerichtet wie die Satiren eine Kritik allgemeiner Verhält-
nisse enthalten. Andererseits sind sie durch ihre melische Form
eine Vorbereitung auf die spätere lyrische Dichtung des Horaz.
Horaz zeigt sich darin als einen Nachahmer des Archilochos^
aber als einen selbständigen. Neben der zum Wesen der (Jat-
tung (des lambos) gehörigen Schärfe und Bitterkeit hat Horaz
auch die ihr nicht minder eigenthümliche aloxQoloyCa nachge-
bildet. Die späteren Stücke sind abgeklärter und reifer und
nähern sich dem Charakter der carmina^ wie umgekehrt unter
diesen manche sind die nach Form oder Inhalt in der Epoden-
sammlung stehen könnten. Die Vierzeiligkeit findet auf die
Epoden noch ebensowenig Anwendung als sich antistrophische
Gliederung erweisen lässt.
1. Der Name inmdol und ra inmÖdy epodon über, ist wohl eine Zu-
gabe der Grammatiker, entnommen von der metrischen Beschaffenheit der
meisten Stücke. Die Benennung Epode wurde nämlich später gebräuch-
lich für alle diejenigen Yersarten (mit Ausschluss des elegischen Distichon)
die aus einer Vereinigung einer längeren und einer kürzeren Zeile (letztere
o inmSog sc. ozl%oq, der Nachvers) bestehen, besonders aus einem iambi-
schen Trimeter und einem solchen Dimeter, wie Epo. 1 — 10. So z. B.
Schol. Hermog. in Walz's Rhetores graeci VII. p. 820: hxl dh del to ino)-
dov ßgaxvzSQOv rov tcqo ai^tov cxixov üvXXaßag riztaQag. Porphyrio zu
Epo. 1. Horaz selbst nennt (Epo. 14, 7. Od. I, 16, 3. 24. Epi. I, 19, 23.
232 f. HoratiuB (Epoden, Oden). 475
II, 2, 59) diese Gedichte sachgemäsB iambi; daher auch Epo. 17 ein Recht
hat in dieser Sammlung zu stehen. Yerhältnias zu Archilochos s. Epi. I,
19, 23—25. lieber die nahe Beziehung zwischen den spätesten Epoden
und den frflhesten Oden vgl. Epo. 9 mit 0. I, 37. Ganz ähnlichen Geist
wie die meisten Epoden hat noch 0. III, 15; und 0. I, 4. 7. 28. II, 18.
IV, 7 könnten ihrer metrischen Form nach ebenso gut in der Epodeu-
sammlung stehen, wenn diese zur Zeit ihrer Abfassung nicht schon abge-
schlossen gewesen wäre.
2. Blühdorn, de natura epodorum H. , Brandenburg 1795. 4. Ph. Butt-
mann, Mythologus I. S. 318 f. Vanderbourg^s Ausg. II, 2. p. 549 — 66^. Franke,
fasti hör. p. 43—50. W. Fürsteuau, de carm. hör. chronologia p. 11 — 16.
W. Teuifel, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1844 f. (s. oben 229, 7). M. Axt, zur
Erklärung und Kritik der hör. Epoden, Creuznach 1846. 4. Leidloff, de
cpodon Ilor. aetate, Holzminden 1856. F. Martin, de Hör. epodorum
ratione antistrophica et interpolationibus, Posen 1860. 4. Vgl. dagegen
A. Buttmann in MützelFs Ztschr. f. Gymn. 1862, S. 673—704. 753—780.
233. Ais Horaz schon in der Mitte seiner Dreissiger Jahre 221
stand entschloss er sich die bei den Epoden gewonnene tech-
nische Fertigkeit und Formbeherrschung dazu zu benützen um
nun auch den Alkaios und die Sappho auf römischen Boden
zu verpflanzen. Diesen Entschluss führte Horaz eine Reihe von
Jahren (mindestens sieben) durch, und die Frucht desselben sind
die drei Bücher carmina, woran sich nach längerer Unterbre-
chung (von etwa sechs Jahren) aus äusserer Veranlassung das
vierte Buch anschloss. So ein Erzeugniss der reifsten Jahre
des Horaz prägen seine lyrischen Gedichte seine Eigenthüm-
lichkeit am schärfsten und reinsten aus und sind die formell
vollendetsten unter seinen Hervorbringungen. Zugleich aber sind
dieselben nicht ein Ausfluss drängender Begeisterung und über-
sprudelnder Phantasie, sondern verrathen vorzugsweise geistige
Klarheit, Ruhe und Reife, die Richtung auf scharfe Beobachtung
der Menschen und Nachdenken über die Fragen des Lebens,
sowie künstlerische Besonnenheit, namentlich in der bewussten
Durchsichtigkeit ihrer Anlage, der Ebenmässigkeit ihrer Aus-
führung, welche mit Vorliebe trichotomisch sich gliedert, der
strengen Gesetzmässigkeit, Schönheit und dem Wohllaut ihrer
metrischen Form und dem feinen Sprachverständniss. Anderer-
seits fehlt es freilich auch nicht an Zügen von Nüchternheit
und Frost, an prosaischen Wendungen, Masslosigkeiten, bei
denen wir oft sogar des Dichters sonstigen guten Geschmack
vermissen, Selbstwiederholungen, in allen Büchern nicht selten,
am häufigsten aber in dem nachgeborenen vierten Buche. Diese
476 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
Mängel treten am stärksten zu Tage in denjenigen Gedichten
deren Ausgangspunkt nicht eigene wahre Empfindung ist, son-
dern ein abstracter Vorsatz oder gar blose Bestellung; wo Horaz
aber wirklich fühlt, da erhebt er sich oft zu wahrer Schönheit.
Horaz beginnt seine lyrische Laufbahn mit StilQbungen nach
griechischen Vorbildern, steigt allmählich auf zu Nachdichtungen
in deren Geiste, und wagt zuletzt selbständig gewählte Gegenstände,
Stoffa aus der unmittelbaren Gegenwart, Darlegungen seiner per-
sönlichen Denkweise, in den Formen der Griechen zu behandeln.
1. Selbstwürdigung des Horaz: operosa parvus carmina fingo, 0. IV,
2, 31 f. Epo. 11 u. 14 gesteht er dass ihn die Liebe am Dichten (d. h. Ar-
beiten) hindere. 0. 1, 1, 19 ff. 29 ff. Gegensatz von harmlosem Lebensgenuss
und Dichten. Noch Sat. I, 4, 39 ff. hatte sich H. ausdrücklich aus der Zahl
der eigentlichen Dichter ausgenommen. Wenn er anderwärts mit Selbst-
gefühl von seinen lyrischen Leistungen spricht (besonders in dem Schluss-
gedicht von 0. II und III), so gab ihm dazu eben die Mühe und der Fleiss
den er darauf verwendet die subjective, und der Ruhm den er sich da-
durch gewonnen eine objective Berechtigung.
2. Horaz nennt seine Gedichte öfters aeolium oder lesbium carmeu;
z. B. 0. III, 30, 13. IV, 3, 12. I, 26, 11. 32, 4 f. vgl. FV, 6, 35. Der
Anschluss an die subjective äolische Melik ist wirklich ein Hauptmerkmal
derselben, und es ist auch ein besonderes Verdienst des Horaz dass er die
durch ihren musikalisch- orchestischen und rituellen Charakter zur Ueber-
tragung auf fremden Boden nicht geeignete dorische Chorlyrik bei Seite
Hess und ebenso wenig den Missgriff der meisten Römer begicng, die ge-
lehrten alexandrinischen Dichter zu Vorbildern zu wählen, sondern auf die
echten classischen und zugleich allgemein menschlichen Meliker der Grie-
chen, auf Alkäos, Sappho und den in ähnlicher Weise dichtenden Anakreon,
und damit auf die Natur, zurückgieng. Nur hat er diess nicht überall und
consequent gethan, sondern oft an der Stelle der Natur die Kunst (Rheto-
rik) oder gar die Tendenz zum Ausgangspunkt gewählt. Schief A. Kiess-
ling, üb. d. Aufnahme der horaz. Oden im ersten Jahrb., in d. Verhandl. d.
Kieler Philologenvers. (Leipzig 1870) S. 28 — 37. Nachweisliche üebersetz-
uQgen (Nachdichtungen) sind besonders I, 9 u. 18, sowie der Anfang von
I, 37. In allen solchen Fällen sieht man zwar wie weit Horaz entfernt ist
von der frischen naiven Energie seiner Vorbilder, aber zugleich auch wie
klar er sich darüber war welche Züge er weglassen oder abändern müsse
und welche er aufnehmen könne, wie angelegentliche Sorgfalt er verwendet
auf die Vermittlung des Gedankengangs, die Ausführung des Details, wie
er derbe Wendungen abschwächt, durch Einmischen concreter Züge atis
der Gegenwart das Gedicht dem Leser näher rückt. Neben den bewussten
Nachbildungen finden sich auch häufig Reminiscenzen aus griechischen
Dichtem, die man sich nur nicht bienenartig zusammengetragen denken
darf. — Literatur über das Verhältniss des Horaz zu den Griechen. H.
Wagner, Hör. carmina collatione scriptorum graecorum illustrata, Halle
1770. Additamenta dazu, 1771. Wensch, de Hör. Graecos imitandi studio
233. Horatius (Oden). 477
ac' ratione, Viteb. 1829. 4. Rotter, de Horatii studiis graecis, Gleiwitz
1836. 4. G. F. Grotefend, über die Originalität des Hör. in seinen Oden,
Ztschr. f. d. Alt Wiss. 1844, Nr. 19. Th. Arnold, quaestionia de Horatio
GraeconuBi imitatore particula, Halle 1845; über die griechischen Studien
des Horaz, Halle 1855. 1856. 4. Göbel, Horaz und Euripides, Mfltzell's
Ztschr. f. Gymn. I. 1851. S. 298 — 323. H. H. Garcke, Hör. carm. libri I
coUatis scriptoribus graecis illustrati specimen, Halle 1853. 1860. 4.; Quae-
stionum de graecismo Hör. pars prior, Halle 1860. 240 pp. 8. Versuch
einer griechischen üebersetzung der Oden des Horaz von B. Arnold, Mün-
chen 1858. 4.
3. Klares Bewusstsein seiner Aufgabe und der ihm zu Gebote stehen-
den Mittel spricht auch aus der Art wie Horaz die griechischen Masse,
insbesondere das sapphische und alkäische, behandelt hat, und zwar mit
steigender Consequenz. Erstens nämlich hat er, in richtiger Erkenntniss
des gravitätischen, an Spotideen reichen Charakters der lateinischen Sprache,
an allen Stellen wo die Ersetzung des Trochäus (bzhgsw. lambus) durch
einen Spondeus gestattet ist sich diese Ersetzung zum unverbrüchlichen
Gesetze gemacht. Nur I, 15 erweist sich als einer der allerfrühesten Ver-
suche dieser Art auch darin dass dort v. 24 u. 36 Horaz dieses Gesetz
noch nicht durchgeführt zu haben scheint; eine andere Ausnahme macht
III, 3, 17. Ebenso hat Horaz in der Anakrusis des alkäischen Verses zwar
im ersten Buche fünfmal, im zweiten dreimal, im dritten zweimal sich die
Kürze gestattet, dagegen im vierten Buche sie vermieden. Zweitens hat
Horaz aus der recitierenden (epischen) Poesie die Cäsur herübergenom-
men, weil er vorauswusste dass auch seine melischen Gedichte nicht wür-
den gesungen werden, sondern nur recitiert, beziehungsweise gelesen; s.
oben 34, 4. Eine genauere Beobachtung des Verfahrens von Horaz in Be-
zug auf die Cäsur zeigt überdiess wie er stätig an -der Vervollkommnung
der äusseren Form seiner Gedichte arbeitete. In den alkäischen Strophen
nämlich hat Horaz den zweiten Bestandtheil (den dritten, neunsilbigen
Vers) in den Oden der beiden ersten Bücher so gebildet dass derselbe,
gleichfalls, wie der erste Bestandtheil (die beiden ersten Verse der Strophe)
und wie der sapphische Vers des Horaz, die nsvd'TiitLiisQTig hatte (also Thei-
lung von 5 -|- 4). Später aber gelangte er zu der Einsicht dass dadurch
der Bau einförmig werde (was ohnehin der Hauptmangel der horazischen
Metra ist) und hat daher im dritten und vierten Buche diese Art von Cäsur
des dritten Verses consequent vermieden und durch andere ersetzt (beson-
ders die Theilung 6 -|- 3, theilweise auch 7 -|- 2, doch so dass der erste
Bestandtheil dann wieder in sich gegliedert ist). Dieses Verhältniss ist viel
zu constant durchgeführt als dass es bioser Zufall sein könnte. Vgl. C.
Lachmann an Frankens fasti hör. p. 238 — 240. Ueber die Maase der
horazischen Oden überhaupt s. vor den meisten Ausgaben derselben, und
W. Teuffei vor G. Ludwigs neuer üebersetzung der Oden (Stuttgart 1860),
S. 24 ff. = Stuttgarter Correspondenzblatt 1860, Nr. 3. A. Schnitz (Köln
1831. 4.),*G. Pinzger (Liegnitz 1833), Richter (de Hör. metris lyricis I.
Recklingshausen 1863. 4.), H. Schiller (für den Schulgebrauch, Leipzig
Teubner 1869). Ueber die Verschleifungen (vulgo Elisionen) s. K. Lehrs,
in seinem Horatius (1869) S. I — XXII. Lindemann, de hiatii in versibus
478 Augusteische Zeit. J. 711--767 d. St.
•
Hör. lyricis, Zittau 1825. 4. Cadenbach, de alliterationis apud Hör. usu,
Essen 1838. 4. W. Christ, über die Verskunst des Hör. im Lichte der
alten üeberlieferung, Sitzungsberichte der Münchner Akademie 1868^ S. 1 iF.
4. Strophische Gliederung gehört zum Begriffe des antiken iiilog.
Daher, haben auch die horazischen carmina eine solche: Doch findet nicht
blos bei Pindar sondern auch bei Alkaios und Sappho häufig ein üeber-
greifen des Sinns und der sprachlichen Construction über die Grenzen der
Strophen hinüber Statt (Westphal, griech. Metrik II*. S. 295), daher
auch Horaz sich diess gestattet hat, was er noch unbedenklicher thun
konnte, da er für den musikalischen Vortrag seiner carmina weniger be-
sorgt zu sein brauchte (s. A. 3). Der kleinste Umfang einer Strophe ist
die Zusammensetzung aus zwei Versen. Diesen Umfang hat wie das ele-
gische Distichon so die archilochisch-horazische Epode. Vierzeil ig dagegen
sind die sapphischen und die alkäischen Strophen; ebenso von den askle-
piadischen Versen diejenigen Formen wo drei Asklepiadeen mit einem
Glykoneus oder zwei Asklepiadeen mit einem Glykoneus und einem Phere-
krateus verbunden sind. Wo ein asklepiadeischer mit einem glykonischen
Verse verbunden ist ergibt sich eine zweizeilige Strophe; wo der ascle-
piadeus minor oder der maior durch das ganze Gedicht hindurch einfach
wiederholt wird haben wir scheinbar monostichische Anlage. Indessen
haben, nach dem Vorgange von Wetzel, C. Lachmann (vgl. Ztschr. f. d. Alt.
Wiss. 1845, S. 461) und A. Meineke (Praef. seiner Ausgabe) die Bemerkung
gemacht dass nicht nur bei den letzteren Versarten sondern auch bei den
eigentlich epodenartig gehaltenen Carmina, überhaupt bei sänuntlichen
Gedichten der vier Bücher (ausser IV, 8), die Verszahl mit Vier theilbar sei
und haben daraus den zwar nicht ganz sicheren, aber doch sehr wahr-
scheinlichen Schluss gezogen dass Horaz überhaupt seine Gedichte als
vierzeilige Strophen angelegt habe. Ueber den Einfluss dieser Entdeckung
auf die Kritik des Horaz s. L. Döderlein, Oeffentliche Beden (1860) S. 388 ff.
403 f. Vgl. Weyhe, Bemerk, über Bau u. Charakter der horaz. Strophe,
Halberstadt 1870. 12 S. 4. Die einzige Ausnahme von der Theilbarkeit mit
Vier bildet 0. IV, 8, welche aus 34 Versen besteht. Man hat daher bei
dieser entweder eine Lücke von zwei Versen angenommen oder eine Inter-
polation von 2 (oder 6 oder 10 oder 14 oder 18) Versen. Da aber diese
Form (des einfach wiederholten asciepiadeus minor) sich im vierten Buche
überhaupt nur dieses eine Mal findet, so ist die Möglichkeit nicht auszu-
schliessen dass Horaz nach Herausgabe der drei Odenbücher zu der Ansicht
gelangte dass diese stricte Durchführung der tetradischen Theilbarkeit auch
bei stichisch gehaltenen Gedichten nicht nur völlig überflüssig sondern
sogar einförmig sei und daher beim vierten Buche sich die Ueberschreitung
jenes früher befolgten Grundsatzes mit Bewusstsein erlaubte. Diess hat um
ao mehr Wahrscheinlichkeit da auch sonst Horaz im vierten Buche andere
Grundsätze befolgt hat als in den früher verfassten drei ersten Büchern.
So besonders in den sapphischen Oden. Hier hat er die Cäsur yara xqIzov
xqo%atov jetzt als gleichberechtigt neben der itsvdTifUfLeQrjg behandelt, hat
femer eingesehen daes den Adonius, unmittelbar, ohne Wortende, an den
dritten Vers anzureihen für den Vortrag misslich und daher zu vermeiden
233. Horatiua (Oden). 479
sei. Endlich hat Horaz im vierten Buche die Synaloephe eines langen
Yocals immer vermieden (Lachmann zu Lncretius p. 219).
5. Ovid. Trist. lY, 10, 49 f.; tenuit nostras numerosus Horatius aures
dum ferit ausonia carmina culta lyra. Petron. Sat. 118: Horatii curiosa fe-
licitas. Quintilian. I. 0. X, 1, 96: lyricorum (rom.) Horatius fere solus legi
dignuB. nam et insurgit aHquando et plemis est iucunditatis et gratiae et
variis figuris et verbis felicissime audax. Paneg. in Pis. 229 f. Apoll.
Sidon. ep. VIII, 11. carm. IXj 218—222. Jani vor seiner Ausgabe I. p. CIV
— CIX. Manso in den Nachträgen zu Sulzer V. S. 301—322. R. Hanow,
ist Horaz ein kleiner Dichter? Halle 1838. 4. Ad. Stahr, in den Hall. Jahrb.
1840, S. 1662 ff. W. Teuffei, ebds. 1841, Nr. 106—112, und Charakteristik
des Horaz (Leipzig 1842), S. 13 ff. 73 — 85. A. G. Gemhard, de composi-
tione canninum Hör. explananda. I. Weimar 1841. IL 1842. 4. M. Fleischer,
meditationum ad Hör. poesin lyricam pertinentium part. I. Cleve 1843. 4.
Hageluken, de Hör. carminum elegantia, Münstereifel 1851. 4. E. L. Tromp-
heller, Beitrag zur Würdigung der horsizischen Dichtweise, I. Coburg 1865.
II. Coburg 1858. 4. C. Prien, der symmetrische Bau der Oden des Horaz,
Rhein. Mus. XIII. S. 321—376. Kirchhoff, das melische Compositionsgesetz
des Horaz, Mützells Ztschr. XII. S. 717—740. 1860, S. 81—106. F. Martin,
de aliquot Hör. carminum ratione antistrophica et interpolationibus , Posen
1866. 4. Auch hier, wie bei den Epoden, befolgt Martin das System, das-
jenige was sich der von ihm aufgestellten Symmetrie nicht fügen will für
interpoliert zu erklaren; ebenso C. Prien, F. J. Schwerdt u. A. Zu solchen
mechanischen Auffassungen der gesammten Dichtweise des Horaz hat die
verstandesmässig angelegte und durchgeführte Disposition mancher seiner
lyrischen Gedichte verführt.
6. Die Vorliebe des Horaz für die Dreizahl der Beispiele tritt stai-k
hervor, wie auch die Wiederholungen zahlreich sind; W. Teuffei, über
Horaz (1868) S. 18 f. Prosaische Ausführungen und Wendungen z. B. III,
I, 25. 34 ff. 4, 69 f. 6, 12. 11, 18 f. IV, 4, 37 f. Prosaische Partikeln wie
ergo (Epo. 2, 9), quodsi (I, 1, 36. IH, 1, 41. Epo. 2, 39. 10, 21. 11, 15. 14, 13),
atqui (I, 23, 9. lU, 6, 49. 7, 9), quatenus (IH, 24, 30), eins atque (III, 11, 18
vgl. IV, 8, 18), auch wohl namque (I, 22, 9. 34, 5. IV, 1, 13). Der hohe
Ton ist nicht des Horaz Sache; wo er ihn anstimmt fällt er leicht aus
demselben heraus, doch so dass man manchmal zweifelhaft ist ob diess
nicht mit bewusstem Humor geschieht, wenn er z. B. IV, 1, 21 f. zu Venus
sagt: naribus duces tura, oder ib. 7, 5 f. U, 20, 9 ff. So klingt es wie
Travestie wenn in einer sapphischen Ode von teretes surae die Rede ist
(U, 4, 21) oder in einer alkäischen von olentis uxores mariti (I, 17, 7). Oft
aber sind solche Wendungen Ausflüsse römischer Derbheit und Merkmale
des „furchtbaren Realismus^* (Goethe) von Horaz. Dergleichen Geschmacks*
fehler sind die auritae quercus (I, 12, 11 f.), die libido quae solet matres
furiare equorum (I, 26, 13 f.), die clavi trabales u. s. w. (I, 35, 18 ff.), der
hydrops und aquosus languor (H, 2, 13 ff.) und die Massivitäten II, 5, 2 ff.
II, 21. III, 11, 19. IV, 18. Epo. 9, 35. Auch vitrea CHrce (I, 17, 20) und pur-
purei olores (IV, 1, 10) sind keine geschmackvolle Epitheta. Vgl. 0. Keller,
Rhein. Mus. XIX. S. 211 — 213. — Auch der Fall kommt nicht selten vor
dasB Horaz in Ausführungen sich nicht genug thun kann, sondern mit der
480 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
Unersättlichkeit eines Bhetors Beispiel auf Beispiel häuft. So I, 1. III,
1, 9 ff. 41 ff. 27, 1—16. Epo. 2. MassvoU ist gewiss auch weder II, 20 noch
111, 30. ünzeitige Einmischung von Gelehrsamkeit II, 17, 13—20. 18, 36 ff.
Am meisten Anstösse enthalten die umfangreichsten Oden, weil hier die
Unzulänglichkeit des lyrischen Talentes von Hör. am meisten zu Tage
kommt. Im Uebrigen ist gleich extrem und unrichtig der Ausspruch von
Gruppe (Minos S. 412): „Uoraz ist Horaz erst durch die Oden" wie das
Paradoxon von E. Lehrs (Neues Schweiz. Mus. 1861, S 64): „Horaz ist
nicht in den Oden"; vielmehr ist der Horaz der Satiren imd Briefe in
allem Wesentlichen auch der Horaz der Oden, und daraus eben erklären
sich Vorzüge wie Mängel der letzteren. Besonnene Würdigung der horaz.
Lyrik von G. Bernhardy, Berliner Jahrbb. 1835, S. 750. Treffend auch
Lehrs, Hör. S. LXXV: „man muss sich gewöhnen den poetischen Massstab
für Hör. nicht zu hoch zu stellen und mitunter auf bedeutenden Abfall ge-
fasst zu sein." Nur handelt er selbst gar nicht dieser Einsicht gemäss; s. A. 7.
7. Die heutzutage herrschende Meinung geht, mit den naivsten Be-
wunderem des Horaz in alter Zeit, von der Voraussetzung aus dass Horaz
ein vollkommener tadelloser Dichter sei. Da dieser selbstgemachten Vor-
aussetzung aber der Augenschein widerstreitet, so hat diess die Folge —
nicht etwa dass man jene Voraussetzung als eine unberechtigte aufgibt,
sondern vielmehr — dass man das was derselben widerspricht kurzweg
für unecht erklärt und streicht. Freilich bleibt auch nach den ausgedehn-
testen Streichungen immer noch gleichbegründeter Stoff zu weiteren Aus-
stellungen übrig, somit — auf diesem Standpunkte — Grund zu weiteren
Streichungen, so dass es mit diesen eigentlich kein Ende nimmt. So
augenscheinlich unlogisch diese ganze Ansicht ist, so gilt sie doch merk-
würdiger Weise heutzutage noch bei Vielen für höchste Weisheit, und
sogar hochverdiente Gelehrte streichen unbefangen drauflos wenn sie in den
horazischen Oden auf irgend eine Unvollkommenheit stossen. Diese Me-
thode auf einen Interpolator abzuladen hat dann weiter zur Folge gehabt
dass man gegen die Gedichte ungerecht wurde, dass man auch tadelte
was in Wahrheit keinen Tadel verdient und in masslosem Tone tadelte.
Der Erste welcher die Voraussetzung von der Vollkommenheit der lyri-
schen Gedichte des Horaz mit der Conseqaenz einer fixen Idee durchge-
führt und zum Maasstabe der Echtheit oder Unechtheit der einzelnen Ge-
dichte gemacht hat ist der Holländer P. Hofman Peerlkamp (Ausgabe der
Oden von 1834). Vgl. G. Bernhardy, BerL Jahrbb. 1835, Mai, Nr. 91 — 93,
S. 737 — 766. W. Teuffei, Peerlkamp und seine Bestreiter, in Jahn's Jahrb.
41, S. 488 — 453; sowie in den Jahrbüchern der Gegenwart 1843, Nro. 50 —
52 = Stuttgarter Correspondenzblatt 1859, Nr. 9, S. 196—213; vgl. Ueber
Horatius (Tübingen 1868. 4.) S. 20—22. L. Müller, in Fleckeisens Jahrb.
87, S. 171 f. 176 — 184. F. W. Graser, de Peerlkampi in Hör. carminibus
criticam factitandi ratione, Magdeburg 1868. 4. In Peerlkamp's Fussstapfen
trat F. Martin (de aliquot Horatii carminibus comm. critica, Posen 1844. 4.),
A. Meineke, S. Dyckhoff (de aliquot Horatii carminum locis suspectis, Mün-
ster 1857), C. Prien, G. Linker (Ausgabe von 1866 und Verhandlungen der
Bresl. Vers., Breslau 1868. 4., S. 100—109), N. W. Ljungberg (Jahn's Jahrbb.
80, S. 440 — 470), 0. F. Gruppe (Minos; über die Interpolationen in den
233. Horatius (Oden). 481
römischen Dichtem n. s. w., Leipzig 1859) und E. Lehrs (Horatius 1869,
S. XXVI— CXXX VIII). Vgl. noch K. Gesell, de interpolationibus mytholo-
gicis apnd Hör., Bonn 1865. Eine Art Mittelweg, nur eine kleine Anzahl
von Interpolationen anzunehmen, schlägt L. Müller ein, sowie S. Heynemann,
de interpolationibus in carm. Hör. certa ratione diiudicandis, Bonn 1871. 27 pp.
8. Neuere Sonderausgaben der Oden (und Epoden) besonders von Ch.
D. Jani (2 VoU., Lips. 1778—82. Ed. IL ib. 1809), Ch. W. Mitscherlich
(2 Bde. Lips. 1800), C. F. Preiss (Leipzig 1806—1807. 4 Bde.), Ch. Vander-
bourg (ad fidem XVIÜ mss. Paris, rec. etc. 2 Voll. Paris 1812), P. Hofman-
Peerlkamp (Harlem 1834. Ed. altera emendata et aucta, Amsterdam 1862.
VgL oben Anm. 7), F. Lübker (Commentar zu Buch I— III, Schleswig 1841),
Th. Obbarius (kritisch berichtigt, erklärt u. s. w. Jena 1848; fQr den Schul-
gebrauch, herausgegeben von L. S. Obbarius, Jena 1866), C. I. Grysar (mit
CXXXrV pp. Einleitung, Wien 1863), C. W. Nauok (fOr den Schulgebrauch
erklärt, Leipzig 1863. 1856. 1860. 1863. 1865. 1868. 1871.), 0. Keller (re-
censuit, Lips. 1864. Vgl. 0. Keller im Rhein. Mus. XVIII. S. 271 — 285.
XIX. S. 211 — 227).
9. Sehr zahlreich sind die Bearbeitungen einzelner Oden; s. W.
Teuffei, über Horatius (1868) S. 23 f. Hier erwähnen wir nur: I, 1 von
G. Hermann (Lips. 1842. 4.), Chr. Jahn (Lips. 1845. 4. vgl. Jahn's Jahrb.
43, S. 462—466). I, 28 von B. G. Weiske (Jahn's Jahrbb. XIL S. 349—362),
C. PranÜ (München 1842), L. Döderlein (Verhandlungen der Erlanger Philo-
logenvers., ErL 1862. 4., S. 61 — 68 vgl. 59 f.), C. Göttling (Gesammelte Ab-
handlungen IL S. 214 — 233), J. A. Mähly (Rhein. Mus. X. S. 127 — 136),
F. Martin (Posen 1868. 4.), H. J. Heller (Philologus XVL S. 731—736).
I, 20. 30. II, 11. IV, 3 in F. A. Eckstein's scholae Horatianae (Lips. 1869. 4.)
p. 1 — 41. 50. II, 1 von F. Ritschi (Rhein. Mus. XI. S. 628—636 vgl. XII.
S. 457 ff. 630), F. l^artin (Posen 1868. 4.). III, 3 von C. L. Struve (Opusc.
sei. IL p. 369 — 409), C. Kiesel (Düsseldorf 1845. 4.), Bamberger (Opusc.
S. 200—211), R. Rauchenstein (Neues Schweiz. Mus. I. 1861. S. 129 — 142),
H. Schwalbe (Eisleben 1863. 4.). III, 27 von Th. Schäfer (Lips. Teubner
1868). Carmen saeculare von C. F. Hermann (de loco Apollinis in C. s.,
Gotting. 1843. 4.).
10. Uebersetzungen der Oden (vgl. K. Eichhoff in Masius' Jahrbb.
f. Philol. 104, S. 209—236) besonders von K. W. Ramler (Berlin 1800. 1818.
2 Bde.), W. Binder (4. Ausg., Stuttgart 1855), v. d. Decken (Braunschweig
1838, 2 Bde.), Ed. Bürger (in Reimen, Stuttgart 1852), J. S. Strodtmann
(mit lat. Text und Anm., Leipzig 1862), G. Ludwig (Stuttgart, Metzler, 1863.
1860.), A. Bacmeister (Stuttgart, Neff, s. a. 1871) u. A. -
11. Zu einzelnen Oden sind auch Melodien erhalten, zum Beweise
dass man in den Klöstern Horaz gelegentlich gesungen hat; s. Orelli-Baiter's
Ausg. IL p. 915 ff. Kirchner, Novae quaest. Hör. p. 37.
234« Die Briefe sind in demselben Masse gehalten wie222
die Satiren und theilen auch sonst mit ihnen den allgemeinen
Charakter von sermones; aber das Product einer reiferen Alters-
stufe als die Satiren, verzichten die Briefe darauf durch indivi-
TbuffUi, BOm. Literaturgeschichte. 2. Aofl. 31
482 Augnateiscbe Zeit. J. 711—767 d. St.
duelles Bemühen Wirkungen auf die ganze Zeit hervorzubringen
und haben in Ton und Form das Grepräge grösserer Ruhe, ern-
ster Gemessenheit und selbstbewusster Kunst. ^ Bald Darstel-
lungen der Persönlichkeit ihres Verfassers, bald aufgehend in
dem persönlichen Zwecke eines Briefes, bald ein bestimmtes
Thema mit der Absicht der Belehrung abhandelnd, zeichnen sie
sich demgemäss das eine Mal durch den feinen Tact aus womit
schwierige persönliche und gesellschaftliche Aufgaben gelöst
werden^ bald durch die reiche Fülle gediegenen Inhaltes. Das
Letztere findet besonders bei den drei Briefen des zweiten
Buches statt, welche den literarischen Standpunkt des Horaz
mit Wärme, theilweise sogar mit Einseitigkeit,, verfechten, den
Grundsatz des Zurückgehens auf die echten hellenischen Muster
und des Erstreben s ihrer Formvollendung im Gegensatze zu der
formalen Sorglosigkeit der älteren römischen Dichter. Der be-
rühmteste dieser drei Briefe ist der dritte, an die Brüder Piso
gerichtet, worin eine Reihe "ästhetischer Fragen mit verständi-
gem treffendem Urteile abgehandelt ist, im Anschlüsse an grie-
chische Vorgänger', doch mit unverkennbarer Selbständigkeit.
1. Als aermoneB (im Gegensätze zu Gattungen mit gehobener Sprache)
bezeichnen sich die Briefe selbst (Ep. II, 1, 250), ohne aber damit ihren
Titel angeben zu wollen, welchen vielmehr Grammatiker und Handschriften
übereinstimmend Epistulae nennen. Vgl. Schol. zum Anfang der Satiren:
Sermonum libri ideo dicti quia vili sermone potius quam tumenti sive quia
ad praesentes scribuntur. epistulis enim ad absentes loquimur, sermone
cum praesentibus. quamvis igitur hoc opus Satiram esse Horatius ipse
profiteatur (S. II, 1, 1), tamen proprios titulos voluit ei adcommodari, hos
priores libros duos Sermonum, posteriores Epistularum inscribens. Die
gereiftere Kunst der Briefe zeigt sich auch im Einzelsten So hat leep
(de elisionibus Horatianis, Wolfenbüttel 1844. 4.) berechnet dass Fälle von
Synalöphe in den 2113 Versen der Satiren mehr als 900 mal vorkommen,
in den 1968 Versen der Briefe aber nur etwa öOOmal; und wenn der erste
Vocal ein langer ist wird wenigstens in Ep. II, 3 die Synalöphe nicht vor-
genommen (M. Haupt, Observ. crit. p. 18 vgl. ib. p. 48. Lachmann zu
Lucretius p. 77).
2. Sonderausgaben der Briefe. Erklärt von Fr. E. Th. Schmid, Halber-
stadt 1828. 1830. 2 Bde. (die Ars poet. fehlt). Für Gymnasien bearbeitet
von Fr. v. P. Hocheder, Regensburg 1831. 2 Bde. Commentarüs uberri-
mis instructas ed. S. Obbarius, Lips. 1837 — 1847. 2 Voll. (Buch II fehlt).
Mit den Satiren, von G. T. A. Krüger, Leipzig 1853. 1856. 1860. 1866. 18G9.
Mit . Einleitung und kritischen Anmerkungen von 0. Ribbeck, Berlin 1869.
Recensuit 0. Keller, Lips. 1870.
3. Lateinisch und deutsch von J. S. Strodtmann (Leipz. 1854), L. Döder-
234. Horatius (Briefe). 483
lein (Leipzig 1856. 1858. 2 Bde.), F. S. Feldbausch (Leipzig 1860. 2 Bdchen.;
Uebersetzung in Prosa). Sonstige üebersetzungen: von C. M. Wieland
(2 Thle., Dessau 1782. Leipzig 1837 und sonst), E. Günther (Leipzig 1824),
C. Passow (Leipzig 1833; ohne Ep. II, 3), J. Merkel (AschafFenburg 1841),
W. E. Weber und W. Teuffei (Stuttgart, Met.zler 1853. 1859), Fr. Fröhlich
(Satiren und Briefe, im blank verse, Schleswig 1866).
4. C. Morgenstern, de sat. et epist. hör. discrimine, .Lips. 1801. 4. C.
Passow (s. A. 3) S. CXXXIX ff. Anm. 178. 180. 282. A. G. Rein, de Persii
satiris et Horatii epistolis, Gera 1839. 4. W. Teuffei, Charakteristik des
Hör. (1842) S. 61 — 64. Düntzer, Kritik und ErkL IIL S. 73 — 86. W. E.
Weber, Horatius (1844), S. 281 — 298. Schierenberg, über die Peiaonen
der Briefe des Horaz, Detmold 1846. 4. Estienne, ätude morale et litt^raire
Bur les Epitres d'Horace, Paris 1851. Manso, über Hor.'s Beurteilung der
älteren röm. Dichter, in seinen Vermischten Abh. und Aufsätzen (Breslau
1821) S. 87—106. K. Reichel, Horaz und die ältere röm. Poesie, Pressburg
1852. 4. E. Meissner, der Kampf des Hör. für eine bessere Geschmacks-
richtung in der Poesie, Dresden 1867. Berning, über den Geist der horaz.
Briefe, Recklingshausen 1856. 4. Döderlein, Uebersetzung S. 78 f. Lehrs,
Ausg. S. CI^X f. H. Keck, de Hör. Epist. libro I critica ad L. Doederleinum
epistola, Kiel 1857. 4. H. Muther, Beiträge zur Erklärung und zur Emen-
dation der horaz. Episteln, Coburg 1864. 4. K. Lehrs ^ Horatius (1869)
S. CLVII— CCXXL W. H. Kolster, über die Episteln des Horaz welche er-
sichtlich Antwortschreiben sind, Meldorf 1867. 4. F. Pahle, zur Erkl. von Epp.
I, in Fleckeisen's Jahrbb. 97, S. 185—206. 269—294.
5. Bearbeitungen einzelner Briefe, z. B. I, 11 u. 14 von C. Campe
(Philologus XXIX. S. 448 — 468); I, 12 von J. Amoldt (Fleckeisen's Jahrbb.
101, S. 619 — 647); I, 15 von M. Schanz in den Verhandl. der Würzburger
Philologenvers. (Leipzig 1869) S. 116 — 119. Courtoy, Revue de Tinstr. publ.
en Belgique XI, 4 f. Ep. II, 1 von K. Zell (Heidelberg 1819), H. Riedel
(Groning. 1831), vgl. J. Vahlen, Ztschr. f. österr. Gymn. XXII. 1871. S. 1
bis M und (gegen Ribbeck, ebd. S. 241—263) S. 254—260. K. Lehrs, Nach-
trag zu Hör., Leipz. 1871. 16 S.
6. Ep. II, 8 wird schon von Quintilian (VIII, 3, 60: Horatius in prima
parte libri de arte poetica) nach ihrem Hauptinhalt unter dem Titel Ars
poetica angeführt; vgl. SymmaCh. Ep. 1, 4. Apoll. Sid. carm. 22 (lyricus
FlacGus in Artis poeticae volumine) und IX, 220. Priscian XVIII, 101. p.
1149 P. = II. p. 264, 16 Htz. (Horatius de arte poetica). Diese üeberschrift
rührt jedoch sicher von Horaz nicht her, da für ihn die Anrede Pisones ge-
nügte. Dass der Brief zu den spätesten Arbeiten des Horaz gehört oder geradezu
die späteste ist machen seine Zeitanspielungen (vgl. W. TeuffePs Ueber-
setzung davon, Stuttgart 1859, S. 304 f.) wahrscheinlich, sowie seine formelle
Beschaffenheit (vgl. Anm. 1 E.), auch wohl seine schwankende Stelhmg in den
Handschriften (s. oben 229, 8). — Porphyrie zum Anfang (ILp. 649 Hau-
thal): hunc librura, qui inscribitur de arte poetica, ad L. Pisonem . . eius-
que filios misit. . . in quem librum congessit praecepta Neoptolemi zov
TlaQiavov de arte poetica, non quidem omnia, sed eminentissima. Diese
ausdrückliche Angabe des Porphyrio verbietet (mit Meiueke) an die Schrift
31*
1
484 Augusteiflche Zeit. J. 711—767 d. St.
dies^ Alexandriners nsgl dartConmv zu denken, nöthigt aber keineswegs
zu glauben dass Horaz einer so antergeordneten Quelle sich bedient habe
bei einem Gegenstande dessen er selber so vollständig Herr war. Dagegen
konnte die Poetik des Aristoteles weder ignoriert werden noch dem Horaz
entgehen; Parallelen derselben mit unserem Briefe gibt, wenn auch in
Einzelnem zu weit gehend, Streuber p. 72 — 77.
7. Ausgaben der Ars poetica z. B. yon Fr. y. P. Hocheder (Passau 1824],
P. Hofman Peerlkamp (Leidae 1845). üebersetzungen (vgl. A. 3) von A.
Arnold (Berlin 1836. 4.) und einem andern A. Arnold (in Reimen, Erfurt
1863. Halle 1860), M. Enk (Wien 1841), J. A. Mähly (Jahn's Archiv XIX.
S. 486 — 449) u. A.
8. Erläuterungsschriften der ars poet. Van Reenen, dissertat. philol.-
crit. etc., Amst. 1806. 4. Eichstädt, quo tempore et ad quos scripta sit, Jenae
1811. fol. Bosch, curae secundae in Hör. Epist. ad Pis., Jenae 1812. fol.
vgl. Ernesti Parerga p. LI — LXXI. Dohm, einige Bemerkungen über u. s. w.,
Itzehoe 1824. 4. Mittermayer, Progr. Aschaffenburg 1827. 4. Lidberg, Lund
1833. Ed. Müller, Gesch. der Theorie der Kunst bei den Alten IL S. 269—284.
Lilie, Breslau 1839. W. Th. Streuber, Basel 1839. Lindemann, Part. I und
II. Zittau 1841. 4. J. Hilgers, Bonn 1841. Fr. Jacob, über das Verhältniss
zu den Satiren des Horaz, Lübeck 1841, S. 7 — 15. W. Teuffei, Charakteristik
des Horaz (1842) S. 64—73. J. Eckert, Beleuchtung u. s. w., Landshut 1843. 4.
G. Bemhardy, prooemium de Hör. Ep. ad Pisones, Halle 1847. 4. J. Fr.
Fischeri dictata in Hör. A. p., ed. L. S. Obbarius, Eudolstadt 1848. 1850. 4.
Hantschke, de sententiafum ordine in Hör. Ep. ad P., Wetzlar 1853. 4.
J. Piechowski, de Ep. ad P., Moskau 1853. J. Freudenmann, über Veran-
lassung und Zweck u. s. w., Ehingen 1854. 4. G. C. Mezger, Expositio Ep.
ad P., Augsburg 1855. 4. J. M. E. Feys, l'art po^tique d'H. consid^r^e
dans son ordonnance, Brüssel 1856. A. Michaelis, de auctoribus quos Hora-
tius in libro de arte poetica secutus esse videatur, Kiel 1857. 4. Bührmund>
in MützelVs Ztschr. f. Gymn. 1858, S. 250—260. B. Büchsenschütz, Philol.
XU. S. 150 — 161. L. Spengel, zur A. p. des Hör., ebds. XVIIL S. 94 — 108.
A. Kiene, Composition der u. s. w., Stade 1861. F. A. Beck, Beitrag zur
Würdigung u. s. w., Giessen 1863. 4. Fr. Beck, die Ep. a. d. P. nach ihrem
Zusammenhang dargestellt und metrisch übertragen, Eos I. S. 196 — 214.
J. Vahlen, Ztschr. f. österr. Gymn. XVIÜ. S. 1 — 16.
223 236. Die Gedichte des Horatius wurden schon bald nach
dem Tode ihres Verfassers als Schulbuch benützt. Das dadurch
bedingte Vorhandensein zahlreicher Abschriften erschwerte die
Interpolation, und die derartigen Versuche sahen sich daher
alsbald zurückgewiesen und blieben ohne Einfluss auf den Text.
Auch Erklärer fanden die horazischen Gedichte frühzeitig, an
Julius Modestus, Valerius Probus, Q. Terentius Scaurus, Hele-
nius Acro, Pomponius Porphyrio, vielleicht auch Claranus. Er-
halten sind Scholien von Porphyrio. Die den Namen des Acre
tragenden sind aus späterer Zeit. Die Zahl der auf uns gekom-
234 f. Horatiua (Ars poet. Schicksale seiner Werke). 485
menen Handschriften der horazischen Gedichte ist eine sehr
bedeutende; über das neunte Jahrhundert geht aber keine zurück.
Auf die deutsche Literatur, besonders des achtzehnten Jahrhun-
derts, war namentlich die horazische Lyrik von grossem Einfluss;
und in welchem Grade Horaz die Gelehrsamkeit beschäftigt hat,
davon zeugt die ganz unübersehbare Anzahl der Ausgaben seiner
Werke wie der ihm gewidmeten Schriften.
1. Dass er ein Schulschrifksteller würde hat Horaz sich Ep. I, 20, 17 f.
selbst geweissagt; and schon in der Zeit des Juvenal (S. YII, 226 f.) war
diesB ganz regelmässig der Fall. Von Quintilian wird er gleichfalls oftmals
citiert, theilweise auch Stellen (wie 0. I, 12, 40 f. bei Qnintil. IX, 3, 18)
die von der Hjperkritik neuerer Zeit angefochten worden sind; ebenso
citieren .ihn Martialis und Caesius Bassus. W. Dillen bnrger, Testimonia
zu Horaz, Berliner Ztschr. f. Gymn. 1868, S. 322 — 332.
2. Sueton (Ausgabe von Reifferscheid p. 47 f ) : venerunt in manus meas
et elegi sub titulo eins, et epistola prosa oratione quasi commendantis se
Maecenati. sed utraque falsa puto. nam elegi vulgares, epistola etiam
obscura, quo vitio minime tenebatur. Die üeberlieferung wies diese Fäl-
Bchungsversuche so nachdrücklich zurück dass dieselben durch keine Hand-
schrift auf uns gekommen sind; und ebenso wenig macht sich in Bezug
^uf den Bestand des Erhaltenen irgend welches Schwanken bemerklich.
Die zwei neuen Oden welche Pallavicini in der Vaticana gefunden haben
wollte (abgedruckt bei Villoison, Animadv. ad Longin. p. 310, in der Aus-
gabe von Jani I. p. CXV; bei Preiss I. S. 110 ff. Peerlkamp p. XXVIII —
XXX u. sonst) sind ein Machwerk sehr späten Ursprungs; vgl. Vanderbourg
I. p. 356 ff. Ballenstedt, Hannover 1788. A diss^rtation conceming two
ödes of Hör., London 1789. 4. Richter, vita Horatii p. 127 — 130.
3. Die vita des cod. Paris, y, womit Pseudo-Acro seine Expositionen
des Horaz einleitet, sagt: commentati in illum sunt Porphyrion, Modestus
et Helenius Acron onmibus melius, üeber diese und Yalerius Probus s.
unten. Üeber den vermeintlichen Ausleger des Horaz, C. Aemilius, s. F.
Hauthal im Rhein. Mus. V (1846). S. 516—532.
Der Scaurus welcher von Porphyrio zu Sat. II, 6, 92 citiert wird ist
ohne Zweifel Q. Terentius Scaurus; s. d.
Schriftsteller deren Namen uns unbekannt sind hatten schon vor der
Zeit des Porphyrio (zu Sat. I, 3, 21. 91) de personis Horatianis geschrieben.
Der sogenannte Commentator Cruquianus ist eine von dem Horaz-Heraus-
geber J. Cruquius aus seinen Handschrr. , besonders den Blandinii , gemachte
Zusammenstellung aller Schölien und Glossen denen er Werth beilegte; vgl.
Cruquius zu Ep. I, 18, 15 (p. 581 a): Blandin. antiquissimus, ex quo com-
ment. descripsimus. Rhein. Mus. XIX. S. 333 f.
4. Ausgaben der Schölien von Georg Fabricius (Basel 1555. fol.), von
Franz Pauly (Prag 1858 f. 2 Bde.) und von Ferd. Hauthal, Berolin. 1864.
1866. 2 Voll. Vgl. 0. Keller in Fleckeisen's Jahrb. 91, S. 176—183. Hau-
thal in der BerL Ztschr. f. Gymn. 1866, S. 398 — 409.
4.% Augusteisclic Zeit. J. 711— 7G7 d. St.
Ueber die Scholien s. W. H. D. Suringar, historia critica scholiastarum
latinorum. Vol. III, Lugd. Bat. 1835. W. Dillenburger, Horatiaua, Aachen
1841. 4. W. Teuffei im Rhein. Mus. UI. 1844. S. 473 — 476. C. Kirchner,
Novae quaestionea hör. 1847. p. 59 — 64. C. L. Roth, Rhein. Mus. XIII. S. 517.
G. Linker, de Hör. scholiastis qui feruntur Acrone et Porphyrione adnota-
tiones subsecivae, Ztschr. f. Ostreich. Gymn. 1858. p. 813 — 823. H. Usener,
de scholiis horatianis commentatio, Bern 1863. 32 pp. 4. 0. Keller, zur
Kritik der sog. acronischen Scholien, Rhein. Mus. XIX. S. 154 — 160, und
Ueber Porphyrion, Pseudo-Acron und Fulgentius, Scholiasten des Horaz, in
der Symbola philolog. Bonnens. (Lips. 1867) S. 491 — 502. W. Hirschfelder,
Quaest. horat. spec. (über die Hdss. und den Commentator des Cruquius),
Berlin 1862. 4. E. Schweikert, de Porphyrionis et Acronis scholiis horatianis,
Münster 1864; und De Acrone qui fertur Hör. scholiasta, Coblenz 1871. 15 pp. 4.
5. Die Zahl der Handschriften von Horaz beläuft sich auf ungefähr
250, von denen die meisten aus Frankreich stammen, wo im Beginne des
Mittelalters besonders die Benedictiner fleissig den Horaz abschrieben. In
Italien sind die Horazhandschriften sehr viel seltener, und die älteste bis
jetzt dort aufgefundene ist aus dem Uten Jahrhundert. Aufzählungen bei
Jani I. p. I — Xil. Mitscherlich I. p. I — XLI. Vanderbourg I. p. 387 — 411.
Hauthal, über die Horazmanuscripte in Italien, Jahu's Jahrb. XIII. S. 427 ff.;
über die älteste spanische Handschrift des Horaz und des Acron (den cod.
Heiuianus), Bonn 1847; Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1847. S. 398 — 403. C. Kirch-
ner, Novae quaestiones horatianae. I. Quinquaginta codicum quibus usi
sumus descriptio. 11. De codicum Horatianorum stirpibus ac familiis, Naum-
burg 1847. 4. Vgl. dessen Ausgabe der Satiren (1851) p. XX — XXXVI.
Keller -Holder praef. I. u. ü. Unter diesen Handschriften sind besonders
die Blandinii des Jacob Cruquius (aus der abbaye de St.- Pierre au mont
Blandin zu Gent) von ^bestrittenem Werthe. Während sein antiquissimus
von M. Haupt u. A. zur Hauptgrundlage der Textesgestaltung gemacht
wurde, stellte Th. Bergk den Satz auf: die Angaben des Cruquius über
die von ihm benützten Handschriften des Horaz beruhen zum Theil auf
Fälschung, und 0. Keller ist ihm beigetreten (Rhein. Mus. XVIII. S. 281—283),
wogegen K. Zaugemeister (ebds. XIX. S. 321 — 339, mit 0. Keller's Replik,
ebds. S. 634 — 637) die Wichtigkeit des Bland, verfochten hat. Vgl. auch
Mützell in seiner Ztschr. f. Gymn. IX (1855). S. 850—877 nebst S. 946.
F. Ritter, ebds. 1857, S. 359 — 361 und dagegen H. Düntzer, der öte cod.
Blandinius des Horaz, ebds. 1857, S. 927 — 937. 1864. S. 876 — 878.
6. Die Classification dieser Handschriften ist dadurch sehr erschwert
dass jede einzelne derselben durch Einführung vou Lesarten anderer Classen
den ursprünglichen Charakter ihrer eigenthümlichen Recension mehr oder
weniger verwischt hat (0. Keller, Rhein. Mus. XIX. S. 225). Indessen
lassen sich drei Ilauptclassen unterscheiden (Holder -Keller IL p. III — VI.
XVI — XVIIl). Die erste besteht hauptsächlich aus Parisin. 7900* saec.
(IX— )X (A bei Keller-Holder) und dem engverwandten Avenionensis (a) saec.
IX( — X), Argentoratensis saec. (IX— )X (D), Monacensis 14685 saec. XI (E)
und Paris. 7975 saec. XI (y). Die zweite bilden vornehmlich B (Bernensis
363 saec. VIII — IX), C (anderer Theil von Monac. 14685), V (Blandinius
vetustiss.), g (Gothanus, saec. XV). Zu dieser Classe gehört ein Theil der
235. Horatius (Schollen, Handschriften u. Ausgaben). 487
7 HdsB. welche die Subscripidon haben: Vettius Agorius Basilius Mavortius
V. C. (Cos. 527) . . legi et ut potui emendavi, conferente mihi magistaro
Feiice, oratore urbis Romae. Hauptvertreter der zahlreichen dritten
Classe ist P (Urhandschrift von qp und i/; = Paris. 7974 u. 7971 saec. X),
sowie X (Paris. 7972 saec. IX — X) und 1 (Leid. 28 saec. X), d u. d (Harl.
2725. 2688 saec. IX— X^, € (Einsidlens. 361 saec. X) u. a. Die beiden
ersten Classen stammen wohl aus derselben gute]> Quelle, doch so dass die
erste zwar treuer ist aber dabei durch Schreibfehler und leicht erkennt-
liche Conjecfeuren von Grammatikern entstellt, die zweite von einem kun-
digen Gelehrten durchcorrigiert und, wo sein Original nicht lesbar war,
selbständig gestaltet; die dritte aber ex archetypo pravo et mendorum
emendationumque per levitatem factarum pleno manavit und zugleich später
propriis monachorum commentis plus in dies cepit detrimenti (Holder-
Keller IL ^p. XVIIf).
7. Einfluss des Horaz auf die deutsche Literatur; s. W. Teuffei, Cha-
rakteristik d. H. (1842) S. 50 ff. H. Fritzsche, Horaz und sein Einfluss auf
die lyrische Poesie der Deutschen, in Fleckeisens Jahrb. 88, S, 163—178.
C. L. Cholevius, Geschichte der deutschen Poesie nach ihren antiken Ele-
menten I (Lpzg. 1854), S. 335 f. 469 ff. 488 ff. II (1856). S. 76 ff. 435 ff.
8. Gesammtausgaben der Werke des Horaz. Reichhaltige Auf-
zählungen bei J. A. Fabricius, Bibliotheca latina I. p. 405 ff. Catalogus
editionum Horatii ab a. 1476 — 1739 quae in bibliotheca Jac. Douglas as-
servantur, Lond. 1739. 4. (J. W. Neuhaus,) Bibliotheca horatiana, sive syl-
labus editionum Horatii, interpretationum, versionum ab a. 1470 ad a. 1770,
Lips. 1770. 1775. Jani I. p. XXII — LXXUI. Praef. der Zweibrücker Aus-
gabe. Mitscherlich I. p. XLII— CLIV. Preiss I. S. 240 — 385. Schweiger,
Handbuch der class. Bibliographie, Römer, S. 386 — 464. Wagner, Grundriss
der class. Bibliographie (Breslau 1840), S. 423 ff. Kirchner vor seiner Ausg.
der Satiren (1854) p. XXXVI-LII.
Die Ed. princ. (fol.) ist s. 1. et a., stammt aber jedenfalls aus Italien
und den Jahren 1470 — 73. Die' weiteren Hauptausgaben sind: mit Acros
Commentar, Mailand 1474. 2 Voll. 4. Zugleich mit dem des Porphyrio,
8. 1. et a. (Patav. 1481). Mit Landins Commentar, Florenz 1482, fol.; dazu
den von Mancinellus, Venedig 1462, fol. und oft. Venet. 1519 (Aid.). Paris
1519. fol. Ge. Fabricius, Basel 1555. fol. Mit Murets Comm., Venet. 1565.
fol. (Paul. Mannt.). Lambins Ausg., 2 Voll. Lugd. 1561. 4. Paris. 1567.
fol. 1579. 1587. 2 Voll. fol. und öfters; neu abgedruckt Confluent. 1829.
2 Voll. 8. Ex castigatione Th. Pulmanni u. s. w. Antv. 1666. 12. Ed. H.
Stephanus, 1577. 1588. 1600. Ed. J. Cruquius, zuerst einzeln (Od. IV. 1666;
Epod. und carm. saec. 1567; Satt. 1573), dann vereinigt Antverp. 1679. 4.
(vgl. Mützell in seiner Zeitschrift 1855, S. 850—877); darauf (mit J. Dousa's
Commentar) 1597 u. 1611. 4. Ed. Laev. Torrentius, Antv. 1608. 4. Dan.
Heinsius (mit Abh. de satira), Lugd. B. 1612 u. ö. Französ. Uebers., krit.
und histor. Anmerkungen von Dacier, Paris 1^81. 10 Bde. 12.; vierte Ausg.,
Amstel. 1727. Ed. R. Bentley, Cantabrig. 1711. 4. 1713. Amsterd. 1728. 4.
Lips. 1764. 1826. Berolin. 1869 f. 2 Voll.; die Anm. ohne den Text herausgeg.
von Sachse, Quedlinb. 1825. Ed. Cuningara, Hag. Com. 1721. Chronol.
Ordnung, französ. Uebers. und Anmerkungen von N. C. Sanadon, Paris
488 AiigQsteiBche Zeit. J. 711—767 d. St.
1728. 4. 2 Voll. Amst. 1756. 3 Voll. W. Baxter und Geener, Lips. 1762.
1772. J. Valart, Paris 1770. J. Oberlin, Argent. 1788. 4. Zeune, Lips.
1788. 1802. 1815. Wakefield, Lond. 1794. 2 Voll. J. Baden, Hafniae 1795.
Wetzel, Liegnitz 1799. 2 Voll. J. H. M. Ernesti, Berlin 1800. 2 Voll. Ha-
berfeldt, Vorlesungen über die class. Dichter der Römer, 4 Bde., Leipzig
1800. C. Fea, Rom 1811. 2 Voll., neu herausgeg. von F. H. Bothe, Hei-
delberg 1821. 1827. Döring, Lips. 1803. Vol. I, ed. 5, cur. Regel 1839; Vol. II,
ed. 2. 1828; ed. minor, Lips. 1830. Pottier, Paris 1823. W. Braunhard,
Lips. 1831 — 1838. 4 Abth. J. C. Orelli, 2 VolL Zürich 1837 f. 1843. 1850
—1852. Zugleich eine editio minor (quinta, 1868). Textausgaben von J.
Chr. Jahn, Lips. 1824 und sonst; ed. sexta, cur. Th. Schmid, Lips. 1855.
C. Zell, Stuttg. 1828. A. Meineke, Berlin 1834. 1854. H. Düntzer, Kritik
und Erklärung der horazischen Gedichte (ohne Text) , 5 Bde., Braunschweig
1840—1845; mit Text, Braunschweig 1849; erklärende Schulausgabe, Pa-
derborn 1868 f. W. Dillenburger, Bonn 1844. 1848. 1854. 1860. 1867. C. F.
Süpfle, Heidelberg 1846. Recogn. M. Haupt, Lips. 1851. 1861. 1871. 16. Ed.
G. Stallbaum, Lips. 1854. Cum novo comm; ad modum Bondii, Paris
1865. 16. Rec, codicum selectorum varias scripturas addidit Fr. Pauly,
Lips. 1855. Scholarum in usum ed. G. Linker, Wien 1856. Ad Codices
saec. IX et X exact. comm. critico et exeget. illustr. ed. Fr. Ritter, Lips.
1856 f. 2 Voll. In ns. scholarum brevi annot. instr. Fr. Ritter, Lips, 1857.
Cura W. H. Milman, London 1868. Recognovit et praefatus est L. Müller,
Lips. Teubner 1869 (vgl. Rhein. Mus. XXV. S. 561 — 573). Recensuerunt 0.
Keller et A. Holder, Lips. 1864— J870, 2 Voll.
9. Allgemeine Erklärungsschriften zu den horazischen Gedich-
ten. Mitscherlich, Racemationum Venusinarum fasc. I —IX, Gotting. 1828
— 1834. 4. Eichstädt, Paradoxa horatiana, 12 Thle., Jena 1832 — 1843. 4.
A. Weichert., Lectiones Venusinae, Grimma 1843. 4. L. Döderlein, Lectio-
nes hör.. Erlangen 1828. 1830. 4.; Scherflein zum Verständniss des Horaz,
Erlangen 1853. 4. W. Dillenburger, Quaestiones bor. I. Cöln 1838. 4;
Horatiana I. Aachen 1841. 4, II. Emmerich 1845. 4. J. W. Steiner, Com-
mentationes Horatianae, I. Coblenz 1841. 4. IL Kreuznach 1847. 4. H. Pal-
damuB, Horatiana, Greifswald 1847. 4. Schröter, Quaestiones horatianae I.
Saarbrücken 1847. 4. II. 1856. 4. Werner, Quaest. bor., Breslau 1847.
Chr. Herbst, Lectiones Venusinae, Danzig 1848. 4. II. 1858. 4. J. Horkel,
Analecta horatiana, Berol. 1852. 152 pp. Brandt, Quaestiones horatianae, I.
Münster 1864. Trompheller, Beitrag zur Würdigung der horazischen Dicht-
weise L Coburg 1856. 4. IL 1858. 4. III. 1862. 4. IV. 1866. 4. G. Bippart,
Beiträge zur Krit. u. Erkl. d. Horaz, Prag 1864. 4. E. C. Francke, Scidae
horatianae, Weilburg 1865. 4. A. Kiessling, Horatianische Kleinigkeiten,
Basel 1867. 4. A. Reifferscheid , Analecta bor. (0. I^ 4. 12), Breslau 1870.
10 pp. 4. — F. S. Feldbausch, zur Erklärung des Horaz; Einleitungen in
die einzelnen Gedichte, 3 Bdchn, Heidelberg 1861—1853.
10. J. A. Voigt, über den Gebrauch des Adjectivs bei Horaz, Halle
1844. 4. Fr. W. Dahleke, de usu infinitivi horatiano, I. Breslau 1854.
Fr. J. Hester, de infinitivi natura et apud Hör. usu, Münster 1868. G. Ehe-
ling, de casuum usu horatiano, Wernigerode 1866. 4. J. Neuss, quaest. bor.
grammaticae, Münster (Berlin) 1870. 49 pp. A. Rothmaler, d^ Hör. ver-
285 f. HoratioB (Literatur). Valgius. 489
borum inventore, Berl. 1862. C. Zangemeister, de Hör. verbis eingularibos,
Berlin 1862.
11. Treten index horatianus, Antverp. 1576; nach Büchern und Versen
abgetheilt von D. Avermann; Braunschweig 1668. Daraus des J. Yerbur-
gius Index an Ausgaben von Bentlej. Vollständiger Wortindex auch an
Fr. Ritter's und an Holder-Keller's Ausgabe.
J. H. M. Ernesti, Clavis horatiana, 3 Voll. Berol. 1802 — 1804. Lips.
1823. Brevior, Halle 1818. J. G. F. Estr^, Horatiana prosopographia,
Amsterdam 1846. F. S. Feldbausch, erklärendes Register der Eigennamen
bei Horaz, Heidelberg 1853 (Einleitungen, drittes Bdchn).
12. Ueber Setzungen sämmtlicher Gedichte in's Deutsche von Junck-
heim, Uz und Hirsch (Ansbach 1797, 2 Thle), J. H. Voss (Heidelberg 1816.
1820. 2 Bde), Th. Obbarius (Berlin 1847. 1857. 16.), J. S. Strodtmann (Leip-
zig 1852. 1855. 1860), W. Binder (Stuttgart 1855), F. 0. v. Nordenflycht
(Berlin 1866), K. G. Neumann (2te Aufl. Trier 1868) u. A.
13. Abbildungen zu Horaz. Horatii emblemata imaginibus aere
incisis notisque illustrata 'studio Oth. Vaenii, Antverp. 1607. 4. und oft.
Dreissig Bilder zu Hör. Werken, gezeichnet von Frommel, Karlsruhe 1829;
nebst Erklärung von Sickler). Bilderhoraz von Milman, London (J. Murray)
1850. Auch die Didot'sche Ausgabe ad modum Bondii (Paris 1855. 16.).
Hör. opera illustrated from antique gems, by C. W. King. The text revised
with an introduction by H. A. J. Munro, London 1869. 484 pp.
236. Dem Horatius befreundet war C. Valgius Rufus,225
Gos. 742, Verfasser von Elegieen und Epigrammen, eines Werkes
über Kräuter, einer lateinischen Bearbeitung der Rhetorik des
ApoUodoros aus Pergamon und von grammatischen Untersuchun-
gen in Briefform.
1. Fasti cap. ad a. 742 = 12 v. Chr. (C. L lat. L p. 441): . . Ruf.
abdic. in e. 1. f. e. etc. Fasti Colotiani (ib. p. 466): suf. C. Valgius C. f.
Fragm. fast, municip. (ib. p. 472, IX). Quirinio et Valgio cos. in den fasti
praenestini (ib. p. 314. 317). Mit Quirinius genannt auch bei Orelli 3693.
7041. (Das cognomen Saturninus gehört dem Nachfolger des Quirinius,
L. Volusius.) .Porphyrie zu Hör. 0. II, 9 (p. 188 H.): Valgium consularem,
amicum suum (vgl. v. 5), consolatur morte delicati pueri graviter adfectum.
Vgl. Hör. Sat. I, 10, 82. Vielleicht ist er auch der Pyrrhus (nvQQog = rufus)
von Hör. 0. lU, 20 (Bamberger). TibuU. IV, 1, 179 f. anMessala: est tibi qui
possit magnis se accingere rebus Valgius, aeterno propior non alter Ho-
mere, was wenigstens die Erwartungen ausdrückt die man in diesem Kreise
▼on seiner Bef&higung zum Epos hegte; vgl. Hör. 0. II, 9, 18 ff. (wohl aus
J. 727). Plin. N. JE. XXV, 2 : post enm (s. oben 51, 1) unus illustrium ten-
tavit C. Valgius eruditione spectatus, imperfecto volumine ad divum Au-
gustum, incohata etiam praefatione religiosa, ut bmnibus malis humanis
illius potissimum principis semper mederetur maiestas. Hienach muss das
Werk doch yeröffentlicht worden sein. Auch wird C. Valgius Ton Plinius
unter seinen Quellen für B. XXI angeführt. Wahrscheinlichkeit hat daher
490 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
die Vermutiang von R. Unger, dass bei Quin tilian X, 1, 56 zu schreiben sei:
Nicandrum frustra secuti Macer (oben 219, 7) atque Valgius (statt Vergilius)?
2. Schol. Veron. zu Verg. Ecl. 7, 22 (p. 74, 10 ff. Keil): similiter hunc
Codrum in elegiis Valgius honorifice appellat et quadam in ecloga de eo
alt u. 8. w. (s. 228, 1). Servius ib.: Codrus poeta eiusdem temporis fuit,
ut Valgius in elegiis suis refert. ad Aen. XI, 457: Valgius in elegis. Isidor.
Orig. XIX, 4, 8 (Valgius: ein Distichon). Unger, Valg. p. 223 — 265. In
diesen Gedichten hatte Valg. wohl auch denMystes (Hör. 0. II, 9, 9 f.) be-
sungen und beklagt. Charis. I, p. 108, 7 K.; Valgius in epigrammatis. Unger
p. 215—223. Vgl. L. Müller, Rhein. Mus. XXIV. S. 635 (Hendekasy Ilabus).
Unger hält den Valgius auch für den Verfasser der pseudo - vergilischen
Elegie auf Messala; s. oben 225, 5. A. 2. Philargyr. zu Georg. III, 177
(ut Valgius ait) führt zwei Hexameter von ihm an, welche Unger p. 265 ff.
angeblichen Bucolica des Valgius zutheilt.
3. Gell. XII, 3, 1: Valgius Rufus, in secundo librorum quos inscripsit
de rebus per epistulam quaesitis, lictorem dicit a ligando appellatum esse.
Charis. I. p. 108, 28 K. (Valens de rebus per epistulam quaesitis 8olitau>
rilia dicta ait esse a etc.). 135, 23 (Valgius de rebus per epist. quaes. für
die Form lacor). Daraus wohl auch Charis. I. p. 102, 10 K. (et Valgius
et Verrius et Trogus de animalibus lacte dicunt) und 143, 24 f. (secunda
ratio, qua Plinius ait Valgium niti). Unger, Valg. p. 163 — 198. Diomed. I.
p. 387, 6 K. : Valgius de translatione (ait): coraesa (nicht comesta) patina.
Vielleicht ein Theil der Bearbeitung von Apollodor's Tix^ri. Quintil. III,
1, 18 (oben 43, 10). 5, 17 (causam finit Apollodorus, ut interpretatione Valgii,
discipuli eins, utar, ita). V, 10, 4 (epichirema Valgius aggressionem vocat).
Auf den iambischen Rhythmus der Citate aus Valgius' Ars bei Quintil. III,
5, 17 macht Ritschi aufmerksam, in Reifferscheid's Sueton p. 529. Vgl. noch
Unger p. 145 — 162. Unbestimmte Anführungen bei Sen. Ep. 51, 1 (Aetnam
quare dixerit Messala unicum, sive Valgius, apud utrumque enim legi). De
generib. nom. p. 91, 13 (Vallus: perfusam pelvem), wo Haupt: fortasse Valgius.
4. Weichert, poetar. lat. vitae etc. p.'209 — 240. R. Unger, de C. Valgii
Rufi poematis commentatio, Halle 1848 (510 nebst XVHI pp.!).
226 237. Andere Freunde des Horaz welche sich selbst auch
mit Arbeiten in gebundener Form beschäftigten waren Aristius
Fuscus, Fundanius und Servius Sulpicius, sowie von Jüngeren
Titius und lulus Antonius.
1. Ueberschriften von Hör. 0. I, 22: ad M. Aristium Fuscum. Auch
Hör. Ep. I, 10 ist an ihn gerichtet (Ueberschriften: ad Fuscum Aristium
grammaticum); vgl. Sat. I, 9, 61 ff. 10, 83 = 91. Porphyrio zu Ep. I, 10
(p. 425 H.): ad Aristium Fuscum scriptorem comoediarum; dagegen in
einem Theile der lldss. des Acro zu Ep. I, 10, 1 (p. 422 H.): alloquitur
Aristium scriptorem tragoediarum , so dass die ganze Angabe zweifelhaft
wird. Noch weniger sicher aber ist seine Eigenschaft als Grammatiker,
nachdem das varronische Excerpt bei Eichenfeld und Endlicher (Analecta
grammatica, p. 452 not.) jetzt richtiger bezogen ist; s. oben 196, 16.
2. Hör. Sat. I, 10, 48—50: arguta meretrice potes Davoque Chremeta
237 f. Aristius Fuscus u. A. Doinitius Marsus. 491
eludente senem comis garrire libellos unus vivorum, Fundani. Hienach
müssen mindestens im Freundeskreise Versuche des F. auf dem Gebiete
der palliata bekannt gewesen sein; eine Spur derselben findet sich aber
nirgends. Vgl. noch Hör. S. II, 8, 19.
3. Hör. S. I, 10, 86 = 94: te dicere possum (unter den docti et amici)
. . Servi. Wohl identisch mit dem Ser. Sulpicius welchen Plinius (Ep. V,
3, 6; s. oben 31, 1) unter den Verfassern erotischer Gedichte aufzählt;
vgl. Ovid. Trist. II, 441: nee sunt minus improba Servi carmina. Der Zeit
nach könnte er der Sohn des Juristen Ser. Sulpicius Rufus (oben 171, 2 ff.),
der Gatte von Valeria Messalarum soror (Hieron. adv. lovin. I, 46 Vall.)
und der Vater der tibuUischen Sulpicia (unten 240, 3) sein. Vgl. Hermes
V. p. 33 f.
4. Hör. Ep. I, 3, 9 ff . (J. 734 d. St.): quid Titius, romana brevi
venturus in ora? Findarici fontis qui non expalluit haustus, fastidire lacus
et rivos ausus apertos? . . fidibusne latinis Thebanos aptare modos studet
auspice Musa an tragica desaevit et ampuUatur in arte? Ob irgend etwas
dieser Art fertig wurde ist unbekannt. Vielleicht ist er der Sohn des M.
Titius, COS. suff. 723 (A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2011 f. Nr. 20).
Jedenfalls gehört er zu des Horaz jüngeren Freunden. Vgl. F. Jacobs,
Vermischte Schriften V. S. 344 — 356. W. Teuffei in seiner üebersetzung
der Briefe des Horaz (Stuttg. 1859) S. 208.
5. Auch von Celsus Albinovanus (Hör. Ep. I, 8, 1), dem comes und
scriba des (Tiberius) Nero (ib. 2) ums J. 734 d. St., welcher (ib. I, 3, 16 ff.)
vor unselbständiger Ausbeutung fremder Arbeiten gewarnt wird, ist unbe-
kannt ob er mit seinen Gedichten jemals hervorgetreten ist. Er ist wohl
der Celsus dessen Tod von Ovid ex Pont. I, 9 beklagt wird Vgl. ib. 37
— 40 zu Fabius Maximus: multos habeas cum dignus amicos, non fuit e
multis quolibet ille minor; si modo nee census nee. darum nomen avorum,
sed probitas magnos ingeniumque facit.
6. lulus Antonius (unrichtig vertheidigt Mommsen, Rom. Forschungen
I. S. 35, A. 54, die für diese Zeit unerhörte Vomamensform lulius, welche
bei Horaz 0. IV, 2, 2 vgl. 26 einen prosodischen Schnitzer ergäbe), trium-
viri (M. Antonius) filius (Suet. gramm. 18), geb. um 710, Cos. 744, f 752 d. St.
Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1181, c. Nach Acre zu Hör. 0.
rV, 2, 33 heroico metro JiofiTjds^ag XII libros scripsit egregios, praeterea et
prosa aliqua.
238. Niemals von Horaz genannt wird sein jüngerer Zeit- 227
genösse Domitius Marsus (J. 700 — 750?), der Vorgänger
des Martialis auf dem Gebiete des spitzigen Epigramm', zugleich
Verfasser erotischer Elegieen (Melaenis) und eines Epos (Ama-
zonis), sowie von fabellae und einem rhetorischen Werke de
urbanitate.
1. Marsus genoss noch den Unterricht des Orbilius (oben 197, 3), ob-
wohl schwerlich gleichzeitig mit Horaz. Er lebte noch nach 735 (dem
Todesjahr des Vergil und Tibull), war aber zur Zeit von Ovids Verbannung
(J. 762) längst todt; s. Ovid. Pont. IV, 16, 3 ff.: famaque post cineres maior
492 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
venit; et mihi nomen tunc quoque cum vivis adnumerarer (vor meiner Ver-
bannung) erat; cum foret et Marsus magnique Rabirius oris etc. Beziehung
zu August oder dessen nächster Umgebung, bes. Maecenas; s. Martial. YIII,
56, 21 (vgl. oben 219, 3): quid Yarios Marsosque loquar ditataque vatum
nomina? ib. VII, 29, 7 f. (A. 2). Das« ihn Horaz trotzdem nicht nennt
kann seinen Grund darin haben dass der selbstbewusste und reizbare Sa-
tiriker durch die Schärfe des Epigrammatikers sich verletzt fühlte. Mit
Biedermännern wie Vergil und TibuU war leichter auszukommen ; Epigramm
des Marsus auf des Letzteren Tod in Tibullhandschriften (vielleicht aus
Sueton de poetis); s. 240, 1.
2. Von Martialis oft als Vorgänger genannt; so Vorwort zu I in Bezug
auf die lasciva verborum veritas: sie scribit CatuUus, sie Marsus, sie Pedo,'
sie Öaetulicus etc. V, 5, 5 f. : sit locus et nostris aliqua tibi parte libellis,
qua Pedo, qua Marsus, quaque Catullus erit. VII, 99, 7 : nee Marso nimium
minor est doctoque CatuUo. VIII, 56, 24: Vergilius non ero, Marsus ero.
II, 71, 3 f. 77, 5 f. (Marsi doctique Pedonis saepe duplex unum pagina
tractat opus). VII, 29, 7 f.: et Maecenati Maro cum cantaret Alexin nota
tamen Marsi fiisca Melaenis erat. Die Sammlung der Epigramme scheint
Cicuta (Bergk: Scutica) betitelt gewesen zu sein. Daraus bei Philargyr. zu
Verg. Ecl. 3, 90 eines aut Bavius (oben 228, 2) und seinen Bruder, neuerdings
ergänzt aus einer Pariser Hds.; s. H. Sauppe, Berichte der sächs. 6. d. W.
1852, S. 135—140, und die Verhandlungen im Philologus XÜI. S.222f. XIV.
S. 217. XIX. S. 150; Rhein. Mus. XV. S. 132. 152 flF. XVIII. S. 476 f. 633 f.
Fleckeisen's Jahrbb. 99, S. 268. Daraus wohl auch die Hexameter auf Or-
bilius (Suet. gramm. 9) und Caecilius Epirota (ib. 16), der (unvollständige)
bei Priscian. V, 41. p. 168, 16 f. Htz., sowie das Hemistich bei Diomed. I.
p. 304 P. = 319, 13 K. R. Unger, Epistola de D. Mi. Cicuta, Friedland
1861. 8 pp. 4.
3. Martial. IV, 29, 7 f.: saepius in libro numeratur Persius uno quam
levis (wegen seiner Erotika?) in tota Marsus Amazonide (Welcker, ep. Cy-
clus I. S. 319). Charis. I. p. 65 P. = 72, 4 f. K.: Marsus fabellarum Vnil.
(Hexameter). Quintil. VI, 3, 102: Domitius Marsus, qui de urbanitate dili-
gentissime scripsit. Daraus die Definitionen der urbanitas tmd des urbanus
ib. 104 f. mit Anklängen an daktylischen Rhythmus. Vgl. ib. 108 (Marsi,
hominis eruditissimi) und 111 (dictum Pompeii, quod refert Marsus, in Ci-
ceronem). Daher könnte er gemeint sein auch ib. IH, 1, 18: ceteras missa
ad Dbmitium epistola non agnoscit (Apollodorus). Vgl. oben 236 , 3. Den
Marsus poeta nennt Plin. N. H. als Quelle zu B. XXXIV (aeris metalla).
4. üeber Marsus s. Weichert, poetarum latinorum vitae etc. p. 241 — 264,
und die Ueberreste ib. p. 264— -269.
228 239. Zu den Dichtern dieser Zeit gehören femer Pupius,
der Verfasser von rührenden Tragödien, und Mäcen's Freigelas-
sener C. Melissus, Verfasser eines W^erkes von scherzhaftem
Inhalte und Urheber der trabeata. Auch der Lynceus des Pro-
pertius scheint Gedichte veröffentlicht zu haben.
289 f. Pupius, MelisBUB u. A. Tibnllus. 493
1. Hör. Ep. I, 1, 67: ut propius apectes lacrimosa poemata Pupi.
Dazu Acro (p. 364 H.): tragoedi vel tragoediographi. Pupiua tragoedio-
graplius ita adfectus apectantium movit ut eos flere compelleret, unde di-
stichon fecit: flebunt amici et bene noti mortem meam; nam populus in
me tIvo lacrimavit satia. Vielmehr werden dieae Senare ein über ihn ge-
machter und ihm in den Mund gelegter Witz aein.
2. Sueton. gramm. 21 (p. 115 f. Rffach.): G. Meliaaus Spoleti natua
ingenuua, aed ob diaoordiam parentum expoaitua, cura et industria educa-
toria aui altiora atudia percepit ac Maecenati pro grammatico muneri da-
tua est cui cum ae gratum et acceptum in modum amici videret, quam-
quam aaaerente matre, permanait tamen in atatu aerritutia, . . quare cito
manumiaaua et Auguato inainuatus eat, quo delegante curam ordinandarum
bybliothecaruin in Octaviae porticu auacepit. atque, ut ipae tradit, aeza-
geaimum aetatia annum agena libelloa Ineptiarum, qui nunc locorum inacri-
buntur, componere inatituit, abaolvitque GL, quibua et alioa diverai operia
poatea addidit. fecit et novum genua togatarum inacripaitque trabeataa
(oben 17, 1). Seine achrifbatelleriache Thätigkeit wird alao in die apäteren
Zeiten Auguata fallen. Hieron. chron. ad a. Abr. 2018 =» Aug. 40 =» 761
d. St.: Meliaaua Spolitinua grammaticua agnoaciiur. Ovid. ex Pont. IV, 16,
30: tua cum aocco Muaa, Meliaae, levia. Panegyr. in Pia. 227 f.: Maecenaa
apta togatia eruit et populia oatendit acumina 6ai (nach Lachmann'a Emen-
dation). Plin. N. H. XXYIII, 6, 17: triennio Maecenatem Meliaaum accepi-
muB ailentium aibi imperaviaae. Er (mit aeinen Ineptiae) iat wohl auch
der von Pliniua zu Buch VII, IX, X, XI, XXXV ala Quelle genannte Me-
liaaua. Eben daher mag die Nachricht über Vergil in Donata Tita Verg.
16 (27) aein. Dagegen die Angaben 'bei Serv. Aen. IV, 146 (hoa Meliaaua
ab Homero Achabaa appellari ait) ; VII, 66 (Meliaaua, qui de apibua acripait,
ait) und dem Anonym, de gener. nom., No. 61, werden eher auf den Gram-
matiker Aeliua Meliaaua (a. d.) in der Zeit dea Gelliua zurückzuführen aein.
3. Der Lynceua gegen welchen Propertiua (11, 34 =» III, 32) aich
eiferaüchtig anatellt iat ein Freund* deaaelben (v. 1 ff.), alao wohl gleich-
falla auB dem Kreise dea Measala, aber älter als Prop. (v. 25 f.); auch hat
er Interease für Philosophie (v. 27 f. 51 ff.) und erinnert durch dieae Züge
stark an den Verfasser der Girls (oben 225, 2, A. 1). Er hat bisher pathe-
tische Stoffe behandelt (ein Epos Thebais, achlieaBt aua v. 45 0. Haube, de
carm. ep. p. 29 — 32), wird jedoch von Prop. aufgefordert aich lieber der
alexandriniachen Liebeselegie zuzuwenden (v. 31 f. 41 f.). Sein wirklicher
Name iat nicht bekannt; vielleicht daaa Lynceua auf Lucius hindeutet.
240. unter den Elegikern der augusteischen Zeit ist Albius229
Tibullus (um 700 — 735 d. St.) den Alexandrinern zwar gefolgt
in der fast ausschliesslichen Wahl erotischer Gegenstände, hat
aber dabei bald die Gelehrsamkeit abgestreift und zur Grund-
lage seiner Gedichte wahres und warmes Gefühl gemacht. Bei
aller Natürlichkeit aber und aller Einfachheit der Sprache weiss
Tibull doch sowohl die einzelne Stimmung farbenreich zu schildern
404 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
als das Auf- und Abwogen der Empfindungen mit vollendeter
Kunst darzustellen. Tibulls Schwärmerei für den stillen Frieden
des Landlebens, seine tiefe Sehnsucht nach treuer Liebe verleiht
seinen Gedichten einen Hauch sanfter Schwermut. Die voll-
endetsten unter diesen sind die an Delia. Bei anderen ist es
sichtbar dass der Dichter vom Tode überrascht wurde ehe er
sie ausgefeilt hatte. Der erste Herausgeber hat der Sammlung
auch noch andere elegische Gedichte beigefügt welche in dem
Kreise des Messala entstanden waren, wie die der Sulpicia und
(als drittes Buch) die eines Lygdamus.
1. Vorname unbekannt, vielleicht A. — Domitius Marsus (s. 238, 1): te
quoque Vergilio comitem non aequa, Tibulle, mors iuvenem campos misit
ad elysioB. Er starb also noch 736, und zwar als iuvenis. Ovid. Trist.
IV, 10, 51 fF.: Verpfilium vidi tantum, nee amara TibuUo tempus amicitiae
fata dedere meae. successor fait hie tibi, Galle u. s. w. (oben 32, 1). ib. II,
463 f. : legiturque Tibullus et placet et iam te (August) principe notus erat.
Vita: Albius Tibullus, eques rom., insig^is forma (Hör. Ep. I, 4, 6) . .
ante alios Corvinum Messalam oratorem (oben 218, 8 ff.) dilezit, cuius et
contubemalis aquitanico hello (J. 726 f.) militaribus donis donatus est.
hie multorum iudicio principem inter elegiogpraphos obtinet locum (vgl.
Quintilian. oben 32, 1). epistolae quoque eins amatoriae, qnamquam bre-
ves (die von B. IV?), omnino utiles sunt. Missverständliche Ausweitung
des Letzteren in einer andern vita, angeblich von Hieron jmus: epistolas
familiäres ad amicos complures et delectabiles metro et prosa dedit. ur-
sprünglich begütert (EL I, 1, 41 f. vgl. IV, 1, 183 ff.), scheint auch er
durch die Ackervertheilungen des J. 713 geschädigt worden zu sein; doch
kam er, vielleicht durch die Verwendung von Messala, wieder in behagliche
Verhältnisse (Hör. Ep. I, 4, 7. 11. vgl. Tib. I, 1, 49 ff. 77 f.). Als Messala
in einer Sendung nach Asien abgieng lehnt TibuU zuerst die Begleitung
ab (El. I, 1), reist ihm aber dann doch nach (I, 3, 9 ff.), bleibt jedoch
erkrankt auf Corcyra zurück (I, 3, 3 ff.). An Tibull gerichtet sind von
Horaz 0. I, 33 und Ep. I, 4; ein Gedicht auf seinen Tod ist Ovid Amor.
III, 9. — H. A. W. Spohn, de TibuUi vita et carminibus disputatio (Partis
I. c. 1 — 4), Lips. 1819. 103 pp. N. Oestling, de Albii TibuUi vita et car-
minibus quaestiones, Upsala 1860. 21 pp.
2. Ovid. Amor. III, 9, 31 f.: sie Nemesis longum, sie Delia nomen
habebunt, altera (Nemesis, s. v. 57 f.) cura recens, altera primus amor.
Martial. VIII, 73, 7: fama est arguti Nemesis formosa TibuUi. XIV, 193, 1:
ussit amatorem Nemesis lasciva TibuUum. Apulej. apol. 10: accusent . .
TibuUum quod ei sit Flania in animo, Delia in versu. Wohl als Ueber-
setzung (planus = 8i\Xoi) gewählt. Eine dritte Geliebte des Tibull ist die
bei Horaz (0. I, 33, 2 ff.) genannte Glycera. Ueberreste von den misera-
biles elegi auf sie sind wahrscheinlich Tibull IV, 13 f. Vgl. W. Teuffei,
Studien und Charakt. (1871). S. 347—352. Spohn 1. 1. p. 32 ff. H. A. Dieterich,
de Tibulü amoribus, sive de Delia et Nemesi, Marburg 1844. 0. Richter,
240. Tibullns. 495
Delia; ein Beitrag zur Lebensgeschichte TibuUs, Rhein. Mus. XXV. S. 618 —
527. Anonyme Epigramme auf (diese?) Delia in der Anthol. lat. 451 f. R.
3. Unter den Gedichten des Tiboll ist das früheste der Panegyrikus
auf Messala (IV, 1), 211 Hexameter aus J. 723 d. St. Dieses Epos vertritt
uns des Dichters alexandrinische Durchgangsperiode. Es zeugt von Talent,
aber noch ungeläutertem Geschmack, und verräth in Inhalt und Behand-
lung vielfach die Mass- und Tactlosigkeit eines frisch von der Rhetorschule
herkommenden jungen Mannes, was Manche bestimmt hat das Gedicht dem
TibuU abzusprechen; s. W. Teuffei, Studien S. 352—355. Noch wesentlich
von gleicher Art-, obwohl etwas besser, ist das Gedicht auf den Triumph
des Messala (J. 727), El. I, 7. Auch die Elegieen auf Marathus (I, 4. 9. 8)
sowie I, 10 zeigen noch Missgriffe und Mängel (namentlich I, 4 dieselben
entlegenen mythologischen Anspielungen und dieselbe rhetorische Manier
wie IV, 1 und I, 7), neben entschiedenen Fortschritten in künstlerischer
Gestaltung des Stoffes (W. Teuffei, Studien, S. 355 — 360). Dagegen die
höchste Stufe der dichterischen Entwicklung des Tibull, seine Meisterjahre,
stellen die Elegieen auf Delia (T, 1. 3. 5. 2. 6) dar (etwa J. 730 ff.). Sie
bilden einen Cyclus der ein ganzes Stück Lebensgeschichte, einen vollstän-
digen Roman, enthält. Vgl. W. Teuffei, Studien S. 360 — 365. Auf der-
selben Höhe halten sich auch noch die Elegieen welche die Liebe zwischen
Sulpicia (vgL oben 237, 3) und Cerinthus behandeln (IV, 2 — 7, nebst II, 2,
wo der fingierte Name durch den wirklichen, Cornutus, ersetzt ist), Varia-
tionen über das Thema welches die eigenen kleinen poetischen Briefe der
Sulpicia (IV, 8 — 12) angestimmt hatten (W. Teuffei, Studien S. 305 — 369),
sowie IV, 13 und 14 ^ebd. S. 369 f.). Dagegen fehlt die letzte Feile den
Elegieen des zweiten Buchs, welche das Verhältniss von Tibull zu Nemesis
zum Gegenstande haben (ebd. S. 370 — 372). Im Allgemeinen s. 0. F. Gruppe,
die römische Elegie; kritische Untersuchungen mit eingeflochtenen Ueber-
setzungen, Leipzig 1838, nebst W. Hertzberg, Hallische Jahrbücher 1839.
I. S. 1009 — 1031. Franz Passow, de ordine temporum quo primi libri
elegias scripsit Tibullus, Breslau 1831 == Opusc. acad. (Lips. 1835) p. 280 ff.
Kindscher, Chronologie der Gedichte Tibulls, Berl. Ztschr. f. Gymn. XIII.
S. 289—301. Petersen, de quarti libri Tib. elegiis earumque auctore, Glück-
stadt 1849. 4. A. Zingerle, Bemerkungen zu den Sulpicia-Elegieen des T.,
kleine philol. Abhandl. I (Innsbruck 1871) S. 22 — 30.
4. Von den im dritten Buche vereinigten sechs Elegieen behandeln
fünf das Verhältniss zwischen Lygdamus und Neära, die sechste (UI, 5)
ist ein Brief an Freunde. Der Verfasser ist ein jüngerer, im J. 711 d. St.
geborener (III, 5, 17 f.) Zeitgenosse und Nachahmer des Tibull, aber ohne
seinen Geist, überhaupt von sehr massigem Talent, und in jeder Hinsicht
von Tibull wesentlich verschieden (W. Teuffei, Studien S. 372—378). Ebenso
wenig kann Ovid der Verfasser sein (ebd. S. 378—381). Auch ob Lygdamus
der wirkliche oder ein angenommener Name ist lässt sich nicht ermitteln.
Bei Propert. IV, 5 (6) und V, 7, 35r 8, 37. 70 ff. ist Lygdamus ein Sklaven-
name. Jedenfalls aber gehörte der Verfasser gleichfalls zum Kreise des
Messala (Fr. Haase hielt sogar dessen Sohn, den Valerius Messalinus, für
den Verfasser) , daher seine Elegieen der Sammlung der tibullischen einvcr-
498 Augusteißche Zeit. J. 711—767 d. St.
W. Wiaaer (qtiaest. tibull., Leipzig 1869. 34 pp.), C. Prien (in Fleckeiaen's
Jahrbb. 101, S. 689—709).
10. Metrische Uebersetzungen von J. F. Degen (Ansbach 1781), Graf
Reinhardt (Zürich 1783), F. K. v. Strombeck (Götti. 1789. 1826), J. F. KorefF
(Paris 1810), J. H. Voss (Tübi. 1810), E. Günther (Leipzig 1825), F. W. Richter
(Magdeburg 1831), E. F. Leopold (Buch I, Budissin 1852. 4.), W. S. Teuffei
(Stuttgart, Metzler 1853; zum Theil wiederholt in den römischen Elegikern,
ebds. 1855, Class. d. Alt, S. 73 — 134), Fr. Frölich (in lamben, Hamburg
1860), W. Binder (Stuttgart, Hoffmann 1862), A. Eberz (Frankfurt 1865;
vgl. J. Schlüter in der Berl. Ztschr. f. Gymn. 1867, S. 877).
230 241. Sextufi Propertius (ungeföhr J. 705 — 739d. St.) war
gebürtig aus ümbrien, aber in Rom gebildet und, nachdem er
sich durch sein Buch Cynthia bekannt gemacht, in den Kreis
des Maecenas aufgenommen. Seine späteren Gredichte sind in
B. II bis V enthalten. 4^uch Propertius ist ausschliesslich Ele-
giker und Dichter der Liebe, wie TibuUus, aber mehr in der
Weise der alexandrinischen Vorgänger, voll mythologischer Ge-
lehrsamkeit und häufig dunkel; indessen an Leben, sinnlicher
Frische und Leidenschaftlichkeit hat er seine Vorbilder weit über-
troflfen. So heiss er fühlt, so ist doch noch kräftiger die Re-
flexion womit er sich über seine Gefühle stellt und die Kunst
womit er sie in Gedichten verkörpert. Auch Sprache und Versbau
ist markig, die Gedankenfolge aber oft abspringend. In seinen
letzten Lebensjahren kam Propertius auf einen Plan seiner Ju-
gend zurück, einheimische Gegenstände in der Form der Elegie
zu behandeln, etwa in der Art von Ovid's Fasti.
1. Der Vorname aus Donat. vita Vergil. 30 (45). Interpolierte Hdss.
und Ausgaben des Dichters geben ihm (durch Verwechslung mit Prudentius)
falschlich noch einen zweiten Gentilnamen, Aurelius, der von dort in eine
unechte Inschrift ans Ameria (L. Aurelio Propertio L. f.) übergegangen ist;
M. Haupt, Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1849, S. 260 — 266, vgl. Th.
Mommsen, ebds. S. 266 — 268. 276. Der Dichter nennt sich selbst nur Pro-
pertius, z. B. II, 8, 17. Heimat Urabrien (s. I, 22, 9 f. V, 1, 64. 121 fF.),
und zwar wahrscheinlich die Stadt Asisium (V, 1, 125 f. C. Lachmann,
Zeitschr. f. gesch. Rechtswiss. XI. 1842. S. 117), wo Propertii auf Inschriften
gefunden worden sind (M. Haupt a. a. 0. S. 261 — 263). Geburtsjahr unbe-
kannt und nur durch Schlüsse unge^r zu ermitteln. Prop. ist jedenfalls
junger als TibuU und älter als Ovid; s. Trist. IV, 10, 53 f. (oben 32, 1)
und II, 465 ff.: invenies eadem (wie bei Tibull) blandi praecepta Properti.
. . bis ego successi. Er muss also zwischen 700 und 710 geboren sein.
Andererseits führt keine Zeitanspielung über das J. 738 d. St. hinaus (V, 6
zu den quinquennales und V, 11, 65 f. auf den Cos. Cornelius d. J.). Freilich
sind deren überhaupt nicht viele. So II, 7, 1 ff . die Aufhebung der lex
240 f. TibuUua. Propertiua. 499
Tulia vom J. 726 gegen Ehe- und Kinderlosigkeit, und die oftmaligen Hin-
deutungen auf angeblich beabsichtigte Kriegszüge Octavians gegen die
Parther und den Osten (III, 1, 13 ff. IV, 8 und sonst); die Rückgabe der
römischen Feldzeichen durch die Parther (J. 734; s. V, 6, 80). Weiterhin
weist die Bezeichnung Octavians als Augustus (UI, 1, 16. IV, 10, 50. V,
6, 29. 38. 81) auf Abfassung nach dem Januar 727; modo Gallus mortuus
(III, 32, 91 f.) nach J. 728 (vgl. oben 227, 2). Auf Kränklichkeit des Dichters
(und frühen Tod) deutet die überaus häufige Beschäftigung mit dem Sterben
(z. B. I, 9. II, 1, 71 ff. 8, 17 ff. III, 6, Iff. 7, 64. 19, 19 ff. IV, 15, 21 ff. 21, 33 f.).
Nur Unsicheres ist zu gewinnen aus den Angaben des Dichters über die
Geschichte seiner amores. Hienach war seine erste Bekanntschaft nach An-
legung der toga virilis (15 — 16. Lebensjahr) Lycinna; s. IV, 14 (15), 3 — 6.
Die Dauer dieses Verhältnisses ist unbekannt; Lachmann gibt ihm ein,
W. Hertzberg (Prop. I. p. 17 not.) zwei Jahre. Darauf das zu Gynthia.
Dieses dauerte schon 2—3 Jahre als IV, 14 (15) verfasst wurde (s. ib. v. 7);
fünf Jahre zur Zeit des (endgültigen?) Abbruchs in IV, 25, 3; vgl. multos
annos II, 8, 13. Dabei fragt sich noch ob das Jahr des SchmoUens von
IV, 15 (16), 9 eingerechnet ist oder nicht. Fest steht nur dass Gynthia
älter war als Properz (III, 10, 19 f.; vgl. oben 211, 3) und vor diesem starb
(V, 7, Iff.). Apulej. apol. 10: accusent . . Propertium, qui Gynthiam dicat,
Hostiam dissimulet. VgL oben 129, 1 E. Im Allgemeinen Martial. VIII, 73,5:
Gynthia te vatem fecit, lascive Properti. XIV, 189 mit der Ueberschrift
Monobiblos Properti: Gynthia facundi carmen iuvenale Properti accepit
famam nee minus ipsa dedit. Juv. VI, 7. Vgl. Prop. III, 20, 3. 32, 93.
2. Früher Verlust des Vaters und Beschädigung durch die Ackerver-
theilungen von J. 713; s. V, 1, 127 ff. vgl. HI, 32, 65. Früher Beginn mit
Gedichten in der Weise des Kallimachos, aber mit römischem Stoffe, s. V,
1, 133 f. vgl. 59 ff. Verhältniss zu Ovid, Trist. IV, 10, 45 f.: saepe suos
Bolitus recitare Propertius ignes, iure sodalicio qui mihi notus erat Befreun-
det mit dem jungen (Volcatius) Tullus, dem Neffen des Cos. 721; s. I, 1,
9. 6, 2. 14, 20. 22, 1. IV, 22. Die Einführung bei Maecenas scheint erst
nach Veröffentlichung des ersten Buches erfolgt zu sein; an ihn gerichtet
ist II, 1 (v. 17) und IV, 8; letztere Elegie lehnt die Aufforderung zur Be-
handlung grösserer Stoffe ab, stellt aber doch zuletzt (falls dieser Schlnss
wirklich zu der Elegie gehört, s. Heimreich p. 23 ff.) Gedichte nationalen
Inhaltes (etwa wie die meisten von Buch V) in Aussicht. Prop. wohnte,
wie Vergil (obeü 220, 6), Esquiliis (IV, 23, 24), vielleicht bei Maecenas;
eine solche Innigkeit wie zwischen Maec. und Horaz machte aber schon
die Altersverschiedenheit unmöglich. Zu AugusVs Preis Wendungen wie
arma deus Gaesar dites meditatur ad Indos (IV, 3,1); Caesar dum canitur,
quaeso, luppiter ipse vaces (IV, 6, 14); vix timeat salvo Gaesare Roma
lovem (IV, 10, 66); lacrimas vidimus ire deo (IV, 11, 60). Zur Beurteilung
vgl. III, 7, 40: nocte una quivis vel deus esse potest. IV, 8, 45 f.: haec
urant scripta pnellas meque deum clament et mihi sacra ferant. Auch III,
32, 18. 46. Horaz wird nie genannt, so wenig als Tibull; Anklänge an
den Ersteren sind aber bei Prop. nicht selten, wie hoc erat in primis III,
19, 1 = Hör. S. II, 6, 1; pyramidum sümptus ad sidera dncti IV, 1, 57
vgl. Hör. 0. lir, 30, 2; est quibus eleae concurrit palma quadrigae IV, 8, 17
32*
500 Augusteisclie Zeit". J. 711—767 d. St.
vgl. Hör. 0. 1, 1, 3 ff.; i puer et citus haec FV, 23, 23 = Hör. S.I, 10, 100; mit
V, 6, 65 f. Tgl. Hor.Epo. 9, 23 f.; mit ib. 79 (sero confesaum foedere Parthum)
Hör. 0. III, 8, 22; mit I, 6, 11 (horam possum durare) Hör. Ep. I, 1, 82
u. dgl. Eher dürlte daher aus des Horaz Schweigen über Prop. zu
schliessen sein dass des Erstem klare Verständigkeit tou dem leidenschaft-
lichen Wesen des jungen Elegikers sich nicht sonderlich angezogen fühlte.
Vgl. oben 238, 1 und S. 422 mit Anm. 3. Nachahmungen des Tibull?
A. Zingerle, Ovid's Verh. I. S. 56. 98 f. 101. 103 f. 132 u. sonst.
3. Eintheilung in Bücher und Herausgabe des ersten (monobiblos, s. A.
1 E.; daher die snbscriptio I, 22) durch den Dichter selbst; s. II, 3, 4:
turpis de te iam liber alter erit; III, 18, 1 f.: cum sis iam noto fabula
libro et tua sit toto Cynthia lecta foro. Die Aufschrift Propertii Cynthia,
monobiblos, in codd. ist also sachlich richtig. Das zweite Buch enthält
besonders viel Fragmentarisches, das fünfte auch Unfertiges und jugendliche
Versuche aus dem Nachlasse des Dichters (Heimreich, Symb. Bonn. p. 674
— 679, meint theilweise von Passennus Paullus). Für Lachmann's (Ed. 1816.
p. XXI — XXIII) Zerlegung des zweiten Buches in zwei Bücher sprechen
zwei Gründe: erstens dass II, 10 (=» III, 1) sichtlich zur Widmung eines
Buches an August bestimmt ist, parallel mit U, 1 (an Maecenas), obwohl
dadurch B. II einen nnverhältnissmässig kleinen Umfang erhält; zweitens
dass III, 5, 9 f. in der Ausmalung des eigenen Leichenbegängnisses es heisst:
sat mea, sat magna est si tres slnt pompa libelli, quos ego Persephonae
maxima dona feram; welche Stelle also dem dritten Buche angehören muss.
Vgl. V, 7, 60; longa mea (der Cynthia) in libris regna fuere tuis. Schaif-
sinnige, aber wenig beifallswerthe Modificationen von Lachraann's Ordnung
bei Chr. Heimreich, Quaest, Propert. p. 22 — 39. Die Beibehaltung der über-
lieferten Eintheilung rechtfertigt W. Hertzberg I. p. 213 — 223 durch die
wahrscheinliche Vermutung dass nur B. I von Prop. selbst, das Weitere
nach seinem Tode von Freunden sorglos herausgegeben worden sei. Auch
citiert Nonius p. 169 (v. secundare) den Vers IV, 21, 14 vielmehr aus
Propert. III. Ueber die Zeit der Herausgabe der einzelnen Bücher s. auch
B. Eschenburg im liber miscell. soc. Bonn. (1864) p. 83 ff. — Das fünfte
Buch wird durch seine grössere Strenge im Metrischen als das späteste
erwiesen, wie es auch unvollendet ist. Vgl. R. Merkel's Ausg. von Ovid's
Fasti p. CCXLVIII— CCLIV, L. Müller ed. p. XIII. XLVll f. Den properz-
ischen Ursprung von B. V bestreitet mit unzureichenden Gründen Dom.
Carutti (Sex. Aurelü- Propertii Cynthia, cum libro quarto elegiarum qui
Propertii nomine fertur. Editio in novum ordinem digesta, Hagae Com.
1869)'p. XXXIV ff.
4. Unter den Alexandrinern nennt Propertius als seine Vorbilder be-
sonders den Kallimachos und Philetas (IV, 1, 1 ff. 2, 52. V, 1, 64. 6, 3 f.).
Vgl. W. Hertzberg's Ausg. I. p. 186—210. Nach Seiten der Natur waren
diese trockenen Gelehrten eigentlich Antipoden des phantasievollen Pro-
porz, und die Flammen seiner Leidenschaft schlagen oft genug empor an
den mythologischen Bausteinen; aber was ihn zu denselben dennoch hin-
zog war ihre Formbeherrschung, und dieser Anschluss ist zugleich ein Be-
weis dass Properz bei aller sinnlichen Glut doch innerlich sich frei erhielt.
Die Bücher, der unerschöpfliche Born der Weltstadt und das reiche eigene
241. Propertius. 501
Gemüt spendeten dem Dichter, so einförmig sein äasseres Leben verlief,
die Fülle von Anschaaungen durch die er sich von dem ärmeren und ein-
facheren Tibull unterscheidet, sie raubten ihm aber zugleich das schöne
Gleichgewicht der Kräfte, das Ebenmass der Zeichnung und die klare Ste-
tigkeit der Gedankenfolge, und sie kürzten auch seinen Lebensfaden. Ueber
das rhetorische Element seiner Darstellung s. die sorgfältigen Zusammen-
stellungen in W. Hei-tzberg's Prolegomena p. 105—186. Ueber den kunst-
vollen Bau seiner Elegieen ib. p. 80 -—103, bis zum Zahlenschematismus
übertrieben von K. MüllenhofF (in der AUg. Monatsschrift 1864, S. 186—201)
und C. Prien (die Symmetrie und Eesponsion der römischen Elegie, Lübeck
1867, S. 36—53). Drenckhahn, die strophische Composition im dritten
Buche des Properz, Berl. Ztschr. f. Gymn. 1868, S. 177 — 205. 257—275.
Ueber diie Metrik des Prop. vgl. Eschenburg, Observ. p. 1 — 28, Lütjohann,
Comm. propert. p. 96—104, und L. Müller's Ausg. p. XL VII— LI.
5. Petrarca besass (J. 1374) eine Handschrift des Propertius (M.
Haupt, Berichte der sächs. Ges. d. W. 1849, S. 257—260); von den erhaltenen
reicht aber kaum eine über saec. XV zurück. Die Haupthds. wenigstens,
den — ohne Zweifel aus dem archetypus selbst (etwa saec. IX) abge-
schriebenen — Neapolitanus (jetzt in Wolfenbüttel, Gudiani Nr. 224), welchen
man sonst in saec. XIII setzte, weist L. Müller ed. p. IX f. in saec. XV,
Von denr früher hochgeschätzten Groninganus, saec. XV in Italien ge-
schrieben , ist neuerdings nachgewiesen worden dass auch er stark interpo-
liert ist; s. H. Keil, Observatt. p. 11 ff. M. Haupt (im Berliner Katalog für
1854 f.) p, 4—9. Chr. Heimreich, Quaestiones Propert. (Bonn 1863) p. 2—21.
W. Grumme, de codd. Prop. Groningano et Neapolitano, Aurich 1869. 4.
Chr. Lütjohann, Comment. propert. p. 3 ff . Ueber die properz. Hdss. im
Allgemeinen s. W. Hertzberg's Ausg. p. 231—248, L. Müller's Ausg. p. IVff.
Th. Struve, Varianten der Helmstädter Hds. des Prop., Philologus XIII.
S. 387—394.
6. Ausgaben. Die älteste gedruckte Ausgabe ist von Venedig 1472.
fol. Die späteren führt Hertzberg p. 248 — 259 auf. Zu erwähnen sind die
von J. Broukhuis (Amsterd. 1702. 1727. 4.), J. A. Vulpi (Padua 1755. 4.
2 Voll.), F. G. Barth (Lips. 1777. 8.), P. Burmann und Santen (Utrecht
1780. 4), C. T. Kuinöl (Lips. 1804. 2 Voll.), C. Lachmann (Lips. 1816.
Berol. 1829), F. Jacob (Lips. 1827), Paldamus (Halle 1827), und besonders
von W. A. B. Hertzberg (Vol. I, 1 quaestiones propertianae; I, 2 Text mit
kritischen Anmerkungen; II Commentar, Halle 1843. 1844. 1845), wozu vgl.
H. Keil in d. Ztschr. für die Alt. Wiss. 1846. Nr. 65 ff. Schneidewin, Gott,
gel. Anz. 1846. St. 97—100.
Text von H. Keil (Lipsiae, Teubner 1850; im Obigen bei den Anführ-
ungen zu Grunde gelegt), M. Haupt (Lips. 1853. 1861. 1868. 16.), L.Müller
(Lips. Teubner 1870).
7. Beiträge zur Textkritik von C. F. A. Nobbe (Lips. 1818), Schip-
pers (in librum IV, Groning. 1818), J. H. Bormans (Lovan. 1836). H. Keil,
observationes criticae in Prop., Bonn 1843. W. Fürstenau, quaestiones
propertianae, Rinteln 1845. 4. Fr. Jacob im Philologus IL S. 446 — 463.
R. Unger, analecta Philetaca et Propertiana, Neubrandenburg 1850. 102 pp. 4.
502 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
M. Haupt, emendationes nonnuUorum Prop. locorum, Berlin 1854. 4. und
1856. 4. Th. Struve, Ztschr. f. Alt. Wiss. 1857, S. 237—246. F. Kindscher,
Rhein. Mus. XVII. S. 216—227. H. KraflFert im Philologus XX ff. A. Lind-
ner in Fleckeisen's Jahrbb. 89, S. 836—839. W. Fischer, de locis quibus-
dam Prop., Bonn 1863. Chr. Heimreich, quaestiones propertianae (Bonn
1863) p. 40 — 55, und Novae quaest. prop., in der Symbola philolog. Bonn,
p. 669—684. B. Eschenburg, im über miscellanens (Bonn 1864) p. 83—100
und Observationes criticae in Prop.^ Bonn 1865. Chr. Lütjohann, Commen-
tationes propertianae, Kiel 1869. 108 pp. (bes. zu B. V).
L. Krahner, Versuch einer Analyse von Prop. IV, 1, 1 — 70, im Philo-
logus XXVII. S. 58—87. Prop. el. IV, 11 recens. et illustr. P. Hofman Peerl-
kamp (ed. J. C. G. Boot), Amsterdam 1865; vgl. L. Müller in Fleckeisen's
Jahrbb. 91, S. 777—791. Zu B. IV s. auch Drenckhahn, Stendal 1868. 4.
8. Ueber Propertius s. Manso, Nachträge zu Sulzer III. S. 5 — 48.
H. PaldamuB, römische Erotik S. 58 — 72. Gruppe, die römische Elegie I.
S. 274 ff. und dazu W. Hertzberg in den Hallischen Jahrbüchern 1839,
Nr. 127 ff. Fr. Jacob, Properz, Lübeck 1847. 32 S. 4. W. Teuffei in Pauly's
Real-Enc. VI, 1, S. 99—101.
9. Metrische üebersctzungen von Knebel, v. Strombeck (Braunschweig
1822), J. H. Voss (Braunschweig 1830), W. Hertzberg (Stuttgart 1838,
4 Bdchn; ausgewählte Elegieen, Class. d. Alt. 1855, S. 137—224), Fr. Ja-
cob (Stuttgart, Hofmann, 1860 — 1869). C. W. Schmetzer, die drei letzten
Elegieen von Prop. IV übersetzt mit Anm., Hof 1850. 4.
2;n 242. P. Ovidius Naso, aus einem bemittelten ritterlichen
Hause in Sulmo (J. 711 — 770 d. St.), von umfassender rednerischer
Bildung, aber bald ausschliesslich der Dichtkunst zugewandt, für
die er ein ganz ungewöhnliches Formtalent besass. Indessen Rhe-
tor bleibt er auch in der Poesie, mit den Gedanken und StoflFen
spielend, im Glänze der Figuren und witzigen Wendungen sich
spiegelnd, ohne Ernst, höhere Ziele und Charakter, leichtsinnig
gegenüber den Anforderungen und Fragen des Lebens, aber
geistreich, pikant und originell, und in allem Formellen von
unübertroflfener Meisterschaft, unnachahmlicher Leichtigkeit, Ge-
wandtheit und Anmut. In seiner ersten Periode ist die sinn-
liche Liebe der Stoff den er fast ausschliesslich behandelt, in
den Formen der alexandrinischen Elegiker, aber Mythologie,
Elegie und Lehrgedicht ironisierend durch die Frivolität seiner
Gegenstände. In der zweiten bearbeitet er Stoffe aus der grie-
chischen Mythologie und der einheimischen Sage, wesentlich in
der gleichen Manier, aber mit mehr Fleiss und Hingebung. Die
Arbeiten der dritten Periode sind die aus Tomi, wechselnd nur
zwischen endlosen Klagen über die Verbannung und demütigem
Flehen um Zurückberufung.
241 f. Propertius. Ovidius. 503
1. Der Name aus Hdss.; Naso nennt sich der Dichter selbst oft, z, B,
Am. T, 11, 27. n, 1, 2. Geboren 20. März (Trist. IV, 10, 13 f. vgl. Fast.
III, 813 ff.) 711 (Trist. IV, 10, 6 vgl. Hieronym. zu Eus. chron. a. Abr. 1975)
zu Sulmo (Am. III, 15, 11 ff. Pont. IV, 14, 49 und sonst) in Paelignis (Am.'
II, 1, 1. II, 16, 37. III, 15, 3. 8 und sonst), als zweiter Sohn eines vermöglichen
(Trist. II, 113 f.) Vaters. Der Bruder starb aber schon im 208ten Lebens-
jahr (ib. IV, 10, 31 f.). Studium der Rhetorik; s. Sen. Controv. II, 10, 8 ff.
(p. 135 ff. Bu.): hanc controversiam memini ab Ovidio Nasone declamari
apud rhetorem Arellium Fuscum, cuius auditor fuit; nam Latronis admi-
rator erat, cum diversum sequeretur dicendi genus. habebat ille comptum
et decens et amabile ingeuium, oratio eins iam tum nihil aliud poterat
videri quam solufcum carmen. adeo autem studiose Latronem audiit ut
multas illius sententias in versus suos transtulerit. . . (9.) tunc autem cum
studeret habebatur bonus declamator. . . (12.) . declamabat autem Naso
raro controversias, et non nisi ethicas; libentius dicebat suasorias. molesta
Uli erat omnis argumentatio. verbis minime licenter usus est, nisi in car-
minibus, in quibus non ignoravit vitia sua, sed amavit. . . adparet summi
ingenii viro non iudicium defuisse ad compescendam licentiam carminum
snorum, sed animum. aiebat iiiterim decentiorem faciem esse in qua ali-
quis naevos inesset.
2. Amtliche Laufbahn des Ovid: (zweimal) XX vir, nämlich triumvir
capitalis (Trist. IV, 10, 33 f.) und decemvir (stlitibus iudicandis, Fast. IV,
383 f.), Mitglied des Centumviralgerichts (Trist. II, 93 f. ex Pont. III, 5,
23 f.); Einzelrichter (Trist. II, 95 f.). Specielle Kenntniss des ins civile
tritt aber bei Ovid wenig hervor, trotz C. Iddekinge, de insigni Ovidii
peritia iuiis rom., Amsterdam 1811. 104 pp. Am weiteren Verfolgen dieser
Laufbahn hinderte den Ovid seine Bequemlichkeit und Neigung zur Poesie
(Trist. IV, 10, 36 ff.). Bildungsreise nach Athen, Asien, Bicilien (Trist. I,
2, 77 f. Pont. II, 10, 21 ff.). Frühe zweimal vermählt und bald wieder
geschieden (Tr. IV, 10, 69—72); seine dritte Frau, eine Fabia und persön-
liche Freundin der Livia, überlebte ihn. Seine Tochter, Perilla, verfasste
selbst auch Gedichte (Tr. III, 7, 11—32; vgl. V. Lörs, de P. Ovidii Nasonis
filia, Bonn 1832). Freunde und Befreundete: Propertius (Trist. IV, 10, 46 f.),
Gallio (Pont. IV, 11. Sen. suas. 3, 7. p. 21, 30 Bu.), Hyginus (Suet. gramm.
20), die Dichter Ponticus, Bassus, Macer, Sabinus, Tuticanus (s. unten 247,
1 ff.), Cotta (unten 262, 6), Graecinus (Amor. II, 10), Atticus (Amor. I,
9, 2. Pont. II, 4) u. A.; M. Koch, prosopographiae Ovidianae elemeuta,
Breslau 1866.
3. Verbannung. Decem lustris peractis (Trist. IV, 8, 33 vgl. 10, 95 f.
Ibis 1) Tomitas quaerere me laesi principis ira iubet (Tr. IV, 10 , 97 f.).
Auf Elba erste NEwhricht von der Anklage (Pont. II, 3, 83 ff.). Er war re-
legatus, non exsul (Tr. II, 137), behielt daher sein Vermögen (Ibis 24).
Schilderung der Abreise aus Rom Tr. I, 3. Sie erfolgte im Spätherbst
(im December schon im adriatischen Meer, Tr. I, 11, 3) des J. 762 = 9 n.
Chr. (s. Pont. IV, 13, 40, wonach der Winter 767 f. als sexta bruma rele-
gatum videt). Die Ursache waren duo crimina, carmen et error (Tr. II,
207). Von diesen bespricht Ovid die erstere, seine zuchtlose und Bitten-
504 Angiisteisclie Zeit, J. 711—767 d. St.
gefährliche Ars amandi, oftmals und sucht sich desshalb zu rechtfertigen
(Tr. II, 211 ff. III, 1, 7 f. Pont. II, 9, 69 f. 10, 15 f. III, 3, 69 f. IV, 13, 41 f.
Ibis 6 und sonst), und Apoll. Sidou. c. 23, 157 f., Vict. Epit. I^ 27 nennen
daher tres libellos amatoriae artis einzig als Ursache der Verbannung
(Ovid ex Pont. IV ^ 13, 42 dagegen prima causa). Wirklich ist es ganz
glaublich dass dem August eine Schrift höchlich zuwider war die seinen
polizeilichen Veranstaltungen zur Beförderung der Sittlichkeit und der Ehe
so keck entgegenwirkte. Aber seit dem Erscheinen derselben waren zehn
Jahre verflossen; der nächste Anstoss muss daher eine andere Verfehlung
gewesen sein. Ueber letztere (seinen error, nicht ein scelus, Tr. I, 3, 37 f.
IV, 10, 90. Pont. III, 3, 75. Tgl. I, 6, 26. II, 9, 75 f.) spricht sich Ovid immer
nur in geheimnissvollen Andeutungen aus. Aber die Begründung dieses
Schweigens, um nicht Augusts Schmerz zu erneuem (Tr. II, 209 f. vgl. III,
6, 27), zeigt dass dieser dadurch in seinen persönlichen Beziehungen ver-
letzt gewesen sein muss (vgl. Tr. II, 133 f.: tristibus invectus verbis . .
ultus es offensas . . ipse tuas). Und da Ovid seine Augen als den schul-
digen Theil anklagt (Tr. II, 103 f.: cur aliquid vidi, cur noxia lumina feci!
cur imprudenti cognita culpa mihi est! vgl. III, 6, 49 f.: inscia quod cri-
men viderunt lumina plector, peccatumque oculos est habuisse meum;
ib. 6, 27 f. Pont. III, 3, 74 f.), so ist höchst wahrscheinlich dass er bei einem
Mitgliede der kaiserlichen Familie Zeuge und Mitwisser einer schuldhaften
Handlung war und sie nicht verhinderte^ vielleicht in dem irrigen Glauben
(partem nostri criminis error habet, Tr. III, 5, 52) dass August selbst auch
darum wisse und es conniviere. Und zwar war diess wahrscheinlich der
jüngeren Julia (August's Enkelin) ehebrecherisches Verhältniss mit D. Si-
lanns (Tac. A. III, 24). Gegen Letzteren selbst wurde zwar nou ultra sac-
vitum quam ut amicitia Caesaris prohiberetur (Tac. 1. 1.), aber vielleicht
eben darum wei^ die Hauptschuld auf Ovid abgeladen wurde, gegen wel-
chen August noch von der ars amandi her verstimmt sein mochte, zumal
da deren Veröffentlichung in dem gleichen Jahre erfolgte wo August seine
Tochter Julia verbannen musste, so dass Ovid als rückßllliger Verführer
erscheinen konnte. Vgl. Th. Dyer, on the cause of Ovid*s exile, im Clas-
sical Museum 1847^ p. 229 — 247. G. Boissier, Texil d'Ovide, Revue des
deux mondes LXIX (1867) p. 580—612. (C. L. Roth, im Stuttgarter Corre-
spondenzblatt f. d. Schulen Württembergs 1854, S. 186 — 187 sucht den Grund
in einem Besuche bei Agrippa Postumus auf Planasia; A. DeviUe, essai
snr Texil d'Ovide, Paris 1859, darin dass Ovid die Livia im Bade über-
rascht habe!)
4. Die Art wie Ovid seine Verbannung ertrug lässt sich- nur mit der
Zerknirschung des durch mehrjährigen Kerker gebrochenen Schubart ver-
gleichen; das Gewinsel etwa mit dem des verbannten Cicero; die Kriecherei
gegen August geht bis zum delire d'adulation (Boissier). Mit Rom hatte
er sich selbst verloren. Wie Alles vergebens ist, beschränkt er sich zu-
letzt auf die Bitte ihm wenigstens einen andern Verbannungsort anzuwei-
sen (z. B. Ibis 28). Schon hatte August durch des Dichters fortwährendes
Flehen sich erweichen oder ermüden lassen, als er starb (Pont. IV, 6, 15 f.),
und an seines Nachfolgers kühler Brust prallten Seufzer wie Schmeicheleien
gleich wirkungslos ab (ib. 17 f.). So fand denn Ovid in Tomi (oder Tomis,
242. Ovidiiis (Leben und Charakter). 505
beim heutigen Kostendsche) sein Grab, in demselben Jahre mit Livius, in
der zweiten Hälfte Ton 770 =» 17 n. Chr. Hieronym. zu £us. chron. a. Abr.
2033 » Tib. 4 » 19 August 770 bis 18 August 771 (im Amandinus schon
zu a. 2032): Ovidius poeta in exsilio diem obiit et iuxta oppidum Tomos
sepelitur.
6. Die handschriftlichen vitae Ovidii (bes. Vindob., Vat. und Farnes.)
sind ohne Werth; desto reicher sind Ovid's eigene Gedichte für die Ge-
schichte seines Lebens, besonders Trist. IV, 10. Von neueren Darstel-
lungen ist die beste J. Massen, Ovidii vita ordine chronologico sie delineata
ut poetae fata et opera veris assignentur annis etc., Amstelod. 1708. Um-
ständliche Ausmalung von £. v. Leutsch in Ersch und Gruber's £nc. III, 8
(1836). S. 30—64.
6. Zur Charakteristik des Ovidius s. Sen. Controv. II, 10 (oben Anm. 1)
und IX, 28, 17: Ovidius nescit quod bene cessit relinquere. Sen. nat. quaest.
III, 27, 13: poetarum ingeniosissimus, . . nisi tantum impetum ingenii et
materiae ad pueriles ineptias reduxisset. QuintiL X, 1, 88: lascivus quidem
in herois quoque Ovidius et nimium amator ingenii sui, laudandus tamen
in partibus. Vgl. ib. 93 (Ovidius utroque — Tibull und Properz — lasci-
vior). 98: Ovidii Medea videtur mihi ostendere quantum ille vir praestaro
potuerit, si ingcnio suo imperare quam indulgere maluisset. Von Ovid's
eigenen Aeusserungen sind folgende besonders bezeichnend. Trist. IV, 10,
26: quidquid tentabam dicere (in Prosa) versus erat; ib. 40: otia iudicio
semper amata meo. Er fühlt sich als Sohn seiner Zeit (A. A. III, 121 ff.:
prisca iuvent alios, ego me nunc denique natum gi-atulor; haec aetas mo-
ribus apta meis. . . quia cultus adest, nee nostros mansit in annos rusti-
citas). Ueber die Götter denkt er sehr aufgeklärt: ezpedit esse deos, et
ut cxpedit esse putemus. . . innocue vivite, numen adest (A. A. I, 637 ff.
vgl. III, 654. Amor. III, 3, 23 ff.). Kruse, de Ov. moribus et operibus, Stral-
sund 1856. A. J. Beichart, die sittliche Lebensanschauung des P. Ovidius
Naso, Potsdam 1867. 58 S.
7. Als sein eigentlichstes Gebiet und seine Hauptleistung betrachtet
0?id selbst die (erotische) Elegie (Amor. II, 18, 13 ff. III, 1. 15, 13 ff. A. A.
111, 343 f. Rem. am. 389 ff. 395 f. Trist. IV, 10, 64. ex Pont. III, 3, 29 ff.),
in deren Maase er denn auch solche Stoffe behandelt hat die sonst dem
Epos zugehOren (Fasti) oder der lambik (Ibis), unter seinen Vorgängern
war ihm der liebste Tibull (vgl. Amor. III, 9), von welchem er häufig Stoffe,
Gedanken, Bilder, Wendungen und Worte entlehnt (A. Zingerle I. bes. S.
54—108), freilich oft sie ins Frivole verkehrend (vgl. A. A. II, 669 f. mit
Tib. I, 1). Auch an die sonstige Literatur der Zeit finden sich manche
Anklänge (wie Met. III, 601 =» Verg. Ed. 3, 79 und Anderes bei A. Zin-
gerle, sowie Merkel Faeti p. CCXLVII f.; Met. XV, 871 u. Amor. I, 154, 2
=» Hör. 0. III, 30, 1. 6 f.), wie bei einem Dichter von so fabelhaftem Ge-
dächtnisse selbstverständlich war, und er gibt solchen Citaten gern eine
mythische Einkleidung (Fast. III, 465 ff. =- Catull. 64, 132 ff.; Met. XIV,
812 ff. u. Fast. II, 487 f. -= Enn. Ann. I, 47' Va.). Auch sich selbst wie-
derholt er sehr häufig (Zingerle I. S. 9 — 34), theilweise wohl mit berech-
nender Absicht (wie A. A. II, 77 = Met. VIII, 217). Diese Selbstwieder-
506 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
holungen und die Reminiscenzen aus seinen Vorgängern in der Elegie be-
weisen dass die allgemeine Lockerheit des Ov. auch hier sich nicht ver-
leugnet und gebieten die Behauptungen von seiner grossen Kunststrenge
einzuschränken. Vgl. die Zusammenstellungen von A. Zingerle, Ovidius und
sein Verhältniss zu den Vorgängern und gleichzeitigen röm. Dichtern,
Erstes Heft: 0?id, CatuU (S. 36—39. 42 f. 46 f. 49—54. 131), Tibull (S. 39—42.
47 f. 54—108), Propertius (S. 109-130); Innsbruck 1869. Zweites Heft: Ovid,
Ennius (S. 1 — 11), Lucrez (S. 12— 47), Vergil(S. 48—113); Innsbruck 187L
Das dritte Heft (1872) soll das Verhältniss zu Horaz behandeln. Das mytho-
logische ßothwelsch seiner Zeit spricht Ovid mit Virtuosität, nimmt es aber
dabei mit dem Einzelnen so wenig genau als bei andern positiven Angaben
(z. B. Amor. III, 6, 31. 12, 21 ff. Rem. am. 783). Der Versbau ist glatt,
fliessend und elegant, wird aber in seiner gleichmässigen Anwendung auf
alle Gegenstände leicht eintönig. M. Schmidt, de Ovidii versibns hexametris,
Cleve 1856. 26 pp. 4. L. Müller, de re metr. p. 91. 408 f.
8. Ueber Ovid und seine Schriften s. Leutsch in Ersch und Gruber's
Encyl. III, 8. S. 54—96. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V. 1847. S. 1028
— 1032. M. Haupt vor seiner Ausgabe der Metamorphosen S. III — XII.
W. A. B. Hertzberg in den ausgewählten Gedichten der römischen Elegiker
(Stuttgart, Metzler, 1855) S. 227—248. Cavallin, ad libros Ovidii prolego-
mena, Lund 1859. A. Riese's praef. vor seiner Ausgabe, p. V — XII.
232 243. Die treueste Darstellung der Eigenthümlichkeit des
Ovid enthalten die erotischen Dichtungen womit er seine poe-
tische Laufbahn begann^ die drei Bücher Amores, üppige
Bilder, an den Namen Corinna angeknüpft, die Epistolae
(Heroides), fingierte Liebesbriefe von Frauen der Heroenzeit an
ihre Liebhaber, mit Unechtem zersetzt; sodann besonders die drei
Bücher der Ars amatoria für beide Geschlechter, von locke-
rem Sinn und Ton, aber mit viel Sachkenntniss und psycho-
logischer Feinheit, und das Gegenstück dazu, die Remedia
amoris, soveie das Gedicht über die w^eiblichen Toilettenkünste,
Medicamina faciei. Aus derselben Periode Ovids stammte
seine Tragödie Medea und Anderes was nicht auf uns gekom-
men ist.
1. Verse aus den Amores und der Ars als Wandinschrifben zu Pom-
peji; s. Rhein. Mus. XII. S. 251 f. Die Handschriften sämmtlicher car-
mina amatoria des Ovid gehen auf einen archetypus (von je 26 Zeilen)
zurück welcher dieselben in der Reihenfolge enthalten zu haben scheint:
Ars am., Remedia, Amores, Epistulae, Medicamina, vielleicht diejenige
Ordnung quo temporum intervallo fuerint ab Ovidio propter limae Stu-
dium retractati (L. Müller, de re metr. p. 43 — 46 vgl. Rhein. Mus. XVII.
S. 624 f.). Ausgaben: Ovidii" amatoria c. var. lect. ed. C. ö. Wernsdorf,
Uelmstedt 1788; recogn. (ohneEpist. undmedic.) Luc. Müller, Berol. 1861. 16.
Vgl. L. Müller, zur Kritik des ersten Theils der ovid. Dichtungen, Rhein. Mus.
243. Ovidius (erotische Dichtungen). 507
XVII. S. 522—542. XVIII. S. 71—90. XX. S. 256—264. Des Ovid erotische
Werke, übersetzt von A. Berg, Stuttgart (HofFmann) 1867. 3 Bdchn.
2. Jugendgedichte. Trist. IV, 10, 57 ff.: carmina cum primum populo
iuvenilia legi barba resecta mihi bisve semelve fuit. moverat Ingenium
totam cantata per urbem nomine non vero dicta Corinna mihi (vgl. Am.
III, 13, 1. A. A. III, 343. 538. Martial. V, 10, 10. VIII, 73, 10 u. a.). Ap.
Sidon. carm. XXIII, 159 f. nennt sie Caesarea puella. Der Stoff der Amor es
beruht sicher auf Selbsterlebtem (vgl. Am. III, 1, 16 f. 22. 53 ff. III, 12),
doch so dass die Gestaltung desselben eine freie war. Die Unsauberkeit
geht manchmal ins Widerliche (wie II, 15 und bes. II, 13 f. III, 7). Da-
neben aber auch so Reines wie die Elegie auf den Tod des Tibullus (III, 9).
Ovid veranstaltete von den Amores zwei Ausgaben: die erste, in fünf Bü-
chern (nach dem voranstehenden Epigramm), um 740 d. St. (Massen vita
Ovidii p. 93), die zweite (erhaltene) wurde jedenfalls vor der A. A., also
vor 752 d. St., abgeschlossen; s. Amor. II, 18, 19 f. A. A. III, 343. 538.
Der Epilog (Am. III, 15, 18) kündigt ein grösseres Werk (die Metamorph.?)
an. Vgl. Gruppe, röm. Elegie I. S. 374 ff. II. S. 205 ff. L. Müller, de Ovidi
Amorum libris, im Philologus XI. p. 60 — 91. 192. E. Rautenberg, de arte
compositionis in Ov. Am., Breslau 1868. Metrisch übersetzt von W. Hertz-
berg (Stuttgart, Metzler 1854; Auswahl in den röm. Elegikem, Cl. d. Alt.,
S. 225—287), H. Lindemann (Leipzig 1859) u. A. Berg (s. A. 1).
3. Ars am. UI, 345 f. (nach Erwähnung der Ars und der Amores):
vel tibi composita cantetur Epistola voce; ignotum hoc aliis ille (Ovid)
novavit opus. Es ist eine von Ovid zuerst aufgebrachte Spielart der poe-
tischen Epistel (oben 25). Das Versetzen in bestimmte Zeiten und Lagen
hat sich der Dichter ziemlich leicht gemacht; fein ist aber auch hier die
Zeichnung der Charaktere und Stimmungen. Priscian. X, 54 (p. 544, 4 H.):
Ovidius in Heroidibus. Briefe der Penelope, Phyllis, Helena, Eanache, Medea,
Phädra, Dido und Sappho erwähnt als fertig (oder beabsichtigt) Ovid. Am.
n, 18, 21—26, sowie Antwoi-tschreiben darauf von seinem Freunde Sabinus
ib. 27—38. Die wirkliche Sammlung enthält Briefe von 1) Penelope (116
V.), 2) Phyllis (148), 3) Briseis (154), 4) Phädra (176), 5) Oenone (158),
6) Hypsipyle (164), 7) Dido (196), 8) Hermione (122), 9) Deianira (168),
10) Ariadne (150), 11) Kanache (128), 12) Medea (212), 13) Laodamia (166),
14) Hypermnestra (132), 15) Sappho (220), 16) Paris (376), 17) Helena (268),
18) Leander (218), 19) Hero (210), 20) Acontius (242), 21) Kydippe (248).
Unter diesen weichen die sechs letzten schon äusserlich (durch ihre Dupli-
cität) vom Plane der übrigen Sammlung ab, Nr. 16 und 17 noch überdiess
durch ihren Umfang; und auch ihrer Beschaffenheit nach erweisen sich
diese sechs letzten Stücke als Fortsetzungen der Gattung in der Manier
des Ovid, aber ohne seinen Geist, verfertigt von einem versgewandten
Rhetor der sich gleichfalls solche erotische Suasorien in Disticha zu brin-
gen getraute. Die älteren Hdss. bieten nur 19 Briefe und von Nr. 20 zwölf
Verse; Nr. 15 und 16, 39 — 142. 21, 13—248 (Heins.) fehlen dort; Nr. 15
steht in den jüngeren Hdss. meist vereinzelt und hinter den andern Briefen.
Ueberdiess macht sich letzterer (Brief der Sappho) durch Nachahmung von
Stellen Ovids (v. 79 = Trist. IV, 10, 65 f.), Carikieren seiner Ei^enthüm-
508 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
lichkeiten und durch Plumpheit (z. B. v. 24. 93. 207. 49 f. 133 f. 144 ff.) sehr
verdächtig. Gegen Schneidewin's Einwendung (Rhein. Mus. II. S. 138 ff. III.
S. 144 f.) 8. J. Mähly (ebd. IX. S. 624 f.). Vgl. Welcker im Rhein. Mus. XI.
S. 241, A. 10 und kleine Schriften II. S. 116—118. C. Lachmann (Berliner
Sommerkatalog 1848) p. 7: sex epistulas (Nr. 8, 9, 14, 16, 17, 19) certis
observationibus (bes. metrische und prosodische Differenzen) plane confuta-
vimuB, de ceteris (Nr. 3, 12, 13, 18, 20 und 21, 1 — 12), quainvis maxima
sit dubitandi causa, certiora tarnen argumenta quaerenda sunt. L. Müller,
de re metr. p. 46 — 49 erkennt nur die Verdachtsgründe gegen Ep. 14, 15,
16, 17, 19, 20 als erheblich au, nimmt aber auch hier blos von Ep. 15
Abfassung durch einen Zeitgenossen des Lucanus an, von den übrigen „t^^^-
lam . . post Augusti ac Tiberii esse scriptam tempus^' (p. 48). Vgl. noch
Gruppe, Minos S. 495 ff. K. Lehrs in seinem Horatius (1869) S. CCXXII
— CCLIV. L. Müller im Rhein. Mus. XVIL S. 192 — 195. XVIII. S. 87 f.
Sonderausgaben von D. J. v. Lennep (ed. illustr., Amsterd. 1809. ed. II. 1812),
W. Terpstra (ed. illustr., Lugd. Bat. 1829), V. Lörs (2 Partes, Cöln 1829 f.).
Ruhnkenii dictata ad 0. Her. ed. Friedeniann, Lips. 1831. üebersetzt von
J. Henning, E. F. Metzger (Stuttgart, Metzler, 1855), H. Lindemann (Leip-
zig 1867).
4. Die unter dem Titel A. Sabini Epistolae tres in den Ovidausgabeu
(zuerst Vicent. 1480, Venet. 1486) laufenden Briefe sind von dem Italiener
Angelus Quiriuus Sabinus (Sabini poetae opera, Rom 1474, als Anhang zu
seinem Ammianus); s. 0. Jahn, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1837, Nr. 77. Gläser
im Rhein. Mus. I. S. 437 ff. Vertheidigungsversuch von J. Chr. Jahn, de
Ovidii et Sabini epistolis, Lips. 1826.
5. Ars amatoria ist der Titel in den Hdss., wogegen wenig beweist
1, 1 f.: si quis . . artem . . non novit amandi me legat, und Amor. II, 18, 19:
artes teneri profitemur amoris (vgL Sen. exe. controv. III, 7.. p. 371, 21 f.:
est eius qui hoc saeculum amator^is non artibus tantum sed sententiis im-
plevit). Bei Ovid gewöhnlich einfach Ars (z. B. Trist. II, 303). Die beiden
ersten Bücher sind eine Anleitung für Männer wie man Mädchen (Libertinen)
gewinnen (B. I) und fesseln (B. 11) könne; B. III eine gleiche für Mädchen.
Vergebens verwahrt sich der Verfasser öfters (II, 699 f. III, 483. 616 f.),
spielt ab und zu den Moralischen (III, 494. 613 f.) und will das Gedicht
solis meretricibua (Trist. II, 303 vgl. ib. 244. Pont. III, 3, 50 ö'.) geschrieben
haben, da die Liebe durchweg nur als sinnliche gemeint ist. Die Ironisie-
rung der Form des Lehrgedichts fliesst von selbst aus dem heiteren Behagen
womit der frivole Stoff in dieselbe gekleidet wird. Genaue Kenntniss ge-
wöhnlicher Weiblichkeit, z. B. I, 99: spectatum veniunt, veniunt spectentur
ut ipsae; 705 f.: . . ut pudor est quondam coepisse piiorem, sie alio gra-
tumst incipiente pati. Veröffentlicht wahrscheinlich J. 752 oder 753 d. St.
Zeitanspielungen 1, 177 ff., z. B.: Parthe dabis poeuas; . . ultor adest . .
bellaque non puero tractat agenda puer. parcite natales, timidi, numerare
deorum u. s. w.
üebersetzt von Chr. F. Adler (nachgedichtet, Leipzig 1843) und beson-
ders von W. A. B. Hertzberg (mit trefflicher Einleitung und Anmerkungen,
Stuttgart, Metzler, 1854), auch von H. Criepen (= Pernice), Leipzig 1856.
244. Ovidias (Erotica und Metamorphosen). 509
6. Kemedia amoris, in Einem Buch,*verfa8Bt wohl J. 754 oder 755,
Anleitung wie man einer lästigen Leidenschaft loswerde, verglichen mit
der Ars ziemlich -schwach, aber doch auch nicht ohne psychologische
Schärfe und Feinheit und mit Virtuosität im Technischen. — A. Zingerle,
Handschriftliches zu Ov. R. A. (aus einer Innsbrucker Handschrift saec. XIV),
in seinen kleinen philol. Abh. I (Innsbr. 1871) ß. 31—34. — üebersetzt von
Strombeck (Braunschweig 1796. 1829), Schlüter (Leipzig 1796), W. Hertzberg •
(Stuttgart, Metzler, 1855).
7. Ovid. A. A. III, 205 f.: est mihi quo dixi vestrae (der Frauen)
medicamina formae parvus, sed cura grande libellus opus. Es war
also vor der A. A. oder deren letzter Ausgabe verfasst; die lebendige Ein-
leitung ist ihrem Inhalte nach vollständig, %um Theil wörtlich, in die A.
A. III, tOl ff. II, 97 ff. übergegangen. Erhalten sind nur 100 Verse, meist
ohne Aufschrift (Vat. nach Heinsius: de omatu faciei); das Weitere gieng,
weil es am Schlüsse des archetypus stand (s. A. 1), verloren; L. Müller, de
re metr. p. 43 u. Rhein. Mus. XX. S. 256. üebersetzung von W. Hertzberg
(1855, R5m. Dichter 59, S. 1653 — 1666) u. A.
8. Tac. dial. 12 extr.: nee ullus Asinii aut Messalae Über (Rede) tarn
illustris est quam Medea Ovidii aut Varii Thyestes. Quintil. X, 1, 98
(oben 242, 6). Vgl. Ovid. Amor. II, 18, 13 f. III, 1, 11 ff. 67 ff. Sen. suas.
3, 7. p. 22, 2 f. Bu. Noch im fünften christl. Jahrh. angeführt in der
epistola Valerii ad Rufiuum (ne uxorem ducat): lege . . Medeam Nasonis,
et vix pauca invenies impossibilia mulieri. L. Müller, in Fleckeisens Jahr-
büchern 95, S. 49C. Erhalten ist davon nichts, falls nicht etwa daraus ist
die Anführung bei Quintil. XII, 10, 75.
9. Gedicht auf die Hochzeit des Fabius Maximus (Cos. 743), ex Pont.
I, 2, 133.
10. Quintil. VI, 3, 96: Ovidius ex tetrastichon Macri "toben 219, 6)
carmine librum (ein ganzes Buch) in malos poetas composuit. Pentameter
aus einem Epigramm des Ovid ib. IX, 3, 70.
244. Im epischen Masse gehalten sind die fünfzehn Bü-233
eher Metamorphoseon, eine Bearbeitung derjenigen Mythen
welche Verwandlungen enthalten, vom Chaos an bis zu Caesars
Verwandlung in einen Stern. Der Stoff ist den Grriechen ent-
nommen, aber frei behandelt, eine bunte Reihe heiterer und
düsterer Bilder aus einer wunderreichen Welt. Gleichfalls noch
vor Ovids Verbannung verfasst sind die sechs Bücher Fasti,
im elegischen Masse, ein astronomisch - historischer Kalender,
nach den Monaten angelegt und daher auf zwölf Bücher be-
rechnet, deren zweite Hälfte aber in Toiiii auszuarbeiten nicht
möglich war.
1. Ueber den Stoff der Met. z. B. Mellmann, de causis et auctoribus
uarrationum de mutatis formis, Lips. 1786. Bearbeiter desselben waren
510 Augusteische Zeit. J. 711— 767 d. St.
unter den Griechen Boiog (OQvi&oyovia) und besonders der Alexandriner
Nikandros (Etegoioviisva), sowie Parthenios und Theodoros (MstafioQqxiasLg),
AntigonoB (AXXonoasLg). Nik. und Parth. sind wohl von Ovid benützt worden ;
von Nikandros wird diess durch Antoninus Liberalis gewiss. Auch die grie*
chischen Tragiker, besonders Euripides (Hecabe und Bacehae), lieferten
Ausbeute (durch Vermittlung des Hyginus? vgl. unten 257, 5). — Quintil.
IV, 1, 77: illa vero frigida et puerilis est in scholis affectatio, ut ipse
transitus efficiat aliquam utique sententiam, . . ut Ovidius lascivire in
MstafioQq>mc6aiv solet, quem tamen ezcusare necessitas pötest res diversis-
simas in speciem unius corporis colUgentem. Sen. nat. quaest. III, 27, 13 ff.
(vgl. oben 242, 6).
2. Ovid. Trist. I, 7, 13 ff.: carmina mutatas hominum dicentia formas,
infelix domini quod fuga rupit opus, haec ego discedens, sicut bene multa
meorum , ipse mea posui maestus in igne manu. . . (23 f.) quae quoniam non
sunt penitus sublata, sed exstant, pluribus exemplis scripta fuisse reor. . . (26 ff.)
ncc tamen illa legi poterunt patienter ab uUo, nesciet his summam si quis
abesse manum. ablatum mediis opus est incudibus illud, defuit et scriptis
ultima lima meis. . . (39 f.) quidquid in his igitur vitii rüde Carmen habebit
emendaturus, si licuisset, eram. Vgl. Trist. II, 555 f.: dictaqne sunt nobis
(quamvis manus ultima coepto defuit) in facies corpora versa novas. 559 f.:
pauca quibua prima snrgens ab origine mundi in tua deduxi tempora, Cae-
sar, opus. Auszug aus den Met. von Ijactantius (oder Lutatius) Placidus
(z. B. in der Ausgabe der Mei, Antverp. 1591, in den Mythographi lat.
von Muncker II. p. 189 — 300). Im J. 1210 verfasste Albrecht von Halber-
stadt eine Uebersetzung der Met. in Reimen, welche Jörg Wickram 1545
umarbeitete (Mainz 1551. fol.). 'Oßidlov Metafioifqxoosig (griechische Ueber-
setzung von Maximus Planudes) ed. Fr. Boissonade, Paris 1822.
3. Ausgaben der Met. von Gierig (2 Partes, Lips. 1784. 1804; neue
Auflage durch J. Chr. Jahn, Lips. 1821 — 1823), E. C. Chr. Bach (mit Anm.,
2 Bde., Hannover 1831—1836), Baumgarten -Crusius (Lips. 1834 f.), V. Lörs
(Lips. 1843). Probe einer neuen Ausgabe von Bormann, Halberstadt 1858. 4.
Schulausgaben von Nadermann (Münster 1828; dritte Ausgabe 1855),
Seidel (vierte Ausgabe, von Ideler, Berlin 1837), Peldbausch (Karlsruhe
1836; dritte Aufl. 1848), Lörs (Trier 18.^7), 0. Eichert (Auswahl für Schulen,
Breslau 1850), J. Siebeiis (Auswahl für Schulen, Leipzig, Teubner, 1854 f.;
sechste Auflage, besorgt von P. Polle, 1869 — 1871, 2 Bde.; Wörterbuch
dazu, ebds. 1867), M. Haupt (Bd. I, Leipzig 1853; vierte Ausgabe Berlin 1867).
4. Liebau, de consilio Ov. in compon. Met., Elberfeld 1846. 4. Henne-
berger, Ov. Met.' contin. seriesque, Hildburgh. 1846. 4. I. Bekker, variae
lectt. cod. Berol. Ov. Met, Berlin 1853. R. Suchier, Kritisches zu 0. M.,
Hanau 1853. 4. u. Pleckeisens Jahrbb. 79, S. 570—575. 639—643. M. Haupt,
Berolin. 1861. 4. Gross, zur Kritik von 0. Met., in den Blatt, f. bayr. Gymn.
Vr, 9. Rappold, zur Kritik und Erklärung d. ov. Met., Loben 1870. 62 S. 8.
5. Uebersetzungen von A". v. Rode (Berlin 1816. 2 Bde), J. IL Voss
(zweite Aufl., Braunschweig 1829. 2 Bde.), H. Chr. Pfitz (Stuttgart, Metzler,
5 Bdchn.), H. Lindemann (Leipzig 1853 — 1856, 3 Thle.), R. Suchier (Stutt-
gart, Hoffmann, 1858, 3 Thle.). Buch II von J. Boschl, Speier 1850. 4.
244 f. Ovidius (MetamorpliOBen n. Fasti. Tristia). 511
6. Trist. II, 549 ff.: sex ego Fastorum scripsi toÜdernque libellos,
cuinque sno finem mense yolumen habet, idque tuo nuper Bcriptum sub
nomine, Caesar, et tibi sacratum s^rs mea rupit opus. Das erhaltene Werk
ist viebnehr dem Germanicus (unten 270, 4 f.) gewidmet, wie auch noch
andere Spuren -(z. B. IV, 78 — 84) darauf hinweisen dass Ovid in Tomi,
nach dem Tode Augusts, das Fertige einer Umarbeitung unterwarf (Merkel,
Quaest. Ovid. criticae, Halle 1835: de tempore quo Oyidii Fasti scripti
fuerint librorumque di versa condicione; sowie Praef. seiner Ausgabe der
Fasti p, CCLVII— CCLXIX. V. Lörs, commentarii in Ov. Fast. part. I,
Trier 1851. 4.). üeber den Inhalt s. Fast. I, 1 f.: tempora cum causis latium
digesta per annum lapsaque sub terras ortaque signa canam. 7 f.: sacra
recognosces annalibus eruta priscis et quo sit merito quaeque notata dies.
IV, 11 f.: tempora cum causis annalibus eruta priscis lapsaque . . cano
wie I, 2). Im astronomischen Theile fehlt es nicht an irrigen Angaben (Pfaff
; ortu . . siderum, p. 62 ff. Ideler in den Abhandl. der Berl. Akad. 1822,
37 ff.), die Ovid seinen Quellen (hauptsächlich dem Clodius Tuscus, meint
Merkel, s. unten 258, 6) verdanken mag. Glaublich ist dass den Anstoss
zur Wahl dieses Stoffes das unvollendete fünfte Buch des Propertius gab
(Merkel p. CCXLVITI ff.). In seinen national geschichtlichen Theilen ent-
hält das Werk viele werthvolle Nachrichten. Die elegische Form zeigt sich
vielfach dem erzählenden Inhalte weniger angemessen. Unter den zahl-
reichen Handschriften der Fasti sind die ältesten (saec. IX) und wichtigsten
der Petavianus I (A bei Merkel) , Arundelianus (B) und Vossianus (C) ; s. die
Aufzählung bei Merkel p. CCLXXI — CCLXXXII und der interpolati ib. p.
CCLXXXII— CCXCIV. Dazu y. Lörs, de tribus Ov. Fast. codd. rass. (nebst
var. lect. des cod. Trevir»), Trier 1857. 74 pp.
7. Neuere Ausgaben der Fasti von G. E. Gierig (Lips. 1812—1814, 2 Voll.)
und besonders R. Merkel (ed. et interpr., Berol. 1841; vgl. W. Hertzberg,
Zeitschr. f. d. Alt. Wiss. 1846, Nr. 19 — 21. 31 — 34). Schulausgaben von
J. Ph. Krebs (Wiesbaden 1826), J. Conrad (Lips. 1831).
Observationes in Ovidii Fast, von W. Gesenins (Altona 1806. 130 pp.),
J. Chr. Elster (Helmstädt 1840. 4.).
Uebersetzungen von E. F. Metzger (Stuttgart, Metzler, 5 Bdchn.) und
E. Klussmann (Stuttgart, Hoffmann, 1859).
8. Gleichfalls noch in der letzten Zeit vor seiner Verbannung (J. 761
oder 762) verfasste Ovid eine Elegie auf den Tod des Messala (oben 218, 8);
s. ex Pont. I, 7, 30: cui nos . . dedimns medio scripta canenda foro.
245. Aus der Zeit der Verbannung Ovids sind die fünf234
Bücher Tristia, theilweise schon auf der Reise nach Tomi ver-
fasst, und deren Fortsetzung, die vier Bücher Briefe^ ex Ponto,
an bestimmte beim Namen genannte Personen gerichtet und
weniger gefeilt; ferner Ibis, ein Schraähgedicht im elegischen
Masse und im Anschluss an Kallimachos, gegen einen Unge-
nannten zu Rom der dem Verbannten zu schaden suche. Nicht
512 Augusteische Zeit. .T. 711—767 d. St.
erhalten sind die gleichfalls zu Tomi geschriebenen Lobgedichte
auf Augustus und Tiberius, auf Ersteren sogar eines in der ge-
tischen Landessprache; unvollendet hinterlassen ist das Lehr-
gedicht über die Fische des schwarzen Meeres (Halieutica),
wohl nach alexandrinischen Vorbüdern.
1. Die Sammlung der Tristia kann wegen V, 3 nicht vor dem Früh-
ling 766 abgeschlossen worden sein. Buch II besteht aus einem inhalts-
reichen und lebendigen Briefe an August. I, 3 schildert die Abreise aus Rom.
Besonders rührend sind die Briefe des Dichters an seine Gattin (I, 6. III, 3.
IV, 3. V, 5. 11. 14). Ausgaben mit ex Ponto von Verpoorten (Coburg 1712),
Th. Chr. Harless (Erlangen 1772), J. J. Oberlin (Strassburg 1726. 1778); der
Tristia allein von F. Th. Platz (Hannover 1826), Klein (Coblenz 1826), R.
Merkel (Berol. 1837), V. Lörs (Trier 1839). Beiträge zur Handschrifbenkunde
und Kritik von J. P. Binsfeld (Quaestiones Ovid. criticae, I. Bonn 1853. 8.
II. Cöln 1865. 4. III. Rhein. Mus. XIV. p. 30 — 40; Observationes 0. er.,
Bonn 1860. 4.). Uebersetzung von H. Wölffel (Stuttgart, Metzler, Rom.
Dichter 69 u. 70) und AI. Berg (mit Pont.^ Ibis und Halieut., Stuttgart,
Hoffmann, 1865, 2 Bdchn.).
2. Die Briefe ex Ponto sind meist aus dem J. 766 f., die Mehrzahl im
vierten Buche aber aus J. 767 — 769; s. Wölffel S. 2053—2067. Verhältniss
zu den Tristia; s. Pont. I, 1, 16 — 18: non minus hoc illo triste quod ante
dedi. rebus idem titulo differt, et epistola cui sit non occultato nomine
missa docet. Die Wortfülle ist unerschöpflich und auch in Bezug auf Ab-
wechslung das Mögliche gethan; nur kann diess nach der Natur des Gegen-
standes nicht viel sein. Wiederholungen und Sorglosigkeiten aller Art, in
Gedanken, Sprache <ind Versbau, sind in diesen Erzeugnissen einer gedrückten
Stimmung nicht selten. Auch die Schmeichelei gegen Personen übersteigt
oft die Grenze des Zulässigen. Die Haupthandschriften für diese Briefe
sind (ausser dem Wolfenbüttler Bruchstück saec. VI oder VII) der Hamburg,
und der von Harless (s. A. 1) verglichene Bavaricus (in München), beide
saec. XII; die andern sind interpoliert. Kritische Ausgabe von 0. Korn (ad
codicum fidem emendavit, adparatu critico instruxit, Lips. Teubner 1868).
B. Dinter, de Ovid. ex P. libris comm. I. Grimma 1868. 4. II. 1866. 4.
0. JKorn, Bemerkungen zur Handschriftenkunde der B. ex P., Wesel (Berlin)
1866. 4.; de carm. Ov. ex P. datorum compositione strophica, Rhein. Mus.
XXII. p. 201—216. Uebersetzt von H. Wölffel (mit Einleitung und Anm.,
Stuttgart, Metzler, 1868, 2 Bdchn.) und A. Berg (s. A. 1).
3. Der Titel Ibis rührt von dem ähnlichen Gedichte des Kallimachos
gegen Apollonios aus Rhodos her (v. 55 ff.). Verfasst in der ersten Zeit
des Aufenthalts in Tomi (v. 1), veröffentlicht aber vielleicht (vgl. Pont. IV,
14, 44: exstat adhnc nemo saucius ore meo) erst später, da die Vermutung
von Wölffel (Uebersetzung der Pont. Br. S. 2068 — 2070) Wahrscheinlichkeit
hat, dass dieses Gedicht als fünftes Buch der Briefe ex Ponto gedacht sei
und darin eine ähnliche Stellung einnehmen sollte wie in den Tristia Buch IL
Der Name des Angegriffenen wird vorerst noch verschwiegen (v. 9. 61 f. 61 f.
037 f.), für später aber eigentliche lamben und -Nennung desselben angedroht
246 f. Ovidins (Tristia, ex Ponto, Ibis. Halient. u. A.). 513
(v. 63 f. 641 f.). Nach y. 19 (debuerat) sollte man ihn ffir einen Verwandten
oder früheren Freund des Dichters halten. Die Ineongruenz von Form
und Inhalt erkennt Ovid selbst an (v. 46), sowie dass des Eallimachos
ambages und entlegenen (caecae) Geschichten (bes. mythologische) sonst
nicht seine Sache seien (v. 67 — 60). Ausgaben an den Tristia, namentlich
von R. Merkel (mit einer prolusio ad Ibin, p. 333 — 408), wo auch (p. 460
bis 476) ein vetus interpres Ibidis. Uebersetzt (mit Halieut. u. Nux) von
H. Wölffel (Stuttgart, Metzler, 1867) u. A.
4. Plinius N. H. XXXII, 6: mihi videntur mira et quae Ovidius prodidit
piscium ingenia, in eo volumiae quod Halieuticon inscribitur. ib. 64: his
adiciemus ab Ovidio posita nomina, quae apud neminem alium reperiuntur;
sed fortasse in Ponto nascuntur, ubi id volumen supremis suis^temporibus
incohavit. Im Quellenverzeichniss zu B. 31 ex . . Ovidio, und zu B. 32 ex
. . Ovidio poeta.' Der undankbare Stoff ist mit wenig Glück in (132) Verse
gebracht, die Authentie aber nicht zu bezweifeln. Herausgegeben (mit
Gratius u. A., s. 248, 1) von M. Haupt, Lips. 1838. A. Zingerle, de Hai.
fragmento Ovidio non abiudicando, Verona 1866. 28 pp.
6. Gedicht auf den Triumph des Tiberius (16. Januar 766 d. St.), wozu
das Begleitschreiben an Rufinus, ex Pont. HI, 4.
6. Linguistisch sehr bedauerlich ist der Untergang des getischen Ge-
dichtes zu Ehren des Augustus, seines Nachfolgers und seiner Familie, wo-
rüber s. ex Pont. IV, 13, 19 ff. vgl. HI, 2, 40.
7. Anderes Gedicht auf den Tod des Augustus, s. ex Pont. IV, 6, 17 f.
246. Das Ansehen welches Ovid während des ersten christ-235
liehen Jahrh. in den Rhetorschulen und bei den Dichtem noch
länger genoss^ sowie die Leichtigkeit seiner Verse gab Veran-
lassung dass frühzeitig und. dann wieder im Mittelalter Erzeug-
nisse namentlich im elegischen Masse sich unter seinen Namen
stellten. So die gewiss alte Elegie Nux, und im Mittelalter
Scherzgedichte wie die elegia de pulice, pediculo, vetula, die
Verse de philomela u. A.^ und ganz zuletzt die Consolatio ad
Liviam.
1. Der Philosoph Seneca verr&th seine Geistesverwandtschaft mit Ovid
auch durch die Vorliebe womit er diesen citiert, wie de benef. IV, 14, 1.
V, 15, 3. nat. quaest. II, 44, 1. III, 1, 1. 20, 3. 26, 4. Ebenso erhellt aus
der Häufigkeit womit Quintilian ihn berücksichtigt seine Geltung in den
Rhetorschulen der Zeit. Unter den Dichtem aber zählt L. Müller, de re
metr. p. 136, freilich mit etwas freigebiger Hand, folgende als Nachahmer
Ovids (im Metrischen) auf: Lncanus, Homerus latinus, Calpumius, anctor ad
Pisonem, Seneca, qui scripsere Priapea, Palladius, Nemesianus, Claudianus,
Butilius, Merobaudes, Avianus, Sedulius, Arator, Boethius, et plerique
poetarum minorum. Ein ovidianus poeta bei Gruter p. 446, 8.
2. Im Mittelalter waren besonders die Metamorphosen (s. oben 244, 2)
sowie die Heroides viel gelesen, benützt und nachgeahmt; s. E. Bartsch,
Tbüttbi., Böm. Literaturgesohlohte. 2. Aufl. 33
514 Augusteißche Zeit. J. 711—767 d. St.
Albrecht von Halber&tadt und Ovid im Mittelalter, Quedlinb. 1861. CCLX
und 501 S. H. Dunger, die Sage vom trojanischen Erlege (Dresden 1869)
S. 26. 28. 33 f. 39. 43. 46. 49 — 61. 53 — 68. 76 f. 79 f.
3. Von den Priapeia wird Nr. 2 von Sen. controv. 1, 2," 22 (p. 77, 6 f.
Bu.) dem Ovid zugeschrieben (Ovidianum iUud: inepta loci, welche Stelle
sich Priap. 2, 8 findet). Glaublich ist dass auch andere Stücke dieser
Sammlung von Ovid herrühren (vgl. Wernicke, Priapei. p. 120—124. 126
— 131), obwohl nicht mit Sicherheit zu ermitteln ist welche. Diejenigen
aber welche mit ovidischen Stellen übereinstimmen werden am ehesten
Andern als ihm selbst beizulegen sein.
4. Die Elegie Nux (182 Verse) ist etwas redselig und mit mancherlei
rhetorischem Schmuck ausgestattet (z. B. v. 108ff. 17o£P.), aber von fliessendem
Versbau und theilweise anmutiger Darstellung. Der Stoff ist nicht schlecht
gewählt, eine Klage des Nussbaumes über Misshandlung, mit schmerzlichen
Bückblicken auf bessere Zeiten und Sitten (z. B. v. 23 f.). Caesar . . deus
V. 142 ff. Nichts hindert das Gedicht der ovidischen Zeit nahe zu rücken.
L. Müller, de re metr. p. 49. vgl. A. Biese in Fleckeisen's Jahrbb. 101, S. 282.
Abgedruckt z. B. in W. E. Weber s Corpus poett. latt. p. 1393 f. und mit
Commentar von F. Lindemann, Zittau 1844. 4. Uebersetzt von H. Wölffel
(s. 246, 3 E).
5. Sammlung der meisten ovidischen Apokrypha bei Goldast, Catalecta
Ovidii, Francof. 1610. Mittelalterlichen Ursprungs sind die Verse de philo-
mela (oben 23, 5), in pediculos, de medicaminc aurium (Hdschr. in Bern,
Sinner I. p. 543 ff.), de pulice (von Ofilius Sergianus), Somnium, und die
drei Bücher de vetula, über welche s. Hipp. Coch^ris, La Vieille, ou les
derniers amours d'Ovide, poöme fran9aiB du XIV si^cle, traduit du latin
de Bich. de Fournival par J. Lefevre, publie et pr^cdd^ 'de recherches sur
Tauteur de Vetula, Paris 1861. De anulo stellt bei Ovid. Amor. II, 15 und ist
nur mehrfach in Hdss. mit unechten Stücken zusammengeschrieben (L. Müller).
6. Von der Consolatio ad Liviam Augustam de morte Drusi Neronis
(z. B. bei Weber, Corpus poett. latt. p. 1389 — 1.S92), welche Scaliger dem
Pedo Albinovanus zutheilen wollte, gibt es gar keine Handschrift, vielmehr
erscheint dieselbe erstmals in der editio princeps des Ovid vom J. 1471.
Der hierdurch entstehende Verdacht dass sie erst im 15. Jahrh. von einem
Italiener verfasst sei wird fast zur Gewissheit erhoben durch den Mangel
alles thatsächlichen Inhaltes der nicht aus bekannten Schriftstellern zu ge-
winnen wäre, die zahlreichen ovidischen Beminiscenzen und die moderne
F&rbung der Gedanken. Vgl. M. Haupt, Epicedion Drusi cum commentariis,
Lips. 1849. 38 pp. 4.; mit wenig Erfolg bekämpft von Adler, de Ovidii
consolatione etc., Anclam 1851. 4.
7. Die wichtigsten Gesammtausgaben der ovidischen Gedichte sind:
ed. princeps gleichzeitig eine zu Bologna (1471 fol.) und zu Bom (1471 f.
foL 2 Voll.). Aldina 3 Voll. 1503 und (von A. Naugerius) 1615 f. luntina (von
A. Francinus u. A.), Flor. 1525, 3 Voll. Anmerkungen von Herc. Ciofanius
aus Sulmo, gesammelt Antverp. 1583, auch in G. Bersmanns Ausgaben
(Lips.' 1582 — 1620). Ausgaben von D. Heinsius (Lugd. Bat. 1629, 3 Voll.),
besonders aber Nicolaus Heinsius (Amstelod. 1652. 1658, am besten 1661,
246 f. OvidiuB (Unechte»). Ponticua u. A. -515
8 Voll.; N. Heinsii comm. in Ov. ed. J. F. Fischer, Lips. 1758, 2 Partes).
Vermehrung des ErklärongsstofFes durch P. Bnrmann (Amstelod. 1727. 4.
Praefatio ib. 1756. 4.). Texte von Miller (Berol. 1757. 4 Voll,), J. F. Fischer
(Lips. 1758, 2 Voll.), Bipont. 1788 (8 Voll.), Chr. W. Mitscherlich (Gotting.
1796—1798, 2 Voll.; 1819), J. Chr. Jahn (Lips. 1828 — 1832, 2 Voll., un-
vollendet), in W. E. Weber*8 Corpus poetarum latinorum (Francof. 1838),
und besonders rec. R. Merkel, Lips. (Teubner) 1858 f. 8 Voll. Ed. AI. Riese,
Lips. Tanchnitz, Vol. I. 1871.
8. M. Isler, Eclogae Ovidianae, Hanaiburg 1853. Ovidii carmina selecta
in UBum schol. ed. C. L Grysar, Wien 1854.
9. Beiträge zur Textkritik (Quaest. Ovid. criticae) von R. Merkel (s. 244,
6), Linder (üpsala 1852), J. P. Binsfeld (oben 246, 1), G. M. Thomas (Sym-
bolae erit., München 1840; Ztschr. f. östr. Gymn.V. S. 261—279), H. Schütze
(Quaest L Spandau 1861. 4.), A. Rothmaler (Emend.Ov., Nordhausen 1870. 4.).
•
247. Unter den Freunden des Ovid die sich selbst auch286
niiit Dichtungen versuchten sind die ältesten der auch mit Pro-
pertius befreundet« Epiker Ponticus, der üebersetzer Tuticanus^
sodann der jüngere Mac er, der den troischen Mythenkieis
episch behandelte^ und Sabinus, der Verfasser von Antworts-
briefen auf die des Ovidius und von einem Werke ähnlich den
Fasti des Letzteren; weiterhin Cornelius Severus, ein Epiker der
seinen Stoff aus der nächsten Vergangenheit wählte (bellum
siculum); Pedo Albinovanus, Verfasser sowohl einer Theseis als
eines Epos dessen Gegenstand aus der Zeitgeschichte entnommen
war, sowie von Epigrammen; u. A. Ausserhalb dieses Kreises
entnahmen Rabirius und Sextilius Ena aus Corduba ihre Stoffe
dem letzten Bürgerkriege. Die meisten Epiker aber wandten
sich dem alexandrinischen Geleise zu, und neben Homer wurden
auch die Kykliker. ausgebeutet. Solche Epen mit mjrthischem
Gegenstande verfassten auch lulus Antonius und Largus, Came-
rinus, Lupus, Abronius Silo u. A.
1. Trist. IV, 10, 47: Ponticus heroo, Bassus quoque clarus iambo
dulcia conyictus membra fuere mei. Auf des Ersterea Namen ist vielleicht
angespielt ex Pont. IV, 16, 21 f.: velivolique maris yates, cui credere possis
carmina caeruleos composuisse deos (anders 0. Haube, carm. ep. p. 19 f.).
Dass er eine Thebais verfasste erhellt aus Prop. I, 7, 1 — 8: dum tibi Cad-
meae dicuntur, Pontice, Thebae armaque iratemae tristia militiae, atque,
ita sim felix, primo contendis Homero etc. vgl. ib. 9, 9 ff.: quid tibi nunc
misero prodest grave dicere Carmen aut Amphioniae moenia flere lyrae?
Er wird sich also wohl an Antimachos angelehnt haben. Zur Zeit von
Pont. IV, 16 scheint er noch gelebt zu haben.
2. Tuticanus wird als Jugendfreund und Altersgenosse des Ovid be-
zeichnet ex Pont. IV, 12, 20 ff. Ausser diesem Briefe ist auch 14 an ihn
33*
516 . Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
gerichtet, beide mit der Bemerkung dass der (trochUische) Name sich dem
daktylischen Masse nicht fügen wolle. Daher wird auch sein Name vermie-
den ib. 16, 27: et qui maeoniam Phaeacida vertit (Uebersetcer der Odyssee).
Dass aber er gemeint ist erhellt aus ib. 12 , 27 f. : dignam maeoniis Phaea-
cida condere chartis cum te Pierides perdocuere deae. Dass er es mit der
Form streng nahm zeigt ib. 25 f. ^
3. Mac er (zu unterscheiden von dem älteren Didaktiker, oben 219, 6 ff.),
Ovids Reisegefährte in Asien und Sicilien (Pont. II, 10, 21 — 28. 31 — 42).
Iliacus nennt ihn dieser, Pont. lY, 16, 6; und er behandelte sowohl den
der Dias vorausliegenden Stoff, also Antehomerica (Am. II, 18, If.: Carmen
ad iratum dum tu perducis Achillen primaque iuratis induis arma viris,
nos. Macer, . . cessamus), als das ihr Nachfolgende, also Posthomerica
(Pont, n, 10, 13 f.: tu canis aeterno quidquid restabat Homero, ne careant
summa troica bella manu), ohne Zweifel nach den Eyklikem. Vielleicht
ist er der Macer bei Quintil. VI, 3, 96 (s. oben 219, 6). Viele Wahrschein-
lichkeit hat die Annahme (von J. B. Pius, Wemsdorf, Walther, Wölffel
u. A.) dass er identisch sei mit dem (Enkel des Pompejaners Theophanes
aus Mytilene) Pompeius Macer welchem Augustus ordinandas bybliothecae
delegaverat (Suet. Caes. 66 extr.) und dessen Sohn wohl der Prätor des
J. 768 d. St. Pompeius Macer (Tac. A. I, 72, vgl. VI, 18 praetorius) war,
welcher sich, zugleich mit seinem Vater (illustris eques rom., Tac. A. VI, 18),
J. 786 =» 33 n. Chr. den Tod gab, als seine Schwester Pompeia Macrina
maiestatis angeklagt und der Verurteilung nahe war (Tac. A. VI, 18).
4. Ovid. Amor. II, 18, 27: mens Sabinus. Pont. IV, 16, 13—16: et
qui Penelopae rescribere iussit ülixen (vgl. Amor. II, 18, 27 — 34), . . qui-
que suam Trisemem (? Merkel ed. Fast. p. CGLIV: heroon, sehr unwahr-
scheinlich neben rescribere iussit etc.; besser Heinsius: Troezena, als Heimat
des Theseus und Hippolytos) imperfectumque Dierum (Gläser, Rhein. Mus. I.
S. 437 ff.) deseruit celeri morte Sabinus opus. Das Epos dessen Titel ver-
dorben überliefert ist war also vollendet. Der Zeit nach könnte er der bei
Hör. Ep. I, 5, 27 genannte Sabinus sein. Sein Gentilname ist nicht bekannt.
Vgl. noch oben 243, 4.
5. Quintil. X,l, 89: Cornelius Severus, etiamsi sit versificator quam
poeta melior, si tamen ad exemplar primi libri bellum Siculum (mit Sei.
Pompejus, J. 716 ff.) perscripsisset, vindicaret sibi iure secundum locum (unter
den röm. Epikern). Valer. Prob, in Eichenfeld und Endlicher Analect gramm.
p. 216: Cornelius Severus rerum romanarum lib. I dicit: pelagum pontum-
que moveri. Da Ovid. Pont. FV, 16, 9 nur von ^inem Carmen regale spricht
welches Severus Latio dedit, so war das b. sie. wohl ein Bestandtheü dieses
grossem Werkes. Aus diesem Epos wohl das Citat bei Sen. snas. 2, 12
(p. 14, 13 f. Bu.), der anovdatimv bei Schol. Pers. I, 9^, die Anfuhrungen
bei Charis. p. 80, 7 f. 81, 16 f. 86, 7 ff. 100, 24 f. 107, 29 f. Diomed. p. 378,
2 f. E., sowie die Beschreibung des Aetna von welcher Sen. Ep. 79, 6
spricht (vgl. Appian. b. c. V, 117). Daraus auch die 25 beredten und wohl-
gebauten Hexameter über den Tod des Cicero bei Sen. suas. 6, 26 (mit der
Einleitung: nemo ex tot disertissimis viris melius Ciceronis mortem deflevit
quam Severus Cornelius). Unsicher sind die Citate bei Charis. p. 287, 4
247. Maccr, SabinuB, Cornelius Severus, Pedo u. A. 517
(ohno Nennung des Namens) und p. 105, 19, wo die Lücke aus dem gramm.
de gener. nom. p. 94 H. ergänzt und dann fortgefahren wird: cuius (des
Com. Sev.?) moveremur, inquit Plinius, auctoritate, si quidquam eo car-
mine puerilius dixisset. Zweifelhaft ist ferner Diomed. p. 375, 22 K., wo
nach SeveruB das durch Priscian. X, 57 (p. 546 f. Htz.) erhaltene (cormpte?)
Citat (in VIU de statu suo: ad quem etc.) ausgefallen zu sein scheint, das
bis jetzt in keine metrische Form gebracht ist die der Eleganz der son-
stigen üeberreste des Corn. Sev. entspräche, so dass man wohl an Cassius
Sev. denken darf. An Com. Sev. ist gerichtet Ovid. ex Pont. IV, 2 (v. 1 :
0 vates magnomm maxime regum: 11 f.: fertüe pectus habes interque He-
licona colentes uberius nuUi provenit ista seges, nämlich carmina), und
wohl auch I, 8 (v. 2: pars animae magna. Severe, meae; 25: o iucundc
sodalis), trotzdem dass IV, 2 Ovid sich entschuldigt eius adhuc nomen
nostros tacuisse libellos (v. 3). Im Allgemeinen s. Wemsdorf , poetae latt.
min. IV. p. 25 — 27^ und die üeberreste ib. p. 217 — 228. J. Becker, Ztschr.
f. d. Alt. Wiss. 1848, Nr. 74 f. S. 587 ff. 0. Haube, de carm. ep. (Bresl.
1870) p. 10—14.
6. Pedo Albinovanus (Sen. Ep. 122, 15; Alb. Pedo bei Sen. controv.
p. 138, 7 » 351, 19 Bu.), doctus bei Martial. 11, 77, 5 (oben 238, 2), sidereus
bei Ovid. Pont. PV, 16, 6; carissime ib. IV, 10, 3. Wahrscheinlich ist er der
praef. eqq. Pedo bei Tac. A. I, 60. Der Philosoph Seneca kannte ihn noch
persönlich und nennt ihn fabulator (mündlich) elegantissimus (Ep. 122, 15 f.).
Witzwort von ihm bei Quintil. VI, 8, 61 vgl. Sen. controv. II, 10, 12 (p. 138
Bu.). Als Epiker überhaupt beurteilt von Quintil. X, 1, 90: Babirius ac
Pedo non indigni cognitione, si vacet. üeber seine Theseis s. Ovid. Pont. FV,
10, 71. 75 ff. Von einem Epos mit römischem Stoffe Sen. suas. 1, 14 f.:
latini declamatores in descriptionem Oceani non nimis viguerunt. . . nemo
illorum potuit tanto spiritu dicere quanto Pedo, qni navigante Germanico
(vgl. Tac. A. II, 23 f.) dicit: iam pridem etc. Folgen 24 Hexameter von
wohltönendem Bau, ihrem Inhalt nach aber phraseologisch (commentiert bei
Wemsdorf, poetae latt. min. IV. p. 229—236, vgl. M. Haupt im Hermes III.
p. 209 f.). 0. Haube, de carm. ep. (1870) p. 14 ff. bezieht auf ihn auch Priscian.
Vn, 6, 22 (p. 304, 20 ff. H.): Albinus rerum romanamm I (folgen drei" He-
xameter), Albinovanus schreibend. Als Epigrammatiker Nachfolger des
Domitius Marsus; s. oben 238, 2.
7. Carus (Ctentilnäme unbekannt), Erzieher der Söhne des Germanicus
(Pont. IV, 13, 47 f.), non dubios inter sodales, vere caras (ib. 1 f. vgl. Trist.
III, 5, 17 f.). Gemeinsame (dichterische) Bestrebungen, Pont. IV, 13, 43.
Anspielung auf sein Epos über Hercules ib. 11 f. und 16, 7 f.: et qui lu-
nonem laesisset in Hercule (durch Besingung desselben) Carus, lunonis si
non iam gener ille foret. Vgl. Sen. Herc. Oet. 1441, sowie Octavia 216 f.:
nee lunonis iam timet iras, cuius gener est (L. Müller).
8. Aufzählung von Epikern mit mythologischem Stoffe bei Ovid ex
Pont. IV, 16, 17 — 19: ingeniique sui dictus cognomine Largus, gallica
qui phrygium duxit in arva senem. quique canit domito Camerinus ab
Hectore Troiam. ib. 25 f.: Trinacriusque suae Perseidos auctor, et auctor
Tantalidae reducis Tyndaridosque Lupus. Largus, der hienach die my-
518 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
thische Ansiedlung des Antenor im cisalpinischeii Gallien behandelte, wird
für den treulosen Freund und Ankläger des Cornelius Gallus, Valerius
Largus (Dio LUX, 23 f.), gehalten. Camerinus, welcher den Fall Troja's
zum Gegenstande wählte, könnte der Q. Sulpicins Camerinus sein welcher
J. 762 Consul war. Den Lupus (welcher ein Epos über die Bückkehr des
Menelaos und der Helena verfasste) identificiert man mit dem Bhetor Ru-
tilius Lupus (unten 266). Trinacrius (= Siculus?) ist schwerlich Eigenname;
eine Perseis hatten die Griechen Choirilos und Musaios geschrieben. Vgl.
MerkeFs Ausg. der Tristia etc. p. 376 f. Den Tuscus, welcher Ov. Pont. IV,
16, 20 (quique sua nomen Phyllide Tuscus habet) zwischen lauter Epikern
genannt wird, hält Merkel (p. 373) für den Grammatiker Clodius Tuscus
(unten 268, 6). üeber lulus Antonius s. oben 237, 6.
9. Yellej. Pat. II, 36, 3: inter quae (ingenia) maxime nostri aevi emi-
nent princeps carminum Vergilius Rabiriusque (wogegen Horaz in der
Aufzahhmg fehlt!). Verständiger Quintil. X, 1, 90 (oben Anm. 6.). Ovid
Pont. IV, 16, 6: magnique Rabirius oris. Ein Hexameter von Rabirius bei
Charis. I. p. 66, 9 f. E. Anderes beim Anonymus de generibus nominmn
(Giessen 1860. 4.) Nr. 107. 110. 316 =- p. 78, 11 f. 17 f. 99, 8 f. an Haupt's
Halieut., und Rhein. Mus. III. S. 307 f. Ueber den Gegenstand seines Epos
s. Sen. de benef. VI , 3 , 1 : egregie mihi videtur M. Antonius apud Rabi-
rium poetam . . exclamare: hoc habeo quodcumque dedi. Nach diesem
StofiPe hält man ihn ziemlich allgemein für den Verfasser des aus Rollen
Yon Herculaneum gewonnenen Bruchstückes worin die Schlacht bei Actium
und der Tod der Eleopatra beschrieben wird; s. Volumina Hercul. (Neapel
1809. fol.) IL p. 7 fF. und sonst (z. B. im Horaz von Fea p. XXI— XXIII).
J. Th. Ereyssig, carminis latini de hello actiaco sive alexandrino fragmenta,
Lips. 1814. 4., und hinter seiner comm. de Sali. bist, fragm. (Meissen 1836)
p. 117 ff.; in Biese's Anthol. lat. 482 (H. p. 3—6 vgL p. VI). Vgl. A. Wei-
chert, de L. Vario etc. p. 157—159. 163 f. Wirklich zeigen jene üeberreste
eine Vorliebe für diejenige Caesur die auch das Citat bei Sen. 1. 1. hat. Die
Erwähnung der Atropos deutet auf eine Behandlung des Stoffes wie in der
Aeneis (vgl. oben 224, A. 6). Ueber das erdichtete Citat Rabirius in satyra
bei Fulgent. de abstr. serm. s. v. abstemius b. M. Haupt, Rhein. Mus. III.
S. 808 f.
10. Sen. suas. 6, 27: Sextilius Ena fuit homo ingeniosus magis quam
eruditus, inaequalis poeta et plane qnibusdam locis talis quales esse Cicero
(p. Arch. 10, 26) Cordubenses poetas ait, pingue quiddam sonantes atque
peregrinum. is hanc ipsam proscriptionem (des Cicero) recitaturus in domo
Messalae Corvini . . in principio hunc versum . . recitayit: deflendus Cicero
est etc. Dass er selbst aus Corduba war erhellt hieraus und aus dem ib.
vorangehenden municipem nostrum.
11. Ovid. ex Pont. IV, 16, 10: et cum subtili Priscus uterque Numa.
Nach dem Zusammenhange der Stelle scheinen beide Priscus und Numa
gleichfalls Epiker gewesen zu sein. Indessen sind sie völlig unbekannt.
12. Ebenso dunkel ist die Beziehung von Ovid. ex Pont. IV, 16, 23 f.:
quique acies libycas romanaque proelia dixit, et Marius, scripti dexter in
omne genus. Der Erstere scheint sonach ein bellum punicum verfasst zu
247 f. Rabiriufl u. A. Gratius Faliscus u. ManiliuB. 519
haben. Auf die E^mpfe gegen Jnba und die Pompejaner in Aürica bezieht
es 0. Haube, de carm. ep. (1870) p. 18 f. Ganz corrupt iet Pont. IV, 16, 33 t
Tityras antiquas et erat qni pasceret herbas , und H. WölffeFs Vermutungen
dazu (S. 2233 d. Üebers.) sind ao wenig glaublich als Eom^s Vorschlag.
13. Ovid. Pont. IV, 16, 11 f.: quique vel imparibus numeris, Mon-
tane, vel aequis sufficis et gemino carmine nomen habes. Dieser in der
Elegie wie im Epos gleich berühmte Montanus ist wohl lulius Montanus
bei Sen. Controv. VII, 16, 27 (p. 195 Bu.): Montanus lulius, qui.comis fuit
quique egregius poeta; vgl. des Sohnes Seneca (Epist. 122, 11) Urteil: to-
lerabilis poeta et amicitia Tiberii notus et frigore (W. Teuffei zu Hör.
Sat. IL S. 28). ortuB et occasus libentissime inserebat (vgl. Apocoloc. 2).
Darauf (11— -13) Proben seiner Verse. Donat vita Vergil. 29 (44): Seneca
tradidit lulium Montanum poetam solitum dicere etc.
14. «Sen. suas. 2, 19: memini auditorem (Porcii) Latronis Arbronium
(oder Abronium) Silonem, patrem huius Silonis qui pantomimis fabulas
Hcripsit et ingenium grande non tantum deseruit sed polluit (s. oben 8, 1), re-
citare carmen dessen Stoff aus der Ilias entnommen war und woraus Sen.
zwei rhetorische Hexameter anfahrt.
15. Idyllen scheint in dieser Zeit Fontanus verfasst zu haben, s. oben
29, 2.
16. Nicht bekannt ist die Dichtgattung in welcher der jüngere Sohn
des Redners Messala, Cotta (s. unten 262, 6), sich versuchte. Vgl. Ovid.
ex Pont. IV, 16, 42 (Pieridum lumen praesidiumque fori) und III, 6, 39
(recitas factum modo carmen amicis, vgl. ib. I, 5, 57 f.). MerkeFs Combi-
nation (zu Trist. IV, 4, 55. ad Ibin p. 376), dass der Mythus von Orestes
den Gegenstand gebildet habe, beruht auf der Voraussetzung dafln an ihn
sowohl Trist. IV, 4 gerichtet sei (wo aber v. 5: cuius in ingenio patriae
facundia linguaest ganz mit dem stimmt was Tac. A. Ill, 34 über seinen
Bruder sagt) als ex Pont. III, 2.
248. Didaktiker hat die augusteische Zeit an Gratius237
FalißcuS; desseif Lehrgedicht über die Jagd (Cynegetica) uns
grösstentheils erhalten ist; besonders aber an Manilius^ dem
Verfasser der fünf Bücher Astronomica. Durch Originalität,
Energie gegenüber von einem spröden Stoffe, Ernst, Gedanken-
gehalt, wie durch Ungleichheit und Schwerfälligkeit der Dar-
stellung am meisten an Lucretius erinnernd unterscheidet sich
Manilius von diesem durch das Abergläubische in der Durch-
führung seines Gegenstandes neben aller Vielseitigkeit seiner
Bildung und Unabhängigkeit seiner Denkweise, zugleich aber
auch durch vollendete Kunst in allem Technischen.
1. Ovid. ex Pont. IV, 16, 34: (cum) aptaque venanti Gratius arma
daret, mit Beziehung auf Grat, cyneg. 23: carmina et arma dabo venanti
et persequar artes armorum. Sonst wird er nirgends erwähnt, und die
520 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St^
536 Hexameter aus denen jetzt sein Lehrgedicht besteht sind nur durch
eine (stellenweis lückenhafte) Wiener Handschrift saec. IX (=» cod. Sanna-
zarii) zusammen mit Ovids Halieut., Nemesianus und Butilius Nam. uns
erhalten, woneben der Thuaneus (saec. X, in Paris) bis zu v. 159 reicht.
Im Vindob. folgen auf 536 noch 5' Verstrümmer, mit denen aber das Ge-
dicht gleichfalls noch nicht zu Ende war. Die Darstellung .in dem Ge-
dichte ist fachmässig trocken und schwerfällig und erhebt sich nur selten,
wie V. 312 ff. in der rhetorischen Ausführung über die Nachtheile der
luxuria. Die Episoden 427 ff. 479 ff. enthalten besonders viele Anklänge an
Vergil. V. 348 (Fatum . . nigris circumvolat alis) erinnert an Hör. S. IT,
1, 58. Ed. princeps (mit Halieut., Nemes. u. Calpumius) cura Ge. Logi,
Yen. 1534. Dann in den Auetores rei venaticae ed. I. Ulitius (Lugd. B.
1645. 1655) und S. Harercamp (Lugd. Bat 1728. 4.); in Vol. I der poetae
latini minores von P. Burmann (Lugd. B. 1731. 4.) und von J. G. Wemsdorf
(Altenburg 1780), sowie in Webers corpus poetar. lat. p. 595 — 600. Cum
comm. varior. ed. B. Stern, Halle 1832 (mit Nemesianus). Ex rec. M.
Hauptii, Lips. 1838 (mit Halieut., Nemes. u. A.).
2. Ueberschrift der Astr. im Voss. II: M. Mallii equom (eq. rom.?) astro-
nomicon divo oct. quirino aug.; im Lips., Cusanus, Voss. I u. a. : Arati
philosophi astr., so jedoch dass dafür im Voss. I a m. sec. M. Manila gesetzt
ist. Die Person des Manilius ist völlig unbekannt. Dass er kein geborener
Römer war macht die fremdartige Färbung seiner Sprache wahrscheinlich,
die erst in den späteren Büchern, mit zunehmender Uebung, gelenker und
flüssiger wird. Auch ist sein geographischer Horizont ein ungewöhnlich
weiter; vgl. z. B. IV, 715 ff. 749 ff. Kenntniss der griechischen Literatur
bes. 11^ 1 ff. HI, 5 ff. V, 461 ff. Zusammenhang mit Manilius Antiochus
(oben 2Q3, 2) zweifelhaft.
3. Zeitandeutungen. Buch I muss nach der teutoburger Schlacht (J. 762),
aber noch vor dem Tode August's (J. 767), verfasst sein; s. I, 898 ff.: ut
foedere rupto cum fera ductorem rapuit Germania Varum infecitque trium
legionum sanguine campos. 922 ff.: sed satis hoc (Philippi, Actium, Sex.
Pompeius) fatis fuerit. iam bella quiescant. (925 f.) sit pater invictus
patriae, sit Roma sub illo, cumque deum caelo dederit non quaerat in
orbe. Auch noch der Schluss von B. IV setzt August als lebend voraus;
IV, 935 : maius et Augusto crescet sub principe caelum. Tiberius war aber
bereits als Nachfolger anerkannt; IV, 764: est Rhodos, hospitium recturi
principis orbem. Das fünfte Buch, das nach einer Unterbrechung hinzu-
gefügt scheint (V, 1 ff.: hie alius finisset iter, signisque relatis . . non ultra
struxisset opus etc. me properare viam mundus iubet) und ohne Schluss
ist, wird in den ersten Regierungsjahren des Tiberius verfasst sein, falls
V, 513 f. (hinc Pompeia manent veteris monumenta triumphi, non exstincta
acie semperque recentia flammis) auf das im J. 775 (22 n. Chr.) abge-
brannte Theater des Pompejus (Tac. A. HI, 72 vgl. Suet. Tib. 47) zu be-
ziehen ist. Fr. Jacob p. XVI. Vielleicht dass die Gefährlichkeit der Astro-
logie unter Tiberius von der Vollendung des Werkes abschreckte. Die
Monarchie rechtfertigt Manilius, wie alle Augusteer, mit der Alternative:
Octavian oder — Kleopatra (I, 914 — 918). Correcte Apotheosierung des
^48. GratiuB Faliscus und Manilins. 521
August, s. I, 7 flF.: tu, Caesar, patriae princepsque paterque, qui regia au-
guetU parentem legibus orbem concessumque patri mundum deus ipse
mereris. I, 384 ff.: cetera (sidera) non oe^unt; uno vincuntur in astro
Augusto, sidus nostro quod contigit orbi; Caesar nunc terris, post caelo
maximus auctor.
4. Die Astronomie fasst Manilius in dem Sinne des Alterthums, zu-
gleich die Astrologie mitentbaltend, die bei ihm sogar sehr überwiegt. Dass
in jener seine Kenntnisse nicht tief giengen ist schon darum glaublich.
Wunderliche Eintheilung der signa II, 150 ff. Schwierigkeit den Stoff in
Verse zu bringen: I, 20 ff. III, 26 ff. Entschuldigung der Anwendung frem-
der technischer Ausdrücke: III, 40 ff. Lebhaftes Selbstgefühl als erster
poetischer Bearbeiter dieses Stoffes innerhalb der römischen Literatur:
I, 4 ff. 113 f, U, 57 ff. 136 ff. m, 1 ff. V, 1 ff . Hervorkehrung der Dispo-
sition: I, 120 ff. II, 750 ff. IV, 119 ff. Verzicht auf schöne Form: ne dulcia
carmina quaeras. omari res ipsa negat, contenta doceri (III, 38 f.). Doch
sorgen Excurse (namentlich die Einleitungen, auch I, 884 ff. und besonders
im fünften Buche die mancherlei Beschreibungen) auch für Schmuck, und
namentlich wo der Dichter auf den Werth des Menschen- und seiner Ver-
nunft (11, 106 ff. IV, 883 ff.) oder die menschliche Ungenügsamkeit (IV, 1 ff.)
zu sprechen kommt wird er beredt, warm und schön. Fatalismus IV, 14 ff.;
über dessen Verhältniss zur Willensfreiheit und Zurechnungsfähigkeit des
Menschen IV, 108 ff. (z. B. 117: non refert scelus unde cadit: scelus esse
fatendumst). Herrschaft der ratio in der Welt: I, 483 ff. (gegen die Ato-
misten). H, 60 ff. vgl. FV, 920 ff. (932 : ratio omnia vincit). üebermass rhe-
torischer Ausmalung in der Erzählung von Andromeda und Perseus V,
540 — 619.
5. Üeber die Sprache des Manilius s. Fr. Jacob p. XVIH: linguae
legibus eum saepe vim afferre videmus, . . tanta praeterea est orationis
inaequalitas ut modo libero volatn sese efferat, modo licenter verbis abun-
det ac non quid velit dicere, sed quo abripiatur trahi videatur, modo ari-
dissima rerum ieiunitate per inanes artis numeros evagatus nos defatiget,
modo constipatis fabularum aenigmatis vix ex miro verborum involucro
enucleandis nos exerceat. Lange Parenthesen und verwickelte Perioden;
Archaismen (wie itiner, ollis, Nepai, clepere, apisci); Gräcismen (bes. im
Grebrauche der Casus und des Infinitiv); Alliteration, kühne Metaphern und
Figuren (bes. Antithesen) häufig; s. Jacob's index p. 199 — 225. Die Metrik
und Prosodie ist überaus correct und streng; vgl. L. Müller im Philologus XV.
S. 481. 492 und metr. lat. z. B. p. 52 f. 329. 333. Anklänge an Ovid (z. B.
HI, 1), im Ganzen aber Anschluss an Lucretius.
6. Die Handschriften gehen alle auf einen (bereits schadhaften)
archetypus zurück. Die meisten sind aus saec. XV, etwas älter nur Gem-
blacensis (saec. XI), Cusanus und Lipsiensis. Der Voss. 11 stammt aus
einer noch etwas vollständigeren Abschrift des archetypus; neben ihm
bildet der Gembl. die einzige Grundlage der Kritik. Die andern haben
alle mehr oder weniger grobe mittelalterliche Interpolationen, wovon das
stärkste Beispiel IV, 776 ist Vgl. Jacob's praefatio p. V— XV. C. T. Brei-
ter, de emendatione Manilii, Hamm 1854. 24 pp. 4.
522 AiigusteiBche Zeit. J. 711—767 d. St.
7. Ed. piinceps zu Nürnberg um 1472. 4.; b. C. G. Schwarz , de prima
Manilii aetr. editione, Altorf 1764. 4. Hauptausgaben von Jos. Scaliger
(Paris 1679. Heidelberg 1690. Leiden 1600. 4.), R. Bentley (London 1789. 4.)
und Fr. Jacob (rec, Berlin 1846).
8. Programme von Fr. Jacob, Posen 1830. 4. (spec. ed.) Lübeck 1832. 4.
(I. de Manilio poeta). 1833 ff. (ü. de versibus a Bentleio abiudicatis libr.
1—6). Buch 1 mit deutscher üebersetzung von J. Merkel, (des Manilius
Himmelskugel u. s. w.), Aschaffenburg 1844. 1867. 4.
9. üeber Plotius Crispinus, der die stoische Lehre in Verse brachte,
8. unten 261, 3.
238 249. Auf andern Grebieten der Poesie brachte die letzte
Zeit des Augustus nur Mittelmässigkeiten hervor. So die erotischen
Elegiker Proculus und wohl Alfius Flavus^ den lambiker Bassus,
den Lyriker Rufus, die Tragiker Turranius und Gracchus. Mimen
verfasste der Grieche Philistion, wahrscheinlich in griechischer
Sprache.
1. Ovid. Pont. IV, 16, 32: (cum) Callimachi Proculus moUe teneret
iter. üeber Tuscus s. oben 247, 8 a. E.
2. üeber Alfius Flavus, den Verfasser erotisch tändelnder Gedichte,
8. unten 263, 9.
8. Ovid. ex Pont. IV, 16, 36: (cum) clauderet imparibus verba Ca-
peUa modis. Vgl. ib. 11 (oben 247, 13). Vielleicht verfasste er also Epi-
gramme.
4. Der mit Ovid befreundete lambograph Bassus (s. oben 247, 1)
ist wohl der auch von Propertius I, 4, 1. 12 angeredete und vielleicht zu-
gleich der Bhetor dieser Zeit, lulius Bassus, homo disertus, cui demptam
volles quam consectabatur amaritudinem et simulationem actionis oratoriae
(Sen. Controv. X. praef. 12), und welcher consectari solebat res sordidas
et inveniebat qui illas unice suspiceret (ib. X, 30. p. 303 , 23 ff. Bu.). Aus-
führliche Proben seiner Schulreden ib. I, 6, 2—6. 7, 8 f.
5. Ovid. Pont. IV, 16, 28: Pindaricae fidicen tu quoque. Rufe, lyrae.
Schwerlich ist er der ib. II, 11 angeredete und in Fundi begüterte Ruins,
da von diesem dichterische Thätigkeit nicht gerühmt wird; ebenso wenig
Valgius Rufus (oben 236); eher Antonius Rufus, wenn bei diesem Glandorp's
Angabe, dass er teste Acrone vertit Homerum et Pindarum, nicht vielmehr
auf irriger Combination beruhen würde (vgl. Wernsdorf poetae lat. min. III.
p. XXX f.). Denn Acro zu Hör. A. p. 288 sagt nur: praetextas et togatas
scripserunt Aelius Lamia, Antonius Rufus, Gn. Melissus etc. Ein Gram-
matiker Antonius Rufus bei Quintil. I, 5-, 43 vgl. Vel. Long, de orthogr.
p. 2237 P.
6. Ovid. Pont. IV, 16, 29: Musaque Turrani tragicis innixa cothumis.
Der falsche Apulejus (de orthograph.) will wissen dass er eine Helena ver-
fasst habe.
249 f. BasBuS) Gracchus u. a. Dichter. — Gescbichtschreiber. 523
7. Ovid. Pont. IV, 16, 31: cum Varins (oben 219, 2) Gracchuaque
darent fera dicta tyranniB. Schon die Zusammenstellung macht wahr-
scheinlich dass auch Gracchus einen Thyestes schrieb; überdiess aber führt
Priscian. VI. p. 719 P. «= 269, 8 f. Htz. aus Gracchus in Thyeste einen rein
gebauten Senar an. Ebenso gehalten ist der aus Gracchus in Atalanta
(ib. p. 683 P. «= 206 Htz.). Ein anapästischer Dimeter von Graius in Pe-
liadibus bei Non. p. 202, 20. Welcker, griech. Trag. S. 1431. Trag. lat.
(ed. Bb. I.) p. 196. Er ist wohl der Sempronius Gracchus familia nobili,
Bollers ingenio et praye facundus welchen Tiberius im J. 767 wegen seines
einstigen Verhältnisses zu Julia (Augusts Tochter) auf der Insel Ceroina,
wo er schon 14 Jahre als Verbannter lebte, tödten liess (Tac, A. I, 53
vgl. Vellej. II, 100, 5). Es wären so bei Ovid 1. 1. zwei Todte zusammen
genannt.
8. Aus der augusteischen Zeit, theils von ihren classischen Dichtern
selbst theils von jüngeren Nachahmern derselben, ist auch die Sammlung
der Priapeia; s. oben 34, 2 vgl. 226, 5, A. 1. 240, 5. 246, 3.
9. Hieronym. zu Eus. chron. ad a. Abn 2023 (im cod. Petay. schon
zu 2022) •= 50 Aug. = 761 d. 'St.: Philistio mimographus natione Magnes
Asianus (nach Suidas aus Nikäa oder Pfusa) Romae clarus habetur. Da
er aber weder von Ovid unter den Dichtem seiner Zeit genannt, noch
sonst jemals eine Stelle in lateinischer Sprache aus ihm angeführt wird,
wohl aber verschiedene Titel in griechischer (Mtfioiprirpiüzociy ^tXoysXmg
u. s. w. bei Suidas), so gehört er wahrscheinlich der griechischen Litera-
turgeschichte an. Er war es vielleicht welchem (als Dolmetscher und Ge-
hülfe) der Tarentiner Crassicius diente (circa scenam versatus est dum
mimographos adiuvat, Suet. gramm. 18); wie er wohl auch der spöttische
Philistus (Augusto familiaris, orator et poesin mediocriter doctus) sein soll
von welchem in einem [vom codex Bemensis nicht gebotenen Theile von
Donats vita Vergilii (18, 77, in Reifferscheids Sueton. p. 67 f.) die Bede ist.
in. Prosaiker.
260. Unter den Prosaikern der augusteischen Zeit ne]imen239
die Geschichtschreiber den ersten Rang ein. Die ältesten
derselben y wie Octaviüs (Musa), scheinen noch in der früheren
Weise die ganze römische Geschichte befasst zu haben. Eine
grossere Anzahl aber wendet sich berühmten Persönlichkeiten der
jüngsten Vergangenheit zu, meist in apologetischer Richtung. So
Volumnius und Bibulus mit ihren Schriften über M. Brutus,
Q. Dellius über M. Antonius, Tiro über Cicero, und auch die
Verfasser von Denkwürdigkeiten über ihre eigene Thätigkeit,
wie Augustus, Agrippa und M. Messala, verfolgen dieselbe Bahn.
Asinius PoUio beginnt in einem grösser angelegten Werke die
ganz& Zeit der Bürgerkriege zu behandeln, findet aber bald die
Gegenwart für freimütige Darstellung des Geschehenen ungünstig.
524 Augiisteisclie Zeit. J. 711 — 767 d. St.
Dagegeii unternimmt es Cincius die römische Geschichte in dy-
nastischem Sinne zu bearbeiten.
1. Ps. Vergil. Catal. 14, 1: quis deuB, Octavi, te nobis abstolit?
5 f.: scripta qnidem taa nos multum mirabimur et te raptum et romanam
flebimns historiain. Er ist wohl auch der bei Hör. S. I^ 10, 82 genannte
Octaviofl nnd der Musa von VergiL Cat. 13 (vgl. 10), somit der Octavius
Musa bei Serv. Verg. Ecl. 9, 7 und Schol. Bern. Ecl. 8, 6. Zweifelhaft
aber ist ob auch der Octavius- venerandus puer der im Culex angeredet
wird (oben 225, 1). Ribbeck, Appendix Verg. p. 8 — 10.
2. Ueber das Geschichtswerk des Q. Tubero s. oben 205, 1.
' 3. Flut. Brut. 48: Tlonliog fioAov/Livtog, aviiQ fpi3^6ao<poi vmI avve-
öTQatBVfiivog an dgxri^ Bifovttp, . . Xiyn, ib. 51: 8vo 6tixovg, av tov
sTSQOv BoXov(iviog dviygaips u. s. w. Auch die Erzählung des Appian
(b. c. IV, 112 — 135) scheint theüweise auf diese Quelle (und Messala, s.
oben 218, 10) zurückzugeheil, s. H. Peter, die Quellen Plutarchs S. 137 — 139.
4. L. Calpumius Bibulus, der einzige Sohn welchen Porcia aus ihrer
ersten Ehe in die mit M. Brutus brachte, nachdem die beiden älteren im
J. 704 getödtet worden waren. Er war mit seinem Stiefvater bei Philippi,
wurde von M. Antonius gefangen, trat in dessen Dienste und starb als
sein Legat in Syrien ums J. 723 (W. Drumann G. R. II. S. 105 f. Nr. 41);
%aC XI ßißlldiov iwKQOv dnoiivriiu)V£V(idt<ov B(fOvtov, yeyQtxii^iiivov vn
avxoVy diccötoisraiy Flut. Brut. 13. vgl. ib. 23: tavxa 6 r^s TIoffKÜig vtog
tütOQrpiB BvßXog. H. Peter a. a. 0. S. 139 f.
5. Strab. XI, 13, 3. p. 523 C: 'äg fp7\civ o JiXXiog o tav 'Avxmviov
tpCXog^ övyyqdtpag (wahrscheinlich in griechischer Sprache) ztj^ i«l ilo^-
9'valovg avxov atQazBÜxv, iv ^ nuLQfjv xal avrog rjyBfiovüxv ^xoov. Plut.
Anton. 59: noXXovg xal tcov äXXoMf tpCXmv ot KXeondtgag %6Xa%Bg i^ißccXov,
. . av mal Mdgaog r{v 2iXav6g %al diXXiog b tatOQmog, ovtog dl . . iprialv
etc. Sen. suas. 1, 8: bellissimam rem Deillius dixit, quem Messala Corvinus
desultorem bellorum civilium vocat, quia ab Dolabella ad Cassium trans-
iturus salutem sibi pactus est si Dolabellam occidisset, a Cassio deinde
transiit ad Antonium, novissime ab Antonio transfagit ad Gaesarem. hie
est Deillius cuius epistolae ad Cleopatram lascivae feruntur. Vgl. Hör. 0. II, 3.
6. Tiro über Cicero s. oben 188, 2; Munatius Bufus über den jüngeren
Cato oben 212, 2.
7. Autobiographien (Memoiren) von August (s. oben 217, 3 f.), Agrippa
(oben 217, 13), M. Messala (oben 218, 10).
8. üeber des Asinius PoUio Geschichte der Bürgerkriege s. oben 218,
3. Ueber das Geschichtswerk des Rhetors Seneca s. unten 264, 3.
9. üeber Cincius s. oben 116, 4. Für dessen dynastische Richtung führt
Plüss (de Cincüs p. 38 ff. und im N. Schweiz. Mus. VI. 1866. S. 45 fiF.) an
dass er die Gründung Roms ins J. 729 v. Chr. setzte, somit 729 ein neues
Jahrhundert beginnen Hess, auch in dem Aufbringen eines neuen Stamm-
baums der lulii und möglichster Identificierung der Latiner und Römer mit
Vergil übereinstimme.
250 f. GcBchichtschreiber. T. Livius (Lebeu). 525
251. Der bedeutendste Prosaist der augusteischen Zeit ist240
T. Livius, aus Patavium (J. 695 — 770 d. St.), rhetorisch ge-
bildet und den grössten Theil seines Lebens zu Rom verbringend,
fem von politischer Thätigkeit, aber dem Augustus befreundet.
Er verfasste Schrifben (populär-) philosophischen Inhalts mit dia-
logischer Einkleidung, eine andere in Form eines Briefes an
seinen Sohn über die Bildung zum Redner, insbesondere aber
eine umfassende Bearbeitung der gesammten römischen Ge-
schichte von Gründung der Stadt bis zum Tode des Drusus
(J. 745 d. St.) in 142 Büchern, wovon jedoch nur 35 auf uns
gekommen sind, nämlich die erste Dekade und Buch XXI bis
XLY. Einen ganz ungenügenden Ersatz für den Verlust des
Uebrigen bilden die Inhaltsangaben (periochae) welche von fast
allen Büchern erhalten sind.
1. Literatur über Livias überhaupt. L. Preller iu Pauly's Beal-Enc. IV.
S. 1120—1128. C. J. GryBar'fl praef. vor seiner AuBg. der part. sei. Liv. I
(Wien 1864 u. 1867). W. Weissenborn'B Einleitimg vor seiner Ausg. mit
deutschen Anm., und Prolegg. (CXXXV »pp.) vor seiner zweiten Teubner'schcn
Textaufig. (1860). M. Hertz (Prolusio, XLV pp.) vor seiner Teztausg. (1857).
L. E. Köhler, de T. L. vita ac moribus, Berlin 1851. 31 pp. 8. M. Weingärtner,
de T. L. vita part. I. Berlin 1852. 55 pp. 8.
2. Hieronym. zu Eus. chron. a. Abr. 1958 »» 695 d. St.: Messala Cor-
vinus orator naecitur et T. Livius Patavinus scriptor historicus; und zu
Abr. 2033 =s 770 d. St.: Livius historiographus Patavi moritur. Geburt in
Padua bestätigt theils durch die patavinitas (unten 253, 14), theils durch
Martial. I, 61, 3 (censetur Apona Livio suo tellus) und Stat. Silv. IV, 7, 55 f.
(Timavi alumnum), sowie Plut. Caes. 47 (iv ncnaßica rdXog KoffvriXios^
. . Aißiov tov avyyoatpimg noUtris %al yvmQiiiog).
3. Liv. IV, 20, 7: hoc ego cum Augnstum Caesarem (s. A. 5) . . se
ipsum . . legisse audissem. Tac. A. IV, 34: T. Livius . . Cn. Pompeium
tantis laudibuB tulit ut Pompeianum eum Augustus appellaret; neque id
amicitiae eorum oiFecit. Scipionem, Afranium, hunc ipsum Gassium, hunc
Brutum nusquam latrones et parricidas, quae nunc vocabula imponuntur,
saepe ut insignes viros nominat. Vgl. Sen. nat. quaest. V, 18, 4: quod de
Caesare maiore volgo dictitatum est et a T. Livio positum, in incerto esse
utrum illum nasci magis reip. profnerit an non nasci. Suet. Claud. 41:
historiam in adulescentia hortante T. Livio . . scribere adgpressus est (Clau-
dius, geb. J. 744 d. St.). G. Schwab, de Livio et Timagene bist, script.
aemulis, Stuttgart 1834. 4.
4. Sen. Ep. 100, 9: nomina adhuc (als philosophischen Schriftsteller)
T. Livium. scripsit enim et dialogos, quos non m^s philosophiae adnu-
merare possis quam historiae, et ex professo philosophiam contineq^ies libros.
Weiterhin wird er (neben Cicero und Asinius Pollio) tribus eloquentissimis
zugezählt. Quintil. X, 1, 39: apud Livium in epistola ad filium scripta,
526 Augusteische Zeit. .1. 711—767 d. St.
legendos Demosthenen atque Ciceronem, tum ita ut quisque esset Demostheni
et Ciceroni simillimus. Vgl. ib. ü, 5, 20 (quemadmodum Livius praecipit).
Daraus wohl auch ib. YIII, 2, 18 (cum iam apud T. Livium inveniam fuisse
praeceptorem aliquem qui discipulos obscurare quae dicerent iuberet), sowie
die Anführungen des Vaters Seneca, controv. IX, 24, 14 p. 249 vgl. p. 433 f.
Bu. (über Sallnst, s. oben 204, 7) und 25, 26 (vgl. oben 218, 6 E.). Wunder-
liche Angaben bei Suid. y. KoQvovtoi (II. p. 346 f. Bnh.): dvm avyyQafph
*Pmficc£(üv Tiatrjy, Titog A^ßiog, ov Sia^Bi nolv nai %Xsivov ovoficc, %al
KoQvovtog, von welchen der Letztere als reich und kinderlos einen grossen
Zulauf tav d%Qooiiiiiv<ov gehabt habe. 6 x^ovog dh . . xal rj dXri^tia . .
Tov filv dvitprivav . . mam^ TWHQVfifiivov QirjaavQOv, tovtov tbv Aißiov etc.
5." Beginn des Geschichtswerks zwischen J. 727 und 729, weil I, 19, 3
(s.a. 3) Octavian schon Augustus genannt wird und die zweite Schliessung des
Janustempels durch ihn (J. 729) noch nicht bekannt ist. Das letzte erweis-
lich Yon Liyius erzählte Ereigniss ist des Drusus Tod und Bestattung im
Winter 746/6; es ist aber eine sehr wahrscheinliche Vermutung dass Livius
sein Werk bis zum Tode des Augustus (767) fortzuführen und somit wohl
auf 150 Bücher zu bringen beabsichtigte. Die einzelnen Theile (Dekaden?),
wurden, wie es scheint, von dem Verfasser selbständig, mit eigenen Titeln, *
veröffentlicht; so umfasst B. 71 — 80 den Bundesgenoasenkrieg und hat
B. 109—116 im cod. Nazar. der periochae den Titel Bellum civile. Vgl.
noch Suid. l. 1. (A. 4), Plinius praef. 16 (A. 6). Ueberschrift der periocha
libri GXXI im cod. Nazar.: ex lib. CXXI, qui editus post excessum Au-
gusti dicitur. Auch das Anm. 7 Angeführte, sowie die urteile des Augustus
(A. 3) und AsiniuB Pollio setzen Bekanntsein grösserer Theile des Werkes
voraus. Anzüglich hatte, wie es scheint, Livius selbst sein Werk nach
Dekaden und Halbdekaden gegliedert und so veröffentlicht (E. Wölfflin,
liv. Kritik S. 30), liess diess jedoch allmählich fallen (vgl. das Bellum
civile B. 109 ff.). Später aber wurde diese Eintheilung beim Abschrei-
ben des Werkes zu Grunde gelegt. Die früheste uns bekannte Erwäh-
nung letzterer Eintheilung findet sich in einem Briefe des Papsts Ge-
lasiuB vom J. 492 — 496; dass sie aber älter ist zeigt die Recension des
Victorianus (Anm. 10). Vgl. noch Liv. X, 31, 10: Samnitium bella, quae
continua per quartum iam volumen . . agimus. VI, 1, 1: quinque libris
exposui.
6. Liv. XLIIl, 13, 2: ea pro indignis habere quae in meos annales
referam. Plin. N. H. praef. 16: profiteor mirari T. Livium, auctorem cele-
berrimum, in historiarum suarum, qnas repetit ab origine urbis, quodam
volumine sie orsum. Der eigentliche Titel ist, nach dem Veroneser Pa-
limpsest und anderen alten Hdss. des Livius und der periochae, ab urbe
condita libri; vgl. Liv. VI, 1, 1: quae ab condita urbe Roma ad captam
. . Romani . . gessere u. s. w.
7. Schätzung durch Zeitgenossen. Sen. Controv. X, praef. 2 (p. 290 f.
Bu.): L. Magius, genei^T. Livi, . . cum illum homines non in ipsius ho>
norem laudarent, sed in soceri ferrent. Plin. Epist. II, 3, 8: numquamne
legisti Gaditanum quendam Titi Livi nomine gloriaque commotum ad visen-
dum eum ab ultimo terrarum orbe venisse statimque ut viderat abisse?
261. T. Livius (Leben und Schriften). 527
Vgl. Hieronym. Epiat. 53. In der späteren Kaiserzeit wurde Liv. ausschliese'
liehe Quelle, und zwar in einem Abrisse welcher Jahr um Jahr die Con-
sulnamen im Ablativ yoranstellte; Mommsen, Cassiodor S. 551 f. vgl. oben
S. 59 n. M.
8. Die erhaltenen Bücher (die der fünften Dekade haben manche Lücken)
behandeln die römische Geschichte von Gründung der Stadt bis zum J. 461
(erste Dekade) , dann vom Beginn des zweiten punischen Kriegs (J. 586) biu
zum Triumph des Aemilius Paulus über Makedonien (J. 587).. Die spärlichen
Ueberreste aus den andern Büchern s. in den Ausgaben, z. B. in der von
M. Hertz, Vol. IV. p. ,224 — 235. Vgl. M. Hertz, de fragmentis T. Livii
commentatio. Part. I u. II. Breslau 1864. 4. Den Untergang des grössteu
Theiles veranlasste wohl der bedeutende Umfang des ganzen Werkes (Martial.
XIV, 190). VgL van Heusde, Verslagen etc. V, 4. p. 374—387.
9. Von den periochae sind die zu Buch, 136 und 137 durch Zufall
verloren gegangen. Der Verfasser derselben ist unbekannt. Sie dem Florus
zuzuschreiben veranlasste der Umstand dass sie sich gewöhnlich in den
Hdss. desselben finden. Ausgabe derselben von 0. Jahn (rec. et emend),
Lips. 1853. Verbesserungsvorschläge dazu von C. Halm, in Fleckeiseu's
Jahrbb. 81, S. 507 — 509. E. v. Leutsch, Exercitationes criticae, Göttingeu
1859. 4. Beitrag zu B. XX im Hermes IV. p. 471 — 476.
10. Die Handschriften haben in der ersten Dekade verschiedene Sub-
scriptionen. Unter allen Büchern derselben kommt vor: Victorianus V.
C. emendabam domnis Symmachis; mit ihr vereint hinter B. VI, VII und
VIH: Kicomachus Flavianus (s. d.) V. C. III praefect. urbis emendavi apud
Hennam; hinter B. III, FV und V: Nicomachus Dexter V. C. emendavi ad
exemplum parentis mei Clementiani. Es scheint sonach als hätte Victoria-
nus die ganze Dekade emendiert, die beiden Kikomachus aber nur je einige
Bücher. 0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1851, S. 335 — 338.
11. Für die erste Dekade gibt es ungefähr dreissig Handschriften.
Die älteste ist der Palimpsest aus der Capitelsbibliothek zu Verona (für B.
3 — 6), veröffentlicht zuerst durch Fr. Blume in Niebuhrs Rhein. Mus. H
(1828). S. 336 — 343. Vgl. A. W. Zümpt, de Livianorum librorum inscriptione
et codice antiquissimo Veronensi, Berlin 1859. 39 pp. 4. Th. Mommseu,
T. Livii ab u. c. libr. III — VI quae supersunt in codice rescripto Veronensi
descr. et ed., Abhandl. der Berl. Akad. 1868. 185 pp. 4. Nach Mommsen
ist der Palimpsest nicht aus dem archetypus der libri Nicomach, geflossen,
hat aber mit diesem einen Urarchetypus gemeinsam. Die besten Vertreter
der nikomach. Recension sind der (jetzt verlorene) cod. Vormaciensis und
der ihm gleiche Mediceus saec. XI (bibl. Flor. Laur. plut. LXII, 19), jetzt
die Hauptgrundlage der Textkritik. Ihm zunächst kommt der Paris. 5725
(früher Colbert.), von einer etwas jüngeren Abschrift des gleichen Urcodex
abstammend, beide von Aischefski zuerst vollständig verwerthet. Aischefski,
über die kritusche Behandlung der Geschichtsbücher des T. Livius, Berlin
1839. 4. und vor seiner Ausgabe. Daran schliessen sich an der cod. Bam-
berg. (Heerwagen, Excerpta e cod. Bamb. ad Liv. libr. I, Baireuth 1856. 4.)
und Einsiedl. saec. X (Orelli in Seebode's Neuen Jahrbb. I. 1831. p. 396 ff.).
Verwandt sind Helmstad. I, Harlei. I (B. 1—8), Leidens. I, Voss. I, Florent.
528 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
(der Marcua-BibL), mit welchem am genauesten stimmt der von J. Schienger
im Mainzer Gymnasial -Programm 1868 (26 pp. 4.) beschriebene Veronensis
secundus (saec. XIU). Die andern dieser Classe sind ohne Werth. Auf-
zählung der Hdss. in Drakenborch's Ausgabe XV, 1. p. 613 S. Beurteilung
bei Heerwagen, Münchner Gel. Anz. XIX. Nr. 139, S. 29—31.
Die dritte Dekade ist verhältnissmässig am besten überliefert, näm-
lich durch Paris. 6730 (Puteaneus) saec. VIII (in üncialschrift) , der aber
am Anfang und Schlüsse lückenhaft ist; nächst ihm Medic. Laur. LXIII, ^0
und Paris. 6781 (Colbert.), sowie Bamberg. (J. Meyer, Nürnberg 1847 f. Progr.).
Aus einer vom Put. verschiedenen Quelle stammte der untergegangene Spi-
rensis des Bhenanus. Vgl. H. Perthes, Quaest. Liv., Bonn 1863. J. Hasen-
müller im Rhein. Mus. XIX. S. 313—317. H. W. Heerwagen, comm. critica
de Liv. XXVI, 41, 18 — 44, 1. Nürnberg 1869. 20 pp. 4.
Die vierte Dekade beruht auf Bamberg, (welcher XXXIII, 1—17 allein
bietet) und dem jetzt verlorenen Moguntinus. L. ürlichs, die Bamberger
Handschr. des Livius, Eos I (1864). S. 84 — 91. W. Weissenbom, de codice
Livii Moguntino, Eisenach 1866. 4. üeber eine (werthlose) junge Liegnitzer
Handschr. s. H. Kraffert in Fleckeisen's Jahrbb. 103, S. 69—76 nebst E. Peiper,
ebd. S. 211—216.
Was wir von der fünften Dekade haben gründet sich auf den cod.
Laurishamiensis (aus dem Benedictinerkloster Lorsch), jetzt Vindobonensis,
saec. VI. Vgl. Lambecius bei Drakenborch XV. p. 428 ff. Kreyssig, anno-
tationes ad Liv. XLI— XLV ex cod. Vindob. I. Meissen 1849. 4. Madvig,
de Liv. libr. XLIII initio e cod. Vindob. emendando, Kopenhagen 1862. 4.
J. Vahlen in der Zeitschr. för Ostreich. Gymn. 1861, S. 6—19. 249 — 266.
1866, S. 307—309. W. Hartel, ebd. 1866, S. 1—20.
12. Gesammtausgaben. Vgl. Drakenborch XV, 1. p. 628 — 662. Pa-
bricius bibl. lat. I. p. 279 ff. Schweiger, class. Bibliographie II, 1. S. 624 ff.
u. A. Ed. princeps Rom um 1469 fol. cura lo. Aleriensis (ohne B. 38 u.
41__46), vervollständigt (um XXVI, 41, 18 ff.) ed. Veneta 1498 (von Bar-
thol, de Zanis), sowie (aus cod. Mogunt.) in der Mainzer Ausgabe von 1619
(Klein -Fol.) imd noch mehr (aus dem cod. Laurisham.) durch S. Grynäus
(Basel 1631. fol.); endlich (aus cod. Bamberg.) J. 1616 f. besonders durch J.
Horrio. Durch Benützung guter Hdss. wichtig die Ausg. von B. Bhenanus
und S. Grelenius, Basel 1636. fol. Cum scholiis C. Sigonii, Venet. 1666. fol.
Erste kritische Ausg. ex rec. I. Fr. Gronovii, Lugd. Bat. 1646« 1679. 3 Voll.
Reichhaltigste Stoffsammlung von A. Drakenborch (cum comm. Dukeri et
variorum), Amsterd. 1738—1746, 7 Voll 4.; Stuttg. 1820—1828, 16 Voll. 8.
Diese Auegabe enthält auch die von J. Freinsheim verfassten supplementa
librorum deperditorum (erstmals mit den von Crevier vollständig gedruckt
Paris 1679). Texte in der Mannheimer und Zweibrücker Sammlung, von
A. G. Emesti (mit Glossar, Lips. 1769. 3 Voll. 4.; Ausgabe von Kreyssig,
Lips. 1823 — 1827, 6 Voll.), L. Tafel (Stuttg. 1824 f. 3 Voll.) und Kreyssig
(Lips. 1828. 4.). Handausgabe von A. F. Stroth und F. W. Döring (Lips.
1780-1784. 3 Voll.; Gotha 1796—1819), G. A. Ruperti (Götting. 1807— 1809,
6 Voll.), I. Bekker und Raschig (Berlin 1829 f., 3 Voll.). Kritische Aus-
gaben vonC. F. S. Aischefski (ad fidem codd. em., Berlin 1841—1846, 3 Voll.,
251 f. T. LiviuB. 529
nur bis B. XXIII incL; TextauBgabe, 4 Voll, bis B. XXX, Berlin 1843 f.),
N. Madvig und J. L. Ussing (Kopenhagen 1861 ff.)- Texte mit kritischer
Rechtfertigung von W. Weissenborn (Lips. Teubner, 1850 f.; iterum recogn.
1860 ff. 6 Voll.) und M. Hertz (Lips. Tauchnitz, 1857 — .AgJJ-^-i-i^^giÜL)- Mit
erklärenden Anmerkungen von^üT'Chr. Crusius (Hannover 1846 ff.) und G.
Mahlmann (Hannover 1854 ff.), besonders aber von W. Weissenborn (Leipzig
und Berlin bei Weidmann 1853 ft'. 10 Bde., Band I. 1871 in fönfter Aufl.),
sowie von J. Frey (Leipzig, Teubner 1865 ff., bis jetzt 2 Hefte).
13. Bearbeitungen einzelner Theile. Buch XXI u. XXII mit Anm. von
E. W. Fabri (Nürnberg 1837; neu bearb. von H. W. Heerwagen, Nürnberg
1852). Lib. XXIII et XXIV recogn. et comm. instr. E. W. Fabri, Nürnberg
1840. Lib. XXX ad codd. fidem emend. ed. C. F. S. Aischefski, Berlin
1839. Lib. XXXIII emend. ed. illustr. Fr. GöUer, Frankf. 1822; denuo rec.
J. G. Kreyssig. acced. var. lect. in libris XXX — XXXVIll ex cod. Bamberg.,
Meissen 1837. 1839.
14. Beiträge zur Textkritik. Emendationes Livianae von G. L. Walch
(Berl. 1815), E. W. Fabri (Nürnb. 1842), E. Welz (Bresl. 1844), H. A, Koch
(Brandenburg 1860 f. 4.), H. Alanus (Dublin 1864. '1867) und besonders von
J. N. Madvig (Kopenhagen 1860. 638 pp. Vgl. G. Queck, de Madv. em.
Liv. libr. I — III. Sondersh. 1861. 4.). Emendatiunculae von Wesenberg in
der Tidskr. f. philol. IX, 1. 1870. Observationes Livianae von H. Wimmer
(Dresden 1839), Ch. W. Fittbogen (Frankfurt a. 0. 1842), J. Freudenberg
(Bonn 1854 u. 186^. 4.), A. Giers (Bonn 1862), H. Wachendorf (Bonn 1864).
Lectiones Livianae von A. Linsmayer (München 1864); Commentationes von
Fischer (Speier 1840. 4.); Quaest. Liv. von F. Bessler (Salzwedel 1847. 4.),
H. Perthes (Bonn 1863), Quavstiunculae von F. Sartorius (Baireuth 1860. 4.).
E. Wölfflin, livianische Kritik und liv. Sprachgebrauch, Berl. 1864. 31 S. 4.
(bes. zu B. XXII); Boot in den Verslagen en mededeelingen IX, 1865 (zu
B. 21); M.Müller (Beiträge zur Kritik und Erklär,, Stendal 1866. 1871. 4.;
Fleckeisen's Jahrbb. 99, S. 339 — 354) u. A.
15. Uebersetzungen von K. Heusinger (Braunschw. 1821, 5 Bde.), Oertel
(München 1822 ff. 9 Bde.), C. F. Klaiber (Stuttgart 1826—1834. 27 Bdchn.;
neue Ausgabe, in den drei ersten Bänden umgearbeitet von W. Teuffei, in
den Class. d. Alt., Stuttgart, Metzler, 1854—1856, 6 Bde.), F. D. Gerlach
(Stuttgart, Hoffmann, 1856 ff., 17 Bdchn.).
252. Livius zeigt in seinem Geschiclitswerke grosse Schwä-241
chen: mit mühsamer Urkundenforschung hat er sich nicht be-
fasst, noch auch die Schauplätze der Ereignisse selbst besucht,
sondern sich begnügt die Erzählungen seiner Vorgänger, am häu-
figsten des Polybios und der späteren römischen Annalisten, stili-
stisch umgearbeitet wiederzugeben. Auch fehlt es ihm an genügen-
der Eenntniss des Staatsrechts und vollends des Kriegswesens; nicht
einmal ein festes chronologisches System befolgt er. Aber für
viele Mängel entschädigt die eine grosse Tugend, dass er un-
Tkuffbl, Köm. Llteratargescbichte. 2. Aufl. .34
530 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
zweifelhaft die Absicht hat die Wahrheit zu sagen und nie
wissentlieh sie verletzt oder verschweigt; und auch über die
schwersten Verschuldungen geschichtlichen Leichtsinnes breitet
des Schriftstellers unwiderstehliche Liebenswürdigkeit einen ver-
söhnenden Schleier. Milden Wesens hat er eine Abneigung
gegen alles Schroffe, aber auch Mitgefühl mit den Bedruckten
und Unterliegenden, und an den markigen Gestalten aus Roms
Vergangenheit blickt er empor mit schwärmerischer Innigkeit.
Diese Wärme des Anempfindens, verbunden mit einer Darstel-
lungsgabe von wunderbarer Vielseitigkeit, hat bewirkt dass er
ebenso gross dasteht als Geschichtschreiber wie er klein ist als
Forscher. Seine Hauptstarke besteht in der Schilderung von
Vorgängen, Stimmungen und Persönlichkeiten. Besonders gern
lässt er die Handelnden sich selbst zeichnen durch Reden die er
ihnen in den Mund legt und in denen sich des Historikers red-
nerische Büdung in ihrem vollen Glänze zeigt, üeberhaupt Ober-
wiegt auch bei ihm das rhetorische und stilistische Interesse,
der Zweck der Unterhaltung über das Bestreben das thatsächlich
Richtige zu ermittehi. Die Sprache des Livius lässt in Einzel-
heiten häufig die strenge Classicität und gleichmässige Ausfeilung
vermissen; aber sie ist lebendig, geschmackvoll und mit feinem
Verständniss jeder Lage angepasst.
1. 'Selbstbekenntnisse des Livius. Fraef. 5: ego hoc quoqne laboris
praemiam petam ut me a conspectu malorum quae nostra tot pei: annos
vidit aetas tantisper certe dum prisca illa tota mente repeto avertam,
omnis expers cnrae quae scribentis animum etsi non flect^re a vero,
soUicitnm tarnen efficere posset. XLIII, 13, 2: et mihi vetustas res
scribenti nescio quo pacto anticus fit animus et quaedam religio tenet
quae illi prudentissimi viri publice suscipienda censuerint (Prodigien), ca
pro indignis habere quae in meos annales referam.
2. Urteile aus dem Alterthum. Sen. suas. 6, 21 f.: quotiens magni
alicuius viri mors ab historicis narrata est, toties fere consummatio totius
vitae et quasi funebris laudatio redditur. hoc . . T. Livius benignius Om-
nibus magnis viris reddidit. . . ut est natura candidissimus omnium mag-
norum ingeniorum aestimator T. Livius. Sen. de ira I, 20, 6: apud diser-
tissimum virum Livinm. Tac. Agr. 10: Livius veterum, Fabius Busticus
recentium eloquentissimi auctores. Ann. IV, 34: T. Livius, eloquentiae ac
tidei praeclarus inprimis. QuintiLVIII, 1,3: in T. LiVio, mh*ae facundiae viro.
Besonders treffend aber ib. X, 1, 101: nee indignetur sibi Herodotus ae-
quari T. Livium, cum in narrando rairae iucunditatis clarissimique candoris
tum in contionibus supra quam enarrari potest eloquentem; ita quae dicun-
tnr omnia cum rebus tum personis accommodata sunt, affectus qnidem
262. T. LiviuB (Charakteristik). 531
praecipueque eos qni sunt dulciores, ut parcissime dicam, nemo historico-
rnm commodavit magis. ib. 32: neque illa Sallastiana brevitas : . neque
illa Livii lactea ubertas. II, 5, 19: ego candidissimum quemque (Schrift-
steller) et maxime exposituxa velim, ut Livium a pueris magis quam Sal-
lustium. Dagegen Caligula (Suet. Cal. 34) ut verbosum in historia negle-
gentemque carpebat (T. Livium).
3. Neuere urteile über Livius als Qeschichtschreiber. Niebuhr, Böm.
Qeschichte I. S. 3 — 6. II. S. 609 f.; Vorträge über B. G. I. S. 45 — 68; und
andere Bearbeiter der (älteren) röm. Geschichte, wie Wachsmuth (S. 32 — 43),
Blume (S. 123 ff. 146 f.), Schwegler (I. S. 103 — 115. II. S. 10—13), C. G.
Lewis (Unters, üb. d. Glaubwürdigkeit u. s. w. übers, von F. Liebrecht, I.
8. 47 if. 242 if.). J. M. Solu, T. Livius in seiner Gesch., München 1832. 4.
H. ülrici, Charakteristik der antiken Historiographie, S. 120 — 125. F. D.
Gerlach, die Geschichtschr. d. Bümer, S. 133 — 143. Eallenbach, über T.
Livius im Yerhältniss zu seinem Werke und seiner Zeit, Quedlinburg 1860.
43 S. 4. Th. Mommsen, Hermes V. S. 270—280 u. A.
4. Politische Ansicht des Livius. Programm darüber von Fr. X. Frühe,
Constanz 1861. Oin politisches System hat Livius nicht; dafür ist er viel
zu sehr Bomantiker, Idealist und Gefühlsmensch. Auch Parteihass kennt
sein mildes Wesen nicht; wohl aber hat er ausgeprägte Antipathien. Alles
Gewaltthätige, Lärmende, Zelotische, Harte ist ihm unangenehm, auf wel-
cher Seite es sich finden mag, und App. Claudius ist daher ebensowenig
sein Mann als C. Telrentius Varro, C. Flaminius oder die ungeduldig vor-
wärtsstürmenden Volkstribunen; sogar der ältere Scipio ist ihm nicht cor-
rect genug. Am unbedingtesten bewundert er BOmer alten* Schlages, wie
CincinnatuB, Papirius Cursor, Camillus, Sex. Tempanius, P. Decius, Fabius
Cnnctator; wo die Parteien einander gegenüberstehen hält er es mit den
Gemässigten, BiUigen, Versöhnlichen. Am wenigsten kann er sich befreun-
den mit der Masse, deren Unverstand, Unzuverlässigkeit und Zuchtlosigkeit
er oft genug geisselt (z. B. XXIII, 2. XXIV, 25, '8. XXXI, 34. 44.). Da-
gegen findet er im alten Bom sein Ideal verwirklicht, so dass romanus
für ihn ein Inbegriff alles Edlen ist (z. ß. I, 53, 4. V, 28, 3. 36, 1. 38, 5.
XXII, 67, 6. XXV, 36 extr. Vgl. oben 1, 2). Unwillkürlich wird er dadmch
öfters parteiisch für Bom, ungerecht wider dessen Gegner; s. Weissen-
borns Einl. S. 32 f. Jener schöneren Zeit gegenüber erscheint ihm die
Gegenwart als herabgekommen, und unzählige Male beklagt er, wehmütig
und bitter, das Schwinden des alten pudor, der simplicitas, modestia,
aequitas, altitudo animi und besonders der pietas. Dafür ist neglegentia
deum, omnis divini humanique moris die Signatur der Gegenwart gewor-
den. Und nicht nur beredt macht ihn diese sentimentale Anschauungs-
weise sondern auch mutig; vgl. VII, 40, 2: nondum erant tarn fortes ad
sanguinem civilem, nee praeter externa uoverant bella, ultimaque rabies
secessio ab suis habebatur.
5. Die Frömmigkeit des Livius ist wesentlich pantheistisch gefärbt.
Der Mensch soll sich im Bewusstsein seiner Kleinheit und Schwäche unter-
ordnen, auf die Zeichen göttlichen Waltens achten, die Gottheit ehren und
sich hüten irgendwie sich gegen sie zu versündigen. Damit hängt auch
34*
532 Augnsteiache Zeit. J. 711—767 d. St.
der Fatalismus des Livius zusammen, der namentlich in der ersten Dekade
eine grosse Rolle spielt, in Ermanglung klarerer Einsicht in den vernünf-
tigen Zusammenhang der Dinge. Z. B. I, 42, 2: nee rupit tamen fati ne-
cessitatem humanis consiliis. V, 37, 1: adeo obcaecat animos fortuna, ubi
vim suam ingruentem refringi non volt. VIII, 24, 4: ut ferme fugiendo
in media fata ruitur. XXY, 6, 4: nulla Providentia fatum imminens mo-
vori potuit. Verbältnissmässig rationalistisch ist daher VIU, 7, 8: movct
ferocem animum iuvenis seu ira seu . . pudor seu inexsuperabilis vis fati.
Vgl. III, 8, 1. Femer gehört dahin sein Glaube an die Prodigien; vgl. XXVU,
23, 6: in capita consulum, rep. incolumi, exitiabilis prodigiorum eventus
vertit. XLni, 13,^ 1 : non sum nescius ab eadem neglegentia qua nihil deos
portendere volgo nunc credant neque nuntiari admodum uUa prodigia in
publicum ueque in annales refem. Einschränkungen III, 6, 14. V, 21, 9.
XXIV, 4. 8. 10, 6. XXVn, 23, 3. — Queck, Beiträge zur Charakteristik
des Livius, I. Sondershausen 1847. 4. 0. Fabricius, zur religiösen An-
schauungsweise des Livius, Königsberg 1866. 35 S. 4.
6. Abgprenzung seines Geschichtsstoffes. XXXIII, 20 extr.: non operae
est persequi ut quaeque acta in his locis sint, cum ad ea quae propria
romani belli sunt vix sufficiam. Fast gleichlautend XLI, 25 extr. XXXIX,
48, 6: cuius belli et causas et ordinem si expromere velim immemor sim
propositi, quo statui non ultra attingere externa nisi qua romanis cohae-
rent rebus. •Vgl. Vm, 24, 18. XXIX, 29, 5 (excedere paululum). XXXV, 40, 1.
7. Für den ästhetischen Standpunkt welchen Livius seinem Stoffe
gegenüber einnimmt ist bezeichnend sein öfteres piget scribere, enumeraro
n. dgl. (z. B. X, 18, 7. 31, 15. XXVI, 49), sowie Aeusserungen wie XXVU,
37 (oben 92, 7). Von den beiden Beweggründen die er praef. 2 unter-
scheidet (dum novi semper scriptores aut in rebus certius aliquid allaturos
se aut scribendi arte rüdem vetustatem superaturos credunt) hat ihn jeden-
falls der zweite geleitet.
8. Von seinen Vorgängern hat Livius nicht von Anfang an alle
gekannt oder benützt, sondern erst allmählich seinen Gesichtskreis erwei-
tert. So hat er Cato^s Origines erst in der vierten Dekade verwerthet,
und Polybios nicht vor B. XXIII. Von den älteren besseren lat. Quellen hat
er schwerlich irgend eine stetig zu Bathe gezogen, weder den Fabius Pictor
noch Piso, sondern sich begnügt die Schriftsteller der späteren Zeit, beson-
ders Antias, Macer und Tubero, mit einander zu vergleichen, üeber Valerius
Antias ist ihm erst spät das rechte Licht aufgegangen; s. oben 152, 3.
Auch dass er den Polybios nicht vollständig zu würdigen gewusst habe
sollte man glauben nach der kühlen Wendung XXX, 45 (haud spemendus
auctor), wenn nicht der Augenschein zeigen würde dass er ihn in der
Geschichte des Krieges mit Philipp III und mit Antiochos, sowie bei den
griechischen Händeln fast wörtlich übersetzt, obwohl bald kürzend bald
ausmalend. Den Dionysius aus Halikarnass hat er so wenig benützt als
dieser ihn. F. Lachmann, de fontibus historiarum T. Livii comm. I. II.
Gotting. 1821 f. 4. C. Peter, das Verhältniss des Liv. und Dionysios v.
Hai. zu einander und zu den älteren Annalisten, Anclam 1853. 13 S. 4. 1
L. Kieserling (s. oben 37, 7). H. Nissen, kritische Untersuchungen über die
252. T. Livius (Charakteristik). 533
Quellen der vierten und' fünften Dekade des L., Berlin 1863. 342 S. Tb.
LucaSf disp. de ratione qua Livius in libris bist, conscribendis usus est
opere Polybiano, I. Glogau 1854. 18 pp. 4. Michael, in wie weit hat L.
den Pol. als Hauptquelle benützt? Torgau 1859. 16 S. 4. L. Tillmanns,
qua ratione L. (in B. 31—45) Polybii historiis usus sit, Part. I. Bonn 1860.
60 pp., und Quo libro Liv. Polybii bist, uti coeperit, in Fleckeisens Jahrbb.
83, p. 844—854. C. Peter, Livius und Polybius; über die Quellen des XXl
und XXn B. des L., Halle 1863. 4. C. Böttcher, quaestiones criticae de
T. Livii 1. XXI et XXU fontibus, Königsberg 1867, und in Pleckeisen's
Jahrbb. Suppl. V. 1869. S. 353 — 443. W. Michael, de ratione qua L. in
tertia decade opere Polyb. usus sit, Bonn 1867. K. W. Nitzsch, Quellen-
analyse von Liv. n, 1 — IV, 8 und Dionys. Hai. V, 1 — XI, 63, im Rhein.
Mus. XXm. S. 600—631. XXIV. S. 146-180. XXV. S. 75—128. Auch H.
Müller, die Schlacht an der Trebia, Berlin 1867. 34 S. 4. Fr. Friedersdorff,
Livius et Polybius Scipionis rerum scriptores, Gotting. 1869. 70 pp. H. Peter,
bist. L p. Lxxxix— xcm. cxcvm— cc. ccxxv— ccxxx. cccxm f.
CCCXLVn-CCCL.
9. Handhabung der historischen Kritik durch Livius. Wo unter
seinen Vorgängern keine Meinungsverschiedenheit herrscht, da muss die
innere ünwahrscheinlichkeit sehr stark sein (wie V, 21 , 8 f. VI, 12 , 2 fF.)
wenn dem Livius ein Zweifel dagegen aufsteigen soll. Worüber die Quellen
zusammenstimmen, das hält er in der Regel für richtig und gibt so nur
die vulgare Tradition wieder. Wo seine Vorgänger getheilter Meinung
sind, da lässt er sehr häufig dahingestellt was das Richtige sei, oder er
entscheidet sich für das was die Mehrzahl angibt oder für deri älteren
Gewährsmann oder den unverdächtigeren, oder für die innerlich wahr-
scheinlichere, nicht selten auch für diejenige Darstellung welche den Rö-
mern günstiger ist (z. B. VTI, 27, 9. X, 37), oder die mildeste (wie IV, 29, 6.
VI, 38, 10. VIII, 18, 2) oder die farbenreichste (wie VII, 39 ff. X, 37. XXI,
46, 10. XXVI, 15) oder einfach die mittlere (wie XXVI, 49, 6). Besonders
in der älteren Zeit ist sein Urteil häufig unsicher; vgl. V, 21, 9: in rebus
tam antiquis si quae similia veri sint pro veris accipiantur satis habeam.
Hier besonders sind die Incompetenzerklärungen sehr zahlreich. Aber auch
sonst wählt er gern diesen Ausweg, theils aus Mangel an eigentlichen
Quellenstudien und von tieferer Einsicht in die streitigen Gegenstände,
theils auch aus natürlicher Bescheidenheit und Hinneigung zum Vertrauen.
Diese geht so weit dass er auch durch schlimme Ei*fahrungen nicht gründ-
lich gewitzigt wird. Trotz dem dass er durch Valerius Antias vor allen
hohen Zahlen in Schlachtberichten gewarnt sein sollte spricht er doch
XXXVn, 44 unbedenklich von gegen 54000 Erschlagenen, XXVII, 49 gar
von 56000. Dergleichen beweist zugleich seinen Mangel an praktischer
Anschauung, üeber seine Bescheidenheit vgl. z. B. XXIX, 14, 9: id . .
sicut proditum a proximis memoriae temporum illorum scriptoribus libens
posteris traderem, ita meas opiniones coniectando rem vetustate obrutam
non interponam.
10. Folge der Abhängigkeit von seinen Quellen und einer gewissen
— bei dem Ihnfange der Aufgabe leicht erklärlichen — Flüchtigkeit, zum
534 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
Theil auch der stückweisen Ausarbeitung und Veröffentlichung, sind
manche Verstösse im Einzelnen, Wiederholungen, Widersprüche, Auslas-
sungen, Verwechslungen, Missverständnisse, unrichtige Uebersetzungen u. dgl.
Beispiele davon in Weissenborns Einleitung S. 28 f. Nach allem diesem
ist Livius als Geschichtsquell^, namentlich für die älteren Zeiten, nur mit
Vorsicht zu benützen, so wenig seine persönliche Absicht die Wahrheit zu
sagen irgend welchem Zweifel unterliegen kann. Abhandlungen de fide
Livii (ausser Aelterem) von C. Kruse (I et II, Lips. 1812. 4.) und Bäumker
(Liv. antiquiss. rerum rom. bist, etc., Paderborn 1863. 4.). Trotzdem wurde
er in den nächsten Jahrhunderten fast ohne alle Kritik benützt, ausge-
schrieben und epitomiert; s. oben 251, 7 und ü. Köhler, qua ratione T.
Livii annalibus osi sint historici latini atque graeci, Gotting. 1861. 99 pp. 4.
11. In seiner Anlage gleicht das Werk des Livius denen der Anna-
listen, nicht nur sofern es die Begebenheiten nach der Ordnung der Jahre
erzählt sondern auch darin dass es, bei der ältesten Zeit verhältnissmässig
kurz gehalten, um so ausführlicher wird je mehr es in bekanntere Zeiten
gelangt; vgl. oben 37 und 115, 1. Die ersten 60 Bücher behandelten sechs
Jahrhunderte, die letzten 80 etwa 120 Jahre. Das erste Drittel von 6. I
ist besonders dürftig und versucht sich (wie der Anfang von B. II) mit
sehr wenig Glück im Pragmatisieren und Motivieren. Bei nebelhaften Ge-
stalten war wenig auszurichten mit dem was sonst eine Hauptstärke des
Livius ist, dem psychologischen Ausmalen. Wie Stimmungen (z. B. VIIl,
7, 20 f. IX, 2, 10 f. 5f. XXXIII, 32) so weiss er au<3h äussere Vorgänge
(z. B. V, 39 ff. XXI, 58. XXIII, 27, 6 f. XXIV, 26) mit lebendigster An-
schaulichkeit zu erzählen. Diese Eigenschaft, bowie seine humane milde
Gesinnung, macht den Livius besonders geeignet für jüngere Altei%stufen.
Je mehr indessen geschichtlich verbürgte Nachrichten an die Stelle der
Sage oder Dichtung treten und der Phantasie des Historikers den Raum
entziehen, desto mehr nimmt der Beiz der Darstellung ab. So macht die
fünfte Dekade nicht mehr denselben Eindruck wie die früheren. Es ist
daher zu vermuten dass auch die verlorenen Bücher, einige Glanzpartien
abgerechnet (wie Charakteristiken, Beden u. dgl.), stilistisch sich kaum auf
der Höhe der vorhandenen gehalten haben werden.
12. Ein von Livius häufig und mit Virtuosität angewendetes Mittel
der Oharakterzeichnung sind die eingeflochtenen Beden, welche ein simu-
lacrum des betreffenden Mannes geben sollen (XLV, 25, 3), die Beweg-
gründe der Handelnden darstellen (z. B. VIII, 7. vgl. III, 47, 5), und daher
auf unmittelbare geschichtliche Wahrheit so wenig Anspruch erheben (in
hanc sentcntiam locutum accipio III, 67, 1) dass sie weder im Einzelnen
Anachronismen scheuen (wie V, 4, 12) noch den Versuch machen den Ton
der Zeit nachzubilden. Desto treuer aber pflegen sie dem Charakter oder
Stande des Bedenden zu entsprechen; vgl. z. B. VII, 84. In einzelnen
Fällen lässt sich noch verfolgen wie Livius das kurze Thema eines Vor-
gängers rhetorisch auszuspiunen gewusst hat; vgl. Polyb. III, 64 mit Liv.
XXI, 40 f. üeber den ganzen rhetorischen Charakter der Geschichte des
Livius vgl. H. Taine, essai sur Tite-Live, Paris 1856. 348 pp.
13. Die Darstellung des Livius hat den Charakter behaglicher
t'
•252. T. Livius (Charakteristik). 535
Fülle und BunduDg, ähnlich der des Horodot (vgl. Qaintilian oben A. 2),
so dasB sie manchmal zur Umständlichkeit wird. Qaintil. YIII, 3, 53: vi>
tanda itMUQoXoyia , i. e. longior quam oportet scrmo, ut apud T. Livium.
Vgl. Charis. p. 242 F. == 271 K. mit den dort von Keil nachgewiesenen
Parallelstellen und M. Hertz, prolusio not. 77. Auch an die Weise des
Cicero, welchem Livius nachstrebte (s. oben 251, 4) und näher kam als
irgend ein anderer römischer Prosaiker, erinnert jene Eigenschaft. So
unverkennbar überall die (rednerische) Kunst zu Tage tritt, so wird sie doch
nie zur Künstelei und Unnatur. Die Virtuosität des Livius sich in eine
gegebene Lage hineiniufuhlen verleiht auch seiner Darstellung die den
jedesmaligen Umständen entsprechende Stimmung und Färbung.
14. Die Sprache des Livius strebt grundsätzlich (s. 251, 4) nach
Classicität; und sie kommt diesem Ziele jedenfalls viel näher als dem Quin-
tilian und dem Tacitus in seiner ciceronischen Jugendschrift gelungen ist.
Aber das nahende silberne Zeitalter veträth sich schon bei Livius in seinen
zahlreichen poetischen Wendungen (haec ubi dicta dcdit; ubi Mars est
atrocissimus; ad arma consternatum esse; cogitationibus animum volutare;
ad versa montium; stupens animi; laeta pascua u. dgl.), und auch die Vor-
liebe für starke Ausdrücke (wie attonitus, ingem; vgl. oben 224, 7) gehört
dahin. Hauptsächlich wohl in seinem Wortgebrauch war es wo Solche
die im sormo urbanus aufgewachsen waren vielfach auf Fremdartiges
stiessen. Quintil. I, 5, 65 f.: peregrina (verba) ex omnibus, prope dixerim,
gentibus . . venerunt; . . quemadmoduni PoUio (s. oben 218, 6) deprehendit
in Livio patavinitatem. Vgl. ib. VIII, 1, 2: ut sint (verba) quam minime
peregiina et externa. (3.) et in T. Livio, mirao facundiae viro, putat
inesse PoUio Asinius quandam patavinitatem. D. G. Morhof, de patavini-
täte Liviana, Kil. 1685 (auch in Drakenborchs Livius XV, 1. p. 50 ff.).
C. G. Wiedemann, quaestio de patavinitate Livii, I — UI. Görlitz 1848.
1854. 1855. 4.
15. In Bezug auf den Sprachgebrauch „zeichnet sich namentlich die
erste Dekade, welche Livius wohl besonders herausgegeben hat, durch
manche Eigenthümlichkeiten aus: der Stil zeigt noch viel Schwankendes,
was sich in den späteren Büchern fester gestaltet; Livius selbst hat sich
in den ersten zehn Büchern seinen historischen Stil erst recht geschaffen
und durchgebildet. . . Dieser Unterschied zeigt sich nicht nur in der Be-
deutung und der Construction einzelner Wörter, sondern im Wortvorratho
selbst. So hat Livius in der ersten Dekade gewissen Verba frequentativa
einen ganz unverhältnissmässigen Spielraum gegeben." E. Wölfflin, livia-
nische Kritik und livianischer Sprachgebrauch (Berlin 1864. 4.) S. 29. Son-
stige Literatur über die Sprache des Livius. F. Hand, Lehrbuch des lat.
Stils S. 64—66. C. J. Grysar, Theorie des lat. Stils* S. 7 ff. und vor sei-
ner Ausgabe part. sei. Liv. p. XXXVIl ff. Weissenborns Einleitung S. 37 ff.
Queck, Beitr. zur Charakt. d. Liv. II: die Darstellung des Livius, Sonders-
hauaen 1853. 4.
16. E. F. Poppe, de latinitate falso aut merito suspecta, Prankf. a/0.
1841. 4. Stange, de discrepantia quadam inter sermonem Cic. et Liv.,
ebd. 1843. 4. Kreizner, de propria orationis Livianae indole, Hadamar
536 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
1844. 4. £. Wesener, de quibusdam Liv. orationis proprictatibus , Coblenz
1854. 4. und De periodorum Liv. proprietatibus , Fulda 1860. 4. G. Hilde-
brand, über einige Abweichungen im Sprachgebrauche des Cic, Caesar,
LiviuB u. B. w. Trem. 1854. 4., und Beiträge zum Sprachgebrauch des Liy.,
Dortmund* 1865. 4. E. Erah, spec. grammaticae Liv., Insterburg 1859. 4.'
Baur, de aliquot translationum Liy. generibus, Augsburg 1864. 4. C. E.
Güthling, de T. Livii oratione. c. I: de usn verborum simplicium, Lauban
1867. 4. L. Eühnast, die Hauptpunkte der livian. Syntax; zweite Bearbei-
tung, Berlin 1872. 403 S.
J. E. Ellendt, de praepos. a cum nominibus urbium iunctae apud Liv.
maxime usu, Königsberg 1843. 4. H. Löwe, de praepos. de usu apud
Livium, Grimma 1847. 4. Kleine, de genetivi usu Liviano, Part. L Cleve
1865. 4. — Emesti, Glossarium Livianum, ed. G. H. Schaefer, Lips. 1804.
242 253. Ungefähr gleichzeitig mit Livius und wie zur Er-
gänzung desselben schrieb Pompeius Trogus seine Universal-
geschichte, Historiae Philippicae, in 44 Büchern, mit Ninus be-
ginnend und bis auf seine Zeit herabgeführt, nach griechischen
Quellen, in lebhafter Stilisierung und classischer Sprache, dabei
stoffreicher und weniger rhetorisch gehalten und desshalb zu-
verlässiger als Livius. Wir kennen das Werk hauptsächlich
durch den Auszug des Justinus. Ausserdem verfasste Trogus
zoologische und botanische Werke, nach den besten Gewährs-
männern, Aristoteles und Theophrastus.
1. Justin. XLllI, 5, 11 f.: in postremo libro Trogus maiores suos
a Vocontiis originem ducere, avum suum Trogum Pompeium Sertoriano
hello civitatem a On. Pompeio percepisse dicit, patruum Mithridatico hello
turmas sub eodem Pompeio duzisse, patrem quoque suh G. Caesare mili-
tasse epistularumque et legationum, simul et anuli curam hahuisse. Der
Grossvater wird sonach Cn. Pomp. Tr. geheissen haben; der patruus hiess
nach einer Inschrift aus Vaison (J. Becker, Jahrb. d. rheinl. Alt. Fr. XVIII.
S. 127—130) wahrscheinlich Q.; der Vater war wohl der im J. 700 d. St. von
Caesar als Dolmetscher verwendete Cn. Pompeius bei Caes. b. g. V, 36;
daher denn auch der Geschichtschreiber den Vornamen Cn. geführt haben
wird. J. Becker, Philologus VII. S. 389—391. Vgl. ebd. IL S. 305.
2. Charis. I. p. 102, 10 f. K.: Valgius et Verrius et Trogus de ani-
malibus. ib. p. 137, 9 f.: Trogum de animalibus libro X. Längere An-
fuhrung daraus (Trogus, et ipse auctor e severissimis) bei Plin. N. H. XI,
52, 275 f., welche Stelle eine ungenaue Üebersetzung aus Aristoteles H. A.
ist. Plinius citiert den Trogus in B. 7, 10, 11, 17, 31, sowie im Quellen-
verzeichnisB zu B. 8, 9, 12, 13 — 16, 18. Da B. 12 — 18 von den Bäumen
und dem Ackerbau handeln, so wird Trogus auch eine Schrift de planus
verfasst und diese ebenso aus Theophrast geschöpft haben wie sein zoolo-
gisches Werk aus Aristoteles. A. v. Gutschmid (s. A. 4) S. 180 — 186.
3. Hauptwerk die 44 Bücher historiarum philippicarum, nach
253. Pompeius Trogns. (lustinus.) 537
ethnographischen Gesichtspunkten geordnet, mit besonderer Berücksich-
tigung der makedonischen Geschichte und der Diadochehzeit und verhält-
nissmässiger Hintansetzung der römischen Geschichte (die Eönigszeit wird
in B. 43 nachgetragen), vielleicht weil diese von Livins behandelt war.
B. 1 — 6 erzählen einleitungsweise die Geschichte von Asien und Hellas.
Die späteste in dem Werk erwähnte Thatsache ist die Rückgabe der von
den Parthem eroberten Feldzeichen J. 734 d. St. (XLH, 5, 11). unsicher
ist die Vermutung dass XLU, 4, 16 (Parthiae, in qua iam quasi sollemne
est reges parricidas haberi) sich auf die Ermordung des Phraates IV durch
seinen Sohn Phraatakes (ums J. 9 nach Chr.) beziehe. Der Fatalismus der
antiken Geschichtschreibung trat auch bei Tr. zu Tage (XLÜ, 4, 16: fatum
Parthiae fecit ut et«.). Die lebendige Stilisierung des Werkes ist noch
durch den Auszug Justins hindurch oft genug erkennbar. Einen vir priscae
eloquentiae nennt den Tr. Justin, praef. 1 vgl. Vopisc. Prob. 2, 7: ut non
Sallustios, Livios, Tacitos, Trogos atque omnes disertissimos imitarer vires.
Auf achtungswerthe historische Grundsätze lässt schliessen XXXVIU, 3, 11:
quam (orationem) obliquam Pompeius Trogus exposuit, quoniam in Livio
et in Sallustio reprehendit quod contiones directas pro sua oratione operi
suo inserendo historiae modum excesserint. Benücksichtigung seines Zeit-
genossen Vergilius; s. Serv. ad Aen. VI, 783: de hoc loco et Trogus et
Probus quaerunt. Hugo von Fleury (Kirchengeschichte; Abt von Canterbury
seit 1091?), nach ihm der Chronist Roger Wendover und aus diesem Mat-
thäus von Westminster, Flores histor. (ed. 1570) I. p. 81 (s. A. v. Gut-
schmid S. 260 f. Reifferscheids Sueton p. 382 f. und bes. F. Rühl, die
Verbreitung Justins, S. 25 — 41J: anno divinae incamationis nono, Caesare
Augusto imperii sui LI*™ agente annum (J. 762 d. St.), Trogus Pompeius
chronica sua terminavit. . . Romanorum remp. . . ab initio usque ad prae-
sens tempus prosequitur. Radulfus de Diceto, de viris ülustr. (vom J. 1210,
aus unbekannten guten Quellen): Trogus Pompeius a tempore Nini regie
Assyriorum usque ad annum XXIX"" Hyrcani principis ludaeomm Chronica
sua digessit (Rühl a. a. 0. S. 32).
4. Erhalten ist uns die Universalgeschichte des Trogus theils in den
prologi (Inhaltsverzeichnissen) zu sämmtlichen Büchern theils in dem Aus-
zuge des Justinus, welcher in seiner -praefatio sagt: Trogus Pompeius
graecas et totius historias orbis lätino sermone conposuit. . . cuius libris
omnium saeculorum, regum, nationum populorumque res gestae continen-
tur. . . ea omnia Pompeius divisa temporibus et serie rerum digesta con-
posuit. horum igitur XLIV voluminum (nam totidem edidit) per otium
quo in urbe versabamur cognitione quaeque dignissima excerpsi. Ausserdem
einzelne Stellen bei Priscianus, Cassiodor (Jordanis), Servius und lunilius
Flagrius; s. A. v. Gutschmid S. 186—202. Alle übrigen Schriftsteller
haben , auch wenn sie Trogus' als Quelle nennen , doch nur aus Justinus
geschöpft. Die von Bielowski (A. 6) aus polnischen Chroniken entnomme-
nen augeblichen Fragmente des Trogus sind als trüglich erwiesen worden
durch A. v. Gutschmid, über die Fragmente des P. Tr. und die Glaub-
würdigkeit ihrer Gewährsmänner, in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. II (1856 f.)
S. 202 — 282. Vgl. du Rieu in der Mnemosyne III (1854) p. 177 — 183.
J. Bgmays, Rhein. Mus. X. S. 293—298.
538 Augusteische Zeit. J. 711>-767 d. St.
5. Pompei Trogi fragmcnta . . una cum prologis historiarum Philipp.
et criticis annotationibus cdidit Aug. Bielowski, Lemberg 1853. XXVI und
91 pp. Sammlung der Ueberreste aus den Eist, auch in den Ausg. dos
.Fustinus von Frotscher I. p. XCVIII— GIV, sowie von Johanneau und Düb-
ner (Paris 1833) II. p. 221—226. A. H. L. Heeren, de Trogi fontibus, in
den comment. soc. Gotting. XV. J. 1804 (wiederholt in der Ausg. von Frot-
scher), wo ausser Theopomp (und Timäus) auch Klitarchos (C. Haun, de
Clitarcho Dlodori, Curtii, lustini auctore, Bonn 1868), Polybios (s. II. Nis-
sen, kritische Untersuchungen S. 305 — 307), Poseidonios als Quellen nach-
gewiesen werden. H. Wolffgarten, de Ephori et Dinonis historiis a Trogo
Pompeio expressis, Bonn 1868. 86 pp. W. Fricke, üb. d. Quellen des Plut.
im Alkib. (Leipzig 1869) S. 71 ff. L. E. Hallberg, de Tr. Pomp., Paris 1869.
Trogi prologi ed. G. H. Grauert, Münster 1827.
6. Da« Zeitalter des Justinus ist nicht positiv bekannt; wahrschein-
lich aber ist es das der Antonine. (F. Rühl, d. Verbreitung, S. 36). Nach
dem noch gut antiken Gedankengang und Ausdruck seiner praefatio und
der Berufung auf den älteren Cato möchte man ihn nicht später setzen
als den Epitomator .des Livius, Florus. Vgl. G. Lachmann, Rhein. Mus.
III. S. 614. Wenn Radulfus de Diceto (s. A. 3 E.) sagt (Rühl S. 32): lusti-
nus philosophus Trogi Pompei adbreviator, scripsit eodom anno (mit wel-
chem Joscphus seine Antiquitates schloss), so verwechselt er ihn wohl mit
Justus aus Tiberias, wie er sonst im Mittelalter mit lustinus Martyr ver-
wechselt wurde (Rühl S. 36 f. vgl. S. 46 f.). Der Erste der den Justinus nennt
ist Hieronymus (Opp. ed. Vallars. V. p. 621: praecipue nostri Livii et Pompei
Trogi atque lustini, qui omnem extrcmae visionis narrant historiam).
7. Uebcr Justins Verfahren s. praef. 4: omissis bis quae nee cognoscendi
voluptate iucunda nee exemplo erant necessaria breve veluti florum corpus-
culum (Blumenstrauss, Anthologie) feci. Vgl. A. 4. Augustin. de civ. d. IV, 6
in. : Justinus, qui graecam vel potius peregrinam, Trogum Pompeium secutus,
non latine tantum . . verum etiam breviter scripsit historiam. Oros. I, 8:
PompeiuB historicus eiusque breviator lustinus; ib. 10: Pompeius sivc
lustinus. Die Sprache des Trogus scheint Justin wenig verändert und nur
mit mancherlei neueren Zuthaten zersetzt zu haben. Justins eigene geistige
Befähigung ist gering. Vielleicht einen andern Auszug aus Pomp. Tr. (etwa
in Cassiodor's gothischer Geschichte) hat Aethicus Ister benützt; s. Rühl,
S. 6—10.
8. Im Mittelalter war der Auszug des Justinus viel gelesen und ab-
geschrieben, ohne aber jemals zu den Schulbüchern zu gehören. F. Rühl,
die Verbreitung des Justinus im Mittelalter, eine literar-historische Unter-
suchung, Leipzig (Teubner) 1871. 52 S. Die erhaltenen Handschriften
desselben gehen auf drei verschiedene archetypi zurück, welche wahr-
scheinlich schon saec. IV vorhanden waren. Eine eigene Classe vertritt der
cod. Casinas (C) saec. XI, jetzt Laurent, plut. 66, 21. Die beiden anderen
Ueberlieferungen, die italische (I) und transalpine (T), gehen zwar auf
einen gemeinsamen Urcodex zurück, sind aber ihrem Texte nach wesentlich
von einander verschieden und hatten jede in ihrem archetypus andere,
zum Theil sehr bedeutende, Lücken. Die älteren Vertreter von I sind
Eusebianus saec. X (E) und aus saec. XT Laur. 66, 20 (F), Se88orianu%(S),
253 f. Pompeius Trogns. (lustinus). Fenestella. 539
Vossianus Q. 101 (L); die echte üeberlieferung der Classe T aber enthalten
aus saec. IX bes. der Puteaneus (A), Sangallensis (H), Floriacensis = Voss.
Q. 32 (V), dann Monacensis saec. X (M), Franequeranus 24 saec. XI (B),
und aus saec. XII der Weingartensis ^ Gissensis (G), Bern. 160 u. 638 (B
u. D) u. a. Rühl S. 3 f. vgl. S. 11 f. 18 f. 23 f. 48—50, und dessen Schrift
Üeber die Textesqnellen des lust. Ueber den Gissensis s. F. W. Otto, com-
mentar. crit. de codd. bibl. Giss. 1843, p. 201 — 250. Auch vgl. J. Jeep in
seiner Praefatio nnd im Wolfenbüttler Programm 1855. 30 pp. 4. J. A.
Rozsek, über fünf Justinus-Handschriften, Graz 1871. 20 S. Progr.
9. Ausgaben des Justinus. Ed. princ. Yenet. 1470 und Born. 1470. 4.
vgl. RCihl, d. Verbreitung, S. 51 f. von Sweynheim u. Pannartz, 1472. Aid.
1522. NEM^h guten Hdss. J. Bongarsius (cum notis), Paris. 1581; vermehrt
durch Fr. Modius (Francof. 1587). Cum notis Is. Vossii, Lugd. B. 1640.
Cum notis variorum -ed. I. G. Graevius, Utrecht 1668. Lugd. B. 1683. 1701.
Sammelausgabe von Abr. Gronovius, Lugd. B. 1719. 1760; erneuert und
vermehrt von C. IL Frotscher, Lips. 1827—1830. 3 Voll. Ed. J. F. Fischer
(Lips. 1757), J. C. F. Wetzel (Lignit. 1806), Bonecke (mit Anm., Leipzig -
1830), Fr. Dübner (adnot. crit. instr., Lips. Teubner 1831), W. Fittbogen
(mit Anm., Halle 1835), Johanneau et Dübner (Paris 1838. 2 Voll.), und
besonders rec. Just. Jeep (Lips. 1859, Bibl. Teubner.; mit comm. criticus
p. 1 — 188; ed. minor 1862). Auch ed. Fr. Arnulf (varias lectt. ex II codd.
Taurinens. adiecit, Turin 1848. 508 pp.), G. IL Th. Hartwig (Schulausgabe,
Braunschweig 1852), H. Domke et G. Eitner (in us. schol., Breslau 1865).
10. J. F. Recke, über die Spracheigenthümlichkeiton Justins, Mühlhaus.
1855. 25 S. 4. J.F.Müller, de casuum ap. lust. usu, Budissin 1859. 20 pp. 4.
J. A. Roiek, de natura latinitatis lustinianac, Hermanstadt 1865. 4. Fr.
Fischer, de elocutione lustini, Halle 1868. 66 pp.
Rzesinski, de lustino Trogi epitomatore, Erakau 1826. U. Köhler,
Kritisches zu Justin, in Fleckeisen's Jahrbb. 91, S. 427 — 430. F. Rühl,
ebd. 101, S. 21 — 24.
11. üebersetzungen von Ostertag (Frankf.- a. M. 1781, 2 Bde.), Kolbe
(1824) und Chr. Schwarz (Stuttgart, Metzler 1834—1837, 6 Bdchn.).
254. Am Schlüsse der augusteischen Zeit und vielleicht 243
noch unter Tiberius schrieb der sorgfaltige Forscher Fene-
stella, welcher sich den Varro zum Muster gewählt hatte.
Wie dieser gab er selbst von seinen Annales auch eine kürzere
Bearbeitung heraus und widmete , in- den Annales selbst oder
einem eigenen Werke, der Sittengeschichte Roms und den staats-
rechtlichen Verhältnissen eingejiende Aufmerksamkeit. Dagegen
L. Arruntius ahmte in seiner Geschichte des punischen Krieges
in übertreibender Weise den Sallust nach. Eine Bearbeitung
der älteren römischen Geschichte verfasste vielleicht schon in
dieser Zeit Annius Fetialis, eine Darstellung der jüngsten Ver-
gangenheit A. Cremutius Cordus.
540 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
1. Hieronym. zu Eus. Chron. ad a. Abr. 2035 =« 772 d. St. (19 n. Chr.):
Fenestella historiarum scriptor et carminum septuagenarius moritar sepe-
liturque Cumis. Greboren wäre er hienach 702 d. St. Dazu stimmt Plut.
Grass. 6 eztr.: rovtmv qpTjal xriv stigav (die im J. 668 uugeföhr 18 J. alt,
somit c. 650 geboren war) tJötj nQsaßvtiv ovaocv 6 ^cciveatiXXag ISblv avvog
xttl TToXXaxig uKOvaai (in Spanien?). Wenig wahrscheinlich ist hienach die
Angabe von Plin, N. H. XXXIII, 52: sua memoria coeptum Fenestella
tradit, qui obiit novissimo Tiberii Gaesaris principatu. Da Tiberius 790
= 37 starb, so müsste nach Plinius Fenestella's Leben um 719 — 789 ge-
setzt werden (Mercklin p. 3). Dass er erst unter Tiberius (das betr. Werk)
geschrieben habe erhellt nicht aus Pliu. N. H. VIII, 74: togas rasas . .
divi Augusti (Worte des Plinius?) novissimis temporibus coepisse scribit
Fenestella. Sicher schrieb er vor Asconins, der öfters gegen ihn polemisiert.
Sehr unrichtig jedenfalls Lyd. de mag. III, 75: tog ^svsatiXlctg xal Susivag
ol *Pm[uxioi qtaüiv, &v tag %Qri<mg o BdQQcav iid tmv dv^Qcanivmv nqay-
(laTcav dvrjyaysv' iym Sl tag ßißXovg ovnm zsd'sayMi. Fenestella wird wohl
den Sisenna und Yarro angeführt und des Lydus Quelle die drei Namen
durch einander gebracht haben. Praenomen und nomen des Fenestella ist
unbekannt; ebenso die carmina desselben.
2. Auf Fenestella werden zahlreiche staats- und. sacralrechtliche An-
gaben zurückgeführt, wie über die provocatio, die Quästoren, die XVviri,
die leges Aureliae, die festi und profesti dies, das römische Jahr, die ludi
circenses, libri sibyllini, auch über die Kosten der aqua Marcia; ebenso
sittengeschichtliche über Eleidertracht (togae rasae, uniones, anuli aurei,
calcei, Sübergeräthe), Lebensweise (Fische, Einführung der olea, Aufkommen
des Luxus) und literaturgeschichtliche (über Terenz und Gicero). Nirgends
aber werden bei diesen Angaben (etwa abgesehen von der ganz unsicheren
Stelle bei Non. v. praesente) ausdrücklich seine Annales als Quelle genannt.
Vielmehr hat das aus diesen AugefQhrte den Gharakter einer Erzählung
von Vorgängen, jene culturgeschichtlichen Nachrichten aber, bei aller An-
knüpfung an bestimmte Jahreszahlen (Mercklin p. 10), einen reflectierenden.
Auch sagt Sen. Ep. 108, 31: aeque notat (Gicero in Bep.) .. . provocationem
ad populum etiam a regibus fuisse: id ita in pontificalibus libris, et alii
putant et Fenestella. Zu der Art wie hier Fenestella zu den pontificales
libri in Beziehung gesetzt ist stimmt seine Zusammenstellung mit Graccha-
nus (oben 143, 2) und Trebatius (der de religionibus schrieb, oben 199, 3)
bei Ulpian, Dig. I, 13, 1, 1: et lunius et Trebatius et Fenestella scribunt.
Vielleicht gehört dahin auch seine Bezeichnung als annalium commentator
(oder = scriptor?) bei Tertull.. adv. Valent. 34, p. 303. Plinius nennt und
benützt ihn als Quelle in B. VIII (de elephantis etc.), IX (de aquatilium
natura), XV (frugiferae arbores), XXXIII (Metalle), XXXV (Malerei).
3. Genauere Anführungen aus den annales des F. finden sich nur bei
Nonius, nämlich p. 221 f. v. reticulum (vielleicht aus einer Sittenschilderung):
Fen. annalium (III), p. 154, 20 (v. praesente): Fenestella annali l. II (aus
unbekannter Zeit), und p. 385, 9 (v. rumor): F. annali 1. XXII (aus J. 698
d. St.). Auch stammen daraus unzweifelhaft die Nachrichten bei Plut. Süll.
28 und Grass. 4 f. Selbst wenn die culturhistorischen Angaben aus den an-
264. Fecestella^ Clodius Licinus u. Arrnntius. 541
nales waren beweisen sie nichts für deren Zurückreichen in die Eönigszeit,
da sie (z. B. Plin. N. H. XV, 1) Excurse gewesen sein kOnneti. Die Irr-
thümer welche Asconius tmd Gellius dem Fenestella nachweisen sind theils
unerheblich (Mercklin p. 9 f.) theils beruhen sie auf Meinungsverschieden-
heit, widerlegen daher nicht das Urteil von Lactant. (inst. div. 1, 6, 14):
Fenestella diligentissimuß scriptor, das vielmehr durch Stellen wie Sueton.
vit. Terent. 1 und Macrob. 1, 10, 5 f. bestätigt wird. Vgl. noch Lactant.
de ira dei 22, 5: plurimi et maximi auctores tradid«runt, . . nostrorum
Varro et Fenestella. Die wenigen zusammenhängenden Stellen die wir
kennen (besonders bei Non. v. rumor, auch Priscian. VIII, 20. p. 386, Vi f.
Htz.) zeigen eine Darstellung von behaglicher Umständlichkeit. Daher der
Auszug, bei.Diomed. I. p. 365, 7 f.: apud Fenestellam in libro epitomarum
secundo: quemadmodum Caesar a piratis captus sit etc. Also eine Art
Inhaltsverzeichniss , wie die Prologe des Trogus, jedoch ausführlicher als
diese. Nur auf Fulgentius (mythol. III, 2) beruht und ist darum fast
werthlos das Citat: ut Fenestella in Achaicis (oder Arch.) scribit.
4. Sammlung der Ueberreste des Fenestella zuletzt an Frotschers Aus-
gabe von Corte's Sallust (Lips. 1825) I. p. 489 — 494. Dazu Nachträge von
L. Mercklin, de Fen. p. 12, und danach von J. Poeth, de Fen. p. 21 — 56.
L. Mercklin, de Fenestella historico et poeta, Dorpat 1844. 12 pp. 4. Gedehnt
J. Poeth, de Fen. historiarum scriptore et carminum, Bonn 1849.
5. Die unter dem Namen L. Fenestella veröffentlichten zwei Bücher
de magistratibus et sacerdotüs Romanorum (z. B. Vindob. 1510. 4. Paris
1530. 1535) hatten den Canonicus Andr. Dom. Fiocchi (f 1452) zum Verfasser,
und wurden auch unter dessen Namen (Floccua) von Aegid. Witsius 1561
herausgegeben. Die Fälschung war so naiv dass sie unter den saccrdotia
auch episcopi und archiepiscopi aufführte.
6. Suet. gramm. 20: fuit (Hyginus) familiarissimus Ovidio poetae et
Clodio Licino consulari historico, qui eum . . tradit liberalitate sua quoad
yixerit sustentatum. Er ist ohne Zweifel der cos. suff. des J. 757 d. St.
(ex Kai. lul.) C. Clodius Licinus (Orelli 644. 3260; C. I. lat. I. p. 473 f. 180),
und wohl auch der von Livius (XXIX, 22, 10) mit ganz ungewöhnlicher
Genauigkeit angeführte Clodius Licinus in libro lEL rerum romanarum (für
J. 560 d. St.). Auf denselben bezieht sich höchst wahrscheinlich Nonius v.
pristis (Claudius rerum romanarum libro XII) und v. patibulum (Licinius
rerum rom. libro XXI). Es scheint dass er seine Geschichte mit den
punischen Kriegen begann und bis in die Zeit des Augustus herabführte.
M. Hertz, de historic. 1871. p. 4 — 9.
7. Sen. Epist. 114, 17: L. Arruntius, vir rarae frugalitatis (Vellej.
II, 86, 2 vom J. 723: L. Arruntii, prisca gravitate celeberrimi, fides), qui
historias belli punici scripsit, fuit Sallustianus et in illud genus nitens.
18: quae apud Sallustium rara fucrunt apud hunc crebra sunt et paene
continua. ib. 19: Arruntius in primo libro belli punici. Tac. A. XI, 6:
meminissent . . recentiorum Arruntii et Aesemini; ad summa provectos
incorrupta vita et facundia. Als Gegner der neumodischen Beredtsamkeit
erwähnt ihn Sen. controv. VII. praef. 7. Er ist wohl der L. Arruntius L. f.
542 Auguflteiache Zeit J. 711—767 d. St.
welcher im J. 782 d. St. mit AeBerninuB Consnl war und der Vater des
gleichnamigen Consuls von 769 d. St., welcher Letztere J. 790 starb. Der
Geschichtschreiber ist ohne Zweifel auch der Arruntius welchen Plinius im
Quellenverzeichniss seiner n. h. zu Buch III, V und VI (Beschreibung von
Spanien, Africa, Asien) auffuhrt.
8. Annius Fetialis, von Plinius im Quellenverzeichniss zu B. 16, 33 u.
36 genannt und XXXIV, 13, 29 als OewOiiramann für die Angabe dass das
Cioeliastandbild vieTmehr eine Valeria darstelle; eine Angabe welche wohl
auf Valerius Antias zurückgeht (Schwegler R. G. IL S. 8) und vielleicht
geradezu ihm beizulegen ist (Annius statt Antias). H. Peter, bist. I. p.
cccxvni. cccxxL
9. lulius MarathuB, libertus et a memoria eins (des August), . . tradit,
Suet. Aug. 79 vgl. 94: auctor est I. M. (von einem verherrlichenden Mythus
Über August).
10. Ueber Gremutius CorduB s. unten 272, 1.
11. Üeber T. Labienus s. unten 262, 8. Ueber die geschichtlichen
Schriften des Hyginus und Verrius Flaccus s. unten 256, 1 f . 267, 2.
244 255« Unter den Grammatikern umfasste Sinnius Capito
in der Weise der Aelteren neben grammatischen zugleich auch
literarhistorische und andere Studien. Der Einfluss des Varro
zeigt sich bei Sinnius in der nationalen Richtung seiner Forschung
sowie in der Wahl der Briefform.
1. M. Hertz, Sinnius Capito, eine Abhandlung zur Geschichte der rOm.
Grammatik, Berlin 1846. Sammlung seiner üeberreste ebds. S. 27 — 37.
Vgl. Egger, vet. serm. lat. reliqq. p. 63 — 68.
2. Gell. V, 20, 1: soloecismus, . . a Sinnio Capitone eiufldemque aetatis
aliis imparilitas appel latus, vetustioribus Latinis stribiligo dicebatur. 21,
9 — 11: Sinni Capitonis, doctissimi viri (vgl. Hieron. in A. 3), epistulae
sunt uno in libro multae positae . . in templo Pacis. prima epistula scripta
est ad Pacuvium Labeonem (oben 199, 6). . . in ea rationes grammaticas
posuit per quas docet „pluna^* latinum esse, „plura" barbamm. 20, 2:
Sinnius Capito in litteris quas ad Clodium Tuscum dedit. Vgl. Festus p. 162
(si diligentius inspiciatur, ut fecit Sinnius Capito). 170 M. Dahin gehört
wohl auch der liber de syllabis . . Sinni Capitonis bei Pompejus p. 110,
2 Keil (Gramm, lat. V). Vgl. J. Becker, Zeitschr. für die Alt. Wiss. 1847,
Nr. 133. In seinen Wortableitungen (Fest. p. 138. 230. 340) zeigt sich
Capito, wie Nigidius (s. 196, 4), als Puristen.
3. Lactant. Inst. div. VI, 20, 35 : Sinnius Capito in libris spectaculornm
docet. Vgl. Festus p. 326 u. 364. M. Hertz S. 20 f. Erklärung sprüchwört-
lieber Redensarten (Festus p. 145. 261. 282. 322. 325. 334) in einem eigenen
Werke? Hertz S. 22. 32 ff. Philologus I. S. 610 ff. Geographisch -ethno-
graphische Forschungen? Hieronym. in Gen. III. p. 319 Vall.: legamus
Varronis de antiquitatibus libros et Sinnii Capitonis et Graecum Phlegonta
255 f. Grammatiker: Sirinius Capito. Verrius Placcus. 543
ceterosqae emditisaimos viros, et videbimuB omnes paene insulas etc. Hertz
S. 23. 30 f., welcher hienach S. 25 ein dem yarronischen gleichbetiteltes um-
fassendes Werk des Sinn. Cap. vermutet, Antiquitates oder De antiquitatibus,
worin die Forschungen über Gegenstände der römischen Religion, Verfassung
und des Rechts wesens untergebracht waren. G. Wachsmuth, Ausgabe von
Lydus de ostent. p. XX, bezieht darauf auch Lyd. ost. 3 (p. 6, 16) und de
magistr. prooem. (o ts KanCxanv xal ^ovxriXog).
256« Die Richtniig des Fenestella und Sinnius Capito auf^^ö
Alterthumsforschung und ihren Anschluss an Varro theilte der
gelehrte Freigelassene M. Verrius Flaccus, besonders bekannt
durch seine Fasti und das umfassende lexicalische Werk de ver-
borum significatu, eine reiche Fundgrube der wichtigsten Nach-
richten über das römische Alterthum, Wir besitzen von demsel-
ben nur einen namhaften Theil des Auszuges welchen Pompeius
Festus davon gemacht hatte^ nebst dem Auszuge welchen dann
wiederum der Priester Paulus von dem Excerpte des Festus
anfertigte, Beide in der Absicht das nicht mehr gebräuchliche
Alte auszumerzen.
1. Suet. gramm. 17: M. Verrius Flaccus libertinus docendi genere maxi,
me inclaruit. . . quare ab Augusto quoque nepotibus eins (geb. 734 und
737) praeceptor electus transiit in Palatium cum tota schola. . . decessit
aetatis exactae sub Tiberio. statuam habet Praeneste in inferiore fori parte,
circa hemicyclium in quo fastos a se ordinatos et marmoreo parieti incisos
publicarat. Ueber diese s. oben 72, 3 und 72, 8, 10. Der Verrius Flaccus,
iuris pontificii peritissimus, von welchem eine Aeusserung (Witz wort?) aus
Varro bei Macrob. 1, 15, 21 angeführt wird könnte etwa sein Freilasser sein.
2. Sammlung der Üeberreste des Verrius in den Ausgaben des Festus
von Dacier, Lindemann und 0. Müller (Praef. p.. XIII — XVI). Gellius IV,
5, 6: in Verri Flacci libro primo rerum memoria dignarum. Daraus wohl
das was Plinius in N. H. III, VII, VIII, IX, XIV, XV, XVIII, XXVIII,
XXIX, XXXm— XXXV von Verrius Flaccus entnahm. Gell. XVII, 6, 2:
libri . . . Verrii Flacci de obscuris Catonis (oben 118, 4) in libro secundo
scriptum est etc. V, 17, l (und 18, 2): Verrius Flaccus in quarto de ver-
borum significatu. Schol. Veron. ad Aen. X^ 183 u. 200 (p. 103 E.) : Flaccus
primo Etruscarum. Macrob. I, 4, 7 (vgl. ib. 8, 5): Verrius Flaccus in eo
libello qui Saturnus inscribitur. Unbestimmte Anführungen aus dem röm.
Cultus ib. 6, 16. 10, 7. 12, 16. Lactant. Inst. I, 20. Serv. Aen. VELI, 203.
XI, 143 (alii, sicut Varro et Verrius Flaccus, dicunt). Thätigkeit fürVergü?
Ribbeck prolegg. Verg. p. 176 — 177. Suet. gramm. 19: Scribonius Aphro-
disius . . docuit quo Verrius tempore, cuius etiam libris de orthog^aphia
rescripsit non sine insectatione studiorum morumque eins. Daraus wohl
die Angaben von orthographischen Bestimmungen des Verrius Flaccus bei
Charisius, Diomedes und Velius Longus. Sind daraus auch die dortigen
Erörterungen über Geschlecht, Flexion und Bedeutung von Wörtern, so
544 Augusteische Zeit. J. 711 — 767 d. St.
hat VerriuB die Orthographie als sprachlich richtiges Schreiben verstanden.
Auch der Briefform bediente er sich (wie Varro) bei seinen grammatischen
Darlegungen; Serv. Aen. YIII, 423: autea hoc adverbium loci fuit; . . nam
crebro in antiquis lectionibus inyenitur, sicut in epistulis probat Verrius
Fiaccus cxemplis, auctoritate, ratione.
3. Das Werk de verborum significatu war von Verrius alphabetisch
angelegt, so dass jeder Buchstabe eine Anzahl Bücher umfasste, z. B. P
mindestens fünf (^Feslus p. 326 b, 2 f. M.: causam Verrius in libro V quorum
prima est P litera reddidit), A zum Mindesten vier (s. Gell, in Anm. 2),
ebenso *S mehrere Bücher (Fest. p. 309 a, 5 f.: Suburam Verrius alio libro
-- bei Festus p. 302 a, 15 ff. — a pago Succusano dictam ait, hoc vero
maxime probat corum auctoritatem qui eto.). Innerha-lb der einzelnen Buch-
staben scheint in der Hauptsache gleichfalls die alphabetische Ordnung
eingehalten worden zu sein, aber ohne Consequenz und mit Durchkreuzung
durch andere Rücksichten, besonders sachliche. 0. Müller p. XVI — XXIX,
wo das Ergebniss: Verrium apparet libros de verb. sign, omnes secundum
litteras disposuisse, neque in ea re primas tantum sed etiam secundas
tertiasque litteras respexisse, sed ita ut saepe litteras inter se afHnes, velut
£ et I , O et V, uno capite comprehenderet et consonantibus maius pondus
tribueret quam vocalibus, denique ut singulorum capitum . . ordinem ad
arbitrium magis quam ex niphabeti lege constitueret. idcirco putaverim
Verrium quae ex variis scriptoribus . . excerpsisset vel ipse excogitasset in
singulas Chartas coniecisse easque deinde non certo ordine digestas librariis
tradidisse describendas. In dem Werke werden sämmtliche Gedichte des
Verg. angeführt, Horaz niemals. Von Varro werden verschiedene Schriften
citiert, das Werk de lingua latina nie, vielleicht weil es Verrius für ver-
fehlt hielt (vgl. oben 165, 2) und doch nicht dagegen polemisieren mochte.
Die Schriften des Antistius Labeo, des Veranius und Atejus Capito werden
erst in der zweiten Hälfte des Werkes angeführt. Auf die Abfassungszeit
IS,sst schliessen p. 154 b, 7 f.: cum mansisset ab urbe condita ad principa-
tum Augusti Caesaris inviolatum, und (v. senacula) p. 347, 25: ubi nunc
est aedis Concordiae inte): Capitolium et forum, welcher Tempel im J. 763
d. St. eingeweiht wurde. Das Werk scheint daher eines der spätesten des
Verrius zu sein. Vgl. Merkel zu Ovid's Fast. p. XCIV ff.
4. Üeber sein Verhalten zu dem Werke des Verrius spricht sich Festus
selbst, V. porriciam, p. 218 b. so aus: cuius (des Verrius) opinionem neque
in hoc neque in aliis compluribus refutare minime necesse est, cum pro-
positum habeam ex tanto librorum eins numero intermortua iam et sepulta
vcrba atque ipso saepe confitente nullius usus aut auctoritatis praeterire,
et reliqua quam brevissime redigere in libros admodum paucos. (Glück-
licherweise führt er diesen Vorsatz sehr inconsequent durch.) ea autem de
quibus dissentio et aperte et breviter, ut sciero, scripta in his libris meis
invenientur (qui) inscribuntur „priscorum verborum cum exemplis^S Letz-
teres Werk des Festus ist spurlos verschwunden. Das Excerpt aus Verrius
ist mechanisch gemacht, mit Zusätzen besonders aus andern Schriften des
Verrius, selten eigenen, die dann möglichst wortreich sind (v. monstrum,
p. 138 b: inde dici apparet id quartum quod mihi visum est adiciendum,
256. Verrius Flaccus. (Festus. Paulus.) 545
praeaertim cum ex eadem significatione pendeat et in promptu sit omuibus).
Dass er seine Weisheit dem Verrius zu danken habe wird nur beiläufig
erwähnt, fast einzig wo er jenen schulmeistern zu können glaubt. So v.
pictor p. 209 a, 12 f.: cur hoc loco relatum sit a Verrio, cum de significatu
verborum scribere propositum habuerit, equidem non video; ebenso v. Ta-
tium (p. 360 — 362 M.): quod ad significationem verborum non magis per-
tinet quam plnrima alia et praeterita iam et deinceps quae referentur.
Vgl. V. pomciam, p. 218 M.
5. Das Zeitalter des Sex. Fompeius Festus ist unbekannt; indessen
citiert er p. 369 den Martialis und p. 277 a den Granius (?) und wird selbst
Yon Charisius (also lulius Romanus), p. 220, 28 f. K. (Porphyrio ex Verrio
ot Festo), sowie Macrobius (Sat. III, 3, IQ und 6, 7 Pompeius Festus;
III, 8, 9 lulius Festus de verborum significationibus libro XIII) angeführt.
Er mag also dem zweiten christlichen Jahrh. angehören. Er theilte seinen
Auszug in 20 Bücher von ungefähr gleichem Umfang ein, ohne Rücksicht dar-
auf dass jedes Buch einen neuen Buchstaben beginne (0. Müller p. XXXI f.).
Erhalten ist uns sein Werk durch eine einzige (vgl. Rhein. Mus. XVII. S. 310)
Handschrifb, den cod. Farnesinus saec. XI (jetzt in Neapel), damals ohne
Zweifel noch vollständig. Von dieser brachte um 1480 der lUyrier Manilius
Rhallus die neun letzten (mit der Mitte des M beginnenden) der 16 Quater-
nionen aus welchen das Exemplar ursprünglich bestand ungebunden nach
Rom (an Pomponius Laetus), und auch diese sämmtlich auf der linken
Columne durch Brand schwer beschädigt. Von diesen neun sind seitdem
wieder drei verloren gegangen (quat. VIII , X , XVI) und uns nur durch die
Abschriften bekannt welche im löten Jahrh. davon genommen wurden (seit
Ursinns irrig schedae Pomponii Laeti genannt). Namentlich den Quaterpio
XVI besassen noch Manche (wie Politianus und der Schreiber von Vat. 2731)
denen vom Uebrigen mehr oder weniger fehlte (wie dem Politianus die
Quaternionen VIII, IX und X). Vgl. 0. Müllers Ausgabe p. II— VII und
Th. Mommsen in den Abhandl. der Berl. Akad. 1864, p. 57 — 66.
6. Wie der Auszug des Festus zum frühen Untergange des vollständigen
Originalwerkos beigetragen haben wird, so wurde Festus selbst wiederum
verdrängt durch seinen Epitomator, den Priester Paulus (ohne sichere
Berechtigung Diaconus genannt, s. Bethmann in Pertz Archiv X. S. 320 fF.)
unter Karl dem Grossen. In dem als Vorwort dienenden Schreiben an
Letzteren heisst es: Sextus Pompeius . . opus sunm ad XX usque prolixa
Volumina extendit. ex qua ego prolixitate superflua quaeque et minus ne-
cessaria praetergrediens et quaedam abstrusa penitus stilo propno enucleans,
nonnuUa ita ut erant posita relinquens, haec vestrae celsitudini legendum
compendium obtuli. Paulus hat das Excerpt des Festus den sehr massigen
Bedürfnissen seiner Zeit anzupassen gesucht und hat diess mit einem Mass
von Kenntnissen und Einsicht gethan das selbst wenig über seine Zeit hin-
ausreichte. Aber so gross war die Reichhaltigkeit des ursprünglichen Werkes
dass sie selbst durch diese abermalige potenzierte Verdünnung, Verkürzung
und Verhunzung noch oft genug glänzend hindurchbricht. Eigener Zuthaten
hat sich Paulus löblicher Weise fast gänzlich enthalten, auch die Ordnung
bei Festus nur in Einzelheiten vei^ndert. Da er auch die Schreibfehler des
Teufhil, Rom. Literatnrgf'Bcliicbt«*. 2. Aufl. 35
546 Auguflteische Zeit. J. 711—767 d. St.
cod. Farnes, von Festus abschreibt oder durch Weglassung der betreffenden
Worte umgeht, so scheint es dass er die gleiche Handschrift des Festus
vor sich hatte wie der Schreiber des Farnesinus. Vgl. 0. MüUer's Praef.
p. XXXII f. VIII f. Der Auszug des Paulus ist in zahlreichen Hdss. auf
uns gekommen. Derselben sind zweierlei Classen. Die eine gibt mit blinder
Treue die Worte des Paulus wieder, wie die Münchner saec. XI und die
WolfenbütÜer saec. X. Die andere rührt von Solchen her die den vorge-
fundenen Text mit ihren unzureichenden Kräften zu verbessern versuchten,
wozu besonders ein Lipsiensis und ein Berolinensis gehört; s. 0. Müller
p. IX — XII. Auch zu Troyes soll sich ein cod. saec. IX befinden; s. Cata-
logue gen^ral des mss. (Paris 1856) II. Nr. 2291.
7. Ausserdem ist uns Einzelnes durch Schriftsteller erhalten welche vor
Festus den Verrius benützten oder vor Paulus oder unabhängig von ihm
den Festus. Das Erstere findet Statt bei dem Ezcerpt aus Suetons Prata,
libr. IX bei Isidor de nat. rer. 44» in Reifferscheids Sueton p. 242 — 244;
das Zweite bei den Glossarien des Placidus und den griechisch-lateinischen,
namentlich in den ersten Buchstaben; s. 0. Müller *6 Festus p. XXXIII f.
und p. 380 f.
8. Ausgaben des Festus und Paulus (vgl. Müller 's praef. p. XXXV —
XLII). Ed. princ. des Letzteren Mediol. 1471 und darnach Öfters. Festus
und Paulus durcheinander (nebst Nonius und Varro) nach J. B. Plus' Papieren
von Conagus, Mediol. 1510 und später. Aid. Venet. 1513. Sonderung des
Festus und Paulus und kritische Behandlung durch Ant. Augustinus, Venet.
1559 und sonst Vorzügliche Beiträge zur Kritik in Jos. Scaliger's Ausg.,
1565. Mit Ergänzungen des Fulvius Ürsinus, Rom 1581 f. Notis et emend.
illustr. A. Dacier, Paris 1681 und Amsterd. 1700. In Lindemanns Corp.
gramm. lat. II, und abgesondert Lips. 1832. 4. Edidit A. E. Egger, Paris
1838. Hauptausgabe: emendata et annotata a C. 0. Müller, Lips. 1839. 4.
9. Beiträge zur Textkritik von L. Mercklin (Observationes ad etc. Dorpat
1860. 14 pp. 4.), W. Corssen (Philologus XX. S. 730 — 737), Th. Mommsen
(Festi codicis quaternionem XVI*^"" denuo edidit, Abh. d. Berl. Akad. 1864,
p. 66 — 86) u. A.
10. A. Baumstark in Pauly's Beal-Enc. III. S. 463—466. H. E. Dirksen,
die römisch - rechtlichen Quellen des Verrius Flaccus und Festus, Abhandl.
der BerL Akad. 1852, S. 133 — 184 = hinterlassene Schriften I. S. 64—108.
246 267. Der Freigelassene des Augustus und Bibliothekar C.
lulius Hyginus (um 690 — 770?) verband die Richtung des
Varro mit der des Nigidius Figulus. Dem Varro strebte, er
nach in Vielseitigkeit der literarischen Thätigkeit und in natio-
naler Richtung derselben. Wie er de situ urbium italicarum
schrieb so auch über berühmte Männer der vaterländischen Ge-
schichte; daneben verfasste er Schriften über ein Gredicht des
Ginna und über die Werke des Vergil, sowie eigene Bücher
über Ackerbau und Bienenzucht. Nach den^ Vorgange des Ni-
257. Hyginus. 547
gidias verfasste Hyginus theologische (und astrologische) Schrif-
ten, die aber wohl nüchterner gehalten waren als die von jenem.
Den Namen Hyginus tragen zwei auf uns gekommene Schul-
bücher über Mythologie, nämlich 277 Fabulae (aus den Ge-
nealogiae), werthvoll besonders durch ausgedehnte Benützung der
tragischen Literatur der Griechen, aber in sehr abgekürzter
Fassung und unclassischer Sprache erhalten; und vier Bücher
de astronomia aus alexandrinischen Quellen, besser erhalten,
aber gleichfalls gekürzt. Beide^ Schriften sind ohne Zweifel von
demselben Verfasser; ob dieses aber der Augusteer Julius Hygi-
nus war ist zweifelhaft.
1. Suet. gramm. 20: C. Julius Hyginus, Augusti libertus, natione Hispanus
— nonnulli Alexandrinum putant et a Caesare puerum Romam adductum
Alexandria capta (J. 707 d. St.) — studiose et audiit et imitatus est Corne-
lium Alexandrum grammaticum graecum, quem propter antiquitatis notitiam
Polyhistorem multi . . vocabant. (Daher vielleicht die Bezeichnung des
Hyginus als Alexandrinus.) praefuit palatinae bybliothecae (gegründet 72C
d. St.), nee eo secius plurimos docuit; fuitque familiarissimus Ovidio poetae
(der vielleicht an ihn Trist. UI, 14 gerichtet hat) et Clodio Licino (oben
264, 6), . . qui eum admodum pauperem decessisse tradit. . . huius libertus
fuit lulius Modestus, in studiis atque doctrina vestigia patroni secutus.
Ungenauer Auszug hieraus bei Hieronym. zu Euseb. chron. ad a. Abr. 2008
=* 746 d. St.: C. lulius Hyginus, cognomento Polyhistor, grammaticus habe-
tur inlustris. 'Zur Zeit da Golumella (I, 1, 13 f.) schrieb war Hyginus todt.
Schon bei Festus v. orba (p. 182 a) wird neben Aelius Gallus und Comifi-
ciuB auch Yginus angefahrt. Chr. B. Bunte, de C. lulii Hygini . . vita et
scriptis, Pars prior, Marburg 1846. 63 pp.; auch vor seiner Ausgabe der
Fabulae p. 1 — 16.
2. Ascon. ad Cic. Pis. p. 13 Or.: Varrbnem tradere . . lulius Hyginus
dicit in libro priore de viris claris. Grell. I, 14, 1: lulius Hyginus in libro
de vita rebusque inlustrium virorum sexto. Also zweierlei Eintheilungen
(wie oben 132, 4) oder (wie bei Varro's Antiquitates und Imagines, oben
S. 272 u. 274) zweierlei Bearbeitungen, eine kürzere und eine ausführliche.
In letzterer bildete wohl jeder Behandelte ein eigenes Buch; daher Gell. VI,
1, 2 (u. 6): et C. Oppius (oben 194, 2) et lulius Hyginus alüque qui de vita
et rebus Africani scripserunt. Vgl. Hieronymus, oben 207, 2. Gell. X, 18, 7:
Hyginus in Exemplis refert (vgl. oben 195, 3 u. 4). Serv. Aen. V, 389: secun-
dum Hyginum, qui de familiis troianis scripsit (wie Varro, oben,S. 273, e).
Macrob. IH, 4, 13: Hyginus in libro quem de dis penatibns scripsit. HI, 8, 4:
Hyginus De proprietatibus deomm, cum de astris ac de stellis loqueretur,
ait etc. Vgl. Non. Marc. v. Picmnnns. Daraus (oder aus den Genealogiae,
B. A. 6) wohl auch was Paulin. Nol. carm. 36, 131 — 143 als des Hyginus
Ansicht über Vesta anführt. Serv. Aen. III, 653: secundum Hyginum, qui
scripsit De situ urbium italicarum; vgl. ib. I, 277. 530. VII, 412 (H. in
ital. urb.). VIII, 597 u. 600 (in urb. it.). VII, 678 (de urb. it.). VIH, 638
35*
548 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
(de origine urbium it.). Macrob. V, 18, 16 (lulius Hyg. in libro II Urbinm)
vgl. ib. 7, 19 (nt Hyginus Protarchum Trallianmn secutns tradit).
8. Charis. I. p. 115 P. =a 142, 15 E.: Hyginus de agricultura II. Vgl.
Colum. T, 1, 13: nee postremo quasi paedagogi eius (desVergil in den Georg.)
meminisse dedignemur, lulii Hygini. . . non minorem tarnen laudem meru-
erunt nostrorum temporum yiri, Cornelius Celsus etc. III, 11, 8: Hyginus,
secutus Tremellium (oben 157, 2). XI, 2, 83. 3, 62. Plinins, der ihn im
QuellenverzeichnisB zu B. III bis VI, X bis XXII aufführt (immer ah Hyg.),
nennt ihn h. n. XIH, 47. XVI, 84. XVHI, 63. XIX, 27. XX, 45. XXI, 29.
Dazu ein eigenes Werk (oder wahrscheinlicher ein Theil des Werkes de ag-
ricultura) über Bienenzucht. Colum. IX, 13, 8: Hyginus in eo libro quem
de apibus scripsit; vgl. ib. 6. 11, 5 (H., auctoritatem Graecorum sequens).
13, 3 f. 14, 1 — 18. Plin. n. h. XX, 45, 116. üeber den Charakter dieser
Schrift 8. Colum. IX, 2, 1 f.: de quibus (Bienenkörbe) neque diligentins
quidquam praecipi potest quam ab Hygino iam dictimi est nee omatius
quam Vergilio nee elegantius quam Celso. Hyginus veterum auctorum
placita secrctis dispersa monimentis industrie collegit. . . ea quae Hyginus
fabulose tradita de originibus apum non intermisit poeticae magis licentiae
quam nostrae fidei concesserim.
4. Charis. I. p. 108 P. =» 134 K. : luIius Hyginus in Cinnae propemptico
(vgl. oben 210, 2). Gellius XVI, 6, 14 (über Aen. IV, 57): Hyginus lulius,
qui ins pontificium non videtnr ignorasse, in quarto librorum quos de Ver-
gilio fecit. Daraus dasselbe Macrob. VI, 9, 7: Hyginus, qui ins pontificium
non ignoravit, in quinto librorum quos de Vergilio fecit. Gellins I, 21, 2:
Hyginus, non hercle ignobilis grammaticus, in commentariis quae in Ver-
gilium fecit, versichert dass Greorg. II, 245 in libro qui fuerit ex domo
atque ex familia Vergilii er amaror gefunden habe. VTI, 6, 2 ff. nimmt
Gellius den Vergil gegen einen Tadel des lulius Hyginus (wegen praepes)
in Schutz und fuhrt X, 16 eine Reihe von Ausstellungen an welche Hygi-
nus als Merkmale der Nichtvollendung der Aeneis geltend gemacht habe
(1: reprehendit Hyginus Vergilium correcturumque eum fuisse existimat.
11: item hoc quoque in eodem libro reprehendit et correcturum fuisse
Vergilium putat nisi mori occupasset. 14: item in his versibus errasse
Vergilium dicit. 18: versus . . quem Vergilius procul dubio cxemptums
fuit). Vgl. noch Serv. zu Aen. II, 15. VU, 47. XII, 120. Bunte p. 22—33.
Ribbeck, Prolegg. Vergil. p. 117 — 121.
5. Hygin. poet. astr. II, 12: de quo in primo libro Genealogiarum
scripsimuB. Das Citat tiifft zu auf fab. p. 29, 6 Bte., wie überhaupt der
erste Theil der fabulae genealogisierend ist, daher sicherlich ein Excerpt
aus Hygins Genealogiae darstellt. Dosith. ^EQpLTiveviiata libr. III. p. 65 ed.
Böcking: Maxime et Apro coss. (J. 207 n. Chr.) a. d. IH id. Sept. Hygini
genealogiam omnibus notam descripsi, in qua cmnt (erant emendiert Bnr-
sian S. 769) plures historiae interpretatae in hoc libro = Mcc^ifim Kai "An^at
vndtotg n^o y sCdciv SsntSfißQCtov *Ty£vov yBvsaXoyCav naaiv yvmexriv fuvs-
yqatpa, iv y faovrai nXfiovsQ iGTogiai SiSQfirivsvfi^vai iv rovxm t^ ßißlim.
Die Vergleichung dessen was Dositheus gibt mit den erhaltenen fabulae
des Hyginus (Bunte, Hyg. fab. p. 18 f. Lange de nexu p. 6 — 8) zeigt zwar
257. HyginuB. 549
die Identität, aber zugleich dass Dositheus bereits ein interpoliertes, durch
Zusätze aus andern Schriften (den Nigidius wird schon Hygin selbst be-
nützt haben) erweitertes Exemplar der Genealogiae vor sich hatte. Schon
damals also waren diese als Schulbuch verwendet. Von dem genealogischen
und dem katalogartig gehaltenen Theile unterscheiden sich die Stücke er-
zählenden Inhalts, mit zusammenhängender Darstellung, "wie es scheint
grossentheils aus den argumenta von griechischen Tragödien entnommen.
Dieser zweite Theil scheint nicht aus Hygins genealogiae zu stammen, zu-
mal da zwischen den verschiedenen Bestandtheilen Wiederholungen und
Widersprüche häufig sind (Bursian S. 771 f.). Auf diesen zweiten Theil
bezieht sich der Titel Fabulae, der dem Werke aber erst von Micyllus
gegeben wurde. Ausser jenen Quellen ist es aus den epischen Dichtern
der Griechen geschöpft, Homer, Hesiod, den Eyklikern und Alexandrinern
(Lange p. 25 — 63), Anderes (fab. 273) aus Vergil. Auch mit Ovid hat das
Werk viele Berührungspunkte; aber die Abweichungen von ihm machen
nicht wahrscheinlich dass er benützt ist und deuten eher auf Gemeinsamkeit
der Quellen, wo nicht gar Benützung durch Ovid (Lange p. 68); vgl. A. 7.
Vielfache Verwechslungen mythischer Namen, Lange p. 19 — 25 ; vgl. Bursian
S. 784. Ausser den von Niebuhr in der Vaticana entdeckten zwei Pa-
limpsestblättem (herausgegeben Bom. 1820) saec. V oder VI ist das Werk
nur durch eine Handschrift überliefert (Bursian im Programm von 1868,
p. VII — IX), nämlich den jetzt verschollenen Frisingensis (saec. IX?) des
J. Micyllus (Bursian ib. p. IV — VII). lieber neuaufgefundene Bruchstücke
dieser Hds. s. C. Halm, München 1870. 10 S. (Berichte d. bair. Ak.). Fab.
138—163 scheint durch eine Blätterversetzung vom Anfange in die Mitte
gerathen zu sein (Bunte, Fab. p. 17. Lange p. 14. 30. Bursian S. 773 f.).
— Ausgaben von Micyllus (Basileae 1535 u. 1549. foL), Commelinus (Hei-
delberg 1599), J. Scheffer (Hygini quae hodie exstant etc. Hamburg 1674,
mit einer Abhandlung de Hygini scriptoris fabularum aetate ätque stilo),
Tho. Muncker (Mythographi latini, Amsterdam 1681), van Staveren (Auetores
mythogr. lat., Lugd. Bat. 1742), Beruh. Bunte (Hyg. fabulae ed., Lips. s.
a., aus 1867). VgL Buntes praef. p. 22 — 25. C. Lange, de nexu inter C.
lulii Hygini opera mythologica et fabularum qui nomen eius prae se fert
librum. accedunt fabulae transmutationum selectae (p. 69—74), Mainz 1865.
K. Bursian in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 761 — 784 und Ex Hygini Genea-
logiis excerpta . . restituta, Zürich 1868. 4. E. Wölfflin, zur Kritik von
H. Fabeln, Philologus X. S. 303—309. M. Schmidt, ebds. XXIII. S. 47—71
XXV. S. 416—433; Rhein. Mus. XX. S. 459—462.
6. Der handschriftliche Titel des gewöhnlich Poetica astronomica ge-
nannten Werkes ist de astronomia, de ratione sphaerae u. dgl.; s. Bur-
sian a. a. 0. S. 761 f. A. 1. Es ist einem unbekannten M. Fabius gewidmet,
den die praefatio anredet: etsi te studio grammaticae artis inductum non
solum versuum moderationo . . sed historiarum quoque varietate . . prae-
stare video, . . tamen . . ne nihil in adolescentia laborasse dicerer et im-
peritomm iudicio desidiae subirem crimen, hoc velut rudimento scientiae
scripsi ad te. Folgt das Inhaltsverzeichniss. Dann: in bis igitur tam multis
et variis rebus non erit mirum aut pertimescendum quod tantum numerum.
550 Augusteische Zeit. J. 711 — 767 d. St.
versnum scripserimus; . . qnodsi longior in sermone visus fuero, non mea
facunditate, sed rei necessitate factum existimato. . . etenim praeter no-
stram scriptionem sphaerae quae fuerunt ab Arato obscurios dicta perse-
cuti planius ostendimus. . . quodsi Tel optimis usus auctoribus effeci ut
neque brevius neque verius diceret quispiam etc. ideoque maioribus etiam
niti laboribuB cogitamus. . . etenim necessariis nostris hominibus scientis-
äimis maximas res scripsimus, non levibus occupati rebus populi captamas
existimationem. Die benfitzten Quellen sind besonders Eratosthenes und
die Scholien zu Aratos; dabei zeigen sich grobe Fehler der Flüchtigkeit
(Bursian S. 765 f.). Claudius Ptolemäus kennt der Verf. noch nicht; Cicero's
Uebersetzung des Aratos wird III, 29 und IV, 3 angefahrt. Benützung des
Werks durch Plinius lässt sich nicht erweisen. Der Schluss ist lückenhaft.
Handschrifben saec. IX ff. gibt es mehrere, in der Vaticana, in Bern, St
Gallen, Wolfenbüttel, Brüssel, Paris, Montpellier u. sonst. Ausgaben (ed.
princeps Ferrar. 1476. 4.) meist mit den Fabulae, namentlich in den
Mythographi von Gommelinus, Muncker und van Staveren; s. A. 5. Kiehl,
Mnemosyne II. p. 88 ff. L. W. Hasper, Hjginus philosophus de imagini-
bus cocli, d. i. das dritte Buch des poet. astr. des C. Julius Hyginus, nach
einer Pariser Hds. zum ersten (?) Mal herausgegeben, Leipzig 1861. Vgl.
Bursian im Lit. Centralbl. 1861, S. 854 f. und a. a. 0. S. 785, A. 46.
7. Die Identität des Verfassers der Genealogiae und der Astronomie
ist unzweifelhaft; s. A. 5 z. A. Auch findet sich niemals ein anderer Name
als Hyginus. Ob dieser aber der Augusteer ist? Die breite täppische
Ruhmredigkeit des Vorworts zur Astronomie (s. A. 6), die schülerhaften
Schnitzer in beiden Schriften stimmen wenig zu dem Bilde das man sich
von dem (nachmaligen?) Vorstaude der Palatina machen möchte. Indessen
dass von Letzterem keine Schriften dieser Art angeführt werden will, bei
der Zufälligkeit und UnvoUständigkeit solcher Erwähnungen, wenig besa-
gen; ebenso dass deren Verfasser niemals ausdrücklich lulius Hyg. genannt
wird, was auch bei anderen Schriften der Fall ist (s. A. 3). Und da von
den Genealogiae gewiss ist dass sie frühzeitig für den Schulbedarf ausge-
zogen und umgewandelt wurden (dreierlei Redactionen von verschiedener
Fasaung haben wir bei Dositheus, in den Niebuhr'schen Blättern und dem
Texte von Micyllus) und bereits auch einen Abschnitt de rerum inventione
enthielten, andrerseits nachaugusteische Quellen sich nicht nach weisen
lassen, und die ungelenke Handhabung der lateinischen Sprache an einem
Ausländer nicht befremdet, so ist die Unmöglichkeit dass beide Schriften
Jugendarbeiten des lulius Hyginus seien noch nicht festgestellt. Der Gro-
matiker Hyginus ist der Verfasser jedenfalls nicht (Bursian S. 767). Bur-
sian (Fleckeisens Jahrb. 93, S. 773) denkt sich den Hergang so „dass etwa
in der zweiten Hälft« des zweiten Jahrh. n. Chr. ein Grammatiker aus dem
Genealogiae betitelten Werke des Hyginus, welches die Kosraogonie und
Theogonie in ausführlicher Erzählung behandelte, einen ganz knappen
Auszug machte und daran (fab. 164 ff.) eine nach mythologischen Gesichte-
punkten (Heroenmythen nach den verschiedenen Sagenkreisen, /t^srafiop-
cptooBig^ aÜTia) geordnete Darstellung des gesammten, besonders znm Ver-
etändniss der Dichter erforderlichen, mythologischen Stoffes aus verschie-
257 f. Hyginas. Clodius Tuscus u. A. 551
denen, zum Theil sehr guten, Quellen an&cbloss. Dieses Handbuch der
Mythologie, dem von seinem ersten . . Theile her der Name des Hyginus
und der Titel Geuealogia geblieben war, wurde bald in den Schulen der
Grammatiker allgemein gebraucht und erlitt in Folge dieses Jahrhunderte
lang fortgesetzten Gebrauches manchfache Umgestaltungen, theils Verände-
rungen des Ausdrucks, Umstellungen . . theils Zusätze und Erweiterungen/^
258. Ausser den Genannten hatte die augusteische Zeit247
noch eine namhafte Anzahl minder bedeutender Grammatiker
und Lehrer, welche meist zugleich schriftstellerisch iyhätig waren.
So Caecilius Epirota, L. Crassitius, Scribonius Aphrodisius u. A.
Spätestens dieser Zeit gehört wohl Tarquitius Priscus an, dessen
Schriften über etruskische Wahrsagekunst noch lange in Gel-
tung blieben. Schriftsteller ähnlicher Art waren Clodius Tuscus,
sowie Cornelius Labeo. Erhalten ist nur ein astronomischer Ka-
lender des Clodius Tuscus in der griechischen Uebersetzung des
Laurentius Lydus. Die Schriften die den Namen des Arztes
Antonius Musa tragen sind späteren Ursprunges.
•
1. Suet. gramm. 16: Q. Caecilius Epirota, Tusculi natus, libertus At-
tici (oben 169, 1), . . cum filiam patroni nuptam M. Agrippae (oben 217, 10)
doceret, suspectus in ea et ob hoc remotus ad Comelium Gallum (oben 227)
se contulit vixitque una familiarissime , quod ipsi Gallo inter grayissima
crimina ab Augusto obicitnr. post deinde damnationem mortemque Galli
scholam aperuit, sed ita ut paucis et tantum adolescentibus praeciperet,
praetextato nemini. . . primus dicitur latine ex tempore disputasse pri-
mugque Vergilium et alios poetas novos praelegere coepisse.
2. Suet. gramm. 18: L. Crassitius, genere Tarentinus ordinis liber-
tini, cognomine Pasicles, mox Pansam se transnominavit. hie initio circa
scenam versatus est (oben 8, 1), . . deinde in pergula docuit, donec com-
mentario Zmyrnae (oben 210, 2) . . inclaruit; . . sed cum . . doceret iam
multos ac nobiles, in bis lulum Antonium (oben 237, 6), . . ut Verrio quo-
que Flacco compararetur , dimissa repente schola transiit ad Q. Sexti phi-
losophi sectam.
3. Suet. gramm. 19: Scribonius Aphrodisius, Orbili (oben 197, 3) ser-
VU8 atqne discipulus, mox a Scribouia, . . quae prior Augusti uxor fnerat,
redemptus et manumissus docuit quo Verrius tempore, cuius etiam libris
de orthographia rescripsit etc. (oben 256, 2).
4. Festus V. topper (p. 862 b): topper significare ait Artorius cito,
fortasse etc. Quintil. I. 0. IX, 1, 2: nee desunt qui tropis figurarum nomen
imponant, quorum est C. Artorius Proculus.
5. Macrob. HI, 20, 3: Tarquitius Priscus in Ostentario arborario
sie ait. Vgl. ib. 7, 2: est super hoc über Tarquitü transscriptua ex Osten-
tario tusco. Plinius im Quellen verzeichniss zu B. II: ex . . Caecina (oben
196, 13) qm de etrusca disciplina scripsit, Tarquitio qui item. Lyd. de
552 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
ost-cnt. 2: (xQrjcopLsd'a 8h xal) Tagxvtco tm (tsXfct^? 0. Müller: Tagnvtüp
ro9 0v6%ai). Ammian. Marc. XXV, 2, 7 (J. 363 n. Chr.): etrnsci haruspices
. . ex Tarquitianis libris in titulo de rebus tüyinis id relatum esse mon-
strantes. Lactant. div. inst. I, 10, 2: hunc (Aesculap.) Tarquitius, de illa>
stribus viris disserens, ait incertis parentibus natum etc. Aus seinem
Werke stammt wohl Serv. Verg. Ecl. IV, 43 (« Macrob. III, 7, 2). Er ist
wohl auch gemeint bei Festus v. ratitum (p. 274 a, M.): Tarqui- (folgt
eine Lücke). Bei Vergil. cataJ. 7, 3 ist er neben Stilo und Varro als Ver-
treter der scholasticorum natio genannt. Dagegen ist wohl viel später L.
Tarquitius L. f. Pom. Etruscus Sulpicianus, scriba qnaestor. bei Orelli 1189
(aus Rom).
6. Serv. Aen. I, 176: Glodius scribit, commentariorum quarto. Vgl.
I, 62 (Clodius commentariorum). II, 229 (Clodius scriba comm.). XII, 657
(Clodius Tuscus: mussare est ex graeco etc.). Dieser Clodius Tuscus
verfasste einen astronomischen Kalender, welchen wir in der griechischen
üebersetzung des Laurentius Ljdus (de ostentis p. 114 ff. Wachsm«) noch
besitzen. Ueberschrifl: iq>rifisQlg tov nocvxog ivLavtov, rjyow arjfisitoifts
imzolmv ts xal dvofimv tmv iv ovQ€tva <paivofiivcav , In tmv KXavSCov xov
G0V6M.OV %a&' SQfirivBCav TtQog li^iv] vgl. p. 155: nal xavtic ijt,6v o KXdSiog
i% xwv fcocQcc Sovünoig isQciv ngog ki^iv. Aus der vielfachen Uebereinstim-
mung dieses Kalenders mit den Angaben von Ovids Fasti hat Merkel
(Ovid. Fast. p. LXVI — LXXIV) gefolgert dass Ovid vorzugsweise diese
Arbeit des Clodius Tuscus benützt (und Tuscus sein Werk für Ovid ver-
fasst) habe. Gell. V, 20, 2: Sinnius Capito in litteris (grammatischen In-
halts) quas ad Clodium Tuscum dedit. Vielleicht ist er auch der bei Ovid.
ex Pont. rV, 16, 20 (vgl, oben 247, 8) als Dichter genannte Tuscus. Ueber
den historicuB Tuscus s. unten 272, 4. Ein Fabricius Tuscus bei Plinius
im Quell enverzeichniss zu B. IV und VI (Geographie).
7. Verwandter Art ist die Schriftstellerei des Cornelius Labeo,
dessen Zeit aber unbekannt ist. Macrob. I, 16, 29: Cornelius Labeo primo
Fastorum libro; vgl. 12, 21 (stimmt mit Festus v. Mains, p. 134 M., viel-
leicht weil auch Labeo aus Verrius Flaccus schöpfte). III, 4, 6 (Cornelius
Labeo de dis penatibus eadem existimat). I, 18, 21: Cornelius Labeo in
libro cui titulus est De oraculo Apollinis Clarii. Er ist wohl auch der
Labeo in libris qui appellantur De dis animalibus bei Serv. Aen. III, 168
vgl. I, 378 (alii, ut Nigidius et Labeo, deos penates . . tradunt), sowie
vielleicht der Labeo bei Augustin. civ. dei II, 11 (cum Labeo, quem hu-
iuscemodi rerum peritissimum praedicant, numina bona . . etiam cultus
divcrsitate distinguat). 14 (Platonem Labeo inter semideos commemoran-
dum putavit). III, 25. VIII, 13. IX, 19 (nonnulli istorum . . daemonicola-
rum, in quibus et Labeo est, eosdem perhibent ab aliis angelos dici quos
ipsi daemones nuncupant, — wonach dieser Labeo der christlichen Zeit
angehören würde), und wahrscheinlich der Aaßsmv welchen Lyd. de mens.
IV, 1. 20 und de ostent. 3 extr. 42 (Ueberschrift: nad-olmii intxriQTiaig
fCQog öslrivTjv negl negawöäv xal aXloav yLaxaGXfifuizmv , in xmv Aaßaeävog
nad"* sQfiriveuicv ngög Xi^iv cctco xrjg d-eQfiijg xffOTtrjg anführt. Vgl. C. Wachs-
muths Prolegg. p. XXII f. Der Fälscher Fulgentius (expos. serm. ant. s. v.
258 f. Clodius Tuscus u. a. Vitruvius Pollio. 553
manales, p. 769 Stav.): Labeo, qai disciplinas etruscas Tagetis et Bacche-
tidis XV voluminibuB explicavit. Andererseits ist er .wohl identisch mit
dem Cornelius (die Hdss. Coroilias) welcher qnattuor Mercunos esse scribit
bei Schol. Stat. Theb. IV, 482, was sonst von quidam oder nonnulli aus-
gesagt ¥rird; s. Serv. Aen. I, 297. IV, 677. Ampel. 9 (p. 10, 5 Wn.).
Mythogr. Vat. II, 42. 0. Jahn, Rhein. Mus. IX. S. 627.
8. In der augusteischen Zeit verfassten grammatische Schriften auch
M. Messala (oben 218, 10), Antonius Rufus (oben 249," 5 E.), Cornificius
(oben 206, 2 g. E.); antiquarische Cincius (oben 116, 4) und Fenestella (oben
254, 2); naturwissenschaftliche Pompejus Trogus (oben 253, 2) und Sabinus
Tiro (oben 52, 4).
9. Macrob. III, 18, 7: vir doctus Oppius, in libro quem fecit De sil-
vestribus arboribus; ebenso ib. 19, 4. Er ist wohl der von Plinius im
Quellen verzeichniss zu B. XI (zoologisch) genannte Oppius.
10. Von dem Arzte Antonius Musa (Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1188 f.
Nr. 65) wird zwar öfters angeführt welche Mittel er angewandt habe (z. B.
Plin. N. H. XXX, 39 und bei Galenos), ohne dass aber daraus auf das
Vorhandensein von Schriften desselben geschlossen werden könnte; s. E.
Meyer, Gesch. der Botanik II. S. 48 — 52, welcher für den Schriftsteller
über Arzneimittel bei Galen. XII. p. 989 K. (in griechischer Sprache) viel-
mehr den Petronius Musa (f um 50 n. Chr.) erklärt. Unter dem Namen
des Antonius Musa gibt es eine an M. Agrippa gerichtete Schrift de herba
betonica mit Recepten. Eine Leidner Hds. saec. VI davon beschreibt L.
Müller, Rhein. Mus. XXIII. S. 189 (am Schlüsse: explicit herbarium Anto-
nini Musae de herba vettonica). Ausserdem ein Bruchstück detuenda va-
litudine ad Maecenatem; s. Antonii Musae fragmenta quae exstant, coUegit
Flor. Caldani, Bassano 1800.
269« Der Architekt Vitruvius Pollio widmete in seinen248
spätem Lebensjahren dem August seine zehn Bücher de archi-
tectura, worin der BegrifiF des Faches im weitesten Umfange
genommen ist. Der Verfasser zeigt sich vielseitig unterrichtet,
belesen und nachdenklich; aber zu feinerer Bildung und zu Ge-
schmack ist er nicht vorgedrungen. Stofflich ist sein Werk,
schon als das einzige dieser Art das auf uns gekommen ist,
wichtig, die Form desselben aber ist vielfach abstossend und
wunderlich. Ausser dem Werke selbst besitzen wir auch einen
Auszug daraus von unbekanntem Verfasser.
1. Persönliche Verhältnisse. Das Werk selbst gibt nur den Namen
Vitruvius; das Cognomen stammt aus der Epitome (s. A. 6). Den Vor-
namen haben die italienischen Gelehrten des löten Jahrh. auf Grund von
allerlei Vermutungen verschieden gewählt. Ebenso die Abstammung aus
Verona gründet sich einzig auf die dortige Inschrift (bei Orelli 4145): L.
Vitruvius L. 1. Cerdo. Sicher sind nur die Angaben des Vitruvius selbst,
besonders in der Vorrede zu Buch I, welche wie eine in den Geschmack
554 Aiigusteißche Zeit. J. 711—767 d. St.
des Vitrnvius übersetzte Umschreibung des Eingangs Ton Horaz Epist. II, 1
aussieht: cum divina tua mens et numen, imperator Caesar (August), im-
perio potiretur orbis terrarom invictaque virtute canctis hostibus stratis,
triumpho (August 725) victoriaque tua cives gloriarentur . . populusqne
rom. et senatus liberatus timore amplissimis tuis cogitationibus consiliisque
gubemaretur, non audebam tantis occupationibus de architectura scripta . .
edere, metuenä ne non apto tempore interpellans subirem tui animi offen-
sionem (vgl. Hör. S. II, 1, 20. Ep. I, 18, 4 f. II, 1, 220 f.). cum vero
attenderem te etc. . . ut civitas per te non solum provinciis esset aucta
(Aegypten 724, Galatien 729) verum etiam etc. non putavi praetermitten-
dum quin . . ea tibi ederem, ideo quod primum parenti tuo (dem Caesar)
de eo fneram notus et eins virtutis studiosus. cum autem . . Imperium
parentis in tuam potestatem transtulisset, idem studium meum in eins me-
moria permanens in te contulit favorem. itaque cum M. Aurelio et P.
Minidio et Gn. Cornelio ad apparationem ballistarum et scorpionum reli-
quorumque tormentorum refectionem fui praesto et cum eis commoda
accepi. quae cum primo mihi tribuisti, recognitionem per sororis (der
Octavia, f 743) commendationem servasti. cum ergo eo beneficio essem
obligatus ut ad exitum vitae non haberem inopiae timorem, haec tibi scri-
bere coepi, quod animadverti multa te aedificasse et nunc aedificare. Er-
wähnt den pronaus aedis Augusti V, 1, 7 (p. 107, 3 R.). Beziehungen zu
Caesar; II, 9, 15 (p. 59, 18 ff. B.): divus Caesar cum exercitum habuisset
circa Alpes etc. mit ausführlicher Beschreibung, welche den Augenzeugen
verräth; Vlll, 3, 25 (p. 203, 11 ff. R.): G. lulius, Masinissae filius, . . cum
patre Cacsari militavit (J. 708). is hospitio meo est usus. Den Augustus ^
redet er immer Imperator oder Caesar au, kennt aber auch den im J. 727
ihm verliehenen Titel Augustus. Die Erwähnung der vielen Bauten Au-
gusts weist gleichfalls über 727 hinaus, sowie über 738, die Zeit wo der
Quirinus-Tempel iu Rom erbaut wurde, Vitr. III, 2, 7 (p. 70, 4): dipteros
. . est aedis Quirini dorica. Andererseits spricht Vitruv III, 2, 2 nur von
einem einzigen steinernen Theater in Rom, deren J. 741 zwei weitere er-
richiiPt wurden. Also fällt die Abfassung ums J. 740. A. Hirt, in Wolfs
Mus. der Alt.-Wiss. I (1806) S. 228 f.
2. Zur Charakteristik. Vitr. II, prooem. 5: mihi autem, Imperator,
statu ram non tribuit natura, faciem deformavit aetas, valetudo detraxit
vires, itaque quoniam ab bis praesidiis sum desertus per anxilia scientiae
scriptaque, ut spero, perveniam ad commendationem. VI, prooem. 4 f.:
cum et parentium cura et praeceptoruro doctrinis auctas haberem copias
disciplinarum philologis et philotechnis rebus commentariorumque scripturis
me delectans eas possessiones animo paravi e quibus haec est fructuum
summa, . . nihil desiderare. . . ego, Caesar, non ad pecuniam parandam
ex art« dedi studium. . . ideo notities parum est adsecuta, sed tamen his
voluminibus editis, ut spero, etiam posteris ero notus. neque est miran-
dum quid ita pluribus sim ignotus. ceteri architecti rogant et ambiunt ut
architectentur j mihi autem a praeceptoribus est traditum rogatum, non
rogantem, oportere suscipere curam. I, 1, 17: peto, Caesar, et a te et ab
is qui ea volumina sunt lecturi ut si quid parum ad regulam artis gram-
259. Vitruviuß Pollio. 555
maticae fuerit explicatum ignoscatur. namque non uti summus philosophus
nee rhetor disertus nee grammaticns . . , sed ut architeetas his litteris
imbutuB haec nisus eam scribere. Doch kramt er sehr gern, besonders in
den redseligen Einleitungen die er jedem Buche vorausschickt (Schneider's
Ausg. I. p. LIII — LXVII), seine Kenntnisse in Philosophie (vgl. unten 261, 2)
und Geschichte aus, freilich oft mit wenig Glück, wie VI, prooem. 3: non
minus poetae qui antiquas comoedias graece scripserunt easdem sententias
verbis in scena pronuntiaverunt, ut Eucrates, Chionides, Aristophanes, maxime
etiam cum his Alexis. Vorsatz der Kürze V, prooem. 3: cum animadver-
tissem distentam occupationibus civitatem publicis et privatis negotiis, paucis
iudicavi scribendum , uti angusto spatio vacuitatis ea legentes breviter per-
cipere possent, und abermals ib. 5: cum ergo . . animo advertam inusita-
tas et obscuras multis res esse mihi scribendas, quo facilius ad sensus
legentium pervenire possint, brevibus voluminibus iudicavi scribere.
3. Den Inhalt der einzelnen Bücher (volumina) gibt Vitruv selbst am
Anfange und Schlüsse derselben umständlich und wiederholt an. Die sieben
ersten Bücher haben das eigentliche Bauwesen (kirchliche und private
Gebäude) zum Gegenstande. Das achte Buch handelt vom Wasser und
Wasserleitungen, das neunte von der Zeitmessung (bes. Sonnenuhren), das
zehnte von Maschinen, uti totum corpus omnia architecturae membra in de-
cem voluminibus habeat explicata (X, 22, 12). Vitruy's Quellen sind vorzugs-
weise Griechen, aufgezählt besonders VII, prooem. 11 — 14, mit der Erklärung:
quorum ex commentariis quae utUia esse . . animadverti coUecta in unum
coegi corpus. Doch zeigt seine Kenntniss des Griechischen Mängel, trotz
Kühnheiten wie dvidt^oXoyrjTog. Seine Meinung verständlich auszudrücken
ist ihm sehr häufig nicht gelungen; es fehlt ihm an schriftstellerischer
Fähigkeit und Fertigkeit. Seine Darstellung ist bald nnmässig breit, bald
ungebürlich knapp, hier seltsam geziert und geschraubt, dort plebejisch
(wie calcf£U^iuntur und im falschen Gebrauch des Plqpf.).
4. Von den erhaltenen Handschriften sind, wie Rose erkannt hat,
nur zwei von selbständigem Werthe, der Harleianus (H) saec. IX und der
Gudianus (G) saec. XI. Beide selbst aber gehen auf dieselbe Urhandschrift
zurück, da sie die gleichen Lücken und Fehler haben, sowie VII, 6 die
gleiche Blattversetzung. Schon durch das Alt^r des Harl. widerlegt sich
die Meinung von C. Fr. L. Schultz (Untersuchung über das Zeitalter des
. . Vitnivius, herausgg. von 0. Schultz, Leipzig 1866. 65 S.) dass die Schrift
aus dem zehnten Jahrh. sei, wo nicht gar aus dem 13ten; ebenso dadurch
dass Plinius den Vitruv unter seinen Quellen zu Buch XVI, XXXV und
XXXVI nennt (ex Vitruvio) und seine Benützung der uns erhaltenen Schrift
des Vitruv sich zum Theil noch nachweisen lässt; s. H. Brunn, de indic.
Plin. (Bonn 1856. 4.) p. 67—60. Vgl. auch Serv. Aen. VI, 43: Vitruvius,
qui de architectonica scripsit, . . ostium dicit.
5. Der Auszug (von einem auctor satis antiquus, nach Rose) hat in
den Hdss. die Ueberschrifb De diversis fabricis architectonicae und beginnt:
De artis architectonicae peritia multa oratione Vitruvius Polio aliique
auctores scientissime scripsere. verum ne longa eorum disertaque facundia
556 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
humilioribus ingeniis alienum faceret Studium, pauca ex hie mediocri licet
sermone privatis usibus omare fuit consilium. Die Ordnung des Yitniv
ist verändert, der SioiF auf die Privatgebäude beschränkt. Am Schlüsse
(c. 29) ist eine Erörterung des horologium pelecinnm und faemicyclium aus
anderer Quelle angehängt; auch c. 30 (über tlie maltae) ist anderswoher
und jünger. Das Ganze nach drei Hdss. saec. X bei Rose p. 285 — 313.
Vgl. ib. p. xn.
6. Ausgaben des Vitruv. Vgl. Schneider's Ausgabe I. p. XI— XXVIU.
Ed. princeps von Jo. Sulpicius s. 1. et a. (Rom zwischen 1484 und 1492) , fol.
Willkürliche Textbehandlung durch Jo. Jucundus, Ven. 1511. fol. Cum comm.
G. Philander, Lugd. Bat. 1552. 4. Cum notis yariorum ed. lo. de Laet,
Amsterd. 1649. fol. (mit Baldi's Lex. Vitruv.). Cum vers. ital. ed. B. Galiani,
Neapel 1758. fol. Ed. illustr. A. Rode, Berlin 1800. 2 Voll. 4. Rec, emend.,
illustr. I. G. Schneider, Lips. 1807 f. 3 Voll. Cum notis varr. ed. Stratico,
Udine 1825-— 1830, 4 Voll. 4. Sammelausgabe von A. Marini, Rom 1836.
4 Voll. fol. Rec. atque emend. et in germ. serm. vertit C. Lorentzen, 1,1.
Gotha 1866. Ad antiquiss. codd. nunc primum ediderunt Val. Rose et Herrn.
Müller -Strübing, Lips. (Teubner) 1867.
7. Uebersetzungen. Erstmahls verteutscht durch G. H. Rivium, Nürn-
berg 1548. foL; mit zahlreichen Holzschnitten, Basel 1614. foL Von A.
Rode, Leipzig 1796. 4. 2 Bde.; Kupfer nnd Erklärung, Berlin 1801. fol.
Uebersetzt und durch Anm. und Risse erläutert von Fr. Reber, Stuttgart
(HoflPmann) 1864 f. 12.
Französische (mit Erläuterungen) par J. Martin (Paris 1547. fol.), Cl.
Perrault (Paris 1673. 1684. fol.). Mit Text und Atlas, von Tardieu und
Cousin (Paris 1839. 4.); par Maufras (Paris 1847 flF. 2 Voll.)
Englische von W. Newton (London 1771 — 1791. 2 Voll, fol., with 47
plates), Wilkins (London 1813. 2 Voll. fol.).
Italienische von Bald. Orsini (Perugia 1802. 2 Voll.), Quir. Viviani und
Vinc. Tuzzi (Udine 1830).
8. Zur Erläuterung. B. Baldus, de verborum Vitruv. significatione,
Augsburg 1614. 4. J. Polenus, Exercitationes Vitruvianae, Padua 1739. fol.
1741. fol. H. C. Genelli, exegetische Briefe über Vitruvius, Braunschweig
1801. Berlin 1804. 4. J. Rösch, Erläuterungen über Vitruv., Stuttgart 1802.
Haubold, Exercitationes Vitruv. , Lips. 1821. 4. C. Lorentzen, Obsorvationcs
eriticae ad Vitr., Gotha 1858. 4. Vitr. X, 13 — 15 in Köchly und Rüstow's
griechischen Eriegsschriftst. I (Leipzig 1853). S. 347 — 405. E. H. F. Meyer,
Geschichte der Botanik I. (Königsberg 1854.) S. 382—391.
9. lieber den modulus des Vitruvius (die Einheit bei Beinen Angaben
über die Massverhältnisse des antiken Tempels) s. Aurös, nouvelle thdorie
du module, Nimes 1862 (Säulendurchmesser in der mittleren Schafthöhe)
und dagegen Fr. Reber, Philologus XXVII. S. 185 — 191 (Durchmesser dos
untern Schaftendes der Säule).
249 260. Von den Juristen der augusteischen Zeit sind die
namhaftesten Labeo und Capito. Des M. Antistius Labeo
269 f. VitruviuB PoUio. Juristen: Antisiius Labeo. • 557
(um 695 — 765 d. St.) Kechtskenntniss ruhte auf der breiten
Grundlage einer umfassenden Bildung und war überdiess getragen
durch einen Charakter von unbeugsamer Festigkeit, die seinem
Namen noch lange fort nicht minder Achtung yerschajBFte als
seine zahlreichen juristischen Schriften. Sein Gregenfüssler war
der höfische Jurist C. Ateius Capito (J. 720 — 775 d. St.),
der auch an wissenschaftlicher Bedeutung und schriftstellerischer
Thiitigkeit mit Labeo sich nicht messen konnte. Aus derselben
Zeit ist der Schüler des Trebatius, Blaesus, sowie wohl der
Jurist Fabius Mela.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2, 47: post hunc (Aeliue Tubero, oben 205, 1)
maximae auctoritatis fuerunt Ateius Capito, qui Ofilium secutus est, et
Antistius Labeo, qni omncs hos (alle damaligen Rechtslebrer, s. oben
199 und 206) andivit, institutus est autem a Trebatio (oben 199, 3). ex bis
Ateius consul fuit (J. 768 d. St. = 5 n. Chr.), Labeo nolnit, cum offerretur ei
ab Augusto consulatus, quo sniFectus fieret, honorem suscipere, sed plurimis
studiis operam dedit et totum annnm ita diviserat nt Romae sex mensibus
(wohl Januar bis Juni) cum studiosis esset (und consulentibus de iure publice
responsitaret, Gell. XIII, 10, 1), sex mensibus secederet (wohl auf seinen
fnndns Gallianus, s. Gell. XIII, 12, 4) et conscribendis libris operam daret.
itaque reliquit quadringcnta volumina, ex quibus plurima inter manus ver-
»antnr. hi duo primum veluti diversas sectas fecerunt (s. oben S. 84 und
S. 420);, nam . . Labeo ingenii qualitate et fiducia doctrinae, qui et ceteris
operis sapientiae operam dederat, plurima innovare instituit (oben S. 420,
A. 3). Gellius XIII, 10, 1: Labeo Antistius iuris qnidem civilis disciplinam
principali studio exercuit, . . sed ceterarum qnoque bonarum artium non
expers fuit et in grammaticam sese atque dialecticam litterasque antiquiores
altioresqucf penetraverat latinarumque vocum origines rationesque percal-
luerat eaque praecipue scientia ad enodandos plerosqne iuris laqueos
ntebatur. Das Beispiel ib. 3 (soror von seorsum) zeigt ihn als Puristen
(oben S. 63, 17 f.). Tac. A. III, 75: dem Capito consulatnm adceleraverat
Augustus, ut Labeonem Antistium, isdem artibus praecellentem , dignatione
eins magistratus anteiret. namque illa aetas duo pacis decora simul tulit.
sed Labeo incorrupta libertate et ob id fama celebratior, Capitonis obse-
quium dominantibus magis probabatur. illi quod praeturam intra stetit
commendatio ex iniuria, huic quod consulatnm adeptus est odinm ex in-
vidia oriebatur. Gell. XIII, 12, 1 f.: in quadam epistula Atei Capitonis
scriptum legimus Labeonem Antistium legum atque morum populi rom.
iurisque civilis doctum adprimc fuisse. sed agitabat, inqnit, hominem
libertas qfiaedam nimia atque vecors, tamquam eorum divo Augusto iam
principe et remp. obtinente ratum tarnen pensumque nihil haberet nisi quod
iustum sanctumque esse in romanis antiquitatibus legiBset. Mit weniger
Servilismus, trotz grösserer persönlicher Berechtigung dazu, Porphjrio zu
Hör. S. I, 3, 82 (p. 70 H.): Marcus Antistius Labeo praetorios, iuris etiam
peritus, memor libei*tati8 in qua natus erat multa contumaciter ad versus
558 Augusteische Zeit. J. 7H — 767 d. St.
Caesarem dixisse et fecisse dicitur, propter quod Horatiue nunc adulans
Augnsto insanum eum dicit. Vgl. Acro ib. (p. 58 H.)> Sollte sich Hör. 1. L
(Labeone insanior inter sanos dicatur, aus J. 716 oder 717) wirklich auf
diesen t^hn seines ehemaligen Kriegsgefährten (oben 199, 6) beziehen, so
könnte es jedenfaUs noch nicht seiner politischen Richtung gelten, üeber
Labeo s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1163 — 1166, Nr. 26.
2. Die Schriften des Labeo umfassten 400 Bücher (s. A. 1). Die lieber-
reste aus den Digesten bei Hommel, Palingenesia libr. iur. vet. (Lips. 1767)
I. p. 321 — 338; die aus andern Schriftstellern bei Huschke, iurispr. anteiust.^
p. 43 — 48. 'p. 44 — 60. Gell. XIII, 10, 2: sunt libri post mortem 'eins editi,
qui Posteriores inscribunter, quorum librorum tres conünui, XXX Vm et
XXXIX et XL, pleni sunt id genus (s. A. 1) rerum ad enarrandam et inlu-
strandam linguam latinam conducentium. Sonst war das Werk ein System
des Civilrechts, nach dem Plane des Q. Mucius (,ob. 151, 2) angelegt. Epitome
davon durch lavolenus, die in den Digesten benützt ist, wie die der acht
Bücher Probabilium (ni&avmv) nac& der Epitome des Paulus; beide Werke
sind im Granzen 63 mal in den Digesten citiert. Labeo libris Epistolarum
(Dig. XLI, 3, 30, 1); libri responsorum, mindestens 16 Bücher (CoUat. XII,
7, 3). Gell. XIII, 10, 3: in libris quos ad praetoris edictom scripsit multa
posuit partim lepide atque argute reperta. sicuti hoc est quod in quarto
ad edictum libro scriptum legimus etc. Dig. L, 16, 19: Labeo libro.primo
praetoris urbani; IV, 3, 9, 4: Labeo libro trigesimo praetoris peregrini.
Gell. I, 12, 18: in commentariis Labeonis quae ad XII tabulas composuit;
vgl. ib. XX, 1, 13 und VI (VII), 15, 1: Labeo in libro de XII tabulis
secundo. Festus v. proz (p. 253*) : Labeo de iure pontificio 1. XI; darauf
y. penatis: Labeo Antistius, und v. proculiunt: Antistius de iure pontificali
1. IX; V. spurcum (p. 348, wo er auch sonst angeführt wird): Labeo Anti-
stius 1. X commentori iuris pontificii; y. sistere (p. 351*): Antistius Labeo
in commentario XV iuris pontifici. Vielleicht auch (de) officio augu(rum),
ib. p. 290*. Gell. I, 12, 1: qui de virgine capienda scripserunt, quorum
diligentissime scripsit Labeo Antistius. Macrob. III, 9, 4 (nachdem vorher
Ateius Capito ex libro I de iure sacrificiorum angefahrt war): Labeo vero
sexagesimo et octavo libro intulit etc. Noten zu Labeo schrieben die Ju-
risten Proculus, Javolenus, Aristo u. A. C. Thomasius, comparatio Labeonis
et Oapitonis, Lips. 1683. C. v. Eck, de vita . . Labeonis et . . Capitonis,
Franeker 1692, und in Oelrichs thesaur. nov. I, 2. p. 825 — 856. F. A. Biener,
Ant. Labeo iuris civilis novator, in seinen opusc. (1830). I. p. 196 — 213.
Bach, historia iurisprud. rom. p. 403 ff. S. W. Zimmern, Gesch. des röm.
Privatrechta I, 1. S. 306—811. A. F. Eudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 178 f.
236. De Geer in den Verslagen en Med. d. k. Akad. v. Wetensch. XI. 1868.
Ji. Borchert, num A. L. stoicae philosophiae fuerit addictus, Berl. 1869. 57 pp.
3. C. Ateius (C. I. lat. I. p. 198, nr. 750 f. Fasti praenest. ib. p. 474,
XIII) Capito, principem in civitate locum studiis civilibus adsecutus, sed
avo centurione Sullano, patre praetorio. consulatum ei adceleraverat
Augustua etc. (Anm. 1), Tac. A. HI, 75. Wenn das von dem Consulat des
J. 758 gesagt werden konnte, so wird Capito etwa ums J. 720 geboren sein.
Curator aquarum vom J. 13 n. Chr. bis zu seinem Tode, J. 22 n. Chr.
260. Juristen (Labeo und Capito). .559
(Tac. 1. 1.), Frontin. aq. 102. Als Jurist Schüler des Ofilius (oben 199, 2),
' und in bis quae ei tradita fuerant perseverabat (Pompon., s. A. 1). Gellius
X, 20, 2: Ateius Capito, publici privatique iuris peritissimus. Macrob.
VII, 13, 11: apud Ateium Capitonem, pontificii iuris inter primos peritum.
Tac. A. III, 70: Capito insignitior infamia fuit (wegen seiner Kriecherei,
vgl. Suet. gramm. 22. Dio LVII, 17), quod humani divinique iuris sciens
6^6gi^ux^ publicum et bonas domi artes dehonestavisset.
4. Schriften des Capito. Coniectanea (Gell. II, 24, 2. 15. XX, 2, 3;
ib. IV, 14, 1: cum librum VIII Atei Capitonis coniectaneorum legeremus,
qui inscriptuB est De iudiciis publicis; X, 6, 4); Über de officio senatorio
(Gell. IV, 10, 7 f.; vielleicht B.- IX der Coniectanea, s. ib. XIV, 7, 12 f.: quod
Ateius Capito in Coniectaneis scriptum reliquit; nam in libro IX . . ait
nuUxmi senatusconsultum fieri posse etc. ib. 8, 2: Ateius Capito in Con-
iectaneorum IX ins esse praefecto senatus habendi dicit); de pontificio iure
(B. V bei Gell. IV, 6, 10; Capito Ateius in 1. VII pontificali, Festus v. mun-
dus, p. 154^ vgl. Macrob. VII, 13, 11 ff.); Epistulae (Gell. XIII, 12, Iff.
vgl. Anm. 1). Vgl. Huschke, iurisprud. anteiust.^ p. 48 — 56. *p. 50 — 58.
Oeflers angeführt bei Festus, sowie bei Plinius im Quellenverzeichniss zu
den Büchern III, IV, XIV, XV, XVIII, wahrscheinlich aus den Coniectanea.
In den Digesten findet sich von ihm kein fragmentum purum, wohl aber
mehrere Anführungen aus zweiter Hand. Zimmern, Gesch. d. röm. Privat-
rechts I, 1. S. 307 f. Th. Frederking (und L. Mercklin), Philologus XIX.
S. 650 — 6'64. W. Teuffei in Paüly's Real-Enc. I, 2. S. 1955 f. Nr. 4.
5. Labeo Dig. XXXUI, 2, 31: Blaesus ait Trebatium respondisse etc.
Majansius, Comm. II. p. 162 f.
6. FabiuB Mela (Dig. XLIII, 23, 1, 12), in den Digesten oft neben
Labeo und Trebatius angeführt (XV, 3, 7, 2 f. XIX, 2, 13, 8. 5, 20. XXVIl,
3, 1, 5 f. XLVn, 10, 17, 2), also wohl ungefthr ihr Zeitgenosse, zumal da er
selbst den Aquilius Gallus (oben 171, If.) citiert (Dig. XIX, 1, 17, 6: Gallus
Aquilius, cuius Mela refert opinionem). Er schrieb Digesta in mindestens
38 Büchern (Dig. XLVn, 2, 52, 30; vgl XLVI, 3, 39 pr.: Mela libro X).
De Fabio Mela Abhandlungen von J. L. G. Beck (Lips. 1806. 4.) und H. E.
Dirksen (Königsberg 1808. 4.).
7. Vitellius, zu welchem Masurius Sabinus und Cassius Longinus unter
Tiberius Anmerkungen schrieben (s. unten 276, 1 u. 3), scheint der augu-
steischen Zeit anzugehören, ist aber sonst unbekannt, falls er nicht der
rerum Augusti procurator Vitellius bei Suet. Vitell. 2 ist.
8. Ueber Veranius s. oben 196, 14.
9. Aus der augusteischen Zeit ist wahrscheinlich das in Spanien gefun-
dene pactum fiduciae zwischen Dama L. Titi 8er(voB) und L. Baianius; s. C. I.
lat. n. p. 700, nr. 6042. vgl. E. Hübner im Hermes HI. S. 283—289 und H.
Degenkolb, Zeitschrift für Rechtegeschichte IX. S. 117— 180.
261. Interesse für Philosophie war in der augusteisehen250
Zeit sehr verbreitet: alle bedeutenderen Schriftsteller, wie be-
sonders Vergilius, Horaz und Livius, zeigen dergleichen^ und
560 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
neben ihnen auch Labeo, Vitpivius, Varus, Lynkeus u. A. Zu-
dem dehnt es sich jeizt, hauptsächlich unter dem Einflüsse des
vorzugsweise begünstigten epikureischen Systems, auch auf die
physikalische Seite aus, obwohl der ethischen fortwährend das
Uebergewicht bleibt. Aber über das Dilettantische geht dieses
Interesse nicht hinaus, auch bei denen welche eigens über Phi-
losophie schreiben, wie' August und Liyius und wohl auch den
Stoikern Crispinus und Stertinius. Bedeutender waren einzig
Vater und Sohn Q. Sextius Niger ^ die an Crassitius, Papirius
Fabianus u. A. Anhänger fanden. Ihre Schriften waren in
griechischer Sprache verfasst. Der Vater, ein energischer Mann
Ton grosser Sittenstrenge und ein selbständiger Denker, erstrebte
die Verwirklichung des Guten im Leben des Einzelnen; in den
Sprüchen die unter seinem Namen auf uns gekommen sind
finden sich neben stoischen und pythagoreischen bereits auch
jüdisch-theistische Bestandtheile.
