Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.
^. ^. <p
•^. ^
Vi
9
Geschichte
der
Universität Heidelberg,
Nach handschrifüichen Quellen nebst den wiehti^ten Urkunden
▼on
JOHANN FRIEDRICH HAÜTZ,
OroMhenoglioh Badlsehem Hoflrathe and Profeitor in H«ldelbei|r *
nach dessen Tode herausgegeben
and
mit einer Yorrede, der LebeBSgesehichte des Yer&ssers nnd einem
alphabetischen Personen- nnd Sachregister
versehen
von
Dr. KAM, ALEXANDER Freiherra v. REICHLIN-MELDEGG,
5ffentl. ordenü. Profeuor der Philosopliie an derHoohiehiile dMolbit
Erster Band,
welcher die Vorrede, das Leben des Verfassers von dem
Herausgeber, die Einleitung nnd den scholastischen
Zeitraum von 1386 bis 1556 enthält
^^9^^^^fo*^
MANNHEIM.
Bruch und Verlag von J. Schneider.
1862.
Die Geschichte der Universitäten in ihrer nationalen Bedeutongr
thnt dar , wie die gnae geistige Bntwicbeliug unserer Nation von jeher an
die Universitäten geknüpft war, nnd dass es anch keine Richtung des Staates
gibt, welche nicht von diesem Mittelpunkte der höheren Bildung aus erweckt,
begründet und befestigt wurde.
Die Universitäten sind die einzigen Institute, welche für die Zukunft
da sind, für diese im tie&ten Sinne, wie sie sich nicht aus einer oberfläch-
lichen Gegenwart, vielmehr aus der tieftten Wurzel der Verganeenheit «r-
aengt, den Durchgangrc^unkt in einer belebten Gegenwart sueht
£[• StoflBsns*
Ein academischer Lehrer wirkt bei gleichen Kräften tiefer in den
Staat hinein und hinunter als tausend Autoren, die er noch dazu mit bilden
half; auf seinem Lehrstuhle dreht er eine Spinnmaschine von tausend Spindeln
um. Eine A c a d e m i e ist die eigentliche jnnere Staatsmission und Propaganda,
da sie eben die rüstige, leicht empfangende und lange fortgebärende Jugend
mit ganzen Generationen beltuohtet.
J6aa Faul.
INHALT.
Seite.
Vorrede des Herausgebers XV— XXIV
Lebensbeschreibung des Verfassers vom
Herausgeber . XXIV— LXVI
Einleitung.
Srster Abschnitt.
( Schulen, Universitäten. Universit&t Heidelberg . 5—13
Zweiter Abschnitt.
Politische Zustände der Rheinpfalz im 13. und
14. Jahrhundert.
§ 1. Pfalzgrafen und Kurfürsten um und. zur
Zeit der Gründung der Universität Heidel-
berg. Vertrag zu Pavia 14 — 16
§ 2. Das Pfälzische Gebiet 16 — 17
§ 3. Kurfürst Rudolph II. und dessen Ver-
hältniss zu Kaiser Ludwig IV. . . . 17 — 19
§ 4. Kurlftrst Ruprecht I. und dessen Ver-
hältnis« zu Kaiser Karl IV. Goldene
Bulle 19 — 21
§ 5. Die Rheiapfalz im Verhältnisa zu den
damaligen politischen Zuständen Deutsch-
lands. König Wenzel. Reichstag zu Eger.
Allgemeiner Laudfriede 21—23
a*
IV Inhalt.
Seite.
Dritter Abschnitt.
Allgemeine kirchliche Zustande in dem 18. und
14. Jahrhundert.
§ 1. Die Päpste unter dem Einflüsse des fran-
zösischen Hofes 24 — 25
§ 2. Das gesunkene Ansehen der Päpste in '
Italien 25 — 27
Vierter Absohnitt.
Allgemeine wissenschaftliche Zustände. Schulen
und Universitäten vor und zur Zeit der Grün-
dung der Universität Heidelberg.
§ 1. Wiederaufblahen wissenschaftlicher Bil-
dung. Schulen 28 — 31
§ 2. Entstehung der hohen Schulen ... 31 — 3S ^
§ 8. Die hohen Schulen als kirchliche Anstal-
ten. Die Päpste als deren Begaber und
Beförderer. Privilegium 5 jähriger Absenz
vom Orte der Pfründe. Rotulns ... 39 — 4G
§ 4. Hohe Schulen zu Salerno, Bologna und
Paris . 46 — 48
§ 5. Hohe Schulen in Italien 49 — 50
§ 6. Hohe Schulen in Frankreich und in den
Niederlanden 50 — 51
§ 7. Hohe Schulen in Spanien und Portugal 51
§ 8. Hohe Schulen in England, Schweden,
Dänemark und Polen 51 — 52
§ 9. Hohe Schulen in Böhmen 52 — 53
§ 10. Hohe Schulen in Deutschland .... 54 — 56
§ 11. Eintheilung der hohen Schulen in Nationen 56
§ 12. Freiheit von bürgerlichen Abgaben. Ge-
richtsbarkeit. Scepter. Gesetzgebung.
Sicheres Geleite. UniversitiUBboten . . 57 — 59
§ 13. Rectorat. Academischer Rftth. Imma-
triculation 59 — 63
§ 14. Syndicus. Secretär QuAstor. Pedellen.
Cursores. Servitores. Famuli .... 63 — 65
■
§ 15. Canzler. Vicecanzler. - PiMzgrafen. Con-
• servatoren. Subconservatoren .... 65 — 69
Inkdk. y
Seite
% 16. Dichterkrönang 69 — 74
§ 17. Facalt&ten. Decane. Academische Grade.
Magistri. Doctores acta regenteg 74 — 78
§ 18. Vorlesungeu. Ferien. Gollegiengelder.
Exerdtien. Disputationen 78 — 86
§ 19. PennalismuB. Deposition. Waffentragen.
Fechtschulen. DueUe 85 — 90
§ 20. Sitten. BQeiderordnung. Frequenz der
Universit&ten 90 — 96
§ 21. Contubemien. GoUegien. Regenden.
Bursen. Goderien 95^100
§ 22. Die verschiedenen Benennungen der
hohen Schulen 100—108
Fünfter Absohiütt.
ÜAterrichtsanstalten in Heidelberg vor und zur
Zeit der GrOndong der Universitit
§ 1. Das AugustiDerkloster 104—106
§ 2. Das Franciscanerkloster 106—107
§ 3. Das Benedictinerklosler 107
§ 4. Das St. Jacobsstift 107—108
ERSTES BUCH,
YoiL den ersten Anl&ngen der Universit&t unter der Regierung der
Kurforsten^ Rudolph n. und Ruprecht I. bis zur Umgestaltung der
Unirersitat durch den Kurfürsten Otto Heinrich.
1346—1566.
Scholastische Zeit.
ERSTE PEBIODE.
Von den Anfängen der Uniyersit&t
unter der Regierung der Kurfür-
sten Rudolph II. und Ruprecht I.
bis zur Reform der Unirersitat
•durch den Kurfürsten Frie-
drich 1.(1346 — 1449).
VI InhaU.
Seite.
Erster Abschnitt.
Die Universität unter der Regierung der Kur-
fürsten Rudolph n. und Ruprecht I. (1346 bis
1390).
§ 1. Die eisten Anfänge der Universität . . 111—114
§ 2. Ruprecht I., Begründer der Universität 114—122
§ 8. Maxsilius von Ingben 122—124
§ 4. Päpstliche Autorisationsbnlle. Privilegien
der Universität. Die Universitäl; eine
kirchliche Anstalt 124—129
§ 5. Eröffiiung der Universität. Die ersten
Lehrer und ihre Vorlesungen undBesol-
Ärng. Der erste Rector 129—132
§ 6. Matrikelbuch. Erwerbung des acade-
mischen Bürgerrechtes. Deposition . 132—137
§ 7. Rectorswafal. Die ersten Rectoren. Der
akademische Senat 137-441
§ 8. Berechtigung, Vorlesungen za haken.
Stimmrecht und Art der Abstinmnng . 141—143
§ 9. Canzler. Procanzler. Ertiieilnng aca-
demischer Grade. Conservatoren. Sub-
conservatoren. Privilegirte Boten der
Universität 143—151
§ 10. Gerichtsbarkeit der Universität Carcer 151—158
§ 11. Scepter und Siegel der Universität : . 153—156
§ 12. Aelteste Verordnungen und Gesetse
der Universität. Ferien 155 — 158
§ 13. Die vier Facultäten 158—169
§ 14. Erste Versammlungsorte der Universität.
Aelteste Universitätsgebäude .... 169—170
§ 15. Capelle und Kirchhof der Universität . 170—172
§ 16. Papst Ud>an VI. verleiht und Papst
Bonifacius IX. bestätigt das Privilegium
einer fünQährigen Abwesenheit vom
Pfründeorte. Ein Rotulus wird nach |
Rom gesendet (1389) 173—177 |
§ 17. Blühender Zustand und Frequenz der
JnhM vn
Seite.
TJmyersit&t Streithftndel zwischen Sta-
denten und jungen Adeligen .... 177—179
§ 18. Tod Ruprecht'« 1 179—180
ISweiter Absohnitt.
Die UniTersität unter derR^erang des Kurfür-
sten Ruprecht II? 1390--1398.
§ 1. Sorge des Kurütateik lür die Stadt und
die ünhrerntftt 181—183
§ 2. Die mit der UniterBltät yerbundenen Col-
legien, Gontubernien oder Bursen . . . 183—207
§ 3. Das Doniinicaner*Elo8ter und andere Gol-
legien 207—211
§ 4. Jndenhftnser werden zu Lehrerwohnungen
verwendet, die Synagoge in eine christ-
tiche Kapelle umgewandelt und die
<3rflter der Juden der Univernt&t ge-
schenkt 211—213
§ 6. Der KurfOrst schenkt den halben Frudit-
und Weiazehnten in Schriesheim der Ar-
tisten-Facultät und zwei tomos an den
Zöllen zu Eaiserswerth und Badiarach
der UniTersitftt. Ständige Besoldungen
der Lehrer. Yerwaltong derOttter und
Gefälle der üniversit&t 213—217
§ 6. Die Universität verhindert die Niederlas-
sung von Flagellanten auf dem Heiligen-
berg 217—219
§ 7. Tod Ruprechtes 11. und des Marsilius . 219—220
§ 8. Die ersten Bibliotheken der Universität 220—226
Dritter Abschnitt.
Die Universität unter der Regierung des Kur-
fürsten und nachmaligen römidchen Königs Ru-
precht ÜL 1398—1410.
§ 1. Freundliche CFesinnung Ruprecht's gegen
die Universität Papst Bonifacius IX.
verleiht derselben 12 geistliche Pfründen
Vlil Inhalt
Seite,
und der Kurfürst das Patronatsrecht über
die St. Peterskirclie in Heidelberg und
über die Kirchen in Altdorf und Lauda.
Anstellung der Professoren. Decane der
Facult&ten 227—231
§ 2. Hieronymus Ton Prag (1406). WicHffe's
Lehren yerboten (1412). Schriftstellerische
Thätigkeit der Professoren 231—234
§ 3. Ruprecht III. verleiht academischen Leh-
rern hohe Würden und bevorzugt über-
haupt Lehrer und Schüler der Universität 234—235
§ 4. Buprecht's III. Vorhaben, die h. Geist-
kirche in eine Stiftskirche umzuwandeln
und mit der Universit&t zu vereinigen.
Gelöbniss der Söhne Ruprecht's, die
Privilegien der Universit&t stets zu
schützen. Yergiftungsversuc)! auf. das
Leben Buprecht's 235—237
§ 5. Die Universit&t wird von dem Bischof
Humbert in Basel vor den Beghin^ und
Begharden gewarnt (1405) 237—243
§ 6. Studentenkrieg 1406. Studenten und
Professoren verlassen Heidelberg wegen
ansteckender Krankheit 1407 . . . 243—250
7. Tod Ruprecht's IH 250—251
Vierter Absohnitt.
Die Universität unter der Regierung des Kurfür-
sten Ludwig m. 1410—1436.
§ 1. Bericht der Universit&t über ihre Zu-
stände. Vereinigung der Stiftskirche zum
h. Geist mit derselben 252—258
§ 2. Die Stiftsbibliothek 258—263
§ 3. Kirchenschatz des Stiftes 263—264
§ 4. Dechanten des Stiftes. Durch die Kirchen-
reformation herbeigeführte Veränderung
der Einkünfte. Drei Canonicate als Ruhe-
gehalte für emeritirte Professoren.
k
inhaU. IX
UebenreiBQiig der StiftogefUle »n die
geistliche Gflter-Venraltnng 265—266
§ 6. Die Kirche siim h. Geist 266—268
§ 6. TheUnahme der Universität an der Kir-
chenTersammlnng in Gonstanz. Johann
Hus und Hieronymus von Prag 1414 . 268—276
§ 7. Die Theilnahme der üniversit&t an der
Eirchenrersammlnng in Basel. Reichs-
tag sa Nflmberg 276—288
§ 8. Streithändel zwischen Studenten und jun*
gen Adeligen und Bargem 283—286
§ 9. Ludwig's m. letzter Wille und Tod . . 285—286
Fünfter Abschnitt.
Die Universität unter der Regierung des Admini-
strators Pfalzgrafen Otto und des Kurfürsten
Ludwig IV. 1436—1449.
§ 1. Des Pfalzgrafen and des EurfOrsten
theilnehmende Sorge fftr die Universität.
Bulle des Papstes Eugen IV. Wahl er-
lauchter Männer zu Rectoren der Uni-
versität 287—288
§ 2. Ludwig IV. bestätigt die Privilegien der
Universität. Seine Bestrebungen für das
Gedeihen derselben. Wiederherstellung
des Dionysianums 288—290
§ 3. Rectores magnificentissimi. Lehrer der
Universität 290—292
§ 4. Streithändel zwischen Studenten und
Scha^rwächtem 292-293
ZWEITE PERIODE.
Von der Reform der Universität durch
den Administrator und nachma-
ligen Kurfürsten Friedrich I. bis
zu ihrer Umgestaltung durch
den Kurfürsten Otto Heinrich.
1449 — 1466.
Inhalt
Seite.
Erster AbBChnitt«
Die Umversität unter der Regierang des Ad-
ministrators und nachmaligen Kurfürsten Frie-
drich I. 1449—1476.
§ 1. Friedrich I. bestätigt als Administrator
der Pfalz die Privilegien der Universität 294 — 296
§ 2. Friedrich I. wird Kurfürst von der Pfalz
und bestätigt als solcher die Privilegien
der Universität. Reform derselben . . 296—301
§ 3. Revidirte und erweiterte Statuten der
Universität und der Bursen .... 301 — 304
§ 4. Kampf des Nominalismus und Realismus 304 — 308
§ 5. Papst Pius II. Friedrich's Theilnahme an
dem Kampfe Diether^s vonisenburg und
Adolph's von Nassau um den erzbischöf-
lichen Stuhl in Mainz. Friedrich von
dem Papste in Bann gethan. Schlacht
bei Seckenheim (1462) 308—314
§ 6. Friedrich wird von dem Banne losge-
sprochen. Verhältniss der Universität
zum Papste 314—316
§ 7. 'Der Kurfürst verleiht der Universität
das Patronatsrecht der Pfarreien Pfef-
fingen und Gundheim. Finanzielle Ver-
hältnisse der Universität 316—317
§ 8. Kurfürstliche Verordnung gegen die im-
mer wiederkehrenden Raufhändel. Fre-
quenz der Universität 317—319
§ 9. Die ersten Buchdruckereien in Heidel-
berg. Friedrich's I. Tod 319—320
Zweiter Abschnitt.
Die Universität unter der Regierung des Kur-
fürsten PhiHpp. 1476^1508.
§ 1. Kurfürst Philipp bestiUigt die Privilegien
der Universität. Wiesenschaftliohe Zu-
stände in Heidelberg 321—327
InhaH. ZI
Seit«.
§. 2. Die von dem KnrftirHen beabsichtigte
Anstellang des IHonysias Renehlin als
ProfesBors der griechischen Sprache . 827 — ^828
§. 3. Johann WesseVs Wirksamkeit an der
Universit&t S28— 831
§. 4. Theilnahme der üniTersit&t an Johann
von Wesers Ketzerprocess 831—334
§. 5. Gründung einer Jaristenbnrse 149& N^ne
Statuten der Jaristen-Facultftt. Ver-
änderungen in den Vorlesungen . . . 884 — 336
§. 6. Professoren werden mit ausserordent-
lichen Staatsgeschftften betraut. Urlaub 886—340
§. 7. Erste Anstellung eines Laien als ordent-
lichen Professors der Medicin .... 840--346
§. 8. Lehrer und Schriftsteller der Uniyersit&t 346—847
§. 9. Hftndel zwischen den Realisten und
Nominalisten 347—850
§. 10. Zwistigkeiten der Juristen- und Artisten-
FaculÄt 350—861
§. 11. Disputationen zwischen den Frands-
canem und Dominicanern über die un-
befleckte Empftngniss der h. Jungfrau
Maria 351—363
§. 12. Raufhftadel zwischen Studenten und Hof-
leuten 363—864
§. 18. Papst Innocenz IX. Kaiser Maitfmilian I.
in Heidelberg. Ausserordentlich^ Steuer.
Bayerisch-Pfälzischer Erbfolgekrieg . . 364—356
§. 14. Zustand und Frequenz der üniyersit&t.
Ansteckende Krankheiten. Philipp's Tod 356—357
§. 15. Rheinisch-literarische Gesellschaft . . 867—858
§. 16. Die Kurfürstliche Bibliothek .... 859—861
Dritter Absohnitt.
Die Universität unter der Regierung des Kur-
fürsten Ludwig V. 1508—1544.
§. 1. Der Kurfürst bestätigt die Privilegien
der Universität Zustände der letztern . 362—364
»I Inhalt
Seite.
§ 2. Doctor-Promotioaen derjarisUschen and
medicinlschen Facultät 364—365
§ 8. Reform der üniversit&t Veränderte
Rectorswahl 365—867
§ 4. Lehrer der Artisten-Facultät .... 367—378
§ 5. Lehrer der theologischen Facultät . . 378—379
§ 6. Lehrer der juristischen Facultät . . . 380—381
§ 7. Lehrer der medicinischeu Facultät . . 381
§ 8. Luther in Heidelberg. Theilnahme der
Professoren und Studenten an der von
ihm gehaltenen Disputation 381—385
§ 9. Die Universität Gegnerin kirchen-
reformatorischer Bestrebungen. Papst
Hadtian VI. fordert die Universität auf,
der Verbreitung von Luther's Lehre ent- ^
gegenzuarbeiten. Ergebenheit und An-
hänglichkeit der Hochschule an den
Papst , . 385—388
§ 10. Die Universität prüft, im Auftrage des
Kurfürsten Luther's Lehre. Ansicht der
Universität über dieselbe. Die theo-
logische Facultät erhält von dem Kur-
fürsten den Befehl , bei ihren Dispu-
tationen Ordnung und Anstand zu beob-
achten 388—892
§ 11. Die ersten kirchenreformatorischen Be-
wegungen an der Universität. Heinrich
Stolo. Johann Brenz und Theobald
Billikan 392—897
§ 12. Philipp Melanchthon's Studienzeit (1509)
und Besuch in Heidelberg (1524) . . . 397—399
§ 13. Büchercensur. Der von den Buchhändlern
und Buchbindern zu schwörende Eid.
Ein Pressprocess . 399—402
§ 14. Beschwerden der Bürgerschaft gegen die
von der Universität missbrauchte Steuer-
freiheit 402—404
§ 15. Vorsichtsmaassregeln während des Bauern-
IhhaU. xin
Seite.
krieges. Die UniTenit&t weist die For-
derung, w&hrend des Krieges cn den
öffentlichen Kosten beinitnigen, mit Er-
folg sorack 404—406
§ 16. Sitten. Ansteckende Krankheiten 1509,
1610. Aofenthalt der Gontabemien in
Eberbach 1628, 1629. Freqaens der
Universit&t 406—409
§ 17. Ludwig'» V. Tod , 409
Vierter Absohnitt.
Die üniTersität unter der Regierung des Kur-
ftkrsten Friedrich II. 1544—1556.
•
§ 1. Der Kurfürst bestätigt die Privilegien
der Universit&t *. . . . 410—418
§ 2. Die Ton dem Kurfürsten beabsichtigte
Reform der Universität 413—419
§ 3. Wiederholter Yersuch einer Reform der
Universität. Gutachten des Paul Fagins,
der Hochschule und der Artisten-Facultät 419—421
§ 4. Bemühungen der Artisten-Facultät zur
Förderung der classischen Studien. "V^e-
derberufung des Micyllus. Neue Statuten 421—426
§ 5. Errichtung eines Lehrstuhles für die
• Mathematik und Ethik. Anstellung eines
Lehrers der hebräischen Sprache. Grünt,
ler's Berufung. Olympia Morata. Aus-
gezeichnete Juristen. Mediciner . . . 426—432
§ 6. Vereinigung der Bursen und ihre Ein-
richtung 432—437
§ 7. Das Sapienz - CoUegium als Gollegium
philosophicum. Gründung. Einkünfte.
Statuten. Aufsicht. Alumnen und Lehrer.
Entfernung der Altäre. Verwaltung.
Archiv der Universität und Artisten-
Facultät 438—443
§ 8. Die Gründung des Pädagogiums alsSemi-
narium der Artisten-Facultät .... 444
xnr Inhält
, Seite.
§ 9. Yerheirathete Ldirer werden von der
UmverBität angestellt und zu Bectoren
derselben gewilhlt 411 -153
§ 10. £[irchenreformatori8che Bewegungen in
der Stadt Heidelberg und am Kurfarst-
lichen Hofe. Verhalten der Universität
bei diesen Bewegungen. Aufforderung
des Kurfürsten zur Beschickung des
Conciliums von Trient (1551) .... 453—461
§ 11. Finanzielle Verhältnisse der Universität.
Papst Julius UI. überlässt derselben 12
in der Pfalz gelegene Klöster. Lehrer-
besoldungen 461—469
§ 12. Die «Universität weigert sich, einen ihr
gehörigen Garten dem Kurfürsten zu
überlassen, tritt aber das Patronatsrecht
über die St. Peterskirche an ihn ab . 470 — 471
§ 13. Sitten. Baufhändel zwischen Studenten
und Hofleuten. Die Studenten sollen
Wohnung und Kost in den Contubernien
nehmen . 471—475
§ 14. Die Universität begibt sich wegen an-
steckender Krankheit nach Eberbach.
Frequenz derselben 475—476
§ 15. Friedrich's U. Tod ....... , 4Z6— 477
Vorrede.
In keiner Zeit fohlte man, trot? mancher ent«
gegenwirkender Hemmnisse, den Werth unserer
hohen Schulen mehr und nahmen diese einen höheren
Standpunkt wissenschaftlich freier Erkenntniss ein,
als in der unsrigen. Aher auch in den längst ver-
gangenen Jahrhunderten behaupteten die Hochschulen,
nicht nur als die Träger der damaligen Wissen-
schaft, sondern auch als selbstständige, mit grossen
Sonderrechten ausgerüstete, ursprünglich kirchliche
Körperschaften, eine so wichtige Stelle im Ent-
wicklungsgänge der Menschheit, dass ihr Anfang
und Fortgang nicht minder mit unserer geisti-
gen und sittiichen Bildungsentwickelung, als mit
unserer Staats-, Religions- und Kirchengeschichte,
im innigsten Zusammenhange stehen. Es ist aber
auch unsere Zeit, welche immer mehr erkennt, dass
man die Gegenwart, ihre Ziele und Aufgaben
für den Staat, das Volk und die Einzelnen erst
durch eine genaue Kenntniss der Vergangenheit richtig
erfasst, und dass unsere ganze Zukunft grossentheils
von der wahrhaft verstandenen Vergangenheit und
Gegenwart abhängt. Zu einem solchen Verständ-
nisse führt allein die Geschichte, und gerade in un-
seren Tagen hat die Betreibung der geschichtlichen
Forschung merkliche Fortschritte gemacht. Nicht
in allgemeinen Umrissen, allgemeinen Weltgeschichten
oder neuen Auffassungen^ Ausführungen und Ansich-
ten längst bekannter Dinge, die sich nach Maass-
gabe der Meinungen des Ta^es ändern, sondern in
gründlicher, auf die ersten handschriftlichen Quellen
zurückgehender Untersuchung und Darstellung ein-
zelner Geschichtsstoffe sUcht und findet man mit
unermüdetem Fleisse und fortschreitender Sachkennt-
niss die Grund- und Bausteine zur Erkenntniss des
längst vergangenen Lebens der Völker.
In der Reihe dieser für die Geschichtserfor-
schung so überaus wichtigen Einzelschriften (M<mo-
graphien) nehmen die Geschichten unserer Hoch-
schulen, welche am meisten vor allen europäischen
Anstalten derselben Art das Merkmal der wissen-
schaftlichen Unabhängigkeit bewahrten und die höchste
Stufe der geistigen Ausbildung errangen, eine der
bedeutendsten Stellen ein. Erhielten auch schon im
vorigen und in dem ersten Viertheile dieses Jahr-
hunderts die Hochschulen Erlangen, Göttingen,
Helmstädt, Königsberg, Leipzig, Tübingen
und Würzburg durch Fikenscher, J. St. Ptttter,
P. J. Bruns, K. v. Strombeck, Arnold, H. G.
Kreussler, J. D. Schulze, A. Ch. Zeller, J.
N. Stoll, Böek, BOnicke und J. C. Goldmayer
mehr oder minder, ganz oder theilweise ihre ge*
schichtliche Erforschung, so hat sich doch in neuerer
Zeit die geschichtliche Untersuchung ganz besonders
diesem Zweige zugewendet und die Geschidite älterei
und neuerer Hochschulen, wie von Basel, Berlin,
Cöln, Erfurt, Freiburg im Breisgau, Göttin-
gen, Greifswalde, Königsberg, Prag, Rostock,
Tübingen, Wien u. s. w., fand an Vi scher,
R. Köpke, Bianco, Eampschulte, H. Schreiber,
E. F. Bössler, Kosegarten, M. Toppen, Tomek,
Krabbe, Klüpfel, Kink u. A. ihre würdigen Be-
arbeiter.
Eine der ältesten und bedeutungsvollsten Hoch-
schulen ist die ün Jahre 1386 zu Heidelberg
gegründete. Grössere oder kleinere Vorarbeiten zu
ihrer künftigen Geschichte behandelten seit dem
siebenzehnten Jahrhunderte die Gründung der Hoch-
schule, ihre Literatur, Professoren, Rectoren, zur
Anstalt gehörige Bursen, CoUegien oder Gontubemien,
die Statuten oder Gesetze, Reformen, Facultä-
ten u. s. w. ; einzelne enthielten auch Urkunden oder
urkundliche Auszüge. Dahingehören im 17. Jahr-
hundert die Schriften von Georg Sohn, David
Pareus, J. Heinr. Hottinger, Georg Frank
und im achtzehnten von Ludw. Christ. Mieg,
Friedr. Lucä, Jok Peter Kayser, Christoph
Jacab Kremer, Daniel Wilhelm Nebel, Wolfg.
HautE, Gesch. d. Uniy. Ueidelb. L b ^
xviii Vtm'ede.
Willi. Riesmann, J. H. Andrea, Carl Ludwig
Tolner, J. Jung, Carl Casimir Wund, Franz
Schönmetzel, Ignaz Kreusler, Johann Schwab,
B. G. Struv, J. W. L. F. Flad und Friedr.
Peter Wund. Immer fehlte noch eine umfassende
und vollständige Benützung des reichhaltigen hand-
schriftlichen Stoffes, eine Verarbeitung desselben zu
einer Greschichte der Hochschule und eine Mitthei-
lung aller wichtigen dahin gehörigen Urkunden. Eine
solche Geschichte und das dazu gehörige Urkun-
4
denbuch werden mit dem vorliegenden Werke den
Lesern zum erstenmale vorgelegt.
Mein verstorbener Freund Haut z arbeitete die
grössere Zeit seiner vierzigjährigen Lehrwirksamkeit
an der hiesigen Mittelschule (Lyceüm) an dieser
Geschichte der Hochschule Heidelberg. Seine
theilweise aus handschriftlichen Quellen entstandenen
Schriften über Micyllus, den Ursprung und
Fortgang der Heidelberger Mittelschule, die
N^ckarschule, die Stipendien u. s. w. müssen
als eben so viele Vorarbeiten zu diesem grössern
Werke bezeichnet werden. Ihre gründliche, durch-
aus quellenmässige und gewissenhafte Ausarbeitung
und ihre günstige Aufnahme in den ersten öffent-
lichen Blättern ^rechen am entschiedensten für
die Befähigung ihres Verfassers zur Vollendung der
vorliegenden Geschichte. Das vieljährige, sorgfältige
Sammeln und Sichten des Stoffes kann den Werth
derselben in den Augen der Kenner nur erhöhen.
rarred4. xix
Der Verfasser hat zu diesem Zwecke die öffent-
lichen Handschriftengammlungen (Archive) zu Hei*
delberg, Karlsruhe^ Manchen, Speier und
Strassburg und viele Sammlungen einzelner Ge-
lehrten benutzt, und war fllr freundliche Unter-
stützung seines Werkes den Herren Geheimen Hofrath
Dr. Bahr und Hofrath Dr. Häusser in Heidel-
berg, Pfarrer Lehmann zu Nussdorf in der
bayerischen Pfalz, Archivdirektor Mone und Ge-
heimen Hofrath Vierordt in Karlsruhe, Archivar
Franz Zell zu Freiburg im Breisgau und den
Archivdirektoren in München, Strassburg und
Speier zu bestem Danke verpflichtet.
Die Reichhaltigkeit der von dem Verfasser be-
nutzten handschriftlichen Schätze geht aus dem
hier folgenden Verzeichnisse derjenigen ungedruckten
Urkunden hervor, welche aus dem hiesigen Univer-
sitäts-Archive der Geschichte der Hochschule Heidel-
berg zu Grunde gelegt wurden. Wir halten ihre
Angabe für um so zweckmässiger, als diese Hand-
schriften in dem Werke selbst nur zerstreut an
den einzelnen betreffenden Orten ohne eine nähere
Beschreibung angeführt werden.
Es gehören nämlich hieher:
1) Annales eorum, quae acta scriptave sunt
in republica literaria Academiae Heidel-,
bergensis 1386 — 1421. 1562 (epitom. actt.
1565 — 1567). 1568 — 1578. 1583 — 1597,
1599—1610. 1617—1620. 1625. 1652—1656
XX Vorrede.
(Concept. Protok. 1653. 55, 56. 59. 60.) 166K
1677—1687. 1697—1712. 1717. 1719.
Jan. 1724. Mai 1727 bis Ebde 1734 (1681 bis
1686 doppelt Annalen und Protokolle) 1734 bis
1817, 63 voll. Fol. (die Jahre 1739 und
1748 fehlen). Erster Band von 1386—1413
auf Pergament.
2) Acta facultatis artium Academiae Hei-
delbergensis v. 1391 — 1620, 5 voll. FoL
Pergament. Der erste Band geht bis 1452.
3) Historia universitatis Heidelbergensis
bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts, 1 vol.
Fol. Pergament.
4) Matrikelbücher der Universität Heidel-
berg von 1386—1661 und von 1704—1810
(im ersten Bande auch verschiedene Legate,
besonders von Büchern und andere Bemerkun-
gen), 4 voll. Perg. 1 vol. Papier.
5) Statuta facultatis theologicae Heidel-
berg ensis (Promotionen^ Stipendien und andere,
die theologische Facultät betreffende Bemer-
kungen, 1 vol. Fol. Pergament.
6) Statuten und Decrete der Univ. Heidel-
berg bis zum Jahre 1549, 1 vol. Fol. Perg.
7) Copien verschiedener Kauf- und Schenk-
briefe der Univ. Heidelberg, päpstliche
Bullen, Privilegien u. dgl., von Gründung der
Varred$. xxi
Universität bis gegen Ende des 15. Jahrh*,
1 YoL kL Fol. Pergament.
8) Zwei alte Universitätskalender auf
Pergament, der erste (calendarium primum)
dem ersten Bande der Matrikelbücher, der zweite
(calendarium secundum) einer alten Hand-
schrift beigeheftet. Der erste Kalender
enthalt Bemerkungen von 1390—1426. M. s.
Karl Bttttinghausen's Programma ex anti-
quissimo Academiae Heidelbergensis Calendario
Miscella Palatina exhibens, Heidelb. typis
J. J. Haener, 1771, Fol.
9) Rotuli. Statutum de ordine rotuli et caput
rotuli studii Heidelbergensis in coronatione
Bonifacii IX ad apoatolicam sedem (1389) trans-
missi (nebst Briefen der Universität an den
Papst), 1 vol. Pergament.
10) Acta matricula et statuta facultatis
juridicae (1491—1581), 2 voll. 4. Pergament.
11) Acta facultatis theolog. Acad. Heidelb.
ab anno 1558—1739—1800, 2 voll Fol.
12) Acta. Protocollum sententiarum, missivarum
et aliorum actorum facultatis juridicae
Heidelb. de anno 1595—1624, 5 voll. Fol.
«
13) Proto^olluj^i A^c2i.demiB.e sub curatorum
administratione 1651 u. 1602, 1 vol. Fol.
xxii Vorrede,
14) Protocollum consistoriale Acad. de anno
1673—1688, Concept-Protokofle anno 1682 bis
1684, 5 voll. Fol.
15) Verzeichniss der Rectoren der Univer-
sität Heidelberg von 1479—1738 (bei jedem
Rector die Zahl der Studiosi), 1 vol. Fol.
16) Protokoll der philosophischen Facultät
V. J. 1705—1771.
17) Aunuae coUegii societatis JesuHeidelb.
1715—1772, 1 vol. Fol
Besonders wichtig sind die von Hautz be-
nutzten Pfälzischen Copialbücher. Der umsichtige
Kurfttrst Ruprecht I., der Stifter unserer Hoch-
schule, hat die Reihenfolge dieser Copialbücher nach
dem Tode seines Bruders, Rudolph's H. , eröffnet.
Derselbe Hess auch die früheren Urkunden seit
der Mitte des 13. Jahrhunderts in besondere Copial-
bücher eintragen. Von 1353 an wurden die Ur-
kunden aller Kurfürsten bis in die neuesten Zeiten,
so wie sie erlassen waren, sogleich in die Copial-
bücher eingeschrieben, welche also mit den Daten
der Urkunden entstanden sind. Die Copialbücher
befinden sich im Generallandesarchive zu Karlsruhe.
Sie sind bis zum 15. Jahrh. auf Pergament, von
Kurfarst Ludwigs HI. Regierung oder 1410 an auf
Papier niedergeschrieben. Der um die Pfälzische Ge-
schichte hoch verdiente Herr Pfarrer Lehmann zu
Speier hat dieselben zu seinen geschichtlichen Forschun-
gen vier Jahre lang vollständig benutzt. Die von ihm
gemachten Abschriften waren fttr Hautz eine wich-
tige Quelle seiner Geschichte der Universität Hei-
delberg.
Ausserdem wurden viele einzelne im Univer-
sitäts-Archive angegebene Urkunden benutzt und sind
in dem Hautz 'sehen Werke nacli den Archivzahlen
angefahrt. Dem zweiten Bande werden 44 Origi-
nalurkunden beigefügt, welche entweder noch ganz
ungedruckt oder unrichtig oder nur auszugsweise
im Drucke erschienen sind. Davon sind vierzehn
Urkunden aus den Jahren 1386 — 1389, 2 von
1391 — 1396, 7 von 1405—1498, 13 von 1509 bis
1559, 6 von 1654— 1685 und 2 aus den Jaliren 1711
und 1748. Sie enthalten die Errichtungsbulle der
Hochschule, ihre ersten Sonderrechte, den urkund-
lichen Beridit aus der ersten Zeit, die ältesten Ge-
setze der Hochschule und der einzelnen Fachabthei-
lungen (Facultäten), Stiftungen der Sonderschulen
(CoUegien), Zustände der Hochschule betreffende
Schreiben, neue Einrichtungen u. s. w.
Den vielen Freunden und Verehrern des Verstor-
benen, so wie den Lesern dieses seines Werkes, wird
eine Schilderung seines Lebens, welche wir dem Buche
vorausschicken, nicht unerwünscht sein. Bei der Ab-
fassung desselben wurden die Tagebücher des Ver-
storbenen und ein von 1700 bis zur neuesten Zeit
xxiT Vorredt.
gehendes Geburtsbach seiner Familie mit besondem
Aufizeichnangen der FamilienAng^örigen zu Grande
gelegt.
HEIDELBERG, im September 1862.
K A. V. Beicilliii-Meldegg.
Johann Friedrich Hautz.
Das Leben eines Schulmannes {Reicht dem Laufe
eines unscheinbaren, wenig beachteten Baches. Durch
m stilles Thal fliesst er dahin, rings um grünen an seinen
XJiem die Au^ , blühen die Wiesen mit jedem Jahre in
erneutem Schmucke des Frühlings und verdanken seinem
kleinen befruchtenden Wasser den reichen Segen, mit wd*
chem sie prangen. Der Bach aber, dessen leise bewegte
Welle kaum dem Wanderer ihr Dasein verräth, sendet
unablässig neue Nahrung dem grösseren Strome und
durch diesen dem Weltmeere zu. So verbreitet auch
das Leben des Schulmannes, einfach und einförmig nach
seiner äussern Erscheinung, unter seiner jugendlichen Um*
gebung die Entwicklungskeime geistiger Kraft und ist in
seiner ünscheinbarkeit bestimmt, die Grundlage zur Bil-
dung d^ Gemeinde, des Volkes, des Staates und der
Eirdie zir legen. So wenig bewegt ein solches Wirken
im Aeussem ist, so bedeutungsvoll ist es im Innern.
Denn Menschenveredlung und Menschenbe^ückung sind
die erhabenen Zielpunkte desselben. Die Welle des Ba*
ches fliesst dem Strome und mit diesem dem Meere zu.
Die Bedeutung des Lehrers gewinnt mit dem Ziele,
das er sich vorsteckt. Die gelehrte Schule ist die Vor-
bildnerin zu den Pflanzschulen der Wissenschaft Diese
aber sollen die Besten und Edelsten des Volkes erziehen,
die Männer der freien Wissenschaft, des staatlichen und kirch-
XXVI Johann Friedrich Hautz* Lehen.
liehen Beruf es, deren höchstes und bestes Geschäft die Wirk-
samkeit für das körperliche und geistige Wohl der Ge-
sammtheit ist.
Das Leben unseres verstorbenen Freundes war
dieser Vorbildung vom ersten bis zum letzten Augenblicke
seiner öffentlichen Wirksamkeit geweiht. Selbst über den
engen Kreis der Schule hinaustretend, widmete er einen
bedeutenden Theil seiner Kraft der schriftstellerischen
Thätigkeit nicht ohne allgemein anerkannten Erfolg. Auch
in diesem Gebiete sprach sich die Liebe des Verstorbenen
zu dem schönen Berufe der Jugenderziehung aus. Den
Ursprüngen und der geschichtlichen Entwicklung der alten
gelehrten Schulen und der Hochschule der Stadt, in wel-
cher er sein öffentliches Leben begann und abschloss,
den ersten Quellen gemäss nachzuforschen, war neben
seinem Lehramte eine Hauptaufgabe seines ganzen Lebens.
Gewiss verdient ein solches Wirken auch die Beachtung
weiterer Kreise, zumal, wenn es nur unter Mühen und
Kämpfen schrittlings sich dem Ziele nähert und dem Be-
trachter selbst die Wege und Mittel andeutet, durch welche
die schwierige Aufgabe eines solchen Berufes gelöst wird.
Im Jahre 1700 lebte zu Hassloch, zwei Stunden
östlich von Neustadt a. d. H., in der von dem Füll-
home der Natur reich gesegneten überrheinischen Pfalz
der Bürger und Schneidermeister, Johann Bartholo-
mäus Hautz. Sein Sohn, Johann Daniel (geb.
11. Oktober 1700), wurde im Jahre 1719 reformirter
Schullehrer in Öfter sheim und im Jahre 1721 zu Hei-
delberg. Er vermählte sich im nämlichen Jahre (14. Au-
gust) mit Susanna Margare tha Glöckner, der am
7. Oktober 1697 gebomen Tochter des Johann Ludwig
Glöckner, GoUectors zu Nierstein. Nach dem am
10. März 1730 erfolgten Tode ihres Mannes führte die
Wittwe die ihr vom reformirten Kirchenrathe übertragene
Schule bis zu ihrem Tode (1752) fort. Sie hat diese
Schule, bezeugte ihr der Kirchenrath, »als eine betrübte
Johann Friedrich Hautz' Lehm. uvii
Wittib treu, fleissig und ohnermüthet zum besten der ihr
anvertrauten Jugend versehen. *t Die beiden Eheleute
zeichneten sich durch einen frommen gottesfttrchtigen Sinn
und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten aus. Unter ihren
Kindern, von denen mehrere in früher Jugend starben,
verdient der Grossvater unseres verstorbenen Freundes,
Johann Heinrich Hautz, eine besondere Erwähnung.
Geboren i. November 1729 zu Heidelberg, wurde er
1755 zu Neunkirchen am Potsberg Pfarrer und ver-
hekathete sich im gleichen Jahre mit Maria Sara
Ab egg, Tochter des in Heidelberg verstorbenen refor-
mirten Pfarrers Johann Abegg. Am 1. November 1758
erhielt er von dem Hochfürstlich Pfalz - Zweibrücken'schen
Oberconsistorium den Ruf zur Pfarrei Waldfischbach,
Oberamts Lautern, in welcher Stelle er von der Kurpfälzi-
schen Regierung 19. Juni 1759 bestätigt wurde. Im
Jahre 1772 ward er zur Stelle eines Pfarrers bei der
deutsch- reformirten Gemeinde zu Mannheim und 1779
auf die Pfarrei zu Eberbach befördert, wo er im Jahre
1788 starb. Am 24. November 1765 wurde ihm von sei-
ner Gattin, als er noch in Waldfischbach war, ein Sohn,
Philipp Heinrich, geboren, der schon in früher Ju-
gend zu den schönsten Hoflftiungen berechtigte. Den
ersten Unterricht im Lesen, der Religion und lateinischen
Sprache erhielt er von seinem Vater bis zum Jahre 1772,
wo dieser nach Mannheim kam, und ihn seine Amts-
geschäfte an der Fortsetzung desselben hinderten. Hier
besuchte er das Gymnasium, dessen Unterricht sehr man-
gelhaft war. Den damaligen Rector Kilian (1778)
nannte er nach seineu noch vorhandenen Aufzeichnungen
einen Mann, »dem es nicht an Sprachkenntnissen fehlen
mochte, der aber durchaus die Gabe nicht hatte, seinen
Schülern irgend einen Geschmack an den vortrefflichen
Schriften der alten Römer und Griechen beizubringen«.
Man übersetzte in den obersten Classen Cicero's Briefe
und Reden, Virgil's Belogen, Georgica und Aeneis und
XXVIII Johann Friedrich Hamts' Leben,
Cornelius Nepos; »aber dies so trocken and widerlich,
dass nur Zwang die Schüler an das Lesen dieser Schriften
bringen konnte.« Andere römische Classiker lernte man
auch nicht einmal dem Namen nach kennen. Der Unter-
richt im Griechischen war noch dürftiger ; denn er war blos
auf das Lesen des Neuen Testaments eingeschränkt; dass
es ausser diesem auch noch andere griechische Büaher
gebe, davon war fast nie die Bede. Vom Hebräischen
lernte man lesen, analysiren und punctiren. »Logik«, heiast
es in den Aufzeichnung^, »ja, 4ie mussten wir auch 1er*
nen, d. h. wir hatten einen schriftlichen Auszug aus Hei-
neccii Logica, den wir auswendig lernen mussten. Ob wir
das Gelernte verstanden oder nicht, das war nie die
Frage.« »Kurz, ich wurde«, fügt er bei, ^aus der Schule
entlassen , ohne dass ich gewusst hätte , was eigentlich
Logik sei und wozu sie nütze. Mit der Rhetorik war es
gerade auch so.« Im Herbste 1780 wurde er von diesem
Schuljoche befreit ,und erhielt nebst einem Degen und
dem Rechte, ihn zu tragen, auch die Erlaubniss, acade-
mische Vorlesungen zu besuchen.
Er bereitete sich, da sein Vater inzwischen nach
Eberbach versetzt worden war, im Studium des La-
teinischen im elterlichen Hause vor, und bezog im Mai
1781 die Universität Heidelberg. »Ich hörte«, sagt er
von seinem dortigen Aufenthalte, »Logik und Kirchen-
geschichte bei dem zu frühe verstorbenen Herrn Kirchen-
rath und Professor, Carl Casimir Wund, hebräische
Alter thümer bei Herrn Df. und Prof. Büttinghausen,
Exegese über das alte und neue Testament bei Herrn
Dr. Heddäus. Den folgenden Herbst fügte ich nach
dem damaligen Schlendrian noch zwei theologische Gol-
legia hinzu, nemlich Polemik bei Büttinghausen und
streng orthodoxe Dogmatik bei Heddätis. Wund war
der einzige von diesen , bei dem etwas Gescheidtes zu ler-
nen gewesen. Bei meinen dürftigen Vorbereitungskennt-
nissen konnte ich diesen Unterricht nicht so benutzen.
wie er bentttzt werden soHte. Dam kamen noch die jim-
meriichsten VorsteDongen von academischer FreihdU die
idi von der Schule mitgebracht hatte and die nur za sehr
mit dem damalen unter Heidelbergs Studenten herrschen-
den Tone übereinstimmten.«
Als Alumnus des SapienzcoÜegioms hatte er nach
anderthalb Jahren zu Neckarau bei Mannheim eine Probe-
predigt zu halten. »Selbst eine Predigt zu verfertigen«,
sagt er, »fehlte es mir schlechterdings an Allem, was
dazu gehört. Weil ich aber nun doch einmal predigen
sollte, so half mein guter Vater mir aus der Noth und
schickte mir auf mein Bitten einen sehr voHstandigen
Entwurf zu einer Predigt fiber 1 Tim. in, 16 : Kundlich
gross ist das Geheimniss. Diesen schrieb ich ab, lernte
ihn in einigen Tagen wörtlich auswendig und sagte ihn
dann der lieben reformirten Christenheit zu Neckaran auf.