1. Vgl. oben S. 425. UeberVergils philosophische Richtung s. oben 220,
3; über Horaz oben 230, 5; T. Livius s. oben 251, 4; Augiist oben 217, 3;
AlfenuB Varua oben 205, 3; über den Verfasser der Ciris oben S. 455, 1;
über Lynkeus oben 239, 3; P. Vohimnius oben 250, 3; Labeo oben 260, 1.
Anch Seneca's Mutter, Hei via, hätte gern Philosophie studiert, wenn ihr
Qatte es zugelassen hätte, s. unten 264, 1.
2. Vitruv. I, 1, 7: philosophia perficit architectum animo magno et uti
non sit adrogans, sed potius facilis, aequus et fidelis sine avaritia etc. . .
praeterea de rerum natura . . philosophia cxplicat, quam necesse est studi-
osius novisse, quod habet multas et varias naturales quaestiones, ut etiam
in aquarum ductionibus. . . quorum (der spiritus naturales) offensionibus'
mederi nemo poterit nisi qui ex philosophia principia rerum naturae noverit.
Aber auch ohne solches praktisches Interesse wird in dieser Zeit neben dem
ethischen Theile der Philosophie die Naturphilosophie betrieben von Iccius
(Hör. 0. I, 29, 13 f. Ep. I, 12, 15 ff.), dem Verfasser der Ciris (Cir. 5 ff . 11 ff.
39 ff.), Lynkeus (Prop. HI, 32, 27 f. 51 ff.) und Manilius (Astr. I, 96 ff.
118 ff. IV, 866 ff.). Ebenso zeigt der altere Sextius Niger (A. 5 — 7) und
weiterhin Papirius Fabianus (unten Anm. 10 f.), Celsus (unten 275, 3 u. 5),
Scneca, der ältere Plinius und Sueton Verbindung von philosophischen und
naturwissenschaftlichen Studien.
3. Porphyrie zu Hbr. S. I, 1, 120 (p. 23 H.): Plotius Crispinus philo-
sophiae studiosus fuit. idem et carmina scripsit, sed tam garrule ut are-
talogus diceretur. Acro ib. (p. 16 H.): hie Crispinus poeta fuit, qui sectam
stoicam yersibus scripsit.
4. Acro zu Hör. Ep. I, 12, 20 (p. 434): Stertinius philosophus, qui
CCXX libros Stoicorum latine scripsit. hos notat quod versibus. suis obscti-
riorem philosophiam fecerint. Erstere an sich wenig wahrscheinliche An-
261. Philosophie (Sextius). 561
gäbe findet sich nicht bei Porphyrie, der nur sagt (p. 436): hune et alibi
tangit ut Stoieum qui de paradoxis loquitur, und zu S. II, 3, 33 (p. 270):
Stört iniua unus e Stoicis fuit, wo Acro (p. 237): fuit Stertinius de Stoicis.
5. Sen. Epist. 98, 13: honores reppulit pater Sextius, qui ita natus
ut remp. deberet capessere latum clavum divo lulio dante non recepit.
Auch för den Sohn zu spät ist daher die auch sonst einseitige Angabe
des Hieronym. zu Eus. chron. a. Abr. 2017 :» Aug. 44 «= 755 d. St.: Sextus
Pythagoricus philosophus nascitur. Sen. Ep. 59,7: Sextium . . iego, virum
acrem , graecis verbis , romanis moribus philosophantem. 64, 2 f. : lectus est
über Quinti Sextii patris, magni . . viri et, licet neget, Stoici. quantus
in illo . . vigor est, quantum animi! . . cum legeris Sextium dices: vivit,
viget, liber est, supra hominem est, dimittit me plenum ingentia fiduciae.
ib. 5: hoc quoque egregium Sextius habet quod^et ostendet tibi beatae
vitae magnitudinem et desperationem eins non faciet. 73, 12: solebat Sex-
tius dicere lovem plus non poase quam bonum virum. ib. 15: credamns
itaque Sextio . . clamanti: hac itur ad astra. De ira III, 36, l: faciebat
hoc Sextius ut consummato die . . interrogaret animum suum: quod hodic
malum tuum sanasti? ib. 11, 36, 1. Epist. 108, 17 f.: dicebat quare Pytha-
goras animalibus abstinuisset, quare postea Sextius. Letzerer betrachtete
die Fleischnahrung als Förderung der Grausamkeit, Ueppigkeit und als un-
gesund. Plin. n. h. XVIII, 68, 274: hoc (Weissagen einer Missernte) postoa
Sextius e Romanis sapientiae adsectatoribus Athenis fecit eadem ratione.
6. Schon Sextius scheint seinen Grundsätzen gern Spruch form gegeben
zu haben ; Reste davon als JSi^tov xov TIv&ayoQBiov yvojfiai in Orelli^s Opusc.
sent. I. p. 244 und Mullachs fragment. philosoph. gr. (Paris. 1860) p. 522.
Als der Kampf zwischen Polytheismus, Judcnthum und Christenthum aus-
brach wurden diese Spruche, vermöge ihrer monotheistischen und nsketi-
schcn Richtung, in denselben hineingezogen, wahrscheinlich (M. Ott) in der
allgemeinen Brutstätte solcher literarischen Producte (wie Pseudo - Phoky-
lides, Sibyllinen), zu Alexandria, und stark mit weiteren monotheistischen
Beslbandtheilen zersetzt. Diesen gab dann Rufinus bei seiner Uebersetzuug
derselben noch eine specifischer christliche Färbung. Vgl. dessen Vorrede
an Apronianus: Sixtum in Latinum verti, quem Sixtum ipsum esse tradunt
qui apud vob item in urbe romana Sixtus vocatur, episcopi et martyris
gloria decoratus. . . omne opus ita breve ut de manu eins numquam possit
recederc, totus hie liber ibi pristini alicuius pretiosi obtiuens anuli locum.
. . nunc ergo interim habeatnr in manibus pro anulo liber. . . addidi et
eiecta quaedam religiosi parentis (des Sextius) ad filium, sed breve totum,
ut merito omne opusculum vel enchiridion, si graece, vel latine anulus
appelletur. Vgl. Augustin. retract. II, 42. In dieser Uebersetzuug des
Rufinus (s. d.) haben wir 427 Sprüche, abgedmckt z. B. bei Orelli 1. 1.
p. 245 — 268, und bei Mullach 1. 1. p. .523 — 531; ausserdem (zu Xisti cor-
rumpiert) in einer syrischen, mehr erweiterten und noch mehr christiani-
sierenden Uebersetzung. Merkwürdig wäre es den Uebergang dieser Sprüche
aus dem allgemein Menschlichen (oder Stoisch-Pythagoreischen) ins Theolo-
gische zu verfolgen. Bei Hieronymus (adv. lovin. I, 30) wird aus Sextius in
Sententiis noch ganz bezeichnend und fein angeführt: todulter est in suani
TKVVFEii, Rom. Literaturgeschichto. 2. Aufl. 30
562 Auguateische Zeit. J. 711— 767 d. St.
uxorem amator, Rufinus Nr. 222 bereits: . . omnis iznpndicas yel amator
ardentior. Vgl. Meinr. Ott, Charakter und Ursprang der Sprüche des Phi-
losophen Sextius, Rottweil 1861. 71 S. 4.; und: die syrischen auserlesenen
Sprüche des Xistus, Bischofs von Rom, eine überarbeitete Seztiusschrift,
Rottweil 1862 f. 48 u. 37 S. 4. Sänger, die Sprüche des Sextius, in 6ei-
ger's Zeitschr. für jüd. Wiss. V, 1 (1867).
7. Wie das prakfcisch-philosophische Werk des Sextius so war auch sein
naturwissenschaftliches in griechischer Sprache gehalten und (mindestens
ein Theil) nsQl vXrig (materia medica) betitelt (Erotian. Lex. v. XfiQiov).
Sextius Niger, qui graece de medicina scripsit, wird von Plinius im Quel-
lenverzeichniss zu allen Büchern welche vom medicinischen Gebrauche der
Pflanzen, Thiere und Metalle handeln aufgeführt und XXXIT, 3, 13 diligeu-
tissimus medicinae genannt. Auch Dioscorides benützte den Sextius stark.
O. Jahn, Berichte d. sächs. Ges. d. W. 1850, S. 277 — 280.
8. Der Sohn (vgl. A. 6) setzte des Vaters Werk fort; vgl. Sen. nat. quaest.
VI], 32, 2: Sextioriim nova et romani roboris secta inter initia sua, cum
magno impetu coepisset, extincta est. Ueber L. Crassitius s. oben 268, 2;
über Papirius Fabianus unten Anm. 10 f. Später scripsit non parum multa
Cornelius Celsus, Sextios secutus (Quintil. X, 1, 124). Auch Sotion (Sen.
Epist. 108, 17 ff.) scheint zu den Schülern des Sextius gehört zu haben.
9. Quintil. II, 14, 2: haec interpretatio non minus dura est quam illa
Plauti essentia et queentia. Vgl. III, 6, 23: ovaluv^ quam Plautus essen-
tiam vocat. VIII, 3, 33: multa ex graeco formata nova, ac plurima a Sergio
Flavo, quorum dura quaedam admodum videntur, ut queens et essentia; quac
cur tantopere aspernemur nihil video. Dagegen Sen. Ep. 58, 6 über essentia:
Ciceronem auctorem huius verbi habeo, puto locupletem. si recentiorem
quaeris, Fabianum, disertum et elegantem, orationis etiam ad nostrum
fastidium nitidae. Allerlei willkürliche Vermittlungsversuche zwischen den
Quintilianstelleu unter sich (nebst X, 1, 124: Plautus in Stoicis renim
cognitioni utilis) und mit der des Seneca bei HOfig, de Papir. p. 2 — 17.
Seneca macht wenig Schwierigkeit, da er nur zwei Stilisten verschiedener
Zeit anführt welche gleichfalls essentia gebraucht haben. Bei Quintilian
könnte Plauti in Flavi verwandelt werden, wenn es zulässig wäre drei
Stellen nach einer zu emendieren. Doch sagt VIII, 3, 33 nicht dass Sergius
Flavus auch ens und essentia neugebildet habe; vielmehr werden diese
Wörter hier in Schutz genommen und also nicht zu den dura des Sergius
Flavus gerechnet, sondern als Beispiele der multa ex graeco formata auf-
geführt. Ebenso wenig behaupten die beiden andern Stellen daes Plautus
die Wörter zuerst gebraucht habe. So werden drei Schriftsteller zu unter-
scheiden sein: der kühne Wortbildner Sergius Flavus, der Stoiker Plautus
und der Anhänger des Sextius, Papirius Fabianus.
10. Papirius Fabianus, philosophus genannt bei Sen. suas. 1,9. contr.
II, 9, 25. 13, 18. VII. praef. 4. Sen. Ep. 40, 12: Fabianus, vir 'egregius
et vita et scientia et . . eloquentia quoque. de brev. -vitae 10 , 1 : Fabianus,
non ex his cathedrariis philosophis, sed ex veris et antiquis. Beginn mit
Rhetorik. Sen. controv. II. praef. 1: Fabianus philosophus, qui adolescena
admodum tantae opinionis in declaraando quantae postea in disputando fuit.
261 f. Philosophie (Fabianus) und Beredtsamkeit. 563
exercebatur apud Arellium Fuscum etc. ab hac (der oratio laaciva des Ar.
F.) cito se Fabianus separavit et luxuriam quidem cum voluit abiecit, ob-
Bcuritatem non potuit evadere; haec illum in philosophiam persecuta est.
(2.) deerat Uli (dem Fab.) Oratorium robur . .; splendor vero . . orationi
aderat. voltus dicentis lenis et pro tranquillitate morum (vgl. Sen. £p. 11,4)
remissus. (4.) cum aliqnando Sef tium audiret (vgl. A. 8) luhilominiis decla-
mitabat. . . (5.) babuit et Blandnm rhetorem (oben 44, 1) praeceptorem.
. . apud Blandum diutius quam apud Fuscum Arellium studuit, sed cum
iam transfagisset (zur Philosophie"). . . nee ille declamationibus vacabat et
ego tant.0 minorem natu quam ipse eram (Fabianus mag also J. 715 — ^20
geboren sein, vgl. Sen. controv. 11, 12, 12) audiebam quotiens inciderat,
non quotiens volueram. Ausführliche Probe einer Declamation des Fab. ib.
U, 9, 10—13; andere ib. 12, 3. 10 f. 13, 6 f. 14, 4. Von daher auch wohl
seine Gewohnheit öffentlicher Vorträge (über Philosophie); vgl. Sen. Epist.
52, 11: disserebat populo Fabianus, sed audiebatur modeste. erumpebat
interdum magnus clamor laudantium, sed quem rerum maguitudo (vgl. Ep.
100, 10) evocayerat. Ein Zuhörer YOn ilim war Albucius Silus i,s. unten
263, 4) und der Philosoph Seneca (Epist. 100, 3. '12).
11. Ueber die • Schreibweise des Fabianus s. Sen. Epist. 58, 6 (Anm. 9)
und besonders Epist« 100, wo 1: Fabiani Papirii libros qui inscribuntur
(artinm) civilium legisse te scribis et non respoudisse expectationi tuae;
deinde oblitus de philosopho agi compositionem eius accusas ; worauf Seneca
den Fabianus ausführlich vertheidigt und charakterisiert und z. B. sagt (9)
dass als philosophische Schriftsteller (in stilistischer Hinsicht) nur Cicero
(cuius libri ad philosophiam pertineutes paene totidem sunt quot Fabiani,
9), AsiniuB Pollio und T. Livius ihm vorgehen. Im unterschiede von Cicero
erstreckte sich aber seine Schrifbstellerei hauptsächlich auf Naturgegen-
stände; Fabianus causarum naturalium II bei Charis. p. 106, 14 ff. K.; un-
genauer causarom libro II et III ib. p. 146, 28; causarum tertio bei Diomed.
I. p. 375, 22 K. Vgl. noch Val. Prob. p. 209, 21 und Serg. expl. p. 642,
16 E. (gramm. lat. IV). Fabianus de animalibus primo bei Chaiis. p. 105,
14 f. vgl. p. 142, 14. Vgl. Plin. n. h. IX, 8, 25. Wie Zoologie so scheint
auch die Botanik (Pharmakologie) von ihm behandelt zu sein, nach den
Anfahi-ungen bei Plinius n. h. XII, 8. XV, 2. XVIII, 28, 277 (a Fabiane
graecisque auctoribus). XXIII, 30. XXVUI, 14 (Aristoteles et Fabianus).
Auf viel Kritik deutet aber nicht die Angabe ib. XXXVI, 24: inter plu-
rima alia Italiae miracula ipsa marmora in lapicidinis crescere auctor est
Papirius Fabianus, naturae rerum peritissimus. Anderes ib. II, 46. 105.
Herm. Gust. Höfig, de Papirii Fabiani philosophi vita scriptisque, Breslau
(1852) 59 pp.
262. Die Vertreter der augusteischen Beredtsamkeit^25i
soweit sie noch in der Republik wurzelt, sind Asinius Pollio
und M. Messala; neben ihnen noch Fumius, Atratinus, L. Ar-
runtius, Q. Haterius (J. 690 — 779 d. St.) u. A. Die jüngere Ge-
neration entspricht mit ihren Fähigkeiten meist nur dem engen
Räume welchen die Monarchie gelassen hat-, so die Söhne des
36*
564 AuguBteifiche Zeit. J. 711—767 d. St.
Messala, Messalinus und Cotta^ Fabius Maximus u. A. Bedeutender
sind T. Labienus und Cassius Severus, welche durch ihren Freimut
in Conflicte geriethen, Labienus mittelst eines Geschichts Werkes.
Der wegen seines scharfen Witzes vielgehasste und gefürchtete
Cassius Severus ist noch ein eigentlicher Redner und befasst
sich nur ungern niit den Schuldeclamationen^ verräth aber in
der Art seiner Beredtsamkeit dennoch seine Verw^dtschaft mit
ihnen.
1. lieber Asinius Pollio und Messala als Redner s. oben 218, 4 und 9.
Ueber Fumius oben 206 , 9; Sempronius Atratinue 206, 10. lieber die red-
nerische Bildung und Beredtsamkeit des Augustus s. 217, 2; des Maecenas
217, 7,- des Agrippa 217, 11.
2. Der Torquatus welcher Moschi (unten 263, 12) causam (Hör. Ep.
1,6,9 etwa aus J. 735 d. St.) führte und an welchem Hör. 0. IV, 7, 23 f.
genus, faeundia und pietas rühmt ist, da die Erzählung des Sueton ver-
muten lässt dass die Manlii Torquati in den Bürgerkriegen ausgestorben
waren, wahrscheinlich (s. Weichert de Cass. Parm. p. 804-^314) der bei Suet.
Aug. 43 Genannte: in hoc (Troiae) ludicro Nonium Asprenatera lapsu de-
bilitatnm aureo torque donavit passusque est ipsum posterosque Torquati
ferre cognomen. Vgl. ib. 56: cum Asprenas Nonius art^us ei (dem Au-
gustus) iunctus causam vcneficii accusante Cassio Severe diceret etc. Dann
ist dieser wohl auch einer der zwei Asprenates von deren Declamationen
der Rhetor Seneca berichtet, häufig über Publius, z. B. suas. 7, 4. contr. 1,
1, 5. 2, 9 f. 8, 4—6 u. 12 f. II, 10, 4. VH, 23, 6. X, 33, 25 (P. Asprenates
dixit), einmal auch über Lucius, ib. X, praef. 2 (pertinere non ad rem
puto quomodo . . L. Asprenates aut (juintilianus senex declamavcrit;
transeo istos q'uorum fama cum ipsis extincta est). Ein L. Nonius Asprenas
war (!o8. 759 d. St., ein Anderer J. 782 = 29 n. Chr.; ein P. Nonius As-
prenas (Sohn des Schulredners?) Cos. 791 = 38 unter Caligula.
3. Ueber L. Arruntius (A. 8) s. oben 254, 7.
4. Q. Lucretius Vespillo, Cos. 735; s. W. TeufFel in Pauly's Real-Enc.
IV. S. 1198, Nr. 23. Grabrede auf seine Gattin Turia, die nach 41jähriger
Ehe um 746 — 752 gestorben war, ein warmer Erguss des Gefühls, erhalten
in der Inschrift bei Orelli 4859. Th. Mommsen, Abhandl. der Berl. Akad.
1863, S. 455 ff. 477 f.
. 5. Hieronym. zu Euseb. ehr. a. Abr. 2040 = Tib. 11 == 777 d. St.:
Q. Ilaterius promptus et popularis orator usque ad XC prope annum
cum summo honore consenescit. Tac. A. IV, 61: fine anni (779 = 26 u.
Chr.) excessere insignes viri, Asinius Agrippa . . et Q. Haterius, familia
senatoria, eloquentiae quoad vixit celebratae. monimenta ingeni eins haud
perinde retinentur. scilicet impetu magis quam cura vigebat. . . Haterii
canorum illud et profluens cum ipso simul cxtinctum est. Seneca Exe.
cpntrov. IV. praef. 6—11 (p. 376—378 Bu.): Q. Haterium scio . . imbecillo
animo mortes sex filiorum tulisse. . . declamabat Haterius admisso populo
ex tempore, solus omni um Romanorum quos modo ipse cognovi in lati-
262. Redner: Haterius, MeBsalinns u. a. 565
nam linguam transtulerat graecam facultatem. tanta erat illi velocitas
orationis ut vitium fieret. . . nee verborum illi tantum copia sed etiam
rerum erat. > . quaedam antiqua et a Cicerone dieta, a ceteris deinde de-
serta dicebat. . . multa erant quae reprehenderes, multa quae suspiceres
etc. Sen. Epist. 40, 10. Proben ans seinen Declamationen sind bei dem
alteren Seneca nicht selten; s. p. 15. 27, 14 flF. 39, 4 ff. 97. 186. 193. 198.
236. 272. 284. 286. 286. 287. 334 Bu. Vgl. noch Tac. A. II, 33 (consularis).
Suet. Tib. 27. 29.
6. M. Valerius Corvinus Messala oder Messalinos, ältester Sohn des
Redners, Cos. 751; s. A. Haakh in Pauly's Ileal-Enc. VI, 1. S. 2366 f. Nr. 100.
Tac. A. III, 34: Valerius Messalinus, cui parens Messala ineratque imago
patemae facundiae. Vgl. oben 225, 2, A. 1 und 240, 4. Zur Feier seiner
Ernennung zum XV vir sacr. Tibull II, 6 (vom J. 735? Lächmann 729 oder
730). Briefe Ovids an ihn. Trist. IV, 4 (vgl. oben 247, 16) und ex Ponto
I, 7. II, 2. Sein jüngerer Bruder hiess M. Aurelius Cotta Maximus, seit
er (nach J. 762) in das Geschlecht seiner Mutter, die gens Aurelia, adoptiert
worden war, nahm aber nach seines Bruders (kinderlosem?) Tode dessen
Cognomen Messalinus an. Politisch wenig thätig und mit Servilismus sich
durchhelfend, führte Cotta im Uebrigen ein epikureisches Leben (egens ob
luxum, per flagitia infamis, Tac. A. VI, 7), zu welchem neben Genüssen
der Küche (Plin. n. h. X, 22) auch das Versemachen (oben 247, 16)
und Witzereissen (Tac. A. VI, 5) gehörte. Mit Ovid war er näher be-
freundet; s. ex Ponto I, 5. II, 3. 8. III, 2. 5, auch wohl Trist. IV, 5 (s. bes.
V. 29 ff.). Eine von ihm vor dem Centumviralgericht gehaltene Rede welche,
Ovid in Tbmi las ex Pont. III, 5, 7 ff . (legimus, o iuvenis patrii non de-
gener oris, dicta tibi pleno verba diserta foro). Ueber ihn s. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2366, Nr. 100. W. Henzen, Annali deir inst.
archeoL XXXVII. p. 5—17.
7. Paulus Pabius Maximus, Cos. 743 d. St. An ihn Ovid. ex Ponto
I, 2. 9. III, 3. 8. Ueber ihn ib. IV, 6, 9 (Fabiae laus, Maxime, gentis).
I, 2, 69 (romanae facundia, Maxime, linguae), 119 (doctae dulcedine lin-
guae) und 137 (tua nonnumquam . . scripta legebas); Horaz 0. IV, 1, 9 ff .
(pro sollicitis non tacitus reis et centum puer artium). Quintil. VI, 3, 52.
Zweifelhaft aber ist ob er der Fabianus Maximus, nobilissimus vir, ist qui
primus foro romano hunc novitium morbum quo nunc laborat intulit (Sep.
controv. II, 12, 11. p. 154, 14 ff. Bu.). A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VII, 2.
S. 2919 f. Nr. 67.
8. Tac. A. XI, 6 (aus der Zeit des Claudius, J. 47 n. Chr.): memi-
nissent Gai Asinii, M. Messalae ac recentiorum Arruntii (A. 3) et Aesernini:
ad summa provectos incorrupta vita et facundia. Aeserninus ist wohl
der Sohn des Cos. 732, M. Claudius Marcellus Aeserninus, und Enkel des
Asinius Pollio (Suet. Aug. 43), geboren etwa 725 — 730, von seinem Gross-
vater in die Beredtsamkeit eingeleitet; s. Sen. exe. controv. IV. praef. 3 f.
(p. 376 Bu.), wo z. B.: Marcellus,^ quamvis puer, iam tantae indolis erat ut
Pollio ad illum pertiuere successionem eloquentiae suae crederet. Proben
(meist kurze) aus seinen Declamationen bei Sen. suas. p. 13. 28: 30. controv.
p. 160. 185. 192. 200, 23—30. p. 208 Bu. Vgl. noch Tac. A. III, 1 1 u. oben 254, 7.
;")!)() Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
9. Plinius n. h. XXXIV, 18, 47: duo pocula . . qaae Cassio Salano
. . praeceptori suo Germanicas Caesar . . donaverat. Diess ist der Sala-
nuB an welchen Oyid. ex Pont. II, 5 gerichtet ist, worin ^r doctissimus
heisst (▼. 15), sein eloquium (40), seine facundia (69) gerühmt wird, auch
(63 — 68) auf poetische Arbeiten von ihm hingewiesen, und seine Stellung
zu Germanicus (41—66) erwähnt. *•
10. Ueber T. Labienus s. besonders den älteren Seueca Contr. X.
praef. 4 ff. p. 292 — 294 Bu., wo z. B.: declamavit non quidem populo, sed
egregie. . . magnus orator, qui multa impedimenta eluctatus ad famam
ingeni confitentibus magis hominibus pervenerat quam volentibus. summa
egestas erat, summa infamia, summum odium. . . color orationis antiquae,
vigor novae, cultus inter nostrum ac prius saeculum medius. libertas tanta
ut libertatifl nomen excederet et, quia passim ordines hominesqne laniabat,
rabies Tocaretur. . . in hoc primum excogitata est nova poena: effectum
est enim per inimicos eins ut omnes eins libri (ex senatus consulto) com-
burerentur. . . non tulit hanc Labienus contumeliam nee superstes esse
ingenio suo voluit, sed in monumenta se maiorum suorum ferri iussit atque
ita includi (um 765 d. St.?). . . memini aliquando, cum recitaret histo-
riam, magnam partem illum libri convolvisse et dixisse: haec quae transeo
post mortem meam legentur. Suet. Calig. 16: Titi Labieni, Cordi Cremuti,
Caesi Severi scripta, senatus consultis aboLita, requiri et esse in manibus
lectitarique permisit. Sen. controv. p. 375, 17: homo mentis quam linguae
amarioris. Proben aus seinen Declamationen ib. p. 310, 21. 812, 21. 315, 8.
822, 22 ff. 325, 4 ff. In dem Processe um die Hinterlassenschaft der Ürbinia
stand Labienus als Sachwalter des Figulus dem Asinius Pollio gegenüber;
vgl. Quintil. I, 5, 8. IV, 1, 11. EX, 3, 13. Charis. p. 77, 14. 376, 8 K. Auf
eine Rede des Lab. gegen Bathyllus deutet Sen. contr. X. praef. 8. Vgl.
Weichert de L. Vario p. 319—324.
11. Tac. A. I, 72: primus Augustus cognitionem de famosis libellis
. . tractavit, commotus Cassii Severi libidine, qua viros feminasque in-
lustres procacibus scriptis diffamaverat. Der Unwille des adeligen Ge-
schichtschreibers über diese Vermessenheit fühlt sich durch ib. IV, 21:
relatum de Cassio Severo exule, qui sordidae originis, maleiicae vitae, sed
orandi validus, per immodicas inimicitias ut . . Cretam amoveretur effe-
cerat; atque illic eadem actitando recentia veteraque odia advertit, bonisque
exutus . . saxo Seripho consenuit. Hieronym. ad a. Abr. 2048 «= Tib. 19
3B 785 d. St.: Cassius Severus, orator egregius, qui Quintianum illud pro-
verbium Inserat, XXV exilii sui anno in summa inopia moritur yix panno
verenda contectus. Er mag also um 710 d. St. geboren sein; schon desshalb
kann Hör. Epo. 6 sich nicht auf ihn beziehen; s. W. Teuffei, Ztschr. f. d.
Alt. Wiss. 1845, S. 596 — 598. Charakteristik desselben bei Sen. Exe. con-
trov. III. praef. (p. 359 ff. Bu.): oratio eins erat valens cultu, ingentibus
plena sententiis. . . non est quod illum ex his quae edidii aestimetis; . .
eloquentia eins longe maior erat quam lectio. . . corporis magnitndo con-
spicua (vgl. Plin. n. h. VII, 55: Cassio Severo celebri oratori Armentarii
mirmillonis obiecta similitudo est), suavitas valentissimae vocis. . . gra-
vitas, quae deerat vitae, actioni supererat. . . uno die privatas plures
agebat, . . publieam vero numquam amplins quam unam uno die. nee tarnen
262 f. Redner und Rhetorcn: Labienas, Cassius Severus u. a. 567
scio quem remn illi defendere nisi se (gegen die Anklage dee Fabianus
Mazimus, ib. p. 154, 16) contigerit. . . omnia habebat quae iUum ut bene
declamaret instruerent: phrasin . . lectam, genas dicendi . . ardens et con-
citatom, . . explicationes plus sensuum quam verborum haben tes. . . tamen
non tantum infra se cum declamaret, sed infra multos erat, itaque raro
declamabat et non nisi ab amicis coactus. Er selbst erklärt diess ib. 12
damit dass er nur das causas agere, in foro dicere, nicht aber dieses
zwecklose /Thun mit Ernst behandeln könne. Vgl. suasor. 6, 11. Proben
seines Witzes bei Sen. controv. II, 12, 11. IV. praef. 11. IX, 26, 14. X. praef. 8.
34, 20. Quintil. VI, 3, 27 vgl. 78 f. 1, 43. VIII, 2, 2. 3, 89. XI, 3, 183.
Suet. gramm. 22. Proben seiner Declamationen bei Sen. controv. VII, 18,
10. IX, 25, 12 und besonders X, 33, 2 (p. 316 f.). Letztere bestätigt mit
ihrer Masslosigkeit der Ausmalung in der Hauptsache das Urteil bei Tac.
dial. 19: antiquorum admiratores . . Cassium Severum . . primum affirmant
flexisse ab ista vetere atque directa dicendi via, und ib. 26: equidem non
negaverim Cassium Severum, . . si iis comparetur qui postea fuerunt, posse
oratorem vocari, quamquam in magna parte librorum suorum plus viri
habet quam sanguinis; primus enim contempto ordine rerum, omissa mo-
destia ac pudore verborum . . non pugnat, sed rixatur. ceterum . . et
varietate eruditionis et lepore urbanitatis et ipsarum virium robore multum
ceteros superat. .(JuintiL X, 1* 116: multa, si cum iudicio legatur, dabit
imitatione digna Cassius Severus, qui, si ceteris virtutibus colorem et gra-
vitatem orationis adiecisset, ponendus inter praecipuos foret. (117.) nam
et ingenii plurimum est in eo et acerbitas mira et urbanitas et fervor; sed
plus stomacho quam consilio dedit. Er belangte (J. 745 nach Dio LV, 4) den
Freund des Augustus, Nonius Asprenas (s. A. 2), wegen Giftmords, wobei ihm
Asinius PoUio als Vertheidiger gegenüberstand (Quintil. X, 1, 22). An-
führung aus einer Rede von ihm bei Diomed. I. p. 371, 19 E. Cassius
Severus ad Maecenatem (Brief?) bei Charis. I. p. 104, 11 K. == Priscian. VII, 56.
p.333, 11 H.; Cassius adTiberium secundo bei Diomed. I. p. 373, 20 =» Priscian.
IX, 53. p. 489, 3 H. Vgl. noch Hertz zu Priscian. VIII, 15. p. 380, 1. Dass
er aus Longula gebürtig gewesen sei ist weggefallen seitdem im Quellen-
verzeichniss zu Plin. n. h. XXXV aus guten Gründen interpungiert wird:
ex . . Cassio Severo, Longulano. Dieser Longulanus selbst aber ist uns so
unbekannt wie der ib. gleich darauf genannte Fabius Vestalis qui de pictura
scripsit, der im Verzeichniss auch zu B. VII u. XXXVI aufgeführt wird.
12. Varius Geminus, sublimis orator (L. Seneca bei Hieronym. adv.
lovin. I), apud Caesarem dixit: Caesar, qui apud te audent dicere magni-
tudinem tuam ignorant, qui non audent, humanitatem (Sen. exe. contr.
VI, 8, 6). Proben seiner Declamationen bei Sen. suas. 6, 11 — 14. contr.
VII, 16, 18 f. u. 23. 19, 5. 21, 10 u. 15—17. 22, 11.
263. Unter den Rhetoren der augusteischen Zeit sind252
innerhalb der älteren Generation die namhaftesten der Lands-
mann und Jugendfreund des älteren Seneca, M. Porcius Latro;
Arellius Fuscus, welcher der in seiner Heimat Asien herrschen-
den Geschmacksrichtung huldigte; C. Albucius Silus aus NoTara;
5G8 Augusteische Zeit. J. 7 1 1 — 767 d, St.
der ältere Passienus; der eitle Cestius Pius aus Smyma; L. lu-
nius Gallio, gleichfalls ein Freund des älteren Seneca. Aus der
jüngeren Generation gehören zu den verhältnissmässig bedeutend-
sten der philosophisch angeregte Papirius Fabianus und Alfius
Flavus, der auch Verse machte. Eine grosse Schaar anderer
Schulredner kennen wir durch den älteren Seneca.
1. Sen. controy. X. priief. 13: primum tetradeum quod faciam quae-
litis? Latronis, Fusci, Albuci, Gallionis. Als Beweis des herrschenden
Ungeschmackes wird ib. IIL praef. 14 angeführt: et Polliqnem Asinium et
Messalam Corvinum et Passiennm . . minus bene videri quam Cestium aut
Latronem. Im Allgemeinen vgl. Andr. Schott, de claris apud Senecam
rhetoribus, an der Pariser Ausg. des Seneca von 1607 und 1613.
2. Hieronym. chron. a. Abr. 2013 =» Aug. 40 =» 751 d. St.: M. Por-
cius Latro (vgl. Suet. ind. rhet. p. 99 Bffsch.) latinus declamator taedio
duplicis quartanae semet ipsum interficit. Charakteristik desselben bei
Sen. controv. I. praef. 13—18. 20—24, z. B.: Latronis Porcii, carissimi mihi
sodalis, memoriam . . et a prima pueritia usque ad siltimum eins diem
perductam familiärem amicitiam. . . nihil illo viro gravius, nihil suavius
. nemo plus ingenio suo imperavit, nemo plus indulsit. in utraque parte
vehementi viro modus deerat. . . (16.) corpus illi erat natura solidnm et
multa exercitatione duratum. . . vox robusta, sed sordida lucubrationibus
et neglegentia . . infuscata. . . nulla umquam illi cura vdcis exercendae
fuit: illum fortem et agrestem et hispanae consuetudinis morem non poterat
dediscere. (17.) . . memoria et natura quidem felix, plurimum tamen arte
adiuta. (20.) . . cum in illo, si qua alia virtus fuit, et subtilitas fuerit.
. . (22.) cum condiscipuli essemus (zu Rom) apud Marillum rhetorem, ho-
ininem satis aridum. . . (24.) controversia . . quam primam Latronem
meum declamasse memini admodum iuvenem in Marilli schola. IX. praef. 3 :
Latronem Porcium, declamatoriae virtutis unicum exemplum, cum pro reo
in Hispania Rustico Porcio propinquo suo diceret etc. =» Quintil. X, 5, 18
(P. L., qui primus clari nominis professor fuit). X. praef. 15: Latro num-
quam solebat disputare in convivio aut alio quam quo declamare poterat
tempore. . . uegabat itaque ulli se placere posse nisi totum nossent se
et suas vires. Zahllose Proben aus seinen Declamationen bei dem älteren
Seneca (z. B. contr. VII, 16, 16 ff.), die ihn als einen verhältnissmässig na-
türlichen und einfachen Schulredner erscheinen lassen. Vgl. Lindner p. 25
— 44. Messala fand seine Sprache nicht rein römisch (Sen. controv. II,
12, 8). Aus einer declamatio de raptore (Sen. contr. II, 11) des Latro eine
Stelle bei Quintil. IX, 2, 91. Anhänglichkeit seiner Schüler an ihn; s. Sen.
controv. IX. praef. 23: nee ulli alii contigisse scio quam apud Graecos Ni-
cüti, apud Romanos Latroni ut discipuli non audiri desiderarent, sed con-
tenti essent audire. Tranken sie doch sogar cuminum silvestre um blass
auszusehen wie ihr Meister (Plin. n. h. XX, 160). Unter diesen Schülern
war Ovid (oben 242, 1), Florus (Sen. controv. IX. praef. 23 f.), Fulvius
Sparsus (A. 10) und Abronius Silo (oben 247, 14). G. Lindner, de M. Porcio
Latrone commentatig, Breslau 1855. 52 pp. Diss.
263. Latro, Arellius Fuscus, Albucius Silus. 569
3. Sen. controv. IX, 29, 16: FuscuB Arellius cum esset ex Asia etc.
schloBs sich am nächsten an seine 'Landsleute Addaios (ib. IX^ 24, 12 f.) und
Hybreas (ib. IX, 29, 16) an. Suas. 4, 5: quia soletis mihi molesti esse de
Fusco, quid fuerit, quare nemo videretur dixisse cultius, ingeram vobis
Fuscinas explicationes. dicebat autem suasorias libentissime, et frequentius
graecas quam latinaa. Eine Charakteristik seiner Weise gibt der ältere
Seneca wiederholt; so suas. 2, 10: ut sciretis quam nitide Fuscus dixisset
vel quam licenter. . . nihil fuisse me iuvene (also war Fuscus wohl etwas
älter als Seneca) tarn notum quam has explicationes Fusci etc. Tgl. ib. 3, 7:
descriptionibus Fusci vos satiem? Controv. II. praef. 1: erat explicatio
Fusci Arelli splendida quidem sed operosa et implicata, cultus nimis ad-
quisitus, compositio verbofum mollior . .; summa inaequalitas orationis,
quae modo exilis erat, modo nimia licentia vaga et efFusa; principia, argu-
menta, narrationes aride dicebantur; in descriptionibus extra legem Omni-
bus verbis, dummodo niterent, permissa libertas; nihil acre, nihil soli-
dum, nihil horridum; splendida oratio et magis lasciva quam laeta. Dazu
suas. 3, 5: solebat Fuscus ex Vergilio inulta trahere, ut Maecenati impu-
taret; vgl. ib. 4, 5. Der ältere Seneca gibt in seinem Werke sehr zahl-
reiche Proben der Beredtsamkeit des Fuscus, die längsten suas. 2, 1 ff.
controv. II, 9, 4—8. VII, 21, 7 f. Vgl. Lindner p. 11—23, wo p. 22: sanam
sectabatur eloquentiam. sanos plerumque habet colores, sanas eententiaa,
splendidam descriptionem et copiosam, quamvis interdum nimis cultam et
luxuriosam; figuras pluiplmas quidem nee vero inepte cumulatas. oratio
argent«ae est aetatis. . . divisio denique . . apud Fuscum arida depre-
henditur. Dass Seneca ihn in einem Theile der Stellen Arellius Fuscus
(oder Fuscus Arellius) pater nennt beweist nur dass er, gerade wie Clodius
Turrinus (Sen. contr. X. praef. 14 ff.), zur Zeit da Seneca schrieb einen
erwachsenen Sohn hatte welcher sich vielleicht gleichfalls der Rhetorik
widmete, ohne dass desshalb die Stellen wo pater fehlt und blos Arellius
Fuscus oder Fuscus Arellius gesetzt ist (niemals mit dem Beisatze filius)
auf den Sohn zu beziehen wären. Dass vielmehr alle Stellen des Seneca
nur auf den berühmten Rhetor, den Vater, zu beziehen sind zeigen die
vielen Fälle wo innerhalb des gleichen Beispieles pater bald gesetzt bald
weggelassen ist; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1496, Nr. 6.
Lindner p. 4—6. Unter seinen Schülern war Ovid (oben 242, 1) und Papi-
rius Fabianus (oben 261, 10 f.). Keinenfalls von ihm, vielleicht aber von seinem
Sohne, sagt Plin. n. h. XXXIII, 64: vidimus et ipsi Arellium Fuscum (mo-
tum equestri ordine ob insignem calumniam, cum celebritate assectarentur
adolescentium scholae) ex argento anulos habentem. F. G. Lindner, de
Arellio Fusco commentatio, Breslau 1862. 4.
4. Suet. rhet. 6 (= gramm. 30): C. Albucius Silus Novariensis
cmn aedilitate in patria fnngeretur . . contendit . . inde Romam, receptus-
que in Planci oratoris (oben 206, 8) contubernium . . ex eo clarus propria
auditoria instituit, solitus declamare genere' vario: modo splendide atqne
adornate, tum . . circumcise ac sordide et tantum non trivialibus verbis.
egit et causas, verum rarius, dum amplissimam quamque sectatur nee alium
in ulla locum quam perorandi. postea renuntiavit foro, ^partim pudore
partim motu (namentlich seitdem ihm vor dem Centumviralgericht L. Ar-
570 Augusteische Zeit. J. 711-767 d. St.
runtius den Unterschied zwischen Redefiguren und Bechtsausführungen zu
fühlen gegeben hatte, Sen. controv. VII. praef. 7. Suet. 1. 1. Quintil. IX,
2, 95). et rursuB in cognitione caedis Mediolani apad L. Pisonem procon-
Bulem (Cos. 739 d. St.) defendens reum . . paene poenas luit. iam autem
senior ob yitium vomicae Novariam rediit convocataque plebe cauBis pro-
pter quas mori destinasset diu ac more contionantis redditis abstinuit
eibo. Hieronym. ad a. Abr. 2011 » Aug. 38 » 749 d. St.: Albucius Silo
Noyariensis clarus rhetor agnoscitur. Allem nach war er ein Altersgenosse
des altem Seneca (Lindner p. 7 f.). Quintil. II, 15, 36: Albucius, non ob-
scuruB Professor atque auctor, nach welchei^ Stelle er auch über Theorie
der Beredtsamkeit geschrieben hatte. Vgl. ib. III, 3, 4. 6, 62. Ps. Vergil.
Catal. 7, 3 f.: tos, Sile Albuci Arquitique Varroque, scholasticorum natio
madens pingui. Charakteristik seiner R-edeweise bei Sen. controv. VII.
praef., worin z. B.: (1.) instatis mihi quotidie de Albucio. non ultra vos
differam, quamvis non audierim frequenter, cum p^ totum annum quin-
quiena sexiensve populo diceret (d. h. öffentlich declamierte). . . alius erat
cum turbae se committebat, alius cum paucitate contentus erat. . . illa
intempestiva in declamationibus eins philosophia sine modo tunc . . eva-
gabatur. cum populo diceret omnes vires suas advocabat et ideo non de-
sinebat. . . argumentabatur moleste magis quam subtiliter. . . (2.) . .
Bplendor orationis quantus nescio an in nuUo alio fiierit. . . dicebat citato
et effuBO cursu, sed praeparatus. . . sententiae . . simplices, apertae. . .
(3.) . . non posses de inopia sermonis latini queri cum illum audires: tan-
tum orationis cultae fluebat. . . (4.) timebat ne scholasticus videretar.
. . quem proxime dicentem commode audierat imitari volebat. memini
illum . . apud Fabianum philosophum tanto iuveniorem quam ipse erat
cum codicibuB sedere; (5.) memini admiratione Hermagorae stupentem ad
imitationem eins ardescere. nulla fiducia ingenii sui et ideo adsidua mu-
tatio. . . (6.) raro Albucio respondebat fortuna, semper opinio. . . (7.)
erat homo summae probitatis, qui nee facere iniuriam nee pati sciret.
Vgl. noch ib. I, 4, 14 (Albucius, qui Graecos praeminet). Zahlreiche Pro-
ben seiner Declamationen bei Seneca d. a., z. B. controv. VII, 16, 1 — 3.
IX, 25, 6—8. F. G. Lindner, de Gaio Albucio Silo commentatio , ^Breslau
1861. 18 pp. 4.
5. Hieronym. ad a. Abr. 2008 ^ Aug. 35 =» 746 d. St: Passienus
pater, declamator insignis, diem obit. Seneca controv. II, 13, 17: Pasaie-
nus, vir eloquentissimus et temporis sui primus orator. Exe. contr. III.
praef. 14: Passienum, qui nunc primo loco stat. X. praef. 11: Passieno
. . declamatori subtili, sed arido. III. praef. 10: PassienuB noster (Cassius
Severus spricht) cum coepit dicere, secundum principium statim fiiga fit,
ad epilogum omnes revertimur, media tantum quibus necesse est audiunt.
Von AugustuB geschätzt (tantus vir), ib. X, 34, 21. Vgl. noch ib. VII, 16,
20. Sein Sohn ist Passienus Crispus bis consul (iterum J. 44 n. Chr.),
orator, Agrippinae matrimonio et Nerone privigno clarior postea (Plin. n.
h. XVI, 242). Vgl. Schol. luv. IV, 81 (soweit er dort nicht mit -Vibius
Crispus — unten 291, 2 — verwechselt wird): plurimas sponte causas apud
centumviros egit. . . consulatus duos gessit. uxores habuit duas, primam
Domitiam, deinde Agrippinam. . . onmium priucipum gratiam adpetivit, sed
263. PassienuB, Cestius Pias, Gallio u. a. 571
praecipue C. CaeBaris. . . periit per fraadem Agrippinae etc. Tac. A. VI,
20 (scitum PaBsieDi oratoris dictnm). Quintil. VI, 1, 50. X, 1, 24 (pobis
paeria insigneB pro Yoluseno Catulo Domitii Afri, Crispi PasBieni, D. Laelii
orationes ferebantur). An ihn gerichtet ist das Epigramm (des Seneca?)
bei Biese, Anthol. lat. 406 (p. 264), worin v. 2: Crispe, vel antiquo con-
spiciende foro. v. 8 f. : cuius cecropio pectora melle madent, mazima fa-
cundo vel avo vel gloria patri. Vgl. ib. 445 (p. 281).
6. L. Cestius Pius (Suet. ind. rhett., p. 99 Rffsch.) Smyrnaeus rhetor
latine Bomae docuit, Hieronym. ad a. Abr. 2004 =» Aug. 31 »» 742 d. St.
Sen. suas. 7, 13: erat Cestius nullius quidem ingenü, Ciceroni etiam in-
festus, quod illi non inpune cessit. nam cum M. Tullius filius Ciceronis
Asiam obtineret (J. 725) . . servus . . interroganti domino quis ille voca-
retur qui in imo recumberet ait: hie est Cestius qui patrem tuum negabat
litteras scisse; adferri protinus flagra iussit et Ciceroni . . de corio Cestii
satisfecit. Exe. controv. III. praef. 15: pueri fere aut iuvenes scholas fre-
quentant; hi non tantum disertissimis viris (der Gegenwart) Cestium suum
praeferunt sed etiam Ciceroni praeferrent ni lapides timerent. . . huius
declamationes ediscunt, illius orationes non legunt nisi eas quibus Cestius
rescripsit. (16.) memini (sagt Cassius Severus) me intrare scholam eins cum
recitaturus esset in Milonem Cestius (vgl. Quintil. X, 6, 20: rescribere veteri-
bns orationibus, ut fecit Cestius contra Ciceronis actionem habitam pro Mi-
lone). . . Cestius Ciceroni responsurus mihi quod responderet non invenit.
. . (17.) deinde libuit {mihi) Ciceroni de Cestio in foro satisfacere. . . dixi
molestnm me amplins non futurum si iurasset disertiorem esse Ciceronem
quam se. nee hoc ut faceret vel ioco vel serio effici potuit. Contr. VII.
praef. 8: Cestii, mordacissimi hominis. 16, 27: Cestium latinorum verborum
inopia hominem graecum laborasse, sensibos abnndasse. Proben ans seinen
Declamationen zahlreich bei Seneca. Schüler von ihm Surdinus (oben 15, 3),
Aietius Pastor (Sen. contr. I, 3, 11), Quintilius Varus (Sohn des durch seine
Niederlage Berühmten und Schwiegersohn des Germanicus, ib. I,,3, 10),
und besonders Argentarius, s. Sen. contr. IX, 26, 12 (p. 265 Bu.): Cestius
. . quid putatis, aiebat, Argentarium esse? Cesti simius est. . . fuerat
enim Argentarius Cesti auditor et erat imitator. aiebat invicem: quid pu-
tatis esse CcBtium nisi Cesti cinerem? (13.) omnibus autem insistebat (Arg.)
Cesti vestigiis: aeque ex tempore dicebat, aeque contumeliose multa inter-
ponebat; illud tamen optima fide praestitit, cum uterque Graecus esset, ut.
numquam graece declamaret. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2.
S. 1618, Nr. 1. F. G. Lindner, de L. Gestio Pio, Züllichau 1858. 17 pp. 4.
7. (L.) lunius Gällio, Freund des altern Seneca (Gallio noster, Sen.
p. 21, 15. 130, 2. 160, 11. 162, 2. 181, 10. 359, 15 Bu.), sowie des Ovid
(Nasoni suo, ib. p. 21, 30) und daher wohl der Gallio welchen Ovid ex
Pont. IV, 11 über den Tod seiner Gattin tröstet. Gleichaltrig scheint er
mehr dem Ovid als dem Vater Seneca gewesen zu sein; s. Sen. contr. VIl.
praef. 5 f. Verfasser einer rhetorischen Schrift (Quintil. III, 1, 21: pater
Gallio) und von Declamationen (ib. IX, 2, 91: remissius et pro suo ingenio
pater Gallio; vgl. Tac. dial. 26: tinnitus Gallionis), die noch in der Zeit
des Hieronymus vorhanden waren (comm. in Esaiam, praef.: qui . . con-
572 Augusteische Zeit. J. 711—767 d. St.
cinnaB declamationes desiderant legant Tallium, Quintilianum , Gallionem,
Gabinianum). Proben daraus, welche auf relative Nüchternheit schliessen
lassen (s. B. Schmidt p. 22 — 24), bei Seneca häufig; l&ngere suas. 5, 8.
contr. I, 1, 4 u. 14. 2, 11 f. 7, 12. 8, 9. II, 11, 6 f. u. 14. VII, 16, 12 f. 22,
3—5. 23, 4. 24, 8 u. 10. IX, 26, 2 f. u. 6. 27, 12 f. 28, 1. 7 f. 11. 21. X, 31,
1—3. 34, 13 — 17. Vgl. noch X. praef. 8: monstrabo bellum vobis libellum,
quem a Qallione vestro petatis. recitayit rescriptum Labieno pro Bathyllo
Maecenatis. Tac. A.VI, 3. Dio LX, 36. LXII, 25. B. Schmidt, de L. lunio
Gallione rhetore, Marburg 1866. 33 pp. 8. Er adoptierte den ältesten Sohn
seines Freundes Seneca, M. Annaeus Novatus, welcher seitdem L. lunius
Gallio (Dio LX, 85) hiess. Letzterer wurde unter Claudius Consul und ver-
waltete dann (J. 52 n. Chr.) Achaja. Stat Silv. II, 7, 32 nennt ihn dulcis.
Sein Bruder Seneca hat an ihn (als Novatus) seine Abhandlungen de ira
und (ad Gallionem) de vita beata gerichtet. Er überlebte nach Tac. A.
XV, 73 den Tod von Seneca (f 65), sah sich aber bald genöthigt ihm
nachzufolgen; s. Hieron. a. Abr. 2080 = Ner. 10 =- 64 n. Chr. (statt 65):
lunius Gallio, frater Senecae, egregius declamator (möglicher Weise Ver-
wechslung mit seinem Adoptivvater), propria se manu interficit. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1015, Nr. 13 a.
8. lunius Otho pater . . edidit quattuor libros colorum, quos belle Gal-
lio noster Antiphontis libros vocabat: tantum in illis somniorum est, Sen.
contr. II, 9, 33. Vgl. I, 3, 11: Othonem lunium patrem memini colorem
stultum inducere, quod minus ferendum est quod libros colorum edidit.
Auch von diesem Proben seiner Declamationen bei Seneca. Prätor J. 775
=- 22. Ueber ihn Tac. A. III, 66: lunio Othoni litterarium ludum exercerc
vetus ars fnit; mox Seiani potentia Senator obscura initia impudentibus
ausis propoUuebat.
9. Sen. contr. I, 1, 22: hanc partem memini apud Cestium declamari
ab Alfio Flavo, ad quem audiendum me fama perduxerat; qni cum prae-
textatus esset tantae opinionis fiiit ut populo rom. puer eloquentia notns
esset. . . tanto concursu hominum audiebatur ut raro änderet post illum
Cestius dicere. ipse omnia mala faciebat ingenio suo. naturalis tamen illa
vis eminebat^quae post multos annos, iam et desidia obruta et carminibns
(also wohl erotische) enervata, vigorem tamen suum tenuit. Vgl. II, 14, 8:
Flavum Alfium, auditorem suum, qui eandem rem lascivins dixerat, obiur-
gavit (Cestius). Exe. contr. III, 7, 3: Aifius Flavus hanc sententiam dixit:
. . hunc Cestius quasi corrupte dixisset obiurgans, apparet, inquit, te poe-
tas studiose legere: iste sensus eins est qui hoc saeculum amatorüs non
artibus tantum sed sententiis implevit (des Ovid). Proben der Declamationen
des Aifius bei Sen. contr. I, 1, 23. 7, 7. II, 10, 3. Er ist wohl der Aifius
Flavus welcher bei Plin. n. h. IX, 8, *25 (ni res Maecenatis et Fabiani et
Flavi Alfii multorumque esset litteris mandata), vgl. iud. auct. 1. IX, als
Gewährsmann für eine Anekdote aus der Zeit des Augustus angeführt wird.
10. unter den übrigen Schulrednem von welchen der ältere Seneca
Proben, mittheilt, und welche zum Theil der Zejt des Tiberius angehören,
sind die am häufigsten genannten Argentarius (oben A. 6), P. (Nonius) Asprenas
^beu 262, 2), Blaudus (vgl. oben 261, 10), Bruttedius Brutus, (Fabius?) Buteo,
263. Gallio u. a. Rhetoren. 573
Capito (Sen. contr. X. praef. 12), Clodius Sabinus und Turrinus (X. praef.
14 fF.), Cornelius Hiapanus, Fulvius Spareus (Nachahmer des Latro, Sen.
contr. X. praef. 11; homo inter scholasticos sanus, inter sanos scholasticus,
ib. I, 7, 16), Gavius Sabinus und Silo (X. praef. 14), lulius Bassus (vgl.
oben 249, 4), Licinius Nepos, Marillus (praeceptor noster, Sen. contr. VII,
17, 11; vgl. oben A. 2), Murredius (von Seneca sehr geringschätzig behandelt,
8. Körber S. 64 f.), Musa (X. praef. 9), Oscus (ib. 10 f.), Pompeius Silo
(sedens et facundus et litteratus est et haberetur disertus si a praelocutione
dimitteret; declamat male, ib. III. praef. II; homo qui iudicio censebatur,
ib. IX, 25, 22; Zeitgenosse des Porcina Latro, s. ib. VII, 23, 10. IX, 28, 10.
Ausführlichere Proben suas. 7, 5 u. 10 f. contr. I, 2, 20. 5, 3. 7, 13. II, 9,
16 u. 20 f. IX, 25, 17 f. 29, 14 f. X, 32, 11); der Delator Romanius Hispo
(erat natura qui asperiorem dicendi viam sequeretur, ib. IX, 26, ll'-vgl.
VII, 17, 13. Tac. A. I, 74. XIV, 65. Quintil. VI, 3, 100), Sepullius Bassus,
Triarius (compositione verborum belle cadentium nrultos scholasticos de-
lectabat, Sen. contr. VII, 19, 10; Zeitgenosse des Asinius Pollio, Latro und
Cestius, ib. II, 11, 19. VII, 19, 10. IX, 29, 11; längere Proben suas. 7, 6.
contr. I, 2, 21. II, 12, 8. VII, 20, 1 f . IX, 25, 20 f. 29, 9 u. 11. X, 33, 4.
34, 5); Vallius Sjriacus, Vibius Gallus (fuit tarn magnae olim eloquentiae
quam postea insaniae, Zeitgenosse des Papirius Fabianus, Sen. contr. II, 9,
25 f.; Proben ib. II, 9, 9. VII, 20, 3. 23, 5. IX, 24, 4. 29, 2) und Vibius
Ruf US (erat qui antiquo genere diceret, ib. IX, 26, 25. Proben ib. 11, 9, 2.
11, 8. 14, 10. VII, 18, 4; dagegen derjenige welchen Plinius in seinem
Quellenverzoichniss zu B. XIV, XV, XIX, XXI aufführt heisst Vib. Ruiinns),
L. Vinicius (quo nemo civis rom. in agendis causis praesentius habuit
ingenium, Sen. contr. II, 13, 20; Ovir monetalis J. 738 d. St. und mit
Beziehung darauf eleganter dixit divus Augustus: L. Vinicius ingenium in
numerato habet, ib.; Probe ib. 19) und sein Bruder (ib. 19) P. Vinicius
(exactissimi vir ingenii, qui üec dicere res ineptas nee ferre poterat, ib.
Vll, 20. p. 217, 3 ff. Bu.; summus amator Ovidi, ib. X, 33, -25; Probe ib.
I, 2, 3; dagegen Sen. Ep. 40, 9. Consul 755 d. St.; s. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 2627 f. Nr. 4 u. 5); Votienus Montanus (s. unten 271, 1).
1 1 . Ein Popilius Laenas wird als Rhetor und Verfasser von rhetorischen
Schriften genannt bei Quintil. X, 7, 32 vgl. III, 1, 21. XI, 3, 183 (quod a
Graecis sumptum P.- L. posuit). Er lebte wohl erst unt«r Tiberius; vgl.
unten 275, 1.
12. Porphyrio zu Hör. Ep. 1,5, 9: Moschus hie Pergamenus, rhetor
notissimus, reus veneficii fuit, cuius causam ex primis tunc oratores ege-
runt, Torquatus (s. oben 262, 2) hie de quo nunc dicit (Horatius), cuius
extat oratio, et Asinius Pollio. Vgl. Sen. contr. II, 13, 13: novi declamatores
post Moschum Apollodoreum , qui reus veneficii fuit et a Pollione Asinio
defensus., damnatus Massiliae docuit. Also wohl in griechischer Sprache,
wie Artemon, Damas, Diokles, Euktemon, Glykon Spiridion, Hybreas,
Niketes, Potamon u. a. bei Seneca.
264. Fast ül^er das ganze achte Jahrhundert d. St. er-253
streckte sich das Leben des Annaeus Seneca aus Corduba^ des
574 Augusteische Zeit J. 711—767 d. St.
Vaters von Novatus, dem Philosophen L. Seneca und von Mela,
dem Vater des Lueanus. Ein Mann von aliromischer Strenge
und Derbheit, von nüchternem Urteil, als Stilist Bewunderer des
Cicero, scheint er selbst unter den Schönrednern seiner Zeit
nicht hervorgeragt zu haben. Aber er verfasste, ausser einem
Geschichts werke, in seinen späteren Lebensjahren eine Uebersicht
der in seiner Zeit behandelten Schulthemen, 10 Bücher contro-
verniae und ein Buch suasoriae, unter dem Titel: oratorum et
rhetorum sententiae, divisiones, colores, ein Zeugniss seines
wunderbaren Gedächtnisses und eine reiche Fundgrube für die
Geschichte der Rhetorik unter Augustus und Tiberius. Uns ist
dieses Werk nur lückenhaft erhalten. Ein Theil wird ergänzt
durch eine gleichfalls auf uns gekommene abgekürzte Bearbeitung
(Excerpta) aus dem vierten oder fünften christlichen Jahrhundert.
1. Vorname in einem Theile der HdBs. (bes. dem Bruxell.) Lucius, was
von der Venniscfaung mit dem Sohne herrühren, aber auch richtig sein
kann. Willkürlich seit Baph. Volaterranns: M. Ritterstand (Tac. A. XIV,
o:^) und Wohlstand (Sen. ad Helv. 14, 3) der Familie. Heimat CJorduba,
8. Martial. I, 61, 7 f. (duosque Senecas . . facunda loquitur Corduba).
Persönlicher Charakter. Sen. ad Helv. matr. 17, 3 f.: patris mei antiquus
rigor. . . utinam . . pater mens, minus maionim consuetadini deditus,
voluisset te praeceptis sapientiae emdiri potius quam inbui! . . propter
istas quae litteris non ad sapientiam utuntur, sed ad luxuriam instniuntur,
minus te indulgere studüs passus est. Dazu stimmen Aeussemngen des
Vaters wie controy. I. praef. 6 (insolens Graecia) und 8 f. (cantandi saltan-
dique obscena studia etc.). 6, 12 (valde levis et graeca sententia). X, 33,
23 (latinam linguam facultatis non minus habere, licentiae minus als die
griechische).
2. Lebenszeit. Contr. I. praef. 11: omnes magni in eloqaentia nominis
excepto Cicerone videor audisse; ne Ciceronem quidem aetas mihi eripuerat,
sed bellorum civilium furor, qui tunc orbem totum pervagabatur, intra
coloniam meam me continuit; alioqoi in illo atriolo in quo duos grandes
praetextatos ait secum declamare solitos potui adesse illudque ingenium
. . cognoscere et . . potui yivam vocem audire. Er muss daher spätestens
J. 700 geboren sein. Tod um 792; s. Anm. 6. Jedenfalls erlebte er seines
»Sohnes Verbannung (J. 796) nicht mehr; s. L. Sen. ad Helv. 2, 4 f. Zwei-
maliger Aufenthalt in Rom ; contr. IV. praef. 3 : audivi illum (den Asinius
PoUio, J. 679 — 768) et viridem et postea iam senem. Dass er beidesmal
länger dauerte zeigt die genaue Kenntniss der Bhetoren des damaligen Born.
Lehrer (s. oben 263, 2 u. 10) und Freunde (oben 263, 2 und 7) daselbst. Im
reiferen Mannesalter heiratete er zu Corduba Helviam, bene in antiqua et
severa institutam domo, Sen. ad Helv. 16, 3; vgl. ib. 2, 4: carissimum
vinmi, ex quo mater trium liberonmi eras, extulisti. Der älteste von diesen
war (vgl. A. 4) Novatus (s. oben 263, 7); der zweite der Phüosoph L. Seneca
264. Seneca der Vater. 575
(unten 282, 1); über den dritten, Mela, s. Tac. A. XVI, 17 vgl. PolyÄn.
VlII, 62.
3. Schriften. L. Seneca de vita patris (III. p. 436 f. Hse): si quaecumque
composuit pater mens et edi voluit iara in manus populi emisiBeem , ad cia-
ritatem nominis sui satis sibi ipee prospexerat; nam uisi me decipit pietas,
. . inter eos haberetur qui ingenio meruerunt ut puris scriptorum titulis
nobiles essent. ^uisquie legisset eins bistorias ab initio bellorum civiliuni
. . paene usque ad mortis suae diem, magni aestimaret scire quibus natus
esset parentibus ille qui res romanas (so trefflich beschrieb). Dieses Ge-
Bchichtswerk war also damals noch nicht herausgegeben. Vielleicht ist
daraus die Nachricht über den Tod des Tiberius, Suet. Tib. 73 (Seneca eum
scribit etc., wenn nicht der Sohn gemeint ist), sowie Lactant. instit. VII,
15, 14 (non inscite Seneca romanae urbis tempora distribuit in aetates),
falls nicht Lact, den Sen. mit („Annaeus*') Florus (s. d.) verwechselt hat
(Salmasius imd Spengel). Die Anfahrung von Quintil. IX, 2, 98 (est a Se-
neca dictum eleganter, non patronorum hoc esse — das Schwören — sed
testium) trifft weder auf die erhaltene Schrift des Vaters noch auf eine des
Sohnes zu.
4. Die erhaltene Schrift. Controv. I. praef.: Seneca Novato, Senecae,
Melae filiis salutem. (1.) Exigitis rem magis iocundam milvi quam facilem:
iubetis enim quid de his declamatoribus sentiam qui in aetatem meam in-
ciderunt indicare et si qua memoriae meae nondum elapsa sunt ab illia
dictä colligere. . . est, fateor, iocundum mihi redire in antiqua studia
melioresque ad annos respicere etc. (2.) sed cum multa iam mihi . . senec-
tus fecerit, oculorum aciem retuderit, aurium sensum hebetaverit, nervoinim
firmitatem fatigaverit, inter ea quae retuli (retinui?) memoria est. . . hanc
aliquando in me floruisse, ut . . in miraculum quoque usque procederet,
non nego: nam et duo milia nominum recitata quo erant ordine dicta red-
debam etc. (3.) . . ex parte bene spero (für die Darlegung des Gewünschten) ;
nam quaecumque apud illam aut puer aut iuvenis deposui quasi recentia
aut modo audita sine cunctatione profert. . . (4.) ita ex memoria quantum
vobis satis sit superest. . . illud necesse est impetrem, ne me quasi certum
aliquem ordinem velitis sequi in contrahendis quae mihi occurrunt. (5.) . .
necesse est me ad delicias componam memoriae meae. (10.) quaecumque a
celeberrimis viris facunde dicta teneo, ne ad quemquam privatim pertineant,
populo dedicabo (also wohl nicht erst nach seinem Todd herausgegeben).
(13.) facile est mihi ab incunabulis nosse rem post me natam (die declamatio).
Am Schlüsse (X. praef. 1) das Gest&ndniss: sinite me ab istis iuv'^nilibus
studiis ad senectutem meam reverti. fatebor vobis, iam res taedio est.
primo libenter adsilui, velut optimam vitae meae partem mihi reducturus;
deinde me iam pudet, tamquam diu non seriam rem agam. Doch fügte er
den controversiae noch die suasoriae an; s. contr. II, 12, 8: quae dixerit suo
loco reddam, cum ad suasorias venero. Auch diese vollendete er; s. suas.
6, 27: si hie desiero, scio futurum ut vos . . desinatis legere. . . ergo ut
librum velitis usque ad umbilicum revolvere adiciam suasoriam proximae
similem (Nr. 7, die letzte).
5. AbfasBungszeit die senectus des Seneca (s. A. 4), nach dem Sturze
576 Auj^uöteiache Zeit. J. 711—767 d. St.
des SejaauB (J. 784; s. suas. 2, 12) und dem Tode des Scaunis (J. 787); 8.
Buas. 2, 22: Tascus ille qui Scaurum Mamercum, in quo Scaurum familia
extincta est, maiestatis reum fecerat). Die spätesten Theile weisen auch
über den Tod des Tiberius (f März 790) hinaus; s. suas. 3, 7: Tiberius . .
öffendebatur Nicetis ingenio, sowie die Aeusserungen über den Ankläger
des Scaurus (suas. 2, 22), über das gerichtliphe Verbrennen von Büchern
(contr. X. praef. 5 f.), und die Mittheilung aus dem unter Tiberius amtlich
verbrannten Werke des Cremutius Cordus, suas. 7, 19 ff.
6. Eintheilang der controversiac in zehn Bücher (libelli, IL praef. 5
vgl. IV. praef. 1) , abgegrenzt je durch ein Vorwort worin ein Rhetor oder
mehrere charakterisiert werden und die nach Form wie Inhalt sehr lesens-
werth sind. Die zu Buch 5, 6 und 8 sind nicht erhalten, das zu B. 9 un-
vollständig. Bei den einzelnen Themen wird in der Hauptsache ^die^Ein-
theilung befolgt nach sententiae (Ansichten der Rhetoren über die Anwen-
dung des Gesetzes auf den gegebenen Fall), divisio (Zerlegung in einzelne
Fragen) und colores (Beschönigungsmittel der strafbaren Handlung), doch
in freier Weise, mit häufigen Abschweifungen. Die Berichte über die Aus-
führungen der einzelnen Rhetoren haben einen so gleichmässigen Anstrich
dass diese nur dem Sinne nach wiedergegeben sein können. Einflechten
von Anekdoten und Witzen. Die Beurteilung der Einzelnen ist nüchtern
und streng, oft hart. Bewunderung Ciceros, s. contr. I. praef. 11. X. praef. fi.
Die Sprache zeigt in den Proömien wenig Einfiuss der silbernen Latinität,
mehr in den controversiac und suasoriae selbst.
7. Von den zehn Büchern Controversiac ist nur die Hälfte, B. I, II,
VII, IX und X, mit 85 Themen, auf ims gekommen, theil weise mit Lücken,
namentlich wo Aussprüche griechischer Rhetoren im Original angeführt wer-
den. Oitat aus einer nicht erhaltenen controversia bei Quintil. IX, 2, 42 f.
Etwa im 4ten oder 6ten christl. Jahrh. wurde von dem Werke durch einen
Unbekannten für den Schnlgebrauch ein ziemlich ungeschickter (s. Bursian
1). VII f.) Auszug gemacht, welcher sich auch auf die sonst verlorenen
Bücher erstreckt und uns die vollständigen Proömien zu B. I, II, III und
IV gerettet hat. Die suasoriae stehen in den Handschriften vor den con-
troversiac, weil diess die Stufenfolge im rhetorischen Unterricht war. Die
Handschriften des unverkürzten Originals stammen aus der gleichen, selbst
schon verdorbenen und lückenhaften Quelle. Die treueste Abschrift dieses
archetypus ist der Bruxellensis 9594 saec. IX oder X (B bei Bursian), nächst-
dem der Antverpiensis (A). Die Ezcerpta existieren in vielen Handschriften,
unter welchen die älteste und beste ist die in Montpellier (Montepessula-
nus) saec. X {hL bei Bursian). Der Epitemater hatte von dem vollständigen
Werke ein Exemplar vor sich das von jenem archetypus verschieden war.
Vgl. Bursians praefatio p. IX— XX. Benützung in den Gesta Romanorum,
L. Friedländer im Königsberger Vorles. Verz. f. 1871 f. p. III f.
8. In den ältesten Ausgaben (z. B. Venet. 1490.1492. fol. Basel 1515.
1529. fol. und 1537. 1567. fol. von Erasmus) ist das Werk des Vaters vermischt
mit denen des Sohnes; abgetrennt erst in denen von Nie. Faber (Paris 1587.
1598. fol.) und Andr. Schott (Paris 1607. 1613. fol.); dann von J. Fr, Gro-
novius (Lugd. Bat. 1649) und cum notis varior. ex rec. Gronov., Amsterdam
264 f. Seneca. Rutilius Lupus. 577
1672. Text der Bipontina, 1783. Erste kritische Ausgabe: reo. et emend.
Conr. Bursian, Lips. 1857. Recogn. A. Eiessling, Lips. (Teubner.) 1872.
Kritische Beiträge von H. Höfig (de Sen. rhet. quattuor codd. mss.
Schöttianis, Görlitz 1858. 4.), J. Vahlen (Rhein. Mus. XIII. S. 546 — 564),
A. Eiessling (ebd. XVI. S. 50 — 61 und in den Beiträgen zur Kritik latein.
Prosaiker; Basel und Genf 1864, S. 32—47), Herrn. Mflller (Rhein. Mus. XXI.
S. 405 — 428. XXIV. S. 636 f. XXV. S. 451. Berliner Zeitschr. für Gymn.
1868, S. 81—93. 715 f. vgl. 490 f.), Cl. Konitzer (ebd. S. 966—970; Quaest.
in Sen. patrem criticae, Breslau 1864, und Beiträge zur Kritik, des Rh. Seh.,
Breslau 1866. 4.), R. Wachsmuth (Quaest. crit. in Sen. rh., Posen 1867. 4.),
O. Rebling (Observatt. critt. in S. patrem, Götting. 1868), M. Haupt (Hermes
IH. p. 344 f.), C. Bursian (Spicilegium crit. in Sen. libris suas. et controv.,
Zürich 1869. 4.).
9. J. Körber, über den Rhetor Seneca (S. 1 — 23. 58 — 66) und die röm.
Rhetorik seiner Zeit (S. 23 — 58), Marburg 1864.
265. Den späteren Lehensjahren des Seneca gleiehzeitig2ö4
war wohl der Rhetor P. Rutilius Lupus, der Verfasser der
erhaltenen zwei Bücher Schemata lexeos, welche eine abgekürzte
Uebersetzung eines Werkes von Gorgias über die Redefiguren
sind, aber nur einen Theil des ursprünglichen Werkes gebildet
zu haben scheinen.
1. Dass Seneca den Rutilius Lupus nie nennt beweist nicht dass er ihn
nicht mehr erlebt hat, erklärt sich vielmehr aus dem Plane seines Werkes;
s. controv. 1. praef. 4: neque de bis me interrogatis quos ipsi audistis, sed
de bis qui ad vos usque non pervenerunt. Dass Rutilius sindererseits vor
CelsuB schrieb erhellt aus QiüntiL IX, 2, 102: praeter illa quae Cicero inter
lumina posuit sententiarum multa alia et Rutilius, Gorgian secutus, non
illum Leontinum, sed alium sui temporis (welcher zu Athen Lehrer des
jungen Cicero war, ad fam. XVT, 21, 6 vom J. 710 d. St.), cuius quattuor
libros in unum suum transtulit (die Eintheilung in zwei Bucher ist also spä-
teren Ursprungs), et Celsus, videlicet Rutilio accedens, posuerunt Schemata.
VgL noch ib. 101. 106 (Rutilius sive Gorgias). 3, 36. 84. 89 (qui proprie
libros huic operi — den Figuren — dedicaverunt, sicut Caecilius, Dionysius,
Rutilius, Cornificius, Visellius). 91 — 94. 99. Vielleicht war Lupus ein Sohn
des gleichnamigen Pompejaners (Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 588, Nr. 14).
2. Das erhaltene Werk veranschaulicht die unnütze und kleinliche
Vervielfältigung der Redefiguren in der späteren Rhetorik, wobei Gorgias
entweder selbständig verfahren zu sein oder andere als die uns bekannten
Quellen benützt zu haben scheint, da seine Aufzählung und Terminologie
viel Eigenthümliches hat (Dzialas, quaest. p. 15 — 21). Werth hat das Schrift-
chen hauijtsächlich durch die zahlreichen und gut übersetzten Beispiele
aus griechischen Rednern, zum grossen Theil aus verlorenen. Abgekürzte
Bearbeitung des griechischen Originals; s. II, 12: quid intersit . . cognoscere
poteris . . multo diligentius ex graeco Gorgiae libro, ubi pluribus unius-
cuiusque ratio redditur.
TEUFFKii, R»in. Li teratnrgeicht eilte. 8. Aafl. 37
578 1^16 Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
3. Dass das Werk nicht vollständig erhalten ist zeigen die Redefiguren
(oxrifiaxa SiuvoCaq) welche Quintil. IX, 2, 103. 106 (vgl. 3, 89) aus Rutilius
anftihrt ohne dass sie sich in demselhen fönden, so wie aus dem Titel der
Schrift in den Hdss.: P. Rutilii Lupi Schemata dianoeas ex Graeco vorsa
Gorgia, während sich das Erhaltene doch nur auf die a%riiuixa liismg hezieht.
Der Titel wird daher ursprünglich gelautet haben: %chemata dianoeas et
lexeos ex graecis Gorgiae versa (Ruhnken). Vgl. Dzialas, Quaest. p. 14 f. 28 ff.
Bei dieser Sachlage hat wenig Sicherheit die Vermutung (von Dzialas, ib.
p.' 36 — 88), Rutilii librum quem nos habemus non esse e manu Rutilii
profectum, sed magistri alicnins epitomen. Das Carmen de figuris kannte
bereits nur den jetzigen Umfang, sogar mit der Lücke zwischen I, 5 u. 6;
s. Dzialas p. 15—28. Ueber die Ausfüllung jener Lücke durch .C. Schöpfer
(Quedlinburg 1837) s. F. Haase, de fragmentis Rutilio Lupo a Schöpfero
Buppositis, Breslau 1856. 4.
4. Ausgaben. Venet. 1519. Aldi 1623. Von B. Rhenanus, Basil. 1521. 4.;
R. Stephanus, Paris 1530. 4. In den Rhetores antiqui von Fr. Pithoeus
(Paris 1599. 4.), Capperonnicr (Strassburg 1756. 4.) und besonders den
Rhetores latini minores von C. Halm (Lips. 1803) p. 3—21. Rec. et annot.
adi. D. Ruhnken, Lugd. Bat 1768 (Lips. 1831). In us. schol. explanavit
F. Jacob, Lübeck 1837.
5. Kritische Beiträge von J. Mähly (Philolggus XIV. S. 764—768),
J. G. Fröhlich (Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 202 — 208), .1. Simon (Philologus
XXVII. S. 642—659) u. a.
6. G. Dzialas, Quaestiones RutUianae, Diss. Breslau (1860), und Rhe-
torum antiquorum de figuris doctrina (Breslau 1869. 4.). C. Schmidt, de
Rutilio Lupo, Breslau 1865. 4.
IV.
Dritte Periode.
Die römische Eaiserzeit.
255 266. Wie die augusteische Zeit in der Geschichte eine
Doppelstellung hat, als Ende der Republik und Anfang der
Kaiserzeit, so auch in der Literatur, da ihre grössere Hälft« zu-
deren goldenem Zeitalter gehört, die kleinere spätere aber zum
silbernen. In letzterem wirken die ursprünglichen nationalen
Kräfte noch fort, aber abgeschwächt und getrübt durch die
neuen politischen Verhältnisse, welche nach Augustus die Mon-
archie zum Despotismus steigern. Der Despotismus bewirkt
allmählich den Tod alles selbständigen geistigen Lebens. Dieses
266 f. Charakteristik, und Uebersicht. 579
Ergebniss tritt zu Tage sowie unter den Antoninen die krank-
hafte Spannung auf eine Reihe von Jahrzehnten nachlässt und
uun der Versuch zu neuen Hervorbringungen gemacht wird.
Aber die völlige Erschöpfung bringt es nur zu einem Schein-
leben und zu Nachahmungen. Wie am Ende des zweiten Jahrh.
n. Chr. Commodus den alten Despotismus erneuert und Schlag
um Sehlag auf Volk und Reich niederfallt, wird die innere
Auflösung nur durch das Leben in den Provinzen noch längere
Zeit aufgehalten und^ verdeckt; aber in der Literatur gedeiht
einzig noch die Jurisprudenz und etwa die Gelehrsamkeit. Die
Literatur überlebt sogar noch längere Zeit den äusseren Unter-
gang des römischen Reichs (J. 476) und endet erst mit dem
sechsten Jahrhundert; So zerfällt die Kaiserzeit in drei Ab-
schnitte von stufenweise abnehmender literarischer Bedeutung:
das erste Jahrhundert n. Chr. Geb., das zweite Jahrhundert oder
das Zeitalter Hadrians und der Antonine, und endlich das dritte
bis sechste Jahrhundert n. Chr.
A. Das silberne Zeitalter der römischen Literatur.
Erstes Jahrhundert, J. 14 — 117 n. Chr.
267. Das erste Jahrhundert umfasst die Regierungen von 266
Tiberius (J. 14—37 n. Chr.), Caligula (J. 37 — 41 n. Chr.),
Claudius (41—54), Nero (54—68), Vespasianus (69—79), Titus
(79—81), Domitianus (81—96), Nerva (96—98) und Trajanus
(98 — 117). Es zerfallt wiederum in drei Abschnitte, die Zeit
der Julier (J. 14 — 68 n. Chr.), die der fla vischen Dynastie
(J. 69-^96 n. Chr.), und die des Nerva und Trajan (J. 96 — 117).
Der Charakter des Jahrhunderts wird bestimmt durch seine An-
filnge. Die Monarchie, welche unter Augustus sich noch meist
in milde Formen gekleidet hatte, wird unter den Nachfolgern
aus seinem Hause allmählich nackter Despotismus, tückisch und
brutal, stumpf und wahnsinnig, aber immer gleich mörderisch
gegen alle Selbständigkeit, nur Sklaven und Werkzeuge hieben
sich duldend, den Besseren nur die Wahl lassend zwischen Tod
und Heuchelei.^) Vespasian und Titus kommen zu spät und
') Je weniger das Leben bot an echten Genüssen ond je reicher es war
an Qualen, um so leichter entschied man sich, gestütet auf die Lehren der
Stoa, dafür aus ihm freiwillig zu scheiden. So schon unter Tiberius dessen
Freund Cocceius Nerva, dann Cassius Severus, Albucius Silus, (Apicius,)
SiliuB Italiens, Corellius Rufus (Plin. Ep. I, 12), Titius Aristo (ib. I, 22, 8) u.A.
37*
580 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
werden zu bald gefolgt von dem bösartigen Wüterich Domitian
als dass durch sie eine wesentliche Besserung hätte erfolgen
können, und die Zeit des Nerva und Trajan bringt nur zum
Bewusstsein was man alles in der schlimmen Vergangenheit
erlitten und eingebüsst hat. Für die Literatur kommt zu diesen
Uebeln noch der besondere Umstand dass alle Kaiser dieser Zeit
personlich für sie Sinn und Verständniss haben; denn um so arg-
woh nischer überwachen sie jede Lebensregung auf diesem Ge-
biete und empfinden wohl gar Eifersucht auf die schriftsteller-
ischen Erfolge Anderer. Daher bekommt die Literatur die
Wirkungen des Despotismus in verstärktem Masse zu fühlen.')
Die Wirkungen welche der Despotismus auf die Geister
äussert sind theils negativer theils positiver Art. Fürs Erste
schafft er um sich die Stille des Kirchhofes, indem alle Selb-
ständigkeit gemordet wird, sich in Schweigen hüllt, verkriecht,
verstellt^) und der Kriecherei das Wort überlässt, sich selbst
ergebend in das Unabänderliche, ja sich anstrengend um sich
innerlich ihm möglichst anzubequemen.^) Die positive Wirkung
dieser Zurückdrängung der Selbständigkeit in das tiefste Innere
ist einerseits eine Verinnerlichung und Vertiefiing welche dem
Familienleben zu Gute kommt und Gestalten wie die Arria und
Fannia hervorbringt, zugleich aber auch Verbissenheit und Ver-
schrobenheit. Da man sich nicht geben kann wie man ist und
sich bemüht den Schein zu erregen als wäre man anders als
man ist, so geräth man in Heuchelei und Affeetation. Die Na-
tur ängstlich zu verbergen genöthigt verföllt man in Künstelei
und Unnatur. Jeden Augenblick von Spähern beobachtet oder
es doch meinend fühlt man sich fortwährend wie auf der Bühne:
man denkt an den Eindruck seines Thuns auf Gregenwart und
Nachwelt*), man lebt sich in eine Rolle hinein, man nimmt
*) Plin. Ep. III, 6, 6: sub Nerone, cum omne studiorum genug paulo
libcrius et erectius periculosum servitus fecisset. W. A. Schmidt, Geechicbte
der Denk- und Glaubensfreiheit im ersten Jahrhundert der Eaiserherrschaft,
Fierlin 1847.
^ Es war gefährlich ein tüchtiger Mann zu sein; Plin. Ep. V, 14, 6:
tandem- homines non ad pericula, ut prius, verum ad honores virtnt«
pcrveniunt. VIII, 14, 7: cum suspecta virtus, inertia in pretio.
°) Lucan. III, 146 f.: cuius (der libertas) scrvaveris umbram si quid-
(^uid iubeare velis.
*) Plin. Ep. III, 16, 6: ista facienti, ista dicenti gloria et aetemitas
ante oculos crant. IX, 3, 1: mihi, nisi praemium aetemitatis ante oculos.
267. Charakteristik und üebersicht. 581
theatralische Posituren an, man declamiert statt zu sprechen.
Je mehr der Einzelne sich anstrengen muss um in schwerer
Zeit nicht unterzugehen, um so grösser kommt er sich vor:
eine gewisse Eitelkeit haftet allen Persönlichkeiten dieser Zeit
an *) , und genährt wird sie durch die öfifentlichen Vorträge ohne
anderen Zweck als Schaustellung des eigenen Ich und gegen-
seitige Bewunderung.^) Die Unsicherheit alles Seins und Ha-
bens, die stete Angst in der man lebt, bewirkt eine unruhige
Beweglichkeit, krankhafte Gereiztheit und Hast, die nicht früh
genug beginnen zu können glaubt und den Augenblick gierig
ausbeutet, die Einen in Sinnentaumel, die Andern in leiden-
schaftlichen Vorkehrungen für ihre Unsterblichkeit.^)
Dieser Charakter der Zeit prägt sich auch in ihrer Schreib-
weise aus.*) Das Einfache, Natürliche gilt für geistlos'*): schim-
mernd, pikant, interessant siicht die Rede zu sein; sie umhängt
sich daher mit dem t'litterstaate von Sentenzen^), rhetorischen
Figuren^) und poetischen Wendungen.^) Aber nach dem glei-
pingue illud altumque otium placeat. ib. 14, 1: (nostro) stadio et labore et
reverentia posterorum. Vgl. V, 8, 1. Tac. A. XIV, 49.extr. : Thrasea Bueta
'firmitudine animi et jie gloria intercideret.
*) Der selbst sehr eitle Plinius klagt seinerseits wieder über die Selbst-
gewissheit und Selbstüberhebung von adolescentuli nostri, ep. VIII, 23, 8.
*) Quintil. X, 1, 18: et vitiosa pluribus x)^a,cent et a corrogatis lau-
dantur etiam quae non placent. Vgl. Pers. I, 83 £F. Auch auf die Beredt-
samkeit übte diess Einfluss; Quintil. IV, 3, 2: quod natum ab ostentatione
declamatoria iam in forum venit, postqnam agcrc causas non ad utilitatem
litigatorum, sed ad patronorum iactationem repertum est; vgl. oben 44, 4.
Von dem gegenseitigen Beräuchern finden aich bei Plinius d. J. zahlreiche
Proben, aber auch bei Martialis und Statins.
") Mit der aufkommenden Sentimentalität wächst auch das Gefühl und
Verständniss der unbelebten Natur, das besonders bei dem jüngeren Plinius
(s. d., A. 7) ausgebildet ist, aber auch bei Quintilian u. A. sich findet.
*) Sogar die Formen der Schrift (Buchstaben) auf den Inschriften autj,
dieser Zeit verrathen theils deren gesuchte Zierlichkeit theils ihre charakter-
lose Schwächlichkeit neben Gespreiztheit; s. Ritschl, Rhein. Mus. XXIV. S. 7.
^) Quintil. II, 5, 11. VIII. prooem. 24 ff., z. B. 26: nos quibus sordot
omne quod natura dictavit. Vgl. unten 308, 1 u. 6.
ö) Quintil. VII, 1, 44. XII, 10, 46. 48.
^) Quintil. VIII. prooem. 24: nihil iam proprium placet etc. IX, 3, 1:
pacuc iam quidquid loquimur figura est.
**) Tac. dial. 20: exigitur iam ab oratore etiam pocticus color. Quintil.
Vlll. prooem. 25 : a corruptissimo quoque poetarum figuras ac translationes
582 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
chen Ziele strebt man auf verschiedenen Wegen: der Eine
kokettiert (wie Seneca) durch kurze zerhackte Sätzchen/) der
Andere durch alterthümliche Rauhheit oder (wie Persius) durch
künstliche Dunkelheit 5*) bald erstrebt man Wirkung durch epi-
grammatische Schärfen und Spitzen (wie Seneca ^ Curtius," Ta-
citus, Plinius d. J.), bald durch grelles Colorit (wie Juvenal)^
den Einen ist es vor Allem um äussere Glätte zu thun, auch
auf Kosten des Inhaltes^) (wie Valerius Flaccus und Statins),
den Anderen um den Eindruck der Gedankentiefe. Die Manier
tritt an die Stelle des Stils, gespreiztes Pathos an die Stelle
ruhiger Kraft. Wohl erkennen unter Yespasian Manche die
Unnatur in die man hineingerathen ist und streben grundsätzlich
nach der Gedankeneinfachheit und dem abgerundeten Satzbau
der ciceronischen Zeit. So Julius Secundus, Vipstanus Messala,
Curiatius Matemus und besonders Quintilian. Aber dem Zuge
der Zeit entspricht diess so wenig dass es ohne Wirkung bleibt
und von ihnen selbst sich nicht rein durchführen lässt. Tacitus
verlässt diese Bahn nachdem er es nur einmal auf ihr versucht,
und der jüngere Plinius weiss Redefülle und glitzernde Anti-
thesen mit einander zu verbinden. Die meisten Schriftsteller
mutuamur. Fun. Ep. VII, 9, 8: saepe in orationes quoque non historica
modo sed prope poetica deHcriptionum necessitas (?) incidit. Fronto ad
Caes. III, 16 (p. 54 N.): plerumque ad orationem faciendam versus, ad ver-
sificandum oratio magis adiuvat.
*) Quintil. IX, 4, 66: mediis . . cura sit . . ne, quod nunc mazirae
Vitium est, brevium conteztu resultent ac sonum reddant paene puerilium
crepitaculorum.
') Quintil. VIII. prooem. 25: tum demum ingeniosi scilicet si ad in-
tellegendoB nos opus sit ingenio. 31: quidam etiam cum optima sunt rc-
perta quaerunt aliquid quod sit magis antiquum, remotum, inopinatum.
XI, 3, 10 f. So Plin. Ep. IX, 26, 4: sunt maxime mirabilia quae maxiroe
insperata, maxime periculosa. Tac. dial. 23: isti qni Lucilium pro Horatio
et Lucretium pro Vergilio legunt, . . quos more prisco apud iudicem fa-
bulantes non auditores sequuntur etc.
^ Quintil. IX, 4, 142: duram potius atque asperam compositionem
mali'm esse quam effeminatam et enervem, qualis aj^ud multos, et cotidie
magis, lascivissimis syntonorum modis saltat. V, 12, 18: nos habitum
orationis virilem . . tenera quadam elocutionis cute operimus et- dum laevia
sint ac nitida, quantum valeant nihil Interesse arbitramur. II, 5, 23: re-
centis huius lasciviae flosculi, . . praedulce illud genus. X, 1, 43: recens
haec lascivia deliciaeque et omnia ad voluptatem multitudinis imperitac
composita. Sen. Epist. 114, 15. Pers. I, 63 fF.
267. Charakteristik und üeberaicht. ö83
halten die Weise ihrer Zeit für einen Fortschritt und sehen auf
die voraugusteische als formlos herab. ^). Der Sieg des Modernen
über das Alterthümliche ist in der Literatur vollendet; nur in
Kreisen ohne literarische Bedeutung lebt das Antike noch lange
fort und äussert sich gelegentlich ablehnend gegen die neue
Künstelei,*) und technische Schriftsteller, wie Celsus und Colu-
mella und die Juristen, wissen sich davon frei zu erhalten. Für
die Literatur im Ganzen aber bleibt die Fühlung mit dem Volke
verloren; die meisten Kaiser erweitem sogar planmässig die
Kluft zwischen den Gebildeten und der Masse, so dass diese mit
Gleichmut, wo nicht mit Schadenfreude, zusieht wie jene gepei-
nigt und geplündert werden. Trotzdem ist die Monarchie auch
bei den Schriftstellern allgemeine Voraussetzung; auch die Kühn-
sten kehren sich nur gegen deren Ausschreitungen; Aengstlichere
reden von der Zeit der Republik nicht ohne stilles Grauen^);
verhältnissmässig klein aber ist die Zahl derer die ihr Talent
zur Kriecherei erniedrigen, wie Vellejus und Valerius Maximus
unter Tiberius, Martialis unter Domitian. Doch verstand schon
Vespasian die Literatur durch amtliche Stellung und Gehalte an
seine Dynastie zu ketten; öffentliche Wettkämpfe in griechischer
und romischer Beredtsamkeit und Poesie wiederholten sich seit
Caligula oftmals*) und steigerten die Production wie die Kün-
stelei. Eine gewisse geistige und literarische Bildung ist durch
*) Martial. VIII, 56, 1: temporibus nostris aetaa . . cedit avorum. Tac.
dial. 20: volgus qaoque . . adsuevit iam exigere laetitiam et pulchritudi-
Dem orationis nee perfert in iudiciis tristem et impexam antiquitatem.
*) Vgl. besonders Persius I, 127 ff. III, 77 ff. V, 189 ff. VI, 37 ff.
Martial. XI, 90. Plin. Ep. VI, 21, 1: sum ex iis qui mirantur antiquos,
non tamen, ut qnidam, temporum nostrorum ingenia despicio. In den fol-
genden Jahrhunderten aber wnrde letztere Denkweise die herrschende, so
dass man sich förmlich entschuldigte wenn man auf die Gegenwart zu
reden kam und in der Schulatmosphäre wie in einer Wolke wandelte. Vgl.
J. Burckhardt, Constantin S. 285 f.
^) Vgl. z. B. Quintil. II, 16, 5. Die neue Beredtsamkeit charakterisiert
modus et temperamentum (Tac. dial. 41 extr.). Dazu trägt auch der Um-
stand bei dass die meisten grossen Familien seit der Zeit Nero's ausge-
storben sind und das neue Geschlecht keine Anknüpfungen hat an die
republikanische Vergangenheit.
*) Orelli inscr. 1185: poeta latinus coronatns in munere patriae suae
(Beneyentum). 2603: coronatus inter poetas latinos certamine sacro lovis
Capitolini. Mommsen I. B. N. 5252. Friedländer Sittengesch. IL S. 309.
393 f. Vgl. unten 314, 4.
584 1^16 Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
die zahlreichen Lehrer und Schulen weitverbreitet*), auch unter
dem weiblichen Geschlechte ;'^) doch ist es häufig nur dilettanti-
ches Naschen ohne Gründlichkeit.*) Die Provinzen, besonders
Spanien und Gallien, liefern der Literatur ihre bedeutendsten
Talente f Spanien die Seneca (Vater und Sohn), den Acilius
Lucanus und Annaeus Lucanus, Columella, Pomponius Mela,
Quintilian, Martialis, Herennius Senecio u. A.,*) Gallien die Redner
und Rhetoren Votienus Montanus, Domitius Afer, Julius Florus
und Africanus, Quirinalis, Ursulus, Rufus, M. Aper u. A. ^) Spater
beginnt Africa tonangebend zu werden.^
Die Rhetorik und Declamation beherrscht das ganze Jahr-
hundert, Prosa wie Poesie, artet selbst aber immer mehr aus
in kleinliche Scholastik und Zungendrescherei. ^ Formgewandt-
heit ist sehr verbreitet, und die Gesetze des Versbaues, wie die
augusteische Zeit sie eingeführt, werden sorgfaltig beobachtet.
Aber das Formgefühl ist im Schwinden begriffen. Die poeti-
schen Gattungen werden durcheinander geworfen, Poetisches
wird der Prosa beigemischt, die Synonymik getrübt, der Wort-
schatz durch Schöpfungen der Willkür verunstaltet; mit dem
gelockerten Satzbau werden manche Partikeln ganz aufgegeben,**)
andere ihrer eigentlichen Bedeutung zuwider verwendet.^) Da-
') Tac. dial. 19: pervolgatis iam omnibus (Philosophie, Rhetorik u. s. w.),
cum vix in Corona quisquam adsistat quin elementis studiorum . . certe
imbutuB Bit.
*) Friedländer, Sittengeschichte Roms I. S. 289—293.
•) Tac. dial. 32: quod (die vielseitige Bildung der alten Redner) adeo neg-
legitur ab horum temporum disertis ut etc. Friedländer a. a. 0. S. 290 f. A. 4.
*) Kortüm, geschichtliche Forschungen (Leipzig 1863) S. 209 — 252:
über das gleichartige und abweichende Element der spanisch -römischen
Dichterschule in der zweiten Hälfte des ersten Jahrh. n. Ohr. J. J. Rölly,
Uebersicht der vorzüglichsten Studien und Studienörtfer im Occident wäh-
rend der römischen Kaiserzeit, Luzern 1869. 4.
*) Gallia causidicos docuit facunda Britannos, Juv. XV, 111. vgl. VII,
147 IF. 213 f. Quintil. X, 3, 13: Julius Florus, in eloquentia Galliarum . .
princeps. Froiito p. 160 N.: gallicanus quidam declamator.
*) Schon luv. VII, 148 f.: nutricula causidicorum Africa.
') Petron. Sat. 1 : rerum tumore et sententiarum vanissimo strepitu hoc
tan tum proficiunt ut cum in forum venerint putent se in alium orbem terrarum
delatos. Ueber die spätere Zeit s. J. Burckhardt, Constantin S. 316 — 322.
") F. Haase vor seiner Ausgabe des Seneca, T. III. p. XIII — XV.
^) So die Verbindungen quin immo, nempe enim, ergo igitur u. dgl.;
auch der Gebrauch von interim und vieles Andere. Vgl. E. Opitz, speci-
mcn Icxilogiae argenteae latinitatis, Naumburg 1852. 4.
269. Die Zeit des Tiberius. . 585
durch erhält die'sogenannte silberne Latinität ihre eigeuthümliche
Färbung.
1. Die Zeit der Jnliselieii Dynastie, J. 14—68 n. Chr.
268. Anfänglich geht Herrscher und Literatur in den257
Fussstapfen der augusteischen Zeit weiter. Je oflFener aber all-
mählich der Despotismus sich entwickelt und je unmittelbarer die
Kaiser selbst auf die Literatur einwirken, desto entschiedener
tritt auch deren Umgestaltung ein. Die Zeit zerfällt daher in
zwei Abschnitte, die Regierung des Tiberius (J. 14 — 37) und
die seiner Nachfolger (J. 37 — 68).
1. CA. Knabe, de fontibus historiae imperatornm luliorum, Halle 1864.
a. Die Begierungszeit des Tiberius.
269« In diesen Jahrzehnten sinkt die Schulberedtsamkeit2ö8
langsam von der Höhe die sie am Ende der augusteischen Zeit
erstiegen; einzelne ihrer Vertreter, wie Votienus Montanus, Mam.
Scaurus, Romanius Hispo, sind auch im Senat und in den Ge-
richten thätig. Von den Geschichtschreibem büsst Cremutius
Cordus seinen Freimut; Vellejus und Valerius Maximus helfen
sich mit Schmeichelei. Durch ihren Stoff den Conflicten ent-
rückt waren der Polyhistor Celsus, Juristen wie Masurius
Sabinus, und die ■ Grammatiker wie Julius Modestus, Pomponius
Marcellus, Remmius Palaemon. Am wenigsten gedeiht in der
dumpfen düstem Zeit die Poesie. Manilius reicht zwar noch
in sie herein; sonst aber ist der Fabulist Phädriis für uns das
Einzige was sie aufzuweisen hat, und auch dieser hatte Ver-
folgungen zu erfahren, wie nicht minder Pomponius Secundus,
der später als Tragödiendichter auftrat.
1. Suet. Tib. 42: Asellio Sabiuo ae&tertia ducenta donavit pro dialogo
in quo boleti et ficedulae et ostreae et turdi certamen induxerat. A. Kiess-
ling, in Fleckeisens Jahrbb. 103, S. 646, identificiert ihn mit Sabinus ÄBiliuB,
venustissimus inter rhetoras scurra, bei Sen. suas. 2, 12, und Asillius bei
Suet. Calig. 8. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1858, Z. 4 ff.
2. Tac. A. III, 49: fiue anni (21 n. Chr.) Lutorium Priscum eq. rom. post
celebre Carmen quo Germanici suprema defleverat pecunia donatum a Caesare
corripuit dolator, obiectans aogro Druso composuisse quod, si extinctus
esset, maiore praemio volgaretur. Derselbe wurde hingerichtet, doch ohne
Mitwirkung des Tiberius. Vgl. Dio LVIT, 20.
3. Tac. A. IV, 31: C. Cominium eq. rom. probrosi in se carminis
convjctum Caesar precibus fratris . . cpncessit. VI, 39: (Sextius) Paconia-
586 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
nu8 in carcere ob carmina illic in principem factitata strangulatus est
Dio LVII, 22: AiXiov £atOQvivov mg %al ^nri xivä ig avtov ov% ijtitriSiut
dnoQqLtpcLvxa . . dno xov KanitmXiov naxcKQriftviasv. Suet. Tib. 61: ob-
iectum est poetae (dem Mam. Scaums, 8. nuten 271, 2) qnod in tragoedia
(betitelt Atreus, Dio LVIII, 24) Agamemnonem probris lacessisset (versibus
qui in Tiberium flecterentur, Tac. A. VI, 29), obiectum et historico (dem
CremutiuB Cordus, s. unten 272, 1) quod Brutum Cassiomque Ultimos
Bomanorum dixisset: animadversom statim in.auctores scriptaque abolita,
quamvis probarentur ante aliquot annos, etiam Augusto andiente recitata.
Proben der Pasquille auf Tiberius bei Sueton. Tib. 59.
4. Ueber Julius Montanus (tolerabilis poeta et amicitia Tiberii notus
et frigore) s. oben 247, 13.
5. Ueber die Gedichte des Bemmins Palaemon s. unten 277, 3; über
Gaetulicus s. unten 286, 1.
6. Einschreiten gegen das oscum ludicrum, oben 10, 2.
7. Verfolgung des Phädrus durch Sejanus (Ph&dr. 111, 40 fif.) s. unten
279, 1. Ueber Pomponius Secundus s. unten 279, 7.
259 S*^^* Unter den Mii^liedem des kaiserlichen Hauses besass
Tiberius selbst (J. 712 — 790 d. St.) eine gründliche rednerische
Bildung und bethätigte sie schriftlich wie mündlich, auch noch
als Herrscher, so weit sein verschlossenes hinterhaltiges Weseii
es gestattete. Auch Denkwürdigkeiten voll kecker Unwahrheiten
verfasste er, sowie Verse in lateinischer wie griechischer Sprache.
Der unglückliche Germanicus (J. 739 — 772 d. St.) war gleich-
falls hochgebildet und verfasste mancherlei in gebundener Form.
So namentlich die poetische Bearbeitung von Aratos' astronomi-
schem Lehrgedichte welche sammt Scholien auf uns gekommen ist.
1. Literatur über Tiberius überhaupt, ausser den Geschichtswerken
von Hock (1, 3. S. 1—194), Merivale (Tom. V), C. Peter (HI, 1. S. 137—230),
E. v. Wietersheim (Gesch. d. Völkerwand. I. 8. 110 flF.) u. A., W. TeuflFel, in
Pauly's Real-EncVl, 2. S. 1981—1943. Wigand, Kaiser Tiberius, Berl. 1840. 4.
G. R. Sievers, Tiberius und Tacitus, Hamb. 1850 f. 4. =» Studien zur Gesch.
d. röm. Kaiser (Berlin 1870) S. 1 — 106. V. Duruy, de Tiberio imperatore,
Paris 1863. F. F. Baur, de Tacitea Tiberii imagine, Tübi. 1866. 4. J. J.
Bernonilli, über den Charakter des Kaisers Tiberius, Basel 1869. A. Stahr,
Tiberius, Berl. 1863. E. Pasch, zur Kritik d. Gesch. d. K. Tib., Altenb. 1866.
Beule, Tib^re et Th^ritage d' Auguste, Paris 1868. A. Schröder, de eorum
Bcripterum qui de Tib. . . tradiderunt fide et auctoritate, Königsberg 1868.
L. Freytag, Tib. u. Tacitus, Berl. 1870. 371 8. J. Duchesne, de Taciti ad
enarrandum Tiberii Caes. principatum parnm historicis artibus, Paris 1870.
107 pp. Thöse.
2. Suet. Tib. 70: artes liberales utriusque generis (griechische wie
römische) studiosissime coluit. in oratione latina secutus 'est Corvinum
270. Tiberius und Germanicus. 587
Messalam (oben 218, 9 f.), . . sed adfectatione et morositate nimia obsoura-
bat stilum, ut aliqaanto ex tempore quam a cura praestantior haberetur.
Tac. A. XIIT, 3: Tiberius artem quoque callebat qua verba expenderet,
tum validus sensibns aut consnlto ambiguus. IV, 31: compoBitns alias et
velut eluctantium verborum, solutius promptiasque eloquebatur quotiens
subveniret. Schüler des Rbetors Tbeodoros aus Gadara, Sen. suas. 3, 7.
Suet. Tib. 57. Quintilian III, 1, 17. Purismus, Suet. Tib. 71. Dio LVII,
15. 17. Vorliebe für alterthümliche Ausdrücke, Suet. Aug. 86. gramm. 22.
Leichenreden von ihm', Suet. Tib. 6. Aug. 100. Tac. A. IV, 12. Sen. cons. ad
Marc. 15, 3. Dio LVII, 11 u. A. Anklage- und Vertheidignngsreden , Suet.
Tib. 8. Meyer orat. rom.* p. 553 — 556. Urkunden von ihm bei Tac. A. III,
6. 53 f. IV, 40. vgL I, 81. II, 63. Suet. Tib. 67. ib. 61: commentario quem
de vita sua summatim breviterque composuit (wie August, s. oben 217, 4)
ausus est scribere etc. Domit. 20: praeter commentarios et acta Tiberii
Caesaris nihil lectitabat.
3. Suet. Tib. 70: composuit et Carmen lyricum, cuius est titulus Gon-
questio de morte L. Caesaris. fecit et graeca poemata imitatus Eupho-
rionem et Bhianum et Parthenium, quibus poetis admodum delectatus etc.
maxime tarnen curavit notitiam historiae fabularis, usque ad ineptias atque
derisum. natn et grammaticos, quod genus hominum praecipue appetebat,
eiusmodi fere quaestionibus experiebatur, quae mater Hecubae etc. Nach
Suidas (v. KaiaaQ TißsQiog) iy^wipsv inLyQ€C(iftcctci %ccl zi%vriv ^JitOQi%riv,
Letzteres wohl ein Missverstö^ndniss.
4. Ueber Germanicus, den Neffen und Adoptivsohn des Tiberius,
s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. UL S. 838 — 848 und G. F. Hertzberg in
Ersch und Grubers Encyclopädie I, 61 (1855) S. 172—209. Peterek, Ger-
manicus, ein biograph. Versuch , Trzemesno 1843. 4. A. Zingerle, de Ger-
manico Caesare Drusi filio, Trient 1867 (Progr.) p. 3 — 31.
5. Suet. Calig. 3 von Germanicus: ingenium in utroque (vgl. A. 2) elo-
quentiae doctrinaeque genere praecellens. . . oravit causas etiam triumpha-
lis, atque inter cetera studiorum monimenta reliquit et comoedias graecas.
Plinius n. h. VIII, 42, 155: fecit et divus Augustus equo tumulum, de quo
Germanici Caesaris carmen est. Tac. A. II, 83: veteres inter scriptores
haberetur. Ovid. Fast. I, 19 ff.: docti . . principis. quae sit culti facundia
sensimus oris civica pro trepidis cum tulit arma reis. 25: vates rege vatis
habenas. ex Pont. II, 5, 53 ff. IV, 8, 67 (non potes officium vatis contem-
nere vates) ff. 70: gloria Pieridum summa futurus eras. 73: modo bella
geris, numeris modo verba coerces. 77: tibi nee docti desunt nee principis
artes. Griechische und lateinische Epigramme? Anal. IL p. 159 (146 läc).
285 (Nr. 2. 3). Anthol. lat. 708 R. = Anthol. Pal. IX, 387 (ASgiavov KccCaagog,
ot dh FsQuccviiLov). 709 = Anth. Pal. VII, 542 (*Xaxitov).
. 6. Unter dem Titel Claudii Caesaris Arati Phaenomena (auch Aratus
Germanici ad Augustum) ist uns durch Hdss., deren älteste sind (s. Breysig's
Ausg. p.Xni— XXVI vgl. R. Dahms in Fleckeisens Jahrbb. 99, p. 269—275)
die Basler saec. VIII (A bei Breysig) und Paris. 7886 (= Puteaneus) saec
IX (P), überliefert eine lateinische Bearbeitung des astronomischen Lehr-
gedichtes des Aratos aus Soloi, in wohlgebauten Hexametern, die iPaivo-
588 I^ie Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
(i6va in 725, wozu drei grössere Bruchstficke über den Einfluss der Gestirne
auf die Witterung {ÖLoarmsCa oder prognostica) von mehr als 200 Versen.
Gegenüber von den Ueberresten der ähnlichen Jagendarbeit des Cicero
(oben 186, 2) und der Arbeit des Avienus zeichnet sich jene durch Selb-
ständigkeit, Sachkenntniss nnd verhältnissmässige poetische Begabung ans.
Vgl. J. Frey, de Germ. Ar. interpr. p. XXIV: Germanicus prooemium de
suo praemisit, fabulas nonnuUas Arato plane intactas addidit. quae apud
Aratum non recte disposita intellexit in raeliorem ordinem redegit, plnra
quae falsa ab Arato prodita esse ex posterioris aetatis astrologorum libris
cognoverat correzit. Den Mythen gegenüber verhält sich der Verfasser
kritisch; s. Phaen. 31. 166. 264. Die Vergleichung mit Aratos und Avie-
nus, sowie die Verwendung als Lehrbuch der Astronomie hat dem Texte
viele Interpolationen zugezogen; s. A. Breysig's praef. p.VfF.
7. Als Verfasser betrachten den Cl audier Germanicus (Sohn des Drusns)
z. B. Hieronymus, Lactantius (inst V, 5), während Firmic. math. IL praef. (vgl.
VIII, 5) ihn lulius Caesar nennt. Dass es vielmehr der Flavier Domitianns sei
wollten RutgersiuB u. A. folgern aus v. 2 ff.: carminis at nobis, genitor, tu
maximuB auctor, te veneror, tibi sacra fero doctique laboris primitias (vgl. 16:
pax tua tuque adsis nato), während v. 658 ff. (welche Breysig p. XI f. den Pro-
gnost. zutheilt) Abfassung nach dem Tode Augusts beweisen. Aber genitor
vom Adoptivvater (hier: Tiberins) ist nicht ungewöhnlich (Merkel ad Ibin
p. 379), Ti. Caesaris Aug. filius (Divi Aug. nep., Divi luli pronepos) heisst
Germanicus auch offiziell (z. B. Orelli - Henzen 6380), und diese Arbeit mag
ganz wohl die erste fertig gewordene des Verf. sein , namentlich gegenüber
von den später verfassten (Phaen. 444 f.) Prognostica. Gegen die Beziehung
auf Domitian spricht das Schweigen sämmtlicher Lobhudler desselben über
eine derartige Leistung, sowie der Umstand dass Domitianus sich den Titel
Germanicus erst als Kaiser, nach seinem Chattenfeldzuge im J. 84 n. Chr.,
beilegte; s. Frontin. Strat. II, 11, 7: imperator Caesar Domitianus Augustus
Germanicus eo hello quo victis hostibus cognomen Germanici meruit, cum
in finibus Chattorum castella poneret etc. Vgl. Martial. II, 2: Creta dedit
magnum, maius dedit Africa nomen; nobilius domito tribuit Germania Rheno,
et puer hoc dignus nomine, Caesar, eras; . . quae datur ex Chattis laurea
tota tua est; wiewohl hieraus gefolgert werden könnte dass Domitianus et
puer diesen Namen geführt habe, was sich aber sonst nicht erweisen lässt.
A. Imhof, Domitian S. 131 — 135.
8. Ausgaben der Aratea des Germanicus. Ed. princeps Bonon. 1474. 4.
Venet. 1488 und (Aid.) 1499. fol. Ed. Hugo Grotius, Lugd. B. 1600. 4. Cum
comm. varr. ed. J. C. Schwartz (Coburg 1715). An Buhle's Ausgabe des
Aratoa (Lips. 1801) und besonders an J. C. Orelli's Ausg. des Phädrus (1831)
p. 137 — 210. Cum scholiis ed. A. Breysig, Berol. 1867.
9. J. C. Schaubach, de Arati interpretibus rom. (Meiningen 1817. 4.)
p. 6 ff. J. Frey, im Rhein. Museum XIU. S. 409 — 427 und Epistola critica
de Germanico Arati interprete, Culm 1861. 4. M. Haupt im Hermes IlT.
p. 153-155.
10. Ausser dem Lehrgedichte selbst besitzen wir auch Scholicn dazu
aus verschiedenen Zeiten. Die älteren (des Basil. und Paris.) waren im
270 f. GermanicuB (Aratea). Redner: Montanus. 589
vierten Jahrh. (Lactantius) schon vorhanden und wohl auch schon in Ver-
bindung mit dem Gedichte des Germanicus. Sie sind eine Bearbeitung eines
griechischen Werkes, nach früherer Ansicht der ntttocatsgiafiol des Ps. Era-
tosthenes, nach J. Frey (Rhein. Mus. XXV. S. 263 — 272) vielmehr eines
griechischen Interpreten des Aratos. Durch Zuthaten aus PliniuSf Hyginus,
Suetonius, Censorinus, Martianus, (Isidor?) wahrscheinlich für Schulzwecke,
erweitert sind diese Scholien im cod. Strozzianus saec. XIV und (corrupter)
im ürbinas (Vatic. 1358) saec. XV. Eine dritte Fassung, welche vorzugsweise
die Mythen berücksichtigt und hauptsächlich durch den Sangermanensis (G)
saec. IX vertreten ist, weicht von der älteren Fassung so sehr ab dass sie
wie ein selbst^diges Werk erscheint. A. Breysig, Philologus XIII. S. 660 —
G68 und Praef. p. XXVI ff. Vgl. Reifferscheid , Suet. p. 440— 444. Ausgaben
derselben an denen des Germanicus (s. A. 8), z. B. der von Breysig p. 64 — 238.
Auch an Eyssenhardt's Martianus Capella (Lips. 1866) p. 377 ff.
11. Schaubach, Observatt. in scholia ad Germanici Caes. Phaenomena,
4 Partes, Meiningen 1821 — 1834. 4. Suringar, de mythographo astronomico
qui vulgo dicitur scholiastes Germanici, Lugd. B. 1842. 4. A. Breysig, zum
scholiastes Germanici, Philologus XIII. S. 657—669, und Emendationen zum
Schol. des Genn., Posen 1865. 24 S. 4.
271. Unter den Rednern der Zeit waren die bedeutend-260
sten und zugleich Herausgeber eigener Reden und rednerischer
Schriften der ehren werthe, aber als Redner masslose Votienus
Montanus aus Narbo; der talentvolle aber träge und lüderliche
Mamercus Scaurus; Asinius Gallus (J. 714 — 786 d. St.), Ver-
fasser einer Vergleichung zwischen seinem Vater Pollio und
Cicero; der Ritter P. Vitellius, welcher den Piso als Mörder des
Germanicus b^elangte; Domitius Afer (um 740 — 812 d. St.) aus
Nemausum, der unter Tiberius, Caligula und Nero hohe Aemter
bekleidete und vor den Gerichten wirkte, jedoch als Mensch
minder achtbar war und als Redner seinen Ruhm überlebte.
1. Hieronym. zu Ena. chron. a. Abr. 2043 = Tib. 14 = 780 = 27 n. Chr.:
Votienus Montanus Narbonensis orator in Balearibus insulis moritnr,
illuc a Tiberio '(zwei Jahre vorher) relegatus. Vgl. Tac. A. IV, 42: habita
per illoB dies (J. 778 d. St.) de Votieno Montano, celebris ingenii viro,
cognitio. . . postulato Votieno ob contumelias in Caesarem dictas (die
aber -wahrheitsgemäss waren) etc. Votienus maiestatis poenis adfectus est.
Sen. controv. IX. praef. 1 : Montanus Votienus adeo numquam ostentationis
declamavit causa ut ne exercitatis quidem declamaverit. 28, 17: habet
hoc Montanus vitium: sentöntias suas repetendo corrumpit; . . et propter
hoc et propter alia . . solebat Scaurus Montanum inter oratores Ovidium
vocare (oben 242, 6). 28, 15: Montanus Votienus, homo rarissimi, etiamsi
non emendatissimi ingeni, vitium suum, quod in orationibus non evitat, in
scholasticis quoque evitare non potuit. . . memini illum pro Galla Nnmisia
apud centumviros tirocinium ponere. . . (16:) ex üs quaedam in orationem
■ Tf-:
^^""^^^
590 Die Kaiserzeit. Erstes Jaiirhandert.
contulit et alia plura quam dixerat adiecit. 29, 17: Montanus Votienus
Marcellum Marcium amicum euum, caius frequenter mentionem in scriptis
sais facit tamquam hominis diserti, aiebat dixisse etc. YII, 20: Vinicius
(oben 263, 10) erat non aequus ipai Montano. accusaverat illom apud Cae-
sarem, a colonia Narbonensi rogatus. at Montanus adeo toto animo scho-
lasticus erat ut eodem die quo accusatus est a Vinicio disceptarit in Yinici
(Lücke). Yoin siebenten Buche des Seneca an häufige Proben aus den
Schulreden des Montanus.
2. Mam. Aemilius Scaurus, insignis nobilitate (Urenkel des princeps
senatus oben 141, 10) et orandis causis, vita probrosus (Tac. A.VI, 29 vgl.
III, 66), im J. 787 == 34 n. Chr. durch Tiberius zur SelbsttÖdtung getrieben,
vgl. oben 269, 3 und 272, 4. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 374 f.,
Nr. 6. üeber ihn Seneca controv. X. praef. 2 — 4: non novi quemquam
cuius ingenio populus rom. pertinacius ignoverit. dicebat neglegenter; saepc
causam in ipsis subselliis, saepe dum amicitur di^cebat. . . nihil erat illo
venustiuB, nihil paratius. genus dicendi antiquum, verborum quoque non
volgarium gravitas, ipse voltus habitusque corporis mire ad auctoritatcm
oratoriam aptatus. (3.) sed . . ignavns Scaurus. . . pleraeque actiones malae,
in Omnibus tarnen aliquod magni ingeni vestigium extabat. . . orationes
Septem edidit, quae deinde senatusconsulto combustae sunt (vgl. ob. 269, 3).
bene cum illis ignis egerat; sed extant libelli qui cum fama eiua pugnant,
niulto quidem solutiores ipsis actionibus. (4.) declamantem audivimus, et
novissime quidem M. Lepido. I, 2, 22: Scaurus non tantum disertissimus
horao sed venustissimus. Tac. A. III, 31: Mam. Scaurus, qui . . oratorum
ea aetate uberrimus erat. Proben seines treffenden witzigen Urteils bei
Sen. contr. I, 2, 22. H, 9, 39. IX, 28, 17; vgl. X, 31, 19.
3. C. Asinius Gallus, Sohn des Asinius Pollio (oben 218, 1 ff.), Cos.
746, J. 780 durch Tiberius zum Tode getrieben; s. W. Teuffei in Pauly's
Real-Enc. I, 2. S. 1865 f. Nr. 9. Plin. Epist. VII, 4, 3: libri Asini Galli
de comparatione patris et Ciceronis. ib. §. 6: libros Galli . . quibus illc
parenti ausu^ de Cicerone dare est palmamque decusque. Claudius schrieb
dagegen; s. unten 281, 2. Quintil. Xu, 1, 22: Asinio utrique, qui vitia orationis
eins (des Cicero) etiam inimice pluribus locis insequuntur. Gellius XVII,
1,1: nonnulli tam prodigiosi tamque vecordes extiterunt, in quibus sunt
Gallus Asinius et Largius liicinus^ cuius liber etiam fertur infando titulo
„ Ciceromastix *^, ut scribere ausi sint M. Ciceronem parum integre atque
improprie aXqae inconsiderate locutum. Epigramm von Gallus auf den
Grammatiker Marcellus (unten 277, 2) bei Sueton. gramm. 22.
4. P. Vitellius, Bruder des nachmaligen Kaisers, Germanici comes,
Cn. Pisonem inimicum et interfectorem eins accusavit condemnavitque (Suet.
Vitell. 2), J. 772 == 19 n. Chr. Er selbst starb 784 =- 31; s. W. Teuffei in
Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2682, Nr. 4. Plin. n. h. XI, 187: extat oratio
Vitelli qua Gn. Pisonem eius sceleris (veneficii) coarguit hoc usus argu-
mento etc.
6. Hieronym. a. Abr. 2062 » Claud. 6 » 46 n.Chr.: Domitius Afer
Nemausensis clarus orator habetur, qui postea Nerone regnante ex cibi
redundantia in cena moritnr. Cos. suff. unter Caligula J. 792 »> 39 n.Chr.;
271. ScauruB, Afer u. a. Redner. 591
cur. aquaram J. 802 — 812 (Frontin. aq. 102: Cn. Domitius Afer). J. 779
Ankläger der Claudia Pulchra, Tac. A. lY, 52: recens praetura, modicus
dignationis et quoqno facinore properuB clarescere. . . Afer primoribus
oratorum additus, divulgato ingenio. . . mox capessendia accuBationibus
aut reoB tutando prosperiore eloquentiae quam morum fama fuit, üisi
quod aetas extrema multum etiam eloquentiae dempait. IV, 66: nuUo mi-
rante quod diu egens et parto nuper praemio male ubub plura ad flagitia
accingeretur. XIV, 19: sequuntur (J. 812 => 59) virorum illustrium mortes,
Domitii Afri et M. Servilii (unten 286, 2), qui summis honoribus et multa
eloquentia viguerant, ille orando causas, Servilius diu foro, mox tradendis
rebus rom. celebris et elegantia vitae, quam clariorem eifecit (als Afer),
ut par ingenio ita morum diverBus (besser als Afer). Vgl. noch Plinius
Ep. VIII, 18, 5 ff. Quintil. X, 1, 118: eorum quos viderim Domitius Afer
et lulius Airicanus longe praestantissimi. verborum arte ille et toto genere di-
cendi praeferendus et quem in numero veterum habere non timeas. XII, 11, 3 :
vidi ego longe omnium quos mihi coguoscere contigit summum oratorem,
Domitium Afrum, valde senem cotidie aliquid ex ea quam meruerat aucto-
ritate perdentem, cum agente illo, quem principem fuisse quondam fori
non erat dubium, alii . . riderent, alii erubcscerent. Vgl. noch XII, 10, 11
(oben 44, 2). Tac. djal, 13. 15. Dio LIX, 19. Plin. Ep. II, 14, 10: narrabat
ille (Quintilian) : adsectabar Domitium Afrum; cum apud centumviros dicerct
graviter et lente, hoc enim illi actionis genus erat etc. Besonders berühmt
seine (herausgegebenen) Reden pro Voluseno Catulo (Quintil. X, 1, 24), pro
Domitilla (ib. VIII, 6, 16. IX, 2, 20. 8, 66. 4, 31), pro Laelia (ib. IX, 4, 31).
Meyer, orat. fragment. p. 565 — 570. Sonstige Schriften: Quintil. V, 7, 7:
sufGciebant alioqui libri duo a Domitio Afro in hanc rem (de testibus)
compositi, quem adulescentulus senem colui. VI, 3, 42: mire fuit in hoc
genere (witzigen Beschreibungen) venustus Afer Domitius, cuius orationibus
complures huiusmodi narrationes insertae reperiuntur; sed dictonim quoque
ab eodem urbane sunt editi libri. Vgl. ib. 27 u. 32.
6. Bruttedius Niger, aedilis J. 775 =» 22 n.Chr., Tac. A. III, 66 (Brut-
tedium artibus honestis copiosum et, si rectum iter pergeret, ad clarissima
quaeque iturum festinatio exstimulabat). Freund des Sejan, Juv. X, 83.
In der Rhetorik war er Schüler des ApoUodoros, Sen. controv. 11, 9, 36.
Proben aus seinen Schulreden ib. 35 und wohl auch suas. 6, 20 f. die Er-
zählung über Cicero^B Tod und die Ausstellung seines Kopfes.
7. Sex. Pompeius, Freund des Germanicus (Ovid. ex Pont. IV, 5, 25 f.
vgl. Tac. A. ni, 11), Consul im Todesjahre des Augustus (767 ^ 14 n:Chr.),
Gönner des Ovidius (ex Pont. IV, 1, 21 ff. 5, 37 ff. 15, 3 f. 37), welcher an
ihn seine Briefe ex Pont. IV, 1. 4. 5. 15 gerichtet hat, sowie des Valerius
Maximus (unten 274, 1). Wie Ovid dessen facundum os erwähnt (ex Pont.
IV, 4, 37), so Val. Max. II, 6, 8 (facundissimo sermone, qui ore eins quasi
e beato quodam eloquentiae fönte emanabat). IV, 7. ext. 2 (clarissimi ac
disertissimi viri).
8. Tac. A. in, 24 : M. (lunii) Silani potentia, qui per insignem uobilitatem
et eloquentiam praecellebat. Cos. 772 =-* 19 n. Chr.; zum Tode genöthigt
592 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
(Suet. Calig. 23) von Caligula, der seine Tochter Junia Claudilla (ib. 12. Tac.
A. VI, 20) zar Frau hatte.
9. Tac. A. VI, 48: poenae in'Laelium Balbum decernuntur (J. 790=«37).
. . Baibus truci eloqueutia habebatur, promptus adversum insontes. Vgl.
ib. 47. Quintil. X, 1, 24 r uobis pueris insignes pro Voluseno Catulo (s. A.
5) Decimi Laelii oratioues ferebantur.
10. Tac. A. VI, 47: (Vibius) Marsus quoque vetastis honoribus et in-
lustris studiis (Beredtsamkeit) erat. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2.
S. 2571, Nr. 23.
11. Ueber Valerius Messalinns s. oben 262, 6; über Bomanius Hispo,
Vinicius u. A. s. oben 263, 10.
261 272, Das Ende der Republik und die Gründung der Mon-
archie hatte noch unter Augustus A. Cremutius Cordus in
freimütiger Weise behandelt, was jetzt zu seiner Verfolgung
den Vorwand gab. Unter Tiberius bearbeitete denselben Stoff,
in der rhetorischen Manier der Zeit, der philosophisch gebildete
Aufidius Bassus, welcher die Bürgerkriege und die Feldzüge
gegen die Germanen beschrieb und nachher an dem älteren
Plinius einen Fortsetzer fand. Auch der Vater Seneca schrieb
in dieser Zeit sein Geschichtswerk. Ebenso war Tuscus sowohl
Schulredner als Geschichtschreibei*.
1. Tac. A. IV, 34: Cremutius Cordus postulatur (J. 778 = 25 n.
Chr.) . . quod editis annalibus landatoque M. Bruto (Tgl. Plut. Brut. 44)
C. Cassium Romanorum ultimum dixisset (ygl. oben 269, 8). Vertheidignngs-
rede desselben ib. 34 f. Egreasus dein senatu vitam abstinentia finivit.
libros per aediles cremandos censuere patres; sed manserunt, occultati et
editi, ib. 35. Sen. cons. ad Marc. 1, 2 (A. Cremutii Cordi, parentis tui).
22, 6 ff . Dio LVII, 24. Die eigentliche Ursache des Angriffes auf ihn wa-
ren Aeusserungen durch die er den Sejan beleidigt hatte, Sen. ad Marc.
22, 4 f. — Dio L 1.: vazBQOv 6h i^sSo^ ctv^t£ {xa üvyyodfifuxza avxov)^
aXXoi XB yoiQ %ccl {idliaxa ^ Q'vyixxfiif avvov MaquUa avvengvipBv avxti.
Sen. ad Marc. 1, 3 f. Sneton. Calig. 16 (oben 262, 10). Mittheilungen dar-
aus, auf den Tod des Cicero sich beziehend, bei Seneca suas. 7, 19. 23.
Auf Ausscheidung der stärksten Stellen bei der neuen Herausgabe deutet
Quintil. X, 1, 104: habet amatores, nee immerito, Cremuti libertas, qnam-
quam circumcisis quae dixisse ei nocuerat; vgl. Philologus VI. S. 139. 753 f.
C. Rathlef, de A. Cremutio Cordo, Dorpat 1860. 78 pp. C. v. r(aucker),
Domitian und Cremutius Cordus, Mitau 1861 (Sitzungsber. der knrländ.
Ges. f. Lit.).
2. Sen. Epist. 30, 1: Bassum Au fidium, virum optimnm, vidi quas-
sum, aetati obluctantem. ib. 3: Bassus tarnen noster alaccr animo est. hoc
philosopliia praestat etc. ib. 5. 10. 14: dicebat ille, Epicuri praeceptis
obsequens etc. Quintil. X, 1, 108: quam (die auctoritas historiae) panlum
272 f. Cremutius Cordus, Aufidius Bassus, Velleius u. a. 593
aetate praecedens eum (den Servilius, unten 286, 2) Bassus Aufidius egregie,
utique in libris belli germanici, praestitit, genere ipso probabilis in omnibus^
sed in quibusdam suis ipse viribus minor. Proben aus seinem Geschichts-
werke, über Cicero's Tod, in ziemlich gesuchten Wendungen, bei Sen. suas.
6, 18 u. 23. Vgl. Plin. i^. h. VI, 9, 27: universae (Armeniae) magnitudinem
Aufidius .. . prodidit. praef. 20: diximns . . temporum nostrorum histeriam,
orsi a fine Aufidii Bassi. Da des Plinins Werk mindestens die spätere Re-
gierung Nero's behandelte (s. unten 307, 5), so wird Aufidius mit der des
Claudius geschlossen haben. Zweifelhaft ist ob die* libri belli germanici ein
selbständiges Werk waren oder ein Bestandtheil des grösseren. Mommsen,
Cassiodor S. 558 f. Tac. dial. 23: (Alterthümler) quibus eloquentia Aufidi
Bassi aut Servilii Koniani ex ^comparatione Sisennae aut Varronis sordet.
W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2129 f. Nr. 11.
3. Ueber Seneca s. oben 264, 3.
4. Sen. suas. 2, 22: histericum quoque vobis fatuum dabo. Tuscus ille
qui Scaurum Mamercum (oben 271, 2) in quo Scaurum familia extincta est
maiestatis reum fecerat, homo quam improbi animi tam infelicis ingenii,
cumhanc suasoriam declamaret dixit etc. Bei Tac. A. VI, 29 heissen die An-
kläger des Scaurus (J. 787 = 34) Servilius und Cornelius; einer von beiden
wird also das Cognomen Tuscus gehabt haben.
6. Aemilius Sura de annis populi rom. (vgl. oben S. 272, c u. d): As-
syrii principes etc. lautet eine alte Glosse welche in den Text des Vellejus
(I, 6, 6) als Parallelstelle hineingerathen ist. Das Werk scheint ein Abriss
der Weltgeschichte gewesen zu sein, etwa in der Art des vellejanischen,
angelegt nach den fünf Weltmonarchien (assyrische, medische^ persische,
makedonische, römische), deren fünfte dann die anni pop. rom. gebildet
haben werden. Zeit der Abfassung unbekannt. Th. Mommsen^ Rhein. Mus.
XVI. S. 282 — 284. Reifferscheid's Sueton. p. XVI f. vgl. oJ)en 157, 3.
6. Ueber Annius Fetialis s. oben 264, 8.
273. Vorzugsweise die Geschichte der Monarchie behandelt262
auch der Abriss der römischen Geschichte in zwei Büchern von
M. Vellejus Paterculus aus J. 30 n. Chr. Der Verfasser ist
ein Kriegsmann der unter Tiberius diente und ihn bewundern
lernte, nun aber sich in ein Pathos der Loyalität und des Stils
hineingeschraubt hat welches alles was mit seinem Kriegsherrn
zusammenhängt in überschwänglicher Weise preist und verherr-
licht, auf Gegnerisches aber losschlägt. Für den innern Zusam-
menhang der Dinge hat er kein Verständniss, sein Interesse gilt
den Personen. Seine Kedeweise ist pomphaft und geziert, aber
an Manchfaltigkeit und Gewandtheit fehlt es ihr. Besonders
ungelenk ist sein Satzbau. Der W^ortschatz ist in der Hauptsache
noch der classische, die ganze Behandlungsweise jedoch, die den
Stoff vornehmlich als Mittel der Selbstbespiegelung verwendet,
Teüpfki., Rom. LiteraUirgeschiclite. 2. Aufl. 38
594 Die Kaiserzeit Erstes Jahrhundert
vollkommen im Geiste des ersten Jahrhunderts. Das Werk ist
♦
nur durch Eine Handschrift überliefert, das erste Buch in trüm-
iiierhaftem Zustande.
1. Ueber sefhe persönlichen Verhältnisse, wie die seiner Familie, gibt
Vellejus Öfters mit eitler Umst&ndlichkeit Nachricht. II, 101, 2 f.: qnod
äpectacnlum (J. 754 d. St) . . sub initia stipendiorum meorum tribano mi-
litum mihi visere contigit. qaem militiae gradum ante sub patre tuo, M.
Vinici, et P. Silio auspicatus in Thracia Maeedoniaque, mox Achaia Asia-
qua et Omnibus ad orientem yisis provinciis et ore atqne utroqne maris
pontici latere, haud iniucunda tot reram, locorum . . recordatione perfrnor.
104, 3: hoc tempus (J. 757) me . . caatrorum Ti. Caesaris militem fecit.
quippe protinus ab adoptione (Jani 757) missus cum eo praefectus equitam
in Germaniam, successor of&ci patris mei, coelestissimornm eins operum
per annos continuos VIII praefectus aut legatus spectator et . . adiutor fiii.
111, 3 f.: habuit in hoc quoque hello (pannonico, J. 759) mediocritas nostra
speciosi ministeri locum. finita equestri militia designatus quaestor, nec-
dam Senator, aequatus senatoribus et iam designatis tribunis plebei par-
tem exercitus ab urbe traditi ab Augusto perduxi ad filium eias (Tiberius).
ia quaestura (J. 760) deinde, remissa sorte provinciae, legatus eiusdem ad
eundem missus sum. 113, 3: hiemis (760 auf 761) initio regressus Sisciam
legato8,^inter quos ipsi fuimus, partitis praefecit hibernis. 114, 2: erat . .
lectica eius (des Tiberius) publicata, cuius usum cum alii tum ego sensi.
121, 3: triumphus (des Tiberius, Januar 765), quem mihi fratrique meo
vgl. II, 115, 1) inter praecipuos praecipuisque donis adornatos vires comi-
tari contigit. 124, 4: quo tempore (J. 767) mihi fratrique meo, candidatis
Caesaris, proxime a nobilissimis ac sacerdotalibus yiris destinari praetori-
bus contigit, consecutis ut neque post nos quemquam divus Angustus (weil
er starb) neque ante nos Caesar commendaret Tiberius. Voller Name bei
Priscian. VI, 11, 63 (p. 248, 4 H.): M. Velleius Paterculus. Bei Schol. Lucan.
IX, 178 (und schol. ant zu VIII, 663) nur Paterculus. Dass er über die
Prätur nicht hinauskam ist aus seinem Schweigen zu schliessen. Letzte in
seinem Werke erwähnte Thatsache ist der Tod der Livia (II, 130, 6) J. 782
:= 29 n. Chr. und das Consulat des M. Vinicius J. 783 =* 30. In der Müsse
nach der Prätur scheint sich der Verf. die mancherlei Kenntnisse, auch der
g^t'iechischen Literatur, erworben zu haben die er in seinem Werke zeigt,
nachdem er ursprünglich eine rein kriegerische Laufbahn durchgemacht
hatte; s. II, 52, 4: ut militari et yerbo ex consuetudine utar.
2. Geschichtswerk des Vellejus. üeberschrifb: Vellei Paterculi histo-
riae romanae ad M. Vinicium consniem libri duo. Doch beschränkt es sich
nicht ängstlich auf die rOmische Geschichte. Nach dem Vorgange der
Annalisten wird mit den Ansiedelungen von Griechen in Italien begonnen,
ia raschestem üeberblick Orient und Hellas durchwandert und die römische
Geschichte im ersten Buche bis zu Earthgo's Fall fortgeführt. Die Darstel-
lung, von Anfang an auf einen kurzen flüchtigen Abriss gerichtet (I, 16, 1.
H, 41, 1. 55, 1. 86, 1. 99, 4. 108, 2. 124, 1 vgl. 29, 2. 52, 3. 86, 1), wird,
gleichfalls in der Weise der Annalisten (vgl. oben 252, 11), immer aus-
führlicher je mehr sie der eigenen Zeit des Erzählers sich nähert, ist aber-
273. Velleiuö Paterculus. 595
•
schon in ihrem summarischen Theile subjectiv und rhetorisch gefärbt und
durch die Reflexionen des Geschichtschreibers (z. B. I, 16. 17, 5 ff.) unter-
brochen. Anekdoten und individuelle Züge werden gern eingeflochten, wie
überhaupt der ganze Standpunkt der Betrachtung persönlich und daher
vielfach willkürlich und einseitig ist (Sauppe S. 144 f. 155 — 160). Dabei,
fehlt es nicht an Beweisen sinniger Beobachtung. Viel Raum ist auf die
Charakterzeichnung der Handelnden verwendet, worin die Hauptstärke des
Geschichtschreibers liegt und die bei den Männern der republikanischen
Zeit manchmal capriciös, meist aber treffend ist. Dagegen die Gestalten
des Caesar, August und Tiberius werden in eine Weihrauchwolke von zu-
nehihender Dichtigkeit gehüllt (Sauppe S. 161 -^168); insbesondere Tiberius
wird von 11, 94 an auf eine masslose ekstatische Weise mit einer wahren
Verschwendung von Superlativen gepriesen. Allerdings hatte Vellejus dem
Tiberius in dessen besten Jahren nahe gestanden und schrieb noch vor
dessen letzten und schlimmsten Jahren; auch ist es überhaupt seine Art den
Mund voll zu nehmen und die Farben dick aufzutragen (Kritz p. XL VIII f.).
Doch ist man froh dass er den Vorsatz (falls er ihn wirklich im Ernste
hegte) nicht ausgeführt hat, ein eigenes Werk über Tiberius und seine
Zeit zu schreiben (s. 11, 48, 5. 96, 2. 99, 3. 103, 4. 114,4. 119, 1). Dass Ger-
manicus ein tüchtiger General und Agrippina ein Mitglied des kaiserlichen
Hauses war kommt ihnen zu Gute; über die heiklen Beziehungen des Ti-
beiius zu ihnen weiss Vell. mit allgemeinen Wendungen glatt hinweg-
zugehen.
3. Als Quellen werden I, 7, 3 des Cato Origines, und H, 16, 3 des
Hortensius Annalen genannt. Sonst hat sich Vellejus wohl an die gang-
barsten Geschieh tsdarstellungen gehalten, etwa den Abriss des Atticus, sowie
Cornelius Nepos und Pompejus Trogus fär das Ausseritalische und Bio-
graphische. Dem Livius scheint er als einem verkappten Republikaner
nicht recht getraut zu haben, da er häuflger von ihm abweicht als mit
ihm übereinstimmt. Die Studien des Vell. gehen sehr wenig tief; eine
stattliche Sammlung seiner geschichtlichen Verstösse bei Sauppe S. 147 — 155.
Die Gründung Roms setzt er (I, 8, 4) mit Varro ins J. 753 (Ol. 6, 3),
folgt aber nichts desto weniger der aera Catoniana (751); insbesondere ist
nach dieser als Consulatsjahr des Vinicius 781 angenommen (H, 49, 2.
65, 2. vgl. I, 14, 6. II, 103, 3. Kritz p. XLI ff.). Die Vertheilung des Stoffes
in die zwei Bücher (1, 14, 1 vgl. II, 131, 1) nach dem Wendepunkte der
Zerstörung Karthagos ist nicht unpassend, aber vom Standpunkte des Vell.
ist es inconsequent den Zerfall des Reiches von dem Untergänge des repu-,
blikanischen Sinnes zu datieren. Hierin, wie in Anderem (Sauppe S. 161 f.
169 f.), folgt er einfach der hergebrachten Auffassung. Daneben wird auch
durch die Einmischung persönlicher Sympathien und Abneigungen das ge-
schichtliche Urteil des Vell. widerspruchsvoll.
4. Den eigenthümlichen Stil des Vellejus erklärt Kritz p. XL VI — LXXV
theile aus dem Zeitgeschmacke, der auf das Gesuchte und Künstliche gerich-
tet war, theils aus dem Charakter des Verf. als eines schriftstellemden ,
Dilettanten, theils ans dessen festinatio, die oft in die Nachlässigkeit der
gewöhnlichen Sprache vorfiel. Insbesondere die ganz unorganisch angelegten
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596
Die Eaieerzeit. Erstes Jahrhundert.
Perioden f wo zwischen zwei dünne Satztheile endlose Parenthesen und
Relativsätze aufgespeichert sind (z. B. II, 18, 1—3. 28, 2. 41, 1 f. 75, 3.
Eritz p. LXI — LXIY), die häufige Wiederholung desselben Gedankens und
der gleichen Worte in kurzen Zwischenräumen (Sauppe S. 176 — 178. Kritz
p. LV ff. LXYI ff.), das Bausbackige und Schwülstige der Darstellung,
deuten auf Mangel an schriftstellerischer Uebung und von Feile. Auf Rech-
nung der Zeit aber fällt das eitle Spiel mit blendenden Sentenzen, spitz-
findigen Oontrasten, gesuchten Wendungen, die kokette Energie der Sprache
und ihr geschminkter Farbenreichthum. Daraus erklärt sich auch die
Vorliebe für poetische Ausdrücke und anspruchsvolle Wortverbindungen
(Sauppe S. 178 f.). Mit dieser bewussten Künstlichkeit erinnert Vellejus
am meisten an Sallust.
' 5. Die einzige uns bekannte Handschrift des Vellejus ist die von
Beatus Rhenanns J. 1515 in der alten Abtei' Murbach (im Elsass) gefundene,
welche aber am Ende und besonders am Anfang (wo das Prooemium und
weiterhin die Zeit vom Raube der Sabinerinnen bis zum Kriege mit Perseus
fehlt) lückenhaft und auch sonst sehr stark verdorben war. Nachdem B.
Rhenanus nach ihr seine Ausgabe veröffentlicht hatte (Basel 1520 fol.), mit
dem Grade von Treue der in seiner Zeit üblich war, gieng die Handschrift
wieder verloren. Nur eine Abschrift derselben, gefertigt von Bonif. Amer-
bach in Basel, wurde in neuerer Zeit wieder aufgefunden, die aber der ed.
princeps an Treue nicht gleichkommt. Vgl. die praefationes von Orelli
(p. VII ff.) und Kritz (c. 3, p. LXXVI— CXXV). Verhandlungen zwischen
J. Fröhlich und J. C. M. Laurent, über den Werth der Amerbfichschen
Handschr. des V., in Jahn's Archiv VI u. VII. D. A. Fechter, die Amer-
bachsche Handschr. des V. P. und ihr Verhältniss zum Murbacher Codex
und zur editio princeps, Basel 1844. Laurent im Serapeum 1847, Nr. 12,
und im Gratulationsprogramm der Hamburger Stadtbibliothek (Hamburg
1856. 4.) S. 17—34.
6. Ausgaben (ausser ed. princ, s. A. 5) von J. Lipsius (Lugd. B. 1591.
Antverp. 1607), J. Gruter (Frankf. 1607), N. Heinsius (Amstelod. 1678 und
sonst), P. Burmann (Lugd. B. 1719. 1744. 2 Voll.), D. Ruhnken (Lugd. B.
1779, 2 Voll., wiederholt von C. H. Frotscher, Lips, 1830—1839; die notae
besonders Hannover 1816), J. C. H. Krause (Lips. 1800; ed. minor 1803),
J, C. Orelli (Lips. 1835), J. Th. Kreyssig (recogn., Meissen 1836), und be-
sonders Fr. Kritz (rec, annot. et indd. instruxit, Lips. 1840). Vgl. dessen
^Prolegomena c. 4 (p. CXXV ff.).
Texte von F. H. Bothe (Zürich 1837), Fr. Kritz (Lips. 1847), Fr. Haase
(Lips. Teubner 1851 u. 1858) u. a.
Uebersetzungen von Fr. Jacobs (Leipzig 1793), Fr. Walther (Passau
1826), W. Götte (Stuttgart, Metzler 1833), F. Eyssenhardt (Stuttgart, Hoff-
mann 1865) u. a.
7. Abhandlungen über V. P. H. Dodwell, annales Velleiani^ Oxon.
1698. C. Morgenstern, comm. critica de .fide historica V. P., imprimis de
adulatione ei obiecta, Danzig 1798. H. Sauppe, im Schweiz. Museum für
bist. Wiss. I (Frauenfeld 1837) S. 133—180. L. Speckert, de la sinc^rit^ de
V. P., Toulouse 1848. Alf. Pernices, de V. fide historica, Lips. 1862. 50 pp. 4.
k:^:.
273 f. Velleius Paterculus. Valerius Maximus. 597
J. Stanger, de V. fide, München 1863. 38 pp. 8. C. Windheuser, de V. fide
in ÜB locis qui ad Tiberii mores epectant, Neußs 1867. 14 pp. 4.
8. Beiti%e zur Textkritik von C. Halm (Emend. Vell., München 1836. 4.),
Laurent (loci Vell., Altona, 1836), J. Jeep (emend. V., Wolfenbüttel 1839. 4.),
M. Haupt (Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1849, S. 190—200), B. Martin
(Beiträge etc., Prenzlau 1862. 4), und in den Quaestiones Yelleianae von
N. Alsters (Münster 1866), G. A. Koch (Lips. 1866. 4.), E. Wilhelm (Jena
1866), F. Giese (Münster 1868).
M. Hertz , über die sog. excerpta Velleii ex historia gallica, in Haupt's"
Zeitschr. f. deutsches Alterthum X, 2 (Berlin 1865) Nr. 10. Vgl. ebds. VIII.
S. 587.
274. Auf gleicher Höhe des Servilismus, nicht aber des263
Talentes, steht Valerius Maximus, der Verfass.er einer an
Tiberius gerichteten Anekdotensammlung für rhetorische Zwecke,
factorum et dictorum memorabilium libri novem. Das Werk
ist aus wenigen, aber guten Quellen zusammengetragen, jedoch
ohne Ejritik, Sinn für geschichtliche Wahrheit -und Geschmack.
So beschränkt übrigens der Verfasser ist, so aufdringlich ist er
mit seinen Reflexionen. Die Darstellungsweise ist declamato-
risch, der Stil schwülstig, der Wortvorrath aber auch hier noch
wenig getrübt. Ein zehntes Buch ist nicht erhalten und viel-
leicht niemals fertig geworden. Ausser dem Werke selbst be-
sitzen wir noch Auszüge daraus: einen nach einer sehr guten
Handschrift durch Julius Paris gemachten, und einen sehr dürf-
tigen von Januarius Nepotianus. Ein kurzer Anhang de prae-
nominibus hat gleichfalls gute Quellen, steht aber zu Valerius
Maximus in Tieiner Beziehung.
1. Bescliränkte persönliche YerhältniBse des Val. Max.; s. lY, 4, 11:
hiß adquiescere solaciis debemus qui parmlos censue nostroe numquam que-
relis vacuoB esse sinimus. . . quid ergo modicam fortunam . . diumis con-
viciis laceramus? Verbindung mit Sex. Pompeius, Cos. 767 ■= 14 n. Chr.
(ß. oben 271, 7), welcher später (etwa J. 780, Kempf Prolegg. p. 5 f.) Asien
als Proconsul verwaltete. YaL Max. II, 6, 8: quo tempore Asiam cum Sex.
Pompeio petens lulidem oppidum intrav;. lY, 7. ext. 2: clarissimi ac di-
sertissimi viri promtissimam erga me benivolentiam expertus. . . Pompeium
meum, . . a quo omnium commodorum incrementa nitro oblata cepi, per
quem tutior ad versus casus steti, qui studia nostra ductu et auspiciis suis
lucidiora et alacriora reddidit. itaque pavi invidiam quorundam optimi
amici iactura. YI, 1 prooem.: tu . . sanctissimum luliae genialem torum
adsidua statione celebras. Also lebte damals Livia (f 782 = 29 n. Chr.) noch.
Dagegen ist die Declamation wider Sejan (am Schlüsse von IX, 11) unmit-
telbar nach dessen Sturze (J. 785 => 32) eingefügt. Der Yerfasser hat somit
an seinem Werke länger gearbeitet, oder mit Unterbrechungen. Yeröffent-
598 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
licht waren aber zur Zeit der Abfassung von IX die früheren Bücher noch
nicht, da aus ihnen jede Erwähnung Sejan's getilgt ist. unrichtig und auch
deshalb nicht auf Sucton zurückgehend ist jedenfalls die Angabe des
Matthäus von Westminster (oben 253, 3): anno divinae incarnationis XIX
(=B 772 d. St.) Yalerius historiographus Romanorum dicta descripsit et facta.
Vgl. Elschner p. 12 ff. Rühl, die Verbreitung des Justin S. 30 ff. Aehnlich
RadulfuB de Diceto (J. 1210): Valerius Maximus urbis Bomae ceterarumque
gentium facta simul et dicta memoratu digna scripsit a. incarnati verbi
XVm. Rühl a. a. 0. S. 32.
2. Zahl der Bücher zehn, nach Julius Paris (s. A. 9), entweder unter
irriger Hinzurechnung der Abhandlung de nominibus (A. 11) oder (Halm)
weil so die üeberschrift lautet«. Erhalten sind jedenfalls nur neun; da
aber am Schlüsse des neunten die sonst unvermeidlichen Expectorationen
des Verf. fehlen, so ist glaublich dass derselbe sein Werk nicht fertig
gebracht habe oder es uns nicht vollständig erhalten sei. Weniger wahr-
scheinlich ist dass das Fehlende ein ganzes Buch sei. Plan und Zweck
nach praef. in.: urbis Romae exterarumque gentium facta simul ac dicta
memoratu digna, quae apud alios latius diffusa sunt quam ut breviter
cognosci possint, ab inlustribus electa auctoribus digerere constitui, ut
documenta slimere volentibus longae inquisitionis labor absit. Also eine
Beispielsammlung für den Gebrauch ohne Zweifel der Redner und der
Rhetorschulen. Daher die Anordnung nach bestimmten sachlichen Begriffen,
(z. B. de religione, auspiciis, somniis, institutis antiquis, repulsis, testamentis,
damnatis aut absolutis), besonders moralischen (de fortitudine, moderatione,
humanitate, pudicitia, felicitate, luxuria u. s. f.). Innerhalb der einzelnen
Capitel wiederum Zerlegung in Beispiele aus der römischen Geschichte
und solche von Auswärtigen, wobei die ersteren stark überwiegen, in Folge
der Quellen des Val. und wohl auch aus nationaler Eitelkeit. Die Züge
aus der republikanischen Zeit werden nicht abgeschwächt, wohl aber die
Gegner der Monarchie bereits regelmässig als Hochverräther behandelt
(vgl. Tac. A. IV, 34, oben 251, 3). Ueber Tiberius und die ganze kaiser-
liche Familie werden allenthalben, auch ohne äusseren Anlass und ohne
dass auf den Verf. anwendbar wäre was den Vellejus entschuldigt (oben
273, 2), die plumpsten und wahrheits widrigsten Schmeicheleien ergossen.
3. Die inlustres auctores (praef.) welche Valerius benützte sind haupt-
sächlich Livius (besonders die drei ersten D^aden), obwohl er nur einmal
genannt wird (I, 8, ext. 19: serpentis a T. Livio curiose pariter ac facnnde
relatae); s. Eempf p. 15—17. U.Köhler, qua rat. Liv. annal. 1860, p. 11 — 23.
Fr. Zschech, de Cicerone et Livio Valerii Maximi fontibus, Berlin 1865, p. 3 ff.
23 — 50; nächstdem Cicero (Kempf p. 13 — 15. Zschech p. 15 — 23), der gleich-
falls nur einmal genannt wird (VlII, 13, ext. 1: quemadmodum Cicero
refert libro quem de senectute scripsit); auch Sallustius (Kempf p. 17) und
(wohl für die auswärtigen Beispiele) Pompeius Trogus (Kempf p. 21). Dass
Valerius noch v/eitere Originalquellen benützt habe, z. B. den Varro (wegen
Hl, ii, 24 n. a. Z;ichech p. 43, und dagegen Kettner, Varr. de vita pop. rom.
p. 12 — 16) oder gar Griechen (wie Diodor und Dionys. Hai.), ist nicht er-
weislich und wahrscheinlich (vgl. Kempf p. 21 — 25); wohl aber hat er
274. Valerius Maximus. 599
gelegentlich Selbsterlebtes eingestreut (Eempf p. 12). Auch mag Vieles
aus ähnlichen Sammlungen der Gegenwart und nächsten Vergangenheit
entnommen sein, wohin gehört der einmal (IV, 4 in.) und sonst bei keinem
Schriftsteller angeführte Pomponius Rufus collectofum libro. Die Art der
Benützung seiner Quellen besteht meist In Abschreiben derselben, besonders
bei Anfiihrung von Aeusserungen; wo er sachlich ändert, geschieht es in
der Regel um die rhetorische Brauchbarkeit der Anekdote zu erhöhen
(durch Steigerung, Verschönerung). Ausserdem kürzt er bald ab, bald
giesst er eine Brühe hinzu. Von der Oberflächlichkeit und Gedankenlosig-
keit seiner Quellenbenützung zeugen die vielen groben Missverständnisse
(besonders Verwechslungen) und Verstösse die sich ihm nachweisen lassen;
8. Kempf prolegg. p. 26—33. Vgl. Elschner p. 32 ff.
4. Als Stilist geht Val. Max. mit seiner Zeit durchaus von der Ansicht
aus dass das Einfache und Natürliche trivial und gemein sei. Gesucht,
gekünstelt und geschraubt ist bei ihm Alles, Gedanke wie Ausdruck,
Wahl und Stellung der Worte, und seine Darstellung wird dadurch oft
dunkel, noch häufiger schwülstig, geschmacklos und albern. Verschränkung
der Epitheta, Verrenkung der Zeitwörter, Metaphern u. dgl. Schmuck ist
bei ihm ganz gewöhnlich. Dabei zeigt seine Manier grosse Eintönigkeit,
indem bestimmte Lieblingswendungen unaufhörlich wiederholt werden.
Kempf p. 34—43. Gelbcke p. 8—23.
5. Plutarch hat den Val. Max. schwerlich benützt, obwohl er ihn
Marcell. 30 u. Brut. 63 anführt; s. H. Peter, Quellen des Plut. S. 76 f. 136
Anm. Wohl aber Plinius (n. h. VII), Frontinus Strai, Gelfius (XII, 7, 8),
weiterhin Lactantius, Claud. Mamert. (grat. act. 6, 3. 16, 2) u. A. Auch
die verkürzten Bearbeitungen (A. 9 f.) schadeten ihm wenig, und er wurde
noch im Mittelalter nicht selten gelesen (Eempf p. 43—49). Davon zeugt
die grosse Zahl von Handschriften in denen sein Text überliefert ist
(Kempf p. 71 — 96). Die wichtigste unter diesen ist, nächst dezjenigen
welche dem Julius Paris (Anm. 9) vorlag (C. Halm, Emend. Val. p. 4 — 18),
der Bemensis saec. IX (vgl. Halm's Ausg. p. IV — XXI). Die andern sind
viel jungem Ursprungs und haben sehr selten eine bessere Schreibung,
sind aber an einigen Stellen vollständiger und stammen daher nicht aus
dem Bern, selbst.
6. Ausgaben des Val. Max. zuerst gleichzeitig um 1471 zu Strassburg
und Mainz (fol.), später namentlich von Aldus Manutius (Ven. 1634), St.
Pighius (Antverp. 1667; mit vielen willkürlichen Aenderungen; cum notis
J. Lipsii, Antv. 1686 u. sonst), J. Vorst (cum notis, Berl. 1672), A. Torre-
nius (cum comm. I. Perizonii et variorum, Lugd. B. 1726. 4.), J. Kapp (Lips.
1782), C. B. Hase (Paris 1823. 2 Voll.), und besonders von C. Kempf (rec.
et emend., Berlin 1864. 792 pp.) und C. Halm (reo., Lips. Teubner 1866).
Uebersetzt z. B. von Fr. Hoffmann (Stuttgart, Metzler 1828).
7. Kritische Beiträge von Calmberg (novae ed. V. M. specimen, Hamburg
1844, 4.), Halm (Münchner Gel. Anz. 1864. I. Nr. 29—31 und Emendationes
Val., München 1864. 4), J. Vahlen (Rhein. Mus. XI. S. 586—594), H. J, Heller
(Philologus XXVn. p. 343—348. XXVIII. p. 361—364), C.Förtsch (Em. Val.
600 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
I. Naumburg 1855. 4. IL 1864. 4. 111. 1870. 4.), C. Elschner (Quaest. Val.,
Berlin 1864), C. Fr. Gelbcke (Quaest. Val., Berlin 1865 , p. 23—36), C. Kempf
(novae quaest. Val., Berlin 1866. 37 pp. 4.).
8. Ueber Val. Max. vgl. J. Perizonius, Animadversiones historicae (ed.
Harles, Altenburg 1771), H. £. Dirksen (die historische Beispielsammluag
des V. M. u. d. Ausz. ders., hinterlassene Schrr. I. S. 109 — 132), und be-
sonders Eempfs Prolegomena.
9. Epitoma des Julius Paris, Ende des vierten oder Anfang des
fünften Jahrh. (vgl. A. 11), gleichfalls für Schulzwecke. Vorwort: Julius
Paris Licinio Cyriaco suo salutem. Exemplorum conquisitionem cum scirem
esse non minus disputantibns quam declamantibus necessariam, decem
Valerii Maximi libros dictorum et factorum memorabilium ad unum Volu-
men epitomae coegi. Der Epitomator brachte die Sammlung des Val. auf
ihren sachlichen Inhalt, manchmal aus den Quellen ihn berichtigend (Kempf
p. 61 f.), und hat dabei eine Handschrift benützt welche besser und (J, 1,
ext. 4 — J, 4, ext. 1) vollständiger war als alle uns erhaltenen. Die Epi-
toma ist uns überliefert durch einen cod. Vaticanus saec. X, herausgegeben
zuerst durch A. Mai, scriptorum vett. nova coli. IJJ, 3 (1828) p. 1 ff. Nach-
lese dazu von du Rieu, Schedae Vaticanae (Lugd. B. 1860) p. 164 — 200.
Danach jetzt in Halms Ausg. (1865). Subscriptio des Vat. (und Bern, des
Val.): feliciter emendavi descriptum Rabennae Rusticius Helpidius Domnu-
lus V. c. (s. d. unten).
10. Epitoma des Januarius Nepotianus. Vorwort: Januarius Nepotianus
Victori suo salutem. Jmpensius quam ceteri adoJescentes litteris studes,
quo tantum proficis ut exigas scripta veterum coerceri. . . igitur de Valerio
Maxime mecum sentis opera eius utilia esse, si sint brevia. digna cnim
cognitione componit, sed colligenda producit, dum se ostentat sententiis,
locis iactat, fundit excessibus. . . recidam itaque . . eius redundantia et
pleraque transgrediar, nonnulla praetermissa conectam. . . et cum integra
fere in occulto sint, praeter nos duo profecto nemo epitomata cognoscat.
Der erhaltene Auszug reicht in 21 Capiteln bis Val. Max. JH, 2, 7 und ist
sehr frei und mager, lässt ganze Beispiele weg und fügt andere aus an-
deren Quellen bei. Hauptwerth für die Lücke im ersten Buche des Val. Max.
Handschrift: Vatic. 1321 saec. XJV, mit sehr verdorbenem Texte; ver-
öffentlicht durch A. Mai, scriptorum vett. nova coli. JIJ, 3 p. 93 ft'. (vgl. du
Rieu, Schedae Vatic. 1860, p. 201 — 215) und Celle 1831. 4.; jetzt in C.
Halms Ausg. des Val. Max. p. 488 — 513. Vgl. Kempf p. 67 — 69, wo p. 69:
epitomatoris sermo corruptus et interdum fere barbarus dicendique genus
rüde atque incultum sextum septimumve saeculum prodere videtur. Andere
Abkürzungen des Val. Max. aus dem Mittelalter sind in Bibliotheken noch
handschriftlich vorhanden; s. Kempf p. 69 — 71.
11. Nach dem Schlüsse von Val. Max. B. JX folgt im Bern, die übliche
subscriptio: Valerii Maximi . . liber nonus explc. und darauf (von späterer
Hand und aus Julius Paris): lib. X de praenomine. In Jüngern Hand&chr.
geht diesem Buche ein prooemium voraus: decimus atque ultimus huius
operis liber . . aetati nostrae perditus est. verum Julius Paris, abbreviator
ÜJM
274 f. Valerius Mazimus. luliua Paria. Nepotianus. Celsus. 601
Yalerii, post novem libros explicitos hunc decimum sub infra scripto com-
pendio complexus est. . . verba quidem lulii Paridis haec sunt: Liber deci-
mos de praenominibus et similibns. Genauere Inhaltsangabe in der Hand-
schr. des lulius Paris (Vat.): incipit liber decimus de praenominibus, de
nominibus, de cognominibos, de agnominibus, de appellationibus, de verbis.
Erhalten ist aber auch im Vat. nur das Capitel de praenominibus (bei Eempf
p. 740 — 760, bei Halm p. 484—487), dessen Inhalt auf gute alte Quellen
(bes. Varro) zurückgeht (Th. Mommsen im Rhein. Mus. XV. S. 181, A. 24).
Das Ganze kann jedoch; wenn es von Anfang an ein Capitel de agnomini-
bus enthielt, nicht vor Beginn des vierten christl. Jahrb. entstanden sein.
Am Schlüsse haben Vat. (und Bern.) die subscriptio: C. Titi Probi finit epi-
toma historiarum diversarum exemplotumque romanorum; und darauf die
des Rusticius Helpidius (Anm. 9). Unklar ist das Verhältniss dieses C. Titius
Probus zu lulius Paris. Vielleicht hatte auch jener wirklich eine ähnliche
epitome verfasst, die mit der aus Val. Max. von Paris gemachten zusammen-
floss, etwa so dass von Letzterem nur das prooemium (A. 9) erhalten wäre;
während die grammatische (aber zugleich antiquarisch gehaltene) Schrift
über nomen (einschliesslich der nomina propria) und verbum (Kempf), etwa
wegen Verwandtschaft des pädagogischen Zweckes, einmal (aber nach der
Zeit der Handschrift aus welcher die Codices des Val. Max. herstammen)
an das Werk des Valerius Maximus angehängt, für ein zehntes Buch des-
selben gehalten und als solches von Paris mit epitomiert wurde. Jedenfalls
muss der Verf. vor lulius Paris gelebt haben, während von C. Titius Probus
schon sein Name unwahrscheinlich macht dass er einer viel späteren Zeit
als dem ersten christl. Jahrh. angehöre. Vgl. Th. Bergk, Rhein. Mus. IV.
S. 120 flF. Kempf p. 53 — 67 und im Progr. des Berliner grauen Klosters von
1854. 4. (De incerti auctoris fragmento quod inscribitur de praenominibus).
276. Vielseitig angeregt und mit der Gabe gewandter Dar-264
Stellung ausgestattet gab A. Cornelius Celsus nach dem Vor-
gange Cato's nicht nur Anleitung zur Beredtsamkeit und Rechts-
kenntniss sondern behandelte auch die Disciplinen der Landwirt-
schaft, Heilkunde und des Kriegswesens, verbunden mit prakti-
scher Philosophie im Sinne der Sextier, in einem encyclopadischen
Werke, von welchem die acht auf die Heilkunde sich beziehenden
Bücher (VI — XHI) auf uns gekommen sind, als einziges Werk
dieser Art aus der besseren Zeit der römischen Literatur. Es
wird darin die gesammte Medicin der damaligen Zeit haupt-
sächlich nach Hippokrates und Asklepiades mit gesundem Urteil
in einfacher reiner Sprache kurz dargestellt. Besonders werth-
voU sind die chirurgischen Partien; n'achstdem auch die The-
rapie. Noch unter Nero lebte Celsus und verfasste eine Schrift
über eine taktische Zeitfrage.
1. Vorname aus den Ueberschriften des erhaltenen Werkes. Zeitalter.
Cokimella I, 1, 14: non minorem tarnen laudem (als die Schriftsteller der
602 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Vergangenheit, wie Vergil und lolius Hyginos) meruerunt nostrorum tempo-
rnm viri, Cornelius Celsus et lulius Atticus. III, 17,4: mox lulius Atticus et
Cornelius Celsus, aetatis nostrae celeberrimi auctores, patrem atque filimn
Sasemam secuti etc. lY, 8, 1: Celsus et Atticus, quos in re rustica maxime
nostra aetas probavit. Vgl. ib. III, 1, 8. IV, 1,1. Da nun Columella ein
Zeitgenosse des Seneca war (s. unten 288, 1), so kann Celsus nicht wohl
früher als unter Tiberius geschrieben haben; aber auch nicht später, da der
unter Caligula hingerichtete lulius Graecinus dessen Werk bereits benützt
hatte (Plin. n. h. XIV, 2, 33: Graecinus, qui alioqui Comelium Celsum
transscripsit). Vgl. A. 4. Quintil. III, 1, 21: scripsit de eadem materia
^Rhetorik) . . nonnihil pater Gallio (oben 263, 7), accuratius vero priores
Gallione Celsus et Laenas (oben 263, 11) et aetatis nostrae Verginius,
Plinius, Tutilius. Hier wird das sachlich unrichtige Gallione um so eher
ein Glossem sein da das Verhältniss zu Gallio bereits durch den Comparativ
accuratius ausgedrückt ist. Fr. Ritter in Jahn's Jahrbb. 38, S. 54 — 68.
2. Quintil. XII, 11 , 24: quid plura (von der Möglichkeit alle dem Redner
nützlichen Disciplinen zu umfassen) cum etiam Cornelius Celsus, mediocri
vir ingenio, non solum de his Omnibus conscripserit artibus sed amplius rei
militaris et rusticae et medicinae praecepta reliquerit, dignus vel ipso pro-
posito ut eum scisse omnia illa credamus? Auch sonst polemisiert Quin-
tilian oft gegen diesen Vorg&nger, z. B. II, 16, 22. 32. III, 6, 13 f. VIII,
3, 47. IX, 1, 18: Cornelius tamen Celsus adicit (zu den cxi^iuxta Siavoiag
und li^ftog) figuras colorum, nin)ia profecto novitatis cupiditate ductus.
nam quis ignorasse eruditum alioqui virum credat etc. Auch wo er ihm
beistimmt geschieht es mit Kälte und Zurückhaltung, wie VII, 1, 10: non
plane dissentio a Celso, qui sine dubio Ciceronem secutus instat tamen huic
parti vehementius. Vgl. X, 1, 124 (unten A. 3). Es mochte den Quintilian
verdriessen dass das worauf er sein ganzes Leben verwandt hatte von Celsus
nur so beiläufig mitbehandelt wurde; auch mochte der Encjelopädiker dem
speciellen Fachmanne wirklich manche Blösen darbieten. Jedenfalls wurde
das rhetorische Lehrbuch des Celsus verdunkelt durch das des Quintilian.
Erwähnung desselben nur bei Fortunatian. III, 2 (p. 121, 10 H.).
3. Quintil. X, 1, 124: scripsit non parum multa (über Philosophie)
Cornelius Celsus, Sextios (oben 261, 5 ff.) secutus, non sine cultu ac nitore.
Augustin. de haeres. prol.: opiniones omnium philosophorum qui sectas
varias condiderunt usque ad tempora sua . . sex non parvis voluminibus
r^uidam Celsus absolvit; nee redarguit aliquem, sed tantum quid sentirent
aperuit, ea brevitate sermonis ut tantum adhiberet eloquii quantuin . .
aperiendae indicandaeque (sententiae) sufficeret.
4. Veget. r. milit. I, 8 (p. 12, 12 ff. Lang): haec necessitas compulit
cvolutis auctoribus ea me . . fidelissime dicere quae Cato ille Censorius de
disciplina militari scripsit, quae Cornelius Celsus, quae Frontinus perstrin-
genda duxerunt. Lydus de magistr. I, 47: fia^rv^fg KsXaog etc. Vgl. ib.
III, 33: xal avyyQecq)7}v nB(fl Tovtov (über die letzte Kriegführung gegen
die Parther) iiovrJQTj Kilcog, o gtopMiog raxTixds, dnoXiloms, 34: äctB
oifpLoSioVj tprjclv o Kdlaog, ddoTi^img ttvrorg ImXQ'itv. . oQsv dtpoQr^Tog
275. Cornelius Celßue. 603
avzoig 6 KovQßoXciv inl zov N'sqcovos ifpdvrj. Diese taktische Einzelschrift
war also später verfasst als das encyclopädische Werk; vgl. oben A. 1.
5. Cohimella 1, 1, 14 (vgl. A. 1): Cornelius (Celsus) totum corpus dis-
ciplinae (Landwirtschaft) quinque libris complexus est. IX, 2, 1: de quibus
(Bienenstöcke) neque diligentius quidquam praecipi potest quam ab Hygiuo
(oben 257, 3) . . nee elegantius quam Celso. . . Celsus utriusque memorati
(Hygin und Vergil) adhibuit modum. II, 2, 15: Comelium Celsum, non
solum agricolationis sed universae naturae prudentem virum. Als solchen
wird er sich, wie Sextius, auch in den philosophischen Theilen seines Wer-
kes (s. A. 3) bewiesen haben. Die über Landwirtschaft angefahrt z. 6. von
Plinius (n. h. X, 53, 150), der ihn auch im Quellenverzeichniss zu B. 7, 8,
10, 11, 14, 17, 18, 19, 20 ff., 29 f., 31 nennt, bald Cornelius Celsus, bald
Celsus.
6. Von den acht Büchern der medicina behandelt das erste, nach
einer kurzen Geschichte der Medicin bei den Griechen, die Diätetik und Pro-
phylaktik; das zweite die Semiotik und allgemeine Pathologie und Therapie;
Buch ni und IV die besonderen Krankheiten, V die Arzneimittellehre mit
einer grossen Anzahl von Recepten; VI die chirurgischen Krankheiten, VII
die chirurgische Therapie, VIII die Knochenkrankheiten. Da die zahlreichen
Handschriften alle dieselben Lücken haben (bes. IV, 27), so haben sie ge-
meinsamen Ursprung. Die ältesten und besten sind Vat. VIII saec. X und
Med. I saec. XII, sowie Paris. 7028 saec. XI; die andern sind aus saec. XV
und XVI. Ausgaben, s. L. Choulant, Bücherkunde d. alt. Med.* S. 167 — 180.
Ed. princeps Florentiae 1478. fol. Aldina Venet. 1628. 4. Cum not. ed. J.
Caesarius, Hagenau 1528. Willkürlicher Text von Ant. v. d. Linden, Lugd.
Bat. 1657. Cum not. varr.ed. Th. J. ab Almeloveen, Amsterd. 1687. 1713.
Ed. C. Ch. Krause, Lips. 1766. Ex rec. L. Targae, Patav. 1769. 4. und beson-
ders Veron. 1810. 4. (mit lexicon Cels.). Ed. F. Ritter et H. Albers, Cöln 1835.
Ed. S. de Renzi, Neapel 1851. Ad fidem opt. libr. denuo rec. C. Daremberg,
Lips. 1859. (Bibl. Teubner.) Uebersetzt von B. Ritter, Stuttgart 1840.
7. Zurückverweisung auf frühere Bücher V, 28, 16: sicut in pecoribus
proposui. Die fünf Bücher de agricultura (A. 5) giengen also der medicina
unmittelbar voraus, wie auch viele Hdss. die Ueberschrift haben: Comelii
Celsi artium IIb. VI. item medicinae I. Kürzer behandelt war das Kriegs-
wesen; s. A. 4; die Philosophie aber in 6 volumina (A. 3), und auch die
Darlegung der Rhetorik (A. 2) muss, nach Quintilian zu schliessen, aus-
führlich gewesen sein. Sie scheint aus 7 Büchern 'bestanden zu haben; s.
Schol. luv. VI, 245: Celso, oratori illius temporis (unrichtig), qui septem
libros Institutionum scriptos reliquit. Letztere Angabe kann richtig sein,
auch wenn Juv. selbst nicht diesen Celsus gemeint hat (welcher damals kei-
neswegs die erste Autorität ftlr Rhetorik war), sondern seinen Zeitgenossen,
den Juristen luventius Celsus. Der Anschluss an Cato (s. oben 120, 1 — 3)
ist in der Wahl der behandelten Disciplinen unverkennbar. Die Zusammen-
gehörigkeit derselben bei Celsus erhellt auch aus der Gleichheit der Urteile
über ihren Stil , welcher in der medicina denselben cultus ac nitor, dieselbe
elegantia zeigt wie in den philosophischen und landwirtschaftlichen Partien.
Vor der Verschrobenheit seiner Zeit bewahrte den Celans wohl hauptsäch-
604 Die Kaiserzeit. ErsteB Jahrhundert.
lieh Bein eigener gesunder Sinn, dann auch die Fülle des zu hewältigenden
Stoffes und die Beschaffenheit seiner Quellen. Schol. Plaut Bacch. 69: Celsus
libros suoB a varietate rerum cestos vocavit.
8. 0. Jahn in den Berichten d. sächs. Ges. d. Wiss. 1860, S. 273—282.
H. Paldamus, de Comelio Celso (Greifswald 1842. 4.) und dazu Fr. Bitter
in Jahn's Jahrbb. 38, S. 52 — 66. C. Kisscl, Celsus, eine historische Mono-
graphie; I. Leben und Werke des C. im Allgemeinen, Giessen 1844. 179 S.
265 276. Unter den Juristen ragte in dieser Zeit hervor
Capito's Schüler Masurius Sabinus^ nach welchem die Schule
der Sabinianer benannt ist, Verfasser hauptsächlich von libri III
iuris civilis, welche später Gegenstand umfassender Commen-
tare und durch diese für die Digesten einflussreich wurden. Da-
gegen ein Schüler von Labeo war M. Coccejus Nerva, Cos. 775
und Lehrer des Proculus nach welchem die Proculianer be-
nannt wurden. An literarischer Fruchtbarkeit und Bedeutsam-
keit hat Proculus seinen Lehrer übertroflfen.
1. Pompon. de orig. iur. (Dig. I, 2, 2, 48): Ateio Capitoni (oben 260, 3 f.)
Masurius Sabinus successit, Labeoni Nerya, qui adhuc eas dissensiones
auxerunt . . Masurius Sabinus in equestri ordine fuit et publice primus respon-
dit, posteaquam hoc coepit beneficium dari; a Tiberio Caesare hoc tarnen illi
concessum erat. (50.) ergo Sabine concessum est a Tiberio Caesare ut po-
pulo responderet; qui in equestri ordine iam grandis natu et fere annorum
quinquaginta (?) receptus est; huic nee amplae facultates fuerunt, sed plu-
rimum a suis auditoribus sustentatus est. Er lebte noch unter Nero; s.
Gaj. II, 218: ut Sabinus existimaverit ne quidem ex SC. Neroniano posse
convalescere. Dass er zu Verona geboren sei vermutete Borghesi (Bull. d.
inst. arch. 1836, p. 144) nach der dort gefundenen Inschrift: C. Masurius
C. f. Sabinus (0. Jahn zu Persius p. 196). Gellius IV, 1, 21 u. 2, 16 (Masurii
Sabini ex libro iuris civilis secundo, vgl. XI, 18, 12 ff. 20 ff.). V, 13, 5
(M. S. in libro i. c. tertio). Pers. V, 90 (Masuri rubrica). Arrian. Epict.
IV, 3 {AIaGovif£ov vofioi). Die Anlage scheint die des Q. Mucius (oben 151, 2)
gewesen zu sein. Commentiert wurde dieses Handbuch durch Pomponius
in mindestens 36, von Ülpian in mindestens 51, von Paulus in mindestens
17 Büchern, welche drei Commentare den Kern des sabinischen (civilrecht-
lichen) Dritt-els der Digesten bilden. Noten zu Sabinus schrieben auch
Fufidius und Aristo. Sonstige Schriften des Masurius Sabinus: commentarii
de indigenis (Gell. ly, 9, 8 f.), memoriaJium libri, mindestens 11 (Gell. V, 6,
13 f. vgl. IV, 20, 11. VII, 7, 8. Macrob. III, 6, 11. Dig. L, 16, 144 u. a.),
fasti in mindestens zwei Büchern (Macrob. I, 4, 7. 15. 10, 8), libri respon-
sorum in mindestens zwei Büchern (Dig. XIV, 2, 4 pr. u. 1. Fragm. Vat. 76),
libri ad edictum praetoris^urbani in mindestens fünf (Dig. XXXVIII,. 1, 18),
libri ad ViteUium (ib.XXXn, 45. XXXIU, 7, 8 pr. 12, 27. XXXIII, 9, 3 pr.),
sowie ein assessorium (ib.XLVII, 10, 5, 8: Sabinus in assessorio, vgl. II, 12,
12: Puteolanus libro primo assessoriorum). Anführungen aus (ungenannten)
276 f. Juristen und Grammatiker unter Tiberius. 605
Schriften des M. Sab. auch bei Plin. (wohl aus den memorialia) n-. h. VII,
5, 40. X, 7, 20. XV, 29, 126. 30, 136. XVI, 18, 75. 44, 236. XXVIII, 9.
Gellius III, 16, 23. V, 19, 11 ff. X, 16, 17 f. P. N. Arntzen, de Mas. Sabino,
Utrecht 1768 = Oelrichs Thesaur. nov. III, 2. p. 1 ff. Zimmern, Gesch. d.
röm. Privatr. I, 1. S. 312—315. Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 168 f. 237.
2. Pompon. 1. 1. (A. 1) 48: hie etiam Nerva (Grossvater des nachma-
ligen Kaisers) Caesari (dem Tiberius) familiarissimus fuit. Tac. A. IV, 58:
profectio (des Tiberius nach Campanien) arto comitatu fuit: unus Senator
consulatu functus (J. 776 = 22 n. Chr.), Cocceius Nerva, cui legum peritia.
VI, 26: haud multo post (J. 786 =■ 33 n. Chr.) Cocceius Nerva, continuus
principis, omnis divini humanique iuris sciens, . . moriendi consilium cepit
etc. Dio LVni, 21. Angeführt, doch ohne Nennung einer Schrift, Dig. XLIII,
8, 2, 28 vgl. VII, 5, 3. XVI, 3, 32. Zimmern a. a. 0. S. 316 f
3. Dig. XXVIII, 6, 69: Proculus: Cartilio assentio et . . puto. Vgl.
Ulp. ib. XIII, 6, 6, 13: Cartilius ait.
277. Die bedeutendsten Grammatiker der Zeit sind Iu-266
lius Modestus, der gleich seinem Lehrer Hyginus die sachliche wie
die sprachliche Seite der Forschung umfasste, der strenge M.
Pomponius Marcellus, sowie der begabte, aber eitle und sitten-
lose Q. Remmius Palaemon aus Vicenza, Verfasser einer berühmt
gewordenen und vielbenützten Gramüiatik (Ars). Auch der Gram-
matiker Nisus lehrte und schrieb in dieser Zeit oder bald darauf.
1. Suet. gramm. 20: huiüs (des Hyginus, oben 267) libertus fuit lu-
lius Modestus, in studiis atque doctrina vestigia patroni secutus. Martial.
X, 21, 1 : scribere te quae vis intellegat ipse Modestus. Gellius III, 9, 1 : Gavius
Bassus (oben 207, 6) in commentariis suis, item lulius Modestus in secundo
quaestionum confusarum historiam de equo Seiano tradunt. Macrob. I,
^) 7 (vgl. 10, 9. 16, 28): lulius Modestus de feriis. Commentator des Horaz,
s. oben 236^ 3. Auf grammatische Schriften (oder Commentare) deuten die
Anführungen bei Quintil. I, 6, 36. Charis. p. 73. 76. 101. 103. 126. 204.
Diomed. p. 366 K. Bunte in seiner Ausg. von Hyginus fab. p. 6 — 9. Rib-
beck, prolegg. Vergil. p. 121—123.
2. Suet. gramm. 22: M. Pomponius Marcellus, sermonis latini ex-
actor molestissimus, in advocatione quadam — nam interdum et causas
agebat — soloecismum etc. hie idem, cum ex oratione Tiberium repre-
hendisset, . . tu (inquit) Caesar civitatem dare potes hominibus, verbis non
potes. pugilem olim fuisse Asinius Gallus hoc in eum epigrammate osten-
dit etc.
« 3. Q. Remmius (nicht: Fannius, s. W. Christ, Rhein. Mus. XX.
S. 69 f) Palaemon Vicetinus mulieris verna primo . . textrinum, deinde,
erilem filium dum comitatur in scholam, litteras didicit. postea manumis-
8US docuit Romae ac principem locum inter grammaticos tenuit, quamquam
infamis omnibus vitiie palamque et Tiberio et mox Claudio praedicantibus,
606 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
nemini minus institntionem . . iuvenum committendam. sed capiebat ho-
mines com memoria rerom tum facilitate sermonis; nee non etiam poemata
faciebat ex tempore, scripsit vero yariis nee volgaribus metris. arrogantia
fuit tanta ut M. Yarronem porcum appellaret etc. luxuriae ita indulsit ut etc.
sed maxime flagrabat libidinibus in mulieres etc. Plin. n. h. XIV, 4, 49:
Remmio Palaemoni, alias grammatica arte celebri^ in hisce XX annis mer-
cato ru8 etc. ib. 50: vanitate, quae nota mire in illo fuit. 61: inviso alias
(dem Seneca). Juv. VIT, 216 ff. (docti Palaemonis). Hieronym. chron. ad
a. Abr. 2064 =» Claud. 8 (48 n. Chr.): Palaemon Vicetinus insignis gram-
maticus Romae habetur, und: M. Antonius Liberalis, latinus rhetor, gra-
vissimas inimicitias cum Palaemone exercet. Vita Persii: studuit Flaccus
. . Romae apud grammaticum Remmium Palaemonem. Schol. Juv. VI, 452
(Palaemonis Artem): grammatici, magistri Quintiliani oratoris. Quintil. I,
4, 20: ut . . aetate nostra Palaemon. Bei Gellius wird er nicht genannt.
Charisius erwähnt ihn öfters (p. 187. 225 f. 231 f. 238 E.) und hat die Ab-
schnitte über die Conjunctionen, Präpositionen, Interjectionen (und Adverbia)
aus ihm entnommen. Keil, gramm. lat. I. p. XLIX. Auch die excerpta aus
Charisius (Gramm, lat. I. p. 533 ff. K.) beruhen wohl zur Hälfte auf Pa-
lämon (W. Christ, Philologus XVIII. S. 136 f.). Seine Beispiele sind nur
aus Terenz, Vergil, Horaz und Cicero gewählt und werden regelmässig
durch velut eingeleitet (A. Schottmüller, de Plini libr. gramm. p. 8 ff.)-
Gegen Schottmüller, welcher (1. 1. p. 26—32) den von Charisius benützten
Palämon in das vierte Jahrh. hinabrücken wollte, s. Christ a. a. 0. S.
125—127. Ausser Charisius haben auch Diomedes (p. 403. 415 K.), Con-
sentiuB (p. 376 K.), Phokas u. A. aus ihm geschöpft. Mit Unrecht (Keil gramm.
V. p. 528 f.) trägt seinen Namen eine triviale, zuerst von Jovianus Pontanus
herausgegebene Ars, in Keils Gramm, lat V. p. 533 — 547 (bei Putsche p.
1366 ff.). Andere Zutheilungen von Schriften an ihn, wie der Versification
de ponderibos et mensuris, der differentiae sermonum (z. 'B. in Roth's Aus-
gabe des »Sueton p. 306 — 320, vgl. p. XCV— C), de potestate litterarum,
beruhen auf grundlosen Vermutungen. Reifferscheids Sueton p. 274—296,
vgl. p. 450—452. Brambach, lat. Orthogr. S. 29 f.
4. Donat. {= Sueton.) vita Vergil. 42 =» 60: Kisus grammaticus au-
disse se a senioribus (Zeitgenossen des Varius) aiebat Varium duorum
librorum (von Vergil. Aen.) ordinem commutasse etc. Vgl. Ribbeck, prolegg.
vergil. p. 90 f. Auch Velins Longus führt ihn mehrmals an (p. 2235. 2236.
2237 P.), sowie Charis. I, p. 28, 9 K. (Nisus eleganter . . ait), Priscian X,
11. p. 503, 16 Htz. (Nisus et Papirianus et Probus . .dicunt), Arnob. adv. g.
I, 59 (Caesellios, Verrios, Scauros et Nisos) und Cassiod. p. 2287 P. Vgl.
Macrob. S. I, 12, 30: Nisus in commentariis fastorum dicit etc. Gräfenhan,
Gesch. d. class. Philol. IV. S. 83 f.
5. Griechische Grammatiker zu Rom unter Tiberius waren z. B. Phi-
loxenos aus Alexandria, Apollonides (Diog. La. IX, 109). Ein Grieche war
auch AttaluB Stoicus, qui solum vertit a Seiano circumscriptus, magnae vir
eloquentiae, ex his philosophis . . longe et subtilissimus et facundissimus
(Sen. suas. 2, 12), der Lehrer des Philosophen Seneca (W. Teuffei in Pauly's
Rcal-Enc. I, 2. S. 2055 f. Nr. 10).
277 f. Remmius Palaemon u. A. Apicius u. A. 607
278. Gleichfalls in dieser Zeit schrieben die Botaniker267
Caepio und Antonius Castor, sowie der Schlemmer Apicius,
dessen Namen ein auf uns gekommenes Kochbuch trägt, etwa
aus dem dritten christl. Jahrhundert. Auch die Schriftsteller
über den Weinbau, lulius Atticus und lulius Graecinus, gehören
der Zeit des Tiberius an.
1. Plinius n. h. XXI, §. 18: Caepio Tiberi Caesaris principatu nega-
vit etc. Er war wohl ein Servilius.
2. Plinius n. h. XXV, 2, 9 von den Pflanzen: nobis certe, exceptis ad-
modum paucis, contigit reliquae contemplari Bcientia Antoni Castoris,
cui Bumma auctoritas erat in ea arte (Botanik) nostro aevo, visendo bor-
tulo eins, in quo plurimas alebat, centesimmn aetatis anniim ezcedens,
nullum corporis malum expertus ac ne aetate quidem memoria ant yigore
concussis. Er schrieb auch über Botanik, und Plinius nennt ihn als Quelle
zu Buch 20—27; vgl. XX, 174 (Castor taliier demonstrabat). Er war wohl
ein Freigelassener einer Antonia (oder des M. Antonius).
3. üeber Asellius Sabinus s. oben 269, 1; über Petronius Musa oben
258, 10.
4. Der Prasser M. Apicius unter Tiberius (Tac. A. IV, 1. Dio LVII,
19. Athen. I. p. 7 A.; vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. I„ 1. S. 1241,
Nr. 2) brachte seine Eüchenweisheit auch zu Papier. Sen. cons. ad Helv.
10, 8: Apicius nostra memoria vixit, qui . . scientiam popinae professus
disciplina sua saeculum infecit. Schol. Juv. IV, 23: Apicius auctor prae-
cipiendarum cenarum, qui scripsit de iuscellis. Isidor. orig. XX, 1, 1: co-
quinae apparatum Apicius quidam primus composuit. Was aber Plinius
(n. h. Vin, 209. IX, 66. X, 133. XIX, 137. 143) als culinarische Ideen des
Apicius anführt trifft auf die unter dem Namen des Caelius Apicius (wohl:
Caelii Apicius, so dass Ap. der Titel der Schrift war, wie Cicerouis Lae-
lius) laufende Schrift de re coquinaria nicht zu. Diese enthält eine nach
Gegenständen geordnete Zusammenstellung von Eochrecepten in zehn Bü-
chern, von denen jedes eine griechische Üeberschrift hat, wie auch die
zahlreichen griechischen Wörter und Wendungen darauf hinweisen dass die
Schrift auf der griechischen Literatur {'ChpaQTvzmä ) beruht. Die Er-
wähnung eines Varianus pullus (VI, 9) deutet auf Entstehung nach Helio-
gabaluB (sB Varius). Aber es mögen verschiedene Zeiten ihre Beiträge zu
dieser Sammlung geliefert haben. Schuch hat aus einem cod. Paris, saec. VTE
neue Kecepte hinzugefugt. Ausgaben z. B. von Hummelberg (Turic. 1642. 4.),
M. Lister (Londin. 1705), Almeloveen (Amstelod. 1709), J. M. Bernhold (Bai-
reuth 1787) und C. Th. Schuch (auxit, emend. explanavit etc., Heidelberg
1867. 202 pp.). F. H. Dierbach, Flora Apiciana, Heidelberg 1831. E. Meyer,
Gesch. der Botanik ü. (Königsberg 1855) S. 236—249.
5. Columella I, 1, 14: nee minorem laudem meruerunt nostrorum
temporum viri, Cornelius Celsus et lülius Atticus. quippe Cornelius etc.
(oben 275, 5); hie (Atticus) de una specie culturae pertinentis ad vites sin-
gularem librum edidit. cuius velut discipulus duo Volumina similium
praeceptorum de vincis lulius Graecinus, composita facetius et eruditius,
' 608 I^ie Kaifierzeit. Erstes Jahrhundert.
posteritati tradenda coravit. Anführungen aas Atticus bei Columella III, 3, 11.
II, 9 f. 16, 3. 17, 4 (oben 276, 1). 18, 1 f. IV, 1, 1. 6. 2, 2. 8, 1 (oben
276, 1). 10, 1 (Celsus et Atticus). 13, 1. 28, 2 (CelsuB quoque et Atticue
consentiunt). .29, 1. 4. 30, 1 f. 33, 4. Von Plinius aufgeführt im Quellen-
verzeichniss zu Buch XIV, XV, XVII.
6. luliuB Graecinus, 8. A. 6. Von Columella angeführt III, 2, 31.
3, 4. 7. 9. 11. 12, 1. IV, 3, 1. 6 (GraecinuB eo libro quem de vineis BCiipsit).
28, 2. und von Plinius XIV, 33 (Graecinus, qui alioqui Comelium Celsum
transscripsit). XVI, 241 sowie im Quellenverzeichniss zu B. XIV bis XVII.
Kr ist wohl der Sohn dea GraecinuB an welchen Ovid. Amor. II, 10 und
ex Pont. I, 6 gerichtet ist (oben 242, 2) und ohne Zweifel der lulius Graecinus
welcher Vater des luliua Agricola war und unter Caligula, etwa J. 39 n. Chr.,
hingerichtet wurde; b. Tac. Agr. 4 (senatorii ordinis, studio eloquentiae
Bapientiaeque notus etc.). Sen. de benef. II, 21, 5 (vir egregius, quem C.
Caesar occidit ob hoc unum quod melior yir erat quam esse quemquam
tyranno expedit). Epist. 29, 6 (vir egregius).
268 279. Theils unter Tiberius theils unter dessen Nachfolger
veröffentliclite der Freigelassene Pliädrus aus Pierien seine
fünf Bücher aesopischer Fabeln in wohlgebauten iambischen
Senaren. Den eigentlichen Fabeln sind auch Anekdoten aus
Gegenwart und nächster Vergangenheit beigemischt. Die man-
cherlei Verfolgungen welche der Verfasser zu erfahren hatte
steigerten sein Selbstgefühl. Die Darstellung ist fliessend, in
den späteren Büchern öfters redselig; der Ton heiter, manch-
mal derb; die Sprache correct, doch nicht ohne Spuren der Zeit.'
Uebrigens ist die Sammlung nicht ganz vollständig auf uns ge-
kommen. Ein Zeitgenosse von Phädrus ist der Tragödiendichter
Pomponius Secundus, der mit seinen Arbeiten erst nach dem
Tode des Tiberius hervorgetreten zu sein scheint.
1. Üeberschrift: Phaedri, Augusti liberti, fabularum aesopiarum libri.
Der patronuB war wohl Augustus (divus Aug., Phädr. III, 10, 39), da Ti-
berius als Caesar Tiberius U, 5, 7 bezeichnet wird. Lebensumstände nur
aus den Gedichten selbst bekannt. III. prol. 1: Phaedri libellos. 17: ego
quem pierio mater enixa est iugo . . (20:) quam vis in ipsa paene natus
sim schola. (54:) ego, litteratae qui sum propior Graeciae. Frühes (Ver-
pflanz twerden nach Italien und) Bekanntwerden mit römischer Literatur.
III. epil. 33 f.: ego quondam legi quam puer sententiam „palam mutire
plebeio piaculumst" (Ennius trag. 376 V.) etc. Verfolgungen. III. prol.
34 ff.: servitus obnoxia, quia quae volebat non audebat dicere, adfectus
proprioB in fabellas transtulit, calumniamque fictis elasit iocis. ego porro
illius (des Aesop) semita feci viam et cogitavi plura quam reliquerat, in
calamitatem deligens quaedam meam. quod si accuaator alius Seiano fo-
ret, . . dignum faterer esse me tantis malis. Stellen der beiden ersten
Bücher, wo nicht die Anekdote über Tiberius (II, 6, 7 ff.) so doch vielleicht
279. Phaedrus. 609
I, 1, 16 (qui fictis causis innocenteß opprimunt) und 2, 30 f. (voß quoque, o
cives, . . hoc sustinete, malus ne veniat malam) u. dgl., scheinen also als
gehässige Anspielungen auf Zustände der Gegenwart denuntiiert worden
zu sein. Worin di» mala bestanden ist nicht bekannt. Häufige Erwäh-
nung von Neidern: II epil. III pröl. 23 ff. und 9, 4. IV prol. 16 ff. 21, 1 ff.
vgl. III epil. 29 ff.: difficulter continetur spiritus integritatis qui sincorao
conscius a noxiorum premitur insolentiis. Mangel äusserer Güter; III.
prol. 21 (quamyis . . curamque habendi penitus corde eraserim) vgl. epil.^
wo Eutychus ziemlich unverblümt um eine Belohnung gebeten wird. Selbst-
bewusfltsein II epil. in, 1 u. 12. IV epil.
2. VerhältnisB zu Aesop: I. prol. 1 f. (Aesopus auctor quam materiam
repperit, hanc ego polivi versibus senariis). IV. prol. 11 ff. (fabulis, quas
aesopias, non Aesopi, nomino, quia paucas ille ostendit, ego plures fero etc.).
IV, 21. V prol. Wenn auch die Erzählungen über Simonides (IV, 22. 25),
Sokrates (III, 9), Menander (V, 1) aus einer späteren attischen Sammlung
stammen könnten, so jedenfalls nicht die über Cn. Pompeius (App. 8), aus
der Zeit des Augustus (III, 10 und V, 7) und Tiberius (II, 6, 7 ff.). Die
zwei ersten Bücher scheinen* zusammen (unter Tiberius) herausgegeben, da
das erste keinen Epilog hat und im dritten von den Schicksalen (prol. 38 ff.)
und der Aufnahme (III, 10, 69 f. vgl. IV, 7, 1 ff.) derselben gesprochen
wird. Später, nach des Tiberius Tode (vgl. III prol. 33 ff. und dulcis
libertas III, 7, 1), das dritte Buch, mit Prolog und Epilog, dem Eu-
tychus gewidmet, und bestimmt die Sammlung abzuschliessen (vgl. Epilog
u. IV prol.). Doch folgte noch ein viertes, gerichtet an Particulo, der im
Prolog als Schriftsteller (17 f.: mihi parta Jaus est, quod tu, quod similes
tui vestras in Chartas verba transfertis mea) und im Epilog als vir sanctis-
simus bezeichnet wird, sowie (als der Dichter bereits bejahrt war; s. V, 10)
ein fünftes, worin (10, 10) Philetes angeredet wird. Der Epilog der Ap-
pendix (A. 4) könnte zum ersten oder fünften Buche gehören.
3. Martial. III, 20, 6: an aemulatur improbi iocos Phaedri? Das Epi-
theton wohl wegen der mancherlei Anzüglichkeiten, Derbheiten (z. B. I,
20. 31. III, 3. IV, 16) und Plebejismen (bes. IV, 18) in der Sanmilung.
Abstracte Wendungen, wie ingemuit corvi deceptus stupor (I, 13, 12), er-
innern an die Manier des Valerius Maximus. Personification der B.eligio
rV, 11, 4. Die Anfangs erstrebte brevitas (II. prol. 12 vgl. III. epil. 8.
IV epil.) lässt schon im dritten Buche bedeutend nach (vgl. III, 10, 60).
Wahl des Senars vielleicht unter dem Einflüsse des Publilius Syrus (L. Mül-
ler p. VIII). Auch in der Zulassung von Spondeen im zweiten und vierten
Fusse stimmt Phaedr. mit diesem und den vorcatullischen Dichtern überein.
Sonst aber sind seine Verse gefeilt und die metrischen Gesetze darin streng
befolgt; 8. L. Müllers praef. p. VIII — XII. P. Langen, Rhein. Mus. XIII.
S. 197 — 208. Dass er sich auch auf höheren Stil verstände zeigt IV, 7, 6 ff.
App. 6. Seneca (s. oben 27, 2) weiss von Phädrus nichts, und Quintilian
(I, 9, 2) spricht zwar von versificierten äsopischen Fabeln, nennt aber seinen
Namen nicht. Nach Martialis erwähnt ihn erst wieder Avianus (Epist. ad
TheodoB.: Phaedrus etiam partem aliquam quinque in libellos resolvit).
, 4. Die ÜnvoUständigkeit der erhaltenen Sammlung erhellt aus der
TcDiTBL, Böm. Literatargeschichto. 2. Aufl. 39
610 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Ungleichheit der Fabelnzahl in den einzelnen Büchern (I: 31; III: 19; Ap-
pendix: 31; dagegen 11 nur 8 und V nur 10), aus dem Fehlen einer Fabel
worin arbores loquuntur (I prol. 6), aus der Lücke IV, 13 f. und besonders
ans dem Vorhandensein der Appendix. Letztere enthSJt die Fabeln welche
in der Mitte des 15. Jahrh. Nie. Perotti aus einer Handschrift herausgab
die vollständiger war als der cod. Pithoeanus (saec. X) und Bemensis (saec.
X, aber 1774 verbrannt), welche für uns die Hauptquellen der übrigen Fa-
beln sind; s. Orelli's Ausg. p. 5 — 17. Nur interpolierte sie Perotti nach
seiner eigenen Erklärung: non sunt hi mei quos putas versiculi^ sed Aesopi
sunt (vgl. nr. 809 f. 814. 817 R.), Avieni et Phaedri. quos collegi, . . saepe
versiculos interponens meos. Abdruck der Appendix zuletzt in Riese's anthol.
lat. II, 799—830, vgl. ib. p. XXXI f. Für einige Stücke kommt auch in Be-
tracht die chartula Danielis saec. XII in der Vaticana (du Bieu, Schedae
Vatic. 1860, p. 137 — 139). Die prosaischen Paraphrasen durch Romulus
und den von Nilant zuerst herausgegebenen Unbekannten setzen gleich-
falls einen vollständigeren Text des Phädrus voraus. An Romulus knüpften
die mittelalterlichen Fabelsammlungen an.
5. Ed. princeps von P. Pithoeus, Autun 1596. Ausgaben von N. Ri-
galtius (1617. 4.), in der mythologia aesopica von J. Novolet (Francof.
1610), von P. Burmann (Amstelod. 1698. Hag. 1718; cum novo comm.,
Lugd. B. 1727. 4.), Bentley (bei Terenz), J. G. S. Schwabe (cum comm.
perp., Halle 1779—1781, 3 Voll., und Brunsvig. 1806. 2 Voll.), N. Titze
(Prag 1813), J. Berger de Xivrey (Paris, Didot, 1830), J. C. Orelli (Turic.
1831 ; supplementum ib. 1832), C. G. Dressler (recogn., Bautzen 1838 und
Lips. Teubner 1850), Fr. Eyssenhardt (recogn., Berlin 1867), L. Müller
(recogn. et praef. est, Lips. Teubner, 1868; mit einem Wörterbuch von A.
Schaubach, ebd. 1870).
Schulausgaben mit Anm. von Beck (Coblenz 1828), C. J. Hoffmann
(Berlin 1836), K. F. A. Brohm (5. Aufl. Berlin 1848), J. Seibt (Prag 1850),
J. Siebeiis (Leipzig, Teubner, 1851. 1860. 1865; vierte, von F. A. Eckstein,
1870), F. E. Raschig (Berlin 1853. 1861), C. W. Nauck (Berlin 1855), O.
Eichert (Hannover 1865).
üeberselzt z. B. von H. J. Kerler (Stuttgart, Metzler, 1838), A. R. v.
B. (mit lat. Text, Leipzig 1857).
6. Ueber Phädrus s. F. Jacobs, Nachträge zu Sulzer VI. S. 34 ff. L. Prel-
ler in Ersch und Grubers Encycl. III, 21. S. 363 ff. Glasewald, spec. disp.
de Ph. fabulis, Greifswald 1828. 4. CoUmann, index Phaedrianus, Marburg
1841. 4. Kunkel, über schwierigere Stellen des Ph., Bensheim 1861. 4.
7. Tac. A. V, 8: relatum (J. 784 = 31 n. Chr.) inde de . . Pompo-
nio Secundo. . . huic obiectabatur Aelii Galli (des Sohnes von Sejan)
amicitia. . . Pomponius, multa morum elegantia et ingenio inlustri, . .
Tiberio superstes fuit (nach mehrjähriger Haft im Hause seines Bruders,
während welcher er wohl sich literarisch beschäftigte). XI, 13: Claudius
(J. 800 =» 47) . . theatralem populi lasciviam severis edictis increpuit,
quod in Publium Pomponium consularem (cos. suff. 776 d. St.?) — is car-
mina scenae dabat — . . probra iecerat. XU, 28: apud posteros . . car-
minum gloria praecellit. Vgl. dial. 13. Plin. n. h. VII, 19, 80: in Pom-
279. Pomponius Secundus. 611
ponio consulari poeta; und XIII, 12, 83: apud Pomponium Secundum, va-
tem civemque clarissimum , vidi. Plin. Ep. VII, 17, 11: Pomponius Secun-
dus (hie scriptor tragoediarum) . . dicere solebat. Quintil. X, 1, 98: eorum
(Tragödiendichter) quos viderim longe princeps Pomponius Secundus, quem
senes quidem parum tragicum putabant, eruditione ac nitore praestare
confitebantur. VIII, 3, 31: memini iuvenis admodum inter Pomponium ac
Senecam etiam praefationibus esse tractatum an 'gradus eliminat' in trag-
oedia dici oportuisset. Auch sonstiges Rcflectieren über die Sprache;
Charis. I. p. 137, 23 f. K.: Pomponius Secundus poeta, ut refert (in seinem
Leben des Pomp. See.) Plinius, (wollte omneis statt omnes). Dergleichen
verhandelte er wohl in Brieten; ib. p. 125, 23 K.: cetariis Pomponius Se-
cundus ad Thraseam. Andere bewusste Spracheigenthümlichkeiten bei
Diomed. I. p. 371 K. und Priscian. X. p. 638 H. (Pomponius Secundus ad
Thraseam: sancierat ins). Terentian. Maur. 2135 f.: in tragicis iunxere
choris hunc (den daktylischen Tetrameter) saepe diserti Annaeus Seneca et
Pomponius ante Secundus. Als Titel ist nur Aeneas bekannt (Charis. I.
p. 132 K.: P. S. in Aenea), der also eine praetexta gewesen sein wird (vgl.
Acro oben 17, 4). Armorum iudicium (Lactant. zu Stat. Theb. X, 841)
wird von Pacuvius oder L. Attius sein, oder auch von Pomponius Bono-
niensis (oben 135, 4 f.), wie vielleicht auch der Atreus (bei Non. p. 144, 24);
8. B. Schmidt, Rhein. Mus. XVI. S. 588—597. M. Hertz de Soaevo, Breslau
1869. 4. p. 4, not. 3. Vgl. Ribbeck, Tragg. lat. p. 197 f. (p. 231 f. 286 ed. IL)
Welcker im Rhein. Mus. Suppl. II, 3. S. 1440 — 1442. Haakh in Pauly's
Real-Enc. VI, 1. S. 1879, Nr. 34.
b. Die ßegierungszeit des Caligula, Claudius und Nero,
J. 37—68 n. Chr.
280. War unter Tiberius, bei der Neuheit des nackten269
Despotismus und der unheimliclien Art des Regenten, die über-
wiegende Stimmung Gedrücktheit, so herrscht unter seinen Nach-
folgern aus dem julischen Hause eine krankhafte Lebendigkeit,
ja oft Lustigkeit. Eine Menge der aufregendsten Scenen geht
an den Augen der Zeit vorüber: Herrscher und Günstlinge sieht
man aufsteigen, ihre Stellung wahnsinnig ausbeuten und jählings
wieder fallen; an die raschesten W^echselfalle und das tollste
Gebaren wird man gewöhnt, man sieht dem zu mit der neu-
gierigen Spannung die ein fesselndes Schauspiel erregt, und
geräth aus dieser Stimmung kaum dann wenn die eigene Person
an die Reihe kommt. Vernunft scheint nirgends zu walten;
Litriken sind es welche die Aenderungen herbeiführen, Schlau-
heit, Schlechtigkeit oder rohe Gewalt: man ergibt sich einer
nihilistischen Resignation, welche das Heute auskostet, für Morgen
auf Alles gefasst ist und im besten Falle der entfernteren Zu-
39*
"^■^'^^WT:
'»• » > ^ . -
.012 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
kunft sich getröstet Das Prototyp dieser Zeit ist Seneca; aber
S - auch Persius und Lucanus und Petronius sind nur verschiedene
P: Wirkungen derselben Ursachen. Männer von ernsterem Cha-
5V rakter, vrie Paetus Thrasea und Helvidius Priscus, klammem sich
an den Stoicismus an und suchen in seiner Selbstgenügsamkeit
•«»'
• ••»
fc Ersatz für die trostlosen Zustande der Gegenv^art. Jener Cha-
^•v rakter der Zeit spiegelt sich am treuesten ab in dem reflectie-
renden Theile der Literatur, den philosophischen Schriften, wie
sie Seneca verfasste. Für unbefangene Geschichtschreibung ist
die Zeit sehr wenig günstig; doch hat Claudius persönliches
Interesse für Historisches, und so finden wir unter ihm neben
rhetorisch gefärbten Historikern, wie Servilius Nonianus und
Curtius Rufus, auch nüchterne Forscher wie Cornelius Bocchus,
Columella, Asconius und Pomponius Mela. Dagegen begünstigt
Nero die Poesie; zugleich bietet dieselbe Gelegenheit durch reci-
tationes den Durst nach Beifall zu stillen und gewährt Hoffaung
auf Unsterblichkeit des Namens. Wir finden daher die ver-
schiedensten Grattungen derselben betrieben, die Tragödie durch
Seneca und Curiatius Matemus, das historische Epos durch
Lucanus, das Lehrgedicht durch den Aetna, die Satire durch
Persius, das Idyll durch Calpumius Siculus, die Lyrik durch
Bassus, die Schulbücherpoesie durch den lateinischen Homer.
Nur für die Komödie ist neben dem Mimus und Pantomimus
kein Raum; aber der lustig ironisierende Sittenroman hat seinen
Petronius. Auch die Schulberedtsamkeit wird eifrig fortbetrieben;
doch das ewige Einerlei und der Mangel gesunder Nahrung macht
ihre Kräfte schwinden. Daneben geht die Jurisprudenz ihren
Weg weiter, und die Grammatik ist durch Valerius Probus
tüchtig vertreten.
1. Aus dieser Zeit der Mimus Laureolus eines Catullns. Tertullian.
adv. Valentin. 14: nuUum Catulli Laureolüm fuerit exercitata. Juv. XIII,
111: mimum agit ille, urbani qnalem fugitivus scurra Catnlli. Sueton.
Calig. 57: in Laureolo mimo . . cruore scena abundavit. Joseph. Antiq.
XIX, 1, 13 (p. 204, 13 f. Bk.): lu^tog iicdystai (kurz vor CaHgula's Ermor-
dung) %a^* ov arccvifovtat XißGtmv ^y^fUDv. Martial. de spect. 7. Juv. VIII,
187 mit Schol. Von demselben Catullus auch ein Mimus betitelt Fhasma
(Juv. VIII, 186 mit Schol.). Andere s. oben 8, 1. ^
2. Snidas I. p. 626 Bemh.: EvoSog 'Podiog inonotog, ysyovmg inl Ni-
Q(ovog, 6 d'ocvfiaiofisvog slg ((Ofialuriy nolrioiv. xovxov xa ßißXCa ov tpaCvBxai.
3. H. Lehmann, Claudius und Nero und ihre Zeit. I. Claudius und
seine Zeit, Gotha 1858. 378 u. 66 S.
C —
280 f. ClaucRus und Nero, 613
281. Von den Kaisem dieser Zeit war Caligula (J. 765270
— 794 d. St.) der einzige welcher nicht selbst auch formliche
Schriften herausgab. Claudius (J. 744 — 807 d. St.) schrieb
sogar Vieles, vor seinem Regierungsantritt wie als Kaiser, na-
mentlich Geschichtliches, und versuchte eine Reform des latei-
nischen Alphabets.. Aber die grenzenlose Schwäche seines Geistes
und vollends seines Charakters lastete als Fluch auch auf dem
was er etwa Vernünftiges that oder schrieb und liess von seinen
eigentlichen literarischen Leistungen nichts auf die Nachwelt
gelangen. Nur inschriftlich sind Proben seines Wesens erhalten.
Nero (J. 790—821 d. St. = 37—68 n. Chr.) war zwar für Be-
redtsamkeit wenig ausgebildet, machte aber um so eifriger Verse
in epischen (Troica) wie (im elegischen und)* melischen Massen,
und deren öffentlicher Vortrag bildete eine der harmloseren
Seiten seiner ToUheit. Seine Mutter Agrippina, Claudius'
Grattin, verfasste Memoiren, ohne Zweifel als ein Mittel für die
Zwecke ihrer Herrschsucht.
1. Sueton. Calig. 53: ex disciplinis liberalibna minimum eruditioni^
eloquentiae plurimum attendit, quantumvis facundus et promptus, utique
si perorandum in aliqnem esset, irato et verba et eententiae suppetebant.
. . lenius comptiusque scribendi genas adeo contemnens ut Senecajn tum
maxime placentem commissiones meras componere et arenam esse sine
calce diceret. solebat etiam prosperis oratorum actionibus rescribere et
magnorum in senatu reorum accusationes defensionesqae meditari ac, prout
stilus cesserat, vel onerare sententia quemque vel sublevare, equestri quo-
que ordine ad audiendum invitato per edicta. 34: cogitavit etiam de Ho-
meri carminibus abolendis. . . sed et Vergüii ac Titi Livi scripta et ima-
gines paulum afdit quin ex omnibus bibliothecis amoveret, quorum alterum
ut nullius ingenii minimaeque (C. Peter: nimiaeque) doctrinae, alterum ut
verbosum in historia neglegentemque carpebat. de iuris quoquc consultis,
quasi scientiae eorum omnem usum aboHturus, saepe iactavit se meherculc
effecturum ne quid respondere possint praeter eum.
2. Suet. Glaud. 33: aleam studiosissime lusit; de cuius arte librum
quoque emisit. 40: principi neque infacundo neque indocto, immo etiam
pertinaciter liberalibus studiis dedito. 41: historiam in adulescentia, hor-
tante T. Livio, Sulpicio vero Flavo etiam adiuvante, scribere adgressus
est. et cum primum frequenti. auditorio commisis^et aegre perlegit, refri-
geratus saepe a semet ipso. . . in principatu quoque et scripsit plurimum
et assidue recitavit per lectorera. initium autem sumpsit historiae post
caedem Caesaris dictatoris, sed et transiit ad inferiora tempora coepitquc
a pace civili etc. (oben S. 419, A. 2). prioris materiae duo volumina,
poflterioris XLI reliquit. composuit et De vita sua VIH volumina, magis
inepte quam ineleganter; item Ciceronis defensionem adversus Asini Galli
libros (oben 271, 3) satis eruditam. 42: nee minore cura graeca studia se-
^'^^ ^
614 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
cutus est, finiorem praestantiamque linguae oecasionc omni professiis. . .
deniquc et gnieca« scripsib historias, TvQQijvi^av XX, KaQxriöoviccacJv VIll.
Vgl. Sen. Apocol. 5: Claudius gaudet esse illic philologos homines, sperat
futurum aliquem historiis suis locum. Lex agrorum ex commentario Claudi
Caesaris erwähnt in dem liber coloniarum, Schriften d. röm. Feldmesser I.
p. 211, 23 L., wofür aber Mommsen (ebd. II. S. 160, A. 16) C. luli Caesaris
schreibt.
3. Suet. Claud. 41: novas etiam commentus est litteras tres ac nu-
mero veterum quasi maxime necessarias addidit; de quarum ratione cum
privatus adhuc volumen edidisset mox princeps (aber erst Ende 800 = 47
n. Chr. als Censor, Tac. A. XI, 13) non difficulter optinuit ut in usu quoque
promiscuo essent. extat talis scriptura in plerisque libiis ac diurnis titu-
lisque opemm. Tac. A. XI, 13: novas litterarum formas addidit volgavit-
que. 14: Claudius tres litteras adiecit, quae usui imperitante eo, post ob-
litteratae, aspiciuntur etiam nunc in aere publico per fora ac templa fixo.
Es sind diess die drei Buchstaben J (umgekehrtes F) für consonantisches v,
3 (antisigma) für bs und ps, I- (linke Hälfte von H) für den Laut zwischen
i und u (Y) Dazu, gleichfall« nach dem Griechischen, Rückführung von AI
statt des Diphthongen AE. Diese Vermehrung des lateinischen Alphabets,
an sich von sehr zweifelhafter Nothwendigkeit und Nützlichkeit (nur von
der ersten Neuerung Quintil. I, 7, 26: nee inutiliter Claudius . . illam . .
litteram adiecerat, und Priscian. I, 4, 20. p. 15 H.: quod quamvis illi recte
visum est, tarnen consuetudo antiqua superavit), hätte, auch wenn sie von
einem geachteteren Fürsten ausgegangen wäre, schwerlich Bestand gehabt;
überdiess hatte sie Claudius, wie es scheint, nur empfohlen; und so fand
sie schon bei seinen Lebzeiten in den entfernteren Reichstheilen sowie auf
den Münzen fast niemals Anwendung, in der Nähe der Hauptstadt nur
ungleich massige. Das antisigma lässt sich nur auf ^iner Inschrift, und
ohne Sicherheit, erweisen, lieber den ganzen Gegenstand, nebst Samm-
lung der einschlägigen Inschriften, Fr. Bücheier, de Ti. Claudio Caesare
grammatico, Elberfeld 1856. 54 pp. Vgl. Rhein. Mus. XIII. S. 155—157. Ephe-
meris epigraph. I (1872) p. 80.
4. Erhalten ist von Claudius, auf zwei (zusammengehörigen Erztafeln)
die J. 1524 zu Lyon ausgegraben wurden, ein Theil der Rede welche er
J. 801 = 48 n. Chr. im Senat zu Gunsten der Zulassung des gallischen
Adels zu den römischen Aemtern hielt und wovon Tacitus, A. XI, 24 einen
Auszug gibt. Abgedruckt ist dieser merkwürdige üeberrest in vielen Aus-
gaben der Annalen des Tacitus, wie denen von J. Lipsius, Nipperdey,
Orelli-Baiter (I. p. 341 — 343), und auch selbständig oftmals. So C. Zell,
Freiburg 1833, 4. = Opusc. acad. lat. (1857) p. 96—156. 245 f. A. Boissieu,
Inscriptions antiques de Lyon, Lyon 1846. A. Comarmond, »Description . .
des tables de Claude, Lyon 1847. 4. J. B. Monfalcon, Monographie de la
table de Claude, Paris 1853. fol.
5. Ausserdem wurde am 29. April 1869 in Tirol ein Edict des Clau-
dius über das römische Bürgerrecht der Anauner, vom 15. März 46 n. Chr.,
gefunden. F. Kenner, ein Edict des K. Cl., Wien 1869. Mommsen im Her-
mes IV. S. 99 — 131, wo S. 107: „der Anfang (des Edicts) mit seinen in
einander gewickelten Relativsätzen und mit der ungeschickten Verschiebung
281. Claudius und Nero. 615
dea Hauptsubjecte in einen Nebensatz, vor allen Dingen aber mit seiner
unerhörten Anakoluthie, ist in hohem Grade charakteristisch für den gelehr-
ten Verkehrten auf dem Thron. . . Recht deutlich hat man liier jenen ^
wunderlichsten aller römischen Regenten vor sich, in dessen Gemüt die"
Keime lagen von naiver Ehrlichkeit, humoristischer Laune, Sinn für Recht
und Ordnung, ja selbst von Scharfsinn und Thatkraft, nur dass diese .
schönen Fähigkeiten in Verwirrung gerathen waren und in Kopf und Herz
nichts fest zusammenhielt, so dass alle jene Eigenschaften, wie im Hohl-
spiegel verzerrt und fratzenhaft, ein Bild von grausenhafter Lächerlichkeit
ergaben."
6. Tac. A. IV, 53: id ego . . repperi in commentariis Agrippinae
filiae, quae Neronis principis mater vitam suam et casus suorum posteris
memoravit. Plin. n. h. VII, 8, 46: Neronem . . pedibus genitum scribit
parens eins Agrippina, und im Quellenverzeichniss zu B. VII: Agrippina
Claudi. Sie lebte 14—59 n. Chr.; s. A. Preuner in Pauly's Real-Enc. I, 1.
S. 613—616; vgl. J. Froitzheim, Philologus XXXI. S. 185—187. A. Stahr,
Agrippina, die Mutter des Nero, Berlin 1867. Da die Schriftsteller für kein
Datum von Nero's Regierung sich auf das — doch so wichtige — Zeuguiss
dieser Memoiren berufen, so scheinen sie vor der Thronbesteigung ihres
Sohnes verfasst und veröffentlicht zu sein. Vgl. Lehmann, Claudius S. 5 f.
7. Suet. Nero 52: lil5erales disciplinas omnes fere puer attigit. sed
a philosophia eum mater avertit, monens imperaturo contrariam esse, a
cognitione veterum oratorum Seneca praeceptor, quo diutius in admira-
tione Bui detineret. (Doch lässt Tac. A. XIV, 55 den Nero zu Seneca sagen:
quod meditatae orationi tuae statim occurram, id primum tui muneris
habeo, qui me . . subita expedire docuisti. Vgl. A. 10.) itaque ad poeticam
pronus carmina libenter ac sine labore composuit. . . venere in manus
meas pugillares libellique cum quibusdam notissimis versibus, ipsius chiro-
gr£4>ho scriptis, ut facile appareret non tralatos aut dictante aliquo ex-
ceptos, sed plane quasi a cogitante atque generante exaratos; ita multa
et deleta et inducta et superscripta inerant. ib. 10: declamavit saepius
publice, recitavit et carmina, non modo domi sed et in theatro, tanta
universorum laetitia (zu Anfang seiner Regierung) ut ob recitationem suppli-
catio decreta sit eaque pars carminum aureis litteris lovi Capitolino dicata.
Tac. A. XIII, 3: Nero . . aliquando carminibus pangendis inesse sibi ele-
menta doctrinae ostendebat. XIV, 16: carminum quoque studium adfecta-
vit, contractis quibus aliqua pangendi facultas necdum insignis erat, hi
cenati considere simul et adlatos vel ibidem repertos versus conectera
atque ipsius verba quoquo modo prolata ^upplere. quod species ipsa car-
minum docet, non impetu et instinctu nee ore uno iluens.
8. DioLXII, 29: iv navSTifim zivl ^sa (an den quinquennalia des J. 818
d. St.) . . dviyvo} T^col'xa tiva iavzov noiri^xa. Vgl. Juv. VIII, 221. Schol.
Pers. I, 121. Anthol. lat. 725, 38 ff. R. Aus diesem Epos Angaben bei
Serv. Georg. III, 36. Aen. V, 370. Daraus wohl die drei Hexameter bei
Schol. Lucan. HI, 261 (de hoc ait Nero in primo Hbro: Quique etc.) und
wohl auch der Hexameter bei Sen. nat. quaest. I, 5, 6 (ut ait Nero Caesar
disertissime), das Hemistich bei Suet. vita Lucani (p. 51, 10 Rff.), sowie
616 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
die formell glänzenden^ aber völlig inhaltsleeren Hexameter bei Persias I,
93—95. 99-— 102, wozu Schol.: dicit hos versus Neronis (p. 269 J.), uad: hi
versus Neronis sunt (p. 271, 1 f. J.); vgl. 0. Jahn*8 prolegg. zu Pers.
p. LXXVIII— LXXXl. W. Teuffei, üebersetzung des Persius (Stut^. 1857)
S. 44 f. Wohl ein Abschnitt dieser Troica war die "Almais 'IU0V welche
Nero beim Brande Roms (J. 64 n. Chr.) zur Kithara vortrug. Dio LXII, 18:
triv ü^svr^v triv %1/d'aQmSiiiriv Xaßtov '^CfvZiloaaiv . . *lUov. Suet. Ner. 38:
halosin llii in illo suo scenico habitu decantavit, vgl. Tac. A. XV, 39. Pio
LXII, 29: naQsaxeva^fTO Sh mg %al rag tmv *Pm(Mxi<ov nQcc^stg andaag evy-
YQtiiffmv iv ^moiv %a\ negl ys tov nlrjd'ovg xmv ßißXltov, n^iv xal otiovv
ccvrmv avv^sivai, ienii^ccto. _
9. Die von Anfang an für den Vortrag zur Kithara bestimmten Gedichte
Nero's. DioLXI, 20: ini^aQtpdfjüf rs'jitTiv tiva rj Ba%xag. Neroniana cantica
bei Suet. Vitell. 11. Die Stoffe waren aus griechischen ^Tragödien; Phi-
lostrat. Apoll. Tyan. IV, 39: admv ra tov NiQtovog piiXri. . . inr^ys fi^sXj]
ra fihv i^ 'OgcüTSÜicgy tä d^ i^ 'Avttyovrig, ta S* onoQ'Bvovv tmv zQccyai'
Sovfisv(ov avxipy aal mSag ^'Kafintsv onoaag NiQcav iXvyi^B te nal Kanmg
^GTQsq>Bv. Vgl. Suet. Ner. 21. Plin. n. h. XXXVII, 3, 12: Domitius Nero . .
quodam carmine. Gedichte (Elegieen?) lasciven Inhalts, Martial. IX, 26, 9 f.
(Nero . . lascivum iuvenis cum tibi lusit opus) vgl. VIII, 70, 8. Plin. Epp.
V, 3, 6 (oben 31, 1). Aehnlicher Art war auch wohl poema Neronis quod
inscribitur Luscio gegen Clodius Pollio (Suet. Domit. 1) und das gegen
Quintianus (mollitia corporis infamis et a Nerone probroso carmine diffa-
matus, Tac. A. XV, 49). 0. Jahn's Prolegg. zu Pers. p. LXXV— LXXVIII.
A. Haakh in Pauly's Real-Enc. V. S. 579 f. Anm. Lehmann, Claudius S. 6 f.
10. Tac. A. Xni, 3: adnotabant seniores . . primum ex iis qui rerum potiti
essent Neroncm alienae facundiae eguisse. Vgl. A. 7 u. 282, 2. Dio LXI, 3:
toüavta %al jCQog r^v ßovXriVy TtQog tov SBvi%ov xal avxa y^atpivrcc, dviyvto.
Die Beden welche Suet. Ner. 7 erwähnt, die Dankrede im Senat, ^ro Bo;io-
niensibuB latine, pro Ehodiis atque Iliensibus graece, werden wohl gleich-
falls von Seneca verfasst gewesen sein. Ungenau sagt Fronte ad Ver. II,
1. p. 124 über die Kaiser nach Tiberius bis Vespasian: quis eorum oratione
sua populum aut senatum adfari, quis edictum, quis epistulam suismet
verbis componere potuit? Vgl. oben A. 1. 4. 6. 7.
271 ' 282. üeber die Regierungszeit sämmtlicher drei Kaiser
erstreckt sich die schriftstellerische Thätigkeit des L. Annaeus
Seneca (ungefähr J. 750 bis 818 d. St.), unter Caligula Senats-
mitglied, unter Claudius, bald nach dessen Regierungsantritt, auf
Messalina's Betreiben nach Corsica verbannt ( J. 41 ), jedoch,
nach achtjähriger Abwesenheit, durch Agrippina zurückgerufen
(J. 49), mit der Erziehung ihres Sohnes Nero betraut und zum
Prätor ernannt; unter Nero Consul (J. 57) und eine Zeit lang
thatsächlicher Lenker des Staates, aber auch (J. 65), wegen
angeblicher Theilnahme an der pisonischen Verschwörung, zum
Sterben genöthigt. Seneca ist die glänzendste Erscheinung dieser
281 f. Nero. Seneca (Leben und Charakter). 617
Zeit. An Geist und Formgewandtheit nur mit Ovidius vergleich-
bar hatte er zwar zugleich ein lebhaftes Gefühl seiner Vorzüge,
ist auch den Versuchungen der Gelegenheit und Macht und
den Eingebungen des Augenblicks keineswegs immer wider-
standen. Aber einen verwerflichen Gebrauch hat er von seiner
grossen Begabung und hohen Stellung doch nur selten gemacht,
und wenn sein Leben die Weisheit oft zur Klugheit abgeschwächt
zeigt, so bewies sein Sterben entschlossenen Verzicht auf die
Güter dieses Lebens.
1. Geboren war Seneca zn Cordnba (s. oben 264, 1. Cordubenses
nostri, III. p. 434 Hse.) als zweiter von drei Brüdern (oben 264, 2). Mutter
Helvia, s. die Trostscbrift an sie und oben 264, 1. Von deren Schwester
(nachher Gattin eines Mannes der 16 Jahre lang praef. Aegypti war, wohl
des Vitrasius Pollio) cons. ad Helv. 19, 2: illius manibus in urbem per-
latus sum, illius pio maternoque nutricio per longum tempus aeger con-
valui; illa pro quaestura mea gratiam suam extendit. Seine Lehrer in
Rom waren die Philosophen Attalus (oben 277, 5) und Sotion (Epist. 49.
98. 108), sowie Papirius Fabianus (oben 261, 10). Auch von Asinius Pollio
(t 768, oben 218, 1) wusste Seneca noch aus persönlicher Erinnerung (de
tranquill. 17, 7). Epist. 49, 2; quid non „modo" est si recorderis? modo
apud Sotionem puer sedi, modo causas agere coepi, modo desii velle agere,
modo desii posse. ib. 108, 22: in Tiberii Caesaris principatum iuventae
tempus inciderat. Dio LIX , 19 , 7 (J. 39) : 6 Zevi%ag 6 "Avviog 6 Aov%iog
. . SiBcf>%'uqri naq oXCyov . . ort Sinrfv rtvot iv t^ övvBSqCm naQOVtog avtov
(des Caligula) y,nlmg elnev. Als J. 41 die jüngste (J. 18 geborene) Tochter
des Germanicus und Schwester des Caligula^ lulia Livilla, durch Messalina
in die Yer]^annung getrieben wurde, traf gleiches Loos auch den Seneca,
als ihren Buhlen (Tac. A. XIII, 42. Dio LXI, 10. Schol. Juv. V, 109).
Nach Corsica begleitete ihn Caesonius Maximus (Martial. YII, 44 f.). Tac.
A. XII, 8 (J. 49): Agrippina . . veniam exilii pro Annaeo Seneca, simul
praeturam impetrat, . . ut Domitii pueritia tali magistro adolesceret et
consiliis eiusdem ad spem dominationis uterentur, quia Seneca fidus in
Agrippinam memoria beneficii et infensus Claudio dolore iniuriae crede-
batur. Suet. Nero 7: undecimo aetatis anno a Claudio adoptatus est
Annaeoque Senecae iam tunc senatori in disciplinam traditus. Schol. Juv.
1. 1. (p. 254 J.): revocatus . . etsi magno desiderio Athenas intenderet ab
Agrippina tamen erudiendo Neroni in palatium adductus. Verdächtigung
seines Verhältnisses auch zu Agrippina; Dio LXI, 10: ov yaq anexQfiasv
avtm TTiv 'lovXCciv [lOLXtvoaiy ov8h (3firMov in rrjg (pvyr^g iyivsTO, dXXa nocl
tri 'Ayqtnnlv'ri . . iTclriaüt^Bv. Dabei könnte aber der Verführte er gewesen
sein. Cos. suff. 67, s. B. Borghesi, Oeuvres IV. p. 391 ff. Hermes 11. S. 46.
Wie er sich in schwieriger Zeit durchhalf verräth Seneca öfters, z. ß. de
otio^S, 3: si resp. corruptior est quam ut adiuväri possit, si occupata est
malis, non nitetur sapiens in supervacuum nee se nihil profaturus impendet.
Vgl. unten 328, 8 g. E.
2. Einfluss des Seneca auf Nero in dessen besseren Anfängen, zum Theil
618 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
durch gefilhrliche Mittel aufrecht erhalten. Dio LXI, 4: avtol (Seneca und
liiirrus) rriv agxFiv anccaccv naQeXaßov nal ÖKpyii^aav Itp' oaov '^8vvi]d'riaav
ciQiGza x«l 8iyLai6zcita, Tac. A. XIII, 2: ibatur in caedes, nisi Afi*anius
liiirrns et Annaeus Seneca obviara issent. hi rectores imperatoriae iuven-
tae et . . concordes diversa arte ex aequo pollebant, . . Seneca praeceptis
cloquentiae et comitate honesta, iuvantes invicem, quo facilius lubricam
piiiicipis aetatem, si virtutem aspernaretur, voluptatibus concessis retinerent.
(Ucj^en Letzteres Dio LXI, 4.) ib. 11: clementiam suam obstringens (Nero)
(•rebris orationibus, quas Seneca, testificando quam honesta praeciperet vel
iactandi ingenii, voce principis vulgabat. ib. 13: donec . . exucret obse-
qiiium in matrem seque Senecae permitteret, ex cuius familiaribus Annaeus
Sereuus simulatione amoris ad versus eandem libertam (Akte) primas ado-
l('.<ecntis (Nero) cupidines velaverat. Plin. n. h. XIV, 51: Annaeo Seneca,
l»riiicipe tum eruditorum ac potentia, quae postremo nimia mit super ipsum,
uiiiiime utique miratore inanium. Verwerthung der günstigen Gelegenheit.
Tac. A^ XIII, 42: qua sapientia, quibus philosophorum praeceptis intra
«luadricnnium rogiae aniicitiae ter millies scstertium paravisset (Seneca)?
Honiae testanienta et orbos velut indagine eins capi, Italiam et provincias
iiniuonso fenore hauriri. Beispiel solcher Geldspeculationen bei DioLXII, 2.
\ L^l. ib. LXI, 10: xal ^v aXXoig ndvtcc tcc ivctvtKorctta oig ItpikoaotpBi jcoiav
i]Xhyx^ri. xal yor^ zvgccvviSog %atriyoQmv . . otJx afpiataxo zov naXazCov .
Toiq zB TtXovzovaiv iyKaXoav (? vgl. Sen. vit. beat. 17) ovaiccv enzci'niaxiXicDv
y.ca Ttsvzanoa^cav (ivgidSrnv inzricazo, xal zag noXvzeXsCccg zmv ccXXoav alzia-
u^vog itBvza-Koaiovg zgtnoSag . . bIxb. . . tag dasXysiag Sg ngazzoyv ydfiov
Tb tnitpaviazazov ^yrifis (mit Pompeja Paulina, Tac. A. XV, 60) xal (leiQu-
yiioig i^(OQoig ?x^^Q^ ^'^^ zovzo xal zov Nigavcc noietv iS^Sa^s. Dagegen
Tae. A. XIV, 53 Seneca zu Nero: tantum honoi*am atque opum in me cu-
inulasti ut nihil felicitati meae desit nisi moderatio eins. Ueberhaupt hat
Tacitus den Seneca sehr viel besser verstanden als Dio, der häufig den
neidischen Stadtklatsch gegen ihn wiedergibt und sogar an der Art seines
Sterbens (Tac. A. XV, 60 — 65) zu makein sucht (LXII, 25). Im Ganzen
konnte Seneca, wenn er sich mit Andern verglich und erwog was er alles
vermocht und unterlassen hatte, am Ende seines Lebens mit Ruhe auf
seine Vergangenheit zurückblicken; Tac. A. XV, 62: imaginem vitae suae
relinquere. 63: contemplatione vitae per virtutem actae. Etwas Berechnung
dr s Effectes ist zwar auch in der Art seines Sterbens, doch mindert das
kanm den Werth der wirklichen Leistung.
3. Volquardsen, Ehrenrettung des Seneca, Hadersleben 1839, 4. E. F.
(ielj)ke, de Senecae vita et moribus, Bern 1848. 4. Peter, Gesch. Roms-III.
S. 344 — 351. A. Martens, de Senecae vita et de tempore quo scripta eins
idiilosophica . . composita sint, Altena 1871. 62 pp.
272 283. Auch als Schriftsteller ist Seneca ein treues Abbild
seiner Zeit, welche Glanz höher schätzte als Gründlichkeit; er
hat mit Bewusstsein in ihrem Geschmacke geschrieben und
dadurch den Beifall der nächsten Generationen verscherzt. Stoff-
lich war seine Schriftstellerei vielseitig, doch von Anfang an
i
283. Seneca (als Schriftsteller). . 619
mit Vorliebe und zuletzt ausschliesslich dem beschaulichen Re-
flectieren über Natur und Menschenleben zugewandt. Den Aus-
gangspunkt bildet dabei das stoische System, aber so dass es
durch Zuthaten aus andern Systemen abgeschwächt wird, seine
Härten abgeschliffen, seine ethische Strenge gelockert und die
Griibeleien bei Seite gelassen. Diese populärphilosophischen
Schriften fesseln durch Fülle und Feinheit der Beobachtung,
Reichthum des Wissens ohne gelehrten Beigeschmack, edlen
Anstrich der Gedanken und eine glitzernde Darstellung, belebt
durch alle Mittel der Rhetorik, Aber der Mangel eines festen
Planes und die fortwährende Wiederkehr derselben Manier er-
müdet, das stark hervortretende Streben zu gefallen verstimmt
und erregt Verdacht auch gegen Ernstgemeintes. Sein Leben
lang von Seneca festgehalten und mit ihm' verwachsen tritt
diese Weise in allen seinen Schriften gleich sehr zu Tage, in
seiner Prosa wie in seiner Poesie, nur dass in den Gedichten
die rhetorische Phrase den Inhalt weit überwuchert.
1. Tac. A.XIII, 3: fuit Uli viro (Seneca) Ingenium amoenum et temporis
Q»us auribuB accommodatum. Qiiintil. X, 1, 125: ex indnstria Senecam in
omni genere eloquentiae distuli, propter vulgatam falso de me opinionem
qua damnare eum et invisum quoque habere sum creditns. quod aeeidit
mihi dum corniptum et omnibus vitiis fractum dicendi genus revocare ad
severiora iudicia contendo. (126.) tum autein solus hie fere in manibuB
adolescentiura fuit. quem . . potioribus (besondere dem Cicero) praeferri
non sinebam, quos ille non deetiterat incessere. . . (127.) placebat propter
sola vitia. . . (128.) cuius et multae alioqui et magnae virtutes fuerunt, in-
genium facile et copiosum, plurimum studii, multa rerum cognitio. . . trac-
tavit etiam omnem fere studiorum materiam (129.) nam et orationes eins
et poemata et epistolae et dialogi feruntur. in philosophia parum diligens,
cgregius tamen vitiorum insectator fuit. multae in eo claraeque sententiae,
multa etiam morum gratia legenda; sed in eloquendo corrupta pleraque
atque eQ perniciosissima quod abundant dulcibus vitiis. (130.) . . ei non
omnia sua amasset, si rerum pondera minutissimis sententiis non fregisset,
couscnsu potiuB eruditorum quam puerorum amore comprobaretur. (131.)
. . mult^ . . probanda in eo, multa etiam admiranda sunt: eligere modo
curae sit; quod utinam ipse fecisset. Noch stärker äussern sich Seneca's
Gegenfüssler in der Manier, Fronte und dessen Anhang. So Fronto p. 155
N.: eloquentiam . . Senecae moUibus et febriculosis prunuleis insitam sub-
vertendath censeo radicitus. (156.) . . neque ignoro copiosum sententiis et
redundantem hominem esse; verum sententias eins . . vidco . . nusquam
pugnare etc. (157.) at eandem sententiam milliens alio atque alio amictu
indutam referunt. (158.) . . quid ego verborum sordes et illuvies, quid ver-
ba modulate coUocata et effeminate fluentia? Gellius XII, 2, 1: de Annaeo
Seneca partim exiatimant ut de acriptore minime utili, cuius libroa attingere
620 I^iö Kaiscrzoit. Erstes Jahrhundert.
nullum pretium operae sit, quod oratio eius vulgaris videatur et protrita,
res atque sententiae aut inepto inanique impetu sint aut levi et quasi
dicaci argutia, eruditio autem vernacula et plebeia nihilque ex vetenim
scriptis habens neque gratiae neque dignitatis. alii vero elegantiae in ver-
bis parum esse non infitias eunt, sed et rerum quas dicat scientiam doctri-
namqne ei non deesse dieunt et in vitiis morum obiurgandis severitatem
gravitatemque non invenustam. Worauf wegwerfende urteile desselben über
Ennius, Cicero und Vergil aus Epist. XXII mit Entrüstung angeführt werden.
2. Abfassungszeit von Seneca's Schriften. Vor seiner Verbannung,
also unter Caligula, verfasst waren, ausser Reden (oben 282, 1), wohl
die Schriften über Aegypteo und Indien, sowie die consolatio ad Marciam.
Aus der Zeit seiner Verbannung sind Epigramme, vielleicht auch ein Theil
der Tragödien, sicher die Trostschriften an seine Mutter Helvia und an
Polybius (aus J. 43 oder 44), sowie die (später von Seneca unterdrückte,
Dio LXI, 10) Lobschrift auf Messalina. Bald nach seiner Zurückberufung
veröffentlicht wurden wohl die Schriften de tranquillitate animi (Lehmann,
Claud. S. 321 f.), de ira (Lehmann, ebd. S. 315 — 321) und de brevitate
vitae (vgl. 13, 8). Nach dem Tode des Claudius (J. 54) verfasst ist die dno-
üoXonvvroactg; in den ersten Jahren des Nero die an diesen gerichteten
Bücher de dementia, die Schrift de vita beata, gerichtet an Novatus (jetzt
Gallio), die Bücher de beneficiis, ferner de constantia sapientis. Aus dieser
Zeit stammt wohl auch ein Theil seiner Tragödien (s. unten 285, 2). Nach-
dem sich Seneca vom Hofe und öffentlichen Leben zurückgezogen (J. 62)
verfasste er die Schrifl de otio ad Serenum, sowie wohl auch die an Luci-
lius gerichteten Werke de Providentia, die quaestiones naturales und die
Briefe (J. 62—65). H. Lehmann, Philologus VIII. S- 309—328 = Claudius
und seine Zeit S. 8—17. Fr. Jonas, de ordine^librorum Senecae philosophi,
Berlin 1870. 74 pp. A. Martens (s. oben 282 , 3).
3. Volkmann, Seneca, eine literarisch -pädagogische Skizze, in Mager's
llevue 1857, S. 259 — 276. F. Böhm, Sen. und sein Werth auch für unsere
Zeit, Berlin 1856. 47 S. 4.
4. E. F. Werner, de Sen. philosophia, Breslau 1825. B. ten Brink, de
Seneca eiusque in philosophiam meritis, Gandav. 1827. 4. G. Herzog, de
Senecae philosophia, Bemburg 1828. H. Dörgens, Senecae disciplinae mo-
ralis cum Antoniniana comparatio, Lips. s. a. (1857). F. Chr. Baur, Seneca
und Paulus; das Verhältniss des Stoicismus zum Christenthum, nach den
Schriften Seneca's, in Hilgenfeld's Zeitschrift für wiss. Theologie I (1858).
S. 171 — 246. 441 — 463. Holzherr, der Philosoph Seneca; ein Beitrag zur
Kenntniss seines Werthes überhaupt und seiner Philosophie u. s. w. I. Pro-
gramm von Rastatt 1858. 122 S. IL 1859. 76 S. C. Martha, les moralistes
sous Tempire romain (Paris 1865) p. 20 ff. G. Boissier, le christianisme et
la morale de S., Revue des deux mondes T. XCII (1871). p. 40 — 71.
Baarts, Seneca de deo, Marienwerder 1848. 4. C. R. Fickert, Sen. de
natura deorum, Breslau 1857. 4. Siedler, die religiös -sittliche Weltan-
schauung des Sen., Fraustadt 1863. 4. W. Bernhardt, die Anschauung des
Sen. vom Universum, Wittenberg 1861. 4.
De latinitate Senecae Böhmer (Oels 1840. 4.) und E. Opitz (Naumburg
1871. 33 pp. 4.).
284. Seneca (prosaische Schriften). 621
284. Von den prosaischen Schriften des Seneca ist ein273
grosser Theil nur in Bruchstücken oder Erwähnungen bekannt.
Unter den erhaltenen zeichnet sich die Sammlung von Briefen
an Lucilius aus, als die vollendetste und reichhaltigste Dar-
stellung der Eigenthümlichkeit des Seneca. Die Spottschrift auf
den todten Claudius beruht zwar auf hässlicher Denkweise, ist
aber merkwürdig als Beispiel der satira menippea. Der Werth
welchen man auf die ethischen Schriften Seneca's legte veran-
lasste fleissiges Abschreiben derselben, frühzeitig aber auch
Unterschiebungen, wie den erdichteten Briefwechsel mit dem
Apostel Paulus.
1. Untergegangene prosaische Schriften des Seneca. a) Naturwissen-
schaftlichen Inhalts. De motu terrarum (volumen edidi iuvenis, nat.
quaest. VI, 4, 2), de lapidum natura, vielleicht auch de piscium natura,
Monographien de situ Indiae und de situ et sacris Aegyptiorum , diese
beiden Schriften wohl eine Ausbeute des Aufenthalts bei dem Gatten seiner
Tante (oben 282, 1), de forma mundi. b) Moralphilosophisches. Ex-
hortationes, de officiis, de immatura morte, de superstitione (gegen den
Anthropomorphismus und Anthropopathismus des Volksglaubens) dialogus,
de matrimonio (sehr reichhaltig und pikant), wahrscheinlich de amicitia;
ferner moralis philosophiae libri; de remediis fortuitorum ad.Gallionem;
de paupertate, und vielleicht de misericordia. c) Geschichtliches: de vita
patris, 8. oben 264, 3. d) Eeden, für Nero verfasst; s. Tac. A. XI, 3. 11.
XIV, 10 f Quintil. VIII, 5, 18. Dio LXI, 3. Vgl. oben 281, 10. e) Lobschrift
auf Messalina, oben 283, 2. f) Briefe: in decimo epistolarum ad Novatum
(Priscian. IL p. 410, 6 f. H.). MartiaL VII, 46^ 3 f. (an Caesonius Maximus).
Beste Zusammenstellung der Ueberreste des Verlorenen in Haasens Ausgabe
lil. p. 419 — 467. vgL p. XV — XXI. F. Osann, de Sen. scriptis quibusdam
deperditis, Giessen 1846 — 1848. 4.
2. Handschriften von den prosaischen Schriften des Seneca sind
zwar viele vorhanden, doch meist junge. Die ältesten sind der Mediola-
nensis saec. IX, welcher dialogorum libros XII enthält; der Nazarianus
Gruters far de benef. und de dementia; fiir die natur. quaest., nächst den
verschollenen Memmianus und Bongarsianus , ein Berolinensis saec. XIII;
für die erste Hälfte der Briefe besonders Parisinus 8540, p bei Haase, für
die zweite die Bamberger und Strassburger Handschrift saec. IX oder X.
L.V.Jan, symbolae ad notitiam codd. atque emend. epist. Senccae, Schwein-
furt 1839. 4. C. B. Fickert, prolegomena in novam Sen. editionem, Naum-
burg 1839. 4. Die praefationes in den Ausgaben von Fickert und von Haase
(bes. m. p. VI— xni).
3. Gesammtausgaben der prosaischen Schriß^n Seneca*s. Erste, Neapel
1475. fol. 2 Voll. Ex recogn. D. Erasmi, Basil. 1515. 1529. fol. Cum notis
Mureti, Rom. 1585. fol. Ad mss. Palat. rec. J. Gruter, Heidelberg 1593. fol.
Cum notis J. Lipsii, Antverp. 1605. fol. Cum comm. J. Fr. Gronovii (dessen
Notae ad L. et M. Ann. Senecas Lugd. Bat. 1649 erschienen) et aliorum,
G22 I^ie Kaiserzeit. Eratcs Jahrhuudert.
Amst. 1672. 2 Voll. Becogn. et illustr. F. E. Ruhkopf, Lips. 1797—1811.
6 Voll. Becensuit, ^comm. adiecit etc. C. R. Fickert, Lips. 1842 — 1845.
3 Voll. Text von Fr. Haase, Lipa. Teubner, 1852 f. 3 Voll.
Fr. Haase, adnotationes eriticae ad Sen., Breslau 1852 f. 1859. 4. K.
Schenkl, Beiträge zur Kritik des Sen., Wien 1864. 67 S. (Sitzungsber. d.
Wiener Ak. XLIV. S. 3 fiP.). M. Haupt, emendationes (Berol. 1864. 4.) und
adnotationes ad L. A. S. opera, Berlin 1866. 21 pp. 4. C. F. W. Müller, zu
beiden Seneca, Fleckeisen^s Jahrb. 93, S. 483 — 503. 0. Matthiä, Obserra-
tiones eriticae in Sen., Berlin 1865. E. Bährens, lectiones latinae (Bonn
1870) p. 40 — 46. J. J. Comelissen, Coniectanea latina, Daventr. 1870. 4.
Uebersetzt von J. M. Moser, A. Pauly und A. Haakh, Stuttgart (Metz-
ler) 1828 ff. 17 Bdchn.
4. Die im Mediol. als dialogi bezeichneten Schriften verdienen diesen
Namen, sofern sie in der Weise der Stoiker häufig genug einen Gegenredner
einfähren. Es sind zwölf: 1) die an Lucilius gerichtete Abhandlung über
die Frage quare aliqua incommoda bonis viris accidant cum Providentia sit.
Herausgegeben von B. A. Nauta, Lugd. Bat. 1825. 2) ad Serenum (oben
282, 2) : nee iniuriam nee contumeliam accipere sapientem. 3 — 5) Drei Bücher
de ira, ad Novatum, den älteren Bruder Seneca's, sichtlich nach Caligula's
Tod verfasst, s. I, 16, 29. II, 33, 8. 111, 18, 3. 22, 1. 6) ad Marciam (die
Tochter des Cremutius Cordus, oben 272, 1) de consolatione, über den vor mehr
als drei Jahren erfolgten Tod ihres Sohnes. Abhandlung darüber von Fr.
Heidbreede, Bielefeld 1839. 4. Ausgabe von H. C. Michaelis, Harlem 1840.
7) ad Gallionem de vita beata. Prolegomena dazu von C. F. Schulze, Lips.
1797. 4. 8) ad Serenum de otio. 9) ad Serenum de tranquillitate animi. Mono-
graphisch behandelt von A. Hirschig, Lugd. Bat. 1825. 10) ad Paulinum
(den Schwiegervater des Seneca?) de brevitate vitae. Adnotationes dazu von
Clumper, Lugd. Bat. 1835. 11) ad Polybium (vgl. 226, 5) de consolatione,
Trostschriit an einen Kammerherm des Claudius über den Verlust seines
Bruders, voll massiver Schmeicheleien gegen Claudius (bes. c. 13 f.), um
seine eigene Zurückberufung zu erwirken; Volkmann in Mager's Revue 1858,
S. 104 — 135. 12) ad Helviam matrem de consolatione, um sie über seine
Verbannung zu trösten, gleichfalls eine Form um deren Aufhebung zu be-
treiben. Abhandlung darüber von H. C. Michaelis, Harlem 1841. Sachlich
verwandten Inhalts, aber, wie es scheint, in der Sammlung der dialogi
nicht mitbegriffen, sind 13) die zwei an Nero gerichteten Bücher de de-
mentia, 14) die sieben Bücher de beneficiis, gerichtet an seinen Freund
Aebutius Liberalis aus Lugdunum; sowie 15) die Briefe (A. 5).
5. Die Briefe an seinen jüngeren Freund, den Procurator Siciliens,
Lucilius, sind ums J. 810 begonnen, von Anfang an mit der Absicht der
Veröffentlichung geschrieben und die drei ersten Bücher auch wohl von
Seneca selbst herausgegeben (Jonas). Das Uebrige aber war wohl beim Tode
des Seneca noch nicht vollständig abgeschlossen und zur Veröffentlichung
fertig, und wurde daher aus dem Nachlasse (vielleicht durch Lucilius)
der Hauptsache nach in der Reihenfolge seiner Abfassung herausgegeben
(Haasens praef. p. HI— VI. R. Peiper, praef. suppL p. 14 — 17). Wir haben
121 Briefe, in 20 Bücher abgetheilt; aber Gellius XU, 2, 3 ff. theilt meh-
284. Seneca (prosaische Schriften). 023
rere literarische Urteile des Seneca ex libro XXII epistularum moralium
quas ad Lucilium composuit (oben 283, iE.) mit. Ausgaben der Briefe
von J, Schweighäuser (Strassburg 1809. 2 Voll.) u. A. Uebersetzt von J.
W. Olshausen (Kiel 1811. 2 Bde.) u. A. Zur Kritik J. Bartsch im Rhein.
Mus. XXIV. S. 271 — 288.
6. Die sieben Bücher naturalium quaestionum, gleichfalls dem
Lucilius gewidmet, hauptsächlich nach stoischen Quellen gearbeitet, mit
Einflechtung moralischer Betrachtungen, dienten dem Mittelalter als Lehr-
buch der Physik. Ausgaben von G. D. Köler, Götting. 1819. J. Fr. Gro-
novii notae in S. n. q. ed. Fickert, Breslau 1846. 1848. 4. H. C. Michaelis,
notae ad Sen. n. q. . . coli, cum cod. Vossiano, Philologus VlII. p. 445 — v^
460. IX. p. 324 — 345. L. Crouslä, de Sen. n. q., Versailles 1863. 146 pp.
Larisch, diss. Bresl. 1865 und Zur Kritik von B. I, Sagan 1870. 4.
7. Dio LX, 36: Aüvtiiog 'lovviog FaXlCaiv 6 tov Zevsna a$eX(pog doTBi-
otaxov ZI cc7ts(p&SY^ato (über die Apotheose des Claudius)* avvid'ri'Ks (ilv
yuQ Tial b 2^svi%ag 6vyyQcc(nia dnoyioXo'KVVtcaöLV avto münag tivct dna-
d'ccvdziaiv ovoiidaag. Die erhaltene Schrift führt aber nicht diesen Titel,
sondern in der St. Galler Hds.: Divi Claudii AUOSHOSIE Annaei Sene-
cae per saturam, wohl weil man den ursprünglichen (bei Dio) nicht ver-
stand. Auch enthält die Schrift nichts von einer Verwandlung des Clau-
dius in einen Kürbis (xoioxvvTij), indem dieser Witz auf den Titel selbst
sich beschränkte. Sie ist eine giftige politische Satire, im frischen Ein-
drucke von Claudius' Persönlichkeit und Eegierungsweise und mit tiefge-
wurzeltem Hasse gegen ihn geschrieben. Die offizielle Lüge über dessen
Todesart wird kurzweg acceptiert, Agrippina auffallend geschont, der neue
Kaiser verherrlicht. Der Ursprung in dieser Zeit und aus Hofkreisen ist
daher unzweifelhaft, die überlieferte Abfassung durch Seneca um so we-
niger zu beanstanden da mindestens die Verse darin völlig in seiner Art
sind. Die alten Zweifel gegen diese üeberlieferung sind aufgefrischt, nicht
verstärkt, worden durch A. Stahr, Agrippina (Berlin 1867) S. 330—343.
Vgl. A. Riese, Philologus XXVII. S. 321—323. Die Nichterwähnung bei
andern Schriftstellern beweist höchstens dass sie Anfangs ohne den Na-
men des Seneca veröffentlicht und erst aus seinem Nachlasse heraus den ,
Schriften desselben beigefugt wurde. Wechsel von Prosa und Versen;
s. oben 28 und 28, 3. Die zahlreichen Handschriften dieser Schmähschrift
gehen auf eine einzige zurück welche, getrennt von den übrigen Schriften
des Philosophen, in einem Miscellancodex enthalten gewesen zu sein scheint
und aus welcher um die Mitte der Schrift ein Blatt verloren gegangen
sein muss. Der getreueste Vertreter der üeberlieferung ist der Sangal-
lensis saec. X oder XI; s. Bücheier S. 72 — 76. Sonderausgabe von C. E.
Schusler (denuo rec; Utrecht 1844) und besonders von Fr. Bücheier, in
der Symbola philol. Bonn. S. 31—89. Beiträge zur Kritik von Fr. Linde-
mann (Emendationes ad etc. Zittau 1832. 4.), A. Baumstark (Philologus
XVin. S. 543—549), K. Schenkl (Beiträge zur Kritik des Seneca, Sitzungs-
berichte der Wiener Ak. XLIV. Wien 1864. S. 3—30). Uebersetzt von
Gröninger (s. 1. 1798. 4.), Güthling (Minden 1861. 4.), A. Stahr (Agrippina,
S. 307—329).
024 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
8. Angeblicher Antheil des Seneca an den notae Tironianae, s. oben
188, 4 tind W. Schmitz, Symb. philol. Bonn. S. 538—540. Ihm als der per-
sonificierten Weisheit glaubte man auch diese Sorte davon zuschreiben zu
müssen, sehr gegen seinen Sinn; s. Epist. 90, 25: quid loquar . . verbo-
rum notas, quibus quamvis citata excipitur oratio et celeritatem linguae
manus sequitur? yilissimorum mancipiorum ista commenta sunt.
9. Unechtes. Die Wahrnehmung dass in der Bekämpfung des Volks-
glaubens und in manchen Puncten seiner Moral Seneca sich mit dem Chri-
stenthum berührt führte zu der Annahme dass er ein Christ gewesen sei
und weiterhin zur Erdichtung eines Briefwechsels zwischen Seneca und
Paulus, welchen schon Hieronymus kannte und für echt hielt (de scriptor.
ecdes. 12: quem non ponerem in catalogo sanctorum nisi me epistolae
illae provocarent quae leguntur a plurimis, Pauli ad Senecam et Senecae
ad Paulum). Vgl. Augustin. Epist. 153 (ad Maced. 14): Seneca, . . cuius
etiam quaedam ad Paulum apostolum leguntur epistolae. Abgedruckt sind
diese 14 ganz unbedeutenden und leeren Briefe zuletzt in Haasens Ausgabe
III. p. 476 — 481 vgl. p. XXII. Dazu C. Wachsmuth, Rhein. Mus. XVI.
S. 301—303, und Er. X. Kraus, in der Tübinger Quartalschrift XLIX
(1867) S. 609—624. A. Fleury, St. Paul et Senöque, Recherches sur les
rapports du philosophe avec Tapötre etc. Paris 1853. 2 Voll. E. C. Baur
in Hilgenfeld's Ztschr. f. wiss. Theologie I. S. 161—170. 463—470. C. Au-
bertin, ^tude critique sur les rapports suppos^ entre Sen^que et St. Paul,
Paris 1857. 444 pp. und: Sen^que et St. Paul, Paris 1869. F. X. Kraus
a. a. 0. S. 603—609. J. B. Lightfoot, St. Pauls Epistle to the Philippians
(London 1868) p. 260—331.
10. Ebenso hielt man im Mittelalter Seneca für den Verfasser des nach
der voranstehenden Widmung (gloriosissimo . . Mironi regi Martinus hu*
milis episcopus) von dem Bischof Martinus Dumiensis (um 560) herrühren-
den Schriftchens de formula honestae vitae oder de quattuor virtntibus
cardinalibus, abgedruckt zuletzt bei Haase III. p. 468 — 475 vgl. p. XXI f.
In den Handschriften findet sich diese Abhandlung vielfach zusammen mit
gnomischen Excerpten aus den Briefen Seneca's und mit Proverbia Sene-
cae per ordinem alphabeti und meist in Senaren; s. oben 208, 3. Excerpte
dieser Art, grossentheils die gleichen, und gleichfalls mit Sprüchen aus
andern, namentlich auch christlichen, Quellen gemischt (vgl. z. B. 55: elee-
mosyna non tarn accipientibus quam dantibus prodest), enthält auch der
in den Hdss. den Namen des Seneca tragende Über de moribus (in
Orelli's opusc. sent. I. p. 269—276, bei Haase III. p. 462—467, in Wölfflin^s
Publilius Syr. p. 136—148; im Ganzen 145 Sprüche), welche Sammlung
schon J. 567 im Wesentlichen ihre jetzige Gestalt hatte; s. Haase lU.
p. XX f. E. Wölfflin, Philologus VUI. S. 184—187. IX. S. 680 ff. K. Schenkl,
Beiträge (s. A. 7 E.) S. 33—62.
274 285« In gebundener Form haben wir von Seneca theils
Epigramme, welche sich alle auf seine Verbannung beziehen,
theils Tragödien. Deren besitzen wir acht: Hercules furens,
Thyestes, Phaedra, Oedipus, Troades (oder Hecuba), Medea,
284 f. Seneca (prosaische Schriften. Tragödien). 625
Agamemno, Hercules Oetaeus, sowie zwei Scenen von einer
Thebais, die sich vertheilen an einen Oedipus (Coloneus) mit
362 Senaren und Phoenissae mit 302 Senaren. Unzweifelhaft
. aus einem späteren Jahrhundert ist die praetexta betitelt Octavia.
Jene Tragödien aber stimmen in den wesentlichen Eigenthüm-
lichkeiten theils unter*- einander theils mit den prosaischen
Schriften Seneca's übefein. üeberall derselbe Reichthum an
* Worten, rhetorischen Figuren und Sentenzen, aber in den Trag-
ödien oft ins Unleidliche gesteigert und hier, bei der Art des
Stoffes, selten entschädigend durch den Gehalt der Gedanken.
Die metrische Form ist streng, aber wenig manchfaltig.
1. Von den neun Epigrammen (z. B. in Haasens Ausgabe I. p. 261 — 263)
ist nur bei Nr. 1, 2 u. 7. die Urheberschaft Seneca's bezeugt; beiden übrigen
ist sie nicht überliefert und meist auch nicht glaublich. A. Biese in Fleck-
eisens Jahrbb. 99, S. 279 f.
2. Die Abfassungszeit der Tragödien ist nicht mit Sicherheit zu er-
mitteln. Vermutungen bei Peiper, praef. suppl. p. 11 — 27. 32. Auf Corsica
hatte Seneca zu dergleichen am ehesten Müsse und Stimmung, vgl. consol.
ad Helv. 20, 1 f. Dort ist wohl die Medea verfasst; unter Claudius auch
noch die Troades. Dann, nach einer längeren Pause, J. 67 ff. n. Chr., Oedipus,
Hercules, Phaedra. Noch Tac. A. XIV, 52 (obiciebant . . carmina crebrius
factitare postquam Neroni amor eorum venisset), vom J. 62, deutet auf
derartige Beschäftigung, da auch Nero Stoffe der griechischen Tragödie
behandelte; s. oben 281, 9. Nach der Zurückziehung vom Hofe wohl der
Thyeste«, vgl. v. 396 ff. 447 ff.). Die Medea erwähnt Quintil. IX, 2, 8
(ut Medea apud Senecam), sowie Diomedes III. p. 511, 23 K. (anapaesticum
choricum habemus in Seneca » Med. 301); die Phaedra Priscian. VI^ 13, 68
(p. 253 H. : Seneca in Phaedra), die Hecuba (Troades) Gramm, lat. IV. p. 224.
246 K. (Seneca in Hecuba); Seneca in Thyeste bei Lactant. zu Stat. Theb.
IV, 530. Statins und Ps. Quintil. (decl. 12) ahmen Sen. Oed. und Herc.
furens nach (R. Peiper, praef. suppl. p. 4—6 vgl. p. 35 f.). BeiServ. Aen. XII,
395 ist in Folge der Gleichheit des Titels Statins mit Seneca verwechselt
(Statins in Thebaide = Sen. Oedip. 1079). Ebenso irrig unterscheidet
Apoll. Sidonius carm. IX, 229 — 231 (quorum unus colit hispidum Platona,
. . orchestram quatit alter Euripidis), vielleicht irregeführt durch Martial.
I, 61, 7 duosque Seneca s (nämlich Vater und Sohn) unicumque Lucanum,
den Tragiker Seneca von dem Philosophen. Darüber gestattet die nach-
weisliche Identität der Denk- und Sprechweise, sowie zahlreicher einzelner
Aussprüche keinen Zweifel; s. F. G. C. Klotzsch, prolusio de Annaeo Se-
neca uno tragoediarum quae supersunt omnium auctore, Wittenberg 1802. 4.
G. Richter, de Seneca tragoediarum auctore, Naumburg 1862. p. 1—17.
32 — 41. Controvers ist heutzutage, nachdem G. Richter seine Bedenken
gegen die Echtheit des Oedipus zurückgenonmien, nur noch ob Agamemno
und Hercules II (Oetaeus) von demselben Verfasser sind wie die übri^n
Stücke. R. Peiper und G. Richter (1. L p. 18 — 32) verneinen diess, wegen
TBUPFEii, Böm. Literaturgeschichte. 2. Auii. 40
626 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhund'ert.
mancher Eigentfaümlichkeiten dieser beiden Stücke welche den Einfluss des
Fronto verrathen sollen; dagegen L. Müller, B. Schmidt, J. Köhler u. A.
finden diese Abweichungen keineswegs so erbeblich dass daraus Verschie-
denheit des Verfassers zu folgern wäre.
3. Auch diese Tragödien beweisen ein grosses Formtalent, Frucht-
barkeit und Lebhaftigkeit der Phantasie, Schärfe der psychologischen Be-
obachtung; nur werden diese Vorzüge meist dhrch die rhetorische Phrase
erdrückt. Zu einer Charakterzeichnung komiftt es nicht; die Personen
sind nur da um Eeden zu halten und Beschreibungen vorzutragen. Die
Fruchtbarkeit artet aus Mangel an Selbstbeherrschung und innerem Masse
in ermüdende Weitschweifigkeit und ^Wiederholungen aus, und die Erfind-
samkeit, ungeleitet durch ernsten Kunstsinn und Tact, führt nicht selten
auf Geschmacklosigkeiten und Ungereimtheiten. So ist es eine schwere
Geschmacksyerirrung dass im Oedipus (1026 ff.) lokaste nach Entdeckung
des furchtbaren Geheimnisses noch auftritt, , mit Oedipus verhandelt, zum
Sterben sich entschliesst, aber nun darüber reflectiert wohin sie stechen
solle, ob in Brust oder Hals, schliesslich aber für den Unterleib sich ent-
scheidet (1060 f.: hunc, dextra, hunc pete uterum capacem, qui virum et
gnatos tulit). Am löblichsten ist der Versbau, der sich an die strengsten
Muster der augusteischen Zeit anschliesst, besonders in den Senaren.
Nächstdem sind anapästische und sapphische Verse, Glykoneen und Askle-
piadeen besonders häufig. Aber von dem Geistigen in der Handhabung
der Form , . der Üebereinstimmung zwischen Metrum und Stimmung, ist
wenig zu verspüren. Ins Masslose gesteigert wäre dieser Mangel wenn die
neuesten Herausgeber Recht hätten mit ihrer strophischen Gliederung des
gesammten tragischen Nachlasses von Seneca, so dass bei ihm z. B. auch
sophistische Darlegungen und sogar lebhafte Gespräche (wie Herc. für.
426—441) strophisch angelegt wären. Doch int diess nur eine unglück-
liche Einbildung seiner Herausgeber, welche, um ihre Annahme durchzu-
führen, Bruchtheile von Versen und Monometer ungezählt lassen, sowie eine
stattliche Anzahl von Versen streichen müssen. Verständige Bemerkungen
darüber von B. Schmidt in Fleckeisens Jahrb. 97, S. 797 — 799. Verthei-
digungsversnch von G. Richter, ebd. 99, S. 769—791.
4. Zur Charakteristik dieser Tragödien vgl. ausser Aelterem (wie D.
H. G. Pilgramm, de vitiis tragoediarum quae v. »Senecae tribuuntur, Götti.
1765. 4.) besonders F. Jacobs, Nachträge zu Sulzer IV. S. 343 ff. F. G.
Welcker, Rhein. Mus. Suppl. II, 3. S. 1447—1456. L. Müller in Fleckeisens
Jahrb. 89, S. 409—422. R. Peiper, praefationis in Sen. tragoedias nuper
editas supplementum (Breslau 1870. 4.) p. 8 — 27.
Ueber die Metrik des Seneca: F. A. Lange, Quaestiones metricac
(Bonn 1851) p. 23 ff. B. Schmidt, de emendandarum Sen. tragoediariun
rationibus prosodiacis et metricis, Berlin 1860. 73 pp. M. Hocbe, die Metra
des Tragikers Seneca, Halle 1862; vgl. L. Müller in Fleckeisens Jahrb. 89,
S. 473 — ^492 und de re metr. p. 118 — 130. G. Richter, die Composition der
Chorlieder in den Tragödien des Seneca, Rhein. Mus. XIX. S. 360—379.
521—527. R. Peiper, Berl. Ztschr. f. Gymn. XVIII. g. 694 ff.
5. Sind die Tragödien des Seneca für die Bühne berechnet oder für
285. Seneca (Tragödien). 627
die Recitation? Das Erstere wird zwar nicht erwiesen durch die Einhal-
tung der Regel von den drei Schauspielern (H. Weil, Revue archdol. 1866.
T. p. 21—36), da diess Folge der allgemeinen Nachahmung der griechischen
Tragödie sein kann und die römische Bühne sich an diese Beschränkung
wenig band (oben 16, 4); indessen in der Zeit des Nero war der Gedanke
an öffentliche Aufführung auch nicht ausgeschlossen, und mancherlei sce-
nische Winke (wie Phaedr. 392 f.) könnten sich darauf beziehen. Das je-
doch worauf mit Sicherheit sich rechnen Hess war allerdings nur die Reci-
tation und die Lectüre^ und einem andern Publicum als dem dortigen
waren sojbreit ausgesponnene Reden auch nicht wohl zu bieten. G. Boissier,
les trag^dies de Sdnäque ont-elles ^te repräsent^es? Paris 1861. 22 pp. R.
Peiper, praef. suppl. p. 6 f.
6. Da zu den meisten Tragödien des Seneca die griechischen Origi-
nale (des Sophokles und Euripides) erhalten sind, so können wir die grelle
Uebertreibung verfolgen welche der römische Rhetor ihnen hat zu Theil
werden lassen. Die Phaedra scheint in wesentlichen Zügen dem gleich-
namigen Stücke des Sophokles zu folgen. C. W. Swahn, de Hippolyto
Senecae fabula, J. Holm 1867. Der König Oedipus des Sophokles ist in
der Bearbeitung des Seneca ein einförmiges Schauergemälde geworden,
aus dem alle feineren Züge weggelassen sind und um so reichlichere De-
clamation zugegossen. J. Köhler, Sen. tragoedia quae Oed. inscrib. cum
Soph. 0. R. comparata, Neuss 1866. 16 pp. 4. W. Braun, der Oed. des
Seneca in seinen Beziehungen zu den gleichnamigen Stücken des Soph.
und Eur. und zu Statius' Thebais, Rhein. Mus. XXII. S. 246 — 276. üeber
andere Stücke Widal, dtudes sur trois trag^dies de S^n^que imit^es
d'Euripide, Paris 1854. W. Braun, Rhein. Mus. XX. S. 271—287 (die Phö-
nissen des Sen.); de Sen. fab. q. inscrib. Troades, Wesel 1870. 12 pp. 4.
Medea et Troades cum adn. Gronov. ed. A. Matthiae, Lips. 1828.
7. Von Seneca kann die Octavia schon darum nicht herrühren weil
sie Nero's Sturz miterwähnt, welcher erst drei Jahre nach Seneca's Tod
erfolgte. Aber alle Versuche einen bestimmten Urheber (wie Curiatius
Matemus, oder den der Recension A) zu ermitteln haben zu keinem Ziele
geführt. Das Stück findet sich in der Haupthandschrift, dem Florentinus
(s. A. 8), nicht, wohl aber in allen andern, und zeigt gleichfalls viele Ver-
derbnisse, so dass es schon darum nicht thunlich ist seine Abfassung (mit
W. Braun, die Tragödie Octavia und die Zeit ihrer Entstehung, Kiel 1863,
vgl. Fleckeisens Jahrbb. 99, S. 876—879) in den Ausgang des Mittelalters
(12 — 14. Jahrh.) zu setzen, wogegen auch andere Gründe sprechen (G.
Richter in Fleckeisens Jahrb. 95, S. 260 — 264. Ausgabe p. XII). Wahr-
scheinlich ist es aus dem 2—4. Jahrh. n. Chr. (incerta post lYaianum aetate,
Fr. Vater p. 613). Neben Tacitus (und Dio) ist darin für die Handlung auch
Seneca de dementia benützt. Es hat nicht den Wortschwall der Tragödien
des Seneca, und beschränkt sich nicht auf drei Schauspieler wie jene, hat
auch in Sprache und Versbau manches Abweichende. Mit jenen verbunden
wurde es wohl wegen allgemeiner Aehnlichkeiten und weil Seneca darin
eine Rolle spielt. F. G. C. Klotzsch, prolusio de Octavia Senecae, Witten-
berg 1804. Octavia praetexta. Curiatio Materno vindicatani, ad libros anti-
40*
628 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
quos recognitam, brevi adnotatione instructam ed. Fr. Ritter, Bonn 1843.
53 pp. Fr. Vater in Jahn's Archiv XIX. (1853.) p. 665 — 618. G. Richter,
de Sen. tragg. auctore (1862) p. 2—6. Analyse des Stückes bei A. Stahr,
Agrippina (Berlin 1867) S. 271—303.
8. Dqt Text der Tragödien des Seneca ist in zwei Recensionen
überliefert. Die bessere (E) ist vertreten durch den Etruscus (= Floren-
tiuuB = Mediceus = Laurent.) saec. XI oder XII, sowie durch die wenigen
Excerpte in dem Miscellancodex des Thuanus (oben 211, 9) saec. IX— X.
Zu der schlechteren (A) gehören so ziemlich alle andern Handschriften,
von denen keine über saec. XIV zurückgeht; die verhältnissmässig besten
Vertreter sind der verschollene Melisseus und ein Vossianus. Auch die
Reihenfolge der Stücke ist in beiden Recensionen eine andere. Die Ab>
weichungen sind wahrscheinlich dadurch entstanden dass die Unlesbarkeit
der bei A zu Grunde liegenden Handschrift den Abschreiber zu eigenen
Vermutungen veranlasste, bei denen er sich in der Regel mit einem
scheinbaren Sinne und äusserlicher Uebereinstimmung mit dem Versmass
begnügte. Dass aber auch A in ziemlich frühe Zeit (vielleicht saec. IV)
hinaufreicht zeigen die Blätter des ambrosianischen Palimpsests von Plau-
tus (oben 96, 3), welche Theile der Medea und des Oed. bereits in dieser
Recension bieten. Vgl. im Allgemeinen die praefatio der Ausg. von R. Peiper
und G. Richter p. XIV— XL.
9. Ausgaben. Editio princeps, Ferrara um 1484 fol. Ascensiana
(cum copim.) Paris 1514 fol. Von späteren sind bemerkenswerth die Aus-
gaben von M. A. Delrio (Antverp. 1676. 4. und im T. II des Syntagma
tragg. latt., Antv. 1594. Paris 1620. 4.), J. Lipsius (Lugd. B. 1588), J. Gru-
ter (Heidelberg 1604), P. Scriverius (Lugd. B. 1621. 1661} und besonders
J. Fr. Gronovius (Lugd. B. 1661. Amsterd. 1682). Sammelausgabe von
J. C. Schröder (Delft 1728. 4. 2 Voll.). Spätere von F. H. Bothe (Lips.
1819 und Lips. 1834), T. Baden (Lips. 1821. 2 Voll.), J. Pierrot (Paris 1829
—1832, 3 Voll.), und besonders: recensuerunt R. Peiper et G. Richter,
Lips. (^Teubner) 1867; wozu vgl. B. Schmidt in Fleckeisens Jahrb. 97,
S. 781—800. 855—880.
' 10. Beiträge zur Kritik von J. H. Withof (praemetium crucium crit.,
Lugd. B. 1749. 4.), A. Henneberger (adn. ad Sen. Med. et Troad., Meiningen
1862. 4.), R. Peiper (Observation, in Sen. tragg., Breslau 1863. 4. und praef.
Buppl. p. 33—35), G. Richter (Beispiele von Versversetzung und Interpo-
lation in den Tragg. des Sen., Rhein. Mus. XVIII. S. 29 — 46; de cantico
quodam in Oed. Sen., Symbola philol. Bonn. p. 557—580), B. Schmidt (Ob-
servationes criticae in Sen. tragg., Jena 1865; auch Rhein. Mus. XVI. S.
589—591).
üebersetzt und erläutert von W. A. Swoboda, Prag 1828—1830, 3 Bde.
275 286, Die Geschichtschreiber dieser Zeit hatten meist
eine rhetorische Färbung und waren zum Theil zugleich Rhe-
toren oder Redner. So wohl schon der Dichter Gaetulicus unter
Caligula, sicher Servilius Nonianus unter Claudius. Diese be-
285 f. Seneca (Tragödien). Gaetulicua u, a. Historiker. 629
haudelten Stoffe der Gegenwart und letzten Vergangenheit, sind
uns aber nur aus Anführungen bekannt. Ebenso Domitius Cor-
bulo unter Caligula und Nero, welcher seine eigenen Erlebnisse
in Asien beschrieb. Cornelius Bocchvs verfasste unter Claudius
ein Werk chronographischen Inhaltes.
1. Suet. Calig. 8: Cn. Lentnlns GaetnlicuB Tiburi genitum scribit
(von Caligula). . . Gaetulicum refellit Plinius quasi mentitum per adula-
tionem etc. Consul 779 (Tac. A. IV, 46 vgl. 42 und VI, 30), von Caligula
getödtet J. 793 (nach den Arvalfasten, vgl. Dio LIX, 22. Suet. Claud. 9).
Als erotischer Dichter aufgeführt^ von Plin. Ep. V, 3, 5 (oben 31, 1) vor
Seneca, und von Martialis praef. (oben 238, 2), vgl. Apoll. Sidon. epp. II,
10 (saepe versum . . complevit . . Caesennia cum Gaetulico). carm. IX,
256 (non Gaetulicus hie tibi legetur, non Marsus, Pedo, Silius, TibuUus).
Probus zu Georg. I, 227 (p. 38, 12 ff. E.): cuius rei testis est Gaetulicus,
cum ait de Britannis: non aries etc. (drei Hexameter), und da Gaetulicus
zehn Jahre lang Statthalter in Germanien war (Dio 1. 1. : Faitovlfnov Aiv-
zovlov zu TS älXa svöoTiifiOv ovtct yial rr^g Tiq^aviag Ssna irsaiv UQ^avtcc,
vgl. Suet. Galb. 6), so vermutet 0. Jahn (Prolegg. zu Persius p. CXLII,
not. 1) dass Gaetulicus überhaupt kein Geschichtswerk verfasst habe, sondern
ein Carmen de expeditionibus Bomanorum contra Germanos et Britannos,
fortasse Germanici. Auf die neun Epigramme raitovXtTLOv oder raitovXi,%Cov
oder rcLixovXXCov etc. welche in der griechischen Anthologie stehen (IL p.
151 ed. lacobs) findet das über die Poesie des Gaetulicus Berichtete keine
Anwendung; s. Jacobs Anth. gr. XIII. p. 896.
2. Plin. n. h. XXVIII, 2, 6: M. Servilius Nonianus, princeps ci-
vitatis (wandte gegen lippitudo ein abergläubisches Mittel an). XXXVII,
6, 21: avus Servilii Noniani, quem consulem (J. 788, Tac. A. VI, 31) vidi-
mus. Adoptivsohn des Cos. 756 (W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 1.
S. 1122, Nr. 78)? f 812 = 59 n. Chr., s. Tac. A. XIV, 19 (oben 271, 5)*.
Quintil. X, 1, 102: Servilius Nonianus, . . qui et ipse a nobis auditus est;
clari vir ingenii et sententiis creber, sed minus pressus quam historiae
auctoritas postulat. Vgl. Tac. dial. 23 (eloquentia . . Servilii Noniani).
Plin. Ep. I, 13, 3: men^oria parentum Claudium Caesarem ferunt, cum in
palatio spatiaretur audissetque clamorem, causam requisisse, cumque dictum
esset recitare Nonianum, subitum recitanti inopinatumque venisse. Ver-
hältniss zu Persius, s. unten 297, 2.
3. Tac. A. XV, 16: prodiderit Corbulo etc. Diess geschah wohl in
den Memoiren welche dieser Cn. Domitius Corbulo (Cos. suff. unter Caligula
J. 39 = 792, von Nero hingerichtet J. 67 = 820) verfasste. Vgl. Plin. n. h.
V, 24, 83: oritur (Euphrates) etc., ut prodidere ex iis qui proxime viderant
Domitius Corbulo. VI, 8, 23: anxia perquisita cura rebus nuper in eo situ
gestis a Domitio Corbulone. II, 70, 180: Corbulo dux in Armenia . . pro-
didit. üeber ihn A. Haakh in Paul/s Real-Enc. 11. S. 1218 f. Held, de Cn.
Dom. Corb., Schweidnitz 1862. 27 pp. 4. E. Egli in M. Büdingers Unter-
suchungen zur röm. Eaisergeschichte (1868) I. S. 336—343.
4. Cornelius Bocchus wird von Plinius im Quellenverseichniss zu B. 16
630 Die Eaieerzeit. Erfiies Jahrhundert.
u. 37, sowie (Bocchus) zu B. 33 u. 34 aufgeführt und XV, 216. XXXVII, 24.
97. 127 fär Nachrichten aus Spanien, vielleicht aus einem Werke de admi-
randis Hispaniae (Mommsen). Solinus p. 27, 3 (ut Bocchus auctor est) und
p. 38, 22 (Bocchus autumat), vgl. p. 37, 8 M., erwähnt ihn für chronologi-
sche Angaben die sich bei Plinius selbst ' nicht finden ; daher Mommsen,
Solin. p. XVII vermutet dass Solin's Quelle (vgl. unten 307, 7) eine Chronik
des Bocchus (aus der Zeit des Claudius) mitbenutzt habe. E. Hübner (Her-
mes I. S. 397) identificiert ihn mit L. Cornelius C. f. Bocchus, flamen prov.,
trib. mil., welchem die colonia Scallabitana ob merita in coloniam ein Denk-
mal setzte, nach einer Inschi-. im C. I. lat. II, 35.
276 287. Gleichfalls ein Rhetor war Q. Curtius llufus,
welcher unter Claudius zehn Bücher historiae Alexandri Magni
schrieb, von welchen aber die beiden ersten nicht auf uns ge-
kommen sind. Historische Kritik verräth das Werk sehr wenig,
desto mehr aber Rhetorik, Vorliebe füt Reden und Sentenzen.
Der Stil zeigt Aehnlichkeit mit dem des Seneca: kurze, anti-
thetisch zugespitzte Sätze, wenig Partikeln, eine rhetorische
Wortstellung, zahlreiche Wendungen von poetischem Anstrich.
1. Sueton hatte den Q. Curtius Rufus unter den rhetores nach M. Porcius
Latro und vor L.Yalerius Primanus, Verginius Flavus u. s. w. abgehandelt;
8. Reifferscheids Ausg. p. 99 vgl. 128. Dazu stimmt die Datierung unter
Claudius, auf Grund von X, 9 (3=» 28), 3 — 6: quod Imperium sub uno stare
potuisset, dum a pluribus sustinetur, mit. proinde iure meritoque pop. rem.
salutem se principi suo debere profitetur, qui noctis quam paene supremam
habuimus novum sidus inluxit. (4.) huius, hercule, non solis ortus lucem
caliganti reddidit mundo, cum sine suo capite discordia membra trepidarent.
(5.) quot ille tum extinxit faces, quot condidit gladios! quantam tempesta-
tem subita serenitate discussit! non ergo revirescit solum sed etiam floret
Imperium. (6.) absit modo invidia, excipiet huius saeculi tempora eiusdem
domus utinam perpetua, certe diutuma, posteritas. (7.) ceterum, ut ad
ordinem a quo me contemplatio publicae felicitatis averterat redeam, Per-
dicca eic. Denn diese Stelle passt am besten auf die Vorgänge in der
Kacht vom 24. auf den 25. Januar 41, als Caligula ermordet war, seine
deutsche Leibwache in der Stadt imiher mordete, der Senat an die Wieder-
herstellung der Republik dachte , bis des Claudius Erhebung auf den Thron
alles wieder in das alte Geleise brachte. MützelVs Ausg. I. S. XL VII — LXXXI.
W. Teuffei , Studien u. Charakt. S. 387 — 390. Ebenso Brissonius , J. Lipsius,
Tellier, St. Croix, F. T). Gerlach, Th. Wiedemann (welcher wahrscheinlich
macht dass Curt. VIIT, 10, 27 ff. Quelle für Sen. ep. VI, 7 (59), 12 war),
A. Hug, A. Eussner.
2. Von anderen Datierungen des Curtius können ernsthaft in Betracht
kommen nur die unter Augustus (neuerdings verfochten von A. Hirt, C. G.
Zumpt, R. Klotz) und die 'unter Vespasian (Rutgers, Freinsheim, G. J.Voss,
F. A.Wolf, Ph. Buttmann, G. Pinzger, A. Baumstark, Fr. Ritter, Fr. Kritz, W.
Berger). Aber die Versetzung unter August ist unvereinbar mit der Sprache
286 f. Greschicbtsclireiber: Corbulo u. a. Curtius. 631
des Curtius, welche zwar in Folge seines engen Anschlusses an Livius viele
Aehnlichkeit mit der von diesem bat, aber zugleich in ihrer gezierten, poeti-
sierenden und rhetorisierenden Färbung auf das silberne Zeitalter hinweist.
Auch ist seine politische Voraussetzung die Erbmonarchie. Femer spricht
er wiederholt (V, 7, 9. VI, 3, 12) von dem Partherreiche ohne, wie die
augusteischen Schriftsteller, von Erfolgen Augusts über die Parther etwas
zu wissen. Endlich wäre es bei dieser Ansetzung unmöglich jene Haupt>
stelle (X, 9, 3 iF.) vollständig und richtig zu deuten. Bei der Beziehung
auf Vespasian müsste sie von den Kämpfen auf dem Capitol verstanden
werden , ohne . dass dann aber subita zu seinem Hechte käme. Auch ist
für diese Datierung minder günstig IV, 4, 21 über Tyrus; nunc tandem,
longa pace cuncta refovente^ sub tutela romanae mansuetudinis adquiescit.
Ein Paradoxon war Niebuhrs (in den Abhh. der Berl. Akad. 1822 »» Kleine
Schriften I. S. 305 — 337) Ansetzung unter Septimius Severüs. A. Hirt, über
das Leben des Geschichtschreibers Q. Curtius Rufus, Berlin 1820. Ph. Butt-
mann, ü. d. L. d. G. Q. C. R., Berlin 1820. G. Pinzger, über das Zeitalter
des Q. C. R., in Seebode's Archiv I (1824) S. 91 — 104. Fr. Kritz in der
Haller Allg. Lit. Ztg. 1844, S. 326 f. 733 ff. W. Berger, de Q. C. R.aetate,
Carlsruhe 1860. .31 pp. Th. Wiedemann, üb. d. Zeitalter d. C. R., Philo-
logus XXX. S. 241—264 vgl. S. 441—443. A. Eussner, ebd. XXXH. S. Iö7— 160.
3. Als Quellen nennt Curtius den Kleitarchos (IX, 5, 21. 8, 15. Vgl.
Schöne, Anal, philol. I. p. 50), Timagenes und Ptolomäus (IX, 5, 21). Vgl.
R. Petersdorff, Diodorus, Curtius, Arrianus quibus ex fontibus expeditiones
ab Alexandre . . factas hauserint (Danzig 1870. 32 pp.), und dazu A. Euss-
ner, Philologus XXXn. S. 161 f. (Kleitarchtfs nur mittelbar benützt). Auf
historische Kritik erhebt Curtius aber keinen Anspruch; s. VII, 8, 11 (utcum-
que sunt tradita incorrupta perferemus). IX, 1, 34 (equidem plura trans-
scribo quam credo; nam nee adfirmare sustineo de quibus dubito, nee sub-
ducere quae accepi). Schwacher Versuch dazu IX, i>, 21. Das Ueberwie-
gende sind Reden, Schilderungen und Paradescenen (wie IV, 10, 25 ff. V, 12).
Die Behandlung ist mehr romanhaft als historisch. A. Chassang, histoirc
du roman (Paris 1862) p. 313 — 322. Die Schlachtbeschreibungen verrathen
sehr wenig technische Kenntnisse, machen daher unwahrscheinlich dass der
Verf. der Curtius Rufus sei der unter Tiberius procos. Africae, praetura
functus war. Für diesen passt auch nicht des Historikers verhältnissmässige
Freisinnigkeit und öfters (wie VUI, 10, 12) derb ausgesprochene Aufklärung.
Gegen superstitio, Magie und dergl. IV, 3, 23. 6, 12. 7, 26. 29. V, 4, 1 f
VII, 4, 8. 7, 8. Sein positives Glaubensbekenntniss ist der herkömmliche
Fatalismus (inevitabile fatum IV, 6, 17). Adulatio, perpetuum malum re-
gum,'quorum opes saepius adsentatio quam hostis evertit, VHI, 5, 6.
4. Der sprachliche Stoff trägt bei Curtius in etymologischer, lexikalischer
und syntaktischer Hinsicht — mit wenigen, nicht eben wesentlichen Ausnah-
men — noch entschieden den Charakter der Classicität, aber die rhetorische
Behandlung desselben lässt den nachtheiligen Einfluss den der Bildungsgang
des Schriftstellers und der weniger strenge und reine Greschmack des Zeit-
alters auf die gesammte Darstellung haben musste sehr bestimmt erkennen
(Mützell S. LXXXVI). Mützell, de translationum quae vocantur apud Curtium
usu, Berlin 1842. 4. J. H. Emesti, üsurpata a Curtio in particulia latinitas,
632 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
tarn in se spectata quam cum Corneliana dictione coUata, Lips. 1719. Zur
YergleichuDg mit Quintilians Sprache b. Bonneil, Lex. Quintil. p. LXY . LXVIII.
üeber die sprachlichen Eigenthümlichkeiten welche Curtius wie Tacitus mit
Livius gemein (und aus ihm entnommen) haben e. Th. Wiedemann im Philo-
logus XXXI. 8. 342 — 348. Vgl. E. Kräh, Curtius als Schullecture, I. Inster-
burg 1870. 30 S. 4. 11. 1871. 24 S. 4.
5. Die etwa 80 Handschriften zerfallen in zwei Classen, eine ältere
(saec. IX — XI), vertreten einerseits durch Paris. 5716 saec. IX (oder X) und
einzelne Fragmente in Zürich (Rheinau), Darmstadt, Wien und Würzburg,
andererseits durch Leidensia, Yossianus I, Flor. A und Bern. A; s. E. Hedicke,
Quaestionum Curtianarum specimen (Berlin 1862), Praef. seiner Ausg., und
De codioum Curtii fide atque auctoritate, Bernburg 1870. 32 pp. 4. nebst
A. EuBsner, specimen criticum (Würzburg 1868) p. 4 — 25, und Ueber die
Textkritik des Curt., in den Verhandl. der Würzburger Philologenvers. (Leipzig
1869) S. 158 — 160. Alle diese Hdss. gehen auf einen selbst schon lückenhaften
und fehlerreichen archeiypus zurück. Die zweite Classe' besteht aus der
Masse der jüngeren (saec. XIV f.), durchcorrigierten und interpolierten Hand-
schriften^ welche keinen selbständigen Werth haben. Ausser dem Fehlen
von B. I und II sind auch sonst Lücken in dem überlieferten Texte; so
am Schlüsse von B. V und Anfang von VI, sowie X, 3 f. Bruchstücke aus
B. X bei Pseudo-Eallisthenes, s. Jeep in Jahns Jahrb. LXXI. S. 125 — 132.
Ueber das Fragment aus Einsiedeln s. A. Hug im Philologus XXXI. S. 334 f.
Vgl.EüBsner ebd. XXXU. S. 162—165 (Verbreitung im Mittelalter) u. 165—171.
6. Ed. princeps, Venet. um 1471 fol. luntina 1507 ff. Aldina 1620.
Ausgaben von Erasmus (1618), Fr. Modius (Colon. 1579), J. Freinsheim (cum
comm. et suppl., Strassburg 1648, 2 Voll, und 1670. 4.), H. Snakenburg
(Sammelausg. , Delfb 1724. 4.), Fr. Schmieder (cum comm., Gotting. 1803),
J. Mützell (mit krit. u. exeget. Anm., Berlin 1841, 2 Bde.) und besonders
von C. G. Zumpt (ad fidem codd. rec. et comm. instr.. Braunschweig 1849,
und schon früher die unvollendete Berol.,1826). Schulausgaben von J. Müt-
zell (Berlin 1843), C. G. Zumpt (Braunschweig 1849. 1864) und Th. Vogel
(Leipzig, Teubner, I. 1870). Texte von A. Baumstark (Stuttgart 1829), H.
E. Foss (Lips. Teubner 1851) und besonders (mit kurzen kritischen Nach-
weisungen) von E. Hedicke (Berol. Weidmann. 1867).
7. Beiträge zur Textkritik von Acidalius (Animadvers., Frankfurt 1594),
H. E. Foss (Epist. crit. ad Mützell., Altenburg 1846. 4. Quaestiones Curt.,
Altenburg 1852. 50 pp. 4.), J. Schmidt (Quaest. Curt. I. Schweidnitz 1853. 4.),
A. Hug (in den Beiträgen zur Kritik lat. Prosaiker, Basel 1864, S. 1 — 20;
Rhein. Mus. XX. S. 117 — 129 und Quaestionum Curt. pars I, Zürich 1870. 4.),
U. Köhler (Rhein. Mus. XIX. S. 184 — 196), J. Jeep (Fleckeisens Jahrb. 91,
S. 189 — 196), H. Alanus (Observationes in Curt., Dublin 1865), E. Hedicke
und A. Eussner (A. 5), £. Grünauer (Frauenfeld 1870. 4.), Th. Vogel (in Fleck-
eisens Jahrbb. 101, S. 547 — 561), A. Eussner (Philologus XXXIL S. 172—178).
8. 0. Eichert, vollständiges Wörterbuch zu Curt., Hannover 1870. 247 S.
— Üebersetzungen von Ostertag (Frankfurt 1799), J. F. Wagner (Lemgo
1854) und A. H. Christian (Stuttgart, Metzler, 4 Bdchn.).
287 f. Curtius. Columella. 633
288. Der Zeitgenosse und Landsmann des Seneca, L. Ju-277
nius Moderatus Columella aus Gades, ist uns bekannt durch
seine zwölf Bücher De re rustica, gerichtet an P. Silvinus.
Diese bilden die zweite ausführlichere Bearbeitung des Gegen-
standes durch den Verfasser, während von der kürzeren ersten
ein Buch de arboribus miterhalten ist. Columella ist für seinen
Stoff begeistert und beklagt deäsen Vernachlässigung in seiner
von dier Natur abgefallenen Zeit. ^ Er hat es darum auch nicht
an Fleiss fehlen lassen um ihn würdig zu behandeln. Dem
zehnten Buche, vom Gartenbau, hat er sogar, im Anschlüsse
an den von ihm verehrten Vergil, gebundene Form gegeben;
es besteht aus 436 wohlgebauten Hexametern, welche freilich
an künstlerischer Verarbeitung des Stoffes ihr Vorbild bei wei-
tem nicht erreichen.
1. Inschrift aus Tarent bei Mommeen I. B. N. 578 = Orelli-Henzen
5598: L. lunio L. f. Gal. Moderato Columellae, trib. mil. leg. VI ferratae.
Wirklich gehörte die Vaterstadt des Columella, Gades (Colunrf. X, 185: mea
quam generant Tartessi littore Gades, vgl. VII, 2, 4), zur tribus Galeria,
und die legio VI ferrata war in Syrien stationiert (Grotefend in Pauly's
Real-Enc. IV. S. 883 f.), wo Columella sich längere Zeit aufgehalten hat
(II, 10, 18: hoc quidem semen in Ciliciae Syriaeque regionibus ipse vidi
mense lunio lulioque conseri et per autumnum . . tolli). C. L. Grotefend
in der Zeitschr. f. d. Alt. Wiss. 1835, S.'179. Sein patruus war M. Colu-
mella, doctissimus et diligentissimus agricola (II, 16, 4), vir illustribus dis-
ciplinis eruditus ac diligentissimus agricola Baeticae provinciae (V, 5, 15),
acris vir ingenii atque illustris agricola im municipium Gaditanum (VII,
2, 4). Vgl. XII, 21, 4 f. 40, 2. 43, 5. Zeitgenosse des Seneca; s. UI, 3, 3:
Nomentana regio, . . quam possidet Seneca, vir excellentis ingenii atque
doctrinae. Also vor dem Tode des Seneca (J. 65) geschrieben, aber wohl
nachdem er sich vom Hofe zurückgezogen, also etwa J. 62; vgl. Plin. n. h.
XIV, 49 — 51. E. Meyer, Gesch. der Botanik IL S. 59 — 62. Jedenfalls
schrieb Columella später als Celsus und Gräcinus, die er beide citiert
(s. oben 275, 1 u. 278, 5 f.), und früher als Plinius der ältere, von dem er
öfters citiert wird (Vül, 153. XV, 66. XVÜ, 51 f. 137. 162. XVIII, 70. 303.
XIX, 68). Vgl. noch Colum. I. praef. 15: sicut M. Varro iam temporibus
avorum conquestus est. I, 7, 3: ipse nostra memoria veterem consularem
(des J. 3 n. Chr.) virumque opulentissimum L. Volusium (f 56 n. Chr.)
asseverantem audivi. V, 1, 2: cum M. Trebellius noster a me requireret
(der Legate des J. 36 bei Tac. A. VI, 41?). IK, 16, 2: Gallioni nostro (f 65
n. Chr., s. oben 263, 7 g. E.). P. Silvinus scheint ein Landsmann und Nach-
bar des Columella gewesen zu sein; s. III, 3, 3 (in nostris Ceretanis). 9, 6
(a me . . ex una vite quam in Ceretano tuo possides . . consummata).
Grundbesitz desJCol. in Italien; s. in, 9, 2 (cum et in Ardeatino agro quem
multis temporibus ipsi^ ante possedimus et in Carseolano itemque in Al-
bano . . vites . . habuerimus).
634 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
2. Sdiriften. XI, 1, Sl: contra quam observationem multis argpimen-
tationibus disseruisse me non infitior in üb libris quos ad versus astrologos
compos^eram. II, 22, 6 f.: certum habeo quosdam . . desideraturos lustra-
tionum ceterorumque sacrificiorum quae pro frugibus fiunt morem priscis
usurpatum. nee ego abnuo docendi curam, sed differo in eum librum
quem componere in animo est cum agricolationis totam disciplinam per-
Bcripsero. Ob diese Absicht ausgeführt wurde ist nicht bekannt. Der
Schreibfehler XVI statt XII bei Cassiod. div. iect. 28 (Columella XVI libris
per diversas agriculturae species eloquens ac facunde illabitur) kann jeden-
falls darauf nicht bezogen werden. Colum. II, 11, 1 (excepta cytiso, de
qua dicemus in iis libris quos de generibus surculorum conscripsimus)
deutet auf B. III — V (speciell V, 12), welche im Plorent. (Medic.) die Ueber-
schrüt haben: Surcularis I, II, III.
3. De arboribus handelt sowohl 6. III (III, 1, 1: sequitur arborum
cura etc.) als auch ein eigenes so betiteltes Buch, welches sich selbst als
ein zweites bezeichnet (quoniam de cultu agrorum abunde primo yolumine
praecepisse yidemur„ non intempestiva erit arborum . . cura) und in kür-
zerer Fassung dasselbe enthält wie die nunmehrigen Bücher III — Y, auch
dem P. Silvinus nicht gewidmet ist. Dass es zu den zwölf Büchern nicht
gehört erhellt überdiess aus der übereinstimmenden und geschlossenen
Zählung welche in diesen selbst gegeben ist; so YIÜ, 1, 1 (quae . . exi-
gebat ratio septem memoravirnus libris). X. praef. 1 (superioribus novem
libris). XI, 1, 2 (hoc undecimum praeceptum rusticationis tradidi). XII,
13, 1 (cui septimo libro praecepta dedimus =» VII, 8). Die ausführlichere
J^earbeitung sollte ohne Zweifel an die Stelle der früheren treten, und nur
der Zufall hat uns auch von dieser jenen Theil erhalten. Sie ist wohl der
singularis über ad Eprium Marcellum (Schneider Ü, 1. p. 19 u. II, 2. p.673 f.).
4. Die zwölf Bücher sind vollständig und in der von dem Verfasser
Kclbst gewählten Ordnung auf uns gekommen, wie aus den regelmässigen
praefationes erhellt; s. A. 3 und das Schlusswort XII, 5^, 6 (clausulatn
peracti operis mei). Die zehn ersten entsprachen den etwa vier der ersten
Ausgabe (A. 3); an diese wurden auf persönliche Veranlassungen B. XI
und XII noch angereiht; s. XI, 1, 2: quod nunc aggredior . . primo rei
rusticae libro (I, 8 f.) videbar aliquatenus executus; . . tamen . . numerum
quem iam quasi consummaveram voluminum excessi etc. XII, 1, 1: ut
institutum ordinem teneamus quem priore volumine (XI) incohavimus.
Aber auch die früheren Bücher scheinen an P. Silvinus einzeln gesandt zu
sein, da die Vorreden zu B. II, FV und V auf Bemerkungen Bezug neh-
men welche über das Vorangehende gemacht worden söien. Für erschöpft
liält der Verfasser seinen Stoff keineswegs; s. V, 1, 1: neque infitior ali-
qua me praeteriisse, quamvis inquirentem sedulo quae nostri saeculi cul-
tores quaeque veteres litterarum monumentis prodiderunt; sed . . non as-
severaveram quae vastitas eins scientiae contineret cuncta me dicturum,
sed plurima. . . (2.) nobis satis abundeque est tam diffusae materiae . .
niaximam partem tradidisse. XII, 57, 6: nihil dubitasse me paene infinita
esse quae potuerint huic inseri materiae, verum ea quae maxime videban-
tur necessaria memoriae tradenda censuisse. Aber er fasst auch seine
288. Columella. 635
Aufgabe im weitesten Sinne; s. I. praef. 21 ff.: ego cum aut magnitudinem
totiuB rei . . aut partium eins . . numerum recenseo yereor ne aupremus
ante me dies occupet quam universam disciplinam ruris poseim cognoscere.
nam qui se in hac scientia perfectum volet profiteri sit oportet rerum
naturae sagacissimuB etc. (32.) ille quem uos perfectum esse volumus
agricolam . . multum tarnen profecerit si usu Tremellios Sasemasque et
Stolones nostros aequayerit. (88.) . . illud procul vero est . . facillimam
esse nee uUius acuminis ruaticationem. Echt römisch ist aber IX, 2, 5:
haec et his similia magis scrutantium rerum naturae latebras quam rusti-
corum est inquirere. studiosis quoque litterarum gratiora sunt ista in
otio legentibuB quam negotiosis agricolisi quoniam neque in opere neque
in re familiari quidquam iuvanti Uebrigens zeigt sich Columella Überall
als ein gebildeter Mann, der seines Gegenstandes mächtig und dafür be-
geistert ist und ihn mit Geschnlack zu behandeln weiss (Isidor. Orig. XVII,
1, 1: Columella, insignis orator, qui totum corpus disciplinae eiusdem com-
plexus est). Auch für die ethischen Seiten desselben hat er ein warmes
Gefühl. Wiederholt preist er die einfachen Zustände des alten Rom und
beklagt das Umsichgreifen der Unnatur (I. praef. 14 ff. X. praef 2. XII.
praef 8 f ). An dem Herunterkommen des Bodens tragen die Menschen
selbst die Schuld (11, 1, -7: non fatigatione . . nee senio, sed nostra inertia
minus benigne nobis arva respondent).
6. Colum. IX, 16, 2: quae reliqua nobis rusticarum rerum pars sn-
perest, de cultu hortorum, P. Silvine, deinceps ita ut et tibi et Gallioni
nostro complacuerat in carmen conferemus. X. praef. 3: cultus hortornm
. . diligentius nobis quam tradiderunt maiores praecipiendus est; isque . .
prosa oratione prioribus subnecteretur exordiis, nisi propositum meum ex-
pug^asset frequens postulatio tua, quae pervicit ut poeticis numeris exple-
rem Georgici carminis omissas partes, quas tamen et ipse Yergilius signifi-
caverat (Georg. IV, 148) posteris post se memorandas relinquere. neque
enim aliter istud nobis fuerat audendum quam ex voluntate vatis maxime
venerandi. (4.) cuius quasi numine instigante . . aggressi sumus tenuem
admodum . . materiam. X^ 433 f.: hactenus arvorum cultus^ Silvine, doce-
bam, siderei vatis referens praecepta Maronis.
6. Columella's Werk wird verhältnissmäasig sehr' wenig citiert; ausser
von PliniuB und Gargilius Martialis fast nur von Serv. Aen. III, 640. Aus-
geschrieben wurde es durch Palladius, und dessen Arbeit sagte dem rohen
Geschmacke der späteren Zeiten besser zu. Doch sind von jenem nicht we-
nige Handschriften auf uns gekommen, die aber noch nicht gehörig ver-
werthet sind. Die besten sind die Florentiner und der Sangermanensis in
Paris. Vgl. die praefationea von Gesner (p. IX f.) und J. G. Schneider.
7. Ausgaben in den Sammlungen der scriptores rei rusticae; s. oben
52, 5. Separatausgabe von J. H. Hess, Flensburg 1795; übersetzt von M.
C. Curtius, Hamburg 1769. Buch X auch in Wemsdorfs poetae lat. min.
VI. p. 31—134. .
8. Ueber Columella vgl. E. H. F.Meyer, Gesch. der Botanik IL S. 58—67,
und ein Verzeichniss der weit über 400 Pflanzen die von Columella genannt
oder besprochen werden ebds. S. 68 — 80.
636 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
289. Berühmte Aerzte unter Claudius waren besonders
Stertinius und Vettius Valens. Als Schriftsteller auf diesem Ge-
biete ist uns bekannt Scribonius Largus^ von welchem uns
eine ums J. 47 dem Callistus gewidmete Uebersicht der bewähr-
testen Heilmittel (compositiones medicamentorum oder medicae)
erhalten ist, nicht frei von dem herrschenden Wahnglauben, aber
nicht ohne Verstand und in leidlicher Sprache.
1. Plin. n. h. XXIX , l^i 7i multos praetereo medicos, celeberrimosque
ex his Cassios, Calpetanos, Arruntios, Rubrios. ducena quinquagena HS
annua his mercedes faere apnd principes.. Q. Stertinius impntavit principi-
bus quod sestertiis quingenis annnis contentus esset, sescena enim sibi
quaestu nrbis fuisse ennmeratis domibus 08.tendebat. (8.) par et fratri eins
merces a Claudio Caesare infusa est. . . exortus deinde est Vettius Va-
lens, adulterio Messalinae Claudii Caesaris nobilitatus pariterque eloquentia.
adsectatores et potentiam nanctus novam instituit sectam. Vgl. Tac. A. XI,
31. 35 (Vettium Valentem confessum . . tradi ad supplicium iubet, J. 48
n. Chr.). Sen. apocol. 13, 4 (Vettius Valens, Fabius, eq. rom. quos Narcis-
sus duci iusserat). Vgl. A. 2. Er war ohne Zweifel aus Ariminum gebürtig;
vgl. Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2638 f. Nr. 24 ff. Cael. Aurel. III, 1: Valens
physicus libro HI Cnrationum.
2. Scribon. Larg. 23, 97: Tiberio Caesari per libellum scriptum . .
venit in manus nostras etc. vgl. 28, 120. 42, 163: vidi . . cum Britanniam
peteremus (J. 43) cum deo nostro Caesare. 11, 60: Messalina dei nostri
Caesaris hoc utitur (f 48). 22, 94: hoc medicamentum Apulei Celsi fuit,
praeceptoris Valentis et nostri, et numquam uUi se vivo compositionem eins
dedit. 43, 171: antidotus Apulei Celsi praeceptoris, quam . . mittebat Cen-
turipas, unde ortus erat. Vgl. E. Meyer, Gesch. d. Botanik 11. S. 21 — 23.
28. Scribon. 44, 175: accepimus a Tryphone praeceptore nostro. Das Ag-
nomen Designatianus für Scrib. beruht auf zweifelhafter Combination.
3. Scrib. Larg. praef.: (1.) . . Herophilus, Cai luli Calliste, fertur
dixisse etc. (22.) . . a me compositiones quasdam petiisti. (23.) cupio me-
dius fidius . . tuae in me . . benevolentiae respondere, adiutns omni tempore
a te, praecipue vero his diebus. . . tradendo scripta mea latina medici-
nalia deo nostro Caesari. (24.) . . divinis manibus laudando consecrasti.
. . (25.) ignosces autem si paucae yisae tibi fuerint compositiones et non ad
omnia vitia scriptae, sumus enim, ut scis, peregre nee sequitur nos nisi
necessariuB admodum numerus libellorum. . . (26.) initium a capite faciemus,
. . dantes operam ut simplicia primo ponamus. (27.) . . deinde medica-
mentorum quibus compositiones constant nomina et pondera vitiis subiunxi-
mus. 4, 38: neque illud dico novas et non aliquibus notas in hoc libro
congesturum compositiones^ verum etiam quasdam divulgatas et, ut ita di-
cam, publicatas. Epilog: harum compositionun» . . ipse composui plurimas,
. . valde paucas ab amicis. . . illud autem te meminisse oportet, mi Cal-
liste, . . eadem medicamenta in iisdem vitiis interim melius deteriusve re-
spondere, propter corporum varietatem differentiamque aetatum, temporum
aut locorum.
289 f. Scribonius Largus. Asconius. 637
4. Zur Charakteristik. Scrib. Larg. praef. 9: medicis, in quibus nisi
plenuB misericordiae et humanitatift animus est . . diis et hominibus invi&i
esse debent. (10.) . . quia medicina non fortuna neque personis homines
aestimat, verum aequaliter omnibus implorantibus auxilia sua succursuram
se pollicetur. Quellen wohl meist griechische, bes. Soranos; genannt wer-
den Hippocrates, Herophilus, Asclepiades (noster, z. B. 75), Andron, von
Römern Cassius, Paccius Antiochus u. A. (A. 2). Manches auch aus dem
Volksglauben; vgl. 2, 17: item ex iecinore gladiatoris iugulati particulam
aliquam novies datam consumant (Epileptische), quaeque eiusdem generis
sunt extra niedicinae professionem cadunt, quamvis profuisse quibusdam visa
sunt. 28, 122 : hoc medicamento muliercula quaedam Komae ex Africa multos
remediavit. postea nos . . compositionem accepimus, pretio dato quod deside-
raverat, et aliquot non ignotos sanavimus. 43, 172: hoc ego cum quaererem
ab hospite meo, legato inde (von Kreta) misso, nomine Zopyro, Gordiense
medico, quid -esset pro magno munei-e accepi. 23, 105: stomachi vitium
quod . . inrequiebili , ut ita dicam, et inextinguibili siti consistit; atovov
Graeci vocant. Stehende Wendung facit bene. Erhalten sind 271 Recepte;
doch ist der Text (durch ^ine Hds.) corrupt und lückenhaft (nach 72. 166.
236) überliefert, zum Theil indessen aus Galenos und Marcellus zu ergänzen,
welche den Scrib. J^enützt haben; Letzterer schrieb ihn sogar aus.
5. Ausgaben, ausser den Sammelwerken von Aldus (1547) und Stepha-
nus (1667), von J. Ruellius (ap. Wechel., Paris. 1529 fol.) und bes. J. Rhodius
(Patav. 1655. 4.), auch J. M. Bernhold (ad edit. Rhod., Argentorati 1786).
Ein Commentar'O. Sperlings zu Scrib. ist handschriftlich auf der k. Biblio-
thek zu Kopenhagen; Proben daraus in drei Programmen von Kühn, Lips.
1825 f. 4.
6. Choulant, Handb. d. Bücherk.* S. 180 f. E. H. F. Meyer, Gesch. d.
Botanik 11 (Königsb. 1855). S. 26—39.
290. Den classischen Schriftsteilem der Vergangenheit,278
besonders dem Cicero, Sallust und Vergil, zugewandt war die
literarische Thätigkeit des gelehrten Q. Asconius Pedianus (ums
J. 3 — 88 n. Chr.). Wir besitzen von ihm noch, obwohl in trüm-
merhafter Gestalt, geschichtliche Commentare zu fünf Reden
Cicero's, welche hohen sachlichen Werth haben und auch treff-
lich geschrieben sind. Um so weniger gilt beides von den mit
Unrecht seinen Namen tragenden Scholien zu Cicero's Verrinen,
Mehr Brauchbares enthalten die scholia Bobiensia, in welchen
der ursprüngliche Commentar des Asconius vielleicht benützt ist.
1. Hieron. zu Eus. chron. ad a. Abr. 2092 = Vespas. 8 «= 76 n. Chr.
(Freher. schon 2091): Q. Asconius Pedianus scriptor historicus (er war von
Sueton unter den historici, zwischen Fenestella und dem älteren Plinius,
abgehandelt, Sueton. p. 91 Rffsch.) clarus habetur, qui LXXIU aetatis suae
anno captus luminibus Xll postea annis in summo omnium honore con-
senescit. Die Ansetzung in diesem J. kann nur dem Erblinden gelten; die
638 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Blütezeit des Asc. muss unter Claudius und Nero fallen. Bei Suidas v.
'Anixiog erscheint 'Aa%<ovios Ilaidiavos schon J. 781 =» 28 n. Chr. (unter Ti-
beiius) in der Gesellschaft des Junius Bläsus; vgl. Ascon. ad Scaur. p. 27 Or.:
possidet (das Hans des Scaurus) nunc Largus Licinius, qui cos. fuit cum
Claudio (J. 795 = 43 n. Chr.). Angeführt von Plin. n. h. VII, 48, 169
(auctor est Pedianus Asconius) und Quintil. I, 7, 24 (ex Pediano comperi,
vgl. V, 10, &). Ascon. ad Comel. p. 76 Or. (Livius noster); daher wohl
gleichfalls aus Patavioxn gebürtig. Serv. zu Vergil. Ecl. III, 105 (Asconius
Pedianus dicit se Yergilium dicentem audiase) wird berichtigt durch Phil-
argyr. und Schol. Bern. ibid. (dicit Comif. oder Comel. se audivisse Yer-
gilium etc.); Bibbeck Prolegg. Vergil. p. 97 f.
2. Acro zu Hör. S. I, 2, 41 (p. 29 Hth.): quem (den Sallust) Asco-
nius Pedianus in vita eins significat. Buch contra obtrectatores Vergilii;
s. oben 221^ 3 £. 224, 6. Darauf lassen sich alle Aussagen des Asc. über Vergil
beziehen, ohne dass man nöthig hätte einen förmlichen Commentar des
Asc. zu Vergil. anzunehmen; Suringar bist. er. schol. lat. II. p. 206 — 212.
Commentar zu den Reden Cicero's, gerichtet an seine Söhne (p. 44 Or.:
vestra aetas, filii, facit; vgl. vos ib. p. 12. 14 f. 26 f. 45. 68 u. sonst), vor-
zugsweise das Sachliche, die Zeitverhältnisse u. s. w. erläuternd und aus
den besten Quellen (Madvig p. 63 fiF. Klotz, lat. Lit. I. sS. 109 — 111) mit
Scharfsinn und Gründlichkeit geschöpft. Nach den Verweisungen in dem
erhaltenen Theile scheint Aacon. die meisten (oder alle) Reden des |Cicero
in dieser Weise commentiert zu haben; vgl. Gell. XV, 28, 4. Auf uns ge-
kommen sind aber — in fragmentarischer Gestalt — Commentare zu den
Heden in Pisonem, pro Scauro, pro Milone, pro Comelio und in toga Can-
dida. Poggio fand diese in St. Gallen J. 1416 und nahm davon eine flüch-
tige Abschrift, welche sich zu Florenz befindet, während das St. Galler
Original alsbald wieder verloren gieng. Ausgaben^ nach jener Abschrift
(Madvig p. 33 ff.; b§i Orelli V. p. I — XIII), meist mit Interpolationen: Ed.
princeps Venet. 1477; andere von P. Manutius (Ven. 1547 u. sonst). Fr.
Hotomannus (Lugd. 1551), T. Popma (Colon. 1578), Th. Crenius (Lugd.
1698), Jac. Gronov (Lugd. Bat. 1692. 2 Voll. 4.) und in den Gesammtaus-
gaben des Cicero von C. G. Schütz und besonders Orelli-Baiter (V, 2. p. 1
-95). Kritische Beiträge von Rinkes in der Mnemosyne X und XI.
3. Die Commentare zu den Verrinen (einschliesslich der divinatio)
sind ebenso überwiegend grainmatsich wie die andern historisch, bieten
sehr wenig was nicht auch aus andern Quellen bekannt oder selbstver-
ständlich wäre, haben eine breite Darstellung und unclassische Sprache
und sind nicht wie jene an eine Mehrheit gerichtet (z. B. p. 119 Or.: pri-
marum, subaudi partium). Hätte der Verfasser derselben (frühestens aus
dem vierten christl. Jahrb.) den echten Commentar des Asconius zu diesen
Reden auch nur vor sich gehabt, so müsste er ihn ohne Verständniss für
das Wichtige ausgebeutet und in seine Sprechweise übersetzt haben. Vgl.
Madvig p. 84 ff. Diese Commentare selbst bei Orelli V, 2. p. 97 — 213.
4. Viel weniger dürftig, daher eher aus den echten Commentareu
des Asconius mitgeschöpft, aber doch mit diesen selbst an historischem
und exegetischem Werthe und gefeilter Schreibweise ebenso wenig zu ver-
290 f. Asconius. Pomponius Mela. 639
gleichen sind die von Aug. Mai aus einem Paümpseste von Bobbio (dessen
erster Theil in der Yaticana, der zweite in der Ambrosiana sich findet)
herausgegebenen Beste von Scholien zu ciceronischen Beden (pro Flacco,
cum in senatu gratias egit, cum populo gratias egit, pro Plancio, Milone,
Sestio, in Yatinium) in Clodium et Curionem, de aere al. Milonis, de rege
alexandrino, pro Archia, Sulla, in Catil. IV, pro Marcello, Ligario, Deio-
taro, Scauro)i gewöhnlich Scholia Bobiensia genannt. A. Mai wollte
bei der ersten Herausgabe (Mediol. 1814 =» Frankfurt 1816; cum Maii notis
edid. Gramer et Heinrich, Eiel 1816. 4.) sie dem Asconius beilegen (comm.
antiquus ineditus qui videtur Asconii Pediani), nahm diess aber in der
zweiten Ausgabe (Auetores classici e vaticanis codd. editi, Vol. IL Bom
1828) zurück. In der That ist es unmöglich diese Scholien früher als ins
vierte oder fünfte Jahrhundert zu setzen. "Vgl. z. B. p. 286 Or. : quos, nunc
vulgo muliones dicimus, . . eos veteres, ut animadvertis, redarios dicebant.
Dass der Verf. ein Christ war zeigt p. 256, 9 Or. (secundum veterem super-
stitionem). Abdruck bei Orelli V, 2 (Mai's praefatio etc. p. 217 — 228)
p. 228—376. Vgl Madvig p. 142 ff.
5. Suringar, historia critica schol. lat. I. p. 116 — 146. Hauptschrift:
.T. N. Madyig, de Q. Asconio Pediano et aliorum veterum interpretum in
Cic. orationes commentarüs disp. critica, Kopenhagen 1828; wozu Appen-
dix critica, ib. 1828. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philologie IV. S. 293—298.
291. Unter Caligula oder Claudius verfasste Pomponius279
Mela aus Tingentera in Spanien seine drei Bücher de choro-
graphia, für uns die früheste Beschreibung der alten Welt.
Der Abriss ist aus guten Quellen geschöpft, wohlgeordnet und
reichhaltig. Neben dem Geographischen wird auch das Sitten-
geschichtUche berücksichtigt. Der Stil zeugt von rhetorischer
Bildung. Wortstellung, Constructionen und der meist abgerissene
Satzbau verrathen den Zeitgenossen des Seneca.
1. Mela II, 96: Carteia . . atque unde nos sumus Tingentera. III, 49:
liritannia qualis sit . . mox certiora diöentur. quippe tamdiu clausam
aperit ecce principum maximus, nee indomitarum modo ante se verum
ignotarum quoque gentium victor propriarum rerum fidem ut hello ad-
fectavit ita triumpho declaraturus portat. Diess deutet entweder auf Ca-
ligula's Triumph über Britannien (J. 40 n. Chr.) oder (wahrscheinlicher) auf
den des Claudius (J. 44). III, 90: Eudoxus quidam avorum nostrorum tem-
poribus cum Lathyrum regem (J. 117—81 v. Chr.) Alexandriae profugeret.
2. Von Plinius wird Mela, Pomponius Mela und Mela Pomponius als
QueUe genannt für B. III— VI, VIII, XII f., XXI f. seiner nat. bist. Ange-
führt wird er von Schol. Juv. IL 160 und Serv. Aen. IX, 31; ausgebeutet,
aber nicht genannt, von Solinus. Mela selber nennt als seine Quellen den
Hipparchos (III, 70), Hanno (III, 90. 94) und Cornelius Nepos (III, 45: Corn.
N. ut recentior, auctoritate sie certior; vgl. ib. 90). Die Zahl der von ihm
aufgeführten geographischen Namen beträgt über 1500. Bei aller sonstigen
640 I^ijB Eaiserzeit. Erates Jahrhundert.
Kürze sind doch über merkwürdige Punkte auch ausführliche Beschreibungen
eingeflochten, wie über den specus Corycius I, 72 — 76, den Berg Ida I, 94 f.;
ebenso sittengeschichtliche Erörterungen über Aegypten I, 57 — 59, Britannien
III, 49 — 52. Die ganze Anlage setzt voraus dass dem Verfasser eine Erd-
karte vorlag. Nicht ausgeführt scheint die Absicht den Gegenstand auch
eingehender zu behandeln; s. I, 2: dicam autem alias plura et exactius,
nunc ut quaeque sunt clarissima et strictim.
3. Handschriften des Mela zählt Tzschucke (vgl. Parthey p. IX — XXVII)
ungefähr sechzig auf, Ausgaben 104. Unter den ersteren ist die älteste
und wichtigste der Vaticanus 4929 saec. IX oder^X, die andern alle aus
saec. XIV ff. Unter den Ausgaben sind hervorragend die von Is. Voss
(Hag. Com. 1658. 4. Franeker 1700. 8.), C. H. Tzschucke (Lips. 1806 f.
7 Partes mit ausführlichem kritischem imd exegetischem Commentar), G. Par-
they (ad librorum mss. fidem edidit notisque criticis instruxit, Berlin 1867).
Vgl. Bursian in Fleckeisens Jahrbb. 99, S. 629 — 655. Ausserdem ist nennens-
werth die von J. Gronovius (Lugd. Bat. 1685. 1696. 1722. 1748. 1782).
280 292« Die bedeutendsten Redner in dieser Zeit waren Solche
die sich gewerbsmässig mit politischen Anklagen befassten, wie
P. Suillius, Vibius Crispus aus Vercellä, den sein ruhiges Wesen
ein hohes Alter und die Zeit Domitians erreichen liess, der leb-
haftere Eprius Marcellus*, Kunstredner lulius Africanus und der
Sachwalter Galerius Trachalus (Cos. J. 68), ausgezeichnet haupt-
sächlich durch sein volltönendes Organ. Andere bethätigten ihre
Beredtsamkeit vorzugsweise im Senat, wie die Stoiker Paetus
Thrasea und Helvidius Priscus. Auch eine Anzahl von Lehrern
der Redekunst kennen wir aus dieser Zeit, wie Verginius Flavus,
Clodius Quirinalis, Antonius Liberalis u. A.
1. Tac. A. XIII, 42: P. Suillius, imperitante Claudio' terribilis (als
Ankläger) ac venalis. . . eius opprimendi gratia repetitum credebatur 8C.
poenaque Cinciae legis adversum eos qui pretio causas oravissent. Suil-
lius . . praeter ferociam animi extrema senecta liber etc. ib. 43 werden
u. A. equitum rom. agmina damnata ihm schuldgegeben. Er wurde in
insulas baleares verbannt, J. 58 n. Chr. Vermählt war er mit der Stief-
tochter des Ovid, ex Pont. IV, 8 vom J. 16 n. Chr. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 1485 f. Nr. 1.
2. Tac. dial. 8: ausim contendere Marcellum Eprium (s. A. 3) . . et
Crispum Vibium . . notos non minus esse in extremis partibus terra-
rum quam Capuae aut Vercellis, ubi nati dicuntur (vgl. Schol. Juv. IV, 81 :
Crispus, municeps Viselliensis ; dagegen Schol. des Valla ib., aus Local-
Patriotismus oder unter Verwechslung mit ^assienus Crispus, oben 263, 5:
V. Cr. Placentinus). hoc illis praestat . . ipsa eloquentia. . . sine commen-
datione natalium, sine substantia facultatum, neuter moribus egregius, alter
habitu quoque corporis contemptus, per multos iam annos potentissimi
sunt civitatis ac donec libuit principes fori, nunc principes in Caesaris (des
292. Redner: Vibius Crispus, lulins Africanus u. a. 641
YeBpasian) amicitia agant geruntque cuncta. Hist. II, 10: Vibius Crispas,
pecunia, potentia, ingenio inter claros magia quam inter bonos. . . Crispum
easdem accusationes cum praemio exercuisse meminerant. Juv. lY, 81 — 93:
Tenit et Crispi iucunda senectus, cuius erant mores qualis facundia, mite
ingenium. . . sie multas biemee atque octogesima vidit solstltia, bis armis
illa (des Domitian) quoque tutus in aula. Er lebte also etwa J. 10 — 90 n.
Gh., und es kann daber ricbtig sein die Angabe des Scbol. Yall. zu Juv.
1. 1.: et manu promptus et lingua sub Claudio et consulatum adeptus. Vgl.
Plin. n. h. XIX. prooem. 4: C. Plavio legato Vibi Crispi procos. (von
Africa). Das Jabr seines Consulats ist aber nicht bekannt. Vgl. Borgbesi,
Oeuvres IV. p. 529—538. Zecbgenosse des Vitellius (Suid. v. BiTilUog).
Quintil. V, 13, 48: quod factum venuste nostris temporibus elusit Vibius
Crispus, vir ingenii iucundi et elegantis. X, 1, 119: erant clara et nuper
ingenia. nam et Tracbalus (A. 6) . . fuit . . et Vibius Crispus compositus et
iucundus et delectationi natüs, privatis tarnen causis quam publicis melior.
Xn, 10, 11 (iucunditatem Crispi). Vm, 5, 17 (pro Spatale Crispus, vgl. ib.
19: Tracbalus contra Spatalen).
3. Inscbrift aus Capua bei Orelli-Henzen 5425: T. Clodio M. f. Pal.
(Flitterstaat des Emporkömmlings) Eprio Marcello cos. II (J. 827 » 74;
I zwiscben 811 u. 814), auguri, curioni maximo, sodali augustali, pr(aetori)
per(egr., im J. 48, s. Tac. A. XII, 4), procos. Asiae III (J. 71 — 74 Frühling)
provincia Cypros; vgl. Borgbesi Oeuvres III. p. 286—293. Geboren zu Capua
in niedrigen Verhältnissen (s. A. 2), Delator tmter Nero (Tac. A. XVI, 22
cxtr.: Marc. Epr. acri eloquentia. ib. 29: cum Marcellus, ut erat torvus
ac minax, voce, voltu, oculis ardesceret), z. B. des Thrasea, und als solcher
später wiederholt von Helvidius Priscus belangt (Tac. dial. 5: quid aliud
infestis patribus nuper Eprius Marcellus quam suam eloquentiam opposuit?
qua accinctus et minax disertam quidem sed inexercitatam et eiusmodi
certaminum rudern Hei vidi sapientiam elusit; vgl. unten 294, 12), aber noch
unter Vespasian einflussreich (s. A. 2), jedoch J. 79 der Verschwörung
gegen ihn überwiesen und zum Tode getrieben. Vgl. A. Haakh in Pauly^s
Real-Enc. III. S. 207 f. Tac. hist. IV, 7 : esse illi (dem E. M.) pecuniam et
eloquentiam, quis multos anteiret, ni memoria flagitiorum urgeretur.
Vertheidigung des E. M. ib. 8. Vgl. noch unten 288, 8 E.
4. Quintil. X, 1, 118: eorum quos viderim Domitius Afer (f J. 59 n.
Chr., s. oben 271, 5) et lulius Africanus longo praestantissimi. . . hie
concitatior (als Afer), sed in cura verborum nimius et compositione non-
numquam longior et translationibus parum modicus. Vgl. ib. Xn, 10, 11
(oben 44, 2). Tac. dial. 15. Plin. Ep. VII, 6, 11. Quintil. VIII, 5, 16
(insigniter Africanus apud Neronem de'morte matris, J. 59 n. Chr.). Sein
Vater war wohl der im J. 32 verurteilte lulius Africanus e Santonis, gal-
lica civitate (Tac. A. VI, 7).
5. Quintil. X, 3, 13: patruus lulii Secundi fuit lulius Florus, in
eloquentia Galliarum (quoniam ibi demum exercuit eam) princeps, alioqui
inter paucos disertns.
6. Tac. Eist I, 90: in rebus urbanis Galerii Trachali (Cos. 821
a- 68 mit Silius Italiens) ingenio Othonem uti credebatur. et erant qui
TxüTFKL, BOm. Llteratargeiohiohte. 2. Aufl. 41
642
Die Kaiserzeit. Erstee Jahrhundert.
genns ipsum orandi noscerent crebro fori usu celebre et ad implendas po-
püli aures latmn et sonans. Qtdntil. X, 1, 119: erant clara et nuper in-
genia. nam et Trachalue plermnque sublimis et satis apertos fbit et quem
velle optima crederes, anditos tarnen maior; nam et yocis quantam in nollo
, cognoyi felicitas et pronnntiatio vel scenis Bufifectnra et decor, ornnia deni-
que ei qnae sunt extra saperfäenmt. Letzteres näher ausgeführt XU,
6, 5 f. vgl. 10, 11 (sonum Trachali). Veröffentlicht irar jedenfalls seine
Rede contra Spatalen (s. Anm. iE.). Vgl. noch Qointil. VI, 3, 78.
7. A. Fabricius Veiento (praetorins, Dio LXI, 6) wurde im J. 62 n. Chr.
angeklagt quod multa et probroaa in patres et sacerdotes composuisset iis
libris quibuB nomen Codicillorum dederat (Tac. A. XIV, 50). Also wohl eine
Satire in Prosa in der Form eines Testaments (vgl. oben 28, 4). Convictimi
Veientonem ItaHa depulit (Nero) et libros exuri iussit, conquisitos lectitatos-
que donec cum periculo parabantur (Tac. 1. 1.). Unter Domitian finden wir
ihn als niedrigen Schmeichler des Herrschers und Delator bei Juy. DI, 185.
IV, 113. 123 ff. VI, 113. Er erlebte noch den Nerva (Plin. Ep. IV, 22, 4 vgl.
IX, 13, 13).
8. L. Valerius Primanus, von Sueton (p. 99 Bffsoh.) nach Q. Curtius
Bufiis und vor Verginius Flavus unter den clari rhetores aufgeführt.
9. Tac. A. XV, 71: Verginium Flavum . . claritudo nominis ex-
. pulit (J. 65 n. Chr.) ; nam Verginius studia iuvenum eloquentia . . fovebat.
Unter Letzteren war ' auch der junge Persius Flaccus (vita Pers.)* In dem
suetonischen Verzeichniss von rhetores (Sueton. p. 99 Bffsch.) ist er der zehnte.
Quintil. ni, 1, 21: scripsit de eadem materia (Rhetorik) . . aetatis nostrae
Verginius. VII, 4, 40: Flavum^ cuius apud me summa est auctoritas, cum
Artem scholae tantum componeret etc. Er schloss sich dabei an griechische
Vorgänger an; s. ib. VII, 4, 24. Erwähnungen desselben ib. III, 6, 45.
IV, 1, 23. XI, 3, 126.
10. Hieronym. zu Eus. chron. a. Abr. 2063 »> Claud. 7 = 47 n. Chr.
aus Sueton (vgl. p. 99 Rffsch.): P'. Clodius Quirinalis rhetor Arelatensis Ro-
mae insignissime docet.
11. Hieronym. ib. ad a. 2064 = Claud. 8 » 48 n. Chr^: M. Antonius
Liberalis, latinus rhetor, gravissimas inimicitias cum Palaemone (oben 277,
3) exercet. Dagegen Liberalis noster aus Lugdunum bei Sen. Epist. 91, 1.
3. 13 scheint Aebutius Liberalis (oben 284, 4) zu sein.
12. Hieronym. ib. ad a. 2073 =» Neron. 3 »- 57 n. Chr.: L. Statins
Ursulus Tolosensis celeberrime in Gallia rhetoricam docet.
13. Vita Lucani: matrem hajbuit Aciliam , Acilii Lucani filiam, oratoris
(Sachwalter) operae apud proconsules (in Spanien) frequentis et apud claris-
simos viros non nullius ingenii. adeo non improbandus fuit ut in scriptis
aliquibuB hodieque perduret eins memoria.
14. Ueber Passienus Crispus den jüngeren s. oben 263, 5; über lunius
Gallio oben 263, 7; über Paetus Thrasea und Helvidius Priscus unten 294,
7 u. 12; über Cluvius Rufiis unten 308, 2; über Curiatius Matemus unten
312, 1; über Silius Italiens unten 314, 1; über den Vater den Statins un-
ten 312, 3.
292 f. Bedner (Yeiento n. a.) und Juristen. 643
16. üeber die rbetorisclien Schriften des L. Annaeus Comutns s. nn-
ten 294, 2.
293. Namhaftere Juristen dieser Zeit sind Proculus, nach28i
welchem die Proculianer ihren Namen hatten^ sowie der jün-
gere Nerva, der Vater des nachmaligen Kaisers Nerva, unter
den Sabinianem C. Cassius Longinus (Cos. 30 n. Chr.). Ein
jüngerer Zeitgenosse des Proculus ist Atilicinus, und auch Fu-
fidiuS; sowie Sex. Pedius, scheint dieser Zeit anzugehören.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2, 52: Nervae (oben 276, 2) successit Proculus.
fuit eodem tempore et Nerva filius (A. 2). . . sed Proculi aüotoritas maior fmt.
nam etiam plurimum potuit, appellatique sunt partim Gassiani (vgl. A. 3)
partim Froculiani. Dig. XXXYII, 14, 17 (Bescript der Divi fratres): Pro-
culum, sane non leyem iuris auctorem. Vgl. XViU, 1, 1, 1 (Sabinus et Cas*
siufl, . . Nerva et Proculus. . . verior Nervae et Proculi sententia). Voller
Name wabrscbeinlicb Sempronius Proculus; vgl. Dig. XXXI, 47 f. Budorff,
Zeitscbr. f. gesch. Eechtswiss. Xn. S. 336 — 339. Eine seiner juristischen
Schriften hatte Briefform (Anfragen und Antworten): Epistolarum libri,
mindestens 11 Bücher; s. Dig. XIX, 5, 12 und XXm, 4, 17: Proculus libro
XI epistolarum; vgl. A. 4 u. Dig. XVm, 1, 69. Ausserdem Proculus libro
in ex Posterioribus Labeonis (ib. XXXÜI, 6, 16), wohl identisch mit den No-
tae zu Labeo (ib. III, 5, 10, 1 und XXXY, 1, 69: apud Labeonem Proculus
notat; vgl. ib. XVII, 2, 65, 6). Im Ganzen sind von Proculus 37 Excerpte
in die Digesten aufgenommen. Zusammenstellung bei Hommel, Falingenesia
n. p. 389 — 396.
2. Pompon. 1. 1. (A. 1) 62: fuit eodem tempore et Nerva filius
(der Vater oben 276, 2). fuit et alius Longinus (als der A. 3 genannte)
ex equestri quidem ordine, qui postea ad praeturam usque pervenit. Dig.
UI, 1, 1, 3: qua aetate (pueritia, bis zum 17 ten Jahre gerechnet) aut
paulo maiore fertur Nerva filius et publice de iure responsitasse. XLI, 2,
47 : idque Nerva filius libris De usucapionibus retulit. Er war Proculianer.
Wohl anf ihn bezieht sich Tac. A. XV, 72: triumphale decus . . Cooceio
Nervae, praetori designato, . . tribuit (Nero, J. 66 n. Chr.).
3. Pompon. 1. 1. (A. 1) 51 : huic (dem Masurius, oben 276, 1) successit Gaius
Cassins Longinus, natus ex filia Tuberonis (oben 205, 1), quae fuit nep-
üs Servii Sulpicü (oben 171, 2 ff.), et ideo proavum suum Servium Sulpicium
appellat. hie consiil fuit cum Quartino (Surdino? Orelli 4033; J. 788 »»
30 n. Chr.) temporibus Tiberii, sed plurimum in civitate auctoritatis habuit,
eousque donec eum Caesar (Nero, J. 66 n. Chr., s. Suet. Ner. 37: Cassio
Longino iuris consulto ac luminibus orbato etc. vgl. Tac. A. XVT, 7. 9) ci-
vitate polieret, expulsus ab eo in Sardiniam, revocatus a Vespasiano diem
suum obiit. Vgl. Tac. A. XII, 11 (J. 49): Gaio Cassio, qui Suriae praeerat.
12: ea tempestate Cassius ceteros praeminebat peritia legom^ Xin, 41. 48.
XIV, 43 f. Gromat. vet. p. 403, 29: Cassius Longinus, prudentissimus vir,
iuris auctor. Plin. epist. VII, 24, 8: domus C. Cassi, huius qui Cassianae
Bcholae princeps et parens fuit (vgl. A. 1). Dig. IV, 8, 19, 2: Cassius senten-
41*
644 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
tiam magistri sui (des Sabinus, ygl. auch Arrian. Epict. IV, 3) bene excusat.
Auch er verfasste ein grosses Werk über das ins civile (Dig. VII, 1, 7, 3. 9, 6
und 70, 2: C. Cassins . . libro octavo iuris civilis; vgl. ib. XXXV, 1, 54: in
commentarüs Caii, und XL VI, 3, 78: in libris öaii), welches sein Schüler
Aristo commentierte nnd Javolenus Priscus in 16 Büchern excerpierte; ans-
serdem Anmerkungen zu Vitellius (Dig. XXXIII, 7, 12, 27: Cassins apud
Vitellium notat).
4. Dig. XXIII, 4, 17: Procnlns (A. 2) libro XI epistolamm. Atilicinus
Procnlo suo salutem. Folgt eine juristische Anfrage, worauf Proculus re-
Hpondit. Genannt wird er ib. X, 3, 6, 4 (Sabinus et At. responderunt).
XII, 4, 7 (Nerva, At. responderunt). XLV, 2, 17 (At., Sabinus, Cassius . .
aiunt). Inst. lust. II , 14 (Atilicino placnisse Paulus . . refert). Fragm. Vat.
77 (Atilicinum respondisse Aufidius — oder Fufidius, s. A. 6 — refert).
6. Dig. XXXIV, 2, 6 (aus Airicanns): apud Fufidium Quaestionnm libro
H ita scriptum est etc. XL, 2, 26 (aus Gajus): Fufidius ait; Nerva filius
(A. 2) contra sentit, quod verius est ' XLII, 5, 29 (aus Paulus): Fufidius
refert etc.
6. Sex. Pedius (Dig. IV, 8, 32, 20 u. IX, 2, 33 ans Paulus; ib. XXXIX,
1,5,9 aus ülpianus) , Verfasser eines Werkes in mehreren Büchern de sti-
pulationibus (Paul. ib. XII ,1,6: Pedius libro primo de st.) und eines grös-
seren, von mindestens 25 Büchern, ad edictum; s. Paul. ib. XXXVII, 1, 6, 2:
notis scriptae tabulae non continentur edicto, quia notas litteras non esse
Pedius libro XXV ad edictum scribit. In den notae Einsidlenses juristischen
Inhalts wird schliesslich auch aufgeführt S. P. M. und dieses aufgelöst Sexti
Pedii Medmani (nach Huschke's Verbesserung, aus Mcdma oder Medama in
Pruttium). Danach hätte er vor Probus (unten 295, 4) gelebt. Ans den
Dig. ersehen wir nur dass er nach Ofilius (Dig. XFV, 1, 1, 9 aus Ülpianus:
unde quaerit Ofilius, . . quam distinctionem Pedius probat) und (Masurius)
Sabinus (ib. L, 16, 13, 1 aus Ülpianus: ut Sabinus ait et Pedius probat),
andrerseits vor Julianus (ib. III, 5, 6, 9 — 11 aus Julianus: item qnaeritur
apud Pedium libro VTI etc,) und vor Pomponius (ib. IV, 8,1,4 aus Ulpian:
ut et Pedius libro VEI scribat. . . idem et Pomponius libro XXVIII, et
adicit etc.) geschrieben hatte. Vgl. Huschke, iurisprud. anteiust.' p. 67 f.
77. T^demann, de Pedio icto, Lugd. Bat. 1822.
282 294, Die Lehrer der Philosophie in dieser Zeit schrieben
meist griechisch. So Sextius^ Comutus^ Musonius RufuS; Epiktei.
Von diesen verfasste der einflussreiche Comutus auch rhetorische
und grammatische Schriften^ die uns theilweise in Auszügen erhal-
ten sind. Unter den Anhängern der Philosophie waren schriftstel-
lerisch thätig^ und in lateinischer Sprache^ ausser Celsus^ Papirius
Fabianus, ein Plautus, und besonders Seneca. Die besten Männer
wandten sich dem Stoicismus zu, weil er die Fähigkeit verlieh mit
Würde zu leben und mutig zu sterben. So lulius Kanus, Thrasea
Paetus, Barea Soranus, Rubellius Plautus, Helvidius Priscus,
293 f. Juristen. Philosophie: Comutus. 645
sowie die Dichter Persius und Lucanus. Da sie alle den Kund-
gebungen des Servilismus sich möglichst entzogen^ manche ihre
Abkehr davon freimütig aussprachen^ so wurde das stoische
Bekenntniss ein politischer Yerdachtsgrund. Nur P. Egnatius
Celer verband Stoicismus und Denuntiantenthum. Selten wird
jedoch die stoische Lehre von ihren Anhängern rein erhalten;
die einen schwächen sie ab zu einem Gomplex von Lehren
praktischer Lebensweisheit^ wie ausser Seneca auch Musonius
und Epiktet^ Andere steigern sie durch asketische Zuthaten aus
Pythagoreismus und kynischer Praxis, und um die Systematik
derselben kümmern sich die Wenigsten.
1. Ueber Sextius s. oben 261, 6 — 8.
2. Snidas s. v. Kogvovtog: AsntCvris (piXoaotpogy . . yeyovmg iv ^Peofijj
inl NBQtovog xal vQog avtov dvaiQsd'Blg avv t^ Movaovim (A. 3). iygaips
noXXa (piXoaofpd ts xal (ritoQind. Hieronym. chron. ad a. Abr. 2084 »i Ner.
14 a> 68 n. Chr.: Nero . . Cornutum philoaophom, praeceptorem Persii
(s. unten 297, 2), in exsilium fugat. Dio LXII, 29 CAwaiov Ko^ovtov
svdoHii^ovvxa tote ys inl naiSsCfjc), Philosophische Schriften nifog *A9ipf6-
d<oQov xal 'JifuttotsXriv y nsQl tijg tmv d'smv q^ücsrng, welche letztere Schrift
erhalten ist (Com. de natura deorum, ex schedis C. de VilloiBonis rec. et
comm. instr. Fr. Osann, Gotting. 1844), vielleicht ein Auszug des ursprüng-
lichen Werkes. Femer rhetorische: tsx^f^£ (ritOQiTMg in griechischer Sprache
und de figuris sententiarum in lateinischer (Gell. IX, 10, 5: Annaeus Cor-
nutus, homo sane pleraque alia non indoctus neque imprudens, in secundo
librorum quos de figuris seni composuiQ. Dazu grammatische. Gell. II, 6,
1: nonnuUi, grammatici aetatis superioris, in quibus est Comutus Annaeus,
haut sane indocti neque ignobiles, qui commöntaria in Yergilium compo-
suemnt, reprehendunt etc. Charis. L p. 127, 20 E. (aus lulius Bomanus) :
L. Annaeus Cornutus in Maronis commentariis X, ohne Zweifel identisch
mit ib. p. 125^ 16: Annaeus Comutus äd Italicum de Yergilio libro X; vgl.
O.Jahn, ed. Fers. p. XV— XIX. Ribbeck Proleg. Vergil. p. 123—128. Aus
seiner Schrift de enuntiatione vel orthographia Auszüge (aus der Zeit der
Antonine) bei Cassiod. p. 2281 ff. P. Vgl. W. Brambach, lat. Orthogr.
S< 30 f. Cormpt und unverständlich ist Charis. IL- p. 201, 12 E.: Annaeus
Cornutus libro tab. castarum patris sui. Zweifelhaft aber ist ob Comutus
auch Tragödien verfasst habe. Zwar heisst es in der vita Persii (p. 234 f. J.) :
cognovit per Cornutum etiam Annaeum Lucanum, aequaevum auditorem
Comuti. nam Comutus illo tempore tragicus fuit, sectae stoicae, qui libros
philosophiae reliquit. sed Lucanus etc. Indessen sind die Worte nam —
reliquit ein fremdartiger Zusatz, da über Comutus in der vita schon vorher
genauer gesprochen war, auch hier, bei dem unterrichte, seine Eigenschaft
als tragicus nicht in Betracht kam. Unglaublich ist jedoch dass diese
Worte ursprünglich (wie M. Hertz meint, de Scaevo p. 4 f. not. 4) sich auf
den nachher kurz genannten Seneca^ bezogen haben, da sie in ihrer un-
logischen Fassung nicht von Probus selbst herrühren können, ein späterer
646 I^ie Eaiserzeii Erstes Jahrhundert.
Grammatiker aber gewiss an Seneca die Eigenschaft als Tragiker nicht
vorangestellt h&tte. Im Allgemeinen G. J. v. Martini, disp. lit. de L. An-
naeo Comnto, Lngd. Bat. 1835. 0. Jahn, Prolegg. zu Pers. p. VIII— XXIY.
8. C. Musonius (Plin. Ep. III, 11, 6. 7) Bufus. Tac. A. XV, 71:
(Masonimn) Bufum claritado nominis expulit (J. 65 n. Chr. vgl. Dio LXII,
27: ^Povtpog Movümviog 6 ipiXoaotpoQ . . ifpvyaSBv&rj), nam . . Musonius
praeceptis sapientiae fovebat (invenee). XIV, 59: doctores sapientiae, Goe-
ranns graeci, Musonius tusci (aus Volsinii) generis. Hist. III, 81: miscuerat
se legatis (J. 69) Musonius Bufus, equestris ordinis, Studium philosophiae et
placita stoieorum aemulatus. Unrichtig daher Hieronym. ad a. Abr. 2095
(Froher, ad 2096), Tit 1 : Titus Musonium Bufum philosophum de exilio re-
voicat. Vgl. Dio LXVI, 13: ndvtag avti%ct tovg tpiloaoipovg 6 OvsaTcaaiccvogy
nXriv tov Movömviov, in ti^g 'Pmfirjg i^ißaksv (J. 71). VgL A. 8. Inschrift (Eph.
Arch. 3838, 3): tsQBvg 'AnoXXmvog JriXünj dux (ßiov) Movadviog 'Pov<pog. Dass
er in griechischer Sprache lehrte erhellt aus €^11. IX, 2, 8. XVI, 1 , 1 f. und
der Sammlung seiner Aussprüche Aber Fragen des sittlichen Lebens (cctto-
fuvriiiavBviutta MovatavCov) durch Lukios und (Valerius) Follio, -woraus Sto-
bäus Florileg. Vieles excerpiert hat. Vgl. E. Bohde, über Lucianos Aov%iog
S. 26 f. Anm. Das bei Gellius V, 1 von ihm Angeführte kann übersetzt
sein; aber das Wortspiel zwischen remittere und amittere animum (ib.
XVIII, 2, X) deutet auf ursprünglich lateinische Fassung. C. Musonii Buii
. . reliquiae et apophthegmata cum annot. ed. J. Venhuizen-Peerlkamp,
Harlem 1822. H. Bitter und L. Preller, hist. philos. graeco-rom. p. 438 ff.
J. J. Bäbler, im N. Schweiz. Mus. IV (Bern 1864) S. 28~-37. 0. Bernhardt,
zu G. Mus. Bufus, Sorau 1866. 4. E. Baltzer, Musonius, ein Charakterbild
u. s. w., Nordhausen 1871. 50 S.
4. Epiktet aus Hierapolis, bekannt durch seines Schülers Arrianos
*Ey%Bi^Cdiov 'EniKtijtov. Fr. Spangenberg, die Lehre Epiktets, Hanau
1849. 4. Winnefeld, die Philosophie des Ep., ein Beitrag zur Geschichte
des Eklekticismus der röm. Eaiserzeit, in Fichte*s Zeitschr. f. Philos. XLIX.
S. 1—32. 193—226. G. Grosch, die Sittenlehre des Ep., Wernigerode 1867. 4.
und vieles Andere.
5. Quintil. X, 1, 124: Plautus in stoicis rerum cognitioni utilis. Vgl.
oben 261, 9. üeber Celsus s. oben 275, 3; über Fabianus oben 261, 10 f.; über
Seneca oben 284, 4 u. 5; über den Epikureer Aufidius Bassus oben 272, 2.
6. Sen. de tranq. an. (dial. IX.) 14, 4: Kanus lulius, vir inprimis
magnus, cuius aämirationi ne hoc quidem obstat quod nostro saeculo natus
est, cum Caio (Caligula) diu altercatus, wurde von ihm zum Tode verur-
teilt. (9.) prosequebatur illum philosophus suus (zum Hinrichtungsplati).
. . promisitque (I. E.) si quid explorasset circumiturum amicos (nach seinem
Tode) et indicaturum quis esset animarum status.