Weil ich eine ziemliche Freimüthigkeit bewies, eine laute
Stimme hatte und nicht stecken blieb, erhielt ich den
vollen Beifall meiner Zuhörer.« Nach 3^/i Jahren seiner
theologischen Studien bestand Philipp Heinrich die
Prüfung des evangelischen Predigtamts-Gandidaten. In sei-
nen Aufzeichnungen heisst es : »Weil ich nicht länger als
3^/8 Jahr auf der Universität zubringen wollte, so dachte
ich auch nun mit Ernst darauf, mich zum examen pro
ministerio vorzubereiten. Denn, dieses glücklich zu über-
stehen, wurde damals bei den Theologie Studirenden für
den Hauptzweck ihres Aufenthalts auf der Universität an-
gesehen, weil es ja handgreiflich war, dass man von dem,
was die Professoren der Gottesgelahrtheit lehrten, der-
einst wenig oder nichts mehr werde brauchen können.«
Am 13. September 1784 wurde er in die Zahl der Pre-
digtamtscandidaten aufgenommen und am 15. November
ordinirt. Nachdem inzwischen (1788) sein Vater in Eber-
bach gestorben war, wurde er bei seinem Schwager Zieg-
ler, der die dortige reformirte Pfarrei erhalten hatte, als
Pfarrvicar (13. Februar 1789) angestellt, und erhielt die
Johann Friedrich HauW Lehen.
zweite reformirte Pfarrei in Kaiserslauteni (1795). Da
aber wegen des Krieges die Ueberfahrt über den Rhein
gehemmt war, trat er mit dem damaligen reformirten
Pfarrer Sinn zu Meckesheim in Resignationsunter-
handlung, erhielt im November 1795 die Pfarrei daselbst
und vermählte sich am 31. December desselben Jahres
mit der Tochter des resignirten Pfarrers.
Philipp Heinrich Hautz, der neue Pfarrer der
reformirten Gemeinde zu Meckesheim, ein Mann von
vielen Anlagen und erst nach Vollendung, seiner üniversi-
tätsstudien erworbenen, vielfachen Kenntnissen, und Jo-
hanna (geb. 13. December 1767), die zweite Tochter des
aus Zaiskamm gebürtigen resignirten Pfarrers, Johann
Peter Sinn und der Susanna Margaretha, geb.
Lullin von Kirchheim, eine Frau von religiösem,
häuslichem und verständigem Sinne, waren die Eltern
unseres Johann Friedrich, dessen Leben in den nach-
«
folgenden Blättern dargestellt werden soll.
Er war das älteste Kind ihrer glücklichen, mit drei
Söhnen und fünf Töchtern gesegneten Ehe. Am 13. Sep-
tember 1797 zu Meckesheim geboren, wuchs unser
H a utz im elterlichen Hause bis zum achten Jahre fast ohne
allen Unterricht auf. Denn der Vater hatte den Erziehungs-
grundsatz, die geistige Ausbildung erst dann zu beginnen,
wenn der Körper eine ziemliche Festigkeit erlangt habe.
Da unser Freund unter vielen Geschwistern lebte, bedurfte
es zu den Jugendspielen anderer Kinder nicht. Sie hiel-
ten sich im Sommer gewöhnlich im geräumigen Hofe, im
Winter in der Wohnstube des Pfarrhauses auf. Bei den
Spielen ahmte man die Eltern nach.- Hautz war dann
der Vater, die älteste . Schwester Wilhelm ine die Mut-
ter, die zweite Schwester Friederike die Magd. Im
Winter hörten die Kinder gerne die anziehenden Geschich-
ten des Vaters, der auf dem grossen ledernen Sessel am
Ofen sass. Ein Knabe desselben Ortes, Müller, (jetzt
Geheimer Hofrath und Vorstand der Siechenanstalt zu
Johann Friedrich Haute' L^ben, xxxi
Pforzheim), einige Jahre alter, als er, mit dem ihn
später das Band inniger Freundschaft verknüpfte, besuchte
damals häufig das Pfarrhaus. Mit ihm durchwanderte
Hautz, ein gesunder, kräftiger Knabe, schon, als er das
vierte Jahr zurückgelegt hatte, die Gemarkung von
Meckesheim. Diese Wanderungen wurden bis zum
neunten Jahre fortgesetzt. In den Wäldern und auf den
Hügeln der Umgegend forschten die beiden Knaben dem
Fluge der Vögel, ihren Nestern, ihrer Brutzeit und ihren
Gewohnheiten nach und legten so spielend den Grund
zur Naturkenntniss. Ihre Wissbegierde trieb sie von den
Vögeln zu den Schmetterlingen und Käfern. Bald legten
sie Sammlungen an. Zuletzt wurden auch Pflanzen unter-
sucht und aufbewahrt. Mit diem siebenten Jahre ertheilte
ihm der Vater den ersten Unterricht im Lesen. Schon
einige Jahre vorher hatte auch sein Freund Müller
Unterricht im Pfarrhause erhalten. Den Trieb nach Er-
kenntniss der Naturgegenstände unterstützte der Vater
durch Ermunterung und Belehrung. Schon nach einem
Jahre hatte Hautz seinen altem Freund eingeholt und
wurde ihm in Kenntnissen ebenbürtig. Besonders waren
es Sprachen, welche er schnell erlernte. In der latei-
nischen und französischen Sprache überflügelte er seinen
Freund, blieb aber im Rechnen und Schreiben zurück.
Der Vater glaubte durch Wetteifer den Knaben, der ihm
nicht fleissig genug schien, vorwärts zu bringen. So ent-
schloss er sich, ihn in die Dorfschule zu schicken. Das
wirkte ; er sdiämte sich, da er schon eine ziemliche Grösse
hatte, unter den kleinen Jungen zu sitzen, und fing an
mit aller Anstrengung zu lernen. Der Knabe erhielt jetzt
einen grossem Spielraum für seine Thätigkeit. Er ging
mit den Schulkindern des Ortes um. Als Pfarrerssohn
war er der erste unter ihnen und deshalb und weil, wie
sie sagten, er schönere Kleider habe, wählten sie ihn
regelmässig bei ihren Spielen zum Anführer, Waren
Parteien, so entschied der kleine Ortstyrann, dem es nicht
xjxu Johann Friedrich HoMtB* Leben.
an Körperkraft fehlte und dem keiner zu widersprechen
wagte, den Streit. In der Schule konnte er die Allein-
herrschaft nicht geltend machen. Hier war der Lehrer
der (rebieter. Er hiess Johann Peter Kilian und
war gewohnt, »seine Schulkinder , wie Hunde, abzurich-
ten«. Der Versuch, der ihm bei den Dorfkindem glückte,
misslang bei unserm Knaben, der als der Befehlshaber
seiner jugendHchen Ortsgefährten ein Geftttil von seiner
hohen Stellung besass. Es kam zum Streite zwischen
Lehrer und Schüler, und da der Knabe das eilfte Jahr
erreicht hatte, wurde er (10. April 1809) an das refor-
mirte Gymnasium zu Heidelberg gebracht. Die Mutter
begleitete ihn bis Neekargemünd, wo sie die zur dor-
tigen reformirten Pfarrei gehörigen Gärten in Augenschein
nahm. Der Vater hatte nämlich einige Woch^en vorher
die Stelle eines reformirten Pfarrers in dieser Stadt er-
halten.
Das reformirte Gymnasium zu Heidelberg, als
Pädagogium seit dem Jahre 1546 bestehend, war mit dem
1705 gestifteten dortigen katholischen Gymnasium kurz
vorher (21. Novbr. 1808) unter Karl Friedrich's
weiser Regierung vereinigt worden. Von der Pfäl-
zischen Regierung her bestanden an beiden getrennten
Anstalten Mängel, welche im Augenblicke auch bei dem
besten Willen nicht beseitigt werden konnten.
Der Knabe kam in die unterste Klasse des Gymna-
siums, wo Prof. Martens"*^ einen ziemlich mangelhaften
Unterricht in allen Fächern gab. So beschränkte sich
*) Otto Johann Daniel Martens, geb. 1783, an der latei-
nischen Stadtschale za Eutin im Holsteinischen, unter dem damaligen
Rector J. H. Voss und dem 'CoUaborator Bredow gebildet stu-
dirte in Jena unter der Anleitung von Griesbach und Eich-
gt&dt Theologie und Philologie, war 1805 EEauslehrer von Schil-
1er' 8 Kindern in Weimar, wurde Doctor der Philosophie 1806,
Lehrer am vereinigten Gymnasium in Heidelberg 1809 und kam
1819 an das Cölner Lyceum.
Jdkann Friedrich HauU^ Leben. xxxiii
dieser im Deutschen darauf, dass der Lehrer den Schülern
sagte: Substantiv heisst Hauptwort, Adjectiv Beiwort,
Verbum Zeitwort u. s. w. an schrieb dazwischen un-
orthographische Sätze an die Tafel und Hess sie von den
Schülern verbessern.
Die Anstalt hatte seit ihrer Vereinigung zwei alter-
nirende Directoren, den ersten reformirten Lehrer Lauter*)
und den ersten katholischen Lehrer Pazzi**). Hautz
wurde (Ostern 1811) in die zweite Klasse befördert.
Hier lehrten Martens Lateinisch und Griechisch,
M i t z k a ***) Mathematik und Französisch, Pazzi Deutsch
und Landesgeschichte, Kleinschmidtf) Religion und
Geographie. Auch hier war der Unterricht mit alleiniger
Ausnahme des K 1 e in s c h m i d t ' sehen äusserst dürftig. In
den schriftlichen Aufzeichnungen wird derselbe also geschil-
*) Gottfried Christian Lauter, geb. 15. Oktober 1764
zu Schönau bei Heidelberg, in Halle untlSr Eberhard und
Nösselt gebildet, 1786 DoctOTHier Theologie und Stadtpfarrer zu
Darmstadt, tüchtiger Sprachforscher, 1789 Conrector, 1794 Bector
des reformirteil Gymnasiums in Heidelberg, wurde am dasigen
vereinigten Gymnasium 1808 erster alternirender Director (f 1820).
**) Franz Pazzi, geb. 3. Okt. 1774 zu Neustadt a. d. H.,
1797 katholischer Priester, 1801 Kaplan in Mannheim, 1804
Professor am katholischen Gymnasium zu Heidelberg, 1808
alternirender katholischer Director am vereinigten Gymnasium, 1816
nach Mannheim als Stadtpfarrer versetzt.
***) Franz Mitzka,, geb. zu Mannheim 16. Februar 1783,
katholischer Priester, 1805 Professor an dem Heidelberger katho-
lischen Gymnasium, 1808 an der vereinigten Anstalt, 1819 alter-
nirender Director (f 15. März 1852).
+) Ernst Karl Kleinschmidt, geb. 2. Februar 1775 zu
Weinheim, studirte zu Jena und Heidelberg ^ 1807 Prediger zu
Pforzheim, 1810 Lehrer am vereinigten Gymnasium in Heidelberg,
1819 erster protestantischer Prediger zu St. Peter daselbst. Er
hatte sich unter Griesbach, Paulus, K. L. Reinhold, Schil-
ler und Pestalozzi gebildet, wurde Doctor der Theologie und
Kirchenrath, feierte unter allgemeiner Theilnahme der Stadt Hei-
delberg (18. Mai 1845) sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum und
Starb, um Stadt und Land hoch verdient und allgemein geliebt, am
13. Mai 1847.
Hautz, GcBcb. d. Univ. Heidelb. 1. <
ä
xxxiv Johann Friedrich HaUtz^ Leben.
dert : »Lateinisch lernte man äusserst wenig bei Martens.
Er gab sich zu wenig Mühe; die Schule war ihm schon
damals mehr Nebensache, das Pensum Hess er Mos tiber-
setzen, erklärte aber nichts dabei, weder etwas Gramma-
tikalisches, noch etwas, das den Inhalt betraf. Im La-
teinschreiben wurden wir gar nicht geübt. Uebersetzt
wurden in Bröder lectiones latinae. Auch der Unterricht
im Griechischen war nicht viel werth. Man leierte eben ein
rifi^ oder TvxTw, oder, was es sonst war, her. Machte
man einen Fehler, wenn es auch nur ein Accent war, so
hatte man ohne Gnade seine Prügel zu erwarten. So
wurden uns denn die griechischen Declinationen und Con-
jugationen eingetüpt, wie wir gewöhnlich zu sagen pflegten.
Was man in dieser Klasse von Mathematik lernte, waren
die 4 Species und die gemeinen Brüche. Das Franzö-
sische lernte man schlecht lesen und conjugiren. Mitzka
nämlich, der es lehrt, hat das Unglück, beinahe ganz taub
zu sein. Dies benutzten wir, und so wurde die Arbeit, die
er au%ab, nicht gemacht, und, wenn etwas herzusagen
war, so war es genug, wenn man nur recht schnell sprach.
Da glaubte er, man habe es auch richtig gelernt. Dies
war in den zwei zuletzt genannten Gegenständen bei die-
sem Lehrer auch in allen andern Klassen unserer Anstalt
der Fall. Was dem Mitzka an Gehör fehlte, das fehlte
dem Pazzi (dem alternirenden Director) an Gesicht. Wenn
ersterer fast ganz taub w'ar. war letzterer beinahe
ganz blind. Dass daher auch bei diesem das Aufgegebene
sehr oft aus dem Buche gelesen wurde, ist nicht nöthig
zu sagen. Kleinschmidt lehrte uns ächte Jesuslehre.
Er beschäftigte sich gewöhnlich mit den Pflichten gegen
Gott, gegen unsere Mitmenschen und gegen uns. Auch
die Geographie trug er äusserst angenehm vor.« Das recht-
haberische Wesen, das der Knabe als Herrscher der Dorf-
jungen sich angewohnt hatte, dauerte auch hier noch eine
Zeit lang fort. Einen Mitschüler, von dem er in der
Klasse geschimpft wurde, schlug er ohne lange Umstände
Johann FfHdfieh HumW Leben. xxxv
in's Gesicht. DerDirector Pazzi entschied: »Hautzt Er
geht morgen um 10 Uhr in den Carcerl« »Mit viel Ver-
gnügen, Herr Director« , lautete die bescheidene Antwort.
Doch hatte die Strafe ungeachtet dieser trotzig klingenden
Erwiederung ihre guten Folgen. Der Knabe war in dieser
Klasse fleissiger, als in der ersten. Ja, er gab sogar
schon einem Krämerssohn aus Meckesheim Untenicht im
Lateinischen und erhielt für 30 Stunden im Monat
30 Kreuzer. Bald steigerte sich die Einnahme; denn
zwei Mediciner zahlten ihm für täglich eine Stunde la-
teinischen Sprachunterrichts im Monat 45 Kreuzer. Dazu
gab ihm noch der Vater eine monatliche Zulage von
15 Kreuzern und ein wöchentliches ausserordentliches
Taschengeld von 6 Kreuzern.
Im Herbste 1812 kam er in die dj-ittc Klasse, in
welcher der Unterricht im Lateinischen von Professor
Kayser*) »äusserst gründlich und gut« gegeben wurde.
Doch wurde das Griechische wegen Mitzka's Taubheit
allgemein vernachlässigt. Wie ein tücl)tiger Lehrer zum
Arbeiten anregen kann, sah man an Kayser. f)eY Knabe
verwendete all seinen Fleiss in der anstrengendsten Weiso
auf das Lateinische. »Ich legte mich so sehr«, sagt er in
den Tagebüchern aus jener Zeit, »auf das Lateinische, dass
ich mir kaum Buhe gönnte. Dies war besonders der
Fall, wenn recapitulirt wurde. Ich arbeitete Nachts bis
gegen 12 oder 1 Uhr, schlief dann bis 4 oder 5 Uhr,
wo ich dann wieder aufstand und an meine Arbeit ging.
Welche Mühe und Anstrengung mich also das Lernen
kostete, sieht man hieraus.« In der vierten Klasse, in
welche er im Herbste 1813 befördert wurde, war der
Unterricht bei Lauter im Griechischen vorzüglich. Was
*) Karl Philipp Kayser, geb. 18. Nov. 1773 zu Enzheim
in der überrheinischen Pfalz, 1794 am reformirten Gymnasium,
durch gründliche sprachliche Kenntnisse ausgezeichnet, 1820 alter-
Dirender Director, f 1827.
XXXVI Johann Friedrich Hautz* Leben.
man bei Pazzi im Deutschen und Ovid's Metamorphosen
lernte, war »nicht in Anschlag zu bringen«. Im Herbste 1815
trat er, da man in den obersten Klassen zwei Jahre ver-
weilen musste, in die fünfte Klasse ein, wo Kays er im
Lateinischen, Lauter im Griechischen und Hebräischen
vorzüglichen Unterricht gaben und den Eifer des streb-
samen Jünglings zur gründlichen Erlernung dieser Spra-
chen anspornten.
Seines Fleisses undi seiner Fortschritte wegen ver-
langte man das gesetzlich vorgeschriebene zweite Jahr in
der obersten Klasse von ihm nicht, und er wurde schon
im Herbste 1815 als ein Jüngling von neunzehn Jahren
zur Hochschule entlassen.
Den Privatunterricht, den er bereits in der zweiten
Klasse begonnen hatte, setzte er nun fort und dehnte ihn
noch auf das Griechische und Hebräische aus. Von seinen
Stundengeldern konnte er die Kost, die Mittags und
Abends nicht mehr, als 18 Kreuzer, betrug, bezahlen, und
für das Uebrige wurde er durch ein Stipendium von
jährlich 75 Gulden unterstützt, so dass seine Eltern nur
wenige Auslagen für ihn hatten. Er trat sogleich in das
philologische Seminar unter Creuzer und in , das päda-
gogische unter Schwarz ein, und hörte ausser den phi-
lologischen und pädagogischen auch theologische Vorle-
sungen. 32 Stunden wöchentlich nahmen die von ihm ge-
hörten Vorlesungen ein; dazu gab er noch täglich 3 Stun-
den Privatunterricht, die übrige Zeit wurde zum Privat-
studium verwendet.
Nur anderthalb Jahre hatte er noch auf der Hoch-
schule das Glück, seinen Vater zu besitzen. Dieser, von
Meckesheim nach Neckargemünd (1809) versetzt,
bekleidete als erster Geistlicher nüt dem zweiten, Karl
Hilspach, die dortige reformirte Pfarrei, und seit dem
Tode des letztern (1811) versah er diese Stelle allein.
Mit der gewissenhaftesten Treue und dem redlichsten
Eifer erfüllte er die ihm obliegende Amtspflicht, besorgte
Jöhcmn Friedrich Hautz' Leben, xxxvii
die Geschäft^ der Neckargemünder Pastoralgesellschaft,
war Gründer und Vorstand des dortigen Lesezirkels. In
Gesellschaft voll Laune und Witz, war er überall gerne
gesehen. Neben seinen Amtsgescliäften las er den Homer
und zeigte eine rege Theilnahme für den Fortschritt der
Wissenschaft. Mit Freude erinnern sich die Einwohner
von Meckesheim und Neckargemünd an seine Wirk-
samkeit und segnen sein Andenken. Er hatte seinen
Sohn an Genügsamkeit tmd Fleiss gew(')hnt und den
Grund zu dessen späterer Liebe zur Arbeit und Pflicht-
erfüllung gelegt. In den letzten Jahren seines Pfarramtes
kränkelnd, starb er im 52. Lebensjahre am 6. April 1817.
Nach dem Tode des Vaters wurde das Stipendium
des Sohnes erhöht, er selbst von Unbekannten unterstützt,
auch wurden seine vielen Privatstunden jetzt besser be-
zahlt. Was er bei seinem Fleisse und seiner Sparsamkeit
erübrigte, verwendete er für die Ausbildung seiner Brüder.
Matter und Geschwister waren zu ihm nach Heidelberg
gezogen. Nur der grössten Anstrengung, die nicht ohne
Nachtheil für seine Gesundheit blieb, war es neben den
vielen Vorlesungen, die er hörte, und den Unterrichts-
stunden, die er ertheilen musste, möglich, noch Zeit für
die eigene wissenschaftliche Ausbildung zu gewinnen. Von
Morgens 8 Uhr bis Abends 7 Uhr war er mit seinen
Vorlesungen und Privatstunden beschäftigt. Zum Privat-
studium verwendete er die Zeit von 4^2 bis 8 Uhr Mor-
gens und von 8^* — 11 Uhr Abends. Dazwischen wusste
er noch Zeit zum Unterricht seiner Geschwister zu finden.
Damals (1817) hatte sich auch in Heidelberg die allge-
meine Burschenschaft gebildet. Da sie vom Grossh.
Ministerium die Bestätigung nicht erhielt, löste sie sich
nicht auf, sondern gab sich den Namen »Heidelberger
Burschenschaft«. Die Zahl der Mitglieder, zu denen auch
unser flautz gehörte, 'betrug 180. Aus diesen wurden
20 Vorsteher gewählt, 15 in Wirksamkeit, die 5 übrigen
als Ersatzmänner. Aus den 15 Vorstehern wurden wieder
xxxviii Johann Friedrich Hauiz* Leben.
4 gewählt, die das so genannte Ehrengericht bildeten.
Dieses hatte über alle Streitigkeiten der Mitglieder zu
entscheiden. Ausser den Ehrenrichtern wurden aus den
übrigen 11 ein Sprecher für die öftentlichen Zusammen-
künfte, ein Pfleger und ein Secretär gewählt, die auch die
acht Schläger der Gesellschaft in Verwahrung hatten.
Jedes Mitglied zahlte einen monatlichen Beitrag von
24 Kreuzern. Hievon wurde der Fechtboden, der im
Halbjahre lOü fl. kostete, bezahlt Nach den 15 Vor-
stehern zerfielen die Mitglieder in eben so viele Klassen,
jede von je 10 bis 12 Burschen. Regelmässig war bei
jedem Vorsteher alle 14 Tage eine Klassenversammlung.
Nach Vereinigung aller Klassen entschied die Mehrheit
der Stimmenden. Auch auf andern Universitäten des
Südens, namentlich in Tübingen, war eine ähnliche
Einrichtung. Die Heidelberger Burschenschaft stand mit
der letztem in Verbindung. Ein Mitglied besorgte den
Briefwechsel. Die Briefe mussten vorher von der Ver-
sammlung gebilligt sein.
Die Burschenschaft zu Heidelberg hatte ihre 3 ersten
Commerse in^ der Rose zu Neuenheim, in der Sattler
Müllerei und im Hausacker gefeiert. Sie versammelte
sich am 19. Juni, weil am 18. zu Mannheim ein grosses
Nationalconcert, Händel's Messias, zur Feier der Schlacht
von Belle AUiance (Schönbund) ausgeführt wurde, auf
freiem Felde zum festlichen Begehen des grossen Ge-
dächtnisstages. Bei dem Commerse hielt Carov6 eine der
Feier angemessene Rede. Es entstanden Reibungen
zwischen den Corpsraitgliedem und den Mitgliedern der
Burschenschaft. Letztere wurden von den ersteren in
Ven'uf gethan. Hautz, der von einem Coi'psmitglied
beleidigt worden war, wurde nach dem Ausspruche des
Ehi-engerichts zu einem Zweikampfe veranlasst Eben, als
dieser stattfinden sollte, fassten die Oberpedellen, K r i n g s
und Ritter, die Schläger beider Parteien ab. Vor dem
Amtmanne mussten Hautz und sein Gegner, der
Johatm Frudnch HauW Ldien. uxix
üeberrheiner Dös, ihr Ehrenwort abgeben, die Sache
auf sich beruhen zu lassen. Dies war das erste und letzte
intentirte Duell des sonst so friedliebenden, fieissigen Stu-
denten. Noch ein merkwürdiges Ereigniss fallt in jene Zeit
(1817), in welcher Hautz Mitglied der Burschenschaft war.
Zur Feier der Anwesenheit des grossen Dichters
Jean Paul Friedrich Richter in Heidelberg ver-
anstaltete die Burschenschaft, die inzwischen auf zwei
Dritttheile aller Studenten herangewachsen war, am
12. Juli einen Fackelzug. Der Gefeierte wohnte in dem
damals ersten Gasthofe, dem ^»goldenen Hechte« (dem
jetzigen Eckhause neben dem holländischen Hofe). Man
zog vor seine Wohnung und sang aus voller Seele das
von Carov6 nach der Melodie: Heil unseri»
Bunde, Heil! verfasste Lied:
Heil,~ grosser Mann, Dir Heil,
Dem grossen Richter Heil,
Heil, Richter, Heil!
Wem seiner Worte Klang
Zn Geist und Herzen drang,
Stimm' an den Jnbelsang:
Heil, Richter, Heil!
0 deck' mit Vaterhand,
Gott, unser deutsches Land,
Den edeln Mann,
Zu deines YoUces Zier,
Für Deutschland bitten wir:
Erhalt' ihn für und fftr,
Den grossen Mann.
Folgt Eures Herzens «Drang
Und singt den Jubelsang:
Leb', Richter, hoch!
Froh thue jeder Mund
Das Lob des Dichters kund
Und laut erschalle rund:
Leb', Richter, hoch!
Nadi Beendigung des Liedes ging Richter, von
den Abgeordneten der Burschenschaft begleitet, auf die
j
XL Johann Friedrich Hautz^ Leben.
Strasse herab. Studenten und Volk hatten den weiten
Raum zwischen dem jetzigen holländischen Hofe und dem
Neckarthore, so wie die ganze Steingasse angefüllt. Er
erschien unserm Hautz, der ganz in dessen Nähe
stand, als ein ^^schöner Mann, gesetzter Statur, etwa in
50 Jahren, feurig und blühend, trug eine Brille und hatte
eine kleine Glatze«. — Indem der edle deutsche Dichter
die Hände ausstreckte, rief er, gegen die Studirenden ge-
wendet, aus: »Ich kann nicht sprechen; gebt eure Hände
her! Hände her, wer Hände hat! Ihr findet wirklich
einen Deutschen an mir, ihr lieben Deutschen!
Denn deutsch seid ihr, sonst wäret ihr nicht gekommen!«
Darauf drückte er einem Jeden recht herzlich die Hand.
Die Studenten nahmen ihn nun in ihre Mitte und sangen
die letzte Stroph(3 des obigen Liedes. Jean Paul blickte
gen Himmel, während sie gesungen wurde, und sagte am
Schlüsse: »Ich habe gen Himmel gesehen; aber ich be-
gleite euch, meine Lieben.« So ging er mit den Studenten
bis auf die Hälfte der Brücke. Da nahm er Abschied,
diese aber zogen zur Hirschgasse, wo bei einem grossen
Commerse auf llicliter's Wohl getrunken wurde.
Nicht lange hatte Hautz die Freude, Mitglied der Bur-
schenschaft zu sein. Seine Mutter erkrankte und genas, un-
geachtet sie noch lange leben sollte, nie mehr völlig. Die
Theuerung der Lebensmittel hatte in Folge eines Fehl-
jahres in erschreckender Weise zugenommen. Der Laib
Brod war über 40 Kreuzer, das Pfund Butter auf 1 fl. 12 kr.
gestiegen. Seine Geschwister wurden grösser und bedurften
Unterstützung. Sein grösstes Vergnügen war das Tabak-
rauchen aus einer Pfeife zu einem Glase Bier, wie er
solches in Gesellschaft ^iner Freunde und bei seinem
Vater auch im elterüchen Hause gewohnt war. Er
versagte sich diese ihm zu kostspielige Sitte und verkaufte
seine Lieblingspfeife um zwölf Gulden. Sodann trat er,
das Eintrittsgeld zu ersparen, was ihm besonders wehe
that, aus der Burschenschaft, in der er nur Schönes und
Johann Friedrich HauW Leben. ^Li
Gutes gesehen hatte. Wir erwähnen diese Thatsachen,
weil sie die Kraft seines Willens und seiner Selbstüber-
windung zeigen. Aufs Neue j9ossen ihm von unbekannter
Hand Unterstützungen zu, und mit frischer Kraft setzte
er seinen Privatuntemcht fort. Neben seinen philologi-
schen und pädagogischen Studien bildete er sich in den
theologischen Wissenschaften unter Paulus, Daub,
Schwarz, Lewald und Lauter aus, welcher neben
seinem Gymnasialunterricht auch als Privatdocent in der
theologischen Facultät wirkte. Im philologischen
Seminar übte er sich unter der Anleitung Cr e uz er' s
(ausserdem hörte er regelmässig die trefflichen Vorlesungen
des ausgezeichneten Sprachkenners, Heinrich Voss) im
Griechischschreiben und Lateinreden. Höchst ehrenvoll lautet
das Zeugniss, welches ihm Creuzer zur Vorlage an die
höheren Behörden ertheilte.
»Herr Friedrich Hautz, aus Neckarge-
m und«, so schreibt der berühmte Alterthumsforscher,
»Studiosus der Theologie, ist mir als Mitglied des
philologischen Seminars von der besten Seite bekannt.
Gute Vorkenntnisse, rühmlicher Fleiss, wissenschaft-
liches Streben und alles dasjenige, was man an einem
Studiosus rühmen kann, zeichnen ihn auf das Vor-
theilhafteste aus. Dies habe ich aus mündlichen
und schriftlichen Arbeiten ersehen, die er mir regel-
mässig einlieferte. Hiernach kann ich ihm das beste ^
Zeugniss ertheilen und ihn jeder Unterstützung für
vorzüglich würdig erklären.
Fr. Creuzer,
Professor der alten Literatur und Director des philo-
logisehen Seminars.«
Mit vorzüglichen Kenntnissen ausgerüstet und von
allen seinen Lehrern aufs Beste empfohlen, bestand Hautz
im October 1819 zu Carls ruhe die theologische und
philologische Staatsprüfung und erhielt in der Location
unter 11 Candidaten die erste Stelle.
XLii Johann Friedrich Haute* Lehen.
In dem gleichen Jahre wurde er, 22 Jahre alt, unter
Grossherzog Ludwig durch Signatur vom 18. Novbr. 1819
als CoUaborator des kränkelnden Directors Lauter mit
einer jährlichen Besoldung von 400 Gulden angestellt. So
wirkte er nun im jugendlichen Älter an der Anstalt,
an welcher er seine erste gelehrte Bildung erhalten hatte,
als College seiner früheren Lehrer, Lauter, Kayser,
Mitzka u. s. w. Inzwischen starb Lauter in. Folge
eines Falles von einer Bibliotheksleiter (20. Februar 1820).
Kayser wurde nunmehr erster reformirter Lehrer und
alternirender Director. Hautz aber, da er die Präsen-
tation der Fürstin von Leiningen auf die Pfarrei
Obrigheim abgelehnt hatte, erhielt schon unter dem
12. October 1820 die vierte evangelische Lehrstolle am
Gymnasium zu Heidelberg.
Durch die an Ostern 1822 geschehene Abbei-ufung des
zweiten protestantischen Lehrers Seh äff er an das Gym-
nasium zu Frankfurt am Main erfolgte abermals eine
Aenderung, und Hautz erhielt nun am 15. Mai dieses
Jahres in Folge der Vorrückimg älterer Amtsgenossen die
dritte Stelle des evangelisch-protestantischen Gymnasial-
lehrers. Die Mutter wohnte zur Erholung ihrer angegrif-
fenen Gesundheit damals in Neckargemünd, später in
Schwetzingen. Seine älteste Schwester, Wilhelmine,
vermählte sich 1820 mit einem trefflichen Manne, Jacob
Mühlhäuser, damals Lehrer an der lateinischen Schule
zu Bischofsheim bei Strassburg, der zuletzt als Decan
und Stadtpfarrer in Bretten starb. Die jüngeren Schwe-
stern, Caroline und Friederike, standen abwechselnd
seiner Haushaltung vor. Schon damals gab Hautz in
den zwei ersten Mädchen-Instituten, der früher SteideT-
schen, später Götzenberger' sehen, zuletzt K e m p f ' sehen
und in der Heinsi'schen Anstalt Unterricht und bezog für
eilf Stunden die Woche neben seinem inzwischen um
mehr als das Doppelte vermehrten Gehalte eine Summe
von jährlich 400 Gulden. Andere Stunden , die er
Jahemn FrMrieh Hrn^ Laiben. xLiii
gab und die gut bezahlt mirden, vermehrten sein Ein-
kommen. Mit seiner gewohnten Sparsamkeit und Bedtirf-
nisslosigkeit konnte er sich neben der Unterstützung seiner
Geschwister doch noch jedes Jahr eine kleine Summe
zurücklegen. Es war ihm darum jetzt um so eher mög-
lich, mit ruhigem Blick in die Zukunft zu sehen. In den
Herbstferien 1823 machte er mit seinem Freunde und
Verwandten, dem protestantischen Geistlichen, Philipp
Stöss von Dittelsbeim, eine kleine Erholungsreise
nach Zweibrücken. Hier besuchte er mit diesem seine
Pathin, eine hoch geachtete Frau, die Wittwe des im
Jahre 1817 zu Osthofen bei Worms verstorbenen
Kirchenraths und Präsidenten Pauli. Sie lebte seit dem
Tode ihres Mannes mit ihrer älteren Tochter in Zwei-
brücken, wo ihre jüngere Tochter mit dem dortigen Appel-
lationsrathe Hilgard, einem Manne von ungewöhnlichen
Anlagen und Kenntnissen, vermählt war. In diesem Hause
brachte Hautz im vertrauten Kreise zwei frohe Tage zu.
Hier lernte er die ältere Tochter, Juliane Pauli, seine
spätere Frau, kennen. Schon früher hatten ihm seine
Schwestern und Verwandten viel Rühmliches von ihr erzählt.
Sie entsprach in ihrem ganzen Wesen dem Bilde, das er
sich von einer künftigen Frau seines Hauses gemacht
hatte. In Folge eines Briefwechsels mit Mutter und
Tochter wurde er in den Weihnachtsferien 1823 mit
ihr verlobt und am 19. April 1824 zu Zw ei brücken
getraut. Damals lebten drei unversoi^e Geschwister bei
Hautz. Seine Frau kam ihnen mit Liebe entgegen, und
sein Glück war dmxh diese Liebe vollendet. Von nun an
war seine Frau, unterstützt von seiner Schwester Caro-
line, die Seele des Haushaltes. Es wurden ausser Kost-
gängern aus der Stadt auch Pensionäre in Wohnung und
Kost genommen, von denen jeder jährlich 200 — 250 Gulden
zahlte. So konnte man mit Fleiss und Sparsamkeit immer
noch jährlich eine Summe für die Zukunft zurücklegen.
Bei seiner Genügsamkeit dachte er nur an die Seinigen-
XLiv Joha/nn Friedrich HauW Leben,
>Meine Einnahme«, schreibt er, »ist dazu auch
so, dass wir immer noch jährlich etwas zurück-
legen können. Dass dies aber geschieht, daran
liegt mir um meiner treuen, lieben Frau willen
sehr viel. Sie, die Gute, kann dann, wenn ich
vor ihr heimgehen sollte, einer mehr heitern
Zukunft entgegensehen, wenn sie in ökonomi-
scher Hinsicht gesichert ist, und dies um so
mehr, wenn wir das Glück haben sollten, Kin-
der zu bekommen. Ich glaube in dieser Vor-
sorge nicht Mangel an Vertrauen auf Gott an
den Tag zu legen. Er muss Alles segnen, und
ohne ihn vermögen wir nichts; aber, so viel in
unserer- Macht steht, müssen wir sorgen im
steten Hinblick auf ihn.« Drei Jahre ihrer glück-
lichen Ehe waren nun verflossen, als diese durch das
erste Kind, Johanna Maria Julia (geb. 12. Mai 1827),
einen neuen Segen erhielt. »Die Freude, welche wir
haben«, schrieb der Vater in die Tagebücher nieder, »lässt
sich nicht beschreiben. Das Kind ist gesund und kräftig ;
gebe Gott seinen Vatersegen zu dem Gedeihen desselben
und erhalte es uns zu unserer Freude und unserm Glücke.
Wir Eltern werden nichts an uns stehen lassen, um es
fromm und christlich zu erziehen und es für
die Welt brauchbar und nützlich zu machen.«
Schon seit Ostern 1823 erhielt der älteste Bruder
Heinrich, Predigtamtscandidat, eine selbstständige Stel-
lung als Lehrer an der Vorber^itungsklasse des Heidelber-
ger Gymnasiums. Hautz gab jetzt an allen bedeutenden
Privatinstituten in Geschichte, Geographie und den An-
fangsgründen der Naturwissenschaft Unterricht Im Hause
wuchs die Zahl der Pensionäre. Die fleissige Hausfrau
erübrigte jedes Jahr von den Einnahmen des Mannes
400 bis 500 fl., und so wurde allmählig der Grundstein
zu einem kleinen Vermögen gelegt.
Am 18. November 1827 war der erste protestantische
Johann Friedrieh MauU^ Lehen. xi^v
Lehrer und alternirende Director des Gymnasiums, Kay-
ser, gestorben. Die dadurch frei gewordene, erste prote-
stantische, mit der altemirenden Direction vereinigte Lehr-
stelle erhielt Professor Wilhelmi, durch gründliche,
classische, besonders auch schöngeistige Bildung und einen
menschenfreundlichen Character ausgezeichnet. Hautz rückte
darnach vermöge Erlasses vom 15. Februar 1828 in die
zweite evangelische Stelle der Anstalt unter Erhöhung seines
Gehaltes vor. Zugleich erhielt er als zweiter protestan-
tischer Lehrer mit dem altemirenden protestantischen
Director die Wohnung im Gymnasialgebäude. In dem-
selben Jahre wurde ihm die zweite Tochter, Marga-
rethe Wilhelmine (3. Octbr.) geboren. Eine dritte
Tochter, Johanna Karolina Friederika Emma,
(geb. 21. Novbr. 1829) und eine vierte, Anna Paulina,
(geb. 4. October 1831) folgten. Am 21. August 1833
endlich wurde die Gattin von einem gesunden und kräf-
tigen Knaben, der in der Taufe den Namen Heinrich
erhielt, entbunden. Unbeschreiblich war die Freude "der
Eltern bei der Geburt des letzten Kindes, des einzigen
Sohnes. Auch ihre äussere Lage wurde bedeutend ver-
bessert, als nach Beschluss des GrossL Ministeriums des
Innern vom 24. Juli Hofrath Wilhelmi von den Func-
tionen des altemirenden Directors entbunden und diese
zu gleicher Zeit dem Professor Hautz, als dem zweiten
protestantischen Lehrer, übertragen wurden. Seit Ostem
1853, wo Wilhelmi unter Anerkennung seiner langjäh-
rigen piSichttreuen Aratsthätigkeit in den Ruhestand ver-
setzt wurde, war Hautz, nicht nur, wie bisher, der alterni-
rende Director, sondern auch der erste protestantische
Lehrer der Anstalt. Am 8. Aprü 1859 endlich erhielt er
den Bang und Charakter eines Grossh. Hofrathes.
Als Lehrer war er klar, deutlich und anregend, hatte
eine strenge Zucht in seiner Klasse; in der Beurtheilung
der Schüler gewissenhaft, genoss er die Achtung und Liebe
der vielen Zöglinge, die er im Laufe einer mehr als vierzig-
XLVi Johann Fri^drieh Hautz^ Leben.
jährigen Wirksamkeit an derselben Anstalt herangebil-
det hatte. Bei seiner ersten Anstellung erhielt er als
Hauptlehrer die erste oder unterste Klasse und stieg all-
mählig mit der Beförderung auf höhere Stellen bis zur
unteren Abtheilung der fünften Klasse des Lyceums. £ine
Beförderung in eine höhere Klasse wünschte er auch, nach-
dem er als altemirender Director die erste protestantische
Lehrstelle erhalten hatte, niemals, weil er, viele Jahre an den
Unterricht in seiner Abtheilung gewohnt, in den Fächern
dieses Lehrkreises . nütelicher zu sein überzeugt war. Die
durch Vereinigung des reformirten und katholischen Gym-
nasiums (21. Nov. 1806) unter dem unsterblichen Karl
Friedrich neu gegründete Anstalt war im Jahre 1837
zum Lyceum erhoben worden. Sie zerfiel in sechs Klas-
sen, wovon die 3 oberen je zwei Abtheilungen umfassten.
Die Unterquinta war demnach die untere Abtheilung der
obersten K^lasse des ehemaligen Gymnasiums, und der
Sexta lag in einem zweijährigen Kurse die Vorbereitung
zur Universität ob; in ihren Lehrkreis wurde auch die
Philosophie aufgenommen. Hautz gab in Unterquinta
als Hauptlehrer den lateinischen und griechischen, sowie
in den Abtheilungen der beiden höchsten Klassen den
hebräischen Sprachunterricht.
Als altemirender Director hielt er stets auf Ordnung und
pünktliche Handhabung der Gesetze. Von der Zeit, wo er (1819)
als CoUaborator an die Anstalt gekommen war, bis zu seinem
vierzigjährigen Diensljubiläum (1660) waren viele vortheil-
hafte Veränderungen eingetreten. Die katholische alter-
nirende Direction war mit der Pensionirung Mitzka's
im Herbste 1831 dem tüchtigen Philologen, Johann Ad.
Brummer, welcher seit 1819 ununterbrochen an der
Anstalt gewirkt hatte, übertragen worden. Nach des letz-
teren Tode (12. December 1843) folgten die durch Huma-
nität» Gelehrsamkeit und Lehrgabe ausgezeichneten Sprach-
forscher und Schulmänner y Felix Seb. Feldbausch
(Ostern 1844) und der aus Preussen gerufene Karl
Johann FrMrkh Harnt»' Ubm. XLVii
AtigustCadenbach (Herbst 1850), beide auch in weitem
Kreisen als Schriftsteller rühmlichst bekannt, in der Leitung
'des Lyceums. Auch von protestantischer Seite hatten , so
lange Hautz an der Anstalt wirkte, durch Wissen, Cha-
racter und Lehrfähigkeit bedeutende Männer, wie Gottfr.
Chr. Lauter (20. Febr. 1820), Karl Ph. Kayser
(18. November 1827) imd Heinr. Friedr. Wilhelmi
(bis 24. Juli 1846) das Amt eines Vorstandes bekleidet,
wo Hautz als Director eintrat. Die Erfahrung hat es be-
stätigt, dass die Tüchtigkeit der Schulen weniger von vor-
geschriebenen Schulbüchern und Lehrplänen, als vielmehr
von der Vorzüglichkeit der Directoren und Lehrer abhängt.
Aasser den angeführten ausgezeichneten Vorständen, welche
der Anstalt während Hautz' Wirksamkeit vorgesetzt
waren, lehrte an derselben zu jener Zeit (1819 — 1862)
eine Reihe vorzüglicher Persönlichkeiten, von denen ein-
zelne zum Theile auch in den weitesten Kreisen als
Schriftsteller einen bedeutenden Namen besitzen, eine
höh^e Stellung errangen und durch Charakter, Wissen
und Lehrgabe der Anstalt zur wahren Zierde gereichten.
Der Zeit nach wirkten am Lyceum Dan. Schäffer, Job.
Ludwig Oettinger, jetzt Hofrath und öffentlicher
ordentlicher Professor der Mathemi^tik an der Universität
zu Freiburg im Breisgau, auch mathematischer Schriftsteller,
Karl Wilhelm Friedr. Köther, Joh. Georg
Bohaghel (f 2. Septb. 1861), Franz Stetter, Chri-
stoph Schilling, Verfasser eines freisinnigen ka-
tholischen Katechismus und anderer trefflicher, sich auf
Kirchen- und Glaubensverbesserusg beziehender Schriften,
als Stadtpfarrer zu Steinbaeh gestorben, Ludwig Süpfle,
durch Unterricht und gute Schulbücher um die Anstalt
verdient, Arthur Arn et h, auch als Privatdocent, ausser-
ordentlicher Professor an der Hochschule und Schriftsteller
wirksam; der ausgezeichnete Historiker, Ludwig Baus-
ser, jetzt Hofrath und öffentlicher ordentlicher Professor
der Geschichte an der Universität, Lindemann, Ver-
XLViii Johann Friedrich Hautz^ Leben.
fasser mehrerer philosophischer Werke, als ordentlicher
Professor der Philosophie in München gestorben, Wilhelm
Furtwängler, jetzt am Lyceum in Mannheim, Verf.
mehrerer philologischer Monographien, Karl Damm,
Mitglied des Nationalparlamentes, Gustav Fecht, Karl
Heidel, Johann Adam Leber (jetzt an der poly-
technischen Anstalt in Karlsruhe, durch Unterricht und
Schulbücher rühmlich bekannt), Kornel Gratz, Carl
Habermehl, Seb. Reinbold, Ignaz Trost, Xaver
Ekert, Franz Abele, Kössing, Karl Wilhelm
Wassmaunsdorf, Karl Riegel, Johann Karl
Schmitt, jetzt am Lyceum in Mannheim, Georg'Helfe-
rich, Carl Ernst von Langsdorf, Karl Philipp
August Dietz, Leopold Stitzenberger, Peter
Schottler, Erasmus Pfaff, Sebastian Löhle,
Friedrich Rummer, früher eine Zierde der höhern
Bürgerschule, Robert Salzer*). Die lange Dauer von
Hautz' Wirksamkeit waren alle diese genannten Männer
längere oder kürzere Zeit an der Anstalt, einige derselben
wirken noch jetzt an ihr. Mit allen stand H au tz in freund-
schaftlichem Verhältnisse. Man sieht aus ihrem Verzeich-
nisse, welch' bedeutende Lehrkräfte sich im Laufe der
Zeit an der hiesigen Mittelschule vereinigten, und wie sehr
sich in der langen Zeit seiner Amtsthätigkeit die Anstalt
hob. Nichts ging ihm über diese. Mit freudiger 'Be-
geisterung sprach er von ihr, suchte für sie als Director
und Lehrer zu wirken, nahm Antheil an ihrem Wohl und
Wehe, zeigte in Verbindung mit den oben genannten
Directoren und Lehrern eine unermüdete Thätigkeit für
die Verbesserung ihrer Einrichtungen, Gesetze, Lehrpläne
und Methoden und iiielt in allen Stücken auf die genaueste
*) Wir verweisen, was die neuere Geschichte des Lyceums
hetrifft^ auf Carl August Cadenbach's treffliche Schrift: Das
Lyceum zu Heidelbelrg in seiner geschichtlichen Ent-
wickelung vom Jahre seiner Neubildung bis zur Ge-
genwart (1808—1858). Heidelberg, 1859. 8.
Johann Frieiru^ StmU' Leben. xlix
und gewissenhafteste Erfüllung seiner Amtspflicht. Man
konnte ihm keine grössere Freude bereiten, als wenn
man Anerkennendes und BtthmUches von seiner Anstalt
sprach, oder dem Institute Schenkungen oder Stiftungen
zuwies.
Die Liebe zu dieser Anstalt war auch der erste
Grund zu seiner schriftstellerischen Thätigkeit Alle
während seines Lebens von ihm im Druck herausgegebenen
kleineren Aufsätze und grösseren Schriften, aus den ersten,
zum Theile handschriftlichen Quellen entstanden, beziehen
sich auf diese Anstalt und auch sein hier vorliegendes
Hauptwerk: Die Geschichte der Universität Hei-
delberg, ist aus der Liebe zu seiner Anstalt, die früher
ein Theil und später die Vorbereitung zur Hochschule war,
hervorgegangen. Er hatte ursprünglich nicht im Sinne,
jemals als Schriftsteller aufzutreten. Noch am 4. Oc-
tober 1824 schrieb er: Etwas drucken zu lassen,
das man schon wenigstens eben so gut oder
vielleicht gar schon besser hat, als ich es
geben könnte, das will ich nicht, und, um etwas
Vorzügliches zu liefern, dazu fühle ich mich
einerseits nicht tüchtig genug und anderseits
wird auch meine Zeit von meinen Lern- und
Privatstunden bis jetzt noch so sehr in Anspruch
genommen, dass ich genug zu thun habe, um nur
mit den neuesten Forschungen im Gebiete der
Philologie und auch wohl der Theologie be-
kannt zn bleiben.« Hautz richtete immer auch zu-
gleich auf die Theologie, in der letztem der freisinnigen pro-
testantischen Bichtung zugethan, sein Augenmerk, nahm
an den Wahlen zu den Synoden, an protestantischen
Diöcesan-Versammlungen Theil, predigte schon als Student
inseinemGeburtsorteMeckesheim,inNeckargemünd,
Epfenbach, Kirchheim u. s. w., und hielt auch später
ftls Professor in der Ferienzeit bei seinen geistlichen
^eunden bisweilen Gastpredigten. Seine Hauptaufmerk-
Hanta, Gesch. d. UniT. Heidclb. I. ^
L Johann Ffiedrieh HauW Leben.
samkeit wendete er aber der Geschichte der gelehrten
Schulen und der Erziehungskunde zu. Schon vor 1824,
also in den allerersten Zeiten seiner Anstellung, erschienen
von ihm mehrere beurtheüende Anzeigen von vorzüglichen
Büchern, die mittelbar oder unmittelbar auf das Schul-
wesen Bezug hatten. Es war eine mit seinem Lehramte
innig verbundene schriftstellerische Thätigkeit
Den Anfang machte er als geschichtlicher Darsteller
im Jahre 1825 mit einer kurzen Geschichte seiner
Anstalt, und zwar zunächst des reformirten Gymna-
siums*). Aber die Zeit für den öffentlichen und Privat-
unterricht war ihm so eng zugemessen, dass er sich
weiter nur auf Sammeln von urkundlichen Auszügen zur
Bearbeitung und Herausgabe für spätere Zeiten beschäf-
tigen konnte. Als er sich durch unermüdete Anstrengung,
wie oben angedeutet wurde, allmählig ein nicht unbe-
deutendes Vermögen erworben und auch durch eine feste
grössere Besoldung der Blick in die Zukunft gesichert
war, benutzte er die Herausgabe der Lyceumspro-
gramme, um diesen wissenschaftliche Beigaben
anzufügen. So entstanden seine Schriften über Jacobus
Micyllus**), den Ursprung und Fortgang des
Heidelberger Lyceums ***), dessen dreihun-
*) Darmstädter Schulzeitüng, Jahrg. 1825, Nr. 22 u. 2B.
**) Jacobus Micyllus, Argentoratensis, philologus et poeta,
Heidelbergae et Rupertinae universitatis olim decus. Commentatio
hktorico-literaria etc. Heidelb. Somptibos J. C. B. Mohr. 1842.
VI S. u. 66 S. gr. 8.
*♦*) Lycei Heidelberg ensis er igin es 'et pro-
gressus. Disseritur etiam de schola Nicrlna et contuberniis
Heidelbergae olim constitutis. Commentatio historico-literaria, quam
ad Lycei festum saeculare tertium pie celebrandum ex monumentis
literarum fide dignissimis iisque mazimam partem ineditis conacrip-
alt J. F. Hautz. Heidelb. 1846, VI S. u. 142 S. gc. 8.
Johann Friedrich Haute* Leben. Li
dertjährige Stiftung*), die Neckarschule**),
Mitzka***), die Universität Heidelbergf), die
erste Gelehrtenschule reformirten Bekennt-
nisses in Deutschlandff), Stipendien und Stif-
tungen des Lyceums und der Universitätfff)
und andere, sich auf die Geschichte der Universi-
tat und des Lyceums beziehende Aufsätze in ver-
schiedenen Zeitschriften.
Wir halten es hier für um so überflüssiger, den In-
halt dieser den Lesern bekannten Schriften anzugeben,
*) Jubelfeier der dreihundertjährigen Stif-
tung des Gros8herzog]ichen Lyceums in Heidel-
berg. Beschrieben und nebst den der Anstalt zugegangenen Zu-
schriften und den bei der Feier gehaltenen Reden herausgegeben
von J. F. Hautz. Ifeidelb. 1847, VI S. u. 94 S. gr. 8.
**) Geschiehte der Neckarschule in Heidel-
berg von ihrem Ursprünge im 12. Jahrhunderte bis zu ihrer
Aufhebung im Anfange des 19. Jahrhunderts. Bearbeitet nach
handschriftlichen Quellen und nebst den wichtigsten Urkunden her-
ausgegeben von J. F. Hautz. Heidelb. 1849, YIII S. u. 200 S.
gr. 8.
***) Zur Erinnerung an Franz Mit zka, Professor
und alternirenden Directors des bereinigten Gymnasiums in Heidel-
berg. Heidelb. 1852. 7 8. gr. 8.
t) Zur Geschichte der Universität Heidel-
berg, nebst einigen darauf bezüglichen , noch nicht gedruckten
Urkunden. Heidelb. 1852 (besonderer Abdruck aus den Heidel-
berger Jahrbachem). 28 S. gr. 8.
tt) Die erste Gelehrtenschule reformirten
Glaubensbekenntnisses in Deutschland oder Ge-
schichte des Pädagogiums zu Heidelberg unter dem Kurfürsten
Friedrich HI. von der Pfalz in den Jahren 1565—1577. Heidelb.
1856, Vin S. u. 65 S. gr. 8.
ttt) Urkundliche Geschichte der Stipendien
und Stiftungen an dem Grossherzoglichen Ly-
ceum zu Heidelbeerg mit den Lebensbeschreibungen der
Stifter. Nebst den Stipendien der Universität Heidelberg, den Bem-
hard'schen Pftlzerstipendien an der Universität Utrecht und dem
Neuspitzer'schen Familienstipendium. Erstes Heft. Heidelb. 1856,
VI S. u. 41 S. Zweites Heft. Heidelb. 1857 , VIII S. u. 128 S.
gr. 8.
d*
i^ii Jöhcmn Friedrich Hautz' Leben,
als diese zu Jedermanns Einsicht vorliegen und fast
in allen öffentlichen Blättern Deutschlands zur Genüge
besprochen wurden. Sie alle sind auf der Grundlage
erster, grossentheils handschriftlicher und bis zu ihrer
Veröffentlichung durch den Druck unbekannter Quellen
entstanden, sie alle zeugen von dem beharrlichen Sammler-
fleisse, von der gewissenhaften Genauigkeit, von der die
Thatsachen von subjectiven ürtheilen vorsichtig trennenden
Wahrhejitsliebe, von der nachhaltigen Kraft und Ausdauer,
von dem unverkennbar richtigen Gefühle des Verfassers,
mit welchem er das seiner eigenen Kraft, Anlage und
Kenntniss Entsprechende und Andern Nützliche aus der
Masse seiner Sammlungen herauszuheben und zu seineu
Zwecken zu verarbeiten verstand, sie alle wurden in den
ersten öffentlichen Blättern unseres engeren und weiteren
Vaterlandes mit derjenigen Anerkennung aufgenommen,
welche einem eifrigen, nachhaltigen und erfolgreichen
Streben gebührt. Wir nennen von den letztern hier nur
die gelehrten Anzeigen, herausgegeben von Mit-
gliedern der k. baierischen Akademie der Wis-
senschaften zu München, die Göttinger gelehr-
ten Anzeigen, das Gersdorf sehe ßepertorium,
das Leipziger Centralblatt, Seebode's und Jahn's
Jahrbücher der Philologie, MützelTs Zeitschrift
für das deutsche Gymnasialwesen, die Darm-
städter Kirchen- und Schulzeitung und eine Reihe
der ersten politischen Blätter, ytekhe mit besonderer
Würdigung die Verdienste des Verfassers um die Ge-
schichte der gelehrten Schulen anerkannten. In Folge
seiner vieljährigen geschichtlichen Forschungen trat der-
selbe mit vielen Gelehrten eines berühmten Namens
oder mit Männern einer bedeutenden Stellung in schrift-
licjhen oder mündlichen Verkehr, und wusste auch mit dem
iMm eigenen praktischen Sinne viele ihrer Winke, Rath-
ächläge und Anschauungen zu seinem Zwecke zu benutzen
und literarisch zu verwerthen. Andere sprachen die den
Johann Friedrich Haute' Leben. i-'in
literarischen Leistungen des Verfassers gebührende Wür-
digung aus. Sie ermunterten oder unterstützten durch
Mittheilung seine geschichtliche Forschung. Solche Schrei-
ben oder Mittheilungen lagen bei seinem Tode vor von
Ammann in Karlsruhe, Arnold in Neckargemünd, jetzt
in Altenheim, Frhr. v. Aufsess in Nürnberg, Böhme
in Mannheim, Braun in Durlach, Brunkow zu Hirsch-
berg in Schlesien, Brunner in Mannheim, L. Cunradi
in Neuenburg, Fuchs in Darmstadt, K. Geib in Lambs-
heim, L. Häusser in Heidelberg, Henri ci in Eberbach,
Heunisc'h in Baden, Junghanns in Mannheim, Kay-
ser in Darmstadt, Kink in Wien, Kolb in Speyer,
Kroger in Hamburg, Lange in Worms, Langsdorf
in Neckarbischofsheim, Lehmann in Nussdorf, Löh-
lein in Karlsruhe, Moser in Ulm, G. Müller in
Pforzheim, Mutz eil in Berlin, Muncke in Heidelberg,
Oertel in Sobemheim, Ottendorf in Bruchsal, A.
Pregtinari, Regenauer, v. Reizenstein in Karls-
ruhe; Roos in Walldorf, Benedict Richter in Wien,
Roller in lUenau, Schülin in Speyer, Schönborn in
Breslau, Schwebel-Mieg in Strassburg, Seebode in
Wiesbaden, S eisen in Boxberg, Sonntag in Karlsruhe,
Spengel in München, Stalin in Stuttgart, W. F.
Streuber in Basel, Thilo in Mannheim, Vierordt in
Karlsruhe, Vömel in Frankfurt a. M., Vogelmann in
Karlsruhe, Werk zu Freiburg im Breisgau, Winter-
werber in Mannheim, Wolf in Dossenheim, Zeller
in Tübingen, später in Marburg, jetzt in Heidelberg.
Viele dieser Männer waren zugleich durch besondere
Bande der Freundschaft mit dem Verstorbenen verknüpft.
Den meisten Fleiss aber verwendete derselbe, wie
schon aus der Vorrede des Herausgebers hervorgeht, auf
die Ausarbeitung seines Haupt- und Lieblingswerkes, der
Geschichte der Universität Heidelberg, des
hier vorliegenden Buches. Alle seine literarischen, im
Drucke erschienenen Schriften stehen mehr oder minder
Liv Johann Friedrich Haute' Leben.
mit ihm im Zusammenhange und sind als Vorarbeiten zu
ihm zu betrachten. Mehrere der oben genannten Männer
haben ihm Auszüge eigener geschichtlicher Sammlungen
mitgetlieilt. Es gehörte zum Hauptzwecke seines Lebens,
die erste vollständige, auf handschriftlicher Grundlage
ausgearbeitete Geschichte unserer Universität her-
auszugeben. Von hoch gestellten Männern der Regierung
und von gelehrten Anstalten und Freunden wurde er dazu
ermuntert. Beharrlich, und ohne Kosten und Anstrengung
zu scheuen, verfolgte er das schöne Ziel, der -Stadt, in
welcher er beinahe sein, ganzes Leben zugebracht, der
Anstalt, welcher er seine Ausbildung zu verdanken hatte,
und welche mit der Schule seiner mehr als vierzig-
jährigen Lehrwirksamkeit in so innigem Zusammen-
hange stand, ein bleibendes Denkmal dankbarer Erinnerung
zu setzen. Das Werk war in der Handschrift schon einige
Zeit vollendet, aber gewissenhaft und in's Kleinste genau,
wie er war, feilte er noch immer, strich und trug Zusätze
nach, um es den Lesern so, wie es seinen Kräften mög-
lich war, vorzulegen.
Vierzig Jahre (1860) hatte er ununterbrochen an der
gleichen Anstalt gelehrt, an welcher er im Jahre 1819 seine
Anstellung als Collaborator, 1820 als wirklicher Lehrer
erhalten hatte. Es war ein seltenes und erhebendes Fest
für den Jubilar, mit welchem der immer noch rtlstige
Mann auf eine so lange und so erfolgreich dem Staate,
der Schule und. Wissenschaft gewidmete Thätigkeit im
Kreise einer edlen Familie und vieler treu ergebener
Freunde, seiner CoUegen und Schüler und im Bewusstsein
einer trotz vorgerückten Alters noch ungeschwächten Kraft
des Körpers und Geistes zurückblicken konnte.
Am Morgen des dritten Octobers, an welchem der
Unterricht des neuen Schuljahres begann, empfing das
gesammte Lehrerpersonal der Anstalt den Gefeier-
ten im Diiectionszimmer des neuen Lyceumsgebäudes.
Der um die Anstalt hoch verdiente Ephorus, geheime
Jokaum Friethrieh HauM Leben. ^^
Hofrath und Oberbibliothekar, Prof. Dr. Bahr brachte
ihm in einer, die Gefühle aller Anwesenden in der passend*
sten Weise ausdrüek^den Rede die herzlichsten Glück-
wünsche dar. Nach dem Vorlesen der Lyceumsgesetze
im Prüfungssaale desselben Gebäudes hob der damals
functionirende altemirende Director Cadenbach in einer
sehönen Rede vor den versammelten Schülern aller Klassen
die langjährige Thätigkeit und die Verdienste des Jubi-
lars um die Anstalt hervor. Als dieser nun nach been-
digtem Acte in seine eigene Klasse (die Unterquinta) trat,
hielt einer seiner Schüler im Namen aller übrigen eine
der Feier des Tages gemässe Anrede. Hierauf erschienen
der erzbischöfliche Prüfungs-Commissär, Decan Hauck.
so wie im Namen des abwesenden damaligen Stadtdirec-
tors, Dr.- Wilhelmi, der alternirende Director Caden-
bach, um ihm als ihrem Collegen im Auftrage des Ly-
ceums-Verwaltungsrathes den Ausdruck ihrer Ge-
fühle an diesem Feste darzulegen. Den Schluss der Feier
bildete ein Abendessen im Museum, zu welchem der Ju-
bilar von dem Ephorus, dem alternirenden Director und
den Lehrern der Anstalt eingeladen worden war. Sinnige
und heitere Trinksprüche und ein von Director Cadenbach
gedichtetes lateinisches Lied nach der Melodie des »Gaudea-
mus igitur« würzten während des Mahles das schöne Fest.
Kurz nach diesem Feste überreichte ihm eine Abordnung
des Gemeinderathes der Stadt , an dessen Spitze ein
Schüler des Gefeierten, der erste Bürgermeister Kraus-
mann, Abgeordneter der zweiten Kammer unserer Land-
stände, um unser Land und unsere Stadt vielfach ver-
dient, nachfolgende, mit dem Siegel der Stadt ver-
sehene, von kalligraphischer Hand niedergeschriebene
Urkunde :
»Hochverehrter Herr Hofrath! ^
Mit warmer Theilnahme haben wir von der
vor wenigen Tagen stattgefundenen Feier Ih-
LVi Johcmn Friedrieh Haute* Leb^.
res vierzigjährigen Jubelfestes Eenntniss er-
halten, und wir fühlen uns verpflichtet, theils
in eigenem Namen, da nicht wenige Mitglieder
der Gemeinde-Verwaltung zu Ihren dankbaren
Schülern zählen, theils für die Söhne unserer
Stadt, welchen Sie stets noch Ihre freund-
liche wohlwollende Fürsorge widmen, den
besten Dank für Ihre gesegneten Bestre-
bungen im Interesse der JugendbUdung, die
Sie in einer langen Reihe von Jahren mit nie
erkaltendem Eifer redlich erstrebt, Ihnen
hiemit auszusprechen.«
»Möge der allgütige Gott Ihnen und Ihrem
Hause seinen Segen verleihen und Ihre fer-
nere Thätigkeit mit dem besten Erfolge krö-
nen, möge aber auch, wenn Sie einst die Zu-
rückgezogenheit von Geschäften der Bürde des
Amtes vorziehen, das Bewusstsein treu erfüll-
ter Pflicht die wohlverdiente Ruhe Ihres Le-
bensabends verschönen. Mit diesem Wunsche,
den wir mit aufrichtigem Herzen Ihnen darzu-
bringen uns beehren, verbinden wir die Bitte
um Fortdauer Ihrer wohlwollenden Gesinnung
für uns und unsere Stadt und beharren
Heidelberg, im October 1860.
Hochachtungsvoll ergebenst
Der Gemeinderath
Krausmann.
Sachs.«
Alle Zeitungen des Landes und viele des Auslan-
des, unter diesen auch die dem Erziehungswesen ge-
JohoMMt Friedrich HauUf' Leben. l'Vii
widmeten Zeitschriften, brachten ausftthrliche Beschrei-
bimgen dieses Festes '^).
Mehrere öffentliche Anstalten des Landes und viele
auswärtige Freunde schickten ehrende, Glück wünschende
Schreiben ein.
So hatte denn der arme Student von M eck es heim,
nach dem ^ühen Tode seines Vaters auf sich selbst ver-
wiesen, durch eigene Kraft sich eine, nur seltenen Söhnen
des Glückes vergönnte SteUung im Leben erkämpft. Von
der niedersten zur höchsten Stelle des Lehrers an seiner
Anstalt erhoben, von seinem erlauchten Fürsten durch
einen auszeichnenden Titel geschmückt, im Besitze eines
durch eigene Anstrengung erworbenen und durch Erb-
schaft nicht unbedeutend vermehrten Vermögens, einer
treuen, sorgsamen, liebenden Gattin und trefflicher, mit
warmer Liebe ihm ergebener Kinder, als Lehrer und
Schriftsteller geachtet und anerkannt, hatte er sich
zum Theile durch eigene Kraft einen Vielen beneidens-
werthen Standpunkt im Leben errungen.
Allein auch der Glücklichste ist vor den Schlägen
des Missgeschickes nicht sicher, und, wenn es wahr ist,
dass auch diese als Prüfungen zur Läuterung und festeren
Bildung unseres Charakters nothwendig sind, so fehlte es
gewiss an solchen unserem Freunde nicht. Wir wollen
hier nicht von der Mühe und Noth sprechen, mit welcher
er als armer Student durch eigene Anstrengung und Unter-
stützung Anderer für sich und als Sohn für eine kranke
Mutter, als älterer Bruder für die jüngeren Geschwister,
denen er Vater war, unter vielfachen Entbehrungen zu
sorgen hatte. Solche Sorgen vergisst man leicht, wenn
sie überwunden sind; ja, sie erhöhen den Genuss des
errungenen Zieles, wenn man einmal diese Hindemisse
*) Jahn' 8 Jahrbücher 'der Philologie und Pä-
dagogik, Jahrg. 1861, Heft IL S. 42 ff. Mt^tzelPs Zeit-
schrift für das Gymnasialwesen, Jahrg. 1861, S. 158 u. 159.
LViii Jöhawn Friedrich Ha/u^ Leben.
beseitigt hat. Ganz anders aber verhält eß sich mit
denjenigen Hemmungen unseres Lebensgltickes, deren Ab-
wendung nicht unserer Hand, sondern einer höhern Macht
zusteht, die unsere Kraft niederbeugen und uns keinen
sichtbaren Ersatz für den Verlust geben, der in ihrem
Gefolge ist. Auch Hautz wurde von solchen trüben,
schwer drückenden Unfällen des Lebens nicht verschont.
Auch er musste, nachdem er in der Jugend die Schmer-
zen der Entbehrung vielfach kennen gelernt hatte, den
Kummer der Trennung von den Geliebten seines Herzens
fühlen. Fünf gesunde blühende und geistig begabte Kin-
der hatte ihm seine Gattin geboren. In ihrem und seiner
Gattin Besitz fühlte er sich allein wahrhaft glücklich;
denn bei allen seinen Anstrengungen schwebte ihm, wie
ausweinen Tagebüchern hervorgeht, das Bild der geliebten
Seinigen vor. Es galt der Zukunft seiner Familie.
Das war der Sporn für seine aufopfernde Anstren»
gung. Um so schmerzhafter ergreift es den Menschen,
wenn er das verliert, wofür er das Blut seines Herzens
einsetzt. Sein einziger Sohn, Heinrich, von Geburt aus
kräftig und gesund (geb. 21, August 1833), von den
besten Anlagen, die Freude seiner Eltern, starb im achten
Lebensjahre am Scharlachfieber (29. Januar 1841). Noch
war die Wunde nicht geheilt, die der Tod dieses geliebten
Kindes dem elterlichen Herzen schlug, als 6in zweiter,
ebenso schmerzlicher Todesfall auf den ersten folgte. Die
siebenzehnjährige Tochter, Margaretha Wilhelmina,
von blühender Gesundheit, hatte durch ihre Fortschritte
die Eltern zu den schönsten Hofhungen berechtigt, als
sie zum grössten Schmerze derselben, nach eilfwöchent-
lichem Leiden (20. October 1845) starb. Er hatte keine
Kosten zu ihrer vollendeten Ausbildung gescheut. Da"
raubte ihm der kalte Hauch des Todes die zarte Knospe,
deren erstes Aufblühen die Eltern mit Freude erfüllte
und deren reiche Geistesgaben frohe Erwartungen wieck-
ten. Bald folgte unser Freund auch der Leiche seiner
/
Johamn Friedrich Hantig* Lebm, liz
betagten Mutter (15. September 1847), deren Jahre lange
Krankheit ihm vielen Kmnmer yerorsacht hatte. Auch jetzt
war das Maass der Leiden noch nicht erfüllt. Im August
des Jahres 1857 machte Hautz in Gesellschaft seiner
Tochter Anna eine Erholungsreise über Leipzig und
Berlin nach Hamburg und Helgoland. An Geist
und Körper erfrischt, kehrte er von der schönen Reise
zurück, und erzählte mit besonderer Freude seinen Freun-
den von all dem Herrlichen und Grossen, was er auf
seiner Wanderung durch Deutschland gesehen hatte.
Glücklich und wohl behalten kamen Vater und Tochter von
der Beise zurück. Auch im Hause war Alles gesund und
zufrieden, die Gattin und die älteste Tochter Julie. Die
jüngere, Emma, war seit Mai jenes Jahres in München
bei Verwandten, und auch von ihr hatte man immer nur
frohe Nachrichten erhalten. Die Eltern hegten eine be-
•
sondere Freude an dem aufkeimenden Talente dieser
Tochter.
Von Kindheit an hatte sie nämlich eine besondere An-
lage zur bildenden Kunst, zum Zeichnen und Malen gezeigt,
und da der Vater jede Anlage, wo er sie in seinen Kindern
fand, zur möglichsten Entwicklung zu bringen suchte, hatte
er auch diese durch den Unterricht guter Meister möglichst
entwickeln lassen. Schon hatte sie die schönsten Beweise ihrer
fortschreitenden Kunst abgelegt, und die Eltern gaben dem
Wunsche ihrer Tochter nach, sie zur weiteren Kunstaus-
bildung auf einige Zeit nach München zu schicken.
Konnten sie doch dabei ;^um so weniger Anstand nehmen,
als dort der Bruder der Mutter, Oberbaudirector Pauli,
wohnte, in dessen Hause ihr Kind die Pflege und Sorge
der Eltern fand. Im acht und zwanzigsten Jahre ihres
Lebens (geb. 21. November 1829), g^und und kräftig,
gab sie ihren Eltern bei ihrer Abreise (Mai 1857) keine
Veranlassung auch nur zur leistesten Besorgniss. Sie be-
suchte in München die Akademie, lebte bei Onkel
Pauli wie im elterlichen Hause. Vielfache erfreuliche
LX Johomn Friedrich Hautg^ Leben.
Nachrichten von ihren Fortschritten in der Kunst, von
ihrer Heiterkeit und ihrem Wohlbefinden kamen nach
Heidelberg. Auch, als der Vater die Reise nach
Helgoland antrat, war gute Botschaft von München
angekommen. Da kam plötzlich nach seiner Rückkehr
die Nachricht von der Erkrankung der Tochter in M ü n ch e n.
Es war das gefährliche Nervenfieber, das sie ergriffen
hatte, und die Eltern im hohen Grade ängstigte. Der
Vater eilte nach München, aber, ehe er das Haus der
Tochter erreicht hatte, war diese der gefährlichen Krank-
heit erlegen (28. September 1857). Er folgte abermals
der Leiche einer erwachsenen Tochter. Der Schmerz
hatte ihn so überwältigt, dass er von diesem Tage an die
Fortsetzung seiner Familiennachrichten unterliess. Doch
bald siegten die männliche Kraft und der christliche Sinn.
Die Eltern fugten sich dem unabänderlichen Willen und
freuten sich zweier hoflfnimgsvoller trefflicher Töchter,
der einzigen, die ihnen der Himmel von ihren Kindern
gelassen hatte.
Noch einmal schien die Sonne der Freude durch die
düstem Wolken, welche den Abend ihres Lebens umzogen.
Beide Töchter schlössen den Bund der Ehe nach dem
Wunsche ihres Herzens und ihre Wahl war in jeder Hinsicht
eine glückliche zu nennen. Juliane, die ältere, hatte sich
bereits ein Jahr vorher (5. Juli 1856) mit dem damals in
Heidelberg angestellten, später nach Mannheim und
K ehl versetzten grossh. Postkassier, Karl B eck er , die jün-
gere Tochter, Anna Pauline, einige Jahre nachher
(18. October 1860) mit dem grossherzogl. Notar, Wil-
helm Issel inEppingen, vermählt Aus der letzten
Ehe wurde ein Sohn, Friedrich Wilhelm Karl,
(9. August 1861) geboren. Der Grossvater wohnte mit freu-
digem Herzen der Taufe seines gesunden und kräftigen
Enkels bei. Inzwischen wurde ihm die Müsse, alle seine
Kraft der Herausgabe seines Lebenswerkes, der Ge-
schichte der Universität Heidelberg, zu widmen.
Johann Fried/rieh HamU* Leben. Lxi
Er war nämlich ein Jahr nach seinem Jubiläum in Folge
vorgerückten Alters in den Ruhestand versetzt worden
(26. September 1861). Immer war die Kraft seines Kör-
pers und Geistes noch ungescbwächt. Nun war er, der
sein ganzes Leben sich abgemüht und Vieles entbehrt hatte,
endlich im Stande, den letzten heitern Abend seines Le*
bens, von allen Störungen ungehindert, zu geniessen. Bald
in der eigenen Wohnung im Lyeeumsgebäude , wo er
allein mit seiner treuen Gattin lebte, bald in den Woh-
nungen seiner geliebten Töchter und Schwiegersöhne in
den nahe gelegenen Städten Mannheim und Eppin-
gen konnte er nun die letzten heitern Tage seines Lebens
in wohl verdienter Ruhe verbringen. Jetzt war er bei
den Seinen, jetzt wurde er von diesen besucht. Es war
ein stilles, gemüthliches Familienleben. Der Grundstein
zur Herausgabe des literarischen Lieblingskindes war ge-
legt, der Vertrag mit dem Buchhändler J. Schneider
in Mannheim abgeschlossen. Die freie Zeit wurde viel-
fach zu Spaziergängen im Freien benutzt, grössere Ausflüge
nach Neckargemjtnd, Dossenheim, Schriess-
heim, Rohrbach, Kirchheim, Eppelheim, Hand-
schuchsheim u. s. w. mit Freuden veranstaltet.
Zu seinen liebsten Ferienausflügen gehörten die Fahr-
ten nach Rheinbayem zu seinem alten vielbewährten
Freunde, dem gründHchen Geschichtsforscher, Pfarrer
Lehmann in Nussdorf bei Landau. In den letzten
Jahren brachte er die Herbstferien im Bade Berg bei
Canstatt zu und immer kehrte er neu gestärkt von
den Mineralquellen jenes schön gelegenen Ortes zurück.
Jedes Jahr freute er sich auf die Zeit, wo es im August
nach Berg ging. Dann wurde wohl auch eine weitere
Reise an den Bodensee und in die Schweiz gemacht.
Hatte er doch vor 3 Jahren (1858) eine gefährliche Brust-
krankheit glücklich überwunden und schien dort durch
die Nachkur seine Kraft und Gesundheit wieder erlangt
zu haben. Er pflegte zu sagen, dass er aus Dankbarkeit
LZii Jöhaam Friedrich Hautz* Lehen.
nach Berg gehe, weil ihm dort das Leben gerettet wor-
den sei. Hier genoss er mit rühmenswerther Genügsam-
keit und Massigkeit die Freuden des Lebens durch erhei-
ternde Spaziergänge und im Kreise geselliger Freunde.
Auch in dem verflossenen Jahre (1861) hatte er wieder sein
liebgewonnenes Berg aufgesucht, als ihn während seines
dortigen Aufenthaltes die ungeahnte Nachricht seiner
Zurruhesetzung traf. Bei seiner Nachbausekunft zeigte er
noch immer die gewohnte Rüstigkeit; doch schien er
diesesmal angegriffener als gewöhnlich. Er wolle es sich
jetzt einmal wohl sein lassen, meinte er, da er so viel
und so lange gearbeitet habe. Eine weitere Anstrengung
habe er Gottlob nicht mehr nöthig und könne nun end-
lich das Leben gemessen. Er machte häufig Ausflüge zu
Fusse, oft auf entlegene Orte, und fühlte sich nie von
denselben ermüdet. Doch veränderte sich schon seit
Ende October, ohne dass er es zu gewahren schien, sein
Aussehen merklich. Die Gesichtsfarbe war erdfahl, der
sonst gerade aufgerichtete Körper nahm eine vorgebogene
Haltung an, die Brust erschien eingedrückt, der Athem
beengt, und der sonst so schndle und kräftige Gang war
langsamer und schwerfälliger geworden. Beim Gehen
blieb er häufig stehen, als wollte er Ruhe zum Athmen
gewinnen. Indessen ging er immer aus, setzte seine grös-
seren Spaziergänge fort, und klagte blos über einen auf-
gedunsenen Unterleib. Es war im December 1861, wo
er auf Anrathen des Arztes, da sein Uebelbefinden zu-
nahm, zu Hause blieb. Dieses zeigte sich an Weihnachten
im verstärkten Grade. Es war eine Wasseransammlung
im Unterleibe, die sich auch der Brust mitgetheilt hatte.
Die Merkmale wurden immer beängstigender, und schon
am 11. Januar, Abends 6 V» Uhr, (1862) unterlag er seiner
Krankheit. Sanft war er nach kurzem Todeskampfe ein-
geschlafen. Bis zum letzten Augenblicke behielt er sein
Bewusstsein. Den Abend vor seinem Tode dictirte er
seiner ältesten Tochter seinen letzten Willen. Er
Johmn Friedrich Hawtz^ Ld^m, LXia
bestimmte den Unterzeichneten als Herausgeber seines
Werkes, ernannte das Lyceam zum Erben des grössten
und schönsten TheUes seiner Büchersammlung und grün-
dete ein •Stipendium von 100 fl., dessen Zinsen jährlich
zu einem Preise für den besten Schüler im Hebräischen
verwendet werden sollten. Am Dienstag, den 14. Januar,
war die feierliche Beerdigung. Die Schwiegersöhne, der
Dh-ector des Lyceums, die sämmtlichen Lehrer und Schü-
ler der Anstalt, viele Beamte, Professoren der Universität
und Freunde folgten seiner Leiche. Der Geistliche (De-
can und Stadtpfarrer Säbel) sprach erhebende, der
ernsten Stunde angemessene Worte vor seinem Sarge.
Die treue Gattin unseres verstorbenen Freundes, dem
Anscheine nach gesund und rüstig, folgte ihm schon einige
Monate nachher. Sie starb am 3. April desselben Jahres,
and wurde in dem gleichen Grabe mit ihrem Manne bei-
gesetzt. Auch hier wurden von demselben Geistlichen
Worte des Trostes und der Erhebung gesprochen. An
der Stelle des neuen Hauses, das sie bis Ostern beziehen
wolhen, mbca nun beide, vom engen Bretterhause um-
schlossen, in der msamen Gruft des Kirchhofes. Ihre
Freunde und Verwandten widmen ihnen eine ehrende und
liebende Erinnerung, ihre Töchter und Schwiegersöhne
segnen ihr Andenken. Von seinen Geschwistern leben
noch die älteste Schwester Wilhelmine, verwittwete
Decan Mühlhäuser, geg^wärtig bei ihrer einzigen Toch-
ter, verwittweten Osterloff, auf einem Landgute zu
Frsiburg im Breisgau, der Bruder Heinrich, Pfarrer zu
Lindolsheim bei Oraben und zwei ledige Schwestern,
Johanna zu Karlsruhe und Friederike bei ihrem
geistlichen Bruder.
Wenden wir noch einmal, ehe wir scheiden, einen
Bück dem Freunde zu. Hautz war eine hohe, kräftige
Gestalt mit scharf ausgeprägten, starken Gesichtszügen,
doakeln Augen und dunkelm, durch die weisse Farbe des
Greises gebleichtem, diditem Haare. Er war ein Freund
/
i'Xiv Johann Friedrich HautM* Lehen.
massiger Vergnügen, und hatte, da er Alles mühsam er-
werben musste, auch den Werth des Geldes schätzen ge-
lernt, doch ohne geizig oder knickerisch zu sein. Wo es
darauf ankam, eine gute Sache zu unterstützen, gab er
gerne und viel. Er scheute keine Kosten, wenn es sich
um Ausbildung oder vernünftige Zwecke der Seinigen
handelte. Nur unvernünftige Geldausgaben und Vct-
schwendung hasste en Er konnte nicht begreifen, wie
man das so leichtsinnig und gedankenlos hinauswerfen
könne, zu dessen Erwerbung so viele Mähe und Anstren-
gung gehöre. Er hatte eine starke Kraft des Willais,
hatte sich von Jugend auf an Entbehrungen gewöhnt, und
zeigte daher überall, so empfänglich auch sein Herz für
die Genüsse und Freuden des Lebens war, Selbst-
beherrschung. Sein Gemüth "war für Freundschaft und
Liebe empfänglich. Er war ein treuer Gatte und auf-
opfernder Vater. Den Seinigen konnte er nicht genug
thun; es war ihm das grösste Vergnügen, ihnen Freude
und Genüsse zu bereiten. Von seinen Freunden erwar-
tete er Freundschaft; aber, was er von ihnen verlangte,
gab er mit verdoppelter Kraft zurück. Wie sein Auf-
treten ein entschiedenes, gerades, kräftiges, ja mancdimal
selbst derb scheinendes war, so war auch sein Wesen.
Entschiedenheit, ein praktischer Verstand, Kraft und Ge-
radheit waren Grundzüge desselben. Er war ein Freund
des Fortschrittes, ohne extremen Partei-Ansichten zu hiil-
digen, ein aufgeklärter und duldsamer Protestant Nicht
in den Besitz des Geldes, sondern in die Ehre der Aner-
kennimg für tüchtige wissenschaftliche Leistungen und
vor Allem in die Bewahrung eines männlichen Charakters
in allen Lagen des Lebens setzte er den Werth des.
Menschen. Er erfüllte seine Pflicht als Lehrer treu und
gewissenhaft, und erwies weder Gunst noch Ungunst aus
Nebenrücksichten. Er war ein ausserordentlicher Freund
der Arbeit und scheute für seine Zwecke keine Mühe und
Anstrengung. Auch im Buhestande hatte er jeden Tag
Johoum Friedrich HauUi' Leben. I'^V
seine bestimmte Zeit zum Arbeiten, das er niemals aus-
setzte. Die. grösste Ordnung und PüAktiichkeit herrschte
in Allem, was er that Alles lag an seinem bestinunten
Platze, und er war jed^ Augenblick im Stande, die
Stelle zu bestimmen, wo sich seihe Handschriften, Bücher
oder sonstigen Gegenstände be&nden. In der Verwaltung
seines Vermögens war er musterhaft;^ dabei leitete ihn
immer der Gedanke an seine Familie. Sie sollten es,
wie er oft sagte, einmal nach seinem Tode gut haben.
Dagegen konnte es ihn aufbringen, wenn die Leute üppig
lebten. Nicht, als ob er ihnen ihren Genuss missgönnt
hätte, er meinte blos, sie dächten nicht an die Zukunft,
und das ärgere ihn. Er war ein Freund geselliger Lust
und kein Kopfhänger. Gerne nahm er an den Freuden
Anderer Antheil; nur waren ihm solche Dinge nicht
Zweck, sondern Erholung von der Arbeit, und er war bei
einem bescheidenen .Maasse des Vergnügens zufriedener,
als solche, die Schätze für ihren Genuss vergeuden. Sein
Verstand ergriff mit Leichtigkeit und einem natürlichen
Instincte die Mittel, die ihn zu seinem Zwecke führten,
und hierin liegt wohl ein Hauptgrund, warum ihm so
Vieles von dem, was er im Leben unternahm, glückte.
Er verband die fröhliche Natur des PfäJzers mit seinem
praktischen Sinne. Nicht leicht sprach er von Dingen,
die ihn unangenehm berührten. Er hatte dann Selbstbe-
herrschung genug, seine eigentlichen Gefühle zu unter-
drücken. Er hielt es für unnöthig, mit dem unabänder-
lichen sich selbst zu quälen und Andern lästig zu fallen.
Er strebte nach Annerkennung, weil er wusste, dass man
nur durch diese im Lebeu vorwärts kommen könne, und
in dieser Hinsicht war der Ehrtrieb ein Hauptspom für
seine Handlungen. Aber er scheute auch keine Auf-
opferung , keine Anstrengung , die Würdigung semer Lei-
stungen zu verdienen. Mit schweren Sorgen h^tte er zu
kämpfen, bis er sein Ziel errang, mit schweren Leiden,
als er es erreicht hatte. Der Kampf ist ausgekämpft
Hanfti, Gösch, d. Univ. Heidelb. I. e
g Einleitung. 1, AbacfmiU.
die weiche Seelentafel des jugendlichen Herzens und Ver-
standes die ersten unverwischbaren Züge des geistigen
Lebens für jeden Einzelnen, und, da das Ganze eine
Summe des Einzelnen ist, in die Seele der werdenden
Völker, der sich immerdar entwickelnden Menschheit. Die
Schule schliesst sich durch die Erziehung mit festge-
knüpftem Bande der innigsten Verbrüderung an die Fa-
milie an, und dt^sß:i^rs(|L(^ ^^(ti jAem; Ausspruche eines
berühmten Philosophen des Alterthums das erste Element
alles staatlichen Lebensr^^^^tztehung und üntefricht bil-
den den beseelenden Lebenshauch jedes gut geordneten
Staatshaushaltes, jeder näigicJseiividcä Zwecken der wahr-
haft sittlichen Veredlung dienenden Gei^Qllschaft, Nur^durch
sie werden dem JTünglinge. und ' dem Manne die grossen
Zwecke der Wissenschäift, ^ifte 'üiid Kunst, die Ideen des
ewig und vollkommen Wahren, Schönen und Guten klar
und in ungetrübter Anschauung vor das Auge der Seele
^raeM.v Wäö di&IlamiUeüiiaiEiii^ die Schule.
KönrSiryi die nmifc defa >r)iihstcli ruhd i^aMdJdisten-'iVQr^
kndpfdngBpunhtiti' an^ Staaili« dndi £imUe/l asiitEafaMbel and
Bi^Mgioh, trän :Vktiß]dand*>xmäigei6lig8rr\^^
ist,! gfth&U'j'Wie die i6tirah}eii> vdm iliciiäeistettdto:«!iid)Br«d^^
soMdeii^ MiffelpibiMBr.derr'Soime! atte iThdle unseres: «uiiBr-
niesgliebes: Plimetfa(hspl)en»jbi»?iiiin^li, dieMUiaisteDiibeteben-^
den'<u2id(beg)ö€k^eE'Wii:kiiBgäüiisqf dibtigaiuse;! meidohf
Ikhe Geaellsdoiaft'! iiL-ides/Un^Qdlicäiw^i^iyseai^eit'iaHer
ifaM^ Tilwile tübetij '/NJä abfiD''Mt(rdi0'iSdiille!em häM
M^ioSßaisl^'Six^^^ ehttb knuntierar
Züilki • ' 6i^ ) Wissenschaft Jiali^stttL /alsi SflJdogogiki'tdes ' JS^-f
sieUtmgfiätoies i bemäflltti||t:- idad afl^/^dciiikbaiten > iMMhiMtea
ihBnFintenfiöiite'j|iui[fdl& TenR^den9iit]gflte&;fiIfem«rite^>^^
Mms3Gninitiit)Bui:/raiieen^Acl,i8todeQiifda^>Befal&kl^ und
€Wke dmoiifarscKiedeltavQvjMDAchtaaM^
naä tttstOntei äeräelben, zo ti9iim:s(iHhien^41anrlBMni8chemGte^
tiBirf/taDtrtfeitätii')&)iep/dBäsit]genFaege]blU^ des iSMikitiHia
riimitifenjtiielrtuifaril sttsfior
»•■; ruMi
cNbr&ilss eina: Mkeni Eiii)ibit;.ieiDtt> ääs' Binseitige und
Verd^bUdie «ksselböH vecateidimdeiiiSnnelRUigfByslems ist
moht nur sor UasaQ Ansehauiuig 'gedfehen, sMdem durch
die Tkat mr sdifliisten .und erfolgreiiihsten Anweifdimg
gdcoiäm^k , dfin : glekfamteigeit, nicht >mehF - 'eimekog olh
wakendöni Forderungen* diss Tinlen und Meidea hAent
wird in jeder Weiäe Rechnung' getragen ^ wie sich dieses
in den Volks:' .imd Gdbdirtett^iScliuien (P&do^ogien, Gtibh
nMieüiind'iLjice6ii),{<80i irifiiauck in der Enöcditatig: höhe-
rer Atüigeiv uild' p'olyleoknisdiier . fidiufen utA* mitrei^
einzelnen Zwecken und Bediftriniasdn ißt Wuscisehafik «sd
des li^bbns dieiieftdefe:i Akadenaeti. zoigt.