7. P. (Fannius?) Thrasea Paetus aus Patavium, Schwiegersohn des
Caeoina Paetus, Gemahl der jüngeren Arria und Vater der Fannia die an
Helvidius Priscus (A. 12) vermählt war, Consular, von Nero J. 66 zum Tode
verurteilt. W. Teuffei in Pauly's Beal-Enc. VI, 2. S. 1898 f. A. S. Hoit-
sema, de P. Thr. P., Groningen 1852. G. Joachim, P. Valerii Paeti Thr.
vita, Lahr 1858. Dio LXII, 26: 6 Sifaaeag %al 6 JSoHfavog (A. 8), xtfl yi-
294. Muflonius, Thrasea u. a. 647
vov£ %al Ttlovtov tijg tb aviMaa'fig d^Btrig ig tu n^mtu dvrjKOvtsgf . . «»£-
^avov . . oTi TOiovrot ijaav, Tac. A. XVI ^ 21: ad postaremiim Nero virtu-
tem ipsam ezcindere concupivit interfecto Thrasea Paeto et Barea Sorano.
Er gehörte zu der aecta quae Tuberones et Favonios . . genuit (ib. 22).
Zum Tode verurteilt, war er maxime intentus Demetrio, cynicae institutio-
nis doctori (Sen. de benef. Vn, 8, 2: virum exactae . . sapientiae firmae-
que . . constantiae, eloquentiae vero eius quae res fortissimas deceat etc.
Verbannt unter Vespasian, Dio LXVI, 13). cum quo . . de natura animae
et dissociatione Spiritus corporisque inquirebat etc. (Tac. A. XVI, 34). Thra-
sea's Ideal war von jeher der jüngere Cato, dessen Leben er auch in einer
panegyrisch gehaltenen Schrift beschrieb, die dem Plutarch bei seiner
Biographie desselben als HauptqueUe gedient hat; s. Flut. Cat. min. 37
vgl. 26 und H. Peter, d. Quellen Plutarchs S. 66 f. 68.
8. Servilius Barea Soranus, cos. suff. 62 unter Claudius, gleichzeitig
mit Thrasea (A. 7) angeklagt und zum Tode getrieben. Dio LXn, 26:
Tov 2aoq(€V0v riovnUog 'Eyvariog KbIbq (aus Berytos) (piXoaotpog %atBif>Bv-
9o(U)CiftvQri6Bv, Tac. A. XVI, 32: cliens hie (P. Egnatius) Sorani et tunc
emptns ad opprimendum amicum auctoritatem stoicae sectae praeferebat,
habitu et ore ad ezprimendam imaginem honesti exercitus, ceterum animo
perfidiosus, subdolus etc. Juv. III, 116 ff. mit Schol. zu I, 33 (Soranum^
Baream Celer philosophus magister ipsius apud Neronem scelere delationis
occidit et ipse postea sub Vespasiano ob hoc ipsum Musonio Bufo accu- .
sante damnatus est) und VI, 662.
9. Bubellius Plautns . . placita maiorum colebat, habitu severe, casta
et secreta domo, Tac. A. XIV, 22 (wo ihm Nero J. 60 schreibt: esse illi
per Asiam avitos agros, in quibus tuta et inturbida iuventute frueretur).
ib. 67: Plautum . . veterum Bomanorum imitamenta praeferre, assumpta
etiam Stoicorum arrogantia sectaque, quae turbidos et negotiorum adpe-
tentes faciat. Von Nero gemordet J. 62, ib. 68 f. Fr. Wolffgramm, Bub. PI.
und seine Beurteilung bei Tac. und Juv., Prenzlau 1871.
10. H. Schiller, die stoische Opposition unter Nero; I, 1—3. Wert-
heim 1867 f. Garlsruhe 1869.
11. Vita Persii: usus est apud Comutum duorum convictu doctissi-
morum et sanctissimorum virorum, acriter tunc philosophantium , Glaudü
Agaturrini (Beinesius: Agathemeri) medici Lacedaemonii et Petroni Aristo-
cratis Magnetis, . . cum aequales essent, Comuti minores et ipsi.
12. Tac. Hist. IV, 6: Helvidius Priscus Carecinae municipio, Cluvio
patre, qui ordinem primi pili duxisset, (also von einem Helvidius adoptiert)
ingenium inlustre altioribus studiis (vgl. Gell. XIII, 10, 1 oben 260, 1)
iuvenis admodum dedit, non, ut plerique, ut nomine magnifico segne otium
velaret, sed quo firmier adversus fortuita remp. capesseret. doctores sapien-
tiae secutus est qui sola bona quae honesta, mala tantum quae turpia,
potentiam, nobilitatem ceteraque extra animum neque bonis neque malis
adnumerant (also dem Stoicisnms). quaestorius adhuc a Paeto Thrasea
(A. 7) gener delectus etc. 6: erant quibus adpetentior famae videretur;
. . ruina soceri in exilium pulsus ut Gralbae principatu (J. 69) rediit Mar-
cellum Eprium (oben 292, 3) delatorem Thraseae accusare adgreditnr«
648 Die Kaifierzeit. Erstee Jahrhundert.
. . primo minax certamen et egregiis utriosque orationibus teetatam etc.
Auch ein späterer Angriff auf Marcellus scheiterte, obwohl nicht, wie es
Tac. dial. 5 seinen Sprecher dessen Rolle gemäss darstellen lässt, in Folge
der überlegenen Beredtsamkeit des Marcellus; vgl. Hist. IV, 43 f. Prätor
J. 70. Als er auch unter Vespaeian das Oppositionmachen fortsetzte, theil-
weise allerdings in unmotivierter und demonstrativer Weise, riss diesem
endlich die Geduld: Uelvidius wurde verbannt und bald darauf, halb aus
Missverständniss, getödtet. Suet. Vesp. 15. Dio LXVl, 12 (Uifüfnog'EXovi-
Siog . . Toig atm'CTioCs doyfucöiv ivT(f<ttp6ig xul triv zov Bqucbov naQ^Jinücv
ov avv YMiq^ puiMVfiBvog etc.).
283 296. Auf dem Gebiete der Grammatik ist die bedeutendste
Erscheinung dieser Zeit M. Valerius Probus aus Berytos, wel-
cher sich die kritische Behandlung classischer Schriftsteller in
der Weise der Alexandriner zur Aufgabe machte. Namentlich
dem Lucretius, Yergilius^ Horatius und den Gedichten des Persius
wandte er seine Thätigkeit zu. Daneben erörterte er das alter-
thümliche Latein theils mündlich^ theils in Abhandlungen, von
denen die durch ihn selbst herausgegebenen theilweise Briefform
hatten. Von seiner Schrift de notis ist ein werthvoller Auszug,
die juristischen Abkürzungen enthaltend^ auf uns gekommen.
Andere Theile seines Nachlasses wurden von späteren Gramma-
tikern (wie Flavius Caper) benützt. Von ihm zu unterscheiden
ist der Probus welcher zu Anfang des vierten Jahrh. lebte und
von welchem ein grammatisches Lehrbuch (Ars vaticaua) uns
erhalten ist.
1. Sueton. gramm. 24 (als letzten von ihm behandelten, somit seiner
Zeit vorausliegenden, unmittelbar nach Bemmius Palaemon): M. Valerius
Probus Berytius diu centuriatum (Steup unwahrscheinlich: XXviratum)
petiit, donec taedio ad studia se contulit. legerat in provincia quosdam
veteres libellos (lateinische) apud grammatistam. . . hos cum diligentius
repeteret atque alios deinceps cognoscere cuperet . . in proposito mansit
multaque exemplaria contracta emendare ac distinguere et adnotare (vgl.
oben 41, 2) curavit, soll huic nee ulli praeterea granmiaticae parti deditus.
hie non tam discipulos quam sectatores aliquot habuit; numquam enim ita
docuit nt maglstri personam sustineret. unum et alterum vel, cum pluri-
mos, tres aut quatuor postmeridianis horis admittere solebat cubansque
\ inter longos ac volgares sermones legere quaedam, idque perraro. (Vgl.
A. 2.) nimis pauca et exigua de quibusdam minutis quaestiunculis edidit
(ausser jenen stummen Textausgaben), reliquit autem non mediocrem sil-
vam observationum sermonis antiqui. Diese CoUectaneen waren also von
ihm selbst nicht herausgegeben, wurden es aber wohl aus seinem Nachlasse.
2. Hieronym. ad a. Abr. 2072 »s Neron. 2 =» 66 n. Chr. (Amand. erst
^OlS): Probus Berytius eruditissimus grammaticorum Bomae agnoscitur.
295. Grammatik: Valerius Probus. 649
Nach Mariial (III, 2, 12 zu seinem Buche: ncc Probum timeto) scheint er
noch J. 88 gelebt zu haben (da es sonst ümeres hieese). Dazu stimmt dass
Gellius in seiner Jugend noch Schüler des Pr. hörte (A. 3), welche J. 70
geboren sein konnten. Auch Favorinus gehörte zu diesen (Gell. III, 1, 6).
Gell. IX, 9, 12: Valerii Probi, . . docti hominis et in legendis pensitandis-
que veteribus scriptis bene callidi. I, 15, 18 (grammaticum inlustrem). IV,
7, 1 (V. P. grammaticus inter suam aetatem praestanti scientia fuit). Auson.
epigr. praef. ad Syagr. 18 — 20: nomen grammatici merui, non tam grande
quidem quo gloria nostra subiret Aemilium aut Scaurum Berytiumve Pro-
bum. Id. profesB. 15, 12 (Scaurum Probumque). 20, 7 (grammatice ad
Scaurum atque Probum). Macrob. V, 22, 9 f. (Valerius Probus, vir pe«-
fectissimus, notat etc. quod tantum virum fugisse miror). Cassiod. de gramm.
p. 2321 P. (Palaemon, Phocas, Probus et Censorinus). Analecta gramm.
Vindob. p. 514 (ut est Probus et Caesar). Gräfenhan, Gesch. d. claes. Philo-
logie IV. S. 286—293. W. Brambach, lat. Orthogr. S. 31—37. J. Steup,
de Probis grammaticis, Jena 1871. 206 pp. Gegen dessen Unterscheidung
eines älteren (bei Suet.) und eines jüngeren noch berühmteren (bei Martial.
u. Gellins) Val.-Pr. kurz nach einander s. W. TeuflFel, Studien u. Char.
S. 442—445, vgl. Rhein. Mus. XXVII. S. 62 ff. u. 192.
3. Proben von des Val. Pr. mündlichen Erörterungen über den sermo
antiquusbei Gellius, der sie von familiäres (vgl. IX, 9, 12: memini audisse me
ex Valerii Probi discipulis) desselben (wie Annianus, s. d.) hatte; so I,
15, 18 u. III, 1, 5 f. (zu Sallust). yi, 7, 3—5 (Plautus u. Terenz). 9, 12
(Valerius Antias). XIII, 21, 1—8, und ib. 9: his tum verbis Probus . .
horainem dimisit, ut mos eins fuit erga indociles, prope inclementer. Auf
Schriftliches hingedeutet ist ib. VI, 9, 11 (über die Perfectform occecurri
Probus adnotavit et haec verba äpposuit). IV, 7, 1 ff. (Valerius Probus —
sprach Hannibälem, Hasdrubälem — teste epistula cius scripta ad Marcel-
liwi, in qua Plautum et Ennium . . eo modo pronuntiasse affirmat etc.).
XV, SO, 5 (ego cum Probi multos admodum commentationum libros adqui-
sierim neque scriptum in his inveni etc.). Solche commentatiönes (wohl
moist aus seinem Nachlasse) werden sein die über schwankende Deponentia
(unten A. 7), de inaeqnalitate consuctudinis (A. 7), Über verba communia
(Gellius XV, 13 nebst Eretzschmer de fönt. Gell. p. 86), «nd andere gram-
matische Erörterungen, s. A. 7.
4. Sueton. in dem Anecd. Paris, (zuerst herausgeg. von Th. Bergk,
Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1845, S. 85 ff.; abgedruckt bei Osann Anecd. Rom. p.
327 ff., Sueton. ed. Reiffersch. p. 137-^141 und A. Nauck, Lex. Vindob. p.
278 ff.): his (21 kritische Zeichen) solis in adnotationibus Ennii, Lucilii
et historicorum usi sunt Vargunteius (?), Ennius Aeliusque et postremo Pro-
bus, qui illas (item) in Vergilio et Horatio et Lucretio apposuit ut Homero
Aristarchus (p. 138 R.). Vgl. Steup p. 48 — 60. 88 ff. Diese Anwendung
kritischer Zeichen in seinen Ausgaben von Dichtem scheint den Probus
veranlasst zu haben überhaupt die notae — als Zeichen, Abkürzungen, wie
als Geheimschrift — zu behandeln. Gell. XVü, 9, 5: est adeo Probi gram-
matici commentarius satis curiose factus de occulta litterarum significatione
in epistularom C. Caesaris (oben 192, 8) scriptura. Die in iure civil! (und
650 Die Eaiserzeil Erstes Jahrhundert.
zwar in legibus et plel^iscitis, in legis acüonibus, in edictis perpetuis) ge-
bräuchlichen Abkürzungen (vgl. oben 86, 3) sind yerseichnet in der durch
mehrere Hdss. erhaltenen Abhandlung Valerii Probi iuris notarum (liber), ur-
sprünglich wohl ein Theil einer Schrift von V. Fr. de notis (antiquis) oder
de litteris singularibus (sie beginnt: est etiam circa perscribendas vel pau-
cioribus litteris notandas yoces Studium necessarium), aber am Schlüsse un-
vollständig und wohl Überhaupt in verküniter Grestalt auf uns gekommen.
Nichts findet sich in diesem Tractat was über die Zeit des Berytiers hinaus-
wiese, abgesehen von Interpolationen die sich in den schlechteren Hdss.
(nicht aber im Ambr. und Chigianus) finden. Am besten herfkusgegeben
durch Th. Mommsen in Keils gramm. lat. IV. p. 271 — 276, und nach ihm
in Huschke*8 iurisprud. anteiust. p. 64 — 70 » 68 — 77 ed. IL Vgl. Mommsen,
über M. Val. Pr. de notis antiquis, in den Berichten der sttchs. Ges. d. W.
1853, S. 91 — 134, und in seiner Ausg. p. 267—270. Huschke 1.1. p. 61 — 64
=» 63—68. Steup p. 135 f. Die Ordnung in dem von Probus herrührenden
Theile ist eine sachliche, systematische; dagegen in den späteren Ver-
zeichnissen von notae (den Lugdunenses, ex cod. Reginae, Magnonianae,
Lindenbrogianae, Vaticanae, Papianae und Einsidlenses,* zusammen ver-
öfiFentlicht dt|rch Mommsen bei Keil FV. p. 277 — 330) eine alphabetische.
Letztere stammen aus dem 15ten Jahrh. und bilden das Siglenverzeichniss
der ältesten Inschriftensanmiler (Th. Mommsen a. a. 0. S. 129 ff). Nur die
Einsidl. enthalten auch einen sonst nicht überlieferten Theil des alten Ver-
zeichnisses von Probus, s. Huschke iurispr. ■ p. 66—68. 74 — 77. Vgl. auch
W.Schmitz, Studien zur lat. Stenographie, I: die madrider Noten (21 S.),
und de Bomanorum tachygraphia (12 pp.), im Panstenographicon 1869.
5. Mündliche Erörterungen . des Probus über Vergil und dessen
Sprachgebrauch bei Gell. IX, 9, 12 ff. XIII, 21, 1 — 8. Die erstere Stelle
(vgl. Serv. Ae. IV, 418. IX, 814. XI, 554) zeigt dass sich Probus von blinder
Bewunderung fernhielt. Bei der Gestaltung des Textes in seiner Ausgabe
methodisches Verfahren, Zurückgehen auf die ältesten Quellen; s. Grell. XIU,
21, 4: in primo Georg., quem ego, inqoit (Probus), librum manu ipsius
(des Vergil) correctum legi. Anführungen aus dieser Ausgabe des Probus
bes. bei Servius, s. 0. Jahn's Pers. p. CXL— GL. Ribbeck, Proleg. VergiL
p. 136—149. Vgl. Steup p. 85—94. 99—125. So Serv. Ge. I, 277: Probus
orchus (Steup p. 84: orcus) legit, Cornutus vetat (Steup : putat) aspirationem
addendam (horcus). Handhabung der Kritik hauptsächlich mittelst der kri-
tischen Zeichen der Alexandriner (Bibbeck p. 149 — 163 vgl. A. Biese in
Fleckeisens Jahrb. 93, S. 868 — 874). Von der Beichhaltigkeit der Arbeiten
des Probus für Vergil (vgl. oben 220, la) gibt nur einen schwachen Be-
griff der unter seinem Namen erhaltene Oonmientar zu den Bucolica und
Georgica, dessen guter Kern auf Probus zurückgehen mag, aber durch eine
Menge fremdartiger schlechter Zuthaten fast erstickt ist. Herausgegeben
(aus einem verlorenen cod. Bobiensis) zuerst von J. B. Egnatius, Venet 1507
und seitdem öfter (vgL Keil p. V — XI), am besten von H. Keil, M. Valerii
Probi in Verg. Bu. et Ge. commentarius etc., Halle 1848 (p. 1—68). Wollen-
berg, de Probe carminum Vergil. editore, Berlin 1857. 4. A. Biese, de
commentario Vergiliano qui M. Valeri Probi dicitur (Bonn 1862) p. 15—32,
29Ö. Valerius ProbuB. 651
und dagegen Ribbeck, in Pleckeisens Jahrb. 87, S. 351 — 356 und Proleg.
Verg. p. 163—166. Steup p. 112 ff.
6. Ausser den Ausgaben des Lucretius und Horaz (A. 4) scheint
Prolöus auch von Terentius eine solche mit Anmerkungen veröffentlicht zu
haben; s. 0. Jahn Pers. p. CXL. Vgl. Steup p. 94 f. 97—99. Ueber seine
Thätigkeit für Persius s. unten 297, 1. Mit Unrecht hat G. Valla die von
ihm herausgegebenen Scholien zu Juvenal (in welchen z. B. zu I, 36 Trajan
genannt ist) diesem Probus zugeschrieben; s. 0. Jahn's Persius p. CLIV —
CIVIL Ueber Scholien zu Persius von einem angeblichen Probus ib. p.
CLVII f. Steup p. 127 f. Commentare zu Plautus und Sallust? Steup p.
130—133.
7. Die Erwähnungen des Probus (saec. I.) bei Charisius, Diomedes, Ser-
vius und Priscian sind ohne Zweifel alle aus dritter Quelle geschöpft,
wahrscheinlich aus Flavius Caper (Steup p. 190 — 200). Sie gelten vorzugs-
weise der Schrift de inaequalitate consuetudinis (Cbaris. IL p. 212, 7 E. a»
lulius Romanus), von welcher wohl Theile sind was Priscian V, 45 (p. 171,
14 f. H. : et apud Caprum et apud Probum de dubiis generibus) und X, 52
(p. 541, 19: Probus de dubio perfecto tractans ostendit Naevium protulisse
etc.) anführt. Vgl. ib. X, 46. p. 535: quod Probus usu Pomponii (oben 135,
4 f.) comprobat. Andere Erwähnungen gelten sichtlich vielmehr dem jüngeren
Probus (saec. IV), s. Steup p. 187 — 189. Vgl. A. 8. Und da dessen Ars
wohl öfters mit Diomedes in derselben Hds. vereinigt war, so wird Probus
auch mit Letzterem verwechselt (Steup p. 177—183. Rhein. Mus. XX VI. S.
317 f.), sowie mit Sacerdos (Steup, de Prob. p. 184—187).
8. Unter dem Namen Probus haben wir: a) ein Buch Catholica, in
kurzer Fassung, vom Nomen und Verbum handelnd (De catholicis Probi bei
Keil, gramm. IV. p. 3 — 43). Dieses ist identisch mit B. II von Sacerdos
(s. d.), so dasB sich fragt, wer der Verfasser sei, ob Probus oder Sacerdos?
Für Letzteren entscheiden sich Spengel, Lorsch, Steup. Wirklich wird in
dem Buche sacerdos auffallend oft als Beispiel eines nomen verwendet
(Steup p. 163 f.). Das erste Buch des Sacerdos wurde im Schulgebrauch und
in Hdss. theilweise durch die Ars des Probus (=: Ars vaticana) verdrängt
und dann der Name Probus auf das ganze Werk Übergetragen (ib. p. 168 f.).
Vgl. Pompej. bei Keil V. p. 166, 17 ff.: scripsit ad hunc locum (über die
genera der nomina) Probus unum librum. iste (Donatus) institutoriam
artem scripsit, non scripsit perfectis, sed ad eos qui volunt se perfectos
esse. Keil V. p. XVü— XXIV.
b) eine ebenso wortreiche wie triviale Bearbeitung der gesammten
Grammatik, zuerst J. 1833 von Mai (Auct. class. V. p. 153 ff.) ans einem
codex vaticanus herausgegeben und daher Ars vaticana oder gramma-
ticus vaticanus genannt, dann J. 1837 von Endlicher (aus Paris. 7519. saec.
XV) unter dem Titel Probi . . ars minor (Analetfta Vindob. I. p. 227 ff.), am
besten von Keil (IV. p. 47 — 192 vgl. p. XVlU) als Instituta artium; vgl.
Steup, Rhein. Mus. XXVI. S. 814 — 317. Sie stammt aus dem Anfang von
saec. rV (s. d.) und ist jedenfalls nicht von demselben Verfasser wie die
Catholica (H. Wentzel, de Probo p. 9 ff. Steup p. 142—147). Als Anhang
dazu gibt sich eine Appendix (bei Endlicher, Anal. p. 437 — 451, bei Keil
652 Die Kaiserzeit. Ereiea Jahrhundert.
IV. p. 193 — 204), welche in Manchem von jener Ars Probi abweicht, aber
mit Benützung derselben gearbeitet ist Von Werth ist besonders der dritte
Abschnitt (de orthographia) ; der vierte handelt de differentiis. Valerii Probi de
nomine excerpta (bei Endlicher^ Anal. p. 213—225, KeillV. p. 207—216) sind
aus verschiedenen grammatischen Schriften zusammengetragen und haben den
Namen Val. Prob, wohl davon her dass sie der Ars Probi beigeschrieben
waren (Steup p. 176 — 177). Dagegen bei der Schrift über die Endsilben
(de ultimis syllabis Über ad Gaelestinum), bei Keil IV. p. 219—264, beruht
die Beifügung des Namens Probus nur auf einer Vermutung ihres ersten
Herausgebers (Mediol. 1504) Parrhasius. Vgl. W. Freund in Jahn's Jahrbb.
V. 1832. S. 90 fF. Steup p. 138 f.
9. Vertreter der Ansicht welche zwei Grammatiker des Namens Probus
unterscheidet, den Berytier des ersten Jahrhunderts und den Verfasser
einer Ars im vierten Jahrb., sind F. Osann (Beiträge zur griech. und röm.
Lit. Gesch. II. S. 166 ff.), L. Lersch (in der Ztschr. f. d. Alt. Wisa. 1843,
Nr. 79 f.), 0. Jahn (Persius p. CXXXVI), H. Wentzel (de Probe artifice
latino, Oppeln 1867, p. 7 — 16), neuestens J. Steup (vgl, A. 2.). Vereinzelt
steht jetzt H. Keil, welcher .(gramm. lat. I. p. LH— LIV. IV. p. XVI— XXXI.
Symbola philol. Bonn. p. 93—100; Fleckeisens Jahrb. 95, S. 638—643)
die sämmtlichen Anführungen aus Probus wenigstens ihrem Kerne nach
auf den Berytier zurückführen wollte, indem dessen hinterlassene Schriften
später in die Form eines Lehrbuchs gebracht worden seien, in zwei Theilen,
wovon der eine (unter dem herkömmlichen Titel Instituta artium) von den
Buchstaben, Silben und acht Redetheilcn gehandelt habe, der zweite von
den Nomina und Verba (der Anfang bei Keil IV. p. 3 : quoniam instituta
artium sufficienter tractavimus, nunc de catholicis nominum et verborum
rationibus doceamus). Aber wenn es schon zweifelhaft ist ob aus obser-
vationes sermonis antiqui (s. A. 1) sich ein Lehrgebäude der Grammatik
hätte herstellen lassen, so ist diese ganze Ansicht hinfällig geworden durch
die Aufdeckung des Verhältnisses der Catholica zu Sacerdos; s. A. 8 (a).
10. unter Nero schrieb der ältere Plinius seine acht Bücher dubii
sermonis, s. Plin. Epist. HI, 5, 5 (unten 307, 2 u. 4).
284 296« Wahrscheinlich unter Claudius verfasst ist das epische
Lobgedicht auf den Consul Piso von einem unbekannten jungen
Dichter welcher in der Literatur der augusteischen Zeit wohl-
bewandert ist; die Mittel der Rhetorik mit Gewandtheit hand-
habt und seine Verse elegant und fiiessend zu bauen versteht.
1. Tac. A. XV, 48: is (C. Piso, t 65—818 d. St.) Calpurnio genero
ortus . . claro apud volgum rumore erat. . . namque facundiam tuendis
civibus cxercebat, largitionem adversum amicos et ignotis quoque, comi
sermono et congressu. aderant etiam . . corpus procerum, decora facies.
sed procul gravitas morum aut yoluptatum parsimonia. Diese Schilderung
triift vollständig zu auf den Piso des Panegyricus, aber nicht so dass sie
dafür das Thema gebildet haben könnte. Ebenso Schol. des Valla zu Juv.
y, 109: Piso Calphumius, ut Probus inquit, antiqua familia, scenieo habita
295 f. ValeriuB Probus. Lobgedicht auf Piso. 653
tragoedias actitavit, in latrunculonim Iubu tarn perfectus . . nt ad eum
ludentem concnrreretur. ob haec insinuatus G. Oaesari repente . . rele-
gatns est, qnia consuetudinem pristinae uxoris, abductae sibi ab ipso, de-
inde remissae, repetere. noluisse (überliefert ist repetita esse) existimaba-
tur. mox stib Claudio restitatus et post consulatum (in welchem Jahre,
ist unbekannt; 810 kann es nicht sein) matema hereditate ditatus magni-
ficentissime vixit, meritos sublevare inopes ex utrpqne ordine solitus, de
plebe vero certos quotannis ad equestrem censum dignitatemque provehere.
In Uebereinstimmung damit preist der Panegyricus seinen Calpnrnius Piso
als beredten Sachwalter vor den Centumvim wie in Criminalprocessen,
als Sprecher im Senat (z. 6. tu, reticente senatu, quem tua bis senos nu-
meraret purpura fasces, Caesareum grato cecinisti pectore numen, 69 ff.),
als freigebig, heiteren Gesellschafter, der seine Mussestunden mit Yerse-
machen (v. 151 ff.), Saitenspiel und dem Bretspiel (latrunculorum lusus)
auszufüllen pflege. Daraus dass bei der ausführlichen Rechtfertigung (oder
Entschuldigung) von Piso's Musicieren (v. 167 ff.) Nero's Vorgang nicht
mit angeführt wird ist zu schliessen dass dieser noch nicht vorlag. Irgend
etwas das über die Zeit des Claudius hinaus weisen würde findet sich in
dem Gedichte nicht.
2. Anständig, wenn auch nicht sehr glaubwürdig, versichert der Ver-
fasser (207 ff.), nicht divitis auri imperiosa fames habe ihn zur Besingung
des reichen und freigebigen Piso veranlasst, sed laudis amor. Jugend
.V. 248 f. : quamvis nunc iuveuile decus mihi pingere malas coeperit et non-
dum vicesima venerit aestas. Eenntniss und Erwähnung der augusteischen
'Dichter, des Vergil, Horaz, L. Varius, Melissus (227 f.), Ovid; Reminiscen-
zen aus Horaz (130 f.) und Ovid (203). Diesen gemäss sagt er v. 6 desset.
Nicht von der Heerstrasse aufgelesen ist die hasta der decem viri welche
den Centumvim präsidieren (41 f.). Auch der Versbau ist derselbe wie
bei den sorgfältigsten Dichtern: die Cäsur correct und manchfaltig (Ver-
bindung von T^t^fi. und Btp^y^, mit rqCx, tqo%. 14mal in 261 Hexametern),
die Verschleifungen selten (atque illos 24, quare age 259=^81) und nur
im ersten Fusse.
3. Der Name des Verfassers ist nicht überliefert, und die Versuche
ihn zu ermitteln sind alle gescheitert. Auch der relativ wahrscheinlichste,
die Vermutung dass es der Bukoliker Calpumius (unten 301) sei (M. Haupt,
de carm. bucol. p. 26 f.), steht auf schwachen Füssen. Vgl. C. F. Weber
(1859) p. 14 f. Dass das Gedicht von keinem Späteren angeführt oder
benützt wird (wenn es nicht dem Probus vorlag, s. A. 1) erklärt sich aus
dem eng Persönlichen seines Inhalts.
4. Aelteste bekannte Handschrift die von Jos. Scaliger benützte Pa-
riser Notre-Dame 188 aus der ersten Hälfte von saec. XIE, welche in allem
Wesentlichen mit dem von Junius benützten Atrebatensis (A bei Weber)
übereinstimmt; s. E. Wölfflin im Philologus XVH. S. 340 ff. Damit be-
seitigt sich von selbst die auch sonst haltlose Versetzung des Gedichts ins
sechszehnte Jahrhundert.
5. Editio princeps von Sichard (Basil. 1527) an Ovidii opera nach
einer wahrscheinlich aus der Abtei Lorsch (bei Manheim) stammenden
654 Dio Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Handschrift Sonst auch an Ausgaben des Luoanus, e. B. yon G. C!orte
(Lips. 1726). Bearbeitong von Hadr. Jnnins, Animadversorum libri VI
(Basel 1656) p. 249 fP. In Wemsdorfs poetae latt. min. IV. p. 236—282,
vgl. ib. p. 36—48. 72—74; in W. E. Webers corpus poett. lat. p. 1411 —
1413. Sonderausgaben von J. Held (incerti auctoris etc., Breslau 1881. 4.),
G. Beck (Statu ad Pis. poemation, Ansbach 1885), G. F. Weber (incerti
auctoris Carmen panegyricum in Pis. cum prolegomenis et adnotatione
critica, Marburg 1859. 44 pp. 4.).
6. Üeber den Verfasser und das Gredicht s. G. F. Webers prolegomena
und J. Mähly in Fleckeisens Jahrb. 85, S. 286 — 289. Beiträge zur Kritik
von M. Haupt (de carm. buc. 1854, p. 37 und im Hermes HI. p. 211 f.),
G. F. Weber (annotationes ad etc. Marburg 1860. 12 pp. 4.), J. Mähly
(a. a. 0. S. 289—294).
297, Unter den Dichtem der neronischen Zeit verfasste
der jugendlieh unreife, aber edelgesinnte A. Persius Flaccus
(J. 34 — 62 n. Chr.) aus Yolaterri^, neben Anderem was ver-
lorengieng, sechs Satiren, von welchen die meisten versificierte
Abhandlungen über stoische Sätze sind, in der Manier der
Stoiker und mit ausgedehnter Benützung horazischer Wendungen
und Gestalten. Die üeberladenheit und Greschraubtheit welche
zur Manier der Zeit gehört ist in diesen Satiren bis zur Dunkel-
heit gesteigert.
1. üeber das Leben des Persius s. die vita Aulis Persii Flacci, de com-
mentario Probi Yaleri sublata^ in 0. Jahn's Ausgabe des Dichters (1843) p.
233 — 238 und in ReifTerscheids Sueton p. 72 — 76 , und dazu die Erörterungen
von Jahn ib. p. CL — CLII, Eeifferscheid p. 394 — 398, Steup de Probis
p. 125 — 130. Dass unter commentarium ein Gominentar (Anmerkungen)
zu den Satiren gemeint sei behauptet Jahn, bestreitet Beifferscheid;
Steup vermittelt dahin dass es entnommen sei ai^s einem biographischen
Vorworte zum Commentar, ähnlich wie bei Vergil.
2. Vita: Aules Persius Flaccus natus est prid. non. decembr. Fabio
Persico, L. VitelHo coss. (4. Dec. 787 = 34). decessit VIII kal. decembr.
Bubrio Mario, Asinio Gallo coss. (24. Kov. 815 = 62). natus in Etruria
Volaterris.eques rom. . . decessit autem vitio stomachi anno aetatis XX V 111.
(sepultus est) ad VIII miliarium via Appia in praedüs suis. Hieronym. a.
Abr. 2050 =s Tiber. 21 =» 34 n. Chr. : Persius Flaccus satiricus poeta Vola-
terris nascitur; und ad a. 2078 (Freher. ad a. 2079) » Neron. 8 =» 62 n.
Chr.: Persius moritur anno aetatis XXIX. — Vita: pater eum Flaccus pu-
pillxmi reliquit moriens 'annorum fere sex. Seine Mutter Fulvia Sisennia.
. . studuit Flaccus usque ad annum Xn aetatis suae Volaterris, inde Romae
apud grammaticum Bemmium Palaemonem (oben 277, 3) et apud rhetorem
Verginium Flavum (oben 292, 9). cum esset annorum XVI amicitia coepit
uti Annaei Cornuti (oben 294, 2), ita ut nusquam ab eo discederet; indu-
ctus (ab eo) aliquatenus in philosophiam est. . . coluit ut patrem Servilium
297. Penins Floccus. 655
Nonianmn (oben 286, 2). . . idem decem fere annis summe dilectos a Paeto
Thrasea (oben 294, 7) est, . . cognatam eins Arriam nxorem habente. . . sero
cognovit et Senecam, sed non ut caperetor eins ingenio. . . fuit monun
lenissimorum , verecnndiae virginaüs, formae polcrae, pietatis erga matrem
et sororem et amitam ezemplo snfficientiB.
3. Vita: et raro et tarde scripsit. bnnc ipsum librom (die 6 Satiren
für welche die vita als Einleitung verwendet wurde) imperfectum reliquit.
versus aliqui dempti sunt ultimo libro, ut quasi finitus esset, leviter re-
tractavit Comutns et Caesio Basso (unten 299, 1) petenti ut ipsi cederet
tradidit edendum. scripserat in pueritia Flaccus etiam praetextam Yescio
(Vescia nach M. Hertz, der es auf den üeberfall von Yescia bei Liv. IX, 25
bezieht; nescio quam Eibbeck), et *OdoinoQifimv librum unum, et paucos in
socrum Thraseae, in Arriam matrem, versus, quae se ante virum (Caecina
Paetus) occiderat. omnia ea auctor fuit Comutus matri eins ut aboleret.
editum librum continuo mirari homines et diripere coeperunt. Vgl. Qxdntil.
X, 1, 94 (multum et verae gloriae quamvis uno libello Persius meruit).
Martial. IV, 29, 7 (oben 238, 8).
4. Vita: lecto Lucilii libro X vehementer satiras componere institnit,
. . sibi primo, mox Omnibus detracturus, cum tanta recentium poetarupi et
oratorum insectatione ut etiam Neronem . . culpaverit (s. oben 281, 8).
Diese insectatio geschieht in Sat. I und dem ihr voranstehenden Prolog in
(14) Hinkiamben. Sie ist die einzige eigentliche Satire des Persius xmd
handelt von dem Geschmacke der Dichter und des Publicums in seiner Zeit.
Die übrigen sind Declamationen über Sätze der stoischen Lehre, voll dra-
matischer, oft ans Burleske streifender Sceuen, welche an Sophron erinner-
ten; s. Laur. Lyd. de magistr. I, 41 (oben 28, 2). Alle aber sind mit horaz-
ischen Federn behangen. Wie die Personeü bei Persius, soweit sie nicht
blose Schatten oder Eategorieen sind, grösstentheils aus Horaz oder Luci-
lins stammen, so hat er auch zahlreiche (bedanken, Bilder und Ausdrücke
dem Horaz entnommen, nur meist durch eigene Zuthaten ins Irrationelle
oder Geschmackswidrige verzerrt. Vgl. Casaubonus, Persiana Horatii imita-
tio, z. B. in Dübners Ausg. des Pers. p. 344—367. Seine Sprache ist durch
die gesuchte Kühnheit seiner Metaphern, Tropen und Beiwörter, die Selt-
samkeit seiner Zusammenstellimgen, die Manier des Hineingeheimnissens,
zum Theil wohl auch in Folge von schriftstellerischer Ungewandtheit des
Verfassers, zu einer fast unleidlichen Dunkelheit gelangt. Vgl. W. Teuffei,
Studien und Charakt. S. 400—409.
6. Da Persius das ganze Mittelalter hindurch wegen seiner ethischen
Strenge bewundert wurde, auch der Umfang seiner Satiren so klein ist, so
sind von ihnen zahllose Handschriften vorhanden. Aufzählung derselben
in 0. Jahns Ausg. (1843) p. CLXXIII— CCXTV. Die ältesten und wichtigsten
sind zwei von Montpellier saec. IX (C) und X (A), letztere mit der subscrip-
tio: Flavius lulins Tryfonianus Sabinus v. c. . . temptavi emendare sine
antigrapho meum et adnotavi Barcellonae coss. . . Arcadio et Honorio Q.
(J. 402), s. 0. Jahn 1. 1. p. CLXXIV— CLXXXI. CXCH f. und Berichte der
Sachs. G. d. W. 1851, S. 382 f. Dieselbe wiederholt sich in einem cod. Vatic.
(B). Auch diese Hdss., wie alle von den Satiren des Persius, wimmeln von
656 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Fehlern in Folge davon dass ihre Urheber das was sie schrieben selber
nicht verstanden. Um so weniger kommen Interpolationen vor. A. Kissel,
Persii codicum mss. Leidensinm collatio, una cum animadvers. in eius sa-
tiram I, Zalt-Bömel 1848. 100 pp. Ueber eine Wiener Hds. saec. X mit
Glossen und Schollen s. A. Göbel im Philologus XIY. S. 170 ff. 879 ff. vgl.
XV. S. 128 — 135, und im Conitzer Programm von 1859. 4. M. Zillober,
eine neue Hds. des Pei*s., Progr. d. Stephan-Gymn. in Augsburg 1862. 4.
6. Die Schollen zu den Satiren des Persius (abgedruckt am besten
in 0. Jahn's Ausg. von 1843, p. 245 — 350) tragen die Ueberschrift: (Annei)
Cornuti commentum, sei es dass der Verfasser wirklich Comutus hiess oder
sein Machwerk nur mit dem Namen des Lehrers von Persius empfehlen
wollte. Er hat aus älteren Glossen und kürzeren Schollen einen fortlaufen-
den Commentar zusammengeflickt, der meist trivial, oft sogar albern ist.
Eher dürfte er dem karolingischen Zeitalter angehören (0. Jahn p. CXUI ff.)
als (wie E. F. Hermann annahm, lectiones Pers. I, Marb. 1842, und Analecta
de aetate et usu schol. Pers. , Grotting. 1846. 4.) der Zeit vor Isidor (J. 636).
Ob irgend etwas darin auf commentationes des Probus zurückgeht (vgL A. 1)
ist zweifelhaft. Eine Auswahl aus diesem Commentar sind die glossae Pi-
thoeanae (Jahn p. CLXIV— CLX VI).
7. Editio princeps ums J. 1470 fol. in Rom, meist mit Juvenal; die be^
deutendsten späteren Ausgaben sind die von B. Fontius (Venet. 1480 fol.), J.
Britannicus (zuerst Brix. 1481 fol.), N. Frischlin (Basel 1582. 4.), P. Pithoeus
(Paris. 1585), E. Vinetus und Th. Marcilius (Paris. 1601. 4.), Is. Casaubonus
(zuerst Paris. 1605. 4.; zuletzt, mit vielen Zusätzen, von Fr. Dübner, Lips.
1833), König (Gotting. 1803), Fr. Passow (Thl. I, Leipzig 1809), Achaintre
(Paris 1812), E. W. Weber (Lips. 1826), Fr. Plum (Kopenhagen 1827), J. C.
Orelli (Eclogae poett. latt., Zürich 1833), F. Hauthal (ThL I, Leipzig 1837),
und besonders 0. Jahn (cum scholiis antiquis ed., Lips. 1843; Textausgabe
Lips. 1851, und, mit Juvenalis und Sulpicia, recogn. Berol. 1868). Auch
C. F. Heinrich*s Vorlesungen über Pers., herausgg. von 0. Jahn, Leipzig
1844. Text (mit Juvenal) auch von C. Fr. Hermann, Lips. (Teubner) 1854.
Edited bj A. Pretor, London 1869.
Uebersetzungen z. B. von Nasser (Kiel 1807), J. J. C. Donner (Stuttgart
1822), W. E. Weber (Bonn 1884), Fr. Passow und F. Hauthal (a. a. 0.), H.
Düntzer (Trier 1844), W. Teuffei (Stuttgart 1844. 200 S. 16.; umgearbeitet
in den Class. d. Ali, Stuttg. 1857).
8. Ueber Persius z. B. Nisard, ätudes sur les poätes latins de la da-
cadence (Paris 1834) I. p. 237 — 311. 0. Jahns Prolegomena und in Ersch
und Gruber's Encycl. IE, 18. S. 33—38. W. TeuffeFs Einleitung zur Ueber-
setzung (Studien u. Charakt. S. 396 ff.). C. Martha, un poäte stoicien, Re-
vue des deux mondes September 1863, p. 291 ff. Breuker, A. Persius und
seine Zeit, Mors 1866. 21 S. 4.
Fr. Knickenberg, de ratione stoica in Pers. satt, apparente, Münster
1867. ' 122 pp.
W. Pierson, die Metaphern des Persius, Rhein. Mus. XJI. S. 88 — 98.
B. Erdmann, observationes aliquot grammaticae in Pers. satiras, Wittenberg
1866. 4. J. Schlüter, Quaestiones Persianae, Münster 1857.
297 f. Persius Flaccus. Lucanus. 667
9. .Zu Sat. I 8. A. Kissel (A. 6), F. Hand (Jena 1850. 4.), H. Lehmann
(Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1852, Nr. 25 f.). Zu Sat. II s. H. Lehmann im Philo-
logus VI. S. 431 — 446 vgl. E. Gropius in Fleckeiaens Jahrbb. 101, S. 390
—392; zu IV Häckermann in Jahns Archiv XVIII. S. 390 — 410; zu V H.
Lehmann (Greifswald 1855. ^4pp. 4.) und Handrick (Torgau 1846. 4.; Ueber-
setzung Torgau 1853. 4.).
298. Dem Persius geistesverwandt und befreundet war Se-286
neca's Neffe M. Annaeus Lucanus, für die Kürze seines Lebens
(J. 39 — 65) ein fruchtbarer Schriftsteller auf verschiedenen Ge-
bieten, in Prosa und Versen. Erhalten ist seine Pharsalia in
zehn Büchern, ein nicht zu Ende gebrachtes Epos über den
Bürgerkrieg zwischen Pompejus und Caesar, historisch genau,
aber mit entschiedener Parteinahme für Pompejus, dessen Sache
für ihn die von Rom's Freiheit und Grösse ist. Die Behandlung
ist sehr rhetorisch, voll Beschreibungen, Reden und Sentenzen;
die Darstellung künstlich pathetisch; das Ganze unreif, aber von
Talent und hochstrebendem Sinne zeugend.
1. Vitae des Lucanus sind zwei überliefert, die eine (in Reifferscheids
Sueton p. 50 — 52) am Anfang lückenhaft und dem Dichter abgeneigt, mit
Hieronymus Auszug übereinstimmend und daher wahrscheinlich von Sueton;
die andere (in Reifferscheids Sueton p. 76 — 79) vollständig, weitschweifig,
den Lucanus bewundernd und in Schutz nehmend, wahrscheinlich von dem
expositor Lucani, dem Grammatiker etwa des sechsten Jahrh. Vacca; s. C.
F. Weber, vitae. M. Annaei Lucani coUectae, Part. I (Marburg 1856. 4.).
Beifferscheid 1. 1. p. 392 — 394. Dazu die Nachrichten bei Tacitus und des
Statins genethliacon Lucani (Silv. H, 7). Lucani vita per annos digesta
von C. P. Weber 1. 1. Part. II, Marb. 1857. 4.; spätere vitae aus Hdss., ib.
1858. 4. (Part. III.) De suprema Lucani voce, ib. 1857. 4.
2. Vacca: M. Annaeus Lucanus patrem habuit M. Annaeum Melam . .
Cordubensem, equitem rom. . . notum Romae et propter Senecam &atrem
. . et propter studium vitae quietioris. . . matrem habuit et regionis eius-
dem et urbis Aciliam (oben 292, 13). . . natus est UI non. novembr. C.
Caesare Germanico II, L. Apronio Caesiano coss. (3 Nov. 792 =^ 39 n. Chr.).
. . octavum mensem agens Romam translatus est. . . a praeceptoribus tunc
eminentissimis est eruditus (vgl. vita Persii: cognovit per Comutum etiam
Annaeum Lucanum, aequaevum auditorem Comuti. Lucanus mirabatur
scripta Flacci etc.). declamavit et graece et latine cum magna admiratione
audientium.
3. Suetonische vita: prima ingenii experimenta in Neronis laudibus
dedit quinquennali certamine. . . revocatus Athenis a Nerone cohortique
amicorum additus atque etiam quaestura honoratus (sacerdotium etiam ac-
cepit auguratus, Vacca) non tamen permansit in gratia (wovon der Verfasser
die Schuld auf Seiten des Dichters und seiner verletzten Autoreneitelkeit
findet, Vacca aber in Nero's Eifersucht auf Lucan^s poetische Erfolge, s.
Tkuffbl, Böm. Literalargesohichte. 2. Aafl. 42
658 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
A. 4). . . sed et famoso carmine cum ipsum (Neronem) tarn potentiasimos
amiconim graviBsime proscidit. ad extremum paene signifer Pisonianae con-
iurationis extitit. . . verum detecta couiuratione nequaquam parem animi
eonstantiam praestitit (vgl. Tac. A. XV, 56. 70). . . impetrato autem mortis
arbitrio libero . . bracfaia ad secandas venas praebnit medico (vgl. Hieronym.
ad a. Abr. 2079 = Ner. 9 = 63 n. Chr. — cod. Freher. erst ad a. 2080 — :
M. Annaeus Lucauus Cordubensis poeta in Pisoniana coniuratione deprehen-
8U8 brachium ad secandas venas medico praebuit. Yacca: sua sponte coa-
ctus vita excedere venas slbi praecidit periitqne pridie kal. mai. Attico
Vestino et Nerva Siliano cob8. »» 30. April 818 =» 66 n. Chr.). poemata eius
etiam praelegi memini, confici vero ac proponi venalia non tantum operose
et diligenter sed inepte quoque.
4. Vacca: et certamine pentaeterico acte in Pompei theatro laudibus
recitatis in Neronem fuerat coronatus et ex tempore Orphea scriptum (in
Hexametern) in experimentum adversum complures ediderat poetas et tres
libros (der Pharsalia) quales videmus. quare inimicom sibi fecerat impe-
ratorem. quo . . interdiotum est ^ poetica (vgl. Tac. A. XV, 49: famam
carminum eius premebat Nero prohibueratque ostentare, vanus adsimnla-
tione; Dio LXII, 29), interdiotum etiam causarum actionibus. . . extant
eius complures et alii (libri), ut Iliacon (Stat. Silv. II, 7, 54 — 56; R. Ünger,
quaestio de Lucani Heliacis, Friedland 1858. 4.J, Satnmalia (daraus Martial.
X, 64, 6?), Catachthonion (vgl. Stat. Sily. II, 7, 57), Süvarum X, tragoedia
Medea imperfecta, salticae fabulae XIV (vgl. oben 8, 1 £.), Epigrammata
(?die codd.: appämata und et ippamata; M.Hertz jQdfitttoc); prosa oratione
in Octavium Sagittam (Tac. A. XHI, 44. Hist. IV, 44) et pro eo (Stilübung),
de incendio urbis, Epistolarum ex Campania, non fastidiendi quidem omnes,
tales tamen ut belli civilis (Phars.) videantur accessio. Dazu adlocutio ad
PoUam (seine Gattin Argentaria PoUa) nach Stat. Silv. II, 7, 62 f. R. Unger,
de Lucani carminum reliquiis, Friedland 1860. 4.
5. Quintil. X, 1, 90: Lucanus arden» et concitatus et sententiis claris-
simus et, ut dicam quod sentio, magis oratoribus quam poetis imitandus.
Minder treffend ist eine alte (vielleicht durch Sueton verbreitete) Ausstel-
lang an Lucan. Serv. Aen. I, 382: Lucanus ideo in numero poetarum esse
non meruit quia videtur historiam composuisse, non poema. Fast wörtlich
übereinstimmend Isidor. Orig. VIII, 7, 10. Schol. Phars. 1,1: ideo Lucanua
dicitur a plerisque non esne in numero poetarum quia omnino historiam
sequitnr, quod poeticae arti non convenit. Ebenso Jomand. get. 6. Auf
ihn zielt ohne Zweifel schon Petron. Sat. 118: belli civilis ingens opus quis-
quis attigerit, nisi plenus Utteris, sub onere labetur. non enim res gestae
versibus comprehendendae sunt, quod longo melius historici faciunt, sed etc.
Vgl. Martial. XIV, 194: Lucanus. Sunt quidam qui me dicant non esse
poetam, sed qui me vendit bibliopola putat. Der Stoff ist in der Pharsalia
allerdings massiger aufgenommen als sich vollständig verarbeiten liesa.
Aber der Hauptfehler ist die declamatorische Behandlung, die Leidenschaft
für Beschreibungen, womit die Grenzen des Masses und Geschmackes nicht
selten überschritten werden. So die Schauerbilder am Schlüsse von B. III
und von VI, 530 an, sowie VII, 839 ff. IX, 735 ff. Sentimentale Rhetorik FV,
298. Lucanus. 659
168 ff. Fast ovidische Ausmalung der Sehnsucht Comelia's nach ihrem Gat-
ten Pompejus V, 806 ff. Unnütze Schaustellung geographischer und mytho-
logischer Gelehrsamkeit III, 169 ff. IV, 593 ff. 677 ff. VI,, 330 ff. X, 193 ff.
6. Der Stoff ist fortgeführt bis zur Belagerung Caesars in Alexandria;
aber schon der authentische (IX, 983: PharsaJia nostra vivet etc.) Titel des
Werks zeigt dass die Absicht war es bis zur Schlacht bei Pharsalos fort-
zusetzen. Die ersten drei Bücher wurden von Lucan selbst herunsgegeben
(s. A. 4), und zwar zu einer Zeit wo er mit Nero noch gxxt stand; daher
I, 33 — 66 die Lobpreisung desselben mit obligater Hindeutung auf seine
künftige Apotheose (anders freilich als VII, 456 ff.). Indessen eine Verschie-
denheit der politischen Ansicht und Richtung (A. Preime p. 12 ff.) zwischen
den ersten drei Büchern und ihrer Fortsetzung lässt sich desswegen doch
nicht behaupten. Schon in jenen tritt die Vorliebe für Pompejus (11, 453 ff.
519 ff. 732 ff.) und Cato nebst Brutus (II, 234 ff.), sowie die Abneigung ge-
gen Caesar (II, 439 ff. III, 82 f.) unverkennbar hervor. Nicht eine andere
Gesinnung spricht der Dichter in den späteren Büchern aus, wohl aber die
gleiche mit noch grösserem Freimut, ja Bitterkeit und Feindseligkeit. Des
Pompejus Sache ist kurzweg die des Rechts und der Freiheit (z. B. VI, 139.
259. Vn, 579 ff.), wogegen die des Caesar consequent als scelus bezeichnet
wird (z. B. VTI, 751. vgL auch IV," 188. V, 242. 261 ff. 390 ff. VI, 147 f. 298 ff.
VII, 40. 168 ff. 243. 558 ff. 761. 777 ff. VIII, 782. 834). Caesar's Sieg ist die
Ursache nicht nur des Untergangs der Freiheit (VII, 483 ff. 639 ff. 696 f. IX,
204 ff. 252 f.) sondern auch des Schwindens von Roms Macht und GrÜsse
nach aussen (VII, 427 ff.). Auch wo Caesar unzweifelhaft edel gehandelt
hat wird es ins Gegentheil verkehrt (VII, 798 ff. 'IX, 1084 ff.), und seine
Ermordung gerechtfertigt und gepriesen (VII, 593 ff. vgl. VIII, 609. X, 838 ff.
523 ff.). Er ist der negative Held des Epos, und ihm wird daher höhnisch
Unsterblichkeit verheissen (IX, 981 ff.). Wie an ihm lauter Schatten, so
ist an Pompejus alles Licht (vgl. bes. VIU, 841 ff., auch V, 1 ff . VI, 799 ff.
VII, 28 ff.), so sehr dass an ihm sogar der Landesverrat Preis findet (VIII,
232 ff.). Ueber ihn geht dem Dichter nur sein Cato (IX, 697 ff. vgl. ib.
187 ff. 254 ff. 663 ff.). Das stoische Bekenntniss Lucans tritt oft hervor,
z. B. VII, 814 ff. IX, 302 f. 572 ff. X, 265 f. 413 f. Epikureisch klingende
Aeusserungen (wie VII, 446 ff. 465 f.) sind Ausbrüche der Verzweiflung 'an
dem Walten einer gerechten Gottheit (vgl. HI, 449). Direct gegen Nero
gerichtet ist IX, 983 ff. Andere freimütige Aeusserungen IV, 807 ff. 823.
V, 386. VI, 269. VII, 210. 433 ff. 456 ff. VIII, 672. IX, 262 f. 600 ff. X, 24 ff.
7. Dass das zehnte Buch nicht vollendet ist zeigt schon sein Umfang,
der um mindestens 200 Verse hinter den übrigen Büchern zurücksteht.
Aber auch B. IV — IX wurden nicht von Lucan selbst herausgegeben, son*
dem erst nach seinem Tode von einem Angehörigen oder Freunde (Genthe
p. 75 — 82). Uebrigens können diese trotzdem von Lucan nach ihrem Ab-
schluss öffentlich vorgelesen worden sein. Wenn Vacca sie fSr mendosi
erklärt und das ovidische emendaturus si licuisset erat auf sie anwendet,
so mag diess von Einzelheiten gelten: im grossen Ganzen würde Lucan
schwerlich viel geändert haben. Fronto p. 157 N.: unum . . poetae pro-
oemium commemorabo, poetae einsdem temporis eiusdemque nominis (wie
42*
660 I^ie Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
Seneca): fait a«que Annaeus. is initio carminis sui (der Phars.) septem
primis versibos nihil aliud quam bella plus quam civilia interpretatus est.
Missverständniss dieser Worte veranlasste wohl die Sage bei Schol. Lucan.
I, 1 (p. 8 f. Us.): hos VII versus primos dicitur Seneca ex suo addidisse . .
ne videretur über ex abrupto- incohare. Vgl. gegen F. Osann (de Sen.
scriptis deperditis spec. III. Giessen 1848. 4.) Genthe p. 77 — 81. C. F.
Weber, de duplici Pharsaliae Lucaneae exordio, Marburg 1860. 26 pp. 4.
8. Lyd. de magistr. III, 46: co^ 6 nolsfUDV iv nsfinzfi i^r}yriaB(ov Tjjg
xara Aovnavov xov ^PtapMtov lfiq>vX£av avyyQatprjg dnetpTjvato. Ueber Vacca
8. A. 1. Beste dieser commentierenden Thätigkeit besitzen wir in den
Schollen zu Lucanus, von denen es eine doppelte Redaction gibt, die
eine betitelt Commenta und vollständig erhalten allein im cod. Bern. 370
(C) saec. X, die andere betitelt Adnotationes , wovon die vollständigsten
und wichtigsten Handschriften sind der Wallersteinensis, zwei Yossiani
saec. X in Leiden, und ein Gemblacensis in Brüssel saec. X. Die letzteren
' sind, aber ungenau, von Oudendorp und von C. F. Weber veröffentlicht;
beide werden herausgegeben von H. üsener, wovon erschienen ist Pars
prior, enthaltend die commenta Bernensia, Lips. Teubner 1869. Dazu H.
Genthe, scholia vetera in Luc. e codice Montepessulano, Berlin 1868. 29 pp. 4.
9. Das Epos selbst ist in den Hdss. De hello civili betitelt. Die
älteste Handschrift desselben bilden die Palimpsestblätter in "V^ien,
Neapel und Rom, spätestens aus saec. lY. D. Detlefsen im Philologua
XIU. S. 313—357. XV. S. 626—538. XXVI. S. 173—184. W. Steinhart, de
Lucani achedis rescriptis Vindobonensibus, Salzwedel 1860. 4. und in Fleck-
eisens Jahrbb. 83, S. 353 — 367. unter den übrigen Hdss. haben Voss. II
(B bei Steinhart, ü bei üsener), Montepess., Colbert. und Casselanus die
subscriptio: Paulus Constantinopolitanus emendavi manu mea solus, wel-
chen üsener (Rhein. Müs. XXIII. S. 497 — 505) mit dem Papulus Const.
Theyderich der Pariser Miscellanhdschr. 7530 aus d. J. 674 identificiert.
Die Hdss. dieser Recension unterscheiden sich von den zahlreichen übrigen
dadurch dass sie in den nicht von Lucan selbst herausgegebenen Büchern
» ursprünglich eine beträchtliche Anzahl Verse nicht haben, welche zum
Th*&il aus dem Concepte Lucans stammen könnten, zum grösseren Theil aber
spätere Interpolation sind. Auch in den Hdss. dieser Recension selbst sind
die betreffenden Verse, aber in ungleichem Masse, aus Hdss. der andern
^cension nachgetragen. W. Steinhart, de Lucani codice Montepessulano,
in der Symbola philol. Bonn. p. 287 — 300; vgl. dessen Diss. de emenda-
tione Lucani, Bonn 1854. 0. E. C. Schneider, trium codd. Vratisl. Luc.
lectiones variae, Bresl. 1823. 4. Imm. Bekker, über einen Lucancodex zu
Berlin, Monatsb. der Berl. Akad. 1853. S. 166—169. üeber drei Hdss. saec.
XI u. XII s. J. Klein, Rhein. Mus. XXIV. S. 121—126.
10. Ed. princeps Rom 1469 fol. Von den späteren Ausgaben sind
besonders nennenswerth die von Th. Pulmann (Antverp. 1564. 1576), H.
Grotius (ex emend. H. Gr. cum eiusdem notis, Antverp. 1614. Lugd. 1626;
vgl. üsener, Lucani pugnae Pharsaliae narratio ex H. Gr. rec. ed. cum-
comm. critico, Greifswald 1863. 4. Rhein. Mus. XIX. S. 148—150), G. Corte
(Lips. 1726. vgl. H. Genthe in Fleckeisens Jahrbb. 89, S. 547 — 560), Fr.
i
208 f. LucanuB. Cacsius Bassus u. a. 661
Oadendorp (Lugd Bat. 1728. 4.), P. Bunnann (Lugd. 1740. 4.), C. Fr. Weber
(cum notis varr. etc. Lips. 1821—1831, 3 Voll., wovon der letzte die Scho-
llen enthält; und: editionem morte Cortii interruptam absolvit, Lips. 1828 f.
2 Voll:). Auch Ausgaben von Lemaire (Paris 1830, 2 Voll.) und C. H.
Weise (rec. schol. interpr., Quedlinb. und Leipzig 1835). R. Bentley's Be-
merkungen zu den 3 ersten Büchern in der Ausgabe Strawberryhill 1760. 4.
(Luc. c. notis H. Grotii et R. B^ntlei) und Glasgow 1816; auch bei C.'F.
Weber 1821.
11. J. Merkel, Lucan's Phars. B. I lateinisch und deutsch, Aschaffen-
burg 1849. 4. Vollständige üebersetzungen von F. H. Bothe (Stuttgart,
Metzler 1855 f. 3 Bdchn) und J. Erais (Stuttgart, Hoffmann 1863).
12. Mensel und Gottfr. Bürger, de Lucano, Halle 1767 f. 4. 2 Partes.
Nachträge zu Sulzer V, 1. S. 16 ff. VII. S. 334 ff. Leloup, de poesi epica
et Phars. Luc, Trier 1827. 4. A. Preime, de Lucani Pharsalia, Marburg
1859, und besonders Herrn. Genthe, de Lucani vita et scriptis (Berlin 1859.
85 pp.); zu Lucan (Hermes VL S. 214—230).
F. Eortüm, geschichtl. Forschungen (Leipzig und Heidelberg 1863)
S. 209 — 252. A. Schaubach, Lucan's Phars. und ihr Verhältniss zur Ge-
schichte, Meiningen 1869. 4. Th. Creizenach/die Aeneis . . und die Phar-
salia im Mittelalter, Frankfurt a. M. 1864. 4.
299. Dem Freundeskreise des Persius gehört .auch der Ly-287
riker Caesius Bassus an^ welcher zugleich ein Lehrgedicht de
metris verfasst zu haben scheint. Vielleicht dass im dritten Jahrh.
das Werk in ein prosaisches Lehrbuch der Metrik umgewandelt
wurde, von welchem bedeutende ,üeberreste erhalten sind. An-
deres trägt mit Unrecht seinen Namen. Sonstige Männer aus
der Zeit des Nero von denen wir wissen dass sie Gedichte
verfassten sind Yagellius^ Curtius Montanus und Serranus.
1. Vita Persii (s. 297, 1) p. 234 J.: amicos habuit a prima adolescentia
Caesium Bassum poetam et Calpumium Staturam, qui vivo eo iuvenis
decessit (und kein Dichter war). Herausgeber der Satiren des Persius;
B. oben 297, 3. Schol. Pers. 6, 1 (p. 340 J.): hanc satiram scribit Persius
ad Caesium Bassum poetam lyricum, quem fama est in praediis suis po-
situm ardente Vesuvio . . et late ignibus abundante cum yilla sua ustum
esse (J. 79 n. Chr.). Vgl. Plin. Ep. VI, 16, 8 (nach 0. Jahn's Emend.):
accipit- codicillos . . Caesi Bassi imminente periculo exterriti. Quintil. X,
1, 96: lyricorum Horatius fere solus legi dignus. . . si quem adicere velis
is erit Caesius Bassus, quem nuper vidimus. Pers. 6, 1 — 6: admovit iam
bruma foco te, Basse, Sabino? iamne lyra et tetrico vivunt tibi pectine
chordae, mire opifex numeris veterum primordia vocum atque marem stre-
pitum fidis intendisse latinae, mox iuvenes agitare iocos et pollioe honesto
egregius lusisse senes? Prisci&n. X, 36. p. 527 H.: Bassus in II lyricorum:
Calliope princeps sapienti psallerat ore. Die Identität mit dem Metri^er
wird sehr wahrscheinlich durch das Citat Bassins (st. Bassus) ad Neronem
de iambico sie dicit, bei Bu£n. p. 2707 P. »» 379 Gaisf. Aus diesem me-
662 I>ie KaiBcrzeit Erstes Jahrhundert.
irischen Werke ohne Zweifel Diomed. III. p. 513 K.: huius (des molossi-
cum metrum) exemplum dat Caesius Bassus tale: Romani victores Germa-
nis devictis. Vgl. Ter. Maur. 2358: quae (exempla) locasse Caesium libro
notavi quem dedit metris super. 2369: auctore tanto credo me tutum
fore. Victorin. bei Keil VI. p. 209, 10 f.: Caesius Bassus, vir doctus atque
eruditus, in libro de metris 'iambicus trimetrus' ait. Letzteres Merkmal trifft
zu bei der am Anfang verstümmelten und durch üebertragung der Schluss-
unterschrift des in der Hds. nachfolgenden Werkes dem Atilius Fortunatia-
nus beigelegten Schrift de metris (bei Keil, grammat. VI. p. 255—272), daher
diese von Caesius Bassus sein wird, zumal da sie viele werthvoUe Angaben
enthält (multa quae ex antiquissima et praestantissima doctrina sunt petita,
Keil p. 252). Freilich sollte man nach Fersius (nnmns etc.) glauben das
Werk des C. B. habe ursprünglich metrische Form gehabt, ähnlich dem des
Terentianus Maorus; daher Westphal eine spätere prosaische Umarbeitung
desselben annimmt. Die auch von Varro angenommene Ableitung (nccQaymYrji)
der verschiedenen Metra aus einem metrum principale (dem herous und txi-
meter iambicus), mittelst adieotio, detracüo, permutatio u. s. w., war darin
vorgetragen. Die Beispiele waren auch den Zeitgenossen Fomponius Secundus
(oben 279, 7), Seneca (und Fetronius Arbiter?) entnommen. R. Westphal,
griech. Metrik I.' S. 169—174. Vgl. daselbst S. 119 f. Keil, grammatt. latt.
VI. p. 260—262.
2. In der 'Sammlung, der lateinischen Metriker führt ein Fragment,
p. 2663 ff. P. =: 302 ff. Gaisf. = Keil VI. p. 305 f. die üeberschrift Ars
Caesii Bassi de metris. Es besteht aus einer magern Erläuterung von fünf
Metren des Horaz, geschöpft- aus Caesius Bassus (A. 1). Darauf folgen
(p. 307 — 312 Keil VI) zwei Abschnitte, betitelt Breviatio pedum und De
compositionibus, vielleicht aus lulius Romanus. R. Westphal, griech. Metrik
L* S. 118 f. 132 f. 204 f. Keil, grammat. lat. VI. p. 263 u. 264.
.3. Im Allgemeinen vgl. noch Leutsch, Philologus XI. S. 739 — 744.
J. Cäsar in Fauly's Real-Enc. I, 2. S. 2296, Nr. 10.
4. Sen. nat. qoaest. VI, 2, 9: egregie Vagellius mens in illo inclito
carmine . . inquit. Danach hat Ritechl in Reifferscheids Snet. reliqq.
p. 528 — 631 mit Wahrscheinlichkeit die Angabe des Donatus (ib. p. 36):
Scipionis fabulas edidisse Terentium Vagellius in Actione ait (folgen drei
Senare) auf diesen Vagellius bezogen. Ein declamator malino corde Va-
gellius bei Juv. 16, 23 vgl. 13, 119.
6. Tac. A. XVI, 28 (J. 66 = 819): qui . . Curtium Montanum dete-
standa carmina factitantem eludere impune sinerent. 29: Montanum *probae
iuventae neque famosi carminis, quia protulerit ingenium, extorrem agi.
Proben seines Freimuts im Senat (J. 70) Tac. Hist. IV, 40. 42.
6. Quintil. X, 1, 89 bei den Epikern: Serranum (G. Sarpe; die Hdss.
farrenum, varrenum etc.) consummari mors immatura non passa est;
puerilia tarnen eius opera et maximam indolem ostendunt et admirabilem
praecipue in aetate illa recti generis voluntatem. Dagegen setzt einen
länger Lebenden voraus Juv. 7, 79 — 81: contentus fama iaceat Lucanus in
hortis marmoreis, at Serrano tenuique Saleio gloria quantalibet quid erit,
si gloria tantumst? Auch möchte man hienach Serranus eher später setzen.
299 f. CaesiuB Bassus u. a. Petrouius. 0()3
7. Üeber Gaetulicus b. oben 286, Ij über AttiusLabco s. unten 303, 5.
8. Aus dieser Zeit sind wohl auch die in der griechischen Anthologie
stark vertretenen £pigrammendichter Lucillius und Leonidas (aus Alexandria).
300. Ohne Zweifel aus der Zeit des Nero stammt femer288
der Sittenroman welcher unter dem Namen des Petronius
Arbiter auf uns gekommen ist. Ursprünglich ein umfangreiches
Werk von etwa zwanzig Büchern worin allerlei Reiseabenteuer
erzählt waren, besteht es jetzt nur aus einer Reihe Trümmer,
von denen das ansehnlichste die cena Trimalchionis ist, die Be-
schreibung einer Gasterei welche ein reicher ungebildeter Em-
porkömmling gibt. Obwohl tief in Schmutz getaucht ist der
Roman nicht nur hochwichtig für die Geschichte der Sitten
und der Sprache, namentlich für die Kenntniss der Volkssprache,
sondern auch in seiner Art ein Kunstwerk, voll von Geist, feinster
Menschenkenntniss, überlegenem Witz und heiterem Humor.
Seiner Form nach ist es eine satira menippea, aber so dziss
durch* die eingelegten Stücke in gebundener Form meist zugleich
bestimmte Geschmacksrichtungen parodiert werden. So besonders
in den umfangreichen Epen Troiae halosis und Bellum civile.
Zwischen dem Verfasser und dem von Nero im J. 66 zum Sterben
genöthigten Hofmann C. Petronius besteht Geistesverwandtschaft,
ihre Identität aber ist nicht sicher.
1. Titel des Werks ursprünglich wohl Satirae, in den Hdss. theils
erhalten (satirarum über u. dgl.) theils in satiricon oder Petronii Arbitri
satirici liber u. dgl. verdorben; am vollständigsten cod. Trag.: Petronii
Arbitri Satyri fragmenta ex libro XV et XVI; s. Bücheler's Ausgabe p. VX f.
u. p. 2. Der Name Afranius^ der sich neben Petr. Arb. in Hdss. findet,
bezeichnet dessen Aehnlichkeit mit jenem Togatendichter in puerorum
foedis amoribus (oben 131, 1). Für Blumenlesen ausgebeutet gieng das
Ganze selbst um so leichter verloren. Schon im 7ten Jahrh. scheint man
es nicht mehr gehabt zu haben. Aus dem 9ten Jahrh. findet sich Kennt-
niss und Benützung des carmen de hello civili. Aus saec. X oder XI ist
die älteste Hds. die wir haben, cod. Bernensis (B); saec. XII las Johannes
von SaHsbury, saec. XIII Vincentius von Beauvais den Petronius in der
heutigen Gestalt. Bücheler's Ausg. p. X f. Was man seit dem Ende des
17ten Jahrh. an neuen Bestandtheilen des Textes von Petronius gefunden
haben wollte hat sich alles als Täuschung erwiesen; so besonders das im
J. 1693 von Fr. Nodot zu Paris Herausgegebene (s. Bücheier p. XLII),
sowie LaJlemands angeblicher St. GaUer Fund (Paris 1800).
2. Die erhaltenen Handschriften haben im Wesentlichen dieselben
Lücken und Verderbnisse, gehen daher auf Eine Urhds. zurück, welche
bereits nur Excerpte aus dem vollständigen Werke des Petronius und
ausser diesen auch allerhand kleinere lateinische Gedichte und Glossen
664 I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert.
enthielt welche von unbekannten aus GelliuSf Isidor und Kirchonschrift-
stellem gesammelt waren und durch das räumliche Zusammensein mit den
Excerpten aus Petronius unter dessen Namen gelangten. Vgl. C. Beck,
Petronius Arbiter de antiquis dictionibus, Cambridge (in Amerika) 1860.
26 pp. 4. und dazu A. Beifferscheid im Rhein. Mus. XVI. S. 1 — 12. Aehn-
liche Miscellanhandschriften sind von den codd. des Petronius der Leidensis
(L) des Jos. Scaliger, Bemensis (B) und Traguriensia (saec. XV) aus Trau
in Dalmatien, ujn 1650 gefunden, jetzt in der Bibliothek zu Paris (A).
Letzterem ist die cena Trimalchionis angefügt (H), daraus erstmals ver-
öffentlicht Patav. 1664 und (durch P. Petitus) Paris 1664. üeber die Hand-
schriften des Petronius überhaupt s. Bücheler's Ausg. p. XII — XXXVI. vgl.
p. XLIV ff. G. Beck, the manuscripts of the sat. of P. A. described and
coUated, Cambridge (Mass. U. S.) 1863. 218 pp. 4.; über die leidner und
berner Hds. des P. und ihr Verhältniss zu einander, im Philologus ^X.
S. 293— äoi, und dagegen Bücheier ebd. S. 726—730.
3. In dem Erhaltenen ist der Redende der Freigelassene Encolpius,
welcher die Abenteuer schildert die er auf einer Reise in Gemeinschaft
mit einem andern Freigelassenen, Ascyltos, und ihrem puer, IJamens Giton,
erlebt hat. Auf Erlebnisse in Massilia deutet Apoll. Sidon. c. XXIII, 155 f.;
das Erhaltene aber spielt in Unteritalien, das Meiste in einer colonia Cam-
paniens, etwa Neapel oder (L. Friedländer im Königsberger Ind. lect. für
1860 f. 61 f.) Puteoli, c. 116 ff. in Kroton. Die fingierte Zeit ist die des
Tiberius (Bücheier p. VTI), wozu auch die Erwähnung des (Mam. Aemilius)
Scaurus (oben 271, 2) c. 77 stimmt; daneben eingeflochtene Anspielungen
auf Persönlichkeiten aus der Zeit des Caligula und Nero (Bücheier p. VIII).
Meisterhaft ist die Zeichnung der Charaktere, meist durch deren Selbst-
darstellung, doch so dass zugleich ein leisironischer Ton hindurchklingt.
In genauester üebcrcinstimmung mit Charakter und Verhältnissen der Per-
sonen ist ihre Sprechweise: bei Encolpius selbst die der Gebildeten- in der
besten Zeit der Literatur (C. Beck, the age etc. p. 136 — 152), nur mit der
Zwanglosigkeit des Converaationstons und mit einer Anzahl Wendungen
und Constructionen des ersten christl. Jahrh. (unkritische Sammlung bei
Beck 1.' 1. p. 152 — 157), bei den meisten gelegentlichen Sprechern aber
volksmässig, voll sprüch wörtlicher Wendungen, Derbheiten, Hyperbeln, So-
löcismen, Archaismen und (wegen dos halbgriechischen Schauplatzes) Grä-
cisraen; s. G. Studer, Rhein. Mus. II (1843) S. 75 — 85. C. Beck, the age
etc. p. 106—134. Vgl. A. 9. Die Stücke in gebundener Form sind meist
dem eiteln und geschmacklosen Dichter Eumolpus in den Mund gelegt; so
besonders c. 89 die Troiae halosis in 65 Senaren und c. 119 — 124 das
bellum civile in 295 Hexametern. Aber auch sonst geht die Rede sehr
gern aus der Prosa über in poetische Form; so c. 5, 83, 108, 127 f., 131,
133 f., 135 f., 139 Hexameter; c. 14, 18, 80, 82, 109, 126, 132, 137 elegisches
Mass; c. 5 Hinkiamben; Hendekasy Haben c. 15, 79, 93, 109, fr. 20;Loga-
Öden 132; loniker 23; lamben fr. 19, 21. Dadurch wird der Roman zu
einer saüra Menippea (oben 28, 3).
4. Von den verschiedenen Ansichten über das Zeitalter des Werks
verdient Erwähnung allenfalls die von Niebuhr (Abhandl. d. Berliner Akad.
1828. IL S. 250 ff. = kleine philolog. Schriften S. 337 ff.), welcher das
300. Petronius. 665
dritte Jahrh. (unter Alexander Severus) annaLm, veranlasst durch eine In-
schrift (Orelli 1175) die er irrig in jene Zeit versetzte und deren Personen
er irrig mit denen bei Petronius identificierte ; s. W. Teuffei, Studien und
Charakt. S. 391—393. Bachelor p. lY f. not. Andererseits C. Beck, the age
of Petronius Arbiter, Cambridge (Mass.) 1856. 158 pp. 4. (bes. p. 100—104)
setzte es zwischen J. 6 und 34 n. Chr., also unter Augustus oder Ti-
berius; s. dagegen Bücheder, Rhein. Mus. XI. S. 608 f. Heutzutage darf
als nahezu allgemein anerkannt gelten die Datierung unter Nero; s. be-
sonders G. Studer, Rhein. Mus. II. S. 50—92. 202 f.; F. Ritter, ebds. S. 561
—569; W. Teuffei, ebd. IV. S. 514 f. (Stud. u. Char. S. 393 f.). Neque
homines, res, mores, studia, cultus denique omnis humanus civilisque qualis
describitur, neque genus sermonis arsque metrorum in aliud atque Neronia-
num tempus conveniunt. certum igitur est Senecae Petronium et Lucano
fuisse aeqnalem (Büpheler, Ausg. p. V). Schon in der Zeit des Nero eine
Ausnahme, wäre in den folgenden Zeiten die einfache natürliche Sprache
dieses Romans, fem von allem falschen Pathos und rhetorischem Flitter,
eine Unmöglichkeit gewesen. Anspielungen auf Seneca; E. Gottschlich, de
parodiis Senecae apud Petronium, in den Miscell. philolog. zu Fr. Haasens
Jubiläum (Breslau 1863) p. 26 — 29. Unverkennbar ist auch dass die Troiae
halosis behandelt ist mit Bezug auf ein gleichartiges Gedicht von Nero
(oben 281, 8) und das bellum civile die Manier des Lucanus durch Ueber-
treibung persifliert, aber ohne ihn (als noch Lebenden) zu nennen; s. J. G.
Mössler, de Petr. pocmate de hello civili (Breslau 1842) und quaestionum
Petron. spec. quo poema de hello civüj cum Pharsalia Lucani comparatiir,
Hirschberg, 1857; spec. II, Hirschberg 1865. 4. III. 1870. 4.
5. Tac. A. XVI, 17: paucos intra dies eodem agmine Annaeus Mela,
. . C. Petronius cecidere (J. 66 = 819 d. St.). 18: de C. Petronio pauca
supra repetenda sunt, nam illi dies per somnum, nox officiis et oblecta-
mentis vitae transigebatur; utque alios industria, ita hnnc ignavia ad fa-
mam protulerat habebaturque non ganeo et profligator, . . sed erudito
luxu. ac dicta factaque eius quanto solutiora et quandam sui neglegen-
tiam praeferentia tanto gratius in spem simplicitatis accipiebantur. pro-
consul tamen Bithyniae et mox consul vigentem se ac parem negotiis
ostendit. dein revolutus ad vitia seu vitiorum imitatione inter paucos fa-
miliarium Neroni adsumptus est, elegantiae arbiter, dum nihil amoenum
et moUe affluentia putat nisi quod ei Petronius adprobavisset. Zum Tode
bestimmt audiebat referentes nihil de immortalitate animae et sapientium
placitis, sed levia carmina et faciles versus. Dass die ib. 19 f. erwähnte
Schrift des Petronius, worin er flagitia principis sub nominibus exoletorum
femiharumque et novitatem cuiusque stupri perscripsit atque obsignata
misit Neroni, mit den erhaltenen satirae nichts zu thun hat ist durch Fr.
Ritter (Rhein. Mus. ü. S. 869—572) nachgewiesen und durch C. Peter
(Rom. Gesch. III, 1. S. 360 Anm.) wahrlich nicht widerlegt worden. Die
Charakteristik des C. Petronius aber würde sehr gut auf den Charakter
der vorliegenden satirae passen; nur aber ist schriftstellerische Thätigkeit
jenes Petronius der Stelle des Tacitus nicht nur unbekannt sondern durch
sie ausgeschlossen; s. W. Teuffei, Studien und Char. S. 394 f. Wohl mochte
ein ernsterer Mann, wie Tacitus, von einer Schrift die er zur Schmutz-
666 Die Kaiserzeit. Ersies Jahrhundei-t.
literatur zu rechnen ein Recht hatte wenig Eenntniss nehmen; aber wenn
sie unter dem Namen des von ihm charakterisierten Consularen erschienen
wäre durfte sie, als sprechendstes Symptom, nicht unerwähnt bleiben , und
es konnte dann jedenfalls nicht mehr kurzweg behauptet werden: illi dies
per somniun transigebatur. Auch wenn sie eine Jugendschrift desselben
war oder erst aus seinem Nachlasse herausgegeben wurde war dieses
Schweigen und jene Charakteristik unmöglich. Es ist daher entweder anzu-
nehmen dass die satirae ursprünglich anonym und vielleicht ausserhalb
Boms (in Massilia? Ap. Sid. XXIIl, 155) erschienen und die Zutheilung an
den taciteischen Petronius eine spätere Combination ist, veranlasst durch
die Verwandtschaft der Zeit und des Geistes, wobei die Bezeichnung des
Petronius als elegantiae arbiter Veranlassung gegeben haben kann ihm
den Beinamen Arbiter zu schaffen; oder, falls der Verfasser wirklich Pe-
tronius Arbiter sich nannte, dass er nicht der taciteisohe C. Petronius ist.
An der Identität beider zweifelt nicht Borghesi, Oeuvres III. p. 561 f.
6. Frühestes Vorkommen des Namens bei Terent.Maur. v. 2489 ff. (Arbiter
disertus) und 2852 ff. (Petronius). Apoll. Sidon. carm. IX, 268 nennt Petr.
in einer Aufzählung von Dichtern, XXIII, 155 Arbiter unter den berühmten
Schriftstellern eloquii latini. Ohne selbständige Eenntniss urteilt Lyd. de
mag. I, 41 (oben 28, 2). Macrob. comm. in somn. Sc. I, 2, 8: fabulae . .
auditum mulcent^ velut comoediae . . vel argumenta fictis casibus ama-
torum referta (Romane), quibus vel multum se Arbiter exercuit vel Apu-
leium nonnumquam iusisse miramur. Anführungen des Petronius bei Dio-
medes (Arbiter), Servius, Priscian, Fulgentius (Petr. Arb.), Sergius u. a. zu-
sammengestellt in'Bücheler*s Ausg. p. 206 ff. ünbezeugt ist der Name
des Petr. für die Gedichte Nr. 31—40, 60 — 52 bei Bücheier; A. Riese in
Fleckeisens Jahrbb. 99, S. 281.
7. Ueber die Ausgaben der satirae s. Bflcheler p. XXXVII ff. Von den
vor Auffindung der cena Trimalc. (A. 2) erschienenen sind nennenswerth die
von J. Dousa (Lugd. 1685 u. sonst), Qoldast (Helenop. 1610. Frankf. 1621),
Gonsalez de Salas (Francof. 1629. 4.); von den späteren besonders die von
P. Burmann (Utrecht 1709. 4. Amsterdam 1748. 4.; J. J. Reiske, libellus
animadvers. ad alt. ed. Burmann., Lips. 4 Thle), auch C. G. Anton (Lips.
1781). Texte Lips. 1721, Bipont. 1790. Erste kritische Ausgabe ex recens.
Fr. Bücbeleri, Berol. 1862; TextausgLbe^jt_den Priapeia} ib. 1862.
8. Beiträge zur Textkritik von J. C. Orelli (lectiQues Petron., Zürich
1836. 4.), G. Studer (observatt. critt. in Petr. cen. Trim., Bern 1839. 4.),
W. Wehle (observatt. critt. in Petr., Bonn 1861), 0. Keller (Rhein. Mus.
XVI. S. 632—561), C. Beck (oben A. 2).
9. Ueber Petr. u. sein Werk vgl. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. V.
S. 1402—1406. Fr. Bücheier im Neuen Schweiz. Mus. III (Bern 1863)
S. 17—31. E. Ludwig, de Petr. sermone plebeio, Lips. 1870. 39 pp.
10. Uebersetzungen von W. Heinse (Rom 1773. Schwabach 1783. 2 Thle.),
Schlüter (Halle 1792, 2 Thle.) u. a. Das Gastmahl des Trim. von Wel-
lauer (Jahns Archiv X. S. 194—220) und Beriin 1843.
289 301. Zu Anfang der Regierung des Nero verfajsste Cal-
purnius die sieben Eklogen welche in strenger Technik die
300 f. Petronius. Calpurnius und Nemesianus. 667
Gegenstände und die Art des Theokrit und der vergilischen
Bucolica übertreibend nachahmen, mit leidlichem Geschmack,
aber höfischer Gesinnung. Aus gleicher Zeit und von gleicher
Richtung sind zwei grössere üeberreste bukolischer Gedichte in
einer Einsiedler Handschrift. Zwei Jahrhunderte später aber
wurde Calpumius selbst wieder carikiert und geplündert durch
Nemesianus, dessen redselige vier Eklogen in Silbenmessung
und VBrsbau andere Grundsätze befolgen, aber, räumlich mit
denen des Calpurnius vereinigt, lange von ihnen nicht unter-
schieden wurden.
1. In der Handschrift des Thaddäus Ugoletus von unbekanntem Alter,
nach welcher die Ausgabe des Angelas Ugoletus (Parma um 1490) gemacht
ist, wird der Antheil beider Verfasser scharf geschieden (nach der Aus*
gäbe: Titi Calphurnii Siculi bucolicnm Carmen . . incipit; Aurelii Neme-
siani poetae Carthaginiensis ecloga prima incipit; nach Nie. Angelius:
finis bucolicorum Calphurnii. Aurelii Nemesiani p. carth. ecloga prima etc.,
8. M. Haupt, p. 11 f.), und auch der cod. Neapol. hat wenigstens noch am
Schlüsse von ecl. 11 die Unterschrift: Aureliani Nemesiani Carthag. buc.
explicit (Haupt p. 13). Die wesentliche Verschiedenheit der Technik ist
nachgewiesen worden durch M. Haupt, de carminibus bucolicis Calpurnii et
Nemesiani, Berlin 1864. 4., p. 1 — 6. Die Gedichte des Calpurnius gebrauchen
auslautendes o als Kürze nur so wie die strengsten Dichter, die des Ne-
mesianus haben bereits mulcendo, laudando, ambo u. a.; in jenen ist die
Sjnalöphe sehr selten: in 768 Versen finden sich (ausser drei zweifel-
haften Fällen von Verschleifung des que in späteren Füssen) sichere Bei-
spiele derselben nur acht und immer nur im ersten Fusse, nämlich Ver-
schleifung Ton e 6mal, von ä und von -um je einmal; 5 dieser Fälle finden
sich in ecl. 3, die daher vielleicht die früheste ist, je einer in ecl. 1, 2, 5,
keiner in ecl. 4, 6, 7; dagegen in den 319 Hexametern des Nemesianus
89 Fälle von Synalöphe, wovon drei (8, 21. 9, 14. 82) einen langen
Vocal treffen und nur die Hälfte den ersten Fuss. Ein Versschluss wie
■montivaguB Pan (ecl. 10, 17) oder eine Messung wie futuri (venturi?) als
Molossus (ecl. 10, 28) findet sich bei Calpurnius niemals. Die Cäsur be-
steht bei Calp. mehr als 70mal in der Combination von Tuicta xqlxov tqo-
xaCov, xQi^7iiup,sq7iq und sq>d"f}fMfisQrjg, bei Nemesianus ist sie so auf die
navd'rifUfisifTjs eingeschränkt dass jene Combination nur 6mal vorkommt
Dagegen stimmt die Technik der 4 letzten Eklogen zu der von Neme-
sian's Cynegetica (Haupt p. 9 f.). Femer wird die Identität des Verfassers
aller 11 Eklogen ausgeschlossen durch die zahlreichen Wiederholungen
ganzer Verse und Variation von Gedanken und Wendungen welche sich
in den 4 letzten gegenüber von den 7 ersten finden; namentlich ecl. 9
(Nemes. 2) ist fast ganz aus ecl. 2, 3 und 7 znsammengefiickt; aber auch
in ecl. 8 (Nem. 1) ist ecl. 1, 4 und 6 stark ausgebeutet, und 10 (Nem. 3), 2
ist identisch mit (Calp.) 6, 2. Nachahmung des Statins findet sich nie-
mals in ecl. 1 — 7, wohl aber in 8-- 11, wie auch in Nemesian's Cynegeticn,
608 Dio Kaiseraeit. Erstes Jahrhundert.
(Haupt p. 10 f.). Vorliebe für parenthetisches memini, fateor zeigen nur
die 7 ersten, nicht die 4 letzten Stücke.
2.. Die Zeit in welcher die 7 ersten Eklogen verfasst sind erhellt mii
Sicherheit aus ihren zahlreichen Anspielungen, besonders in ecl. 1, 4 und 7^
(Haupt p. 16—26). Der Fürst (deus) ist ein iuvenis (1, 44. 4, 86. 137. 7, 6)
von jugendlicher SqJiGnheit (7, 84), maternis causas qui lusit in ulnis (1, 44
vgl. oben 281, 7), welcher glänzende Spiele gibt vor denen vilia sunt
quaecunque prioribus annis vidimus et sordet quidquid spectavimus olim
(7, 44 f.), mit dessen Regierungsantritt eine Aera des Friedens, de^reiheit
und der dementia begonnen hat (1, 42 — 88. 4 passim). Diess Alles stimmt
zu Nero und dem hoffnungsvollen Beginne seiner Regierung, wie auch der
im Herbst sichtbare Komet (1, 77 ff.) zu dem kurz vor Claudius^ LebeuB-
ende (J. 807) erschienenen. Auch Sprache und Metrik dieser 7 Eklogen
passen dazu vollständig, und nichts in ihnen weist über diese Zeit hinaus.
Der Verfasser klagt über seine Armut (4, 156 ff.) und sucht durch MelL
böus (nach Sarpe, quaest. philol. Rostock 1819. 4. =» Seneca, nach Haupt
p. 26 f. =» Calpurnius Piso) seine Lobgedichte unter die Augen des Für-
sten zu bringen. Ob Siculus seine Heimat bezeichnet oder von Theokrit
her auf ihn übergetragen ist lässt sich nicht entscheiden.
3. Schon im Antheile des Calpurnius sind Themata und Gedanken
von Theokrit und Vergil nachgebildet, im sentimentaleh und declamato-
rischen Charakter des ersten Jahrh. und unter Verstärkung der Farben
des Originals (z. B. 2, 15). Von Nemesianus werden dann wiederum die
Gfedanken und Wendungen des Calpurnius ins Plumpe gesteigert, nament-
lich die erotischen Züge, und die Rhetorik der Ausführungen pflegt sich
lange um sich selbst zu drehen, üeberhaupt zeigen die vier letzten Stücke
bedeutend geringere dichterische Befähigung als die 7 ersten.
4. Die beste Handschrift der 11 Stücke ist der Neapolitanus aus dem
Anfang von saec. XV; Paris. 8049 saec. XIH (= Heinsii cod. bei Burmann?)
enthält nur ecl. 1, 2, 3, und 4, 1 — 12. Eine Abschrift des codex von Th.
Ügoletus (s. A. 1) ist in der Riccardi'schen Bibliothek. Von denjenigen
welche alle 1 1 . Eklogen dem Calpurnius zuschreiben reicht keine über
saec. XV zurück.
5. Editio princeps Rom. 1471 fol. (mit Silius It.). Später häufig mit'
des GratiuB (oben 248, 1) und Nemesianus Cynegetica zusammen. In
Wernsdorfs poetae lat. min. II. p. 73 — 214. Recognovit, annotatione et
glossario instruxit Chr. D. Beck, Lips. 1803. In W. E. Webers Corp.
poetar. lat. p. 662 — 671. Recens. et annott. critt. instr. C. E. Glaeser,
Gotting. 1842.
Uebersetzt von Adelung (Petersburg 1804. 4.), Wiss (Leipzig 1805),
Klausen (Altena 1807).
6. Beiträge zur Kritik des Calpurnius bei M. Haupt (s. A. 1) p. 27 — 32
u. E. Bährens (lection. lat. 1870, p. 35 f.); zu Nemesianus^ ecl. bei M. Haupt
p. 32 — 35, zu seinen Cyneg. ib. p. 35—37; zu Calp* u. Nemes. bei J. Mähly,
über Soph. 0. C. (Basel 1868) S. 101—118.
7. Die Einsiedler Gedichte (aus einer Hds. saec. X) sind zuerst ver-
301 f. Calpomius Sic. und Nemesianus. Aetna. 669
öffentlicht von H. Hagen, Philolojgus XXVUI. S. 338—341, und darnach von A.
Riese, Anthol. lat. 726 f. (II. p. 180—183). Vgl. oben 29, 3. BeitiÄge zu
deren Textkritik und Würdigung von E. Peiper (praef. in Sen. tragg. suppl.,
Breslau 1870. 4., p. 27—32), Bücheier (Rhein. Mus. XXVI. S. 235—240),
Ribbeck (ebd. S. 406—410 vgl. 8. 491—493), H.' Hagen (in Fleckeisens
Jahrbb. 103, S. 139 — 152). Das erste besteht aus 49, das zweite aus 39 Hexa-
metern; jenes ist ein Wettgesang zwischen Ladas und Thamyras (iudice
Mida), das zweite ein Zwiegespräch zwischen Glyceranus und Mystes. Das
zweite ragt an Geist, Naturwahrheit, Witz und poetischem Gehalt über
das erste weit hervor; doch ist daraus nicht (mit H. Hagen) auf Verschie-
denheit des Verfassers zu schliessen. Der Verfasser des ersten ist glück-
licher gestellt als Calpurnius; vgl. v. 18: et me . . Cynthius . . laudatam
chelyn iussit variare canendo. Der Anfang des zweiten (quid tacitus, Mystes?)
stimmt auffallend überein mit dem von Calpurn. ecl. 4, wobei Bücheier
S. 239 f. den Calp. für den Nachahmer hält. Nero wird in der Üblichen
Weise verherrlicht, indem Nr. 725 Nero^s öffentliches Auftreten als Eitharöde
preist, Nr. 726 die Wiederkehr des goldenen Zeitalters unter Nero. Ver-
Schleifung eines langen Vocals findet sich nur einmal (725, 45 ergo ut);
verkürzt ist nur puto (725, 11). Als Cäsur findet sich, ausser der nsvd'Tj-
fUfiSQTig, die Verbindung von t^/t. zqox. mit Iqp^. (A. 1) in Nr. 725 fünf-
mal (v. 6, 8, 26 f., 40), in Nr. 726 sechsmal (v. 7, 10, 24, 31, 36, 39).
302. Der Zeit des Nero gehört wohl auch das Lehrgedicht290
Aetna an^ 645 regelrecht gebaute Hexameter^ meist in trockenem
Lehrtone und mit eifriger Bekämpfung der Volksvorstellungen.
Der Verfasser derselben ist wahrscheinlich der literarisch gebildete
und thätige jüngere Freund des Seneca^ Lucilius Junior.
1. Dass das Gedieht vor dem grossen Ausbruche des Vesuv J. 69 ver-
fasst ist erhellt aus der Nichterwähnung desselben (z. 6. 429 ff. vgl. 605 ff.).
Es beginnt mit einer ausführlichen Bekämpfung der durch die Dichter ver-
breiteten mythischen Vorstellungen über die Ursachen der vulcanischen
Erscheinungen (fallacia vatum 29 ff.; stoHdi mendacia vulgi 366; fabula
mendax 511), wie überhaupt der anthropopathischen Vorstellungen (32 f.
370). Anstreifen an Epikureisches (32 f.) wie an Stoisches (173 f. 537 ff.).
Debita carminibus libertas ista, sed omnis in vero mihi cura, 91 f. Doctri-
näre Wendungen sind zahlreich; s. 116 f. 143 f. 158 ff. 175. 188 ff. 219 ff.
306 f. 829 f. 348. 387 f. 391 f. 399 f. 415 f 425 ff. 448 f. 510 f. 529. 536 f.
Auch. wiederholen sich häufig die gleichen Worte und Structuren. Ueber-
haupt fehlt es dem eigentlich didaktischen Theile an Manchfaltigkeit und
Leben; eine grosse Bolle spielt die Lava (lapis molaris). Dagegen hebt
sich die Rede. und wird warm wo das Genussreiche und Menschenwürdige
der Natnrbeobachtung im Gegensatze zu kleinlichem Treiben (224 — 281)
imd zu entlegenen Gegenständen der Thätigkeit (568 — 598) dargelegt
wird. Auch die Beschreibung des Aetnaausbruches 608 ff. ist lebendig.
Benützung von Seneca's nat. quaest. (z. B. v. 119 ff. 282 ff.)? '^1. Jacob
p. XVlll f. Deutlicher sind Anklänge an Lucretius. Im Allgemeinen aber
ist die Sprache die besonders durch Vergil in der römischen Poesie con-
070 I^ie Kaieerzeit. Erstes Jahrhundert.
ventionell gewordene. Die Metrik zeigt daa dem ersten halben Jabrh.
nach August eigenthfimliche Schwanken in der einzuschlagenden Richtung.
In den wesentlichsten Punkten an Ovid sich anschliessend, wiederholt sie
andererseits in Cäsuren u. s. w. gewisse H&rten Yergils, ähnlich wie Ma-
nilius und Statins (L. Müller).
2. Sen. nat. quaest lY. praef. 9 an Lucilius: ita est, mi lunior. Ger
boren war er (etwa um ein Jahrzehnt) später als Seneca (ib. III, 1,1: apud
te, iuvenis carissime, invenio; folgt ein Hexameter. Epistw 26, 7: iuvenior
es), zu Pompeji oder Neapel (Sen. Epist. 49, 1. 63, 1. 70, 1), in beschränkten
Verhältnissen (nat. quaest. IV. praef. 15: eluctatus natalium angustias; vgl.
Epist. 19, 5. 44), aus denen er sich durch seine Thätigkeit emporarbeitete;
Sen. Ep. 44, 2 : eques rom. es et ad hunc ordinem tua te perduxit industria.
Vgl. ib. 19, 3: in medium te protulit ingenii Tigor, scriptorum e^egantia,
clarae et nobiles amicitiae. iam notitia te invasit. Nat. quaest. IV. praef.
l.'> — 17 lässt ihn Seneca sagen: non mihi in amicltia Gaetuüci (oben 286, 1)
vel Caius fidem eripuit, non . . Messala et Narcissus. . . videbam apud
Caium tormenta, . . non tarnen ferro incubui etc. Amtliche Thätigkeit in
Germanien, Illyrien, Africa (Sen. Epist. 31, 9), zuletzt lange Zeit kaiser-
licher Intendant (procurator) in Sicilien (nat. quaest. IV. praef. 1. Epist.
19, 6. 31, 9. 43, 3 u. oft).
3. Literarisches Interesse des Lucilius lunior. Sen. nat q. IV. praef. 1.
Epist. 45, 1. ib. 2, 2: vide ne ista lectio auctorum multorum et omnis ge-
neris voluminum habeat aliquid vagum et instabile. . Bildender Einfluss des
Seneca (Epist. 34, 2: adsero te mihi, meum opus es. ego cum yidissem in-
dolem tuam inieci manum etc.). Briefe von Lucilius an Seneca von diesem
oft erwähnt, z. B. Epist. 59, 4: audi quid me in epistula tua delectaverit:
habes verba in potestate. non eifert te oratio nee longius quam destinasti
trahit. (5.) . . pressa sunt omnia et rei aptata. loqueris quantum vis et
plus significas quam loqueris. . . (6.) invenio tarnen translationes verborum,
. . invenio imagines etc. Literarische Thätigkeit. Bei Sen. nat. quaest. FV.
praef. 14 sagt Lucilius: liberalibus me studiis tradidi. quamquam pauper-
tas alia suaderet et ingenium eo duceret ubi praesens studii pretium est>,
ad gratuita camiina me deflezi et ad salutare Studium philosophiae me
contuli. Aus letzterem Gebiete war wohl die von Sen. Epist. 46 erwähnte
Schrift: librum tuum, quem mihi promiseras, accepi. . . qui quani' disertns
fuerit ex hoc intellegaR licet: levis mihi visus est, cum esset nee mei nee
tui corporis, sed qui primo adspectu aut T. Livii aut Epicuri posset videri.
Vgl. ib. 23, 9: Epicuri tui. Ein eigentlicher Epikureer war aber Lucil. so
wenig als Seneca ein eigentlicher Stoiker; vgl. ib. 107, 1 (Epicurus noster).
Nat. quaest. IV, 2, 2: quare non cum poeta meo (Lucil.) iocor et illi Ovi-
dium suum impingo? Insbesondere war Sicilisches von ihm poetisch bear-
beitet; ib. III, 26, 6 (hoc, die Sage von Arethusa, et a te traditum est ut
in poemate, Lucili carissime), vgl. den Hexameter ib. 1, 1. Ausführung
philosophischer Gedanken im epischen Masse, Sen. Epist. 24, 19 — 21. Sen-
tenzen im Trimeter ib. 8, 10. Ibid. 79, 1: exspecto epistulas tuas quibus
indices mihi circumitus Siciliae totius quid tibi novi ostenderit. ib. 5: Aet*
nam describas in tuo carmine et hunc solemnem omnibus poetis locum atr-
tingas. quem quo minuu Ovidius tractaret nihil obstitit quod iam Vergilius
302 f. Aetna. Luoilius lunior. Homerua latinus. 671
(gelegentlich) impleverat. ne Severum quidem Comelium uterque detemiit.
7: ant ego te non novi aut Aetna tibi salivam movet iam cupis grande
aliquid et par prioribns soribere.
4. Da bei Lucilius hienach sowohl die Lebenszeit (A. 2) zutrifPt als die
phUoBophische (epikureische) nnd literarische (Ovid, Seneca) Richtung, die
Localkenntniss (Sicilien) und die Absicht den Aetna zum Gegenstand eines >
Gedichtes zu machen (A. 3), so hat die Urheberschaft des Lucilius hohe
Wahrscheinlichkeit, und es fehlt einzig die positive Bezeugung, üeberliefert
ist das Gedicht im Anhange zu den vergilischen Gedichten und als eines
derselben; s. oben 225, 1. A. 1 f. Die Zutheilung an Cornelius Severus
(oben 247, 5) ist eine im löten Jahrh. aufgekommene, aber durch Nichts
empfohlene Folgerung aus Sen. Epist. 79, 5 (s. A. 3 E.).
6. DaA Gedicht Aetna ist lückenhaft erhalten. Die beste Quelle ist der
verschollene Florentinus {ß bei Munro), der aber nur v. 138—286 enthielt (s.
Munro p. 30 — 32); die vollständigste und allen übrigen weit überlegene der
von Munro (s. p. 29 f.) verglichene Cantabrigiensis saec. X (a bei Munro).
Mit ihm stimmt meist das fragmentum Stabulense (aus der Abtei Stavelot);
8. Bonnans, coUation des 167 premiers vers de TAetne de L. J. avec un
fragment mscr. du XI«« si^cle, Brüssel 1864. 124 pp. (Bulletin p. 268—379);
vgl. F.W. Schneidewin, Götti. Gel. Anz. 1866, St. 106. Vertreter der inter-
polierten Classe, saec. XIV f. , sind Munros y (aus dem British Mus., Arundel
133), 6 (Jacob's Helmstad!^, b (Jacob's ms. 3 = Vratisl.), f (aus dem Brit. Mus.).
6. Ausgaben zuerst an Vergils Werken, z. B. Aid. 1517. 1534, von Sca-
liger, Lyon 1572 oder 1573, Leiden 1596; s. Munro p. 26 f.; eigens von Th.
Gorallus (^» John Leclerc), Amsterdam 1703. 1715; in Wemsdorfs poetae lat
min. IV. p. (79; 87—214 (216); vgl. ib. p. 3—25. In W. E. Webers corpus
poet. lat. p. 1405 — 1410. Mit deutscher Uebersetzung von C. A. Schmid
(Braunschweig 1769) und J. H. F. Meineke (Quedlinburg 1818). Bec. notas-
que los. Scaligeri, Fr. Lindenbruchii et suas adiecit (auch eine metrische
Uebersetzung) Fr. Jacob, Lips. 1826. XXIV u. 270 pp. Revised, emended
and explained by H. A. J. Munro, Cambridge 1867. 84 pp.
7. {britische Beiträge von M. Haupt (Quaest. Catull. 1841, p. 54 — 68,
vor dem Berliner Ind. lect. 1854. 20 pp. 4. und 1859 f. 11 pp. 4. sowie im
Hermes III. p. 338 — 341), J. Mähly (Beiträge zur Kr. d. Lehj^ged. Aetna,
Basel 1862. 32 S. 4.), E. Bährens (lectiones latt., Bonn 1870, p. 36 — 40).
303. Gleichfalls noch aus dem ersten Jahrhundert und dersoi
Zeit der julischen Dynastie ist eine metrische Bearbeitung des
Inhaltes der Ilias für den Bedarf der Schule. Anfangs fast
Uebersetzung, wird die Arbeit allmählich immer mehr Auszug.
Selbständiges Talent verräth der Verfasser nicht, vielmehr beutet
er besonders die Aeneis und die Metamorphosen stark aus; aber
in allem Scliulmässigen, besonders der Metrik, ist er correct
und sorgfältig.
t)72 pie Kaiserzeit. Eretes Jahrhundert.
1. Von den 1075 (1070) Hexametern aus denen das Werk besteht fallen
537 auf die ersten fünf Bücher der Ilias. Besonders genan ist der Schiffs-
katalog wiedergegeben, und die zahlreichen, oft schwierigen, Namen sind
fehlerlos übertragen. Am wenigsten genau sind die Bücher XIX bis XXII
behandelt. Einige Male erlaubt sich der Verf. auch Erweitenmgen , bes.
durch Einschiebung von Gleichnissen und Schilderungen. Vielleicht legte
er eine prosaische Inhaltsangabe der Ilias zn Grunde. Das 'Ausschreiben
Vergils und Ovids geht weit, und die Versnoth ist oft genug erkennbar.
Auf die römischen Dichter vor den augusteischen erstreckt sich des Verfas-
sers Horizo'nt nicht; kaum dass auf Lucretius schwache Spuren hindeuten.
Der Versbau ist fast pedantisch streng. Auf Abfassung unter der julischen
Dynastie, spätestens unter Nero, deutet v. 904 — 907 W. =- 899— -902 M.:
quem (Aeneas) nisi servasset magnarum rector aquarum, ut profugus latus
Troiam repararet in arvis augustumque genus coeli submitteret aetris, non
clarae gentis nobis mansisset origo. Vgl. 235 (sacer Aeneas). 483 (Veneris
pulcerrima proles). C- Lachmann, Monatsber. der Berl. Akad. Januar 1841
(vor dem Tode des Tiberius); vgl. zum Iwein 8. 527 und zu Lucret. III, 11.
L. Müller, über den Auszug u. s. w. S. 15, und im Philologus XV. S. 479
— 482. 502. Von ähnlicher Art scheint in dieser Zeit das Unternehmen des
Polybius (oben 226, 5 vgl. 284, 4) gewesen zu sein.
2. Die epitome wurde im Mittelalter viel benützt und meist als Home-
rus bezeichnet. Doch findet sich schon im elften Jahrh. (erstmals erweislich
bei dem Abt Benzo, vor 1106; s. "Philologus XV. S. 475) für den Verfasser
derselben der Name Pindarus (Thebanus) , der wohl irgend welchem Missver-
ständnisse seine Entstehung verdankt; L. Müller, Rhein. Mus. XXIV. S. 492 f.
meint, dem Missvorständnisse von Horaz 0. IV, 9, 5 ff. Ueber spätere Be-
nützungen durch Albert von Stade, Guido de Columna und die Trojumanna
saga s. H. Dunger, die Sage vom trojanischen Kriege (Dresden 1869) S. 28.
63 f. 78.
3. Von den zahlreichen Handschriften reichen wenige (wie der Florent.)
über saec. XII zurück; die besten (wenigst intei-polierten) sind eine von Bur-
mann (v. 1—644), eine Erfurter (Ritschi, Rhein. Mus. I. S. 137—140) und die
zweite Leidner. Vom elften Jahrh. an, wo der Auszug in Schulen gelesen
wurde, erfolgten auch zahlreiche luterpolationeu und Aenderungen. L. Mül-
ler, über den Auszug u. s. w. S. 11 — 14, und Ueber die zweite Leidner Hds.
des Hom. lat., in Fleckeisens Jahrbb. 85, S. 729—732. Ueber eine Brüsseler
Hds. s. Reiffenberg im Annuaire III. p. 189 ff.
4. Ausgaben der epitome. Erste datierte Parm. 1492; vielleicht noch
früher eine s. 1. et a. Von späteren bes. die Wernsdorfs in seinen poetae
latini minores IV. p. 617 — 752, wozu vgl. ib. p. 546 — 567. 598 — 604. 608
— 616. Incerti auctoris, vulgo Pindari Theb. epitome Iliadis homericae e
rcc. et cum notis Th. van Kooten; edidit . . H. Weytingh, Lugd. Bat. et
Amstelod. 1809. L. Müller, über den Auszug aus der Ilias des sog. Pinda-
rus Theb. (Berlin 1857) S. 16—46, und dazu seine Nachträge im Philologus
XV. S. 483—507.
5. Th. Bergk. Philologus XIV. S. 184, vermutet dass der Verfasser der
bei Persius I, 50 (Ilias Atti ebria veratri) als Verfasser einer nüchternen
303 fF. HomeruB iat. Gedichte des cod. Voss. Die Flavier. G73
«
Ilias genannte Attius sei, welchen man häufig, mit ib. 4 (ne mihi . . La-
beonem praetulerint) combinierend , Attius Xabeo nennt. Dagegen vgl. L.
Müller in Fleckeisens Jahrbb. 83, S. 652 f. M. Haupt im Berliner ind. lect.
1859 f. p. 4. Schol. Pers. I, 4 (p. 248 J.): quia Labeo transtulit Iliada et
Odysseam, verbom ex vcrbo, ridicule satis, quod verba potius quam sensum
Bccutus sit. eins est ille versus: crudum manduces Priamum Priamique pi-
sinnos. Nicht identisch damit und daher kaum als Quelle jenes Scholions zu
betrachten ist die Fassung (ib. not. 5): Labeo poeta latinus fuit, ut Fulgen-
tius in libro etymologiarum ait, qui carmen et opus homericum convertit *
in latinum et placuit non magis auditoribus quam lectoribus; eins versus
est crudum etc. Auch ist es wenig glaublich dass dieser Vers von Fulgen-
tius erdichtet sei, wie 0. Jahn meint, Berichte der sächs. Ges. d. W. 1856,
S. 301 f. vgl. Ausgabe des Pers. p. LXXII f. Combination beider Namen
schon Schol. Pers. I, 50 (p. 259 J.): Attius Labeo poeta indoctus fuit illorum
temporum, qui Iliada Homeri versibus foedissime composuit.
304. Endlich sind Erzeugnisse des ersten Jahrhunderts wohl
auch, mit wenigen Ausnahmen, die Gedichte des codex Vossianus
86/ sowohl wegen ihres Gedankenkreises als wegen ihrer tech-
nischen Eleganz.
1. Abdruck der Gedichte des cod. Voss. saec. IX (in.) besonders bei
Riese, Anthol. Iat. Nr. 392—480 (L p. 257—295; vgl. ib. p. XXXVIII— XLI.
IL p. LXIV). Die ersten (Nr. 392 — 395) sind aus späterer Zeit, der des
Trajan und Ausonius. Dagegen ohne Zweifel aus dem ersten Jahrh. sind
alle diejenigen welche sich mit Stoffen aus der letzten Zeit der Bepublik
beschäftigen. Diess thun die meisten in oppositioneller Richtung. So die
Verhertlichungen des Cato Uticensis, des Pompejus und seiner Söhne, die
Warnungen vor dem Hofleben, der Preis der Einfachheit und Zurück-
gezogenheit. Monarchistisch dagegen sind die Gedichte zum Preise Caesars
(bes. seines Zuges nach Britannien) und über den Tod der Brüder Maevius
im Bürgerkriege zwischen Antonius und Octavian (Nr. 462 f.; bei Werns-
dorf in. p. 199 — 205, vgl. p. 134 — 136), wahrscheinlich aus der Zeit des
Claudius; farblos das über den Tod der beiden Casca (Nr. 457). Der rhe-
torische Charakter tritt überall stark hervor, wie in der Chrie auf die spes
(Nr. 415; bei Wernsdorf lll. p. 226—234; vgl. p. 141 f.) und in den beiden
Elegieen auf die Maevii fratres. Ein Theil der Gedichte trägt den Namen
Petronius; s. oben 300, 6.
2. üeber die Elegieen auf Maecenas s. oben 226, 6.
2. Die Zeit der flaTischen Dynastie , J. 69—90 n. Clin
305. Nachdem mit Nero die julisch-claudische Dynastie 292
und die Erbmonarchic erloschen war und die Kämpfe über des-
sen Nachfolger ein Jahr lang das Reich in allen seinen Thei-
len zerrüttet und die letzten Kräfte des Römerthums verzehrt
hatten gelangte in Vespasianus (J. 69 — 79) der tüchtigste
TutriTKL, Rom. Literatargeschicbte. 2. Aufl. 43
674 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrlmndort. Flavier.
unter den Bewerbern auf den Thron. An die Stelle junkerhafter
Willkür und Ausbeutung des Staates für die Gelüste des Herr-
sehers trat nun geschäftsmännische Nüchternheit. Nach der
Aufregung und Erschöpfung der letzten Zeit konnte das Reich
unter ihm sich wieder sammeln. Unbestritten folgte ihm sein
Sohn Titus, dessen kurze Regierung (J. 79 — 81) zum Guten
^ noch die Freundlichkeit zu fügen sich bemühte. Aber schon
in ihrem dritten Gliede entartete die Dynastie, in des Titus
Bruder Domitianus (J. 81 — 96), dessen Bösartigkeit mit den
schlimmsten Herrschern des claudischen Hauses wetteiferte. Die
Literatur, die unter Vespasian den Segen des Friedens miter-
fahren hatte, litt unter Domitian durch dessen Eitelkeit nicht
minder wie durch seine Grausamkeit.
1. Darstellungen der Geschichte der Dynastie bei Tillemont, E. v, Wie-
tersheim (Gesch. der Völkerwanderung I. Cap. VIII), Merivale, C. Peter
(Geschichte Roms III, 2. Halle 1869. S. 1—140). E. Beul^, Titus et sa
dynastie, Paris 1870.
2. C. E. Peter, de fontibus historiae imperatorum Flaviorum, Halle 186G.
3. Tac. Hist. II, 101: scriptores temporam qui potiente rerum Flavia
domo monimenta belli huiusce (vom J. 69) composuernnt . . corruptas in
adulationem causas tradidere. Diess bezieht Momrasen hauptsächlich auf
Cluvius Rufus (unten 309, 2), Nissen mit besseren Gründen auf die Histo-
rien des Plinius (unten 307, 5).
•J'J.'i
306. Obwohl tiberwiegend praktisch tüchtig und beherrscht
von dem Streben nach den tollen Verschwendungen der letzten
Jahrzehnte den Staatsschatz wieder zu füllen, besass und be-
thätigte Vespasianus doch auch Interesse für Bildung und
Literatur, und verfasste Denkwürdigkeiten. Begünstigt von ihm
und seinem Sohne Titus sammelte und schrieb der ältere Plinius,
dichteten Valerius Flaccus, Saleius Bassus, Curiatius Matemus,
Silius Italicus, Turnus. Von den Rhetoren ist der angesehenste
Julius Gabinianus, und auch Quintilians Lehrthätigkeit fallt
grösstentheils in diese Zeit. Für die Geschichtschreibung leistet
das Meiste der Jude Josephus, aber in griechischer Sprache und
oft genug die Wahrheit selbstsüchtig fälschend.
1. T. Flavius Vespasian u« geb. 17. Nov. 762 (9 n. Chr.), Cos. 804
= 51, Procos. in Judäa J. 67 ff., von wo aus ihm seit Juli 69 besonders
Mucianus (unten 309, 1) den Thron erkämpfte. Seit dem Tode des Vitellius
(22. Dec. 69) anerkannter Herrscher, f 23. Juni 79 = 832; a. W. Teuffei
in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2478—2487.
2. Richter, das Verhältniss des K. Vespasianus zur Literatiur, Plauen
305 ff. VespasianuB. Titus. Plinius maior. 675
1866. 4. Tac. Hiat. II, 80: concurrentes (AntiocheDses) . . adloquitur (Vesp.),
satig decoras etiani graeca facimdia. Aus einer Bede des Vesp. im Senat
Orelli Inscr. 750. Joseph, vit. 65 (p. 340, 18 f. Bk.): iv roig Ovsanaaiavov
Tov avtonQccTOQog vnofivrjfiaaiv ovtoa yfyqccntaL. (p. 343, 9:) totg KaCaaqog
vnopLvrJiiaaiv IvavrCav nenoirjaai triv y^atpriv. Vgl. c. Apion. I, 10 : zoig tcov
ciüto%i^ax6qoiv (Vesp. und Titus?) vnofivrjfjLaöiv. Suet. Vesp. 18: primus e fisco
latinis graecisque rhetoribus annua centena constituit. praestantis poetas
(wie den Saleius Bassus, unten 313, 2) nee non artifices . . magna mercede
donavit. Dass er gegen die Philosophen anders yerfuhr und sie, wie die
Astrologen, aus Rom verwies geschah auf Betreiben des Mucianus und weil
die damaligen Vertreter der Philosophie in ihrer Rücksichtslosigkeit als ein
gefährliches Element politischer Unzufriedenheit und Unordnung erschienen.
Dio LXVI, 13 (J. 71): ag ovv nccl äXXoi nolXol in rav arcaiTLÖav naXovfitvoyt/
Xoytov itQoax^^vreg , ftf-O*' odv jdrj^rjXQiog 6 xvvtxos, Gv%va. %a\ ovyt, InitriSiia
Totg naqovai driiioGi«, zip rrjg qjiXoaotpiag nqoa%ri^aTi %ata%q(üiLfvoi ^ dieXs-
yovTO . . ^nsiasv o Movaiccvog tov Ovsanaaiavov itccvtag tovg roiovrovg i%
trjg TtoXfong iTißaXELV. . . xal ndvtag ofur^xa tovg <pLXoa6(povg 6 OvsüTtaaia-
vog, nXrjv rov Movaoviov (oben 294, 3), 1% xfjg ^Pto^rig t^sßaXsv, tov Se Srj
drjiiTjzqtov aal tov 'OatiXiov xal ig vrjaovg natiuXuGBv. xal 6 [u-v ^OatCXiog,
et aal . . noXX^ nXelti) -nata r^g fiovagx^ccg ncctedQuiisv^ Oftoag nciQaxQTnia
^stiati]' TCO ÖS drjiiritQLa) /li/j^ cog uTrentovrt iiitXsvatv 6 Oveanaaiavbg Xsx-
^rfvccL Ott av filv navta notiig ivcc es dnontsiviOj iya öh %vva vXct%t6vvta
ov (povsvon. Vgl. oben 294^ 12.
3. Titus Vespasianus, geb. 30. Decbr. 40 oder 41 (793 oder 794), erobert
Jerusalem 8. Sept. 70, factischer Mitregent seines Vaters seit 71, Kaiser seit 79,
t 13. Sept. 81 = 834. Heimbrod, Titi . . vita, in Jahns Archiv VIH (1842).
p. 383—399. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2487—2493. J. Stange,
de Titi imp. vita I, Breslau 1870. 48 pp. An ihn gerichtet ist des älteren
Pliniua praefatio zur n. h., wo z. B. 11: te quidem in excelsissimo generis
humani fastigio positum, summa eloquentia, snmma eruditione praeditum etc.
Vgl. ib. Ö: fulgurat in nuUo umquam verius dicta vis eloquentiae, tribunicia
postestas facundiae. quanto tu ore patris laudes tonas, quanto fratris amas
(famas Detl.)! quantus in poetica es! Ibid. II 25, 89: ocisaimo significatu
haec fuit (stella crinita, Komet) de qua quinto consulatu suo (J. 76=829)
Titus imperator Caesar praeclaro carmine perscripsit.
307, Der ältere Plinius, C. Plinius Secundus aus Ober-294
italien (J. 23 — 79 n. Chr.), wusste durch angestrengten Fleiss
und geizigste Zeitbenützung eine ausgedehnte amtliche W^irk-
samkeit als Offizier und Finanzbeamter in verschiedenen Theilen
des Reiches zu verbinden mit den umfassendsten und vielseitig-
sten Studien und einer fruchtbaren literarischen Thätigkeit auf
den Gebieten der Taktik, Geschichte, Grammatik, Rhetorik und
der Naturwissenschaften. War seine Schriftstellerei auch auf
den meisten Gebieten eine zusammentragende und auf Gleich-
mlissigkeit oder gar Schönheit der Form verzichtende, so erregt
43*
076 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Flavier.
sie doch Bewunderung durch ihren Umfang, und dass sie vom
c lebendigsten Wissensdrange ausgieng zeigt der Tod des Plinius
beim Ausbruche des Vesuv, als Opfer seines Forschungseifers.
1. Suet. ed. EeifFsch. p. 92 f.: Plinius Secundus Novocomensis (er nennt
praef. 1 den CatuU seinen conterraneus) equestribus militiis Industrie functus
(besonders in Germanien, wo er wohl auch das castrense contubernium mit
Titus hatte, s. n. h. praef. 3) procurationes quoque (in Gallia Narboncnsis,
Hispania Tarraconensis , unter Vespasian als procurator Caesaris) splendi-
dissimas et continuas summa integritate administravit et tarnen liberalibus
studiis tantam operam dedit ut non temere quis plura in otio scripserit.
itaque bella omnia quae umquam cum Germanis gesta sunt XX volumini-
bus comprehendit, item naturalis historiae XXXVII libros absolvit. periit
clade Campaniae; cum enim Misenensi classi praeesset et flagrante Vesuvio
ad explorandas propius causas liburnica pertendisset . . vi pulveris ac fa-
villae oppressuB est, vel, nt quidam existimant, a seiTO suo occisus, quem
acstu deficiens ut necem siti maturaret oraverit. Beschreibung letzterei'
Katastrophe (IX kal. sept.) in dem Briefe des jungem Plinius an Tacitus,
Kp. VI, 16 (petis ut tibi avunculi mei exitum scribam, quo verius tradere
posteris possis etc.) vgl. VT, 20 (ais te adductum littcris quas exigenti tibi
de morte avunculi mei scripsi cupere cognoscere quos ego Miseni relictus
. . casus pertulerim etc.).
2. Plin. Epist. ni, 5, 1 if. (an Baebius Macer): pergratum est mihi quod
tarn diligenter libros avunculi mei lectitas ut habere omnes velis quaeras-
que qui sint omnes. (2.) fungar iudicis partibus atque etiam quo siut
ordine scripti notum tibi faciam. . . (3.) ,De iaculatione equestri unus*
(vgl. n. bist. VIII, 162: nos diximus in libro de iaculatione equestri condito).
hunc cum praefectus alae militaret (in Germanien) pari ingenlo curaque
composuit. ,De vita Pomponi Secundi duo*, a quo (oben 279, 7) singulariter
amatus hoc memoriae amici quasi debitum munus exsolvit. (4.) ,BelIorum
Germaniac XX', quibus omnia quae cum Germanis gessimus bella coUegit
(vgl. A. 1 u. 5, Tac. A. I, 69: tradit C. Plinius, germanicorum bellorum scriptor,
und Symmach. ep. IV, 18). incohavit cum in Germania militaret, somnio
monitus. . . (6.) , Studiosi III*, in VI volumina propter amplitudinem divisi,
quibus oratorem ab incunabulis instituit et perficit (vgl. A. 3). ,Dubii ser-
monis VIII* (vgl. A. 4). scripsit sub Nerone novissimis annis, cum omne
studiorum genus paulo liberius et ercctius periculosum servitus fecisset.
(6.) ,A fine Außdii Bassi XXXP (vgl. Anm. 6). ,Naturae historiarum XXXVIl*,
opus diffusum, eruditum, nee minus varium quam ipsa natura. (7.) miraris
quod tot volumina multaque in his tarn scrupulosa homo occupatus ab-
solverit? magis miraberis si scieris illum aliquamdiu causas actitasse, de-
cessisse anno sexto et quinquagesimo, medium tempus distentum impeditum-
que qua ofBciis maximis qua amicitia principum egisse. (8.) sed erat acre
ingeninm, incredibije Studium, summa vigilantia. . . (9.) ante lucem ibat
ad Vespasian um imperatorem (nam ille quoque noctibus utebatur), inde ad
delegatuni sibi officium, reversus domum quod relicum temporis studiis
reddebat. (10.) post cibum saepe . . über legebatur, adnotabat excerpebat-
que. nihil enim legit quod non excerperet. . . (11.) . . super haue (cenam)
307. PlimuB maior. 677
liber legebatur", adnotabatur, et quidem cursim. . . (13.) tanta erat parsi-
monia temporis. . . (14.) . . dum destriiigitur tergiturque (im Bade) audie-
bat aliquid aut dietabat. (15.) in itinere . . huic uni vacabat: ad latus uo-
tarius cum libro et pugillaribus, cuius manus hieme manicis municbantur.
. .'(16.) . . perire omne tempus arbitrabatur quod studiis non impenderetur.
(17.) hac intentione tot ista volumina peregit electonmique commentarios
CLX^ mihi reliquit, opistliographos quidem et minutissime scriptoB. . . re-
fcrebat ipse potuisse se, cum* procuraret in Hispania, vendere hos commen-
tarios Largio Licino CCCC milibus nummum, et tunc aliqnanto pauciores
erant.
3. GelliuB IX, 16, 1 ff.: Plinius Secundus existimatus est esse aetatis
Huae doctiesimus. is libros reliquit qnos Studiosorum inscripsit, non medius-
fidius usquequaque aspernandos. in his libris multa varie ad oblectandas
cruditorum hominum aures ponit. refeii) etiam plerasque sententias quas
in dcclamandis controversiis lepide arguteque dictas putat. Also eine An-
leitung zur Beredtsamkeit mit Beispielen. Quintil. III, 1, 21: scripsit de
eadem materia (Rhetorik) . . accuratiua . . aetatis nostrae Verginius , Plinius,
Tutilius. XI, 3, 143: qui de gestu scripserunt. . . quo magis miror Plinii
Secundi, docti hominis et in hoc utique libro paene etiam nimium curiosi,
persuasionom etc. ib. 148: quo magis miror hanc quoque succurrisse Plinio
curam etc. Seiner sonstigen schriftstellerischen Bedeutung gälte es daher
falls er gemeint ist ib. 111, 4, 2: nunc maximo temporum nostrorum auctore
prope impulsum (est).
4. Plin. n. h. ])raef. 28: ego plane meis adici posse multa confitcor,
nee his solis sed et omnibus quos edidi, ut obiter caveam istos Homero-
iiiastigas . . , quoniam audio et stoicos et dialecticos , Epicureos quoque
(uam de grammaticis semper expectavi) partnrire adversus libellos quos
de grammatica edidi. Das Werk handelte von den zweifelhaften Formen
in Declination, Conjugation und Wortbildung, lunfasste neben der Laut-
und Flexions- Lehre auch die Etymologie und die Redetheile und wurde
bis in das Mittelalter hinein von den Grammatikern benützt und angeführt.
Besonders Charisius citiert es häufig, in den Partien aus lulius Romanus;
Priscian VI, 44 (p. 233, 13 H.: Plinius Secundus in I artium) und 78
(p. 262, 18 II.: Plinius Secundus in I artis grammaticae) g\bt den Tit«l
ungenau wieder. Lorsch, Sprachphilos. d. Alten I. S. 150 ff. Alfr. Schott-
müller, de C. Plini Secundi libris grammaticis particula prima, Bonner
Diss. von 1858. 44 pp. D. Detlefseu, zur Flexionslehre des altern Plinius,
in der Symbola philolog. Bonn. S. 697 — 714. W. Brambach, lat. Orthogr.
S. 37 f.
5. Plin. Epist. V, 8, 5: avunculus mens idemque per adoptionem pater
historias, et quidem religiosissime, scripsit. Das Lob der Gewissenhaftigkeit
in Quellenforschung und Abwägung abweichender Berichte, bis zur Ünent-
schiedenheit des Urteils, bestätigt sich durchaus. Vgl. Nissen, Rhein. Mus.
XXVI. S. 533 f. Umfang 31 Bücher; s. A. 2. Plin. n. h. praef. 20: vos qui-
dem omnes, patrem (Vesjjasian), tc (Titus) fratremque, diximus opere iusto,
temporum nostrorum historiam orsi a fine Aufidii Bassi (oben 272, 2). ubi
sit ea quaeres? iam pridem per acta sancitum et alioqui statutum erat
678 üie Kaiserzeit. Erstet Jahrhundert. Flavier.
hcredi mandare, ne quid arabitioni dcdiase vita iudicaretur. (Vgl. unten 336, 12.)
l)roinde occupantibuB locum favco, ego vero et posteria, quos scio nobiscum
decertaturos, sicut ipsi fecimus cum prioribus. II, 199: annoNeronis principis
»iipremo, sicut in rebus eins exposuimus. ib. 232: Neronis principis supremis
sicut in rebus eins rctulinms. Benützung (und Verdunklung) dieser Zeitge-
schichte durch Tacitua; s. Hist. III, 28: Hormine id (die Plünderung vonCre-
möna) ingenium, ut Messala (unten 309, 3) tradit, an potior auctor sit C. Pli-
nius, qui Antonium (Primum) incusat, haud facilo discreverim. Vgl. A. XIII, 20
(Plinius et Cluvius . . referunt). XV, 63 (quod C. Plinius memorat), beides
aus der Zeit des Nero. Vgl. IL Nissen im Rhein. Mus. XXVI. S. 497 — 548, bes.
S. 524 f. 632 — 544. Suetou hat in seinen Biographien des Nero, Galba, Otho,
Vitellius, Vesj^asian, Titus und Domitian das Werk des Plinius ohne Zweifel
benützt (wenn auch nicht als Hauptquelle), nennt es aber niemals. Die Po-
lemik im Calig. 8 (vgl. oben 287, 1) bezieht sich auf die Bella Germanica.
Am treuesten gibt wohl Plutarch (im Galba und Otho) den Plinius wieder.
Vgl. unten 332, 4.
^>()r, 308. Erhalten ist von den Schriften des Plinius allein
seine naturalis liistoria in 37 Büchern, im J. 77 dem Titus
überreicht, aber bis zum Tode des Verfassers fortwährend mit
Nachträgen und Aenderungen versehen. Das Werk ist eine
Encyclopädie der Naturwissenschaften, aber mit vorzugsweiser
Berücksichtigung ihrer Anwendung in Leben und Kunst der
Menschen, und umfasst daher auch die Erdbeschreibung, Heil-
kunde und Kunstgeschichte. Der Stoff ist aus einer grossen Anzahl
von Schriften zusammengetragen, freilich vielfach eilfertig, ohne
genügende Sachkenntniss und Kritik, daher von sehr ungleichem
Werihe. Auch die Darstellung ist wenig gleichmässig: bald nur
iuif die Sache gerichtet und mit dem nächsten besten Ausdruck
zufrieden, bald manieriert rhetorisch. Im Ganzen aber ist das
VVerk eine unerschöpfliche Fundgrube von Nachrichten und
zeugt von dem ernsten, strebsamen und patriotischen Sinne
►seines Verfassers. Thejls selbst, theils in den mancherlei Aus-
zügen die es erfuhr hat es lange fort grossen Einfluss ausgeübt.
1. Plin. n. h. praef. 1: libros naturalis historiae, uovicium Camenis
Quiritium tuorum opus, natos apud mc proxima fetura, licentiore epistula
narrare constitui tibi, iucundissime imperator. . . (3.) censorius tu sexiea-
quc cousul (J. 77 = 830). (12.) levioris operae hos tibi dedicavi libellos.
nam nee ingenii sunt capaces . . neque admittunt excessus aut orationes
sermonesve aut casus mirabiles vel eventus varios, iucunda dictu aut
legentibus blanda. (13.) sterilis materia, rerum natura h. e. vita, narratur,
et haec sordidissima sui parte, ut plurimarum rerum aut rusticis vocabu-
lis aut extemis, immo barbaris. . . (14.) praeterea iter est non trita aueto-
ribus via nee qua peregrinari animus expetat. nemo apud nos qui idem
307 f. PlinioB naturalis historia. 079
tcmptavcrit, nemo apnd Graecos qui unus omnia ca tractavcrit. . . iam
omnia attingenda quae Graeci r^s iyyLvnXiOTcaidstccg vocant. . . (16.) equi-
dcm ita scntio, peculiarem in studiis causam eorum esse qui difficultatibuB
victis utilitatem iuvandi praetulerunt gratiae placendi, idque iam et in
aliis operibus ipse feci. . . (17.) viginti milia rerum dignarum cura . .
lectione volmninum circitcr duum milium . . ex exquisitis auctoribuB cen-
tum inclusimus XXXVI voluminibus, adiectis rebus plurimis quas aut igno-
raverant priores aut postea invenerat vita. (18.) nee dubitamus multa esse
quae et nos practerierint. homines enim sumns et occupati officiis, sub-
sicivisqae temporibus ista curamus, i. e. nocturnis. . . (21.) in bis volumi-
nibus anctorum nomina praetexui. . . (32.) quid singulis contineretur libris
huic epistulae subiunxi. Der Neffe hat bei seiner Herausgabe des Werks
nach dem Tode des Verfassers das vorher den einzelnen Büchern vorge-
setzte (vgl. XVIII, §. 23) Quellenverzeichniss mit dem Inhaltsverzeichniss
verbunden als Buch I, und dadurch die Bücherzahl auf 37 erhöht. Dass
der Verfasser selbst nur die erste Dekade veröffentlichte hat Urlichs (Vin-
diciae I. p. 19 und Chrestom. Plin. S. XIV Anm.) gefolgert aus der Wie-
derholung von restant immensae subtilitatis animalia X extr. und XI in.,
sowie der Unterschrift von XI und XII im Biccard.: editus post mortem.
Ueberhaupt aber finden sich im ganzen Werke manche Spuren der Nicbt-
voUendimg, unausgeglichene Verweisungen, Randbemerkungen die noch kein
definitives Unterkommen gefunden haben, u.dgl. Vgl. Th. Bergk, exercitationes
Plin., Marburg 1847. 1851. 4. D. Noltenius, quaestiones Plinianae, Bonn
1866, mit V. Jan in Fleckeisens Jahrbb. 1866, S. 698 ff.
2. Inhalt und Anlage des Werks. I : Inhalts- und Quellenverzeichniss.
II: mathematisch -physikalische Beschreibung des Weltgebäudes. III — VI:
Geographie. VII: Anthropologie und Physiologie des Menschen. VIII— XI:
Zoologie (VIII Säugethiere; IX Fische; X Vögel; XI Insecten und Käfer;
vergleichende Anatomie und Physiologie). XII — XXVII: Botanik (XII u.
XIII exotische Bäume und Sträucher; XIV u. XV Obstbäume; XVI wilde
Bäume; allgemeine Botanik; XVII Baumzucht; XVIII u. XIX Getreide;
Kohl; Theorie des Feld- und Gartenbaus; XX — XXVII medicinische Bo-
tanik). XXVIII— XXXII: medicinische Zoologie. XXXIII— XXXVII : Mine-
ralogie besonders nach ihrer Verwendung in Leben und Kunst (B. XXXIV f.
Kunstgeschichte). Im Einzelnen der Ausführung zeigt sich aber viele
Willkür, wohl unter Einfluss des Werkes welches gerade excerpiert wird.
So werden XXVII alle im Vorhergehenden nicht abgehandelten Pflanzen
in alphabetischer Ordnung nachträglich aufgeführt. Ueber XXXI f. vgl.
Noltenius p. 25 f.
3. Seine Quellen hat Plinius die Absicht vollständig anzugeben: est
enim benignum . . et pleuum ingenui pudoris fateri per quos profeceris,
non ut plerique ex his quos attigi fecerunt (praef. 21). Er scheint sogar
unter den 146 römischen und 327 ausländischen Schriftstellern welche die
indices verzeichnen manchen aufzuführen den er nur aus Sammelwerken
oder Citaten kennt. Wenn er daher den Dioskorides nicht mit aufzählt
und doch mit ihm zusammenstimmt, so wird diess aus Gemeinsamkeit
ihrer Quellen zu erklären sein. Die Ordnung der Aufzählung im Quellen-
680 I)i6 Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Flavier.
vcrzeichniss richtet sich in der Hauptsache nach der Ordnung worin sie
für das betr. Buch beuützt sind, wobei aber durch längere Fortbcnützang
derselben Schrifbsteiler, durch Nachträge, Umstellungen, Sammelausgaben u.
dgl. Abweichungen herbeigeführt wurden; H. Brunn, de auctorum indicibus
PLiuianis disputatio isagogica, Bonn 1856. 60 pp. 4. Vgl. D. Detlefsen,
Philologus XXVIII. S. 701—716. Am häufigsten kehrt der Name des Varro
wieder, unter den extemi der des Aristoteles, Theophrast und anderei
Peripatetiker. Mit Vorliebe aber folgt Plin. römischen Führern, wie für
Bienenzucht dem Hyginus, für Medicin dem Pompojus Lenäus, für Botanik
dem Sextius Niger. Den Werth der verschiedenen Quellen scheint PI. nicht
gehörig abgewogen zu haben ; namentlich den Sammlern von allerlei curiosen
Notizen schenkt er nicht weniger Glauben als den gewichtigsten Forschern.
E. Meyer, Gesch. der Botanik II. S. 127 — 133. G. Montigny, quaest. in Plin.
11. h. de animalibus libros, Bonn 1844. 74 pp. Detlefsen, Vitruv als Quelle
des Plin., Philologus XXXI. S. 385 — 434. lieber Flüchtigkeiten in der
Kunstgeschichte s. L. Ross, archäologische Aufsätze II (Leipzig 1861). S.
c{52 — 377. Vgl. 0. Jahn, über die Kunsturteile bei Plinius, in den Berichten
der Sachs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 105 — 142. A. Brieger, de fontibus librorum
Plini XXXIII — XXXVI quatenus ad remplasticam pertinent, Greifswald 1857.
78 pp. 8. G. Wustmann, zu Plin. Kunstgeschichte, Rhein. Mus. XXII. S. 1 — 24.
.1. C. Elster, prolegomena ad excerpta plin. ex libr. XXXV, Helmstedt 1838.
FI. E. Dirksen, die Quellen der h. n. des Plinius, insbes. die römisch -recht-
lichen, hinterlass. Schrr. I. S. 133 — 148.
4. lieber die Weltanschauung des Plinius gibt besonders B. II Auf-
Bchluss. Hiernach stand er zu dem Volksglauben in offener Opposition,
ohne jedoch zu einem bestimmten philosophischen Systeme sich ausschliess-
lich zu bekennen. Am meisten neigt er sich in seinen religiösen und
{)hilo8ophischen Ansichten dei)i Stoicismus zu. Klagen über den Abfall
von der Natur und die Verschlechterung der Sitten sind auch bei ihm so
häufig wie bei Columella und Seneca. Urlichs, ,Chrestom. Plin. S. XV f.
0. Vorhauser, die religiös-sittliche Weltanschauung des altern Plinius, Inns-
bruck 1860. 32 S. 4. L. Rummler, C. Plini See. philosophumena, Stettin
1862. 66 pp. Friese, die Kosmologie des Plinius, I (mit 2 Tf.), Breslau
1862. 44 S. 4.
5. Ueber den Wortschatz des Plinius vgl. Wannowski, Pliniana, Posen
1847. 4. üeber die poetischen Elemente desselben E. Opitz, quacstiones
plinianae, Naumburg 1861. 32 pp. 4.
6. „Der Stil des Plinius ist in den verschiedenen Theilen seines Wer-
kes ein sehr verschiedener. Die praefatio ist voll von auffallenden Aus-
drücken, gesuchten Wendungen, schillernden Gedanken. Schwungvoll aber
und von tiefem Ernste getragen sind viele der Einleitungen zu den einzel-
nen Büchern; in ihnen herrscht ein energisches Pathos, die Gedanken sind
mit wenigen Worten in kräftiger Weide vorgetragen. Diese Theile sind
stilistisch mit grosser Sorgfalt behandelt, als Beispiel der gravitas. Da-
gegen in den beschreibenden Ausführungen welche den Körper des grossen
Werkes ausmachen häuft Plinius meist nur ein Excerpt an das andere;
auf vielen Gebieten, besonders dem der Botanik, Medicin, Mineralogie,
308. PliniiiB naturalis historia. 681
dturchdringt er aber selber nicht den spröden Stoff; meist also bleibt es
bei einer trockenen Nomenclatur und Beschreibung. Im Gefühle dieses
Mangels an wissenschaftlicher Systematik sucht er seinen Stoff durch rhe-
torische Mittel zu beleben, namentlich durch das Streben nach Manchfal-
tigkeit und Neuheit in Wendungen und Satzbau." D. Detlefseu , Philologus
XXVIII. S. 317 f. L. Grasberger, de usu pliniano, Würzburg 1860. 128 pp.
(bes. de brevitate dicendi und de dictionis varietate). Wannowski (s. A. 5)
p. 27—36. E. Opitz p. 2—16.
7. Das Werk wurde von Anfang an viel gelesen (vgl. Symmach, cpist.
I, 24) und frühzeitig ausgezogen. Namentlich wurde schon um die Zeit
Hadrians aus ihm eine Chorographie zusammengestellt und diese mit Zu-
sätzen aus Pomponius Mela und anderen Werken dieser Art vermehrt.
Diese Chorographia pliniana kannte und benutzte schon Apulejus. Auch
AmmianuB Marcellinus hat nicht unmittelbar aus Plinius geschöpft, son-
dern aus diesem AuszUge. Ebenso liegt derselbe den Arbeiten des Solinus
und Martianus Capella zu Grunde. Th. Mommsen, Solini coUectanea etc.
(Berlin 1864) p. XXI ff. Medicinisch-diiltetische Excerpte aus Plinius, doch
nicht ohne Zusätze aus anderen Quellen, sind B. I — III des sogenannten
Plinius Valeriauus.
8. Handschriften des Plinius sind ungefähr 200 erhalten, die mei-
sten aber aus sacc. XIV und XV und für die Textgcstaltung ohne Werth.
Die wichtigen selbst aber theilen sich einerseits in unvollständige ältere
und andererseits vollständige jüngere. Jene sind von den Umstellungen,
Wiederholungen und Lücken der jüngeren frei, aber fragmentarisch; der
relativ vollständigste Bambergensis (saec. X) enthält nur 6 Bücher (32 — 37).
Andere Vertreter dieser älteren Gruppe sind der Nonantulanus oder Ses-
sohanus (saec. V), die Blätter von Mono saec. VI, der Parisinus 10318
(saec. VII oder VIII), Leidensis Voss. (saec. IX), Paris. 4860 (saec. X), so-
wie der codex nach welchem die wichtigsten Handschriften der jungem
Gruppe corrigiert und ergänzt sind. Die Hdss. dieser jungem Classe
stammen alle aus einem jetzt verlornen archetypus in welchem II, 187 —
IV ^ 67 mit IV, 67 — V, 34 umgestellt war. Aus ihm entsprangen zwei
Handschriftenfamilien: die erste nahm jene Umstellung unverändert in sich
auf, der Stammvater der zweiten aber versuchte eine — wenn auch unge-
nügende — Berichtigung derselben. Zur ersten Familie gehören Leidensis
Lipsii = Vesontinus =» Chiffletianus Dalecampii =» F (saec. XI; Abkömm-
linge von ihm der Toletanus, Parisinus 6797, Vaticanus 1953, Laurentianus,
saec. XIII f., bei Sillig T, d, x, L), Vaticanus 3861 = D (saec. XI), Paris.
6796 = G (Sillig: c), Riccardianus = E (um J. 1100), sowie wahrscheinlich
einige alte Excerpte, wie der Lucensis «= H (saec. VIII), Monacensis-Frisin-
gensis (saec. VIII oder IX), ßernensis 347 u. 266 (saec. X). Hauptvertreter
der zweiten Familie ist Paris. 6796 = E (Sillig: a) saec. X oder XI, wel-
chem eine Anzahl anderer Hdss. entstammt (z. B. Paris. 6798 und der
Luxemburgensis von M. A. Namur und M. Michel, Luxemb. 1866. 4.), ferner
Vindobon. (a, bei Sillig w) saec. XIII und Leopoldo- Laurentianus (vom
J. 1433). S. das Nähere bei D. Detlefsen, Philologus XXVIIL S. 284—309,
vgl Rhein. Mus. XV. S. 266—288. 367 — 390. XVIII. S. 227 — 240. 327 f.
/
682 Die Kaiserzcit. Erstes Jahrhundert. Flavier.
A. Fels, de codicum antiquox'um in quibus Plini n. h. ad nostra tempora
propagata est fatis, fide atque auctoritate, Gotting. 1861. 114* pp. 4. L. v.
Jan, de auetoritate codicum plin., 1858. 4. und in den Sitzungsberichten
der philosophisch -philol. Cl. der Münchner Akad. 1862*, S. 221 — 260. L.
Urlichs, Rhein. Mus. XVIII. S. 527—536, Eos 1865. S. 353 ff. und Vindiciac
plinianae IL C. Mayhoff, lucubrationum plinianarum capita III, Neustrelitz
1865. 136 pp. 8.
9. Beiträge zur Textkritik. Th. Bergk, ezercitaÜones plinianae, I
(Marburg 1847. 4.). II (ib. 1861. 4.). L. v. Jan, Münchner Gel. Anz. 1852,
Nr. 70—73, u. sonst. C. L. Urlichs, Vindiciae plinianae I (Greifswald 1863.
192 pp.). II (Erlangen 1866. 255 pp.); de numeris et nominibus propriis
in Plini n. h., Würzburg 1857. 4; Rhein. Mus. XIV. S. 599 — 612 u. A.
(s. A. 8). C. Mayhoff (s. A. 8). Detlefsen, Philologus XXXI. S. 336—342.
10. Von den zahlreichen Gesammtausgaben sind nur wenige noch immer
erwähnenswerth. Ed. princeps Ven. 1469 fol. Cum castigationibus Hermol.
Barbari, Rom 1492 fol. Rec. I. Dalecampius, Lyon 1687 fol. Cum notis I.
Fr. GronoYÜ, Lugd. Bat. 1669. 3 Voll, (die notae . . emendatius editae,
Gotha 1855 = Sillig VoL VI). lUustr. J. Hardouin, Paris 1685, 6 Voll. 4.
1723 ff., 3 VolL foL (Lips. 1778 — 1788, 10 VolL 8.). Recogn. cum var.
lect. lul. Sillig, Lips. 1831 — 1836, 6 Voll., und besonders Recens. et cum
comm. criticis instruxit, Gotha 1853 — 1856, 5 Voll, (dazu Suppl. VI; Indi-
ces, composuit 0. Schneider, = Vol. VII u. VIII, 1857 f.). Text von L. v.
Jan, Lips. Teubner 1854—1865, 6 VolL (Vol. 6 indices). Ed. altera, Vol. 1.
1870. D. Detlefsen recensuit, Berol. 1866 ff.
Französische Uebersetzung (mit Anm. von Cuvier, Letronne a. A.) von
Ajasson de Grandsagne (Paris, Panckoucke, 1829 — 1833, 20 Voll.), deutsche
von G. Grosse (Frankfurt 1781 — 1787, 11 Bde), Ph. H. Külb (Stuttgart,
Metzler 1840 — 1856, 35 Bdchn), C. F. L. und M. E. D. L. Strack (Bremen
1854 f. 3 Thle).
11. Chrestomathia Pliniana von J. M. Gesner (Lips. 1722. 1776), F.
A. Beck (Hadamar 1828), L. Ürlichs (herausgegeben und erklärt, Berlin
1857). Excerpta ex Plin. l. XXXV comm. crit. et exeget. instr. etc. J. C.
Elster, Hebnstedt 1861—1853, 3 Partes, 74 pp. 4.
12. Uebersichten über die neuere Plinius- Literatur von L. v. Jan im
Philologus III, XII und XXI, von D. Detlefsen in Fleckeisens Jahrbb. 77,
S. 481—493. 653—672, und im Philologus XXVIII, 2.
296 309. Schon durch Plinins benützt war die unkritische
Beschreibung einer Reise in den Osten yon Vespasians Partei-
gänger Licinius Mucianu>s, der auch als Urkundensammler
thätig war. Selbsterlebtes schilderten zwei ausgezeichnete Männer
der Zeit, der Redner und Consular M. Cluvius ßufus, dessen
Werk sich auf die Zeit des Nero und die Vorgänge des J. 69
erstreckte und geschichtliche Treue erstrebt zu haben scheint,
sowie Vipstanus Messala, welcher gleichfalls Redner, und
308 f. Plinius naturalis historia. Mucianas u. a. 683
zwar von ^der Richtung Quintilians, aber auch sonst vielseitig
gebildet war und durch seine unabhängige Denkweise manchfach
anstiess. Auch das Geschichtswerk des jüngeren Freundes von
Seneca, Fabius Rusticus, scheint in diese Zeit zu gehören.
1. C. Liciniu8 Mncianus, vir secundis adversisque iuxta famosus.
insignes amicitias iavcnis ambitiöse coluerat, mox atteritis opibus, . . sue-
pecta etiam Clandii iracundia, in secretum Asiae sepositas. . . luxuria, in-
dnstria, . . nimiae voluptates, cum vacaret; quotiens expedierat, magnao
virtutes. x^^^^™ laudares, secreta male audiebant; Tac. bist. I, 10 vgl. 11,
6. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 1069 f. Nr. 37. Theilnahme an
Corbulo'a erstem Feldzug in Armenien (J. 55 u. 60) ; Verwaltung in Lykien
(Plin. n. h. XII, 9. XIJI, 88) und (J. 67) in Syrien. Plinius nennt ihn
zehnmal (L. Brunn p. 11, not. 13) ter consul (vor 67, J. 70, 72; f vor 77;
Borghesi Oeuvres IV. p. 345—353). L. Brunn p. 12 — 18. Tac. dial. 37:
haec vetera (Reden aus der Zeit der Republik), quae et in antiquariorum
bybliothecis adhuc manent et cum maxime a Muciano contrahuntur ac iam
undecim (bis jetzt), ut opinor, actorum (vgl. oben 213, 2) libris et tribus
epistularum composita et edita sunt. Von diesem Sammelwerke verschieden
und schon früher verfasst war dasjenige aus welchem Plinius (und vielleicht
Josephus, 8. Nissen im Rhein. Mus. XXVI. S. 541 — 543) namentlich natur-
geschichtliche und geographische Angaben über den Osten entnopimen hat,
oft mit Berufung auf dessen Autopsie; vgl. Plin. n. h. VII, 36 (Licinius
Mucianus prodidit visum a se Argis etc. . . eiusdem sortis et Zmyrnae
pnerum a se visum). 159 (Tmolus). XIX, 12 und XXXIV, 36 (Rhodus;
daher Brieger de fontibus p. 60 auch die sonstigen Angaben des Plin. über
Rhodos auf Muc. zurückführt). In seinem Quellenverzeichniss führt Plinius
das Werk oftmals an, nämlich ex Licinio Muciano zu Buch 3, 4, '5, 6, 7;
ex Muciano zu Buch 2, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 16, 19, 31, 33, 35, 36. Ausser-
dem ist er citiert in B. 14, 21, 28, 32, 34. Stellensammlung bei L. Brunn
p. 18—45. Wie als Mensch abergläubisch (Plin. n. h. XXVIII, 5), so scheint
Muc. iiuch als Schriftsteller leichtgläubig gewesen zu sein, und Plinius ver-
dankt ihm manche unglaubwürdige und abenteuerliche Angabe. H. Peter,
hist. lat. p. CCCL f. L. Brunn, de C. Lic. Muc, Lips. 1870. Diss.
2. Tac. hist. IV, 43: a laude Cluvii Rufi orsus, qui perinde (wie
Eprius Marcellus, oben 292, 3) dives et eloquentia clarus nulli umquam
sub Nerone periculum facessisset. Vgl. ib. I, 8: Hispaniae praeerat (J. 69)
CluviuB Rufus, vir facundus et pacis artibus, bellis inexpertus. ib. 76.
II, 58. 65. III, 65. IV, 39. Consul (I. R. N. 2224) schon unter Caligula;
wenigstens heisst er Consular schon bei dessen Ermordung, J. 41 ; s. Joseph,
antiq. XIX, 1, 13: OvartVLogttg tav üvyuXrjri'^mv .. tJqsto Klovoviov nage^o-
fisvov ayrfiS, xofl tovxov vnazLtiov etc. Suet. Ner. 21 (per Cluvium consula-
rem) und (aus ihm?) Dio LXIII, 14 (ÄXovo v^o) 'Por qpo), ccvdql vTtcttsvKou, XQV'
accfifvog). Dessen Identität mit dem Geschichtschreiber erhellt aus Plut.
Oth. 3: KXovßtog ds 'Pov(pog sCg 'ißrjgiav (wo er Statthalter war) tprjal
nofiicdiivat dtnXm^atcc worin Otho sich Nero nannte; vgl. Suet. Oth. 7. Bei
Plut. quaest. rom. 107 wird er als Gewährsmann angeführt für die Ab-
684 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Flavier.
Icitung von bistrio. Sein GcBcbichtswcrk verfasstc Cluviu» wohl in seinen
»pätercn Jahren (nach J. 70), als er sich von den Geschäften zurückgezogen
hatte. Tac. A. XIII, 20 (oben 307, 5). XIV, 2 (tradit Cluvius etc.), wo
beide Male Cluvius dem für Seneca Partei nehmenden Fabius Ruaticus
entgegengesetzt wird. Plin. Epist. IX, 19, 5 (Verginius liufus erzählte):
ita sccum aliqnando Cluvium locutum: scis, Yergini, quao historiae fides
debctur; proinde si quid in historiis meis legis aliter ac velis (über dich
selbst), rogo ignoscas. H. Peter (die Quellen Plutarchs, S. 40 — 44), sowie
Th. Mommsen (Hermes IV. S. 318—325) halten sein Geschichtswerk für die
Uauptquelle Plutarchs in seinem Galba und Otho, sowie für Tac. Hist. I
u. II (und Sueton im Galba, Otho u. Vitell., obwohl ihn dieser niemals nennt;
vgl. noch Suet. Galb. 17 mit Plut. Galb. 19). Dagegen s. 0. Clason, Plut.
u. TacituB (Berlin 1870) S. 12—14, Tac. u. Suet. S. 7Gff. und besonders II.
Nissen, Rhein. Mus. XXVI. S. 507 f. 630—532. Auch vgl. oben 306, 3. 307, 5.
3. Tac. hist. III, 9: legioni tribunus Vipstanus Messala praeerat,
claris maioribus (vgl. dial. 27, wo der Redner Valerius Messala — oben 218,
8 fF. — zu seinen maiores gerechnet wird), egregius ipse et qui solus ad
id bellum (des J. 69) artes bonas attulisset. ib. III, 26: rem nominaque
anctore Vipstano Messala tradam. 28 (oben 307, 5). IV, 42: magnam co
die (J. 70) pietatis eloquentiaeque famam Vipstanus Messala adeptus est,
nondum senatoria aetate (also Anfangs der Zwanzige) ausus pro fratre Aquilio
Regulo (unten 321, 3) dcprecari. Er ist ein Jugendfreund des Tacitus, aber,
wie es scheint, früh verstorben, da er z. B. in den Briefen des Plinins niemals
genannt wird. Sein Geschieh ts werk behandelte, wie es scheint, die Zeitereig-
nisse nur soweit als er daran persönlich Theil hatte, somit als Memoiren oder
historisch-politische Broschüre. H. Nissen, Rhein. Mus. XXVI. S. 529. vgl.
ebd. S. 536 f. Im Dialogns hat ihm Tac. ein Denkmal errichtet; s. dial. 15:
non desinis, Messala, vetera . tantum et antiqua mirari, nostrorum autem
teroporum studia irridere et contemnere? nam hunc tuum sermonem saepe
cxcepi, cum oblitus et tuae et fratris tui eloquentiae neminem hoc tempore
oratorem esse contenderes prae antiquis. ib. 32 lässt ihn Tac. an den di~
serti seiner Zeit tadeln dass sie ignorent leges nee teneant senatusconsulta,
ins civitatis nitro derideant, sapientiae vert) studium et praccepta pni-
dentium penitus reformident, und hinzufügen: quodsi forte haec audierint,
certum habeo dicturos nie, dum iuris et philosophiae scientiam tamquam
oratori necessariam laude, incptiis meis plausisse. Ebenso sagt er ib.: ego
iam mcum munus cxplevi et, quod mihi in consuctudine est, satis multos
oifendi. F. A. Eckstein, prolegomena ad dialog. de erat. p. 14 — 19.
4. Ueber das Geschieh ts werk des lulius Secundus s. 310, 4; über das
des Curtius Rufus oben 287.
5. Die sieben Bücher tov lovSai^ov noXsp^ov des Josephus wurden
noch unter Vespasian, ums J. 75 n. Chr., verfasst; a. H. Parets Einleitung
zu seiner Uebersetzung (Stuttgart, Metzler, 1855) S. 18 f.
6. Tac. Agr. 10: formam Britanniae Livius veterum, Fabius Rusti-
cuB recentium eloqueutissimi auctores, . . adsimulavere. Ann. XllI, 20:
Fabius Rusticus auctor est etc. . . sanc Fabius inclinat ad laudes Senecae,
309 f. Cluviufl Rufus u. a. Hißtoriker. Gabinianus. Aper. G85
cuius amicitia floruit. XIV, 2 (F. R. memorat). XV, 61 (tradit F. R.).
Er wird im Testament des Dasumius neben Tacitna und Plinius zum Erben
eingesetzt, war somit J. 108 oder 109 noch am Leben. An ihn Plin. Ep.
IX, 29 (Hustico)? Vielleicht auf ihn bezieht sich auch Quintil. X, 1, 104:
superest adhuc et ornat aetatis nostrac gloriam vir saeculorum memoria
dignus, qui olim nominabitur, nunc intellegitur. Vgl. A. Haakh in Pauly's
Real-Enc. VI, 2. S. 2921 f. Nr. 76. Mommsen im Hermes III. S. 61, A. 4.
7. Minuc. Fei. Oct. 33, 4: si Romanis magis gaudes, ut transeamus
veteres, Antonii luliani de ludaeis require: iam scies nequitia, sua hanc
cos (die Juden) meruisse fortunam. Wohl der Md^tiog 'Avtmvtog 'fovXiavog,
0 trjg 'JovSaiag ^nCtqonog (Joseph, b. iud. VI, 4, 3) welcher an der Be-
lagerung Jerusalems durch Titus Theil nahm und als Mitglied des Kriegs-
raths'für die Zerstörung der Stadt stimmte (Jos. 1. 1.). Dass aus seiner Schrift
der betr. Bericht des Tac. (Hist.) geschöpft sei vermutet J. Bernays, Sulpic.
Sev. S. 66.
310. Wie diese Geschichtschreiber- war in der Zeit des297
Vespasian auch der Dichter Curiatius Maternus zugleich als
Redner thätig; bei Anderen überwog mehr die Declamation und
die Anleitung zur Beredtsamkeit. So bei dem Rhetor Sex. Julius
Gabinianus in Gallien. Gleichfalls aus Gallien gebürtig war M.
Aper, welcher aber zu Rom vor Gericht und im Hörsaal wirkte
und Aemter bekleidete. Der früh gestorbene Julius Secundus
war mit Quintilian befreundet, theilte aber in der Beredtsamkeit,
nur weniger schroff als Aper, die Richtung seiner Zeit . auf
Eleganz und Künstlichkeit der Form.
1. UeTier Curiatius Maternus 8.313, 1. Auch Salvius Liberalis (s. 336, 3)
trat schon unter Vespasian auf.
2. Im Verzeichniss der von Sueton behandelten rhetores (p. 99 Rffsch.)
ist unmittelbar vor Quintilian aufgeführt Sex. lulius Gabinianus. Aus
Siieton dann Hieronym. zu Euseb. chron. a. Abr. 2092 = Vesp. 8 = 7G n. Chr. :
Gabinianua celeberrimi nominis rhetor in Gallia docuit. Vgl. zu Jesaj. VIII.
praef. (T. IV. p. 329 ValL): qui flumen eloquentiac et concinnas declama-
tiones desiderant legant Tullium, Quintilianum, Gallionem, Gabinianum.
Tac. dial. 26 extr. : quotus quisque scholasticorum non hac sua persuasione
fruitur ut se ante Ciceronem numeret, sed plane post Gabinianum?
3. Im dialogus des Tacitus führt M. Aper (c. 5—10. 16—23) die
Vertheidigung der modernen Art der BereBtsamkeit, freilich mehr mit
Sophisterei und Wortpnmk als mit triftigen Gründen. Ib. 2: M. Aper et
lulius Secundus, celeberrima tum (unter Vespasian) ingenia fori nostri, '
quos ego in iudiciis . . studiose audiebam, . . quamvis maligne plerique
opinarentur nee Secundo promptum esse senuonem et Aprum ingonio po-
tius et vi naturae quam institutione et litteris famam eloquentiae conse-
cutum. nam et Secundo - purus et pressus et in quantum satis erat pro-
GR() Die Kaiserzeit Erstes Jahrbundert. Flavier.
flucns sermo non defiiit et Aper omoi emditioDe imbntus contemnebat
poÜDfl litteras quam nesciebat. 11: cum dixisset Aper acrius, ut solebat,
ot intento ore. 7: eqnidem (Aper) non eum diem laetiorem egi quo mihi
latoH clavus oblatus est Tel quo homo noyns et in civitate minime favora-
bili natus quae^turam ant tribunatum aut praeturam accepi quam eos
quibns mihi (einen wirklichen Process mit Erfolg zu führen) datur. 10: ne
rpiid de Gallis nostris (des Aper) loquar, und 17: ipse ego in Britannia
vidi senem.
4. Quintil. X, 3, 12: memini narrasse mihi lulium Secundum illum,
aequalem meum atque a me, ut not um est, familiariter amatum, mirae fa<
cundiae virum, in6nitae tamen curae. ib. 1, 120: lulio Secundo si longior
oontigisKct aetas clarissimum profecto nomen oratoris apud posteros foret.
adiecisaet enim atque adiciebat ceteris virtutibus suis quod deniderari
potest. id est autem ut esset multo magis pugnax et saepius ad curam
rcrum ab elocutione respiceret. (121.) ceterum intereeptus qnoque magnum
sibi vindicat locum. ea est facundia etc. Vgl. XII, 10, 11: elegantiam
Secundi. Vgl. Anm. .3. Im dialogus gibt ihm Tacitus (c. 4 f.) die Bolle
eines Schiedsrichters zwischen den Vertretern entgegengesetzter Richtungen,
der republikanischen und der kaiserlichen Beredtsamkeit. Ib. 14: probari
Video in te, Secunde, quod Juli Asiatici (Africani Nipperdey, s. oben 292, 4)
vitam componendo spem hominibus fecisti plurium eiusmodi librorum.
Plut. Oth. 9: tovTO fisv dir^ysiTO (pflegte anzugeben) Ssnovvöog 6 ^ijrco^,
~ tTcl zav iniatoXoiv ytv6fi,svog rov "Od^covog. irsQiov d* f^v d%ovtiv etc.
6. Quintil. IV, I, 19: fuerunt etiam quidam suarum remm iudices.
nam et in libris Observationum a Septimio editis affuisse Ciceronem tali
causae invenio et ego etc. Hiernach scheint Sept. ein rhetorischer Schrift-
sieller gewesen zu sein. Möglicherweise ist er der Sei)timius Severus, con-
discipulus des Victorius Marcellus (Stat. Silv. IV praef), an welchen Sta-
tius Sily. IV, 5 (▼. 3: fortem atque facundum Severum) gerichtet hat. Vgl.
unten 321, 8.
6. üeber des Plinius Anleitung zur Beredtsamkeit s. oben 307, 3;
über Verginius und Tutilius oben 275, 1.
.j-)8 311. Unter den Juristen waren zur Zeit des Yespasianus
die einflussreichsten der Sabinianer Caelius Sabinus und der
Proculianer Pegasus. Auch ürseius Ferox und der ältere luyentius
('elsus sowie ein Plautius, dessen Werk später viel commentiert
wurde, scheinen dieser Zeit anzugehören.
1. Pompon. Dig. I, 2, 2, 63: Cassio (oben 293, 3) (Cn. Arulenus)
Caelius Sabinus successit, qui plurimum temporibus Vespasiani potuit
(doch war er cos. suff. schon 69 = 822, Tac. Hist. I, 77), Proculo (oben 293, 1)
Pegasus (A. 2), qui temporibus Vespasiani praef ectus urbi fuit; Caelio Sa-
bino Priscus lavolenus; Pegaso Celsus (der Vater, s. A. 4). Gellius IV, 2, 3:
Caelius Sabinus in libro quem d^ edicto aedilium curulium composuit.
311 f. Juristen. Valerius Flaccna. 687
Daraus Gell. VI, 4, 1 (Caelius Sabinua iurisperitus) — 8. Dig. XXI, 1 (de
aedil. ed.), 14 (pr. u. 3. 10). 17 (§. 1. 6. 8. 12 ff.). 20. 65 (2). Aub anderen
Schriften desselben Gaj. Inst. III, 70 u. 141. Dig. XXXV, 1 (de cond. et
demonstr.), 72, 7.
2. Juv. 4, 77 ff.: properabat Pegasus (vgl. A. 1), attonitae positus
modo vilicus urbi, . . interpres legüm sanctissimus, omnia quamquam tem-
poribus diris (des Domitian) tractanda putabat inermi iustitia. Dazu Scbol.
(p. 223 J.): iilius trieravchi, ex cuius liburnae parasemo nomen accepit,
iuris studio gloriam meraoriae meruit, ut liber vulgo, non homo, diceretur.
hie functus omni honore, cum provinciis plurimis praefuisset, urbis curam
administravit. hinc est Pegasianum SCtum. Inst. II, 23, 5: postea Vespa-
siani Aug. temporibus, Pegaso et Pusione consulibus, senatus censuit etc.
Vgl. Gai. I, 31: SCto quod Pegaso et Pusione consulibus factum est. III,
64 (idque maxime Pegaso placuit; quae sententia aperte falsa est). In
den Digesten kommt sein Name öfters vor, aber keine Fragmente von ihm.
3. Ulpian in der CoUat. leg. mos. XII, 7, 9: libro X Urs eins refert
Sabinum (A. 1) respondisse. Ausserdem war Proculus (oben 293, 1) in
Schriften von ihm citiert pig. IX, 2, 27, 1. XXXIX, 3, 11, 2). Dagegen
schrieb Salvius lulianus libri IV Ad Urseium Ferocem. Mit der hiernach
sich ergebenden Datierung des Urs. stimmt es nicht dass Cassius (oben 293,
3) existimasse Urseium refert (Dig. XLIV, ö, 1, 10 vgl. VII, 4, 10, 5:
Cassius apud Urseium scribit) , daher Bertrand und Viertel umgekehrt Urseius
apud Cassium schreiben wollen. Vgl. K. Viertel, de vitis ictorum p. 16 — 20.
4. Celsus Dig. XXXI, 20: et Proculo placebat et a patre sie accepij
und 29 pr.: pater mens referebat, cum esset in consilio'Duceni Veri con-
sulis itum in sententiam suam. Vgl. ib. XII, 4, 3, 7: refert (Celsus) patrem
suum existimasse etc. XVII, 1, 39: et Aristoni etCelso patri placuit etc.
5. Die Zeit des Plaut ins wird dadurch bestimmt dass er den Cassius
und Proculus citierte (Dig. XXXIV, 2, 8: Plautius: . . Cassius ait. XXXV,
1, 43 pr.: Plautius: . . Proculus, Cassius . . aiunt), andererseits von Ke-
ratins Priscus, Javolenus, Pomponius und Paulus commentiert wurde, welche
alle libri ex Plautio oder ad Plautium verfassten.
312. Der einzige auf uns gekommene Dichter aus der299
Zeit des Vespasianus ist C. Valerius Flaccus, von welchem
wir acht Bücher Argonautica besitzen, frei nach ApoUonios aus
Rhodos gearbeitet, mit Kürzung der alexandrinischen Gelehr-
samkeit und weiterer Ausführung eflfectvoller Scenen, sowie
grösserer Sorgfalt in Charakterzeichnung und psychologischer
Motivierung. Die Darstellung ist rhetorisch belebt und wort-
reich. Der poetische Sprachschatz ist in der Hauptsache dem
Vergil entnommen, hat aber durch kühne Figuren und Wort-
verbindungen und künstliche Gedrängtheit des Ausdrucks Klar-
heit und Ebenmass verloren, üebrigens ist es höchst wahr-
G88 Dil! EniBcncH. Erat«a JiLhrhiindnrt. Flavicr.
«cheinlich dass ilaa Werk in der uns vorliegenden Gestalt nicht
2U Ende geführt ist.
1. Name in Uer subscriptio dea Vatic. »277 (nacc. IX) zu D. II: 0.
VikleriuB Flacciis Baibus Stitians, also mit zwei cognomioa iiad der 13e-
BtiinmiiDg der Heimat (Selia). Tod vor J. IK) n. Chr.; vgl. Quintil. X, 1,
90: mulliim nuper in Valerio Flacco amisimiis. D.iaa er jung gt-HtorbeD
geht hieraus uicbt hervor. Abraasung dos Vorwortes unter Vespaaian,
wobi nicht lange nach der Eroberung Jurasalema diireb Titua (J. 70);
s. Argon, I, 7 ff.: tuque o, petagi cui maior aperti fama, Caledoniua poet-
quam tua carbasa vcnit ocuanua (vgl. Tac, Agr. IS. 17), jihr^gioa prius iudi-
gnatuB lulos, erjpe me iiopiilis, . . sancte pat«r, vctcrumquc fave vcneranda
caiieuti facta virum. veritatii prolea tua pandüt Idumeu (namque poteat),
boljmo uigrantem pulvere fratrem etc. Auf Bekleiduug des Quiudccim-
viratB sacr. fac. deutet I, 5 f.: Fboel(e, mone, ai Cymaea« mihi couscia va-
tis atat caata cortina domo, si laurea digna fronte viret. Martialä Freund
FljLccus aux Patavium (Mart. 1, 61, 3 f. TG, 1 (.}, der gleichfalls DiehUr ist,
aber nicht von Argonautica (ib. 71!, 3 ff.: pierios differ cantua cithararoqne
sorornm. . . quid petia a Pboebo? . , quid possunt hederae Jlacchi dare?
, . quid tibi cum Cirrha, quid cum Permesaide nnda? Vgl. ib. IV, 49, 3 ff.),
und in ziemlicher Dürftigkeit lebt (ib. I, 76, 4 tf. VIII, &e), iat ohne Zweifel
eiu Anderer und etwas Späterer dieses Namens (Thilo ])rolegg. p. V— VII).
2. Vorgleiehung mit Apollonios bei A. Weichert, über Lehen und
Gedicht des Ap. {MeiBsen 1821) S. 270 ff., und G. Thilo, Prolegg. p. VIII
— XIII. Voraus bat der llümer vor dem Qriechen den einheitlicheren Plan
und die kr&ttigero CharakterseicbDung besonders des Imon und Aeet«si
andurerBcita hat er den ohnehin wenig güuatigen und fremdartigen Stotf
durch declamatorische Behandlung allzu sehr in die Breite gezogen. Be-
nützung des Diodor? O. Thilo p. VIII not. 2, Der im Epos herkömmliche
Apparat von Göttern ist in grOBacm Umfange in Auspiiich genommen (na-
mentlich Juno und Minerva greifen vielfach ein) und die psychologische
Ausmalung auch auf die (SOtter angewandt. Die kalte Gelehrsamkeit ist
durch das Vorherrschen der pathetiHchen und sentimentalen Ithetorik in
den Hintergrund gedrängt, aber immer noch stark genug vertreten. Ana-
, cbroniamen (wie Logus und Arainoe), Thilo p. XXVIIl. Anapielungen aui
Vorgiluger, z. B, I, IT f. auf Germanic. Arat. 40 f In Bezug auf poetische
Sprache und Technik des Versbaues verhalt sich Valerius zu Vergilius
ungcfllhr wie Persius zu Horatius: hier wie dort Steigerung der Künstlich-
keit, in der Sprache oft bis zur Geschraubtheit und Dunkelheit (vgl. Thilo
p. XIII~XXV), in der Technik zd der im silbernen 'Zeitalter ablieben
Strenge. Scharfe Beurteilung dea kQnstleri sehen Werthes von Val. Fl. in
den Nachtri^n zu Sulzer VHI. 8. 805 ff.
3. Da der Schlnss von B. VIII abrupt ist und wesentliche Theile dea
Mythus, wie die TUdtung dea Absyrtoa und die Heimfahrt der Argouanten,
in dem Ueberlieferten nicht behandelt sind, so ist mit Sicherheit anzii-
nehmen daas Weiteres folgen aollte; und das ItackntJlDdige konnte noch
zu 2—4 Büchern Stoff geben. Zweifelhaft ist nur ob diesea Weitere von
312. Valerius Flaccus. 689
dem Dichter selbst ausgeföhrt wurde und nur- verloren gieng (N. Heinsiua)
oder der Dichter an der Weiterfuhrung durch den Tod oder andere Um-
stände gehindert wurde (G. Thilo und C. Schenkl). Für letztere Annahme
ist nicht günstig die Länge der Zeit welche Valerius an seinem Werke
arbeitete (vgl. A. 1). Gestützt würde dieselbe durch sonstige Spuren der
Kichtvollendung, falls dieselben sicherer wären als die von Thilo p. XXVI
—XXXIX vorgebrachten, da die Voraussetzung dass „Valerius, si Carmen
emendare potuisset, ad usum ceterorum poetarum et scriptorum magis se
accommodäturus fuerit" (p. XXXIII) nicht nur unerweislich sondern sogar
unwahrscheinlich ist. Von einiger Beweiskraft ist nur eine Anzahl unaus-
geglichener Widersprüche (ib. p. XXVII f.) , sowie dass die Mängel in B.
VIII besonders zahlreich sind (Schenkl p. ni). Dagegen einzelne Versdou-
bletten wie V, 566 f. VII, 201 f. lassen sich auch aus der Beschaffenheit des
ursprünglichen Manuscriptes erklären. Künstlerische Mängel aber beweisen
die Nichtvolle ndung kaum bei einem Dichter ersten Ranges, geschweige
bei Valerius Flaccus.
4. Der Dichter und seine Arbeit wird ausser von Quintilian (oben A. 1)
von keinem Schriftsteller des Alterthums erwähnt, insbesondere von keinem
Grammatiker. Wohl aber finden sich Nachahmungen bei Statins (Theb. u.
Ach.) und Silius, später bei Claudian und C. Marius Victorinus. Erhalten
ist uns das Epos einzig durch den Vaticanus 3277 (V bei Thilo und
Schenkl) saec. IX, von welchem alle übrigen Hdss. Abschriften sind, auch
die St. Galler (P) welche. Poggio im J. 1417 auffand und welche nur die
drei ersten Bücher und die erste Hälfte von B. IV enthielt. Letztere ist
seitdem verloren gegangen, doch, existieren davon vier Abschriften aus saec.
XV, wovon drei zu Rom in der Vaticana, eine in Oxford sich befindet.
Der Vaticanus 3277 selbst aber hat viele Lücken und Verderbnisse, welche
in den (italienischen) Abschriften desselben (wie der von Carrio benützten
und dem Monacensis lat. 802, saec. XV) öfters mit Glück, meist mit Will-
kür zu beseitigen versucht sind. G. Thilo prolegg. p. XL — LXXXVI.
6. Ed. princeps Bonon. 1474 fol. Cum comm. ed. J. B. Pins, Bonon.
1519 fol. Ed. L. Carrio, Antverp. 1665 f. Ad fidem codd. emend. N. Hein-
sius, Amstelod. 1680. Cur. P. Burmann., Utrecht 1702. Leiden 1724. 4.
Ed. Th. Ch. Harles, Altenb. 1781, 2 Tomi. Cum comm. perp. ed. J. A.
Wagner, Gotting. 1805. Text mit traduction etc. par Dureau de la Malle,
Paris 1811, 3 Voll. Cum comm. ed. N. E. Lemaire, Paris 1824, 2 Voll.
Buch VIII cum notis criticis etc. ed. A. Weichert, Meissen 1817. Recen-
suit Georg. Thilo, Halle 1863. Cü und 256 pp. Ed. C. Schenkl, Berol. 1871.
6. Beiträge zur Textkritik von F. Eyssenhardt (Rhein. Mus. XVII.
S. 378—392), Koch' (ebd. XVIII. S. 163 f.), Ph. Wagner ( Philologus XX.
S. 617—647)^ G. Thilo (Prolegg., bes. c. 3), G. Meyncke (Quaestiones Val.,
Bonn 1866, und Rhein. Mus. XXII. S. 362—376), M. Haupt (Hermes III.
p. 212—216), R. Löhbach (Observatt. critt. in . . Arg., Andernach 1869. 4.),
P. Braun (Obss. critt. et exeget., Marburg 1869), Br. Hirschwfijder (Curae
critt. in . . Arg. P. I, Bresl. 1870. 35 pp.), C. Schenkl (Studien zu den
Arg. des V. Fl., in den Berichten der Wiener Akad. 1872).
Teüfprt., Rom. Literaturgeschichte. 2. Aufl. 44
Die Kaiaerzeit. Erstes Jahrhundert. PliiTier.
iVie schon ußter Nero Tragödien (z. B. Medea) so
ter VespaBian anch Prätexten (Domitius, Cato) und
st«s der rednerisch gebildete freisinnige Guriatius
welchem Tacitus im dialogus ein schönes Denkmal
Der von Freunden gepriesene und auch von Vespa-
mnte Saleius Bassus scheint vorzugsweise Epen
haben, vielleicht gleichfalls, wie Valerius Flaccus,
chem Gegenstände. Stoffe aus der Gegenwart be-
a Statins Vater. Auch Domitianua beschäftigte sich
T Regierung seines Vat«rs mit epischen Versuchen,
diaJ. 11 läsat den Curiatiua Maternua BOgen: sicot in
i efficere aliquid et eniti fortasse poBSum, ita recitatione trag-
ingredi famam auspicatue aum, cum quidem inperant« Ne-
lüUer; a. FleckeiaenH Jabibb. 97, S. 417—420; die Hdee. in
)bam et Biadiorum qaoque Bacra profanantem Yatinii (? Oro-
la. vaticiaii) potentiam fregi (etwa indem er Jhu unter der
lieTBites geisBelte, meint L. Müller), et bodie ei quid nobie
iminie eat magia arbitror carminum quam orationum gloria
am (J. 75 n. Chr.) me deiungere a forensi labore conatitui.
itus ad eloquentiam virilem et oratoriam , . omittit atudium.
die quam Curiatius MaternuB Catonem recitaverat, cum of-
itium animOB diceretur, tamqnam in eo trogoediae (vgl. oben
:Qto sui oblituB tantum Catonem cogitaaaet, eaque de re per
iB Bermo baberetur etc. 3: ai qua omiBit Cato, sequenti re-
äBtes dicet; bane enim tragoediam dieposui iam {Mat«rnuB
la me ipse formavi. Darauf Aper; adeo te tragoediae istae
ao minus omiaaia orationum et causarum studiia omne tem-
ca Hedeam, ecce nunc circa Thjesten conaumaa? . . etiam
tibi ipse negotium importasBes, Domitium (etwa der pugnax
Lucan. VII, 601, also der Gegner Caesare, L. Domitiua Abeno-
'00; 8. A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. 11. S. 1210—1215) et
st noBtras quoque historiae et romana uomina, Graeculorum
^re. Also Zeitfolge: Tragödie gegen Vatiuius, dann Medea,
0, Thysstea, Glaublich ist dasa auf ihn eich bezieht Dio
taxt^vov aoipiatjjv, on xata jv^avvcav flnf n da-xmv (waa bei
, des Thjestes geschehen eein könnte), äatiitttvtv (Domitian,
Ein Anderer aber igt Maternua, iuris et aequarum cultor
egnm bei Martiat. X, 37. '
ial. 5; quis neacit neminem mihi (dem lultus Secundus, oben
ictiorem esse et uau amicitiae et assiduitate contubernii quam
.eum, cum opUmum virum tum abBolutiBBimum poetam (freund-
berschätzung)? Aper ib.; Saleius BaasuB . . carminum gloriam
Lnsas agere non poaait; uud 9; Saleium uoatrimi, egregium
ersuB . . Basao domi naacuntur, pulcbri quidem et iucundi.
i nuper . . Veapasiani liberalitatem, quod quingenta sestertia
313 f. CuriatiuB Materous. Saleius Bassus. Domitianus. 691
Baaäo donasset. Quintil. X, 1, 90 (bei den Epikern): vehemens et poeticum
ingenium Salei Bassi fuit, nee ipsum senectute maturuit. Juy. VII, 80 f.:
Sorrano* tenuique (dürftig? vgl. Stat. Silv. V, 3, 168 tennis . . Corinnae)
Saleio gloria qaantalibet quid erit, si gloria tantum est (ohne materiellen
Ertrag)? Der bei Martial. III, 47. 58, 1. V, 23. VIU, 10. VU, 96, 1 genannte
Ba»idus ist, nach seinen persönlichen Verhältnissen zu schliessen, ein an*
derer, obwohl dieser gleichfalls Dichter (von Tragödien) war; s. V, 53:
Colchida quid scribis, quid scribis, amice, Thyesten? quo tibi vel Nioben,
BaHHe, vel Andromachen? J. Held, de Saleio Basso poeta, Breslau 1834. 4.
3. Des Statins Vater war schon in früher Jugend in poetischen Agonen
Neapels mit Erfolg aufgetreten (Stat. Silv. V, 3, 112 fF. 134 ff.), dann Lehrer
der Beredtsamkeit (gemina facundia lingna, ib. 90) und Poesie zuerst in
Neapel (ib. 146 — 175), dann zu Rom (ib. 176 — 194) gewesen, hatte den
Brand des Capitols J. 69 alsbald besungen (ib. 199 ff.: vix reqnies flammae
. . excisis cum tu solatia templis . . concipis ore pio captivaque fulmina
defles. mirantur Latii proceres ultorque deorum Caesar) und war im Begriffe
auch den Ausbruch des Vesuv (J. 79) flere pio cantu (ib. 205), als er (frühe-
stens J. 80, vgl. unten 316, 3) starb (ib. 206 ff.), 65 J. alt (ib. 253 f.), somit
frühestens J. 15 = 768 geboren.
4. lieber Domitians epische Versuche s. unten 314, 2.
b) Domitianus.
314. Das oberflächliche Interesse für Literatur welches Domi-301
tianus früher zur Schau getragen hatte schwand nachdem er den
Thron bestiegen. Zwar erstreckten sich die capitolinischen und
albanischen Wettkämpfe auch auf die Poesie; aber sie gestat-
teten nur Verherrlichung des eiteln Despoten. Dessen Arm
lastete schwer auf allem geistigen Leben. Am drückendsten
empfand ihn die Geschichtschreibung. Von Beredtsamkeit blühte
nur die der Delatoren. Ohne Gefahrdung entweder der Existenz
oder der persönlichen Ehre war imter Domitian nur das mög-
lich was Juvenal, Tacitus und Plinius die ganze Zeit über thaten,
— schweigen. Von denen die da schrieben schmeichelten dem
gekrönten Ungeheuer die einen aus Schwäche, die Andern aus
Selbstsucht: aus Schwäche Silius Italiens, Statins und Quintilian,
aus berechnendem Servilismus Josephus und Martialis. Kaum
dass technischen Schriftstellern, wie Sex. Julius Frontinus und
den Juristen, es gelang die drohenden Klippen zu vermeiden.
Desto grosser war die Zahl der Dilettanten die durch Versemachen
ihre Ungefährlichkeit zu beweisen wussten.
1. T. Flavius Domitianus, geb. 24. Oct. 51 (804), Kaiser seit 13. Sept.
81 (834), ermordet den 18. Sept. 96 (849). Die gleichzeitigen Schriftsteller,
44*
692 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
Inschriften und Münzen gestatten von den 15 Jahren seiner Regierung ein
so anschauliches Bild zu entwerfen wie von wenigen andern Theilen der al-
ten Geschichte. Freilich ist für die Ausführung noch nicht viel geschehen.
A. Imhof, T. FL Dom., nach den Quellen dargestellt, Halle 1857. 144 S.
E. y. Wietersheim , Cksch. der Völkerwanderung I (Leipzig 1859), Cap. VIII.
C. Peter, Geseh. Korns III, 2 (Halle 1869) 8. 112—140.
2. Suet. Dom. 2: simulavit poeticae Studium, tarn insüetum antea
sibi quam postea spretum et abiectum (s. A. 3), recitavitque etiam publice.
Tac. Hist. IV^ 86: Domitianus . . Studium litterarum et amorem carminum
simulans. Hauptsächlich scheinen diess epische Versuche gewesen zu sein.
Quintil. %, 1, 91: hos nominavimus (als Epiker), quia Germanicum Aug. ab
institutis studiis deflezit cura terrarum parumque diis yisum est esse eun»
mazimum poetarum. quid tamen his ipsis eins operibus in quae donato
imperio iuvenis secesserat sublimius, doctius, omnibus denique numeris
praestantius? quis enim caneret bella melius quam qui sie gerit? Viel-
leicht war es das bellum iudaicum an das er sich machte oder machen zu
wollen behauptete; s. Val. Fl. I, 7 ff. (oben 312, 1). Vgl. unten 315, 3. Die
Aratea hat er nicht verfasst; s. oben 270, 7. Suet. Dom. 18: quamvis libello
quem de cura capillorum ad amicum edidit haec etiam, simul illum seque
aonsolans, inseruerit etc.
3. Suet Dom. 20: liberalia studia imperii initio neglezit, quamquam
bybliothecas incendio absumptas impensissime reparare curasset, exemplari-
bus undique petitis missisque Alexandriam qui describerent emendarentque.
nümquam tamen aut historiae carminibusve noscendis operam uUam aut
stilo vel necessario dedit. praeter commentarios et acta Tiberi Gaesaris
nihil lectitabat; epistolas orationesque et edicta alieno form^bat ingenio.
Danach ist zu beurteilen Quintil. IV. prooem. 3: principem ut in omnibus
ita in eloquentia quoque eminentisBimum.
4. Suet. Dom. 4: instituit (J. 86) et quinquennale certamen Gapitolino
lovi triplex, musicum, equestre, gymnicum. . . certabant et prosa oratione
graece latineque. . . celebrabat et in Albano quotannis Quinquatria Miner-
vae . . et scenicos ludos superque oratorum ac poetarum certamina. Plin.
paneg. 54: quis iam locus miserae adulationis manebat ignarus, cum landes
imperatorum ludis etiam et commissionibus celebrarentur? Nach der In-
schrift bei Orelli 2603 (Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2364, Nr. 14^) L. Valerius
L. f. Pudens cum esset annorum XIU Romae certamine sacro lovis Capito-
lini lustro sexto claritate ingenii coronatus est inter poetas latinos omnibus
sententiis iudicum. Vgl. die aus Acerra im Hermes I. S. 161 — 155. Da-
gegen Statins (Silv. HI, 6, 31 ff. V, 3, 231 ff.) und der junge Annius Florus
(s. d.) und wohl auch der zwöl§ährige Q. Sulpicius Maximus tertio certa-
minis lustro (J. 86 n. Chr.; vgl. C. L. Visconti, il sepolcro del fanciullo Q.
S. M., delineato etc., Rom 1871. fol.) hatten Misserfolge. Den albanischen
Olivenkranz aber gewann Statins mehrmals (Silv. III, 5, 28 ff.). Vgl. Fried-
länder, Darst. a. d. Sittengesch. HI. S. 323—326.
6. Tac. Agr. 2: legimus, cum Aruleno Rustico (s. unten 324, 2) Paetus
Thrasea, Herennio Senecioni Prisciis Helvidius laudati essent, capitale fuisse
neque in ipsos modo auctores sed in libros quoque eorum saevitum, dele-
314 f. Domitianns. SiliuB ItallcoB. 693
gato triumyiris ministerio ut znonumenta clarissimomm ingeniormn in cQiui-
tio ac foro urerentur. . . expulsis insuper sapientiae professoribug atque
omni bona arte in exsilium acta. . . sicut vetus aetas yidit quid ultimum
in libertate esset, ita nos quid in Servitute, adempto per inquisitiones etiam
loquendi audiendique commercio. Besonders in Domitians letzten Jahren
(cum profiteretur odimn bonorum, Plin. paneg. 96) war suspecta virtus, iner«
tia in pretio (PUn. ep. VIU, 14, 7). Helvidius z. B. metu temporum nomen
ingens paresque virtutes secessu tegebat (ib. IX, 13, 2).
6. Suet. Dom. 10: occidit Hermogenem Tarsensem propter quEtödam in
historia fig^ras, librariis etiam qui eam descnpserant cruci fixis. . . inter-
emit . . Mettium Pompusianum quod . . depictum orbem terrae in mem-
brana contionesque regum ac ducum ex T. Livio circumferret; . . lunium
Rusticum quod Paeti Thraseae et Helvidi Prisci laudes edidisaet appellas-
setque eos sanctissimos yiros, cuius criminis occasione philosophos omnis
urbe Italiaque summovit. Unter Letzteren waren Artemidoros (Plin. Ep. III,
11), Lucceius Telesinus, Demetrios, Dio Chrysostomos, Epiktetos. Hiero-
nym. ad a. Abr. 2105 «= 9 Dom. ==» 89 n. Chr.: Domitianus mathematicos
et philosophos romanos (Var. romana) urbe pepulit. ad 2111 »» 15 Dom.
= 95 n. Chr. (richtiger J. 93; s. Hermes III. S. 84 f. A. 4): Domitianus rur-
sum philosophos et mathematic^i^ Roma per edictum extrudit.
7. Hieronym. ad a. Abr. 2109 = 13 Dom. = 93 n. Chr.: Flavius losephus
vicesimum librum Antiquitatum h. temp. scribit.
8. üeber die dilettantischen Schriftsteller in Versen s. unten 319. Vgl.
L. Friedländer, recensio poetanmi Statio, Martiali, Plihio iun. contempo-
raneorum, Königsberg 1870. 4.; Darstellungen a. d. Sittengesch. III. S. 351 ff.
316. Unter Domitian vollendete sein Epos über den zwei-302
ten punischen Krieg C. Silius Italiens (J. 25 — 101 n. Chr.),
der nach einer rednerischen und amtlichen Thätigkeit die ihn
bis zum Consulat (J. 68) geführt sich ganz in behagliche Müsse
und auf literarische Beschäftigung zurückgezogen hatte. Diese
siebenzehn Bücher Punica sind stofflich nach Livius gearbeitet^
in ihrer Behandlungsweise und Form nach Homer und Vergil,
so dass die mythologische Motivierung selbst auf diesen ge-
schichtlichen Stoff angevv^endet wird. Die Ausführung ist de-
clamatorisch gedehnt und episodenreich, indem der Verfasser die
herkömmlichen epischen Requisiten möglichst vollständig seinem
Werke einzuverleiben bemüht ist. Die Verstechnik ist streng
bis zur Einförmigkeit.
1. Plinius Epist. III, 7 vom J. 101 n. Chr.: modo nuntiatus est Silius
Italiens in Neapolitano suo inedia finivisse vitam. (2.) causa mortis vale-
tudo. erat illi natus insanabilis clavus (nageiförmiges Geschwür? vgl. die
medicinische Diss. de morte Silü It. von Laur. Heister, Helmstedt 1734. 4.),
cuius taedio ad mortem irrevocabili constantia decucurrit, asque ad extre-
694 I^ie Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
mum diem boatus et felix, nisi quod minorem ex liberis duobus (Namens
Sevenis, vgl. Martial. IX, 86) amisit, Hed maiorem melioremque florenteni
atque etiam consularem (Martial. VIIT, 66) reliquit. (3.) laescrat famara
suam snb Nerone: credebatur sponte accusasse. sed inVitelli amicitia (vgl.
Tac. Hist. III, 65) sapienter se et comiter gesserat, ex proconsulatu Asiae
gloriäm reportaverat, maculam veteris industriae laudabili otio abluerat.
(4.) fuit inter principes civitatis sine potentia, sine invidia: salutabatnr,
colebatur, multumque in lectulo iacens cubiculo semper non ex fortuna
frequenti doctissimis sermonibus dies transigebat^ cum a scribendo vacarct.
(5.) scribebat carmina maiore cura quam ingenio, nonnumquam iudicia bo-
minum recitationibus experiebatur. (6.) novissime ita suadentibus annis
ab urbe secessit seque in Campania tenuit, ac ne adventu quidem novi
principis (des Trajan, J. 99) inde commotus est. (7.) . . erat qpdoxaXo? us-
que ad emacitatis reprehensionem. plures isdem in locis villas possidebat
(darunter auch eine die früher dem Cicero gehört hatte, etwa sein Cumanum;
B. Martial. XI, 48: Silius haec magni celebrat monimenta Maronis, iugera
facundi qui Ciceronis habet, heredem dominumque sui tumulive larisve non
alium mallet nee Maro nee Cicero) adamatisque novis priores neglegebat.
multum ubique librorum, multum statuarum, multum imaginum, quas non
habebat modo verum etiam venerabatur, Vergilii ante omnes, cuius uata-
lem religiosins quam suum celebrabat, Neapoli maxime, ubi monimontum
(s=s tumulus, s. Martial. 1. 1. u. XI, 49; oben 226, 12) eius adire ut templum
solebat. (9.) in hac tranquillitate annum LXXV'*'" excessit, delicato magis
corpore quam infirmo; utque novissimus a Nerone factus est consul (J. 68
=« 821 d. St. Vgl. Martial. VII, 63, 9 f.) ita postremus ex omnibus quos
Nero consules fecerat decessit. (10.) illud etiam notabile: ultimus ex Nero-
nianis consularibus obiit quo consule Nero periit (nämlich eben Silio Italico)..
Frühere rednerische Thätigkeit: Martial. VII, 63, 5 ff.: sacra cothumati non
attigit ante Maronis implevit magni quam Ciceronis opus, hunc miratur ad-
huc centum gravis hasta virorum, hunc loquitur grato plurimus ore cliens.
Nachdem er das Consulat bekleidet: (11 f.) emeritos Musis et Phoebo tradi-
dit annos proque suo celebrat nunc Helicona foro. Auf frühes Interesse
für Vergil deutet aber des Cornutus (oben 294, 2) Widmung seiner Schrift
de Vergilio. Vollständiger Name Ti. Catius Sil. lt. bei Gruter p. 300, 1.
2. Dass Martialis den wohlhabenden Dichter und dessen Werk aus vol-
len Backen preist ist selbstverständlich; s. Anm. 1 und IV, 14, 1 ff.: Sili,
Castalidum decus sor(trum, qui periuria barbari furoris ingenti premis ore
perüdosque astus Hannibalis levesque Poenos magnis cedere cogis Africanis.
VI, 64, 10: perpetui . . Sili. VII, 63, 1 f.: perpetui numquam moritura
Volumina Sili qui legis et latia carmina digna toga etc. Daraus dass er
ihn nie als Landsmann bezeichnet erhellt mit Sicherheit dass Silius nicht
aus Italica stammt. Das Schweigen des Quintilian über Silius, auch iii
seiner Aufzählung der römischen Epiker X, 1, 85 — 90, erklärt sich daraus
dass zur Zeit der Abfassung von dessen Schrift Silius noch lebte und sein
Epos noch nicht veröffentlicht hatte. Statins (Silv. IV, 7, 14 ff.) spielt auf
Sil. I, 233 an.
3. Preis der flavischen Kaiser Sil. III, 594 — 629, wo über Domitian v.
315. Silius ItalicuB. 695
607 ff,: at tu transcendes, Germanice, facta tuorum (von Vater und Bruder!),
iam puer auricomo praeformidate Batavo (vgl. Martial. II, 2, 4 oben 270,
7 E.). nee te terruerint Tarpei culminis ignee: . . servabere . .; nam te
longa manent nostri consortia mundi. Darauf bombastischer Preis der Miss-
erfolge Domitians im Osten und Norden und zuletzt (618 ff.): quin et Ro-
muleos superabit voce nepotes quis erit eloquio partum decus; hinc sua
Musae sacra ferent, meliorque lyra (als Orpheus) . . Phoebo miranda lo-
quetur. Wahrheitsgemässer am Schlüsse von« XIV: at ni cura viri qui nunc
dedit otia mundo effrennm arceret populandi cuncta furorem nudassent
avidae terrasque fretumque rapinae. Dagegen XVI, 533 f. der Seufzer:
quid iai^ non regibns ausum? aut quod iam regnis restat scelus? Preis
des Vergil VIII, 593 f.: Mantua Musarum domus atque ad sidera cantu
evecta aonio et srayrnaeis aemula plectris. Gelegentliche Verherrlichung
Befreundeter durch die Gestalten seines Epos, wie durph Pedianus (XII,
212—222) wohl einem Sohne des Asconius Ped. (oben 290) eine Freund-
lichkeit erwiesen werden soll.
4. In Ermangelung eigener Erfindungsgabe bildet Silius die homerischen
Epen und den Vergil fast pedantisch nach. So muss er seinen ^^Ovei^og
(III, 163 ff.)' und seinen KavdXoyog (III, 222 ff.) haben, seinen Hektors (Han-
nibal's) Abschied (III, 62 ff.), seine Schildbeschreibung (II, 396 ff.), seine
äd'Xoc (XVI, 277 ff.), seine iiLd%ri naqanoxdiJLioq (IV, 667 ff.), seinen Proteus
(VII, 415 ff.) und seine vB%vCa (XIII, 395 ff.); ebenso seine Thürenbeschrei-
büng (III , 32 ff.) wie die Georgica. Wie Herakles steht Scipio (XV, 20 ff.)
am Scheidewege zwischen Virtus und Voluptas, wie Turnus kämpft Hannibal
bei Zama mit einem Gaukelbilde. Juno spielt dieselbe Rolle wie in der
Aeneis und greift oft zu Gunsten Hannibals ein (I, 648 ff. II, 526 ff. III,
163 ff. IV, 417 ff.); andererseits sind Venus und Vulcan thätig (IV, 667 ff.).
Die Charakterzeichnung ist dürftig. Zu den rhetorischen Appertinenzien
gehören die häufigen Schlachtbeschreibungeii. In nationaler Haltung (auch
im Topographischen) wetteifert Silius mit der Aeneis. Gegen Hannibal nimmt
der Dichter 'sehr entschieden Partei (z. B. II, 696 ff.). Von B. XII an wird
die Behandlung des Stoffes sehr ungleich , und vollends in B. XVII eilt der
Verf. sichtlich zum Schlüsse: kein Wort über Scipio's Ueberfahrt nach
Africa und Hannibals Landung daselbst. Mit Scipio's Triumph nach der
Schlacht bei Zama endet das Werk, nachdem zuvor der Ausblick auf Hanni-
bals schliessliche Schicksale und auf Earthago's Zerstörung eröffnet worden
ist (v. 371 ff.). Vgl. im Allgemeinen die Nachträge zu Sulzer VII. S. 374 ff.
W. Cosack, quaestiones Silianae (bes. -p. 16—56 de fide historica Silii, na-
mentlich sein Verhältniss zu Livius), Halle 1844. L. Cholevius (oben 20, 3).
5. Das Werk ist von Vibius Sequester noch benützt, war aber im Mittel-
alter verschollen, und auch Petrarca scheint es nicht gekannt zu haben
als er seine Africa verfasste; s. 0. Occioni (A. 7) p. 116 — 143. Erst J. 1417
fand Poggio oder vielmehr Bartholomäus Politianiis (de monte Puliciano)
zu St. Gallen eine Handschrift auch (vgl. 312, 4) des Silius, welche seitdem
verschollen, aber durch die in Italien saec. XV davon gemachten Abschrif-
ten in der Haiiptsache ersetzt ist. Auch die von Carrio in Cöln gefundene
Handschrift, angeblich aus der Zeit Karls d. Gr. und nur bis XVI, 556 rei-
696 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
chend, welche ausner ihm nur Fr. Modius direct benützt zu haben scheint,
ist verloren gegangen. Vgl. A. Drakenborch vor seiner Ausgabe und daraus
bei Buperti p. XLVif. G. Thilo, Quaestiones Silianae, Halle 185Ö. 4. und
in der Symbola phil. Bonn. p. 399 — 401.
6. Zwei ed. principes Rom. 1471 fol. gleichzeitig. Keck interpoliert
(durch Ambrosius Nicander Toletanus) die luntina 1515. L. Carrio, Emen-
dationum etc. libri (Antv. 1576. Paris 1683), nebst Fr. Modii novantiq. lectt.
(Frankf. 1584), beide in Gruters Lampas III, 2. p. 90 ff. u. V. p. 1 ff . Ed.
D. HeinsiuB (nebst seinen Crepundia Siliana), Lugd. B. 1600. Ed. Claud.
Dausqueius (Paris 1618), Cellarius (Lips. 1695) und besonders cum animadv.
N. Heinsii etc. ed. A. Drakenborch, Utrecht 1717. 4. Ed. J. B. Lefebvre de
Villebrune (mit französ. üebersetzung) , Paris 1781. 3 Voll. Comm. perp.
illustr. J. C. Th. Ei-nesti, Lips. 1791. 2 Voll. Perpet. annot. ill. G. A. Eu-
perti, Gotting. 1795—98, 2 Voll. Text von Lünemann (Gotting. 1824) und
in W. E. Webers corpus poett. latt. p. 799—897.
Metrisch übersetzt von F. H. Bothe (Stuttgart, Metzler, 1S55 — 57, 5
Hdchn.) und Braunschweig 1866 (2 Bde.).
7. Quaestiones Silianae von Wilh. Cosack (s. A. 4) und G. Thilo (s. A. 5).
Emendationes Silianae von G. Thilo (in der Symbola philol. Bonn. p. 397 — 410)
und H. Blass (Berliner Gymn. Progr. 1867, S. 21—44). Vgl. Hermes IV.
p. 345.
8. Cajo Silio Italico e il suo poema,- studi di Onor. Occioni, Padova
1869 (p. 149 ff. ital. üebersetzung von B. III u. XI).
303 316. unter Domitianus lebte und schrieb ferner P. Papinius
►Statius aus Neapel (um J. 45 — 96 n. Chr.). Hochgebildet und
von dichterischer Begabung, fähig warmer Empfindung, überaus
gewandt und geschliffen in der Form, stösst Statins dennoch
mehr ab als dass er fesselte, wegen der Unwahrheit die in
seinen Gedichten herrscht, weil er nicht blos wirkliche Gedanken
und Gefühle ausspricht sondern auch erheuchelte, gemachte und
bestellte, und den Ausdruck derselben so häufig durch die rhe-
torische oder mythologische Phrase erdrückt oder ersetzt. Wenig
geniessbar ist sein frühestes und grösstes Werk, die Thebais
in zwölf Büchern, stofflich wohl nach Antimachos, in der epi-
schen Technik nach Vergil gearbeitet; unvollendet blieb seine
Achilleis, deren zweites Buch bereits unfertig ist; am anziehend-
sten sind die Silvaej fünf Bücher Gelegenheitsgedichte meist im
epischen Masse, zum kleineren Theile in melischen, werthvoUe
Zeitbilder, Denkmäler achtbarer Gesinnung, aber auch von
schwächlicher.
1. Bei Bestimmung der Zeitverhältuisse des Statins ist völlig abzusehen
von den bodenlosen Behauptungen Dodwell's in seinen Annales Statiani
(Oxon. 1698, zugleich mit annales Yelleiani und Quintilianei). Vgl. Grosse
315 f. Silius Italicus. Statins. 697
Observ. p. 4—10. Als sein Vater (oben 313, 3) ums J. 80 ä= 833 starb hatte
Statins schon in seiner Heimat (Silv. III, 5, 78 f.) Neapel in poetischen Ago-
nen Siege gewonnen (Silv. V, 3, 226 ff.) und in Rom Theile seiner Thebais
vorgelesen (ib. 216 ff. vgl. 233 ff. und Juv. VII, 82 ff.). Andererseits sagt er
Silv. V, 2, 158 f. (ums J. 95 oder 96) von sich: nos fortior aetas iam fugit,
vgl. IV, 4, 69 f. (J. 95): nos facta aliena canendo vergimur in senium.
V, 4 spricht er von seiner langen Schlaflosigkeit, wie schon III, 5, 37 ff.
von einer überstandenen schweren Krankheit. Das fünfbe Buch der Silvae,
in welchem das dritt« Stück aus früherer Zeit stammt (J. 80), das vierte
ein kurzer Seufzer vom Krankenlager ist, das fünfte unvollendet vorliegt,
scheint erst nach des Verfassers Tode diese Gestalt erhalten zu haben.
Nichts weist darauf hin dass Stat. den Domitian überlebt hätte. Für seine
Geburtszeit liegen nur ungefähre Anhalte vor in dem Alter des Vaters (s.
313, 3; vgl. C. F.Weber, Panegyr. in Pis. p. 12 f.) und den Leistungen des
Sohnes bei dessen Lebzeiten; über das J. 800 d. St. wird daher keinenfalls
weit herabgegangen werden dürfen. Dass seine Zurückziehung nach Cam-
panien durch den Misserfolg in den capitolinischen Spielen (oben 314, 4)
veranlasst war ist möglich, aber durch Nichts bezeugt.
2. Statins' Gattin war eine Römerin und Wittwe Claudia (Silv. III, 5),
die ihm eine Tochter beibrachte (ib. 64 ff.), in ihrer zweiten Ehe aber nicht
gebar (Silv. V, 5, 79 f.). Ohne Vermögen wird sie schwerlich gewesen sein,
wiewohl des Statins etwaige Besitzungen in Neapel von seinem Vater her-
rührten und das Gut bei Alba (Silv. III, 1, 61 f. vgl. iugera nostra ib.V, 3, 37)
ein (von Domitian?) geschenktes war (Silv. III 1. 1.). Auch dass Statins seinen
vornehmen Freunden gegenüber niemals (denn Süv. IV, 9 ist ein Scherz)
eine so bettelhafte Haltung zeigt wie Martial spricht für relative materi-
elle Unabhängigkeit. Juv. 7, 86 f.: (Statins) cum fregit snbsellia versu
osurit, intactam Paridi nisi vendit Agaven (vgl. oben 8, 1 E.) besagt nur
dass St. von seiner Vorlesung der Thebais keinen materiellen Vortheil habe.
Die Feilheit von Statius' Muse gegenüber von Bestellern wie dem Eunuchen
und kaiserlichen Lustknaben Earinus (Silv. HI, 4) wird mehr aus politischer
Angst als finanziellem Bedürfhiss zu erklären sein. Als Gönner erscheinen
Metius Celer (rex mens, Silv. III, 2, 92 f.) und Plotius Grypus (IV, 9, 48 ff.);
mit Andern aber verkehrt der Dichter auf dem Fusse der Gleichheit, wie
mit Claudius Etruscus (dilectus sodalis, Silv. I^ 5, 9; mens, ib. m praef.;
vielleicht ein Verwandter seiner Frau), PoUius Felix (mens, ib. IV praef.) und
dessen Schwiegersohn Inlius Menecrates (ib. IV, 8). Dem 16jährigen Vettius
Crispinus, dessen Vater todt ist, ertheilt der Dichter (ib. V, 2) halb väterliche
Ermahnungen. Vgl. L. Friedländer, Darstellungen a. d. Sittengesch. IH (Berlin
1871). S. 342. 404—411. Dagegen gegenüber von Domitian und allem was
mit dessen Person zusammenhängt (Süv. IV praef.: latus omne divinae do-
mus semper demereri pro mea mediocritate conitor; nam qui bona fide deos
colit amat et sacerdotes) geht das Schweifwedeln ins Unleidliche. Nicht
nur dass er den Earinus glücklich preist weil er um ihn sein dürfe (III,
4, 60 ff.) und über den Tag wo er von Dom. zu Tische geladen wurde sagt:
haec aevi mihi prima dies, haec limina vitae (IV, 2, 13), sondern er stellt
auch dessen klägliche Erfolge gegen auswärtige Feinde als grossartige dar
f>98 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
(z. B. IV, 3, 153 fF.), rühmt seine dementia (III, 3, 167 ff.) und behauptet
derselbe würde, wenn er könnte, den Tod abschaffen (V, 1, 165 if.) und
dass für seine Erhaltung sidera, undae terraeque beten (III, 4, 101 ff.), preist
überdiess seine Schönheit (III, 4, 44 f. vgl. IV, 2, 41 f.) und vergleicht den
bei Tische Liegenden mit einem ruhenden Herakles (IV, 2, 46 ff.). I, 1, 94 ff.
Ulsst er Domitians Vater und Geschwister nächtlicher Weile vom Himmel
kommen imi Domitians Reiterstandbild zu küssen. Indessen über den
todten Caligula (III , 3, 70 ff.) und den ferus Nero (V, 2 , 33) wagt er sich
freimütig auszusprechen.
3. Abfassung der Thebäis (vgl. Silv. HI, 6, 36 und Juv. 7, 83) in
langer (Silv. IH, 5, 35. IV, 7, 26), zwölf Jahre hindurch (Theb. XH, 811)
fortgesetzter Arbeit. Silv. HI, 2, 142 f. ist sie noch nicht fertig, wohl aber
ib. IV, 4, 88—92 (iam sidonios emensa labores Thebais optato collegit car-
basa portu etc.), vgl. ib. 7, 7. 25 ff. Da schon des Statins Vater das Werk
entstehen sah (Silv. V, 3, 233 f.), so scheint die Abfassung J. 80 — 92 zu fallen.
Gegenstand die Kämpfe zwischen Polyneikes und Eteokles. Nachdem in
den ersten zehn Büchern die Handlung überaus langsam von der Stelle ge-
rückt ist, vor den langathmigen Reden, Zurüstungen und Beschreibungen,
wird sie in den beiden letzten Büchern vollends summarisch zu Ende ge-
führt; in diese fällt nicht nur der Zweikampf der Brüder, Kreons Regie-
rungsantritt und Verbot der Bestattung des Polyneikes sondern auch Anti-
genes Hülfegesuch bei Theseus, dessen Einschreiten und Erlegung des Kreon.
Der Mythus ist im Einzelnen mit Freiheit behandelt. Griechisches und Rö-
misches (wie die abstracten Figuren der Virtus, Furores u. s. w.) durch-
einandergemischt. Die Charaktere sind willkürlich und oft crass ausgemalt.
Anordnung und Motivierung hält sich ausser lieh. Epische Gleidinisse fin-
den sich im Uebermass eingestreut. Mit Schlachtbeschreibungen wechseln
rührende Episoden. Die mythologische Gelehrsamkeit äussert sich auch im
Umschreiben mythischer Namen in der Weise des Lykophron. Die Sprache
artet oft in Schwulst aus und ist durch künstliche Kürze nicht selten dunkel.
Welcker, kleine Schriften I. S. 396 — 401. Ueberall blicken die augusteischen
Vorbilder hindurch, zugleich aber das Bestreben sie durch Künstlichkeit
und Pathos zu überbieten. Zuletzt (XII, 816 f.) jedoch ruft Stat. seinem
Werke zu: vive, precor, nee tu divinam Aeneida tempta, sed longe sequere
et vestigia semper adora. Zuversichtlicher Achill. I, 10 ff. und Silv. H, 3, 63.
V, 3, 213 f,
4. Der Plan zur Achilleis war weit angelegt und sollte auch die
der Ilias vorausliegenden und nachfolgenden Theile der Sage mitbefassen.
Ach. I, 1 ff.: magnanimum Aeaciden, . . Diva, refer, quamquam acta viri
multum inclita cantu maeonio, sed plura vacant. nos ire per omnem sie
amor est heroa velis Scyroque latentem dulichia proferre tuba, nee in
Hectore tracto sistere, sed tota iuvenem deducere Troia. Das erste Buch
erzählt in 674 Versen wie Thetiö ihren Sohn bei Lykomedes in Weiber-
kleidern verbirgt, aber Kalchas seinen Aufenthalt prophetisch entdeckt-,
nachdem das vermeintliche Mädchen bereits eine der Töchter seines arg-
losen Beherbergere, die Deidamia, verführt hat. Die 453 Verse die von[i
zweiten Buche fertig sind schildern wie Odysseus den Achilleus heraub-
fiudet und nach Troja mitnimmt. Der Ton ist viel weniger schwülstig und
316. Statins. 699
geschraubt, aber ebenso redselig wie in der Thebais. Benützung durch
Joseph Iscanus (Dungor S. 25 f.) und besonders durch Eonrad von Würzburg
(um 1280); 8. H. Dunger, die Sage vom troj. Kriege S. 46—48. 52. 54 f.
t
5. Wie schon Theb. I, 17 ff. verspricht Statins auch Ach. I, 19 (te longo
necdum fidente paratu molimur, magnusque tibi praeludat Achilles) dem
Domitian ein eigenes Epos auf seinen germanischen Krieg; vgl. Silv. IV, 4,
93 ff. : nunc . . Troia quidem magnusque mihi temptatur Achilles, sed vocat
arcitenens alio pater armaque monstrat ausonii maiora ducis. trahit impe-
tus illo iam pridem retrahitque timor. Anfange davon müssen sich in dem
Nachlasse des Statins gefunden haben und veröffentlicht worden sein; dar-
aus die vier Hexameter in den Scholien des Ge. Valla zu Juv. IV, 94. 0.
Jahn im Rhein. Mus. IX. S. 627.
6. Als Buchtitel (Gell, praef. 6) bedeutet Silvae nach Quintil. X, 3,
17 rasch hingeworfene Arbeiten, Improvisationen; vgl. Silv. I praef.: hos
libellos, qui mihi subito calore et quadam festinandi voluptate fluxerunt.
. . nullum ex illis biduo longius tractum, quaedam et singulis diebus effusa.
II praef.: epicedio prosecutus sum adeo festinanter ut etc. III praef.: (li-
bellos) subito ^atos. Nach IV praef. fand Statins Tadler quod hoc stili
. genus (opuscula, leves libelli, II praef.; ioci, IV praef.) edidisset. Die 32
Stücke sind zuerst einzeln verfasst und, wenn eine Anzahl beisammen war,
zu einem Buche vereinigt und mit einem Begleitschreiben in Prosa einem
Einzelnen gewidmet worden; Buch I dem Stella, II dem Atedius Melior,
n.I dem Pollius Felix, IV dem Victorius Marcellus; das Vorwort von B. V
bezieht sich nur auf das erste Stück, war aber wohl bestimmt weiter aus-
geführt zu werden wenn der Dichter das Buch noch selbst hätte abschlio-
ssen können; s. A. 1. Ausser V, 3 scheinen alle Stücke aus den 6 letzten.
Lebensjahren des Statius zu stammen, da schon das erste Buch nicht vor
J. 90 verfasst und die Ordnung der einzelnen Bücher nachweislich die
chronologische ist; s. L. Friedländer, de temporibus Martialis librorum
et Silvarum Statu (Königsberg 1862. 4.) p. 14 — 16; Darstellungen a. d. Sit-
tengeschichte III. S. 390 — 396. Vgl. Silv. III praef.: securus itaque tertius
hie silvarum nostrarum Über ad te mittitur. habuerat quidem et secundus
testem, sed hie habet anctorem. IV praef.: plura in quarto silvarum quam
in prioribus. Silv. III, 5 wird eine Reise nach Neapel beabsichtigt, IV
praef. ist bereits von Neapel aus geschrieben. IV, 1 verherrlicht Domitians
XVII tes Consulat (J. 95). Andere Gegenstände sind der Tod Nahestehender
(auch von pueri delicati), in welchen epicedia häufig ein weinerlicher Ton
angestimmt wird, Abreise von -Freunden (propemptica), Besitzthümer von
solchen (villae, balnea, Kunstwerke, auch ein psittacus), Vermählungen,
Geburten und Geburtstage (Lucani, II, 7) Satumalienfeier u. s. w. Als be-
stellt sind ausdrücklich bezeictinet I, 1 u. 2. II, 7. III, 4. Phaläkisches
Mass haben I, 6. 11, 7. IV, 3. 9, alkäisches IV, 5 und sapphisches IV, 7.
7. Den Wortreichthum , die gesuchte Eleganz, die Kühnheit in der
Bildung und dem Gebrauche der Wörter hat Statius mit seiner ganzen
Zeit gemein; eigen ist ihm (wenigstens in den Silvae) die Raschheit des
Arbeit^ns , woraus manche Flüchtigkeiten (wie Wiederholungen, Hand Silv.
p. 269 ff.) sich erklären. Vgl. Apoll. Sid. carm. 9, 223—226. Nachträge zu
700 Die Kaiserseit. Erstes Jabrhnndert. Domitianos.
Sulzer's Theorie VIII. S. 344 ff. und Hand zu Silv. p. X ff. J. Danglard,
Stace et ses Silves, Clermont-Ferrand 1864. üeber seine Sprache s. Surin-
gar, Observationes in Stat. silv., Ling 1810. £. Grosse, Observat. p. 11—37.
45—50. E. Nauke^ Observat. criticae et gramm. in Stat. p. 16—35. üeber
die Metrik des Statins s. Grosse, Observ. p. 3 7 ---44. 0. Müller, Quaest.
Statianae, Berlin 1861. 4. Yerhältniss zu Silius, Ritschi im Bonner Ind.
lect. 1857 f. p. IV.
8. Statins fand in späterer Zeit Nachahmer, besonders an Sidonius
ApoUinaris, und wurde noch im Mittelalter bewundert (vgl. Dante Purgat.
XXI) und fleissig gelesen. Daher besonders von seiner Thebais zahlreiche
Handschriften, mindestens 70, worunter die wichtigste scheint Paris.
8051 (Puteaneus) saec. X. Kleiner ist die Zahl der Hdss. der Silvae, und
diese stammen alle aus einer Hds. welche Poggio aus Frankreich nach
Italien brachte und deren Varianten Politianus am Rande der ed. princ.
beischrieb; seitdem ist sie verloren gegangen; doch ist die Breslauer eine
mechanisch treue Abschrift davon (Imhof de condicione p. 4. 39 ff.). Am
nächsten kommt letzterer der Budensis in Wien (ib. p. 4. 35 f.). F. Hand,
Silv. p. XX ff. C. F. Weber, de codice Statii Cassellano (saec. XI), Mar-
bürg 1853. 54 pp. 4. Dflbner und G. Queck vor ihren Ausgaben. A. Im-
hof, de Silvarum Statianarum condicione critica, Halle 1859. 44 pp. 4.
E. Grosse, über eine Trierer Handschrift des Statins, Königsberg 1866.
19 S. 4. üeber eine in Münster F. Deycks, Münster 1865. 4. W. Schmitz,
ein Düsseldorfer Statiusfragment, Rhein. Mus. XXI. S. 438 — 443.
9. Ausgaben. Ed. princeps 1472. Parmae 1473. Romae 1475. Venet.
(Aid.) 1502. Rec. J. Bemartins, Antverp. 1595. Ed. Fr. Tiliobroga (Lin-
denbrog), Paris 1600. 4. Cura Em. Crucei, Paris 1618. 4. Ex rec. J. Fr.
Gronovii, Amsterd. 1653. Ex rec. et cum animadv. C. Barthii, Cygn. 1664 f.
4 Voll. 4. (mit Ind.). Ed. Amar et Lemaire, Paris 1825. 4 Voll. W. E.
Weber im Corpus poett. latt. p. 898 — 1029. Cum notis ed. Fr. Dübner,
Paris 1835 f. 2 Voll. Rec. G. Queck, Lips. Teubner 1854. 2 Voll. (vgl.
Imhof, de condic. p. 43 f.). Thebais et Achilleis cum scholüs rec. O.
Müller, 3 Voll. (I. Lips. 1870).
10. Beiträge zur Textkritik von M. Haupt (Monatsber. der Berl. Ak. 1861,
S. 1074 ff.), 0.- Müller (Quaestiones Statianae, Berlin 1861. 34 pp. 4. Rhein.
Mus. XVIII. S. 189 — 200), E. Nauke (Observationes criticae et gramm. in
Statium, Breslau 1863, p. 1—16), A. Imhof (Emendationes Statianae, Halle
1867. 4.).
lani Gruteri suspiciones in St. Theb. I. cum animadv. F. Handii, Jena
1851. 4.
11. Statins Werke im Versmass der Urschrift übersetzt vonE. W. Binde-
wald, Stuttgart Hoffmann 1868 ff.
12. Ausgaben der Silvae von Jer. Markland (rec. et emend., London
1728. 4. und wiederabgedruckt durch Sillig, Dresden 1827. 4. Vgl. Imhof,
de condic. p. 12 — 35) und Ferd. Hand (Lips. 1817; nur Silv. I, 1—3).
J. Fr. Gronovii in St. Silvas diatribe, Hag. Com. 1637; cum annotatt.
ed. F. Hand, Lips. 1811. 2 VolL Silv. IV, 6 cum comment. F. Handii,
Jena 1849. 33 pp. 4. Silv. I, 4 e codd. et schedis Handii, in Jahns Archiv
316 f. Statine. Martialis. 701
XVin. p. 121 ff. C. H. Volckmar, specimen novae Silv. St. editionis, II-
feld 1860. 4. (Silv. I, 1). Silv. III, 5 emend. et adn. A. Imhof, Halle 1863.
28 pp. 4. E<;Joga ultima. (Silv. V, 5) emendatiorem ed. R. Unger; accedunt
de Statu locis controv. couiectanea, Neustrelitz 1868. 308 pp. E. Grosse,
Observatorum in St. Silvis specimen, Berlin 1861.
Uebersetznngen der Silven von J. G. Dölling, Plauen 1837 — 1847.
13. Scholien zur Thebais, deren Werth hauptsächlich in dem mytho-
logischen Material besteht das ans Hyginns, Servius u. A. zusammenge-
bracht ist, sind uns unter dem Kamen des Lutatius (oder Lactantius) Pla-
cidus erhalten, wahrscheinlich dem Verfasser eines Glossars (oben 41, 8)
und der Argumenta Metamorphoseon Ovidii (oben 244, 2). Abgedruckt sind
sie in den ältesten Ausgaben des Statins, lowie in den von Lindenbrog,
Barth u. A. Vgl. Dübner vor seiner Ausg. p. VIII ff. Herrn. Schottky, de
pretio Lactantiani comm. in St. Th. et (p. 26—39) de nomine, philosophia
(mystisch-heidnisch) et aetate (5tes Jahrh.) commentatoris, Breslau 1846.
E, Wölfflin, Philologus XXIV. S. 156—158. R. Unger, Electa e Lact, in
St. Th. comm., Friedland 1863. 4. M. Schmidt, ein Scholion zum Statins,
Philologus XXm. S. 541—547.
14. Zur Achilleis unbedeutende Scholien bei Lindenbrog und bei Mai,
Spicileg. rom. IX, appendix. Dommerich, ad Stat. Ach. ex membranis anec-
dota, Wolfenb{lttel 1758. 4.
317« In Domitians Regierungszeit fallt auch der grosste304
Theil der literarischen Thätigkeit des M. Valerius Martialis
(ums J. 42 — 102 n.Chr.) aus Bilbilis in Spanien, von welchem
wir 15 Bücher Epigramme besitzen. Gegenstand derselben ist
das sociale Leben des damaligen Rom mit all seinem Schmutze
und seiner Unterwürfigkeit. Martialis zeigt sich darin dem Ovid
nahezu ebenbürtig an Leichtigkeit und Eleganz der poetischen
Form, noch mehr in Mangel an Charakter und in Zuchtlosig-
keit; er theilt seines Zeitgenossen Juvenalis Vorliebe für das
Hässliche, aber ohne sich wie dieser darüber zu erheben; und
seines Nebenbuhlers Statins Kriecherei vor dem Herrscher über-
bietet er noch. Er ist ein grosses Talent, aber abschreckend
durch die Abwesenheit von Gefühl für das was sittlich und
ästhetisch zulässig oder mit Manneswürde verträglich sei. Neben
dem elegischen Mass bedient sich Martialis für seine Epigramme
besonders häufig der Hendekasyllaben und der Hinkiamben.
1. Das Todesjahr des M. Valerius Martialis (über das vermeintliche
cognomen Coquus s. Schneidewins Ausg. von 1842, p. 21 f.) war spätestens
102, vielleicht aber schon 101 n. Chr.; wenigstens weist in seinen Gedich-
ten nichts mit Sicherheit Über dieses Jahr hinaus; s. l)h. Mommsen im
Hermes III. S. 120 — 126. Wohl aber scheint der seinen Tod meldende
Brief des Plinius (s. A. 7) aus dem J. 102 zu sein; Stobbe im Philologus
702 Die Kaiiierzeit. Erstee JohrhuDÜert. Domitiiinue.
XSVII. S, C40. Für die BestimmuDg Beines Geburtsjahrs bietet einen frei-
lieb uneichern Anhalt X, 24: natales mihi Martiae kalendae, , . quinqua-
geaima liba septiniamque veatris addimue hanc focie acerram. Ixt auch
glaublich dasa dieses Gedicht erst der zweiten Ausgabe deB zehnten Bu-
chen, aus dem J. 98 (oder Anfang 99), augehCvt, so ist es doch nicht ge-
wiss und auch die Rechnungs weise nicht klar. Nach 34j&hrigeni Aufent-
halt in Rom (X, 103, 7 ff. 104, 9 ff. Tgl. XI!, 31, 7. 34, 1), also etwa C4— 98
n. Chr., Rückkehr in die Heimat, wohl hauptisäcblich dajum weil mit Nervu
und dann Trajan in Rom ein neuer Geist eingezogen war, in welchem Mar-
ttal sich nicht zurechtfand und von dem er für sich nichts hoffen durfte.
Auch vorher schon war in Rom seine Lebensweise kdmmerlicb genug, da
er eigentliche Arbeit verschmähte und weder die schriftstelleriBchen Ho-
norare noch das Anbetteln Reicher und Mächtiger zureichende Ausbeute
gewährten; vgl, III, 38 und oft. Doch war wohl ein Geschenk das kleine
magere Landgut das er seit J. 83 (b. II, 38 vgl. mit I, 55) bei Nomentum
im Sabinischen besaas, neben einem kleinen Hause ii) der Hauptstadt. Wie
schon von Titus (111, 95, 5. IX, 97, 5 f.) erhielt er auch von Domitiau auf
seine Bitte für Beiue Gedichte das ius trium liberorum (II, 92 vgl. IV, 27,
3 f.), sowie die Würde eines tribunus (IH, 95, 9). Dem BittersUnde (HI,
96, 10. V, 13, 2. 17, 2. IX, 49, 4. XÜ, 26, 2) gehöi-te er wohl schon von
Geburt an. Eltern Valeriua Fronte und Flaccilla (V, 34, i). Auch in der
Heimat erhielt er, von der domina Marcella (XII, 31), wokl aus Dewnn-
derung seiner literarischen Leistungen (vgl. XH, 21) ein Landgut zum Ge-
schenke. — A. Brandt, de Martialis poetae vita, Berlin 1863. 38 pp.
2. Zahlreich sind die GOnner welche Mai'tialis ansingt; unter ihnen
besonders die nächste Umgebung des Kaisers, wie Parthenius (unten 319, 3),
Crispinus (z. B. VII, 90), Earions (oben 31G, 2; u. A. Auch die literarischen
Notabllitäten der Zeit sind ziemlich vollständig in seinen Gedichten vertreten;
doch kommt Tacitus nie bei ihm vor, und auch niemals Statins, sowenig als
Martial bei Statius. Letzteres ist um so auffallender da beide Dichter
ungefähr gleichaltrig waren und zu derselben Zeit in denselben Kreiseu
verkehrten und dieselben Gegenstände behandelten. So ist Stat. Silv. 1,
2. 5 — Mart. VI, 21. 42; Silv, II, l. 7 = Mart. VI, 28 f. VII, 21—23; Silv.
III, 3 f. "..Mart. VU, 40. IX, U-13. 16. 36; Süv. IV, 6 = Mart. IX, 43 f.
Ohne Zweifel erklärt sich dieses Schweigen aus der Concurrenz die sie
einander machten. Daher denkt Martial bei seinen häufigen Sticheleica
auf die Dichter langathmiger Epen (z. B. von 12 BQchern, wie die Thebius,
Mart. IX, 50, 3 vgl. noch IX, 19. X, 21. XIV, 1, 11) wohl besonders am'
Statius. Friedläader, Darstellungen a. d. Sittengesch. IH. S. 348 f. 396—404.
3. Nicht Martial's Schuld ist es dass die Geschichte nicht in Domitiao
den Ausbund aller Tugenden eines Menschen und Regenten bewundert.
Denn alle seine Handlungen in Krieg und Frieden preist Martial als ße-
tl^tigungen der grOssten Weisheit und Tapferkeit und kann, wenn der
Kaiser im Felde ist, nicht Worte genug finden um Roms Sehnsucht noeti
der Rückkehr dieses milden HeiTschers und VaterE des Vaterlandes aus-
zudrücken, unter welchem Rom freier Bei als je (V, 19, 6). Namentlich
B. VUi wimmelt von solchen Speichelleckereien. Spect. 33 ruft er gar ans;
317. Martialis. 703
Flavia gens, quantum tibi tertins abstulit heres! paene fuit tanti non ha-
buisse duoB. Und IX, 3 versteigt er sich zu dem frivolen Gedanken, die
Götter seien dem Domitian so viel tl^ank für Tempel) schuldig dass er sie
eigentlich auspfänden könnte. Um so grösser ist dann seine Verlegenheit
unt6r Nerva, wo mit den blanditiae nicht mehr auszukommen ist und
rustica veritas herrscht (X, 72). Die Wahrheit über Domitian XII, 6, 11 f.
vgl. 15, 9 f. Die gegentheiligen früheren Aeusserungen beruhten also nicht
auf Selbsttäuschung.
4. Den Epigrammen voraus geht ein nichtnumeriertes Buch mit 38
Epigrammen welches seinem Inhalte nach liber spectaculorum heisst, in
den Hdss. aber nur epigrammaton liber betitelt ist. J. Kehrein in Jahn's
Archiv IV. S. 541 — 553. F. Schmieder, Martial. de spect. liber, Brieg
1837. 4. Von den 14 Büchern Epigrammen hat XIII den besondern Titel
Xenia, XIV Apophoreta, und diese beiden sind auch allein von Mart. selbst
mit Ueberschrifben über den einzelnen Distichen ^versehen. Beide sind zu
Festgeschenken an den Satumalien bestimmt und umfassen meist Epi-
gramme im ursprünglichsten Sinne, Inschriften auf einen Gegenstand,
'während die übrigen Bücher Epigramme im späteren Wortsinne enthalten,
Gelegenheits- und Sinngedichte, gleichsam Aufschriften auf ein Vorkomm-
niss oder eine Person. Die einzelnen Bücher haben in der Regel an ihrer
Spitze eine Widmung mit einem Vorworte, theilweise (B. I, II, VIII, XII) in
Prosa, wie bei Statins. Jedes Buch enthält durchschnittlich 100 Epigramme.
Die Ordnung derselben innerhalb der Bücher ist bestimmt durch das Inter-
esse der Abwechslung (auch in den Metren). Dagegen die Aufeinanderfolge
der Bücher ist in der Hauptsache (mit Ausnahme von XIII und XIV) die
chronologische, indem der Dichter die einzeln verfassten und wohl auch
gelegentlich (mündlich) veröffentlichten Epigramme, wenn er deren eine
genügende Anzahl beisammen hatte, sammelte und als Buch herausgab,
ungefähr in Zwischenräumen von einem Jahre (X, 70, 1. vgl. IX, 84, 9).
Nur die drei letzten Bücher (X, XI, XII) sind nach Domitians Tod heraus-
gegeben; das erste mag auch einzelne ältere Gedichte, aus der Zeit des
Vespasian und Titus, enthalten, welchen (Caesares) Martial bereits Gedichte
überreicht hatte (I, 101, 2). Der liber spectaculorum ist aus Domitians
ersten Begierungsjahren, wie auch B. I und II (J. 82 bis spätestens 87);
B. III (ohne Beziehung auf den Kaiser oder sonstige Zeitandeutung) ist
aus Forum Comelii datiert und nach B. II wie vor IV verfasst (wohl noch
J. 87); IV aus J. 88 und 89; V aus J. 90; VI aus Ende 90 und erster Hälfte
von 91; VII und VIII aus J. 92 und 93; IX, X (erste Bearbeitung) und XI
aus J. 94—96. Die beiden Bücher XIII und XIV zwischen J. 88 und 93.
B. XI ist zwar wohl seinem grössten Theile nach unter Domitian verfasst,
veröffentlicht aber "unter Nerva, December 96. Das Nächste war ein puri-
ficierter Auszug aus X u. XI der dem Kaiser überreicht wurde (XII, 5),
etwa Mitte 97. Darauf die (uns vorliegende) zweite (gesäuberte) Bearbei-
tung von X, unmittelbar vor der Rückreise nach Bilbilis (J. 98); endlich
von Spanien aus, nach contumacissima trienni desidia (XII praef.), B. XII,
wobei es kein Bedenken hat triennium von 27, Jahren zu verstehen und
das Buch (mit Mommsen) in den Anfang von J. 101 zu versetzen, während
Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianns.
[5:v
805 . 318. Unter den andern zahlreichen Dichtem welche die
Regierungszeit Domitians aufweist sind besonders bemerkenswerth
Arruntius Stella (Cos. um 101), Freund des Statins und Martialis
und Verfasser von erotischen Elegieen deren Gegenstand seine
nachmalige Grattin Violantilla war; der Satiriker Turnus und
sein Bruder, der Tragiker Scaevus oder Scaevius Memor; Ver-
ginius Ruf US und Vestrfcius Spurinna, beide nach einer rühm-
lichen politischen und kriegerischen Laufbahn Verfasser von
Tändeleien in melischen Metren; endlich des Calenus Grattin
Sulpicia, welche gleichfalls erotische Gedichte verfasste. An den
Namen des Turnus wie an den des Spurinna und wohl auch der
Sulpicia haben sich Täuschungen aus neuerer Zeit angehängt.
1. Inschrift bei Orelli 784: L. Arruntio Stella, L. lolio Manno coss.
XIY Eal. NoY. Da Trajan darin den Titel Dacicus noch nicht hat, so
mnss sie vor dem J. 103 verfertigt sein, und das betreffende Gonsnlatsjahr
ist wahrscheinlich 101 (l^h. Mommsen im Hermes pl. S. 124 — 126; vgl.
Stobbe im Philologus XXVI. S. 76 f. XXVII. S. 63^ ff.). Dass der bei Mar-
tial und Statins oft vorkommende Stella mit diesem Consnl identisch ist
wird nahezu sicher dadurch dass dieser ein iuvenis patriciis maioribus
ortus (Stat. Silv. I, 2, 71) war, die Stelle eines XVvir libr. sibyll. be-
kleidete (ib. 177. Martial. IX, 42), Spiele zu Ehren des nordischen (sarma-
tischen) Triumphes des Domitian (wahrscheinlich als Prätor, vgL Martial.
X, 41) zu halten hatte (Mart. VIII, 78, 3 ff.), auf das Consulat hoffen durfte
(Mart. IX, 42, 6 f. vgl. Stat. Silv. I, 2, 174 ff.) und es auch erlangte (consul
maus, Mart. XII, 3, 10 ff.). Geboren war er in Neapel (Stat. Silv. I, 2, 260 f.;
aus Patavium nach Martial. I, 61, 3 f.) und von daher, sowie durch Ge-
meinsamkeit der poetischen Bestrebungen, dem Statius befreundet (Silv. I, 2,
266 — 262), welcher auf Stella's Vermählung mit Violantilla das Epithala>
mium Silv. I, 2 verfasst hat. Aus demselben Anlasse in seiner Weise Mar-
tial VI, 21. Er war junger als Statius, der ihn (Silv. I. praef.) iuvenis
optime anredet. Stella hatte im elegischen Masse (Mart. IV, 6, 4 f. Stat.
Silv. I, 2, 253 ff.) seine Geliebte, die schöne und reiche (Stat. Silv. I, 2,
121) Violantilla, unter dem Namen Asteris (Stat. Silv. I, 2, 197 ff.; Mar-
tial pflegt sie mit Bezug auf ihren wahren Namen lanthis zu nennen; s.
VII, 14 f. 60, 1. XII, 3, 12. vgl. VI, 21, 1) besungen und namentlich den
Tod von ihrer Lieblingstaube (Martial. I, 7. VII, 14). Martial nennt ihn
disertus (V, 59, 2), facundus (XII, 3, 11), mens (V, 11, 2. 12, 7. VI, 47, 1.
IX, 55. Xn, 3, 10). Vgl. noch Mart. IX, 89. Apoll. Sidon. carm. IX, 264.
Dölling, über den Dichter Stella aus Patavium, Plauen 1840. 4.
2. Schol. des Valla zu Juv. I, 20: Turnus hie libertini generis ad
honores ambitione provectus est, potens in aula Vespasianorum Titi et
Domitiani. Martial. XI, 10: contulit ad saturas ingentia pectora Turnus;
vgl. VII, 97, 7 f.: nam me diligit ille proximumque Turni nobilibus legit
libellis. Rutil. Namat. I, ,603 f. : huius vulnificis satura ludente CameniB
nee Turnus potior nee luvenalis erit. Ap. Sidon. carm. IX, 266. Lyd.
318. Stella. Turnus. Verginius Rufus. Spurinna. 707
magistr. I, 41 (oben 28, 2). Schol. luv. I, 71: unde ait Turnus in satura
(folgen zwei corrupte Hexameter auf die Giftmischerin Locusta unter Nero).
Die 30 Verse (Indignatio in poetas Neyonianorum temporum) welche J. L.
G. Balzac unter dem Namen des Turnus, angeblich aus einer alten Hand-
schrift, herausgab, wurden noch bei seinen Lebzeiten in die Sammlung
seiner Gedichte, unter der Rubrik Ficta pro antiquis, in erweiterter Fas-
sung (HI. p. 194 der Ausgabe von 1660) aufgenommen. L. Quicherat in
der Revue de Tinstruction publique 1869, p. 341—346. vgl. ib. p. 371 f. 397.
3. Schol. des Valla zu Juv. I, 20: Lucilium dicit . . vel, ut Probus
exponit, Turnum (Anm. 2) dicit Scaevi Memoris tragici poetae fratrem.
Martial. XI, 9 auf ein Bild desselben: clarus fronde lovis (Sieg im capito-
linischen Agon), romani fama cothurni, spirat Apellea redditus arte Memor.
ib. 10 : contulit etc. (A. 2). cur non ad Memoris carmina? frater erat. Dar-
aus wohl Ap. Sidon. IX, 263 (non Turnus, Memor). Sechs Anapäste von Scae-
vus in tragoedia (Hecuba oder Troades) bei Serg. in Keils gramm. lat.
IV. p. 537, 14. Der Titel Hercules für eine Tragödie von Memos oder
Memmius beruht nur auf dem Zeugnisse des Fulgentius (ezpos. s. ant. s. v.
suppetias, p. 563, 23 M.). M. Hertz, de Scaevo Memore poeta tragico
commentariolum, Breslau 1869. 8 pp. 4.
4. L. Verginius Rufus aus Mailand, Cos. J. 63 (unter Nero), 69
(durch Otho) und 97 (mit Nerva), während seines letzten Consulats 83 J.
alt gestorben (Plin. Ep. H, 1) ; väterlicher Freund des jüngeren Plinius, der
ihn Ep. V, 3, 5 unter den Verfassern erotischer Gedichte aufzählt und VI,
10, 4. IX, 19, 1 das Epigramm anführt welches derselbe sich auf sein
Grabmal setzen Hess. Vgl. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2666 f.
Nr. 26. H. Keils Ausg. des Plin. (1870) p. 428. Inschrift von ihm (aus
Mailand) im Hermes VI. S. 127 f.
6. Plinius Epist. III, 1 (vom J. 101) beschreibt die Tagesordnung des
greisen Vestricius Spurinna, z. B. (7.) se cubiculo ac stilo reddit. scribit
enim, et quidem utraque lingua, lyrica doctissima. mira illis dulcedo, mira
Buavitas, mira hilaritas, cuius gratiam cumula^ sanctitas scribentis. (10.)
illi post septimum et septuagesimum annum (also geboren J. 24 n. Chr.)
aurium, oculorum vigor integer. Vgl. ib. IV, 27, 6 f. (gravissimus senex).
11, 7, 1 ff.: heri a senatu Vestricio Spurinna principe auctore triumphalis
statua decreta est, wegen seiner Erfolge gegen die Bructerer; ebenso seinem
Sohne Cottius, quem amisit absens (ib. 7, 3). In den Kämpfen des J. 69
war er auf Otho's Seite gestanden; Tac. Hist. H, 11. 18. 23. 36. Plut.
Oth. 6 — 7. Consul war er mindestens zweimal, zuletzt wahrscheinlich
im J. 100; s. Mommsen im Hermes III. S. 39 f. Schreiben an ihn und
seine Gattin Cottia Plin. Ep. III, 10; an ihn V, 17. Von ihm wollte
Caspar Barth in einer Merseburger Handschrift neben Anderem auch,
unter der Aufschrift Incipit Vesprucius Spurinna de contemtu seculi ad
Martium, vier Gedichte in horazischen Metren von künstlicher Lücken-
haftigkeit gefunden haben, die er in seinen Venatici et bucolici latini
(Hannov. 1613) hinter Gratius, sowie in seinen Adversaria XIV, 5 heraus-
gab. Wie bei andern seiner ErdichtungCQ (vgl. Bursian, ex Hygini geneaL
exe, Zürich 1868, p. VII f.) so fand Barth auch hiefür Gläubige, zuletzt
45*
708 Die Eaiserzeit. RrsieB Jahrhundert. Domitianua.
einen aehr zuversichtlichen an C. A. M. Axt, in der Coinpilation V. Sp.
lyricae reliquiae, . . recogn., in germanicum convertit et cum annotatio-
uibus (p. 29— -144!) . . edidit, Frankfurt 1840. Dagegen vgl. Otto und L.
Lersch in der Ztachr. f. d. Alt. Wiss. 1842, S. 846 ff. 873 ff. In der That
zeichnen eich die Gedichte durch Nichts aus als durch Trivialität des In-
halts und metrische Schnitzer; und die Angaben Barths über den Codex
sind so unbestimmt dass sie auch bei einem glaubwürdigen Gewährsmann
verdächtig wären. Vgl. noch G. S. Bayer, de Vestr. Sp. lyrico et illius
fragmentis, in den commentatioues der Petersburger Akad. v. J. 1750,
p. 311 ff. Wemsdorf, poetae latini minores III. p. 326—336. 351—368. IV.
p. 839—853. Riese's Anthol. lat. IL p. 336 0'!
6. Martial. X, 35, 1 ff.: omnes Snlpiciam legant etc. haec casfoa
docet et pios amores etc. cuius x^armina qui bene aestimarit nullam dixe-
rit esse sanctiorem, nullam dixerit esse nequiorem. Ib. 38, 1 ff.: o molles
tibi quindecim, Calene, quos cum Sulpicia tua iugales indulsit deus et
peregit annos! Ausou. Id. XIII (cento nupt.) s. f.: prurire opusculum
Sulpiciae, frontem caperare. Fulgent. myth. I. p. 598: Sulpiciae pro-
cacitas. Apoll. Sidon. carm. IX, 262 f.: quod Sulpiciae iocus Thaliae scripsit
blandiloquum suo Caleno. Best davon (zwei Senare) in Valla's Probus-
Scholion zu Juv. VI, 537. Hievon sehr im Tone verschieden sind die 70
Hexameter welche als Sulpiciae satira zuerst Veuetiis per B^rnardinum
V^euetum a. 1498 (wiederholt Strassburg 1509) mit lat. Gedichten von Ita-
lieuern, dann von Th. Ugoletus an seinem Ausonius (Parma 1499. Ven. 1501)
herausgegeben worden sind und seitdem oft an Ausgaben des Ausonius,
Petronius und der Satiriker (vgl. 0. Jahn p. 10 f.), zi^etzt an der des Per-
aiuö und Jnvenal von 0. Jahn (Berlin 1868) p. 146 — 147. Wernsdorf, poetae
lat. min. III. p. 83—95; vgl. p. LX — LXV. Sonderausgaben von C. G.
Schwarz und J. Gurlitt (^Hamburg 1819. 4. 2 Partes), sowie Ch. L. Schläger
(reo., explic, Mitau 1846). Französische Uebersetzung von C. Monnard
(Paris u. Frankf. 1820), schwedische von C. A- *'• Möller (Malmö 1859).
Der Inhalt ist ein Zwiegespräch zwischen der Dichterin und der Muse.
Jene will diessmal im heroischen Mass fabellam detexere pacis, nicht im
phaläkischen, „nee trimetro iambo'^, noch im hipponaktischen. Cetera quin
etiam quondam quae milia lusi . . constanter omitto. Nach dieser Ein-
leitung die Frage was der Vater der Götter mit Rom vorhabe? Quid
reputemus enim: duo sunt quibus extulit ingens Roma caput, virtus
belli et sapientia pacis. Mit der virtus sei es längst zu £nde, und die
äapientia jage in der Person der Philosophen aus Rom fort nunc qui
res romanas imperat inter, non trabe (ovx dno donov) sed tergo (!) prola-
psus et ingluvie albus. Aber schon der alte Cato habe gesagt dass Un-
glück Roms Glück sei; Romulidarum igitur longa et gravis exitium pax.
Hoc fabella modo pausam facit. optima posthac Musa velim moneas wohin
äie jetzt mit ihrem Calenus wandern solle. Zur Antwort tröstet die Muse
»ie mit der Hindeutung auf die baldige Ermordung des Tyrannen und
schliesst: vive, vale. manet hunc pulchrum sua fama dolorem etc. J. C.
G. Boot, commentatio de Sulpiciae quae fertur satira, Amsterdam 1868. 4.
22 pp. (Abhandl. d. niederl. Ak.), hat die Verse für ein Machwerk des
318 f. Sulpicia. Dichterlinge. 709
16. Jahrh- erklärt. Wirklich erfahren wir aus ihnen Nichts was nicht in
allen Bflchem stunde; nur hat sich Domitians obesitas ventris aus Vers-
noth in einen Kropf verwandelt, seine Röthe in Blasse. Solche Kühnheit
der Zeichnung wie auch das Prophezeien war dem Verfasser sicherlich viel
leichter als der Sulpicia Caleni. Ton und Ausdruck verräth überall den
Halbgelehrten, der dabei mit dem Versemachen nicht recht umgehen kann.
Daher die vielen Flickereien und ungeschickten Wendungen (z. B. somnus
obesus der Wespen) und wohl auch die Infinitive defendier armis, me digna-
rier infit. Um so weniger gelehrt ist die Vorliebe für Synalöphe und
Setzung von et in der Hauptcäsur (Sicaniae et, consilio et etc.) und gar
die Messung nee trimetro iambo. Indessen betrachtet L. Müller es als
feststehend dass das Gedicht in einer sehr alten Bobbio'schen Hds. gefunden
worden sei (vgl. A. W. Zumpt's Rutil. Nam. p. IV. not. 2; heroicum Sulpitii
Carmen LXX) und leitet die sprachlichen und metrischen Versehen von der
starken Verderbniss des Textes ab.
319. Ausser diesen nennt besonders Martialis noch eineaoe
Menge Personen aus allen Ständen welche in ihren Mussestunden
Verse machten und in den fast zur Landplage gewordenen Reci-
tationen dieselben zu hören gaben, theilweise wohl auch sie
durch den Buchhandel veröflfentlichten. Die Einen versuchten
sich auf verschiedenen Gebieten, Andere hatten sich einer be-
stimmten Gat'tung zugewandt.
1. Vom öffentlichen Leben hatten sich Viele zurückgezogen, wie Ate-
dius Melior (Stat. Silv. II, 3, 64 ff.), Marius aus Atina (Martial. X, 92, 1 ff.),
'Pollius Felix aus Puteoli (Silv. ü, 2, 112—141. III praef.). Die unverdäch-
tigste Art die Müsse auszufüllen war dann das Versemachen, wie PoUius
that (Silv. ni, 1, 67; vgl. facundus ib. 65 und III praef). Literarische
ThS.tigkeit konnte daher als eine Form des Müssiggangs erscheinen (Mar-
tial. II, 7). Welchen Umfang die recitationes gewonnen hatten zeigt z. B.
Juv. I, 1—14. Martial. m, 44 f. 60. X, 70, 10—12. Das Anhören derselben
war für Manchen ein Nahrungszweig (Mart. II, 14, 2 ff. II, 27).
2. Dichter auf verschiedenen oder unbekannten Gebieten sind aus dieser
Zeit Bassus (nach Martial. V, 53 — falls nicht Name oder Person fingiert
ist — Verfasser von Epen und Tragödien); Canins Rufus aus Gades (Mart.
I, 61, 9. m, 20. 64, 6); Cn, Octavius Titinius Capito (s. unten 327, 2); Carus
(gekrönt im albanischen Agon, Martial. IX, 23 f.); Faustinus (Mart. I, 25);
Flaccus aus Patavium (oben 312, 1); Manlius Vopiscus (vir eruditissimus
et qui praecipue vindicat a situ litteras iam paene fugientes, Stat. Silv. I.
prooem. vgl. ib. I, 3, 1 facundi Vopisci, und v. 99—104, oben 28, 4); No-
vius Vindex (Kunstkenner und Dichter, Stat. Silv. IV, 6, 22—31. 97 ff. vgl.
Martial. IX, 43 f.); Domitians Kämmerer, der im J. 97 ermordete Parthenius
(vates, Mart. IX, ^49, 3. vgl. V, 6, 2. XII, 11, 2ff. XI, 1, 6); Rufus (Dichter
und Redner, nach der Grabschrifb bei Martial. XII^ 52); Sabina (Atestinae
nondum vulgata Sabinae carmina, Mart. X, 93, 3 f.); Septimius Severus
(unten 321, 9); Sosibianus (? Martial. IV, 33); L. Stertinius Avitus, Cos, 92
71() Die EaiBcrzcit. Erstes Jahrhundert Domitianus.
(sublimi pectore vates, Martial. IX, 1, 1. vgl. praef.); L. Valerins Fadens
(oben 314, 4); Varro (Tragiker, Elegiker und Lyriker, Mart. V, 30).
3. Epische Stoffe, wie die Theseis des Godrus (Juv. I, 2), behandelten
ausser Statins auch Julias Cerealis (Martial. XI, 52, 1. 17 f.: tuos nobis re-
U'gas licet usque Gigantas, rura vel aeterno proxima Vergilio), und viel-
leicht (wenn nicht der Name fingiert ist) Paulinus (Mart. II, 14, 3 f.: tuos-
que laudat Achilleos . . pedes).
4. Elegiker (ausser Stella); Voconius Victor, Verfasser von Elegieen
auf seinen Thestjlus in der Manier der Alexandriner (doctos . . libellos),
Martial. VII, 29. vgl. VIII, 63 (vates); Nerva (unten 325, 1); Unicus, Ver-
wandter des Martial, Verfasser von Gedichten in der Weise des Catull und
Ovid (Mart. XII, 44). Andere bei Mart. II, 14, 5 f. VII, 46, 5. Verfasser
von Epigrammen (ausser Martialis) Brutianus (Martial. IV, 23, 4 ff.) u. A.
(Martial. VIII, 18); von graeca e^ngrammata und iambi Arrius Antöninus
(Plin. Ep. IV, 3, 3. vgl. IV, 18. 27, 5 f.: gravissimus senex. V, 15), Cos. L
J. 69, mütterlicherseits Grossvater des" Antöninus Pius.
5. Verfasser von Tragödien (Tclephus, Orestes u. dgl. Juv. I, 5 f.) ausser
Scaeviuö (oben 318, 3), Baesus (oben 313, 2), Canius Rufus und Varro (Anm.
•J), vielleicht Tucca und Ligurinus (Mart. III, 45), sowie Paccius' (Alcithoe,
Juv. VII, 12), Faußtus (Thebais, Tereus, Juv. VII, 12) und Rubrcnus Lappa
(Atreus, Juv. VII, 72). Vgl. auch unten 335, 4. Vielleicht a.uf Satyrdramen
bezieht sich Mart. X, 99: si romana forent haec Socratis ora, fuissent la-
lius in Satyris (oder satiris?) qualia Rufus habet. Auf neue togatao deutet
Juv. I, 3. Palliatae schrieb vielleicht schon in dieser Zeit M. Pomponius
I^assulus (unten 327, 8). Mimographen s. oben 280, 1. Suet. Domit. 10:
occidit et Helvidium filium, quasi scenico exodio sub persona Paridis et
Oenones divortium suum cum uxore taxasset. Ueber die Agave des Sta-
tins 8. oben 8, 1 E. Berühmte Mimen (Schauspieler) der Zeit sind Latinus
(W. Teuffei in Pauly*s Real-Enc. IV. S. 801) und sein secundarum Panni-
« ulus (Mart. II, 72,' 4. III, 86, 3. V, ßi; 11), sowie Tettius Caballüs (Mart
I, 41, 17 ff.) und Thymele.
6. Schmutzliteratur. Mart. XII, 43, Iff.: facundos mihi de libidinosis
logisti nimium, Sabelle, versus etc. (11.) tanti non erat esse te disertum.
307 320. Unter den prosaischen Schriftstellern der Zeit ragt
M. Fabius Quintilianus hervor (ums J. 35 — 95 n. Chr.), ge-
])ürtig aus Calagurris in Spanien, aber in Rom gebildet und lange
Zeit ein gefeierter öflFentlicher Lehrer der Beredtsamkeit, zuletzt
von Domitian mit der Erziehung seiner (Gross -)NeflFen betraut
und zum Consul ernannt. Als Schriftsteller trat er erst in seinen
späteren Jahren auf, zuerst mit einer Schrift über die Ursachen
des Verfalls der Beredtsamkeit, dann mit einem grösseren Werke,
den erhaltenen zwölf Büchern über die gesammte Bildung zum
Redner (Institutio oratoria), einschliesslich der grammatischen
Vorbildung. Die Behandlung des Gegenstandes hält sich hier
319 f. Dichterlinge. Quintilianus. 711
in der Mitte zwischen den populären Schriften Ciceros und den
rhetorischen Fachwerken. Sie erstrebt Vereinfachung der Tech-
nik und zeigt mehr Geschmack und Milde des Urteils als Schärfe
und wissenschaftliche Tiefe. Besonders werthvoll ist in Buch X
die Musterung der für rednerische Zwecke forderlichen Literatur.
Selbst ganz in seiner Zeit stehend und von ihr gefärbt erkennt
Quintilian doch dereil grosse Mängel und sucht sie wenigstens
in der Schreibweise durch Zurückgehen auf die alten Muster zu
bessern. Insbesondere den Cicero stellt er allenthalben als Vor-
bild hin. Eine Anzahl mittelmässiger Schulreden die auf uns
gekommen sind tragen Quintilians Namen mit Unrecht.
1. Hieronym. a. Abr. 2084 = Ner. 14 « 68 n. Chr.: M. Fabius Quin-
tilianus Bomam a Galba perducitur. Abr. 2104 »= Dom. 8 =» 88 n. Chr.:
Quintilianus ex Hispania Calagurritanus primus Romae publicam scholam
et salarium e fisco accepit et damit. Auson. prof. Burd. 1,7: asserat us-
que licet Fabium Calagurris alumnum. Jedenfalls muss er seine Jugend in
Rom zugebracht haben, wo sein Vater Ehetor war (IX, 3, 73: pater mens
contra eum qui etc. Sen. contr. X. praef. 2: quomodo . . Quintilianus se-
nex doclamaverit, und ib. 33, 19: circa hunc sensum est et ille a Quin-
tiliano dictus). Vgl. Quintil. X, 1, 24: nobis pueris insignes pro Voluseno
Catulo . . orationes ferebantur. Diese wurden noch unter Tiberius (f 37)
gehalten (s. oben 271, 6 u. 9); aber im Umlauf und gerühmt waren sie
noch später. VI, 1, 14: nobis adolescentibus accusator Cossutiani Capitonis
(J. 57 n, Chr.) etc. X, 1, 86: quae ex Afro Domitio (f 59) iuvenis excepi.
Ilienach wird Quintilians Geburt nicht später als J. 35 n. Chr. angesetzt
werden dürfen. Vgl. noch X, 3, 12: lulium Secundum (oben 310, 4), aequa-
lem meum atque a me . . familiariter amatum. Auf Quintilians red-
nerische Ausbildung waren die oben 292 Genannten und Nonianus (oben
286, 2) als Lehrer und Vorbilder von Einflnss. Ausserdem Palämon (oben
277, 3).
2. Thätigkeit sAa Gerichtsredner. Quint. VII, 2, 24: id est in causa
Naevii Arpiniani solum quaesitum. . . cuins actionem, et quidem solam in
hoc tempus, emiseram, quod ipsum mc fecisse ductum iuvenali cupiditate
gloriae fateor. nam ceterae quae sub nomine meo fcruntur neglegentia
excipientium in quaestum notariorum corruptao minimam partem mei ha-
bent. IV, 1, 19: ego pro regina Berenice (unter Vespasian) apud ipsam
causam dixi. IX, 2, 73: equidem et in personas incidi tales et in rem
quoque quae etc. ream tuebar quae subiecisse dicebatur mariti testamen-
tum etc. (74.) ita ergo fuit nobis agendum ut iudices illud intellegercnt
factum etc., et contigit utrumque. quod non inseruissem . . nisi probare
voluissem in foro quoque esse his figuris locum. IV, 2, 86: me certe . .
fecisse hoc in foro . . scio. VII, 2, 5: fuerunt tales nostris etiam tcmpori-
buB controversiae, atque aliquac in meum quoque patrocinium inciderunt.
3. Schulredner. XI, 2, 39: sie contingit ut etiam quae ex tempore
videbantur effusa ad verbum repetita reddantur. quod meae quoque nie-
712 Die Kaiser zeit. Erstes Jahrhundeii. Domitianus.
moriae mediocritatem sequebatar, si quaudo inierventas aliquorum qui
hunc houorem mcrerentur iterare declamationia partem coegisset. nee est
mendacio locus salvis qni interfuerunt. Juv. VI, 280: die aliquem, . . Quin-
tiliane, colorem. Auson. prof. Burd. 1, 15 f.: seu libeat fict&s ludonim
evolvere lites aneipitem palmam Quintilianus habet. Dabei liegen wohl die
(ingeblichen Declamationen des Q. (Anm. 11) im Sinne. Ebenso bei Trebell.
Poll. trig. tyr. 4, 2 (IT. p. 93 F.): Quintiliano^ quem declamatorem romani ge-
neris acutissimum vel unius capitis lectio prima »tatim fronte demonstrat.
4. Lehrer der Beredtsamkeit. Vgl. A. 1. Martial. II, 90, 1 f.: Quinti-
liaiic, vagae moderator summe iu^entae, gloria romanae, Quintiliane, togae.
Plin. Epist. II, 14, 10: ita certe ex Quintiliano, praeceptore meo, audisse
memini. VI, 6, 3: prope cotidie ad audiendos quos tunc ego frequentabam
Quintilianum, Niceten, Sacerdotem ventitabat. Quintil. Ill, 6, 68: frequen-
t^r quidem, sicut omnes qui me eecuti sunt meminisse possunt, testatus
et in ipsis etiam illis sermonibus (über Rhetorik, Anm. 6) me nolente vul-
gatis hoc tarnen complexus etc. Üeber die Richtung seiner Thätigkeit als
Lehrer X, 1, 125 f. (Warnung vor Senecas Art). I prooem. 1: post impetra-
tam studiis meis quietem, quae per viginti annos erndiendis iuvenibus im-
penderam. n, 12, 12: quando et praecipiendi munus iam pridem deprecati
Bumus et in foro quoque dicendi. Nachträglich aber wurde er Prinzen-
erzieher. IV. prooem. 2; cum mihi Domitianus Aug. sororis suae nepotum
(vgl. Suet. Dom. 15: Flavium dementem patruelem suum, . . cuius filioB
etiam tum parvulos successores palam destinaverat et abolito priore nomine
alterum Vespasianum appellari iusserat, alterum Domitianum) delegaverit
curam. Auson. gratiar. act. p. 290 Bip.: Quintilianus cousularia per demen-
tem ornamenta sortitus (vgl. Juv. VII, 197: si fortuna volet fies de rhetore
consul). Auch zu Wohlstand scheint Q. durch seine Lehrthätigkeit gelangt
zu sein; s. Juv. VII, 186 ff.: . . unde tot Quintilianus habet saltus? was
als ausnahms weises Glück hingestellt wird. Der Quintilianus welchem Plin.
Epist. VI, 32 (quam vis et ipse sis continentissimus et filiam tuam ita in-
Ktitueris etc. te porro animo beatissimum, modicum facultatibus scio) einen
Beitrag zur Mitgift seiner Tochter Übermacht muss ein anderer sein, da ib.
TT, 14, 10 (ums J. 97— 100) und VI, 6, 3 (J. 106 f.) den Rhetor als gestorben
voraussetzt und in dem Briefe selbst auf kein Dankbarkeitsverhältniss Be-
zug genommen ist. Auch überlebte den Rhetor Q. keines seiner Kinder;
s. VI. prooem. 4: ut incusem deos superstes omnium meorum. . . erepta prius
mihi matre eorundem, quae nondum ezpleto aetatis XIX° anno duos enixa
filios . . decessit. 6: mihi filius minor quintum egressus annum prior alterum
ex duobus eruit lumen. 9 : una post haec Quintiliani mei spe ac voluptate
nitebar. 10: . ..iam decimum aetatis ingressus annum (starb auch dieser).
- H. Dodwell, annales Quintilianei, Oxon. 1698 (auch in Burmanns Ausg.
p. 1117 ff.). E. Hummel, Quintiliani vita, Gotting. 1843. 4. L. Driesen, de
Q. vita, Cleve 1846. 4. C. Pilz, Quintilianus, ein Lehrerleben aus der röm.
Kaiserzeit, Leipzig 1863.
5. Juv. VI, 75 nennt den Q. als Beispiel eines gesetzten, ernsthaften
Mannes und Gegenfüssler eines Komödianten. Die erhaltene Schrift zeigt
ihn als eine müde, humane (vgl. I, 3, 13 ff. 11, 4, 10 ff.) Persönlichkeit,
320. QuintilianuB. 713
kritteligem Wesen abhold (X, 1, 26. vgl. 56 f. 80) und zum Anerkennen
geneigt (X, 1, 40 f.), ehrenhaft (vgl. XIT, 7, 3) und gemütlich (vgl. VI, 2,
36), wie auch die Tiefe seines Schmerzes über sein häusliches Unglück be-
weist; 18. VI. prooem. Die Huldigungen die .er IV. prooem. 3 — 6 (vgl. oben
314, 3) und X, 1, 91 f. (vgl. oben 314, 2) dem Domitian darbringt sind
zwar sehr wahrheitswidrig (z. B. X, 1, 92: nunc ceteramm fulgore virtu-
tum laus ista — als Dichter — praestringitur) und dick aufgetragen (IV.
prooem. 5: mihi . . poterit ignosci si . . nunc omnes in anxilium deos
ipsumque in primis quo neque praesentius aliud nee studiis magis propi-
tium numen est invocem ut . . tantum ingenii adspiret etc.), entschuldigen
sich aber durch die Dankbarkeit für das unmittelbar zuvor ihm bewiesene
Vertrauen (s. A. 4) und den damaligen offiziellen Stil. Lob des Cato Uti-
censis XII, 7, 4; vgl. auch oben 272, 1.
6. Frühere Schriften. I. 0. II, 4, 42: an ab ipso (Demetrio Phal.) id
genus exercitationis sit inventum, ut alio quoque libro sum confessus, pa-
rum comperi. V, 12, 23: haec et in alio nöbis tractata sunt opere etc.
Vni, 3, 58: de hac parte (xaxoJ??ilov) et in alio nobis opere plenius dictum
est etc. Genauer ib. VI. prooem. 8 : ita forte accidit ut eum quoque librum
quem de causis corruptae eloquentiae emisi iam scribere aggressus (meinen
jüngeren Sohn verlor). Als der ältere lOjährig starb (A. 4) wäre der jüngere
etwa 9 J. alt gewesen; jene Schrift war somit (s. A. 4) ungefähr 4 Jahre
vor I. 0. VI. praef. veröffentlicht. VIII, 6, 76: eundem locum plenius in eo
libro quo causas corruptae eloquentiae reddebamus tractavimus. Im Unter-
schiede von dem früher erschienenen dialogus des Tacitus waren darin wohl
mehr die stilistischen als die politischen Seiten der Frage erörtert. Wider
Quintilians Willen veröffentlicht vnirden nachgeschriebene Beden (s. A. 2)
und Lehrvorträge (sermones, s. A. 4) von ihm. I. 0. I. prooem. 7: duo iam
sub nomine meo libri ferebantur artis rhetoricae neque editi a me neque
in hoc comparati. namque alterum sermonem per biduum habitum pueri qui-
bus id praestabatur exceperant, alterum pluribus sane diebus quantum no-
tando consequi potuerant interceptum boni iuvenes, sed nimium amantes
mei, temerario editionis honore vulgaverant.
7. Das erhaltene Werk. Vorwort an seinen Verleger Trypho: effla-
gitasti . . ut libros quos ad Marcellum meum De institutione oratoria
scripseram iam emittere inciperem. nam ipse eos nondum opinabar satis
maturuisse, quibus componendis . . paulo plus quam biennium tot alioqui
negotiis districtus (als Prinzenerzieher, A. 4) impendi, welche Zeit grössten-
theils die Sammlung des Stoffes in Anspruch genommen habe. Er hätte
gern das Werk in Müsse überarbeitet, wolle es aber jetzt doch nicht
länger zurückhalten. Adressat ist (vgl. I. prooem. 6. IV. pr. 1. VI. pr. 1.
XII, 11, 31) Victorius Marcellus (cum amicissimus nobis tum ezimio littera-
rum amore flagrans, I. pr. 6; vgl. unten 321, 8), dessen Sohn Gallus (Stat.
Silv. IV, 4, 20) Talent verrieth (Quintil. I. pr. 6). Zugleich hatte der Ver-
fasser dabei ursprünglich seinen eigenen älteren Sohn im Auge (VI. pr. 1).
üeberhaupt aber hat er sein Werk bestimmt nicht für pueri ( Vlli , 6, 13),'
sondern für boni und studiosi iuvenes (III, 6, 64. VI. pr. 1. XII, 11, 31.
vgl. V, 10, 96. Vn, 3, 30. XI, 1, 5. 66). Abfassungszeit ums J. 90 ff., da
714
Die SaiBerzeit. Entee Jahrbandeii. DomitiaouB.
die drei ersten Bücher schon ToUendet waren als dem Q. die cura über
die sehne des zu Anfang 96 dnroh Domitian getCdteten FlaviuB ClemenB
übertragen wurde <A. 4). VolUtändige Erhaltung; vgl. lU, 8, 12: duo-
decimo, qui Bummua futurus est, libro.
8, Plan and Ausführung. 1. prooem. 5: ego , . non aliter quam si
mihi tradatnr oducanduB orator studia eiuH formare ab infantia iucipiam.
21: über primufl ea quae anat ante officium rhetoria (also Aufgabe des
grammaticuB) continebit. secundo prima apud rbetorem olementa et quae
de ipsa rhetoricoB Hubstantia qnaeruntur tractabimna. (2ä.) qainquo de-
iuceps {111 — VII) inTontioDi, nam huic et diBpositio eubiungitur, quattaoi
(Vill — XI) elocutioni, in caias partem memoria ac pronuntiatio veniunt,
dabnntur. unna (XU) accedet in quo nobi« orator ipse informandua est,
ubi qui mores eins, quae in suscipiendis , diacendis, agendia cauais ratio,
quod eloquentiao gcnuB, qui« agcndi dcbcat csae finis, quae poat finem
Btudia, . . diaaeremug. (25.) nOB . . quidquid utile ad iastituendum orato-
rem potabamue in hoa XU libros contulimuB, breviter omnia demonatra-
turi. Polemik gegen die affectata subtilitae der gewöhnlichen rhetori-
Bchen Lehrbücher {I. prooem. 24. III, 11, 21. vgl. II, 15, 37) und ihre un-
praktische Pedanterie (V, 13, 59. 14, 27—32). Seine eigene Theorie gründet
sich auf persönliche Erfahmng (VI, 2, 25) und die Praxis der bcdeutendaten
Redner (V, 13, 60). Eklcktiachcs Verfahren. 111, 1, G: bic liber . . pleraque
nOD inventa per me, sed ab aliie tradita continebit. ib. 22: neqne ros
cuiuequani sectae velut quadam auperBtitionc imbutus addixi. 4, 11 : nobis
et tutissimum eet.auctorea plurimos sequi et ita Tidetur ratio dictare. II,
8, 6; libcra vcl contra rcceptas persuaaionea rationem acquenti aententia
est. VI, 2, 26: quodsi tradita mihi sequi praecepta auf^ceret, aatiefece-
ram huic parti; . . sed oruero in animo eat quae latent, . . quae quidem
non aliquo tradent«, aed experimento moo oc natura ipsa duco accepi.
Ethische Grundlage der Beredtsamheit; I. prooem. Off. IJ, 2. 16, 1. 32
16, 11. 20, 4. 8. XII, 1, 1; daher auch XII, 7, 7: non convenit oratori i
iusta tucri scientem; vgl. V, 7, 32. Etwas lockerer II, 17, 27f 36. vgl. VI,
2, 5. 24. Opposition gegon den herrachonden Zeitgeschmack (oben S. (
Zurückgehen auf die Natur (II, 6, 11 f. vgl. X, 7, 15: pectns est quod diser-
toB facit et vis mentis) und die veteres (II, 5^ 22 FF. V, 12, 20. YIII. prooem.
24 ff. 5, 34. X, 1, 43 f), namentlich Cic«ro, der immer mit höchater Ach-
tung genannt wird (V, 11, 11. 17. 13, 52. VIU, 3, 64. 66. IX, 1, 26. X,
106—112. 2, 26. 7, 31. XI, 1, 67 ff. 73 f. 85. 89. 93. 3, 184. XII. pf. 4.
19 ff. 10, 12 ff. 39. 46 f.) nud aelhst in seinen Schwächen vertbeidigt (vg
XI, 1, 17—21. 23 ff, XII, 1, 16 {. VIII, 3, 61); auf ihn gründet sich die Dar-
legung hauptsHchltch and weicht nur ungern von ihm ah (x. B, IV, 2, &i
V, 11, 2. VII, 3, 8. IX, 4, 2. 16. 66 f. XI, 3, 123). VI, 3, 3 schreibt er siel
amor immodicuB praocipui in eloquentia viri zu und ruft X, 1, 112 aus
hnnc Bpectemua, hoc propositum nobis sit exemplum, ille sc profeciaae
aciat cai Cicero vatde placebit. Die theoretiscbe Ausführung iet überall
gewürzt durch Beispiele aus den Kedoern der claBsischen Zeit. In diesen
ist Q. besonders zu Hanse, wogegen die vorciceroniscben Prosaiker (wie
Cato) ignoriert werden, wohl weil sie für den Stil nicht mustergültig sind.
320. QnintilianuB. 715
Im Ganzen sind Quintilians Studien vielseitig, obwohl die mitunter wenig
treffende Charakteristik der Schriftsteller in X, 1 öfters seine wirkliche
Bekanntschaft mit denselben zweifelhaft macht. H. Babucke , de Q. doctrina
et stndiis capita dno (de philosophia Qi, p. 6—32; de ratione inter Q. et
Graecos intercedente , p. 33 — 46), Königsberg 1866. Die Darstellung ist
nicht selten rhetorisch belebt; vgl. III, 1, 3: admiscere temptavimus aliquid
nitoris, . . ut hoc ipso alliceremus magis iuventutem. Häufigkeit von
Bildern und Vergleichungen besonders aus dem Gebiete der Natur und der
Landwirtschaft (I, 2, 14. II, 6, 7. 10, 6. 16, 13 f. XII, 10, 76. vgl. II, 19, 2.
VIII, 5, 26. X, 3, 2. 7, 28. XII, 1, 7. 10, 19), aber auch aus andern Kreisen
menschlicher Thätigkeit (IV, 5, 6. 14. 22. V, 10, 21. IX, 4, 113. 129. X, 3,
6. 7, 23. XII, 2, 11. 8, 10. 9, 2 f.). Die Sprache strebt grundsätzlich nach
Classicität, kann sich aber gleichfalls dem Einflüsse der Zeit nicht ganz
entziehen. £. Bonnell, de grammatica Quintil., in Spaldings Ausg. VI.
p. XXI ff., und dessen Lexicon Quintilianeum (ib. vol. VI). R. Törnebladh,
de elocutione Qi, Upsala 1858; de usu particularum apud Q., Holm 1861.
60 pp. Voigtland, de brevitate Q., Schleusingen 1846. 4.
9. Von den Handschriften der Inst. or. ist die wichtigste der Am-
brosianus saec. XI (A bei Halm), von mehreren Händen und in den späte-
ren Büchern (IX, 4, 136 — XII , 11, 22 fehlen darin) viel nachlässiger als in
den vier ersten. Zur Ergänzung seiner Lücken und Verbesserung seiner
Fehler dient eine ältere Classe mit besserem Texte, aber zugleich durch
wiederholten Ausfall von Blätterlagen etwa um y^ defect, vertreten boson-^
ders durch den Bernensis (Bn) saec. X, von welchem Ambr. II (saec. X)
und der Bambergensis saec. X (Bg) abstammen. In letzterem ist zugleich
durch eine spätere Hand (G bei Halm) aus einem vollständigen Codex
(vgl. Halm im Rhein. Mus. XXIII. S. 218—222) das ursprünglich Fehlende
ergänzt. Aus ihm stammen der Florentinus saec. XI und der Turicensis
saec. XII. Ausser A besteht die vollständige aber theils verderbte theils
interpolierte Classe aus Hdss. des XV. Jahrh., wie dem Lassbergensis (L)
in Freiburg, dem Monacensis (M) Nr. 23473 und dem Argoratensis Obrechts
(S). Oefters bietet auch des Julius Victor Compilation Abhülfe. C. Halm,
über den Rhetor Julius Victor als Quelle der Verbesserung des quintil.
Textes, in den Sitzungsberichten der Münchner Akad. 1863. S. 389 — 419;
üeber die Textesquellen der Rhetorik des Q., ebend. 1866. S. 493—624;
Rhein. Mus. XXII. S. 38 f., und vor seiner Ausgabe p. V — IX. A. Reiffer-
scheid, die Quintilianhds. des Poggio, Rhein. Mus. XXÜI. S. 143 — 146.
Enderlein, comm. de Bamberg, cod. Quint., Schweinfurt 1862. 4. J. Ständer,
Quaest. Quint. (Bonn 1866) p. 6 — 18 (de Ambr. 1 et Bamberg, codd.).
10. Ausgaben. Ed. princeps Rom. 1470 fol. Venet. 1471 fol. Aldina
Ven. 1614. 1621. 4. luntina Flor. 1616. 4. E codd. emend. E. Gibson,
Oxon. 1693. 4. London 1714. 1716. 4. Ed. üb:. Obrecht, Strassburg 1698. 4.
2 Voll. Recogn. et em. P. Burmann, Lugd. Bat. 1720. 4. 2 Voll. Recogn.
et emend. Cl. Capperonnier, Paris 1726 fol. Coli. codd. et perp. comm.
illustr. J. M. Gesner, Gotting. 1738. 4. Ad codd. fidem rec. et annot. expl.
G. L. Spalding, Lips. 1798—1816, 4 Voll., wozu Vol. V von C. G. Zumpt,
1829, und VI (Lexicon Q. et indices) von E. Bonnell, 1834. In us. schol.
716 Die Kaiser zeit. Erstee Jahrhundert. DomitianuB.
cur. G. A. B. Wolff, Lips. 1816 — 1821, 2 Voll. Notaa critt. adiecit A. G.
Gernhard, Lips. 1830, 2 Voll. Rec. C. G. Zumpt, Lips. 1831. Ad oodd.
Laesb., Turic, Ambr. fidem rec. et illustr. H. Meyer, Lips. 1833, Vol. I.
Ad fidem codd. re.c. E. Bonnell, Lips. Teubner 1854, 2 Voll. Hauptausgabe
rec. C. Halm, Lips. Teubner 1868 f. 2 Partes.
Ausgaben des Buchs X von C. H. Frotscher (Lips. 1826), C. G. Herzog
(Leipzig 1829. 1830. 1833), Augusti (=» 8chneidewin, Helmstedt 1831), G. A.
Herbst (Lips. 1834), E. Bonnell (Leipzig 1851. Berlin 1855. 1863), £. Alberti
(Leipzig Engelmann 1858), G. T. A. Erflger (Leipzig Teubner 1861), C. Halm
(Lips. Teubner 1869).
Zur Kritik und Erklärung. Baph. Begii ducenta problemata, Venet.
1492. 4. Quaestiones Quintilianeae von F. Müller (Halle 1840), F. Bahlmann
(Berlin 1859. 4.), F. Meister (Liegnitz 1860. 4. Breslau 1865. 4. . Vgl. Halm
im Rhein. Mus. XXII. S. 39—61), R. Törnebladh (Calmar 1860), J. Stander
(Bonn 1865). Dörry, de locis al. Q. emend., Torgau 1860. 4. F. Bitschl,
Grammatisches bei Q., Rhein. Mus. XXIL S. 599—614. J. Ständer p. 14—29
(de Q. grammatico). ,
Zu Buch X adnott. chtt. von F. Osann, 6 particulae, Giessen 1841.
1842. 1845. 1850. 1857. 1858. 4. J. Jeep, de locis al., Wolfenbüttel 1863. 4.
L. Mercklin, der Parallelismus in Q. X, Rhein. Mus. XIX. S. 1 — 32.
Deutsche Uebersetzung von Bossler und Baur, Stuttgart (Metzler) 1863 f.
9 Bdchn.
11. Quintilian, der seine frühere Schriftstellerei in der I. 0. mehrfach
erwähnt (s. A. 6) und bald nach Herausgabe der I. 0. gestorben zu sein
scheint, gedenkt nirgends veröffentlichter declamationes. Es ist aber
möglich dass auch solche nach seinem Tode aus Nachschriften (vgl. A. 2
u. 6) herausgegeben wurden. Wenigstens nennt ihn als Verfasser von
concinnae declamationes Hieronymus (in Esaiam VUI.praef., sowie Auso-
nius (oben A. 3) und Trebell. Poll. XXX tyr. 4, 2: fuit autem (Postumus
iunior) . . ita in declamationibus disertus ut eius controversiae Quintiliano
dicantur insertae, wonach dieselben auch noch für spätere Schulreden als
Ablagerung dienten. Bei den unter Quintilians Namen erhaltenen 19 grösse-
ren und vollends den 145 kleineren declamationes (den Resten einer Samm-
lung von 388 Stücken) spricht nichts für ihre Abfassung durch den berühm-
ten Rhetor, wohl aber ihre Ünbedeutendheit dagegen. Vielleicht sind sie
von einem Schüler desselben. In Hdss. werden sie einem M. Florus zu-
geschrieben. Erste Gesammtausgabe derselben Treviso 1482 fol. Ascens.
1580 u. öfter. Ex bibl. Pithoei, Paris 1580. Heidelberg 1594. Notis illustr.
Oxon. 1675. 1692. In den Ausgaben der I. 0. von Obrecht, Burmann u. A.
12. Lact^nt. inst. div. I, 21: optime Quintilianus in Fanatico: istud,
iuquit, si deus cogit iratus est. V, 7: quod ipsum Quintilianus egregie
ac breViter ost^ndit in Capite obvoluto. VI, 23: quod optime Quintilianus
expressit: homo, inquit, neque etc. Wie es scheint, ein christlicher Schrift-
steller.
308 321. Aus der Zeit des Quintilian kennen wir noch als
rhetorischen Schriftsteller den Tutilius und als Rhetor den Prin-
320 f. QuintiliauUfl. ReguluB u. A. 717
ceps. Unter den Rednern machten sicli als Delatoren gefürchtet
der charakterlose M. Aquilius Regulas, welcher auch schrift-
stellerte, sowie Baebius Massa, Mettius Carus und Palfurius Sura.
Als Vertheidiger thätig waren ausser Tacitus, Plinius und Heren-
nius Senecio besonders Victorius Marcellus, Septimius Severus
aus Africa, Flavius Ursus, Vettius Crispinus, Satrius Rufus,
Licinius Sura u. A.
1. QuintiL IIJ, 1, 21: scripsit de eadem materia (Rhetorik) . . aeiatis
nostrae Verginius, Plinius (oben 307, 3), Tutilius. Martial. V, 56, 5: famae
Tutilium auae relinquas. Vgl. noch Plin. Epiat. VI, 32, 1.
2. Suet. gramm. 4: me quidem adolescentulo repeto quendam Prin-
cipem nomine aliernis diebus declamare, alternie disputare^ nonnullis vero
mane disaerere, post meridiem remoto pulpito declamare aolitum. Den
luliua Tiro (vgl. Plin. Ep. VI, 31, 7) welcher im Verzeichniss der von
Sueton abgehandelten Rhetoren nach Quintilian aufgefühi*t ist will Reiffer-
scheid (Suet. p. 99. 418 ff.) durch M. TuUius Tiro ersetzen, welcher von
einem Abschreiber als Urheber der notae tironianae (oben 188, 4) einge-
schwärzt worden sei. Vgl. dagegen G. Becker in Fleckeiaens Jahrbb. 1863,
S. 649 f.
3. Plin. Epist. I, 5, 1: vidistine quemquam M. Regulo timidiorem,
humiliorem post Domitiani mortem? aub quo non minora flagitia commi-
Berat quam sub Nerone (admodum iu venia, Tac. Hist. TV, 42), sed tectiora.
(2.) Rustici Aruleni periculum foverat, exnltaverat morte, adeo ut librum
recitaret publicaretque in quo Ruaticum inaectatur atque etiam Stoicorum
aimiam appellat; adicit Vitelliana cicatrice atigmosum. agnoscia eloquen-
tiam Reguli. (3.) lacerat Herennium Seneciouem . . intemperauter. . .
(4.) praeterea reminiacebatur quam capitaliter ipaum me apud centumviroa
laceaaiaaet. (5.) adei*am Arrionillae, . . Regulua contra etc. (14.) acripait
(Mettiua Modestua) in epiatula quadam quae apud Domitianum recitata est:
Regulua omnium bipedum nequiaaimua. . . (15.) eat (Regulua) locuplea,
factioauB, curatur a multis, timetur a pluribus. II, 11, 22: eat Regulo
tam mobile ingenium ut plurimum audeat, plurimum timeat. IV, 2, 1 :
Regulua filium amiait. . . (3.) amiaaum luget inaane. 7, 2: nuper adhibito
ingenti auditorio librum de vita eins recitavit; . . eundem in exemplaria
mille tranaacriptum per totam Italiam provinciaaque dimiait. (6.) hunc lue-
tuosum Reguli librum etc. (7.) eat tam ineptua ut riaum magia poaait
ezprimere quam gemitum; credaa non de puero scriptum, aed a puero.
. . (4.) inbecillum latua (dea Regulua), oa confuaum, haeaitana lingua, tar-
disaima inventio, memoria nulla, nihil denique praeter ingenium inaanum;
et tamen eo impudentia ipaoque illo furore pervenit ut orator habeatur.
Ala aolchen preiat den mächtigen und reichen Mann der aervile Martial
I, 111 (vgl. 12 u. 82). II, 74, 2 f. (quanta reduci Regulus aolet turba, ad
alta tonsum templa cum reum miait). IV, 16, 6. V, 28, 6 (licet vincaa . .
oratioue Regulos). 63, 4 (ipse tuo cedet Regulus ingenio). VI, 38. 64, 11.
Gemeint ist er vielleicht (aber, ala noch lebend, nicht genannt) von Juv.
718 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. DomitiannB.
I, 33—36. Er starb ums J. 105; vgl. Plin. £p. VI, 2, 1: soleo nonnnioquam
in iudiciis quaerere M. Begulum. . . (2.) habebat studiis honorem, timebat,
pallebat, scribebat, quamvis non posset ediscere. illud ipsum quod . .
semper haruspices consulebat de actionis eventu a nimia superstitione, sed
tarnen et a magno studiorum honore veniebat. (3.) iam illa perquam
iucunda una dicentibus, quod libera tempora petebat, quod audituros cor-
rogabat W. Teu£Pel in Pauly^s Beal>£nc. I, 2. S. 1391, Nr. 43.
4. Ueber Baebius llassa, der noch unter Domitian gestürzt wurde,
8. Plin. Ep. VII, 33, 4 ff. ; über Mettius Carus s. W. Teuffei in Pauly's Real-
Enc. IV. S. 1906, Nr. 6. Schol. Juv. I, 35: Massa morio fuisse dicitur et
Carus nanus. . . hi omnes Neronis fnerunt liberti, . . sed et nequissimi
delatores. . . Massa et Carus Heliodoro deferente occisi sunt.
5. JuY. rV, 53 — 55: si quid Palfurio, si credimus Armillato, quid-
quid conspicuum pulchrumque est aequore toto res fisci est, ubicumque
natat. Dazu Schol. des Valla: Palfurius Sura, ut inquit Probus, coa-
sularis viri filius sub Nerone luctatus est cum virgine lacedaemonia in
agone; postea a Vespasiano summotus e senatu transiit ad stoicam sectam,
in qua cum eloquentia (et artis poeticae gloria, fügen die andern Scholien
bei) praecelleret, Domitiano familiaritate coniunctus delationem acerbissime
exercuit, sed interfecto Domitiano accusatus est a senatu et damnatus.
Die andern Scholien: cum fuissent inter delatores potentes apud Domitia-
num hi, Armillatus, Demosthenes et Latinus archimimus (oben 319, 5),
sicut MariuB Mazimus scribit. Vgl. Suet. Dom. 13: capitolino certamine
cunctos ingenti consensu precantis ut Palfurium Suram restitueret, pulsum
olim senatu ac tunc de oratoribus coronatum etc.
6. Ueber Tacitus und Plinius als Gerichtsredner s. unten 328, 5 u. 335, 2.
7. Herennius Senecio, aus Hispania Baetica (Plin. Ep. VII, 33, 5),
Vertheidiger des Licinianus (ib. IV, 11, 12 f.) und (mit Plinius) Ankläger
des Baebius Massa (Plin. Ep. VII, 33, 4 ff.). Ueber seine Schrift über
Helvidius Priscus und sein/s Hinrichtung durch Domitian s. unten 324, 2.
8. An Victor ius Marcellus gerichtet ist Quintilians Werk (oben
320, 7) und Stat. Silv. IV (prooem.: Marcelle carissime), 4 (vom J. 96),
worin z. B. die Einladung sich zu erholen: certe iam latiae non miscent
iurgia leges, . . nee iam tibi turba reorum vestibulo. . . cessat centeni
moderatrix iudicis hasta, qua tibi . . iam nunc celeberrima fama eminet
et iuvenes facundia praeterit annos (v. 39—45). nee tibi sola potentis elo-
quii virtus, sunt membra accommoda bellis (v. 64 f.). Daher, si latii du-
cis (des Domitian) sie numina pergant, quem tibi posthabito Studium est
coluisse Tonante, quique tuos alio subtexit munere fasces et spatia anti-
quae mandat renovare Latinae (also curator viae latinae), forsitan ausonias
ibis frenare cohortes (v. 56 — 61) etc. magna pater dignosque etiam nunc
belliger actus poscit avus praestatque domi novisse triumphos (v. 72 f.)
9. Stat. Silv. IV. prooem. (an Victorius Marcellus) vom J. 95: proxi-
mum est lyricum carmen (Silv. IV, 5) adSeptimium Severum, iuvenem
. . inter omatissimos secundi ordinis, tuum quidem etiam condiscipulnm,
sed mihi . . artissime carum. Auch Martial. V, 80 mens Severus und VII,
321. Regulns, Victorins Marcellas u. a. Redner. 719
38, 1 noster S. Aus Africa gebürtdg, aber schon als pner nach Italien ge-
kommen (Stat. Silv. IV, 5, 29 — 48), ist er wohl der Grossvater des gleich-
namigen späteren (J. 146 in Afrika geborenen) Kaisers. £st et frementi
vox hilaris foro, venale sed non eloquiam tibi, ensisque yagina quiescit,
stringere ni inbeant amici. sed rura cordi saepins et quies (Stat. 1. 1. 49
— 53). hie plora pones vocibus et modis passu solntis, sed . . interim . .
barbiton ingeminas (ib. 67 — 60 vgl. Martial. XI, 67). Vgl. oben 310, 5.
10. Statins Silv. II, 6: consolatio ad Flavium Ürsum de amissione
pneri delicati, worin v. 95: ubi (tua) nota reis facundia raptis? II. prooem.:
ad Ursnm nostmm, iuvenem candidissimnm et sine iactnra desidiae doctis-
simnm. Er ist wohl der Sohn des ürsus bei Dio LXYII, 3 n. 4 (J. 84):
Ovqaov xTjs 'lovXiag atrriaafiivTig vitatov anedsiisv.
11. An (Mspinus, Sohn des Yettins Bolanns, ist gerichtet das propempti-
con Stat. Silv. Y, 2 (vom J. 95 — 96), wonach er schon in zartem Alter Salier
geworden war (v. 129 — 131) Und nuper einen unschuldig angeklagten Freund
vor Grericht vertheidigt hatte, quamquam non ante forum legesque severas
passus, sed tacita studiorum occultus in umbra (v. 99 — 110). Ein C. Clodius
Crispinus war Consul J. 113.
12. Stat. Silv. lY. pr.: Plotio Grypo (s. 316, 2), maioris gradus iuveni. An
ihn ib. 9, wo v. 14 — 19: tua dicta, . . quae trino iuvenis foro tonabas aut
centum prope iudices, priusquam te Germanicus (Domitian) arbitrum . .
annonae dedit omniumque late praefecit stationibus viarum.
13. Nach Plin. Ep. I, 6, 11 hatte Aquilius Regulu8(A. 3) unter Do-
mitian in centumvirali iudicio, cum responderct . . Satrio Rufo, spöttisch
gesagt: Satrius Rufus, cui non est cum Cicerone aemulatio (wie dem Fli-
nius) et qui contentus est eloquentia saeculi nostri. Ygl. ib. IX, 13, 17.
14. L. Licinius C. f. Sura, Cos. II J. 102 u. III J. 107, Gönner des
Martialis (YI, 64, 12 f.: has nugas . . quas . . laudat . . Sura) vgl. YII,
47, 1 f.: doctorum Licini celeberrime Sura virorum, cuius prisca gravcs
lingua rednxit avos. An ihn die Anfrage wegen einer Naturerscheinung,
Plin. Ep. lY, 30 (1: quaestionem altissima ista eruditione dignissimam.
11: scrutare tu causas, potes enim). Dio LXYIII, 16 (J. 107): roo SovQa xm
Ai%ivCat xal tatpriv Sri^ociav %a\ dvd(^mvxa edcoTie (Trajan) tiXavxriaavxi.
YictorCaes. 13, 8. Epit. 13, 6. Julian. Caess. p. 22 (ed. 1736). Orelli-Henzen
160. 6448. Borghesi Oeuvres Y. p. 32 fiF. C. I. lat. II, 4282. 4608.
16. L. (Mart. lY, 66, 1) Yalerius Licinianus aus Bilbilis (ib. und I, 61,
11), Gerichtsredner (ib. I, 49, 36. lY, 65, 1 ff., wo er gar Cicero gleich-
gestellt wird). Unter Domitian verbannt, von Nerva nach Sicilien begnadigt
(Plin. Ep. lY, 11, 11 ff.), wurde er dort Lehrer der Beredtsamkeit. Plin.
Ep. lY, 11, 1 (J. 104): audistine Yalerium Licinianum in Sicilia profiteri?
. . praetorius hie modo inter eloquentissimos causarum actores habebatur,
nunc eo decidit ut exul de senatore, rhetor de oratore fieret. (2.) itaque
ipse in praefatione (einer declamatio oder einer Schrift?) dixit etc. (3.) . .
latine, inquit, declamaturus sum. Ygl. ib. 14.
16. MaternuB aus Spanien, iuris et aequorum cultor sanctissime legum,
720 Die Kaiaerzeit Erstes Jahrhundert. Domitianus.
veridico kitinm qui regia ore frenum, angeredet von Mart. X, 87 vgl. 11,
74, 4 f.
17. AuBserdem werden als facundus oder disertua bezeichnet Follius
Felix (a. 319, 1), Marcus (Valeriua ?* Mart. X, 73)^ Sextus (Mart. V, 5, 1),
Restitutus (Mart. X, 87, 2 ff.), Caecilius Seeundus (Mart. VII, 84 vgl. V, 80),
Atticus (Mart. VII, 32), Aelianua (Mart. XII, 24, 3). Der Votienua welcher
in Narbo ein hohes Amt bekleidet (Mart. VIII, 72) iat ohne Zweifel ein
Sohn des Redners (oben 271, 1).
309 322. £iiie allgemein geachtete Stellung nahm in dieser Zeit
ein Sex. Julius Frontinus (ums J. 40 — 103), ein tüchtiger
Geschäftsmann im Felde wie als Civilingenieur, dabei ebenso
charaktervoll wie anspruchslos. EKe Früchte seiner reichen Er-
fahrung und Studien legte er auch in Schriften nieder. Von
einer gromatischen sind Auszüge auf uns gekommen. Eine
theoretische über Taktik ist untergegangen, aber von Vegetius
benützt; erhalten, jedoch durch viele fremdartige Zuthaten ent-
stellt, ist eine populär taktische, die Bücher Strategematon, deren
viertes ein Nachtrag (Strategematica) sein will, aber zum Plan
und Charakter des Uebrigen nicht stimmt und in hohem Grade
verdächtig ist. Ausserdem haben wir von Frontin eine Schrift
in zwei Büchern de aquis urbis Romae, wichtig durch eine Fülle
geschichtlicher Nachrichten und Urkunden und in bündiger, nüch-
terner, aber gebildeter Sprache gehalten.
1. Leben. Tac. Hist. IV, 39 (J. 823=. 70): lulius Frontinus praetor
nrbanus. Somit spätestens J. 41 geboren. Frontin. Strat. IV, 3, 14: auspi-
ciis Imperatoris Caesaris Domitiani Augusti Germanici (proleptische Titu-
latur) eo hello quod Civilis in Gallia moverat (J. 823) Lingonum . . civi-
ias . . ad obsequium redacta LXX milia arraatorum tradidit mihi. Tac.
Agr. 17: sustinuit molem lulius Frontinus (in Britannien, als Nachfolger
des Petilius Cerealis, wohl 76—78 =* 829 — 831, nach seinem Consulat), vir
inagnus, quantum licebat, yalidarnque et pugnacem Silurum gentem armis
öiibegit etc. Vgl. E. Hübner, Ehein. Mus. XII. S. 52—66. Mitwirkung im
Chattenkriege ist zu folgern aus Strat. I, 1, 8. 3, 10. II, 3, 23. 11, 7. Zurück-
gezogenes, der Literatur gewidmetes Leben an der campanischen Küste,
Martial. X, 58. Cos. I unt/er Domitian (vor Abgang nach Britannien); II
ibis Frontino consule, Martial. X, 48, 20? vgl. Philologus XXIX. S. 187)
unter Nerva (Plin. paneg. 61), wahrscheinlich J. 97; III J. 100 mit Trajan.
Curator aquarum J. 97 (aq. 1. 102 extr.). üms J. 103 scheint er gestorben
zu sein, da (J. 103 oder 104) Plinius sein Nachfolger im Augurat wurde
(Plin. Epist. IV, 8, 3. Vgl. ad Trai. 13). Nach Plinius (Ep. IX, 19, 1)
Frontinus vetuit omnino monumentum sibi fieri, mit der charakteristbchen
Begründung :'impensa monumenti supervacua est: memoria nostn durabit
si vita meruimus (ib» 6).
322. Prontinus. 721
2. Unter Domitian verfaBst ist die gromatische Schrift (p. 64, 11 (F.:
praestantissimus postea Domitianus ad hoc beneficium procarrit et uno
edicto totius Italiae metum liberavit, in Bezug auf die subsecivae) und die
über die Strategeme, und zwar wohl vor dem Beginn der Kämpfe mit den
Dakem, da immer nur die mit den Germanen erwähnt werden (s. A. 1).
Dabei wird die offizielle Illusion, dass der Kaiser selbst das gethan habe
was seine Generale ausführten, mit correcter Consequenz durchgeführt, wie
später (aq.) auch dem Nerva gegenüber. Eigentliche Schmeicheleien gegen
Domitian finden sich aber nirgends (tantus dux I, 1, 8 bezieht sich nur
auf die Stellung), und Plinius kann daher Ep. Y, 1, 5 sagen: duos quos
tunc (unter Domitian) civitas nostra spectatissimos habuit, Corellium et
Frontinum. Vgl. ib. IV, 8, 3: lulio Frontino, principi viro. Die Schrift über
die Wasserleitungen endlich verfasste Frontinus J. 97, bald nach Uebemahme
der cura aquarum. Vgl. A. G. Bezeichnend c. 118: quem reditum . . proxi-
mis tempoi-ibus in Domitiani loculos conversum iustitia divi Nervae populo
restituit, nostra sedulitas ad certam regulam redegit. 101 extr.: nobis cir-
cumeuntibus rivos fides nostra et auctoritas a principe data pro lictoribus
erit. 130 extr.: officii fidem etiam per oifensas tueri praestiterit. Die von
den schlechteren Hdss. dem Frontinus zugeschriebene Expositio et ratio
omnium formai-um ad Celsum (Schriften der röm. Feldmesser II. p. 91 — 108)
theilt der Arcerianus vielmehr dem Baibus zu; s. unten 339, 3.
3. Von der gromatischen Schrift, die mindestens zwei Bücher um-
fasste, sind uns nur commentierende Auszüge erhalten (am besten in den
Schriften der röm. Feldmesser von Lachmann u. A. 1. p. 1 — 68), welche
handeln de agrorum qualitate, de controversiis (im Allgemeinen), de limiti-
bus, de controversiis agrorum. Ueber deren kritische Behandlung s. Lagj^-
mann a. a. 0. II. S. 101—131.
4. Hindeutung auf ein den Strat. vorausgegangenes theoretisches Werk
über das Kriegswesen zu Anfang der Strat.: cum ad instruendam rei mili-
taris scientiam unus ex numero studiosorum eins accesserim, eique destinato,
quantura nostra cura valuit, satisfecisse Visus sim, deberi adhuc institutae
arbitror operae ut soUertia ducum facta . . expeditis amplectar commentariis.
Auf dieses bezieht sich wohl Veget. I, 8 (oben 54, 2) und II, 3 (p. 36 L. : Cato
ille maior . . se reip. credidit profuturum si disciplinam militarem conferret in
litteras. . . idem fecerunt alii complures, sed praecipue Frontinus, divo Traiano
ab eins modi comprobatus industria). Erstreckung seines Interesses auch auf
die Kriegskunst der Hellenen; s. Aelian. Tact. praef. (griech. Kriegsschriftst.
n. S. 236 f.) : insl dh ini rov Q'sov utatffog aov NsQOvag naqpc ^Qovtivca reo
iniaqfico vnaxinai iv ^OQfiiaig rifis^as rivag SiitQiipay So^av dTtspsynafiivta
nB(fi xi]v iv xotg noXsfioig ifineiQ^av^ . . svqov ovx iXatrova anovdr\v ^xovxa
sCg Tr\v nagä toig "EIXtiol ts&stoQripLivrjv lux&Tiaiv (als für die römische).
Auf ihn kann sich daher beziehen Aelian. de ordin. inst. 1: ns^l xrig %a^'
'*OfirjQOV raxTixijg ivsxvxofisv (fvyYQaq>svat HxQaxonlBt xs xal ^qovxcovl, reo
xad* Tjfiäg vnaxi%m avögi, falls dort ^qovxCvtp gemeint oder zu schreiben
ist und nicht vielmehr an den (Ti. Catius Caesius?) Fronto (Cos. 96) zu
denken welcher bei Martial. I, 65 darum militiae togaeque decus genannt
wird; vgl. Borghesi, Oeuvres III. p. 382.
TsuTrsL, Rom. Literaturgeschiclite. 2. Aufl. 46
722 I^id Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
5. Gegenstand der Strateg. sind die sollertia ducum facta, quae a
Graecis nna azQaTrjyTjiuctixciv appellatione comprehensa sunt (praef.)- • . in
tres libros ea diduximus. in primo erunt ezempla quae competant proelio
nondom commisso, in secondo quae ad proelium et confectam pacationem
pertineant; tertius inferendae solvendaeque obsidionis habebit strategemata.
. . com etiam hoc opus, sicut cetera (vgl. A. 3 u. 4), usus potiuB aliomm
quam meae commendationis causa adgressus sim etc. Die Beispiele sind
mit Geschick ausgewählt und vorzugsweise, aber nicht ausschliesslich, der
römischen Kriegsgeschichte entnommen. Innerhalb der Bücher ist die An-
ordnung sachlich, in den einzelnen Capiteln nach Personen, aber im Uebrigen
in keiner erkennbaren Ordnung. Wenn Frontinus (praef.) auf Vollständigkeit
mit Bewusstsein Verzicht leistet und meint man könne die Beispiele bei an-
dern Schriftstellern leicht in dem von ihm gewählten Rahmen unterbringen,
so scheint dieser Einladung zur Interpolation frühzeitig und in reichem
Masse entsprochen worden zu sein. Die fremden Zusätze verrathen sich
dadurch dass sie die Personenordnung kreuzen mit einer sachlichen (idem
fecit, similiter, quoque, z. B. I, 3, 7. II, 9, 3—6), und wegen einer äusseren
Aehnlichkeit der Handlung eingefügt sind (II, 9, 3 u. 5 capnt; IV, 3, 14
Nichtplünderung) , sowie durch Einführung mittelst dicitur, traditur u. dgl.
(wie I, 5, 13. II, 12, 4. III, 4, 4. 12, 3) oder durch sonst abweichende Dar-
stellung (wie I, 7, 7). Theilweise sind sie aus Frontin selbst (wie I, 6, 13.
II, 12, 4) und haben auch wohl den Ausfall des exemplum an der richti-
gen Stelle herbeigeführt (wie II, 9, 3. 5 in III, 11 und IV, 3, 14 in II, 11).
Besonders häufig sind solche Fälle in B. IV, welches an die strategemata
(Kriegslisten) der drei ersten Bücher noch Strategematica (Handlungen und
Aeusserungen strategischen Sinnes) anfügen will und mit einer dem Fron-
tnius fremden Ruhmredigkeit beginnt: multa lectione conquisitis Stratege-
matibus et non exiguo scrupulo digestis, ut promissum trium librorum im-
plerem, werde jetzt noch angereiht was sich in den aufgestellten Rubriken
nicht habe unterbringen lassen und eigentlich auch keine strategemata sei;
auch dabei wolle er eine Sachordnung befolgen, nämlich de disciplina, de
effectu disciplinae, de continentia, de iustitia, . . de variis consiliis. Diese
Eintheilung nach Moralbegriffen hat sehr wenig Aehnlichkeit mit der Weise
des Frontinus, stimmt aber um so auffallender mit der des Valerius Maxi-
mus überein, welchem ein sehr grosser Theil der exempla dieses Buches
entnommen ist; zahlreiche andere sind Wiederholungen aus den drei ersten
Büchern, theils freiere, theils genauere, zu welchen Frontin selbst keinen
Anlass haben konnte. Der Inteq^olator hat dann auch das Vorwort zu B. I
durch eine vorbereitende Hinweisung auf dieses vierte Buch erweitert, wel-
che gleich bezeichnend beginnt: si qui erunt quibus volumlna haec cordi
sint, meminerint etc. Dieses Buch und die andern Interpolationen finden
sich bereits in der ältesten vorhandenen Handschrift, dem Gothanus saec.
IX, und die Erweiterung wird überhaupt nicht später als ins 4 — 6te Jahrh.
fallen, die Zeit des Julius Paris, Exuperantius , Vibius Sequester u. dgl.
C. Wachsmuth, Rhein. Mus. XV. S. 574—583. Der heutige Text ruht noch
immer auf dem Apparat Oudendorps. Ausgaben der Strateg.: Rom. 1487. 4.
Mit Vegetius u. a. Colon. 1580. Cum notis Stewechii ed. Fr. Modius, Lugd.
B. 1607. 4. In Scriverii scriptores rei militaris, Lugd. B. 1644. Emend.
322. Frontinua. 723
illustr. Sam. Tennulius, Lugd. B. 1675. Hauptausgabe von F. Oudendorp,
Lugd. B. 1731. 1779. Ed. N. Schwebel, Lips. 1772. üeber eine Capitelver-
wirrung in B. II Fr. Haase, Rhein. Mus. III (1845) p. 312—319. G. Massen,
notices et extraits des manuscripts . . au British Museum, I les strat. de
Fr., Revue archöol. 1869. I. p. 447—451. 1870. I. p. 19 — 21. E. Gedicke,
über eine Blattversetzung im Fr., fiermes VI. S. 166—164. vgl. R. Schöne,
ebd. S.* 248— 251. A. Eussner, zu Fr. Str., in den Blättern f. bair. Gymn.
VII (1871).
6. Durch eine einzige Handschrift von Monte Cassino (saec XI? vgL
Bücheier p. VII— XIH. Sauppe Götti. G. A. 1859, S. 993), von welcher alle
übrigen nur Abschriften sind, ist erhalten das Schrifbchen de aquis urbis
Romae (Heinrich und Bücheier; Cassin.: de aquaeductu u. R.; Sauppe: de
cura aquarum u. R. oder de officio aqq.), in allem Wesentlichen verfasst
J. 97, herausgegeben nach dem Tode des Nerva (divus Nerva, 87. 118),
unter Trajan (93 extr.: novum auctorem Imperatorem Caesarem Nervam
Traianum Augustum praescribente titulo), etwa 98 n. Chr. Wie bei den
Strat. gibt ein Vorwort Rechenschaft über Zweck und Plan. Cum . . me
seu naturalis söllicitudo seu fides sedula non ad diligentiam modo verum
ad amorem quoque commissae rei instigent, sitque nunc mihi ab Nerva
Augusto . . aquarum iniunctum officium, . . primum ac potissimum existimo,
sicut in ceteris negotiis institueram, nosse quod suscepi. (2.) . . quapropter
ea quae ad universam rem pertinentia contrahere potui more iam per multa
mihi ofßcia servato in ordinem et velut in corpus diducta in hunc commen-
tarium contuli. . . in aliis antem libris, quos post experimenta et usum
composui (vgl. A. 3 — 5), succedenftum res acta est; huius commentarii for-
tassis pertinebit et ad successorem utilitas sed cum inter initia administra-
tionis meae scriptus sit inprimis ad meam institutionem regulamque proficiet.
Folgt dann die Angabe der Disposition. Mit patriotischem Stolze ruft Fr.
c. 16 aus: tot aquarum tam multis necessariis molibus pyramidas videlicet
otiOsas compares aut inertia, sed fama celebrata opera Graecorum? Buch
n beginnt mit c. 64. Editio princeps zwischen 1484 und 1492. Juntina von
locundus, 1513. Oft mit Vitruvius zusammen herausgegeben; abgesondert
hauptsächlich von J. Polenus, Patav. 1722. 4. Dessen notae auch in der
Ausg. von G. C. Adler, Altena 1792. Rec, illustr. et germanice redd. (mit
den Anm. von Heinrich und Schultz) A. Dederich, Wesel 1841. XXXV und
318 pp. Rec. Fr. Bücheier, Lips. (Teubner) 1858. XIV und 54 pp. Vgl.
H. Sauppe, Götti. G. A. 1869, S. 990—997.
7. Gesammtausgabe von R. Keuchen (Amstelod. 1661). Texte ed. Bi-
pont. 1788 und von Dederich (Lips. 1855, Bibl. Teubner.).
8. Frontini vita in der Ausg. des Polenus. A. Dederich, Bruchstücke
aus dem Leben des Sex. Julius Frontinus, Zeitschr. f. d. Alt. Wiss. 1839,
Nr. 105—107. 134—136, S. 834—865. 1077—1094.
323. Der Zeit Domitians gehört ferner an der juristischeaio
Schriftsteller Aufidius Chius, während des luventius Celsus und
Neratius Priscus Wirksamkeit zu ihrem bedeutenderen Theile
46*
724 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
erst unter Trajan und dessen Nachfolger fällt. Als Gramma-
tiker ist hauptsächlich Aemilius Asper bekannt, der kenntniss-
reiche und besonnene Commentator des Terenz, Sallust und
Vergil; ausserdem Claranus und Martials Freund ApoUinaris.
1. Martial. V, 61, 10: acrior (procurator) hoc Chius non erit Aufidius.
Fragm. Vat. 77: contra quam Atilicinum respondiase Aufidius Chius refert.
2. Ueber Neratius Priscus und luventius Celsus (den Sohn) s. unten
337, 1 u. 2.
3. Unter den berühmten Grammatikern nennt Ausonius praef. ad Syagr.
20 (Aemilius, s. oben 295, 1) und Epist. XYHI, 26 (quem Claranus, quem
Scaurus et Asper, quem sibi conferret Yarro) den Aemilius Asper; vgl.
Augustin. de util. cred. 17 (Asper, Cornutus, Donatus). Er ist später als
Cornutus (oben 294, 2), da er gegen diesen polemisierte (Schol. Veron. zu
Aen. III, 691); und da er von Sueton de gramm. nicht mit behandelt war,
80 ist er wohl auch später als der Berytier Probus (oben 295) und war zur
Zeit da Sueton schrieb noch am Leben. Hiegegen beweist. nichts dass der
den Namen des Probus tragende Commentar wiederholt den Asper nennt
(p. 15, 24 K.: Aemilius Asper cum hunc locum adnotaret. p. 19, 9: non,
ut Asper putat); s. oben 295, 5. Ebenso wenig dass Schol. Veron. ad Aen.
IX, 373 (p. 101, 6 K.) und bei Serv. Aen. X, 539 Asper vor Probus genannt
ist, da nichts dort auf Befolgung der chronologischen Ordnung hindeutet.
Gellius erwähnt ihn niemals namentlich. Vatic. 1492 (saec. XV) bei Keil,
gramm. latt. V. p. 527: Asper grammaÜcu^ civis rom. tempore Antonini
philoBophi fuit, in Verwechselung mit Trosius Aper bei Capitol. Ant. phil.
2, 3. Aspers Commentar zu Terenz erwähnt Donat. zu Phorm. I, 2, 24.
Ad. III, 2, 25. IV, 2, 20; vgl. Rufin. de metr. Ter. p. 2705 P.; Aspri in
Vergilium et Sallustium commentarios Hieron. adv. Rufin. I, 16 (FV, 1. p. 367
Bened.). Der zu Sallust wird von Charisius öfters berücksichtigt; s. bes. II.
p. 216,. 28 E.: Asper commentario Sallustii historiarum. Vgl. oben 203, 7.
Am bekanntesten ist der zu Vergil; s. Ribbeck prolegg. p. 128—136. Nach
den zahlreichem erhaltenen Proben daraus war A. in der Textkritik con>
servativ, berücksichtigte bei der Erklärung ebenso das Sachliche wie das
Sprachliche, und zeigte dabei gutes Urteil und Geschmack. Auch syste-
matisch behandelte Asper die Abweichungen Vergils vom gewöhnlichen
Sprachgebrauche in Formenlehre wie Syntax. Die Ueberreste dieser Quae-
stiones Vergilianae oder grammatica Vergiliana bei Eeil, Probi comm. (Halle
1848) p. 109—115. Vgl. p. XV— XVII und H. Hagen, Philologus XXV. S. 353
— 357. Daraus vielleicht auch sie (pexui vel pectui) Asper de verbo bei
Priscian. (pai-tit. IL p. 489, 36 H. vgl. Inst. X. p. 536, 6. 499, 18 f. H.),
falls es nicht auf eine allgemeine Grammatik (Ars) sich bezieht. Im All-
gemeinen 8. Suringar, bist. crit. schol. lat. p. 95—97. 124—142. 255—258.
Bergk, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1845, S. 118 f. 125 f. 129 (der ihn für einen
Aristarcheer hält). Gräfenhan, Gesch. d. dass. Philol. IV. S. 75—78. 285 f.
4. Martial. IV, 86: si vis auribiis atticis probari, exhortor moneo-
que te, libelle, ut docto placeas Apollinari, da er ein feiner ästhetischer
Kritiker sei. Vgl. VII, 26 (meum . . facetae aures). 89, 2 (noster). X, 30. XI,
328 f. Grammatiker und Historiker unter Domitian. 725
15, 12. Wohl der Domitius Apollinaris an welchen Plin. Episl (U, 9 und
V, 6) gerichtet ist; vgl ib. IX, 13, 13 (cos. design. für J, 97). C. I. gr. 4236.
5. Martial. X, 21, If.: quae vix intellegat ipse Modestus (oben 277, 1)
et vix Claranns. Vgl. oben A. 3. Porphyrio zu Hör. Sat. II, 3, 83: Anticyra
oppidum et insula hoc nomine, ut Claranus testatur. Diess bezieht sich
am wahrscheinlichsten auf den Grammatiker Claranus, und macht wenigstens
glaublich dass derselbe den Horaz commentiert habe, obwohl eine sonstige
Spur davon sich nicht findet. Vielleicht ist er auch bei Serv. Aen. XI,
316 (quod etiam Clanarius ait) gemeint.
6. Martial. X, 70, 2: doctus Potitus. De Gadibus improbus magister
ib. I, 41, 12.
7. Aus dieser Zeit ist vielleicht Largius Licinus, der Verfasser eines
Buches Ciceromastix (oben 271, 3 g. E.), was auf eine Zeit hindeutet wo
Cicero Partei- Schiboleth geworden war. Er achrieb wohl nach Asinius
GalluB und jedenfalls ziemlich vor Gellius; s. 271, 3. Vgl. oben 307, 2 E.
Ein Larcius Licinus bei Plin. Ep. H, 14, 9. III, 5, 17 u. sonst.
324. Geschichtliches verfasste zu Domitians Zeit in hann-3ii
loser Weise lunius Maximus, oppositionell und dadurch ihr Leben
verwirkend Arulenus Rusticus und Herennius Senecio, Arulenus
zugleich Bekenner des Stoicismus. Auch ein Fronto wird als
Stoiker genannt, sowie Decianus aus Emerita, der aber diese
Richtung mit Vorsicht zu paaren wusste. Zur epikureischen
Lehre hielt PoUius Felix. Die gastronomischen Schriften eines
Priscus und eines Calvus 'scheinen gleichfalls dieser Zeit anzu-
gehören.
1. Statins Silv. IV. prooem.: Maximum lunium et dignitatis et eloquen-
tiae nomine a nobis diligi satis eram testatus epistula quam ad illum de
editione Thebaidos meae publicavi; sed nunc quoque eum reverti maturius
e Delmatia rogo (in Silv. IV, 7). Vgl. Silv. IV, 7, 45 ff. und 53 ff. : tuas
artes, . . omne quis mundi senium remensus orsa Sallusti brevis et Timavi
reddis alumnum. Also eine Weltgeschichte, somit stofflich weder dem Sal-
Inst noch dem Livius ähnlich.
2. lunius Rusticus Arulenus , Volkstribun J. 66 (Tac. A. XVI, 26), Prätor
J. 69 (Tac. bist. III, 80), nach Suet. Dom. 10 von Domitian (J. 93) getödtet
quod Paeti Thraseae et Helvidi Prisci laudes edidisset (lobende Biographie)
appellassetque eos sanctissimos vires. Genauer Tac. Agr. 2 (oben 314, 5).
Dio LXVII, 13: tov 'Povonyiov xov ^AqovXrivbv dninTSLVSv ort iq)iXoa6q)ei
(vgl. oben 321, 3) xal ort tov Ggaasav i£qov (ovo^a^Sy xal ^Eqsvvlov Zbvb-
nCouva ort ra ovSsfiiav ocQxriv iv noXXa ßim fisza rr/v rafttctav y-crjusi xal
ort TOV IIqCa%ov xov ^ EkovidCov xov ßCov avviyqatphv» Plin. Ep. VII, 19, 5:
cum Senecio reus esset (durch Mettius Carus) quod de vita Helvidi libros
composuisset; und ib. 6: illos ipsos libros . . abolitos senatus consulto.
3. Martial. XIV, 106, 2: stoicus hoc (urceo) gelidam Fronto petebat
aquam. Ueber Palfurius Sura s. oben 321, 5. Andere Philosophen oben
314, 6.
726 r^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Domitianus.
4. Martial. I, 8: Thraseae atque Catonis dogmata sie sequeris salvus ut
esse velis, pectore nee nudo strictos incurris in enaes, . . Deciane. Vgl.
ib. 39 (cecropiae madidus latiaeque Minervae artibus^ etc.). 61 , 10. II praef.
5. Chaeremon stoicus bei Martial. XI, ö6, 1. Heliodorus stoiens in
dem Probus-Scholion zu Juv. I, 35.
6. Stat. Silv. II, 2, 112 f.: hie ubi siderias exercet Pollius (oben 319, 1)
artes, seu volvit monituB quos dat Gargettius auctor etc.
7. Flavius Archippus, philosophua, nach Domitian bonus vir et pro-
fessioni suae etiam moribus respondens, dagegen sententia Yeli Paulli pro-
coußulis . . crimine falsi damnatus in metallum; s. Flin. ad Trai. 58 — 60.
8. Martial. IX, 77: quod Optimum eit disputat convivium facunda Prisci
pagina. XI'Y, 196: Calvus de aquae frigidae usu.
9. Martial. XII, 95: Musaei pathicissimos libellos (griechisch?), qui
certant Sybariticis libellis, . . lege etc. Vgl. oben 319,^6.
8. Die Zeit des Nerva itiid Triijan, J. 96—117 n. Clir.
312 325. Was unter der verständigen Regierung Vespasians
gewachsen war, dann aber vor Domitian's Despotismus. sicli scheu
verkrochen und verleugnet hatte, das wagte unter Nerva's und
Trajan's mildem Scepter sich an das Tageslicht. Wir finden
,daher in dieser Zeit eine grosse Menge von Schriftstellern auf
allen Gebieten der Literatur. Die Recitationen sind noch in
Blüte, aber bereits im Rückgange begriffen, in Folge der Un-
bedeutendheit der meisten Erzeugnisse, der Uebersättigung der
Hörer, und weil mit der freieren Bewegung auch die praktische
Beredtsamkeit jetzt wieder grösseren Raum gewonnen hatte.
Kein Wunder freilich dass die Erinnerung an das Erlebte die
meisten Schriftsteller mit Bitterkeit und Zorn erfüllte, nicht
bloss einen Juvenal und Tacitus sondern sogar den zahmen
Piinius. Persönlich hatte Nerva Interesse für Poesie und Literatur,
regierte aber zu kurz um es bethätigen zu können. Trajan's
(um 54 — 117 n. Chr.) Sinn war idealen Gebieten weniger zuge-
kehrt und förderte sie nur mittelbar. Die alten Klagen über
das Undankbare der Beschäftigung mit Kunst und Poesie wieder-
holen sich daher auch jetzt mit gleicher Lebhaftigkeit.
1. M. Cocceius Nerva, Sohn und Enkel von Juristen (oben 276, 2.
293, 2), Cos. I mit Vespasian J. 71 = 824, II mit Domitian J. 90 = 843,
Kaiser vom 18. Sept. 96 (849) bis 27. Januar 98 (851); vgl. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. V. S. 592 f. Nerva, nostri temporis Tibullüs, sagt Mar-
tial. Vm, 70 vgl. IX, 26. Plin. Ep. V, 3, 5 ; oben 281, 7. Erlass bei seinem
Rp^erungsantritt Beilage zu Plin. ad Trai. 58.
325. Nerva und Traianus. 727
f
^ 2. M. UlpiuB Traianus aus Italica, geb. 18. Sept. 53 = 806 (Die-
rauer S. 9 f. A.), Cos. 91 = 844, von Nerva adoptiert Ende Oct. 97, Cob.
II 98, Kaiser vom 27. Jan. 98 bis 7. oder 8. Aug. 117, wo er (in Kilikien)
* starb. W. Teuffei in Pauly's Eeal-Enc. VI, 2. S. 2702 — 2711. C. Völker,
! de imp. . . Traiani vita, I. Elberfeld 1859. 4. J. Dierauer, Beiträge zu
einer kritischen Geschichte Trajan's, in M. Büdinger's Untersuch, zur röm.
Kaisergesch. I (1868) S. 1—186. C. Peter, Gesch. Roms III, 2. S. 144—168.
Dio LXVIII, 7: naiötias dxgißovg, oorj iv Xdyots, ov fistiaxB' to yc yi^Bv
^Qyov avtrjg xal rjniGtato xai InoCsv, Victor Epit. 13, 7 f.: magis sim-
pliciora ingenia aut eruditissimos, quam vis ipse parcae esset scientiae
moderateque eloquens, diligebat. Julian. Caess. p. 22 f.: %cc^nsQ dwccfisvog
Isysiv — vno gad'Vfiiag iniTQSfceLv yctg stcad^Bi tcc noXXa zm Sovqo. (Lici-
nius Sura) yQtt(peiv vneQ avxov — (pd'syyofisvog fiaXXov t] Xiyatv insösL-
xvvfv avTOLg etc. Plin. paneg. 47: quem honorem dicendi magistris, quam
dignationem sapientiae doctoribus habes! ut sub te spiritum et sanguinem
et patriam receperuut studia! quae priorum temporum immanitas exiliis
puniebat etc. . . at tu easdem artes in complexu, ocuüs, auribus habes.
praestas enim quaecumque praecipiunt etc. Vgl. A. 3. Daher ist wahr-
scheinlich dass auf Trajan (Friedländer: Hadrian) sich bezieht Juv. 7, 1 ff.:
et spes et ratio studiorum in Caesare tantum; solus enim tristes hac tempe-
state Camenas respexit etc. Vgl. W. TeuffeFs Uebersetzung S. 233 f. Be-
sonders begünstigte Trajan den Rhetor Dio Chrysostomos (Or. XLV, 2,
3 Emp.). Vgl. J. Burckhardt, im N. Schweiz. Mus. IV (1864) S. 97 — 122.
Errichtung von Bibliotheken, bes. der ülpia (Dio LXVIII, 16). Auf Denk-
würdigkeiten Trajans deutet Priscian. VI, 13. p. 206, 6 f. H.: Traianus in
I Dacicorum: inde Berzobim . . processimus. Ueber eine Rede Trajans im
Senat am 1 Jan. 100 s. Plin. paneg. 67. Dagegen Fronte ad Ver. II, 1.
p. 123 N.: Nerva (Trai.) facta sua in senatu verbis rogaticiis commendavit.
Vgl. oben aus Julian. Die Antworten Trajans auf die Anfragen des Pliuius
(s. unten 335, 6 u. 9) sind von schlichter Kürze und treffendem Ausdruck.
Erlass des Tr. bei Plin. Ep. V, 13, 8. Ein Brief Trajan's auch in Henzen's
Mon. fr. arval. (1868).
3. Plin. Ep. V, 14, 6: tandem homines non ad pericula, ut prius,
verum ad houores virtute perveniunt. Priorum temporum servitus . .
reducta libertas, ib. VIII, 14, 2 f. vgl. IX, 18, 4 (reddita libertas). Liberius
ideoque etiam libentius scribitur, ib. UI, 18, 6. Studia, quae prope extincta
refoventur (Geschichtschreibung, Beredtsamkeit, Philosophie), ib. III, 18, 5.
Vgl. A. 2 und ib. VIII, 12, 1: litterarum senescentium redüctor (Capito).
V, 17, 6: faveo saeculo, ne sit sterile et effetum. Dagegen I, 10^ 1: si quando
urbs nostra liberalibus studiis floruit, nunc maxime floret. Vgl. A. 5.
4. Plin. Ep. I, 13, 1: magnum proventum poetarum annus hie (97)
attulit. toto mense aprili nuUus fere dies quo non recitaret aliquis. iuvat
me quod vigent studia, . . tametsi ad audiendum pigre coitur, was dann
näher ausgeführt wird. Vgl. ib. III, 18, 4: numquam aut valde vacat
Romae aut commodum est audire recitantem. VI, 17. Juv. 1, 1 ff . 7, 40 ff.
Tac. dial. 8. Plinius selber behandelte diese Vorträge mit grosser Wich-
tigkeit (ib. VII, 17, 13. VIII, 21, 4 ff.) und erstreckte sie auch auf gehal-
tene R^den (ib. VII, 17).
728 I^i6 Eaiserzeit. ErsteB Jahrhundert. Traianus.
5. Zahhreiche Redner, s. unten 336, 1 — 5. Indessen vgl. Plin. Ep. II,
14, 2 ff.: pauci (sunt) cum quibus luvet dicere. ceteri audaces atque etiain
magna ex parte adulesccntuH obscuri etc. (4.) [sequuntur auditores actori-
bus ßimiles, conducti et redempti etc. VI, 2, 5 ff.: et qui dicunt egisse
malunt quam agere et qui audiunt finire quam iudicarc. Tac. dial. 19:
apud iudices qui . . saepo ultro admonent (oratorem) atque alio transgre-
dicntem revocant et festinare se testantur.
6. Ueber die äussere Lage der Schriftsteller und Gelehrten in Rom
8. Juvenals siebente Satire (vgl. unten 326, 4 E.).
7. J. G. HuUeman, oratio de literarum, praesertim latinarum, apud
Romanos studiis Nerva Traiano impcratore, Lugd. Bat. 1858. 46 pp.
H. Thiersch, Politik und Philosophie in ihrem Yerhältniss zur Religion
unter Traianus, Hadrianus und den beiden Antoninen, Marburg 1853.
8. Wichtige Inschriften aus der trajanischen Zeit (vgl. Orelli-Henzen
782 — 804. 5440 — 5451). a) Das Testament des Dasumins vom J. 108 oder
109, herausgegeben von Ambrosch (Annali deir inst. arch. 1831. Tav. d'agg.
B. C und p. 387—406) und Cl. Cardinali (Diplomi imperiali p. 217 ff.), zu-
letzt im Auszuge bei G. Bruns, fontes* p. 147 — 151; vgl. Rudorff in d.
Ztschr. f. geschichtl. Rechtswiss. XII. S. 301—392.
b) Die Stiftungsurkunden für wohlthätige Zwecke (tabulac alimentariae)
aus Veleia (671 Zeilen) und (der Ligares Baebiani) aus Beneventum (234
Zeilen). Ueber erstere vgl. F. A. Wolf, von einer milden Stiftung Trajans,
Berlin 1808. P. de Lama, Tavola alimentaria Velejate, Parma 1819. Ab-,
gedruckt auch in Zell's Hdb. d. röm. Epigr. I. nr. 1777, p. 390 ff. E. Des-
jardins, de tabb. aliment. (Paris 1854); Veleia (Paris 1858), und im Bull,
deir inst. arch. 1856, p. 1 — 20. Ueber die zweite (z. B. in den Inscr. R.
N. 1364, bei Orelli-Henzen 6664) s. bes. W. Henzen, Tab. al. Baebianorum,
Rom. 1845 (aus den Annali delP inst, arch, XVI. p. 1 — 111). Vgl. im All-
gemeinen Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 774—776. VI, 2. S. 1556—1559.
313 326. Von den Dichtern der trajanischen Zeit ist der be-
deutendste D. Junius Juvenalis aus Aquinum (etwa J. 47 —
130 n. Chr.), welcher bis dahin der Rhetorsehule und dem Kriegs-
dienste sich gewidmet hatte, jetzt aber Satiren zu veröffentlichen
begann. Wir haben deren, in fünf Bücher abgetheilt, sechs-
zehn. Die letzten und spätesten sind greisenhaft. Die eigentlich
charakteristischen behandfein die socialen Laster Roms in beredter
Ausmalung und oft grausiger Anschaulichkeit. Die vorwiegend
dunkle Grundfarbung, die immer pathetische, gehobene und ge-
drungene Sprache und die Befolgung eines schulgerechten Planes
bewirken eine gewisse Eintönigkeit. Die Namen sind theils
typisch oder fingiert, theils der Vergangenheit entnommen, be-
sonders der Zeit des Nero und Domitian. Manches bleibt un-
verständlich, trotz der auf uns gekommenen Scholien.
326. Juvenalis. 729
1. Für Kenntniss des Lebens von Juvenal bietet am meisten die von
ihm wahrscheinlich unter Domitian im Tempel der Ceres Helvina zu Aqui-
num gesetzte Weihinschrift (Mommsen I. R. N. 4312 = Orelli-Henzen Ö599"
vgl. C. L. Grotefend, Philologus XII. S. 489 f. A. 5): (Cere)ri sacrum (D.
Iu)niu8 luvenalis, (tribunus oder praefectus) coh(orti8 I) Delmatarum, Il(vir)
quinq(uennali8) , flamen Divi Vespasiani, vovit dedicav(itq)ue sua pec(unia).
Von den verschiedenen Vitae (abgedruckt in 0. Jahn's Ausg. von 1851,
p. 386 — 390) ist die älteste die von Valla dem Probus zugeschriebene (I.
bei Jahn) beginnend: lunius luvenalis, libertini locupletis incertum filius
an alumnus, ad mediam ferc aetatem declamavit, animi magis causa quam
quod scholae se aut foro praepararet. Sat. XV, 27 (nuper consule lunco)
zeigt dass Juv. das Consulat des (Aemilius) luncus vom J. 127 = 880 um
einige Zeit überlebt hat. üeber sein Lebensende berichtet Vita I: octoge-
narius urbe summotus est, . . verum intra brevissimum tempus angore ac
taedio periit; II: revertitur luvenalis Bomam, qui tandem ad Nervae et
Traiani principatum supervivens senio et taedio vitae confectus . . spiritum
cum tussi expuit; UI: tristitia et angore periit anno aetatis suae altero et
octuagesimo; IV: decessit longo senio confectus exul Antonino Pio impera-
tore. Jedenfalls kann er nicht früher als unter Hadrian gestorben sein, da
er in Sueton's viri illustres keine Aufoahme fand. Vgl. auch A. 2.
2. Dass Juvenalis verbannt wurde ist sicher; fraglich aber warum,
wann und wohin. Das Sicherste bietet Apoll. Sidon. carm. IX, 267 ff. : non
qui tempore Caesaris secundi aeterno incoluit Tomos reatu, nee qui con-
simili deinde casu ad vulgi tenuem strepentis auram irati fuit histrionis
exul. Die vitae bringen es mit Sat. VII, 90 (quod non dant proceres dabit
histrio etc.) in Zusammenhang, welche Worte in ihrem Contexte keine
Beleidigung, kaum einen Tadel des histrio enthalten und daher Derartiges
erst durch die Art ihrer Verwendung bekommen haben können. Am glaub-
lichsten ist desshalb dass unter Trajan oder (wahrscheinlicher) Hadrian die
Verse im Theater vom Volke dem betr. histrio zugerufen wurden, wofür
dieser seinen Zorn an deren unschuldigem Dichter ausliess, da er am
Volke es nicht konnte. W. Teuffei, Studien u. Char. S. 410 — 412, Jedenfalls
kann die Verbannung nicht (mit Malala und Suidas) unter Domitian gesetzt
werden, schon weil noch für dessen letzte Jahre Juvenals Anwesenheit in
llom durch Martialis (VII, 24. 91. XII, 18) bezeugt ist. Die Verbannung
erfolgte nutet der Form einer militärischen Verschickung, wahrscheinlich
nach Britannien (vita des cod. Bonon.: Traianus . . fecit eum praefectum
militum contra Scotos, qui bellum Romanis moverant, ibi ut luvenalis
interficeretur) , wo die Gehörte bei welcher Juvenal früher Offizier gewesen
war (s. A. 1) in den Jahren 104, 106, 124 n. Chr. stand. Dass der Ver-
bannungsort Aegypten war schliessen die meisten vitae aus Sat. XV, 45,
welche Stelle nur beweist dass Juv. irgend einmal sich dort aufhielt.
3. J. V. Francke, examen criticum luv. vitae (Altena 1820), und De
vita luv. quaestio altera (Dorpat 1827 fol.). C. A. Bauer, krit. Bemer-
kungen über einige Nachrichten aus d. Leben des Juv., Regensburg 1833.
G. Pinzger in Jahn's Jahrb. XIV (1835). S. 261 ff. W. Teuffei, ebd. XLIII (1845).
S. 103—116; ücbcrsetzung d. Juv. S. 148—153. B. Borghesi, intomo air etä
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^f;
7S0 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. TraianUß.
di Giovenale, Rom 1847 = Oeuvres V. p. 49-— 76. C. Synnerberg, de temporibüs
vitae cai-minumque luv. rite constituendis , Helaingfors 1866. 92 pp.
4. Die Eintheilung in 5 Bücher ist diejenige nach welcher bes. Pris-
cian zu citieren pflegt; s. M. Hertz's Ausg. II. p. 537 f. Die Ordnung der
einzehien Stücke scheint die .chronologische zu sein. Vor der Zeit Trajans
scheint keine verfaset. Die Echtheit der beiden letzten ist mit unzurei-
chenden Gründen angefochten worden von Heinrich und C. Kempf (Obser-
vationes in luv., Berlin 1843, und De luv. eat. XV luvenali abiudicanda,
Berlin 1853. 4.); s. W. Teuffei und W. Hertzberg in ihrer Uebersetzung
S. 153 f. 341 f. Gegen die bodenlose Kritik von 0. Ribbeck, zuerst in
seiner Textausgabe (Lips. 1859) und in der Symb. philol. Bonn. p. 1 — 30,
dann zusammengefasst in der Schrift Der echte und der unechte Juvenal
(Berlin 1865), s. W. Teuffei a. a. 0. S. 154. 209. 246. 252. 269, und die
Vindiciae iuvenalianae von B. Lupus (Bonn 1864) und O..Meinertz (Königs-
berg 1866), auch 0. Jiihn's Ausgabe von 1868, p. 9 f. und 0. Meinertz, zur
Kritik u. Erkl. d. Satt. d. Juv., Conitz 1871. 38 S. 4. Vita IV (eine der
kürzesten und besten): in exilio amx)liavit satiras et pleraque mutavit.
Wirklich führt Vieles auf die Annahme einer doppelten Redaction durch
den Dichter selbst; s. W. Teuffei, Studien u. Charakt. S. 424—434. Aehnlich
vermutet L. Friedländer, Darstell, a. d. Sittcngesch. III. S. 412 f., dass Sat.
Vll grösstentheils unter Trajan verfasst sei, die Einleitung aber (v. 1 — 21
oder 35) erst nachträglich vorgesetzt wurde, bei einer Umarbeitung oder
neu6n Ausgabe nach Hadrians Thronbesteigung, dessen Interesse für Poesie
bekannt war.
5. Juv. I, 22 ff.: cum teuer uxorem ducat spado etc. ,. . difficile est
satiram non^ scribere (30). (79 f.) si natura negat, facit indignatio versum,
qualemcumque potest, quales ego vel Clnvienus. 150 ff.: dicas hie forsit-
an: unde . . illa priorum scribendi quodcumque animo flagrante liberet
simplicitas , cuius non audeo dicere nomen? . . (170 f.) experiar quid con-
ccdatnr in illos quorum Flaminia tegitur cinis atque Latina. Nicht mehr
Lebende also will der Dichter zum Gegenstande seiner Satiren machen;
und es werden von Lebenden auch nur Marius Priscus, Isaeus, Archigenes
und Galliens genannt, mit Ausnahme des Ersteren alle in verbindlicher
Weise, also ähnlich wie bei Martial (oben 317, 6) und Plinius (unten
335, 6). Die andern Namen gehören, soweit sie wirkliche Personen be-
zeichnen, der Vergangenheit an, vielfach einer sehr entfernten, wie der
des Cicero oder gar Lucilius. Es sind somit Schatten gegen welche der
Satiriker kämpft, aber solche die in der Gegenwart Abbilder genug haben.
Er bekämpft sie daher auch als gegenwärtige. Das rhetorische Pathos
lässt es aber nur sehr selten (wie II, 29 ff. IV, 37 ff. VIII, 212 ff.) zu einer
genaueren Zeitbestimmung kommen. Vgl. Fr. Strauch, de personis luvena-
lianis, Götting. 1869. 63 pp. Dieses Pathos sucht und liebt die dunkelsten
Farben und lässt den Satiriker als das Gegentheil eines Idealisten, als
schwarzsichtigen Pessimisten und Nihilisten erscheinen. Ueberhaupt haben
den Juvenal die Gewöhnungen der Rhetorschule (I, 15 ff.) auch zur Satire
begleitet. Daher die Aufstellung fest abgegrenzter Themen für die einzel-
nen Stücke und die nüchterne, geradlinige Durchführung des jedesmaligen
326. Juvenalis. ' 731
Themas bald mit einförmigen XJebergangen bald absichtlich ohne Vermitt-
lung der einzelnen Theile. Daher auch der immerfort gehobene Ton, die
künstliche Gedrängtheit der Sprache neben rhetorischer Unersättlichkeit in
Häufung der Wendungen und Beispiele. Ebenso sind die Verse mit Absicht
markig und volltönend gebildet. W. TeuflFel, Studien u. Char. S. 414—424.
H. Wücke, quid elocutio luv. a Persiana differat, Stendal 1869. 18 pp. 4.
6. Unter den früheren Schriftstellern verräth Juvenal Bekanntschaft
besonders mit Horaz (z. B. 6, 107 = Hör. Ep. I, 1, 40) und mit Vergil
(z. B. 2, 100 = Aen. XH, 94; 3, 198 = Ac. U, 311 ; Ö, 138 ff. = Ae. IV, 328.
XII, 475; 6, 133 f = Ge. III, 282); am häufigsten aber berührt er sich
mit seinem Freunde Martialis (z. B. 6, 184 = M. X, 68; 6, 196 ff. =«
M. VI, 23; 6, 492 ff. =M. II, 66).
7. Zu den Satiren des Juv. sind zwei Classen von Schollen über-
liefert. Die eine reicht in ihrem Kerne wohl bis ans Ende des vierten
Jahrh. zurück und enthält trotz grosser Verderbniss nicht wenige Spuren
alter echter Gelehrsamkeit. Sie finden sich in dem codex Pithoeanus (jetzt
in Montpellier, Nr. 125) saec. IX und dem Sangallensis (D 476) saec. XI
und sind darnach herausgegeben von P. Pithoeus (J. 1585), A. W. Gramer
(J. 1823), verbessert von L. Schopen in Heinrich's Ausg. (1839) I. p. 156 —
324 (ännotationes criticae dazu p. 325—440), am besten in 0. Jahn's Ausg.
von 1851, p. 171—385. Aus einer derselben Gattung zugehörigen, aber
vollständigeren Hds. waren diejenigen welche Georg, Valla Venet. 1486
als Schollen des Probus veröffentlichte, welche aber kaum bis zu Sat. 8
reichten. Die zweite Classe trägt, wie die zu Persius (oben 297, 6), den
Namen des Cornutus (Cornuti expositio super toto libro luvenalis), findet
sich in jüngeren Hdss. (bes. Laurent. 52, 4. saec. XV), stammt wohl aus
der karolingischen Zeit und ist ebenso wortreich als inhaltsleer; s. 0. Jahn's
Ausg. des Pers. p. CXVI— CXXXl. Proben davon bei Schopen (unedierte
Schoben zu Juv. III, Bonn 1847. 4.), K. F. Hermann (Schediasma de scholio-
rum ad luv. genere deteriore, Gotting. 1849. 4.) und Gigch (Apparatus
criticus ad luv., Lugd. Bat. 1849; Tria capita ad luv. eiusque scholiastas
spectantia, ib. 1850).
8. Ebenso zerfallen auch die Handschriften der Satiren selbst in
zwei Classen. Von der älteren ist nur der Budensis oder Pithoeanus (P bei
Jahn) saec. IX (s. A. 7) erhalten, und auch dieser von einer späteren Hand
nach der zweiten Classe gründlich durchcorrig^ert. Ganz verschollen ist
die gleichartige Hds. des Ge. Valla und von der St. Galler (A. 7) der Text
des Juvenal. Nur bis 5, 96 reicht eine Wiener Hdschr. saec. X, über
welche s. A. Göbel in den Sitzungsberichten der Wiener Akad. XXIX (1859)
S. 73 ff. Zu der aus MontpeUier vgl. F. Rühl, Phüologus XXX. S. 676 f.
Sehr zahlreich sind dagegen die Hdss. der zweiten, interpolierten und stark
verderbten Classe. Zwei derselben (Mediceus und Leidensis) saec. XI haben
die subscriptio: Legi ego Niceus Bomae apud Servium magistrum et
emendavi. Die Grammatiker welche Stellen aus Juv. eitleren folgen meist
den Lesaiten dieser zweiten Classe. C. Fr. Hermann, de codicibus luvenalis
recte existimandis (Gotting. 1847. 4.) und Vindiciae luvenalianae (ib. 1854.
4.). 0. Jahn in seiner Ausg. von 1868, p. 5 — 9. Vergebliche Versuche die
732 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
Classe des Nicaeus als die bessere zu erweisen machte A. Häckermann, der
pithöanische Codex des Juv. I. Greifswald 1866. 4.; die Exegese C. P.
Hermanns und die Kritik des Juv., Greifsw. 1857; der pith. Codex des Juv.,
Philologus XII. S. 668—695. XVI. S. 412—449. XVII. S. 481—491; com-
mentatio in luv. satiras, Greifswald 1867. 4.
9. Aufzählung der Ausgaben des Juv. bei Ruperti I. p. CLXIV —
CCLIll. Besonders erwähncnswerth sind: Ed. princeps, Venet. 1470 u. Rom.
um 1470 (fol.). Cum comment. D. Calderini (Venet. 1475. 4. 1495. fol.),
G. Vallae (Venet. 1486. fol.), Cald., Vallae, Mancinelli (Venet. 1492. fol.),
nebst Merulae (Venet. 1498. fol.). Aid. (1501. 8.). Cum comm. Britannici
(Brix. 1501. fol. u. ö.). Cum notis Pulmanni et Hadr. Junü (Antv. 1565. 8.),
Fr. Pithoei (Lutet. 1585. 8.); Schol. Britann., Pith., Gurion. Pulmann.
(Lutet. 1602. 4.). Cura N. Rigaltü (Lutet. 1613. 4. 1616. 12.). Ed. Gran-
gaeus (Paris 1614. 4.). Ciun scholl, et comm. ed. H. C. Henninius (mit
Persius, Ültraiect. 1685. 4. Lugd. Bat. 1695. 4.). Cum perp. comm. ed.
G. A. Ruperti (2 Voll., Lips. 1801; Auszug davon, Gotting. 1803. 1819).
Ed. N. L. Achaintre (Paris 1810. 2 Voll.); N. E. Lemairo (Paris 1823. 2 Voll.).
Rcc. et ann. E. W. Weber (Weimar 1825. 8.). In J. C. Orelli Eclogae
poett. latt. (Satt. 4. 8. 10. 15.), W. E. Webers Corpus poett. latt. p. 1138
— 1173. Ex emend. et c. comm. C. F. Heinrichii; acc. scholia vetera (Bonn
1859. 2 Voll.). Cum scholiis veteribus recensuit et emendavit 0. Jahn,
Berol. 1851. With a commentary by J. E. B. Mayor, I. London 1869.
Texte von A. Häckermann (Lips. 1851), C. F. Hermann (Lips. Teubner
1854), 0. Ribbeck (s. A. 4), 0. Jahn (Berol.* 1868).
Juv. satt, delectus, cum notis cd. C. Schmidt, Bielefeld 1835. Satt,
tres (3, 4, 5) ed. C. L. Roth, Nürnberg 1841.
10. Uebersetzungen von 0. v. Haugwitz (Leipzig 1818), J. J. C. Donner
(Tübi. 1821), W. E. Weber (Halle 1838), Hausmann (mit lat. Text, Leipzig
1839), A. Häckermann (Bd. I, Sat. 1—5, Greifswald 1847), E. C. J. v.
Siebold (mit lat. Text und Erläuterungen, Leipzig 1858), AI. Berg (Stutt-
gart, Hoff mann 1862 f. 3 Bdchn.), W. Hertzberg und W. TeuflFel (mit Ein-
leitungen und Anmerkungen, Stuttgart, Metzler 1864 — 1867, 3 Bdchn.).
11. Ueber Juvenal s. Manso in den Nachträgen zu Sulzer VI. S. 294
— 342. Nisard, ^tudes . . sur les poetes latins de lad^cadence (Paris 1834)
I. p. 241 ff. II. p. 101—174. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV (1845).
S. 535 — 539. Völker, Juvenal; ein Lebens- und Charakterbild, Elberfeld
1851. C. F. Hermann vor seiner Ausg. (1854) p. HI — XVIIL Munding,
üb. d. Sat. d. J. in religiöser und sittlicher Beziehung, Rottweil 1865. 4.
A. Widal, Juvdnal et ses satires; ^tudes litteraires et morales, Paris 1869.
G. Boissier, J. etson temps, Revue des deuxmondes, Juni 1870, p. 141 — 174.
12. Beiträge zur Textkritik und Erklärung von J. R. Heineckq (Animad-
versiones, Halle 1804), G. Pinzger (de versibus spuriis et male suspectis,
Breslau 1827. 4.), J. N. Madvig (de locis aliquot luv. interpretandis, Opusc.
acad. I. p. 29—63. II. p. 167—205), Com. Müller (de locis aliquot etc.
Hamburg 1830. 4.), C. F. Hermann (spicileg. annotationum ad sat. III, 4.
Marburg 1839. 4. Do sat. VII temporibus, Gotting. 1843. 4.), C. Kempf
326 f. Juvenal und dichtende Zeitgenossen. 733
(Observationes in luv. aliquot locoa interpretandos, Berol. 1843), G. G.
Matthias (Observat. in sat. 1. Marburg 1844. 4.), N. Mohr (spicileg. annotatt.
ad L sat. 1 et 2, Dorpat 1845), A. L. Dollen (Beiträge zur Kr. u. Erkl.,
Kiew 1846), Bogen (de locis aliq. luv. explicandis etc. Bonn 1849), A.
Häckermann (in Jahns Archiv XVI, XVII und der Berliner Ztschr. f. Gymn.
1866), A. Schmidt (de locis aliquot etc. Halle 1851), J. T. H. Wolters
(comm. lit. in sat. L, Walddüren 1853), A. Göbel (luvenaliana, Conitz u.
Berlin 1859. 4.), X. Prinz (Revue de Tinstruct Belg. T. IX u. X), Borghesi
(annotazioni, Oeuvres V. p. 509 — 536). Anderes s. Anm. 4. 6. 8.
G. Lehmann, antiquitates Rom. domesticae in luv. satt, illustratae, I.
Halle 1867.
327. yVie verbreitet noch in der Zeit des Trajan Gewandt-314
heit in verschiedenen Formen der Poesie war beweist die an-
sehnliche Zahl solcher Männer von denen wir, vorzugsweise
durch den jüngeren Plinius, wissen dass sie Verse gemacht und
veröffentlicht haben. So Octavius Rufus, der einflussreiche Titi-
nius Capito, femer der Nachahmer des Propertius und Horaz, Pas-
sennus Paulus, auf dem Gebiete des Epos Caninius, in melischen
Massen Sentius Augurinus, weiter Vergilius Romanus, der Ver-
fasser von Komödien und Mimiamben, und Andere. Grössere
Proben besitzen wir nur von den Gedichten des Rhetors P. An-
nius Florus aus Africa.
1. Plin. Ep. I, 7 (Octavio Rufe), 6: tu me tuis (versibus) agere non
pateris, quorum tanta cupiditate ardeo ut etc. II, 10 (Octavio), 1 : hominem
te . . crudelem qui tarn insignes libros tarn diu teneas! . . (3.) enotuerunt
quidam tui versus etc. Vielleicht der Rufus über welchen ib. IX, 38:
legi librum (desselben) omnibus numeris absolutum.