- r Als GipM in^ der VoUetiduog dieser der Etedeluiiig
und deon Düternchfe dieneBden, iO'Unseter Zeit so mächtig
ylrkeiidBii^: tind so; tiel. efaB^^rtiifiid Tecbessta-ten* und ver-
edelteiaL njed^nen und . bitteren. AnsftaHteh gdtitiger Am^IhI*
img'Äkid B36X tbddub die'fe;oh^n'Sch'al'&it. odex Uni--
y^tsi'tMtfimjt be&eichneni .B&ev di^ JUTsprUngliob kdne
Wil&iSrHeb^n.gcböpfui^cai der {Staatsgewalt^ jsondem' na-*
tiirtiebe Ftücbte dts geo^tigeur .Lebens der. Niaiion gewesen^
iM:^ ' tor iSitfteidung der Buohdmokerkilnst, jaüödi ge-
Xßm^ Kat naob ^ derselben jd(ie Yfentiittler des geistigem
Vietkehrs umd diei Or§ftfte der"' öffdntliobc» Moüning ; m
waren» ««ftoii^tÄve: In^tamen d^ (kircidichea Lebens ;; sie
waren 'der? f^uft^cbtsiOrt.'deri frmr :md tiefer, denkende
ü^ebrtep^ 9i»iwa.ra»)d£is'um»tiA$rbm^ SoUwierk, dasbefr
lige I^aU«i«(HfUivk/-t0n 'ä!i^ wabhfid[^g^ g0t
)6hrter>f}C^Si?h$iQg.; .,8)!§ wfd^nrAer Au%iJ)g9pßnkt f4r.'die
GebildetBi ^«d^, var^cbiedE^n JKajelßaa dres'^&orufstebexi^i
galt es nun um die Kraft des göttlichen Wortes dem
Volke mitzutheilen , die Gesundheit des Leibes durch Er-
%sc^;^ftPgi,Sßiin^3,^iQfle]^9,,^^ß^Sl:,z^^ jQ4eri für
dae''flNiteiw3U6'Miiidn(^st]gei'>W«M des Völker di»ndi die
v^«se ÄWF^lHtti^ ^d^Ah^Ätföttig der "ö^söfae^^SWge' zu
seit der Beformation im 16. Jahrhundert als die erhabeneii
8
Emleüimgi' 1: AbichniU,
Trägerinnen der freiw imd edeln Idee dar Hmharatil er^
schienen und so würden sie^e feste, nnarsdiAtterli^e
Stütze des Staates, >dier EiiJehe, der Wissenschaft, Beligion^
Kunst und sitdichen: Erziehung. Was . alle «ndeni Schill
lest nur m einzeben Stoffen öder für einzelne I%ede des
Wissens «rstrebten^ das Teremigte die Allgemeinheit wis-
senschaftlicher, intellectUicller^: moralischer, religül^ser und
ästhetischer Ausbildung in der hohen Sdmle;
In keinem Lande aber erreichten die hohdn Schulen
die angeregte Bedeutung, da» grosse Ziel der Wissenschaft
mehr, als in unserem deutscboi Taterlande.
In die Reihen der älteisten, berOhmftesten und bedenk
tungsvollsten Hochschulen Deutschlands g^drt die Uni-
versität Heidelberg; Sie wurde von dem EurfOr-
sten Ruprech^t I. in dner Zeit gegründet (1346* 1886),
als man in Deutschlsmd fast noch keine höheren, die ver^
schiedenetx Zweige des Wissais ^ umfietösenden Studienr-
anstauten besass und, so klein ihr Anfang au;eh war, eben
so grossen Umfang und Ruf erlangte sie in kur^f Zeit
unter dem Schutze edler Fürsten ^). Wegen dieses gros^
sen Einflusses der Fürsten auf die Geschicke der Dni^
versität, auf deren Erhaltung, Blüthe und Verfall, faajbm
wir die ein^lnen Gapitel ihrer Gesdiicbte nach den Re-
gierungen der jeweüigeh Regenten des Landes eingethäil^
tnigleich aber auch, um dem Leser, ein desto gr^MUich^es
Eindringen in die Geschkhte der Universität zu ermög-^
liehen, nicht nur die zu demselben ndthigen kurzen Mil^^
thieilungen über die Fürsten selbst g^fmacbt, sondern auch
über den Zustand der jedesmaligen politi^hen Y^hältnisse
'''' 1) Ad BSienam ' Palat&atns bominids Itäbebat onmi Miisanim
lande' iBigöres: qLtii litertis nim ^olQiD*ain^aiiA^ Bed^tuun pincltte
iajtelligeb^t,, ac multa pon soIiHA.^,ptio, aed ^tiam ia ipsis aßgor^
tiis, in cas.tris,. inter turbarum atqoiQ armorum strepitum legere
golebant' BttrckharÜ, De lingos^ laidnes in G^tmania fatisi T.I.'
der PÜEÜz *). Heidelbek^g selbst, wddies mit der mtwl'*
tlugsteii Lage die VoT2Süge eitae» milden Klimas imd . eines
fruchtbaren Bodens vereimgt,' ist, was man nach den ur-
kundlichen Naehiichteof aus jener Zeit als stdiere Behänp-
toDg ausspreeheii kana, erst durch die Erriehtong der
UniversitiU; eine ßtadt im dgetttücheu Bimie geworden.
War nun einer Seits von ihrex^ Ghründung an die Blütbe
oder d^ YeiM dean Stadt an äur Schicksal geknltpft, so
war sie anderer Seits so innig mit der Qesddchte der
B&lz verwadisen, dass nieht leidit ein bedeutendes £r-
dgniss, ein g^ckliches oder ein nngMcklidies , Torkam,
(^ae auf ihre Entwickelung einen mäebtigen Einfloss zu
üben. Doch unter allen Verbältnissen wetteiferte sie bis
zum SG^ähi^en) ftr Deutschland so verderblichen Kriege
rühmlich mit ihi^e» jüngeren SchwestiBni um deb Vorzug«
ja, gegen das Ende des .16. und im Anfange des 16.
Jahilmnderts . war sie ein Veteinigungspunkt der bedeu-
tendsten Geisteskräfte, iaabesondere soleber Männer, welche
die Beformatien in Kirche imd Schule herbeilührten.
Ihr blühender Zustand sank jedodb auf lanrze Zeit
mit . der Eroberung der Stadt Heidelberg durch Tilly
im Jahre 1622 und in Folge dieser > Erobeiung rerlor die
UniTersität im darauf folgenden Jahre auch ihre reichen
wissenschaftlichen Sehätze, welche bis zu dieser un^ück-»
Mchen Periode eine Zierde unisec^r Stadt und hohen Schule
gewesaa waren ^ Dieser: Y^bist traf aber nidbt allein
die UnlTersitäi; und Stadt, sondern atich unser ganzes
deutoches Vaterltad^ jw die ges&mmte wissönschi^Ülichfi
Bildung Überhaupi
Wieder htogestdlt wiürde diese früher so grossartige
Anstalt erst, alj^ Kurfilrt Ca 1^1 Liudwtig nach dem west^
.,.1 .; h " '»üJ .:: .' /:f v j •. . '. •' :1 •; ■['■ • • . ■ .
. ^) ^i^läfilm J^ ; afsf denisiBlbeiL Qin^iid^ . «afi^ . Hl q s ^ g a j t e i|.
in setiier i^esph. d. XJniv. Gr^ifswaldi, iCVorw. S. IX. X.) gethan.
dj Bahr,' die Et^koftrung 'der Heideib. Bibliotlibk nach kom
im Serapeam, 1845, Nr. 22. 25. 27.
10 EmUittmff.. 1. JbsehniU.
phälifieheu Medoa die ßegsemag dteriKuriifalz aufs Ncme
«Dgetreten . hatten ;I>iäfeiex£ebe Einweihung^ der Hodi^
schule fatbdam li Noveiröer. I1j52.\6ta;tjb tinä -^ bald /eis
Feieh'desie meeder .'ihlre& lüeü fiuhuv'^ntrd^ was sie Yor«t
mäls gewesene, eaie dori; ersten und hUAendstesi^^HY^di-?
schülea'I)eBtaeMauj(k\;ü]idl leierte im Jaluräi. 168B uiitei
dem Kurfitralen Phlilipp Wilhelm^ würde^olteriWmsr^
das F62St!>ihreA' 300^sängjen.£eäidtenfiJ) Emvch sbir imo
diese Feier volrübei^^ süiiwuidedn (äemiQdeaas'dolien Erivge
(1689-^ li&93) die MeiBlp&l2i;aind :Heiddiifarg Tcm .den
Franzosen Tiärheeit' :imd:!ilie >MitgtiedeFr:iäter : iUnivefcdsU
konnteä ihre BietiaHig inur iUiiier.jgGhlenmgäten 'FhidHb
finden-. '»\ :'• •" ' r"--'--;' ; ''*■'' u "L; '. •'•; •'•)•
^. W(±l:sü(äite!3ie KuiiEüiist Jo'hhanr Wilhelni^ mA^
cberidie 'Wissensdbiaftenr.iin^ Mttnske^iliebte, ÜB' die^StÄdt
ans ibren" TrÖm^iearn steh' alidiäfali^ ediohen hatten «loviel
eß lo^nirtev (1698^ meder - herzasteUsa ; idenn ler ordn^6
ihre duiseh* diasi! Krieg mtvt^Qtmi Eikiköii&ei^ittid. fähete
(1711) '«nf am Trümlnärfi Assi GalsimirianumB^ i£röher Ditft
njsianumsi, das jetsiig^ Unkeiedtäfesgebättde (Dbtnns * Wil-
helmiiana). auf ; . altein ^ ihren irühevbn ü^AacnE erteichte die
AiLstaAtitr äem iB: . iahthmiestk nicht! wieder. . Im. Jahre
lT>d6i beging siefswarliUntier iderille^iennig des Eioifaiisteü
6 a V } ^T h eoifi ar diochi i tnit . vielen^ - Fedettiehkditen -ihr
tabirtes Jubisifest^: aber diese Eeier isdiien»'der SchmUnengek
sibg fft^'idieseii' kltl^hf würdigen -J^tz A^t Vim&msdäeit
mid'! detitsöher. öelehTsamkeit ' Biei V«erlleeruÄgeöi dei^
Krieges ' «nd^iimeitev 'dBi^äi '^bnjE^sidneUe Bestinebu^ei!
hervorgerufene Zerrüttungen hatten ihil'&ißfcea' vortereii
tet'j lund da< ibTMäufeh' akrch^ üe' fiiiinäösi$die Occu^ation
des üedberrhMns ^vhei'yidt&iA gtünsiÄ Ubeit ifardr Be^
Sitzungen und Einkünfte entrissen wurde und, was auf dem
diesseitigen Rheiuufer ihr übrig geWieben, kaum hinreichte,
dig wähteüct des Kri^ges^feeÄäfehtferi SftfttalSfen -M' ätedceh— :
.71: ji 'jL' .1/ .'•l'-I .i(urM|i'i .-: n:
Unif^emm MtUMm^. 11
ätert hinaber^). fitdr tnftadag tie ntebt im Kftnqrfe mit
4eii einander widentnebeteden Verbttt^issen; keine, auch
noch Bo harte Schlägel des Schicksals ^^aren im Stande
ihre Lehenstahigkeit zu zerstören und mit dem Beginne
des eben genannten Jahrhunderts erhob .sie sich wieder
bjßek belebt" im Gia^ptz^ ßioer neuen freundlicheren Zeit.
Dem ehrvttrdigen Nestor 4er deutschen Fürsten, CaxI
Friedricifa.) von ^soiAen ,Kei|^oossen der Weise ge-
nannt, war es nämlich vorbehalten , ihr Retter und iieHer
<kO]idier 2u werden^), r:^ indem Hei4elberg das Glück
batlie, niit e^iem. uad ;zwar dem nädi^j^ TheUe der vop-
maligeii Rl^einpfate unter. die Begj^rung dieses hochberzi-
gim Fürsten zu kommen. £lr schenk^ der Universität
seine volle AuäneD^sainkeit, steUte sie mittelst des 13. Oj^r
ganiEfsrtion&*£4|cAes : vom 13. I^ailSOS wieder her, und er-
effnete 4hr n^ue und oreicbe LebensqueUep , jjadem er ihr
eJAe- jäi&rli^he Suo^me vop (40,000 fl. zuwies , welche bald
niO!Gt^ bedeu^eod erhö]^ .wurde. Zugleich gab er ihr eiuß
den bQhere» A^nlordf^rung^ des m\ie^ Jahrbunclerte eiMr
^reohende Ejoripl^tomg^ sich selbst j^bßi: erklärte (Orgr
£d. Pos.. 30*) der erhaltene Kensier imci Förderer, der
.Wifi^sewdniltiuqd (plinste sJsRe(;tw, (dieser, hoben Land^
iM^ule \md zwa^. .mjiilf. fol^ende^ Worten:.
' »R^ctor d^r üniven^tät ^i^lleil Wir ädbst «ein, «ind üi^rn
tNtehfolgem im' der Eür diese "Wüideliuiteriasseiij nitbin ist
rectQr, der »A.Uus^r S^|;f; diß. Direktipik der ganzen i^rjista^t
' .4t) üßlbi^ ^e4ir4)Rin|E^Ueea' 2k|8^iid td^r ITimyi^rsfttät wd d^e»
/^ixH?f|l^MA|; 'yei||^|,.L%fii,p^(^^iuB 41m94iac^i d. I^mv. .Heidelberg a.
d.i.' 1813, S. 18. 19 und ßi'ttenberg'er, die TJniv. Heidelb'. i. i.
1804. S. 9 ff. - -
. .^ !Pailth,>]>« UleHft a^pvinoqiihas -iBMatiub'bctiaprimis a
.e«9«10^]?«ideldQO'adBBiaiifeii laOd-. Adkariiiiajiimvüi «^oti&BMi'iMiE^
JHMrian Gas^li JT^Merici« «n^ii.yoMvBtpiertatt ffafadpahMüs .Auwriinitifft
iRnpcrto^Cau^ia' ISll. jißau^, Bt: majeätabe iu Caitolo Fridenioo,
tel iaivins iet&ßt) coiitfpjqiMi..iail;i dktefgpDeCl^ffoli) ^rid«dc«,
Principe Ghristiano. 1828. l - r
12 BMHifunff, i: AbHhniit.
, nick den ¥oii Uns :ergehe]idäi "^eroidiioiilKen zu Mten. und m
. beleben habe.. Der Proxect^r. ist,, fto.lai^ge er imjAm^^ stehefe,
unter allep in Seidelber^^ a^geste^te^. Dienern» .^eichen holderen
Personal - Rang sie auch haben, der Erste: ist. YorsteUer des
Senats,. Haupt des academischen Gerichts und Pölizeiricliter
der Universität.« . ' . ^.
Garl Friedrich ^rd dahcfr tfiit völleiA BMiise ftlb
der zweite Stifter der Ünitersitat verehrt und mit Vollem
ilechte nennt -sie sich Ruprecht-Oarls^üniversität (Rtip^rto^
Carda). . : ' '
In Kurzem erreichte sie durch die aus verischiedenen
Staaten Deutschlands berufenen Gelehrten wieiiel: ihren
früheren Ruhm und ihr vormaliges Ansehen. Was sie
seit dieser grossen Restauration gelöistet hat,' ist zu be-
kannt, als dass es einer weiteren Ausführung bedürfte.
Seit ihrer von Carl Friedrich immer mehr er-
weiterten und verbesserten Einrichtung, geschirmt und fn
jeder Weise unterstützt durch HCchstdesseh edlen SAb,
Grossherzog Leopold^) und durch Höchstdessen' e^häi-
benen Enkel, unsem durchlauchtigsten Grossherzog Friede
rieh, welche beide als ihre damaligen Zöglinge (1809 —
1811 und 1843—1845) ihr Stolz und ihre Zierde gewesen
sind und immerdar bleiben werden, glänzt diese Lieblingis-
schöpfung Carl Fried rieh 's, unsere ältehrwürdig^
Ruperto-Carola , jetzt wieder so, wie in den früheren
Perioden ihrer höchsten Blüthe, als ^ eine weithin strahlende
Perle in der Krone der deutschen Hochschulen, indein sie
durcli die fürstliche Huld unseres Grossherzogs Friedrich
in allen Zweigen des Wissens einen Kreis von Lehrern
und Schriftstellern erster Gröisse mit' dem Besitze reicher
wissenschaftlicher Institute', Apparate ' uiid Sammlungen
>'€l Die 'hcditii Vardäeuitte 'des Gronliekzoiffti Leopold um die
4UT«nBt&t tibidlin :w0rdBg8t«p>Weiil« ^gesdiildertvoBZeHri^Parei^
«täUft saera Leopoldi, Magni IHicli(]padanuii,icel«btfatfdasc 'ete. «lA
.^ii' Schenkel 'Und'.UIlmann .In* den vdn ilmto" gehahooeii
.»Tmüerrede» auf^ deir 6trol Aers^ L«iOipi»>dToir Baden« {HeiMlb',
1862). •"•-''' • ':■': «i ' •> '.UV .1
Unimmm Hn»Mm^,\ 13
yarbindet und eine immer segensreichere moid grossartigere
Wirksamteit nicht nur für alle, auch die entferntesten
Theile des deutschen Vaterlandes, sondern auch für sehr
viele Theile des Auslandes entfaltet
Jede Erscheinung d^ Oegmwart aber wird uns erst
durch den Bückblick littFili^ä fent^ckdung von dem Augen-
l#^^e,flai(S;B0$ij9^s«fg;1tic«mr|m^ Wesep eirkp^
bar, welchen ^üicld;^Uc}i^,yns aber pur ^ine auii. achten und
glaubwürdigen Quellen 'gesctiöpfte Geschichte derselben
gewähren kann. . } .^
Von diesem Standpunkte aus betrachtet, ist also eine
aus grösstep Theils noch ungedruckten Acten und tfrkun-
den bearbeitete^ - Geschichte einer dei' etsteü und ausge*
zeichnetsten Hochschulen Deutschlands nicht nur fiir die
inncare Geqic^ehte - iin^er^s . yaterlan4e^ wichtig,, sondern
sie eröSlpet^..wc^,tn aUi^q ib^j^n fSnxiphtungen mei^wür-j
cyige u&jd .ti^ef .ei|adfipg^d^,£!]jic)(e in da^.infer^te Weseij^
^ .<|^t3/;li(^ ,Pqcl)^u^. ifsx Mittelalter ,und in . i^rei)
\iQ\>&ß^m^,,^z\xp^xi^fi^^,,}v^ u^id bietet zi^-
gieicji :(^ea . zi|yp??J|lppigeiQ §fJ4(tes4:?u^ Ejckenntniss d^
Geg!^wart;/Un4 .iJpB:e;r .l^pd^ujben4§^?i, geistigeu Birungeiir;
schafte^f-^Ftr.!; '-^ji .,' },..'< •: :.r;-i " '• .;. .• :u . .'
, . Bbe ^ii; , äedpijh jauf . die j JD^ßtellung, der inneren und
l^usa^pH ; firesqbiplite ,iin^f er Hpcjjißch.ulp, w^che durcb die
ste^^^qft'Wört^(ie iMj^tb^ UBiS^u.,G;ebote [Staben-
den, .urkjuftipii^ TM\^ ,dßn, yoUejU .wkJ d^piernd^n Aus-r
din^df: i^e^j,W^h^t,,<^hä]tt,,Äberge^ .ui»d;pin§ InhallS:.
schwere .Yp^gangeirfißit ; vor ^ . ^^ , AiUgen des J^esc^auera^
ycfli^iübqr ;l]^hxß% jyerqucjhen Jf^u ^^ ; um ein gründ^ipbes.Ver-»
sl^diH^'.pin^^cb^t. ZU: erleichtern,! die .Zeit,^ y^ ^welph^ die
Gründuitgii^^ üpivi^rsitat He^elberg fälltj, yorj^er in den
f^Ogead^ft .i^bscta4ttfi^ , im» ;Aj?gemefnQn ?u,.^ß9hil^f^ . . ppd
zwiur po(Wohl,^W; 35l*?i6^iW^ i^ ,die: politischen, al&.ajUQhj
auf ,di^ bfl^pnderen kiychUchep jin^ wisseA5chaftiichen,Ye^-
häJ^isße.der^.I^beinHfafc^^^ ,.: - . / .;^,..:'[ .,;•..
mu\ (•!('} •'['<}[' '. } •?'■[■ .Tii-rrff ,; ;\ '/ < j .[ ;: ,l'i],
u
I ; /
. • '
, t
i -.. '.
I '
FoUtische Züst&nde de^ Rhe^pfftlz M
13. und, 14: ^fährhiindert. "
§.4.
Pfalzgrafen und Kurfürsten um * wwc? zur Zeit der
. Gründung der Universität Seidelberg. Vertrag
: . ... m Pasia,
^ fti der Zeit, in welche die '6¥öii*ing der ÜÄlveröität
ffeiddberg fSllt, waren die' Pftitegitfeti RuBolpb n.,
Ruprecht 1 und' Ruprecht -ff. iöÄeniBesitee der*
Äheitipfalz, in Welchen sie durck den Vertrag von PaviÄ
(1S2Ö) gesetzt wurden: Kurfürst LudWiglli, der Bö^ge,'
Pfälzgräf hei Rhein und Herisbg vcln'fiäyfehi,^war nänrfH*^
Uli Jähre 1294 gestorben. Er htnteriiesg! zwei ßöhtte/
Rudolph L, den Pfalzer und Ludwig den Bayer, die
nächraäligeh Stammväter des • Hatisös Pftite und -des^ Hauses
Bayern. Ludwig war noch nihmünfflg, R, ü d 0 1 p h ' fei*Mel(?
daher die Regiehing tfter das gesaiiimte Bäyerisch-PflilzisÄe^
Frbe, doch sollte' diefees, da' dsls firöt^eburtisrecht ' dämil*
nötJh kbine Geltung ha:tt€r, in dfer Weis6 gethfeilt WeiNieA','
dass Rudolph, der Stauffliler, die'Pftüte, Lud^^wig abef'
Baj^erti erltaJten sollte. Später wurde liUdwig Miti-egent/-
Da' aber Rudolph L bei der WiM des deufafcheh E^
sers (1314) nidit seinem Bruder, sondtem detn' Herioge^
i^'ri e d ri ch Von Oes tefr^ichdie Stitnme gab, auch* später
Oesllerreich g^gen seinen Bhidi^'^^tei^sitiftrt^; 'sd^'füfcrte
diesiBS unter den beiden Brtidehi Zwiespalt und zuleti^*
offenen Kampf herbei, welcher datnit endige, dass fifiM
dolph L 1317 semem Bruder, der dennoch 1314 zum
PdliUsehe ZusUMU «for> ^^fifi^ m S8. u. 14. Jährh. 15
deolscbeB Kais^ gevräiitt worden i«är, fAch unter^i^rfeff
tind seine Länder abtreten musstl^ - Darc^nf fohlte er
ein unstätes Leben, flüchtete sich wahrscheinlich nach
Oesterreich nnd starb 1319^ in der Verbannung.
RudolphhintetfiessdraiäiHinft: Adolph, Kudolph n.
und Rnprecht 1.
Ludwig, als deutscher Kaiser der Vierte dieses
Namens, hatte sich in den Besitz 'der von seinem Bruder
abgetretenen Länder gesetzt Rudolph's Familie sah
aber ^ mit Recht diese Abtretung des Rudolphischen Ber
Sitzes als eine erzwungene an i^i^d machte wiederholt ihr^
Ansprüche auf des Vaters Erbe geltend; allein erst im
Jahre 1329 gab Ludwig IV; nach und entschloss sich
zu einer Theilung. Dieses geschah in , dena oben schon
genannten Vertrage zu Pavia^), ....
In das. väterlich^ Erbe trjitep »un|Rudolp|i 11. unij
Ruprecht I. ein % so wie auch Ruprei^ht H. Dieser
44.
■ ' >
7) Hausser; Gesct d. rliem. t>falz ß. I g/ 110. 126. 147 ff.'
8) Von dieser Zeit an '<13i9)wir dfer Hof *ü Hieldelberg. Der
Herzog von Schwaben, Cbti]faa'3iroü-Bolh^A4baa^feii,' batte iiaeH
dem Tode des Pfalzgrafen Hermaun von Stahleck von seinem
Bruder, dem Kaiser Friedrich L, (1156) die Pfalzgräfliche Wttrde
erhaben nnd' war Von dem Bi^Hhöf Von Worms mit der Pfalzgrieir-
schaffc des Lotrdöngaües" bdehnt word^'i' (Bäder, Badenia 1858
B: 829): Er verlegte tenen *Wohii8ltz' Von 'Bächarach nach HeideT-
böfgi welches damals hith^ weiter als eik Dorf odei* kleiner Flecken
war, und zwar in di^ über der Stadt Änf dem kleinen Gaisberge
gelegene Burg. Er starb 1195 nnd' i^ufde' der Gründer des Pfälzi-
schen ^aJtes tind der faaciUerigen Hoheit und lÄacht d^rPfalz^
grafen'bteiilhein. Seine Kttchfolger hieltön sich' nicht gerne m det
aH^n Burg ani^' da sfe, i!2t8 abgebrannt, auch nach ihrem Wieder-
aiifi>an nicht ftn besten Zustande war. So weilte Rudolph l!
lieber Inder S Stunden von Heidelberg^iiit^ernten jBurg Wiesloch
und sein Sohn Adolph in Oggersheim, iias er mit Mauer|i umgab
xM 'mit 'Btädtgei'Äjhtigkeit beschenkte" (Itfündter/'Co^^ogr, V.
U; Tt^ TLiä ^in Keifetädt a. '*. H: ^Doph^ legte Rudolph t ;äen
Gnmtf iü' dem' nettetf' Schfosffe aiif dänl iiniet 'i'em kleinen Gaiä-
bwgto ^el4<^nen^tkd*'nkW flbet ^aei^;St;äat'fiei*^^^ etnporsteigen-
den Jettenbühl. Schon 1308 soll def feai di^sös SchloSseiB '^a Wfeit
16 ■ ■■ v^iWei«*«^. Äj«*fciW(.- ■' ^'..■■■■.-•^
war: der,<Sid)ii Adolpiii'», ««Icbcir, zwei >fobrä imr! dieser
TheÜiiÄg'i(132'i0^8tOTl»n war. .. :■: ^ i ;.! ■. ■ !■
Die Länder, welche dur^h den genanDten Vertrag
den drei Pfalzgrafen zugef^leii waren, biMeten von nun
an Jahrhunderte ' k.ng mit unbedeutenäen Veränderungen
das Pfälzische Gebiei. fe bestaäd aus drei yerscbie-
deneA Eleinenteti', näAilic^ aus dem alten Ffalzgräflicbeii
Gebiete ain Kiede^-ßbein,, das schon Hermann von
Stahleek besessen hattet' dann aus dein neu erworbened
Gute am Neckar Und'am Mittel-RÜein, dessen erate An-
fänge sieb' auf' Conrad ton Sohebstaufen zurück^
führen lassen, und endlich aus den Gätem in Schwaben,
weichte Ludwig Ü, *) von dem letzten Sprösslinge des
Schwäbischen Käisöthauieä erworben hatte. ' ; ■
Als der Vertrag zu Pavia (1329) geschlossen- wurde,
war Pfalzgraf, .Rudolph ,p., der^ Blinde^ebc)ren am
8. August 130^}, 23 Jalire,, Eupfecht t, der Eothe
(geboren am 9. Jufii 1^309), 20 1 Jahre alt.
YOrge schritten gewesen se)n^, cUbe. es bewohut, ^erden kODVt&. In
einer Urkunde wird e& aujoirersten MiJel329 erwäintj. .Es wurde
nun der Herrschersitz der ^faUgrafen, ,die alt« Bi^rg aber von nati
an ttber 200 Jahre zur, Aiifbewahrvng xcai KnegsbedQrfnip^en b^
nntzt.-bifi sie 1537 auf eine l'un^htb^e Weise dutcb.Tom.BIitz^
entzündetes Pulver gänzlich serotört wqrde. Jetzt sind jiitiht eior
mal mehr Trümmer , von. ihr übrig. ,Au(.der Stelle der Burg wurde
1851 das Molkenlcurhaus erbaut. — Eine treffliche Schild^cuog.dei
Zerstümng der aUou Burg gibt MiCfUus in Beinen >Sflvffi<
p, 216-228. Mezff'r^ Bescli;. d. Heidelb., SchlosMs' S. 5.,106. ,107.'
Ausfahrlichercs llbor Cg^^rad und Hbef die alte Burg s. in luiBerQr
Gesch. d. Neckarschule. '(i^eidelb.. 1849), S. Sj ,ff. , ,, . ,'■
8) Ludwig U,, d^r ^treifgß. zugepaiwt, ynu 4^t,ei^ flai^-
graf bei Rhein, welcher. (13. ^pril-X2^) .auf dem alten Ber^ii^ossq
EU Heidelberg geboreu j^u^e. £r starb aucb am 3. Februar 1294
in demselben Gemach?,^ fa w^lcbeQ) ^r daa Lif:ht 4er W^t erbtickt«.
Parei, hiat. Bav.-riJ^i, ^.\lij.,, ,: ■ ,.,..■: - '■■ , ,i" ,
Pcmaehe Zustäfide der Eheingfdl» im 13, «. 14. Jahrh. 17
Bis am Jahre 1S36 regierten die beiden BrOder
gemeinsehaftlich und ihr Neffe, Buprecht n., der Harte,
wurde, da er bei dem Abschliesscn des Pavia'schen Ver*
träges erst i Jahre (geboren am 12. Mai 132ö) z&hlte,
von der Begierong ausgeaohlosBra. Im Jahre 1338 nahmen
sie dne Theiluog vor, durdi welche an Budolph IL
der grössere Theil der Bheinpfalz und von den ober-
pfalzischen Besitzungen Eschenbach, Frankenberg, Haus-
eck, Hertenstein, Hippoltstein , Lauf, Lichteneck, Neiden-
stein, P^piitz, Plech, Beicheneck, Bosenberg, Sulzbach,
Thumdorf und Werdenstein fiel; das Uebrige erhielten
die beiden BuprechtLu.n., Oheim und Neffe, gemeinsam.
Letzterer scheint sich schon frühe in die Oberpüalz zu-
rflckgezogm und seinen Sitz in Amberg, der Hauptstadt
dieses Landestheiles, genommen zu haben.
§a .
Kurßrst Rudolph IL und dessen Verkäliniss zu
Kaiser Ludwig IV.
Die Eurwürde war gemeinschaftlicher Besitz des
Wittelsbacber Hauses, aber dk Führung der Kurstimme
ward Budolph 11. als dem ältesten des Bheiniscben
Zweiges überlassen und auch zu^eich für die Zukunft
festgesetzt, dass, »so viele auch Pfalzgrafen am
Bhein seien oder sich dafür halten mögen, doch
nur ein einziger die Eurstimme wirklich führen
dürfe« lo).
Budolph II. bewies bei jeder Gelegenheit grosse
Anhänglichkeit an seinen Oheim, den Kaiser Ludwig IV.»
wofür dieser ihm sehr gewogen war, dessen Besitzungen
in seineu besondem Schutz nahm und, ihn wie seinen
eigenen Sohn betrachten zu wollen, erklärte. Nicht ,so war
es mit Buprecht I. Er stand bereits von Jugend auf
io) Tolner, Cod. dipl p. 85.
Hantz, Gesch. d Univ. Heidelb. I.
seinedi Obüua: wäiiigepisailsev citnl^ e»*'lst idMAt mwahr-
^hftinliob, er habe >SG)iO]ii bei der Terdnigüiigäes- «äddter-
bayerisfiäezi £vbts intur mgerti ge^tiuwiegeb. IMe %)aiinvfig
zidfidhen .Mdiniv. däiierto bisi mm; JaUrd- J34l^/ vre^ ^teif
Kaiaeri. w>etGher bei- deti dsMDal^gim'poMsßhen' V^läl^
säinen 'Neffen sieht zum Gbegder . haben * m^telkle , idurch
IvettndlJclLes BenAaDnen die» Hand i zum. Fiäecten bot and
diesd! von B^pTecht L auch ao^enommiett murde.
-. Jetzt hatte det Kaiser, -wie fi^liei^ an Rudolph IL,
aö>aiuih an Ruprecht 1 einen treuen Anfa&i^ei, dezm
als soldie' bewiesen och beide Brüder, besonders da» auf
dafi Betreiben, des Papstes Glämens VI:; 1348 der Mark-
graf. Carl Ton Mähren, der Sohn Johann 's ron
RöJaiBi.en9 zn 'Rense''al9 Gegenkönig gewählt frordei Ob-*
gleich der Papst Alles aufbot^ die beüen Pfedegrafen- zu
gewinnen, blieben sie doch dem Oheim treu und trugen
dadurch nicht wenig dazu bei, dass auf dem Reichstage
in Speyer die W41I4 Carls {Qdr recibtiwidrig erldäift wurde.
Erst, als Ludwig'IV..(1347)x gestorben war ^^), gewann
die Stellung seines bisherigen Gegners eine politische
Bedeutung. •: . ^ =
Nach^ Ludwig wurde Eduard ID. (134&) zum
deutschen Könige gewählt, tind als dieser die Wahl ab-
gdehnfe hatte, fiel äie (1349)a*f Gürithet ton Schwarz^
bürg, einen biedern und tapferen thüringischen Ritter.
fis wurde ihm Treue geschworen und= namentlich audi
von den Pfälzischen Fürstseü. Nun sdhien dieser neue
König dem in Rense gewählten Carl IV. geföhrlich zu
Werden, als plötzKch ein unerwartetes Ereigniss eintrat.
Rudolphen, vermählte nämlich, von seinem Vortheüe
geleitet, seine einzige Tochter Anna mit letzterem;
Günther sah nun die Freundschaft seiner Partei ei^-
lA) lieber Ludwig IV. vergL Mannert, Kaker Ludwig IV.
Landshut 1812. Schlett, Biographie von Kaiser Ludwig dem
Bayer. Sulzbach 1822. Kortüm, Gesch. d. Mittelalt. B. H.
S. 302 ff. . .
PoUHsche Zustände 4er Bh^jpfia» i9k 1$, u. 14. Jährh. ig
kalten, auch Ludwig t^n Brau de^nb arg: M ^onihmf
ab^ und so blieb äim endUkhuidyts' änderet übrig, als milf
seinem Gegner eibea* ebrenrötlen ¥erlrag ibKoschfiesseh,'
was er auch. (1649) tb»t,"aber häli dafftüf, hoch hi dem-
selben Jahre **), starb! • Jlet2rt;' »erst' würde Carl IV. voa-
allen Fürsten ate Regtot' «niB^kannit und, nachdem' er sidi
dner neuen Wahl tintevzo^etf Mite; itf '' AacÜen geloröiit.'
Auch Pfakgraf Ruprechlf L scbHo^n ' sich seitdeM'
auf das Engste an denselben an, der auch grosses Ver^
tnuien auf An setste ' unil' siich seiner später in^ sehr wich-
tigen Oeschftfteni bediente;
Im Jahre 1353 staifb Hudolph II., 47 Jahre alt,
in Neustadt a^ d. H.^ wdhin er sich schon mehrere Jahre
vor seinem Tode zmUcfrgeKo^n hatte. Dazu wurde et*
durch körperliche Schwäche veranlasi^t; atlch ist es nicht
unwahrscheinlich, dass er 2Um Theil oder Töllig erblindet
war, weshalb er auch mit dem Beinamen »der Blinde«
bezeichnet wird, und so besorgte denn Ruprecht I.
schon ^ähfend der letzten L'ebecvsjahrö seities Bruders'
die R^erungsgeschäfte **>
■'•§4. • •
Kurfürst Ruprecht L und dessen Verhältniss zu
Kais'er Carl IV. Goldene Bulle.
Nach Rudolph's II. Tode hätte eigentlich Rup-
recht IL als der Sprössling des ältesten der drei Söhne
Rudolph's I. in der Regierung folgen sollen, allein
vermöge eines 13Ö3 abgeschlossenen Vertrags erkannte
Ruprecht IL seinen Oheim als Regenten der Pfaleischen
12D Günther, welchem eine Leibrente von 20,000 Mark Silbers
beBehieden war, wurde von dem Arzte Frey tag vergiftet, welcher
wahrscheinlich durch den Erzbischof von Mainz, Gerlach von
Nassau, erkauft war. Hoff mann, Günther von Schwarzburg.
Rodolst 1819. Eortüm, Gesch. d. Mittelalt. B. IT. 8. 824.
13) Haus B er, S. 157 ff.
2*
20 fHnkfitimg. 2, ÄbauhmU,
Lande an, welchen durch den dem Pfalzgrafen RuprechtL
befreundeten Kaiser vermittelten Vertrag letzterer audi
1356 bestätigte. In demselben wurde bestimmt, Eup-
recht IL solle seinem Oheim nach desiäen Tode m der
Kurwürde folgen, sterbe aber der Neffe vor dem Oheim,
so sei dieser dessen Erbe, Unmündige aber, welche der
Eine oder der Andere hinterlassen würde, sollten bis
zum 18. Jahre unter der Vormundschaft des überlebenden
Theiles stehen.
Alles, was in der nächste Zeit Bedeut^ides geschah,
hing von dem innigen Verhältnisse des Kaisers Carl IV.
und des Kurfürsten Ruprecht I. ab, und bezog sich
auf die .bestimmtere Feststellung des politischen Vorranges
der Pfälzischen Kurwürde. Zunächst wurde jeder Anspruch
Bayerns an diese Würde stillschweigend entfernt, da
Carl IV. durch öffentliche Decrete Ruprecht I. als
einz^en Kurfürst^ von der Pfalz bestätigte. Noch mehr
a,ber geschah 1356 durch das Reicbsgesetz jenes Kaisers,
das, bekannt unter dem Namen der ^»Goldenen Bulle»,
Jahrhunderte lang die wichtigste Coiastitution für die
Reichsverhältnisse Deutschlands geblieben ist. Durch
dieses Gesetz wurden die Bestimmungen des Vertrages
von Pavia aufgehoben, die Kurwürde für untheilbares
Eigenthum der Pfalzgrafen bei Rhein erklärt und damit
zugleich der langjährige Streit zwischen der altem und
jungem Linie des Hauses Witteisbach, welche von
beiden nämlich ein näheres Recht dazu habe, ent-
schieden ^*).
Bei dem freundschaltliöhen Verhältnisse des Kaisers
zu dem Kurfürsten erneuerte jener (1354) für seinen
Zug nach Italien den alten Brauch und emannte densel-
ben zum Reichsverwesejr, wodurch er zugleich in Rup-
rechts I. Hände die Handhabung der Ordnung, die
U) Tolner, Cod. dipl. p. 90.91. Böttiger, Geach. Bayerns
S. 145 flF.
I
i
PöUtimshe Zustände «ier WktmgfiOM im 13. u. 14. Jäkrh. 21
hö(Me Gevichtsbarkeit, die AbskeDüng ungerediter ZOUe
IL 8. w. legte, imd sp&ter wurde dieses Vorrecht der
PfUflsdien EurfiQrsteii als Bekhsverweser durdi die
Bestinmimigeii der rerluii «agefftbrten goldenen Bulle als
Qes^ anerkaittt ^^).
§ 5.
Die JRheinpfyh m VerhältmBS m den damoHffm
polnischen Zuständen Deutsehlands. König Wenzel.
Reichstag zu Eger. Allgemeiner Landfriede.
Betrachten ynt Bun die allgcriieiiiea politisdien Zch
stände Deutschlands, so finden wir, dass, wihrenld GarllV.
seinen ErUanden eine treffliche V^^ältung zu Theil
werden Hess ^^, sich Deutschland unter ihm in Anarchie
und Vielherrschaft auflöste ^^. Sem Bestreben, durch Ver-
kOndigung des Landfriedens^ (1368)- die Ordnimg su er-
halten, war Tergeblick. Die kaiserliche Jiiacht. konnte
solche Bestimmungen nioht krSftig durchlührok Das
14. Jahrhundert war die Btttheizeit der Städte, sowie
auch der Ritterflchalt in. Frantenund Schwaben. Damals
hoben irlch die ^ahlreitiben^ Stftdte. jener Gegenden zu vSlr
liger. BeiehsunmitteHiarkQit md die Kttergesdüeohter
standen ihnen loerin inicht nach.
Dtturoh oSenliftre £rkaufiuig der Kuratimtnen. brachte
es Carl daibfui' dass sma Sohn .Wendel liegen eiae Ber
stimmudgr^dbr, goldenen Butte 1376: mm deutschen König
, *■ » * • . ■
15) Acta AcadM.' ThoJdd^lro-Piiatlii» T Yl. «{>. 851 ff. Aurea
iNÜla bd Dnn^oiift ^ajp^-S. T^oUiei;».,]^. 90i. 9a, :
16) Er ü]i)t6 umerhalb Böhmens, dem er im ein Yater Yorstaiid,
strenge imd unparteiische Rechtspflege, hörte und entschied per-
s^^nHch die 'Klagen tteirBedr&ikgteii Stnndte laiig Wr'*dem nntem
Thore des Prager Schlosses; er war einem Jeden, besonders aber
den Armen, Wittwen und Waisen snginglich and worde durch keine
Ansprache der Qt^btat ondi des' Bbicttthiiml foni BdchsCab^ii des
«iesetMafageieikl Boittm, B.U. «.606.
17) S^UoisMf Oesttk d. li. «l 16:'Ja&frh..& 4lflJ
j^ . /f;Me«ii|f > JT, utiNi(Mit
% * i'* \
.. »v
•ßcÄnea YMeys 4i«. Städte /amlihmi^bdsui^hte, uid ^i^h
^Qldigf^a. i^u isismn^ /hielte sich letskearw ilni . Heidi^Uk^l iMf,
,3ffs$lmeod af»ii 3abix;diftlBuid(i^^
gegen nahm ^^. Hatte nun Carl seine rKfoKeDwirde-ifadt
nur dazu benützt, um seines Hauses Macht zu begründen
und war ihm das deutsche Eeich stets nur von unterge-
^(>r^6t^r Be4^tu]|g g«9^w^ .^^),l so«k<Unperte;sM^ de0£lö^
ßohn fas^^;g;^,\nichj^,jjfl^.u^ ,^eg«t.ip
Böhmen, als ^ (despotischer)! grausamer .Macht^abep auf,
der sich sowohl durch Willkür und Leidenschaftlichkeit
Ti^hosst, lals attehi Mdanih Trunkstcht^ und^ iSdiw4lgerei
.ver&chUiöh'^BKWhte;- •• .'•'!>' ^' •' ••:• *-• •"' '*' •"■'•■''' ' '' - -
: S0:^tieg!'die ¥ejrwinmüg immer mciiriflid die Läge
der Dtmgeiiwurde BOibedenklich, die SÜmmungin eifizelneii
-Theilän Süd-Deiltsehlttdiä so geiflähidfohend, dass ' die
4>e«iide der: Ordoung ^ehislUish besorgt < >nmid0ii. ^ IM:
^l^jälHrigB Eurfüist' üupreelit Lv ^^ ' ^^' allgemeinb
Wohl fiodb ! liinmer thfttig, ^er^flsst0 (136^ ein« Botschaft
m Wefisel, um diedeni i^- thtttigcntim BiHfittUf eitbn ^za
"i^emdiussan; auch lenriahtitra Bäy^iBOhe^iiScbwälb&ctae
und a^^änkisohe FtMten' und Stüfttb i(i4)87>) zu M^gent-
h0im dine LanaMedensiAilgulig j t^fekhe^ i^ ä* Utesl^
gehandhabt wurde, dass ftdhon'iffl ffolgeoiieii JiUi^e ^ifoter
Ihnen der heillggtd KHeg MfiMiMih;^ In ittesäm^e^^
-AU Mmmsdkeü mMt' äsmb de&^ Grafenf^filbktiard >y<m
Wür(itdfflberg) 'Mw^fichw^ NiiB&eiligi^'lbdi i'^lßiigffl ün
der Nähe von Weil (25. August 1388). Am Bbän-nahm^
iäß StiäiB Fxfudofmty :lllUm^rmAW(^^ aiordem
Streite der Bis<fi(^- noa Weites uod 'MataK mit ä^
teur^r^ten'/ ^d !hr6, Sch'aai^en zp^en 'jMndenld ^^^
.Wifejt^niÄ. div^^ gmmßW:W^ i4w
19) Man nannte .dto .tatta» AtmiY^Ur Bitoiffi>;ntti:84ial-
Tater des Bd6hjtt..i^l8ri.iJftiBDiiieUidefiita^MGefdii'8i l^c
-"■ .1
linken Rheinofer. Da ging des Eulfarsten Neffe Rup-
recht ü., auf seines Oheims Gehdss, ihnen mit bedeu-
tender Mannschaft entgegen, überraschte sie in der Nfihe
von Worms und schlug sie (im November 1388) völlig ■^.
Eine ähnliche Niederlage, erlittq^ «neh die Städte in der
Wetterau zwischen Frankfurt und Eronenberg.
/iIU^ch:''di6 ^Stege bei SMfito^'> imd' WMiis ti^a/^diie
Macht der Stättte7'fllr:lai8e^>Zettrgi8GiiwäAE, auch liess
Wenzel, im Widerspruch mit früheren Zusicherungen,
auf dem Reichstage zu Eger 1889 ein allgemeines Verbot
soldier Verbindungen ergehen «ad es Jkam zu^di'^^in
allgemeiner Landfrieden auf & Jahre zu Stande '^).
.■ r
2q) J^upri^cht Ilt liesjs 60 dar«»)( , Brand tind Raub t^b^lil^
rüchtigte Gefangene in einen glühenden Ealkofen werfen und sprach:
^'Ihi; h'abt die uneinigen bei Kacht unä K'el)el diebisch
geseingt, »o will ioli «ucflr'bcfi scli($iieiii HehtenTag öffeint^
Ijfeji in j^jftu^b sdliiokeai«« AvoaU. Hirsimg. F. n^f. 290.
^ 21) p&u8 8er.,.8...1ß; AT. , . . ..,..,; . i , ,.
.f
i *
• • • '
M
r i • ■
..t I »'
r .r ,•
(c:
■ < < « I
. r»
■I } . •.
1 •«
.1 » ■•••1'.';.' = »
i »
(. • '
- 1
I
' I
•« ;
• < . »
t..:! M- r,
"r «
:■■ 'I
fi .'M.t
:i' :..*r
: ' i
t
T
I I
i-. . »
r r
.•;• . i
.'i'u I i
• ' r»
24: EMtümg. a. JJbMmiik
'.\
Dritter Abschnitt
Allgaroaine kirebliiQlia Znst&iide in d«m
18. und 14. Jatarhnndert.