2. Cn. Octavius Titinius Capito, . . proc(urator) (Domitians) ab epi-
stulis et a patrimonio, iterum ab epistulis divi Nervae, . , ab epistul(i8)
tertio imp(eratoris) Nervae Caesar(is) Traiani Aug(usti) Ger(manici), "Orelli
801. Clarissimi cuiusque vitam egregiis carminibus (Epigramme?) exomat,
Plin. Ep. I, 17, 3 vgl. VIIT, 12, 4 f.: scribit exitus inlustrium virorum . .
quasi funebribus laudationibus. V, 8, 1: suades ut historiam scribam.
3. Caninius (Rufus) bellum dacicum scribere parat, und zwar im
heroischen Masse der Griechen, Plin. Ep. VIII, 4, 1. 3 ff. vgl. IX, 33, 1. 11.
I, 3 (Caninio Rufo), 1 (quid agit Comum, tuae meaeque deliciae ?) u. 3 ff.
Acht Hexameter mythologischen Inhalts aus einem Bellum parthicum Traiani
imp. in Riese's Anthol. lat. 392 (I. p. 257 f.).
4. Plin. Ep. VI, 15, 1: Passe nnus Paulus, splendidus eq. rom. et
in primis eruditus, scribit elegos. gentilicium hoc illi: est enim municeps
Properti atque etiam inter maiores suos Propertium numerat. IX, 22:
magna me soUicitudine affecit Passenni Pauli valetudo. . . si elegos eius
in manus sumpseris leges opus tersum, molle, iucundum et plane in Pro-
734 I>ie Eaiserzeit Erstes Jahrhundert. Traianus.
perti domo scriptum, nuper ad lyrica defiexit, in quibus ita Horatium
ut in Ulis iUum alterum effingit. . . magna varietas, magna mobilitas.
amat . . , dolet . . , laudat . ., ludit etc.
5. Plin. Ep. V, 17, If.: nuntio tibi fuisse me hodie in auditorio Cal-
pumi Pisonis (Cos. 111?). recitabat HccvaazsQiafimv eruditam sane . . materiam.
scripta elegis erat fluentibus et teneris et enodibns, sublimibus etiam etc.
6. Plin. Ep. lY, 27: audivi recitantem Sentium (Borghesi: Serium)
Augurinum (Cos. 132) cum . . admiratione. poematia appellat. multa tenuiter,
multa sublimiter, multa venuste, multa . . cum bile. Folgt eine Probe in
Hendekasjllaben in der Weise des Catull, Calvus und Plinius (unten 335, 4).
Vgl. ib. IX, 8: omnia Bcripta tua pulcherrima, maxime tamen illa de nobis.
7. Plin. Ep. VI, 21, 2: nuper audivi Vergilium Romanum paucis
legentem comoediam ad exemplar veteris comoediae scriptam. (4.) scripsit
mimiambos, . . scripsit comoedias Menandrum aliosque aetatis eiusdem
aemulatus. . .*nunc primum se in yetere comoedia . . ostendit. non illi
vis, . . non amaritudo, . . non lepos defuit. omayit virtutes, insectatus
est vitia, fictis nominibus decenter, veris usus est apte. circa me . . be-
nignitate nimia modum excessit etc.
8. M. Pomponius M. f. Bassulus auf der Inschrift aus Aeclanum
bei Mommsen I. B. N. 1137 => Henzen 5605 «» Bücheier, Greifswalder Ind.
lect. 1870^ p. 12: ne more pecoris otio transfungerer, Menandri paucas
Yorti scitas fabulas, et ipsus etiam sedulo finxi noyas. id quäle quälest
chartis mandatum diu. Die Correctheit der Verse und die persönlichen
Verhältnisse des Verf. machen die Zutheilung in die zweite Hälfte des
ersten Jahrh. (Mommsen im Hermes m. S. 465 — 467) oder die Zeit Trajans
(Bächeier) wahrscheinlich. Zur Textgestaltung ygl. Bergk in Fleckeisens
Jahrbb. 1870, S. 826, A. 3.
9. Im Allgemeinen als Dichter werden genannt Silius Proculus (Plin.
Ep. in, 15), Cluyienus (Juy. 1, 80) ; als Schriftsteller überhaupt luUus Avitus
(quantum legit, quantum scripsit! Plin. Ep. V, 21, 5), Geminus (ib. IX,
11, 1), Atrius oder Satrius (ib. IX, 35), Nonius Maximus (ib. IV, 20
vgl. V, 6).
10. üeber Annius Florus s. unten 336, 7.
315 328. Unter den Prosaikern der trajanischen Zeit nimmt
die erste Stelle ein Cornelius Tacitus (um J. 54 — 119 n. Chr.),
Cos. 97 n. Chr. Auch bei ihm, wie bei Juvenal, fielen die besten
Lebensjahre unter die Regierung des Domitian, wo das Grauen
und die Entrüstung, ohne Entladung nach aussen in's Innerste
zurückgedrängt, die ganze Denkweise verbitterten. Seine Sym-
pathien gehören der aristokratischen Republik, aber sein Ver-
stand überzeugt ihn von der Nothwendigkeit der Monarchie.
Auch hat er die Abneigung des Aristokraten und des Doctrinärs
gegen alles laute Wesen, jedes schroffe Handeln, und theilt die
327 f. Yergilius Romanus u. A. Tacitua. 735
herrschende Stimmung der Resignation, die er auch theoretisch
zu rechtfertigen bemüht ist. Als Geschichtschreiber sucht Ta-
citus vor Allem das Thatsächliche zu ermitteln. Er folgt den
besten Quellen, aber häufig ohne sie zu nennen, und sichtet sie
mit strengem Urteil. Das Ergebniss seiner gewissenhaften Prü-
fung spricht er unverhohlen aus, seine eigene Ansicht meist nur
durch die Färbung seiner Ausdrücke verrathend. Seine Behand-
lung des Stoffes ist eine pragmatische: er sucht mit Eifer nach
den Ursachen des Geschehenen und findet sie theils in den Ver-
hältnissen, theils in den Menschen. Jene erkennt er bald als
fatalistisch nothvFendige, bald als zufallige. Besonders anziehend
ist es ihm ^ die psychologischen Zusammenhänge der Thatsachen
zu ermitteln, und hierin, in der Charakterzeichnung und psycho-
logischen ^ Analyse, entwickelt Tacitus eine Meisterschaft ohne
Gleichen. Der Grundton seiner Darstellung ist, entsprechend
dem Gegenstande, ernst, wehmütig, bitter. •Der Geschichtschreiber
hütet sich vor Allem was seine würdevolle Haltung beeinträch-
tigen könnte, offener Rhetorik wie leidenschaftlichen Ergüssen;
wohl aber weiss er sie zu erhöhen durch künstlerische Sorgfalt
und Berechnung und durch eine ganz eigenthümliche Sprache.
Eine Zeit lang schwankend zwischen^ Mustern der classischen
Zeit entscheidet sich diese schliesslich für die poetisch gefärbte
und pointierte Schreibweise der Gegenwart, doch so dass sie
mit ihrer epigrammatischen Prägnanz, Neuheit und Kühnheit die
Eigenschaften der silbernen Latinität noch steigert und durch
ihre Schwierigkeiten den Leser zum Verweilen und Nachdenken
nöthigt.
1. Vorname Publius? , Im Med. I ist die üeberschrift P. Cornelii
Taciti von modemer Hand; die Subscriptionen haben P. Comeli, und auch
diese theilweise von späterer Hand. W. Studemund, Eos II. S. 224 f. vgl.
L. Urlichs, ebds. ü. S. 227. I. S. 246. Der z. B. im cod. Famesianus (C.
Cornelii Taciti . . liber primus u. s. w. incipit) und angeblich in Hdss. bei
Sidon. Apoll. Ep. IV, 14 in. (C. oder Caius Tacitus . . Ulpianorum tempo-
rum consularis) und 22 (cum Cornelius C. Secundo paria suasisset) sich
findende Vorname C. ist entweder vielmehr Abkürzung von Cornelius oder
(wie in andern Fällen, s. oben 92, 1) aus dem Anfangsbuchstaben des
Hauptnamens entstanden. Sonst wird bei den alten Schriftstellern die den
Tac. erwähnen (z. B. dem jungem Plinius, Flav. Vopisc. Aurelian. 2, 1 ;
Oros. VII, 10. 19; Sidon. Apoll, carm. XXIII, 154) ein Vorname desselben
niemals angegeben. Ebenso heisst er in den Subscriptionen des Mediceus
II einfach Cornelius Tacitus.
2. Geburtsort. Flavius Vopiscus (Tac. 10, 3) erzählt von dem
736 • Die Eaiserzeit. Erstes Jahrhnndert. Traiantis.
Kaiser Tacitus (J. 275 — 276 n. Chr.): Comelium Tacitum, scriptorem histo-
riae augustae, qaod parentem snum eundem diceret, in omnibus byblio-
thecis conlocari iussit, et ne lectorum incuria deperiret librum per annos
singulos deciee scribi publicitas in cunctU archivis iußsit et in bybliothecis
. poni. Da nun dieser Kaiser aus Interamma gebürtig war und dort, wie
. sein Bruder Florianns, eine Statue mit Kenotapb hatte (Vopisc. Florian.
2, 1 =s Tac. 15, 1), so versetzte man bereitwillig dorthin auch den Histo-
riker, und die Stadt (jetzt Terni) errichtete diesem im J. 1514 eine Bild-
säule (Angeloni, storia di Terni p. 42 ff.). Aber auch wenn der verwandt-
schaftliche Zusammenhang zwischen dem Historiker und dem Kaiser Tac.
richtig wäre, würde daraus noch keineswegs Gleichheit des Geburtsortes
folgen; und die Bezeichnung des Sejanus als municipaüs adulter (A. IV, 3)
macht unwahrscheinlich dass der Historiker selbst aus einem Municipium
stammte. Vielmehr wird hienach als sein Geburtsort Rom anzunehmen sein.
3. Plin. n. h. VII, 17, 76 nach der Erwähnung eines Falls von un-
natürlich früher KOrperentwicklung und ebenso frühzeitigem Tode: ipsinon
pridem vidimus eadem ferme omnia . . in filio Comeli Taciti equius romani,
Belgicae Galliae rationes procurantis. Dieser ist wahrscheinlich der Vater
unseres Geschichtschreibers; wenigstens stimmt die Zeit genau. Jeden-
falls stammte Tac. aus einem angesehenen und wohlhabenden Hanse, wie
sein Bildungsgang und seine politische Laufbahn zeigen.
4. Das Geburtsjahr des Tacitus lässt sich nur durch Combination
verschiedener Thatsachen mit einiger Wahrscheinlichkeit ermitteln. Wenn
er Dial. 1 das in's Jahr 75 oder 76 (s. unten 329, A. 2) gesetzte Gespräch
iuvenis admodum mitangehört haben will, so würde diess ungef^r auf
das 18te bis 20Bte Lebensjahr (somit Geburt um's Jahr 56 — 59) führen, da
Tacitus selbst (Agr. 7) den 18 — 19jährigen Domitian gleichfalls als iuvenis
admodum bezeichnet. -Doch gebrauchen andere Schriftsteller denselben
Ausdruck auch von 21— 23jährigen Personen. Agr. 9: consul (J. 77 = 830)
egregiae tum spei filiam iuveni mihi despondit ac post consulatum (also
J. 78) coUocavit et statim Britanniae praepositus est. Kinder scheint Ta-
citus aus dieser Ehe wenigstens zur Zeit des Todes von Agricola nicht
gehabt zu haben, da solche in dem Epilog des Agricola nicht wohl hätten
übergangen werden können.
5. Rednerische Bildung und Thätigkeit. Dial. 2: M. Aper et lulius
Secundus (oben 310, 3 f.), . . quos ego in iudiciis non utrosque modo
studiose audiebam sed domi quoque et in publico assectabar, mira studio-
rum cupiditate et quodam ardore iuvenili etc. Vielleicht war Quintilian
(oben 320, 4) auch des Tacitus Lehrer. Vgl. Plin. Ep. VII, 20, 4: equidem
adolescentulus, cum iam tu fama gloriaque (als Redner) floreres, te sequi,
tibi „longo, sed proximus, intervallo^' et esse et haberi coücupiscebam.
IV, 13, 11 an Tac.: rogo ut ex copia studiosorura quae ad te ex admira-
tione ingenii tui convenit circumspicias praeceptores quos sollicitare pos-
simus. IX, 23, 2: numquam maiorem cepi voluptatem quam nuper ex ser-
mone Corneli Taciti. narrabat sedisse se cum quodam circensibns proxi-
mis. hunc post varios eruditosque sermones requisisse: „Italiens es an
provincialis?" se respondisse: „nosti me, et quidem ex studiis." ad hoc
328. Tacitus. Leben und Charakter. 737
illum: „TacituB es an PliniusV" Von philosophischen Systemen kennt Tac.
das epikureische und stoische; tief können aber seine Studien hierin nicht
gegangen sein; s. Agr. 4 (oben 48, 2). Reden; s. Pliii. Ep. II, 1, 6: lau-
datus est (Verginius Rutns) a consule Cornelio Tacita; nam hie supremus
felicitati eins cumulus accessit, laudator eloquentissimus. Derselbe U,
11, 2: ego et Cornelius Tacitus, adease provincialibus (von Africa) iussi
(J. 100); 11, 17: respondit Cornelius Tacitus eloquentissime et, quod exi-
mium orationi eins inest, asfivwg. 11, 9: quod ego et Tacitus iniuncta^d-
vocatione diligenter et fortiter functi essemus.
6. Politische Laufbahn. Eist. I, 1: dignitatem nostram a Vespa-
siano (f 79 n. Chr.) incohatam, a Tito (Juni 79 bis Sept. 81) auctam, a
Domitiano (J. 81 — 96) longius provectam non abnuerim. Den Anfang
pflegte die Quästur zu machen, welche Tacitus sonach spätestens J. 79
bekleidete; und diese setzte ein Alter von mindestens 25 Jahren voraus,
was also auf J. 54 als (spätestes) Geburtsjahr führen würde. Daher be>
zieht Fr. Haase die incohata dignitas auf den XXviratus, L. Ürlichs (de
Agr. p. 25. Festgruss S.,5 f.) auf den XVviratus. Die nächste Stufe nach
der Quästur war das Yolkstribunat oder die Aedilität. Agricola hatte das
Volkstribunat bekleidet (Agr. 6); vielleicht dass aber aucta eher für die
Aedilität des Tacitus spricht. Dieses zweite Amt muss Tacitus spätestens
J. 81 inne gehabt haben. Unter Domitian verzögerte sich seine Beför-
derung (zur Prätur). A. XI, 11: is quoque (Domitianus) edidit ludos sae-
culares (septimos Domitianus se XIY et L. Minucio Eufo coss., anno
DCCCXXXXI, Censorin. d. n. 17, 11 ; also J. 88 n. Chr. = 841 d. St),
iisque intentius affui sacerdotio quindecimvirali praeditus ac tunc praetor.
— Von Agricola, welcher im August 93 starb, Agr. 45: nobis tarn longae
absentiae (von Rom, wohl aus amtlichem Anlass, etwa als prätorischer
Legionslegat in Germanien) condicione ante quadriennium amissus est.
Bald [darauf jedoch muss Tacitus nach Rom zurückgekehrt sein, wegen
Agr. 45: mox (nach Agricola's Tod) nostrae duxere Helvidium in carceiem
manus, nos Maurici Rusticique visus, nos innocenti sanguine Senecio per-
fudit. . . praecipua sub Domitiano miseriarum pars erat videre et aspici.
Consulat unter Nerva, J. 97, s. A. 6. Hadrians Regierungsantritt (Aug.
117) scheint Tac. noch erlebt zu haben, aber zwischen 117 u. 120 gestorben
zu sein; wenigstens blieb die Absicht (A. IV, 24) auch die Geschichte der
augusteischen Zeit ^u schreiben unausgeführt.
7. Seine eigene Ansicht über das Verhältniss zur Vergangenheit
spricht wohl Tacitus aus durch den Mund des C. Cassius, A. XIV, 43:
saepdnumero, P. C, in hoc ordine interfui cum contra instituta et leges
maiorum nova senatus decreta postularentui , neque sum adversatus, non
quia dubitarem super omnibus negotiis melius atque rectius olim provisum
et "quae converterentur in deterius mutari, sed ne nimio amore autiqui
moris Studium meum extollere viderer. simul quidquid hoc in nobis aucto-
ritatis est crebris contradictionibus destruendum non existimabam, ut
maueret integrum si quando resp. consiliis eguisset. ^aum in Widerspruch
hiemit steht das A. UI, 55 im eigenen Namen als Möglichkeit Ausgespro-
chene: nisi forte rebus cunctis inest quidam velut orbis . . nee omnia apud
Tevffbl, BOm. LUeratturgeschicbto. 2. Aufl. 47
738 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
priores meliora, sed nostra quoque aetas multa laudis et artium imitanda
posteris tulit. Vgl. H. I, 3 in. Besonders bitter wird Tac. bei Missbrauch
der grossen Vergangenheit zur Motivierung kleinlicher Quälereien in der
neuen Zeit, z. B. A. III, 66. IV, 19. Antiquus und priscus ist bei ihm
immer ein Lob ,(z. B. H. 11, 6. 64. A. VI, 32). Bezeichnend ist auch die
Wärme der Aeusserung A. III, 60: magna eius diei species fuit, quo sena-
tus maiorum beneficia, sociorum pacta, regum etiam . . decreta ipsorum-
que numinum religiones introspexit, libero, ut quondam, quid firmatet
mutaretve. Ueberhaupt ist des Tacitus Denkweise aristokratisch bis zum
VoruHeil; das adelige Blut an sich hat in seinen Augen hohen Werth;
s. A. IV, 3. VI, 27 in. XIV, 14. Ohnehin Sklaven und Barbaren gegen-
über theilt er alle Vorurteile des Römei-a (z. B. A. I, 76. II, 86. XI, 36;
auch Germ. 23. 33. Hist. V, 2 ff. 13) und zeigt nur- selten (wie Agr. 30.
A. U, 88. IV, 72) einen offenen Sinn für fremdes Unabhängigkeitsgefühl.
8. Von den drei möglichen Verfassungen (cunctas nationes et urbes
populus aut primores aut singuli regunt, A. IV, 33) ist die republikanische
nach Tac. entschieden die freiheitlichere (A. VI, 42), aber im Interesse des
inneren Friedens (Dial. 36. Bist. I, 1) und in Folge der Gesunkenheit der
Zeit (H. II, 37) sowie der ungeheuren Ausdehnung des Reichs (H. II, 38)
zur Unmöglichkeit und die Monarchie zur Nothwendigkeit geworden
(H. I, 16). Dem gegenüber muss der Einzelne sich resignieren, Dinge
und Menschen nehmen wie sie sind (z. B. bonos imperatores voto expetere,
qualescumque tolerare, H. IV, 8 vgl. 74) und durch die schwierigen Ver-
hältnisse mit Klugheit ''sich so hindurchzuwinden suchen dass er weder
seine Ehre offen schädigt noch auch sich ernstlichen Gefahren aussetzt,
einen Mittelweg einschlägt inter abruptam contumaciam et deforme obse-
quium (A. IV, 20). .Männer welchen diess gelungen war, gemässigte Libe-
rale welche dem Bestehenden „Rechnung trugen", ihrem Freisinn Zügel
anlegten (modum et temperamentum adhibere, Dial. 41. A. IV, 20), non
contimiacia atque inani iactatione libertatis famam fatumque provocabant
(Agr. 42), utilia honestis miscebant (Agr. 8), finden daher bei Tacitus volle
Anerkennung; so Man. Lepidus (A. IV, 20. VI, 27), L. Piso (A. VI, 10),
C. Cassius (A. Xü, 12. XIV, 43), Agricola (Agr. 8, 42). Dagegen Männer
wie Helvidius Priscus (H. IV, 6) und Paetus Thrasea (A. XIV, 12) sind
nicht nach seinem Herzen; er setzt zwar niemals Solche herunter welche
für ihre Ueberzeugungen zu sterben wissen (vgl. A. IV, 34 f. XV, 57.
XVI, 16), aber es ist doch als fühlte er dass neben solchen Männern der
That die Männer der heimlichen Feder nicht in gleichem Glänze dastehen.
Im Ganzen handelte er unter Domitian nach dem Worte des erfahrenen
Seneca (Ep. 14, 7): sapiens numquam potentium iras provocabit, immo
declinabit, non aliter quam in navigando procellam. (ib. 8:) sapiens noci-
turam potentiam vitat, hoc primum cavens ne vitare videatur. pars enim
securitatis et in hoc est non ex professo eam fugere, quia quac quis fugit
damnat. Vgl. oben 282, 1 E.
9. Der Anblick wie der Despotismus mit fatalistischer Gewalt um sich
greift und das Edelste, wenn es ihm in den Weg tritt, zermalmt wird,
während der welcher tausendmal den Tod verdient hätte spät oder nie
328. Tacitus. Leben und Charakter. 739
von der Eache ereilt wird , macht den Geschichtschreiber oft irre an der
göttlichen Gerechtigkeit; er sucht in der tiefen Nacht nach einer Götter-
hand die ihn ans Licht leite, und findet keine. Was er sieht läset ihn nur
auf Gleichgültigkeit oder gar Grollen der Götter gegen die Menschheit
schliessen. H. I, 3: adprobatum est non esse curae deis securitatem nostram,*
esse ultionem. II, 38 : eadem illos deum ira, eadem hominum rabieq, eaedem
scelenun causae in discordiam egere. III, 72: propitiis, si per mores
nostros liceret, deis. A. IV, 1: deum ira in rem Rom. XVI, 33: aequi-
täte deum erga bona malaque documenta. XIV, 12: quae (prodigia) adeo
sine cura deum eveniebant ut multos post annos Nero iöiperium et scelera
continüaverit. Vgl. Eist. I, 86. IV, 26. Bei dieser Ansicht über die Pro-
digien thut Tacitus auch selten ihrer Erwähnung. Nur in den Hist. (z. B.
I, 18. II, 50. III, 66. V, 13) und den letzten Büchern der Ann. (XII, 43. 64.
XIV, 32. XV, 7. 47) thut er es mancljmal, vielleicht veranlasst durch seine
Quelle. Auch in dieser Inconsequenz zeigt sich dass Tac. ein philosophi-
sches System nicht hat; am häufigsten trifft er jedoch in seiner Welt-
anschauung mit der Ethik der Stoa zusammen.
10. Literatur über die politischen und religiösen Ansichten des Tacitus.
Süvem S. 128 ff. C. Hoffmeister, Weltanschauung des Tac. S. 13 ff. 78 ff.
C. Zell, Ferien Schriften III. S. 67 — 129. Kirschbaum, quid Tac. senserit de
rebus publicis, Jena 1856. F. Haase., praef. p. XXX — XLIX. C. Nipperde y
Ausg. der Ann. S. XII— XVI. Stäudlin, \iber die Philosophie und Denkart
des Tac., in Conz' Beiträgen 1786. S. 144 ff. und in Stäudlin's Geschichte
des Skepticismus U. S. 297 ff. J. Eynaston, de impietate Tacito falso ob-
iectata, Oxford 1761. 4. J. C. Wolf, de divina mundi moderatione e mente
Taciti, Fulda 1830. F. H. A. Haage, Tac. ab impietatis crimine vindica-
tus, ad Hist. I, 3. Lüneburg 1840. 4. F. A. Scharpff, Darstellung der
politischen und religiösen Ansichten des Tac., Rottweil 1843. 4. Kahlert,
Taciti sententiae de diis et deorum regimine, Breslau 1844, Neustadt 1847. 4
Fabian, quid Tac. de numine divino iudicaverit, Bresl. 1852. J. Baumanu,
in Jähn's Jahrbb. LXXIX. S. 257—281. J. G. Pfaff, die Ansichten des Tac.
über das sittlich Gute, Marburg 1858. Fr. Voigtland, quid senserit Tac.
de divina rorum humanarum moderatione, Schleusingen 1870. 19 pp. 4.
11. Als Quellen nennt Tacitus die acta diurna (A. III, 3. XIII,' 31.
XVI, 22), die acta senatus (A. V, 4. XV, 74), Agrippinac commentarii
(A. IV, 53), G. Plinius (H. HI, 28. A. I, 69), Corbulo (A. XV, 16), Vipstanus
Messala (H. 111, 25." 28), Cluvius (A. Xül, 20. XIV, 2), Fabius Rusticus
(A. Xm, 20. XIV, 2. XV, 61), Sisenna (H. III, 51). In der Regel aber
spricht er nur im Allgemeinen von scriptores annalium (A. IV, 53), scripto-
res senatorcsquc eorundem temporum (A. II, 88), celebemmi auctores
(H. III, 51), plurimi maximeque«fidi auctores (A. IV, 10), temporum illorum
scriptores (A. XII, 67. XIII, 17), temporin eius auctores (A. V, 9 u. sonst),
scriptores temporum qui monumenta huius belli composuerunt (H. IT, 101),
oder omnes, plerique, plurimi, multi, quidam, alii auctores tradunt. Auch
auf mündliche Quellen beruft er sich nicht selten (A. III, 16: audire me
memini ex senioribus; vgl. XI, 27. XV, 41. 73). Bei Differenzen unter
seinen Gewährsmännern entscheidet er sich entweder für das Bestbeglau-
47*
740 Die Kaiaerzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
bigte oder für das innerlich Wahrscheinlichere; z. B. A. IV, 11: haec vulgo
iactata, snper id quod noUo auctore certo firmantur, prompte refutaveris
(als sachlich unwahrscheinlich; vgl. XIY, 2). Häufig suspendiert er sein
Urteil (H. ü, 28. A. I, 81. V, 10. VI, 7. XIII, 20), anderswo aber stellt er
das Ergebniss seines eigenen Nachdenkens oder Forschens den Berichten
seiner Quellen gegenüber (H. II, 101: scripto'res . . tradiderunt. nobis vi-
dentur. A. II, 37: invenio apud quosdam auctores, . . ego reor. Vgl. ib.
VI, 7). Vgl. im Allgemeinen Meierotto, de fontibus quos* Tac. . . videatnr
secutus, Leipz. u. Berl. 1795. fol. H. Justus, de fide Taciti, Zittau 1827.
Bötticher, lex. Tac. p. XIX — XXIII. R. £. Prutz, de fontibus quos in con-
scribendis rebus a Tiberio usque ad mortem Neronis gestis auctores secuti
videäntur, Halle 1838. L. Schiller in Mützell's Zeitschr. f. Gymn. VU. 1853.
S. 280 — 291. Friedlieb, über Josephus, Tacitus, Sueton und Dio als Quellen
zur Eenntniss christlicher Zustände, in Th. Wiedemanns Ostreich. Viertel-
jahrsschrift für kathol. Theologie I (1862). Breichau, de fontium delectu
quem in Tiberii vita moribusque describendis Velleius, Tacitus, Snetonins,
Dio habuerunt, Königsberg 1865. Mommsen, im Hermes IV. S. 316 f. 325.
Nissen, Rhein. Mus. XXVI. S. 509 ff. 540. Vgl. A. 14 f.
12. Pragmatismus: ut non modo casus eyentusque rerum, ^ui plerumque
fortuiti sunt, sed ratio causaeque noscantur (H. I, 4). Ueber das Verhältniss
aber worin der Zufall zur menschlichen Freiheit und zur Nothwendigkeit
des Fatums stehe äussert Tacitus widersprechende Ansichten; s. Süvern
S. 126—134. Hoffmeister, Weltanschauung 8. 114 f. 117—121. Nipperdey
S. XH— XIV. Vgl. z. B. A. lU, 18: mihi, quanto plura recentium seu ve-
terum revolvo, tanto magis ludibria rerum mortalium cunctis in negotiis
obyersantur. IV, 20: dubitare cogor, fato et sorte nascendi . . an sit ali-
quid in nostris consiliis. V, 4: fatali quodam motu . . seu prava soUertia.
VI, 22: mihi haec ac talia audienti in incerto iudicium est fatone res
mortalium et necessitate imniutabili an forte yolvantur. Häufig stellt
daher Tacitus die natürliche und die transcendentale Erklärung unvermit-
telt neben einander (z. B. Varus fato et vi Arminii cecidit, A. I, 55 vgl.
Siivem S. 131, A. 2) oder den fatalistischen und den theistischen Ausdruck
(z. B. fatum et ira dei, H. IV, 26. Hoffmeister S. 109 f.). Ueberwiegend
aber entscheidet- er sich für die immanenten Erklärungsgründe, und nur
wo er solche nicht klar erkennt denkt er an ein Einwirken des Fatums.
13. Der Despotismus bildet in seiner Umgebung eine Virtuosität der
psychologischen Beobachtung aus. Ausser Standes sich nach aussen aus-
zuleben, wühlt sich das Individuum um so tiefer in das eigene Innere ein;
und darauf angevriesen aus den. Mienen des Despoten eigenes wie fremdes
Schicksal herauszulesen gewinnt esTFebung in der Symptomatik des Seelen-
lebens und lernt es in den Irrgängen einer Menschenbrust sich zurecht-
zufinden. Diese Virtuosität besitzt Tacitus in ganz ungewöhnlichem Grade;
feine psychologische Bemerkungen finden sich bei ihm in grosser Zahl, wie
z. B. A. IV, 3: neque femina amissa pudicitia alia abnuerit. Agr. 42: pro-
prium hümani ingeni est odisse quem laeseris. A. XII, 67: band ignarus
summa scelera incipi cum periculo, peragi cum praemio. V, 2: facetiis
acerbis, quarum apud praepotentes in longnm memoria est. H. I, 56: quod
328. Tacitus. Leben und Charakter. 741
in 8editionibu3 accidifc, unde plures erant omnes faere. Besonders aber hat
Tacitus "seine Stärke im Aufspüren der geheimsten Triebfedern des Han-
delns, im Entlarven der Heuchelei , in anatomisch genauem Beschreiben
der Zustände und Vorgänge der Seele, in feiner und treifender Charakter-
istik. Berühmt ist namentlich seine Nachweisung wie Tiberius aus einem
ursprünglich guten Regenten allmählich zu einem Scheusal geworden sei.
Vgl. oben 270, 1. Die Schwarzsichtigkeit des Tac. zeigt sich jedoch auch
hiebei, indem er selbst im ersten Stadium des Tiberius seine unzweifelhaft
guten Handlungen nur als Heuchelei auffasst. Indessen hat Tacitus für
das Edle und Grosse sich einen offenen Sinn bewahrt. Ein entschiedener
Liebling von ihm ist Germanicus; aber auch in niedrigeren Sphären hebt
er gern das Gute hervor (z. B. H. HI, 23. IV, 50). Das gemütliche Interesse
überwiegt sogar über das historiographische und lässt den Tac. oft versäumen
den sachlichen Zusammenhang der Begebenheiten darzulegen. Bis zur
Parteilichkeit geht aber jenes Interesse nicht; seinem Vorsatze sine ira et
.studio (A. I, 1) zu schildern ist er, Alles in Allem gerechnet, treu geblie-
ben. Vgl. auch Fechner, de Taciti historica arte iis conspicua quae de
Germanico et Seiano memoriae prodita sunt, Bromberg 1867. 4.
14. Hist. II, 50: ut conquirere fabulosa et fictis oblectare legentium
animos procul gravitate coepti operis crediderim, ita volgatis traditisque
demere fidem non ausim. Auch historische Excurse sind daher verhält-
nissmässig selten, finden sich aber z. B.. H. II, 3. 38. III, 72. IV, 83 f. V, 2 ff.
A. III, 26 ff. (de principiis imis). VI, 11 (praefecti urbis). 12 (libri sibyl-
lini). 16 (leges fenebres). 21 f. (Astrologie). XI, 22 (Quästur). Reden von
dem Umfange derer im Agr. kehren in den späteren Schriften gleichfalls
nicht wieder ; kürzere z. B. H. I, 83 f. II, 76 f. IV, 42. 58. 64 f. 73 f. A. I,
42 f. 58 f. II, 37 f. 71. IH, 12. 50. IV, 34 f. 37 f. V, 6. VI, 8; in or. obliqua
A. 11^ 14 f. 45 f. Darlegung der Beweggründe des Handelns in Rede und
Gegenrede z. B. A. II, 76 f. Urkunden (bes. Briefe) A. IH, 16. 53 f. IV, 39 f.
Wie hierin seine Behandlung wesentlich die rhetorische ist, so auch in
seiner Geringschätzung des Details. A. III, 65: exequi sententias (Senats-
abstimmungen) haud institiü nisi insignes per honestimi aut notabili de-
decore, quod praecipuum munus annalium reor ne virtutes sileantur utque
pravis dictis factisque ex posteritate et infamia metus sit. Vgl. XIH, 31
(cum ex dignitate populi rom. repertum sit res illustres amlalibus, talia
diurnis urbis actis mandare). Namentlich auf die militärischen Operationen
wird geringe Sorgfalt verwendet.
15. Leidenschaftlich wird Tacitus nie; diess wäre ein schwerer Ver-
stoss gegen die römisch-aristokratische Grandezza und würde ebenso wenig
stimmen zu der Gedrücktheit der Zeit in welcher er lebte und schrieb.
Sein Ton ist daher bei aller Gehobenheit doch zugleich gedämpft und lässt
sich weder durch Hass noch Abscheu oder Verachtung über die Linie des
Masses hintiusdrängen. Auch theilt Tac. die Scheu der Rhetorik vor den
eigentlichen Ausdrücken, und hässliche Dinge sind seiner vornehmen Art
zuwider. Dagegen verschmäht er weder rhetorische noch poetische Blumen;
namentlich an Vergil finden sich viele Anklänge; s. E. Wölfflin, Philologus
XXVr. S. 130—132. A. Dräger, Syntax u. Stil des Tac. S. 104—106.
742 . I^ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
16. Die Haupteigenthümlichkeiten des Stils vqp Tacitus sind (nach
W. Bötticher) varietas, brevitas, poeticus color. Dass diese nicht von An-
fang an in gleichem Masse und gleicher Weise vorhanden sind, überhaupt
der Stil des Tac. erst in deil Annalen die Höhe seiner Eigenthümlichkeit
erreicht hat, und dass er auch nach Stimmung und Gegenständen (z. B.
Erzählung oder Reden) mehrfach variiert, ist schon öfters bemerkt, im
Einzelnen aber nachgewiesen worden durch E. Wölfflin, Philologus XXV.
S. 92—128. 133 f. Sonstige Literatur über Stil und Sprache des Tacitus:
Lundblad (Lund 1789. 4.), J. G. Buhle (Braunschweig 1817), Günther im
Athenäum ü, 2. S. 262 ff. J. E. Wernicke, de elocutione Taciti, Thorn
1829. 4. 1830. 8. K. L. Roth, Tac. synonyma et per figuram £v dia dvoCv
dicta, Nürnberg 1826. 4. und in den Excursen zu seiner Ausg. des Agricola.
N. Bach vor dem zweiten Bd. seiner Ausgabe. W. Bötticher, Lexicon Taci-
teum; Berlin 1830. L. Döderlein, vor seiner Ausg. II. 1847. p. XXII— L VIII.
Jungclaussen , de Tac. sermonis proprietate, Kiel 1848. 4. C. J. Grysar,
Andeutungen über die Eigenthümlichkeiten in der Darstellung und Lati-
nität des Tac, Zeitschr. f. Ostreich. Gymn. IV. 1853. S. 1—42. Nipperdey
vor seiner Ausg. der Ann. S. XX — XXIV. C. Göbel, de* poetico Tacitei
stili colore, Berlin 1859. 39 pp. 8. P. Joachim, nonnulla de elocutione
Taciti, I. Görlitz 1862. 4. U. Zernial, selecta quaedam capita ex genetivi
usu Taciteo, Göttingen 1864. 96 pp. 8. und Nonnulla de elocutione T., Burg
1868. 4. F. Hüttemann, de usu subiunctivi relativi et absoluti apud Taci-
tum, Münster 1864. Ph. Spitta, de Tac. in componendis enuntiatis ratione, 1.
Göttingen 1866. 160 pp. 8. E. Wölfflin, ein verkannter Gräcismus bei Tac.
(tamquam und quasi = cag), Philologus XXIV. S. 115 — 123. M. Morgenroth,
de condicionalium sententiarum apud Tac. formatione, Salzungen 1868.
P. Czensny, de infinitivo Tac. I. Breslau 1868. R. Schmidt, de ellipsi ta-
citina, Hamburg 1870. 17 pp. 4. A. Greef, de praepositionum usu ap. Tac. I.
Gotting. 1869. 56 pp. A. Gerber, nonnulla de usu praeposit. ap. Tac.,
Glückstadt 1871. 31 pp. 4. H. C. Mauö, de praepos. Ad usu taciteo, Götti.
1870. 72 PI). A. Gerber, de particularum quadam in sermone Taciti pro-
prietate, Kaschau 1863. 4.; und De particula an, Pcsth 1865. 4. C. Sirker,
taciteische Formenlehre, Berlin 1871. 64 S. A.A. Dräger, über Syntax und
Stil des Tac., Leipzig 1868. Storch, Bemerkungen zur Grammatik des Tac.,
Memel 1868. 4.
, 17. Literatur über Tacitus im Allgemeinen. Meierotto de . . Taciti
moribus, Berlin 1790. fol. Hegewisch, über den schriftstollerischon Charak-
ter des Tac, in seinen historischen und liter. Aufsätzen (Kiel 1801) S. 70 ff.
.J. S. Gestrich, diss, de vita et scriptis Taciti, Lund 1805. W. Bötticher, de
vita, scriptis ac stilo Taciti, Berlin 1834. N. Bach, Corn. Tac, eine biogra-
phische Untersuchung, Allg. Schulztg. 1831. II. Nr. 105 — 109; nebst den
Nachträgen dazu Ebds. 1832. Nr. 129 f., auch vor seiner Ausgabe T. I. Conz,
über die historische Kunst der Alten, im Museum für classische Literatur
(Zürich 1795), S. 151 ff. Ancillon, Me'langes (Paris 1809) 1. p. 239 ff. F. Roth,
über Thukydides und Tacitus vergleichende Betrachtungen, München 1812. 4.
= Sammlung etlicher Vorträge (Frankfurt 1851) S. 1 ff. Süvern, über den
Kunstcharakter des T., in den Abh. der Berl. Akad. 1822—23. (Berlin 1825)
S. 73—136. K. Th. Welcker, Festreden u. s. w. (Freiburg 1828) S. 68 ff.
328 f. TacituB. Leben und Charakter. Schriften: dialogus. 743
•
K. IIofFmeister, die Weltanschauung des T., Essen 1831. Lerminier, fitudes
d'hißtoire I. p. 188 iF. A. C. v. Heusde, comm. de Hooftio et Tacito, Gro-
ningen 1838. 4. N. Liebert, de doctrina Taciti, Würzburg 1868. W. Böt-
ticher, Prolegomena vor seinem Lexicon Taciteum (Berlin 1830) p. I — CII;
Prophetische Stimmen aus Rom, oder das Christliche im Tac. u. s. w., Berl.
1840. 3 Thle. R. v. Bosse, über und wider T. den Geschichtschreiber, in
Jahn's Archiv XI. S. 452 — 467. F. D. Gerlach, römische Geschichtschreiber
(Stuttgart 1855) S. 197 — 207. Th. Finck vor seiner Ausgabe der Germania
(1857) S. 1—224. P. Dubois-Guchan, Tacite et son siöcle, Paris 1862. 2 Bde.
F. Savalcte, fitude sur Tacite, Paris 1864. Daunou in der Biographie uni-
verselle XLIV. p. 185 ff. Naudet in Höfer*s Nouvelle biographie generale
XLIII. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 1568—1578 und: Ueber
Sallustius und Tacitus (Tübi. 1868. 4.) S. 22—47. Nipperdey (S. IH— XXIV)
und F. Haase vor ihren Ausgaben.
329, Die erhaltenen Schriften des Tacitus sind in der3l6
* Ordnung ihrer Abfassung folgende:
1) Dialogus de oratoribus, verfasst unter Titus oder zu
Anfang der Regierung des Domitian, ein Versuch den Zerfall
der Beredtsamkeit seit der Kaiserzeit zu erweisen und zu erklären,
eingekleidet in die Form eines Gespräches zwischen literarischen
Berühmtheiten der Zeit des Vespasian. Die geistreiche Schrift
zeigt dieselben sittlichen und politischen Grundanschauungen,
dieselbe Feinheit ^er psychologischen Beobachtung und Charakter-
zeichnung wie die späteren Arbeiten des Tacitus; aber die Schärfe
ist noch nicht zur Bitterkeit geworden; sie lässt sogar noch
künstlerischer Heiterkeit Raum. In ihrer Stilisierung ist die
Schrift ein anziehendes Denkmal derjenigen Periode des Tacitus
wo er, frisch vom Studium der rhetorischen Schriften Cicero's
herkommend, deren Fülle und Rundung nachzubilden suchte.
Nichtsdestoweniger verräth sie in unzähligen Wendungen und
Constnictionen unwillkürlich den Schriftsteller des ersten christ-
lichen Jahrhunderts und hat auch mit den nächstverfassten Schrif-
ten des Tacitus sehr viele Berührungspunkte. Uebrigens stammen [
alle auf uns gekommenen Handschriften aus derselben Quelle, und
haben daher alle am Schlüsse von c. 35 dieselbe grössere Lücke.
1. Die einseitige Hervorhebung der Abweichungen der Schrift von der
späteren taciteischcn Schreibweise, unter Verkennung ihrer Erklärungsgründe
und der fast nicht minder grossen ücbereinstimmung (welche neuerdings
besonders von Fr. Weinkaüff im Einzelnen nachgewiesen worden ist), hat
seit J. Lipsius Viele veranlasst den dialogus dem Tacitus abzusprechen und
an allen möglichen andern Verfassern herumzurathen, wie dem Jüngern Pli-
nius (Eckstein Prolegg. p. 46 ff. Fr. Hesse, de Plinio minore dialogi de orr.
744 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
auctore, Magdeburg 1831. 4. A. Wittich in Jahn's Archiv 1839. V. S. 259—292.
J. J. Kramarczik, Heiligenstadt 1841. 4.), Sueton (Eckstein p. 44 ff.), Quin-
tilian (Eckstein p. 52 ff.), ynd doch bezeugt — worauf zuerst A. G. Lange,
Vermischte Schriften p. 5 — 7, aufmerksam gemacht hat — Plinius selbst,
und in einem^ Briefe an Tacitus selbst, den taciteischen Ursprung, da Ep.
IX, 10, 2 (poemata quiescunt, quae tu inter nemora et lucos commodissimc
perfici putas; vgl. ib. I, 6, 2 f.) unverkennbar auf dial. 9. 12 hindeutet.
In der ganzen Zeit ist Niemand dem wir das Talent und. den Charakter zu-
trauen dürften dass wir ihn für den Verfasser des dialogus halten könnten.
Wohl aber hat dieser in allem was über der ciceronisierenden Oberfläche
hinausliegt die grösste Aehnlichkeit mit den übrigen taciteischen Schriften.
Daher stimmen heutzutage so ziemlich alle Forscher für den taciteischen
Ursprung der Schrift. Literatur über die Frage. A. G. Lange, in den
acta semin. Lips. I. p. 77 ff. = Vermischte Schriften p. 3 — 14 ^ vorDronke's
AusgaTDe p. XVI ff. H. Gutmann, diss. qua Tacitum dialogi de or. scripto-
rem non esse demonstratur , in Orelli's Ausgabe p. 101 ff.; in seiner Ueber-
setzung (Stuttgart 1830) S. 145 ff., und in Jahn's Archiv XV. S. 139—166
(über A. Düpr^'s Beweis dass der Dialog etc. von Tacitus geschrieben sei).
F. A. Eckstein, Prolegg. p. 62 ff. H. C. A. Eichstädt, de dialogo qui in-
scribitur de orr., Jena 1839. 4. W. Teuffei, in Jahn's Jahrbb. LX'XVII. S.
285 f. und Studien u. Char. S. 437 — 439. Fr. Weinkauff, de Tacito dialogi
de or. auctore, Cöln 1857 und 1859. 4. J. G. Ek, der gegenwärtige Stand
der Frage nach dem Verfasser des dialogus, in der dänischen Zeitschrift
für Philologie, Juli 1859, S. 1—11 (Philologus XV. S. 191 f.). H. Sauppe, im
Philologus XIX. S. 256—263 nebst J. Classen in der Zeitschrift Eos L (1864)
S. 1 ff . J. W. Steiner, über den dial. de or. des Tacitus, Kreuznach 1863.
36 S. 4.
2. Die Zeit des Gespräches (zwischen Curiatius Maternus, M. Aper, Ju-
lius Secundüs und Vipstanus Messala) wird c. 17 in sextam iam (J. 75 = 828;
L. Urlichs imFestgruss der Würzburger philol. Ges., Würzburg 1868, S. 1 — 16:
VIP", also J. 76) felicis huius principatus stationem qua Vespasianus remp.
t'ovet gesetzt. Damals will der Verf. iuvenis admodum gewesen sein (s. oben
328, 4), war also zur Zeit der Abfassung viel älter. Auch spricht der Frei-
mut welcher in der Schrift bewiesen ist für die Abfassung unter einem
milden Regenten, etwa unter Titus, J. 81, oder in der letzten Regierungs-
zeit Vespasian's, spätestens in den ersten (guten) Jahren des Domitian.
Genauere Anhaltspunkte für Bestimmung ihrer Abfassungszeit bietet die
Schrift nicht; doch muss sie der Abfassung des Agricola ziemlich voraus-
liegen, da in diesem bereits wesentlich verschiedene stilistische Grundsätze
und Muster befolgt sind. Vgl. W. Teuffei, Studien u. Char. S. 439 — 441.
3. Neben dem allgemeinen culturhistorischen Zwecke verfolgt die Schrift
wohl auch noch einen persönlichen, die Gründe anzugeben warum Tacitus,
trotz seiner umfassenden rednerischen Studien und Uebungen, schliesslich
doch nicht der Laufbahn des Redners sich vorzugsweise zugewendet, son-
dern die stille Wirksamkeit des Gelehrten und Schriftstellers vorgezogen hat.
Die Einwirkung jener Vorbildung, hauptsächlich im Anschlüsse an Cicero,
zeigt sich am stärksten im dialogus (vgl. A. Dräger, über Syntax und Stil
329. Tacitus. Schriften: dialogus. 745
des Tac.f S. 103 f.) ; aber auch in den. späteren Scliriften des Tacitus ist sie
vorbanden, nur in immer abnehmendem Masse, bis das späteste Werk des-
selben, die Annalen, auf dem entgegengesetzten stilistischen Frincip, der
Zerhacktheit und epigrammatischen Zuspitzung, angelangt ist.
4. Die Quelle sämmtlicher Handschriften des dialogus, sowie der
Germania und des suetonischen Bruchstückes de grammaticis et rhetoribus,
ist mittelbar eine Fuldaer Hds. saec. VIII oder IX, unmittelbar aber eine
Abschrift von dieser (etwa aus saec. XIII), welche Henoch aus Ascoli wahr-
scheinlich im Kloster Hersfeld fand (L. Urlichs, Eos Ü. S. 230. 351 ff.) und
(wohl nur in einer Abschrift, X) um's J. 1457 nach Italien brachte, wo der
Fund alsbald weiter vervielfältigt wurde. Daraus stammt Vaticanus 1862
(A, bei Reifferscheid V) und (durch Vermittlung der Abschrift des Pontanus)
Leidensis XVIII (B , bei Reifferscheid L) , aus einer mit mehr Verstand und
Willkür angefertigten (Y) die übrigen, insbesondere der Neapolitanus oder
Farnesianus (C, bei Reifferscheid N). Vgl. unten 331, 5. Reifferscheids Sue-
ton p. 409—417. A. Michaelis vor s. Ausg. des dial., bes. p. VIII— XIX. —
G. Thomas, über einen codex Venetus zum Dialog und zur Germania des
Tacitus, Münchner Gel. Anz. 1853, Nr. 1 f.
5. SondiBrausgaben. Cum varr. notis ed. E. Benzel, üpsala 1706. Rec.
et illustr. C^ A. Heumann, Gotting. 1719. Ed. et ill. I. H. A. Schulze, Lips.
1788. Text von G. Seebode, Gotting. 1813. Hannover 1816. Rec. et annot.
instr. E. Dronke, Coblenz 1828. Rec. et ann. crit. instr. F. Osann, Giessen
1829. Repurg. op. J. C. Orelli, Zürich 1830; cum nova coUatione cod. Pe-
rizoniani (Leidensis), Zürich 1846. 4. Ed. illustr. W. 'Bötticher, Berol. 1832.
Recogn. Fr. Ritter, Bonn 1836. 1859. Recogn. var. lect. et ann. instr. Ph.
C. Hess, Lips. 1841. Mit erkl. Anm. von C. Ph. Pabst, Leipzig 1841. Ed.
L. Tross (mit der Germania), Hamm 1841. Ad Codices denuo conlatos re-
cogn. A. Michaelis, Lips. 1868.
6. Beiträge zur Textkritik von Dryander (Coniecturae in dial. de orr.,
Halle 1851. 4.), L. Spengel (Spec. emend., München 1852. 4. p. 9— -15), C. L.
Roth (Stuttgarter Correspondenzblatt 1854, S. 9 — 16. 19—25), L. Schopen
(Diorthotica in Tac. dial., Bonn 1858. 4. u. Anfang einer Ausg. ex rec. L.
Seh., Lips. 1859! 16 pp.), Nipperdey (Rhein. Mus. XIX. S. 270—292. 559—
590), C. Halm (in Fleckeisens Jahrbb. LXXXIX. S. 148 — 151), F. Ritter
(Rhein. Mus. XX. S. 518—532. XXI. S. 534—550), G. Andresen (in Ritschis
Acta soc. phil. Lips. I, 1. 1871. p. 103 — 182), K. Meiser (Eichstätt 1871)
S. 5—34.
7. J. F. Klossmann, Prolegomena in Dial., Breslau 1819. 8. 1833. 4.
F. A. Eckstein, Prolegomena in Tac. qui v. f. dial., Halle ,1885. 4. A. Gö-
ring, diss. de dial. d. o. praestantia, Lübeck 1829. 4. G. F. Strodtbeck,
ostenditur Materninae personae in d. d. o. obviae vultus ironious, Heil-
bronn 1831. 4. A. Westermann, Gesch. der röm. Beredtsamkeit S. 233—
241. Vidal, in Tac. d. d. o. disputatio, Paris 1850. F. Deycks, de dial.
Tac. d. or., Münster 1856. 4. A. Schaubach, de vocum quarundam quae
in T. dialogo leguntur vi ac potestate, Meiningen 1857. P. Voss in der
Tidskrift for Philologi VII. Vgl. oben A. 1 und die Einleitungen vor den
meisten Ausgaben und Uebersetzungen, sowie vor ßöttichers Lexicon Taci-
746 Die Kaiflorzeit Erates Jahrhundert. Traianus,
teum p. VJll— XIH. Andresen, d. dial. d. T. als Scbullcctöre, Bert, Ztschr,
f. Gynin. 1871, 8. 305 — 328.
8. UeLorBCtzungen ilee JialoguB von Naat (Halle 1787), Hübsch (mit
einem Real com menUr, Nürnberg I8-S7), Itomback (Ehingen 1866. 4.); mit
Agricola und Germania von W. S. Teuffet (Stuttgart 1858 f.).
1^ 330. 2} De vita et moribus lulii Agricolae liber, eine
Biographie des Schwiegervaters von Tacitus, verfasst zu Anfang
der Regierung Trajan's, J. 08 n. Chr. Durch den stark rheto-
rischen Charakter seiner Anlage wie Ausführung erinnert das
Werk an die laudationes fuaebres und an die Weise des Sallu-
etiuB, mit welchem es auch den monographischen Charakter, die
Gleicligitltigkeit gegen das äusserlich Geschichtliche und zahl-
reiche einzelne Wendungen gemein hat. Aber auch an Cicero-
nisches enthält die Schrift noch Anklänge. Im Allgemeinen ist
de^ historische Stil noch wenig entwickelt, dafür aber eine wohl-
thuende Wärme gemütlicher Theilnahme illjer das Ganze verbreitet.
1, Agr. ^: quaniquatn . . angcat quotidic felicitatcm tcmpornm Ncrva
Tiaianiis; vgl. 44: diirarc in haue fclicisüimi Bocciili Inccm ac principem
Traianiim vidore. Trajan war also bereits princfiia (nicht mehr bloB CacRai-),
somit Ncrva todt (f 27, Jan. 98), wogegen nichts beweist dauB ur nicht
divus genannt wird; a. L. Uilicha, Agr. p, 7. Der Schhixa doa gehamiach-
ten Vorworts (c. S extr.) atcllt ein grÜBsei-ea ge^chichtlichea Werk über Do-
mitians Regierung, sowie ober die Zeit dea Ncrva und Trajan (tiho die
Historien) in Aussicht, wofür diese Schrift nur eine vorläußgo Abschlags-
Kahlung ecin solle.
2. Wie die ciccronjschc l'erioüe de» Tacitus durch den L alogu so
ist seine sallustiitchc hauptHi'ichlich durch den AgrIcoU luid d Germ a
vertreten , doch so dasa auch jeno erstcre noch immer fortw kt ahe
abnehniendcm Maaae. So hat der Schluaa von Agr. 44 und d A fang on
c. 45 grosse Aehnhchkcit mit Cic. de or. Hl, 2, 8. 3, 10 f., auch |u ca t
otium (c. G, 21. 42 = Cic. de leg. agr. 11, 37, 102) und forma a figura an
mi (Agr. 46) sind ganz ciceroniachc Wendungen (TnHC, I, 16 7 nd sonst)
wie es überhaupt nicht an Flconaatischcm fehlt (E. IlQbnc m H rmes T
S. 446 f.), so wenig ala an reriodologiacbeni (c. 16. IS. 'ib a) nl c 4
extr. erinaort an Cic. pro Mur. 31, 66. Zahlreicher aind fr 1 l j tzt d
Züge welche an Sallust erinnern, und dessen Einfluss macht ch n all
weiteren Schriften des l'acitua mehr oder weniger geltend s W 1 uffol
vor der Uebersetaung (1853), S. 131 mit Anm. Bemays, Rhe n M e XVI
S. 313 f., Anm., nnd besonders E. Wölfflin, PhilologuB XXVI, 8. 122—129;
auch A. Gerber im Leutachaner Programm 1861, S. ]3 fF. Agricola und
Germania verhalten sich zu den Ilistoriae des 'l'acitua wie Sallust's Catilina
und lugurtha zu desBcn Historiae. Vgl. L. TIrlicha in der Eos 1. S. 649 tF.
An Sallust hat Tacitus offenbar seinen historiachcn Stil gebildet; und so
groaa die Virtuosität ist welche Tacitus in der ihm eigen thüm liehen Weise-
330. Tacitus' Agricola. 747
allmählich erlangt hat, so hat er sie doch erst stufenweise erreicht, und
der Agricola stellt diejenige Stufe dar auf welcher seine Selbständigkeit
noch verhältnissmässig kleiner war. Er ist ein rhetorisch -psychologisches
Gemälde ganz in der Weise des Sallust, mit dessen Proömieü, eingestreu-
ten Reden und Excursen, seinem geringen Interesse für Zahlen- und Zeit-
Angaben (c. 41 f.), mit Antithesen und aridem Figuren, auch einem regel-
rechten Epilog. Nur darf man deswegen nicht (mit E. Hübner, Hermes J.
S. 438 — 448) der Schrift den Charakter einer Biographie absprechen und
ausschliesslich den einer laudatio funebris vindicieren: sie ist^eine rhetorisch
gehaltene Biographie mit 'allgemein geschichtiichen Ausblicken. Die Rede
des Calgacus (c. 30) erinnert besonders stark an Sallust (Cat. 58, 17 f. und
den Brief des Mithridates) ; aber auch sonst lesen sich lange Partien (wie
c. 18 ff.) ganz sallustisch, und allenthalben sind sehr viele Einzelnheiten
theils Reminiscenzen aus Sallust theils Variationen nach ihm. Vgl. Urlichs
de vita Agric. (1868) p. 4 f. Dergleichen findet sich zwar auch noch in
den Annalen, aber verhältnissmässig am zahlreichsten doch im Agricola.
— Die historische Studie über Britannien und die früheren römischen Züge
dorthin, (c. 10 — 17) hat Tacitus später (Ann., bes. XIV, 29 ff.) frei verwendet
und manchfach berichtigt und erweitert.
3. Der Text des Puteolanus galt lange für die einzige authentische
Ueberlieferung. Durch Wex ist aber nachgewiesen worden dass dessen Co-
dex nichts Anderes enthielt als was die beiden vaticanischen Handschriften
aus der zweiten Hälfte des löten Jahrh. geben durch die uns der Agricola
erhalten ist, Vat. 4408 = A bei Wex, d bei Halm, und Vat. 3429 = T bei
Wex, g bei Halm, und dass alle Abweichungen hievon entweder als Con-
jecturen des Puteolanus oder als Fehler seines Abschreibers oder Setzers
zu betrachten sind. Vgl. L. Spengel, Münchner Gel. Anz. 1853, Nr. 25 — 27,
und Spec. emendationum in Tac, München 1852. 4. p. 15. 6. Kämmerer,
de indole ac pretio codd. mss. Tac. Agr. et edd. vett. usque ad Lipsium,
Breslau 1842. f hat die üeberschrift Cornelii Taciti de vita et moribus
Julii Agricolae, A Cai Coriieli T. de v. et m. I. A. Für einzelne Stellen
können die Randbemerkungen von f (M bei Wex) in Betracht gezogen wer-
den; Schenkl, Zeitschr. f, d. Ostreich. Gymn. XU. S. 421 — 437. J. Müller,
Innsbruck 1863. 4.
4. Ausgaben und Bearbeitungen: hinter den Panegyrr. latt. von F.
Puteolanus, Mailand 1476? 4. Per Phil. Pinci, Venet. 1497. fol. A M. Vir-
dungo, Nürnberg 1637. Cum notis Boxhornii ed. J. A. Bosius, Jena 1664.
Cum notis Buchneri ed. C. Schubart, Lipp. 1683. Ed. M. Engel, Lips. 1788.
Lat. und deutsch von J. Ch. Schlüter, Duisburg 1808. C. F. Renner und
J. C. Fincke, Götti. 1802; zweite Aufl. von A. Schlegel, Göttingon 1816.
Obss. ill. N. J. Bloch, Kopenhagen 1814. Ed. E. Dronke, Coblenz 1824;
ed. 2. Fulda 1843. Ed. E. H. Barker, London 1824. Textum rec. et ad ^
fid. cod. Vat. emend. U. J. H. Becker, Hamburg 1826. Ed. F. G. V. Hertel,
Lips. 1827, Ed. et ann. ill. P. Hofman-Peerlkamp, Leyden 1827; ed. IL 1864.
Urschrift, Uebersetzung, Anmerkungen durch G. L. Walch, Berlin 1828. Mit
Erläutt. und Excursen von C. L. Roth, Nürnberg 1833. Recogn. F. Ritter, Bonn
1836. ed. HI. 1852. Breviann. expl. F. Dübner, Paris 1843. 1866. 12. Ad fidem
748 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
codicum denuo collatonim reo. et commentariis enarravit F. C. Wex, Braun-
schweig 1862. 338 pp. Ex-Wexii rec. recognovit et perpetua annotatione
illustravit Fr. Kritz, Berlin 1869. 1866. Erklärt von C. Tuecking, Pader-
born 1869. Schulausgabe von A. A. Trftger, Leipzig, Teubner 1869.
6. unter den Uebersetzungen ist bemerkenswerth die französische von
N(apoleon). L(oui8). B(onaparte)., Florenz 1829. 4. Deutsche auch von L.
Döderlein (mit Rechtfertigungen, Aarau 1817), H. W. F. Klein (Mönchen
1825), Nissen (mit Einleitung und Commentar, Hamburg 1847), Voigtland
(Schleusingen 1862. 4.), A. Bacmeister (Stuttgart, Neff, 1872).
6. Abhandlungen zur Textkritik von Brüggemann (Düsseldorf 1824),
Eichstädt (Jena 1830), E. Foss (Altenburg 1837. 4.), Fr. Brandes (Rostock
1838. 4.), Gemhard (Weimar 1838. 4.), Heimburg (Jena 1839), Wex (Bei-
träge zur Kritik u. Erkl. von Tac. Agr., Schwerin 1840. 4.), Pfitzner (Neu-
brandenb. 1842. 4. Ztschr. f. Alt. Wiss. 1847. Nr. 13 f.), E. Dronke (Fulda
1842. 4.), Ch. G. Herzog (Gera 1843. 4.), Seyffert (Kreuznach 1846. 4.), Hutter
(München 1849. 4.), J. G. Schneider (Coburg 1850 ff. 4.), G. ü. Busch (Rostock
1853. 4.), Fr. Kritz (de glossematis falso Taciti Agricolae imputatis, Erfurt
1857. 4.), J. Müller (Fiume 1858. 4.), A. J. F. Henrichsen (lat. und deutsch,
mit krit. u. erkl. Anm., Altena 1868. 74 S. 4. H, 1. Altona 1871, 48 S. 4.),
G. F. Schümann (Greifswald 1859. 4.), G. Liep (Kreuznach 1861. 4.), C. Nip-
perdey (Rhein. Mus. XVIII. S. 360—365. XIX. S. 97—113), Fr. Ritter (ebds.
XX. S. 518—532), J. Classen (Symb. criticae, P. III, Hamburg 1866. 4.), S.
Pfaff (exegetisch-krit. Bemerk, zu Agr. 1 u. 36, Erlangen 1867. 4.), L. Ürlichs
(Festgruss, Würzburg 1868, S. 6—8), K. Meiser (Blätter f d. bair. Gymn.
V, 3), J. Gantrelle (c. 1—3; Revue de l'instruction publ. en Belgique XIV.
p. 333 — 363).
7. üeber den Agr. vgl. Niebuhr, kleine bist, und philol. Schriften I.
S. 331 (nebst N. Bach, Schulztg. 1831. II. S. 861 f.). Weltmann vor sr.
üebers.VI. S. 34 — 46 (Prag 1817). A. Mohr, Bemerkungen zu und über T.
Agr., Meiningen 1823. Walch, über die Kunstform d. ant. Biogr. mit be-
sonderer Rücksicht auf d. Agr. des T., vor sr. Ausg. S. XXXVIII— LXXIV.
Hoffmeister, Weltanschauung d. Tac. S. 80 ff. 206 ff. 228 ff. J. Held, com-
mentat. de Agr. vita quae vulgo Tacito adsignatur, Schweidnitz 1845. 4.
E. Hübner, Hermes I. (1866) S. 438—448. J. Gantrelle, sur la vie d'Agr.,
Revue de Tinstr. belgique, 1. Mai 1870. 46 pp. Em. Hoffmann, d. Agr. d.
Tac, Wien 1870. 36 S. (Ztschr. f. Östr. Gymn.) u. dagegen C. Hirzel, über
die Tendenz des Agr., Tübingen 1871. 38 S. 4. (Gymn.-Progr.).
816 331. 3) Germania, eine ethnographische Einzelschrift, ver-
anlasst durch das hohe Interesse welches dieses Land und Volk
für die damalige Zeit besass, vielleicht auch durch die persön-
liche Anschauung zu welcher der Verfasser amtliche Gelegen-
heit gehabt hatte. Die Ausführung ist durch Gemütsanteil wie
Rhetorik erwärmt und streift oft an das Sentimentale. Obwohl
weder Kritik noch Unparteilichkeit verleugnend, stellt der Ver-
330 f. Tacitus' Agricola und Germania. 749
fasser die einfachen Zustände der Germanen gern den verwickel-
ten und verdorbenen seiner eigenen Zeit gegenüber.
1. Titel im Yat. 1862 und Farnesianus: Corn. Tac. de origine et situ
Germaniae; ausführlicher Pontanus: Corneli Taciti de origine, situ, mori-
bus ac pöpulis Germanorum über. Die Schrift zerfällt in zwei Theile, von
denen der erste in commune de omnium Germanorum origine ac moribus
handelt (c. 27 extr.), der zweite (c. 28—46) über die einzelnen Völkerschaf-
ten. Im letzteren nimmt der Verfasser seinen Standpunkt am Bhein und
schildert, landeinwärts vorrückend, die Stämme zuerst in der Richtung
von .West nach Ost, dann (c. 35 ff.) von Nord nach Süd. An der Donau
angekommen verfolgt er deren Lauf (c. 41), und schliesst mit den ufern
der Ostsee. Von seinen Quellen nennt er nur den Caesar (c. 28); Spuren
von Quellenkritik aber auch c. 3. 8. 27. 28. 33. 34. 41. 45. Des Plinius
bella Germaniae (oben 307, 2) sind ohne Zweifel benützt. Ueber die Aus-
beutung des Sallust s. R. Eöpke, zur Quellenkritik der Germania, in seinen
deutschen Forschungen (Berlin 1869) S. 223—226, und Th. Wiedemann, in
den Forschungen zur deutschen Geschichte IV, 1 (1864) S. 171 ff. f Nachtrag
dazu, ebd. X. (Götti. 1870) S. 696—601. C. Breuker, quo iure Sallustius
Tacito .in describendis Germanorum moribus auctor fuisse putetur, Cöln
1870. 14 pp. 4. •
2. Da c. 37 vom erstem Einfall der Kimbern (J. 641 d. St.) bis zum
zweiten Consulat des Trajan (J. 98 =» 861 d. St.) 210 Jahre gerechnet sind,
so muss die letzte Bedaction und Herausgabe der Schrift zwischen J. 98 und
das dritte Consulat Trajans (J. 100 n. Chr.) gesetzt werden. Dass sie trotz-
dem Agr. 3 bei den literarischen Planen des Tac. nicht mit erwähnt würd
erklärt sich am einfachsten daraus dass sie ursprünglich ' dazu bestimmt
war einen Excurs der Historiae zu bilden, dann aber selbständig bearbeitet
und herausgegeben wurde, theils weil der reiche Stoff zu der Aufgabe der
Hist. nicht im Verhältniss gestanden wäre, theils um ihn in rhetorisch-
paränetischer Richtung zu verwerthen (A. 3). A. Riese, Eos II. S. 193—203.
A. Eussner, Fleckeisens Jahrbb. 1868, S. 660.
3. Die Germania ist weder ein Idyll noch ein Roman noch eine poli-
tische Tendenzschrift (z. B. um dem Trajan von einem Feldzuge gegen
Germanien abzurathen), sondern ein Beitrag zu der Aufgabe die A. IV, 33
ats eine anziehende anerkannt wird, situs gentium describere, wozu schon
der Agr. beigesteuert hatte. Aber die Art der Ausführung ist allerdings
bezeichnend für Tacitus. Wie bereits Horaz (0. III, 24, 9 ff.) die Skythen
und Geten gegenüber von der Verderbniss Roms in ein ideales Licht ge-
rückt hatte, so verf^rt hier Tacitus mit den Germanen. Er schildert
diese mit fortwährendem Hinblick auf seine Zeit, oftmals hervorhebend
was Alles die Germanen zu ihrem Glücke nicht kennen (c. 8. 9. 11. 13. 18.
19. 20. 24. 26. 27. 38). Dabei geräth die Schilderung manchmal in einen
weinerlichen Ton hinein (z. B. c. 6. 7. 18. f. 27). Doch ist der Verfasser
weit davon entfernt die Germanen kurzweg seiner Zeit als Muster vorzu-
halten: er erkennt an ihnen vielmehr wesentliche Fehler (c. 11. 16. 17 f.
23 f.), und kehrt (c. 33 vgl. 23) ihnen gegenüber den specifisch rOmischen
-^ 't^.r^-
750 Die Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
Standpunkt sogar mit Schroffheit hervor. Vgl. A. 9 und W. Teuffers Ein-
leitung vor^derüebers. (1859) S. 132 f.
4. Der rhetorische Charakter der Darstellung zeigt sich in den häufigen
Sentenzen, den zahllosen Fällen der Anaphora (c. 11 sogar mit prout) und
andern Figuren. Vgl. Mützell, Ztschr. f. Gymn. I (1847) S. 86 ff. üeber die
Pleonasmen der Schrift s. C. Halm, Sitzungsberichte der Münchner Akade-
mie 1864, S. 12 ff. Auch hier noch fehlt es nicht an Anklängen an Sallust
(vgl. Ph. Hess, variae lectiones et observationes in T. Germ., Helmstedt
1827. 1828. 1834. 4. Wölfflin, Philologus XXVI. S. 122 f. vgl. A. 1 und
330, 2); ebenso wenig an Berührungen mit andern Schriften des Tacitus,
besonders dem Agricola (Agr. 11 extr. = Germ. 28; haud perinde, Agr. 10
= Germ. 34; in Universum aestimanti, Agr. 11 = Germ. 6; patiens frugum,
Agr. 12 vgl. Germ. 5). Hexameter Germ. 18. 32. 39; iambischer Dimeter c. 27.
5. Die Germania ist uns durch dieselbe Handschrift erhalten wie der
dialogus (s. oben 329, 4), nur dass die Zahl der von ihr vorhandenen Ab-
schriften eine grössere ist; eine der besseren befindet sich in der Stutt-
«^arter Bibliothek. Massmann, Berl. Jahrbb. 1841, Nr. 87 ff. R. Tagmann,
de'codicibus mss. at^ue editionibus vett. Tac. Germ. I. Breslau 1846; de.
Tac. Germ, apparatu critico, Breslau 1847, Ausser bei Rudolf von Fulda
findet sich das ganze Mittelalter hindurch keine Benützung der Schrift;
G. Waitz, in den Forschungen zur deutschen Gesch. X (Götti. 1870). S. 602.
6. Ausgaben. Cum notis Willichii, Glareani, Melanchthonis , Frkf. a.
0. 1551. Cum comm. Chr. Coleri, Hannov. 1602. E rec. Conringii, Heimst.
1652. 4. Cum varr. notis ed. J. C. Dithmar, Frkf. 1726 u. sonst. Ed. C. H.
Joerdens, Berl. 1783. 1794. Cum obss. Longolii ed. J. Kapp, Lips. 1783;
ed. II. cur. Ph. Hess, Lips. 1824. Cum varr. lectt. ed. G. G. Bredow, Heimst.
1808. 1816. Ed. illustr. R. Belham (mit Agr.) ed. II. Cambridge 1813. Rec.
Fr. Paasow, Breslau 1817. Mit Comm. von Ammon und Bäumlein, Tüb. 1817.
Lat. und deutsch mit Erläutt., von G. und K. Sprengel, Halle 1819. Erläut
von J. F. K. Dilthey, Braunschweig 1823. Ed. illustr. Ph. C. Hess, Lips. 1824.
By E. H. Barker, London 1824. Trad. avec un comm. par C. L. F. Panckoucke,
Paris 1824. Mit Noten von Fr. W. Altenburg, Hildburgh. 1826. Recogn.
cum brevi adnot. ed. G. F. C. Günther, Helmstedt 1826. Urschrift, üeber-
.setzung u. s. w. von G. L. Walch. 1. Heft. Berlin 1829. Comm. iustr. Th.
lüessling, Lips. 1832. Mit krit., gramm. und bist. Anmerkungen von J. y.
Gruber, Berl. 1832. Ed. et quae ad res Gennanorum pertinere videntur e
reliquo Tac. opere excerpsit J. Grimm, Gott. 1835. Text, Uebers., Erläut.
von F. D. Gerlach, 2 Abth., Basel 1835—1837. In usum schol. recogn. Fr.
Ritter, Bonn 1836. 1853. Ad fidem codicis Perizon, ed. L. Tross, Hamm 1841.
Recogn., isag. instr., comment. illustr. etc. M. Weishaupt, Solothurn 1844.
Ed. Massmann, Quedlinburg 1847. Lat. und deutsch von Döderlein, Erlang.
1850. Lat., with ethnol. diss. and notes by R. G. Latham, London 1851.
Mit Agr. til skolcbrug af Bloch, Kopenhagen 1854. In us. schol. recogn.
M. Haupt, Berlin 1855. Ed. Schrant, Leyden 1856. XLl und 334 pp. Her-
ausgeg. und sachlich erläutert von Th. Finck, I. Tac. Leben, Text und bes-
serer handschriftl. Apparat, Göttingen 1857. 250 S. Ex Hauptii rec. recogn.
et perpetua adnot. illustr. Fr. Kritz, Berlin 1860. 1865. 1869. Erklärt von
/
331. Tacitufl' Germania. 751
G. Tücking, Paderborn 1867. Ausführlich erklärt von L. Curtze, Leipzig
1868. 424 S. (zu c. 1—10). Mit Anm. von B. Hüppe, Münster 1868. Er-
läutert von H. Schweizer-Sidler, Halle 1871.
7. üebersetzungen (ausser den angeführten) von K. G. Anton (mit
Comm., Halle 1824), H. W. F. Klein (München 1826), Bülau, Weiske und
K. V. Leutsch (Leipzig 1828), J. Horkel (in den Geschichtschreibern der
deutschen Vorzeit, L Berlin 1847), F. Thudichum (Giessen 1862), K. A. Low
(Mannheim 1862), N. Mosler (I. Leipzig 1862), L. H. 0. Müller (Jena 1862. 4,),
A. Bacmeister (Stuttgart, Neff, 1868).
8. Abhandlungen zur Textkritik von J. C. Orelli (Zürich 1819. 4.),
Ph. Hess (Hebnstädt 1827. 1828. 1834. 4.), Schober (Naumburg 1827. 4.),
Selling (observ. critt., accedit coUatio cod. Hummeliani, Augsburg 1830. 4.),
Pfitzner (zur Kritik und Erkl., Neubrandenburg 1843. 4.), Wex (Schwerin
1853. 4.), W. Th. Rudolphi (Observ. grammaticae et criticae, Münster
1856), C. Nipperdey (Rhein. Mus. XVllI. S. 342 — 360), L. v. Jan (Eos I.
S. 76 — 79), C. Halm (über einige controverse Stellen, München 1864 ==»
Sitzimgsber. der Münchner Akad.), Fr. Ritter (Rhein. Mus. XX. S. 196 — 217),
A. Reifferscheid (Coniectanea, in der Symbola philol. Bonn. p. 623 — 628),
A. Planck (Beiträge zur Erkl., Heilbronn 1867. 4.), K. Meiser (Eichstätt
1871, S. 36—56).
9. üeber die Germania und zu ihrer Sacherklärung. G. A. Arndt,
disp. quatenus Tac. de Germ, libello fides sit tribuenda, Lips. 1775. 4.
L. Völkel, de fontibus unde Tac. quae de patria nostra trad. hausisse
videatur deque consilio in scribend. Germ., Marburg 1789. 4. G. C. E.
Gharitius, diss. utrum satis fide digna sint quae T. in G. tradit, Witten-
berg 1792. 4. Lüden, Gesch. des teutschen Volks L S. 696 — 702. G. A.
Rüdiger, de fide historica Tac. in Germ, descr., Freiberg 1823. Barby, de
consilio quo T. Germ, conscripserit et de fide ei tribuenda, Berlin 1825.
Ebenso Spilleke, Berlin 1826. 4. Leutsch, über die Glaubwürdigkeit des
Tac. in Rücksicht auf dessen Germ., Berichte d. deutschen Ges. zu Leipzig,
1829. S. 46 ff. Ghr. Rommel, de Tac. descr. Germaniae, Marburg 1805. 4.
F. Rühs, ausführl. Erläut. der 10 ersten Capp. des T. über Deutschi.,
Berlin 1821. F. Passow in Wachlers Philomathie I. und in seinen Verm.
Sehr. S. 40 — 64. F. W. Altenburg, über Gaesar's und Tac. Ansichten von
der Religion der Deutschen, Schleusingen 1827. 4. U. J. H. Becker, Anm.
und Excurse zu T. G. 1—18, Hannover 1830. G. Reischle, comm. de locis
quibus Tac. et Gaes. de vett. Germm. inter se differnnt, Kempten 1831. 4.
Fr. Göller, de scriptis Gaes. et Tac. ex monumcntis medii aevi illustrandis,
in d. Act. soc. gr. I. p. 43 ff. F. D. Gerlach, über die Germ, des Tac, in
der Zeitschr. der Basler Lehrer 1825. II. und: über die Idee von T. Germ.,
in denVerhh. der Gothaer Philologenvers. (Gotha 1841. 4.) S. 65ff. = Histor. ^
Stud., Hamburg 1841. S. 308 ff.; sowie in den Verhandl. der Philologenvers,
zu Hannover 'S. 104 — 111. Vgl. auch Hoffmeister, Weltanschauung des T.
S. 201 ff. 220 ft'. Welter, de fide Tac. in rebus Germm. quaest., Münster
1846. 4. Greverus, Bemerkungen zu T. Germ., Oldenburg 1850. E. Kefer-
stein, Ansichten über 4ie Kelten u. s. w. III, 1 (Halle 1850): des Tac.
Germania. W. Engelbert, über d. G. d. T. und die Geographie des Ptole-
Die Kaiaerzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus.
^/\ maus als Hauptquellen der Geogr. des alten Germanien, in der Zeitschrift
fflr vaterl. Gesch. u. Alt. Kunde. 111. Münster 1852. MüllenhofiP, verderbte
(deutsche) Namen bei Tac, Zeitschr. f. deutsches Alterth. IX. S. 223 — 261.
^; B. Hüppe, annotationes aliquot ad T. G., Coesfeld 1853. 4. J. N. Schmeisser,
^f • Bemerkungen zur G. d. T. aus dem Nibelungenlied u. a. altdeutschen Ge-
f:f . dichten, Constanz 1853. H. Schweizer-Sidler, Bemerkungen zu T. G. , Pro-
^ gramm der Zürcher Eantonschule 1860. 24 S. 4. 1862. 30 S. 4.; Fleckeisens
fe::.^ . Jahrbb. LXXXV. S. 115—123. J. V. Zingerle in Franz Pfeiflfers Germania,
i^ 1860, S. 219 f. G. Waitz, über die principes in der Germ, des Tac., in den
P^ Forschungen zur deutschen Gesch. II, 2 (Göttingen 1862), sowie dessen
deutsche Verfassungsgeschichte, zweite Aufl. I. Kiel 1865. F. Thudichum,
der altdeutsche Staat, mit üebers. der Germ., Giessen 1862. H. Brandes,
die nobiles der Germanen, in seinem Ersten Bericht über die germanist.
Gesellschaft zu Leipzig (Leipzig 1863) S. 19—44. G. Kaufmann, Wehrhaft-
machung beim Ritterschlag (zu G. 12 u. 13), Fhilologus XXXL S. 490—510.
P. D. Ch. Hennings, die agrar. Verf. d. a. Deutschen (zu Germ. 26. 30),
Kiel 1869. Latham, on the authority of the etc. im Journal of claas. and
sacred philology XÜ. p. 324 — 346. Th. Malina, de consilio quäle T. in
scribendo de G. libro secutus esse yideatur, Deutsch-Crone 1860. 4. Künss-
berg, Wanderungen in das germanische Alterthum (Berlin 1861) und dage-
gen Boot, Verslagen der holländ. Akad. VII. 1863. p. 66—82. A. Baumstark,
über das Romanhafte in der Germ. d. T. , Eos I. S. 39—64 und II. S. 4^7 —
496. E. Göbel, ebds. I. S. 516 — 525. A. Riese, die ursprüngliche Bestim-
mung der G. d. T., ebds. U. S. 193 — 203. Fr. Münscher, Beiträge zur
Erklärung der G. d. T., Marburg 1863. 34 S. 4. 1864. 48 S. 4. A. Baum-
stark, urdeutsche Staatsalterthümer; zur schützenden Erläuterung der G.
des T., Leipzig 1872.
316 882. 4) Historiae, Darstellung einer selbsterletten Zeit,
der Regierungen von Galba, Otho, Vitellius, Vespasianus, Titus
und Domitianus (J. 69 — 96 n. Chr.), also vorzugsweise der
flavischen Dynastie, verfasst unter der Regierung des Trajan und
aus trefflichen Quellen geschöpft, wahrscheinlich dem Geschichts-
werke des älteren Plinius. Ursprünglich bestand das Ganze aus
vierzehn Büchern, wovon jedoch nur die vier ersten und vom
fünften etwa die erste Hälfte auf uns gekommen sind. Diese
enthalten die Geschichte der Jahre 69 und 70 (822 f. d. St.),
ohne sie aber zu Ende zu bringen.
1. Tertullian. apol. 16: Cornelius Tacitus in quinta Historiarum sua-
rum. Der Titel lehnt sich an den Vorgang des Sisenna, Sallust und Asi-
~nius Pollio an und entspricht (als nostra aetas behandelnd, H. I, 43) genau
der technischen Bedeutung des Wortes historiae; s. oben 37, 4. Doch meint
Wölfflin dass dieser Titel zum Wegfall bestimmt war (oder nur als Special-
titel stehen blieb) als durch Nachlieferung der lulier (Ann.) das ganze Werk
auf drei .Dekaden (s. A. 2) ab excessu d. Augusti abgerundet wurde. Die
Hist. sind das im Agr. 3 vorausangekündigte Werk, nur dass der Plan auf
331 f. Tacitus' Germania und Historiae. 753
alle Regierungen seit Nero's Tode miterstreckt ist, während die Geschichte
des regierenden Fürsten, Trajan, und seines Adoptivvaters Nerva auf spätere
Jahre verspart wird (Hist. I, 1) und auch da nicht zur Ausführung kam.
2. Hieronymus zum Zacharias III, 14 berichtet dass Tacitus die Ge-
schichte der Kaiser nach August bis zum Tode des Domitian triginta volu-
minibus beschneben habe, wovon 16 Bücher auf die Annalen und somit
14 auf die Historiae fallen. Auch im Med. II und andern Hdss. ist diese
Zählung befolgt. Die Reihenfolge der Abfassung beider Werke erhellt aus
A. XI, 11: utriusque principis (des Augustus und Claudius) rationes (in
Bezug auf die ludi saeculares) praetermitto , satis narratas libris quibus
res imperatoris D(^mitiani composui (in dem die Geschichte des D. ent-
haltenden Theile der Eist.), nam is quoque edidit ludos saeculares. Nerva
heisst DivuB, Hist. I, 1. Anführungen aus dem sechsten Buch bei Oros. VII,
10. 19. Benützung durch Sulpicius Severus, s. d.
3. Zum StoflFe der in der Arbeit begriffenen Historiae wollen Beiträge
sein die Briefe des Plinius (vom J. 106 oder 107) VI, 16. 20. VE, 33
(historias tuas). Auch war ein Theil derselben wohl der Über welchen
Tac. dem Plinius (nach Ep. VII, 20, 1 vgl. ib. 33, 1. VIÜ, 7) ad adnotan-
dum zugeschickt hatte. Successives Vortragen und Veröffentlichen der
einzelnen Bücher ist auch sonst wahrscheinlich; Mommsen im Hermes IE.
S. 107. vgl. IV. S. 298, A. 3, Nissen, Rhein. Mus. XXVI. S. 635. 548. Inhalts-
übersicht über das Erhaltene bei Süvem, in den Abhandl. der Berliner Ak.
1822 f. S. 97—107.
4. Tacitus und Plutarch schrieben gleichzeitig, oder wahrscheinlicher
Plut. seine Biographien des Galba, Otho (u. Vitellius) vor Tac. (Hermes IV.
S. 298). Die Uebereinstimmung beider Schriftsteller erklärt sich daher nicht
aus der Abhängigkeit des einen vom andern (vrie nach 0. Clason Plut. die
Hist. benützt haben soll; s. dessen Schriften: Plut. u. Tac., eine Quellenunter-
suchung, Berlin 1870. 73 S.; Tac. u. Sueton, Breslau 1870. 134 S.), sondern
aus Benützung einer gemeinsamen Quelle. Als solche betrachtet C. Hirzel
im Maulbronner Programm (comparatio eorum quae de Impp. Galba et
Othone relata legimus apud Tacitum, Plut., Suet., Dionem, Stuttgart 1851. 4.)
die acta publica; Th. Wiedemann (de Tacito, Suet., Plut., Cassio Dione
scriptoribus imperatorum Galbae et Othonis , Berlin 1857. 66 pp.) den Pli-
nius und Cluvius, A. Schmidt (de quibusdam auctoribus rom. quos in de-
scribendis annor. 68 et 69 p. Chr. n. gestis Tac, Plut., Suet. secuti sunt,
Jena 1860. 4.) eine Vielheit von Schriftstellern, H. Peter (d. Quellen Plu-
tarchs, Halle 1865, S. ,40flF.) und Mommsen (Hermes IV. S. 298—316) den
Cluvius Rufus. Neuestcns hat aber H. Nissen, Rhein. Mus. XXVI. S. 608 —
544 (vgl. 0. Clason, Tac. xl Sueton, S. 76 ff.) in überzeugender Weise dar-
gethan dass das Geschichtswerk des älteren Plinius (oben 307, 5) die Haupt-
quelle für Tac. war. Diese habe Tac. vor Allem gekürzt, mittelst Er-
setzung der annalistischen Ordnung durch eine zusammenfassende sachliche,
Präcisierung des breiten Ausdrucks, Weglassung von kleinem Detail, wie
Citaten und Besprechung abweichender Angaben, Zusammenziehung der
militärischen Operationen u. dgl. Dann aber habe er auch den politischen
TEVFFEii, Hüui. LiteratuTgoschiohto. 2. Aufl. 48
754 Die Eaiserzeit. Erstes Jahrliuudert. Traianus.
Standpunkt verändert, statt des flavischen Charakters seiner Quelle seine
aristokratisch senatorischen Sympathien für Galba walten lassen und so
namentlich die treulose Haltung des Adels und seiner Generale gegenüber
von Otho getilgt. In Bezug auf die stilistische und künstlerische Ver-
arbeitung verhalte sich Tac. zu seiner Quelle wie der Bildhauer zum
Steinhauer. Während so Plin. die Gnmdlage tux die Darstellung abgegeben,
habe Tac. aus anderen Quellen blos kürzere Abschnitte oder einzelne Be-
merkungen hinzugefügt, bes. aus Vipstanus Messala (oben 309, 3).
5. Die Haupthandschrifb für die Historiae ist der (bereits interpolierte)
Mediceus II saec. XI (in Monte Cassino zwischen 1053 und 1087 geschrieben)
in longobardischer Schrift, welcher elf Bücher Comelü Taciti ab excessu
d. Augusti enthält, nämlich Buch XI bis XXI (incl.) = A. XI— XVI, ffist.
I—V. Alle übrigen sind von untergeordnetem Werth, noch weiter inter-
polierte und Bonst verderbte Abschriften welche mittelbar oder unmittelbar
auf den Med. zurückgehen.
6. Ausgaben der Historiae von Th. Eiessling (Lips. 1840) und C.
Heraus (für den Schulgebrauch erklärt, I. Leipzig, Teubner 1864. 1871. IL
1870). VgL E. WölfBin, Philologus XXVII. S. 113 ff.
7. Zu den Historiae Beiträge von A. Böckh (H. I, 62. Berol. 1830. 4.),
F. Jacob (über T. Geschichtsb. V, 2—5, Lübeck 1840. 4.), L. Döderlein
(Emendationes Hist. T., Erlangen 1841. 4.), C. Nipperdey (Em. H. T., Jena
1855. 4.), L. Urlichs (Eos I. S. 250 ff.), J. Classen (Symbolae criticae, P. IL
Frankfurt 1863. 4. UI. Hamburg 1866. 4.), F. Ritter (im Philologus XXL
8. 601—653), J. MüUer (I. Innsbruck 1865. IL 1869), E. Wölfflin (Philo-
logus XXVU. S. 117—144), Borghesi (Oeuvres V. p. 287—328: Annotazioni
agli Ann. ed alle Storie di Tac).
8. Völcker, der ' Freiheitskampf der Bataver unter Claudius Civilis,
Elberfeld 1861 — 1863. C. Hagge, Bemerkungen zu dem Feldzuge des Vi-
tellius und Otho nach Tacitus, Kiel 1864. 23 S. 4. J. G. Müller, kritische
Untersuchung des tacit. Berichts über den Ursprung der Juden, in den
theoL Stud. u. Erit. 1843, S. 893 — 958. Leonhard, über den Bericht des
Tac. über die Juden (Hist. V, 2 — 6), Ellwangen 1856. 4. H. E. Dirksen,
die römisch-rechtlichen Mittheilungen in Tac. Historien, Berlin 1860. 4 «=
hinterlassene Schriften I. S. 204 — 212. Mommsen, die zwei Schlachten von
Betriacum, im Hermes V. S. 161—173, und dazu H. Nissen, Rhein. Mus.
XXVI. S. 638 — 540. J. Eäpper, ex Tac. Hist. inteUegi non posse ostenditur
quomodo bellum inter Oth. et Vit gestum sit, I. Rostock 1870. 10 pp. 4.
316 333. ö) Annales oder vielmehr ab excessu divi Augusti,
sechzehn Bücher, welche die Regierungsgeschichte der julischen
Dynastie nach August's Tode (Tiberius, Caligula, Claudius, Nero)
oder die Jahre 14—68 (767—821 d. St.) enthielten, gleichfalls
noch unter Trajan verfasst und zwischen J. 115 und 117 heraus-
gegeben. Erhalten ist arber nur das erste und das letzte Drittel
des ganzen Werkes, die vier ersten Bücher mit^Theilen des
332 f. Tacitus' Historiae und Annales. 755
fünften und sechsten, sodann, aber am Anfang und Ende ver-
stümmelt, Buch XI bis XVI, so dass uns fehlt die ganze Re-
gierungszeit des Caligula, von der des Claudius der Anfang bis
in das Jahr 47, und von der des Nero J. 66 — 68. Die annali-
stische Anordnung ist in diesem Werke strenger durchgeführt
als in den Historiae.
1. Urkundlich ist (nach dem Mediceus I) einzig der Titel ^b excessu
d. Augasti, der seine Analogien hat an den Üeberschriften der Geschichts-
werke von T. Livius, ab urbe condita, und vom älteren Plinius, a fine
(vom Schlüsse) Aufidii Bassi. Wenn Tacitus selbst mederholt (A. IV, 32
vgl. III, 65. XIII, 31) sein Werk als annales bezeichnet, so will er damit
nicht den Titel desselben angeben, sondern die Art seiner Anlage, nach
der Jahresfolge der Begebenheiten. (Daher spricht Jornandes de reb. get.
I, 2 nach Hörensagen von Cornelius annalium scriptor, trotzdem dass er
eine Stelle des Agr. meint.) Aber eben darum if^eil die Bücher ab excessu
d. Augusti wirklich Annalen sind hat es kein Bedenken der Kürze halber
und zur Unterscheidung von den Historiae sie als Annales zu citieren.
2. Die Zeit der Veröffentlichung erhellt aus A. II, 61. Die dort an-
gegebenen Grenzen des römischen Reichs setzen die Eroberungen voraus
welche Trajan ums J. 115 machte, welche aber (so weit sie sich wenigstens
über den Euphrat hinüber erstreckten) Hadrian gleich nach seinem Regie-
rungsantritte (August 117) wieder aufgab (Spartian. Hadr. 5, 1 — 4. Eutrop.
Vni, 6). Die Abtheilung in Bücher rührt nach VI, 27 (in prioribus libris)
und XI, 11 (s. oben 332, 2) von dem Verfasser selbst her.
3. Die Anordnung ist mit Bewusstsein die annalistische; s. A. IV, 71
in.: ni mihi destinatum foret suum quaeque in annum referre, avebat ani-
mus antire statimque memorare exitus u. s. w. Abweichungen von dieser
Ordnung glaubt Tacitus immer halb entschuldigen zu müssen (so z. B.
VI, 38: quae duabus aestatibus gesta coniunxi, quo requiesceret animus a
domesticis malis. Vgl. XII, 40 extr. XIII, 9) und verweist für später Ge-
schehenes auf spätere Theile (in tempore memorabo, I, 68 vgl. IV, 71.
VI, 22; in loco reddemus H, 4 vgl. H. IV, 67: suo loco reddemus). Zwar
können wir aus den kaum zwei Jahre umspannenden Ueberresten der
Historien nicht mit Sicherheit beurteilen wie weit auch in ihnen dieselbe
traditionelle Anlage befolgt war; indessen lag eine strengere Durchführung
derselben bei dem späteren Werke in so fem in der Natur der Sache als
sich dieses über eine längere Reihe von Jahren erstreckt« und zum Theil
langdauernde Regierungen umfasste. Uebrigens hat Tacitus dieser An-
ordnung ihr Mechanisches zu nehmen gewusst dadurch dass er, wo der
Gegenstand es gebot, sie zu vcerletzen nicht schwer nahm. Zu schroff hat
Niebuhr die Begriffe annales und historiae einander gegenübergestellt in
der Abhandlung über den Unterschied zwischen Annalen und Historien,
Rhein. Mus. H, 2 (Bonn 1828) S. 284 ff. = Kleine historische und philo-
logische Schriften IL S. 229 ff. Vgl. oben 37, 4.
4. Die ersten sechs Bücher sind uns einzig durch den Mediceus I.
48*
756 I)ie Kaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianus/
(saec. XI) erhalten, nämlich Buch I — lY vollständig, von B. V der Anfang,
worauf eine grosse Lücke folgt, die den Anfang von Buch VI mityer-
Bchlungen hat. Die Lücke behandelte die Fortsetzung des J. 29, das ganze
Jahr 30 und den grössten Theil von J. 31. Diese Handschrift wurde in
dem westphälischen- Kloster Corvey aufgefunden-, kam 1508 nach Rom, in
den Besitz des damaligen Cardinais Medici (später Papst Leo X), und von
dort nach Florenz in die mediceische Bibliothek, wo sie sich noch befindet.
J. 1515 wurde ihr Inhalt erstmals durch den Druck veröffentlicht (durch
Ph. Beroaldus, in Rom). Gegen die Zweifel von Fr. Ritter, über Alter
und Herkunft der ersten Handschrift des Tac. zu Florenz (Philologus XYII.
S. 662—672 vgl. seine Ausgabe des Tac. vom J. 1864, p. V ff.) s. L. ür-
lichs, Eos L S. 243—247. II. S. 228—232. Das letzte Drittel der Annalen
(B. XI — XVI) verdanken wir dem Mediceus II, welcher uns dasselbe zu-
sammen mit dem ersten Drittel der Historiae (s. oben 332, 5) erhalten hat.
Aber von Buch XI fehlt der Anfang, von Buch XVI ungefähr die zweite
Hälfte. Auch diese Handschrift ist noch in Florenz; ausser diesem Originale
selbst aber haben wir auch eine Anzahl Abschriften von ihm; s. oben 332, 5.
Zweifelhaft ist ob beide Medicei Abschriften desselben Originals sind;
Med. I jedenfalls stammt aus einer Fuldaer Handschrift des neunten Jahrb.,
im Uten Jahrh. für oder in Corvey gemacht. Von dieser Corveyer Ab-
schrift wurde der erste (von taciteischen Schriften den dialogus und <lie
Germania enthaltende) Theil im 13ten Jahrh. nach Hersfeld verliehen,
wurde dort abgeschrieben, gieng aber dann verloren. Die vereinzelten
Bestandtheile dieser dritten (Hersfelder) Abschrift (von dial., German.,
Sueton de gramm. et rhetor.) gelangten dann (wahrscheinlich in der Ab-
schrift des Henoch, s. oben 329, 4) im 15ten Jahrh. nach Italien, theilweise
vermehrt durch den Agricola u. A. L. Urlichs a. a. 0., bes. IL S. 232.
5. C. Heraus, studia critica in Mediceos Tac. Codices, Cassel 1846; und
Zur Kritik und Erklärung des Tacitus, Hamm 1859. 30 S. 4. E. Wölfiiin,
Philologus XXVI. S. 94—96.
6. Ausgaben der Annalen von Ruperti (Gotting. 1804. 2 Voll.), Th.
Kiessling (Lips. 1829), C. Nipperdey f Bd. I, Leipzig 1851. Berlin 1855. 1862.
1864. 1871; Bd. II, Leipzig 1862. Berlin 1857), F. W. Otto (B. I— VI mit aus-
führlichem Commentar, Mainz 1854), Orelli-Baiter (Zürich 1859), A. Di^er
(Schulausgabe, Leipzig Teubner 1868 f. 2 Bde).
7. Beiträge zur Kritik und Erklärung der Annalen von J. P. E. Gre-
\erus (annotatiunculae, Oldenburg 1827. 4.), P. Petersen (Annotatt. spec. I.
Kreuznach 1829; 11. cum append. de cod. Neap., Coblenz 1835), F. Jacob
(Obss. ad T. Ann. et Hist., 4 Partes, Lübeck 1837—1842. 4.), 0. Müller (de
A. III, 55. Gotting. 1841. 4.), Bischoff (Obss. in libr. I, Wesel 1845. 4.), C.
Halm (Speiet 1846. 4.), Schmoller (Explic. loci 1. I, Blaubeuren 1849. 4.),
Held (ad loc. diffic, Schweidnitz 1851. 4.), Urlichs (in Jahns Jahrbb. 1854,
S. 52 ff. 154 ff. 300 ff.), L. Spengel (über das erste B. d. A., München
1855. 4. s= Abhandl. der Münchner Ak. VII, 2. 695 — 727; Bemerkungen zu
T. A., Philologus XXm. S. 644—651), E. Wurm (Philologus VlII. S. 361— 370.
IX. S. 86—105), W. G. Pluygers (spec. emend., Leyden 1859. 4.), C. Sirker
(Animadvers., Trier 1860; krit. Bern, zu T. A., Neuwied 1867. 4.), 0. Krafft
333 f. Tacitus. Annales und Gesammtausgaben. 757
(bistorischö und geographische Excurse zu Tac. A. I und II, Maulbronn
1864. 4.), Borgbesi (s. oben 332, 7).
8. E. Egli (Feldzüge in Armenien 41—63 n. Chr., ein Beitrag zur
Kritik des Tac.) in M. Büdingers Untersuchungen zur röm. Kaisergesch. I
(Leipzig 1868) S. 265— -363. H. T. Karsten, de Tac. fide in sex prioribus
annalium libris, Utrecht 1868. R. Weidemann, die Quellen der ersten sechs
Bücher von T. Ann. , Cleve 1868. 4., W. Pfitzner, die Ann. kritisch beleuch-
tet, I (B. 1—6), Halle 1869. Tac. Gesch. der B^gierung des K. Tiberius
(Ann. B. 1 — 6) übersetzt und erklärt von A. Stahr, Berlin 1871. 0. Clason,
de Tac. ann. aetate quaestiones geographicae ad mare rubrum et Aegyptum
maxime pertinentes, Rostock 1871. 58 pp.
834. Nach Vollendung auch der Annalen konnte Tacitus den3i6
ganzen nunmehr von ihm behandelten Geschichtsstoff entweder
rückwärts oder vorwärts fortführen, entweder Augusts oder, wie
er zuerst versprochen hatte, Nerva's und Trajan's Regierungs-
zeit beschreiben. Es seheint dass er schliesslich dem ersteren
Gegenstande den Vorzug gab, sei es weil dieser ihn mehr anzog
oder weil Trajan noch immer am Leben und auf dem Throne
war. Ausgeführt wurde dieses Vorhaben jedoch nicht, ohne
Zweifel weil den Verfasser der Tod daran verhinderte. Sonstige
echte Schriften von Tacitus gibt es nicht.
1. Hist. I, 1: principatum d. Nervae et imperium Traiani . . senectuti
seposui. A. ni, 24: cetera illius aetatis (der augusteischen) memorabo si
effectis in quae tetendi plures ad curas vitam produxero.
2. Fulgentius exposit. serm. antiq. p. 782 St. = p. 566 f. M.: Cor-
nelius Tacitus libro facetiarum: „cessit itaque morum elogio in filiis dere-
licto." Fr. Haase (Ed. p. XTV) hält diese Schrift für eine Jugendarbeit
des Tacitus; mit mehr Wahrscheinlichkeit rechnet L. Müller (Fleckeisens
Jahrbb. 95, S. 789 f.) dieselbe zu der „Schwindelliteratur."
3. Gesammtausgaben der Werke des Tacitus (vgl. Panckoucko
Vol. VII: Bibliographie de 1055 dditions de Tac.): Ed. princeps, Venet.
Vendelin. de Spira, um 1470. fol. (A. XI— XVI, Hist., Genn., Dial.). Ed.
Fr. PuteolanuB (mit Agr., Mailand um 1475; Venet. 1497. fol.), Ph. Beroal-
dus (erste vollständige Ausgabe, Bom 1515 u. sonst, fol.), B. Rhenanus
(Basel 1519. 1533. fol), Aid, (Venet. 1534), J. Lipsius (Antverp. 1574. 8.
1600. 4. 1607. 1668. fol. u. sonst), C. Pichena (Florent. 1600. 4. Francof.
1607), J. Gruter (Frankf. 1607), M. Bernegger (Strassburg 1638. 1664),
J. Fr.^Gronov (Amsterdam 1672. [1673.] 1685. 2 Bde.), Th. ßyck (Leyden
1687. 12. 2 Voll.), J. und Abr. Gronov (Utrecht 1721. 4. 2 Voll.), J. A.
Ernesti (Lips. 1752. 1772. 2 Voll.; neue Ausg. von J. J. Oberlin, Lips. 1801.
2 Voll.), J. Lallemand (Paris 1760. 12. 3 Bde.), Gabr. Brotier (mit Supple-
menten in der Weise der Freinsheim'schen zu Livius, Paris 1771. 4. 4 Tomi.
1776. 7 Tomi. 12. Edinburg 1796. 4. 4 Tomi), Bipont. 1779. 1792. 4 Bde.
Die KaiBerzeit. Erat«» Jahrhundert. TraianuB.
:teT), J. Naudet (PariB ISIS. 6 Bde), Imm. Bekkei (cum
2 VoU., Lips. 1831), G. H. WaUher (Halle 1831 — 1883.
tnperti (Hanover 1832 ff. 4 Toll.), N. Baeh (Lipa. 1834 f.
er (recogn., brevi adn. inatr., Bonn 183*— 1836. 2 Voll.;
t. critico illuetr., Cantabrjg, 1848. 4 VolL; e codd, deono
. 1864), L. Dödcrlein (Halle 1841—1817. 2 Voll.), C. L. F.
,t u. franz. üebers-, Paris 1840 ff. 7 Bde), Fr, Dübner
)De, prooemio de grammatica Tac. et nomenclatore geo-
Paria 1845. 13.), J. C, Orelli (rec. atque interpr. est, Zürieh
11, Vol. 1. 1859), J. Stoek (ed. illustr. Dublin 1862. 2 Bde).
mm. Bekker (Berol, 1825), Liinemann (Ups. 1825), Fr.
chnitz 1855, 2 Voll.) uod besooders C. Halm (Lips. Teubner.
jcogn. 1857, 2 Voll. Vgl. Münchner Gel. Am. 1861, S. 31
(Berol. 1871 ff.),
il, Emendationes in Oomelii Taciti libroa, Nürnberg 1866.
Iter, BemerkuDgen zu TacituB, Rhein. Mus. XVI. S. 464
99—137. XX. S, 196—217, 618—532, XXI. S, 534 — 550.
S. 264—281, 666-679, XX. S, 109—127, 275—292. 648—
iS — 62. G39 — 680. Fr, Thoma, ObBerrationes criticae in
Bonn 1866, 52 pp, 8, E. Wölfflin, Jahreebericht Über
US XXV- S. 92—134. SXVI. S, 92—166, ■
tanngen von K. F. Bahtdt (Halle 1807. 2 Thle), K. L.
iriin 1811—1817, 6 Bde), F, C. v. Strombeck (Bramwchweig
Kickleffe (Oldenburg 1825—1827, i Bde), W. Bötticher
14, 4 Bde), H. Gutmann (Stuttgart, Metder, 1829 ff. lOBSnd-
. (Stuttgart, Hoffmann, 1854 ff.), G. F. Strodtbeck, F. Banr,
tgart, Metzler, 1856 ff.), Fr. Bitter (Leipzig, Engehuann,
ie).
h aQsscUieasHcher in die Zeit des Nerva und Trajan
ftstellerische Thätigkeit des jUngeren Plinius,
id Adoptivsohnes von dem älteren. C Plinius
[idus (J. 62 — 113 n. Chr.) aus Cöinmn bekleidete
tmeindeämter unter Domitian, zuletzt unter Trajan
3. 100) und die Stelle eines kaiserlichen Legaten
(J. 111 f. oder 112 f.). Zur Zeit Domitians ein
gefeierter Sachwalter vor dem Centmnviralgericht
alprocessen, begann Plinius unter Nerva gehaltene
"beitet herauszugeben. Wir besitzen von solchen
nkrede für Ertbeilung des Consulats, stofflich
ie Geschichte Trajans, aber in ihrer erweiterten
end durch Redseligkeit und bombastischen Preis
Gleichfalls nach Nerva's Regierungsantritt äeng
riefe mit der Absicht ihrer Veröffentlichung zu
335. PliniüB der jüngere. 759
schreiben. Es sind ihrer neun Bücher,- verfasst und einzehi
herausgegeben von J. 97 — 108; dazu noch der Briefwechsel mit
Trajan hauptsächlich aus der Zeit der bithynischen Statthaltcfr-
schaft, aber nicht abgeschlossen. Diese Briefe verbreiten * sich
in berechneter Manchfaltigkeit über eine. Fülle von Gegenständen,
sind aber vor Allem dazu bestimmt ihren Verfasser im günstig-
sten Lichte zu. zeigen. Doch mildert den Eindruck der Eitel-
keit die Offenherzigkeit womit sich der Verfasser selbst dazu
bekennt und seine unverkennbare Richtung auf das Edle. Die
Form ist gewandt und glatt. Auch zum Versemachen entschloss
sich Plinius, nach Jugend versuchen, noch in seinem vierzigsten
Lebensjahre; indessen ist von diesen lusus und ineptiae nichts
auf die Nachwelt gekommen.
1. Nächst Cicero ist von allen Schriftstellern des Alterthums kaum
einer so genau und vollständig uns bekannt wie Plinius, hauptsächlich
durch ihn selbst, aber auch durch Inschriften, welche zusammengestellt
sind von Mommsen im Hermes III. S. 108 — 113. Die umfangreichste ist
von den Thermen die er testamentarisch (T. F. I.) für Comum gestiftet, die
aber von da nach Mailand verschleppt wurde (bei Orelli-Henzen 1172 vgl. III.
p. . 124). Er heisst darauf C. Plinius L. f. Ouf. Caecilius Secundus, Cos.,
Augur, Legatus pro pr. provinciae Ponti et Bithyniae consulari potestate,
e[x SC. missus ab] Imp. Caesare Nerva Traiano . . , Curator alvei Tiberis
et riparum et cloacar. urb., Praef. aerari Satumi, Praef. aerari milit.,
[Praetor, Trib, pleb.,] Quaestor imp., Sevir equitum rom., Trib. milit. leg.
in gallicae, Xvir stlitib. iudicand.; auf der aus Yercellae auch Fl(amen)
divi T. Aug. (in Comum? Mommsen S. 99 f.). Hievon lallen unter Domi-
tians Regierung die Stellen als Quaestor Caesaris (Ep. VII, 16, 2), wahrsch.
vom 1 Juni 89 bis 31 Mai 90 (Mommsen S. 86) , trib. pleb. (Ep. I, 23, 2 ff.
vgl. YII, 16, 2. Paneg. 95, wahrsch. 10 Dcbr 91 bis 9 Dcbr 92), praetor
(Ep. m, 11, 2. VII, 11, 4. 16. Paneg. 96) J. 93 oder 94 (Mommsen S. 84
—86), praef. aerari mil., J. 95— -97 oder 94—96, (Mommsen S. 37 f. 89);
unter Nerva (und Trajan) die eines praef. aerari_Sat. vom Januar 98
bis 100 oder 101 (Mommsen S. 42. 89 — 91, Stobbe, l'hilologus XXVII.
S. 641) ; unter Trajan wurde er cos, suff. mit lulius— £!ofB»fc»B Tertullus
1 Juli bis 30 Sept. oder 1 Sept. bis 31 Oct. 100 (Ep. V, 14, 5. Paneg. 60.
92. Mommsen S. 91—96), aut^ur J. 103 oder 104 (Ep. IV, 8. Mommsen
S. 44. 95), curator alvei Tib. (Ep. V, 14) wahrsch. J. 105—107 (Mommsen
S. 47. 95), Legat in i^itliynieu- J. 111 u. 112 oder 112 u. 113 (Mommsen
S. 55. 96). Plin. starb wahrscheinlich vor 114 noch in der Provinz oder bald
nach der Heimkehr (ebd. S. 99), etwa 52 J. alt, da er am 24 Aug. 79 im
18*™ Jahre stand (Ep. VI, 20, 6), somit 61—62 geboren war. Verheiratet
war PI. dreimal: zweimal unter Domitian (ad Trai. 2, 2), zuletzt mit Cal-
pumia (rV, 19 vgl. VI, 4. 7. VIII, 10 f.), ohne aber Kinder zu bekommen.
Seine Vermögens Verhältnisse waren glänzend. J. Massen, C. Plini . . vita
ordine chronologico digesta, Amsterdam 1709. Geisler, de Plinii min. vita,
7f)0 Die KaiBcrzeit Erstes Jahrhundert. Traiamis.
Breslau 1862. 16 pp. 4. Tanzmann, de PI. vita, ingenio, moribus, Breslau
1865. Th. Mommsen, zur Lebensgeschichte des jüngeren Fliniiis , im
ilermes 111. S. 31—114 (139). H. F. Stobbe, znr Chronologie der Briefe
fies Plin., Philologus XXX. S. 347— 393 (die Processe des. Priscus und
Classicus).
2. Hieronym. ad a. Abr. 2126 = Trai. 13 — 110 n. Chr. (Petav. und
Freher. ad 2126): Plinius Secundus Novocomensis orator et historicus in-
signis habetur, cuius plurima ingenii opera extant. Seine Lehrer in der
Heredtsamkeit s. oben 320, 4. Epist. V, 8, 8: unodevicesimo aetatis anno
(licere in foro coepi. I, 18, 3: causam luni Pastoris . . acturus adulescen-
tulus adhuc, in quadruplici iudicio (vgl. IV, 24, 1). VI, 12, 2: in arena
mea, h. e. apud centumviros (vgl. IV, 16. IX, 23, 1. Martial, X, 19, 14 f.).
8o Vertheidigung der Arrionilla (Ep. I, 5, 4 ff.), der Attia Viriola (VI, 33,
1 f. Vgl. Anm. 3), Corellia (IV, 17, 1 u. 11), des Vettius Priscus (VI, 12, 2).
Ausserdem pro Firmanis (VI, 18), pro Clario (IX, 28, 6) u. a. Ep. VI, 29,
7 ff.: egi quasdam a senatu iussus. . . (8.) adfui Baeticis contra Baebiam
Massam (zusammen mit Herennius Senecio, J. 93, vgl. VII, 33). . . adfui
rursus isdem querentibus de Caecilio Classico (J. 101, vgl. I, 7, 2 f. III, 4. 9).
. . (9.) accusavi Maritim Priscum (J. 99? vgl. II, 19, 8. ad Trai. 3).* . . (10.)
tuituB sum lulium Bassum (nach 105? vgl. IV, 9, 4 ff. 13, 1 f.). . . (11.)
dixi proxime pro Vareno (Rufo^ J. 106 f. vgl. V, 20, 2. VII, 6. 10). Andere
Criminalprocesse Ep. VII, 6, 8 — 13.
3. Die gehaltenen Beden pflegte Plinius nachher erweitert und sonst
umgearbeitet vorzutragen und nach langer Feile zu veröffentlichen. Ep.
IV, 14, 1. V, 8^ 6: egi magnas et graves causas. has . . destino retractare,
nc tantus ille labor mens . . mecum pariter intercidat. Vgl. ib. 12, 1 f.
VII, 17. VIII, 3, 2. IX, 10, 2 f. 15, 2. 28, 5 (est uberior, multa enim postea
iuserui). So wurde herausgegeben der sermo quem apud municipes meos
(decuriones) habui bybliothecam dedicaturus (I, 8, 2 ff. 16), eine actio pro
patria (II, 5, 3), die pro lulio Basso (IV, 9, 23), pro Vareno (V, 20, 2),
pro Attia Viriola (VI, 33, 1 f. vgl. Apoll. Sid. Ep. VIII, 10), pro Clario
(IX, 28, 5). Anderes VIII, 19. IX, 4. üeber die Dankrede an Trajan s.
A. 12. Dagegen waren erzählender Art (s. IX, 13, 14 vgl. IV, 21, 3 die
Unterscheidung von actio und libri) des Plinius libelli de ultione Helvidi
(im seinem Ankläger Publicius Certus) Ep. VII, 30, 4 £ IX, 13, 1 ; sowie die
lobende Biographie des jungen Vestricius Cottius (ib. III, 10 vgl. IT, 7).
Vgl, imten 336, 12. Plinius selbst meint von seinen Reden: temptavi imi-
tari Demosthenen . . in contentione dicendi (Ep. I, 2, 2 f. vgl. VII, 30, 5) ;
dagegen gab es schon in seiner Zeit nüchterne Beurteiler seiner Redeweise
(wie Lupercus), gegen welche er sich Ep. IX, 26 vergebens mit Berufung
auf Demosthenes vertheidigt (ib. 5: visus es mihi in scriptis meis adnotassc
quaedam ut tumida quae ego sublimia, ut improba quae ego audentia, ut
nimia quae ego plena arbitrabar). Vgl. VII, 12, 4: cum suspicafer futurum
ut tibi tumidius videretur quoniam est sonantius et elatius. Gegen die
Forderung der Kürze verwahrt er sich lebhaft ib. I, 20. V, 6, 42 ff. vgl.
VI, 2, 5 ff. Macrob. V, 1 , 7 : pingue et floridum (genus), in quo Plinius
Secundus quondam et nunc . . Symmachus luxuriatur.
335. Plinius der jüngere. 761
4. Plin. Ep. VII, 4, 2 ff.: numquam a poetice aJienus fui; quin
etiam qnattuordecim natus annoB graecam tragoediam scripsi. . . (3.) mox,
cum e militia rediens in Icaria insula ventis detinerer, latinos elegos
in illud ipsnm mare ipsamque insulam feci. expertus sum me aliquando
et heroo, hendecasyUabis nunc primum. (7.) transii (von Hexametern) ad '
elegos: hos quoque non minus celeriter explicui. addidi iambos, facilitato
corruptus. . . (8.) inde plura metra, si quid otii, maxime in itinere
temptavi. poBtremo placuit exemplo multorum unum separatim hendeca-
syllaborum volumen absolvere. nee paenitet: legitur, describitur, cantatur
etiam. Erste Erwähnung dieser Sammlung ib. IV, 14, 2 ff.: accipies cum
bac epistula hendecasyllabos nostros, quibüs nos in vehiculo, in balineo,
inter cenam oblectamus otium temporis. (3.) his ioeamur, ludimua, amamua,
dolemus, querimur, irascimur, describimus aliquid etc. (4.) ex quibus si
non nuUa tibi petulantiora paulo videbuntur etc. (8.) . . cogitare me has
nugas inscribere Hendecasyllabi. Vgl. V, 3. 10. VIII, 21, 4 (liber et opus-
culis varius et metris). IX, '10, 2 (poemata crescunt, nach Mommsen's
Besserung). 16, 2 (novos versiculos tibi . . mittemus). 25, 1 (lusus et
ineptias nostras) u. 3 (passerculis et columbulis nostris). Ausserdem über-
setzte Plinius um dieselbe Zeit griechische Epigramme des Arrius Antoninus
(oben 319, 4) ins Lateinische (ib. IV, 18 vgl. V, 15). Daraus vielleicht
Anthol. lat. 710 E. Im Allgemeinen Ep. IX, 29, 1 das Geständniss: variis
me studiorum generibus, nulli satis confisus, experior.
5. Plin. Ep. I, 1, 1: irequenter hortatus es ut epistulas, si quas
paulo curatius scripsissem, colligerem publicaremque. coUegi non servato
temporis ordine (neque enim historiam componebam), sed ut quaeque in
manus venerat. Diese angebliche Planlosigkeit kann kaum von dem ersten
Buche selbst gelten. Vielmehr hat schon Tillemont erkannt und Mommsen
(Hermes III. S. 31 — 53) näher nachgewiesen dass die Sammlung chrono-
logisch geordnet ist, theils die Bücher unter einander, theils innerhalb
derselben in der Hauptsache auch die einzelnen Briefe (Stobbe, Philologus
XXVII. S. 640 f.). Die Bücher wurden (wie die des Martial und Statins)
nach einander einzeln herausgegeben. Kein Brief veranlasst den Beginn
der Sammlung vor Domitian's Tod zu setzen. Buch I stammt aus Endo
96 u. J. 97; II aus J. 97—100; III J. 101 f.; IV J. 104 f.; V herausgegeben
106,; VI aus J. 106 f.; VII J. 107? VEI u. IX J. 107 — 109. Die Samm-
lung war vollständig veröffentlicht als PI. nach Bithynien abgieng. Auch
die Correspondenz mit Trajan ist im Allgemeinen nach der Zeitfolge ge-
ordnet und jedem Schreiben des PI. gleich die Antwort des Kaisers an-
gehängt. Brief 15 (16)— 121 (122) ist aus der Zeit der bithynischen Statt- '
halterschaft; (Sept. 111 bis nach Jan. 113), ohne aber bis zu deren Ende
zu reichen. Mommsen a. a. 0. S. ,36 — 59. 99. Die Adressaten sind B. I
immer, III — V meist mit doppeltem Namen bezeichnet, in B. II und VI —
IX immer nur mit einem. Vgl. A. 10.
6. Die Briefe sind sichtlich von Anfang an für die Veröffentlichung
geschrieben.. Jede Person die darin genannt wird und nicht todt oder
verbannt ist wird gelobt; die einzige Ausnahme macht Regulus (oben 321, 3)
und etwa Javolenus Priscus (s. unten 337, 3). Sonst ist bei jedem Ge-
762 I)ie Eaiserzeit. Erstes Jahrhundert. Traianne.
tadelten der Name unterdrückt (s. II, 6. VI, 17. VIl, 26. VIII, 22; 4. IX, 12.
26^ 1. 27, 1). Jeder Brief behandelt nur je einen Gegenstand, so dass
Empfehlungs-, Gratulations- und Condolenzschreiben mit adressierten Tages-
neuigkeiten, ^esohreibungen (bes. von Villen), Abhandlungen mondischen
Inhalts (manchmal recht trivialen, wie VII, 26. IX, 11) planmässig ab-
wechseln. Mit der Person des Verfassers beschäftigen sich die allermeisten,
mit gelungenen Leistungen oder Aeusserungen desselben, seinen Grund-
sätzen, seiner Lebensweise u. s. w., und sie zeigen ihn als zärtlichen Gatten,
treuen Freund, humanen Sklavenhalter, gefeierten Redner und SchriftSsteUer,
edeldenkenden Bürger, freigebigen Förderer aller guten Zwecke. Da-
gegen der Briefwechsel mit Trajan dient dazu die Geduld und ruhige
Umsicht des Kaisers gegenüber der zappelnden Rathlosigkeit und Wichtig-
thuerei seines Statthalters ins Licht zu stellen. Auch VIII, 14, 12 — 24 ver-
räth die grosse Umständlichkeit womit eine einfache Frage behandelt ist
wenig geschäftsmännisches Geschick. Aber auf die Form ist auch hier
alle Sorgfalt verwendet; vgl. I, 1 (A. 6) und VII, 9, 8: volo epistulam
diligentius scribas. . . pressus sermo purusque ex epistulis petitur.
7. Mit seinen Tugenden und Schwächen ähnelt PI. seinem Vorbilde
Cicero (M. TuUius, quem aemulari studiis cupio, Ep. IV, 8, 4 vgl. I, 6, 11.
IX, 2, 2). Er hat dessen V^eichheit und Durst nach Lob, aber ohne seine
Launen und Bosheiten wie ohne sein grosses Talent. Im Gefühle seiner
Schranken hat PL immer eine Schreibtafel zur Hand, um die Gottesgabe
eines Einfalls nicht verloren gehen zu lassen. Aufrichtig gesteht er: me
nihil aeque ac diuturnitatis amor et cupido sollicitat, Ep. V, 8, 1 vgl.
Vm, 2, 8. IX, 3, 1. 14 (oben S. 580 f. A. 4). 23. 31. Seine Weichheit
(mollitia animi mei, Ep. IV, 21, 6) macht ihn milde in der Beurteilung
Anderer, im Leben (Ep. VIII, 22. IX, 17) wie in der Literatur (VI, 17. 21, 1),
so dass Manche ihn tadelten tamquam amicos ex omni occasione ultra
modum landet (VII, 28, 1), wohl zugleich in der stillen Hoffnung auf
Gegenseitigkeit. Seine Weichheit lässt ihn den' Verlust von Angehörigen
und Freunden (auch Sklaven, wie VIÜ, 16) warm und tief empfinden und
leicht in Thränen ausbrechen (z. B. V, 21, 6. VIII, 16, 6. 23, 8). Auch
für die Reize der unbelebten Natur hat er vermöge dieser natürlichen
Weichheit einen offenen Sinn (z. B. I, 6, 2. 9, 6. II, 17, 3 ff. V, 6, 13 f.
VI, 31, iö ff. VIII, 8. 20, 4 ff . 10: me nihil aeque ac naturae opera de-
lectant. IX, 7, 2 ff. H. Motz, die Empfindung der Naturschönheit S. 68—73
u. sonst). Diese Eigenschaft streift nicht selten an Weichlichkeit und un-
männliches Wesen, z. B. VI, 4. VII, 5. Im Ganzen ist Plinius in Nichts
gross und in Vielem klein, aber er hat das Gute gewollt (VIÜ, 2, 2 : mihi
egregium in primis videtur . . agitare iustitiam) und das Gemeine gemieden.
8. Chr. B. Lehmus, der Charakter des jungem Plinius, Soest 1776.
J. A. Schäfer, über d. Charakter d. j. PL, Ansbach 1786 — 1791. 4. G. E.
Gierig, Leben, moralischer Charakter und schriftstellerischer Werth des
j. PL, Dortmund 1798. E. Cauvet, ^tude sur Pline le jeune, Toulouse 1867.
Grasset, Pline le j., sa vie et ses oeuvres, Montpellier 1865. 18L7 pp.
J. Held, Werth der Briefsammlung des j. PI. in Bezug auf röm. Lit.«
Geschichte, Breslau 1833.
335. Plinius der jüngere. 763
Wensch, lezici plimani epec. I. IL Wittenberg 1837. 1839. 4. H. Holstein,
de PL min. elocutione, Naumburg 1862. 36 pp. 4.; disp. altera, Magdeburg
(Lips. Teubner) 1869. 26 pp. 4. Vgl. £. Elussmann, philol. Anz. 1870,
S. 159—165.
9. ApolL Sidon. £p. IX, 1: addis et causas quibus hie liber nonus
octo Buperiorum voluminibus adcrescat, quod C. Secundus, cuius nos orbi-
tas sequi hoc opere pronuntias, paribus titulis opus epistulare determinet.
Der Briefwechsel mit Tra Jan wurde erst von Aldus willkürlich als zehn-
tes Buch gezählt und ist jetzt durch keine Handschrift mehr vertreten. Aber
im sechszehnten Jahrh. gab es noch eine solche in Frankreich, nach welcher
die 81 letzten Briefe von H. Avantius (1502) u. A. (Ph. Beroaldus 1502,
Catanaeus Mail. 1506), die sämmtlichen (incl. 1 — 41) aus der inzwischen
nach Italien gekommenen Hds. von Aldus 1508 herausgegeben wurden.
Spätere Herausgeber veränderten die Ordnung, indem sie zuerst die Briefe
ohne Antwort und d^n die auf welche auch die Antwort Trajans erhalten
ist zusammenstellten. Eeil hat die ursprüngliche Ordnung wiederhergestellt,
abei^ Nr. 4 ungezählt gelassen. Erste methodische Behandlung durch J. C.
Orelli, Turici 1833, verbessert und mit einer historia critica epistolarum
Plinü et Traiani vermehrt, Turici* ind. lect. 1838. 4. (1840. 4.) Sonstige
BeitiÄge von J. Held (Prolegg. ad etc., Schweidnitz 1835. 4.), Gr. Thomson
(Dansk Maanedskriffc 1858, S. 425—456. 1859, S. 152—158), Holm (ebd. 1859,
S. 168—168) und J. L. üssing (om de k. Tr. tillagte breve til PL, Kopen-
hagen 1861. 26 S. 4).
10. Die einzige Handschrift welche sämmtliche neun Bücher Briefe
enthält ist der Mediceus (M) saec. X , von welchem Titze's Prager Hds. eine
fehlerhafte Abschrift ist. Aus gleicher Quelle mit M stammt der Yaticanus
3864 (V) saec. X, welcher aber nur B. I— IV enthält. Alle übrigen Hdss.
sind jünger und bieten entweder nur B. I bis V, 6 (zusammen 100 Briefe),
wie besonders der Florentinus (F) saec. XI und der verschollene Riccar<
dianuB (von Corte benützt), oder nur acht Bücher, indem sie B. YHI aus-
lassen und B. IX als achtes zählen, ausserdem das letzte und das 5. Buch
in gestörter Ordnung bieten. Aelteste Hds. dieser letztern Classe ist der
codex archivii Cassinatis 332 vom J. 1429. Auch der Dresdensis (D) gehört
dahin; in ihm aber, wie in andern, ist der Text nach einem Exemplar
der 100 Briefe-Classe durchcorrigiert. D wie M geben den Adressaten nur
Einen Namen, während F und Riccard. oft beide Namen bewahrt haben
(vgl. A. 5 £.). Alle Handschriften aber enthalten vielfache willkürliche
Abänderungen und Interpolationen durch Grammatiker. H. Eeil, praef.
seiner Ausg., und De Plinii epistulis emendandis disp. I (Erlangen 1865.
23 pp. 4.) und II (Eri. 1866. 23 pp. 4.).
11. Die erste Ausgabe der Briefe (Venet. 1471) enthielt nur acht
Bücher; die von J. Schurener (Rom. 1474?) besorgte fugte einen Theil^von
B.Vin (ohne 8, 3—18, 11) hinzu. Die erste vollständige ist die von Aldus,
Venet. 1508, aus einer von M verschiedenen Hds. Sonstige Ausgaben von
J. Gruter (1611), J. Veenhusen (cimi notis Caeaub., Gruteri, J. Fr. Gronovii
etc., Lugd. B. 1669), G. Cortius et P. D, Longolius (Amstelod. 1734. 4.).
Ed. F. N. Titze, Prag 1820. Auswahl mit Anm. von G. A. Herbst, Halle
1839. Erläutert von M. Döring, Freiberg 1843, 2 Bde.'
764 Die Kaiserzeit, Erstes Jahrhundert. Traianus.
12. Die Dankrede an Trajan für die Ertheilung des Consulats (Epist.
IT, 1, 6. III, 13. 18. IV, 5. VI, 27, 2 f. Paneg. 1, 6. 2, 3. 3, 1. 90, 3) wird
panegyricus genannt schon von Apoll. Sidon. Ep. VIII, 10. „Wahr-
scheinlich hat sie unter der Erweiterung und der zu peinlichen Sorgfalt
bei der nachträglichen schriftlichen Ausführung gelitten. Wie sie -.jetzt
vorliegt, gespreizt und gewunden, unter dem Scheine des Freimuts mit
übermässigen und abgestandenen Schmeicheleien vollgepfropft, . . begrei-
fen wir das Urteil F. A. Wolfs (praef. zu Cic. p. Marcell. p. XII): enecuisget
principem novus consul si ita dixisset ut scripsit" (M. Hertz, Renaissance
- u. s. w. S. 11). Ueberliefert ist sie in zwei Reoensionen, die aber beide
verdorben sind. Die ältere ist vertreten durch die drei Palimpsestblätter
(saec. VI — Vin) aus Dobio welche A. Mai in seiner Ausg. des Symmachus
(Mediol. 1815) veröffentlicht hat, genauer H. Keil, de schedis Ambrosianis
rescriptis paneg. FL, Halle 1869. 16 pp. 4. Die andere besteht aus Hdss.
des löten Jahrhunderts (z. B. Vat. 3461), welche alle aus einer Hds. der
panegyrici abgeschrieben sind die im J. 1433 J. Aurispa in Mainz sah; H.
Keil, Jo. Aurispae epistula, HaUe 1870. 4.
Ausgaben zuerst in den Panegyrici veteres von Puteolanus, Gnspiuianus
(1513) u. a., dann cum comment. J. Lipsii, Antverp. 1600. 1604. 4. u. sonst.
Emend. J. M. Gesner, Gotting. 1735. 1749. Cum notiö varr. cur. J. Arntzen,
Amstelod. 1738. 4. Cum comm. ed. C. G. Schwarz, Norimb. 1746. 4. Bec.
G. E. Gierig, Lips. 1796. Texte revu par Fr. Dübner, Paris 1843.
■ ■
Kritische Beiträge von J. C. Held (Observationes in PI. pan^., Baireuth
1824. 4.), M. Haupt (Hermes V. p. 26—28). J. Dierauer, über den Paneg.
des j. PI., in M. Büdingers Unters, zur röm. Kaisergesch. I (1868) S. 187 — 217.
13. Gesammtausgaben (vgl. A. 11) besonders von H. Stephanus (cum
notis Is. Casauboni, Paris 1591), M. Z. Boxhorn (Lugd. B. 1653), J. M.
Gesner (Lips. 1739. 1770; cum notis varr. ed. G. H. Schaefer, Lips. 1805),
G. E. Gierig (rec. et prolegg. instr., Lips. 1806), H. Keil (recogn., Lips, 1853,
Bibl. Teubner.), besonders dessen grössere Ausgabe (mit index nominum von
Mommsen)» LipS. Teubner 1870.
Uebersetzungen von Schäfer (Erlangen 1801 f.), E. A. Schmid u. F. Strack
(Frankf. 1819, 2 Bde.), C. F. A. Schott (Stuttgart, Metzler, 5 Bdchn.), E.
KluBsmann (Stuttgart, Hof&nann 1869 f.).
318 336. Ausser diesen beiden bedeutendsten Rednern ihrer
Zeit kennen wir besonders durch Plinius noch eine grosse An-
zahl von Männern aus allen Ständen welche im Senat und vor
Gericht als Redner und Sachwalter thätig waren und zum Theil
ihre Reden auch veröffentlichten. So namentlich Pompejus
Saturninus, welcher auch Verse machte, und Voconius Romanus.
Die grosse Zahl dieser praktischen Redner und ihr entschiedenes
Uebergewicht über die Schulredner zeugt von der Bedeutung
welche das öffentliche Leben wieder gewonnen hatte. Ein achtungs-
werther Vertreter der Schulberedtsamkeit ist P. Annius Florus
336. Redner: Voconiua Romanus u. A. 765
von welchem ein anziehendes grosseres Bruchstück auf uns ge-
kommen und der auch als Dichter bekannt ist. Die Geschicht-
schreibung hat auch ausser Tacitus die Richtung auf das Per-
sönliche (Claudius PoUio, C. Fannius, Plinius) und auf Dar-
stellung der letzten Vergangenheit (Pompeius Planta).
1. Plin. Ep. I, 16, 1: Pompeium Saturninum . . (2.) audivi causaa
agentem . . polite et ornate etc. (3.) senties quod ego cum orationes eius
in inanuB sumpseris, quas facile cuilibet veterum, qnorum est aemulas,
comparabis. (4.) idem tarnen in historia magis satisfaciet etc. (5.) praeterea
facit versus quales Catullus aut Calvus. quantum (in) illis leporis etc.
(6,) legit mihi nuper epistulas: . . Plautum vel Terentium metro solutum
legi credidi. An ihn ib. I, 8. V, 21 (, 1; litterae tuae . . te recitaturum statim
ut venissem pollicebantur). VII, 7. 15. IX, 38.
2. Plin. Ep. II, 13, 4: Voconius Romanus . . ipse citerioris Hispa-
niae . . flamen prozime fuit. (7.) ad hoc ingenium ezcelsum, subtile, dulce,
facile, eruditum in causis agendis (vgl, VI, 33). epistulas quidem scribit
ut Musas ipsas latine loqui credas. An ihn ib. I, 5. III, 13 und wohl auch
(Romano) II, 1. VI, 15. 33. VIII, 8. IX, 27. 28 (wo 3: 'nuntiaa.multa te
nunc dictare nunc scribere quibu snos tibi repraesentes) u. a. ad Trai. 4, 4:
pro moribuB Romani mei, quos et liberalia studia exomant et eximia pietas.
Er ist wohl der C. Licinius C. f. Gal. Marinus Voconius Romanus im C. I.
lat. II, 3866 vgl. 3865 a.
3. Suet. Vesp. 13: Salvium Liberalem in defensione divitis rei
ausum dicere . . et ipse laudavit (Vesp.). Unter Domitian verbannt. Plin.
Ep. II, 11, 17: postero.die (J. 100) dixit pro Mario Salvius Liberalis, vir
subtilis, dispositus, acer, disertus. Vgl. ib. III, 9, 36 (J. 101). Cos. wohl
unter Nerva (Orelli 1170 und die Acta der fratres arvales, zu denen er seit
1. März 78 gehörte: C. Salvius C. f. Vel. Liberalis Nonius Bassus); s. Pauly's
Real-Enc. I, 2. S. 2298, No. Söuund den Index zu KeiVs Plin. (1870) p. 424.
4. Als praktische Redner bezeichnet Plinius ausserdem folgende Zeit-
genossen: Catius Fronto (Ep. H, 11, 3 u. 18. IV, 9, 15. VI, 13, 2 vgl. oben
322, 4 E.), Claudius Capito (VI, 13, 2), Claudius Marcellinus (U, 11, 16),
Claudius Restitutus (HI, 9, 16), Cornelius Minicianus (VII, 22), Cremutius
Ruso (VI, 23, 2), Erucius Claras (Cos. 117, vir . . disertus atque in agendis
causis exercitatus, ib. II, 9, 4), Fabius Hispanus (facundia validus, ib. IIT,
9, 12), _C. Fannius (s. A. 8)^ (Cn. Pedanius) Fuscus Salinator (Cos. 118; ib.
VI, 11. 26), Herennius PoUio (IV, 9, 14), lulius Africanus (VII, 6, 11), Enkel
des gleichnamigen Redners (oben 292, 4); Lucceius Albinus (III, 9, 7. IV,
9, 13), Minicius (lustus? vgl. ib. VII, 11, 4) dessen Stilart tenuitas war
(VII, 12, 5); Pomponius Rufus (IV, 9,^ 3), Titius Homullus (Ep. IV, 9, 15.
V, 20, 6), Trebonius Rufinus (IV, 22, If.), Tuscilius Nominatus (V, 4, If.
13, 1 ff.), Varisidius Nepos (IV, 4, 1), ümmidius Quadratus (VI, 11. VII, 24;
Cos. J. 118).
6. Plin. Ep. VI, 5, 6: et (luventius), Celsus (unten 337, 2) Nepoti ex
libello respondit (im Senat) et Celso (Licinius) Nepos ex pugillaribns. V, 13,
766 Die Kakerzeit. firstea Jahrhundert. Traianus.
6 f.: Nigrinas trib. pleb. recitayit (im Senat) libellum dlBertom et gravem,
quo questos est vaenire advocationes etc. vgl. Y, 20 , 6 (dixit . . Nigrinos
presse, graviter, omate).
6. Als Schulredner sind aus dieser Zeit (ausser Licinianus, oben 321,
15) bekannt Isaeus (Plin. Ep. II, 3. Juv. 3, 74. Philostr. vit. soph. I, 20)
und lulius Genitor (rhetor latinus, Plin. Ep. III, 3, 3 ff.; an ihn ib. III, 11.
Vn, 30. IX, 17), sowie Vettius (Juv. 7, 160). Auch Sueton heisst schola-
sticus bei Plin. Ep. I, 24, 4 vgl. 18, 1 (ne quid adversi in actione patiaris).
7. Die Einleitung des Dialogs von P. Annius Florus über die Frage
Yergilius orator an poeta wurde von Th. Oehler in einer Brüsseler Hand-
schrift gefunden und von F. Bitschl (Rhein. Mus. I. 1842. S. 302 — 314) erstmals
herausgegeben und commentiert. Darauf auch in den Ausgaben des lulius
Florus (unten 343) von 0. Jahn p. XLI— -XLIV und von Halm p. 106—109.
Beiträge zur Textkritik von J. Freudenberg (Rhein. Mus. XXII. S.30f.) und E.
Bährens (lectt. latt., Bonn 1870, p. 19 — 22). Aus diesem Dialog erfahren wir
über den Verfasser dass er puer sub Domitiano zu Rom im capitolinischen Agon
aufgetreten, aber aus Parteilichkeit nicht gekrönt worden sei; aus Yerdruss
hatte er sich auf Reisen begeben, zuletzt aber in Tarraco niedergelassen
und die professio litterarum betrieben. Hier trifft ihn der Interlocutor und
fragt ihn z. B.: quid tu tam diu in hac provincia? nee . . urbem illam
revisis ubi versus tui a lectoribos concinnntur et in foro omni clarissimus
ille de Dacia triumphus (Trajans, J. 102 oder 106) exultat? Wirklich finden
wir ihn unter Hadrian zu Rom, da er ohne Zweifel der Florus poeta ist
mit welchem Hadrian scherzhafte Yerse wechselte (Spartian. Hadr. 16);
vgl. Charis. I. p. 53, 14 u. 140, 6 E. (Annius Florus ad divum Hadrianum:
poematis delector). 123, 17 (Florus ad divum Hadrianum). Auch ist ganz
glaublich dass er der Yerf asser ist der ansprechenden 26 trochäischen Tetra-
meter, Lebensbeobachtungen enthaltend, welche im codex Salmasianus und
Thuaneus die Aufschrift haben Flori de qualitate Vitium (Nr. 245 — 252 bei
A. Riese, Anthol. lat. p. 168 — 170), sowie der fünf Hexameter Flori über
die Rosen (ib. Nr. 87, p. 101). Beides an L. Müller's Rutil. Nam. p. 26—81.
E. H. 0. Müller, de P. Annio Floro poeta et carmine quod Pervigilium
Yeneris inscriptum est, Berlin 1855. 46 pp. Ueber das Yerhältniss zum
Florus der Bella s. unten 343, 1.
8. Plin. Ep. Y, 5, 1: nuntiatum mihi est C. Fannium decessisse, . .
hominem elegantem, disertum etc. (2.) . . pulcherrimum opus imperfectum
reliquit. (3.) quamvis enim agendis causis distringeretur scribebat tarnen
exitus occisorum aut relegatorum a Nerone et iam tres libros absoiverat,
subtiles et diligentes et latinos atque inter sermonem historiamque medios,
ac tanto magis reliquos perficere cupiebat quanto firequentius hi lectita-
bantur. Ygl. ib. 5: primum librum quem de sceleribus eins (des Nero)
ediderat etc.
9. Schol. des Yalla zu Juv. 2, 99: quod bellum (des Oalba, Otho, Vi-
tellius) descripsit Cornelius Tacitus, post Comelium vero, ut Probus in-
quit, Pompeius Planta, qui ait Bebriacum etc. Plin. Ep. IX, 1 (Maxime
suo), 1: saepe te monui ut libros quos vel pro te vel in Plantam . . com-
posuisti quam maturissime emitteres: quod nunc praecipue morte eins an-
336 f. Redner (Annius Florus), Historiker und Juristen. 767
dita et hortor et moneo. Er ist wohl der Pomp. Planta der als Präfect
von Aegypten (J. 98) bei Plin. ad Trai. 7 u. 10 genannt wird; Maximus
aber ist wohl der Nonius Maximus dessen libri Pliniua Ep. IV, 20 rühmt
und an welchen auch Ep. Y, 5 (s. A. 8) gerichtet ist. Ein Messius Maximus
ib. III, 20. IV, 26.
10. Ueber einen ungenannten der Terissimum librum über die jüngste
Vergangenheit recitaverat Plin. Ep. IX, 27. Vgl. ib. 31 (Sardo): legi librum
tuum, identidem repetens ea maxime quae de me scripsisti.
11. Plin. Ep.VII, 31, 6: Claudius PoUio quam fideliter amicos colat
multorum supremis iudiciis, in his Anni Bassi, gravissimi civis, credere
potes, cuius memoriam tam grata praedicatione prorogat . . ut librum de
vita eins (nam studia quoque sicut alias bonas artes veneratur) ediderit.
12. Plinius stellt Ep. V, 8 halb in Aussicht dass er, wenn er mit der
Bearbeitung und Herausgabe seiner Reden zu Ende sei, sich der Geschicht-
schreibung zuwenden werde. Indessen die glänzenden Leistungen des Täci-
tus auf diesem Gebiete werden ihn eher davon zurückgeschreckt haben,
und so blieben die rhetorisch - biographischen Schriften über Helvidius und
Vestricius Cottius (oben 335, 3) das Einzige was er in dieser Art yerfasste.
Was H. Nissen (Rhein. Mus. XXVI. 8. 644 — 648) über seine redigierende
Thätigkeit bei der Herausgabe des Geschichtswerkes seines Oheims (oben
307, 5) vermutet ist wenig einleuchtend.
337. Die Jurisprudenz hat unter Trajan eine Anzahl3i9
ausgezeichneter Vertreter. So die letzten Proculianer Neratius
Priscus und Juventius Gelsus^ heide zum Gonsulat gelangt und
noch im Käthe Hadrians^ dabei fruchtbare Schriftsteller. Auf
Seiten der Sabinianer stand Javolenus Priscus, sowie auch wohl
der charaktertüchtige Freund des Plinius, Titius Aristo, und der
von Salvius Julianus commentierte Minicius. Minder bedeutend
und wenig bekannt sind Laelius Felix, Varius LucuUus, Arrianus,
Octavenus, Vivianus u. a.
1. Fompon. Dig. I, 2, 2, 63: successit . . patri Celso Celsus filius et
Frist US Neratius, qui utrique consules fuerunt, Celsus quidem et iterum
(s. A. 2), Ner. Pr. aber mit dem Grossvater von M. Aurel, Annius Verus
(Dig. XL VIII, 8, 6), wahrscheinlich unter Domitian, etwa J. 83 nach Sickel
und Borghesi bei Mommsen I.'R. N. 4931 (aus Altilia): L. Neratio L. f. Vol.
Prisco, praef. aer. Sat., Cos., Leg. pr. pr. ih prov. Pannonia (J. 98), womit
wörtlich übereinstimmt ib. 4932 aus Saepinum, wo auch noch ein jüngerer
Ner. Pr. (Sohn des Juristen?) genannt ist (L. Neratius L. f. Vol. Pr . . . .
Vllvir epul. , leg. Aug. pr. pr. . . . inferiore et Pannonia), welchen Dirksen
(Abhandi. d. Berl. Ak. 1852, S. 202 — 204), sich stützend auf eine unechte
(Pratilli'sche) Inschrift (Orelli 763 =■ Mommsen 520*), für den Rechtsgelehrten
hielt. Spart. Hadr. 18, 1: cum iudicaret in consilio habuit . . iunsconsultos
et praecipue lulium Celsum (vgl. Muratori Inscr. p. 2006, 1. Orelli 2369),
Salvium lulianum, Neratium Priscum aUosque, wonach Neratius ein hohes
768 Die Kaiserzeit. Eretes Jahrhundert. Traianus.
j
Alter erreicht haben musa. Am^einflussreichBten unter Trajan; 8. Spart.
Uadr. 4,8: frequens opinio fait Traiano id animi fuisse ut Neratium Pris-
cam . . auccessorem relinqueret, . . usque eo ut Prisco aliquando dixerit:
commendo tibi provincias, si quid mihi fatale contigerit. Vgl. Dig. XXXVll,
12, 5: divuB Traianus . . consilio Neratii Prisci et Aristonis etc. Von seinen
Schriften sind in den Digesten an 64 Stellen excerpiert (s. Hommel, Palin-
genesia I. p. 501 — 512): Responsorum libri III, Membranarum libri YII und
Regularum libri XY; angeführt werden ausserdem Neratius libro IV<^ Epi-
stolarum (Dig. XXXIII, 7, 12. §. 35 u. 43; daraus wohl die epistola Neratii
ad Aristonem, ib. XIX, 2, 19, 2), libri ex Plautio (Dig. VIII, 3, 6, 1 vgl.
oben 311, 6) und ein liber de nuptiis (Gcllius IV, 4, 4). Vgl. auch A. 3.
J. C. Sickel, de Neratio Prisco icto, Lips. 1788. 4. Rudorff, röm. Rechts-
gesch. I. S. 181 f. K. Viertel, de vitis ictorum (1868) p. 26 — 30.
2. P. luventius Celsus T. Aufidius Hoenius Severianus (Dig. V, 3, 20, 6.
Orelli-Henzen 7182), Sohn des Juristen luv. Celsus (oben 311, 4), ums J. 95
einer der gegen Domitian Verschworenen (Dio LXVII, 13), PrUtor 106 oder
107 (Plin. Ep. VI, 5, 4), Cos. I wohl unter Trajan, II unter Hadrian J. 129
(Dig. 1. 1. Cod. lust. Vn, 9, 3. Gruter p. 573, 2. Henzen I. l.). Schriften:
Digestorum libri XXXIX, angelegt nach dem System der hadrianischen
Codification (B. 1—12 u. 24—27 nach der Reihenfolge des Edicts, B. 13—23
über Testamente und Legate, 28—39 über sonstige Gegenstände des Civil-
rechts), woraus in den Digesten sich 142 Stellen finden, besonders ausführ-
liche VIII, 6, 6. XXVIII, 5, 59. XXXm, 10, 7. XL VII, 2, 67; auch s. fragm.
Vat. 75. 77. 79. 80. Nur angeführt werden seine Commentarii in mindestens
7 Büchern (Dig. XXXIV, 2, 19, 6), Epistolae in mindestens 11 (ib. IV, 4, 3, 1)
und Quaestiones in wenigstens 19 Büchern (ib. XII, 1, 1. XXVIII, 5, 9, 2.
XXXIV, '2, 19, 3). Celsus geht in seinen Ueberresten mit Vorliebe auf die
Juristen der Republik (bes. Servius, Labeo und Tubero) zurück und beruft
sich öfters auch auf mündliche Erklärungen seines Vaters (Dig. XXXI, 20:
et Proculo placebat et a patre' sie accepi. ib. 29: pater mens referebat etc.).
Griechische Wendungen Dig. XIII, 3, 3. XXXIII, 10, 7. Er zeigt Schärfe,
theilweise auch Derbheit. Bei den älteren Juristen hiess eine grobe Ant-
wort auf eine thörichte Frage responsio Celsina auf eine quaestio Domiti-
ana, aus Anlass von Dig. XXVIII, 1, 27: Domitius Labeo Celso suo salutem.
Quaero an etc. (ob der Notar der ein Testament aufgesetzt auch als Testa-
mentszeuge fungieren könne). luvehtius Celsus Labeoni suo salutem. Aat
non intellego quid sit de quo me consulis aut valide stulta est consultatio
tua. plus enim quam ridiculum est dubitare an aliquis etc. Vgl. ib. III, 5,
10, 1: istam sententiam Celsus eleganter deridet. Hommel, Palingenesia I.
p. 149 — 172. Heineccius, de P. luventio Celso Icto eximio, Frankfurt a. O.
1727. 4. = Opp. IL p. 518 — 532. Rudorff, Röm. Rechtsgesch. I. S. 181.
3. Pompon. 1. 1. (s. A. 1): successit . . Caeiio Sabine (oben 311, 1) Prise üb
lavolenus, . . lavoleno Prisco Abumius Valens et Tuscianus, item Salvius
lulianns. Dig. XL, 2, 5: lulianus: . . ego, qui meminissem lavolenum,
praeceptorem meum , et in Africa et in Syria servos suos manumisisse cum
consilium praeberet. Plin. Ep. VI, 15: Passennus Paulus . . scribit elegos.
. . is cum recitaret ita coepit dicere: ^Prisce, iubes.' ad hoc lavolenus
337. Jaristen: luventius CeUus, lavolenus, Aristo n. A. 769
Priscus (aderat enim, ut Paulo amicissimus) : *ego vero non iubco.' cogita
qui risuB hominum. . . est omnino Priscus dnbiae sanitatis, interest tarnen
officiis, adhibetur consiliis atque etiam ius civile publice respondet. Um
so weniger schlimm wird es mit seiner sanitas oder gar deliratio (ib. 4)
gewesen sein. Plinius hat für Humor kein Organ und war vielleicht selbst
auch durch lavolenus in seiner Eitelkeit verletzt. Sehr zweifelhaft ist ob
lav. unter Pius noch lebte, da Capitol. Ant. Pi. 12, 1 die Hdss. vielmehr
Diaboleno haben. Juristische Schriften von ihm sind in den Digesten an
206 Stellen ezcerpiert. Wir kennen als solche: libri XV ex Cassio, Episto-
larum libri XIV, ad Plautium oder ex Plautio libri V, libri ex Posterioribus
Labeonis oder Posteriorum Labeonis (oben 260, 2) a lavoleno epitomatorum,
mindestens sechs. Hommel, Palingenesia I. p. 197 — 220. Freilich ist es
fraglich ob da wo Priscus schlechtweg genannt wird er gemeint ist oder
Neratius; denn Dig. VII, 8, 10, 2 (et Priscus et Keratins putant) schreibt
Mommsen, nach der üebersetzung des Stephanos {Mci tpaci n(^%ovX6g xb
Sfue xal NeQariog) vielmehr et Proculus et N. G. A. Jenichen, de Pr. lav.
icto incomparabili, Lips. 1734. 4. H. van Alphen, spicilegia de I. Pr. icto,
Utrecht 1768 und in Oelrichs thesaur. nov. III, 1. J. G. Lindner, prolusio
de I. Pr. ad Plin. Ep. VI, 16. Arnstadt 1770. 4. C. L. Neuber, die Jurist.
Classiker (Berl. 1806) S. 146 — 182.
4. Plin. Ep. I, 22, 1 fF. (ums J. 100): perturbat me longa et pertinax
valetudo Titi Aristonis, quem singulariter et miror et diligo. nihil est
enim illo gravius, sanctius, doctius etc. (2.) quam peritus ille et privati
iuris et publici! quantum rerum, quantum exemplorum, quantum antiqui-
tatis teneti etc. (3.) . . et tamen plerumque haesitat, dubitat diversitate
rationum, quas acri magnoque iudicio ab origine oausisque primis repetit
etc. (6.) in summa, non facile quemquam ex istis qui sapientiae studium
habitu corporis praeferunt huic viro comparabis. . . in toga negotiisque
versatur, multos advocatione, plures consilio iuvat. Auch nach dem Wei-
teren scheint es dass er sich ' zum Stoicismus bekannte. Damals genas er
wirklich; denn an ihn sind gerichtet Ep.V, 3 (Titio Aristoni suo) vom J. 105
und VIII, 14 vom J. 108 (1: cum sis peritissimus et privati iuris et publici
etc. 10: scientia tua, cui semper fuit curae iura . . sie antiqua ut recentia
. . tractare). Dig. XXXVII, 12, 5 (oben A. 1). Schriften von ihm erwähnt
Plinius noch nicht; auch werden solche in den Digesten nie excerpiert,
wohl aber gelegentlich (besonders durch Pomponius, s. unten 345, 8) seine
Noten (notat, adnotat u. dgl.) zu (Labeo, Cassius und) Sabinus (wonach
Aristo Sabinianer war), Dig. II, 14, 7, 2 (eleganter Aristo Celso respondit).
IV, 8, 40 (Cassium audisse se dicentem Aristo ait). XX, 3, 3 (Aristo Neratio
Prisco scripsit etc. Vgl. XL, 4, 46). VII, 1, 7, 3. VII, 8, 6 (Ar. apud Sabi-
num). XXVIII, 5, 17, 6. XXIX, 7, 9. XXXIII, 9, 3, 1. fragm.Vat. 68. 83. 88.
199; einmal, (Dig. XXIX, 2, 99) Aristo in decretis Frontinianis (oben 322?).
Gell. XI, 18, 16: memini legere me in libro Aristonis icti, haudquaquam
indocti viri, etc. Dig. XXXVII, 5, 6 (wo Salvius Aristo an Julianus eine
juristische Anfrage richtet) ist Salvius wohl zu streichen und jedenfalls ein
anderer Aristo zu verstehen. J. J. Enschede, de T. A., Lugd. B. 1829.
Th. Mommsen, Zeitschr. für Rechtsgesch. VII (Weimar 1868). S. 474 — 478.
IX. S. 87 f. A. 13.
TsuFFKL, Böm. Literalurgcsohichtc. 2. Anfl. 49
770 Die Kaiseraeit. Erstes Jahrhundert. Traiaons.
5. Dig. XLI, 1; 19: Aristo ait; . . quod et Varium Lacullnm aliquando
dubitasse. Also wohl älterer Zeitgenosse des Aristo. Mommsen : Yarronem
Lncnllum (cf. Cic. p. Tnll. 8)?
6. Ein Mini ci US ist als juristischer Schriftsteller bekannt durch die
in den Digesten 40nial excerpierten Noten Julians zu seinem Werke (ex
Minicio, apud oder in Minicium). Sehr zweifelhaft ist seine Identität mit
dem (L.) Minicius Natalia welchem divus Traianus rescripsit (Dig. II, 12, 9),
dem Cos. von J. 107 mit Q. Licinius Granianus (Mommsen I. B. N. 4496.
Bull, archeol. 1846, p. 42), welcher auf Inschriften mehrfach Torkommt,
wie sein gleichnamiger Sohn (L. Minicius L. f. Oal. Natalis Quadronius
VeruB, COS., procos. prov. Africae etc.), der PiAfect des Alimentenwesens
unter Hadrian. Annali dell' inst. arch. 1849. p. 22S — 226. E. Hübner,
Monatsber. der Berl. Ak. 1860, 8. 232 f. F. Kämmerer, de Minicio Natali
icto romano, Rostock 1839. E. Viertel, de vitis ictorum p. 20—26.
7. Gellius XV, 27, 1: in libro Laelii Felicis ad Q. Mucium (oben
161, 2) primo scriptum est Labeonem (oben 260, 1 f.) scribere etc. Vgl.
ib. 4: in eodem Laeli Felicis libro haec scripta sunt etc. (über Einrich-
tungen der Bepublik, bes. comitia). Vielleicht ist er der Jurist Laeliue
der noch unter -Hadrian lebte, s. Dig. V, 4, 3: Laelius scribit se Tidisse
. . mulierem quae ab Alexandria perducta est ut Hadriano ostenderetur.
Vgl. ib. XXXIV, 5, 7. Auch ib. V, 3, 43 (idque et Laelius probat). Merck -
lin, Philologus XVI. S. 168—172, welcher auf ihn femer bezieht Macrob.
I, 6, 13 (M. Laelius augur refert etc.) und Gell. XIII, 14, 7: quod ego in
Elydis, grammatici veteris, commentario offendi, indem er dort Felicis
liest (vgl. Bhein. Mus. XVIIl. S. 297 — 300), tf! Hertz dagegen (Rhein.
Mus. XVU. S. 680 fP.) wahrscheinlicher Heraclidis.
8. Ulpian. Dig. V, 3, 11: Arrianus libro II de interdictis. XLIII,
3, 1, 4: bellissime Arrianus scribit. Vgl. XXVHI, 6, 19: quam sententiam
et layolenus probat et Pomponius et Arrianus. XXXVIU, 10, 6 (aus Paulus).
XLIV, 7, 47 (aus Paulus). Vielleicht dass er der Arrianus Maturus ist an
welchen Plin. Ep. I, 2. II, 11 f. IV, 8. 12. VI, 2. VUI, 21 gerichtet sind.
Vgl. ib. in, 2, 2 ff. Ein Arrianus Severus, praef. aerarii in der Zeit nach
Trajanus, Dig. XLIX, 14, 42 (aus Aburins Valens).
9. Dig. XXXVIU, 1, 47 aus Aburius Valens: Campanus scribit' etc.
Vgl. Pompon. ib. XL, 6, 34, 1 aus Pomponius: Campanus ait etc.
10. Dig. XXXI, 49, 2: quod (Labeonis) merito Priscus Fulcinius
falsum esse aiebat. XXV, 2, 3, 4: Mela, Fulcinius aiunt. XXXIX, 6, 43
aus Neratius libro I Responsorum: Fulcinius (putat oder dicit) etc. Vgl.
XXIV, 1, 29 (aus Pomponius): . . Fulcinius scripsit. XXV, 1, 1, 8 (Fulci-
nius inquit]t.
11. Paulus Dig. IV, 6, 36, 9: Vivianus scribit Proculum (oben 276, 5)
respondisse; und XIII, 6, 17, 4: Vivianus scripsit. Vgl. XXIX, 7, 14: qui-
dam referunt . . apud Vivianum Sabini et Cassii et Proculi expositam esse
controversiam. Vgl. noch ib. IX, 2, 27, 24. XIX, 6, 17. XXI, 1, 1, 9. 17, 3.
unten A. 13. E. Viertel p. 16 f. setzt ihn vor Celsus und Octavenus.
12. Dig. XXIII, 2, 44, 3 (aus Paulus): Octavenus ait. XL, 9, 32, 2
337 f. Juristen (Minicius u. A.) und Grammatiker (Velius Longus). 771
(aus Terentius Clemens) : idem Octavenus probat. PomponiuB Dig. XL, 5, 20
(bellissime Aristo et Oct. putabant) und 4, 61, 2 (hoc amplius Oct. aiebat).
XXX, 9 (0. scripsit). Nach Dosith. 12 kannte er die lex lunia Norbana
vom J. 772. Das Sctum luventianum aber kennt er noch nicht und ist
daher nicht später als unter Trajan zu setzen. K. Viertel, de vitis ictorum
(Königsb. 1868) p. 13—15.
13. Dig. XXXVn, 14, 10 aus Terentius Clemens: id etiam Proculo
placuisse Servilius refert, wo Mommsen an placuisse Yiviano (A. 11) denkt.
14. Dig. III, 5, 30 aus lulianus: Valerius Severus respondit etc. Vgl.
Ulp. ib. III, 3, 8 pr.: Valerius Severus scribit. Ein C. Val. Sev. war cos.
suff. 124 n. Chr. Orelli-Henzen 6466.
«
16. Dig. XXXVII, 12, 3 aus Paul. VIII ad Plaut: Paconius ait. Gegen
die Aenderungsversnche (z. B. von A. Schmidt, in Bekker u. Muther Jahrb.
d. gem. Rechts III. 1859. S. 391 ff.) s. E. Viertel, de vitb ictorum p. 10 — 13.
Vgl. Cod. V, 37, 6: imperator Alexander (J. 223) A. Paconio.
338. Die namhaftesten Grammatiker in der Zeit dess^o
Trajan sind Urbanns, Velius Longus und wohl auch Flavius
Caper. Unter dem Namen des Caper haben wir zwei kleine
Schriften de orthographia und de verbis dubiis^ welche aber
nur dürftige Auszüge aus den ursprünglichen Schriften desselben
sein können. Urbanus gehörte zu den Erklärem des Verguß wie
auch Velius Longus^ von welchem eine Abhandlung de ortho-
graphia auf uns gekommen ist. Der viel angefochtene Caesellius
Vindex schrieb wohl in dieser Zeit sein lexikalisches Werk Stro-
mateus oder lectiones antiquae in alphabetischer Ordnung. Auch
Cloatius Verus ist wohl hieher zu setzen.
1. Von Urbanus wird bei Serv. Ae. V, 617 eine gegen Cornntus ge-
richtete (s. Longus bei Schol. Veron. Ae. V, 488; p. 96, 10 ff. E.) Bemerkung
angeführt. Hienach war Ürb. jünger als Comutus (oben 294, 2) und etwas
älter als (Velius) Longus. Seine Leistungen für Vergil waren mehr wohl-
gemeint als bedeutend. Bibbeck prolegg. ad Verg. p. 167 — 169.
2. Gellius XVUI, 9, 4: Velio Longo, non homini indocto, fidem
esse habendam, qui in commentario quod fecisset de usu antiquae lectionis
scripserit etc. Charis. p. 176, 14 E.: Velius Longus in 11 Aeneidos (d. h.
in seinem Commentar zu Aen. II). ib. p. 113, 29'' f. (vgL 666, 22) E.: Velius
Longus de hac regula dixit in V ea parte (im Commentar zu Ae. V, 380).
Daraus auch ib. p. 210, 7 E.; s. Lachmann zu Lucr. p. 146. Non doctum
modo sed omni fere ex parte egregium, accuratum et prudentem et ele-
gantem Aeneidos (nam de ceteris libris nihil traditur) interpretem habuerim,
qui Probi exemplo ad uberiores de rebus maxime grammaticis quaestiones
digressus est; Ribbeck prolegg. p. 169 (~ 171). .Auch in der erhaltenen
Schrift des Vel. Long, de orthographia (p. 2213—2238 P.) ist Vergil viel-
fach berücksichtigt. Vel. Long, zeigt sich darin als ein fleissiger Sammler,
49*
772 I)ie Kaiseneit. Erstes Jahrhundert. Traiaous.
der aber die sprachlichen Thatsachen ziemlich urteilslos aufhäuft; Brambach,
lat Orthogr. S. 46 f. Dass man thermae Titianae (nicht Titinae) sagen
müsse hatte Long, in einer eigenen Abhandlung erwiesen.
.3. Auf einem Irrthum beruht die Angabe von Pompej. p. 154, 13 E.
(Gramm. V) : Caper, ille magister Augusti Caesaris, elaboravit vehementissime
et de epistnlis Ciceronis collegit haec (?) verba ubi dizerat ipse Cicero
^piissimusS Vgl. Excerpta ib. p. 327, 16: Caper antiquissimus doctor. Wenn
Caper Lehrer eines Kaisers war (etwa eines FlaTius), so jedenfalls nicht
des August; vielmehr muss er nach Valerius Probus und Sueton gelebt
haben. Er ist daher ohne Zweifel der Grammatiker Flavius Caper welcher
den Probus citierte (Charis. p. 118, 1 E. ausBomanus: Fl. Caper . . Valerium
Frobum putare ait) und wie es scheint auch als Hauptquelle benütet hatte.
Dass er wie vor Romanus (der ihn öfters anführt) so auch vor Terentius
Scaurus schrieb wäre sicher wenn das Citat bei Dausquius (Orthographia I.
p. 162) Scaurus lib. IX de orthographia: raro Capri testimonio s . . exprimitur
irgend glaubwürdig wftre. Vgl. Christ, Pfailologus XVIII. S. 166, und Steup,
de Probis p. 192 (es sei aus Agroec. p. 2269 P. und Priscian I. p. 170, 9). Sueton
zählt den Fl. Caper nicht unter den alten Grammatikern auf, wohl weil er
in seiner Zeit noch (oder noch nicht) lebte. Nach der Richtung seiner
Studien ist Fl. C. jedenfalls nicht nach saec. II zu setzen. Priscian YII.
p. 772 P. B- 354, .9: Caper, antiquitatis doctissimus Inquisitor. Bei Charisius,
Servius und Priscian werden Stellen aus seinen Schriften oft angeführt,
mit den Titeln de latinitate («-. orthographia) oder de lingua latina, femer
de dubiis generibus oder dubii generis oder dubii sermonis, sowie enucleati
sermonis (welche Christ S. 168 f. mit der Schrift de latinitate identificiert)
und über ex. Hieronym. c. Rufin. II, 9 (11. p. 497 Vall.): in Capri coounen-
tariis deutet nur auf grammatische Schriften. Commentare zu Plautus und
Terenz (Ritschi, Parerga I. p. 361—364) oder zu Vergil (Ribbeck, prolegg.
p. 166) verfasste Caper wohl nicht; ebensowenig wohl (trotz Agroec. prooem.,
wo Caper multis litterarum operibus celebratus, in commentando etiam
Cicerone praecipuus heisst) zu Cicero. Die seinen Namen tragenden Schriften
de orthographia (p. 2239->2246 P.) und de verbis dubiis (p. 2247— >2250 P.)
haben nichts von dem Reichthum an Belegen aus alten SchriftsteUem
welcher die Anführungen aus Caper auszeichnet, sind mager, und zusammen-
hangslos, die eine sogar in alphabetischer Ordnung, die de orthogr. aber
durch Zuthaten des Compilators weniger entstellt. F. Osann, de Fl. Capro
et Agroecio grammaticis (Giessen 1849. 4.) p. 3. 5—20. W. Christ, Philo-
-logus XVIII. S. 165—170. W. Brambach, lat. Orthogr. S. 43 f.
4. Gellius VI (VII), 2, 1 f.: turpe erratum offendimus in illis celebra-
tissimis commentariis lectionum antiquarum Caeselli Vindicis, hominis
hercle pleraque haud indiligentis. (2.) quod erratum multos fugit, quam-
quam multa in Caesellio reprehendendo etiam per calumnias rimarentur
(besonders seine jüngeren Zeit- und Fachgenossen Terentius Scaurus und
Sulpicius Apollinaris). Dieselbe Schrift angeführt ib. II, 16, 5 ff. III, 16, 11.
XI, 15, 2 ff. XX, 2, 2 und wohl auch IX, 14, 6. XVIII, 11 gemeint. Darin
war die alphabetische Ol>dnung befolgt; s. Charis. p. 117, 13 E. (Vindex
A litterae libro I). 239, 21 (Caesellius Vindex libro B litterae). 195, 26
338 f. Grammatiker (Flavius Caper u. A.) und Gromatiker. 773
(Caea. Vind. libro L). Die Gleichartigkeit des Inhalts macht wahrschein-
lich dass nur ein anderer Titel desselben Werkes Stromateus war; s. Pris-
cian. p. 210, 7 (Gaesellius Yindez in stromateo). 230, 11 (Gaesellius in
stromateo) vgl. p. 229, 10 Htz. F. Ritschi, Parerga I. S. 360. Anf ihn
beziehen sich (durch Vermittlung späterer Bearbeitungen für den Schul-
bedarf) wohl auch die Excerpte des Cassiodor (p. 2314 ff. P.) ex orthographo
Caesellio und ex Lucio Caecilio Vindice; s. Gräfenhan, Gesch. d. class.
Philol. IV. S. 121 f. Tgl. 8. 68—71. W. Brambach, lat. Orthogr. S. 38—41.
Amob. adv. gent. I, 69 (oben 277, 4). Rufin. de metr. p. 2713 P.
J. Eretzschmer, de Gellii fontibus (1860) p. 96—98.
6. Gellius XVI, 12, iff.: Cloatius Verus, in libris quos inscripsitr
verborum a Graecis tractorum (auch bei Macrbb. III, 18, 4), non pauca
hercle dicit curiose et sagaciter conquisita, neque non tarnen quaedam
futilia et frivola. . . (6.) commode haec sane omnia et conducenter. sed
in libro quarto faenerator, inquit, appellatus est quasi (paivsQataQy dnb
tov (paivsa^ai etc. (6.) idque dixisse ait Hypsicraten quempiam gramma-
ticum (oben 166, 12). Cloatius könnte sonach bereits der augusteischen Zeit
angehört haben. Doch ist er dem Gellius offenbar yiel genauer bekannt .
als'Hypsicr. und daher wohl seiner eigenen Zeit näher. Neben jenem etymo-
logischen Werke yerfasste Cloatius ein wie es scheint mehr sachlich ge-
haltenes Ordinatorum graecorum libri, wovon ein zweites Buch angeführt
wird von Macrob. III, 6, 2 (Altar des Apollon zu Delos) und ein viertes
ib. 18, 8 (nux) und 19, 2 (Aufzählung von Aepfelarten in alphabetischer
Ordnung).
6. Gellius XX, 11, Iff.: P. Lavini über est non incuriose factus. is
inscriptus est de verbis sordidis. in eo scripsit sculnam volgo dici etc.
. . (4.) sculnam autem scriptum esse in logistorico Varronis . . idem Lavi-
ni us in eodem libro admonet. Der bei Macrob. III, 8, 3 genannte Laevinus
ist mit diesem Lavinius schon darum nicht identisch weil das aus jenem
Angeführte offenbar gebundene Form hat; eher wäre er =s Laevius (oben
148, 5 ff).
7. üeber den Literarhistoriker L. Cotta s. oben 166, 13.
339« Unter Trajan schrieben endlich mehrere Gromatiker.321
So Hyginus, von welchem wir Ueberreste eines umfassenden
gromatisch-juristischen Werkes, sowie eine Schrift de munitio-
nibus besitzen. In der ihm gleichfalls zugeschriebenen Schrift
de limitibus (constituendis) ist Prontinus stark benützt. Femer
Baibus ist der Verfasser einer auf uns gekommenen Darstel-
lung der elementaren geometrischen Begriffe, nicht aber des
Werkchens de asse. Nicht viel später als unter Trajan kann
auch der Gromatiker Siculus Placcus fallen^ dessen Fachschrift
de condicionibus agrorum vollständig und in gutem Zusammen-
hange erhalten ist.
1. Die Ueberreste des Gromatikers.Hyginus besonders in Lachmann's
774 Die Kaiserzeit Erstes Jahrhundert. Traianus.
Schriften der röm. Feldmesser I (18'i8). S. 108 — 134. Das ganze Werk
zerfiel in drei Abschnitte, de limitibas (p. 108 — 113), de condicionibus
agroruin (p. 113 — 123), de generibus controversiarum (p. 123—134). Vgl.
Blume im Rhein. Mus. VIL S. 142 — 164. Lachmann, Schrr. d. Feldm. IL
S. 136 — 141. Ursprünglicher Zusammenhang; s. p. 128: hae sunt condiciones
agrorum quas cognoscere potui. nunc de generibus conti'oversiarum
))erscribam quae solent in quaestionem dednci. Zur Abfassungszeit (vielleicht
J. 103, Hultsch, metrolog. script. IL p. 6, not. 4) vgl. p. 121, 7 ff. (nuper
quidam evocatus Augusti, . . cum in Pannonia agros veteranis ex voluntate
. . imperatoris Traiani Aug. Germanici adsignaret) und p. 131, 17 ff.
, (wonach in Samnium von Vespasian bedachte Veteranen noch lebten). Die
Schrift des Frontinus (oben 322, 3) ist benützt, aber mit Selbständigkeit;
die Darstellung ist etwas mehr handwerksmässig , aber die eines gründ-
lichen Kenners; die Redeweise die eines Technikers, aber in gutem Latein.
C. Lachmann a. a. 0. II. S. 139. lieber ein anderes Werk des Hygin. ib. L
p. 133, 14 ff.: cuius edicti (von Domitian) verba, itemque constitutiones
quasdam aliorum principum itemque divi Nervae in uno libello contulimus.
Den Namen des Hyginus trägt auch ein im Anfang unvollständig erhaltenes
Schriftchen de castrametatione oder de munitionibus castrorum, und ihr
letzter Herausgeber C. C. L. Lange (Gotting. 1848) hat (Prolegomena critica
et historica in Hyg. de mun. castr. libellum, Gotting. 1847, p. 51—63) ihr
Anrecht auf diesen Namen erfolgreich verfochten.
2. Die von Blume und Lachmann aufgestellte Unterscheidung eines
zweiten, jüngeren Gromatikers Hyginus als Verfasser der Schrift de limi-
tibus constituendis (abgedruckt bei Lachmann, Schrr. d. röm. Feldm. I.
p. 166 — 208), ist mit guten Gründen bekämpft worden durch L. Lange,
prolegomena 1. 1. p. 44—51 und Göttinger Gel. Anz. 1853, S. 527—530.
3. Ueberschrift des Werkes von Baibus im Arcerianus (vgl. oben
322, 2 E.): Balbi ad Gelsum expositio et ratio omnium formarum (d. h.
geometrischen Figuren; wirklich abgehandelt werden aber in dem Erhal-
tenen nur die mensurae) in Lachmann's Ausg. d. röm. Feldm. I. p. 91 — 108
vgl. Lachmann ebd. IL S. 131 — 136. Th. Mommsen ebd. IL S. 146 — 150.
151 — 157. Es ist einte Geometrie für Feldmesser, geschöpft besonders aus
Euklid und Heron, aber -nur zum kleinsten Theile erhalten. Hultsch in
den metrolog. script. IL p. 7 — 13. Nach der Vorrede hatte der Verf. sein
Werk bereits angefangen als intervenit clara sacratissimi imperatoris nostri
(des Trajan) expeditio (p. 92 , 7 f.). Im Felde lernte er die Wichtigkeit
der venerabilis Ai (d. h. trianguli, nach Hultsch; Gud. di) ratio praktisch
kennen. ' postquam ergo mazimus imperator victoria Daciam proxime re-
seravit (wohl durch den ersten dakischen Krieg) statim ut e septentrionali
plaga annua vice transire permisit ego ad studium meum . . reversus multa
. . recollegi (p. 93, 6 ff.). Der Gelsus welchem die Schrift gewidmet ist
hatte an einem gromatischen Instrument (der dioptra nach Hultsch p. 8 f.)
eine Erfindung gemacht (invento tuo, p. 92, 16) und scheint ein Genie-
offizier von höherem Range gewesen zu sein. Baibus wird von den späteren
Gromatikern mehrmals angeführt, ohne daas klar ist ob verlorene Theile
desselben Werks oder andere Schritten desselben Verfassers gemeint sind.
339. Gromatiker: Hyginus, Balbas u. A. 775
4. Im ArcerianuB lautet die subBcriptio des liber coloniarum (röm.
Feldm. I. p. 239): huic addendas mensuras limitum et terminorum ex libris
Angusti et Neronis CaeBamm , sed et Balbi meneoriB, qui temporibus Augusti
omniam provinciarum et formas civitatiam et mensuras compertae in com-
mentarÜB contolit et legem agrariam per diversitates provinciamm distinxit
ac declaravit. Der Urheber dieser subscrjptio hielt also für die Quelle
des lib. col. einen Feldmesser Baibus, den er unter August setzte, wohl
weil ihm die von Baibus herrührenden Verzeichnisse des ager divisus ad-
signatus als Ergebniss der augusteischen Beichsyermessung erschienen.
Gehen die erhaltenen Städteverzeichnisse (libri coloniarum) wirklich awi
Baibus zurück, so ist anzunehmen dass sie nach dessen Tod von andern
Mensoren fortgeföhrt wurden, da dieselben bis in die Zeit des M. Aurelius
und Commodus (J. 177 — 180) herabreichen. Th. Mommsen, in d. Schrr. d.
röm. Feldm. IL S. 176 — 181. Text dieser libri coloniarum von Lachmann
ebd. I. p. 209 — 262. Abhandlung darüber von Th. Mommsen, ebd. II.
S. 157 — 188, nach welchem zwei Redactionen zu unterscheiden sind: eine
bessere (lib. col. I bei Lachmann), vertreten besonders durch den Arce-
rianus (A bei Lachmann), im Falatinus (P) saec. IX oder X bereits mit
der jüngeren (liber col. II bei Lachmann, p. 252 ff.) vermischt, deren
Hauptquelle der Gudianus saec. IX oder X ist. Die im Are. überlieferte
Redaction ist im Wesentlichen eine Schrift der guten Zeit, von sachlicher
Fülle und technisch knappem Ausdruck, epitomiert ums J. 450 n. Chr.,
die spätere Bedaction aber (aus dem sechsten christl. Jahrh.) voll Ver-
wirrung und ünkenntniss (a. a. 0. bes. 8. 165 — 174. 181 ff.).
5. Das Schriftchen de asse minutisque eins portiunculis, heraus-
gegeben zuerst von Fabius Calvus aus Ravenna an seiner Uebersetzung des
Hippokrates (Rom 1525) aus den Schlussbl&ttem des cod. Arcerianus (Th.
Mommsen in den röm. Feldm. II. S. 150 f. vgl. Lachmann ebd. S. 134 f.),
besser von J. Fr. Gronov an seiner Ausg. des Maecianus und den spätem
Herausgebern des Letztem (s. unten 356), zuletzt von F. Hultsch (Metro-
log, scr. II. p. 72 — 75), ist präcis und sachkundig geschrieben und fdr die
Münzgeschichte seiner Zeit von Wichtigkeit. Es kann aber — entweder
selbst oder in dem ihm etwa zu Grunde liegenden ausführlicheren Werke —
erst aus dem dritten christL Jahrh. stammen, da darin z. B. unter den
Theilen des as der tremissis aufgeführt wird, welcher erst unter Alexander
Severus geprägt wurde; s. W. Christ in den Sitzungsber. der Münchner
Akad. 1863, S. 105 ff. F. Hultsch, metroL scr. U. p. 14—16.
6. Die Schrift des Siculus Flaccus de condicionibus agrorum be-
Bchränkt sich in ihrer jetzigen Gestalt auf Italien. Sie beginnt: condi-
ciones agrorum per totam Italiam diversas esse plerisque etiam remotis
a professione nostra hominibus notum est; worauf diese Thatsache aus
der Geschichte erklärt wird. Die Stilisierung ist in ihrer Art sorgfältig.
Die Art der Erwähnung des Domitiänus p. 168, 13 L. (de quibus Domi-
tianus finem statuit) macht wahrscheinlich dass Fl. ziemlich nach dessen
Regierung geschrieben hat. Näheres Über sein Alter ist aber nicht bekannt;
s. L. Lange, Götti. Gel. Anz. 1853, S. 530 f. Die Schrift ist durch die
zweite Classe der Handschriften der , Agrimensoren (s. A. 4) erhalten und
776 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert.
daran die nomina limitum angehängt; in denen der ersten Classe sind ein-
zelne Blätter in den Hyginus hineingerathen (Lachmann II. S. 132. 137 f.).
Abdruck des Werkes in den Sammlungen der Agrimensoren, zuletzt in
der Yon Blume, Lachmann und Rudorff I (Berlin 1848) p. 134—165. Sonder-
ausgabe von J. C. Schwarz, Coburg 1711. 4.
7. unter Trajan verfasst ist die den Namen des Aelianus tragende
raxTiH^ 9'B4oq£cc, Vgl. EOchly und Büstow, die griech. Kriegsschriftsteller IT, 1.
8. Ein Schriftchen betitelt In artem medendi isagoge gibt sich als
verfasst von Soranus Ephesius, insignis peripateticus et vetustissimus
archiater, also ohne Zweifel von dem berühmten Methodiker dieses Namens,
von welchem wir griechisch geschriebene Werke chirurgischen und gynäko-
logischen Inhaltes noch besitzen und welcher wahrscheinlich unter Trajan
und Hadrian zu Rom wirkte. Jenes Schriftchen (abgedruckt in den Samm-
lungen der medici vett. von Torinus 1528 und Aldus 1547) ist aber so leer
und geschmacklos dass es vielmehr ein Erzeugniss des Mittelalters sein wird.
B. Zweites Jahrhundert, J« 117—211 n« Chr.
3'22 340« Mit der Regierung Hadrians beginnt eine Zeit deren
Charakter von dem des silbernen Zeitalters auffallend absticht.
Die Erschöpfung welche von all den Aufregungen der letzten
Jahrzehnte zurückgeblieben gibt sich kund in der völligen Un-
fähigkeit der Zeit zu selbständigen und eigenthümlichen Hervor-
bringungen. Desto zugänglicher ist sie für fremde Einflüsse.
Nur Wenige aber, deren Bildung noch in Quintilians Zeit wur-
zelt, wie SuetoniuS; Plorus und wohl auch Justinus, schliessen
sich an die besseren Muster an; die Meisten treibt Ungeschmack
und Schwäche zu Vermengung aller Stilgattungen und Aufsuchen
des Entlegenen und Seltsamen. So besonders seit der eitle und
verschrobene Hadrian die Zeit beherrscht und der Africaner Fronto
in der Literatur den Ton angibt. Eifrig wühlt man in den
Schätzen der Vergangenheit, und in Sueton besitzt das Jahr-
hundert einen Yarro in dem verkleinerten Massstabe der Eaiser-
zeit. Aber nach ihm bekommt die Forschung immer mehr einen
pedantischen Beigeschmack. Es fehlt an der Fähigkeit das Ge-
wonnene richtig zu verwenden, ja schon es ganz in sich auf-
zunehmen. Immer verbreiteter wird daher das Bedürfodss den
Reichthum der Yergangenlieit ins Kleine zusammenzuziehen,
immer grosser die Zahl der Epitomatoren. Grelehrsamkeit erf&llt
Markt und Strasse; Gelehrtthun wird zur Modesache: Gramma-
tiker und Lehrer der Rhetorik gibt es eine Unzahl, und theil-
weise spielen sie eine grosse Rolle. Aber ungeleitet von histo-
340. Uebersicht. 777
rischem Sinne und in Dienst genommen von einer eitlen Rhetorik
ohne Stilgefühl; treibt die Gelehrsamkeit planlos dahin und ver-
geudet ihre Schätze.*) Im Ganzen ist das Uebergewicht auf Seiten
der griechischen Literatur^ welche eben jetzt in der neuen Sophi-
stik einen Nachsommer erlebt. Hellas und der hellenisierte
Osten liefert die meisten Talente, die denn in ihrer Muttersprache
schreiben, wie Plutarch, Appian, Arrian und besonders Lukianos.
Aber auch manche Schriftsteller des Westens, wie Pavorinus,
schreiben nur griechisch, andere, wie schon Sueton und Hadrian,
dann Fronto, Apulejus, TertulHan und Modestinus, sowohl in
griechischer als lateinischer Sprache. Die Literatur streift den
nationalen Charakter ab und wird universal. Ein Förderungs-
mittel dafür ist die Sitte der Rhetoren im ganzen Reiche umher
epideiktische Vorträge zu halten, welche von den Griechen auch
auf die lateinisch Redenden, wie Apulejus, übergeht. Selbstän-
diges Leben entwickeln nur die Fachwissenschaften. Die Medicin
hat ihren Galenos (ums J. 131 — 201); aber aus Eleinasien ge-
bürtig schreibt dieser griechisch. Dagegen die Jurisprudenz hält
nicht nur die Ueberlieferungen der Vergangenheit fest, sondern
bildet sie mit Geist und Scharfsinn weiter. Eine Reihe glänzender
Namen — besonders Julianus, Pomponius, Gajus — löst sich in
rascher Folge ab und gipfelt zuletzt in Papinianus. Sie üben
ihren Einfluss auf die Rechtsentwicklung theils als Lehrer und
Schriftsteller theils indem sie die kaiserlichen Rescripte verfassen,
welche jetzt, nach Abschluss des Edictrechts durch Julianus, die
einzige Quelle neu6n Rechtes bilden. Auch in der sprachlichen
Darstellung sind die Juristen die Vertreter des reineren Ge-
schmackes. In demselben Verhältniss wie Jurisprudenz, Gelehr-
samkeit und Schönrednerei das Jahrhundert beherrschen tritt
die Poesie zurück. Das einzig Nennenswerthe ist aus dem
Schlüsse dieser Zeit das Pervigilium Veneris. Das Uebergewicht
der Gelehrsamkeit bekundet sich auch auf diesem Gebiete durch
das Zurückgehen auf die metrischen Formen der voraugustei-
schen Zeit, des Varro, Laevius und Plautus, mit technischer
Eleganz, aber ohne Gefühl für das Passende. Die geistige Reg-
samkeit neben geistigem Unvermögen führt auf Superstition.
Der weitverbreitete Hang für Uebematürliches ruft viele schwin-
delhafte Erscheinungen hervor, aber er bietet zugleich einen
*) Vgl. z. B. Gellius XIV, 6, 3 fF.
778 I^ie Kaiserzeit Zweites Jahrhundert.
günstigen Boden für eine neue Religion. Das Ghristenthnm^
das bisher nur in der griechischen Literatur sich bemerklich
gemacht hatte, fangt nun an auch in die romische seinen Schat-
ten hineinzuwerfen. Seine Lehre von der Sünde und Gnade
und vom besseren Jenseits ergreift die Armen und Bedrängten
imd das Geschlecht der Frauen und erfüllt sie mit eiiler Todes-
freudigkeit welche auch die Männerwelt aufmerksam macht, und
die grossartige Lehre von dem einen Gotte, dem Schopfer des
Himmels und der Erde, imponiert den Gebildetsten um so mehr
je gründlicher sie längst innerlich vom Polytheismus abgekehrt
sind. Wohl zeigen sich innerhalb des Christenthums verschiedene
Uichtungen, die sich unter einander leidenschaftlich bekämpfen.
Aber auch diess dient dazu die Blicke auf die neue Erscheinung
hinzulenken, und in der Abstossung von Extremen, der Aus-
gleichung von Gegensätzen bildet sich ein lebensvoller Kern.
Die antike formelle Bildung sucht der eine Theil der christlichen
Schriftsteller, wie Minucius FeHx und Lactantius, zu erhalten
und dem christlichen Geiste anzupassen*); die andere Richtung,
deren ältester Vertreter Tertullian ist, dann Gommodianus, steht
unter dem Einflüsse orientalischer Culturelemente, verhält sich
zur antiken Bildung ablehnend und kehrt zur altrömischen Gleich-
gültigkeit gegen die äussere Form zurück. Unter dem gemein-
samen Einflüsse local klimatischer*'*') und nationaler (semitischer)
Verhältnisse wie der christlich -biblischen Art zu denken und
zu sprechen bildet sich im Süden und Osten des Reichs all-
mählich eine eigenthümliche Ausdrupksweise, welche in Nord-
africa ihre bedeutendsten Vertreter findet und daher africanische
Latinität genannt zu werden pflegt. Dort herrscht überhaupt
in dieser Zeit am meisten geistige Bewegung. Die alte wie die
neue Richtung der Geister hat in Nordafrica lange fort ihre
Vorkämpfer, einen Fronto und Apulejus wie einen Tertullian
und weiterhin Cyprianus und Augustinus. Wie die persönliche
Richtung des Herrschers noch fortwährend von Einfluss bleibt
auch auf den Gang der Literatur, so zerfallt das ganze Jahr-
hundert in drei Abschnitte: die Zeit Hadrians (J. 117 — 138),
*) Vgl. auch Hieronym. ad a. 2220 « 204 n. Chr.: Musanuß (Arm.:
Musianus) nostrae philosophiae Ecriptor agnoscitur.
**) Apoll. Sidon. ep. VIII, 11: urbium cives africanarum , quibus ut
est regio sie mens ardentior.
340 f. üebersicht. Hiidrianus. 779
die der Antonine (J. 138—176), endlich die des Commodus und
Septimius Severus (J. 176 — 211).
1. lieber das ganze Jahrhundert vgl. M. Hertz, Benaissance und
Rococo in der römischen Litteratur. Ein Vortrag. Berlin 1865. 50 S.
1. Die Zeit des Hadrianus, J. 117—138 n. Chr.
341. P. Aelius Hadrianus (J. 76—138) war eine selt-323
same Natur, in der die entgegengesetztesten Eigenschaften bei
einander waren. Abergläubisch und skeptisch, pedantisch und
witzig, grüblerisch und ironisch, unendlich anregbar und masslos
eigensinnig, gesellig und argwöhnisch, gutmütig und grausam,
blieb er sich gleich nur in dem ewigen Wechsel der Stimmungen
und Launen und dem hohen Begriffe von seinem eigenen Werthe.
Für Alles hatte er Interesse, für Nichts Ernst und Ausdauer.
Seine rastlose Beweglichkeit streifte ans Krankhafte; aber indem
sie ihn trieb das Reich zu durchwandern wurde sie die Ursache
vieler nützlichen Einrichtungen. Am meisten gewann und litt
die Literatur unter seiner Vorliebe und Grillenhaftigkeit. Doch
reichten seine eigenen Hervorbringungeh auch hier über das
Dilettantische nicht hinaus.
1. Spartians vita Hadriani. A. Haakh in Faaly's Real^Enc. UI. S. 1028
— 1045. F. Gregorovius, Geschichte des röm. Kaisers Hadrian und seiner
Zeit, Königsberg 1851. 282 S. G. Peter, Geschichte Roms III, 2 (Halle 1869)
S. 168—187. C. Knaut, Hadr. als Regent und als Charakter, Berlin 1871.
43 S. 4.
2. Hadrianus war geboren am 24. Januar 76 (829) zu Rom, stammte
aber, wie Trajan, mit dem er verwandt war, aus Italica in Spanien. Con-
sul 109, von Trajan kurz vor seinem Tode adoptiert (August 117). f zu
Bajä am 10. Juli 138.
3. Spart. Hadr. 14, 8 ff.: fuit poematum et litterarum nimium (omnium)
studiosissimus; arithmeticae, geometriae', picturae peritissimus. iam psal-
lendi et cantandi scientiam prae se ferebat; . . idem armornm peritissimus.
. . idem severus, laetus; comis, gravis; lascivus, cunctator; tenax, überaus;
Simulator, verus; saevus, clemens, et semper in omnibus varius. 15, 10 f.:
quamvis esset oratione et versu promptissimus et in omnibus artibus peri-
tissimus, tamen professores omnium artium semper ut doctior risit, con-
tempsit, obtrivit. cum his ipsis professoribus et philosophis libris vel car-
minibus invicem editis saepe certavit. 16, 1 ff.: famae celebris tam cupi-
dus fuit ut libros vitae suae scriptos a se libertis suis litteratis dederit,
iubens ut eos suis nominibus publicarent. nam et Phlegontis libri Hadri-
ani esse dicuntur. Catachannas (vgl. Fronto Epist. p. 35 u. ^56 N.) libros
obscurissimos Antimachum imitando scripsit. . . amavit praeterea genus
vetustum dicendi. . . Ciceroni Catonem, Vergilio Ennium, Sallustio Cae-
780 I^ie Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Hadrianus.
lium (oben 142, 6 f.) praetulit, eademque iactatione de Homcro ac Piatone
iudicavit. mathesin sie scire sibi Tisus est ut etc. sed quamvis esset in
reprehendendis mosicis, tragicis, comicis, grammaticis, rhetoribus, oratori-
bus facilis, tarnen omnes professores et bonoravit et divites feeit, licet eos
quaestionibuB semper agitayerit. . . in summa familiaritate Epictetum et
Ueliodorum philosophoa et, ne nominatim de omnibns dicam, grammaticos,
rhetores, musicos, geometras, pictores, astrologos habuit, prae ceteris, ut
multi adserunt, eminente Favorino. doctores qui professioni suae inhabi-
les videbantur ditatos honoratosque a profeseione dimisit. 20, 2 ff.: apnd
Alexandriam in museo multas quaestiones professoribus proposuit et pro-
positas ipse (ipsi 0. Jahn) dissolvit. . . fuit memoriae ingentis, facnltatis
immensae. nam ipse et orationes dictavit et ad omnia respondit. ioca eins
plurima extant; nam fuit etiam dicaculus. Victor Caess. 14, 1 f.: Aelius
Hadrianus eloquio togaeque studiis accommodatior . . Bomae . . Graeconim
more . . gymnasia doctoresque curare occoepit, adeo quidem ut etiam lu-
dum ingenuarum artium, quod Athenaeum vocant, constitueret. . Spartian.
Hei. 4, 2: litteratis, quorum Hadrianus speciosa societate gaudebat.
4. Dio LXIX, 3: ^y ^Adqmvoq . . qpvace qpiJtoZoyof Iv i%atiQa t^ yltoa-
cv^y %al tivcc xal nsia »al Iv ^ntei noirjiiata navxodeaca xataliloinBv.
€piXozi(Ucc tB yaQ dnXTqexm ^x^^fj^o %al xaxit xovxo aal xalXa navxa, xal ri^
^Qaxvxaxa infxrjSsvsv. Spart. Hadr. 3^ 1: quaestnram gessit . . , in qua
cum orationem imperatoris in senatu agrestius pronuntians risus esset us-
que ad summ am peritiam et facundiam Latinis operam dedit. 16, 5: con-
troversias declamavit. Photius Bibl. cod. C (I. p. 86 Bk.): 'Adgucvov xov
ßaodifog fisXixai didtpoQoiy Big xo fiixQiov xov Xoyov avriyykivat nal ov%
aridiiq. Charis. II. p. 222, 21 ff. E.: divus Hadrianus orationum XII: a
vobis, p. c, peto etc. Gell. XVI, 13, 4: divns Hadrianus in oratione quam
de Italicensibus . . in senatu habuit. Inschriftlich erhalten ist seine Grab-
rede auf seine Schwiegermutter, die ältere Matidia; s. Th. Mommsen, Ab-
handl. d. Berl. Akad. 1863, S. 483 ff. Lagerrede an die Truppen, Renier
Inscr. de TAlg. 5 (wo A, 11: Catullini legati mei) aus Lambaese. Brief in
Henzen's acta arv. (1868). Schmähschrift gegen die Aerzte die ihn nicht
heilen kOnnen, Epiphan. m^l iisx^tov p. 170 A. Grammatische Erörterungen
im Zeitgeschmacke in seinen sermones; s. Charis. II. p. 209, 12 ff.: Obiter
divu^ Hadrianus sermonum I quaerit an latinum sit, quamquam (inquit)
apud Laberium haec vox esse dicatur. Zusammenstellung von Anekdoten
(mündlichen und schriftlichen Aeusserungen des Hadr.) bei Dositheus , ^s£ov
'AÖQiavov dnotpaaeis xal iniaxoXaC. D. Adriani sententiae et epistolae ed.
Goldast, Genf 1601; in Schulting^s iurisprud. anteiustin. (Lugd. 1717. 4.)
p. 856 ff., bei Fabricius Biblioth. graeca XII. (Hamburg 1740) p. 516 — 554,
und an Böcking's Dosith. UI. p. 1 — 21. Die von Hadrian ausgegangenen
Rcscripte gesammelt bei Hänel, Corpus legum p. 88 — 101.
5. Spart. Hadr. 14, 7 ff.: oracula . . quae Hadrianus ipse composuisse
iactatur. . . de suis dilectis multa yersibus composuit Apulej. apol. 11:
divus Hadrianus, cum Voconi amici sui poetae tumulum yersibus munera-
retur, ita scripsit: Lascivus versu, mente pudicus eras. . . ipsius etiam
divi Hadriani multa id genus legere me memini. vgL oben 336, 7. Spart
341 f. HadrianuB. Suetonius. 781
Hadr. 25, 9 f.: moriens hos versus fecisse dicitur: Animula etc. tales autem
Dec multo meliores fecit et graecos. Sechs trockene (griechische) Epigramme
unter seinem Namen (zwei davon auch unter dem des Germanicus, oben 270,
5) in Bruncks Analecta 11. p. 285 =» IL p. 260 Jacobs. Hendekasyllaben
auf einer 'Weihinschrift von Thespiae, 'Eq>ri(i. ccqx. 1869, Nr. 408. Mit wenig
Beglaubigung und Becht werden in Hdss. ihm auch Stücke der sog. lateini-
schen Anthologie zugeschrieben, wie 392. 393. 660 B.; ebenso metrische
Verzeichnisse der Amazonen ib. I, 1. p. 257 f. Biese und in L. Müller's
Butil. Nam. p. 25 f. Viel späteren Ursprungs muss auch (vermöge seiner
Prosodie) das epitaphium Borysthenis equi bei Biese Nr. 903 sein.
342. Die bedeutendste Erscheinung in der Literatur der324
Zeit ist C. Suetonius Tranquillus (etwa 75 — 160 n. Chr.),
schon unter Trajän als Sachwalter und Schriftsteller wirksam,
unter Hadrian eine Zeit lang Geheimsecretär, dann aber seine
Müsse mit encyclopädischer literarischer Thätigkeit in der Weise
des Varro ausfüllend, hauptsächlich auf den Gebieten der Cultur-
und Literatur- Geschichte, aber so dass das Sprachliche dabei
immer mit berücksichtigt war. Das Nationale, Römische wird in
erster Reihe bedacht, doch ohne Einseitigkeit; ein Theil der
Schriften war sogar, wie es scheint, in griechischer Sprache ver-
fasst. Philosophisches erscheint nur in der modischen Form des
Naturwissenschaftlichen, in dieser aber mit desto stärkerer Ver-
tretung. Die Richtung auf das Lidividuum, seine Besonderheiten,
Erlebnisse und Bethätigungen, tritt schon hier überall hervon
Noch mehr aber in den viri illustres, von denen wir noch nam-
hafte- Ueberreste besitzen, und in den Biographien der zwölf
Kaiser von Caesar bis Domitian, welche uns fast vollständig
erhalten sind. Das Werk theilt zwar die Gleichgültigkeit aller
rhetorischen Arbeiten gegen das Chronologische, ist über Kriegs-^
Vorgänge und politische Verhältnisse allzu schweigsam, auch
etwas einförmig angelegt; aber es ist aus guten Quellen «mit
treuem Fleisse und verständigem Urteil geschöpft und bietet uns
reichen StofiF in ' gedrängter Darstellung und einfacher sach-
gemässer Sprache.
m
1. Suet. Domitian. 12: interfuisse me adnlescentulum memini (in Born)
cum a procuratore . . inspiceretur nonagenarius senex an circumsectns esset.
Gramm. 4: me adolescentulo repeto quendam Principem nomine declamare
etc. (oben 321, 2). Ner. 57: cum poat viginti annos (nach Nero's Tod oder
Vologaesns' erster Sendung, also nach J. 88 und Tor 91, wo Vologaesns
starb), adnlescente me, eztitisset (ein falscher Nero) etc. Jedenfalls fiel
also Sueton's adulescentia unter Domitian, seine Geburt also etwa 76 n. Chr.
Aus der Zeit Trajans Nachrichten über Sueton in Pliu. Epp., nämhch I, 18
782 Die Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert Hadrianus.
(VerschiebuDg einer actio des Säet, wegen eines beängstigenden Traumes).
24 (Fürsprache fÜrTranquillus, contubemalis meua und scholasticus , in Be-
zug auf den Kauf eines agellus). III, 8 (Suet. bittet ut tribunatum, quem
a Neratio Mareello — also etwa J. 100 — impetravi tibi, in. . propinquum
tuum transferrem). Y, 10 (Aufforderung an Suet., etwa vom J. 105, seine
scripta oder yolumina endlich herauszugeben). IX, 34 (Frage über eigene
Recitationen des PI.), ad Trai. 94 (Suetonium Tranquillum, probissimum,
honestissimum, eruditissimum virum, . \ in contnbemium adsumpsi tanto-
que magis diligere coepi quanto hunc propins inspexi. Für ihn wird wegen
seines infeliz matrimonium das ius trium liberorum erbeten, ums J. 112)
und 95 (Gewährung dieser Bitte). Spartian. Hadrian. 12, 3: Septicio Claro
praef. praet. (J. 119 — 121) et Suetonio Tranquillo epistularum magiatro
multisque alüs, quod apud Sabinam uzorem iniussu suo familiarius se tone
(während Hadrians Abwesenheit) egerant quam reverentia domus aulicae
postulabat, successores dedit. Vgl. Suet. Aug. 7: quae (imago August!) dono
a me principi (dem Hadr.) data inter cubiculi lares colitur. Seitdem scheint
Suet. sich ausschliesslich schriflstelleriBCher Thätigkeit gewidmet zu haben.
Noch Fronto Epist. p. 118 f. N.: succidaneum sibi Tranquillum nostrum
parayit etc. . . invenit me Tranquillns etc. . . TranquiUi industriae etc.
vgl. ib. p. 182 N. (internatium '. . Suetonius Tranquillns spinam sacram
appellat, wonach Suet. damals todt war).
2. Suidas II. p. 119.0 f. Beruh.: TodyyLvXXog 6 £ovrit(övtog, xQ7i^x£<sag
(vgl. Plin. Ep. I, 18) y^afifuxTtxcg ^aifuxroß, iyQccipB negl täv na(f "iEXlijtfi
naiduiv ßtßX£av a (s. A. 4), sre^l toMf xaga *P(Ofia£ov£ 9e<o(ftmv xal dymvtov
ßißXCtt ß' (S. T. in libro ludicrae historiae primo, Gell. IX, 7, 3; vgl. A. 4),
nsql zov xaza 'P<o(uciovg iviavxov ßißUov a (s. A. 3), ne^l xäv iv zoVg
ßißUoig arjiisiotv a (Reifferscheid p. 419 f.), nsgl trjg Kmiqatvog noXixfiag a\
dvttXiyii dh t^ Jidvitm. ne^l 6vo(idtttiv %vQ£mVy xal Uiiag iadT^fidtav %al
vno8rj(uix(ov rutl x&v &U.(ov olg xig dfi(ptiwvxai. (Suetonius in libro de
genere vestium, Serv. Aen. VII,' 612 vgl. A. 3), %e(fl dvaiptifuiMf Xi^sanf rjxoi
ßXaaq>rifumv %al no&ev i-Kdaxri (Auszüge daraus in griech. Sprache bei E.
Miller, Melanges p. 413 — 426: ZovtixCvov T^oyxvXov mnii etc. vgl. ib. p.
389 — 394), nkql 'Pdfirjg xal xcäv iv avTJj vopUfUOV %al rid-öav ßißX£a ß' (s. A. 3),
avyytvmov, Kaiadgmv iß^ — nsQtixH 8h ßiovg xora dta9o%dg avx&v dno
'lovXiov tag dofuxutvov — ßißXia V, axififia (? Tgl. Reifferscheid p. 370)
^Pfofutiiov dvSQciv intffTjfuav (de illustribus yiris). Ausserdem T(fdyrivlXog iv
xm nsQl IniaTJfjiaiv noQvmv (Lyd. de magistr. III, 64), S. Tr. in libro de vitiis
corporalibus (Serv. Ae. YII, 627; s. A. 3), Suetonius in libro qui est de in-
stitutione ofißciorum (über die Hof- und Staatsämter und deren Geschichte,
Reifferscheid p. 346—349 vgl. p. 465 f.), tres Suetonii libri quos de regibus
dedit (AuBon. Epist. 19, vgl. A. 4), Suet. Tr. de rebus variis (Charis. 11. p. 236,
17 aus lulius Romanus); endlich Prata in mindestens sehn Büchern (s. A. 3).
Vgl. J. Regent, de C. Suetonii vita et scriptis, Breslau (1856) 63 pp. Zu-
sammenstellung der Üeberreste der deperditi libri in Roth^s Ausgabe p. 275
— 306, sowie besonders in S. Tr. praeter Caesarum libros reliquiae ed. A.
Reifferscheid, Lips. (Teubner) 1860. XX und p. 1 — 360, nebst den.Quaest.
Sueton. ib. p. 361 — 478.
342. Snetonius. 783
3. Durch Bei£fer8cheidB Quaest. Suet. (bes. c. II u. III, p. 426 S.) ist
theils erwiesen theils wahrBcheinlich gemacht dass von den bei Suidaa
aufgeführten Einzeltiteln mehrere vielmehr Theile grösserer Werke waren.
So scheinen die Prata in den ersten acht Büchern specifisch Römisches
abgehandelt zu haben (also wohl =» nsifl *P<6ftrig bei Suidas), meist wohl
nach Yarro, und zwar so dass Sach- und Spracherklärung neben einander
hergiengen, mit Belegen aus älteren Schriftstellern. Die Schrift ;r£^l ovo-
yMZfov xvQ^fov kann daher wohl ein Theil davon gewesen sein, sowie die
de genere vestium u. s. w. B. 4 scheint die legea behandelt zu haben, B. 5
die mores, = tcsqI xmv Iv *P(6firj voyUyboav xai rfiÄv. Buch 8 erörterte die
römische Zeitrechnung, die feriae, dies fasti u. dgl., ist also wohl identisch
mit der Schrift «e^l xov x. *P. hiavxov. Die weiteren Bücher waren natur-
wissenschaftlichen Inhalts, mit Vorliebe auf Curiositäten gerichtet, die seit
Sextius in Rom einheimische Farallelisierung des Physischen und Ethischen
verfolgend (das Individuum ein Mikrokosmos), und gleichfalls das Sprach-
liche genau berücksichtigend. Buch 9 hatte vielleicht den Titel de mundo
und erörterte Winde und Wetter, Meere und Küsten, mit deren eigentlichen
Benennungen; B. 10 wohl de animantium naturis. Möglich dass in einem
elften Buche die Botanik, in einem zwölften die Mineralogie abgehandelt
war. Dieses Werk -^RTurde von den Späteren stark ausgebeutet, wie von
Schol. Germanic. (oben 270, 10), Ambrosius, Servius und ganz besonders
von Isidorus, durch dessen Vermittlung namentlich die naturhistorischen
Theile im Mittelalter grossen Einfluss übten. Aber auch die grammatischen
Bestandtheile, besonders die über Synonymik, wurden vielfach ausgezogen
imd anderweitig verwendet. Vielleicht gehen theüweise hierauf zurück die
aus einem Montpellierschen Codex von d'Orville veröffentlichten Differentiae
sermonum (R«mmi Palaemonis ex libro Suetoni Tranquilli qui inscribitur
Pratum), abgedruckt im Sueton von Roth p. 306—320 (vgl. ib. p. XCV— C)
und von Reifferscheid p. 274—296 (vgl. ib. p. 450—452). Vgl. oben 277, 3 E.
Im Ganzen sind sie ein Gemisch von wenigen guten (alten) und vielen ganz
werthlosen Bemerkungen aus dem Anfang des Mittelalters. Der erste Theil
behandelt, in der Weise der spätem Grammatiker, die Synonymik zusammen
mit der Orthographie, die zweite Hälfte aber ist alphabetisch angelegt (I
bis V) und enthält ein Citat aus Nigidius Figulus, daher diese eher einen
suetonischen Kern haben könnte. Vgl. Brambach, lat. Orthogr. S. 42.
4. Die drei Bücher de regibus scheinen den Stoff nach den drei Erd-
theilen (Europa, Asien, Afrika) behandelt zu haben und von Africanus in'
seiner Chronik benutzt zu sein. Dass darin (wie in der Pornographie,
Reifferscheid p. 466 f.) die (gestalten der ältesten Zeit fast euhemeristisch
verflacht waren machte sie für tendenziöse Ausbeutung geschickt. Reiffer-
scheid p. 458 — 461. Auch fähren manche Spuren auf die Annahme einer
suetonischen Geschichte der Bürgerkriege zwischen Pompejus und Caesar,
Antonius und Octavian , welche Cassius Dio und Hieronymus benutzt hatten
(Reifferscheid p. 469-^472). Die ludicra historia (Reifferscheid p. 461 — 165)
umfasste vielleicht 4 Bücher: itE^l xmv nuQ* '^EXXrjat naiSiciv xal dymvmv
ßtßXia ^ und sre^l zonv nagä *Pmiuxioig naiSimv nal Q'ionqiÄv ßißXCa ß\ Die
Ueberreste bei Reifferscheid p. 322 — 331; 332—346; zum erstem Theile s.
784 , Die Eaiaerzeit. Zweites Jahrhundert. Hadrianus.
auch E. Miller, M^langes de litt, grecque (Paris 1868) p. 435 f. vgl. p. S95f.;
zum zweiten Theil der libcr de pueronun lusibuft bei Serv. Ae. Y, 602.
5. Dass Saeton auch in griechischer Sprache geschrieben habe behauptet
Roth , bestreitet Reifferscheid (p. 455. 462). Der die griechischen Spiele be-
handelnde Theil der historia ludicra konnte allerdings ebenso leicht von
Späteren ins Griechische Überaetzt als ursprünglich griechisch verfasst sein ;
aber die voä E. Miller (1. 1. p. 413 ff.) herausgegebenen üeberreste der
Schrift nsffl dva(pT^(MX}v li^scav sind nach Inhalt und Anlage so specifisch
griechisch dass sie die Annahme bioser üebersetzung ins Griechische aus-
schliessen. Wir werden daher in dieser Doppelseitigkeit ein Symptom der
Zunahme des Eosmopolitismus und des Uebergewichts der hellenischen
Literatur erkennen müssen, das sich bald häufiger zeigt; s. oben S. 777.
Die Erweiterung des Gesichtskreises war aber nur quantitativ; an Tiefe
hat die Betrachtung gegenüber von Varro nicht gewonnen. Dafür bewahrte
den Sueton seine rationalistische Nüchternheit vor den Yerirrungen der
Alterthümler seiner Zeit (Reifferscheid p. 422 f. 449); er bekennt sich zu
der Ciceronischen Richtung und tritt für Cicero selbst gegen Verkleinerer
ein (A.-2). Die Frontonianer suchten daher den Sueton in den Schatten
zu drängen (Reifferscheid p. 473 f.)^ aber ohne Erfolg; vom dritten Jahrh.
an tritt er als Wissensquelle sogar immer mehr an die Stelle des Varro.
6. Suetons Sprache erstrebt vor Allem Einfachheit, Klarheit und Kürze
(Vopisc. Firm. 1, 2: Suetonio . . familiäre fuitamare brevitatem); der eigent-
lichste Ausdruck ist ihm der liebste, selbst wenn er unsauber wäre, und er
gebraucht daher auch ungewöhnlich viele griechische Wörter (Thimm
p. 27—35). Das Streben nach Kürze hat manche haii« Auslassungen ver-
anlasst , sowie die zahllosen Faiücipialconstructionen , verhältnissmässig
noch häufiger als bei Livius und ohne dessen Kunst (Thimm p. 90 ff.).
Doch konnte auch Sueton dem Einflüsse seiner Zeit sich nicht ganz ent-
ziehen; er venUth sich in manchen Gräcismen (Thimm p. 36 f.), poetischen
Wendungen (ib. p. 61 ff.) und Constructionen , besonders dem freien Ge-
brauche des Ablativ (p. 74 ff.), Conjunctiv (p. 80 ff.) und Infinitiv (p. 86 ff.),
sowie in dem Bemühen nach Abwechselung im Ausdrucke. H. R. Thimm,
de ufiu atque elocutione C. Suetonii Tranquilli, Königsberg (1867) 98 pp.
7. Von den Schriften Suetons sind nur erhalten ein Theil der viri
illustres und die Kaiserbiographien. Das Werk de viris illustribus
handelte höchst wahrscheinlich de poetis, oratoribus, historicis, philosophis,
grammaticis et rhetoribus, unter Beschränkung also auf die Literatur,^
sowie auf die römische Welt. Nach Voranschickung eines Verzeichnisses
der abgehandelten Männer wurde die ältere Geschichte des betr. Faches
kurz dargestellt und dann die Hauptvertreter desselben in chronologischer
Ordnung besprochen. Die Reihe der Redner begann Sueton, wie es scheint,
erst mit Cicero, wie die der Geschichtschreiber mit Sallust; die früheren,
welche nach Suetons Ansicht nur historisches Interesse hatten, werden in
der Einleitung . berührt worden sein. Juvenalis, Tacitus und der jüngere
Plinius waren in dem Werke nicht mitbehandelt, vielmehr schloss es (wie
die Caesares) mit der Zeit des Domitianus. Quellen waren besonders Varro
und die scriptores de viris ill. (s. oben 207, 2), sowie wohl Asconius und
342. Suetonius. 785
Feneatella. Von den früheren Theilen des Werkes besitzen wir die Aus-
züge welche Diome^es (Reifferscheid p. 370 — 379) und Hieronymus (in seiner
lateinischen Bearbeitung der Chronik des Eusebios) daraus gemacht haben;
femer aus dem Buche de poetis durch Hdss. der betr. Dichter vitae des
Terenz, Horaz, und theilweise des Lucafius (Yergilius und Persius); aus dem
de historicis Reste einer vita des älteren Plinius. Endlich ist von dem
wohl letzten Abschnitt, de grammaticis et rhetoribus, welcher das Interesse
der Grammatiker besonders erregte und daher schon frühe selbständig ver-
yielföltigt wurde, der index (welcher theilweise die Vornamen ergänzt) und
der grössere Theil (25 von 36) erhalten durch Abschriften derselben Hand-
schrift (des Henoch) welche auch den dialogus und die Germania des
Tacitus enthielt; s. oben 329, 4. Im Allgemeinen s. Reifferscheid p. 363
— 425 (de poetis p. 370—406). H. Dörgens, über Suetons Werk de yiris
ill., Leipzig s. a. (1857). Suet. de gramm. et rhett. libelli . . rec. et adn.
crit. instr. F. Osann, Giessen 1854. H. Dörgens, Suetons Lebensbeschr. be-
rühmter Männer in vier Büchern; wiederhergestellter lat. Text mit üeber-
setzuugen und Erläuterungen, Leipzig 1863. Vgl. noch Th. Mommsen,
Philologus I. S. 180 ff. und Unten bei Hieronymus (425, 8).
8. Hauptwerk de vita Caesarum, gewidmet dem praef. praet. C.
Septicius Clarus (Lyd. de magistr. H, 6), welcher J. 119 — 121 dieses Amt
bekleidete, somit verfasst J. 120. Eintheilung in acht Bücher, so dass die
sechs ersten Kaiser (Caesar bis Nero) je ein Buch bilden , die drei des J. 69
das siebente, die drei Flavier das achte. Der Anfang des Caesar fehlt;
Lydus scheint ihn noch gehabt zu haben. Der Stoff ist aus guten Quellen
mit Sorgfalt und Urteil zusammengetragen; Vellejus, Josephus und Plutarch
sind nicht benützt; auch Tacitus ist selten berücksichtigt, und genannt so
wenig als Plinius (oben 308, 5) und Cluyius Rufus (oben 309, 2). De Sue-
tonii fontibus et auctoritate Abhandlungen von F. C. L. Schweiger (Got-
ting. 1830. 4.) und A. Krause (Berlin 1831. 86 pp.). Lehmann, Claudius
S. 39 ff. Oct. Clason, Plut. u. Tac. (Berlin 1870) S. 70—73; Tac. u.
Sueton, Breslau 1870. 134 S. G. Dedering, de Suet. vita Caesaris P. I.
Jena 1870. 47 pp. Das Werk ist ein biographisches, kein eigentlich histo-
risches, konnte sich daher den Umblick auf gleichzeitige Begebenheiten und
pragmatische Anlage erlassen, nicht aber, wie es doch that, zusammen-
fassende Charakteristik der Geschilderten. Aber psychologische Feinheit
geht dem Verfasser YöUig ab. Zahlen sind selten, ebenso Unterscheidung
der Zeiten und Beweise von politischer Einsicht. Ebenso wenig ist es ein
Kunstwerk. Die Anlage ist gleichförmig: die Vorgeschichte eines Kaisers
fiach der Zeitordnung, die Regierungsthätigkeit nach bestimmten Rubriken
(Fehler und Tugenden, Lebensweise, Person u. s. w.) geordnet, zuletzt Tod
und dessen Vorzeichen, Bestattung, Nachgeschichte. Im Beibringen von
Thatsachen, auch kleinlichen und schmutzigen, ist Suet. unermüdlich, und
gewiss hat er niemals wissentlich die Wahrheit verletzt oder vorenthalten.
Sein persönliches Urteil spricht er selten aus; aber es fehlt ihm darum
nicht an sittlichem Ernst (vgl. z. B. Tib. 42 ff. 49), und Commodus wusste
wohl warum er eum qui Tranquilli librum vitam Csdigulae continentem
legerat ieris obici iussit (Lamprid. Comm. 10). Dass Sueton nicht
TsvnvL, BOm. Literaturgeschichte. 8. Aufl. 5Q
786 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundei*t. Hadrianns.
Bchmeicheln mochte zeigt sein Abschliessen mit Domitiao. Vgl. C. L. Roths
praef. p. IX— XVI.
9. Die Handschriften haben am Anfang alle dieselbe Lflcke, stammen
somit alle von derselben ürhandschrifb ab, die selbst schon fehlerhaft und
anch nicht von Interpolationen frei war. Seit Karl M. wnrde dieses eine
Exemplar yervielföltigt. Die älteste und weitaus beste Hds. ist der Mem-
mianus (nach seinem frühesten bekannten Besitzer de Mesmes) ans Ende
saec. IX, jetzt in Paris (Nr. 6115). Ihm kommt am nächsten der Vaticanus
Lipsii saec. XI oder XII (6. Becker in der Symbola philolog. Bonn. S.
687 fif.), sowie der Mediceus tertius saec. XI. Andere Claesen sind ver-
treten durch Mediceus I und Paris. 6116; die zahlreichen aus saec. XV sind
ohne Werth. Roth praefatio p. XVII f. XX— XXXII. üeber Excerpte in
Miscellanhdss. ib. p. XXXII— XXXiV. Vgl. noch Beckers Quaesi critt. (A. 11).
10. Ed. princ. gleichzeitig drei, iwei Rom 1470, eine Venet. 1471.
Die wichtigsten späteren Ausgaben sind die von Phil. Beroaldus (Bologna
1493. 1506), Des. Erasmus (1518)^ Rob. Stephanus (Paris 1543)^ Is. Casau-
bonus (Genf 1596. 4. Paris 1610. fol.), J. G. Grävius (Utrecht 1672. 1691.
1703. 4.), S. Pitiscus (Utrecht 1690. Leovard. 1714. 2 Voll.), P. Burmann
(Amstelod. 1736. 4. 2 Voll.), J. A. Ernesti (Lips. 1748. 1775; recogn. F. A.
Wolf, Lips. 1802. 4 Voll.), Fr. Oudendorp (Lugd. Bat. 1751), J. H. Bremi
(erläutert, Zürich 1800.' 1820), P. G. Baumgarten- Crusius (Lips. 1816, 3 Voll.),
C. B. Hase (Paris 1828. 2 Voll.), und besonders rec. C. L. Roth^ Lips.
L Teubner_1868.
11. Beiträge zur Kritik und Erklärung von D. Ruhnken (scholia ed.
J. Geel, Lugd. B. 1828), H. E. Dirksen (hinterlassene Schriften I. S. 213
— 242), G. Becker (Quaestiones criticae de Suet. Caess., Königsberg 1862. 4. ;
in Fleckeisens Jah'rbb. 87, S. 193 ff. 89, S. 839 ff. und Symbola philol.
Bonn. S. 687—694), R. Unger (Suetoniana, Friedland 1864. 4.) u. A.
12. Uebersetzungen der Kaiserbiographien z. B. von K. Andree und
H. Reichardt (Stuttgart, Metzler, 6 Bdchn) und von A. Stahr (Stuttgart,
Hoffmann 1857, 2 Bdchn). Leben Caesars von H. Dörgens, Leipzig 1864.
325 343. Einen Abriss der römisclien Geschichte bis auf August^
Bellorum omnium annorum DCC libri duo, verfasste Plorus,
hauptsächlich nach Livius^ aber lediglich aus rhetorischen
Gesichtspunkten^ nicht ohne Geist; doch mit wenig Geschmack
und viel Phrasen, sowie mit zahlreichen wissentlichen und
unabsichtlichen Entstellungen der geschichtlichen Wahrheit.
1. Titel im cod. Bamberg.: luli Flori epitomae de T. Livio bellorum
omnium annorum DCC libri duo. Da die Uebereinstimmung in dem Namen
Florns und im Zeitalter (A. 3), sowie im rhetorischen Charakter und auch
in manchen einzelnen Wendungen (s. A. 4) es nahe legt den Verfasser der
Bella mit dem Rhetor und Dichter P. Annius Florus (oben 336, 7) zu identi-
ficieren (so Mommsen u. Halm), so wäre dann jenes luli ftlr eine Corruptel
aus Publi anzusehen, Annei der geringeren Hdss. aber (A. 5) als Verderbniss
von Aunii. Halm in Fleckeisens Jahrbb. 69, S. 192 f.
342 f. Suetonius. Florua. 787
2. Malalas VIII. p. 211, 2 Bonn.: lipc&ag 6 aotpcixaTog ^X^Qog vn-^
sfiv7ifioitiO€v in tav Ai^lov avyyQaiiiiatotv. Livius ist oft wörtlich abge-
schrieben, namentlich bei rhetorischen Wendungen ; doch bildet er keines-
wegs die einzige Quelle des Auszugs; s. U. KOhler, qua rat. Liv. ann. (1860)
p. 23—25. 27 — 29. Namentlich Lucanus ist gleichfalls benützt, 0. Jahn
p. XL VII f. Meinert, Wiener Jahrbb. XXVIII. S. 186—191. Ebenso Caesar
und Sallust (Heyn p. 36 — 53). Zweck und Inhalt ist ein Panegyrikus auf
das römische Volk. Praef. 3: in brevi quasi tabella totam eins imaginem
amplectar, non nihil, ut spero, ad admirationem principis populi coUatAirus
si pariter atque insemel universam magnitudinem eins ostendero. FL wollte
non tam narrare bella romana quam romanum Imperium laudare (Augustin.
civ. dei III, 19). Erwählt daher immer die dem römischen Volke günstigste
Darstellung, wo er sie finden mag. Heyn p. 13 — 19. Neben diesen tendenz-
iösen Entstellungen errorum nullnm fingi potest genus cuius non luculenta
exempla unaquaeque libri eius pagina suppeditet, ü. Köhler p. 26, mit den
Beispielen Yon Missverständniäfien, Verwechselungen, Widersprüchen, chrono-
logischen und geogi'aphischen Fehlem u. s. w. ib. p. 27 vgl. 0. Jahn
p. XXXIV. XL VI f. Spengel S. 340—342. Heyn p. 3—9. 19—35. Die An-
lage ist in der Hauptsache nach der Zeitfolge, erstrebt aber daneben eine
gewisse Sachordnung, wie in den Rubriken de seditionibus (I, 17 vgl. U,
2—5), res in Hispania gestae (I, 33). » Zu Grunde gelegt ist die Eintheilung
(vgl. oben 264, 3) nach Altersstufen (infantia, adolescentia, iuventus, senectus),
indem der Verf. populum rom. quasi unum hominem considerat (praef. 4).
Jahn p. XXXVin f. Spengel S. 345 f. Nach einer Uebersicht der Königs-
zeit (I, 1) folgt (I, 2) eine rhetorische anacephalaeosia darüber, wie auch
am Schlüsse des ersten Buchs eine worin über den fortschreitenden Sitten-
verfall rhetorische Klage geführt ist. Das letzte behandelte bellum ist
(II, 33) b. cantabricum et asturicum, worauf (II, 34) paz Parthorum et
consecratio Augusti. Das erste Buch behandelt die gute Zeit des röm.
Volks, das zweite seinen Verfall (seit den Gracchen). Moralisiert wird viel
(Spengel S. 328—331). Probe des politischen Standpuncts II, 1: seditionum
omnium causas tribunicia potestas excitavit, quae specie quidem plebis
tuendae, . . re autem dominationem sibi adquirens, Studium populi . . aucupa-
batur. Beispiele lächerlicher Ausmalungen bei Spengel S. 337 — 339.
3. Zur Abfassungszeit vgl. praef. 8: a Caesare Augusto in saeculum
nostrum haut multo minus anni ducenti, quibus inertia Caesarum quasi
consenuit atque decozit, nisi quod sub Traiano principe movit lacertos et
praeter spem omnium senectus imperii quasi reddita iuv.entute reviruit.
F. N. Titze (De epitomes . . quae . . Flori . . fertur aetate probabilis-
sima etc. Linz 1804, und in seiner Ausg., Prag 1819) setzte den Fl. unter
August und erklärte die hiemit nicht vereinbaren Stellen für unecht; b.
dagegen Meinert in den Wiener Jahrbb. XXVUI (1824) S. 169—201. Gossrau,
de Flori qua vixerit aetate, Quedlinburg 1837. 4. (unter Trajan).
4. 0. Jahn p. XLVII: totus sermo declamatorem arguit et'cuiusvis
generis artificiis, figuris, sententiis male acuminatis ita refertus est ut pauper
Bcriptoris Ingenium et iudicium male formatum neminem latere possit.
Vgl. die praefatio von Grävius. Vor der Masse des Schwülstigen und
50*
788 Die Eaiserzeit. Zweiiefl Jahrhundeil. Hadrianus.
^ üebertriebenen verschwindet das Gelungene. Vgl. Spengel S. 322 — 326.
343 f. Wie der Gesichtskreis des Rhetors ein beschränkter ist, so auch
sein Sprachschatz; Wiederholangen sind sehr häufig; namentlich hat Fl.
eine Leidenschaft f^r quasi, das er in seinen 81 Capiteln 125nial gebraucht
(quippe 76mal), sowie für Ausmfongen (Spengel S. 336 f.). Nachahmung
des Lucanus (vgl. Anm, 2) und des Tacitos (E. Wölfflin im Philologus
XXIX. S. 657 f.). Im (Gebrauche von post Uebereinstimmung mit Ter-
tuUian, s. Binsfeld im Rhein. Mus. XXYI. S. 313. Mit dem Dialog des
P. Annius Florus (oben 336, 7) haben die Bella manche Wendungen ge-
mein; so per diversa terrarum in Halms Ausg. p. 107, 11 und Bella I, 40, 27.
41, 1. n, 7, 2; Victor gentium populus (rom.) ib. p. 106, 26 und Bella I, 44,
3. II, 1, 3. 34, 61. Halm in Fleckeisens Jahrbb. 1864, S. 192 f.
6. Den späteren Jahrhunderten und dem Mittelalter eqipfahl sich der
Abriss durch seine Kürze und wohl auch durch seine Rhetorik. Jahn
p. XLYIII f. Besonders Jordanes hat ihn stark ausgebeutet (ib. p. VI f.);
später citiert ihn Malalas ( A. 2. ) wohl nach einer griechischen Bear-
beitung. Daher gibt es auch eine sehr grosse Zahl von Handschriften des
Florus. Die beste ist der Bambergensis saec. IX (B bei Jahn). Ihm ähnlich
war die Handschrift welche Jordanes (de success. regn.) benutzte. Alle
andern bekannten Hdss. stammen aus einer viel schlechtem und inter-
polierten Quelle; die älteste imter diesen ist der Nazarianus (N) saec. IX in
Heidelberg, wo der Abriss in vier Bücher getheilt und einem L. Annaeus
Florus beigelegt ist. Jahn p. V — XV, und über das Verhältniss von B zu
N ib. p. XV— XXXIV.
6. Ed. princeps Paris 1470. 4. Die wichtigeren späteren Ausgaben
sind die von Camers (Vienn. 1618. 4.), E. Vinetus (am Solinus 1664. 4. u.
sonst), J. Gruter (Heidelberg 1697), Gl. Salmasius (ap. Commel. 1609 u.
sonst), J. G. Grävius (Utrecht 1680), C. A. Düker (Lugd. B. 1722), J. F.
Fischer (Lips. 1760), F. N. Titze (Prag 1819). Erste kritische Ausgabe von
0. Jahn (Juli Flori epit. . . rec. et emendavit, Lips. 1862, vgl. C. Halm in
Fleckeisens Jahrbb. 69, S. 172—196); dann recogn. C.Halm, Lips.Teubner 1854.
7. Beiträge zur Textkritik von F. E. Köhler (Observ. criticae in Jul.
Fl., Gotting. 1866. 42 pp.), J. Freudenberg (Rhein. Mus. XXII. S. 26 — 30),
J. P. Binsfeld (Quaest. Florianae crit., Düsseldorf 1869. 11 pp. 4.), E.
*' Blihrens (lectiones latt., Bonn 1870, p. 6—19), H. Sauppe (de arte critica
in Flori Bellis recte facienda, Gotting. 1870. 19 pp. 4. Ind. hib.), H. Müller
(Fleckeisens Jahrbb. 103, S. 666—676 und Rhein. Mus. XXVI. S. 360—362).
8. Ueber Florus vgl. (ausser Aelterem, wie Heintze, de Floro non
historico, sed rhetore, Weimar 1787 "= Sjntagm. opusc. p. 260 ff.) A. Baum-
stark in Pauly's Real-Eno. lU. S. 490—494. H. G. Plass, disp. de auctor-
ibus eius quae vulgo fertur L. Annaei Flori epitome rerum rom., Verden
1868. 16 pp. L. Spengel, über die Geschichtsbücher des Florus, in den
Abhandl. der Münchner Akademie XXXVI (historisch-philol. Cl. IX) 1861.
S. 319 — 360. Jos. Reber, das Geschichtswerk des Florus, Freising 1866.
71 S. C. Heyn, de Floro historico, Bonn 1866. 63 pp.
326 344. Aus derselben Zeit ist wohl auch des Justinus 6e-
achiclitsabrisS; sowie des Juventius Martialis Geschichte Caesars.
343 ff. FloruB u. a. Hietoriker. Salvius Julianue. 789
Die andern Schriftsteller auf dem Gebiete der Geschichte waren
Griechen und schrieben griechisch, wie Cassius Longinus und
Phlegon.
1. üeber Justinus b. oben 253, 3. 4. 6 — 11.
2. Apoll. SidoD. ep>i8t. IX, 14: si omittantur quae de titulis dicta-
toris invicti (des Julius Caesar) scripta Patavinis sunt yolumimbus, quis
opera Suetonii, quis luveutii Martialis historiam, quisve ad eztremum
Balbi epbemeridem (oben 193, 1) fando adaeqnayerit?
3. Cassius Longinus, nach Eusebios Chron. I, 41 (Mai scriptt. vett. nova
coUectio Vni. p. 198) Verfasser von XVIII libri quibus olympiades CCXXVIII
complezus est. Er wird daher wohl auch um Ol. 228 =^ J. 135 ff. n. Chr.
gelebt haben. Vgl. A. 4. H. Peter, bist. rom. I. p. CLXXIY f. Euseb.
bist. eccl. VI, 13, '7: (ivtj^iovevbi (Clem. Alex.) . . xal Kaaatavov cog %ccl
avtov x^fovoy^tplav nsnoirjfjLSvov.
4. üeber Phlogon Tgl. 341, 3. Hauptwerk die 14 Bücher 'Olvfiniddegy
quibus olympiades CCXXIX summatim continentur (Euseb. chron. I, 41).
Vgl. A. Westermann in Pauly's Real-Enc. V. S. 1540 f.
. 345. Unter den Juristen der Zeit ist der einflussreichste327
der Sabinianer Salvius Julianus, welcher in Hadrians Auftrag
die Edicte der Prätoren aus der Zeit der Republik sammelte,
sichtete, und in sachlicher Ordnung veröffentlichte, auch selb-
ständige juristische Werke (besonders Digesta) verfasste und noch
Jahrhunderte hindurch hohes Ansehen genoss. Jüngere Zeit-
genossen von ihm sind die Juristen Abumius Valens, Pactumeius
Clemens und Sex. Pomponius, Letzterer wichtig als Verfasser
einer in die Digesten aufgenommenen ^kurzen Geschichte des
Rechts und der Jurisprudenz bis auf die Zeit des Hadrian, aber
auch sonst ein fruchtbarer und bis ins hohe Alter thätiger juri-
stischer Schriftsteller.
1. Fompon. Dig. I, 2, 2 fin.: lavoleno Prisco (successit) Abumius
Valens et Tuscianus (sonst unbekannt), item Salvius lulianus. Vgl.
oben 337, 3. Letzterer war ex Adrumetina colonia (Spart. Did. lulian. 1, 2)
in Africa und (mütterlicher Seits) proavus des nachmaligen Kaisers Didius
lulianus, bis consul (vgl. Dig. XL, 2^ 6), praefectus urbi et iuris consultus
(Spart. Did. lul. 1, 1). Spart. Hadr. 18, 1: cum iudicaret in consilio habuit
. . iuris consultos et praecipue lulium Celsum (vgl. oben 337, 2), Salvium
lulianum etc. Fronte ad Caes. IV, 1 f. ist Julian krank und Fronte be-
sucht ihn dem M. Aurel zu Liebe. Noch die Divi fratres Dig. XXXVII,
14, 17 pr. : plurium etiam iuris auctorum, sed et Salyii luliani amici nostri
(vgl. M. Aurel bei Fronte Ep. ad Caes. IV, 2), clarissimi viri, hanc sen-
tentiam fuisse (er war also damals schon todt). Sein Grabmal war miliario
quinto via Labicana (Spart. Did. lul. 8, 10).
2. Eutrop. VIII, 17: Salyii luliani, qui sub divo Hadriano perpetuum
790 ' I^ie Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Hadrianus.
composuit edictum. Hieronym. ad ^. Abr. 2147 (Hadriazd 15 sb 131 n. Chr.):
SalYiuB lolianus perpetuam composuit edictum. lieber dieses Datum s.
Mommsen, üb. d. Chronographen (1850) S. 673, A. 1. Justinians Constit.
Jidca'KSV 18: 'AÖgtavog . . ore tä nocQa xmv nQatxmQoav %az %xoq B%aaxov
vofio^sxoviisva iv ß^axBt tivi ovvijys ß^ßX^ca, xov %QcixLaxov 'lovXiccvov ^r^og
xovxo nccQaXaß(6v. Constit. T^'^ta (Cod. I, 17, 2 vom J. 533) 18: et ipse
lulianus, legum et edicti perpetui subtilissimus t^onditor, in suis libris hoc
retnlit . . et divus Hadrianus in compositione edicti et scto quod eam
secutum est etc. A. F. Budorff, Edictum perpet. (Lips. 1869) p. 9 f. Cod.
UI, 33, 15 (vom J. 530): summum auctorem iuris scientiae Salvium lulianum.
IV, 5, 10 (vom J. 530): sublimissimum testeQi adducit Salvium lulianum,
summae auctoritatis hominem et praetoriani edicti ordinatorem. VI, 61, 5
(vom J. 473): luliani, tantae existimationis viri atque disertissimi iuris-
periti. Schüler von ihm waren Africanus und Terentius Clemens.
3. Eigene Schriften des lulianus. Digestorum libri XC (Ind. Flor.),
woraus in die justinianischen Digesten 376 Fragmente aufgenommen sind,
wie auch Titel und Plan von lulians Werk auf das justinianische Einfluss
übte. Es enthielt zusammenhängende Erörterungen über die Rechtswissen-
schaft in Verbindung mit Fragen der auditores und den darauf von dem
Lehrer ertheilten Antworten. Th. M.ommsen, Ztschr. f. Rechtsgesch. IX.
S. 82—88. Die ersten 58 Bücher folgen der Ordnung des Edicts und sind
unter Hadrian verfasst und veröffentlicht; die späteren Bücher unter Anto-
ninus Pius ; s. H. H. Fitting (oben 47, 9) S. 4 — 7. Vgl. Rudorff, röm. Rechts-
gesch. I. S. 171. E. Viertel, de vitis ictorum, Königsberg 1868, p. 6 — 8.
Noten zu dem Werke schrieben Ulpius Marcellus und Cervidius Scaevola,
schon unter Pius, dann Mauricianus und Paulus. Julian selber verfasste
Noten zu ürseius Ferox (oben 311, 3) in 4 Büchern (Ind. Flor.; doch vgl.
Viertel, de vitis ictorum p. 18 — 20), die in den Digesten 41 mal epitomiert
sind, und zu Minicius (oben 337, 6) in 6 Büchern (? vgl. E. Viertel p. 24
— 26). Aus Julians liber singularis de ambiguitatibus sind in den Digesten
vier Fragmente. Im Ganzen s. Hommel, Palingen. I. p. 223—318. Das
Citat lulianus libro I ad edictum (Dig. III, 2, 1) beruht auf Verwechslung
der Redaction des Edictum durch Julian (Anm. 2) mit einem selbständigen
Werke (Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1 S. 132, A. 16).
4, HeinecciuB, de Salvio luliano, Ictorum sua aetate coryphaeo, Halle
1733. 4. = Opp. n. p. 798—818. VII. p. 196— 261. F. A. Biener, de S. I.
meritis de edicto praetorio rite aestimandis, Lips. 1809. 4.
6. L. Fulvius C. f. Pupin(ia) Aburnius Valens (Orelli 3153 vgl.
Dig. XXXn, 78, 6). Da er nach der Inschrift bei Orelli 3153 (wo er noch
clarissimus iuvenis heisst) die nominelle Stadtpräfectur (vor dem Eintritt
in den Senat) J. 118 bekleidete, so wird er kurz vor J. 100 geboren sein.
Er verfassle Action^s in mindestens 7 Büchern (Dig. XXXVI, 4, 15) und
libri fideicommissorum, gleichfalls in mindestens 7 Büchern (Dig. XXXIII,
1, 15), welche letztere Schrift in den Pandekten 19mal benützt ist. Vgl.
Hommel, Palingen. U. p. 533 — 536. Da er in letzterer nicht nur den lavo-
lenus citiert (ib. XXXIII, 1, 15) sondern auch den (Salvius) lulianus (ib.
IV, 4, 33: lulianus . . respondit. XXXII, 94: lulianus . . putavit) und den
345. Juristen: lulianus, Pompouius u. A. 791
Trajan als divue bezeiclmet (XLIX, 14, 42), so sclieint er den lulianus
überlebt zu haben. Er ist daher ohne Zweifel der Fulvius (so Mommsen,
statt Salvios) Valens bei Capitol. Ant. Pi. 12, 1: usus est iuris peritis . .
Fulvio Valente. Vgl. Dig. XLVJII, 2, 7, 2: divus Pius Salvio (Fulvio)
Valenti rescripsit. P. F. Smeding, de Salvio Aburnio Valente eiasque qnae
in Dig. adsxmt fragmentis, Lugd. Bat. 1824. * Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr.
I, 1. S. 334 f. K. Viertel, de vitis ictorum p. 30 — 33. Mommsen, Ztschr. f.
Rechtsgesch. IX. S. 90, A. 21.
6. Pompon. Dig. XL, 7, 21, 1: Pactumeius Clemens aiebat etc.
Genauer ist er bekannt durch die Inschrift aus Constantine bei Renier,
inscr. de TAlg. 1812 =» Henzen 6483: P. Pactumeio P. f. Quir. Clementi,
Xvir stlit. iud., . Quaest., Leg. Rosiani Gerdni (Dig. XL VIII, 6, 6, 2. XL VIII,
6, 6) soceri sni procos(ulis) in Achaia, trib. pleb., fetiali, legato divi
Hadriani Athenis . . , praetori urbano, leg. divi Hadriani ad rationes civi-
tatium Syriae putandas, legato eiusdem «in Cilicia, Consuli (suff. im J. 138
nach Borghesi), legato in Cilicia Imp. Antonini Aug., leg. Bosiani Gemini
procos. in Africa, iurisconsulto, patrono IV coloniarum. Vgl. ib. 18i3 f.
7. Sex. Pomponius lebte und schrieb sowohl unter Hadrian als
unter M. Aurelius oder doch den divi fratres. Bezeichnend ist die Aeusse-
rung aus seinen Epistolae B. VII (Dig. XL, 5, 20): ego discendi cupiditate,
quam solam vivendi rationem optimam in LXXVIII"'" annum aetatis duxi.
Da er in demselben Buche (Dig. L, 12, 14) den Antoninus als divus be-
zeichnet, so schrieb er diess frühestens J. 162, war somit nicht vor J. 84
n. Chr. geboren. Und dass er ein Zeitgenosse von Julian war erhellt theils
daraus dass seine Geschichte> der Jurisprudenz (A. 10) mit Letzterem schliesst,
theils daraus dass Beide einander citieren (A. 8). Pomponius aber scheint
den Julian überlebt zu haben, da Julian nur äin Werk des Pomp,
benützt hat, Pomp, aber mehrere des Julian; s. A. 8. Als seine Lehrer
nennt Pomp, die Juristen Pegasus (Dig. XXXI, 43, 2: P. solitus fuerat
distinguere), Aristo (ib. XL, 5, 20 : putabat. XXXVl, 1,72: aiebat, vgl. XXXIX,
5, 18. Fragm. Vat. 83. 88.) und Octavenus (XL, 4, 61: aiebat. 5, 20:
putabat). Häufig geht er in seinen Schriften auf die veteres zurück, ins-
besondere auf Q. Mucius, Ser. Sulpicius, Trebatius, Alfenus, Labeo.
8. Verhältniss zwischen Julianus und Pomponius. Pomp, benützt des
Julian Dig. und citiert ihn häufig, wenigstens in den libri ex Plautio, den
Epistolae et variae lectiones, sowie in den libri ad edictum; vgl. Dig. VI,
1, 21 (Pomponius libro XXXIX*» Ad edictum scribit etc. lulianus autem etc.
idque Pomponius libro XXXIV ° Variarum lectionum probat). XIV, 6, 19
(lulianus scribit). XXXIX, 2, 18, 5 (Pomponius relata luliani soriptura
dicit non se improbare etc.). XL, 4, 40 (aus Pomp. libr. V ex Plaut.: lulia-
nus ait). 61 (et lul. ait). XL, 5, 20 (apud lulianum ita scriptum est. . . ea
quae lulianus scribit, ans Epist. VII). XLIX, 14, 35 (aus Epist. XI: apud
lulianum scriptum est). Fragm. Vat. 75 (Pomponius ait libro VII ex Plautio,
relata luliani sententia. . . urgetnr tarnen luliani sententia argumentis
Pomponii). Julian benützt (in seinen Dig.) des Pomp. Bücher ad Sabinum;'
vgl. Fragm. Vat. 88 (lulianus subicit Sextum quoque Pomponium referre).
Dig. XXVIII, 5, 41 (ut refert Sex. Pomponius, vgl. Mommsen, Ztschr. f.
\
792 Die.Kaiserseit. Zweites Jahrhundert. HadrianuB.
Rechtsgesch. VII. 8. 478 Anm.). KVII, 2, 63, 9 (ait lolianuB Sextum Pom-
poninm referre Sabinum respondentem etc.). Vgl. Fitting 8. 8 f. 11. 12. 13.
Die Aufeinanderfolge lulianns et Pomponius Dig. XXVIII, 2, 9, 2. XLY,
I, 2, 5. Vgl. GaJ. Inst. II, 218 (luliano et Sezto placuit). Zu einer Unter-
scheidung zweier Juristen des Namens Pomponius ist kein -triftiger Grund
vorhanden. Budorff, Rechtsgesch. I. 8. 172 f. Fitting 8. 13 f. Mommsen
a. a. 0. 8. 478 f.
9. Schriften des Pomponius. Enchiridii über singularis, Ad Sabinum
libri XXXV, und Fideicommissorum libri Y, sämmtlich unter Hadrian ver-
fasst, die Noten ad Sabinum sicher vor Julians Digesten; Ad edictum,
mindestens 79 Bücher, Vor Julians Redaction des Edictum perpetuum ge-
schrieben; Ad Q. Mucium lectionum libri XXXIX (ob. 151, 2) nach Hadrian,
wahrscheinlich unter Antoniüus Pius yerfasst; ex Plautio libri VII, unter
Antoninus Pius geschrieben, wie auch wahrscheinlich Senatusconsultorum
libri V; Epistolarum et variarum lectionum libri (Dig. IV, 4, 50. L, 12, 14),
falls diese zwei Titel wirklich zusammengehören sollten, mindestens 41 Bücher,
aus der Zeit der divi fratres (s. A. 7). Nicht wohl vor Pius yerfasst war
die Schrift De stipulationibus in mindestens acht Büchern, und spätestens
unter Pius der Regularum Über singularis. Aus unbekannter Zeit sind
seine Enchiridii libri II. Ebenso die Zusammenstellung der juristischen
Ansichten des Aristo (oben 337, 4) aus dessen notae, decreta, responsa und
epistulae; s. Dig. XXIY, 3, 44 (aus Paulus): Nerva et Cato responderunt,
ut est relatum apud Sex. Pomponium Digestorum ab Aristone libro quinto;
ibidem Aristoni consensit. Im Ganzen sind die Schriften des Pomp, in den
Digesten 585mal benützt; s. die Zusammenstellung bei Hommel, Palingenesia
II. p. 303 — 386. Sie waren geschätzt theils wegen ihrer Casuistik theils
als Auszüge aus angesehenen älteren Juristen.
10. Das Enchiridion (liber sing.) enthielt wie es scheint eine Erläute-
rung der rechtlichen Grundbegriffe (Dig. L, 16, 239) und einen Abriss der
Geschichte des röm. Rechts und der Rechtswissenschaft bis auf Julianus (Dig.
I, 2, 2). Vgl. oben S. 275 f , d. Sonderausgaben von E. Böcking (Bonn
1831) und F. Osann (recogn. et annot. crit. instr., Giessen 1847). § 41—44
cum notis ed. E. Schrader, Berlin 1837. 14 pp. 4.
11. H. B. Reinold, de Sex. Pomponio icto, Würzburg 1710 (= Opusc.
p. 502 — 548). Heineccius de Sex. P. eximio aevi sui icto, Opp. III, 2. p.
66 — 126. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatrechts I, 1. 8. 337—340. Fitting
(oben 47, 9) 8.8 — 14. ^
328 346* Rhetoren der hadrianisclien Zeit sind der gelehrte
Spanier Antonios Julianus und Castricius. Die meisten und
angesehensten aber schrieben in griechischer Sprache. So Hadrian
selbst, Polemon, Lollianus, Dionysios aus Milet, Favorinus u. A.
In lateinischer Sprache yerfasst und erhalten si^d nur die Schul-
reden eines sonst unbekannten Calpumius Flaccus.
1. Gellius I, 4, 1: Antonius lulianus rhetor perquam fuit honesti
atque amoeni ingenii. doctrina quoque ista utiliore ac delectabili veterum>
que elegantiarum cura et memoria multa fuit. ad hoc scripta omnia anti-
345 f. Juristen und Rhetoren. Pomponios u. A. 793
quiora tam cariose spectabat et aut virtutes pensitabat ant vitia rimabatar
ut iudicium esse factom adamussim diceres. ib. 8: ad hunc modmn lulia-
nns enodabat diiudicabatqne veterum scriptorum sententiaB, quae apud eum
adulescentes delectitabant. XIX, 9, 2: venerat nobiscmn ad eandem cenam
Antonius luÜanus rhetor, docendis publice iuvenibus magister, hispano ore
florentisque bomo facundiae et rerum litterarumque veterum peritus. Pro-
ben seiner Gelehrsamkeit ib. IX, 1, 2 ff. XV, 1, 4 fiF. XVm, 6, 5 ff. XIX, 9,
8 ff. XX, 9. DasB er ein Lehrer des Gellius war erhellt aus Gell. XVTII, 5,
1: cum A. I. rhetore, viro hercle bono et facundiae florentis, complurcs
adulescentuli, familiäres eius, Puteolis aestivarum feriarum lud um . . agita-
bamuB. Vgl. ib. IX, 15, 1 ff.: cum A. I. rhetore per feriarum tempus . .
Neapolin concesseramns. XV, 1, 1 ff.: declamaverat A. I. rhetor . . feliciter.
. . ergo familiäres eius circumfnsi undique eum prosequebamur domum.
Auf später herausgegebene Schriften desselben scheint zu deuten ib. XVIII,
5, 12: hoc tum nobis lulianus . . dixit. sed eadem ipsa post etiam in
pervulgatis commentariis scripta offendimus. üeber einen älteren Ant. lul.
s. oben 309, 7.
2. T. Castricius, rhetoricae disciplinae doctor, qui habuit Romae locum
principem declamandi ac docendi, summa vir auctoritate gravitateque et a
divo Hadriano in mores atque litteras spectatus, quo . . usus sum magistro.
Gellius XIII, 22, 1. vgl. XI, 13, 1. I, 6, 4. 11, 27, 3. Fronte epist. ad am. II, 2
(Castricius noster).
3. Ueber Hadrians Declamationen s. oben 341, 3; über Aelius Verus
unten 349, 2; über Heliodorus unten 347, 8.
4. Philostr. vit- soph. II, 14 (p. 71, 24 ff. Bibl. Teubner.) über Herodes
Atticus: noXifiatvcc (A. 6) xal ^aßcnQivop (A. 5) xal SnonsUavov iv Stdaa-
%dloig lavtov i7ye xocl SstiovvStp tm 'A^rivccCat ^i(po£trj6sv , . . tovg dh HQtriHOvg
tav Xoyav SBaykvsi zs zm Kvtdiq} xal MowazCm zS in TQccXXiaiv avveyivszo
xal TavQtp zm TvQim (unten 348, 2) inl zaig UXazoivog do^ccLg.
5. Hieronym. ad a. Abr. 2148 » Hadr. 16 = 132 n. Chr.: Favorinus
et Polemo rhetores insignes habentur. Favorinus aus Arelate (Arles),
Schüler des Dion (Chrysostomos), mit Plutarch und Fronto (s. unten 352, 1)
befreundet, encyclopädischer Schriftsteller, z. B. Verfasser von philosophi-
schen Schriften {IIvqq<ovBioi zQonot und *AnoiJkvrifiovsv(tMza) sowie einer Ilavzo-
Sccnfj tazof^la, Kenner auch der römischen Literatur und darin der Alter-
thümelei entgegentretend (Gellius I, 10 vgl. VUI, 2. XVIII, 7. XX, 1, 20);
8. Philostr. vitae soph. I, 8 mit Eayser (Heidelberg 1838) p. 181 — 183.
J. L. Marres, de Favorini Arelatensis vita, studiis, scriptis, Utrecht 1853.
146 pp. Vgl. unten 358, 1,
6. Ueber (Antonius) Polemo in Smyma (ums J. 85 — 140) s. Philostr.
vitae soph. I, 25 mit C. L. Eaysers notae p. 267 f. L. Preller in Pauly's
Real-Enc. V. S. 1793 f.
7. (L. Egnatius Victor) Lollianus nQovazrj zov 'A^r^vriei d'f^ovov (der
Sophistik) jtQmzog, s. Philostr. v. soph. I, 23 mit Kayser p. 261 f.
8. *Dio LXIX, 3: zov ^aovtnQivov zov FaXdzriv zov zb diovvciov zbv
794 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Hadrianns.
#
Mtlriaiov tovg aotpiatdg etc. Ueber Letzteren s. Philostr. yitae soph. I, 22;
Tgl. unten 347, 9. 351, 4.
9. Unter dem Titel Ezcerptae X rhetorum minorum haben wir 51 de-
clamationes , ursprünglich also eine Sammlung yon Schulreden Mehrerer.
Erhalten sind aber nur die Excerpte aus Calpurnius Flaccus. Denn die
Annahme dass es Excerpte des Calp. Fl. aus zehn Rhetoren seien wird da-
durch ausgeschlossen dass dieselben in den einzelnen declamationes immer
nur die Auffassung ^ines Rfaetors geben. (M. Hertz.) Unsicher ist aber die
Zeit dieses Calp. Fl. Erstmals veröffentlicht wurden die Excerpte durch Petr.
Pithöus, zusammen mit den pseudoquintilianischen (oben 320, 11), Paris
1.Ö80; dann in den Ausgaben der letzteren von J. Fr. Gronov (Lugd. B. 1665),
U. Obrecht (Strassburg 1698. 4.) und P. Burmann (Lugd. «B. 1720. 4.).
329 347. Der namhafteste Grammatiker aus der Zeii Ha-
drians ist Q. Terentius Scaurus, Verfasser einer lateinischen
Grammatik und einer Poetik^ sowie Commentator des Plautus
und Vergil , vielleicht auch des Horaz. Erhalten ist von ihm
nur eine kleine Schrift de orthographia^ welche aber für die
Sprachgeschichte Wichtigkeit hat. Derselben Zeit gehorten auch
Velleius Celer, Äelius Melissus, Domitius an, von den Griechen
aber die Grammatiker Vestinus und besonders Heliodorus.
1. Gellius XI, 15, 3: Terentius Scaurus, divi Hadriani temporibus
grammaticus vel nobilissimus , inter illa quae de Caeselli (oben 338, 4)
erroribus composuit. Vgl. Capitolin. Ver. 2, 5: audivit (Verus) Scaurinum
grammaticum latinum, Scauri filium qui grammaticus Hadriani fuit. An-
führungen aus seinem Hauptwerke besonders bei Charisius und Diomedea
(aus Bomanus), sowie in den Explanationes in aitem Donati (Keil lY. p. 486 ff.).
Charis. I. p. 133, iE.: Scaurus in airte grammatica. 136, 16: Scaurus artis
grammaticae libris. Dagegen ib. 146, 36: Scaurus libro III ist nach dem
Zusammenhang auf die Selbstbiographie des M. Aemilius Scaurus (oben 141,
fO) zu beziehen. Rufin. Excerpt. p. 2711 P. = 384 Gaisf.: Scaurus in com-
mentario Plauti in Pseudulo dicit etc. Ritschi, Parerga p. 376 f. Commen-
tare zur Aeneis und wohl auch zu den Bucolica; s. Ribbeck Prolegg. p. 172.
Charis. p. 202, 26 ff. E.: impariter Horatius epistolarum (H, 3, 76): vcrsibus
impariter iunctis, ubi Q. Terentius Scaurus in commentariis in artem po-
eticam libro X etc. Der hiedurch erregte Schein eines ausführlichen Werkes
über Horaz a. p. wird feerstört durch ib. 210, 19 ff.: Maro (Aen. I, 1): Troiae
qui primus ab oris, ubi Q. Ter. Sc. commentariis in artem poeticam libro
X etc. Gräfenhan (Gesch. d. dass. Philol. IV. S. 300 f.) will grammaticam
statt poeticam. Die Anführungen von Definitionen des Scaurus über rhe-
torische Figuren (wie hypozeuxis, macrologia) sprechen eher für eine die
Rhetorik mitbefassende Poetik. Die einzige unsichere Spur eines Commen-
tars zu Horaz ist Porphyr, zu Hör. S. E, 5, 92 (H. p. 308 H.): capite ob-
stipo: trist! ac severo. Scaurus inclinato dicit; vgl. Zangemeister (oben
S. 489, Z. 1) p. 40 ff. Die Ueberreste des Scaurus verrathen keine alterthü-
melnde Richtung; er scheint vielmehr zu den CÜceronianem gehört zu haben.
847 f. Terentius Scaurus u. a. Grammatiker. 795
2. Die kleine Schrift de orthographia ad Thesemn (bei Putsche p. 2249
— 2264) ist verständig angelegt nnd durch Berücksichtigung alter Formen
werthvoU. p. 2262: haec sunt quae urgenti tempore complecti tibi in
praesentia potni, Thesen, si quid exemplis defecerit vel quaestionibus,
subiungetur. nam quod ad rem maxime pertinet, regulam vides. Darauf
folgen, lose angehängt, einzelne Bemerkungen, die sich aber nur zum Theile
auf Orthographie beziehen; mindestens die stilistischen über den Gebrauch
der Präpositionen werden von einem andern Verfasser sein. Schluss: brevi-
tatem huius libelli, si tibi yidetur, adglutinabis ei quem de litteris novis
(Bergk: des Kaisers Claudius) habes a me acceptum. W. Brambach, lat.
Orthogr. S. 47—49. lieber die handschriftliche Ueberlieferung der Schrift
s. üsener, Rhein. Mus. XXIV. S. 108 f.
3. Priscian. X, 67. p. 547 Htz.: Velleius (D: Vellius) Celer respondens
Hadriano imperatori per epistulam de hoc (die Quantität von ambitus)
interroganti . . ostendit etc. Vielleicht ist er der KsXsq rexvoyQoeqfog, ßaaiU-
xcov fisv ^mexoXmv ngootartig, Jtovvöim Ös tbv i% (»«t^axtiov XQ^''^^^ didtpof^og
bei Philostr. vit.'soph. I, 22. Vgl. A. 9.
4. Gellius XVIII, 6, 1 ff. : Aelius Melissus in nostra memoria fuit Romae
summi quidem loci intcr grammaticos id temporis; sed maiore in litteris
erat iactantia et aotpiaxhia quam opera. is praeter alia quae scripsit com*
plura librum composuit . . cui titulus est . . de loquendi proprietate.
5. Gell. XVIII, 7, 1 ff.: Domitio, homini docto celebrique in urbe
Roma grammatico, cui cognomentum Insano factum est, quoniam erat
natura intractabilior et morosior, ei Domitio Favorinus noster cum fbrte
. . obviam venisset atque ego cum Favorino essem etc.
6. Aus derselben Zeit ist vielleicht auch Q. Octavius Avitus, s. oben •
221, 3.
7. üeber Sulpicius Apollinaris, welcher schon in dieser Zeit von Ein-
fluss ist, 8. unten 353, 2.
8. Ueber lulius Vestinus s. Suidas s. v.
9. Dio LXIX, 3: Jiovvetog (oben 346, 8) ngog zov avtov (des Hadrian) •
Idiov ^HXiodatQov, xov tag inictoläg avzov dueyayovta, slnsiv Xsystai oxi
KaCaccQ XQ'IC^'^^ f'^'^ <^o^ ^^^ tifiriv dovvai ^vvocrai, frjxOQa di üs noiriaat
ov dvvaxat. Vgl. A. 3. Um so bedeutender war er als Grammatiker, da
er ohne Zweif<&l identisch ist mit dem Metriker Heliodoros, über welchen
8. R. Westphal, allg. Metrik (1865) S. 137—146 =^ Metrik« I (1867). S. 214 ff.
0. Hense, heliodorische Untersuchungen, Leipzig (Teubner) 1870. 170 S.
348. Die Philosophie war in dieser Zeit vorzugsweise durchsso
Griechen vertreten, wie Plutarchos und den Platoniker Calvisius
Taurus. Von Fachschriftsteilem ist der bedeutendste der Medi-
ciuer Caelius Aurelianus aus Africa, von welchem zwei Schriften
über acute und chronische Krankheiten auf uns gekommen sind.
Diese lassen ihn als Methodiker und scharfen Beobachter er-
scheinen. Ihre Sprache ist dunkel und incorrect.
796 ^^ Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Hadrianus.
1. Hieronjm. ad a. Abr. 2135 »• Hadr. 3 «^ 119 n. Chr.: Plutarchus
ChaeroneuB et Sextus et Agathobulos et Oenomans philosophi insignes
habentor. Ad 2142 a. Hadr. 10 » 126 n. Chr.: Quadratos discipaloB apo-
stolorum (vgl. de vir. ill. 19) et Ariatides Atheniensis noater philoaophaa
libros pro chriatiana religione Hadriano dedere compoaitoa. Vgl. noch
oben 346, 4.
2. Hieronym. ad a. Abr. 2161 »- 145 n. Chr.: Tanrua Berytina plato-
nicae aectae philoaophua clama habetur. (}eDina VII, 10, 1: philoaophaa
Taurua, vir memoria noatra in diaciplina platonica celebratua. XYIII, 10, 3:
Calviaiua Tanrua philoaophua. Vgl. oben 346, 4. Zur Methodik aeinea ün-
terrichta vgl. Gell. I, 26, 1 f. II, 2, 1 ff. (ad philoa. T. Athenaa viaendi
eius gratia venerat vir clariaa.). VII, 13, 1 ff. X, 19. XVn, 8 u. 20. XVIII
10, 3 ff. XIX, 6, 2 f. XX, 4. Seine Schriften waren alle in griechiacher
Sprache.
3. lieber eine Bearbeitung der g^nealogiae dea Hyginua a. oben 257, 7.
4. Ueber die Chorographie aua Pliniua n. h. a. oben ^308, 7.
6. Caeliua Aurelianua aua Sicca in Numidien lebte zwischen Soranua
(oben 294, 8) und GaJenoa, da er Letzteren nie erwähnt, während Soranua
Bein Hauptgewähramann iat. Vgl. acut. 11, 1: Soranua, cuiua haee annt
quae latinizanda auacepimua. U, 28: cuiua yeriaaimaa apprehenaionea latino
aermone deacribere laboramua. chron. II, 7: Mnaaeaa et Soranua, cuiua
etiam noa amamus iudicium. Daa Werk Aber die acuten Krankheiten
(celerum oder acutarum paaaionum) beateht aua drei Büchern (Paria 1533
u. 1826), daa über die chronischen (tardarum oder chronicanun paaaionum)
aua fünf (Baail. 1529 fol. Aid. 1547). Beide zuaammen herauagegeben Lugd.
1566, beaaer Amatelaed. 1709. 4. (cur. J. C. Amman, mit Noten von y. AI-
meloveen) => Venet. 1757. 4. Lauaanne' 1774. Auch in den Sammelwerken der
medici yeterea. Vgl. V. Roaen , ein Bruchatück dea CA., im Hermea IV. S.
141—144. Bemerkens werth aind beide Werke durch die treue und lebendige
Schilderung der Krankheiten, sowie durch die manchfachen Anführungen
älterer Schriftsteller und ihrer Meinungen, das Latein als Probe der africa-
nischen Latinität. Cassiod. diy. script. inst. II, 31 empfiehlt ihn. Eine
Anzahl anderer Schriften des Aur. die er gelegentlich anführt (a. Ammana
Ausg. p. 710), wie muliebrium passionum libri, de pasaiohum cauaia u. a.,
aind yerloren gegangen. C. G. Kühn, de C. A. inter methodicoa medicoa
haud ignobili, Lips. 1816. 4. =* Opuac. acad. IL p. 1 ff. Chöulant, Bücher-
künde f. d. alt. Medicin S. 206—209.
6. Ueber die baaia capitolina, mit einer Widmungainschrift yerschie-
dener Regionen und zahlreicher yici Roms an Hadrian (auf dem Capitol)
8. Gruter p. 249 ff. E. Braun , Philologus Suppl. 11. S. 405 ff. H. Jordan,
über eine Untersuchung des sog. capitolinischen Stadtplanes, Monatsber. der
Berl.Akad. 1867, S. 526—548. A. Klügmann, Philologus XXVII. S. 474— 493.
•
331 349. Dichter von Namen hat Hadrians Zeit nicht aufzu-
weisen. Doch besang Annianus die Freuden des Lajidlebens
(Falisca) und verfasste Fescenninen. Ausserdem wurden latei-
348 f. CaeliuB Anrelianus. Annianas u. a. Dichter. 797
nische Verse gemacht von Hadrian selbst, von Annius Florus,
L. Aelius Verus, Voconius u. A. Dem spielenden Charakter
dieser Beschäftigung entsprach es dass jetzt Versarten wie der
iambische Dimeter beliebt wurden.
1. üeber Hadrians Gedichte s. oben 341, 3 u. 5; über Annius Florus
oben 336, 7; über Voconius oben 341, 5.
2. Spartiaff. Hadrian. 23, 11: adoptavit (J. 136?)' Ceionium Commodum
Verum invitis Omnibus eumque Aelium Verum Caesarem appellavit. Aelius
2, 6: hie . . primum L. Aurelius Verus est dictus, sed ab Hadriano adsci-
tns in Aeliorum familiam . . et appellatus est Caesar. 5, 1 f.: fnit . . eru-
ditus in litteris , . . eloquentiae celsioris, versu facilis. 4, 7 : cum de provin-
cia Aelips redisset atque orationem pulcherrimam, quae hodieque legitur,
sive per se seu per scriniorum aut dicendi magistros pararet, qua kalendis
lanuariis Hadriano patri gratias ageret, . . kalendis ipsis lanuariis (des
J. 891 =B 138) perit. Dieser L. Ceionius Commodus Verus Aelius (Helius)
Caesar ist Vater des L. Verus (unten 360, 1 u. 6).
3. Gell. VI, 7, 1: Annianus poeta praeter ingenii amoenitates lit-
terarum quoque vetemm et rationum in litteris oppido quam peritus fuit
et sermocinabatur mira quadäm et scita suavitate. ib. 3: se andiente Probum
grammaticum (oben 296) . . legisse dicit. Also war Ann. wohl nicht nach
J. 70 geboren. IX, 10, 1: Ann. poeta et pleriqne cum eo einsdem Musae
viri. XX, 8, 1: A. poeta in fundo suo quem in agro Falisco possidebat . .
me et quosdam item alios familiäres vocavit. Auson. cento nupt. (Idyll.
Xni) 8. f.: nam quid Anniani fescenninos? Lachmann ad Terent. Maur. p.
Xin— XV hält den A. für den poeta Faliscus welchem Terentian. v. 1816—1821
ludicra carmina zuschreibt, vgl. ib. 1998: talia docta Phalisca legimus.
Mar. Vict. p. 122, 12 E. (Gramm. VI): quod genus metri Annianus Faliscum
Carmen inscribii L. Müller, Rhein. Mus. XXV. S. 337 — 344 und an seiner
Ausg. des Rutil. Nam. p. 34 — 44.
4. Gellius XIX, 7, 1: in agro Vaticano lulius Paulus poeta, vir
bonus et rerum (vgl. XiH, 18, 2: morum) litterarumque vetemm iupense
doctus, herediolum tenue possidebat. eo saepe nos ad sese vocabat etc.
Vgl. ib. V, 4, 1 u. XVI, 10, 9 (I. P. poeta, vir memoria nostra doctissimus).
I, 22, 9 (homo in m. n. d.). Vielleicht (H. Meyer) identisch mit dem Paulus
welcher den Antipater und Afranius commentierte (oben 142, 6 E.). H. Peter,
bist. iatt. I. p. CCXXXI f.
6. Suid. V. MsaqiiiiSTig (H. p. 791 f. Beruh.): JTpr/ff, XvQiTiog, ysyovtag
ini zmv ^ASqiavov xQOvmVy dneXevd'BQog avxov ^ iv toig iidUaTCC (p^og.
yqdfpn ovv dg 'AvxCvoov ^naivov . . xal aXXa duitpoQa (isXt}. Capitolin.
Ant. Pi. 7, 7 f.: salaria multis subtrazit quos otiosos videbat accipere.
. . unde etiam Mesomedi lyrico salarium immin uit. Hieronym. ad a. Abr.
2160 SS 144 n. Chr.: Mesomedes Cretensis citharicorum carminum (in grie-
chischer Sprache) musicus poeta agnoscitur. Erhalten ist sein Hymnos auf
Nemesis.
798 Dio Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Antoninus Piua
2. Die Zeit der Antoniue, J. 138—180 u. Chr.
a) Antoninus Pius, J. 138 — 161 n. Chr.
332 350. An der Literatur hat Antoninus Pius (J. 86 — 161
n. Chr.) sich nicht persönlich betheiligt, aber durch seine muster-
hafte Regierung ihr Frieden, Raum und Stimmung gewährt.
Indessen war die geistige Fähigkeit der Nation so tief gesunken
dass ein Fronto jetzt das grosse Wort führte und nur auf den
Gebieten der Jurisprudenz und der Grammatik sich einiges Leben
zeigte. Die griechische Literatur aber hat in dieser Zeit neben
leeren Schönrednern und dem Periegeten Pausanias den geist-
reichen Schriftsteller Lukianos und den As^onomen Ptolemäus.
1. T. Aurelius Fulvus Boionius Arrius Antoninus, geb. den 19 Sept.
86, Cos. 120, Procos. in Asien wahrsch. 128, nach dem Tode des Vems
(A. 3) von Hadrian adoptiert 26 Febr. 138 als T. Aelius Hadrianus Anto-
ninus, Kaiser seit 10 Juli 138; stirbt 7 März 161. Consecrationsname diyns
Antoninus Pius, häufig abgekürzt d. A. oder d. P. Vgl. G. R. Sievers in
Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1192—1197 und in seinen Studien zur Gesch. d.
röm. Kaiser (Berlin 1870) S. 171—224. X. Bossart und Jak. Müller, Zur Ge-
schichte des K. A. P. , in M. Büdingers Untersuch, zur röm. Kaisergesch. ü.
(1868) S. 289—321.
2. Capitolin. Anton. Pi. 2, 1: fuit . . eloquentiae nitidae, litteraturae
praecipuae. 11, 3: rhetoribus et philosophis per omnes proyincias et hono-
rcs et salaria detnlit. Vgl. Modestin. Dig. XXVII, 1, 6 aus einer i^iatolf]
'AvzoivCvov tov Kvaeßovg: at (ihv iXättovg TrdAetff Svvavtai nivzB iatifovg
dzsXstg B%uv %al rgsCg aotpKPtoig aal yQafifiati'KOvg zovg Caovg (grössere 7
Aerzte, je 4 Lehrer^ die grössten 10 Aerzte und je 6 (rjxoQsg und ypa^-
yMzmol). (§. 7.) nsql dh zav cptXocoqxüv rj avzri Sueza^Lg zov Ulov ovz<o
Xeyei' tpilocotpcov Sh ov\ izdx^ d^id^ftog Std z6 anaviovg elvcu zovg
(piXoaoffovvzag. Capitol. Ant. Pi. 11, 3: orationee plerique alienas dixenmt
quae Bub eins nomine feruntur; Marius Maximus eins proprias fuisse dicit.
Erwähnung einer oratio des A. P. und des Veras (gratiaram actio) bei
Fronto ep. ad Caes. V, 38 f. Zwei Briefe des A. P. an Fronto in Naber's
Ausgabe von^ Front. Epist. p. 163 f. 167 f. Die von A. P. ausgegangenen
Rescripte sind zusammengestellt bei Hänel, Corpus legum p. 101 — 114.
3. Die zehn Bücher der Uegn^yriaig z^g *EXXdSog von Pausanias sind
in langen Zwischenräumen verfasst, B. I u. II noch unter Hadrian, abge-
schlossen nicht vor J. 185. Vgl. Hans Beichardt in Pauly's Keal-Enc. V.
S. 1258—1264.
4. üeber Lukianos aus Samosata (geb. ums J. 120) vgl. L. Preller in
Pauly's Real-Enc. IV. S. 1165 — 1181. Wissowa, zur innem Geschichte des
zweiten Jahrh. n. Chr. aus Lukian, Breslau 1848. 1853. 4. W. A. Passow,
Lukian und die Geschichte, Meiningen 1854. 24 S. 4.
5. Ueber den Astronomen, Mathematiker und Geographen Claudius
Ptolemaeus in Alexandria vgl. die Literaturübersicht von Bahr in Pauiy's
Real-Enc. VI, 1. S. 238—242, Nr. 51, sowie E. Schönfeld, ebd. 1, 1. S. 783—787.
350 f. Antoninus Pias. Fronto. 799
351. Die hervorragendste und bezeichnendste Gestalt der333
Zeit ist der Rhetor M. Cornelius Fronto aus Cirta (etwa 90 —
168 n. Chr.), schon unter Hadrian hochangesehen als Redner,
unter Antoninus Pius Lehrer des M. Aurelius und L. Verus,
Consul 143 n. Chr. Wir besitzen von ihm vorzugsweise den
grössten Theil seines Briefwechsels mit M. Aurelius als Thron-
folger und als Kaiser. Der Rhetor erscheint darin eitel, süss*"
lieh, verschroben, mit wenig Geist und viel Geschmacklosigkeit,
aber kenntnissreich, ein eifriger Verehrer der alten römischen
Literatur und eifrig bemüht für ihre Verbreitung, dabei ein
ehrenwerther CTiarakter, rechtlich und freimütig, seine einfluss-
reiche Stellung nie missbrauchend, ein treuer Gatte und Freund
und ein väterlicher Berather seiner Schüler, deren Dankbarkeit
in den nächsten Zeiten seinem Namen hellen Glanz verschafft hat.
1. Geburtstag des Fronto bald nach Neigahr; s. ep. ad Caes. V, 32
vgl. 30 f. u. p. 94 Naber. Cirtensis noster, Minne. Pel. Oct. 9; vgl. Fronto
p. 242: Aißvg z6v Aißvtov, auch p. 122. 200 f. Amtliche Laufbahn vor
dem Consnlat in der Inschrift bei Renier, Inscr. de TAlg. 2717: M. Cornelio
T. f. Quir. Frontoni ülvir. capital., Q. provinc. Sicil., Aedil. pl., Praetori,
municipes Calamensinm patrono. Das Patronat von Cirta lehnt er ab ep.
p. 200 f. Consul 143 ». 896 d. St. für die Monate Juli und August; s. ep.
ad Caes. II, 1. 7. 8. 10. p. 32. 34. 243, 1. 254 g. E. Auson. grat. act.
p. 290 f. Bip. Als Proconsul sollte er Asien verwalten (ad Caes. Y, 36. ad
Ant. Pi. 8), erhielt aber seiner Gesundheit wegen Befreiung Ton diesem
Posten (p. 169). Er erlebte noch die Regierung der divi fratres (J. 161—169)
und die Caesar:grurde des Commodns (Oct. 166; vgl. ep. p. 161 f.: maliui
mihi nummum Antonini aut Commodi aut Pii), nicht mehr aber, wie es
scheint, den Tod des L. Yerus (Jan. 169).
2. Persönliche Verhältnisse. Fronto p. 232: quinque amisi liberos; . .
quinqae omnes unumquemque semper unicum amisi. Zuletzt blieb ihm
nur eine Tochter, welche, wie ihre Mutter, Gratia hiess (Gr. maior und
minor, ad Caes. 11, 13. IV, 6. p. 36. 70) und sich mit C. Aufiditls Yictorinus
(s. unten 361, 2) vermählte. Diese hatte zwei Söhne, von denen der eine,
Yictorinus Fronto (Fr. p. 181 f.), bei dem Qrossvater Fr. erzogen wurde,
der andere dreijährig in Germanien starb. Ygl. Fjr. p. 137; in paucissimiR
mensibus et uxorem carissimam et nepotem trimulum amisi; p. 236: uxo-
rem amisi, nepotem in Germania amisi, . . Decimanum (einen Freund)
nostrum amisi (nach Anfang von J. 162; vgl. p. 94: incolumitate filiae,
nepotum). üeber seine eigene Gesundheit hat Fronto (bes. ad Caes. Y)
viel zu klagen. Fast keinen Eörpertheil gibt es der dem gichtbrüchigen
Manne (Gell, n, 26, 1. -XIX, 10, 1) nicht zu schafiPen machte; er klagt über
Schmerzen biachii, cubiti, umeri, genus, tali, cefvicum, inguinis und in-
guinum, digitorum in sinistro pede, plantae, manus dexterae, nervorum,
articulorum, membrorum omnium, oculorum, internati, über cholera, mor-
800 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Antoniuns Pius.
aas ventris cum proflavio, fauces miseras, taseis, schlechte Nächte u. 8. w.
Anwendung der Wassercur z. B. p. 169: victu tenui et aqua potanda malam
valetudinem . . mitigare. Besitz der Maecenatiani horti (p. 23). Urenkel
Leo, Apoll. Sid. ep. VIII, 3.
3. Persönlicher Charakter. Fronte p. 236 f. (nach dem Tode seines
Enkels): mors cum aderit . . quae mihi conscius sum protestabor: nihil in
longo yitae meae spatio a me admissum quod dedecori aut probro aut
flagitio foret; nullum in aetote agunda avarum, nullum perfidum facinus
meum eztitisse, contraque multa liberaliter, multa amice, multa fideliter,
multa constanter, saepe etiam cum periculo capitis consulta. cum fratre
optimo concordissime vixi. . . honores quos ipse . adeptus sum numquam
improbis rationibus concupivi. . . studia doctrinae rei Amiliari meae prae-
tuli (vgl. p. 135, 2: nostrae res haud copiosae; doch vgl. Grell. XIX, 10,
1 ff.). . . yerum dixi sedulo, verum audivi libenter. . . quod cuique potoi
pro copia commodavi. . . neque jne parum gratus quispiam repertus
segpüorem effecit ad beneficia quaecumque possem prompte impertienda.
Vgl. M. Aurel. epist. III, 17: a Marco Comelio meo, oratore maximo, homine
optimo. Die fast zärtliche Anhänglichkeit seiner Schüler an ihn, auch noch
auf dem Throne, ist das beste Zeugniss für Fronto; ebenso seine Briefe ad
amicos; vgl. p. 165: numquam^ ita animatus fui, Imp. (Ant. Fi.), ut coeptas
in rebus prosperis amicitias si quid adversi increpuisset desererem. In dem
liebenswürdigen Briefe über seinen Enkel p. 181 f. entwickelt der z&rÜiche
Qrossvater sogar Humor.
4. Fronto p. 244: ^^eoy xoxs iihv U^rpfoSotov tov aofpov, rote Se
Jiovvaiov (oben 346, 8) xov frjtOQog. p. 73: a meo magistro et parente
Athenodoto ad imagines quasdam rerum . . animo comprehendendas . . in-
stitutus sum. p. 154: mens magister Dionysius. Vgl. p. 169: Alezandriam
ad familiäres meos scripsi. Vielleicht studierte er dort, als Cirtensis. Die
LXIX, 18 (J. 136): KoQViqliog ^QOvrcaVj 6 ta ngata zmv tote *Pm(Mcüov iv
SUttig (psifoiisvos. Auch unter Antoninus Pius gerichtlicher Redner; ad Caes.
V, 27 (ad agendum ad forum ibam). 34 (in plurimis causis a me defensus).
p. 169 (duas amicorum causas . . tutatus sum) und p. 252 (vom J. 143): nee
tu consilium causarum agendarum dimiseris aut tecum simul omnia ora
«taceant. Als solche Gerichtsreden sind bekannt pro Bithynis (ad amic. I,
14 f. p. 183 f.), pro Ptolemaeensibus (Charis. p. 138, 11 K.), in Heroden
Atticum (ep. p. 111 g. E. »« 138, 3 vgl. p. 42 f.), pro Demonstrato Petiliano
(ep. p. 111 = 187), in Pelopem (Sidon. epist. VllI, 10: M. Fronto, cum re-
liquis orationibus emineret, in P. se sibi praetulit). Dazu politische, wie
ep. p. 25: divom Hadrianum . . laudavi in senatn saepenumero . . et sunt
orationes istae frequentes in omnium manibus, und die Dankrede für das
Consulat im Senat (p. 105 vgl. p. 163. 239), die gratiarum actio in senatu
pro Carthaginiensibus (p. 260 f.) u. a.
5. Verhältniss zu M. Aurelius und Verus. Capitolin. Antonin. phil. 2,
4 f.: oratoribus usus est graecis Aninio Macro, Caninio Celere, et Herode
Attioo; latino Frontone 'Comelio (vgl. Dio LXXI, 35). sed nudtum ex bis
Frontoni detulit, cui et statuam in senatu petit. Eutrop. VIII, 12: latinas
litteras eum Fronto, orator nobilissimus, docuit. Hieronym. ad a. Abr.
361. Fronto. 801
2180 =s 164 n. Ohr. (vgl. dagegen A. 1): Fronto orator insignis habetur,
qni M. Antoninmn Verum latiniB litteris erudivit. Orelli 1176 aus Pisaurnm:
M. Comeli Frontouis oratoris, consulis, magidtri imperatorum Luci et
Antonini. Ueberschwänglich ist in den Briefen die Bewunderung unä
Zärtlichkeit des M. Aurel gegen seinen Lehrer (z. B. I, 2. II, 2 f. in,
17 ff.), sowie die Liebe des Letzteren zu seinem Schüler (z. B. p. 50: quid
est mihi osculo tuo snavius? ille mihi Buavis odor etc. 74, 1 f.: si quando
te . . Video in somnis numqbam est quin amplectar et exosculer), die sich
öfters in Schmeicheleien ergiesst, obwohl er ihm gelegentlich auch die
Wahrheit sagt (besonders p. 74, 7 ff. vgl. p. 64 f. 66. 96 ff.). Und wie der
Schüler, namentlich seit er Kaiser geworden, sich von der Rhetorik ab und
der Philosophie zuwendet, versucht Fronto alle Tonarten, von der Wehmut
bis zur Bitterkeit, um ihn von dieser vermeintlichen Verirrung zurückzu-
bringen. Vgl. p. 142. 144—146. 148. 153 f. 161. So p. 160: tu mihi vifere
. . laboris taedio defessus eloquentiae studium reliquisse, ad philosophiam
devertisse, ubi nullum prooemium cum cura excolendum, nuUa narratio
breviter et dilucide . . coUocanda, nullae quaestiones partiendae, nuUa argu-
menta quaerenda, nihil exaggerandum etc. Fast komisch wirkt es wie er
weiterhin dieses verlassene Paradies ihm ausmalt. Sehr ernsthaft aber p. 155:
fateor . . unam solam posse causam incidere qua causa claudat aliquantum
amor erga te mens, — si eloquentiam neglegas. Etwas boshaft schreibt er
ihm p. 227: Chrysippum tuum, quem quotidie ferunt madescere solitum;
noch stärker an seinen Schwiegersohn: non sine metu fui ne quid philo-
Bophia perversi suaderet (dem M. Aurel). Der Schüler bekennt als Kaiser
{etg savt. I, 11) von Fronto gelernt zu haben ro iniat^aai ola ^ xvQawinri
ßaatiavia xal noiTiiXia xal vnoHQiais )cal ort mg ininav ot naXaviisvoi ovtol
Tcaff riiiiv svnccTQLSat aaxoqyoz^qoC nong ilal. Vgl. an Fronto III, 12 (p» 49):
me felicem nuncupo . . quod verum dicere ex te disco.
6. Die Lieblingsschriftsteller des Fronto, deren Studium er auch seinen
Schülern dringend empfahl, waren Plautus, Ennius, Gato, Gracchus, Lucre-
tius, LaberiuB, Sallustius; vgl. p. 62. ad Caes. II, 3 f. 13 f. ÜI, 11. 18. IV, 5
u. sonst. Terenz und Vergil werden bei ihm nicht erwähnt; doch finden
sich Anklänge an Vergil , Horaz (Hertz , Renaissance S. 47 f. A; 76) und Ta-
cituB (ep. p. 144 =s Hiflt. IV, 6). Eine entschiedene Antipathie hegt er gegen
Seneca, als Philosophen und als seinen stilistischen Gegenfilssler ; s. oben
293, 1. Ironisch p. 224: ut homo ego multum^ facundus et Senecae Annaei
sectator. Den Cicero rühmt er manchmal, namentlich wo ihm gegen Ver-
ächter der Beredtsamkeit dessen Ansehen willkommen ist, wie p. 145 (tri-
bunalia Catonis et Gracchi et Ciceronis orationibus celebrata). Vgl. p. 125
u. 184, 2 f. (ut aestimes nostrum mediocre ingenium quantum ab illo eximiae
eloquentiae viro abfuat). Die Briefe Ciceros zieht er dessen Reden vor; s.
oben 180, 1. Auch behauptet er (p. 63): eins scripta omnia studiosissime
lectitavi. Oefters aber hat tullianus bei Fronto eine halb geringschätzige
Färbung; vgl. p. 23. 25. 76 (oratiunculae). 98 (sententiae). Auseinander-
setzung mit der Schreibweise Cicero^s p. 63 f., z. B.: mihi videtur»a quae-
rcndis scrupulosius verbis procul afuisse, vel magnitudine animi v^ fnga
laboris vel fiducia. . . itaque . . in omnibus eins orationibus pauoissima ad-
TxtTFMsz., Böm. Literaturgeschichte. 2. Aufl, 51
802 Die Eaiserzdit. Zweites Jahrhnnclert. Antoninns Pins.
modom reperias insperata atqne inopinaia verba, qnae nonnisi com studio
atqne cura atqne vigilia atqne mnlta vetenim carminnm memoria indagan-
tur (was Fronto's Stärke nnd Fehler ist). Doch erkennt er dabei an: mnlto
satins est volgaribus et nsitatis quam remotis et reqnisitis uti, si parom
, significet (p. 63 f. vgl. III, 1. p. 40. 161 f.).
7. Erhaltene Schriften. Briefwechsel mit M. Anrel als Thronfolger (M.
Caesar) 5 Bücher und als Kaiser (Antoninus Augustus), ursprünglich wohl
gleichfalls 5 Bücher (ad Marcum invicem lY, Charis. p. 197. Vgl. p. 223,
8 f. E. ; ad Antoninum quinto, ib. p. 223, 27 f.), wovon aber kaum zwei auf
uns gekommen sind. Femer (p. 113 — 138 N.) ad Verum Imp. Aurelium
Caesarem zwei Bücher, worin besonders ausführlich II, 1 der ekstatische
Preis einer epistula des Verus. Dazu Briefwechsel mit Antoninus Pius (p.
163 — 171) und zwei Bücher ad amicos (p. 172 — 201), auch Briefe in grie-
chischer Sprache (p. 174. 239 — 251). Gleichfalls an M. Aurelius gerichtet
sind die Abhandlungen de eloqnentia, deren Werth im Vergleich mit der
Philosophie (p. 139 — 148), und de orationibus (p. 155 — 162), sowie die Zu-
schrift de hello parthico (p. 217 — 222) und die Principia historiae betitelte
(p. 202—210 N.), welche die militärische Thätigkeit des Verus (d. h. seines
Unterfeldherm, des Avidius Cassius) im Orient panegyrisch behandelt.
Dem M. Aurel als Caesar gewidmet sind die facetiarum et voluptatis causa
(p. 212 vgl. p. 228, 2) geschriebenen laudes fumi et pulveris und laudes
neglegentiae (p. 211 — 216); ihm als Kaiser die Briefe de feriis alsiensibus
(p. 223 — 231), eine heitere Aufforderung die Ferien zur Erholung zu benützen;
femer des Kaisers Trostschreiben an Fronto wegen des Tods seines Enkels
und Fronto's Antwort darauf (p. 231—236). Auch der i^atmos (p. 255 —
259), ein Gegenstück zu den beiden in Piatons Phaedrus, ist eingeleitet
durch Briefe des M. Caesar aus Fronto*s Consulatsjahr. Einen rhetorischen
Zweck hat auch die Erzählung von Arion (p. 237 f.). Endlich trägt den
Namen des Fr. ein geringhaltiges grammatisches Sohrifbchen, de differentiis
vocabulorum (bei Gothofredus p. 1327—1835, Putsche p. 2191— -2203; auch
in Mai^s und Niebuhrs Ausgg. d. Fr.), welches höchstens durch Benützung
der Schriften des Fr. Anspruch auf jenen Namen haben kann. Anderes s.
unten bei Messius.
8. Üeber die Abfassungszeit der Briefe vgl. Nabers Ausg. p. XX — XXX.
Das zweite Buch ad Caes. ist aus dem Consulat Fronto's; das erste zeigt
den Caesar als 22 jährig (p. 23, 3), das vierte als 25 Jahre alt (p. 75 g. E.).
Der Inhalt ist, als Correspondenz zwischen einem Lehrer der Biietorik und
seinem Schüler, für die Zeitgeschichte wenig fruchtbar, vielmehr oft klein-
lich, einförmig und sich wiederholend (p. 111 »- 137 f.; p. 135 »■ 176, 1 f.;
p. 149 B» 159), aber dabei doch lehrreich und in seiner Art anziehend.
Die Mischung von Griechisch und Latein geht bis ins Maccaronische (in
hac eUove III, 8. p. 47, 1). Aber zugleich verfolgt den Fronto auch in
die Briefe hinein seine Manier, die gewundene, tändelnde Sprache mit
eingesprengten alterthümlichen und seltsamen Worten (z. B. fraglo), und
das Schulmeistern kann er nicht lassen weder nachdem sein Zögling den
Thron bestiegen noch in eigenem Schmerze (de nepote amisso p. 233, 7 ff. :
fata a fando appellata aiunt: hoccine est recte fari?). Noch unmittelbarere
361 f. Fronto u. a. Rhetoren. 803
Proben der dlocntio noyella (p. 153), der ornatae et pompaticae orationes
(p. 66, 1) mit ilirem mühseligen (ad Caea. II, 1) Anputz sind die rhetori-
schen Abhandlungen; die von geechichtlichem Inhalte zugleich Muster der
schlimmen Art von Geschichtsbehandlung welche den geschichtlichen Stoff
lediglich als Mittel für rhetorische Zwecke verwendet. Sehr unrichtig ist
daher jedenfalls das Urteil von Eumenius (paneg. Constant. 14, 2): Fronto
romanae eloquentiae non secundnm , sed alterum decus. In ähnlicher Weise,
voll pedantischer Gelehrsamkeit, waren auch die mündlichen Erörterungen
Fronto's und seiner damaligen Fachgenossen gehalten, nach den Proben
bei Gellius U, 26. XIII, 29. XIX, 8. 10. 13. Keine der Abhandlungen weist
über das J. 160 zurück.
9. Schriften des Fronto (abgesehen von der de differentiis) kennen wir
erst durch Ang. Mai, der den einen Theil zu Mailand in der Ambrosiana,
den andern zu Rom in der Vaticana in einer rescribierten Handschrift aus
dem Kloster Bobbio auffand und herausgab (Mediolan. 1816 und Rom 1823
u. 1846). Die ursprüngliche Schrift ist aus saec. VI, die Erhaltung aber
sehr trümmerhafb. Abdruck der Mailänder Ausg. Frankfurt 1816, besser
durch Niebuhr (mit Beiträgen von Buttmann und Heindorf) BeroHni 1816.
Nach einer Nachvergleichung von du Rieu recensuit S. A. Naber, Lips.
(Teubner) 1867. XXXVI u. 296 pp.
10. Beiträge zur Textkritik von L. Schopen (Bonn 1830. 1841. 4.), H. Alan
(Dublin 1841), J. Mähly (Philologus XVII. S. 176—178. XIX. S. 169 — 161),
M.Haupt (de emendatione librorum Fr., Berlin 1867. 4.), R. Ellis (Journal of
philology I, London 1868, p. 16 ff.), A. Eussner (Rhein. Mus. XXV. p. 641
— 547), R. Klussmann (Eqiendat. fronton., Götting. 1871. 30 pp.).
11. Frdr. Roth, Bemerkungen über die Schriften des M. Corn. Fronto
und über das Zeitalter der Antonine, Nürnberg (1817.) 24 S. 4. =» Samm-
lung etlicher Vorträge (Frankfurt 1861) Nr. 3. Niebuhr, kleine Schriften II.
S. 62 ff. F. A. Eckstein in Ersch und Gruber Enc. I, 51. S. 442 — 446.
M. Hertz, Renaissance u. s. w. S. 26 — 29.
A. Philibert Soup^/ de Fr. reliquiis, Amiens 1853. H. E. Dirksen,
Beitrag zur Auslegung einiger Stellen des Fr., hinterlassene Schriften I.
S. 243 — 253.
12. Firmic. Mat. math. IL praef. (p. 16 ed. 1561): Antiscia Hipparchi
secutus est Fronto, quae nullam vim habent nullamque substantiam. et
sunt quidem in Frontone pronuntiationis atque apotelesmatum verae sen-
tentiae, antisciorum vero inefficaz studium; quod quidem secutus est quia
rationem veram non fuerat assecutus. . . apotelesmata et Fronto verissime
scripsit, quae Graecorum libris ac monumentis abundantissime continentur.
Was für einen Fronto hier Firm, meint ist unbekannt; vielleicht den Stoiker
(oben 324, 3).
362. Mit Fronto befreundet waren die Fachgenossen Favo-334
rinus, Herodes Atticus, sowie der Geschichtschreiber Appianos,
welche aber, wie auch Arrianus, sämmtlich nur in griechischer
Sprache schrieben. Als Gerichtsredner kennen wir L. Fabius
Severus aus Tergeste.
61*
804 Die Eaiserzeii Zweites Jahrhundert Antoninus Pins.
1. G^ellios II, 26, 1: Favoriniu philosophas cam ad M. Frontonem
consülarem, pedibns aegmm, visnin iret etc. Fronto p. 216 N.: FaTorinus
noster. Vgl. oben 346, 5.
2. Zwischen den beiden Prinzenlehrem und Rhetoren (s. 351, 6) FroDto
und Herodes Atticus fehlte es zwar nicht an Beibungen, wie es scheint
mehr durch Schuld des Letzteren (vgl. 351, 4), und M. Aurel hatte zwischen
beiden zu vermitteln (Fronto p. 60 f.). Doch stellte sich schliesslich für
die Dauer ein gutes Einvernehmen her. Fronto p. 111 u. 138: fieri ami-
cissimum, tarn hercule quam est Herodes summus nunc mens, quamquam
extet oratio (gegen ihn). Vgl. über diesen Ti. Claudius Atticus Hät^odes
aus Marathon (J. 101 — 177 n. Chr.) PhUostr. vit. soph. II, 1 und E. Keil
in Pauly's Beal-Enc. I, 2. S. 2096 — 2104. G. F. Hertzberg, Gesch. Griechenl.
IL S. 374—409. H. K&mmel in Jahns Jahrbb. 102, S. 1—24. Vgl. unten 354, 6.
3. üeber Appianus aus Alezandria s. A. Westermann in Pauly's Beal-
Enc. I, 2. S. 1340 — 1345. Schreiben desselben an Fronto, worin er ihm
zwei äxlaven als Geschenk anbietet, und ablehnende Antwort des Fronto
p. 244—251 Naber.
4. Hieronym. ad a. Abr. 2163 ». 147 n. Chr.: Arrianus philosophus
(und Historiker) Nicomedensis agnoscitur et Maximus Tyrius. Arrianos
war J. 131 Statthalter von Eappadokien. Vgl. Westermann in PaAily's
Real-Enc. I, 2. S. 1762 — 1767. Gleichzeitig ist auch der Traumdeuter
Artemidoros 6 JalSvavog (Westermann ebd. S. 1790 f. Nr. 2).
5. In lateinischer Sprache ist aus dieser Zeit insohriftlich erhalten
die Grabrede auf Murdia L. f. mater bei Orelli 4S60; vgl. oben 79, 6.
6. Ueber den quaestor urbanus L. Fabius Severus, Sohn des Fabius
Veras in Tergeste (Triest), s. das Ehrendecret bei Orelli-Henzen 7168, worin
z. B.: ut qui a prima sua statim aetate id egerit uti . . et dignitate et
eloquentia cresceret. nam ita multas et magnificas causas publicas apud
Optimum principem Antoninum Aug. Pium adseruisse, egisse, vicisse . . ut
quamvis admodum adulescens senilibus tamen et perfectis operibus et
factis patriam suam obstrinxerit. . . civilia studia, quae in eo quamvis
admodum iuvene iam sint peracta adque perfecta etc. . . causis publicis
patrocinando, quas . . sua eximia ac prudentissima oratione semper nobis
cum victoria firmiores remisit.
335 353. Die Gelehrsamkeit und Grammatik war in dieser Zeit
populär: überall ^ auf Markt und Strasse und in öffentlichen Ge-
bäuden wie in Privatwohnungen^ bei Mahlen wie bei Kranken-
besuchen; wurden vor einem aufmerksamen Hörerkreise gelehrte
Fragen erörtert; auch in schriftlichen Anfragen und Antworten
in der Weise der Juristen. Der angesehenste Vertreter dieser
Richtung ist C. Sulpicius Apollinaris aus Karthago^ der Leh-
rer des Gellius, sowie des Pertinat, Verfasser von quaestiones
epistolicae und metrischen Inhaltsangaben zu Plautus^ Terenz
352 f. Bhetoren und Grammatiker: Sulpicius Apollinaris. 805
und der Aeneis. Neben ihm ist besonders Arruntius Celsus zu
nennen, welcher gleichfalls sich der Erforschung der alten Lite-
ratur widmete.
1. Zur Charakteristik. Gellius XX, 10, 2: rem doceo grammaticam;
. . si quid igitur ex Yergilio, Plauto, Eanio quaerere habes, quaeras licet*.
XIX, 13, 1: stabant forte una in vestibulo palatii fabulantes Fronte Cor-
nelias et Festus Fostumias (unten 360, 1) et Apollinaris Sulpicius, atque
cgo ibi adsistens cum quibusdam aliis sermones eorum quos de litterarum
disciplinis habebant curiosius captabam. XVIII, 4, 1: in Sandaliario forte
apud librarioB fuimus, cum ibi in multorum hominum coetu Apollinaris
Sulpicius iactatorem quempiam Sallustianae lectionis inr^sit inlusitque.
XIII, 20, 1: cum in domus Tiberianae bybliotheca sederemus . . prolatus
forte liber est etc. tum quaeri coeptüm est etc. XIX, 10, 1 ff. : memini
me quondam et Celsinnm lulium Numidam (vgl. ib. 7, 2) ad Frontonem
Comelium, pedes tunc graviter aegrum, ire et visere. . . offendimus eum
cubantem . . circumundique sedentibus multis doctrina aut genere aut
fortuna nobilibus viris. Aus Anlass eines Eostenüberschlags ffir ein Bad
entspinnt sich eine Erörterung über den Ausdruck praeterpropter.
2. Gell. 17, 17, 11: equidem memini Sulpicium Apollinarem,
yirum praestanti litterarum scientia, . . dicere. XU, 13, 1 : Sulpicium Ap.,
doctum hominem. XIII, 18, 2 f.: ad S. A., hominem memoriae nostrae
doctissimum, . . nam id tempus ego adulescens Bomae sectabar eum dis-
cendi gratiä. ib. 20, 6: Apollinaris, ut mos eins in reprehendendo fuit,
placide admodum leniterque. XYI, 5, 5: Sulpicium Ap. memini dicere,
virum eleganti scientia ohiatum. XVIII, 4, 1: A. S., vir in memoria nostra
praeter alios ctoctus. üeber des Gellius Verhältniss zu ihm s. d.; f um J. 160,
da Pertinax (s. d.) sein Nachfolger wurde (Capitolin. Pert. 1, 4). Gellius
XV, 5, 3: Sulpicius Ap. in quadam epistula scriptum reliquit. Vgl. ib. XIII,
18, 3. In diesen quaestiones epistolicae war namentlich auch Vergil be-
rücksichtigt (vgl. Gell. II, 16, 8 ff.), von dessen Aeneis vielleicht er selbst
eine Ausgabe veranstaltete und für diese die drei Disticha bei Sueton. p. 63
, Rffsch. (de qua re Sulpicii Carthaginiensis extant . . versus) verfasste, sowie
die Inhaltsangaben zu den 12 Büchern je in 6 Hexametern und je mit dem
Anfangsvers des betr. Buches beginnend, in Riese's anthol. lat. 663. und
da er auch zu den terenzischen Stücken Inhaltsangaben in je 12 Senaren
verfdsste (sie haben im Bemb. je die Ueberschrift: C. Sulpici Apollinaris
periocha), so ist sehr wahrscheinlich die Vermutung von Bitschi (Trin. ed.
I. p. CCCXVIII) dass die zu den plautinischen in je 15 Senaren (oben 98, 2)
gleichfalls von ihm herrühren. Gräfenhan, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1847,
S. 19 f. Ribbeck, prolegg. in Vergil. p. 173 f.
3. Ammtius Celsus (Charis. p. 213, 18. 222, 6 u. 30 E.), ein Gramma-
tiker der schon von Julius Romanus benützt war und dessen kurze Er-
läuterungen zu einzelnen Ausdrücken bei Plautus und Terenz sowie in
Aen. XI bei Charisius, Donatus (ad Phorm. I, 2, 32) und Priscian öfters
angeführt werden (meist unter dem Namen Celsus, seltener Arruntius).
Förmliche Commentare zu jenen Dichtern scheint er aber nicht verfaast
zu haben. Ritschl Parerga p. 367—370. Ribbeck prolegg. p. 26 f.
806 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Antoninas Pins.
4. Jul. Capit. y. Antonin. philos. 2, 3: usus . . grammaticis . . latinls
Trosio Apro et Polione et Eutychio Proculo Siccensi.
5. Ein gelehrter Dilettant war Emcius Claras, qui praef. urbi et bis
consul fuit, vir morum et litterarum veterum stndiosissimus , Gell. XIII,
18,. 2 und 3 (vir eruditus), vgl. VII, 6, 12. Er ist wohl der Sex. Erucius,
Sohn des Redners Erucius Clarus -unter Trajan (oben 336, 4), welchem
iuvenis probissimus der jüngere Plinius die Quaestur und das Volks tribunat
verschaffte (Plin. Epist. II, 9) und welcher J. 146 n. Chr. cos. II war, praef.
urbi aber nach J. 138; Steup, de Prob. p. 74 — 77. Vgl. noch Fronto p.
166 N. Dio LXVIII, 30.
6. Gellius II, 3, 6: venit nobis in memoriam Fidum Optatum, multi
nominis Romae grammaticum, ostendisse mihi librum etc.
7. Capitol. Pert. 12, 7: adhibebat (cenis) . . Valerianum, qui cum
eo docuerat, ut fabulas litteratas haberet.
. 8. Aus dieser Zeit ist (nach Mommsen und Bücheier) der Aurunker
Fusius'Philocalus, magister ludi litterari, summa quem castitate in disci-
pulos suos, idemque testamenta scripsit cum fide, nach seiner Inschrift im
Hermes I. p. 148 *» Bücheier, Greifswalder Sonunerkat. 1870, p. 19 f. Da-
gegen H. Nissen: den Philoc. über die erste Eaiserzeit hinaus zu rücken
verbietet die Paläographie der Inschrift und die Technik des Denkmals.
9. Ungenannte Grammatiker und Gelehrte der Zeit bei Gellius z. B.
XIX, 10, 7 (grammaticum haud incelebri nomine Romae docentem). 13, 4
(grammatico cuipiam latino, Frontonis familiär!) . V, 4, 2 (grammaticus
quispiam de nobilioribus). XIV, 6, 1 (duos grammaticos non paryi in urbe
Roma nominis). Vgl. I, 7, 4 (amicus noster, homo lectione multa exer-
citus, cui pleraque omnia veterum litterarum quaesita . . erant). V, 21
(vir adprime doctus, mens amicus). X, 1, 1 — 8. XFV, 6, 1. XX, 10, 2 (ro-
gavi Romae grammaticum, celebri hominem fama et multo nomine).
336 354. Die Philosophie, insbesondere der Stoicismus, hatte
zwar nicht so zahlreiche Bekenner wie die Rhetorik, doch wuchs
deren Bedeutung seitdem der junge Thronfolger dafür eine Leiden-
schaft bekundete. Originalität besass keiner dieser Philosophen,
ehrenwerthen Charakter aber Junius Busticus. Auch das Christen-
thum hatte schon jetzt, wenigstens im Osten, dogmatische Ver-
fechter.
1. Ueber die verhältnissmässige Seltenheit der q>iXocoq>ovvrfg s. oben
360, 2.
2. Capitol. M. Ant. philos. 2, 6 ff.: philosophiae operam vehementer dedit,
et quidem adhuc puer. . . usus est etiam Commodi magistro, . . Apollonio
Chalcedonio stoico philosopho (vgl. ad Front. V, 36: ApoUonius magister
mens philosophiae). 3, 2 f.: audivit et Sextum Ghaeronensem Plutarchi
nepotem (vgl. oben 848, 1. Dio LXXI, 1. Philostr. vit. soph. II, 1, 9),
lunium Rusticum, Claudium Maximum (s. A. 4) et Cinnam Catulum, stoicos.
353 f. Grammatiker und Philosophen. 807
peripateticae vero Btudiosum audivit Claudium Severum. Dio LXXI, 35:
StSaayuüXovg slx8 tmv i% (piXoaotplctg loymv xov xs ^Povaxinov xov 'lovviov xcct
'Jnollca'veov xov Nt%ofir}Siay xovg Zr^voiveiovg Xoyovg (leXsxmvxag. Hieronym.
ad a. Abr. 2165 »: 149 n. Chr.: Apollonios stoicus natione Chalcidicus et
Basilides Scythopolitanus philosophi inlustrea habentur, qui Yerissimi quoque
Gaesaris praeceptores faemnt. M. Anrelius selbst nennt (eCg iavx. l, 6 ff.)
als Solche die auf seine philosophische Bichtnng Einfluss hatten: Jioyvrixog,
'AnolXmfiog^ Si^xog, 'AXs^avSQog 6 nXax(ovi.%6g^ KdxavXog. Fronte p. 115,
6 ff.: quid nostra memoria Euphrates, Dio, Timocrates, Athenodotus? quid
herum magister Musonius?
3. Capitol. 1. 1. (s. A. 2): luniutn Rusticum . . et reveritus est et
sectatus, qui domi militiaeque poUebat, stoicae disciplinae peritissimum,
cum quo omnia communicavit publica privataque . consilia, . . quem et
consulem iterum designayit (II J. 162 n. Chr.), cui post obitum a senatu
statuas postulayit. Dig. XLIX, 1, 1, 3 aus einem rescriptum divorum fra-
trum: . . ad lunium Rusticum amicum nostrum, praef. urbi. M. Aurel. stg
iavx. I, 7: naga ^PovaxCnov . . x6 {li} inxQanijvai slg. tv^ov aofpi^axLKOv . .
xal x6 dnoaxrjvac (rjxoQi%^g xal 7C0irixi%7Jg xal daxBioloyüxg . . xal x6
dnQißcig dvayiyv(6c%eiv . . Hol x6 Ivxvxsiv xotg 'Eni^xrjxsCoig vnoiivrJiiciaLv,
&v otHod'sv fiixiSoütiBv, Themist. or.XIII. XVII. Orelli 1190 (L. lunius Rusticus
philosophus stoicus). Vielleicht aber ist er der Q. lun. Rust., Consul (unter
AntoninuB Pius) mit Q. Flavius Tertullus (Gruter p. 131, 3). Vgl. oben 314, 6.
4. Der Stoiker Claudius Maximus (A. 2) ist wohl der Md^iiiog
welchen M. Aurel sCg iavx. I, 15 {naqdyilriaig Ma^ifiov x6 Tt^axstv savxov)
als für seine Bildung einflussreich und VIU, 25 als längst (vor seiner Gattin
Secunda) gestorben erwähnt. Er ist daher wohl auch der Claudius Maximus
vor welchem, als Proconsul in Africa (um 150), Apulejus der Zauberei
angeklagt war. Vgl. dessen apol. 19 (virum tam austerae sectae tamque
diutinae militiae). 25 (vir severus). 36 (pro tua eruditione legisti profecto
Aristotelis . . multüuga volumina etc.). 48 (doctrinae tuae congruens; vgl.
ib. 91). 64 (seit me vera dicere Maximus, qui . . legit in Phaedro
diligenter etc.).
5. Gellius Xin, 8, 4 : Macedo philosophus , vir bonus, familiaris meu»,
. . censebat. Ueber lulius Aquilinus s. unten 361, 9.
6. Hieronym. ad a. Abr. 2192 = 176 n. Chr.: Atticus platonicae sectae
philosophus agnoscitur (vielmehr sein Todesjahr, s. oben 352, 2).
7. M. Aurel. Vni, 25: Sgiiisig fthv Xdga^ aal Jrjfirix^iog 6 TlXaxio-
vmog xal 8^ xig xoiovxog, ndvxa iq>rj(isifa, xs&vrjitoxa ndXai.
8. Hieronym. ad a. Abr. 2157 ^^ 141 n. Chr.: lustinus philosophus
librum pro nostra reügione scriptum Antonino tradidit. 2170 sa 154 n. Chr. :
Crescens cynicus agnoscitur, qui lustino nostri dog^atis philosopho . .
persecutionem suscitavit.
9. Der Freund des Lukian und Epikureer KiXaog^ welcher gegen die
Magie geschrieben hatte und welchem Lukian seinen 'AXi^avS^og widmete
(c. 1. 21. 61), wird von den Scholien zu Alex. 1 mit dem kenntnissreichen
und scharfsinnigen Gegner des Christenthums identificiert gegen welchen
#•
808 P'ie Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Antoninus Piua.
Origencs seine ncht Bücher contra Celsnm schrieh und über welchen b. F.
C. Baur, Eirchengcschichte der drei ersten Jahrh. ' S. 882—409.
337 355. Für den Betrieb der Geschichte war wenig günstig
die Herrschaft der rhetorischen Phrase und die Windstille der
Zeit. Vielleicht verfasste damals L. Ampelius seinen liber memo-
rialis; ein magerer Abriss des Wissenswürdigsten aus der Astro-
nomie, Geographie und besonders Geschichte. Auch der Abriss
der romischen Geschichte aus der Zeit der Republik, mit grosser
Vorliebe für Märchen und Wunder, welcher den Namen des
Granius Licinianus trägt, ist, mindestens in der Gestall welche
die auf uns gekommenen Ueberreste darbieten, in diese Zeit
zu setzen.
1. Der liber memorialis (50 Capitel) ist einem Macrinus gewidmet
(Macrino suo), der nicht näher bezeichnet wird. Wäre es derjenige welcher
vom April 217 bis Juni lS18 Kaiser war und am 8 Juni 218 n. Chr. 54
(oder 52) J. alt erschlagen wurde, so wäre die Abfassung des Schriflchens
ans Ende des Jahrh. zu rücken. Doch ist der Name Macrinus häufig genug.
Andererseits ist der späteste in dem Schriftchen erwähnte Name der des
Trajanus (47, 7: fortuna Traiani principis; vgl. 23: Caesar Dacicus),
bei den Partherkämpfen (c. 31) von denen des L. Verus nicht die Rede.
Wohl aber ist neben Nepos und der Quelle des liber de viris illustribus
(und für die ersten Capp. Nigidius Figulus) besonders Florus benützt. Selt-
sam spricht sich das Schriftchen über die rOmische Verfassung aus. c. 29
u. 18 extr.: ex eo (August) perpetua Caesarum dictatura dominatur. c. 30
wird sie, wohl durch Ausschreiben einer republikanischen Quelle, für eine
gemischte erklärt: nam et regiam potestatem consules habent et penes se-
natum consilii publici summa est et plobs habet suffragiorum potestatem.
Auch die ausgedehnte Berücksichtigung des Orient spricht für nichtitalischen
Ursprung des Verfassers. In späteren Jahrhunderten (bes. im cod. Theo-
dos.) ist der Name Ampelius häufiger. %
2. Erste Ausgabe des Ampelius von Claudius Salmasius, Lugd. Bat.
1638 (hinter Florus) nach einem jetzt verschollenen codex lureti; dann in
den Ausgaben des Florus von Düker u. A. Selbständig von C. H. Tzschucke
(cum notis, Lips. 1793), F. A. Beck (mit Comm., Leipzig 1826) ; von E. WölflF-
•
lin (Lips. Teubner 1854) hinter Halms Florus, nach des Salmasius Ab-
schrift jenes codex.
3. C. E. Gläser, üb. das Zeitalter d. Amp., Rhein. Mus. II (1843)
S. 145 f. E. Wölfflin, de L. Amp. libro mem. quaestiones criticae et histo-
ricae, Gotting. 1854. 50 pp. F. Bücheier, Rhein. Mns. XIII. S. 179 if.
n. Jacob, quaestiones Amp., Clevo 1860. 4. (p. 18 — 25). Beiträge zur Text-
kritik von L. Urlichs (Rhein. Mus. XVII. S. 632 — 637), M. Zink (Eos U.
S. 317—328), A. Eussner (Spec. crit., Würzburg 1868, p. 37—42).
4. Macrob. I, 16, 30: apud Granium Licinianum libro secundo.
Serv. Aen. I, 737: Granius Licinianus coenae suae (V?). Solin. polyh.
11, 12 (p. 37, 12 M.): Liciniano placet. Vgl. oben 196, 15.
355. Gescliiclite: Ampeüns. Granius Licinianus. 809
5. J. 1863—1855 fand P. de Lagarde (Bötticher; vgl. Philologuß IX.
S. 394 f.) und dann G. H. Pertz zu London im British Museum den Licinia-
nus in einem aus Aegypten stammenden codex ter scriptus (zu oberst eine
syrische Uebersetzung von Chrysostomus^ Homilien, darunter ein lat. .Gram-
matiker, zu Unterst Licinianus), aus 13 Pergamentblättem, welcher 1856 von
dem Sohne C. A. F. Pertz näher untersucht und daraus Berol. 1857. 4.
herausgegeben wurde: Gai Grani Liciniani annalium quae supersunt etc.
Doch beruht der Vorname auf völlig unsicherer Lesung. Die Ueberreste sind
aus B. XXVI, XXVni und XXXVI und beziehen sich auf Ereignisse der J. 591
und 676 d. St. Die Anlage ist annalistisch. Wahr- und Wunderzeichen, '
Anekdoten und Curiositäten sind mit Umständlichkeit behandelt, auch wird
ausführlich gegen Sallusts Weise polemisiert (s. oben 204, 3). Die Er-
zählung scheint sich (etwa in 40 Büchern) über Caesars Tod nicht hinaus-
erstreckt zu haben; doch wird das von Hadrian vollendete Olympieion zu
Athen erwähnt (p. 8 f. Bonn.: aedes Olympii lovis Atheniensis diu im-
perfecta permanserat). Diese Thatsache, sowie die eingehende Beschäftigung
mit Sallust bei ausdrücklicher Unterscheidung von dessen Zeit (tempo^a
reprehendit sua), und die Alterthümelei (Ariobardianen, Archelauo), passt
am ehesten für das Zeitalter der Antonine. Weiter herabzugehen missräth
die Anführung durch Solinus oder dessen Quelle^ die chorographia pliniana
(oben 308, 7). Vgl, Mommsen, Solin. p. XXVIII. Die Bonner Herausgeber
dagegen (Bücheier u. A.) nehmen wegen jener alterthümlichen Formen Ab-
fassung dos ursprünglichen Werkes unter August und Epitomierung in der
Zeit der Antonine an, Madvig aber Entstehung im 3 — 4: christl. Jahrb. Mit
dem augusteischen Zeitalter fällt auch die Identification des Verfassers mit
Granius Flaccus (oben 196, 15).
6. Ausgaben von Pertz (A. 5) und: Grani Liciniani quae supersunt
emendatiora edidit philologorum Bonnensium heptas,^ Lips. (Teubner) 1858.
XXII u. 64 pp.
Beiträge zur Textkritik von C. G. Schmidt (Philologus XIII. S. 224
—226), G. Linker (Fleckeisens Jahrbb. 77, S. 628 — 633), K. Keil (ebd.
S. 640—650), J. A. Wynne (Philologus XV. S. 357—362), H. Heerwagen
(Nürnberg 1868. 4), D. Comparetti (Rhein. Mus. XIH. S. 457 ff.), C. M. Fran-
cken (in Fleckeisens Jahrbb. Suppl. III, 2. S. 235 ff.).
7. Ueber Lic. s. besonders G. Linker in Fleckeisens Jahrbb. LXXVII.
S. 633 — 640 und J. N. Madvig in den Abhandl. der Eopenhagener Gesell-
schaft der Wissenschaften, December 1857.
8. Ueber Fronto's historische Arbeiten s. oben 361, 7 u. 8.
356. Die Juristen Roms theilten sich in dieser Zeit in338
Praktiker, welche mit oder ohne öfiFentlichen Charakter Bescheide
über Rechtsfragen ertheilten und Processe führten, und in eigent-
liche Rechtslehrer. Die Ersteren sind meist Schüler des Julianus.
So Vindius und der durch die Schwierigkeit seiner Erörterungen
bekannte Sex. lulius Africanus, ferner Terentius Clemens, lunius
Mauricianus und Satuminus. Der Lehrer des M. Aurelius im
810 I^ic Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Antoninus Pins.
Rechte^ L. Volusius Maecianus, verfasste neben jurisüsclien
Schriften auch ein auf uns gekommenes Büchlein über die Ein-
theilungsweise des Geldes, der Gewichte und Masse. Zu den
noch in den späteren Jahrhunderten angesehensten Juristen ge-
hört Ulpius Marcellus unter Pius und M. Aurel.
1. GelliuB Xm, 13, 1: cum . . in lucem fori prodissem quaesitom esse
memini in plerisque Romae statiombus ins publice docentium (vgl. fragm.
Vat. 150: neque geometrae neque hi qui ins civile docent. Dig. XXVII,
1, 6, 12. L, 13, 1, 5: iuris civilis professores) aut respondentinm etc. unter
den Letzteren hatte ein Theil amtlichen Charakter; vgl. oben 8. 420. Capi-
tolin. Antonin. Pi. 12, 1: mnlta de iure sanxit ususque ex iuris peritis
Vindio Vero (A. 2), Fulvio Valönte (oben 346, 6), Volusio Maeciano (A. 7),
Ulpio Marcello (A. 8) et Diaboleno (vgl. oben 337, 3).
2. M. Vi »diu 8 Verus (A. 1) war Cos. 138 n.Chr. Fragment. Vat. 77:
Vindius dum consulit lulianum in ea opinione est. Maecian. Dig. XXXV,
2, 32, 4: Vindius noster. , Vgl. ülpian. ib. II, 14, 7, 18 (Vindius scribit).
V, 1, 6 (Pomponius et V. scripserunt). Paul. ib. II, 9, 2, 1 (putat V. . .
idque Inlianns scribit etc. Pomponius et V. scribunt).
3. Gellius XX, 1, 1 ff.: Sex. Caecilius in disciplina iuris atque in
legibus populi rom. noscendis interpretandisque ' scientia usus auctoritate-
que inlustris fuit. ad eum forte . . phüosophu» Favorinus (oben 346, 5)
accessit etc. in illis binc eorum sermonibus orta mentiost legum decem-
viralium. . . eas leges cum Sex. Caecüius, inquisitis exploratisque multarum
urbium legibus, . . eleganti . . brevitate verborum scriptas dieent etc.
Verhältnis» zu Julian; s. Paul. Dig. XIX, 1, 45 pr.: idque et lulianum agi-
tasse AfricanuB refert. Ulp. Dig. XXV, 3, 3, 4: lulianus Sexto Caecilio
Africano respondit. XXX, 39 pr.: A&icanus 1. XX* Epistolarum apud
lulianum (in einer Schrift des J. ?) quaerit. Afnc. Dig. Xu, 6, 38 pr. : id
maxime consequens esse ei sententiae quam lulianus probaret. Vgl. ib. XU,
1, 23 und Xin, 7, 31: lulianus ait. Schriften (ausser den Epistolae): Quae-
stionum libri IX, Erörterungen über einzelne Bechtss&tze oder BechtsfUle,
häufig in Form von Frage und Antwort, wohl im Anschlüsse an die münd-
lichen Vorträge Julians (Mommsen, Ztschr. f Bechtsgesch. IX. S. 90 — 93),
spätestens zu Anfang der Regierung des Pius verfasst (Fitting, Alter d.
Schrr. S. 15). In den Digesten finden sich daraus 131 Fragmente, zu-
sammengestellt bei Hommel, Palingenesia p. 3 — 26. Bei den Juristen der
letzten Jahrhunderte ist Africani lex sprüchwörÜich für etwas Schwieriges.
Die Stellen wo Caecilius oder Sextus angeführt wird (wie Gaj. n, 218: luliano
et Sexto placuit) beziehen sich wohl gleichfalls auf ihn. Mommsen, Ztschr.
f. Bechtsgesch. VII. S. 479. IX. S. 92, A. 29. Im Allg. Cüjacius Tractat.
IX. ad Afr., Opp. IL p. 1253 ff. F. Kämmerer, Observ. iur. civ. (Rostock
1827) I. p. 74 ff. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 360—362.
4. Terentius Clemens, Verfasser von zwanzig Büchern ad legem
luliam et Papiam, woraus in den Digesten sich 35 Stellen finden (Hommel,
Paliiigenfißia II. p. 499 — 502). Dig. XXVIII^ 6, 6 nennt er den lulianus
noster (hoc ita interpretari I. n. videtur) und berücksichtigt auch sonst
356. Juristen: Africanüs, Maecianus n. A. . 811
öfter deBsen Digesta, so dasa sein Werk in der letzten Zeit des Pias ver-
fasst scheint. Fitting, Alter d. Schrr. S. 16.
5. Innius Mauricianns schrieb unter Pius (Dig. XXXI, 57: divus
Hadrianus . . et prozime Imp. Antoninus. XXXm, 2, 23: nuper Imp.
AntoninuB . . rescripsit. XLIX, ^14, 15) gleichfalls Ad legem luliam et
Papiam libri VI, sowie mindestens 2 Bücher De poenis (Dig. IT, 13, 3). und
Koten zu Julians Digesten; vgl. Ulp. Dig. IT, 14, 7, 2: puto recte lulianum
a Mauriciano reprehensum in hoc etc. VIT, 1, 25, 1: lulianus quidem
libro XXXV° Digestorum scripsit; . . Marcellus vero et Mauricianus etc.
sed luliani sententia humanior est
6. Venuleius Saturninus schrieb nach dem ind. Flor. 10 Bficher
Actionum, 6 Interdictorum, 4 de officio proconsulis, 3 publicorum oder
de publicis iudiciis, 19, stipulationum. Einen verschiedenen Charakter hat
der liber de poenis paganorum, welcher Tom ind. Florent. dem Yenul. Sat.,
dagegen Dig. XLYIU, 19, 16 (unmittelbar nach einem Fragment aus Yen.
Sat.) einem Claudius Sat. zugeschrieben wird, an welchen zwei Rescripte
des Pius gerichtet waren (Marcian. Dig. XX, 3, 1, 2 und L^ 7, 4 pr.: divus
Pius Claudio Satumino rescripsit) und welcher unter den divi fratres die
Prätur bekleidete (Dig. XVII, 1, 6, 7). Aber auch in den Fragmenten aus
Venul. Sat. (bei Hommel, Palingenesia 11. p. 539 — 549) weist nichts über
die Zeit des Pius oder der divi fratres hinaus; daher Fitting, d. Alter d.
Schrr. S. 17 — 19 einen einzigen Juristen des Namens Claudius Venuleius
Saturninus annimmt. Nichts beweist hiegegen Cod. V, 65, 1 (Imp. Anto-
ninus A. Satumino J. 213) oder ib. VII, 35, 1 (Imp. Alexander A. Venuleio
yeterano, J. 224) oder gar eine ganz späte Interpolation bei Lamprid.
Alex. Sev. 68. Indessen die Citate aus Demosthenes und der Ilias bei
Claudius Saturninus, denen bei Venuleius Sat. nichts Aehnliches entspricht,
gebieten zwei Juristen mit demselben Cognomen und ungefähr aus der-
selben Zeit, aber mit verschiedenen Gentilnamen, zu unterscheiden. Wohl
später ist Q. Saturninus in den Dig. XII, 2, 13, 5 (Marcellus scribit etc. cui
Q. Sat. consentit) und XXXIV, 2, 19, 7 (Q. Saturninus libro X° Ad edictum
scribit).
7. Capitol. M. Ant. philos. 3, 6: studuit et iuri, andiens (ums J. 146)
L. Volusium Maecianum. Vgl. bei Fronte p; 61 N., auch oben A. 1.
Er war befreundet mit Salv. lulianus (lulianus noster, Dig. XXXV, 1, 86.
2, 30, 7. XXXVI,' 1, 65, 1) und mit Vindius (Vindius noster, ib. XXXV,
2, 32, 4). Dig. XXXVn, 14, 17 pr.: divi fratres . . rescripserunt : . . Volu-
sianus Maecianus, amicus noster, ut iuris civilis praeter veterem et bene
fundatam peritiam anxie diligens etc. Volcat. Gall. Avid. Cass. 7, 4:
exercitus . . Maecianum, cui erat commissa Alexandria, . . invito atque
ignorante Antonino (M. Aurel.) interemit (als Mitverschworenen des Cas-
sius, J. 175). Unter Antoninus Pius verfasste er seine 16 Bücher Quae-
ßtiontmi de fideicommissis oder Fideicommissorum (Dig. XL, 5, 42: Anto-
ninus Aug. Pius noster etc.) und wohl auch die Schrift Ex lege rhodia
(ib. XIV, 2, 9). Ausserdem libri XIV de publicis iudiciis. Die Ueberreste
dieser Schriften bei Hommel, Palingenesia I. p. 353 — 360. Erhalten ist
das metrologische Hülfsbuch das er für seinen prinzlichen Schüler verfasste:
812 ' Die Eaiecrzeit. - Zweites Jahrhundeii. Anioninus Piua.
Distributio . . partium in rebus quae constant pondere, numero, mensnra.
Vgl. das Vorwort: Saepenumero, Caesar, animadverti aegre ferentem te
quod assis distributionem , et in heredum institutione et in aliis mnltis
necessariam, ignotam haberes. quare, ne tarn exigua res Ingenium tuum
ullo modo moraretur, cum partes ipsas tum vocabula et notas proponendas
existimavi Der Schluss ist verloren. Herausgegeben von J. F. Gronovius
(de sestertiis etc., Lugd. Bat. 1691)| £. 3öcking (Bonn 1831 und im Corpus
iur. antciust. p. 183 ff.), Mommsen (Abhandl. der sitohs. Ges. d. Wiss. III.
Leipzig 1853. 4.), F. Hnltsch (Scriptores metrolog. rom. p. 61 — 71), Huschke
(iurisprud. anteiust. " p. 330—340). Vgl. Th. Mommsen a. a. 0. S. 281—288.
Hultsch 1. l. p. 17—22.
8. ülpius Marcellus (vgl. A. 1) war auch noch im Bathe des M.
Aurelius; vgl. seinen Bericht über eine Verhandlung proxime in cognitione
principis, wobei Sententia Imperatoris Antonini Aug. Pudente et Pollione
C08S. (J. 166) und Sachwalter der einen Partei Cornelius Priscianus war,
advocatus fisci aber Calpuniius Longinus, Dig. XXVIII, 4, 3 (wo auch der
Grundsatz: in re dubia benigniorem interpretationem sequi non minus
iustius est quam tutius) aus (Ulp.) Marcellus libro XXIX Digostorum. Die
Identität des Juristen mit dem L. ülpius Marcellus welcher leg. Aug. pr.
pr. Pannon. infer. (Gruter p. 100, 4) und unter Commodus Statthalter von
Britannien war bezweifelt (mit Walch) A. Haakh in Pauly^s Rcal-Enc.
VI, 2. S. 2718, A. 2, indem er Letzteren für den Sohn des Juristen erklärt
Schriften des Juristen: Digestorum libri XXX (? vereinzelt und zweifelhaft
lib. XXXI in Dig. XLVI, 8, 73 und lib. XXXIX in Dig. XLIX, 15, 2), in
den justinianischen 128mal excerpiert, Notae ad luliani Digesta, Ad legem
luliam et Papiam libri VI, Besponsorum Über singularis. De officio con-
sulis (libro quinto angeführt von Marcian, Dig. XL, 15, X, 4) und vielleicht
Jiyrenn nicht von Macer) Publicorum (iudiciorum) libri (libro II, Dig. III,
2, 22), De officio praesidis (Dig. IV, 4, 43: Marcellus libro I de off. praes.).
Zusammenstellung bei Hommel, Palingenesia I. p. 363 — 396. Ueber Dig.
XXIX, 2, 63 (libro singulari Regularum Pomponii Marcellus notat) vgl. Asher,
Ztschr. f. Rechtsgesch. V. S. 102 f. Von jenen Schriften sind die Digesta er-
weislich nach dem Tode des Pius verfasst (Dig. IV, 1, 7: Marcellus libro III
Digestorum: Divus Antoninus Marcio Avito praetori . . rescripsit) imd (s.
oben) J. 166 oder 167 abgeschlossen, die Abfassungszeit der übrigen aber
-ist nicht bekannt Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 23 f Im Allgemeinen
M. Tydeman, de L. Ulpii Marcelli icti vita et scriptis, Utrecht 1762
(= Oelrichs thesaur. nov. I, 1). C. F. Walch, Opusc. (1785. 4.) I, 2. p. 313 ff.
(de aetate Ülpii Marcelli). Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 357 — 359.
339 357. Ausschliesslich als Lehrer und Schriftsteller wirkte
in Rom der aus dem Osten des romischen Reiches gebürtige
Jurist Gaius (etwa J. 110 — 180 n. Chr.), Verfasser zahlreicher
Schriften, von welchen die berühmtesten waren seine sieben
Bücher Rerum cotidianarum (Aurei genannt) und seine vier
Bücher Institutionum, Einführung in die Rechtswissenschaft, ein
seitdem vielvertretener Literaturzweig, verfasst und wohl auch
366 f. Ulpius Marcellus. Gains. 813
*
herausgegeben ums J. 161 n. Chr. Diese Institutiones sind uns
grösstentheils erhalten und machen durch die anmutige Leben-
digkeit und Ungezwungenheit ihrer Darstellung und ungleich-
massige Behandlung des Stoffes wahrscheinlich dass sie aus münd-
lichem Vortrage entstanden sind. Um seiner klaren Fasslichkeit
willen wurde das Werk ein beliebtes Lehrbuch und hat auch
fiir die Listitutionen des Justinian als Grundlage gedient.
1. Gaj. Dig. XXXIV, 6, 7 pr.: nostra quidem aetate Serapias Alexan-
drina mulier ad divom Hadriannm perducta est. Gajus wird also schon
unter Hadrian in Rom gewesen sein. Trotzdem meint Th. Mommsen,
Jahrb. d. gem. deutschen Recht« III (1859). S. 4 — 13, dass G. in Asien
(etwa Troas) gelebt und gelehrt habe. Er schliesst diess daraus dass G.
so selten und spät in der Literatur berücksichtigt werde (s, A. 2), aus
seiner Bezeichnung mit dem blossen Vornamen, seiner Berücksichtigung
des Provinzialrechts (vgl. A. 3 f.), des ausserrömischen Rechts und der
altern röm. Rechtsquellen neben Uebersehen von Neuerem, seiner genauen
EenntnisB des Griechischen, und Dig. L, 15,^7: Gaius . .: iuris italici sunt
Tffoaag, BrJQvtog, Jv(^qa%iov. Aber alles diess reicht nicht aus um die
deutlichen Anzeichen von Abfassung der Inst, in Rom aufzuwägen; s.
Huschke, iurisprud. anteiust.* p. 84 — 86 und besonders H. Dernburg, d.
Inst d. Gaj. S. 80—98. Ein Kosename von Seiten der Schüler des G. war
Gaius wohl nicht, sondern der Gebrauch des Vornamens war eine auch
sonst bei Juristen und Kaisern gebräuchliche Abkürzung; vgl. Anm. 2 u.«4.
Nicht unmöglich ist auch dass G. diesen Namen wirklich aus seiner
hellenistischen Heimat nach Rom brachte. Vielleicht hatte er schon vorher
dort gelehrt und sich seine Kenntniss des Provinzialrechts u. s. w. erworben;
der entscheidende Theil seiner Wirksamkeit als Lehrer und Schriftsteller
fällt aber sicher nach Rom.
2. Pompon. Dig. XLV, 3, 39 (non sine ratione est quod Gaius noster
dixit) bezieht sich auf einen Gestorbenen, etwa das auch sonst Gaius kurz*
weg genannte Schulhaupt G. Cassius Longinus; s. oben 293, 3; vgl. G. M.
Asher, Zeitschr. f. Rechtsgesch. V. S. 83 f. Die Juristen der nächsten Zeit
nennen den G. niemals, was darin dass G. keine responsa ertheüte seinen
Grund haben kann und auch Andern widerfährt, s. Dernburg S. 106 — 107.
Früheste sichere Erwähnung des G. in dem Gitiergesetz von J. 426. Nächst-
dem Serv. Georg. III, 306 (quod et Gaius homerico confirmat exemplo «a
Inst. UI, 141), Priscian. VI. p. 282 H. (Gaius in I Institutorum »> Inst. I, 113).
Die Lex romana Visigothorum (J. 606) enthält auch einen liber Gaii in
zwei Büchern, eine verkürzte und durch Zusätze ans sonstigen Quellen ver-
änderte Bearbeitung von Gajus' Inst, wohl schon aus saec. V; s. Dernburg
S. 119 — 131. Wenigstens erhellt aus Justinians Const. Omnem reip. (Dig.
prooem.) 1 dass bis dahin im ersten juristischen Studienjahr ex tanta legpim
multitudine . . nihil aliud nisi sex tantummodo libros et ipsos confusos . .
studiosi accipiebant; . . in his autem sex libris Gai nostri Institutiones et
libri singulares quatuor (jene bildeten also damals nur 2 Bücher <» liber
Gai) . . connumerabantur. Das hier (und Inst, prooem. 6. IV, 18, 6) )^e-
814 Die Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert. Antoninns Pius.
brauchte Gaius noster beweist Alles eher als Landsmannschaft zwischen
G. und Justinian.
3. Gaius Inst. I, 188: nos diligentius hunc tractatum executi snmus
et in Edicti interpretatione et in his libris quos Ex Q. Mncio fecimus.
in, 33: de quibus (die bonorum possessiones) in his commentariis consulto
non agimus quia alias hoc ius totum propriis commentariis explicavimus.
54: aJioqui diligentior interpretatio (der iura patronorum et libertorum)
propriis commentariis exposita est. Sonach sind sicher vor den Inst, ver-
fasst die Bücher Ex Q. Mucio und der Edictcommentar. Nur steht nicht
fest ob unter letzterem blos der ad edictum praetoris urbani gemeint ist
oder zugleich auch die libri XXX (mit den aedil. cur. XXXII) ad edictum
provinciale (einer bestimmten Provinz? vgL Mommsen, Ztechr. f. d. Rechts-
gesch. IX. S. 96 — 97 A.). Doch ist Letzteres wahrscheinlich, da in den
Ueberresten des Werkes (vgL Hommel, Paling. I. p. 66 — 100)' nichts über
Pius hinauBweist und zwar divus Hadrianus, Imp. rAntoninus, princeps
Antoninns darin genannt wird, niemals aber divus Antoninus oder divus
Pius oder gar Yerua. Fitting, Alter der Schrr. S. 19 f. Auch der Commen-
tar ad ed. praet. urb. (oder k«rz edictum urbicum) war ein umfangreiches
Werk; vgl. Dig. XXX, 73 und L, 17, 56: Gaius libro III de legatis ad ed.
praet. (oder urbicum). L, 17, 55: Gaius libro II de testamenüs ad ed. ur-
bicum. Ausserdem zwei Bücher ad edictum aedilium curulium (Dig. XXI,
1, 32. 2, 67).
4. Von den Institutionen (oder Instit^jba, s. A. 2) ist der Titel nicht
eilialten. Ihrem Begriffe gemäss enthalten sie totius doctrinae substantiam
(Lactant. inst. div. V, 4, 3). Plan I, 8: omne ius quo utimur vel ad per-
sonas pertinet (B. I) vel ad res (B. II Sachenrecht und testamentarisches
Erbrecht; B. III Intestaterbrecht und Obligationen) vel ad actiones (B. IV).
Die Eintheilung in vier commentarii rührt von G. selbst her; s. z. B. II, 23
(superiore commentario tradidimus «» I, 119). III, 38 (sup. comm. trad.
» n, 119. 148 f.). IV, 153 (secundo comm. rettulimus » II, 89 f.). III, 181
(sequenti comm. referemus «» IV, 103 f.). Die Bezeichnung als commentarii
{tmoiivrinatu im Unterschiede von (JvyypcfftfMxra) weist den Anspruch auf
buchmässige Ausarbeitung und stilistische Vollendung ab und wird z. B.
von Collegienhefben gebraucht; s. Demburg S. 55 — 62. So zeigen auch die
Inst, des G., bei schärfster Bestimmung der Begriffe und präciser Abgren-
zung der Bechtssätze (Demburg S. 52 — 54), eine gewisse Behaglichkeit der
Darstellung in Wiederholungen, Variationen und Uebergängen (Demburg S.
40 — 50). Auch Anakolnthien sind nicht selten (ebd. S. 50 f.). Die Locker-
heit der consecntio temporum theilt G. z. B. mit Sueton (oben 342, 6).
Im (Ganzen aber ist die Sprache des 'G. rein und insbesondere frei von
firontonischen Archaismen. Besonders B. IV hat über den Process viele
neue Aufschlüsse gebracht; über Staatsrechtliches B. I. Vgl. E. Schrader,
was gewinnt die röm. Bechtsgesch. durch des G. Inst.? Heidelberg 1823 (»
Heidelb. Jährbb. 1823 , Nr. 60—64). Eigen ist dem G. die Verdeutlichung
des rOm. Rechte durch Ausblicke auf das Peregrinenrecht. Gitiert werden
gewöhnlich nur ältere Juristen; von Zeitgenossen einzig Julianus (11, 218.
280) und (II, 218) Sextus — Pomponius; Demburg S. 102 f. A. 6. Abfas-
367. Gaius. 815
sung in Born; vgl. IV, 109 und Dernbnrg S. 86 — 93. Das erste Buch ist
am Ende der Regierung des Pius yerfasst, welcher als optimus imp. Anto-
ninus (I, 102) und imp. Antoninus (I, 63. 74), dagegen schon 11, 196 als
diyus Pius Antoninus bezeichnet wird (daher ib. 11, 120. 126. 161. imp.
Ant. bereits dem Marcus gelten wird); s. Demberg S. 67—74 vgl. 74 — 80.
Mommsen, Ztschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 107 f. A. 37.
6. üeberliefert sind uns die Inst, des G. einzig durch ein Palimpsest
des Domcapitels zu Verona saec. V (darüber geschrieben sind Werke des
Hieronymus; nfir äin Blatt ist nicht rescribiert), aber corrupt und auch de-
fect. Erster Entdecker war Niebuhr (1816), worauf Göschen in Verbindung
mit Hollweg die Schrift; entzi£Eerte und (Berol. 1820) erstmals herausgab.
Revision (durch Bluhme) Berol. 1824; ed. in (rec. Lachmaan) Berol. 1842.
Vergleichende ' Zusanmienstellung der Inst, des Gaj. und des Justinian von
Elenze und Böcking, Berl. 1829. 4. Vgl. die Collatio von W. van Swinderen
(Annal. acad. Groning. 1821) und F. Potter v. Loon (Groning. 1823).
Ausgaben des G^jus von E. Böcking (Bonn 1841. ed. V. Lips. 1866).
Codicis Veronensis apographum . . scripsit . . et publicavit E. Böcking,
Lips. 1866. Auch in R. GneisVs Institutionum syntagma (Lips. 1868) und
Ph. E. Huschke's iurisprudentia anteiustiniana (ed. IT. Lips. 1867. p. 101 — 324).
Neue Vergleichung und Herausgabe angekündigt durch W. Studemund.
Beiträge zur Kritik und Exegese von E. Gans (Schollen zum G., Berlin
1821), H. R. Brinkmcuin (notae subit.} Schleswig 1821), 0. A. D. Ünterholzner
(Coniect. de supplendis lacunis, Berl. 1823), H. E. Dirksen (Versuche zur
Kritik u. Ausl. S. 104 ff.), Puchta (Verisimilia, Lips. 1837. 4.), Assen (Adno-
tatt., Lugd. B. 1838), Ph. E. Huschke (bes.: Gaius, Beiträge zur Kritik und
zum Verständniss sr. Inst., Leipzig 1866. 244 S. und Kritische Bemerkungen
zum G., Ztschr. f. Rechtsgesch. VU. 1868. S. 161—192), M. S. Mayer (ad IV,
48; Tubing. 1863), K. M. Pöschmann (Studien zu G. I. Leipzig 1864. H. 1860.
m. 1862), P. P. Bremer (zu IV, 44; Rhein. Mus. XV. S. 484—488), A. F.
Rudorff (üb. d. lezikCen Excerpte aus den Inst. d. G., Berlin 1866. Abhandl.
d. Berl. Ak.), A. v. d. Höven (tentamina crii, Ztschr. f. Rechtsgesch. VII.
p.267 — 269), W. Studemund (über den antiquar. Gewinn aus d. neuen Collation
d. G., Verhandl. d. Würzburger Philologenvers., Leipzig 1869, S, 121—131),
P. Krüger (kritische Versuche im Gebiete des röm. Rechts, Berlin 1870,
S. 113—139).
C. F. Elvers, promptuarium Gaianum, Gotting. 1824.
6. Nach dem Tode des Pius verfasst sind (wegen divus Antoninus)
Pideicommissorum libri H (Dig, XXXH, 96. XXXV, 1, 90. XXXVI, 63, 6),
sowie (mindestens die letzten der) XV libri ad legem luHam et Papiam
(Dig. XXXI, 66) und der liber singularis ad SGtnm Tertullianum pig.
XXXVIII, 17, 8) unter Marcus und Orphitianum vom J. 178 n. Chr. (Dig.
XXX Vni, 17, 9). Jedenfalls nach Julians Digesten verfasst sind De ver-
bomm obligationibus libri HI und Ad legem XH tabularum libri VI, und
wohl auch der liber singularis de formula hypothecaria (Dig. XX, 1, 16 pr.),
sowie Rerum cotidianarum (s. Aureorum) libri VII, eine Erörterung der im
täglichen Leben Anwendung findenden Rechtssätze, in der Ordnung der In-
stitutionen und von Justinian gleichfalls für die seinigen benützt; s. prooem.
816 Die Eaiserzeit. Zweites Jahrhandert. Autoninas PiuB.
6: qaas ex omnibns antiqnoram Institationibns et praecipne ex commentariis
Gai nostri tarn Institutionom quam Berum cotidianamm . . compositas etc.
Vgl. Dig. XLIV, 7, 5 (aas Galus libro lU Aureorum), 5 (Jaliano placuit).
Unbekannt ist die Abfassungszeit der Schriften Ad legem Gliciam^ liber
(singularis und libri III) Begularum, libri III de manumissionibus, der Ubri
singulares dotalicion, de tacitis fideicommissis und de casibus. Zusammen-
stellung bei Hommel^ Palingenesia p. 56 — 126.
7. DasB Gaitts das ins respondendi nicht hatte erhellt mit Wahrschein-
lichkeit theils aus seinem Schweigen Inst. I, 7, theils aus 'seiner Nichter-
wähnung b6i den Juristen der folgenden Zeit, auch daraus daes er weder
Quaestiones noch Besponsa verfasste. Auch als Schriftsteller strebte er
über den engen Kreis der Fachm&nner hinaus und erreichte Popularität
unbeschadet der Gründlichkeit und Schärfe.
8. Ueber Gaius vgl. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S. 341—350.
liudorff, röm. Bechtsgesch. I. S. 173 — 176. Huschke, iurisprud. anteiust'
p. 82 — 100. H. Dernburg, d. Institutionen des G. ein CoUegienheft aus d.
J. 161 n. Chr., Halle 1869. 132 S.
341 368. Sehr unerheblich ist was wir aus der Zeit des M. An-
toninus von Erzeugnissen in gebundener Form kennen^ falls nicht
etwa das Pervigilium Veneris dieser Zeit angehört^ ein
strophisch angelegtes Gredicht in wohlklingenden trochäischen
Septenaren, eine Fruhlingsfeier enthaltend und die Venus ver-
herrlichend als die belebende Macht des Alls. Auch von dem
scherzhaften Epos welches den Namen Vespa trägt ist wahr-
. scheinlich dass es ungefähr aus dieser Zeit stammt.
1. lustinus f^austinus, M. . . , Verfasser eines akrostichischen Gedichts
auf Antoninus Pius, in der Anthol. lat. von Meyer I. J 252, Nr. 812.
2. Gellius XIX, 8, 3: quispiam familiaris eins (des Fronto), bene eru-
ditus homo et tum poeta inlustris.
3. Ueber des Sulpicius Apollinaris Verse s. oben 353, 2.
4. Ueber Mesomedes s. oben 349, 5.
5. Das Pervigilium Veneris ist durch den codex Sabnasianus saec.
VII (A) und den Pithoeanus oder Thuaneus =» Par. 8071, saec. IX oder
X (B) überliefert und trägt in jenem die Ueberschrift: peruirgilium Veneris
trocaico metro. sunt uero versus (d. h. Gedichte in dem betr. ^schnitte
der Sammlung, A. Riese Anthol. lat I. p. XXI— XXIV) XXU. Es besteht
aus 93 Versen, welche durch den Refrain cras amet qui numquam amavit,
quique amavit cras amet in Strophen von ungleichem^Üinfang (mindestens
4^ Versen) getheilt sindT^ Die religiöse Anschauungsweise ist universalistisch
und zeigt zugleich Einfluss der Philosophie. Venus ist als Genetrix auf-
gefasst, deren Gült durch Hadrian aufgefrischt worden war, und ihre Feier
als ein Frühlings- und Blumen-Fest. Als LotaX ist Sicilien gedacht (v.
49 ff.). Die Darstellung ist rhetorisch belebt und streift ofb ans Sentimen-
358. Pervigiliiiin Veneria. . 817
tale. Der Verfasser zeigt griecliische Bildung, klingt jedoch einmal (v. 86)
an Vergil (Aen. XI, 458) an. Melancholischer Schluss: illa (die Nachtigall)
cantat, nos tacemus. quando ver venit mepun? quando fiam uti chelidon
et tacere desinam? was im Geiste des Gedichts anf Verjüngung durch die
Liebe deutet. Africanische Latinität kann in dem öfters (v. 4, 6, 12, 24,
34, 38, 45 f., 61, 88 Bü.) und theilweise frei gebrauchten de nicht gefunden
werden. Aehnlich findet sich dasselbe bei Beposianus (v. 30).
6. Die Nachfrage nach dem Verfasser des Perv. muss der Natur der
Sache nach erfolglos bleiben. Am meisten Aehnlichkeit hat das Gedicht
mit Versen des Annius Florus (oben 336, 7), welcher das gleiche, damals,
wie es scheint, wieder in die Mode gebrachte, Versmass angewandt hat, '
und mit seinem Refrain erinnert es an die Weise des Nemesianus. Itaque, in
temeritatis crimen ne incurrämus, acquiescendum in hoc erit ut medio inter
Florum et Nemesianum tempore, h. e. secundo vel tertio p. Ch. n. saeculo,
conditum Pervigilium esse statuamus (Bücheier p. 51). Es näher dem Zeit-
alter der Antonine zuzurücken könnte die vorherrschend heitere Stimmung
des Gedichts und sein verhältnissmässig reiner Geschmack geneigt machen,
wenn dergleichen nicht trügte. L. Müller setzt es vielmehr ins dritte oder
vierte Jahrb., und dafür spricht die Geistesverwandtschaft mit Beposianus
u. Aehnlichem (unten 393). Aus ähnlicher Zeit und Richtung der durch
Metriker aufbewahrte Vers (Refrain?): tolle thyrsos, aera pulsa, iam Lyaeus
advenit.
7. Ausgaben des Perv. V. von J. Lipsius (Elect. I, 5. 1580), P. Pithoeus
(Errones Venerii 1587), J. Dousa (Coniect. 1588, 1692), P. Scriverius (Baudü
amores, Hag. 1638), J. Clericus (? cum comm. varr., Hag. 1712), Sanadon'
(Paris. 1728), Wernsdorf (poetae lat. min. IlC p. 463—482, mit prooem.
p, 425—462), E. C. P. Schulze (comm, ill., Gotting. 1812. 4.), J. C. Orelli
(in seiner Ausg. des Phädrus p. 220—227 u. 230 — 233, wozu praef. p. 215—
219, und annot. p. 228 f. 234—239), in den Abhh. von Heidtmann, Göbel,
0. Müller (s. A. 8) und sonst. Pristino nitori restitutum (von P. Linde-
mann), Lips. 1862. Adnotabat et emendabat Fr. Bücheier, .Lips. Teubner/
1859. 63 pp. 16. In AL Rieses Anthol. lat. I. p. 144—148.
8. Abhandlungen De Pervigilio Veneris von H. Paldamus (Greifswald
1830. 4.), G. H. Heidtmann (Greifsw, 1842), Th. Bergk (Halle 1859), Ol.
Jacobi (Lund 1867. 4.), 0. Müller, de Annio Floro (Berlin 1855) p. 18 ff.
F. C. Göbel, de ephymniorum rationibus (Gotting. 1858) p. 56—61.
9. Beiträge zur Textkritik von J. Frei (Rhein. Mus. X. S. 195—213),
F. Bücheier (ebd. XV. p. 446 — 451), L. Müller (Fleckeisens Jahrbb. 83,
S. 639—651), J. Mähly (Philologus XXHI. S. 356—361), K. Schenkl (Ztschr.
f. d, Ostreich. Gymn. XVIII. 1867. S. 233— 243), Bährens (Fleckeisens Jahrbb.
105, S. 55 f.).
10. Unter dem Titel Vespae iudicium coci et pistoris iudice Vulcano
ist ein Epos von 99 Hexametern durch den codex Salmasianus überliefert,
und zwar unmittelbar vor dem Pervigilium Veneris; ausserdem durch den
Parisinus 8071 (Thuaneus), saec. IX— X ; gedruckt zuletzt bei Riese, Anthol.
lat. 199 (I, p. 140—143). Der Inhalt ist ein Wettstreit zwischen Koch und
Bäcker, von denen jeder seine Kunst preist, die des anderen herabsetzt.