§1- i
Die Päpste unter dem JEü^usse des fransfösieehen
Hofes.
Als Clemens V., früher Erzbischof von Bourdeaux,
1305 den päpstlichen Stuhl bestieg, nahm er seinen Sitz
tiicht in Bom, sondern blieb in Frankreich. Dieses hatte,
zi^n^l er ein geborener Franzose war, zunächst nichts
Auffallendes, da cKshon mehrei*e frohere Päpste in Zeiten,
wo Unruhen in Bom herrschten,' auf einige Zeit ihren
Sitz in jenem Lande genommen und dort in grösserer
Achtung gelebt hatten, wie in Italien. Als er aber auf
Befehl des Königs von Frankreich, Philipp, seinen stän-
digen Aufenthalt von dem Jahre ISOO"" an in Avignon
nahm, und dieses nach ihm auch eine Beihe von Päpsten
that, so kam dadurch das Papstthum unter frunzösischen
Einfluss. Denn während (fie iiunzösischen Päpste die
Grundsätze einer päpstlichen Universalmonarchie gegen
andere Staaten in Anwendung brachten, waren sie in
ihrer ganzen Wirksamkeit abhängig von dem französischen
Hofe. Wir erinnern in dieser Beziehung nur an die
Kämpfe des Papstes Clemens V. gegen den Kaiser
*) Diese Yerlegong war einer der Pmikle dei zwisdieii Gle-
meitt y. und Philipp IT. von Frankreich vor der Papetwahl abge*
schloesenen geheimen Vertrags. Frankreich hatte seinen Einflim
schon durch die Niederlage Bonifacius des achten hegrflndet
(1808). B. M.
JJUgemeine hmkUeke ZuMmijk im i8i u. 14. Jahrh. 25
Heinrich VII. und des Papstes Johannes XXIL nnd
. semer Nachfolger gegai Kaiser Ludwig IV. **)
Benedict XII., welcher 1334 zum Papste gewählt
word^ war, hatte den Entschluss gefasst, das franätaische
Joch abzuschfltteln , sich mit Ludwig IV. 2u verpdhnen
und nach Italien zurttckzukehren. Allein der Hof wusste
durch das Uebei^ewicht der französischen Cardin&le de^
päpstlicheu Willen 2;u beherrschen uud die Absichten
Benedict's zu vereitdn.
§2.
Das gesunkene Ansehen der Päpste in Italien.
In Italien war unterdessen die religiöse Achtung^
gegen das Papstthum gesunken und es schien dasselbe
nur noch eine politische Geltung zu haben. Die mit den
Päpsten unzufriedenen und von dei^n Statthaltern ge-
drückten Städte des Kirchenstaates hatten sich unab-
hängig gemacht. Um die Angelegenheiten Itahens durch
persönliches Erscheinen zu ordnen, reiste XJrban V. 1367
selbst nach Born. Aber die meisten französischen Gardi-
näle blieben in Avignon und ürban sah sich, ohne seinen
Zweck erreicht zu haben, durch die dringenden Bitten:
der franzS&kiien Cardinäle foestioii&t, (1370) wieder ^ dort-
hin zur^dbsukehreoL ürban V. starb noch in demselben
Jahre. Ibm&Igte Gregoir. XL Dodt auch dieser konnte
imbe^weifc^ Beehte des Papstthums in; Italien weder
durch Bawflttohe, «loeh durch persönlidie Bückhehr nach
Born (1377) ^wieder gewinnen.' Er nwsste sidi tot«
scbUesseHi^mitiseBnen öegnem Untorha&dlungen anznv
.1 ' »
22) Ferreti Ylcentini histor. Baonun tempomm ia Moratori
Seriptt. Bemm Itol. T. IX. p. 1014. Balns, Vit» Papamm Aye-
ranum, «i4Pi<Mbr;JBMIiett«iliAidrte BiK'äbUhym. 8. %9,^
babyloniBehe Exil genannt . . ^ . . i <:
S6 »tnlmtimßi Bs
knttpfeiu . J>ie8a .inurdda ^simr duFob äeinen lTtfd.i(27. ilüaä
1378) untefAroehei^t in Folge derselben «Uer der". ¥neiß
päpättfch^h Stubl. 'ÜWäk* eiWtterte diiröh • flärtfe Hitii
KÖgÖ* ktoähtenflet-'iilissfti^JWdrö'^d^^^ Äöistön' * Cardinklei
Zw«lf' dötselbfeü' elitfemten'^ich, unW' dem Vdrwscnde 'Aer
BBtoff, Von Üom tind' begabeh sicfK; nach Xnagm. Dott
erklärten sie Urban's Wahl, als 'von rfen Ufemerh' er-
zwungen, für ungültig und wählten am 20. September
1378 in Fondi Clemens YSk Durch diese Doppelwahl
wurde das Zeichen j^ur Iprchüchen ßjpattung .^Scl^ma)
gegeben, welche bei dem Verderbniss der kirchlichen
^uc^hli und , deuf . herrsd^^üchtlg^o W^^ der weltlichen
Macht, besonders in Frankreich, auf di^ näcbiiiten Mensicbeon
f^l^r. ubeiigpig und. dwrch .g^gejnsieitigen B«inn der Ehr^
furcht yor d^n Nachfolge^ de^ Apostelfürsten nachtheiög
war^j^Ii^^essei^ ,blieb in,Jitali.en die^ überwiege?^de Sl^inipung
^. t[rb^:^ ^ ,^^ ^j^mup. äif^ b(er|[ihmte^te&..J^istefi
^I2h I in ij^r^^ Gutachten für . , d^^ Bephtpiägsigk^dti ; seinerf
WaJjil erl^ärten. . ^ufHx^pi/^ a]?gefpJlenen,,C!aii;di|iäilc^ selbst
^ttpn Ü.f.l^an)3^/Vi^sJil.inßlW alsi^güjtig
- i . I lUiiter diesen Yerfattltiiisscb begiä» sidi^ ' Ol^mNeifif s VH
moük Arignoh unter ffranzösisehen &chiit2 ttäd^4taMiit M^'
fßmh in) dÜB tDöttigMe !Ä.bh2ngigliBit ton : Franki:^idi '^l
FTiBilich (hattdi er ' les abei* laucti mt fraiKWsischeMa ^l^Ü^k«
zb idanked^ diiss er :in GdHptdandv Sianf^eBtiiia Lothring«»
und; siififer in Oastaieii (1381), Amtgonien (1367) und Na^
¥an& (i^) .aiiMouiiit irwinnk.^ :iü«f Ut^^ban^'s Seite
blieben dagegen Deutschland, England, Dänemark^!
^ #3i 9iilil ß i (0»Q, Bfi|ü»r)<Mil<(lWrii4luiK 7? flF» i^^i «S8 «nmn
1879 fOr denselben. Ebelid. S. 666. ...:!.!<> ;.xM ii^.ii: -Li'^^J
den, Polen nnd Preussen ^% Kaiser Carl IV. hatte kurz
vor seinem Tode noch denselben als rechtmässigen Papst
anerkannt, und Wenzel war nicht nur hierin dem Bei-
spiele seines Vaters gefolgt, sondern hatte auch auf diplo-
matischem Wege fÜt/ÜrbÄniVL gewirkt und nament-
hch durch, j)ei:?önliche, Besprechung den Kurfürsteij Rup-
recht I , tei welchem ' man die Einflüsterungen des
französisdhen Hofes fürctitete, bestimmt, dessen 'Wahl aü-
j '.•(•'.
^ Hp&t^ UX H<ih dM kk^lM^ XTv^eil ao8(li»rh«rlh Frank-
reichs, dessen Schriftsteller stets die französischen Päpste verthei-
-digtteli,.i«eistJ^'dia iPiyktisiQlifpt MMiietfäi. .Inidor naohKerigen
Fspstrdhe werden daher die franaSsischen Gei^ei^ilipste nicht mi:
(gerechnet, und so tritt denn 1523 ein (Jle mens Vit. wieder auf.
öieseler, S. 122. *
26) Bäs Schreiben Birprechf^s an Kaiser Earl lY., ^woräi
<t sidi fiiv'ürban Ylaeifidart; ist j^oai tO. Odtok IßTOnad »Scri^
tma JfL. Castro nostfo .,Ser4|lborg.«, :^l^^druckt bei BalusL
T. n. p. 887—890. Auch Tolney hat äiesep Brief in Add. ad
bist Pal. mitgetheilt, aber ItttitdinM ^flerdilbbrgc fair ein^n Dra^
idfliet^ 'ftngeieheik. 'Vergli aadi .AOfArdi«, SpIcUegi 1^ de&inuias.
f^e\b./p^9' 9i ; -..'r.'ii/j .- ..•■;•. ♦ .m- : u,
• *•• j . ',«:'...'•' I i ..•>;:.',.' ' ^ ' ", . . .7
: : • ! ' . ■ ' 1 1 » < ; • . • J i j . . ■ ■ . <• . . . • ' l
l '
1 «1
ii M
t ■ ' » . r ' ■• » ' ' .
28 EihkUmff. 4. AbBefmm,
Vierter Abschnitt.
Allgremeine wissensoliaftliojie Zustande.
Schulen und Universitäten vor und zur Zeit
der Gründung der Universität Haidelbesrs.
§ 1.
Wieder mfhJ&hen imse^ Schulen.
Das Stadium der erhabenen Geisteswerke der Grie^
eben und Bömer war ift Folge der ftirclitbaren Stürme
der Völkerwanderung lange Zeit in tiefer Nacht begraben
gelegen p4^r hattjB nur. dü|:ftige Pflßge genossen, Durch
■den Fortschritt der Zett im 14 Jahi^hundert wieder er^
weckt gedieh es in den zwei folgenden Jährhunderten za
immer reicherer Blütiif^ imd Kraft ; r
.■• . Diese grosse Vjeränd^nmg, .Widclie auf den Gesclunack
und Geist der bedeutendsten europäischen Vö&er den
umfassendsten Einfluss übte, ging zunächst von den
wegen der Osmanen im vierzehnten Jahrhunderte nach
Italien auswandernden Griechen aus, nahm in Italien, dem
Mittelpunkte des alten Bömisch^a Beiches, durch P e trar ca,
Bocaccio und Johannes von Ravenna *^ ihren An-
fang, fand dort durch die Ankunft griechischer Gelehrten
aus dem zusammensinkenden oströmischen Beiche, durch
den empfanglichen Sinn der eingeborenen Italiener, durch
die Gunst der dortigen Fürsten, ja des Oberhauptes der
damaligen Christenheit selbst, die reichste und manchfal-
tigste Förderung ^^, erregte aber bald auch die Aufmerk-
26) Heeren, Gesch. d. Fhflol. B. L 8. 275.
27) Voigt, die Wiederbelefonng des dassiselien AUarthimiB.
Berlin, 1859. Barckhardt| iMe Gnltur der Bensissanee. BMel, 1800.
samkeit tmd Theilnahme der benachbarten europäischen
Länder.
Zn diesen Ländern gehört auch unser deutsches
Vaterland. Viel&ch wurde das Beddrfhiss gefühlt, in der
Heimath die wissenschaftliche Bildung sich verschaffen zu
können , welche noch im 14. Jahrhundert nur in Italien
und Frankrdch zu erwerben war. t>lese9 Bedfirfhiss konnte
nur durch die Errichtung grossartiger Lehranstalten, wie
sie in den eben genannten Ländern unter dem Namen
von hohen Schulen oder Uniyersitäten blflhten, befriedigt
werden **). Die bisherigen Schul- und Unterrichtsanstal-
ten waren, wenn man auch ihr Verdienst um cBe Wissen-
schaft nicht verkennen darf, unzureichend, um den Anfor-
derungen der Zeit zu entsprechen.
Zu diesen Anstalten gehörten in Deutschland die
B[Ioster-, Dom- tind Stiftschulen *^. Sie waren entweder
innere (scholae interiores, intrariae, claustrales) oder aus-
ser e (scholae exteriores, eanonicae). Beide Schulen umfassten
je eine obere (schola major) und eine untere Schule
(sehola minor). In der letzteren lehrte man das Lesen
und Schreiben, die Grundwahrheiten des Christenthums,
die Psalmen, den geistlichen Gesang, die Kalenderrechnung
imd die Anfangsgründe der Grammatik. In der Ober-
dasse suchte man von dem trivium (Grammatik, Rhetorik
und DiaJectik), welches vorzugsweise eine formale Geistes-
bildung bezweckte, und von dem Quadrivium (Arithmetik,
28) Biaftco, Gkseh. d. Univ. Cdln. Th. I. S. 8. Lehmattn,
Speyerer Chronik S. 83. Heeren, £. II. S. 141 ff.
29) Schon auf dem Lateraniachen Gonciliom 1215 wurde vom
Papste Inooce^z ni. angeordnet^, dass bei jeder Kathedralkirche
wenigstens ein Magister der freien Künste und bei jeder Metropo^
Utankirche nebstdem ein Magister der Theologie Vorträge halten
BolUe, denen für ihren Dicpst vollstflndige Beneficien angewiesen
wflrden. Tomek^ Gesoh* d. Prag. üniy. S. 2. Ueber die Dom-
nnd StiftsjseliuleB in frflhesier Zeit vergl anch Sack, Gesch. d.
Schalen zu Brauatchwe^. Abth. L S. & ff.
Qeometrie^ Miwk^ Astronoinie)i,ai)ßi^erj}^tf)ipisßl^, sellifiEu
griechischen Autoren, auch von patristischer Theologie,;
aUflirf£^l)3 .aueib vpn <Ji^chichte_so/vielf?i; iQseui al^'^ög-
l^oh var *^)4 Aber, ipr in , 4^n ^eaigßt^^ Kjiostfpi^ukw
IfflipntW': alle diese: Wi^eTOchaftqp; gepflegt .wrclfpu;, iu,.cleB5
ipei$|l;eTi iderß^epo m^«f d^ iUnterrioht dju^ elom^iM^^ Art»;
^s^bafb. .dwjwigfl^v w^tehei me )>$|iere Bilfiujög ^n^tr^;
t^i^^ alsidie war, -wekhß ibn^ daa bßi^athljbche Kloster
g^WiäbFBn konnte,, vo» d^BaaBlben fWß oft, weit entl^eac.
iPoBter^ciLuleii.bßEUcbtaiij M^nabmiBi^eis^ iwir^ios von der/
EJoB^]:se)^^1A m Fulda gieilibmt, dffös in dcirselben aocb.
die b^b/Brem Studieu^ und ^war sowohl die woltlkbw als-
diß geistliche^ in Blütbe waren V)-
Die inneren Schi^lex^ waren innerbalb dßr Eloster-^
mauern, wessholb ^i^ auob^, oft geradezu .Cls^ioatra giei^annt
werden,: die äuj^seren am Eingfipage oder Tforhpf .derselbQn>:
In den .ersten wurden die jungen oder zukünftigen Or*j
densgei^tjichan , in deq zweiten zukOnftige Weltclerfker,
und andere Laißn unterrichtet •*)..;
In der J^c^gel hatije jede biscböflicbe und jede Coll^
giatkirehe einen Schobtöticus oder Scbolaster, Magister scbo:,
larum d. h. einen^ Director deir Sclwde, wekber Dom- odeii,
äüftB-Scholaster hiess: und in deutschen Urkunden zuweir.
len Schulmeister g^enannt wird. Der Schulmeister im beu*^.
tigen Sinn hiess Magister oder rector puerorum. Dof
Scholaäter lehjrte nicht selbst, sondern unter ihm der Ma^^.
gister puerorum mit seinen Unterlehrem (hypodidascali,
locati, baccalaurei). Er war ein Würdeträger des Stifts
und nahm seinen Bang nach dem Dec^anten ein.
1" ■ ' ■■•
30) lieber die Entsteh, des Triv. u. Quadri?., wonmter mHA
sieli eine Eneyclopädie des mensehliehen Wissens dachte, Tergl.
C'raiÄer, Gesch. d/Errieh. u. d. Unterr. i. d. IWedcfrland. 8; 6 ft
81) Mos erat, monadios non solom In scrlptaris sanctls UM*
taere, sed' etiaiff in omni secularis scientis» literattita; ad ^enutif'
emdire. Trithem. bei Launoy, de celöbr. schol. cap. Till.
82) Heppe, Schnlwesea i. MitteMt. S. 15 ff.
Äüg, mssensehaftk JSumnde, 3ekmUm mnd Umoersitäten, Sf
iDia l4riniir< iwaven Gdätlifibe* und sttiitor, ^eidib
8(dLflIer, tinter der ünrinittebteen A:ttfeleht';d6s Behola0t<»s;
fknäßXB oder eines der' aagesebeiisten Mitgtiedbr^des fi3<o^
sters öder Stifi»:^'). Oefter war der'Untemihttatudii swei
CSaiuniikern. (Sit&ftdiCTrn) Obeitn^ nm iwelehen-der^eüie
den Titel Schcflariticiuiy • der andete^deii< das Gaator fülu^te;
Beide A^ttilber galten als angeeebMe ' Ehrenämter, ^i in
enioelBen Stiftern waren ' auch bei^ohdere L^r^rylpanden^
nie im Sit äernnuisstift in Speyer im Jahte 1219 *A)^ fe«
gründet ' '- • » • \ . " . "i.
Die wvssenec^aftliehen Fordeningen an'die Olerflce^
waren in d^ ältesten Zeiten ink Mgemeinen gering^^A);
< • I
. §2,
EhtHehüng der hoh&n ScMlen.
Scbon in ^ten Zeite^i findet: sieb bßhere Bildung)^
aBsUdten , welche pit den. nacbnieligem , bfiben S^^bnlen
Mancbieß. < gemein habea . ^ ,
In |Gr3:iecbenlan4 bil)dM)en eaieb seb^n zur Zeit Se^
IpQ^s, wdicber durch s^nje jG^e^Qt^^gebung (uin^94 y.. Cbr.jli
4iß Geiste^eiheijt ycqr^üglicb begtUpi^gtei und dauerhaft
aacl^te, die^W ei^^b eit Sr pcler P b U OßiO p.Me»-S cbuleÄ,
in werben Männer aus eigenem Antriebe, als Lehrer auf-*^
traten. So Thaies, Ana,xaigara.s, Pythagerras»
In Athen, deip Mittelpunkte heljteniscb^r Bildung wd dem
Hauptsitze der ersten hohen Si^bulen, bielt^ P lato in
der Academie und sein grösster Schüler Aritoteles in
33) Baiatts, P; I. p. 79. Mone, Zeitsehr. B. I. S. 257 C
B«de, Seseh. d. Bocbstifües Paderborn S. 22. Weber, Geholt d.-
Qel^rtensobQle 2» Carael Si 2.
34) Di^ Urkunde 8J bei Moiie> B. L S. 270.
35) So besdirSttkte* die ProvinciBl* Synode sm G5ln t. J. 1299
ibre F<»deFa&g ffti* die Eleiiker im Allgemeinen: »qi»>d seiant^
legere et cantore ad dWfnl offieiv mnnisteriiim eiMapetentes.« ^ Hart 2^
beim, Conc. Germ. T. III. p. 590. n. 3. Wesseffberg, die Kir-
oheA^ermmnhingen des 15. ti, 16. Jabrb. B. L S. 159.
32 EiiüeUHnff. 4. M&d^iU.
dem LyceoBi ilire Vorträge '^. Diese Plükmophen*-, Rhe-
toren- oder Sophisten -Schtilen eiiiielten sich nidit tm
nach dem Verfalle der Literatur und ganz Griechenlands
nach seiner Unterwerfung unter die Bömer, sondern es
blieb auch Athen noch Jsdiriiunderte lang die bertthmteste
hohe Schule für. die ganze damalige > Welt , auf welcher
auch die grossien Römar der' letzten republikanischen
Zeit^ ein Cicero und Cäsar, Cato und Brutus, ihre
Büdung fanden und wo es selbst auch ein und zwar zi^n^
lieh rohes „Burschenleben mit Landsmannschaf-
ten und Clubbs^^ gab. Die Auditorien waren in
theaterähnlichen^ Sälen (Theophrast soll 2000 Zuhörer
gehabt haben), die Katheder hiessen Throne. Trinkge-
lage, Schuldenmachen, Borgen zu 25®/o und 50>, in-
gleichen Prügeleien kamen häufig in den dortigen Lands-
mannschaften vor, welche sich an einen der Lehrer an-
schlössen und für diesen alle „Füchse'' ganz so „pressten'^
wie noch jetzt die Matrosen in England gepresst werden.
Das Ansehen dieser Schulen erhielt sich selbst nach Ein-
führung des Ohristenthums als Staatsreligion ui^d nodi bis
auf die Zeiten des A read ins huldigte die gebildete Welt
der alten heidnischen Bildung, während Hof und Volk
christlich waren. Die heidnischen Schulen wurden jedoch
von der Zeit des Theodosius des älteren wn Staats-
wegen geschlossen und als die christliche Geistlichkeit zur
unumschränkten Herrschaft gelangt war, trachtete sie alle
heidnische Bildung gänzlich zu vernichten ^^.
36) In Athen worden die jungen Leute Yom 7. bis zum 16.
Jahre von einem Hofmeister (Pädagogen), meist einem gebildeten
Sclay^i, 4>der in der Schule eines PriTatlehrers unteriiehtet Vom
18. Jahre an schlössen sich die(jenjgeii Jünglinge^ weldie nicht zu£
Erlernung von Gewerben, Handel und Landbau ftbergegangen waren,
an die Rhetoren oder Sophisten (wie die-Lehrer für Staatskunst
und. der streagerea wiss^ischaftlich^ Fächer uisprOnglich hiessen)
an, um duarch höhere Studien, insbesondere der Ehetorik und Phüo**
Sophie, sich wissenschaftlich auszubilden. Beck, Gesch. d. Griech.
u. Böm. 3. Ausg. S. 120.
37) Scheidler, Jenaische Bl&tter H. I. S. 5 ff., woselbBt auch
die Quellen genau nachgewiesen sind.
ÄUg. wiasmaehitfll ZMäMde. MMen luui UiiwoerwUiUn. 33
Dem Abendhade gegeaübmr hatten sich im Morgen-
lande Soholen und Lefarer arhalten, welche gewisse Fi-
eber und Theile der aUen WissenBchaft dw Arabern über-
liefertai, dnrch derm VamtitteluQg jene nach Emropa ka-
men. In Bagdad und Bassora hatten sohon in der ersten
Hälfte des 8. Jahrhunderts grotsartige Kalifen-Schu-
len geblüht und sich nach Aegypten und ^Muuen fortge-
pflanzt Wer, zumal. Jn Pfaflosopfaie imd Ananeiirissenschaft,
zu höhere Einacht gelangen wollte, besuchte deshalb die
Maurischen Sdmlen in Spanien. . Dieses fand um so mehr
Aufmunterung, als der ^bildete Hofaenstaufe, Kaiser
Friedrich IL^ sich im Umgange out Säracenen gefid?
ihre Sprache redete und sie ndt ihrer höheren Kultur in
seine Nähe und an seinen Hof zog. Er gründete (1224)
die Universität Neapel und suchte dnrch grosse Besol-
dungen berühmte Lehrer für dieselbe zu gewinnen'^,
dahfflr kam es auch, dass die ersten christlichen Schulen
in Südfrankreach und Süditalien im Grande nur Absenker
dies^ arabischen hohen Sdiulen waren und daher auch
noch nachbildlich deren Charakter an sich tragen. Sie
waren nicht aus Domschulen hervorgegangen, sondern aus
ireien Vereinen von Gelehrten, und Wissb^erigen ^%
In der gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Ent-
Wickelung der welschen und deutschen Völker zeigt sich
nämlich in dem Mittelalter als vorherrschender Grundzug
das Streben nach abgeschlossenen Vereinen (Gorporatio-
nen). Wie nun dieses Streben im weltlichen Kreise das
Eitterihum für WafTenkunst und Lehenfreiheit und das
Bügertbum n^it seinen Innungen oder Zünften erzeugte, so
gingen aus demselben auf dem Gebiete der Wissenschaften
. seit dem 12. Jahrhunderte frfeie Lehr -Vereine Ge-
38) Diese ünirersititt abte den ersten Stodienzwang, während
der Orient seine Leute in diesen Dingen frei liess. Burckhardt,
8. 4. ^ . N
89) Schreiber, Gesch. d. üniv. Freibnrg B.I. S. 1 ff. Eich-
horn, Gesch. d. Litt. B. IL S. 364. Schlosser, S. 207.
HantE, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 3
34 EwMiimg. 4. Ak^eh^tti
maindien/ Genossenschaftmv OoriKsratimtöli berVor'^^; Sie
wurden«, wie wir unteii sehen TtiM^eh, in verscUedeneU
Zeiten mit Tersehiddeneir 'Naitfen bezeiehneit tind standen
<»hne Rücksicht wisi die Sdireidsäti der Oertüehknit^ des
Bemfes aoA Voiksthiimeis jedefll Wisi&begi^geB ofieo.
Ursprünglich weder bes^iderer kirdilicher oder poUtisdier
ForBsti) noch «kiztinen Ständen, Völkern ^der Ländern ange-
hörigy waam sie «in (Gemeingut der MensoUicdt In ihrm* Auf-
gabe lag es, da&'Bfeste und Würdigste ndtzutbeilen , was
die Wissteafichafl darmbieten hatte>^^), und so war^i sie
es denn auch, wekhe dÜB d^mFriesterstaiide fast aua-
.sehUesdkh übergebene <^ehr8mlDeit midhr und mehr
mm bu^gerlicUeii öemeingnte maohten. Seit ihrem Enllr
Utehen haben sie stets giMsen iEinfluss auf den geistig«!
Zustand der Völker getibt, und warcpai Mr das Leben von
einer weit grösseren BedeuAong., al& ' man oft exi giaufoen
geneigt ißt, da iman nur durch deh mtndlidien Unt^rriebt
und ajis den Vorh^üvgen , «die maft aufschrieb, Bildung
schöpfen konnte/^?); Sie nahmen • deshalb auch in ier
Beihe der Bildiungsanittel eme weit wichtigetre Stelle ein,
als unsere jetzigen Uni^rersitäten. Diese finden auf der
einen Seita ^m den G^lehrtenBohulön, auf der andern an
, I In I i 11 1 II I j ■ > ■ « » I
40) Audi in dem Aeusserlichea der UBiversitätsverfafisong
zeigte sich die unverkennbare Aehnlichkeit mit den Zünften. Dahin
gehört zunäbhst die Vertheilung der Wissenschäften in die einzelnen
•Fäöher, w^chfe ofif^dbar dem obc^ten Gewerb^esetze der Verthei-
lung der Arbeit, worauf das Zanftifea^a beruht, entnommen ist.
Ferner : dass die hohen Schulen, wie die Zünfte, welche selber frfther
auch scholse Messen, sich in Lehrlinge, GeseUen, Altgesellen und
Meister theilten, 'so -Wie auch dife Disputationen und Prömotioiiön
der Lieferung des MeisterdtOdks und üer Losaptsdiung der Gesel-
len verglichen werden können. Scheidler, L S.^IS.
41) Untersagt war nur » unerlaubte c Wissenschaften zu lehren.
Dahin rechnete man, im Gegensat-z zur chriBtlichen Wissenschaft,
die verschiedenen Zweige d^ Sdhwati&mist. Kink, €^8Ch. d. Univ.
Wien. B. II. S. 4.
42) Kortüm, ß. L S. 586. B. II. S. 243. Schlosser, Weltgesdi,
B. VIL S. 348. 349. Slavigny, Gesch. der röra. Hechts, B. IIL S.
137. 138.
ÄUg, wissensehqfll Zutmäfi, g$Mm md UniverMUen. 35
da: Menge der überall yenrbpieiteten BOober eine Conooireiiz,
welche damals fast ganz f^te. Eine Folge «davon war, dasa
man weit länger als jetat studirte, und dass viele unter den
Studireaden durch ihr reiferes Alter, so wie d«reh ihren Bang,
ihre Aemter und Würden, ein Ansehen erhielten, welches
auf den ganzen Stand zurückfiel, und wovon sieb jetzt
nidits Aehnliehes findet^').
Ueb^all, wo eine binreiehende Anzahl, oder auch
nur £in barflhmter Lehrer war, der einer Schule idas nö*
äiige Ansehen zu verschaffen wusste, da war auch eine
h<Ae Schule wirklich vorhanden ^^). Um diese Männer
sammelten sich, wie in Salemo, Bologna ^^), Paris» Hun-
derte oder Tausende von lernbegierigen Jüngern aus allen
Ländeom Europas. Diiese Lehrer waren keine GeistUche;
sie waren wedw von Bjechöfem und Aebten, noch von
Canzlem oder Scholastem berufen, od^ bestellt; wein-
ten und lehrten nicht ia Stiftern und EMstem und hingen
43) JOec ünteraohied «wischen L^rendea und Lernenden war
damals nicht scharf bestimmt. Es zogen nicht selten bejahrte
Leute noch des Lernens wegen auf Universitäten, und Mancher
&nd sich fähig, eine Wissenschaft ssa lehren, während er eine
andere stadirte, so dtas es nichts «Bgewöhiüiches war, einen uad
denselben Mann, die eine Stunde als Lehrer 'und die andere als
Zuhörer im Hörsaale zu erblicken. Daher findet man auch mit
dem Namen Studenten (Studentes) nicht, nach unserm Sinn^ nur die
Lernenden, sondern auch die Lehrenden, überhaupt alle, die sich
mit den Wissenschaften beschäftigten, bezeichnet. Erhard, B. L
S. 165.
44) So vereinigten sich um Abälard (gest. 1142), als er sich
von Pi^ris hatte entfernen massen, an einem einsamen Platze in der
Kähe von Troyes Männer, die seine Lehre und seine Unterhaltung
sachten, so dass bald eiiie kleine Ortschaft ans den schnell er-
richteten Wohnungen der Freunde des Philosophen entstand.
Schlosser, Vincent v. Beauvais ß. IL S. 12. Dessen Weltgesch.
ß. VI. S. 335. 338. B. VH. S. 349.
45) Zur Zeit, als der berühmte Azo (Ende des 12. und Anfang
des 13. Jahrhunderts) in Bologna lehrte, waren dort 10,000 Jüng-
Hnge und Männer, welche aus allen europäischen Ländern zusammen
gekommen waren, um die Rechtswissenschaft zu studiren. M e i n e r s.
Mittelalt. B. n. S. 428.
3*
36 EtfOeitimg, 4, Ms^^miU,
von d^n geistlichen Gewalten nicht ab, denen die bisheri-
gen Schulen unterworfen waren. Sie trugen Wissenschaf-
ten vor, welche man in diei^n Schulen grössten Theils
gar nicht lehrte, oder doch nicht so, wie sie vor ihnen
gelehrt wurden. Ihre Zuhörer waren, wie wir oben schon
bemerkt haben, nicht Knaben und unreife Jünglinge ^^X
welche einer strengen und klösterlichen Zucht bedurft
hätten, sondern freie Männer und Herren, Jünglinge welt-
lichen imd geistlichen Standes, die aus eigenem Triebe
kamen und gingen, die wohnten, speisten und lebten, wo
und wie es ihnen gut dünkte. Auch bestimmte Vorle-
sungen zu hören, war ihnen nicht Torgeschrieben, wenn
sie nicht in GoUegien unter der Leitung ihrer Ma-
gister lebten ^''). Dass sich Männer und Jünglinge, in
welchen ein innerer Trieb nadi Wissenschaften erwacht
war, nicht aus Büchern unterrichteten, hatte seinen Grund
darin, dass die Bücher eines Theils sehr theuer^^) und
andern Theils, bei dem Mangel an guten Wörterbüchern
und Uebersetzungen, unverständlich waren. Auch schien
ein solches gemeinschaftliches Zuhören und Unterhalten
mit dem Lehrenden zu einer Zeit, in welcher es so sehr
an Mitteln geistiger Unterhaltung fehlte, mehr ein Ver-
gnügen als eine Arbeit gewesen zu sein *®).
46) Dieses reifere Alter war für die fremden Scholaren zum
Tlieil auch schon durch die weiten und oft gefährlichen Reisen nach
den Universitäten nöthjLg geworden.. Bei den Eingeborenen mag es eben
deshalb sc)ion früher anders gewesen sein. Johannes Andrea,
ein Einheimischer, hörte in Bologna die Decretalen als »puerulus.«
Sarti, De archi-gymnas. Bonon. professor. T. 1. p. 372. Petrarca
fing im 15. Jahre an zu studiren und studirte 7 Jahre. Savigny,
Gesch. d. röm. Kechts B. in. S. 478. 507. 508.
47) M ein ers, Gesch. d. höh. Schulen B. IV. S. 380. 381.
Erhard, B. I. S, 165.
48) Besonders war dieses der Fall, als man nur auf Pergament
schrieb und dieses einen hohen Preis hatte; wohlfeiler wurden die
Handschriften seit dem 14. Jahrhundert, als das Linnenpapier im
Üeberfluss gemacht wurde. Mone, Lat. u. griech. Messen S. 159.
49) Schlosser, Vincent v. Beanvais S. 8. 9.
ÄJJg, unsaenBckü^, Zustände, Scharm und Universitäten. 37
Die so entstandenen Schulen bedurften einer Geneh**
migung der Ortsobrigkeit, des Papstes oder Kaisers an
und für sich nicht.
Was die Ortsobrigkeit betrifft, so konnte ihre Mit-
wirkung entweder der Kosten w^en oder als blosse Er*
laubniss für nöfhig gehalten werden. Allein Kosten waren
orsprflnglidi nicht zu bestreiten, da keine Besoldungen
g^eben wurden. Die Lehrer lebten, sis Mitglieder einer
vom Staate unabhängigen Gesammtheit oder Gemeinheit,
wie andere Künstler , von dem Ertrage ihrer gelehrten
Betriebsamkeit oder von den Honorarien ihrer Zuhörer,
welche in grosser Anzahl aus yornehmen und reichen
Häusern jenen m reichliches Einkommen sicherten. Auch
eine besondere Erlaubniss hielt . Niemand für nöthig, weil
eine solche Schule der Stadt nur Ehre und Vortheil
brachte. Staat und Kirche verhielteii sich vielmehr bei
dem Entstehen dieser Anstalten durchaus leid^d, wachten
nur im Allgemeinen über weltliche und religiöse Zucht,
fahlten aber in der Regel nicht eh^ die Verpflichtung,
durch Freibriefe, Geldbeiträge und Schenkungen für das
Wachsthum derselben zu sorgen, als bis die steigende
Menge der Fremden und die Berühmtheit einzelner Lehrer
Gewinnsucht und Ehrliebe entzündeten.
Selbst die Besetzung von erledigten öffentlichen Lehr-
stellen hing auf jeder Universität von dieser selbst ab. Sie
wählte in der Regel einen von den jüngeren Gelehrten, welche
sich schon die academischen Grade erworben und darauf
dem Lehramte nach eigenem freien Entschluss als Privat-
docenten, wenn wir dieses modernen Ausdrucks uns bedienen
dürfen, sich gewidmet hatten. Li Paris war daher nie und
in Italien lange Zeit nicht die Rede von der Berufung
eines Lehrers von einer Anstalt zu der andern. Erst in
späterer Zeit fingen die Universitätsstädte an, berühmte
Lehrer, welche auf andere Universitäten berufen wurden»
dm'ch Besoldungen festzuhalten, weil dadurch der Zufluss
fremder Studirenden und durch ihn der Wohlstand der
38 JBinteititng. 4. ji&«cÄwtff:
Universitätsstadt gesichert wurde. Dem Beispiele Fried-
rich's n., durch grosse Besoldungen Lehrer für seine Uni-
versität Neapel Zugewinnen (siehe S. 33), folgten bald auch
andere Städte. So soll Bologna zu Zeiten die Hälfte seiner
Staatseiiinahme (20,000 Ducaten) auf die Universität ver-
wendet haben. In Paduä bestand im 15. Jahrhundert
eine juridische Besoldung in 1000 Ducaten jährlich und
einen berühmten Arzt wollte man mit 2000 Ducaten und
dem Rechte der Praxis anstellen, nachdem derselbe bisher
ta Pisa 700 Goldgulden gehabt hatte '^^. Die Anstellungen
folgten in der Regel nur auf eine gewisse Zeit, selbst auf
einzelne Semester, so dass die Docenten ein Wanderleben
führten, wenn sie nicht in der pers&nlichen Zuneigung
eines Fürsten oder eines andern Grossen eine bleibendere
Stütze fanden; doch gab es auch lebenslänglich besoldete
freiwillige Lehrer. Zu Paris und auf später gegründeten
Universitäten erleichterten Pfründen den Unterhalt der
Lehrer, besonders der Theologie, weil diese Wissenschaft
bei der häufigen Armuth der Studirenden viel weniger
einträglich war, als die der Juristen und Mediciner. **)
50) Trefflich spricht hierüber Prof. Dr. Scanzo.ni zu Würzburg
in einer Rectoratsrede »über die Ifolhwendigkeit und Zweckmässig-
keit der freien ftoademischen Bedfufongen.« . Dorch das freie Be-
rulungiareeht, sagt er unter Aadena, werde eine kräft^e, auf-
munternde Anregung junger talentvoller Männer gegeben, da die
Wissenschaft nicht an die Scholle gebunden sei und das alte Sprich-
wort: Nemopropfaeta in pfttria steh immer als ein wahres bewiesen
habe. Das freie Berufungsrechl übe einen wohlth&bigen Ehiflusft
auf die Wissenschaft. Ohne dasselbe würden die Universitäten zu
todten Abrlchtungsanstalten herabsinken. In dem freien Berufungs-
rechte erblicke er die sicherste Garantie fiElr die Blüthe d^ Uni-
tersitftt Wüiabnrg. ' .
61) Wundt, .Magaz. t d. Kirchen- u. Gelehrten - Gesch. des
Kurftetenth. Pfalz B. II. S. 95. Burckhardt, S. 205. 206.
Einhorn, B. 11. S, 73. Savigny, S. 137. 383. Kortüm B. t
8. 68^. H^ereik, Gesoh. d. Philolog. B. U. 8. 10 ff.
Bei d^r na<(th.d^ Mhalfsr von Bologna 1459 gegründeten Vm-
yersität Basel wurde die Dauer, der Ai^steUung der Lehrer jeweilen
in den besonderen Verträgen auf ein oder mehrere Jahre, öfter
Die hohen Sehnlen aJ» kirchliche Anstalten. Die
Päpste als deren Begaber und Beßrderer. Privile*
gium Sjähriger Ahsem vorn Orte der Pfründe, Rotulus^
Die im 14. und lö. Jahrbondert gegründeten hohen
Sehiden waren geistliche StiftongeA, weldie, im kirchlichen
Interesse in's Leben gerufen, auch insgemein durch die
kirchlichen Principien und Riehtungen, die von ihnen ver«*
treten wurden, ihre Bedeutung empfingen. Das Studium,
zunächst auf den geisdichen Stand beschränkt, erschien
als geistliches Geschäft, so dass scholaris und clericus
gidchbedeutend wurde ^^. Selbst Elementarschüler hiessen
dericuli und in Norddeutsdiland Studenten Hal^pen,
halbe Priester ^^}, Die Päpste abten das Recht der Er*
lichtung, beaiehungsweise der Bestätigung der Uniyer^
sitäten ^^) ; sie bestellten Canzler mit der Befugniss der
anch ohnö eine beirthninte 2eitv nur mit emJem beBtiramlen Auf-'-
kOndigongstermia festgesetzt. Lel»eD8llUigliQhe AjiBtcAliuigeii waten
sieht üblich. Vischer^ Gesch. d. Univ. Basel S. 63.
52) Du Gange s. v. Glerici. Alexander de Villa sagt In-
der bis in die Anfänge des 16. Jahrhunderts gebrauchten metrischen
Grammatik: »Scribere clericulis paro doctrinale novellis.«
53) Rostocker, Etwas von gelehrt. Sachen Tb. II S. 237.
54) So in besonderen Bullen Clemens VI. für Prag (1365),
Urban V. für Wien (1365) und Urban VI. für dieselbe (1384).
abgedruckt bei Kink B. 11. S. 23 ff. S. 43 ff.; derselbe Urban
für Heidelberg (1385), s. unten Urkunde Nr. I, fttr Cöln (1588),
abgedruckt bei Bianc o Tb. H. S. 1 f., für Erfurt (1389); Alexander V.
ftr Leipzig (1409), Calixtus III. für Freiburg (1455); Pius II. für.
higolstadt und Basel (1459), von welchen die erste bei Räumer«
deutsche Universitäten S. 271 ff. und di^ zweite bei Vi scher S.*268 ff.
abgedruckt ist. Der Inhalt aller dieäet Bullen ist derselbe und oft
wörtlich gleich lautend, doch zeichnen die von Pius n. sich durch
Kürze und Präcision aus und ist in denselben der Einflnss des
damals in Italien wiede^ erwachten Studiums der Alten nich^ zu
verkennen. Diese Bestätigung der Universit&ten erreichte jedoch
während der Eeformationsepoche ihr Ende und wurde nun Vorrecht
des Kaisers, da die Protestanten die Afterkettaung ihrer Promo-
40 Emkitm^, 4. Msckmtt.
statutarischen Regelung und Ueberwachung der Promotionen,
so wie auch Conservatoren, . Yisitatoren und Beformatoren,
gaben aber auch ihre jnmge Veirbiudung mit d^ Univer-
sitäten dadurch zu erkennen, dass sie ihre jedesmalige
Erhebung auf den Stuhl Petri mittelst besondem An-
sehreibens denselben feierlich ainzdigten^^). Dieüniyermtäten
dagegen waren anerkannt als atttoritatlTe Instanzen des
kirchlichen Lebens und ertheüten in d^ wichtigsten
Krisen der Kirche yerfassungsmässig Gutachten; sie hatten
als geistliche Körperschaften Sitz und Stinmie auf den
allgemeinen und besondemSynoden uaid Landtagen; ihnea
stand das Asyl- und Patronatsrecht , so wie das der
kirchlichen Büohercensur, die Stralgerichtsbarkeit über
ihre geistlichen Mitglieder, zu. > Nicht nur üi der über-
wiegend theologischen Universität Paris waren bis^ in das
16. Jahrhundert, sondern audh an den juristischen Uni-
versitäten Italieud und an > den 'deutschen die Lehrer aller
Facultäten mit wenigen Ausnahmen dem Cölibat unter-
worfen. Die Universitäten selbst betrachteten sich auch
als rein geistliche., der Kirche allem angehörige Gorpo-
ratlonen, und so' leisteten sie auch den weltlichen Fürsten
tionsfaculäten nur durch ein kaiserliches Privilegium sichern konnten,
für die Katholiken ab^r das päpstliche jetzt nicht mehr hinreichte,
weil es von den Protestanten nicht anerkannt wurde. Das Recht,
Freiheitsbriefe zur Stiftung von Universitäten z)i geben, und die
Erlaubniss zum Creiren von Poctoren zu ertheilen, wurde im 16.
Jahrhundert von dem Kaiser als ein Reservat- Recht angesprochen.
(Zöpfl, deutsche Recttsgesch. S. 549, dessen Alterth. d. deutscheu
Reichs u. Rechts S. 362.) Gesetzlich gründet sich dieses Recht des
Kaisers auf eine Stelle der Reichskammergerichtsordnung v. J. 1555,
(Samml. d. Reichsabschiede Th,. III, 8- 46.) Später übten selbst-
regierende Fürsten das Recht, Universitäten , ohne ein päpstliches
oder kaiserliches Privilegium zu . gründen. So wurden Marburg
(1526) und Königsberg (1544). errichtet. Bechstein, deutsches
Universitätsleben in d. Zeitschjr. »Germania« B. I. S. 186. Bianco
Th. I.S.11. Hildebrand, Urkundensamml. über d. Verf. d. Univ.
Marburg. Toppen, die Gründung d. Univ. Königsberg S. 111.
55) Bianco, Th. L S. 85. 86. .
ÄOg. fßisaenachafU. Zustände. 8eMm und Universitäten. 41
in den ältesten Zeiten keinen Huldigungseid ^^, dagegen
waren sie der Kirche mit Pietit und Obedienz in dec
gesammten Oeconomie ihres Lebens zugethan, sie erhoben
sieh in den grossen Krisen für die bedrohte Kirche, z. B.
in den Schismen und auf den sie aufzuheben berufenen
allgemeinen Cooeilien, bei den öffentlichen Verhandlungen
über die Kirchenspaltung des 16. Jahrhunderts, sie feier-
ten die Feste der Kirche nach der glücklichen Ueber-
stehung solcher Krisen und andere Feste für die der
Kirche widitigen Begebnisse mit* Aber auch in dem
stillen Gange ihres gewöhnlichen Lebens lebten die Uni-
versitäten das Leben der Kirche. Alle Angehörigen der
üniyersitäten erschienen als clericalische Personen in clerica-
lischer Tracht ^^ und folgten kirchlicher Sitte ^^). Auch
56) Die Universität Wien lehnte 1364 und 1385, dem Könige
Mathias gegenüber, die geforderte Huldigung ab (Eink. I. S. 149)
und die Universität Heidelberg leistete zum ersten Male 1622 einer
weltlichen Macht den Eid der Treue.
57) Tholuck, Akademische Zustände S. 3.
58) ßianco, S. lÖO. 181. Obgleich jedoch das Leben der
Universitäten und ihre Entwickelung auf das Engste verknüpft
war mit dem Leben der Kirche, und lange Zeit mit diesem zusam-
menhing und an ihm erstarkte, so war es doch auch anderer Seits
der Gegensatz, den die Universitäten als Träger der Wissenschaft
hervorriefen, durch welchen sehr bedeutsame Veränderungen und
Umgestaltungen in den Zuständen des europäischen Yölkerlebens
herbeigeführt worden sind. Die geistige Selbstständigkeit, welche
das Wesen der Universitäten auf dem wissenschaftlichen Gebiete
ausmacht, setzte sie auch in den Stand, in die geistigen Kämpfe
und Bewegungen einsagreifen und nicht selten den €kmg derselben
za bestimmen.
Die Befonnation der Kirche ist unverkennbar von den Univer-
sitäten getragen und durchgeführt worden. Das Prindp der refor-
matorischen Bewegung erhielt in ihnen seine eigentUchen Vertreter
and konnte nur durch sie eine allseitige und lebenskräftige Ent-
widkelang ünden. Von der Befonnation an veränderten auch die
Universitäten allmähJig ihre Stellung, insofern sie aus ursprOngliclL
geistlichen Stiftungen gemeinsame Institutionen der Kirche ui>d
des Staates wurden. Der Staat erkennt, dass auch er einen Beruf
zur Erziehung seiner Bürger habe. So lajoige er aber mit der Kirche
42l EinUihiMg, 4. Abäi^iU,
waren manche üniYerätäten ans Dom- und Klosterscbulen
entstanden und vöUig oder theilweise mit kirchlichen
Gütern dotirt, wie denn überhaupt die Päpste die ersten
und grössten Begaher und Beförderer der Universitäten
bis zum Anfange des 16. Jahrhunderts gewesen sind^^).
Zu den wichtigsten Wohlthaten, welche Ae denselben
erwiesen, gehörte die^ da^ sie schon frtLhe den L^irem
und Lernenden auf den Universitäten in Toulouse, ißaris,
Wien, Prag, Heidelberg gestatteten, ihre Trabenden und
Beneficien dort eben sowohl zu geniessen, als wenn »ie
an den Orten, wo sie dieselben besässen, sich aufhielten.
Ausgenommen waren nur die Präsenzgelder (distributiones
quotidianae) , welche die Vicarien erhielten, die den Gottes-
dienst besorgen *% Diese Vergünstigung delmte sich in
der Regel auf einen fünfjährigen, öfter auch auf einen
Hand in Hand geht und die Sphäre und die Gränzen richtig er-
kennt, in welchen er sich in dieser seiner Thätigkeit zu halten
hat, 80 lange durchdringen sich auch die Einflüsse des kirchlichen
und staatlichen Princips im TTniversitätsleben , halten die Einheit
desselben aufrecht und yermitteln seinen Einfluss nach beiden
Seiten hin auf Kirche und Staat. Erst in neuester Zeit ist der
Einfluss des kirchlichen Princips auf die Universitäten überwiegend
zurückgetreten, so dass namentlich die Universitäten neueren ür-
Sprungs fast allein als Staatsanstalten erscheinen, welche nur durch
die Pflege der theologischen Wissenschaft und durch die Ausbil-
dung der Diener der Kirche mit dieser zusammenhängen.
59) Die ältesten Stiftungen, welche Päpste ?um Besten hoher
Schulen gemacht haben, sind in den Beschlüssen der. beiden lateca-
nischen Goncilien (1179 und 1219) enthalten. Buläus, T. IL
p. 370. 371.
60) Quum Canonici in offlciis divinis valde infrequentes essent,
proventibus eorum annuis seu grossis additse sunt praesentiae,
seu distributiones. cum quotidianae tum anniversariae,
ut faisce quasi pnemiis ad illa frequentanda allicerentur. FructoB
nempe grossi omnibus, cum rere tum Acte residentibus, cernmunes'
sunt; de distributionibus antem n solum participant, qui vere resi-
dent divinisque offieiis ipsi intersunt. Sauter^ Fnndam. jor.
eocl. -caUiol. 1826. Yol. H. p. 169. 160. ~- Prsesentiss sunt «mliera,
quffi pi^sesenti in manus dantür. Du Gange, s. t.
JUg. toissensehi^, Zustänäi, ikhuten und üniverHtäten. 43
längeren Aufenthalt in den Universitätsstädten aus •*). So
kam es denn, dass unter den Studirenden viele waren,
welche schon ansehnliche Pfrtlnden und geistliche Würden
hatten •*), denen es aber auch nur durch eine solche
Vergünstigung möglich würde, sich wissenschaftlich weiter
auszubilden. War dieses nun schon für die Studirenden
von grosser Wichtigkeit, so war es für die Lehrer noch
bedeutender. Diese hatten oft keine oder nur geringe
Besoldungen. Auf Honorarien konnten sie nur wenig
rechnen, da die Zahl der armen Studirenden, welche sich
den philosophischen oder theologischen Studien widmeten,
ohnehin schon gross war und noch vermehrt wurde durch
die für dürftige Studirende errichteten Stiftungen •*).
Zu den weiter von den Päpsten mehreren Hochschulen
61) Bulaeus, T. III., p. 149. 493. Meiners, B. L, S. 114
ff., B. n. 8. 7, 9, 12. Erhard, B. L, S. 161, 162. — Auch war
es nicht selten, dass die Lectoren der Klöster, wie z. B. des Sl.
Oermans-Stiftes eu Speyer, die Lehrer and Aufseher der Stiftsgeist»
heben waren. Mone, Zeitschrift f. d. Gesch. d. Oberrh. B. I. S. 297,
298,299. B,il. 8.130. Bianco, 8. 222 ff. YonMone undBianco
werden aach die Eidesforilieln mitgetheilt, welche die Präbendiaten
811 kisten hatten.
62) Ehe die jongen Canonici aasgeweiht waren, erhielten sie
nur die Hälfte ihrer Pfründe, and, bezogen sie eine Universität, so
gah man ihnen gleichsam als ein Stipendium nar die fractus grossi,
d. h. die standigen Einkünfte der Pfründe, das so genannte corpus
preebendffi, und behielt die unständigen, wie die Präsenzgelder,
zurück, well sie in ihrer Ahwesenheit keinen Anspruch darauf
madien konnten. Mone,B»L 8. 268.
63) Der erste Papst, welcher Pfründen von Stiftern und
Klöstern zu Besoldungen öffentlicher Lehrer machte, war Ale-
xander in. (t 1181), und er war es auch, welcher einzelnen
Lehrern hoher Schulen gestattete, ihre Pfrtlnden gerade so in Üni-
Tersit&ts-Städten zu gemessen, als wenn sie gleich ihren Chorbrüdem
Residenz hielten. Was nun Alexander einzelnen Personen als
eme besondere Gnade bewilligt hatte, das schenkten seine Nach-
folger allen oder fast allen hohen Schulen, welche sie durch eine
AatorisatioaBbuUe bestätigten, als ein Privilegium, dessen sich Lehrer
ond' Lernende (Arne Ausnahme za erfreuen hatten. Büläus, T. II.,
p. 370, 371.
44 Einleitung. 4. Abschnitt.
förmlich zugestandenen Hechten gehört auch das, durch
von ihnen gewählte Abordnungen ein Yerzeiphniss von Candi-
daten, Lehrern und Schülern zu überreichen, welche der
Papst mit Pfründen und andern Beneficien versehen sollte.
Ein solches Verzeichniss von Gandidaten für geistliche
Präbenden (pro promotione personarum) hiess ßotulus ^*),
und wie im alten Born Kaiser und Feldherren die Namen
der sich im Kriege besonders Hervorthuenden aufzeichnen
liessen, damit sie vom Staate für ihre Dienste belohnt
würden, so sandten auch die Universitäten die Namen
derjenigen ihrer Mitglieder nach Rom, von welchen sie
glaubten, dass sie eine besondere Belohnung für ihre
Verdienste um die Wissenschaften und besonders um die
Kirche von Seiten des Papstes verdienten ^^), Nur der
Bector der Universität durfte in den ältesten Zeiten in
dem Botulus dem Papste nicht empfohlen werden, dieses
mussten die Abgeordneten mündlich thun, bevor sie zur
Eröffnung des Botulus schritten. Später, im 14. Jahr-
hundert, wurde auch der Name des Bectors in densel-
ben aufgenommen *^. Von der Pariser Universität wurde
er anfangs nur bei dem Begierungsantritte eines jeden
neuen Papstes übergeben, ba]d nachher alle zwei Jahre
64) SalmasiuB censet a Toce latina Butulus dictum esse
Rotulum. Est autem Botulus baculus rotundus, quo cumulus men-
surse demitur et exsequatur. Rotulus enim seu Charta convoluta
baculi speciem refert. Yeteres volumen appellarunt. Alii: Botulus
i. e. scheda, Charta in speciem rotulse seu rotse conToluta. Du
Gange s. v. Botul.
65) Quemadmodum olim Romse imperatores et duces eixercituum
eorum nomina; quorum strenuam operam experti fuerant in hello,
deferehant ad serarium in beneficiis, ut a repuhlica mercedem prse-
miumque consequerentur , ita et universitas magistrorum suorum
nomina deferri curabat ad pontificem, ut ah eo lahorihus suis de-
bitum prsemium ohtinerent, Uli prsesertim, qui se ecclesiastico minis-
terio addixerant. BuläuS; P. IV. p. 901.
66) Buläus, P. III., p. 235. AnnaL Umvers. Heidelb. T. I.
F. 38, a. b. '
ÄUg. wisaensehqfa. Zustände. Schulen und UmverHtdien. 45
und später in jedem Jahre «'). Jede Nation und jede
Facultät wählte aus ihrer Mitte zwei, drei oder vier Ordi-
natores Botuli. Diese mussten eidlich versichern, dass sie
das ihnen aufgetragene Geschäft, Candidaten zu geist-
lichen BenelScien vorzuschlagen,' gewissenhaft verrichten
und dass sie namentlich die altem Meister den jüngeren,
die wirklich lehrenden den nicht lehrenden, die gegenwär-
tigen den abwesenden vorziehen wollten. Jeder Meister
und Schüler konnte seine Bitte um vacante Beneficien
aussprechen, nur musste dieses in einem bestimmten
Termine geschehen und der zuerst eingeschriebene hatte
unter gleichen Verhältnissen den Vorzug.
Hatten die Ordinatoren ihre Botuli zu Stande ge-
bracht, so legten sie dieselben ihrer Nation oder Facultät
zur Bestätigung vor. Die gebilligten Rotuli wurden noch-
mals IQ einer allgemeinen Versammlung der ganzen Uni-
versität vorgelesen und mit dem Siegel derselben
versehen ^^. Darauf ernannte man Abgeordnete (nuncii).
67) Den XJrsprang des Botulus getzte Paschasius (Inqnisit.
Franc. III. 28) in die Zeiten des Papstes Benedict Xin (f 1424),
welcher zuerst der Pariser Universität das Kecht der Ernennung
zu kirchlichen Beneficien ertheilt habe, während dieselben vorher
von den Diöcesanen verliehen worden wären. Da nämlich dieser
Papst auf alle Weise den ihm streitig gemachten apostolischen
Stuhl zu behaupten gesucht und in den Magistern der Pariser
Universität seine heftigsten Gegner erkannt habe, sei von ihm kein
Mittel unversucht geblieben, um dieselben für sich zu gewinnen.
AUeiii der Botulus gehört einer altern Zeit an. Die Päpste unter-
Btatzten in früheren Jahrhunderten schon vielfältig die Gelehrten;
jedoch geschah dies noch nicht nach einer bestimmten und fest-
stehenden Ordnung, weil ihnen damals noch nicht das absolute
Becht zur Verleihung der kirchlichen Beneficien zustand. Papst
Bonifacius YIII. (f 1303) suchte sich zwar dasselbe zuzueignen,
fand aber noch zu starken Widerspruch. Erst dem Papste Jo-
hannes XXII. (t 1334) gelang es, das von jenem Angestrebte
durchzusetzen. Vgl. auch Bianco, S. 231.
68) Erat Rotulns nihil aliud, quam catalogus delectorum magis-
trorum Universitatis quotannis fere conscribi solitus mittique per
46 Einhilmg. 4. JJbsehn$tL
i¥elche diese Verzeichnisse dem Papste zu äl)^rreidien
hatten. Ausser den Candidaten-Venseiclinissen der Natio:-
jnen und Facultäten übergaben diese AbgeprdneteA d^
hohen Schule zu Faros iM>ch Articulos Botuli Universitati^
Parisiensis. In diesen wurde um die 6es.tätigttng und
Erweiterung alter oder um die Ertheilung neuer Privi-
legien (pro habendis gratiis) gebeten, und überhaupt
Alles, wie aus den von B.uläus n^tgetheiUep Rotuliea
erhellt, angeführt, worüber man eine päpstliche BestätiguBg
nöthig zu haben glaubte.
Auss^dem wurde, wie in Heidelbei^, ^on atlen Bang-
streitigkeiten yorzubeug^, auch die BAngardnusg der
einzelnen Facultäten und Lehrer bestin[imt, und, wie sie
im Botulus angenonmien war, so war sie auch bei öffent-
lichen Aufzügen, Processionen u. dgl. massgebend.
Die durch den Botulus verursachten Kosten wurden
in der Begel aus den Geldbeiträgen bestritten, zu wekhen
jeder verpflichtet war, welcher sich inrotulirM liess®^);
in Heidelberg wurden dieselben jedoch aus der üniver-
tätskasse bestritten.
§4.-
Hake Schtden 2U Saterno^ Bologna und Paris,
•
Sehr frühe schon und ungefähr zu gleichet Zeit
standen drei hohe Schulen in grossem Ansehen : Salemo
(1Ü75?) für Medicin, Bologna (1110?, privil.. 1158) '^ für
römisches Becht, wnd Parw (114Q, privil. 1305) für Theo-
logie und Philosophie. Die letzte hätte schon im 12. Jahr-
■ liM
noncios ad stunmam Pontificem pro beneficiomm ecclesiasticornm
imperatione juxta ordinem, quo conscripti faerant. Balftus,
T. IV., p. 901.
69) Bianco, S. 233. Eink, 8. 150.
70) Savigny, 151. Schon 1158 wurde derselben vom Kaiaer
Friedrich I. anabhängige Gerichtsbarkeit zugesichert K<Hrtam,
B. I. S. 566.
ÄUg, wisäenschafü. ZuMnde. SdmUen und üni/oersitätm. 47
buodert sehr berfituote Lehiw, die tbeib mit der DonschuM,
theite mit yerscliiedeiien Kl06tei«chiilea in Yerbindang
8l»ndeE ^ ^).
Diese hohen Schalen waren nidht nur die ättesten
und berühmtesten, sondern sie hab» auch zugleich den
^teeichra spätem als Muster gedient, und zwar in del*
Weise, dass Bologna gröseten Theils das Mvster war für
Italien, Spanien und Frankreich ^^, Fans aber ftlr Eng-
land und Deutschland ^').
In der YeTfassang dieser hohen Schulen findet sich
tber von den äkesten Zeiten an ein merkwürdiger Gegerib-
satz. In Bologna . herrschte das repuhücanische Element
bei den Wahl^ der Beamten und in der gestfttnteti
Gliederung des kleinen Gemeinwesens vor, wäSarend zu
Paris die körperschaftliche (aristokratische) Bichtung das
üebergewicht hatte. In Bologna nämlich erwählten die
Studirenden aus ihrer Mitte den Rector, den Senate den
Syndicus, den Bechnungsführer und die beiden Pedellen.
In Paris war die Gesammtheit der Lernenden in 4 M^tio*
nen eingetheilt, in die der Franzosen, mit dem Ehren-
titel Honoranda, die der Picarder, Fidelissima genannt,
der Normänner, die Veneranda, und [die der Engländer,
oder seit dem 15. Jahrhunderte die der Deutschen, die
tüonstantissiina , zu welcher man [auch die Schottländer,
71) Cr e vi er, Bist, de Püniv. de Paris P. I. p. 122. 183. 500.
72) Höchstens anf die Universitäten in Basel und Tübingen
htH Bologna einen Eindtrss geflbt. Ranke, deutsche Gesdi. im
2feitalter der Reformat. B. I. S. 240. Klüpfel, Gesch. d. Univ.
Tttbingen S. 2 ff. Tis eher, Gesch. d. Univ. Basel S. 94.
73) Merkwürdig ist es, dass fast alle übrigen Universitäten in
l<Vankreich vielmehr nach dem IMTnfiter von Bologna, als nach dem
von Paris eingerichtet worden sind; auch waren sie vorzugsweise
Bjdchtsschulen und führten selbst den Namen nniversitös des loix.
Pänquier recherches IX. 37. Auf ähnliche Weise heissen die
Studenten auf mehreren süddeutschen Universitäten in der gew&hn-
Hdien Sprache Juristen, auch wenn sie zu andern Facultäten ge-
hören. Savigny S. 142. Lampadius, Almanach der Univ.
Heidelb. a. d. J. 1813. S. 37.
48 Einleitung. 4. AbschniU,
Irländer, Dänen, Sdiweden zählte. Das Haupt einer jeden
dieser Nationen wurde Syndicus oder Gurator genannt ^*).
Alle Hoheitsrechte aber gingen nicht von diesen Nationen,
sondern von den Lehrern aus, unter welchen seit der
Mitte des 13. Jahrhunderts die zur Sorbonne durch Ro-
bert ^*) verbundenen Theologen das schon frfiher ge-
wonnene Ansehen auch genossenschaftlich behaupteten
und erweiterten. Eben deshalb bildeten sich hier die
besonderen Kreise (Facultäten) der Gesammtwissenschaft
und die verschiedenen Stufen der Lehrbefahigung (aca-
demische Grade) am frühzeitigsten aus und gingen schnell
auf die andern hohen Schulen über ^®). In der Mitte des
14. Jahrhunderts war die Universität Paris die berühm-
teste und besuchteste Hochschule. Die Deutsche, welche
nach Bologna, Padua und andern Universitäten Italiens
zogen, waren fast nur Juristen ''^.
74) Buläus, [T. I. p. 255. 298. Grässe, S. 919.
75) Die 1250 von Bobert (nach seinem Geburtsorte Sorbonne
in Ehetelois an der Gränze von Champagne genannt), dem Beicht-
vater oder Hofgeistlichen Ludwig's des Heiligen, gegründete
Sorbonne (domus Sorbonica) hatte ein eigenes CoUegium in der
»Mörder-Strasse« und war von so grosser Bedeutung, dass ihr Name
auf die ganze theologische Facult&t überging, welche bis zu Ende
des 18. Jahrhunderts Sorbonne hiess und einen grossen Einfloss
auf die nationale Gestaltung des Eatholicismus in Frankreich
hatte. Ursprünglich war die Anstalt für arme Magister gegründet,
welche Theologie studiren woUtea Duvernet, Gesch. d. Sor-
bonne. Aus dem Franz. übersetzt. Strassburg 1792. 2 Thle. (In
der franz. Bevolution erlosch ihr Name und ihre Fonds wurden
zersplittert.) — Die juristische FaQuItät hatte sehr lange Zeit keinen
bestimmten Platz für ihre Vorlesungen. Die Professoren lasen, wo
sie nur konnten, und sehr oft fand man, sagt Pasquier, in einem
und demselben Hause eine Schule der Rechtsgelehrsamkeit und
der Hurered. Ebend. S. 15. Notice sur la Sorbonne. Paoris 1818.
Buläus, T. m. p. 223.
76) Kortüm, S. 585. Savigny, S. 141.
77) Heinrich y. L an gen stein sagt in seiner »Epistolapacis«^
bei Buläus, T. lY. p. 576: »So ist die Welt eingetheilt, dass die
Weisheit bei den Galliern glänzt, Italien üeberfluss hat an Gold
und Deutschland reich ist an tapferen Kriegern.« Yergl. auch
Hartwig, Leben und Schriften Heinr. v. Langensteins S. 14.
Mg. wisgensclurftl. Zustände, SMiülen und Universitäten, 49
• § 5-
Höhe Schulen in Italien.
Nach dem Vorbilde der hoben Schule von Bologna
entstanden nun in Italien ^^ im 13. und 14. Jahrhundert
eine Beihe von gleichen Anstalten. Wir nennen folgende :
Piacenza, welches schon im 12. Jahrhunderte vor-
kommt und 1243 vom Papste Innocenz IV. bestätigt
wurde.
Moden a wird gleichfalls schon im 12. Jahrhundert
genannt, ist aber seit 1328 im Verfall. Keggio aus der-
selben Zeit, aber seit 1276 verschollen. Padua 1228
durch Auswanderung von Scholaren aus Bologna ent-
standen^^). Pisa ist schon im 12. Jahrhunderte durch
eine Eechtsschule und 1320 als eine Art von academischem
Gymnasium bekannt, allein wirkliche Universität wurde es
erst 1339 und durch eine 1344 vom Papste Clemens VL
erlassene Bulle als Studium generale anerkannt. Arezzo
hatte schon 1215 eine Eechtsschule, wurde aber erst 1356
durch Kaiser Carl IV. zum Studium generale erklärt.
Ferra ra wa.r ebenfalls frühe schon im Besitze einer ge-
lehrten Anstalt, wurde aber erst 1391 durch Papst Boni-
facius IX. zum Studium generale erhoben. Bom hatte
seit langer Zeit eine so genannte Schola Palatina, dann
Studium- Curiae geheissen. Diese Schule wurde von Papst
Innocenz IV. in eine Kechtsschule verwandelt, welche
aber durch Papst Leo X. aufgehoben und mit der städ-
tischen Lehranstalt verbunden, aber 1303 durch Boni-
facius Vin. als Studium generale erklärt wurde. Im
Jahre 1431 wurde es durch Papst Eugen IV. erneuert
und dauert jetzt noch fort imter dem Namen Studium
urbis, Archigymnasium Bomanum, Sapienza. Neapel
erhielt schon durch Friedrich 11. (1224) ein Studium
78) Ueber die in Italien gegründeten Universit&ten vrgl. Grass e
8. 954 ff. Savigny, S. 143 ff.
79) Schlosser, B. VIII., S. 242.
Hants, Geeeb. d. Univ. Heidelb. J. 4
50 Einleitung. 4. Absei^nitt.
generale und wurde die erste obrigkeitlich gestiftete
Universität ®®). . Perugia, seit 1276 als Rechtsschule
bestehend, wurde durch eine päpstliche ^ Bulle 1307 zum
Studium generale erhoben und 1355 dufch Kaiser Carl IV.
abermals bestätigt. . Pavia, bereits 1361 durch Kaiser
Carl IV. privilegirt, .wurde 1362 und 1370 so weit '^durch
Galeazzo Visconti gesichert, dass dieser seinen Unter-
thanen untersagte, an einem andern Orte, als dort, zu
Studiren. Siena, um 1320 zuerst durch eine Ueber-
siedelung von Bologna aus^ entstanden, wurde später durch
die Medici .vorzüglich begünstigt.
§ 6. •• ■ ^
Sohe Schulen in FranTcreich und in dm
. . Niederlanden.
' Von den hohen Schulen in Frankreichs^) sind
folgende zu nennen:
Bourges soll schon im Jahre 1204 bestanden haben,
•was jedoch nicht iBrwiesen ist. Toulouse wurde im
Jahi'e 1229 gegründet. Orleans scheint schon seit dem
"Jahre 1234 blühende Schulen gehabt zu haben; ob aber
vor der Mitte des 13. Jahrhunderts an eine Universität
daselbst gedacht werden kann, ist unentschieden. Mont-
pellier Ivurde angeblich im Jahr 1196 gegründet *^,
allein man weiss nur mit Bestimmtheit, dass dort seit
1221 die Arzndkunde geblüht hat. Avignon soll schon
in den Jahren 1303— 9 vom Papste Bonifa eins VIII.
oder Clemens V. errichtet worden sein. Rheims wurde
angeblich 1145 gestiftet^ und Anjou 1348 durch Lud-
wig von Sicilien el-richtet. Lyon blühte schon vor dem
Jahre 1300 und eben soGrenoble seit dem Jahre 1339.
80) Schreiber, Gesch. der Univ. Freiburg. B.T. 'S. 6.
81) Ueber die französischen Universitäten vergl Grass e,
S. 916 ff. Savigny, S. 313 ff.
82) Lucä, Europäischer H^licon, S. 23Q. 236.
AUg. wiasenachafU. Zmtfindif. Schulen md Universitäten, gl
In den JNEißd^rlaii^l^m blQ|lte^ ß^t dem 13. Jahr-
liundert die Kathedialac^uleA zu . Tournay, Lüttich,
MeciieliQ, so Yfiß die .im 14. , Jahrhunderte yon den
Brüden deS) gem^inscl^£tlichen Lpjbens, den Hierony:
mianern, errichteten Sdmleu zu Deventer, um 1384
von Gerhajfd Groote gekündet ®^), und zu Groningen ®^).
Im 15. Jafarhja^dert zog, sich eine Kette der von ihnen
Ifegritadeten BcuderhSuss^f vo^ Camforai in den Nieder-
knien durch ganz ^oi*d4eu|£;chland bis Culm in West-
preiißsen, von der Scheide bis^ zur Weichsel ®^).
Hohe Schulen tn Spanien und Portugal.
In Spanien ^^) soll eine hohe Schule in Sevilla
schon 990 und in Polei^tia 1200 bestanden haben. Die
letzte wurde nachher mit der Universität von Salamanca
vereinigt, deren Stiftung in das Jahr 1200 verlegt wird.
Lerida wurde 1300 un^ ValladoUd, 1346 gegründet
und Coimbra in Portugal 1279.
§8.
Hohe Schulen in England, Schweden^ Dänemark
und Pplen*
In Oxford finden wir seit dem Ende des 9. Jahr-
hunderts ein Organ dör höchsten wissenschaftlichen Bil-
dung nach dem jedesmaligen Maass und Bedürfniss der
Zeiten und mit dem Ende 4es 11. Jahrhunderts erhielt
diese scholastische Anstalt ohne allen Zweifel eine solche
83) Wachler, Gewjh. d^ Litewüb., B. II.. ß, 14. Kortüm
und Reichlin-Meldegg, Gesch. Europa's B. IL S. 25.
84) Grä;8 8e, S. 952 ff. UllmAun, {lefonnatoren vor der
Reformation, JB. II. S. 62 ff. E. loh hörn, Gesch. d.Litt.B.ILS.134 ff.
85) Baumer, Gesch. der Pädag., Th. I. S. 66 ff. Burck-
hard, De ling. lat. fatis, T. I., p. 181. 132. 133. Muuiling,
De Wesseli Gansfortü vita.
86) Ueber die spanischen und portugiesischea Universitäten
T^ Gras 8 6, S. 972 iL
4 ♦
52 Einleitung, 4, Jbsdinüt.
Entwickelung , sowohl hinfeicMkh • ihrer corporativen Or-
ganisation, als ihrer wissenschäfttichea Th&t^keit, däss
ihr in demselben Sinne, wie jener in Paris, der Name
einer Universität zukomint. Aber auch Cambridge,,
obgleich hier erst seit dem Anfange des 12. Jahrhunderts
eine scholastische Thätigkeit irgend einer Art nachzaweisteit
ist, trat jedenfalls seit dem Anfangt des 13. Jahrhunderts
neben ihre ältere Schwester In die Reihe der Universi-
täten. Ausserdem bestanden schon in den ältesten Zeiten
in England die Cathedral^ oder iipiscopal-Schulen *^).
In Schweden hatte der Bischof Jarl er zu Upsala
schon 1100 vier Collegien für Canonici gegründet und
der Propst Andreas 1306 eine f^reischule anlegen lassen.
Die Universität selbst wurde isrst voti dem Erzbischofe
Jacob 1477 unter Sten-Sture gestiftet ^^.
In Dänemark trieb und lernte man fleissig lateinisch
in den Kloster- und Stiftsschulen, studirte aber Vorzugs-
weise in Paris , wo die Dänen ein eigenes Cöll6ge hätten^
bis König Christian L 1478 die Universität ' Kopen-
hagen errichtete ®^.
In Polen hatte Casimir der Grosse, damit nicht
mehr so viele Polen ausser Landes gehen möchten, be-
reits 1347 oder 1364 den Ghmd zur Universität Cracau
gelegt, deren föimliche Oiiganisirung und päpstliche
Privilegirung aber erst 1400 etfolgte ^^. \
§ 9. ■"■
Hohe Schulen in BöhmerL
Die Böhmen hatten am 6. April 1348 in Prag ®^) durch
Kaiser Carl IV. eine hohe Schule erhalten, deren Privilegium
87) Ueber die hohen Schalen in England Tergl. Grägse, S.
911 ff., besonders aber Hub er, die engl. Univ., B. I. S. 57.
Ö8) Grasse, S. 973. '
89) Grässe, S. 976. * •
90) Ebendas. S. 977. Tomek, Gesch. d. Univ. Prag (S. 88)
gibt 1363 als Gründungsjahr an. ' '
91) Da die Böhmen mehr zur slavischen als deutschen Nation
Mg, wissenaehafU, Zustände. Schulen und Universitäten. 53
Yom Papste Clemens VI, aber schon 1347 bestätigt
worden ist**). Der Kaiser war in Paris am Hofe Phi-
lipp's VI. Ton seinem 7. Jahre an erzogen worden und
koch gebildet, wie ^r war**), wurde in ihm der Wunsch
rege, eine ihnlicbe Anstalt, wie die Universität zu Paris,
mek in seinem Erbkön|greiche Böhmen zu haben, und
\rie er seit seinem Begierungsantritte für die materiellen
Jufjeressen seiner Böhmen in Jjand- und Bergbau, Gewerben
und Handel sorgte un^ auf sein Land Alles übertrug,
was er im Auslande Merkwürdiges gesehen hatte, so gab
er auch Künsten und Wissenschaften in seiner Residenz
einen Haupt^ü^z; ■ . ^
Bei d^ Gründung deir Universität stand ihm zwar
die Pariser vor Augen ; doch ' suchte er ihr in wesent-
liehen Stücken eine bessere Einrichtung zu geben ^^).
Eingetheilt war die Universität Prag in 4 Nationen : die
Böhmische, die Bayerisdiie, die Polnische und die Säch-
sische. Die Mitgliedschaft in denselben hatten Magister
uiid Studenten i^ne Untersdlied^^).
I^ereclmet wutdtBn^ so kann die Universitftt in Prag auch nicht als
me deüißch», angesehen worden. Acta aoad. Theod.-Palat. T. I.,
p. S74.
92) Tomek, Gesch. d. Prager Univ., S. 3. 4.
93) Carl selbst sehreiBt Von sich: »Divina gratia non solum
hoheraicom, a^ galHcani, lombardicwn, teutonicum et latinnm ita
loqni, 8criiyer.e. et .^e^ere.acivii^us, ^t una lingua istamm sicut
altera et ad sciibendnm, legendum, intelligendum nobis erat facile.c
Oommentar. 4e vita Catoli IV, ab ipöo Cärolo conscriptus.- Auch
den Sitzungen der Gelehrten wohnte er oft bei und freute sich
flbef. die Gewandelt ini| Yßirtl^ldigeii und Bekämpfen zweifel-
hafter S&tze* Ja, als einst hungrige Hofjunker aa die Nähe der
Mittagstafel erinnerten, entgegnete der Kaiser: »Für mich ist
es noch nicht**Zeit. Diese Gespräche bilden mein
MahU Eortflm, B. ü. B. 9S&:
94) Eichhorn, B. JI, 9. .ljB2. Grösse. 8. 940 ff. Voigt,
Gesch. d. Univ. Prag. Freitag, conspect. antiqq. statutt. studii
generalis Prag.
95) Tomekf a 8.
54 Einkttung, 4. Abschnitt.
f »
§ 10.'. ,.
Mohe Schulen in I)^^/dqrni
Deutschland war läh^ei^e Zelt Tön' dem triissenßchafl^
liehen Einigungstriebe nn'bef'ühni' geblieben. Es Tregnügte
sich mit den herköhilrilicheti Kloster-, Dom-* tind Stifts-
schulen, oder sandte Lernbegierige naieh TYankreich oder
Italien. Als aber mabcäie der 'genannten Schulen und
r
mit ihnen die alte kii*chliche Wissenschaft immer mehr
in A^erfall geriethen, der geistige Mitteljiunkt des bisherigeti
Lebens, der Papst, sfeit deto'Anfaigfe des 14. JafirhundertÄt
seine gebietende Stellung verloren hatte nnd die' -Böstre^
bBngen der Zeit flfeerhäu^t jeder klOstferlicheä, litt' enge
Räume eingeschlossenen Wiiesenschaft feindselig wardn :> -^
da wurde das Bedürfnisa einer «elttstsländigeä utfd gesMr
derten Entwickelung imtnet iahlbar^r. Man woHte uUitik
mehr länger das Volkstbtlinlich iitdividuölle Leben i^ .tAiäietli
kirchlich universellen aufgehen lassen. Dieses ßedtürfmte
konnte aber nicht besSötibefriedigt •wenten,! als dur^h'die
Errichtung freier, wissenschaftlicher Anstalten, welche,
wenn auch aus der Kirche hervorgehend und auf dieselbe
gegiliiideit, bei kircUii^n.'Z^TWtUr&ies^ ibiTB. §elbstetäa^
•digkeit zu behaupten iiö Staäd^ ^ftreti. ■ Ja, das pftpÄtli^e
Schisma drängte von seihest darauf hin, in streitigen Fräf-
gen sich < an einen . unabMng^^a ,w;3seQ^cb£^tUc)ie^ Sitz
als €rerichtshof m w^den. PaHs^, cter'^iadte Skz .derikktdEi^
iichen Scholastik,' War Sh deft Hähdefi äefe' stShT^mÄtisaifeA
Papstes,, welche;;! .dije . fran^ösisf he,, ij^ol^tik , äfe '^erl^eui^
vorschob. ■ . <■ -l *- -j'» • ^-if'. .■•• :••'■•«•.■.>) •• ■■ r .f:"v«:-: - ..
. Man ; bedurfte' für D^äts^hlähd ^ige«fer''selbfetgtänÄger
Sitze für die WissehscnafteÄ'"ün(l 'Xns'taitöii, in WeltHfen
tüchtige Lehrer des ;v;olke;s „i^Qd ^prxJ^g^?^» 'Wch%p
Aerzte, Richter und andere Dl^er Sei^i Steate» htiialag^
triliiet weräeh ionto'eh'^^. - VoÄ' Akdkn 'Abäifekei , ' sB wie
96) Kortüm, B. I. S. 586. Häusser;' S? iS^'ff.'
r «
AUg. wissensehc^. Zmtinck. Sihulm und Universitäten. 55
von Eifer und Liebe fQr Wahrbeit imd Tugend, imrden
die Gründer der Hochschulen geleitet Zugleich \follten
sie aber auch ihren Städten einen ähnlichen Wohlstand
verschaflFen, wie sie ihn in Universitätsstädten erblühen
sahen ®^).
Wie allgemein aber dieses Bedürfniss, welchem
Carl IV. durch die Gründung der hohen Schule in Prag
einen lauten Ausdruck gegeben, gefühlt wurde, beweist
der zahlreiche Besuch der neu errichteten Anstalt und
das schnelle Entstehen so vieler hohen Schulen iia einem
Zeiträume von etwa hundert Jahren ^^.
Die ersten deutschen Universitäten winxlen in Wien
und Heidelberg gegründet. Mit ihnen beginnt die Wieder-
geburt der Wissenschaften in Deutschland ®^). Die Grün-
dung der Universität in Wien war das Werk der Brüder
Rudolph IV. und Albrecht IH., Herzoge zu Oester-
reich, Urenkel Rudolph 's von Habsburg. Die Stiftungs-
ürkunden wurden in den Jahren 1365 und 1384 erlassen.
In dieselbe Zeit, in welcher die Wiener Universität züi*
vollkommenen Ausführung gebracht worden ist (1384) ^^%
97) Als Belege unserer Behauptung führen wir ausser der
Stiftungsurkunde der fleidelb. Universität an die der Wiener von
Herzog Albrecht UI. (Kink, B. IL 8. 49. ff.), die der Freibiki«er
Universitl^t im Breisgau von Erzherzog Albert YI. von OesterreicU
(Schreiber, Urkundenbuch der Stadt Freiburg, B. 11. S. 447 ff.)
und die der Tübinger Universität von dem Grafen von Württemberg^
Eberhard im Barte (Klüpfel, S* 2. 3.)
98) Ausser in Wien iind in Heidelberg wurden Univenäilfätea
gegründet in: Cöln 1^88, Erfurt 1392, Würzburg 1403^ Leipzig
U09, Rostock 1419, Greifswalde 1456, Freiburg im Breisgau 1457,
Basel 1460, feer und Ingolstadt 1472, Mainz und Tübingen 1477.
Ifit Retfht sagt. deshiUb Jas.tus Lixrsi;iL8' (Loimn, III. 9) vo«
den iif, dan^'alifer Z^t in Peutschland jjfegründeten -Universitäten:
>lncredibile est, quam inde in Germania pullulavennt Scholse, et
illa regio, in qua Taciti etiam setate literarum secreta viri prätiie^
ac feminse ignorabant, pene plures nunc Academias habet, quftm
reliqna Eiüopa universa.« t •! . . r .
99) Erhard, B. L S. 166.
. ieO).KIftikvBi L:S. 6.y B. ILS. 1 «. i n -
56 EihUiUmg, 4, Jhidmitt
fällt die eigentliche Organisirang und Einweisung der
Umversität Heidelberg.
§ 11
Eintheüung der Angehörigen der hohen Schulen in
Nationen.
Zi^ den ältesten Einrichtungen der hohen Schulen
gehört die Eintheilung ihrer Mitglieder in gewisse Natio-
nen. Sie war die Grundlage der ursprünglichen Verfassung
UBd der ersten Vorrechte, welche die Universitäten er-
warben. Diese Nationen bildeten ohne Rücksicht auf die
Wissenschaften, welche sie lehrten oder lernten, privile-
girte Körperschaften, die ihre eigenenen von ihnen gewählten
Beamten. (Procuratores, Decajii, Consiliarii) hatten, sich
ihre Satzungen machten, besondere Versammlungsorter
U.S.W, hatten. So in Paris, Bologna, Padua, Wien, Prag.
Was die Universität Heidelberg betrifft, so ist zwar
in de^ Statuten die Bede von einer solchen Eintheilung
in Nationen, allein, da^s eine solche auch in das Leben
getreten, davon findet sich in den Acten nirgends eine
Andeutung. Wie gefahrlich aber auch eine solche Ein-
theilung werden konnte, bewies das durch den Natio-
nalismus herbeigeführte Beispiel in Prag. Mehrere Tau-
sende von deutschen Lehrern und Lernenden zogen 1409
von dort weg und veranlassten die Errichtung der Uni-
versität Leipzig. Es mag dieses Beispiel auch bei später
errichteten Universitäten, wie Ingolstadt, Tübingen, mit
dazu beigetragen haben , dass man keine Eintheilung nach
Nationen, sondern nur in Fäcultäten zuliess.*®*). Da
sich, vom 14. Jahrhundert an die Fäcultäten immer mehr
ausbildeten, so sank die Gewalt der Nationen fast ia
demselben Verhältnisse, in welchem das Ansehen der
Fäcultäten stieg *®^.
101) Meiners, B. I. S, 29. 43. 67. 71. B. IH. S. 79. Voigt
Seite 74. ff.
102) Keil, Geschieht des Jenaischen BtddemteilAbeiis, 8.7.
AUg. wisaenschafU. Zustände, Schulen und UniverstUUen. 57
§12.
Freifmt von bürfferUcken Abgaben. Gerichtsbarkeit.
Seepter. Gesetzgebung. Sicheres Geleite.
Universitätsboten.
Die Freiheit von bürgerlichen Abgaben und
■
Lasten, von Zöllen u. s. w. war auf den Universi-
täten des 12., 13. u. 14. Jahrhunderts weder allgemein
noch gleich gross. Auf einigen Universitäten genossen
nur die Studirenden, auf andern die Studirenden und ge-
wisse Lehrer, noch auf andern alle Studirenden und alle
Lehrer gleiche Vorrechte.
In Paris lag der Grund der Immunität der Lehrer
und Studirenden darin, dass sie als geistliche Personen
(clerici) betrachtet wurden *®^. In Bologna, wo man, wie
in Padua und auf andern Universitäten Italiens, die
Lehrer und Lernenden nicht als Geistliche betrachtete,
erhielten sie alle Rechte der Bürger ohne ihre Lasten.
Ein anderes Vorrecht der Universitäten war, den
gewöhnlichen Gerichten nicht unterworfen zu
sein, sondern ihre eigene Gerichtsbarkeit, die
disciplinarische nicht nur, sondern auch die civüe und
criminelle , zu haben. Dieses Recht wurde ihnen jeweüs
von weltlichen Fürsten, von dem Papste oder von Frei-
staaten feierlich ertheilt und machte ein wesentliches
Privilegium einer Universität aus ^^% Die eigene Gerichts-
barkeit, welche die Universitäten besassen und deren
4
Ausübung zunächst in den Händen des Rectors lag, wurde
auch durch em äusseres Zeichen kund gegeben. Dieses
war das Seepter, welches bei feierlichen Veranlassungen
der Rector als Zeichen seiner Würde vor sich her tragen
Hess. Es bestand bald in einem hölzernen, bald in einem
sübemen Stabe ^®*).
103) Buläu«, T. III. p. 2i3.
104) Tholuck, S. 36. ff. J67. ff.
105) Mein ers, B. IH.: &,. les.
58 Einleitung. 4. Abschnitt.
Mit dem Rechte der eigenen Gerichtsbarkeit hatten
die Universitäten auch die Befugniss, sich selbst ihre
Verordnungen und Gresetze jeu. geben, Sah ^lan e^ schon
im 12. und 13. Jahrhundert als natürlich an, dass zahl-
reiche Corporationen von Lehrern und Schülern sich selbst
richteten oder von ihres Gleichen gerichtet wurden, so
fand man es eben so natürlich, dass diese Corporationen
zur Erhaltung guter Ordnung durch die Mehrheit der
Stimmen gewisse Bestimmungen festsetzten, welche für
alle Mitglieder derselben bindend waren und deren Üeber-
tretung bestraft wurde ^®*^. Dieses Recht übten die hohen
Schulen, ohne dass es ihnen eipe höhere Behörde wirklich er-
theilt hafte, so lange, bis sie es entweder zu weit ausdehnten,
oder bis geistliche oder weltliche Machthaber glaubten, das-
selbe sei mit, der ihnen selbst zukommenden Gewalt nicht
vereinbar ^^'^).
Ein weiteres Vorrecht der hohen Schulen war das
des sicheren Geleites. Lehrer und Lernende konnten
nicht nur ruhig und ungestört in den" Universitätsstädten
wohneij, sondern auch nach solchen hin und zurückreisen,
ohne dass man ihre Personen und Sachen aufhalten oder
festhalten durfte; vielmehr waren alle Obrigkeiten bei
schwerer Strafe angewiesen, sie nach Kräften zu schützen
und ihnen wegen erlittener Üribillen eine schleunige und
volle Genugthuung zu verschaflFen. Dieses Privilegium
war aber um so wichtiger , als im zwölften und dem zu-
nächst folgenden Jahrhundert nicht nur die Wege im
Allgemeinen sehr unsicher w^ren, sondern auch die Statt-
halter und übrigen Obrigkeiten ^oift Mitglieder von Uni-
versitäten . verhafteten , und ihnen unter dem Vorwande
106) Papst Innocenz HI. sagt im Jabre i;3Q9 (ßu^aas, T.
III. p. 52): »Quotiens pro communi utilitate aliqua statunntur, per
qnae paci et tranqaillitati consultam ac publicae honestatis et honoris
procnratur angmentum, conveniens -edi kk decetis, ul; eadein ab
Omnibus irrefragabiUter observentni*.^ ' " . - •
107) Mein er s, B. IL S. 129/ B: IV.- S. lü. ' -
Ällg, foissemchafü, Ztufiänäe, Schulen und Universitäten, 59
des Vergeltungsrechtes ihre Habe wegnahmen, wenn deren
Landsleote ihren Unterthantti oder Mitbürgern recht-
mässige Sehnlden nicht bezahlt oder EigenthüTO vorent^
halten oder Beleidigungen «ugefflgt tmd keine Genugthüung
gegeben hatten ^***).
Ausserdem waren die hoheft S(ihulen berechtigt,
grosse und kleine privilegirte Boten (magni nuncii,
parvr nuncii) zu haben. Unter den ersten verstand man
angesehene Büi^ger, welche den Stiidirenden g^gen Pfand
oder Bürgschaft Gelder vorstreckten und deshalb auch
in Italien foeneratores Messen. Die kleinen Boten be-
sorgten den Briefwedisel und überhaupt den auswärtigen
Verkehr der Üniversitäts-Angehörigen und -genossen gleich
den Lehrern und Studirenden sicheres Geleit und Frei-
heit von Zöllen.
Sowohl die grossen als die kleinen Boten entstanden
beinahe mit den hohen Schulen selbst. In jenen Zeiten
gab es weder Posten noch einen sicheren Wechselhandel.
'Studirende konnten ihren Eltern Nachrichten und Eltern
ihr^ Söhnen Briefe, Gelder u. s. w. nur durch besondere
Boten schidcen. Vor dem Antritte ihres Amtes^ mussten
sie schwören , es treu zu erfüllen , daher wurden sie
auch nuncii jurati genannt ^^^.
§ 18. ' ,
Reetorat. Aeademsther Raih, Immairieülaiion.