Tkvpfkl, Böm. Literatnrgeschicbte. 2. Aufl, 52
818 ^e Kaiserzeii. Zweites Jahrhnnd^ri. M. Aurelins.
Der Schiedsrichter, Vulcanus, urteilt dasB Beide ihren Werth haben and
daher das Streiten nnt^rlassen sollten. Es ist ein komisches Epos, hat aber
die Form des Wettkampfes mit dem Idyll gemein nnd schliesst sich zu-
gleich an die rhetorischen tnaivoi und ^oyoi an. Vgl. oben 269, 1. 301, 7.
Auf Rom als Boden deutet z. B. die crustula am ersten Januar (y. 46 vgl. 16).
Der Bau der Verse ist elegant, Ton und Ausfdhrung nicht ohne Anmut
Auf das zweite Jahrhundert deutet dass der Verfasser von sich sagt: ille
ego Vespa precor cui divae saepe dedistis per multas urbes populo spectante
favorem (y. 3 f.). Er ist also ein reisender Literat (Rhetor), der im r5>
mischen Reiche umher Productionen seiner Kunst gibt, wie Apuleius und
yiele Andere in der Zeit der neueren Sophistik. Als Rhetor kennzeichnet
ihn der Gegenstand des Gedichts und der Schulgeruch seiner Witze; ygl.
44 f. Satyros — saturos; Panes — panes; 82 gallos — Gallos, sowie das
Spiel mit der Doppelbedeutung yon ius y. 29. 60. 6? Gelehrt ist die spon-
deische Messung yon quasi (y. 82 f.). Auch in der griechischen Literatur
(besonders Mythologie) zeigt der Verf. Kenntnisse und spricht seinen Poly-
theismus mit einem heiteren Behagen aus, welches yon Störung durch das
Christenthum noch nichts weiss. Dass y. 6 zur Empfehlung des Gedichtes
angefClhrt wird: aliquid quoque iuris habebit scheint auf eine Zeit lu
weisen wo die Jurisprudenz noch in Blüte stand. Vgl. W. Teuffei, Studien
n. Charakt. S. 458 f.
b. Die Zeit des M. Aurelius, J. 161 — 180 n. Chr.
342 369. Trotz der Trefflichkeit des Rögenten war die Regie-
rung des M. Aurelius eine Zeit des Schreckens für das römische
Reich, durch die fortwährenden Kriege im Osten und Norden,
sowie eine furchtbare Pest und Hungersnoth. Unter dem Drucke
solcher Verhältnisse konnte sich das geistige Leben wenig ent-
falten, so freien Spielraum ihm der Kaiser liess, welcher für
alles Edle empfängUch, nur gegen sich selbst streng, sonst aber,
im Vergleich zu seiner Aufgabe, eher allzu weich war. Die
Literatur steht noch unter dem Einflüsse der Richtung des Fronte,
innerhalb deren aber Apulejus viel mehr Originalität beweist als
Gellius. Die Philosophie ist hochbegünstigt, aber der Stoicismus
zu einer allgemeinen Lebensweisheit abgeblasst und der soge-
nannte Piatonismus mit Mysticismus und Schönrednerei reichlich
getränkt. Die Grammatik ist innerhalb der griechischen Literatur
glänzend vertreten durch ApoUonios Dyskolos, die Medicin
durch Galenos. Auch der Sophist Aristeides aus Bithynien
gehört dieser Zeit an.
1. M. Annius Verus, geb. 26 April 121, auf Hadrians Wunsch mit
L. Verus von Antoninus Plus adoptiert; seit dessen Thronbesteigung M.
(Aelius) Aurelius Caesar. Als Kaiser (seit 7 März 161) M. Aurelius Anto-
369. üebersicht. M. Aureliufl. 819
ninns Aug. (von Fronto vorher Caesar, jetzt Antonine oder M. Aui'eli an-
geredet). Sein Mitregent L. Aurelins Veras Aug. heisst seit seiner Conse-
cration (f Jan. 169) divus Veras, in den RechtsbÜchern auch divus Lucius.
M. Aurelius selbst heisst nach seinem Tode (17 März 180) divus M. Anto-
ninus Pius, bei den Juristen divus Marcus, aus der Zeit der Doppelregierung
divi fratres.
2. Unterricht des Fronto, s. oben 351, 5. G. Boissier, la jeunesse de
Marc-Auräle et les lettres de Fronton, Bevue des deux mondes 1 April 1868,
p. 671 — 698. Mit seinem angeborenen Eifer ezcerpiert der Caesar die ihm
von Fronto, empfohlenen Schriftsteller, sammelt Synonyma^ Sentenzen, Vcr-
gleichungen und sonstige Eedefiguren, macht auch selbst Verse (hezametri,
Fronto p. 24. 34 N.), empfindet aber immer stärker die Leerheit dieses
Thuns und lässt sich durch Junius Busticus (oben 354, 2 f ) für die (stoische)
Philosophie gewinnen, zum grossen Verdrusse des Fronto; s. oben 351, 5.
Wendepunkt ums J. 146; vgl. ad Front IV, 13 (p. 75 N.): Aristonis libri
me hac tempesjate . . habent male; . . nimis quam saepe erubescit dis-
cipulus tuus sibique suscenset quod viginti quinque annos natus nihildum
bonarum opinionum et puriorum rationum animo hauserim.
3. Erhalten sind von M. Aurel ausser den Briefen an Fronto (andere
Briefe z. B. bei Capitol. Clod. Alb. 10, 6 flP.) die zwölf Bücher Selbst-
betrachtungen {fl^ avtov) in griechischer Sprache, aus J. 169 — 176, apho-
ristische Tagebuchblätter, Reflexionen und gute Vorsätze die von dem
edelsten Willen zeugen. Dass es ihm an Schärfe {ÖQifivtrjg) fehle erkennt
er selbst als Mangel; vgl. Avidius Cassius bei Vulcat. Gall. (Av. Cass. 14,
3. 5): Marcus homo sane optimus, qui dum clemens dici cupit eos patitur
vivere quorum ipse non probat vitam. . . M. Antoninus philosophatur et
qnaerit de elementis et de animis et de honesto et iusto, nee sentit pro
republica. Capitol. Ant. phil. 8, 3: dabat se Marcus totum philosophiae,
amorem civium adfectans.
4. Digest. XXVII, 1, 6, 8: o ^siotatog natriQ ijlov -(wohl M. Aurel,
nicht Pius, dessen Verordnung enger begrenzt war, s. oben 350, 2) na^sX-
^Oiv^fvd'vs inl triv ciQ%7\v öiatdyfiati tag vnagxovaag tifMg xal utslsiag
ißsßcciaasv , yQcctjfag (piXoaotpovg , fi^roQccg, yQccfLuccTLnavg, CatQovg dtsXstg
elvai yvfivaaLccQXLciv etc. nal (ir^xs %q£vsiv (jli^xs JCQsaßevstv (irixs sig etqa-
tbCov natuXiysa^ai ättovtag. etc. Capitol. M. philos. 23, 9 : fama fuit quod
sub philoBophornm specie quidam remp. vezarent et privates.
5. üebersicht über M. AureVs Leben und Regierung von G. R. Sievers
in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1197 — 1203. Vgl. E. Zeller in seinen Vor-
trägen und Abhandl. (Leipzig 1865) S. 82—107.
6. Briefwechsel zwischen Fronto und L. Verus (vgl. A. 1), s. oben 351, 7.
Preis der eloquentia des Verus durch Fronto p. 120 f. Verus bestellt sich
bei Fronto eine verherrlichende Darstellung seiner Thaten ib. p. 131 f. Des
Veras gratiaram actio ib. V, 38 f. (p. 87); seine orationes ad senatum et
allocutiones ad exercitum ib. p. 131 f. OfBzieller Kriegsbericht in Briefform
(J. 163 f.) ib. p. 126 f.
7. Capitol. Ant. phil. 8, 1: adepti imperium ita civiliter se ambo ege-
52*
820 I)i6 EaiBerzeit. Zweites Jahrhundert. M. Anrelins.
runt ut . . eos MaruUus, sni temporis xnimographus, caviUando impone
perstringeret. Vgl. ib. 29, 2 (de quo mimuB in acena praesente Antonino
dixit etc.). Serv. Aen. YII, 499 (MarulluB mimographus). Vgl. oben 8, 6.
8. GelliuB XIX, 11, 3 f.: hoc distichon amicus mens, ov% aiuovaog adu-
lescens, in plures versiculos . . vertit. Folgen 15 iambische Dimeter. lam-
bische Inschrift des exodiarius Ursus bei Orelli 2591 =» Bücheier, Greifs-
walder Ind. lect. 1870, p. 18. Ephemeris epigraph. I (Rom u. Berlin 1872)
p. 56 — 67.
' 9. üeber Apollonios 6 dvü%olog aus Alexandria übersichtlich A. Wester-
mann in Pauly's Beal-Enc. I, 2. S. 1319 — 1321. Sein Sohn ist der nicht
minder berühmte Grammatiker Herodianus, dessen reliquiae collegit, dispo-
suit, emendavit, explicuit, praefatus est Aug. Lentz, 2 Voll., Lips. 1867 ff.
Auch der Atticist Phrynichos lebte unter M. Aurel und Commodus.
10. üeber P. Aelius Aristides (J. 117—189 n. Chr.?) aus Bithynien vgl.
Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 340 — 342.
11. üeber Galenos (J. 131 — 201?) L. Choulant, Handb: d. Bücherk. f.
d. alt. Med. S. 98—120.
12. Den divi fratres {tsQoitccTOi ßaaiXsrg Uvrtovivog nal OvtJQog) widmete
im J. 162 der Rhetor Polyaenos, ein MaTudatv avrnfy seine acht Bücher
ZtQaxriyi%d meist aus griechischen Quellen, theilweise untergegangenen.
Recensuit, auctiores edidit, indicibus instruxit E. WOlfflin, Lips. Teubn. 1860.
343 860. Unter den übrigen Schülern des Fronte scheint der
bedeutendste gewesen zu sein dessen Schwiegersohn C. Aufidius
Victorinus, Cos. II J. 183 n. Chr.; nächstdem Servilius Silanus
und Postumius Festus. Ueberhaupt scheint es dass Alle welche
in dieser Zeit zu Rom als öffentliche Uedner wirkten unter
Fronto's Einfluss standen^ wenn sie auch nicht Alle seine Art
beibehielten. So auch der auf verschiedenen Gebieten (Epistolo-
graphie, Fabel, Rhetorik, Geographie u. A.) schriftstellerisch tha-
tige Julius Titianus.
1. Fronto p. 95 f. N.: ut parentes cum in voltu liberum oris sui linia-
menta dinoscunt, ita ego cum in orationibus vestris vestigia nostrae sectae
animadverto, yiyrfi's dh tpQBva Arjtci' meis enim verbis exprimere yim
gaudii mei nequeo. p. 200: suadeo Yobis (den Cirtenses) patronos creare
. . eos qui nunc fori principem locum occupant, Aufidium Victorinum (A.
2), quem . . mihi generum cum illis moribus tantaque eloquentia elegi.
Servilium quoque Silanum (Cos. 189, vgl. Lamprid. Commod. 7, 5) Optimum
et facundissimum virum iure municipis patronum habebitis, cum sit vicina
et amica civitate Hippone regio. Postumium Festum (Gell. XIX, 13, 1) et
morum et eloquentiae nomine recte patronum vobis feceritis, et ipsum
nostrae provinciae et civitatis non longinquae. Capitol. Ant. phil. 3, 8:
frequentavit et declamatorum scholas publicas amavitque e condiscipufis
praecipuos senatorii ordinis Seium Fuscianum et Aufidium Victorinum, ex
equestri Baebium Longum et Calenum.
359 f. M. Aurelius und andere Schüler des Fronto. 821
2. C. Aufidiua (Fronto p. 75) Victorinus (vgl. A. 1) war praef. urbi
und l>i8 consul (Orelii 1176) nnd befehligte in Germanien. Fronto p. 232:
Victorinum, ^pielate, mansuetudine, veritate, innocentia maxima, omnium
denique optimaram artiom praecipnmn virum. Vgl. p. 179. J. 186 gab er
sich selbst den Tod, xuCnsq %a\ vno tov Mdgitov iv rotg navv xtyi,rfiBlg
xal xri xr^g '^v%rig dgex^ Hoi x^ xav Xoytov naQaönsvj ovSevog xäv %ad''
iccvxov dsvxcQog yevofievog^ Dio LXXII, 11. Sein Sohn (von Fronto's Toch-
ter Gratia) Victorinus Fronto (oben 351, 2) ist ohne Zweifel der (Aufidius)
Fronto consul (J. 199 n. Chr.) der seinem Sohne M. Aufidius Fronto die Grab-
schrift bei Ofelli 1176 (aus Pisaurum) setzte; und auch C. Aufidius Victo-
rinus, Cos. 200 n. Chr., ist wohl ein (jüngerer) Sohn von ihm. Vgl. W. Teuf-
fei in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2130 f. Nr. 20 und 33.
3. Fronto p. 191: Volumnio Quadrato: legam, fili, libenter orationem
istam quam misisti mihi et si quid videbitur corrigendum corrigam. Vgl.
ib. p. 190.
4. Fronto p. 191: Fabianum, spectatuni in iudiciis civilibus, frequen-
t«m in foro, meum familiärem. Vgl. Spart. Sever. 13, 3: occidit . . Masti-
cinm Fabianum.
5. Ueber das Auflreten des Sohnes von Squilla Gallicanus als Redner
8. Fronto p. 188 f. (orator noster).
6. Fronto p. 179 N.: Antoninus Aquila vir. doctus est et facundus.
Ihn empfiehlt Fronto ib. dem Victorinus fElr eine Lehrstelle (der Bhetorik)
in seiner Provinz.
7. Fronto p. 173: commendando Comeliano Sulpicio familiarissinio
meo. . . industrius vir est, strenuus, ingenio libero ac liberali, . . litto-
rarum studio et bonarum artium elegantia mihi acceptissimus.
8. Fronto p. 175: Montanum Licinium sie diligo etc. bonarum artium
scctator est mens Montanus, tum doctrina et facundia est eleganti.
9. Fronto p. 176: lulium Aquilinum, virum . . doctissimum, facun-
dissimum, philosophiac disciplinis ad optima« artes, eloqucntiac studiis
ad egregiam facundiam eximie eruditum. . . si eum audire disputantem de
platonicis disciplinis dignatus fueris. (p. 177:) maximi concursus ad audi-
endum eum Eomae saepe facti sunt.
10. Apoll. Sidon. ep. I, 1: quem (den Cic.) nee Julius Titianus sub
nominibus illustrium feminarum (fingierte Briefe) digna similitudine expres-
sit. propter quod illum ceteri quique Frontonianorum, utpote consecta-
ncnni aomulati cur veternosum dicendi gcnus imitaretur (das ciceronischc,
statt das neumodische des Fronto), oratorum simiam nuncupaverunt. Die-
ser Titianus ist wohl der Titianus senior qui provinciarum libros pulcher-
rimos scripsit et qui dictus est simia temporis sui, quod cuncta esset
imitatus (Capitolin. Maximin. 27, 5). Jene libri sind wohl die chorog^aphia
bei Serv. Ae. IV, 42 (Barcaei . . secundum Titianum in chorographia
Phocnicem . . superavere), vgl. ib. XI, 651 und Isid. origg. IX, 2, 64 über
die Amazonen (unimammas). Auch das Fragment über den Aetna bei
Gregor. Turon. de cursu stell. 30 (ed. Haase 1853, p. 14: meminit et huius
montis et ille Julius Titianus his verbis etc.), vgl. A* Mai, coli. Vat. III.
822 I^ic Kaiserzeit. Zweites Jahrhunderfc. M. Aureliua.
}). 239: ist wohl daraus. Ihm gilt daher wohl Cassiod. diviu. Icct. 25:
cosmographiae quoqiic notitiaiu vobis percurrendam esse . . suademus; . .
quod vobis proYCnict absolute si libellum Inlii oratoris . . studiose legere
fcstinetis. Vgl. Auson. epist. 16, 81 (oben 27, 2), wonach aesopiam trizne-
triam vertit (in, Prosa) fandi Titianus artifez. Auch der TitianuB welcher
über Rhetorik schrieb (Isid. origg. II, 2, 1) ist wohl er (vgl. Serv. Ae. X, 18:
Titianus et Galvus, qui themata omnia de Vergilio elicuerunt et adforma*
nint ad dicendi usum) und nicht sein Sohn (unten 375, 8). Dann ist auch
glaublich dass sich auf ihn besieht Diomed. I. p. 368, 26 K.: Titianus
(libri: tyrannus) de agri cultura primo. Vgl. Macrob. III, 19* 6. Fr. Haase,
Greg. Tur. etc. Breslau 1853. 4. (Geburtstagsprogr.) p. 37 f.
11. Ungefähr aus dieser Zeit ist wohl auch'Bomanius lovinus, rhetor
eloquii latini, dem seine dankbaren Erben die Grabschrift setzten: Condi-
tus hau RomaniuB est tellure lovinus, docta loqui doctus quique loqui do-
cuit. Manibus infernis si vita est gloria vitae, vivit et hie nobis ut Cato
vcl Cicero. Orelli-Ucnzen 5606 aus Rom.
12. Capitol. Helv. Pert. 1, 4 f.: puer litteris elementariis et calculo
imbutus, datus etiam graeco grammatico atque inde Sulpicio Apollinari
(oben 353, 2), post quem idem Pertinax grammaticen professus est. sed
cum in ea minus quaestus proficeret, per LoUianum Avitum, consularem
virum (Cos. 144 n. Chr.), . . ducendi ordinis dignitatem petit. 2, 1: hello
parthico (J. 163 fF.) promcritus etc. Geboren war Pert. 1 Aug. 126, Cos. 179
und 192; drei Monate lang Kaiser und ermordet J. 193 => 946 d. St.
340 361. Für viele Gebiete des Wissens wie für die Eenntniss
ihrer Zeit von hoher Wichtigkeit sind die zwanzig Bücher
Noctes atticae die wir von A. Gellius (um 125 — 175 n. Chr.)
besitzen. Obwohl selbst von beschränktem Geiste, kleinlich und
blind in seiner Bewunderung wie in seinen Abneigungen, hat
Gellius mit treuem Fleiss und redlicher Gewissenhaftigkeit ge-
sammelt und zusammengestellt was er aus Unterredungen und
Büchern über alte Literatur und Sprache, Recht und Philosophie
und auch Naturwissenschaft gelernt hatte. Die Ordnung ist eine
zufällige, die Sprache nüchtern, aber durchzogen von alterthüm-
lichen Ausdrücken. Vom achten Buche ist nur die Inhalts-
übersicht auf uns gekommen.
1. Leben und Bildungsgang. Gellius XYIII, 4, 1: cum iam adules-
centuli Romae praetextam et puerilem togam mutassemus (15—17 J. alt)
magistrosque tunc nobis nosmet ipsi exploratiores quaereremus, . . Apolli-
naris Sulpicius (oben 353, 2) etc. VII, 6, 12: adulescens ego Romae, cum
ctiamtum ad grammaticos itarem, audivi Apollinarem Sulpicium, quem in
primis sectabar, . . Erucio Claro praef. urbi (oben 353, 5) dicere. XX, 6, 1:
percontabar A. S. cum eum Romae adulescentulus sectarer. ib. 15: haec
mcmini mihi Apollinarem dicere eaque tunc ipsa ita ut dicta fiierant notavi.
Auch noch später wandte sich G. in Zweifelfällen am liebsten an S. A.;
S60 f. Schüler des Fronto. Gellius. 823
vgl. XI, 16, 8. XII, 13, 1. XIII, 20, 1 (ego et Ap. S. et quidam alii mihi
aut illi familiareB). Für Rhetorik war des G. Lehrer Antonius lulianas
(oben 346, 1), sowie T. Castricius (oben 346, 2), und auch Fronto von Ein-
fluss (XIX, 8, 1). Vorzugsweise aber fesselte ihn fortwährend Favorinus
(oben 346, 5), vgl. bes. XVI, 3, 1: cum Favorino Eomae dies plerumque
totos eramus tenebatque animos nostros homo ille fandi dulcissimus, atque
eum quoquo iret . . sequebamur. M. Hertz, Kam. Gell. mant. altera (Bresl.
1869. 4.) p. 5—9.
2. Gell, praef. 12: volvendis . . moltis admodum voluminibns per omnia
semper negotiorum intervalla in quibus fiirari otium potui exercitus defes-
susque sum. XI, 3, 1 : quando ab arbitriis negotüsque otium est et motandi
corporis gratia aut spatiamur aut vectamur. XVI, 10, 1: otium erat quo-
dam die Bomae in foro a negotiis etc. XIV, 2, 1: quo primum tempore
a praetoribus lectus in iudices sum (für iudicia privata) libros . . de officio
iudicis scriptos conquisivi, ut homo adulescens (25 J. alt, s. Big. XLII, 1,
57. L, 4, 8), a poetarum fabulis et a rhetorum epilogis ad iudicandas lites
YOcatuB rem iudiciariam . . cognoscerem. XII, 13, 1: cum Bomae a con
sulibuB iudex extra ordinem datus . . essem. J. Steup, de Prob. p. VII. vgl.
p. 77 (vix ante a. p. Chr. 120 videtur natus esse). L. Friedländer setzt des
Gell. Geburt erst um 130 n. Chr.
3. Fortsetzung der Studien als iuvenis (II, 21, 1. 4 vgl. VII, 10, 1.
XII, 5, 4. XV, 2, 3), also ungefähr 30 J. alt und nach dem Richteramto
(A. 2), zu Athen. Gell. I, 2, 1: Herodes Atticus . . accersebat saepe nos,
cum apud magistros Athenis essemus, . . me et cl. v. Servilianum complu-
resque alios nostrates qui Roma in Graeciam ad capiendum ingenii cultum
concesserant. Vgl. XVIII, 2, 1 ff. 13, 1 ff . Hauptsächlich schloss sich G.
hier an Taurus (oben 348, 2) an (XII, 5, 1 f.), kam aber auch mit Pere-
g^inus Proteus (f J. 165) viel zusammen (XII, 11, 1 vgl. VIII, 3). Aufenthalt
in Athen mindestens ein Jahr lang (XVIH, 2, 1: Saturnalia Athenis agita-
bamus, u. 13, 1: Saturnalibus Athenis . . lusitabamus). Vielleicht aus der
Zeit der Rückkehr nach Rom XIII, 13, 1: cum ex angulis secretisque li-
brorum ac magistrorum in medium iam hominum et in lucem fori prt)di8-
sem (XIII, 13, 1) etc.; vgl. A. 2 und I, 22, 6: memini ego praetoris . .
tribunali me forte adsistere.
4. Das Werk des Gellius. Praef. 1: hoc ut liberis quoque meis partae
istiusmodi remissiones essent. (2.) usi autem sumus ordine rerum fortuito
quem antea in excerpendo feceramus. nam proinde ut librum quemque in
manus ceperam . . vel quid memoratu dignum audieram . . promisce ad-
notabam. . . (3.) facta igitur est in his quoque commentariis eadem rerum
disparilitas quae fuit in illis adnotationibus pristinis. . . (4.) sed quoniam
longinquis per hiemem noctibus in agro . . terrae atticae' commentationes
hasce ludere ac facere exorsi sumus, idcirco eas inscripsimus Noctium
esse atticarum. (13.) erunt autem in his commentariis pauca quaedam
scrupulosa et anxia vel ex grammatica vel ex dialectica vel etiam ex
geometria, . . item paucula remotiora ex augurio iure et pontificio. (22.)
Volumina commentariorum ad hunc diem viginti iam facta sunt. (23.) quan-
tum autem vitae mihi deinceps deum voluntate erit quantumque a taenda
824 I^ie Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert. M. Aurelius.
rc familiari procurandoqne cultu liberorum meoruin dabitur otiuin, ea
omnia . . tempora ad colligendas huiuBcemodi memorianim delectatiunculas
conferam. Es scheint aber nicht dass diess zur Ausfahrung kam, vielleicht
weil G. bald nach Vollendung der 20 Bücher starb. Der Anfang der
praefatio wie der Schluss von B. KX ist nicht erhalten, von B. VIU nur die
Capitelüberschriften.
5. Radulphns de Diceto (oben 253, 3 E.) : Agellius scribit anno CLXIX
(F. Rühl, die Verbreitung des Just. S. 33 vgl. 36). Dazu stimmt dass als
Consularen bezeichnet werden Herodes Atticus (Cos. 143), Fronto (Cos. 143),
Erucius Clarus (Cos. 146). Der Umstand dass von keinen Schriften des
Fronto die Rede ist, z. B. nicht (XVI, 19} von dem Arion desselben,
erklärt sich aus der Gewohnheit des G. von Lebenden die er bewundert,
wie Herodes Atticus und theilweise auch Favorinus, nicht Schriften zu
erwähnen, sondern sie selbst persönlich und redend einzufahren (M. Hertz,
mant. alt. p. 7). Wenig erhellt aus XX,' 1,6: trecentesimo anno p. B. c.
tabulae (XII) scriptae sunt, a quo tempore ad hunc diem anni esse non
longe minus DCC (DC? Vogel) videntur. Auch die hin und wieder sich
fmdenden nuper führen bei ihrer Unbestimmtheit nicht weit. Sicher ist
vom Aufenthalte in Italien nuper gebraucht XI, 16, 2. XIII, 13, 1. XV, 4, 1.
II, 24, 2; dagegen XVIII, 2, 7 von den Satumalien in Athen. Vgl. noch
III, 3, 7: nuperrime, cum legeremus Fretum . . Plauti. Die Zusammen-
ätellung des Stoffes scheint sich also über eine längere Zeit erstreckt zu
haben. Vgl. Th. Vogel I. p. 7 — 9. L. Friedländer, de A. G. vitae tem-
poribus, Königsberg 1869. 7 pp. 4.; Sittengesch. III. S. 414—420.
6. Gellius ist eine Famulusnatur: das Bewundern, Schlepptragen,
Applaudieren ist ihm ein Bedürfniss, und er übt es gegenüber von dem
Entgegengesetztesten, gleichzeitig gegen Fronto und Cicero (vgl. XVII, 1, 1 ff.).
Seine Anhänglichkeit an die von ihm Erkorenen hat etwas Rührendes,
> ausser wo sie sich in Geringschätzung derer ausspricht die zu einer andern
Schule gehören. In seiner ebenso gutherzigen wie beschränkten Mittel-
mässigkeit spiegelt er den Charakter seiner Zeit treulich wieder, ihre
wichtigthuerische Geschäftigkeit ohne ernstes Ziel, ihre Verranntheit in
Nichtigkeiten, ihren völligen Mangel an eigenem Geiste, an Productions-
kraft, Urteil und Verstand, ihre Gelehrsamkeit wie ihre Pedanterie. Es
gelingt ihm oft recht anschauliche und (unfreiwillig) ergötzliche Bilder von
dem Treiben in seiner Zeit zu geben. Ausserdem ist für uns seine Anhäufung
von Excerpten aus verlorenen alten Werken von um so grösserem Werthe
weil der Verfasser mit seiner ängstlichen Gewissenhaftigkeit da wo er
wirklich selbst gesehen hat vollen Glauben verdient Freilich ist auch er
von der Sucht seiner Zeit ergriffen gelehrter zu erscheinen als er ist, und
hat wohl Manches aus secundären Büchern entnommen was er aus den
Quellen selbst geschöpft zu haben behauptet. Vgl. Mercklin S. 641 ff.
Kretzschmer p. 13 ff.
7. Vir elegantissimi eloquii et multae ac facundae scientiae heisst Gellius
bei Augustin. de civ. dei IX, 4. Nonius Marcellus und vollends Macrobius
schreiben ihn aus, ohne ihn aber zu nennen. Im Allgemeinen vgl. M. Hertz,
Renaissance S. 35 — 38. Th. Vogel, de A. Geltii vita, studiis, scriptis nar-
361 f. Gellius. Apuleius. 825
ratio et iudiciam, Zittau 1860. 4. p. 1 — 26; de A. Gellii copia .verborum,
Zwickau 1862. 4. p. 1 — 32. J. Eretzscliiner, de A. G. fontibus. I. de auctp-
ribus Gellii grammaticis, Greifswald 1860. 108 pp. Li Mercklin, die Citier-
methode und Quellenbenützung des A. G., Jahrb. f. class. Philol. Suppl. 111
(1860) S. 636—710; A. Gellii capita quaedam ad fontes revocata, Dorpat
1861. 4. M. Hertz, A. G. und Nonius Marcellus, in Fleckeisens Jahrbb.
85, S. 706—726. 779—799.
8. Alle bekannten älteren Handschriften des Gellius enthalten
entweder nur die 7 ersten oder die 12 letzten Bücher. Der Text der
sieben ersten Bücher gründet sich vornehmlich auf eiii palatinisches
Palimpsest der Yaticana, auf Vat. 3452 u. Par. 5765 saec. XIIl, sowie einen
Rottendorf. saec. XH in Leyden; Buch IX bis XX auf Paris. 8664 saec. XIH,
und Voss. 7 (Vossianus maior bei Gronov) in Leyden, sowie ein Berner
Bruchstück saec. XII. Vereinzelt steht der verschollene Buslidianus, wel-
cher beide. Hälften umfasste. Vgl. M. Hertz, Berichte üb. d. Verhandl.
der Berl. Akad. 1847, S. 403 f. 408—417. Schon J. Fr. Gronov hat die
massgebenden Handschriften herausgefunden, und M. Hertz darauf' weiter
gebaut.
9. Editio princeps Rom. 1469 fol. 1472 fol. Ascensiana 1511. 4.
Aldina 1515. Ed. L. Carrio, Paris 1585. Hauptausgabe von J. Fr. und
Jak. Gronovius, Lugd. B. 1706. 4. (Lips. 1762, von J. L. Conradi, 2 Voll.).
Ed. A. Lion, Gotting. 1824. Ex recensione M. Hertz, Lips. (Teubner) 1853.
2 Voll.
10. GeUü quae ad ius pertinent von J. v. Glöden (Rostock 1843),
H. E. Dirksen (d. Auszüge aus d. Schrr. d. röm. Rechtsgel. bei Gell., hinter-«
lassene Schriften I. S. 21—63), M. Hertz (capp. IV, Breslau 1868. 4.). A.
Fleckeisen, zur Kritik der altlatein. Dichterfragmente bei G., Leipzig 1854.
Sonstige Beiträge zur Textkritik und Erklärung von Ch. Falster
(Adnotatt. in Gellii libr. VIII, Hafniae 1721), A. Gramer (ad G. excursus
I— IV, Kiel 1827—1832. 4.), R. Klotz (quaestiones Gellianae, Lips. 1857. 4.),
M. Hertz (Vindiciae G., Greifs wald 1858. 4, ; Ramentorum Gell, mantissae
I. IL, Breslau 1868 f. 4.), Th. Mommsen (ad Gell. IV, 1. 4. in den Sym-
bolae Bethmanno Hollw. oblatae, Berlin 1868) u. A.
362. Unter Antoninus Kus und M. Aurelius lebte und344
schrieb der Platoniker und Rhetor L. Apulejus aus Madaura
in Afriea. In Karthago ^ Athen und durch Reisen gebildet, war
er eine Zeit lang zu Rom als Anwalt thätig, dann in Afriea als
Wanderredner und Lehrer der Beredtsamkeit. Er ist ein echtes
Kind seiner Zeit und seiner Heimat durch die bunte Vielseitig-
keit seines geistigen Strebens und literarischen Wirkens ^ seinen
Mangel an Kritik, seine phantastische Wundersucht, seine eiÜe
Selbstüberschätzung, und den Ungeschmack seiner aus allen
Zeiten und Stilarten zusammengesetzten Darstellung. Aber durch
Lebendigkeit, Originalität und Leichtigkeit der Hervorbringung
826 I^ie Eaiscrzeit. Zweites Jahrhundert M. AareliuB.
nimmt er unter den Schriftstellern des Jahrhunderts einen her-
vorragenden Rang ein.
1. Der Vorname (im cod. Victorianus der apologia und vor de dogm.
Plat.) könnte von dem Helden der Metam. entnommen sein. Apuleius
philoBophus platonicus Madaurensis, de dogm. PI. III. p. 203 Bip. YgL
apol. 10. Augustin. civ. d. YIII) 14: Apuleius Platonicus Madaarensis.
Charis. p. 240 E.: ut apud Apuleium Platonicum de proverbiis scriptum
est libro II. Demnach scheint Plat. einen Theil der Bücheruberschriften
gebildet zu haben. Augustin. civ. dei VIII, 12 : in utraque lingua . . Apu-
leius Afer extitit Platonicus nobilis.
2. Ueber das Leben des Apulejus bis zu seinem Processe (s. A. 3)
gibt die apologia reiche Aufschlüsse. Da der Process noch unter Pius f&llt
(ap. 85), die Frau des Ap. damals 40 J. alt war (ib. 89), und zwischen
Ap. und seiner Gattin grosse Altersungleichheit bestand, so kann Ap. da-
mals nicht mehr als 25 J. alt gewesen sein, seine Geburt mag daher um
125 fallen. Vgl. unten 363, 3. Florid. 18, 86 : pueritia apud vos (Carthag.)
et magistri vos, et secta, licet Athenis Atticis confirmata, tarnen hie
incohata est et vox mea utraque lingua iam vestris auribus ante proximum
sexennium probe cognita. 20, 97: ego et alias crateras (als Grammatik
und Rhetorik) Athenis bibi, poeticae . . , geometriae . . , musicae . . , dia-
lecticae . ., iam vero universae philosophiae. Met. XI, 28: viriculas patri-
monii peregrinationis adtriverant impensae. . . quae res . . victum ube-
riorem subministrabat . . quaesticulo forensi nutrito (in Rom) per patro-
cinia sermonis romani.
3. Auf einer Reise von Madaura nach Alex^dria zu Oea erkrankt,
wurde Ap. dort mit einer reichen Wittwe, Aemilia Pudentilla, bekannt
und heiratete sie. Darüber erbost erhob deren Verwandtschaft gegen Ap.
vor dem Procos. Claudius Maximus (oben 354, 4) eine Anklage auf Zaube-
rei, durch die er die Wittwe an sich gezogen habe. Hiegegen vertheidigt
sich Ap. in der apologia (s. unten 363, 1). Sicher wurde er freigesprochen,
lebte aber (nach dreijährigem Aufenthalt ^ Oea, ap. 55) seitdem zu Kar-
thago, von wo aus er in Africa herumreiste und sich hören Hess. In den
nächsten Jahrhunderten aber trug ihm jenes Abenteuer den Ruf eines
magus und Wunderthäters ein der es mit denen des Christenthums auf-
nehmen könne. Augustin. Ep. n. quaest. VI (Vol. II. p. 426 c ed. Gaumc,
Paris 1838): si hoc quod de lona scriptum est Apuleius Madaurensis vel
ApoUonius Tyaneus fecisse diceretur, quorum multa mira nullo fideli auctore
iactitant. Epist. 136 (ib. II. p. 599 a): Apollonium quidem suum nobis et
Apuleium aliosque magicae artis homines in medium proferunt, quomm
maiora contendunt extitisse miracula. Ep. 138, 18 (ib. p. 623 a): Apollo-
nium et Apuleium ceterosque magicarum artium peritissimos conferre Christo
vel etiam praeferre conantur. Lactant. inst. V, 3, 7: Apuleium, cuius solent
et multa et mira memorari.
4. Augustin. Ep. 138 (II. p. 623 d): Apuleius, ut de illo potissimum
loquamur qui nobis Afris Afer est notior, . . ne ad aliquam quidem iudicia-
. riam reip. potestatem cum omnibus suis magicis artibus potuit pervenire,
362. ApuleiuB (Leben und Charakter). 827
honesto patriae saae loco natiis et liberaliter educatus inagnaque praedi-
tue eloquentia. . . sacerdoB provinciae pro magno foit ut munera ederet
. . et pro statua sibi ad Oeenses locanda . . adversus contradictionem
quorundam civium litigaret. quod posteroB ne lateret, eiusdem litis oratio-
nem Bcriptam memoriae commendavit. Apul. Flor. XVI: vobis occipiam,
principes Africae viri, gratias agere ob statuam quam mihi praesenti
honeste postulastis et absenti benigne decrevistis etc. ib. (72 — 74 Oud.):
testimonia mihi perhibuit in curia Carthaginiensium non . minus splendi-
dissima quam benignissima vir consularis. . . nam . . libello miseo, per
quem postulabat locum celebrem statuae meae, . . commemoravit inter
no8 iura amicitiae a commilitio studiorum eisdem magistris honeste incohata.
. . quin etiam commemoravit et alibi gentium et civitatium honores mihi
statuarum et alios decretos. . . etiam docuit argumento suscepti sacerdo-
tii Bummnm mihi honorem Carthagini adesse. . . Aemilianus Strabo, vir
consularis, brevi votis omnium fiituruB proconsul, sententiam de honoribuB
meis in curia Carthaginiensium dixit etc. Ueber das weitere Leben und
die Todeszeit, von Ap. ist nichts bekannt.
5. Apol. 55: sacrorum pleraque initia in Graecia participavi. , . multi-
iuga Sacra et plurimos ritus et varias cerimonias studio veri et officio erga
deos didici. 63: morem habeo quoquo eam simulacrum alicuius dei inter
libellos conditum gestare eique diebus festis ture et mero et aliquando
victimis supplicare. Das Geflissentliche und Ostentatorische dieser Werk-
heiligkeit erklärt sich theils aus abergläubisch mystischem Wesen und
Geheimnisskrämerei theils aus Opposition gegen das allmählich um sich
greifende Christenthum, welchem Ap. abgeneigt war; s. Met. XI, 14: nee
vel nnum vitium nequissimae illi feminae deerat: . . saeva scaeva, virosa
ebriosa, pervicax pertinax, . . inimica fidel, hostis pudicitiae. tunc spretin
atque calcatis divinis numinibus in vicem certae religionis mentita sacrilega
praesumptione dei quem praedicaret unicum confictis observationibus vacuis
fallens omnes homines etc. Auch der Piatonismus der Zeit, zu welchem
Ap. sich bekannte (A. 1), war ein solcher mystischer; vgl. Flor. 15 (60 f.
Oud.): noster Flato, nihil ab hac secta (des Pythagoras) vel paululum
devius, pythagorissat in plurimis. aeque et ipse, ut in nomen eins a magi-
stris meis adoptarer, utrumque (Eeden und Schweigen) meditationibus acade-
micis didici.
6. Apol. 4: accusamus apud te philosophum et tam graece quam
latine disertissimum. Met. I, 1: in urbe latia advena studiorum Quiritium
indigenam sermonem aerumnabili labore, nullo magistro praeeunte, ag-
gressus excolui. en ecce praefamur veniam si quid exotici ac forensis
sermonis rudis locutor offendero. Einen fremdartigen Charakter hat die
Darstellung des Ap. immer behalten, bei aller Gewandtheit womit er die
Sprache beherrscht. Namentlich fdhlt er nicht wie wunderlich sich plau-
tinische Worte und Wendungen in einer ernsthaften Bede ausnehmen.
Dazu die Ueberladung mit rhetorischen Figuren aller Art, das gespreizte
Pathos und die manierierte Künstlichkeit. Erdmann, de Apulei elocutione,
Stendal 1864. 4. H. Eretschmann,. de latinitate Apulei, Königsberg 1865
140 pp. Th. Jeltsch, de Apulei Floridis (Breslau 1868) p. 3—32.
828 I>ie Kaisci'zeit. Zweites Jahrhundert. M- Aurelius.
7. Apul. Flor. 9 (31 Oud.): plura mea extant in Camenis quam Hip-
piae in opificiis operibus. ib. (37 Oud.): fateor uno chartario calamo me
reficere poemata omnigenus, apta virgae {(dßdog, also Epen), lyrae, socco,
cothumo, item satiraa ac griphos, item historias varias remm, nee non ora-
tiones laudatas disertis, nee non dialogos laudatos philosophis, atqae haee et
alia eiusdem modi tarn graece quam latine, . . simili stüo. 20 (98 Oud.):
eanit Empedocles carmina, Plato dialogos, Socrates hymnos, Epicharmus
modoB (? mimo8? comoedias?), Xenophon historias, Xenophanes satlras:
Apuleius vester haec omnia novemque Musas pari studio colit. Zur Zeit
seiner Anklage (s. A. 3) hatte Ap. nicht nur Öffentliche Beden gehalten
und herausgegeben (Apol. 65. vgl. 73. 24. 33 extr.), sowie Naturales qnae-
stiones in griechischer und in lateinischer Sprache veröffentlicht (ib. 36. 38),
sondern auch Gedichte gemacht, wovon Proben ib. 6 (e ludicris meis epi-
stolium de dentificio, Trimeter Über ein Zahnpulver, an einen Calpnmius
gerichtet) und ib. 9 (versus amatorii, in elegischer Horm, gesuchter kfinst-
1 icher Preis der Söhne des Scribonius Laetus unter den Namen Charinus
und Kritias, vgl. Auson. Idyll. XIII s. f. : esse Apuleium in vita philosophum,
in epigrammatis amatorem); dazu Aesculapü hymnus graeco et latino car-
mine, cui dialogum similiter graecum et latinum praetexni (Flor. 18 =«
91 Oud.). 24 Senare L. Apulei (UvBx6fiEvo£, Ex Menandro) von lascivem
Tone Anthol. lat. 712 R.
8. Sonstige Schriften: ein iifmtixog (Lyd. magg. III, 64), Hermagoras
(nach den Ueberresten bei Priscian vielleicht ein Roman wie die Meta-
TOorph.); Epitoma historiarum (Priscian. II. p. 482 Htz.; vgl. I. p. 250 f.:
Apuleius in Epitoma); Schriften über Arithmetik tnaclrNikomachus, s. Cas-
siod. de arithm. zu Ende und Isid. Orig. III, 2), Musik (Cassiod. de mus.
z. E.), über Astronomie (Lyd. de mens. IV, 7. 73 u. de ostent. 3. 4. 7. 10.
44. 54), medicinalia (Priscian. VI, 11. p. 203, 14 H.), de arboribus (Serv.
Verg. Ge. II, 126) und anderes Landwirtschaftliche (Phot. bibl. cod. 163.
Pallad. R. R. I, 35, 9. Geopon. I, 14. XIII, 5 und sonst; s. 0. Jahn, Be-
richte der Sachs. Ges. d. W. 1850, S. 286. E. Meyer, Gesch. der Botanik
II. S. 196 f); endlich auch eine Bearbeitung des platonischen Phaidon
(Ap. Sidon. epist. II, 9. Priscian. X, 19. p. 511 H.), sowie eine Schrift de
proverbiis (s. A. 1). Ap. Sidon. ep. IX, 13: a platonico Madaurensi formnlas
mutuare convivalium quaestionum etc.
9. G. F. Hildebrand, de vita et scriptis Ap., Halle 1835 und vor sr.
Ausgabe des Ap. 0. Jahn, Berichte d. sachs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 283
—287. Chr. Cavallin, de L. Ap. scriptore latino adversaria, Lund 1857.
54 pp. E. Goumy, de A. fabularum scriptore et rhetore, Paris 1859. W.
Teuffei in Pauly's Rcal-Enc. I, 2. S. 1348—1353. M. Hertz, Renaissance
S. 32—34.
345 363« Von den zahlreichen Schriften des L. Apulejüs in
griechischer und lateinischer Sprache, Versen wie Prosa, sind
erhalten 1) Apologia, Selbstvertheidigung aus Anlass der
Anklage auf Zauberei, nachträglich ausgeführt, mit redseligem
Behagen und lebhaftem Gefühle seiner üeberlegenheit und
362 f. ApuIeiuB (Schriften). 829
Wichtigkeit. 2) Florida, eine Blumenlese aus Reden und
Declamationen des Apulejus, von gemischtem Inhalt, aus Ge-
schichte und Philosophie, Natur und Leben. 3) Metamorphoseon
libri XI, ein phantastisch satirischer Sittenroman, verfasst unter
M. AureUus und dem Lukios des Lukianos nachgebildet. Den
Inhalt bilden die Erlebnisse eines Menschen welcher aus Versehen
durch Zauberei auf längere Zeit in einen Esel verwandelt wurde,
unter Einflechtung von allerlei Erzählungen und namentlich des
Märchens von Amor und Psyche. 4) de deo Socratis, eine
wortreiche Darlegung der platonischen Lehre von Gott und den
Dämonen. 5) Drei Bücher de dogmate Piatonis, von denen aber
das dritte vielmehr die formale Logik nach Aristoteles behandelt.
6) de mundo, nach -Theophrast gearbeitet.
1. Apologia sive de magia über. AuguBtin. civ. dei YIII, 19: hnius
philosophi plätonici copiosiasima et disertissima extat oratio, qua crimen
artium magicarum a se alienum esse defendit. Vgl. oben 362, 2 u. 3. Die
Bede nimmt den Schein an als wäre sie so vor Gericht gehalten, was aber
unmöglich ist. Die frivole, theilweis alberne Begründung der Anklage
(z. B. mit dem Besitze eines Spiegels, c. 13 ff.) machte dem Redner seine
Arbeit leicht, und er benützt um so mehr die Gelegenheit sich selbst ins
Licht zu stellen. Sonderausgaben von Casaübonus (Heidelberg 1594. 4.),
Pricäus (Paris 1636. 4.); Commentar yon Gentilis, Hannover 1607. 550 pp.
Edidit G. Krüger, Berol. 1864. Vgl. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1865,
S. 1645—1560.
2. Die Florida 'sind wörtliche grössere Auszüge aus den heraus-
gegebenen Vorträgen des Ap., angefertigt in unbekannter Zeit und sowohl
nach stofflichen wie nach formellen Bücksichten. Die Anfänge fehlen oftj
einige Male auch der Schluss. Inhalt, Bestimmung und Charakter der
einzelnen Stücke ist verschieden; neben Proben des floridum genus im
Sinne des Ap. auch solche von verhältnissmässig einfacher Darstellung.
Ebenso werden die Stücke aus verschiedener Zeit sein; Nr. 17 ist aus der
de? Antoninus Pius, da der dort gepriesene procos. Africae (Ser.) Scipio
Orfitus im J. 149 n. Chr. das Consulat bekleidete. Nr. 12 ist aus einer
chorographia nach Plinius (oben 308, 7) geschöpft; Mommsen Solin. p. XXII
— XXIV. Der Titel Flor, wird wohl erst von dem Excerptor herrühren.
Unbekannt ist ob die Auswahl vollständig erhalten ist und wann die (dem
Excerptor noch fremde) Eintheilung in vier Bücher erfolgte. Apulei Flori-
dorum quae supersunt ed. Gust. Krüger, Berolin. 1865. 4. AI. Goldbacher,
de L. Apul. Mad. Ploridorum quae dicuntur origine (p. 3 — 21) et locis
quibusdam corruptis (p. 21—36), Lips. 1867. Th. Jeltsch, de Apulei Floridis
(über die Gleichheit des Sprachgebrauchs mit dem der übrigen Schriften
des A.), Breslau 1868. Beiträge zur Textkritik von H. Müller, Rhein. Mus.
XXII. S. 463 f. 645—648. XXIII. S. 445—453.
3. Die Metamorphosen sind jedenfalls nach der Apologie verfasst.
830 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrbundert. M. Aurelius.
M
0
Zeitandeatung I, 2: a Plutarcho illo inclito ac moz Sexto pfailoBopbo
nepote eius. Vgl. oben 354, 2. Zeitgrenze: Capitol. Clod. Alb. 12, 12:
cum ille neniis quibusdam anilibus occupatus inter milesias ponicas Apnlei
sui (auch Albinus war ans Africa gebürtig) et ludicra litteraria consenesceret
(Albinus f 197). Anfang des Werkes: at ego tibi sermone isto milesio
varias fabnlas conseram . . : figuras fortunasque hominuib in alias imaginea
conTersas et in se rursum . . refdbtas ut mireris. ezordior. . . fabolam
graecanicam incipimus. Ueber die Verwandlung von Menschen in Tbiere
mit Beibehaltung des menschlichen Bewussteeins , aber ohne menschliche
Sprache (wie schon üdyss. x, 239 f.), s. Augustin. civ. d. XVIII, 17 f., wo (c. 18):
et nos cum essemns in Italia audiebamus talia de quadam regione illarum
partium, ubi stabularias mulieres . . dare solere dicebantnr . . viatoriboa
nnde in iumenta illico yerterentur . . ; nee tarnen in eis meutern fieri bestia-
lem, sed rationalem humanamque servari, sicut Apuleius in libris quos
Asini aurei titulo inscripsit sibi ipsi accidisse ut . . asinus fieret aut indi-
cavit aut finxit. Letzteres Missverständniss ist dadurch veranlasst dass der
Held seine Abenteuer selbst erzählt. Der Stoff ist vollkommen gleich mit
Lukian's Aoviuog rj Xhog: nur die Namen sind verändert und statt des
heiteren Schlusses von Lukian ein ernsthaft phantastischer, aber sehr un-
passender angefügt. Sonst ist Manches was gegen die Speculationen auf
die Wundersucht der Zeit gerichtet ist aus dem griechischen Originale bei-
behalten; daher um so weniger zu bezweifeln ist dass dieses Original die
Schrift LukiAis war und nicht die (selbst abergläubische) des angeblichen
Lukios aus Paträ; s. W. Teuffei, Studien u. Charakt. S. 446 — 457, vgl. £.
Bohde, über Lukian's Schrift Aov%ios u. s. w. (Leipzig 1869) S. 14 — 18.
Verwandte Erzählungen sind aber schon älter; vgl. Met. X, 22 «» Lukian.
Aov%. 51 mit Charis. p. 223, 14 E.: Sisenna Milesiarum XIII (oder XIV):
ut eum paenitus utero suo recepit. Ausser dem ist aus andern (griechischen)
ünterhaltungsbüchern , auch wohl wirklichen Vorgängen der letzten Zeit,
eine Anzahl von Spuk-, Räuber- und Schmutzgeschichten unorganisch ein-
geflochten, sowie (IV, 28 — VI, 24) die bella fabella von Amor und Psyche,
deren Kern wohl in den Orient zurückreicht, die aber in der vorliegenden
Gestalt sicher nach einem griechischen Originale gearbeitet ist, unter starker
Romanisierung im Einzelnen (W. Teuffei a. a. 0. S. 451 f.). Auch ausser
dem Schlüsse hat Ap. wohl Manches in dem Werke aus sich selbst hinzu-
gefügt. Sein eigen ist jedenfalls der geschraubte und gezierte Ton der
Darstellung. Für die Sittengeschichte ist das Werk sehr wichtig und
öfters auch heiter zu lesen. Specialausgaben: Bonon. 1500 foL (cum Be-
roaldi commentariis). Venet. 1501. fol. Ed. Pricaeus, Goud. 1650. Reo.
Fr. Eyssenhardt, Berlin 1869. Uebersetzt von Sieder (Frankfurt 1605) und
Rode (Berlin 1783, 2 Thle). Fabula de Psyche et Cupidine rec. I. C. Orelli,
Zürich 1833; rec. et emend. 0. Jahn, Lips. 1856. 16. Deutsch von F. Pres-
sel, Ulm 1864. 0. Jahn, Novelletten aus Apulejus; in seinen populären
Aufsätzen aus d. Alt. Wiss. (Bonn 1868) S. 75—114.
4. Augustin. de civ. d. VIII, 14: Apuleius Platonicus Madaurensis de
hac re sola unum scripsit librum cuius esse titulum voluit de deo Socra-
tis, ubi disserit et exponit ex quo genere numinum Socrates habebat
363. Apuleius (Schriften). 831
adiunctum etc. dicit enirn apertiesime et copiosissime asserit non illum
deum faisse, sed daemonem, diligenti dispntatione pertractans iBtam Plato-
nis de deorum sublimitate et hominnm humilitate et daemonum medietate
sententiam. Priscian. X, 17 (p. 509, 9 H.): Apuleius in dialogo qui est de
deo Soeratis. Recens. M. Buckley, London 1844. Beitiftge zur Textkritik
von A. Goldbacher, Ztachr. f. d. Ostreich. Gymn. XIX. 1868. S. 803 — 818.
5. De dogmate Piatonis libri III. Das erste Buch behandelt das
äussere Leben Platon's und seine Naturphilosophie; das zweite, an Fausti-
nus filins gerichtete, desseh Ethik. Das dritte, de philosophia rational i
sive ^£^1 EQfiTivsiag, handelt die Logik, statt nach Piaton, vielmehr in
dürrster Weise nach Aristoteles und den Peripatetikem ab, kann daher
nicht wohl von dem Platoniker Apulejus herrühren und fehlt auch in den
besten Handschriften. Hildebrand I. p. XLIY meint es sei durch einen
Grammatiker des dritten oder vierten Jahrh. . (weil schon Cassiodor das
Buch citiert) der Schrift des Ap. zur Ergänzung hinzngefflgt. Dagegen
0. Jahn (Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1850, S. 282 f.) und C. Prantl
(Gesch. der Logik im Abendlande I. S. 579 S.y halten an der Urheberschaft
des Ap. fest, indem 0. Jahn die Schrift als Theil eines encyklopädischen
Werkes aufFasst. A. Goldbacher^ zur Kritik ü. Erkl. von Ap. de dogm. PL,
Wien 1871 (Sitzuugsber. der Wiener Ak., philologisch-hist. GL LXVL
S. 159—192).
H. Eoziol, zur Kritik u. Erkl. der kleineren Schriften des Ap., im
sechsten Jahresbericht des Leopoldstädt. Gymn. in Wien 1870, S. 22 — 39.
6. Augustin. de civ. dei IV, 2: quae . . Apuleius breviter stringit
in eo libello quem de mundo scripsit. Die Schrift ist gleichfalls an
Faustinus gerichtet und enthält viel specifisch Römisches; s. c. 35. 37.. 14
extr. (Catonem in libris Originum). 5 (in nostro mari). 17 (ut Vesuvius
noster solet). Hölscher, über das Buch des Ap. de mundo, Herford 1846. 4.
Im Proömium: quare nos [Aristotelem prudentissimum et doctissimom
philosophorum et] Theophrastum auctorem secuti fehlen die eingeklam-
merten Worte in den besten Handschriften. Vielleicht sind sie ein Zusatz
eines Grammatikers welcher die pseudo- aristotelische Schrift nsQl %6eiiov
für die Hauptquelle hielt. Sehr wenig glaublich ist dass, wie A. Stahr
(Aristot'eles unter den Römern S. 164 ff.) und Barthöldmy St. Hilaire (Ueber-
setzung.der Meteorolog. des Aristoteles, Paris 1863, p. 325 — 355) meinen,
vielmehr die Schrift «sql Koafiov eine griechische Bearbeitung von der des
Apul. aas dem dritten oder vierten christl. Jahrh. sei. Vgl. Hildebrand in
seiner Ausg. des Ap. I. p. XLIV— XLIX. Die Ansicht von Fr. Adam (de
auctore libri pseudo-aristot. neql noofiov^ Berol. 1861), dass sowohl die
lateinische als diä griechische Redaction von Ap. herrühre, hat gegen sich
dass die lateinische offen an Faustinus gerichtet ist, während die griechische
eine Anrede an Alexander M. fingiert.
7. Ausserdem trägt in den Handschriften den Namen des Ap. -a) eine
lateinische Uebersetzung eines Gesprächs über Gott, Welt und den Men-
schen, betitelt Asclepius, weil darin Hermes Trismegistus mit Asklepios
sich unterredet. Diesen Bestandtheil der Hermesliteratur kannten in dieser
lateinischen Bearbeitung schon Lactantius (Inst. VII, 18) und Augustinus
S32 Di6 Eaiserzeit. Zweites Jahrhunclert. M. Aurelius.
(de civ. dei VIII, 23. 24. 26. Orat.' de haeres. V, 2), ohne sie aber mit
der Person des Ap. in Verbindung zu bringen, wovon auch vemünftdger
Weise nicht die Rede sein kann. Das ziemlich absurde neuplatonische
Product yerräth entschiedenen Einfluss des Christenthums. Material bei
Hildebrand 1. p. XLIX-LIV.
b) Die wahrscheinlich aus dem fönfben, vielleicht schon dem vierten
christlichen Jahrh. und aus Africa (s. c. 84. vgl. mit Plin. N. H. XX, 10, 43)
stammende Compilation besonders aus Dioskorides und Plinius, betitelt de
herbarum virtutibus (medicaminibus) , 128 — 131 Capitel, wovon ein Theil,
de betonica, auch selbständig und ins Angelsächsische übersetzt wurde;
herausgg. (öfters als Apuleius Barbarus) besonders in Parabilium medicani.
ßcriptores antiqui, ed. I. C. G. Ackermann (Norimb. 1788), vgl. Choulant,
Bücherk. d. alt. Med. S. 213 f. E. Meyer, Gesch. d. Botanik n. S. 316—327.
L. Spengel im Philologus XXI. S. 120—122 und L. Mfiller, Rhein. Mus.
XXIII. S. 187 — 190 (über den cod. Leid, davon aus saec. VI).
c) de remediis salutaribus (Excerpte aus Plinius Naturgesch. XIX. und
XX., 8. Sillig Quaest. Plin. I. p. 8 ff. E. Meyer a. a. 0. S. 327 f.), wovon
ein Fragment, e cod. Salmasiano nunc primum editum, in Silligs Pliniusausg.
Vol. V in. vgl. p. XLI, und emendiert von M. Haupt, Hermes IV. p. 166 f.
d) Wenig überzeugend sind die Gründe aus denen Val. "^Rose (Anec-
dota graeca I, Berlin 1864, S. 61—102; Text p. 103—169, vgl. Aristoteles
pseudepigr. p. 696 ff.) eine anonyme lateinische Schrift über Physiognomie,
nach Polemon mit Zusätzen aus Eudoxos und Aristoteles, dem Ap. zu-
getheilt hat. Indessen scheint sie spätestens in der Mitte des dritten
christl. Jahrh. geschrieben zu sein. H. Sauppe, Götti. Gel. Anz. 1866, S. 22 f.
und (zur Textkritik) S. 23—26.
8. Von den Handschriften der Werke des Ap. ist die wichtigste
Flor. 3 =» Laur. LXVIII, 2 (P bei 0. Jahn, Krüger u. Eyssenhardt) saec. XI.
Aus ihm stanmien alle andern, auch Laur. XXIX, 2 (9 bei Jahn u. s. w.)
saec. XII, der aber älter ist als -die secunda manus (f) des F. Die andern
sind interpoliert. H. Keil, Observationes (oben 121, 1) p. 77 — 81. Ver-
zeichniss derselben bei Hildebrand I. p. LX ff. ^
9. Ausgaben. Ed. princeps Rom. 1469. Junt. 1512. 1522. Cum
comm. Phil. Beroaldi, Bonon. 1500. Aldina 1521. Emend. illustr. P. Colvius,
Lugd. Bat. 1588. 2 Voll. Post Colvii ed. expurg. B. Vulcanius, Lugd. B.
1594. Ed. sec. (cura Jos. Scaligeri) ib. 1600. Cum nott. varr. 1614. 2 Voll.
Rec. Elmenhorst, Frankfurt 1621. Ed. J. Floridus, Paris 1688. 2 Voll.
Ed. Bip. 1788. 2 Voll. Hauptausgabe von F. Oudendorp, Lugd. B. 1786
— 1823. 3 Voll. 4. Samnaelansgabe jyon G. F^jgildebrand^ Lips. 1842.
2 Voll. 8. Ed. minor, Lips. 1843. L. Spengel, die griechischen Stellen im Ap.,
Rhein. Mus. XVI. S. 27—37. Oeuvres completes d'Apul^e," trad. en frau^ais
))ar V. B^tolaud, Paris 1835. 3 Voll. Nouvelle Edition entierement refon-
due, Paris 1862. 2 Voll.
10. Die mageren Schriften des sogen. Apuleius minor frühestens saec. X^
de nota aspirationis und de diphthongis, hat F. Osann (p. 87 — 146) zu-
sammen mit L. Caecilii Minutiani Apulci de orthographia fragmonta
363 f. ApuleiuB (Schriften). Juristen: Cervidius Scaevola u. A. 833
(p. 3 — 13; animadversiones d&zu p. 14 — 83), Darmstadt 1826 (XXXIV u.
168 pp.) herausgegeben. Dass aber letztere (zuerst herausgg. von A. Mai,
Rom 1823), worin mit Citaten aus allen möglichen untergegangenen Schrif-
ten geprunkt wird, ein Machwerk aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrh. sind
hat Madvig nachgewiesen, Opusc. acad. I. p. 1 — 26 und (gegen Osann, in
Jahn's Jahrbb. XIII. S. 306—837) p. 26 — 28. Vgl. R. Merkel in sr. Ausg.
der Ibis p. 384 ff.
«
364« Als Juristen waren unter M. Aurelius noch ins46
Tbätigkeit Maecianus^ Ulpius Marcellus u. A. Zu diesen gesellte
sich jetzt besonders Q. Cervidius Scaevola, der Lehrer des
Papinian. Seine Schriften, namentlich die vierzig Bücher Digesta,
sind in den Pandekten stark benutzt Sie schlössen sich äusser-
lich meist an Julians System an^ dasselbe auf der Grundlage
gegebener Fälle weiterbildend. In- derselben Zeit verfasste
Papirius Justus eine Sammlung kaiserlicher Constitutionen und
schrieb Patemus ein Werk de re militari. Ein jüngerer Zeit-
genosse derselben war wohl Papirius Fronto.
1. Capitol. M. FhiloB. 11, 10: usus est Scaevola praecipue iuris perito.
Spartian. Carac. 8, 3: memoriae traditur . . eum (Papinian) cum Severe
(dem nachmaligen Kaiser Septimius Sev.) professum sub Scaevola. Dig.
XXXVI, 1, 22 pr.: Scaevola divum Marcum in auditorio . . iudicasse refert.
Dass er aber schon, unter Pins gewirkt habe geht aus seiner Anföhrung
von Imp. Antoninus Pius libertis Sextiae Basiliae (Dig. XXXTV, 1, 13, 1)
nicht hervor. Tryphoninus und Paulus nennen ihn regeln^s^ '^caevola
noster, Paulus einmal (Dig. XXYIII, 6, 38, 3) sogar Q. Cßrvidius Scaevola
noster (dicebat), woraus folgt dass diese von ihm Schüler waren, nicht
aber dass sie noch bei seinen Lebzeiten schrieben; s. Th. Mommsen, Ztschr.
f. Kechtsg. IX. S. 115 f.
2. Hauptschrift des Scaevola: Digestorum libri XL, verfasst in der
ersten Hälfte von M. Aurels Regierung (Fitting S. 26); unter Ck>mmodus
(vor dem J. 195) Besponsorum libri VI und Quaestionum libri XX, letztere,
wie es scheint, mit ausführlicher Entwicklung der Gründe fBr die in jenen
Werken gegebenen Rechtsentscheidungen. Ausserdem: lib^ singularis
quaestionum publice tractatarum; libri IV Begularum (vgl. A. 4). Die
Excerpte aus diesen Schriften (an 307 Stellen) bei Hommel, Palingenesia IL
p. 413—491. Nur citiert werden Scaevola's Notae ad luliani Digesta und
Notae ad Marcelli Digesta (ib. p. 457. 491 f.), und nur im Index Floren-
tinus genannt wird sein liber singularis de quaestione familiae. An Clau-
dius Tryphoninus und Paulus fand Scaev. Commentatoren.
3. Modestinus Dig. XXYII, I, 13, 2: ovtmg %al KeffßÜMg IhucißoUs
xal UccvXog %al Jofiiriog OvXitutvog , ot %o^(pcciot xAv voiUTuivy yifdq>ovaiv.
Tryphon. Dig. XXXV, 1, 109: magno ingenio de iure aperto respondit
Cod. Theod. IV, 4, 3, 3 nennen ihn die Kaiser Arcadius und Honorius
auctorem prudentissimum ictoinim. Fremde Ansichten werden in den
Tkuffkl, RQm. Literaturgetchiohte. 8. Auä. 53
834 Die Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert. M. Aurelius.
Ueberresten der Digesta des Scaev. (bei Hommel p. 413—457) fast niemals
berücksichtigt, desto häufiger aber wird von vorgekommenen Fällen aus-
gegangen; wohl eine Folge des Anschlusses an Julians Werk. Dagegen in
den Quaestiones werden Vorgänger nicht selten genannt.
4. J. 0. Westenberg, de iurisprudentia Q. C. Sc, Lugd. B. 1734. 4.
(=B Trias opusc. acad. ed. Püttmann, Lips. 1795). J. L. Conrad!, de vita
et scriptis Q. C. Sc, Lips. 1754 f. 4. (»» Opusc I). Zimmern, Gesch. d.
röm. Privatr. I, 1. S. 359—361. Rudorff, röm. Rechtsg. S. 186 f. Fitting,
Alter d. Schrr. S, 25—27.
5. Dositheus gibt im dritten Buche seiner 'EQfirivBVfiarci (unten 370, 5)
unter der Ueberschrift av/ygcifiiicetiov vofunov (uxXicxa neoi ilsv&sifdcsatv
= disputatio forensis maxime de manumissionibus einen Abschnitt, aus dem
Werke eines Juristen, theilweise mit griechischer Uebersetzung. Es wird
daher fragmentum Dositheanum genannt oder, nach seinem Inhalte, fragm.
de iuris speciebns et manumissionibus. Da das Stück einem Begulae be-
titelten Werke entnommen scheint (3: regulas igitur exequenti quae ad
haec studia peitinent) , so hat Dirksen den Gäjus für den Verfasser erklärt,
Lachmann und Rudorff (röm. Rechtsgesch. I. S. 194. 242) den Paulus, Voigt
den PomponiuB, Huschke aber (lurisprud. anteiust.' p. 341 f.) den Seae-
vola, weil in dessen Ueberresten sich besondere Berücksichtigung des Grie-
chischen wahrnehmen lasse. Abdruck jenes Stückes in den Ausgaben des
Dositheus von E. Böcking (Bonn 1832. Corpus iuris anteiust. p. 193 ff.
ülpiani fragm., Lips. 1855, p. 159 ff.) und bei Huschke, lurisprud. anteiust.'
p. 343—350.
6. Ueber Claudius Satuminus s. oben 356, 6.
7. Papirius lustus de constitutionibus libri XX nach Index Flor.
In den Digesten sind aus B. I, II und VIII Stellen angeführt (s. Hommel,
Paling. I. p. 617 — 619). Die aus den beiden ersten Büchern beginnen alle:
Imperatores Antoninus et Veras Augg. rescripserunt, sind also aus J. 161
— 169; das Fragment aus B. VIII (Dig. II, 14, 60) beginnt: Imp. Antoninus
Avidio Cassio rescripsit, stammt somit aus J. 169 — 175. Wenn daher das
Werk die chronologische Ordnung befolgte, so wären die ersten Bücher
unter den divi fratres, die weiteren unter 'M. Anrel herausgegeben worden.
Das letzte Drittel konnte dann unter Commodus verfasst sein und dessen
Constitutionen enthalten. A. C. Stockmann, Pap. I. fragmenta illnstrata,
Lips. 1792. 4. P. E. Piepers, de P. L icto, Lugd. B. 1824. 4. Zimmern,
I, 1. S. 155 f. 356. Rudorff, Rechtsgesch. I. S. 185. 274. Fitting, Alter
d. Schrr. S. 24 f. Huschke, Zeitschr. f. Rechtsgesch. VI. S. 281. 320. 327 f.
8. Tarrutenius Paternus, unter M. Aurelius dessen ab epistulis
latinis (Dio LXXI, 12: TaQQOvtT^vi^ov öh ndtsgvov tov tag ini^atolocg avroif
tag XatCvag Sia x^^Qog ex^*^*^) ^^^ zugleich siegreicher Befehlshaber gegen
die Markomannen, noch unter Commodus praef. praet., aber auch hin-
gerichtet; s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc V. S. 1223 f. Sein Werk de
re militari umfasste nach dem ind. florent. 4 Bücher. Zwei Stellen aus
B. 1 u. II Dig. XLIX, 16, 7. L, 6, 6 vgl. XLIX, 16, 12, 1. Veget. de re
mil. I, 8 (oben 54, 2): quae Paternus, diligentissimus iuris militaris adsertor.
364 f. Juristen unter M. Aurelius. Septimine Severus. 835
in libros redegit. H. E. Dirksen, der Bechtsgelehrte und Taktiker Patemus
u. 8. w., Berlin 1856. 4. = hinterlassene Schriften II. S. 412 ff.
9. Callistr. Dig. L, 16, 220, 1: sed et Papirius Fronte libro tertio
Respopsorum ait, und XIV, 2, 4 fin.: haec ita Papirius Fronte respondit.
Marcian. Dig. XV, 1, 40 pr.: eleganter P. Fr. dicebat, und XXX, 114, 7:
yerius esse existime quod et Scaevola notat et Papirius Fronte scribit.
8« Die Zelt des Commodus und Septimias SeyemB,
J, 180—211 n. Chr.
365. Des M. Aurelius ungleicher Sohn Commodus (J. 161347
— 192) hatte für nichts Geistiges Interesse. Der tüchtige Sep-
timius Severus (J. 146 — 211) aber, welcher nach den kurzen
Regierungen des Pertinax und Didius Julianus auf den Thron
gelangte, verfasste eine Selbstbiographie. Als Jurist wirkt in
dieser Zeit hauptsächlich Papinianus. Das Christ^nthum gewinnt
auch unter den Gebildeten an Boden und hat so beredte Ver-
theidiger wie Minucius Felix und Tertullianus. In gebundener
Form hat die Zeit nur vergilische centones aufzuweisen.
1. Commodus geb. 31 August 161, Caesar seit 12 Oct. 166,' Kaiser
seit 17 März 180, mit dem Titel M. Aurelius Commodus Antoninus Pius
Felix Aug., ermordet 31 December 192 n. Chr. Saevior Domitiano, in-
purior Nerone, Lamprid. 19, 2. H^buit litteratorem graecum Onesicratem,
latinum Capellam Antistium; orator ei Ateius Sanetus fuit, ib. 1, 6.
2. Lamprid. Comm. 3, 4: appellatus est a mimis quasi constupratus,
eosdemque . . subito deportavit. 13, 2: vei-sus in eo (eum) multi scripti
sunt, de quibus . . Marius Maximus gloriatur.
»
3. P. HelviuB Pertinax, Kaiser vom 1 Jan. bis 28 März 193; s. oben
360, 12. Didius Salvius lulianus ist es nach ihm 66 Tage lang; s. W.
Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 397—400.
4. L. Septimius Severus Pius Pertinax Aug. (Arabiens, Adiabe-
nicus, Partbicus etc.), in den Bechtsquellen kurzweg Severus, geb. 8 April 146
zu Leptis in Africa, Cos. unter Commodus (186?), Kaiser 193, macht seinen
Sohn Caracalla zum Augustus J. 198, f ^ Februar 211. Vgl. A. Haakh in
Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 1132—1136, Nr. 1. Spartian. Sev. 1, 4 f.: prius
quam latinis graecisque litteris imbueretur, quibus eruditissimus foit.
. . octavo decimo anno publice declamavit. postea sttidiorum causa Romam
venit (unter M. Aurelius). 3, 7: Athenas petit studiorum sacrorumque causa.
18, 5: pbiloBopbiae ao dicendi studiis satis deditus, doctrinae quoque nimis
cupiduB. 18, 11: cum eum ex humili per litterarum et miHtiae of&cia ad
imperium . . fortuna duxisset. Victor Caes. 20, 28: ortus medie humilis
primo litteris, deinde imbutus foro; quo parum commodante . . dum tentat
varia . . conscendit imperium. Eutrop. VIII, 18: hie primum fisci advocatus,
mox militaris tribunus etc. Spartian. Sev. 19, 9: canorus voce, sed afrnm
836 Die KaiBeneit. Zweites Jahrhundert (J. 180—211).
quiddam asqne ad senectatem sonans. Vgl. 16, 7: cum soror sua Leptitana
ad eum venisset vix latine loqnens. Dio LXXVI, 16: natdsiecg ins&viift
(ucXXov 7} InfTVyxccvB xal dta rovxo noXvyvmfiayv fucHov ^ noXvloyog r{».
5. Spartian. Sev. 18, 6: vitam snam privatam publicamque ipse con-
pOBuit ad fidem, solum tarnen vitium cmdelitatis excnsans. 3, 2: uxorem
. . de qua tacuit in historia yitae privatae. Vict. Gaes. 20, 22: idem abs
se gesta omatn et fide paribos conposnit. Capitol. Clod. Alb. 10, 1: SeveruB
qoidem ipse haec de eodem loquitur. Dio LXXY, 7: Xsym yag (über des
AlbinuB Tod) ovx oaa o SsovrJQog fy^atfrev, dXX' oca aXti^ag iytvfro.
Schreiben des Sev. an den Senat bei Capit. Clod. Alb. 12, 6 ff .
6. Capitol. Albin. 11, 7: agri oolendi peritissimus^ ita ut etiam Geor-
gica scripserit (Clodius Albinus, um 130 — 194 n. Chr.). müesiaB nonnulli
eiusdem efise dicuut, quarum fama non ignobilis habetur, quamvia medio-
criter scriptae sint. Vgl. Haakh in Pauly's Real-Enc. Tl. S. 463 f.
7. TertuU. de praescript. haeret. 39: vides hodie ex Vergilio fabulam
in totum aliam componi, materia secundum versus, versibus secundum
materiam concinnatis. denique Hosidius Geta Medeam tragoediam ex
Vergilio plenissime exsuxit. mens quidam propinquus ex eodem poeta
inter cetera stili sui otia Pinacem Cebetis explicuit. Ein solcher cento,
Medea, mit sehr saloppem Versbau, ist (ohne den Kamen des Hos. G.^
überliefert durch den cod. Salmas., in Riese's anthol. lat. 17 (1. p. 49 — 66 •.
:>4S 866« Mit Severus befreundet und ungefähr gleichaltrig war
der grosse Jurist Aemilius Papinianus. Unter Severus prae-
fectus praetorio, wurde er bald nach dem Regierungsantritt von
dessen Sohn Caracalla liingerichtet, weil er auch dem andern
Sohne, Geta, die Treue bewahrte. Papinian zeichnet sich aus
nicht blos durch juristische Genialität, durch die Sicherheit und
Klarheit womit er den einzelnen Fall rechtlich beurteilt, sondern
zugleich durch lebendiges Gefühl für Recht und Sittlichkeit,
wodurch er über die Schranken der Nationalitat vielfach sich
erhob und die Verehrung noch späterer Jahrhunderte sich ver-
diente. Von seinen Schriften sind die bedeutendsten die 37
Bücher Quaestiones und die 19 Bücher Responsa, welche beide
in den justinianischen Sammlungen sehr fleissig benützt sind.
1. Spartian. Carac. 8, 2 f.: Papinianum amicissimnm fuisse imperatori
iSevero et, ut aliqui loquuntur, adfinem etiam per secundam uxorem (Julia,
aus Syrien) memoriae traditur, et huic praecipue utrumque filium (Geta
und Caracalla) a Severo commendatum, eumque cum Severo professum
Bub Scaevola (oben 864, 1 — 4), et Severo in advocatione fisci (b. oben
365, 4) BUCcesBisse. Tryphonin. Dig. XX, 5, 12 pr.: rescriptum est ab
imperatore (Severus?), libeUos agente Papiniano; vgl. Vict. Caes. 20, 38 f.:
quem femnt illo tempore Bassiani scrinia curavisse, . . cum constet satis
praefecturam praetorio gessisse.' Paul. Dig. XTI, 1, 40: lecta est in audi-
866. PapimanuB. 837
torio Aemilii Papiniani, praefecti praetorio, icti cautio huius modi. Dio
LXXVI, 10 (J. 204): avtov (einen Räuber) h üccitivicepog o inanixog tftnj-
iftto etc. Vgl. ib. 14 (J. 208); n€t(fi6t7i%i aot Ilanwucvog 6 inaifxog. £t
war also in der Präfectur Nachfolger des Plautianas (Herodian. III, 10, 6 ff.),
welcher J. 203 hingerichtet wnrde. Vgl. A. 2 f. Mnratori p. 361 , 1 »»
Henzen 5603 (vom 28 Mai 206): snb Maecio Laeto et Aemilio Papiniano
pp. pp. VT. em(inenti88imi0). ,
2. Dio LXXI, 1 (J. 211): tovg oIxbIovs tovg filv dni^llaisv (Caracalla
nach seiner Thronbesteigung), iv xal Tlanivtavog 6 enuQxog riv, rovg äs
nccl aniuxBivsv. ib. 4: ig dvo (ivffiuSag nccQccxQfi(i>a dntMLXBivzv , . . i% 9\
xmv initpuvmv dv9Qmv äXXovg re %al tov Ilccjtiviavov. xal to» yt tbv
Tlanivtavov tpovsveavri iitBtti»,r}itsv ort d^ivjj ecvtov nctl ov ^itpBi SiBXQTlifccto.
Spartian. Carac. 3, 2: (nach Ermordung des Geta, 27 Febr. 212 n. Chr.)
innitens Papiniano et Ciloni ad palatium redit. 4, 1 f.: dein in conspectu
eins PapinianuB securi percussus a militibus et occisus est. . . filium etiam
Papiniani, qui ante triduum quaestor opulentum munus ediderat, interemit.
8, 7 f.: constat eum quasi fautorem Getae occisum (vgl. Spart G^ta 6, 3).
et fertur quidem Papinianus, cum raptus a militibus ad palatium traheretur
occidendus, praedivinasse, dicens stultissimum fore qui in suum snbrogaretur
locum nisi* adpetitäm crudeliter praefecturam vindicaret. Andere Dar-
stellungen ib. 8, 4 — 6. Victor Caes. 20, 33 f. Zosim. I, 9.
3. Spartian. Sev. 21, 8: Papinianum iuris asylum et doctrinae legalis
thesaurum, quod parricidium excusare noluisset, occidit, et praefectum
quidem, ne homini per se et per scientiam suam magno deesset et dignitas.
Inst. II, 23, 7 und Cod. VI, 25, 6, 1 : homo excelsi ingenii Papinianus. Cod.
V, 71, 14 u. VI, 42, 16: vir prudentissimus Papinianus. VT, 42, 30: acu-
tissimi ingenii vir et merito ante alioB excellens Pap. VII, 32, 3: consul-
tissimi viri Pap. VH, 45, 14: Pap. summi ingenii vir. Cod. Theod. I, 4, 3.
Cassiod. VI, 5. Hieron. Epist. 77, 3 u. a. VgL A. 4. Die öfters tadelnden
Notae welche Marcian, Ülpian und Paulus zu den Schrift;en des Pap. hinzu-
fügten (vgl. Cod. Theod. IX, 43. Dig. XVIII, 1, 72. XXU, 1, 1, 2) wurden
von Constantin J. 321 cassiert (Cod. Theod. I, 4, 1: qui dum ingenii laudem
sectantur non tam corrigere eum quam depravare maluerunt), von Justinian
nicht völlig verschmäht, doch mit Vorsicht benützt; s. Cod. I, 17, J, 6:
ea quae tmtea in Notis Aemilii Papiniani ex Ülpiano et Paulo nee non
Marciano adscripta sunt, quae antea nullam vim obtinebant propter
honorem splendidissimi Papiniani, non statim respuere, sed si quid ex his
ad repletionem summi ingenii Papiniani laborum vel interpretationem
necessarium esse perspexeritis et hoc ponere legis vicem obtinens non
moremini.
4. Schriften des Pap. Conatit. Omnem (Dig. prooem.) 6: vobis . .
pulcherrimuB Papinianus non solum ex Responsis, quae in XIX libros com-
posita fuerunt, sed etiam ex libris XXX V 11 Quaestionum et gemino volumine
Definitionum, nee non De adulteriis (libri II und ein liber singularis) . .
sui recitationem praebebit. ne autem tertii anni auditores, quos Papinianistas
vocant, nomen et festivitatem eins amittere videantur etc. Ausser jenen
Schriften auch De ofßcio aedüium liber singularis; vgl. Dig. XLin, 10:
838 Die Kaiseneit. Zweites Jahrlmndert (J. 180—211).
i% tov acTwofunov ftavoßißXov tov UamvMvov. Ein Fragment ex libr. I.
Bespons.' sab titnlo de pactis in der lex rom. Visigothoriun (Hosclike,
iarispr. anteiost. ' p. 351); 43 Auszüge aus Pap/s Schriften in den Fragm.
Vatic., und 695 Stellen in Justinians Gesetzbfichern. Letztere zusammen-
gestellt bei Hommel, Palingenesia II. p. 515 — 614. Einen ebenbürtigen
Commentator fanden seine Ueberreste an Cujacius (Opera Tom. lY).
5. In den Ueberresten der Quaestiones (welche der Ordnung des Edicts
folgen) nennt Pap. wiederholt Optimus Imp. noster Severus (Dig. XXXI,
ß7, 9. L, 5, 7. vgl. XXII, 1, 6), lässt aber bei früheren consecrierten Kaisern
die übliche Bezeichnung als Divus sehr häufig weg. In den Besponsa fügt
sich Pap. bei der Titulatur der Kaiser den Regeln des Curialstils mit einer
einzigen (erzählenden) Ausnahme (Dig. XX, 2, 1). Dass die Besponsa
später (nach 198) verfasst sind erhellt aus der Bezeichnung von Severus
und Garacalla als optimi maximique principes nostri (Dig. XXXIV, 9, 16, 1
vgl. fragm. Vat. 294) ; schon Buch IV ist nach J. 206 verfasst, und B. XV ff.
im Laufe von 211; s. Dig. XXXIV, 9, 18 pr. aus B. XV: divus Severus.
Fitting, das Alter d. Schriften S. 28—32. Th. Mommsen, Zcitschr. f. Rechts-
gesch. IX. S. 100 f.
6. Rechthaberischer Eigensinn ist dem Pap. fremd; s. z. B. Dig. XVIII,
7, 6, 1: nobis aUquando placebat. . . sed iu contrarium me vocat Subini
seutentia. Bezeichnend auch Dig. XXVIII, 7, 15: quae facta laedunt pietatem,
ezistimationem , verecundiam nostram et , ut generaliter dicam , contra
bonos mores fiunt, nee facere nos posse credendum est. Die Darstellung
hat oft die Bündigkeit von Axiomen, wie: non videntur rem amittere quibus
l>ropria non fuit; donari videtur quod nullo iure cogente conceditur; ins
publicum privatorum pactis mutari non potesi
7. Ev. Otto, PapinianuB, s. de vita, studiis, scriptis, honoribus et morte
Aem. Pap., Lugd. Bat. 1718. Brem. 1743. B. Voorda, Papinianus, s. optimi
icti et viri forma in A. P. spectata, Lugd. Bat. 1770. 4. Zimmern, Gesch.
d. röm. Privatr. I, 1. S. 361—364. G. Bruns in Pauly's Real-Enc. V. S. 1141
— 1144. Rudorff, Rechtsgesch. I. S. 188 f. H. E. Dirksen, üb. d. schrift-
stellerische Bedeutsamkeit des Pap., hinterlassene Schriften II. S. 449 ff.
349 367« Zeitgenossen des Papinian sind die Juristen Messius,
Callistratus und Claudius Tryplioninus, die beiden Letzteren durch
die Digesten auch als Schriftsteller bekannt. Der Halbgrieche
Arrius Menander war im kaiserlichen Bathe und schrieb de re
militari. Auch der Kirchenschriftsteller Tertullianus verfasste in
seiner vorchristlichen Zeit juristische Schriften.
1. Dig. XLIX, 14, 50: Valerius Patruinus procurator imperatoris . .
pracdia . . addixerat. . . Papinianus et Messius novam sententiam indu-
xcrunt; . . pronuntiavit tamen secundnm illorum opiuioDcm . . Trypho-
iiiiio (A. 3) suggerente etc. Der hier genannte Jurist Messius ist sonst nicht
bekannt; ein T. Messius Extricatus war Cos. II im J. 217 u. Chr.
2. Des Callistratus vier Bücher de iure fisci und zwei Bücher Quae-
stiones sind unter Severus verfasst; s. Dig. XLIX, 14, 2, 6 (aus de iure
366 f. PapiniannB n. a. Juristen. 839
fisci n): Imperator noater Seyems Aug. .constituit, und Dig. I, 3, 38 (aus
Quaestionum I): Imperator noster Severus rescripsit. Dagegen das Werk
de cognitionibus (libri VI) ist aus dem Anfang der Mitregentschaft des
Caracalla (J. 198—211); s. Dig. I, 19^ 3, 2 (imperatores nostri Severus et
Antoninus) aus B. VI, und L, 2, 11 (principes nostri) aus B. I, neben imp.
noster Severus Aug. ib. L, 4, 14, 4 (gleichfalls aus B. I). Es berück-
sichtigte besonders das Bedürfoiss der Untersuchungsrichter, auch durch
praktische Bemerkungen wie Dig. I, 18, 19. Ausserdem Edicti monitorii
libri oder Ad edictum monitorium und Institutionum libri III, wie es scheint
nach GajuB. Die 99 Excerpte aus diesen Schriften die sich in den Pan-
dekten finden s. bei Hommel, Palingenesia I. p. 129 — 146. Dass Gallistr.
ein geborner Grieche ist verräth sich nicht selten in seiner Sprache.
G. A. Jenichen, Ep. singularia de Call, icto, Lips. 1742. 4. Pinto^ de Call,
icti Bcriptis quae supersunt, Lugd. Bat. 1836. 302 pp.
3. A. Claudius Tryphoninus (Cod. I, 9, 1), mit Papinian im con-
silium principis (s. A. 1), schrieb Notae zu Scaevola's Digesten in welchen
M. Aurel divus heisst (Dig. XVIII, 7, 10: Claudius), die aber schon von
Papinian in B. XIV seiner Responsa angefahrt wurden (Dig. XXXIV, 9, 25, 1 :
apud Scaevolam libro XXX Digestorum Claudius notat). Später verfaast
sind seine 21 Bücher Disputationum ; s. Dig. XXVII, 1, 44 (aus B. II) und
XLIX, 15, 12, 17 (aus B. IV): imp. noster (Caracalla) cum divo Severe
patre suo; XLVIII, 19, 39 (aus B. X): optimi imperatoris nostri. UngenaiU
XX, ^5, 12 pr. (aus B. VIII): rescriptum est ab imperatore (Severus), libellos
agente Papiniano. Die Ueberreste bei Hommel, Palingönesia II. p. 509
— 530. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 32. Bescrlpt des Caracalla an ihn
vom J. 213 im Cod. I, 9, 1. Chr. Rau, de Cl. Tr. icto rom., Lips. 1768. 4.
4. Ulp. Dig. IV, 4, 11, 2 in einem Rechtsfalle aus der Zeit des im-
perator Severus (also wohl J. 193 — 198): cum susceptam tutelam non alii
soleant deponere quam . . hi qui circa principem sunt occupati, ut in
consiliarii Menandri Arrii persona est indultum (erst in der Zeit des
Ulpian?). Seine vier Bücher über das Militärrecht sind unter Severus
zwischen 198 und 211 verfasst; s. Dig. XLIX, 16, 13, 6: divus Severus et
Antoninus . . iusserunt, quod . . Menander scribit, während sonst Menander
von der Mitregentschaft des Cafäcalla absiebt; s. Dig. XLIX, 16, 4, 9
(vgl. ib. 5, 4): imperator noster rescripsit. Die Stellen und Anfahrungen
daraus bei Hommel, Paling. I. p. 447 — 450. Coelest. Mirabelli comm. ad
fragm. A. M., Biturig. 1667 und cum notis ed. J. G. Harnisch, Lips. 1752. 4.
P. J. Siiringar, de A. M. icto eiusque fragmentis, Lugd. Bat. 1840. Fitting,
d. "Alter d. Schrr. S. 33 f.
5. Unbekannt ist das Zeitalter des Rutilius Maximus aus dessen über
singularis ad legem Falcidiam Dig. XXX, 125 eine Stelle angeführt wird
(zwischen solchen des Neratius und des Paulus). Vgl. Fragm. Vat. 113:
frustra Maximus . . iudicavit etc. und: Maximi sententia . . placuit.
6. Aus TertuUiani Quaestionum libri VIII werden in den Digesten
zwei Stellen angeführt, aus seinem Über singularis de castrensi peculio
drei ; s. Hommel , Paling. II. p. 505 f. Wie er selbst den Sex. Pomponius
citierte (Dig. XXIX, 2, 30, 6) so wird er von Ulpian in den unter Caracalla
840 IHe Kaiserzeit. Zweites Jalurhundert (J. 180—211).
verfassten libri ad Sabimun mehrff^h angeflüirt. Der Jorist dieses Namens
ist also jedenfallB gleichzeitig mit dem Eirchenschriftsteller (unten 369).
Ihn von diesem zu unterscheiden ist um so weniger ein Anlass ab Letzte-
rer unzweifelhaft Jurist war (tovc ^VmyMUov voitovg rixQißwtota avSffa
.nennt ihn Euseb. h. eccl. II, 2) und in seinen theologischen Schriften allent-
halben den rechtskundigen Adyocaten verr&th (z. B. apolog. 1 — 6. 28 — 44.
de anima 6), andererseits die angebliche Verschiedenheit der Darstellung
in den juriitiachen üeberresten gegenfiber yon den theologischen Schriften
auf Rechnung des beiderseitigen Gegenstandes kommen mag. J. H. Blumen-
bach, de Bcto Q. Septimio Florente presbytero et icto Tertulliano, Lips.
1786. 4. J. C. Wiesenhavem, de icto Q. Sept. Flor. Tertulliano, Hildes-
heim 1743. 4. J. A. Pagenstecher, de iurisprudentia TertuUiani, Harderov.
1768. 4. Zimmern, Privatr. I, 1. S. 365—367. Budorff, Rechtsgesch. I.
S. 196 f. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 33.
360 368. Die älteste auf uns gekommene cl^tliche Schrift in
lateinischer Sprache ist des M. Minucius Felix Dialog Octavius.
Die gegen das Christentham und seine Bekennet bestehenden
Vorurteile und Einwendungen werden darin mit Lebendigkeit
und Schärfe dargelegt^ aber auch mit Geist^ Scharfsinn imd
Beredtsamkeit als nichtig erwiesen. Der Verfasser steht auf
der Höhe der philosophischen und ästhetischen Bildung seiner
Zeit und schreibt auch für Gfebildete. Die Form lehnt sich an
antike Vorbilder an und ist gewandt und geschmackrolf.
1. Lactant. inst. div. V, 1 (p. 230 Fri.): si qui forte litteratorum se
ad eam (die sapientia et veritas «« Christenthum, ygl. A. 4) contulerunt
defensioni eins non suffecerunt. ex üs qui mihi noti sunt Minucius Felix
non ignobilis inter causidicos loci fuit. huius liber, cui Octavio titnlus
est, declarat quam idoneus veritatis assertor esse potuisset si se totnm ad
id Studium contulisset. Septimius quoque Tertullianus etc. (unten 369, 2).
Vgl. ib. I, 11 (p. 29): Minucius Felix in eo libro qui Octavius inscribitur.
Hieronjm. de yir. ill. 68: Minucius Felix, Bomae insignis causidicus, scripsit
dialogum Christian! et ethnid disputdntium qui Octavius inscribitur. sed
et alius sub nomine eins fertur De fato vel Contra mathematicos, qui cum
sit et ipse diserti hominis non mihi videtur cum superioris libri stilo con-
venire. Veranlasst war die Unterschiebung dadurch dass Octav. 36, 6 (ac
de fato satis vel, si pauca pro tempore, disputaturi alias et uberius et
plenius) eine derartige Schrift halb in Aussicht gestellt wird. Nach der
Reihenfolge seiner Aufz&hlung, welche im Wesentlichen chronologisch ist,
aber mit häufigen Inconsequenzen, scheint Hieron. den Minucius unter
Severus zu setzen. Vgl. noch Hieron. £p. 70, 6 (ad Magnum or.): veniam
ad LatinoB. quid Tertulliano emditius? . . Minucius Felix, causidicus ro-
mani fori, in libro cui titulus Octavius est et in altero contra mathemati-
cos (si tarnen inscriptio non mentitur auctorem) quid gentilinm scriptu-
rarum dimisit intactum? Septem libros adv. g. Amobius edidit totidemque
discipulus eins Lactantius. . . Victorinus etc. Cyprianus etc. Unter den
36a. Minucitis Felix. 841
beiden Zeitgenossen, Minucius und Tertnllianus , stellt Hieron. den be-
rühmteren und vielleicht auch physisch älteren voran. Dass aber der Octa-
vius früher verfasst ist als die älteste grössere christl. Schrift des Tert.,
sein apologeticum, erhellt aus der von A. Ebert, Abhandl. der sächs. Ges.
d. Wiss. 1868, 8. 363 — 379, gelieferten Nachweisung dass Tert. in diesem
apol. den Oct. benutzt hat.
2. Dialogische Form in der Weise des Aristoteles und Cicero, zu-
letzt des Annius Florus (oben 336, 7). Insbesondere lehnt sich die Ein-
kleidung' an Ciceros Schrift de deorum natura an; s. Ebert (A. 1) S. 328 — 331.
354—358: 367 f. E. Behr, der Oct. des M. F. in seinem Verhältn. zu Cic.
de d. n., Gera 1870. 35 S. Diss. Auch Seneca's Schriften de superstitione
und de Providentia sind benützt. Interlocutoren sind Caecilius Natalis,
Octavius lanuarius, und der Verfasser (Marcus). Letzterer und Caecilius
haben ihren Wohnsitz in Born, des Minucius Freund- und Studiengenosse
(contubemalis), der Sachwalter (28, 3) Octavius, in der Provinz (etwa
Africa). Die Scene ist an der Meereslcfiste bei Ostia; die Zeit in die das
erzUilte Gespräch versetzt wird eine ziemlich lange vergangene, als der
jetzt verstorbene Octavius noch ganz kleine Kinder hatte (2, 1) und Fronte,
wie es scheint, noch am Leben war (Cirtensis nostri oratio sagt Caecilius
9, 6; tuus Fronte 31, 2 Octavius). Von neueren Schriftstellern werden
Thallus (21, 4) und Antonius lulianus (oben 346, 1) genannt. Benützung
der griechischen Apologeten ist nicht zu erweisen. Nach der Offenheit der
Darlegung und dem völligen Fehlen von Bitterkeit sollte man glauben die
Schrift wäre aus einer Zeit wo das Christenthum keine äusseren Anfech-
tungen zu erfahren hatte.
3. CaeciUuk (A. 2) greift das Christentl^um an, als Abfall von dem
Glauben der Väter and als verstossend gegen Moral und Sitte. Octavius (A. 2)
vertheidigjb es, zuerst (c. 17 — 27) als einen Fortschritt gegenüber von dem
Polytheismus, dessen Mängel und schlimme Conseqnenzen nachdrücklich
gegeisselt werden, dann (28 — 38) tritt er für die sittlichen Anschauungen
und Gebräuche der Christen ein. Der (xegner bekennt sich in der Haupt-
sache überzeugt, wenn ihm auch noch Zweifel bleiben; der Verfasser kann
sich daher den übernommenen schiedsrichterlichen Ausspruch ersparen. Vgl.
die Inhaltsangabe bei Ebert (A. 1) S. 332—340.
4. Das Schriftchen gibt uns eine deutliche Vorstellung von dem
Christenthum der Gebildeten der Zeit^ das hauptsächlich in Abkehr von
den Süm- und Schamlosigkeiten des Polytheismus bestand und in lebhafte^
Erfossnng der Idee des einen [(xottes. Bei Ausführung dieser Idee wird
der Verfasser warm (c. 18). Sein Ton gewinnt hier begeisterten Schwung,
wie auch da wo er von dem Stolze und der Todesfreudigkeit der Christen
spricht, in der (übrigens stark an Sen. de provid. 2, 9 erinnernden) Stelle
c. 37: quam pulchrum spectaculum deo cum christianus . . libertatem suam
adversus reges et principes erigit, soli deo, cuius est, cedit etc. Das
Christenthum erscheint als eine höhere Stufe geistiger Bildung, im Gegen-
satze zur imperitiae volgaris caecitas (3, 1) als lux sapientiae et veritatis
(1, 4). Die christlichen Dogmen werden mit feinen wählerischen Händen
angefasst; so specifische wie Trinität und Christologie (z. B. Logoslehre]
842 Die Kaiserzeit. Zweites Jahrhundert (J. 180 — 211).
bleiben unberührt, auch von der Taufe wird nicht die Bede, Bibelcitate
kommen nicht vor. Für die populäre Wirkung des Schriftchens war diess
alles gewiss nur günstig. Der Standpunct der Betrachtung ist überwiegend
ein ethischer und philosophischer. Die Philosophen werden ab solche an-
erkannt welche de divinis praedictionibus prophetarum umbram interpo-
latae veritatis imitati sint. Dagegen 38, 5: philosophorum supercilia con-
temnimus, quos corruptores et adulteros novimus et tyrannos et semper
adversus sua vitia facundos. Dieses Verhalten zum Ghristenthum gleicht
dem des Seneca zum Stoicismus, und auch sonst lässt sich Min. als ein
zum Ghristenthum fortgeschrittener Seneca (Ebert S. 38S, A. 67) bezeich-
nen. Die gewählte Form ist mit Sorgfalt und Geschick durchgeführt. Die
Sprache ist zwar manchmal (bes. in der Einleitung) geziert, aber doch viel
natürlicher und frischer als die des Fronto und Apulejus. Mit Letzterem
hat Min. übrigens manche eigenthümliche Wendungen gemein, wie pluri-
mum quantum, impiatus u. dgl.
6. Der Octavius ist nur durch eine pariser Handschrift saec. IX (den
regius, Nr. 1661) erhalten, und zwar als achtes Buch des Arnobius adv.
gentes und in sehr verdorbener Gestalt. Die zweite vorhandene Handschrift,
in der burgundischen Bibliothek zu Brüssel (Burgundicus), ist nur eine
Abschrift der pariser.
6. Editio princeps (aus dem regius) Rom. 1543 (hinter Amobiu»).
Erste selbständige Ausgabe von Balduinus, Heidelberg 1560. Mit Emen-
dationen von Fulvius Ursinus, Rom. 1583. Ed. Des. Heraldus (Paris 1605.
1613), Rigaltius (Paris 164ä. 1645), J. Ouzelius (cum notis variorum, Lugd.
Bat. 1672), J. Davisius (cum observ., Cantabrig. 1707), J. Gronovius (Lugd.
Bat. 1709. Botterd. 1743), J. G. Lindner (Langensalza 1760; ed. II. 1773),
C. de Muralt (praef. est J. G. Orelli, Zürich 1836), Migne (Patrolog. curs.
III, Paris 1844, p. 231—360, nebst allerlei Abhandl. p. 194—231. 371^652),
Fr. Oehler (Lips. 1845), J. B. Eayser (in us. schol., Paderborn 1863), und
besonders rec. et comm. critico instr. G. Halm (Gorp. script. eccl. lat. II),
Wien 1867.
7. J. D. van Hoven, de aetate, dignitate et patria Min. Fei., Gamp.
1762. 4. (auch in Lindners Ausg. von 1773). H. Meier, comm. de Min. Fei.,
Zürich 1824. G. BQren, Minuciana, i. e. Annotatt. critt. ad etc. praemissa
commentatione de ipsius scriptoris aetate, Bedburg 1859. 26 pp. 4. J. B.
Eajser in Th. Wiedemanns Ostreich. Quartalschrift f. kathol. Theol. I, 4.
1862. A. Ebert, TertuUians VerhSltniss zu Min. Felix, Leipzig 1868 (Ab-
handl. d. Sachs. Ges. d. Wise. V. 8. 321—386). Beiträge zur Textkritik bei
E. Bährens, lectiones latt. (Bonn 1870) p. 22—31.
8. Deutsche üebersetzungen von J. G. Russwurm (Hamburg 1824. 4.)
und J. H. B. Lübkert (Leipzig 1836).
351 369. Eine merkwürdige Gestalt ist Q. Septimius Florens
Tertullianus (um 145 — 220 n. Chr.), ein Scliriftsteller voll
Originalität und Genialität, begabt mit lebhafter Phantasie und
schla^ertigem Witze und von einer Leidenschaftlichkeit die ihm
368 f. MinuciuB Felix. TertuUianus. 843
oft eine hinreissende Beredtsamkeit verleiht^ noch öfter aber über
ihr Ziel hinausschiesst und in ihrer düsteren Glut sich selbst ver-
zehrt/ ohne Licht .und Wärme zu verbreiten. Sein Lebenselement
ist der Kampf ^ und seine zahlreichen Schriften sind überwiegend
Streitschriften^ polemisch und apologetisch. Zuerst verficht er
das Christenihum gegen seine Bedränger und Widersacher,
besonders im Apologeticum; aber innerhalb des Christenthums
selbst fand sein schwärmerisches Wesen volles Genügen erst an
der Lehre des Montßnus mit ihren phantastischen Weissagungen
und ihrer strengen Askese, und Tert. wurde nun deren Vor-
kämpfer im Abendlande, doch so dasS sein scharfer Verstand
die Schroffheiten derselben abschwächte. Ton und Charakter
dieser Schriften ist überall der gleiche: gedankenreich und
formlos, leidenschaftlich und spitzfindig, die Sprache beredt und
markig, gedrängt und energisch bis zur Dunkelheit.
1. Hieronym. de vir. illustr. 53: Tertullianus presbyter nunc demum
primus post Victorem (sub Severo principe, c. 34) et ApoUoniiim (sub
Coinmodo principe, c. 42) Latinomm ponitur, provincioe Africae, civitatis
Cartbaginiensis , patre centurione proconsulari. hie acris et vehementis
ingenü sub Severe principe et Antonino Caracalla maxime floruit multaque
scripsit Volumina, quae quia nota sunt pluribus praetermittimus. . . hie
cum usque ad mediam aetatem presbyter ecclesiae permansisset, invidia
postea et contumeliis clericorum romanae ecclesiae (vgl. Tert. de cultu
fem. I, 7. Euseb. bist. eccl. IT, 2) ad Montani dogma delapsus in multis
libris noyae prophetiae (d. h. des Montanismus) meminit , specialiter autem
adyersum ecclesiam texuit volumina de pudicitia, de persecutione , de ieiu-
niis, de monogamia, de ecstasi libros VI (nicht erhalten), et septimum
quem adversum ApoUonium composuit. ferturque yixisse usque ad decre-
pitam aetatem et multa quae non (Yat.: nunc) eztant opuscula condidisse.
Solche verlorene Schriften des Tert sind de vestibus Aronis (Hieron. Ep. 64,
23); de animae submissione; de.superstitione saeculi; de carne et anima; de
spe fidelium; de trinitate; de animalibus mundis et immundis; de circum-
cisione; de virginitate; contra ApeUicianos; de paradiso (Tert. de an. 56);
in griechischer Sprache de spectaculis; de baptismo; de velandis virgini-
bus; de Corona militis, deren lateinische Bearbeitung von Tert. erhalten
ist. Ueber Tert. als Juristen s. oben 367, 6.
2. Hieronym. Ep. 70, 5: quid TertuUiano eruditius, quid acutius?
ApologeticuB eins et Contra gentes libri cunctam saeculi obtinent discipli-
nam. Lactant. inst. div. Y, 1 (p. 230 Fri.): Septimius Tertullianus fuit
omni genere litteranim peritus, sed in eloquendo parum facilis et minus
comptus et multum obscurus fuit. ergo ne hie quidem satis celebritatis
invenit. Ausser dieser Dunkelheit stand ihm auch sein Montanismus im
Wege. Seine theologische Schrifbstellerei zerföUt nämlich in zwei Perioden :
eine allgemein christliche und eine montanistisch gefä^rbte. Aus der erstem
844 Die Eaiserzeit. Zweites Jahrhundert (J. 180 — 211).
sind von den erhaltenen Schriften Apologeticum , Ad nationes libri II, De
testimonio auimae, De cultu feminarum II, De patientia, De poenitentia,
De oratione, De baptismo, Ad oxorem II, Ad martyres, Adversas ludaeos.
Den r ebergang zum Montanismus zeigt bereits De 'Corona militis und
weiterhin die Schriften welche die montanistischen Anschauungen in positiver
Weise darlegen, De fuga in persecutione. De exhortatione castitatis. De
virginibuB velandis, De monog^amia. De pudicitia, De praescriptionibus
haereticomm. De anima, De came Christi, De resurrectione camis, Scor-
piacum. Ad Scapulam, De idololatria. De spectaculis, sowie diejenigen
welche ^e literarischen oder dogmatischen Angriffen gegenüber verthei-
digen: De ieiunio adversus psychicos (»» catholicos, im Gegensatz zu den
pneumatici oder Montanisten), Adversus Praxean, Adv. Hermogenem, Adv.
Marcionem libri V, Adv. « Valentinianos. Die datierbaren Schriften Tertul-
lians fallen zwischen 199 und 212 n. Chr. Das deutlichste Datum ist Adv.
Marc. I, 15: ad XY iam Seven imperatoris =« J. 207. J. A. Ndsselt, de
vera aetate ac doctrina scriptorum Tert., in dessen Opusc. ad bist. eccl.
III. p. 1 ff. -= Tertull. ed. Oehler m. p. 640—619. G. ühlhom, fundar
menta chronologiae Tertullianeae, GOtti. 1852. "£ellner, zur Chronologie
Tert.'s I (de pallio und Jahr des üebertritts ^ 193 ~ zum Christenthum), Tübi.
theol. Quartalschr. LII (1870), S. 647—666. IL ebd. LH! (1871), S. 585—609.
3. Der MontanismuB ist eine in Fhrygien entstandene Erscheinung,
beruhend auf einseitiger üeberspannung des christlich religiösen Gefühls,
das sich .beth&tigte in ekstatischen vision&ren Zuständen und in chiliastischen
Tr&umen von dem nahen Ende der Dinge (der itvvziXsia) und den Freuden
des himmlischen Jerusalem, für das man sich durch eine gesteigerte Askese
und strenge Sittenzucht (Enthaltung von Fleisch und Wein, von Schau-
spielen, Verschleierung der Jungfrauen, Keuschheit u. dgl.) vorzubereiten
suchte. Er hat Analoga fast in jedem Jahrh. des Christenthums, an aller-
lei Schwarmgeistern, wie den Wiedertäufern, Camisarden, Irvingiahem u. a.
Secten. Einen besonders fruchtbaren Boden fand er bei dem weiblichen
Geschlechte (Prophetinnen). Aber auch f&r einen Creist wie Tertullianus
hatte etwas Anziehendes der Gedanke auf einer höheren Stufe der Frönunig-
keit zu stehen als die übrige Gemeinde und ein unmittelbares Werkzeug
des göttlichen Geistes zu sein, und sein Hass gegen alles Halbe musste
Gefallen finden an der montanistischen Strenge. F. C. A. Schwegler, der
Montanismus u. die christl. Kirche des zweiten Jahrb., Tübingen 1841,
und dazuL. Georgii in den deutschen Jahrbüchern 1842, S. 46—69. 129 — 161.
F. Ch. Baur, Kirchengesch. der drei ersten Jahrh. (Tübi. 1863) S. 236—246.
4. Unter den Schriften des Tert. hat besonders viel aUgemeines
Interesse das apologeticum^ verfiust J. 199, eine Yertheidigungsschrift
gerichtet an rom. imperii antistites (praesides) und namentlich die von Mi-
nucius Felix nicht behandelten politisch-rechtlichen Anschuldigungen gegen
die Christen (Nichtverehrung der Götter und der Kaiser, gleichgültiges
oder feindseliges Verhalten zum Staate) ausfOhrlich erörternd. Vgl. A. Ebert
(oben 368, 7) S. 342—349. Neben dem Octavius (oben 368, 1) scheint auch
Justins dnoXoyia benützt. Die Polemik ist einschneidend und bitter, die
Darstellung rhetorisch und originell. Ausgaben von S. Havercamp (Lugd.
S69. Tertullianus. 845
ß. 1718), Fr. Oehler (mit ad nat., Halle 1849), J. Kayser (Paderborn 1866).
J. li, Mosheim, de vera aetaie apol. a Tert. conscripti initioque perse-
cntionis Severi, in Oehlers Ausg. des Tert. III. p. 490—510.
5. Von cultorgeschichtlicher und antiquarischer Bedeutung sind be-
sonders die Schriften Ad nationes, De idololatria, De spectaculis, De paUio
(ed. Cl. Salmasius, Paris 1622. Lugd. B. 1656). Die Schrift Adversus lu-
daeos stimmt fast wörtlich überein mit adv. Marc. lU (Semler p. 640 — 657
bei Dehler); adv. Yalent. ist eine freie üebersetzung von Irenäud c. haer. 1.
(Semler ib. p. 658 — 681). Ad nationes ist theilweise eine Wiederholung
des apolog. Der Schrift de praescr. haer. ist in älteren Ausgaben eine
unechte Schrift adversus haereses angehängt, üeber die Schrift contra
Praxean s. R. A. Lipsius in Liebner's Jahrbb. f. deutsche Theol. XLLI (1868)
S. 701—724. üeber T.'s Bedeutung für die neutestamentliche Kritik s. H.^
Rönsch, das neue Testament Tert.'s, Leipzig 1871. 731 S.
6. In Handschriften saec. IX und X werden auch christliche Gedichte
(de Sodoma, de lona) dem Tert. zugeschrieben, ohne irgend welche Be-
rechtigung, ohne Zweifel nur weil sie irgend einmal mit Werken des Tert.
zusammengeschrieben oder zusammengebunden waren. Vgl. L. Müller, Rhein.
Mus. XXn. S. 329—344. 464.
7. Aufzählung der Ausgaben von TertuUians Werken bei Schönemann,
Bibl. historico-litteraria patrum I. p. 9 ff . ■ Ed. princeps per B: Bhenannni,
Basil. 1521 fol. Cum adnotatt. J. Pamelü, Antv. 1579 foL, Franeker 1597
u. sonst. Cum observ. N. Rigaltii, Lutet. 1634. 1641 fol. u. sonst. Rec.
J. S. Semler, Halle 1770. 6 Voll. Cura Fr. Oberthür, Würzburg 1780.
2 VoU. Ed. Leopold, Lips. 1839 ff. (in (rersdorf s Bibl. patr.). In Migne's
Patrolog. curs. Vol. I — HI. Tert. quae supersunt omnia, ed. Franc. Dehler,
Lips. 1853 f., 3 Voll., wovon Vol. III (Lips. 1851) eine Zusammenstellung der
Abhandlungen De Tert. vita von J. Pamelius, P. Allix, N. de Nouny (diss.
in apolog., ad nat., ad Scap.), J. L. Mosheim (s. A. 4.), G. Zentner, J. A.
Nösselt (s. A. 2), J. S. Semler (de varia et incerta indole librorusi Tert.)
u. J. Eaye (de Tei-t. et eins scriptis, p. 697 — 729). Ed. minor cum adn.
crit. et indicibus, Lips. 1854.
8. Coenen, comm. de Tert., Utrecht 1825. 128 pp. A. Neander, Anti-
gnostikus, Geist des Tert. und Einl. in dessen Schriften, Berlin 1825.
1849. K. Hesseiberg, Tert.'s Lehre aus seinen Schriften entwickelt. I. Einl.
Leben und Schriften, Dorpat 1848. 135 S. Grotemeyer, über Tert. Leben
u. Schriften, I. Kempen 1863. 4. A. Hauber, Tert. Ejimpf gegen die. zweite
Ehe, theolog. Studien u. Erit. von üllmann 1845, S. 607 — 662. F. A. Burck-
hardt, die Seelenlehre des Tert., Budissin 1857. 4. E. Leimbach, Tert. als
Quelle fSr d. christl. Archäologie, in Eahnis' Zeitschr. f. bist Theol. 1871, 3;
und T.'s Sacramentsbegriff, in Hundeshagen's theol. Stud. u. Erit. 1871, 8.
9. P. Langen, de usu praepositionum TertuUianeo, Münster 1868.
18 pp. 4. Vgl. oben 343, 4. J. Schmidt, de latinitate Tert., Erlangen 1870.
35 pp. 4.
10. Dupin, auteurs eccles. I. (ed. 1688) p. 274— 379 (p. 320 f. eine gute
Charakteristik des Tert.). R. Ceillier, bist. g^n. des auteurs s. et eccl. ü.
846 Die Kaiserzeit. Zweitee Jahrhundert (J. 180—211).
(1730) p. 374 — 629. Kirchengeschichtliche Werke, wie- von F. Bdhringer,
Kirchengesch. in Biographien (Zürich 1864) S. 11—767.
370« Dem Ende des zweiten Jahrh. scheint anzugehören
der Commentator des Terentius und Horatius und wohl auch
des Persius, Helenius Acron^ sowie der Granunatiker und Er-
klärer des Horaz (und Lucan)^ Pomponius Porphyrion, dessen
Scholien wir noch besitzen. Aus dem Anfange des dritten Jahrh.
haben wir von Dositheus eine Grammatik nebst Uebungs-
stücken in lateinischer und griechischer Sprache. Von den
Schriften des kenntnissreichen älteren Sammonicus Serenus, eines
..grossen Bücherfreundes, ist nichts auf uns gekommen. . Ebenso
kennen wir die des Statilius Maximus über Cato d. ä. und Cicero
nur durch Anführungen. Auch der Epitomator des Verrius Flac-
cuS; Festus, muss spätestens dieser Zeit angehören.
1. Des HeleniuB Acro Conimentare za Terenz Eanuchus and Adelphi
werden von Julius Romanus bei Chürisius 13 Mal erwähnt. So p. 210 K.:
Terentius in Eunucho (v. 5): nil prius n. f., ubi Helenium Acronem errasse
dicendum est, qui prius sie intellexit etc. Vgl. ib. p. 201» 3. 216, 9.
Helenius Acron commentariis quos Adelphis Terenti non indiligentes attu-
lit, ib. p. 192 vgl. p. 200, 16. 219, 5. 126, 17. 130, 12. 197, 26. 210, 11
sowie p. 119, 12 ff.: id Helenius Acron sie oportere dici in eadem Terentii
fabula (Adelph.) disputavit Verriumque dicit errare etc. . . qui autem cum
Helenio faciunt hanc afferunt causam etc. £r lebte also (nach Gellius, der
ihn nie erwähnt, und) vor Romanus. Commentator des Horaz, s. oben
236, 3. Porphyr, zu Hör. S. I, 8, 26 (II. p. 160 Hth.): memini me legere
apüd Helenium Acronem, Saganam nomine fuisse Horatii temporibus etc.
Vielleicht in (oder aus) der Schritt de personis horatianis. Auch den Persius
scheint er commentiert zu haben. Schol. Pers. U, 66: Acron tradit quod
etc., und Parrhasius (in Gruteri Lampas I. p. 736) berichtet: incidi in Probi
grammatici commentarios in primam Persii satiram. . . in üs ita scriptum
legimus; curas (v. 1) Acroni proprie dicere videtur etc. Daher will 0. Jahn
(Pers. p. CLIX) diejenigen Bestandtheile der Cornutusscholien welche für
Comutus zu keuntnissreich sind und doch nicht auf Valerius Probus sich
zurückführen lassen dem (Helenius) Acro zuschreiben. Von einem Commeu-
tare des Acron zu Vergil aber gibt es keine sicheren Spuren; Ribbeck
Prolegg. p. 176. Vgl. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 308—313.
2. Den Namen des Acro trogt (schon in einem Glossare saec. VIII,
spätestens saec. X, s. Usener im Rhein. Mus. XXIII. S. 190 f.) eine Samm-
lung von Scholien zu Horaz welche zwischen saec. VII und IX entstanden
scheint. Wenigstens ist zu S. I, 5, 97 der Grammatiker des saec. VI
Theoctistus (s. d.) genannt. Der ursprüngliche Verfasser hatte den echten
Acro (A. 1) und Porphyrie (A. 4) noch vor sich ; dieser Grundstock schwimmt
aber in einer Masse werthloser mittelalterlicher Bemerkungen von verschie-
denen Urhebern. 0. Keller, Symbola philol. Bonn. S. 499-— 502 glaubte
870. Acro. Dositheus. Porphyrio. 847
zwei Partien unterscheiden zu können, von denen die ältere aus Anfang
von saec. V wäre, die jüngere aus dessen Ende. Vgl. .J. Schienger im
Mainzer Gymn. Progr. 1868, p. 1 f. und die Literatur oben S. 486, Z. 1 ff.
3. Eine St. GaUer Handschrift saec. IX — X von 70 Blättern enthält auf
Bl. 1 — 31 die grammatica Dosithei magistri, mit einer wörtlichen Ueber-
Setzung ins Griechische (z. B. ars tex^rj grammatica yQap^fiatiiiri est sativ
scientia yvcaats), welche aber schon nach der Erörterung des Nomen immer
seltener wird und schliesslich (wohl aus üeberdruss des Abschreibers) ganz
aufhört. Neben der Grammatik selbst sind auch Uebungsstücke zum Ueber-
setzen (sQfLrivfvfiata) gegeben; so (mit dem Datum J. 207) aus Hygini ge-
nealog^ (oben 257, 6), Hadrians dnotpaasig (oben 341, 5), das Stück de
manumissionibus (oben 364, 6). C. Lachmann, Versuch über Dositheus,
Berlin 1837. 4. H. E. Dirksen, die römisch -rechtlichen Quellen des Mag.
Dos., hinterlass. Schrr. IT. S. 392 ff. Ausser diesen schon früher veröffentlichten
Theilen hat H. Keil die eigentliche Grammatik (den ersten Theil, quae est
de arte grammatica et de octo partibus orationis) herausgegeben (Dosithei
ars grammatica ex codice Sangallensi) Halle 1869—1871. 70 pp. 4. Sie ist
aus den gleichen Quellen geschöpft wie Charisius, Diomedes, Donatus u. A.
Dadurch dass jedes lateinische Wort durch ein griechisches wiedergegeben
wird ist ein seltsames Eauderwälsch entstanden. Beiträge zur Textkritik
von H. Hagen im lit. Centralblatt 1871, S. 1269 f. Ueber Boucherie, Comptes
rendus de Tacad. des inscr. 1868, p. 270 ff. vgl. Steup, de Probis p. 41
not. Blatt 32 — 70 der Hds. besteht aus allerlei astrologischen und chrono-
logischen Abhandlungen.
4. Pomponius Porphyrio (nach der Münchner Scholienhds.) lebte
zwischen 140 und 300 n. Chr.^ wahrscheinlich um 200-^260, und war wohl
aus Africa gebürtig und ein Frontonianer, jedoch auch mit Rom und einem
grossen Theile Italiens wohlbekannt. Jul. Romanus bei Charis. p. 220, 28 E:
ut Porphyrio ex Verrio et Festo etc. Schol. Lucan. I, 214: Porfirioh pu-
niceum interpretatus est quasi phoeniceum, . .. Cornutus vero etc. Sein
Commentar zu Horaz zeigt weit mehr selbständiges urteil als Pseudo-Acro
(A. 2) und beschäftigt sich vorzugsweise mit der logischen, rhetorischen und
grammatischen Erläuterung, wogegen die Sacherklärung sehr spärlich ist.
Im Mittelalter war dieser Commentar weniger benützt als der des Pseudo'
Acro und ist daher auch weit weniger interpoliert. 0. Keller in der Symb.
philol. Bonn. S. 491—499. E. Schweikert (oben 236, 4 E.) 1864. p. 31—36.
44. W. Meyer, Beiträge zur Kritik des Horazscholiasten Porphyrion, Mün-
chen 1870. 46 S.
6."Macrob. UI, 16, 6: temporibus Severi principis, qui ostentabat
duritiam momm (also Septimius Sev.), Sammonicus Serenus, vir saeculo
Buo doctus, cum ad principem suum scriberet, verba Plinii . . praemisit
etc. Spartian. Geta 6, 6: Sereni Sammonici libros familiarissimos habuit
quos ille ad Antoninum (Geta selbst?) scripsit. Ein Missverständniss ist
daher, falls es sich überhaupt auf Samm. bezieht, Lyd. de magistr. III, 32
extr. : xal xavra {i^v neQl tmv noxa^L^v (Rhein und Donau) %aza IkcfMu-
nov (?) zov Qmiuciov Catoffinov , og TtQog diOTtXrjtiavov mxl VaXiqiov zov
yiqovza «f^l noi%Ck(ov S^zrjfiaxtov Sislizdr,. Spartian. Carac. 4, 4: occisi
848 Die Kaiierzeit. Zweites und drittes Jahrhundert.
(J. 212) nonnulli etiam cenantes, inter quos etiam Sammonicas Serenus,
ciiius libri plorimi ad doctrinam ertant. Macrob. lU, 9, 6: repperi in libro
quinto Berum reconditarum Saminonici Sereni utromqne Carmen. Sidon.
'Apoll, ad Polem. (vor carm. 14): sine M. Yarrone, sine Sereno, non Septi-
mio, sed Sammonico, sine Censorino etc. ad Leont. (vor carm. 22): lolinm
Firmicum, Sammonicum Satuminum (?), in libris matheseos peritissimos
conditores, . . didicisse. Vgl. Arnob. adv. g. VI, 7. Serv. Verg. Ge. I, SO. 102.
Capitol. Gordian. 18, 2 : Sereno Sammonico, qui patris eins amicissimus, sibi
autem praeceptor fuit, nimis acceptus et canis, usque adeo ut omnes libros
Sereni Sammonici patris sui, qni censebantm* ad sexaginta et dno milia,
Gordiano minori moriens ille relinqueret.
6. Statilius Maximus wird bei Gellius niemab erw&hnt, scheint
daher später zu sein als dieser. Andererseits fQhrt Julias Bomanus (unten
375) bei Gharisius in dem Abschnitte über die Adverbien ihn öfters an.
Vgl. Charis. p. 194, 11 E.: licet St. M. de singularibus apud Ciceronem
quoque positis notet. p. 218, 6: ut St. M. de sing, apud eum (Cic.) quoque
positis notat. Vgl. ib. p. 196, 4 (vgl. Cic. de inv. II, 12 , 42). 209, 4 (quod
St. M. notat nesciens etc). 212, 16. 213, 13. 214, 17^ 215, 22. 217, 3 u. 8.
218, 28. 219, 24 f. Auf ein ähnliches Werk des St. M. über Cato senex
deuten die Anführungen ib. p. 202, 11. (206, 9.) 217, 14. 220, 16. 240, 1 K.
Die Anlage dieser Schriften des St. war vielleicht lexicalisch. Gräfenhan,
Gesch. d. class. Philol. IV. S. 234 f. Auch emendierte St M. Beden des
Cicero nach guten alten Abschriften; s. die Subscription: Statilius Maximus
rursus emendavi ad Tyronem et Laetanianum et Domm. et alios veteres.
III oratio eximia. 0. Jahn, Berichte der sächs. Ges. d. W. 1851, S. 329 f.
7. Ueber Festus s. oben 256, 5 ff. Falls schon Forphyrio ihn citiert hatte
(s. A. 4), so müsste Festus etwa aus der Mitte des zweiten Jahrh. sein.
8. Ein Aquila (AavXag) y^aftfuxrixog xal fiovamog und tpiXoaotpoSj axolia
Xoymä ysy^atpiog neQl avlloyiaficiv bei Siiid. s. v. (I. p. 188 Bnh.).
€• Drittes Jahrhundert, J. 211—805 n. Chr.
1. Erste Hftlfte, J. 211 258 n. Chr.
353 371. Diese Zeit um&sst die Regierungen von CaracaUa
(J. 211—217), Macrinus (J. 217), Elagabaius (J. 217—222),
Alexander Severus (222—235), Maximinus (235—238), Gordia-
nus I u. n (238), Gordianus HI (238—244), Philippus Arabs
(J. 244—249), Decius Traianus (249—251), Gallus (251—253).
Von einigem Bestände waren nur die von GaracaUa, Alexander
und Gordianus IQ. Während dieser Jahrzehnte setzt sich der
allgemeine Bückgang fort, und er beginnt jetzt sich auch auf
die Jurisprudenz auszudehnen. Mit Papinian verglichen ist des
Ulpianus und Paulus Thätigkeit überwiegend die des Sammlers
und Verarbeiters. Achtbare Gelehrte sind Censorinus und Julius
870 f. Statilius Maximue u. A. UeberBicht. 849
Romanus, sowie Gargilius Martialis. Die Geschichtschreibung ver-
tritt in der römischen Literatur der Vorgänger der scriptores
historiae augustae, Marius Maximus. Dagegen schreiben Cassiuß
Dio und Herodian g;riechisch. Das Christenthum hat einen
Cyprianus, und an Commodianus seinen ersten Dichter, aber in
barbarischer Form. Serenus Samonicus zeigt in seiner Vorliebe
für archaistische Formen den Einfluss des Zeitalters der Antonine.
Die Provinzen, seit Caracalla's Constitutio Antoniniana vom J. 212
Italien auch rechtlich gleichgestellt, liefern wie jetzt dem Throne
so fortwährend auch der Literatur den reichsten Beitrag.
1. BassianuB Caracalla (oder Caracallus), geb. 4 April 188, Caesar
(M. Aurelius Antoninus) 196, zum Augustus von seinem Vater Sept. Seve-
rus ernannt 198, dessen Nachfolger Febr. 211, Anfangs mit seinem Bruder
(P. Septimius) Geta, nach dessen Ermordung allein, erschlagen 8 April 217.
Als consecriert Antoninus Magnus. Ulp. Dig. I, 5, 17: in orbe romano qui
sunt ex constitutione imperatoris Antonini (vgl. Dio LXXVII, 9) cives ro-
mani effecti sunt.
2. Caracalla's praef. praet. und Mörder Opilius Macrinus war mit
seinem Sohne Diadumenus Eaiso» 1 J. 2 M. Beide wurden erschlagen.
Capit. Macrin. 14, 4: quod cum Macrinus audisset fecit iambos, qui non
extant. iucundissimi autem fuisse dicuntur. Vgl. ib. 11, 5: hos versus
nescio qui latinos . . in foro posuit. quibus acceptis Macrinus his versibus
respondisse fertur (zwei Distichen).
3. Elagabal, ursprünglich Yarius Avitus Bassianus, Sohn der Soae-
mias, von seiner Grossmutter Julia Maesa für einen Sohn Caracalla's aus-
gegeben und daher M. Aurjelius Antoninus Heliog. genannt, Müxz 222 von
den Prätorianern erschlagen. Sein Nachfolger wurde der Sohn seiner
Tante (lulia) Mamma ea:
4. Alexander Aug. (so in den Rechtsquellen immer), adoptiert von
Elagabal, was aber Alex, später verleugnete und sich Sohn des Antoninus
Magnus (A. 1) nannte. Als Caesar M. Aurelius Alexander, als Augustus
auch Severus. Geboren um 205, Kaiser seit 222, ermordet März 235.
Lamprid. Alex. 27, 5 ff.: facundiae graecae magis quam latinae nee versu
invenustus. . vitas principum bonorum versibus scripsit. K. Salzer, die
syrischen Kaiser Heliog. und Alex. Sev., Heidelberg 1866. Lamprid. Alex.
44, 4 f.; rhetoribus, grammaticis, medicis, haruspicibus, mathematicis,
mechanicis, architectis salaria instituit et auditoria decrevit et discipulos
cum annonis pauperum filios, modo ingenuos, dari iussit (in Rom), etiam
in provinciis oratoribus forensibus multum detulit, plerisque etiam anno-
nas dedit, quos constitisset gratis agere. 68, 1: ut scias qui viri in eius
consilio fuerint: Fabius Sabinns, Sabini insignis viri filiiis, Cato temporis
Bui; Domitius Ulx)ianus, iuris peritissimus ; Aelius Gordianus, Gordiani imp.
filins scientia iuris insignis; luliua Paulus, iuris peritissimus; Claudius Yena-
cus, orator amplissimus; Catilius Severus, cognatus eius, vir omnium doc-
TsvFPEXi, Böm. Literatargeschicbfce; 2. Aufl. 54
850 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Caracalla.
tis&imus; Aoliiis SereniaDUs, omnium vir sanctissimus; Qnintilius MarcelluA,
quo meliorem ne historiae quidem continent.
5. C. lulius MaximinuB (litterarum fere rudis, Aur. Vict. Caea. 25) und
sein gleichnamiger Sohn, 3 J. lang Kaiser, J. 238 erschlagen von Pupienus.
6. M. Antonius Gordianus (J. 158 — 238) und sein Sohn (Gord.
iunior, 193 —238) waren nur 36 Tage Kaiser. Der Vater, vita venerabilis, cum
Piatone semper, cum Aristotele, cum Tullio, cum Vergilio ceterisque veteribus
ageuE, alium quam merebatur exitum passus est, Capitol. Gord. 7, 1. Vgl. A. 4.
Adulescens cum esset . . poemata scripsit, quae omnia extant, et quidem
cuncta illa quae Cicero (oben 186, 2). . . scripsit praeterea quemadmodum
Vergilius Aeneidos . . ita etiam ille Antoniniados (libros), h. e. Antoninum
Pinm et Antoninum Marcum versibus disertissimis libris XXX vitam illorum
et bella et .publice pnvatimque gesta perscribens. et haec quidem pueru-
luB. . . ubi adolevit . . controversias declamavit etc. ib. 3, 3 f. Scripsit
et laudes soluta oratione omnium Antoninorum qui ante eum fuerunt. ib.
4, 7. Dessen Enkel (von einer Tochter, Orelli-Henzen 5529 f. vgL Capitol.
Gord. 4, 2), Gordianus III, war Kaiser zuerst mit Clodius Pupienus Maxi-
mus und Caecilius Balbinus, nach deren baldigem Untergang aber allein.
Duxit uxorem filiam Misithei (oder Timesithei) doctissimi viri, quem causa
eloquentiae . . praefectum statim fecit, Capitol. Gord. 23, 6. Extat et
soceri eius ad eum epistula et ipsius Gordiani ad socerum, qua intellegi-
tnr eius saeculum emendatiuB ac diligfbtius socero adiuvante pcrfectum,
ib. 24, 1 und die Briefe ib. 24, 2—25, 4. Oratio Gordiani ad senatum zum
Lobe des Timesitheus ib. 27, 4 ff. Aber Gordianus M. Philipp! (A. 7) praef.
praet. insidiis periit sexennio imperii (Febr. 244), Victor Caes. 27, 8.
7. M. lulius Philippns Arabs Thraconites und dessen Sohn Philippus
annos potentiae quinque egere (Victor Caes. 28, 1. 11). J. 248 «= 1001 d.
St. Feier des tausendjährigen Bestandes von Born.
8. C. Messius Q. Traianus Decius, Sirmiensium vico ortus, und sein
Sohn Etruscus (Caesar), im Kampfe gegen die Gothen gefallen J. 251.
9. Gallus und Hostilianus Augusti; doch stirbt Host, bald; des Gallus
Sohn, Volusianus, Caesar. Vater und Sohn durch Aemilius Aemilianns
verdrängt und getödtet, der aber selbst nur 3 Monate regierte, diese alle
zusammen nur zwei Jahre. Victor Caes. 30 f.
.351 372. Fast ausschliesslich unter Caracalla's Regierung fallt
die schriftstellerische Thätigkeit des Juristen Domitius Ulpianus
aus TyruS; praefectus praetorio unter Elagabal und Alexander
(Severus), unter Letzterem eine Zeit lang allmächtig, aber auch
ermordet (J. 228). Von seinen zahlreichen Schriften waren die
bedeutendsten die 83 Bücher Ad edictum und die 51 Bücher
Ad Sabinum. Sein Eegularum liber singularis und Institutionum
libri II sind uns auch selbständig erhalten, aber nur zu einem
kleinen Theile. Lange fort standen seine Werke in hohem An-
sehen wegen ihrer stofflichen Reichhaltigkeit, verbunden mit
371 f. Gordianus. Ulpianus. 851
treffendem Urteil, und ihrer klaren Darstellung. In den j^sti-
nianischen Digesten bilden die Auszüge aus seinen Schriften ein
volles Drittel des Gesammtwerkes.
1. Ulp. Dig. L, 15, 1 pr.: est in Syria Phoenico splendidisßiina Tyri-
orum colonia, unde mihi origo est. Spartian. Pescenn. Nig. 7, 4: Paulus
(unten 373) et Ulpianus . . Papiniano in consilio fuerunt ac postea, cum
unus ad memoriam, alter ad libellos paruisset, statim praefecti facti sunt.
Lamprid. Heliogab. 16, 4: removit et Ulpianum ictum, ut bonum Yirum,
et Silvinum rhetorem, quem magistrum Caesaris fecerat. et Silvinus qui-
dem occisus est, Ulpianus yero reservatus. Alexand. Sev. 26, 5: Paulum
et Ulpianum in magno honore habuit, quos praefectos ab Heliogabalo alii
dicunt factos, alii ab ipso, nam et consiliarius Alexandri et magister scri-
nit Ulpianus fuisse perhibetur, qui tarnen ambo assessores Papiniani fuisse
dicuntur. Yict. Caes. 24, 6: Domitium Ulpianum, quem Heliogabalus prae-
torianis praefecerat, eodem honore retinens Pauloque inter exordia patriae
reddito, iuris auctoribus, quantus erga optimos atque aequi studio esset
edocuit. Lamprid. Alex. Sev. 5i, 4: Ulpianum pro tutore habuit, primum
repugnante matre, deinde gratias agente, . . atque ideo simimus Imperator
fuit quod eins consiliis praecipue remp. rexit. 15, 6: negotia et causas
prius a scriniorum principibus et doctissimis iurisperitis et sibi fi delibus,
qnorum primus tunc Ulpianus fuit, tractari . . praecepit. 31, 2: neque
umqua'm solum quemquam nisi praefectum suum vidit, et quidem Ulpia-
num, ex assessore semper suo, causa iustitiae singularis. Vgl. noch ib.
27, 2. 34, 6. 67, 2. Cod. VIII, 38, 4 (vom 30 März 222): secundum respon-
sum Domitii Ulpiani, praefecti annonae, icti, amici mei. lY, 65, 4 (vom
1 December 222): ad Domitium Ulpianum, praefectum praet. et parentem
meum. Dio LXXX, 1: 'Als^avögog . . /ioyi,i%C(p xlvI OvXniava rr/v te tav
doQvg>6Q<ov ngoczacCav xal xa Xoma tijg ctQxrig instgeips ngayfiata. ib. 2:
6 OvXmavog 7toU,ä filv tmv ova OQd'cog vno xov ZagSavanaXlov fCQaxQ'iv-
t(ov inrjvcjQ^oDGs , zov dh Örj ^Xaoviavov xov xb Xqtjoxov dnonxsivag, iv
ccvxovg dLaSi^rjxaiy xal avxog ov noXXm vazsQOv v^o xciv öoQvqiOQcov ini-
^BfjLtvoav ot WHxog xuxBCfpayriy natitBq %cd itQog xb naXdxiov dvadgancov
%ccl nQog ccvxov xov avxonifdxoQcc xi\v xs iitjxsqcc avxov naxcccpvyoav/ Der
Hauptanstifter dabei sei Epagathos gewesen. Genaueres bei Zosim. I, 11.
Hieronym. ad a. 2242 =s 226 n. Chr. (Amand. ad 2241): Ulpianus ictus
assessor Alexandri insignissimus habetur.
2. Von Ulpian ist vor Severus' Tode (J. 211) herausgegeben nur der
libcr singularis de excusationibus , wovon die jüngere, unter Caracalla ver-
öffentlichte Schrift de officio praetoris tutelaris gewissermassen die zweite
Auflage ist (Mommsen). Der Edictcommentar ist, wenigstens in seiner
ersten Hälfte, gleichfalls unter Severus geschrieben, aber erst später her-
ausgegeben oder, wenn schon früher veröffentlicht, später noch einmal
überarbeitet worden. Die grosse Masse seiner Publicationen fällt in die
Zeit der Alleinregierung Caracalla's (J. 211 — 217) oder hat doch in dieser
Zeit von ihm die Schlussredaction erhalten. Caracalla wird darin durchaus
als lebend (imperator) erwähnt. Nur die fünf Bücher de adulteriis scheinen
64*
852 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Caracalla.
unter Macrinus (oder Elagabal) verfasst. Fitting, d. Alter d. Schriften
S. 34—44, nebst Th. Mommsen, Zeitschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 101 f. 113 f.
Ein Missverständniss ist Lamprid. Heliog. 16, 2: Sabinum consularem, ad
quem libros ülpianus icripsit, . . iussit occidi. Vgl. vielmehr oben 276, 1.
3. Die sogenannten Pragmenta ülpiani sind durch einen Vati-
canus saec. X erhalten und heissen dort Tituli ex corpore ülpiani, Sie
gehören alle zu dessen liber singularis B«gularum. Er folgt darin nach
Anlage und Ausführung wesentlich dem Gajus. Am Anfang fehlt Einiges,
am Schlüsse Vieles; die Mitte ist mit wenig Verstand aus ülpians Werk
excerpiert. Huschke, iurisprud. anteiust. ' p. 467 — 470. Editio princeps
davon durch Jo. Tilius, Paris 1549. Ausgaben (meist mit den Inst., A. 4)
von Hugo (Götti. 1788. 1811. 1814. 1822. 1834), E. Böcking (Bonn 1831.
1836. 1845. ed. IV Lips. 1865, mit einer Abhandl. von Th. Mommsen, de
Ülp. regul. libro sing.), J. Vahlen (Bonn 1856). Auch in R. Gneist's Instit.
syntagma (Lips. 1868) und Huschke's iurisprud. anteiust.* p. 472 — 621.
Heimbach, üb. Ulp.'s Fragmente, Leipzig 1834. K. D. A. Röder, Versuche
zur Berichtigung von Ulp. Fragm., Gott. 1856. 99 S.
4. Vom ersten Buche der Institutionen des Ulp. wurden J. 1835
durch Endlicher in der Wiener Hofbibliothek auf dem Querstreifen eines
Einbandes Reste von zwei Blättern einer alten Hds. (vielleicht saec. V)
gefunden und veröffentlicht. Endlicher, de inst. Ulp. fragmento Vindob.
nuper reperto, Wien 1835. Vgl. Th. Mommsen, in Savigny's Zeitschr. f.
gesch. Rechtswiss. XV (Berl. 1850) S. 372 ff. Huschke, iurisprud. anteiust. *
p. 522—524. Abgedruckt (s. A. 3) z. B. bei Huschke I. 1. p. 525—527.
F. P. Bremer, de Dom. Ulp. instit. scripsit atque earundem inst, reliquias
adiecit, Bonn 1863. 106 pp. Ausser jener Hds. finden sich 13 Stellen des
Werks in den Pandekten (Hommel, Paling. III. p. 411 — 413), andere in
der Collatio legum. Alles beisammen in P. Krüger's kritischen Versuchen
auf d. Gebiete d. röm. Rechts (Berlin 1870) S. 163—172, vgl. ebd. S. 140 ff.
5. Hauptwerke des Ülp. Ad edictum libri LXXXIII, nämlich 81 die
in den Pandekten excerpiert sind und deren Grundstock bilden (bei Hom-
mel, Palingenesia III. p. 39—383) und dazu 2 Bücher Ad edictum aedilium
curulium (ib. jd. 383 — 394), sowie (in zwei Auflagen, s. Cod. lust. constit.
Cordi nobis §. 3 fin.) Ad Sabinum (vgl. A. 2) libri LI (Hommel IlL p. 459
—589). Ausserdem Ad legem luliam et Papiam libri XX; Ad legem luliam
de adulteriis libri JI; Ad legem Aeliam Sentiam libri IV; Protribunalium
oder de omnibus tribunalibus libri X; De appellationibus libri IV; De censibus
libri VI; Fideicommissorum libri VI;' De adulteriis libri V (vgl. A. 2); De
sponsalibus; Da officio proconsulis libri X (B. VII enthielt die Rescripte
gegen die Christen und die mathematici, Lactant. inst. V, 11.. Collat. leg.
XV, 2; vgl. A. F. Rudorff, über den liber de off. procos., Berlin 1866. 4.
Abhandl. d. Berl. Ak.); De officio consulis libri III; De officio quaestoris
libri II (oder I); libri singulares de officio consularium, de off. curatoris
reip., praefecti vigilum, praefecti urbi, praetoris tutelaris, de excusationibus
(A. 2). Ferner Disputationum (publicarum) libri X, Opinionum libri VI,
Rcsponsorum libri II, Institutionum libri II (A. 4), Regularum liber singu-
laris (A. 3), Regularum libri VII. Im Ganzen sind aus diesen Schriften in
372. Ulpianus. 853
die Pandekten 2462 Stellen aufgenommen; sie bilden T. III von Hommera
Palingenesia (618 pp.). Nur citiert werden Ulpians Pandectarum libri X,
sowie seine Noten zu Aristo (Dig. XXIX, 7, 9), Marcellus (ib. XX, 1, 27.
XXVI, 7, 28, 1) und zu Papinian's Responsa (ib. III, 5, 31, 2. L, 8, 3 pr.).
6. Cod. IX, 41, 11 (Diocletian, J. 290): vir prudentissimus Domitius
Ulpianus in Publicarum disputationum libris ad perennem scientiae memo-
riam refert. Justiuian Cod. VI, 25, 9 (J. 631): tarn ülpiano quam Papiniano,
viris disertissimis. VI, 51, 9: non ineleganter summi ingenii vir Ulpianus.
Novell. XCVII, 6, 1: Ovlniavov tov aofptoTcctov. Sein Schüler Modestinus
nennt ihn 6 ^gdttatog (Dig. XXVI, 6, 2, 5. XXVII, 1, 2 fin. 4, 1). Im Ganzen
war Ulpian's literarische Thätigkeit eine reproductive; die Originalität
Papinians geht ihm ab^ aber er weiss seinen Stoff sicher zu beherrschen
und geschickt darzustellen. Auffallend ist dass er seinen Zeitgenossen
Paulus nie nennt, wie dieser ihn nur ein einziges Mal (Dig. XIX, 1, 43).
7. J. Lectius, de vita et scriptis D. U., Genf 1601 = Otto Thesaur. I.
H. Steger (F. C. Conradi), de D. U., Lips. 1725. 4. Zimmern, röm. Privat-
recht I, 1. S. 367—374. F. A. Schilling, diss. de ü., Breslau 1824. G. Bruns
in Pauly's Real-Enc. VI, 2. S. 2697—2700. Rudorff, Rechtsgesch. I. S. 189
— 192.
8. In Handschriften welche die Notitia dignitatum enthalten findet
, sich auch eine kurze Uebersicht der Verwandtschaftsgrade (vgl. 373, 4) welche
mit der Terminologie des Gajus übereinstimmt und durch Klarheit sich
auszeichnet, daher Huschke (iurispr. anteiust. ^ p. 529) glaubt dass sie einem
Werke des Uli)ian entnommen sei , den Regulae oder Instit. Abgedruckt bei
Böcking, Corp. iur. anteiust. p. 173 und in sr. Ausg. von Ulp. Fragm.* p. 183,
bei Huschke 1. 1. p. 530 f.'
9. Das fragmentxmi de iure fisci, welches durch zwei Blätter der
Capitelsbibliothek in Verona erhalten ist und erstmals zusammen mit Gajus
veröffentlicht wurde , will Huschke, iurisprud. anteiust. * p, 636 — 538 gleich-
falls wegen der scribendi elegantia et tota tractandi ratio dem Ulpian zu-
schreiben, und erklärt sich namentlich gegen die Urheberschaft des Paulus,
an welche z. B. Rudorff (Rechtsgesch. I. S. 1^93 f. 241 f.) glaubt, und gegen
die Versetzung in die Zeit Diocletians (zwischen J. 286 und 326), welche
C. W. Walch (de aetate fragm. veteris icti de i. f., Jena 1838) vertheidigte.
Sicher ist es aus dem Ende des zweiten oder Anfang des dritten Jahrh.
Abgedruckt ist dasselbe in Göschen's Ausgabe des Gajus (oben 357, 5), in
Böcking's Ausgaben des Ulpian; auch in Huschke's iurisprud. anteiust.*
p. 539—545. Edidit P. Krüger, Lips. (Teubner) 1868. 22 pp.
373. Ein noch fruchtbarerer Schriftsteller als ulpian war355
dessen Zeitgenosse Julius Paulus, gleichfalls unter Alexander
Severus praefectus praetorio und einflussreich. Er scheint den
Ulpian überlebt zu haben. Seine juristische Geltung war nicht
viel minder gross; doch steht er an schriftstellerischer Gewandt-
• heit, Sorgfalt und Darstellungsgabe dem Ulpianus entschieden
nach. Die Stoffe und Titel der beiderseitigen Schriften sind
854 I)ie Kaiserzcit. Drittes Jahrhundert. Caracalla.
vielfach dieselben. Zahlreiche Gegenstände behandelte Paulus
monographisch. Das umfassendste seiner Werke waren seine
80 Bücher Ad edictum, das am meisten benützte seine Sententiae.
Letztere sind in verkürzter Gestalt erhalten. Ausserdem bilden
die Auszüge aus seinen Werken ein Sechstheil von dem ganzen
Umfang der justinianischen Pandekten..
1. Paulas war, wie Papinian, Schüler des Scävola (oben 364, 1) und
Mitglied des kaiserlichen consilium (unter Septimius SeveruB). Paul. Üig.
XXIX, 2, 97: Papinianus putabat, . . diceham, . . pronuntiavit (ünperator).
IV, 4, 38: victa tarn apud praetorem quam apud praefectum urbi provo-
caverat. putabam bene iudicatum, . . imperator autem motus est quod etc.
dicebam etc. movit etiam illud imperatorem etc. Vgl. ib. XLIX, 14, 50.
Früher Sachwalter (Dig. XXXII, 78, 6: cum vir ita legasset . . ego apud
praetorem fideicommissarium petebam . . nee obtinui), später Beisitzer des
praof. praet. unter Papinian; s. Paul. Dig. XII, 1, 40: lecta est , . (oben
366, 1) cautio huius modi. dicebam etc. Magister scrinii raemoriae, unter
Elagabal verbannt, durch Alexander (Severus) zurückgerufen und zum
l)raef. iiraet. ernannt; s. oben 372, 1.
' 2. Die drei Bücher Decretorum und die Schriften de iurisdictione
tutelari (ed. II) und de excusationibus tutelarum sind schon vor dem Tode
des Severus (J. 211) herausgegeben, die sententiarum libri V wie es scheint
kurz nach Severus' Tod. Unter Caracalla fallen sicher die Tractate de
publicis iudiciis, de libertatibus dandis, ad orationem divi Severi, de
cognitionibus, vielleicht auch die zwei Bücher ad legem luliam und die
drei FideicommisBOrum. Unter Elagabal (J. 218—222) die Bücher de ceusibus.
Erst unter Alexander (222—235) mindestens abgeschlossen sind die Responsa.
Jedenfalls nach Caracalla's Tode (217) verfasst sind die Abhandlungen de
adnlteriis und de iure libellorum, und abgeschlossen (unter Elagabal oder
Alexander) der Edictcommentar. Im Allgemeinen bietet Paulus, wegen
seiner geringeren Genauigkeit in den Angaben, wenig Anhaltspunkte für
die Bestimmung der Abfassungszeit seiner Schriften. Vgl. Fitting, üb. d.
Alter d. Schrr. S. 44—50 und dazu Th. Mommsen, Ztschr. f. Rechtsgesch.
IX. S. 106 f. 111 f. (A. 53). 114—116.
3. Die Sententiarum ad filium libri V waren eine Art von juri-
stischem Vademecum, enthaltend die unbestrittenen Grundsätze über die
häufigsten Rechtsverhältnisse, ohne Begründung und Quellennachweise, nach
der Ordnung des Edicts. Ihre Fasslichkeit und Kürze empfahl sie den
Laien und verschaffte ihnen öffentliche Geltung in einer Zeit welche von
langen Controversen nichts wissen wollte. Verordnung Constantins vom
J. 327 (Cod. Theod. I, 4, 2): Sententiarum libros, i^lenissima luce et per-
fcetissima elocutione et iustissima iuris ratione succinctos^ in iudiciis pro-
latos valere non dubitatur. Theodosius II und Valentinian III (J. 426) er-
weiterten dieas (Cod. Theod. I, 4, 3): Pauli sententias semper valere
praecipimus; vgl. Consult. 7, 3. Für die leges barbarorum bildeten diese
Sent. die Hauptquelle des geltenden Rechtes (daher receptae sent.). Da-
durch dass sie, aber in weiterer Abkürzung, in das Breviarium Alarici
373. Der Jurist Paulus. 855
Aufnahme fanden sind sie auf uns gekommen. Die dortigen Excerpto
werden ergänzt durch Anführungen in den fragmenta Vaticana, der Col-
latio legum, Consultatio und besonders in den Digesten. Vgl. Huschke,
iurisprud. anteiust.*^ p. 352 — 358. Ausgaben bes. von Cujacius (1566) und
von J. A. Schulting (Iurisprud. vetus anteiust.), L. Arndts (im Bonner Cor-
jius iuris anteiust. und Bonn 1833), G. Hänel (Lex Rom. Visigoth., Lips.
1849), Huschke (iurisprud. anteiust.* p. 359 — 46&) u. a. Die Auszüge in
den Pandekten bei Hommel, Paling. IL p. 227—268.
4. Durch den index Florentinus und die Pandekten, sowie die Fragm.
Vaticana kennen wir die weite Ausdehnung der Schriftstellerei des Pauhis:
Ad edictutai libri LXXX, w'ozu Ad edictum aedilium curulium libri (II?),
und die kürzere Bearbeitung (mit Nachträgen) Brevium libri XXIII (oder
ad edictum de brevibus). Quaestionum libri XXVI; Manualium libri III;
Scntentiarum V (A. 3); Institutorum II (vgl. Huschke, iurisprud. antei. *
p. 466); Regularum VII. Reaponsorum libri XXUI; Decretorum III; De-
ere torum s. imperialium sententiarum in cognitionibus prolatarnm oder
Factorum libri VI. Ad Sabinum libri (XVH?); ad Vitellium libri IV (?vgl.
Mommsen ad Dig. XXXII, 78 pr. Ztschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 116); Epito-
marum Alfeni (oben 205, 3) libri VIII; Labeonis nsi^avav libri VIII; ad
Plautium libri XVIII; ad Neratium libri IV; Notae ad lulianum, Scaevo-
lam, Papinianum. Ad legem luliam et Papiam libri X; ad legem Aeliam
Sentiam libri III; ad legem luliam libri IL De adulteriis libri III; Fidei-
commissorum libri III; de officio consulis II; de off. proconsulis II; de ceu-
sibus U; de iure fisci IL Ausserdem 59 libri singulares über alle Gebiete
des Rechts. So de legibus, ad legem Cinciam, municipalem, Falcidiam,
Velleiam, Fusiam Caniniam; de senatus consultis; ad S. C. Orfitianum,
TertuUianum , Silanianum, Turpilianum, Velleianum, Claudianum, Libonia-
num; ad orationem divi Marci, divi Severi; ^e iure libellorum; ad regulam
Catonianam; de iure singulari; de iuris et facti ignorantia; de variis lectio-
nibuB. De officio praefecti urbi, praefecti vigilum, praetoris tutelaris, asses-
sorum; de iurisdictione tutelari (in zwei Ausgaben), de excusationibus
tutelarum; de gradibua et affinibus (vgl., 372, 8); de dotis repetitione; de
dönationibus inter virum et uxorem ; de intercessionibus feminarum ; deusuris.
De testamentis mehrererlei Monographien. De libertatibus dandis ; de assig-
natione libertorum; de iure patronatus. De actionibus, concurrentibus
actionibus, conceptione formularum, hypothecaria formula, cognitionibus,
liberali causa, septemviralibus iudiciis, appellationibus. De poenis omnium
legum, poenis paganorum, militum; de portionibus quae liberis damna-
torum conceduntur; de publicis iudiciis, extraordinariis crinpiinibus , adul-
teriis. Im Ganzen finden sich in den Digesten 2080 Auszüge aus seinen
Schriften; s. Hommel, Palingenesia IL p. 3 — 300.
5. Modestin. Dig. XXVII, 1, 13, 2 (oben 364, 3). Gordianus im Cod.
V, 4, 6 (J. 239), Diocletian ib. IX, 22, 11 (J. 287) u. Justinian. const. Omnem
(Dig. prooem.) 5: responsum viri prudentissimi Pauli. In Folge der Gel-
tung seiner sententiae (A. 3) heisst P. iuridicus schlechtweg Consult. 7, 3
und bei Isid. Orig. V, 24, 30.
6. A. A. Pagenstecher, lul. Paulus, in d. Sylloge diss., Brem. 1713.
856 l^i© Kaiserzeit. Drittes Jahrhmidert. Caracalla.
E. A. 0. C. Pagenstecher, Paalus iniuria vapiilans, Wetzlar 1726. 4. (= Tractat.
iur. I. Würzb. 1734). F. C. Conradi, J. P. ab iniuria criticorum vindicatus,
Heimst. 1733 (== Parerg. IV. p. 507 ff.). Zimmern, Privatr. I, 1. S. 368—371.
374—378. G.Bnins, in Pauly's Real-Enc. V. S. 1251 f. Rudorff, Rechtsgesch.
I. S. 192—195.
366 374, Neben diesen Grössen der Jurisprudenz wirkten und
schrieben in dieser Zeit auch noch eine Anzahl Juristen zwei-
ten und dritten Ranges, unter welchen die bedeutendsten waren
Aelius Marcianus, Aemilius Macer und besonders der Schüler
Ulpians, Herennius Modestinus, welcher sein Werk über die
excusationes griechisch, die übrigen aber lateinisch schrieb.
1. Panl. (Quaest. •XII) Dig. XL, 18, 4: Licinius Rnfinns Inlio
Paulos . . quaero . . peto itaque plenissime instmas. XXFV", 1, 41: Lici-
nius Rufinus libro VI Regularam: . . nam et Imp. Antoninus (Caracalla,
8. Mommsen, Ztschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 102, A. 24) constituit etc.
XLII, 1, 34: Licinius Rufinus libro XIII Regularum (ind. Flor, weiss nur
von XII Büchern). Die 13 Digesten-Excerpte aus diesem Werke bei Hommel,
Paling. II. p. 399 f. Abhandlungen de L. R. von H. J. 0. König (Halle
1772. 4.) und C. A. H. Clodius (Lips. 1791. 4.).
2. Inst. IV, 3, 1: sie et HomeruB in Odyssea ait, sicut Aelius
Marcianus in suis Institutionibus refert. Vgl. Dig. XXXIl, 65, 4. Im
Ganzen waren es 16 Bücher, in der Hauptsache n<ach Gajus, jedoch im
Familien- und Erbrecht mit Anschluss an Sabinus und unter Anfügung
des ins extraord. (Straf-, Fiscal- und Kriegs-Recht) ; verfasst nach dem Tode
des Caracalla (divi Severus et^ Antoninus). Auch alle andern Schriften des
Marcianus sind nach Caracalla's Tod (217) abgefasst, da er immer entweder
divus Antoninus oder Ant. Magnus (Magnus Ant.) oder divus Magnus Ant.
genannt wird; nämlich Publicorum iudiciorum libri II (worin auch Papi-
nianus Respons. XVI citiert wird), Regularum libri V, und die libri singu-
lares de delatoribus und ad formulam hypothecariam. Von den z^ei
Büchern de appellationibus ist wenigstens sicher dass sie nach Sever's
Tode geschrieben sind. Fitting, Alter d. Schrr. S. 60 — 52 mit Mommsen,
Ztschr. f. Rechtsgesch. IX. S. 106 f. 109. 112. Kein Zeitmerkmal enthalten
die Ueberreste des liber sing, ad SC. Turpilianum und der Notae ad Papi-
nianum. In den Digesten sind diese Schriften 275 Mal benützt; s. Hommel,
Paling. 1. p. 399 — 436. Rescripte an (diesen?) Marcianus von Alexander
(Cod. II, 13, 6 und X, 58 aus J. 223. VII, 21, 4 aus J. 228) und von Gor-
dianuB (Cod. IV, 21, 4) aus J. 239. G. Oelrichs, de vita, studiis, honoribus
et scriptis Ael. M. icti, Utrecht 1754. 4. Zimmern, röm. Privatr. I, 1. S. 380 f.
3. Aemilius Mac er, Verfasser von je zwei Büchern Publicorum
iudiciorum. Ad legem vicesimae hereditatum. De officio praesidis, De
appellationibus. De re militari, welche in den Pandekten an 62 Stellen
benützt sind; s. Hommel, Paling. I. p. 341 — 350. Die Schrift de app. ist
sicher unter Alexander verfasst (Dig. XLIX, 13, 1), die anderen jedenfalls
nach dem Tode des Severus. Ulpian, Paulus und Menander werden darin
374. MarcianuB, Modestinus u. a. Juristen. 857
wiederholt erwÄhnt. Fitting, Alter d. Schrr. S. 52 f. Von einem A. Aem.
Macer eine devote Inschrift zu Ehren des Caracalla Tom 15 Aug. 216 bei
Orelli 930.
4. Florentinus, Verfasser von Institutionum libri XII nach dem
System des Gajus, in den Digesten mitbenutzt; s. Hommel, Paling. I.
p. 175-^178. Es wird darin divus Pius, Aquilius Gallus und Trebatius
genannt. Er wäre sicher der Zeit des Alexander zuzutheilen wenn fest-
stände dass der im Cod. III, 28 , 8 yom J. ' 223 (Irop. Alexander Aug. Flo-
rentino) Genannte er sei. Abhandlungen über ihn und seine üeberreste
von A. F. Rivinus (Wittenb. 1762. 4.), C. F. Walch (de Flor, icti philoso-.
phia, Jena 1754 = Opusc. I. p. 337 — 346), J. Th. Mathews (Lugd. B.
1801. 4.), Th. Schmalz (Königsberg 1801).
5. lulius Aquila (im ind. Flor, wohl unrichtig Gallus Aq.), Verfasser
von zwei Büchern Responsa, welche in den Digesten zweimal (XXVI, 7,
34. 10, 12) ausgezogen sind. Zimmern, röm. Privatr. I, 1. S. 386 f.
6. Furius Anthianus verfasste einen Edictscommentar, von welchem
der ind. Flor. ((liQog iSUzov ßißUu nivte) noch 5 Bucher kennt. Die
drei Excerpte aus dem ersten Buch die sich in den Digesten (II, 14, 62.
IV, 3, 40. VI, 1, 80) finden geben keinen Anhalt zur Bestimmung seiner
Zeit. P. F. Besier, de F. A. icto, Lugd. B. 1803.
7. Aelius Florianus Herennius Modestinus (nach der Fullonen-
inschrift bei Kellermann, Vig. laterc. p. 30 = Rhein. Mus. XXI. S. 10 f.).
ülp. Dig. XL VII, 2, 52, 20: quod et Herenriio Modestino, studioso meo,
de Delmatia consulenti rescripsi. Capitol. Maximin. iun. (geb. 217) 1, 5:
grammatico latlno usus est Philemone, iurisperito Modestino. Imp. Gordia-
nus J. 239 (Cod. III, 42, fS): merito tibi a non contemnendae auctoritatis
icto Modestino responsum est. J. 244 praef. vigilum in Rom (FuUonen-
inschrift L L). VgL Arcad. Charis. Dig. L, 4, 18, 26: mixta munera . .
Herennius Mod. et notando et disputaudo et optima ratione decrevit.
Schriften des Mod.: Excusationum libri VI (griechisch); Differentiarum IX
und Regularum X (Huschke, iurisprud. anteiust. ' p. 546); Pandectarum XI f;
Responsorum XIX; Ad Q. Mucium mindestens XXXI Bücher; De poenis VT;
libri singulares de enucleatis casibus, heurematicis , difierentia dotis, in-
officioso testamento, mannmissionibus , praescriptionibus, ritu nuptiarum,
legatis et fideicommissis, testamentis. Zusammenstellung der 344 Excerpte
daraus in den Digesten bei Bommel, Paling. I. p. 453 — 494. Keiner der
üeberreste weist mit Sicherheit über die Zeit von Caracalla's Alleinregierung
hinaus. Bestimmt nach Caracalla's Tod verfasst sind die libri differen-
tiarum, Pandectarum, Excusationum; unter Alexander der Über sing, de
enucleatis casibus. In B. I der Excusationes (Dig. XXVI, 6, 2, 5) war
Paulus libro IX Responsorum (oben 373, 2) angeführt, so dass dieselben
frühestens unter Alexander vertasst sein können. Widmung dieses Werkes
{ncLffaCxTiGig inixQonrig %a\ nLOVQazoQcccg) an Egnatius Dexter, Dig. XXVII,
1, 1. Fitting, d. Alter d. Schrr. S. 53 — 55. Im Allgemeinen s. Zimmern,
röm. Privatr. I, 1. S. 883—386.
375. In den ersten Jahrzehnten des dritten Jahrh. schrieb357
der von Charisius sehr stark benützte gelehrte Grammatiker C.
85S Die Kaiscrzeit. Driltcä Jahrhuiiilcrt. Caracalla.
«
lulius Roraaniis, sowie der Metriker Juba, der sich an Caesius
ßassus und Heliodor angeschlossen hatte, um dieselbe Zeit war
auch Censorinus thätig, Verfasser mehrerer grammatischer
Werke. Auf uns gekommen ist seine Schrift de die natah,
einem reichen Gönner Namens Q. Caerellius gewidmet und im
J. 238 verfasst. Sie ist hauptsächlich aus Suetonius geschöpft
und enthält werthvoUe Angaben für Geschichte und Chronologie.
Die Behandlung ist rhetorisch.
1. G. lulius RomanuB (Charie. p. 230, 1 E.) ist unter den von
Chaiisius benützten Grammatikern der keuntniesreicbste ( disertissimus
Artis soriptor, ib. p. 2.32, 7). Aus ihm nimmt Charisius ganze grosse Ab-
schnitte, wie über die Analogie (p. 116—147) und die Adverbien (p. 190
— 224), wörtlich in sein Buch herüber, so wortgetreu dass er auch die
Verweisungen des Romanus auf andere Theile seines Werkes oder andere
Schriften mit abschreibt, wie de consortio casuum (Charis. p. 132, 31), de
consortio pracpositionüm (p. 209, 20 f.), nfQl oQ&oyQatp^ag quaestiones
(p. 135, 15), de distinctionibus u. s. w. Das von Char. benützte Werk des
llomanus war vielleicht ein einziges 'Aq>oQpu)tl betiteltes, und alle speciellen
Titel, wie liber de analogia (Charis. p. 56, 4. 114, 1. 116, 29), liber de
tulverbiis (ib. p. 114, 28), nur Theile davon. Vgl. Charis. p. 230, 1: G. I.
H. libro atpoQfiöiv sub titulo de coniunctione; p. 238, 16: I. R. libro dtpoQ-
fKov sub titulo de praepositione. Ein Erkennungszeichen des I. R. ist
dass er den Vergilius regelmässig Maro nennt. Da I. R. den Briefwechsel
des Fronto mit M. Aurelius (Charis. p. 223, 26) und den Apiüejus (ib.
p. 240, 28. 248, 5) citiert, sowie den Helenius Acro (oben 870, 1) und Por-
phyrio (oben 370, 4), so wird er in die erste Hälfte des dritten Jahrh. zu
setzen sein. Die Quellen des Rom. waren bes. Plinius und Flavius Caper,
auch Asper und Terentius Scaurus. Vgl. F. Osann, Beitrage II. S. 327
—330. H. Keil, grammatici lat. I. p. XLV— XLVIII. A. Schottmüller, de
riini libr. gramm. I. p. 32 ff. W. Christ, Philologus XVIII. S. 121 — 123.
2. Mar. Victorin. bei Keil, gramm. VI. p. 88, 4 f. : luba noster atqne
alii Graecorum opinionem secuti referunt etc. ib. p. 94, 6 ff.: luba noster,
qui inter metricos auctoritatem primae eruditionis obtinuit, insistens Heliodori
(oben 347, 9) vestigiis, qui inter Graecos huiusce artis antistes aut primus
aut solus est. Servius Aen. V, 222: secundum lubam artigraphum. Die
Zelt desselben bestimmt "sich dadurch dass in der Anführung aus Juba bei
Priscian. de metr. Ter. 8 (II. p. 421 Htz ) auf einen Vers angespielt ist
welcher dem Annianus (s. d.) angehört. Er ist daher frühestens ums J. 200
zu setzen. Dazu stimmen auch Wendungen wie intellegi datur. H. Keil,
quaestiones grammaticae (Lips. 1860) p. 15—22. R. Westphal, griech.
Metrik II, 2 (1865) S. 146—149 = P (1867) S. 223 ff. Sammlung der üeber-
reste des Juba von B. ten Brink (lubae Maurusii de re metrica scriptoris
latini reliquiae, Utrecht lß64), H. Wentzel (Symbolae oriticae ad bist, script.
rei metr. lat., Breslau 1858, p. 18—25) und H. Keil (1. 1. p. 19 ff.).
3. Anführung aus dem vierten Buche der Ars des Juba bei Rufin.
p. 385 Gaisf. (über den iambischen Trimeter). (luba) in octavo bei PriBcian.
375. Grammatiker: Romanus. luba. Censorinus. 859
IL p. 420, 24 mit der Anm. von Hertz, üebercinstimmnng mit den Scholien
zu. Hephästion und der von H. Eeil aus einem Ambros. herausgegebenen
Abh. nsgl trig tav nod^v ovoiiaeiag. Für die einzelnen Metra hatte Juba
zahlreiche Beispiele gegeben. Benützt wurde sein Werk von Sacerdos und,
wie es scheint, von Terentianus, sowie Asmonius; epitomiert von Marius Vic-
torinus. Auch für Pseudo-Atilius und Diomedes, sowie für die Metrik in
Endlichers Analecta p. 521 diente er als Quelle.
4. Priscian. I, 17 (p. 13, 19 f. Htz.): Censorino, doctissimo artis
grammaticae. Vgl. ib. 16 (p. 13, 9). Bei Cassiod. de art. gramm. 1 wird
er neben Polemon, Phocas und Probus genannt. Priscian. XIV, 1, 6 (II. p. 27,
23 H.): Censorinus plenissime de his docet in libro quem de accentibus
scribit. Grössere Stelle daraus ib. 4, 40 f. (p. 45—47 H.). Vgl. Cassiod. de
mus. p. 576.
6. Cassiod. de mus. p. 573 (vgl. ib. p. 577): Censorinus, qui ad Q.
Caerellium scripsit de natali eins die. Abfassung J. 238; s. 18, 12. 21, 6
(hie annus, cuius velut index et titulus est Ulpii et Pontiani consulatus,
. . est a Roma condita DCCCCXCI"'). Aus der Widmung (c. 1): te, Q.
Ca ereil i, virtutis non minus quam pecimiarum divitem ista non capiunt,
. . quod sapicntium disciplina formatus satis liquide comperisti huiusmodi . .
esse Tcav fLsccav etc. quare cum dona pretiosa neque tibi . . desint nee
mihi per rei tenuitatem supersint, quodcumque hoc libri est meis opibus
comparatum natalicii titulo tibi misi. in quo non, ut plerisque mos est,
aut ex ethica parte philosophiae praecepta ad beate vivendum quae tibi
scriberem mutuatus sum, aut ex artibus rhetorum locos laudibus tuis cele-
brandis persecutus, . . sed ex philologis commentariis quasdam quaestiun-
culas delegi, quae congestae possint aliquantum volumen e^cere. iam
vero cum tuo coUatu scirem me plura didicisse, . . ego a quo plura in
litteps percepi tibi hacc exigua reddo libamina. c. 15: quare, sanctissime
Caerelli, cum istum annum (das 49ste) . . sine uUo incommodo transieris,
(wirst du das 8l8te erleben). . . quem veterum nunc memoria suspicimus
prudentia vel temperantia vel iustitia vel fortitudine tibi antestare dici-
mus? . . tu officiis municipalibus functus, honore sacerdotii in principibus
tuae civitatis conspicuus, ordinis etiam equestris dignitate gradum pro-
vincialiuAi supergressus . . omnium omnino amorem cum maxima gloria
consecutus es. . . de eloquentia quoque sileo, quam omnia provinciarum
nostrarum (Spanien oder Gallien?) tribunalia, omnes praesides noverunt,
quam denique urbs Roma et auditoria sacra mirata sunt.
6. Censorinus prunkt mit seiner Gelehrsamkeit und nennt eine Menge
(meist griechischer) Schriftsteller, von denen er gewiss viele nie zu Gesicht
bekommen hat. So von Lateinern den Fulvius, lunius Gracchanus, Licinius
Macer, Fenestella und vielleicht auch den Varro, so oft er diesen auch
anfahrt. Die Hauptquelle war wohl Suetons Pratum (Reifferscheid Suet.
p. 434). Vgl. Jahn p. IX. Auf Horaz spielt Cens. öfters an ( 1 , 1 ff. == 0.
IV, 8. 3, 6 = 0. I, 1, 2). In der Behandlung des Stoffes zeigt er quaesita
sermonis elegantia, quae nobis quidem nimia videtur et affectata, et rhe-
toricum artificium (Jahn p. X). Eine einfache sachgemässe Darstellung
mochte der Bestimmung der Schrift als Festgabe zum Geburtstag nicht
860 I^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Caracalla.
würdig erscheinen. Diese Bestimmung bildet den Mittelpunkt der Erörterung.
Zuerst wird das der Geburt Vorausgehende (Zeugung u. s. w.) abgehandelt,
mit einer kühnen Wendung (12, 1: nee vero incredibile est ad nostros
natales musicam pertinere) die Musik mit hereingezogen, die Lebensstufen
besprochen, dann die verschiedenen Arten der Zeitein theilung (c. 17 ff.).
Mitten in der Besprechung der Theile des Tages und der Nacht und ihrer
Benennungen (24, 6) brechen die Handschriften ab.
7. Das Schriftchen ist überliefert besonders durch den codex Darm-
stadiensis saec. VII und den meist mit ihm stimmenden Väticanus saec.
X, in ziemlich yerdorbener Gestalt. Die übrigen Hdss. haben alle sehr
wenig Werth. 0. Jahn p. XVI — XXII. Wegen Verwandtschaft des Inhalts
unmittelbar angehängt ist in den Hdss., aber noch corrupter, ein Bruch-
stück dessen Verfasser, Zeit und Zweck unbekannt ist, und das zuerst
de naturali institutione handelt, dann de caeli positione, de stellis fixis
et errantibus, de terra, von da aber überspringt zu Erörterungen de
geometrica, formis, figuris, postulatis, welche aus Euklid übersetzt sind,
und darauf ebenso unerwartet handelt de musica (Geschichte), de rythmo,
de musica (theoretisch), de modulatione, de nietiis i. e. numeris, de legi-
timis numeris, de numeris simplicibus. Also wohl Theile eines encyklopä-
dischen Werkes. 0. Jahn p. XI: hoc fragmentum ..praeter multa volgaria
atque inepta haud pauca tamen continet aliunde non nota, quae satis
probant ecriptorem (besonders in den Abschnitten über Musik und Metrik)
fontibus antiquioribus usum esse. Insbesondere hebt er die Uebereiu-
Stimmung mit manchen Partien der Scholien zu Germanicus (oben 270, 8)
hervor, was sich wohl aus Gemeinsamkeit der Quelle (Suetons Prata?)
erklärt. Dieses Bruchstück wurde zuerst durch Carrio von dem Werke
des Censorinus abgetrennt und ist abgedruckt in den meisten Ausgaben
des Letzteren, z. B. von 0. Jahn p. 76—100 (vgl. p. X— XIII), von Hultsch
p. 65—73.
8. Ausgaben des Censorinus. Ed. princeps Bonon. 1497 fol. Aldina
Ven. 1681. Rec. L. Carrion, Lutet. 1583. Lugd. B. 1593. Rec. et ill. H.
Lindenbrogius, Hamburg 1614. 4. Lugd. B. 1642. Cantabr. 1695. Ed. E.
Puteanus, Lov. 1628. 4. Ex rec. A. Götz, Alt. 1742. Ex rec. Havercampi,
Lugd. B. 1743. 1767. Cum adn. J. S. Gruber, Norimberg. 1805. 1810. Erste
kritische Ausgabe: Rec. et emend. 0. Jahn, Berlin 1845. Rec. Fr. Hultsch,
Lips. Teubner 1867.
9. Beiträge zur Textkritik des Cens. von L. ürlichs (Eos H. S. 458
—460. Rhein. Mus. XXIT. S. 465-476), F. Hultsch (Eos IL S. 623—626),
F. Lüdecke (Götti. Gel. Anz. 1868, S. 482—486), M. Schanz (spec. crit. ad
Plat. et Censorinum pertinens, Götti. 1867).
10. Lamprid. Alex. Sev. 3, 2 f.: in prima pueritia litteratores habnit
Valerium Cordum et T. Veturium et Aurelium Philippum libertum patris,
qui vitam eins postea in litteras misit; grammaticum in patria graecum
Nehonem, rhetorem Serapionem, philosophum Stilionem, Romae gramma-
ticos Scaurinum Scauriui filium, doctorem celeberrimum, rhetores luliam
Frontinum et Baebium Macrianum et lulium Granianum, cuius hodieqiie
declamatae feruntur. Capitol. Maximin. 27, 3 — 5 : usus est magistro graeco
375 f. Censorinns. Gargilius Martialis. 8G1
lifcteratore Fabillo, cuiua epigrammata graeca multa et exstaut. . . gram-
matico latino usus est PhilemoDe, iuris perito Modestino (oben 374, 7),
oratoie Titiano, filio Titiani senioris (oben 360, 10). habuit et graecum
rhetorem Eugamium sui temporis darum.
11. M. Damatius Urbanus, summarum artium liberalium litterarum
studiis utriusque linguae perfectc eruditus, optima facundia praeditus etc.
Inschrift aus Sitifis (Africa) vom J. 231 bei Henzen 5607 = Renier luscr.
de r Alg. ^338.
376. Das grosse Werk des Gargilius Martialis behandelte
die Landwirtschaft mit Einschluss der medieinischen Verwendung
der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und der Thierheilkunde, nach
griechischen und römischen Quellen, besonders Plinius d. A., mit
reicher Belesenheit und nach gesunden physiologischen Anschau-
ungen. Ansehnliche Theile davon sind uns erhalten, namentlich
durch das vierte Buch des sogenannten Plinius Valerianus. Ohne
Zweifel derselbe Martialis schrieb auch über die Lebensweise des
Alexander Severus.
1. Cassiod. inst. div. litt. 28: quodsi huius studii requirantur auctores,
de hortis scripsit pulcerrime Gargilius Martialis, qui et nutrimenta olerum
et virtutes eorum diligenter exposuit. Serv. Georg. IV, 148 (aliis): Gar-
gilium Martialem significat. Die früheste Erwähnung des G. M. ist bei
Palladius (Mart. 9, 9: haec omnia G. M. asseruit, vgl. Martialis ib. lan. 15, 10.
19. Mart. 10, 5. 16. 34. Apr. 3, 5. Mai 6. lun. 5, 3. Oct. 12, 5. 7. Dec. 4, 1).
Andererseits citiert M. (s. A. 5) Quintilii, die durch Commodus (etwa J. 181)
ausgerottet wurden (Lamprid. Comm. 4, 9). Er lebte also im dritten Jahrh.,
wie der Historiker Garg. Mart. (unten 377, 6 u. 11); und da Beide medi-
cinische Kenntnisse besassen, so werden sie wohl identisch sein und um
J. 240 geschrieben haben.
2. Ein (jetzt verlorener) Mediceus der Script, rer. rust. enthielt (nach
dem Index bei Victorius) am Schlüsse auch unus (liber) Gargili Martialis.
J. 1826 wurden in der Neapler Bibliothek in einem Palimpsest einige
Blätter aus dem Abschnitte de pomis entdeckt (Quitten, Pfirsiche, Mandeln,
Kastanien), die mit Palladius' Anführung und mit Ps. Plin. IV, 42 stimmen.
Herausgeg. von A. A. Scotti, dann A. Mai (Class. auct. I. 1828. p. 387 ff.),
wiederabgedruckt Lüneburg 1832. Einige Jahre darauf entdeckte Mai selbst
in zwei Hdss. (angeblich saec. X u. XII) der Vaticana ein (gleichlautendes)
Fragment mit der Ueberschrift Incipit liber tertius de pomis Martialis;
abgedruckt ib. III (1830). p. 418—426 vgl. p. 416 f. VII. p. X. Mehr davon
war aber schon durch J. Schott veröffentlicht (Argentorati 1533 fol.) in
den drei ersten Büchern des vermeintlichen lateinischen Oribasius; s. V.
Böse, Anecd. gr. II. S. 110 ff. vgl. A. 4.
3. Aus einer Leidner Hds. von Veget. mulomed. Curae boum ex coi-pore
Gargilii Martialis veröffentlicht von M. Gesner und J. G. Schneider (Scripto-
res r. r. IV, 1. p. 168—171 vgl. ib. IV, 2. p. 73—76). Als Beitrag zur land-
862 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Caracalla.
wirtschaftl. Thierheilkunde herausgeg. von C. Th. Schuch , Donaueschingen
1857. 47 S. 8.
4. In der St. Galler 'Hds. 762 (saec. IX), welche eine lateinische Be-
arbeitung von Hippokrates «fgl diaitrjg (B. II) enthält, sind (B. 1 u. 4) die
Abschnitte negl Xa%civ<ov und nf^l onagrig, statt sie aus Hippokr. mitzu-
übersetzen, aus dem Werke des G. M. (den Abschnitten de oleribus und
de ponais) entnommen. Stellenweis stimmen diese wörtlich überein mit
c. 1—38 (de oleribus) u. 39 — 58 (de pomis) in B. IV des Ps. Plia, (Valer.),
die daher dem G. M. angehören; und zwar ist letztere Fassung aus-
führlicher und treuer (Rose, Anecd. II. S. 125 f.). Abdruck aus der St.
Galler Hds. bei Rose IL S. 131 — 150 (de virtutibus herbarum). 151 — 156
(Hippokrates de cibis). 157 f. (Auszüge aus Mart. u. A. in einer Berliner
Hds. saec. XII). Drei ausführlichere Auszüge (in der Weise von Ps. Plin. IV)
am~ Schlüsse von B. II der St. Galler Hds.; s. ebd. S. 129. De pruno
ebd. S. 130.
5. Hauptquellen des Mart. scheinen Dioskorides und Galenos gewesen
zu sein; aber auch das hippokratische Werk nsgl Siaitris war benützt,
Aristoteles in Georgicis (Rose, Aristot. pseudep. p. 273 f.) u. A. angeführt;
von römischen Vorgängern Celsus, Columella, Curtius lustos (bei Mai p.
396. 399. 410), lulius Atticus, lulius Frontinus, G. Plinius (p. 412 Mai;
Plinius noster bei Rose S. 129), Quintilii (p. 392. 394. 396. 405. 410. 412
Mai), Sextilius Niger (Rose S. 129).
6. E. Meyer, Geschichte der Botanik II. S. 228—236. Val. Rose, An^c-
dota graeca et graecolatina II (Berlin 1870). S. 103—160.
353 377. Die Geschichtschreibung hatte in Marius Maximus
(ungefähr J. 165 — 230) einen Fortsetzer der suetonisehen Kaiser-
biographien für die Regenten von Nerva bis Elagabal; in grosser
Ausführlichkeit, doch nicht ohne Sinn für Wahrheit. Die erste
Hälfte der Historia augusta besteht aus dürftigen Auszügen aus
seinem Werke. Neben ihm nennen deren Urheber als Vorgänger
und Quelle besonders häufig den lunius Cordus, welcher minder
bekannte Imperatoren von Clodius Albinus bis zu Maximus und
Balbinus beschrieb, mit Eingehen auf die kleinlichsten Einzel-
heiten; Aemilius Parthenianus, Aelius Maurus, Marcellinus u. A.
In griechischer Sprache verfasste Herodianus eine Geschichte
der selbsterlebten Zeit vom Tode des Marcus (Aurelius) bis zum
Regierungsantritt von Gordianus III (J. 180 — 238) in acht
Büchern, Cassius Dio aber eine römische Geschichte in achtzig
Büchern, von der Gründung der Stadt bis zum J. 229 n. Chr.
(982 d. St.). Noch umfassender waren die Arbeiten des Sex.
Julius Africanus, des Urhebers der vergleichenden heidnisch-
christlichen Chronologie.
1. Cassius Dio Cocceianus aus Nikäa in Bithynien^ am J. 155 — 230
377. Marina Maximus u. a. Geschichtschreiber. 8G3
n. Chr., CÖB. (unter Macrinus, 221?) II unter Alexander J. 229. Zehnjährige
Vorarbeiten zu seinem Geschichtswerke, zwölf Jahre lang Ausarbeitung.
Die J. 222 — 229 sind nur summarisch behandelt. Vollständig erhalten sind
die Bücher 37— 64, umfassend die Jahre 689 — 744 d. St.; von den ersten
34 Büchern nur spärliche Ueben'este, grössere von B. 35 und 36. Die
späteren Tbeile kennen wir durch die constantinischen Excerpte, den Aus-
zug des Xiphilinus und des Zonaras. Vom J. 180 an schildert Dio Selbst-
erlebtes (LXXII, 4). Ausgaben von F. W. Sturz (Lips. 1824. 1843. 9 Voll.),
Imm. Bekker (Lips. 1849. 2 Voll.) und L. Dindorf (Lips. Teubner 1863
— 1865, 5 Voll.). De Dionis Cassii fontibus et auctoritate Abhandlungen
von R. Wilfnans (Berol. 1835) und Grasshof (Bonn 1867). Schwegler, röm.
Geschichte I. S. 124 f.
2. Aehnlichen Gegenstand hatte des Asinius Quadratus XilistTi^lg oder
XiUaQxtay eine Geschichte des römischen Reiches während seines tausend-
jährigen Bestandes in 15 Büchern. Auch IlaQ^Lyia und rsQftaviJitt verfasste
er; 8. Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1868 f., Nr. 28. C. Rubel (A. 6) p. 32 f.
3. Hieron. vir. ill. 63: lulius Africanus, cuius quinque de tempo-
ribus extant volumina, sub imp. M. Aurelio Antonino qui Macrino succes-
serat (also unter Elagabal; vgl. F. Rühl, die Verbreitung Justins S. 33. 37)
legationem pro instauratione urbis Emmaus suscepit. . . extat eins ad
Aristiden epistola, in qua super diacp(ovCa quae videtur esse in genealogia
salvatoris apud Matthaeum et Lucam plenissime disputat. Von ihm rührt
die Ansetzung von Chr. Geburt auf J. 5500 der Welt her. Fortgeführt war
sein xqovoXoycKov nsvtdßißXov bis auf J. 218 n. Chr. Ideler, Handbuch der
Chronologie IL S. 456 ff. Ein Nachfolger von ihm war Hippolytus aus
Portus, dessen Ostertafel für die Jahre 222 — 237 auf einer Marmorplatte
(welche zugleich die Schriften des Hipp, aufzählt, z. B. XgovLiia) im Vati-
can aufbewahrt ist. Th. Mommsen, der Chronograph vom J. 354 (Leipzig
1850) S. 595 f. 697 f. 610.
4. Herodian schrieb rrjg ftsra Mxpxov ßaadsiag tctoglai^ in deren
Eingang er, im Gegensatze zu den meisten Geschichtschreibern, welche
TTiq ^\v dXrid'sicig iv taig dtpriy/iasaiv (aXLy(6Q7iaav , ovx ijxicrra 8h iitsfis-
Xr'i^riGav (pQoiaEcog te xorl ev^pcovlag, von sich sagt: iya 61 tatoQiccv ov
nag' aXXav (XTcods^diLsvog ayvcDOtov ts %ccl dficcQzvQov, vno vsuqu de rj
TG>v ivTSv^ofisvcDv fivrnjLTj ^ (lEtd ndarig dtigißBlag ij^goiaa slg avyyQa<pr]v,
eine Erklärung die in keiner Weise beeinträchtigt wird dadurch dass er
fortfahrt: ovn ccteQn^ xriv yviaciv xal toig vgtsqov ^caad'at, JCQogdourjaag
tgyoDv ^sydXmv zs xal noXXatv iv 6Xly(p %g6v(o yEvofiivov. Nur ist zuzu-
geben dass Dio vermöge seiner höheren Stellung öfters mehr in der Lage
war das Richtige zu kennen. Ausgaben von F. A. Wolf (Halle 1792),
I. Bekker (Berol. 1826. Lips. Teubner 1855). E. Volkmann, de H. vita,
scriptis fideque, Königsberg 1859. J. V. Poblocki, de H. vita, ingenio,
scriptis, Münster 1864. R. Sievers, über das Geschichtswerk des H., Phi-
lologus XXVI. S. 29 — 43. 253 — 271. E. Brocks, de IV prioribus h. aug.
Script. (1869) p. 46 — 69. J. J. Müller in Büdingers Unters, z. röm. Kaiser-
gesch. III. S. 138 ff. 181—191 (bes. B. II u. III). K. Dändliker, die drei
letzten Bücher H.'s, ebd. III. S. 203—319.
864 Die Kaiaerzeit. Di-ittes Jahrhundert. Caracalla.
5. Orelli-Henzen 5502 (aus Rom): L. Mario L. f. Quir. Maxime
Perpetuo Aureliano cos. (J. 195), aacerdoti feciali, leg. Aug. pr. pr. pro-
vinciae Syriae Colae (Kölesyrien), leg. Aug. pr. pr. provinciae Germaniae
inferioris, item provinc. belgicae, duci exercit. mysiaci apud ßyzantium et
apud Lugdunum, leg. leg. I Italic, cur. viae latinae, item reip. Faventi-
norum, allecto inter praetorios, trib. pleb., candidato quaestori urbano,
trib. laticl. leg. XXII Primig., item III Italicae, IVvir. viarum curandarum.
Vgl. ib. 2275. Borghesi, iscrizione ardeatina di M. M., Oeuvres Y. p. 455
— 484. Die Identität des Gescbichtschreibers mit diesem hohen Militär-
und Civil- Beamten wird aber zweifelhaft durch des Ersteren vorige Un-
kenntniss der Feldzüge des Severus im Orient und seine geringe Aufmerk-
samkeit für Kriegsbegebenheiten überhaupt (J. J. Müller S. 32 vgl. S. 170
— 174). Um so genauere Kenntniss zeigt er von den Vorgängen unter
Macrinus und ist daher ohne Zweifel der praef. urbi d. J. 217 Md^ifios
MccQios bei Dio LXXVIII, 14; vielleicht auch der Cos. Maximus J. 207 (und
L. Marius Maximus, cos. II J. 223). In den späteren Jahren des Commodus
(um 190) war er bereits erwachsen und in Born (Lamprid. 13, 2: versus in
eo — den Bruch des Comm. — multi scripti sunt, de quibus etiam in
opere suo Marius Maximus gloriatur), vielleicht schon Senatsmitglied (vgl.
ib. 18, 1 f.: adclamationes senatus post mortem Commodi . . de Mario
Maximo indidi), und dann also um 165 geboren. Da er sein Werk über
Elagabal (f 222) nicht hinausführte (J. 'J. Müller S. 26 — 28), so wird er
den Tod des Alexander (f 235) nicht mehr erlebt, wohl. aber unter diesem
geschrieben haben.
6. Capitol. Clod. Alb. 12, 14: quae qui diligentius scire velit legat
Marium Maximum de latinis scriptoribus, de graecis scriptoribus Herodia-
num, qui ad üdem pleraque dixerunt. Vopisc. Probus 2, 7: ut imitarer . .
Marium Maximum, Suetonium Tranquillum, Fabium Marcellinum, Gargilium
Martialem (oben 376) ceterosque qui haec et talia non tam diserte quam vere
memoriae tradiderunt. Firm. 1, 1: Marius Maximus Avidium Marci tem-
poribus . . libris alienis innexuit (vgl. Müller S. 28 f.). 1, 2: Marius Maxi-
mus, homo omnium verbosissimus, qui et mythistoricis se voluminibus
implicavit. Lamprid. Alex. Sev. 48, 6: neque in vita eins (Traiani) id
Marius Max. ita exposuit etc. 30, 6: de quo in libris suis Marius Max.
loquitur, cum Hadriani disserit vitam. Volcat. Avid. Cass. 6, 7: Marius
Max. refert in eo libro quem secundum de vita Marci Antonini edidit.
Vgl. ib. 9, 5. Capitol. Pert. 15, 8: epistula quae vitae illius (des Pert.) a
M. M. apposita est. Vgl. Czwalina I. p. 15 — 19. Lamprid. Alex. Sev. 5, 4:
Mai'ius Max. dixit in vita (Septimi) Severi. Spartian. Geta 2, 1: in vita
Severi Marius Max. primo septenario (Müller S. 180 f.) satis copiose rettulit.
Lamprid. Heliog. 11, 6: Marius Max. dicit in vita ipsius Heliogabali. Mit
Letzterem schloss M. M., nachdem er mit Nerva begonnen hatte (Maller
S. 23—28). Es werden daher wohl zwölf vitae gewesen sein, wie bei
Sueton. Die minusculi tyrauni waren bei den anerkannten Augusti ge-
legentlich eingeflochten. Vopisc. Firm. 1, 1 : et Suetonius Tranq. Vindicem
tacuit . . et Marius Max. Ammian. XXVIU, 4, 14 (quidam . . luvenalem
et Marium Maximum curatiore studio legunt). J. J. Müller, d. Geschieh tschr.
377. Marius Maximus u. a. Geschieh tschreiber. 8G5
M. M. , eine kritische Untersuchung , in M. Büdingers Untersuchungen zur
röm. Kaisergesch. 111 (1870). S. 17 — 174. 194 — 102. Der dortige Versuch
einer Reconstruction des Werkes von M. M. (S. 33—116) verfährt freilich
vielfach allzu rasch. C. Rubel, de fontibus IV priorum bist. aug. scripto-
rum I (Bonn 1872) p. 8. 12 — 18. 22—24. 26 — 28. 30 — 32. 37 f. 40 f. 44
48 f. 49 f. 53. 57—60. 62—64.
7. Capitol. Macrin. 1, 3 — 5: lunio Cordo studium fuit eorum im-
peratorum vitas edere quos obscuriores videbat; qui non multum profecit.
nam et pauca repperit et indigna meraoratu, adserens se minima quaeque
persecutnrum , quasi vel de Traiano auf Pio aut Marco sciendum sit quo-
tiens processerit, quando cibos variaverit et quando vestem mutaverit
et quos quando promoverit. quae ille omnia exequendo libros mythistoricis
replevit. Max. et Balb. 4, 5: placet aliqua dici de moribus atque genere,
non eo modo quo lunins Cordus est persecutus omnia, sed illo quo Sue-
tonius Tranquillus et Valerius Marcellinus (=» Fabius Marc.?), quam vis
Curius Fortunatianus, qui omnem hanc historiam perscripsit, pauca con-
tigerit, Cordus vero tarn multa ut etiam pleraque et minus honesta per-
scripserit. ib. 4, 2: libris quos luuius Cordus affatim scripsit. Gordian. 21,
3 f.: non nobis talia dicenda sunt quae lunius Cordus ridicule ac stulte
composuit de voluptatibus domesticis ceterisque infimis rebus, quae qui
velit Bcire ipsum legat Cordum, qui dicit et quos servos habuerit unus-
quisque principum et quos amicos et quot paenulas quotve chlamydes.
Maximin, 27, 7: lunins Cordus, harum rerum persecutor. Vgl. ib. 28, 10.
29, 10. 31, 4 und sonst. Wahrscheinlich ist derselbe auch gemeint ib. 12,
7: Aelius (oder Helius) Cordus dicit hanc omnino ipsius orationem fuisse.
Vgl. J. J. Müller (A. 6) S. 92 f. A. 3. K. Dändliker, in Büdingers Untersuch.
IIL S. 306—314. 0. Rubel p. 9 f. 19 f. 26. 38—40. 45 f. 50—52. 53—55. 61.
8. Capitol. Maximin. 32, 1: scribit Aelius Sabinus.
9. Volcat. Avid. Cass. 5, 1: de hoc (Av. Cass.) multa . . inveniuntur
apud Aemilium Parthenianum , qui adfectatores tyrannidis iam inde a ve-
teribuB historiae tradidit. Hauptquelle des Volcatius im Leben des Avidius
Cassius? C. Czwalina I. p. 19. C. Rubel p. 34 f.
10. Spartian. Sever. 20, 1: legisse me apud Helium Maurum, Phlegon-
tis Hadriani libertum, memini Septimium Severum etc. C. Rubel p. 55 f.
11. Lamprid. Alex. Sev. 48, 6 f.: scio volgnm hanc rem . . Traiani
putare; sed neque in vita eins id Marius Maximus ita exposuit neque Fa-
bius Marcellinus (vgl. A. 6 f.) neque Aurelius Verus neque Statins (oder
Tatius) Valens, qui omnem eins vitam in litteras miserunt. contra autem
et Septimius (qui vitam eins non mediocriter executus est, 4b. 17, 2) et
Acholius et Encolpius (ib. 17, 1) vitae (des Alexander Sev.) scriptores ce-
terique de hoc (Alex.) talia praedic&verunt. Dazu ib. 37, 9: ne longum sit
omnia inserere quae Gargilius (vgl. A. 6) eins temporis (des Alex.) scriptor
singillatim persecutus est. Auch vgl. oben 375, 10.
12. Lamprid. Diadum. 9, 2: LoUius Urbicus in historia temporis sui
dicit etc.
TEri'FBT/, Rdm. LiteratargoBChichte. S. Aufl. 55
866 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Caracalla.
13. Capitol. Gordian. 21, 6: lectum apud Volcatium Terentianum, qui
et ipse historiam sui temporis scripsit, . . Gordianum seniorem Augusti
voltum repraesentasse etc. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. ß. 302 f.
identificiert ihn (oder den Volc. Gallicanus> mit dem Volcatius welcher
Commentare in orationes Ciceronis verfasate (Hieron. apol. c. Rufin. I, 16).
14. Lactant. inst. div. I, 21 (p. 62 Fri.): Pescennius Festus in libris
historiarum per satoram refert Carthaginienses Saturno humanas hostias
solitoB immolare etc.
15. Aus der Mitte dieses Jahrh. war wohl die Karte yon welcher die
tabula Peutingeriana eine Copie ist; s. oben 58, 3.
359 378. Wie Minucius Felix und Tertullian war auch der
Bischof von Karthago, Thascius Caecilius Cyprianus (um 200
— 257), rhetorisch gebildet. Er hat nicht die Originalität, Frucht-
barkeit und Lebendigkeit des von ihm bewunderten Tertullianus,
aber er ist klarer und correcter, seine Darstellung ebenmässiger
und gefalliger. Reichliche Anführungen aus den heiligen Büchern
verleihen seinen Schriften einen specifischer christlichen Charak-
ter, und ihr Freibleiben von Häretischem verschaffte ihnen ein
langdauerndes Ansehen. Der Inhalt derselben ist theils apologe-
tisch, theils praktisch paränetisch. Für die Geschichte der
Kirchenverwaltung sind besonders seine Briefe von Wichtigkeit.
Um dieselbe Zeit schrieb in Rom Novatianus, welcher gleich-
falls den Tertullian benützte.
1. Hieron. vir. ill. 67: Cyprianus Afer pnmam gloriose rhetoricam
docuit, exinde suadente presbytero Caecilio, a quo et cognomentum sor-
titus est, christianus factus omneo) substantiam suam panperibus erogavit
ac post non multum temporis electus in presbyterum etiam episcopus
Carthaginiensis constitutus est (J. 248). huius ingenii superfluum est indi-
cem texere, cum sole clariora sint eius opera. passus est (durch Ent-
hauptung) Bub Valeriano et Gallieno principibus (a. Abr. 2272 s» 256 n. Chr.
nach Amand., 2273 «= 257 nach den übrigen Hdss. von Hieron. chron.),
persecutione octava, eodem die quo Romae Cornelius (XVIH Eal. Oct.), sed
non eodem anno. 68: Pontius, diaconus Cypriani, usque ad diem passionis
eius cum ipso exilium sustinens, egregium volumen vitae et passionis
Cypriani reliquit. Er hatte ihn nämlich J. 250 auf seiner Flucht vor der
Verfolgung unter Decius (der siebenten) begleitet. Die den Namen des
Pontius tragende vita Cypriani (z. B. in Harteis Ausg. III. p. XC ff.) ist
mindestens stark interpoliert. Kvn^iavov ayiov avö^a lutliGza ndvttov ot
KaQxrjdovLOL csßovrctL und feiern ihm ein Jahresfest, KwQiavdy Prokop.
Vand. I, 21.
2. *..Cyprians Schriften: Ad Donatum (de gratia dei); Quod idola dii
non sint (Hieron. epist. 70, 5. p. 429 f. Vall.: Cyprianus quod idola dii non
sunt qua brevitato, qua' historiarum omuium scicntia, ([uo cum verborum
378. Cyprianus. 867
et Beu&uum splendore perstrinzit! Doch ist der Octavius und das Apologet!-
cum darin stark ausgebeutet); Ad Quirinum (Testim. adv. lud.) libri III;
De habitu virginum (nach TertuUian's Schrift); De catholicae ecclesiae
unitate; De lapsis; De dominica oratione; De mortalitate; Ad Fortunatum
(de exhortatione martyrii; gleichfalls nach TertuUian gearbeitet); Ad De-
metrianum (vgl. Lactant. inst. V, 4); De opere et eleemosynis ; De bono
patientiae (Abklatsch von Tertull. de pat.); De zelo et livore; endlich 11
Predigten und 81 Briefe, letztere in verschiedenen Redactionen, je nach
den Landschaften wo sie im Gebrauche waren. Merkwürdig ist auch das
ProtocoU über die Provinzialsynode zu Carthago J. 256 (de haereticis bap-
tizandis), in Harteis Ausg. I. p. 435—461.
3. Lactant. inst. div. V, 1 (p. 230 f. Fri.): unus igitur (vgl. oben
369, 2) praecipuus et clarus extitit Cyprianus, quoniam et magnam sibi
gloriam ex artis oratoriae professione quaesierat et admodum multa con-
scripsit in suo genere miranda. erat enim ingenio facili, copioso, suavi
et, quae sermonis maxima est virtus, aperto, ut discernere non qneas
utrumne omatior in eloquendo an facilior in explicando an potentior in
persuadendo fuerit. hie tarnen placere ultra verba sacramentum ignoran-
tibus non potest, quoniam mystica sunt quae locutus est et ad id prae-
parata ut a solis fldelibus audiantur; denique a doctis huius saeeuli quibus
forte scripta eius innotuerunt derideri solet. audivi ego quendam homi-
nem sane disertum qui eum immutata una littera Copreanum vocaret,
quasi qui elegans ingenium et melioribus rebus aptum ad aniles fabulas
contulisset. Hieron. Ep. 68, 10 (p. 326 Vall.): TertuUianus creber est in
sententiis, sed difficilis in loquendo; beatus Cyprianus instar fontis puris-
simi dulcis incedit et placidus. 84, 2 (p. 523 Vall.): beatus Cyprianus
TertuUiano magistro utitur, ut eius scripta probant. Vgl. de vir. ill. 63:
vidi ego quendam Paulum Concordiae, quod oppidum Italiae est, senem
qui se beati Cypriani iam grandis aetatis notarium, cum ipse admodum
esset adolescens, Romae vidisse diceret referreque sibi solitum, numquam
Cyprianum absque Tertulliani lectione unum diem praeterisse ac sibi crebro
dicere 'Da magistrum!' Tertullianum videlicet significans.
4. Ausgaben der Werke des Cypr. (s. Hartel III. p. LXX ff.) von Des.
Erasmus (Basil. 1620 fol. und sonst), W. Morel (Paris. 1564), J. Pamelius
(cum adnot., Antverp. 1568 fol. und sonst), N. Rigaltius (ill. observ., Paris.
1648 foL und sonst), Fell und Pearson (Oxon. 1682), St. Baluzius (beendigt
von dem Mauriner Prudentius Maranus, Paris 1726 fol. Ven. 1728. 1758 fol.),
Fr. Oberthür (Würzburg 1782. 2 Voll.), Migne (Patrolog. curs. IV, Paris
1844), J. G. Krabinger (recogn. et adn. crit. instr., Tubing. 1853. 1869.
2 Voll.; enth. nur die Hauptabhh.), W. Hartel (rec. et comm. crit. instruxit,
3 Voll, Wien 1868 — 1871). Die Schrift de unitate eccL ad opt. libr. fid.
expr. . . M. F. Hyde, Buckington 1853. Auserlesene Schriften, fibersetzt
von Krabinger, Augsburg 1848.
6. H. Dodwell, dissert. Cyprianicae, 1684. 4. R. Ceillier, bist, genör.
des auteurs s. et eccl. III (Paris 1732) p. 1 — 224. P. G. Lumper, bist,
theolog. crit. XI. (August. 1790) p. 58 ff. F. W. Rettberg, Th. C. Cypr.
dargestellt nach seinem Leben und Wirken, Götti. 1831. Ueber den (pro-
55*
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Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Cavacalla.
blematischen) Antheil des Cypr. au der Sammlung der notae tironianae
[♦;/:*. vgl. W. Schmitz in der Symb. philol. Bonn. S. 640—543. Auch s. 398, 5.
6. Hieronjm. vir. ill. 70: Novatiauus Romanae urbib presbyter
adversus Comelium (J. 260) cathedram sacerdotalem conatus invadere
Novatianorom quod graece dicitur Kad-af^mv dogma constituit^ nolens
apostatae recipere poenitentes. huius auctor Novatus Cypriani presbyter
foit (vgl. Hier, zu Euseb. chron. 2269 = 263 n. Chr.: Novatus presbyter
Cypriani Bomam veniens Novatianum et ceteros confcssores sibi. sociat,
eo quod Cornelius poenitentes apostatas recepisset). scripsit autem De
pascha, De sabbato, De circumcisione, De sacerdote, De oratione, De eibis
iudaicis, De instantia, De Attalo, multaque alia, et De trinitate grande
volumen, quasi inttojirjv operis Tertulliani faciens, quod plerique nescien-
tes Cypriani existimant. Hieron. £p. 10, 3 (p. 24 Yall.) erbittet sich epi-
stolas Novatiani, ut dum schismatici hominis venena cognoscimus libentius.
sancti martyris Cypriani bibamus anüdotum. Vgl. noch Cyprian. Epist. 60.
Euseb. bist. eccl. VI, 43. E. Ceillier (vgl. Anm. 5) III. p. 290—296. Die
Schriften De trinitate und De cibis iud. epistola sind erhalten und vielen
Ausgaben des Tertullian und des Cyprian (z. B. von Oberthür) angehängt.
Selbständig von Ed. Weichmann (Oxon. 1724) und Jackson (London 1728).
'In Migne's Patrologiae cursus III (1844) p. 885—970. Vgl. ib. p. 861—884.
360 379. An Männern welche die gebundene Form mit Kunst
handhaben fehlt es der Zeit nicht; nur verstehen sie nicht
immer Form und Inhalt in Einklang zu bringen. So erzählte
Alfius Avitus die römische Geschichte in iambischen Dimetem
und verfasste Marianus in demselben Masse Lupercalia. Aber
Septimius Serenus wusste in seinen Opuscula (ruralia) viele
metrische Formen der Griechen mit Geschick und Anmut nach-
zubilden. Das auf uns gekommene Lehrgedicht des Q. Serenus
Sammonicus De medicina praecepta, in "1115 Hexametern,
behandelt zwar einen wenig geeigneten Stoff in rhetorischer
Weise, folgt jedoch in der Verstechnik den besten Mustern.
Ein fruchtbarer Versemacher war in dieser Zeit der ältere
Gordianus mit seiner Antoninias.
1. Terentianus 2446 — 2451 vom iambischen Dimeter: plerumque nee
Carmen modo sed et volumen ezplicat, ut pridem Avitus Alfius libros
poeta plpsculos, usus dimetro perpeti, conscribit Excellentium. Drei Dimeter
aus dem ersten Buche von Alphius Avitus Excellentium in einem Theile
der Hdss. von Priscian. IV, 29 (p. 134, 3 Htz.); aus dem zweiten sechs
Dimeter ib. VIII, 71 (p. 426 f.), vgl. p. 409 und II. p. 238 (spatiandö);
zwei ib. XII, 23 (I. p. 691). Daraus in den Sammlungen (Anthol. lat,)
von Burmann und von Meyer. Wernsdorf poetae lat. min. p. XXXI — XXXIII.
L. Müller de re metr. p. 102 f. und in sr. Ausg. des Rutil. Nam. p. 51 f.
378 f. Novatianus. Septimius Serenuß u. a. Dichter. 869
2. Fünf iambißche Dimefcer von Marianus Lupercaliorum poeta bei
Philargyr. und (Serv.) zu Verg. Ecl. 1, 20. Vgl. L. Muller de re metr.
p. 103 und in sr. Auag. des Rutil. Nam. p. 63.
3. Terentian. 1891 — 1900: dulcia Septimius qui scripsit opuscula
nuper ancipitem tali cantayit carmine lanum etc. 1973 — 1982: nemo tamen
culpet ei sumo ezempla novella; nam et melius nostri servarunt metra
minores. Septimius, docuit quo ruris opuscula libro, boc genere adsidue.
cecinit. . . sie bephthemimeres servayit carmine utroque. 1991: ultima
quae metro fuit boc inventa Sereni. 2627 — 2630: hoc de Septimii potes
iunctis noscere versibus. Beispiele kunstreicher metrischer Gebilde des
Serenus bei Diomedes p. 511. 513 (vgl. Martian. Cap. V, 518). 514. 517.
518 K. Andere bei Nonius (z. B. p. 539 M.: Serenus opusculo Hb. I; p. 210:
Ser. opusculis, dagegen p. 214 Ser. Buralibus), Servius u. a. Zusammen-
stellung der Ueberreste bei Wemsdorf poetae lat. min. IL p. 279 — 291.
L. Müller in sr. Ausg. des Rutil. Nam. p. 44—51. Das was Terentian! 1998
als docta Phalisca bezeichnet schreibt Mar. Yict. p. 2578 miss verstand lieh
(L. Müller, Rhein. Mus. XXV. S. 338 — 342) dem Septimius Serenus zu.
üebrigens erneuerte Sept. Ser. die von Annianus (oben 349, 3) aufgebrachte
Gattung; vgl. Serv. de cent.' metr. p. 465 K. (T. IV): docta falisca, Serene,
reparas. Ihn meint wohl auch Ap. Sidon. carm. IX, 260 (Stella et Septi-
mius Petroniusque) , vgl. ad Polem. (oben 370, 5), sowie Hieronym. ep. 53
(p. 279 Vall.) : Catullus et Serenus. Ueber Sept. Ser. vgl. Wernsdorf 1. 1.
p. 247 — 253. C. Lachmanns Terentianus p. XII— XV. L. Müller metr. p. 97:
et numerorum elegantia et sensuum proprietate excelluit. quare abstrusa
quaedam et contorta imitationi veterum et imbecillitati saeculi facile con-
donabuntur. Vgl. Rhein. Mus. XXV. S. 343 f. Das Tändelnde- das er
manchmal hat war durch die Eünstlichkeit der Metren mitbedingt.
4. Lamprid. Alex. 30, 2: latina cum legeret non alia magis legebat
quam de officüs Ciceronis et de rep. , nonnumquam et oratores (oder ora-
tiones) et poetas, in quis Serenum Sammonicum, quem ipse noverat
et dilexerat, et Horatium. Vgl. Capitol. Gord. (iun.) 18, 2 (oben 370, 5).
Da der Vater (370, 5) niemals als Verfasser von Poetischem genannt wird
und Alexander erst 7 Jahre alt und noch nicht in Rom war als derselbe
getödtet wurde, so ist die Stelle des Lamprid. und damit das Lehrgedicht
eher auf den Sohn zu beziehen. Dieser müsste dann vor Alexander, also
vor 235, gestorben sein. Der Vater hätte das Lehrgedicht auch wohl mit
mehr Gelehrsamkeit ausgestattet. Die Angaben desselben lassen sich fast
alle aus Plinius nachweisen, neben welchem nur Dioskorides jcfgl vlrig
taTQLTirjg und tcsqI svnoQ^atmv (paQ(id%(ov benützt ist. Eigene Sachkennt-
niss verräth der Verfasser nirgends, desto mehr Aberglauben, in Mitteln
wie das Umhängen eines mit Abracadabra beschriebenen Papiers (944 — 940),
urina canis (1104) u. dgl. Genannt werden Ennius (oben 99, 6), der To-
gatendichter Titinius (oben 111, 2), Horaz (533: quodque satis melius ver-
bis dicemus Horati), Livius (728 f.: tertia namque Titi simul et centesima
Livi Charta docet etc.). Die Phraseologie ist aus Vergil, Horaz, theil weise
auch Lucretius, entnommen. Zu Anfang obligate Anrufung des Phöbus
für salutiferum quod pangimus . . carmen (4); vgl. 397 f.: dis ista re-
SlO Die Kaiserzeit. Dritk's Jahrhimdcrt. Caracalla.
quirat, at nos pauperibuB praecepta feramus amica. Aehnlich 523 — 526.
Begonnen wird mit Mitteln fCir Üebel des Kopfes (celsa de corporis arce, 3),
geschlossen (falk das Gedicht ToUständig ist) mit Mitteln gegen Warzen.
In den älteren Ausgaben ist das Gedicht in 65 Capitel eingetheilt. In
Bezug auf SynalOphe und Caesur werden strenge Gesetze befolgt, die nur
selten zu Gunsten technischer 'Ausdrücke durchbrochen werden; dagegen
04:1 ff.: mortiferum magis est quod Graecis ri(UTQitaiov volgatur verbis;
hoc nostra dicere lingua non potuere ulli, puto, nee voluere parentes.
Das GFanze ist mehr die Spielerei eines formgewandten jüngeren Mannes
als eine ernsthafte Arbeit.
5. Handschriften: Turicensis saec. IX oder X (F. A. Reuss, lect. Sam-
mon. part. I. Würzburg 1836. 4.), eine Paderbomer saec. XIII, Breslauer
(Ch. G. Grüner, variae lectt. in Q. S. S. ex cod. vratisl. decerptac, Jena
1782. 4.), Leipziger. Editio princeps s. 1. et a. (Mailand vor 1484). Son-
stige'Ausgaben von G. Humelberg aus Ravensburg (Tigur. 1640. 4. 1581. 4.),
R. Keuchen (Amstelod. 1662. 1706), J. Ch. G. Ackermann (Lips. 1786).
Oefters mit Celsus und in Sammelwerken, wie Burmanns poetae lat. min.
IL p. 185 ff., W. E. Webers corpus poetar. lat. p. 1174—1188, vgL p. LXI
— Lxm.
6. J. B. Morgagni epistolae duae in Serenum Sam. z. B. in dessen
Opusc. miscelL (Neapel 1763. 4.) I. p. 191—226. Thierfelder, des Q. S. S.
medicinisches Lehrgedicht, in Küchenmeisters Ztschr. f, Medicin V, 2'{1866).
Choulant, Bücherkunde der alt. Med. (Leipz. 1841) S. 210—212. E. Meyer,
Geschichte der Botanik IL S. 209—217.
' 7. D. Gaelius Balbinus, Cos. IL J. 213, nach dem Tode des älteren
Gordianus vom Senat mit Maximns Papienus zum Kaiser ernannt, aber
sehr bald mit diesem von den Prätorianern erschlagen (J. 238); s. Pauly's
Real-Enc. I, 2. S. 2243 f. Nr. 4. Capitol. Max. et Balb. 7, 5: eloquentia
clarus, poeta inter sui temporis poetas praecipuus. Vgl. ib. 2, 7: vitae,
quam a prima aetate in studiis semper ac litteris tenuit.
8. Capitol. Maxim. 27, 6: Toxotius . . Senator, qui perit post prae-
turam, cuius etiam poemata extant.
9. üeber die Verse von Macrinus, Albinus und Gordianus (Autoninitw)
s. oben 365, 6. 371, 2. 6.
10. Frühestens dieser Zeit gehört wohl der Albinus an aus dessen
Herum romanarum primo Priscian. VII, 2 (p. 304 H.) drei Hexameter an-
führt, worin cui zweimal als lambus gebraucht ist. Vgl. L. Müller, metr.
p. 270 mit oben 247, 6 g. E.
361 380. Eine eigenthümliche Gestalt ist Commodlanus aus
Gaza, von welchem wir zwei Gedichte besitzen, erfüllt von einem
wenn auch nicht ganz dogmatisch correcten christlichen Eifer,
und dabei in Hexametern gehalten welche aller Metrik und
Prosodie spottend nach dem blosen Gehöre und volksmässiger
Betonung gebaut sind. Das ältere von beiden, die ums J. 238
379 f. Serenua Sammonicus. Commodianus. 871
verfassten Instructiones, fügt zu dieser BaAarei noch die einer
akrostichisehen Anlage. Das Carmen apologeticum aber, vom
J. 249, hat jene Grille aufgegeben und entwickelt um so grös-
seren Wortreichthum.
1. Gennadius de scriptor. eccl. 15: Commodianus dam inter saecu-
lares litteras etiam nostras legit occaaionem accepit fidei. factus itaque
christianus . . Bcripsit mediocri sermone quasi versu librum adversne pa-
ganos. et quia parum nostrarum attigerat litterarum ms^gis illorum de-
struere potuit dogmata quam nostra firmare. Instr. 80 hat die Ueber-
Schrift Nomen Gazaei (aus Gaza im palästinischen Syrien) und bildet, die
Anfangsbuchstaben von hinten gelesen, die Worte Commodianus mendicus
Christi. Praef. 4 ff. : dgo similit^r erravi tempore multo, fana prosequendo,
parentibus insciis ipsis abstuli me tandem inde, legendo de lege. . . ob
ea perdoctus ignaros instruo verum. Apolog. 3 f.: errabam ignarus spa-
tians, spe captus inani, dum furor aetatis primae me pörtabat in auras.
(11 ff.) aggressusque fui träditör in codice legis, quid ibi rescirem. statim
mihi lampada fulsit, . . et ideo tales hortor ab errore recedant. In beiden
Gedichten derselbe Patripassianismus (J. L. Jacobi, in J. Müllers Zeitschr.
f. Christi. Wiss. IV. 1853. Nr. 26) und Chiliasmus. Instr. 40, 10: ipsejieus
vita est, pependit ipse pro nobis; vgl. apolog. 763 f.: unus est in coelo
deuB coeli, terrcte marisque, quem Moises docuit ligno pendcre pro nobis.
Instr. 80, 6 ff.: hoc placuit Christo, resurgere mortuos imo . . sex milibus
annis completis, mundo finito; vgl. apol. 783 f.: sex milibus annis perv6-
nient ista repletis ; . . tunc homo resurget etc. Auch der sprachliche Ausdruck
und der Versbau ist in beiden Gedichten derselbe; nur zeigt das carmen
apol. in letzterer Hinsicht einigen Foi-tschritt, indem verhältnissmässig
häufiger ein correcter Hexameter sich unter die barbarisch gebauten verirrt,
"in den ersten 100 Versen achtmal (v. 16, 17, 24, 44 f., 49, 89, 97). Instr.
kennen (acr. 41 f.) nur Einen Antichrist (Belial), das carmen aber zwei
(Nero und der Mann aus dem Osten, je S% Jahre). A. Ebert S. 414 — 419.
Leimbach S. 23—27.
2. Die Instructiones bestehen aus 80 Gedichten von verschiedenem
pmfang, je nach dem Thema das sie akrostichisch behandeln, z. B. prae-
fatio; de fulmine ipsius levis; de septizonio et stellis; Apollo sortilegus
falsus; Hercules; de Ammudate et deo magno; repugnantibus adversus
legem Christi dei vivi; item gentilibus ignaris, qui iudaeidiant fanatici;
de populo absconso sancto omnipotentis Christi dei vivi etc. Die erste
Hälfte (acr. 1—46) beschäftigt sich vorzugsweise mit den Heiden, acr. 37
—40 mit den Juden, 41 — 45 Weltende und Auferstehung; 46 — 80 wenden
sich an die Christen, Eatechumenen und Geistliche. Bekanntschaft mit
den früheren apologetischen Schriften (oben 368 f.) ist unverkennbar. Für
den Zwang den sich der Verf. durch 'die wunderliche akrostichische An-
lage anthüt entschädigt er sich reichlich durch den über Stock und Stein
hinwegsetzenden Bau seiner Verse. Zur Abfassungszeit vgl. 6, 2 f.: cur
annis ducentis (seit Christi Tod) fuistis infantes? Dodwell, diss. de Com-
modiani aetate, an dessen annales Quintil. (Oxon. 1698) und in der Ausg.
872 I^ie Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Z Weite Hälfte.
>
von SchurzfleiBch. A. Sbert S. 417. Erste Ausgabe von N. Rigaltius (TulH
Leuc. 1650. 4.), dessen (einzige bekannte) Hds. verschollen ist; Varianten
von zwei Abschriften derselben in Pitra^s Spicileg. Solesm. lY; spätere
Ausgaben von H. L. Schurzflebch (Yitemberg. 1704. 4.), in Migne^s Patro-
logiae cursus ni (Paris 1844) p. 202— 262, und an Fr. Oehler's Minuc. Felix.
3. Das Carmen apologeticum adversus ludaeos et gentes ist aus einem
cod. (ohne Versabtheilung) in Middle-Hill saec. VI 11 abgedruckt bei J. B.
Pitra, spicilegium Solesmense I (Paris 1852) p. 21—49. Vgl. p. 537 — 643,
566 f. p. XVI— XXV, sowie T. iV. p. 222—224. H. Rönsch (revidierter Text
mit Erläuterungen) in Kahnis' Ztschr. f. histor. Theol. 1871, S. 163—302. Im
Ganzen sind es 1054 Verse, von denen aber die letzten 30 in der Handschrift
trümmerhaft und unleserlich sind. Am Schlüsse: explicit tractatus sancti
episcopi Commodiani (Archives des missions IV, 3. p. 97). Zeitandeutung
v. 798 if..* sed quidam haec, aiunt, quando haec (Watende) Ventura puta*
muB? (800) multa quidem s'igna fient tantae termini pesti, sed erit initinm
septima persecutio nostra (nach Augustin. civ. d. XVIlt , 52 die des Decius).
ecce ianua pulsatur et cogitur esse (?) quae cito traiciet Gothis inrumpen-
tibus amnem (die Donau, J. 250) rex Apolion erit cum ipsis, nomine dirus.
(806) pergit ad Romam cum multa milia gentis decretoque dei captivat ex
parte subactos. (878 ff.) haec Nero tum faciet, . . ut urbs et populus ille
cum ipso tradatur, tollätur imperium quod füit inique repletum, quod per
tributa mala diu maceraverat omnes. Im Hinblick auf diese Nähe des
Weltendes werden die noch Ungläubigen ermahnt sich bei Zeiten dem
Christenthum zuzuwenden. A. Ebert, Commodians Carmen apologeticum, in
den Abhandl. d. sächs. G. d. W. (philol.-hist. Cl.) 1868. S. 887 — 420. C.
Leimbach, über C.'s carm. ap.^ Schmalkalden 1871. 28 S. 4.
4. Die Hexameter des Comm. haben fest sechs Hebungen, kehren sich
aber sonst weder an Hiatus noch an Silbenmessung, haben sogar vielfach
eine falsch betonende Aussprache zur Voraussetzung (z. B. toUatur, immites
als Daktylus). Durch die. Willkürlichkeit der Praxis die sie befolgen (denn
was L. Müller de re metr. p. 448 aufstellt wird nicht wohl für Grundsätze
gelten können) sind die Verse des Comm. viel schwieriger zu lesen als
correct gebaute^ zumal da die Bäthselhaftigkeit gesteigert wird durch
fremdartige (plebejische ?) Formen (wie den Sing, milia und den Plur. nunti»)
und Constructionen. Anführungen des Terenz, Cicero und Vergil; Entleh-
nungen aus Letzterem.
5. Dieselbe Verbindung von akrostichischer Anlage mit barbarischer
l'rosodie und Metrik wie die Instr. des Comm. (A. 2) zeigt auch die
Inschrift des L. Praecilius Fortunatus aus Cirta bei R^nier, Inscr. de
l'Alg. 2074.
2. Zweite Hälfte, J. 258—805 u. Chr.
352 381. Der Beginn dieser Jahrzehnte bildet eine schlimme
Zeit für Italien und das römische Reich. Im Innern verderb-
liche Seuchen, nach Aussen allenthalben harte Bedrängniss, im
380 f. Commciüanus. — üebereicht. 873
Westen durch die Franken, im Norden durch die Alemannen,
im Nordosten durch die GothenJ und im Osten durch Sapor.
Dazu die Regierung in den Händen des unfähigen Gallienus
(J. 218 — 268), der zuerst mit seinem Vater Valerianus (J. 253
— 260), nach dessen Gefangennahme durch die Perser allein
das Scepter führte (J. 260 — 268); dessen Schlaffheit bewirkte
dass viele Befehlshaber in den Provinzen sich für selbständig
erklärten und allgemeine Verwirrung und Auflösung herrschte.
In raschem Wechsel folgt sich eine Reihe von Kaisern thra-
kischen und illyrischen Ursprungs und durch ihre kriegerische
Tapferkeit emporgehoben, manche auch sonst tüchtig, wie Clau-
dius (J. 268—270), Aurelianus (J. 270—275), Probus (J. 276
— 282). Aber keiner regiert lange genug: die meisten werden,
wie bisher, von dem Heere das sie emporgehoben auch er-
schlagen. Endlich ersteht in dem dalmatischen Sklavensohne
Diocletianus (J. 245 — 313; reg. 284 — 305) eine bedeutende or-
ganisatorische Kraft. Aber wie er der letzte Kaiser war wel-
cher triumphierte und welcher consecriert wurde, so endet über-
haupt mit ihm die alte Zeit, das Römerthum i^nd das römische
Reich. Waren besonders orientalische Elemente schon bisher
reichlich in alle Lebensgebiete eingedrungen, so werden jetzt
auch nordische einflussreich. Aeusserlich bequemt sich alles
der herrschenden Sprache an, und lateinisch schreibt der Syrer
Commodianus wie in Bithynien Lactantius; ebenso in den fol-
genden Zeiten Ammianus aus Antiochia, Claudianus aus Alexan-
dria und Priscianus aus Caesarea. Aber Form wie Inhalt leidet
unter diesen Einflüssen. Die Gebildeten zwar huldigen einer
geistlos nachahmenden Correctheit, wie Nemesianus und später
Terentianus Maurus; bei der Masse dagegen greift die Barbarei
immer weiter um sich, und die Sprache selbst verarmt und ver-
wildert. Die allgemeine Gedrücktheit lässt nichts Grosses auf-
kommen, weder im Guten noch im Schlimmen. Am kläglichsten
sind die Jahrzehnte vor Diocletian. Die Jurisprudenz, die bis
dahin auf der Höhe sich gehalten, verstummt jählings, haupt-
sächlich wohl weil die . Codification des Edicts keinen eben-
bürtigen Nachwuchs aufkommen Hess. Den Stand der Gelehr-
samkeit veranschaulicht der geistlose Epitomator Solinus. Die
Geschichtschreibung schleppt sich in ärmlichster Weise weiter.
Die Grammatik vertritt ein Stümper wie Nonius Marcellus. Die
Beredtsamkeit zeigt sich in bombastischer Schmeichelei gegen
874 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrtanndei-t (J. 253-284).
die Herrscher; von Gallien ausgehend beginnen die Panegyriker
schon in dieser Zeit.-
1. Bahnbrechend (bes. für die Auffassung Diocletians) J. Burckhardt,
die Zeit Constantins des Grossen, Basel 1853. 512 8. Nachfolger: Th. Bern-
hardt, Geschichte Roms von Yalerian bis zu Diocletians Tode (253 — 313
n. Chr.). I. Politische Geschichte des römischen Reiches von Yalerian bis
zu Diocletians Regierungsantritt (253—284), Berlin 1867. 318 8. Th. Preuss,
Kaiser Diocletian und seine Zeit, Berlin 1869. 182 8.
2. Trebell. PoU. Gallien. 11, 6—9: fuit Gallienus . . oratione, poe-
mate atque omnibus artibus clarus. huius illud est epithalamion quod
inter centum poetas praecipuum fuit. nam cum fratrum suorum filios iun-
^eret et omnes poetae graeci latinique epithalamia dixissent, idque per
dies plurimos, ille . . ita dixisse fertur etc. (Anthol. lat. 711 R.). longum
est eins versvTs orationesque conectere, quibus suo tempore tarn inter poetas
quam inter rhetores emicuit. sed aliud in imperatore quaeritur, aliud in
oratore vel poeta flagitatur. G. Thomas, über das Epithalamium des Gall.,
Sitzungsberichte der Münchener Akad. 1863, II. S. 41 f. Im Allgemeinen
Th. Bernhardt (A. 1) I. 8, 51 ff.
3. Vopisc. Car. 11: Numerianus, Cari filius (jüngerer 'Bruder des
Cannus) . . eloquentia praepoUens (vgl. 7, 1 : adulescentem cum lectissimum
tum etiam disertissimum), adeo ut publice declamaverit feranturque illius
scripta nobilia, declamationi tamen magis quam tulliano adcommodatiora
8tiIo. vcrsu autem talis fuisse praedicatur ut omnes poetas sui temporis
vicerit. nam et cum Olympio Ncmesiano contendit . . et Aurelium
ApoUinarem iamborum scriptorem, qui patris eins gesta in litteras rettulit,
isdem quae recitaverat editis veluti radio solis obtexit. huius oratio fertur
ad senatum missa tantum habuisse eloquentiae ut illi statua . . quasi rhe^
tori decerneretur, . . cui subscriptum est: Numeriano Caesari, oratori
tüMiporibus suis potentissimo. Mit seinem Vater Carus, aus Narbo, war
er und Carinus Caesar J. 282 — 284, nach jenes Tode ganz kurze 2ieit
Augustus, bald aber wurde er von seinem Schwiegervater Arrius Aper
erschlagen, 8ept. 284. Vgl. Th. Bernhardt (A. 1) I. S. 245—263.
4. Die Verwilderung der Form (Vulgärmetrik und Vulgärlatein) nimmt
von dieser Zeit an auf den Inschriften (aus Volkskreisen und Gegenden wie
Africa) überhand; ein »tarkes Beispiel davon ist die des Praecilius (oben
380, 5). Vgl. W. Fröhner, Philologus XIII. 8. 170 flF. XVI. 8. 719.
Namentlich der Casusgebrauch geräth in grosse Verwirrung, z. B. filias
fecerunt (Renier 863), ob meritis (ib. 1769), cum Albininm coniugem (ib.
2-276), per lulio Casto fratre (ib. 752).
•
5. Die ausserrömischen Redner und 8tiliBten haben ein lebhaftes Gefühl
der Schwierigkeiten mit denen sie zu ringen haben. Panegyr. Gonstäntin«
(VllI) 1, 2; neque ignoro quanto inferiora sint ingenia nostra romanis.
ßiquidem latine et diserte loqui illis ingeneratum est, nobis elaboratum,
et si quid forte commode dicimus ex illo fönte et capite facundiae imitatio
nostra derivat. Pacat. in Theodos. 1, 3: huc accedit auditor senatus, cui
381 f. Uebersicht. Nemesianus. 875
difficile &it . . pro iqgenita atquc hereditaria orandi facultate non esse
fastidio radein hunc et incultum transalpini sermonis horrorem.
6. Verbreitung des Christenthams auch unter den Gebildeten. Arnob.
II, 6: tarn magnis ingeniis praediti oratores, grammatici, rhetores, consulti
iuris ac medici , philosophiae etiam secreta rimantes magisteria haec
expetunt, spretis quibus paulo ante fidebant. Ein Philosoph welcher (zu
Nikomedia, also wohl griechisch) gegen das Christenthum* schrieb bei
Lactaut. inst. V, 2.
a. Die Zeit vor.Diocletian, J. 253 — 284.
382. Zur Zeit von Carus und seinen Söhnen verfasste363
M. Aurelius Olympius Nemesianus aus Karthago sein Lehr-
gedicht über die Jagd (Cynegetica), von. welchem die ersten
425 Verse auf uns gekommen sind. Sie bewegen sich mit Ge-
wandtheit, Sicherheit und Wortfülle in den herkömmlichen Ge-
leisen. Die Technik derselben ist in allem Wesentlichen die-
selbe wie in den von dem gleichen Verfasser herrührenden vier
Eklogen welche an die des Calpurnius angereiht sind.
1. Vopisc. Car. 11, 2: (Numerianus) cum ülympio Nemesiano con-
tendit, qui 'AUsvztyicCy Kvvriyhzi%K et NavtivM scripsit inque (?) omnibus
colonis illustratus emicuit. Vgl. oben 381, 3. In dem einzig erhaltenen
dieser drei Lehrgedichte wird zuerst ausführlich dargelegt dass der Verf.
mythische Stoffe, als schon viel behandelt, nicht bearbeiten wolle: nos
saltus viridcsque piagas camposque patentes scrutamur (40 ff.) etc. taliquc
placct dare Untea curae, dum non magna ratis, vicinis sueta movcri litto-
ribus, . . nunc primum *dat vela notis portusque fideles linquit (58 ff.). Für
später stellt er (63 ff.) den Söhnen des Carus Besingung ihrer Thaten in
Aussicht: mox vestros meliere lyra memorare triumphos accingar, divi
fortissima pignora Cari, atque canam nostrum geminis sub finibus orbis
(im Norden und Osten) litus et edomitas fraterno numine gentes etc. haec
vobis nostrae libabunt carmina Musae cum primum vultus sacros . . con-
tigerit vidisse mihi etc. Das Gedicht ist also ausserhalb Roms und nach
dem Tode des Carus, J. 284, verfasst. Die Bezeichnung der Spanier durch
gcns ampla iacet trans ardua Calpes culmina (251 f.) deutet darauf dasn
der Verf. in Africa schreibt, wie denn N. in der Hds. des Th. ügoletiis
(oben 301, 1) poeta carthaginiensis heisst. Von den 425 Hexametern welche
allein erhalten sind fallen 102 auf die Einleitung; im Weiteren ist nur
von den Vorbereitungen zur Jagd, insbesondere den Jagdhunden, die Hede.
Vereinzelte Archaismen wie mage (317), Häufige Reminiscenzen bes. aus
Vergil. Ueber die vier Eklogen des N. und deren Verhältniss zu seinen
Cyneg. s. oben 301, 1 und 3.-5.
2. In der Zeit des Erzb. Hinkmar von Rheims diente die Schrift als
Schulbuch (puer scholarius in libro qui inscribitur Kynegeticoi\ Cartha-
giniensis Aurelii didici). In den Hdss. und Ausgaben steht sie gewöhnlich
mit der verwandten Schrift des Gratius zusammen; s. oben 248, 1. In
876 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert (J. 253—284).
Wernsdorfs poetae latt. min. I. p. 90 — 120, in Weimers corpus poett. latt.
p. 1189 — 1191. Beiträge zur Textkritik bei M. Haupt, de carmin. buc.
(Lips, 1864. 4.) p. 85—87.
3. Aus einem Lehrgedichte über den Vogelfang zwei Bruchstücke
von 28 Hexametern bei Wernsdorf poett. latt. min. I. p. 128— 181 und Anthol.
lat. 883 f. B. Aber der Ursprung ist apokryph, und wenn auch der
Archaismus contemplaverit (v. 8) nicht gegen N. spricht, so jedenfalls der
SpondeuB gulae (v. 28) und die Häufigkeit der Verschleifung eines langen
Vocals (v. 5, 6, 14, 27). Sie sind wohl ein Erzeugniss der neueren Zeit
4. Der Anfang von Pontica eines unbekannten Verfassers, bestehend
aus 22 wohlgebauten Hexametern in gehobener und gebildeter Sprache,
ist durch Zufall in Handschriften des Solinus gerathen; s. Hommsen Solin.
p. XXXIX— XLI. Wernsdorf poetae latt min. I. p. 153—157. 161—163.
Vgl. J. Klein, Rhein. Mus. XXII. S. 627 f. Anthol. lat. 720 R.
5. Verwandten Inhaltes ist das Gebet zum Oceanus um glückliche
Seefahrt (28 Hexameter) von heidnischem Verfasser, bei Wernsdorf IV.
p. 314—318 vgl. p. 51. Anthol. lat. 718 R.
6. Das Lobgedicht auf Hercules (oben 21,* 4) das sich in Hdss. des
Claudianus findet, von Wernsdorf (poetae latt. min. L p. 275—282) aber
aus unerheblichen Gründen dem Nemesianns zugetheilt wurde, könnte nach
der Eleganz seiner Rhythmen wohl aus dieser Zeit stammen. L. Müller
de re metr. p. 57.
3(54 383« Die Geschichte der Zeit findet eine Reihe von Dar-
stellern, für welche die kurze Dauer der einzelnen Regierungen
gunstig gewesen wäre, wenn es nicht den meisten an innerer
Unabhängigkeit gefehlt hättiC. Wir .kennen sie aber nur durch
die scriptores historiae augustae welche aus ihnen geschöpft
haben. Bedeutender als alle war jedenfalls der griechisch schrei-
bende Dexippus.
1. Yopisc. Aurelian. 12, 4: in ea re, quam fidei causa inserendam
credidi ex libris Acholii, qui magister admissionum Valeriani principis
(J. 253 — 260) fuit, libro Actorum eins nono. Lamprid. Alex. 64, 5: qui . .
hbtoricos eius temporis legant et maxime Acholium, qui et itinera huius
principis scripsit. Vgl. ib. 14, 6. 48, 7 (oben 377, 11).
2. Trebell. Valerian. 8, 2: ut Caelestinus dicit.
3. Trebell. Gallien. 18, 6 : quae qui volet scire legat Palfuriiun Suram,
([iii ephemeridas eius vitae composuit.
4. Trebell. XXX tjr. 6, 5: satis credimus luli Atheriani partem libri
cuiusdam ponere, in quo de Victorino sie loquitur. Folgt ein freimüÜg^eä
Urteil. Macrob. III, 8, 2: apud Calvum Aterianus (libri: actherianas)
adfirmat legendum etc. Er ist ohne Zweifel auch der Haterianus welcher
in den Veroneser Vergilscholien (zu Aen. VII, 337. IX, 360. 390. 397. X, 242)
als Commentator der Aeneis genannt wird (Ribbeck, Prolegg. Verg. p. 177 f.).
Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 303 f.
383 f. Geschichtschreiber vor Diocletiau. Aquila. 877
5. Trebell. XXX tyr. 12, 3: verba Ballistae , quantum Maeonius
Astyanax, qui consilio interfuit, adeerit, haec fueruDt.
6. Trebell. XXX tyr. 15, 8 von Zenobia: mulier, ut Cornelius
Capitolinus adeerit, speciosissima.
7. Trebell. XXX tyr. 25, 2: illibato patrimonio, quod quidem ad suos
posteroB misit, ut Dagellius (?) Fascus dicit.
8. Trebell. Claud. 5, 3 f.: et hunc (Anreolus) tarnen quidam historici
laudare conati sunt, et ridicule qnidem. nam Gallus Antipater, ancilla
bonorum et historicorum debonestamentum, principium de Aureolo habuit:
venimuB ad imperatorem nominis sui.
9. Vopißc. Tacit 11, 7: si quis omnia de hoc viro cupit scire legat
Suetonium Optatianum, qui eius vitam adfatim scripsit.
10. Vopisc. Firm. 6, 2: ea quae de iUo (Firmus) Aurelius Feativus,
libertus Aureliani, singillatim rettulit (lauter res leves) si vis cognoscere
eundem oportet legas.
11. Vopisc. Aurelian. 1, 6 f.: ephemeridas iUius viri (des Aurelianus)
scriptas habemus, etiam bella charactere historico digesta. . . quae omnia
ex libris linteis, in quibus ipse cotidiana sua sciibi praeceperat, . . condisces.
12. Vopisc. Firm. etc. 10, 4: M. Salvidienus hanc ipsius (Saturnini)
orationem yere foisse dicit, et fiiit re vera non parum litteratus. nam et
in Africa rhetoricae operam dederat et Bomae frequentaverat pergulas
magistrales.
13. Vopisc. Gar. 4, 3: Fabius Oexyllianus, qui tempora Cari, Carini
et Numeriani solertissime persecutus est.
14. Vopisc. Gar. 17, 7: de eius luxuria . . quicumque ostiatim cupit
noscere legat etiam Fulvium Asprianum usque ad taedium gestorum eius
universa dicentem.
16. Vopisc. Firm. etc. 14, 4: ut Onesimus dicit, scriptor vitae Probi.
Vgl. ib. 13, 1. Gar. 4, 2 (0., qui diligentissime vitam Probi scripsit). 7, 3.
16, 1. 17, 6.
16. P. Herennius Dexippus siegte J. 269 über die Gothen. Er war
Qi^tcDQ xal ffvyyQatpBvs (G. Inscr. gr. 380). Wir haben Nachrichten über
seine 4 Bücher rmv (isra 'AXi^avSQoVy seine übersichtliche Xqoviutj ictoql/k
vom Anfang bis J. 268, und seine £7ivd't%a. Vgl. Westermann in Pauly's
Real-Enc. U. S. 987. L. Dindorf, bist. gr. min. I (Lips. Teubner 1870)
p. 165—200.
384. Ungefähr aus dieser Zeit ist der Rhetor Aquila Ro-365
manus, von dem wir ein mageres und flüchtig geschriebenes
Büchlein De figuris sententiarum et elocutionis besitzen, an
welches später Julius Bufinianus seine ähnliche Schrift als Er-
gänzung anschloss.
1. Jul. Ruf. beginnt: hactenus Aquila Romanus ex Alexandro Numenoi.
exinde ab* eo praeteritas, aliis quidem proditas (figuras), subtexuimus.
878 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert (J. 253—284).
Aquila widmet seine Schrift einem Ungenannten^ den er im Eingang so
anredet: rhetoricos petis longioris morae ac diligentiae quam pro angustiis
temporia, quod me profecto urget, ideoque postea plenum hoc tibi munus
reddemns. in praesenti antem nomina ipsamm figurarum cum exemplia
(lateinischen) percurrisse suf&ciat. 17: hae fere sunt ab eleganüssimis
electae figurae sententiarum. quibus si, ut adulescens acerrimo ingenio,
utebaris . . ex imitatione lectionis tnllianae, . . nihil mimm est. Die
Schrift ist vollständig erhalten, steht aber der des Rutilius Lnpus
(oben 266) an Werth weit nach. Die Sprache ist hart^ nachlässig und
verstösst vielfach gegen die gute Latinität.
2. Ausgaben meist an denen des Rutilius Lupus, wie der von Ruhnken
(Lugd. B. 1768) p. 189—194. In C. Halms rhetores latt. min. (Lips. 1863)
p. 22 — 37. Beiträge zur Textkritik von J. G. Fröhlich (in Fleckeisens
Jahrbb. 89, S. 208—211) und J. Simon (Philologus XXVIII. S. 628—647).
Wensch, de Aquila Romano, Wittenberg 1861. 4. (?)
3. Ueber Saturninus s. 383, 12.
3(57 385. In den ersten Jahrzehnten dieses Zeitraumes verfasste
der Grammatiker C. Julius Solinus seine Collectanea rerum
memorabilium. Das Werk ist in der Hauptsache ein Auszug
aus einer nach Plinius' nat. historia gemachten Bearbeitung der
Geographie; für die geschichtlichen Theile ist eine Chronik aus
bester Zeit benützt. Die eigenen Zuthaten des Verfassers sind
stofflich werthloS; seine Darstellung geschmacklos geziert und
umständlich. Aber der Bildungsstufe der folgenden Zeiten sagte
die Schrift in hohem Grade zu. Eine im sechsten Jahrhundert
veranstaltete Bearbeitung derselben gab ihr den neuen Titel
Polyhistor.
1. Aldhelm (f 709) citiert (p. 323) Julius Solinus in collectanea reruin
memorabilium; der Mönch Dicuil (J. 825) lulius Solinus in coUectaneis.
Im cod. Heidelberg, lautet die Ueberachrift: Julius Solinus Adyento sal-
(utem); im Paris. 6831: lulii Solini collectio rerum memorabihum; in
andern Hdss. saec. X (z. B. Monac. 6384) die Subscription: expl. fei. G.
luli Solini grammatici. Servius (Georg. IJ, 216) und Jsidor (de rer. nat.
40, 1) nennen den Verf. einfach Solinus ; ebenso Priscian, mit dem Beisatze
in coUectaneis (X, 60), in memorabilibus (II, 61. V, 15. VI, 15. XVIII, 213),
auch (fehlerhaft) in admirabilibus (VI, 44), einmal (J, 28) in coUectaneis
vel polyhistore, letztere zwei Worte wohl aus späterer Interpolation
(Mommsen p. LXII).
2. Mommsen p. VI: cum Solini Über saeculo V iam pervulgatus
fucrit (s. unten A. 5), a feliciore autem litterarum latinarum aevo tarn
rerum eins exilitas quam sermonis infantia abhorreat, hoc restat quaercu-
dum, utrum saeculo III probabilius adscribatur an quarto. Mommsen ent-
Hchoidet sich für das Erstere (die Zoit den Valerianus und Gallienus), weil
385. Solinue. 879
Sol. Constantinopel nur unter dem Namen Byzantium kennt und von der
durch Diocletian und Constantin getroöenen Eintheilung der Provinzen bei
ihm noch keine Spur ist, so wenig als vom Christenthum. Vgl. ib. p. VII f.
3. Aus Solin's Widmung an Adventus. (1.) Cum et aurium dementia
et optimarum artium studiis praestare te ceteris sentiam . . reputavi exa-
men opusculi istius tibi potissimum dare. . . (2.) Über est ad compendium
praeparatus quantumque ratio passa est ita moderate repressus ut nee
prodiga sit in eo copia nee damnosa concinnitas. cui . . velut fermentum
cognitiouifi magis inesse quam bratteas eloquentiae deprehendes. (3.) ex-
quisitis enim aliquot voluminibus studuisse me impendio fateor ut et a
notioribus referrem pedem et remotis largius immorarer. locorum com-
memoratio plurimum tenet, in quam partem ferme inclinatior est universa
materies. ~ . . (4.) inseruimus et pleraque differenter congruentia, ut . . saltem
varietas ipsa legentium fastidio mederetur. . . (ö.) nonnuUa etiam digna
memoratu, quae praetermittere incuriosum videbatur quorumque auctoritas
. . de Bcriptoribus manat receptissimis. quid enim proprium nostrum esse
possit, cum nihil oniiserit antiquitatis diligentia quod intactum ad hoc
usque aevi permaneret? . . opiniones universas eligere maluimus potius
quam innovare. (6.) . . des velim infantiae meae veniam. constantia
veritatis penes eos est quos secu.ti sumus. Das Hauptaugenmerk ist auf
auffallende Erscheinungen irgend welcher Art {ytaQccdo^a) gerichtet. Von
Rom wird ausgegangen, dann folgt Italien mit den Inseln, Griechenland
mit seinem Norden (bis Thrakien) und- den Inseln; Fontus, Skythien;
Germanien, Gallien, Britannien, Hispanien; Nord-Africa und Aegypten;
Asien (Arabien, Syrien, Eleinasien, Assyrien, Indien, Parthien). Schluss mit
den Gorgades und Hesperiden. Im Ganzen 66 Capitel (vgl. A. 6).
4. Drei Viertheile von Solinus sind stofflich aus Plinius entnommen,
dessen Darstellung rhetoriBch aufgebläht wird, unter vielen starken Miss-
verständnissen (Mommsen p. IX). Dass aber nicht unmittelbar aus Plinius,
erhellt aus mancherlei Zuthaten welche Sol. nicht selbständig gemacht
haben kann, namentlich der von Plin. nicht genannten Gewährsmänner,
oder des Vornamens, oder der Zeit (ib. p. XIX f.). Auch die Zusätze aus
Mela werden sich schon in der Quelle des Söl. gefunden haben, der choro-
graphia pliniana (oben 308, 7). Ueber die chronologischen Zuthaten s. oben
286, 4. Vgl. Mommsen Sol. p. 249—254.
5. Solins Buch wurde abgeschrieben schon von Theodosius 11 (J. 402
— 460) nach der Subscription in der ersten Classe der Handschriften:
lulius Solinus (de memorabilibus) explicit feliciter. studio et diligentia
domni Theodosii invictissimi principis. 0. Jahn, Berichte der sächs. Ges.
d. W. 1861, S. 342 f. Benützt wurde es von Augustinus (de civ. dei) und
Capeila (neben Plinius), von Priscian (bes. in seiner üebersetzung der
Periegese des Dionysius), Servius (s. A. 1) und Isidor (de nat. rer. und
origg.). Capella und Isidor haben ihrerseits den Sol. öfters missverstanden
(Mommsen p. IX f.). Von der fleissigen Benützung im Mittelalter zeugen
die vielen Hdss. (A. 6). Mommsen p. XXX— XXXU. p. 265—259. Ein
Auszug in Hexametern wurde saec. X gemacht unter dem Namen Theodcncua
(z. B. in einer Brüsseler Hds. saec. XII), auch unter dem von Petrus
880 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert (J. 253—284).
DiaconuB (saec. XII) ; s. Mominsen p. XCII f. Latapie , mäm. sur Tahrdge
po<§tique du Polyh. SoL par Thierry (Theodericus), attribue jusqu'ici ä
Pierre Diacre (Petr. Diac), Bull, de Tacad. de Bruxclles XVI.- p. 79 — 101;
vgl. Roulez ib. p. 143 f.
6. Die Handschriften des Sol. theilen sich in drei Classen, welche
alle auf einen schon theilweis corrupten archetypus zurückgehen (Mommsen
p. XXXII — XXXIY), von einander sich aber schon durch ihre Abweichung
in den Bubriken (ib. p. XXXVII und p. 239 — 246) und der Capiteleintheilung
(ib. p. XXXVIII f.) unterscheiden. Die erste Classe (bes. Heidelberg, und
Paris. 6813. 6833) saec. XI fiP. stammt von einer Hds. (spätestens saec. YHI)
welcher das vorletzte Blatt fehlte. Die wenigen Interpolationen die sie
hat sind fast alle aus Isidor (Mommsen p. 238 und p. XLI — XLIV). Haupt-
vertreter der zweiten Classe ist Leidensis saec. IX. Sie hat vor der ersten
Vorzüge, aber schon zahlreichere Zusätze (p. XLIV — LH). Die dritte
enthält theils Variationen im Ausdruck theils Erweiterungen des Inhalte
(p. 234^237 M.) aus Plinius selbst und andern Quellen, herrührend aus
einer alten durchgreifenden Umarbeitung (etwa durch schottische Mönche
welche sich am Bodensee angesiedelt, saec. VI), mit neuer praefatio
(p. 233 M.) und Umänderung des Titels in den unpassenden Polyhistor,
und unter Annahme des Scheins als ob diese Umarbeitung den Solinus
selbst zum Urheber hätte (Mommsen p. LVHI — LXVI). Der genaueste
Vertreter dieser Classe ist der Angelomontanus saec. X (A). Contaminiert
ans Cl. I und III ist Sangallensis saec. X (S), aus Cl. II und III Paris.
6810 (P), s. Mommsen p. LH— LX, und dessen Elenchus p. LXXIX—XCHI.
7. Ausgaben (ed. princeps Venet. 1473 fol.) von J. Camers (Wien
1520 fol.), El. Vinetus (Pictav. 1664. 4), M. Delrio (Antv. 1572. Lugd. 1646)
u. A. Hauptwerk: Claudii Salmasii Exercitationes in Sol. Polyh., Paris
1629 und (cur. S. Pitisco) Utrecht 1689. 2 Voll. fol. Lips. 1777. 8. Muster-
hafte Bearbeitung durch Th. Mommsen (recognovit), Berol. 1864. XCFV
und 287 pp. Vgl. Fr. Lüdecke, Gott. Gel. Anz. 1866, S. 1089—1109.
8. Ueber die 22 Hexameter in Hdss. des Solinus s. oben 382, 4.
ogg 386. Gegen das Ende dieser Zeit scheint Nonius Marcellas
das auf uns gekommene lexikalische Werk (Compendiosa doctrina
per litteras) verfasst zu haben. Es ist nach zufalliger Reihen-
folge (c. 2 — 4 in alphabetischer) mechanisch zusammengeschrieben^
namentlich unter starker Benützung des Gellius. Trotz des
allenthalben grell zu Tage tretenden Mangels an gründlichen.
Kenntnissen^ Urteil und Sorgfalt ist das Werk doch, nach dem
Untergänge besserer, von unschätzbarem Werthe, hauptsächlich
durch seine Anführungen aus der älteren römischen Literatur.
1. Nonius Marcellus heisst in den Ueberschriften peripateticus tubur-
ticensis^ was jedenfalls auf Africa als seine Heimat hinweist; s. Grerlach
und Eoth p. IV — VHI. Der grammaticus pertenuis meriti Marcellus,
welchem amissam primum Narbo dedit patriam (Auson. prof. Burdig. 18),
386. Nonius Marcellus. 881
wird er daher nicht sein. Die späteaten Schriftsteller die N. nennt sind
Apulejus (s. V. abstemius) und (Septimius) Serenas (oben 379, 3). Die
ausnahmsweise Berücksichtigung des Letzteren scheint auf persönliche Be-
ziehungen zu ihm oder doch Zeitnähe zu deuten. Theils angeführt theils
stillschweigend ausgeschrieben (M. Hertz, Philologus XI. S. 693—596, vgl.
zu Prifician XV, 13. p. 70) wirdNonius von Priscian. p. 36, 21 (teste Nonio
Marcello de doctorum indagine » c. 12). 269, 24 (quod ponit N. M. de doct.
ind.). 499, 20 H. (Nonius Marcellus de matatis coniugationibuB «» c. 10).
Die Ueberschrift (im Guelferbytanus u. a.) de compendiosa doctrina per
litteras ad filinm findet zwar nur auf drei von den 19 Capiteln Anwendung;
doch sind diese drei die umfangreichsten (p. 49 — 286 von den 383 pp. bei
Gerlach und Roth).
2. Inhalt imd Eintheilung. c. 1: de proprietate sermonum. 2: de
honestis et nove veterum dictis, per litteras. 3: de indiscretis generibus,
per litteras. 4: de varia significatione sermonum (per litteras). 6: de
differentiis verborum. 6: de inpropriis. 7: de contrariis generibus verborum.
8: de mutata declinatione. 9: de generibus et casibus. 10: de mutatis
coniugationibus. 11: de indiscretis adverbiis. 12: de doctorum indagine.
13: de genere navigiornm (nur 17 Artikel). 14: de genere vestimentorum.
,15: de genere vasorum vel pocolorum. 16: de (genere vel) colore vesti-
mentorum (13 Artikel). 17: de genere ciborum vel pomorum (16 Artikel).
18: de genere armorum. 19: de propinquitate (9 ganz kurze Artikel, ohne
Belege; schliesslich: de quibus exempla multa sunt in antiquis auctoribus
et maxime in Afranio et iuris vetustissimis scriptoribus). Die 7 letzten
Capitel (p. 364—383 ed. G. et R.) sind also sachlich angelegt, aber von
Vollständigkeit sehr weit entfernt.
3. Die Anlage des Werkes ist eine so mechanische dass in neuester
Zeit mit Erfolg dag Verfahren des Non. bei seiner Compilation aufgezeigt,
das grobe Gewebe in seine Fäden zerlegt worden ist. Zuerst andeutungs-
weise von F. W. Schneidewin (Götti. gel. Anz. 1843, S. 697 f.), ausgeführt
sodann in Bezug auf die Benützung des Gellius von M. Hertz in Fleck-
eisens Jahrbb. 85 (J. 1862), sS. 706—726. 779 — 799; erweitert von A. Riese
in der Symbola phil. Bonn. S. 483—487, A. Schottmüller, ebd. S. 809—832
(üb. d. Bestandtheile des ersten Cap. des N. M.) und P. Schmidt, de Nonii
Marcelli auctoribus grammaticis (Lips. 1868) 165 pp. nebst Uebersichts-
tafel. Hierdurch ist festgestellt dass Non. fast in allen Capp. im Wesent-
lichen das gleiche Verfahren befolgt hat. Bestimmte Reihen von Citaten
wiederholen sich fortwährend in der gleichen Ordnung; er hat dieselben
also in einer regelmässigen Reihenfolge aus seinen Quellen in seine Samm-
lungen und sein Buch eingetragen. Gewöhnlich beginnt die Plautusreihe
auf 18 der fabulae Varronianae beschränkt, dann folgen Beispiele aus
Lucretius, Attius, Pomponius, Lucilius (B. 1—20), Pacuvius, Cic. de rep,,
Varro (22 saturae), Sallust, Afranius; Cic. de off., Hortons., de seu. und
de rep.; Vergil, Terenz, Cic. Verrinae, Lucilius (B. 20 — 26), Verzeichniss
vonVerba (bes. bei Dramatikern), Adyerbia, abermals die genannten philo-
soph. Schriften des Cicero; darauf Beispiele aus Plaut. Amphitruo, Asin.
und Aulul.; wieder aus Varro (18 saturae); dann die Excerpte aus Gellius;
Tkukfkl, £öm. Litcraturgeichiclito 2. Anfl. 56
882 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Diocletianus.
abermals aus 6 saturae des Varro; Cic. de fin.; Sisenna; Cic. or., de or.,
Acad. nad Tusc; endlich aus Varro de vita pop. rom., de re rust. und
aus Cato. Die Abweichungen von dieser Reihenfolge sind verhältniss-
mässig selten und erklären sich ohne Zweifel aus Zufölligkeiten.
4. Seine eigentlichen Quellen zu nennen hütet sich Nonius sorgfältig,
und der Name des Gellius e. B., den er so stark ausschreibt, findet sich
bei ihm niemals. Sicher aber sind es nur secundäre und späte, Commen-
tare zu Schriftstellern, Sammelwerke, Wörterbücher und Grammatiken.
Doch giengen diese selbst ohne Zweifel auf ältere zurück, wie auf Verrius
Fl accus. Vielfach berührt er sich mit Charisius, aber nur weil dessen
Hauptquellen auf derselben Linie der gelehrten Tradition sich hielten, oder
die des Nonius gleichfalls aus Caper, Plinius oder Probus geschöpft hatten.
Diese seine Quellen hat aber N. höchst oberflächlich benützt und mehr
darin geblättert als gelesen. Alle Gelehrten die sich mit ihm näher befasst
wetteifern in Ausdrücken der Verachtung über ihn. Schon Bentley (zu Hör.
S. I, 2, 129) nennt ihn einen fatuus; Bücheier (Rhein. Mus. XIII. p. 596)
sagt: cum Nonio qui comparari posset levitate et stupiditate neque anti-
quitas neque nostra aetas uUum grammaticum tulit. Ebenso L. Müller
(metr. p. 22 ff.), Schottmüller (Symb. S. 810), P. Schmidt (p. 38 u. 92),
Kitschi (Neue plant. Ezc. I. S. 117) u. A. Ist es dem N. doch sogar be-
gegnet dass er M. Tullius und Cicero für zwei verschiedene Autoren hielt
(Schmidt p. 92).
5. Ueber die Handschriften des N. s. Gerlach vor seiner Ausgabe
p. XXIV — XXVIII. Ed. princeps von Pomponius Laetus, Rom. 1470.
\'enet. 1476. Ed. Pius, Mediol. 1500 und Paris. 1611. Aldina Ven. 1513.
1527. Basil. (Proben) 1526. Ed. Hadr. lunius, Antv. 1665. Jos. Mercier,
Paris 1583 nnd bes. 1614; abgedruckt Lips. 1825. Ad fidem veterum codd.
tMÜderunt et appar. crit. indicesque adiec. F. D. Gerlach et G. L. Roth,
}'>asil. 1842 (c. 1 u. 4 von G., das Uebrige von R.). Collatis V codd. saec.
IX et X ed. L. Quicherat, Paris 1871. XXXII u. 678 pp. Angekündigt eine
kritische Ausg. von L. Müller (Lips. Teubner).
6. J. Vahlen, analectornm Nonianorum libri II, Lips. 1859. 40 pp.
L. Müller, de re metr. p. 29 — 39 und in Fleckeisens Jahrbb. 95, S. 490
—406. 97, S. 422—434. Ilhein. Mus. XXIV. S. 239—250. Anderes s. A.. 3.
b. Die Zeit Diocletians, J. 284—305.
309 387. Die wichtigste Kunst ist fortwährend die der Rede.
Sie hat ihren Hauptsitz jetzt in Gallien, wo Massilii^, Narbo,
Tolosa, Burdigala, Augustodunum , Remi (Durocortorum) und
Treviri eigene Rhetoren haben und deren Unterrichte die Leb-
liaftigkeit und Sprachgewandtheit des Volkes entgegenkam. Hier
bildete sich eine Redeweise welche sich von der trüben Ge-
schraubtheit der Africaner durch Glätte und Correctheit unter-
sclieidet; an Wortfülle sie überbietet, an Gedankengehalt aber
386 f. Nonius Marcellus. Panegyriker. 883
hinter ihnen zurückbleibt. Stoff und Ton der Beredtsamkeii
war bedingt durch die politischen Verhältnisse. Entsprechend
dem orientalisch despotischen Ceremoniel welches Diocletian
einführte und welches die Person des Kaisers 'dem gewöhnlichen
Verkehre, damit aber auch den Schwertern der Soldateska ent-
rückte, widmete sich die Beredtsamkeit der Verherrlichung der
Kaiser, der Verkündigung ihrer übermenschlichen Vorzüge und
Leistungen. Es beginnt die Zeit und Literatur der Panegy-
riker, welche an den Vorgang des jüngeren Plinius anknüpft,
in ihrem Stile aber eher an Cicero. Die beiden ältesten auf
uns gekommenen Vorträge dieser Art sind von unbekannten
Rednern am Hof lager zu Trier gehalten zum Lobe von Diocletians
Mitregenten, - Maximianus Herculius, in den Jahren 289 und
291. Vier andere besitzen wir von dem Rhetor Eumenius
aus Autun (geb. um 250), welcher der ciceronischen Rundung
und Fülle nachstrebt. Sie sind gehalten in den Jahren 296
und 297, 310 und 311. Die älteste spricht für Wiederherstellung
von Schulen in seiner Vaterstadt, die jüngste dankt in deren
Namen. Die beiden anderen sind Lobreden auf den Caesar
Constantius Chlorus und dann auf dessen Sohn, den Kaiser
Constantinus.
«
1. Die Sammlangen der panegyrici veteres enthalten gewöhnlich
auch die älteste Rede dieser Art, den Panegyricus des Plinius (oben 335,
12). Weiterhin erstrecken sie sich von Diocletian bis Theodosius; s. unten
396. 410. 419. Handschriften derselben gibt es zahlreiche; doch reicht
keine über saec. XV zurück, und alle stammen aus demselben archetypus,
wahrscheinlich dengenigen welchen Joh. Aurispa J. 1433 in der Mainzer
Bibliothek auffand; s. H. Keil, praef. in Plin. p. 38 f. und Joa. Aurispae
epistula (Halle 1870. 4.) p. IV und VHI. Die relativ besten sind der vetus
Bertiniensis, vetus Puteani und Vaticajius 3461; s. H. Rühl (A. 3) p. 7 — 18.
In diesen Hdss. pflegt auf den Paneg. des Plinius zu folgen : Latini Pacati
Drepani panegyricus Theodosio Aug. dictus; Claudi Mamertini pro consulatu
suo gratiarum actio loliano Aug.; Nazari panegyricus Constantino Aug.
dictus ; dann erst die kürzeren Lobreden auf Maximian und Diocletian und
dessen Nachfolger. Die Ausgaben (A. 2) befolgen meist die chronologische
Ordnung.
2. Ausgaben der panegyrici von Jo. Cuspinianus (Vienn. 1513. 4),
B. RhenanuB (Basil. 1620. 4), P. Navius (Venet. 1576), J. Livineius (Ant-
verp. 1599), C. Bittershusius (cum notis J. Gruteri et Acidalii, Francof.
1607), Chr. Cellarius (rec. et adn. illustr., Hai. 1703), J. de la Banne (in
US. Delph., Venet. 1728. 4.), Chr. G. Schwarz (Altorf 1739—1748. 4.), L.
Patarol (notis ac nummis illustr., Venet. 1743. 4.), Wolfg. Jäger (ex cod.
56*
884 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Diocletiamis.
ras., Nürnberg 1779. 2 Voll.), H. J. Amtzen (cum notis et animadv., Utrecht
liyo— 1795, 2 Voll. 4.), Valpy (London 1838).
3. J. G. Walch, parerga acad. (Lips. 1721) p. 849 ff. C. G. Heyne,
ceuBura XII panegyricorom vetemm, in seinen Oposcnla acad. VI. p. 80
— 118. J. Burkhardt, die Zeit Constantins, S. 62 — 66. H. Rühl, de XII
panegyricis latinis propaedeumata, Greifswald 1868. Fr. Eyssenhardt,
lectionea panegyricae, Berlin 1867. 4. (Fr. Werder'sches Gymn.)
4. Die beiden ältesten Reden, aof Maximian, werden ohne hand-
e( hriftliche Berechtigung einem (älteren) Mamertinus zugeschrieben. Ihr
Verfasser ist unbekannt, und H. Rühl (A. 3) p. 18 — 31 hat durch Nach-
\v«'isiing ihrer Verschiedenheit in der rhetorischen Behandlung und sprach-
licheo Eigenthümlichkoiteu wahrscheinlich gemacht dass sie überhaupt
nicht von dem gleichen Verfasser herrühren. Vgl. A. 6.
5. Die erste ist gehalten am Geburtstage Roms (21 April) vor Beginn
des Unternehmens gegen Carausius (c. 12), J. 289, ausserhalb Roms (13, 4.
11, 1. 4), im Norden (12, 5), in einer Stadt an einem schiffbaren Flusse
[12, G), ohne Zweifel in Maximians Residenz zu Trier. Ob sein Held jemals
vom Uebergange des älteren Scipio nach Africa gehört habe ist der Redner
(c. H) nicht sicher.
G. Die zweite (Genethliacus) ist zu Maximians Geburtstag (2, 1)
gehalten, mit welchem der seines Mitregenten Diocletian verbunden wurde;
jeiieiifalls vor der Ernennung des Constantius und Galerius zu Caesares
(1 März 293; s. Preuss, Diocl. S. 172 f.). Navalia tropaea (über Carausius)
Htehen noch isimer in Aussicht (19, 5); doch wird über diesen Punkt leicht
hinweggegangen, sodass über den Misserfolg bereits einiges Gras gewachsen
scheint. Auch diese Rede ist sicher ausserhalb Roms (12, 1. 19, 5) und
Jinseits der Alpen (9, 3 ff.) gehalten. Der Verfasser hat schon einmal den
Ma.ximian in einer Rede verherrlicht; s. 1, 1 ff.: ut expectationem sermonis
eiiiis quem tuis quinquennalibus (Nov. 289) praeparaveram hac natalis
])iiiedicatione compensem et dicendi munus, quod tunc voti promissione
^iiHCcperam, nunc . . repraesentem. voveram autem . . ut me dignatione
«iULi pridem andieras rursus audires. . . gaudeo igitur . . dilatam esse
ilhim cupiditatem meam. neque enim orationis eins quam composueram
l'ario iacturam, sed eam reservo . . decennalibus tuis. 5, 1: sed de rebus
bellicis victoriisque vestris . . et multi summa eloquentia praediti saepe
dixerunt et ego pridem, cum mihi auditionis tuae divina dignatio eam
<-opiam tribuit, quantum potui praedicavi. Diessmal beschränke er sich
(Uiher auf der Kaiser pietas (c. 6 — 12) und felicitas (c. 13—18). Letzteres
Thema war auch schon von dem früheren Redner (A. 5), nur kürzer, be-
handelt (9 f. 11, 1. 7. 13^ 1 ff.), keineswegs blos die res bellicae. Der
je'!/ ige lieduer setzt bei dem Kaiser mehr geschichtliche Kenntnisse voraus
(c. 10). Auch liebt er das Ausmalen ins Detail (10—12) und kühnere rhe-
tori.'iche Figuren (c. 15). Er citiert (14, 2) den Vers lovis omnia plena
des poeta romanus (Vergil. Ecl. III, 60) und nennt (16, 3) den Ennius:
jWii romani carminis primus auctor. Eigenthümlich sind diesem Redner
^'e<^'enüber von dem ersten (A. 5) die Partikeln si quidem und quasi, sowie
ut euim (7, 5) und nihilominus.
387. Panegyriker: Euraeniua u. A. 885
7. Eumen. pro rest. schol. 1, 1: certum babco . . pleroßque mirari
quod ego, qui ab ineunte adolescentia usque in hone diem numquam isto
in loco dixerim et quantulumcumque illud est quod . . videor consecutus
exercere privatim quam in foro iactare maluerim, nunc demnm, sero quo-
dam tirocinio, ad insolitum mihi tribunal adspirem. 3, 1 : relictis docendi
praecipiendique rationibuB. 6, 2: (Conetantium) mirari satis nequeo, qui
. . me fiiio potiua meo ad pristina mea studia aditum molientem ipsum
iusserit disciplinas artis oratoriae retractare et hoc mihi munus iniunxerit.
11, 2 f.: salarium me liberalissimi principes . . in sezcenis milibus nummum
accipere iusserunt, . . ut trecena illa sestertia quae sacrae memoriae
magister acceperam . . geminarent. hoc ego salarium . . cupio ad restitu-
tionem huius operis . . destinare. 13, 1: litteras quibus mihi tanti prin-
cipes instituendam iuventutem commendare dignati sunt, worin (14, 3) z. B. :
auditorio huic ... te.potissimum praeficere debuimus,^ cuius eloquentiam et
gravitatem morum ex actus nostri habemus administratione compertam.
hortamur igitur . . ut professionem oratoriam repetas etc. 17, 3: illic
avum meum quondam docuisse audio , honlinem Athenis ortum , Eomae
diu celebrem, mox in ista urbe (Antun) . . detentum. cuius locum, in quo,
ut referunt, maior octogenario docuit etc. Panegyr. Constantino Aug.
23, 1 f.: tibi . . commendo liberos meos, praecipueque illum iam summa
fisci patrocinia tractantem (er war also advocatus fisci). . . praeter illos
quinque quos genui etiam illos quasi meos numero quos provexi ad tute-
lam fori, ad ofBcia palatii. Das Todesjahr des Eum. ist unbekannt.
8. Die Rede pro instaurandis scholis (von Augustodunum) , gehalten
im J. 296 (s. c. 21) vor dem praeses provinciae (Gall, Lugd. L), enthält
hauptsächlich die Erklärung dass Eum. hiefür seinen Gehalt bestimme
(s. A. 7). Ausserdem wird ihm zugetheilt: 2) panegyricus auf den Caesar
Gonstantius, gehalten Ende 296 zu Trier; vgl. 4, 4: habenda est ratio
temporis, Caesare staute dum loquimur. Der Vorsatz wird aber schlecht
gehalten. 6, 3: aliis haec (die Thaten von Diocletian, Maximian und
Galerius) . . celebrabo temporibus, . . ipsis qui gessere praesentibus. Maxi-
mian ist noch in Mauretanien beschäftigt (5, 2), Gonstantius hat seine
Lingonica victoria (paneg. Constantin. 6, 3) noch nicht erfochten. Der
Verf. hat sein Lehramt bereits wieder verlassen und sich an den Hof be-
geben; 8. 1, 2 ff.: quo in genere orationis quanta esset cura . . sensi etiam
cum in quotidiana illa instituendae iuventutis exercitatione versarer. . . sed
cum ex veteri illo curriculo me . . post indultam a pietate vestra quietem
(Quiescierung ?) studium ruris abduxerit etc. Hinweisung auf eine Rede
zu Ehren des Maximianus 1, 5; auf sein früheres Hofamt 2, 1; auf den
Wiederaufbau seiner Vaterstadt Augustodunum 20, 2. — 3) tanegyricus
Constantino Aug. dictus in Trier (22, 4 f. vgl. 13, 2), am dies natalis
der Stadt (22, 4), kurz nach Maximians Hinrichtung in Massilia (20, 3),
J. 310. Wieder Vorsatz der brevitas (1, 3. 7, 1). Der Verf. will in der
media aetas stehen (1, 1). Die Lobhudelei ist sehr stark aufgetragen,
z. B. 10 — 12. 21, 4. 22, 1. Schliesslich Einladung des Const. zum Besuche
von Augustodunum (22, 3 und 7). 4) Gratiarum actio Constantino Aug.
im Namen des in Flavia umgenannten Augustodunum, seiner patria, für
8H6 l^io Kaiserzeit. Dritte» Jalirliumlert. Dioclctianus.
die Stcucruachiässe und sonstigen Wohlthaten welche Constantin bei seiner
kürslichen Anwesenheit in der Stadt (J. 310 oder 311) erwiesen. Der
Schluss scheint unvollständig. Gehalten in Trier (2, 1). Zur Zeitbestimmung
vgl. 13, 2: quinquennalia tua nobis, etiam perfecta, celebranda sunt. Vom
Christenthum ist in allen Reden keine Spur, vielmehr der Polytheismus
mit einer gewissen AbsichÜichkeit hervorgekehrt. Zur Textkritik Haupt
im Hermes IV. p. 161 f.
9. Burckhardt, Constantin S. 66: Eumenius zeichnet sich nicht blos
durch Tact und Talent vor den anderen Lobrednem ans, er ist auch ein
ganz ehrwürdiger Patriot, der nicht zu eigenem Yortheil schmeichelte.
Vgl. A. 7. Benützung des Tacitus (Agr. 12) in paneg. Const. 9, 3.
10. Einen Gallus rhetor sucht für den . Unterricht seines Sohnes in
Rom Symmach. ep. VI, 34. Vgl. ib. IX, 88: gallicanae facundiae haustns
requiro, non quod his septem montibus eloquentia latiaris excessit, sed
quia praecepta rhetoricae pectori meo senex olim Garumnae alumnus
immulsit.
370 388. Von den sechs scriptores historiae augustae
haben drei noch unter Diocletian geschrieben, nämlich Aeliii.s
Spartianus, Vulcatius Gallicanus und Trebellius Pollio. Von
Spartianus rühren sicher die Biographien des Hadrianus, Helius
Verus, Septimius Severus, Pescennius Niger her und wahrscheinlich
auch die des Pius, Marcus, Verus, Albinus und Macrinus.
Vulcatius Gallicanus ist Verfasser der Lebensbeschreibung des
Avidius Cassius. Von Trebellius Pollio sind die der Valeriani
(unvollständig), Gullieni, der von ihm sogenannten dreissig
Tyrannen und die des Claudius erhalten. Die ganze Sammlung
umfasst die Kaiser von Hadrian bis Numerianus (J. 117 — 284);
nur die der Jahre 244 — 253 sind nicht in eigener Bearbeitung
auf uns gekommen. Zeit und Urheber der Zusammenstellung
ist nicht bekannt. Die Abgrenzung des Eigenthums der ein-
zelnen Verfasser ist vielfach unsicher. Gemeinsam ist allen das
Merkmal der Geistesarmut und Unfähigkeit; indessen an gutem
Willen fehlt es ihnen nicht, und vielfach sind sie für uns die
einzige Geschichtsquelle.
1. Alle Handschriften der scriptores bist. aug. stammen aus der-
selben Quelle, da sie dieselbe Lücke haben, welche mit den Biographien
der Kaiser nach Gordian. III auch den Anfang der vita Valerianorum ver-
schlang. Die massgebenden Hdss. sind der Bambergensis saec. IX und
der Palatinus (in Rom) saec. X oder XI. Nach einem ihnen gans ähn-
lichen codex ist geschrieben Vatic. 1899 saec. XIV. Die anderen sind
saec. XV und ohne Werth. Vgl. die praefatio in H. Peters Ausgabe. Hand-
schriftlicher Titel der Sammlung: vitae diversorum principum et tyranno-
rum a divo Hadriano usque ad Numerianum a diversis compositae. Die
387 f. Panegyriker. Scriptores hist. aug. 887
Ordnung der vitae in den Hdss. ist gemischt aus der chronologischen des
Stoffes und der literarischen nach den Verfassern; s. Brocks p. 48 f.
2. Ed. princ. der scriptores hist. aug. von Bon. Accursius, Mediol.
1476 fol. Aldina, Venet. 1516. 1519. Ausgaben von B. Erasmus (Basil.
1518 fol. u. ö.), J. B. Egnatius (Paris. 1544), J. Gruter (Hanov. 1611 fol.),
Is. Casaubonus (Paris 1603. 4. 1620 fol. mit den notae von Gl. Salmasius).
Sammelausgabe Lugd. Bat. 1671. 2 Voll. Cum notis U. Obrechti, Strass-
burg 1677. Cum praef. J. L. E. Püttmanni, Lips. 1774. Henr. Jordan et
Fr. Eyssenhardt recensuerunt, Berol. 1864, 2 Voll. Becens. Herm. Peter,
Lips. Teubner 1865, 2 Voll. Spartiani vita Hadr. comm. illustr. J. Center-
wall, üpsala 1870.
3. H. Dodwell, praelectiones Camdenianae (Oxon. 1692) p. 32 — 161.
G. Mascov, de usu et praestantia hist. aug. in iure civili (1731), in seinen
Opusc, Lips. 1776. C. G. Heyne, censura sex scriptorum hist. aug., Opuscula
acad. VI. p. 62 — 78. H. E. Dirksen, die Script, h. aug.^ Andeutungen zur
Textkritik und Auslegung derselben, Leipzig 1842. 271 S. G. Bernhardy,
de Script, h. a. prooemia duo, Halle 1847. 4. Fr. Bichter, über die scr.
h. a., Rhein. Mus. VU (1850). S. 16 — 61. Krause, de fontibus et auctoritate
scriptorum h. a., Neustettin 1857. 24 pp. 4. H. Peter, historia critica scri-
ptorum h. a. , Lips. 1860. 40 pp. E. Plew, de diversitate auctorum h. a.,
Königsberg 1869. E. Brocks, de IV prioribus h. a. scriptoribus, Königs-
berg 1869. 69 pp. C. Czwalina, de epistularum actorumque quae a scripto-
ribus h. a. proferuntur fide atque auctoritate, part. I. Bonn 1870. 46 pp.
C. Eübel, de fontibus IV priorum h. a. scriptorum, Bonn 1871. 64 pp. J.
J. Müller in Büdinger's Unters, zur röm. Kaisergesch. III. S. 33 — 116.
C. Paucker, de latinitate scriptorum h. a. meletemata, Dorpat 1870. 214 pp.
Beiträge zur Textkritik von A. Becker (Observationes criticae in etc.,
Breslau 1838), H. Peter (Exercitationes criticae in, Posen 1863. 4.), 0. Hirsch-
feld (Hermes IIL S. 230—232), M. Haupt (Hermes I. p. 45. III. p. 217—220.
IV. p. 152 flP.), J. Oberdick (Zeitschr. f. Ostreich. Gymn. 1865, S. 737 — 746.
1868. S. 340 — 343), J. J. Cornelissen (Coniectanea lat., Daventr. 1870. 4.),
J. Golisch (Schweidnitz 1870. 4. und in Pleckeisen's Jahrbb. 103, S. 646— 648),
E. Bährens (ebd. S. 649—664).
4. An Diocletian gerichtet sind folgende vitae. 1) Helius Caesar, mit
der Ueberschrift: Diocletiano Aug. Aelius Spartianus suus sal. In animo
mihi est, Diocletiane Aug., tot principum maxime. 2) Marcus (19, 3: ut
vobis ipsis, sacratissime imp. Diocletiane, et semper visum est et videtur).
3) Verus (11, 4: praeter vestram clementiam, Diocletiane Aug.). 4) Avid.
Cass. 3, 3 (proposui enim, Diocletiane Aug.). 5) Septim. Sever. 20, 4: re-
putanti mihi, Diocl. Aug. 6) Pescenn. Nig. 9, 1: haec sunt, Diocletiane
maxime Augustorum etc. 7) Macrin. 16, 4 (serenitati tuae, Diocl. Aug.,
detulimus, qaia te cupidum veterum imperatorum esse perspeximus). Von
diesen vitae ist Avidius Cassius sicher dem Vulcatias Gallicasus zuzutheilen,
da diess in den Hdss. mit dem sonst nicht wiederkehrenden Zusätze (V. G.)
v. cl. geschieht und der ganze Name gleichfalls nicht wiederkehrt. Die
übrigen sechs werden in den Hdss. unter Spartianus und Capitolinus so ver-
888 Die Kaißorzcit. Drittes JaViihundert. Dioclctiamie.
theilt dass dem Spart, ausser Nr. 1 auch Nr. 5 und 6 zugewiesen wird, dem
Cap. Nr. 2 und 3 , sowie 7 , Letzteres ohne individuellere Angaben und gegen
die Wahrscheinlichkeit, da Capitolinuß (unten 397) sicher unter Constantin
und, wie es scheint, nach Besiegung des Licinius (J. 323) schrieb. Ausser-
dem haben 2 und 3 (auf welchen Hei. 2, 9 voraus verwiesen ist: de huins
familia plenius in vita . . filii huiusce . . disseremus; vgl. Ver. 1, 6 ff.
nebst Fr. Riohter S. 39 g. E.) ganz denselben Charakter wie 1 (vgl. Brooks
p. 23 ff.), Nr. 7 aber denselben wie 6. In beiden dieselbe Vorliebe für
Anführung von Briefen und Vergilstellen (wie auch im Helius) und die-
selbe Quellenangabe (Pesc. Nig, 9, 1 : haec . . didicimus ex pluribus libris.
Macrin. 1,1: nos ex diversis historicis eruta in lucem proferemus, und 15,
4: quae de plurimis coUecta etc.). Es ist daher wahrscheinlich dass sie
alle von Spartianus herrühren. Andererseits wird imClodius Albinus auf
den Pescennius (Alb. 1, 4: sortem illam qua . . in Pescennii vita diximus =
Pesc. 8, 1 f.) und auf den Severus (Alb. 12, 14: quae quidem omnia in vita
eins posita sunt =« Sever. 9 — 12) desselben Verfassers zurückverwiesen, so-
dass auch der Albinus von Spartianus verfasst scheint; und im (sicher spartia-
nischen) Helius erläutert der Verfasser eine Angabe die er in der vita
Hadriani gemacht habe (Hei. 5, 5: de quo genere cibi aliter refert Marin»
Maximus, non pentapharmacum sed tetrapharmacum appellans, ut et nos
ipsi in eins vita persecuti sumus, =» Hadr. 21, 4: unice amavit tetraphar-
macum). Ferner stimmt Pius (der in den Hdss. dem Capitolinus zuge-
schrieben wird, während der Zusatz ad Diocletianum Aug., wie beim Did.
lul., auf Interpolation beruht) ganz mit Hadrianus, Marcus und Severus
(Brocks p. 23 ff.) und scheint daher von demselben Verfasser. Ausserdem
werden in den Hdss. dem Spartianus zugetheilt die vitae des Didius lulia-
uus, Caracalla und Geta, letztere wohl mit Unrecht, da sie dem Constantin
gewidmet ist, und daher wohl auch die damit zusammenhängende des
Caracalla (Carac. 11, 1: occidendi Getae multa prodigia extiterunt, ut in
vita eins exponemus = Get. 3, 3 ff.; Get. 1, 1: quaestionem . . cur etiam
Geta Ant. a me tradatur). Keinen sicheren Gegenbeweis enthält die un-
persönliche Rückverweisung auf Severus im Carac. 1, 2. Auch die Weise
des Did. lul. hat (ausser dem stemma zu Anfang) wenig mit der spartia-
nischen gemein. Diese ganze verwickelte Frage ist neuerdings von E.
Brocks scharfsinnig erörtert worden, leider aber unter Nichtberücksichti-
gung der Rück- und Vorverweisungen (vgl. Fr. Richter S. 39 — 42) und
unter einseitiger Betonung der Anlage und Ausdrucksweise, welche durch
die jeweils abgeschriebene Quelle bedingt sein wird. Mit Sicherheit kann
für Spartian nur von Helius ausgegangen werden.
5. Spartian. Hei. 1, 1: in animo mihi est . . non solum eos qui
principum locum . . retentarunt, ut usque ad divum Hadrianum feci, sed
illos etiam qui vel Caesarum nomine appellati sunt nee principes aut
Augusti fuerunt, vel quolibet alio genere aut in famani aut in spem prin-
cipatus venerunt, cognitioni numinis tui sternere. 7, ö: de quo idcirco
non tacui quia mihi propositum fuit omnes qui post Caesarem dictatorem,
h. e. divum lulium, vel Cacsares vel Augusti vel principes appellati sunt
quique in adoptionem venerunt vel impcratorum filii aut parentes Caesa-
rum nomine consecrati sunt singulis libris exponero, meae satisfaciens
388. Spartianiis. Volcatius. Trcbellius Pollio. «80
conscientiac , et«i multis nulla sit necessitas talia requircndi. Seine Ab-
sicht war also eine vollständige KaisergeBchiclite in biographischer Form,
unbekannt ist ob diese Absicht wirklich ausgeführt wurde; jedenfalls ist
nur ein Theil erhalten. Seine Hauptquelle war Marius Maximus (oben
377, 5 f.). Zeitandeutung Hei. 2,2: nostris temporibus a vestra dementia
Maximianus atque Constantins Caesares dicti sunt (J. 292).
6. Vulcat. Gall. Avid. Cass. 3, 3: proposui, Diocletiane Aug., omnes
qui imperatorum nomen sive iusta ex causa sive iniusta habuerunt in litteras
mittere, ut omnes purpuratos Augustes cognosceres. SeinTlan war also
etwas enger als der des Spartianus (A. 5). In die erhaltene Sammlung
fand aber nur sein Avidius Cassius Aufnahme. Eigcnthümlich ist dieser
vita eine ausgedehnte Berücksichtigung der Briefe (etwa aus Aemilius
Parthenianus) , die aber von höchst zweifelhafter Echtheit sind (Czwalina
p. 19 ff.)- Vgl.E. E. Hudemann, Philologus VII. S. 585 — 688. IX. S. 189 ff.
7. Vopisc. Aurelian. 2, 1: quoniam sermo nobis de Trebellio Pol-
lione, qui a duobus Philippis usque ad divum Claudium et eins fratrcm
Quintillura iraperatores tam claros quam obscuros memoriae prodidit,
. . fnit, adserente Tiberiano quod Pollio multa incuriose, multa brevitcr
prodidisset. Der Anfang des Antheils von Pollio und damit die Widmung
ist verloren. Kr ist der Erfinder des müssigen und schiefen Begriffs der
XXX tyranni. Pollio XXX tyr. 1, 1 f.: scriptis iam pluribus libris, non
historico nee diserto, sed pedestri adloquio . . in unum eos (die XXX)
libellum contuli, . . maxime cum vel in Valeriani vel in Gallieni vita plera-
que de bis dicta . . constet. 33, 8: libellum non tam diserte quam fide-
liter scriptum, neque ego eloquentiam mihi videor pollicitus esse, sed
rem, qui hos libellos quos de vita principum edidi non scribo, sed dicto,
et dicto cum ea festinatione . . ut respirandi non habeam facultatem.
11, 6 f.: ut fidelitas historica servaretur, quam ego prae ceteris custodien-
dam putavi, qui quod ad eloquentiam pertinet nihil curo. rem enim vobis
proposui deferre, non verba. Claud. 11, 5: vera dici fides cogit, simul ut
sciant ii qui adulatores nos aestimari cupiunt id quod historia dici postulat
[nos] non tacere. ib. 3, 1: in gratiam me quispiam putet Constantii
Caesaris loqui, sed testis est et tua conscientia et vita mea me nihil um-
quam cogitasse^ dixisse, fecisse gratiosum. 10, 7: ut sit omnibus darum
Constantium divini generis virum . . esse, . . salvis Diodetiano et Maxi-
miano Augg. et eins fratre Galerio. Er schrieb also noch bei Lebzeiten
des Chlorus (f 25 Juli 306), aber nach Vollendung der diocletianischen
Thermen (J. 2318 =» 302 nach Hieron. ehr.); s. XXX tyr. 21, 7: in bis
locis fuerunt in quibus thermae Diocletianae sunt exaedificatae , tam
aetemi nominis quam sacrati. Sein Grossvater hatte unter Aurelian gelebt
und war dem Tetricus befreundet gewesen (XXX tyr. 25, 3). Valerian.
8,5: quoniam vereor ne modum voluminis transeam, . . ad aliud volumen
transeam. . . semper enim me vobis dedidi . . et famae. Gallien. 14, 2:
Claudius, ut suo dicemus loco, vir optimus. XXX tyr. 31, 5 ff.: haec sunt
quae de XXX tyranni.s dicenda videbantur. . . nunc ad Claudium princi-
pem redeo. de quo speciale mihi volumen . . videtur edendum. Claud.
1,1: ventum est ad principem Claudium, qui nobis intuitu Constanti
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890 Die Kaiberzeit. Drittes Jahrhundert. Diocletianiis.
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Caesaiis cum cura in litteras digerendus est. XXX tyr. 31, 10: nemo in
teniplo Pacifl dicturus est me feminas inter tyrannos, . . ut ipsi de me so-
%^- lent cum risu et ioco iactitare, posuisse. Richter (Rhein. Mus. VH.) S. 20
— 23. H. Peter, hist. crit. p. 9 f. H. Cannegieter, Treb. P. neglegentia
caetigata, in sm. Liber sing, de mut. nom. rom. rat. (Utrecht 1758. 4.)
p. 177 ff.
8. Vopisc. Aurelian. 44 , 2 : Herennianus teste Aaclepiodoto saepe dice-
bat Diocletianum frequenter dixisse, und 44, 3: Asclepiodotus . . . perhibet.
9. Vopisc. Car. 18, 5: quorum (des Diocletian und seiner drei Collegen)
yitam singulis libris Claudius Eusthenius, qui Diocletiano ab epistulis fnit,
scripsit.
10. Ueber den 2aitto%6g tcTOQLxog bei Lyd. magg. III, 32 s. oben 370, 5.
11. Aus dem Ende des Jahrh. ist die älteste lateinische üebersetzung
des Romans von Pseudo-Kallisthenes über Alexander d. Gr. (aus J. 200)
unter dem Titel Res gestae Alexandri Macedonis translatae ex Aesopo
Graeco und dem Namen des lulius Yalerius. Sie ist im Itinerar. Alex.
(aus J. 340 — 346) bereits benützt. Vgl. C. Kluge, de it. Alex, p. 34—45.
Ueber den Sprachgebrauch des lul. Val. (z. B. häufig quod statt acc. c.
inf.) vgl. ib. p. 46 — 49. 51 — 54. Erstmals herausgegeben wurde sie, aus
einem codex Ambrosianus, von A. Mai an den Itin. Alex. (Mediol. 1817. 4.)
und (ergänzt) in den Classici auctt. e codd. vaticanis VII. p. 61 ff. Vgl.
Spicileg. rom. VIII. p. 513 ff. J. Zacher, Pseudo-Eallisthenes, Halle 1867.
Auch eine abgekürzte Fassung dieser Üebersetzung (saec. V) ist erhalten
und herausgegeben von J. Zacher, lulii Valerii epitome; zum ersten Mal
herausgegeben, Halle 1867. XIV u. 64 S. J. Mähly, zu lul. Val. ep., in der
Zeitschr. f. deutsche Philol. von Höpfner u. Zacher III, 4. 1871.
12. Zu den Geschichtsquellen aus der Zeit Diocletians gehört das von
Mommsen in Verona gefundene und herausgegebene Provinzenverzeichniss
vom J. 297, Abhandl. d. Berl. Akad. von 1862, S. 489—631. Vgl. Revue
archäol. XIII (1866) p. 377 ff. XIV. p. 369 ff. XV. p. 1 ff. Vom Ende des
J. 301 ist Diocletians edictum de pretiis; Th. Mommsen, Diocletians
Edict u. s. w. Leipzig 1861. H. W. Waddington, ädit de DiocIetien etc.
publik avec de nouveaux fragments et un commentaire, Paris 1864. Vgl.
K. Keil, Rhein. Mus. XIX. S. 610—614.
371 389. Durch die Theilung des Reichs und der Regierungs-
gewalt war die Möglichkeit widerstreitender Rechtsentscheidun-
gen und daher Rechtsunsicherheit entstanden. In Folge dessen
hatte man unter Diocletian das Bedürfniss das geltende Recht,
soweit es auf kaiserlichen Verfügungen beruhte, zusammenzu-
stellen. Daher die Sammlung von Constitutionen der Kaiser
von Hadrian bis Diocletian, veranstaltet durch einen Juristen
GregorianuS; der codex Gregorianus. Im vierten Jahrhundert
wurde dieser ergänzt durch die ähnliche Sammlung des Her-
mogenianus, welche in dreierlei Bearbeitungen vom J. 291
388 f. lulius Valerius. Codex Gregorianus \uid Herniog. 891
bis 365 reichte. Beide Sammlungen siöd nur noch in den Ent-
lehnungen vorhanden welche daraus besonders in Justinians
Codex sich finden.
1. Die Ueberreste des codex Greg, und Hermog. am besten heraus-
gegeben von G. Hänel im Bonher Corpus iuris anteiust. (Bonn 1837. 4.):
Codicis Gregoriani et codicis Hermog. fragmenta ad XXXVI librorum
ms8. . . fidem recogn. et annot. crit. instruxit. Chr. Vt. Pohl, diss. de codd.
Greg, atque Herrn., Lips. 1774. 4. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1.
S. 157—164. H. F. Jacobson, diss. crit. de codd. G. et H., Königsberg 1826.
Hänels praefationes. Rudorff, rÖm. Rechtsg. I. S. 274 — 277. Huschke,
über den Gr. u. H. codex, Zeitschr. f. Rechtsgesch. VI (1867). S. 279- 331.
2. Der Titel codex Gregorianus ist wohl eine bequeme Abkürzung
des ursprünglichen, der etwa lautete: Gregoriani codex constitutionum
principalium. Die älteste sichere Constitution daraus ist vom J. 196; aber
da der aus ihm geschöpfte codex lust. auch eine von Hadrian. enthält, so
wird Greg, mit diesem begonnen haben. Die späteste Constitution des Gr.
ist vom J. 295, um welche Zeit die Sammlung wohl herausgegeben wurde.
Diocletian und Maximiauus waren darin domini nostri genannt (CoUat. I,
10). Huschke S. 280 — 286. Anregung durch Diocletian ist wahrscheinlich,
da von den scriptores bist. aug. (s. 388) , welche gleichfalls mit Hadrian be-
ginnen, diess gewiss ist. Vorgänger Papirius lustus, oben 364, 7. Seiten-
stück Julians Redaction des prätorischen Edicts (oben 345, 2). Als eine
Sammlung des kaiserlichen ius generale umfasste der cod. Gr. Constitutio-
nen aller Art, mit Ausscheidung des Veralteten. Ordnung wahrscheinlich
die auch im cod. lust. im Wesentlichen befolgte des Edicts. Umfang etwa
16 Bücher, ungefähr wie cod. Theod., welcher selbst auch ad similitudinem
Gregoriani atque Hermogeniani codicis (cod. Theod. I, 1, 5) angelegt ist.
Die drei letzten Bücher scheinen das Crimin airecht enthalten zu haben.
Aufgenommen waren die Urkunden selbst, mit Inscriptionen und Subscnp-
tionen; einzelne waren, wegen der undatierten im cod. lust., den Schriften
von Juristen entnommen. Huschke S. 294—303. 314—321.
3. Der codex Hermogenianus wird immer nach dem Greg, genannt
und aus ihm nur Titel (nicht Bücher) angeführt. Er war daher wohl eine
Ergänzung des Greg. Aus dem Herm. werden nur Rescripte citiert, das
früheste vom J. 291. Nach Dig. IV, 4, 17 war die Sammlung später als
Constantins Verordnung vom J. 331 dass vom praef. praet. nicht weiter
appelliert werden könne. Consult. 9, 1 — 7 weist ihm aber noch sieben von
Valentinian und Valens aus J. 364 f. zu. Die letzte Ausgabe scheint somit
um 366 veröffentlicht zu sein; vgl. Sedul. pasch, op. praef. (p. 149 Arev.):
cognoscant Hermogenianum , doctissimum iuris latorem, tres editiones sui
operis confecisse. Sie unterschieden sich von einander wohl hauptsächlich
durch Berücksichtigung nachgekommener Rescripte. Huschke S. 291 — 294.
4. Index florent. nennt unter den Quellen der justinianischen Digesten
an letzter Stelle ^Eg^oysviavov initofiav ßtßUcc fj i^X^vai cxi%, al.), ein
Auszug aus dem ius, verfasst ums J. 339; s. J. Gothofredus prolegg. ad
cod. Theod. p. CCX. Die Excerpte daraus bei Hommel, Paling. I. p. 185 —
892 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Diocletiaims.
j" 194. J. FincfltroB, comm. in Herrn, icti iuris epitomarura libros VI, Ccrvar.
1757. 4. 2 Voll. H. E. Dirksen, über des H. libri iuris ep., hintcrlass.
Schrr. U. S. 482 ff.
i^^'6 390. Unter der Regierung des Diocleüanus schrieb wohl der
Grammatiker und Metriker Marius Plotius (Claudius) Sacerdos,
von welchem wir eine Ars grammatica in drei Büchern besitzen,
deren drittes die Metrik behandelt und viele griechische Beispiele
enthält.
1. Grammat. lat. ed. Putsch, p. 2623 (=» Scriptores rei metr. ed.
Gaisford }>. 242): Marius Plotius Sacerdos composui Bomae docens de
metris. Cum de institutis artis grammaticae primo libro me tractavisse
comperisset vir cl. Uranius nee ei displicoisset, vel quod non absurde com-
positus vel quod ad eins filium v. cl. mihi contubemalem et aetate paene
studiisque coniunctum Gaiannm scriptus esset, compulit ut etiam de Do-
minum verborumque ratione nee non de structurarum compositionibus
exprimendis breviter laborarem. cuius praestantissimi viri iussionibus libens
arbitror libro secundo nos explicabiliter oboedisse. nunc in hoc sive tertio
Pive novissimo Artium libro . . vobis viris amplissimis, nobilitatis splendore
praedito Maximo et omni laude praedicabili Simplicio, quorum et ad
quos eeria nonnisi de litteris exercentur, quoniam . . me posse de metris
etiam tractare iudicastis, (de his) breviter esse componendum decrevi. Buch
I u. II (Grammatik) wurden nach einem cod. Vindob. saec. (VII — ) VIII
erstmals herausgegeben von Endlicher und Eichenfeld, Analecta gramm.
(Vindob. 1837) p. 1— -74. Vgl. p. I — V. Die zwei ersten Quaternionen
sowie der fQnfte sind verloren. Schluss von B. I (p. 46): hucusque Artium
grammaticarum fecimus instituta. de catholicis vero nominnm atqne verbomm
latius exponemus. Subscriptio : M. Claudi Sacerdotis Artium grammaticarum
(Hb. I expl.) feliciter. p. 74: M. Claudi Sac. Art. gramm. lib. II expl. fei.
Der Inhalt von Buch II ist mit den Catholica des Probns (oben 295, 8)
nahezu identisch, was F. Osann (Beiträge II. S. 299 ff.) daraus erklart dass
Sac. den Probus geplündert habe, H. Wentzel (Symb. crit. p. 28 ff. vgl.
p.40 — 43) aber Prob, den Sac., und Steup (de Probis p. 149 — 166, vgl. Rhein.
Mus. XXVI. S.318 ff.) daraus dass Sac. der wirkliche Verfasser der Cath. Bei
und die beiden Schriften (Cath. Probi, B. II des Sacerdos) nur zweierlei
Exemplare desselben Werkes. Vgl. oben 295, 8 a. Da Cathol. p. 9 f. Saxon
(Saxönis) und Franco (Franconis) als Beispiele aufgeführt sind, so kann
deren Abfassung nicht vor Diocletian fallen. Der Gaianus welchem B. I
des Sacerdos gewidmet ist wird daher derjenige sein an welchen im Cod.
lust. m, 32, 11. V, 46, 3. VI, 42, 26. VIII, 28, 18 Rescripte des Diocletian
(u. Maximian) gerichtet sind. Die Uebereinstimmung des Inhaltes mit den
Angaben des Plotius Sac. und die grosse Aehnlichkeit beider Namen machen
wahrscheinlich dass Plotius Sacerdos und Claudius Sacerdos dieselbe Person
sind (Endlicher, Wentzel, Steup). Diomedes (p. 317 E.) wusste bereits nicht«
mehr von diesem Vorgänger. Wentzel p. 37. W. Christ, Philologus XVTII .
S. 130 f. 178 f. Steup p. 165 f. not. 44.
2. Das dritte Buch des Sacerdos, de metris, ist schon länger bekannt
390 f. Sacerdos. Terentianuß Maunis. 893
(bei Putsche p. 2623 fF., beiGaisford p. 242 fiF.)« Darin wird schon Juba citiert
(p. 301 G.)- Gewidmet ist es einem Maximns (Kescripte an Maximus aus den
J. 294—305 im Cod. lust. VI, 9, 6. IX, 22, 18. 41, 15. X, 31, 11) und Simplicius
(a. A. 1). De graecis nobilibus metris lectis a me et ex his quidquid singulis
fuerit Optimum decerpto composui, p. 297 G. Westphal, allg. Metrik S. 50 f.
391. Dem Ende des* dritten Jahrhunderts gehört wahr-372
scheinlich der Metriker Terentianus aus Mauretanien an. Er
verfasste in seinen späteren Jahren, nach dem Vorgange des
Caesius Bassus und dem Lehrbuche seines Landsmannes luba,
in gebundener Form 6in kurzes Lehrbuch de litteris, syllabis,
metris, gerichtet an seinen Sohn Bassinus und Schwiegersohn
Novatus. Es besteht aus drei Theilen, von welchen der letzte
in unvollendeter Gestalt auf uns gekommen ist. Materiell ohne
Selbständigkeit, legt es um so rühmenderes Zeugniss ab von
der Gewandtheit des Verfassers in der Handhabung manchfaltiger
metrischer Formen.
1. Mar. Victor, p. 2529 P.: Terentianus, non poenitendus inter ceteros
artis metricae auctor. Terentian. 1969 ff. (nach Anführung eines Beispiels
aus Pomponius Secundus): non equidem possum tot priscos nosse poetas
ut veterum exemplis valeam quae tracto probare; Maurus item quantos
potui cognoBcere Graios? . . nemo tamen culpet si sumo exempla novella,
worauf er den Septimius Serenus (oben 379, 3) citiert, wie anderswo den
Alfius Avitus (oben 379, 1). Durch diese Thatsachen wird unzweifelhaft
dass das Zeitalter des Ter. von Lachmann (p. XI) richtig bestimmt ist;
vgl. L. Müller de re metr. p. 55. 99. Westphal, allg. Metrik S. 44. 71.
Bedenken dagegen von G. Studer, Rhein. Mus. IL S. 63 — 66. Noch Gräfen-
han (Gesch. d. class. Philol. IV. S. 99. 134 f.) setzt ihn, gemäss der früheren
Identificierung mit dem Terentianus qui nunc niliacam regit Syenen bei
Martial. I, 86, 6 f., unter Nerva imd Trajan.
2. Terent. Vorwort (stichische Glykoneen) 51 ff.: sie nostrum senium
quoque . . angustam studii viam et callem tenuem terit. (59 f.) quid sit
littera, quid duae, iunctae quid sibi syllabae. Diess wird im ersten Thcile
(in Sotadeen) ausgeführt, v. 85 — 278 (sat duco meas hactenus occupasse
nugas). Darauf (v. 342 — 1281) de syllabis (versus heroici) in trochäischen
Tetrametern imd daktylischen Hexametern nach einem Vorworte (279 — 341),
welches aber vielmehr ein Epilog ist. Es beginnt: sy Ilabus . . disputatas
attuli versibus, sane modorum quo sonora laevitas addita stili levaret
Biccioris taedium. haec prius , Bassine fili et tu gener Novate mi, perpolite
qua potestis crebriore limula. 319 ff.: morosa intentio tam legentis debet
esse quam fnit nobis quoque, qui . . forsitan nee locta multis e latebris
scalpsimus, ardui laudem expetentes, non favorem ex obviis. 348 f.: hoc
opus, de syllabis quod recepi nunc loquendum. Die erste Hälfte wiederholt
in erweiterter Gestalt den Inhalt des in Sotadeen geschriebenen opusculum
de litteris. Die Erörterung der Sylbenprosodie beginnt erst 997. Zweiter
894 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Diocletianiis.
Epilog 1282 — 1299: forsitan hanc aliquis verbosum dicere libnim non
dubitat etc. (1291 f.:) haec ego cum ecripu bis qoinia mensibus aeger
pendebam etc. (1296 ff.:) sie varios tarn longa dies renoyando dolores
duxit ad hoc tempue semper sine fine minando. cum potni tarnen obrepena
incepta peregi, quo yitae dubius vel sie virisse yiderer. Der dritte Theil
handelt de metris ^v. 1300 — 2981), mit besonderer Berücksichtigung des
(Catull und) Horaz (von t. 2914 an ausschliesslich die Epodenmasse); daher
die Üeberschrift der ed. pnnceps „de metris Horatii" ursprünglich sein
könnte. Die Einleitung handelt (abermals) kurz de syllabis, litteris, dann
(1835 ff.) de pedibus. Die specielle Metrik beginnt v. 1580, ist wohlge-
ordnet und bildet je das besprochene Mass nach. Dieser Theil hat weder
Vorwort noch Schluss; auch finden sich Wiederholungen früherer Verse
(1806 — 1312 » 357 f. 360—364) und sonstige Spuren der Nichtvollendung
(Lachmann p. IX). Terentianus de litteris (»» v. 188) citiert Priscian. Xm,
15 (IL p. 10 H.); Terentianus de syllabia (= v. 283) id. VII, 22 (p. 305 H.).
3. Von den drei Theilen (oder Büchern) ist der wichtigste der dritte,
die Metrik, trotz mancher Missverständnisse und Unzulänglichkeiten (z. B.
1797), als Wiedergabe einer älteren Metrik, in welcher auch griechische
Beispiele gegeben waren (vgl. 2128). Dieses Original war wohl das Werk
des Caesius Bassus (oben 299, 1—3), dessen Ordnung aber von Ter. mehr-
fach abgeändert ist. R. Westphal, allg. Metrik (1865) S. 56—72. 127—130.
= Griech. Metrik* I. S. 138—153. H. Keil, gramm. lat. VI. p. 251 f.
4. Der Text des Ter. beruht, da die vollständigen Hdss. seitdem ver-
loren gegangen sind, auf der editio princeps (Mediolani 1497. 4.) mit dem
Titel : Terentianus de litteris syllabis et metris Horatii. Spätere Ausgaben
Paris. 1510. 1531. 4. Venet. 1533. 4. In Puteche's grammatici lat. p. 2383 ff.
Mit umstÄndlichem Commentar von L. Santen (ed. D. J. van Lennep),
Utrecht 1825. 4. Recensuit C. Lachmannus, Berol. 1886. An Gaisfords
Hephaestion (Oxon. 1865) L p. 215 — 315; annotationes IL p. 349 — 642.
373 392. Noch unter Diocletian schrieb der Rhetor Arnobius
zu Sicca in Numidien ums J. 295, nach seinem Uebertritt zum
Christenthum, zur Rechtfertigung dieses Schrittes, seine sieben
Bücher adversus nationes. Diese Apologie hält sich überwiegend
polemisch und verräth wenig Yerständniss des Christenthnms.
Den Polytheismus bekämpft sie mit rhetorischer Masslosigkeit,
Vorliebe für das Derbe und in buntscheckiger Sprache.
1. Hieronym. chron. ad a. Abr. 2343 = 327 =« 1080 d. St, (wahr-
scheinlich das Todesjahr des Am.): Arnobius rhetor in Africa clams
habetur, qui cum Siccae ad declamandum iuvenes erudiret et adhuc
ethnicus ad credulitatem (d. h. zum Christenthum) somniis compelleretar,
neque ab episcopo impetraret fidem quam semper impugnaverat, einen-
brayit adversum pristinam religionem luculentissimos libros et tandem,
veluti quibtisdam obsidibus pietatis (datis), foedus impetravit. De vir.
illustr. 79: Arnobius sub Diocletiano principe Siccae apud Africam Acren-
391 f. Terentianas Maurus. Araobins. 895
üssime rhetoricam docuit Bcripsitqae adyersam gentes^quae vulgo extant
Yolmnina. Epist. 70, 6 (ad Magnum): septem libros ady. gentes Arnobius
edidit. ibid. 58 (ad Paulin.), 10 (p. 326 Vall.): Arnobius inaequalis et
nimius et absque operis sui partitione confasna. Für die Abfassung der
Schrift ums J. 295 <= 1048 d. St. vgl. I, 13: trecenti sunt anni ferme,
minus vel plus aliquid, ex quo coepimus esse christiani et terraruuKiu
orbe censeri, und U, 71: aetatis cuius urbs Roma in annalibus indicatur?
annos ducit quinquaginta et mille, aut non multum ab bis minus. Un-
bestimmte Hindeutung auf Christenverfolgungen der Vergangenheit IV, 36:
nostra scripta cur ignibus meruerunt dari, cur immaniter conventicula dirui?
2. Arnob. I, 1: quoniam comperi nonnullos . . dicere, postquam esse
in mundo christiana gens coepit terrarum orbem perisse, . . statui pro
captu ac mediocritate sermonis contraire invidiae et calumniosas dissolvere
criminationes. Dies geschieht in 6. I, das zuletzt in eine Rechtfertigung
der Anfänge des Christenthums .j^erläuft. Dort c. 62 die Behauptung:
Christus interemptus est non ipse, sondern homo quem induerat et secum
ipse portabat. B. II vergleicht die Lehren der Philosophie und des Christen-
thums und gibt eine gnostisch gefärbte Psychologie. B. III — V polemi-
sieren gegen die heidnische Mythologie, VI und VII gegen Tempel- und
Bilderdienst, Opfer und Schauspiele. Seine Quellen nennt Arn. nicht, ob-
wohl er seine Vorgänger^ unter den Griechen besonders den nQOTQSTtti'nog
des Clemens Alex., stark benützt hat. Am meisten Ausbeute liefern ihm
Epikureer (wie Lucretius, vgl. E. Klussmann im Philologus XXVI. S. 362
— 366), Rationalisten (wie der Euhemerus des Ennius), Antiquare wie
Varro. Durch die Menge des zusammengerafften Stoffes hat Arn. auch
antiquarischen Werth.
3. Kenntniss des Alten Testaments besitzt Arn. nicht, und von dem
•Neuen nur sehr ungenaue (Oehler p. XIII— XVIII). Die Göttlichkeit Christi
gründet er "fast ausschliesslich auf seine Wunder, welche I, 48 in einer
Weise ausgeführt werden dass es zweifelhaft erscheint ob Am. die Evan-
gelien selbst gelesen hat. An ihm selber bewährt sich keineswegs seine
Behauptung (I, 58): numquam veritas sectata est fucum, nee quod ex-
ploratum et certum est circumduci se patitur orationis per ambitum Ion-
giorem; eher seine lockeren Ansichten über Barbarismen und Solöcismen
I, 59. Häufung rhetorischer Figuren, z. B, II, 39 — 42 fortwährend die
Anaphora und rhetorische Frage idcirco (deus) animas misit ut etc. Be-
sonders liebt Arn. die Verbindung synonymer Ausdrücke.
4. Der Text des Am. beruht einzig auf einem Parisinus saec. IX
(s. oben 368, 5)^ in welchem die Schrift Adversus nationes betitelt ist.
Ed. princeps von F. Sabaeus, Rom. 1543. fol. Ausgaben von Gelenius
(Basil. 1546. 1560), Cantems (Antv. 1682), ürsinus (Rom. 1683), Elmenhorst
(Hanov. 1603. Hamb. 1610), Stewechius (Antv. 1604), Salmasius (Lngd. B.
1661), in Gallandi bibl. patr. IV. p. 133 — 224, und von Oberthür (Würz-
burg 1783). Ed. J. C. Orelli, Lips. 1816. Ex nova cod. Paris, collatione
rec, perpet. (5omm. instr. G. F. Hildebrand, Halle 1844. In Migne's cursns
patrol. V (Paris 1844) Text p. 718—1288; allerhand Abhandl. ib. p. 351—714.
1291—1372. Rec. ill. Fr. Oehler (in Gersdorfs bibl. patr. XII), Lips. 1846.
890 Dio Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. Diocletianus.
5. lieber Arnobias vgl. L. Ceillier, hist. gdn^r. des auteurs sacr^s etc.
HL p. 373—387. Th. Hug in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1747—1750.
J. Meursius^ criticus Amobianus, Lugd. B. 1598. J. C. Bulenger, eclogae
ad Arn., Tolos. 1623. Le Nourry, Apparat, ad bibl. patr. II. p. 257 — 570.
6. E. Elnssmann, emendationes Arnobianae, Lipa. 1863. 4; Philologns
XXVI. S. 623—641. Th. Hug, Beitrftge zur Krit. lat. Pros. (Basel 1864)
S. 21—31. M. Zink, in den Blättern f. d. bair. Gymn. VII. 8. 296—312.
374 393. Des Amobius Schüler in der Beredtsamkeit; Lactan-
tius Firmianus, Lehrer der Rhetorik in Nikomedia, später
im Westen Lehrer des Prinzen Crispus, zeichnet sich vor allen
christlichen Schriftstellern aus durch die Reinheit und Glatte
seiner nach den besten Mustern gebildeten Darstellung. Auch
hat ihm sein Uebergang zum Christenthum die Dankbarkeit
gegen die Quellen aus denen er bisher seine geistige Nahrung
geschöpft nicht gemindert. Minder correct als seinen Stil fand
die spätere Zeit seine Orthodoxie. Von seinen zahlreichen Schrif-
tehnn Frosa und Versen sind die bedeutendsten auf uns ge-
kommen: seine sieben Bücher Institutionum divinarum^ eine po-
puläre, apologetisch gehaltene Darlegung der christlichen Lehre
als der höchsten Wahrheit, die wir auch in kürzerer Fassung
besitzen-, De opificio dei, eine populäre Anthropologie aus christ-
lichen Gesichtspunkten; De ira dei, eine ähnliche Bearbeitung
der Lehre von Gott. Fanatischer als die übrigen Schriften des
Lactantius, sonst aber seiner Weise durchaus nicht unähnlich
ist die unter dem Namen L. Caecilius überlieferte get^chichtlich
wichtige Tendenzschrift über das Ende aller Verfolger des
Christenthums von Nero bis Galerius und Maximinus Daza.
1. Hieronym. de vir. ül. 80: Firmianus, qui et Lactantius, Amobii
discipulus, sub Diocletiano principe accitus cum Flavio grammatico , cuius
De medicinalibus verau conipositi extant libri (vgl. contra lovin. II. p. 332
ValL: Marcellum Sidetem et nostrum Flavium hexametris versibus disse-
rentes; Plin. Val. de re med. III, 14), Nicomediae rhetoricam docuit et
penuria discipulorum , ob graecam videlicet civitatem, ad scribendom se
contulit. . . hie. extrema senectute magister Caesaris Crispi, filii Gonstan-
tini, in Gallia fuit, qui postea (J. 326) a patre interfectus est. Chron. ad
a. 2333 s=> 317 n. Chr.: Crispum Lactantius latinis litteris erudivit, vir
omnium suo tempore eloquentissimus , sed adeo in hac vita pauper ut
l)lerumque etiam necessariis indiguerit. Epist. 70, 5 (ad Magnum): septem
libros adversus gentes Aruobius edidit totidemque discipulus eins Lactan-
tius, qui De ira quoque et Opificio dei duo volumina condidit; quos si
legere volueris dialogorum Ciceronis in eis imtofiriv reperies. 68, 10 (ad
Paulin.): Lactantius quasi quidam fiuvius eloquentiae tullianae utinam tarn
393. Lactantiufi. '897
nostra affirmare potuisset quam facile aliena destruxit! Lactaut. inet. V, 2:
ego cum in Bithynia oratorias litteras accitus docerem. I| 1: professio . .
illa oratoria in qua diu versati non ad virtutem, aed plane ad argutam
malitiam iuvenes erudiebamus. . . multum tamen nobis exercitatio illa
fictarum liüum contulit ut nunc maiore copia et facultate dicendi causam
veritatis peroremns. III, 13: equidem tametsi operam dederim ut . . di-
cendi assequerer faculiatem propter Studium docendi tamen eloquens num-
quam fiii, quippe qui forum ne attigerim quidem. Lact, ist wohl italischen
Ursprungs, da er die Römer als nostri (inst. I, 6. p. 11, 2 Fri.) den Ghraeci
(ib. p. 2, 17) gegenüber zu stellen pflegt.
2. Hieron. vir. ill. 80: habemus eins Symposium, quod adolescentulus
scripsit, ^OdotnoQixov de Afriea usque Nicomediam, hezametris scriptum
yersibus, et alium librum qui inscribitur Grammaticus, et pulcherrimum
De ira dei et Institutionum divinarum adyersum gentes libros VII et 'Eni-
xofiiiv eiusdem operis in libro uno acephalo et Ad Asclepiadem libros II ;
De persecutione librum unum; Ad Probum Epistolarum libros IV; Ad
Seyerum (ygl. vir. ill. 111) epistolarum libros II; Ad Demetrianum audi-
torem suum epistolarum libros II ; Ad eundem de opificio dei^yel forma-
tione hominis librum unum. Auf dpn Grammaticus bezieht sich wohl
Victorin. de carm. her. 5 (VI. p. 209, llf.K.): nostra quoque memoria Lactantius
de metris pentameter, inquit, et tetrameter. Die Briefe ad Probum stam-
men yielleicht noch aus der vorchristlichen Zeit des Lact, und behandelten
(vorzugsweise) Gegenstände aus dem Gebiete der Gelehrsamkeit, während
die ad Demetrianum Christliches erörterten. Hieron. epist. 84, 7 (ad Pam-
mach. et Oc): Lactantius in libris suis et maxime in epistolis ad Deme-
trianum Spiritus sancti omnino negat substantiam et errore iudaico dicit
eum vel ad patrem referri vel ad filium; und comm. in ep. ad Gal. 4, 6:
multi per imperitiam scripturarum, quod et Firmianus in octavo (?Vall.:
altero) ad Demetrianum epistolarum libro facit, asserunt spiritum s. saepe
patrem, saepe filium nominari etc. Damasus an Hieronymus (Hier. opp.
ed. Vall. I, 1. p. 169): fateor tibi, eos quos mihi iampridem Lactantii
dederas libros ideo non libenter lego quia et plurimae epistolae eins usque
ad mille spatia versuum tenduntur et raro de nostro dogmate disputant;
quo fit ut et legenti fastidium generet longitudo et si qua brevia sunt
scholasticis magis sint apta quam nobis, de metris et regionum situ et
philosophis disputantia. Eufin. de metr. p. 2712 P.: Firmianus ad Probum
de metris comoediarum sie dicit etc. Hieron. comm. in ep. ad Gal. (Opp.
ed. Vall. VII, 1. p. 426): Lactantii nostri quae in tertio ad Probum volu-
mine de ba^ gente (Galatae) opinatus sit verba ponemus. F. Osann, Bei-
träge IL S. 365 — 367. Die Absicht eine eigene Schrift gegen die Juden
zu schreiben (inst. VII, 1 extr.: sed erit nobis contra ludaeos separata
materia, in qua illos erroris et sceleris revincemus) scheint Lact, nicht aus-
geführt zu haben.
3. De opificio dei. Widmung (nicht vor J. 304): quam minime sim
quietus, etiam in summis necessitatibus (vgl. A. 1), ex hoc libello potens
existimare, quem ad te rudibus paene verbis, . . Demetriane, perscripsi,
Tkufpsl, Böm. Lltcraturgesohichto. 2. Aufl. 07
898 Die Kaiserzeit. Prittes Jahrhundert. Üiocletianus.
ut et qaotidianom Stadium meam nosceres et non deessem tibi, praeceptor
etiam nunc, sed honestioris rei meliorisque doctrinae (als früher in der
Beredtsamkeit)^ . . profiteor nulla me necessitate vel rei vel temporis im-
pediri qnominus aliquid excudam qno philosophi nostrae sectae quam
tuemur instructiorea doctioresque in poBterum fiant. . . tentabo . . corporis
et animi . . rationem explicare. Auch der somatische Theil wird eingehend
behandelt, nach Aristoteles und den Stoikern, teleologisch und theologisch.
Vergil und Lucretius werden öfters angeführt. Letzterer bek&mpft. Schluss
(c. 20): haec ad te, Demetriane, interim paucis et obscuriuB fortasse . .
peroravi; quibus contentus esse debebis, plura et meliora lectums si nobis
indulgentia caelitus venerit. tunc ego te ad verae philosophiae doctrinam
et planiuB et verius cohortabor. statu! enim quam multa potero litteris
tradere quae ad vitae beatae statum spectent^ et quidem contra philosophos.
. . incredibilis enim vis eloquentiae etc. Offenbar eine Hindeutong auf die
institutiones, welche hiernach vielleicht ursprünglich gleichfalls seinem
Schüler Demetrianus gewidmet waren ; vgl. A. 4. Ausgabe der Schrift cum
notis Des. Erasmi (Basil. 1629. Paris. 1629), Willichii (1642).
4. Lact, instit. I, 1 (p. 4, 4 Fr.): veritatis, cui asserendae atque
illustrandae septem volümina destinavimus. . . quae licet possit sine elo-
quentia defendi, . . tarnen claritate ac nitore sermonis (vgl. V, 2: omate
copioseque) illustranda . . est^ ut potentius in animos influat (p. 2 n. M.)-
si quidam prudentes . . institutiones civilis iuris compositas ediderunt,
. . quanto melius nos . . divinas institutiones litteris persequemur.
Vgl. de ira 2: herum imperitiam iam coarguimus in secundo divinarum
institutionum libro. . . quos ex parte iam refutavimus in quarto supra
dicti operis hbro. 11: docuimus in nostris institutionibus. 17: quibus
in sexto libro institutionum satis respondimus. Das erste Buch hat in den
IldsB. die Ueberschrift De falsa religione, B. II: de origine erroris; III: de
falsa sapientia; IV: de vera sapientia; V: de iustitia; VI: de vero cultu;
VII: de vita beata. Das Christenthum will Lact, erweisen als cum selam
religionem tum etiam et solam et veram sapientiam (V, 4 extr.); es ist
ihm die geoffenbarte veritas und iustitia. Seine Vorgänger Minucius Felix,
Tertullian und Cyprian nennt (z. B. V, 1) und benützt er. Sehr häufig
citiert er aber auch classische Schriftsteller, besonders den Cicero und
Vergil, nächstdem Lucretius und Ovid (Met. und Fasti), femer Ennius,
Plautus, Terenz, Lucilius, Horaz, Persius^ Varro, Sallust, Seneca u. A.
In einem Theile der Hdss. findet sich I, 1 eine ausführlichere Anrede an
Constantinus Imperator maximus, V, 1 nach den ersten Worten wenigstens
Constantine imperator maxime. Rührt diess überhaupt von Lact, her, so
kann es nur eine spätere Einschaltung (aus J. 318 — 328, Ebert S. 135 ff.)
in einer jenem Kaiser überreichten Abschrift sein. Die wirkliche Abfassung
fällt zwischen J. 307 u. 310; s. Ebert (A. 7) S. 127—131. Ein noch späterer
Zusatz (etwa aus J. 325) ist am Schlüsse von VII, 26.
5. Ausser den Institutiones selbst ist auch der Auszug daraus er-
halten. Eingang: quamquam divinarum institutionum libri quos iam pri-
dem ad illustrandam veritatem religionemque conscripsimus ita legentium
animos instruant ut nee prolixitas pariat fastidium nee oneret überlas
393. LactantiuB. ' 899
tarnen horum tibi epitomen fieri, Pentadi frater» desideras. . . faciam quod
posttdas, etsi difficile videtur ea quae aeptem mazimia volominibas expli-
cata sunt in unum conferre. Erste vallständige Ausgabe von C. M. PfafF
(Parib 1712), dann J. Davis (Gantabrig. 1718).
6. Hieron. comm. in ep. ad Ephes. 4, 26 (Opp. VII, %. p. 628 Vall.):
Firmianos noster De ira dei docto pariter et eloquehti sermone conscripsit.
Die Schrift bekämpft hauptsächlich die Epikureer. Vgl. c. 22: -haec habui
quae de ira dei dicerem, Donate carissime, ut scires quemadmodum refel-
leres eos qui deum faciunt immobilem, restat ut more Giceronis utamur
epilogo ad perorandum. . . illorum persuasionem revincamus qui sine ira
deum esse credentes dissolvunt omnem religionem. Als seine Quelle be-
hauptet er (c. 1) doctrinam dei, ohne diess aber je zu beweisen; vielmehr
beruhen alle Argumente auf eigener und fremder Reflexion. Die Abfassung
nach den instit. erhellt aus c. 2^ 11 und. 17 (s. A. 4).
7. Die Schrift de mortibus persecutorum (vom Ende 313 oder
Anfang des J. 314, Ebert S. 123 f.) ist durch eine einzige Hds. überliefert,
bibl. Colbert. 1297, und nach dieser zuerst herausgegeben (Paris 1679) von
Steph. Baluze (Miscell. n. p. 1 S. 347 ff.). Ueberschrift: Lucii Cecilii liber
ad Donatum confessorem de m. p. Anfang : audivit dominus otrationes tnas,
Donate carissime. . . ecce . . ecclesia rursum ezurgit. . . excitavit enim
deua principes (Gonstantin und Licinius) qui tyrannorum nefaria et cruenta
imperia resciderunt etc. c. 36: hoc edictum proponitur Nicomediae prid. Kai.
Maias (d. J. 311). tunc apertis carceribus, Donate carissime, . . liberatus es,
cum tibi carcer sex annis pro domicilio fuerit. 48 : Nicomediam ingressus . . die
id. Jun. (des J. 313) . . litteras proponi iussit. . . sie ab eversa ecclesia usque
ad restitutam fuerunt anni decem, menses plus minus quattuor. Die genaue
Eenntniss aller YorgSiige in Nikomedia, die Widmung an Donatus (vgl. A. 6),
die grosse Uebereinstimmung des Wortschatzes und häufige Gitate aus Yergil
(auch Horaz) machen nahezu gewiss dass die Schrift wirklich die von
Hieronym. (s. A. 2) de persecutione betitelte ist, L. Gaedlius (oder Gaelius) also
mit Recht von Hdss. unter den Namen des Lact. aufgefGLhrt wird. Die knappe
Darstellung des Schrifbchens, gegenüber der Redseligkeit der Institutionen,
erklärt sich aus der Verschiedenheit des Gegenstandes, der leidenschaftliche
Ton aus dem Siegesjubel nach langer unmittelbarer (xefahr und lange ver-
haltenem Grolle. Uebrigens hatte es schon inst. Y, 23 geheissen: quidquid
adversum nos mali principes moliuntur fied ipse (deus) permittit. et tamen
iniustissimi persecutores . . non se putent impune laturos. . . veniet, veniet
rabiosis ac voracibus lupis merces suä, qui iustas et simplices animas
nullis facinoribus admissis excruciaverunt. Davon ist die vorliegende Ten-
denzschrift (de mort.) die Ausführung. Die Bedenken von N. Le Nourry,
0. F. Fritzsche (ed. p. YIII— X) u. A. sind nicht triftig, obwohl Letzterer
richtig urteilt dass der Yerf. non historicum , sed suae partis patronum egit.
J. BurckharA, Gonstantin S. 46. 327—329. 337, A. 2. 338 f. 343 f. 349 (A. 1).
365, A. 1. 356. 366. 368, A. 0. Rothfuchs, qua historiae fide Lactantius usus
sit in libro de m. pers., Marburg 1862. 42 pp. 4. Hunziker in Büdingers
Untersuch, z. röm. Kaisergesch. I. S. 117 ff. und bes. A. Ebert, über den
Yerfasser des Buches de m. p., in den Berichten d. sächs. Ges. d. Wiss. 1870,
S. 115—138. Sonderausg. von F. Dübner, Paris 1868.
67*
900 Die Kaiserzeit. Drittes Jahrhundert. DiocletianüB.
8. Den Namen des Lact, tragt auch das Gedicht im elegischen Masse
(170 Verse) über den Vogel Phoenix. Es ist rhetorisch wortreich and
bewegt sich in der conventionellen mythologischen Phraseologie. Die letzten
zehn Verse sind in Ton und Technik abweichend. Vielleicht fehlt der
eigentliche Schluss. Das Gedicht findet sich in den meisten Ausgaben des
Lact., bei Wemsdorf poetae lat. min. IIL p. 298 — 322 (vgl. p. 283— 297), in
Webers corp. poeti latt. p. 1416 f., und besonders in AI. Biese's Anthol.
lat. Nr. 731. Sonderausgaben von A. Martini (Lüneburg 1825) und H. Leyser
(Quedlinburg 1839). Zweifelhafteren Ursprungs ist das Carmen de passione
domini (80 Hexameter). Die 55 Disticha de resurrectione domini gehören
vielmehr dem Venantius Fortunatus, die 100 aenigmata aber dem Sjmpho-
sius (s. unten 442).
9. Lact, spricht seine Bewunderung des Cicero sehr oft unbefangen
aus, z. B. de opif. 1 (vir ingenii singularis) und 20 (eloquentiae ipsius uni-
cnm exemplar). inst. I, 15 (non tantum perfectus orator sed etiam philo-
sophus). in, 13 (romanae linguae summus orator . . vir eloquentissimus).
VII , 1 (eximius orator). Nennt er doch sogar den Ovid einen -poeta non
insuavis (de ira 20). Noch war der Satz nicht erfunden dass alle Tu-
genden der NichtChristen nur maskierte Laster seien. Auch seine positive
Christlichkeit, so ehrlich und eifrig sie ist, hat keine Spur von dogmatischer
Klügelei und Starrheit. Behauptungen wie inst V, 3: non idcirco a nobis
deum creditum Christum quia mirabilia fecit, sed quia vidimus in eo facta
esse omnja quae nobis annuntiata sunt vaticinio prophetarum mussten
späterer Eetzerriecherei sehr unbefriedigend erscheinen. Schon Hieronymus
(s. A. 1 f.) und Sidonius (Ep. IV, 3; instruit ut Hieronymus, destruit ut
Lactantius, ädstruit ut Augustinus) erkannten diese schwache Seite des
Lact. Vgl. F. W. Ammon, Lact. opin. de relig. in syst, redig.. Erlangen
1820. Overlach, die Theologie des Lact., Schwerin 1858. 40 S. 4. Dor-
pater Zeitschr. f Theol. IV. Um so allgemeiner war die Anerkennung
seiner Latinität. J. A. Krebs, de stilo Lact., Halle 1706. 4. M. N. Kort-
holt, de Cicerone christiano Lactantio, Giessen 1711. 4.
10. Die Handschriften von Lact, (ausser mort. pers.) sind zahl-
reich, aber meist aus saec. XIV und XV und noch nicht methodisch ver-
verthet. Noch zahlreicher sind die Ausgaben seiner Werke. Besonders
erwähnenswerth sind: Ed. princeps Rom. 1465 fol. (das erste in Italien
gedruckte" Buch). Cum comm. X. Bet\ilei, Basil. 1563 fol. Studio M.
Thomasii, Antv. 1570. Cum comm. op. S. Gallaei, Lugd. B. 1660. Eec.
J. G. Walchius, Lips. 1715. Cum notis ed. C. A. Heumann, Grotting. 1736.
Bec. et notis ill. J. L. Bünemann, Lips. 1739. Ed. J. B. Le Brun et N.
Lenglet du Fresnoy, Paris 1748. 2 Voll. 4. Ed. Oberthür, Wflrzb. 1783.
2 Voll. In Gallandi Bibl. ''patr. IV. p. 229 ff. Bipontina 1786. 2 Voll.
Ed. 0. F. Fritzsche, Lips. 1842. 1844 (Gersdorfs bibl. patr. J, 1. 2). In
Migne's Patrol. curs. Tom. VI u. VII (Paris. 1844).
11. E. Ceillier, bist, gen^r. des auteurs s. et ecci. IH. p. 387 — 434. Le
Nourry, Apparatus ad bibl. patr. II. diss. IIL p. 571 ff. Walchs Diatribe
vor seiner Ausg. J. G. Geret, de Lact, eiusque theologia iudicia, Witten-
berg 1722. 4. f. Bertold, Prolegomena zu Lact., Metten 1861. 38 S. 4,
39.1 f. Lactantius. Reposianits u. a. Poetische. 901
394. Aus der Zeit vor dem amtlichen Siege des Christen-375
thums scheint eine Anzahl von Schriftwerken in gebundener
Form zu stammen welche sich mit Unbefangenheit oder gar
Heiterkeit auf dem Boden der alten Mythologie bewegen und
die überlieferten Formen meist mit Correctheit, öfters mit Künst-
lichkeit handhaben. Dahin gehört besonders des Reposianus
kleines Epos auf die Verbindung von Mars und Venus, die
Weihinschrift des T. Caesius Taurinus, die Distichen des Pen-
tadius, sowie stofflich die Rede des Achill beim Vernehmen der
Trompete des Diomedes, der Bri^f der Dido an Aeneas und der-
gleichen NachbUdungen von Originalen der classischen Zeit.
1. Üeber die Gedichte des Lactantius s. oben 393, 2; über die ihm
zugeschriebenen 393, 8. Ueber das Pervigilium Veneria oben 368, 6fiF.; über
Yespae iadicium oben 358, 10. Sprüche in gebundener Form (Cato) s. 24, 2.
2. Die 182 Hexameter des Reposianus de concubitu Martis et
Veneris bei Wemsdorf poetae latt. .min. IV. p. 319 — 346, in den lateinischen
Anthologien, zuletzt von Biese I. p. 170 — 176. Neben halbsentimentaler *
Naturbeschreibung (eines Waldes, v. 33 — 60) zeigt der Verfasser eine lüsterne
Phantasie und etwas frivole Grundsätze (140 ff. 178 ff.). Die Cäsuren und
Verschleif ungen sind normal, doch fällt auf 93 tuo einsilbig, 126 gratiosa
als paeon in (oder palimbacch. ?). Wemsdorf IV. p. 52 f. Burckhardt, Con-
stantin S. 169 f.
3. Von einem Modestinus ein Epigramm von 11 Hexametern auf den
schlafenden Amor, mit der Verschleifung myrti inter und den Hiaten Dido
et, Eyadne igne, zuletzt bei Riese anthol. lat. I. p. 183. vgl. p. X.
4. T. Caesius Taurinus widmet das Bild seines Vaters T. Caesius
Primus, welcher Fruchthändler oder curator annonae war, der Fortuna
quae tarpeio coleris vicina Tonan£i mit 23 Hexametern. Wemsdorf IV.
• p. 309—313. Meyer, Anthol. lat. 622 (vgl. I. p. 174).
5. Von Pentadius (vgl. oben 393, 5) enthält der cod. Salmasianus
sechs Gedichte im elegischen Masse, in Riese's Anthol. lat. 234 f. 266.
266 — 268 (I. p. 162 — 164. 181 f.). Die drei ersten etwas grösseren (de
fortuna, de adventu veris, auf Narcissus) sind alle echoici; s. oben 32, 9;
die drei andern sind Epigramme.
6. Von ungenanntem Verfasser und eine rhetorische Stilübung ist
das Schreiben der Dido an Aeneas ehe sie sich den Tod gibt, in 160 Hexa-
metern (wovon 6 Einleitung, deren Schluss: cui grata voluptas esse potest
modicum dignetur amare poetam), bei Wemsdorf IV. p. 439 — 461, vgl. p. 55 f.,
und zuletzt bei Riese anthol. I. p. 94—99. Stofflich nach Vergil, die Art
der Ausführung ovidisch. Der AufwancT an rhetorischen Figuren , Senten-
zen u. dgl. ist gross; zweimal wiederholt sich die Künstelei einer refrain-
artig behandelten Wendung: v. 42 — 82 neunmal, je nach 4 Versen, sua
taedia solus fallere nescit amor, v. 100 — 116 viermal cui digna rependes
si mihi dura paras? Häufigkeit der Alliteration. Aeussere Form tadellos
902 t)ie Kaisenseit. Viertes Jahrhundert.
(doch 132 quod als Länge). Glaubensbekenntniss 121 f.: esse deos natura
docet, non esse timendos rerum facta probant. '
7. Die wortreiche Bede des Achill in parthenone, cum tubam Dio-
medis audisset (89 Hexameter), ist gleichfalls eine rhetorische Schularbeit
(snasoria), nicht ohne prosodische und metrische Anstösse (v. 12, 47, 66,
70, 71, 72, 80). Man würde ihr zu viel Ehre erweisen wenn man sie
schon ins dritte Jahrhundert setzen wollte. Wemsdorf IV. p. 425 — 438
vgl. p. 54 f. Biese anthol. I. p. 136 — 139.
D. Viertes Jahrhundert n. Chr.
376 395. Dem vierten Jahrhundert prägen zwei Thatsacheii
seinen Charakter auf: der amtliche Sieg des Christenthums und
die Verlegung der Residenz nach Constantinopel. Schon unter
Diocietian hatte Rom aufgehört der Aufenthalt des Kaisers zu
sein; indem Constantin nunmehr dem neuen Geist eine neue
Stätte schuf wurde Rom sich selbst überlassen und bewahrte
nur um so länger seinen antik heidnischen Charakter. Der Sieg
des Christenthums enthält den Bruch mit der alten Welt, zu-
gleich aber die Rettung ihrer Cultur, da die siegreichen Bar-
baren, hätte nicht das Christenthum sie gezügelt, die abend-
ländische Civilisation erbarmungslos zertreten hätten. Damit dass
der Polytheismus aufhörte Staatsreligion zu sein war jedoch das
Christenthum noch nicht selbst Staatsreligion geworden; seine
Anhänger sind zwar, begünstigt, der Polytheismus wird zuerst
in seinen Auswüchsen, dann allmählich in seinen Lebensäusse-
ruugen bekämpft und verboten, in der Hauptsache aber herrscht
bis gegen das Ende des vierten Jahrhunderts Parität und Reli-
gionsfreiheit In die Minorität gedrängt umklammern die cha-
raktervolleren Anhänger des alten Glaubens desto .leidenschaft-
licher dessen Formen, wiewohl vergeblich, da der Polytheismus
längst in der Auflösung begriffen war und die äusseren Ver-
hältnisse sein Ende nur beschleunigten und mit dem Schimmer
des Martyriums umgaben. Dem Christenthum aber brachte sein
Sieg auch Gefahren. Manche Abweichungen und Gegensätze
in seiner Mitte, welche zur Zeit der gemeinsamen Verfolgung
unbemerkt geblieben waren, wurden jetzt der Anlass tiefgehender
Spaltungen und gegenseitiger Zerfleischung. Das treue Bekennt-
niss genügte nicht mehr; man forderte eine bestimmt vorge-
zeichnete Form desselben, und schon jetzt begann der Glaube
in Orthodoxie und äusserer Kirchlichkeit zu erstarren.' Das naive
Verhalten zur alten Bildung, wie es Minucius Felix und noch
395. Uebersicht. 903
Lactanz gehabt hatte, wich einer bewussten Abkehrung, und erst
nach dem völligen Erlöschen des Heidenthums fand sich allmählich
die Ausgleichung. In der Literatur hat das Christenthum jetzt die
Zeit seines Glanzes: die grossen Kirchenväter Ambrosius, Hiero-
nymus und zum Theil auch Augustinus gehören diesem Jahr-
hundert an. Aber auch das Heidenthum hat einen Synmiachus
aufzuweisen. Ueberhaupt fehlt es der Zeit nicht an Lehen, wohl
aber an Originalität. Greisenhaft wie sie ist zehrt sie an den
Erinnerungen aus der Vergangenheit. Die Rhetorik hat fort-
während das üeberge wicht und zählt viele Namen, aber wenige
von einigem Glänze. Sie beginnt ihren Einfluss auch auf die
Jurisprudenz zu erstrecken, welche darüber auch noch die frühere
Festigkeit und Sicherheit der Terminologie einbüsst. Die Gram-
matik tritt die alten Geleise aus und schreibt unverdrossen Vor-
gänger ab (Charisius, Diomedes). Die Geschichtschreibung hat
Epitomatoren an Aurelius Victor, Eutropius und Sex. Rufus und
nimmt einen höheren Flug nur in dem wackeren Ammianus
Marcellinus. Die Poesie wird als Zugabe der prosaischen Stilistik
behandelt, hat daher einen starken Schulgeschmack und bewegt
sich mit Vorliebe in allerhand Künsteleien, baut centones u. dgl.;
die zahlreichen christlichen Dichter, deren bedeutendster Prudentius
ist, leiden unter der Unvereinbarkeit der alten Form mit dem
neuen Inhalt, schlagen zum Theil aber auch, wie Damasus und
Ambrosius, den volksmässigen Weg des Reimes ein.
1. Hauptflchrift : J. Burckhardt, die Zeit Constantios des Grossen
(Basel 1853), bes. S. 157 ff. 248 ff. 346 ff. 487 ff. Auch vgl. Th. Mommsen,
Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1860, S. 69 — 72. 212 f. A. de Broglie,
l'eglise et Tempire romain au lY* si^cle; I: R^gne de Constantin, 2 Voll.
Paris 1856; II: Oonstance et Julien, 1859, 2 Voll. H. Richter, das west-
römische Reich, besonders unter den Kaisern Gratian, Yalentinian II und
Maximus (J. 375—388), Berlin 1865. S. 540 ff.
2. Constantin wirft sich, nach dem Tode seines Vaters Constantius
Chlorus (25 Juli 306), zum Regenten auf, wird von Galerius als zweiter
Caesar anerkannt, und wird, nach allmählicher Beseitigung des Severus,
Galerius, Maximinus Daza, Maxentius und Licinius, J. 323 alleiniger Herr-
scher des römischen Reiches; t Pfingsten 337. Seine Söhne Constantin II,
Constantius und Constans (Caesares schon seit 317, 323, 333) J. 337 — 361.
Der Sohn von Constantius I Bruder lulius Constantius, lulianus (geb. 331.
t 27 Juni 363; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV. S. 401 — 413. 415
—417), war Kaiser 361—363; sein Nachfolger loyianus (s. W. Teuffei a. a. 0.
S. 245—248) Juli 363— Febr. 364. Nach dessen Tod Theilung des Reichs
zwischen die Brüder Valentinianus I (geb. 321, J. 364 — 375 Kaiser des
1
904 Die Kaiscrzcit. Viertos Jahrhundert.
Westenä) und Valens (geb. 326; regiert den Osten 364 — 378; s. 0. Clcss
in Pauly's Beal-Enc. VI, 2. S. 2289—2307). Des Ersteren 'Nachfolger sein
Sohn'Gratianus (geb. 369) 876—388 (Cless a. a. 0. S. 2307 — 2314), dann
dessen Bruder (geb. 371) Valentinianus II J. 383 — 392 (Cless S. 2314 f.).
Im Osten war des Valens Nachfolger der westliche Kaiser Gratianus, der
aber (Jan. 379) die Regierung des Ostens dem Spanier Theodosius I (geb.
346) übertrug. Dieser regierte nach dem Tode Valentinians II J. 392—395
beide Reichshälfben (s. Cless a. a. 0. S. 1824—1837). Nach dessen Tode
(Jan. 395) abermalige Theilung des Reichs zwischen seine unfähigen Söhne
Arcadius (geb. 377, f ^^^)t ^^^ ^^^ Osten erhielt, und Honorius (geb. 384
t 423), dem der Westen zufiel, Anfangs unter der Vormundschaft des
Vandalen Stilicho.
3. Das Wanken aller Verhältnisse und immer gewaltigere Einströmen
barbarischer Horden erregt selbst auf Seiten der siegreichen Kirche das
Gefühl als ob die Tag^es Reichs gezählt wären. Hieronym. Ep. 60 (ad
Heliod.), 16: horret animus temporum nostrornm ruinas persequi. . . ro-
manus orbis ruit, et tamen cerviz nostra erecta non flectitur. Zum Ver-
hältniss zwischen der alten Bildung und dem Christeuthum vgl. ib. 22
(ad Eustoch.), 29 f.: quid facit cum psalterio Horatius? cum evangeliis
Maro? cum apostolo Cicero? cum ante annos plurimos . . lerosolymam
pergerem bybliotheca, quam mihi Romae summo studio ac labore confe-
ceram, carcre omnino non poteram. itaque . . lecturus Tullium ieiunabam.
post noctium crebras vigilias . . Plautus sumebatur in manus. si quando
. . prophetäs legere coepissem, sermo horrebat incultus. Da habe er eine
Vision gehabt als würde er vor Gericht geschleppt, gegeisselt und ihm
zugerufen: Ciceronianus es, non Christianus.
4. Für die thatsächliche Religionsfreiheit sind bezeichnend Zusammen-
stellungen wie bei Firmic. math. VIII, 24: sacerdotes, prophetas, aruspicee,
religiöses. Rhetorische Uebertreibung ist es wenn Mamertinus (grat. act.
23, 5) behauptet man habe unter den christlichen Kaisern nicht gewagt
zum Himmel zu blicken, ans Furcht in den Verdacht des Sonnencultus
(28, 6; vgl. unten 396, 6. 401, 4. Anthol. gr. III. p. 148 f. J. Anth.lat. 389 R.)
zu kommen. Andrerseits war Julians Regierung für die Christen mehr
eine Versuchung als eine Verfolgung. Vgl. Hieronym. ad a. 2378 «= 362:
luliano ad idolorum cultum converso blanda persecutio fuit, inliciens magi»
quam impellens ad sacrificandum. in qua multi ex nostris voluntate
propria corruerunt. Zu den Begriffen und Ausdrücken welche einen
gemeinsamen Boden für beide Religionen bildeten gehört besonders divi-
nitas, das sich bei beiden Firmicus findet, ebenso bei Mamertinus (gtat-
act. 7, 2 und 28, 4: pro sancta divinitas! vgl. ib. 15, 2. 32, 1) und Con-
stantins instinctu divinitatis (Orelli 1075). Symmach. ep. II, 53 (festa divi-
nitatis). VIU, 13. 71 f. IX, 12. X, 78. Noch Ap. Sidwi. (ep. III, 1. IV, 6)
und Salvianus (de gub. VI, 4. 15. 17. VII, 3. 9. 10 f. und sonst).
5. Aussagen des Symmachus. Epist. III, 11: trahit nos usus temporis
in argutias plansibilis sermonis. . . spectator veteris monetae solus supersum,
ceteros delenimenta aurium capiunt. . . te autem non paeniteat scriptorum
meorum ferre novitatem.
n
395 f. üebersicht. Constiintin u. seine Lobredner. 905
396. Dem Consta ntinus fehlte es nicht an Sinn für377
die Literatur, und er verfasste auch selbst Memoiren, von welchen
jedoch nur wenige Spuren erhalten sind. Sicher betrachtete
er aber die Literatur nur als Mittel für die Zwecke seiner Herr-
schaft, und er liess sich daher auch gern die Lobreden gefallen
die man ihm öffentlich hielt. Vier derselben sind auf uns ge-
kommen, darunter zwei von dem Rhetor Eumenius, eine von
Nazarius. Von den übrigen Rhetoren kennen wir zwei auch
als Schriftsteller über Rhetorik, Marcomannus und Titianus, beide
als Quellen des C. lulius Victor.
1. Ly^dns de magistr. II, 30: taig SiaXs^soi Kcovoravrivov , ceg avtog
olvL^ia (ptov^ YQcc'tf/ug anoXiXotnev. III, 33: Koavaxtxvrivog . . tag avtog 6
ßaoilevg iv toig iavtov Isysi ovyyQaftpLceatv. . . noXvg mv iv rj ncci- -
devcfi Xoyoav, Predigten des Const vor seinem Hof und sonstigen Zu-
hörern, Euseb. vita Const. IV, 29 — 33. Burckhardt, Constantin S. 400 f.
Victor Epit. 41, 14: nutrire artes bonas, praecipue studia litteramm; legere
ipse, scribere, meditari. Eutrop. X, 7 : civilibus artibus et studiis liberaLibus
deditus. Optatianus an Const.: eins imperatoris qui inter belli pacisque
virtutes . . etiam Musis tibi familiaribus adeo vacas ut . . huius etiam
studii in te micet splendor egregias. Eine Probe, von Constantins Kunst-
urteil unten 398, 1. Die in seinem Namen verfassten Erlasse haben den
seit Diocletian dafür aufgekommenen bombastischen Stil, welcher, der
übermenschlichen Stellung des Redenden entsprechend, den Ton himm-
lischer Offenbarungen affectiert. M. Voigt, drei epigraphische Constitutionen
Constantins d. Gr., Leipzig 1860. Ueber seinen Sohn Constantius sagt
Victor Caess. 42, 22: litterarum ad elegantiam prudens atque orandi genere
leni iucundoque, nach seinem Tode aber die Epit. 42, 18: facundiae cupidus;
quam cum assequi tarditate ingenii non posset alifs invidebat.
2. Gesetze Constantins vom J. 321, 326, 333 (Cod. Theodos. XIII, 3)
bestätigen den vom Staat angestellten Professoren und den Aerzten sammt
ihren Familien die Immunität bes. vom Decurionat und vom Kriegsdienst.
Er selbst schreibt an Optatianus: saeculo meo scribentes dicontesque non
aliter benignus auditus quam lenis aura prosequitur. denique etiam studiis
meritum a me testimonium non negatur. Vgl. Victor 1. 1. (A. 1).
«
3. Geschichtschreiber des Constantin: Eusebios' vita Constantini in
unredlicher, serviler Weise (Burckhardt, Const. S. 346 f. 374 f. 389 f. 398 f.
418); Praxagoras, Bemarchios, Eunapios, sämmtlich in griechischer Sprache.
4. Ueber des Eumenius zwei Reden vor Constantin s. oben 387, 8
(Nr. 3 u. 4).
5. Festrede auf die Vermählung Constantins mit Fausta, der Tochter
des Maximian, J. 307, gehalten zu Trier von einem ungenannten gallischen
Rhetor, Nr. V bei Jäger. Des Schwiegervaters wiedererwachtes Gelüste
nach der Herrschaft wird durch eine Prosopopoee (Anrede der Roma c. 1 1 :
906 Die Kaieerzeit. Viertes Jahrhundert Erste üälfte.
quousqae hoc, Maximiane, paiiar etc.) in ciceronischem Stile motiviert.
Anachronistisch heisst 13, 4 Agrippa Au^sts Schwiegersohn im actischen
Kriege. Vom Unglück 9, 1: qoae non Ulis (dis) volentibus, sed aut alior-
som adspicientibus aut fatali rerum cursu urgente videntur accidere. Vgl.
12, 3 vom Sol: deus ille cuius dona sunt quod vivimus et videmus. Biirck-
hardt, Constantin S. 353 f.
6. Panegyricus auf Constantin (VIII bei Jäger), gehalten zu Anfang
313, nach Constantins Bückkehr von seinem italienischen Feldzug, in Trier
durch einen NichtrÖmer (1, 2), welcher semper res a numine tuo gestas
praedicare solitüs est (1, 1). Der Feldzug wird verhältnissmässig einfach
erzählt, da die Thatsachen selbst laut genug' sprechen. Dass Const den-
selben contra haruspicum monita (2, 4) unternommen habe wäre später
wohl nicht mehr oder anders gesagt worden. Ueber das Verhältniss zur
folgenden Rede (IX) s. A. 7. Cicero heisst summus orator (19, 5), Vcrgil
magnus poeta (12, 3). Anspielung auf Vergilisches (quantae molis sit 24, 2)
und Horazisches (distentus 24, 2 vgl. Hör. S. II, 6, 40). Kühnere Wen-
dungen werden entschuldigt (ut sie dizerim 1, 6).
7. Hieronym. chron. ad a. Abr. 2340 «> 324 n. Chr.: Nazarius rhetor
insignis habetur. Vgl. ad a. 2352 «» 336: Nazarii rhetoris filia (nach Pon-
tacus: Eunomia) in eloquentia patri coaequatur. Auson. prof. Burdig.
14, 9: (gloria fandi) Nazario et claro quondam dflata Paterae (A. 8) egregie
multos excoluit iuvenes. Seinen Namen trägt ein panegyricus auf Con-
stantin vom J. 321. Es ist Constantins 15^*' Regierungsj^hr (2, 2) und
beatissimorum Caesarum quinquennia prima (1, 1. 2, 3. 38, 2). Der Caesar
Crispus hat schon kriegerische Leistungen hinter sich (c. 36 f.) und Con-
stantinus Caesar kann schon schreiben (37, 5). Der Kaiser selbst ist ab-
wesend (3, 1), wird aber nichtsdestoweniger fortwährend angeredet. Die
Eroberung Roms (J. 312) pridie (pridem?) prolixius mihi dicta sunt (30, 2).
Diess geschieht in der vorausgehenden Rede (s. A. 6); daher man auch
diese dem Naz. zugeschrieben hat. Doch ist die beiderseitige Eigenthüm-
lichkeit der Identification nicht günstig. Dieselbe Person heisst VTII Pom-
peianus, IX Ruricius. In VIII ist Historisches (bes. aus der röm. Ge-
schichte) häufig, EX selten. Der religiöse Standpunkt ist VIII vag deistisch
(13, 2. 26, 1), IX etwas mehr christlich geförbt (bes. 7, 3 vgl. auch c. 14).
Die Vorliebe des Naz. für Substantivbildungen (ratiocinator, auxiliator,
discriminatrix, concitatrix, incitatrix, omatrix, interpolatrix ; molitio, de-
pulsio , deiectio , . adeptio , insultatio, exsultatio), Comparativwendungen
(benignius quam securius u. dgl. 2, 6. 1, 3. 3, 4. 25, 3. 26, 1. 27, 4. 28, 5
u. sonst) und poetische Ausdrücke (securus sui, aevi immatums, immodicus
animi; dies conditur; praecipitante die, relaxaverat acies; caeci eventus,
cruda hieme u. dgl.) theilt VIII nicht; die Nachstellung von quippe, VIII
nur in einer aus I (5, 3) entlehnten Stelle (9, 5), ist in IX häufig (1, 2.
3, 6. 8, 2. 9, 4. 32, 8); dagegen kommt sed enim (vero) in IX nicht vor,
wohl aber VIII (8, 1. 20, 4); ebenso et quidem, alioquizi, der Inf. in der
Ausrufung (2, 2). VIII hat eine ebenso grosse Vorliebe für daktylischen
Satzschluss (z. B. c. 3, 5 und 10) wie IX für bakchischen, ionischen und
trochäischen (z. B. c. 12).
396. Nazariua u. a. RhetoreD. ^ 907
8. Hieronym. ad a. 2352 == 336 n. Chr.: Patera rhetor Romac glorio-
sifisime docet. Epist. 120 (ad Hedybiam), 1 (Opp. I. p. 818 Yall.) : maiores
tui Patera atque Delphidius, quorum alter antequam ego nascerer rhe-
toricam Bomae docuit, alter me iam adolescentulo omnes Gallias prosa
versuque suo illustravit ingenio. Ihm gewidmet ist Aason. prof. Burdig. 4
mit der Inschrift: Attius Patera pater, rhetor, worin z. B. Patera, fandi
nobilis (2), . . iuvenisque te vidi senem (4), doctor potentum rhetorum (6).
tu BaJocassis etirpe Druidarmn satus . . Beleni sacratnm ducis e templo
genuB (7. 9). fratri patriqne nomen a Phoebo datum (Phoebicius, s. ib.
10, 17 ff.) natoque de Delphis tuo (13 f.). Der Sohn, Attius Tiro Del-
phi dius, wird besungen ib. 5, worin z. B.: facunde, docte, lingua et in-
genio celer, iocis amoene Delphidi, frühzeitig poeta nobilis. puer cele-
brasti lovem. mox inde . . epos ligasti metricum. Dann als Redner be-
rühmt (vgl. Ammian. XVIII, 1, 4 vom J. 359: Numerium Narbonensis
paulo ante rectorem accusatum ut furem . . Delphidius orator acerrimus
vehementer impognans etc.) habe er sich durch den Ehrgeiz in die poli-
tische Laufbahn drängen lassen, die ihm aber beinahe Verderben gebracht
hätte, mox inde rhetor, nee docendi pertinax, . . medio . . aevi raptus es.
Seine Wittwe Euchrotia und Tochter Procula schlössen sich an Priscillianus
an; s. Sulpic. Sev. chron. II, 48, 2 f. 51, 3. J. -Scaliger lect. auson. I, 10.
Vgl. unten 410, 3.
9. Hieronym. ad a. 2352 ^=.336 n. Chr.: Tiberianus vir disertus
praefectus praetorio Grallias regit. Wohl derselbe Tib. welcher J. 326 comes
per Africam (Cod. Theod. XII, 5, 1), J. 332 comes Hispaniarum (Cod. lust.
VI, 1, 6) und 336 vicarius Hispaniarum war (Cod. Theod. III, 6, 6). Ein
anderer unten 397, 2. vgl. 388, 7. Hexameter eines Tiberianus bei Serv. Aen. VI,
136; vgl. ib. 532: Tiberianus inducit epistolam vento allatam ab antipodibus,
quae habet: Superi inferis salutem. Tiberianus in Prometheo ait, bei
Fulgent. mythol. HI, 7 (p. 120 M.) vgl. I, 26 (p. 62); Vergil. contin.
p. 154 M. (ut T.in libro de Söcrate memorat). Fulgent. expos. serm. s. v.
sudum (p. 183 M.): Tiberianus: aureos subducit ignes sudus ora Lucifer.
Versus Piatonis a quodam Tiberiano (Var. ad quendam Tib.) de graeco in
latinum translati in Haupts Ausg. von Ovids Halieut. p. 65 f. (vgl. p. XXVI)
und Riese's Anthol. lat. 490 (vgl. ib. IL p. X, not. 5). Qnicherat, Bibl. de
r^cole des chartes IV. p. 267 ff. Es sind 32 correcte Hexameter, eine
Anrufung des omnipotens, der mit pantheistischer Färbung y. 21 f. ange-
redet wird: tu genus omne deum, tu rerum causa vigorqne, tu natura
omnis, deus innumerabilis unus. . Vgl. M. Zink, Fulgentius S. 69 f.
10. Rhetores latt. min. ed. Halm p. 371: C. lulii Victoris ars rhe-
torica Hermagorae, Ciceronis, Quintiliani, Aquili, Marcomanni, Titiani (so
Mai und Bergk; der cod. hat Taciani). In Marcomannus tritt erstmals
ein deutscher Name in die römische Literatur ein.
11. Hieron. chron. ad a. 2361 «» 345 n. Chr.: Titianus,, vir eloquens,
praefecturam praet. apud Gallias administrat. Er ist wohl der Cos. des
J. 337 TL Fabius Titianus; s. A. Haakh in Pauly's Real-Enc. VI, 2.
S. 2007, Nr. 9. Ein anderer ist wohl der Titianus magister welcher als
Lehrer eines Kaisers compluria omamenta erhielt und zuletzt municipalem
908 I^ie Kaiserzcit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
scholani apud VisoDtionem Lugdunumque variando non aetate quidem, scd
vilitate consenuit, AnsOD. grat. act. p. 290 Bip. Vgl. noch A. 10 u. oben 375, 10.
12. Exuperius aus Burdigala, Bhetor zu Tolosa und zu Narbo, Er-
zieher der Prinzen Delmatius und Hannibalianus, welche J. 335 Cäsaren
wurden und ihm honorem praesidis Hispanumque tribunal verschafften,
Auson. prof. Burdig. 17.
378 397. Zu Anfang des Jahrhunderts wurde der von Trebellius
PoUio aufgegebene geschichtliche Plan zu Ende geführt durch
Flavius Vopiscus aus Syrakus. Ihm werden zugeschrieben die
Biographien von' Aurelianus, Tacitus und Florianus, der vier
Usurpatoren Firmus, Saturninus^ Proculus und Bonosus, von Probus,
Garus und seinen Söhnen. Dem Constantin gewidmet sind die
den Namen des Aelius Lampridius tragenden Biographien des
Elagabal und Alexander, femer die dem lulius Capitolinus zu-
geschriebenen der beiden Maximine, der drei Gordiane sowie des
Maximus und Balbinus. Während die früheren einfache Excerpte
aus Marius Maximus sind, scheinen diese späteren, von Severus
an, aus einer Mehrheit von Quellen compiliert zu sein.
1. üeber die scriptores historiae angustae überhaupt 8. ol^Bn 388, 1 ff.
2. Yopisc. Aurelian. 1: Hilaribus . . impletis . . vehiculo suo me . .
praef. urbis (J. 303, s. Richter, Rhein. Mus. VlI. S. 18 f.) . . lunius Tiberianus
accepit. Auf dessen Aufforderung bearbeitete Vopiscus das Leben des
Aurelianus: parui Tiberiani praeceptis, accepi libros graecos, . . ex quibus
oa . . in unum libellum contuli, nach^Diocletians Abdankung (vgl. 44, 2 f.),
als Constantius Imperator war (44, 5). Die Darstellung ist breit; viel
unverarbeitetes MateriaL Später die vita Taciti atque Floriani (Tac. 16, 5).
nunc nobis adgrediondus est Probus. . . haec ego in aliorum vita de
Probo credidi^praelibanda, ne . . Probe indicto deperirem (ib. 16, 6 f.).
Dann die des Probus. Prob. 1, 6: non patiar ego ille a quo dudum solus
Aurelianus est ezpeditus, . . Tacito Florianoque iam scriptis non me ad
Probi facta conscendere, si vita suppetet omnes qui supersunt usque ad
Maximianum Diocletianumque dicturus. neque ego nunc facultatem elo-
quentiamque poUiceor, sed res gestas. 2, 7: mihi quidem id animi fiiit
• ut non Sallustios . . atque omnes disertissimos imitarer viros in vita prin-
cipum et temporibus disserendis, sed Marium Maximum . . ceterosque qui
haec et talia non tarn diserte quam vere memoriae tradiderunt. 24, 6 ff.:
haec sunt quae de Probo cognovimus. . . nunc in alio libro . . de Firmo
et Satumino et Bonoso et Proculo (die quadriga tyrannorum) dicemus.
. . post inde .. . Carum incipiemus propagare cum liberis. ßonos. 15, 10:
supersunt mihi Carus, Carinus et Numerianus, nam Diocletianus et qui
sequuntur stilo maiore dicendi sunt. Car. 18, 3: post quos Diocletiannm
et Maximianum principes dii dederunt, iungentes talibus viris Galerium
atque Gonstantium. Deren Leben sei schon von Claudius Eusthenius (oben
397. VopiscuB. Lampridius. 909
388, 9) beschrieben, quod idcirco dixi ne quis a me rem tantam requi-
reret. Der ProbuB ist einem Celsinas gewidmet, die quadriga tyr. einem •
Bassus (vgl. unten 398, 2). Firm. 2, 1: scis, mi Basee, quanta nobis con-
tentio proxime fuerit cum amatore historiarum M. Fonteio, . . contra ego
mecumque Bufus Celans et Ceionius lulianns et Fabius Sosianus conten-
derent etc. Andere Zeitgenossen der Gos. Furius Placidus (Aurel. 15, 4)
und lunius Messala (Car. 20, 4). Des Yopiscus Grossvater (Sat. 9, 4. Bon.
15, 4. Car. 13, 3. 14, 1) und Vater (Aurel. 43, 2) hatten eine angesehene
Stellung. Yop. selbst lebte* zu Bom als Anhänger der alten Religion, deren
Superstition er theilte (Aurel. 21, 4; doch mendacia haruspicum, Tac. 15,
4.) Auch an die Wunder des ApoUonius von Tyana glaubt er und ver-
spricht (Aurel. 24, 9), si vita suppetit, . . breviter saltem tanta viri facta
in litteras mittam. Bei jeder Gelegenheit liebt Vop. seine Kenntnisse aus-
zukramen. Benützung von Urkunden. Bei Verschiedenheit der Quellen-
angaben gewöhnlich in medio relinquere, z. B. Aurel. 16, 2 f. Prob. 3, 3.
Car. .4, 1 ff. Vgl. F. Richter, Rhein. Mus. VII. S. 17 — 20. H. Peter, hist.
crit p. 10—13.
3. Clod. Albin, (nach BP lulii Capitolini) 4, 2: quae familia hodie
quoque, Constantine maxime, nobilissima est. Maximini II (nach BP gleich-
falls von lul. Cap.) 1, 1 : ne fastidiosum esset clementiae tuae, Const. max.,
singuloB quosque principes . . per libros singulos legere, adhibui mode-
rationem. Ebenso Gordiani III (lul. Cap. nur nach ed. princ.) 1, 1: fuerat
quidem consilium, venerabilis Auguste, ut singulos quosque imperatores . .
libris singulis ad tnam clementiam destinarem. . . sed inprobum visum
est etc. Vgl. ib. 34, 6: quae omnia, Constantine uüäxime, idcirco sum per-
secutus ne quid tuae cognitioni deesset. Geta (nach ed. pr. von Spartian,
vgl. A. 4) 1, 1 : scio, Constantine Aug., et multos et clementiam tuam quae-
stionem posse m(tVere cur etiam Geta Antoninus a me tradatur. Heliogab.
(nach BF Aeli Lampridii) 2, 4: Antoninorum nomen, quod tu, Constantine
sacratissimc, ita veneraris ut etc. 34, 1: mirum fortasse cuipiam videatur,
Constantine venerabilis, quod etc. c. 35 (vgl. A. 4). Alexänd. (Aeli Lampridii
nach BP) 65, 1: soles quaerere, Constantine maxime, quid sit quod etc.
4. Dem Lampridius werden durch die Hdschrr. zugetheilt ausser
Elagabal und Alexander auch Commodus und Diadumenus. Letzterer wird
am Schluss« des Elagabal versprochen. Die Ueberein Stimmung in den
Eigenthümlichkeiten der Darstellung macht wahrscheinlich dass auch Per-
tinax und Geta von demselben Verfasser sind (E. Brooks p. 32 — 39). He-
liog. 35: cuius vitam me invitum et retractantem ex Graecis Latinisque
collectam scribere ac tibi offerre voluisti, cum iam aliorum ante tulerimus.
scribere autem ordiar qui post sequentur. quorum Alexander optimus et
cum cura dicendus est, . . Aurelianus praecipuus et . . auctor tui generis
Claudius, de quo vereor ad clementiam tuam scribens vera dicere, ne
malevolis adulator .videar esse. . . his iungendi sunt Diocletianus . . et
Maximianus . . ceterique ad pietatem tuam. te vero, Auguste venerabilis,
multis paginis isdemque disertioribus illi proseqnentur quibus id felicior
natura detulerit. his addendi sunt Licinius, Severus atque Maxentius, quo-
rum omniüm ins in dicionem tuam venit (J. 323), sed ita ut nibil eorum
910 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert Erste Hälfte.
virtuti derogetur. non enim ego id faciam qnod pleriqne. scriptores solent,
ut de üs detraham qui victi sunt. Auch sonst zeigt Lampr. moralisches
und patriotisches GefQhl ; s. Heliog. 1, 1 f. 34, 1 f. Alex. 1. 2. Jene weiter-
gehenden Absichten kamen wahrscheinlich nicht vollständig zur Ausführung
(Alex. 64, 2: Aurelianum et deinceps. de quibus, si Tita suppeditaverit,
ea quae comperta fnerint publicabimus) ; jedenfalls sind die späteren vitae
nicht erhalten.
6. Durch die Hdss. dem Capitolinus zugeschrieben wird die vita
der Maximini, sowie durch die ed. pr. die darauffolgenden der Gordiani,
des Maximus und Balbinus. Die Behandlung und Darstellung ist in allen
dreien wesentlich die gleiche (Brooks p. 1 — 14): die selbstgeföJlige Polemik
gegen Vorgänger (bes. Cordus), das Interesse für Literarhistorisches, die
Benützung auch griechischer Quellen, das Streben nach rhetorischem An-
strich (bes. Anaphora). Die sachlichen Abweichungen zwischen den Maxi-
mini und den beiden andern yitae (B. Schulz, Berl. Zeitschr. f. Gymn. XIX.
1865. S. 932 — 937) erklären sich aus dem Befolgen verschiedener Quellen.
Ueber das Verhältniss zu Herodian s. Brooks p. 46—69. Brooks (p. 14 — 21)
vindiciert auch die vitae des Clodius Albinus, Opilius Macrinns und Alexander
dem Capitolinus, gibt dabei aber zu dass dieselben non plane eodem
tumido stilo conscriptae seien wie die der Maximini u. s. w. üeber diese
und andere den Namen des Cap. tragende vitae s. oben 388, 4. Zur Cha-
rakteristik des Cap. vgl. Gordian. 21, 3 f.: haec de Gordiano iun. digna
memoratus comperimus; non enim nobis talia dicenda sunt quae lunius
Cordus ridicule ac stulte composuit (oben 377, 7). . . quorum etiam scientia
null! rei prodest, si quidem ea debeant in historia poni ab historiographis
quae aut ingienda sint aut sequenda. Max. et Balb. 4, 5: placet aliqua
dici de moribus atque genere, non eo modo quo lunius Cordus est perse-
cutns omnia, sed illo quo Suetonius Tranquillus et Vaferius MarceUinivs.
Maximin. 29, 6 (vgl.- 28, 10): ne qui^ praetermissum esse videatur; 33, 4:
ne quis me hoc nescisse credejet.
6. Capitol. Max. II. 1, 2: servavi hunc ordinem quem pietas tna
(Constantin) etiam ab Tatio Cyrillo clariss. viro, qui graeca in latinum
vertit, servari voluit.
7. Ueber die Memoiren Constantins und seine Geschieh tschi^eiber s.
396, 1. 3; über die Welt- und die Stadtchronik aus dem J. 334 s. unten 407.
379 398. In gebundener Form schrieben unter Constantin
Optatianus und luvencus. Publilius Porfirius Optatian^us er-
wirkte sich durch ein Lobgedicht auf Constantin von aberwitziger
Eünstlichkeit Rückberufung aus der Verbannung und die Huld
des Kaisers. Der spanische Presbyter C. Vettius Aquilius luvencus
aber verfasste Bearbeitungen der alt- und neu -testamentlichen
Geschichte im epischen Versmass und in der Phraseologie der
. römischen Epiker, besonders des Vergil, jedoch in einer sehr
sehwankenden Prosodie.
'397 f. CapitolinuB. Optatianus. ' 911
1. Hieron. ad a. Abr. 2345 » Const. 23 = 329 n. Chr.: Porfirius misso
ad Confitantinuin insigni volumine exilio liberatur. Dieses volumen ist er-
halten nebst dem Belobnngsschreiben Constantins und der Danksagung des
Optatianus für die gnädige Aufnahme. Aus Constantin^s Schreiben: si tantum
pondus et gravitas spectarentur in carmine, et gjraeca post chium maeo-
niumque yatem et latina post rusticum mantuanum eloquentia siluisseti . .
frater carissime. . . gratum mihi est studiomm tuorum facilitatem in illud
exisse ut in papgendis versibns, dum antiqua servaret, etiam nova nova Ijra
conderet. vix hoc custoditum pluribus fuit, qui modis quibusdam arctis
innexi litterarum, distinctionibus versuum — qui ita medium corpus pro-
positi occulte permeant ut oculorum sensus interstincta colorum pigmenta
delectent — hoc tenuere propositum ut etc. . . gratum igitur hoc mihi
dicationis tuae munus fuit. exercitatio mentis et naturae facilitas compro-
bata est. Optatianus dankt dann Domino Constantino maximo, pio, invicto
et venerabili, semper aususto dass er Carmen quod artioribus Musarum
ligaveram vinculis sogar gelesen habe. Zweifelhaft ist ob er mit dem
Stadtpräfect Ton Rom dieses Namens in den J. 329 u. 333 identisch ist.
Vgl. TiUemont, bist, des emp. IV. Constantin, art. LXI, und notes sur
Const. LH.
2. J. Burckhardtf^Constantin S. 314 f.: „Das unerreichte hat iil diesen
zum Theil erstaunlich schwierigen Spielereien Publilius Optatianus Porfirius
geleistet. Er war aus irgend einem Grunde in die Verbannung geschickt
worden und legte es nun darauf an durch ganz verzweifelte poetische
Luftsprünge sich bei Const. wieder zu Gnaden zu bringen, was ihm auch
gelang. Es sind 26 Stück Gedichte, meistens in 20-— 40 Hexametern, jeder
von gleich viel Buchstaben, so dass jedes Gedicht wie ein Quadrat aus-
sieht. Eine Anzahl Buchstaben aber welche, durch rothe Farbe erkennbar,
zusammen irgend eine Figur (z. B. das Monogramm XP) vorstellen, bilden,
zusammengelesen, wieder besondere Sprüche. Die Marter die der Leser
empfindet lässt auf die des Dichters schliessen. . . Am Ende folgen vier
Hexameter deren Worte man auf 18 verschiedene Weisen durcheinander
mischen kann, so dass inmier wieder eine Art von Metrum und Sinn heraus-
kommt." Vgl. L. Müller de re metr. p. 466—470. Solche durch die roth-
geschriebenen Buchstaben entstehende Sätze sind: Publilius Optatianus
Porfirius haec lusi; omne genus metri tibi pangens, optime Basse; orbem
totum pacavit trucidatis tyrannis; sit victoria comes Aug. et natis eius;
Constantine maxime imperator et invicte . . omnia magnus. Ein Theil
bildet auch Akrosticha, wie: omnipotens genitor, tuque o divisio mixta,
filius atque pater et sanctus spiritus unum, faveas votis. Für jedes Stück
liegt eine Gebrauchsanweisung des Verf. bei. Das erste Gedicht lässt die
Thalia in Traue?ranzug erscheinen: cum dederit Clemens veniam natumque
laremque reddiderit, comptis ibis et ipsa comis.
3. Ausgaben in P. Pithoei poemata vett., Paris. 1590. Lugd. 1596.
Publ. Opt. Porf. panegyricuB dictus Constantino Aug. ex codice mpto Paulli
Velseri, Augsburg 1595, fol. und in Marci Velseri opera (Nürnberg 1682
fol.) als unpaginierter Anhang. Drei Proben, die Gedichte welche eine ara
pythia, eine syrinx und eine Orgel (organon) darstellen, mit Einl.-u. Comm.
912 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
bei Wemsdorf, poetae latt. min. 11. p. S66 — 413. F. Liceti encyclop. ad
Syriogam Porphyrü, Padaa 1635. 4. Die versus anacyclid auch im cod.
Salmasianus (Riese's anthol. lat I. p. 92 f.). Mit anderen in Meyer's anth.
lat nr. 236—240. Migne's Patrolog. XIX. p. 391 ff. Angekflndigt eine Ausg.
von Luc. Müller (Bibl. Teubner.).
4. Hieron. ad a. Abr. 2346 » Const 23 » 329 n. Chr.: luvencus
presbyter natione Hispanus evangelia heroicis versibus explicat. VgL Epist.
70, 6 (I. p. 430 Vall.) und De vir. ill. 84: luvencus, nobilissimi generis
Hispanus presbyter, quattuor evangelia hexametris versibus paene ad ver-
bum transferens quattuor libros composuit et nonnulla eodem metro ad
sacramentorum ordinem pertinentia. floruit sub Constantino principe. Vgl.
luvenc. bist. ev. IV, 808 f.
6. Schriften des luvencus. 1) Historia evangelica in vier Büchern,
hauptsächlich nach Matthäus. Die Evangelien sind in einer lateinischen
Uebersetzung benützt. 2) Historia veteris testamenti. Ein cod. Lorscheusis
scti Nazarii enthielt nach einem Verzeichniss saec. XI: Cypriani (vielmehr
luvenci) metrum super Heptateuchum , libros regum, Esther, ludith et
Macchabaeorum. Lange wareu aber nur etwa 350 Hexameter über die
Genesift bekannt, welche dann Martene (Collectio vett. scriptt. 1724; Gallandi
Bibl. patr. IV. p. 587 if.) aus einem sehr alten (angeblich saec. VII) codex
Corbeiensis (=» Sangermanensia 841 in Paris) um ungefähr 1200 vermehrte.
Am Schlüsse (von luvenci Historia. Genesis) : Incipit Exodus, welcher Theil
aber fehlt. Weitere 3266 Verse hat aus drei Hdss. (Cantabrigiensis und
zwei Laudunenses, aus Laon), welche aber aus derselben Urhandschrift
stammen (Pitra p. XXXVII f.), veröffentlicht J. B. Pitra, Spicilegium Soles-
mense I (Paris 1852) p. 171—258 (vgl. p. XXXV— XLV), nämlich a)^ 54
weitere Hexameter zur Genesis; b) metrische Bearbeitung der Exodus,
V. 55 — 1392 (1388); c) Proben aus der (in den Hdss. vollständigen) Be-
arbeitung von Leviticus, Numeri und Deuterouomium p. 224—258. d) Buch
Josua, 586 Hexameter, p. 208—223. Das Lied des Moses (Deuteron. 32) ist
in phaläkischen Hendekasy Ilaben gehalten (p. 253 — 258). Auch das Buch
, der Richter und die der Könige waren, wie es scheint, mitbehandelt. Vgl.
oben 21, 3.
6. Ueber die Quantität der Vocale verräth luvencus sehr unsichere
Vorstellungen. Er gebraucht den Diphthongen ae (unter Vermittlung der
Schreibung e?) häu6g kurz (z. B. in den Hexameterausgängen Aegypti,
praesentat, aetemae, maerente), ebenso ämissae, protinus u. dgl.; dagegen
kurze Vocale als lang, nicht blOs in der Cäsur, wie das a des neutrum, us
der zweiten Declination , ferner läborum , läticibus , cnpitum , fugacem,
futurum u. dgl. Besonders im Anfang und am Schlüsse des Verses sind
solche Incorrectheiten häufig. Archaistische Formen (wie mage, dicier,
miscerier, faxunt, cleptat, lampada) werden nach Versbedürfniss angewandt
In den Hendekasyllaben steht statt des ersten Trochäus häufig ein lambus.
Andere Proben: cuius gloriäe convenft honores (1080); cui semper valid&
vigent inventa (1083); illos bestiae mordicus vorabunt (1159); quam dum
stelligerä per astra tollo (1183); quem cunctus populüs, aug^li laudant (1190);
parcit BubditTs et pios reservat (1194).
398 f. luvencns. Fragmenta yaticana. 913
7. Eine yoUständige Ausgabe des luv. gibt es noch nicht. Von den
älteren sind etwa zu erwähnen: ed. princeps, Daventriae um 1490. 4. Stu-
dio Th. Poelmanni, Basil. 1551. Cum notis ed. Krh. Keasch, Frankf. 1710.
Ad Taticanos codd. rec. F. Arevalus, Rom. 1792. In Migne's Patrolog. XIX.
0. Korn, die Handschriften der bist, evang. des luv. in Danzig, Born und
Wolfenbüttel; ein Beitrag zur Kritik des luv., Danzig 1870. 4. (Leipzig,
Teubner). — A. B. Gebser, de C. Yett Aq. luy. yita et scriptis, Jena 1827.
8. Bemerkens werthe althochdeutsche Glossen zu luy. bist, evang. bei
Pitra 1. 1. p. 269—261.
9. Aus Julian*s Zeit vielleicht Claudii hymnus auf Luna »■ Isis s» Inno
» Cybebe, AnthoL lat 723 B.
399. Die Jurisprudenz zeigt in der constantinischensso
Zeit noch einiges Leben^ beth'ätigt sich aber ausschliesslich im
Sammehi und Epitomieren. Ihr gehören die beiden letzten Ju-
risten an von welchen sich in den Digesten Excerpte finden^
Aurelius Arcadius Charisius, Verfasser von juristischen Mono-
graphien^ und Hermogenianus, der Urheber des codex Hermo-
genianus und eines Auszuges aus dem Juristenrecht (epitomae
iuris). Ebenso ist noch bei Constantins Lebzeiten verfasst
die Sammlung von Rechtsquellen welche Fragmenta vati-
cana genannt zu werden pflegt. Sie war wohl eine Privat-
arbeit von gleichem Inhalte wie die später von Justinian ange-
ordnete, gibt aber die benützten Quellen mit grösserer Treue
wieder als die justinianische und war daher vielleicht noch um-
fangreicher als diese; sicher indessen ist sie mit weniger Sach-
kenntnisse Sorgfalt und praktischem Geschick angelegt. Sie
umfasste sowohl kaiserliche Constitutionen als Auszüge aus den
Schriften älterer Rechtsgelelirten; insbesondere des Ulpian sowie
des Paulus und Papinianus. Von dem ursprünglichen Ganzen
ist uns nur ' ein -kleiner Theil durch ein Palimpsest in der Vati-
cana erhalten, und auch dieser nur theilweise vollständig.
1. Im Leben bethätigt sich die Bechtekenntniss einzig in dem Berufe
des Anwalts und fdllt mit der Beredtsamkeit zusammen. Bei dem Astro-
logen und ehemaligen Anwalt Firmicus werden unter den zahlreichen Be-
rufsarten die er erw&hnt Bechtsgelehrte niemals genannt, wohl aber z. B.
VIII, 27 g. E. : advocati optimi et regum amici ac praecipni oratores. Auch
im kaiserlichen Cabinet sind nach ihm nicht sowohl Juristen verwendet als
Stilisten; vgl. z. B. VIU, %1\ regum interpretes vel magistros, scribas quo-
que et sacrarum (kaiserliche) litterarum officia tractantes. SO: litterar um
officia tractantes, regibus notos et eorum scribas. Vgl. Mamertin. grat.
act. 20, 1: iuris civilis scientia, quae Manlios, Scaevolas, Servios in amplis-
simum gradum dignitatis evexerat, libertinorum artificium diccbatnr (von
TsvvFBii. Bona. Literftturgegohichte. 8. Aufl, 58
914 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
den Vornehmen des byzantinischen Hofes). Dagegen von Julian qui in
oratoria facultate, qui in scientia iuris civilis excellit ultro ad familiaritatem
vocatur (ib« 25, 3). Ammian. XXX, 4, 11 f. (J. 374): secundnm est genus eorum
qui iuris professi seien tiam, . . nt altius videantur iura callere, Trebatium
loquuntur et Cascellium etc. ib. 16 f. (von den B^chtsan walten): e qui-
bus ita'sunt rüdes nonnulli ut numquam se Codices habuisse meminerint.
et si in circulo doctorum auctoris veteris inciderit nomen, piscis aut edulii
peregrinum esse vocabulum arbitrantur.
2. Dig. I, 11, 1: Aurelius Arcadius Charisius, magister libellorum,
libro singulari de officio praefecti praet. (worin • er die Verordnung Con-
stantins vom J. 331 über dessen Competenz bereits kannte). Darauf be-
zieht sich AvQi^lUog 6 vofunog bei Lyd. de magistr. I, 14. Dig. L, 4, 18:
Arcadius Charisius libro singulari de muneribus civilibus. Ausserdem vier
Fragmente aus seinem liber sing, de testibus, Dig. XXII, 5, 1. 21. 25. (Are.
qui et Charisius)." XLVIII, 18, 10. Chr. Rau, de Aur. Are. Ch. vetere icto,
Lips.. 1773. 4.
3. ' lieber Hermogenianua und den Codex Hermog. s. oben 389, 3 f.
4. Das Palimpsest der Fragm. vat. stammt aus dem Kloster Bobio (bei
Piaccnza), von wo der erste Theil (sechs Blätter, ursprünglich beschrieben mit
Theilen des cod. Theod., dann mit Cassian. coli. 3 u. 4) nach Turin kam, der
viel grössere zweite aber (100 Blätter, wovon 57 mit Cassian. coli. 4 — 10
überschrieben) nach Rom in die Vaticana (Nr. 576C). Von den 57 doppelt
beschriebenen Blättern dieses cod. vat. gehören 33 zu obigem Sammelwerke,
22 zum cod. Theod., 2 zur lex rom. Burgundionum. Die ursprüngliche
Schrift ist dieselbe wie im veroneser Gaius (oben 357, 5) und in den Dig.
florentina, wahrscheinlich aus Ende von saec. IV oder Anfang von V. Die
ursprünglichen Quatemionen wurden (wahrsch. saec. VIII) für das Neu-
beschreiben der Länge nach so zerschnitten dass aus zwei zusammenge-
hörigen Blättern drei neue wurden. Verloren gegangen ist von dieser
Handschrift des Cassian (s. unten 450) der Anfang (coli. 1. 2) und der
Schluss (c6ll. 11 — 24). Nach Herstellung der ursprünglichen Ordnung wur-
den 18 vollständige Blätter gewonnen, '2 welche % und 8 welche % des
juristischen Textes enthalten. Von dem ursprünglichen Umfange des Wer-
•
kes ist diess aber sicher nur ein kleiner Theil. Verbesserungen des Textes
theils vom ursprünglichen Schreiber theils von demjenigen Besitzer der
Handschrift welcher (etwa ein Menschenalter später) die Schollen auf
dem Rande und zwischen den Zeilen beigeschrieben. Dieselben sind un-
gleich vertheilt, am häufigsten im Titel de donationibus , und meist kurz
(Stellennachweise, Citate u. dgl.).
6. Auffindung (J. 1821) jmd erste Herausgabe durch Ang. Mai: Iuris
civilis anteiust. reliquiao ineditae ex cod. rescripto bibl. pontif. vaticanae,
Rom. 1823. 118 pp. = Paris 1823 und (mit Eintheilung in 341 §§.) Berol.
1824. Recogn., comra. crit. et exeg. instr. A. de Buchholtz, Königsberg
1828. Recogn. A. Bethraan-Hollweg, Bonn 1833. 12, (= Corpus iur. civ.
anteiust. I. p. 229—302). Nach D. Detlefsens sorgfältiger Nachvergleichung
herausgeg. von Th. Mommson in einer grössern (Quart-) Ausgabe (Codicis
399. Charisius. Fragmenta vaticana. 915
vaticani 5766, in quo insunt iuris anteiust. fragmenta q. d. vaticana, ezem-
plum addita transcriptione notisque critt. edidit, Abhandl. der Berl. Ak.
vom J. 1859, Berlin 1860, p. 265—408; Text p. 266 — 377) und in einer
kleineren (Bonn. 1861, XXIV u. 144 pp. 12.}. In Huschke's iurisprud.
anteiust.' p. 610—721 (Text p. 622 ff.).
,6. Die üeberschrifb des Werkes ist nicht erhalten. Von einer Ein-
theilung in Bücher ist keine Spur, wohl aber (wie bei cod. Hermog. und
GoUatio) in Titel (species), die über je zwei Seiten vertheilt, aber nicht
numeriert sind. Die Quellen sind je zu Anfang beigeschrieben (z. B. 2:
Papinianus libro III responsorum) und gelten so lange fort bis eine neue
genannt ist. Hauptgrundlage Ulpiail, bes. ad Sabinum und de excusationibus
s» de officio praet. tutel. (obefb 372, 2). Die Schrift eines Ungenannten
(Yenuleius Saturninus? vgl. oben 356, 6) de interdictis ist 90-;- 93 aus-
führlicher citiert (. . libro I de interdictis sub titulo in eum qui etc.) als
sonst zu geschehen pflegt und ist daher wohl späterer Zusatz von anderem
Urheber (Mommsen p. 396). Vgl. Huschke p. 615 f. Diese Excerpte sind
in ihrer ursprünglichen Gestalt, ohne Abänderung und Verarbeitung,
gegeben, und darin besteht der Hauptwerth dieser üeberreste.
7. Die kaiserlichen Erlasse sind, wie im cod. lust. und dessen Quellen
(vgl. oben 389, 2), mit Ueberschrift und Unterschrift mitgetheilt, ohne
Nennung der Sammlungen woraus sie entnommen sind. Cod. Theodos. ist
in den Fragm. vat. nicht benützt, da hier die betr. Rescripte in voll-
ständigerer Fassung gegeben sind als im Theod. Wohl aber ist cod.
GregorianuB und Hermog. stark ausgebeutet. Dazu Rescripte (bes. der
Jahre 296 n. 298) aus dem westlichen Beichstheile, von Maximian erlassen,
die sich nicht im cod. lust. finden und die vielleicht aus einer Ausgabe des
cod. Hermog. stammen welche später und vollständiger war als die von.
den Byzantinern zu Grund gelegte (vgl. oben 389, 3). Endlich Verordnungen
aus Constantins Zeit in unverkürzter Fassung, die Aufschriften überdiess
anders ^ gehalten als im cod. Greg, und Hermog. Die späteste erwähnte
kaiserliche Verfügung (§. 37) ist von Valentinian (J. 369—872), die nächst-
vorhergehende aber aus Constantins Regierung (J. 312—337). Jene valen-
tinianische scheint daher gleichfalls (s. A. 6) ein späterer Zusatz, zumal da
sie sich durch ihre umständliche und schwülstige Fassung von den übrigen
der Sammlung unterscheidet, mit Ausnahme derer aus J. 316 (§. 249), 330
(§. 248), 337 (§. 35), welche daher vielleicht ebenfalls erst nachträglich
hinzugefügt sind. Vgl. A. 9.
8. Das Erhaltene ist aus den Titeln ex empto et venditp, de usoirnctn,
de re uxoria ac dotibus, de excusatione (besonders ausführlich), quando
donator intellegatur revocasse voluntatem, ad legem Cinciam de donationibus,
de cognitoribus et procuratoribus. Die Anlage ist planlos. Im Ganzen
ist auch hier (vgl. 389,. 2) die Ordnung des Edicts befolgt, doch mit un-
verständlichen Abweichungen (Mommsen p. 401). Innerhalb der einzelnen
Titel selbst sind weder Excerpte aus Juristen und Rescripte geschieden
und in regelmässiger Folge aufgeführt noch bei letzteren die Zeitordnnng
eingehalten ; Wiederholungen und Widersprüche sind nicht selten. Minder
geläufige Abkürzungen werden unrichtig aufgelöst (z. B. f. e. durch factum
68*
916 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert Erste Hälfte.
est statt familiae erciscundae; 1. c. durch litium causa statt litis contestatio).
Der Verf. muss daher mangelhafte Sachkenntniss gehabt und flüchtig ge-
arbeitet haben. Mommsen p. 401 — 403. Die Bestimmung der Sammlung
war ohne Zweifel für gerichtlichen Gebrauch; auf amtlichen Charakter aber
deutet nichts. Angeführt wird sie nie. Abfassung durch Mehrere (Huschke '
p. 616 f.) ist nicht erwiesen. Ob das Werk jemals ganz fertig wurde ist
nicht bekannt.
9. Abfassung jedenfalls vor cod. Theod. (s. A. 7; also yor 438) und
vor dem Citiergesetz (J. 426), da Gajus nicht benützt ist, wohl aber (§. 66),
wie es scheint, die durch jenes Gesetz ausgeschlossenen Noten Ulpians zu
Papinian. Auf Entstehung bei Lebzeiten Constantins führt die (von den
Byzantinern unterlassene) Beseitigung der Namen des Maximianus Herculius
und GalQrius Maximianus, die Beifügung von divus «einzig bei Diocletian
(und Gonstantius), nicht aber (falls 288 d = dominus) bei früheren Kaisern;
endlich die Bezeichnung des Constantin durch Aug., auch unter Weglassung
des Namens selbst. Die ungleiche Behandlung des Licinius (bald genannt,
bald unterdrückt) scheint zu beweisen dass das Werk noch vor dessen
Sturz (J. 323) verfasst, nach demselben aber (unvollständig) revidiert worden
ist. Vgl. A. 7 £. Für Entstehung im Westen (Italien oder Gallien) spricht
die besondere Berücksichtigung weströmischer Verfügungen (s. A. 7), der
Auffindungsort der Handschrift (s. A. 4), die ünbekanntschaft mit Modestin's
griechisch geschriebenem Werke de excusationibus, und wohl auch die
Nichtbenutzung der Sammlung in der justinianischen. Mommsen p. 403—
406. Vgl. Huschke p. 618 ff. (aus der Zeit von Honorius oder Theodosius I).
10. üeber die Fragm. vat. vgl. B. Borghesi, giorn. arcad. XXII (Rom
1824) p. 48 — 95. G. Bruns, quid conferant vat. fr. ad melius cognoscendum
ins rom., Tübingen 1842. Mommsen Quartausg. p. 379—408, nebst Dnodez-
ausg. praef. Huschke, iurisprud. ' p. 610 — 620.
381 400. Die Grammatik verengerte sich immer mehr auf den
Bedarf der Schule und verzichtete auf geschichtliche Erforschung
und gelehrten Apparat. Von dieser Art scheint das Werk -des
Cominianus gewesen zu sein, welches eine der Hauptquellen
des Charisius war und bei Späteren mit diesem zusammenfloss.
Die Metrik behandelten um diese Zeit Albinus (in gebundener
Form), Asmonius und Atilius Fortunatianus. Der Grammatiker
Euanthius commentierte den Terenz.
1. Gharis. I, 18 (p. 147 K.): ablativus casus singularis, ut ait Co-
minianus grammaticus, etc. U, 11 (p. 175 E.): de coniugationibus . •
Cominianus disertissimus grammaticus ita disseruit. II, 12 (p. 180): Com.
grammaticus ita de participio breviter refert. 13 (p. 18,1): haec quidem
(de adverbio) breviter Com. gr. disserit. 14 (p. 224): de coniunctione, ut
ait Com. 15 (p. 230): de praepositione, ut a. C. 16 (p. 238): de interiectione,
ut a. C. IV, 1 (p. 266): de barbarismo, ut a. C. (p. 266) de soloeciamo,
ut a. C. Jedesmal ist dann ein längerer Abschnitt dem C. entnommen.
399 f. CominianuB u. a. Grammatiker. 917
Die sonstigen Erwähnungen des C. (z. B. Schol. Bern, zu Vergil. Buc. IIT,
21. Georg. I, 216. m, 311) sind aus Chariaius geschöpft oder gelten diesem
selbst. H. Keil, gramm. latt. I. p. XLYIII. Auch der Verfasser der sogen,
excerpta Charisii hat den Com., besonders im Abschnitte de pronomine,
benützt, aber ohne ihn zu nennen. W. Christ, Philologus XVIII. S. 139.
2. Die sog. excerpta Cominiani (A. Mai class. auct. V. p. 150) sind
gleichfalls in Wahrheit Auszüge aus Charisius; s. H. Keil, gramm. latt. I.
p. XXII f. not. und zu p. 180, 27. Daher kann die einmal darin vor-
kommende Erwähnung des Donatus für die Bestimmung der Zeit des Com.
nicht verwendet werden.
3. H. Keil 1. 1. p. XLViri: adparet non solum de VIII partibus ora-
tionis . . sed etiam de vitiis orationis . . (Cominianum) exposuisse ea ratione
uBum nt brevi et simplici oratione suae aetatis consuetudinem doceret om-
niaque quae ad usnm antiquitatis pertinerent vel pauUo doctiorem dispu-
tationem reqnirerent a suo consilio aliena putaret. Daher er vermutet
Cominianum non lalde antiquum gramm aticnm fnisse et librum suum non
doctis hominibus, sed pueris destinavisse (p. XLIX). Vgl. noch F. Osann,
Beiträge IT. S. 317 f. 324—327. 340 und dagegen Keil 1. 1. p. LVI. W. Christ,
Philologus XVIU.' S. 123 f.
4. Charis. p. 229, 19 nach Anführung einer Ansicht des Romanus (oben
376): sed Marcius Salutaris vir perfectissimus . . rectius sensit. Diese Titu-
latur weist den Grammatiker M. S. (der den Vergil commentiert zu haben
scheint) in die constantinische Zeit, und die Anführung wird entweder aus
Comittianus geschöpft oder eine eigene Zuth^t des Charisius sein.
5. Zwei Hexameter eines Albin us de metris bei Max. Victorin. de
carm. her. p. 289 Lind. Also wohl eine Arbeit in der Weise des Terentianus
(oben 391). Er ist wohl der von Rufin. I, 30. p. 388 Gaisf. genannte
Alb. F. Osann, Beiträge II. S. 361, A. 10 identificiert ihn mit dem Alb.
welcher einen Abriss der Musik verfasste (Cassiod. de mus. 6) und über
Geometrie und Dialektik schrieb (Boethius), sowie mit dem in einer In-
schrift als philosophus bezeichneten Ceionius Rufius Albinus, Cos. 335 u.
345 n. Chr., unter Zustimmung von Jul. Caesar in Pauly's Real-Enc. I, 1.
S. 649 f. Nr. 4.
6. Prisciflb. X, 24 (p. 516, 16 H.): Asmonius in arte quam ad Con-
stantium (wohl II) imperatorem scribit. Priscian. de metr. Terent. 6 — 8
(p. 412 Gaisf.) gibt eine Stelle des A. über den Trimeter der lateinischen
Komiker. Der Inhalt beider Stelleu weist auf dieselbe Quelle welcher auch
Mar. Vict. folgt. Vgl. H. Keil, quaest. gramm. (Lips. 1860) p. 16 fF. und
Ind. lect. halens. 1871 , p. Vif. B. Westphal, allg. griech. Metrik S. 45 f. Jul.
' Caesar in Pauly's Real-Enc. I, 1. S. 1240 n. M. Der Name Asm. deutet
auf semitischen Ursprung.
7. Unter dem Titel Ars Fortunatiani (am Schlüsse: Ars Atilii Fort,
expl.) ist erhalten und bei Putsche (p. 2685—2706), Gaisford (p. 333 — 362)
und Keil (VI. p. 278—304) abgedruckt eine Uebersicht der Metrik (omnis
summa metrorum, p. 279, 5 K.), gewidmet einem jungen Römer von Rang
der die Grammatik hinter sich hat, jetzt Rhetorik studiert und eine Dar-
918 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
Stellung der Horatiana metra verlangt hat. Von seiner Arbeit behauptet
der Verf.: nt Sallustins ait, carptim quae memoria digna videbantur de
multis auotoribuB excerpta perscripsi. In Wahrheit folgt sie dem Caesius
BasBUB (oben 299, 1) und dem luba (oben 375 ) und stimmt daher überein
mit Marius Victorinus, Diomedes und den Analecta Vindob. (p. 516 ff.). Aus-
führlich sind schliesslich (p. 294 ff. E.) die me^ra Horatiana behandelt. So
lange man den Namen At. Fort, auf das Werk des Caesius Bassus erstreckte
nannte man diese Ars bald AtUius H bald Pseudo-Atilius. Vgl. J^ Cäsar in
Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2025 f. H. Wentzel, Symb. critt. (Breslau 1858)
p. 11 — 13. Westphal, griech. Metrik' I. S. 128. Üeber die Hdss. und
Ausgaben s. H. Keil, gramm. VI. p. 245—250.
8. Hieron. ad a. 2375 (nach Bong. u. Freh.; Schöne zu 2374) » 359
n. Chr.: Euanthius eruditissimus grammaticonim Constantinopoli diem
obit. Vgl. Bufin. Antioch. de metr. com. p. 2706 P. ^s 378 Gaisf. :
Euantius in commentario Terentii de fabula . . sie dicit: concinna etc. . .
et postea sie: veteres etsi etc. Beide Stellen finden sich im ersten Theile
der Abhandlung de tragoedia et comoedia (p. XXVII. XXVllI Zeune =» XIII.
XIV Klotz), der somit von Euanthius herrührt. Vgl. oben 12, 2. Auch
von dem sogen. Donatcommentar zu Terenz wird ein Theil zu des Euanth.
commentum in Terentii fabulas gehören; s. Usener, Rhein. Mus. XXIII.
S. 493—496. Vgl. Dziatzko, ebds. XXV. S. 438 f. Rufin. 1. 1. p. 2713 F.
» 388 G. Ritschi, Parerga p. 358. 360.
9. Aus dieser Zeit ist auch die Ars vaticana (oben 295, 8 b.), vgl. p. 119,
26 K.r ut puta Roma, Tiberis, DiocIetianae (thermae).
.)82 401. Noch bei Constantins Lebzeiten begann Firmicus
Maternus in Sicilien seine acht Bücher Matheseos, die aber
erst ums J. 354 vollendet vrurden. Das Werk ist eine voll-
ständige Theorie des Stemglaubens, in neuplatonischem, vom
Christenthimi abgewandtem Geiste. Der Verfasser ist ein Ehren-
mann, dem es mit seiner Sache heiliger Ernst ist, aber befangenen
Geistes und in seiner Darstellung einförmig. Um dieselbe Zeit
(J, 347) richtete der gleichnamige Christ an Constantins Söhne
Constantins und Constans seine Schrift de errore profanarum
religionum, w^orin er dieselben zum Sturze des Heidenthumes
anstachelt. Jenes Werk ist vollständig erhalten, von der letzteren
Schrift aber vier Blätter verloren gegangen.
1. Der Verfasser heisst in der subscriptio am Schlüsse von math. VI II:
lulius Firmicus Maternus lunior Siculus v. c(lari8simu8). Vgl. Apoll. Sidon.
carm. 22, praef.: lulinm Firmicum, . . Saturninum in libris matheseos pe-
ritissimos conditores. Gewidmet ist das Werk dem Procos. Mavortius
Lollianus (praef. p. 2 vgl. VIII, 15. p. 221: talis -— wie die Catones —
nostris temporibus Lollianus, qui severitutis merito litiam ordinarii con-
sulatus insignia consecutus est), welcher z. B. proconsul provinciae Africae
400 f. Euanthius. Firmicus Maternus der Heide. 919
war (Orelli-Henzon 6481), J. 842 praef. urbi, 355 Cos. ord. (Ammian. XV,
8, 17), 356 praef. praefc. Italiae (Ammian. XVI, 8, 5: vir sublimis con-
Btantiae. Cod. Theod. VI, 29, 1. XI, 30, 26. 36, 11). Vgl. Borghesi bei
Gervasio, Osservazioni sulla iscr. onoraria di Mavorzo Lolliano (Neapel 1846)
p. 14 ff. Sollte hienach die Widmung und Buch VIII im J. 354 verfaBst
sein, BO weist dagegen die Erwähnung der Sonnenfinsterniss des 17. Juli
334 (Firm. I, 2. p. 5 ed. 1551: cum sol medio diei tempore fulgida splen-
doris Bui denegat lumina, quod Optatii et Paulini consulatu, ut de rccentio-
ribuB loquar, . . futurum mathematicorum sagax praedixit intentio) und des
Constantin als noch lebend (Firm, praef. p. 2 und I, 4. p. 14: dominus et
AuguBtus nostcr ac totius orbis imperator, pius, felix ac providus princeps,
Constantinus Bciiicet maximus, divi Constautini filius etc. ib. p. 15: Con-
stantinum- maximum principem et cius invictissimos liberos, dominos et
Caesares nostros) auf viel früheren Beginn der Arbeit hin. Bursian ed.
(A. 6) p. Vni. Und dass die Abfassung sich über eine längere Zeit er-
streckte erhellt gleich aus dem Anfang: olim tibi hos libellos, Mayorti,
decus nostrum, me editurum esse promiseram, verum saepius inconstantia
verecundiae retardavit etc. . . tibi omnem divinao mathescos disciplinam
<licaturum me esse sjioponderam. Ueber die persönlichen Verhältnisse des
Verf. besagt die praefatio weiter: cum esses in Campaniae provtnciae fas-
cibus constitutus, . . ad mc primum in has oras siculas, ad ea potissimum
studia quibuB ab ineunte aetate uterque nostrum devinctus erat, suavissime
devertisti. . . posteaquam de actibus et processibus nostris confabulati
Bunius Bcrutatus a me es . . totius Siciliae, quam incolo, situm, . . cetera
quae tibi a primo aetatis gradu et atticae et romanae litterae de admira-
bilibus provinciae siculae tradiderunt. Im Verlaufe habe er sich hinreissen
lassen (p. 2) ut i)romitterem me tibi editurum quidquid Aegyptii veteres
. . Babyloniique prudentes (vgl. A. 3) de vi stellarum ac potestatibus . . nobis
tradiderunt. Zwar habe er dieses Versprechen sogleich bereut; sed trepida-
tionem meam hortatio sermonis tui erexit coegitque adgredi quod frequenter
ex desperatione deserui. nam cum tibi totius orientis gubcrnacula domini
atque imp. nostri Constautini Aug. . . iudicia tradidisscnt, mahntest du mich
fortwährend, proconsuli itaque tibi et ordinario consuli designato promissa
reddimus. . . LoUiane doctissime. Ueber seine Laufl^ahn als Anwalt IV.
praef. (p. 83): patrocinia tractantes tenuerunt nos causarum conflictationes
et caninae (ut ita dicam) contentionis iurgiosa certamina. ex quo studio
nihil mihi aliud per singulos dies nisi pericnlorum cumulus et grave onus
invidiae confercbatur. . . deserui itaque hoc studium. . . liberal! animo,
contemptis foreusibus lucris, . . fidele patrocinium defensionis cxbibui. in
otio itaque constitutus . . hoB ad te, Lollianc, . . libellos scripsi, ut a ter-
rena quodam modo couversatione sepositus, . . ad purganda animi vitia,
quae ex pravorum hominum conversatione contraxeram, caelestibus ac di-
vinis me disputationibus applicarem.
2. Firmicus sucht der Astrologie eine sittliche Richtung und einen
priesterlichen Anstrich zu geben. Vgl. II, 33 (p. 43 f.): nunc tu, quicunque
hos libros legere conaris, . . ad imaginem te divinitatis similitudinemque
forma, ut sis semper pra^onio veritatis oruatus. oportet enim cum qui
920 Die Eaiserzeit. Yieries Jahrhundert. Erste H&lfte.
quotidie de diis ac com diis loquitur animum Baum ita formare atque in-
stmere ut ad imitationem divinitatis semper accedat. qoare . . esto pu-
dicQB et inter sobrios, parvo yictn parnsque opibas contentus. dato operam
ot institiito . . tao institatam bonorum . . yincas sacerdotnm. . . dabis
Baue responaa publice, . . ne quid a te tale forte quaeratur qnod non liceat
nee interrogare nee dicere. cave ne quando de statu reip. yel de vita rom.
impöratoris aliquid interroganti respondeaB. . . sed et sceleratus atque
omni animadversione dignuB est ai quis interrogatuB de fato dizerit impera-
toriB. . . Bed nee aliquis mathematicuB verum aliquid de fato imperatoris
definire potuit; boIub enim imperator stellarum non subiacet caBibus. . .
etiam ipse in eorum deorum numero couBtitutus est quem ad focienda et
couBervanda omnia divinitas statuit principaliB. Davon solle man einen
solchen Befrager zu überzeugen suchen, dasB er von seinem Vorhaben abstehe,
sed nee deferre te volo si quis aliquid male quaesierit, ne . . morti eins
causa eztitisse videaris, quod alienum est a propoaito sacerdotis. . . tibi
in omni conversatione placeat quieta moderatio. fuge seditiones. . . nolo
te vitia hominum in tractatu genituramm manifeatius explicare, . . ne quod
homini malus stellarum decrevit cursuB non dicere, sed ezprobrare videaris.
secerne te a spectaculorum semper illecebris; . . (p. 46) antistites enim
deorum separates et alienos esse decet a pravis illecebiis voluptatum.
Erst wenn der Leser sich in diese ethische Verfaaaung geset^ habe
solle er weiter gehen et posteriores libros, quos de apotelesmatis scripsi-
mus, secura mentis animositate perdisce. Aehnlich beschwört er Yll
praef. (p. 193 f.) den Mavortiua ne haec veneranda communia profanis
vel imperitia auribus intimentur, aed üa tantum quoa animua incorruptus
ad rectum vivendi ordinem . . instituit etc. Vgl. VIU, 33 : haec filüs tuis tantam
trade, quos a prima aetate ad omne virtutis officium instituisti etc. J. Burck-
hardt, Constantin S. 244—246.
3. Matheseos libri nennt der Verf. selbst sein Werk in der praef. zu
II und III. In der peroratio VIII, 33: accipe itaque, Mavorti decus nostrum,
. . Septem hos libros, ad septem stellarum ordinem numerumque compo-
sitos. nam primus Über solum patrocinium defensionis accepit (Vertheidi-
gnng der Astrologie gegen ihre Gegner), in ceteris vero libris Bomanis
hominibus novi operia tradidimus diaciplinam. Das zweite Buch enth<
die allgemeinen Grundlagen (institutionis über, VIII, 5). IV, 19 (p. 114):
quia iam expedita prima operis nostri parte ad secundam principalem ac*
cedimus, quae etiam in quatuor membra, veluti prima, divisa est, . . sin-
guloruni partes summatim enumerabimus. B. VI enthält die genitura von
Paris, Demosthenes und Hermodoros, Homer, Thersites u. A. ; VII die ge-
niturae adoptivorum, paedi eorum, cinaedorum, causidicorum , damnatorum
n. A. B. VUI behandelt die sphaera barbarica. B. I gibt Bdapiele ans
der römischen Geschichte. VUI praef. (p. 212): quod bis libris superesse
credo, hoc explicare curabo; nam aliud mihi tempus ad explicandam myrio-
genesin reservavi. Die angegebenen Quellen sind so superatitids wie der
ganze Inhalt. Vgl. II. praef: nos omnia quae de lata arte Aegyptii Baby-
loniique dixerunt docili aermonia institutione tranatulimus. III praef:
illi divini viri . . Petoairia Necepaoque . . nobia tradiderunt. IV praef.
401. FirmicuB Maternus der Heida 921
(p. 84): omnia qnae AeBcnlapio Mercurius Enichnusque tradidemnt, quae
Petosiris explicavit et Necepso, quae Abraham, Orpheus et Critodemus
ediderunt cet-erique omnes huius artis antiscii perlecta pariter atque coUecta
. . in his perscripsimus libris. IV, 10 (p. 98) : quae diyinus ille Abraam et
prudentiBsimas Achilles . . nobis tradidere. IV, 16 (p. 107): Necepso, Aegypti
iuBtissimus imperator, optimus quoque astronomus. (p. 109): magnns ille
Petosiris hanc partem leviter attigit. Vlll, 6: neque enim . . Petosiris et
Necepso, quorum alter imperii gubernacala tennit, . . id quod dos edituri
sumus inyenire potuerunt. Bemerkenswerth ist III, 16 (p. 81): si fuerit
haec domus Mercurius, dabit astronomiam ; si Venus, cantilenas et laetitiam;
. . si luppiter, divinum cultum scientiamque in lege; si Satumus, scientiam
alchimiaö. Wohl die erste Erwähnung der Alchimie, falls die Stelle nicht
eine spätere Interpolation ist, worauf die christliche Färbung des Ausdrucks
in lege führen könnte. Aus jener magischen Literatur stammt auch die
Uebertrag^ng der astrologischen Symbolik auf den menschlichen EGrpcr
(vgl. A. 4), wie später bei den Pnscillianisten ; Bemays, d. Chronik des
Sulp. S. 14 mit A. 24.
4. Dass durch die decreta planetarum die menschliche Willensfreiheit
und Zurechnungsfähigkeit aufgehoben wird scheint Firm, sich nicht klar
gemacht zu haben, und seine moralischen Ermahnungen (s. A. 2) sind daher
ohne Boden, so oft und gern er sie einschärft. Die Einsicht in die feste
Vorausbestimmung unserer Schicksale, meint er, müsse Schmerz und Freude
dämpfen (VIII praef.). Auch die theologischen Consequenzen der Lehre sind
nicht klar gezogen. I, 3 (p. 7) leugnet Firm, die Religionsgeföhrlichkeit der
Lehre (homines a cnltu deorum religionumque revocari): nos enim timeri
deos, nos coli facimus, nos numen eorum maiestatemque monstramus, cum
omnes actus nostros divinis eorum dicimns agitationibns gubemari. Aber
diese dii sind selbst yerschwommene Gestalten, bald mit den sidera zu-
sammenfallend, bald neben ihnen stehend, bald als Einheit bezeichnet, bald
als Mehrheit. Vgl. III praef. (p. 45): ad imaginem mnndi formam hominis
. . deüs ille fabricator hominis, natura monstrante^ perfecit. . . ita ut in
parvo corpore omnium elementorum vim atque snbstantiam natura cogente
conferret, den Menschen quasi minorem quendam mundum machte. V praef.
(p. 115): tu quicumque es deus, qui per singulos dies caeli cursum . . con-
tinuas, . . solus omnium g^bemator ac princeps, . . cui tota potestas nu-
minum serrit, . . tu omnium pater pariter ac mater, tu tibi pater ac filius,
uno vinculo necessitatis obligatus, . . da yeniam quod tuorum cursus siderum
eorumque efficacias explicare conamur. . . yosque perennium siderum cursus,
tuque ]) etiam humanorum corporum mater, ac tu . . 0 optime maxime,
. . ad cuius arbitrium fatorum ordo disponitur^ da yeniam quod gracilis
sermo ad numinis tui secreta peryenit etc. Vgl. I, 4 (p. 14): Sol optime
maxime, . . mens mundi atque temperies, . . et tu luppiter (der Planet),
Tarpeiae rupis habitator etc. Dumpf wie die Atmosphäre des Werkes ist
auch sein Ton, bald technisch trocken und dürftig, bald mystisch feierlich,
mit zahlreichen Wiederholungen nicht blos in technischen Formeln sondern
auch in stilistischen Wendungen und Ausdrücken. Wo er zu einer rheto-
rischen Figur greift spinnt Firm, sie bis zur Ermüdung aus. Er bittet
922 Die Kaiserzeit. Vierte» Jahrhundert. Erste Hälfte.
daher ,(pracf. I. p. 2): ne in istis libris pondus et perfectae gratiam oraÜonis
requiras. . . in nobis tenue est ingeniom et sermo subtUis et, qaod yere
confitendam est, matbesis permodica. Vgl. I, 1 (p. 4): postolantes ut . .
yeritatis fides, non orationis splendor ac substantia requiratur. Der Sprach-
schatz enthält manches erst in diesem Jahrhundert Aufgekommene, wie
animositas, partilis, ac vor Vocaien u. dgl.
6. Handschriften des Firm, besiizt die Münchner Bibliothek (nach
Halm) zwei, eine sacc. XI, die aber nur B. I und U, 1 — 31 enthält, und
eine (bis auf einige Zeilen am Schlüsse) vollständige aus dem Anfang von
saec. XVI. Ed. princeps (de nativitatibus) Venet. 1497 fol. In den astro-
nomici vett. (Venet. Aid. 1499 fol., worin Firmici libri, ex scythicis oris
ad nos nuper allati), und besonders per Nie. Pruckncrum astrologum, Basil.
1533 und 1651 fol., in letzterer Ausgabe p. 1-244, worauf des Ptolemäus
'Jnotsliaficeta f arabische und chaldäische Schriften in lateinischer Bearbei-
tung, und Manilius. Neuere gibt es nicht. Ausfüllung einiger Lücken
durch Lessing (sämmtl. Werke, Ausgabe von Lachmann IX. S. 409 — 430).
— Fabricius Bibl. lat. III. p. 114 ff. ed. Emesti.
6. Die christliche Schrift ist überliefert durch einen Palati nus (nr. 165)
saec. X in der Vaticana, woraus sie zuerst Matthias Flacius Illyricus her-
ausgab (Strassburg 1562), sorgfältiger Conr. Bursian (Lips. 1856) und dann
C. Halm, an seinem Minucius Felix (Vindob. 1867) p. 75 — 130. Die Sub-
scription lautet: lulii Firmici Matemi v. c. de errore profanarum rcligio-
num explicit. Vom ersten Quaternio fehlen die vier äusseren Blätter (1,
2 und 7, 8).
7. Die angeredeten Kaiser heissen sacratissimi imperatores (6, 1. 8,
4. 16, 4. 20, 7. 24, 9. 28, 6. 29, 1) oder sacrosancti imp. (13, 1) oder prin-
cipes (17, 1), auch domini imperatores (25, 1). Bezeichnend sind folgende
Stellen. 16*, 4: amputanda sunt haec (die heidnischen Opfer), sacr. imp.,
penitus atque delenda et severissimis edictorum vestrorum legibus corri-
genda. . . ad hoc vobis deus summus commisit imperium. ^0, 7: vos nunc,
Constanti et Constans, sacr. imp., . . erigite vezillum fidei. . . hostium
pr<Tstravistis ezercitum, . . idololatriae ezcidium et profanarum aedium
ruinam . . Christus . . vestris manibus reservavit. 28, 6: tollite, tollite se-
curi, sacr. imp., omamenta templorum: deos istos aut monetae ignis aut
metallorum coquat flamma, donaria universa ad utilitatem vestram domi-
niumque transferte. post excidia templorum in maius dei estis virtute pro-
vecti. vicistis hostes, . . et insperatam imperatoris (des Constans, J. 343)
faciem Britannus ezpavit. 29, 1: vobis, sacr. imp., . . hoc dei summi lege
praecipitur ut severitas vestra idololatriae facinus omnifariam persequatur.
29, 3: deus . . numquam vobis laborantibus denegavit auzilium: strati sunt
adversantium cunei, . . missi sunt superbi sub iugum populi et persica vota
conlapsa sunt. Letzteres kann sich darauf beziehen dass J. 346 Sapor die
Belagerung von Nisibis aufgab {nccQSKa&iasv Tjfiegag ißSoiLfinovra oxtco
xal ndliv alaxvvd'flg tivfxmQrjasv , Theophanes) und konnte jedenfalls nach
den Misserfolgen welche Constantius J. 348 gegen Sapor hatte nicht mehr
gesagt werden. Auch wurde Constans im J. 350 erschlagen. Die Abfassung
401. FirmicuB MaternuB der Heido und der ChriBt. 923
wird daher 346 oder 347 fallen. Der Verfasser zeigt (c. 7) genauere
Eenntniss der Umgegend von Henna in Sicilien und mag daher (wie der
Heide) von dort gebürtig sein oder dort seinen Aufenthalt gehabt haben.
8. Die Argumentation ist die bei den christlichen Apologeten ge-
wöhnliche; nur geht der Verf. auch auf die religiösen Vorstellungen und
Gebräuche des Orients (Aegypter, Phryger, Assyrer, Perser) näher ein.
Auch wendet er in ausgedehnterem Masse als seine Vorgänger Bibelstellen
(bes. aus A. T.) an. Dieselben sind angeführt nach einer lateinischen Ueber-
setzung welche im zweiten Jahrh. in Africa gemacht zu sein scheint und
stimmen überein mit den Anführungen bei Cyprian und Primasius (saec.
VI); Bursian p. IX — XI. Doch verräth Firm, auch Kenntniss des Griechi-
schen. Z. B. 13, 4: Porphyrius (s. A. 9) . . in libris quos apx)cllat tcsqI trjg
in •Xoylfov (ptloaocpLag. Die quinque Miner vac (16, 1) scheint er aus Cic.
de deor. nat. zu haben. Die Darstellung ' ist pathetisch, voll Ausrufungen
und rhetorischer Fragen, c. 8 führt er den Sol redend ein (ethopoeiaco
sermone 8, 4). Die Sprache zeigt Plebejismen im Gebrauche von suus statt
eiuB, in der consecutio temporum und der Anwendung von quod nach ne-
scientes, persuadetur; s. Halm p. 135—137.
9. In sprachlicher Hinsicht zwar stimmt die christliche Schrift mit
der heidnischen manchfach übercin (Bursian p. Vll); aber diess erklärt
sich durch die Annahme dass beide Verfasser in ihrer Jugend die gleiche
Schule genossen (Bursian p. IX). Denn in allem Uebrigen ist Beider Stand-
punkt diametral verschieden. Der Heide ist eine friedliche, milde, fata-
listisch resignierte Natur, der Christ fanatisch aggressiv; den Tempelraub
missbilligt der Heide (III, 8. p. 70. 13. p. 77), der Christ hetzt dazu auf.
Von dem Neuplatoniker Porphyrius sagt der Heide (VII. praef. p. 193):
apud Pythagoreos noster Porphyrius religiosa epulantem animum nostrum
silentio consecravit (ib.); der Christ nennt ihn (13, 4) hostis dei, veritatis
inimicus, sceleratamm artium magister. Solche Gegensätze , die selbst pach
einander in demselben Individuum undenkbar sind, müssten nach den Zeit-
verhältnissen beider Schriften sogar gleichzeitig beisammen gewesen sein.
Andrerseits macht die Gleichheit beider Namen wahrscheinlich dass die
Verfasser Brüder oder Vettern waren. Bursian p. IX.
10. Die HauptauBgaben der christlichen Schrift s. oben A. 6. Sonst
wurde sie öfters mit Minucius Felix oder Cyprianus oder Arnobius zusam-
men veröfiFentlicht; abgesondert auch Hamburg 1603 durch Jo. a Wower.
Edidit Fr. Munter (Kopenhagen 1826. XXX u. 122 pp.), Fr. Oehler (Lips.
1847). Ausserdem z. B. in Gallandi bibl. patr. V. p. 23 flf., in Migne's curs.
patrol. XU (Paris 1845) p. 971—1050 (Abdruck von Münter's Ausg.).
Jo. Mi. Hertz, de lul. Firm. Mat. eiusque imprimis de err. prof. rel.
libello, Kopenh. 1817. J. Burckhardt, Constantin S. 222. 263 (Anm.). 406.
402. Für Philosophie ist Athen die hohe Schule, und383
sie wird dort in der theosophischen und theurgischen Weise der
Neuplatoniker betrieben, welche ein Gegengewicht gegen das
Christenthum bilden sollte. Auch nach Rom erstreckt sich diese
924 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
Richtung; hier aber herrscht daneben nüchterner aristotehscher
Schulschematismus und Eklekticismus im Stile von Yarro und
Cicero.
1. lieber den Neuplatonismus der Zeit vgl. Burckhardt, Constantin
S. 248 f. 254 ff. Vertreter desselben unter Constantin sind Porphyrius,
Jamblichus und dessen Schaler Sopater, der von Constantin luerst begün-
stigt, später (nach 330) hingerichtet wurde (Burckhardt a., a. 0. S. 404 f.);
Nikagoras aus Athen (Corp. inscr. gr. 4470). Aus Julian 's Zeit Maximus,
Proairesius u. A. Mamertin. grat. act. luliano 23, 4: tu phiiosophiam, paulo
ante suspectam ac nedum spoliatam honoribus sed accusatam ac ream,
non modo iudicio liberasti sed amictam purpura . . in regali solio collo-
casti. Victor epit. 43, 5: iuverat philosophos et Graecorum sapientissimoä.
2. Hieronym. chron. a. 2347'«" 331 n. Chr.: Metrodorus philosophus
agnoscitur: Er war JlbQaoyBvrig (Cedren.). Ammian. XXV, 4, 23 (Constan-
tius . . Metrodori mendaciis avidius adquiescit). Sokr. bist. eccl. I, 19.
3. Für die römische Literatur vertritt den Neuplatonismus Firmicns
(oben 401, 1 — 5). Er spricht von Porphyrius noster (s. 401, 9) und hat I,
3 (p. 9) eine Lobrede auf Plotinus (quas ille philosophiae non attigit par-
tes etc.). Andere Schriftsteller über Astrologie bei Ap. Sidon. c. 22 praef.:
lulianum-Vertacum, FuUonium Saturninum, in libris matheseos peritisaimos
conditores; vgL ib. ep. VlII, 11. Augustin. contra acad. 111, 18, 41: ob Pia-
tonis . .• emicuit mazime in Plotino, qui platonicus philosophus ita eius
similis iudicatus est . . ut in hoc ille r^vixisse putandus sit. 19, 42: itaque
nunc philosophos non fere videmus nisi aut cynicos aut peripateticos aut
platonicos.
4. Donat. zu Ter. Eun. IV, 5, 4 (hoc multum academicos iuvat etc.).
Augustin. Epist. I, 1: academicos ego ne inter iocandum quidem umquam
lacessere anderem. Contra acad. II, 23: inter quos (die academici) et me
. . nihil distat nisi quod Ulis probabile visum est non posse inveniri ve-
ritatem, mihi autem inveniri posse probabile est. nam ignoratio veri est
. . utrisque communis.
6. Augustin. confess. VIII, 3 (s. 403, 2) vgl. VII, 9 (13): quosdam
Platonicorum libros ex graeca lingua in latinam versos. Gemeint sind die
des Bhetors Marius Victorinus (unten 403, 2). Cassiod. ezpos. in Psalm. II. p.
28: si quis . . de modis syllogismorum . . plenissime nosse desiderat Ari-
stotelem in Graecis, Victorinum autem Marium lectitet in Latinis.
3S4 403. Vielseitig gebildet und thätig war gegen die Mitte
des Jahrh. der Grammatiker und Rhetor C. Marius Victori-
nus, Verfasser philosophischer und rhetorischer Schriften und
einer Metrik in vier Büchern welche auf uns gekommen ist.
In seinen späteren Lebensjahren zum Christenthum übergetreten
schrieb Vict. nunmehr auch (-ommentare zu paulinischen Brie-
fen und verfocht die orthodoxe Lehre gegen Arianer und Ma-
nichäer. Auch Gedichte biblischen Inhaltes trugen den Namen
40S f. Philosophie. Marius Yictorinus, 925
des Victorinus. Die Berechtigung denselben auf Marius Victo-
rinus zu beziehen ist aber ebenso zweifelhaft wie bei einer An-
zahl grammatischer, metrischer und rhetorischer Schriften.
1. Hieronym. vir. illustr. 101: Victorinua natione Afer Romae sub
Constantio principe rbetoricam docuit et in eztrema senectute Christi se
tradens fidei (b. Augustin. confess. YIIl, 2) scripsit adversus Arium libros
more dialectico valde obscnros, qui nisi ab eruditis non intelleg^ntur, et
commentarios in apostolum. Praef. comm. in epist. ad Galat.: non quia
ignorem C. Marium Victorinum, qui Romae me puero rbetoricam docuit,
edidisse commentarios in apostolum, sed quod occüpatus ille eruditione
saecularium litterarum omnino sanctas ignoraverit. Chron. ad a. 2370
(Freh. ad a. 2371) =- 364 n. Chr.: Victorinus rhetor et Donatus gramma-
ticus, praeceptor mens, Romae insignes habentur. e quibns YictorinuB
etiam statuam in foro Traiani meruit (vgl. A. 2). Cassiod. de inst, div.:
Victorinus ex rhetore episcopus. Von ihm verschieden und älter ist aber
der Victorinus Petavionensis episcopus dessen Commentare zu alttestament-
lichen Schriften Hieronym. vir. ill. 74 aufzählt und welcher ad extremum
martyrio coronatus est (ib.).
2. Augustin. confess. VUI, 2 (3): legisse me quosdam libros Platoni-
corum quos Victorinus quondam rhetor urbis Romae, quem christianum
defunctum esse audieram, in latinam linguam transtulisset. . •. ille doctis-
simus senex et omnium liberalium doctrinarum peritissimus quique philo-
sophomm tam multa legerat et diiudicaverat, doctor tot nobilium sena-
torum, qui etiam ob insigne praeclari magisterii . . statuam in rom. foro
meruerat et acceperat. Isidor. Orig. II, 25, 1: nunc Isagogas Porphyrii
(Einleitung in die Kategorien des Aristoteles) öxpediamus. ib. 9: Isagogas
autem ex graeco in latinum transtulit Victorinus orator, commentumque
eins quinque libris Boetius edidit, der dabei den Vict. orator sui temporis
ferme doctissimus , nennt. Victorini (commentarii) in dialogos (Ciceronis)
erwähnt Hieronym. apol. c. Rufin. I, 16. Cassiod. de dialect. p. 639 b
(== Isid. Or. II, 28, 26): librum Marii Victorini qui inscribitur de syllogis-
mis hypotheticiH. Daraus Isid; Or. II, 29 (de divisione definitionum ex
Marii Victorini libro abbreviata). F. Osdnn, Beiträge IL S. 373—377.
3. Die den Namen des Marius Victorinus tragende Ars grammatica de
orthographia et de metrica ratione behandelt in ' ihren vier Büchern fast
ausschliesslich die Metrik. Nur B. I enthält zuerst Grammatisches, aus
denselben Quellen woraus auch Charisius, Diomedes und Dositheus ge-
schöpft haben, dann eine längere Ausfuhrung über Orthographisches, welche
ein nachlässiger Auszug aus einer guten alten Quelle ist, etwa Verrius
Flaccus (W. Schady, de Mari Vict. I, 4 de orthogr. P. I, Bonn 1869. 49 pp.).
Die zweite Hälfte, p. 37 — 60, handelt dann abermals von den Buchqt^ben
und Silben^ aber vorzugsweise aus metrischen Gesichtspunkten. Auch alles
Weitere ist metrischen Inhaltes. Der erste Theil (ausser B. I auch II und
III, 2. 3) ist eine vollständige Metrik nach dem Systeme des Hephästion,
der zweite (III, 1. 4 ff. bis Ende) eine Theorie der Metra nach der von
Varro und Caesius Bassus befolgten Lehre der metra derivata. Die erste
926 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
Hälfte ist parallel den Darstellungen des Atilins und des Diomedes (West-
phal, allg. griech. Metrik S. 147 f.), die zweite Hälfte stimmt mit Terentianus
zusammen (Westphal S.127— 129). Quelle ist wohl hauptsächlich Juba und
Terentianus, vielleicht durch Vermittlung des Aphthonius. Westphal S. 43 f.
136 f. 143. Subscription von B. I: Marii Victorini de metris didascaliciB
über I expl. fei. Citate aus B. U (Victorinus dicit) bei Rufin. de metr.
terent. p. 380 f. G. Buch IV hat in allen Hdss. die Subscription: Aelii
Festi Aphthonii y. p. de metris (omnibus) explicit über IV feliciter. Es
scheint daher dass Aphthonius der durch Vict. (von der zweiten Hälfte von
B. I an) ausgeschriebene und erweiterte nächste Vorgänger ist; s. H. Keil,
quaest. gramm. I. p. VU — X. Anders Th. Bergk, Philologus XVI, S. 639 —
647. Herausgegeben (nach Palat. 1753 saec. IX — X) ist diese Metrik erst-
mals durch J. Camerarius (Tübingen 1637. 4.), dann in der Sammlung von
Putsche p. 2460 ff., am besten in Gaisfords Scriptores rei metr. lat. p. 1 —
241. 'Darauf folgt (gleichfalls von Mar. Vict.) ein index metrorum Horatii,
sodann Definitionen von ode, melos u. s. w. (aus einer Abh. de partibos
carminum)f im Paris, mit der Subscription: explicit ars grammatica Victo-
rini Mari de orthogr. et de metrorum ratione. — H. Keil, quaestionum
gramm. P. I: de Marii Victorini arte grammatica, Halle 1871 (Lectionsverz«
f. Sommer). XII pp. 4.
4. Durch viele Hdss. und meist zusammen überliefert sind zwei triviale
Schriften De ratione metrorum und De finalibus syllabis. Aelteste Hdss. Bo-
biensis (jetzt Vindobon. 16) sacc. VllI (commentum Maximini Victorini de rat.
metr.), Frising. 81 (in München) saec. X (commentarium Maximiani Vict. de
r. m.) und Paris. 7491 saec. X (comm. Maximi V. de r. m.). Erstere mag aus
einem Werke von Maximus Vict. entnommen sein, doch in abgekürzter
oder fragmentarischer Fassung. Vgl. Osann, Beiträge II. S. 362 — 364. De
final, syll. steht ohne Angabe des Verf. in Paris. 7630 saec. VUI, Sangall.
876 saec. IX, Bern. 207 und Palat. 1753 saec. IX— X. Den Namen des Vic-
torinus trägt im Bern. 338 saec. IX nur der Schluss (de caesuris); im
Vindob., Fris., Paris. 7491 u. a. heisst der Verf. des Ganzen Metrorius (oder
Metr. Maximus, Metr. Maximinus), welcher Name wohl aus der Ueberschriil;
de final, metrorum entstanden ist (Max. ' hinzugefügt von Vict. her). Die
Schrift stimmt vielfach wortlich überein mit des Servius B. de finalibus
ad Aquilinum (Osarin a. a. 0. II. S. 377 — 380. H. Keil , gramm. lat IV.
p. XLIII— XLV), und ist ein Schulbuch aus unbekannter Quelle, mit sehr
wenig Resten älterer Gelehrsamkeit. Abgedruckt zuletzt bei Eichenfeld
und Endlicher, Anal. Vindob. p. 453 ff. (Maximus Vict.), auch bei Mai
auct. class. ITI. p. 504 ff. (Metrorius Maximinus). H. Keil, quaest. gramm.
(Halle 1871. 4.) p. I— VIII u. p. X.
5. Wesentlich den gleichen (xegenstand wie die in Anm. 4 und gleich-
falls für den Schulbedarf, aber ohne directe Berührung mit denselben, be-.
handeln die in wenigen Hdss. überlieferten Schriften De arte frammaüca
und De hexametro (s. heroico) versu in katechetischer Form. Aelteste Hds.
Vatic. 1587 saec. X (ars Victurini), von der gramm. allein Sangall. 877
saec. X (ars Victorini grammatici), der Anfang im Vindob. 16 saec. Vlil
(liber Palemonis de arte) ; De hex. allein im Paris. 7559 saec- X (ars Pa-
403. Marius Victorinus. 927
lamonis de metr. inst.). Wie beide äasaerlich vereinigt sind und theilweise
demselben Verf. (Palaemo) zugeschrieben werden, so haben sie auch manche
Aebnlichkeit (z. B. Vorliebe für qnippe und quoties), und ans beiden ist
Vieles aufgenommen in die ars grammatica des Audaz (unten 474, 5). Unter
Victorinus ist wohl Marius Vict. gemeint, Yon welchem aber jedenfalls die
erhaltene (verworrene und lückenkafte) Fassung der gramm. nicht herrührt.
Vielleicht ist gramm. aus ihm entnommen, aber mit starken Kürzungen
und Aenderungen. Abgedruckt (als Erotemata grammatica) in Eichenfeld
und Endlicher, Anal. Vindob. p. 199 flP. Vgl. Osann, Beiträge IL S. 356—368.
H. Keil, quaest. gramm. II (Halle 1871. 4.) p. V—X. Die Schrift De hexa-
metro v. gibt sich selbst (s. Schluss) als Ueberrest aus einem grössern metri-
schen Werke und stammt aus der Mitte des vierten Jahrh. (vgl. p. 1957 P.:
nostra quoque memoria Lactantius etc.). Von der Lehre des Marius Victo-
rinus weicht sie mehrfach ab. Ist sie d&her von demselben Verf. wie gramm.,
und zwar von Mar. Vict., so wäre anzunehmen dass M. V. zuerst, als er die
gesammte Grammatik bearbeitete, die gewöhnlich damit verbundene Metrik
in der herkömmlichen Weiae und oberflächlich mitbehandelte, später aber,
Aphthonii librum nactus, de elementis artis grammaticae pauca repetivit
iisque doctiores quosdam commentarios (bes. de orthogr.) addidit, de metris
autem multo uberius quam antea factum erat exposuit (H. Keil, quaest.
gramm. 11. p. XII). Vgl. Osann IL S. 358—361. Beide Schriften (gramm.
u. de hex.) abgedruckt bei Putsche p. 1937 — 1974, bei Lindemann p. 271 —
304. Vgl. Lersch, Ztschr. f. d. Alt. Wiss. 1840, S. 109 vgl. Class. Mus. IX.
1845. p. 284—290. Oräfenhan, Gesch. d. class. Philologie IV. S. 91—93.
F. Osann, Beiträge IL S. 364 ff. H. Wentzel, Symb. critt. (Bresl. 1858)
p. 55 — 63. H. Keil, quaest. gramm. II: de Maximi Victorini libris de arte
grammatica qui feruntur, Halle 1871 (Lectionsverz. für 1871 f.). XH pp. 4.
6. Der breite und wenig Vernünftiges enthaltende Commentar zu
Ciceros rhetorica (oben 179, 1) welcher auf uns gekommen ist gehört aller-
dings wohl einem Victorinus, da in diesem Namen alle Hdss. übereinstimmen,
nicht aber unserem Bhetor Marius Victorinus. . Vielmehr heiöst der Verf.
im cod. Vaticanus (im Darmstad. saec. VII fehlt das erste Blatt) Q. Lau-
rentius Fabius Victorinus Marius, im Frising. (saec. X) Victorinus kurzweg,
und erst im Bamberg, (saec. XI) Marius Fabius Victorinus. Abgedruckt
ist dieser Commentar in den Sammelwerken der Rhetores latini, zuletzt in
Orelli's Ausgabe des Cicero, Vol. V, 1. p. 1—180, und in Halms Rhetores
lat. min. p. 153 — 304. Vgl. Halm p. VIII f. Gräfenhan, Gesch. d. class.
Philol. IV. S. 304. C. L. Kayser, Mar. Vict. und Cic. de inv., Philologus
VL S. 706—718.
7. Die christlichen Schriften des M. V. s. Anm. 1. Die biblisch -exe-
getischen scheinen nicht erhalten, mit Ausnahme der Schrift De verbis
scripturae: factum est vespere et mane dies unus. Wohl aber besitzen
wir von ihm De trinitate contra Arium libri IV und De 6(ioovGiq> recipiendo.
Ferner tragen seinen Namen die Schriften De generatione verbi divini
opusculum (= Cönfutatorinm Candidi Ariani) und Ad lustinum Manichaeum
contra duo principia Manichaeorum et de vera carne Christi. In der Bibl.
patr. max. (Lugd. 1677) Tom. IV, in Gallandi Bibl. patr. Tom. VHI und
Migne's Patrol. VHI finden sich diese Schriften beisammen.
928 I>ie Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Erste Hälfte.
8. Die christlichen Gedichte von einem^ beliebigen Victorinus sind
a) De fratribus VII Maccabaeis interfectis ab Antiocho Epiphane, gegen
400 Hexameter; b) drei Hymnen de trinitate; c) hymnus de pascha domini
B. de ligno vitae »» cruce, 70 Hexameter; d) De Jesu Christo deo et do-
mino, 1S7 Hexameter. Vgl. G. Fabricius, poetae Christ, und A. Rivinus,
sanctae reliquiae Victorinorum , Gotha 1662.
9. Sub Constantino et eins filiis setzt Hieronymus de yiris ill. fol-
gende christliche Schriftsteller (meist in griechischer Sprache) an: Eusta-
thius (85), Marcellus (86), Athanasius (87), Antonius monachus (88); Bub
Constantio principe aber Basilius (89), Theodorus (90), Eusebins ans Emesa
(91), Triphyllius (92), Donatus der Häretiker (93), Asterius (94), Lucifer (un-
ten 411, 4), Eusebius Sardus (9B), Fortunatianus (97), Acadus (98), Serar
pion (99) und Hilarius (unten 410, 1—3).
•
385 404. Um die Mitte des Jahrhunderts lehrte zu Rom der
Grammatiker und Rhetor Aelius Donatus^ von dem wir noch
zweierlei besitzen: eine Grammatik (Ars) welche wesenÜich aus
denselben Quellen geschöpft ist wie die von Chaiisius und Dio-
medes^ sowie einen werthvollen Commentar zu Terenz, der aber
nicht in seiner ursprünglichen Gestalt auf uns gekommen, ist.
Auch hatte Donatus den Vergil (Georgica und Aeneis) commen-
tiert^ wovon zahlreiche Anführungen bei Servius erhalten sind.
1. Hieronym. chron. ad a. 354 n. Chr. s. 403, 1. Comm. in Eccles.
c. 1 (T. III. p. 390 Vall.): praeceptor mens Donatus. Apol. adv. Rufin. I,
16 (T. n. p. 472): (puer legeris) in Terentii comoedias praeceptoris mei
Donati (commentarios) , aeque in Vergilium et aliorum in alios. Der Com-
mentar zu Terenz hat in den codd. die Ueberschrift: Aelii Donati v. c.
oratoris urbis Bomae. Alle weiteren Angaben über sein Leben sind mittel-
alterliche Erfindungen. So insbesondere die scurrile vita Donati von
Flaccus Rebius in H. Hagen's Anecdota Helvet. p. CCLX f.
2. Die Ars Donati grammatici urbis Romae ist in einer doppelten
Bearbeitung erhalten, einer kürzeren (Ars minor), welche nur die acht
Redetheile behandelt (bei Keil IV. p. 365—366), und einer ausführlicheren in
drei Büchern (bei Putsche p. 1735—1779, bei Keil IV. p. 367—402). Ueber
die Handschriften derselben s. Keil IV. p. XXXI— XL. Die Uebereinstim-
mung mit Charisius und besonders Diomedes erklärt sich aus der Benützung
derselben Quellen. In der Regel hat Diomedes die reichhaltigere Dar-
stellung (Keil p. XL f.). Bei den Späteren wurde die des Donatus bevor-
zugt und commentiert wie epitomiert. So Servii commentarius in artem
Donati (Keil IV. p. 405 — 448), des angeblichen Servius oder Sei^ius zwei
Bücher ezplanationum in artem Donati (Keü IV. p. 486 — 565 vgl. H. Hagen's
Anecd. Helvet. p. 148—168 nebst p. LXXXIX— XCVI); des Pompejus com-
mentum artis Donati (Keil V. p 95—312), des Bischofs Julianus commen-
tarius in Donatum (s. unten 486, 6), und die commenta Einsiedlensia in
Douati artem minorem, maiorem, barbarismum (Hagen's Anecd. Helvet,
404 f. Donatus. Palladius. 929
p. 202 — 274, nebst p. CV[[ — CXVI). Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol.
IV. S. 107— 109.
8. Ps. Serg. explan. bei Keil IV. p. 486: hie Donatus v(ir) c(lariB8i-
mus) d(octisBimu8 ?) Vergilianum carmen et Terentii comoedias mirifice
commentavit. Der Conimentar zu Terenz (oben 108, 3) ist eine bunte Com-
pilation aus zwei bis drei Commentaren, wovon einer der des Donatus war,
ein zweiter der des Euanthius (oben 400, 8). Die Bemerkungen rhetori-
schen und philosophischen Inhalts fallen wahrscheinlich in Donaths Antheil.
Usener, Rhein. Mus. XXIII. S. 493 — 495. £d. princeps Rom. 1472; dann in
den meisten älteren Ausgaben des Terenz bis auf Zeune herab. L. Schopen,
de Terentio et Donato eius interprete, Bonn 1821, und Specimeu emend.
in Ael. Donati comm. Ter. , Bonn 1826. 4. A. Richter, de Donati comm. Ter.,
Bonn 1864. W. Hahn, zur Entstehungsgeschichte der Scholien des D. zum
Terenz, Halberstadt 1870. 16 S. 4. (Progr. d. Realsch.) Von der Abhandlung
De tragoedia et comoedia ist die zweite Hälfte (beginnend : Comoedia est fa-
buladiversa etc.) wahrscheinlioh aus Donats Einleitung (s. oben 12, 2); äichpr
die gehaltreiche vita Terentii (oben 107, 1) welche Donat aus Sueton herüber-
genommen und nur mit einem kurzen Nachwort begleitet hat. Gräfenhan,
Gesch. d. cla«8. Philol. IV. S. 813—315. Die Haupthandschrift ist ein Pa-
risinus saec. XI; die andern alle (saec. XV) stammen aus der gleichen
Quelle, wahrscheinlich dem codex welchen J. Aurispa J. 1433 in Mainz
auffand; H. Keil, lo. Aurispae epistula (Halle 1870. 4.) p. VIII f.
4. Der von Servius und Priscian (XV, 2. p.' 61 Htz.: Donatus in com-
mento Aeneidos; vgl. XVHI, 126. p. 266) erwähnte Vergilcommentar des
Donatus ist nicht erhalten. Nach den Anführungen scheint es dass D.
darin functus est et emendando et distinguendo et explicando et quaestio-
nibus solvendis omnibus fere interpretis officiis, tamen ut quae restant
vituperatione multo saepius quam laude digna videantur, Ribbeck Prolegg.
in Verg. p. 178, mit der näheren Begründung p. 178—185. Ueber Ti.
Claudius Donatus, dessen Interpretationes zur Aeneis erhalten sind, s. un-
ten 422, 5 ff. M. D. A. v. d. Hoeven, Ep. ad Suringarium de Donati comm.
in Verg. Aen., Leovard 1846.
5. In einer Berner Hds. werden als Schüler des Donatus (und aus Si-
cilien gebürtig) aufgeführt Honoratus (womit wohl bes. der centimeter ge-
meint ist, unten 423, 4), Sergius (gilt wohl dem liber de syllaba, de pedi-
bus etc.), Maximus (Victorinus) und Metrorius (oben 403, 4). H. Hagen,
Anecd. Helv. p. CXLIX f.
406. In diesen Jahrzehnten war es wohl dass Palladius.ssc
seine 14 Bücher über Landwirtschaft verfasste, ohne Anspruch
auf Gelehrsamkeit in kurzem Abriss die Lehren der Vorgänger
und der Erfahrung zusammenstellend. Den Haupttheil bildet
(B. Il-r-Xin) die Aufzählung der ländlichen Geschäfte, nach
Monaten geordnet. Buch XIV, das von der Baumzucht handelt,
ist einem Pasiphilus gewidmet und besteht aus 85 elegischen
Distichen.
TnrrFsii, BOm. lilteraturgeioUohie. 2. Ann. 50
930 Die Kaisorzeit. Viertes JahrLundert. Erste Hälfle.
1. Aufschrift: Palladii Rutilii Tauri Aemiliani, viri ill., de re mstica
über I etc. Dein vierten Jahrh. gehört Fall, jedenfalls an; fraglich ist nur
welchem Theile desselben. Die Person des Pasiphilus entscheidet wenig,
da es zweifelhaft bleibt welcher der verschiedenen Männer dieses Namens
darunter zu verstehen ist, ob der praef. urbi des J. 355 (Gruter p. 1080, 1.
Borghesi, Memor. der Turiner Akad. XXXVIII. 1835 = Oeuvres III. p.463ff.i
oder der Philosoph der dem Eutropius J. 371 das Leben rettete (Ammian.
XXIX, 1, 36) oder der im Cod. Theod. 11, 1, 8 (J. 395) genannte. Nicht
wahrscheinlich ist daher dans der bei Rutil. Nani. It 207 ff. gerühmte
Palladius, Sohn des Exuperantius, ein facundus iuvenis aus Gallien der
mit Rutil. Nam. verwandt war, unser Schriftsteller ist. Da dieser den
.verschwommenen Monotheismus des vierten Jahrh. theilt (I, 1 : si divina
faverint; XIV, 21: ipse poli rector etc.), daneben aber unbefangen den
Apollo, Bacchus, die Nymphen und andere Gestalten des alten Glaubens
nennt , so möchten wir ihn am ehesten als . Zeitgenossen des Astrologen
Firmicus Matemus betrachten, und als Adressaten von B. XIV (s. A. 2) den
praef. urbi 355. Der Name Palladius ist saec. IV und V häufig an höheren
Beamten; s. Hänel index leg. p. 123. Borghesi's Taums führt irre. Die
Bezeichnung der Capitel durch tituli wurde durch den cod. Theod. schwer-
lich aufgebracht, vielmehr angenommen.
2. B. I gibt im Ueberblick quae pertinent ad generale praeceptum
(l, 43, 4). Auf Stil wird verzichtet: neque enim formator agricolae debet
artibus et eloquentia rhetores aemulari, quod a plerisque factum est (I, 1,
1). Die Quellen werden selten genannt, am häufigsten Columella, dann
Gargilius Martialis, Mago, einmal auch Apuleius. Pallad. III, 30 = Geo-
pon. V, 38 (Sotion). Gewöhnlich beruft sich P. unbestimmt auf Graeci.
Eigene Erfahrung; vgl. IV, 10, 16: quod ego in Sardinia (et in) territorio
Neapolitano in fundis meis comperi. ib. 24: ego . . in Italia . . plantar
grandes ficonim . . disposui. Viel Aberglauben läuft mit unter. Meist
kurze Sätzchen. B. XTV (ad Pasiphilum, virum doctissimum) ist eine Nach-
ahmung von Colum. X, aber eine unglückliche. Schon die Wahl des ele-
gischen Versmasses ist unpassend. Der Ausführung fühlt sich die Mühe
au welche sie gekostet. Die Anlage ist eintönig, der Ausdruck ohne Leich-
tigkeit, voll von unzeitigem Pathos. Versbau correct.
3. Cassiod. div. lectt. 28: Aemilianus explanatos duodecim (er denkt
wohl nur au den Wirtschaftskalender) libros de hortis vel pecoribus aliis-
que rebus jilanissima bicidatione disseruit. Im Mittelalter war Pall. wegen
seiner unmittelbar praktischen Anordnung und Dürftigkeit viel benutzt.
4. Text in den Scrij^tores rei rusticae, s. oben 52, 5. Sonderausgabe
. Paris 1536. 4. Buch XIV (de insitionibus) auch bei Werusdorf, poetae latt.
min. VI. p. 135—159 vgl. p. 15—21.
5. Ueber Pall. s. bes. E. H. P. Meyer, Gesch. der Botanik, II (1855)
S. 328—333.
387 406. Dem vierten Jalirhundert gehl)reii die verscluedeiieii
Koisebflclior (Itineraria) an welche auf uns gekommen sind.
405 f. Palladins. Ttineraria. 931
Aus dem Anfange desselben stammen wolil die beiden sogenann-
ten Itineraria Antonini, Verzeichnisse von Reiserouten im
römischen Reiche, zu Land und zur See. Aus dem J. 333 ist
die Uebersicht einer Pilgerfahrt von Burdigala nach Jei'usalem
(Itinerarium Bnrdigalense oder Hierosolymitanum). Für den
Feldzug des Constantius gegen Persien (also J. 340 — 345) verfassi
und jenem Kaiser gewidmet ist das Itinerarium Alexandri, ein
Abriss des persischen Zugs von Alexander dem Grossen. Von
den beiden vorhandenen Verzeichnissen der Regionen der Stadt
Rom stammt die eine Fassung aus der Mitte des Jahrh., die
andere aus dessen zweiter Hälfte.
1. Yetera Romanorum itineraria (Antonini, Hierosol. und Hieroclis
Synecdemua) cum notis varr. ed. P. Wesseling,'^ Amsterdam 1735. 4. Fortia
d'Urban, Becueil des itin^raires anciens, avec dix cartes, Paris 1845. 4.
2. Itinerarium provinciarum Antonini Aug. (p. 1 — 234 Parthey) und
Imp. Antonini Aug. itinerarium maritimum (p. 235 — 259 P.). Die Grund-
lage ist nach Parthey (Itinerarium Antonini et Hierosol. ex libris mss. edd.
G. Parthey et M. Pinder; accedunt duo tabulae, Berlin 1848) p. VI aus
der Zeit des Caracalla; dazu kamen aber fortwährend Zusätze. Die er-
haltene Recension der bessern Hdss. Diocletiani aetate neque vetustior est
neque recentior (ib.), da sie einerseits den Namen Diocletianopolis enthält,
andererseits die Angabe der Entfernungen noch nicht von Constantinopel
ausgeht, sondern meist von Rom (p. VII). Das Itinerar Antonius herausgeg.
von T. Tobler, St. Gallen 1863.
3. L. Renier, Itin. romains de la Gaule, Paris 1850. M. Pinder, über
das It. Burd. und die bisher unbenutzte Veroneser Hds. desselben (Monats-
ber. d. Berl. Akad. von 1860. S. 316). A. de Barthöl^my, It. de Bordeaux
a Jerusalem d'apr^s un ms. de V^rone, Revue archdol. 1864. II. p. 98 — 112.
A. Bertrand, les voies rom. en Gaule^ Paris 1863. Aur^s, concordance des
voies apollinaires (A. 5) et de Titin^raire de Bordeaux ä. Jerusalem . . et com-
paraison . . avec Titin. d'Antonin et avec la table Th^odosienne, Nismes 1868.
4. Itinerarium Alexandri ad Constantium Aug. ed. nunc primum . .
Ang. Mai, Mediol. 1817. 4. (Frankf. a. M. 1818. 8.); auch in seinen Classici
auct. Tl. VII zu Anfang, und von C. Müller an F. Dübners Ausg. des ,Ar-
rianos (Paris 1846), nach Pseudo-Kallisthenes, p. 156— -167. Ed. D. Volkmann,
Naumburg 1871. VIII u. 32 pp. 4. Vgl Letronne, Journ. des savants 1818,
p. 401 flf. F. Haase, Miscell. phüol. 11 (Breslau 1868. 4.) p. 20 ff. Anfang:
dextrum admodum sciens et omini tibi et magisterio futurorum, domine
Constauti, bonis melior imperator, si orso feliciter iam accinctoque persi-
cam expeditionem itinerarium principum eodem opere gloriosorum, Alexandri
scilicet Magni Traianique, componerem, libens sane et laboris cum amore
succubui. Der Schluss (nach c. 120) und damit der den Trajan betreffende
Theil ist verloren. Geschöpft ist die Schrift vorzugsweise aus Arrian (C.
Kluge, de itinerario Aiexandri M., Berlin 1861, p. 4—16) und Pseudo-
59*
932 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert.
Eallisthenes (ib>. p. 20 — 31) in der Üebersetzung des lulius ValeriuB (oben 388,
11). lieber den Sprachgebrauch (Archaismen u. dgl.) s. Kluge p. 46 — 51.
54 f. (Gracismen). Beiträge zur Textkritik bei Kluge p. 66 — 64.
6. Im Bade Yicarello (Aquae Apollinares) sind drei Gefösse mit Reise-
routen gefunden worden. A. Jacob, les trois itin. des^Aquae Ap., Paris
1859. Vgl. Revue arch^ol. 1862, I. p. 254 flf. 1870, II. p. 124—129.
6. W. A. Becker, Handb. d. röm. Alterthümer I. S. 709 ff: L. Preller, die
Regionen der Stadt Rom, berichtigt mit Einl. und Commentar, Jena 1846.
Mommsen, Abhandl. d. sächs. Ges. d. W. 1850. S. 601 — 605. R Jordan,
Topographie d. St. Rom im Alterthum, IL Berlin 1871. 680 S. (Urkunden
S. 537 — 670.) Vgl. unten 407, 3 (XI). Sammlung der Texte auch in C. L.
Urlichs, codex urbis Romae topographicus, Würzburg 1871. 256 pp.
7. Die Regionenverzeichnisse stammen wohl beide aus eii^ Urkunde
der Zeit Constantins welche eine Uebersicht der 14 Regionen (Stadtqnar-
tiere) gab in welche August Rom eingetheilt hatte. Die ältere Recension
(geschrieben zwischen J. 334 u. 357) findet sich in den Hdsa. der Notitia
dignitatum und wird daher meist Notitia (regionum) genannt; die jüngere
(nach J. 357, wahrscheinlich vor 403 gemachte) hat den Titel Curiosum urbis
Romae regionum XIV cum breviariis (Anhängen) suis. Vgl. H. Jordan a.
a. O. II. S. 1—236. Abdruck ebd. S. 637—582. Durch Zusätze zum Cnrio-
sum aus der basis capitolina (oben 348, 6) und aus Schriftstellern bildeten
Italiener ,de8'15ten Jahrh. eine Art Leitfaden der Topographie, welchem
das Aussehen eines neuentdeckten Schriftstellers (P. Victor) gegeben wurde.
Den Namen Sex. Rufus erhielt das Curiosum wahrscheinlich weil es hinter
dem Breviarium desselben (unten 409, 7 f.) sich in Hdßs. fand. H. Jordan
a. a. O. II. S. 299—312.
8. Aufzeichnungen eines ungenannten Mönchs aus dem Kloster Ein-
siedeln (Anonymus Einsiedlensis) über seinen Ai^fenthalt in Rom (saec IX),
herausgegeben von G. Hänel, in Jahns Archiv V. S. 115 ff., bei Urlichs
(A. 6) p. 59—78, und bei H. Jordan a. a. 0. 11. S. 646—663 vgl. S. 329—356.
9. Eine Arbeit aus der Mitte von saec. XII sind die sog. Mirabüia
Romae, von verschiedenen Verfassern und in zwei Recensionen erhalten.
Herausgegeben von G. Parthey (e codd. vaticanis emendata), Berlin 1869,
von Urlichs (A. 6) p. 91 ff. und H. Jordan a. a. 0. II. S. 605 — 643 vgl.
g. 367—536 (bes. S. 386 f.).
2. Zweite Hälfte des Jahrliniidert».
a. Die Zeit vor Theodosius I.
388 407. Aus dem Anfange der zweiten Hälfte des Jahrh. be-
sitzen wir eine wiclitige Geschichtsquelle an dem reichhaltigen
historischen Handbuch für die Stadt Rom aus dem J. 354, in
der Wiener Handschrift noch verbunden mit einer Clironik und
dem Regionenverzeichniss au.s dem J. 334 und mit Fortsetauiigeu
bis ins J. 539 n. Chr. *"
406 f. Itineraria. Chronograpli des J. 354. 933
1. Th. Mommsen, über den Chronographen vom J. 354; in den Ab-
handl. der eächs. Ges. d. Wies. II (philologisch-hist. Cl. I) vom J. 1850, S.
549--668.
2. Die Bestandtheile des Handbuches sind in der Brüi^seler Hds. und
der ersten Hälfte des Vindobonensis (s. A. 4) folgende:
I. Kalender, geschrieben zwischen 340 und 350 durch den Kalli-
graphen Furius Philocalus, überarbeitet zwischen 350 und 361
(Mommsen S. 565—571); s. oben 72, 9.
III. Consularfasten (der sogen. Anonymus Norisianus, nach der Aus-
gabe des Norisius, Florent. 1689), das vollständigste und zuver-
lässigste aller handschrifblich erhaltenen Consularverzeichnisse,
vom Anfange des Consulats bis J. 354 n. Chr. Mommsen S. 572.
Abdruck S. 611—623.
IV. Ostertafelj fortgefQhrt bis ins J. 358, mit späteren schlechten Er-
gänzungen bis J. 410 f. Mommsen S. 572 — 580. Abdruck S. 624
—626.
V. Verzeichniss der römischen Stadtpräfecten, vom J. 258 — 354. Ebd.
S. 580. Abdruck S. 627—630.
VI. Depositio episcoporum et martyrum, Verzeichniss der Begräbniss-
und Gedächtnisstage der römischen Bischöfe und der Märtyrer
vom J. 255 (235) bis 335, abgefasst 336, ergänzt 352—369; Vor-
läufer des christlichen Kalenders. Das Martyrologium ist das
älteste bekannte und die Grundlage des den Namen des Hiero-
nymus tragenden. Ebd. S. 580 f. Abdruck 8. 631—633.
VII. Verzeichniss der römischen Bischöfe bis auf Liberius (J. 352—369)
nach Consulatsjahren , angelegt um 230, vollendet unter Liberius;
die erste Hälfte (bis J. 230) ohne selbständigen Werth, die zweite
(J. 231—352) von offiziellem Charakter. Ebd. S. 582—585. Ab-
druck S. 634—637.
3. In der Wiener Handschrift kommen zu diesen im J. 354 zu Rom
verfassten Bestandtheilen :
IX. eine Weltchronik, an die Bibel sich anschliessend, eine jüngere
Kedaction des im liber generationis (bis J. 234) vorhandenen Tex-
tes, zweierlei Uebersetzungen desselben griechischen Originals,
wahrscheinlich von Hippolytns aus Portus (oben 377, 3). Momm-
sen S. 585—598. Abdruck S. 637—643.
X. Stadtchronik, mit der Ueberschrifb Origo gentis Romanorum, Ge-
sammtübersich't der röm. Geschichte bis auf Licinius, wobei die
älteste euhemeristisch behandelt und überall die städtischen Merk-
würdigkeiten hervorgehoben werden. Ebd. S. 598—601. Abdruck
S. 644—648.
XI. Regionenverzeichniss in der Recension der Notitia regionum; s.
oben 406, 6 f.
Znsätze aus späterer Zeit, mit dem Uebrigen nicht zusammenhängend,
sind Annalen in doppelter Fassung, einer kürzereu und geringhaltigeren
(II), fortgeführt biß 539, und einer ausführlicheren (VIH) von Caesar bis
403 und wieder 455—496; Mommsen S. 685. 610. Abdruck S. 656—668.
934 I^ie Kaiaeraeit. Viertes Jahrhundert. Zweite H&lfte.
4. Die Handschriften zerfallen in zwei Familien, den verschollenen
cod. Peirescianus saec. VlII oder IX und dessen Abschrift, den cod. Bni-
xellensis saec. XVI, andererseits Bernensis saec. VIII oder IX (nur wenige
Blätter), aus dßin Originale wovon eine Abschrift ist der Vindobonensis,
der vollständigste von allen. Mommsen S. 550 — 561.
5. Herausgegeben von Mommsen a. a. 0. S. 611 — 668. Die früheren
Ausgaben einzelner Theile s. ebd. S. 561 — 564.
6. Vielleicht noch aus dem vierten Jahrh. stammt auch die Passio
sanctorum IV coronatorum, worin der Papst Melchiades (J. 311 — 314) als
gestorben erwähnt wird. Abgedruckt ist sie zuletzt (durch W. Wattenbach)
in M. Büdinger's Untersuch, z. röm. Kaisergesch. HI. S. 323—338; vgl.
dazu 0. Hunziker, ebd. S. 3—11, 0. Benndorf, ebd. S. 339 — 356, und M.
Büdinger, ebd. S. 367—379.
389 408. Die Geschichtschreibung der Zeit hat nur kurze Abrisse
aufzuweisen, von Aurelius Victor, Eutropius und Sextus Rufus.
Von Sex. Aurelius Victor selbst verfasst ist wohl die kurze
Kaisergeschichte (Caesares) bis gegen das Ende des Constantius.
Damit wurde (wohl im fünften Jahrh.) verbunden eine üebersicht
der römischen Geschichte während der Königszeit und der Re-
publik in biographischer Form (de viris illustribus), von unbe-
kanntem Verfasser, aber aus der Zeit des Victor. Zur Vervoll-
ständigung hat frühestens der Veranstalter dieser Sammlung die
Urgeschichte Roms (origo gentis romanae) hinzugefügt welche
gleichfalls erhalten ist, geschichtlichen Werthes jedoch vollstän-
dig ermangelt. Aus jener Kaisergeschichte aber vnirde ein Aus-
zug veranstaltet, unter Fortführung bis auf den Tod von Theo-
dosius I. Auch diese Epitorae ist auf uns gekommen.
1. Hieronym. Epist. 10, 3 (p. 24 Vall.): ne putes modica esse quae
deprecor: . . scilicet commentarios Fortunatiani et, propter notitiam per-
secutorum, Aurelii Victoris historiam. Es ist also die Kaisergeschichte die
er verlangt und deren Verfasser somit Victor. Ammian. XXI, 10, 6 (J. 361):
ubi (in Naisaus) Victorem, apud Sirmium visum scriptorem historicuni ex-
indeque venire praeceptum, Pannoniae secundae consularem praefecit (lu-
lianus) et honoravit aenea statua, virum sobrietatis gratia aemulandum,
multo post urbi praefectum. Lyd. de inagistr. Hl, 7: airmvaiy ovg OvtytTcaQ
6 latOQinog iv xy lazoqCcc tc5v ifKpvWmv (pQOviisvraq^ovg oISb (== Oaes. 39, -44).
Victor Caes. 20, 5: mihi . . qui rure ortus tenuique et indocto patre in
liaec tempora vitam praestiti, studiis tantum honestiorem. Das Schriftchen
ist aus guten Quellen geschöpft, nimmt gegen die Zeit des Verfassers hin
an Ausführlichkeit zu und schliesst mit dem J. 360. Constantius heisst
noster princeps 42, 5; vgl. 34, 7 und 41, 9. nostra aetate 28, 2; noatra
memoria 39, 6. 40, 14. Der Verfasser ist Heide (vgl. z. B. 40, 15. 41, 20)
und hält viel auf Prodigien. Die eingestreuten Reflexionen, über den Werth
408. Aurelius Victor. 935
der litterae und Dioralisclien Inhalts (bes. 20, 2 ff. u. i;j. 28, 7 ff. 39, 5 u.
7. 40, 13 f. 41, 21. 42, 2 ff.), verrathen keinen weiten geistigen Horizont.
Die Ueberschrift nennt den Verf. Sex. Aurelius Victor, die der origo g. r.
aber Victor Afer. Ein Aurelius Victor, XVvir sacr. fac, leg. Augg. propr.
prov. Pannoniae inf. bei Orelli 3715 (aus Ameria).
2. Das Schriftchen de viris illustribus urbis Komae reicht in 86 Capp.
von dem Albanerköuige Procas bis auf Cleopatra und behandelt auch Nicht-
römer welche in die römische Geschichte eingriffen (wie Pyrrhus und
Ilannibal. Benützt ist Cornelius Nepos, Hyginus (Wölfflin über Ampel.
S. 25 ff.), Sueton und Florus; Livius aber, wie es scheint, nicht im Original.
Vgl. C. Aldenhoven, Hermes V. S. 150—164. Es enthält werthvolle An-
gaben und unteracheidet sich in seiner knappen Darstellung vortheilhaft
von der wortreichen des Victor (Caess.). Sonderausgaben von Brohm (für
Schulen, Berlin 1832) und E. Keil (mit Commentar, Breslau 1850).
«
3. Die Epitome hat die Ueberschrift: Do vita et moribus imperatonim
romanorum excerpta ex libris Sex. Aurelii Victoris, a Caesare Aug. usque
ad Theodosium imp. Die Vergleichung mit den Caess. zeigt dass der Verf.
zu seiner Vorlage gelegentlich aus anderen Quellen oder der Erinnerung
Zusätze gemacht hat. Ganz sein Eigenthum sind c. 43- 48. Sie sind sach-
lich unparteiisch, formell aber kümmerlich.
4. Die origo gentis romanae ist ein insipides Büchlein welches in 23
Capp. von Saturnus bis Romulus gelangt und -Anfangs seine Weisheit aus
der Aeneis schöpft, dann aber mit allerlei falscher Gelehrsamkeit sich auf-
putzt, mit Citaten wie: ut docet Alexander Ephesius libro I belli Marsici
(9); ut scribunt Volcatius et Acilius Piso (10); ut scribit M. Octavius libro
1. at vero Domitius libro 1 docet (12); ut scribit Lutatius libro III (13); ut
docet Julius Caesar lib. l itemque A. Postumius in eo volumine quod de
adventu Aeneae conscripsit atque cdidit (15); ut scribunt C. Caesar et Sex.
Gellius in origine g. rom. (16); ut scriptum est in annali pontificum IV,
lib. Cincii et Caesaris II, Tuberonis I (17); ut scriptum est annalium libro
IV et epitomarum Pisonis II; Aufidius sane in Epitdmis et Domitius libro
I tradunt (18); ut scribit Valerius Antias lib. l (19); at vero Fabius Pictor
lib. I et Vennonius (20); Licinius Macer lib. I docet . . contra Eguatius lib.
I tradit (23). Solche Raritäten bewirken dass man das Machwerk am
liebsten dem XV Jahrb. zutheilen würde (Niebuhr, Orelli, W. A. Becker,
Hulleman, Rotter, W. Harless), wenn nicht innere Gründe und die That-
sache dass es ältere Hdss. gab nöthigten es vielmehr einem Schulmanne
des 5 — 6. Jahrh. zuzuweisen (Jak. Mähly, II. Jordan), also der Zeit des
Fulgentius (s. 459, 17), dem es würdig zur Seite steht. Vgl. noch 1, 6: quare
(Vergil. Aen. 1,213) addiderit tutus suoloco plenissime adnotavimus in com-
mentatione (prius) quam hoc^cribere coepimus, cognita ex libro qui inscriptus
est De origine patavina. Mähly, de auctore libelli qui inscrib. de or. g. r.,
Jahns Archiv XVIII. p. 132 — 153 vgl. XIX. p. 315 — 319. C. L.'Roth, ebd.
XIX. S. 314 f. Reiffenberg, Bull, de l'acad. de ßruxelles XL Nr. 5. X. p.
468 ff. H. Rotter, de auctore libelli de or. g. r., Cottbus 1858. 4. H. Jor-
dan, Rhein. Mus. XVIII. S. 589 f., Caton. reliqq. p. XXIX f. und Hermes IH.
S. 389--426.
936 Die Kaiflerzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
5. Aasgaben der vier Schriftchen besonders von A. Schott (Antverp.
1579), S. Pitiscus (cum notis, Utrecht 1696), J. Arntzen (Amstelod. 1733. 4.),
J. F. Grüner (Coburg 1757), Fr. Schröter (Lips. 1829—31, 2 Voll.). Auch
in histor. rom. scriptores minores, Bipont. 1789, und sonst.
r>90 . 409. Unter Valens verfasste Eutropius seinen Abriss der
ganzen römischen Geschichte (breviarium ab urbe condita) in
zehn Büchern, nach den geläufigen Quellen, mit gutem Urteil,
Geschick und Unparteilichkeit, und in einfacher Sprache. Seine
Kürze und Brauchbarkeit machte das Schriftchen bald beliebt
und verschaffte ihm Uebersetzer (ins Griechische) wie Fortsetzer
und Aufnahme in die historia miscella. Gleichzeitig mit der
Arbeit des Eutropius ist die ähnliche, aber viel dürftigere des
Ruf US Festus, welche gleichfalls auf uns gekommen ist. Viel-
leicht ist aus derselben Zeit auch des lulius Obsequens Ver-
zeichniss der Prodigien in den Jahren 505 — 742 d. St., nach
einem Auszuge aus Livius.
1. Said. 8. V. (I. p. 656 Bnh.): EvTQontos, 'itaXog, ffOfpiatrjg. ^rrjv
Qm^iaCtiTiv tazogiav imto^mag rrj 'italmv q)(ov^ sygwipSy xal aXXa, Eatrop.
X; 16, 1: lulianus . . Parthis intulit bellum, cai ezpeditioni ego qnoque
interfui. Vgl. Georg. Codin. de orig. Const. p. 18 Bonn. Widmung Yalenti
maximo perpetuo Aug.: res rom. ex voluntate mansuetudinis tuae ab urbe
condita ad nostram memoriam, quae in negotiis vel bellicis vel civilibus
eminebant, per ordinem temporum brevi narratione collegi strictim, additis
ctiam bis quae in principum yita egregia extiterunt. Das Werk schliesst
mit dem Tode Jovian's (J. 364): quia ad inclitos principes venerandosque
(die regierenden) perventum est interim operi modum dabimus. nam
reliqna stilo maiore dicenda sunt, quae nunc non tarn praetermittimus
quam ad maiorem scribendi diligentiam reservamus. Der Zeit nach könnte
der Verf. gemeint sein bei Ammian. XXIX, 1 , 36 (J. 371) : Eutropius Asiam
proconsulari tune obtinens potestate (vgl. Gregor. Naz. Epist. 138) ut
factionis conscius arcessitus in crimen abscessit innocuus, Pasiphilo ex-
imeiite philosopho. Liban. de vita I. p. 106 R. Epist. IV, 191. Greg. Naz.
Ep. 137. Im Cod. Theod. (und Tust.) wird (dieser) Eutr. als praef. praet,
in den Jahren 380, 381, 384—387 öfters erwähnt; s. die Stellen bei Häoel,
index legum p. 109. Er ist wohl auch der Eutr. (cui pollet Minerva III, 47)
an welchen Symmach. Ep. III, 46 — 53 gerichtet sind.
2. Suid. V. Kamtojv (II. p. 66 Bnh.): iLBTccq)Qaai.v trjg iTcitoftrjg EvtQO-
TtLov gcoftaCotl initepLOvtog Aißiov xov *P(opLaiov. Letzteres ist auch für die
Ültere Zeit nicht ganz richtig, da Eutr. manche von Livius abweichende
Angaben hat; s. ü. Köhler, qua rat. Liv. ann. (1860) p. 38 ff. Namentlich
ist eine erweiterte Redaction des Dion mitbenutzt; A. Köcher, de loaDu.
Ant. (1871) p. 23 f. Für die Kaisergeschichte sind Sueton, die Chronik von
354 (Mommsen, der Chronograph S. 601) und die scriptores h. a. verwerthet.
Xeben den Thatsachen gibt Eutr. hier in der Regel auch eine kurze
\
409. Eutropius. Rufus Festus. 937
Charakteristik, Ton deren Unparteilichkeit Proben sind die Urteile über
Constantin und Julian (X, 6 ff. 16).
3. Auf sonstige Schriften des E. deutet des Suidas wxl aXlcc. Spüren
derselben sind nicht erhalten, falls nicht etwa eine ist das Citat bei Pri-
scian I, 8 (p. 8, 19 H.): id etiam Eutropius confirmat, dicens (über x).
4. Benützung des breviarium von E. durch Hieronymus , Orosius u. A.
In der historia miscella steht es an der Spitze; Tgl. oben 39, 5. Johannes
aus Antiochia scheint den Eutr» in einer (erweiternden) griechischen Bearbei-
tung vor sich gehabt zu haben, A. Köcher de lo. Ant. 1871, p. 17 — 24.
6. Uebersetzung des Breviarium ins Griechische durch den Lykier
Capito (s. A. 2), vielleicht unter Anastasius. Erhalten ist (bis X, 12) die
eines Paeanius, vielleicht aus dem Ende von saec. V. Sie ist umschreibend
gehalten und auch von Missverständnissen nicht frei. Herausgegeben zuerst
von F. Sylburg, bist, graec. script. min. (Frankf. 1690) III. p. 62 ff. ; dann in
den Ausgaben des Eutr. von Cellarius, Hearne, Havercamp, Verheyk; eigens
von C. F. Schmid (Lauenburg 1736), J. F. S. Kaltwasser (Gotha 1780).
Weber, de lat. script. quae Graeci transtulerunt II. (Kassel 1852) p. 16—21.
E. Schulze, de Paeanio Eutropii interprete, Philologus XXIX. p. 286 — 299.
6. Unter den Handschriften des brev. ist besonders wichtig der
Gothanus saec. IX. Editio princeps Rom. 1471 . 4. Sonstige Ausgaben
besonders von A. Schonhov (Basil. 1546. 1562), Ch. Cellarius (Zeiz 1678 u.
sonst), Th. Hearne (Oxon. 1703), S. Havercamp (Lugd. B. 1729), H. Verheyk
(Lugd. B. 1762. 1793), C. H. Tzschucke (Lips. 1796; kürzer Lips. 1804).
Schulausgaben mit deutschen Anm. von F. W. Grosse (Halle 1813), G.
Seebode (m. Wörterb., Hannover 1817. 1837), F. Hermann (Lübeck 1818),
C. Ramshorn (Leipzig 1837), 0. Eiohert (Hannover 1871). Texte (Bibl. Teub-
ner.) von Baumgarten-Crusius und R. Dietsch (Lips. 1849. 1853V Wörter-
buch zu Eutr. von 0. Eichert, Breslau 1850.
7. Widmung: D. n. Valenti imp. pio perp. semper Aug. Sex. Rufus
V. c. Brevem fieri dementia tua praecepit. parebo libens praeceptis, quippe
cui desit facultas latius eloquendi. . . res gestas signabo, non eloquar. ac-
cipe ergo quae breviter dicta brevius computentur. c. 2: ab urbe cond.
in ortum perennitatis vestrae . . anni numerantur MCXVII. Schluss (c. 29):
quam magno deinceps ore tua, o princeps invicte, facta incluta sunt per-
sonanda! quibus me, licet imparem dicendi nisu, et aevo gravier prae-
parabo, . . gloriosissime principum Valens Auguste. Titel: Breviarium re-
rum gestarum populi rom., oder Sex. Rufi v. c. rerum gestarum pop. rom.
epitome; Rufi Festi v. c. rer, gest. pop. rom. liber u. dgl.
8. Handschriften des Rufus Festus sind häufig. Ausgaben (nach der
piinceps, wahrsch. Neapel. 1470. 4.) von Chr. Cellarius (Zeiz 1673. Hai. 1698),
an den Ausgaben des Eutrop. von Havercamp und Verheyk; ferner von
C. H. Tzschucke (in us. schoL, Lips. 1793), C. Münnich (recogn., Hannover
1815), R. Mecenate (ad mss. emend., Rom. 1829).
9. Von lulii Obsequentis ab a. u. c. DV (J. Bernays im Rhein. Mus.
XII. S. 436 ff.) prodigiorum Über gibt es keine Handschrift, sondern nur
938 T)ie Kaiserzeit. Viert<?s Jahrhundert. Zweite Hälfte.
die editio princeps des AldiiB, Venet. 1508 (mit Plinius d. J.). Spätere Aus-
gaben bes. von J. Scheffcr (Amstelod. 1679), Fr. Oudendorp (Lugd. Bat 1720^
vgl. Acta phil. Monac. TT. p. 291 ff.), J. Kapp (Hof 1772) und bes. rec. et
emend. 0. lahn (Lips. 1853, an den periochac des Livius, p. 109 ff. vgl. p.
XTIT ff.;. Das Schriftchcu ist lediglich aus Livius geschöpft, und auch aus
diesem nicht unmittelbar, sondern aus einem Abriss wo die Consulnamen
im Ablativ vorangestellt waren, wahrscheinlich dem gleichen welchen Cas-
siodor benützt hat (Mommsen, Cassiod. S. 552). Durch diese Beschränktheit
des gelehrten Horizonts, wie andererseits das heidnisch-superstitiöse Inter-
esse für die Prodigien, bestimmt sich ungefälir die Abfassungszeit.
391 410. Die Kunst der Rede hat in dieser Zeit zahlreiche
Vertreter, besonders in Gallien, wie Gennadius, Minervius, Al-
kimus, Delphidius, Arborius und bald auch Ausonius; daneben
in griechischer Sprache die Sophisten Himerios, Libanios u. a.
Die einzige Rede in lateinischer Sprache die wir besitzen ist
des Claudius Mamertinus Danksagung für das durch Julian
ihm verliehene Consulat, gehalten am ersten Januar 362 zu Con-
stantinopel. Sie gibt in ihrer Weise ein treues Bild von Julians
Persönlichkeit und Regententhätigkeit.
1. Hieron. chron. a. 2369 =» 353 n. Chr.: Gennadius forensis orator
Romae insignis habetur.
2. Hieron. chron. a. 2369 = 353 n. Chr. rMinervius Burdigalensis rhetor
Romae florentissime docet. Dieser Ti. Victor Minervius lehrte zuerst zu
Constantinopel, dann zu Rom, zuletzt in seiner Heimat Burdigala; s. Auson.
prof. Burd. 1. Seine Söhne Alethius Minervius (ib. 6. Symmach. Epist. IV,
18. 35 — 49, bes. 35: crevisti . . paternae in me familiaritatis successi(»nem)
und Protadius (Symm. Ep. TV, 17—34; vgl. ib. 36 mit 18) waren gleichfalls
Rhetoren und gelangten zu äusserer Stellung. Vgl. Claudian. LXXTV (epigr.
24). Des Erstem Sohn hiess gleichfalls Protadius (Symm. Ep. IV, 47). Ein
dritter Bruder war Florentinus (ib. IV, 50—57), welcher unter Honorius
Quaestor war und das Geschäft condendarum sanctioniim hatte (ib. IV, 50).
Dessen Sohn hiess wiederum Minervius (ib. 55), und vielleicht dessen Bru-
der war Nemesius (ib. 56).
3. Hieron. chron. a. 2371 = 355: Alchimus et Delfidius rhetores in
Aquitanica florentissime docent. üeber Delphidius vgl. oben 396, 8. La-
tinuB Alcimus Alethius war nach Auson. prof. Burd. 2, 21 ff. Lehrer des
(Kaisers) Julian und des Sallustius; vgl. Apoll. Sidon. Epist. V, 10 (abun-
dantia Delphidii, Agroecii disciplina, fortitudo AlcLmi). TUT, 11 (si a te in-
structio rhetorica poscatur, hi Paulinum, illi Alcimum non requirnnt).
Verse welche in den Hdss. dem Alcimus, Alcinous oder Avitus zugeschrie-
ben werden hat diesem Ale. (welchen Ausonius 1. 1. palmae forensis et Ca-
menarum decus nennt) zugetheilt Meyer, anthol. lat. 254 — 260, Vgl. A.
Riese, Zeitschr. f. d. östr. Gymn. 1867, S. 398 ff. u. Anthol. lat. 713—715. 740.
In einer Berliner Hds. saec. IX finden sich als Libri Alchimi verzeichnet:
410. Minervins, MamertiniiB u. a. Rhetoren. 939
In adulesccntem qui in pnblico patre cadente risit etc. und eine Contro-
versia fullonis vel (==s et) calvi; s. Haupt, Hermes HI. p. 222 f.
4. Sulpic. Sev. chron. H, 46, 2 f.: huiiis (des Marcus, def den Ono-
Bticismus aus Aegypten nach Spanien brachte) auditores fuere Agape <juae-
dam . . et rhetor Helpidius (Elp.). ab bis Priscillianus est institutus, familia
nobilis, . . facundus, multa lectione eruditus, disserendi ac disputandi prom-
ptisßimus. 47, 2: damnati (J. 380) . . Helpidius et Priscillianus laici (auf
der Synode von Caesaraugusta). Vgl. 51, 3. Ein anderes Haupt der Secte
(Priscillianisten) war Latronianus, s. unten 415, 8.
5. Aemilius Magnus Arbo r ins, mütterlicher Oheim und Lehrer des
Ausonius (Auson. parent. 3), Rhetor zu Tolosa, in Spanien und Constan-
tinopel, wohin er berufen wurde nachdem er in Tolosa Constantini fratres
(seine Halbbrüder Dalmatius, Hanniballianus und Julius Constantius) exilii
specie sepositos kennen gelernt hatte und wo er auch starb (Auson. prof.
Burd. 16). Er ist daher vielleicht der comes Arborius im Cod. Theod. I,
32, 4 (J. 379) und der praef. urb. Arb. ib. VI, 35, 9. XIV, 3, 16 (J. 380).
Vgl. Ap. Sidon. Epist. V, 10 (rigor Magni). Ein redseliges, im Ausdrucke
vielfach ungelenkes und modern klingendes, im Technischen zwar ziemlich
correctes, aber einförmiges erotisches Gedicht, 46 Distichen in nympham
nimis cultam (bei Riese, anth. lat. 897), wird von Rivinus und Lotichius
ohne Angabe von Gründen ihm zugeschrieben.
6. Ueber den älteren Symmachus s. unten 418, 1.
7. Claudius Mamertinus (grat. act. 17, 5), von Juliahus in dem-
8el"ben (21, 5. 22, 2) Jahre (361) zum praef. aerarii (1, 4. 22, 2; Comes lar-
gitionum, Ammian. XXI, 8, 1), praef. praet. per lllyricum et Italiam (1, 6
vgl. Symmach. ep. X, 60. Ammian. XXI, 12, 25. XXVI, 5, 5) und Consul
(vgl. Ammian. XXI, 10, 8. 12, 25. XXII, 3, 1) ernannt, dankt dem Kaiser
hiefür in dieser Rede (Nr. X in den Panegyrici von Jäger). Da unter die-
sem Fürsten der Servilismus weniger im Wei-the war (21, 1. 26, 3) als die
Aufrichtigkeit (libertas, s. 32, 3), so begnügt sich der Redner die wirk-
lichen Eigenschaften desselben, seine Strenge gegen schlechte Beamte (4,
3 ff.), Sparsamkeit gegen sich neben Freigebigkeit gegen Andere (10), Ein-
fachheit (11), rastlose Thätigkeit (13 f.), Wahrheitsliebe (26), Ruhmesdurst
(31), rhetorisch auszustaffieren und durch den Gegensatz zu den früheren
Regierungen (11. 19 f. 25) zu heben. Auch unterlässt der Redner nicht
sich selbst gehörig ins Licht zu stellen. Er scheint übrigens Julians Ver-
trauen so wenig entsprochen zu haben wie die meisten damit Beehrten;
s. Ammian. XXVII, 7, 1 (J. 368): vix dies intercessere pauci cum Mamer-
tinum praefectum praet. ab urbe regressum * . Avitianus ex vicario pecu-
latus detulerat reum. cui ideo Vulcatius successit Rufinus etc. Zur Zeit
der Rede ist Mam. schon in vorgerückterem Lebensalter (17, 2. 18, 5).
Spracheigen th ümlichkeiten : participare consilium 1, 1. pati ut 2, 4. dent
recordari 19, 3. nedum (23, 4) und universi (9, 4) unrichtig gebraucht;
arcana vacuare (18, 1). et vere (20, 2. 26, 3). Poetische Wendungen wie
lata camporum (10, 1 vgl. 12, 1. 3). Archaismen wie voltü satagente (28,
3), adulare, autumo, sublimare u. dgl. Abdruck der Rede in den panegy-
940 I>ie Kaiserzeit. ViertcB Jahrhundert. Zweite Hälfte.
rici (oben 887, 1—3), sowie in Migne's patrolog. XVIII. p. 409—430. Vgl.
Hermes IV. p. 152.
8. Julianus selbst war der Rede mündlich und schriftlich in hohem
Grade mächtig; seine Schriften sind aber alle griechisch geschrieben.
Eutrop. X, 16: liberalibus disciplinis apprime eruditus, graecis doctior at-
que adeo ut latina eruditio nequaquam cum graeca scientia conveniret;
facundia ingenti et prompta. Julian ist eine auf das Edle gerichtete Natur,
aber phantastisch und daher über das Ziel hinausschiessend und in den
Mitteln sich vergreifend. Vgl. W. Teuffei in Pauly's Eeal-Enc. IV (1845).
S. 401 — 413. 416 f. Änm., und Studien u. Charakt. S. 168—190. D. F.
Strauss, der Romantiker auf dem Throne der Caesaren, Mannheim 1847.
F. Chr. Baur, d. christl. Kirche im vierten bis sechsten Jahrh. (1863) S.
17 — 43. J. F. A. Mücke, Flavius Claudius lulianus nach den Quellen;
I. Julians Kriegsthaten, Gotha 1866; II. J.'s Leben und Schriften, Gotha 1869.
9. Preis der Verdienste Valentinians I. um die Wiederherstellung der
öffentlichen Beredt«amkeit bei Symmach. in Valent. II , 22 f. : sonet apud
te libertas forensis eloquü , quam dudum exulem tribunalibus reddidisti.
ruh emerituB torpebat orator; . . nusquam malus silentium quam in sa-
crariis litterarum. . . solvisti vincla linguarum. (23.) . . par fuit ut elo-
quentiae usum redderes. . . ingenia liberasti etc.
10. Himerius um J. 315 — 385. Gesammtausgabe seiner Reden von G.
und J. Ch. Wernsdorf (Götti. 1790), Fr. Dübner (accurate excusso cod.
optimo et unico XXII declamationum Paris, Didot, 1849; mit Philostratus,
Kallistratus un^Eunapius).
11. Libanius um J. 315 — 393. Libanii sophistae orationes et declama-
tiones rec. et illustr. J. J. Reiske, Altenburg 1791 — 1797, 4 Voll. Libanii
epistolae graece et lat. cum not. J. Ch. Wolf, Amstelod. 1738 fol. E. Mon-
nier, histoire de Lib. I. Paris 1866. G. R. Sievers, das Leben des Lib.,
Berlin 1868. 324 S.
392 411. Ein fruchtbarer theologischer Schriftsteller in gallicani*
schem Stile war Hilarius^ Bischof von Poitiers. Er betheiligte
sich literarisch an den arianischen Streitigkeiten ^ richtete
Zuschriften an Constantius und verfasste eine Anzahl Commentare
zu Schriften des alten wie des neuen Testaments. Auch von dem
sardinischen Bischof Lucifer sind Schriften dogmatischen
Inhaltes auf uns gekommen, sowie von den Bischöfen Phoebadius
und Potamius.
1. Hieron. viri ill. 100: Hilarius, urbis Pictavorum Aquitaniae epi-
scopuB, factione Saturnini Arelatensis episcopi de synodo Biterrensi (J. 356)
in Phrygiam relegatns, XII adversus Arianos confecit libros et alium librnm
De synodis quem ad Galliarum episcopos scripsit, et in Psalmos (I et 11.
LI — LXII. CXVni — CL) commentarios , in quo opere imitatus Origenem
nonnulla etiam de suo addidit. est eins et ad Constantium libellus, quem
viventi Constantinopoli porrexerat (J. 360), et alius in- Constantium quem
410 f. Rhetoren. Hilarius. 941
*
post mortem eius (J. 361) scripsit, et liber adversus Valentem et Ursacium,
bistoriam Ariminensis et Seleuciensis (J. 359) synodi contineoB; et ad prae-
fectum Sallüstium sive contra Dioscorum; et liber hymnorum et Mysteri-
orum alius; et commentarii in Matthaeum et tractatus in lob quos de
graeco Origenis ad eensum transtulit; et alius elegans libellus contra An- v
zentium , et nonnnllae ad diversos Epistolae (auch an Constantius , J. 355).
aiunt qnidam ecripsisse eum et in Cantica canticorum, sed a nobis hoc opus
ignoratnr. mortnus est Pictavis, Valentiniano et Valente regnantibus (J. 367).
Auch sonst wird H. oft von Hieronymus angeführt, z. B. Epist. 70, 5 (ad
Magn. or., Opp. ed. Vall. I. p. 430): Hilarius, meorum confessor temporum
et episcopus, XII Quintiliani libros et stilo imitatus est et numero (in
seiner Schrift de'trinitate, contra Arianos), brevique libello quem scripsit
contra Dioscorum medicum quid in litteris posset ostendit. 58, 10 (ad
Paulin., Opp. 1. 1. p. 326): Hilarius gallicano cothurno attoUitur et cum
Graeciae floribus adometur longis interdum periodis involvitur et a lectione
simpliciorum fratrum procul est. Auch chron. a. 2372 = 356 (Verbannung).
2375 = 359 (Rückkehr). 2376 = 360: Gallia per Hilarium Arminiensis
(vielmehr Ariminensis, vgl. ad a. 2375, u) perfidiae dolos damnat. 2384 =
368 (Tod). Eine vita Hilarii von Venantius Fortunatus in den Ausgaben
der Werke des Hil. ; Gedicht desselben auf ihn, Venant. misc. II, 19.
2. Ausgaben: Paris. 1510 fol. Per Des. Erasmum, Basil. 1523. 1526.
1535 fol. Ex ed. J. Gillotii, Paris 1572. 1606. fol. Benedictinerausg. (von
P. Coütant) Paris 1693 fol. (und Veron. 1730. 2 Voll. fol.). Ed. Fr. Ober-
thür, Würzburg 1785ff. 3 Voll. 8. In Migne's Patrolog. T. IX u. X (Paris 1844).
Dazu J. B. Pitra, spicileg. Solesm. (Paris 1851) p. 49 — 159 Commentare
zu paulinischen Briefen welche wahrscheinlich von H. verfasst sind (vgl.
Pitra p. XXVI — XXXIV) aus einem cod. Corbeiensis saec. IX, p. 159—165 zur
Genesis, und p. 166 — 170 aus einer St. Galler Evangelienhandschr. saec. VIII
114 Hexameter über die Geburt Christi mit lockerer Prosodie (v. 15.
17. 18. 38. 80. 88), bes. häufiger Verlängerung einer kurzen Silbe (26. 29.
31. 34. 50. 82. 109. 113), aber auch zweifelhafter Berechtigung diesem H.
zugeschrieben zu werden.
3. R. Ceillier, bist. g^n. V. p. 1 — 150. J. H. Reinkens, Hilarius von
Poitiers, eine Monographie, Schaffhausen 1864. XXXVH u. 359 S. Vgl. J.
Wagenmann, GöttL gel. Anz. 1865, S. 1641—1668.
4. Hieron. vir. ill. 95: Lucifer, Caralitanus episcopus, cum Pancratio
et Hilario rom. ecclesiae clericis ad Constantium imp. a Liberio episcopo
pro fide legatus missus, cum nollet sub nomine Athanasii Nicaenain dafh-
nare fidem, in Palaestinam relegatus . . contra Constantium imp. scripsit
librum eique legendum misit ac non multo post, sub luliano principe, re-
versus Caralis Valentiniano regnante obiit (J. 871). Vgl. Hier, chron. ad
a. 2371. 2378 = 365. 362 n. Chr. In den libri duo Ad Constantium Aug.
pro s. Athanasio (um 360) bezeichnet er den Kaiser als Schlange, bellua,
immanissima fera, latro, sacrilegus, camifex, homicida, idololatra, templum
daemonum, religionis eversor, haereticus, apostata, Vorläufer des Antichrist
und Antichrist selbst. Auf Befragen des Florentinus mag. off. erklärte sich
L. als Verfasser und wollte den Mjrtyrertod -erleiden (moriendum esse pro
U42 Die Kaiserzeit. Vieiies Jahrhuudert. Zweite Hälfte.
filio dei). Des Kaisers Tod vereitelte diese. Gleich fanatisch orthodox sind
die etwas früheren Schriften De non conveniendo cum haercticls liber ad
CoDstantium Aug. und De non parcendo in deuzn delinquentibus. Ed. prin-
ceps von Luciferi opuscula (von Jo. Tilius) Paris 1668. In der Bibl. patr.
max. (Lugd. 1677) IV. p. 181 flF., Gallandi bibl. patr. VI. p. 155 ff. Auch
Venet. 1778 fol. cur. J. D. et J. Coletis, wieder abgedruckt in Migne's Pa-
trolog. XllI (1845) p. 692—1038.
5. Hieron. vir. ill. 108: Phoebadius, Agenni Gallianim episcopus,
edidit contra Arianos librum (ums J. 358; ed. Th. Besä, Genev. 1570; ed
P. Pithoeus, Paris 1586. 4.r rec. C. Barth, Frankf. 1623; in Gallandi bibl.
patr. V. p. 250 ff., der bibl. patr. max. III. p. 300 ff., in Migne's Patrolog.
XX). dicuntur et alia eius esse opuscula, quae necdum legi, vivit nsque
hodie (J. 392) decrepita senectute.
6. Von Potamius, Bischof von Lissabon, ist erhalten eine Epistola
ad Athanasium episc. Alexandr. de consubstantialitate fiiii dei, verfasst um
355, erstmals herausgegeben 1657, und Anderes; s. Gallandi bibl. patr. Y,
Migne's Patrol. VIII.
7. Zenonis sermones, rec. et illustr. P. et Hier. Ballerini, Veron. 1739 fol.
Gallandi bibl. patr. V. p. 109 ff., Migne's Patrol. XL
8. Gennad. vir. ill. 4: Vitellius Afer Donatianorum schisma defendeus
Hcripsit de eo quod odio sint mundo servi dei. . . scripsit et adversum
gentes etc. . . et ad regulam ecclesiasticam pertinentia- multa disserait.
damit sub Constante filio Constantini principis.
393 412. Gleichzeitig und von einander unabhängig, aber aus
denselben Quellen und daher oft mit einander wörtlich überein-
stimmend schrieben die beiden Grammatiker Charisius und Dio-
medes. Flavius Sosipater Charisius ist von Wichtigkeit dadurch
dass er die von ihm benützten Vorgänger, insbesondere den
lulius Romanus, Cominianus und Palämon, wörtlich ausschreibt,
bald unter Nennung ihres Namens, bald ohne diesen, und
dadurch einen guten Theil der älteren grammatischen Literatur
uns erhalten hat. Von den fünf Büchern seiner Grammatik
sind übrigens wesentliche Theile verloren gegangen. Von den
drei Büchern der ars grammatica des Diomedes ist das dritte
von besonderem Werthe, da es, vielleicht aus Sueton de poetis, viele
schätzenswerthe Nachrichten aufbewahrt hat. Ungefähr aus der-
selben Zeit stammt auch die den Namen Probus tragende Ars
vaticana.
1. Vorwort: Fl. Sosipater Charisius v. p. magister [urbis Roznae]
filio karissimo s. d. Amore latini sermonis obligare te cupiens, f. k., arteni
grammaticam (diesu war also wohl der Titel) sollertia doctissimoniiu vi-
roruin polit:im et a mc digestam in lil^ris V dono tibi misi. . erit iaui
412. Charisius. 943
taae diligentiae frequenti recitatione studia mea ex variis Artibus inrigata
memoriae . . mandare, ut quod originalis patriae natura denegavit virtute
animi adfectasse videaris. Dass der Verf. aus Campanien gebürtig war
geht auB p. 216, 23 K.: hodieque noetri per Campaniam sie loquuntur nicht
hervor und ist nach dem obigen orig. patriae (vgl. A. 2 E.) nicht wahrscheinlich.
•
2. Das Zeitalter des Ch. und Diomedes wird bestimmt einerseits durch
die von ihnen benützten Quellen (s^ A. 3), von welchen Cominianus und
Marcius Salutaris (oben 400, 1—4) die jüngsten zu sein scheinen, anderer-
seits durch die Schriftsteller von welchen sie selbst angeführt werden,
nämlich Priscian, Rufinus (de metr. com.) und Servius (ad Aen IX, 329
und wohl auch Buc. III, 21). Die häufige Uebereinstimmung des Char. und
D. mit* Donatus und Marina Victorinus (oben 403 f.), ohne dass diene doch
jemals genannt würden, ist wohl aus Gemeinsamkeit der Quellen zu er-
klären und beweist wohl dass jenes Grammatikerpaar diesem zeitlich nahe
steht. Keil, Gramm, lat. I. p.^LVf. Christ, Philologus XVIIL S. 130 f.
Wahrscheinlichkeit hat auch die Vermutung von üsener, Rhein. Mus. XXlIl.
S. 492 f., dass bei Hieron. chron. 2375 == 359 (s. oben 400, 8): Euanthiua
. . Constantinopoli diem obit. in cuius locum ex Africa Charistus (Bongars. ;
dagegen Freh. u. a. Chrestus) adducitur, zu lesen sei: Charisius. Vgl. A. 6.
3. Die Hauptquellen des Charisius sind Palämo (oben 277, 3), Julius
Romanus (oben 375, 1) und Cominianus (oben 400, 1—3), wozu wohl noch
Scaurus (oben 347, 1) und andere hinzukommen mögen (Christ, Philologus
XVIIL S. 127). Keil, Gramm, latt. L p. XLV ff. A. Schottmüller, de Plin.
libr. gramm. (1858) p. 7 — 26. Diese Quellen pflegt Char. wörtlich auszu-
schreiben, und wo sie einander widersprechen getraut er sich selten eine
selbständige Entscheidung. Das Werk ist daher wesentlich compilatorisch
und im Einzelnen mit wenig Sorgfalt* und Urteil gearbeitet; s. Christ a.
a. 0. S. 120. M. Hertz, Rhein. Mus. XX. S. 320. Auch die Anordnung
ist sehr unvollkommen. Mit der neueren (z. B. von Cominianus befolgten)
Anlage nach den acht Redetheilen wusste Ch. die altern Monographien
über einzelne Theile der Grammatik nicht zu verschmelzen und gibt daher
in B. I allgemeine Abschnitte über Declination, Comparation, Analogie,
B. II eine aus verschiedenen Artes zusammengestellte Theorie der acht
partes orationis, B. III eine ausführliche Erörterung über die Bildung der
perfecta, incohativa, frequentativa u. s. w. , B. IV ein Allerlei von Gram-
matischem (Barbarismen u. dgl.), Rhetorischem (Tropen, Figuren u. s. w.),
B. V idiomata, Synonymen u. s. w. Doch ist der Anfang von B. I, der
letzte Theil von B. IV und das Meiste von B. V verloren gegangen. In-
haltsübersicht nach dem prooemium.
4. Für den Text des Char. ist fast die einzige Quelle der Neapolitanus
saec. VII oder VHI. Ausgaben von J. Pierius Cyminiua (Neapel 1532.
fol.), G. Fabricius (Basil. 1551; mit starken Interpolationen), in den Gram-
matici latini von Putsche und Lindemann (Vol. IV, Lips. 1840) und be-
sonders von H. Keil (T. I. Lips. 1857). 'Der Abschnitt de versu saturnio
(bei Keil p. 288 f.) eigene herausgegeben von F. W. Schneidewin, Gotting.
1841. 4. Ueber Char. vgl. noch F. Osann, Beitrage IL S. 319 — 340. L,
Spengel, Münchner gel. Anz. 1840, 'S. 502 ff.
944 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
5. Aosser Char. selbst sind aach Excerpte aus seiDem Werke, gefertigib
im fränkischen Reiche, auf uns gekommen, welche theilweise auch zur
Ausfüllung von Lücken in dem Erhaltenen dienen. So besonders die ex-
cerpta Bobiensia saec. VII — VIII, jetzt in Wien, veröffentlicht zuerst von
Eichenfeld und Endlicher, Anal, gramm. (Wien 1837) p. 75 — 124, zuletzt
von Keil, gramm. latt. I. p. 633 — 565 vgl. ib. p. XVII f. Doch sind diese
nicht ausschliesslich dem Charisius entnommen, sondern den Quellen des-
selben, insbesondere dem Palaemo und Cominianus ; s. Christ, Philologus
XVIII. S. 136- 139. Vgl. noch oben 400, 1 f. Ferner excerpta Parisina
ib. p. XVIII f. Üeber die aus einem cod. Bernensis, Leidensis und Sanct-
amandinuB s. ib. p. XIX — XX IL
6. Der Grammatiker Flavianus ist vielleicht (U. Keil, Hermes T. S. 333.
H. Hagen, Anecd. Helv. p. CLXIII ff.) identisch mit Charisius, da alle Stellen
worin jener citiert wird sich wörtlich oder fast wörtlich bei Char. wieder-
finden. Davon will Biese (Heidelb. Jahrb. 1871, S. 585 f.) auch das Prae-
nomen Flavius (Flav.) des Char. ableiten.
7. Das Werk des Diomedes hat bei Rufinus p. 2715 und in den
Subscriptionen die Ueberschrift Ars grammatica and ist einem Athanasins
gewidmet. Das Vorwort besagt: artem merae latinitatis puraeque elo-
quentiae magistram . . summo studio . . triuo digestam libello . . censui
esse mittendam etc. . . prima pars universi seimonis membra continet;
altera non solum observationes quae arti grammaticae accidere solent sed
etiam structuram pedestris orationis . . demonstrat; tertia pedum quali-
tatem, poematum genera metrorumque tractatus . . docet. B. I entspricht
somit B. I — III des Charisius, ist aber einheitlicher und planmässiger. B.
III dient zum Ersätze für die Verstümmelung von Chans. IV,
8. Diomedes stimmt vielfach wörtlich mit Charisius überein (vgl. O^ann,
Beiträge II. S. 331 — 335), ohne dass doch einer den andern nennt. Diess
wäre weniger auffallend wenn D. den Ch. ausgeschrieben hätte, da D.
überhaupt in Nennung seiner Quellen sehr spai*6am ist. Indess hat D.
eben in solchen Partien welche auffallend mit Ch. übereinstimmen zugleich
Angaben die sich bei Ch. nicht finden (wie Char. III, 8. p. 262 ff. vgl. mit
Diom. p. 389, 10 — 395, 10), so dass D. dieselben Quellen in grösserem um-
fang benützt haben muss. Neben den Quellen die dem D. mit Ch. ge-
meinsam . sind (besonders Flavius Caper) hat D. aber vielleicht auch (B^ III)
den Suetouius ausgebeutet (0. Jahn, Rhein. Mus. IX. S. 629 f. Beifferscheid
Sueton. p. 370—373 u. dagegen Steup, de Prob. p. 190), femer den Teren-
tianus und wohl auch griechische Techniker (Christ, Philologus XVIII.
S. 129 f.). Keil, gramm. I. p. XLIX— LV. Die Art der Benützung dieser
Quellen ist bei D. weniger sklavisch und urteilslos, aber von dem Richtigen
doch noch so weit entfernt dass Reifferscheid ihn miserrimus grammaticns
nennt (Suet. p. 372), von seinem Stupor et supina neglegentia, insignis in
excerpendo neglegentia (p. 373) und insignis incogitantia (p. 375) zu sprechen
weiss. Westphal aber (allg. Metr. S. 48) meint: „D. ist unter den Metrikem
einer der unwissendste n, aber nichtsdestoweniger der interessanteste'*, wegen
der Quellen die er abgeschrieben habe; s. ebd. S. 48 f. 76—86. 125 f. 135 f.
I
412 f. Dioraedes. Avienufi. 045
9. Das Zeitalter des D. bestimmt fiich durch das seines Doppelgängers
und Zeitgenossen Charisius (A. 2). Hat er nach der Mitte von saec. IV
geschrieben, so ist e» von Sacerdos (oben 390) weit genug entfernt um von
ihm nichts mehr zu wissen (Christ, Philol. XVIII. S. 130 f.).
10. Keil gramm. I. p. XXIX: Diomedis quamvis multi hodie extent
libri manu scripti, tamen tanta est eorum omnium similitudo ut quasi pro
uno codice habendi sint. Alle stammen aus einem archetypus saec. VIII,
von welchem die ältesten Ableger sind zwei Pariser Hdss. 7494 (A) und
7493 (B) und ein Monacensis (M), alle drei saec. IX; s. ib. p. XXIX— XXXII.
Aus derselben Quelle stammen auch Excerpte aus dem Werke des D., von
welchen das älteste ist Paris. 7630 saec. VIII (ib. p. XXXIV).
11. Ausgaben (Keil I. p. XLIV f.) Ven. 1476 (ap. Nie. lenson.), von J.
Rivius (Ven. 1511), J. Th. Bellovacus (Paris^ 1616), H. Buschius Pasiphilus
(Colon. 1616. 1623), J. Caesaiius (Hagenau 1626. Colon. 1633. 1636. Lips.
1641), in den gramm. lat. voi^ Patsche, den scriptores rei metr. von Gais-
ford^ (nur B. III) und besonders den gramm. latt. von H. Keil I (Lips. 1867)
p. 298—629. Vgl. W. Christ, Philologus XVIII. S. 127—186.
12. Ueber die Ars vaticana s. oben 296, 8 b. Ihre Zeit ergibt sich
daraus dass sie (p. 119, 26 E.) die (thermae) Diocletianae erwähnt. 6ie ist
später als Donatus und scheint von einem christlichen Verfasser herzu-
rühren (vgl. p. 129, 12 ff.). Vielleicht hiess er wirklich Probus (wenn auch
nicht Valerius Pr.); der gleichnamige Gönner des Lactantius (oben 393, 2)
ist er aber schwerlich. Vgl. Steup, de Prob. p. 167 ff. 173. 176. Oratio
molestissima, praecepta persaepe ineptissima, Keil gramm. IV. p. XXVIII f.
Auszug daraus (auch aus dem Abschnitt de orthographia), aber mit vielen
fremdartigen Bestandtheilen (Steup p. 170 — 176), die Appendix; s. oben
S. 661 E.
13. Carminius schrieb de elocutionibus (Serv. Aen. V, 233) und scheint
auch den Vergil commentiert zu haben (vgl. Serv. Ae. VI, 638. 862. VlII,
406). Carmini curiosissimi et docti verba, qui in libro de Italia secundo
ait, Macrob. S. V, 19, 13 f.
14. Statins Tullianus de vocabulis rerum libro I ait etc. Macrob. III,
8, 6 vgl. Serv. Ae. XI, 643.
413. Einen Dichter von entschiedener Begabung haben394
diese Jahrzehnte an Rufius Festus Avienus, Proconsul von
Africa (J. 366 f.) und Achaja (J. 372). Aber indem er die aus- .
getretenen Geleise verlassen wollte wurde er durch den un-
poetischen Zug seiner Zeit in prosaische hineingeführt und verfiel
doch wieder in Nachahmung, ja Uebersetzung. Seine Arbeiten
sind vorzugsweise Lehrgedichte, im epischen Masse eine Ueber-
setzung der ^aivoiiava des Aratos, sowie eine Descriptio orbis
terrae nach der Periegesis des Dioifysios; im iam bischen Trimeter
eine Beschreibung der Küste des Mittelmeeres, des schwarzen
Teitffei., Rüm. LiteratnrgMchlobte. 2. Aufl. CO
946 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite H&lft«.
und des kaspischen (ora maritima)^ in mehreren BQchem, von
welchen aber nur der grossere Theil des ersten erhalten ist, so-
wie eine Bearbeitung der römischen Geschichte nach Livius und
ein Auszug der Aeneis, welche beiden letztem Arbeiten ganz ver-
loren sind. Dazu kleinere Gedichte, Epignunme in Hexametern.
Üeberall verräth Avienus edles Streben und eine reine Form,
nach den besten Mustern gebildet, insbesondere nach Yergil;
aber auch rhetorische Wortseligkeit und Ueberwuchem des ge-
lehrten Stoffes über die dichterische Gestaltung.
1. Inschrift aus Born bei Fabretti X, 507 « Meyer anthol. lat. 278
(R. Festus ▼. c. de se ad deam Nortiam): Festus, Musoni suboles proleeque
Avieui, unde tai latices traxerunt, Caesia, nomen, Nortia, te veDeror, lare
cretus Yolsiniensi^ Romam habitans, gemino proconsalis auctus honore,
carmina multa serens, vitam insons, integer aevom, coniugio laetns Fla-
cidae numeroque frequenti natorom exultans etc. Der Dichter war somit
ein Nachkomme des Musonius Rofas (oben 294, S), wie dieser ans YolBinii
in Etrarien gebürtig and daher anhänglich an die dort verehrte Nortia,
sowie an die aqua Caesia (vgl. Meyer's anth. lat. 899), Vater einer zahl-
reichen Familie, zu welcher der Placidus gehören wird welcher obige b-
Bchrift mit den zwei Distichen vermehrte: sancto patri filius Placidus. Ibis
in optatas sedes, nam luppiter aethram (vgl. Avien. phaen. 2) pandit, Feste,
tibi, Candidas ut venias. iamque venis, tendit dextras choras inde deorom
et toto tibi iam plaaditur ecce polo. Das doppelte Proconsulat stimmt
dazu dass Cod. lust. III, 16, 1 (J. 366) und Cod. Theod. IX, 19, 3 (J. ?61)
ein Festus als Proconsul AMcae genannt wird und C. I. gr. 372 die Athener
J. 372 ihrem Procos. 'Povtpiog ^/jatog ihre Dankbarkeit bezeigen. Vgl de
Rossi, Ann. d. Inst. XXI (1849). p. 345. Dann wird er wohl auch der
Festus, consularis Syriae im Cod. Tust. XII, 58, 3 (J. 365) sein. ' Auf längeren
Aufenthalt des Dichters in Africa deutet orb. terr. 329 — 333. or. mar. 273 f.,
in Griechenland orb. terr. 603 f.
2. Hieronym. comm. zum Titusbrief c. 1 (Opp. VH, 1. p. 706 VaiL):
Arati, quem Cicero in latinum sermonem transtulit et Gennanicus Caesar
(oben 270, 6) et nuper Avienus et multi quos enumerare perlongum est
Dagegen noch Lactantius kennt die Aratea nur in der Bearbeitung des
Cicero (inst. V, 5. p. 238 Fr.) und des Caesar (I, 11. p. 30) Germanicus (I,
21. p. 54 f. y, 5). Titel im Gudianus saec. X: Rufi Festi Avieni v. c. Arati
Phaenomena (im Yindobon. saec. X: Rufi Festi Arati). Auf die ^^vofUfa
kommen 1325, auf die Prognostica oder SiocTjfisLa 552 Hexameter. Av.
sucht seine Vorgänger zu überbieten durch treue Wiedergabe des grie-
chischen Originals, dichterischen Schwung und Einflechtung von allerlei
Mittheilungen aus den Werken von Philosophen und Astronotnen, auch aus
mystischen Quellen. Am nächsten schliesst sich Av. an Germanicus an.
In der ed. princeps (Von. 1488) p. 5—56. Ausgaben in den meisten Samm-
lungen der Aratea. J. C. Schaubach (oben 270, 9), novae edit. Avieni spe-
cimen (Meiningen 1817 ff. 4.) und Ueber die Aratea von Cic. etc. in Jahn's
Archiv Xn (1846) S. 197—210.
413. Avienus. 947
3. Orbis terrae oder Descriptio o. t. in 1394 Hexametern nach der
Iltffiriyriaig des Dionysios, der aber nicht genannt wird. Das Original wird
bald abgekürzt, bald durch gelehrte Arabesken erweitert, und durch Leb-
haftigkeit der Darstellung übertroffen. Am Anfang und Schlüsse die obli-
gate Anrofang der Musen und des Apollo. In der ed. princ. p. 66 — 95.
Sonstige Ausgaben: Veuet. 1602. Vienn. 1608. 4. 1616. 4. Bonon. 1613. 4.
Antverp. 1632. 4. Cum notis N. Heinsii all. cur.. H. Friesemann, Amstelod.
1786-. In Wemsdorfs poetae latt. min. V.- p. 726—888, wozu Einl. (p. 719 ff.)
und animadv. (p. 889—1163). In Dionysius Perieg. ed. G. Bemhardy (Lips.
1828) I. p. 427—460; in Geographi graeci min. ill. C. MüUerua (Par. 1861)
II. p. 176 — 189. Erlauterungsschriften : (l. Wassii) Animadversiones in Av.
descr., in Miscellan. observ. I, 2. p. 273—277 (Oudendorp). 3. p. 373—390.
V, 1. p. 64—80. 2. p. 165. Symbolae litterar. II, 3 (Brem. 1745). p. 569
—684.
t
4. Orae maritimae liber primus (ed. princ). Das Ganze erstreckte sich
(v. 61 ff.) auf die gesaramte westliche und südliche Küste Europa*s. Er-
halten ist aber nur ein Bruchstück von 703 Senaren, enthaltend eine Be-
schreibung der Küste vom atlantischen Ocean bis nach Massilia, überdiöss
in lückenhafter und verderbter Gestalt. Widmung an einen Probus, der
liberum loco . . amore sanguinisque vinculo ist (14 f.) und wissbegierig
(16 ff.), wahrscheinlich Anicins Probus Cos. 406. Rückverweisung auf den
orbis in y. 71 ff.: reliqua scripta sunt nobis in illo plenius volumine quod
de orbis oris partibusque fecimus. Ueber seine Quellen gibt y. 37 ff. etwas
renommistische Auskunft: ad eins (des Sallust) inclitam descriptionem . .
multa rerum iunximus ex plurimorum sumpta commentariis, nämlich aus
Hekatäus, Hellanikus, Phileas, Skylax, Pausimachus, Damastes (vgl. 372),
Bakorus, Euktemon (vgl. 350), Kleon, Herodot und Thukydides. Dazu ge-
legentlich Dionysius (331),' Juba (280), Himilco (y. 117. 383. 412) u. A.
Hauptquelle war wohl ein alter Periplus (Müllenhoff) von einem lonier
aus der Zeit des Hekataios, welcher im zweiten Jahrh. y. Chr. von einem
ausserhalb Massalia's wohnenden Griechen mit allerlei (meist thörichten)
Zuthaten versehen worden war (A. v. Gutschmid). Dass die Nachrichten
über den Westen auf den (nicht genannten) Eratosthenes und weiterhin
Pytheas zurückgehen bat wahrscheinlich gemacht W. Christ, Avien. und
d. ältesten Nachr., S. 164—166. Das den verschiedenen Quellen Entnommene
ist nicht zu einem selbständigen Ganzen verarbeitet. Die Darstellung ist
fliessend. Neben Archaismen wie ducier Worte wie intimare, intimatio.
Griechische Eigennamen werden öfter prosodisch willkürlich behandelt, statt
der geläufigeren neuern die veralteten bevorzugt, barbarisch klingende durch
glattere ersetzt. Die Handss. des Gedichts sind verschollen. Aeltester Text
in der ed. princ. p. 95 — 113. Ausserdem bes. in Wernsdorfa poetae lat.
min. V. p. 1166—1296; vgl. p. 1157—1164. F.^A. Ukert, über des A. Oia
maritima, in dessen Geogr. der Griechen und Römer II, 1. (Weimar 1821)
S. 473 — 484. Description que Festus Avienus a faite de la cöte de la
Gaule Narbonnoise dans le poSme intitule Ora maritima, par (Jean) Astruc,
in den M^molres pour Thist. nat. de Languedoc, Paris 1737. 4. W. Christ,
Avien. u. d. ältesten Nachrichten über Iberien und die Westküste Europa's,
60*
048 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite H&lfte.
München 1866. 4. (Abhandl. d. bair. Ak. XI. 1868. S. 113—187), bes. S. 150
— 177. F. de Saulcy, ^tude topographique sur TO. mar. de R. F. Ar.,
Revue arch^'ol. 1867. T. p. 54—62. 81—98. K. MClllenhoff, deutsche Alter-
thumskunde I. (Berlin 1870) S. 73 — 210, nebst A. v. Gutschmid im Lit.
Centralbl. 1871, S. 523—626 und W. Christ in Fleckeisen's Jahrbb. 103,
S. 710—715. C. Muller, Philologus XXXII. S. 106—121.
5. RufuB Festus Avienus v. c. Flayiano Myrmecio v. c. Üeberschrift
von 31 Hexametern, scherzhaftes Gedicht, enthaltend eine Bitte um Zu-
sendung von Granatäpfeln, abgedruckt schon in der ed. princeps, bei Wema-
dorf poetae latt. V. p. 1296— -1301 u. A., zuletzt in der Anthol. lat 876
Rse. Der Adressat ist vielleicht der Flavianus welcher J. 358 — 361 procos.
Africae war (Cod. Theod. VIII, 5, 10. XI, 36, 14) oder deijenige welcher
J. 377 vicarius Africae (ib.' XVI, 6, 2), 382 f. praef. praet. lUyrici et Italiae
(ib. VII, 18, 8. IX, 29, 2. 40, 13). Dagegen Nr. 280 bei Meyer = 26 (I.
p. 82 f.) Rse wird nur von einem Theile der Hdss. dem Av. zugeschrieben;
und noch zweifelhafter ist sein Anrecht auf 277 M. (de cantu Sirenum).
Noch Anderes wird dem Av. ohne Grund beigelegt.
* 6. Servius Aen. X, 272: Stoici dicunt has Stellas (cometas) esse ultra
XXXII. quarum nomina et effectus Avienus, qui iambis scripsit Virgilii fa-
bulas^ [comjmemorat. . . sane Avienus cometarum has differentias dicit
etc. zu Georg. I, 488: diri cometae] criniti [et] pessimi, quia sunt et boni,
. . quam rem plenissime Ayienus exsequitur. zu Aen. X, 388: haec fabula
in latinis nusquam invenitur auctoribus. Avienus tamen, qui totum Vir-
gilium et Livium iambis scripsit, hanc commemorat dicens graecam esse.
Letzteres also eine Arbeit in der Art des Alfius Avitus (oben 379, 1).
7. Gesammtausgaben des Av.: editio princeps (Venet. 1488. ^4.) und
von Ramirez de Prado (Madrid 1634. 4.).
8. Ueber Avienus vgl. Wernadorf, poetae latt. min. V. p. 621 — 716.
A. Holder in Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 2149—2163.
395 414. Fast über das ganze vierte Jahrh. (um 310 — 390)
reicht das Leben des Rhetors D. Magnus Ausonius aus Bur-
digala. Zum Lehrer des Prinzen Gratianus berufen, wurde er
nach der Thronbesteigung seines Zöglings mit politischen Wür-
den, zuletzt (J. 379) auch mit dem Consulat, geehrt. Unter
Theodosius L lebte er in seiner Heimat in eifriger literarischer
Thätigkeii Aus dieser Zeit stammen die meisten seiner Schrif-
ten, welche zahlreich auf uns gekommen sind. Als Probe seines
prosaischen Stiles zwar haben wir einzig die Dankrede an
Gratian für die Ertheilung des Consulats; desto mehr aber von
dem was er in gebimdener Form geschrieben hat. Poetischen
Werth haben diese Arbeiten freilich wenig, wohl aber sto£Elichen
und formellen. Seine vielseitigen Kenntnisse, sein treues 6e-
dächtniss und seine grosse Formgewandtheit lassen ^^n Ausonius
414. Ausonius. 949
nicht leicht bei einer Aufgabe im Stich welche er sich stellt,
auch wenn der Gegenstand an sich ein trockener oder die Nach-
bildung einer metrischen Form Selbstzweck ist. Von den Per-
sönlichkeiten und Verhältnissen seiner Zeit und Heimat bieten
seine Gredichte ein reiches Bild, namentlich von den Verwandten
und den Fachgenossen des Rhetors (professores Burdigalenses),
und die Schilderung einer Rhein- und Moselreise (Mosella) aus
der Gegend von Bingen bis Trier im Stile des Epos ist theil-
weise auch durch die Art der Behandlung anziehend.
1. AnsoD. in der praef. epigramm. an Sjagrius: AiiBonias genitor nobis;
ego nomine eodem qoi sim, qua secta, stirpe, lare et patria, adscripsi.
. . Yasates patria est patri; gens Aedaa matri de patre, Tarbellis sed
genetriz ab Aqnis. (7.) ipse ego Burdigalae genitus. . . genitor studuit
medicinae. . . (15.) nos ad grammaticen studinm convertimus et mox
rhetorices etiam qiiod satis attigimns. nee fora non celebrata mihi, sed
cura docendi cnltior, et nomen grammatici merni. . . (28.) exactisque de-
hinc per trina decennia fastis asserni doctor municipalem operam. aurea
et Augnsti (Yalentinians I) palatia iussns adire augnstam subolem gram-
maticus docui, mox etiam rhetor. . . (36.) cnius (des Gratianus) ego Comes
et Qnaestör (sacri palatii) et, culmen bonorum, praefectus Gallis et Libyae
et Latio (praef. praet. Africae, Dlyrici, Italiae J. 376; praef. Gralliarum J.
378), et prior indeptus fasces latiamque curulem Consul (J. 379), collega
(Q. Clodius Hermogenianus Olybrius) posteriore, fui. Von diesem seinem
Consulat spricht der eitle Schulmann unzählige Male, am ausführlichsten
in der Gratiarum actio. In einem germanischen Feldzuge seinen kaiser-
lichen Zögling begleitend hatte der Wittwer einst als Beuteantheil eine
junge Schwäbin, Sulpitilla Bissula, erhalten; s. Idyll. 7 und A. Bacmeister,
alemann. Wanderungen I (Stuttg. 1867)-. S. 76—92 (ein alemann. Idyll aus
dem 4. Jahrb.). üeber sein Verhältniss zu Symmachus s. dessen Ep. I, 13
— 43, bes. 32 (Aus. an Symm.): expertus es fidem meae mentis atque dicto-
rum cum in comitatu degimus ambo aevo dispari, ubi tu veteris militiae
praemia tiro meruisti, ego tirocinium iam veteranus exercui. Nach Gra-
tian's Tod (J. 383) zog sich Aus. in seine Heimat zurück, wo er in höchst
behaglichen Verhältnissen lebte. R. Dezeimeris, note sur Femplaceraent
de la yillula d'Ausone, Bordeaux 1869. 14 pp. 8. Sein Todesjahr ist un-
bekannt, fällt aber ohne Zweifel in das letzte Decennium des Jahrhunderts.
E. Böcking vor seinen Ausgg. der Mosella, zuletzt in den Jahrbb. der
rheinl. Alt Fr. VE (Bonn 1846). S. 60—68. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc.
I, 2. S. 2186 f.
2. Schriften in Prosa: Danksagungsrede an Gratian, gehalten in Trier,
eine Blumenlese von rhetorischen Figuren und Schmeicheleien für den
Kaiser, ohne dass aber der Redner darüber sich selbst vergessen würde.
, In dv ed. Bipontina p. 284—302. Vgl. Hermes IV. p. 150 f. In Prosa sind
auch'*die Ferioehae in Homeri lliadem et Odysseam, mit metrischer üeber -
setzun§ der Eingangsverse der einzelnen Bücher, ed. Bip. p. 303 — 328.
950 Die Kaiserzeit. Viertea Jahrhundert. Zweite Hälfte.
Verloren sind die apologi Aesopi, sowie die seinem Sohne Hesperius ge-
widmeten fasti, fortgeführt hia zum J. 382 (sein eigener Name war quartns
ab imo) und eingeleitet und beschlossen durch Epigramme, welche erhalten sind.
3. Schriften in gebundener Form:
a. Epigramm ata, 146 Stöcke, mit dreifacher praefatio, an Theo-
dosius, Syagrius und Latinns, von verschiedenem Umfang und meist im
elegischen Mass, aber auch im heroischen, iambischen u. a. Auch grie-
chische sind darunter (29. 31. 88), sowie griechisch-lateinische (28. 82. 40).
Der Inhalt ist manchfaltig, Uebersetztes (besonders aus d^r griechiBchen
Anthologie) und Eigenes, auf Eunstwei^ke (wie Myrons Kuh, Timomacbos'
Medea), Anekdoten und Persönliches (wie gegen den Bhetor Bufus 45 — 52),
aus verschiedenen Zeiten (wie 18 f. noch zu Lebzeiten seiner früh ver-
storbenen Frau), theilweise denselben Gedanken variierend (22 f. 29 f. 40 f.
42 f. 82 f. 84 f. 86 ff. 91 f. 123 f., 129 f. 132 f.) und viel Unbedeutendes
enthaltend. Dazu die vier Epigramme auf seine Fasti.
b. Ephemeris, Tageseintheilung, in mancherlei Versmassen. Es ist
aber nur Anfang und Ende erhalten.
c. Parentalia, 30 Gedichte, von verschiedenem Umfang und meist
im elegischen Masse, auf gestorbene Verwandte, theilweise warm gefehlt,
verfasst nach seinem Consulat (4, 31) und als er schon 36 Jahre Wittwer
war (9, 8).
d. Gommemoratio professorum Burdigalensium, soweit Auso-
niuB sie noch persönlich kannte und in irgend welchem Verhältniss zu
ihnen stand (8, 7 f. 12, 7), eine Art Fortsetzung und Seitenstüok zu den
Parentalia (vgl. 11, 7. 16, 1. 26, 9 und praef.), gleichfalls lauter Grestorbene
behandelnd, auch Unbedeutende (8, 7 f. 10, 5 ff. 48 ff . 12), bis 19 lauter
aus Burdigala Gebürtige, von 20 an auch dort nur Ans&ssige; allm&hlich
entstanden (s. 14, 1 ff.) und in wechselnden Massen (eleg., iamb., troch.
Tetr., Anapäste, sapph.).
e. Huic libello Epitaphia subnezi, sc. titulos sepulcrales heroum qui
hello troico interfiierunt (Aus.), apud philologum quendam gefunden und
von Aus. ins Lateinische übersetzt. Mit dem Peplos des Ps. Aristoteles
stimmen sie zum kleinsten Theile fiberein.
f. Aliquot aliorum epitaphia, auf Niobe, Dido , Diogenes Sinop. , aber
auch originale, wie auf eine Anicia, auf einen equus admirabilis (iussu
Augusti) etc.
g. De XII Ca^saribus per Suetonium Tranquillum scriptis, an seinen
Sohn Hesperius gerichtet (versus memoriales), zuerst monostichisch , je 12
Hexameter über deren Aufeinanderfolge, Regierungsdauer, Tod; dann so
dass jedem Kaiser zwei Distichen gewidmet sind und die Reihe bis Hela-
gabal fortgeführt wird, mit der Absicht sie bis auf seine eigene Zeit fort-
zusetzen.
h. Ordo nobilium urbium, in 14 Stücken 17 Städte (Rom bis Bur-
digala) in Hexametern vorführend und nach dem Falle des Maximus (J.
388) verfasst (7, 5 ff.). Auch bei Wernsdorf, poetae latt. min. V. p. 1312
— 1349.
414. Ausonius. 951
i. Ludus YII sapientum mit der üeberschrifk Ausonius cos. Latino
Drepanio Pacato procos. und einer Widmung im elegischen Masse, sonst
in Senaren, eine Art Puppenspiel, worin nach dem Prologus und einem
Ludius die 7 Weisen der Reihe nach auf die Bühne treten und ihr Sprüch-
lein hersagen, am redseligsten Solen, und schliesslich zum Klatschen auf-
fordern. Darauf folgt in den Hdss. noch eine Variation dieser 7 Sprüche
in je 7 Versen von verschiedenem Metrum (abgedruckt auch bei Wölfflin,
PubHl. Syr. p. 149 — 152), welche aber von Aus. wohl so wenig verfasst
sind als die angpehängten 9 aus dem Griechischen übersetzten Hexameter,
worin, nach einer Einleitung von 2 Versen, jeder Spruch monostichisch
ausgedrückt ist.
k. Idyllia, d. h. kleine Gedichte, 20 Stücke, meist im epischen oder
elegischen Masse, theilweise mit Einleitungen in Prosa, und zum Theil
schulmeisterliche Spielereien, wie über die Dreizahl (XI), de aetatibus ani-
malium, 'HaiSSsiov (XVIII), die Memorialverse über die zwölf Arbeiten des
Hercules (XIX) und die neun Musen und ihre Verrichtungen (XX); als py-
thagoreisch (und übersetzt) geben sich XV— XVII. Bemerkenswerth ist I,
ein Epikedion auf seinen Vater; XIV ein (^mit Ausnahme des Schlusses)
hübsches Gedicht auf die Rosen (vgl. oben 225, 5. A. 5); XII Techno-
paegnion, Wort- und Verskünsteleien mit den einsilbigen Wörtern, in
sachlicher Ordnung (de membris, de diis, cibis, das Alphabet u. dgl.); XIII
cento nuptialis, aus lauter vergilischen Versen und Verstheilen, auf
Veranlassung des Kaisers Valentinian I. verfasst und an diesen sowie Gra-
tianus gerichtet; den letzten Absatz, der die consummatio matrimonii ent-
hält und an Massivität nichts zu wünschen übrig lässt, entschuldigt der
Verfasser in einem eigenen Vorwort und verbittet sich Schlüsse daraus
auf seine Denk- und Lebensweise. Das berühmteste Stück dieser Samm-
lung aber ist X Mosella, 483 Hexameter, verfasst zu Trier gegen Ende
des J. 370 (Böcking S. 69. 97 f.). Das stofflich sehr interessante Gedicht
hat auch nicht Mangel an ästhetisch anziehenden Partien, wie 50—77 (Ge-
fühl für Naturschönheit), 230—237, 259 ff. Die Anlage ist die conventionell
epische, mit Götteranrufungen und zahlreichen Excursen, wie über die
Moselfische (77—151), Fischfang (240 ff.), Baukünstler und Prachtbauten
(298 ff. aus Anlass der Villen am Ufer, 283 ff. 318 ff.), auch mythologischen
(170 ff. 208 ff.). Eine eingehendere Behandlung der berühmten Männer und
Städte des Moselthales verschiebt der Verfasser bis er sich in die Heimat
zurückgezogen habe, 382 ff. 448 ff. Symmach. ep. I, 14: volitat tuus Mosella
per manus sinusque multorum, divinis a te versibus consecratus. Abge-
druckt z. B. in Wemsdorfs poetae latt. min. I. p. 192 — 230. Special-
aupgaben besonders von L. Tross (Hamm 1821 u. 1824) und E. Böcking
(lat. u. deutsch, Berlin 1828. 4. recogn., s. l. et a. » Bonn 1842; Mosel-
gedichte des Ausonius und Venantius, lat. u. deutsch, mit krit. und erkl.
Anm., Jahrbb. der rhein. Alt. Fr. VII. Bonn 1845). Kritischer Beitrag zur
Moseila, von C. C. C. Völker, in der Symb. philol. Bonn. (1864). p. 447—454.
1. Edogarium, allerlei astronomische und astrologische Versificationen
im epischen und elegischen Masse , über die Namen der Steinbilder,
Wochentage, Monate, römische Festtage, griechische Agonen u. dgl.
952 I^ie Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
m. Epistolarum liber, 25 Stücke, in verschiedenen VersmaBsen
(XVII ganz in Prosa, andere theilweise, wie XI, XIX , XXI f. ) , XHI zwei
griechische Hexameter, XII in scherzhafter Mischjang griechischer und la-
teinischer Wörter und Formen (ß. Köhler, Ausonius und die macaronische
Poesie, Rhein. Mus. XII. S. 434 — 436). Die Sammlung ist nach den Adres-
saten geordnet und besteht aus lauter wirklichen Briefen (beziehungsweise
Gelegenheitsgedichten), meist in scherzhaftem Tone und aus der Zeit nach
dem Consulat (6, 1. 15, 30. 20, 5) und aus des Verfassers letztem Aufent-
halt in Burdigala (vgl. 9, 11. 12, 31. 19 g. E. 20, 7), doch I an seinen Vater,
bei Geburt eines Enkels, II (Bruchstück) und III an seinen Sohn Hesperius,
IV u. XVI (J. 376—378) aus der Zeit da er Prinzenlehrer war und aas dem
Felde (4, 81. 16, 76). An Theon gerichtet sind IV — VII, an Axius Paulus
VIII-XIV, an Pontius Paulinus XIX— XXV. Auf die letzten drei Briefe,
welche besonders lebendig gehalten sind, in des Adressaten Hände aber
erst nach vollen drei Jahren gelangten, haben wir auch die Antworten,
Paulin. carm. 10 u. 11 der Ausgabe von Migne, sowie in der Zweibrücker
Ausg. des Ausonius, p. 342 — 364.
4. Ausonius ist zum Christen thum übergetreten, vielleicht bei seiner
Berufung an den Hof, vielleicht aber auch schon in der Jugend, denn er
hatte fromme Tanten. Er bringt in seinen Gedichten dem Christenthum
mehrfach seine Huldigung dar; so in der Ephemeris durch ein wortreiches
Gebet an Christus, im Eingang der Id. durch ein Ostergebet, und sonst
durch manche christliche Wendung. Tief geht freilich dieser christliche
Anstrich nicht. Viel besser als in der Bibel ist der Dichter in seinem
Terenz, Vergil und Horaz zu Hause; wo er einen christlichen Ton an-
stimmt ist es vielfach Accommodation, wie in der Bede vor dem fronmien
Gratian (p. 284. 300. 301), in dem Briefe an den orthodoxen Paulinus (Ep.
25, 113 f.); noch häufiger macht sich die gutheidnische Grundlage seiner
Denkweise unwillkürlich geltend. So Prof. Burd. 26, 12 S.: dum remeat
illud, iudicis dono dei, commune cum dis saeculum, oder wenn er Id. I,
24 ff. mit der Trinität (vgl. Ephem. 2, 15 ff. Id. 11, 88) die Theilung des
Throns unter drei Regenten (Valentinian I und seine Söhne Gratianus und
Valentinian II, J. 376—383) parallelisiert, oder den Kaiser öfters Gott nennt
(praef. epigr. ad Theodos. 16: non tutum renuisse deo; vgl. grat. act.
p. 286. 288. 300 extr. Bip.), oder von der Nemesis (Ep. 24, 61 ff.) und der
invidia fati (Prof. Burd. 13, 10) spricht. Auch das christliche Dogma von
der Unsterblichkeit des Individuums steht ihm keineswegs fest, s. Par. 15,
9 f. 22, 15. Prof Burd. 1, 39 ff. 22, 22. 23, 13. 26, 7. Aber nichts ist
begreiflicher als solches Schwanken in einer Zeit des üeberganges. Vgl.
Böcking, Jahrbb. d. rheinl. Alt. Fr. VH. S. 66—68.
6. Symmach. ep. I, 21 rühmt an A. morum gravitas et disciplinanun
vetustas; vgl. ib. 30: es ingenio placabili inter reliqua virtutum. Idyll. 11,
43 schildert Aus. sich selbst als tranquillus, Clemens, oculis, voce, ore, ee-
renus. Was er ib. IV praef. von einer einzelnen Arbeit meint, sie sei fu-
catius concinnata quam verius et plus coloris quam suci habens (und ve-
nustula magis quam forticula), gilt so ziemlich von allen. Von einer tüch-
tigen Grundlage seines Wesens zeugt aber die Pietät womit er. von seinen
414. Ausonitts. 953
Angebörigen, besonderB Beinern Vater, spricbt (wiewohl auch hier viel
Eitelkeit mit im Spiel iat) und die AnhäDglichkeit seiner SchCller an ihn.
Sein Gedächtniss ist unerschöpflich und liefert ihm Thatsachen, Notizen,
Reminiscenzen in Fülle, oft wo sie nicht am Platze sind und auch an der
Stelle YOn Gedanken. Häufig erwähnt er in wie kurzer Zeit er ein Gedicht
hingeworfen habe. DafSr fehlt es denn auch offc an Feile. Er bildet die
verschiedenen metrischen Formen mit Gewandtheit nach, aber doch ohne
feineres Yerständniss far die Besonderheit und den geistigen Charakter
der einzelnen. Seine daktylischen Verse baut er zwar in Bezug auf die
Gäsur correct und befolgt in den sapphischen die strengen Regeln des
Horaz; aber in den iambischen erlaubt er sich den Spondeu» auch an den
geraden Stellen, und in Kürzung langer wie Verlängerung kurzer Silbeii
manche Willkürlichkeiten. Th. Rähse, de re metr. Ausonii, Berlin 1868.
39 pp. Vgl. im Allgemeinen P. Bayle, dictionnaire s.'v. C. G. Heyne,
censura ingenii et morum Ausonii, in sn. Opusc. acad. VI. p. 22—34. J. C.
Demogeot, ^tudes historiques et litt^raires sur Ausone, Bordeaux 1838.
P. G. Deydou, un poäte bordelais: Ausone, Bordeaux 1868. 22 pp! G. Kauf-
mann in F. Raumer's historischem Taschenbuch 1869, S. 8—28. 90—92.
6. Die ältesten Handschriften sind der Vossianus 111 saec. IX (vgl.
Riese, Anthol. Iat. II. p. XVI — XIX) und der Sangallensis 899 mit der
Jahreszahl 867, welche aber vielmehr dessen Urschrift zu gelten scheint.
Wirre Aufzählung bei Rähse p. 4 f. Selten enthalten sie die Arbeiten des
Aus. vollständig, desto häufiger Fremdartiges. So sind durch Hdss. des
Aus. erhalten von einem Schulmann Sulpicius Lupercus (Servasius lunior)
drei sapphische Strophen (de vetustate) und eine elegische Klage über die
Vernachlässigung der Studien vor dem Gelderwerb. Das erstere Gedicht
belegt die Vergänglichkeit der irdischen Dinge durch fünf Beispiele.
Christliches in Gedanken oder Wendungen enthält es so wenig als die
Elegie (42 Verse); vielmehr klingt in dieser heidnisch v. 21: illud (aurum)
templorum damno excidioque requirit. Schauplatz ausseritalisch, vielleicht
tjrallien, vgl. 29 f. (romani sermonis egent etc.). Abschreckende Schilderung
von dem verkümmerten Aussehen eines Schulmanns v. 31 fP. Ausdrucks-
weise und Versbau mühsam und prosaisch, z. B. v. 27 f. Die obligaten
Archaismen mage und fandier fehlen nicht. Abgedruckt sind die Gedichte
z. B. bei Wernsdorf, poetae latt. min. III. p. 235 — 241. 408 f. vgl. ib. p. 142
—144, und in Riese's Anthol. Iat. 648 f. (II. p. 101—103).
7. In der Art des Aus. ist auch das Tetrastichon authenticum de
singulis meusibuB, im cod. Voss. 86, gedmckt bei Riese, Anthol. Iat. 395
(p. 259—261).
8. Ueber die Ausgaben der Werke des Aus. s. Böcking, Jahrbb. d.
rheinl. Alt. Fr. VIT. S. 3—11. Wir erwähnen die editio princeps (Venedig
1472. fol.), die Ascensiana (Paris. 1511. 4), Aldina (1517. 8)^ die von Pul-
mann (Antwerpen 1568. 16.), Jos. Scaliger (nebst seinen lectiones Ausonianae,
Lugd. 1575. Heidelberg 1588 und sonst), El. Vinetus (Bordeaux 1580. 1590.
4.), J. ToUius (Amstelod. 1669. 12), J. B. Souchay (Paris 1730. 4.), ed. Bipon-
tina (1785), W. E. Webers Corp. poet. Iat. p. 1206—1267 (ohne die Dankrede).
954 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
396 415. Das Bedürfniss des Cultus veranlasste die Abfassung
christlicher Lieder. Zu den ältesten die wir besitzen gehören
die des Damasus (J. 305 — 384), welche schon stark sich dem
Eeime zuneigen. Neben den lyrischen haben wir yon ihm auch
episch gehaltene, sowie Grabschriffcen; von seinen prosaischen
Schriften nur Briefe. Dogmatische Schriften sind erhalten von
Pacianus, Optatus, Philastrius. Als christliche Schriftsteller der
Zeit sind uns bekannt Aquilius Severus, Latronianus u. A.
1. Hieron. de vir. 111. 103: Damasua, romanae urbis episcopus (seit
J. 366, vgl. Ammian. XXVII, 3, 12 f.), elegans in versibuB componendis
ingeninm habuit multaque et brevia metro edidit et prope octogenarins
Bub TheodoBio principe (J. 384) mortnuB est. Vgl. ehren, ad a. 2382 =- 366.
Snid. V. ddiiaeog, Hieron. epist. 22, 22 : legas . . de virginitate libellos . .
papae Damasi . . versu prosaqne compoaita (volumina). 48, 18. u. sonst.
2. Verse des Damasus sind tbeils handschriftlich theils als Grab-
schrifbeu (in Rom) überliefert. Letztere bes. bei de Rossi, Inscriptt. christ.
I, 329 (p. 146). IL Von des Dam. cultor atqne amator, Furins Dionysius
Philocalus (oben 72, 9), sind sie mit besonderer kalligraphisoher Zierlich-
keit geschrieben; de Rossi I. p. LVL Die meisten Verse des Dam. sind
io Hexametern, einige im elegischen Mass; c. 8 in iambischen Dimetern,
c. 30 in katalektischen daktylischen Tetrametem. LetEtere beide haben
den Reim, c. 8 freier (bemerkenswerth v. 3 f. der Reim praedioat .^ gloria;
11 f. praeparat . . gaudia), c. 30 regelmässiger. Bei den Versen im
epischen Masse ist die prosodische Willkür besonders im AnÜBJig (z. 6.
sordibus depositis, impium maledicum, prophetam Christi) nnd Ende der
Reihe (precee, frStremqne, irenen) häufig. 3, 1: haec verb& cecinit; 4, 1:
trin& coniunctio mundi; ebenso Verschleifung des langen Vocals nnd Hiatus.
Die Gegenstände sind Apostel, Märtyrer, Päpste, verstorbene Christen (s. B.
Mutter und Schwester des D.); c. 2 ein Glückwunsch an den £[ai8er zu
Ostern. In 37 Gedichten nennt D. 27mal seinen Namen, c. 6 gehört viel-
mehr einem Silvius, s. Anthol. lat. 689 a (R.).
3. Damasi papae opera quae extant . . cum notis Martii Milesii Sar-
razanii ed. F. Ubaldin, Rom. 1638. 4. Paris. 1672. Damasi carmina sacra
. . illustr. ab A. Rivino, Lips. 16&2. Aucta et illustr. ab A. M. Merenda,
Rom. 1764. fol. In Gallandi bibl. patr. VI. Maittaire, opera veternm poeii
latt. (2 VolL London 1718 fol.), Migne's 'Patrolog. XEL p. 347 — 376 (Epi-
stolae). 376—417; opera apocrypha- p. 423—441.
üeber Damasus s. z. B. die prolegomena von Merenda (bei Migne
Xm. p. 109—347 vgl. p. 417—423). R. Ceillier, bist, gön^r. VI. p. 454—
477. Hölscher, de Damasi et Hilarii qui feruntur hymnis sacris, Münster
1868. 4. A. Couret, de Damasi . . carminibus, Grenoble 1870. 79 pp.
4. Hieron. vir. ill. 106: Pacianus, in Pyrenaei ingis Barcilonae epi-
scopus castitate et eloquentia et tarn vita quam sermone clarus, scripsit
varia opuscula, de quibus est Cervus (?) et Contra Novatianos. sub Theo-
415 f. Damasus, Philastrius u. A. Dictys. 955
dosio principe (J. 391) iam ultima seneciute mortuas est. Väter dee Flavius
Dexter. Die Sohrifb Contra Nov., eine Busspredigt n. a. ist erhalten; s.
Paciani opera studio Jo. Tilii, Paris 1538, in der Bibl. patr. max. IV.
p. 305, in Gallandi bibl. patr. VII. p. 257 ff., und in Migne's Patrolog. XIII.
üeber P. vgl. R. Ceillier VI. p. 718—739.
6. Hieron. yir. ill. 110: Optatus Afer, episcopus Milevitanus, ex
parte catholica, scripsit Valentiniano et Valente principibus adversum Do-
natianae partis calumniam libros VI (Var.: VII). Ausgaben davon: 1549
fol. Ed. Fr. Balduinus, Paris. 1563 u. sonst. Opera et studio L. Ellies du
Pin, Paris. 1700 fol. u. sonst. In Gallandi bibl. patr. V. p. 461 ff. Cur.
F. Oberthür, Würiburg 1790. In Migne's Patrolog. XI.
6. Augustin. de haeres. praef.: Philastrius quid am Brixiensis epi-
scopus, quem cum sancto Ambrosiq Mediolani etiam ipse vidi, scripsit hinc
librum nee illas haereses praetermittens quae in populo iudaeo fuerunt ante
adventum domini easque XXVIII commemoravit et post dom. adv. CXXVIII.
scripsit hinc etiam graece episcopus Cyprius Epiphanius, aus Philastidus
schöpfend. Philastri^ de haeresibus liber in Migne's PatroL XII und bes.
in Fr. Oehler's Corpus haeresiologicum I (Berlin 1866) p. 1—185. Vgl. R.
Ceillier, bist. g^n. VI. p. 739—751. Der Nachfolger des Ph. war Gauden-
tius, in der Zeit des Ambrosius.
7. Hieron. vir. ill. 111: Aquilius Severus in Hispania, de genere
illius Severi ad quem Lactantii duo epistolarum (in)8cribuntur libri (oben
393, 2), composuit volumen quasi odoinoQi%6v totius suae vitae statum
continens tam prosa quam versibus, quod vocavit KazaatffOfprjv sive Flei-
(fttVf et sub Valentiniano principe obiit.
8. Hieron. vir. ill. 122: Latronianus, provinciae Hispaniae, valde eru-
dituB et in metrico opere veteribus comparandus, caesus est Treveris cum
Priscilliano (J. 385; vgl. Sulpic. Sev. chron. II, 61, 3). . . extant eins ingenii
opera diversis metris edita. Vgl. oben 410, 4.
9. Hieron. vir. ill. 123: Tiberianus Baeticus scripsit pro suspicione
qua cum Priscilliano accusabatur haereseos apologeticum tumenti compo-
sitoque sermone.
416. Ungefälar aus dieser Zeit stammen zwei Iateiiii8che397
üebersetzungen des Diktys und des Josephus. Die lateinische
Bearbeitung der fabelhaften Geschichte des trojanischen Ejrieges
von dem angeblichen Kreter Diktys trägt den Namen eines
Septimius und hat eine künstliche, überallher zusammengetragene
SjJrache, voll Archaismen, poetischen Wendungen und späten
Bildungen. Von alten Mustern ist vorzugsweise Sallust befolgt.
Die Uebersetzung von Josephus' Geschichte des jüdischen Krieges,
welcher lange Zeit irrthümlich der Name Hegesippus beigelegt
wurde, ist aus der Zeit des Ambrosius, wo nicht von diesem
selbst verfasst. Das Original wird darin theils verkürzt theils
_._ J
956 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
rhetorisch erweitert; auch macht sich der christliche Standpunkt
des Bearbeiters lebhaft geltend. Gleichfalls aus dieser Zeit ist
die älteste lateinische Bibelübersetzung (Itala), und auch die
Uebersetzung des Pelagonius ist wenigstens nicht viel jünger«
1. Suidas B. y. dixxvq (I. p. 1369 f. Bnh.): Jintvg iffxoQinog. syQaiffv
'Etprifisgida. fern de t« fitd"' iDfiriQov naxaloyddfjv iv ßißltoig d"', 'ftaltxd^
TQoa'Ciiov dia%6ffiiov, ovrog eyQa'tpe ta ne^l otifnayrjg 'Eldvrjg xal neffi Me-
veldov xcel ndctig llia%rjg vno^iaBmg. Eudokia (p. 128) erw&hnt auch den
Uebersetzer {Senxriiuvog zig Q<o\utiog ffovpog . . Big xr^v ^mfujcfKriv tptavriw
ltexrivBy%sv). Das Buch hat Malala in verkürzter Gestalt seiner Chrono-
graphie einverleibt, nnd auch andere Byzantiner haben es als Geschichts-
quelle benützt. Ueber die Einkleidung des Buchs berichtet Suidas 1. 1.:
ort int KXavSiov xrig Kgiqxrig vno aeiaiiov nctxsvsx^'Biarig xal nollmv xdtpiov
dvsax&tvxoiv svffid'ri iv Ivl xovxoav xo avvxay^ xrjg taxoglag ^C%xvog^ xov
x^<oX%ov negiixov nolsfiov, onsQ laßmv KXavSiog i^idmne yQdq>sa9'at, Diess
stimmt mit dem prologus der lateinischen Fassung: Dictys . . foit socius
Idomeuei . r et Merionis, . . a quibus ordinatus est ut annales belli troiani
conscriberet. igitur de toto hello X (Dederich emendiert: IX) volnmina in
tilias digessit phoeniceis litteris. quae . . praecepit moriens ut secum ae-
pelirentur. . . verum . . tertio decimo anno Neronis imperii (J. 66 «s 819
d. St.) in GnoBo civitate terrae motus facti etc. pastores . . ad suum
dominum Enpraxidem . . pertulemnt. qui . . litteras Rutilio Rufo, illins
ineulae (Kreta) tunc consulari, obtulit. ille . . ad Neronem oblata sibi
transmisit. . . Nero . . iussit in graecum sermonem ista transferri. . . quomm
seriem qui sequitur textus ostendit. Wiederholt (I, 13. V, 17. VI, 10) prägt
der Redende ein dass er selbst Augenzeuge des^ Erzählten gewesen sei.
Das Werk gehört zu der Wunder- und Schwindelliteratur wie sie im ersten
christlichen Jahrh. besonders üppig aufschoss (vgl. E. Zeller, Vorträge
S. 297 flF. Hercher, über Ptol. Chennus, in Fleckeisen's Jahrbb. Suppl. 1855,
S. 276 ff. E. Rohde, über Lucians Aovmog S. 21). Das griechische Original
könnte daher aus jener Zeit stammen. Doch suchte schon saec. XV Lascaris
vergeblich nach demselben, und H. Dunger (d. Sage .vom trojan. .Kriege,
1869, S. 18 f.) glaubt daher dass ein solches überhaupt niemals existiert
habe, so wenig als von Dares. Vgl. oben 396, 9 u. unten 459, 17.
2. Zu dem Vorwort seines (angeblichen?) griechischen Originals fügt
der Uebersetzer noch eih eigenes, worin die meisten Angaben von jenem
wiederholt werden, so dass dasselbe wohl bestimmt war an die Stelle des-
selben zu treten. Es war aber durch seine Stellung der Gefahr jdes Unter-
gangs leichter ausgesetzt und fehlt in vielen Hdss. Hauptinhalt: L. (Var.:
Q.) Septimius Q. Aradio s. d. Ephemerida belli troiani Dictys Gretensis'. .
conscripsit litteris punicis etc. nobis cum in manus forte libelli venissent
avidos verae historiae cupido incessit ea uti erant latine disserere, non
magis confisi ingenio quam ut otiosi animi desidiam discuteremus. itaque
piiorum quinque volurainum . . eundem numerum servavimus; residua
quattuor de reditu Graecorum in unum- redegimus atque ad te misimns.
tu, Rufine mi, ut par est, fave coeptis. Der Adressat heisst also Q. Aradiua
416. üebersetznngen des Dictys u. A. 957
Rufinus. Ein Aradius Rufinus wurde J. 304 und dann wieder zweimal im
J. 312 n^ Chr. praef. urbis (Chronograph von 354, S. 628 Mo.) und ist wohl
auch der Cos. Rufinus des J. 316; ein anderer (dessen Sohn oder Enkel?)
bei Ammian. XXIII, 1, 4: Rufinum Aradium comitem orientis in locum
avunculi sui luliani recens defuncti provexit (Julianns, J. 363). Vgl. Cod.
Theod. X, 19, 2. Wohl dem Ersteren gilt das Epigramm des Vaters yon
Symmachus (Symm. Ep. I, 2) worin Ar. Ruf. z. B. unus amor cunctis et
praesidium trepidorum heisst. Einer von beiden ist wohl auch der Adressat
des Septimius, welchen Letzteren man wohl eher unter den Schulmännern
der Zeit zu suchen hat als (mit Perizonius) unter den hohen Staatsbeamten.
3. Für das Zeitalter des Septimius lässt die Person des Adressaten
(s. A. 2) die Wahl nur zwischen dem Anfang des vierten Jahrhunderts und
dessen zweiter Hälfte. Dazu stimmt auch seine Sprache, welche, nach den
Nach Weisungen von Dederich p. XXXVIII — LVI und in seinem Glossarium
Sept. p. 241 ff. (vgl. Perizonius ib. p.'^LXXXVI f.), zwar mit Apulejus manche
Berührungspunkte hat (p. XLVIII — LIV), aber ebenso viele mit dem ver-
meintlichen Hegesippus, mit Ammianus, Sulpicius Severus, Orosius u. a.
Wir entscheiden uns daher für die Zeit des Theodosius 1. Die eingestreuten
Reden (bes. II, 21 ff. Y, 2) sind besonders deutlich den sallustischen nach-
gebildet. Ausser Sallust ist aber auch Cornelius Nepos, Livius u. a. aus-
gebeutet.
4. Die lateinische üebersetzung des Septimius wurde im Mittelalter
viel benützt (bes. zur Ergänzung des Dares, s. H. Dunger, d. Sage v. troj.
Kriege S. 26. 32. 37—39. 69 f., auch 69 f.) und daher anch häufig abge-
schrieben. Die älteste und beste Handschrift ist der Sangallensis 205 saec.
IX. Ausgaben meist zusammen mit Dares. Colon. 1470 oder 1475. Mediol.
1477 fol. Ed. Cratauder, Basil. 1529. Spätere von Jos. Mercerius (Paris
1618. Amstel. 1631), Anna Tan. Fabri filia (Paris 1680. Amstel. 1702. 4.),
U. Obrecht (cur. S. Artopoei, Argentor. 1691), L. Smids (JLmstelod.
1702. 4.)^ und bes. A. Dederich (Bonn 1832; wohlfeilere Ausg. Bonn 1837;
CXVni u. 644 pp.), wo auch (p. LVII— CXVII) lac. Perizonii dissertatio de
D. Cr. etc. Vgl. Q. F. Hildebrand in Jahns Jhbb. XXIII. S. 278 ff. Eine
kritische Ausg. von Dictys und Dares ist von f. Meister in Aussicht gestellt.
5. Aelteste deutsche üebersetzung mit dem Titel: Warhafftige Hi-
stori vnd beschreybung v. d. Troianischen krieg vnd Zerstörung der Stadt
Troie, durch die hochgeachteten Geschichtschreiber Dictyn Cretensem vnd
Darem Phrygium, Erstlich in Griech. sprach beschriben, darnach Latein,
vnd yetzund newlich durch Marcum Tatium a. d. Latein ins Teütsch ver-
wandelt, vormals nie gesehen, mit durchaus schönen Figuren gezieret.
Augsp. 1636. fol. Vgl. H. Dunger a. a. 0. S. 64—70.
6. Ueberschrift im Cassellanus: losephi liber I etc. Daraus loseppus,
losippus, Aegesippus, Egesippus, Hegesippus. Das griechische Original ist
theils gekürzt (B. V =» Joseph. V--VII), theils durch Zusätze aus andern
Quellen (bes. römischen) und rhetorische Zuthaten erweitert und ins Christ-
liche umgefärbt (z. B. II, 12. HI, 2. IV, 6). Constantinopel ist Residenz
(III, 5); auf Abfassung gegen Ende von saec. IV deutet V, 15, 24 ff. Diese
958 I)ie Kaiserzeii. Viertes Jakrkundert. 2weite Hälfte.
ist die Zeit des Ambrosius, und diesem schreiben Mediol. und andere HdRs.
die Uebersetzung ea. Auch die rhetorische Bildung des Verf. und seine
Bekanntschaft z. B. n^it Sallust, sowie manche einzelne Spracheigentham-
lichkeiten würden stimmen. Benützung der Bibelübersetzung des Hiero-
nymus ist nicht erweislich, wohl aber Benützung dieser Uebersetzung des
Josephus durch Mdor. J. Caesar an Webers Ausg. p. 890 — 399.
7. Ueber die Handschriften der Josephus-Uebersetzung, unter welchen
die Mailänder (saec. VII) und die Kasseler (saec. VIII — IX) die ältesten
sind, B. Caesar p. 399—403.
8. Editio princepp Paris.' 1510. Darauf 1511. 1524. Colon. 1525. 1530.
1544. Ed. Cornelius Gualtherus Gandavensis, Colon. 1559. 1575. In der
Bibl. patr. maxima (1677) V. p. 112.S— 1209; in Gallandi bibl. patr. (Ven.
1788) VII. p. 653—771, und Migne's Patrol. curs. XV (1845). p. 1962—2206.
Kritische Ausgabe von C. F. Weber: .Hegesippus qui dicitur s. Eges. de
hello iudaico, ope cod. Cassell. recognitus; opus morte Weberi interroptom
absolvit C. J. Caesar, Marburg 1864. 404 pp. 4. (zuerst in 8 Marburger
üniversitätsprogrammen, 1857 — 1864).
9. Sonstige Uebersetzungen aus dieser Zeit. Sjmmach. ep. III, 11
(Naucellio): opusculi tui quo prisca cuiusque reip. ex libro graeco in la-
tinum transtulisti.
10. Eine lateinische Uebersetzung des apokryphen Buchs Esra ans
dem Griechischen wird schon von Tertullian n. A. angeführt; s. A. Hilgen-
feld, Messias lodaeorum (Lips. 1869) p. XXIl ff.
11. Für die Kenntniss der lateinischen Volkssprache sehr wichtig ist
eine vor Hieronymus buchstäblich aus dem Griechischen der LXX gemachte
Bibelübersetzung (Itala), die für Leviticus und Numeri e codice perantiquo
Ashbnmhamiense herausgegeben wnrde London 1868. Bibliorum sacr.
latinae versiones antiquae, seu vetus italica etc. opera et studio P. Sabatier,
Paris. 1751. 3 Voll. fol. Latinae vet. test. versionis antehieronymianae
fragmenta e cod. Fuldensi eruta ed. E. Ranke, Marburg 1856; und Par
palimpsestorum Wircebnrgensium (aus saec. V); antiquissimae vet. test.
versionis latinae (wahrscheinlich von zwei Verfassern) fragmenta; e cod. rescr.
eruit E. R. Wien 1871. Fr. Kaulen, Geschichte der Vulgata, Mainz 1868; Hand-
buch zur Vulgata, eine systematische Zusammenstellung ihres lat. Sprach-
charakters, Mainz 1870. 280 S. H. Rönsch, Itala und Vulgata, das Sprach-
idiom der urchristlichen Itala und der katholischen Vulgata, Matlourg 1869.
12. pie Bibel -Uebersetzungen des Hieronymus und Rufinus s. unten
427 f.
13. Etwa aus dem Anfang von saec. V ist die besonders durch Bob-
bio'sehe Palimpseste erhaltene Uebersetzung der Thierheilkunde des Pe-
lagonius, welcher den Columella citiert und etwa in der Zeit des Con-
»tantin geschrieben hatte. In den Hippiatrici Paris 1530 fol. Basil. 1587. 4.
Pelagonii veterinaria ex Riccardiano codioe exscripta ab los. Sarcfaiano
nunc primum edita cura C. Cionii, Florent. 1826. Dazu Wiener Jahrbb.
XXVI. (1824), Anzeigebl. S. 25 ff. 32 ff. XLIV (1828). S. 141 ff. Anzeigebl.
416 f. Üebersetzung des Josephus u. A. Theodosius I. 95d
S. 46 ff. H. Molini, sopra la veterinaria di P., Padua 1828. F. ösann,
quaedam de Pelagonio Hippiatricortim scriptore, Giessen 1843. 4.
b. Die Zeit von Theodosius I. J. 879 ff.
417. Von den Kaisern in den beiden letzten Jahrzehntenses
des vierten Jahrb. hatte nur Gratianus (J. 359 — 383) Sinn für
Literatur. Theodosius I (J. 346 — 395), wie Trajan überwiegend
Eriegsmann, theilte seine Thätigkeit als Kaiser (379 — 395) zwi-
schen Kämpfe gegen äussere Feinde an den Ost- und Nord-
Grenzen seines Reiches sowie gegen Usurpatoren (Maximus und
Eugenius) und Bemühungen zur Ausbreitung der nikänischen
Orthodoxie auf Kosten des Polytheismus und der arianischen
Lehre. Wirklich erlischt allmählich der Polytheismus. Zwar
halten einzelne Kreise, wie in Rom die Familien Symmachus
und Nicomachus, mit dem Interesse für die alte Literatur auch
die Anhänglichkeit an den alten Glauben noch länger fest.
Aber ihre Bestrebungen werden immer vereinzelter und erfolg-
loser: Symmachus und Ammianus sind die letzten namhaften
Vertreter des Polytheismus in der Literatur. In demselben Ver-
hältniss wächst die Zahl und die Bedeutung der christlichen
Schriftsteller. Alle überragt die Gestalt des Ambrosius. An
Vielseitigkeit des Wissens und der literarischen Thätigkeit thut
keiner es dem Hieronymus gleich, und auch von der Wirksamkeit
des Augustinus fallen die Anfange schon in diese Zeit. In
manchfachen metrischen Formen verfasst Prudentius Gedichte
christlichen Inhalts und bald nachher wird durch Sulpicius Se-
verus und Orosius die Geschichte aus christlichen Gresichtspunk-
ten bearbeitet. Das Dogma herrscht und bethätigt sich auch
auf dem Gebiete der Geschichte und der Auslegung durch alle-
gorische und symbolische Auffassung der biblischen Gestalten
und Vorgänge. Die medicinische Literatur besteht in Ueber-
tragungen griechischer Werke (Thebdorus^Priscianus) oder aber- -
gläubischer Erweiterung älterer lateinischer (Marcellus Empiricus,
Sex. Placitus). Sonst hat di« Zeit ausser Ve^etius, nur Rhetoren
wie Pacatus und Grammatiker wie Servius und Ti. Donatus auf-
zuweisen.
1. Victor Epit 47, 4: fnit Gratianus (s. oben 396, 2) litteris haud
mediocriter institutus (vgl. 414, 1): Carmen facere, ornate loqui, explicare
controversias rhetorum more. Auson. epigr. 1, 5 (bellandi fandiqne potena
Auguatns) und grat. act. p. 297. Symmach. paneg. Grat. 7. Ep. X, 21:
Musis in palatio loca, lautia tu dediati. Vgl. Cod. Theod. XIII, 13, U,
960 Die Kaiserzeit Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
Sozom. VII, 1 : vofiov td'BTO fiet ddtiag ixdfftovg d^Qi]<f%evHif mg ßovXovtai^
xofl ixuXijöidteiv y nir^v Mcivi%aiiov xal xmv td ^attHvov %al EvvoftCov
(fifovovvtmv, Symmach. ep. X, 61 : uil ille decerpsit aacraram virg^num privi-
legiisy decrevit nobilibus sacerdotia, romanis caerimoniis non negayit im-
pensas, . . cnmque alias religiones ipse sequeretur has servavit imperio.
2. Victor epit. 48, 9 Aber TheodosiuB (oben 395, 2): simplicia in-
genia aeque diügere, crudita mirari, sed iunoxia. Vgl. das Epigramm des
AemiliuB Probus (oben -195, 7): Thendosio et doctis carmina nuda placent
Theodos. ad Aaäbnium (Auson. opp. p. 335 Bip.): amor mens qui in te est
et admiratio ingenii atque eruditionis tuae . . fecit, parens iucundissime,
ut . . familiärem sermouem autographum ad te transmitterem, postulans
pro iure . . privatae inter nos caritatis ne fraudari me scriptorum tuomm
lectione patiaris , qnae olim mihi cognita et iaqpi per tempus oblita rarsum
desidero. Auson. epigr. praef. 9 f.: scribere me Augustus iubet et mea
carmina poscit paene rogans. Auch Libanios und Themistios, so gut wie
Sjmmachus, blieben von dem Kaiser, trotz seines orthodoxen Eifers, an-
behelligt, ja geschätzt und befördert. Symmach. ep. V, 35: romanae iu-
yentutis magistris subsidia soUemnis alimoniae detracta sunt. Pet. Erasm.
Müller, comm. bist, de genio, moribus et luxu aevi Theodosiani, 2 Partes,
Kopenhagen 1797. H. Richter, das weströmische Reich (1865) S. 407 ff.
A. de Broglie, IMglise et Tempire romain au IV® siecle; III: Valentinien et
Theodose, Paris 1866. 2 Voll. 464 u. 533 pp. G. R. Sievers, Stadien zur
Gesch. d. röm. Kaiser (1870) S. 281—334.
399 418. Eine hervorragende Stelle unter den Anhängern der
alten Zeit nimmt drei Generationen hindurch die Familie der
Symmachus ein, Ton welchen der berühmteste der mittlere
ist, Q. Aurelius Symmachus (um J. 350 — 420), Cos. 391 n. Clir.
Ehrenwerth von Charakter, aber ohne Energie und mit den
Vorurteilen eines romischen Patriciers behaftet, hat er selbst
wenig Glauben an den Bestand seiner Sache. Seine Leichtig-
keit und Eleganz in mündlicher, und schriftlicher Darstellung
haben auch Gegner anerkannt. Wir besitzen Proben seiner ju-
gendlichen Beredtsamkeit in drei zum grösseren Theile erhalte-
nen Lobreden auf Valentinian I und dessen Sohn, den jungen
Mitkaiser Gratianus; sie theilen die Manier der übrigen Pane-
gyriker, stehen aber den besseren derselben an Gehalt entschieden
nach. Aus seinen reiferen Jahreir haben wir grössere Stücke
aus sechs Senatsreden. Wichtiger sind seine Briefe, welche viel-
leicht von seinem Sohne gesammelt und, in Nachahmung der
Sammlung des jüngeren Plinius, in zehn Büchern herausgegeben
worden sind. Sie geben mit ihrer glatten Inhaltslosigkeit ein
Bild von der Schwächlichkeit ihres Verfassers und seines Kreises.
Am bedeutendsten ist die amtliche Correspondenz im zehnten
418. Sjmmachn«. 961
Buche, namentlicli das Gresuch um Wiederherstellung des Altars
der Victoria im Sitzungssaal des Senats, welches den Bischof
Ambrosius und den Prudentius zu Gegenschriften veranlasste. •
1. Der Vater des Redners. Orelli 1186: Lucio Aur. Avianio Symmaclio
y. c. praefecto urbi (J. 364 nach dem cod. Theod. z. B. I, 6, 2; vgl. Symm.
£p. II, 44. Ammian. XXVII, 3, 3: inter praecipua nominandus exempla doc-
trinarum et modestiae), consuli (um 376? vgl. A. 4), pro praefectis praetorio in
urbe Boma finitimisque provinciis, praefecto annonae urbis Bomae, pontifici
maiori, Quindecemviro s. f., multis legationibus pro ampl. ord. desideriis
apud divoB principes functo (z. B. bei Constantius, Ammian. XXI, 12, 24),
qui primuB in senatu sententiam rogari solitus auctoritate, prudentia atq.
eloqnentia . . magnitudinem loci eius inpleverit, auro inlustrem statuam
etc. (J. 377). J. 381 oder 382 war er noch am Leben; s. Synmiach. ep. I,
101. Vgl. I, 44: egit ille senatui gratias ea facundiae' gravitate qua notus
est. Brief von ihm an seinen Sohn ep. I, 2, worin: quia nihil est quod
agam et, si iiihil agam, subit me maiorum meorum misera recbrdatio, in-
veni quod illis libellis quos nuper dictaveram possimus adicere. Es sind
5 (mittelmässige) Epigramme von je 6 Hexametern auf angesehene Männer
seiner Zeit, in Nachahmung der Hebdomades des Varro (oben S. 274).
AehnHches AnthoU lat. 831—849. 851 — 865 B. Briefe seines Sohnes an ihn
Ep. I, 1. 3—12.
2. Orelli 1187 (aus Bom): Q'. Aur. Symm ach o v. c, Quaest. (Epp.
IX, 119), Praet. (Epp. VHI, 14), Pontifici maiori (vgl. Epp. I, 47. 49. 61.
IX, 108. 128 f.), correctori Lucaniae et Brittiorum (J. 866, s. Cod. Theod.
VIII, 5, 25), comiti ordinis tertii, procons. Airicae (J. 373, Cod. Theod. XII,
1, 73; vgl. Benier Inscr. de l'Alg. 2740. Symin. ep. VHI, 5. 20. X, 1), praef.
urb. (J. 384 u. 418 f.), cos. ordinario (J. 391, vgl. Epp. H, 62—64. 81.
V, 15. IX, 130), oratori disertissimo. Vermählt war er mit Busticiana (ep.
X, 54, vgl. Ap. Sidon. ep. II, 10), der Tochter von Orfitus (ep. IX, 131. X,
54), wohl dem praef. urbi J. 365—359, und hatte von ihr eine Tochter und
einen (einzigen,- s. ep. IV, 6. V, 68. VI, 7. 41) Sohn, Q. Fab. Memmius
Symmachus (Orelli 1187 f.), welcher noch bei Lebzeiten des Vaters die
Quästur (z. B. quaestorium parvuli nostri munus, ep. V, 22) und Prätm*
(praet. urb.) erlangte, rhetorisch gebildet war (ep. VI, 34 vgl. 61. VII, 9.
VIII, 69. IV, 20), und zur Frau hatte die Enkelin des älteren Nicomachus
Flavianus (Orelli - Henzen 5593 vom J. 431; vgl. ib. 1188), während des
Symm. Tochter vermählt war an den Oheim seiner Schwiegertochter, den
jüngeren Nicomachus Flavianus (unten 421, 1 f.). Kinder der Tochter: dul-
cissimi nepotes, Ep. VI, 40; nepticula mea Galla ib. VI, 32. Nachkommen
des Sohnes sind wohl die Q. Aurelii Symmachi welche Coss. waren J. 446,
485, 522 (Q. Aur. Anicius Symm.). Des Bedners Wohnung in Bom war
auf dem mens Caelius (Epp. VII, 18 vgl. 19) ; ausserdem hatte er zahlreiche
Besitzungen, z. B. bei Formiä, Cora, im Laurens ager, in der ^Nähe Boms
(auburbanum) wie in Sicilien (IX, 51) und Africa (VII, 66). Zwei Brüder
starben vor ihm (I, 46. 101. III, 6. 19).
3. Tirocinium des Bedners Symm. in Germanien neben Ausonius, s. oben
TnjrrEii, Böm. Literatuigesohichte. 2. Aufl. * - 61
9G2 Die Eaiscrzeit. .Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
414, 1. Vgl. Epist. I, 14. in Yolent II, 6. 8. Galliacher Lehrer der Be-
redtsamkeit, s. oben 387, 10. Da ums J. 360 Symm. schon ein hoffnungs-
voller Knabe war (Libau. epist. 923), so wird er spätestens 350 geboren
sein. Gestorben kann er nicht vor 420 sein, da er in den Wirren bei der
Papstwahl nach dem Tode des Zosimus (f 26 Decbr. 418), zwischen Enla-
lius und Bonifacius I, als praef. urb. eine Bolle spielte (Epist. X, 71 — 83).
Ueber seine Gesundheit hat S. in seinen Briefen fast so viel zu klagen wie
Fronto, namentlich auch über Podagra und Chiragra.
4. Beden des Symm. *sind (aber keine vollständig) erhalten durch
ein Mailänder Palimpsest saec. VI, herausgg. von A. Mai (Mediol. 1815
=» Frankf. 1816 und in Niebuhrs Ausg.' des Fronto, Berol. 1816), dann
aus einem cod. Vatic. und Bobiens. vermehrt an Mai's iuris civ. anteiosi
reliqq. (Born 1823), in der Scriptor. vett. nova coli. T. I, 4. und an Mai's
Ausg. von Cic. de rep. (Born 1846). H. C. A. Eichstädt, de Symm. oratt
particc. ab A.^Maio in lucem protr., Jena 1816. 4. H. Meyer, orait. rom.
fragm.* p. 627—636. Vgl. Hermes IV. p. 33—36. Diese Stficke sind aus
folgenden neun Beden : Zwei Lobreden auf Valentinian I, gehalten in GaUien,
die eine frühestens J. 368 (wegen c. 9 lustrum imperialium annorum), die
andere auf des Kaisers drittes. Consulat, J. 370, beide jugendlich bomba-
stisch und mit Geschmacksfehlern (wie I, 1 caesam glaciem potare; I, 3
Gratianus seminarium principatus et vena regalis genannt; II, 12: navigia
ripam momorderUnt). 3. Lobrede auf den jungen Augustus Oratianus, also
frühestens Ende 367 gehalten, vor Gratianus, wahrsch. in Trier. 4 — 6 Beden
im römischen Senat, lauter kurze Stücke (höchstens 4 Capp.), nämlich 4.
bei Einführung eines Consul, über die Methode der Consulwahl in seiner
Zeit (Ernennung durch den Kaiser auf Vorschlag — postulatio — des Se-
nats); 6. Danksagung für die Wahl seines Vaters zum Consul, nach dem
Tode von Valentinian I, J. 376 oder 377; 6. Empfehlung des jungen Try-
getius fSr die Quästur (vgl. Ep. I, 44. 62); 7. Antrag (petitio, vgl. Ep. V,
43) auf Aufnahme des Sohns von lulianus Busticus (s. A. 6), Synesiüs, in
den Senat; 8. Empfehlung des neuen Senatsmitgliedes Severus; 9. Empfeh-
lung des Valerius Fortunatus für die Quästur (hrsgg. von Mai 1823).
6. Ausserdem werden in den Briefen des Symm. erwähnt zwei Senats-
reden, quarum una, ad Polybii filium pertinens, ex recenti negotio naia
est, altera dudum, cum res in curia agitaretur, a me parata, nunc opere
largiorc aucta processit; huic argumentum est repudiata censura (Nicht-
wiedcreinfiihrung derselben), quam tunc totius senatus fugavit auctoritas
(Ep. IV, 45). Vgl. Ep. IV, 29. V, 9 (una ad urbanos fasces resnltantem
candidatum tenuit, altcri argumentum dedit iam pridem decreto senatus
improbata censura). I, 105 (libellus quo nuper in senatu sustuli civium
secunda suffragia). VII, 68. Dazu die Lobrede auf. den Usurpator Maxi-
mus (Ep. II, 31), welche aber dem Symm. von Theodosius sehr verübelt
wurde (post amaros casus orationum mearum, Ep. VIII, 69 vgl. Cassiod.
bist. trip. IX, 23. Sokr. h. e. V, 14. Suid. v. %ad'oaia>ütg) und Begfltigungs-
schreiben wie laudes Theodosii (Ep. II, 13) nach sich zog. Ep. IV, 64:
nee tantum epistulas poscis, oratiunculas quoque nostras non editas deferri
in manus tuas praecipis. . . misi igitur ex recentioribus numero quinque.
418. Symmachns. 9G3
6. Die Briefe sind. Öfters unter Verletzung der Zeitfolge, nach den
Empfangern geordnet. B. I enthält die Briefe an seinen Vater (1 — 12),
AuBonius (13—43), Agorio Praetextato (44—56. 74), (Anicio) Probo (56—61),
Celsino Titiano fratri (62—73), Hesperio (75 — 88), Antonio (unten 419, 2),
Syagrio (94—107. U, 14 f. 49). Buch II fast nur Briefe an Flavianus frater
(unten 421, 1). B. III: luliano Rustico (1—9), Naucellio (10—16), Gregorio
(unten 419, 3), Mariniano (23—29), Ambrosio (30—37), Hilario (38—42), Si-
lurio (48—45), Eutropio (46 — 53), Ricomeri (54 — 70), Timasio (71 — 73),
Promoto (74—80), Rufino (81—91). B. IV: Stiliconi (1—14), Batoni (15 f.),
Protadio (17—34), Minervio (35—49), Florentino (50—57), Eupraxio (58—65),
Euaignio (66—84). Buch V: Hierophanti (1—3), Theodoro (4—16), Magnillo
(16—33), Hephaestioni (34—37), Neoterio (38—46), Felici (47—54), Sallustio
(55—57), Patemo (58—66), Olybrio et Probino (67—71), Licinio (72—77),
Helpidio (78 — 98). B. VI die Briefe Nicomachi filiis, an den Schwiegersohn
des Symm. und dessen Bruder. B. VII: Symmacho filio (1 — 15), Attalo
(16—25), Macedonio (26—29), Attico (30—34), Decio (35 — 60), Patricio
(61—66), Alypio (67—71), fratribus (72—80), Messalae (81—92), Longimano
(93—101), Petronio et Patruino (102—104), Patruino (105-128. VIII, 18 f.),
Sibidio (129—131). B. VIII enthält vereinzelte Briefe an viele Personen,
sowie solche von unbekannter Adresse, was noch häufiger ist in B. IX. In
B. X die amtliche Correspondenz mit Theodosius sen., Gratianus Aug., Va-
lentinianus, Theodosius, Honorius; insbesondere als praef. urbi (22—83).
Selten sind Briefe seiner Correspondenten , wie seines Vaters (1 , 2) , des
Ausonius (I, 32) und die kaiserlichen Erlasse X, 72 ff.
7. Trotz der Stellung des Brief sehreibers und der meisten seiner
Adressaten tragen die Briefe des S. dennoch zur Eenntniss der Zeitge-
schichte verhältnissmässig wenig bei (cassa rebus oratio, Ep. III, 10 vgl.
II, 35). Sogar Tagesneuigkeiten sind nur B. VI stärker vertreten (vgl. I,
46. II, 36. 57), und auch Geschäftsbriefe wären nicht zahlreich wenn nicht
der Ankauf von Rennpferden, Gladiatoren und seltenen Thieren (VI, 43.
IX, 132. 125. X, 19) fiir die eigenen Spiele und die seines Sohnes die Fe-
der des S. in fast fieberhafte Thätigkeit versetzte. Zahllos sind dagegen
die Empfehlungsschreiben (Ep. IV, 48: litteras nonnullis humanitate prae-
stamus), die Fürsprachen für näher und ferner Stehende (I, 64: commen-
dari a me episcopum forte mireris. causa istud, non secta, persuasit; vgl.
VII, 51: trado sancto pectori tue . . Severom, episcopum omnium sectarum
attestatione laudabilem), sogar Bettelbriefe (z. B. IV, 67. VII, 116) und
Brautwerbungen für Andere (IX, 7. 43. 49). Nächstdem Glückwünsche,
Beileidsbezeugungen, Todesanzeigen, Einladungen, Grüsse, Reisen, eigene
und fremde Gesundheit, Theuerungsverhältnisse u. dgl., besonders häufig
Klagen dass Adressat so selten oder so kurze Briefe schreibe 6der Ver-
theidigung gegen solche Klagen Anderer. Wiederholungen sind nicht
selten, z. B. der Satz dass der Verreiste zuerst zu schreiben habe findet
sich zehnmal (III, 8. IV, 28. V, 80. 70. 73. VI, 60. VIIl, 56. 60. 68. IX, 63).
VII, 81. 83. 89 ist an dieselbe Person, V, 54 u. 66 ß,n verschiedene dasselbe
geschrieben. Auch eine Anzahl Ausdrücke (wie stilus, paginae, summates,
delenimentum) kehrt oft wieder, und sehr häufig beginnen die Briefe mit
Ol*
964 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrliundert (J. 379 ff.).
einer Sentenz. Im Ganzen aber strebt S. sichtlich nach Abwechslung in
der Form, und seine Briefe sind eine Mustersammlmig für verbindliche
Dnd zierliche Wendungen. Vgl. oben 45, 9.
8. Ep. y, 85 (an Helpidius) : quod epistulas meas condis amoris est tui,
qui describenda nescit eligere. . . nimis vereor ne ista simplicitas incidat in
lectorem alterum, tibi disparem. quare velim tibi habeas quae incogitata
proferimus; licet eadem mei quoque librarii servare dicantur. Vgl. V, 86: si
quid horum quae apud te incuriosius loquor cuipiam lectori nanseam moverit,
non tarn in scribendo neglegentia displicebit. Mit der Bflcksicht auf die
Veröffentlichung sind daher die Briefe (wenn auch nicht von Anfang an)
sicher geschrieben. Dass sie aber nicht von dem Verfasser selbst veröffent-
licht worden sind zeigt der rohe Zustand in dem sie uns vorliegen. Sogar
blose Papierschnitzel sind aufgenommen, wie VIII, 71 f. zwei Formulare
des Einladungsschreibens zu seines Sohnes Antritt der Prätur. Letzterer
Umstand macht wahrscheinlich dass der Herausgeber der Sammlung der
Sohn ist.
9. Hanpthandschrift der Briefe Paris. 8623 saec. X; s. 0. Clasön, de
Symm. epp. codice Par., Bonn 1867. Hoffentlich der Vorläufer einer kri-
tischen Ausgabe, für welche man gern einige Dutzende unnützer Horatiana
hingäbe. Ausgaben: ex off. J. Schotti, Argent. 1510. 4. Basil. 1549. Cura
Fr.'Iureti, Paris. 1580. 1604. 4. Bec. et auxit J. Lectius, Genev. 1587. 1598
u. sonst. E rec. C. Scioppii, Mogunt. 1608. 4. Ex rec. J. Ph. Parei (mit
Lexicon Symm.), Neustadt a. d. H. 1617. Frankf. 1642. 1651. Zuletzt in
Migne's Patrol. XVIII (Paris 1848) p. 145—406.
Beiträge zur Textkritik von C. F. W. Müller (Jahn's Jahrbb. 73, S.
324—334) und C. Schenkl (die Excerpte a. d. Br. d. S. im Spec. bist des
Vincent. Bell, Ztschr. f. d. Ostreich. Gymn. 1860, S. 412—416).
10. Verse des S. Epist. I, 1 (Hexameter und Distichen). 8 (Anakreon-
teen). Vergilius noster (vates) Ep. I, 1. 9. paneg. Grat. 9. Flaccus tnns
(des Vaters) ep. I, 4.
11. Maorob. V, 1, 7: (genus dicendi) pingue et floridum, in quo Pli-
nius See. quondam et nunc nuUo veterum minor noster Symmachus luxu-
riatur. Frudent. c. Symm. I, 632 ff.: o linguam miro verborum fönte flnen-
tem, romani decus eloquii etc. U. praef. 55 ff.: tanti . . viri, quo nunc
nemo disertior etc. Ap. Sidon. Ep. I, 1: Q. Symmachi rotunditatem. Die
Beden bewegen sich mit Vorliebe in kurzen Sätzen mit wohlberechnetem
Tonfall und sind mit rhetorischen Blumen aller Art reich ausgestattet.
Einen oratorischen Anstrich haben auch die Briefe, namentlich darin dass
sie die technischen Bezeichnungen (wie acta senatus) als unedel zu meiden
suchen. Dos Symm. Sprache strebt zwar nach Classicität, lässt aber mit
Bewusstsein Modernes zu. Vgl. Wortbildungen wie genialitas, optimitas,
placiditas, autumnitas, incentor, edecimo, exambio; Wendungen wie fors
fuat an (lit), quin immo, incoram; Gonstructionen wie fungi officium, ho-
noris tui delector, sollicitor tarditatis, bonarum artium spectatus, die häu-
fige Setzung von quod n^h verb. sent. et declarandi (z. B. VIII, 46. IX,
10. 39. X, 24. 78), aliquanü servi u. dgl. Vgl. Ep. III, 11: trahit nos usus
temporis in argntias plausibilis sermonis. quare aequius admitte linguam
" 418. SymmacbuB. 965
saecnli nostri et deesse huic epistnlae atticam sanitatem boni consule. . . te
non paeniteat scriptorum meorum ferro novitatem. ITT, 44: UQxai6(i6v
Bcribendi non invitns adfecto. . . praestat Tullium sequi.
12. Als Mensch erinnert S. an Cicero: er ist von makelloser Reinheit
des Wandels, wohlwollend, immer bereit zu helfen, ein gemütlicher Fa-
milienvater, versöhnlich (vgl. Ep. VII, 100. 128), weich bis zur Aengstlich-
keit und Empfindlichkeit. Auch zum Egoismus wird diese Weichheit: so
reich er ist, so schreit er alsbald über Druck (impressio) wenn die Noth
der Zeit ihn im gewohnten Behagen stören will, und für ihn und seine
Freunde sollte man es mit dem Rechte nicht allzustreng nehmen. Seine
Aengstlichkeit lässt ihn nie von etwas Erfreulichem sprechen ohne ein
praefiscine: pracfata dei (numinum, fortunae, divinitatis) venia oder prae-
fato (praemisso) divinitatis honore (favore). Vgl. noch Epp. I, 49. VI, 40.
Neben dieser Superstition hat er den ganzen Hochmut des Römers und
Aristokraten. Ep. II, 46: in bonam partem traho quod Saxonum numerus
morte contractus intra summam decretam populi voluptatibus stetit, ne
nostrao editioni . . abscedoret. nam quando prohibuisset privata custodia
dcsperatae gentis impias manus , cum XXIX fractas sine laqueo fauces pri-
mus ludi gladiatorii dies viderit? Ep. I, 3: Bais . . otiabar. eo postquam
rumor allatus est terrae filios con venire, oppido cavimus ne sobriam soli-
tudinem nostram sodalitas plebeia fuscaret. I, 52: pars melior humani
generis senatus (vgl. p. Sevcr. 1: apud nobilissimos humani generis). Und
doch kennt er sehr wohl die Erbärmlichkeit dieses Collegiums; vgl. VI, 22.
VIII, 19. X, 12. Dagegen hindert ihn sein Stolz auch an Kriecherei gegen
die Machthaber des Hofes (Ep. IX, 88. X, 61), und selbst dem Kaiser ge-
genüber beweist er edlen Freimut (Ep. X, 34. 41. 43. 61). Politischen
Scharfblick aber k^n man ihm nicht beimessen.
13. Ueber seine Zeit spricht sich S. je nach seiner Stimmung und
nach der Stellung des Angeredeten verschieden ans. Bald rühmt er (bo-
norum) temporum iustitia, dementia, aequitas, felicitas, serenissima tem-
pora, saeculi humanitas und dass es virtuti amicum sei, bald beklagt er
die herrschende Willkür und Gesetzlosigkeit. Im Ganzen aber gehört sein
Ilcrz der grossen Vergangenheit und mit ihr auch dem Glauben der Väter,
bei welchem Rom gross war. Für seine Person macht er zwar vom Poly-
theismus wenig Gebrauch: selten nennt er einzelne Götter (love teste,
Ep. IX, 92), sondern dii überhaupt oder caelestes, numina, divina, oder
dcus, fortuna, mens divina u. s.w.; Christen gegenüber accommodiert er sich
sogar zu der Erklärung: in eligendo episcopo dei omnipotentis expectandum
esse iudicium (Ep. X, 71). Vgl. 419, 9. Er kennt den Mangel an Ernst im^
eigenen Lager (I, 51), und ist selbst von Skepticismus so wenig frei (si
innocentiam divina respiciunt VIII, 18 vgl. ib. 6: nihil curare caelestes, a
qua opinione dissentio. IX, 61 : quid interest qua quisque prudentia verum
inquirat? uno itinere non potest perveniri ad tam grande secretum) dass
sein Versuch gegen die Vestalin Primigenia einzuschreiten (IX, 128 f.) als
Inconsequenz wie als Anachronismus erscheint. Aber der alte Glaube ist
ihm eine Fahne, zu der sich nicht offen zu bekennen Abfall ist: nunc aris
deesse Romanos genus est ambiendi (I, 51). Er verzichtet darauf für sei-
966 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert (Jv 379 ff.).
neu Glauben die frühere Herrschaft zu verlangen; nur Duldung, nur nicht
Verfolgung, erbittet er sich in der berühmten relatio an Valentinian IT
und dessen Mitrcgenteu in Sachen des Victoria- Altars (£p. X, 61), die eben-
so trefflich stilisiert wie als Nothruf einer dem Untergang verfallenen Re-
ligion ergreifend ist (z. B. : repetimus religionum statum qui reip. diu pro-
fuit. . . praestate, oro vos, ut ea quae pueri suscepimus senes posteris
relinquamus), und deren Beweisführung unwiderleglich wäre wenn nicht
die Behauptung sich eingemischt fönde dass der Nothstand des Reiches
herbeigeführt sei durch die Vernachlässigung der Religion, d. h. das Auf-
kommen des Ohristenthums. Die erfolgreichen Entgegnungen des Ambro-
sius in dessen Epist 17. 18 (Migne, patrol. XVI. p. 961 — 982). VillemaiD^
Melanges IL p. 36 ff. H. Richter, das westrOm. Reich S. 660 ff. 687 ff. 699 f
In den Streitigkeiten zwischen Eulalius und Bonifacius handelte S. nach
bestem Wissen und mit voller Unparteilichkeit (ab impugnatione et favore
ambarum partium, ut decebat, credidit temperandum X, 76), und auch die
Anhänger der einen Partei erklären seine falsidica relatio nur daraus dass
er disciplinae et religionis inscius sei (Ep. X, 74).
14. J. Gothofredus, vita Symmachi, vor Pareus' lex. Symm. C. Q. Heyne,
censura ingenii et morum Symm., Opusc. ac. VI. p. 6 — 18. Susiana (von
Suse) ad Symm. ed. J. Gurlitt, Hamburg 1816 — 1818. 4. E. Morin, ^tude snr
la vie et les ^rits de S., Paris 1847. J. Burckhardt, Constantin S. 491—497.
400 419. Symmachus selbst nennt als Redner seiner Zeit (Ani-
cius) lulianus, Antonius, Gregorius und Severus. Auf uns ge-
kommen ist einzig die Lobrede 3,uf Theodosius I welche der
jüngere Fachgenosse , Landsmann und Freund des Ausonius, der
Rhetor Latinus Drepanius Pacatus, J. 389 zu- Rom im Senate
gehalten hat. Sie zeichnet sich vor den übrigen Reden dieser
Art durch Stoffreichthum und lebhafte Darstellung aus und zeugt
auch von des Verfassers Belesenheit in der alten Literatur.
1. Symm. Ep. I, 43 an Ausonius: scis in illo forensi pulvere quam
rara cognatio sit facundiae et boni pectoris. . . haec in meo familiari ac
necessario (Julianus) ea societate viguerunt ut etc. numquam in mercedem
ornamenta linguae corrupit etc. Er ist wohl der Sohn des Cos. 322, praef.
urb. 339, Anicius lulianus. Vgl. auch oben 418, 4 u. 6.
2. Symm. Ep. I, 89 (Antonio): non incognito quidem nobis eloquii
splendore nituisti, sed . . maiestatc scripti aptata gloriam, quam magisterio
arte quaesisti', recons auxit oratio.' nam . . simile quiddam planeque con-
venieuB auribus patrum . . sonuisti etc. Antonius war also Senatsmitglied.
An ihn auch ib. I, 90—93.
3. Symm. ep. IIl, 18 (Gregorio): cum mihi de scriniis tuis profecta
delegaretur oratio. An ihn ib. 17 — 22.
4. Symmach. p. Sever. 3 (p. 56 M. 1815): quis credat summatem fa-
cundiae, diu inter fori ornamenta numeratum, praesidalem dadum (erst
karzlich) recepisse provinciam? Vielleicht der Severus, optimus Senator an
419. Pacatus u. a. Redner. 967
welchen Ep. YIII, 6 gerichtet ist; vgl. ib. VI, 5 (sanctue amicus noater S.).
38. 49. yjl, 51. 116 (illustris memoriae vir S.).
5. Macrob. I, 5, 13: Postumianum , qui forum defensionum digoatione
nobilitat. Vgl. ib. 2, 1. 3. 6. Vielleicht mit einem der Vorgenannten iden-
tisch. Ein Ungenannter der pari nitore atque gravitate Beden und Ge-
schichte schreibt bei Symmach. £p. IX, 110.
6. Eusebio, oratorum eloquentissimo Macrob. Sat. I, 24, 14. Ein
EusebiuB wird unter den scriptores de numeris genannt in Halms rhet- lat.
min. p. 581, 18. vgl p. 598, 20.
7. Augustin. confess. IV, 14, 21: Ilierium romanae urbis oratorem
. . efferebant laudibus, stupentes quod ex homine Syro, docto prius graecao
facundiae, postea in latina etiam dictor mirabilis extitisset.
8. AuBOnius widmet (Aus. cos.) Latino Drepanio Pacato proconsnli
seinen Indus VII sapp. und das technopaegnion (Pacato procos.), in dessen
grammaticomastix er ihn bonus, doctus, facilis vir nennt. Die dritte Wid-
mung der Epigramme aber gilt Latino Pacato Drepanio filio (hoc nuUus
mihi carior eorum,, quem pluris faciunt novem sorores quam cunctos alios,
Marone dempto). Aus Burdigala selbst scheint er nicht zu sein, da ihn
Aus. unter den profess. Burdig. nicht aufführt; vgl. Sidon. epist. VIII, 11:
quid agunt Nitiobroges (Hauptstadt Aginnum), quid Vesunnici tui? . . tu . .
nunc Drepanium illis, modo istis restituis Anthedium (unten 459, 4). Pacat. 2,
1: cum ab ultimo Galliarum recessu, qua littus occani cadentem excipit
solem et deficientibus terris sociale miscetur elementum, ad contuendum
te properassem. Vgl. ib. 23, 1. 24, 4 ff. 47, 5. Auf ihn könnte sich be-
ziehen Synunach. ep. IX, 72.
9. Pacatus hat das Bekenntniss der meisten classisch Gebildeten sei-
ner Zeit, einen neutralen Monotheismus. Vgl. 4, 2: supremus rerum fabri-
cator; 21, 1: numen stmimum, im Unterschiede von dem numen z. B. des
Kaisers (21, 2. vgl. 18, 4), welcher der sichtbare Gott ist (deum quem vi-
demus 4, 5). Daneben ist viel die Bede von fata (8, 1. 11, 4. 15, 3) und
der fortuna (8, 2. 9, 1. 23, 4. 42, 2). Aus seiner Vogelperspective betrachtet
er als einzige Schuld der durch Maximus gemordeten Priscillianisten ihre
nimia religio und diligentius culta divinitas (29, 2). Des Theodosius Leistun-
gen in Orthodoxie und Heiden Verfolgung berührt er mit keiner Silbe. Die
Beispiele aus der röm. Geschichte werden mit Vorliebe aus der Zeit der Be-
publik genommen (o. 5. 7. 8. 9. 18. 19. 20. 23. 33. 46), sowie aus der Mythologie
(17, 1. 39, 4. 44, 5); aus der Eaiserzeit nur 11, 6. 12, 1. Vgl. 418, 13. 421, 6.
10. Den Hauptinhalt der Bede des Pac. bildet, nach einer preisenden
Charakteristik des Theodosius als Mensch und Kaiser, eine energische Schil-
derung der Zustände unter dem Usurpator Maximus und des siegreichen Feld-
zuges von Theod. gegen ihn. Dadurch ist die Bede eine wichtige Geschichts-
quelle, zumal da sie sich sichtlich an die Wahrheit hält und die Ueber-
treibungen des panegyrischen Zweckes sich leicht abziehen lassen. Der
Verf. zeigt sich wohlbewandert in der Literatur der classischen Zeit wie
der nächsten Vergangenheit; auf Cicero, Vergil, Horaz, Ovid spielt er häufig
an, und unter seinen Vorgängern benfitzt er besonders den Mamertinus.
968 ^ Die Kaiserzeit. Viei-tes Jahrhundert (J. 379 ff.).
Die römische Geschichte yermittelt ihm Yorzugsweisc Valerius Maximus
und FloruB. An Tacitus erinnert er manchmal durch Farbengel»ung und
sententiöse Haltung (z. B. 38, 1: spem, quae postrema homines deserit).
Obligate Einführung der redenden Resp. 11, 4 ff.; Wettstreit zwischen Con-
stantia, Patientia, Prudentia, Fortitudo und der Fortuna c. 40. Zahlreiche
rhetorische Figuren, meist gut durchgeführt. Sprache verhältnissmässig
einfach, doch cadenzenreich und in vielen poetischen Wendungen und son-
stigen Eigenthumlichkeiten an die Zeit erinnernd. So parcam replicare
(3, 4. 6, 3), aevi maturus (8, 3 vgl. 31, 1), memoriam convenire (18, 2 vgl.
41, 1), oblita fide (12, 2 vgl. 24, 2), ire in Utteras (33, 1); das kanzleimäs-
sige reiro = olim (c. 1. 13. 14. 22. 31), iugis, impervius; Vorliebe für den
Inf. perf., Gerundivum für Möglichkeit (z. B. 39, 5. 45, 3) u. dgl.
11. Abdruck der Rede in den pancgyrici veteres, s. oben 387, 1—3.
In der Ausgabe von Schwarz-Jäger nr. XI.
12. Als causidici werden bei Symmach. cpp. genannt Lampadius (V,
16), Epictetus (V, 41. IX, 31), Celsus (X, 43). Vgl. ib. II, 42. V, 75. IX,
32 (causidicinae candidati). Ein Jurist Marinianus ib. III, 23; Prosdocius
VI, 74 vgl. ib. V, 74. Ein Process aus dieser" Zeit ib. X, 39. 48. Auch
der durch Claudianus bekannte Minister des Arcadius, Rufinus, war ur-
sprünglich causidicus (Philostorg. XI, 3).
401 420. Andere Rhetoren in der Zeit des Symmachus waren
Palladius, Syagrius und der durch Arbogast auf den Kaiserthron
erhobene Eugenius. Als Schriftsteller keünen wir Messius Aru-
sianus durch die dem Olybrius und Probinus (Coss. 395) ge-
widmeten Exempla elocutionum, und auch des Chirius Fortu-
nati an us rhetorisches Schulbuch in katechetischer Form ist, bei
seiner Richtung auf das Classische, keinenfalls später zu setzen.
1. Symmach. Ep. I, 15 (Ausonio): Palladii rhetoris nostri declamatio
. . cohiplacita summatibus litterarum. . . movit novns Athenaei hospes la-
tiare concilium divisionis arte etc. ib. 94 (Syagrio): Palladium spectatum
bonis Omnibus facundiae atque eruditionis. . . mereri facundiam PaUadii
ut doleamus quod urbi negatus est, mereri amabilitatem eins ut quod ac-
citus est gaudeamus. Vgl. Ap. Sidon. ep. V, 10. Vielleicht ist er (oder der
oben 23, 2 genannte) der Pall. von welchem die schulmännischen Verse
über Orpheus (im Versmasse von Hör. 0. I, 14) herrühren, abgedruckt bei
Wernsdorf, poetae lat. min. III. p. 396 f. vgl. p. 342 — 346.
2. Flavius Syagrius Cos. 381, Afranius S. Cos. 382. Vgl. Consul am-
plissime, Symmach. ep. I, 101 (Syagrio). ib. 96: es linguae melior. 96:
de facundiae penu. Ausonius widmet Syagrio seine Epigramme (v. 40:
patronum nostris te paro carminibus). Briefe des Symm. an ihn, s. oben
418, 6. Derselbe ist wohl der magister ofBciorum J. 379 Syagrius im Cod.
Theod. VII, 12, 2, vielleicht auch der praef. praet. Syagr. J. 380—382 im
Cod. Theod.
3. An die Stelle des von ihm erwürgten Valentinian IT setzte der
420 f. AruBianus. Fortunatianus. Ammianus. 969
Franke Arbogast J. 392 Evyiviov xiva iiayiargoir (Philostorg. X , 2). Vgl.
Sokrat. h. e. V, 25: ygafi^atixog zig ovofJMti Evy. Zosim. IV, 54, 1: r^v
tiS iv toCg ßaoileioig ccvaötQStpofisvog Evy. ovofuc, naiSeia nQor^tKov inl
toaovtov müTS xcel QTjtoqiTtov inavsXsa^oci ßiov xal ngosötavcci didaayiatsiov.
Hist. misc. XIII, 11: grammaticus quidam nomine Eng., litteramm doctor,
. . imp. Valentiniani antigraphus et propter eloquentiam a multiB honora-
tu8. J. 394 von Theodosius besiegt und getodtet.
4. Im apographum Gudii Ueberschrift: Arusiani Messi y. c, or.,
comitis primi ordinis Excmpla elocutionum ex Vergilio, Sallustio, Terentio,
Cicerone. Im Berliner cod. Santen. saec. IX: Incipit messi oratoris de elo-
cutionibus. Olybrio et probino messius. Dazu stimmt dass p. 217. 244 L.
Symmachus genannt wird. Es ist eine alphabetisch angelegte Sammlung
von Substantiven, Adjectiven, Präpositionen und bes. Zeitwörtern welche
eine verschiedene Gonstruction zulassen, mit je einer Belegstelle für jede
Construction aus einem oder mehreren -der vier Schriftsteller. Daher Gas-
siod. de inst. div. 15: regulas elocutionum latinarum, i. e. quadrigam Mcssii.
Wohl für den Gebrauch der Rhetorschule. Abgedruckt in Mai's Ausg. des
Fronto und bei Lindemann, corp. gramm. I. p. 209—266 vgl. p. 201—207.
Suringar, hist. er. scholl, latt. II. p. 202—206. Osann, Beiträge II. S. 349—351.
M. de Am. van der Iloeven, Spec. litt. . . cum appcndice de Ar. M. ex. cl.,
Amsterdam 1845. Gräfenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 194—196.
5. C. Chirii Fortunatiani ai-tis rhetoricae libri III in C. Ilalms rhe-
tores latini minores p. 79 — 134. Die katechetische Form ist mit wenig
Geschick durchgeführt. So lautet die letzte Frage: Quae hcc^oXov in actione
observanda sunt? Antwort: ne pronuntiatio artem reddere videatur etc.
Hauptquelle ist Quintilian ; die Beispiele meist aus Cicero. C.Halm, Sitzungs-
her. der münchner Ak. II (1862). S. 13 ff.
421. Eifer für die alte Geschichte bethütigte die dem402
Symmachus eng befreundete und verschwägerte Familie der
Nicomachi Flaviani, der eine indem er selber Annales und andere
Schriften verfasste, der andere indem er dem Texte des Livius
Sorgfalt zuwandte. Wir besitzen aus dieser Zeit und dem Kreise
des Polytheismus das Werk des Ammianus Marcellinus (um
J. 330 — 400) aus Antiochia, welcher nach einer langen verdienst-
vollen kriegerischen Laufbahn ums J. 390 zu Rom eine Fort-
setzung des Tacitus in 31 Büchern verfasste. Dieselbe enthielt
die Jahre 96 — 378, von Nerva bis zum Tode des Valens; doch
sind die dreizehn ersten Bücher, worin die Geschichte cursorisch
bis zum J. 353 fortgeführt war, untergegangen. Das Erhaltene
ist besonders werthvoU als Geschichte der eigenen Zeit des
Verfassers, der den Ereignissen vielfach nahe stand und die
Wahrheit zu sagen aufrichtig bemüht ist. Ammianus ist eine
soldatische Natur, von verständigem Urteil, ehrlich und derb.
970 Die Kaiserzeit. Vierteff Jahrhundert (J. 379 ff.)*
abergläubisch und tolerant^ gern prunkend mit seiner Gelehrsam-
keit, auf dem Gebiete der Federführung aber gar nicht zu Hause.
Seine Sprache ist fast nicht zu verstehen, unleidlich geziert und
überladen, eine Quäl seiner Leser. Seinem Werke angehängt
wird meist der Anonymus Valesii, Excerpte von geschichtlichem
Werthe über die Zeit Constantins und Theoderichs.
1. Orelli IIBS: Virio Nicomacho Flaviano t. c, quaest., praei,
pontif. maiori, consulari Siciliae, vicario Africae (J. 377), quaestori intra
palatium (» aulae divi Theodosi, um 381 f.), praef. praet. (Italiae, Illyr. et
Africae) iterom (J. 382 und um 391 f.)» coe. ord. (J. 394), historico diser-
tisfiimo, Q. Fab. Memmius Symmachas y. c. prosocero optimo. Der Sohn
des Redners Sjmmachus hatte die Enkelin des Nicom. I und der Sohn des
Nie. die Tochter des Symmachus geheiratet; .s. oben 418, 2. Nachdem
Nicom. I wegen seines Uebergangs zu Engenius (s. 420, 3) von TheodoBius
entsetzt worden war wurde J. 431 er (nach seinem Tode) und sein Sohn
(A. 2) rehabilitiert; s. Orelli-Henzen 5593, wo der betreffende Erlass von
Theodosius II und Placidus ValentinianuB mitgetheilt ist. Anch vgl. das
christliche Gedicht des cod. Paris. 8084 (unten 430, 14) v. 25 ff. mit Momm-
sen, Hermes lY. p. 359 — 363. Den Flayianus senior sie in monumenta yii-
tntnm suamm titnlosque revocamus ut qtddquid in istnm caeca insimula-
tione commissum est procul ab eins principis (Theodosius I) voto fnisae
iudicetis coius in eum effusa benivolentia et usque ad annalium, qnos cod-
secrari sibi a quaestore et praefecto suo (eben Nicom. I) voluit, (praedi-
cationem?) provecta excitavit livorem inproborum (Henzen 1. !.)• Macrob. 1, 5,
13: Flavianum, qui quantum sit mirando viro Venusto patre praestantior non
minns omatu momm gpravitateque vitae quam copia profnndae eruditionis
(z. B. im Auguralwesen, Macrob. I, 24, 17. Sozom. YII, 22. Nikephor. XII,
32) adseruit. Er ist bei Macrob. einer der Wortführer. Philosophische
Bildung; s. Symmach. ep. II, 61: de hoc vestra existimatio sit, qui talium
rerum profitemini notionem. Vgl. Macrob. I, 6, 4: Flavianus et Eustathius
(unten 422, 6), par insigne amicitiae. Möglich daher dass die von Johan-
nes Saresber. (polier. II, 26. YIII, 11 f.) benützte Schrift eines Flayianna
De vestigiis philosophorum von ihm herrührt. Vgl. Beifferscheid, Bhein.
Mus. XVI. S. 23 — 25. Apoll. Sidon. epp. VIII, 3: Apollonü pythagorici
vitam non ut Nicomachus senior e Philostrati, sed ut Tascius Victorianns
e Nicomachi schedio excripsit, . . misi.
2. Dessen Sohn, Nicomachus Flavianus II. Orelli-Henzen 559S: N.
Fl. cons. Cainp., procons. Asiae (J. 383), praef. urbi saepins (z. B. J. 399 f.,
402), nunc (J. 431) praef. praet Italiae, Illyrici et Africae. Liban. or. XXYII.
Cod. Theod. (Hänel, Ck)rp. leg. p. 111). Subscription der ersten Dekade des
Livius (oben 251, 10): Nicomachus Flavianus v. c. III praefect. urbis (noch
nicht praef. praet., also vor J. 431 geschrieben) emendavi apud Hennam.
Sein Schwiegervater Symmachus besass ein Exemplar des Livius; s. ep-
IX, 13: munuB totius Liviani operis, quod spopondi, etiam nunc diligentia
emendationis moratur. Dass die Nicomachi in Sicilien Güter hatten s. ib.
II, 30. VI, 57. 66.
421. Nicomachus. Ammianus Marcellinus. 971
3. Orelli-Henzen 5593: Apprus Nicomachus Dexter, v. c, ex praef.
nrb. (zwischen 427 und 431), avo optimo (dem Nie. I) statuendam curavi
(J. 431). Dieser Nie. III war wohl der Sohn eines jüngeren Bruders von
Nie. II und einer Tochter des Appius Claudius Tarronius Dexter (Grutcr
p. 34, 1). Subscription des Livius (A. 2): Nicomachus Dexter y. c. emen-
davi ad exemplum parentis mei (vgl. oben 45, 9) Clementiani.
4. üeber die drei Nicomachi s. G. B. de Rossi, Annali deir inst. arch.
XXI (S. N. VI. 1849) p. 285—356, und B. Borghesi ib. p. 357—363.
5. Ammianus Marcellinus stammt aus guter Familie, s. Amm. XIX,
8, 6. Früh ins römische Heer eingetreten stand er J. 353 im Gefolge des
mag. eq. Ursicinus im Oriente^ begleitete denselben nach Italien und Gal-
lien, focht unter (Kaiser) Julian gegen die Alemannen und nahm an dessen
persischem Feldzuge Theil. J. 371 lebte er in Antiochia (XXIX, 1, 24),
später in Rom. Auch in Aegypten war er gewesen; s. XYII, 4, 6. XXII,
5, 1. Schlusswort (XXXI, 16, 9): haec ut miles et Graecus a principatu
Caesaris Nervae exorsus adusque Yalentis interitum pro virinm explicavi
mensura, opus veritatem professum numquam (ut arbitror) sciens silentio
ausus corrumpere vel mendacio. scribant reliqua potiores, aetate doctri-
nisque florentes. Liban. ep. 983: iv iniSei^eüi rarg fihv yiyovagj tatg 9h
ierj, TTJg cvyy gatprjg slg nolXa tstfirjiLivrig. . . d%ova> 8h xriv *Pmfiriv avxrflf
üt6(pavovv üoi tov novov. . . Torvrl 8h ov tov avyyQaq>ia xoefiei pMVOv
dXXa xal Tjfiag (die Antiochener) iv iaziv 6 avyy^afpBvg, ib. 235: og vno
fi^ff xov fS%riyMxog elg ^axqaxuotag^ vno 8h xmv i^yatv slg tptXoooipovg iy-
yiyQunxai, . . 6 %ctXog Ufifuavog,
6. Ammianus ist entschiedener Polytheist, aber in der synkretistischen
und abgeblassten Weise der Gebildeten seiner Zeit (vgl. 419, 9). An der
Spitze steht ihm äin numen caeleste, divinum, superum, aetemum von sehr
unbestimmten Umrissen, und in der Hauptsache lenkt Alles fortuna oder
fatum (XXUI, 5, 5: nuUa vis'humana vel virtus meruisse um quam potuit
ut quod praescripsit fatalis ordo non fiat). Etwas mehr Persönlichkeit
haben die Untergötter. Vgl. XVI, 5, 5: Mercurio supplicabat, quem mundi
velociorem sensum esse, motum mentium suscitantem, theologicae prodidere
doctrinae. XIV, 11, 25: haec . . aliquoties operatur Adrastia, quam voca-
bulo duplici etiam Nemesin adpellamus. . . quam theologi veteres fingentes
lustitiae filiam ex abdita quadam aetemitate tradunt omnia despectare
terrena. (26.) haec ut regina causarum et arbitra rerum ac disceptatrix
urnam sortium temperat etc. (27.) eademque necessitatis insolubili retina-
culo mortalitatis vinciens fastus tumentes incassum . . opprimit etc. XXII,
3, 12: hnmanorum spectatrix Adrastia. XXI, 1, 8: vaticina verba, quibus
numen praeesse dicitur Themidis. XVII, 7, 12: Neptunum^ humentis sub-
stantiae potestatem, Ennosigaeon et Sisichthona poetae veteres et theologi
nuncupaverunt. An portenta, prodigia, omina (XXV, 10, 1. 11. XXI, 16, 21),
wie an auspicia und auguria hat er Glauben. Aber er ist auch gegen das
Christenthum gerecht (XXI, 16, 18: christianam religionem absolutam et
simplicem anili superstitione confundens), und tadelt es selbst an dem von
ihm verehrten Julian als inclemens quod docere vetuit magistros rhetoricos
et grammaticos christianos ni transissent ad numinum cultum (XXV, 4, 20).
I
-t
972 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
Gern blickt er in die alte Zeit zurück und verwendet sie zur Kritik der
Gegenwart, z. B. XXV, 9, 9 ff . 10, 13. Ganz besonders bezeichnend ist
seine Schilderung der Beredtsamkeit und Rechtspflege in seiner Zeit (um
370) XXX, 4.
7. Abfassung des Werks vor der Zerstörung des Serapeums (XXII, 16,
12) Juli 391 und nach der Präfectur des Aur. Victor (XXI, 10, 6) J. 389,
s. Cart p. 46 ff. Titel im Vat. 1873: rerum gestarum libri. Wölfflin ver-
mutet als ursprünglichen A prineipatu divi (oder Caesaris) Nervae (vgl.
XXXI, 16, 9) oder eine Combination davon mit dem des Vat. B. 1 — 13
war vielleicht schon in'Priscian's Zeit verloren (Gardthausen bei Fleckeisen
103, S. 846, A. 12).
8. Ammian. XV, 1,1: utcumquo potuimus veritatcm scrutari ea quae
videre licuit per aetatem vel perplexe interrogando versatos in medio scire
narravimus ordine casuum exposito diversorum. XVIII, 6, 23: cum nos
cauti, vel, ut verius dixerim, timidi nihil exaggeremus, praeter ea quae
fidei testimonia neque dubia neque incerta monstrarunt. XXVI, 1, 1: di-
ctis impensiore cura rerum ordinibus adusque memoriae conflnia proiüoris
con venerat iam referre a notioribus pedcm, ut et pcricula dcclinentur ve-
ritati saepe contigua et examinatores contexendi operis deinde non perfe-
ramus intempestivos , welche alle Kleinigkeiten erwähnt wissen wollen,
praeceptis historiae dissonantia, discurrere per negotiorum celsitudines
adsuetae, non humilium minutias indagare cansarum. Indessen inscitia
volgari contempta ad residua narranda pergamus (ib. 2). Die Anlage des
Werkes ist, wie bei Tacitus, in der Hauptsache annalistisch. Uebermässig
häufig werden gprosse Excurse, bes. geographischen Inhalts, eingefügt (vgl. V.
Gardthausen p. 1 f.), die zum Theil aus eigener Anschauung geschöpft sind
(z. B. XXII, 16, 12), überwiegend aber aus Büchern, namentlich der choro-
graphia pliniana (Mommsen Solin. p. XXIV — XXVIII) und einer Epitome
des Ptolemäus. Dabei vergisst Amm. manchmal (wie XXIII, 6, 6) den Un-
terschied zwischen der Zeit seiner Quellen und seiner eigenen zu berück-
sichtigen. Auch sonstige chronologische Verstösse kommen vor. Reden sind
gleichfalls nicht selten cingcflochten. Im Berichte über Julian stimmen A.
und Zosimus vielfach wörtlich überein; s. H. Sudhaus, de ratione quae
intercedat inter Zosimi et Amm. de hello a lul. imp. cum Persis gesto
relationes, Bonn 1870.
m
9. Salmasius praef. de hellenist. p. 39 über Amm.: quis phrases um-
quam usurpavit duriores, inconcinniores, rusticiores? prorsus loquitur ut
homo graecus et militaris, qui voces tantum latinas tenet, quomodo collo-
candae sint nescit. Die Wortstellung des Amm. ist g^z unberechenbar.
Dazu der pathetische Stelzengang, die Ueberladung mit bildlichen und
poetischen Wendungen, die unnatürlichen Gonstructionen. Diese Darstellung
ist das Ergebniss verschiedener Umstände, hauptsächlich der Unselbständig-
keit des Ausländers und Soldaten gegenüber den heterogenen Bestand-
theilcn seiner Bildung und Leetüre, Dichtern und Prosaikern, Sallust
(Gardthausen p. 7. 36), Tacitus (E. Wölfflin, Philologus XXIX. S. 658—560)
und Gellius, sowie der Entartung des Zeitgeschmackes.
10. Handschriften gibt es ungefähr 20; die bedeutendsten sind die
421. Ammianus. 973
Fuldaer (saec. IX— X), welche vor dem J. 1417 durch Foggio (A. Mai, spi-
cileg. rom. X. p. 311) nach Italien kam und jetzt Vatic. 1873 ist (V. Gardt-
hausen im Hermes VI. S. 243 — 247. A. Eiessling S. 481), sowie die jetzt
verlorene Hersfelder, die wir nur noch durch S. Gelenius (A. 11) kennen;
M. Haupt im Berliner Ind. lect. Sommer 1868. 4. Mommsen im Hermes VI.
S. 231 ff. Von der geringem (unvollständigen) Clasae ist der beste Ver-
treter der Petrinus (im Archiv der Peterskirche) vom J. 1342. Die fran-
zösischen Ammianhdss. sind alle Abschriften des Fuldensis. Die älteste und
beste von diesem in Italien gemachte Copie ist die der Magliabecchiana
aus dem Nachlass des Niccolo Niccoli. Vgl. V. Gardthausen in Fleckeisens
Jahrbb. 103, S. 829—854.
11. Ausgaben. B. 14 — 26 gedruckt zuerst Bom. 1474 (durch A. Sabinus)
nach einer Abschrift der Fuldaer Hds., verbessert Bologna 1517 (durch P.
Castellus). Nachdruck davon (durch D. Erasmus) Basil. 1518 (Corpus bist,
rom.). Neue Auflage hiervon, aber unter (ungleicher) Benützung des Hers-
feldensiß (bes. für B. 27 — 30) durch S. Gelenius, Basil. 1533 (Juli). Vgl.
Hermes VI. S. 235—242. V. Rose, Anecd. H. S. 163 f. Gleichzeitig ed.
Accursius (Augsburg Mai 1533) nach einer noch in Deutschland gemachten
Abschrift des Fuldensis. Cum notis intcgris Frid. Lindenbrogii (Hamburg
1609. 4.), Henr. et Hadr. Valesiorum (Paris. 1636. 4. 1681.) et lac. Gronovii
(Lugd. Bat. 1693. fol. et 4.), quibus Thom. Beinesii quasdam et suas adiecit
Jo. Aug. Wagner. Ed. absolvit C. G. A. Erfurdt, Lips. 1808. 3 Voll. Rec. Fr.
Eyssenhardt, Berl. 1871. Vgl. A. Eiessling in Fleckeisens Jahrbb. 103, S.
481—504. V. Gardthausen, Götti. Gel. Anz. 1871, S. 1302—1310. Mommsen im
Hermes VI. S. 231—242. Edidit V. Gardthausen, Lips. (Bibl. Teubner.) 1872.
üebersetzt von L.Tross u. C. Bfichele, Stuttg. (Metzler) 1827 ff. 8 Bdchn.
12. Cl. Chifflet, de A. M. vita et libris, Lovan. 1627 und in den Ausgg.
C. G. Heyne, censura ingenii et historiarum Am. Marc, Opusc. VI. p. 35
— 51. De Ammiano Marc. Abhandlungen von A. A. Ditki (Rössel 1841. 4.),
C. A. Müller (Posen 1852. 4.), E. A. W. Möller (Königsberg 1863). Quae-
stiones Ammianeae von Reuscher (I: A. vita, Frankf. a. 0. 1859. 4.), E. E.
Hudemann (Landsberg a. W. 1864. 4.), W. A. Cart (Berlin 1868), P. Langen
(Düren 1868. 4. und Philologus XXIX. S. 469—487), H. Kallenberg (gram-
maticae, Halle 1868). J. Horkel in seineu Reden u. Abhandl. (Berl. 1862)
S. 229 — 256. J. Hermann, observationes critt. Amm., Bonn 1855. R. Unger,
de A. M. locis controversis , Neustrelitz 1868. M. Haupt, Berlin 1868. 4.
V. Gardthausen, coniectanea Amm. codice adhibito Vat., Kiel 1869. 46 pp.
A. Kellerbauer in d. Blattern f. bair. Gymn. VH. S. 11—24.
13. Die zuerst von H. Valesius (Valois) an seiner Ammianausg. (Paris
1636) und seitdem in den meisten Ausgaben des A. (z. B. Wagner -Erfurdt
I. p. 609 — 628) veröffentlichten Excerpta de Constantino Chloro, Constan-
tino M. et aliis imperatoribus (bes. de Odoacrc, Theoderico) stehen auch
in Muratori Script, rer. ital. XXIV. p. 635 ff. Die erste Hälfte ist eine
beachtenswerthe Quelle für die Geschichte Constantins. J. Burckhardt,
Constantin S. 367, A. 3. S. 372. 374. Von verschiedenem Charakter ist die
mit Zenon beginnende zweite Hälfte, zwar stofflich gleichfalls werthvoll,
aber in einer barbarischen Sprache gehalten. I^cide Hälften haben zum
974 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
Verfasser einen Christen. G. Waitz, Götti. Gel Anz. 1865, S. 81 ff. Wai-
tenbach, Dentschl. Geschichtsquellen S. 44.
14. Aus der Zeit des Ammianus ist wohl der Snipicius Alexander aas
dessen Historia (Buch III u. IV) Gregor von Tours (hist. Franc. II, 9) einige
Stellen anführt
403 422. Die Philosophie wurde in dieser Zeit . hauptsächlich
Ton solchen Kreisen betrieben welche in ihr eine Stütze und
WaSe gegen das übermächtige Christenthum suchten, wie von
dem hochgestellten und edlen Vettius Praetextatus. Selbständige
Bedeutung hat aber keiner der Männer die besonders Ton Sym-
machus als Philosophen bezeichnet werden.
1. Vettius Agorius Praetextatus, augur, pontifex Vestae, pontif.
Solis, XVvir, curialis Herculis, sacratus Libero et Eleaainüs, hierophanta,
neocorus, taurobolatus, pater patrum, in rep. 'vero quaestor candidatas,
praetor urb., corrector Tusciae et Umbriae, consularis Lusitaniae, procons.
Achaiae (Zosim. IV, 3), praef. urbi (J. 367 — 370, s. Cod. Theod.), legatns
a senatu missus V, praef. praet. II Italiae et Illjrici (das zweite Mal J.
384, 8. Cod. Theod. VI, 5, 2. Cod. lust. I, 64, 5), cons. ord. designatius (J.
385, wo er starb), nach seiner Grabschrift im Capitol (Donati 72, 2. vgl
Orelli 2354), welche zeigt dass noch immer, wie schon in der Zeit des
Apulejus, die tüchtigsten Anhänger der alten Religion bestrebt waren
durch Vielheit der Culte zu ersetzen was ihnen an innerer Befriedigung
und Sicherheit abgieng. Dazu sollte ihm auch die Philosophie (Macrob.
Sat. I, 24, 21) behülflich sein. Boeth. de interpret ed. sec. I. p. 289: Vei^
tius Praetextatns priores postremosque Analyticos non vertendo Arifetotelem
latino senÄoni tradidit, sed transferendo Themistium. Vielleicht ist von
ihm auch die unter Augustins Namen erhaltene Schrift De X categoriia.
In dem Gedicht auf ihn das seine Gattin Aconia Fabia Paulina auf sein
Grab schreiben Hess (zuletzt bei Bücheier, Greifswalder Sommerkat. 1870,
p. 13 — 15) rühmt v. 8 ff. von ihm: tu quidquid lingua utraquest proditum
cura sophorum porta quis caeli patet, vel quae periti condidere carmina,
vel quae solutis vocibus sunt edita, meliora reddis quam legende sumpseras
(theils durch Uebersetzen theils durch Emendieren, vgl. oben 421, 2 f.).
A. Haakh in Pauly's Beal-Enc. VI, 2. S. 2535, Nr. 42. 0. Jahn, Berichte
d. Sachs. G. d. W. 1851, S. 338 — 342. H. Bichter, das weström. Reich
(1865) S. 339 f. Vgl. oben 418, 6.
2. Symmach. epist. I, 29: nihil moror ceteros . . qui philosophiam
fastu et habitu mentiuntur. paucos, et in his praecipue familiärem meum
Batrachum, nostra aetas tulit quorum germana' sapientia ad vetustatem
vergeret. Augustin. )epist. I, 1: hoc saeculo cum iam nullos videamus phi-
losophos nisi forte amiculo corporis, quos quidem haud censuerim dignoe
tam venerabili nomine.
3. Fürsprache für das salarium des professor philosophiae PriBoianns
bei Symmach. ep. I, 79. Ein philosophiae candidatus ib. I, 41.
422 f. Praetextatus. Servins. 975
4. Als Philosophen werden in den Briefen des Symmachus genannt
MaximuB (II, 29), Asclepiades (Y, 31), lamblichus (IX, 2), Kicias (IX, 39),
Celsns (X, 25).
5. Macrob. I, 7, 3: Horus (vgl. Symm. Ep. II, 39), vir corpore atque .
animo ioxta validus, qui post innnmeras inter pugiles palmas ad philoso-
phiae stadia migravit sectamque Antisthenis et Cratetis atqne ipsius Dio-
genis secntas inter Gynicos non incelebris habebatnr.
6. Macrob. I, 5, 13: Eustathium, qui tantus in omni genere philo-
sophiae est ut etc. YII, 1, 8: quia te unicmu, Eustathi, sectatorem philo -
sophiae nostra aetas tulii Vgl. oben 421, 1.
7. lieber Nicomachus Flavianus I s. oben 421, 1.
8. Ueber Augustinus philosophische Schriften s. unten 434, 6.
423. Ein jüngerer Zeitgenosse des Symmachus war der404
Grammatiker Servius Honoratus, welcher zu Rom lehrte und
schrieb^ hauptsächlich bekannt als Verfasser des reichhaltigen
Commentars zu den vergilischen Gedichten welcher, obwohl
durch Verkürzungen und Interpolationen entstellt, auf uns ge-
kommen ist. Das Verdienst desselben besteht vornehmlich in
der Belesenheit womit Servius eine Fülle von Stoflf aus der My-
thologie, Geschichte, Geographie, und besonders den religiöse^
Alterthümem zusammengebracht hat; Urteil und Geschmack
zeigt Servius zwar wenig, aber doch viel mehr als sein Fach-
genosse, Ti. Claudius Donatus, von welchem gleichfalls ein an
seinen Sohn Donatianus gerichteter Vergilcommentar erhalten ist.
Auf das Sachliche erstreckt sich dieser sehr wenig; wohl aber
ist eine vita Vergüii vorausgeschickt, welche so weit als sie aus
Suetonius stammt von Wichtigkeit ist. Ausser jenem Gommentar
zu den vergilischen Gedichten besitzen wir von Servius einen
Commentar zur Ars des Aelius Donatus und eine Uebersicht der
verschiedenen Metra (Centimeter). Auch tragen seinen Namen
Abhandlungen de accentibus, de ultimarum syllabarum natura
(de finalibus) und de metris Horatii.
1. Bei Macrobius erscheint als Interlocntor, neben Yettius Praetex-
tatus (t J. 385, 6. oben 422, 1), Symmachus u. A., Servius inter gramma-
ticos doctorem recens professus, iuxta doctrina mirabilis et amabilis vere-
cundia, Macrob. I, 2, 15 vgl. 24, 8. 20. YII, 11, 2: et Disarius, age, Servi,
non solum adulescentium qui tibi aequaevi sunt sed senum quoque om-
nium doctissime, etc. Ist die fingierte Gespr&chsKeit etwa J. 380, so war
demnach Servius etwa J. 355 geboren. Wie die Gesellschaft in der er bei
Macr. auftritt so macht sein gelehrtes Interesse fdr die alte Beligion (Pon-
tifical- und. Auguralwesen) höchst wahrscheinlich dass er sich zur letzteren
976 Die Eaiserzeit Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
auch bekannte. Von Christlichem wenigstens ist in seinem Commentar
^eine Spur. Servius magister urbis, Acro zu Hör. S. I, 9, 76. Vgl. Macrob.
VI, 6, 1 : Servius . . cotidie romanae indoli enarrando eundem vatem (Vergil)
necesse est habeat huius . . scientiam promptiorem. Name: Marina (oder
Maurus) Servius Honoratus; oft mit Sergius verwechselt.
2. Dass der Vergücommentar des Servius nich4,^n seiner ursprünglichen
Gestalt überliefert ist zeigen handgreiflich die Stellen wo in demselben
Servius selbst citiert wird (ad Ecl. I, 12. IX, 1: ut Servius dicit), sowie
der verschiedene Umfang des Commentars in den einzelnen Handschriffcen ;
s. G. Thilo, Rhein, Mus. XIV. S. 535 — 550. XV. S. 119 ff. Mommsen ebd.
XVI. S. 442 ff. Hauptansgabe von P. Daniel, Paris 1600 fol. (Genf 1636).
Ausserdem Ausgaben von P. Burmann (an seinem Vergil, Amsterd. 1746. 4.}
und von H. A. Lion (Gotting. 1826, 2 VolL). Eine kritische, die ver-
schiedenen Bestandtheile sondernde ist in Aussicht gestellt von G. Thilo.
Proben: Servil comm. Aen. I, 129 — 300 (Naumburg 1856. 4.); G^org. 1,
1—100 (Halle 1866. 4.), sowie Quaestiones Servianae, Halle 1867. 53 pp. 4
Th. Bergk, Servii Casselani Part. I— V, Marburg 1843 — 1846. 4. Böhmer,
lectionum Serv. fasc, Gels 1858. 4.
3. Ueber Servius und seinen Vergücommentar vgl. Lion p. V — VIII.
Suringar, bist. crit. scholl, latt. IL p. 59 — 92. £. Teuber, de Mauri Servii
gramm. vita (p. 1 — 17) et commentarüs part. I, Breslau (1843) Diss. (p. 17
— 8i' de codicibus Servii; p. 28 — 36 de editionibus; p. 38 — 59 über Werth
und Quellen des Commentars). Grafenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S.
93 f. 325—327. Ribbeck, prolegomena Verg. p. 189—192.
4. Commentar zur Ars des Donatus s. oben 404, 2. Die Explanationes
in Donatnm (ebd:) sind wohl nur mit Benützung der Gelehrsamkeit des
Servius gearbeitet und ihm selbst so wenig ähnlich dass man seinen Namen
durch Sergius (vgl. Anm. 10) ersetzte. De accentibus bei Endlicher und
Eichenfeld, Analecta gpranun. p. 525 ff. Dass der Inhalt aus Varro entlehnt
sei ist unerweislich. De ratione ultimarum syllabarum, ad Aquilinum, in
Putsche's gramm. p. 1799—1810 und bei Endlicher 1. l. p. 491 ff. (manche
mal dem Donat zugeschrieben, H. Hagen, Anecd. Helv. p. CL). Damit
sachlich identisch ist das Schriftchen de finalibus, ad Aquilinum, bei Keil
gramm. IV. p. 449—455, vgl. oben 403, 4 E. Dagegen L. Müller in Fleck-
eisens Jahrbb. 93, S. 564 f. Einem jungen Albinus (praetextatomm decus)
gewidmet, dessen pater avusque . . maximam reverentiam litterae debent
(der Vater wohl identisch mit dem Albinus bei Macrob.), ist der Centimeter
libellus (tot enim metrorum genera digessi quanta potni brevitate), bei
Putsche p. 1815 'ff., in Gaisford^s scriptores rei metr. p. 363 ff., in Eeüs
gramm. IV. p. 456—472; vgl. ib. p. XLV— XLVII. Westphal, allg. Metrik
S. 47 f. nebst L. Müller in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 563 f., der den Verf.
in die Zeit der gothischen Herrschaft über Italien versetzt (Albinus sei der
Cos. 493 n. Chr.) und hervorhebt d^s die Beispiele alle selbstgemachte
seien (vgl. p. 461, 25 K.: versiculos tibi dactylicos cecini, puer optime,
quos facias; p. 463: Vergilius, Mantua quem crcavit; . . Maecenaa atavis
Lydia quos fert genite, und den Schlussvers p. 467: rem tibi confeci,
doctissime , dulcisonoram). Um so eher wird der Verfasser ein Grammatiker
423. Ti. Donatus. 977
von höherer Bedeatnng sein. Vgl. oben 404, 5. Daran schlicsst sich im
Paris. 7530 an: Servil de metris Horatii (bei Keil IV. p. 468—- 472 vgl.
p. XLVII f.) mit der Widmnng: Servius Fortunatiano dn. Superfluiim,
amice, fore puiavi et post Terentiannm metra digerere [Lücke] . . aliud
agenti obtulerat exposita viderentur (Verweisung auf den Centinieter odor
auf Terentianus?). quare Horatium cum in Campania otiarer excepi etc.
Diese Ferienarbeit steht dem Centimeter weit nach und scheint von einem
andern Verfasser zu sein; vgl. L. Müller a. a. 0. Khein. Mus. XXV. S. 340 f.
5. Die Interpretationes des Donatus ku Vergil herausgegeben Nea-
pel 1535 und an den VergilauBgaben von 6. Fabricius (BasiL 1561 fol.)
und Lucius (Basil. 1613 fol.). Vorausgeschickt ist ein Schreiben. Ti. Clau-
dius Donatus Ti. Claudio Maxime Donatiano filio s. p. d. Incertum metnens
vitae, quod magis senibus inctunbit et proximum est, cursim scripsi quae
potui, relinquens plnrima, . . ut si quid mihi adversi accideret haberes inter-
pretationnm mearum quod imitareris exemplo. verum quia . . contigit
diutius vivere hos libros Interim legendos curavi. Denn er sei entschlossen
die hier übergangene Sacherkl&rung in einer eigenen Arbeit nachzuholen,
sie fiet ut origines singularum personarum quas Vergilius Aeneidos libris
comprehendit . . (cognoscas). simul etiam cognosces oppidorum insularum-
que rationem, regionum, . . templorum ac fanorum, herbärum, quin etiam
et lignorum vocabula et cetera bis similia. sed haec sie accipias velim ut
ex commentariis scias veterum me esse coUecturnm; antiqua enim et fa-
bulosa ac longinquitatis causa incognita nisi priscorum docente memoria
non poterunt explicari. Zur Ausarbeitung oder Vollendung dieser Realien
der Aeneis (also einer Arbeit ähnlich der des Vibius Sequester) scheint es
aber nicht gekommen zu sein. Das Werk sollte einen Anhang zu den In-
terpretationes bilden oder die Stelle eines beabsichtigen Registers dazu
vertreten; vgl. zu VII, 646: catalogus iste huic Interpretationum libro non
fiierat inserendus. nihil enim habet quod artificiose posset exponi. est
qnippe nominibus hominum, gentium, fluviorum, deorum, . . herbarum, . .
fontium plenus. tamen ne quid libro decerpi videatur dicemus aliqua eins
ano libro qui XIII"' erit, cum totius operis conplexione dicturi, ut historiae
per Xn libros sparsae et cetera quae supra dicta non sunt possint eviden-
ter apparere.
6. Servius citiert öfters (z. B. Aen. II, 557. 798. Ecl. III, 38), meist
polemisierend, Donatus kurzweg, ohne zweierlei Personen zu unterscheiden.
Er scheint daher auch nur Einen Vergilcommentator dieses Namens ge-
kannt zu haben, ohne Zweifel den älteren (oben 404, 4). In den interpo-
lierten Partien könnten aber dann die Interpretationes des jüngeren Dona-
tus mitbenutzt sein.
7. Ueber Donaths vita Vergilii s. oben 220, 1, b. Im Paris. 1011 hat
sie an ihrer Spitze einen Brief mit der üeberschrift: Fl. Donatus L. Munatio
Buo salutem. In den übrigen Hdss. (st sie ohne Üeberschrift an den Com-
mentar des Servius angeschlossen.
8. Ueber Donat vgl. Suringar, bist. crit. scholl. IL p. 31 — 58. 6rä-
fenhan, Gesch. d. class. Philol. IV. S. 315—818.
TsuFFXi., Rom. Literaturgeschichte. 2. Aufl, 62
. 978 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
9. Claudius, in ^er Ars anonyma cod. Bern. 123 fünfmal angeführt
und schwerlich identisch mit Claudius Sacerdos (oben 390), vielmehr ihn
benützend. J. Steup, Rhein. Mus. XXVI. 8. 820—823.
10. Sergii (aus Italien) novem (libri) de littei-a et de barbarismo an-
geführt in dem Verzeichniss eines cod. Bern. (Hagen, Anecd. Helv. p. CXLIX),
womit wohl Donatcommentare gemeint sind. Zu den 9 Büchern welche
im Mittelalter unter dem Namen des Sergius umliefen wird wohl gehören
die Abhandlung bei Hagen 1. 1.' p. 143-— 158 (vgl. oben 404, 2). sowie die
Ueberreste ib. p. CXCII— CCIII. Vgl. Hagen ib. p. CL.
11. Ein Grammatiker Maximns aus Madaura der den Polytheismus
gegen Augnstin vertheidigt bei Augustin. epist. 16 (Migne XXXIÜ. p. 81).
12. Ueber den Artigraphen Probus s. oben 412, 12; über lunius Phil-
argyrius unten 465, 13.
405 424. Dem Theodosius I widmete Flavius Vegetius Rena-
tus seine Epitoma rei militaris in vier Büchern, welche vorzugs-
weise geschichtlich angelegt ist, sich selbst als ein Werk des
Fleisses gibt und auf selbständigen sachlichen Werth oder stil-
istische Vorzüge keinen Anspruch macht. Vielleicht um einige
Jahrzehnte jünger ist die ausführliche Thierheilkunde (mulo-
medicina) eines P. Vegetius, nach älteren Quellen in ungebildeter
Sprache.
1. Ueberschrift: Flavi Vegeti Benati viri inlustris, comitis Epitoma
rei militaris. Der Kaiser dem er seine Schrift widmet wird zwar von dem
Verf. selbst nicht genannt, doch ist nahezu sicher dass es Theodosius I
ist; s. C. Lang in sr. Ausg. p. VII f. Und zwar ist zur Zeit der Abfassung
Gratianus bereits todt (p. 21, 6: tempus divi Gratiapi), die Schrift also
zwischen 384 und 395 geschrieben. Zwischen der Herausgabe von ß. I und
der des Weitereu war eine Pause, s. A. 3.
2. Der Verfasser bekennt sich zum Christenthum , wurzelt aber mit
seinen religiösen Vorstellungen in der alten Zeit und unterscheidet sich
daher in seiner Art über religiöse Dinge sich auszudrflcken sehr wenig von
den NichtChristen seiner Zeit. Vgl. II, 5 (p. 37 fj.): iurant (milites) per deum
et Christum et sanctum spiritum et per maiestatem imperatoris, quae se-
cundum deum generi humano diligenda est et colenda. nam imperatori
. . tamquam praesenti et corporali deo fidelis est praestanda devotio. Die
andern derartigen Aeusserungen könnten ebenso gut bei Firmicus oder
Symmachus stehen; so I praef.:^ non recte aliquid incohatur nisi post deum
favcrit imperator. II, 21: etiam divinitatis (s. oben 395, 4) instinctu legio-
nes a Romanis arbitror constitutas. IV, 40: transitns siderum . . cum prae-
scripto cursu dei arbitrio creatoris wiscipiunt signa. Bezeichnend für den
superstitiösen Charakter seines Glaubens IV, 35: dass das Schiffsbauholz
nur in den acht Tagen a XV* luna usque ad XXn*<^ gefällt werden dürfe,
wenn es nicht wurmstichig werden solle, et ars ipsa et . . cotidianus usus
424. Vegetius. 979
edoctdt et contcmplatioDe ipsioB religionis agnoscimas, quam pro aeierni-
täte bis tantnm diebns placuit celebrari.
3. Yeget. I praef.: tanto inferiorem me antiquis BCriptoribus esse vix
sensi, licet in boc opuscnlo nee yerborum concinnitas sit neceesaria nee
acamen ingenii, sed labor diligens ac fidelis, nt quae apud diversos bisto-
ricos yel armorum diBciplinam docentea dispersa et involuta celantur pro
utilitate rom. proferantur in medium. II praef.: cum haec (instituta maio-
rum partis armatae) litteris breviter comprehendere maiestati vestrae . .
recognoscenda praeciperer, certavit saepius devotio cum pudore. . . libel-
lum de dilectu atqne exercitatione tironum (B. I) dudum tamquam famulus
obtuli, non tamen culpatus abscessi. III praef.: quae per diversos auctores
librosque dispersa, imperator invicte, mediocritatem meam abbreviare ius-
sisti. n, 3 nennt V. als Vorgänger bes. Cato und Frontinus: borum in-
stituta, herum praecepta in quantum valeo strictim fideliterque signabo.
Vgl. I, 28. III, 26. IV praef. Vergilius iii Georgicis und Varro in libris
navalibus angef^rt IV, 41 vgL II, 1: Latinorum egregius auctor (Verg.
Aen.). Sallustius citiert I, 4. 9.
4. Jedes Bucb bat ein Vorwort, B. I imd III auch ein Schlusswort
von höfisch rhetorischem Charakter. Buch I behandelt dilectus atque exer-.
citatio tironum, B. II institutionem disciplinamque militarem (III, 1), B. III
den eigentlichen Krieg und das Strategische, B. IV die Belagerungskunst
(rationes quibus vel nostrae civitates defendendae sint vel bostium sub-
ruendae), c. 1 — 30. Darauf IV, 31: praecepto maiestatis tuae, imperator
invicte, terrestris proelii rationibus absolutis navalis belli residua . . est
portio; de cuius artibus ideo pauciora dicenda sunt quia iam dudum pacato
mari cum barbaris nationibus agitur terrestre certamen. Die Inhaltsangaben
zu den einzelnen Capp. (rubricae) sind nicht von Veg. selbst, aber schon
im 5 — 6. Jahrb. verfasst; s. C. Lang praef. p. X f.
»
5. Der Wortschatz zeigt, wegen der Beschaffenheit des Gegenstandes
und der Benützung älterer Autoren, verbältnissmässig nicht viel späte Be-
standtbeile. Doch verrathen Worte und Wendungen wie missibilis, in ante,
aliquanti, proximior deutlich genug die Zeit der Abfassung.
6. Handschriften des Veg. gibt es über 140, die ältesten aus saec. X.
Aufzählung und Beurteilung derselben bei Lang p. XI— XL. Ein Theil
derselben hat die Subscription: Fl. Eutropius emendavi sine exemplario
Constantinopolim Consul. Valentiniano Aug. VII et Abien. (== J. 450 n. Chr.).
0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1861, S. 844 f. Verkürzender Auszug
aus I, 1 ff. II, 23 f. von Rabanus Maurus (14 Capp.) aus einer Trierer Hds.
saec. XII herausgeg. von E. Dümmler, Zeitschr. f. deutsches Alterth. N. F. III.
S. 443—451. Excerpte aiiß B. IV in dem Palimpsest Vatic. Reg. 2077 saec. VII.
7. Ausgaben. Ed. pr. Utrecht um 1473 fol. Spätere bes. von Fr. Modius
(Colon. 1680), G. Stewechius (Antv. 1684. 4.); von P. Scriverius, cum notis
Stewechii, Modii, Antv. 1607, 2 Voll. 4. (Wesel 1670. 8.). Ed. N. Schwc-
belius, Nürnberg 1767. 4. Cum notis varr. Strassburg 1806. Rec. C. Lang,
Lips. (Teubner) 1869. A. Gemoll, exercitationes Veg., Hermes VI. p. 113—118.
62*
980 Die Kaigeraeit. Viertes Jalirhundert (J. 379 ff.)-
8. Des P. Vegetius mulomedicina sive ars veterinaria ist gedrackt
Basil. 1528. 4. 1574. ^4. (ed. J. Sambuciu), in J. M. Oeaner^s (U. p. 173—
305) Q. J. G. Schneiderte (Vol. IV) scriptores rei rosticae, bei den Früheren
in vier, bei Schneider in sechs Bächer abgetheilt (B. I = T. II Sehn.; IIT =
IV n. V Sehn.).
9. Ueber seine Grundsätze spricht nich P. Vegetius in wiederholten
Vorreden aus. I. praef. 6: cum ab initio aetatis alendorum equorum stu-
dio flagrarem hanc operam non invitus arripui ut condnctis in nnum la-
tinis dumtaxat auctoribus universis, adhibitis etiam mulomedicis et medicis
non omissis . . in quantum mediocritas ingenii patitur plene ac breviter
omnia epitome congererem. II (Gesn.). praef. 1: mulomedicinae ars iam
dudam . . coUapsa est. numqnid vero exemplo Hunnorum . . artis usus
intercidet? III (Gesn.). praef. 1 f.: mulomedicinae me commentarios ordi-
nante civium atqne amicorum freqnens querela . . suspendit. . . cedens
itaqne familiarium honestissimae voluntati ex diversis auctoribus enucleata
coUegi pedestrique sermone in libellum contuli. cuius erit praecipua feU-
citas si eum nee scholasticus fastidiat et bubnlcus intellegat. Ganz dem
Gesichtskreise und der Ausdrucksweise des Schlusses von saec. IV entspricht
IV (Gesn.). pra^. 1 ff. : sollemnis excusatio neglegentium est dispendia ex
dissimulatione venientia deo imputare vel casibus. . . quae fortasse vera
yideantur in homine, qui divina Providentia ac dispositione fatorum creditur
regi. animalia vero, cum quibus diyinitas nihil dignatur habere commune,
nisi hominum studio impensisque curentur absque ambiguitate depereunt.
10. Als Vorgänger (und Quellen) nennt Veg. I. praef. 2 f. Pelagonius
(vgl. ib. 17. 15. IV, 13, 3. 14, 2. 27, 3), Columella, Chiron und Absyrtus
(vgl. ib. 38, 6. IV, 13, 4. 22, 1. 27, 1 f.). Citieren des Vergil I. praef. 8
(MantuanuB poeta divino ore testatur) und 56, 36 (quod naturaliter laudat
Vergilius). Die aufgeffihrten Pferderacen zeugen von weitem geogra-
phischem Horizont. Z. B. I, 56, 37: equos quos vulgo trepidiarios, militari
verbo tottonarios vocant ita edomant (Parthi) etc. IV, 6, 2 f. (G.): ad
bellum Hunniscorum longo primo docetur utilitas patientiae. etc. Toringos
deinde et Burgundiones iniuria& tolerantes, tertio loco Frigiscos etc. Die
Anatomie des Pferdes wie sie Veg. gibt wird von Sachverständigen gelobt.
425. Von den fünf Büchern aus welchen der sogenannte
Plinius Yalerianus besteht sind die drei ersten eine Sammlung
angeblicher Heilmittel die grösstentheils aus der Naturgeschichte
des Plinius zusamjnengelesen und unt.er die verschiedenen Krank-
heiten vertheilt sind. Das vierte Buch aber ist dem Werke des
Gargilius Martialis über Gartenbau (de pomis und de oleribus)
entnommen. Das fünfte ist eine Zusammenstellung diätetischer
Vorschriften (diaetae) aus der dem sechsten Jahrh. n. Chr. an-
gehörigen lateinischen Bearbeitung der Diätetik des Alexander
Trallianus.
424 f. Vegetius. Plinius Valerianus. 981
1. Die 5 Bücher sind in Hdss. nicht selten (z.B. St. Graller 751 saec. X)
und tragen darin den Titel (der nur für die drei ersten passt) Plini Se-
cundi de remediis oder de fisicis. Herausgegeben wurden sie erstmals
durch Pighinucci (Born 1^09) als Medicina pliniana, sodann durch Albanus
Torinus (Basel 1628 fol.) in seiner Sammlung De re medica, worin (nach
Sorani isagoge, Oribasii fragmentum und vor Apuleius de herbarum vir-
tutibus u. de betonica) fol. 13-*- 98 C. Plinii Secundi de re medica libri Y
accuratius recogniti et (nothis ac pseudepigraphis semotis) ab innumeris
mendarum miUibus fide vetustisßimi codicis repurgati. Abdruck des Basler
Textes in den Medici antiqui, Venet. Aid. 1547. Der Name Valerianus
ist eine Erfindung von Paolo Giovio in Como (Pauli Jovii tractatus de
piscibus romanis, Born. 1524 fol., cap. 35). Vgl. E. Meyer, Gesch. d. Botanik
II. S. 398—405. V. Rose, Anecd. gr. II. S. 105—114.
2. Die drei ersten Bücher gehören zusammen und finden sich in Hdss.
auch ohne B. 4 u. 5, aber nach Umfang, Fassung und Eintheilung vielfach
unter sich abweichend, indem sie im Laufe der Zeit durch Weglassungen
und Zusätze fortwährend verändert wurden. In der St. Galler Hds. 751
ist (aber ohne den Namen des Plinius) noch ein viertes Buch angereiht:
Antidota per singnlas passioues de diversis auctoribus electa. Auszüge aus
den drei Büchern schon in zwei Bamberger Hdss., Capitulatio secunda
(saec. IX) und liber Pauli.
3. Anfang des Vorworts zu B. 1 — 9: Frequenter mihi in peregrina-
tionibus accidit ut aut propter meam aut propter meorum infirmitatem
varias fraudes medicorum ezperiscerer, ^quibusdam utilissima remedia in-
gentibus pretiis vendentibus, alias curare nescientibusj cupiditatis causa
suscipientibus. . . quapropter necessarium mihi visum est undique vali-
tudinis auxilia contrahere et velut in breviarium colligere, uti quocumque
venissem possem huiusmodi insidias vitare etc. Der Verf. ist also ein viel-
reisender Nichtarzt. Aehnliche Polemik I, 9 in. Die Anordnung ist die nach
den Körpertheilen und deren Leiden, vom Kopf bis zu den Zehen (II, 52:
clavis et callis curandis; II, 54: ad ungularum dolorem). B. III enthält
die Mittel gegen constitutionelle Krankheiten und gegen Gifte. Der Ton
ist sachlich trocken. Ausnahme I, 7: De capülis denigrandis. Potest videri
aupervacuum inter remedia corporis ponere ea quae ad decorem pertinent.
sed quosdam pudet aut ipsos rubeos esse aut in tantum luxuriae indulgent
ut etc. . . operae pretium est bis qui erubescunt senes esse succurrere etc.
Aufzählung der in den drei Büchern genannten Pflanzen bei E. Meyer
(A. 1.) S. 405—412.
4. Rose (A. 1) S. 106: „die ursprüngliche Anlage der Sammlung (von
B. 1—3) ist vielleicht im Anfang von saec. IV gemacht, vor der des Mar-
celluB (s. 426, 1 ff.), der den Verf. schon unter dem falschen Namen des
Plinius kennt (Plinius uterque) und dessen Werk in ausgedehnter Weise
verwerthet." (Vgl. ebd. S. 177.) Aber Plinius uterque kann gesagt sein
mit Rücksicht auf den von Marcellus aufgenommenen angeblichen Brief
des (jungem) Plin. ad amicos (s. 426, 3), und die Uebereinstimmung er-
klärt sich vielleicht aus der Gleichheit der Quellen. Wenigstens ist in
den zusammentreffenden Partieen die beiderseitige Ordnung meist ver-
982 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
schieden, während dem Scribouiue Largus gegenüber sie von Marc, bei-
behalten ist. Vgl. Ps. Plin. I, 7 (ovnm corvinum aus Plin. n. fa. XXIX,
109 . . sextarios sanguisugarum aus Plin. XXXII, 68 . . siliquae ervi aus
ib. XXII, 153 . . folia cupressi aus ib. XXIV, 16 . . spodilinm aus ib. XXIV,
26 . . yermium terrenorum cinis aus ib. XXX, 134) mit Marcell. I, 7 (hi-
rundinum stercus . . medium lapidem . . ovi conrini interiora . , vermium
terr. cinis . . folia cupressi . . nuces inglandes . . sanguisugarum sextarina
. . ervi siliquae). Marcell. I, 1. p. 86 cxtr. finden sich die 5 leisten Mittel in
derselben Ordnung wie bei Ps. Plin. fol. 1 (13) B, verschiedene andere aber
in ganz abweichender. Benätzung der medicin. respOns. des Caelius Aurelianus
nach einem guten Texte (Rose S. 175. 177).
5. Buch IV und V haben weder unter sit-h hoch mit B. I — III irgend
welchen Zusammenhang; sie sind ursprünglich selbständige Auszüge, die
erst später durch das Belieben eines Sammlers oder Schreibers mit dem
vermeintlichen liber Plinii (B. 1—3) verbunden wurden. Als Theile der
sämmtlichen Werke des Plin. in jungem Hdss., wie der Prager sacc. XIV f.,
worin die nat. bist, Phisice Plinii See. Hb. I — IV, dann B. V als Liber
dietarum Plinii, weiter ein über urinarum, Anthimus nebst Nomina her-
barum, zuletzt die Briefe des Jüngern Plinius. Rose S. 61. 107.
»
6. Buch IV findet sich in Hdss. selbständig (ohne Titel) und ist ein
alter, wörtlich abBchreibcnder Auszug der Heilmittel aus dem grossen Werke
des Gargilius Martialis über Landwirtschaft; s. oben 376.
7. Auch Buch V (45 theilweis sehr kurze Capp.) findet sich in Hdss.
selbständig, oder zwar den 4 Büchern Plinii iun. de medicina nachfolgend,
aber mit eigenem Titel: liber diaetarum divcrsorum medicorum h. c. Alexandri
et aliorum. Wirklich ist es mit wenigen Ausnahmen (c. 14 u. 22 Sorani
dieta; 37 f. dieta Galeni) wörtlich aus dem lateinischen Alexander (unten
489, 9), somit frühestens aus saec. VII. V. Rose (A. 1) S. 107—109.
40(5 4:26. Unter dem Namen desMarcellus, ex mag. offieiorum
unter Theodosiiis, haben wir ein Arzneibuch welches vorzugs-
weise aus Scribonius Largus geschöpft , aber mit vielen aber-
gläubischen Zuthaten gemischt ist. Kein abergläubisch aber und
zugleich mit Vorliebe dem Schmutzigen zugewandt ist die Samm-
lung von Heilmitteln aus dem Thierreich welche den Namen des
Sextus Placitus ( Papyriensis ) trägt und von der auch ein
Auszug (des Constantinus Africanus) uns erhalten ist. Dagegen
das mediciiiische Werk des Theodorus Priscianus erstrebt in
seiner Weise Wisseiischaftlichkeit.
1. Marcelli viri ill. de mcdicamcntis cmpiricis, physicis ac rationabili-
bus liber . . iam prinmm in luccm emergens . . per Janum Cornariiim etc.,
BiiBil. 1536 fol. (p. 1 — 264). Auch in den Sammlungen der Medici antiqui
von Aldus (Venet. 1547) und Stephanus (Paris. 1567). Vorwort: Marcellus
vir ill. ex mag. off. Theodosii sen. filiis suis s. d. Also schrieb er unter
425 f. Plinius Valerianus. Marcellus Empiricue. 983
Tbeodosius II, somit nicht vor 408. Er ist wohl der Marcellus magistcr off.
im J. 395 im Cod. Theod. VI, 29, 8. und XVI, 5, 29 (wo ihm das Ein-
schreiten gegen Nichtchristen im Hofdienste aufgetragen wird). Vgl. Snidas
II. p. 702 Bnh.: Mdg^Bllog, fidyiatgog 'AgyiaSiov tov ßaaileag, yioofiog (XQStfjg
dndarig etc. Da er (in der praef.) den Ausonius unter seinen Mitbürgern
nennt so wird er als Burdigalensis bezeichnet, von Andern nach seiner rein
empirischen Richtung Emj^iricus. Arzt war er nicht.
2. Das Buch de medicamentis zählt in 36 Capiteln einfache, zusammen-
gesetzte und zauberische Mittel gegen alle Krankheiten vom Kopfe bis
zu den Fusszehen auf. Angebliche Quellen: non aolum veteres medicinae
artis auctores latino dumtaxat sermone perscriptos . . lectione scrutatus sum
£ed etiam ab agrestibus et plebeiis remedia fortuita atque simplicia quae
experimentis probaverant didici. In Wahrheit hat er gewöhnlich zuerst den
Scribonius Largus (ol)en 289, 2 — 6) ausgeschrieben und datan in rohester
Weise aus andern Quellen eine Unmasse anderer Mittel angereiht. Vgl.
oben 425, 4. Bemerkenswerth sind die zahlreichen Pflanzennamen (E. Meyer,
Gesch. d. Botanik 11. S. 3.05 — 315), theilweise mit ihren keltischen Be-
Zeichnungen (z. B. p. 48: herba quae graece chamaeacte, latine ebulus,
gallice odocos dicitur); J, Grimm, über Marcellus Burdig., Berlin 1849. 4.
(Abhandl. d. Bcrl. Ak. von 1847.) Schluss des Vorworts: epistolas quoqne
eorum quorum studium aemulatum me esse scripsi huic operi . . adieci
(A. 3). . . versiculis quoque lusimus migmatum et specierum digestione
compositig. . . quod opusculum in infima parte huius codicis coUocavi
(e. A. 4), et ut sermone uostro Opera haec . . claudantur et nugas nostras
multiplex foliorum celet obiectns.
3. Nach der praef. und einer Uebersicht der griechischen und römischen
Maase folgen Epistolae diversorum de qualitate et observatione medicinae
(vgl. A. 2), zuerst des Hippokrates (vielmehr des Diokles) an König An-
tiochus (Antigonus), von Largius Designatianus (vgl. oben 289, 2) für seine
Söhne übersetzt, dann eiusdem Hippocratis ex graeco translata ad Mae-
cenatom, Plinii Secundi ad amicos de medicina, des Scribonius Largus an
Kallistus ( oben 289 , 3 ) , unter der unrichtigen Ueberschrift Cornelius
Celsus C. lulio Calisto s. d.; sodann Cornelius Celsus Pullio Natali s. d.
(beginnend: Lectis duobus iibris compositionum ^^raecis, P. N.j quos
misisti mihi ut in latinum sermonem converterem, libenter parui tuae vo-
luntati etc.); endlich Epistula Vindiciani comitis archiatrorum ad Valen-
tinianum Imp. Letzterer Brief war vielleicht ursprünglich die Widmung
des darin erwähnten Werkes de expcrtis remediis, aus welchem B^cept-
buche (de vindiciani afri) eine Anführung in der lat. Uebersetzung des Cassius
Felix (s. 456, 2) sich findet (Rose, Anecd. IL S. 177 A.). üeber Vindicianus
vgl. eod. Theod. XIII, 3, 12 (vom J. 379). X, 19, 9 (Vom J. 378: v. c,
vicarius). Augustin. Epist. 138, 3. confess. IV, 1, 5. VII, 6, 8.
4. Angehängt sind dem Buche de med. (s. A. 2) 78 Hexameter worin
alle möglichen Arzneimittel aufgezählt sind. Schlusswunsch an den Leser:
quotque bis sunt versus, tot agant tua tempora lanos. Willkürliche Prosodie
der griech. Namen, z. B. Abdera (5). Vgl. E. Meyer, Gesch. d. Botanik II.
Ü84 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
S. 301 — 304. Abgedrackt in Ausgaben des Marcellns (A. 1) wie des Celsus,
öfters unter dem Namen des Yindicianus (A. 3) oder gar des Serenns Sa-
monicus; in Riese's Anthol. lat. 910.
5. Ueberschrift nach den Hdss.: Sexti Placiti Papyriensis de medi-
cina ex animalibus liber. In 34 Capp. (vgl. A. 7) werden von 22 Säuge-
thieren (c. 17: de puello et puella virgine), dann von 12 Vögeln Mittel für
alle möglichen Uebel aufgeführt, so dass gewöhnlich mit dem Hirn des
betr. Thiers begonnen und allmählich zu den Extremiläten herabgestiegen
wird. Unter den Uebeln nehmen Impotenz, Unfrachtbarkeit u. dgl. eine
hervorragende Stelle ein, unter den Heilmitteln die partes obscenae, Ex-
cremente u. s. w. Vgl. 1, 15: cervi tcsticulorum sicconun aliqua pars pota
concubitnm excitat. sed hoc non agit ni&i voluntas sibi praeveniat. 17, 18 j
Ad profluvium mulieris. Si locum saepe lotio viri laverit — 5, 1 : cerebrum
apri coctum et potatum cum vino omnes dolores sedat. 7, 1: lupi carnes
conditas et decoctas qui ederit a daemonibus seu ab umbris quae per
phantasmata apparent yel apparere creduntur non potest inquietari. 3, 13:
Ad morbum articulorum. vulpes viva in amplo vase decoCta donec ossa
relinquat mire sanat (als Bad gebraucht). Dass einige Mittel der Verf.
selbst mit Erfolg angewendet haben will (27, 2 vgl. 2, 12) beweist bei deren
Beschaffenheit nicht dass er ein Arzt war.
6. Da der Verf. Plinius' nat. bist. (bes. B. 28) zur Hauptquelle hat,
so wird er ein Lateiner sein. Vgl. 17, 19: Ad febres acerrimas. A vestigio
spadonis discedentis a ianua si sustuleris quodlibet, dicens: Tollo te ut
ille Gains febribus liberetur. 24, 12: Ad pedicnlosos, quem affectum Graeci
phthiriasin nominant. Vgl.^l6, 22: Ad phthiriacos, i. e. pedicnlosos. 5, 7:
epinyctidas, i. e. pustellas quae nocte ingravescunt. Nichts beweisen hie-
gegen die zahlreichen griechischen EunstausdrQcke und die Rechnung nach
Drachmen und Obolen (als Gewicht); vgl. Hultsch, Metrol. S. 114. Un-
mittelbare Zeitandeutungen euthält die Schrift nicht; aber ihr aber-
gläubischer Charakter neben leidlicher Einfachheit und Correctheit der
Sprache empfiehlt sie in saec. IV zu setzen. Vgl. auch 18: de catta seu
feie, u. Anm. 7.
7. Der Anfang fehlt und lautet im Auszuge des Constantinus Africanus
(ums J. 1087) : Regi Aegyptiorum Oetaviano Aug. salutem. Plurimis exemplis
expertus sum victoriam tuam et prudentiam tuam, tarnen arbitror numquam
iacidisse in manus tuas tantae utilitatis virtutem, quae ab Aesculapio ac-
ceptas etc. Wenn schon in der vollständigen Schrift Octavian zu einer
sagenhaften Gestalt verflüchtigt war, so müsste dieselbe viel später gesetzt
werden. Mit der Widmung ist von Sex. Plac. auch das erste Cap. (de
taxione) verloren und nur durch den Epitomator erhalten, falls es nicht
»pätere Interpolation i^t, dergleichen sich in dem Schriftchen zahlreiche
finden.
8. Ausgaben von Fr. Emericus (Norimberg. 1538. 4.), Albanus Torinus
(Basil. 1538), G. Hummelberg (Zürich 1539. 4.), in den Sammlungen von
Stephanus (1567), Rivinus (1654) und J. Chr. G. Ackermann (Parabilium
medicamentorum scriptores antiqui, Nürnberg u. Altorf 1788), wo p. 1 — 76
426 f. Placitus. Priscianus. Ambrosius. 985
(praef. p. 1—22; notae p. 77 — 112), und die Epitome des Constantinus
Africaniis p. 115 — 124.
9. Von dem archiater Theodorus Priscianus, einem Schüler des
Vindicianns (A. 3), besitzen wir noch fünf Bücher Medicinae praesentaneae,
eine lateinische Bearbeitung einer (nicht erhaltenen) griechischen Schrift
desselben Verfassers. Derselbe bekennt sich noch zum alten Glauben.
Angeführt wird er schon von Alexandres aus Tralles (saec. VI). Heraus-
gegeben von S. Gelenius (Basil. 1532. 4.) und (unter dem Namen Octavius ~
Horatianus) von H. Neuenar (Strassburg 1532. fol.), sowie (unvoUstöndig)
von J. M. Bernhold (Ansbach 1791). Verloren ist des Th. Pr. Antidotarium
und sein Buch de simplici medicina. E. Meyer, Gesch. d. Botanik II.
S. 286—299. Dagegen trägt mit Unrecht seinen Namen ein schlecht ge-
schriebenes Schriftchen Diaeta (20 Capitel), brsgg. v. G. E. Schreiner
(Halle 1632) u. sonst. Ghoulant, Handb. d. Bücherk. S. 216—218.
427. Auf christlicher Seite ist die glänzendste Erscheinung407
der charaktervolle Bischof von Mailand, Ambrosius (um 340 —
397), ebenso gewandt vrie energisch und kühn, persönlich un-
eigennützig und menschenfreundlich, aber unersättlich für die
Macht und den Ruhm seiner Kirche, Von seinen Schriften sind
geschichtlich die v^ichtigsten die Briefe und die Leichenreden
auf Valentinian und Theodosius. Besondere Berühmtheit ge-
wannen seine Kirchenlieder (hymni), welche sich näher an die
classische Form hielten als die des Damasus.
1. Biographie des A. von Paulinus, worin c. 3 ff.: posito in admini-
stratione praefecturae Galliarum patre eins Ambrosio natus est (vielleicht
zu Trier) Ambrosius. . . postquam edoctus liberalibus disciplinis ex urbe
(Rom) egressus est . . ita splendide causas peroravit ut eligeretur a viro
ill. Probo tunc praef. praet. ad consilium tribuendum. post haec cousu-
laritatis suscepit insignia, ut regeret Liguriam Aemiliamque provincias,
venitque Mediolanum. per idem tempua mortuo Auxentio Arianae perfidiae
episcopo etc. Ambros. de off. I, 1, 4^ ego raptus de tribunalibus et ad-
ministrationis infulis ad sacerdotium. Hieron. ad a. 2390 (Bong, ad a. 2391)
= 374: post Auxenti, seram mortem Mediolanii Ambrosio episcopo consti-
tuto omnis ad fidem rectam Italia convertitur. Einfiuss auf Augustin
(confess. V, 13 f. VI, 3 f.). Festigkeit gegenüber der arianisch gesinnten
Kaiserinwittwe lustiua und ihrem Sohne, dem jungen Kaiser Valentinian.
Diplomatische Sendungen an den Usurpator Maximus. Energie gegen
Theodosius wegen seiner Blutthat in Thessalonich (J. 390). Tod an Ostern
(4. April) 397. Paulinus' vita Ambrosii. Tillemont, Mömoires T. X (1705).
p. 78 ff. 729 ff. R. Ceillier, bist. gän. des auteurs sacr^s VII (1738).
p. 329—693. F. Böhringer, die Kirche Christi I, 3 (Zürich 1845) S. 1—98.
G. Richter, das weström. Reich S. 302 f 578 f. 592 — 619. 643 ff. Pruner,
die Theologie des h. Ambr., Eichstädt 1862. 59 S. 4.
2. G. Richter a. a. 0. S. 602: „des A. Gelehrsamkeit ist weder sehr
086 Die Eaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
gründlich noch sehr ausgedehnt; seine Bibel ausl^gung gewaltsam, verworren,
wunderlich; seine Speculationen erheben sich nicht weit über das nik&niBche
Symbol; seine polemischen Werke sind ohne Schärfe der Dialektik und
arten in Predigten aus; seine Predigten, obwohl A. für einen Meister des
Vortrags galt, geben Gewöhnliches mit Pathos und Uebertreibung. Nur
dann wird ihr Eindruck grösser wenn einmal die innerste Erregung, die
Charakterkraft des Redenden hervorbricht Denn die Bedeutung des A.
liegt in seinem persönlichen Auftreten: er ist der Feldherr und Staatsmann
der streitenden Kirche, er hat ihre äussere Macht ausgedehnt wie kein
Anderer. Den Nacken der Mächtigsten unter ihr Joch zu beugen, ihre
Gegner einzuschüchtern, zu verdrängen, zu vernichten war seine Stärke.'*
3. Ambrosii Opera z. B. Basil. (Frohen) 1527 fol. (von Des. Erasmus),
besonders aber studio et labore monachorum ord. Sti. Benedicti (Jac. da
Frische und Nie. Le Nourry), Paris. 1686—1690, 2 Voll. fol. In Migne's
Psitrol. T. XV und XVI (Paris 1845). Vgl. auch W. Cureton, spicilegium
syriacum, London 1855.
4. Unter den Schriften des A. hebt Hieronymus besonders hervor de
viduis liber und de virgiuitate tres libellos (Episi 48, 14 vgl. 22, 22: de
virginitate . . Ambrosii nostri quae nuper scripsit ad sororem opuscala, iu
quibus tanto se effudit eloquio etc.). Augustin. ad Hier., £p. 116, 21
(p. 774 Vall.): Ambrosius noster . . suos libros utilium praeceptionum plenos
De officiis (ministrorum) voluit appellare. Sie sind dem ciceronischen
Werke nachgebildet. Sonderausgabe (cum Paulini libello de vita S. Am-
brosii) von J. G. Krabinger, Tubing. 1857. Bittner, de Cic. et Ambr. ofB-
ciorum libris, Braunsberg 1849. 4. Hieron. Ep. 84, 7 (p. 529 ValL): nuper
sanctus Ambrosius sie Hexa^meron (Schöpfungsgeschichte) illius (des Ori-
gcncs) compilavit ut magis Hippolyti sententias Basiliique sequeretur. Dario
Zuthaten aus Sueton's Prata, s. Reifferscheid Sueton. p. 442 f. Briefe sind
91 erhalten, zum Theil von dem Umfange von Abhandlungen. Ueber die
gegen Symmachus gerichteten s. oben 418, 13. Reden: De obitu Valenti-
niani consolatio; De obitu Theodosii oratio; De excessu fratris sui Satyri
libri II. Sonstige Schriften: a) dogmatische: De fide libri V ad Gratianum
Aug.; De spiritu sancto libri III ad Gratianum; De poenitentia libri II;
De mysteriis; De incarnationis dominicae sacramento. b) praktische (ausser
de off. min. libri HI, de virginibus ad Marcellinam sororem libri III, de
viduis): De virginitate, Do institutione virginis ad Eusebium, Exhortatio
virginitatis. De lapsu virginis consecratiie. De bono mortis; De fug^ sae-
cali. c) exegetische: De paradiso; De Cain et Abel; De Noö et arca; De
Abraham libri II; De Isaac et anima; De lacob et vita beata libri II; De
losepho patriarcha: De benedictionibus patriarcharum; De Elia et ieiunio;
De Nabuthe; De Tobia; De interpellatione lob et David libri IV; Apologia
prophetae David ad Theodosium Aug.; Enarrationes in XII psalmos; Ex-
positio in psalmum CXVIII; Expositio evangelii secundum Lucam, libri X.
5. Die zwölf Hymnen des A. (Morgengebete, Preis von Gott und
Christus) sind sämmtlich im iambischen Dimeter gehalten und meist in vier-
zeilige Strophen abgetheilt. Die Verse reimen sich häufig, aber nicht regel-
mässig. Verlängernde Wirkung des Rhythmus, z. B. castus amor; honor
427 f. Ambrosius. Hieronymus. 987
natüs et gaiidium; am häufigsten in hymn. 6 (fünfmal in sechs Versen); ebenso
Verkürzung (cum spiritu paraclKto). Verschleifung nicht selten. Einführung
von Wechselgesängen zwischen Priester und Gemeinde (cantus Ambrosianus) ;
Tgl. Augustin. conf. IX, 7, 15: tunc (unter Ambr.) hymni et psalmi ut
canerentur secundüm morem orientalium partium . . institutum est et ex '
illo in hodiernum retentum. Von diesem berühmtesten Dichter von Kirchen-
liedern her wurden später Kirchenlieder überhaupt ambrosianische genannt,
wie das bekannte Te deum laudamus.
6. Ueber die vielleicht von A. verfasste Uebersetzung von Josephus
bell. iud. s. oben 416, 6—8.
428. Der gelehrteste Vertreter des Christenthums und zu-408
gleich ein scharfsinniger Dialektiker^ dabei nicht ohne Leiden-
schaftlichkeit, ist Hieronymus aus Stridon, in seinem langen
Leben (um J. 340 — 420) unermüdlich thätig als Schriftsteller,
(Jie Schriften des alten und neuen Testaments commentierend
und übersetzend, die alte Bildung durch lateinische Bearbeitungen
mit Christenthum und Gegenwart vermittelnd, dabei allzeit bereit
zu brieflicher Belehrung und zu hitzigen Streitschriften. Von
hervorragender Wichtigkeit sind seine erweiternde Uebersetzung
der Chronik des Eusebius, seine christliche Literaturgeschichte
(viri illustres), seine Bibelübersetzung und seine reichhaltigen
Briefe.
1. Ilieronym. viri ill. 135: Hieronymus, patre Eusebio natus, opi)ido
Stridonis, quod . . Dalmatiae quondam Pannoniaequc confinium fuit, usque
in praesentem annum, i. e. Theodosii principis XIV"™ (J. 392), haec scripsi
(ö. A. 2). Geburtsjahr nach Prosper Aq. 331, wahrscheinlicher (Zöckler
S. 21—24) frühestens 340. Sein Lehrer zu Rom in der Grammatik Donatus
(oben 404) und ein ungenannter Rhetor fady. Rufin. I, 30), schwerlich
Victorimis (Zöckler S. 30 f.). Reise nach Gallien. Aufenthalt in Aquileja.
Wiederholte Reisen in den Orient (Syrien). Askese in der Wüste J. 374
— 378. Epist. 123, 10: cum in chartis ecclcsiasticis iuvarem Damasum
romanae urbis episcopum et orientis atque occidentis synodicis consulta-
tionibus responderem (J. 382). Verkehr mit vornehmen Römerinneu, bes.
Marcella, Melania, Paula (Zöckler S. 109—126. 140 flf. 276 — 278. 288 f.).
Adv. Rufin. 111, 6: ego philosophus, rhetor, grammaticus, dialecticus,
Hebi>aeus, Graecus, Latinus trilinguis. Prosper de ingrat. 56 if.: hebraeo
simul et graio latioque venustus cloquio, morum exemplum mundique
magister Hieronymus. Vgl. Zöckler S. 365 ff. Seine Schriften sind meist
verfasst in dem Kloster bei Bethlehem, wohin er sich J. 386 zurückgezogen
hatte und bis zu seinem Tode (30. Sept. 420) blieb. Vita Hieronymi ex
eius potissimum scriptis concinnata von D. Erasmus (Ed. Vol. 1) und be-
sonders von Vallarsi (ed. T. XI. p. 1 — 280). Martianay, la vie de St, Jdrome,
Paris 1706. 4. Tillemont, Mämoires T. XII. p. 1—356. L. Engelstoft, H.
Strid. interpres, criticus, exegeta, apologeta, historicus, doctor, monachus,
fiss Die Kaitserzeit. Vierte« Jahrhundert J. 3711 ttX
Kopenh. 1797. D. t. Colin in Ensch nnd Gnibcr ü, 8. S. 72 ff. F. Col-
lombet, hist. de S. J^rome, Paris 1844, 2 YoU. (fibeneizt Ton Laudiert u.
Knoll, Rottweil 1848*. 0. ZAckler, R; sein Leben und Wirken ans aeineD
Bchriften dargestellt, Gotha 1865. 476 S. A. Thierry, St J^rome, la societ«
chretienne ä Rome et IVmigration romaine en terre sainte, 2 Voll.
Pari^ 1867.
2. Hieron. y. ill. 135: osque in praedeniem annum (392 n. Chr."^ . .
baec ttcni>fli; Vitam Pauli monachi. Epitttolarum ad diversos libmm unum.
Ad Ueliodomm exbortatoriam. Altercationem Lociferiani et orthodosi.
Cbronicon omnimodae bitstoriae. In Hieremiam et in Ezechiel homilias
Origenits XXVIII, qoas de graeco in latinnm Terti. De Seraphim, de Osanna
et de frngi et Inxarioso filiis. De tribus qnaestionibos legis Teteris.
Homilias in cantica canticonun duas. Adversns Helvidiom de rirginitate
Mariae perpetna. Ad Enstochium de virginitate servanda. Ad Marcellam
epistolamm libmm nnnm. Consolatoriam de morte filiae ad Paulam. In
epistolam Pauli ad Galatas commentariomm libros III. Item in ep. ad
Ephes. libroa III. In ep. ad Tit. libi-nm nnum. In ep. ad Philem. librnin
unum. In Ecclesiasten commentanos. Qnaeationnm hebraicamm in Grenesim
libmm unum. De locis libnmi unnm. Hebraicomm nominum libnuu
unum. De spiritu sancto Didjmi, quem in latinnm transtuli, libmm nnom.
In Lucam homilias XXXIX. In psalmos X— XYI tractatas YII. Malcbi,
captivi monachi, vitam et beati Hilarionis. Novum testamentum graecae
fidei reddidi (die vier Evangelien codicum graecomm emendata coUatiooe,
ded vetemm, nach der praef. an Damasus), vetus iuxta hebraicam transtnli.
Epistolamm autem ad Paulam et Eustochium, quia quotidie scribuntur,
incertus est numerus. Scnpsi praeterea in Michaeam explanationum
libroB II, in Sophoniam libmm unum, in Nahum libmm nnum, in Habacuc
libros II, in Aggaeum libmm unum, multaque alia de opere prophetali
quae nunc habeo in manibus et necdum expleta sunt. Der sichtliche
Mangel an Sachordnung und die sonstige Art des H. machen wahrschein-
lich dass die Aufzählung in der Hauptsache die chronologische ist. Vgl.
comm. in lonam, praef.: triennium circiter fluxit postquam qninque pr9-
l>heta8 interpretatus sum, Michaeam, Nahum, Abacuc, Sophoniam et
Aggaeum, et alio opere detentus non potui implere quod coeperam. scripsi
enim libmm de illustribus viris et adversum lovinianum duo volumina^
Apologeticum quoque et De optimo genere interpretandi ad Pammachium
et Ad Xepotianum vel De Nepotiano duo3 libros (Trostachreiben, Zöckler
8. 216 — 219), et alia quae enumerare longum est. Noch später verfasete
Schriften des H. sind (ausser weiteren Briefen) von den erhaltenen:
Contra loannem Hierosolymitanuni (Zöckler S. 248 f. 400 ff.), Adversos
Rufinum libri III (Zöckler S. 241 ff. 250—266. 407—418), Regula S. Pachomii,
Contra Vigilantium (Zöckler S. 303 — 310. 418 — 420), Dialogorum contia
Pelagianos libri III (Zöckler S. 310 ff. 420 ff.), Commentariomm iu
Matthaeum libri IV, Commentarius in Dauielem, Commeutarii iu lesaiam
und in leremiam u. A. (Zöckler S. 291 ff.).
3. Gesammtausgaben von Des. Eraemus (Basil. Iöl6, zuletzt Basil. 156o.
9 Voll, fol.), Marianus Victorius aus Rieti (Rom. 1566, 9 Voll. fol. Antv.
428. llierouymus. 989
1578 f.)» den Benediciinern (studio et labore lo. Martianay et Ant. Pouget,
Paris. 1693—1706, 5 Voll, fol.) und besonders von Dom. Vallarsi (Veron.
1734—1742, 11 Voll.; Venet. 1766 — 1772). Abdruck der zweiten Vallarsi-
8chen Ausg. in Migne's Patrol. XXII— XXX (Paris 1845. 4.).
4. 6. Richter, das weström, Reich (1866) S. 602: „Hier, war der
Disputator und Dialektiker der streitenden Kirche. Sein Griffel war zum
Meinungskampfe gespitzt, geistreich, witzig, keck, voller Fechterkünste,
schonungslos durchbohrend. Auch vermochte er durch eine elegante Ge-
lehrsamkeit zu glänzen.'* Der Einiluss seiner rhetorischen Bildung zeigt
sich in seiner Vorliebe für effectvoUe Ausmalungen, seinem Hang zu Ueber-
treibungen und Rabulistereien, sowie einer gewissen Eitelkeit und Empfind-
lichkeit. Seine Lieblingsschriftsteller sind unter den profanen Cicero und
Vergil, nächstdem Horaz, auch Terenz und Persius, während Juvenal nie
erwähnt wird. Weniger bewandert war er in der griech. Literatur (E.
Lübeck, Hier, quos noverit scriptores et ex quibus hauserit, Lips. 1871. 54 pp.).
Zöckler S. 323—340. Nächst dem rhetorischen Charakter seiner Schriften
tritt ihre asketische Richtung in den Vordergrund.
5. Die Kenntnisse im Hebräischen die sich H. mit Hülfe von Rab-
binern erworben (Zöckler S. 66 — 58. 154 f. Vgl. S. 171 f. 179 ff. 344 ff.)
finden bei den Specialforschern alle Anerkennung.' M. Rahmer, die he-
bräischen Traditionen in den Werken des H. durch eine Vergleichung mit
den jüdischen Quellen kritisch 'beleuchtet; I: die Quaestiones in Genesin,
Breslau 1861. Hieronymi quaestiones hebraicae in libro Geneseos e recogn.
P. de Lagarde, Lips. 1868. Die Schriften Interpretationis hebr. nominum
und De situ et nominibus locomm hebr. in P. de Lagarde's Onomastica
Sacra, Gotting. 1870. Seine Bibelübersetzung ist in ihrer Art ein Meister-
werk; sie hat die ältere (oben 416, 11) verdrängt und ist selbst die Grund-
lage der noch geltenden Vulgata geworden. G. Riegler, kritische Geschichte
der Vulgata, Salzbach 1820. L. van Ess, pragmatisch-kritische Geschichte
der Vulg., Tübingen 1824. Zöckler S. 99—106. 183—186. 207 f. 282. 342
— 367. üeber seine Commentare s. Zöckler S. 368—381.
6. Die Briefe, zum Theil mit dem Umfange von kleinen Büchern
(z. B. ep. 22 ad Eustochium de conservanda virginitate), hat Vallarsi nach
ihrer Zeitfolge in fünf Classen eingetheilt. Vgl. 1. p. XXXVI: prima (Ep.
1 — 18) illas exhibet quas Hier, ab a. 370, antequam eremum peteret et in
ipsa eremo, scripsit ad usque 381, quo relicta solitudine contendit Romam.
in altera (19—45) illae succedunt quas Romae dedit ab a. 3S2 ad 385, quo
Hierosolymam navigavit. tertia (46—95) illas complectitur quas e Bethleemi
monasterio scripsit ab a. 386 usque ad 400, quo in alexandrina synodo
Origenes damnatus est. quarta (96 — 144) illas repraesentat quas ab eo
tempore, a. 401, ad vitae usque finem, a. 420, exaravit. in quintam denique
classem tres illas (145 — 147) redegi quarum tempus minus compertum,
iisque tres alias (148—150) subdidi quarum auctor incertus est. Recht-
fertigung der chronologischen Anordnung ib. p. XXXVI— LXIV. Ep. 85, 1
(p. 633 Vall.): uno ad occidentem navigandi tempore tantae a me simul
epistolae flagitantur ut si cuncta ad singulos velim rescribere occurerre ne-
queam. unde accidit ut omissa compositione verborum et scribentium
990 Die Kaiserzeit Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
sollicitadine dictem qtiidquid in buccam venerit. Schaubach^ Über die
Briefe des.h. Hier., Coblenz 1856. 4.
7. Die üebersetzung der Chronik des Eusebius (vgl. Zöckler S. 84—86.
383 — 385) ist gewidmet Vincentio et Gallieno. Das Vorwort hebt die
Schwierigkeit aller üebersetzangen hervor: et ad conunonem difBcnltatem
. . hoc nobis proprium ß<^cedat quod historia multiplex est, habens in bar-
bara nomina, res incognitas Latinis, nnmeros inextricabiles, virgulas rebus
pariter ac nnmeris intertextas (p. 2 Seh.). . . (p. 3:) Graecomm fidem sno
auctori adsignent et quae nova insemimus de aliis probatissimis viris libata
cognoscant. sciendnm etenim est me et interpretis et scriptoris ex parte
officio usum, quia et graeca fidelissime expressi et nonnulla quae mihi inter-
missa videbantnr adieci, in romana maxime historia , quam Eusebius huius
conditor libri . . perstrinxisse mihi videbatur. itaque a Nino et Abraham
usque ad Troiae captivitatem pura graeca translatio est. a Troia autem
usque ad XX Constantini annum nunc addita nunc mixta sunt plurima
quae de Tranquillo et ceteris inlustribus in historicis curiosissime excerpsL
a Constantini autem supra dicto anno (J. 325) usque ad consulatum Augg.
Valentis sexies et Valentiniani iterum (J. 378) totnm meum est. quo fine
contentus reliquum temporis Gratiani et Theodosii latioris historiae stilo
reservavi, . . quoniam dibacchantibus adhuc in terra nostra barbaris incerta
sunt omnia. Damit stimmt die Bemerkung nach Ol. 276, 2 »» a. Abr. 2342
(J. 326): huc usque historiam scripsit Eusebius Pamphili martyris contu-
bernalis. cui nos ista subiecimus. Eusebius begann mit dem ersten Jahre
Abrahams »» 43 des Ninus =— 22 des Europs » ersten der 16ten Dynastie
der Thebäer. OL 1, 1 » a. Abr. 1240 (Mai; Scaliger und Fontacus 1241).
Abr. 2016 »In. Chr. Die Geburt Christi setzte Eus. ins J. 5199 d. W.
A. V. Gutschmid, de temporum notis quibus Eusebius utitur in chronicis
canonibus, Kiel 1868.. 4.
8. Die eigenen Zuthaten des Hier, lassen sich controlieren durch die
von Interpolationen freie armenische Üebersetzung der Chronik des Euse-
bius, gefunden 1816 und herausgegeben von I. Zorab et A. Mai (Mailand
1818), besser opera I. B. Aucher (Venet. 1818). Die Reste des griechischen
Originals sowie die üebersetzung des Hier, herausgegeben von A. Pontacub
(Bordeaux 1604. fol.), in Jos. Scaligers thesaurus temporum (Lugd. 1606.
Amsterd. 1658. fol.), von Vallarsi (ed. Hier. t. VIII), Th. Boncalli (vetust.
lat. scr. chronica, Patav. 1787, t. I), in Mai's Scriptt. vett. nova coli. VIII
(Rom 1833), und besonders von A. Schöne (Eusebi chronicorum libri duo.
Vol. II. Berol. 1866); vgl. dessen Quaestionum Hieronym. capita selecta
(Lips. 1864) und Götti. Gel. Anz. 1867, S. 986 — 996. A. v. Gutschmid in
Fleckeisens Jahrbb. 95, S. 677—688.
9. Th. Mommsen, über die Quellen der Chronik des Hier., Abhandl.
d. Sachs. Ges. d. W. H (philol. bist. Cl. I), Leipzig 1850, S. 669—693. Hie-
nach (S. 683 f.) waren die Quellen des H. ausser dem Kanon und der se-
ries regum des Eusebius: Eutrop's breviarium, breviarium Sex. Bufi, die
Stadtchronik, Sueton's Schrift de viris in litteris illustribus (oben 342, 7),
die dem H. noch vollständig vorlag, eine verlorene latina historia de ori-
gine gentis rom. und ein verlorenes Werk über die Zeit von Pompejua'
428 f. Hieronymus. Rufinas. 991
Tod bis zur Schlacht bei Actiam. Am wenigsten Verlags bieten seine
Jahrszahlen, da er seine Anmerkungen, wo er in seinen Quellen keine Jahrs-
zahl dafür fand, beliebig unter gewissen Jahren unterbrachte (vgl. z. B.
oben 198, 2. 372, iE, 392, 1. Bitschi, Parerga S. 609 ff. Beifferscheid's
Sueton p. 365. 380—387). Fortgesetzt wurde die Chronik des H. von Pros-
per und Cassiodor.
10. Die Schrift de viris illustribus (oder de scriptoribus ecclesia-
sticis) ist verfasst J. 392 und gewidmet dem praef. praet. Dezter. Vgl.
Zöckler S. 190—194. 385—387. Vorwort: hortaris me, Dezter, ut Tran-
quillum sequens ecclesiasticos scriptores in ordinem digeram et quod ille
in enumerandis gentilium litterarum viris fecit illustribus ego in nostris
faciam, i. e. ut a passione Christi usque ad XIV""* Theodosii Imp. annuni
(392) omnes qni de scripturis sacris memoriae aliquid prodiderunt tibi
breviter ezponam. . . ego . . magistrum memet ipsum habeo, quamquam
Eusebius Pamphili in X ecdes. bist, libris mazimo nobis adiumento fuerit
et singulorum de quibus scripturi sumus volumina aetates auctorum suo-
rum saepe testentur. In Vallarsi's Ausg. (T. II, 2. p. 821 ff.) ist die alte
griechische üebersetzung welche D. Erasmus unter dem Namen des Sophro-
nius herausgab mit abgedruckt, sowie (p. 967 ff.) des Gennadius Fortsetzung
der Arbeit des Hier.
429, Vorzugsweise der erbitterten Streitschrift welche Hie-409
ronymus gegen den ehemaligen Freund richtete verdankt seine
Berühmtheit Tyrannius (Turanius) Rufinus (um 345 — 410), aus
Aquileja, dessen literarische Thätigkeit fast ausschliesslich darauf
gerichtet war die Werke griechischer Kirchenlehrer, besonders
des Origenes und Eusebius, lateinisch zu bearbeiten. Um Wort-
treue war es ihm dabei nicht zu thun. Ebenso gehalten ist
seine, üebersetzung der Sprüche des Sextius. Andere christliche
Prosaiker der Zeit waren die Grammatiker Cresconius, Euagrius,
Dexter, Anastasius, Chromatius.
1. Gennad. vir. ill. 17: Rufinus Äquileiensis ecclesiae presbyter non
minima pars fuit doctorum ecclesiae et in transferendo de graeco in lati-
num elegans ingenium habuit. denique maximam partcm Graecomm bj-
bliothecae Latinis exhibuit: Basilii scilicet Caesariensis . . , Gregorii Nazian-
zeni . . , dementia Romani recognitionum libros , Eusebii Caesariensis . .
ecclesiasticam historiam, Sexti sententias, Evagrii sententias (s. A. 4). inter ^
pretatns est etiam sententias Pamphili martyris adversum mathematicos.
. . Origenis autem non omnia, quia etHieronymus transtulit aliquanta. . . ex-
posuit idem Rufinus Symbolum. . . disseruit et benedictionem Jacob super
patriarchas triplici, i. e. historico, morali et mystico, sensu, scripsit et
Epistolas ad timorem dei hortatorias multas, intcr quas praeminent illae
quas ad Probam dedit. Historiae etiam ecclesiasticae (des Eusebius) . .
addidit X et XI"™ librum. sed et obtrectatori opusculorum suorum (dem
Hieronymus) respo'ndit duobus voluminibus, arguens et convincens de dei
992 Die Kaiserzeit. Viorics Jahrhundert (J. .'UO ft\).
intoitu et eoclesiae ntilitate . . ingenium agitasse, illum vero aemulationis
Btimulo incitatum ob obloqiiendnm BÜlam vertisse. Vgl. Ap^ Sidon. Ep. II,
9: Origenes Turranio Rnfino interpretatns . . inspiciebatur . . ad verbum
sententiamque translatiiR.
2. Rufini opera ad codd. emend. Domin. Vallarsi, Veron. 1745. fol.
Tom. I (unvollendet) = Migne's Patrolog. XXI, Parin 1849. Enthält: -«lo
benedictionibas patriarcharnm libri TI; Commentarius in symbolum apo>
stolorum; Historia monachornm; Historiae eccl. libri II; Apologiae in Hie-
ronymmn libri II; Apologia altera ad Anastasium papam. Ansserdem
PseudorufinischeB. Die Uebersetzungen deB Bnf. in den Ausgaben des Ori-
genes u.B. w., die StreitBchrifben in denen des Hieronymos. üeber Bufinus
vgl. B. Ceillier, bist. gen. X. p. 1 — 65. J. Fontanini, bist. lit. Aquileienais
(Born 1742. 4.), auch in Valiarsi'B n. Migne's Ansg. F. J. F. B. M. de Ru-
beis, dissertationeB (Venet. 1754. 4.). J. H. Marzuttini, de^Turanii Bufini
pr. Aq. fide et religione, Patar. 1835.
3. Hieronym. Ep. 4 (p. 14 Yall.): Bufinus, qui cum sancta Melania
ab Aegypto Hierosolymam yenisse narratur, individua mihi germanitatis
caritate conexns est. . . in illo conspicies expressa eanctitatis inaignia etc.
Der Streit des H. mit B. bezog eich auf die Stellung zu Origenes, welchem
B. zugethan blieb auch nachdem er für häretisch erklärt worden war. Je
unzweifelhafter H. selbst früher zu den Lobrednem des Or. gehört hatte
(vgl. Ep. 84), desto gereizter und derber wurde er jetzt gegen B., der ihn
öffentlich daran erinnerte. Auch schriftstellerische Eifersucht mischte sich
ein. Vgl. oben 428, 2 g. E. Proben des nunmehrigen Tones von H. gegen
Buf. bei Funccins de veg. senect. 74, p. 800. Dem Paulinus (Nol.) gilt Buf.
als eine Autorität in Fragen der Gelehrsamkeit; s. Paulin. epist. 28, 5
und ep. 46.
4. Ueber des R. Bearbeitung der Sprüche des Sextius s. oben 261, 6.
Hieronym. ep. 133, 3 (p. 1029 Vall.): Evagrius Ponticus Iberita (vgl. Gen-
nad. vir. ill. 11) . . edidit librum et sententias nsQl dnad'siag. . . huius libros
per orientem graecos et interpretante discipulo eins Rufino latinos plerique
in occidente lectitant. qui librum quoque scripsit quasi de monachis.
. . illam autem temeritatem, immo insaniam eius quis digno possit expli-
care sermone quod Sexti Pythagorei, hominis absque Christo atque ethnici,
immutato nomine Sixti martyris et romanae ecclesiae episcopi praenotavit
(ohne Zweifel bona fide). in quo iuxta dogma Pythagorioorum . . multa
de perfectione dicitur, ut qui volumen philoBophi nesciunt sub martyris
nomine bibant de aureo calice Babylonis. denique in ipso volumioe nulla
prophetarum, . . nulla Christi fit mentio, ut episcopum et martyrem sine
Christi fide fuisse contendat. fecerat hoc et in sancti Pamphili martyris
nomine, ut librum primum VI libromm defensionis Origenis . . nomine
Pamphili martyris praenotaret, quo scilicet egregia illa IV Origenis negl
ciffxäv Yolumina latinis infnnderet auribus. Letztere Schrift ist nur in der
Uebersetzung des R. erhalten.^
5. Gennad. vir. ill. 16: Faustinns presbyter scripsit ad personam
Flaccillae reginae (f 386) Adversum Arianos et Macedonianos libros VIL
429 f. Rnßnus, Dexter ii. A. Prudeiitius. 993
. . scripsit et librum quem Valentiniano , Theodosio et Arcadio impp. pro
dcfensione suorum . . obtulit. Beide Bind erhalten und gedruckt z. B. in
der Bibl. patr. max. V, in Gallandi bibl. patr. VIII, und in Migne's Pa^
trol. XIII.
6. Augustin. retract. II, 26: grammaticus quidam donatista Creaco-
nius cum invenisBet epistolam meam . . putavit mihi esse respondendum
et hoc ipsum scripsit ad me. cui operi eins libris quattnor respondi. . . hos
autem IV libros quando scnpsi iam contra Donatistas legCR dederat Ho-
norius imperator.
7. Ueber den Donatisten Tichonius s. unten 436, 2.
S, Hieron. vir. ill. 125: Evagrius Antiochiae episcopus . . vitam beati
Antonii de graeco Athanasii in sermonem npstrum transtulit.
9. Hieron. vir. ill. 132: Dexter Paciani (oben 415, 4) filius, clarus
apud saeculum et Christi fidei deditus, fertur ad me omnimodam historiam
texuisse, quam necdum legi. Das Werk ist nie fertig geworden oder ver-
loren gegangen. Das Chronicon Dextri (von J. 762 — 1183 d. St.) welches
der spanische Jesuit Hieronymus Romanus de Higera gefunden haben wollte
(gedruckt z. B. Caesaraugust. 1694. 4. in Migne's Patrol. XXXI) ist eine
Fälschung.
10. Zwei Briefe des Anastasius, Bischof von Rom J. 398 — 402, s. Cou-
stant, Epist. pontiff. I. p. 719 if. (486 ff. Schön.). Gallandi bibl. patr. VIII.
p. 246 ff. In Migne's patrol. XX. p. 68—76. XXI. p. 627 ff.
11. Von Chromatius, Bischof von Aquileja, f 406, Predigten über das
Ev. Matthäi z. B. in Gallandi bibl. patr. VIII. p. 333 ff. und in Migne's
patrol. XX. p. 323 ff.
430. Der bedeutendste christliche Dichter ist Aurelius Pru-4io
dentius Clemens (J. 348 bis um 410), dessen rhetorische Bildung
sich in der Wortfülle und Gewandtheit bekundete v^omit er mancli-
f altige, zum Theil ganz abstracte^ Gegenstände in verschiedenen
Versmassen, besonders aber im epischen, behandelte. Am ge-
lungensten sind die Märtyrergeschichten (Peristephanon), welche
öfters warm, lebendig und anschaulich werden. Die Gedichte
in lyrischen Metren zeigen Anschluss an Horaz. Die Prosodie
trägt die Spuren der Zeit an sich, doch in verhältnissmässig
geringerem Umfange als Anderes aus dieser Zeit. Aus ihr ist
auch die Darstellung der heiligen Geschichte in vergilischen
Versen durch Proba Faltonia und Anderes.
1. Gennad. vir. ill. 13: Prudentius, vir saeculari litteratura eruditus,
composuit Siztoxaiov de toto vetere et novo testamento personis exceptis.
coramentatus est autem in morem Graccorum Hexaemeron de mundi fabrica
(nicht erhalten, vgl. ib. 67). . . fecit et in laudem martyrum sub aliquorum
nominibus Invitatorium ad martyrium librum unum et Ilymnorum alterum.
TKumsL, Rom. Literaturgeschichte.' 2. Aufl. 63
Die Kaiseraeit. Vierte» Jahrhundert (J. 379 ff.).
Ute Anrelina Pradentiiii ClemODs c. B. im «ehr alten cod
ebort Salia oob. (prüf. 24) — J. 346, in Spaaien {wahncheiu-
irriB, e. Perist. TV, 31 v^l. I, 116 noatro oppido; weoiger be-
I. 97 für CaeiaraugoatA => SaragOBsa). Ueber ieiu Leben
docuit toga (virilia) iofectuDi vitiid faJia toqui (in der Khe-
>.) . . esin iorgia turbidoa armarunt animoe (Advocat). . . (16 ff.;
ideramine frenoa nobilium reiimua arbinnt (als pr&eaee eJDer
:ivile boniB reddidimns, terraimus reoa. taodem militiae (Hof-
evectum pietas principis (TheodoBioa) extnlit, adanmptum
iubena ordiae proximo. Ala er G7 J. alt war (praef. 1 B-)
er die Sammlung aeiner Gedichte heraäa.