Unter allen academischen Aemtern ist keines älter
^nd allgemeiner,* als das des an» frder Wahl herV(Hrge-
gangenen Rectors. Man bieK es nicht mir für dafs
erste, sondern auch für das Widitigste^^^®)-^ Auch die
* <■ < |i n ■ n f t »■
106) köiners; B. n. S. 33b. fr. •
' 109) Üopialljüc'h'd. tJniv. Heidelb. (JTr. ^. 358. 6Sl), Kauf-U
fichenkbriefc ^" p&pstlich'e Bullöri, Privilegien u.drgl. von G'rtlnÖün'g
;deif'UniVef8it&f1)i8 gegen *ßnde des 15^ Jährliunderts änthahend^
lr:''39. b. ^Miiniörs, B. IT. S. 353: '' '• ''
110) Tholuck, Acad.' Zibtfclde S.^l6. W. . : ' «J
60 EinUi^mg. 4. AbaOniU.
Benennung RectQr findet sich eben, so auf den ältesten
Universitäten ^^^), wie Magnificus ^^^), mit Ausnahme von
Oixford und Cambridge, wo die Männer, welche dieses
Amt bekleideten, Cs^er oder Yicecanzter biessen ^^^. Zu
dieser Würde wählte man, um den Glanz der Universität
zu erhöben, auch gerne Männer von hoher Abkunft als
Rector^s magnificentissimi ^^^). Ihnen wurden häufig (in
Heidelberg vom. Jahre 1558 ^n) Prorectoren aus der
Zahl der Professoren be^egeben oder sie wählten diese
111) Doch nannte der Stadtrath zu Wien in einer ürtcunde vom
Jahre 1865 denBector der Uniyersitftt auch »obereten SchuliüaisUr/«
Diplom. I. p, 48, wo es heiaat: »Der Durchleucht lifaister in den
sieb^ Chünsten Albrecht ze den Ziten obrister Schulmaister ze
Wienn.« — Die beiden vornehmsten obrigkeitlichen 'Personen in
den gröBsten italienischen Städten, der Podesta und Oapitaneo
(Prsafectiis et Prsasnl), wurden Kectores.oivitaliiß, Rqbtoti genannt, u.
die Vorsteher der Universität zu Paris behielten den Titel Bector
in allen Zeiten bei. Meiners, B. III. S. 89. ff.
112) Der Titel Magnificus (Magnificenz) wurde wahrschetnlidi
am frühesten in Italien gebraucht, wo die Bectores civitatis viri
magnifici gehannt wurden und dann in solchen Städten, wo man die
höchsten weltMchen Obrigkeiten mit Magnificenz beehrte. Dubouil-
lai (T. IV. p. 636) bemerkt es als etwas besonderes an, di^s der
Bector in Cöln Magnificus genannt werde. In Wien erhielt der
der Bector erst 1501 diese Benennung (Conspect. bist. Vienn. T. IL
p. 67). Kink (Th.I.S. 111) ftthrt Folgendes an: »Der Titel Magni-
ficus wurde im Mittelalter nur solchen gegeben, welche den Bang
eines Beidisfärsten hatten, wessbalb auch ganz folgerichtig der
Bector Albrecht »Durchleuchte heisst Man dachte sich in jener
Zeit den Bector wie den Grossmeister eines Bitterordens. So wie
Templer oder deutsche Herren mit dem Schwerte fUr Gott und Ghristenr
heit kämpften, so die hohe Schule mit geistigen W4fien.c
118) Wood, Eist. Univ. Oxon.
114) In Heidelberg wurde als solcher zuerst Adolph voii
Nassau (1443) gewählt, in Ingolstadt Graf von Oetingen
(1486) und als «bendort (1522) die Statuten erneuert wurden, stellte
man es der Universität frei , die Bectoren aus den Lehrern oder
erlauchten Stiidirenden zu wählen (Annall. Ingolst. T. I. p. 31. T.
IV. p. 187). In Wien war ein Fürst y^n Teacjien. (1503) uu^
in Mailand ein H»zog, Sforza,. Bector.
Jllg, unsaenschü^. Zustände, Schulen und Universitäten, 61
anch selbst. Den Prorectoren lag die Besorgong der laufenden
Geschäfte ob. Der Rector hatte den Yorsite in dem
Rath der Universität (Consilimn Senatus üniversi-
tatis) und in den allgemeinen Versammlungen der Univer-
£ätäts-Mitglieder. In dem ersten wurden alle Angelegen-
heiten der Universität berathen; in besonders wiehtigen
Fällen aber berief der Rector diei sämmtlicben lilitglieder
derselben und zwar nicht nur die angestellten ordent-
lichen Lehrer, sondern auch die Magister und Licentiaten.
Zu den amtlichen Functionen gehörte Ein-
schreiben in das Matrikelbuch (Matricula), gewöhnlich
intitulare, später immatriculare genannt und Beeidigen
der neu ankommenden Mitglieder der Universität, in so
fem sie das dazu erforderliche Alter hatten *"), das Hand-
haben der Gesetze, besonders aber kräftiges Vertheidigen
der Privilegien und gewissenhafte Ausführung der vom
Senate gefassten Beschlüsse. Ausserdem war er gewöhn-
lich der Historiograph der Universität*^^ und hatte
alle merkwürdigen Ereignisse, mochten sich diese auf die
inneren oder äusseren Verhältnisse der Universität be-
ziehen, aufzuzeichnen.
Bei feierlichen Aufzügen wurde ihm als Zeichen seiner
hohen Wtirde das Scepter vorgetragen.
Die Dauer des Rectorats an der Pariser
Universität war in den frühesten Zeiten auf 4^ hoch*
stens 6 Wochen beschränkt. Erst im Jahre 1276 würde
diese Amti^hrung auf 3 Monate festgesetzt und dieses
auch später beibehalten. Nur in sehr unruhigen und
gefahrvollen Zeiten bestätigte man Rectoren, wddie man
115) BuUus, T. ni. p. 576. V. p. 718.
116) Ruh köpf, Gesch. d. Schul- und ünterrichtswesens Th. I.
S. 187. Ertt in späterer Zieit; wie an der Universität Heidelberg
(1587), wurde ein eigener Historiograph ernannt und im 17. Jähr"-
hundert dieses Geschäft dem Syndicus der Universität gegen eine
besondere Vergütung übertragen.
62 Einleitmg. 4. Ahac^nitt.
tüchtig befundeu, einmal, wphl auch zweimal in ihrer
Würde, so dasa sie 6 oder .9 Moöate ihr Amt führten ^^'),
In :Padua uud auf den übrigen : hohen . Schulen
Italiena dauerte das Bectorat e^n Jahr» Kin späterer
Versuch, es auf 2 Jahre auszudehnen, verursachte manebe
Naditheije^ we^shalb man zu dem früheren Brauche
zurückkehrte. In Prag ,war die Dauer des Kectorats
erst ganzjährig, dann halbjährig; in Wien von 1377 — 1385
e^i^äihrig, von da bis 1629 halbjährig ujud darauf wieder
ganzjährig. Die deutschen und niederländischen Universi-
täten, Erfurt und Löwen ausgenommen, wo das Rectorat
von Anfang an auf ein ganzes Jahr übertragen wurde,
was in Heidelberg erst vom Jahre 1522 an geschah,
folgten dem Beispiele von Prag und Wien^^®).
Das Immatriculiren, für welches alle, mit Aust
nähme der Armen, eine Einschreibgebühr an den Bector
zu zahlen hatten, war an keinen Ausweis über frühere
Studien oder sonstige Bedingungen geknüpft. Namentlich
war nirgend ein Alter vorgeschrieben. Neben reifen
MänneiTi stehen so junge Leute, dass ihnen nicht ein
Eid, sondern nur ein Versprechen, die Gesetze zu
beobachten, abgenommen werden kann. Freilich gaben
iauch die Vorbereitungsanstalten zu den Universitätsstudien
nur eine mangelhafte humanistische Bildung und so wurde
denn Jahrhunderte hindurch an Universitäten und zwar
in der Artisten - Facultät das gelehrt, was jetzt grossen
Theils in oberen Classen der Gymnasien und Lyceen ge-
lehrt wird, und diese hatte selbst ihren Namen daher,
weil ihre Professoren die Septem artes liberales lehrten.
Die Pflidit ab^, sich immatriculiren zu lassen, und zwar
schon wenige Tage nach der Ankunft in der Universitäts-
stadt, hatten nicht nur die Studenten und Professoren
117) BuUus,.T. IV. p. 394. T. VI. p. 802. 807. 981. Cuvier,
T. II. p. 454.
118) Tomek, S. 9. Kink, S. 110. Meiners, B. IIL S.
132. 146.
;ll'
er
ret
if'
Mg. wissensehaftl. 2iuMnäe, Schulen mnd UniverHtäien. 63
(letztere unentgeltlidi) , sondern auch tdle Universit&tj&-
AngehSrigea wie Buchhändler u« A»^^^. Ausserdem aher
Hessen sieb viete einschreiben, welche nichts weniger als
Stüäir^iide waren, nur um die Freiheiten von Studirenden
zu genisss^n ^^). An eine bestimmte Zeit, wie jetzt^ war
das Immatriculiren nidit gebundw, es fand, wie wenige
stens die Heidelberger Matrikdbflcher ausweisen, das
ganze Jahr bindtrch statt.
§ 14.
Sj/ndicus. Secretär, Quästor, Pedellen. Cursores.
Servitoreß. Famuli.
Als weitere Beamten an Universitäten sind Sjndici,
Se er etär e und Qnästoren anzuführen. Der Gesohicfats^
Schreiber der Pariser Untviersität Bnläns erklärt diese
für die nolhwendigsten unter allen Beamten nach den
Rectoren ^").
Die Pedellen, im Lateinischen des MittdMU;erS
Bedelli, Bidelli, Pedelli, Bndelli^^^ genannt, entstanden
119) Auf den italienischen TTniversltäten hatten jedoch die
BeutBchen nicht nöthig, gicb bei dem Bector einsohreiben zu laBsen.
%k thaten dieses nur b^i den BlUhen oder Procuratoren ihrer
1: Nation.
120) Solche »Studentes non studentes« verübten häufig unter
dem Schutze der academischen Privilegien vielerlei Ünfüg. Diesem
SQChte man durch besondere Verordnungen zu steuern. Bianco>
S, sa 90.
121) Buläus sagt nämlich (T. III. p. 582): »Es ist kein CoUe-
giam, das nicht Rechtshände] oder andere Angelegenheiten zu
besorgen hätte, keines, das nicht gewisse Einkünfte genösse i
iT^' keines, das nicht zu gewissen Zeiten zusammen käme, Berath-
|{;. Bchlagungen hielte, Beschlüsse fasste und diese Berathschlagungen
und Beschlüsse aufrecht jzu halten wünschte. Für die erste Gattung
Toa Geschäften ist ein Syndicus nöthig, für die zweite ein Quästor,
fOr die dritte ein Secretär.c
122) Ueber die Abstammung des Wortes Bedellus vonBidault^
Pitault, Petau, womit man im Alt<Französischen einen Söldner oder
Krieger zu Fuss bezeichnet, ist man nicht im Reinen. Dass Bedellus
und Pedellus verschiedenen Ursprung haben, wird von Adelung
64: Einleiitmg, 4. Abschnitt.
wahrscheinlich mit den Nationen auf den Uniyersitäten,
oder es haben die Nationen gleich nach ihrer BHdang
Pedellen angenommen. Eben so wahrscheinlich ist es,
dass jede Nation von Anfang an einen Ober* und einen
Unter -Pedellen hatte. Bald wurde ihre Zahl vermehrt
Die Universität Paris hatte schon im Jahre 1312 4* Ober^
pedellen (Bedelli magni) und 4 Unterpedellen (BedeDi
parvi) ^*'). Sie richteten die Befehle der Rectoren, Procura-
toren, Decane der Facultäten aus; gingen bei feierlichen Auf-
zügen und Deputationen, das üniversitätsscepter tragend,
voran, waren zum Schutze der Ordnung bei den öffent-
lichen academischen Handlungen gegenwärtig.
Eine Besoldung scheint den Pedellen nicht: ausge-
worfen gewesen zu sein. Für ihre Dienstleistui^en be-
zogen sie durch Statuten oder den Brauch festgesetzte
Sportein, wie bei Promotionen, Vorladungen u. s. w»
Die einzelnen Facultäten hatten in den ältesten Zeiten
in der Begel keine besondem Pedellen, sondern die Uni-
versitäts-Pedellen besorgten zugleich auch die Geschäfte der
Facultäteil *^*). Uebrigens standen die Pedellen früherer
Zeiten eine bedeutende Stufe höher, als die der neueren
Zeit Sie erscheinen oft als Männer von Bildung und
Bedeutung und wurden nicht selten mit mündlichen Auf-
trägen von Wichtigkeit an hohe Personen betraut. Sie
mussten daher an einzelnen Universitäten, wie in GöJn,
magistri Artium sein. Oft waren sie zugleich die Notare
der Universität und verrichteten überhaupt die Functionen
eines heutigen Universitäts-Secretärs "*). An der Univer-
in seinem grossen Wörterbuche unter dem Worte Peden gezeigt.
Vergl. Du Gange in den Wörtern Peda, Pedale, Pedarius, Pedatnm,
Pedatura. Unter dem Worte Bedellus weist derselbe auf Speimann
u. A. hin, welche es •von dem Sächsischen Worte Bidele ableiten,
das einen Ausrufer bedeute und noch als Büttel im Gebranch sei.
In Deutschland schreibt man seit Jahrhunderten Pedellefr.
123) Buläus, T. rV. p. 164.
124) Meiners, B. in. S. 164—198.
125) Bianco, S. 156.
ÄUg. wissenschafil. Zustände, Schulen und Universitäten, 65
sität Heidelberg gehörte es zu ihren Functionen , zu den
ÜDiYersitäts-Essen bei Promotionen einzuladen; an diesem
Essen nahm sie aber dann auch selbst Theil ^'^.
Ausser den Pedellen hatten die UniTersitäten ab^
auch noch andere Diener, welche Cursores, Servitores und
Famuli Messen. Dieses waren oft Stud^ten und promo*
virten zuweilen. Auch die einzelnen Magister hatten Servi-
tores und Famuli, sobald sie solche unterhalten konnten,
und mussten diese bei sich haben, wenn sie ausgingen ^'^).
§15.
Camler. Viceeander. Pfdzgnrfen* Comervatoren.
Subeanservatoren,
Die angesehensten Vorgesetzten der hohen Schulen
waren die Canzler. Schon vor Entstehung der Univer-
sitäten waren es die Canzler von Erzbischöfen, Bischöfen
und Aebten, welche nach vorhergegangenen Prüfungen die
Lehrer an den Dom- und Klosterschulen anstellten, wess-
halb sie auch oft Magistri scholarum genannt wurden. lin
Mittelalter, wo die Universitäten kirchliche Anstalten und
bestimmt waren, die Lehre der Kirche zu begründen und
gegen Ketzer zu vertheidigen , setzten ihnen auch die
Päpste in den Autorisationsbullen Canzler vor. Die Würde
derselben umfasste die Erhaltung aller ursprünglichen
und später erlangten Eechte der Universität, die Bestäti-
gung (auctoritate apostolica) der zu ertheilenden acade-
mischen Grade, wenn die Facultäten die wissenschaft-
liche Befähigung der zu Graduirenden ausgesprochen hatten ,
die peinliche Gerichtsbarkeit und die Oberaufsicht über
r
den Fleiss und die sittliche Aufführung sowohl der Lehrer,
als auch der Schüler. Vom 16. Jahrhundert an nahmen
die Kaiser als Reservatrecht das Becht der CanzlerwUrde
126) AnnaU. Univ. IJr. 858, 51, c. F. 7, 6.
127) Koseg^rten, Th. I. 8, 107. Kink, JB. I. S. 50, H.
o. 86. - ii u
Haute, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 5
66 JEinleiiung. 4. Abschnitt
in Anifi5)ruch ^^% ausserdem auch selbstregi^rende Fürsten.
Zu Ganzlem wurden entweder die so genannten Ordinarii,
d. h. die Bischöfe oder Erzbischöfe, in deren Sprengein
die Universitätsstädte lagen, oder ihre Canzler, oder
andere hohe Beamte von Domstiftem, seltner die Vor-
steher von Collegiat-Stiftern ernannt.
Es war deshalb auch etwas ausserordentliches, dass
der Papst den Facul täten in Ingolstadt die YoUniacht
ertheilte, ohne Zuziehung des Ganzlets die apademischen
Grade zu ertheilen ^^^).
Das Recht, sich einen Canzler zu wählen, hatte keine
deutsche Univßrsität, wohl aber die^ hoben Schulen :Qxford,
Cambridge und Lunden^^*^). Als dje Universität Paris,
wo nur der Canzler des Bischofs von Paris und der des
Klosters der h. G e n o v e f a das Recht hatten, academische
Grade zu verleihen, im Jahre 1281. ein solches Recht sich
anmasste, wurde es sogleich vom Papste vernichtqt^^ ^3.
Nicht immer aber hatten die Canzler Zeit und Lust,
die mit dieser Würde verbundenen Geschäfte selbst zu
besorgen. Es war daher schon in den ältesten Zeiten
nichts Ungewöhnliches, dass Canzler, sogar wenn sie ihren
Sitz in den Universitätsstädten hatten, Pro- oder Vice-
canzler ernannten und zwar häufig in der. Person des
Rectors oder eines angesehenen Professors aus einer der
Facultäten, am häufigsten aus der juristischen und theo-
logischen ^'^. !
Doch hatte auch scho^ Friedrich II. (1250) aus
kaiserlicher Machtvollkommenheit angefangen, Doctoren zu
128) So eignete sich Kurfürst Johann Georg die Ganzler-
würde an der Universität Frankfurt a. 3. 0:1590 an, welche früher
^r Bischof von L^buff hatte. Be'el^man-^, Notitia IMv. Francofi
129) Annall. Ingoist. T. IV. p. 17. 113.
130) Döbeln, Acad. Lund. hist. p. 2.
131) Hameraei Üb. deAcjad. F^ii^.^.p, ,79..
.. 132) In jParJs war der bischöfliche f)flmzler) in »patern Zeiten so-
gar verbunden, einen Procanzler zu ernennen, ß u 1 ä u s , T. III. p. 380«
Äüg, wiaaeMcfu^. Zu8tände. Sehulm und üniverHtäten, Q^
ernennen and dessen Nachfolger übertrugen, nach dem
Beispiele der Päpste, erlauditen oder sonst au^ezeichne-
tan Hftmiem unter dem Titel Pfalzgrafen (C!omites
Palatini) das gleiche Recht ^*''). So verlieh Kaiser Fried-
rich IIL (1452) PfalzgrafentiteL WeQ diese aber um
Geld zu haben waren, so wui'de diese Ehre dadurdi entwür-
digt ^**). Mit Recht erhoben sich deshalb die Universi-
täten häufig gegen solche Promotionen mit allen Kräften.
Da sie aber weder den Pfiedzgrafen ihre Privilegien, noch
den von denselben Promovirt« ihren Rang streitig machen
konnten, so' suchten sie deren Ansehen in den Augen des
Publikums dadurch zu schwächen, dass ste die von den
Pfalzgrafen Grehrten bebriefte Doctoren (doctores buQati)
nannten ^^% so wie man im 14. Jahrhunderte in England
die Doctoren aus deü Orden der' Bettelmönche, die
sich auf etwas nachsichtigen Universitäten des Festlandes
promoviren liessen, wächserne Doctoren (Doctores cereati)
hiess.
Nach der Kirchen - Reformation übten häufig die
protestantischen Fürsten und Freistaaten bischöfliche Rechte
und unter diesen auch die der Canzler aus. Andere Fürsten
liessen in den kaiserlichen Gnadenbriefen sich selbst und
ihre Nachkommen zu Canzlem ernennen, oder sich wenig-
stens die Vollmacht schenken, Canzler und Procanzler
133) Ueber die Pfalzgrafenwürde vergl. Georg Schubart,
De Comitibus Palatinis Csesareis. Jen. 1678. Itter, de grad. acad.
p. 168—170. 287. 512—516. Zöpfl, Gesch. der deutsch. Rechts-
queUen. B. tl. Abth. 11. S. 206 ff. ....
134} Voigt, CJasa. AltertiöUfS* 37|8.
135J Diese Doctoren hatten ^ftr^ens nicht dieselben Vorrichte,
wie die von Universitäten ' creirt^. Sie '^ürft^ii «. B. in kein
Metropolftan-Capitel gewählt wenkin. In eihtff Bllle des Papstes
Sixtus rV.v.J. 1474'Äeii<8te8: iXJbi re^nfrrtur quälitas doctoralis,
non sufficit, si :qui8 p#r buUam vel a tdiUite it^aWtino creatas sit
doctor, sed ut dignitfts ilW aCadötoica hl üäifeirsitate collata fuerit,
necesse est. Bianco, S. 86. . .. ./i .: ,
5*
68 EifM^n§. 4. Ah9cknin.
setzen zu dürfen ^^^.* In T<übingen ging das CauzeUariat
an den Rector und Senat tAer "'').
An der Universität Heidelberg übte der Dompropst
in Worms Yon der Begründung der Universität (1386) an
bis zum Ende des 18» Jahrhunderts das Recht .des C9S\Zr
lers, die academisehen Grade zu verleiben, entweder selbst
od«r durch Yicecanzler aus.
Weder so alt noch so allgemein, als die Caozler,
waren die Conservatoren der dm Universitäten verb-
liebenen Privilegien und Rechte ^^^). Itfanobe, $eU)9t ältere
Universitäten hatten keine eigentliehen Cosservätoren; andere
erhielten sie erst kürzere oder längere Zeit nach ihrer
Gründung. Doch wurden von den Päpsten Gonservatoren
für die von ihnen den Universitäten zugestandenen Rechte
früher ernannt, als dieses von den Fürsten für die von
ihnen ausgegangene Rechte geschah. Die Universität Paris
erhielt erst ISJSS und 1337 auf ihre dringende Bitte den
Prevot von Paris zu einem zeitigen und 1340 zu einem
beständigen Conservator ihrer königlichen Privilegien **^).
Nach dem Gnadenbriefe des Königs Philipp August
(1200) war. der Prevot von Paris weiter nichts , als ein
königlicher Beamte, welcher bei dem Antritte seines Amtes
schwören musste, dass er selbst die Immunität der hoh^
Schule nicht verletzen, picht aber, dass er die Privilegien
derselben schützen wolle, eine Anordnung, welche der
bei der Universität Heidelberg in Beziehung auf den Fauth
(Oberamtnaann der Stadt) getroflFenen gleich war.
136) Meiners, B. n. S. 164. 309. 320. B. I. S. 375.
137) Klüpfel, S. 54.
138) Auf deu älteren tTniv^rsflföten waren die Conservatoren
Yon den Canzleca. verschieden; auf den. neueren dagegen war nicht
gelten die CanzlecwQrde mit der des Erhalters deir Rechte in ein
und (derselben Ifersoß vereinigt In jdem Statut, Tubing. p. 26
hdßst es: »CauceUarii^, .qjMft loco iUustnasimi principis schollt
adesty ne Scholaa priyil^egia vei ^^r Corise mandata, Tel qualicunqoe
alia ratione labefactien^ur ajut dig^inuantuT} piospicito.c
139) Bulftus, T. IV. p. 256. 264. ., .
ÄUg. wüsenschafß, Zmtänds. SöhuUn und Univemtäten, 69
Anfän^di mtrden die Gonservatoren toh den Päpsten
nur aaf einige Jahre und fttr bestimmte Privilegien ernannt.
Die U^ertragting dieser Wunde auf Lebenszeit trat , wie
die der Ganzlerwürde, erst später ein, wo die Erhaltung
der von den Päpsten den tTniversitäten verliehenen Rechte
entweder £r26isehföfen und Bisdiöfen oder andern vor*
nehmen Gheistlichen übertragen wurde. Parier allein ertangte
das Vorrefdit, die Gonservatoren der päpstlichen Privi-
legien selbst eitoennen zu- dürfen ^^^) , einer deutscbett
Hodischule, wenn sie aöcb, wie die Heidelberger nach der
zu Paris eingerid&tet war, gestand der päpstliche Hof
(jKeses nie zu.
Einzelne Unitersität;eai hatten 'a»ch Snb-Gonser-
vatoren, welche, wie die Vicecanzler von den Canzlem,
von den Gonservatoren ernannt wurden.
§ 16.
JHchterkrönunsf.
Zu den Rechten der Pfalzgrafen, welche Notarien
ernennen, Vormünder und Guratoren anstellen und absetzen,
Infamirte ehrlich machen, uneheliche Kinder legitimiren
durften, gehörte auch die Dichterkrönung mit einem
Lorbeerkranze. Die Sitte war in Italien aufgekommen,
allein ihre Anfänge sind dunkel, und zu einem festen Ritual
ist dieselbe nie gelangt Das. Recht dieser Krönung wurde von
GarllV. (1354) m Anspruch genommen, da Friedrich I.
Barbarossa (| 1190) schon den Epiker Günter gekrönt
hatte und jenes meist als Sache der alten Römischen Kaiser
angesebenr wurde ^* ^) , und von F r i e d r i c h HI. , welcher
«•4-
140) Bu>Ua8, T. in. p. 1— S. 199. 580. 581. 37a
141) Pertrarca Wttr4«r am 8. AptU 1341 unt«r dem Zujaudisen
äes ganKiBn Volkiis* auf dem Capitolium in Bxnh von diem römiecben
SenfttorOrs^, Gmfbn vottf Ahgainiära, gekrönt'. In seinem Diplome
heisst^B unter Analerem: »t^»l^ta» egt«gioft in mot^m triumphatiftiam
aooe|^imii8[ in Capiitoll^ ^soronnapi^ HB^ue adeo et itt desuetudinem
nobis abijt illa soleuüu»; ut jan a/18D0 annis nallnm ibi legamus
tau kamore decoratum.« B u r Jf bar d^t, R«äfris8aa<^ S. 20a. Y c^i g t ,
Class. Alterth. S. 378. Heeren, Gesch. d. Philolog. B. I. S. 264.
70 Einleitung. ^ ÄbaefmiU.
schon im Jahre 1442 das Diplom fttr Aeneas Sylvias
ausgestellt hatte ^**), wurde Conrad Celtes ProtuciuÄ
(Meissel) von »dem Kaiser selbst am 18. AprU 1478 auf
dem Schlosse zu Nürnberg als Poäta (Dcdsareus laureatus
gekrönt ^*^ und als der erste Deutsche nütider Dichtar-
krönung gefeiert ^**), Im Jahte 1501 vrurde der nur in
lateinischer Sprache dichtende Celtes^^^) von Fried-
rioh's lU. Sohn, dem Kaiser Maximilian L, bei
welchem er in so hoher Gunst stand, wie bei Friedrich»
als Bibliothekar und Professor der Beredsamkeit nach
Wien berufen und zugleich zum Vorstande des von dem
Kaiser zur Förderung der classischen Studien gegrflndetM
Gollegiums poStarum^^^) für sidi und seine NaiAdGolg^r
142) 6a den, Sylloge varior. diplom. p. 679.
«
143) Friedrich der Weise Ton Sachsen war Geltes' hoher
Gönner oder, wie Geltes sagt: Musarom snarum et studiomm
maximus amieus. Friedrich der Weise hatte ihn dem Kaiser
empfohlen. Heeren, B. II. S. 16^.
144) Geltes schrieb damals von sich selbst:
»Primas ego titalam gessi nomenqne Poet»,
'Gaesareis manibus laurea nexa mihi.«
Weiter aber fögt er bei:
»Si me non pietas, yirtas, doctrina coronant, .. .
Ecqaid proderit haec nexä corona inihi?«
lieber Geltes als Dichter yergl. W. Menzel, deutsche Dich-
tung von der ältesten bis auf die neueste Zeit, B. II. S. 267 ff.
145) Dem Ulrich von J^ut^en setzte am .12. Juli 1517
Maximilian.!, zu Augsburg den Lorbeerkranz auf , obgleich
Hütten damals noch nicht in deüts6her Sprache gedichtet hatte.
Sein erstea deutsches Gedieht ehiohiien 1520. Der erMe^ Deutsciie,
welcher wegen seiner deutschen Gedichte gekrönt -wurde^y war
Opitz. Er erhielt diese Auszeichnung 1625 iträhreBd. Mines Auf-
enthalts ia Wi0n von Ferdinand IL uad wurde zugleich mit dem
Namen Ton Boberfeld geadelt. Ueb^r Ulrich von Hatten
vergl Gervinus, Ges^h. d. po^t. National-Liter. «L DfBfutsoheni'
Tk II. S. 431 ff» und über Opitz ebend. :Tk HL p. 199 & .
146) Dem Zwecke nach hatte 'd!« von IkTateriins PiB*t^ris
1502 in Erfurt gegründete »Po^tensiohnletc eirie gewiHse Aehntichkeft^
mit diesem CoUegivm. Kamp'schulte, ^düe ÜAiv: Srfurt, Tli. L
S. 50..' .. .'' ■ 'm'I'. .1 y --•'.:. f • 'M .- . X .i{)" ! . .: »
JJlg. wisaensehafU, ZmUinde. SMwUn und Universitäten, 71
mit der Yollmaeht «mannt. Dichtern den Lorbeer zusuer-
kennen **').
Damit, oder vfebnehr mit Geltes begann nun die
lange Reihe der gekrönten Dichter (Poätae ladreati), welche
seitdem selten m^r Ton einem Kaiser, aber desto dftor
m seinem Namen von einem Pfalzgrafen gekrtet wurden.
Die Sache wurde Mode, so dass bald kein Professor der
alten Spradien, der Beredsamkeit und schOnen Wissen-
schaften mehr existiren konnte, wenn er nicht auch gekrdnter
Po@t war. Zu dieser Ehre aber konnte er um so leichter
kommen, als a«f die im 15; Jahrhunderte und später
eatstandenen Uiiiversttäten , welchen Kaiserliche Privile-
gien ertheilt wurd^^ ^^^b die pfalzgr&flicben Re<^ über-
gingen und namentlich auch die Dichterkröoung. Wenn
diarselben in den Privilegien mancher Universitäten nicht
gedacht ist, wie z. B. der Wittenberger, so scheint jene
Befugniss doch in der völligen Gleichstellung dieser
Universität mit firtheren, und namentlich der Leipziger,
mitbegriffen. Dagegen wurden in dem Privilegium der
Universität Halle vom 19. October 1693 vom Kaiser
Leopold dem jeweiligen Prorector oder dessen Stellver-
treter ausdrücklich das Recht Dichter zu krönen zuge-
standen.
Mit dieser Kaiserlichen poetischen Lorbeerkrone,
welche der Gekrönte zu jeder Zeit, an jedem Orte, selbst
147) In dem Kaiserlidien Stiftung^iefe heisst es: »CoUegiiiiD
po^twum pro bonore nostra . et dignitate augenda Viennensis Uni*^
Tersitatis praesenti privilq^ decoraimis, ut qnicunqa« in aostr»
üiiiTeiBitaie in Pogtiea vel Oistoria staduerit Laureamque eoneuH
piverit, ia in eoUegie pol&tairum diligeä<»r examinatos^ « idoAeus
ad M munoB. percipiendiuBL faafaitas et inventus foerit, per honora«
bflem et fiddem hoIms düecUun' Conr; Geltem, pJBr genitorem
BOBtram Vxid^tticxim. JIL ditae meaioriae primanl inter
&&rm aiKis Lt« icreat am p o 6 1 amiet modo in Univ; noBtoa fK>dti<ieB
«e (kateriafi' leieren: ordfaiariam ad deinde per sueeeBBores ejus;
qui pro tempore deUegio praefaenat, lausea ooisoiiari possi^.«.
S«r]ivarlt,.0e8£li^ d..£r2. £. n. S. .242. .
72 EinUitunff. 4. AbdchniH.
in Gegenwart Kaiserlicher Majestät sieh aufsetze durfte,
war nicht allein Ehre verbunden, sondern auch die Befiig-
nis6, im ganzen römisch-deutschen Beiche aller Orten und
auf allen gelehrten Anstalten als Lehrer der poetisohea
Kunst aufzutreten, und er wurde dadurch aller Beobte acade^
mischer Lehrer theilhaftig ^^^. Dass aber der Lorbeerkranz
auch einen academischen Grad verliehen habe; wird^ mit
Hecht berweifelt, da den P£ed^afen ausser der. Dichtet-
krönung zugleich das Recht, accadeioäsche Grade zu ertbeUm
zugestanden wurde. \ .
Um gekrönt zu . werden .,; macliteD tide Professoren^'
welche son^t hiemfds daran'gedacht babea würden, Verse wie^
ein Scholpensum, und es trat eine Periode gelehrter Schuir
poesie ein, weiche zunächst' im Diei^t^ der-FHiBten rstond..
So kam>^ ajuch, dass die laAeinisKhieOv (aH- Gmtulallmieä^
zu Hochzeiten, Amtsbefördeimagen^.fan Condolenzen b^
Trauerfällen uqd dergl.- mehr reichen- Dichtungen der
Humanisüen. nicht nur an Zahl, sondern. audk aft Geitimg
und liuhm deu in deutscher Spradie Dichtenden übär*-
legen waren ^*®). ' v
148) In dem oben genannten Privilegium füf die Universität
Halle heisst es: »Prorectori seu Rectoratus munefe functufo IndaT-
gemus, ut possit et valeat personas iijoneas, et in poStica iä'cufltlito
e^ccellentes per: Laureae impoeitionem et annuli traditionem PoStas
laureatos facere^ creare et ingignirc, qui quidem Poetae laureatl
per eundem sie creati et insigniti possint et valeant in omnibas
civitatibus, Gommnnitatibus , Universitatibns , coUegtis et studiis»
quorumcunque locorum et terrarum S. Romani Imperii et ubicanqae
Ubere absque omni impedimento ^^ontnidielföne^ in' praöfatss «rtis
po^ticae sdentia legere ^ repetere, sicrib«ye> dispatalre^ inlnvpee^lari
eti eomm^tftri ac caeteros poetioo» .aetoo.faoere et exeqcove, neo
noa Omnibus et singuMs ontamenüB^ pmilegiis eta^ atiy.qoibod
«fteteri poetae lanmati, i&bivis locorum. et Oymnattoräm promoii
gaudent, fmuntiir et utuntur censfoetudme. toI de jiii«^ Aiatk ist
Petxarca's Diplom heisst es: »piunc) magntttti.Po6lam et»Histo-
ricum declaramos, pnedaro Magisterii nomine tiuBigmmas, daatet
eidem tam in dicta arte, pofttiea>qaamin dicta arte' kiätorica,. tarn' in
bao sanctissima urbe, quam alibtcunque looorum legiaidij dispulanü
atqae interpcetandi vetenim seriptura« petteilatem^«« ■ •
149) Was Rudolph Ag.ritola >(HaiifimanB)> 147a od» Cm*
ÄUg. mssenackaftl Zustände. SohuHeH und Universitäten, 73
Seit der Uebertra^ng des B^clltes der Diobterkrönnng.
aa die Universitäten uad an Prlyatpersooea , welche die
Pfalzgrafenwürde Erhalten hatten, verlor aber dkse Kröaimg
immer mehr an ihrem Ehrenhaften, väl sie käuflich wurde.
Doch Milben die Krönangen von Seiten der Universitäten
knmer noch in grosserem Ansehen, als die von PÜEtlzguafea
Yorgenommeneh) besonders seit dem die Pfalzgrafenwürde
selbst häuflieh geworden war. Es erhoben sich daher auch
schon im 16., noch mehr aber im 17. Jahrhundert Mäliner,
wie L ip s iu s ff 1606) in seiner »ßatisra Mesipi^ea«, C onr i n g,
Morhof tt. A» dagl;gen, was zur Folgehitle, diäss naeh
dieser Auszeichnung weniger mehr gestrebt wurde, da sie
aufgehört hatte, eine Ehreiu sein, und auch bei verän-
derten y ethälttiissen die ur$prü!nglich damit verbundenen
Vortheile nicht mehr bot^^*^). Später wurde im Codex
judiciarius Bavaricus vom Jahre 1752 (Cap. II. § 7.) den
Pfalzgrafen verboten, Poetas laureatöe zu creiren, doch
das Verbot nicht überall beobachtet. In der Pfalz ernannte
sandter M a x i m 11 i a n*8 1. in Italien lebend und far das lateinische Ge-
dicht schwärmend, an Rudolph Lange schrieb, blieb die Parote 4er deut-
schen 3umaiins|ben : »Futuram taoi dootam Gh^nnaniam, ut aon ktinius
Sit Latium.« Vergl. W.Menuel, S. 264. ff. Derselbe hat auch eben-
dort die lateinischen Dichtungen der Humanisten von Celtes an bis
zum Anfange des 17. Jahrhunderts — unter ihnen die Heidelberger:
Mieyllua, IiOti-&hias IL, Melissu» ■>— als wesentlich zur
deutschen Poesie geh9rigy ausführlich aiiigegeben.
150) Hartmann Keinhold, Reim dich oder ich fress dich,
oder ScheUen- und Scheltenswürdige Thorheit Böotischer Poäten in*
Deutsehlaad; Hanswui^en m sonderbfikhr^ii Nutz und Ehren 1673.
Bernhard (Curiease Historien dßc Gelehrten. Frankf. a« M. 1718)
sagt: »Die Gronen gehören «oüsfc tor MajeistftteKi', Aber in der
republiea literaria gibt les auch geeröo^ Hiu^ter. Diese GiKMiea
w^en den . Jagera clee Pamassi gerochen und sind zuweilem Irr-
wische,, die uns zu einem abgeschmaekt^n Kerl führenf; da wir einen
sonderbaren Helden gesucht,« Moder schreibt (toü des Kaisem
Begiemagsrechten .1772^ B. IL S. 475) : »B««ti9e& Tages l^i^rt man
je zuweilen noch etwas Ton gecröntei^ Pcj^ten» ^im duveh G^mites
P«laAiiioa<dazu gewaqht worden, \0ik imaiddiaten Po^lien*Orönangen
9ker.d.üri^ die 6«QMisoaikzlei sehoa lange achleohtef Eitütttnlte
gemacht haben*^: : .
74 Einleitung, 4, Ahsehnitt,
man in den Jahren 1745 und 1762 Pfalzgrafen mit
diesem und allen anderen ihnen zustehenden Rechten, was
unten ausführlich berichtet werden wird. Die letzten in
Deutschland gekrönten Dichter sind: der Freiherr von
ScKönaich, auf Veranlassung Gottsched'» im Jahre
1752 von der Universität Leipzig, und Carl von Rein-
hard, der Herausgeber von Bürger 's Gedichten, von
dem damaligen Büi^ermeister zu Minden als Pfalzgraf
gekrönt ^^1). -
Mit dem Untergange des römisch^deutschen Reiches
hörten die Pfai^rafenwttrde und die Dichterkrönxmg auf.
§.17.
Facultäten. DeeotM. Academische Grade, Magütri^
Dodores actu regmies.
Die Universitäten bestanden in der Regel aus 4 Facul-
täten *^^. Man theilte nämlich alle höheren Kenntnisse
in Wissenschaften (scientiae) und Künste (artes) ein. Zu
jenen rechnete. man die Theologie, das kirchliche und
bürgerliche Recht und die Medicin. Die Zahl der Künste,
die man auch der Auszeichnung wegen die freien Künste
(artes liberales) ^*^ nannte, wurde allgemein auf sieben
bestimmt, aber in der Angabe der einzelnen sind die
Schriftsteller und das Herkommen verschieden. In den
ältesten Zeiten gehörten zu denselben: Grammatik, Rheto-
151) Räumer, Gesch. d. Päditg. Th. IV. S. 15. Ersch and
Grub er Encyclop. d. Wias* unter »DichterkröHung«.
152) Das Wort Facultas bezeichnete im Mittelalter zuerst eine
einzdne Wissenschaft und nachher das CoUegium derer, welche zu
einer einzelnen Wissenschaft gehörten. Heu mann, praefat p; XiV.
ad Ck)nring. antiq. Academ. p. 157. Buläus, T. III. p. 557:
»"Facultatis nomen sequivocum est: nam 1) accipitur pro discipHna
seu' arte, 2) pro co^egio^ corpore, drdfae politico Mftgistrorum
in UnWersitate suffragantium.« • ^
•• 158) In Leipzig nannte mftn die ärti;s liberales: Dftmobniä
opsoniumy dtamonuin dbus, Aegypti« olke, ^rdlentSB AegyptioT8iii
dapes. Prsef. in panegyr. Lips. theol. sermonem, 1514. - i.
AUg. wisseiMchafÜ. ZusiAnä^. 8eMUn umd Universitäten. 75
rik, Musik (diese betrachtete maD als die geringeren und
nannte sie das Trivium), Dialectik, Arithmetik, Geometrie,
Astronomie (diese sab man als die höheren an und hiess
sie Quadrivium). Später umrden auf den meisten Univer-
sitäten folgende Disciplinen zu denselben gerechnet : Gram-
matik, Rhetorik, Dialectik, Mathematik, Physik, Meta-^
physik und Moral. Alles, vas nicht in den Kreis dieser
Wissenschaften und Künste passte, war hinge Zeit von
den Universitätsstudien so gut als ausgeschlossen. Bei der
Ei&theilung in Facultäten nahm jede dor drei Fachwissen-
schaften eine eigene Facultät ein; und so bildeten diel
üieologen, Juristen und Medidner die oberen Facultäten
(Facultates superiores), weil zu ihren Studien die Studen-
ten erst dann gelangten, wenn sie in der Artisten-Facul-
tat Uebung in der lateinischen Sprache und allgemeine
wissenschaftliche Kenntnisse empfangen hatten ; die sieben
freien K&nste aber wurden in die vierte Facultät zusammen-
gefasst, welche man Anfangs Facultas Artium nannte,
bis im 16. Jahrhunderte der Name philosophische Facid-
tät (ordo philosophicus oder philosophorum) aufkam "*}.
Wie der ganzen Universität ' ein Rector vorstand,
welcher in Verbindung , mit dem academischen Senate die
Angelegenheiten derselben leitete, so hatte auch jede
Facultät einen Decan an der Spitze, welchem ein Facultäts-
Rath, auch Senat genannt, (Consilium Facultatis) zur Seite
stand. Zu diesem gehörten in den ältesten Zeiten alle
Mitglieder der Facultät.
Obliegenheiten des Decanes waren, das Facultäts -Siegel
im Verwahr zu haben, die Beschlüsse der Facultät und
alle auf sie sich beziehenden merkwürdigen Ereignisse
aufzuzeichnen (Acta Facultatis conscribere), den Rath zu
berufen und die Berathungsgegenstände ihm vorzulegen,
die Zeugnisse (testimonia publica) auszustell.^ und die
164) BTh-aptfi R I. S. 167. 168. Räumer, 8. 20 ff. Ko»e^
garten, Th.»!: 8. 82. / . .
76 Einieitmff. i. M^^iU,
Vorträge d^ Lebrer tmd Sitten imd Fleiss ider Studenten
zu übei;;wachen.
Der Bath dagegen hatte die fintscheidiing über alle
wichtigeren FacuUäts-Angelegenheiten , insbesondre ab^
die Prüfangen von solchen, welche :sich uin aicädemifidie
Grade^ Baccalaureat u. s« w. bewarben, durch zudiesem Zwedce
aus Facultäts-Mitgliedeim gewählte Examinatoren vor^
nehmen zu lassen , die Studir^den ' zum - Genüsse von
Stipendien vorzuschlagen n. dergl; . '•
Die Männer, welche die Entstehung der höhea Sebuteti
in Salerno, Bologna, Paris u. a^ veranlasst haben^ naimten:
sich^ wie die bisherigen Lehrei? in den Eloister- und Sttftö*
schulen, Lehrer (doctores) oder Meister (magistri).
• Auf den ältesten deutsdben Universitäten &8ste mam
nicht selten unter dem Titel Mieistejr die Leteer Itltett
Wissenschaften zusammen ^^% Später War dias' Bjewerbeur
um diese Grade ^^^) von Seiten der Studirenden so aH^mei»^
dass niemals oder selten ein solcher, die Universität ver-
Mess, ohne wenigstens das Ba^calaureat erhalten zu haben- *^^);j
155) Den Titel Meister hielt man für eben so ehrenvoll oder
für noch ehrenvoller, als den eines Doctors. Wenigstfens machtf
der Verfasser eines dialogi Hierarcbise cselestis den Naäkfolgerii
eines Petrus Lomb&rdns, eines Xho.mas r. Aquino, einei^
Gratian u. A. Vorwürfe darüber, dass sie den bescheidenen Tite|
Doctor verlassen und den pomphaften Titel Meister angehoinmeri
hätten. Ein Boctor könne fremde Kenntnisse vortragen ; ^in Meigte'T'
hingegen mache sich anheischig, etwas z\i lehren, was er selb^
wisse und was ihm gleichsam zugehöre. Buläus T. II. p. 6^2.
156) lieber die Entstehung der gelehrten Grade und über. den.
Ursprung dg* Sitte, dass diese von den Facultäten verliehen werden,
T6fgl Conring, De antiqq. acad. dissertaticsDes p; 110 sqq. p^
136 gqq.
157) Kink (B. I. S. 42) leitet das Wort Baccalaureus, welches
auch Bacularius,Baccalarius,Bacellarius, Bachilarius geschrieben wurde,
ton bacnlus ab. Hatte nämlich'ein Siudirender die Prüfung als Bacoa^
laureus bestanden, so durfte er in Begleitung seiner Freunde und
unter Yoraustragung des Scepters (Stabes) der Facultät (sceptrum,
vlrga, bacttlos) diejenigen^. die er: wollte^ natnentUßhsedftdExaviina^
toren, zu einem Festmahle einladen. Gisner (opUati p« 663);
AUg. wissenschc^. Zustände, Sdwlm und Universitäten, 77
Dieses war der erste academische Grad, welcher bekundete,
dass der damit Ausgezeiehnete sich so viel Eenntiiissie
erworben hatte, dass er, wie jetzt ein mit einem Maturitäts-
zeugnisse ausgestatteter Jttngling, zu einem bestimmten
Fachstudium übergeben konnte.