34 ff.: fine sab ultimo peccatrix aoima stultitiam exust, saMem
3celebret, si meritia neqnit: hymnia continuet dies, oec uoi
a domianm caoat, pugoet coDtra bereaea, cütholicam diacatisl
;et sacra gentium, labem, Roma, taia inferat idSlia, Carmen
tTOveat, laudet apoatoloa. lat hier die UrdooDg der Ab-
ingehalten, ao wäre die Aufeinanderfolge: Catbemerioon.
iamortigenia, rajcbomachia. Contra Symmachum libri II,
Dittocbaeon. Die Titel aind also fast auBschliesalii^ griecfaii^li
ui/tväv liber behandelt einen Tages- und Lebenslauf im
inoe and enthält 1. hymnus ad galli cantum. 2. hj'mnui
ide im dim. iamb. ac). 3. h. ante cibum (<«tr. dnct cX
>um (phalaec). f>. h. ad incensnm lucernae (aaclep, miDi.
nunm (dim. iamb. c). 7. b. ieionantium (trim. iamb, ac.)
inium (sappb. Strophen). 9. h. omnia horae (tetr. troch. c.l.
luias defuncti (dim. anap. c). 11. h. VIU kal. lan. (Chriil
Epiphaniae (ErscbeiouDgsfeat), beide im dim. iamb. ac.
ams, eine verBificisrt« Trinitätslebre mit gelegentlicher B«-
Haupthäresen, wie der Patripa^aiaDer, Arianer, Sabeltisier,
) Doketiamus u, b. w. Nach doppelter EiDleitucg, im Heia-
dem MasBe toq üorat. epo. 1 — 10, folgt das Oedicbt selbst
yrvtta. Nach einem Vorwort über Kain und Abel (Im triu
ie Entstehung der Sdnde abgehandelt (in 966 Heiametem),
jegenaatze zu dualiatitcben AaSasaungen der Gnostiker wie
iraef. 36; v. 66. 124. aoi).
axia beatebt aus einer praefatio im Senar und 915 Heiamc
apf um die Seele des Henscben wird gef3brt von deD Ali-
' Ira, Patientia, Superbia, Sobrietaa, Avoritia, Virius, Spe«,
Concoi'dia, Diacotdia u. a. f.
Symmachnm libri 11. Nach einem Vorwort im asolep. mio
r>7 Heiameter, B. II (mit praef in Glykoneen] ltS3 Heia-
den Gregenstand b. oben 418, 13. Daa erste Buch bekämpf
lus im Allgemeinen, das zweite die einzelnen Bebaoptongen
430. Prudentius. 995
8. TIsqI cxBcpaviov über, zum Preise von chriatlichen' Märtyrern: 1. In
honorem Emeterii et Chelidonii Calagurritanorum , 120 tetr. troch. c. 2.
Laurentii, 584 dim. iamb. ac. in vierzeiligen Stropben. 3. Eulaliae, 215 tetr.
dact. c. 4. XYIII martyrum Caesaraugustanorum , 60 sapphisclie Strophen.
5. Vincentii, 575 dim. iamb. ac. 6. Fruetnosi epi&c. Tarraconensis etAugnrii
et Enlogii diaconorom, 162 phaläkische Hendekasyllaben. 7. Qnirini epiac.
eccl. siecianae, 90 Glykoneen. 8. De loco in quo martyres passi sunt, nunc
baptisterium Calagurri, 9 Distichen. 9. Passio Cassiani forocorneliensis,
106 Verse im Masse von Hör. Epo. 16. 10. Romani, fast von dem umfange
eines Epos, aber in (1140) iambischen Senaren (in fünfzeiligen Strophen?),
mit ausführlicher Darstellung des christlichen und des polytheistischen
Standpunktes in Rede und Gegenrede. 11. Hippolyti, 123 Distichen.
12. Petri et Pauli apostolorum, 66 Verse im Masse von Hör. 0. I, 4.
13. Cypriani, 106 archilochische Verse. 14. Agnetis virginis, 133 alkäische
Hendekasyllaben.
9. Dittochaeon (Doppelnahrung?), 49 vierzeilige Epigramme im epi-
schen Masse über einzelne Gegenstände des A.. und N. T. von Adam und
Eva bis zur Apokalypse, eine Art christlicher Bildergalerie.
10. Die prosodischen Verstösse, unter dem Einflüsse des Rhythmisie-
rens, sind bei Prud. selten so gedrängt wie praef. 39 ff. (oben A. 2). Zu-
sammenstellung derselben in DresseFs Ausg. p. XVII f. not. 54. Archaismen
wie aquai, venarier nach Versbedürfniss, doch nicht sehr häufig.
11. Handschriften des Prud. gibt es zahlreiche; die älteste (saec. V — VI)
und wichtigste ist der von N. Heinsius benützte cod. Pnteaneus (jetzt Paris.
8084). P. Krüger, Hermes IV. p. 352 f. Verzeichniss der italienischen bei
Dressel p. XLVI ff.
12. Verzeichniss und Beschreibung der Ausgaben bei Dressel p. XXV —
XLVI. Besonders erwähnenswerth sind die von V. Giselin (Antv. 1664 u. oft),
J. Weitz (Hanau 1613), N. Heinsius (Amstel. 1667), Chr. Cellarius (Halle
1703), Faustinus Arevalus (Rom. 1788 f. 2 Voll.), Th. Obbarius (rec. et
expl., Tubing. 1845), Migne (Patrolog. LIX u. LX), Alb. Dressel (ad vaticc.
all. codd. fid.- rec, ill. expl., Lips. 1860).
13. H. Middeldorpf, de Prudentio et theologia Prudentiana, Bcrl. 1823.
1827. 4 = Illgen's Zeitschr. f. bist. Theol. II (1832) p. 127 — 190. F. De-
lavigne, de lyrica apud Prud. poesi, Toulouse 1848. J. B. Brys, de vita et
scriptis Prud., Löwen 1856. C. G. Schmidt, Prudentiana, in der Zeitschr.
f. luth. Theologie von Delitzsch XXVII (1866). Gl. Brockhaus, Aur, Prud.
Gl. in seiner Bedeutung für die Kirche seiner Zeit, Leipz. 1872. 335 S.
14. Im cod.« Paris. 8084 des Prudentius (s. A. 11) findet sich auch
ein christliches Gedicht von 122 Hexametern aus J. 394 oder 395, worin
unter vielen Verstössen gegen die Prosodie (z. B. v. 44: colläribus subito
membrü circumdare suetus) mit Hinweisung auf Vorgänge der letzten Ver-
gangenheit (Fiavianus, oben 421, 1) der Polytheismus bekämpft wird. Gh.
Morel, Revue arch^ol. 1868. I. p. 453—457. H. p. 44—55. A. Riese, Anthol.
lat. I. p. 13—17, vgl. p. XL J. B. Rossi, Bull, di arch. crist. 1868, p. 49—58.
61 — 75. Th. Mommsen im Hermes IV. p. 350 — 363 (carmen non minus
pium et chrifitianum quam iueptuni et barbarum).
63*
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I
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996 Die Kaiserzeit. Viertes Jahriinndert (J. 379 ff.)-
15. laidor. origg. l, 38, -25 (vgl. de scripi. eccL 5): Proba, nxor
Adelphi (procoosulis), centonem ex Yergilio . . expressit. Vgl. oben 26, S.
.J. Fontanini, de antiqaitt. Hortae (Rom 1708. 4) II, 1 f., der diese Falconia
(Faltonia) Proba aus Horta von Anicia Faltonia Proba wie von Valeria
Proba unterscheidet Der cento ist oft gedruckt (Fabricius, bibl. lat. med.
aet. ed. Mansi I. p. 143 f.), zuerst Venet. 1472 foL, dann z. B. von Meibom
(Helmst&dt 1697. 4.), in den Centones homerici et vergiliani (oben 26, 6),
zuletzt in Migne^s patrol. XIX. p. 803 — 817. Cento Probae inlustris im
Palat. 1763 saec. IX— X. Nach Montfancon, diar. ital. p. 36 hat eine Uda.
saec. X die Unterschrift: Proba uzor Adelphi, mater Olybrii et Alypii, cum
Constantini bellum adversus MagnenÜum conscripsisset, conscripsit et hunc
librum. Wirklich deutet sie in der praef. auf dergleichen Veröffentlichungen
hin: iamdudum temerasse duces pia foedera pacis, . . di^ersasque neces
regum, crudelia bella, . . confiteor, scripsi; satis est nieminisse malorum.
nunc, deus omnipotens, sacrum, preoor, accipe carmen, . . arcana ut possim
vatis Proba cuncta referre. . . Vergiliunx cecinisse loquar pia munera
Christi. Vom A. T. ist nur die Schöpfung, Sündenfall und Sintflut aus-
führlicher erzählt, cetera facta patrum pugnataque in ordine bella prae-
tereo atque aliis post me memoranda relinquo. Worauf sie sich zur Geburt
Christi wendet und seine Geschichte bis zur Ilimmelfahrt fortfahrt Ein
Grammatiker der diesen cento (oder einen andern christlichen) für einen
Kaiser (Arcadius?) abschrieb fügte eine Widmung an diesen in schlechten
Versen bei (Anthol. lat. 735 B.): Romulidum ductor, . . spes orbis fratris-
que decus, dignare Maronem mutatum in melius divino agnoscere sensu,
Bcribendum famulo quem iusseras. . . haec relegas servesque diu tradasque
minori Arcadio, haec ille suo generi, haec tua semper accipiat doceatque
8008 augusta propago. Vgl. unten 466, 6. J. Aschbach, die Anicier und
die römische Dichterin Proba, Wien 1870 (Sitzungsberichte der Wiener Ak.,
philol. bist Cl. LXIV. S. 369—446).
16. Ueber Severus Sanctus Endelechios s. unten 441, 1 u. 2.
411 431. In Versen und Prosa schrieb der Verwandte und
Schüler des Ausonius, Meropius Pontius Anicius Paulinus aus
Burdigala (J. 353 — 431). Rhetorisch gründlich gebildet verfasste
er einen Panegyricus auf Theodosius, nach dessen Sieg über
Eugenius. Erhalten sind von ihm 51 Briefe und eine Anzahl
Gedichte im epischen und in melischen Metren. J. 389 zum Chri-
stenthum übergetreten, widmete Paulinus seine Feder der Ver-
herrlichung seines Glaubens und, als er J. 409 Bischof von Nola
geworden, dem Preise des dort verehrten Märtyrers Felix. Seine
Formgewandtheit und umfassende Kenntniss der weltlichen Li-
teratur tritt in diesen Arbeiten klar zu Tage.
1. Gennad. vir. ill. 48: Paulinus, Nolae Campaniae episeopus, composuit
versu brevia (?), sed multa, et ad Celsum quendam (s. A. 4 E.) epitaphii vice
consolatorium libellum super morte christiani et baptizati infautis, spe chri-
J
430 f. Proba. Pauli nus Nol. 997
stiana munitom; et ad Severum (A. 2 E.) plores epistolas, et ad Theodosiam
imp. ante episcopatum prosa panegyricum super victoria tyrannorum, eo
masime quod fide et oratione plus quam armis vicerit (ygl. Hieron. ep.
58, 8: librum tuum quem pro Theodosio principe prudenter ornateque
compositum transmisisti libenter legi et praecipue mihi in eo subdivisio
placuit etc. Paulin. epist. 28, 6: ut in Theodosio non tarn imperatorem
quam Christi servum . . praedicarem). fecit et Sacramentarium et Hym-
narium. ad sororem quoque epistolas multas de contemtu mundi dedit.
edidit et ex diversis causis diversa disputatione tractatus. praeeipuum tamen
omnium eins opusculorum est Liber de poenitentia et laude generali om-
nium martyrnm. claruit temporibus Honorii et Valentiniani non solum
eruditione et sanctitate vitae sed et potentia adversum daemones. Aus-
führliche Prolegomena von Muratori bei Migne LXI. p. 16 — 124' und die
Zeugnisse über P. ib. p. 126—152. A. Buse, Paulinus Bischof y. Nola u.
seine Zeit, Regensburg 1856. 2 Bde.
2. Ausonius hat dem P. sein Technopaegn. gewidmet und an ihn
Epist. 19 — 25 gerichtet (z. B. 23, 33 ff. : ego sum tuus altor et ille praeceptor
primus, veterum largitor bonorum, primus in Aonidum qui te coUegia
duxi). Vgl. oben S. 952, Z, 13 ff. Poetische Antwort des P. carm. 10, wo
93 ff.: tibi disciplinas, dignitatem, litteras, linguae, togae, famae decus,
provectuB, altus, institutus debeo, patrone, praeceptor, pater. Doch musste
Aus. bald sich überzeugen dass auf seinen Zögling seine reiche und fromme
Frau, Therasia, viel grösseren Einfluss hatte als der alte halbheidnische
Lehrer. Augustin. de civ. dei I, 10: Paulinus noster, Nolensis episcopus,
ex opulentissimo divite voluntate pauperrimus (er schenkte seinen Beichthum
den Armen, s. Sulpic. v. Mart. 25, 4). Briefwechsel mit Hieronymus, Au-
gustinus und Sulpicius Severus. Vgl. 435, 1. 441, 1. 4. Cos. (suff.) vor
Ausonius (Aus. epist. 20), also vor 379.
3. Ausgaben der Werke des P. von H. Rosweyd (Antv. 1622), P. F.
Chifflet (Dijon 1662. 4), J. B. Lebrun des Mareltes (Paris 1685. 2 Voll. 4.),
L. A. Muratori (Veron. 1736. fol.), in der Bibl. patr. max. VI, und in Mi
gne's patrol. LXI (Paris 1847). Carmen eucharisticum prolegomenis et adnot.
ill. ed. L. Leipziger, Breslau 1858.
4. Von den erhaltenen 36 Gedichten des P. stammen noch aus seiner
vorchristlichen Zeit -scherzhafte poetische Zuschriften an Gestidius (1. 2),
und ein Bruchstück de regibus nach Sueton (3). Von den christlichen Ge-
dichten hat die grössere Hälfte den Felix zum Gegenstande (c. 12 — 14.
18 von 469 Hexametern; 19 von 730; 20; 21 von 858 Hexametern; 23,
26—34, theil weise fragmentarisch), c. 6 Johannes den Täufer; andere sind
Gebete (4 f.), Paraphrasen von Psalmen (z. B. 7: beatus ille qui procul
vitam suam ab impiorum segregarit coetibus), oder polemisch-apologetischen
Inhalts (c. 36: discussi, fateor, sectas, Antonius , omnes^ plurima quaesivi,
per singula quaeque cucurri, sed nihil inveni melius quam credere Christo).
In den melischen Metren schliesst sich P. an Horaz an, indem er vorzugs-
weise die sapphischen Strophen und die Epoden (Hör. Epo. 1 — 10) nach-
bildet, jene besonders c. 17 an den Bischof Niketas in Dakien (85 Strophen),
998 Die Kaiserzeit. Viertes Jahrhundert (J. 379 ff.).
diese in c. 24 an Cytherius (942 Verse). Im elegischen Masse das Epitha-
lamium c. 25, sowie c. 36 auf den Tod des jungen Celsus (630 Verse). Vgl. A. 1.
412 432« Wohl noch aus der Regierungszeit des Theodosius
und von einem theologischen Verfasser ist die Lex dei oder
Vergleichung der mosaischen und der römischen Gesetzesbestim-
mungen über die häufigsten Vergehen (Collatio legum mosai-
carum et romanarum); mit der Absicht die Uebereinstimmung
beider und die mosaischen als die wesentliche Grundlage der
römischen nachzuweisen.
1. Handschriftlicher Titel: Lex dei quam deus praecepit ad Moysen.
Die 16 Titel handeln 1) de sicariis et homicidis; 2) de atroci iniuria; 3) de
iure et saeyitia dominorum cohibenda; 4) de adulteris; 5) de stupratoribus;
6) de incestis; 7) de furibus; 8) de falso testimonio; 9) de familiari testi-
monio non admittendo; 10) de deposito; 11) de abigeis; 12) de incendiariis-,
13) de termino moto; 14) de plagiariis; 15) de mathematicis et Manichaeis;
16) de legitima successione. Vorangestellt werden immer die mosaischen
Bestimmungen (Moyses dicit; scriptura divina dicit), in einer Uebersetzung
welche weder die des Hieronymus noch die des Sulpicius Severus ist, noch
auch sich genau an die LXX anschliesst. Alsdann folgen die römischen
liechtsbestimmungen in Excerpten aus den Hauptschrifben von Gajus, Fa-
pinian, Ulpian, Paulus und Modestinus, sowie kaiserlichen Constitutionen
aus dem codex Gregorianus und Hermogenianus nebst einigen neueren
Gesetzen. Das neueste angeführte ist das von Theodosius aus J. 390 (V, 2).
2. Zur Tendenz. VII, 1: quodsi XII tabulae . . iubent, scitote iuris-
consulti quia Moyses prius hoc statuit, sicut lectio manifestat. Vgl. VI, 7:
maledicti sunt omnes incesti per legem, cum adhuc rudibus populis ex di-
vino nutu condita iisdem adstipulantibus sauciretur. et utique omnes
malefici puniti sunt quos divina et humana sententia consonA voce dam-
iiavit. XIV, 3, 6: sciendum tamen est ex novellis constitutionibus . .
plagiatores . . puniendos, quamvis et Paulus etc. V, 2: hoc qnidem (was
Paulus scnt. II ausgesprochen) iuris est; mentem tamen legis Moysis Imp.
Thcodosii constitutio (vom J. 390) ad plenum secuta cognoscitur. Diese
8prachproben könnten auf einen Verfasser von griechischer Nationalität hin-
weisen (vgl. A. 3).
3. Da der Verfasser nur den codex Gregorianus und Hermogenianus
kennt, noch nicht aber den Theodosianus, von Häretikern nur die Mani-
chäer erwähnt und von Theodosius d. Gr. wie von einem Lebenden zu
sprechen scheint (V, 2; s. A. 2), so ist glaublich dass das Werk am Ende
von dessen Regierung verfasst ist, also in der Zeit des Ambrosius und
Rufinus, ohne dass aber irgend welche sichere Spuren auf die ürheber-
öchaft eines dieser beiden hinführten. Doch muss der Verfasser mit den
Schriften der römischen Juristen genauer bekannt gewesen sein als sonst
bei Theologen der Fall war. Er kann daher ursprünglich Redner gewesen
sein. Abfassung nach dem Citiergesetz von 426 ist aus der Beschränkung
auf die fünf Juristen desselben nicht zu folgern, da jenes Gesetz nur fixierte
432 f. Lex dei. Claudianus. 991)
was längst thatsachlich bestand. Auf Entstehung im Orient (vgl. A/2 E.)
ist zu schliessen daraus dass V, 2 f. ein von Valentinian, Theodosius und
Arcadius J. 390 gemeinsam erlassenes Gesetz im Texte nur Theodosii con-
stitutio heisst.
4. Ueberlieferung durch drei Handschriften , den Pithoeanus (in Berlin)
saec. IX, Vercellensis und Vindobonensis saec. XL Erste Ausgabe durch Pi-
thoeus, Paris. 1573. 4. Neuere von F. A. Biener (ins civ. anteiust. IL p. 1417 fF.)
und bes. F. Blume (Bonn 1833 = Bonner corp. iur. anteiust. I. p. 389—396)
und Ph. E. Huschke (iurisprud. anteiust. p. 630—590 = 549—609 ed. IL).
5. Huschke, über Alter und Verfasser der leg. m. et r. collatio, Zeit-
schrift f. geschichtl. Bechtswiss. XIII. S. 1 — 49, und in der iurisprud. ant.
p. 528 — 530 = 647 — 549. A. F. RudorflF, röm. Bechtsgesch. I. S. 284—286
und: über den Ursprung und die Bestimmung der lex dei oder mos. et
rom. leg. coli., Berlin 1869. 32 S. 4. (AbhandL d. Berl. Ak.). H. E. Dirksen,
über die coli. leg. u. s. w. in sn. hinterlass. Schrr. IL S. 100 ff.
8. Viertes bis filnftes Jahrhundert«
433. In das Ende des vierten und den Anfang des fünf-413
ten Jahrh. fallt die Thätigkeit einer Anzahl von Schriftstellern,
von denen die hervorragendsten sind auf heidnischer Seite Clau-
dianus und auf christlicher Augustinus. Obwohl aus Alexandria
gebürtig hat Claudius Claudianus vorzugsweise in lateinischer
Sprache gedichtet und sich in die Dichter der classischen Zeit
so hineingelebt dass er deren Sprache und Versbau mit voll-
kommener Sicherheit handhabt. In seinem Formtg^nt ein Nach-
zügler besserer Zeiten erinnert Claudianus an Statius auch durch
sein Phrasenthum und seine Schmeichelei gegen Grosse, über-
triflPt aber jenen weit an Gehalt, Fruchtbarkeit, Reichthum der
Phantasie und Vielseitigkeit. Seine Gegenstände entnimmt er
meist der unmittelbaren Gegenwart, zum Preise hochstehender
Gönner, wie besonders des- Stilicho und Honorius, auch zum
Angriff' auf gemeinsame Gegner (Rufinus,. Eutropius). Sogar
blose Gelegenheitsgedichte behandelt er mit dem Aufwände form-
licher Epen. Diese Arbeiten bieten reichen historischen Stofl^;
doch wird ihr Werth als Geschichtsquellen manchfa^h geschmä-
lert durch poetisches Ausmalen und des Dichters persönliche
Stellung zu den Handelnden. Die drei Bücher über den Raub
der Proserpina zeigen die Meisterschaft des Claudianus im Schil-
dern besonders glänzend. Aber als Erbe der alexandrinischen
Mythengelehrsamkeit beweist er sich auch in seinen andern Ge-
dichten. Meistens stösst dabei Claudian ab durch das Missver-
hältniss zwischen den aufgebotenen Mitteln und der Kleinlich-
10()0 Die Kaieerzcit. ViertCH bis füufbee Jahrhundert.
keit des Gegenstandes, sowie durch das Gesuchte und die rhe-
torische Masslosigkeit seiner Ausführungen.
1. Orelli 1182 = Mommsen I. K. N. 6794 (C. I. gr. lil, 6246): Claudio
Claudiano v. c. tribuno et. notario inter ceteras (vig)cntes artes praeglorio-
äissimo poetarum, licet ad raemoriam scmpiternam carmiaa ab eodem
t^cripta Bufficiant, adtaraen testimonii gratia ad iudicii sui fidem dd. du.
Arcadias et Honorius felicisBirai ac doctisBimi imperatored scnatu pcteute
Htatuam in foro divi Traiani erigi collocarique iusserunt. Elv ivl Biq-
ytUoio voov xal Moveav 'OfirJQOV KXavdiavov ^PdfArj %al Baailrjg f^iöctv.
Ap. Sidon. carm. IX, 271 ff.: non pelusiaco satuB Canopo, qui ferruginei
toroB mariti et Musa canit iuferos suporua. Suid. II. p. 272 Bernh.: Klav-
Aictvog 'jilsiccvSQBvs , inonoiog vstotegog' ysyovsv IkI tav XQOvmv 'J^naÖlov
Httl *Ov<oQiov Tfov ßccaiXimv. Claud. XXXIX (ep. 1), 20: conditor hie (Ale-
xander M.) patriae. 56 ff. XLIII (ep. 5), 3: nostro cognite Nilo. Augustin.
c-iv. dei V, 26 : unde et poeta Claudianus, quamvis a GhriBti nomine alieDu^,
in eins (des TheodoBiuB) tarnen laudibns dixit. Vgl. Oros. VII, 35: unus
vx ipsii) (den Gegnern des ChriBtenthuniB), poeta quidein eximius, sed
paganus pervicacissimoB, . . teBtimoniam tulit. Ueber das J. 404 weist in
den Gedichten des Ci. keine sichere Spur hinaus; jedenfalls hat er den
Sturz seines Gönners Stilicho (J. 408) nicht überlebt.
2. Die Ordnung der Gedichte des Gl. ist in den Hdschr. und Au»-
^aben sehr verschieden (Gesner p. XXXIX ff.). Seit Gesner ist die ge-
wöhnliche dass die grösseren Gedichte vorangestellt werden, dann die
ßriefe, Idylle und Epigramme.
3. Grössere Gedichte mit geschichtlichem Stoffe. Haupthandschrift Vatic-
2809 saec. XI; ^ L. Jeep (A. 11). I: in cousulatum Olybrii et Probini (J.
;i'J5), 279 Hexameter. II— V: zwei Bücher in Rufinum von 387 und 527 He-
xametern, je eingeleitet durch ein Vorwort' im elegischen Masse. VI u.
V^II: de III consulatu Honorii Aug. (J. 396), 211 Hexameter mit einem clegi-
^^chen Vorwort. VIII: de IV cons. Honorii Aug. (J. 398), 656 Hex. IX
u. X: de nuptiis Honorii et Mariae (J. 398), 341 Hex. mit elegischem
Vorwort. Berchem, de Gl. epithalamio in nupt. H. et M., Grefeld 1861. 4.
XI — XIV: fescennina aus demselben Anlass im alkäischen, ^nakreontischen,
iinapästischen und asklepiadeischen Masse. XV: de hello Gildonico, b26Ees^
meter, beschreibend die Rüstungen zu dem Kriege gegen den Mauren-
iürsten Gildo (J. 398). XVI und XVII: de cons. FI. Mallii Theodori v. c.
(J. 399), 339 Hex. mit elegischem Vorwort. XVIII — XX zwei Bücher ifl
Entropium, 513 und 602 Hex., das zweite mit Vorwort im elegischen Masse,
nach J. 399. XXI u. XXII, zum Preise des Vandalen Stilicho, zwei Bücher
von 385, 476 Hexametern; dazu XXIII f.: de consulatu Stilichonis (J. 400),
369 Hex. mit elegischem Vorwort. XXV f.: de belle getico, 647 Hex. mit elegi-
schem Vorwort, Stilicho's Kämpfe gegen die Gothen J. 400—403. XXVII f.:
in VI cons. Honorii Aug. (J. 404), 660 Hex. mit elegischem Vorwort. Vgl.
L. Jeep, Rhein. Mus. XXVÜ. S. 269—277. XXIX: laus Serenae Reginae, der
Nichte und Adoptivtochter von Theodosius I. und Gattm von Stilicho, unvoll-
endet geblieben oder erhalten (237 Hex.). XXX f.: Epithalamium dictum Pallas
dio V. c. tribuno et notario et Celerinae, 145 Hex. mit vier Distichen Vorwort-
433. Claudianuß. 1001
4. In diesen Zeitgedichten hält sich Claudian in so weit an die ge-
schichtliche Wahrheit als er Thatsachen niemals erdichtet oder sie wesent-
lich abändert; aber in der psychologischen Ansnialung und Auffassung und
der poetischen Ausschmück aug lässt er seine Phantasie walten und Liebe
oder Uass einwirken. Sein eigentlicher Held ist der wackere Stilicho;
Honorius findet Preis als der Inhaber des Thrones, aber ohne Andichtung
unwahrer Eigenschaften. Ebenso unei*sättlich wie im Lobe des Stilicho
ist Claud. in Bcthätigung des Hasses gegen den östlichen Reichsminister
Rufinus, der Verachtung gegen dessen Nachfolger, den Eunuchen Eutropius;
beidesmal im Interesse des Stilicho und in leidenschaftlichstem Tone, doch
ohne thatsächliche Verletzung der Wahrheit. Ed. Vogt, de Gl. Claudiani
carminum quae Stiliconem praedicant fide- historica, Bonn 1863, p. 1 — 13.
50 — 66. G. Zciss, ClaudianuB upd das röm. Reich von 359 bis 408, I.
Landshut 1863. 4. 11. 1865. 4. P. Schultz, de Stilichone iisque quae de eo
agunt fontibus, Claudiano imprimis et Zosimo, Königsberg 1864. J. U. Ney,
Vindiciae Claudianeae, sive de Cl. fide historica, Marburg 1865. 4. E. Vogt,
die polit. Bestrebungen Stilicho's u. s. w. I: Einleitung und Quellen, Cöln
1870. 24 S. 4.
5. Gedichte mythologischen Inhalts. Die 3 (Jeep: 4) Bücher de
raptu Proserpinae sind durch mehr als 50 Udss. überliefert (relativ
beste Laurent. XXIV, 112 saec. XII — XIII), aber abgesondert (Vat. 2807
theilt sie dem Claudiauus parvus zu), wohl in Folge der Zerreissung des
archetypus, wobei der letzte Theil als eigener codex erschien. L. Jeep, d.
Hdss. von Cl.*8 R. Pr., in Ritschis Acta soc. Lips. I. p. 345 — 390. Inhalts-
ankimdiguog I, 25 — 31. Der Stoff ist aber nicht zu Ende geführt, sondern
nur bis zum Entschlüsse der Ceres ihre entschwundene Tochter aufzusuchen.
Das Weitere ist nicht erhalten und auch sonst Lücken im üeberlieferten.
Die Proömien zu B. II u. III sind nicht an ihrer Stelle, das von II gehört
vor ein Gedicht ad Florentinum (Jeep). B. G. Walch, ubcrioris comnien-
tationis de Cl. c. de r. P. inscr. specimen, Gotting. 1770. 4. J. B. Mcrian,
Tenlevement de Pr. traduit avec un discours, Berlin 1767. Ba^en, lectiones
var. ad Cl. de r. P. e duobus codd. ital., Kiel 1796. 4. J. Svedborg, de
Claud. quod de r. Pr. inscribitur carmine epico quaestiones, Upsala 1860. 4.
Von der Gigantomachia sind 129 Hexaroetor erhalten und ein Bruchstück
(77 Verse) einer griechischen Bearbeitung des gleichen Gegenstandes mit
der üeberschrift AXav^iaj^ot»; s. Köchly, coniect. ep. I (Zürich 1851. 4.) p. 19 ff.
Schenkl, Sitzungsber. der Wiener Akad. XLIII (1863) S, 32—42.
6. Der Briefe sind es fünf (XXXIX — XLIII): 1. an Hadrianus (mag.
off. 397—399, praef. praet. 400—416), Bitte eine in der lubrica aetas ihm
angethane Beleidigung (vgl. A. 8) nicht so lange nachzutragen. 2. an
Serena (A. 3), Dank für ihre Vermittlung bei des Dichters Brautwerbung,
nach J. 398. 3. an Olybrius, u. 4. an Probinus (nach 395), Beschwerde über
das Ausbleiben von Briefen. 5. an Gennadius ex procos., Antwort auf das
Verlangen von Gedichten. Alle fünf haben elegisches Mass, sind eigent-
liche Briefe und daher in einfacher Sprache gehalten. Nur die beiden ersten
erheben sich etwas über Umfang und Ton eines Briefes.
7. Die sieben Eidyllia (XLIV— L) sind Studien von naturbeschrei-
U)fl2 Oie Kaiaerxdt Yierieai bU fönltes Jahrhandert.
bendem ood erziUendem Inhalt, in epueher oder elegiadier Fonn.
1. Phoemz, 110 Hexameter. Edd. J. G. Lüu^ et A. Ingauui, Helangfofs
1638. l^pp. 4. 2. HTsirix, 48 Hexameter, Beschreibong des Igda. 3. Tor-
pedo, Sekildenmg des ZitterrochenB in 24 Hexametern. 4. Nilna, 42 Hex.
5. Magnes (Magnet;, 57 Hex. 6. Aponns, aof die lieinen Schwefelquellen
bei Patariam, 50 Distichen. 7. Aof die Brüder Amphinomos nnd Ani^iis,
welche bei einem Aosbmche des Aetna ihre greisen Eltern retteten, 24
Distichen.
8. Unter den 44 Epigrammen (LI— XCIV^ der Gesneischen Ansg&be
ist aoch Zweifelhaftes nnd unechtes, wie 27 — 29. 41. Sicher von Claod
verfasst sind die Gelegenheitsgedichte aof die concha der Serena (5) and
zar Begleitung Ton Geschenken derselben an Honorius nnd Arcadins (20
—23). Spottgedichte 24 (ironische Abbitte eines tadelnden Urteils über die
r^ediehte des Qoästor Alethius). 25 f. (auf den Schlemmer Cnretins). 30
auf Mallio« und HadrianaF, s. A. 6). Halbidyllisch 1—4. Variationen aof das-
selbe Thema (gläsernes Geföss mit Eis> 6 — 14, wovon 13 f. griechisch. Bei
anderen ans der griecfa. Anthologie aufgenommenen (15 — 17) ist vielleicht
der von f^vagr. h. e. I, 19 unter Tbeodosius II. gesetzte CL (KlavStavog
xi/t Kvifog noiriTai) gemeint. Jedenfalls nicht von dem Claud. des Stilicho
''sondern von Claud. Mamertiis, Merobaudes u. dgl.) sind die christlichen
Gedichte 46 — 49; 45 ist nnzweifelhafles Eigenthum des Damasus.
9. In einem l*heile der Hdss. des Claud. ist eine Anzahl Gedichte an-
^'efugt welche in Technik und Stil, theilweis auch im Stoffe, mit denen
den Cl. Aehnlichkeit haben und ungefähr aus derselben Zeit zu stammen
Bcheinen. Unter ihnen ist das bedeutendste das epithalamium Laureotii
oben 22, 2) von 87 Versen, von den drei (letzten) Seiten des archetjpos
ä 29 Zeilen), mit fehlendem Anfang. Die andern Gedichte aus diesen Hd6&
(im epischen und elegischen Mass) können sich mit dem ep. l>aur. in keiner
Weise messen und sind auch späteren Ursprungs; theil weise sind davon
nur die Ueberschriflen erhalten. Abgedruckt sind sie in Kiesels Antkol. Ist.
743—758, vgl. ib. 11. p. XXVH f. L. Jeep, qnaest. critt. p. 27 ff.; Die Hds^.
des raptus S. 378 f.
10. Editio princeps (des CL) Vicent. 1482 fol. Emend. p. Th. ügoletiun,
Venet. 1496. 4. Sonstige Ausgaben besonders von Th. Pulmann (Antverp.
1571 und sonst), J. Scaliger (Lugd. B. 1603; vgl. Berna3'8, Rhein. Mus. XV.
iS. 163—165), C. Barth (Hanov. 1612, Frankf. 1660. 4.), N. Heinsius (Lugd.
Bat. 1650. 1665), J. M. Gesner (Lips. 1759), P. Burmann (Amstelod. 1760. 4.),
(;. L König (Gotting. 1808. Vol. I), in W. E. Webers Corpus poett. p. 1270
—1359. Erste kritische Ausgabe von L. Jeep, Lips. (Bibl. Teubner.) 1872.
Claud. paneg. in cons. Ol. et Prob., in Rufinum libri II cxmi var. lecti
cd. Orelli, Zürich 1843. 4.
Die Dichtungen des Cl. übersetzt von G. Frhr. v. Wedekind, Darm-
Btadt 1868.
11. J. Parrhasii comm. in Claudianum', Basil. 1539. 4. Th. Hertel, de
nonnullis Cl. carminum locis, Torgau 1848. 4. Th. G. Paul, quaestionum
01. particula, Glogau 1857. 4. und quaest. Claud., Berlin 1866. 4. L. Jeep,
quaest. criticae ad emendationem Cl. panegyricorum spectantes, Naumburg
433 f. ClaudianuB. Augustinas. 1003
1869; und: De Cl. codice (saec. IX) Veronae nuper reperto, Begrüssungsschr. d.
Thomasschule (Lips. 1B72. 4.) p. 43—54. Vgl. A. 5. B. Unger, Friedland 1869. 4.
434, Nicht blos die Kirchenlehrer und nicht blos 8eine4l4
Zeit tiberragt an geistiger Bedeutung und weitreichender Wirk-
samkeit der Africaner Aurehus Augustinus (J. 354 — 430).
Nach einer stürmischen Jugend neun Jahre hindurch Anhänger
des Manichäismus und Lehrer der Rhetorik in Africa^ Rom und
Mailand, wurde er J. 386 durch Ambrosius für eine tiefere Auf-
fassung des Christenthums gewonnen, dann in seiner Heimat zu
Hippo J. 392 Presbyter und um 395 Bischof. Augustin ver-
einigte in sich scheinbar entgegengesetzte Eigenschaften: Ueber-
schwänglichkeit der Phantasie und sehneidende Verstandesschärfe,
leidenschaftliche Rücksichtslosigkeit und gemütvolle Zartheit,
Weitherzigkeit und Zelotismus, Autoritätsglauben und Origina-
lität, Eifer für die Einheit der Kirche und individuellste Fröm-
migkeit, Romantik und Scholastik, Schwärmerei und Sophistik,
die Begabung des Dichters mit der des Philosophen, das Pathos
des Rhetors mit der Silbenstecherei des Grammatikers. So selbst
ein psychologisches Räthsel und durch das eigene heisse Blut
in Verirrungen hineingezogen, versenkte sich Augustin in die
Geheimnisse des Seelenlebens und hat das Dogma, nachdem es
durch die Orientalen in unfruchtbare Speculationen über theo-
logische und christologische Fragen hineingeführt war, wieder
der Betrachtung des Menschen zugewandt, auf dessen inneren
Zustand und die Mittel zu seiner Erlösung und Beseligung hin-
gelenkt. Vermöge der Doppelseitigkeit seines Wesens bewegen
sich die Schriften Augustins bald in Selbstbetrachtung oder ver-
tiefen sich mit religiöser Innigkeit in das Göttliche, bald ver-
breiten sie sich über das Gebiet der Lehre und bekämpfen mit
unerbittlicher Dialektik, auch wohl mit Spitzfindigkeit, Abwei-
chungen vom Glauben der Kirche. Von der ersteren Art sind
seine Selbstbekenntnisse (Confessiones); von der andern seine
Briefe, Predigten, dogmatischen und exegetischen Abhandlungen
und Streitschriften. Auch die Schreibweise des Augustin ist
ungleich: meist überladen und wortreich, nicht selten aber auch
scharf bestimmt. Zu den bestgeschriebenen gehören die auch
stoflFlich besonders reichhaltigen 22 Bücher vom Reiche Gottes
(de civitate dei).
1. Hauptquelle über Aug. seine Confessiones (A. 9) und Retracta-
tiones (A. 4). Vita Augustini von seinem Schüler un(i Freunde Possidius,
i».
'^' 4004 Die Kaiserzeit. Viertes und fiinftee Jahrhundert.
Bischof von Calama, verfaeBt uni 432, abgedruckt in den meisten Ausgaben
der Werke Augustins (z. B. von den Benedictinern T. X, Append. t. III),
eigens herausgg. studio et labore Jo. Salinas, Neapel 1731 (Augsburg 1768);
in Migne's Augustin. XI. p. 105 — 128, patrol. XXXIT. p. 33 — 66; der indi-
culus ib. XL VI. p. 1—21. Neuere Darstellungen z. B. von den Benedicti-
nern (bei Migne August. XI. p. 153 — 868 = Patrol. XXXII. p. 66—578),
von Tillemont, M^moires T. Xill (Paris 1702. 4.), B. Ceillier, bist. gdn. T.
^"V XJ. p. 1—754. Xll. p. 1 — 685. J. Böhringer, die Kirche Christi lind ihre
Zeugen I, 3 (Zürich 1844). Poujoulat, histoire de St. Augustin, Paris '1846c
3 Voll. C. Bindemann, der heil. Augustin, Greifswald (Leipzig) 1854 — 1869,
3 Bde. Flottes, ^tudes sur St. Aug., son g^nie, son &me, sa philosophie,
Montpellier 1861. 646 pp.
2. Geboren 13 Nov. 354 zu Tagaste. Sein Vater der leidenschaftliche
Fairicius, von besonderem Einfluss auf den Sohn die sanfte fromme Mutter,
Monica. Madauris cocperam litteratui*ae atque oratoriae percipiendae gratia
peregrinari (Couf. II, 3, 5). Fortsetzung seiner Studien und ziemlich wil>
des Leben (Frucht: Adeodatus) in Karthago, wo er fQr den Manichäismus
gewonnen wurde. Lehrer der Rhetorik in Tagaste, Karthago (conf. IV,
7, 12. V, 7, 13). Dann nach Rom (ib. V, 8, 14), ut docerem artem rheto-
ricam (12, 22). Posteaquam missum est a Mediolano Romam ad praef.
urbis ut illi civitati rhetoricae magister provideretur, . . egp ipse ambivi,
. . ut dictione proposita me probatum praefectus tunc Symmachus (oben
418, 2) mitteret. et veni Mediolanum ad Ambrosiuni episcopum (13, 23),
durch welchen und seine nachgekommene Mutter der Wendepunkt im Le-
ben des Aug. erfolgte. Getauft Ostern 387. f während der Belagerung
Hippo's durch die Vandalen, 28 August 430.
«
3. Ap. Sidon. ep. IX, 2: Hieronymus interpres, dialccticus Augusti-
nus. Als Philosoph BchlosH sich Aug. vorzugsweise an den Idealismus des
Piaton an, wandte ihn aber zu christlichem Theismus. £. Feuerlein, über
die Stellung Aug.*s in der Kirchen- und Culturgeschichte, SybeVs histor.
Zeitschr. XL (1869.) S. 270 — 313. Ferraz, de la psychologie de St. Aug.,
Paris 1862. 498 pp. Heinichen, de Aug. anthropolog. orig., Lips^ 1862.
4. Ueber die schriftstellerische Thätigkeit des Aug. gibt eine Ueber-
sicht die vita des Possidius (A. 1) mit dem daran angeschlossenen indiculns
seiner Werke, besonders aber Augustin selbst in den zwei Büchern Re-
tractationes (bei Possidius: de recensione librorum), die er gegen das
Ende seines Lebens (ums J. 427) verfasste und worin er seine bis dahin
veröffentlichten Schriften, mit Ausnahme der Predigten und Briefe, nach
der Zeit ihrer Entstehung aufzählt und mit Bemerkungen begleitet, durch
welche meist dogmatische Incorrecthciten berichtigt werden sollen. Das erste
Buch bespricht die vor seiner Wahl zum Bischof herausgegebenen, das zweite
diejenigen die er als Bischof vcrfasst hatte. Vgl. das Vorwort: iam diu est
ut facere cogito . . ut opuscula mea sive in libris sive in epistolis sive in
tractatibus cum quadam iudiciaria severitate recenseam et quod me offendit
velut censorio stilo denotem. (3.) scribere autem ista mihi placuit ut haec
emittam in manus hominum, a quibus ea quae iam edidi revocare emen-
danda non possum. nee illa sane praetereo quae catechumenus iam, licet
434. Augastiniis. 1005
relicta spe quam terrenam gerebam, sed adhuc saecu^rium litterarum in-
flatus coDsuetudine scripsi. . . inveniet fortasse quomodo scribendo pro-
fecerim qui8(][ui8 opuscula mea ordine quo scripta sunt legerit. quod ut
possit, hoc opere quantum potero curabo ut eundem ordinem noverit. Und
am Schlüsse des Werks (11, 67): haec opera XCIII in libris CCXXXIII me
dictasse recolui quaudo haec retractavi, utrum adhuc essem aliquos dicta-
turus ignorans; atque ipsam eorum retractationem in libris IT edidi . . an-
tequam epistolas ac sermones ad populum, alios dictatos, alios a me dictos,
retractare coepissem. Aus dem Verzeichnisse des Possidius kommen dazu
als Erzeugnisse der letzten Lebensjahre des Aug. die Schriften Speculum;
De haeresibus ad Quodvultdeum über (auch in Oehlen corpus haeresiol.
I), die gegen den arianischen Bischof Maximinus und gegen den Pelagianer
lulianuB) sowie besonders De praedestinatione sanctorum und De dono per-
severantiae.
6. August, conf. IV, 13, 20: scripsi (in Karthago um J. 380) libros
de pulchro et apto, pnto duos aut tres. tu scis, deus; nam excidit mihi,
non enim habemus eos, sed aberraverunt a nobis nescio quomodo. 14, 21:
quod me movit . . ut ad Hierium (oben 419, 7) romanae urbis oratorem
scriberem illos librop. Diese Jugendschrift fehlt in den retract., welche
beginnen mit den drei Büchern contra academicos. Ketract. I, 1: cum re-
liquissem vel quae adeptus fueram in cupiditatibus huius mundi vel ^uae
adipisci volebam et me ad christianae vitae otium contulissem, nondnm
baptizatus contra academicos vel de academicis primum scripsi (J. 386),
ut argumenta eorum, quae . . prohibent cuiquam rei assentiri et omnino
aliquid tamquam manifestum certumque sit adprobare . . ab animo meo . .
quantis possem rationibus amoverem. Anschluss an das gleichnamige Werk
des Cicero (oben 183, 7) auch in der Form eines Gesprächs mit einem Qönner
Romanianus, dessen Sohn Llcentius (s. 441, 4 ff.) und einem andern Jüngling,
Trygetius. Herausgegeben auch an^Orelli's Ausg. von Cic. Acad., Turic. 1827.
6. Retract. I, 2: librum de beata vita non post libros de acad. sed
inter illos ut scriberem contigit. ex occasione quippe ortus est diei natalis
mei. . . Manlio Theodoro (s. 436, 3), ad quem librum ipsum scripsi, quamvis
docto et christiano viro, plus tribui quam deberem. . . istum librum nostro
in codice interruptum repperi . . nee adhuc apud aliquem integrum inve-
neram ex quo emendarem quando haec retractavi. I, 3: per idem tempus,
inter illos qui de acad. scripti sunt, duos etiam libros de ordine scripsi,
in quibus magna quaestio versatur utrum omnia bona et mala divinae pro-
videntiae ordo contineat. sed . . de ordine studendi loqui malui quo a
corporalibns ad incorporalia potest profici. in his libris . . nee illud mihi
placet quod Pythagorae philosopho tantum laudis dedi. I, 4, 1 : inter haec
scripsi etiam duo vohmiina . . de his rebus quas maxime scire cupiebam,
me interrogans mihique respondens tamquam duo essemus. Ratio et ego,
cum solus essem; unde hoc opus Soliloquia nominavi, sed imperfectum
rcmansit. I, 5, 1: post libros Soliloquiorum iam de agro Mediolanum re-
versus scripsi librum De immortalitate animae. . . qui ratiocinationum
contortione atque brevitate sie obscurus est ut fatiget cum legitur . . vix-
que intellegatur a me ipso. Augustini de anima Ö3 Hexameter von dialek-
1006 Die Kaiserzeit. 'Viertes bis fünftes Jahrhandert.
tischer Haltung, mit Anrede an Gott, aber in sehr incorrecter Form, bei
Biese Anthol. lat. 489 (II. p. 38—40).
7. Betr. I, 6: per idem tempus quo Mediolani fni, baptismum per-
cepturuB (J. 387), etiam Disciplinarum libros conatus snm ecribere, in-
terrogans eos qui mecum erant atque ab hninsmodi studiis non abhorre-
bant, per corporalia cupiens ad incorporalia quibusdam quasi passibns Tel
pervenire vel ducere. sed earum solum de grammatica librum absolvere
potui, quem postea de armario nostro perdidi, et de musica sex volumina,
quantum attinet ad eam partem quae rhythmus vocatur. sed eosdem sex
libros iam baptizatus iamque ex Italia regressus in Africam scripsi (vgl.
ib. I, 11); incohaveram quippe tantummodo istam apud Mediolanum disci-
plinam. de aliis vero quinque disciplinis illic similiter incobatis, de dia-
lectica, de rhetorica, de geometrica, de arithmetica, de philosophia, sola
principiQ. remanserunt, quae tamen etiam ipsa perdidimus, sed baberi ab
aliquibus existimo. Dieses encyclopädische Werk schloss sich schon in
seinem Titel an Yarro an (s. oben 164, 6 a) und behandelte die sieben
artes liberales. Der davon erhaltene Theil, sechs Bücher de musica, hat
die Form eines Gesprächs zwischen Lehrer und Schüler: „sehr wortreiche
und sehr inhaltarme Erörterungen über Bhythmik und MetriV (Westphal,
allg. griech. Metrik S. 46), in der Annahme von Pausen zur Herstellung
der xactgleichheit zwischen ungleichen metrischen Füssen von der gewöhn-
lichen Lehre abweichend, aber in der Hauptsache doch wohl aus Varro
geschöpft. Westphal a. a. 0. und Fragmente d. griech. Bhythm. S. 19 ff,
nebst H. Weil in Fleckeisens Jahrbb. 1862, S. 335 ff. 1867, S. 182 f. Ein
alter Auszug aus dem Werke abgedruckt bei Mai, Collectio Script, vett.
111 (Bom 1828) p. 116—134, wozu die Nachlese von du Bieu, schedae Va-
ticauae (Lugd. B. 1860) p. 216—220. Von dem Theile De rhetorica ist
durch Handschriften des Fortunatianus (oben 420, 5) ein Abschnitt (bonae
frugis plena, Halm) erhalten und unter der Ueberschrifb principia rheto-
rices abgedruckt z. B. bei Migne patrol. XXXII. p. 1440 — 1448, am besten
in Halms Bhetores lat. min. (1863) p. 137 — 161. Besonders Cicero und
Hermagoras werden darin viel genannt. Katechetische Form hat er nicht.
Die Principia dialecticae (bei Migne patrol. XXXIl. p. 1409 — 1419 und be-
sonders herausgegeben von W. Crecelius, Aug. de dialectica liber, recogn.
et adn., Elberfeld .1857) bezeichnen selbst als ihren Verfasser Augustinus (c.
7: ut cum Augustino nominato nihil aliud quam ego ipse cogitor ab ipso
cui notu« sum etc.). Die früheren Verdachtsgründe gegen die Echtheit
bestanden hauptsächlich in den Abweichungen von der sonstigen Weise
des Aug. (z. B. durch Anwendung vieler griechischer Kunstausdrücke und
Nichtanwendung der dialogischen Form), welche bei Schriften die sich im
Ganzen und Einzelnen auf fremde Arbeit gründen von wenig Beweiskraft
sind. Von dem Abschnitte De grammatica ist nur ein (wohl von einem
Benedictiner verfasster) Auszug erhalten, aus einem cod. Lauresham. (jetzt
Vatic.) zuerst herausgegeben von A. Mai (Nova patrum bibl. I, 2. p. 165 ff.
Bom 1852), besser (nach einer Pariser und Brüsseler Hds.) von C. Fr. We-
ber (Aur. Aug. ars grammatica breviata, Marburg 1861. 4.). Durch die
Nichtübereinstimmung mit diesem Auszuge werden di^ schon vorher sehr
434. Augustinus. 1007
zweifelhaften Ansprüche des Tractats de grammatica bei Putsche gramm. ^
latt. p. 1976 ff. (und z. B. in Migne's patroL XXXII. p. 1386 — 1408) auf
den Namen Augustins noch weiter gef&hrdet. Weber 1. 1. p. 2 f. Die Ca-
tegoriae X ex Aristotele decerptae (Migne XXXII. p. 1419 — 1440) werden,
da Aug. weder durch Eenntniss des Griechischen noch durcti Bewunderung
des Aristoteles sich auszeichnete, eher yon Prätextatus (oben 422, 1) her-
rühren.
8. Betract. I, 7: iam baptizatus cum Bomae essem (J. 387) nee ferro
taCitus possem Manichaeorum iactantiam de falsa et fallaci continentia vel
abstinentia, . . scripsi duos libros, unum De moribus ecclesiae catholicae,
alterum De moribus Manichaeorum. I, 8: in eadem ufbe scripsi dialogum
in quo de anima multa quaeruntur ac disseruntur. . . totus liber nomen
accepit . . De animae quantitate. I, 9: cum adhuc Bomae demoraremur
voluimus disputando quaerere unde sit malum. . . tres libri quos eadem
disputatio peperit appellati sunt De libero arbitrio. quorum secundum et
tertium in Africa, iam etiam Hippone regio presbytei ordinatus, . . termi-
navi. I, 10: iam vero in Africa constitutus scripsi duos libros de Genesi
contra Manichaeos. I, 11: deinde . . sex libros de musica (A. 7) scripsi,
qüorum ipse sextus maxime innotuit. I, 14: iam vero apud Hipponem re-
gium presbyter scripsi librum De utilitate credendi. Wie dieses war gegen
die Manichäer gerichtet auch das nächste Buch De duabus animabus (ib.
I, 15), sowie das Contra Fortunatum quendam Manichaeorum presbyterum,
eigentlich eine Disputation mit ihm quae excepta est a notariis veluti gesta
(Protokoll) conficerentur, nam et diem habet et consulem. I, 20: volens
etiam causam Donatistarum ad ipsius humillimi vulgi . . notitiam pervenire
. . psalmum qui eis cantaretur per latinas litteras feci, sed usque ad V
litteram. tales antem abecedarios appellant. . . hypopsalma etiam quod
responderetur et prooemium causae . . non sunt in ordine litterarum. ideo
autem non aliquo carminis genere id fieri yolui ne me necessitas metrica
ad aliqua verba quae vulgo minus sunt usitata compelleret.
9. Retract. II, 6: confessionum mearum libri XIII . . a primo us-
que ad decimum de me scripti sunt; in tribus ceteris de scripturis sanctis.
. . multis fratribus eos multum placuisse et placere scio. Sehr werthvoU
auch für die Sittengeschichte. Die Bekenntnisse werden an Gott gerichtet
(z. B. IV, 2: malebam tarnen, domine tu scis, bonos habere discipulos etc.
et, deus, vidisti de longinquo lapsantem in lubrico). Die Person Christi
tritt sehr wenig in den Vordergrund. Oft einzeln herausgegeben, z. B.
von A. 'Neander (Berlin 1823); auf Grundlage der Oxforder £dition (näm-
lich Bibl. patrum eccl. cath. ed. Pusey, VoL I, Oxford 1838) herausgg. u.
erläutert von K. v. Kaumer, Stuttg. 1856. üebersetzungen z. B. von G.
Rapp (Stuttg. 1838) u. F. Merschmann (Frankf. 1866).
10. Retract. II, 43, 1: interea Roma Gothorum irniptione (J. 410) . .
e versa est; cuius eversionem deorum falsorum multorumque cultorea . . in
christianam religionem referre conantes solito acerbius . . deum verum
blasphemare coeperunt. unde ego . . libros de civitate dei scribere in-
stitui. quod opus per aliquot annos me tenuit, eo quod alia multa inter-
'.: V-
fkf.V. ■
f*r
iwß I^ie Kaiserzeit. Viertes bi« fünfte» Jahrhnndert.
. ir
currebant. . . hoc autem de civ. d. grande opas tandeni XXII libris est
^:',; ierminatum (ums J. 426). quorum V primi eos refellunt qai res humanas
l^r . ita prosperari volunt ut ad hoc multoruin deorum cultnm . . necessariam
6886 arbitrentar et quia prohibetur mala lata exoriri . . contendant. se-
^^'' qoentes autem V ad versus eos loquuntur qui fatentur haec mala nee de-
'^^ ^ fuisse umquam nee defutura mortalibus, . . sed deorum cultum . . propter
^:'.*. . vitam post mortem fiituram esse utilem disputant. (Vgl. Epist. 169, 1.)
'i-^ ':■■ bis ergo X libris duae istae vanae opiniones christianae religioni odversa-
riae refelluntur. (2.) sed ue quisquam nos aliena tantum redargnisse, non
autem nostra asseruisse reprehenderet: id agit pars altera operis haius,
^! . ;>. quae libris XII conijnetur. . . primi quattuor (XII — XV) continent exort^im
r>; duarum ciWtatum, quarum est una dei, altera huius mundi. secundi quat-
l^'CJ tnor (XVI — XIX) excursum earum sive j^rocursum. tertii vero, qui et po-
^\ stremi (XX — XXII), debitos fines. ita omnes XXII libri, cum sint de utraquc
V ' civitate conscripti, titulum tamen a meliore acceperunt. Gewidmet ist das
|. . Werk dem Marcellinus, ohne Zweifel demjenigen welcher J. 410 zur Bei-
^ :. l6gung der donatistischen Wirren nach Africa gesandt war und an welchen
^.; auch andere Schriften des Aug. sowie Epist. 128 f. 133. 138 f. 143 gerichtet
-r,, sind. Uauptquellen sind Cicero (bes. de rep.) und Varro (Antiquitates und
'*:. de gente rom., auch wohl einzelne logistorici), für das Orientalische des
1" ' Hieronymus Bearbeitung der Chronik des Eusebios; ausserdem ist Piaton,
l- Sallust, Plinius d. Aelt. und Solinus benützt, von Dichtem besonders Vergil
;^ sehr oft angeführt, nächstdem Terenz, Horaz, Persius, Lucanns, Terentianus,
'; Claudianus u. a. Eettner, varronischc Studien S. 40—46. Sonderausgaben
„^ bes. von J. L. Vivis (comment. illustr., Basil. 1522. 1666. 1570) und B.
Dombart (Lips. Teubner 1863, 2 Voll.). Redner, die civitas dei des h.
Aug., Conitz 1856. 4.
11. Unter den übrigen Schriften Augustinus sind von besonderer Wich-
tigkeit die dogmatischen de doctrina christiana libri IV (verfasst 397—426),
de trinitate libri XV (J. 400 — 416), de peccatorum meritis et remisslone
libri III (ums J. 412), de gratia et libero arbitrio; 'de correptione etgratia;
de praedestinatione sonctorum und de dono perseverantiae. Aus dem Ge-
biete der praktischen Theologie sind zu nennen die Schriften de mendacio,
de continentia, de patientia^ de agone christiano, de bono coniugali, de
nuptiis et concupiscentia, de adulterinis coniugiis, de opere monachorum,
de unico baptismo, de cura pro mortuis gerenda u. A. Die Streitschriften
»ind gerichtet gegen die Secten und Häresen der Manichäer, Donatisten,
Pelagianer, Priscillianisten , Arianer und Origenisten. Die Predigten
(sermones) füllen einen sehr starken Band, der aber auch Zweifelhaftes
und Unechtes enthält. Bei aller Einfachheit sind sie doch nicht selteu
rhetorisch wirkungsvoll, auch wohl rührsam. Ueber deren Publicum s.
J. V^rin, St. Augustini auditores, s. de Afrorum christianorum circa Aug.
ingenio ac moribus, Paris 1870. Th^se. Ein Theil schliesst sich an die
Erklärung biblischer Schriften (als Homilien) an, wie über die Psalmen, da«
Evangelium Johannis und die Bergpredigt. Die Exegese tritt in der schnft-
siellerischen Thätigkeit des Aug. ziemlich zurück, da seine- Eenntniss des
Griechischen nicht vollkommen, das Hebräische aber ihm ganz fremd war.
434 f. Augustinus. Sulpicius Severug. 10()9
Doch schrieb er besonders über lob, die Evangelien (de consensu evange-
listarum libri IV; quaestionum evangelicarum libri II), den Römer- und
Galater-Brief. H. N. Glausen, Aug. . . sacrae scripturae interpres, Berlin
1827. Die Bibelstellen sind allenthalben nach der Itala angeführt. Die
Sammlung der Briefe umfasst (einschliesslich der an Aug. gerichteten)
270 Stücke. Kurz sind nur wenige derselben; einzelne (wie Nr. 147, de
videndo deo) sind so ausführlich dass sie auch unter den Abhandlungen
aufgeführt werden. Sie besprechen fast alle kirchlichen Fragen der Zeit;
manche sind beichtväterlichen Inhalts. Andrerseits bat brieflichen Charakter
das Werk De diversis quaestionibus LXXXIII (itetract. I, 26). Die
Benedictiner haben die Briefe in 4 Classen eingetheilt: 1. aus J. 886 — 395
(von der Zeit der Bekehrung bis zur Bischofswahl); 2. J. 395—410; 3. J.
411 (Disputation mit den Donatisten) bis J. 430 (Tod); 4. die chrono-
logisch nicht bestimmbaren.
12. Ausgaben der sämmtlichen Werke Augustinus z. B. Basileae 150G
apud Jo. Amerbachium; Ex emendatione D. Erasmi, Basil. 1528 fol. 10 Voll,
(und öftei-B wiederholt); Per theologos Lovanienses (Antv. 1577 fol. 11 Voll.),
mit supplementum von H. Vignerius (Paris. 1654. fol. 2 Voll.); besonders
aber die der Benedictiner e congregatione S. Mauri, Paris 1679 ff. 11 Voll,
fol. Im Wesentlichen nur Wiederholungen letzterer sind die von Jo. Phe-
roponus (Clericus), Antv. 1700 — 1703 (12 Voll, fol.), und die zweierlei von
J. P. Migne, Augustini opera omnia in 11 Voll. (Paris 1835 — 1836 — 18B9)
und Patrolog. XXXII— XL VII.
m
435. Zu Anfang des fünften Jahrh. verfasste der Presbyter4i5
Snlpicius Severus (um 365 — 425) in Aquitanien einen Ab-
riss der Geschichte von Erschaffung^ der Welt bis auf seine Zeit
aus den besten Quellen, mik geschichtlichem Sinn und in
schlichter, aber gebildeter und den classischen Historikern nach-
strebender Darstellung. Dagegen seine Biographie des Martinus
von Tours ist ein frommer Roman, ein Denkmal seiner schwärme-
rischen Verehrung für den Helden, voll abenteuerlicher Wunder.
Ihm gelten auch die zwei Dialoge mit ciceronischer Einkleidung.
1. Gennad. vir. ill. 19: Severus presbyter cognomento Sulpicius, Aqui-
tanicae provinciae, vir genere et litteris nobilis et paupertatis atque humi-
litatis amore conspicuus (vgl. vita Hart. 24, 4 ff.), carus etiam sanctomm
virorum Martini Turonensis episcopi et Paulini Nolensis, scripsit non cou-
temnenda opuscula. nam epistolas ad amorem dei et contemptnm mnndi
hortatorias scripsit sorori suae multas, quae notae sunt, scripsit ad Pau-
linum praedictum duas et ad alios alias, sed quia in aliquibus etiam fa-
miliaris necessitas inserta est non digernntur. composuit et chronica,
scripsit et ad multorum profectum vitam b. MaHini monachi et episcopi,
»ignis et prodigiis ac virtutibus illnstris viri, et Collationem Postnmiani
et Qalli se median te et iudice de conversatione monachoram orientalium
et ipsius Martini habitam in dialogi speciem duabus incisionibus comprc-
Tkitffxl, Rnm. Litcratnrgeschichto. 2. Aufl. 64
.* ■
¥i
1 1^
F.
1010
Die Kaiserzeit. Viertes bia fünftes Jahrhundert.
hendit. . . hie in scnectute sua a Pelagianis deoeptas . . silentium usqne
ad mortem tenuit. In den echten Schriften Angustins wird Sulp, nie ge-
nannt, wbhl aber von Hieronymus (V. p. 422 Vall.) : Severus noster. Panlin.
Nol. epist. 6 (Sevcro fratri), 5: tu . . es aetate florentior, laudibue
abundantior, in . . fori celebritate diversans et facundi nomiois palmam
tenens. repentino impetn discussisti servile peccati ingum. neque te di-
vitiae de matrimonio familiae consularis aggestae neque post coniugium
peccandi licentia et caelebs iuventas ab angusto salutis introitu . . revocare
potnemnt. (6.) tu ergo verus factor legis . . merito socrum (Bassnlam) . .
in matrem sortitus aeternam . . relicto patre . . Christum secutus es. . . pi-
scatorum praedicationes tullianis omnibus tuis litteris praetulisti. oonfa-
gisti ad pietatis silentium (Zurückziehung in ein Kloster). Vgl. ib. epist.
1 (wonach Sev. Elusone lebte). 11. 17. 22. 23. 24. 27. 28. 29. 30. 31 (ad
basilicam quam modo apud Primuliacum . . condideris). 32. oben 431, 1
u. 2. R. Ceillier, bist. gen. X. p. 636—660.
2. Sulp. Sev. chron. 1: res a mundi exordio sacris litteris editas
breviter constringere et cum distinctione temporum usque ad nostram me-
moriam carptim dicere aggressus sum. . . non peperci labori meo quin ea
quae permultis voluminibus perscripta continebantur duobus libellis conclu-
derem, ita brevitati studens ut paene nihil (? vgl. Bernays S. 45) gestis
subduxerim. . . non pigebit fateri me, sicubi ratio exegit, ad distinguenda
tempora continuandamque seriem usum esse historicis mundialibus atque
ex bis quae ad supplementum cognitionis deerant usurpasse. Das A. T.
benützt er, da er des Hebräischen nicht mächtig ist, nur in der Ueber-
setzung der LXX. Daraus entnimmt er die geschichtlichen Bestandtheile,
öfters mit polemischen Beziehungen auf Vorgänge der eigenen Zeit Als
ehemaliger Jurist und Advocat zeigt er Interesse auch für die mosaische
Civil- und Criminal-Gesetzgebung (Bernays S. 31 ff.). Vgl. oben 432, 3.
Ueber die 2eit des* Buchs Judith II, 9l, 1 — 6. Der geschichtliche Inhalt
des N. T. wird absichtlich bei Seite gelassen (II, 27, 3), weil bei ihm eine
so freie Verwendung wie beim A. T. bedenklich war. Die nichtbiblischen
Gewährsmänner werden nie mit Namen genannt, auch nicht die Chronik
des Eusebius; vgl. II, 5, 7. Joseph us ist nicht benützt, woM aber Tacitus;
namentlich für die Geschichte der Zerstörung Jerusalems verlorengegangene
Theile der Historien (Bernays S. 53—61). Selten sind sachliche Flüchtig-
keiten (Bernays Anm. 81). Das Werk ist gestellt auf das Consulat des
Stiücho (J. 400) und vollendet J. 403. Die Darstellung ist den classischen
Mustern mit Geschick nachgebildet, besonders dem Sallust (Bernays Anm. 9.
15. 24. 33. 37. 45. 50. 59) und Tacitus (ebd. A. 6. 70), auch VeUejus
(A. 49) und Curtius (A. 35), ohne doch musivisch buntscheckig zu werden
und nicht ohne Spuren der Zeit (A. 58). Ein wissenschaftliches 'Geschichts-
werk hat Sulp, weder geliefert noch beabsichtigt, wohl aber ein gutes und
angenehmes Lesebuch. J. Bernays, über die Chronik des Sulpicius Severus,
Berlin 1861. 72 S. 4.
3. Erhalten ist die Chronik durch eine einzige Handschrift saec. XI,
welche zuerst M. Flacius (s. A. 4) benützte (libellum hunc . . ex quadam
celeberrimae Saxonum civitatis Hildesiae bibliotheca erutum) und welche
435 f. SulpiciuB Severus. Hilario. 1011
aus der Pfölzer Bibliothek J. 1623 in die Vaticana kam (Vat. 824). C.
Halm in den Sitzungsber, der münchner Akad. 1865. II, 2. S. 87—64.
Nach deren üeberschrift (incipit prologua Sulpitii Severi in chronica, quae
ipse fecit ab exordio mundi nsq. ad tempus sumn) wird Chronica wohl
der ursprüngliche Titel sein. Da Sulp, mehrere Male (I, 36, 6. 42, 1. 46,
5. II, 5, 7. 6, 1) die Chronik des Eusebios schlechthin als chronica anführt,
so hielt Bemays (S. 71 f.) A mundi exordio libri II für die authentische
üeberschrift.
4. Editio princeps der Chronik von M. F. (Mathias Flacius): Sulpitii
Severi sacrae historiae. . . libri II nunc primum in lucem editi, Basil. 1556.
Spätere Ausgaben von Victor Giselinus (Antv. 1574), C. Sigonius (Bonon.
1581, mit Comm.), Jo. DrujBius (Arnhem. 1607).
5. Die vita Martini gibt ein anschauliches Bild von * der religiösen
Erregtheit der Zeit, die bis zum Visionären gieng. Der Heilige besteht
Kämpfe mit dem diabolus, hört und sieht Christus und Engel, thut allerlei
Wunder, verkündet das nahe Weltende (dial. II, 14) u. dgl. Dasselbe
Thema wird dann in den beiden dialogi (früher in drei abgetheilt) des
Weiteren dialogisch ausgesponnen. Drei Briefe, ad Eusebium, Aurelium
diacoiium, Bassulam (s. A. 1), dienen als Einleitung zu diesen Dialogen.
Vgl. Ep. I, 1: mentio incidit libelii mei quem de vita beati vir! Martini
episcopi edidi studioseqne eum a multis legi libentissime audiebam. Paulin.
Epist. 11, 11. Vgl. unten 483,6. J. H. Reinkens, Martin von Tours, Bresl. 1866.
Die Sprache ist auch in diesen Schriften verhältnissmässig^rein und gewählt.
Sie sind in zahlreichen Handschriften erhalten, unter welchen die älteste
und wichtigste ist die der Capitelsbibliothek in Verona saec. VII, welche
selbst aus einer Hdschr. vom J. 519 abgeschrieben ist. Aus der in Frank-
reich und Deutschland verbreiteten Classe ist eine der ältesten die Quedlin-
burger saec. IX; s. Halm p. VIII f.
6. Von jenen drei echten Briefen sind zu unterscheiden die sieben
welche mit sehr zweifelhafter Berechtigung den Namen des Sulp, tragen
(Appendix bei Halm), von welchen der zweite auch unter denen des Hie-
ronymus steht. Sie weichen vom Tone des Sulp, wesentlich ab. Die beiden
ersten (ad Claudiam sororem de ultimo iudicio und de virginitate) sind
umständlich und erbaulich. Der dritte, in Mönchshumor, steht auch bei
Paul. Nol. Epist. 22.
7. Ausgaben sämmtlicher Werke des Sulp. Sev. von J. Vorst (cum
notis, Berlin 1668 u. sonst), H, de Prato (Veron. 1741 — 1754, 2 Voll. 4.),
in Migne's Patrol. XX. p. 95—248, und besonders von C. Halm (rec. cum
comment. ciit. instr., Wien 1866).
Beiträge zur Textkritik bei de Rooy, spicileg. critic, Dordrecht 1771.
436. Des Sulpicius Severus Zeitgenosse und Landsmann4i6
Q. lulius Hilario verfasste J. 397 ein Schriftchen über die
Dauer der Welt; der Donatist Tichonius aus Afriea unter An-
derem drei Bücher über den inneren Krieg. Um dieselbe Zeit
64*
1012 I^ie Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
schrieb Flavius Mallius Theodorus (Cos. 399) nicht ohne Selb-
ständigkeit sein auf uns gekommenes Werkchen de metris.
1. Das Schriftchen des Hilario de daratione mundi, nach Inhalt und
Sprache barbarisch, aber von kühner Selbständigkeit der Forschung, in
der Bibl. patrnm ed. de la Bigne VII. p. 277 — 284. A. v. Gutschmid in
Fleckeisens Jahrbb. 87, S. 714.
2. Qennad. vir. ill. 18: Tichonius, natione Afer, in divinis litteris
eruditus iuxta historiam sufficienter et in saecularibus non ignarus fuit, in
ecclesiasticis quoque negotiis studiosus. scripsit De hello intestino libros III
et Ezpositiones diversarum causarum, in quibus ob suorum defensionem
antiquarum meminit synodorum. e quibus omnibus agnoscitur Donatianac
partis fuisse. .composuit et Regulas ad investigandam . . intellcgeutiani
Bcripturarum VII, quas in uno volumino conclusit (vgl. J. B. Pitra, Spicileg.
Solesm. p. 294 f.). exposuit et Apocalypsin loanuis etc. floruit hie vir aetate
qua iam memoratus (oben 429, 1 ff.) Rufinus, Theodosio et ülio eius re-
gnantibus.
3. Flavius Mallius Theodorus, Cos. 399 (C. I. gr. 6232 u. sonst), unter
allen Compilatoren dieser Zeit derjenige welcher am meisten Freiheit und
Selbständigkeit in der Form der Darstellung zeigt (Westphal, allg. griech.
Metr. S. 46 f. = P S. 130). Das Vorwort ist an seinen Sohn Theodorus
gerichtet. Von Vorgängern nennt er den luba und Terentianus. Erste
Ausgabe der Schrift de metris von J. Fr. Heusinger (nebst De pedibus
expositio von einem unbekannten lulius Severus), Wolfenbüttel 1755 (cura
Ruhnkenii, Lugd. B. 1766); in Gaisfords scriptores lat. reimetr. (1837) p. 525
—669. Vgl. p. 560 — 567. lulius Sev. ib. p. 667—673. A. Rüben, diss. de vita
Fl. Mallii Theodori, Utrecht 1694. Lips. 1754. Vgl. auch oben 433, 3 u. 8. 434, 6.
417 ^ä''* Von den zahlreichen Freunden und Gegnern des
Augustinus waren ausser den schon Genannten literarisch thatig
der bekannte Urheber des Pelagianismus^ der hochachtbare Britte
Pelagius, von dessen Schriften wir besonders ein wohlgesehrie-
benes Glaubensbekenntniss an Innoeenz besitzen; dessen Lands-
mann und jüngerer Freund Caelestius; der Uebersetzer Anianus^
und der durch Augustinus Gegenschriften bekannte Bischof lu-
lianus. Von anderen christliehen Schriftstellern der Zeit sind
erwähnenswerth Antiochius^ Severianus, BachiariuS; Sabbatius^
Helvidius^ VigilantiuS; SimplicianuS; Innocentius.
1. Erhaltene Schriften des Pelagius: Expositionum in epistolas
Pauli libri XIV; Epistola ad Demetriadem ; Libellus iidei ad Innocentium ;
wahrscheinlich auch die Epist. ad Celantiam matronam de ratione pie
vivendi. Nur aus den Gegenschrifton Augustins kennen wir sein Werk De
natura und De libero arbitrio libri IV. Ausserdem schrieb er De trinitate
libri III und Anderes.
436 f. Hilario. Thcodorus, Pelagius u. A. 1013
2. Gennad. vir. ill. 44: Caelestius . . adhuc adolescens »cripsit ad
parentes buob de monaBterio epistolas in mojdum libellorum tres. Seine
Schriften sind uns nur soweit bekannt als Augustinus sie erwähnt oder
auszieht. So Contra traducem peccati, Definitiones (s. Aug. de perf. iust.
hom.), und das an Zosimus gerichtete Glaubensbekenntniss (libe]lus fidei;
B. Aug. de peccato orig.).
3. Anianus, Diakonus in Celeda, verfasste Uebersetzungen von Hömilien
des Chrysostomus, abgedruckt in dessen Ausgaben.
4. Julian u s, J. 416 Bischof von Aeclanum, aber schon 418 als Pela-
gianer abgesetzt. Gennad. vir. ill. 45: vir acris ingenii, in dlvinis scri-
pturis doctus, graeca et latina lingua scholasticus. . . scripsit Adversus Au-
gustinum libros lY et iterum libros VII. est etiam liber altercationis am-
borum partes suas defendentium. Zur Zeit einer Hungersnoth habe er sich
durch Wohlthätigkeit ausgezeichnet, moritur Valentiniano et Constantino
filio eins imperante. Vgl. oben 434, 11.
5. Ueber die Donatisten Tichonins und Cresconius s. oben 436, 2.
429, 6.
6. Bei Gennadius vir. ill. 20 ff. werden als christliche Schriftsteller
der Zeit aufgeführt: 20. Antiochius episcopus (moritur Arcadü imp. tempore);
21. SeverianuB Gabalensis ecclesiae episcopus (in homiliis declamator ad-
mirabilis . . imperatore Arcadio; . . moritur minore Theodosio imperante;
Üeberreate bei Pitra, spicileg. Solesm. p. 275 f.); 22. Niceas; 23. Olympius,
natione Hispanus, episcopus; 24. Bachiarius (vir christianae philosophiae) ;
25. Sabbatius, gallicanae ecclesiae episcopus; 26. Ursinus monachus; 27.
Macarius, alius monachus (scripsit in urbe Roma adversus mathematicos
librum); 29. Heliodorus (Antiochenae ecclesiae presbyter); 30. loannes
(Jerosolymorum episcopus); 31. Paulus episcopus; 32. Helvidius, Auxentii
(des Arianers) discipulus, Symmachi imitator (gegen ihn schrieb Hierony-
mus); 33. Theophilus (Alexandrinae civitatis episcopus); 36. Vigilantius
presbyter, natione Gallus, Hispaniae Barcilonensis parochiae ecclesiam
tenuit (huic et b. Hieronymus presbyter respondit; vgl. oben 426, 2 g. E.);
36. Simplicianus episcopus Mediolanensis (multis epistolis hortatus est
Augustinum adhuc presbyterum ut etc.); 37. Vigilius episcopus (scripsit . .
epistolam continentem gesta sui temporis apud barbaros martyrum); 41.
Petronius, Bononiensis eccl. episc. (f Theodosio Arcadü filio et Valentiniano
regnantibus); 43. Innocentius urbis Romae episcopus (J. 401 -—417), Ver-
fasser einer Anzahl erhaltener Briefe (Coustant, epist. pontifF. rom. I. p.
739 ff. Gallandi bibl. patr. VIII. p. 645 ff.) ; 47. Avitus presbyter, homo
Hispanus genere (vgl. unten 448, 1).
7. In griechischer Sprache schrieb um (liese Zeit der Platoniker
Synesios aus Kyrene, geb. 379, etwa seit 410 Bischof von Ptolemais, Ver-
fasser von Reden, Abhandlungen, Briefen, Hymnen u. A. Vgl. R. Volk-
mann, Synesios von Kyrene, Berlin 1869.
438. Am Ende des vierten und Anfang des fünften Jahrh.4i8
wirkte und schrieb auch Macrobius Theodosius, von welchem
1018 Dk^ Kaueneit Vierte» bu fünfte« Jahrfa ändert.
«aec. IX, die aber jetzt nur noch Sat I o. U, sowie den groc^eren Tbeil
von lU «Dtbält Ein anderer Bamberg, (saec. XPp ist neben Paris. laass-
gebend for den Commentar nun domn. Scip. Anfzählimg der Hdschrr
tei L. ▼. Jan L c. 5 (p. LXÜ— LXXX\11).
' 8. Von der Schrift De differentiis et societatibos graeei latiniqae
verbi sind nur mitteUlterliche Excerpte in einer Pariser nnd einer Wiener
fEndlicher, Anal, gramm. p. 187 ff.) Handschrift vorhanden, znsammen-
geutellt in L. t. Jan*8 Ansg. I. p. 229 — 276, mletzt in Keil's gnunm. lat V.
p. 599 — 654. 8ie sind so ziemlich die einzigen Vertreter der anf Ver-
gleichnng des Griechischen and Lateinischen gerichteten Stadien. Viel-
fach diente das Rhematikon des Apollonio« Djskolos als Qnelle. 6. ühlig,
Rhein. Mos. XIX. p. 39 ff. 6. F. C. SchGmann, commentatio Maerobiana,
Greifswald and Leipzig 1871. 48 pp. Widmang mittelst einer Zoschrifl
(Theodosias Symmacho suo) an einen Svmmachas (Sohn oder Enkel des
Redners, s. oben 418, 2). Verwandten Inhalts ist das Bruchstück eines
unbekannten Verfassers De verbo, abgedrnckt bei t. Jan p. 278 — ^306. Ge-
richtet ist es an Severus, disertissimus studiosorum.
9. Aufzählung der Ausgaben in L. y. Jan's prolegg. c. VI (p.
LXXXVIII— XCVIII). Ed. princeps Venet. 1472 fol. Aldina Venet 1528.
Henragiana Basil. 1535. Die des J. J. Pontanns (Lugd. B. 1597 u. sonst)
zeichnet sich durch ihre willkürlichen Aenderungen aus (L. t. Jan p.
XXXII— XXXVII). Cum notis J. Meursii, J. Gronovü, Lugd. B. 1670. Emen-
davit, app. crit., adnotationes . . adiecit L. lanus, Quedlinburg u. Leipzig
1848 — 1852. 2 Voll. Recognovit Fr. Eyssenhardt, Lips. Teubner 1868.
119 439. Ungefähr aus derselben Zeit sind auch einige küm-
merliche Arbeiten für den Bedarf der Schule. So des angeb-
lichen Vibius Sequester alphabetisches Verzeichniss der bei
den gelesensten Dichtem vorkommenden Ortsnamen , und des
lulius Exuperantius dürftige Erzählung des ersten Bürger-
krieges nach Sallust. Sonstige Grammatiker und Rhetoren aus
dieser Zeit sind ClaudiuS; Donatianus^ Grillius^ Julius Honorius^
Papirianus u. A.
1. Titel: Vibii Sequestris de fluminibus, fontibus, lacubus, ne-
moribus, paludibus, montibus, gentibus per litteras. Der Name Vib. Seq.
ist vielleicht eine scherzhafte Fiction aus Cic. pro Cluent. 8, 25: Sex. Vi-
bium, quo sequestre . . dicebatur esse usus. So Hessel (J. 1711), M. Hertz,
F. Lüdecke; dagegen Bursian p. III not. Von den vorkommenden Namen
weist keiner über saec. IV hinaus; uud das völlige Fehlen aller Spuren
von Christlichkeit, wie die Unbefangenheit womit von polytheistischem
Cult als einem bestehenden gesprochen wird (z. B. p. 2, 15 Bu.: Ahnon
Ilomac, ubi mater deum VI kal. apr. lavatur; p. 12, 13: Aogitiae (nemus)
Lucaniae) würde sogar auf eine weit frühere Abfassung führen, wenn die
geistige Beschränktheit des Verf. nicht geböte diess auf seine Quellen
einzugrenzen. Vorwort: Vibius Sequester Virgiliano filio salutem. Quanto
438 f. Macrobius. Vibiuä Sequester. ExupeLiantius. 1017
ingeuio ac Btudio, fili carissime, apud plerosque poetas fluminuin moutio
habitast, tanto labore sum secnius eorum et regiones et vocabula et qua-
litates in litteram digerens, . . cum tuae profeBsioni sit necessarium. Die
berücksichtigten Dichter sind Vergil, Ovids M6t. und Fasti (vielleicht auch
ex Ponto), Lucan's Phars., Sil. Italiens, sowie vielleicht Statins' Thebais.
Ueberdiess sind Commentare zu diesen benützt, auch nicht erhaltene (Bur-
sian p. V— VIII). Wo der Verf. über das Registerartige hinausgeht wird
er verschroben. Zahlreiche sachliche Fehler zeugen von seiner Unkenntniss,
der Stil von seiner Barbarei. Doch ist der Text in verderbter Gestalt
überliefert.
2. Die älteste Handschrifb des Vib. Seq. ist Vaticanns 4929 aaec. X
(s. oben 291, 3). Die andern sind aus diesem abgeleitet und noch schlechter.
3. Editio princeps des Vib. Seq. von J. Mazochi, Rom. (J. unbekannt);
Aldina (mit Mela u, s. w.), Ven. 1514. 1518 (=^ lunt. 1519); dann mit Com-
mentar von Fr. Hessel (Rotterdam 1711), J. J. Oberlin (Strassburg 1778),
L. Bandet (mit französ. Uebersetzung, Paris 1843); zuletzt Vibi Sequestris
de fluminibus etc. libellus a Conr. Bursian recognitus (Zürich 1867. 4.).
20 pp. mit XIII pp. Einleitung. Vgl. Fr. Lüdecke, Götti. gel. Anz. 1868,
S. 661—569.
4. lulii Exuperantii opusculum ist erhalten durch eine Sallust-
handschrift saec. XI, Paris. 6085, welche eine Zeit lang P. Pithöus besass;
darnach veröffentlicht zuerst von F. Sylburg (1588), darauf in vielen Aus-
gaben des Sallust, zuletzt eigens von Bursian, Zürich 1868. 4, Ueber eine
Basler Handschrift und Goldast's Abschrift davon s. F. Lüdecke, Götti. gel.
Anz. 1869, S. 77—80. Auch vgl. Mähly in Fleckeisens Jahrbb. 105, S. 143 f.
5. Dass das opusculum des lul. Exup. aus dem vierten bis fünften
Jahrh. stammt wird wahrscheinlich theils durch die Thatsache der aus-
schliesslichen Benützung des Sallust, der um diese. Zeit wieder in der Mode
war, theils durch die Art der Benützung. Nicht nur der Inhalt ist aus
Sallust (bes. lugurtha und Historieie) geschöpft, sondern auch zahlreiche
einzelne Wendungen. Dabei zeigt aber der Verf. nur eine verschwommene
Vorstellung von der Verfassung der Republik, begeht erhebliche geschicht-
liche Verstösse (wie Verwechslung des jungem Marius mit dem aJtern),
und ist in seiner Auffassung und Darstellung ebenso trivial wie unbehülf-
lich. Dazu Mangel an ' Sprachgefühl in Wortstellung und einzelnen Aus-
drücken, wie praelium statt bellum, leges ac iura praescribere, compor-
tatur exercitus (wird zusammengebracht) u. dgl. Vgl. G. Linker, Berichte
der Wiener Akad. philol.-hist. Cl. XIII (1854) S. 286 ff. Bursian p. VI— VIII.
Auch vgl. A. 10 und oben 423, 5.
6. Männer des Namens Exuperantius gibt es im vierten und fünften
Jahrh. mehrere (Wernsdorf poetae latt. min. V, 1. p. 649 — 552. Bursian
p. IV f.), ohne dass aber der Verf. sich mit einem derselben mit Sicher-
heit identificieren Hesse. So war ein E. Bischof von Ravenna J. 386—418;
an einen Anderen, welcher militiae operam dat, ist Hieronymus Ep. 145
(p. 1079 Vall.) gerichtet, vielleicht derselbe welcher Cod.-Theod. XIV, 1, 14
(vom J. 404) decurialis, Vat.fr. 86 vir clariss. heisst. Dass im Cod. Th.
1018 Dio Kaiserzeit. Vierie» bis fünftes Jahrhundert.
neben (nach) ihm ein lulius genannt ist beweist nur was bei Beiden der
Hauptname war, nicht die Unmöglichkeit dass der Fragliche der Verf. des
opusculum wäre. Weniger glaublich ist dass Letzterer der praeses Aremo-
ricae bei Rutil. Namat. I, 213 ff. ist (Wernsdorf 1. 1. p. 551 f.), da dessen
Sohn Palladius Rutilius (nicht luHus oder Exuperantius) hiess (s. oben 405, 1).
7. Ueber den Grammatiker Claudius, welcher unter Andern auch den
Sacerdos benützt hatte, s. J. Stenp, Rhein. Mus. XXYl. S. 320 --323, vgl.
H. Hagen, Anecd. Helvet. p. LXXXVI f.
8. Nach dem Aufsatze de metris Horatii (vgl. oben 299, 2) stehen in
einem codex Bobiensis grammatische Excerpte, Ars grammatiea accept^
ex auditorio Donatiani, geschöpft auB Charisius (Keil VI. p. 254). Abge-
druckt bei Keil, gramm. latt. VI. p. 275—277.
9. Excerpta ex Grillii commento in Cic. libr. de invcntionc in Halmes
Rhett, latt. min. p. 596—606. Grillius citiert (p. 598, 20) den Rhetor
Eusebius (oben 419, 6) und wird selbst angeführt von Priscian. I, 47 (Grillius
ad Vergilium de accentibus). Auch seine Schreibweise stimmt zum 4—5. Jahrb.
10. Unter der Ueberschrift lulii Honorii oratoris excerpta quae ad
cosmographiam pertinent haben wir eine Aufzählung von geographischen
Namen, gedruckt in A. Gronov's Ausgabe des Mola, Leiden 1696 u. 1722
(p. 691—702). Der Verf. ist wohl der von Cassiodor (oben S. 822, Z. 1 ff.)
genannte lulins orator. Müllenhoff, über d. Weltkarte des Aug. (Kiel
1856) S. 6 ff. hält ihn für einen Spanier. Vielleicht eine Verdünnung davon
ist die willkürlich mit dem Namen Aethicus Ister (unten 488, 1—3) belegte
Kosmographie, gedruckt zuletzt in A. Gronov's Mela (1722) p. 705 — 722.
Eine weitere (Alia totius orbis descriptio^ bei Gronov p. 723—733) gibt eine
Beschreibung von Asien, Europa und Africa (cum limitibus suis et popnlis)
sowie der Inseln des mittelländischen Meeres, grossentheils in Uebereinstim-
mnng mit Oros. I, 2. Vgl. Ritschi und Petersen (oben S. 430, Z. 8 ff. v. u.).
Pertz, de cosmogr. p. 12 ff.
11. Priscian. I, 36 (p. 27, 11 H.): quod t«statur Papirianus de
orthographia. XII, 26 (p. 593, 14): teste Papiriano, qui de orthographia
hoc ostendit. Vgl. ib. I, 39 (anctore Plinio et Papiriano et Probe).
X, 11 (Nisus et Papirianus et Probus). Auszug aus diesem Werke bei
Cassiod. de orthogr. 4 = Putsche p. 2292 ff. Pap. erwähnt selbst den
Donat (p. 2292, 3i P.) und wurde von Cassiodor benützt (div. inst. 30). Er
wird also frühestens J. 400 geschrieben haben. Tortellius (saec. XV) citiert
von ihm B. II, HI, IV. Er ist wahrscheinlich identisch mit dem Q. Papirius
ans welchem Lipsius (de recta pronunt. lat. ling. c. 14) ein Fragment an-
führt, entnommen^ wohl aus Adamus Petrus in seiner Ausg. des Palaemon
etc. (Basel 1527. 8.) foL 106: Q. Papyrii de orthographia fragmentum.
Brambach, lat. Orthogr. S. 55 f. Auch wird in einer Berner Hds. als Gram-
matiker aus Spanien der über Orthographie geschrieben Papperinus genannt,
und anderswo (H. Keil, de gramm. inf. aet. p. 15 not. H. Hagen, Anecd.
Helv. p. CCLII f.) ihm (Paperinus) Angaben zugeschrieben die theilweise
übereinstimmen mit solchen des Papirianus, aber freilich auch sonst nicht
selten sind.
439 f. Grillius ii. a. Grammatiker. Gromatiker. 1019
12. üeber lulius Paris 8. oben 274, 9 u. 11.
13. üeber die Scbolia Bobicnsia zu den ciceroniscben Beden s. oben
290, 4; die des Ps. Asconius oben 290, 3.
14. Ueber Vergilkdss. aus dieser Zeit s. oben 226, 9; über ein Pa-
limpsest s. oben 399, 4.
440. UngefHhr aus dieser Zeit sind einige gromatische
Schriftsteller von denen wir Commenta.re zu älteren Fachwerken
besitzen^ wie Aggenus Urbicus, Nipsus und Innocentius.
1. C. Lachmann, Schrr. d. rOm. Feldmesser II. S. 104: „das.com-
mentum Aggeni Urbici, nur in den Hdss. der zweiten Classe, auch für den
Anhang zu Boethius nicht benützt, die jämmerliche Arbeit eines christ-
lichen Schulmeisters.*' Vgl. p. 9: susccpiraus qnoque tractandos contro-
versiarum status cum divino praesidio. Commcntiert wird von ihm Jul.
Frontinus (oben 322, 3); Abdruck a. a. 0. I. p. 1 — 58. üeberschrift p. 9:
explicit commentum de agi*orum qualitatc. incipit de controversüs. Dazu
ein Anhang von Zeichnungen, betitelt Liber diazografus. Vgl. ebd. 11.
S. 142. Von diesem unterschieden ib. I. p. 59—90: Ageni ürbici de contro-
versüs agrorum. Vgl. liber colon. I. (ebd. I.) p. 246: ex commentario ürbici
edictonim VI Gaesaris QuintoPedio Camidiano quae oppresit illa agrorum.
2. Schriften der röm. Feldm. I. (Berl. 1848) p. 285: incipit Marci luni
Nipsi liber II feliciter. Fluminis varatio (p. 285 f.). Limitis repositio
(p. 286 — 288). varationis repositio p. 288 f. üeber Setzung der lapides
p. 289—295. Podismns p. 295 — 301. In einem cod. Bamberg, saec. XI
Bruchstücke mit der Aufschrift Liber lunii Nipsi de mensuris; L. v. Jan,
Zeitschr. f. d. Alt. Wiss. 1844, Nr. 55,
3. Schrr.' d. rÖm. Feldm. I. p. 310 unter der üeberschrift: Ex libro XII.
Innocentius v. p. (vir perfectiss.) auctor de litteris et notis iuris exponendis.
Casa per A nomen habens etc. Casa per B nomen habens etc. (p. 310—318.
und nach dem griechischen Alphabet p. 318 — 325). Expositio litterarum
finalium ib. p. 325—331 (griech. u. lat. Alphabet), p. 331 die üeberschrift:
incip. et de casis litterarum montium in ped. V. fac. pede uno (p. 331 —
338). Vgl. Kudorff a. a. 0. II. S. 406: „die casae litterarum, . . das
sonderbarste, durch langen Schulgebrauch am meisten mitgenommene
Stück der ganzen Feldmessersammlung.*' S. 408: „das Latein ist nicht
sowohl rustik als im Satzbau, in den Präpositionen und selbst den Sub-
stantiven völlig verwildert." Vgl. de sub rivo latus (von der Bachseite)
p. 316, 17 u. A. ebd. A. 452. Aehnliches aus einer Mailänder Hds. saec. X
in den Sitzungsber. der Berl. Akad. 1861, S. 1014 ff.
4. üeber Frontin. Strateg. IV. s. oben 322, 5.
441. In gebundener Form verfasste um diese Zeit der420
Rhetor Severus Sanctus Endelecbius in zierlichen asklepia-
deischen und glykoneischen Versen sein anmutiges Idyll über
1020 Die KsLiacrzt^it Viertem bis fünftes Jahrhundert.
eine Kinderseucbe. Gleichfalls noch in den letzten Jahren des
vierten Jahrh. richtete Augustins Landsmann und Schüler Li-
centiQS von Rom aus an seinen nach Africa zurückgekehrten
Lehrer ein Gedicht Ton 154 Hexametern^ gespickt mit Phrasen
alten und neuesten Gepräges, von wirrepi Gedankengange und
sehr unclassischem Versbau. Auch Ton einem andern Zeitge-
nossen, Audax, sind einige schülerhafte Verse auf Augustin er-
halten. Dagegen sind untergegangen die Satiren welche Ludllus
verfasst hatte.
1. Subscription den cod. Flor, von Apulejus (oben 363, 8): ego Sa-
lustins legi et emendavi Romae felix Olibrio et Probino v. c. cons. (J. 395)
in foro Martis controversiam declamaos oratori Endelechio. Der Rhetor
dessen Schüler diesen Eintrag in sein Exemplar machte ist ohne Zweifel
identisch mit dem End. des christlichen Idylls, das in der editio princeps
des P. Pithöus (veterum aliquot Galliae theologorum scripta, Paris 1586. 4.
p. 144 BS Epigramm. 1596. p. 573 — 576) die Ueberschrifl hat: Incipit Car-
men Severi Sancti i. e. Eudeleichi rhetoris de mortibus boum. Vielleicht
nahm er erst nach seinem Uebertritt zum Christenthnm die Namen Seyenis
Sanctus an. Freundschaft mit Paulinus Nol.; s. dessen epist. 28, 6: alias
libellus ex his est quos ad benedictum i. e. christianum virum, amicom
mcum Endelechium scripsisse videor (die Lobrede auf Theodosius, s. oben
431, 1). . . is enim mihi auctor huins . . opusculi fuit, sicut ipsius epistola,
quae libello meo pro themate praescribitur, docet. Sehr wahrscheinlich
ist dass End. Gallier war; daas aber gerade Aquitanier, erhellt nicht aus
V. 21 ff.: haec iam dira lu^s serpere dicitur. pridem Pannonios, 'Dljrios
quoque et Beigas graviter stravit et impio cursu nos quoque nunc petii
Denn dass die Seuche zunächst von den Beigen her in des Dichters Land
eingedrungen sei besagen die Worte nicht. Vgl. Bemays, Chronik des
Sulp. Sev. 8. 2 f. A. 3.
2. Das Gedicht ist ein Zwiegespräch zwischen zwei Hirten. Auf Be-
fragen des Aegon gibt Buculus als Ursache seiner Traurigkeit die Rinder-
pest an, die er beweglich beschreibt. Da treibt Tityrus seine gesunde
Heerde vorbei, gibt, auf die Frage nach dem Schutzmittel das er ange-
wandt, zur Antwort: signum quod perhibent esse crucis dei, . . mediis
froutibus additum, cunctarum pecudum certa salus fuit, worauf sich Aegon
und Buculus alsbald entschliessen selbst auch Christen zu werden: nam
cur addubitem quin homini quoque signum prosit idem . . quo vis morbida
vincitur? Populäre (vgl. Minuc. Fei. Oct. 32, 2 f.) oder auch augustinische
Auffassung des Christenthums v. 117 ff.: non ullis madidast ara cruoribiis,
nee morbus pecudum caede repellitur, sed simplex animi purificatio optatis
fruitur bonis. Das Versmass der 33 Strophen ist das von Horaz 0. I, 6.
Ist die Seuche die lues pariter boum atque hominum von welcher Ambro-
sius spricht (comm. in Lucam X, 10), so wäre das Gedicht noch aus saec.IV.
3. Gedruckt ist das Gedicht ausser bei Pithöus (A. 1) z. B. bei
Wernsdorf, poctae latt. min. 11. p. 218 — 229, vgl. p. 63—61; neuerdings
441. Endelechius. Licentius. 1021
herausgeg. von F. Piper (Gotting. 1835) und J. A. Giles (London 1838); in
ßiese's Anthol. lat. 893 (IL p. 314—318).
4. Licentius, Sohn des Romanianus welcbem Augustin seine Bücher
de academicis widmete (oben 434, 5) und welcher ein cognatns des Bischofs von
Thagaste, Alypius, war (Aug. epp. 27, 4 f.), Schüler des Augustin, in Karthago,
Rom und Mailand, aber nach Augustins Rückkehr nach Africa in Rom
zurückgeblieben um die rhetorischen und poetischen Studien fortzusetzen,
für welche er von jeher einen Hang hatte (Aug. c. acad. II, 8. III, 1. de
ordine 1, 2. 5. 8) und besonders ftir romantische Stoffe wie Pyramos und
Thisbe. Von R.om aus richtete er an Augustin einen Brief und das Gedicht,
worin er, von dea Schwierigkeiten ausgehend die ihm der über Musik
handelnde Theil von Varro's Encyclopädie mache, den alten Lehrer um
Rath und Zusendung seines Werkes de musica bittet, pathetisch ihn seiner
Anhänglichkeit versichert und in zusammengestoppelten Phrasen wohlfeile
Gelehrsamkeit zur Schau tragend sich als strebsamen aber eiteln Rhetor-
Schüler kennzeichnet. Da er zugleich die Unvorsichtigkeit hatte zu gestehen :
et nunc Romulidum sedes . . desererem, . . ni mens coniugio incumbens
retineret euntem (71 ff.), und seine Aussichten im Briefe wohl näher aus-
malte, so erhob Augustin (ep. 26 Bened. ;=* 39) warnend den Finger (mi
Licenti , . . timeo te rebus mortalibus . . compediri. . . imaginationibus
mortiferarum voluptatum aurem accommodas. . . ornari abs te diabolus
quaerit) und bot auch die Beredtsamkeit seines Freundes Paulinus in Noia
auf, dem er seinen Brief an Lic. und dessen Gedicht mittheilte und der
nun in Prosa und (elegischen) Versen (epist. 8 = 46 ; in Aug. epp. 32 = 36)
den Wankenden bestürmte (z. B. an den Vater: credimu8*in omnipotentem
Christum quod adölescentis nostri votis camalibus spiritualia vota Augu-
stini praevaleant; an den Sohn: vere pontifex et vere consul, Licenti, eris
si Augustini vestigiis propheticis et apostolicis disciplinis . . adhaereas, und
in Versen : tu thalamos licet et celsos mediteris honores, . . vive, precor, sed
vive deo; nam vivere mundo mortis opus: viva est vivere vita deo). Wirk-
lich scheint es den vereinten Bemühungen von Aug. und I^aul. gelungen
zu sein das verlaufene Schaf zur Heerde zurückzubringen. Wenigstens
erscheint des Lic. Name ferner nicht wieder, weder in der politischen noch
in der Literaturgeschichte.
5. Licent. ad Aug. 137 ff.: sed nos, praeterea quod ab una exurgimns
urbe, quod domus una tulit, quod sanguine tangimur uno saeclorum, chri-
stiana fides connexuit. Biblische Wendungen v. 44. 102. Daneben aber
v. 26 clari rector Olympi und 32 tibi noster Apollo corda replet, was Chri-
stus sein soll. Aehnlicher Tactfehler 148:^ conceptum in lucem vomnisti
nectareum mel. Anklänge an Vergil v. 52 (o mihi transactos revocet si
pristina soles etc.). 97. 132 f. (non si niihi murmura centum det Boreas etc.t)
141; an Persins v. 47; besonders aber an Claudianus, zum Theil so stark
dass sie wie ein Versuch aussehen sich mit fremden Federn zu schmücken;
s. V. 60. 98 f. 114. 132. Vorzugsweise sind es an Claudiau die alcxaudri-
nischen Phrasen welche Lic. bewundert und nachahmt. Da v. 98 f. aus
Claudians Gedicht auf das Consulat des Probinus (J. 396) entnommen ist,
so wird das dos Lic. aus 396 sein. Nicht von Clandian aber hat Lic. seine
1022 Die Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
Kürzung von langem o im Auslaut (z. B. scrutandö, omnino)» ^^^ Messung
Pelöpum (125), den Hiatus spem ac (29) u. dgl.
6. Aus Augustins Briefen heraus sind die Verse des Lic. gedruckt
z. B. in P. Fithöus epigr. (Lugd. 1596) p. 471 f. und besonders bei Werus-
dorf, poetae latt min. IV. p. 516 — 644, vgl. p. 504—516.
7. Die 5 Hexameter des Audax (darunter ein siebenfüssiger) an seinem
Briefe in Augustins Epp. 260 ««139; bei Wemsdorf, poetae latt min. IV. p. 514.
B. Versus Bassi excosule scripti in tumulo . . Münice (Monicae) metris
scti Augustini aus Paris. 8093 bei Biese, Anthol. lat. 670 (II. p. 127 f.).
9. Rutil. Nam. I, 599 — 614: huius (des Lucillus, des Vaters von De-
cius, consularis Tusciae J. 416; vgl. oben 418, 6) vuliiificis satira ludente
Camenis nee Turnus potior nee luvenalis erit. restituit veterem censoria
lima pndorem, dumque malos carpit praeeipit esse bonos. Seine Satiren
hatten also ethisch-polemischen Inhalt.
421 442. Etwa aus* dem vierten bis fünften Jalirh. stammen
wohl die hundert Räthselgedichte des Symphosius. Sie be-
stehen je aus drei Hexametern nebst einem ungeschickten Prolog.
Sprache und Versbau sind in reinem Geschmacke und zeigen
den Verfasser als einen Nachahmer des Ausonius.
1. Aufschrift im cod. Salm.: Enigmata Symfosi scolastici. Der Pro-
log von 17 Hexametern macht den unglücklichen Versuch die Sammlung
für das Erzeugniss heiterer Improvisation bei einem Satumaliengelage aus-
zugeben, vgl. 1 f.: haec quoque Symphosius de carmine lusit inepto. sie
tu, Sexte, doces, sie te deliro magistro. 15: hos versus feci subito de car-
mine vocis. 17: da veniam, lector, si non sapit ebria Musa. Der Verf.
lebt noch in den antiken Traditionen, ohne vom Christenthum sich berührt
zu zeigen.
2. Chr. A. Heumann hatte den verkehrten Einfall die Räthsel dem
Lactantius (oben 393, 8) zuzutheilen (Lactantii Symposium , sive C epigram-
mata etc. Hannover 1722), daher sie sich in manchen Ausgaben des La-
ctantius finden, wie noch der von Fritzsche (II. p. 298 — 308, vgl. p. XI f.).
A. Biese setzt den Verf. an den Anfang von saec. VI; W. Th. Paul (de
Symposii aenigmatis, Berlin 1854) und Schenkl (s. A. 3) in saec. IV— V;
L. Müller (metr. lat. p. 05 — 57) wegen der iteinheit der Verstechnik in
saec. n — in.
3. Die Sammlung ist durch eine Anzahl Handschriften erhalten, welche
zweierlei Recensionen darstellen. Die älteste ist der codex SaJmasianus
(A bei Riese) aus Ende von saec. VII oder Anfang von VIII. A. Biese in
d. Zeitschr. f. Ostreich. Gymn. XIX (1868). S. 483—500. Vgl. K. Schenkl,
Sitzungsber. d. Wiener Ak. XLHI. (1863.) S. 11 ff. L. Müller in Fleck-
eisens Jahrbb. 93, S. 266—272. J. Klein, Rhein, Mus. XXIII. S. 526—531.
Riese, Anthol. lat. II. p. LVHI-LXn.
4. Abdruck der Bäthsel z. B. bei Wernsdorf, poetae latt. min. VI, 2.
p. 473 — 579 vgl. p. 410 — 472. Symp. enigmcs revues sur plusieurs manu-
442 f. Symphosius. Avianue. 1023
scripta et tradaitcs par E. F. Corpet, Paris 1868. 78 pp. Bester Text bei
A. Riese, Anthol. lat. I, 286 (p. 187—207).
5. Eine Nachahmung des S. sind die versus Seoti cuiusdam de alpha-
beto, schon in Hdss. saec. X u. XI; s. L. Müller, Rhein. Mus. XX. S. 357.
XXIV. S. 614—617.
443. Ungefähr aus der gleichen Zeit sind wohl auch die422
42 aesopischen Fabeln im elegischen Masse welche Avianus
verfasst und einem Theodosius gewidmet hat. Als Schulbuch
benützt, wurden sie oft abgeschrieben, vermehrt, paraphrasiert
und nachgebildet. •
1. Aus dem Vorwort: Dubitanti mihi, Theodosi optime, quoinam lit-
terarum titulo nostri nominis memoriam mandaremus fabularum textus
occurrit. . . nam quis tecum de oratione, quis de poemate loqueretur, cum
in utroque litterarum genere et Atticos graeca eruditione superes et lor
tinitate Romanos? huius ergo materiae ducem nobis Aesopum noveris,
worauf ferner Sokrates, Flaccus, Babrius und Phaedrus als Vorgänger ge-
nannt werden, de bis ego ad XLII in unum redactas fabulas dedi, quas
rudi latinitate compositas elegis sum explicare conatus. Vielleicht dass
der Angeredete der Grammatiker Macrobius Theodosius (oben 438) ist.
2. Der Verf. handhabt die Gestalten des Polytheismus (luppiter, Phoe-
bus, Neptunus, Fortuna u. s. f.) mit Unbefangenheit, erwähnt ebenso die
Errichtung von Altären (12, 5) und von Opfern (29, ;15), spricht kurzweg
vom campuB (10, 3) und lebte daher vielleicht zu Born und in heidnischer
Atmosphäre. Seine Sprache ist nicht immer einfach, aber meist rein; der
Versbau correct, theilweise elegant. G. Lachmann (de aetate Flavi Aviani,
Berlin 1845. 4 pp. 4.) setzte, mit Gannegieter (de aetate et stilo Flavii Av.,
in sr. Ausg. p. 254 ff.)} den Verf. (mit Abzügen) ins zweite Jahrb.; L. Müller
(de re metr. p. 55) theilte ihn ultimip imperii rom. temporibus zu; Ed^l^-
stand du Märil (po^sies in^dites p. 95 ff.) dem sechsten ; W. Fröhner (ed.
p. XII) dem fünften Jahrb. (fabulator rusticissimus quinti saec. tam est
quam potest), 0. Keller (Pauly's Real-Enc. I, 2. S. 1326 vgl. Fleckeisens
Jahrbb. Suppl. IV. S. 410 f.) dem Ende von saec. IV oder Anfang von V.
Aehnlich Wernsdorf, poetae latt. min. V, 2. p. 663 — 670. Angekündigt ist
eine Abh. de aetate et fobulis Aviani von F. Zorn.
3. Zahlreiche Handschriften von saec. IX an. Der Text von Fröhner
ist gegründet auf A (Paris. 8093), P (St. Germain 1188), C (Paris. 5570)
und K (Karlsruher Hofbibliothek 85; Fragment). Vgl. K. Schenkl, Ztschr.
f. Ostreich. Gymn. XVI (1865). S. 397—413.
4. Ausgaben mit Phädrus u. A. (z. B. in P. Pithöus epigr.). Eigens
von H. Gannegieter (Amstelod. 1731), C. H. Tzschucke (Lips. 1790), G. Lach-
mann (rec. et emend., Berl. 1845), W. Fröhner (ex rec. et cum instrum.
crit., Lips. Teubner 1862).
6. Die Erweiterung der fabulae erfolgte hauptsächlich durch Hinzu-
fügung von epimythia; s. Fröhner p. 60 ff. Zum Theil verrathen sie ihren
1024 Die Kaiserzeit. Viertes bis fünftes Jahrhundert.
m
mittelalterlichen Ursprung schon durch ihre leoninische Fassung. Solche
hat auch die Paraphrase (ungefähr aus saec. XI) betitelt Novus Avianus
(nach einer Münchner und einer Brüsseler Hds. herausgeg. von E. Grosse,
Königsberg 1868. 4.). Aus saec. XII der Novus Avianus von Alexander
Neckam (t J. 1227) bei Fröhner p. 56 ff. Paraphrase des Av. in Prosa und
Versen aus einer Pariser Hds. saec. XIV bei Fröhner p. 65 ff.
444, Gleichfalls dieser Zeit gehören einige anonyme Lehr-
gedichte an, unter welchen das bedeutendste ist das über Rhe-
torik (carmen de figuris).
1. Das Carmen de figuris wurde in einer Pariser Handschrift
(Nr. 7530) von Quichcrat aufgefunden und veröffentlicht (Bibl. de IMcole
deschartes I. p. 51 ff.), dann von Schneidewin (Götti. 1841), am vollstän-
digsten und besten in Halm's rhetores latini minores p. 63 — 70, unter Be-
nützung der Beiträge zur Kritik von H. L. Ahrens (Ztschr. f. d. Alt. Wiss.
1843, S. 162 ff.), Bergk und Mommsen (ebds. 1845, S. 81 ff.), H. Sauppo
(Kpist. crit. ad G. Hermann, p. 162 ff.), F. Ritschi (Rhein. Mus. XVIII.
8. 138—141. 320) u. A. Zuletzt in Riese's Anthol. lat. 485 (II. p. 16—26).
Ks besteht aus 185 — 186 Hexametern und behandelt die figurae lexeos in
(lor Weise dass jeder Figur drei Verse gewidmet sind, voii welchen in der
Regel einer auf die Definition, zwei auf die Beispiele fallen. Nach einem
Vorwort von drei Versen (coUibitum est nobis in lexi Schemata quae sunt
trino ad te, Messi, perscribere singula versu et prosa et versu parit«r pla-
nare virorum) folgen zuerst die drei Grundbegriffe %6fifiay Hmlovy nsQlodogj
die auch Aquila aus Alexander Numenius hat; dann die einzelnen Figuren
in der alphabetischen Reihenfolge der griechischen Kunstausdrücke, in der
Art dass sie für jeden Buchstaben zuerst aus Rutilins Lupiis, und in
dessen Ordnung, entnommen, dann aus andern Quellen (besonders Alexan-
der Numenius) einige nachgetragen werden (Dzialas, quaest. Rutil, p. 21 ff.
vgl. F. Haase S. 389—391). Von v. 151 an folgt ein weiterer Nachtrag
von (minder wichtigen) Figuren die im Vorhergehenden übergangen waren.
Dic' Beispiele sind meist treffend und theils selbstgebildet theils aus
griechischen und römischen Schriftstellern, Prosaikern wie Dichtern, ge-
Kchöpft, mit denjenigen Umgestaltungen welche Anlage und hexametrische
P^brm mit sich brachte. So aus Sallust (Catil. 20, 4) v. 8 f., aus Fnnins
(Trag. 47 Vahl.) v. 51 (auch bei Rutilius Lupus), aus Vergil (Aen. I,
604 f.) V. 78, aus Horaz (S. I, 5, 23) im Nachtrag v. 179. Der archaistische
Charakter ist stark ausgeprägt und erstreckt sich nicht blos auf prosodi-
sches Ignorieren von auslautendem s und Formen wie dixem, indupetravi,
prosiet, süäsi sondern auch auf Wortzertheilungen wie (v. 10) peri-quain
dicuut -odos; namentlich mit Lucretius findet vielfache Berührung statt
(differitas, bucera saecla u. dgl.). Diese Archaismen sind so zahlreich und
auffallend dass man sie gesucht nennen muss. Während daher die ersteu
Herausgeber das Gedicht der augusteischen Zeit zutheilten hat es W. Christ
(Rhein. Mus. XX. S. 67 f.) in die nach den Antoninen gerückt. Noch tiefer
horab führt aber die durchgängige Kürzung des auslautenden o, sowie
V. 167 die mi.ssverst^ndlicho Benützung eines selbst schon tändelnden
444 f. Carmen de fignris a. a. MartianuB Capella. 1025
späten Epigramms (Nr. 210 in Meyers Anthol. lat.). Das Gedicht ist daher
wohl die spielende Yersification eines im Griechischen (lemodes 150 == Iri-
(iciSris) und in der alterthümlichen wie classischen Literatur der Römer
wohlbewanderten Schulmannes aus der Zeit des Julius Rnfinianus, Ausonius
und Paulinus aus Nola, wo auch die Apokope des auslautenden s wieder
vorkommt. Fr. Haase, Haller Allg. Lit. Ztg. 1844, Nr. 217 f. S. 386—400.
L. Müller, metr. p. 845 u. Rhein. Mus. XXIIL S. 683 f. Ein solcher mochte
sich auch Wortbildungen wie parimembris (CffoxmXos), distribuela, suffragio-
lum erlauben.
2. In Hdss. des Priscian findet sich ein carmen de ponderibus et
mensuris, das daher vielfach ihm zugeschrieben wurde, obwohl ohne
Grund (nam nee mss. librorum auctoritate satis defenditur nomen gramma-
tici nee rerum de quibus agitur argumento , Keil gramm» III. p. 402). Das-
selbe ist vielmehr wahrscheinlich schon am Ende von saec. IV oder Anfang
von V verfasst (C. Schenkl, Sitzungsber. der Wiener Akad., hist.-philol. Gl.
XLin. 1863. S. 35 fF.). W. Christ (Rhein. Mus. XX. S. 66 — 70) will es
sogar schon unter Diocletian setzen. Vgl. L. Müller in Fleckeisens Jahrbb.
93, S. 559. In Hdss. saec. IX und X hat es die Ueberschrift: Remi Fauhii
de ponderibus (et mensuris) (ex sensu eiusdem clari oratoris -— des Rufinus,
unten 466, 6 ff . — ad Symmachum — unten 469, 4 — metrico iure missa),
auch ex opere Rufini vel Fauini. Abgedruckt ist es (in 163 Hexametern)
bei Wemsdorf, poet. lat. min. V. p. 494—519 (vgl. p. 235 — 240), darauf
(zu 208 Versen vervollständigt) aus Vindobon. 16 (saec. VIE— IX) von
Endlicher (Wien 1828), am besten durch F. Hultsch, script. metrolog. rom.
(1866) p. 88—98 (vgl. p. 24—81) und nach ihm bei Riese, anthol. lat. 486
(IL p. 27— 37 vgl. p. Vnif.).
3. üeber das Schulgedicht der XQ sapientes s. oben 23, 2.
4. Ueber das Lobgedicht auf Sol s. oben 21, 4.
445, In Nordafrica, noch vor dessen Eroberung durch die423
Vandalen, verfasste Martianus Capella seine Encyclopädie
der sieben artes liberales in neun Büchern. Die an sich schon
seltsame Einkleidung^ dass die einzelnen Künste hei der Ver-
mählung des Mercurius mit der Philologia auftreten^ ist noch
überdiess geschmacklos durchgeführt. Für den grössten Theil
des Stoffes und für seine Behandlung war Varro Hauptquelle; für
die Rhetorik (B. V) besonders Aquila Romanus; für die Geome-
trie und Geographie (B. VI) Solinus und Plinius; für die Musik
(B. IX) Aristides Quintilianus. Häufig geht die Darstellung
über in die gebundene Form, gleichfalls nach dem Vorgange
des Varro. Diese Theile sind verhältnissmässig geniessbarer als
die prosaischen, welche bald durch Dürre abstossen, bald die
gezierte Ueberladenheit des Apulejus ins unerträgliche steigern.
1. Unterschrift im Bambergensis : Martiani Minnei Felicis Gapellae
TsuFFSL, Böm. Literaturgeichichte. 2. Aufl. 65
I Die EoiseTzeit Viertea bis f^nftea Jahrhundert
[^arthaginemiB . . libec Vmi explicit. Nach Caniodor war er gebOrtig
ladaurft. üeber den Verfasser nod sein Werk heiset ee im Sehlnss-
(p. 374 f. BytH.): habes aenilem, Hartiane, fabalam, miscilla lusit
lacemii flamine Saluia; Pelaegos dum docere nititur artes creagris
micas Atticis sie in novena decidit volumino. haec quippe . . immi-
Mnsas deosqoe, ^Bciplinas cycUcaa garrire i^resti crada finxit plaa-
. . Felicia sed Capellae Samine (vgl. Till, 806: ne ta Felix Tel Ca-
Tel quiiqnis es), indocta rabidum qnem videie aaecala inrgis caninoB
atus pendere, proconsulari peroraatem (?BR; vero dantem) cnlmiiii.
ata aliuiiDam arbs Elissae quem videt iugariorum marcidam viciniam
obiiden'tem vizque respersnm lucio, nictant« cmu aomnoleDtam lu-
Der TerfaBBer war also Sachwalter (vgl. VI, 5TT: ex quo desndatio
ne deatrictior tibi foTensis rabulationis partibus ioligata aciem . . ob-
ia Africa (Eartbago) so lange es dort noch Proconsuln gab, also vor
richs Eroberung von Eartbago (J. 439) oder Landung in Airica (J.
und lebte in bescheidenen VerhUtnissen. Dass er p. 234, 19 f. (nach
' Quelle) Conatantinopel Bjxaatium oppidum nenot irOrde nahecn anf-
[en durch p. 213, 25 f.: caput gentium Koma, armis, virii lacrisque
diu viguit coeliferis laudibus conferenda, wofern diesi anf die Zeit
Alaricha Eroberung Boms (J. 410) deutet und nicht vielmehr auf die
Lchliche Wegverleguug der Residenz aus Bom nnter Diocletian und
Constantin. Doch w&re fär die Zutheilung an die letztere Zeit gfin-
lapella'a Ignorieren des ChristeuthumB (ausser etwa durch sacrisque
sowie die behagliche Breite womit die Uinkleiduug ausgesponnea ist,
e wenig stimmt zu der allgemeinen Gedrücktheit zu Anfang des fiitiif-
ahrh. Dagegen' am Schlüsse des dritten oder Anfang des vierten
. hätte Hart, ungcf&hre Oenossen seiner Qescbmacksbildung au sei-
jandsmann Ämobins (oben S9S), dem Heiden Firmicas (oben 401, 1 S.)
„BafSnierte Bosheit" wenigitensvrird in jener Bezeichnung Constantino-
chwerlich Jemand mitL. MflUer finden; s. diesen in Fleckeiseos Jahrbb.
706—716. Vgl. Lüdecke, GOtti. gel. Ans. 1867, S. 82—86.
, Die beiden ersten BOcher enthalten die Einkleidung, FabeUam
nam Satira comminiscens hiemali pervigilio marcesceutes mecom In-
I edocuit . . explioabo. Cum inter deos fierent sacra coniogia (I, 2),
llenint . . niorem ducere institnit (I, 5). Nach dem Scheitern vet-
ener Bewerbungen macht sich Hercur anf den Weg um den Apollo
ragen. Dieser empfiehlt ihm eine doctissima virgo Namens Philologia.
r stimmt sn und holt die Heiratserlaubnise ein. Die Braut wird in
-Otterstand erhoben, nach einigem SbHuben in den Himmel abgeholt,
Gesäugen der Muten, mass aber invor all ihre BachergolehTBamkeit
,ch geben (II, 135 ff,). Die Beise geht über die Hilcbatrasae, und nach
i Feierlichkeiten wird der Ehevertrag abgeschlossen (II, 217). Die
tirung erinnert stark an Apnlej. Uet., ist aber in geschmacklosester
mit gelehrten Einzelheiten Überladen Das zweite Buch echliesst:
argo mjrthuB terminatus, infiunt artes libelli qui aequentes assereut.
hige vera omne fictum dimovent et disciplinas annotabnut sobrias etc.
gleich SU Anfang vod B. III berent der Verfaaaer diesen Vorsate uad
445. Martianus Capella. 1027
entschliefist sich anch im Weiteren die Einkleidung beizubehalten. Die
einzelnen Disciplinen werden daher als Personen im Hofstaate des Bräuti-
gams (dotales virgines VIII, 810; Mercuriales IX, 897. 899) eingefflhrt und
ins Einzelnste hinein ausgemalt, manchmal nicht ohne Witz, daneben aber
ihr Gegenstand in trockenster Weise abgehandelt, in B. III die Grammatik,
IV Dialektik, V Rhetorik, VI Geometrie, VII Arithmetik, Vin Astronomie,
IX Musik. Durch die übermässige Ausdehnung der Einkleidung (noch zu-
letzt geleitet Harmonia die Braut in den thalamus) und die häufige Ein-
fügung von Stflcken in gebundener Form tritt der Contrast mit der Dürre
der doctrinellen Darlegungen nur um so greller hervor und gewinnt das
Ganze eine widerliche Buntscheckigkeit. Die Ordnung worin die einzelnen
Disciplinen aufgeführt werden ist dieselbe wie bei Varro (s. oben 164, 6. a)
und auch die Zahl der Bücher die gleiche, indem der Wegfall der Medicin
und Architektur (vgl. IX, 891) ersetzt wird durch die zwei Bücher Ein-
leitung. Es ist daher glaublich dass auch der Titel derselbe war (Disci-
plinae). Am Ende von B. II aber hat Bamberg, die subscriptio: Martiani
Minei Felicis Capellae de nuptiis philologiae lib. II explicit, und darauf die
Ueberschrift: incipit de art« grammatica lib. III.
S. lieber die Quellen der einzelnen Bücher s. Eyssenhardt's Ausgabe
p. XXXI— LVIII. Die Einkleidung (B. I. II) ist wohl des Verf. eigene Er-
findung, aber wohl schon hier manche ungewöhnliche (z. B. den Orphikern
eigene) Aussage über die Götter hauptsächlich dem Varro entnommen.
So namentlich die gelegentliche Identification der Götter mit Gestirnen
und die damit zusammenhängende Vertheilung derselben in 16 Regionen.
Und da die Form der satira menippea jedenfalls dem Varro unmittelbar
entlehnt ist, so hat es auch sonst Wahrscheinlichkeit dass Mart. denselben
direct benützt hat (bes. B. VII u. VIII). In der Rhetorik ist für die Lehre
von den Figuren Aquila (oben 884) ausgeschrieben; Fortunatianus aber
(oben 420, 5) kann ebenso gut aus Mart. oder dessen Quelle geschöpft haben
wie umgekehrt. Die Beispiele sind meist aus Cicero, nächstdem^aus Te-
renz, Verg^l, auch Sallust und Ennius. B. VI ist aus Plinins und Solinus,
doch ohne Vermittlung der sog. chorographia pliniana; s. Fr. Lüdecke, de
M. G. libro sexto, Gotting. 1862. 48 pp. (Diss.) und Götti. gel. Anz. 1867, 1.
S. 88 — 90. Wo sich die Art der Qnellenbenützung controlieren lässt zeigt
sich überall Flüchtigkeit und Mangel an Sachkenntniss. So besonders in der
Darstellung der Harmonik und Rhythmik (B. IX), welche aus schlechter
Quelle (Aristides Quint.) grösstentheils wörtlich übersetzt ist, mit zahlreichen
Missverständnissen; s. R. Westphal, griech. Rhythmiker (1861) S. 47—66.
4. Aus der späteren Literatur ist das Werk am nächsten verwandt
mit den Disciplinarnm libri des Augustinus (s. 434, 7). Je nach dem Zeitver-
hältniss Beider (s. A. 1) hat entweder Letzterer den Stoff aus denselben Quel-
len wie Mart., aber ausführlicher und mit Weglassung der insipiden Einklei-
dung und der poetischen Bestandtheile , behandelt oder Mart. das Werk
des Augustinus benützt, die etwaigen christlichen Zuthaten desselben aus-
gemerzt und dafür durch romanhafte den Stoff versüssen zu müssen geglaubt.
5. Jedes Buch wird durch ein Stück in gebtmdener Form eröffnet
und meist auch geschlossen. Daneben finden sich nicht nur manchfaeh
65*
Die Eaiserzeit. 'Vierteg bis fflnfles JabrhusderL
it« eingelegt (bes. B. IT n. IX) Bondem auch sonst geht die Bede
in poetiacfae DorBtellung aber, BOgor bei ganz abitnueu Erörtenm-
rie ni, 289). f^ichtlich wird H&iichbltigkeit der metriscben Formen
it und Befolgung der claasischeD Hnster. Am bäufigsten sind epische
egiBche Verse, sowie Senare; aber aach anakreontische, onapästische,
iadeiache, HendekasjUaben , loniber (z. B. IT, 424) u. a. sind ver-
Befrains II, 117 ff. iX, 91ä ff. Die Prosodie zeigt den Binflnss der
SU Zeit (z. B. etdici, Sabaeonun eit ionicns II, 124); Sjn^Opheu
Vltcale (s. 6. si enidita IX, 888) kommen nicht selten vor, n^cfa
it der Hiatus (minore unbigens I, Sli vera omne and Hnsae et II,
nando oculoa IX, 903).
C. BOttiger, über H. C. und seine satira, in Jahns Archiv XIII
S. 690—607; Ober seine Sprache ebd. S. OSO— CS3. Ejasenbardt's
z. B. p. XVUI; indigestns in particulia ab ipso (H. C.) excogitatis
sermonia, . . foeda neglegentia in locis aliorum Hcriptonun a Maitiano
tis. . . acriptoris immanis OBCitantia et aeglegentia.
In mehreren Hdschrr. des M. C. findet aicli dia Sobacription ;
iB MemOT Felix i. 3p(ectabil.}, oom(eB) conaist., rhetor (orbis) R. ex
Biasimis exemplaribuB emendabam contra legen!« Deuterio scholostico,
do meo, Bomae ad portam Capenam cob. Paulini t. c. anb d. non.
mm Christo odinvante. Der Cos. PaulinnB iat eher der von 634 als
18 und daher Deuterins schwerlich der bei Ennodiua genannte (imtcii
). 0. Jahn, Berichte d. aächs. 0. d. W. ISül, S. 3«1— 3a4.
Die Schrift des H. C. wurde im Mittelalter als Schulbuch bcnQtzt.
Qregor von Tours (geb. 639] X eitr.: si te . . Hartianas uoater aep-
iaciplinis emdüt etc. (Ejssenhardt p. XIX f.). Daher die grosse Zahl
andachriften; b. Eyaaenhardt p. X-XVIII. XS — XXXI. Die erhal-
stammen, bei der Gleichheit ihrer Terderbniaae, alle aus demselben
^ns. Die älteste uud weitans beste ist Bambergensis saec. X (An-
nächstdem die aua Beichenau (jetzt in Carlaruhe) und in Darmstodt,
aus saec. X Ende oder XI Anfang.
Ed. princeps von Fr. Vitalis Bodianus, Vincent 1499 fol. Weitere
ben bas. von B. Ynlcanins (Baail. 1677, mit leidor), H. Orotius (Lugd.
U. F. Kopp (nndC. F. Hennann, Frankf. 1886. 4.) und Fr. Eysaenhardt
Lips. Tenbner 1866). Buch V anch in Halms Bhetores latt min.
p. 449—492 (vgl. p. XI f.); B. IX in Meibom's anct. vett. mos.
4.) II. p. 165 ff.
I. Beiträge zur Textkritik von C. B«ttiger (Jahns Archiv XIU. S.
i20) und Fr. Ejasenhardt (Bhein. Mus. XVIl. p. 638-640. XVUI. p.
26. 637—639. XIX. p. 152-164. 479 f. und comment. crit, de M. C.
ila, Berlin 1861).
E. Pfinftes Jahrhnndert.
146. Mit dem fünften Jahrhundert befinden wir uns in-
a der Viilkerwauderung. Ein Land des Westens um
445 f. Martianus Capeila. Uebersiclit des fünften Jahrb. 1029
das andere wird von dem Völkerstrome erfasst und verschlungen
und mit ihm die alte Cultur. Zu Anfang des Jahrhunderts (J.
406 ff.) wird Grallien durch die Schaaren des Radagais über-
schwemmt; J. 410 Rom von dem Westgothen Alarich erobert
und J. 415 von dessen Nachfolger Wallia in Südfrankreich und
Spanien das westgothische Reich gegründet^ J. 429 in Nord-
africa die Herrschaft der Yandalen durch Geiserich. Italien sieht
sich J. 452 durch die Hunnen unter Attila verwüstet^ und
kaum eni^eht Rom selbst demselben Loose^ erfahrt es aber
schon J. 455 durch Geiserich. Nach einer Reihe unfähiger
Kaiser erhält J. 476 das weströmische Reich den Gnadenstoss
durch den Heruler Odoaker, und J. 486 geht Gallien in den
Besitz der Franken unter Chlodwig über. Die jetzt herrschenden
Völker sind vorerst noch Barbaren^ welche die Cultur zu Boden
treten und nur etwa für ihre Schattenseiten zugänglich sind.
Die besiegten Völker unterwerfen sich in dumpfer Verzweiflung.
Anfangs zeigen noch Einzelne ^ deren Bildung in besserer Zeit
wurzelt, in ihren Schriften reineren Geschmack, wie Rutilius
Namatianus, Vincentius aus Lerinum und Leo der Grosse. Aber
allmählich erlischt überhaupt die literarische Hervorbringung,
und die sich dennoch darin versuchen sind entweder von der
herrschenden Barbarei mitergriffen oder beweisen, wie Salvianus
und ApoUinaris Sidonius, durch die künstliche Geziertheit ihrer
Schreibweise dass die Literatur an die sie anknüpfen todt ist.
Cultur und Literatur ist allmählich im Alleinbesitz und unter
dem Verschlusse des Klerus. Nur die Jurisprudenz gewinnt
daneben wieder einige Bedeutung durch das Bedürfniss die neuen
Staaten zu ordnen, das römische Recht mit der Bildungsstufe
und den Ansprüchen der Sieger zu vermitteln. J. 426 wird
durch das Citiergesetz das Verhältniss zur classischen Jurispru-
denz geregelt, J. 438 im codex Theodosianus die noch geltenden
kaiserlichen Verordnungen geordnet und zusammengestellt. Da-
durch sind auch Auszüge erleichtert wie sie von Einzelnen und
Staaten unternommen werden. Ebenso werden verkürzende
Uebersetzungen medicinischer Schriften immer häufiger; am Ende
des Jahrh. richtet sogar der Grieche Anthimus in lateinischer
Sprache eine Schrift über Diätetik an den Frankenkönig Theu-
derich. Li minderem Grade wurde der Osten Europa's von den
Schrecken der Zeit betroffen; dort hat das Heidenthum energische
Verfechter innerhalb der Geschichtschreibung an Eunapios,
Die Euaerzeit. Fünftes Jahihvndert
iodor und Zosimos; der Betrieb des römischen Rechte ist
ifriger, und sogar die Ueberliefening der lateinischen
laük findet .in Gonstantinopel einen fleissigen Bewahrer
ftrsteller an Priacianus. Ini Westen hegt Gallien noch am
m den Sinn ffir die alte Cultur; aber an eigener Schwäche
)ar krankend erliegt diese den vereinten Bemühungen der
sen und der Kirche. So legt sich allmählich immer tie-
>nnkel über Völker nnd Länder.
SE^fiaD. de guberD. VI, 18: ubi Bunt antiquoe RomaDocum opes
tates? fortiaBimi quondam Romani ctnat, dudc sine viribus. . . vecti-
lie aotvebant popiili barbaroruin , dob vectigalea barbarie samus.
totiis romaauB orbie et iniaer cal et liixiirioaua, Sidon. ep. VIll,
diiB iam ecDeecens. ib. Itl, 6: romana reap. in eitrema haac mi-
a defluxit. Orient, conunonit. II, 186: labeatis funera mundi, Haxi-
pigc. Africanus ad Theophiliim Alciandrinutn) bei Heiffeischeid,
a CaBiooneia (Bresl. 1871. 4.) p. i: inter tot conlabentis aaecnU
\iee minas. . . inter tot conlisi orbiu acerba naufragia. Clandiao.
Iri«f an SapauduB: bonaram artium iam inde a proavorum dobIio-
sculiB facta iactura et animi cullum despuena . . deliciis et diTitiia
I . . pesBum dedit cnm doctrina Tirtutem. Fulgent. myth. praef.;
) noBtri temporie aerumnoBa miseria dod dicendi petat Studium, acd
Beat ergastnlum, nee famae aBBtat«ndum pocticae, sed fami ait
üdum domeBticau.
Apoll. Sidon. carm. 12, 1 ff.-, quid mc, etei valeam, pararo canneo
inicolao iubes DioneB inl«r criDigeras Hitum catorras et germanica
uBtinenl«n), tandantem tetrico sabinde vultu quod Burgundio cantat
tua, infundeua acido comam butyro? vis dicam tibi quid poema
? ex hoc barbaricia abacta plectria apemit aenipedem atilum Thalia
aeptipedCB videt patronos. Vgl. Anthol, lat. 385 R.: inter eila gotj-
ipia mabsia ia drincan iion audct quisquam dignoa edicere veraua
XD 459, S. Doch bildeten die HOfo der Weatgothen in Toulouse,
'gunder in Yienne und später der Franken noch lange die Zufliichts-
: die letzten Vertreter rOmiBcber Literatur. Ueber Karthago Salvian.
VII, iti: illic artium liberalium Bcholae, illic philoaophonim offi-
[«. Vgl. Apul^. Flor. 16 und (Qber die Zeit ThraBamunds) Florent.
. lat. 376, 32 R.): Carth^o etudiia, Carthago ornata raagiatriB.
Ced. Theod. I, 4, 3 (vom J. 436): Papioiani, l'aulli, Gaü, Ulpiani
Modestini acripta nniverea firmamus ita ut Gaium quae Faullum,
im et cuQCtoa comitetur auctoritaa lectioneaque ex omni eins opere
<ur. eomm qaoque aententiam quomm tractatu» atque Bentantiae
ti omnea ania operibua miscnenmt ratam csae censemuB, nt Scae'
Sabini, loliani atque Marcelli. . . ubi autem diveraae aententia«
ntur potior nnmeroe vincat aactomm, ve), ai numerus aequalis Bit,
irtie praecedat auctoritaa in qna eicelleutiB iogenii vir Papiniaaug
446 f. Uebersicht. Butilius Nam. 1031
emineat. Der Name Citiergesetz rührt von Hugo her. Vgl. Budorff, röm.
Bechtggesch. I, S. 202 f. Dernburg, Gajus S. 111 ff.
4. ErlasB des Theodosius und Valeniinian vom J. 438 (cod. Theod.
praef.): saepe nostra dementia dubitavit i^nae cauea faceret ut tantis propo-
sitis praemiis quibus artes et studia nutriuntur tarn panci raroque extite-
rint qui plena iuris scientia ditarentur et . . vix unus aut alter receperit
soliditatem perfectae doctrinae (RechtskenntniBs). Vgl. unten 464, 1.
5. EunapioB (geb. um 346), Yerfitöser der ßiot tpiloüoqxov nal fto^i-
ötmv (ed. J. Fr. Boissonade, Amsterdam 1822, und in Didot's Sammlung
T. XXXII) und Fortsetzer der Geschichte des Dexippos (oben 382, 16) bis
zum J. 404 n. Chr. Die Ueberreste in Niebuhrs Ausgabe des Dexippos
(ßonn 1829) und in L. Dindorfs bist. gr. min. I. (Lips. Teubner 1870) p. 205 ff.
6. Oljmpiodoros aus Thebeuj Fortsetzer des Eunapios bis ins J. 427;
die ueberreste in Niebuhrs Dexippus p. 447 ff. und L. Dindorfs bist. gr.
min. I. p. 450 ff. J. Bosenstein, kritische Untersuchungen über das Yer-
hältniss zwischen Ol., Zosimus und Sozomenus, in den Forschungen zur
deutschen Geschichte, herausgeg. von der Münchner histor. Commission I, 2.
7. Zosimus, Verfasser der totot^ via in sechs Büchern von August
an, besonders ausführlich von Constantin an, bis zur Einnahme Borns J.
410. Ausgabe von C. F. Beitemeier (Lips. 1784) und I. Bekker (Bonn 1837).
P. Schmidt, de auctoritate et fide historica Zi. vitam Constantini narrantis,
Berlin 1866. B.G.Martin, de fontibus Zosimi, Berlin 1866. Vgl. oben 421, 8.
8. Für die Geschichte von saec. V ist eine besonders wichtige Quelle
Priscus, dessen Ueberreste zuletzt bei L. Dindorf, bist. lat. min. p. 275^
352. Vgl. A. 11.
9. Epigramm zu einer offiziellen Erdkarte: hoc opus egreg^um . .
Theodosius princeps venerando iussit ab ore confici, ter quinis aperit cum
fascibus annum (15^^ Begierungsjahr des jungem Theodosius 422 — 423,
15*^* Consulat J. 435). supplices hoc famuli, dum scribit pingit et alter
mensibus eziguis . . in melius reparamus opus etc. Aufbewahrt in dem
geographischen Werke des Mönchs Dicuil vom J. 825; Biese anthol. 724.
Die Zutheilung an den eleganten Dichter Sedulius beruht auf Missverständ-
niss; s. unten 466, 8.
10. Kaiser im Westen Honorius (J. 895 — 423), Valentinianus m (J. 425
— 455), im Osten Arcadius (395—408), vom J. 402 an mit Theodosius II
(—450). Letzterer ist besonders bekannt als Schreibkünstler; s. oben 195,
7 und 385, 5.
11. A. F. Ozanam, la civilisation au V« si^cle, Paris 1855. 2 Voll.
(Oeuvres compL I. II). Zur Geschichte und Quellenkritik von saec. V vgl.
A. Köcher, de loanne Antiocheno (Bonn 1871) p. 35—37. 42—80.
447. Aus dem J. 416 haben wir von Butilius Namatia-425
nus ein Gedicht in zwei Büchern worin des Verfassers Heim-
fahrt aus Rom nach Grallien im elegischen Masse beschrieben
wird, mit zahlreichen Excursen persönlichen und sachlichen
1032 I>i« Kaiserzeit Ffinftes Jahrhundert. Krate Hälft«.
Inhaltes. Das Gedicht ist anziehend durch Anschaulichkeit und
iramieu Hauch natürlichen Gefühles, dabei im Formellen
und rein. Leider ist vom zweiten Buche der grösste
intei^egangen.
Name des Verf. in dem (einzigen) codex Bobienüa (b. ä. 1): Clan-
tilinB Namatianaa t. c. Geborener Oallier (I, 20: indigeniunqae
Jlica rora Tocant), aber am weetrßmischen Hofe iiiagist«r ofBciorum
'.) und in Rom praef. urbi (I, 167—160), wahrecheinlicti im Lanfe
:U, alB Vorgänger des Albinua (1, 473 f. Tgl. Cod. Theod. XHI, 6,
er der mag. off. ifamatiuB im cod. Theod. VI, 27, 16 so war er
il3. Sein Vater Lachanius (I, 59&) war conaulariB Tusciae, coraftB
rg., Qaäator und piaef. (urbi?) gewexen und batte in Pisa ein
d (1, 576 — 596). Vielleicht ist derselbe der Claudius welcher J. 389
laciae war (cod. Theod. R, 4, 6) und 896 praef. nrb. (ib. VI, 26, 8.
1). Ein Verwandter ist Palladins, Sohn dea Exaperantina (I, 207 ff.);
439, 6. Anlaaa der Heimreiae war die VerwflBtnng seiner Gflter
U) wohl durch die Westgothen (bei Totosa?).
Die Heimreise geschieht (wegen der Gothen, I, 37 ff.) zur See nnd
in Folge der ungünstigen Jahreszeit (Abfahrt von Ostia Anfangs
I viele Venögemngeu. An die Eritählung der Erlebniaae werden
riet Digressionen (deverticula II, 61) angeknOpft, Ortabeichreibna-
ytheu, rhetorische Ausführungen (über Gold und Eiseu I, 357 ff.);
re aber wird Freunden ein Denkmal gestiftet, wie dem RuSue Vo-
(I, 167 £f. 417 ff.), Palladius (I, 208 ff,), Albinus {I, 466 ff.), Vi-
(1, 493 ff.), Protadiua (I, 542 ff.), seinem Vater Lachanius {&. t)
L. 6). Die Expectoration gegen die Juden (I, 383 — 398) gilt wohl
den Christen. Das Christentbum iat dem Dichter eine deterior
secta Tenenis (I, 535) und er polemisiert besonders gegen deeaen
nnd Mdnchswesen (1 , 440 ff. 517 ff.]. Aufriebtiger Polytheismns z. B.
233 ff. 259 ff. Begebterter Preis Roms zu Anfang von B. I.
Zur Abfasaungazeit s. 1, 135 f.; quanivi^ aedecies denis et nulle
annuB praeterea iam libi (Roma) nonus cat. J. 1169 d. St. (Varr.)
u. Chr. Die Gothen (Getae) apielen eine grosse Rolle (1, 4ü. 142.
51). Eroberung von Tolosa 1, 496. Polemik gegen Stiticbo wegen
V'eri.rags mit ihnen II, 41^60. Halb Idj'll, halb Satire, ist das
auch als Zeitbild von hohem Interesse. Doch ist von B. II nur
la erste Zehntel erbalten. Auch der Anfang von B. I ist verloren.
Nachdem der im J. 1494 aufgefundene coden Bobicnais -wieder ver-
egangen ist, beruht der Text dea Gedichts einzig auf einer in Wien
:hen Abschrift saec. XVI. Gditio princepa (als Itinerarium) von
na (Bonon. 1620. 4.). Ab Joa. Castalione emend, et adn. illnattatum,
582, Cum animadv. Th. Sitzmanni, Lngd. 1618. Rec. C. Barth,
1623. Cum Simleri, . . Graevii all. animadv. ed. Th, J. ab AUne-
Amstelod. 1687. Rec. T. Damm (Brandenb. 1760), J. Chr. Kapp
en 1786), J. C, Gmber (Nürnberg 1804). In P. Pithöns (J. 1590) Epi-
ita (p. 475 ff.), den poetae latini minores von P. Bnrmann (T. II.
447 f. RutiliuB NamatianuB. OrosiuB. 1033
p. 3 ff.), Wernsdorf (V, 1. p. 77—202). Cl. R. N. de reditu suo reo. et
illustr. A. W. Zumpt, Berlin 1840. XXVI u. 230 pp. mit Karte. Mit französ.
üebersetzung von J. Z. CoUombet, Lyon und P&ris 1842. Reo. et praefatus
est L. Müller, Lips. Tenbner. 1870.
5. A. W. Zumpt, Obeervatiouum in R. Cl. Nam. Carmen de reditu suo
pars prior, Berlin 1836. 44 pp. üeber R. N. auch Wernadorf poet. latt.
min. V. p. 5 — 28 und (über die Ausgaben u. s. w.) p. 40 ff., sowie Zumpts
Prolegomena. Ueber seine Metrik vgl. L. MüUer's Ausg. p. XI f.
6. Als zeitgenössische Dichter erwähnt R. N. den Satiriker Lucillus
(s. oben 441, 8), sowie einen (Valerius) Messala (I, 268—276), wohl den-
jenigen der im cod. Theod. als praef. praet. in den Jahren 396, 399—401,
403 oft genannt wird, und an welchen Symmachus' Epp. VII, 81— *92 ge-
richtet sind; vgl. Ap. Sidon. carm. IX, 302: Messalam ingenii satis profundi.
448. Um dieselbe Zeit verfasste auf Augustins Aufforde- 426
rung der Presbyter Orosius aus Spanien zu apologetischem
Zwecke seinen Geschichtsabriss in sieben Büchern von Adam
bis ins J. 410 n. Chr., ohne tiefere Studien und Sachkenntnis»,
hauptsächlich nach Livius und der Bearbeitung der eusebiani-
schen Chronik durch Hieronymus, mit virillktirlicher und tenden-
ziöser Auswahl und Behandlung des StoflPes, in ungleichem, aber
meist schwülstigem Stile. Ausser diesem Werke besitzen wir
von Orosius auch eine Abhandlung über die Freiheit des mensch-
lichen Willens, veranlasst durch diepelagianischen Streitigkeiten.
1. Gennad. vir. ill. 39: Orosius presbyter, Hispanus genere, vir elo-
quens et historiarum cognitor (aus Prosper chron. ad a. 396), scripsit ad-
versum querulos et infamatores christiani nominis, qui dicunt defectum
romanae reip. Christi doctrina invectum, libros VII. . . hie est Orosius
qui ab Augustino pro discenda animae ratione ad Hieronymum (nach Beth-
lehem) missus rediens reliquias b. Stephani primi martyris tunc nuper in-
ventas primus jntulit occidenti (Minorca). claruit extreme paene Honorii
imperatoris tempore. Der Name Paulus beruht auf Missverständniss der
Abkürzung P (für presbyter). Vaterstadt Tarraco? Oros. VII, 22: nos
quoque in Hiapania Tarraconem nostram. Zu Braccara in Lusitanien war
er wohl Presbyter. Avitus aus Braccara, presbyter in Palästina, schreibt
an den Bischof von Braccara, Balchonius (Baron, annal. eccl. ad a. 415) :
ut dilectissimus filius et compresbyter mens Orosius usque ad has partes
ab africanis episcopis mitteretur, cuius mihi Caritas . . vestrum omnium prae-
sentiam reddidit. Vgl. Augustin. epist. 166, 2 (an Hieronymus) : venit ad mc
(J. 413 oder 414) relig^osus iuvenis, catholica pace frater, aetate filius, ho-
nore compresbyter noster Orosius, vigil ingenio, promptus eloquio, fiagrans
studio . . ad refellendas falsas pemiciosasque doctrinas, quae animas Hi-
Bpanorum multo infelicius quam corpora barbaricus gladius trucidamnt.
nam inde ad nos usque ab oceani littore properavit etc. Ibid. 169, 13 (ad
Euodium episc): sanctissimi et studiosiseimi iuvenis presbyteri Orosii, qui
1034 Die Eaiserzeit. Fünftes Jalurhundert. Erste Hiüfte.
ad noB ab ultima Hispania, i. e. ab oceani littoro, . . adyenii Er traf den
Aug. mit AbfasBung seines Werks de civ. dei beschäftigt, wovon die ersten
fünf Bücher bereits fertig waren (ib. 169, 1). Auf des Or. schriftliche Bitte
um Belehrung über das Wesen der Seele verfassto Augustinus seine Schrift
contra Priscillianistas et Origenistas ad Orosium. Geboren wird Orosius
spätestens 390 sein; sein Todesjahr ist nicht bekannt.
2. Gros. bist, praef.: praeceptis tuis parni, beatissime pater Augustine.
. . praeceperas mihi ut scriberem adyersus vaniloquam pravitatem eorum
qui . . pagani yocantur, . . qui , . praesentia tantum tempora veluti malis
extra solitum infestissima 'ob hoc solum quod creditur Christus et cohtur
deus, idola antem minus coluntur, infamant. praeceperas ergo ut ex Om-
nibus qui haberi ad praesens possunt historiarum atque annalium fastis
quaecumque aut bellis gravia aut corrupta morbis aut fame tristia aut ter-
rarum motibus terribilia aut inundationibus aquarum insolita aut eniptio-
nibus ignium metuenda aut ictibus fulminum plagisque grandinum eaeva
vel etiam parricidiis flagitiisque misera per transacta retro saecula repe-
rissem ordinato breviter voluminis teztu explicarem. maxime cum reve-
rcntiam tuam perficiendo ad versus hos ipsos paganos undecimo libro (de
civ. dei, s. oben 434, 10) insistentcm, quorum iam decem . . elati sunt, ..
levi -opusculo occupari non oporteret, . . dedi operam etc. . . ut merito
hac scrutatione claruerit regnasse mortem avidam sanguinis dum ignoratnr
religio, . . ista illuscente illam constupuisse. Zu diesem Zwecke wählt
Or. bei Verschiedenheit der Darstellungen in seinen Quellen inuncr die
blutigste und steigert iKrohl auch absichtlich . die Greuel. Beilorum misc-
rias gibt III praef. als Inhalt an; worauf sich vielleicht auch das dunkle
ormesta u. dgl. der Ueberschrifb in einigen Hdss. bezieht (moesta mundi
oder Orosii miseriae mundi); s. Mömer p. 178— 181.
3. Oros. I, 21 extr.: quoniam spopondisse me memini . . dicturam
me esse ab orbe condito usque ad urbem conditam, huic volumini, quod
ab orbe condito explicuimus, iinis hie sit. B. II führt die römische Ge-
schichte bis zur Eroberung Roms durch die Gallier und berichtet die gleich-
zeitigen sonstigen Ereignisse von der Ereiferung Babylons durch Kyrus
bis zur Schlacht bei Eunaxa; B. III reicht bis J. 280 v. Chr.; B. lY: vou
den Kämpfen mit Pyrrhus bis zur Zerstörung Earthago's; B. Y: von der
Zerstörung Korinths bis zum ersten Bürgerkrieg; VI: vom mithridatischen
Kriege bis Angnstus und Christi Greburt; VII: Kaisergeschichte bis auf die
Gegenwart (Vallia) mit besonderer Berücksichtigung der Geschichte der
christlichen Kirche. Diese Eintheilung ist das Beste am Werke, trotzdem
dass die Siebenzahl der Bücher wohl ihre Wurzel im Aberglauben hat (VH,
2 : septenariuB ille numerus quo iudicantur omnia) und die auf das Buch
Daniel gegründete Unterscheidung von vier Weltmonarchien nach den vier
Himmelsgegenden (babylonische, römische, makedonische, karthagische) zu
Zeiten störend dazwischentritt. Auch die synchronistische Anlage und das
Interesse für die Chronologie (Zahlen) ist löblich, obwohl letztere Seite
ohne Plan und mit vielen Irrthümem durchgeführt. Mit seiner Quelle, der
Chronik des Eusebius, folgt Or. für die Zeit vor Chr. der catonischen Aeia
[Korn 752); fQr die Kaiserzeit gibt er nur (rund) die Begierung^jahre der
448. Oroßius. 1035
einzelnen Kaiser an. Mörner p. 67—82. Was auf Spanien Bezug bat wird
immer mit besonderer Vorliebe behandelt, auch in Vor- und Nachworten
zu den einzelnen Büchern erbauliche Betrachtungen reichlich angestellt.
Bewusstscin Bürger des römischen Reichs und Christ zu sein bes. V, 1 f.
4. Sorgfältige Erörterung der Quellen de« Orosius bei Mörner p. 49
— 165. Orosius möchte gern deii Schein erregen als hätte er eine Menge
von Büchern für sein Werk benützt, schreibt desshalb aus seinen Quellen be-
sonders gern solche Stellen ab worin andere Schriftsteller genannt werden
(z. B. VII, 10 aus Tac. Bist, die Erwähnung des Sallust), und gedenkt
daher vieler Griechen und Römer (wie Piaton, Polybios, Paläphatos, Fha-
nokles; Fabius, Claudius, Valerius Antias, Galba, Pompoius Trogus; auch
Josephus) die er sicherlich nie in Händen gehabt hat, zumal da er des
Griechischen kaum mächtig war. In Wahrheit aber hat er nur wenige
benützt, und zwar (mit Ausnahme eines Theils von Tac. Hist.) lauter solche die
wir noch besitzen, so dass wir sein Verfahren controlieren können, auch da wo
er seine wirkliche Quelle nicht nennt, was bei ihm die Regel ist. Benützt
und gelegentlich genannt hat er das A. u. N. T. , Livius, Justinus, Tacitus,
Sueton, Eutropius; benützt und nie genannt Eusebius in der Bearbeitung
des llieronymus, Florus und eine Kosmographie. Die Grundlage für die
Anordnung bildet Eusebius-Hieronymus; für die römische Geschichte dient
als Quelle bald die ausführlichere Darstellung des Livius, bald die Abrisse
zuerst des Florus, dann immer mehr Eutropius; für die ausserrömische Ju-
stinus; bei der Kaiserzeit Eutropius und daneben Tacitus und Sueton. Für
die Geschichte der Eroberung Galliens ist auch Caesars b. g. benützt, doch
so dass Or. es für ein Werk des Sueton hält; s. VI, 7: hanc historiam
Suetonius Tranquillus plenissime explicuit, cuius nos competentes portiun-
culas decerpsimus (Mörner p. 148—152, vgl. oben 193, 1 E.).
5. Die Flüchtigkeit der Quellenbenützung hat zahlreiche Missver-
ständnisse, doppelte Erwähnung derselben Thatsache aus zweierlei Quellen,
Verwechslungen und dgl. zur Folge gehabt; vgl. U. Köhler, qua rat. Livii
ann. p. 42 — 46. 95 — 98. Or. hat auch selbst das Gefühl dass er seiner Auf-
gabe nicht gewachsen sei; vgl, z. B. III praef.: repcto . . nee omnia nee
per omnia posse quae gesta et sicut gesta sunt explicari, quoniam magna
atque innumera copiosissime et a plurimis scripta sunt. . . praeterea ex
hac ipsa de qua queror abundantia angustia oritur mihi et concludit me
sollicitudo nodosior, die Schwierigkeit sowohl den Vorwurf der ünvoll-
ständigkeit als der Undeutlichkeit zu vermeiden.
6. Auf die Bildung und Ausdrucksweise des Or. waren von Einfluss
Vergil (Mörner p. 177 f.) und später Augustinus (ib. p. 52 — 65). Auch Kennt-
niss des Lucanus (VI, 1 extr.) und des Cicero verräth sich (Mörner p. 177),
wie überhaupt rhetorische Bildung. Durch die Quellen die er gerade aus-
schreibt ist sein Stil im Einzelnen bedingt; wo er selber spricht geräth Or.
meist in pastorale Breite und Salbung hinein, verwickelt sich auch leicht
in seinen Perioden.
7. Schlusswort (VII, 43 extr.) : explicui adiuvante Christo secundum tunm
praeceptum, beatissime pater Augustine, ab initio mundi usque in praesentem
diem, h. e. per annos MMMMMDCXVII, cupiditates et punitiones hominnm
Die Kaiscncit. Fünitee Jahrhundert. Erst« Hältlc.
ram, conflictationea eaeculi ei iudicia det quam, breviiüme et qaiua
iMime potni. . . de quolitAte autem opueciüoruin tn Tideris, qni prtte-
tibi uliadicanda si edas, per t« iudicata ei deleas. Die 5filT Jahre
auf J. 418 ab Zeit dea Abschlaaaes hin (Geb. Chr. J. 5199 d. W.);
I, 4t: iimptae sunt Hispuniae. . . nihil quidem novum, hoc enim
er biennium . . eustiunere a barbaria quod per CC quoDdam aono»
fuerunt a Boroanis. Die Abfassung des grBBKren Theila ßllt aber
'or die Beise nach Paiftitina, bald na*^ der Ankunft bei Angostiii
nunc me A&ioa excepit), in deuen Nähe und vielleicht aus den
von deraen Bibliothek später auch das Weitere schrieben wnrde.
ologeticuB de arbitrii libertate ist in Palästina am Ende d. J. 41&
i {Mömer p. 23 f. 29 f.).
Die orthodoxe Haltung des Or. trnd seine Beiiehung tn Angiwtin
dem Geschichteabrisse lange zu groHser Empfehlung. EOnig Alfred
in im Angel sächsiBcbe fibersetzen [herausgeg. von D. Banington,
1778, und von J. Borsworth, London I8&61 vgL R. Panli, E. Al&ed
ff. 307 ff.). Dahei auch zahlreicfae Handschriften, von saec. VII an
rem und Laoo); aus saec. IX solche zu Chartre« und Donaneschin-
iH saec. X Vat. 1974. Eine methodische Yerwerthnng derselben ist
Dch nicht unternommen. Beiträge zur Teitkrifdk Ton E. Grubitz
atdones Orosianae, Naumburg 1S36. 4.) und ü. EOhler (Philolngna
!. 663—666).
Ed. princeps per Jo. SchQitsleT, Augsburg 1471. fol. Sintere Aoe-
ficent. c. 1476 fol.; von G. SoUuinge (Köln 1626. fol.), Fr. Fabri-
)ln 1661 u. sonst) und besonders S. Uavercamp (Lngd. B. 1T3B ond
.). Abdrücke auch in der Bibl. patr. max. VI, p. 376 ff., in Gal-
ibl. patr. IX, und in Higne's patrol. t XXSI. (1646.) p. 636—1212
apol.) u. p. 1312-1216 (Commonitorium). Ad fid. rec. Havercampi
1867.
Hauptschrift: Th. v. MOmer, de Oroeii vita eiueque historiarum
II adversna paganos, Berlin 1844. 182 pp. Auch vgl. B. Ceillier,
a. des aut, XIV. p. 1 — 10. G. F. H. Beck, de Orosii historici fon-
anctoritate (Harburg 1832) p, 1—9. E. Mejean, Paul Orose et son
Üqae contre les palens, Strassburg 1862. 33 pp. Thise.
L9. Unter den übrigen Anhängern Äugustins in seinem
e gegen den Pel^anismus war mit Wort und Schrift
ler eifrigsten Marina Mercator; ausserdem der Bischof von
go Aurehus, sowie Leporius, der Presbyter PauUnus ans
d u. A.
Augiutin. epist. 193 (aus Ende 418) an Mercator: lltteraa toae ein-
inveni et alium adverans novos haereticos librum. Herausgegeben
I erhaltenen Schriften des Harius Herc. studio Jo. Gamerii (Paris.
.), emend. St. Balnziua (Paris. 1684) und in den Sammelwerken vou
, (VUI. p. 615 ff.), Migne (Patrol. XLVIll) u. a.
Schreiben des Aurelias De damnatione Pelagü atque Coelestii in
448 ff. Orosius, LeporiuB, Cassianus u. A. 1037
Gamier'a Ausg. des Mercator, Gallandi bibl. VUI. p. 129 ff., Migne's Pa-
trol. XX u. a. Von seinem Nachfolger (seit J. 430) Capreolus Briefe gegen
die H&resie des Nestorius z. B. in Gallandi bibl. IX. p. 490 ff., Migne's
patrol. liTII. p. 843 ff.
3. Gennad. ill. 69: Leporius adhuc monachus, posiea presbyter, . .
pelagiannm dogma coeperat sequi, sed a gallicanis doctoribns admonitus
et in Africa per Augnstinum a deo emendatus scripsit Emendationis snae
libellnm, in quo et satisfacit de erroribus et gratias agit de emendatione.
Abgedruckt in Gamiers Ansg. des Mercator (I. p. 224 ff.) und in den pa-
tristischen Sammelwerken, z. B. Gallandi bibl. IX, Migne's Patrol. XXXI.
4. Casaian. de incarn. dom. 7: Panlinus presbyter, nou ille No-
lanns episcopus, conscripsit s. Ambrosii vitam. Vgl. oben 427, 1. Abge-
druckt in den meisten Ausgaben der Werke des Ambrosius. Paulini Me-
diolanensis libellus adversus Caelestium Zosimo papae oblatus (ums J. 417)
und De benedictionibus patriarcharum z. B. in Gallandi bibl. patr. IX und
Migne's patrol. XX.
5. Briefwechsel des Evodius Uzalensis episcopus mit Augustin, Epist.
158—164. 169 = 98 — 102. 240 f. Die andern dem Evodius beigelegten
Schriften z. B. in Migne's Patrol. XXXI.
6. Ueber Prosper s. unten 463, 1 ff.
450, Auf der Gegenseite ist der bedeutendste Scliriftsteller42R
der eifrige Beförderer des Mönchswesens Joannes Cassianus
in Massilia^ welcher für den Anfanger der semipela^anischen
Richtung gilt. Wir besitzen von ihm noch drei Werke: De
institutis coenobiorum libri XTT; CollationeS; vierundzwanzig er-
bauliche Gespräche mit ägyptischen Mönchen; De incamatione
Christi libri VII. Gleichzeitige Sehrifts.teller, meist von dersel-
ben theologischen Richtung^ sind der Rhetor Victorinus aus
Massilia^ die Presbyter Philippus und Eucherius, der Bischof
Hilarius von Arles u. A. Von den drei Letzteren sind auch
Schriften auf uns gekommen^ sowie von dem Grammatiker Agroecius.
1. Gennad. ill. 61: Cassianus, natione Scytha, Constantinopoli a loanne
(Chrysostomus) magno episcopo diaconus ordinatus, apud Massiliam pres-
byter condit duo monasteria. . . scripsit, experientia magistrante, litterato
sermone et . . sensu verba inveniens et actione linguam movens res om-
nium monachorum professioni necessarias, i. e. De habitu monachi et De
canonico orationum modo atque Psalmorum qui in monasteriis Aegypti diu
noctuque tenentur libros III; Institutionum librum unum; De origine et
qualitate ac remediis Vni principalium vitiorum libros VIII, singulos sei-
licet de singulis ritiis ezpediens. digessit etiam GoUationes cum patribus
aegyptiis habitas. . . et ad extremum rogatus a Leone urbis Romae epi-
scopo (damals noch archidiaconus) scripsit adversus Nestorium De incar-
1038 Die Kaiserzeit. Fflnftes Jahrhundert. Erste Hälfte.
natione domini libros VII et in his Bcribendis apud Massiliam et vivendi
finem fecit, Tbeodosio et Valentiniano regnantibuB (also J. 426—450).
2. Ausgaben der Werke , des Casaianua opera et atud. Henr. Cuykii
(Antverp. 1678), AI. Gazaei (Atreb. 1C28 fol. u. aoust) und in den patriati-
8chen Sammelwerken, z. B. Migne'a Fatrol. XLIX und L (Paria 18 6). Ueber
eine Handachrift der Collationea a. oben 399, 4.
3. Ueber Casaianua vgl. bea. Voss. hiat. pelag. I, 7. Norisins bist.
pel. U, 1 fiP. G. F. Wiggera, de lo. Caaa. Maaail. qui aemipelagianiami aactor
vulgo perhibetur, Rostock 1824 f. 4. und in Erach und Grubera Enc. I, 21.
S. 105 ff. J. Geffken, hiatoria aemipelagianismi antiquissima, Gotting.
1826. 4. G. Kaufmann in Raumers hist. Taschenb. 1869, S. 64 — 73.
4. Gennad. ill. 60: Victorinus (Var. Victorius) rhetor MassiliensiB
ad filii Bui Aetherii peraonam commentatua eat in Geneaim, i. e. a princi-
pio libri usque ad obitum patr. Abrahae, trea diveraos edidit libroa, chri-
stiano quidem et pio aensu, aed utpote aaeculari litteratura occupatua homo
et nulliua magiaterio in divinia acripturia exercitatua levioria ponderis sen-
tentiam figuravit. moritur Theodoaio et Valentiano regnantibus. Vgl. unten
457, 5. 459, 13.
5. Gennad. ill. 62: Philippua preabytcr, optimua auditor Hieronymi,
coramentatus in lob edidit sermone aimplici librum. legi eiua et Familiä-
res epiatolaa et valde aalaaa et maxime ad paupertatis et dolorum toleran-
tiam exhortatoriaa. moritur Marciano (J. 450 — 457) et Avito (J. 455 f.)
regnantibus, also J. 455 oder 456. Sein Commentar zu Job (in hiatoriam
Job commentariorum libri III) berausgeg. (von J. Sichard) Basil. 1527 und
in den Werken des Hieronymus (z. B. in Migne's Patrol. XXIII. p. 1401 ff.).
6. Gennad. ill. 63: Euch er ins, Lugdunensis ecclesiae presbyter (Bi-
schof seit 434), scripsit ad Valerianum propinquum suum De contemtu
mundi et saecularis philosophiae epistolam unam, scholastico aermone et
rationabili. disseruit etiam ad personam filiorum Salonii et Veranii, postea
cpiscoporum (s. 462, 11), obscura quaeque sanctarum capitula scripturarnm.
sed et Caasiani quaedam opuscula lato tensa sermone angusto verbi resolvens
tramite in unum coegit volumen, aliaque tarn ecclesiasticis quam monaaticis
Htudiis necessaria. moritur sub Valentiniano (J. 425 — 455) et Marciano
(J. 450 — 457) principibus (also zwiachen 450 und 455). Anagaben aeiner
Schriften e recogn. B. Rhenani (Basil. 1516. 4.), cum acholiia Eraami Rot.
(i3asil. 1530. 4.), sowie in den patristischen Sammelwerken, z. B. von Migne
(Patrol. L). Ueber eine Schrift von ihm s. Salvian. epist. 8.
7. Gennad. ill. 69: Hilarius, Arelatensis episcopus (seit 429), vir in
sanctis scripturis doctus, paupertatis amator, . . homo genere clarus. . . in-
gcnio immortali aliqua et parva edidit, quae fidelis animae et eruditae
linguae indicio sunt, in quibus praecipue . . vitam scti Honorati (vgL un-
ten 462, 7), praedecessoris sui, composuit. moritur Valentiniano et Mar-
ciano regnantibus (also 450—455). Abgedruckt ist diese vita z. B. an Sa-
unas Ausg. des Vincent. Lerin., in Migne's Patrol. L. Vier Verse von ihm
Anthol. lat. 487 R. (II. p. 37). Prosper an Augustin. (ep. 225, 9): unum
eonim (der hochgestellten Halbpelagianer) praecipuae auctoritatis et apiri-
450 f. Eucherius, Hilariua u. A. Vincentius Lerinensis. 1039
tualium stadiomm Tirnm, sanctum Hilarium ArelateDseta episcopnm, sciat
beatitudo tua admiratorem sectatoremque iu aüia omnibus tuae esse doctri-
nae. Kampf des Gallicani&mns und BomanismuB in der Person Ton H,
und Leo I, s. Leo's Epist. 10 f.
8. Von Hilarius' Schwager Lupns, Bischof von Troyes (ei)isc. Tre-
censis) J. 429 — 479, Briefe in Gallandi bibl. patr. IX. p. 516 if. und Migne^s
patrol. LVm. p. C3 ff.
9. Predigten (sermones) und Briefe von Petrus Chrysologus (um 405
—450) aus Imola, Bischof von Ravenna seit 433, in defr Ausg. von Dom.
Mita (Bonon. 1643. 4. Venet. 1742 fol.); rec. Seb. Pauli (Venet. 1750 fol.),
in Migne's Patrol. LII u. sonst. Brief an den Presbyter Eutyches ib. L1V.
p. 739 ff.
10. Predigten von Valerianus, Abt auf Lerinum, Bischof von Gemele
(bei Nizza) ums J. 440, nebst einer Epistola ad monachos de virtutibus et
ordine doctrinae apostolicae, herausgeg. von Sirmond (Paris. 1612), ia Mita's
Ausg. des Petrus (A. 9), Gallandi bibl. X. p. 123 ff., Migne's Patrol. LII.
11. Dem Bischof Eucherius (A. 6) widmete (wohl in Gallien) Agroe-
ciuB sein opus de orthographia et proprietate et differentia sermonis, wel-
ches einen Anhang zu dem betr. Werke des Flavins Caper (oben 338^ 3)
bilden sollte. Vgl. p. 2266 P.: huic Capri libello . . quaedam adicienda
subieci, non quod vir tantae peritiae aliquid praetermiserit, tam multis
praesertim litterarum operibus celebratus, qui in commentando etiam Cice-
rone praecipuus, sed quia nos difficilia putamus quae ille ut facilia ne-
glexit. Das Ganze in Putsche's gramm. lat. p. 2266 — 2275. Vgl. Apoll.
Sidon. VII, 5. Prob. zuVerg. Ecl. V, 80. F. Osann^ comm. de Fl. Capro et
Agroecio grammaticis (Giessen 1849. 4.) p. 4 f. 20. Brambach, lat. Orthogr.
S. 44 f.
451. Im J. 434 verfasste Vincentius aus Lerinum unter429
dem Namen Peregrinus sein Commonitorium, eine Mahnung
zum Festhalten an der echten katholischen^ auf Schrift und Tra-
dition gegründeten Lehre und Warnung vor den Ketzereien aller
Art, in einfacher und verhaltnissmässig gebildeter Sprache. Unver-
kennbar findet auch Vinc. Augustins Richtung allzuschroff und
einseitig und bekennt sich zu einem gemilderten Pelagianismus.
1. Gennad. ill. 64: Yincentins, natione Gallus (aus Nordfrankreich),
apud monaaterium Lerinensis insolae (bei Nizza) presbyter, vir in scripturia
sanctis doctus et notitia ecclesiasticorum dogmatum snfQcienter instmctus,
composuit ad evitanda haereticorum collegia nitido satis et aperto sermone
validissimam dispntationem , quam absconso nomine suo titolavit Peregriui
adversns haereticos (vgl. A. 2). cuius operis quia secundi libri maximam
in schedulis partem a quibusdam furatam perdidit, recapitulato eins paucis
sermonibns sensn pristino, composuit et uno in libro edidit. moritur Theo-
dosio et Yalentiniano regnantibus (also J. 426 — 450).
2. Vincent, comm. praef.: videtur mihi minimo omnium servomm
I Die KaiBerzeit. FünfteB Jahrhundert. Erat« Hälft«.
eregriDO qaod res non miniiaae titilitatis . . fatnrft ät 8i.eft qoae fide-
a eauctis patribns accepi litteris cotnprebendam. . . remottorn lillnlae
ea secretam monast«rii iDColimiis babitacnlnm. . . cum aliqoUDdiu
ac triatibue »ftecularie militiac turbiuibuH voWeremuT taadem nos iu
m religionia . . coadidimaH. . . hoc ecribeadi l«ge serrata nt nequa-
omnia, aed tantnm neceBsaria qoaeque perstritigam, neqae id onato
ücto, eed facili commuDiqne senuone. . . me enblevandae recordatio-
}| potiuB oblivionig meae gratia Commooitoriain mihimat parasae nif-
t. 42 in.: eiemplum adhibuimna a&Dcti concilü quod ante trienniam
in Aaia apud Ephesum celebratum eat tv. cc. BasBO Autiochoque
(J. 431). c. 40: iam tenpuB eat iit pollicitum proferamue exemplntn,
t quomodo Banctoram patmm gententiae congregatae aint, at aeeun-
eas . . fidei regula Egeretur. qaod quo commodina fiat hie Bit üun
commonitorii modua, at cetera quae aeqanntur ab alio Bumamna ex-
Dieaea zweite commonitoTimn iat aber biB auf die Recapitnlation
uhluBBe (c. 41 — 43) Tarloren gegangen; Tgl. c, 41 in.: iam ternpu est
quae duobua hia commonitorÜB dicta aunt in hoiaa secandi fine re-
ilemoB. Scbloaa (c. 43): baec aunt fere quae duobuB commooitoriia
diaerta aliquanto nunc brcTiiis recapituiaadi lege cODstricta Boot,
rmoria mea . , prolizitatis fastidio uon obruatur.
, Definition dee Eatholiichen c. 3: id qnod ubique, quod semper,
ab omuibuB credituoi eBt. Alle novitai ist daher dem Tino. rerdBch-
ad gauK nach seinem Sinne das Wort des Caeleatinus: desinat incea-
lovitae Tetustatem (c. 43). Ygl. 39; eorum dumtaiat patmm senten-
onferendae aunt qui in fide et communione cathulica aancte . . TiTentee
iri in Christe fideliter . . meruerant quibus tarnen hac lege creden-
ist ut quidqnid vet omnes Tel plures uno eodernque aeuau manifeste,
nter, perseveranter . . firmaTerint, id pro indubitate, certo ratoqne
turj quidqoid vero, qnamvis ille aanctuB et doctuB, qnamTis epiacopos,
rie oonfeaaor et maii^r, praeter omnes aat etiam contra omnee aen~
id inter proprias et occnltas et privatas opiniuncalas . . secretam sit
aeretici) audent polliceri et docere quod in eccteaia sna . . magna
cialia ac plane personalis quaedam ait dei gratia, adeo ut sine nllo
, etiamsi nee petant nee qnaerant nee pulaent, quicnmque illi ad na-
1 auum pertinent . . nnmquam pOBBint offendere. Dieas hat offenbare
nng auf Ängustiu de dono peraeT. 23; falluntur qai putant eaae
B, non dari nobis, at petemua, quaeramaa, pulsemaa. Zu weit geht
'^oHBias, bist, pelag. I, 9: comiDonitorinm adverBas Aagnatinnm ipaum
i galt4)in qai Auguatini sententiam aequerentur soripsiaBe Tineentinni
lamuB. Aehnlich Noriaiua und A. Neander, Eirchengeach. 11, 3. S. 132T.
lod VincentiuB und eeine MeinungagenosBen ihre Lehre retaatate de-
t (PrOBper epiat. ad August, vom J. 428 oder 429) und Angaatins
tinationatehre als eine individuelle Neaerang (Häresie) beieichneten
er 1. 1.; multi qai in MaBsilienBi urbe conaiBtunt in . . aoriptis qnae
US PelagiaiiOB condidiati contrariam patent patrum opinioni et ec-
tico aensui qnidqnid de vocatione electemm secundum dei propoBitam
utj), so wurden aic seibat von augustinischer Seite als Semipelagia-
451 f. Vincentius Lerinensis. Leo M. 1041
ner verdächtigt. Gegen den Pelagianer Julianus (oben 437, 4) spricht sich
VincentiuB aus, common. 40..
4. Ausgaben bes. von G. Calixtus (Helmstedt 1629. 1655), St. Balu-
zius (mit Salvianus, Paris 1663 u. sonst), E. Klüpfel (notis illustr. und mit
78 pp. prolegg., Vienn. 1809), in Migne's patrolog. L u. A.
5. Die beabsichtigte Schrift über die Trinität (common. 22 extr.)
scheint Yinc. nicht verfasst zu haben. Dagegen auf seine weitere Bethei-
ligung an den pelagianischen Streitigkeiten deutet die Gegenschrift Pro-
spers, betitelt pro Augustino responsiohes ad capitula (XVI) obiectionum
Vincentianarum. Aus ähnlichem Kreise, obwohl nicht von Vinc. selbst,
stammen die drei Bücher Praedestinatus (ed. Sirmond, Paris. 1643; in
Migne's Patrol. LIII. p. 587 fP.). Ebenso wenig rührt von Yinc. her das
symbolum Quicumque. £.' Klüpfel p. 56 — 71.
452. Ebenso wichtig durch ihren Inhalt wie anziehen(l430
durch ihre .Form sind die Schriften des Gründers der päpstlichen
Macht, des römischen Bischofs Leo I (der Grosse), J, 440 — 461.
Sie bestehen theils aus Festpredigten (sermones) theils aus Briefen,
letztere fast aus der ganzen Zeit seines Episkopats, den Jahren
442 — 460. Leo zeigt sich darin gleich sehr als scharfer Denker
wie gewiegter Geschäftsmann und vollendeter Stilist, nicht minder
klug als energisch; in seinen Zielen unerschütterlich, in den
Wegen dazu erfinderisch, fein und wohlberechnend; in praktischen
Fragen massyoU und billig, im Dogmatischen von sicherer
Fühlung und das einmal Festgesetzte mit zäher Ausdauer gegen
alle Abweichungen verfechtend, vor Allem aber eifersüchtig
wachend über die von ihm in Anspruch genommenen Vorrechte.
Seine Sprache ist gewandt, rein und geschmackvoll.
1. Gennad. ill. 70: Leo, urbis Romae episcopua (J, 440 — 461), scripsit
ad Flavianum, Constantinopolitanae ecclesiae episcopum, adversus Eutychen
presbyterum . . epistolam. moritur Leone et Maioriano imperatoribus
(10. November 461). Erstes Auftreten als Akoluth J. 418, also geboren etwa
395. Jenes Schreiben an Flavianus (Epist. 28) über das Yerhältniss der
zwei Naturen in Christus wurde die Grundlage der Beschlüsse auf der
Synode von Chalkedon (J. 451) und erhielt allmählich symbolischen Charakter.
Noch ausführlicher ist das Schreiben an Kaiser Leo (Epist. 165) vom J. 458
zur Rechtfertigung des ersten (und der Beschlüsse von Chalkedon) aus
Schrift und Tradition. Die Ansprüche des rOm. Episcopats auf den Primat
sind besonders klar ausgedrückt Epist. 16 und 156, 2. Markianos erkennt
auch nach seiner Thronbesteigung Leo's principatus in episcopatu an (epist.
73). Seine eigene Person hütete sich Leo weislich den Intriken und
Stürmen der Synoden des Ostens auszusetzen. Dagegen verlangte er von
den Bischofen regelmässige Berichte über alle wichtigeren kirchlichen Vor-
Tmüvwml^ B6id. Literainrgeachichte. 2. Aufl. qq
'1".
■■ar ■■•
S^-
1042
Die Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert. Erste Hälfte.
^bige, trat energisch jeder £egnng von Selbständigkeit (wie von Hilarioa
Arelat. und Anatolius Cpol.) als ambitus (ep. 104 — lOG. 157 , 4) entgegen
und rief dazu auch den weltlichen Arm auf (ep. 11. 24 u. sonst).
2. Den Kaisern gegenüber weiss Leo sachliche Schärfe mit yerbind-
liebster Form zu paaren; er ent£altet grosse Geschicklichkeit und wunder-
bare Bührigkeity und versteht sich namentlich auch auf die kleinen Eänete
der Diplomatie. Nie ^st er in einer wichtigeren Sache ein Schreiben an
den Ejüser abgehen ohne gleichseitig eines an die Kaiserin und den bei
Hof einflussreichsten Priester (nebst einer Abschrift seiner Briefe an die
Majestäten) abzusenden. Als es (J. 449) galt den Kaiser Theodosius von
beiner Unterstützung des alexandrinischen Bischofs Dioskoros und der sog.
Räubersynode von Ephesus abzubringen (Epist. 43 f.) schrieb Leo nicht nur
zugleich an* die Kaiserin Pulcheria (46) und lulianus episcopus CoensiB
(quem in speculis propter fidem iUic esse constitui, ep. 134, 2 vgl. 136, 3)
und andere in Constantinopel vielvermögende Männer, sondern liess überdiess
den Kaiser und die Kaiserin bearbeiten durch Schreiben des (westL) Kaisers
Valentinianus (55) nnd der Kaiserin Galla Placidia (56. 58), sowie der Licinia
Eudoxia (57), Schreiben welche wohl mit gutem Grunde in die Sammlung
der Briefe Leo's aufgenommen sind. Auch unter Markianos bleiben Pul-
cheria UQd Julianus die Kanäle durch welche Leo auf den schwachen-
Kaiser einwirkt; einmal (ep. 123) wird auch Eudokia mit aufboten; unter
Kaiser Leo ist derjenige welcher zu opportunae suggestiones bei demselben
aufgefordert wird der Presbyter A§tius, und auch der allmächtige patrieius
Aspar wird nicht vergessen (ep. 153, 1). Bezeichnend epist. 140 (J. 454)
über Markianos: multis experimentis probavimus eam esse gloriosiaaimi
Augusti fidem ut tunc maxime se arbitretur regno suo consnlere cum pxae-
cipue studuerit pro integritate ecclesiae laborare, und ep. 156, 3 an K, Leo
(J. 457): debes incunctanter advertere regiam potestatem tibi non ad solnm
mundi regimen sed maxime ad ecclesiae praesidium eese collatson.
3. Das Interesse der kirchlichen Einheit macht den Leo zu einem
unerbittlichen Hüter der orthodoxen Lehre; vgl Ep. 165, 2: catholica fides,
quae est singularis et vera cuique nihil addi, nihil minui potest. In Fragen
des Lebens aber ist er von lUgorismus und Pedanterie frei; vgl. z. B. ep. 159.
167 f. P. C. Baur, die christl. Kirche im 4—6 Jahrh. (Tübi. 1863) S. 114
—116. 238—243. 246 f. 248 f.
4. Der erhaltenen sermones von Leo sind es 96, meist von verstän-
diger Kürze, wie auch die 173 Briefe von überflüssiger Breite sich fem
halten. Die ersteren verrathen rhetorische Schulung. Die Reinheit der
Sprache geht bei Leo nicht bis zur Classicität (spätlateinische Worte nnd
Wendungen wie aliquanti homines, obviare, fiducialiter, pervaaor, sabad-
iuva, tribulatio sind nicht selten), aber für diese Zeit ist sie bewunderns-
würdig und lässt 4^i^&u^ schliessen dass Leo ein geborener Römer von
gutem Hause und angeborenem Formgefühle war.
5. Schriften die dem Leo mit Unrecht zugeschrieben werden : Capitata
B. praeteritorum sedis apostolicae episcoporum auctoritates (aus J. 431);
De vocatipne omniiun gentium; Epistola ad Demetriadem, s. de humilitate
h^ ■
462 f. Leo M. Prosper. 1043
tractatus; Sacramentarinm oder codex sacramentoram vetiu romanae ec-
clesiae; Breviarium adversus haereticos.
6. Hauptaasgaben der Werke Leo's yon PaschasiuB Quesnellus (Paris.
1676. 2 Voll. 4. Lugd. 1700. 2 Voll, fol.) und cur. P. et Hieron. fratr.
Balleriniis (Venet. 1766 flF. 3 Voll. fol.). Damach in Migne'a Patrol. LIV
— LVI. Die Briefe auch in den Conciliensammlungen.
7. Abhandlungen Über Leo bee. von Quesnelle und Ballerini in ihren
Ausgaben. A. Arendt, Leo der Grosse und seine Zeit, Mainz 1836.
463. In dogmatischer Beziehung ein eifriger Anhänger43i
Augustins war der Aquitanier Prosper, von welchem wir ausser
Streitschriften gegen die Pel^^aner und Semipelagianer und
Gedichten ähnlichen Inhaltes besonders eine Chronik besitzen,
welche sich genau an die des Hieronymus anschliesst, sie vom
J. 379 — 455 n. Chr. fortsetzt und selbst später von Andern fort-
gesetzt und abgekürzt wurde. Das Verzeichniss der Consuhi vom
J. 29 n. Chr. an ist der einzige Bestandtheil derselben welcher aus
Quellen geflossen ist die uns nicht mehr zugänglich sind. Von
den übrigen christlichen Schriftstellern ist besonders der Schotte
Patricius erwähnenswerth.
1. Gennad. ilL 84: Prosper, homo aquitanicae regionis, sermone
scholasticus et assertionibus nervosus, multa composuisse dicitur. ex quibus
ego Chronica illius nomine praetitulata legi, continentia a primi hominis
conditione . . usque ad obitum Yalentiniani Aug. et captivitatem urbis Bomae
a G^nserico Yandalorum rege factam (ebenso Cassiod. diy. lect. 17). legi
et librum adyersuB opuscula sub persona Cassiani (oben 460). . . epistolae
quoque papae Leonis adversus Eutychen de vera Christi incamatione ad
diverses datae et ab ipso dictatae dicuntur. Schreiben Prosper^s an Au-
gustin (ignotuB quidem facie) vom J. 428 oder 429, über die Reste von
PelagianismuB in Gallien, unter Augustin. Epp. 226; vgl. ib. 226 den ähn-
lichen Brief von Prosper's Freund Hilarius, sowie Prosper's an Bufinus,
opp. Augustini, append. X. p. 109 ff. Gleichfalls in Augustinus Werke (und
Migne's patrol. LI) aufgenommen sind Prosper's pro Augustino responsiones
ad capitula obiectionum Gallorum calumniantium , ad cap. obiect. Yincen-
tianarum (oben 451, 8), ad excerpta quae de gennensi civitate sunt missa,
und besonders seine Schrift De gratia dei et libero arbitrio. Ausserdem
ein Auszug aus Augustinus Commentar zu den Psalmen und der dogmatisch
wichtigsten Ausspruche in dessen Werken. Einen Theil der letzteren be-
arbeitete Prosper auch im elegischen Masse (106 Epigramme). Vgl. Riese's
Anthol. lai IL p. XII.
2. Prosper's Werke herausgegeben von den Benedictinem (Paris ITll.
fol.) » Migne U. Seine Chronik vollständig herausgegeben von Labbe,
nova bibl. ms. (Paris 1667. fol.) und in Roncalli's vetustorum latinorom
scriptorum chronica (Padua 1787. 2 Voll. 4.) I. p. 522 ff. Vgl. v. d. Hagen,
observationes in Prosp. Aq. chronicon, Amsterd. 1733. 4. Das Consulnver-
66*
1044 Die Kauerzeit. Fünftes Jahrhundert. Erste Hälfle. .
zeichniw bei Mommsen, d. Chronik des Cassiodor (Abhandl. d. sächs. Ges.
d. W. YlII »- philoUhiat CL' IIL Leipzig 1861) S. 661—674. Vgl. dort
S. 663 f. Anm. S. 660 (die Chronik ein „schlechtes Machwerk*'). 675 f. G>ini
Ganzen genommen ist diese spätere fromme Chronologie mit einer nns
kaom begreiflichen Gewissenlosigkeit zarecht gemacht worden**). Eine ab-
gekürzte Bedaction des Schlossstückes von Prosper's Chronik ist der von
Canisins nach einer Angsborger Hdschr. herausgegebene sog. Prosper Au-
gustanus. H. Fernow, romanische Elemente im Chron. d. Pr. Aq., in Ebert>
Lembcke*8 Jahrb. f. roman. Lit. XI (1870). S. 267—280.
3. Wie Prosper die Chronik des Hieronymns ausschreibt und fort-
setzt, so wurde er selbst ausgebeutet in der Ostertafel des Victorius Aqui-
tanius, aus welcher dann Cassiodor in ähnlicher Weise schöpfte. Mommsen
a. a. 0. S. 566. Prosperi Aquitani Chronici continuator Hayniensis; nunc
primum edidit G. Hille, Berlin 1866. 37 pp. Ueber die Zeitzer Ostertafel
vom J. 447 vgl. Mommsen, Abhandl. d. Berl. Akad. 1862. S. 639—566.
4. Prosper verfasste ferner ein didaktisches Gedicht de ingratis in
yier Theilen (zusammen von 1002 Hexametern), geschrieben ums J. 430, bei
Lebzeiten Augustins (v. 90 ff.), und gerichtet gegen das dogma quod . . pe-
stifero vomuit coluber sermone Britannus (Pelagius). Vgl. 693. praef. 1 ff.:
unde voluntatis sanctae subsistat origo, unde animis pietas insit et unde
fides Adversum ingratos (die göttl. Gnade nicht anerkennend) falsa et vir-
tute (Werkheiligkeit) superbos centenis decies versibus ezposui. Der
trockene Stoff iet mit Lebendigkeit, Eifer und in einer Form behandelt
welche zwar die feineren Gesetze über Cäsur, Verschleifung u. s. w. nicht
befolgt, wohl aber (mit seltenen Ausnahmen, wie aliud 239) die ordinären,
und von Eenntniss auch heidnischer Dichter sowie rhetorischer Bildung
zeugt. Archaismen wie nascier (10) und mage (962) nach Versbedürfniss.
Ausserdem zwei Epigramme (im elegischen Masse) wider einen literarischen
Gegner Augustinus und Vertheidiger der menschlichen Willensfreiheit, sowie
ein Epitaph auf die (angeblich engverwandte) nestorianische und pela-
gianiscbe Häresie. Vorwort der 106 dogmatischen Epigramme (s. A. 1 £.):
Dum sacris mentem placet exercere loquelis . . quosdam ceu prato libuit
decerpere Acres distinctisque ipsos texere versiculis. Ueber Pr. vgl. F.
Papencordt, vandal. Herrschaft (1837) S. 355—358.
5. Unter den mit zweifelhaftem Ilechte dem Prosper Aquit. zuge-
schriebenen Arbeiten ist besonders erwähnenswerth ein Gedicht worin der
Redende seine Gattin . ermahnt sich mit ihm ganz Gott zu weihen. Es be-
ginnt mit 16 zierlichen Anakreonteen in 4 Strophen (auch bei Beda p. 2379
P. und Wernsdorf, poetae lat. min. III. p. 413 f.) und verläuft dann im
elegischen Masse (116 Verse). Sodann ein Lehrgedicht de Providentia divina
(v. 97—972), mit Einleitung (v. 1 — 96) im elegischen Masse. Uebergang
(95 f.): at ne sermo moram patiatur ab impare versu, heroi numeris porrige
pentametrum. Dass es von Prosper Aq. nicht herrührt beweist schon seine
entschieden pelagianische Haltung. Vgl. z. B. 238 ff.: quia liber homo et
sapiens discernere rectis prava potest, in se intus habens discrimina re-
rum iusque voluntatis, quo temperat arbitrium mens. 554 ff. u. sonst Die
Darstellung ist gewandt, correct, aber breit und oft trivial.
453 f. ProBper Aquit. u.'A. Codex Theodosianus. 1045
»
6. Andere christliche Prosaiker der Zeit von welchen uns Schriften
in lateinischer Sprache erhalten sind. Patricius (geb. bei Glasgow, ur-
sprünglich Succath genannt), der bekannte Irenapostel (St. Patrik), Ver-
fasser einer confessio (bei Migne LIII. p. %01 — 814), von Briefen u. A.
(ib. p. 814—838); auch 31 Hexameter (Aufzählung von Prodigien) werden'
ihm zugeschrieben (Anthol. lat. 791 B.). Turribius Asturicensis (seit
447 Bischof), Verfasser eines Schreibens an die Bischöfe Idacius und Ceponius
gegen die Apokryphen und die Priscillianisten, abgedruckt hinter Leo's
epist. 15 (Migne LIV. p. 693 — 695). Leo Bituricensis (Bischof von Bourges),
von welchem sich gleichfalls ein Schreiben an die Bischöfe der provincia
in Lugd. (Turonica) unter den Briefen Leo's d. Gr. findet (Migne LIV).
7. Christliche Prosaiker des Westens ungefähr aus dieser Zeit, deren
Schriften nicht erhalten sind. Syagrius (Gennad. ill. 65); Paulinus (ib. 68);
Asclepius Afer, in baiensi territorio episcopus (ib. 73); Paulus presbyter,
natione . . Pannonius (ib. 75); Pastor episcopus (ib. 76); Victor, Cartennae
Mauritaniae civitatis episcopus (scripsit adversus Arianes librum unum
longum, quem Genserico regi . . obtulit etc., ib. 77); Voconius, Castellani
Mauritaniae oppidi episcopus (ib. 78); Musaeus, Massiliensis ecclesiae pres-
byter (moritur Leone et Maioriano regnantibus, ib. 79); Vincentius pres-
byter, et ipse natione Gallus (linguam habens usu loquendi et maiore
lectione politam, ib. 80).
8. Dictinii tractatus quos secundum Priscilliani dogma conscripsit
erwähnt Leo epist. 15, 16.
9. Gregor. Tnr. bist. Franc. II, 8: quid de Actio . . Renati Frigeridi nar-
rat Historia. . . cum in duodecimo Hiatoriarum libro referat . . adicit. Vgl.
ib. 9 : Benatus Profuturus Frigeridus, cum Bomam refert a Gothis captam
atque subversam, ait. Beide Male folgen längere Anführungen.
10. Ueber den Kalender des Polemius Silvius (aus J. 448 f.) s. oben
S, 114, A. 10.
454« Im Jahre 438 wurde nach neunjähriger Vorbepeitung432
durch eine Commission der codex Theodosianus fertig, eine
amtliche Sammlung der von den Kaisem seit Constantin er-
lassenen Verfügungen (ius principale). Er besteht aus sechszehn
Büchern, welche eine sachliche Ordnung befolgen, während in-
nerhalb der einzelnen Titel die kaiserlichen Verordnungen nach
ihrer Zeitfolge aufgeführt sind. Im oströmischen Reiche galt
die Sammlung mit ihren Nachträgen (novellae leges) bis sie in
die justinianische verarbeitet wurde; im Westen wurde sie bald
verkürzt, und das erste Drittel ist fast nur in solcher Abkürzung
auf uns gekommen.
1. Aus dem Einführungsgesetze des Cod. Theod. vom 15. Febr. 438:
electis viris nobilibus exploratae fidei, famosae doctrinae, quibus delegata
/
1046 Die Eaiserzeit. Fünftes Jahrhundert. Erste Hälfte.
causa civilis ofBcii, . . retro principum scita volgavirnus, ne iurisperitorum
ulterius severitate mentita, dissimulata scientia^ velut ab ipsis adytis ex-
pectarentur formidanda responsa. (3.) quam ob rem detersa nube volumi-
num in quibns multorum nihil explicantium aetates attritae sunt compen-
diosam diyalium constitutionum scientiam ex d. Constantini temporibus
roboramus, nuUi post kal. lan. (439) concessa licentia ad forum et quoti-
dianas advocationes ins principale deferre yel litis instrumenta componere
nisi ex bis videlicet libris, qui in nostri nominis vocabulum transierunt et
sacris habentur in scrimis. (7.) longum est memorare quid in huius con-
summationem negotii contulerit yigiliis suis Antiochus . . expraef. et ooe.,
quid Maximinus, . . Martjrius, quid etiam Sperantius, Apollodorus, Theo-
dorus, . . quid Epigenes, . . Procopius. Aus dem Protokoll des römischen
Senats vom J. 438: cum . . hanc quoque orbi suo . . d. n. Theodosius adi-
cere voluit dignitatem ut in unum collectis legum praeceptionibus sequenda
per orbem XVI librorum CQmpendio, quos sacratissimo suo nomine voluit
consecrari, constitui iuberet. Aus der Verordnung vom J. 429 (cod. Theod.
I, 1, 6): Ad similitudinem Gregöriani atque Hermogeniani codicis cunctas
colligi constitutiones decemimus quas Constantinus inclitus et post enm
divi principes nosque tulimus edictorum viribus aut sacra generalitate sub-
\ nixas. . . sed cum simplicius iustiusque sit praetermissis iis quas posteriores
infirmant explicari solas quas valere conveniet^ hunc quidem codicem . .
cognoscamus etc. ad tanti consummationem operis et contexendos Codices
(quorum primus omni generalium constitutione coUecta nuUaque extra se
quam iam proferre liceat pra^termissa inanem verborum copiam recusabit,
alter omni iuris diversitate exclusa magisterium vitae suscipiet) deligendi
viri'sunt singularis fidei, limatioris jngenii. . . Antiochum v. i. exquaest.
et praef. elegimus, Antiochum v. i. quaestorem s. pal., Theodorum, .'. Eu-
dicium et Eusebium, loannem^ . . Comazontem atque Eubulum, . . et
Apellem, virum disertissimum , scholasticum. hos a nostra perennitate
electos eruditissimum quemG[ue adhibituros esse confidimus etc. Cod.
Th. I, 1, 6 (J. 435): omnes edictales generalesque constitutiones vel in certis
provinciis .seu locis valere aut proponi iussae quas divus Constantinus po-
sterioreique principes ac nos tulimus indicibus rerum titulis distinguantur,
ita ut non solum consulum dierumque supputatione sed etiam ordine com-
positipnis apparere possint novissimae. . . (1.) quod ut brevitate constri-
ctum claritate luceat aggressuris hoc opus et demendi supervacanea verba
et adiciendi necessaria et mutandi ambigua et'emendandi incongrua tri-
buimus potestatem. (2.) contextores huius Theodosiani codicis Antiochus
. . cousularis, Gubulus, . . Maximinus, . . Sperantius, Martyrius, Alipius,
Sebastianus, Apc^Hodorus, Theodorus, Oron, . . Maximus, Epigenes, Diode-
rus, Procopius, . . Erotins, . . Neuterius.
2. Buch 1 — 6 enthält das ius ordinarinm in der Ordnung des Edicts,
das Weitere aber das las extraordinarium und novum, und zwar B. 6 — 8
neues Staatsverwaltungsrecht, B. 9 Strafrecht, B. 10 f. Fiscalrecht, B. 12
—15 Gemeinde- Verfassung und -Verwaltung, B. 16 Eirchenrecht.
3. Epitomiert ist der cod. Theod. in der westgothischen lex romana,
und noch im saec. VII wurde er, wahrscheinlich auf der Bechtsschule zu
454. Codex Theodoßianus. 1047
Ravenna, summiert. Antiqua summaria codicis Theod. ed. G. Haencl,
Lips. 1884.
4. Die älteste Ausgabe (von Siohard, Basil. 1528 fol.) gibt nur den
cod. Tb. epitomatus. Sie wurde für B. 1 — 8 vervollständigt und zugleich
B. 9^16 erstmals herausgegeben (aus cod. Vat.) durch J. Dutillet (lo.
Titius, Paris 1550). Weitere Vervollständigung und erste Herausgabe von
VI, 2 ff. Vn u. Vin durch Cuiacius (Lugd. 1566. Paris 1586 foL). Codicie
Theod. fragmenta inedita ex cod. palimpsesto bibl. reg. Taurin. Athenaei
(vgl. oben 399, 4) in lucem protulit atque ill. Am. Peyron, Turin 1828. 4.
Theod. codicis genuini fragmenta ex membranis bibl. ambrosianae Mediol.
nunc primum ed. W. F. Glossius, Tubing. 1824. Th. cod. gennina frag-
menta ed. E. Pugg^, Bonn. 1825. Codicis Th. libri V priores ed. C. F. C.
Wenck, 1826. Vierzehn von Peyron übersehene rescribiei-te Blätter nach-
getragen von Carlo Baudi a Vesme, Turin 1839 ff.
5. Ausgabe mit dem reichen Commentar von Jak. Gothofredus (opus
postumum) in 6 Voll. Lugd. 1655 fol. Ed. nova . . collata cum ms. Würce-
bürg. cur. I. D. Bitter, 6 Voll. Lips. 1736 — 1745 fol. Kritische Hauptaus-
gabe: codex Theod. ad LIV librorum mss. et priorum editionum fidem re-
cogn. et annot. crit. instruxit G. Haenel, Bonn. 1837 — 1842. XLVIU u.
1715 pp. 4.
6. Üeber'den Cod. Th. s. Zimmern, Gesch. d. röm. Privatr. I, 1. S.
165—172. Rudorff, röm. Rechtsgesch. L S. 277—280.
7. Cod. Th. I, 1, 6, 3 (J. 435): nullum extra se noveUae constitu"
tionis locum relicturi nisi quae post editionem huius fuerit promulgata.
Diese späteren Gresetze sollten von jedem der beiden Höfe (in Rom und
Constantinopel) dem andern zugesandt und von diesem publiciert werden.
Wirklich wurden J. 447—472 oströmische Novellen nach Rom gesandt und
dort veröffentlicht, während weströmische nach J. 438 im cod. lust. sich
nicht finden. Sammlung der Novellen von Theodosius 11, Valentinian III,
(Maximus,) Marcianus, Maiorianus, Severus und Anthemius, in sechs Ab-
theilungen unter Titelrubriken, theils in der westgothischen Verkürzung
theils in der ursprünglichen Fassung: nunc primum ed. P. Pithoeus (Paris.
1571. 4. u. sonst). Vermehrungen durch Ci^jacius, Zirardinus, Amadutius.
Vollständige kritische Ausgabe von G. Hänel, noveUae constitutiones im-
peratorum Theodosii H etc. ad librorum mss. et editionum fidem recogn.
et annot. crit. instr., Bonn. 1844 (im Bonner corp. iur. anteiust).
8. Die 21 sogen. Sirmondschen Constitutionen (J. Sirmond, appendix
codicis Theod. novis constitutionibuB cumulatior, Paris 1631 u. sonst) sind
kirchenrechtlichen Inhalts und rühren von Constantin u. a. Kaisern saec. IV
her. Sie stammen aus einer in Gallien J. 581 — 720 entstandenen chrono-
logischen Sammlung, welche den dortigen Concilienbeschlüssen angehängt
war und sind schon durch eine Hds. saec. VIII überliefert. G. Hänel, de
constitutionibus quas Jac. Sirmondus edidit, Lips. 1840, und im Bonner
Corpus iur. anteiust. II. p. 405 — 480.
466. Nach Veröffentlichung des codex Theodosianus^ aber433
vielleicht noch vor Theodosius' II Tode (J. 450), in (Jallien
KUH Di« Kaiderreit. Fünfte« JahrhunUcrt. Ernte Hälfte.
verfaMft ist die sogenannt« Consultatio, Frivatgutacht«!! eines
oder mehrerer Recht^elehrten auf Anfragen von Sachwaltern,
unter wörtlicher AnfQhrung von Gesetzesstellen aus dem codex
Gr^orianu», Hennogenianus und Theodosianos.
I. Enter QeraaBgeber J. Cuiadus (Paris. 1&T7) nach einer Abacfarift
der eiozigen («eiUem verloren gegaDgcnen) Hda. von A. Loiul. Sp&tere
von Schnlling (lomprad. p. 813 ff,), Biener (Iqb civ. oot. p.
Pogg^ (>>» Bonner Corp. ior. ant. p. 391—408) und Huechke
nteiiuL* p. 725—747).
F. Radorff, fiber die Entatehnng der Consult-, Zeitwlir. Rlr ge-
iecbUwias. XIU. S. 50—6«. Vgl. HuBcfakc I. 1. p. 722—725.
e Schrift zerfällt in drei Tbcile (c. 1 — 3, 4 — 6, 7 — 9), deren
lemm mehrere Anfragen umfasat. Die Belegstellen sind (wie in
>m. Burgund.) aoBser den drei codicea lediglich ans Panlm sen-
ben 373, 3) geechQpft, und iwar vor deren EpitomieruDg. Die
la Viaigoth. (and Burgnnd.) wird noch nicht erw&hnt. VerfasBer
t. Für die Abfaesiing bei Lebzeiten von Theodorins II spricht
c. 7, 3 (Pauli iuridici, cuins aententittH BacratiBBimomm principnni
per valitnraB ac divalis conatitutio declorant) die Unterlawung
ting seines Namens (aacrat. princ), ob nun ac diraliB constitatio
onstantin'B (cod. Tbeod. I, 4, 2) vom J. 327 hindeatot oder (mit
;>. 739, not. 1) perinde ac div. const. (Bemper v^et) erklärt wird,
en Orfinde von HnBcbke (p. 723 f.) scheinen damit nicht un-
"ste Anführung der Schrift, durch Ivo von Chartrea (J. 1090 — 1115)
iber die libri coloninrum (nngefäbr ums J. 450) s. oben 330, 4.
eher die Bubscriptio za Vegetius (uniB J. 460) b. oben 124, 6.
. oben 372, 4. 416, tt.
'• Im fünften Jahrhundert wurden für die lernbegierigen
ichen Stumme viele medicinische uud naturwissenschaiV
erke aus dem Griechischen ins Lateinische fibersetzt,
ders Schriften des Dioskorides, Hippokrates und GalenoBj
;h Cassius Felix fand einen üebersetaer, und der des
der methodischen Schule, des Soranus, der Afrikaner
Aurelianus, gehört wohl gleichfalls in diese Zeit.
I besitzen wir, ausser den Büchern über chronische und
rankheiten, auch noch umfangreiche Stücke seines Ab-
r gesammten Medicin in I<Vagen und Antworten (medi-
esponeionea).
MBiod. de instit. div. litt. 31; quodei vobia non fuerit graecarum
nota faeundia, inpriroie habetia Herbarium DioBcoridis, qui hcrbas
455 f. Consultatio. CaeliuB Aurelianus. 1049
agrorum mirabili proprietate disseruit atqiie dopinxit. post haec legite
Hippocratem atque Galenum latina Lingua conversos , i. e. Therapcutica
Galeni ad philosophum Glauconem destinata et anonymum quendam qui
ex diversis auctoribus probatur esse collectus. deinde Aurelii Caelii de
medicina et Hippocratis de herbis et curis (cibis verbessert V. Rose) diver-
sosque alios de niedendi arte compositos quos vobis in bybliothecao nostrae
sinibus reconditos . . dereliqui. Vgl. unten 489.
2. Der Uebersctzer (de graecoin latinum über translatus) des Cassius
Felix (tcctQoufxpiütrigj wohl der Cassius, ingeniosissimus saeculi nostri
medicus, quem nuper vidimus, bei Celsus I. prooein. p. 11 extr. Dar. vgl.
ib. IV, 21. V, 25, 12. Cael. Aur. chron. IV, 7, 99) schrieb nach cod. Paris,
lat. 6114 sub ardebre et asclepio consulibus, also J. 447 (V. Rose, Aristot.
psoudepigr. p. 388). Eine Hds. dieser Üebersetzung ist auch in Cambridge,
8. Daremberg^ Oribase I. p. XL.
3. Ueber Caelius Aurelianus vgl. oben 348, 5. Da er wesentlich Ueber-
sctzer (des Soranüs) ist, so beweist seine Nichterwähnung des Galenos nur
für die Zeit des Soranus (oben 339, 8), nicht seine eigene. Die schon
stark zum Romanischen neigende Latinität des Cael. Aur. (z. B.* quod nach
verb. sent. u. declar.) spricht für sacc. V. Die Vergleich ung eines Bruch-
stückes ex genecia (Gynaecia) celii aureliani methodici siccensis (Hermes
IV. S. 141 ff.) mit dem erhaltenen Original (ntgl yvvcct%s^v nccJ&mv) zeigt
dass C. A. wörtlich übersetzt, aber abkürzt. Die Anführungen anderer
eigener Schriften (s. das Register Ammans s. v. Cael. Aurel.) gelten nur
seinen Uebersetzungen anderer Schriffcen des Soranus. V. Rose, Anecd.
II. S. 167.
4. Cael. Aur. acut. I. praef.: placet itaque, Bellice discipulorum summe,
celerum passionum libros scribere. . . nam interrogationum ac responsio-
nnm libros, quibus omnem medicinam breviter dixi, iamdudum ad Lucretium
nostrum perscriptos aptissime dostinavi. is enim, ut nosti, ex omni parte
graecarum scientia praeditus est litterarum. Im Lorscher Kloster befanden
sich Caelii Aureliani methodici siccensis medicinalium responsionum libri III
in uno codice. Diese Hds. (spätestens saec. IX) ist verloren, dagegen sind
von V. Rose in einer Carlsruher (saec. X) aus Reichenau und einer Londoner
(saec. XII), in letzterer unter der Ueberschrifb Incipit liber Sorani de di-
gestionibus, ansehnliche Theile des Werks entdeckt und herausgegeben
worden, Anecdota gr. et graecol. IL S. 183—202. Vgl. ebd. S. 168—172.
Anfang: Cum nobis saepius, mens Lucreti, de medicina fuerit sermo etc-
. . hoc dabit occasionem meis interrogationibus (S. 183. 196.). Das Stück
enthält Gesundheitsregeln (salutaria praecepta, vgl. Cael. Aur. p. 76. 341
Amman). Dazu noch aus derselben Reichenaucr Hds. ebd. (S. 206 — 225.
226 — 240, vgl. S. 174 — 179) ein weiteres Stück, beginnend: Duobus mc
libris diaeticarum partem traditurum promisi, ex quibus superiore libro
respondens de curatione, de passionibus, de temporibus et inspectione et
de pulsu et de generali significatione et de typis et de diatritis et de adiu-
toriis . . ordinavi. nunc de speciali significatione diaeticarum passionum
(Semiotik der inneren, ncht chirurgischen Krankheiton) et de generali
r
1050 I^ie Kaiserzoit. Fünftes Jahrhundert. Erste Hüllte.
caratione respondeamus , ut isto yolumine omnis diaeticarum cura com-
pleatnr. Dieses dritte Buch müsste die Chirurgie und Gynäkologie mit-
enthalten haben, wenn es das letzte war. Lib. III Besponsionum medi-
cinalium angeführt von Cael. Aur. p. 206. 274.. 436 vgl. 207 ed. Amm. 1757.
Auch dieses Werk war sicher aus Soranus übersetzt; vgl. Soran. gynaec.
p. 27 u. 37 (iv TOD vyieiv^). Rose S. 172.
5. Der Sprachschatz der Beichenauer (A. 4) medic. resp. ist ganz der des
Cael. Aur. (vgl. Böse S. 202—206). In seinen späteren Werken (chron. a.
acut.) hat C. A. das frühere überall benützt, öfters ganze Abschnitte wieder-
holt. Ebenso finden sich Entlehnungen aus dem Fragenbuche des C. A.
bei Ps. Plinius, Isidor (Origg. IV) und Aurelius-Escolapius. Böse S. 175 f.
6. Den Namen des Soranus tragen zwei grössere lateinische Brach-
stücke in Carlsruhe (Beichenauer Hds. saec. IX— X) und London (Cottonianus,
saec. Xni), beide mit der Ueberschrift Suranus filio karissimo salutem, das
Carlsruher (abgedruckt bei Böse S. 275—280 vgl. ebd. S. 170 f.) übertüess
Fori sfigmon {nsQl a(pvYfimv, de pulsibus), am Schlüsse in Fragform. Das
Londoner (abgedruckt ebd. S. 243 — 274) enthält eine Einleitung ad medi-
cinam, gehalten im interrogationum et responsionum modus (S. 247, Z. 6 f.))
nach einem längeren Vorwort (abgedruckt auch in der Sammlung des
Albanus Torinus De re medica, Basil. 1528 fol., fol. 1 u. 2 » c. 1 — 4).
f • Erste Frage: quid est horus (oQog)? Das Ganze ist eine lateinische 6e-
f . arbeitung der pseudo-galenischen XHfoi durch einen Gegner der Methodiker.
Der Abschnitt de pulsibus (S. 263—266) zeigt wörtliche Benützung der im
Beichenauer Codex enthaltenen ausführlicheren Darstellung dieses Gegen-
standes. Dagegen was bei Alb. Torinus 1. 1. als c. 5 — 23 steht sind zu-
sammenhangslose Stücke aus unbekannten Quellen. Böse S. 169 — 171.
434 467, Unter den christlichen Dichtern der Zeit hat der
auch als Eriegsmann tüchtige Bhetor Merobaudes aus Spa-
nien, von welchem früher nur ein kurzes Gedicht auf Christus
bekannt war, durch neuerdings entdeckte Gedichte geschicht-
lichen Inhalts, besonders auf Aetius, an Werth gewonnen. Der
Ton derselben ist hochtrabend, die Form correct. An des Claudius
Marius Victor Versification des Inhaltes der Genesis in drei
Büchern ist Rechtgläubigkeit und Versbau untadelig; anziehender
ist aber sein Brief an den Abt Salomo, worin die Sitten seiner
Zeit, bei beiderlei Geschlechtem, .satirisch gezeichnet werden.
Vielleicht aus derselben Zeit ist auch das commonitorium des
Orientius, zwei Bücher im elegischen Masse, worin zu einem
christlichen Lebenswandel ermahnt wird.
1. Inschrift aus Bom (Orelli 1183) vom J. 435: Fl. Merobandi y. s.
com. SC. Darauf: Fl. Merobaudi aeque forti et docto viio, tarn facere lau-
danda quam aliorum facta laudare praecipuo, castrensi experientia claro,
facundia vel otiosorum studia supergresso, cui a crepundiis par yirtutis et
457. Merobaudes u. a. Dichter. 1051
eloquentiae cura ingenium ita fortitudini ut doctrinae natam stilo et gladio
paiiter exercuit, nee in timbra vel latebris mentis vigorem Bcholari tantam
otio torpere passne inter anna litteris militabat et in Alpibus acuebat elo-
quium. ideo illi cessit in praeminm . . imago aere formata. . . qnod huic
quoqne cum Angustissimis Roma principibus Theodosio et Placido Valen-
tiniano rerum dominis in forp Ulpio detulerunt, remunerantes in Tiro anti-
qnae nobilitatis novae gloriae Tel indastriam militarem vel Carmen , cnius
praeconio gloria trinmfali crevit imperio. Vgl. Sidon. carm. IX (ad FeUc.)»
293 ff.: sed nunc tertiuB ille non legetur Baetin qui, patriom solom, relin-
quens undosae petiit sitim Bavennae, plosores cui falgidam Qoirites et
carus popularitate princeps Traiano statuam foro locarunt. Die Ausdrücke
zeugen von Eifersucht und übler Laune. Merobaud. carm. 5 praef.: pro
bis me laudibus tuis (des A^tius) Roma cum principe yicturo aere forma-
vit, pro bis denique nuper ad honoris maximi (Consulat) nomen . . Impe-
rator evexit. . . vel ego vel alii qui in hac dicendi professione sunt. . . de-
latus ego in . . sinum qua Salonas usque pelagus illabitur nactus sum
quendam qui etc.
2. Merobaudis Hispani scbolastici carmen de Christo (30 Hexameter)
z. B. bei Migne patrol. LXI. p. 972 f. und in den Ausgaben des Claudianus
(Nr. XCVIII bei Gesner), daher Niebnhr auch ib. XCV (carmen pascfaale,
sonst dem Damasus beigelegt) und XCIX (miracula Christi) dem Merob.
zutheilt.
3. J. 1823 entdeckte B. G. Niebuhr in einem codex reecriptus der
St. Galler Bibliothek meist trümmerhafte Ueberreste von Gedichten die er
durch Corabination als solche des Merob. erkannte und herausgab (St.
Gallen 1823, Bojin 1824; darnach W. E. Weber, corpus poett. latt. p. 1367
—1370). Darauf von I. Bekker (mit Corippus) im Corp. Script, byzant.
(Bonn 1836), vgl. C. F. Heinrich im Rhein. Mus. IL S. 632 — 643. Die
Schrift der acht Blätter ist ganz ähnlich der des Gajus in Verona. Das
erste Bruchstück besteht aus 23 elegischen Versen und preist die beim
Mahle versammelte kaiserliche Familie (von Valentinian ÜI); fr. 2 (7 Di-
stichen) dieselbe in einer Villa; fr. 3 (vier unvollständige Distichen) hat
die üeberschrift (Vi)ridiaris viri inl. Fausti (Cos. 438?). Von c. 4. sind
46 Hendekasyllaben auf den zweiten Geburtstag des Söhnchens von AStins
erhalten. Carm. 6 ist ein Panegyricus auf das dritte Consulat des AStius
(J. 446), mit einem längeren Vorwort in Prosa. Von dem Panegyricus
selbst sind 197 Hexameter entziffert.
4. Das Lob ist bei Merob. überall stark aufgetragen. Die Darstellung
hat die Correctheit und Eleganz des Claudianus, aber ohne seine Leichtig-
keit. Zum sachlichen Inhalt vgl. A. Hansen, de vita AStii (Dorpat 1840)
II. p. 24 ff. G. Wurm, de rebus gestis Aetii (Bonn 1844).
6. Des Claudius Marius Victor Identität mit Victorinus (oben 450,
4) ist zweifelhaft. Weder eine Widmung an Aetherius ist erkennbar noch
Fortfuhrung bis zum Tode . des Abraham. Auch der Semipelagianismus,
wie man ihn von einem Massilioten dieser Zeit erwarten sollte, tritt nicht
auffallend hervor (arbitriumque sui largitus es omnibus, I praef.). Die drei
1052 ^i^ Kaibcrzeit. Fünftes Jahrhundert. Erste Hälfte.
•
Bücher über die Genesis scbliessen sich eng an deren Inhalt an, mit um-
ständlicher Rhetorik. Pars prima (I, 38) behandelt die Schöpfungsgeschichte
bis zum Sflndenfall, B. II dessen Folgen bis zur Sintflut, B. III deren
Ende, Thurmbau, Abraham, Sodoras Untergang. Der Verf. legt den Haupfc-
werth auf seine Orthodoxie. Vgl. praef. 9 fin.: quod si lege metri quid-
quam peccaverit ordo, peccavit sermo improprius sensusque yacillans, hinc
nullum fidei subeat mensura periclum. II, 1 f.: hac tenus . . primordia
mnndi, ut sincera fides docuit, sine fraude cucurri. Pildagogischer Zweck;
praef. : te, deus alme, precor, . . linguas nobis iufunde disertas, dum teneros
formare animos et corda paramus ad verae virtutis iter puerilibus annis.
6. Der Brief an den Abt Salomon besteht aus 105 Hexametern. Zeit-
andeutungen: agris . . barbarus incumbit (10 ff.). . . si qnid vastavit Sar-
mata, si quid Vandalus incendit veloxque abducit Alanus (18 f.). si falcem
verbi cordi imprimeremus, . . nee nos riphaei prosterneret arcus Alani nee
servile etiam subverteret omnia bellum et qui nunc nostra grassantur clade
superbi. Am männlichen Geschlechte wird besonders die materielle Rich-
tung getadelt (nil sanctum est nobis nisi quaestus etc. 34), am weiblichen
die Putzsucht (si gravis ignotis processit Lesbia gemmis, . . confestim or-
natum sibi quaeque exposcit eundem, 60 ff.), aber für alle ihre Fehler die
Männer verantwortlich gemacht. Paulo et Salomone relicto quod Marc
cantatur Phoenissae (Dido) et Naso Corinnae, quod plansum accipiunt lyra
Flacci aut scena Terenti, nos herum, nos causa sumus (72 ff.), cur infelix
in culpa est femina tantum, cum placeat stolido coniux vitiosa marito?
(79 f.) Heil sieht der Verfasser nur in Zunahme des christlichen Sinnes,
wie er sich z. B. bei dem Abte finde.
7. Ausgabe des Victor von Jo. Gagneius (Lugd. 1536. Paris. 1545)
iiiid daraus in G. Fabricius' (p. 307 ff.) und Maittaire's (II. p. 1567 ff.) corpus poe-
tarum latt., sowie in patristischen Sammlungen (z. B. Migne LXI. p. 937 — 971).
8. Schluss (subscriptio) des commonitorium : ut peccatores vincens
Orientius omnes sanotorum veniam promerear precibus. Venant. Fort,
de vit. Mart. I, 17 : paucaque perstrinxit florente Orientius ore. Also jeden-
falls vor dem sechsten Jahrh. Dazu die Zeitschilderung im commonit. II,
165 ff., z. B.: respice quam raptim totum mors presserit orbem, quantos
vis belli perculerit populos. . . (171 f.) non cava, non etiam metuend'is
Bub rupibus antra ludere barbaricas praevaluere manus. (181 ff.) per vicos,
villas, per rura et compita . . mors, dolor, excidiuro, strages, inoendia,
luctus uno fumavit Gallia tota rogo. Selbstbekenntniss I, 405 f. : non igna-
rus enim miseris succurrere quaero, omnia perpessus quae fugienda loqnor.
Daher ist glaublich was die Acta sanctorum der BoUandisten aussagen: b.
Oricntium, mundanae lubricitatis squalore deposito, se totum casta mente *
divinae maiestati devovisse et . . pontificalis Auxio civitate cathedrae digni-
tatem ascendisse. • Er habe im Auftrage des in Tolosa residierenden Theode-
rich hochbejahrt eine Sendung an AStius und Litorius übernommen (um J. 439).
9. B. I des commonit. besteht aus 618, II aus 418 elegischen Versen.
Der Gedankengang ist wenig klar. Die einzelnen Fehler (wie Neid, Hab.
gier, Eitelkeit) werden abgehandelt, besonders lebhaft die Lockungen der
457 f. Orientins. Salvianus. 1053
Liebe (I, 407 ff.), die ebrietas (II, 51 ff.) besprochen, der Gedanke an den
Tod und die Vergeltung im Jenseits ausgemalt (II, 185 ff. 273 ff.). In
letzterem werden z. B. die monachi (II, 338) besonders bedacht Proso-
dische Willkfirlichkeiten (wie ibi als Spondeus, possSs, eremo, mill^simus)
sind nicht selten, Manches auch corrupt (wie II, 227: cumque tua hodie
stringat assidua sitis). Vgl. A. 10.
10. Angehängt sind dem commonit. in den Ausgaben 7 Hexameter de
nativitate domini, 5 Distichen mit Namen Christi (z. B. hostia, lex, ratio,
virga, plscTs, aquila), 179 Hexameter de trinitate (v. 1 : quod fuit a saeclis
quodque %8t in saecla seclorum; 181: crucifixe, paracllte, Christe). Darauf
incipiunt orationes Orientii XXIV in (spondeenreichen) iambischen Senaren,
wovon aber nur das erste und das letzte Gebet erhalten ist; jenes 35 Verse,
durch den Refrain Amen sonamus, alleluia dicimus in 7 Strophen abgetheilt,
dieses beginnend: postremo dico deprecandi canticum. id facio quantum
per yiginti cantica. sed ne quis audax interpellet quidpiam: anguem ma-
gistrum falsitatis increpo ut non adiciat siv.e demat litteram. Letztere
beiden Verse dienen dann als Refrain des corrupt erhaltenen Gedichts, das
schliesst mit den trochäischen Tetrametern : Dens sancte, te rogamus patrem
unigeniti; Christe deus, te precamur vivum dei filium; Sancte Christe, te
obsecramuB indicem verum dei.
11. Ausgaben des Or. von M. A. Delrio (Antverp. 1600), A. Rivinus (Lips.
1651), E. Martene (Rotomag. 1700. 4.), H. L. Schurtzfleisch (Vitemberg. 1706.
4.) und in den patristischen Sammelwerken, z. B. von Migne LXI. p. 974 — 1006.
12. Ap. Sidon. carm. 9, 274—285: nee (hie tibi legetur) qui iam pa-
tribus fuere nostris primo tempore maximi sodales. quorum unus ßoni*
facium secutus nee non praecipitem Sebastianum natales puer horruit Ca-
durcos, plus Pandionias amans Athenas. cuius si varium legas poema (in
griechischer Sprache?), tum Phoebum . . sonare collato modulamine arbitreris.
13. Ap. Sidon. carm. 9, 286 — 292: non tu hie nunc legeris tuumque
fulmen, o dignissime Quintianus alter, spernens qui Ligurum solum et
penates mutato lare Gallias amasti, inter classica signa, pila, turmas, lau-
dans AStium vacansque libro, in castris hedera ter aureatus.
458. Noch vor der Mitte des Jahrh. verfasst sind die Schrif-435
ten die wir von dem gallischen Presbyter Salvianus besitzen:
vier Bücher gegen die Habgier^ ein Werk von acht Büchern
worin zur Rechtfertigung des Vorsehungsglaubens das Unglück
der Zeit als ein wohlverdientes göttliches Strafgericht erwiesen
wird, und neun Briefe. Alle diese Schriften sind werthvoU als
lebendige und in ihrer Art gutgeschriebene Zeitbilder, obwohl
nicht frei von rhetorischer Uebertreibung und Weitschweifigkeit.
1. Qennad. vir. ill. 67: Salvianus, Massiliensis ecclesiae presbjter,
humana et divina litteratura instructus et . . episcoporum magister, scripsit
scholastico et aperto sermone multa. ex quibus ista legi: De virginitatis
1054 Die KaiBerzeit. Fünftes Jahrhundert Erste Hälfte.
*
i bono ad Marcellum presbyterum libros III, Adversum avaritiam libroB IV,
i De praesenti iadicio libros V (=» de gab. VIII) et pro eomm Tuerito aatis-
factionis ad Saloniom episcopnm libnun I et Expositionis extremae pariiä
libri Eeclesiastis ad Claudiom episcopnm Viennensem librum I; libmm
Epistolamm I; et in morem Graecorum a principio Genesis nsque ad con-
ditionem hominis composuit versn Hexaemeron librum I, Homilias epiflco-
pis factas mnltas, sacramentomm vero quantas nee recordor. vixit usque
hodie (um J. 495) in senectute bona. Salyian. gub, VI, 13: cum sciam etiam
in solo patrio atque in civitatibus gallicanis omnes ferme praecelsiores
viros . . factos fuisse peiores. yidi siquidem ego ipse Treveros domi nobile«
etc. . . vidi ego illic res lacrimabiles etc. ib. 15: iacebant passim, quod
ipse vidi atque sustinui, . . cadavera nuda (bei der letzten Eroberung Ton
Trier). VIT, 6: terrae vel Aquitanorum vel nostrorum omnium a deo bar-
baris datae sunt. ib. 10: ille dux nostrae partis (Litorius) qui eandem ur-
bem hostium (Tolosa) quam eodem die victorem se intraturnm esse prae-
sumpsit captiyus intrayit (J. 439). Dagegen Attila^s Eroberungszug und
die Schlacht auf den catalaunischen Feldern (J. 451) kennt Salv. noch nicht.
Aufenthalt in Afrika erhellt aus de gub. VII, 16 (video scaturientem vitiis
civitatem etc.). Vgl. VIII ^ 4 f. Epist. 1: adolescens quem ad vos misi
Agrippinae (Köln) . . captus est, . . familia non obscurus, . . propinquos
meuB. Epist. 4 (ad socerum et socrum): Hypatio et Quietae parentibus Sal-
f vianuB, Palladia (Gattin) et Auspiciola (Tochter) salutem. . . aeptimus iam
ferme annus est ex quo nulla ad nos tarn longo a yobis sitos scripta mi-
sistis. . . tu quid succenses qui ex quo christianus factus es etiam falsae
(irascendi filiis causas) habere desiisti. esto enim, conyersiunculam nostram
paganus quondam non aequanimiter acceperis. . . nunc longe aliud e«t
Die Schwiegei^ltem zürnten dass Saly. seine Frau zum Ohristenthum be-
kehrt hatte und bald selbst in den Priesterstand getreten y^ar (carissima
u. dgl. soror nennt er seine Frau).
2. Neben seiner rhetorischen Bildung yerräth Saly. auch einige juri-
stische; ygl. de gub. V, 8 (genus yenditionis et emtionis). VII, 16 (Gaius-
Seius) u. 20 (in iura migrare). VIII, 5 (XII tabularum decreta). Küm-
merlich dagegen ist seine philosophische; hält er doch de gub. VII, 33
den Sokrates für den Verfasser der platonischen Politeia. Was de gub. I
zur Widerlegung der Epikureer gesagt wird ist aus Cicero geschöpft, welcher
neben Vergil (de gub. I, 1) allein genannt wird und auf welchen ib. IE, 1
(=s Oic. p. Mur. 6, 14) anspielt.
3. Die Schrift adyersus ayaritiam wird citiert yon Salyian. de gub.
IV, 1: sicut ait quidam in scriptis suis =» ady. ay. II, 9. Salyian. epist. 9
(doniino ac beatissimo discipulo, . . per institutionem discipulo, per amorem
filio, . . Salonio episcopo): quaeris a me . . cur libeUis nuper a quodam
huius temporis homine (Salyianus selbst) ad ecclesiam factis Timothei no-
men inscriptum ait. . . tria sunt quae in libellis istis . . quaeri possunt:
cur is qui scripsit ad ecclesiam scripserit, et utrum alieno nomine an suo;
. . si alieno, cur Timothei potissimum nomen- . . elegerit. Diese drei Fra-
gen werden ausführlich beantwortet, z. B. die zweite: idcirco scriptor ille
abscondi et latitare omnibus modis yoluit ne scripta quae in se habent
plurimum salubritatis minora forsitan fierent per nomen auctoris.
\
458. Salvianufl. 1055
4. Die Schriffc de gubematione dei (oder de proYidentia) ist dem Bischof
SaloniuB (unten 462, 11) gewidmet. Daraus: nos, qui rerum magis quam
verbomm amatores, utilia potius quam plausibilia sectamur; . . in scripti-
unculis nostris non lenocinia esse yolumus, sed remedia etc. Wirklich sagt
der Verf. seiner Zeit derb die Wahrheit. Alles Unglück das über sie ge-
kommen bezeichnet er als selbstverschuldet (patimur quod meremur). Ins-
besondere den Sieg der barbari über die Römer leitet er ab aus der sitt-
lichen Tüchtigkeit jener (sowohl der pagani wie der haeretici) gegenüber
der Verdorbenheit dieser. Vgl. IV, 13: ego . . Romanorum . . paene om-
nes maiores reatus dico et criminosioris vitae esse quam barbaros. Vn,
&: inter pudicos barbaros impudici sumus. plus adhuc dico: offenduntur
barbari ipsi impuritatibus nostris., 13: et quod Vandali ad Africam trans-
ierunt non est divinae severitati , sed Afrorum sceleri deputandum. 23 :
quae esse, rogo, romano statui spes pot<est quando castiores ac puriores
barbari quam Romani sunt? . . pudeat vos, romani ubique populi, pudeat
vitae vestrae. . . et miramur si miseri qui tam impuri sumus, miramur si
ab hoste viribus vincimur qui honestate superamur? . . sola nos morum
nostrorum vitia yicerunt. Diese sittliche Zerfahrenheit wird besonders aus-
führüch von den Aquitani (VII, 2 ff.) und Afri (VII, 14 ff. VIII, 2 ff.) nach-
gewiesen; anderen namentlich ihre Vorliebe für circenses ac theatra vor-
geworfen. VI, 8: non hoc agitur iam in Mog^ntiacensium civitate, — sed
quia excisa atque deleta est. non agitur Agrippinae, — sed quia hostibus
plena. non agitur in Treverorum urbe excellentissima, — sed quia qna-
druplici est eversione postrata (vgl. ib. 13. 15 extr.). . . ludicra ipsa ideo
non aguntur quia agi iam prae miseria temporis atque egestate non pos-
sunt. 12: vastata est Italia tot iam cladibus: ergo Italorum vitia destite-
runt? obsessa est urbs Roma et expugnata: ergo desierunt blasphemi ac fu-
riosi esse Romani? inundarunt Gallias gentes barbarae: ergo . . non eadem
simt Gallorum crimina quae fuerunt? transcenderunt in Hispaniae terras
populi Vandalorum: mutata quidem est sors Hispanorum, sed non mutata
vitiositas. . . circumsonabant armis muros Cirtae atque Carthaginis populi
barbarorum: et ecclesia carthaginiensis insaniebat in circis, luxuriabat in
theatris. Die ISittenschilderung ist immer grell. Die Darstellung bietet
alle möglichen rhetorischen Figuren auf^ ermüdet aber durch deren Ueber-
mass, ihre Breite (stili prolixitas VIII, 1) und die gar zu h&ufige Wieder-
kehr derselben Gedanken (cum de ludicris ao foeditatibus publicis diutis-
sime dixerimus VII, 2), Wendungen und Ausdrücke, sogar der Wortspiele
(wie divitiis — vitiis). Buch VIII ist sichtlich unvollständig. Auch fehlt
der VII, 1 in Aussicht gestellte Nachweis dass die alten Römer besser
gewesen seien als die der Gegenwart j s. VII, 1: scio . . hinc maxime probari
quod non respiciat res humanas deus quia, cum Romani quondam pagani
et vicerint et regnaverint, nunc christiani et vincantur et serviant. . . sed
tarnen . . cum ad eam negotii partem accesserimus ut de veteribus Romanis
aliqua dicantur . . approbabimus tam iustum tunc erga illos fuisse domini
favorem quam nunc erga nos iustam severitatem. Eintheilung in Bücher
von dem Verf. selbst; vgl. VII, 1 : cum in conclusione libelli huius qui nunc
finituB est etc.
5. Salviani opera ed. P. Pithoeus (Paris. 1580. 1594), G. Rittershusius
r.
1056 Die Kaiaerzeit. Fünftes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
(Norimberg. 1628), n. bes. Steph. Balazius (Paris. 1663. 1669. 1684); daraas
in Gallandi bibl. patr. X, der bibl. patr. maz. (1677) VIII. p. 839 ff. und
in Migne's patrol. LIII. Auch cum comm. varr., Bremao 1688. 4.
6. CG. Heyne, censura ingenii et doctrinae Salviani librique de gab.
d., in seinen Opusc. acad. VI, nr. VU. p. 119—140. G. Kaufmann in Bau-
merts histor. Taschenb. 1869, S. 47—64.
Zweite Hftlfte des Jahrhimderts.
436 4:59. Am längsten fristete die Literatur sich das Dasein
in Grallien. Insbesondere gedieh hier die Kunst sich in Prosa
und Versen geläufig und kunstgerecht auszudrücken. Unterge-
ordnet war der Inhalt, welcher sich in den hergebrachten Ge*
leisen fortbewegte, ohne ernste Ziele, nur zur Selbstbefriedigung
der Verfasser und zur Bewunderung für ihre Freunde. Um so
leichter artete die Versification in müssige Spielerei aus. Be-
sonders beliebt war in dieser Zeit die Form des HendekasyUabus.
Zahlreiche Namen yon Eednem, Schriftstellern, Dichtern dieser
Art kennen wir besonders durch ApoUinaris Sidonius. So Con-
sentius, Lampridius, Leo, Petrus, Sapaudus, Secundinus, Tonan-
tius Ferreolus, Thaumastus und viele andere. Verbreitet ist in
manchen Kreisen die Sucht mit Gelehrsamkeit zu prunken. Da
aber dabei das Mass der wirklichen Kenntnisse ein sehr massiges
ist, so kommen keckere Greister, wie der Verfasser der origo
gentis romanae, dann Fulgentius und der Grammatiker Vergilius,
darauf die Citate selbst zu erdichten.
1. Sidon. ep. V, 10: pauci studia nunc honorant. ib. II, 10: tantum
increbuit multitudo desidiosorum ut, nisi vel paucissimi quique meram la-
tiaris linguae proprietatem de trivialium barbarismorum robigine vindica-
yeritis, eam breyi abolitam defleamns interitamque. IV, 17: sermonis pompa
romani, si qua adhuc uspiam est, belgicis olim sive rbenanis abolita terris.
2. Unterricht und literarische Thätigkeit erstreckte sich in Gallien
hauptsächlich auf Grammatik und Rhetorik, letztere mit Einschluss der
gebundenen Form. Ap. Sid. c. 23, 210 f.: quidquid rhetoricae institutionis,
quidquid grammaticalis aut palaestrae est, . . yorasti. ib. ep. IV, 21: te
imbuendum liberalibus disciplinis grammatici rhetorisque studia florentia
. . foverunt. Die griechische Sprache war in Gallien (ausser Massilia) ver-
schollen, die einheimische und germanische als plebejisch und barbarisch
in seltsamer Missachtung. ib. carm. 14 praef.: quae si quispiam ut graeca
. . et peregrina verba contempserit. ep. III, 3: tuae personae debitum
quod sermonis celtici squamam depositura nobilitas nunc oratorio stilo^
nunc eüam camenalibus modis imbuebatur. ib. V, 5: cum sis (Syagrius)
consulis pronepos . . immane narratu est quantum stupeam sermonis te
469. üebersichi 1057
0
germanici notitiam tanta facilitate rapuisse, worüber das Weitere albern
witzelt. Venant. Fort. misc. YII, 8, 63: plaudat tibi barbarus harpa. ib.
69: nos tibi versiculos, dent barbara carmina lendos (Lieder). I, 1 prol.:
barbaroB lendos harpa (Harfe) relidebat. Vgl. oben 446, 2. G. Kaufmann,
Rhetorenschulen und Klosterschulen, oder heidnische nnd christliche Cultur
in Gallien während des 5^*" n. 6^" Jahrb., in Fr. y. Bamners histor.
Taschenbuch 1869, S. 3 — 94. üeber das weström. Beich J. 456—480 ygl.
G. B. Sievers, Studien z. Gesch. d. r5m. Kaiser (1870) S. 615 — 556.
3. In den gallischen Kirchen hGrte die Gemeinde stehend zu und
applaudierte (wie im Osten, Hieronym. epist. 52, 8 ad Nepot.) dem geist-
lichen Redner. Ap. Sidon. carm. 16, 126: contionaturum plebs sedula
circumsistit. ep. IX, 3 : licet praedicationes tua« . . raücus plosor audierim,
tunc praecipue cum in Lngdunensis ecclesiae dedicatae festis etc. Ygl.
auch unten 462, 7.
4. Ap. Sidon. carm. 9, 299 — 314: ne tu mihi comparare tentes quos
multo minor ipse plus adoro, Paulinum Ampeliumque Symmachum<][ue (vgl.
oben 418, 2), Messalam (vgl. oben 447, 6) . . et nuUi modo Majrtium se-
cundum, dicendi arte nova parem vetustis, Petrum (s. A. 8) et -cum loqui-
tur nimis stupendum, yel quem municipalibus poetis praeponit bene Villi-
cum senatus , nostrum aut quos retinet solum (Gallien) disertos , dnlcem
Anthedion (in Yesontio, s. ep. YIII, 11 vgl. carm. 22 praef.) et mihi ma-
gistri Musas sat yenerabiles HoSni; acrem Lampridium (s. A. 6), catum
Leonem (s. A. 7), praestantemque tuba Severianum (s. A. 8) et sie scri-
bere non minus yalentem Marcus Quintilianus ut solebat.
5. Ap. Sidon. ep. YIII, 4 (an Consentius): tu . . citos iambos, ele-
gos acutes ac rotundatos hendecasjUabös et cetera carmina . . nunc Nar-
bonensibus cantitanda, nunc Biterrensibus, ambigendum celerius an pulchrius
elucubrasti. Ygl. ib. IX, 15 (ygl. A. 7): Consentiorum qui superstes est
patri (welcher selbst Schriftsteller gewesen war, s. ib. carm. 23, 97 — 176)
. . cecinisse dictus omniforme canticum. An ihn ib. carm. 23 (ad Consen-
tium y. c. civem Narbonensem) , worin y. 20 ff. : miaisti mihi multiplex
poema. . . ibant hexametri superbientes et . . per quinos elegi pedes fe-
rebant; misisti et triplicis metrum trochaei, spondeo comitante dactyloque,
dulces hendecasyllabos.
6. Sidon. ep. YIII, 11: Lampridius orator (in Burdigala) modo
primum mihi occisum agnoscitur. . . hie me quondam, ut inter amicos
ioca, Phoebum yocabat , ipse a nobis yatis odrjsii (des Orpheus) nomine
accepto. . . si orationes illius metiaris, acer, rotundus, compositus, excussus,
81 poSmata, teuer, multimeter, argutus, artifex erat, faciebat siquidem
versus oppido exactos tam pedum mira quam figurarum varietate: hende-
casyllabos lubricos et enodes, hexametros crepantes et cothumatos, elegos
vero nunc echoicos, nunc recurrentes (oben 32, 9), nunc per anadiplosin
fine principiisque conexos. . . in materia controversiali fortis et lacertosus,
in satirica sollicitus et mordax, in tragica saevus et flebilis, in comica
urbanus multiformisque , in fescennina vemans verbis, aestuans votis, in
bucolica vigilax, . . in georgica rusticans. . . praeterea quod ad epigram-
TmuwrKL, Rom. Literaturgeiohichte. 8. Aufl. 67
- . s-
1058 Die Eaiaerzeit. Fünftes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
mata spectat, . . acumine placens, . . in lyricis antem Flaociim eecutus etc.
Daher ib. in dem Gedichte an ihn: Arpinas modo quem tonante lingua
ditat, nunc stilns aut Maronianus aut quo tu Latium beas, Horati, Alcaeo
potior lyristes ipso, et nunc inflat epoB tragoediarum, nunc comoedia
temperat iocosa, nunc flammant satirae et tyrannicarum declamatio con-
troyersiarum. Vgl. ib. IX, 13: iatud yix Leo (A. 7), rex castalii chori, vis
hunc qui sequitnr Lampridins queat, declamana gemini pondere sub atili
(Prosa und Verse?) coram discipulis Burdigalensibus.
'^ 7. Sidon. ep. IX, 13 (s. A. 6). 16: epos sed istud aptius paraverit
Leo, Leonis aut secutus orbitas cantu in latino . . Consentiorum qui etc.
(A. 5). Vgl. ep. Vni, 3 (Leoni): sepone tantisper pythicas lauros Hippo-
crenenque et illos carminum modos etc. suspende perorandi illud quoque
celeberrimum flumen quod . . in tuum pectus . . ab atavo Frontone (oben
361)transfunditur. sepone pauzilluiuni conclamatissimas declamationes quas
oris regii vice conficis. Er war nämlich Geheimsecretär des ostgothischen
Königs Eurich; vgL ib. IV, 22. carm. 9, 311 (A. 4). 14 praef. (spectabili
viro Leone). 23, 448—466: ad doctiloqui Leonis aedes, quo bis sex tabulas
docente iuris ultro Claudius Appius taceret. . . at si dicat epos metrumque
rhythmis flectat commaticis . . faciat silere Flaccum.
8. Sidon. ep. IX, 13: quod temporibns Aug. Maioriani . . inPetri Hbrum
magistri epistolamm . . effndi, meis quoque contnbernalibus . . Domnulo,
Severiano atque Lampridio (A. 6) paria pangentibus. Darin: Petrus est
tibi legendus, in utraque disciplina satis institutns auctor. . . opus editum
tenemus bimetra quod arte texens etc. ib. 16: Severianus ista rhetor
altius, Afer yaferqne Domnulus (s. unten 461, 1 f.) politius, scholasticusque
sub rotundioribus Petrus Camenis dictitasset acrius . . humo atque gente
cretuB in Ligustide Proculus melodis insonare pulsibus etc. ib. carm. 3:
mihi Petrus erit Maecenas temporis huius.
9. Doctissimo viro Sapaudo (vgl. Sidon. ep. V, 10) rhetori Claudianus
(unten 461, 3 — 6). . . declEimationum tuarum suavitas. Üeberschwängliches
Lob derselben, ib. : fac memineris docendi munus tibi a proavis et citra
hereditarium fore (»» esse). . . admonitus quoque sis oportet Viennensis urbis
nobilitatis antiquae, cuius tu civis et doctor etc. Migne, patrol. LIII. p. 784 f.
10. Sidon. ep. V, 8 (an Secundinus): diu qnidem est quod te hexa-
metris familiarius inservientem stupentes praedicantesque lectitabamus.
erat siquidem materia iocunda, seu nuptiales tibi thalamorum faces sive
perfossae regiis ictibus ferae describerentur. sed triplicibus trochaeis nuper
in metrum hendecasyllabum compaginatis nihil . . simile fecisti. deus bone,
quid illic inesse fellis, leporis piperätaeque facundiae . . inspexil . . ope-
ram facetis satirarum coloribus intrepidus impende. nam tua scripta no-
strorum vitiis proficientibus tyrannopolitarum locupletabuntur. Vgl. ib. 11,
10: ab hexametris eminentium poetarum Constantii (unten 460, 6) et Se-
eundini vicinantia altari basilicae (in Lugdunum) latera clarescunt.
11. Sidon. ep. I, 7: legati provinciae Galliac Tonantius Ferreo-
Ins praefectorius , Afranii Syagrii consulis (unter Gratianus) e filia nepos,
Thaumastus quoque et Petroniua, maxima rerum verborumqne scicntia
45d f. ZeitgenoSBen des Apollinaria Sidonins. 1059
praediti et inter principalia patriae nostrae decora ponendi (traten in Born
als Ankläger des Arvandus, praef. praet. Galliarum, auf. Vertheidiger des
Letzteren waren Sidonius selbst und Anxanius). II, 9 (Tonantium cum
fratribns). carm. 24, 34 if.: hie docti invenies patrem Tonanti, rectorem
colomenque Galliarnm^ Prisci Ferreolum parem Syagri. ib. 84 ff.: ezin
tende gradnm Tribusque yillis Thanmastam expete, quem Übet duorum;
quomm iunior est mihi sodalis et collega simul graduqne frater.
12. Sonstige Redner der Zeit: Pragmatius (Sidon. ep. V, 10); Flavins
Nicetius (ib. VIII, 6); Bischof Remigius in Reims (ib. IX, 7: declamationum
tuarum schedio . . tot voluminibus). Zugleich Lehrer der Beredtsamkeit
Lupus (ib. VIII, 11), loannes (ib. VIII, 2).
13. Sonstige Versmacher der Zeit: Heronius in Lugdunum (Sidon.
ep. I, 9: Olius tuae hexametris); Victorius (potentissime condidit versus,
ib. V, 21). Eine anonym erschienene (temporibus Aug. Maioriani) Satire
auf Verhältnisse und Persönlichkeiten in Arelate erwähnt Sidon. ep. I, 11.
14. Sonstige Gelehrte der Zeit: Paulus in Rom (Sidon. ep. I, 9),
Probus (ib. carm. 9, 330. 24,' 94). Als Rechtskenner werden bezeichnet
Marcellinus (ib. 23, 466 ff.), Tetradius (ib. 24, 81 vgl. ep. III, 10).
15. Beschäftigung mit Philosophie, theilweis auch schriftstellerische,
wird ausgesagt ausser von Claudianus Mamertus (unten 461, 3 ff.) auch
von Domitius (Sidon. ep. II, 2 vgl. carm. 24, 10 ff.), Eusebius (Sid. ep. IV,
1), Eutropius ib. III, 6: consectanei vestri Plotini dogmatibus), Faustus
(unten 461, 7 ff.), Polemius (Sidon. ep. FV, 14 vgl. carm. 14 praef.: com-
platonicis tuis; 15, 187 ff.: stoica pone supercilia etc.). Zu den membra phi-
losophiae wurde auch die Astrologie gerechnet (Sid. carm. 22 praef.).
16. Wie Sidonius in seinen Briefen die Anhäufung von Autorennamen
der alten Zeit liebt, gewöhnlich mit einem charakteristisch sein sollenden,
aber meist phraseologischen Epitheton, so ähnlich auch Mamertus Clau-
dianus in dem Briefe an Sapaudns (s. Anm. 9).
17. Erdichten von Citaten auch bei Romanschriftstellern, wie Antonius
Diogenes u. A. R. Hercher, über Ptol. Chennns S. 270 ff. 279 f. E. Zeller,
Vortrüge S. 297 ff. E. Rohde, über Lucians Aovniog S. 21. 23. Vgl. unten
472, 7. 474, 6. Phantastische Einkleidungen auch oben 396, 9. 416, 1.
460. Der begabteste Vertreter der Strebsamkeit und Porm-437
gewandtheit, aber auch der Gedankenarmut und Phrasenhaftig-
keit der gallisch- römischen Literatur der Zeit ist C. Sollius
ApoUinaris Sidonius (ums J. 430 — 488), aus einer adligen
Familie in Lugdunum, seit etwa 472 Bischof* von Clermont (Ar-
vemi). Wir besitzen von ihm eine Sammlung von 24 Gedich-
ten und neun Bücher Briefe, worin gleichfalls manche Gedichte
mitenthalten sind. Die umfangreichsten sind Epen zum Preise
seines Schwiegervaters Avitus (c. 7), auf dessen siegreichen Gegner
Maiorianus (c. 5) und auf den Kaiser Anthemius (c. 2), alle
67*
Die Eaberzeit. FQnftea Jahrhundert Zweite EOlfle.
geschwellt durch Aufgebot der Mythologie und Gelehr-
Lind in cocventioiieller Phraseologie nach einem rhe-
^hema gearbeitet. Neben dem epischen Versmass ist
elegische und die Hendekanyllaben häufig. Die Briefe
sich mit Bewusstsein an die Master von Plinina und
B an und Tei^egenwärtigen uns das weiche, gutmütige
Wesen ihres Verfassers, sowie seine überladene, ver-
schreib weise.
mme C. nach der Widmung von ClaudianuB (unten 461, 4),
jberBchriflen der Briefe und der Gedichtsammlung. In deDeretem
SidoniuB Constantio a. a.; comes Sidoui Ep. I, 11. Domine
mean u. dg], ep. V, 17. 1, 9. IX, 15. Solliua Ap. Sid. conn. 9 in.
(Soll. Ap. Sid. Pontio LeontJo a.).
artetag non. novembr. (c. 20) um 430 (J. 449 adoleBcens, ep.
duilia praefectoria (ep. V, lö)i Groasvater praef. ApollinariB
It (ep. m, 12. V, 9); Vater praef. praet. Gall. (ep. V, 9. VIII,
LCben a piuro {ep. V, 21}. Vermählt (um 462} mit Papianilla
der Tocht«r des Avitna der sich gegen iCnde 466 zu ToloEa
i} anm Kaiser anfirarf. Sohn Apollinaris , Tochter Roacia (ep.
Durch seinen Scbwiegerrater erhielt Ap. zu Rom eine Statue
IX, 16). J. 4G6 AvitUB geatQret durch Kicimer und Maiorianns.
nterVirft sich (4GT oder 468) achlieaglicli Sid. mit dem Qbrigen
Ldel. Hajorian geatarxt 461; thataSehlicher Regent Galliens
he Theoderich II, J. 467 Anthemiua durch den oatrCm. Kaiser
latrOm. erhoben. Unter ihm (J. 461) Sid. zu Rom praef. urbi (s.
, 9 f. ep. I, 9), Um 472 Bischof au Clermont (ep. HI, 1. VI. 1)
her sogleich politiBcheu Haupt, Leiter dea Widerstands gegen
Nach dem Fall Clermonta (J. 474) Sid. eine Zeit lang Ge-
I Königs Eurich (ep. Vill, 9. IX, 3). Lebt als Bischof mindo-
lympiadae (ep, K, 12); f um 487 (Qieg. Tur.), XII kal. aept.
eh epitaph., noch martjrol. vielmehr 23 Aug., und fand Heilig-
Vgl. Gregor. Tor. hiat. Franc. II, 22 f.
lad. ill. 92: Sidonina, Arreruorum epiacopus, scripsit varia et
ila et aanae doctrinae. homo ai quidem tarn divinia quam hu-
itt^rum imbutus ocerque ingenio, scripait ad diveraos diverao
rosa compoaitum Epiatolarum inaigne volnmeu, iu qoo qoid in
et ostendit. verum in chrialiano vigore iMlleoa, etiani inter
Dcitatid duritiem quae eo tempore Galloa oppreaaerat, catholi-
t doctor habetur ionignis. Soruit ea tempcatate qua Leo et
ia iraperahant. Sid. aelbat gibt eiue Uebersicht seiuee Lebeon
iterariachen Thütigkeit in dem Gedicht« ep. IX, 16, worin v.
lae quam mihi indulait poputua Quirini, blattifer ve) qoain
ue, . . cum meia poni atatuam perenuem Nervs Traianiis (des-
titulis videret inter auctores utriiiaqiie Gxam bybliothecan ;
lat visna propo poat biluatre tcmpua accepi capiena lionorcni
460. ApoUinariö Sidonius. 1061
(de» praef. nrb.). (33 ff.) praeter heroos ioca malta multis texiii panni»,
elegos frequenter Bubditos senis pedibus rotavi commate bino ; Dunc per
undenas equitare suetns syllabas lusi celer» atque metro sapphico creber
cecini, citaid rarus iambo. (45 fif.) iam eenectutis propiore meta . . plus
pudet si quid leve lusit aetas nunc reminisci. quod pcrhorrescens ad epi-
siolarum transtuli cultum genus omne curae» . . derlei ne quid maculet
rigorem fama poetae. . . nullum cito cogar exhinc promere Carmen, per-
secutorum nisi quaestiones forsitan dicam meritosque caelum martyres etc.
Dazu kam es aber nicht.
4. Die erste Hälfte der literarischen Thätigkeit des Sid. bewegt sich
in gebundener Form. Die Sammlung der Gedichte umfasst 24 Stücke.
Voran stehen die drei panegyrischen Gedichte mit Begleitschreiben im ele-
gischen Masse, in einer der geschichtlichen entgegengesetzten Ordnung.
Das älteste (vom J. 456) ist das auf Avitus (c. 7), 603 Hexameter (G. Kauf-
mann, die Werke d. Sid., S. 20 — 28) ; aus J. 458, als Majorianus in Lugdunum
sich befand, der panegyricus . auf diesen (c. 5), 599 Hexameter (G. Kauf-
mann ebd. S. 28-— 32); aus J. 468 der auf Kaiser Anthemius (c. 2), 549
Hexameter (ebd. S. 33 — 38). Mit c. 9 (343 Hendekasyllaben) beginnt die
zweite Hälfte der Sammlung (v. 6 ff.: nugas . . quas sparsit tenerae iocus
iuventae in formam redigi iubes libelli); es ist ein poetischer Brief (ex-
cuBatorium ad y. c. Felicem) worin v. 13 — 314 ei&tönig dargelegt wird was
alles man von der nachfolgenden Sammlung nicht erwarten dürfe. £pi-
thalamien Ruricio et Iberiae (c. 11, von 133 Hex.) und Polemio et Araneolae
(c. 15, von 201 Hex.), je mit Vorwort, jenes (c. 10) im elegischen Masse,
dieses (c. 14) in Hendekasyllaben mit abermaliger Vorrede in Prosa.
Poetische Briefe sind c. 12 (22 Hendekasyllaben), 13 an Majorianus (Bitte
um Steuornachlass für Lugdunum, 20 elegische Verse und 20 Hendekasylla-
ben), 16 (Danksagung an Faustus, episcopus Bioiensis, 129 Hex.), auch c.
22 (mit Zuschrift in Prosa) die Beschreibung eines Gutes von Pontius Leon-
tius (237 Hex:) und 23 (513 Hendekasyllaben an Consentius). Nr. 17 — 21
Gelegenheitsgedichte von wenigen Distichen, c. 24 Epilog (propempticon ad
libellum, 101 Hendekasyllaben). Zur Zeit von c. 28 ist Narbo noch im
Besitze der Gothen (v. 68 ff.: te . . decus Getarum . . Theudericus amat),
die es im J. 462 gewonnen hatten.
5. Nach seiner Wahl zum Bischof verschwor Sid. das Verseraachen,
doch nicht ohne zahheichc Rückfälle. Epist. IX, 12: ab exordio religiosac
professionis huic principaliter exercitio renuntiavi (vgl. A. 3)r Aber schon
cp. IX, 13 erhält ein Bewunderer seiner Muse ein 20 J. altes und ein neues
Gedicht zugeschickt, letzteres (Asklepiadeen) sogar zum Vortrage inter bi-
bendum; ebenso ep. IX, 15 (Jamben) und 16 (sapphisch). Auch sonst ist
er immer bereit Bestellungen auf Gedichte zu entsprechen. So ep. II, 10
(Hendekas. zur Einweihung einer Kirche in Lugdunum). IV, 8 (auf eine
der Königin Ragnahilda zu überreichende concha). VII, 17 (nenia sepul-
cralis auf einen Abraam). Andere Gedichte in der Briefsammlung: II, 8
(nenia funebris . . per hendecasyllabos, auf Philematia, . . quam . . ceteri»
epigrammatum meorum voluminibns apx^licandam mercenarins bybliopola
öuscipiet). III, 12 (Hendekas. auf das Grab seines Grossvaters). IV, 11
1062 Die Kaiuerzeit Fünftes Jahrhundert. Zweite Hälfl«.
(auf Claudianus). 18 (Kirehwoihe in Tours). VIII, 9 (HcndekaBjllaben an
Lara prid jus). Jugendgedichte VIII, 11 (Hendekas.) und IX, 13 (Anakreonteen).
Eri^hnung Beiuer poctiBcheo Improviaationen ep. I, 11. V, IT. IX, 13. Daa
Vonprechen Attdlae bellum etüo nie pOBteria iDtimatnrum zeigte sich als
unausführbar (ep. VUt, 16), vie Sid. auch die ÄufTorderung in einem Qe-
acbicbtswerke mit Grand ablehnt« (ep. IV, 22). Epiat. VII, 3: contesta-
tinnculas quas ipse dictavi . . tibi transmisi. ib. 9: orationem qoam videor
ad plebem Bitnrigis in ecciesia «cnnocinatns, . . quam duabus vigiliis uniue
noctiB aestiTae, Christo teste, dictatani (or beilegt}. III, 14: meaa nngtis,
sive confectai opere prosario, aen poetarutu stilo cantilenoeaa. I, 1: coc-
tenti vereuam . , editomm opiuione, de qua mihi iam pridem in portu indicü
publici . . sufficientis gloriae ancora sedet
6, Die neun BQcbor Briefe umfaaacti 147 Stücke, worunter IV, 2
von Ham. Claudianus (461, 3 ff.) herrührt. Die Adressaten sind eenatorcs
et pontificea (ep. VII, 12); an Bischöfe gerichtet sind B. VI. VII, 1-11.
VIII, 13 — 16. IX, 2^11. Widmung an Conslantius (presbyter Lngdunonsis);
ep. I, 1 : diu pruecipis . . ut si qnae litterae paulo potitiorcs varia occadone
Buxerunt . . omnes retractatis eiemplaribns enucleatisqiie uno voluminc
includam. Im Falle günstiger Aufnahme actntum tibi a nobis volumina
nmneiosiora . . multiplicabnntur. lY, 2 Beschwerde des Claudianus Ober
NichterwähnuDg in der Sammlung. IV, 10: post jterminatam libellnm qui
pamm (paulo?) cultior est reliqoae denuo litteras usnati . . sermone con-
teio. non enim tanti est poliri formulas editione carituras. IV, 22: ut epi-
stolarum curam iam terminatis libria carum converteremus ad stilum hi-
steriae. Die drei ersten Bücher scheinen somit zusammen herausgegeben.
Erweiterung durch B. IV— VII; s. ep. VIT, 18 (an Constautius) : a te prin-
cipinm, tibi dcsinet (Vergil. ocl. VIII, 11): nam petitum raisimus opus,
raptim relectis exemplaribns, qnae ob hoc in manas pauca venernnt quia
mihi nihil de libelli buiusce conscriptione meditanti hactenus incustodita
nequeunt inveniri. Spätere Hinzufügung von B. VllI auf Anregung des
PetroniuB (in Arelate); ep. VUI, 1: scrinia Arverna petia eventilari, cui
sufGcere suspicabamur si qnid superi ore vulgatu protulissemiis. itaque
mocem geremuB iniunctis, . . ut epistolnrum sericm . . in extimo finc parvi
adhuc numeri summa protendat. Tgl. ib. 16: spoponderum Petrouio . .
praesens opnsculum paucis me epistelis axpcditurum. . . malui ut itlum
correctionis labor, te (Constantins) honor editionis aspiceret. . , pcracta
promissio est Dazu schlieBslioh B. IX; e, IX, 1 (Firmino): exigia ut epi-
stelarum priorum limite irrupto stilus noster in ulteriora procurrat. . . ad-
dis et causas quibus hie Über nonus oeto superiomm voluminibus adcre-
Bcat: eo quod C. Secundus, cuius nos orbitas sequi hoc opere pronuntiae,
paribus titulis opus cpisteiaro detenninot (oben 336, 6 f.), . . nos vero ei
quod eiemplar (von B. I — VIII) manibus occurrerit libri marginibus octavi
cclerit«r addemus. So bat die Sammlung triplices epilogos (IX, 1).
T. Sid. ep. VII, 18: ita mens patet in libro veluti'vultua in speculo-
dictavi enim quaepiam hortando, laudando plnrima, aliqua suadeudo, mae-
rendo pauca iocandoque nonnulta. , . singulae causac singulis ferrae epi-
stelis finiantar. Anfangs zufällig entstanden und wirkliche Briefe (Em-
460. Apollinaris Sidonius. 1063
pfehlungs- und Glückwunschschreiben, Todesanzeigen , Geschäftsbriefe u.
dgl.), wuchs die Sammlung immer mehr durch bewussie Nachbildung des
Plinius und Symmachus, das Bestreben bestimmte Stoffe zu behandeln und
den Wunsch von Bekannten und Freunden durch solche Briefe verewigt
zu werden (ep. VII, 12. VIII, 6. IX, 11. 16). Viele Briefe sind förmliche
Lobreden auf einzelne Männer (wie Theoderich II, ep. I, 2; Ecdicius, ib.
III, 3; Claudianus, ib. IV, 11; Sigismer regius iuyenis, ib. IV, 20), meist
auf den Adressaten selbst (IV, 9. 13. 21. VI, 1. 12. VII, 1. 12—14. IX, 7 u.
sonst). Inhalt und Ausdehnung stehen oft in Missyerhältniss (sunt omnes
loquacissimae, ep. IX, 11 vgl. II, 9. III, 7. 11. IV, 3. VI, 3. VII, 2. IX, 16 u. sonst).
Die an Bischöfe gerichteten (s. A. 6) haben einen feierlicheren Ton und
eine litaneiartige Schlussformel (memor nostri esse dignare, domine papa).
Schwerlich ernst gemeint ist die Versicherung (ep. VIQ, 16): nos opuscula
sermone edidimus arido, ezili, certe maxima ex parte vulgato.
8. Sidonius ist eine Persönlichkeit von demselben Teige wie die Män-
ner die auch literarisch seine Vorbilder sind, Plinius d. J. und Symmachus
(s. A. 6 und ep. IV, 22: ego Plinio ut discipulus assurgo): gutmütig, bereit
zu helfen, von unanfechtbarer Sittenreinheit in einer verwilderten Zeit, fei-
nerer Sitte und geistiger Bildung zugewandt, ein treuer Freund (tenues nobis
esse amicitias nee inimici fingere queunt, ep. IX, 9) und guter Familien-
vater; dabei aber von einer grenzenlosen Eitelkeit, unersättlichem Durst
nach Lob, sich und Andere überschätzend (vgl. die Urteile oben 469, 4 ff.
und unten 461, 1 — 6. 8), ein würdeloser Schmeichler der Machthaber, ein
leerer Phrasenmacher, erfüllt von den Vorurteilen seines Volkes (vgl. oben
469, 2) und seines (adeligen) Greschlechtes (z. B. ep. IX, 6). Seine Christ-
lichkeit ist am stärksten aufgetragen in den Briefen an seine bischöflichen
Standesgenossen (z. B. ep. IX, 2 nennt er sich einen novus clericus, pec-
cator antiquus), aber auch sonst aufrichtig und correct (ep. VIII, 4: tem-
pus est . . de perpetua vita potius quam memoria cogitari; IX, 8: iudicii
dies, resurrectio; VIII, 11: quisque praesumpserit . . vetita rimäri, vereor
huiusmodi a catholicae fidei regulis exorbitaturum) , jedoch frei von dog-
matischer Verbissenheit (wegen spiritales quaestiones verweist er ep. IV,
17 auf sacerdotes fide clari; und auch für Juden hat €r Humanität, obwohl
ihm deren secta despectui est, ib. EI, 4 vgl. VI, 11. VIII, 13) und Kaum
lassend für warme Bewunderung der classischen Literatur. Vgl. ep. II, 9:
similis scientiae viri, hinc Augustinus, hinc Varro, hinc Horatius, hinc Pru-
dentius lectitabantur. Er hat zwar ein klares Bewusstsein von dem Gegen-
satze der beiden Weltanschauungen (ep. IX, 13: procul hinc et Hippocre-
nen . . et Apollinem canprum . . abigamus, et Minervam. . . removete
ficta fatu: deus ista praestat unus; vgl. VIII, 4: talibus studiis anterior
aetas iuste . . occupabatur; modo tempus est seria legi, seria scribi etc.);
aber er bedient sich gewöhnlich unbefangen der Gestalten und Begriffe
der alten Welt und ist in deren Literatur wohlbewandert (s. bes. c. 9).
Dass er jedoch in dieser Welt nicht ursprünglich zu Hause, sondern nur
durch Schulbildung und fortgesetztes Studium eingebürgert ist zeigt das
viele Fremdartige, Analogiewidrige, Verschrobene imd Geschmacklose was
sein lateinischer Ausdruck hat, in Wortstellung wie Wortbildung und Syn-
1064 Die Kaiuorzeit. FäntUie Jahrhundert. Zweite H5irte.
oDTinik (ei asse gaudeo u. dg\., grtuidit«r anxiuB, eis roemioene, ilicet =
nam, pbtfaisiBC«re, crepuscalasceni , oombinatia, bonn«cula, complices, spon-
taJiter. trebftciter. ducaliuB, at«max, incursai u. dgl.). eine bente Higchnng
in ans Mea Zeiten und Stdlarten. Beine Prosodie ist, mit
irlicber MeEaungen von EigeDnamen und FremdwCrtem,
9, 231. 23, 126), Ctcaiphon (e. 88, 139), cätholicam (ep. IV,
:. 16, 1S2. 187), untadelig.
TOD El. Vinetua (Lugd. 1552), J. Wower (cmu nötig P.
Ugd. 1696), J aavaro (Paris. 1599. 1609. 4.), G. Elmeo-
1617) Dod hcB. J. Sirmoad (Paris 1614. 165!. 4. in Sinuondi
. In der Bibl. patr. max. VI. p. 1075 ff., Gallandt bibl.
'., Higttc's patr, LVIII. Auch hier wäre noch ein weites
rbeitefcld.
lain, essai titti^rairo et historiquc sur Ap. Sid., Hontpel-
irtig, C. S. A. S. und acine Zeit nacb seinen Werken dar-
WQrEburg 1845. 1846. Fasaan 1848. 4. G. Eaulmann, die
ÜB eine Quelle für die Geachicbto seiner Zeit, Götti. 1S64.
3., im Neuen schweiz. Museum V (Basel 1866) S. 1—28.
biator. Tascbenb. 1869, S. 30—40. C. A. Chaix, St. Sidoine
, 2 Voll. (462 u. 408 pp.) Clermont-Ferrand 1867; vgl.
>tti. gel, Anz. 1868, S. 1001—1020,
dem Freundeskreise von Sidonius besitzen wir
von Rusticius Elpidius Domnulus, Mamertus Clau-
auetus. Von Domnulua sind uns einige christ-
erhalten; von dem Presbyter Ma.mertuR (Ecdicius)
die drei BOcher de statu animae welche er ums
Sidonius widmet«. Ihrem Inhalt« nach ist diese
tisch, in der Form bald trocken bald' schwülstig.
iristUcben Hymnus von prosaischem Tone besitzen
Gtleichfalls ein Freund des Sidonius war der Bischof
;), Faustus, gegen welchen das Werk des Clau-
ii war und von welchem eine Schrift de graüa dei,
«n n. dgl. auf uns gekommen ist.
tion des Vat 4229 von Pomponius Mola: Fl. Rusticina
lulne T. c. et apectab. com, conaiator. emendavi Rabennae.
iuB Paria (oben 274, 9 E.). Vgl, Elpidio viro spect. comiti
in den Acta coneil. ephea. bei Harduin II. p, 77. Die
ch den comitea cons. war die des qnaestor. Der Domnnlus
ion. ep. IZ, 13 erzählt daaa er unter Hajorianoa (J. 467 —
(dichte gemacht habe (vgl. oben 469, 8) nnd an welchen
^chtet ist beisBt ib. carm. 14 praef.: vir quaeBtoriuej nnd
Bedichte (s. A. 2) haben die Ueberachrift: Buatici Helpidi
laaeatore. Die Identität der Person iat daher bäcbst wabr-
fthn, Berichte der sächa. Gea, d. Wiss, 1851, S. 345— 34T.
461. Domnulus iiud Mam. Claudianus. 1065
2. Bustici Elpidii carmeu de ChriBti beneficiis (ed. Herrn. Müller,
Göttingen 1868. 4.) in Hexametern, und Hisioriarum testamonti veteris et
Dovi tristicha/ 24 Strophen von je drei Hexametern. Beide gedmckt in
G. FabriciuB, corpus poett. christ. p. 754 ff. und in patristischcn Samm-
lungen (z. B. Bibl. patr. max. IX. p. 462 ff.).
3. Gennad. vir. ill. 83: Claudianus Viennensis ccclesifte presbyter,
vir ad loquendum artifex et ad dispntandum subtilis, composuit tres quasi
de statu vel de substantia animae libros, in quibus agit . . ut ostendat
aliquid esse incorporeum praeter deum. scripsit et alia nonnulla, inter
quae et hymnum de passione domini cuias principium est ,Pange lingua
gloriosi^ fuit autem frater Mamerti Viennensis episcopi. Nachruf an ihn
(nuper ereptus) von Sidon. epist. IV, 11 mit masslosem Lobe, z. B.: vir
l>rovidus, prudens, doctus, eloquens, acer et hominum aevi, loci, populi sui
ingeniosissimus quiqu« indesinenter salva religione philosopharetur et . . a
coUegio complatonicorum solo habitu ac fide dissociabatur. . . episcopum
fratrem maiorem natu affectuosissime obscrvans etc. sed et ille suspicie-
bat haue granditer, habens in eo consiliarium in iudiciis, vicarium in eccle-
siis etc. Und in der nachfolgenden nenia auf ihn z. B.: Claudianus, triplex
bybliotheca quo magistro — romana, attica, christiana — fulsit. . . orator,
dialecticus, poeta, tractator, geometra musicusque, doctus solvere vincla
quaestionum et verbi gladio secare sectas, si quae catholicam fidem laces-
sunt. psalmorum hie modulator et phonascus etc. Brief des Claudianus
an Sidonius in dessen epist. IV, 2. Anderer an den Rhctor Sapaudus, s.
oben 459, 9.
4. Die Schrift de statu animae hat die Widmung: praefcctorio (alsa
nach J. 467, s- oben 460, 2), patricio, doctissimo et optimo viro C. Sollio
Sidonio Claudianus sal. und das Nachwort: Claudianus C. Sollio Apollinari.
Jene beginnt: editionem libellorum quos de animae statu condidi . . mihi
imperasti und enthält auch eine kurze Inhaltsangabe. B. I beginnt: magnum
in gcnere humano, Solli Sidoni, frater amantissime^ multorum vitinm est
etc. Im Nachwort: libellorum a me transmissorum, quos philosophicae artis
Bubtilissima disputatione disposui etc. Ucberschwänglicher Preis dieser^
Schrift durch Sidon. epist. IV, 3 vgl. V, 2: librum de st. an. tribus volu-
minibus illustrem Mamertus Claudianus, peritissimus christianorum philo-
sophus, . . excolere curavit etc. Polemik gegen chartula quaedam (I, 1),
ein opnsculum (I, 2), welches, anonym erschienen war (ib.), aber den Fau-
stus zum Verfasser hatte; s. A. 7.
5. Der Hymnus Pange etc. (vgl. A. 3) besteht aus 30 trochäischen
Tetrametern, üeber ihn Sidon. epist. IV, 3: de hymno tuo si percontero
quid sentiam, commaticus est, copiosus, dulcis, elatus et quoslibet lyricos
dithyrambos amoenitate poetica et historica veritate supereminet, u. s. f. iu
diesem Stile. Auch noch andere Sachen in gebundener Form tragen seinen
Namen und sind theilweise unter die Gedichte des älteren Claudianus
(oben 433). hineingerathen. So im epischen Versmass contra poetas vanos,
ein Carmen paachale, laus Christi, sig xov aotTjJQa, dg tov dsönotriv Xql-
0t6v; im elegischen in lacobum mag. eq. und miracula Christi. Da Sidonius
Die KaitMirzeit Ftlnftes Jahrhiimlert. Zweite Hälfte.
; H. A. S) Gedichte in gricchiacber S])rache ihm beilegt, ao lua^
der Verfaeser sein.
^druckt Bind des Maro. ClaudiouuB orhaltcoe Werke z. B. in
hl. patr. X nnd io Migno"B patrol. LIII (p. 693 — 790); die Gc-
li in G. FabriciuB Corp. poet^>. chriBt. p. 775 ff, und andern
inad. vir. ill. 35: FauetuB, ex abbate LerinenBis mooaaterii
im (vielmehr in Uoü) Galliae episcopus factns (ame J. 462), vir
criptoria satiB int^jntus, . . compOBuit libmm de ipiritu Bancto.
uoqne opus cgrcgium de gratia dei (s. A. 8). . . legi eins et
rianos et Haccdonianoa parvum Itbellum . . et alinm Adveraiis
unt 08Be in creatnris atiquid incori>oreum, in quo divinis teati-
itmm confirmat Bententiis nihil credendum incorporeum praeter
igen ClaadianuB, ■. A. 3 n. 4). est et eins Eplstola in modDiu libelli
n quendam Gratnm nomine edita, qui a fide catbolica diacedens
jiam abiit impietatem. . . Bunt rero et alia ciun Bcripta, quac
m legi uominare nolui. . . scripait poatea ad Felicem procf.
itriciae dignitatis virutn, filium Uagni consulia, iam religioaum,
ä timorem dei hortatoriani. Vgl. ib. SG: flornit hie (Caesarius,
.tensis) 00 t«mpore quo et Fauatna, Anaatasio remp. admini-
don. carm. 16, epist IX, 3. 9. Vgl. oben 460, 4.
Schrift dcB Fauetua De gratia Dei in zvei BQcbern, als pela-
gegriffen »on Gelasius, Fulgentiua (unten 472, 1) u. A., ist er*
) auf una gckomiueuea Briefe des F. (an Leoutius, Paulinns,
iciua u. A.) sind dogmatischen Inhalts und meist umfangreich.
Leontius contra eoa qoi dum per aolam dei voluntatem alioa
itom attrahi . . liberum arbitrium cum ManichaciB negant; die
!nz mit dem prcsbjter Lucidus gegen den PrädeBtinatianismuE,
en gegen deu Arianiamus u, a, w. Letztere Richtung aog dem
lade des arianischen WeatgothcnkOniga Euricb eu (J. 481). Fer-
ea u. A. Vgl. Sidon. epiat. IX, 3 an Faustna: immane suapicio
ad in vobis tropologicum geuua ac üguratum limatisque pluri-
is eminentisBimum. ib, 9: legi volumina tua etc. legimua opus
im, multiplex, Bore, Bublime, digeatrum tituÜB eiemplisque oon-
partitum sab dialogi achemate, aub cauBarum tbemate qnadri-
. mulierem pulchram . . tibi iugaati, . . philosophiam Bcilicet.
iiiatum te matrimonio qni laceaBiverit sestiet eccleaiae Cbriati
idemiam militare teque nobiliua philoeophari.
8cbriften dea Fauatus bei P. PithOua, coUoctio vett. Galliae
ms. 1586. 4.), in der Bibl. patr, max. (Lugd. 1677) VIII, in
rol. LVIII (p. 783—889 vgl. LIU. p. «81-685). Vgl. Wiggers,
. 228 ff.
Wie bei Claudiautis ond Fauatus so dreht eich auch
i Theologen der Zeit von welchen wir noch Arbeiten
lie schriftstellerische Thätigkeit vorzugsweise um das
461, f. Faustiis. Arnobius iun. u. A. 1067
Verhältniss von Willensfreiheit und Gnade, auch wohl noch um die
alten Streitigkeiten über die Person Christi. Andere verfassen
Commentare zu biblischen Schriften, Predigten und dgl. Solche
theologische Schriftsteller sind Arnobius (iunior), Cerealis, Ge-
lasius, Honoratus, Ruricius, Salonius u. A. Besonders wichtig
aber ist des Gennadius Fortsetzung von Hieronymus' Verzeich-
niss der kirchlichen Schriftsteller (viri illustres) bis auf ihn selbst
(um 495),
1. Des Arnobius CommeDtarius in psalmos ist gewidmet Leontio
et Bustico episcopis, die um 460 fallen. Ausserdem ist erhalten Arnobii
catboiiei et Serapionis conflictus de deo trino et uno etc., in Form einer
Verhandlung vor einem Schiedsgericht, in der Weise ut Arnobius a parte
sedis apostolicae defensor fieret et Serapion a synedrio Aegyptiorum al-
tercator existeret, iudices vero essent a parte catholica Decius Constantius
et a parte Aegyptiorum Ammonius. Abdruck in der Bibl. patr. max. VIII,
in Migne's patrol. LIII (p. 238—569).
2. Gennad. vir. ill. 86: Caesarius, Arelatensis urbis episcopus, . .
scripsit egregia et grata et valde monachis necessaria opuscula. de'gratia
quoqne et libero arbitrio edidit testimonia. . . quod opus etiam papa Fe-
lix per snam epistolam roboravit et in latius promulgavit. floruit hie . .
Anastasio remp. administrante (J. 491—518). Vgl. Greg. Tur. bist. Franc. IX,
39. Predigten u. A. von Caes. in der Bibl. patr. maxima VIII, wie bei
Migne LXVII.
3. Gennad. ill. 96: Gerealis episcopus natione Afer, interrogatus a
Maximino Arianorum episcopo, si paucis possct . . fidem catholicam assi-
gnare, . . copiosis tarn veteris quam novi testamenti indiciis approbavit et
libello edidit. Abgedruckt ist diese Schrift z. B. in Migne's patrol. LVIII.
p. 757—767.
4. Gennad. ill. 97: Eugenius, Carthaginis . . episcopus et confessor
publicus, admonitns ab Hunerico Vandalorum rege catholicae fidei cxpo-
sitionem et maxime verbi homousii proprietatem disserere (J. 484) . . com-
posuit librum fidei (abgedruckt z. B. bei Migne patrol. LVIII. p. 219—234).
. . iam vero asportandus pro fidelis linguae remuneratione in exilium epi-
stolas velut commonitorias fidei . . dcreliquit (abgedruckt z. B. bei Migne
LVIII. p. 770 — 775). altercationes quoque quas cum Arianorum praesulibus
per intemuntios habuit conscripsit et relegendas per maiorem domus Hu-
nerico transmisit. similiter et preces pro quietc christianorum eidem velut
apologias obtulit. vivere adhuc (um 495) . . dicitur. Er starb J. 505. Vgl.
Greg. Tur. bist. Franc. II, 3. mirac. I, 58.
5. Gennad. ill. 94: Gelasius, urbis Bomae episcopus (J. 492 — 496),
scripsit adversus Eutychen et Nestorium grandc et praoclarum volnmen et
tractatus diversarum scripturarum et sacramentorum elimato sermone et
adversus Petrum et Acacium scripsit epistolas. . . fecit et hymnos in si-
militudinem Ambrosii episcopi. obiit sub Anastasio Aug. Abdruck des
Erhaltenen (worunter auch de lupercalium intermisaionc) in den Concilien-
1068 Di« Kaitferzeit. Fünffcc8 Jahrhundert. Zweite Hälfte.
saminluDgen, in der Bibl. patr. max. VIII, in Migne's patrol. LIX, Schrei-
ben seiner Vorgänger, der Päpste Hilarius (J. 461 — 467), Simplicius (J,
467—483), Felix III (J. 483—492), bei Migne LVIII.
6. Gennad. 111. 95: (Antonius) Honoratus, Constantinae (Africao
civitatis) episcopus, scripsit ad Arcadium quendam qui pro confessione fidei
catholicae in partibus Africae a Genserioo rege missos exolabat epistolam
. .' hortatoriam. In Migne's patrol. L. p. 567^570.
7. Gennad. 111. 99: Honoratus, Massiliensis ecclesiae episcopus, vir
eloquens et absque uUo linguae Impedlmento ex tempore in ecclesia de-
clamator . . in homiliarum raodum . . multa componit. Auch war er al»
Reiseprediger thätig. . . sanctus quoque papa Gelasins (A. 5) per scriptn
ram agnoscens eins fidei integritatem rescripto suo probatam iudicavit.
Banctorum quoque patrum vitas . . coaptat ipse legendas, praecipue nntri-
toris sui Hilarii (oben 460, 7). litanias ad supplicandam dei clemenüam
cum plebe sibi credita pro viribus agit. Gedruckt ist seine vita BUarii
z. B. in Migno-'s patrol. L. p. 1220—1246.
8. Maximus, Taurinensis ecclesiae episcopus (was er J. 451 und 465
noch war), moritur Honorio et Theodosio hin. regnantibus (Gennad. vir. ill.
40). Von ihm haben wir 118 homiliae, 116 sermoncs und sechs tractat-us
(bes. de baptismo, contra paganos, contra ludaeos). Ausg. von Er. Bruni, Rom
1784 fol. und in Migne's Patrol. LVII.
9. Gennad. 111. 98: Pomcrius nationo Maurus, in Gallia presbyter
ordinatus, interrogantibus luliano opiscopo et Vcro presbytero dialecti-
corum more respondens arte dlalcctica . . composuit Do natura animac
et qualitate eius et De resurrectionc . . libros VIII (abgedruckt z. B. bei
Migne LIX). . . memini legisse me ollm eius dictatum ad quendam no>
mlnc Prlncipium de contemtu mundi ac rerum transiturarum hortatorium
et alium De vitüs et virtutibus praetitulatum. scripsisse dicitur et alia et
adhuc scribore, quac ad meam notitiam non vcnemnt. vivit usqae hodie
(um 495)^ Bei Isid. ill. 12 hcisst er lulianus cognomento Pomerius.
10. Von Buricius, episcopus Lemovicensis (Limogcs) J. 484 — 507,
sind 82 Briefe in zwei Büchern erhalten, gerichtet vorzugsweise an Bi-
schöfe, wie Sidonius, Faustus, Aeonius, Euphrasius, Caesarius, Sedatus,
AprunculuB^ Volusianus u. A. Die Nachahmung des Sidonius ist unver-
kennbar (II, 18 versucht sich B. auch in Hendckasyllaben); an Reich thum
des Inhalts aber sind die Briefe mit denen des Sid. nicht zu vergleichen.
Abdruck z.B. in Migne's Patrol. LVIII. p. 68— 124. Vgl. oben 460, 4. Epitaph des
Venant. Fort. (IV, 5) auf die beiden Ruricii Auicii, Grossvater und Enkel.
11. Salonius, Sohn des Eucherius (oben 450, 6), Verfasser einer
Expositio mystica zu den Sprüchen Salomo's in dialogischer Form (abge-
druckt z. B. bei Migne LIII. p. 967 — 993) und einer ganz ähnlichen zum
Prediger Sal. (ib. p. 993 — 1011). Ein Brief von ihm, Ceretius und Vera-
nius an Leo M. bei Migne LIV. p. 887 ff. Briefe und Schriften des Sal-
vianus an ihn, s. oben 458, 1. 3. 4; ebenso Briefe des Sidonius.
12. Vigilius, Bischof von Thapsus (Africa), J. 484 verbannt; Verf.
von AdversuB Nestorium et Eutychem libri V pro defensione synodi Chal-
462 f. Gennadins u. A. Victor. 1069
cedonensifi (gedmckt Tubing. 1528 fol. Colon. 1555). Unter dem Namen
des Äthanasins erschien seine Altercatio adversas Ariam. Bestritten ist
die Urheberschaft der libri XII de trinitate. Abdruck in Chifflets Aneg.
des Victor Vit. (Divion. 1664. 4).
13. Gennad. ill. 100: ego Gennadins, Massiliae presbyter, scripsi
adversns omnes haereses libros VIII et adversus Nestorium libros VI, Ad-
versos Pelagiom libros III et tractatus de mille annis et de apocalypsi b.
loannis, et hoc opns, et epistolam de fide mea (=» de ecclesiasticis dogma*
tibuB, bei Migne LVIII. p. 979—1000) misi ad b. Gelasium, urbis Eomae
episcopum. Vgl. ib. 72 extr.: hunc ipsum libellum (Timothei ad Leonem
imp.) noscendi gratia ego rogatus a fratribus in latinum transtnli. Ueber-
Schrift des Hauptwerkes im Veronensis: catalogus virorum illustrinm quos
b. Hieronymum sequens commemorat. Ausgaben an dem Werke des Hie-
ronymus (z. B. ed. Vallars. H, 2. p. 967—1016), in Migne's Patrol. LVHI.
p. 1053—1120 und sonst. Später fortgesetzt von Isidorus. Alle diese zu-
sammen (mit deren mittelalterlichen Fortsetzungen) in den Schriften De
illustribus ecclesiae scriptoribus von SufPridus Petrus Leovardiensis Frisius
(Colon. 1680) und von Aub. Miraeus (Antverp. 1639 fol.).
463« Historische Arbeiten aus der zweiten Hälfte des fiinf-440
ten Jahrh. sind des Victor Vitensis Geschichte der Verfolgung
der orthodoxen Kirche durch die arianischen Vandaler, und die
Chronik des Spaniers Idacius^ welche die Jahre 379 — 469 um-
fasst und die Geschichte seiner Heimat besonders berücksichtigt.
Ein Verzeichniss der Consuln vom Beginne der Republik bis ins
J. 468 n. Chr., geschöpft aus den altem Fasten und einem Aus-
zuge aus Livius, ist ohne triftige Gründe gleichfalls dem Idacius
beigelegt worden.
1. Victor, episcopus Vitensis (in Byzacene), ohne Zweifel auch aus
Africa gebürtig (historia persecutionis africanae a s. Victore patriae Vi-
tensis episcopo in einer Handschrift). Aus dem Vorwort: ego iubcntis
imperio oboedientiae cervicem submittens qnae obvenerunt in partibua
Africae debacchantibus Arianis sensim breviterque indicare tentabo. Zeit-
bestimmung I, 1: sezagesimus nunc, ut darum est, agitur annus ex quo
populus ille cmdelis ac saevus vandalicae gentis Africae attigit fines (J.
427 + 69 = 486; nach Papencordt 429 + 69 = 488). B. I (nach der
Einthoilung von Chifflet) enthält die Verfolgungen durch Geiserich (f 477),
B. II, IV und V die durch dessen Sohn und Nachfolger Ilnnerich (J. 477
bis Ende 484); B. III das Letzterem überreichte Glaubensbekenntniss der
orthodoxen Bischöfe (s. oben 462, 4). Die Erzählung ist unter dem frischen
Eindrucke des Selbsterlebten einseitig und grell gehalten, die Darstellung
ungebildet. F. Papencordt, Gesch. der vandal. HeiTschaft in Africa (Berl.
1837) S. 360—370.
2. Gedruckt Colon. 1517. 1538 (cura R. Lorichii); cum notis Fr. Bal-
duini (mit Optatus Milev.) Paris. 1569; cum notis P. Fr. Chiffletii (mit
1070 Die Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
Vigil. Thapa.), Divion. 1664. 4. c. n. et obss. Th. Ruinart, Paris. 1694. 8.
Veron. 1732. 4. In den i^atristischen Sammlungen z. B. von Migne (LVIIL
p. 180—260. Prolegg. p. 126—179. Appendices p. 260—4.34).
3. Idac. praef.: Idacius, provinciae Gallaeciae natns in Lemica ci-
vitate (Lamego), . . summi praesul creatus officii (vgl. c. 4: capto Idacio
epiacopo YII kal. aug. — des J. 464 — in Aquaefiaviensi ecclesia), . . per-
eiuguum informatns studio saeculari, . . sanctornm eruditissimonun pairnm
in praecedenti opere suo . . ostensum ab bis secutus ezemplar. quorum
primua Eusebius etc. post hunc Hieronymus presbyter etc. quem quodam
tempore propriae peregrinationis (in Palästina) . . adhuc infantulus vidisse
me cettus snm. . . partim ex studio scriptorum, partim ex certo aliquan-
torum relatu, partim ex cognitione quam iani lacrimabile propriae vitae
tempus osteildit quae subaequuntur adiecimus. . . ab anno primo Theo-
dosii Aug. in annum III Valentiniani Aug., Placidiae reginae filii, . . a
nobis conscripta sunt studio vel ex scriptorum stilo vel ex relationibus in-
dicantum. exin immerito allectus ad episcopatus officium . . subdidimus
etc. posteris- in temporibus quibus offenderint reliquimus consummanda.
Sichtlich bemüht sich der Verf. redlich die Wahrheit zu sagen, und wo
ihm nicht seine Leichtgläubigkeit im Wege steht ist er ein werthvoller
Zeuge. Vgl. F. Papencordt, Gesch. d. vandal. Herrschaft (1837) S. 362—365.
4. Handschrift von Sirmond, wonach von diesem herausgeg. Paris.
1619 und in sn. Opp. (Paris. 1696. II. p. 291 ff. Venet. 1718. IL p. 228 ff-)i
von Bouquet (recueil des bist, de la France I. p. 612 ff.), Florez (Esp. sagr.
IV. p. 345 ff.), Roncalli (vetust. latt. scr. chron. U. p. 337 ff.). Auch bei
Migne Patrol. LI. p. 873—890.
5. Das von Sirmond dem Idacius zugeschriebene (Jonsulnverzeichniss
streut auch geschichtliche Nachrichten ein, Anfangs spärlich, in den letzten
zwei Jahrhunderten häufiger. Mit Idacius hat es sicher die Zeit gemein,
sowie die handschriftliche Ucberlieferung. Ausgaben von Sirmond und
lioncalli (s. A. 4), in Gmvius' Thesaur. antiqq. rom. XI. p. 246 ff., Migne's
Patr. LI. p. 891—894 u. sonst.
«
.')97 464. Die Geschichte der Zerstörung Troja's von dem an-
geblichen Phrygier Dar es gehört nach Einkleidung vvie Aus-
führung zu der Schwindelliteratur, wie sie im fünften und
sechsten Jahrh. üppig wucherte. Dem Mittelalter hat vorzugs-
weise dieser Dares Stoff zu seinen trojanischen Rittergeschiehten
geliefert.
1. Aelteste Erwähnung des angeblichen Werkes von Darcs bei dem
Schwindler Ptolemäus Chennus (S. des Hephastion, um 70 — 100 n. Chr.) I (in
Phot. Bibl. cod. 120) : 'AvrinaTQog di tpriaiv 6 'A%dvd'to$ (einer der vielen von
Ptol. Chenn. erdichteten Schriftsteller, R. Hercher, Ptol. Ch. S. 269 ff.) Jdifrjvix,
7r(f6 'OjjLTJQOv y^ociffCivta rriv *IXid8a^ fivrifiova ytviG&ai '^EiitOQog vn^if tov fi^
dvsXeiv TJcctqo'kXov. Der Name Dares ist entnommen aus Ilias V, 9 ff. Aelian
(um J. 170 n. Chr.) hat seine Eenntniss darüber wohl eben aus Ptol. Chennus;
8. Var. bist. XT, 2: xal tov ^qvya 8\ Jagrira, ov (pQvyiav 'JlidSa in %al
463 f. Idacius. Dares. 1071
m
vvv dnoam^ofiivrjv olÖcCy n^o ^OfLqQOV xal rovtov ysvia&at Xiyovai, Ebeuso
Eastath. ad Odyss. XI. p. 1697, dessen Angabe (JaQTjta ^Qvya . . avtofio-
Iriaaina vn' 'OSvaaioig dvccii^e^fivai) mit dem auf uns gekommenen Dares
in Widerspruch steht. Dunger hat nachgewiesen dass ein griechischer Dares
hCchst wahrscheinlich überhaupt nicht existiert hat (S. 12—17).
2. Der Verfasser der historia de excidio Troiae nimmt die Maske des
Cornelius Nepos vor, welchen er — bezeichnend fSr seine Geschichtskennt*
niss — seine (angebliche) Uebersetzung dem Sallustius Crispus widmen
lilsst. Er sagt: Cum multa Athenis studiosissime agerem inveni historiam
Daretis Phrygii, ipsius manu scriptam, ut titulus indicat, quae de Graecis
et Troianis memoriam mandat. quam ego summo amore complexus con-
tinuo transtuli. cui nihil adiciendum vel deminuendum rei formandae causa
putayi, alioqui mea posset videri. Optimum ergo duxi ut ita ut fnit vere
et simpliciter perscripta sie eam in latinitatem ad verbum transverterem,
ut legentes cognoscere possent . . utrum magis vera esse existiment quae
Dares Phrygius memoriae commendavit . . anne Homero credendum. . . de
qua re Athenis iugiter fnit mentio, cum pro insano Homerus haberetur
quod (und diese Begründung verräth den Christen) deos cum hominibus
belligerasse descripserit. Die Behauptung treuer Wiedergabe des Originals
kann aber nicht richtig sein, da gleich der Rath welchen im Original
Dares dem Hektor gegeben haben soll (s. A. 1) in der lateinischen Be-
arbeitung nicht vorkommt. Die ganze Angabe von dem griech. Originale
wird daher eine Fiction sein. Vgl. A. 1.
3. Der Verf. behauptet Autopsie, und hat damit ^em Mittelalter stark
imponiert. Vgl. c. 12: Dares Phrygius, qui haue historiam conscripsit, ait
se militasse usque dum Troia capta est. hos se vidisse etc. c. 44: hacte-
nuB Dares Phr. graecis litteris mandavit. . . hucusque historia Daretis. Am
Schlüsse summiert er die Zahl der beiderseits Gefallenen nach seinen acta
diuma, und berechnet die der Trojaner auf 67600(X, der Griechen aber auf
886000 Mann. Ueberhaupt stellt er sich ganz entschieden auf den Stand-
punkt der Trojaner, und auch diess diente ihm im Mittelalter, das unter
Vergils Einflüsse stand, nur zur Empfehlung. Vermöge seiner Autopsie gibt
er c. 12 f. von den beiderseitigen Personen ganz genaue Schilderungen, z.B.
Helenam . . cruribus optimis, notam inter duo supercilia habentem. Dagegen
verwandelt er das hölzerne Pferd rationalistisch in einen am skäischen
Thore gemalten Pferdekopf (c. 40). In Wahrheit ist der Verfasser ein
Kömer, da er das Werk des Valerius kurzweg Argonautae nennt (c. 1: qui
volunt eos cognoscere, Argonautas legant, vgl. ib. 15. Dunger S. 8. 15).
Und zwar schrieb er in christlicher Zeit (s. A. 2), vor Isidor (s. A. 4), etwa
im fünften Jahrb., worauf die Sprache hinweist (15: audivit quia; 31:
mittit indutias pctere) und der ganze trockene Ton, die kümmerliche Sti-
lisierung in lauter kurzen einförmigen Sätzchen. Quellen (neben der eige-
nen Erfindung?) für Einzelheiten Diktys und wohl auch der sog. Pindarus
Thebanus (vgl. Dunger S. 15 — 17).
4. Isidor kennt das Buch bereits und glaubt an die Erdichtung, s.
Orig. I, 41: historiam primus apud nos Moyses . . conscripsit; apud gentiles
vero primus Dares Phr. de Graecis et Troianis historiam odidit, quam in
1072 Die Kaiserzeit. Fünftes Jabrhunderf. Zweite Hälfte.
foliis pakaarum ab eo conscriptam esse ferant. post Daretem antem in
Qraecia Herodotns primus historiographuB habitus est. Aelteste Hds. die
Florentiner (saec. IX — X), nSLchstdem (aus saec. X) die St. Galler, Bemer
nnd Bamberger, sowie (aus saec. XII) die Wiener; s. F. Meister S. 1 — 23.
Dem Mittelalter lag (wie H. Danger nachgewiesen bat) Dares lediglich in
seiner jetzigen Gestalt (nicht etwa in einer ausfOhrlicheren Fassung) vor.
Erste Erwähnung (als Daires) bei dem nordfranzdsiscben Trouv^re Benoit
de Ste. More (um 1150) in seiner Destruction de Troyes (Dünger S. 32.
34—36. 37), sowie (als vates phrygius I, 25) bei Joseph von Exeter (lacanns)
in seinen sechs Bfichern De belle troiano (zwischen J. 1184—1191; vgl. Diinger
S. 23—26), dann bei Albert von Stade (Dunger S. 26 f.) um 1230, in der
l'rojumanna saga (Dunger S. 75—80) und bei Konrad von Würzburg (um
1280). Vgl. F. Meister S. 25—36. Auch eine Historia Daretis Frigii de
origine Francorum (welche von den Trojanern abstammen wollten) ist hand-
schriftlich vorhanden, aber noch nicht veröffentlicht. Vielleicht ist auch
die Historia excidii Troiae auf fränkischem Boden entstanden.
5. Ausgaben meist mit Diktys-Septimins; s. oben 416, 1 — 5. Zuletzt tod
A. Dederich, Bonn 1835 und seiner Ausg. des Dictys (1837) angehängt.
6. Dürftige Abhandlung de Darete Phrygio von J. G. Eccius (Lips. 1768).
Trefflich H. Dunger, die Sage vom trojanischen Kriege in den Bearbeitungen
des Mittelalters u. s. w. Dresden 1869 (Progr. des Vitzthumschen Gymn.).
F. Meister, über Dares von Phryg^ien, de exe. Tr. bist., Breslau 1871. 36
S. 4. Beiträge zur Textkritik von J. Schmid, Ztschr. f. östr. Gymn. XX.
1869. S. 819—830. •
442 465, Grammatiker imgefähr aus dieser Zeit sind die Com-
mentatoren der Ars des Donatus, Cledoniiis aus Rom, Lehrer
in Constantinopel, und Pompeius aus Mauretanien. Von einem
grammatischen Werke des Galliers Consentius sind zwei Ab-
schnitte, de nomine et verbo und de barbarismis ei metaplasmis,
gleichfalls auf uns gekommen; ebenso von dem grammaticus
urbis Bomae Phocas eine Ars de nomine et verbo und eine
vita Vergilii in Hexametern. Von Rufinus aus Antiochia be-
sitzen wir einen commentarius in metra Terentiana, sowie eine
Abhandlung über die Metra der Redner, beide theilweise in ge-
bundener Form. Auch der Lehrer des Priscianus, Theoctistus,
sowie wohl der Glossograph Placidus gehörten dieser Zeit an.
1. Ars Cledonii romani senaioris, Coustantinopolitani grammatici
bei Putsche p. 1861—1936 und Keil V. p. 9 — 79. Sie ist uns erhalten
durch einen cod. Bemensis saec. VI, der aber sehr verwirrt nnd verdorben
ist. Sie bildet einen fortlaufenden Commentar zu Donatus, geschöpft aus
den in den Schulen üblichen Quellen (z. B. Vergilcommentaren), denselben
welche auch in den ausführlicheren Werken von Sergius (oben 404, 2) und
Pompejus (s. A. 2) benützt sind (genannt werden Varro, Plinius, Probus,
464 f. Dares. Cledonius^ Pompeius u. a. Grammatiker. 1073
Terentiänus, Sabinus), und enthält neben dem Gewöhnlichen auch einige
gewähltere Bemerkungen. Entstehung aus Schnlvorträgen ; vgl. p. 14,
4 ff . K.: quodam tempore, dum Atb in Capitolio die competenti tracta-
rctur, unus e florentibus discipulia lohaunes a grammatico yenia postulata
. . sciscitatus est etc. F. Osann, Beiträge II. S. 314—316. Keil V. p. 3—8.
2. Pompe i commentum Artis Donati herausgegeben von Lindemann
(Lips. 1820) p. 3—480, bei Keil, gramm. latt. V. p. 95 — 312. Ueber die
Handschriften davon s. Keil p. 83—88. Der Charakter als Schulbuch ist
stark ausgeprägt (durch Fragen, Anreden u. dgl.). verbosa et puerilis
tractandi ratio, molestissima rerum tritissimarum repetitione fastidium
creans, hac sola re quodam modo vel ezcusatur vel intellegitur quod scbo-
larum consuetudinem grammaticus scribendo imitatus est (Keil p. 90).
Benützt ist hauptsächlich Donats ausfuhrlichere Ars und des Servius Gom-
mentar zu Donat in seiner ursprünglichen Fassung, mit willkürlichen Um-
änderungen. Genannt wird besonders häufig Probus und Plinius; ausser-
dem Claudius Sacerdos, Caper, luba, Terentianus, und viele ältere (Luci-
lius, Cato, Varro, Caesar, Verrius Flaccus u. A.), diese ohne Zweifel nur
aus späteren Quellen. Als Maurus bezeichnet sich P. p. 206, 5 f. K. vgl.
p. 287, 5. Im Mittelalter wurde sein Buch neben Priscian, Donatus und
Servius besonders häufig benützt und angeführt, erstmals durch Julianus
von Toledo (gegen Ende von saec. VII). Auch Excerpte daraus sind er-
halten (Keil V. p. 88). Osann, Beiträge II. S. 311—313. Gräfenhan, Gesch.
d. class. Philol. IV. S. 108 f. A. 46. Keil, gramm. V. p. 89—94, vgl. Pro-
rectoratsprogramm von Erlangen 1868, p. 3: eo tempore quo primum cum
vctere eruditione misccri nova barbaries cocpta est, id quod inde a sexto
fore saec. vel exeuntc quinto factum esse suspicor, Pompeius . . scripsit.
qui quamvis rudi scrmone et raolestissimis verborum ambagibus usus ple-
raque incpte et pueriliter disputct, tamen multa mclioris doctrinae vesti-
gia ex antiquioribus . . rctinuit.
3. Ars Consentii v. c. de duabus partibus orationis, nomine et
verbo, bei Putsche p. 2017 — 2074; Ars Cons. v. c. de barb. et metapl.,
von A. Cramer zu liegensburg entdeckt und von Buttmann herausgeg.
(Berol. 1817); beide zusammen bei Keil, gramm. latt. V. p. 338—404. Nach
der Auswahl seiner Beispiele von Ortsnamen ist der Verf. sicher aus Gal-
lien (F. Osann, Beiträge II. S. 346 f.), und gehört daher wohl zu der Fa-
milie des dichterischen Freundes von Sidonius, Consentius in Narbo (s.
oben 459, 5). Die Identificierung mit demselben (Funccius, Osann) ist aber
nicht wahrscheinlich (Lachmann, H. Keil), dicendi genus cxquisitum et
artificiosum et a vulgari grammaticorum consuetudine diversum gallico
homine studio rhetoricae artis . . exculto non videtur esse indignum (H.
Keil p. 333). Verweisungen auf nicht erhaltene frühere (p. 353, 17. 398,
36 f.' 399, 30 K.) und spätere (p. 377, 26. 393, 30 ff. K.) Theile des Werkes
machen glaublich dass die zwei Schriften zufällig gerettete Ueberreste einer
vollständigen Grammatik sind. Vorgänger nennt Consentius selten bei
Namen; doch finden sich die von Varro, Probus, (Aruntius) Celsus, Pa-
laemo, Pansa und Asper. Die ausgedehnte, aber nicht auf .unmittelbare
Benützung führende Uebereinstimmung mit Donatus, Charisius und Dio-
TxüTFEX, B^m. LitoraturgeBohichto. 2. Aufl. 68
1074 Die EaUerzeit. Fünftes Jahrhundert Zweite Hälfte.
medes macht glaublich daes Cons. aus den gleichen Quellen wie diese ge-
schöpft hat, also aus Palaemo, Probus und Cdminianus. H. Keil L 1. p.
334—336.
4. Doppeltes Vorwort der Ars des Phocas, in gebundener Form
(6 Distichen, beginnend: Ars mea multorum es) und in Prosa. Aus letz-
terem: praecipue discipulis nostris . . nominum regulas et verborum in
unum congessi, quoniam . . super ceteris abunde dictum a summis aucto-
ribtts aestimo. quo in opere nihil mihi sumam nee a me novi quidquam
repertum adfirmabo. multa namque ex multorum libris decerpta concinna
breyitate conclusi. Geschöpft ist das Schriftchen aus denselben Quellen wie
Charisius, hauptsächlich wohl aus Palaemon und (den Catholica des) ProbuB.
Angeführt wird Ph. schon von Priscian (X, 23. p. 616, 16 H.) und Cassiodor
(de orthogr. p. 2279 P. vgl. p. 2321. inst. div. 30); andererseits ist des
Phocas vita Vergilii (s. oben S. 439 f.) vorzugsweise aus Donatus geschöpft.
Handschriften der ars sind zahlreich (Keil V. p. 406 — 407). Abdruck der-
selben bei Putsche (p. 1688—1722), Lindemann (p. 321—363) und bes. bei
Keil, gramm. latt. Y. p. 410 — 439. Vgl. ib. p. 407 f. Wernsdorf, poetae
latt. min. UI. p. 347 f.
6. Den Namen des Phocas trägt auch ein Aufsatz de aspiratione
(bei Keil V. p. 439 — 441), wohl mit unrecht, nam et dicendi genus quae-
dam quae ab illius sermone aliena sunt continet et rerum tractandarum
ratio tam diversa est ab iis quae de eodem argumento a yeteribus gram-
maticis cbmposita sunt ut recentiore aetate haec ex antiquorum common-
tariis congesta et veteris grammatici nomine inscripta esse videantur.
Keil 1. 1. p. 409.
6. Des Ruf in US, grammaticus Antiochensis , comm. in metra Ter.
ist abgedruckt bei Putsche p. 2706 ff. und bei Gaisford (script. rei metr.)
p. 378 ff. Die ähnliche Schrift des Priscian (unten 473, 6 b) ist darin noch
nicht benützt; wohl aber führt R. neben vielen andern Grammatikern auch
den Donatus, Victorinus und Servius an (Osann, Beiträge IL S. 307 f.).
7. Rufini V. c. litteratoris versus (Hexameter und sapphische Strophen)
et excerpta de compositione et de metris oratorum in den Sammlungen
von Pithoeus, Gapperonnier, Gaisford (script. rei metr. p. 388 ff.), in Orelli's
Schol. Cic. 1. p. 183 ff. Am besten in Halm's Rhetores latt. p. 575 — 584.
Angeführt werden darin von jüngeren Schriftstellern Charisius, Diomedes,
Victorinus, Terentianus; auch ein Pompeius Messalinus (de numeris et pe-
dibus oratorum sie dicit, p. 582, 22).
8. DasB die 22 Verse über Pasiphae in den sämmtlichen horazischen
Metren (abgedruckt bei Wernsdorf, poet. latt. min. III. p. 393—395, in Riese's
anth. lat. 732) von Rufinus verfasst seien ist eine Vermutung von Dousa,
gebilligt von Wernsdorf (l. 1. p. 339—342) u. A.
9. Ueber den Schüler des Rufinus, Remius Favinus, s. oben 444, 2.
Vgl. Riese, anthol. lat. IL p. IX.
10. Cassiod. divin. lect. 30: orthographos antiquos legant Velium Lon-
gum (oben 338, 2), Curtium Valerianum, Papirianum (s. oben 439, 11),
• 465 f. Phocaa, fi*afinu8 u. a. Grammatiker. Sedulius. 1075
Adamantiam Martyrium de v et b, eiusdem de primis, mediis atque
ultimis syllabis, eiusdem de b littera trifariam in nomine posita. Auszug
aus der erstem Scbrift des Adamantius bei Cassiod. de orthogr. 5 und daraus
bei Putsche p. 2295 ff. Das prooemium davon an A. Mai's Ausgabe des
Fronto p. 548 ff. P. Osann, Beiträge IL S. 288—294. Auszug aus Curtius
Val. (ygl. Symmach. ep. VIII, 69) bei Cassiod. de orthogr. 3.
11. Ueber Lactantiua Placidus s. oben 316, 3.
12. Priscian. inst. VI, 51 (p. 238, 5 ff. H.): quod . . doctissime attendit
noster praeceptor Theoctistus, omnis eloquentiae decus, cui quidquid in
me sit doctrinae post deum impnto. Vgl. XVIII, 66 (IL p. 231, 24 f. H.):
teste sapientissimo domino et doctore meo Theoctisto, quod in institutione
artis grammaticae docet etc. Cassiod. divin. lect. 30: Theoctistum qnoque
aliqua de tali arte (orthogr.) conscripsisse comperimus. Ps. Acro zu Hör.
S. I, 5, 97: (Barium) civitas est quae Atbaris dicitur hodieque, ut dizit
grammaticus Theotistus.
13. SchoL Bern, zu Vergil. EcL X fin. (p. 839 H.): haec omnia de
commentariis Romanorum congregavi, i. e. Titi Galli et Gaudentii et
maxime lunilii Flagrii Mediolanensis. D^r Verf. selbst also ist kein Römer,
sondern wie es scheint ein Schotte (Adananus) ungefähr des achten Jahrh.
Von seinen drei Quellen wird T. (Titins?) Gallus Yon ihm nur zu Georg.
I, 1 — 149 elfmal angeführt, später nicht wieder, vielleicht weil für wesent-
lich den gleichen Stoff (denn Gallus wie Gaudentius hatten aus Servius
geschöpft) die Fassung des Gaudentius (dessen Commentar sich auf die
Eklogen und Georgica erstreckte) sich mehr empfahl. Der Versuch von
H. Hagen, Jahrbb. f. class. PhiloL Suppl. IV. p. 697—703, zu beweisen dass
vielmehr Servius diese beiden benützt habe, ist misslungen, schon weil er
nicht berücksichtigte dass bei jeder Verschiedenheit des Ausdrucks das
correcte Latein auf Seiten des Servius ist, und Abweichungen wie p. 701:
omnis terra, ut etiam Varro docet, quadrifariam dividitur (Servius) gegen:
omnis terra quadrifaria (Gaudentius) den Servius unzweifelhaft als den
Vorgänger erweisen. lunius Philargyrius (in den Schol. Bern, ent-
stellt zu lunilius Flagrius) hatte in seinem Commentar zu Verg. Ecl. u.
Georg, weder selbst den Servius benützt noch ist er (trotz H. Hagen I. 1.
p. 704 — 708) von diesem benützt worden, zeigt noch achtbare Kenntnisse
und in seinen Angaben grosse Zuverlässigkeit (Ribbeck prolegg. p. 193 f.).
Ph. Wagner, de lunio Philarg. (Dresden 1846. 1847), bes. I. p. 26—30, hat
daher den J. Ph. für einen Zeitgenossen des Servius erklärt, G. Thilo
(Rhein. Mus. XV. S. 134) spätestens in saec. VI, wahrscheinlich aber früher,
gesetzt.
466« Unter den christlichen Dichtern der Zeit zeichnet443
sich der jungverstorbene Sedulius aus durch Einfachheit und
Lebendigkeit der Sprache sowie eine von dem classischen Ge-
brauche nicht sehr stark abweichende poetische Technik. Er be-
arbeitete die neutestamentliche Geschichte unter dem Titel Paschale
Carmen zuerst im epischen Masse in vier oder fünf Büchern und
68*
1076 Die Kaiserzeit. Filnftes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
dann erweitert auch in rhetorischer Prosa. Beide Bearbeitungen
sind auf uns gekommen. Die poetische ist viel natürlicher und
anziehender als die prosaische. Ausserdem besitzen wir von
Sedulius eine künstlich angelegte Elegie mit Parallelen zwischen
dem alten und dem neuen Testament, sowie einen Hymnus auf
Christus in iambischen Dimetern mit alphabetischer Folge der
vierzeiligen Strophen und häufigen Schlussreimen.
1. . . Macedonio presbytero Sedulius Caelius . . salutem. . . cum sae-
cularibus studiid occupatus vim impatientis ingenii . . inani vitae dependereni
et litterariae soUertia disciplinae luBibus infructuosi operis . . »erviret, tan-
dein dens . . iugcnium caelestis (prudentiae) sale condivit. . . quattuor ergo
Mirabilium diviuorum (weil das Werk die niiracula Christi behandelt) libol-
los, quos ex pluribus pauca complexus UHque ad passionem et resurrectio-
nein aseensionemque . . ChriBÜ quattuor cvangelistarum dicta congregans
ordiuavi, . . tuae defensioni coinmendo. huie autem operi . . Paschalis
carminis uomen imposui, quia pasQjia nostrum immolatus est Christus. Aus
der Widmung der prosaischen Redaction au denselben Macedonius: prae-
copisti . . paschalis carminis textum . . in rhetoricum me transferre sermo-
nem. . . iniunctam suscepi provinciam. . . tradita multa pro metricae
nccessitatis angustia priori comracntario nequaquam videntur inserta quae
postmodnm Hnguae resolutio magis est assecuta. . . quae defuerant primis
addita sunt sccundis (libellis). . . priores libri, quia versu digesti sunt,
nomen Paschalis carminis acccpernnt; sequcntes autem in prosa . . convenji
Paschalis designantur operis vocabulo nuncupati. Die Zeit des Sedulius
wird bestimmt dadurch dass derselbe ein Freund des Asterius, Cos. 494,
gewesen zu sein scheint (s. A. 5) und von Gennadius nicht aufgefühi*t wird,
wohl aber erwähnt von Yenantius Fortunatus (vita Mart. I, 16. misc. VIII,
1, 59: Sed. dulcis), Isidor (ill. 7) und Cassiodor. Einen unzuverlässigen
Anhalt gibt das (angebliche? bestimmt datierbare?) Dccret des Papsts Ge>
lasius de libris recipiendis: item vcncrabilis viri Sedulii paschale opus,
quod heroicis descripsit versibus, insigni laude praeferimus. item luvenci
(oben 398) nihilominus laboriosum opus non spernimus, sed miramur. Vgl.
Arevali's prolegg. 150 fF. Ebenso, in Ermanglung irgend welcher Beglaubi-
gung und Begründung, die von Arevali 23 erwähnten Angaben von (wel-
chen?) codd. : libros suos scripsit tempore Valentiniani et Theodosii (des
Jüngern) u. ähnl.
2. Sedul. I, 23 ff.: cur ego davidicis assuetus cantibus odas chorda-
rum resonare decem sanctoque verenter stare choro et placidis caelestia
psallere verbis clara salutiferi taceam miracula Christi? Als solche werden
schon die im A. T. berichteten Wunder betrachtet und B. I (nach einem
Vorwort im elegischen Masse) dargestellt. B. II beginnt dann mit der
Geburt Christi, B. 111 mit der Hochzeit zu Kana. B. V (in einem Theile
der Hdss. zerfallt das Ganze nur in vier Bücher) schliesst mit der Himmel-
fahrt und einem Epilog. Auch Reden Christi werden kurz in Verse ge-
bracht. Auf Ueberg^nge in der Erzählung^ Verknüpfung der einzelnen
466. Sedulius. 1077
Theile wird kein Werth gelegt. Die Darstellung beweist rhetorische Bil-
dung und Kenntniss besonders des Vergil. Die prosaische Bearbeitung
hat in Ausdruck und Wortstellung viel Geschraubtes.
3. . Die Abweichungen von der classischen Prosodie und Metrik bei Sed.
bestehen in Verlängerung kurzer Silben durch die Hebung (z. B. I, 35. V, 162.
Eleg. 69 f.: p^r hominem), Verkürzung langer in der Senkung (z. B. haec
Sputa V, 102; TdÖla V, 146 u. dgl.) und Hiatus (z. B. II, 77 ducäm hoc;
el. 6 u. 62 zwischen den zwei Hälften des Pentameters; hymn. 17: enixa
est?). Die Cäsuren beschränken sich fast durchaus auf itevd-riiiiiiBQTjg und
die Verbindung von zQid'7ifjLifis(frig mit {zQitog zgoxccCog und) eq>d'rifiiiisQi]g.
In der Elegie bilden dieselben Worte sowohl die nsv&'ritiiiisQ7}g des Hexa-
meters als die zweite Hälfte des Pentameters: epanaleptische Anlage. In
dem Hymnus ist X vertreten durch Xiisto, Y durch Ymnis. Die damalige
Unhörbarkeit von auslautendem m, s, t zeigt sich in Reimen wie pectoris — dei;
inpie — times; viderant — praeviam; personat — pignora; millia — victimam;
fundere — originem; plurimus — febrium; vinculis — sibi; torridi — obstruit
u. 8. f. Vgl. oben 415, 2 u. unten 467, 2. 468, 4 E.
4. Die Zutheilung eines cento vergilianus De verbi incarnatione an
Sedulius beruht lediglich auf dem Zufalle dass in einer corveyschen Hand-
schrift derselbe ohne Absatz und Ueberschrift in das carmen paschale ein-
gereiht ist. Herausgegeben ist dieser cento zuerst von Martene und Du-
rand (Collcctio ampl. IX. p. 125), dann besonders in Arevali's Ausg. des
Sed. (s. A. 6) = Migne XIX. p. 773—780. Derselbe steht tief unter der
Kunst des Sedulius. So reiht er v. 72 die beiden vergilischen Stellen ore
favete omnes und et et huc advertite mentem harmlos zu Einem Verse
zusammen. Vgl. auch oben 430, 15. 446, 9.
5. Aus einer Reimser Seduliushandschrift veröffentlichte Sirmond zu
Ennod. epp. I, 24 die Subscription: Hoc opus Sedulius inter chartulas dis-
persum reliquit. quod recollectum adornatumque ad omnem olegantiam
divulgatum est a Turcio Rufio Asterio v. c, consule ordinario (des J. 494)
atque patricio. Darauf folgt ein (an Macedonius presbyter gerichtetes)
Epigramm desselben von vier Distichen (v. 6: Asteriique tui, . . cuius opo
et cura edita sunt populis). 0. Jahn, Berichte der sächs. Ges. d. W. 1851,
S. 350 f. Riese's Anthol. lat. 491. Dieser Asterius ist derselbe von
welchem auch die berühmte Subscription im Mediccus des Vergil herrilhrt:
Turcius Rufius Apronianus Asterius v. c. et inl., ex comite domest. protect.,
ex com. priv. largit., ex praef. urbi, patricius et consul ordin. legi et dis-
tincxi codicem fratris Macharii v. c. . . XI kal. mal. Romae. Daran schlie-
ssen sich wieder acht Distichen (v. 4: scenam euripo oxtulimus subitam)
ähnlichen Inhalts an. Vgl. Riese's anthol. lat. I. ]}. 11 f. Akro-(und tele-)
stichischc Gedichte auf Sedulius antistes von einem Belisarius scholasticus
und einem Liborius bei Migne XIX. p. 782 — 786 (aus Arevalus), sowie in
Riese's Anthol. lat. 492 f. (ygl. II. p. 44 f.).
6. Ausgaben des Sed. theils mit luvencus (Venet. 1502. 4. ai)ud Aldum;
Basil. 1541) theils in den Sammlungen der christlichen Dichter von Fabri-
cius und von Maittaire (II. p. 1660 ff.), und der Kirchenvät<jr überhaupt
1078 Die Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
(z. B. Bibl. patr. maz. VI. p. 458 ff.). Sonderausgaben von Chr. Cellarius
(Halle 1704. 1739), H. J. Arntzen (Leovard. 1761) und bes. recogn. et ill.
a Faustino Arevalo, Rom. 1794. 4. Abdruck letzterer in Migne's Patrol.
XIX (Paris 1846) p. 433—772.
7. Ueber Sedulius vgl. B. Ceillier, bist. gen. X. p. 631— 6S5 und Are-
vali's Prolegg. J. Kayser, Beiträge zur Gesch. d. Kirchenhymnen II (Pader-
born 1868) S. 212—229.
8. Bei dem «chottiHchen Mönche Dicuil (J. 826), de mens. p. 13:
auctoritate . . Vergilii, quem in talibus cauäis nouter simulavit (=s imitatus
est) Sedulius etc. ist gemeint der Landsmann Dicuils, der Grammatiker
Sedulius aus Schottland, Verfasser von Versen sowie einer expositio in
primam artem Donati, von commentarii in Artem Eutychii, und in maius
volumen Prisciani, in secundam editionem Donati. Vgl. Arntzen's Ausg^.
(A. 6) praef. p. 2—6. L. Müller, Rhein. Mus. XX. S. 358 f. Sedulii Scoti
carmina edita ab Aem. Grosse (Königsberg 1868. 16 pp. 4.) und Sed. Sc.
carmina XL ex cod. Bruxell. ed. £. Dümmler, Halle 1868. 36 pp. 4. Sein
Commentum in Eutychis Artem de discernendis coniugationibus aus einer
Züricher Hds. saec. IX abgedruckt in H. Hagens Anecd. Helvet. p. 1 — 38,
vgl. ib. p. LXXIIl— LXXIX, wo das Werk wegen seiner verhältnissmäs-
sigen Tüchtigkeit (bes. Kenntniss des Griechischen) vor die Zeit Karls
d. Gr. gesetzt wird. Da es Spuren von Christlichkeit nicht zeigt, so unter-
scheidet Hagen diesen Grammatiker Sedulius von dem gleichnamigen Ver-
fasser der Schrift De rectoribus christianis, herausgeg. von A. Mai, spicileg.
rom. VIII. p. 1—69.
444 467. Die Uebrigen welche sich in dieser Zeit der gebun-
denen Form bedienen schliessen sich entweder correct an die
hergebrachten Regeln an, steigern auch wohl die Schwierigkeiten
durch allerlei Künsteleien, oder bauen sie ihre Verse nach dem
volksmässigen Grundsatz des Accents. Zu den Letzteren gehört
Auspicius, ums J. 470 Bischof von Toul, mit seinem Schreiben
an Arbogast, sowie der Gallier Amoenus; zu den Ersteren da-
gegen Paulinus von Perigueux (um 470) mit seinem Epos
über das Leben des heil. Martinus von Tours in sechs Büchern; und
Dracontius, von welchem wir ein Lehrgedicht de deo in drei
Büchern besitzen, sowie ein elegisches Gedicht (satisfactio) worin
er den Vandalenkönig Gunthar oder Guthamund (J. 484 — 496) um
Verzeihung bittet dass er, statt ihn, einen Feind desselben be-
sungen habe. Beide Gedichte sind stark rhetorisch gehalten und
verrathen Kenntniss wie der biblischen so auch der classischen
Literatur. Durch regelrechte kunstvolle Versification bemerkens-
werth sind die christlichen Gedichte des Bischofs von Vienne,
Alcimus Ecdidius Avitus (f 523).
j
467. Anepicius. Amoenua. Paalinus Petricord. 1079
1. Anspicii episcopi ecclesiae Tallensis ad Arbogastem comitem Tre-
verorum epistola, abgedruckt z. B. bei Migne patrol. LXI. p. ;1006— 1008.
Die Verse lesen sich ganz alexandrinerariig und kümmern sich weder um
Quantität noch Hiatus. Beispiele: praecelso 6t spectabüi his Arbogasto
c6miti Auspfcius, qui diligo, salutem dico plurimam (1 f.). quod te Tullensi
proxime magnüm in urbe vidimus (4). clariis et^nim g^nere, clarüs et vitae
moribus (15). patär in cunctis nobilis fuit tibi Arigius (17). fult in armis
alacer illd antiquus, verum dst (33). tamen non g^neraliter istä. de cunctis
dizerim u. s. f.
2. Amoeni enchiridion veteris et novi testamenti, einzelne Punkte
daraus je in 4 Hexametern abhandelnd (vgl. oben 461, 2); B>e8te von einem
epischen Gedicht auf Martinus; 22 Hexameter auf einen Aegypter der
durch Anrufung von Martini deus aus einem Sturm gerettet wurde; endlich
ein Gedicht in iambischen Dimetern in Leontium episcopum redditum
Burdegalensi ecclesiae in 23 vierzeiligen akrostichischen Strophen mit meist
gereimter Endsilbe. Strophe 1: Agnoscat omne saeculum antistitem Leon-
tium, Burd^galense praemium, dono superno redditum. 10: Earus sacer-
dos ordinem Hilarius non ambiit, Martinus illud effugit, Gregörius vix
sustullt. 21: Xus sereno lumine etc. 22: Ymnum canendo concrcpet. 23:
Zelante fido pectore tam vera dici non pudet. haec parva nobilissimo
papae damus Leontio. Wie hier pectore — pudet gereimt ist, so vorher
tempore — conscriberet ; pectore — praesumeret; desiderat — improba; de-
fleverat — anxia; vgl. oben 466, 3. Abdruck bei Migne LXI. p. 1076 — 1082;
aber auch (ib. LXXXVIII. p. 81 f.) als Venant. Fort. misc. I, 16.
3. Das Werk des b. Paulinus Petricordiensis ist gewidmet dem
Bischof Perpetuus von Toura, der noch ein Schüler des heil. Martin ge-
wesen war. Vgl. VI, 13: quinque prius recolens signavi gesta libellis etc.
27 f. : tanti revehens praecepta magistri Perpetuus, und am Schlüsse : Per-
petuum urbs Türönum Martini antistite gaudet. Stofflich folgt das Werk
dem des Sulpicius Severus und malt die Legenden nur noch weiter aus.
Die Form im Granzen correct, neben herkömmlichen Willkürlichkeiten
wie eremo, münerante und Auskunftsmitteln wie mage. Gleichfalls domino
sancto ac beatissimo patrono Perpetuo episcopo gewidmet sind des Pau-
linus versus quos pagina in pariete reserata (an der Martinskirche zu Tours)
susciperet, und die de visitatione nepotuli mei, welchen Perpetuus geheilt
hatte. Ausgabe: cum notis lureti all. cura et studio Chr. Daumii, Lips. 1681.
In den patriotischen Sammelwerken, z. B. von Migne LXI. p. 1009 — 1075.
4. Von einem andern Paulinus (Pellaeus), aus Burdigala, Enkel des
Ausonius, ist ein Dankgebet in mehr als 600 Hexametern (eucharisticon de
vita sua), aus J. 466, erhalten. Die metrische Form bietet mehr Anstösse,
der Ton aber hat mehr Schwung als bei Paul. Petric. Gedruckt z. B. in
der Appendix der bibl. patr. (Paris. 1579) T. VIII.
5. Isid. ill. 24: Dracontius composuit heroicis versibus hexa^meron
creationis mundi etc. Diese drei Bücher de deo bestehen aus 754, 808 u.
682 Hexametern. B. I malt namentlich die mosaische Schöpfungsgeschichte
1080 Die Kaiserzeit. Fünftes Jahrhandert. Zweite Hälfte.
aus; B. II beschreibt bes. die Sintflut; B. III belegt die dogmatischen Auf-
stellungen mit reichen Beispielen aus der biblischen und römischen Ge-
schichte (Abraham und Isaak; die drei Männer im Feuerofen; Daniel in
der Löwengrube; Paulus; Brutus, Curtius, Regulus, Saguntum; Judith, Dido
u. a. Frauen); die Trockenheit des Lehrtones wird dadurch nicht selten über-
wunden. Udefons. vir. ill. 14: Eugenius (Bischof von Toledo, 1 657) . . libellos
Dracontii de creatione mundi conscriptos, quoe autiquitas protulerat vitiatos,
ea quae inconyenientia repperit subtrahendo, immutando vel meliora coni-
ciendo ita in pulchritudinis formam coegit ut pulchriores de artificio corri-
gentis quam de mann processisse videantur auctoris, et quia de die septicao
idem Dracontius omnino reticendo semiplenum opus visus est reliquisse,
iste et sex dierum recapitulationem singulis yersiculis renotavit et do die
septimo quae illi visa sunt eleganter dicta subiecit. clarus habitus fiiit
temporibus Chindasvinthi et Reccesvinthi regfum etc. Von ihm ist vielleicht
das Gedicht de philomela, Anthol. lat. 658 R., vgl. Riese in d. Heidelb.
Jiihrbb. 1871, S. 687. Carm. de deo quod Dr. scripsit libr. II emend. ac
suppl. C. E. Glaeser, Brest. 1847. 4.; libr. III ib. 1848. 4.
6. Die satisfactio (316 Verse) scheint rasch hingeworfen und beutet
das eigene (früher veröffentlichte) Lehrgedicht stark aus. unersättliches
Herbeischleppen von Beispielen aus Mythus und Geschichte. Anlass: mea
corda deus . . pellit ad illicita, ut qui facta ducum possem narrare meo-
rum, nominis asdingi bella triumphigera, . . praemia despicerem . . et pc-
terem subito certa pericla mieer (19 — 26). culpa mihi fuerat dominos re-
ticere modestos ignotumque mihi scribere, nee dominum (93 f.). te coram
(Gott) . . me carminis illius, ausus quod male disposui, paenitet et fateor
(105 f.). Er hat dafür verbera, vincla, fames erduldet (312) und bittet jetzt
den König flehentlich um Verzeihung, avi ut laudes dicam patriasque suas-
que (51). Des Königs terrae pelagique triumphos Ansila testatur, Maurus
ubique iacet (213 f.). Vgl. Papencordt, Gesch. der vandal. Herrschaft S.
374—379.
7. Dracontius ist auch in der alten Mythologie wohlbewandert (Cyn-
thia = luna II, 339. satisf. 239; Phriius II, 447; Hecate II, 539; Iph. Taur.
III, 212 ff.; Oedipus HI, 265 ff.) und citiert (III, 257) den Statins (Thcb. X).
Doch verwechselt er (sat. 188) den Commodus und M. Aurelius und ge-
braucht manche Eigennamen prosodisch unrichtig. So Mcnecca (III, 256),
Stephanus (sat. 171), Titus (ib. 183). Bemerkenswerth II, 660 u. sat. 161:
ex eadem muliere (volksmässig?). Dagegen idola (II, 579) und die häufige
Dehnung von Kürzen mittelst des rhythmischen Tons hat Drac. mit vielen
christlichen Dichtern vor ihm gemein. Vgl. oben 466, 3.
8. Ausgaben des Drac. besonders von J. Sirmond (Paris. 1619 u. sonst),
Faust. Arevalus (Rom 1791. 4), J. B. Carpzov (Helmstedt 1794). Abdruck
der Ausg. von Arevalus bei Migne, patrol. LX. p. 595 — 932.
9. Isid. ill. 23: Avitus episcopus (seine Grabschrift s. Rhein. Mus.
XXI. S. 271 f*) scientia saecularium litterarum doctissimus edidit qninque
libellos heroico metro compositos. quorum primus est de origine mundi,
II de originali peccato, III de sententia dei, IV de diluvio mundi, V de
467 f. DracontiuB, Avitus, Luxorius u. a. 1081
transitu maris rubri. scripsit et ad Fuscinam Bororem de laude virginitatis
librum unum, pulcherrimo compositum carmine et elegant! epigrammate
coaptatum. Hauptaußgabe von J. Sirmond (Paria 1643; in Sirmondi opera,
Paris. 1696, II. p. 185 ff. u. sonst). Daraus in den Sammlungen christlicher
Dichterz. B. von Maittaire (II. p. 1673 ff.), den patristischen Sammel-
werken (z. B. Migne LIX). Die Homilien des Av. (St. Avit) z. B. in den
fitudes paleographiques et hist. sur des papyrus du VI« siöcle von Delisle,
Rilliet u. Bordier (Paris 1866. 4.), die in Betreff der Basilika von Anne-
masse in Facsimilc.
10. Ueber eine epische Bearbeitung der jüdischen Geschichte s. oben
21, 3.'
468, Durch den codex Salmasianus sind uns erhalten die44.'
Verse des Flavius Felix, Florentinus und Luxorius, welche alle
drei unter den Vandalenkönigen Thrasamund (J. 496 — 523) und
Hilderich (J. 523—530) in Africa (Karthago) lebten und auch
nach Dürftigkeit der äusseren Verhältnisse und schriftstellerischer
Manier einander ähnlich sind. Der jüngste und fruchtbarste
unter denselben ist Luxorius, welcher durch Scherzgedichte in
verschiedenen Massen (bes. dem elegischen und in Hendekasyllaben)
dem Martialis nachstrebte. Ein Landsmann und Freund des
Luxorius war der Grammatiker Coronatus, von welchem die
gleiche Quelle einige Gedichte aufbewahrt hat.
1. Fl. Felicis V. cl. postulatio honoris apud Victori(ni)anum v. inl.
et iirimiscriniarium im cod. Salm, (anthol. lat. von Riese 264, p. 177 f.),
mit den Messungen stölida, mcroris, ecclesiae und dem Schlüsse: adnue
poscenti, miserum sustolle ruinae: clericus ut fiam, dum velis, ipse potes.
Er ist ohne Zweifel der Felix von welchem ib. 210 — 214 fünf Epigramme
de thermis Alianarum sich finden, das letzte (214) mit dem Akrostich Thra-
samundus, dem Mesostich cunta innovat, und dem Telestich vota serenans.
Ucberdiess besteht jeder Vers aus 37 Buchstaben. Vgl. L. Müller in Fleck-
eisens Jahrbb. 95, S. 796—798. Riese, anth. lat. p. XXIV. XXVII.
2. Des Florentinus 39 Hexameter zum Preise des Königs Thrasa-
mund in Riese's anthol. lat. 376 (p. 243 f.).
3. Von Luxorius oder Luxurius sind in der anthol. lat. von Riese
nr. 18 (p. 66—68). 203 (p. 148 f.) und 287—375 (p. 208—243). Nr. 18 ein
epithalamium Fridi (68 Hexameter) von massivem Tpne ; 203 gilt dem Hil-
dericus rex. Nr. 287 ff. bilden eine zusammenhängende Sammlung von Ju-
gendgedichten (quos olim puer in foro paravi versus ex variis locis dedu-
ctos, 287 vgl. 288: paginam . . quam tenello tiro lusi viscere), gewidmet
seinem Freunde Faustus, grammaticae magister artis (287). Aufschrift im
Salmas.: incipit liber epigrammaton viri clariss. Luxori et spectabilis (vgl.
ib. 18). Es sind Epigramme auf Personen und Sachen, namentlich ludi
circenses und Kunstwerke (374 gar: de Diogene picto, ubi lascivienti mo-
b
1082 Die Kaiserzeit. Fünftes Jahrhundert. Zweite Hälfte.
retrix barbam vellit et Cupido mingit in podice eins). Schmutz gilt auch
hier als unzertrennlich von der Gattung (z. B. 297. 301 f. 308 f. 317. 322 f.
340. 358. 363. 368). Der Verf. scheint Heide zu sein; vgl. 369, 7 (iam putc<
quod caeli locus est ubi numina regnant etc.) und die vielen Anspielnngec
auf die alte Mythologie. Sonstige Verhältnisse: nostri defugiens panperieic
laris (289). Auf ihn Anthol. lat. 37 (p. 85) R. : priscos, Luiori, certnm est
te vincere vates etc.
4. Die meisten Stücke des Lux. haben das elegische Mass; nächst-
dem sind Hendekasyllaben häufig. Daneben auch Hexameter, iambische
Gedichte (288. 315. 360. 309), trochäische (291), anapästische Dimeter (299.
322. 357), Glykoneen (295j, anakreontische (298) und asklepiadeische (314.
316. 323. 356. 361) Verse, sowie Asynarteten (292. 305). Fremdwörter wer-
den auch hier dfbers nach Bedürfniss gemessen (Solon, Thäles, Periander,
Glöobölus 351; methodicis 302; philosophum 374; söphismate 365). Ver-
längerung von Kürzen (ut cunct4que animalia), Verkürzung von Längen
(viväs 318; negotii 340, süperior 363), doch nicht auffallend häufig. Die
Anapäste coniugis carae (322), cui dedit plures (357) folgen der volks-
mässigen Aussprache (vgl. oben 466, 3).
5. Zu Lux. vgl. L. Müller in Fleckeisens Jhbb. 96, S. 783—786. Riese,
anthol. I. p. XXIV f XXVU.
6. Von Coronatus in Riese's Anthol. lat. Nr. 223 (Variation über
ein vergilisches Thema, 29 Hexameter erhalten) und die beiden Epigramme
226. 228, immer mit der Bezeichnung des G. als vir clarissimus. Best«
von Goronati scholastici de ultimis syllabis partium orationis mit der Wid-
mung: Domino eruditissimo peritissimorum atque inlustri fratri Lnxorio
Coronatus. H. Keil, gramm. lat. IV. p. L. vgl. De gramm. inf. aetat. (Erlang.
1868. 4.) p. 4 mit not. Riese anthol. p. XXIV. XXVI.
7. Da der codex Salmasianus aus den späteren Zeiten meist Gedichte
von Africanern enthält, so scheinen demselben Kreise und der gleichen Zeit
anzugehören die durch ihn vertretenen Versmacher Calbulus grammatico&
(christliches Gedicht auf eine Quelle, Anthol. lat. 378 R.), Petrus referenda-
rius (ib. nr. 380, p. 247), Octavianus vir Ulustris ann. XVI, filius Grescentini
viri magnifici (ib. 20, p. 70), Cato (ib. 387) unter Hunerich (J. 477 — 484),
wie überhaupt die carmina de singulis causis (ib. nr. 383 — 388, vgl. p. XXV).
Vgl. Riese, Anth. I. p. XXVI-XXVIII.
8. An einen Presbyter Parthenius in Africa ein barbarisch gezierter
Brief des comes Sigisteus, nebst Antwort des Parth., mit Versen deren
Schmeicheleien und Verskunst sichtlich auf einen barbarischen Magen be-
rechnet ist, bei Reiffen-scheid, Analecta Casinensia (Bresl. 1871. 4.), Nr. 2 f.
(p. 3 f ), z. B. te clipeo lörlcaque et gälea caelitus armet-omnipotens, oder
credo equidem quod docta t^lem nee Graecia misit neque Larissa potens
similem procreavit Achillem, nostris quälem armipotens tam fertilis A&ica
frugum vexit ad astra virum.
9. Aus einer ähnlichen Sammlung wie der des Luxurius sind die Epi-
gramme in Riese's Anthol. lat. 90 S. (I. p. 102 ff.).
468 f. Liixorius, Coronatns u. A. 1083
F. Sechstes Jahrhundert»
469, Nachdem der germanische Söldnerführer Odoaker,446
welcher J. 476 den letzten weströmischen Kaiser gestürzt hatte,
selbst dem Ostgothen Theoderich (J. 454—526) erlegen war (J.
493) und dieser mit thatsächlicher Zustimmung des oströmischen
Kaisers sich zum König von Italien gemacht hatte, genoss dieses
Land drei Jahrzehnte lang die Segnungen des Friedens und der
Ordnung. Unter Theoderich schrieben Boethius, Ennodius, theil-
weise Cassiodorus und in Constantinopel Priscianus. Unter seinen
schwachen Nachfolgern zerfiel sein Reich wiederum, und Italien
sah sich fortwährenden Verwüstungen ausgesetzt, die den letzten
Rest von geistigem Leben erdrückten. Auch in den übrigen
Ländern des Westens kann sich die römische Cultur mit Mühe
der Stürme erwehren die sie vollends zu vernichten drohen. Am
längsten flackert sie in Gallien, wo Gregor von Tours und Ve-
nantius Fortunatus, Arator u. A. sie literarisch vertreten. Noch
am meisten Betrieb findet die Geschichtschreibung: Africa hat
seinen Bischof Victor, Britannien den Gildas, und in Jordanis
betheiligt sich an ihr sogar ein Gothe. Diesen Geschichtschreibern
kann unter Justinian der Osten den Prokopios aus Caesarea
gegenüberstellen. Die zahlreichen Versuche das Recht für ein-
zelne Länder und für das gesammte Reich zu kurzer Darstellung
zu bringen erhalten endlich unter Justinian ihren Abschluss
durch das Corpus iuris. Sonst ist es fortwährend vorzugsweise
die Geistlichkeit durch welche die Literatur Pflege findet; noch
am Ende des Jahrh. geschieht es durch den römischen Bischof
Gregor I, und schon ins J. 529 fällt die Gründung des Bene-
dictinerordens, ,
1. Theoderich, geb. 454, im Auftrage des ostrCmischen EaiserB
Zeno J. 489 in Italien eingebrochen, nach vierjährigem Kampfe siegreich.
Nach Zeno's Tod (491) thatsächlich selbständiger Herrscher, von Anasta-
siiis J. 498 stillschweigend als solcher anerkannt. Hoflager in Ravenna
und Verona (Dietrich von Bern). Besuch in Rom J. 500. Stirbt 26 August
526. Lobrede auf ihn von Ennodius, s. unten 471, 2. C. Cless in Pauly's Real-
Enc. VI, 1. S. 1799—1816. R. Köpke, deutsche Forschungen S. 148—184.
2. lustinianus, geb. 11 Mai 482, Kaiser seit 1 April 527, stirbt 11
November 665; s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. IV (1845). S. 664—677.
Isambert, histoire de Justinien, Paris 1856. 2 Voll. Ueber seinen Gcschicht-
ßchreiber Prokopius s. W. Teuffei in Pauly's Real-Enc. VI, 1. S. 84 — 86
und Studien u. Charakt. S. 191—236. F. Dahn, Prokop. v. Caes., Berlin
1865. 602 S.
1084 Dio Kaiserzeit. Sechstes Jabrbandert.
3. Vettius Agorius Basilius Mavortius, Cos. 627, und sein Gehülfe
bei dem Emendieren von Handschriften, Felix orator urbis Bomae; s. oben
235, 6 (S. 487, Z. 1 fip.), vgl. 445, 7. Den Namen Mavortius (aber schwerlich
desselben) trägt der cento vergilianus des cod. salmas. über das urteil des
Paris (Riese's anthol. 10, p. 28 — 30), und auch der de ecclesia (ib. 16. p. 44
— 49) gibt sich (nach v. 110) als Arbeit eines Mav.; s. Riese 1. p. XXYIII.
W. II. D. Suringar, Anonymi cento vergilianus de ecclesia, Utrecht 1867.
F. Latendorf in Fleckeisens Jahrbb. 103, p. 861 f.
4. Am Schlüsse von Macrob. somn. Scip. I steht in Hdss.: Aurelias
Memmius Symmachus v. c. emendabam vel (=» et) disting. meum Ra-
vcnnae cum Macrobio Plotino Eudozio v. c. Ohne Zweifel der kurz nach
seinem Schwiegersohne Boethius (unten 470) J. 526 hingerichtete Q. Aar.
Memm. Symm., Cos. 485; 0. Jahn, Berichte d. sächs. G. d. W. 1851, S. 347 f.
Vgl. A. 6. 444, 2. 472, 5.
5. Deuterius, Lehrer der Grammatik und Rhetorik zu Mailand, wel-
chem Ennodius (dict. 8 u. 9) seinen Neffen Lupicinus und den Arator als
Schüler empfiehlt, welchen er in einem scherzhaften Gedichte (II, 104) preist
(verenda Calvities) und in einem Briefe (I, 19) wegen seiner Augenleiden
tröstet (tua lumina nube doloris hebctantur, cuius tarn clara sunt carmina?).
Poetischer Bettelbrief in seinem Namen bei Ennod. carm. I, 2 (Üeut. v. s.
grammatico). Zweifelhaft ist seine Identität mit dem Deut, scholasticus in
der Subscription des Capella (oben 445, 7). Vgl. 0. Jahn, Berichte d. sächs.
Ges. d. W. 1851, S. 350 f.
6. AufzSJilung der rednerisch gebildeten Adeligen Roms bei Ennod.
paraenes. didasc. p. 253 f. M.: Faustus und Avienus, die patricii Festus,
Symmachus, Probinus, Cethegus, Boetius, Agapetus, Probus. Dazu Oly-
brius (Ennod. carm. I, 8), und ausserhalb Roms Parthenius (Arator ep. ad
Parth. 19 fiF.). Vgl. oben 467, 8. Faustus verfasste auch Gedichte in meh-
reren Büchern (Ennod. carm. I, 7. II, 3. 143). Sitte der öffentlichen reci-
tatioucB noch in diesem Jahrb. in Italien; s. Ennod. carm. I, 9 pracf. : cur
recitet publice quem laus nee decet publica nee delectat? Vgl. unten 480, 2.
7. Ungefähr dem Anfang von saec. VI gehört wohl an die angebliche
Epistola Valerii ad Riifinum ne uxorem ducat, ^ine Art suasoria welche
neben Horaz auch aus Hieronymus und Augustinus Notizen entnimmt.
Darin z. B.: ego in domino sperans confido quod Ulixis eris Imitator etc.
Gedruckt in Hieronym. Opp. XI. Vgl. L. Müller jn Fleckeisens Jahrbb. 95,
S. 790.
8. Aus der ersten Ilälfte von saec. VI ist wohl auch der mythographus
vaticanuB I; s. oben 41, 12.
9. Aus dieser Zeit ist vielleicht der römische Senator Euclerius, wel-
cher Gott = Christus um Erleuchtung anfleht, Anthol. lat. 789 R.
10. Dio herrschende Ansicht der Zeit über die Philosophie spricht
Gregor. Tur. aus, Mirac. I praef.: philosophorum inimicam deo sapientiam.
Vgl. Ennod. cucbar.: illa saecularis pompae philosophia. Venant. Fort. ep.
V, 1 gesteht: Plato, Aristoteles, Chrysippus vel (et) Pittacus mihi vix opi-
nionc noti sunt.
469 f. Mavortius, Deuierius u. A. Boetius. 1085
11. Von dem fränkischen König' Chilperich (f 584) erzählt Gregor von
Tours hiat. Franc. VI, 46: confecit duos libros quasi Sedulium meditatus,
quorum versiculi debiles nuUis pedibus 'subsistere posaunt, in quibus, dum
uon intellegebat, pro longis syllabis breves posuit et pro brovibus longas
Btatuebat; et alia opuscula, vcl hymnos sive missas. An König Charibert
preist Venant. Fori misc. VI, 4 seine gewandte Handhabung der lateini-
schen Sprache.
12. Eine Probe der Schreibweise am Ende von saec. VI, etwa in
Afrika, gibt die praefatio im codex salmasianus (Rieso's AnÜiol. lat. I. p. 69 f.),
worin die Manier des Tertullianus, Apulejus und Martianus Capolla bis ins
Aberwitzige gesteigert ist.
13. Eine Probe der Metrik und Prosüdie aus derselben Zeit s. in Riese's
Anthol. lat. 481 nebst IL p. LVI.
14. Eine Handschrift aus saec. VI ist der Vossianas Q 9 oder Leiden-
sis, s. Riese's Anthol. lat. 1. p. 18—20 vgl. p. XII. Vgl. auch unten 479, 4.
Aus derselben Zeit Handschriften des Cypnanus in Paris und Turin; s.
W. HarteKs Ausg., praef. p. II— IX. Anderes s. oben 418, 4. 424, 4. 430, 11.
465, 1.
470. Durch Charakter wie Bildung ragt in dieser Zeitu?
hervor der vornehme Römer Anieius Manlius Torquatus Seve-
rinus Boetius, Cos. 510, durch Theoderich hingerichtet J. 525.
Von seiner edlen Gesinnung wie seiner Vertrautheit mit dem
Geiste und der Form der classischen Vergangenheit bietet ein
glänzendes Zeugniss die von ihm im Gefiingniss verfasste Schrift
de consolatione philosophiae, in fünf Büchern. Ausserdem be-
sitzen wir von ihm zahlreiche Uebersetzungen griechischer Werke*
von philosophischem, rhetorischem und mathematischem Inhalte.
Insbesondere durch seine Uebersetzungen des Aristoteles gewann
er grossen Einfluss auf die mittelalterliche Scholastik. Diess
und der Märtyrerschein womit sein Lebensende umgeben wurde
gab auch Anlass ihm christlich -theologische Schriften fälschlich
beizulegen.
1. Boetius, geb. um 475 480, vermählt mit llusticiana, der Tochter
des Symmachus (oben 469, 4), hatte den Theoderich J. 500 im Senat mit
einer zierlichen Rede begrusst und wurde von diesem manchfach verwen-
det. Als aber der oströmische Kaiser Justin versuchte Theoderichs Thron
dadurch zu untergraben dass er Italien gegen die arianischcn Gothcn auf-
hetzte, und die nationalrömische Partei in den Verdacht gerieth darauf
einzugehen, ward B. in die Verwicklung hineingezogen. Seine freimütige
Vcrtheidigung des Senators Albinus, welcher geheimen Briefwechsels mit
Justin bezichtigt war, wurde von Gegnern benützt um auch ihn bei
Theodench anzuschwärzen. Da seine unabhängige patriotische Haltung
während seines ganzen Lebens der Anklage Schein genug geben mochte,
wurde B. in Ticinum (Pavia) gefangen* gesetzt, von dem servilen Senat
1086 Die Eaiaerzeit. Sechstes Jahrhundert
uDgehört verurteilt und in agro Galventino unter Martern (Anon. Vales.)
hingerichtet. Sein Tod durch den arianischen GothenkOnig, die Verwechs-
lung mit Anderen des Namens Severinus, sowie seine vermeintliche Ab-
fassung von theologischen Schriften brachten den B. später in den Ruf
eines Märtyrers für seinen katholischen Glauben und in den Geruch der
Heiligkeit. Vgl. A. 2. 3. W. Teuffei in Pauly's Eeal-Enc. I, 2. S. 2416 f.
2. Ennodius ep. VII, 13 an Boetius: tu, emendatissime hominum, . .
quem in annis puerilibus . . industria fecit antiquum, qui per diligentiam
imples omne quod cogitur, cui inter vitae exordia ludus est lectionis assi-
duitas, . . in cuius manibus duplicato igne rutilat qua veteres face fnlse-
runt. Theoderich (Cassiod. Var. I, 46) an B.: te multa eruditione sagi-
natum. . . translationibus tuis Pythagoras musicus, Ptolemaeus astronomus
leguntur Itali. Nicomachus arithmeticus, geometricus Euclides audiuntor
Ausoniis. Plato theologus, Aristoteles logicus quirinali voce disceptant.
mechanicum etiam Archimeden Latialem Siculis reddidisti. et quascunque
disciplinas vel artes fecunda Graecia per singulos viros edidit te uno auctore
patrio sermone Roma suscepit. quos tanta verborum luculentia reddidisti
claros, tanta linguae proprietate conspicuos ut etc. Vgl. Prokop. Goth. I,
1 (p. 11 Bonn.) und das mittelalterliche Epigramm auf ihn Anthol. lat
764 B. Diese Thätigkeit g^eng hervor aus warmer Begeisterung für die alte
Literatur und die alte Zeit; vgl. praef. zum comm. in praedicam. Aristot:
etsi nos curae ofßcii consularis (J. 610) impediunt quo minus in his stodiis
omne otium plenamque curam consumamus, pertinere tamen videtnr ad
aliquam reip. curam elucubratae rei doctrina cives instruere etc. Die Ueber-
Zeugung des B. war daher schwerlich wesentlich verschieden von der des
Ahns seiner Frau (oben 418, 13), so gewiss er sich auch zum Christenthum
bekannte. Vgl. K. Schenkl, Verhandl. der Wiener Philologenvers. (Wien
1869) p. 79 ff.
3. Die Schrift de consolatione beginnt mit einer Klage im elegi-
schen Mass (Carmina qui quondam studio florente peregi flebilis, heas,
maestos cogor inire modos) über die jetzige Lage ihres Verf. Da erscheint
ihm die Philosophie und tröstet ihn über sein Schicksal in einer Art Theo-
dicee. Die Trostgründe sind rein philosophische, die für die specifisch
christlichen kaum Raum lassen. (G. Arnold, unparteiische Kirchen- und
Ketzer -Historie S. 260: „kein periodus der Schrift fleusst aus den christ-
lichen principiis, sondern lauter heidnische Trostgründe werden angefahrt.")
Die zu Tage tretende Denkweise ist ein überwiegend platonisch gefärbter
Eklekticismus. Zu allen positiven Religionen, auch der christlichen, hat
der Verfasser die kühle Stellung eines vornehmen gebildeten Mannes: er
hütet sich gegen sie zu polemisieren, aber für seine Person hält er sie sich
vom Leibe und sucht seine geistige Nahrung anderswo. Ueberall Beweise
edler Gesinnung, eines Strebens nach den höchsten Zielen der Menschheit,
manchmskl wahrhaft religiöse Stimmung, aber immer frei von specifisch
christlicher Färbung. Wenn er die christlichen Schriften auch vom Jugend-
unterricht her kennen mochte, so beruft er sich doch niemals auf sie; desto
häufiger nennt er Piaton, Aristoteles, Cicero, Seneca. Vgl. F. Nitzsch S.
42 — 89. Wenn die heidnischen Gdtternamen (insbes. Phoebus, die Musen,
470. Boetius. 1087
Ceree u. A.) öfters Yorkommen, so ist das schwerlich ernstlicher gemeint
als bei den Schriftstellern des 18^° Jahrh. Die Form ist theils dialogisch,
theils hat sie Aehnlichkeit mit der satura Menippea, sofern die prosaische
Bede häufig unterbrochen wird durch metrische Stücke in der Weise von
Seneca's Tragödien und in den manchfaltigsten Formen wie sie Epos, Ele-
gie, Jambos und Melos darbieten, wobei der Verfasser zwar nicht immer
Strenge beweist, aber sicher grosse Gewandtheit. Die Sprache ist die ge-
zierte und manierierte seiner Zeit, doch temperiert durch ein nüchtern syl-
logistisches Element.
4. Ed. princeps der Schrift Nürnberg 1473 (per Ant. Coburger); spä-
ter z. B. cum comment. Thome, Colon. 1604. 4.; in usum Delphini cum
nott. P. Callyi, Lutei 1680. 4.; cum nott. P. Bertii, Lugd. Bai 1671; cur.
J. A. Vulpio, Patav. 1721 u. 1744; cum nott. varr., Glasgov. 1751. 4.; mit
(deutscher) Uebersetzung und Anmerkk. von Fr. C. Freitag, Riga 1794;
ed. Helfrecht, Cur. Begn. 1796; besonders die von Th. Obbarius (ad opt.
libr. msB. nondum collatorum fidem rec. et prolegg. instr.) , Jena 1843 (mit
LXIV pp. prolegg.) und von B. Peiper, accedunt eiusdem atque incertorum
opuscula Sacra (s. A. 8), Lips. Teubner 1871. Uebersetzungen in alle mög-
lichen Sprachen. Eine angelsächsische, angeblich von Alfred d. Gr. (J.
871 — 901), herausgg. von Ch. Bawlinson (Oxford 1698) u. J. S. Cardale
(London 1828. 1835). Eine deutsche, aus dem Anfang von saec. XI, in St.
Gallen, hrsgg. von E. G. Graff (Berlin 1837), H. Hattemer (Denkmäler des
MAlters III , 1).
P. Langen, quaestiones Boetianae, in der Symb. philol. Bonn. p. 261
— 268. B. Volkmann, in 6. de cons. phil. libros commentariolum criticum,
Jauer 1866. 8 pp. 4.
6. Andere erhaltene Schriften des B.: Dialogi II in Porphyrium a
Victorino translatum, Commentariorum in Porph. a se translatum libri V,
uebersetzungen und Comment^ire zu Aristoteles Categoriae (libri IV), von
der Schrift de interpretatione (erste Bearbeitung in 2 Büchern, zweite in
6), den Analytika (prior, u. post.), den Elench. sophist., der Topik des Ari-
stoteles; Commentar zur Topik des Cicero (oben 179, 6, 2); de syllogismo
categorico libri II; de syll. hypothetico libri II; de divisione, de definitione,
de differentiis topicis (libri IV); de musica libri V (des Boet. 6 Bücher über
die Musik, übertragen und erklärt von 0. Paul; mit Tabellen u. s. w.
Leipzig 1872. LVI u. 379 S.); de arithmetica libri II, nebst einer Ueber-
setzung der Geometrie des Euklides in zwei Büchern. Vgl. A. 7 g. E.
6. Die von A. Mai (class. auctt. e vaticc. codd. ed. lU. p. 317 ff. 327 ff.)
vermeintlich erstmals aus einer vaticaniscben Handschrift saec. XI heraus-
gegebenen Abhandlungen Communis speculatio de rhetoricae cognatione und :
Locorum rhetoricorum distinctio sind schon gedruckt im vierten Buche der
differentiae topicae des B., p. 880 ff. der Basler Ausgabe, und (nebst an-
dern Stücken der diff. top.) auch in die Dialektik des Cassiodor überge-
gangen; 8. C. Halm im Bhein. Mus. XVIII. S. 463 f. Was bei Mai p. 331 ff.
folgt und auch dem B. beigelegt wurde ist vielmehr ein Werk aus dem
eilften Jahrhundert: Franconis ex opere de quadratura circuli specimen.
7. Unter den mathematischen Schriften bietet die den Namen des
1088 T>ie KaUcrseit. Sechstes Jahrhuudeii.
B. tragende Geometrie besonderes Interesse, als Beitrag zur Eenntniss alter
Kechnungs- (bes. Divisions-) Methoden and zur Geschichte der Zahlzeichen.
M. Cantor, mathemat. Beiträge zum Culturleben (1863) S. 181—198. 199 — ^230.
G. Friedlein, Gerbert, die Geometrie des B. und die indischen Ziffern, Er-
langen 1861. (vgl. F. Uultsch in Fleckeisens Jahrbb. 87, S. 422-*425), und:
Zur Frage über die Echtheit der Geometrie des B. (ebd. 87, S. 425 — 427).
Boetii de institutione arithmetica libri II, de instit. musica libri V. accedit
Geometria quae fertur Boetii. ex libris mss. ed. G. Friedlein, Lips.
(Teubner) 1867. Vgl. Anm. 6 E.
8. Der früheste Zeuge für christlich theologische Schriften des B. ist
Alcuin (um 770). Es sind die Schriften quomodo trinitas unus deus ac non
tres dii; utrum pater et filius ac spiritus sanctns de divinitate substantia-
liter praedicentur; brevis fidei christianae complexio; de persona et dua-
bus naturis contra Eutychen et Nestorium. Deren vollständige Unechiheit
ist unzweifelhaft und von Fr. Nitzseh in einer eigenen Schrifb (das System
des B. und die ihm zugeschriebenen theologischen Schriften; eine kritische
Untersuchung; Berlin 1860. 183 S.) ausführlich nachgewiesen; s. bes. S. 93
- 174. Ebenso wurden dem B. mit Unrecht beigelegt die Schriften de uni-
tatc et uno, quomodo substantiae bonae sint, und de disciplina scholariuin,
welche letztere einen brabanter Mönch des IS^«"* Jahrh. Namens Thomas
(Brabantinus Cantipratanus) zum Verfasser hat.
9. Gesammtausgabon der Schriften des B. Venet. 1491. 1492 fol. (cum
conim. 8. Thomae). Basil. 1646. 1570 (ex rec. Glareani). fol. Alles bei und
durch einander in Migne's patrol. LXllI und LXIV.
10. C. G. Heyne, censura Bocthii, Opusc. acad. VI. p. 144 — 166. C.
F. Bergstedt, de vita et scriptis B., Upsala 1842. .1. U. Sntterer, B. der
lotzte Rumer, Boin Leben u. s. w. Eicbstädt 1862. 4.
448 47L Ein Iledekünstler und Versemacher aus der Zeit deä
Theoderich ist der Bisehof von Pavia, Magnus Felix Ennodius
(J. 473 — 521) aus Gallien. Die geschichtlich bedeutendsten sei-
ner Schriften sind die Biographie seines Vorgängers Epiphanius
und der Panegyricus auf Theoderich (ums J. 507), letzterer
masslos im Preisen, vorsichtig im Verhüllen und unerträglich ge-
bläht in der Form. Die neun Bücher Briefe leiden an Inhalts-
losigkeit; noch mehr die Schulreden. In seiner Zeit als Stilist
anerkannt, hatte Enn. Reden und Briefe für Andere zu schrei-
ben, auch Predigten für Bischöfe. Die Sammlung der Gedichte
des Enn. enthält im ersten Buche grössere Arbeiten (Reisebe-
Schreibungen, ein Epithalamium, mehrere Hymnen), im zweiten
kürzere Gelegenheitsgedichte, theil weise recht unbedeutende, zu
Preis wie Unglimpf. Incorrectheiten der Form sind nicht selten.
1. Ennodius aus Gallien (ep. I, 2 vgl. c. II, 73), vielleicht Arelato.
Eucharist. (p. 248 M.): tempore quo Italiam optatissiraus Theoderici regis
470 f. BoetiuB. EonodiuB. 1089
resuscitavit ingreBsus (J. 489) . . ego annorum ferme XVI amitae quae me
aluerat . . solatio privatus siuu. remansi sdlus, inops etc. popoBci in matri-
monium cniuBcläm nobilisBiinae . . parvulam filiolam, protinus . . exceptua,
. . ut alimentis affinerem, . . ex mendico in regem mutatuB. Nachdem er
das BO leicht Gewonnene durchgebrachC wurde Enn. Priester und Beine Frau
trat in ein Kloster ein. Bischof von Ticinnm (Pavia) seit 511. Abge-
sandter des Papstes Hormisdaa an den oström. Kaiser Anastasius für die
Vereinigung beider Kirchen. Frühere Reisen carm. I, 1 (nach Brian9on
auf Geheiss eines vates = Bischofs). 5 (über den Po zu einer Schwester).
6 (aus Rom zur See).
2. Panegyricus dictus clementissimo regi Theoderico, nach J. 504
(Zurückeroberung von Sirmium, s. 12, 3) und vor 608 (ehe Theoderich für
seinen Enkel Amalarich das westgothische Reich zu verwalten bekam).
Beschaffenheit: adeo omnia sunt plena argutiarum et ineptiarum, tot un-
dique calamistri adhibiti, tot mira verborom et compositionis monstra ut
nauseam moveat oratio targida atque inflata, stomachum ambigua et ob-
scura. verum etsi graviter cum rerum iudicio tum sententiamm delectu
laborat Ennodios, ist er doch eine wichtige Geschichtsquelle (vgl. R. Köpke,
deutsche Forschungen S. 165 ff., bes. S. 173. 175. 178), Manso p. 435 vgl.
M. Fertig III. S. 4: bei mancheu;i Guten ist des UngeschickteQ, Steifen,
Verzwickten, Leeren,. Masslosen, Wüsten und Barbarischen in diesem
letzten römischen Redestücke viel. Abgedruckt auch in den Sammlungen
der panegyrici (oben 387), cum annotationibus in Manso's Gesch. d. ost-
goth. Reichs p. 437—487, vgl. p. 486 f. 487—490. Uebersetzt von M. Fertig
(Ennod. n. seine Zeit III), Landshut 1858. 4.
8. Vita b. Epiphanii episcopi Ticinensis (f 496); b. Antonii monachi
Lerinensis (bald nach dessen Tod verfasst). Libellus ad versus eos qui contra
synodum (vom J. 602) scribere pVaesumpserunt (für Papst Symmachns).
Eucharisticum de vita sua, eine kurze Selbstbiographie, nach dem Vorgange
von Augustinus Confessiones in Form eines Gebetes (Fertig L S. 7 — 11).
Paraenesis didascalica ad Ambrosium et Beatum (die in Rom studierten,
Empfehlung der Poesie, verecundia, castitas, fides, grammatica, rhetorica,
eingeleitet je durch Verse). Ausserdem werden zu den (zehn) opuscula des
E. noch gezählt praeceptum quando iussi sunt omnes episcopi cellulanos ha-
bere; petitorium quo absolutus est Gerontius paer Agapeti, und stwei bene-
dictiones cerei.
4. Die 28 dictiones enthalten Reden für Andere, Gelegenheitsreden
(z. B. in natali Laurentii Mediolanensis episcopi) und Schulreden , von letz-
teren sieben wirklich in der Schule gehalten (bei Einführung oder Beför-
derung von Schülern), 15 aber Musterreden (10 controversiae , 5 ethicae oder
suasoriae), bezeichnend durch die Wahl ihrer Gegenstände, die sich ganz
in den alten Geleisen bewegen; s. oben 44, 9.
5. Die neun Bücher Briefe (die Bachzahl im Anschluss an Sidonius),
im Ganzen 297, ohne chronologische Ordnung, sind zum Theil an Männer
von hoher Stellung in Kirche (wie Symmachns, Hormisdaa) und Staat (wie
Boetius und Liberius) gerichtet; an Venantiu.«) V, 22 u. p. 364 M.; 23 an
elf Frauen, z. B. seine Schwester Euprepia. Alle scheinen von E. als Dia-
TsuivxL, Rdm. Lit«ratTirge8chiohte. ä. Aufl. 69
■
1090 Die Kaiserzeit Sechstes Jahrhundert.
konus (in Mailand) und vor J. 510 geschrieben. OeiSentUche Verhältniase, voll-
ends politische, werden kaum berührt. Die Schreibweise ist höchst manieriert.
6. Dass das Versemachen für einen Priester sich nicht recht schicke
fühlt Eun. so gut wie Sidonius nnd entschuldigt es wiederholt (c. I, 6 proef.
u. 9 praef.). Galt doch die heidnische Mythologie für ein unerlässliches
Zubehör der Verse, so doss auch Enn. den Phoebus, Apollo, die CjnthiA,
Venus (bes. I, 4), Parcae (I, 5. II, 2. 109), Pierides, di (II, 24, 1) oft genug
in Bewegung setzt, freilich ohne alles Arg, indem ihm z. B. Olympus ein-
fach der christliche Himmel ist (vgl. I, 6 von Christus: ille per excelsnm
videat me dexter Olympum). Aber auch moraUsche Bedenken hatte das
Versemachen, wenn man anzügliche Gegenstände so wenig mied wie Enn.
II, 25 ff. 51 ff. 70 ff. 97. 101 ff. thut, offenbar weil er, wie Luxorius, ein
wenig Schmutz als unzertrennlich von der Gattung des Epigramm ansah.
Dass jedoch das Versemachen nur eine Form der Sülübung war zeigt die häu-
fige Verbindung mit einem prosaischen Vorwort (bei Ennod. I, 6. 7. 8. 9. 11, 150)
oder Nachwort (II, 107), die Verwendung von Versen als dictiones (Ennod.
I, 2. 6. 9) und Versstoffe wie Ennod. II, 28 f. (de eo qui ut filium matri
reconciliaret furtum fecit; de eo qui dicebatur meretricis filius esse), vgl. A. 4.
7. Die Gedichte von B. I liefern bei ihrer phraseologischen Haltung
weniger stoffliche Ausbeute als Ueberschriften wie Itinerarium Brig^tionis
castelli, Itinerarium Padi, Dictio Ennodii diaconi quando Roma rediit (vgl.
A. 1) erwarten Hessen. Das Epithalamium dictum Maximo v. s. bewegt sich
nach dem Vorgange des Claudianus in einer Manchfaltigkeit von Formen
(elegisches Vorwort, 4 tetr. troch., 6 sapphische Strophen, der Haupttheil
im epischen Masse, zum Schlüsse 6 Hendekasy Ilaben) und fasst auch das
Sinnliche frei an. I, 7 bietet dem Faustus (oben 469, 6) als Gegengeschenk
ein Vorwort in Prosa, 16 Distichen, 12 Hexameter, wieder 2 Distichen, 5
sapphische Strophen und zum Schlüsse 12 anapftstische Dimeter, 1, 9 episches
Gedicht zum Geburtstag des Epiphanius (s. A. 3), in annum XXX sacerdotti
=» J. 496. I, 10—21 Hymnen im dim. iamb. acat. bes. auf Heilige.
8. Buch n besteht aus 151 Gedichten (dazu epist. V, 8) meist im
elegischen und epischen Mass (c. 107 sapphische Strophen, 123 tetr. troch.),
Epitaphien, zur Einweihung von Kirchen, auf Kunstwerke, spottende Epi-
gramme, Gedichte zum Preise bes. von Bischöfen (77 ff.); vgl. 150 praef.:
qui miratur ofBcii terminos in amicorum me laudibus egressum recolat quam
imperiosa est semper affectio etc. De horto regis (Theoderici) 111. De
eo quod Messala consul (J. 506) Ennodius in cognomine dictus est, 32 vgl.
144 — 146. Vieles ist so unbedeutend dass es des Aufbewahrens nicht werth
war; Enn. aber bemerkt ausdrücklich was ex tempore (25. 57. 107) oder
subito (142) gemacht sei. Auch vgl. 57, 6: carmina byblis sulcavi, tumulo
ne tenear moriens.
9. Ennod. entschuldigt carm. II, 57, 8 ff. u. 146 etwaige prosodiechc
Incorrectheiten. Sie sind am h&afigsten in Eigennamen und Frondwörtem
(wie Melisa, Satumius, cSruchus, physica; auch thyrambus statt dith. I, 7.
II, 109); doch kommen auch Regelwidrigkeiten vor wie venerandnm, re-
misse, renuis, mulierem (oben 466, 7), rigent, lltamus und andererseits
otii, noniinasse, convYvii, astütia, immobilis, pauperes, possides.
471 f. Enoodius. Fulgeniius, der Bischof n. der Qrammatiker. 1091
10. Ausgabe der Weirke des E. von J. Sirmond, Paris 1611 (und in
Sirmonds Opera I, Paris 1696. p. 1863 ff., Yenet. 1728 p. 371 ff.), abgedruckt
auch in Gallandi bibl. patr. und Migne^s patrol. LXni (p. 13—364).
11. M. Fertig, Enn. und seine Zeit, I u. IL Passau 1855. 4.
472« Ungeföhr im J. 480—550 lebte und schrieb in Africa44i
der eitle Grammatiker Fabius Planciades Fulgentius, von
welchem wir vier Schriften besitzen: Mythologiarum (oder my-
ihologicon) libri III mit einer Einkleidung in der Weise des
Märtianus Capella und toU abenteuerlicher Erklärungen der
Namen und Mythen; eine allegorische Auslegung des Inhaltes
der Aeneis (Virgiliana continentia); eine höchst absonderliche
Art Yon Weltgeschichte (de aetatibus mundi)^ -und endlich eine
Expositio sermonum antiquorum, worin der Verf. Belege, wenn
sie ihm nicht zu Gebote stehen, herzhaft selbst erfindet. Seine
Darstellung bewegt sich in gezierten, bombastischen, abge-
schmackten Phrasen. Oft mit ihm yerwechselt und auch wohl
mit ihm verwandt ist der Bischof Fulgentius Ton Ruspe in
Africa (J. 468 — 533; Bischof seit 508), von welchem zahlreiche
theologische Schriften auf uns gekommen sind, deren Schreib-
weise aber ebenso nüchtern uud trocken ist wie die seines
geckenhaffcen Namensvetters verschroben.
1. Isidor. vir. ili. 14: FiügQDtiua Afer, ecclosiae Buspensis episcopus,
. . scripsit multa, ex quibus legimua De gratia dei et libero arbitrio libroa
responsionum VII, in quibns Fausto (oben 461, 7) GaUiae Reg^ensis urbis
episoopo, pelagianae pravitati oonseniienti, respondens obnititur etc. legi-
mus et eins librum de s. trinitate ad Felicem etc. extant et duo eins libri
de yeritate praedestinationis etc. est et liber altercatiohis eins quo de fide
cum Thrasamundo rege . . disputavit, und Anderes. . . olaruit sub Thra-
samundo (J. 496 — ^623) rege Vandalorum, Anastasio imp. regnanie (J. 491 —
518). Ausser zahbreichen Schriften dieses F. (bei Migne LXV) besitzen wir
auch eine Vita desselben, wahrscheinlich von .seinem Schüler (Fulgentius)
Ferrandus (s. unten 486, 12)^eine in ihrer Wahrhaftigkeit achtungsverthe
Quelle für die ZeitgeschichteP
2. Aus Fulg. praef. der myih. ad Catum presbyterum. me discedentem
a ie, domine, dum quasi urbanis extorrem negotiis ruralis otii torpor
astringeret, evitans aerumnosa calamitatum nanfragia qnibus publicae in«
oessabiliter vexantur aotiones (p. 5). . . sopitifi in fiftvilla silentii xaucisonis
iorgioTum classicis quibns me galageüoi (Salmasius und Jungmann: gallo-
getioi; nach M. Hertz galagetici, also getici) quassaverant impetus defae-
• • • •
catam silentio vitam agere creditabam (p. 6). . . tributaria in dies con-
ventio compulsantium pedibus limen proprium triyerat, nova indictionum
ac momentanea proferens genera. . . addebatur bis quod etiam bellici fre-
69*
1092 Die Eaiserzeit. Sechstes Jahrhundert.
quenter incursus pedum domo radicem infigefe iusseraot. - . . taDdcm domini
regis felicitaa (p. 7) . . payores extorsit. . . licuit tandem arva vifere etc.
(p. 8). In den Aufschriften der Myth. und Virg. cont. heisst der Verf.
Fabius (vgl. p. 19 M.) Planciades Fulgentius (vgl. p. 23. 27 M.) v. cL Die
Bezeichnung Carthaginiensis wird ihm selbst nirgends beigelegt, wohl aber
war er, als Verf. der aetat. mnndi, Afrikaner (s. A. 10). Italiener war F.
jedenfalls nicht; s. p. 142 M.: serva istaec tuis Romanis; . . nobis vero
erit maximum si etc. Vgl. M. Zink, S. 4—8. Da er auch von den pagani
als Dritten spricht (myth. I, 23. II, 9. III, 7. Vergil. cont. p. 162 M.), so
war er getauft. Seine Zeit fällt sicher nach Martianus Cap. (vgl. Expos, s.
V. caelibatns); alles Weitere aber hängt von der -Deutung der verschwom-
menen Angaben des F. p. 5 ff. ab. Zink bezieht den dominus rex auf den
Vandalenkönig Hunerich (J. 477 — 484) und setzt den F. vor den mythogr.
vat I (Zink S. 13 — 16), etwa .1. 480 (vgl. Jungmann p. 51 f.); L. Malier
(Fleckeisens Jahrbb. 95, S. 791 — 796) versteht die Zeitanspielungen von
dem Siege des Gothen Theoderich über den Suevenkönig Rechiarins in
Galläcien J. 456. A. Reifferscheid (s. A. 10) denkt an die Einfälle der
Mauren in das vandalische Gebiet in Africa, welche von Thrasamunds
Nachfolger Hilderich (J. 523—530) bei Capsa geschlagen worden seien, und
ähnlich Jungmann (p. 53 f.) von den Kämpfen welche nach Thrasamunds
Tode, dessen Wittwe Amalafrida mit ihrem gothischen Anhang imd den
Mauren gegen Hilderich bestand und die mit der Vernichtung der Gothen
(bei Capsa) endigten. Emil Jungmann, de Fulgentii aetate et scriptis, iu
RitschFs Acta societ. philol. Lips. I (1871) p. 45 — 61.
3. Nicht erhaltene ältere Schriften. Fulg. verg. cont. p. 149 M.: sa-
turanter haec in libro physiologo quem nuper edidimus de medicinalibus
causis et de septenario ac de novenario namero etc. qui ista discere cnpit
nostrum physiologicum perlegat librum. Der Physiologus von welchem es
vaticanische und Bemer Hdss. saec. IX gibt (herausg. von Mai, class. aoct
VII. p. 589—596) scheint nicht der des F. zu sein. Ueber die Jugendgedichte
des F. 8. praef. myth. p. 2 f. M. : meas cachinnantes saepius nenias lepore
satirico Utas, . . dum ludicro Thalia ventilans epigrammate comoedia
solita (est) vernulitate mulcere. Proben seiner poetischen Befähigung myth.
praef. p. 11 f. (trochäische Tetrameter, vielfach nach dem Accent gemessen,
z. B.: Thespiädes Hippocrene; ferte grädum pröperantes; übi guttas floru-
lentae; rupe pastor cäcinit; ^nod cecfnit pastorali Märo silva Mantuae etc.)
und p. 23 — 25 (Hexameter). Verg. cont. p. 140 (fünf Hexameter).
4. Fulg. myth. praef. p. 3 M.: parumper ausculta dum tibi (dem
presbyter Carthag. Catus) . . ordior fabulam quam nuper . . nocturna prae-
sule lucema commentus sum, das Gespräch mit Ealliope das die Einleitung
bildet, ib. p. 20: mihi non cornutus adulter arripitur (in dem Buche) etc
(p. 21 :) certos rerum praestolamur effectus, quos repulsos mendacis Graeciae
fabuloso commento quid mysticum in his sapere debeat cerebrum agnosca-
mus. Abfassung in reiferen Jahren (vgl. A. 3), ums J. 524 (vgl. A. 2).
Proben der Namenerklärung: Cybele =* nvöog ßißatov (III, 5. p. 111); Al-
pheus = äXri^siag q>as (III, 12). Anderes bei Zink S. 33—35.
5. Der Titel der zweiten Schrift lautet in don besten Hdss. Expositio
472. Fulgentius, der Grammatiker. 1093
Virgilianae continentiac secundum philosophos moralts. Widmung nach
dem cod. Goth. ad Catum archidiaconum Carthaginensera (vgl. p. 137:
Levitarnm sanctissime). p. 138: Virgilianae continentiae (Inhalt) secreta
physica tetigi. . . bncolicam georgicamque omisimus. In seiner Selbst-
gefälligkeit läset F. die albernen Bemerkungen der Schrift durch Vergil
selbst vortragen. Gegen^ den Schluss bin wird der Verf. selbst der Sache
überdrüssig und bricht jäh ab, da schwerlich etwas verloren ist. Vgl. Jung-
mann p. 73 f. ■ ,
6. Die Handschriften der Mythol. und Virgil. cont. stammen alle von
demselben archetypus ab. Die älteste (und beste) der vorhandenen ist der
Vaticano-Palatinus 1578 saec. IX. Ueber das Verhältnis derselben zu ein-
ander 8. E. Jungmann (A. 2) p. 61-^73.
7. Vorwort der Expositio sermonum antiquorum (oder de abstrnsis
sermonibus), nach den Hdss. ad grammaticnm Chalcidium, richtiger mit
Sigebert Gemblac. de script. eccl. 28 (vgl. Jungmann p. 57—60) gleichfalls
ad Catum presbyterum: . . libellum quem de abstr. serm. parari iussisti in
quantum memoiiae entheca subrogare potuit absolutum retribui, non tam
phaleratis senponum studentes spumis quam rerum manifestatiouibus dantes
operam dihicidandis. Die Schrift enthält Erklärungen von 63 veralteten
und seltenen Wörtern in willkürlicher Auswahl, plaulos zusammengestellt, mit
vielen gefälschten oder erdichteten Citaten aus wirklichen und erdichteten
Schriftstellern (z. B. Crispinns Heraclea, Q. Fabius Lucullus epico carmine,
Lucilius comicu« in Immolaria, Callimorphus Pisaeis, Antidamas in moralibus
libris). L. Lorsch, Fab. PI. Fulg. de abstr. serm. nach zwei Brüsseler Hdss.
herausgegeben und literarhistorisch gewürdigt, Bonn 1844. XXIV u. 100 S.
u. dazu R. Klotz in Jahn's Jahrbb. 43, S. 71 — 96. Ueber eine Berl. Hds.
B. Rhein. Mus. XIX. S. 297—301. Abdruck der Schrift auch an P. Daniels
Servius, dem Nonius von Mercerius, Gerlach und Roth (p. 387—398) u. sonst.
Da die Anekdote von Metennia in den aetat. ausführlich erzählt, in der
Expos, aber nur kurz berührt ist, so scheint letztere nach dem liber de
aet. verfasst (Jungmann p. 55).
8. Des F. stilistische -Vorbilder sind Apulejus und Martianus Capella.
Aber auch mit Sidonius hat er Aehnlichkeit genug um den Gedanken an
eine specifisch „afrikanische Latinität^' nicht aufkommen zu lassen. Sein
Satzbau ist überladen, so dass es dem Leser nur mit Mühe gelingt vor
dem Wortschwall zum Verständniss des Gedankense zu gelangen und den
langgestreckten Unholden von Perioden ihren spärlichen Inhalt abzuge-
winnen (Zink S. 39). Die Unregelmässigkeit ist bei ihm Regel, und be-
. sonders in der Rection der Tempora und Modi herrscht vollständige Anarchie;
8. die Nachweisungen bei Zink S. 37 — 62 (Gräcismen, Idiotismen, poetische
Constructionen, Inversionen u. s. w.). Ueber die schwindelhafte, in Wahrheit
aber dürftige Gelehrsamkeit des F. in seinen Citaten s. ebd. S. 62 — 93.
9. Abdruck der Schriften des F. in den mythographi latini von Th.
Muncker (II. p. 1—184) und van Staveren (p. 695—783). M. Zink, der My-
tholog J^ulgentius, Würzburg 1867. 94 S. 4. E. Jungmann, quaestionum
Fulgentiarum capita III (bis jetzt zwei, s. A. 2 u. 6), in Ritschrs Acta soc.
philol. Lips. I (1871), und Coniectanca Fulgentiana, in der Begrüssungsschr.
der Leipziger Philologenvers. (Lips. 1872. 4.) p. '27—42.
1094 * l^io Kaiserzeit. Secbstee Jahiliunderi.
10. Liber absque litten» de aetatibus mandi et hominiB . . auctore
Fabio Claudio Gordiano Fulgentio t. cl. ernit e mss. codd. (bes. der Sor-
bonne) Jac. Hommey et notis illustravit, Pictav. 1694, Paris. 1696. (B. X
und XI abgedruckt Bhein. Hub. XXIII. S. 137-— 142). Nach dem Vorwort
sollte das Werk (nach der Zahl der Buchstaben) aus 23 Büchern bestehen;
in den bekannten Hdss. finden sich aber nur B. 1 — 14. Der geschichtliche
Inhalt ist dürftig; den meisten Raum nimmt die bibUsche Geschichte ein.
B. X enthält die Greschichte Alexanders des Gr., XI die von Rom bis Caesar,
XU den Inhalt der yier Evangelien, XÜI die Apostelgeachichte , XIY die
römische Kaiserzeil Die Ausführung ist letiroy^afifuxr«^, bq daas in den
einzelnen Büchern je ein Buchstabe des Alphabets der Reihe «ach unan-
gewendet bleibt, in B. I der Buchstabe A, in II der Buchstabe B u. s. f.,
was jedesmal am Schlüsse bemerkt wird (s. B. decimo libro absque E
finito undecimuB absque L incipit). Diese Idee ist ganz im Geiste des
Grammatikers Fulg., mit dem die Schrift auch die Zahlenmystik (vgl. A. 3)
gemein hat, sowie Stil und Wortschatz und dass das Vorbild des mirificum
opus sein soll librorum bis duodenum volumen Xenophontis poetae, wenn
diess auch nicht ganz auf die Rechnung des F. gehört. Dass sich der
Verf. wiederholt als Africaner bezeichnet stimmt gleichfalls ganz gut. Ab-
weichend ist nur der mittlere Theil des Namens, dessen Claudius aber bei
dem Vater, Gordianus bei dem Grossvater des Fulg. Ruspensis (A. 1) wie-
derkehrt, so dasfa er von dem Bischof auf den Grammatiker übergetragen
scheint. Den Namen Fulg. selbst hatte dem Bischof sein Vater quasi
praescius qualis esset futurus gegeben (vita Fulg.), also ohne dass er vorher
in der Familie üblich gewesen wäre. A. Reiif erscheid, Rhein. Mus. XXUI.*
S. 133->137. 142 f. Jungmann p. 46—49.
449 473. Zur Zeit des Kaisers Anastasins schrieb in Constan-
tinopel, aber in lateiniscber Sprache^ der Grammatiker Priscia-
nusy dem wir das vollständigste und vollendetste Lehrgebäude
der lateinischen Sprache verdanken , die achtzehn Bücher Insti-
tutionum grammaticarum; besonders wichtig durch die reiche
Fülle von Ueberlieferungen aus der alten Literatur und in seiner
Terminologie vielfach bis auf den heutigen Tag fortwirkend.
Das Werk gehorte zu den gelesensten des Mittelalters und ist
daher in zahllosen Handschriften erhalten. Ausser diesem Haupt-
werke besitzen wir von Priscian auch noch einige kleinere
Schriften^ von denen die wichtigsten die drei an Synunaclius
gerichteten sind, sowie in gebundener Form einen Panegyrikus
auf Anastasius und ein geographisches Schulbuch.
1. Das Zeitalter des Pr. aus Caesarea in Mauretanien w^ird bestimmt
durch seinen panegjricus auf Anastasius (J. 491 — 518), die Subsoription des
Theodorus (s. A. 3) und die Ueberschrift von Cassiod. de orthogr. 13: ex
Prisciano grammatico, qui nostro tempore Constantinopoli doctor foit.
Aufenthalt zu Rom nach der Widmung an Symmachus (A. 5). Ueber seinen
473. Prißcianua. 1095
iichrer Theoktistue s. oben 465, 12. Eine vita Prisciani inediia aus einer
Berner Hda. saec. XI bei H. Hagen, Anecd. Helvet. p. CLXYIII f.
2. Widmung der inst.: Juliane consul ac patricie, cni summos digni-
tatis gradus summa adquisivit in omni studio ingenii claritudo, . . tibi hoc
opus devoveo. Der Schluss des Vorworts enthält eine Inhaltsangabe. B.
I — XVI geben die Formenlehre, XVII und XVIII handeln de constructione
s. ordinatione partium orationis inter se. Ueber die Quellen ib.: cum eos
(Apollonios Dysk. und Herodian) omuia fere vitia quaecumque antiquorum
Graecorum commentariis sunt relicta artis grammaticae expurgasse com-
perio, . . nostrorum autem neminem post illos imitatorem eorum extitisse,
. . conatüs sum . . supra nominatorum praecepta virorum quae congrua
sunt visa in latinum transferre sermonem, coUectis etiam omnibus fere
quaecumque necesaaria nostrorum quoque inveniuntur artiimi commentarüs
grammaticorum. Wirklich erweist sich ein grosser Theil des Systems von
Fr. als eine Uebersetzung aus Apollonios nsgl cvvtcc^Bcog^ neifl dvtoyi/v(iiag^
ntQl avvdsafMov, nsQl iniq^riiuxzonf ^ sowie aus den Scholien zu Dionysios
Thrax. Auf Gnmd dieser griechischen Quellen weicht Fr. in Einzelheiten
von ^der herkömmlichen Anordnung ab und pflegt diess mit Geräusch zu
verkündigen. So in der Ausscheidung von qualis, quantus, quot, unus, alter,
alius, totns u. s. f. aus der Zahl der Pronomina, in einer verschiedenen
Auffassung der Nomina adiectiva und mehrerer technischen Ausdrücke,
sowie einer abweichenden Eintheilung der Conjunctionen (W. Christ, Fhilol.
XVIII. S. 140). Um so enger schliesst er sich in den speciellen Ausführungen
und in den Mittheilungen aus der älteren Literatur der Römer an seine
Vorgänger (bes. Flavius Caper) an. In den beiden letzten Büchern, wo
Pr. nicht so reiche und für den unmittelbaren Gebrauch zugerichtete Vor-
arbeiten vorfand, zeigt sich die Unzulänglichkeit seiner Studien und die
Enge des Kreises von Schulschriftstellern worin er zu Hause war. Seine
Darstellung leidet an grosser Weitschweifigkeit, und von lateinischer Wort-
stellung hat Pr. sehr dunkle Begriffe.
3. Die Gesammtzahl der Handschriften des Pr. berechnet Hertz
I. p. XIII auf gegen tausend, quorum quidem libros XVIII omnes com-
plectuntur pauci, libros postremos duos (XVII et XVIII, de constructione,
sive Priscianum minorem) itidem satis pauci, libros XVI priores (de VIII
partibus orationis s. Priscianum maiorem) plerique (I. 1.). Alle gehen zurück
auf die Becension des Flavius Theodorus (von Aldhelmus verwechselt mit
Theodosius) antiquarius (Schönschreiber), der später in Hofdienste trat (s.
unten 474, 3) und von sich sagt: scripsi Artem Prisciani eloquentissimi
grammatici, doctoris mei, manu mea in urbe Borna Constantinopoli im
Laufe von J. 526 u. 527; s. 0. Jahn, Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1851,
S. 354—359. Hagen, Anecd. Helv. p. CLXIX, 12 ff. Erhalten ist aber weder
die Becension des Theodorus selbst noch eine unmittelbare Abschrift der-
selben; vielmehr zeigen auch unsere ältesten Hdss. einen schon vielfach
interpolierten und verderbten Text. Die Haupthds. ist Paris. 7496 saec. IX
(R bei Hertz), besonders wichtig durch die Correctur zweiter Hand (r), die
auf einen codex vetustns zurückgeht. Vgl. M. Hertz, Berichte üb. d. Verhandl.
der Berl. Akad..l847, S. 417 — 421; ed. Prise. L p. X— XXIIl. W. Christ,
PhUol. XVm. S. 142-161. H. Hagen, Anecd. Helvet. p. CLXX-CLXXIV.
1096 I^ie Kaiserzeit. Sechstes Jahrhundert.
4. üeber die Ausgaben der Inst. vgl. M. Hertz I. p. XXIII — XXVII.
In Putsche's gramm. (Hanau 1605. 4.) p. 533 — 1214. Ed. A. Krehl, Lips.
1819 f. 2 Voll. Hauptausgabe ex recens. M. Hertzii, in KeiVs gramm. lat.
II u. in, Lips. 1855. 1859.
5. Kleinere Schriften. Dem Symmachus (cos. 485?) gewidmet sind
drei. Vorwort: Omni te, Symmache, nobilitatis splencfore celebratum, . .
studiis etiam optimarum artium disciplinarumque fiorentem . . fama qui-
dem antea nobis absentem venerabilem faciebat, nunc autem praesentcm
. . ostendit. . . itaque . . (a) de figuris, sicut iussisti, numerorum breviter
collecta demonstrabo et de nnmmis yel (»> et) ponderibus, praeterea (b)
de Terentii metris, nee non etiam (c) de praecxercitamentis rhetoricis, quae
Graeci nQoyvpkvaciiata yocant, quoniam diligentius ea sophistae iuniores,
quos sequimur, . . exposuisse videntur. Die erste Schrift (über die im Lat.
und Griech. üblichen Zahlzeichen, die Münz Verhältnisse und Bildungen der
lat Zahlbegriffe) ist geschöpft aus Dardanos (etwa saec. IV) nsgl öta^fMiv;
die zweite (abgedruckt auch bei Gaisford, script. rei metr. latt. p. 410 ff.)
will beweisen dass die Stücke der palliata wirklich in Versen geschrieben
seien, nur sehr regellosen, und ist entnommen aus Heliodor, Hephästion,
Terentianus und Asmonius; die dritte ist eine Uebersetzung der ngoyvfjkp.
des Hermogenes. Keil p. 394 f.
d. Institutio de nomine et pronomine et verbo (in älteren Ausgaben
betitelt de declinationibns u. dgl.), Auszug aus dem grösseren Werke (A.
2—4) für Schulzwecke. Keil p. 895 f.
e. Partitiones XII versuum Aeneidos, an diesen die Schnlübung (fu-
QißfjLog, später inip^BQ.) durchmachend welche die Griechen an Homer vorzu-
nehmen pflegten, die metrische und grammatische Zergliederung der Verse,
in Form von Fragen und Antworteh. Keil p. 397 f.
f. De accentibus, Regeln über den Accent, meist mit Friscian über-
einstimmend, aber nicht von ihm selbst, nam nou soluro omne dicendi genus
ab hoc grammatico prorsus alicnnm, ne dicam rüde et saepe etiam ineptum
est, sed etiam res ipsae de quibus agitur speciem eius aetatis quae iam
usum et Bcientiam latinae linguae non habebat prae se ferunt. in ezeroplis
vero barbara quaedam vocabula hie scriptor posuit. Keil p. 400 f.
6. Ausgaben der kleineren Schriften (ausser Putsche und Krehl, A. 4)
von F. Lindemann (Lugd. B. 1818) und bes. von H. Keil, gramm. latt. III.
(Lips. 1860) p. 405—528; vgl. die praef. p. 387 ff. W. Christ, Philol. XVIII.
8. 153—168.
7. Prisciani gratnmatici de laude imp. Anastasii . . nunc primum . .
ed. et illustr. St. L. Endlicher, Wien 1828 (comment. p. 21 — 78). Dieser
Panegyrikus (312 Hexameter mit einem Vorwort von 22 klappernden iamb.
Senaren) scheint um*s J. 512 verfasst. Trotz aller Anstrengung bleibt er
durchaus nüchtern. Schluss in der (Bobbioschen) Hds. (jetzt in Wien):
expL laudes sapientissimi imp. An. . . dictae a Prisciano grammatico.
8. Prisciani periegesis e Dionysio, 1087 Hexameter mit dem Schlusse:
. . pelagi partes percurri carmine vastas et terrae pariter regiones finibus
amplis. omnipot-ens pro quo genitor mihi praemia donet. Abgedruckt
ist dieses Schulgedicht bei Wemsdorf, poetae lat. min. V. p. 265 — 422 (vgl.
473 f. Priscianus. Eutyches. 1097
p. 225 — 235 und die notae p. 423 — 493), in G. Bernhardy's Gcogr. gr. min.
I. p. 461 «F., und in C. Müller'ß Geogr. gr. min. II (1861) p. 190 flf.
9. In Hdss. eaec. X und XI trägt des Priscian Namen eine cpitome
Phaenomenon s. versus (12 — 16 Hexameter) de sidteribus, z. B. bei Werns-
dorf, poetae lat. min. V. p. 520—522, in Riesele Anthol. lat. 679.
10. Wahrscheinlich ans saec. VI ist das carmen de librae sive assis
partibus, 20 Hexameter, in Hdss. angehängt an das de pondcribus (s. oben
444, 2). Abgedruckt am besten bei Hultsch, script. metrol. rom. p. 99 f. vgl.
p. 31 f. C. Schenkl, Sitzungsber. der Wiener Akad., hisi-philol. Cl. XLIII.
1863. S. 58, A. In Riese's Anthol. lat. 741.
474. Noch bei Priscians Lebzeiten verfasste sein Schüler*'>ö
Eutyches gleichfalls grammatische Werke, von welchen eine
Ars de verbo in zwei Büchern auf uns gekommen ist. Sie zeigt
Benützung der Schriften seines Lehrers, aber auch älterer Quellen.
Der Vorsprung welchen auf diesem Gebiete damals der Osten
hatte erhellt am klarsten wenn wir mit den Leistungen Priscian's
vergleichen die wenig späteren kümmerlichen des Asper und
Audax oder gar die abenteuerlichen Schwindeleien des Vergilius.
1. Cassiod. de orthogr. 9 hat die Ueberschrifb: Eutychis de aspiratione.
Die Hdss. des E. selbst haben meist die Form Enticii oder Euticis. Eut.
p. 466, 28 ff. E. : de quibus . . quia romanae himen facundiae, meus, immo
communis omnium hominum praeceptor, in quarto de nomine libro summa
cum subtilitate copiosissime grammaticus Priscianus disseruisse cognoscitur
etc. Aus dem prologus: tuis petitionibus satisfaciens , meorum dilectissime
discipulorum Cratere-, . . opusculum hoc ad discemendas pertinens coniu-
gationes duobus libellis inclusi, quorum prior observationibus instruitur
generalibns, alter . . speciales exequitur regulas.
2. Ausgaben der Schrift des Eut. von Jo Camerarius (Tubing. 1537^,
mit Mar. Vict. u. A.), bei Putsche (p. 2143—2189) und Lindemann (p. 153
—198), und bes. von H. Keil, gramm. lat. V. p. 447—489, vgl. p. 442—446.
F. Osann, Beiträge U. S. 162—165.
3. Ueber einen andern Schüler des PriscianuJ, den Fl. Theo dorn s
Dionys. v. d., memorialis sacri scrinii epistolanim et adiutor v. m. quae-
storis sacri palatii, s. oben 473, 3.
4. Unter dem Namen eines grammaticus As per sind zweierlei sehr
verschiedene, aber gleich werthlose, Arbeiten erhalten. Die eine hat (aus
Berner Hdss. saec. VOT u. IX) herausgegeben H. Hagen, Anecd. Helvet.
p. 39—61, vgl. praef. p. LXXX — LXXXIII. minorem Artem Donati secutus
hie grammaticus de VIII partibus orationis disseruit et maximo exemplorum
nnmero congesto . . praecepta illius illustravit. . . eruditionis autem nulla
in hoc libro sunt vestigia, neque ulla veterum scriptorum exempla adscripta
sunt. H. Keil, gramm. latt. V. p. 530. Die andere ist abgedruckt bei
Putsche p. 1725—1736, Lindemann p. 309—316, Keil V. p. 547—554, vgl.
1098 Die Kaiserzeit. Sechstes Jahrhundert.
p. 630 — 532; p. 531: tarn multa in definitionibus et in divisionibus partium
orationis et in verbis qnibus praeoepta artis efferuntur et in genere tra-
ctandi a more antiquorum grammaticorum dissenüant ut recentis . . scri-
ptoris manum prodant. Beide Arbeiten sind von einander unabhängig.
5. AudaZy Verfasser einer grammatischen Schrift de Scauri et Pal-
ladii libris cxcei-pta per interrogationem et responsionem , erwähnt nicht
vor saec. VII und erhalten in einer Berner und einer Freisinger Hds. saec.
IX in München, sowie überarbeitet in einer Karlsruher saec. IX: Volfuinus
incipiunt artes Audaci de Sc. et P. libris exe. H. Keil, Hermes I. S. 332 f.
vgl. Quaest. gramm. II (Halle 1871. 4.) p. VIH mit not. und De gramm.
quibusd. inf. aet. (Erlang. 1B68. 4.) p. 4: plura sane (als Asper) ex anti-
quiore doctrina servavit. sed eorum maximam partem e Maximi Victorini
libris qui fcruntur (oben 403, 5) recepit.
6. H. Keil, de gramm.. inf. aet. (Erl. 1868) p. 5: omnium qui infe-
riore aetate de grammatica arte scripserunt longe ineptissimus iiiit Ver-
gilius a Maio (Class. auct. V. p. 1 sqq. vgl. H. Hagen, Anecd. Helvet.
p. 188—201) editus, qui sexto septimove saeculo in Gallia vixisse videtur
(was in der not. näher begründet wird), is enim de grammatica arte ita
disputavit ut potius insulsas fabulas quam veram artis tractationem exhibe-
ret. neque omnino certam disciplinam et rationem disputandi secutua est,
sed plerumque de controversiis quibusdam quas a grammaticis. suae aetatis
tractatae esse ait disseruit. in quibus omnia fictis fabulis contexuit. (folgen
Beispiele.) . . de plurimis autem quaestionibus quas tractat se institatum
esse scribit ab Aenea, praeceptore suo, quem saepe laudibus effert; de aliis
praeeepta ponit Mitterii cuiusdam Spaniensis, quem senem noctu . . inter-
roganü sibi de rebus difBcillimie respondisse scribit (p. 12 sqq.) Vgl. auch
H. Hagen 1. 1. CVI f.
7. Ein Anhänger des Priscian und för die Kritik von dessen Schriften
manchfach von Bedeutung ist der Verf. der Ars anonyma Bernensis, heraus-
gegeben von II. Hagen, Anecd. Helv. p. 62 — 142 vgl. p. LXXXIII— LXXXIX.
451 475. Neben Boetius der bedeutendste Mann des Jahrhun-
derts, durch amtliche Stellung wie durch eigenen Werth, ist
Magnus Aurclius Gassiodorus Senator, aus einem angesehenen
und reichen Geschleckte in Bruttien geboren. Sein langes Le-
ben (ungefähr J. 480—^575) reicht von Theoderich bis Justinian,
seinen Höhepunkt aber hat es unter Theoderich, wo Cassiodor
Consul (J. 514) war und als Greheimsecretär des Königs die
thatsächliche Leitung der laufenden Geschäfte hatte. Nächst
Reden ist seine früheste Veröffentlichung seine Chronik, welche
die Weltgeschichte von Adam bis ins J. 519 n. Chr. umfasst,
eine Compilation aus älteren Quellen, vom J. 496 an aus eige-
ner Kunde, aber in dürftig höfischer Weise. WerthvoUer ist
seine Geschichte der Gothen, die uns aber nur in der barbari-
474 f. Audax n. A. CasRiodorus. 1099
sierenden Bearbeitung des JorSanis erhalten ist^ und seine zwölf
Bücher Variarnm, eine Sammlung der -von Cassiodor in seinen
amtlichen Stellungen verfassten Schriftstücke, Erlasse im Namen
des jeweiligen Regenten und sonstige Urkunden. In seinen spä-
teren Jahren in ein Kloster zurückgezogen, verfasste Cassiodor
nunmehr eine Reihe theologischer und encyclopädischer Schrif-
ten. So eine üebersicht der für seine Klosterbrüder empfehlens-
werthen Literatur in zwei Büchern (lectiones divinae); einen
Abriss der sieben freien Künste, Institutiones divinarum et sae-
cularium litterarum, gleichfalls in zwei Büchern, nur theilweise er-
halten; ausserdem de anima, de amicitia u. A., sowie Gramma-
tisches (de orthogfaphia u. dgl.). Allenthalben zeigt C. eine
für seine Zeit achtbare Kenntniss und Werthschätzung der alten
Literatur und einen tüchtigen Charakter. Seine Schreibweise ist
im Zeitgeschmacke und schwülstig.
1. üeber seine Vorfahren in drei Generationen gibt C. selbst Kunde
durch den Mund des Königs Theoderich, in den beiden Erlassen (Var. I,
3 u. 4) durch welche seinem Vater Auszeichnungen bewilligt werden. Aus
I, 4: Cassiodoros praecedentes (dem Vater des Schriftstellers) fama con-
celebrat. . . antiqua proles, . . cum togatis clari , inter viros forte» eximii,
quando et valetudine membrorum et corporis proceritate floruerunt. pater
enim candidati sub Valentiniano (III) principe (J. 425 — 455) gessit tribuui
et notarii laudabiliter dignitatem. . . patricio Aetio . . magna fuit caritate
sociatus. Sendung an Attila. Zurückziehung in amoenissima Bruttiorum. *
avus enim Cassiodorus . . a Vandalorum (unter Genserich) incursione Sici-
liam Bruttiosque armorum defensioc^e liberavit. . . vixit et ipse in provincia
honore iudicis et securitate privati etc. tanta etiam patrimonii sui ubertate
gloriatus est ut etc. Üeber den Vater ib.: primus administrationis introitus
comitivae privatarum mole fundatus est (Comes rer. privat.). . . qui mox
deinde sacrarum largitionum honore suscepto crevit etc. his itaque sub
praecedenti rege (Odoaker?) gymnasiis exercitatus emeritis laudibus ad
palatia nostra pervenit. I, 3: in ipso imperii nostri exordio . . Siculorum
suspicantium mentes ab obstinatione praecipiti deviasti. . . ubi sub pro-
cinctu martio civilia iura custodiens publica privataque commoda inavarus
arbiter aeetimabas. . . Bruttiorum et Lucaniae tibi dedimus mores regen-
dos (als corrector), ne bonum quod peregrina provincia (Sicilien) meruisset
genitalis soli (vgl. Var. XII, 15) fortnna nesciret. . . oblectat nos actus
praefectorae (vgl. Var. IX, 24) recolere etc. . . patriciatus tibi apicem iusta
remuneratione conferimus. Der Schriftsteller selbst (Senator, vgl. den Bi-
schof Senator bei Ennod. carm. II, 87) wurde primaevus unter Theoderich
quaestor, dann magister officiorum, 514 Consul (Chronik ad a.: Senator
V. c. cons. me console etc.), bei Athalarichs Begierungsantritt noch ma-
' gieter, sed impleyit quaestoris officium (Var. IX, 25 ygl. I. praef.: frequenter
quaesturae vicibus ingravato), schützte und verwaltete eine Zeit lang die
1100 Die Kaiserzeit. Secbstes Jahrhundert.
Küstenprovinzen (Var. IX^ 25), und wurde J. 534 pracf. praet. (Var. IX, 25).
Vgl. Var. I praef.: praefectum te praeiorianae aedis omnea novcrunt IX,
25: cumulavimus (Athalarich) bcneficii» nostris copiosumvirtutibus, divitom
moiibus, pleniim niagnis honoribus Senatorem. Viermal war er Prafect,
vier Königen hat er in mindestens 40 Jahren gedient. Wahrscheinlich
nach dem Sturze des Vitigis (J. 540) zog er sich in das von ihm gestiftete
Kloster Vivarium in Bruttien zurück, verfasste hier seine theologischen und
allgemeinen Schriften und starb ums J. 575. Vgl. A. 2. R. Köpke, deutsche
Forschungen S. 85—89.
2. Die 6chrift«tellerische Thätigkeit des C. zerf^lt in zwei Hälften:
eine historisch politische (Reden, Chronik, Goth. bist, und Variae) während
seiner Amtszeit, und eine theologisch-grammatische seit der Zurückziehung
nach Vivarium. Vgl. Var. I pracf.: dixisti ad commendationem universit^tis
frequenter reginis (bes. Amalasuntha) ac regibus (bes. Theoderich, Var. IX,
25) laudes (die Üeberreste bei C. Baudi di Vesme, frammenti di orazioni
panegiriche di Magno Aur. Cass. Senatore raccolti, in den Memorie der
Tnriner Akademie VIII. p. 169 ff.V duodecim libris Gothorum historiam
defloratis prosperitatibus condidisti (s. A. 4). Die schon vorher (J. 519)
verfasste Chronik (s. A. 8) wird als nicht politische Arbeit übergangen.
Schriften aus der Klostcrzeit aufgezählt de orthogr. praef.: post commenta
psalterii, ubi praest-ante domino conversionis meae (Ucbertritt zum Mönchs-
leben) tempore primum studium laboris impendi; deinde post institutiones
quemadmodum divinae et humanae debeant intellegi lectiones, duobus libris
. . sufficientcr irapletis; . . post expositionem epistolae quae scribitur ad
Romanos, undc pelagianae haereseos pravitates amovi; . . post codicem in
quo artes Donati cum commentis suis et libnim de etymologiis et alium
librum Sacerdotis de schematibus dom. praest. collegi; . . post libnim
quoque titulorum, quem de divina scriptura coUectum Memorialem volui
nuncupari; . . post complexiones in epistolis apostolorum et Actibus apo-
stolorum et apocalypsi, quas brevissimas explanationes decursas ad aman-
tissimos orthographos discutiendos anno aetatis meae nonagesimo tertio
(etwa J. 572) perveni. Der in seinen Werken stehende computns pa-
schalis, eine Anweisung die Daten des christlichen Kalenders zu berech-
nen, verfasst J. 562, ist hier nicht aufgezählt, schwerlich weil er erst nach
dem 93'*«" Lebensjahre ausgearbeitet wurde, vielmehr weil er nicht von
Cass. selbst herrührt, sondern einem Abschreiber seiner Chronik ; s. Momm-
sen, Cassiodor S. 572.
3. Chronica M. A. C. Senatoris, v. c. et inl., ex qnaestore sacri
palatii, ex cons. ord., ex mag. off., praef. po. atque patricii. Verfasst auf
Veranlassung Eutharichs, des Schwiegersohnes von Theoderich. Von Adam
bis in Eutharichs Consulat, J. 519, werden 5271 Jahre gerechnet. Die ersten
5 Epochen (von Adam bis zu den primi consules) sind ex chronicis Eusebii-
Hieronymi. Die sechste, a Bnito et Tarquinio usque ad consulMutn ve-
strum, 1031 Jahre, das längste aus dem Alterthum überlieferte Consulnver-
zeichniss. Der ältere Theil, bis J. 31 n. Chr., ex Tito Livio (wohl im Abriss)
et Aufidio Basso, gibt den Coss. immer zwei Namen, der spätere (aus der
Ostertafel des Victorius Aquit.) nur einen einzigen. Die Xviri und Kriegs-
475. CasBiodorus Senator. 1101
tribnnen werden weggelassen und dafQr auf das Xyirat 40 Jahre (statt 3)
gerechnet. Die Jahrtafel der Kaiberzeit sammt den beigefügten historischen
Notizen ist geschöpft aus der des Hieronyraus, weiterhin der nach Kaisern
abgetheilten Consulnlisto des Prosper. J. 455 — 495 stammt wahrscheinlich
aus der ravennatischen Chronik in ihrer ursprunglichen Vollständigkeit.
Von 496 an scheint Cass. ans eigener Kunde, jedoch in dürftigster Hof-
BchreiberauBwahl, die gleichzeitigen Ereignisse aufgezeichnet zu haben. Die
Fehler sind zahlreich und zum Theil stark. Die Ueberliefemng wird vielfach
parteiisch zurecht gelegt. Bemerkenswerth sind die auf gothische Verhalt-
nisse bezüglichen Znsätze. Mommsen, Abhandl. d. sächs. Ges. d. Wiss.
VIII (philol.-hist. a. 111), Leipzig 1861, S. 549 — 570. Heber die Hand-
schriften der Chronik ebd. S. 571 — 588. Die Ausgaben (in den Werken
des Cass. und den Sammlungen der Chroniken) bieten im Ganzen den Text
des Sichardus in der Bearbeitung des Panvinius; kritische Ausgabe von
Mommsen a. a. 0. S. 589 — 659.
4. Cassiod. lässt über sich den Athalarich J. 533 sagen (Var. IX, 25):
tetendit se etiam in antiquam prosapiem nostram, lectione discens quod
vix maiomxn notitia cana retinebat. iste reges Gothorum . . latibulo ye-
tustatis ednxit, iste Amalos cum generis sui claritate restituit, evidenter
ostendens in XVII •" progeniem stirpem nos habere regalem. origincm
gothicam historiam fecit esse romanam, colligens . . quod per libroruni
campos passim fuerat ante dispersum. Vgl. A. 2. Var. XII, 20: in historia
nostra . . retulimus. Jordan. Get. praef. : XII Senatoris volumiua de originc
actibusque Getarum ab olim usque nunc per generationes regesque de-
scendentia. Bei dem Tode des Athalarich (2 Oct. 534) scheint Cass. sein
Werk abgebrochen zu haben, welches schon J. 533 dem Könige wohl in der
Hauptsache vollendet vorlag und etwa J. 535 herausgegeben wurde. Be-
nützung des Orosius (Köpke, deutsche Forschungen S. 71), Trogus, Am-
mianus und griechischer Schriftsteller (Köpke S. 79—82); auch der gothi-
schen Ueberliefemng und Heldensage (ebd. S. 84 f. vgl. S. 89 — 93). H.
V. Sybel, de fontibus Jord. p. 12 ff. Der Auszug des Jordanis (unten 477,
2 f.) verschuldete wohl den Untergang des Originalwerkes.
5. Var. I praef.: dicta(ta) moa quae in honoribns saepe positus pro
explicanda negotiorum qualitate profuderam in unum corpus redigere sua-
debant (diserti). . . ideo quod in quaesturae, magisterii ac praefecturao
dignitatibus a me dictatmn in diversis publicis actibus potui reperire bis-
sena librorum ordinatione composui. . . cunctarum dignitatum sexto et
VII« libris formulas comprehendi. . . librorum vero titulum . . Varia-
rum nomine praenotavi, quia necesse nobis fnit stiluni non nnnni sumere
qni personas varias suscepimus admonere. . . huc accedit quod modo
regibus, modo potcstatibus aulicis, modo loqui videamur humillimis, . . ut
merito Variarum dicatur quod tanta diversitate conficitur. Die ersten
5 Bücher enthalten die Schreiben und Erlasse unter Theoderich, B. VIII —
X die im Namen des Athalarich, Theodat und Wittiges; B. XI und XII
die Correspondenz und Verfügungen aus der Zeit da Cass. praef. praet. war.
Spatestes Datum (und Zeit der Herausgabe) J. 538 (Var. XII, 16). Theil-
weise Umarbeitung für die Veröffentlichung vermutet C. Schirren, de ratione
1102 t)ie Raiserseit. Sechatps Jahrhandert
p. 69. L. TrosB , in Cass. Varr. libroB sex priores symbolae criticae,
Hamm 1853.
6. Cassiod. de anima praef.: cum iam BUBcej)ii operis optato fine
gauderem meque XII yolumiuibus (Variamm) iactatum quietis portus ex-
ciperet, . . amicorum me suave colle^um in salam rursas cogitationia re-
pressit, postulans ut aliqua qaae tarn in sacris libris qnam in saecnlaribus
abstnisa compereram de animae substantia vel de eins yirtutibns aperi-
rem. Diess geschieht denn in den beliebten (s. A. 12) zwölf Abscbnittexi.
Vgl. c: 19: clausimus itaque nostrum munusculum numero dnodenario, qui
coelos signorum diversitate decoravit etc. Quellen werden nicht genannt.
Schluäs von erbaulichem Charakter.
7. Cassiod. de inst. div. litt. (=> divin. lect.) I praef.: cnm studia
saecularium litteramm magno desiderio fervere cognoscerem, . . grayissimo
eum dolore permotus quod scripturis divinis magistri public! deessent.
. . nisus sum cum beat. Agapeto urbis Romae episcopo (J. 535 — 536) ut . .
Gollatis expensis in urbe romana professos doctores scholae aeciperent chri-
stianae. . . sed cum propter bella ferventia et turbulenta nimis in italico
regno certamina desiderium meum nullatenus valuisset impleri, . . ad hoc
divina caritate probor esse compulsus ut ad vicem naagiatri introductorios
vobis libros istos . . confecerim, per quos . . et scripturarum divinamm
series et saecularium litterarum compendiosa notitia . . pande^etur. . . in
quibus non propriam doctrinam, sed priscorum dicta commendo. . . nos
potius latinos scriptores . . sectamur, ut quoniam Italis scribimus romanos
quoque expositores commodissime indicasse videamur. Buch II (c 24 ff.)
behandelt kurz auch die weltliche Literatur; c. 28 z. B. ermahnt zum Stu-
dium der scriptores rei rusticae: invitat siquidem vos locus Vivaxiensis
monasterii ad multa p^regrinis et egentibus praeparanda, quando habetis
hortos irriguos et piscosi amnis Pellenae fluenta yicina. Schluss wieder
mit einem Gebet.
8. Vorwort der Encyclopädie: Superior über (s. A. 7) domino prae-
staute completus institutionem divinarum continet lectionum. hie XXXIII
titulis noBcitur comprehensus. qui numerus aetati dominicae probatur ad-
commoduB etc. nunc tempus est ut aliis septem titulis saecularium le-
ctio'^um praesentis libri textum percurrere debeamus; qui tarnen calculus
per septimanas sibimet succedentes . . usque ad totius orbis finem semper
extenditur. Am ausfiLhrlichsten wird die Dialektik behandelt.- Unterschrift
des cod. Bamberg, saec. YIII: Cassiodori Senatoris institutionum div. et
human, rerum libri II expl. fei. Codex archetypus ad cuius exemplaria
sunt reliqui corrigendi. Vgl. A. Mai, class. auctt III. p. 350 ff. Der die
Rhetorik betreffende Theil ist am besten gedruckt bei Halm, rhetores latt.
min. p. 495—500. Die in jüngeren Hdss, vorausgehenden 80 kurzen Capp.
(bei Halm p. 501 — 504) sind eine Blumenlese TOn Aussprüchen bes. des
Quintilian die mit dem Werke des Cass. nichts zu thun hat; s. Halm 1. 1.
p. xn f.
9. Das schon divin. lect. praef. u. c. 30 (vgl. Hagen, Anecd. Helv.
p. CXLI— CXLIII) bethatigte Interesse für Orthographie führte zuletzt
475. Caseiodorns. 1103
(s. A. 2) auch noch zu einer eigenen Schrift darüber: XII anctoram opuscala
deducirnns in medium, quae ab illis breviter et copiose dicta sunt (praef.),
bei Putsche p. 2275 — 2822. Sie ist gerichtet an einen Aemilius amicus und
bildete einen Anhang zur Enoyclopädie; s. praef.: iam tempuB eat ut totius
operis nostri conclusionem facere debeamus, ut melius in animo recondantur
quae septenaria condnsione distincta sunt. Die obligate Zwölfzahl der
auctores entsteht dadurch dass Adamantius Martyrius oder vielmehr Ada-
mantius und sein Sohn Martyrius, Verfasser einer Schrift über B und V
(Brambach, lat. Orthogr. S. 54) vierfach gezählt wird (5 — 8), Caesellius
Yindex doppelt (10. 11); die übrigen sind Annaeus Cornutus, Yelius Longus,
Curtius Yalerianus, Papirianus, Eutyches und Priscianus. Dazu Auctores
anonymi de orthographia lY bei H. Hagen, Anecd. Helvet. p. 291 — 301
vgl. p. CXXXY— c:^L.
10. Nur Herausgeber war Cassiod. bei der lateinischen Bearbeitung
der Kirchengeschiohte von Theodoret, Sozomenos und Sokrates (Tripartita):
quos nofi per Epiphanium scholasticum latino condentes eloquio necessarium
duximufi eorum dicta deflorata in unius stüi tractum deo iuvante perducere
,et de tribna auctoribus unam facere dictionem (praef.). Ygl. divin. lect. 17:
quos a viro Epiphanio disertissimo in uno corpore XII libris fecimus deo
auxiliante transferri. Es ist eine Art Synopse der drei Schriftsteller, gleich-
falls vertheilt per XII libros (praef.).
11. Der unendlich wortreiche Commentar zu den Psalmen (bei Migne
LXX. p. 9 — 1056) beginnt: repulsis aliquando in Ravennate urbe sollicitu-
dinibus dignitatum . . cum psalterii caelestis animarum mella gustassem . .
avidus me perscrutator immersi etc. Da er Yieles nicht verstand, ad Au-
gustini confugi lectionem. Daraus sei das Folgende ein Auszug, quem tarnen
codicem etiam per quinquagenos psaJmbs . . trina sum divisione partitus,
ut claritas litterae senioribus oculis se pulchrius aperiret etc. Das Schluss-
wort beginnt: explicitus est decorus et mirabilis ordo psalmorum, numero
quidem myst/co terminatus etc. Am Schlüsse der praef. zu den complexio-
nes in epist. apost.: Cass. Sei!iatoris, ia^ domino praestante conversi^
explicit praefatio.
12. Cassiod. Yar. IX, 25 über Cass.: nnmquid . . aliqua ^e elatione
iactavit . .? . . benevolus cunctis, moderatus in prosperis, ignorans nisi
graviter laocssitus irasci. qui cum iustitia sit rigidus ad remissiones irarum
non perdurat austerus; suarum rerum distributor egregius et dum nescit
aliena quaerere novit propria largus offerre. Als Schriftsteller hat Cass.
seine weithin kenntlichen Eigenthümlichkeiten, seine unermüdlich wieder-
kehrenden Wendungen (bes. von frommer Färbung), seine Zahlenmystik
(bes. mit der Zahl 12, 7 und 3; vgl. Anm. 5. 6. 8. 9. 10. 11), durch die er
dem Aberglauben seiner Zeit seinen Zoll entrichtet. Seine Bücherl^enntniss
ist für seine Zeit ungewöhnlich und erstreckt sich auch auf das Griechische,
wiewohl er sich hier lieber lat. Uebersetzungen bedient; s. lect. divin. 17
u. A. 10. unter den römischen Dichtem ist ihm auch Horaz geläufig; s.
Yar. I praef. A. Olleris, Cassiodore conservateur des livres de Vantiquit<;
latinCy Paris 1841.
1 104 Öie Kaiser zeit. Secli'ates Jahrhundert.
13. Ausgaben seiner Werke. Cum notia Fornerii, Paris. 1684. 4. Ex
fide ni88. anctiora et locnpletiora, Genevae 1666. 1663. 4. Studio Jo. Ga*
retii cum notia, Rothomag. 1679. Yenet. 1729. 2 Voll, fol.; wieder abge-
druckt in Migne's patrol. LXIX und LXX, vermehrt durch die complexiones
in epistolas Pauli, quas ed. et an not. Scipio Maffeins.
14. Vita Cassiodori in Garet's Ausgabe. Manso, Gesch. des ostgoth.
Reichs (1824) S. 85—92. 332—341. A. Thijm, jets over . . Casaiodorus en
zijne eeuw, Amsterdam 1858. 152 S. A. Thorbecke, Cass. Senator, ein Bei-
trag zur Gesch. d. Völkerwanderung, Heidelberg 1867. A. Franz, M. A.
Cassiodorius Senator, ein Beitrag zur Gesch. der theolog. Literatur, Breslau
1872. 137 S.
452 476. Vor und nach Cassiodor verfassten Chroniken Mar-
cellinus Comes für die Jahre 379 — 534 (566), mit ausschliess-
licher Berücksichtigung der Ereignisse im oströmischen Reiche;
sowie der afrikanische Bischof Victor von Tunnuna, vom Anbe-
ginn bis J. 566, wovon aber nur der letzte Theil, vom J. 444 an,
erhalten ist, als Fortsetzung des Werkes von Prosper und vor-
zugsweise auf Afrika berechnet. Gleichfalls Fortsetzer der Chro-
nik des Prosper sind der Bischof Marius von Avenches, für die
Jahre 455 — 581, und der Abt Johannes Biclariensis für seine
Zeit, J. 565—590.
1. Cassiod. div. lect. 17: Marcellinus quattuor libroa de temporum
qualitate et positionibus locorum pulcherrima proprietate conficiens. . . chro-
nica vero . . Bcripsit graeco Eusebius, qaeiu transtulit Hieronymus in lati-
mim. . . hunc Bubsecutus est suprascriptus Marcellinas lUyricianus, qui ad-
huc patricii Instiniani fertur rexisse cancellos, sed meliore condicione de-
votus a tempore Theodosii principis usqiie ad fores (Garet: finem, J. 566)
imperii triumphalis Aug. lustiniani opus suum domino iuvante perdoxit.
Marcell. chron. praef.: ego simplici dnmtaxat coraputatione Orientale tan-
tum secutuB imperium per indictione« perque consules infra scriptos CXL
annos, . .-a consulatu Ausonii et Olybrii (J. 379) . . enumerans et usque
in consulatum Magni (J. 51 B) . . colligens eorumdem auctorum (Eusebius-
Hieronymus) operi subrogavi. itemqae alioB XVI annos, a cop^atu lostiui
Aug. primo (J. 619) usque in consulatum lustiniani Aug. quartum (J. 534),
suffeci. id sunt simul anni GL VI, et meum rusticum opus supposui. Das
erhaltene Werk aber reicht durch Bpätere Fortsetzungen (die erste, bis 547,
vielleicht von einem fränkischen Verfasser) bis zum J. 558, in blosen Da-
tumsangaben (ohne Ereignisse) bis J. 566. Jordanis hattß wohl eine Re-
däction vor sich die nur bis 547 reichte; v. Sybel, fönt. lord. p. 32. Auf-
schrift: Marcellini comitis y. c. chrouicon.
2. Ausgaben des Marc, von J. Sirmond (Paris 1619 »»Opera II, Paris
169C, p. 309 ff. Venet. 1728, p. 269 ff.), bei Roncalli (vetust. latt. scr. chro-
nica) TT. p. 266 ff.; in Gallandi bibl. patr. X =» Migne's Patrol. LI. p. 917
—948.
476. MareelliDiis u. a. OhrouiBted« llOf)
3. Isid. ilL 38 (ecript. eccl. 25): Victor Tunnunensis ecclesiae afri-
canae episcopus a principio mundi ueque ad primum lustini iunioris Im-
perium (J. 566) brevem per consules annuos bellicarum, ecclesiasticarum
renim nobilisaimam promulgavit historiam. Er habe im Dreicapitelstreit
eine Bolle gespielt und sei daher von Justinian in ein klGeterlicheB Gefäng-
niss gesteckt worden, zuerst in Aegypten, dann in Constantinopel, und
hier gestorben (J. 569). Vgl. Victor ad a. 555. 556. Isid. chron. p. 410
Rone. : Victor Tunnunensis ecclesiae episcopus recensitis praedictorum (Hie-
ronymus und Fortsetzer) historiis gesta sequentinm aetatum usque ad con-
Hulatum lustini iunioris explevit. Dagegen beginnt das Erhaltene: a XVIH
consulatu Theodosii iunioris (J. 444) Victor episc. Tunn. ecclesiae Africae
historiam prosequitur ubi Prosper reliquit. Da aber Vict. fdr J. 444 — 455
nicht niu: in den Thatsachen sondern auch nicht selten in den Worten mit
Prosper vollkommen übereinstimmt, so hat Papencordt, Gesch. d. vandal.
Herrschaft 8. 359—364, vermutet dass Isidors Angabe die richtige sei und
die widersprechende in den Hdss. des Victor von einem Abschreiber her-
rühre welcher Prospers Werk nur in der bis zum J. 444 reichenden Aus-
gabe oder in einer verstümmelten Handschrift besass und dieser jetzt als
Fortsetzung Victor's Darstellung der späteren Zeiten anreihte, mit Weg-
lassung der früheren Theile, von Erschaffung der Welt bis aufs J. 444, die
in Folge dessen verloren giengen.
4. In den J. 444 — 455 hat Vict. die politischen Begebenheiten kürzer,
die kirchlichen weitläufiger behandelt als Prosper. Weiterhin beschäftigen
ihn fast nur die kirchlichen Ereignisse in Africa. Seine Nachrichten dar-
über tragen das Gepräge der Wahrhaftigkeit. Doch herrscht im Chrono-
logischen manchfache Verwirrung. Bandbemerkungen zu seiner Chronik
von unbekanntem Verfasser enthalten einige nicht unwichtige Thatsachen.
Papencordt S. 364 f. Abdruck bei Boncalli II. p. 337 ff., in den patristi-
schen Sammlungen von Galland und von Migne (LXVIII. p. 937—962).
5. Marii Aventicensis (f um 596) chronicon, zuerst herausgegeben
von Chifflet, dann gedruckt in den Sammlungen von Bouquet (Becueil des
bist, de la France II. p. 12 ff.), Boncalli (11. p. 399 ff), sowie von Galland
und von Migne (T. LXXII. p. 793—802). G. Monod (s. 478, 8) p. 147—163.
6. Isid. ill. 31: loannes, Gerundensis ecclesiae episcopus, natione
Gothus provinciae Lusitanae Scallabitanus. Er lernte zu Constantinopel
Lateinisch und Griechisch und septimo demum anno in Hispanias reversus
est. Von den Arianern verfolgt, postea condidit monasterium quod nunc
Biclaro dicitur (daher Joa. Biclarensis). . . addit et in libro chronicorum
ab anno primo lustini iun. principatus usque ad annum octavum Mauritii
principis Bom. et quartum Becaredi regis annum, historico compositoque
sermone. Gedruckt ist diese Chronik in H. Florez Espana sagrada VI
(Madrid 1773) p. 382 ff. 430 ff., in Migne's patrol. LXXII (p. 863—870) u.
sonst. Aus der praef. : post Eusebium , . . Hieronymum , . . nee non et
Prosperum . . atque Victorem Tunn. eccl. afr. episc. . . nos . . quae tem-
poribus nostvis acta sunt, ex parte quod oculata fide pervidimus et ex parte
quae ex relatu fidelium didiciraus, studuimus ad posteros notescenda brevi
stilo transmittere.
Tkutfzl, R6in. Llteraturgetohichte. 2. Aufl. 70
110(> t)ie Kaiserzeit. Sechstes Jabrhiinclert.
7. Ueber den Anonymus Valesii s. oben 421, 18; über lanuariiis Ne-
potianns oben 274, 10.
453 477. Zwischen J. 551 und 555 schrieb der Gothe Jordan is
die beiden auf uns gekommenen Greschichtswerke de rebus
geticis und de origine mundi (oder de breviatione chronicorum),
letzteres eine ans den gewohnlichsten Hülfsmitteln zusammen-
geschriebene Weltchronik, die Geschichte der Gothen aber wichtig
nach dem Untergange des Originalwerkes von Cassiodor, von
welchem das des Jordanis ein flüchtiger und ungeschickter
Auszug ist.
1. Schreiben des Papsts Vigilius (VerdammungBui'teil gegen Theodoro«
aus Caesarea, im Dreicapitelstreit) vom- 14 August 551 (Migne patr. LXIX.
p. 62): nos . . cum Dacio Mediolanensi, . . atque Jordane Crotonen»,
fratribus et coepiscopis nostris, . . decemimus. Ob dieser Jord. selbst in
Constantinopel anwesend war oder seine Beitrittserklärung schriftlich einsandte
ist nicht zu entscheiden. Bischof heisst Jord. sonst nicht; vielleicht ist er
daher eher der in dem Schreiben des Pelagius (Nachfolger yon Vigilius)
vom 15 Febr. 556 (directam a vobis relationem, defensore ecclesiae nostrae
Jordane deferente, suscipientes etc.) genannte. Köpke S. 58 — 60. Jord. get.
60: Scyri . . et ceteri Alanorum cum duce sud nomine Candax Scythiam
minorem inferioremqne Moesiam accepere. cuius Candacis Alanowamiithis
patris mei genitor Peria, i. e. mens avus, notarins . . fuit etc. ego item,
quamvis agrammatus, Jordanis ante conversionem meam notarius üii.
Auch Geogr. Rav. nennt ihn Jordanus oder Jordanis. Erst Peutinger und
Rhenanus haben (aus ihrer Hds.?) den Namen Jomandes aufgenommen,
für welchen spricht J. Grimm, kleinere Schriften III. S. 171 — 179. 234.
2. Aufschrift Jordanis de rebus geticis oder de Get ar um s. Gotho-
rum origine et rebus gestis (vgl. A. 5). Aus dem Vorwort, welches fast
wörtlich abgeschrieben ist aus Rufin's Vorwort zu seiner Uebersetznng von
Origenes' Commentar zum Römerbrief (v. Sybel, vgl. Eöpke S. 65 — 67):
me, . . frater Castali, lazare vela compellis relictoque opusculo quod intra
manus habeO, i. e. de breviatione (Var. : abbrev.) chronicorum, suades nt
nostris verbis XII Senatoris volumina de origine actibusque Getarum ab
olim usque nunc per generationes regesque descendentia in uno et hoe
parvo libello coart-em. dura satis imperia etc. super omne autem pondus
quod nee facultas eorundem librorum nobis datur, quatenus eius sensu i
inserviamuB. sed, ut non mentiar, ad triduanam lectionem dispensatoris
cius beneficio libros ipsos antehac legi, quonim quamvis non verba recolo
sensus tarnen et res actas credo me integre tenere. ad quos nonnuUa ex
historiis graecis ac latinis addidi convenientia, initium finemque et plura
in medio mea dictione permiscens. Das initium ist übrigens aus Orosiiis
und irgend einer Eosmographie. Schluss: haec qui legis scito me maiomm
secutum scripta ex eorum spatiosis pratis paucos fiores collegisse, unde
inquirenti pro captu ingenii mei coronam coniexam. nee me quis in fa-
4^7. Jordams. 1107
vöretii gentls praedictae, quasi ex ipsa trabentem origiuem, aliqua addi-
disse credat quam quae legi aut comperi. nee sie tarnen cnneta quae de
ipsis Bcribuntar aut referuntur complexns snm etc. Abfassung J. 652; s.
c. 14 (Amalomm regnum destructum est, unter Totila und Teja, frühestens
Oct. 552). 19 (pestilens morbus . . ut nos ante.bos novem annos, nämlich
543 in Italien, experti sumus). 58 (Agil, contra quem Athanagildus insur-
gens . . ubi et Liberius etc.). Köpke S. 55 — 57. Vgl. A. 5.
3. Dass die Schrift des J. im Wesentlichen nichts ist als ein Auszug
aus dem Werke Gassiodor's hat zuerst S. Gassei ausgesprochen (magyar.
Alterth. S. 299), darauf G. Schirren (de ratione quae inter J. et Gassiod.
intercedat commentatio, Dorpat 1858. 94 pp.) aus sprachlichen Gründen,
B. Eöpke aber (Deutsche Forschungen, Berlin 1859, S. 50-— 79) ans sach-
lichen erwiesen. Vgl. A. v. Gutschmid in Fleckeisens Jahrbb. 85, S. 124
— 151. Die gelehrten Gitate mit denen J. prunkt sind fast alle dem Gass.
nachgeschrieben; er selber spricht (c. 9) von Dio historicus qui operi suo
Getica titulum dedit (Verwechslung mit Dio Ghrysostomus, J. Grimm S.
189). Seinen Auszug aus G. verbrämte J. mit buntscheckigen Bandbemer-
kungen (Köpke S. 74—76). Neben G. benützte er etwa Mela, Orosius und
bes. Marcellinus Gomes, Letzteren ohne ihn zu nennen (Eöpke S. 52. 61.
63). Die manchfachen groben Irrthümer kommen wohl auf die Bechnung
des J. Das flüchtige Machwerk ist zusammengesetzt aus vereinzelten Bruch-
stücken und breit ausgeführten oder nur angedeuteten Episoden, voll lä-
stiger Wiederholungen und doch reich an Lücken, voll falscher Verbin-
dungen und willkürlicher Ereuz- und Quersprünge. Am Schlüsse hat J.
vergessen was er zu Anfang angekündigt hatte und ein ander Mal verweist
er auf frühere Angaben die er nicht gemacht hat. Im Ganzen ist seine
Schrift eine rohe und verworrene Masse, im Einzelnen wichtig als Stoff
und wo die ursprüngliche Farbe nicht ganz verwischt ist selbst anziehend
(Eöpke S. 72). Heil und R<ettung für die Beste seines Volkes erkennt er
nur im Anschluss an Bom, das durch göttlichen Bathschluss zur Weltheir-
schaft berufen ist (Eöpke S. 77).
4. Sonderausgabe der Schrift von G. A. Gloss (recogn., adn. cri^.
instr., Stuttgart 1861). c. 1—3 ed. G. Stahlberg, Hagen 1859. 24 pp. 4.
Eritische Ausg. für die Pertz'schen Monumenta Germ, längst angekündigt.
5. Aus dem Vorwort der breviatio (oder de regnorum ac temporum
successione). Vigilantiae vestrae, nobilissime frater Vigili (der Papst J.
537 — 555, s. A. 1), gratias refero quod me perlongo tempore dormientem
vestris tandem interrogationibus excitastis. . . vis enim praesentis mundi
cognoscere aerumnas. addis praeterea ut tibi quomodo resp. coepit et
tenuit totumque paene mundum subegit . . ex dictis maiorum • flosculos
carpens breviter referam, vel etiam quomodo regnum a Bomulo . . in Aug.
venerit lustinianum, quamvis simpliciter, meo tamen pandam eloquio. . . quo-
quo modo valuimus late sparsa coUegimus et prius ab auctoritate divinarum
scripturarum . . incohantes . . devenimus ad regnum Nini etc. . . in XXIV ^
anno lustiniani imp. (April 550 — 551; vgl. p. 240), quamvis breviter, uno
tamen in tuo nomine, et hoc parvissimo libello confeci, iungens ei aliud
Volumen de origine actuque geticae gentis, quod iam dudum communi
70*
1108 Die KaiBerzeit. Sechstes Jahrb ändert.
amico Castalio edidissem etc. Vgl. A. 2. J. 550 oder Anfangs 551 hatte
J. die brev. etwa bis J. 539 (Ebde des Vitiges) geführt, da kam die Anf-
forderung des Castalius (A. 2); 552 vollendete er die gothische Geschichte
nnd führte auch diese bis J. 539; dann kehrte er zu seiner Chronik zurück
und fügte ihr Nachtr&ge bis 551 hinEu. 7 Juni 555 starb Vigilius. Köpke
S. 57 f. vgl S. 53—55.
6. Auf einen Auszug aus Hieronymus chron. (und dessen Quellen
Florus, Eutrop. und Sext. Bufus) Iftsst die brev. Einiges aus Orosius folgen
und schliesst wieder mit Marcellinus, der bis J. 547 ausgiebig benützt wird
(s. oben 476, 1 E.). Unbefangen hat er öfters Nachrichten des Eutrop und
Orosius in den Hieronymus hineingearbeitet, ohne zu bemerken dass dieser
selbst den Eutrop, und Orosius den Eutr. und Hier, benützt hatte (Köpke
S. 52 f.). Wörtliche Uebereinstimmungen mit Get., aber auch Abweichun-
gen (aus Cassiodor); s. Köpke 8. 60 — 63. Sonderausgabe von Fr. Linden-
brog, Hamburg 1611. 4.
7. Gesammtausgaben in GareVs Cassiodor, Gruter's bist. aug. script.
latt. min., Hanau 1611 fol., und in Muratori's Script, rer. ital. I.
8. Papencordt, vandal. Herrschaft S. 383 — 388. S. Freudensprung,
de lornando eiusque libr. natalibus, Münster 1837. 4. H. v. Sybel, de fon-
tibus libri lordani de or. act. Get., Berlin 1838. 45 pp. J. Jordan, Jorda-
nes' Leben und Schriften, Ansbach 1843. 28 S. 4. Hansen in Panly's Real-
Enc. IV. S. 241 f. J. Grimm, über Jörn, und die Geten, Abhandl. d. Berl.
Ak. vom J. 1846 «^ kleinere Schriften III (Berlin 1866). S. 171 — 235. J.
Stahlberg, Beiti^e zur Gesch. der deutschen Historiographie im Mittel-
alter; I. Jomandes; Mülheim a. R. 1854. 24 S. 4. R. Köpke u. A. (s. A. 3).
W. Wattenbach, Deutschlands Geschieh t«quellen * S. 55—60.
454 478. Specialgeschichten verfassten auch der Brite Gildas
(Sapiens) aus Bath und der Auvergnate Gregorius, Bischof von
Tours. Gildas (um 493 — 573) schilderte die Leiden seines Hei-
, matlandes seit der Landung der Sachsen^ in dem über querolus
de cälamitate^ excidio et conquestu Britanniae; Gregorius von
Tours (um 540 — 594) verfasste neben wunderhaften Heiligen-
geschichten und andern theologischen Schriften besonders zehn
Bücher fränkischer Geschichte, mit Wahrheitsliebe und nicht
ohne Kritik; aber mit den Vorurteilen und Beschränktheiten
seiner Zeit und in zerrissener, unbehülflicher Darstellung.
1. Gildas I, 26: usque ad annum obsessionis Badonici montis (J. 449\
. . quiqne quadragesimus quartus oritur annus, mense iam primo ernenne,
qui iam et meae nativitatis est. J. 449 -|- 44 ss 493. Praefatio : in hoc
libro quidquid deflendo potius quam declamando . . fuero prosecutus . .
non tarn fortissimorum militum enuntiare trucis belli pericula mihi statu-
tum est quam desidipsonim. silui . . spatio bilustri temporis vel eo am-
plins praetereuntis. . . amicig imperantibns ut qualemcunque gentis bri-
478. Gildas. Gregorius Turon. 1109
tanuicae historiolam sive admonitiuucalam scriberem. . . nunc persolvo
debitum multo tempore antea exactum, vile quidem stilo, sed fidele (ut,
puto) et amicale quibusque egregiis chrietianis ete. Abfaseung nach J. 543.
Die erste Hälfte (Hietoria) gibt in 26 Gapp. eine Geschichtserzählnng, die
zweite (Epistola) reiht daran increpationes zuerst gegen die reges patriae
(Constantinus, Aurelins Gonanns, Yortiporius, Guneglassus, Maglocunns), non
minus prophetarom oraculis (alttestamentliche Gitate) quam nostris sermo-
lübuB (11, 18), dann (pars III) auch gegen die Geistlichkeit. Der Ton int
eifernd, die Sprache aber besonders wegen der schleppenden unorganischen
Perioden schwer verständlich.
2. Ausgaben des Gildas in Tb. Gale's bist. brit. scriptores XV (Ox-
ford 1691 fol.), in G. Bertrames britann. gentium hist. ant. scriptores III
(Kopenhagen 1759) und in den Monumenta historica britannica (London
1848. fol.) I. In Migne's patrol. LXIX (p. 328—391) aus Gallandi bibl. patr.
3. Gregorius (ursprünglich Georgius Florentius), aus einem adligen
Geschlechte der Auvergne (Venant. Fort. VIII, 21, 3 ff.), geboren zwischen
539 und 543, Bischof von Tours 573, gestorben 17 November 594. Die vita
desselben (von Odo) hat wenig Werth. Greg. hist. Fr. IV, 1: veniam pre-
cor si aut in litteris ant in syllabis grammaticam artem excessero, de qua
adplene non sum imbutus. Vgl. de glor. confess. praef. u. vitae patr. pr.:
non me artis grammaticae studium imbuit neque auctoriuu saecularium
polita lectio erudivit. Zwar zeigt er Bekanntschaft mit Sallust, Vergil,
Plinius, Gellius, Frudentius, Orosius, Sidonius; doch ist seine Eenntniss der
alten Geschichte und der Geographie dürftig. Kries, de Gr. Tur. episc.
vita et scriptis, Breslau 1839. J. W. Löbell, Gregor von Tours und seine
Zeit (Bresl. 1839; zweite verm. Ausg. Leipzig 1869), S. 5—12.
4. Greg. hist. Franc. X, 31, 19: decem libros Historiarum, VII Mira-
culorum (1. de miraculis domiui ac s. apostolorum reliquorumque martyrum.
2. de virtntibus s. luliani martyris. 3 — 6. de virtutibus s. Martini. 7. de
quorundam feliciosorum vita = vitae patrum; vgl. de glor. conf. praef.),
unum De vitis patrum scripsi; in psalteriis tractatum librum unum com<
mentatus sum; De cursibus etiam ecclesiasticis unum librum condidi (s. A.
7). quos libros licet stilo rusticiori conscripserim , tarnen coniuro omnes
Bacerdotes domini . . ut numquam libros hos abolere faciatis aut rescribi
quasi quaedam legentes et quasi quaedam praetermittentes. De gloria
confessorum gibt sich (pra«f.) selbst als achtes Buch de miraculis. Diese
Werke schrieb Gr. nicht nach einander, sondern abwechselnd; mit der
Heüigengeschichte war er sein Leben lang beschäftigt (etwa 575 — 594) und
daneben schrieb er an seiner fränkischen Geschichte, die bis zur Mitte von
B. V um 577 entsj^nden ist, bis gegen Ende von VIII J. 584 oder 585,
von da bis zum Ende J. 590 oder 591, während der Epilog noch später
hinzugefügt ist. Der Psalmencommentar ist fast ganz verloren. Nicht erhal-
ten sind auch die Hist. Franc. II, 22 (in praefatione libri quem de missis
ab eo — Sidonius — compositis coniunximus) und de glor. mart. I, 95 extr.
(passio eorum, quam Syro quodam interpretante in latinum transtulimu^)
erwähnten Schriften.
1110 Die Eaiserzeit. Sechstes Jahrhanderi.
5. Greg. bist. Franc. I praef.: scripturus bella regum cum geiitibus
adversis, martyrum cum paganis, ecclesiarum cum haereticis, prius fidem
meam proferre cupio, ut qui legerit me non dubitet esse catholicom. . . il-
lud tantum stndens ut quod in ecclesia credi praedicatur sine aliquo fuco
ant cordis haesitatione retineam. Die Kirche in ihren Beziehungen zur
Welt ist der Mittelpunkt der Darstellung; der Standpunkt die Orthodoxie
und Wundergläubigkeit der Zeit. Doch spricht der Verf. mit Freimut
ober die Laster vieler Diener der Kirche und ist überhaupt nicht mit Bc-
wusstaein parteiisch. Der Gesichtskreis ist eng umgrenzt, bes. in Bezug
anf Ausländisches; s. A. 3. Im Allgemeinen herrscht gegenüber von der
Ueberlieferung Sorglosigkeit; bei wichtigen Punkten aber fehlt es nicht
an bedächtiger Prüfung. Löbell * S. 320—364. Wattenbach, Deutschlands
Geschichtsquellen* S. 70 — 75. Greg. v. T. fränkische Geschichte, übersetzt
von W. Wattenbach, Berlin 1851 (Geschichtschr. d. deutschen Vorzeit).
Jungbans, Gesch. d. fränkischen Könige Childerich und Chlodewech S. 161 f.
6. Ausgabe der Werke des Gr. von Th. Ruinart, Paris. 1699 fol., ab-
gedruckt in Migne's patrol. LXXI. Darin sind auch die übrigen Heiligen-
geschichten enthalten die dem Gr. beigelegt werden (z. B. historia septem
dormientium), aber mit unrecht, da das eigene Verzeichniss des Gr. (A. 4)
bis in sein letztes Lebensjahr herabreicht. Vgl. Löbell S. 14 f.
7. Gregorii Tur. episc. liber de cursu stellarum qualiter ad officium
implendum debeat observari, sive de cursibus ecclesiasticis, nunc primuni
(aus einem cod. Bamberg, saec. Ylll) ed. F. Uaase, Breslau 1853. 4. (Ad-
not. p. 29—51.) Der Name des Verf. ist im cod. nicht genannt; Haase hat
aber p. 1 — 3 die Urheberschaft des Gregor (vgl. p. 24: ante pestilenüam
Arvernae regionis »■ bist. Franc. IV, 31; und priusquam Sigibertus rex
obiit ■— bist. Fr. IV, 62) und p. 3—6 die Identität mit der oben A. 4 ab-
gekürzt de curs. (=» officiis) cccl. betitelten Schrift nachgewiesen. Vgl. 483, 6.
8. Literatur über Gr. s. A. 3. A. Jacobs, göographio de Grägoire
de Tours, Paris 1858. 155 pp. A. Lecoy de la Marche, de Tautoritä de
G. de T.; ötude critique sur le texte de Thist. des Francs, Paris 1861 131 pp.
G. Monod, ^tudes critiques sur les sources de Thist. m^roving. I. p. 21 — 146
(Biblioth. de T^cole des hautes ätudes).
479. Aus dem Anfange des sechsten Jahrh. stammt eine
kleine diätetische Schrift, von einem griechischen Arzte Anthi-
mus im gothischen Italien gerichtet an den Frankenkönig
Theuderich, zugleich eine der ältesten Urkunden für den Ueber-
gang des Lateinischen ins Romanische. Gleichfalls für germani-
sche Völker bestimmt waren um dieselbe Zeit verfasste lateini-
sche Bearbeitungen von Schriften des Oribasius.
1. Titel der Schrift: Incipit epistula Anthimi viri inl. comitis et lega-
tarii ad gloriosissimum Theudericum regem Francorum de observatione
ciborum. Diess ist wohl der Arzt Anth. welcher J. 478 in Constantinopel
(unter Zenon) hochverrätberischer Yerbindung mit dem Grothen Theoderich
478 f. Gregorius Turon. AuthiinuB. 1111
Strabon (f 481) bezichtigt und verbannt wurde (Malch. in Eist. gr. min. I.
p. 400 Ddf.). A. wird zu den Gothen geflohen, mit Theoderich d. Gr. 489
nach Italien gezogen und als dessen Gesandter nach J. 611 zu Chlodwigs
Sohn, dem Frankenkönig Theuderich (J. 511—534), gegangen sein. V. Rose
S. 44 ff. Wirklich gibt sich der Verf. des Schriftchens als Griechen und
Arzt zu erkennen, der die Ueberliefeningen griechischer Aerzte auf die er
sich beruft mit allerlei Bemerkungen durchsetzt die sich auf das von ihm
selbst bei den Gothen und Franken Beobachtete beziehen. Vgl. c. 14: de
lardo, unde non est qualiter exire delicias Francorum, tamen qualiter melius
comedatur ad horam expono. . . de crudo vero lardo, qnod solent ut audio
Franci comedere, miror satis quis illis ostendit talem medicinam. 64: fit
etiam de hordeo opus bonum, quod nos graece dicimus alfita, latine vero
polentam, Gothi vero barbarice fenea. 15: cervisa bibendo vel medus
(Meth) vel aloxinum quam maxime omnibus congruum est, quia cervisa
quae bene facta fuerit beneficium praestat et rationem habet sicut tisanae
quam nos facimus. 78 : oxygala graece quod latine vocant melca (Milch).
2. Die Schiifb behandelt 94 Nahrungsmittel, theilweise ganz kurz,
nach ihrer Zuträglichkeit (Verdaulichkeit) oder Schädlichkeit in rohem oder
gekochtem Zustande, darunter auch Speck und Bier (A. 1), und allerlei
Fischarten (c. 39 ff. vgl. Böse S. 53 ff.). Häufig berührt sie sich mit dem
Eochbuche des Apicius (oben 278, 4). Besonders merkwürdig aber ist sie
durch ihr Latein, das die damals wirklich gesprochene und von dem Verf.
auch anf solchem Wege erlernte Sprache uns vorführt. Rose S. 46 ff. 99
—102. So devenire (werden), sera (Abend), de für den Genetiv, ille als
Artikel, caballicare, medietas (Hälfte), sodinga u. A. (Rose S. 46—48. 52 f.
99 — 102). Von dem Beifall den sie unter den Franken fand zeugt die
Zahl der Hdss. und die darin erkennbaren verschiedenen Bearbeitungen
(Rose S. 50—52. 66—62).
3. Text (bes. nach einer St. Galler Hds. saec. IX) bei Val. Rose, Anecd.
gr. et graecolat. IL (Berlin 1870) S. 65—98.
4. Paris. 10233 eine Uncialhds. aus saec. VI oder VII, enthaltend eine
lateinische Uebersetzung der Synopsis (ad Eustathium) von Oribasius. V.
Rose, Anecd. II. S. 116.
5. Aus B. II von Oribasius' EvnoQiata (Synopsis ad Eunapium) ein
Pflanzenverzeichniss (ed. Rasar. II, 1. p. 50—98), in lateinischer und nach
dem lateinischen Alphabet umgeordneter (agnus bis ysopus u. yusquiamus)
Bearbeitung, welche schon Macer Floridus (saec. X) benützte und wovon
in Laon (nr. 424) eine Hds. saec. X; als Apla {äicXa) ürivasii de herbarum
virtutibus, im cod. Sloan. 670 (saec. XH) in London. Als B. IV von Ori-
basii med. de simplicibus libri V herausgeg. durch Jo. Schott, Argentorati
1533 fol. Rose S. 110. 114.
6. Hinter der ed. princeps von Cael. Aurel. tard. (ed. J. Sichavd,
Basel 1529 fol.) unter dem Titel Euporiston libri III Theile der alten lat.
Uebersetzung der beiden (einander sehr ähnlichen) Synopsen des Orib. au
Eustathius und an Eunapius Buch I == ad Eunap. I, 1—17; B. II (de virtut.
simpl. med. ad Eunap.) =» ad Eustath. 11; B. III (de confectione ciborum)
1112 Die KaiBOrzeit. Sechstes Jahrhundert.
SB ad Eunap. II, 18 — 50. B. II (Namenverzeichniaa) p. 257: isatis quam
Gothi vi8dilem'(? Rose S. 117 f.) vocant. Auch einzelne Worte (comma-
laxare) und Wendungen (plus utilissimum , sordes de statuis u. dgl.) er-
innern an AnthimuB und die Üebersetzung des Alex. Trall. (unten 489, 9).
Vgl. Rose S. 116-118.
455 480. Das Bedürfniss die geltenden Kechtsgrundsätze und
Gesetzesbestimmungen übersichtlich zusammenzustellen bestand
gleich sehr im weströmischen wie im oströmischen Reiche. Nur
trat dort hinzu das Verlangen die Stellung der germanischen
Sieger gegenüber von den besiegten Romanen abzugrenzen; und
einen wesentlichen Unterschied begründete auch dass im Osten
Rechtsschulen und geschichtliche Rechtskenntnisse fortbestanden,
im Westen nahezu untergegangen waren. So haben denn die
auf dasselbe Ziel gerichteten Bemühungen in beiden Reichs-
hälften einen sehr verschiedenen Charakter: im Westen einen
kümmerlichen und rohen, wie das edictum Theoderici regis vom
J. 500, bei den Westgothen die lex romana oder breyiarium
Alarici, im burgundischen Reiche der sogen. Papian; während
im Osten durch Justinian das Corpus iuris geschaiFen wurde.
Dieses besteht aus zwei Haupttheilen, dem Juristenrecht (ius
vetus) und dem Kaiserrecht (ius principale), von welchen der
letztere zuerst bearbeitet wurde ( J. 528 f. ; umgeänderte Auflage
J. 534). Hiefür wurde ein Ausschuss niedergesetzt, dessen wich-
tigstes Mitglied Tribonianus (f 545) war. Die Constitutionen
der Kaiser wurden aus den bestehenden Sammlungen und deren
Nachträgen abermals gesichtet, verkürzt und zu den zwölf Bü-
chern des codex lustinianeus vereinigt. Die Ausarbeitung
der Auszüge aus dem ius vetus in 50 Büchern Digesta erfolgte
J. 530 — 533. Auf Grund der neuen Codification wurde gleich-
zeitig ein neues Lehrbuch durch Tribonian, Theophilos und Do-
rotheos ausgearbeitet, die vier Bücher Institution es haupt-
sächlich nach Gajus. Dazu kamen noch nachträgliche Verord-
nungen, Novellae, in drei Privatsammlungen, aus J. 533 bis
gegen das Ende des Jahrb., meist in griechischer Sprache. War
Justinians Beweggrund zu diesen Sammlungen, neben der Sucht
seinen Namen zu verewigen, das despotische Bestreben mecha-
nische Gleichheit herzustellen, Controversen unter den Juristen
abzuschneiden und ein Urteilen der Richter nach eigenem Er-
- messen unmöglich zu machen, so hat er doch dadurch die sonst
dem Untergange verfallenen Schätze der alten Jurisprudenz ge-
480. Lex romana Viaig. und Biirgund. 1113
rettet, durch die Digesta eine geschichtliche Behandlung des
römischen Rechts möglich gemacht und eine Grundlage für alle
spätere Weiterbildung desselben geschaffen.
1. Das Edictom Theodenci regis ist ein Offentliclier Anschlag welchen
Theoderich bei seiner Anwesenheit in Born (J. 600), wohl durch Cassiodor,
anfertigen und aushängen liess. Es enthält 154 Artikel in planloser
Ordnung, geschöpft ex novelUs legibus ac veteris iuris sanctimonia (d. h.
dem cod. Theod. und späteren Novellen, sowie Paul. Sent. und cod. Greg.),
und sollte eine Anleitung für die Rechtsprechung der Militär- und Civil-
Richter bieten. Abgedruckt hinter Pithöus' Gassiodor (Paris. 1579 fol.),
in den Sammlungen von Lindenbrog, Goldast u. A., am besten von G. F.
Rhön, oomm. ad ed. Th. r. Ostrog., Halle 1816. 4. Rudorff, röm. Rechts-
gesch. I. S. 293 f.
2. Für die Westgothen in Gallien und Spanien galt als Gesetz die
von König Eurich (J. 466 — 484) veröffentlichte lex Visigothorum. Dessen
Sohn, Alarich II, setzte J. 506 .einen Ausschuss unter dem Pfalzgrafen Go-
jarich nieder welcher das geltende Recht codificieren sollte^. Dessen Ar-
beit ist die lex romana Visigothorum (zu unterscheiden von dem
nationalen Rechte in den leges Visigoth.), seit 1550 willkürlich auch Bre-
viarium Alarici oder (nach dem die Abschriften beglaubigenden referen-
darius Anianus) Aniani genannt, herausgeg. zuerst von Sichard (an sr. Ausg.
des cod. Theod., Basil. 1528 fol), dann von G. Hänel (ad LXXVI librorum
mss. fidem recogn. etc. Lips. 1849. 4.). Aus dem cod. Theod. sind 398
Constitutionen entnommen, dazu 33 Novellen, aus cod. Greg. 22, H^rmog.
2 Constitutionen, aus Papinian eine Stelle. Gajus ist in verkürzter Fas-
sung aufgenommen; ähnlich Paulus' sententiae. An den meisten Stellen
ist eine Paraphrase oder Interpretation beigefügt. In dieser Gestalt be-
stand das römische Recht während des früheren Mittelalters in einem gros-
sen Theile des Westens fort und wurde selbst wieder in Auszüge gebracht.
Rudorff, röm. Rechtsgesch. I. S. 288—291. 303. G. Hänels praef. (und in
den Berichten der sächs. Ges. d. Wiss. 1866, S. 1 — 18). Dernburg, Gajus
S. 119 ff. E. de Rozi^re, formules Yisigothiques iui^dites, Paris 1854. 4.
J. G. 0. Biedenweg, comm. ad formulas visigoth. novissime repertas,
Beriin 1856.
3. Lex Burgundion um vom J. 472 (unter König Gnndobald, vgl.
Binding, burgundisch-romanische Könige ,*S. 70 ff.), verändert J. 617 (unter
König Sigismund), auch Gandobada genannt. Für die Anwendung des
burgundischen oder römischen Rechtes eine schriftliche Instruction, Forma
et expositio legum conscripta, in 47 Titeln, geordnet nach den Titeln der
Gundobada und geschöpft aus den burgundischen Gesetzen, dem codex
Greg., Hermog. und Theodos. nebst den Novellen dazu, dann aus dem
uichtepitomierten Gajus und Paulus. Zweifelhaft ist das Yerhältniss zum
breviar. AI. (A. 2), an welches das Werk in vielen Hdss. angehängt ist.
In diesen ist es für den Text zur letzten Rubrik angesehen und daher be-
titelt Papiani liber primus responsorum. Auch Auszüge des Werks sind
erhalten. Ausgaben von Cuiacius (1666. 1586 fol.), Schulting (iurispr. 1717.
1114 Die Kaiserzeit. Sechstee Jahrhundert.
1737. 4. 1744), J. C. Amaduzzi (Rom. 1767 fol.), F. A. Bieuer (ius civ.
antei. p. 1501—1541), F. A. Barkow (lex rom. Burg. 1846), F. Bluhme (iu
Pertz Monum. Germ., Leges III. 1868. p. 497 if.). Rudorff, röm. Rechts-
gesch. I. S. 291 — 293. F. Bluhme, über den burgundischen Papianns, iu
Bekker und Muther's Jahrb. d. gem. d. Rechts II (1858), und in H. v.
SybeFs histor. Ztschr. 1869, S. 234 ff.
4. Const. lust. de novo Codice faciendo vom 13 Febr. 528: Haec
quae necessario corrigenda esse multis retro principibus visa sunt, interea
tarnen nullus eorum ad effectum ducere ausus est, . . rebus donare publi-
eis . . censuimus et prolixitatem litium amputare, multitudine quidem con-
stitutionum quae tribus codicibus, Greg., Herrn, atque Tbeod., contineban-
tur, illarum etiam quae post eosdem Codices a Theodosio . . alüsqae post
eum retro principibus et a nostra etiam dementia positae sunt, resecanda,
uno autem codice sub felici nostri nominis vocabulo componendo, in quem
colligi tam memoratorum trium codicum quam novellas post eos positafl
constitutiones oportet. (1.) ideoque ad hoc . . opus ef&ciendum elegimus
. . loannem, . . Leontium, . . Phocam, . . Basilidem, . . Thomam, . . Tri-
bonianum, v. magnif., magist^ria dignitate inter agentes decoratum, Con-
stantinum, . . Theophilum, y. cl., comitem sacri nostri consistorü et iuris
in hac alma urbe doctorem, Dioscorum et Praesentinum , disertissimos
togatoB fori ampl. praetoriani. (2.) quibus specialiter permisimus, resecatis
tam supervacuis . . praefationibus quam similibus et contrariis, . . iIHs
etiam quae in desuetudinem abierunt, certas et brevi sermone conscriptas
. . leges componere et congruis titulis subdere, adicientes quidem et detra-
hentes^ immo et mutantes verba earum, ubi hoc rei commoditas exigeret,
colligentes vero in unam sanctionem quae yariis constitutionibus dispersa
sunt, . . ita' tamen ut ordo temporum earum constitutionum non solnm ex
adiectis diebus consulibusque sed etiam ex ipsa compositione earum clare-
scat. Am 7 April 529 wurde die fertige Arbeit dem praef. praet. Menna
in Constantinopel übersandt (durch die Constitution Summa reip. tuttio)
mit der Bestimmung dass yom 16 April 529 an recitationes constitutionum
ex eodem nostro codice fiant.
5. Als bis zur Vollendung der Dig. und Inst, zahlreiche neue Erlasse
erschienen waren (namentlich 50 Entscheidungen yon Controversen , Deci-
siones), welche nun extra corpus eiusdem codicis diyagabantur, wurde eine
neue Bearbeitung des codex yeranstaltet (codex repetitae praelectionis),
per Tribonianum y. exe, magistrum, ex quaest. et ex cons., legitimi operit*
nostri ministrum, nee non y. magnif., quaest. et Beryti legum doctorem
Dorothenm, Mennam insuper et Constantinum et loannem, yiros eloquen-
tissimos, togatos fori amplissimae sedis. Sie erhielten ausgedehnte Voll-
macht zur Vornahme yon Verbessenmgen. Dieser yerbesserte cod. lust.
wurde durch die Constitution (yom 16 Noy. 534) Cordi nobis yerkündet
und erhielt Gesetzeskraft yom 29 Dcbr. 534 an, mit Ausschluss aller übri-
gen Constitutionen und auch des ersten cod. Just. (A. 4), der in Folge
dessen yöllig untergegangen ist. Der neue cod. lust. ist in 12 Bücher,
diese in 765 Titel abgetheilt. In letztere sind die (ungefäJir 4652) Con>
stitutionen und Rescripte nach der Zeitfolge eingereiht. Die älteste Const.
480. Codex ludtinian. uud Digct^ta. 1115
ist vou Iladrian, die jüngste vom 4 Not. 534; die meiBten von Diocletian
und Maximian (1222), Alexander Severus (447) uud Justiuiau (402). Chro-
nologisches Verzeichniss derselben bei Wieling, iurisprud. resiituta IL p.
3 — 143, ergänzt durch G. Hänel's Corpus legnm ab imperatoribus romanis
ante lustinianum latarum quae extra Constitutionum Codices supersunt, Lips.
1867. 282 pp. 4. nebst fasc. II, enthaltend reichhaltige Indices auch zu den
theodosischen und justinianischen Sammlungen (278 pp. 4.). Die aus der
vorconstantinischen Zeit (aus cod. Greg, und Hermog.) sind trefiflich redi-
giert, die von Constantin an byzantinisch schwülstig. Das Eirchenrecht
steht an der Spitze; im Wesentlichen aber wird die Ordnung der inzwi-
schen erschienenen Digesten eingehalten und damit die des Edicts.
6. Verordnung zur Sichtung und Zusammenstellung des ins vetus
(de vetere iure enucleando) vom 16 Decbr. 530L (Deo auctore) im cod. lust.
I, 17 (Triboniano quaestori), wo §. 3: tibi primo et hoc opus commisimus,
ingenii tui documentis ex nostri Codicis ordinatione acceptis, et iussimus
quos probaveris tarn ex facundissimis antecessoribus (Bechtslehrem) quam
ex viris disertissimis togatis fori ampl. sedis (Praktikern) ad sociandum la-
borem eligere. (4.) iubemus igitur vobis antiquorum prudentium quibus
auctoritatem conscribendarum interpretandarumque legum sacratissinu prin-
cipes praebuerunt libros ad ins rom. pertinentes et legere et elimare, ut
ex his omnis materia colligatur, nulla . . neque similitudine neque discordia
derelicta. . . (5.) cumque haec materia . . collecta fuerit, oportet . . in
libros L et certos titulos totum ins digerere, tam secundum nostri consti-
tutionem Codicis quam edicti perpetui imitationem. . . (10.) si quae leges
in veteribus libris positae iam in desuetudinem abierunt nullo modo vobis
easdem ponere permittimus. . . (12.) nostram autem consummationem,
quae a vobis . . componetur, Digestorum vel Pandectarum nomen habere
sancimus, nullis iuris peritis in posterum audentibus commentarios illis
applicare etc. Verkündigung des fertigen Werkes durch die Const. (vom
16 Dcbr. 633) Tanta circa nos (Cod. lust. I, 17, 2 »= Jidmuev im prooem.
der Dig.), wo §. 1 als Mittheilung Tribonians berichtet ist, duo paene milia
librorum esse conscripta et plus quam trecenties decem milia versuum' a
veteribus effusa, welche von dem Ausschuss in CL paene milia versuum
verkürzt seien und in VII partes abgetheilt. Gesetzeskraft vom 30 Dcbr.
533 an (ib. 23). Verzeichniss der Mitglieder des Ausschusses ib. 9: Tri-
bonianus (mag., ex quaest. et ex cons., qui similiter eloquentiae et legiti-
mae scientiae artibus . . emicnit), Constantinus (comes sacr. larg. etc.),
Theophilns (vir ill., magister iurisque peritus in Cpel), Dorotheus (vir ill.
et facundissimus quaestorius, Rechtslehrer in Beryt), Anatolius (gleichfalls
apud Berytienses iuris interpres, aus einer alten Juristenfamilie), Cratinus
(comes sacr. larg. und antecessor in Cpel), nebst 11 Anwälten bei der
praefectura orientis (Stephanus, Menna u. s. w.).
7. Verzeichniss der (38) excerpierten iuris auctores mit Angabe von
Titel und Zahl der betreffenden Bücher im cod. Flor. (A. 11), daher index
Florentinus genannt; abgedruckt in den meisten Ausgaben der Dig.
(am Schlüsse), sowie in Budorff's rOm. Rechtsgesch. I. S. 306— -307. Um-
druck der Excerpte in den Pandekten nach Verfassern und Büchern in
1116 l>ie Kaiserzeit Sechsteb Jahrhuudert.
C. F. Uommel*» ralingenetfia librorum iuris veterum, 3 Voll. Lips. 1767 f.
Der Aasschuss hat ohne viel Kritik alle ihm zagänglicheu alten Rechts-
quellen benützt, die Bausteine derselben auseinandergenommen und dann
wieder mit Geschick zu einem neuen Geb&ude zusammengefügt. Jeden-
falls ist diese offizielle Arbeit sehr viel Tollständiger und zuverlässiger als
vorangegangene Privatunternehmungen, wie die fragmenta vaticana (oben
399). Fr. Blume, d. Ordnung der Fragmente in den Pandekten, Ztscbr.
f. Hechtsgesch. IV. 1820. S. 257—472. Vgl. Rudorff a. a. 0. S. 303 f. Th.
Mommsen's Ausg. der Dig., Addit. p. 60* — 68*, und der index libromm
ex quibus Digesta compilata sunt ib. p. 69*— 67*.
8. Const. Tanta (s. A. 6) 11: cum prospeximus quod ad portandam
tantae sapientiae molem non sunt idonei homines rüdes, . . ideo Tribo-
niano, viro exe, qui ad totius operis gubemationem electus est, nee non
Theophilo et Dorotheo, viris ill. et facundissimis antecessoribus, accersiüs
mandavimus quatenus libris . . qui prima legum argumenta continebant
et Institutiones vocabantur separatim collectis quidquid ex bis utile . .
sit . . capere studeaut et IV libris reponere et totius eruditionis prima
fundamenta atque elementa ponere, quibus iuvenes suffulti possint graviora
. . legum scita sustentare. . . (12.) omni igitur rom. iuris dispositione com-
posita et in tribus voluminibus, i. e. Institution um et Digestorum s. Pan-
dectarum nee non Constitutionum, perfecta et in tribus annis consnmmata
etc. Aus der' Const. (vom 21 Nov. 533) Imperatoriam (vor den Inst.) 4:
post libros L Digestorum s. Pandeetarum . . in hos IV libros easdem In-
stitutiones partiri iussimus, ut sint totius legitimae scientiae prima ele-
menta. (6.) quas ex omnibus antiqnorum Institutionibus et praecipue ex
commentariis Gai nostri . . aliisque multis commentariis compositas . . co-
gnovimus. üeber das Verhältniss zu Gajus (oben 367, 6) s. C. A. Klense
u. £. Böcking, Gai et lustiniani Institut, iuris rom. recognoverunt, adnota-
tionem adiecerunt coniunctasque edideruut, Berlin 1829. 4. Sonstige Aus-
gaben der Inst, von G. Haloander (Norimb. 1529), F. Hotomann (ed. II,
Basil. 1569 fol.), J. Ccgacius (Paris. 1585 u. sonst), F. A. Biener (Berol.
1812), E. Schrader (Berol. 1832. 4.), P. Krüger (rec, Berlin 1867), Ph. E.
Huschke (cum praef., Lips. Teubner 1868).
9. Das Schwinden selbständiger Jurisprudenz, die durch Justinian
überdiess mit Bewusstsein ertödtet wurde, sowie die Incongrnenz zwischen
dem wesentlich römischen Rechte und den byzantinisch -griechischen Zn-
htänden machte fortwährend neue kaiserliche Erlasse nothwendig: vca^al
dtatd^Big (letä tov xco^txa, novellae constitutiones , kurz NsccQal, Novel-
lae. Die beabsichtigte amtliche Sammlung dieser nachträglichen Verord-
nungen kam nicht zur Aupführung; wohl aber sind drei Privatsammlungeu
erhalten. Die älteste (etwa aus J. 556) besteht aus 125 Novellen imd hat
den Titel: Constitutiones novellae lustiniani de graeco in latinum translatae
})er lulianimi, virum eloquentissimum, antecessorem civitatis Cpolitanae,
daher kurz Epitome luliani. Vollständiger ist die zweite, von 168 No-
vellen in giiechischer Sprache, ungefähr aus J. 580. Eine dritte besteht
aus 134 Novellen (die lateinischen im Original, die griech. in lat. Ueber-
aetznng) und hiess im Mittelalter (im Gegensatz zur Epitome luliani) Au-
480. Instittttiones Instiniani. Corpus iuris. 1117
thenticum (oder liber authenticorum), neuerdings yersib yulgata (Authen-
ticum, noyellarum const. lust. versio vulg. . . reo. prolegg. etc. instruzit
G. E. Heimbach, Lips. 1846—1861). F. A. Biener, Geschichte der Novellen
Justinians, Berlin 1824.
10. Von seinem Gesetzgebuügswerke wollte Justinian nur wörtliche
Uebersetznngen gestatten {eQfirivBiai noctä noSa), sowie Paraphrasen (1^-
fi'^vstai sCg nlaxog) und Verweisungen auf andere Titel und Stellen (in-
dices und nccgdtirla), nicht aber Commentare (vnoiivrifiata). Aber auch
von selbst hielt sich die Thätigkeit der Rechtsschulen wesentlich innerhalb
dieser Grenzen, sowohl im Osten als im Westen (Rom, Ravenna, Pavia).
Aus dem letztern sind die ältesten Bearbeitungen und Benützungen des
justinianischen Rechts: Glossen und Scholien zu Julian und der Collatio
leg.; das dictatum de consiliariis und die collectio de tutoribus, die Rechts-
sammlung der Agrimenaoren, sowie die Turiner Glosse zu den Institutionen
(noch aus saec. VI); auch Summarien des cod. Theod. (Fitting, Ztschr. f.
Rechtsgesch. X. S. 317—341). P. Erfiger, die Turiner Institutionenglosse,
Zeitschr. f. Rechtsgesch. VII. 1868. S. 44 — 78. H. Fitting, über die sogen.
Turiner Institutionenglosse und den sogen. Brachjlogus, Halle 1870. 103 S.
Vgl. Literar. Centralbl. 1871, S. 158 — 166. A. Ficker, über Zeit und Ort
der Entstehung des Brachyl. iuris civilis, in den Berichten der Wiener
Akad. 1871 (Bd. LXVII). S. 681—644. Die älteste mittelalterliche Glossa-
torenschule ist die von Bologna (um 1075). v. Savigny, Geschichte d.
röm. Rechts im Mittelalter, Heidelberg 1816—1831, 6 Bde.
11. Eine Handschrift welche das gesammte justinianische corpus
iuris civilis enthielte gibt es nicht. Am meisten vervielfältigt sind die am
wenigsten umfangreichen Institutionen; die ältesten Hdss. sind aus saec. X.
Von den Pandekten ist die Haupthandschrifb der codex florentinus (littera
florentina) saec. VII, zuletzt fdr Mommsen verglichen von Reifferscheid und
Kiessling. Ihre Lücken werden ergänzt durch die zahlreichen Vulgathandss.
(saec. XI ff.), welche durchgängig die Digesten in Digestum vetus (I— XXIV,
2), Infortiatum (XXIV, 3 bis XXXVHI) und Digestum novum (XXXIX — L)
eintheilen. C. Fuchs, kritische Studien zum Pandektentezte, Leipzig 1867.
Mommsen's Prolegg. Unter den Hdss. des Codex reichen nur zwei (in Pi-
stoja und M. Cassino) in saec. X hinauf. P. Krüger, Kritik des just. Codex,
Berlin 1867. £. Zachariä, über d. griech. Bearbeitungen des Cod. Inst.,
Zeitschr. f. Rechtsgesch. X (1871) S. 48—69.
12. Die Ausgaben zerfallen in glossierte und unglossierte, je nach-
dem sie die Bemerkungen (glossae) der Bologneser Schule (zuerst gesam-
melt von F. Accursius als glossa ordinaria, J. 1220 ff.) enthalten oder nicht.
Die älteste unglossierte Gesammtausgabe ist die von Cl. Chevallon (Paris
1525—1527), die neueste glossierte opera Fehii (Lyon 1627, 5 Voll. fol.).
Unglossierte Ausgaben ohne Anmerkungen von G. Haloander (Norimb.
1529. 4. 3 Voll.), D. Gothofredns (erstmals unter dem Namen Coi-pus iuris
civilis, Genev. 1683. 4.), Freyesleben (Corp. i. c. academicum, 1721 — 1789);
mit kritischen oder exegetischen Anmerkungen bes. von D. Gothofredus
(Lugd. 1590, zuletzt 1624. fol. durch J. Gothofredus; abgedruckt Ambt.
ap.- Elzevir 1663 fol.\ G. Chr. Gebauer und G. A. Spangenberg (Gotting.
111s t)ie Kaiaerzeit. Sechst^H Jahrhanderi.
1776. 1797. 4. 2 Voll.), J. L. W. Beck (Lipa. 1826—1886, 6 Voll.), A. und
M. Kriegel, £. Herrmann, E. Oaenbrflggen (Lips. 1828—1843. 4. und Öfters
wieder abgedmckt).
Von den Digesten allein bes. die Ausgaben ex officina Lanrentii Tor-
rentini (ez florentinis pandectis repraesentati, Florent. 1653 fol. 3 Voll.) und
reoogn. Th. Mommsen et P. Krüger (Berlin 1866 — 1870. 2 Voll. 4.) nebst
der ed. stereotypa davon (Berlin 1868 ff.).
13. E. Spangenberg, Einleitung in das römiscb-jnstinianische Rechts-
bach oder corp. i. ciy., Hannover 1817. Die Lehrbücher der Institutionen
z. B. von J. E. Euntke (Lpzg. 1869. 2 Bde.), der Pandekten, bes. von E.
Böcking (I. S. 58—69 nebst den Anhangen S. *1— *22); die Werke über
rOmische Bechtsgeschichte von Hugo u. bes. Budorff (I. S. 196—353). H.
E. Dirksen, manuale latinitatis fontium iuris civilis Bomanorum; thesauri
latinitatis epitome, Berlin 1837. 1029 pp. 4.
481. In der Mitte zwischen Prosa und Poesie steht der
Roman^ der in diesem Jahrhundert einen Vertreter hat an der
abenteuerlichen Erzählung vom Konige Apollonius von Tyrus.
Sie ist die freie christianisierende Bearbeitung eines griechischen
Originals das etwa im dritten chrisü. Jahrhundert in Eleinasien
verfasst war, während die Uebersetzung aus germanischer Zeit
stammt. Im Mittelalter wurde dieselbe viel gelesen.
1. Dass der Roman eine Uebersetzung ist erhellt aus seinen zahlrei-
chen Gr&ciBmen (Riese p. XI— XIII). Da c. 34 das Pfiind Gold in 50 Stöcke
ausgeprägt ist, was seit Caracalla geschah, seit Constantin aber vielmehr
nach Bolidi gerechnet wurde, so scheint das Original zwischen Caracalla und
Constantin entstanden (W. Christ, Sitzungsber. d. Münchner philol. Cl. 1872.
S. 4). Der Verfasser desselben war aus dem griechischen Kleinasien (W.
Teuffei, Rhein. Mus. XXYII. 8. 104) und noch Heide. Das christliche Ge-
wand ist dem Stoffe erst von dem üebersetzer lässig umgeworfen (ebd. S.
103 f. vgl. Riese p. IX f.).
2. Abfassungszeit der uebersetzung: nach Symposius (oben 442), dessen
Räthsel c. 42 ff. eingeschaltet sind, und vor der Schrift de dubiis nominibus
(aus saec. VH, vgl. p. 582, 19 K.), welche (Grammat. lat. ed. Keil Y. p. 579,
25) den Roman als anonym anführt: in Apollonio (p. 16, 21 R.) 'gymnasium
patet'.' Nächstdem wird ums J. 747 aus einer «Elosterbibliothek erwähnt
Historia ApoUonii regis Tyri in codice uno. Also wohl uebersetzung im
Laufe von saec. VI, wozu die Latinität (A. 3) stimmt und besonders der
Gebrauch des Wortes dos (c. 1 u. 19) in einer der specifisch lateinischen
entgegengesetzten, erst der germanischen Zeit eigenen Bedeutung (»» pre-
tium pnellae, Muntschatz); s. W. Teuffei (A. 1) S. 104 f. (seltsam missver-
standen von W. Meyer, S. 26—28). Daneben hat Bern. 208 dos in der
römischen Bedeutung c. 23 (numeratur dos amplissima).
3. Durch die lat. Bearbeitung hindurch erkennt man das Original als
einen Roman in der Weise der griechischen Erotiker, bes. des Xenophon
481. Apollonius von Tyms. Uli)
Ephes. Die Charakterzeichnung ist dürftig, die geschilderten Verhältnisse
ohne locale und Zeitförbung, der Stil ursprünglich geschraubt zierlich. Der
lat. Bearbeiter hat das Original im Geschmacke seiner Zeit christianisiert,
barbarisiert, erweitert und wohl auch (bes. gegen den Schluss) abgekürzt.
Häufig populärer Satzbau und Ausdruck, Mangel eines literarisch ausgebilde-
ten Stils, Worte und Wendungen welche, dem sermo plebeius entnommen,
schon lebhaft ans Romanische erinnern (Biese). Vgl. oben 479, 2. Zusam-
menstellung der spätlatoinischen Elemente bei Riese p. XIII — XV.
4. Wie bei dem geschichtlichen Roman des Julius Valerius (oben 388,
11) wurde mit dem Texte der Erzählung von Ap. aufs Freieste verfahren,
nach Belieben abgekürzt und geändert. Kurze Redactionen in einem Lau-
rent. (65, 35) saec. X und bei Vincentius von Beauvais. Die zahlreichen
(gegen 100) Handschriften zeigen gleichfalls die grössten Verschieden-
heiten. Bis jetzt sind drei Hauptclassen (Redactionen) nachgewiesen, die
eine (A) vertreten durch den sehr lückenhaften Laurent. 66, 40 saec. IX — X,
die zweite (B) besonders durch 9Vt Blätter aus Tegemsee (T) in München
(W. Meyer S. 6 f. 22—26), einen Vossianus saec. IX — X (b), Vaticanus 1869
(R) u. a. (Meyer S. 7—10), eine mit A parallel gehende Fassung; die dritte
(C) am besten im Sloanianus (y) saec. XI und Vindobonensis 510 (Vi) saec.
XIH, auch Bern. 208 saec. XIII (H. Hagen, philol. Anz. 1871 , S. 539). Vgl.
Meyer S. 11—17 nebst W. TeufPel S. 106—108. Riese p. III— VII.
5. Editio princeps s. 1. et a. um 1471, dann von M. Velser (Augsburg
1595; Opera 1682, p. 681 — 704), Lapaume (Scriptores erotici ed. Didot, Paris
1866, p. 611) und bes. A. Riese (rec. et praefatus est, Lips. Teubner 1871).
6. Uebersetzungen und Bearbeitungen. Deutsche von 1471. Angel-
sächsische ed. B. Thorpe, London 1834 (vgl. W. Meyer S. 17—19). Alt-
französische in Prosa und poetische Nachdichtung, s. E. Hofinann, Über
Jourdain de Blaivies, Apoll, von Tyrus, Salomon und Marcolf, in den
Sitzungsber. der Münchner Ak. (philol. GL) 1871, 4. Im pseudo-shakspeare-
schen Pericles prince of Tyre (K, Simrock, Quellen des Shakesp. U. S. 163 flP.).
Mittelgriechische (aus dem lat. Text) in 852 reimlosen politischen Versen
in W. Wagner, Medieval greek texts I (London 1870) p. 63—90 {dir^yriaiq
nolvna&ovg 'AnoXkfovCov r. T.) vgl. p. 57—62. 102—104 und (C. Gidel, ^tude
sur Ap. de T.) p. 91 — 101. Auch A. d'Ancona, la rappresentazione di S.
üliva, Pisa 1863. Gräsae, Literärgesch. IV. S. 457 ff.
7. W. Teuffei, die bist. Apollonii regis Tyri, Rhein. Mus. XXVU. S.
103 — 113. A. Riese, ebd. XXVL S. 638 f. W. Hartel, in der Ostreich.
Wochenschrift f. Kunst u. Wiss. 1872, S. 161 — 172. W. Meyer, über den
lateinischen Text der Gesch. des Ap. v. T., Sitzungsber. der Münchner
Akad. (philol. Gl.) 1872, S. 3—28. E. Bährens, in Fleckeisens Jahrbb. 103,
S. 856—858.
482. In gebundener Form verfasste zu Anfang des Jahr-
hunderts der Etrusker Maximianus Gedichte im Geiste der
alten Elegie^ lebensvoll, von sinnlicher Frische, beredt, aber mit
vielen Entlehnungen aus den classischen Dichtern, nicht selten
1 12Ö t>ie Saiserzeit. Sechstes Jahrliandert.
gekünstelt, übertreibend, und auch nicht immer correct. Den
Hauptinhalt bilden Rückblicke auf die Jugendzeit und Klagen
über deren Untergang.
1. Persönliche VerhSltniBse. Einen Menschenkenner lässt M. über sich
sagen (4, 26): cantat, — cantantem Maximianus amat. 5, 5: me etnucae
gentu alnmnum (vgl. 5, 40: tnsca simplicitate senem). Jagend in Born (1,
63. 37). dum iuvenile decus . . manebat orator toto clams in orbe foi.
saepe poetaram mendacia dalcia finzi, . . saepe perorata percepi lite
coronam (1, 9 — 13). Schulmann (pueri . . irrident gressus . . et tremulom
quondafii quod timuere caput 1, 283 ff.)? In späteren Jahren missua ad
eoas legati munere partes (5, 1), um Frieden zu schliessen (5, 2 f.). Wenn
der als sein älterer Freund genannte Philosoph BoStius (magnarum scm-
tator mazime rerum, . . Boeti 3, 47 f.) der bekannte (oben 470) war, und
der Max. an welchen Cassiod. Var. I, 21 gerichtet ist (Theodericua rex
Maximiano viro illustri etc. vgl. ib. IV, 22 Max. vir ill.) unser Dichter, so
könnte jene diplomatische Sendung (durch Theoderich) an Anastasius ge-
richtet gewesen sein (Wernsdorf, poetae lat. min. VI, 1. p. 221. 223 — 227).
2. Die sechs Elegieen wollen alle in den späteren Jahren des Dichters
yerfasst sein. Die erste (146 Distichen) vergleicht Sonst und Jetzt in sei-
nem Leben. Die zweite (36 Dist.) gilt der formosa Lycoris, die den Gran-
kopf verschmäht. Die dritte (47 Dist.) erzählt von einer züchtigen Jugend-
liebe, der Aquüina; die vierte (30 Dist.) von einer ähnlichen zu einer
Tänzerin und Sängerin Candida. Die fünfte (67 Dist.) schildert ein eroti-
sches Abenteuer auf jener Gesandtschaftsreise mit einer koketten Griechin,
wobei der greise Diplomat schlecht besteht und der Hetäre zu einer pa-
thetisch-metaphysischen Rede über die mentula Anlass gibt (non fleo pri-
vatum, sed generale chaos 5, 112). Die sechste ist ein bloses Schlusswort
von sechs Distichen. Der Verfasser ist noch ein guter Heide (5 , 45 f. : nee
memorare pudet tali me vulnere victum: subditus bis flammis luppiter ipse
fuit), in der antiken Mythologie wohl bewandert, noch besser in Vergil,
Catull und den Elegikern und Lyrikern der augusteischen Zeit. Die Re-
quisiten der alten Elegie bemüht er sich treulich nachzubilden und rechnet
dazu ausser der individuellen Haltung und der Rhetorik offenbar auch etwas
Schmutz (el. 5). Vgl. 471, 6. Stark realistische Ausmalungen 1, 253 ff. 2, 11 ff.
5, 27 ff. Auch die Verstechnik strebt in der Hauptsache mit Glück nach
Classicität; Ausnahmen davon Verschleifungen in der Hauptcäsur (1, 77.
283. 5, 99. 153), Messung von mortis als Spondeus (1, 208), ergo als
Trochäus (6, 9), besonders aber prosodische Fehler in griechischen Wörtern
(Socrätes 1, 48; p^dagogus 2, 17; sireniis 5, 19), nach allgemeiner Zeitsitte.
3. Der erste Herausgeber, Pomponius Gauricus (Venet. 1501. 4.) unter-
schlug 4, 26 den Namen Maximianus um seine Behauptung dass Cornelius
Gallus (oben 227) der Verfasser sei nicht zu beeinträchtigen. Spätere Her-
ausgeber bes. Th. Pulmann (Antverp. 1669), P. Pithöus (Epigr. et poem.
vett. p. 423), und Wernsdorf, poet. lat. min. VI, 1. p. 269 — 382, vgl. p.
207—229 und (über allerlei Literatur) p. 229 — 247. 260— jS68, sowie Hl.
p. 125—134.
482 f. Maximiamis. Araior. 1121
483« Auf christlicher Seite bediente sich der gebundenen4ö6
Form um die Mitte des Jahrh. in Italien der jüngere Freund
des Ennodius, der rednerisch gebildete Arator, von dem wir
eine rhetorische Versification des Inhalts der Apostelgeschichte
in zwei Büchern besitzen, mit grösserer Leichtigkeit, aber gerin-
gerer Sorgfalt einige Jahrzehnte später Venantius Fortunatus
(um 535 — 600), ein Italiener der im fränkischen Reiche eine
neue Heimat fand und in Poitiers mit der Zeit Presbyter, am
Ende seines Lebens noch Bischof wurde. Sein Formgeschick
bethätigte Fort, theils durch ein rasch hingeworfenes Epos in vier
Büchern auf Martinus, den Heiligen von Tours, theils in vielen
einzelnen Gedichten, Kirchenliedern wie solchen worin er fürst-
liehe Personen, Bischöfe und sonstige Würdenträger des Reiches
in höfischer Weise ansang. Letztere Gedichte bilden eine Samm-
lung (Miscellanea) von elf Büchern und manchfaltigem Inhalte.
Auch in Prosa verfasste er Lebensbeschreibungen von Heiligen.
1. Cassiod. var. VIII, 12 (Aratori Athalaricus rex): primaevus ve*
nisti ad honores. advocationis te campus ezercait. . . intra te fuit quam-
vis ampla professio litterarum. . . auspicatus ee militexn. . . iuvat repetere
pomposam legatiooem (de partibus Dalmatiarnm an Theoderich, um 525),
quam . . torrenti eloquentiae flmnine peregisti. . . genitoris facundia et
moribus adiuvaris, cuius te eloquium iustruere potait, etiam si libriB non
vacaeses. erat ecim . . egregie litteris eruditus. . . ibi te talliana lectio
disertum reddidit ubi qaondam gallica lingua resonavit. . . mittit et Li-
garia TuUios 8U08. . . te comitivae domesticorum illustratum hopore de-
coramus. Ennod. carm. II, 105 (in natalem infantis Aratoris). 114—116 (de
flagello inf. Ar.), dict. 9 (praefatio quando Arator auditorium iugfresaus est).
Handschrift aus Reims: oblatus hie codex ab Aratore illustri ex comite
domesticorum, ex comite privatarum^, viro religiöse etc. Studiert hatte er
zu Mailand (bei Deuterius) und Ravenna (ep. ad Parthen. 35 ff.); er nahm
in Rom die Tonsur um 540 (vgl. ep. ad Parth. 70) und wurde subdiaconus.
2. Dem Epos de actibus apostolorum (vgl. Venant. yit. Mart. I,
22 f.) gehen zwei Widmungen im elegischen Masse voraus, an den gelehr-
ten Florianus (prisca volumina linquens cede dies operi quod pia causa
iuvat) und an den Papst Vigilius (J. 537 — 555): versibus ergo canam quos
Lucas rettulit actus historiamque sequens carmina vera loquar. Unter-
schrift: oblatus est huiusmodi codex ab Aratore subdiacono . . papae Vi-
gilio et Busceptus ab eo die VIII id. Apr. (des J. 544) in presbyterio.
. . quem cum ibidem legi mox pro aliqua parte fecisset Surgentio . . in
scrinio dedit recte coUocandum. cuius beatitudinem litterati omnes doctis-
simique continuo rogaverunt ut eum iuberet publice recitari. quod cum
fieri praecepisset in ecclesia b. 'Petri quae vocatur Ad vincula, . . turba con-
venit atqne eodem Aratore subdiac. recitanto distinctis diebus ambo libri
quattuor vicibus sunt auditi, . . propter repetitiones assiduas quas cum fs\o
Tkvvpki. ,^öin. Literaturgesohichte. 8, Aufl, 71
1 122 Die Kaiserzeit. Sechstes JabrliuuJert.
vore mnltiplici postulabcint. Ueberseudung des Werkes Parthenio mag. off.
atque patricio (in Gallien), eeinem Jugendfreunde (in Eavenna) und Schwe-
stersohne des EnnodiuB, mit einer Zuschrift im elegischen Masse worin
neben Claudianus auch Martialia ausgebeutet wird.
3. B. I enthält 1076, II 1250 Hexameter. Das Stoffliche tritt in der
rhetorischen Behandlung zurück. Die Form ist elegant, abgesehen von
den durch zahlreiche Vorgänger entschuldigten prosodischen Willkurlicb-
keiten (ecclesiae, idöla, Macedo, Pharao, aflFatim, spädo u. dgl). Gedruckt
in G. Fabricius, corp. poett. Christ, p. ö69 ff., in der bibl. patr. max. X,
und besonders (cum observatt.) von H. J. Arntzen (Zutphan. 1769). Dar-
aus in Migne's patrol. LXVIII. p. 45—262. Ed. A. Hubner, Neisse 1850.
4. Wie Arator ans dem westlichen, so ist Venantius Honorins Clemens
Fortunatus aus dem östlichen Oberitalion (Treviso) gebürtig (vit, Mart IV,
665 ff.: mea Tarvisus. . . per Cenetam gradiens et amicos Duplavenenses,
qua natale solum est mihi). Grammatisch-rhetorische und juridische Stu-
dien (zu Ravenna?), v. Mart. I, 26 ff. Wanderung (s. misc. I prol.) nach
Gallien, angeblich wegen der Wunderkraft des h. Martin (v. Martin. I, 44.
IV, 684 ff VIII, 1, 21), ums J. 566, unter König Sigibert (X, 20, 1/). In
Toui-8 war damals Gregor (oben 478) schon Bischof und nahm sich seiner
an (Vm, 21, 11. 26, 2 ff. 27, 11 ff.). An ihn sind viele Gedichte des F.
gerichtet (misc. V, 3—5. 9—20. VIII, 16—27. IX, 6 f. vgl. X, 5 f. 12 f. 19).
In Poitiers fesselte ihn (VIII, 1, 31: Martinum cupiens voto Radegnndis
adhaesi; vgl. ib. 11 ff.: Fortunatus ego . . Pictavis residens) die schwär-
merisch fromme thüringische Fürstentochter, frühere Gemahlin Lothars I,
Radegunde (misc. VIII, 1, 22), welche dort ein Kloster (nach der Regel der
h. Caesaria von Arles) gegründet hatte. Ihr gelten viele seiner Gedichte,
zum Theil mit leidenschaftlicher Tonfarbung (misc. VIII, 14, 6: sine te
nimium nocte premente gravor. . . tempora subducis ceu non videaris
amanti, cum vos dum cerno hoc mihi crcdo parum. XI, 2: quamvis sit
caelum nebula fugiente serenum, — te celante mihi stat. sine sole dies).
Nach ihrem Tode (13 August 587) verfasste F. auch eine Lebensbeschrei-
bung von ihr. An ihre (Pflege-) Tochter, die von ihr zur Aebtissin einge-
setzte Agnes ib. XI, 5 ff. Vgl. E. Dümmler in d. Zeitschr. Im neuen Reich,
1871, S. 641—656. In Poitiers primum presbyter, deinde episcopus ordinatus
est atque in eodem loco digno tumulatus honore quiesoit (Paul. Diac. bist.
Langob. H, 13). In den Gedichten nennt er sich aber weder presb. noch
Bischof, wohl aber XI, 4, 3 Fortunatus agens (der Radegundis) und erwähnt
erst XI, 29 seiner Priesterweihe. Auch Gregor von Tours (bist. Franc. V,
8) nennt ihn nur presbyter; F. raüsste also Biscbof erst nach Vollendung
jenes Geschichtswerks, somit frühestens 692, geworden sein. Seine Gedichte
deuten oft auf eine etwas parasitische Existenz (z. B. III, 16. VII, 14 f. X,
12. XI, 9 fr.). Vgl. Dümmler S. 655: während die „Mutter" (Radegunde)
und „Schwester" (Agnes) ihren strengen Fasten oblagen bereiteten sie für
ihren Verehrer, dessen schwache Seite sie mit weiblichem Scharfblick er-
kannt hatten, die leckersten Gerichte. Th'. Bormann, über das Leben des
lat. Dichters Venantius u. s. w. (Fulda 1848. 4.) S. 3—22; vgl. S. 15: V.
zeigt sich in seinen Gedichten als ein Mann der . . den geistlichen and
483. Venantiuß Fortunatus. 1123
weltlichen Würdenträgern gern Weihranch streut und es dabei mit der
einfachen Wahrheit nicht sehr genau nimmt; so überhäuft er einen Chari-
bert, Childerich, eine Fredegunde mit wahrlich sehr unverdienten Lob-
spruchen;' da wo er den Tod der Galsuinta erzählt stellt er sich als wisse
er gar nichts von dem Urheber dieser Frevelthat u. s. w.
5. Prosaische Werke des F.: Lebensbeschreibungen des Bischofs Hi-
larius von Poitiers, auf Veranlassung von dessen Nachfolger Pascentius
(P. II: de miraculis s. Hilarii); des Albinus confessor; Germanus, B. von
Paris; Severinus, B. von Bordeaux (Greg. Tur. de glor. conf. 46; nicht
erhalten); Medardus^ ß. von Noyon (bei Surins IIL p. 668 — 670); Amantius,
der Radegunde u. A. Abgedruckt z. B. bei Migne LXXXVIII. p. 513 — 561.
Auch in den Miscellanea ist viel Prosaisches mitenthalten, insbes. Briefe
an Bischöfe, eine Erklärung des Vaterunser (X, 1) und des apostolischen
Symbols (XI, 1). Die Prosa des F. ist meist geschraubt, schwerfällig und
schwülstig. Für die Geschichte der Zeit sind aber seine Schriften, neben
denen des Gregor von Tours, die lehrreichsten.
6. De vita s. Martini libri IV. Widmung an Gregor: cum iusseritis
ut opus illnd . . quod de suis virtutibus explicuisti (oben 478, 4) versibus
debeat'digeri, id agite ut ipsum mihi relatum iubeatis transmitti. nam . .
quod de vita eins vir disertus, domnus Sulpicius (oben 435), sub uno libello
prosa descripsit et reliquum quod dialogi more subnectit,* primum quidem
opus a me duobus libellis et dialogus subsequens aliis duobus libellis
complexus est, ita'ut brevissime . . in IV libellis totum illud opus versu
inter hoc bimestre spatium, inter frivolas occupationes sulcarim. Vgl. III,
10 f.: cum duce Sulpicio, bene cuius ab ore venusto Martini sacros duleis
stilus edidit actus. Das umfangreiche Werk (613 + 491 + 629 + 712 = 2246
Hexameter) verruth hinreichend die Eilfertigkeit seiner Entstehung: die
Anlage ist salopp (vgl. I, 45 f. 50 ff. 56 fF.), mechanisch aus Sulpicius den
StoflF aufgreifend, die Ausführung breit und trivial, voll leerer Wortspie-
lereien (z. B. I, 19: prudens prudenter Prudentius immolat actus; vielleicht
Anspielung auf seines Gönners Gregor Worte, de curs. eccl. p. 24 Hse:
Pnidentius cum de . . Stella prudenter dissereret; I, 99: ne timeam timi-
dum, timor est deus, arma timentum); die technische Form häuft die In-
correctheiten aller Vorgänger (heresis, ecclesiae, problema, ApoUinaris,
Arrius =» "Ageiogy ergone, miscam u. s. f.) und verbindet sie mit häufig
nachlässigem Versbau (z. B. I, 140: dogmate, luce, fide informans virtute
sequaces). Abfassung vor J. 676, da zur Zeit des Abschlusses (IV, 636 f.)
Gennanus noch Biscnof von Paris war (vgl! Greg. Tur. V, 8).
7. Ansehnlichen geschichtlichen und topographischen Werth haben
die elf Bücher Gedichte (miscellanea), von manchfaltigem Inhalt, meist
Gelegenheitspoesie. Aus dem renommistisch bescheidenen Vorwort an
Gregor: quia viriliter flagitas ut quaedam ex opusculis imperitiae meae
tibi transferenda (Abschreibenlassen) proferrem, nugarum mearum admiror
te amore seduci, . . praesertim quod ego imperitus de Bavenna progre-
diens Padum . . Tiliamentumque tranans, . . Rhenum Germania transiens
ac post Mosellam, . . Ligerim et Garomnam .. . transmittens, Pjrenaeis
occurrens . . paene aut equitando aut dormitando conscripserim. Auf ita-
71*
1 124 Die Kai86rzeit. Sechstes Jahrhundert.
lieniBche Verhältnisse bezieht sich nur I, 1. 2; alle übrigen Gedichte 8cbei>
nen in Gallien verfasst In der Anordnung kreuzt sich die nach der Zeit
mit einer sachlichen (bes. nach dem Range der Adressaten). Der I, 15
als lebend angeredete Bischof Leontius erhält IV, 10 ein Epitaph; B. Vi
sind Könige Sigibert (f 576) und Charibert (f 667), IX aber Cbilperich
(I, t 684) und X Childebert (II, geb. 670), Sigiberts Sohn und Nachfolger
(J. 675—696) ; VI, 2 gilt der Vermählung von Sigibert und Brunhild (J. 566).
VII, 9, 7 ist F. im 9^ Jahre von der Heimat entfernt; IX, 7, 60 weiden
Gedichte erwähnt die er vor 20 J. verfasst. B. I — III haben vorzugsweis
kirchliche Dinge (Gebäude u. dgl.) und Personen zum Gegenstande; IV
enthält Epitaphien auf Bischöfe, einen Abt, Presbyter, Diakonus, dann aof
Laien, zuletzt Frauen; V an Bischöfe, bes. Martin und Gregor; VI an Kö-
nige, Königinnen, Prinzessinnen; VII an hohe Hof- und Staats -Beamte
(Gogo, Bodegisil, Lupus, Bfummnlenus, Sigismund u. A); VIII Christliches,
sowie an Radegund und Gregor; IX an Chilperich und Fredegund und deren
Kinder; an Gregor und andere Bischöfe und sonstige Geistliche; X wieder
an MummulenuB, an Childebert und Brunhild, Sigoald; XI poetische Corre-
spondenz mit Radegund und ihrer Aebtissin Agnes. Mit B. VIII scheint
die Sanuilung ursprünglich abgeschlossen gewesen, IX— XI späterer Nach-
trag zu sein.
8. Weitaus . die meisten Gedichte haben das Mass der Elegie ; das
epische nur V, 8. VI, 2 (Epithalamium). VIII, 9; IX, 7 auf Gregors Ver-
langen eine sapphische Ode. Prosaisches Vorwort zu einem Gedicht V, 5
(u. IX, 6); prosaische Briefe mit Versen schliessend III, 4. V, 1. Elegie in
Schlangenform (ophites, serpentinus, echoicus; vgl. oben 32, 9) III, 37.
Manche Gedichte behandeln ganz in der Weise der Elegie persönliche
Erlebnisse, Abenteuer (VI, 10. VII, 14), Reisen (X, 10. XI, 27 f.), Gesond-
heitsverhältnisse (VI, 12. VIII, 16); auch die Elegie de excidio Thuringiae
(ex persona Radegundis) gehört dahin, sowie VI, 7 (auf den Tod der Ga-
lesuinta) und II, 20 (auf den todten Medardus). Andere sind yersificierte
Briefe (Empfehlungsschreiben für sich und Andere). Zahlreich vertreten
sind die Lobgedichte an- Lebende, bes. Bischöfe (wie Leontius, Felix, Gre-
gorius). Aufschriften für Kirchen und Gcrathe; Epigramme als kurze Ge-
legenheitsgedichte.
9. Kirchliche' Lieder (hjmni) mit Ueberge wicht des Rhythmus in vier-
zeiligen Strophen und meist gereimt; die Mehrzahl mit aufsteigendem
Rhythmus (dim. iamb. ac. II, 7. 10. VIII, 3 f ; cat. II, 8), im absteigenden
II, 9 (dim. troch. ac. und cat.) und besonders stark rhythmisierend VIII, 5
(ave, märis stella, d^i mater alma, . . solve vincla r^is, m&la nostra pelle,
iter pära tutum etc.). Der Hiatus kommt nicht in Betracht (II, 9: arbor
feta alma luce; stans ad aram immo supplex). II, 4. 6. 6 Künsteleien in
der Weise des Porfirius (oben 398, 1—3): Gedichte deren Buchstaben die
Form des Kreuzes bilden oder den Anfang des Namens Christus (V, 7, zu-
gleich akrostichisch). Der Hymnus auf Leontius (I, 16) in alphabetischer
Ordnung der Strophen wird sonst dem Amoenus (oben 467, 2) zugeschrieben,
der trochäieche II, 1 (pange lingua etc.) von Gennaclius ausdrücklich dem
Claudianus Mam. (oben 461, 3 u. 5).
i
483 f. Venantius Fortanatus. Corippus. 1125
10. In der griechischen Literatur hat F. sehr schwache Kenntnisse
(VII, 12, 25 ff.: Archyta, Pyth^oras, Arätus, Cato, Pläto, Chrysippua.
. . quidve poeta potest Maro, Lysa, Menander, Homems; vgl. Messungen
wie Chalcedon). Aus der römischen besass er in seiner Heimat wohl aus-
gedehntere; im fränkischen Reiche aber schrumpften sie auf Cicero und
Vergil Zusammen, neben welchen nur noch Beminiscenzen an Horaz «fort-
wirken (V, 6. IX, 7). Vgl. IX, 7, 36 ff. Besser ist er in der christlichen
Literatur zu Hause (Mart. I, 15 ff. misc. VIII, 1, 64 ff. VIII, 6).' Seine
Christlichkeit ist sehr eifrig, klingt aber etwas geschäftlich. Vgl. misc. II,
12, 3 ff: iam pietatis opus, victores (Märtyrer) texere libris, admonet in-
genium, res rationc duplex, una quod est habilis de magnis magna fateri.
. . altera causa monet quoniam successus amatur etc. Oft genug schim-
mert recht weltlicher Sinn hindurch, wie in dem Epithalamium (VI, 2);
und VIII, 6, 205 ff. malt die weibliche Liebe zu Christus doch gar zu far-
benreich aus. Ueborhanpt ist F. sehr viel mehr Talent als Charakter.
Das elegische Mass handhabt er fast mit ovidischer Leichtigkeit; freilich
um so weniger mit ovidischer Durchsichtigkeit, £leganz und Kunst. Für
die prosodische Behandlung der Eigennamen scheint nur die Bequemlichkeit
massgebend (z. B. Cösäria, AgrTppina); kurze Silben werden unzählige
Male durch die Hebung verlängert, lange nicht selten verkürzt, harte Ver-
schleifungen (wie si Hilarium quaeris, quae ut foveas, pro undis) gesetzt,
der Hiatus (bes. zwischen den beiden Hälften des Pentameters) zugelassen,
die Cäsur vernachlässigt. Dazu Vulgarismen wie moveret (VII, 1, 1), re-
gionis utraeque (VII, 6), concivis (VII, 14) u. dgl. Wirklich ist F. sermone
levis (Mart. 1, 27) und arbeitete nur allzu rasch; s. A. 6 u. misc. III, 27 (garruli-
täte levi). V, 6 praef. X, 12 (ex tempore); sehr oft auf Bestellung. Vorliebe
für Wortspiele (funis, finis; febris, fibris; saluto salutem u. dgl.). Vgl. Anm. 6.
11. Ausgaben der Werke des Fort, von Ch. Brower (Mainz 1603. 4.),
M. A. Luchi (Rom 1786, 2 Voll.), letztere wieder abgedruckt in Migne's
patrol. LXXXVIU. Die Moselgedichte an der Mosella des Ausonius von
Tross und von Böcking (S. 105—123); s. oben S. 951.
12. Ven. Fort. misc. III, 23 an den Bischof Bertechramnus in Bor-
deaux : ardua suscepi missis epigrammata (des Bert.) chartis. . . nitido pom-
posa poemata cultu. Nur enthalten sie Plagiate (carmine de veteri furta
novella) und metrische Schnitzer (superaddita syllaba, pede laesa).
13. Von einem Honorius scholasticus 28 elegische Verse an den Bi-
schof von Ravenna Jordanes in der Mitte von saec. VI, zur Antwort auf
dessen Aufforderung sich von der Welt zurückzuziehen, bei Mabillon, Ana-
lecta I p. 364 (387).
484. 1 Mit der Correctheit eines Grammatikers und dem457
Servilismus und Bombast eines Byzantiners verfasste der Afri-
kaner Flavius Cresconius Corippus Epen von geschichtlichem
Stoffe und panegyrischer Richtung, sieben Bücher lohannidos
s. de bellis iibycis und vier Bücher de laudibus lustini Aug.
Nur selten dringt durch die dichten Weihrauchwolken ein Fun-
1126 Die Kaisencit. SecbsteB Jahrhandcrt.
ken geschiclitlicher Wahrheit; aber die Form ist fliessend und
Mustern wie Yergil und Claudianus nachgebildet. Dagegen das
Epos eines unbekannten. Verfassers, betitelt Orestis tragoe-
dia, zeigt die im Westen herrschende Verwilderung in Sprache
und Prosodie, während der Bau der Hexameter tadellos ist.
1. In den Ueberschriften wird Gorippus africanus grammaticus ge-
nannt. Die Johannis besteht aus (681+488+460+1171+773+542+656=)
4671 Hexametern (B. VII ist am Schlüsse lückenhaft erhalten), nebst einem
Vorwort von 40 elegischen Versen, und hat zum Gegenstande den Krieg
welchen Johannes Patricius ums J. 550 in Africa gegen die Mauren fuhrt«
(vgl. Prokop. Vand. U, 28). Aus dem Vorwort (ad proceres Carthaginienses) :
descripsit . . Aeneam doctus carmine Vergrilius, meque lohannis opus do-
cuit describere pugnas etc. Aeneam superat melior virtute lohannes, sed
non Vergilio carmina digna AS&no, . . nutat in angustum discors fortuna
poetae. . . quid [quod ego] ignarus qnondam per rura locutus urbis per
populos carmina mitto palam. forsitan ex fracto ponetur syllaba versn:
confiteor; Musa est rustica namque mea. . . quos doctrina negat confert
victoria versus (Anspielung auf Juv. I, 79). Ed. princeps: ex cod. medio-
lanensi op. et stud. Petri Mazzuchelli, Mailand 1820.
2. Das Lobgedicht auf Kaiser Justinus minor (J. 565 — 578; s. W.
Teuffei in Pauly's ßeal-Enc. IV. 1845. 8. 681—685) ist nach der Johannis
verfasst (praef. 35 f.: quid lihycas'gentes, quid syrtica proelia dicam, iam
libris completa meis?) und hat ein (im Anfang unvollständig erhaltenes)
Vorwort (48 Hexameter), welches den Zweck des Gedichts ehrlich aas-
spricht (v. 39 ff.): cui vincere fae est indomitas gentes, . . vince meae
saevam fortunae, deprecor, iram. . . nudatus propriis et vulnera plnrima
passus ad medicnm veni. . . hnic ego sananti . . grates semper ago et
pro munere carmina porto. (Vgl. IV, 182 ff.) Darauf folgt eine Widmung
an einen einflussreichen Hofbeamten Justin's, den quaestor Anastasips (51
Hexameter). Von dem Gedichte selbst besteht B. I aus 367 Hexametern, II
aus 430, HI aus 407, IV aus 377, ist aber am Schlüsse lückenhaft. Die
Anlage ist so weitschweifig dass diese 4 Bücher nur die ersten acht Tage
von Justin's Regierung umfassen. Die einzige Hds., nach welcher M. Ruiz
(Antv. 1581) das Gedicht herausgab, ist verschollen. Spätere Ausgaben von
Th. Dempster (Paris 1610), A. Rivinus (Lips. 1653), N. Rittershaus (Altorf
1664. 4.) und in W. Jägers Panegyrici No. XIL
3. Sammelausgabe der Epen des C, mit Abdruck der Noten u. Einl.
der Vorgänger, im Bonner Corpus scriptor. bist, byz., mit Merobaudes
(recogn. Imm. Bekker), Bonn 1836.
4. Durch zwei Handss., einen Ambrosianus (Mai, Spicileg. I. p. XXI\0
und besonders einen Bemensis saec. IX, ist überliefert Orestis tragoedia,
071 Hexameter. Der monstrOse Gedanke diesen Stoff in einem Epos zu
behandeln und dieses Epos eine tragoedia zu nennen (etwa weil der Stoff
ein trauriger ist) deutet auf eine Zeit die den classischen Traditionen
völlig fremd geworden ist. Dazu stimmen auch die zahlreichen Vulgarismen
484 f. Corippus. Orestis tnigocdia. Giegorius I. 1127
in sprachlichen Formen und Fügungen (vgl. Mähly p. XI— XX VII) und die
ganz an Fortunatus erinnernde prosodische Willkür (Mtihly, p. XXVIII —
XXXIX), wogegen die Cäsuren und Verschleifungen sogar elegant sind, und
ßeminiscenzen bes. an Vergil sowie an Statins und Lucan sehr häufig vor-
kommen (Schenkl ed. p. 20 f. Rothmaler bei Fleckeisen 95, S. 863). Mes-
sungen wie Pylädes, egistus (Aegisthus) machen unmöglich dass der Verf.
ein Grieche sei.
5. Ausgaben der Orest. trag, von C. W. Müller (Rudolstadt 1858 f. 4.),
J. Mähly (Lips. Teubner 1866. 16.), C. Schenkl (Prag 1867. 83 pp.). .
6. Beiträge zur Kritik von F. Haase (miscell. philol. III, 6. Bresl.
1861. 4.), A. Rothmaler (Nordhausen 1865. 4. Fleckeisens Jahrbb. 95, S.
861—870), L. Müller (Rhein. Mus. XXI. S. 455—467), C. Schenkl (Zeitschr.
f. Ostreich. Gymn. XVIII. 1867. S. 81—95), L. Schwabe (Dorpater Katal.
für 1867, IL 13 pp. 4.), H. Hagen (Philologus XXVII. S. 157—168).
4:85. An der Spitze der theologischen Schriftsteller des458
Jahrhunderts steht Papst Gregor I (um 540 — 604), der mit sei-
ner Abkehr von der alten Bildung, seiner Schwärmerei für das
Mönchswesen und mit seiner Leichtgläubigkeit ganz ein Sohn
seiner Zeit ist, aber durch persönliche Vorzüge, Geschick und
Festigkeit im Handeln in ihr hervorragte. Von seinen zahl-
reichen Schriften sind geschichtlich besonders wichtig seine
Briefe. Wie er um den Kirchengesang sich grosse Verdienste
erwarb, so verfasste er auch selbst Hymnen. Das hohe Ansehen
das er und seine Schriften noch lange fort genossen führte bald
zu Unterschiebungen von solchen und Einschüben in sie. Neben
ihm ist besonders sein Freund Leander zu nennen, Bischof von
Sevilla, sowie Eugippius und der Erzbischof von Braga, Martinus.
1. Gregorius aus einer reiche» und vornehmen römischen Familie,
geb. zwischen 540 und 660, praet. urb. um 571 — 574, Papst seit 590, gest.
12 März 604. E. W. Marggraff, de Gregorii M. vita, Berlin 1844. G. J. Th.
Lau, Gregor I der Grosse nach seinem Leben und seiner Lehre geschildert,
Leipzig 1845. 556 S. Pfahler, Gr. d. Gr. und seine Zeit, Frankf. 1853.
2. Greg. Tur. hist. Franc. X, 1: litteris grammaticis dialecticisque
ac rhetoricis ita erat institutus ut nulli in urbe ipsa putaretur esse se-
cundus. Sehr hyperbolisch Isid. ill. 27: tantum . . scientiae lumine prae-
ditus ut non modo illi praesentium temporum quisquam doctorum sed ncc
in praeteritis quidem illi par fuerit umquam. Dagegen Gregor selbst, im
Vorwort zur expos. in lob (Moral.): ipsam loquendi artem quam magi-
steria disciplinae exterioris insinuant servare despexi. nam . . non muta-
cismi collisionem fugio, non barbarismi confusionem devito, hiatus niotus-
que etiam et praepositionum casus servare contemno, quia indignum ve-
hementer existimo ut vcrba caelestis oräculi restringam sub regulis Donati.
Vgl. epist. YII, 32: quamvis graecae liuguae nescius, in contenüone tarnen
1128 Die Kaißerzoit-. Sechstes Jahrhundert.
vestra iudex rcscdi. Dazu Btimmt die Nachricht dcB Joann. Saresber. nng.
cur. Vm, 19 dass Or. die Bücher der palatiniscben Bibliothek habe ver-
brennen lassen, damit sie den heil. Schriften nicht Eintrag th&ten. Laa
S. 11 f.
3. Echte prosaische Scnriften: Expositio in b. lob, auch Moralia
genannt, eine praktisch allegorische Erklärung des Buchs Hiob, verfasst
zwischen J. 580 u. 590, abgetheilt in ^echs Codices und 85 Bücher und dem
B. Leander gewidmet. XXII Homilien zum Ezechiel, in zwei Büchern (um
595). XL Homilien zu den Evangelien in zwei Büchern (um 592). Regula
pastoralis, treffliche Winke über die rechte Führung des geistlichen Amtes,
dem Erzb. Johannes von Ravenna gewidmet, um 590. Vier Bücher Dia-
logen (mit dem Diakonus Petrus) über das Leben und die Wunder der
italienischen Heiligen, voll crasser Wandersucht (593 oder 594). Vierzehn
Register Briefe, geordnet nach den Jahren seines Fontificats, mit Inter-
polationen (z. B. das Privilegium des Klosters St. Medardus). Lau S.
311—319.
4. Von zweifelhafter Echtheit sind folgende Schriften: Commcntar
zum ersten Buch der Könige, in 6 Büchern; Erklärung des Hohenliedes;
Erkl. der 7 Busspsalmen; Concordia quorundam testimoniorum sacrae scri-
pturae. Lau S. 319—323.
5. Neun Hymnen des Gr. in der Bcnedictinerausgabe IIL p. 877 f.
(Migne LXXVIII. p. 849 — 851). Sie haben meist die herkömmliche Form
des dim. iamb. in vierzeiligen Strophen, zwei sapphisches Versmass. Der
Reim ist bald scharf ausgeprägt (intimum — praemium — noxium — pes-
simum) bald unbestimmt (optirae — proferens - novae - originem). Die
Sprache ist einfach. Hiatus und Einfluss des Accents wie gewöhnlich
(Honor, virtüs, imp^rium sit trinitati unicae, patri, natö, par&clcto etc.),
auch in den sapphischen Gedichten (spiritus, cuius reboät in omni, luds
aurora rutilans coruscat). Seine liturgischen Schriften (Sacramentarium,
Antiphonien) erlitten im Mittelalter von Sammlern und Ordnern vielfache
Ueberarbeitungen. Gründung von Sängerschulen, Einführung des Choral-
gesangs. Lau S. 244—298.
6. Lau S. 326 f.: Phantasie ist dem G. nicht abzusprechen, die nur
in seinen allegorischen Erklärungen häufig mit dem Verstände davonrennt.
Bei grosser Weitschweifigkeit und Gtedehntheit ist er auch wieder senten-
tiös, und seine Schriften sind eine Schatzkammer von praktischen Bemer-
kungen und geistreichen Gedanken. In seiner Texterklämng hält er sich
grösstentheils an Augustin, den er besonders verehrt, an Ambrosius und
nieronymus, doch mit einzelnen Spuren von Selbständigkeit. . . Man ver-
misst bei ihm das Systematische, selbst eine genaue Ordmmg. . . Seinen
Erklärungen legt er die lateinische Uebersetzung der h. Schrift zu Grunde,
bald die Itala bald die des Hieronymus.
* —
7. Gesammtausgaben seiner Schriften. Lyon 1516. 1539 f. foL Paris
1518. 1523 fol. Basil. ap. Frohen, cura Huldr. Coccii 1551. 1564. fol^ Ed.
To. Gillotius, Paris. 1571. 1586. Cur. Petro Tussianensi, Rom 1588—1593; 6
Voll. fol. u. sonst. Studio Petri Gussanvillaei^ Paris 1675. 3 Voll. fol.
485. Gregorius I n. A. 1129
HanptauBgabe die der Benedictiner e congreg. b, Maiiri (cur. Dionys.
Sammarthanus et Gu. Beasin), Paris. 1705, 4 Voll. fol. Abdruck Venefc.
1768—1776 von J. B. Gallicioli in 17 Voll. 4. Migne patrol. LXXV— LXXIX
(1849). Lau S. 327 f.
8. Isid. ill. 28: Leander, genitus patre Severiano, Carthaginensis
provinciae Hispaniae, . . ex monacho Hispalenais ecclesiae provinciae Bao-
ticae conatitutus epiacopus (J. *576— 596), schrieb gegen den Arianismus.
praeterea edidit unum ad Floreotinam sororem de institutione virginum et
contemptn mnndi libellnm etc. scripsit et epistolas multas ad papam Gre-
gorium et . . ad cet^ros quoque episcopos. floruit sub Recaredo, viro rcli-
gioso ac principe glorioso, unter dem er auch starb. Seine Schriften bei
Migne LXXII.
9. Martinus ans Pannonien, abbas Dumiensis, dann Erzbischof von
Braga (Braccarensis), gest. 580, nulli in litterib secundus suis temporibus
habitus, . . versicnlos qui super ostium sunt in basilica s. Martini ipse com-
posuit (Greg. Tur. bist. Franc. V, 38). floruit regnanto Teudumniiro rege
Suevorum, temporibus illis quibua lustinianus in rep. et Anatagildna Hi-
spanua imperium tenuere (Isid. ill. 22). Ausser prosaischen Schriften (oben
284, 10. Fabricius, bibl. lat. med. aet. V. p. 38 f. A. Weidner, Martini
Dum, Formula rec, Magdfjburg 1871. 4.) sind auch Verse von ihm erhalten.
Abdruck in Migne's patrol. LXXII.
10. Isid. ill. 13: Eugippius abbas (monastcrii LucuUanensis bei
Neapel) ad quendam Paschasium diaconum libellnm de vita s. monachi
Severini (f 482) transmissum brcvi stilo composuit. . . damit post consu-
latum' Tmportuni iunioris (J. 500), Anasta^io imp. regnantc. Das Erhaltene
in Migne's patrol. LXTT. Die vita Severini Noricorum apostoli hrsgg. von
M. Velser (Augsburg 1595. 4.), zuletzt auch von A. Kerschbaumor (Schaif-
hausen 1862)1 Sie ist in schlichtester Sprache geschrieben und bezeichnend
für das volksmässige Latein der Zeit. H. Sauppe, Götti. gel. Anz. 1862,
S. 1545—1552. Vgl. A. 12.
11. Isid. ill. 17: Apingius, ecclesiao Paccnsis Ilispaniarum episcopus,
discrtus lingua et scientia eruditus, interpretatus est Apocalypsim etc.
s^'ipsit et nonnulla alia. . . damit temporibus Theodi principis Gothorum.
12. Fulgentius Ferrandus, um J. 540 ecclesiae Carthaginiensis dia-
conus, Verfasser eines (erhaltenen) systematischen Breviars der canones
(breviatio canonum), s. F. Maassen, Gesch. d. Quellen d. kanonischen Bechts
I (Gratz 1870) S. 799—802. Uebcr seine vita des Fulgentius s. oben 472, 1.
Ausgabe von P. Fr. Chifflet (Divion. 1649. 4.) und in Migne's Patrol. LXVII.
Zu dem von A. Mai (scriptor. vett. nova coli. III, 2. p, 163 ff,) aus einem
cod. Casinas der Briefe des Augustin veröffentlichten Briefe des F. noch
fünf weitere, rhetorisch gehaltene (z. B. sancto patri Eugippio presbytero
Ferrandus exiguus) bei A. Eeifferscheid, Anecdota Casinensia (Bresl. 1871. 4.)
p. 6 f. (nr. 4—8).
13. lunilius, Verf. einer Schrift de partibus divinae legis, ad Primasium
episGopum in provincia Byzacena u. A. (ed. Paris^ 1556 und in Migne's
Patrol. LXVJII). Brief des Ferrandus (A. 12) an ihn bei Reifferscheid
(s. A. 12) p. 7.
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1130
Die Kaiseizeit. Secliates u. Biebentes Jahrhundert.
14. iBid. ill. 20: lustioianus, ecclesiae Valeniinoc episcopus, . . scripsit
librum Rcsponsionum ad quendam Rnsticum, de interrogatis quaestionibus
(dogmatische). . . fioniit in Hispaniis temponbos Theudi principis Go-
thorum.
15. leid. ill. 21: lustus, Orgoilitanae ecclesiae episcopus et; fratcr
praedicti lostiniani, schrieb eine allegorische Erklärung des Hohenliedes
(gedruckt bei Migne LXVII). huius quoque fratres (gleichfalls Bischöfe)
Nebridius et Elpidius quaedam scripsisse femntur.
16. Isid. ill. 29: Licinianus, Carthaginis Spartariae episcopus (um
584), in scriptaris doctus, Verfasser von zahlreichen Briefen dogmatischen
Inhalts (bei Migne LXXIl). clart^t temporibus Mauritii Aug. (J. 582—602).
occubuit Constiintinopoli.
17. Isid. ill. 30: Severus, Malacitanae sedis antistes (um 5B0), collega
et socius Liciniani episcopi (A. 16), edidit libellum unum adversng Vincentium
Gaesaraugustanae urbis episcopum (Arianer). . . est et alius eiusdem de
virginitate ad sororem libellus, qui dicitur Anulus. . . damit temporibus
praedicti imp. (des Mauricius), unter dem er auch starb.
18. Isid. ill. 32: Eutropius, ecclesiae Valentinae (in Spanien) episco-
pus, . . scripsit ad episcopum Lucianum . . epistolam etc. scripsit et ad
Pctrum episc. Ircabicensem de districtione monachorum epistolam. Bei
Migne LXXX.
486. Im siebenten Jahrhundert finden sich aus Italien
und Prankreich keine Spuren von Betrieb der Poesie, wohl aber
aus Irland und Spanien Nachahmungen der Alten. Namentlich
in den spanisch-westgothischen Kreisen war noch das meiste
geistige Leben. Dahin gehören die Bischöfe Eugenius und
lulianus von Toledo, vielleicht auch Eucheria5 sodann die Bi-
schöfe Maximus und Braulio von Saragossa.
1. Von Sisebutus (s. 487, 1. 3) aus Hdss. des Isidorus 61 correcte
Hexameter über Sonnen- und Mond -Finsternisse in der Anthol. lat 483
(II. p. 9—13) R. Vgl. L. Müller, Ehein. Mus. XXII. S. 86 f. 88 f. Anfang:
Tu foi-te in luco contendis carmine cygnis (L. Müller), . . at nos congcriee
obnubit turbida rerum ferrataeque premunt milleno milite curae, legicrepi
tundunt, latrant fora, classica turbant, et trans oceanum ferimur porro,
usque nivosus cum teneat Vasco nee parcat Cantaber horrens.
2. Von Eucheria poetria 16 Distichen Anthol. lat. 390 ß. Da v. 31
von lulianus Tolet. (A, 6) angeführt wird, so ist ein Zusammenhang zwi-
schen Beiden wahrscheinlich.
3. Von Eugenius Toletanus (t 657, s. oben 467, 5) ist vielleicht das
Gedicht de i)hilomela, Anthol. lat. 658 R. Vgl. Riese ib. II. p. 115 not.
u. p. XXXVI f. Seine Ueberreste zuletzt in Migne's Patrol. LXXXVII.
4. Isid. ill. 33: Maximus Caesaraugustanae civitatis episcopus multa
versu prosaquc componere dicitur. scripsit et brevi stilo historiolam de
486 f. Braulio, lulianus ii. A. Isidorns. 1131
hia quae temporibus Gothomm in Hißpaniis acta sunt (J. 431—644, in Fort-
setzung des Dexter), historico et composito sermone. sed et nuilta alia
scribere dicitur, quae. necdum legi. Das Erhaltene z. B. in Migne's patrol.
LXXX. p. 618—632. Fortsetzer des Max. für J. 644—668 Eutrandus, ib. p.
633—635.
5. Ildefons. ill. 12: Braulio frater loannis in Caesamugusta dece-
dentis adeptus est locum. . . clarus est iste habitus . . quibusdam opu-
sculis. scripsit vitam Aemiliani cuiusdam monachi. . . habuit sacerdotiuni
ferme XX annis. . . duravit in regimine temporibus Siscnandi, Chintilae,
Tulganis et Chindasuinthi regum. Vgl. 487, 1. 5. Seine erhaltenen Schrif-
ten (44 Briefe, vita Aemiliani, Acta de martyribus Caesaraugustanis) z. B.
in Migne's patrol. LXXX. p. 649—720.
6. lulianns, Bischof von Toledo J. 680 — 690, Verfasser eines Pro-
gnosticon futuri saeculi ad Idalium (Bischof von Barcelona) sive de prae
scientia futuri saeculi libri III, einer Demonstratio scxtae aetatis s. de
Christi adventu ad versus ludaeos libri III, gerichtet J. 686 an den König
Ervig (J. 680—687), einer Historia de Wambao (oder Wambanis) rogis Go-
thomm Toletani expeditione (J. 674 )j einer Vita Ildefonsi Toletani u. A.
(Pabric. bibl. lat. med. et inf. aet. IV. p. 198—200), zusammengedruckt in
Migne's Patrol. XCVI. luliani ep. Toi. Ars grammatica, poetica et rhe-
torica . . nunc primum edita, Rom. 1797 fol. Auszüge daraus in Keils
gramm. lat. V. p. 317 — 326 nebst H. Hagen, Anecd. Helv. p. CCIV —
#CCXXXIX. Die Ars hat theilweis katechetischo Form und schliesst sich
meist wörtlich an Donatus, Maximus Victorinus, Mallius Theodorus, Pom-
pejus an. Auch Audax und Isidorus werden schon angeführt. Keil 1. 1.
p. 313—316.
7. Gleichfalls kurz nach Isidor (welcher p. 582, 19 K. citiert wird)
verfasst ist die anonyme Schrift de dubiis nominibns, wohl hauptsächlich
nach der gleichbetitelten des Flavius Caper (oben 338, 3). Herausgegeben
ist sie zuerst von M. Haupt (an seiner Ausg. von Ovid. Hai. etc. 1838,
p. 74—105), V. Ledere, F. W. Otto (Gicssen 1850. 4.), zuletzt von H. Keil,
gramm. latt. V. p. 571—594, vgl. p. 567—570.
8. Aus saec. VII ist der berühmte codex Salmasianus == Divionensis
=» Paris. 10318 in Uncialen (vgl. 469, 12), enthaltend besonders eine Sammlung
lateinischer Gedichte; s. Riese, Anthol. lat. I. p. XII ff. XVIIl— XX. Üeber
den codex Darmstadiensis saec. VII s. oben 375, 7. 403, 6. Üeber andere
B. oben 416, 7.
487. Die bedeutendste Gestalt dieses Jahrh. ist der letzte459
Literator des römischen Reiches, der fleissige Bischof von Se-
villa, Isidorus (um 570 — 640), der bei wenig Sachkenntniss
und Urteil doch die Erhaltung und Verbreitung der alten Litera-
tur, sich angelegen sein Hess. Von seinen zahlreichen Schriften
historischen, grammatischen und theologischen Inhalts ist die
wichtigste sein weitschichtiges Werk Originum libri XX, das er
1132 Die KaiBcrzeit. Siebentes Jahrhundeii,
unvollendet hinterliess, durch die Manchfaltigkeit seines Inhaltes
und die Benützung untergegangener alter Quellen, besonders
des Suetonius. Auch seine Schrift de natura rerum hat im
Mittelalter eine grosse Rolle gespielt.
1. Praenotatio libronim d. iBidori a Braulione Caesaraagustano epi-
Bcopo (b. 486, 5) edita: Isidorus . . Hispalensis eccleeiae] episcopus, Leandri
(oben 485, 8) episcopi euccessor et germanus. flomit a tempore Manritii
imp. (J. 582 — 602) et Rcccaredi regia. . . vir in omni locutionis geuere
forniatus. . . edidit iibros differentiarnm II (Synonymik, 25S Artikel, und
de diff. spiritalibog 35 Artikel). . . prooemiorum librum unum (kurze In-
lialteangabe der Schriften des N. T.). • • de ortu et obitu patrum libram
unum. . . ad germanum suum Fnlgentium episcopum aBtigitamim o£&-
ciomm Iibros II (liturgiBcli). . . eynonymorum Iibros II (s. soliloquia, Tgl.
A. 2). . . de natura rerum ad Sisebutum regem librum unum, in quo tarn
de ccclesiasticorum doctorum quam etiam de philosophorum indagine
Dbscura quaedam de elementis absolvit (s. A. 4). de numeris librum I (vgl.
M. Gantor, mathemat. Beiträge zum Culturleben, 1863, S. 277 f.). . . de
nominibus legis et evangeliorum librum I. . . de haeresibus librum I.
. . scntentiarum Iibros III, quos floribus ez libris papae Gregorü moraJibus
docoravit. chronicorum a prineipio mundiuaque ad tempus suum Ubmm I
(s. A. 3). . . contra ludaeos postulante Florentina germana sua . . Iibros
II. . . de viris illustribus librum umim, cui nos ista subiunximus (s. A. wi).
nionasticae regul.ae libr. I. . . de origine Gothorum et regno Suevorum
et Wandaloruin historia librum 1 (ed. 1601, p. 398—404). quaestionum Iibros
II. . . etymologiarum codicem nimia magnitndine, distincium ab eo titnli»,
non libris. quem quia rogatu moo fecit, quaravis imperfectum ipse reli-
qucrit, ego in XX Iibros divisi. . . ibi redundans diyersarum artium ele-
pantia, ubi quaecunque fere sciri debentur restricta collegit (s. A. 5).
sunt et alia huius viri raulta öpuscula et in ecclesia dei multo cum Orna-
mente inscripta. quem deus post tot defcctus Hispaniae novissimis tem-
poribus snscitans, orcdo ad rostauranda antiquorum monnmenta, ne nsque-
quaque nisticiiate veterasceremus, quasi quandam apposuit destinam. . . qno
vero flnmine oloquentiae . . Acephalitarum haeresim confoderit synpdalia
gesta coram eo Hispali acta declarant. . . obiit temporibus Heraclii im-
peratoris (J. 610—641) et christianissimi Cliintilani regis (der Westgothen
J. 636 — 640; vgl. Anthol. lat. 494 R.). Ildefons. vir. ill. 9 (Isid. opp., Paris.
1601, p. 737): floruit temporibus Reccaredi, Liwanis, Witterici, Gundemari,
Sisebuthi, Suinthilani et Sisenandi regum, annis fere XL tenens pontificatas
honorem.
2. Die Aufzilhlung der Schriften des Is. durch ßraulio (A. 1) scheint in
der Hauptsache chronologisch zu sein; wenigstens stehen die unvollendeten
Etymologiae (oder Origines) am Schlüsse, und nach Fächern ist sie nicht
geordnet. Die Gesammtausgabe Paris. 1601 fol. enthält ausserdem an oben
nicht aufgezählten Schriften: de contemptu mundi, Norma vivendi, Exhor-
tatio poenitendi, nebät einem Lamentum poenitentiae (vgl. Ildef. ill. 9:
librum lameutationis, quem ipse Synonyraorum vocavit) in 6zeiligen alpha-
487. Isidorug. 1133
betisch angelegten Strophen mit absteigendem Rhythmus. Es beginnt:
Audi, Christe, tristem fletum ämarumque canticum, und schliesst: Gloriam
iam vfgil canam alphabetum finiens, tibi patri filioque, inclito paracHto,
ctti laus erit et potestas p^r aetema saecula. Ausserdem Commentare zum
A. T. (ed. 1601 p. 413—516), eine allegorische. Erklärung desselben (ib. p.
515—525) u. A.
3. Die Chronik (ed. 1601, p. 374 — 397) schliesst 'sich nach der praef.
an lulius Africanus, Eusebius-Hieronymus und Victor Tunn. (oben 476, 3 f.)
an. . . horum nos temporum summam ab exordio mundi usque ad Aug.
Heraclii et Sisebuti Gothorum regis principatum quanta potuimus brevi-
tate notavimus, adicientes e latere descendeutem lineam temporum, cuius
indicio summa praeteriti saeculi cognoscatur. Die Einth eilung nach sechß
Weltaltern, entsprechend den sechs SchOpfungstagen , ist eine Erfindung
des Is. Die Fortsetzung von Gennadius viri 111. in 33 Capp. gedruckt auch
in den Gesammtausgaben de ill. eccles. scriptoribus (oben 462, 13). W.
Wattenbach, deutsche Geschichtsquellen ' S. 62 — 64.
4. Die Schrift de natura remm (vgl. A. 1) will expedire . . rationem
dierum ac mensium, anni quoque metas, . . solis denique ac lunae cursus,
. . tempestatum signa atque . . terrae positioneni alter nosque maris aestus.
Also ein Handbuch des Wissenswürdigsten aus der Naturlehre, quae omnia
secundum id qnod a veteribus viris (bes. Sueton in den Prata, auch So-
linus und vielleicht Hyginus) ac maxime sicut in litteris catholicorum vi-
rorum (des Ambrosius u. Augustin) scripta sunt proferentes etc. Vgl. G.
Beckers Prolegg. p. VI— XXUJ. Sie v^urde im Mittelalter viel gelesen
und abgeschrieben, auch stark ausgebeutet. Vgl. G. Becker p. XXII I
—XXXIX. Gedruckt steht sie in allen Ausgaben, z. B. in der ed. Paris.
1601 p. 354—373. Eecensuit G. Becker, Berol. 1857.
5. Correspondenz des Is. mit seinem Freunde Braulio (s. 486, 5) wegen
der Origines. £p. 5: codicem etymologiarum cum aliis codicibus de itinere
transmisi et licet inemendatum prae valitudine tibi tamen modo ad emen-
dandum studueram offerre. Ep. 6: en tibi, sicut 'pol licitus sum, misi opus
de origine quaruudam rerum ex veteris lectionis recordatione coUectum
atque ita in qulbusdam annotatum sicut extat conscriptum stilo maiorum
(also wörtlich ausgeschrieben). Folgt eine Inhaltsübersicht. Die vier ersten
Bücher enthalten die artes liberales, B. V Rechtliches, VI Antiquarisches
über das A. T.; VII Christliches; VIIl Religionsgeschichtliches ; IX beginnt
das Sprachliche, das bis zu Ende (B. XX) reicht, ausser dem alphabetisch
angelegten B. X sonst in einer Sachordnung wie bei Nonius Marcel lua.
Auch diese Encyclopädie ist vorzugsweise aus Sueton's Prata entnommen,
ohne Kritik und so dass die von Sueton genannten Schriftsteller bald mit
abgeschrieben werden (wie bes. Varro, s. oben 167, 1) bald ihre Namen
durch unbestimmte Wendungen (wie gentiles, veteres, philosophi) ersetzt.
Reifferscheid, Sueton. reliqq. p. 420—433. 476 f., vgl. p. 429 (neglegentis-
simuB breviator). 431 (diversissimas res diversissimosque auctores confuu-
dere solet). 444 f. 447. 449. 454. Abdruck derselben Augsburg 1472 foL;
cum scholiis B. Vulcanii (Basil. 1577), zuletzt von F. W. Otto in Linde-
manns corpus gramm. latt. III (Lips. 1833. 4.), besser aber in Arevali'j*
1 1 34 Die Kaiscvzeit. SiobontoR Jalirh lindert.
Außg, (A. G) T. TU. IV. Die auf die Rhetorik bezuglicben Abschnitte (aus
13. 11) am besten in Halmes rhetores latt. min. p. 505 — 522, Tgl. p. XIII.
lieber die durch I&. benützten Quellen des röm. Rechts 8. H. £. Dirkseu,
hinterslasB. Schrr. I. S. 185—199.
6. Gesamratausgaben : Paris. 1580 (studio Marg. de la Bigne). foL
Cum notis J. B. Perez et J. Grial, Madriti 1599 fol. n. 1778, 2 Voll. fol.
Emendata per fratr. Jacobum du Breül, Paris 1601 fol. Colon. 1617 fol.
Hauptausgabe von Faust. Arevalus, Rom. 1797—1803. 7 Voll. 4., abge-
druckt in Migne's patrol. LXXXI— LXXXIV.
488. Um das J. 630 und wahrscheinlich im Merovinger-
reiche scheint derjenige geschrieben zu haben der unter dem
Namen Aethicus Ister und Hieronymus in fredegarischem
Latein eine christliche Kosmographie in sechs Büchern verfasste.
Nicht minder barbarisch ist der sogenannte Geographus (Ano-
nymus) Ravennas, dessen Grundlage, eine griechische Kosmo-
graphie, wohl aus dem Ende des siebenten Jahrh. stammt.
1. Das Werk gibt sich nach der Ueberschrift als Edicta Aeihici pbi-
osophi cosmogrnphi, welcher Aethicus (d. h. Ethicus) nach c. 2 Histriac
regione sophista damit primusque Codices suos Cosmographiam nuncapavit.
Ursprünglich sei es griechisch geschrieben, aber von dem Kirchenvater
Hieronymus in einen lateinischen Auszug gebracht, Behauptungen welche auf
gleicher Linie stehen mit denen des Dares (oben 464, 2). Widerlegt werden
sie schon durch die Anführung (c. 11 f.) des Bischofs Alcimus Avitas,
t 523 (oben 467, 9), und andere geschichtliche Beziehungen. Auch ist darin
Trogus Pompejus in einem Auszuge des Cassiodor benützt (F. Rühl, d.
Verbreitung des Justinus S. 6 — 10). Andererseits ist das Werk bereits ge-
kannt und benützt durch Isidor Origg. XIII u. XIV (s. Pertz p. 6, not. 13)
und Fredegar (bei Wuttke S. LV f.), welcher es meint wenn er den Hierony-
mus als Quelle für die angebliche Abstammung der Franken von den Troja-
nern bezeichnet.
2. Ausgaben von d'Avezac in den Memoires de Tacad. des inscr. XIX.
p. 230—531 (Paris 1862) und von H. Wuttke, Leipzig 1853. (136 S.), mit
einer Einleitung (CXXXIII S.), wozu 1854 die Abh. über die Echtheit des
Auszugs der Kosmographie des Istriers Aithikos.
3. Abh. von Wuttke (A. 2) und dazu C. L. Roth in den Heidelberger
Jahrbb. 1854, S. 269—277. 1865, S. 100-106. Kunstmann in d. Münchner
gel. Anz. 1854, Nr. 31—34 u. III. S. 46—60. C. A. F. Pertz, de cosmogr.
Ethici libri III, Berlin 1853. E. Wölfflin in Pauly^a Real-Enc. I, 1. S, 478.
Vgl. oben 439, 10.
4. Ueber den Geographus Ravennas s. oben 68, 2. Dazu Mommsen,
Berichte d. sächs. Ges. d. Wiss. 1851 (III). S. 80—117. G. B. de RoBsi,
sopra il cosmografo Ravennate e gli geografi citati da lui, Rom 1862.
5. Mommsen a. a. 0. S. 116 f.: „die Kosmographie ward am Endo
des Vif. Jahrh. in Ravenua in griechischer Sprache zuerst abgefasst, nicht
488. Aethicus Tater. Geographus Ilavounas». 1 1 35
lauge nachher in einer erweiterten Gestalt gleichfalls griechisch bekannt
gemacht, alsdann die erste Fassung etwa saec. IX ins Lateinische übersetzt und
zu irgend welcher Zeit ebenfalls die zweite, welche Guido von Pisa J. 1118
excerpiert hat. Im Wesentlichen ist das Werk also eines der wenigen
literarischen Erzeugnisse des Occidents aus dem VII. Jahrb., dessen ganze
Barbarei es athmet; aber die Masse der darin aufbehaltenen geographischen
Notizen gehört nur zum kleineren, vielleicht zu einem sehr kleinen Theile
dieser Zeit an. Das Buch enthält ausser den karolingischen Einschiebseln
eine Menge Angaben aus einer römischen Landkarte des dritten Jahrb."
6. Ueberlieferung des Textes hauptsächlich durch zwei Hdss., den
Pariser reg. 4794 saec. XIII oder XIV (A bei Pinder u. Parthey) und den
Urbiuas der Vaticana (961 oder 678) saec. XIII (B), wozu die Basier (C)
saec. XIV f. üeberschrift im ürb.: chosmographya, vgl. I, 18 (lectioneni
nostram öosmographiae exactionem facientes). IV, 31 (Uavenna nobilissima,
in qua licet idiota ego huius cosmographiae expositor Christo adiuvante
genitus sum). Anrede mi frater carissime (p. 1, 11 P.), Odocare (p. 32, 1).
7. Die Quellen zerfallen in zwei Classen. Die eine umfasst eine Un-
zahl römischer, griechischer, makedonischer, gothischer sog. philosophi, zu
denen auch die Amazonen Penthesileia und Marpesia (aus Jordan. Gotb.
7 f.) gehören (p. 174 f.: de qua patria subtilius agunt supra scriptus Pcn-
tesileus et Marpesius atqne Ptolomaeus rex . . philosophi) und die nur
dazu dienen um die Armseligkeit womit der Verf. fast nur aus einer ein-
zigen Quelle (einer kreisförmigen Landkarte) schöpft zu bemänteln. Die
andere ist ernsthaft und zuverlässig. Der Verf. nennt von griechischen
Theologen Athanasius von Alexandria, Basilius aus Caesarea, Epiphanius aus
Kypem, und den nefandissimus Porphyrius; von römischen Schriftstellern
Orosius (p. 50, 16. 420, 11 P.), lordanis ( chronographus, p. 205, 2. 221, 3.
422, 6; cosmographus p. 168, 12. 14. 179, 18. 185, 8; lordanus cosm. p. 29,
13), S. Gregorius (p. 159, 8) und sanctus Ysidorus Ispalensis (p. 13, 8).
Mommsen S. 115. Das Original war also nach Isidors Tod (f 636) verfasst,
auch nach J. 678 wegen p. 185, 3 ff. und weil p. 248, 7 die brundisinischo
Provinz noch Calabria heisst (Mommsen S. 116). Die Bezeichnungen iuxta,
desuper u. dgl. gelten nicht der wirklichen Lage der Oerter, sondern dem
Platze den sie auf der von dem Verf. abgeschi iebenen Karte einnahmen
(ebd. S. 97).
8. Auszüge aus dem Geogr. Bav. in einem historisch - geographischen
Abrisse welchen J. 1118 Guido in Pisa zusammenstellte (s. A. 5). Die
Hdss. desselben s. in der Ausgabe des Rav. von Pinder u. Parthey p.
X — XIII; Text ib. p. 449 — 556. Ueber die von Guido benutzte Recension
des Geogr. Rav. s. Mommsen a. a. 0. S. 109 — 113.
489. Auf der Grenze des Alterthums und Mittelalters,
zwischen dem sechsten und achten Jahrhundert, entstand eine
Anzahl von üebersetzungen griechischer Werke ins Late'inische,
besonders naturwissenschaftlichen und medicinischen Inhalts. So
fanden Uebersetzer namentlich Werke des Eukleides, Philon und
113() Die Kaiserzeit. Siebenies Jahrhundert
Heron, des Hippokrates, Dioskorides und Galenos, von Späteren
des Soranos, Oribasios und Alexander von Tralles. Durch diese
zum Theil eigens für die germanischen Stämme angefertigten
Uebersetzungen wurde der Zusammenhang der Studien zwischen
Alterthum und Neuzeit^ Komanismus und Germanenthum^ auf-
recht erhalten.
\. Uebersicht der schon in der Zeit des Cassiodor vorhandenen lat.
Uebersetznngen bei Cassiod. inst. div. 81; s. oben 456, 1. Diese üeber-
getzungen waren im Gebrauche der italienischen und fränkischen Aerzte,
dann der salernitanischen Schule, lange vor den arabischen Uebersetznngen.
2. Uebersetzung des Enklid, s. oben 375, 7.
3. Aus Philon's nvtvfuctixa (über Philonis de ingeniis spiritualibus)
ein Stack, über die Bewegung des Wassers in Röhren, in lateinischer (aus
dem Arabischen gemachter) Uebersetzung, aus londoner, pariser und
münchner Hdss.' herausgeg. von V. Rose, Anecd. graecoiat. II (1870).
S. 299—313 (mit zwei Tafeln). Vgl. ebd. S. 283—290. Die einzige hydrauli-
sche Abhandlung aus dem Alterthum.
4. Von Heron's Katoptrik eine (wohl sehr abkürzende) lateinische
Uebersetzung (mit der Ueberschrifb über Ptolomei de speculis) aus einer
erfnrter Hds. (saec. XIV Ende) herausgegeben von V. Rose; Anecd. gräecoIat.
II. S. 317—330. Vgl. ebd. S. 290—296.
5. Uebersetznngen einiger der berühmtesten hippokraÜschen Bücher,
bes. der ^qpo^idfio/, n^oyvmaTi%d, nsQl Sialrriq o^itav, n^ql diQfov vS. rdsr.
So negl diaitrig 6. I. übersetzt (saec. VI) im Paris. 7027 (nebst nsqü ißdoiue-
doav), und B. II im Sangall. 762 (p. 187: lib. IUI ippocrati de cibis vel de
potum). Besonderß häufig ist in alten Hdss. ein medicinisches Sammelwerk
in fünf Büchern, unter dem missverständlichen Titel Oribasii de simplicibus
libri V herausgegeben von Joh. Schott (Strassburg 1538 fol.), mit irriger
Uebertragnng des Anfangstitels auf das Ganze als Dynamidia (Dynameus,
dvvdfteagj de virtutibus herbarura) Hippocratis aus Vaticani saec. X a. XII
von Mai, class. auct. VII. p. 399 — 458. Aehnliche Sammlung im Sangallensis
762 (saec. IX). Buch* I ein Auszug aus Ps. Apulej. de herbis (mit Voran-
stellung der lat. Pflanzennamen); B. II (im St. Galler 762 6. I: de virtutes
herbarum) Dynamidia Hipp.; B. III (St. Galler B. II, s. p. 72: de erbas
galieni et apoll«i etc.) wieder de herbis, aus Galenos und Apulejus (mit
Voranstellung der griech. Namen). B. IV eine erweiternde Uebersetzung von
B. II der EvnoQiatcc {anXä) des Oribasius, das selbst ganz aus Galenos
entlehnt war. Das Vorwort dazu ist von J. Schott irrig dem Ganzen
vorangestellt. Vgl. oben 479, 5. u. 6. Buch V ist abermals eine (unvoll-
ständige) Aljhandlung der Simplicia in alphabetischer Ordnung, schon be-
nutzt im lateinischen Dioskorides (A. 6). Vollständig gedruckt ist dieses
Buch V als Galenus de simpl. medicamentis ad Patornianum in den Ausgaben
der Spmia des Galenos. V. Rose, Anecd. gr. II. S. 110—114 vgl. S. 120
—125 und oben 376, 4.
489 f. Uebersetzungen nach Hippokrates u. A. Aldhelmus. 1 1B7
6. Die UebersetzuDg von Dioakorides ist in ursprünglicher, in ver-
kürzter und in alphabetisch angelegter Fassung erhalten. Letztere wurde
gedruckt erstmals zu Colle (Toscana) 1478 fol. Der lateinische Bearbeiter
bat auch Zusätze gemacht, aus dem angeblichen Oribasius (BuchV, s. A. 5),
Ps. Plinius, Apuleius de herbis. Y. Böse, Anecd. IL S. 113. 119, A. 2.
7. Galeu's Therap. ad Glauc. {tä n^g rXav%iovce d'£Qansvti%ä in zwei
Büchern, auch Gal. de febribus oder de curatione febrium genannt) wurde
in lat. Üebersetzung lange gebraucht, eine der Hauptquellen des Garipotu»
(saec. Xr, salernitanische Schule). Vgl. A. 5 g. E.
8. lieber die Üebersetzung des Boranus durch Aurelianus s. oben 456,
3 ff.; des Pelagonius oben 416, 18.
9. Von dem Werke des Alexander aus Tralles unter lustinian, prakti-
scher Arzt in Rom, ßißXia tatgina Lß\ worin die Krankheiten vom Kopfe
bis zu den Füssen (mit Ausschluss der Frauenkrankheiten) abgehandelt
werden, erschien noch am Schlüsse des saec. VI eine lateinische Üeber-
setzung (gedruckt als Practica alexandri yatros, Papie 1520. 8.), die weit-
läufig ausgeschrieben ist yon Garipotus (A. 7) Passionar. IV, 4 — 18 und
wörtlich excerpiert im Ps. Plin. V; s. oben 424.
490* Schliesslich seien aus dem Ende des siebenten und4r>o
der ersten Hälfte des achten Jahrh. noch erwähnt einige eng-
lische Geistliche welche sich um die alte Literatur in ihrer Weise
Verdienste erwarben. So der Metriker Aldhelmus und der nach
dem Massstab seiner Zeit gelehrte Mönch und Polyhistor Beda
(venerabilis), sowie die beiden Erzbischöfe Tatuinus und Boni-
facius^ von welchen wir neben Anderem auch granunatische
Schriften besitzen.
1. Aldhelmus, Abt zu Malmesbury seit 675, f 709 als Bischof zu
Sherburn (Salisbury). Von ihm haben wir eine Anzahl R&thsel im Hexa-
meter (gedruckt in der Bibl. patr. III, wozu noch Nachträge aus Hemer
und Wiener Hdss.), welche ihm Anlass geben die Regeln über das heroische
Versmass in dialogischer Form vorauszuschicken (zum Theil in wörtlicher
Uebereinstimmung mit dem sog. Maximns Victorinus) und daran eine üeber-
sicht der sämmtlichen metrischen Füsse mit Beispielen aus den verschie-
denen Wortclassen anzureihen. Dieser Theil ist zuerst herausgegeben von
A. Mai (Class. auct. e vat. codd. editi, T. V. 1833. p. 501--699) unter dem
Titel: S. Aldhelmi de septenario (d. i. die Siebenzahl) et de re grammatica
ac metrica ad Acircium regem, sowie (mit den Räthseln) verbessert nach
einem cod. Paris, in Aldhelmi opera ed. I. A. Giles (Oxon. 1844) p. 216
— 329, unter dem Titel : Epistola ad Acircium , sive liber de septenano ot
de metris, aenigmatibus ac pedum regulis. Aldhelmus erwähnt auch (p.
540 Mai) das sechste Buch seiner Schrift de nomine. Ausserdem de laudi-
bus virginitatis (virginum) sowohl in Prosa als in Hexametern (letztere mit
akrostichischer praefatio ad Maximam abbatissam), sowie (gleichfalls im
epischen Masse) De VIII principalibus vitiis. Seine Verse zeigen Studium
Xxvmx^ BOm. Litoratnrgeichiohte. 2. Aafl, l'Z
1138 Die Eaiserzeit. Aus dem achten Jahrhundert.
des Sedulins, der Inhalt Benützung des Sueton (Prata) und des Solinus.
Keifferscheid, Suet reliqq. p. 449 f. Mommsen, Solin. p. XXXV. J. Caesar
in Pauly's Real-Enc. I, 1. 8. 689. H. Keil, de gramm. inf. aet. p. 6 (not.
2). Abdruck von Giles' Ausg. in Migne's patrol. LXXXIX. p. 64 — 314.
2. Beda geb. um 672 in Northumberland , Presbyter 702, f 735.
Zahlreiche Schriften (ed. Colon. 1688, 8 partes fol.; ed. J. A. Giles, Lon-
don 1843 f. 12 Bde., in Migne's patrolog. 1860 f. T. XC — XCV). In ge-
bundener Form Darstellungen der Geschichte von Heiligen und Märtyrern
in Jamben und Hexametern, u. A. von zum Theil zweifelhafter Urheber-
schaft. Unter den geschichtlichen bes. seine historia ecclesiastica gentis
Anglomm in fünf Büchern und Chronicon s. de VI huius saeculi aetatibas
(von ErschaiFung der Welt bis J. 726), beide auch in den Monumenta hi-
storica britannica by Petrie and Sharpe (London 1848. fol.) p. 83 — 289.
Ueber seine chronologischen Angaben vgl. G. Oppert in Fleckeisens Jahrbb.
91, S. 822 ff. Grammatische Schriften bes. De orthographia (üsener, Rhein.
Mus. XXIV. S. 110 ff.). De VUI partibus orationis, Cunabula grammaücae
artis Donati restituta, De schematibus et tropis (in Halms rhett. latt. min.
p. 607 — 618 vgl. p. XV), De metrica ratione u. A. aus älteren Quellen.
Mathematische (De arithmeticis numeris. De divisionibus temporum u. A.);
B. M. Cantor, mathemat Beiträge zum Culturleben ( 1863 ) S. 279 ff. Sehr
viele theologische, exegetischen und dogmatischen Inhalts, sowie Predigten.
H. Gehle, de Bedae Venerabilis presb. anglo-saxonis vita et scriptis disp.
historico-theologica, Lugd. Bat. 1838. 113 pp.
3. Tatuinus, angelsächsischer Benedictiner im Kloster Bruidune in
Mercia, zuletzt (J. 731) Erzbischof von Canterbury (vgl. Beda bist. ecci.
Angl. y, 23), t 784, Verfasser einer Grammatik (de VIII partibus orationis)
nach Donat und dessen Commentatoren ; s. A. Wilmanns, Rhein. Mus.
XXin. S. 398—401. Auch Räthsel und andere Gedichte sind von ihm er-
halten. L. Müller in Fleckeisens Jahrbb. 93, S. 666.
4. Bonifa eins (ursprünglich Winfrid), geb. 683 zu Eirton in De-
vonshire, Benedictiner, der bekannte Apostel der Deutschen, zuletzt Erz-
bischof von Mainz J. 746 — 766. Ausser Zweifelhaftem (vita s. Laevini)
haben wir von ihm besonders Briefe (s. B. et ad eum scriptae epistolae
CLVI), abgedruckt cum notis (a N. Serario), Mogunt. 1606. 1629. 4.; in der
Bibl. patr. max. XIII; bei Migne patrol. LXXXIX. Ordine chronol. dispo-
sitae, notis etc. illustr. a St. AI. Würdtwein, Mainz 1789. Dazu das Schul-
buch de VIII partibus orationis, aus cod. palat. 1746 herausgeg. von A.
Mai (class. auct. VII. p. 476 ff.). Vgl. H. Keil, de gramm. inf. aet (1868)
p. 6: simpliciter et sine ulla reconditioris doctrinae specie, sicut usus dis-
oentium requirebat, scriptus, in quo non solum Donati Ars et commentarii
in Donatum tum vulgo usurpati sed aliorum etiam grammaticorom libri
adhibiti, e Charisii vero libris complura descripta sunt. Einiges Metrische
aus derselben Hds. veröffentlicht von A. Wilmanns, Rhein. Mus. XXni.
S. 403—406. Ueber die Aenigmata des B. s. C. P. Bock im Preiburger
Diöcesanarchiv HI. Opera quae extant omnia ed. J. A. Giles, 2 Voll.
London 1844; bei Migne patrol. LXXXIX. p. 698—891.
Alphabetisches Register.
Bio Zahlen vor oinom Komma and Zahlen ohne Komma bezeichnen die Nnmor
des Textes (ParaRraphen); die Zahlen nach einem Komma beziehen sich anf die Anmerknngon.
ab actis senatus 213, 1.
abecedarii hymni 434, 8.
Ablayins 33, 2.
AbroniuB Silo 247, 14.
Abschreiben 37, 5. 39, 4.
41, 3.
Absyrtus 424, 10.
Aburnius Valens 346, 5.
ac vor Vocalen 401, 4 E.
Academica des Cicero 183,
7. des Angustin 434, 5.
Accius, L. 129, 2 ff.
Achilleis des Statins 3 16, 4.
Achilles in parthenone
394, 7.
Acholins 383, 1.
Acilia und Acilius Luca-
nus 292, 13.
Acilius, C. 126, 1.
Acilius, L. 124, 3.
Aconia 422, 1.
Acro 370, 1 f.
acrosücha 26, 7.
acta diuma oder populi
213, 2.
acta fratrum arvalium 63,
2 vgl. 76, 7.
acta senatus 213, 1.
Acte (Eintheilungin) 16,6.
actiacum bellum, Epos
247, 9.
actibus apost. (de) 483, 2 f.
actiones 86, 3. vgl. legis
actiones.
actio Rutiliana 146, 1.
actores atellanarum 9, 4.
actores comoediarum 16,
1. 16, 2. 3. 12 f.
actores secundarum 8, 7.
actores tragoediarum 13,
6.
Actorius Naso 209, 12.
actuarii 36, 7.
Aculeo 161, 6.
Adamantins Martyrius
466, 10.
Adananus 466, 13.
Adelphi des Terenz 109, 6.
Adelphius 430, 16.
Admiranda des Cicero 186,
6.
Adyentus 386, 3.
Aebutius Liberalis 284,
4 E. vgl. 292, 11.
Aelianus Tact. 339, 7.
Aelius Cordus 377, 7 g. E.
Aelius Donatus 404.
AeliusFestus Aphth.402,d.
Aelius GalluB 206, 4.
Aelius Lampridius 397, 4.
Aelius Marcianus 374, 2.
Aelius Maurus 377, 10.
Aelius Melissus 347, 3.
Aelius PaetuB (P.) 124, 1.
Aelius Paetus (Sex.) 124, 2.
Aelius Sabinus 377, 8.
Aelius Saturninus 269, 3.
Aelius Serenianus 371, 4.
Aelius Spartianus 388, 4 f.
Aelius Stilo 147, 1—3.
Aelius Tubero (L.) 169, 8.
Aelius Tubero (Q.) Stoiker
144, 2. Historiker 206,
1.
Aelius Yerus 349, 2.
Aemilia Pudentilla 362, 3.
Aemilianus ( Palladius )
406.
Aemilianus (Scipio) 137,1.
Aemilianus Strsu)0 362, 4.
Aemilius Asper 323, 3.
Aemilius Lepidus Porcina
(M.) 187, 6.
Aemilius Macer 219, 6—9.
Jurist 374, 3.
Aemilius Papinianus 366.
Aemilius Parthenianus
377, 9.
Aemilius Paulus (L.) 122,
8.
Aemilius Probus 196, 7.
Aemilius Scauru8(M.) 141,
10. Sein Urenkel (Mam.)
271, 2.
Aemilius Severianus 8, 1.
Aemilius Sura 272, 6.
Aeneaden 224, 6.
Aeneas 224, 6;
Aeneis des Vergil 224.
aenigmata 26, 1.
Aeserninus 262, 8.
aesopische Fabeln 27, 2 f.
Aesopus, Mimograph 8, 1.
Aesopus, Schauspieler 13,
6.
aestuaria 164, 6, c.
Aetherius 460, 4.
Aethicus Ister 488, 1—3.
Aethiopis 189, 9.
Aetia des Varro 164, 4.
AetiuB 462, 2. 467, 1—4.
13.
Aetna 302.
Afer, s. Domitius, Teren-
tius.
Afranius, L. 131.
Afranius Burrus 282, 2.
africanische Latinitat S.
778 v^l. 48, 6. 472, 8.
africamsche Redner 44 g.
E. vgl. S. 684, A. 6.
africanum bellum 194, 3.
Africanus (Scipio), der äl-
tere 64, 1. 122, 6. dessen
Sohn 126, 3.
Africanus, der jüngere,
137, 1.
Africanus, s. Caecilius,
Julius.
Aggenus ürbicus 440, 1.
72*
1140
Alphabetisches Register.
Agnes 483, 4. '
Agorins s. Vettias.
agraria de lege 176, 16—
18.
Agricola des Tacitus 330.
agrimensores 56.
il^rippa 217, 10—14.
Agrippina 281, 6.
A^oecius 450, 11.
Aietins Fastor 263, 6.
Akademie, alte nnd nene,
in Rom 48. Einfluss auf
Beredteamkeit 48, 4.
Akrosticha 26, 7.
akrostichische argumenta
zu Plautus 98, 2.
Alarich TL. 480, 2.
albanischer Agon 314, 4.
Albericus 41, 12.
Albinovanus s. Celsus und
Pedo.
Albinus 42S, 4. 438, 6. 447,
1 f. 470, 1. Rhetor 44, 10.
Philosoph 49, 4. Redner
145, 7. Dichter 247, 6 g.
E.u. 379, 10. Metriker
400, 5. Auch s. Clodius
und Postumius.
Albius TibulluB 240.
Albucius, L. 189, 1.
AlbuciuB, T. 145, 4.
Albucius Silus 263, 4.
album 74, 2 f. 75, 5.
Alchemie 401, 3 g. E.
Alcimus 410, 3. vgl. 467, 9.
Aldhelmus 490, 1.
Alethius 410, 2 f. 433, 8.
Alexander Neckam 443, 5.
Alexander Numenius 444,
1.
Alexander Polyhistor 158,
1.
Alexander Severus 371, 4.
Alexander Trall. 489, 9.
Alexandri itinerarium
406, 4.
alexandrinum bellum 194,
1 u. 3.
Alexis 221, 2.
Alfenus Fortunatus 34, 3.
Alfenus Varus 205, 3 vgl.
220, 3.
Alfius Historiker 142, 7.
Alfins (Alphius) Avitus
379, 1.
Alfius Flavus 263, 9.
Alfred d. Gr. 470, 4.
alimentariae ( tabulae )
326, 8 b.
Alliteration S. 136.
Alphabet (lateinisches) 8.
136 f. vgl. 281, 3. versus
de alph. 442, 5.
Alphius s. Alfius.]
Alpinus 189, 9 g. E.
Alterthumsforschung bei
den Römern 41.
Alypius 418, 6. 441, 4.
Amafinius 170, 1. 3.
Amaryllis 222, 2.
Amazonis 238, 8. %
Ambivius, L. 16, 12 f.; M.
52, 8.
Ambrosianus des Plautus
96, 3 f.
Ambrosius 427.
amicitia (de) von Cic. 183,
14.
Ammianus Marcellinus
421, 5—12.
amöbäische Form 3, 2. J
Amoenus 467, 2.
Amores des Ovid 243, 1 f.
Ampelins 355, 1 — 3. —
459, 4.
Amphitruo des Plautus 95,
1.
Ampius Baibus 209, 11.
anacycüci versus 32, 9.
Anakreonteen 453, 5.
analogia (de) von Caesar
192, 4.
Anastasius429, 10 (Papst).
Panegyrikus auf Kaiser
A. 473, 7. vgl. 484, 2.
Anatolius 480, 6.
Anauni 281, 5.
Andria des Terenz 109, 1.
Andronicus (Livius) 92.
AndronicuB ( Pompilius J
156, 6.
Anecdota des Cicero 185, 5.
Anecdotum Parisinum
295, 4.
angelsächsisch 470, 4.
Anianus 437, 3. 480, 2.
Anicia Proba 430, 15.
Anicius lulianus 419, 1.
Anicius Probus 413, 4.
Annaeus Comutus 294, 2.
Annaeus Lucanus 298.
Annaeus Mela 264, 2 vgl.
298, 2.
Annaeus Novatus 263, 7.
Annaeus Seneca, Vater
264; Sohn 282—285.
Annaeus Serenus 282, 2.
annales 37, 2. annales
pontificum 74. annales
maximi 74,1—6.
Annales des Ennius 100.
des Tacitus 333.
annalis des Atticus 169,
2, b.
Annali steh 37. 66, 5.
Annianus 349, 3.
Annius (G.) 19, 3.
Annius Bassus 336, 11.
Annius Cimber 206, 12.
Annius Fetialis 254, 8.
Annius Florus 336, 7.
Annius Luscus 141, 6.
Anonymus Einsiedlensis
406, 8.
Anonymus Norisianus
407, 2 (III).
Anonymus Ravennaa 488,
4flf.
Anonymus Yalesii 421, 13.
Anser 210, 8.
Anthedius 419, 8. 459, 4.
Anthianus 374, 6.
Anthimus 479, 1—3.
Anthologia latma 31, 4.
Anthologie, erotische 31,
1.
Antias (Valerius) 162, 2 ß.
Anticatp des Caesar 192, 7.
Antidota 425, 2.
Antiochius 437, 6.
Antiochus ( Philosoph )
154, 5 £.168,6.-454,1.
Antipater Acanth. 464, 1.
Antipater, Caelius 142, 5f.
Antipater Gallus 383, 8.
antiquitatum libri des
Varro 164, 4.
Antistius Capella 365, 1.
Antistius Labeo 199, 6.
der Sohn 260, 1 f.
Antistius, P. 150, 4.
Antistius Sosianus 33, 2.
Antonini itinerarium 406,
2.
Antoninus Aquila 360, 6.
Antoninus philoaophus
359.
Antoninus Pius 350, 1 f.
Antonius (Redner) 419, 2.
Antonius Castor 278, 2.
Antonius Gnipho 166, 5.
Antonius Honoratufl 462, 6.
Antonius lulianus 809, 7.
— 346, 1.
Antonius, lulus 237, 6.
Antonius Liberalis 292, 1 1 .
Antonius, M. der Redner
149, 1 f.
Antonius, M. der Triumvir
206, 3.
Alphabetisches Register.
1141
Antonius Musa 258, 10.
Antonius Kufus 249, 5.
auulo (de) 246, ß.
Apelles 454, 1. Tragöde
13, 5.
Aper, M. 310, 3.
apez 196, 4 E.
Aphthonius 403, 3.
Apicius 278, 4.
ApingiuB 485, 11.
Apocolocyntosis des ße-
neca 284, 7.
Apollinari« 460, 2. Tragö-
de 13, 6. Kritiker 323, 4.
Vgl. AureliuB, Sulpicius
und Sidonius.
ApoUodorus Pergamenus
43, 10.
Apolloniense monumen-
tum 217, 4.
ApoUonins Chalced. und
Nicomed. 354, 2. Dysco-
Ins 359, 9. Tyaneus 362,
3. Tyrius 48*1.
apologeticum des Tertul-
lian 369, 4.
apologeticum Carmen des
CommodianuB 380, 3.^
Apologia des Apulejus
363, 1.
Apophthegmata des Gato
120, 5; des Caesar 192, 5.
Appendix fahb. 279, 4.
Appianus 352, 3.
Appius s. Claudius.
Applaudieren 44, 4. 459, 3.
Apuleius, L. 41, 1.
Apuleius aus Madaura
362 f.
Apuleius Barbarus 363,
7 b.
Apuleius Celsus 289, 2.
Apuleius minor 363, 10.
Apuleius Satuminus 145,
7.
Aquae apoUinares 406, 5.
Aquila 188, 4. 370, 8. Ju-
rist 374, 5. Aq.EomanuB
384. Vgl. Antoninus.
Aquiliuus 423, 4.
Aquilius, Palliatendichter
106, 3.
Aquilius Gallus 171, 1 f.
Aquilius Regulus 321, 3.
Aquilius Severus 415, 7.
Aquinus 208, 5. Vgl. Ju-
lius.
aquis (de) von Frontinus
322, 6.
AradiuB Bufinus 41 6, 2.
Aratea des Cicero 186, 2;
des Germanicus 2 70, 6 ff. ;
des Avienus 413, 2.
Arator 483, 1-3.
Arbiter s. Petronius.
Arbo^ast 467, 1.
arbonbuB (de) von Co-
lumella 288, 3.
Arborius 410, 5.
Arbronius Silo 247, 14.
Arcadius Charisius 399, 2.
Archagathus 53, 1.
Arcbelans, Laelius 147, 4.
Archia, pro 176, 26.
archimimae 8, 8.
archimimus 7, 2 E. 8, 7.
Archippus 324, 7.;
Architectur 56.
Ardea 67, 4.
Arellius Fuscus 263, 3.
Argentaria PoUa 298, 4.
Argentarius 263, 6 E.
Argonautica des Varro
Atacinus 208, 1 ; des Va-
lerius Flaccus 312.
Argumenta zu den plau-
tinischen Stücken 98, 2.
Aristides (Miles.) 153, 4.
348, 1. — 369, 10.
AristiuB Fuscus 237, 1.
Aristo 6. Titius.
armenischer Eusebius 428,
8.
ArmillatuB 321, 5.
Arnobius 392 ; iunior 462,
1.
Arrianus 223, 2 g. E. Ni-
comed. 352, 4.
Arrianus (Maturus und
Severus) 387, 8.
Arrius Antoninus 319, 4.
Arrius'Men ander 367, 4.
Arruntius, L. 254, 7. vgl.
289, 1.
Arruntius Celsus 353, 3.
Arruntius Stella 318, 1.
ars amatoria des Ovid
243, 5. vgl. 242, 3.
ars Bemensis 474, 7.
ars Donati 404, 2.
ars poetica des Horaz 234,
6 ff.
ars vaticana 295, 8 b. vgl.
412, 12.
Artemidorus 314, 6. —
352, 4.
artes liberales 164, 6, a.
ArtoriuB Proculus 258, 4.
aruales fratres 63.
Arulenua Rusticus 324, 2.
vgl. 311, 1.
Arusianus 420, 4.
Arzneimittellehren 58.
Ärzte in Rom 53, 1.
Asclepiodotus 388, 8.
A8clei)ius 363, 7. 453, 7.
Asconius Ped. 290. Sein
Sohn 315, 3 E.
Asellio, Sempronius 142, 9.
Asellius Sabinus 269, 1.
asianische Beredtsamkeit
43, 11.
AsiliuB und Asillius 269, 1.
AsinariadesPlautus 95, 2.
Asinius Cornelius 227, 5.
AsiniuB Gallus 271, 3.
AsiniuB PoUio 218 mit A.
1-7.
Asinius Pollio aus Tralles
218, 3.
Asinius Quadratus 377, 2.
Asklepiades aus EHazo-
menä 215, 3.
Asklepiades aus Prusa 63,
1.
AsmoniuB 400, 6.
Aspar 452, 2.
Asper 474, 4.
Asper (Aemilius) 323, 3.
aspiratione (de) 465, 5.
Asprenas und Asprenates
262, 2.
asse (de) 339, 5.
Ästeris 318, 1.
Asterius 466, 5.
astris, de von Caesar 192,6.
Astrologie 50.
Astronomie bei den Rö-
mern 50.
astronomia des Hygiuus
257, 6.
astronomica des Manilius
248, 2—8.
Astyanax 383, 5.
Atacinus (Varro) 208, 1. '
Atedius Melior 319, 1.
Ateius Capito 260, 8 f.
Ateius, G. 171, 5.
AteiuB Philologus 207, 1.
Ateius Sanctus 365, 1.
Atellanae 9 f.
Atellani 9, 4 f.
Aterianus 383, 4 f.
Athanasius 462, 12.
Atherianns 383, 4.
Atilicinus 293, 4.'
Atilius Caiatinus 81, 3.
AtiliuB Fortunatianus 400,
7.
^-
1142
AlphabetißcheB Regibtor.
Atiliiis, L., Jurist 124, 4.
Atilius, Palliaiendichter
106, 2. Schauepioler 16,
13 vgl 106, 2.
Atxatinus 206, 10.
Atta, 8. QuintiuB.
Attalos 277, 5.
Atticus, T.Fomponins 169
mit A. 1 f. CiceroB Briefe
an ihn 181, 2. Auch b.
luliuB.
Atticus Mimograph 8, 1.
AtticuB des Ovid 242, 2.
Atticus (Rhetor) 48, 10.
Atticus (Herodes) 352, 2.
attische Beredtsamkeit 43,
11. vgl. 8. 269. 268.
AttiuB, L. 129, 2 ff.
Attius (Labeo) 803, 5.
Attius Fatera und Tiro
Delphidius 396, 8.
auctoritas prüden tum 46.
aucupio (de) 882, 8.
Audax 441, 7. 474, 6.
Aufidia 218, 9 E.
Aufidius, Cn. 142, 3.
Aufidius BasBUs 272, 2.
Aufidius Ghius 323, 1.
Aufidius Fronto 360, 2.
Aufidius Namusa und
Tucca 171, 6.
Aufidius Yictorinus 360, 2.
Aufschriften auf Weih-
geschenken u. s. w. 81.
Aufustius 196, 16.
Augenärzte 53, 2.
Auguralschriftsteller 196,
10 ff.
augurüs, de von Cicero
183, 20.
Augurinus (Scntius oder
Serius) 327, 6.
augurum libri etc. 75, If.
augustae hist. scriptores
388.
augusteische Zeit 216. S.
417 ff.
Augustinus 434.
Augustodunum 387, 7. 8.
Augustus 217, 1 — 5 vgl.
S. 422 f. Verhältniss zu
Horaz 230, 3.
Auianus 443 ; novus 443, 5.
Auienus 413.
Auitus 437, 6 E. 460, 2 u.
4. 467, 9; auch s. Alfius
u. Octavius.
Aulularia dos Flautns 95,
3.
Aurelianus 383, 11; auch
s. Caelius.
Aurelius (Bischof) 449, 2.
Aurelius, M. 359.
Aurelins Apollinaris 381,
3.
Aureliui Augustinus 434.
Aurelius Charisius 899, 2.
Aurelius Cotta 150, 4.
Aurelius Cotta Maximus
262, 6.
Aurelius Festivus 388, 10.
Aurelius 0|)iliu8 156, 4.
Aurelius Fhilippus 375, 10.
Aurelius Pruaentius 430.
Aurelius Scaurus 145, 7.
Aurelius Verus 877, 11.
Aurelius Victor 408, 1 E.
Sex. 408, 1—3.
AusoniuB 414.
Auspicius 467, 1.
Authenticum 480, 9.
Autobiographen 37, 9.
AuxaniuB 459, 11.
axamenta 62.
Bacchides des Flautus 95,
9.
Bachiarius 437, 6.
Baebius, C. 160, 5.
Baebius Macrianus 875,
10.
Baebius Massa 321, 4.
Balbi 158, 1.
Balbinus s. Caelius.
Balbo, pro 176, 36.
BalbuB, s. Ampius, Cor-
nelius, Herennius, Lao-
lius.
Baibus mensor 339, 3 f.
Balista 225, 1, A. 1.
Bandusia 229, 5 a. E.
Bantina tabula 160, 1.
Barea Soranus 294, 8.
Barth (Caspar) 318, 5.
Basilides 354, 2.
basis capitolina 348, 6.
Bassinus 391, 2.
Bassula 435, 1. 5.
Bassulus 327, 8.
Bassus249,4. 313, 2. 319,
2. 397, 2. 898, 2. 441, 8.
Vgl. Aufidius, Caesius,
Gavius, lulins, Saleius.
Batrachus 422, 2.
Battarus 197, 2.
Bavius 228, 2.
Beda ( Venerabilis) 490, 2.
Beinamen 3, 1.
Belisarius schol. 466, 5.
Bella des Sallust 203, 7.
Bellicus 456, 4.
bellum civile des Caesar
19.3, 11 f.; desLucan 298,
9; bei Petronius 300, 3 f.;
b. dacicum 827,3; istri-
cum 129, 1; parÜiicam
327, 3; siculum 247, 5.
Bembinus 108, 2—5.
Beredtsamkeit bei den
Römern 42—44.
Bertechramnus 483, 12.
Beschreibungen im Epoä
20, 1.
Beschwörungsformeln 83,
1.
Bestia (L.) 145, 7.
Beülienus 160, 8.
beionica 363, 7 b.
Betutius 150, 8.
Bibaculus 189, 8 ff.
Bibelübersetzungen 416,
10—12.
Bibliotheken in Rom, S.
257 u. 423; palatina257,
1.
Bibulus, 8. Calpurnius.
Biographien 39, 3.
Bissula 414, 1.
Blaesus 260, 5.
Blandus 44, 1 vgl. 261, 10.
Blossius 144, 1.
Bocchus 286, 4.
Boeotia 106, 3.
BoetiuB 470.
Bonifacius 490, 4.
BosphoruB S. 137, A. 2.
Botanik 51.
Brachylogus 480, 12 £.
Braulio 486, 5.
Breviarium des Eutrop
409, 1—6; des Sex.Rufus
409, 7; Alarici 480, 2.
breviatio des Jord. 477, 5.
Brief, poetischer 25.
Briefe (und Briefsamm-
lungen) 45. Cicero'8l80f.
an Cicero 214, 2; ad Cae-
sarem 203, 5; des Horaz
234; des Seneca 284, 5.
Briefform 45, 1.
Bruttedius Niger 271 , 6.
Brutus 8. lunius.
Brutus von Cicero 1 79, 3 ;
praetexta von Cassius
209, 4.
Bucco 9, 3.
Alphabetisches Register.
1143
bucolica 29, 1 ; des Vcrgil
222.
Buculeias 151, 4.
Bühne in Rom 6, 3.
Burdigalense itinerarium
406, 3. Burdig. profess.
S. 950 d.
Burgundionum lex 480, 3.
CaeciliuB 210, 4.
CaecüiuB Africanus 356, 3.
Caeoilius Apnleius 363, 10.
Gaecilius Epirota 258, 1.
CaeciliusMetellii8(Q.) 122,
2. Celer 168, 8 vgl. 211,
3. MacedonicuB 137, 7.
Nepos 168, 8 vgl. 214, 3.
Nnmidicns 145, 3.
Caeoilius Natalis 368, 2.
Gaecilius Niger 176, 5, 1.
Gaecilius Secundus 322,
17.
Gaecilius Statins 105.
Gaecina, A. 196, 13.
Gaecina, pro 176, 13.
Gaelestinus 295, 8 E. 383,
2. vgl. 461, 3.
GaelestiuB 437, 2.
Gaelio, pro 176, 34.
GaeliuB Antipater 142, 5 f.
GaeliuB Apicius 278, 4.
Gaelius Aurelianus 456.
Caelius Balbinus 379, 7.
Gaelius Rufus 206, 5 ff.
Gaelius Sabinus 311, 1 ff.
Gaepasii 168, 10.
Gaepio 278, 1.
Gaerellius 375, 5.
Gaesar, G.Iulius 191 — 193.
Sein Godificationsplan
199, 1.
Gaesar, L. 196, 12.
GaesariuB 462, 2.
Gaesellius Vindex 338, 4.
Gaesennius 52, 4. ^'
Gaesius 208, 5.
Gaesius Bassus 299, 1 — 3.
Gaesius Primus und Tau-
rinuB 394, 4.
Gaesonius Maximus 282, 1.
Galbulus 468, 7.
Galenus 318, 6.
GalidiuB, M. 200, 1.
Galidus s. lulius.
Galipla 281, 1.
Galhopius 108, 2.
GallistratuB (Jurist) 367,2.
Gallistus 289, 3.
GalpetanuB 289, 1.
Galpurnius Bibulus 250, 4.
Galpumius Flaccus 346, 9.
Galpurnius Longinus 356,
8.
Galpurnius Piso, unter Ga-
ligula 296, 1 ; unter Tra-
Jan 327, 5. Auch s. Piso.
Galpurnius Piso Frugi (L.)
138, 4.
Galpumius 3iculus 301,
1—6.
Galpumius Statura 299, 1.
Galvisius Taurus 848, 2.
Galvus 57, 1. 324, 8. 360,
lOg.E. Auch s. Licinius.
Gamerinus 247, 8.
Gamillus 171, 8.
Gampanus 337, 9.
Ganinius Rufiis 327, 3.
GaniuB Rufus 319, 2.
canticum im Mimus 8, 1 1 ;
in der Atellana 10, 2 ; Tra-
gödie 13, 4; in der pal-
Hat^ 16, 3 — 6; in der
togata 17, 5.
Ganutius 150, 5 E.
Gapella 249, 3. Marianus
245. vgl. Antistius.
Gaper (Flavius) 338, 3*.
Gapito 263, 10. — 409,
2. 5. V^l. Ateius, Sin-
nius, TifiniuB.
capitolinische Agonen
314, 4; Fasten 73, 2 ff.
Gapitolinus s. Gomelius
und luliuB.
GapreoluB 449, 2.
Gaptivi des Plautus 95, 4.
Garacalla 371, 1.
Garbo s. Papirius.
Carmen 59, 2; Carmen sa-
liare 62 ; carmen de figu-
ris 444, 1; de ponderi-
bus 444, 2; de librae par-
tibuB 473, 10; codicis
Par. 8084 s. 410, 14.
Garmentis 64, 1.
carmina triumphalia 74.
Garminius 412, 13.
Garthago 446, 2.
Gartilius 276, 3.
Garailius (Sp.) 127 und
S. 136.
Gamilius Pictor 221, 3.
Garns bei Ovid 247, 7;
beiMartial 319, 2. Auch
8. Mettius.
Gasca 304, 1.
Gascellius (A.)_199, 4.
Gasina des Plautus 95, 6.
Gassiani 293, 3.
Gassianus 450, 1—3.
Gassii 209, 7.
Gassiodorus 475.
Gassius Dio 377, 1.
Gassius DionysiuB 52, 1.
H^assius EtruBCus 209, 8.
Gassius Felix 456, 2.
Gassius Hemina 138, 1.
Gassius Longinus 209, 6.
GasBius Longinus, Jurist
293, 3. Geschichtschrei-
ber 344, 3.
Gassius Parmensis 209, 7.
Gassius Salanus 262, 9.
GassiuB Sevems 262, 11.
Castalius 477, 2 u. 5.
Gastor, s. Antonius.
Gastricius (T.) 346, 2.
catachannae 341, 3.
Gatalecta 225, 5 mit A.
1—8.
Gatholica 295, 8.
Gfktilina 54, 2.
Gatilina des Sallust 203, 2.
catilinarische Reden Gi-
cero*8 176, 20—23.
Gatilius Severus 371, 4.
Gatius Fronto 336, 4.
Gatius Insuber 170, 3.
Gato s. Valerius.
Gatophilo8ophu8 24, 2—6.
in Africa 468, 7.
Gato der ältere 117—121.
dessen Sohn 124, 6.
Gato (maior) des Gicero
183, 11.
Gato (minor) des Gicero
177, 6.
Gato üticensis 198. vgl.
212, 2.
Gatullus 211 vgl. 225, 2.
Xa,m X. O, XjLm A.
Gatullus Mimograph 280^
1.
GatuluB s. Cinna und Lu-
tatius; des Gicero 183, 7
mit A. 1.
Gatulus Cinna 354, 2.
Gatuspreab. 472, 2. 4. 6. 7.
causidici 44, 4 u. 7. 47, 3.
GeioniuB Albinus 400, 5.
Geionius lulianus 397, 2.
Gelaus s. Apuleius, Airun-
tius, Cornelius, lulius,
luventins.
Celsus bei Baibus 339,
3 g. E.
Celsus AlbinovanuB 237, 5.
T.
1
1144
Celans, Epikureer 364, 9.
Celsus paier Sil, 4.
Celsus Rufos 897, 2.
Cenaorinos 376, 4->9.
Centimeter desPs. Serviua
423, 4.
centoneB 26, 3 — 6 Tgl. 466,
4. 469, 8. nuptialiB de»
AoBoniaB S. 961.
centunculuB 8, 10.
Cepurica-68, 4.
Cerealis 462, 8. TgLIulius.
GerinthiiB 240, 8.
certamen albanum, capi-
tolinum 814, 4. vgl. 8.
583, A. 4.
CenudiuB Scaevola 364,
1—4.
Cettiiis Plus 263, 6.
Cethegas s. Cornelius.
Chaeremon 324, 6.
CbalcidiuB 472, 7.
characteresdesVarro 164,
6, e.
Charaz 864, 7.
Charibert 469, 11.
Chariuus, Jurist 399, 2.
Grammatiker 412, 1—6.
Chilperich 469, 11.
ChinuB FortunatianuB
420, 6.
Choliamben 33, 2 f.
Chor im Pantomimus 8,
U E. in der röm. Tragö-
die 18, 6. in der palliata
16, 5. in der togata 17, 6.
Chorographia des Cicero
186, 7.
Chorographia pliniana
808 7.
Christenthum S. 7 78. 902 f.
vg^l. 868, 4. 381, 6. —
christliche Epiker 21.
ChromatiuB 429, 11.
chronica des Cornelius
Nepos 195, 4, 2.
Chronik des Hieronymus
428, 7 ; des Dezter 429,
9 ; Prosper 468, 2 f. ; Cas-
siodor 475, 3; Marcelli-
nus n. A. 476.
Chroniken (Stadtchron.,
HauB- n. Famillenchron.)
78.
Chronograph von 354 n.
Chr. 407.
Cicero (M.) 8. 268 f. 264.
§. 172 ~- 186. Herausge-
ber des Lucretins ? 201, 2.
Cicero (Q.) 187.
Alpbabetischee Begisier.
ciceronische Zeit S. 255 ff.
Cicuta des HarsuB 238, 2.
Cimber b. Annins.
CinciuB, L. Alimentus 116.
Cincius, Jurist 116, 4.
Historiker 250, 9. Schau-
spieler 16, 12.
Cinna 171, 6. Catulus
354, 2.
Cinna, Helvius 210, 2 f.
Ciris 225, 2, mit A. 1—4.
Cistellaria des Plautus
95, 7.
CiUte (erdichtete) 459, 17.
Citiergesets 446, 3.
civile bellum s. bellum
civ.
civitate (de) dei von Au-
gustin 434, 10.
Claranus 828, 5.
Claudia des Statius 316, 2.
andere 435, 6.
Claudianus 483; Mamer-
tuB 461, S>-6.
Claudii hymnus 398, 9.
Claudius 417, 1.
Claudius (Acilianus) 126,
1; Kaiser 281, 2—5;
Grammatiker 423^ 9; 439,
7:
Claudius Aeseminus 262,
8.
Claudius Agaturrinus 294,
11.
ClaudiuB (Ap.) Caecus 88.
Claudius Capito 336, 4.
Claudius Donatus 423, 5
—8.
Claudius Etruscus 316, 2.
Claudius Eustheniua 388,
9.
ClaudiuB Gk>rdianu8 472,
10.
Claudius Mamt^rtinus 410,
7 f.
Claudius Marcellinua 336,
4.
Claudius Marcellua (C.)
196, 10. (M.) 262, 8.
Claudius Marius Victor
457, 6—7.
Claudius Maximns 354, 4.
Claudius Pollio 336, 11.
Claudius (Ap.) Pulcher
(Censor618d.St.)141,2.
Claudius (Ap.) Pulcher
196, 10.
Claudius Qvadrigariua
152, 1.
ClandiuaBestitutua 336, 4.
Claudius Sacerdoa 390.
Claudiua Saturninns 356,
6.
Claudius Severus 354, 2.
Claudius Tryphoninue
367, 8.
Claudius Venacus 371, 4.
Cledonius 465, 1.
Clemens s. Pactumeius.
Clitarchus 153, 2.
Cloatius Yerus 388, 5.
Clodia211, 3 vgl. 206, 6.
7E.
Ciodianus 41, 10.
Clodius Historiker 142, 8.
Clodius Albinua 865, 6.
Clodius^ Licinus 254, 6.
Clodius Pollio 281, 9:
Clodius Pulcher 200, 6.
Clodius Quirinalis 292, 10.
Clodius Sabinus 263, 10.
Clodius, Ser. 156, 9.
Clodius, Sex. 207, 5.
Clodius Turrinus 263, 3.
10.
Clodius TuBCUB 258, 6.
Cluentio, pro 176, 15.
Cluvius Bttfus 809, 2.
CocceiuB Nerva 276, 2.
filius 293, 2. Kaiser 325,
1.
codex GregorianuB und
Hermog. 389. Theodo-
sianus 454. luatinianeoi"
480, 4 f. Salmasianua 486,
8. Yossianua 304. 469,
14.
Codrus 228, 1. — 819, 3.
Coelius 8. Caelius.
Coeranua 294, 8.
coUatio legum mos. 432.
coUegium poetarum 92, 7.
129, 3.
coloniarum libri 339, 4.
Columella 288. M. Colu-
mella 288, 1.
columna rostrata 81, 4.
comici 15, 1.
Cominianus 400, 1—3.
Cominius (P.) 43, 4.
Cominius 269, 3.
commentarii von Cicero
177, 4 vgl. 171, 3; 185,
4; von Caesar 193; von
Gajus 367, 4.
commentarii augurum 75,
2.
commentarii censorum 76,
3.
Alphabetisches BegUter«
1145
commentarii consulutn
etc. 76, 1,
commentarii magistratu-
um 76.
commentarii pontificuro
71.
commentarii XVvirum 75,
4.
commentarii recfam 70.
commentator Cmquianus
ComminianuB 400, 1 — 3.
Commodianua 380.
Commodns 365, 1 f.
commonitorium des Vin-
centius 451; de» Orien-
tiuB 457, 8 f.
communeshistoriae 146,4.
comoedia 12, 1. 15, 1.
16, 2. 17, 2.
connputuB paschalis 475, 2.
confeBsiones des Augustin
434, 9.
ConBentiuB 459, 5. Gram-
matiker 465, 3.
Consolatio des Cicero 183,
1. des Boetins 470, 3 f.
Consolatio ad Liviam 246,
6.
Oonsonanten (auslauten-
de) unhörbar 415, 2.
143, 3.
Constantinus, Kaiser 395,
1 f. 396. 1 f. Beden auf
ihn 387, 8. 396, 4 — 7.
vgl. 397, 3. 4. 6. 398, 1 f.
421, 13.
Constantinus, Jurist 480,
4—6.
Constantius ( Sohn von
Constantin) 395. 2. 396,
1 E. Beden auf ihn 387,
8.anihn406,4. 411. 1.4.
OonstantiuB Afr. 426, 7 f.
Constantius des Sidonius
459, 10. 460, 6.
Constitutiones 47. 2. vgl.
889, 2. Sirmondi 454, 8.
consulere 46, 5.
Consulnverzeichnisse 73,
2—5. 407, 2 (III). 463,
5. 475, 3.
consultatio 455.
Contamination 16, 10. vgl.
222, 2.
controversiae 44. 5; des
Seneca 264, 4 ff.
coHuersio 475, 2 M.
Copa 225, 4 mit A. 1 f.
Corbulo 286, 3.
Cordubenses poetae 247^
10.
Cordus 6. CremutiuB und
luniuB.
Corinna 243, 2.
CorippuB 484, 1—3.
Cornelia (Briefe) 122. 6.
Comelianae des Cicero
177, 1. :
Cornelius 93, 8.
Cornelius, L. 160. 6.
Cornelius Alexander 257,
1. Alpinus 189, 9 g. E.
Cornelius Balbus (maior)
194, 2; minor 206, 4.
Cornelius ßocchus 286, 4.
Cornelius Capitolinus 383,
6.
Cornelius Celsus 275.
Cornelius CethegU8l22, 3.
Cornelius Cossus 81, 1.
Cornelius Epicadus 156, 8.
Cornelius Gallus 227.
Cornelius Labeo 258, 7.
Cornelius Lentulus 168, 7.
Cornelius Maximus 151.7.
Cornelius Minicianus 336,
4.
Cornelius Nepos 195. ^^
Cornelius Priscianus 356,
8.
Cornelius Scipio s. Scipio.
Cornelius Severus 247, 5.
Cornelius Sisenna 153, 1 ff.
Cornelius Sulla 154, 1—3.
Cornelius Tacitus 328—
334.
' Cornelius Valerianus 51,1.
Comificia 206, 2.
Cornificii 159, 4. 206, 2.
Cornificius 159, 4.
Comißcius Dichter 206. 2.
Cornificius Grammatiker
206, 2 g. E. •
Comutus 240. 3. — 294, 2.
Comutus , Commentator
des Persius 297, 6; des
Juvenal 326, 7.
Coronatus 468, 6.
Coruinus (Messala) 218,
8—12.
Coruncanius. Ti. 87, 1. 2.
Cosconius, C. 145, 1.
Cosconius, Q. 156, 7.
cosmographia 439, 10. 488,
1 ff.
Cotta, s. Aurelius und Ya-
lerius.
Cotta, L. 156, 13.
Cottius 318, 5.
Crassicius (L.) 258, 2.
Crassus s. Licinius.
Crates 41, 1.
Cratinus 480, 6 E.
Cremutius Cordus 272, 1.
Cremutius Buso 336, 4.
crepidata 14, 2.
Crescens 354, 8.
Cresconius 429, 6.
Crispinus (Plotius) 261, 3.
— 321, 11.
Crispus s. Passienus, Sal-
histius, Vibius.
Crispus, Sohn des K. Con-
stantin 393, 1.
Culex 225. 1 mit A. 4—6.
Curculio df^sPlautus 95, 5.
Curiatius Maternus 313, 1 .
Curionumfamilia 141, 12.
vgl. Scribonius.
Curiosiim urbis Bomao
406, 7.
Cürius Fortunatianus 377,
7.
Curtius Tnstus 376. 5.
Curtius Montanus 299, 5.
Curtius Nicias 197, 4.
Curtius Bufus 2$frr
Curtius Valerianus 465, 10.
Cvnegetica des Gratius
248, 1 ; des Nemesianus
.382. 1 f.
Cvnthia des Propertius
241. 1. 3.
Cvnthius Cenei 226, 6 E.
Cypria Dias 148. 7.
Cyprianus 378, 1 — 5.
Cyrilli glossae 41, 11.
Cyrus 438, 8.
Cytheris 209, 1. vgl. 227, 1.
Dagellius Fuscus 383, 7.
Damasus 415. 1—3.
Damatius 375, 11.
Daphnis s. Lutatius.
Dardanus 473, 5.
Dares Phryprius 464.
Dasumius 325, 8.
de gebraucht 341, 6 E.
Decianus 324, 4.
Decius 418, 6. 441, 9.
Decius, P. 141, 5.
Decius Traianus 371, 8.
Declamation 44, 1. u. S.
419. 426. 584.
Declamationes des Quin-
tilian 820, 11.
Deillius 250, 5.
''¥7.
1146
Deiotaro (pro) 176, 43;
von M. Bnitus 309, 1.
Delia des TibuU 240, 2 f.
Dellius 250, 5.
DelphidiuB 396, 8. 410, 3.
Demetrianns 393, 3.
Demetrius (Philosoph)
294, 7 vrI. 306, 2.
deo (de) 467, 6.
deo (de) Socraiis 363, 4.
deonim (de natura) des^
Cicero 183, 10.
depositio epiac. 407, 2 (VI),
ileuotiones 216, 12.
Deuteriug 445, 7. 469, P.
Dexippus 383, 16.
Dexter 429, 9. vgl. 421,
3. 428, 10.
Diabolenus 337, 3.
Diaeia 426, 9.
dialogi des Seneca 284, 4.
dialogus des Tacitos 329.
Diana des Valcrius Cato
197, 1.
Dichtergeliebte 32, 4.
Dictinius 453, 8.
Dictys 416, 1—5.
Dicuil 446, 9. vgl. 466, 8.
Didascalica des L. Attius
129, 7.
Didaskalien zu Terenz
108, 4.
Didius (Epidius?) 203, 6.
DidiuB lulianns 365, 3.
Dido an Aeneas 394, 6.
dies fasti et nefasti 72, 1.
85, 3. 86, 2.
diiferentiae sermonnm
185, 8. 342, 3 g, E. vgl.
277, 3 E. 283, 6. 351, 7.
4.38, 3.
differentiamm über 120, 6.
Digesta 47, 7. Justinians
480, 6 f.
Diocles Pepar. 115, 4.
DiocletianuB 381, 1 u. S.
873; an ihn gerichtete
Geschichtswerke 388, 4.
sein Edict 388, 12.
Diomedes , Grammatiker
412, 2 u. 7—11.
Dionysius ausMilet 346, 8.
Dionysiud (Cassins) 52, 1.
Dionysius Cato 24, 2.
Dionys. perieg. 473, 8.
Diophanes 52, 1.
Dioscorides 489, 6.
Dirae 197, 2.
•lisciplinarum libri des
Varro 164, 6, a.; des
Alphabetisches R-cgister.
• Augustin 434, 7; dos
Mart. Cap. 445, 2.
diuerbium 13, 4. 16, 3 f.
diuinatio in Caecilium
176, 5.
diuinatione, de von Cicero
18.3, 12.
diuinitas 395, 4. vgl. 424,
2. 9.
diurna 213, 2.
Dodwelliana fragmenta
213, 4.
dogmate (de) Platonis
363, 5.
Domitianus 314 vgl. 305.
Domitius 347, 4. — 459, 15.
Domitius Afer 271, 5.
Domitius Apollinaris 323,
4.
Domitins Corbulo 286, 3.
Domitius Marsus 238.
Domitius ülpianns 372.
Domnnlus 461, 1 f.
domo (de d. sua) 176, 30.
Donatianus 423, 5. 439, 8.
Donatisten 437, 5.
Donatns Aelius 404; Clau-
dius D. 423, 6—8; con-
fessor 393, 6 f.
Dorotheus 480, 5. 6. 8.
Dositheanum fragmentnm
364, 5.
Dositheus 370, 3.
DoBsennus 9, 3.
Dracontius 467, 6 — 8.
Drama 3 ff.
Dreizahl der Schauspieler
13, 4 (Tragödie). 16, 3
(Komödie).
Drepanius Pacatus 419,
8—11.
dnbiis (de) nominibus 486,
7.
Duellius (Duilius) 81, 4.
duodecim sapientes 23, 2.
duodecim tabulae 84.
dynamidia 489, 5.
E
Earinus 316, 2 vgl. 317, 2.
ecclesia (de) 26, 3.
EcdiciuB 461, 3 ff.
Ecdidius 467, 9.
echoici versus 32, 9.
edictum ( prätorisches )
345, 2. des Cornelius 160,
6.
edictum Theoderici 480, 1.
Egnatius 189, 2.
Egnatius Celer 294, 8.
Egnatius Dexter 374, 7E.
eldvlltcc 29.
Einsiedler anonym as 406,
8. Gedichte 301, 7.
Eklektiker 48.
elegidia 32, 1. 2.
Elegie, römische 32.
Ele^ker, römische, 32, 1 f.
elogia 79, 2 f. vgl. 81, 8.
128, 3.
Etpidius 410, 4. 485, 15.
Rusticius Elp. 461, 1 f.
emboliaria und emboiium
7, 4.
Empedoclea des Sallust
189, 3,
Empiriker 53.
Emporius 41, 10.
Encolpius 300, 3.— 377,1 1.
Endconsonanten unhör-
bar 416, 2. 466, 3. 467,
2. 468, 4.
Endelechius 441, 1 — 3.
Ennianista 100, 4.
Ennius 99 — 103 vgl. S.
135 f.
Ennius, Grammatiker 156,
13. vgl. 188, 4.
£nno£u8 471.
epanaleptische Verse 32,
9. vgl. 466, 2.
ephemerides 37, 8. 89, 3;
des Varro 164, 6, c. vgl.
208, 1.
Epicadus 156, 8.
epicedia 32, 7.
epicedium Drusi 246, 6.
Epicharmus des Ennius
102, 5.
Epictetus 294, 4. — 419,
12.
Epidicus desPlautns 95, 8.
Epidius 207, 4.
Epigramm 31. vgl. 471, 6.
EpigrammataVergils 225,
5, A. 4; des Seneca 285,
1; des Martial 317, 4 f.
epigrammatarius 11, 3.
Epikureismns 48 f. 49, 1 . 3.
Epilog 16, 9.
epimvthia 443, 5.
Epiphanius 57, 1. 471, a
u. 7. schol. 476, 10.
epistola Valerii 469, 7.
epistolae des Ansonius
S. 952 m.
epistolae ad Caesajrem 8C>
nem 203, 5.
epistolae des Ovid 243, 3,
AlpbabetÖBches Register.
1147
cpisiolae ex Ponto von
Ovid 245, 2.
epistolae des M. Varro
164, 6, d.; des Seneca
284, 5.
PÜpistolographie 45.
opitaphia 32, 7.
Epiihalamien 22.
Epitome Iliadis 308.
Epitome des Victor 408, 3.
luliani 480, 9.
Epoden des Horaz 232.
^ncodov, iictpSoe 231, 1.
Epos, römisches 19 fF. vgl.
S. 424.
Eprios Marcellus 292, 8.
Eraiosthenes. 223, 2.
Erdkarte 446, 9.
Erigone 187, 2.
Eros s. Staberins.
erotische Anthologie 31, 1.
erotische Dichter 31, 1.
Erotopaegnia des Laevius
148, 5 f.
Erucius 168, 10.
EruciuB Clarus 336, 4. —
353, 6.
Est et non 225, 5, A. 5.
Euagrius 429, 8.
Euangelus 438, 6.
Euanthius 400, 8.
Eucheria 32, 2. 486, 2.
Eucherius 460, 6. vgl. .72,
10.
Euclerius 469, 9.
Enemerus des Ennius 102,
Eugamius 375, 10.
Engenius 420, 3w — 462, 4.
Tolet. 486, 3.
Eugippius 485, 10.
Eiigraphius 108, 3.
Euklid 489, 2.
ßumenius 387, 7 — 9.
Eumolpus 300, 3.
Eunapius 446, 5.
Eunuchus des Terenz 109,
2.
Euqdius 449, 5.
Euodug 280, 2.
Euphorien 32, 1. 227, 1.
Eurich 460, 2 vgl. 459, 7.
461, 8. 480, 2.
Eusebius 396, 3. 419, 6.
459, 16. vgl. 428, 7.
Eustachius 438, 4 f.
Enstathius 422, 6.
Eustochium 428, 2. 4.
Eutrandus 486, 4 E.
Eutropius 409, 1 — 6. —
424, 6. — 433, 3 f. —
459, 15; Bischof 485, 18.
Eutyches 474, 1 f.
Eutychms 353, 4.
Eutychus 279, 1 -u. 2.
excerpta Charisii 412, 5.
excerptaCominiani 400, 2.
excerpta Diomedis 412, 10.
excerpta Frising. 240, 7.
excerpta Yalesiana 421,
13.
exempla des Cornelius
Nepos 195, 4, 3.
exodiarius 6, 4.
exodium 6, 4. 7, 4.
Exuperantius 439, 4-— 6.
Exuperius 396, 12.
Fabel 27.
Fabia des Ovid 242, 2.
Fabian US 360, 4 ; Maximus
262,7; Papirius 261, lOf.
Fabü (Chronik) 78 E.
Fabiyus 375, 10.
Fabius M. 257, 6.
Fabius Aemilianus 137, 2.
Fabius Ceryllianus 383, 13.
Fabius Hispanus 336, 4.
Fabius Labeo 124, 5.
Fabius Marcellinus 377, 6.
11.
Fabius Maximus Cuncta-
tor 122, 1; Paulus Fab.
Max. 262, 7; Fab. Max.
Servilianus 138, 3.
Fabius Mela 260, 6.
Fabius Pictor, Q. 115; Scr.
139, 3.
Fabius Planciades 472, 2.
Fabius Qnintilianus 320.
Fabius Rusticus 309, 6.
Fabius Sabinus 371, 4.
Fabiua Severus 352, 6.
Fabius Sosianus 397, 2.
Fabius Vestalis 262, 11 E.
Fabius Victorinus 403, 6.
Fabricius Tuscus 258, 6 E.
Fabricius Veiento 292, 7.
fabula palliata, praetexta,
togata u. B. w. 14 ff.
fabulae des Hyginus 257, 5.
fabulae Yarronianae 94, 4.
facetianim libe^ 334, 2.
Fadius Gallus 212, 2.
Fälschungen der neueren
Zeit 8. 39, 7 und Apu-
leius(368, 10), Consolatio
ad Liv., Cornelius Gallus,
Dcxter, Dodwelliana, Fe-
nestella, Messala, origo
gentis rom. , Orpheus,
Sabinus, (Sulpicia,) Te-
reus, Turnus, Vestricius
Spnrinna.
Faltonia 430, 15.
familiäres, ad (von Cicero)
181, 1.
Fannius, C. 386, 8.
Fannius C. f. 141, 9.
Fannius, M. f. 142, 4.
fasti 72. fasti dies 72, 1.
85, 3. fasti als Bficher
72, 4. fasti consulares
und triumphales 73 und
73, 1—5. fasti capitolini
73, 2— 4. fasti sacerdo-
tum 73, 7. Fasti des Ovid
244, 6 u. 7.
Fatalismus desLivius 252,
5; des Trogus 253, 3.
fato, de von Cicero 183, 13.
Faunns 64, 1.
Fauorinus 346, 5. 3.52, 1.
Faustinus 319, 2. vgl. 363,
5 f. — 429, 5.
Faustus 319, 5. 461, 7 ff.
468, 3. 469, 6.
Feldmcsskunst 56.
Felix (Märtyrer) 431, 4.
vgl. 461, 7 f. 462, 2 u. 5.
468, 1. Orator 469, 3.
Auch ypl. Cassius, Fla-
vius, Minucius.
Fenestella 254, 1 — 4. ge-
fälschter 254, 5.
feriale Cumanum 72, 8,
Nr. 9.
feriale latinum 72, 7.
Ferox s. ürseius.
Ferrandus 485, 12.
Ferreolus 459, 11.
Fescenninen 5.
fescenninus 5, 6.
Festivus 8. Aurelius.
Festus 256, 4 f. vgl. 370,
7. Rufus 409, 7 f. Ayie-
nus413. Vgl. Pescennius.
Fctialis s. Annius.
Fidus Optatus 353, 6.
Figulus s. Marcius u. Ni-
gidius.
figuris, de (carmen) 441, 1.
Fimbria, C. 145, 6.
finalibus (de) syllabis 403,
4.
finibus, de von Cicero 183,
6.
Firmianus s. Lactantius.
.v:.
1148
Firmicus Maternus der
Heide 401» 1 — 5; der
Christ 401, 6—10.
fiflci (de iure") 373. 9.
Flacco, pro 176, 27.
llaccuR B. CalpurDius, Gra-
niu8. Horatius. Persins,
Sioulus, Valerius, Ver-
riu8.
FlaccuB, Jambof?taph 3.^,
2. ans Patavium 312, 1.
FlaccTis RebiuB 404. 1.
l^latrriDs 465. 13 ff. £.
Flaviamis 412, 6. 413, 5.
421, 1 f. 4.'>2, 1.
Flayischo Dynastie 305.
Flaving, rn.86, 1—3.
Flaviufi ArchippuB 324, 7.
Flavins Paper 338, 3.
FlavitiB CharisinB 412, 1 ff.
FlaviuB Eutropins 424, 6,
Flaviuß Felix 468, 1.
FlaviuE Fimbria 145, 6.
Flavins graminaticas 393,
1.
Flavias Mallius Theodo-
ni8 436. 3.
FlaviuB Merobaiides 457,
1—4.
FlaviuB NicetiuB 459, 12.
FlaviuB Ryaffri«« 420, 2.
Flavius Theodorus 473, 3.
474. 3.
Flavius Vepretius 424.
Flavius ürsus 321, 10.
Flavius Vopiscus 397, 2.
Flavus, s. Alfius, Sergius,
Verginius.
Florentina 485, 8. 486, 3.
Florentinns 874, 4, 410, 2.
411, 4. 433, 5. 468, 2.
florentinus index 480, 7.
Florianus 483, 2.
Florida des Apnleius 363,
Florus (M.) 320, 11. und
^(xescbichtschreiber) 343.
Vgl. Annius und lulius.
foedera 66 f.
FontanuB 29, 2.
Fonteio, pro 176, 12.
Fonteius, M. 397, 2.
Forfunatianus, 8. Atilius,
Chirius, CuriuB.
FortunatuB , b. Yenantius.
fragmenta vaticana 399,
4—10.
fragmenta XJlpiani 372, 3.
Alphabetisches Begisiur.
Fra^rmente Cicero's 176,6.
fragmentum Dosith. 364,
5. de iure fiaci 872, 9.
am CeuBorinuK 375, 7.
Franco 470, 6 E.
fratres arvales 68.
Freinsheim 251, 12.
FrigeriduB 453, 9.
Frontimis 322.
Fronte, Redner 351 ; Scfatl-
1er des Fronte 360.
Fronto (Cos. 96) 322, 4 E.
Stoiker 324, 3. vsfl. 351,
12.- AstrolofiT 50, 2. Auch
8. Catins, Papirius, Vic>
torinuB.
FnficiuB 55, 1.
FufidiuB 293, 5.
Fnfins, L. 150, 4. Trap
ffftde 13, 6.
FulciniuB 387, 10.
Ful^ntins 226, 6. 472.
485, 12. 487, 1.
FulloniuB 8atuminu8 402,
3.
Fulvius AsprianuB 8ft8, 14.
FulviuB FlaccuB 141, 3.
Fulvius MaximuB 88. 8.
FulviuR NobilioT, Vater
und Sohn 125, 1 u. 2
Vffl. 99, 4 f.
Fulvius, Ser. 189, 8. 141,
12.
Fulvius Sparsus 268, 10.
Fulvius Valens 845, 5.
Fundania 166, 1.
Fundanius 237. 2.
Furii, Grabschriften 81, 6.
Furius 137, 6.
Fnrius (A.) poeta 133, 4.
vjrl. 146, 4.
Furius Alpinus 189. 9.
Furius Anthianus 374. 6.
Furius Bibaculus 189, 8 ff.
Furius Camillus 171. 8.
Furius Philocalus 72, 9.
vgl. 407, 2 (1). 415. 2.
Furius Philn« 137, 6.
Furius Placidus 897, 2.
Fumii 206, 9.
Fnscus, s. ArelliuB, Ari-
stius, Da^Uius.
Fusius Philocalus 33, 3.
353, 8.
G
Gabinianus 310, 2.
Gaetulicns 286, 1.
Gaianus 390, 1.
Gaius 357.
Galba, s. Sulpicius.
Galenus 359, 11 vgl. 489. 7.
Galeriu8 Trachalua 292, 6.
Gall icanus ( V ulcatius )
388, 6.
gallicnm bellum Caesars
193, 7 f. Buch VIII 194. .S.
Gallienus 381, 2 u. S. 87.'^.
Gallio (L. Iuniu8^ 263, 7.
gallische Redner 8. 74 virl.
8. 584, A. 5. 882f. u. 384,
10. 459".
GalluB 320, 7; 371, 9; s.
Aelius, Antipaier, Aqui-
lius, AsiniuB. Cornelius,
FadiuB, Sulpicins.
Gallus, T. 465, 13.
Gannius 19« 8.
Ganrilius Martialis 876.^
Gaudentius 465, 13.
Gavius Bassus 207, 6.
Gavius 8abinu8 u. Silo
268, 10.
(Telasius 462, 5.
Gellius, A. 361.
Gellius, Cn. 142, 1.
GelliuB, L. 150, 7.
Gellius (Jurist) 171, 5.
Geminus s. Tanuaius, Va-
riuB.
genealog^ae des Hyginus
257, 5.
^eneribus (de) nom. 486, 7.
Genesis 457, 5.
Gennadius 317, 8 E. 410,
1. — 462, 13.
gente (de) pop. rom. 161,
4d.
Geographie 58.
Geographos Ravennas
488, 4 ff.
Geometrie bei den Rö-
mern 50, 1.
Georgica des Vergil 223.
Germanen in der Litera-
tur 446, 2. vgl. 450, 2.
Germania des Tacitus 331.
Germanicus 270, 4 — 11.
GoBchichte bei den Rö-
mern 86—39. Vgl. S.
259 f. 419 f.
Getarum de orig. 475, 4.
477, 2 f.
gotisches Gedicht 245, 6.
Gigantomachia des Clau-
dian 438, 5.
Gildas Sapiens 478, 1 f.
Alpbabetisclies Register.
1149
Grildonicom bellum 433, 3.
glandes 215, 9.
^litius Felix 226, 8.
gloria, de von Cicero 183,
15.
GloBsae desPetronius 300,
2. zum Corp. iur. 480,
10. 12.
Glossare 41, 7 ff. plauti-
nische 98, 5 f.
Glossatoren 480, 10.
Glossen, altbocbdeutsche
398, 8.
Glossographen 41, 7 ff.
plautiniscbe 98, 5.
Glycera des Tibull 240, 2.
Gnipbo 8. Antonius,
goldenes Zeitalter der
röm. Literatur S. 255.
Gordianus 371, 6.
Gorgias 265, 1.
Grabschnften des Plautus
u. s. w. 114, 2. vgl. 216,
13.
Graccbanus, lunius 143, 2.
Gracchen 140 u. s. Sem-
pronius.
Gracchus, Tragiker 249, 7.
Graecinus des Ovid 242, 2.
Auch s. lulius.
grammatica (de) 403, 5.
434, 7 g. E.
Grammatik und Gramma-
tiker 41 vffl. 156.
grammatische Schriften
des M. Varro 164, 6, e.
Granianus (lulius) 375, 10.
Granius Flaccus 196, 15.
Granius Licinianus 355,
4—7.
Gratia 351, 2.
Gratianus 395, 2. 417, 1.
Gratius Faliscus 248, 1.
Gregorianus (codex) 389,
1 u. 2.
Gregorius (Redner) 419, 3.
von Tours 478, 3 — 8.
vgL 483, 4. 6. 7. Papst
(Gr. 1) 485, 1^7.
griechischer Einfluss in
Rom unditalien, S. 127ff.
256 ff.
Grillius 439, 9.
groma 56, 3.
gromatici 56. Vgl. 164, 6,
b. 322, 2 f. (Frontinus).
339. 440.
Guido Pis. 488, 5. 8.
Gundobada 480, 3.
Uadrianus 341. — 433, 6. 8.
üalcyone des Cicero 186, 2.
UaLieutica des Ovid 245, 4.
hannibalischer Krieg S.
128 f.
haruspicum reeponsis (de)
176, 31.
HaterianuB 383, 4.
UateriuB, (j. 262, 5.
üatilius 106, 2.
Heautontimorumenos des
Terenz 109, 3.
Hebdomades des Varro
164, 5. S. 274.
Hecyra des Terenz 109, 5.
Heüuphagetica 102, 4.
Hegesippus 416, 6 — 8.
Ueiikundo 53.
Ueienius Acro 370, 1.
UeliodoruB, Stoiker 324, 5.
Metriker 347, 9. vgl. 437,'
0.
Heliogabalus 371, 3.
HeiiuB Cordus s. Aeüus.
Helius Maurus 377, 10.
Heipidius 410, 4. 461, 1.
Helvia 264, 1 u. 2. 282, 1.
Ueividius 437, 6.
Helvidius Priscus 294, 12.
iSohn 319, 5.
Ueivius Cinna 210, 2 f.
Heivius Pertinax 360, 12.
hemerologia 72, 5 und 8.
Hemina s. Cassius.
Uendekasyliaben 33, 1—8.
34, 2.
herbarum de virt. 363, 7 b.
Uerculis laudes 382, 6.
Hereuniua 221, 3. Rheto-
rik ad Herennium 159.
Uerennius Baibus 200, 5.
Herenmus Modestinus
374, 7.
Herenmus Pollio 336, 4.
Herennius Senecio 321, 7.
Hermagoras 43, 10.
Hermogenes 314, 6.
Hermogenianus 389, 4;
codex 389, 3.
Herodes Atticus 352, 2.
Herodianus, Grammatiker
359, 9. Geschichtechrei-
ber 377, 4.
Heroides 25, 2 ; des Ovid
243, 3.
Heron 489, 4.
Heronius 459, 13.
He8periu8414,2. 3 (gu.m).
Hexaemeron 467, 5. vgl,
430, 1. 458, 1.
Hexameter 19, 2.
hexametro (de) 403, 5.
Hieria 221, 2.
Hierius 419, 7.
Hieronjmus 428. vgl. 488,
1.
hieroBoljmitanum itine-
rarium 406, 3.
Hilario 436, 1.
Hilarius vonPoitiere 411,
1—3; aus Arles 450, 7
vgl. 453, 1.
hiiaro-tragoedia 18, 2.
Himerius 410, 10.
Hinkiamben 33, 1—3.
Hippocrates 489, 5.
Hippolytus aus Portus
377, 3E.; vgl, 388, 3 (IX).
Hirtia rogatio 215, 7.
Hirtius, A. 194, 1 u. 2.
hispaniense bellum 194,3.
historia 37, 4; augusta
388 ; miscella 39, 5. Apol-
Jonii 481.
Historiae des Sallust 203,
4; des Asinius Pollio 218,
3; des Plinius 307, 5;
des Tacitus 332.
Historiker, römische 36 ff.
histricum bellum 129, 1.
Hochzeitslieder 5, 4 f.
Hoenus 459, 4.
Homerus latinus 303.
Honoratus 404, 5. — 462,
6 u. 7.
Honorius 483, 13. Auch
8. Julius.
Horaz 229—235 u. S. 417
(A. 1) f. 422. 424. 425 t.
Reminiscenzen aus Lu-
cretius 201, 2 g. E. metra
horatiana 400, 7. 403, 3.
Hortensia 206, 14.
Hortensius 168, 1 u. 2.
Schrilt des Cicero 183, :>.
Horus 422, 5.
Hosidius Geta 365, 7.
Hostilius, Mimograph 8,
1. Philosoph 306, 2 g. E.
Hostius 129, 1.
Hyginus 257; gromaticns
339, 1 t.
hymni 21, 4. 483, 9. 485, t.
Hypsicrates 156, 12.
I langes, S. 262 mit Anm. 3.
1150
Alphabotiflcbcfl Register.
Tacchus 41, 1 E.
iambi des Horaz 232, 1.
lambographen, römische
33, 1 f.
lambns 33.
hvnthis 318, 1.
lanuarius Ncpoiianus 274,
10.
lavolenua Priscns 337, 3.
Ibis des Ovid 245, 3.
IdaciuB 463, 3 f.
Idyll 29.
Idyllia des Ausonius 414,
3 k ; des Claudianus 433,7.
IguTinae tabulae 65.
Ilias, lateinische 303.
illustres viri des Cornelius
Nepos 195, 5; des Sueton
342,7; des Victor 408, 2;
des üieronymus 428, 10.
iniagines des Varro 164,
5. 8. 274; des Atticus
169, 2, d.
imperio Pompei (pro) 176,
14.
Improvisieren 208, 2.
index florentinus 480, 7.
indigitamenta 71, 2.
Indignatio des Valerius
Cato 197, 1.
Ineptiae 239, 2.
Innocentius 437, 6. 6ro-
mat. 440, 3.
Inschriften 40; auf Weih-
geschenken u. dgl. 81;
vgl. 114. 128. 136. 160.
215. 326, 8.
Instituta artium 295, 8 f.
Inst, des Gajus 357, 2. 4.
Institutio oratoria des
Quintilian 320, 7 ff.
Institutiones 47, 8. des
Gajus 357, 4 f.; des Ul-
pianus 372, 4; des Lac-
tantius 393, 4 f.; des
lustinianus 480, 8.
Instructiones des Commo-
dianns 380, 2.
Invectiva in Ciceronem
203, 6.
inventione, de von Cicero
179, 1.
lo von Calvus 210, 7.
loannes 437^ 6. 480, 4 f.
loannes Bicl. 476, 6.
loannes Cassianus 450,
1—3.
ioci Ciceronis 188, 2; vgl.
185, 9.
Joculatoren 8, 8.
lohanuis des Corippus
484, 1.
lona (de) 369, 6.
lordanes Bischof 477, 1.
483, 13.
lordanis 477.
losephus 306 E. 309, 5.
314,7. Uebersetzung416,
6—8.
lovinus 8. Bomanins.
ira (de) des Seneca 284,
4, 3 ff.; de ira dei von
' Lactantius 393, 6.
Isaeus 336, 6.
isagogische Literatur 2, 3.
Isidorus Hisp. 487.
Ister B. Aethicus.
itala 416, 11.
'itaXiXTi 18, 1.
Italiens, s. Silius.
Iter des Caesar 192, 3;
des Baibus 206, 4.
Itineraria 58 (S. 101). 406.
luba (Metriker) 375, 2 f.
iudicium mortis 135, 2;
pistoris 358, 10.
lugurtha des Sallust 203,3.
lulia die jüngere 242, 3.
Livilla 282, 1.
lulianus, s. Anicius, An-
tonius, DidiuB, Salvius.
lulianus Aeclan. 437, 4.
Pom. 462, 9. Jurist 480, 9.
Toletanus 486, 6. cos.
473, 2.
lulianus, Kaiser, 395, 2 u.
4. 410, 7 f.; vgL 402, 1.
luliuB (C.) Senator 126, 1.
lulius Africanus 292, 4;
vgl. 336, 4. Chronist,
377, 3.
lulius Aquila 374, 5.
lulius Aquilinus 360, 9.
lulius Atherianus 383, 4.
lulius Atticus 278, 5.
lulius AvituB 327, 9.
lulius Bassus 249, 4.
lulius Caesar (Dictator)
191—193; Strabol50,3;
L. 196, 12.
lulius CaliduB 208, 6.
lulius Capitolinus 397, 5.
lulius Celsinus 353, 1.
lulius CelsuB 337, 1.
lulius Cerealis 319, 3.
lulius Exuperantius 439,
4—6.
lulius Florus 28, 4 (Sa-
tiriker). 292, 5 (Redner).
343, 1 (Historiker).
luliua Frontinns 322; vgl.
376, 10.
lulius Gabinianus 310, 2.
lulius Genitor 336, 6.
lulius Graecinus 278, 6.
lulins Granianua 375, 10.
lulius Hilario 436, 1.
lulius Honorius 439, 10.
lulius HyginuB 257.
lulius Kanus 294, 6.
lulius Marathus 254, 9.
lulius Modestus 277, 1.
lulius Montanus 247, 13.
lulius Obsequens 409, 9.
lulius orator 439, 10.
lulius Paris 274, 4. 9. 11.
lulius Paulus (Jurist) 373 ;
poeta 349, 4. Gramma-
tiker 142, 5 E.
lulius Komanus 375, 1.
lulius Rufus 306, 5.
lulius Secundus 310, 4.
lulius Sererus 436, 3.
lulius Solinus 385.
lulius Tiro 321, 2.
lulius Titianus 360, 10.
lulius Valerius 388, 11.
lulus Antonius 237, 6.
luncus 326, 1.
lunilius 485, 13.
lunius, D.Brutus 209, 5.
M. Brutus, Jurist 139, 2.
M. Brutus, Caesarmörder
209, 1 — 4. Briefwechsel
mit Cic 181, 4.
luniuB CongUB 143, 3.
lunius Cordus 377, 7.
lunius Gallio 263, 7.
lunius Gracchanus 143, 2.
lunius luvenalis 326.
lunius Mauricianus 356, 5.
lunius Maxijnus 324, 1.
lunius Messala 397, 2.
lunius Nipsus 440, 2.
lunius Otho 263, 8.
lunius Philargyrius 465,
13.
lunius Busticus 314, 6. -^
364, 3. Arulenus 324, 2.
lunius Silanus 271, 8.
iure civili (de) 184, 2.
Jurisprudenz 46 f.; vgl.
399. S. 420.
ins aelianum 86, 3.
ins flavianum 86, 3.
ins papirianum 69.
ins pnncipale 454.
lustmianus (Kaiser) 469,
2 ; vgl. 480. Bischof 485,
14,
Alphabetisches Register.
1151
Instiiius 253, 4 ff. Christ
354, 8. Kaiser 484, 2.
Faustinus 858, 1.
lustua 486, 16. Vgl. Cur-
tins u. Fapirius.
luvenalis 326.
lavencns 898, 4 — 7.
luventius, PaHiatendich-
ter 113, 1. Jurist 151, 3.
luventias Celsus der Va-
ter 311, 4; der Sohn
337, 2.
luventius Martialis 344, 2.
Eaiserzeit 266 f.
Kalendarium 72. Pincia-
num, Maffeianum, Prae-
nestinum etc. 72, 8.
Kalender (vollständige)
72, 9; vgl. 407, 2(1).
Kalender&uchstücke? 2,8.
Kanus (lulius) 294, 6.
Kameades 48.
Karthago 446, 2; Vertrag
mit 67, 1.
Kinderlieder 11, 2, c.
Kirchenlieder 11, 3.
Klosterannalen 33 £.
Komödie, attische 15, 2.
16, 1.
%(Oft>aidotQ€cy<p6ia 18, 2.
Kosmographien 488.
Kriegsgeschichte und
Kriegswissenschaft 54.
Kunstdrama 12.
Labeo (Dichter) 303, 5.
Auch s. Antistius, Attius,
Cornelius, Fabius.
Laberius 189, 7.
LabienuB, T. 262, 10.
Lachanius 447, 1 f.
L actantiuB ( Firmianus )
393.
Lactantius Placidus 316,
13.
LaeliuB, der Vater 122, 5.
LaeliuB, der Sobn 137, 3.
Laelius des Cicero 183, 14.
Laelius Archelaus 147, 4.
Laelius Baibus 271, 9.
Laelius Felix 337, 7.
Laenas s. Popillius.
Laevinus 338, 6.
Laevius 148, 5 ff.
Lampadio s. Octavius.
Lampadius 419, 12.
LampridiuB 397, 4. 459, 6.
Landwirtschaft 52.
Larcius 323, 7.
Largius Licinus 323, 7.
Largus 247, 8; auch s.
Licinius ur Scribonius.
Latiner, Historiker der-
selben 36, 3. Redner 43,
4. Vertrag mit den L.
67, 3.
Latinus 319, 5. Drepanius
419, 8 ff.
Latro, 8. Porcius.
LatronianuB 415, 8.
laudatio Caesaris und Por-
ciae von Cicero 177, 5.
laudatio Catonis von Ci-
cero 177, 6.
laudationes funebres 42,
3. 43, 2. 79, 4—7 •, auf
Murdia 352, 5.
laudes Herculis u. dgl. 21,
4.
Lauinius 338, 6. vgl. 106,
6.
Laurentii epithalamium
22, 2 u. 433, 9.
Laiurentins Lydus 258, 6.
Laureolus 280, 1.
Leander 485, 8.
leges regiae 68.
legibus, de von Cicero
183, 2.
legis actiones 85, 2. 86, 3.
Lehrgedicht 23.
Leinwand 77, 2.
XeinoyQdfifuxzoi 472, 10.
Lenaeus 207, 3.
Lentuli 168, 7.
Lentulus Gaetulicus 286,
1.
Lentulus, Mimograph 8, 1.
Leo, M. 452. Bituric. 453,
6. bei Sidonius 459, 7.
Leontius 460, 1 u. 4. 461,
8. 467, 2. Vgl. Pontius.
Lepidus s. Aemilius.
Leporius 449, 3.
Lesbia des CatuU 211, 3.
lex agraria 160, 5.
lex Antonia 215, 4.
lex Burgundionum 480, 3.
lex Cornelia 215, 2.
lex dei 432.
lex de quaestione perpe-
tua 160, 3.
lex Icilia 67, 6.
lex Julia municipalis 215,
6.
lex parieti facieudo 160, 7.
lex repetundarum 160, 2.
lex romana Visig. 480, 2.
lex Rubria 215, 5.
lex tribunicia 67, 5.
Lexikalisches 41, 7.
Libanius 410, 11.
Liberalis s. Salviua.
Liberius 466, 5 E.
Libo 169, 6. und s. Scri-
bonius.
librae (de partibus) 473,
10.
libri auguralcB und augu-
rum 75, 1 uud 2.
libri oensorii 76, 3.
libri coloniarum 339, 4.
libri lintei 77, 3.
libri magistratuum 76 f.
libri pontificum 71.
libri sacri 71, 2.
libri Saliorum 75, 3.
Licentius 441, 4—6.
Licinianus, Bischof 485,
16; auch s. Graniusuod
ValeriuB.
Licinius Calvus 210, 5 — 7.
Licinius, L. Crassus der
Redner 149, 3 f.
Licinius, M. Crassus, Illvir
158, 1. 168, 3.
Licinius, P. Crassus 122, 4.
Licinius, P. Crassus Mu-
cianus 139, 5. vgL 141, 1.
Licinius Imbrex 106, 4.
Licinius Largus 290, 1.
Licinius Luculius 154, 4 f.
sein Bruder 168, 4.
Licini\is Macer 153, 5 ff.
vgl. 210, 5.
Licinius Maenas 52, 3.
Licinius Montan us 360, H.
Licinius Mucianus 309, ] .
Licinius Nepos 336, 5.
Licinius Nerva 145, 7.
Licinius Rufinus 374, 1.
Licinius Sura 321, 14.
Licinius Tegula 30, 1.
Licinus, s. Clodius, Lar-
gius u. Porcius.
Ligario (pro) 176, 42.
Liguriuus 319, 5.
Lilon Cicero's 186, 3.
lingua latina (de) des
Varro 166 vgl. 164, 6, e.
Litorius 458, 1.
Livius, T. 251 f.
I
1152
AlphabeUticlicä Hegiater.
LiTius Androiiicus 92.
Lirius Drusua, C. 144,\4.
LiTioa DruBUfl, M. 141, 11.
Lobgedichte 21.
Ijobiieder auf Verstorbene
80.
Lobreden auf sie 79.
Logistorici des M. Varro
lö4, 2.
Lollianua 346, 7.
LoUianus (Mavortias) 401,
1.
LoUius 212, 3.
liOllius Urbicus 377, 12.
LonginuB 293, 2. Ygl. Cas-
sius.
LongalanuB 262, 11 g. E.
Lucanas 298.
Lucceius Albinus 336^ 4.
Lttcceius, L. 169^ 5.
Lucianus 350, 4.
Lucifer 411, 4.
Lucilius, C, der Batiiiker,
132.
liucilius des Beneca 284,
" 1.*
o t.
Lucilius Balbus 151, 3.
Lucilius lunior 302 , 2 ff.
Lucilius 441, 9.
Lucretius 456, 4.
Lucretius Carus 201. Tg).
224, 6 g. K.
Lucretius Vespillo 262, 4.
Lucretius Vispilio 151, 4.
Lucullus 154, 4 f. des Ci-
cero 183, 7 mit A. 1 f.
ludi 8. 129 ff. 133 f.
Lupus 247, 8. Bischof 450,
8. Vgl. 459, 12 n. Ruti-
lius.
Luranius 218, 10 g. E.
Luscius Lavinius 106, 5.
Lutatitts, Q. Catulus 146,
4. vgl. 133, 4.
LutatiuB Daphnis 156, 1.
Lutatius PlaciduB 316, 13.
Lutorius Priscus 269, 2.
Luxorius 468, 3—5.
Jjycoris 227, 1.
Lydia des Valerius Cato
197, 1; andere 197, 2.
Lydus^ s. Lauren tius.
Lygdamus 240, 4.
Lynceus 239, 3.
Lyrik 30 ff. vgl. S. 424.
lyrische Dichter 30. 33.
34.
lyrische Gedichte des Ho-
raz 233.
M
Macarius 437, 6.
macaronische Poesie S.
962, Z. 3 tf.
Maccius (Macius) Plautus
94—98.
Maccus 9, 3.
Macedo 354, 5.
Macedonius 466, 1. 5.
Macer, s. Aemüius, Lici-
nius, Pompeius.
Macharius 466, 6.
Macius 94, 1.
Macrinns 355, 1 Vgl.
Opilius.
Macrobius 438.
Maecenas 217, 6—9. ygl. S.
422. Elegieen aulM. 225,
5 A. 6.
Maecianos 356, 7.
Maecius Tarpa 190, 1.
Maenas s. Lioinius.
Maeonius Astyanaz 38.'{,
5.
Maevii fratres 304, 1.
Maevius 228, 2.
magische Literatur 401, 3.
Magius 251, 7.
Magnus Arborius 410, 5.
Mago 52, 1 f.
Maiorianus 437, 4 vgl. 2.
Mallius 155, 1. Theodorus
436, 3.
Mamertinns 387, 4. Clau-
dius M. 41Ö, 7 f.
Mamertus (Claudianus)
461, 8—6.
Mamilius und Manilius
155, 1.
Mamilius Sara 157, 3.
Mamurra 206, 13 vgl. 211,
5.
Manichaei 434, 8.
Manilia, pro lege 176, 14.
Manilios 196, 17. Astro-
nomica 248, 2—8.
Manilius Antioch. 208, 2.
Manilius, C. 200, 3.
Manilius, M*. 139, 1.
Manlius, L. 155, 1. T.
Torquatus 168, 10.
Manlius Vopiscus 319, 2.
Manneius 215, 13.
manumissionibus (de) 364,
5.
Marathus 240^3. Auch s.
lulius.
Marcellinus, s. Ammianus,
f abius, Valerius.
MarcellinuB bei Augustin
434, 10. vgl. 459, 14.
Marcellinus Comes 47C, 1 f.
Marcello, pro 176, 41.
Marcellus 196, 10. — 386,
1. — 426, 1; auch s.
Claudius, Eprius, Max-
ciuB, NoniuB,Pomponiu9,
Victorinas, Ulpius.
Marcellus Empiricus (Bur-
dig.) 426.
Marcia 272, 1.
Marcianus 379, 2. Auch
vgl. Aelias u. Martianua.
Marcius Figolus 139, G.
Marcius Marcellus 271, 1.
Marcius Philippus 150, 2.
Marcius Salutaris 400, 4.
Marcius vates 64, 1 f.
Marcomannas 396, 10.
Marcus 410, 4.
Marianus 379, 2.
Marillus 263, 2. 10.
Marinianus 419, 12.
Marius (Dichter) 247, 12.
Atin. 319, 1.
Marius Avent. 476, 5.
Marias des Cicero 186, 2.
Marius Maxünos 377, 5 f.
Marias Mercator 449, 1.
Marius Victorinus 403,
1—7.
Maro s. Vergilius.
Mars 62, 5.
Marsas, s. Domitias und
Vibius.
Martialis 317. Vgl. Gargl-
lius.
Martianus Capella 445.
Martinas Dumiensis 284,
10. 485, 9. Turonensis
435, 5. vgL 467, 3. 483, 6.
Martins 459, 4.
martyrologiam407, 2 (VI).
MaruUos (Mimograph)
359, 7. VgL Manilas.
Maskea in der AteÜana
9, 4. in der palliata 16, 12.
Masarius Sabinus 276, 1.
Materaus 321, 16. Vgl.
Curiatius und Firmicas.
matheseoB libri des* Fir-
micas 401, 3 — 5.
Mathematik der Römer 50.
Matidia 341, 4.
Matius, C. 205, 5. Cn. 148,
4.
MatriniuB 49, 4,
M •■««
Mauoriius 469, 3.
Mauortius centonarius 2C,
3.
Mauortius LoUianus 401,
1.
Maaricianos 856, 5.
Maurus s. Helius, Ser-
yius, Terentianufl. ^
Maximianus, Beden auf
ihn 387, 4—6. 8. vgl.
396, 6.
Maximianns, Grammati-
ker 403, 4. Elegiker 482.
Maziminus s. MetroriuB.
Maximinus (Kaiser) 371,5.
Maziminus Victorinus
. 403, 4.
Mazimus 336, 9. 390, 1 f.
423; 11. 462, 8. Auch
Tgl. Claudius , Fabius,
lunius, Marius, Rutilius,
Statilius, Yalerius.
Mazimus Taurin. 462, 8.
Mazimus Victorinus 403,
4. .
Mazimus von. Saragossa
486, 4.
Medea tou Ovid 243, 8.
medicamina faciei von
Ovid 243, 7.
Medicin 53; de medicina
des Celsus 275, 6.
medicina pliniana 425, 1.
Mela, 8. Annaeus, Fabius
und Pomponius.
Melaenis 238, 2.
Melania 428, 1. 429, 3.
Melik und melische Dich-
ter 34.
MelisBus, s. Aelius.
Melissus, C. 239, 2.
Melodien zu Horaz 233,
11.
Memmii 145, 7.
Memmius, C. 200, 2. L.
150, 8.
Memoiren 37, 9.
Memor s. Scaevus und
Securus.
Memorialverse 23, 3.
Menaechmi des Flautus
95, 11.
Menander, s. Arrius.
Monas 52, 3.
MenelauB 140, 5.
Menippeae (saturae) 28, 3.
des varro 168, 3.
MenippuB 28, 8. 163, 3.
Menna 480, 4. 5. 6 £.
menologia 72, 5 u. 11.
Alphabetisches Register.
mensores 56, 1.
Mentula bei Catull 211, 4.
Mercator des^lautus 95,
13.
Mercator (Marius) 449, 1.
fieQlapL6s 478, 5 e.
[erobandes 457, 1 — 4.
Mesomedes 349, 5.
Messala 447, 6.
Messala (Redner) 218 mit
A. 8—11. Sein Kreis S.
422. Nachkomme 44, 7.
Messala, Augur 196, 11.
Messala Coryinus, ge-
^schter 218, 12.
Me6sala(yip8tanus)309,3.
Messalinus 262, 6.
Messius 367, 1. vgl. 444,
1. Arusianus 420, 4.
Metamorphosen des Ovid
244, 1 — 5. des Apulejus
362, 3.
Metella 210, 1.
Metelli 168, 8. Yg^l. Oae-
cilius.
Meteilus Scipio 212, 2.
Metius 190, 1.
MetiuB Celer 316, 2.
metra horatiana 403, 3.
metrici scriptores 41, 6.
Metrodorus 402, 2.
metrologici 57.
Metrorius (Maziminus)
408, 4.
MettiuB Garns 321, 4.
MettiuB Modestus 321, 3.
MettxusPompusianus 314,
6.
miles gloriosus des Flau-
tus 95, 12.
milesiae 45, 11. Vgl. Ro-
man.
Milone, pro 176, 40; von
M. Brutus 209, 2 g. E.
mimae 8, 8 u. 10.
mimi 7, 2. 8, 10. 16, 12.
mimiambi 148, 4.
luf^oi 8, 7.
mmiographi .8, 1 und 4.
mimus 7 f.
MinerviuB 410, 2.
Minidus 336, 4. vgl. 337,
6 (Min.^ Natalis).
Minucii, ihr Schiedsspruch
160, 4.
MinuduB Feliz 368.
Minucius Frothymus 16,
12.
mirabilia Romae 406, 9.
Tsurnu«, Böm. LiterfttargMohichte. S. Avil,
1153
miscellanea des Fort. 488,
7.
Misitheus 44, 7.
ModestiDUS 374, 7. 394, 3.
Modestus 54, 3 f. Auch
8. Julius,
modulus 259, 9.
Montanismus 369, 3. ygl.
1. 2.
Montanus 247, 18. Vgl.
Curtius, Julius u. Votie-
nus.
monumentum ancyranum
217, 4.
Moretum 29, 2. 225, 3 mit
A. 1 f.
moribus (de) 284, 10.
mortibus (de) persecuto-
mm 393, 7.
Moschus 263, 12.
Mosella des Ausonius, S.
951.
MosteJlaria des Flautus
95, 10.
motoriae 16, 2.
Mttcianus 309, 1.
Mucius, F. Scaevola 139,
4.
Mucius, Q. Scaevola, Au-
ffur 144, 3; sein Sohn
Q. Scaevola 144, 3 £.
Mucius, Q. Scaevola, pon-
tifez mazimus 151, 1 — 3.
muliöre 467, 7. 471, 9.
mulomedicina 424, 8 — 10.
Mummius, AteUanendich-
ter 10, 2.
Mummius, L. 137, 8.
Mummius, Sp. 137, 8.
Munatius 212, 2. Trall.
846, 4.
Munatius Flancus 206, 8.
mundo (de) 863, 6.
Murdia 352, 5.
Murena^ pro 176, 24.
Murredius 263, 10.
Musa, s. OctaviuB u. 263,
10.
Musaeus 324, 9; presb.
453, 7.
musica (de) von Augustin
434, 7 f. von Boetius 470,
5.
Musikbegleitung 16, 5.
MusoniuB Rufns 294, 3.
Mystes 236.^. vffl. 301, 7.
Mythograpni (vaticani)
41, 12.
Mythologie, heidnische
471, 6. vgl. 470, 3.
73
1154
Alphabetisches Register.
mythologische Stoffe der
Mimen und Pantomimen
8, 6.
TX
Naevius, Cn. 98.
Namatianus, s. Rutilins.
Namatius 447, 1.
Namen Besungener 32, 4.
' naturales qaaestiones des
Seneca 284, 6.
natoralis historia des Pli-
nias 308.
Naturwissenechaften bei
den ROmem 61.
Nancellius 416, 9.
Nanig^ns 60, 2.
Nazarius 396, 7.
Nebridins 486, 16.
Kecepso 401, 3.
Neckam (Alex.) 443, 6.
Nelei Carmen 93, 10.
Nemesianus 301 a. 382,
If.
Nemesis des Tibnll 240,
2.
Nemesius 410, 2 £.
nenia 80, 2.
Nepos, 8. Cornelias, Lici-
nins.
NepotianuB, s. lannarins;
auch 8. 428, 2.
Neratins Priscns 337, 1.
Nero 281, 7—10.
Nerva pater 276, 2.
Nerva nlins 293, 2.
Nerva, Kaiser 326, 1.
Nenplatonismus 402, 1. 3.
Nicaeus 326, 8.
Nicagoras 402, 1.
Niceas 437, 6.
Nicotins 469, 12.
NicomachuB Dexter 421,
8.
NicomachuB Flavianos
421, 1 f.
NicostratuB 166, 11. .
Nigidins Fignlns 196,
1—8.
Nigrinns 336, 6.
Nikandros 219, 6.
Nikanor, s. Saevins.
Niketes 263, 12. 264, 6.
Ninnins Crassus 148, 7.
Nipsns 440, 2.
Nisns gramm. 277, 4.
Nobilior b. Fulvins.
Noctes atücae des Geliius
3G1, 4 ff.
nominibus{de dubiis) 486,
7 vgl. 481, 2.
Nonianos (^ryilins) 286,
2.
Nonius Asprenas 262, 2
u. 11.
Nonins Marcellas 386.
Nonius Maximus 327, 9.
notae 296, 4.
notae Einsidlenses etc.
296, 4.
notae Tironianae 188, 4.
Notitia dignitatum 68, 4.
Notitia regionum 406, 7.
Novatianus 378, 6.
NoTatuB (M. Annaens) 268,
7. Anderer 391, 2.
novellae Theodos. all. 464,
7. lustinians 480, 9.
Novius, Atellanendichter
136, 1—3.
Novius Vindex 319, 2.
Numa, Epikw 247, 11.
Numae commentarii 70, 1.
Numae libri 48, 2. 70, 3.
Numerianus 381, 3.
Numerius (Fabios) 106, 6.
Numitorius 222, 1.
Nux elegiä 246, 4.
5 gekfirzt 441, 6. 444, 1.
Obsequens 409, 9.
oceanum (ad) 382, 6.
Octavenus 337, 12.
Octavia (praetexta) 286,
7.
Octavianum, ad, Brief 181 ,
6.
Octavianus 468, 7.
Octavii 168, 4.
Octavius Avitus 221, 3.
OctaviuB des Minucius
Felix 368.
Octavius lannarius 368, 2.
Octavius Lampadio 98, 8.
Octavius Musa 250, 1.
Octavius Rufus 327, 1.
Octavius Sagitta 298, 4.
Octavius Teucer 41, 1 E.
Oden des Boras 233.
Odyssea des Andronicus
92, 6.
Oeconomicus des Cicero
183, 18.
officÜB, de von Cicero 188,
16; von M. Brutus 209,
1; von Ambrosius 427, 4.
Ofilius 190 Boit A
Olympiodorus
Olympius 437
Onesimus 383
OpiUus Aurelius löGl
Opilius Macrinus 37]
Opimius, L. 140, 1. }
4. 6.
Oppius 268, 9.
Oppius, C. 194, 1 u.
Oppius Chares 41, 1
Optatianus 398, 1 —
. auch 8. Suetonius.
Optatus 416, 6.
optimo de genere ora)
rum von äcero 179«^
ora maritima des Avied
413, 4. ^
orator Cicero's 179, 4. i
oratore 179, 2. {
Orbilius 197, 3. }
orbis terrae von Avieni
413, ».
Orbius 171, 6. '
Orestis tragoedia 48-J
4—6.
Orfitus 418, 2.
Oribasius 479, 4—6. 489, 5.
Orientias 467, 8—11.
Origines desCato 119; des
Isidor 487, 6.
ongo gentis rom. 407 ^ S
(K); de« Psendo- Victor
408, 4.
OrosiuB 448.
Orpheus 186, 6. — 420, 1.
Orthograpbie 8. 136 f.; de
oithogr. 403, 3. 466, 10.
476, 9.
oscae personae 9, 2.
osci ludi 9, 2 u. 6. 10, 2.
Ostertafel 407, 2 (IV), 453,
8.
Otho, s. lunius.
Ovidius 242—246.
Pacatus 419, 8—11.
Paccius 319^ 6.
Paccius Antiochus 289, 4.
Pacianus 416, 4.
Paoonianus 269, 3.
Paconius 337, 15.
Pactumeius ClemenB 34.5,
6.
pactum fiduciae 260, 9.
PacnviuB, M. 104.
Pacuvius Labeo 199, 6.
Alphabotischcs Register.
1155
Paeanins 409, 5.
Paetus 8. Aelins.
Paetus Thrasea 294, 7.
Palaemo (Remmius) 277,
3.
PalfuriuB Sara 321, 6.
Historiker 383, 3.
PalimpBesie 96, 3. 183, 1,
5. 225, 9. 251, 11. 267,
5. 298, 9. 336, 12. 361,
9. 355, 5. 367, 6. 376, 2.
399, 4. 418, 4. 424, 6.
457, 3.
Palladius 405. Rhetor 420,
1.
palliata 15 f.
PampbiluB 489, 1. 4 £.
Panaitios 48. ygX. 144, 2.
3. 146, 2.
riavSintai des Tiro 188,
3. JusÜDianische 480, 6 f.
panegyrici 387, 1 — 3; poe-
tische 21.
Fanegyricus auf Messala
240, 3; aufPi60 296; des
PliniuB335, 12; aufCon-
stantin 396, 6 f.; aaf
•Tbeodosios 431, 1; auf
AgtiuB 437, 3 ; auf Theo-
derich 471, 2; des Si-
doniuB 460, 4; des Gas-
siodor 475, 2; auf Ana-
stasiuB 472, 7.
Fange (Hymnas) 461, 3. 5.
Fanniculus 319, 6.
Fansa 258, 2. 465, 3.
Fantomimographen 8, 1«
FantomimnB 8, 7.
Fapianilla 460, 2.
FapianuB 480, 3.
Fapias 41, 11.
FapinianiBtae 366, 4.
Fapinianus 366. •
FapiniuB 133, 1; auch b.
Statins.
Fapirianus 489, 11.
Fapirii historia 39, 7.
PapiriuB, L. 122, 7. Q.
(Grammatiker) 439, 11.
FapiriuB, F, oder Sex. 69,
1. JuriBt 151, 3.
Papirius (C.) Garbo 141,
4. 160, 4.
Papirius Fabianus 261,
10 f.
Pi^pirins Fronto 364, 9.
Papirius lustus 364, 7.
Papirius Paetus 156, 9.
PapperinuB 439, 11.
Pappus 9, 3.
Fapstbriefe 45, 10.
F^stverzeichnisse 407, 2
(Y u. VI).
FapnluB 298, J9.
Fapyriensis 426, 5.
paradoxa des Gicero 183,
3.
parasitUB 8, 6. 17, 5.
Paris 8. luliuB.
FartbeniuB 225, 2, A. 3.
3, A. 1. Andere 319, 2.
468^ 8. 469, 6.
Farhculo 279, 2.
partitiones oratoriae des
Gicero 179, 5.
pascbale carmen 466, 1.
Pasicles 258, 2.
Fasipbae (de) 466, 8.
Fasiphilus 405, 1 f. 409, 1,
Pasquille 11, 3.
Passennus Paulus 327, 4.
Passieni Grispi 263, 6.
Passio sanctorum 407, 6.
Pastor 453, 7.
patavinitas des Livius
252, 14.
Fatera 396, 8.
FatemuB 54, 2. vgl. Tar-
ruteniuB.
Patricias 453, 6.
Paula 428, 1 f.
Faulinus bei Martial 319,
3.
Faulinus 463, 7. 459, 4.
Mediol. 449, 4. Nol. 431.
Petricord, 467, 3. Pell.
467, 4.
Paulus 437, 6. 459, 14.
Auch s. Aemilius, luliuB
u. FassennuB.
Paulus (Apostel) und Se-
neca 284, 9.
Paulus ( Grammatiker )
142, 5 E. (Gonst.j 298, 9.
VgL 349, 4.
Paulus, Epitomator des
Festus 256, 6.
Paulus, Jurist 373.
Paulas presb. 463, 7.
FausaniaB 350, 3.
Fedianus s. Asconius.
FediuB (Sex.) 293, 6.
Fedo Albinovanus 247, 6.
Pegasus (Jurist) 311, 2.
Pelagius 437, 1.
Peiagonius 416, 13. 424,
10.
Fentadius 394, 6.
FereffrinuB 451, 1 f.
PereUiuB Faustus 221, 3.
Ferilla des .Ticida 210, 1;
des Ovid 242, 2.
periochae zu Livius 261, 9.
Feripatetiker 48. 49, 4.
Ferotti 279, 4.
FerpetuuB 467, 3.
Persa des Plautns 95, 16.
FersiuB Flaccus 297.
personati 9, 4. 16, 9.
rersonenzabl in den Fal-
liaten 16, 4.
FersönlicheB in den Mi-
men 8, 6.
Pertinax 360, 12.
Perücken in der palliata
16, 9.
Fervigilium Veneris 358,
5—9.
FescenniusFestuB 377, 14.
peütio consulatus von
Q. Gic. 187, 4.
Petosiris 401, 3.
Petrarca 180, 5. 201, 8.
229, 6.
FetroniuB, G. 300, 5.
FetroniuB Arbiter 300.
FetroniuB Anstocrates
294, 11.
FetroniuB episc. 437, 6.
459, 11. 460, 6.
Petronius Musa 258, 10.
Petrus bei Sidonius 459,
4. 8. referend. 468, 7.
Petrus Gbrysol. 450, 9.
Petrus diaconuB 386, 5.
Petrus grammaticuB 41, 4.
Feutinger 58, 3.
Fbaedrus 279.
phaenom. epit. 473, 9.
PhilargyriuB 466, 13.
FhilastriuB 416, 6.
Fhilippicae des Gicero
176, 44—67.
FhilippuB Arabs 371, 7.
FhilippuB presbyter 450,
5; auch a. Aurelius u.
Marcius.
Philistio 249, 9.
FhilocaluB s. Furius n.
Fusius.
Philocomus s. Yetitius.
FhilologuB s. Ateius.
philomela (de) 23, 5. 467,
6. 486, 3.
Philon 489, 8.
Philosophie bei den Rö-
mern 48 f. 158. 261. 348.
354. 402. 422. 459, 15.
469, 10. S. 131. 260 f.
425; des Horaz 230, 5.
73*
115(3
Alphabetisches Regisicr.
philosophische Schriften
des M. Varro 164, 6, b.;
des Cicero 182.
Philoxeni gloasae 41, 11.
Fhlegon 344, 4.
Phocas 466, 4 f.
PhoebadiuB 411, 5.
Phoenix (Elegie) 393, 8.
vgl. 438, 7.
Fhormio des Terenx 109, 4.
Phrynichus 369, 9.
Phthiriasis 164, 1.
physiognomica 363, 7 d.]
physioiogtis 473, 3.
Fictor 6. Fabina.
Pilutus 8. Yoltacilius.
Pindarns Thebanns (so-
gen.) 803.
Pmnius (Q.) 166^ 1.
Piso, 8. Caipomius.
Piso, C. 154, 6. vgl. 176,
13, 1.
Piso, M. 158, 1.
Piso, M. Papius 168, 5.
Pisonem, in 176, 37.
Pithoeanae glossae 41, 11.
Pitholaus 209, 10.
Pitholeo 209, 10.
Pius, 8. Antoninus, Ce-
stius.
Placidus 413, 1. LutatiuB
41, 8. 316, 13.
Placitos (Sex,) 426, 6—8.
Pbanciades 472, 2.
Plancio, pro 176, 38.
Plancus, s. Munatias.
planipedia 7, 3.
planipes 7, 2 f. 8, 6.
Planta s. Pompeius.
Plautins, Dichter 94, 5;
Jurist 311, 6.
Plautus 94 — 98; Philo-
soph 261. 9. 294, 5. Auch
9. Rubeliins.
Plebejismen 8. Vulgaris-
men.
Ilinius der altere 307 f.;
der jüngere 335.
Plinius Valerianns 425.
Plotia Hieria 221, 2.
LMotius Orispinus 261, 3;
Gallus 156, 2; Grypus
.;i6, 2 u. 821. 12; 8a-
cerdos 390; Tucca 223,
l. 224 2.
lMotas(Voitaciliu8) 166,2.
poemata 165, 2. 3. vgl.
•210, 3.
PoenuluB des Plautus 95,
15.
poetae 92, 7.
Poggio 312, 4. 816, 6.
316, 8.
Polemitts 459, 15.
Polemius Silnus 72, 10.
Polemo 346, 6.
politische Literatur S.
269.
Polla 298, 4.
Pollio 5, 5. 218, 6. 294, 3 ;
auch 8. Asinius, Claudius,
Clodius, Pnblilius, Tre-
belliuB, Yitrasius, Yitru-
vius.
PoUiuB Felix 316, 2. 319,
1. 324, 6.
Polyaenus 369, 12.
Polybius 226, 5. vgl. 284,
4.
Polyhistor (Solinus) 385,
6. Auch Tgl. 257, 1.
PomeriuB 462, 9.
Pompedius 49, 1.
Pompeia Macrina 247, 3.
Pompeius, Ca. Magnus
168, 6. vgl. S. 256.
Pompeius, Sex. 161,. 5.
271, 7.
Pompeius Bithynicus 168,
10. v^l. 214, 3.
Poi^peius Feetns 266, 4 f.
Pompeius, Grammatiker
465, 2.
Pompeius LenaeuB 51, 1.
Pompeius Macer 247, 3.
Pompeius Messalinus 465,
7.
Pompeius Planta 336, 9.
Pompeius Bufus 160, 8.
Pompeius Saturninus 336,
1.
Pompeius Silo 263, 10.
Pompeius Trogus 263.
Pompilius 133, 1.
PompiliusAndronicus 156,
6.
Pomponius, Yater des
Athens 143, 2; cento-
narius 26, 8.
Pomponius, Cn. 160, 4. 6 ;
L. (Bonon.) 135, 4 f.;
Sex., Jurist 346, 7 — 11.
Pomponius Atticus 169,
1 u. 2. 181, 2, 2.
Pomponius Bassulus 327,
8.
Pomponius Laetus 64, 3
vgl. 266, 6.
Pomponius Marcellus 277,
2.
Pomponius Mela 291.
Pomponius Porphyrie 370,
4.
Pomponius Bufus 274, 3.
336, 4.
Fbmponiuft Secundus 279,
7.
ponderibufi (de) canaen
444, 2.
Pontica 382, 4.
Ponticus 247, 1.
PontidiuB 161, 4.
poniificum annales 74 ;
libri 71.
Pontius 378, 1 g. E.
Pontius Glaucus des Ci-
cero 186, 2.
Pontius Leontins 460, 1. 4.
Ponte (ex) des Ovid 245, 2.
Popilius Laenae 263, 11;
M. 124, 6; P. 141, 8.
Porcia 212, 3.
Porcius Cato (M.) 117—
121; der Sohn 124, 6;
der Enkel 145, 2; der
Urenkel (üticensis) 198.
Porcius Latro 263, 2.
PorciuB Licinus 183, S.
PorfiriuB Optatianus 398,
1—8.
Porphyrio 370, 4. .
PorphyriuB (Neupiatoni-
ker) 401, 9. 402, 1.
Porsena 67, 2.
Poasidius 434, 1 u. 4.
post reditum. Reden Ci-
' cero's 176, 28— 31.
Postumianus 419, 6.
Postumius (A.) Albinus
126, 2. — 145, 7.
Postumius (Sp.) Albinus
«137, 9.
Postumius Festus 360, 1.
PostumuB 44, 7 a» £. \
Potamius 411, 6.
Potitus 323, 6.
Praecilius Fort. 380, 6.
Praedestinatus 461, 6.
praefecü urbis (Verseich-
niss) 407, 2 (V).
praeficae 80, 2.
praenominibus (de) 274,
11.
praetexta 14; des Nae-
vius 93, 6 ; des Ennius 101,
2; des L. Attius 129, 6.
praetextata 14^ 1.
PraetextatuB422, 1. Auch
s. 207, 1.
Alphabetisches Register.
1157
pragmaidci 44, 4.
Pra$i^atiu8 459, 12.
Prata des Saeton 342, 3.
Precianus 171, 7.
Priapeia 249,, 8.
pridie qnam in exilium
iret 177, 7.
Frinceps 321, 2.
Priscianas 422, 3.«— 473;
Tbeodorns Pr. 426, 9.
Priscillianos 410, 4; v^l.
396, 8 E. 401, 3 E. 419,
9. 453, 6. 8.
Prisous 247, 11. 324, 8.
446, 8. Vgl. HelyidiuB,
lavolenus, Lutorias, Ne>
ratius, Tarqnitins.
Proba 429, 1. 430, 15.
vgl. 26, 3.
ProbuB 393, 2. — 412, 12.
413, 4. 427, 1. 459, 14.
Auch s. AemiliuB, Ani-
cius, Titiua, ValeriuB.
Procilius 169, 3.
ProcopiuB Caes. 469, 2.
Procula 896, 8 E.
Procülianer, S. 420 mit
A. 3.
ProcnluB 249, 1. 258, 4.
Jurist 293, 1; bei Sido-
niuB 459, 8.
Profuturus 453, 9.
Prolog des mimus 8, 3 ; der
palliata 16, 8 ; der togata
17, 5.
Prologe zu Plautua 98, 1 ;
zu Terenz 108, 7.
prologi des Pompeius
Trogus 253, 4 f. 8.
prolusiones 225, 5. A. 1.
propempticon 210, 2 f.
Propertius 241.
Prosa 85. 88, 4.
ProsdociuB 419, 12.
Proserpinae raptas des
Claudian 433, 5.
ProBodie S. 134 f.
TrQoamjta nffOtatiKcc 16, 11.
Prosper Aq. 453, 1-— 5.
ProtadiuB 410, 2.
Protagoras des Piaton 183,
19.
ProtarcbuB 257, 2 E.
Protokolle des Senats 213,
l.
Providentia (de), Lehrge-
• dicht 453, 5.
provinciis con sul aribus ,
de 176, 35.
ProvinzenverzeichnisB
388, 12.
Pi-udentiuB 430.
Pseudo-Acro 372, 2.
Pseudo-Asconius 290, 3.
Pseudo-AtiliuB 400, 7.
PseudoluB desPlautus 95,
14.
PBeodon3nne 451, 1 f. 458,
3.
Pseudo-Ovidius 246, 4—6.
Pseudo-Plinius 425.
PtolemaeuB 350, 5. Oben-
nus 464, 1.
PubliciuB yate'B 64, 1 f.
PublicivLB, Jurist 171, 5.
PnbliliuB Optatianus 398,
1—3.
Publilius Pollio 16, 13.
PubliliuB Syrus 208, 2 f.
Pudens 314, 4.
Pulcher s. Claudius.
Punica des Silius It. 31^,
4 ff.
Pupillus B. Orbilius.
PupiuB 239, 1.
Pnpius Piso 168, 5.
Pylades 8, 11.
Pyrrhus 236, 1.
Pythagoreismus 48. ]
Q
Quadratus 348, 1.
quadriga Messii 420, 4.
QuadrigariuB 152, 1.
Quaestiones 47, 6.
Querelae des A. Caecina
196, 13.
Querolus' 8. 149 E.
quia vgl. quod.
Quintianus 281, 9. 457, 13.
Quintilia 210, 7.
QuintilianuB 320; der Va-
ter 320, 1. Andere 320,
4. 12.
Quintilii 376, 1 u. 5.
QuintiliuB MarcelluB 371,
4.
Quintüius Varus 263, 6.
Quintio, pro 176, 1.
Quintipor Clodius 189, 6.
QuintiuB, T. 81, 2.
Quintius (T.) Atta 130.
quod (und quia) statt acc.
c. inf. 388, 11. 401, 8.
418, 11. 451, 2 f. 456, 3.
464, 3. 468, 3, 469, 7.
R
RabanuB Maurus 424, 6.
Rabirio, pro G. 176, 19.
Babirio, proPostumo 176,
39.
Rabirius 170, 2; Epiker
247, 9.
Radegundis 483, 4. 5. 7.
Radulfus 253, 3 £.
raptus Proserpinae 433, 5.
Räthsel 26, 1 (.
Rauennas geogr. 488, 4 ff.
Rebius Flaccus 404, 1.
Rechtswissenschaft 46 f.
recinium 8, 10.
recitationes 8.423 f. mit
A. 3 ff. 319, 1. 325, 4.
469, 6. 483, 2.
recnrrentes versus 32, 9.
Reden bei den Historikern
36, 5; bei Livius 252, 12.
Redner s. Beredtsamkeit.
Regionenverzeichniss 406,
6 f.
regula Gatoniana 124, 6.
Regulus (Aquilius) 321, 3.
Reim 11, 3. vgl. 427, 5.
remedia amoris von Ovid
243, 6.
Remigius 459, 12.
RemiuB Favinus 444, 2.
vgl. 465, 9.
RemmiuB Palaemo 277, 3.
Renatus 453, 9.
repetundarum lex 160, 2.
ReposianuB 394, 2.
republica, de von Cicero
183, 1.
respondere 46, 5; vgl. S.
420, A. 1.
responsa 47, 5. vgl. 8. 420,
A. 2.
responsio Celsina 337, 2.
responsio Ciceronis in
Sallustium 203, 6.
RestitntuB 321, 17. vgl.
Claudius,
retractationes des Angu-
stin 434, 4.
retro 419, 10 g. E.
rhetores latini 43, 9; dhr
Eaiserzeit 44, 1 ff.
Rbetorica ad Herennium
169. rhet. (de) des Au-
gustin 434, 7.
Rbetorica des Cicero 169,
1.
Rhetorik 43, 9.
Rhinthon 18, 1.
1158
Rhinthonica 18, l und 3.
rhythmische Poesie vgl.
Vulg&rproBodie.
riciniam 8, 10.
Roman 45, 11. vgl. 300, 6.
366, 6. 388, 11. 481.
romana fides etc. 1, 3.
Romanianns 441, 4.
RomaniuB Hißpo 263, 10.
Romanius lovinus 360, 1 1 .
Romanns (luliiis) 375, 1.
Auch 8. Aqnila, Vergilixis
u. Voconins.
römischer Volkscharakter
l f.
RomuluB (Fabeln) 27. *
T^emnlns (König) 66, 1.
Roscio, pro Araerino 176,
2. pro R. comoedo 176,3.
Roscius Gallns 16, 12.
Rosetum 225, 5, A. 5.
Kosianus Geroinus 345, 6.
Rubellius Plautus 294, 9.
Rnbrenua 319, 5.
RubriuB 289, 1.
Rudens des PI an tue 95, 17.
Rufinns (cansidicos) 419,
12. vgl. 433, 3.
Rufinns Antioch. 466, 6 —
8. Aquileien8i8429,l— 4.
Rufinns, s. Aradius, Lici-
nius.
RufiusFestus Avienus 413.
Rufus Festus 409, 7 f.
Rufus, Sex. 406, 7. 409,
7 f.
Rufus Meliker 249, 5. —
Dichter 319, 2. 5.
Rufus, s. Caelius, Cani-
nins, Canius, Cluvius,
Mnsonins, Octavius.Pona-
peins, Rutilins, Sulpi-
cins, Valgius, Vergi-
nins.
Ruricins 462, 10.
rustica (de re) des Cato
121,
rusticae res des M. V-arro
166.
Rusticelins 160, 8.
Rusticiana 418, 2. 470, 1.
RusticiuB Helpidins 461,
If.
Rusticns, s.Fabius, lunius.
Rutilia lex 146, 1.
Rutilius Lupus 265.
Rutilius Maximus 367, 5.
Rutilius Namatianus 447.
Rutilius Rufus 146, 1—3.
Alphabetisches Register.
S
S im Auslaut 444^ 1. S.
136. 262, Z. 1 .ff.
Sabbatius 437, 6.
Sabellus 319, 6.
SabidiuB 62, 2.
Sabina 319, 2.
Sabinianer 8. 420 mit A. 3.
Sabini epistolae 243, 4.
Sabinnm des Horaz 229,5.
Sabinns, s. Aelins, Caelius,
Fabius, Masurins.
Sabinns des Ovid 247, 4.
Sabinns TXro 62, 4.
Sacerdotalfasten 73, 7.
Sacerdos, Grammatiker
390.
Saevius Nicanor 156, 3.
Salanns, s. Cassins.
Saleius Baesus 313, 2.
Salii 62.
Saliorum libri 75, 3.
Sallustius 203 und 204.
Sallust. Empedoclea 189,
3.
Salomo 41, 9. 457, 6.
Salonius 462, 11. vgl. 468,
1. 3. 4.
Salvianus 458.
Salvidienus 383, 12.
Salvius Inlianus 346, 1—
4. 8.
Salvius Liberalis 336, 3.
Salvius Valens 346, 6.
Salustius 441, 1.
Sammonicus Serenns der
Vater 370, ^5; der Sohn
379, 4—6.
Samocns 370, 6.
Santra 207, 2.
Sapaudus 459, 9.
sapientes (VIl) 414, 3 i.
sapientes (XII) 23, 2.
Sasema 167, 1.
satira 6, 2. 28, 1.
satirae s. saturae.
Satire 28.
Satirendichter 28, 2 und 4.
Satrius Rufus 321, 13.
saturae 6; desEnnius 102,
1 ; des Lncilius 132, 6 ff. ;
desVarro 163, 2; des Ho-
raz 231 ; Petronins 800, 1 .
saturae Menippeae 28, 3.
des Varro 163, 3.
Satumalia des Macrobius
438, 5.
Satuminus 383, 12. 401, 2.
u. vgl. Aelius, FuUonius,
Ppmpeius.
Satuminus, Juristen 356,6.
saturnischer Vers 60.
Scaevius Memor 318, 3.
Scaevola 161, l und s.
Cervidins, Mucius.
Scaevns Memor 318, 3.
Scaurianae des Cicero
177, 1. 4.
Scaurinus 875, 10.
Scaums, s. Aemilius, Aii-
relius, Terentius.
Scenenabtheilnng 16, 7.
Schauspielerzahl in Pal-
liaten 16, 4.
Schlaohtberichte 36, 6.
scholasticus 44, 4. S.
scholia Bemensia, Vero-
nensia zu Vergil 226, 7.
vgl. 465, 13.
scholia zu Horaz 235, 3 f. ;
zu Persins 297, 6; zu
Lucan 298, 8; zu Stat.
Theb. 316, 13; zu Juve-
nal 326, 7; zu fragm.
vat. 399, 4.
scholia Bobiensia zu Ci-
cero 290, 4.
scholiasta Gronovianus
174, 6.
Scholiast des Germanicus
270, 10 f.
Schreibekunst in Rom 59,
1,
Schulgedichte 23, 2,
Schullectare 226, 1.
Schwindelliteratur 416, 1.
Scipio des Ennins 101, 4.
ScipioNasica 124,3. 126,
4.
ScipioNasica Serapio 141,
7.
Scipio Optimns 87, 1. 124,
3.
Scipionen, s. Africanus u.
Metellns.
Scipionengrabschriften
81, 5. vgl. 128,2. 1.36,2,
Scipionenkreis S. 130. 132.
Scoti versus 442, 5.
Scribonius Aphrodisins
258, 3.
Scribonius Curio 141, 12.
Scribonius Curio 150, 6.
Scribonius Curio (t 705)
206, 1.
. Scribonius Largus 289,
2—6.
Scribonius Libo 169, 6.
Alphabetisches Register.
1159
Scribonius, L.Libo 138, 2.
Bcriptores bist, angustae
388. vgL 397.
Bcriptores rei rasticae 52«
Scroia 157, 2.
SebosQS 207, 7.
Secundinus 459, 10.
Secundns, s. lolios, Pli-
nius, Pomponius; Bhetor
346, 4.
Secnras Memor 445, 7.
Sedigitus, s. Volcatins.
Sedalins 466, 1—7; jün-
gerer 466, 8.
Seins Fusc. 360, 1.
SemproniusAsellio 142, 9.
Sempronius Atratinus 206,
10. ►
Semproninfl Gracchas,
TrfH^er 249, 7.
SemproDios, C. Gracchus
140, 2. 4—6.
Sempronius, Ti. Gracchus
122, 6. vgl. 140, 6.
Sempronius, Ti. Gracchus
140, 1—3.
Sempronius Proculus 293,
5.
Sempronius Sophus 87, 1 f.
Sempronius Tuditsinus
143, 1.
Senare (iambische) 13, 4.
Senator 475, 1.
Senatspolitik S. 131.
senatus consulta 213, 1;
i^ Asklepiades u. s. w.
215, 3.
senatus consultum de Ba-
canq.libu8 128, 1.
Seneca der Vater 264;
der Sohn 282—285.
Senecio s. Herennius.
senectnte (de) yon Cic.
183, 11.
Senenia 33, 3.
sententiae Pauli 373, 3;
Publilii 208, 2 f. ; Sene-
cae 208, 3; Varronis 167,
2.
SepticiuB Clarus 342, 8.
Septimius 810, 5.
Septimius (P^ 55, 1.
Septimins (Dictys) 416,
1—5.
Septimius Serenus 379, 3.
Septimius Severus 310, 5.
321, 9. — 365, 4 f. (Kai-
ser), j
Sequester, s^^Vibius.
Sorena 433, 3. 6. 8.
Serenus, s. Annaeus, Sam-
monicus und Septimius.
Sergius Flavus 261, 9.
Sergius gramm. 423, 10.
sermones des Horaz 231,
3. vgl. 234, 1.
serpentini versus 32, 9.
Serranus 299, 6.
ServilianuB (Fabius) 138,
3.
Servilius 337, 13.
Servilius Barea 294, 8.
Servilius Nonianus 286, 2.
Servilius Silanus 360, 1.
Servius Maurus 423, 1 — 4.
Servius Tuüins 66, 3;
seine commentarii 70, 1.
Sescennius 41, 1 £.
Sestius (P.) 200, 4; pro
Sestio 176, 32.
Seuerianus 437, 6. 459, 8.
Seuerinus 485, 10. vgl.
470, 1.
»Seuerus 393, 2. 438, 8 E.
Redner 419, 4; Bischof
485, 17. Auch s. Ale-
zander, Aquilius, Cas-
siuB, Cornelius, £nde-
lechius^ Fabius, lulius,
Septimius, Sulpicius.
Seztilius Enna 247, 10.
Sextilius Niger 876, 5.
Sextius Calvinus 151, 4.
Seztins Niger 261, 5—8.
Sextus 354, 2. vgl. 356, 3.
857, 4.
Sibylla 64, 1.
siciiicus S. 186, A. 3.
SiciniuB 43, 10.
Siculus s. Calpurnius.
Siculus Flaccus 339, 6.
SidoniuB 460.
Silanus (D.) 52, 1. 242, 3.
Silanus (M.) 271, 8.
silbernes Zeitalter der
röm. Literatur S. 579 ff.
Silenus 142, 5.
Silius 28, 4.
Silius Italiens 315.
Silius Procidus 827, 9.
Silo, 8. Arbronius und
Pompeius.
Siluae des Statins 316, 6.
Siluinusd72, l.P. 288, 1.
Siluius 415, 2 E.
•Silus, s. Albucius.
Simplicianus 437, 6.
Simplicius 890, 1 f.
Singen 1, 4. 11, 1. 34, 4.
Sinnius Capito 255.
siparium 7, 4.
Sirmondische Constit. 454,
8.
Siro 220, 3.
Sisebutus 486, 1.
Sisenna, L. Cornelius 15.^,
1 ff.
Sittius 146, 3.
Sixtus 429, 4.
Skazonten 33, 2 f.
Smyma des Cinna 210, 2.
Sodoma (de) 369, 6.
Solinus (lulius) 385.
Sollius Apoll. Sidonius
460.
Selon 84, 2.
Somnium Scipionis 183, 1,
4. 438, 4.
Sonnencultus 395, 4. 401,
4.
Sopater 402, 1.
Sophronius 428, 10 g. E.
Soranus (Barca) 294, 8.
(Ephesius) 339, 8. vgl.
456, 3—6.
Bortes Praenestinae 136, 2
vgl. S. 135 E .
sortes Vergilianae 226, 4.
Sota des Ennius 102, 2.
Sotion 261, 8. 282, 1.
Sparsus s. Fulvius.
Spartianus 388, 4 f.
Spes (Elegie) 304, 1.
Spitznamen 3, 1.
CJCOvösuxiovTsg 210,3. vgl.
S. 263, A. 1.
Spottlieder 11, 2, d.
Sprüche in den Mimen 8,
4. vgl. 208, 3.
Spruchgedichte 24.
Spmchsammlung des Sex-
tius 261, 6.
Spurinna (Vestricius) 318,
5.
Staberius Eros 156, 10.
Stadtchroniken 36, 3. 407,
8(X).
Stallius 49, 4.
statariae 16, 2.
Statilius Maximus 370, 6.
Statins 316; sein Vater
313, 3.
Statins Caecilius 105.
Statins Sebosus 207, 7.
Statins Tullianus 412, 14.
Statius Ursulus 292, 12.
Statius Valens 377, 11.
Stechbuch 226, 4.
Stella (Arruntius) 318, 1.
1160
Alphabetisches Register.
stemmata 79 und 70, 1.
Stephanie 17, 4.
SteiÜDiaa 261,4. Arzt 289,
1. Avittts 819, 2.
Stichns des Plautus 95,
18.
Stüicho 433, 1. 3 f.
Stilo, Aelius 147, 1—3.
StoicismUB in Rom 48 f.
49, 2 f. Einfluss auf Ju-
risprudenz 46,7. vgl. 144,
2; auf die Beredtsamkeit
48, 4. vgl. 144, 2. 198, 2.
Strabo s. lulius.
Strategemata des Fronti-
nus 322, 6.
strophische Composition
bei den £lefi^kem 32, 6;
in Vergils EcL 222, 3;
in Hör. 0. 233, 4; bei
Seneca 285, 3.
stupidns 8, 7.
Buasoriae des Seneca 2G4,
4 u. 7.
Siieius 29, 2. 189, 4.
Suetoniua 342.
SuetoniuB Optatianus 388,
y.
SueyiuB s. Sueiua.
Suifenus 208, 5.
Suillius 292, 1.
Sulla 154, 1—3; pro Sulla
176, 25.
Sulpicia 240, 3. unter Do-
mitian 318, 6.
Siilpicius Aleiander 421,
14.
Siilpicius Apollinaris 353,
1 f.
Sulpicius Blitho 169, 7.
SulpiciuB Camerinus 247,
8.
Sulpicius Cornelianus 360,
7.
Sulpicius Flavus 281, 2.
Sulpicius Galba 205, 2.
Sulpicius (C.) Galba 145,
5.
Sulpicius (Ser.) Galba 137,
4.
Sulpicius (C.) Gallus 128,
1.
Sulpicius Lupercus 414, 6.
Sulpicius Maximus 314, 4.
Sulpicius, P. Rufus 150,
5. vgl. 171, 3 E. Ser.
Rufus 171, 2—4.
Sulpicius, Ser. 237, 3.
Sulpicius Severus 435.
Sura, B. Aemilius, Lici-
nius, Mamüius, Pali'urius.
Surdinua 15, 3.
Syagrius 420, 2. vgl. 459,
11.
Symmachi 418, 2 g. E.
Symmachus, Vater 418, 1 ;
Sohn 418, 2—14; Enkel
und Urenkel 418, 2. vgl.
469, 4. 473, 5.
SymphosiuB 442.
SynesiuB 437, 7.
Synonyma des Cicero 185,
8.
Syrus s. Publilius.
tabemaria 17, 2 u. 4.
tabula Bantina 160, 1.
tabula Peutingeriana 68,
8.
tabulae alimentariae 325,
8 b.
tabulae censoriae 76. #
tabulae duodeoim 84.
tabulae Heracleenses 215,
6.
tabulae iguvinae 65.
Tacitus 328—334.
Tanusius Geminus 208, 4.
Tarpa s. Maecius.
Tarquinius 66, 4.
Tarquitius Priscus 258, 5.
Tarrutenius Patemus 364,
8.
Tarutius, L. 196, 9.
Tascius Vict 421, 1 £.
Tatius CyrilluB 397, 6.
Tatius Valens 377, 11.
Tatuinus 490, 3.
Taurus s. Calvisius.
temporibus (de) von Cic.
186, 4.
Terentia 217, 6.
Terentianus Maurus 391.
Terentius (P.) Afer 107—
110. .
Terentius Clemens 356, 4.
TerentiuB Libo 134, 2.
Terentius Scaurus 347, 1.
Terentius (£i.) Varro Rea-
tinus 162—167.
Terentius (P.) Varro Ata-
cinuB 208, 1.
Terentius Varro Lucullus
215, 8.
Tereus 219, 4.
Tertullianus Jurist 367, 6 ;
Kirchenschriftsteller 369.
tesserae gladiatonae 215,
10.
testamentum Dasumii 325,
8 a.
testamentum suis 28, 4.
vgl. 47, 1 E.
Tetradius 28, 4. — 459, 14.
tetrastichon de mensibus«
414, 7.
Tettius Cab. 319, 5 £.
Thallus 368, 2.
Thaumastus 459, 11.
Theater S. 133; steinerne
in Rom 259, 1 £.
Thebais des Statins 316,
3.
Theoctistus 465, 12.
Theodericus 385, 5. Köni^
Theoderich 469, 1. Pane-
ffyricus auf ihn 471, 2.
Theoderici edictum 480,
1.
Theodorus 474, 3. Th.
Priscianus 426, 9. Fla-
vius 473, 3; auch s. Mal-
lius.
Theodosianus codex 454.
Theodosiua I. 417, 2. vgl.
419, 10. Th. U. 446, 9 f.
Theodoaius Hacrobiua
438. vgl. 443, 1.
Theodotus 217, 12.
Theokrit 222, 2.
Theophilus 437, 6. 480, 4.
6 8
Therasia 431, 2.
Theuderich 479, 1.
thierärztliche Schriftatel-
ler 53 E.
Thierejjos 27.
Thierstimmen 23, 5.
Thomas Brab. 4t0, 8.
Thrasamundus 468, 1 f.
Thrasea Paetus 294, 7.
Thukydides 204, 1. 3. 4. 5.
Thjestes des L. Variua
219, 2. vgl. 249, 7.
TiberianuB 388, 7. 396, 9.
— 415, 9.
Tiberius 270, 1—3.
tibia in den Mimen 8, 11;
in der Tra^oedie 13, 4;
in der palliata 16, 5.
tibiae pares, dextrae u. s.
w. 16, 4.
Tibullus 240.
Tichonius 436, 2.
Ticidas 210, 1.
Timaeus des Cicero 183, 9.
Timesitheus 371, 6.
AlphabetischeB Begister.
1161
TimotheuB 458, 3.
Tiro des Cicero 177, 4.
181, 4. 188. Auch 8.
Inlius.
Tiro Sabinus 52, 1.
TitianiiB 860, 10. ygl. 375,
10. 396, 11.
Titinias 111.
Titdnins Capito 327, 2.
TitiuB 237, 4.
Titins AriBto 337, 4.
TitiuB, C. 123, 2.
Titiuß, C. ProbuB 274, 11.
TitiuB GalluB 466, 13.
TitiuB HomulluB 336, 4.
Titas (Kaiser) 305 l
togatae 17. ygl. 14, 2.
togatariuB 17, 4.
Togatendicbter 17, 4.
togati 480, 5. 6.
TonantiuB Ferreolus 459,
11.
Topica von Cicero 179, 6.
TorqnataB 168, 10. 262,
2.
ToxotiuB 379, 8.
Trabea 106, 1.
trabeata 17, 1. 239, 2.
TrachaloB 292, 6.
tragicocomoedia 18, 2.
tragoedia(de) et cömoedia
12, 2. 404, 3.
Tragoedie, rOmische 13.
die des Seneca 285.
Traianns 325, 2. Brief-
wechsel des Plinins mit
ihm 335, 6. 9.
Tranquillas s. Saetonius.
TrebatiuB Testa 199, 3.
Trebellius (M.) 288, 1 g.E.
TrebelliuB Pollio 388, 7.
TrebiuB Niger 138, 5.
TreboniuB, C. 209, 9.
TremelliuB Scrofa 157, 2.
TriariuB 263, 10.
Tribonianus 480, 4. 5. 6.
8.
TQi%dQavog desVarro 164,
3.
TrinacriuB 247, 8.
TrinummuB des Plautns
95, 19.
Tristia des Ovid 245, 1.
Triamphalfasten 73, 3^-5.
Trimnphlieder 82.
trochäiBche Verse 11, 2 f.
Trogns Pompeius 253.
Troiae excidium 464;
halosis 300, 3 f.
Troica des Nero 281, 8.
Trosins Aper 353, 4.
TmculentuB des Plautns
95, 20.
Trypho 289, 2.
Tryphoninns 367, 3.
Tubero s. Aelins.
Tucca 8. Plotius.
Tnditanus, Sempronins
143, 1.
Tullio, pro 176, 4.
Tnllius, M. Cicero 172—
186
Tnllius, Q. Cicero 187.
Briefe an ihn 181, 3;
von ihm 187, 3.
Tnllius, M. Lanrea 31, 2.
Tnllius Tiro 177, 4. 181, 4.
188.
Tnllus Hostilius 66, 2.
TuUuB (Volcatius) 241, 2.
Turanius Ruf. 429, 1 fP.
Turcius Asterius 466, 5.
Turia 262, 4.
Turiner Glosse 480, 10.
Turnus 318, 2.
Turpilius 112.
Turpio 16, 13.
Turranius 249, (9.
Turranius Gracilis 138, 6.
Turranius Niger 166, 1.
Turranius Rufinus 429,
1—4.
Turribius 453, 6.
TuBcianus 345, 1.
'Tuscilius 336, 4.
Tusculanae des Cicero
183, 8.
Tuscus 247, 8 E. 258, 6.
272, 4.
TuticanuB 247, 2.
Tutilius HoBt. 49, 4. Rhe-
tor 821, 1.
V(U)
Vacca 298, 1.
Vagellius 299, 4.
YalenB und Valentianus
(Kaiser) 395, 2. vgl. 410,
9.
Valens, s. Abumius, Fulr
vius, Salvius, Vettius.
Valentinus 72, 9.
Valeria 237, 3.
Valerianus 853, 7. Bischof
450, 10; vgL Curtius u.
Plinius.
Valerii epistola 469, 7.
TxriTXL, BOm. Litexatnrgeschiobte. 8. Aufl.
Valerius, Commentator
der XII Tafeln 84, 6;
Palliatendichter 118, 2;
L. Jurist 199, 5. Auch
s. Inlius.
Valerius Aedituus 133, 2.
Valerius Antias 152, 2 ff.
Valerius Cato 197, 1.
Valerius Catullus 211.
Valerius Cotta 262, 6.
Valerius Flaccus 312.
Valerius Larp^s 247, 8.
Valerius Licmianus 321,
15.
Valerius Marcellinus 377,
7. 397, 5 E.
Valerius Martialis 317.
Valerius Maximus 274.
Valerius Messala(M.) 218,
8—11.
Valerius Messala (Cos.
701) 196, 12. Messalinus
262, 6.
Valerius Primanus 292, 8.
Valerius Probus 295.
Valerius Pudens 314, 4.
Valerius Severus 337, 14.
Valerius Soranus 134, 1;
dessen Söhne 150, 8.
Valerius Valentinus 145,
1.
Valgius Rufus 236.
Vargunteius 100, 4.
Variae des Cassiodor 475,
5.
VariuB Geminus 262, 12.
Varius, L. 219, 1—5.
VariuB Lucullus 337, 5.
Varro Atacinus 208, 1.
Varro l^ei Martial 319,
2 E.
Varro, M. 162—167.
Varronianaefabulae 94, 4.
Varus, 8. Alfenus, Quinti-
lius.
vaticana fragmenta 399,
4— 10. Ars 412, 12.
Vatinium, in 176, 33.
Vatinius 214, 3; vgl. 210,
6. 211, 2.
Vavius s. Baviup.
üebersetzungen aus dem
Griechischen S. 257. 388,
11. 402, 5. 403, 2. 416.
422, 1. 426, 3. 429, 1.
8. 456. 470, 2. 5 f. 479,
4—6. 481. 489.
73**
1162
AlphabetischeB Uegister.
Ve^etiuB 424.
Veiento 292, 7.
VeliuB Longua 338, 2.
VelleiuB, C. 158, 1.
Velleius Celer 347, 2.
VelleioB Paterculas 273.
Veaantius FortonatuB 483,
4—10.
VennoniuB 142, 2.
VentidiaB 204, 3. vgl 43,
6.
VenuleiuB SatarninuB 356,
6.
Yeranias 196, 14.
vergiliana continentia
472, 5.
VergilianuB 439, 1.
YergilioB EuryBaces 136,
3.
VergilioB (Grammatiker)
474, 6.
VergiliuB Maro 220—226.
VergüiuB Bomanas 327, 7.
VerginiuB (Rhetor) 275, 1.
VerginiuB, A. 151, 4.
VerginioB Flavus 292, 9.
VerginiuB Bufua 318, 4.
Verkürzung langer Silben
und umgekehrt 466, 2.
468, 4.
Vermessung des röm.
ReichB 217, 12.
Vermummungen 4.
Verrinae orationes 176,
6—11.
VerriuB Flaccus 256.
VerBkOnsteleien 26, 8. 32,
9. .
versus memoriales 23, 3.
Vertacus 402, 3.
Verträge aus der Königs-
zeit 66; aus saec. lU d.
St. 67.
Verus, L. der Vater 350,
1 ; der Sohn 359, 1 u. 6.
Verwandtschaftsgrade
(über die) 372, 8.
Vespae iudicium 358, 10.
Vespasianus 305 f.
Vespillo, 8. LucretiuB.
VestriciuB Spurinna 318f
5.
veteres 47, 4.
Vettius (Rhetor) 336, 6.
Vettius Agoriuff Mavor-
tiuB 469, 3; Praetexta-
tus 422, 1.
Vettius CrispinuB 316, 2.
Vettius Philocomus 147,
4.
VettiuB Valens 289, 1.
Vettius Vettianus 150, 8.
▼etula (de) 246, 5.
VibiuB CrupuB 292, 2.
VibiuB GaJluB, Vibius
EufinuB und Rufns 263,
10.
Vibius Marsus 271, 10.
Vibius Sequester 439,
1—3.
Victor (P.) 406, 7 E;
Bischof 453, 7; christl.
Dichter 457, 5—7. Vi-
tensis 463, 1 f. Tunnu-
nensb 476, 3 f. Auch s.
Aurelius.
Victoriaaltar 418, 13.
VictorianuB 251, 10.
Victorinus, christl. Dich-
ter 403, 8; christl. Schrift-
steller 403, iE. Massil.
450, 4. Andere b. Aufi-
diuB, FabiuB, Marina,
MaximinuB, Maximus.
Victorinus Fronto 351, 2.
360, 2.
Victorius 450, 4. 459, 13.
VictoriuB Marcellus 321,
8.
Vidularia des Plautus, S.
149 g. E.
Vigellius 158, 1.
Vigilantius 437, 6.
VigiliuB 437, 6. 462, 12.
477, 1. 5. 483, 2.
Villicus 459, 4.
Vincentius Bellovac. 240,
7. Lerinensis 451; ande-
rer 453, 7.
Vindex, s. Caesellius, No-
vius.
Vindicianus 426, 3 f.
Vindius Verus 356, 2.
Vinicii 263, 10. vgl. 273,
1—3.
Violantilla 318, 1.
VipsaniuB 188, 4.
VipsaniuB Agrippa 217,
10 ff.
VipstanuB Messala 309, 3.
Vir bonus 225, 5. A. 6.
viri illustres des Sueton
342, 7. des Victor 408,
2. christliche 428, 10.
462, 12.
Virius Nicomachus 421, 1.
virtutibuB, de von Cicero
183, 17. Auch vgl. 284,
.10.
ViselliuB Aculeo 151, 6.
Visellins Varro 161, 6 g. E.
Visigothorum lex 480, 2.
Vispillo 8. Lucretius.
Vitellius, Jurist 260, 7.
ViteUius, P. 271, 4.
Vitellius Afer 411, 8.
Vitrasius Pollio 282, 1.
Vitruvius Pollio 259.
Vivarium 475, 1. 7.
VivianuB 837, 11.
Uipianus 372.
ülpius MarcellüB 356. 8.
ülpius Traianus 325, 2.
Ummidius Quadratus 336,
4 E.
ünhürbarkeit von aus-
lautendem m, s, 1 466, 3.
ünicus 319, 4.
universo (de) 183, 9, 1.
Vocalverschleifung S. 421
mit A. 2.
Voconius 341, 5. Bischof
453, 7.
Voconius Romanus 336, 2,
VoconiuB Victor 319, 4.
Vogelfang, Lehrgedicht
darüber 382, 3.
Volcatius GalUcanuB 388,
6.
Volcatius, Grammatiker
377, 3.
Volcatius, Jurist 151, 4.
Volcatius Sedigitus 15, 4
(Kanon). 134. 3.
Volcatius Terentianus
377, 13.
Volcatius Tullufl 241, 2.
Volkscharakter (röm.) 1.
Volkslieder 83.
Volkspoesie 11.
Voltacilius Pilutus 155, 2.
Voltacilius Pitholaus 209,
10.
Voltacilius Plotus 155, 2.
Volumnius 250, 3.
Volumnius Quadratus 360,
3.
Volusenus Catulus 271,
5 u. 9.
Volusius 199, 4.
VolusiuB (L.) 288, 1 g. E.
Volusius Maeciauus 356,
7.
Volusius, Q. 206, 11.
Alphabetisches Register.
1163
Yolusins «s Taausins 208,
4.
Vopiscus 397, 2.
VoBsianas cod. 304.
YotienuB Montanus 271, 1.
vgl. 322, 17.
UraniuB 390, 1.
TJrbanuB 338, 1.
TJrbicüs s. Aggenus.
TJrseiuB Feroz 311, 3.
UrsinoB 437, 6.
UrsuB 321, 10. vffl. 359, 8.
Yulcatius, 8. VolcatiaB.
YalgariBmen 483, 10. 484,
4.
Yulg&rlatein 381, 4.
Yulgärmetrik S. 135. vgl.
381, 4. 467, 1. 2.
Yul^rprOBOdie S. 135.
vgl. 430,10.14. 467,1.2.
Yulgata 428, 5.
W
WechBelgesänge u. Wech-
Belgespräche 3, 2 f.
WeiberroUen ixnMimus 8,
5.
Weltchronik 407, 3 (IX).
Wettkämpfe (poetische)
23, 2. 29, 4. S. 683, A. 4.
Wiegenlieder 11, 2, b.
WitteruDgsregeln 83, 1.
Witzworto, Sammlungen
120, 6 f. vgl. 185, 9. 188,
2. 199, 4. 209, 9. 271,
5 E.
XistuB 261, 6.
Xenophon's Oeconomicus
183, 18. vgl 223, 2.
Zahl der Schauspieler 16,
4.
Zahlenmyatik 472 , 3. 10.
476, 12.
Zauberer Yergilius 226,
12.
Zaubersprüche 83, 1.
Zeno 411, 7.
ZenobiuB 203, 7.
Ziegel mit Inschriften 215,
11.
Zmyma des Cinna 210, 2*
Zoologie 51.
ZosimuB 446, 7.
Zwölftafelgesetzgebung
84.
Weitere Nachträge.
Vgl, S. XVI.
S. 2, A. 6, Z. 3 1.: 1861, und DarBtellungen aus d. Sittengetich. III. S. 21 6 ff.
S. 8, Z. 10 I. Munk.
S. 12, Z. 1. Vgl. Hen^ea V. S. 303—308. .
S. 24, A. 2, Z. 2 1.: oben 13, 6).
S. 36, Z. 1: W. .Wackemagel, Vöces variae animantiom, Basel 1869. 179 S.
S. 43, A. 5: J. P; J. Schnitzler, de satirae Born, novae natara et forma,
. Rostock 1870.
S. 81, Z. 2: Fr. ICaassen, Gesch. d. Quellen des kanonischen Rechts I (Gratz
1870) S. 226—308.
S. 102, A. 1 vgL 488, 4 ff.
S. 116, A. 4 E.: Vgl. Hermes V. S. 271—280.
S. 144, 3, A. 3: 0. F. Lorenz, CoUationen von B u. D zur Aulul., Berlin 1872. 4.
S. 147, Z. 4: XXVII. S. 173^-177.
S. 147, Z. 12 V. u.: XXXII. 8. 270—316.
S. 173, Z. 14 y. u.: Dagegen s. W. Wagner ^in Fleckeisens Jahrbb. 1865, S.
289—291.
S. 197, A. 6: 0. Ribbeck, Philocteta des Accius, Kiel 1872. 21 S. 4.
S. 297, A. 3: A. Eberhard, lectiones Tüll. I (Lips. 1872. 4.) p. 5—18.
S. 299, Z. 5: und Lectiones TuU. (1856) p. 3—43.
S. 300, Nr. 15, A. 2: Niemeyer, über den Process gegen A. Clnentius Habitus,
Kiel 1871. 24 S. 4.
S. 327, A. 3: Erklärt von D. Böckel. I. Berlin, Weidmann 1872.
S. 477, Z. 8: C. Campe, Horaz und Anakreon, Philologus XXXI. S. 667—697.
S. 478, Z. 16 V. u.: W. Förster, Progr. des Gymn. in Brflnn 1870. 4. p. 5—18.
S. 479, A. 5: A. Bischoff, über horazische Lyrik I (Schaffhausen 1872) S. 4 ff.
S. 483, A. 6: Zu Ep. I, 11 vgl. W. Teuffei im Rhein. Mus. XXVII. S. 347—349.
S. 623, A. 5 u. 6: Fr. Schultess, de Sen. quaest. nat. et epistulis comm.,
Bonn 1872.
S. 688, A. 2: Bussenius, de V. Fl. in adhibendis comparationibus usu, Lübeck
1872. 4.
S. 689, Z. 1 V. u.: E. C. F. Reuss, Observationes Valerianae, Marburg 1871.
S. 748, A. 6 E.: A. Pohlmann (Gotting. 1871. 63 pp.).
S. 842, A. 7: A. Faber, de Minucio Feiice comm., Nordhausen 1872. 44 pp. 4.
S. 937, A. 6: Recogn. W. Hartel, Berlin (Weidmann) 1872.
S. 937, A. 8: W. Förster, de Ruft breviario eiusque codicibus, Progr. des
Josephst. Gymn. in Wien 1872. 4. p. 3 — 21.
S. 1093, Z. 13 V. u. 1.: zum Verständnisse des Gedankens zu etc.
S. 1108, Z. 10 l: Unbefangen hat der Verf. •
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