Der zweite Grad war das Licentiat ^^^) und der
dritte die Magistratur und das Doctorai Die GraduiTten
selbst zeichneten sich auf den meisten Universitäten yor
den gewöhnlichen Studenten durch besondere Kleidung
aus. Dieses war der sogenannte Tabardus, ein Talar, mit
vielen Falten verscheA "•).
Die Magister und Doctoren, welche pflichtmässig
öflPentliche Vorlesungen hielten ^*®) und, wie wir jetzt sagen
würden, als ordentliche Professoren angestellt waren,
Messen zum Unterschiede von denjenigen, welche dieses
nicht thaten, Magistri, doctores regentes oder actu regentes,
auch lectores ; die andern wurden als magistri sive doctores
non regentes bezeichnet **^).
»Baccalanrei a bacca lanrea, qua coronari solebant, sunt dicti.«
Itter p. 14. 1.6: »Baccalaureus est persona habens dignitatem
bajulaudi ba,calmi^ proznavibilis in magistnim.c.
158) Lic£ntiati dicuntur, quemadmodum olim apud Homanos
rüde (Rnthe, Fechterstab) dönati, quibus concessa est ab episcopo
Tel canceUario, cojus est dare, libertas seu missio ab onere dtspa-
tandi, schölas magis^rorum actusfiie sokmoes frequ6ntaBdi itemque
licentia docendi sei; extrfiordinarie legendi ; ac proinde non differunt
a magistris nisi sola susceptione paludamenti magistralis. Buläus,
T. V. p. 681. Nach Anderen besteht die' Licentiatinf »in der Macht,
Magister und I>octor sm werden.« Wundlv Beitr. z. ^esdi. d. Heidelb.
Univ. S. 119.
159) Tomek, S. 37.
160) Auf der Prager Universität durfte Jeder, der einen Grad
hatte, frei lehren; jüngeren Doceint^n w4r nicht bloe gestattet, die,
Hefte der bekannten Lehrer von Prag, Paris und Oxford vorzutragen
sondern einer gewissen Glasse derselben, den Baccalaureen , war
dieses sogar vorgeBcchriieben: S^cbjlossQT, WeUgeseh. B. IX.
S. 139. 140. -V •.
161) Per acta regeatem inteWgimiM eum^ qni flegit qpal-bet. :Ue
legibili in scholis, in habita et hor^ debita, nUi legitimav Jiabeiat
impedimentum. B u 1 ä u s , T. III. p. 420.
78 Einleitung, 4, Äbsehnitt,
In den frühesten Zeiten war der Titel Magister in
allen Facultäten üblich. Später galt in den drei oberen
Facttltäten die Doctorwürde als die höchste. Die Artisten-
Facultat ernannte keine Doctoren, sondern Magister. Doch
in der Folge pflegten alle diejenigen, welche die Doctor*
würde in einer der obem Facnltäten besassen, sich auch
Doctoren der Philosophie zu nennen ^^').
§ 18:
Vorlesungen, Ferien. Collegiengelder, .Exercitien.
Dispniaiionen.
Vor der Erfindung der Buchdruckerkunst waren die
wenigsten Studirenden in dem Besitze der Bücher, über
welche gelesen wurde (pronunciabatur). Die Lehrer (pro-
nunciatores) waren daher genöthigt, den Text zu dictiren
(ad pennam dare), und dieses veranlasste dann auch oft
das Dictiren der Auslegungen und Anmerkungen, indem
die gehörten Texte, Glossen und Commentarien für viele
Studirende den ganzen Schatz ihrer Kenntnisse enthielten
und ihren ganzen Büchervorrath ausmachten. Dadurch
mussten die sogenannten Curse, d. h. die Zeiten, welche
man auf das Lehren und Lernen einer Hauptwissenschaft
verwandte, viel länger werden, als dieses nach der Erfin-
dung der Buchdruckerkunst der Fall war. Der Curs der
iKünste war in Paris ursprünglich 6 jährig, dann 5 jährig.
Im 15. Jahrhundert kürzte inan ihn auf 3 ^/s Jahr ah und
1600 führte man einen 2jährigen Curs ein. Der Curs
der Arzneikunde enthielt nicht weniger als sieben, der des
geistlichen Bechts fünf und der der GottesgelahrtheÄt
' 162) Itter, p. 117. MagisterG titttlo non modoqui in Artibnd^
yerom et qui in Theologia desudaront, antiquitus condecorabantur';
donee stüdiosi in Theolögi», Jurispnidenti» et Medidnse Faculta-
Übüs pecüllares sibi gradifs arrogantes, ut ab Artistis discriminaren-
tur, Doctoris titulnm adscivere. '
ÄUg, wiasemehafth Zuaiände. Seh/uien und Universitäten, 79
sechs Jahre ^^% Die Zeit, in welohar die einzeteen Vor-
lesungen beginnen oder aufhören sollten, war auf den
ältesten Universitäten nicht bestimmt Die Meister
konnten lesen, was sie wollten, nach Belieben ihre Vorie*
sangen anfangen und endigen, abkürzen oder verUlngem '^^).
Diese ungebundene Freiheit fahrte manche Missstände herbei.
Um sie zu heben, wurde der sogenannte »Ordinarius
Magnus« eingeführt. Durch ihn wurden nicht nur die
einzelnen Vorlesungen bestimmt, sondern auch angeordnet,
wann diese begonnen und geschlossen werden sollten ^^^).
Die Ferien fielen zwischen das Ende und den
Anfang des Ordinarius magnus und theilten das Studien-
jahr in zwei Theile. Sie waren kurz und in den frühesten
Zeiten nicht fest bestimmt, wenigstens finden sich darüber
keine Nachweisungen vor ^^*). Dagegen war die Zahl der
Tage , . an welchen nicht gelesen werden durfte (dies non
legibiles), um so grösser. Zu ihnen gehörten ausser den
Sonn- ufid Festtagen die Tage vieler Heiligen.
Der Inhalt der Vorlesungen war sehr beschränkt.
Die ersten Männer, welche das Entstehen hoher Schulen
veranlassten, gaben insgesammt Grundtexte und ^läuterten
dfege nur an schwierigen Stellen durch kurze Anmerkungen
und Glpssen : so die Theologen die Bibel ^ ®^) , die
163) B u 1 ä u 8 , T. V. p. 858. 862. 863.
164) Meiners, B. III. S. 225. Voigt, S. 42. ,
165) Tempus prsestitutum, intra quod libroram ordinarie legen-
dorum interpretationem absolvcre debebant , ipsaque lectionam par*
titio Ordinarius magnus Toeabatur. Wundt, Dr. brdi philos.
P. I. p. 21. Liber Ordinarius hiess auch das Buch, welches
der Lehr«* flAr die bevorstehcfnde Stndienüeit zu erklären Übernahm.
166) Klttpfel, S. 9. '
167) Die Statuten der theologischen Ficultftt in Wien r. J.
1389 nennen 2 Lehrgegenstände, die Bibel' und 'die 4 Bücher Senten-
tianim des Lombärdus, welche al^ di^- <irs1?e dogknatische Anto!-
rit&t galten. Die Bacdalaureen, welche über die Bibel iasen, hiessen
Baccalaurei biblici oder Cursores ^~- »legendo ciirsns suös iseu Bibliam.«
Sie aolltea. gründlieh den Text ausiegea nnd- beachte ndwerthe
Glossen erklären, so wie dieses in den curflorifcheii PasisGr Vöski-
80 Mnleifung, 4, JJbadmiU,
Jarist«n dias'canoiiföehe und bürgerliehe Becht ^^®), die
Pandeeten scheinen 2u jenen Zeiten kaum bekannt gewesen
zu sein ^^*), die Mediciner den Avicenna, Hippocrates
und Galenus, die Artisten die Bttoher des Aristo*
teles, Porphyr und Priseian.
Bei einem solchen Vorlesen und Erläutern von Grund-
texten schritt man nicht so rasch vorwärts, oder man
konnte nicht eine solche Uebersicht geben, als der grösste
Theil der Lernenden wünschte. Zur Erreichung beider
Zwecke schrieben deshalb berühmte Lehrer schon im
zwölften und noch mehr in den folgenden Jahrhunderten
Grundrisse oder sogenannte Summae, in welchen die Haupt-
stellen oder Hauptstücke der Grundtexte nach einer
gewissen Ordnung der Materien zusammengefasst waren.
Solche Summae waren die Sententiae des Petrus
sungen geschehe. Wer -srani Cursor promovirt selii wollte, mug€te
6 Jahre Theologie studirt haben un^ wenn nicht Magister in Artibus,
doch geübt im Opponiren und Antworten sein. Hatte der Cursor
den biblischen Cursus beendet, so promovirte er zum Sententiarius
und las nun 1 oder 2 Jahre über ^en Lombardulr. Wat er in
seinen Vorlesungen bis an das 3. Buch gekonmien^ bq giall er Giv
einen Baccalaureus formatus. Hatte er das 4. Buch zu Ende g^bracbi;,
so mUsste er noch 3 Jahre auf der tJniversität sich im Disputiren
und Predigen üben, auch Disputationen beiwohnen, bis er sich um
den Grad eines Licentiaten oder Magisters bewerben konnte. Hatte
der Sententiarius das Examen zur Licenz bestanden, so setzte ihm am
Tage nach der Disputation der Kanzler in der Aula des Birretum
auch als Zeichen der Magisterwürde auf.
1681) Nach den Statuten der jurifitischen Facultat in Wien von
J. 1389 sollen die Doctoren des Ciyiheiohts mit denen des caqonv-
sehen Rechts eine Facnltät foüden. Ein Student , we)ph^r 2. Jahi^
Civil-, 2 Jahre canonisches Recht gehört hat, kann zum ßaccalaureus
promovirt werden« Wßr sich um die Licenz bewirbt, muss 7 Jahre
.st^dirt haben und vQrl^er ßaccakureus gewesen sein. Der Baccar
lauxeus muss sich im Ex^jnen und .durch Disputation auagewifisQn
haben, eben so der Lice^t^at, bei d^s^en Examen der E^ans^ler oder
ein Vertreter desselben z,ugegen sein soll
16d) ili>s»hiirt,> De stod« jttr. cir. et c&non. in Gennaniaß
Univ. (PragiaßL) p. a n
Allg, Wissenschaft,. JSmt^^i^, ßcktOm^.fmd Unn>ersitäten. $1
LdiQl>ardu's(NQtoi67)j tlasiQecr.«!^ ^ Gratian ^^^,.die
Summa A^oEia, :die..Biegida: Saldimltana,. die Sumrn^
Thaddaei, die Summa Petri Hisp.ani u. A. ^^^). Eine
völlige AetderuBg trat (ei&,M i^ftcMem im 14. Jahrhundert
das LumpeurP^apier als Material des SchreibeuB wd ihi
15. Jahrhundert die Siu;hdruckei:kunfit erfunden waren.
Eine allgemeine Anzeige der Vorlesungen
wurde nicht veröffeptjticht ; wohl. aber, erschienen von den
eiDzdnen Professoren ausführliche. Programme, in welchen
sie öfter mit Kedseligkeit ihre Vorlesungen anpriesen. Die
altern gedruckten Verzeichnisse der Vorlesuf^en sind das
Wittenberger (1507) und das ..Tübinger (1525)^72^. ^
älteste Heidelberger ist VQP 1778, ,
So lange die Land^h^iTQn: oder höchsten Gewalten
den ordentlichen LehreprU/.hQhdr Schulen keine stehenden
und hinlänglichen Oebalte aussetzten, erhielten dieDoctoren
und Meister* keine andern ßelohpu^gen ihrer Arbeit, al^
die Honorarien, GollegieAgelder ihrer Zuhörer,
in Italien CoUectae, bisweilen auch Salaria, in Frankreich
und Deutschland Pastus^ Pas^u», .GoUectae, Minervalia
genannt lin Wien^'*) und PfÄg, war. es ausdrücklich
y^boten, aip^e, als arme Zahömr^ aipeintgeltlich zu den
• r
17Q) , In .Parier > wa?eu 4i9 Yqr|es|ai^f;eB jftber das bttrgerliche
(Romischß| Recht verboten und nur die über das canonische Recht
(Decretäfen, Eirchengesistzel erlaubt. Dieses brachte ein Mönch zvl
Bologna, €frätiin (11613,' in eine bestittmite Form. Er setzte es
a«s Torgeblich«n Gänpiiefi, CtWf)iU?nbesQhl1|s8en, päpstlichen Deere-:
talen, dem Theodosianiscbeji, Codex, dei^ Justinianischen Rechts-
büchem zusammen. Die folgenden Päpste liessen noch Manches
darin abändern und hinzuthnii ,' so ' dass ' es imiaer Veränderte Ge-
stalten und erweiterte Formen gewann., .Dttvernieit', '<B. I.. S< laC
Ueber den Ursprung und die Veränd^rui^gen; der christlichen
Eirchenrechte und Verfassungen vergl. Mosheim's Eirchenr. von
Günther. Leipzig 1800.
11 171) Meiners« hohe Schal. 3. III. a278E Dässen Mittel-
alter B. n. S. 516 ff. B. III. S. 1 ff. .' '
. 172) Thpjiu/ßk, Axiad. Zustände S. 96. 161.
173) NuUus Magistrorum legale. ogsaiisj Sit .«ine ^caUecta lusi
panperibus. Dipl. IJ.. ft. JWl .. ..^ . ..v .-Lv .< . i . •
Hantz, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 6
g3 ' Eiiüeitmp. 4. ^M$chnin,
VorlesuDgen ztizfalasseki: i\ir' nicbt-ar^ ^hiilt'iniDi aber
in Prag alle diejemigen'; ^el^he lalehr kls zwölf Dttcalen ^'^
zu verzehren hatten. ' : • < ^ '
Eine genaiie! Angabe ' ^b^r den Betrag der Umi^t^ieA
aaf den ältestien Uäivermtäten läi^t sich, da dieser gesetzt
lieh nicht bestimmt war,' aufch nicbt angeben. iJur so
viel sbhedni siGhe]ß,-'dass^ die Öonot^arien in* Bologna und
Padua, besonder^ ' dtejenlgetf, welche die Rechtslebref
forderten, viel höher wttren, als die in Paris, Wien, Prag.
Es kommen deshalb auch z. B. in Bologna Fälle vot,
das^ berühmte Be^hislehrer meistens gegen das Ende Ihres
Lebens !ziir Einsiclit kamen, ihren Zühörerlx ein zu jgrosses
Honorar abgenommen zrr tial)en: Sie ^irbaten sich darum
theils von dem päpstlichön Stiihte Absolntioti, theils ver-
cmlneten sie in ihrem letSJten WiHeh, daßs man das von
ihnen ausgeübte unrecht vergüten,« odet* wenn man* die,
wfelche zu viel gezahlt, nieht iaüfefiWig mödifen könne, aus
den unrechtmässig erw^beä^ Greldem ihSde Stiftungen
machen solle. ' '
In DeutsChlatld fing man zuerst an^, die Preise fftr
die Vorlesungen', nameiiftlicli die pMlosophis'chett, zu regeln^
In Prag mussten för Vorlesungen, weldie 1 Monat dauerten,
1 Groschen, für solche von 9 Monaten 8 Groschen ent-
richtet werden. In Wien waren die Lectionen iln Durch-
schnitt etwas theurer, vorausgesetzt^ dass die Groschen
in ihrem jWertbe.gleicb wäre«.. ..Wenn.via» in Prag 2^:3,
5; 8 Großcben bezahlte, so musstö man in WiefiS, 4, €<
9 Groschen entrichten; " Besoüdei^fe wären diä Exercitia *''*)
genannten pisputirübungeUj v^lehe 4ie L^livierj.mijt
ihren Schülero Gelten, > in Wien und anderwärts zwei-s'
drei-, ja viei-niar so; theuer; ^alS die Vorlesungen ^^*). Diö
i.< I
lt4) Auf ^neä I>äcsten bd^ iSoliiguldeii gingen 20 Gjdoschen.
Voigt, S. 98. 99. .: . •
175) Man sagte 'exemtium aliqücöddispiitare unl exercitium
ooram suppositi« suif eaeereans, •-• >
176) Meiners, S.225. 230. 265. -SfiT. 968i
AUg, wissenselurfü, 2hi9fänd^. Shhulm^md Ufnvenitäten, gg
YorlesuBgen über die Ethik kosteten mir 12 Qroscheo,
die Uebungen dagegen dS,^^^).
MitdeBDisputirübuugen sindnicht zu verwechsln
die bei allen Facultaten eingeführten öffentlichenDispu-
tationen. Diese gelehrten Turniere oder Bitterspiele,
wurden von den Lehrern der Universität, indem die Stu*
deuten nur als Zuhörer beiwohnten, gehalten, und waren
für dialektische Heldenthatev das rechte ^eld, Wits und
Scharfsinn zu üben. Zugleich wünschte man aber doch auch»
dass die linguistische Virtuosität dabei Parade hielte.
Gewöhnlich wurden sie in lateinischer Sprache gehalten;,
doch kamen auch griechische nicht selt^ vor und zuweilen
sogar hebräische *'*).
Als die wichtigste und bedeutendste galt die Dis-
putatio quodlibetaria. Sie war der feierlichste und
umfassendste aller academischen Acte. An manchen Uni«
versitäten, wie in H^delberg, wurde sie jedes Jahr, an
andern alle vier Jahre gehabten und dauerte gewöhnUc}^
mehrere Tage. Der Magister Johann Lamside hidt 1458.
auf der Universität Greifswald eine Disputatio de quolibet
über 14 Tage lang, bei welcher zur Erhöhung der Feier-
lichkeit auch mehrere Juristen determinirten , d. i. Streit-
sätze aufstellten ^^®). Die Wahl der Thesen stand, inner-
177) Man kann den Werth der Wiener Groschen einiger-
maassen daraus abnehmen, dass der gewöhnliche Mittags- und
Abendtisehßine&Studirenden wöchentlich nicht nehr.^ils 2 Groschen,
kostete, was aus Diplom. Tl. p. 246 erhellt, wo es heisst: »Qoilibet
Scholaris exponens ordinarie pro mensa septimatim ad minus duos
grossos.« Nach diesem Maassstabe waren die Honorarien in Wien,
besonders die fflr Uebungen, gegen das Ende des 14. «Tahrhiinderts^
sehr ansehnlich. Denn, ein Meister, dessen Uebungsstunden 48
Groschen kosteten, empfing von einem jeden Zuhörer so yiel, als
ein Student ?on mittelmässigem Vermögen' eiii halbes Jahr lang f^r
soinen ligeliL aostfugebto nödug hatte,
178) Tholuck, S.243ff. H&rder, Ideen b. Philos. d-GeschJ
B. 20. § 4. Kink (Th. L S. 45) gü^tewe auafOhnkicke fieadirei-
bang einer solchen Disputation.
179) Kosegarten, Th. I. d. 84 1 09.
6*
84 ^ ' jßinleiiukg: H ÄischHiÜ,
I • I .•
halb der Gränze dei^freieü 'Künste, in' dem Belieben eines
Jeden. Sie wurden oft sagar von Baccalaureen und
Schola,ren gegeben und hidit ''feeiten ' auch scherzhafte
Thematen als Streitsätze aufgestellt. Der Magister, welchier
bei dem Acte zu fuhgireri hatte, Quodlibetarius " genannt,
Wurde von der Artisten-'Faciiltät* gewählt , und seine Auf-'
gäbe war es, jedem Opponenten Rede zu stehen und ihn
zu bekämpfen, mochte der Opponent in dieser oder in
jener Weise seine Meinung aufstellen. Der Quodlibetarius
war also genöthigt, in utramque partem zu argumentiren,
oder entgegengesetzte Meinungen zu vertheidigen, je nach-
dem es den Opponenten beliebte , ihre Behauptungen zu
gestalten. Sagte der erste Opponent: *i)ie' Menschen sind
Thiere«, so musste der Quodlibetarius dieses widerlegen;
behauptete der zweite Opponent^ »Die Menschen sind nicht
Thiere«, so musste der Quodlibetarius auch dieses widerlegen,
um seine Geschicklichkeit im Disputiren zu zeigen; was
freilich nur eine grosse Gewandtheit und Meisterschaft in
der Rede möglich machte. Eben deshalb hiess auch die
Disputation de quolibet, weil der Magister dabei quodlibet
vertheidigen musste ^^^).
Eingeführt; wurden die Disputationes . quodlibetariae
auf der Pariser Universität bereits zur Zeit des Albertus-
Magnus (12Ö0), undBuläus findet in dieser Sitte schon
die Deprävation der Dialectik^®^).
Als im 10. Jahrhundert der Humanismus zur Geltung
gekommen war, wurden diese pisputationeri aufgehoben ^®*).
. .;_ t • . . ^ , \ y,> .■,_,.
180) ßuläus, 'T."i. p. 348. KÜnt, Th, I. S.''76. Bianco,
Th. I. S. 119 ff. Th. lt. S. 62. '
181) Quia in utramque partem probaläliter disputabatar, ita
dnbitts.et aBoepd.yaciUabat aoimas, ut, quid te&eddum, quid repro-
bflndum 6ssei;)(ium leuile ftgnoscoret. BuMug, p. 348>.
I V I
182) In Heidelberg ^geschah es ' 1558 durch Otto ^Jeiju-ich's
Reform, d. Univ. Vergl. auch Thbluck, & 246.
Aug. toisaauehaf^. ZM^ättde. J^hftttlßn md Univerntätm. 8p
■ § ^19. •. • -■
Fennaltsmus. Depositiori, Waffentragen. Fechtachulen.
Duelle, , .
Ein anderer, auf UnivendtSiten tlblioher Bramdi war
die »Depositio .cornuum« (Beania, Fuchstanfe). Sie
war aus dem Pennalismus hervorgegangen, welcher selbst
wieder seinen Uiiaprung in den landsmannschaftllcben Ver-
bindmigen auf detn Umyersitäten hatte.
Im ersten Jahre, welches das Pennaljahr hiess, mnssten
die neu immatriculirten Studenten, die so genani^ten Pen-
nale ^®^), wie wenn sie in dem strengsten Orden das
Gelübde äes blinden ^«horsams gethan hätten. Alles,
mochte es auch noch so beschwerlich und schimpflich
ae^), ausrichten, . wasi ihnen, vpn de^ älteren Laudsleuten
aufgetragen wurde ^^*). Diese- Vezationen fingen mit der
Deposition an. Der Beanus^**), so hiess der neu imma-
triculirte Student, eia mit Aejc jetzigen Bezeichnung
»Fuchs« ^^?) glaicb bedeutender Ausdcuck) wurde als
»p'ecus campi* angfesAen, *cui; ut Tite ad publi-
183) Bas Wort Pe anale, dnich. velcheä di« fleissig die Yor-
lesnngen besachenden Studenten vmpotttt<wnrden, kommt wahr.-
ficheinlich ^ondem.Pential^Fedärbft^hBe) fa^r, das beute, noch in
Schalen im i Gebrauch ist; .' • > / . , , .
Id4) Arnold^ Histi d. Eönigsb. ümv. Tk n. S. 255.
185) Die Definition yonBeanna (becjaune, Gelb8elinalMl)1rar:
B^amn ^Est «Ammal Ndöaieiks Yitam SiadioBoruam' >
18)6):. Der Spottname »SbhiUfiirtbBc verdankt ^seinen ürbprong
einem Schulmann däa\16.'JshEhiinderts, Ju«tufl Ludwig Bris-
mann, aaeh.PriyBelpimann nbdil^aellmann genaait. Et war
erst QuartuB am Gymnasium mi Hof, seit IfiWRectov) i^ der. Rath-
schule zu Naumburg an der Saale, später Rector zu Zwi<ik4tt und
seit 1573 bis zu seinem 1585 erfolgten Tode- Rnfttosor der j^echi-
schen Sprache an der UnniBEii([|ltr{Jent i;Bri8>ckmäBii tra^ gegen
die damalige Sitte einen mit FuchsfeUen gefatterten ManteVauch
wohl ein mit FuchsfM^Asftii^i^rttmtiBS rObefttleidv tiis er/naoMJena
Icain, wo ikor ds*rßMiitetea:.rbaM'I>SdMllhdhB€-.namftenL Spftter
wurde dieser Name auf die angehenden: >BiadaiAen abertvagen.
Heider, Orat de Yalpeoiflai8clii9kuA:..p. 16.
I :. • ; «
cas lectiones praepar^tur, cornua deponenda
essen t«, daher Deponiren ^^^). Mit einem Tentamen vor
dem Decane der Artisten -Fäcultät,. bei welchem der
Novize zuerst sich inscribiren lassen musste, waren schon
iö dto frühsten Zeilen Vexationen' verbanden^ welche
einen hoben Gfad erreicht ha;tt6n ^^).
x.i • d I •
187) Eine andere Definition von Depositio war: »Beaniam in
hirco deponere seu ittores agröfites pcnr b^aninB TeUn^aore.«
Mpamn, hiat Univ. Prag. T. L 2. 553*
188) Der Act selbst wird in folgender Weise geschildert :
Die Bacchanten (Beani) erscheinen zuerst in Processioii unter
dein Zurufe des DepOEntors':
>Koipmt/Bacp|i^teii, tcet't herbei, ^pb will, ich aaf JSne^
Fest deponiren auf das best.«
Mit enormer Scheere wird das Haar abgeschnitten:
»Weil Du kannst taäncher fiaar, Du 2ot<!eibock, entbeliten,
darum muss zur £labarkezt Ich Demen Kopf besoh^ereii.«
iMit einem Kolben wird das Ohr gereinigt:
»Vor Narrenthätigung lass Dein Gehör geschlossen, ich saubre
dies zur Lehr' und nicht zu schlimmen Possen.«
Es folgt die Ausbrechimg deä Blreoha^l^Miiii^hnst
»Lasft den Bs^dtmnUnz^hji der.Ljtoteriaiig Djr ai^^ieboni Yer-
läumdung sollst Du stets, wie selbst die Hölle fliehen.«
Mit einer ungeheuren Feile werden die Nägel gefeilt":
»Ich feite Dir die H&ndV tun damit anzHdeUjteÄ, dflss Du, was
redlich ist, mit ihnen solH arbeiten.« ■ > -
Nach beendigtem Acte folgt "der BandbnBS , ■ i woraaC der Depor
sitor ihnen Wein auf den Kopf giesst, mit dea Woirteb:.
»So wtlnsch' ich Eudt allen insgesämmt Glück < und Wc^üfahrt
zu Eurem neuen Stand lind Orden.« r- ■ f
Das von dem Dcoane vonuBebmoagde vT^tammi . war z«walAli
dem Depositor ttbertragen. *Ba . fehlti» es i dekin. nicht an possen-
haften Fraget. Seh Upper aus Marburg, erzählt:
Depofiifter' gibti dem. Knabciii i «ia& .Obrfieige ^d' fmg/iL
»Hast Du ein^ Mutter gebabt?]» 'vi - \
»JaU \ ■.'•;. , ' i . • • •' !"..
N6ch eine- Obrfllige: :....'. i :
»Nein; Sekehis )siefhat JDiidb i^thabi* ^ < >.u ' < .
Sag* ferner an r '': V ?.--'-' :•? f-.-»^.
»WietTiali'löV g^ben lb«ifieii!ftcbe£Beaa«i )!' ' f .
»Ach) das hat miobimieiii^PrAedpttr'adtiMC'g^dirl^ii '
Wieder «ine Odarfeige: •. ••": '' » .=
»Sie gehen ja nicht, sie.ibllfifieiif MsmuU • •'
ÄUg, wiBsenaeht^ ZuMnd^, ßtümknmid Universitäten. g7
Nach der Cii^^tiaii jfoflgt^ die. Ii»3cx;pipti<Hft in das
MatarikelbTich der Artisten-rS'a(mU&t ;bei . 4ein J)ecaae upd
die leiedicbe Vereidigiiiig: Imi^dein JB^ctor, Hierauf hatte
der fieoipirte für duiJLawisnMttiiieobait den Aecessscfamaus
aiizuatellen, und w^atiß ß^mn* eimta oder auch mit
mehr^eii emem älteren Mttgtiede: als Famuliis sncetheilt,
Der Fuchs trat nim hienut yfütig ii> 4ie Bedientenstelle
ein, hatte geg^u eeiueu LeibhjOJrecliim das PrAdicat Herr
oder Patr<m zu brauobe», bßi Tiecftbe «^n^wartan, beider
und Sah^he< sm reinigen. Waa aber, scldimmeff , als aJNit
dieses, war : gewaltsame Requisition von Kleidern, Wäsche,
Bttchem, gewaltsame, Gelderpreasungea. uand Auslassungen
cynisch-brutalen Uebermmitbff an deiie^ sohutidos Preisgege-
benen scheinen zuleUt überall zur Begel geworden zu
sein. Ein HacQ>ttheU seines Dienstes war die Aufwartung
bei den Oigien und Bacchanalieu in der 3tadti wie auf dem
Lande , wo die erniedngendstep . Di^oste mit Misshand-
luDgen zum Lohne von ihm erwehrtet wurden. An solchen
Schmausereien konnten selbst Professoren Theil zu nehmen
sich verstehen, und die Jenaer Commissarien müssen öfters
ihre Fragen dahin ridit(?n, ob Äiehtvoin den Professoren
Voriheils halber in ihren eigenen Hausern Pennalschmäuse
angestellt worden seiea» War das^. Dienstjahr — von
dfem rafifinitten MütÜwillen auf 1 J«hr> 6 Monate, 6 Wochen,
6 Tage, 6 Stunden und 6 Minuten' ausgedehnt — endlich
vollendet, so hatte, der Fuchs s^qn üiflgang bei den
einzehe» üfitgliedem rdar- Landsman&s^aftiKu haken, sich
»•' '.
Die bei der Depositioa bcnutttcoEi lüAtraoieute sind in
folgendem Hei^ameter getaiifit: .
Jäerra, dül*bra, bidens, dens, clana« tioniM^ftt fsotea
Cum terebita.^rim^ etnulim» :«ftUeU&^ imc««
EaaAnuiae cum rostdsv - cnm färc«, i^l far^ipe fbq^ez.''
TJioUck; 8; 20S£;/i:üi« iubfiUuHeh^.Sciuldeiuii« der bei
^ Beposidoff ablk&eii ftiur.djeiK^,»Äloiid4«iettt aMiiniaas, ßatyra^ m
U«dem mod4fii»li efUdiÜ^iii jBCR^IiM.f«' b^ -Meyer, StudeniMf)«,
Leben u. Sitten deutseber Studenten frflhereias^idiunUerta liebet ^Die
Studenten. '£i]t.LuBtq^'w43faiu8]|3iHBbl (iSlß).ff Xeiftt. 1667. 8. 48 ff.
88 ' ''^ 'Wnmuukjr. -t -'Äh^llmMyr^^
1 » <• <• i :\
.1 \^ I
die Absoltrtio»' zü^eitiJtteiiV^rätif "Mglsib^ dät^'AMolUtions-
SiihmattS, 'diD[':öericHt/'^bb>^ 4r*' fticüf ^au<5li'statiäefsgemäs&
gehalten«, Äe Aböddiion^ »»im« Nöinett'der''h'eifegen Brt^^
einigkeit«, die Erthbilüüg' <l^ -bis idahiü • teriri^rtea jus
gliadii — daiin • eMMi * ktttil '■ dte ' i^rö^Knte Staütf e ;* w> ei^
als * Absolutiis* {toö! "den- l^eiAialH^eiTicIitütig^ä absölVirt)
ai}f angen' könnte/ All AÄdfehii*' t^tgeltön,^ w^^ er feelbst
eriitten tiatte^»«^; ütwl^ »g^h^ö jeföt ^äö dfett »^Sehtofeten*,
i^eii sie den ai>^^eft!*en^ StüÖetttöb i^tfie' HÄäre -abge-
öcfhoren« und sie'^Äurt!^'»Wfti^er ''h^minge!rioinöien''odör
geschoren haben« ^^% < ÄÜ2iif&ha?en hiabeb- wir nur moiM,
Abbb di^ Depositioti tirsp«iöglifehj ^dött- Ziireck hatte yd*»
Ankömmling ku eiffeÄif 'seifiör neuM^BtettatoungS^^
Leben aüfzufordiem uäd' gfeiÖbsWm -^orÄubei^eiten^ Hierauf
beziehen sich die Deimsitiöiisrediett üä'Ä dS^ CeteAionien,
Welche synibdligch deö Aet^'dfef RoiAifeütigJ»von den- \Äs^
herigen Makeln ' vorstellöii; ' - ' ©abör • wairetf auch' MAm<ei
ernsterer llicHttftig im die^ 'Depöi^itfoW. 8b ha« 'Lufth^fer
■ .• ■- 'i ' ;• i : -•! Ji.«"^'J ■' •;'i'.»u '•!!• j'i:-f .:: \[ .f'. :• '. •''
189) ,Au^f(jljti4i%^^S|ffbe^ ^^pna^^HVl|l«j.pl^,.Pl^apiUoIl,'^. J^e^;^
Dinckel, De qrigine, Cftusis, typo et ^ceremonii? Pej^ositionis^
Erpburd. 1579. S c Iti o c' li; 'Comöödia* Vom ' Stüdenteilöte^: ' Lfeipz.
1658. -Ritus Detjb*ilSobi9r'*JBtfa«bttrg lÄ7li. > 'Atöföhrtrfrg,^irorm'-di«
aJjbQ (J«W0bi^lieit «juide^oairf^ij, itoj^>^iffcl}fj^..4e(i|L)emi^fJiij,««jat^je^^.
IßinleitujQg zu besserein Yerhalten .i^b^ch, ^^i^ einzeln C^rmine vorger
stellt wird von Valentiniand Hoffmänn , Not. publ. Caes. * Und der
tinitefsität Jehnä'abjätoi^Ö- Del)6«iliore. ''Jenia^löfe8/>'Kui'2!e"KJ<A^
tiok . V. > id.: t {anad.; : DkpoiiiÜan< \ dsn I neiit nt i Q^iveia i Qi^^fllii .'.^n4
Andern zum Unterriebt ertheilet von J. B. Pfenning, Not^ publ.
et h. t. Depositore in Acad. Jen. (ohne Jabr). Ausfilbrliche Er-
zählung, wiä es'ibify Wilhelm ^We^er, m Aldot#, iü*'derDep'tiiiition
ergangen ist anno 1636. Nürnberg 16d7v<'Di»sftHati<^^h^s)0l6g^bfl(
de jure e^' nBJb^a'>^^ml^M\mi^i^ ,^mt6utk»Aärii fpfhß^^ de
Penna utriusqt]!«'drc^iaUitWti6>>^ildtda|ii»i(<fli;D«o. M^^I^' ) Themata
medica de &€»motum afi^cl£b«si'i<%^«'>W«il|)h^ngi -Bla«''i*«^-&or
l^ecb^er/'Thomkir'HÄtftS^iüÄdfJF^iii^ilPlalferi f'i^ 'i Vergl.
Anzeige ton. TiiollTck/^ SfehHII<|ia'>deiii.Ii«idäfefi Jfthtbl'dii Ibltijtttt)
." 190) .S«ai«itt#eli.j 'mA)ldmiüi^imdfhrekm^i»iulMM^aiUvAiin^
AUg, toiaaenaeht^. ZuaUndi. SektOm tmd UniveraitäUn. 80^
ftr . sie ein ' htdiuBcUes Lied' .gefichtet, . dai^ in . AbAn
WilJb. Cramer's 5 Ideinen Schriften. mitgfetbeilt' ist ^^^).
Das Waffentragen irar auf den Utesteü Hoob-
scUoIen Kaliens den Stodenteu erlaubt, auf. der* Pariser
Universität aber und den naeb-iihitttik Mustor .eingeiicliteten
Unwersitäten Wien, Prag, Heidelberg veilooten. Allein
das Verbot wurde nicht gwäde strenge beachtet j zomal
in den frühesten Zeiten, in welchen wegen Unsicherheit
der Landstrassen alle waffenfölBgen Jttnglinge und Männer
um ihrer Sicherheit, willen. Waffen trugen. Auch diß
höheren Geistlichen thaten dieses, obgleich das canonische
Becht bei Strafe der EKoommunication es untersagte. »Ihnen
ahmten die Studenten, welehe auf den meisten Universitär
ten in älteren Zeiten als Geistliche tingesehen wurden, nach.
Im 16. Jahrhundert kam das Tragen des Degens bei
dem Adel auf-, allein bald machte sich die Ansicht geltend^
dass (fieses Zeichen des ' Adels nioht nur deii iGfeborenen
von Adel, sondern allen Lehrern und Jüngern def- Wissen-^
Schaft oder dem gelehrten Adel zukomme, und^ tc^iu
17. JahrfaüBdert an musslen viefe Jahre hindurch alte den
höheren Ständen angehörigen Jfinglitage und Männer, wenn
sie vor ihren Oberen oder in Gesellschaft erscheinen woWlen,
Degen tragen. ^ So war es auch später in manchen Ge*
lehrtensdbulenUebiH]^^ infeüei^libh^m Aötus»nnterTiK>ibpeten-
schall* den auf die Universität entlassönen Schulen eiiietl
Degen als Z^ichien der acädemiscben Freiheit mit den Worten
»Nehmet, dofefrisChlkgeflßüchMcftt^'zu dberireichen. DiesÄÖ
geschab im Gymnasimn zu Heidelberg bis g^egen' dai§' Etfde
des vorigen Jährhunderts *^^. Doch trugen die* Studenten
ihre Waflfen löchfl nur xiit ■Schau/''äöndem, 'dfer Pecht-
kttfist oWiegöM , lerriten« 'sie dieselben auch kiiiistiÄfeS^
führen. Dieses bestätigen die in den früheren Gesetzen
mkonpQi^ei^ Yj^bQbe d€^)JBe9uchs.; den Se^Cikta^huJen,
192) Hautz, Jubelfeier d. Heildelb. Lyceums S. 22i
.' .;■?•
90 SifM^img, 4. AlmlmiU.
welche erst im 16. Jahidiind^ auf deutsciien Univeiskäteii
gestattet worden, wo dann aber auch von, dieser 'Zöit an
die Fechtkun^ ihren Höhepunkt erreichte;
Die Duelle, als verabredete Zwdkämpfe zur Sftlme
von Beleidigungen, sollen aus der Zeit stannnen, in welcher
das Tragen der zum Hauen und Stossen ^eich faraach-
barea Degen als Zeichen des Adels in Brauch kam ^^^
§20.
Sitten. Kleiderordnung. Frequenz der Universitäten.
Beachten wir die sittliche Haltung der Studirenden,
80 fehlt es nicht an Streit- und RaufblUideln , zuweilen
blutigen, mit Cavalieren, Soldaten, Schaatwächtern , an
Conflicten mit Bürgern und an manchen andern £xcessen.
Lasfisen uns nun solche Erscheinungen in ein oft rohes
Studentenleben hineinblicken, so spiegelt es im Ganzen
doch nur den Charakter jener, von den unseri^n völlig
verschiedeneu Zeiten ab. In ihnen hatten eine gewisse Bohr
heit uod Schroffheit aUe Veriiältnisse durchdrungen. Was
uns jetzt abstossend, ja unwürdig und njj^ig erscheint,
stand damals als ganz naturgemäss und berechtigt da^
Wenn wir daher audi das studentische L^n, wie es
nicht anders^sein konnte, mit einem zi^iücb vollen Maasse
herber Kraftfülle und fast rohen , Uebßrmuthes versetzt
^ehen, so macht es auf der andern Seite einen desto
erfreulicheren Eindruck, bei alledem eine fast unbewnsste
Achtung vor wissenschaftlichem Streben selbst, da anzu-
treffen, wo sie am wenigsten zu suchen wäre.
Doch machte man geg^ jd^ Sittenlosigkeit und den
Unflei^s im Mittelalter Gedenkverse ^^^), und e» werden
193) Mein er«, 6«8Cb; d. Wafentragens auf h. 8<ahulen in deü
Götting. acad. Annalen 1804. B. L 8. 265 ff. Scheidler, Jenaische
Blatter, H. III. S. 144 ff.
194) So kommt in einer Amorbacher Bknaschrilt des l&j Jahr-
hunderts vor:
ÄUg. witsenseJui^. Zuiiänäe, Behulen und Unwersitätm. 91
toch scharfe ürtheile über die UniverÄftftten ausgesprochcÄ.
So schreibt Luther (1521):
»Aaf die Universitäten schickt man die allergescliicktesten
Knaben der Christen, dass man ihre Seelen daselbst 211 geist-
Behen H— n ahi (}laabeil lääcb^ lud 'mrh lie' der HOll« in ,
Ihten BudMB faimei&c ^•«).
Ebenderselbe äussert sich "spMer (1522) in folgender
Wdse Hber die üniversitSlen :
»Ans diesen Mordgraben gehen herfflr die Heusehreeken,
welche die ganze Welt an allen Orten, beide gdslÜieh nnd
weltlich, regieren, dass auch der Teufel von Anbeginn der
Welt nichts Kräftigeres hätte erdenken können, denn die
hohen Schulen t *»«).
Melancbtbon ^^^) wirft in seinen academischen
Keden den Stodenten unter Anderem vor:
»dass sie sich tobend und wie Centaaren und Qyclopen
ganze Nächte auf den Strassen umhertrieben, Alles mit
wildem Geschrei erfüllten^ friedliche, unbewaffnete Leute
anfielen und mit Schinpfreden , Steinwttrfen und Waffen an-
griffen, ja die Häuser der Bürger belagerten, ThOren und
Fenster erbrächen^ Wöchnerinnen, Kranken undv Greisen den
8«lilaf raubten, die Läden auf dem Markte, Wagtn nnd was
• 'ämen^^nst vorkäme auseinander würfen <^^).
Wenn Ebenderselbe eu sagett pflegte:
_ »Bin Stndent hart^ gemeiaislioh 8 IDiage am. ihmt L
Amut^ 2. Gfind und 8. Bjolat^^^^) ^,
80 hatte er ^e Zeiten im Auge, in welcben <Ue meisten
„Quid modo laetaris
Kil stndens, atulte scoüariB?
Post hoc tu flebis
£t toto Corde dolebia/'
Money ZtBaiir..B. IL S. imj
196) Luther' is Wetke Th. L S, €77.
196) Ebend. Th. IL & r6a
1^) J£(9lanchtk«]i war 1ÖS8 Beefcer der Uoinrorsltät Witten-
berg und immatiffiulirte 2R1 fitodenten. FOrtteraann, Alb. Aead.
Viteb. |i. W9. ; v :.
198) Meyer, S. 2. 3.
199) Leib ii Studentica. Coburg. 1€27.
;92 Mnkifuiyji, J^.JJbst^itt.
ifXQg&ß . l<eute a)i9 ; ^öher^ u^d wohlhaben^erea ^luqff i^j^p
nicht auf Universitäten , sondern bäi^g an'FürstQnhOfen
il^re Ai^bildang erhielten.
. . Zu den Gebrechen, ßjx , welchen Jas Student^nleben
, littj gehörterbeaouders^lJieXriunksucht Bieses; wird auch
von Mos eher osch in seinen »Getiditen« Philan-
der's *^®) besonder», hervorgehoben. Ais ^eser: Beinen
Umgang durch die Hölle maobte, komnlt er an esnem Ort
vorüber^ ,an welchen)L ,:Studentea »mit e^g, höllischen
Schrecken schrcyen*; ' : .
0 mihi praeteritos refept si Jüppiter annos!
0 mihi profusum referät si Jüppiter ^urum!
0 mihi defunictos referat si Jüppiter ärtusl
0 mihi potätas referat si Jüppiter hcM*««! ' '
O mihi cohsumtam ai ](>£US 'iiigenimol •
Zugleich hört er aber aiicli von änderer Seite eine
Stimme rufen:
' »m Sunt fructna Ehriötatisl • :
Hi sunt fructHS PennalitatisU***) •
Wenn AUn da» academisiihe Leben in* sgi'simw, Jahr-
hunderten sich uns weniger roh. dai^stellt, so faüt nach
Tholuck ^^*), gegen Ende ^des ' IT.-trad noch mdar im 18.
JahFhündert:^Mdiefrühjiefeinaiv«.!Bjoihhett einem raffinir-
ten Cynismus Platz gemacht.-* Vor Allem aiber dtufen wir
nach dnzelnen Erscheinung^ , wie sie «He Annatenf der
200) Mosch er oseli, Gdsohiofake Philander's von Sittewald.
2 Thle. Strassburg 1650. -'
201) Weitere Nachweisungen über das Stnd«iitenleben in früheren
Zeiten s. in Nugae versales s. Ridicnlatia repbrtä'in' iB0iliiiiQ'>tritliin
Adami nostrüm omnium pailBnilS&.^ Aino 'XSJSLH! • H d g en d'd i p h i •
nus, Deratione studii deque yita jutettutid institueada^ Bafiilfl541.
Stymmel, Stfddebtes. 'Stettin 1579'j.vWi<e&gii"e(v^:GdfhelittE( rele-
i^td^. 1600;! 'Sehoch^ €omOdie)''rdm 8tadentenlebeiiuiil6&3i. vM
Studenten-Moral. EineSatyre, Jena 1754. Yergl. aucbiW. Hf eduiiäA,
deutsche Dichtung, B. II. S. 295. = v .^ i . . '.
202) Tholuck, S'.-aSS Ä"- » .'. ■ ' üü .: .'.fl
ÄUg. wiBsenschafl^, Zmtänäe. SthvXen'wnd Universitäten, 9S'
• • ^ * • • •
ühiversitäten uns überliefern, nicht cUe StudrtitenÄttten itö"
Ganzen beurtheilen, sondern riiflssen 'vlfelihfeHr der trell^''
lidien Worte Robertos von Mohl •*•) ktets eiÄgedenk sein,
> dass namentlieli gerade die ' lobenswertheren Eigen-
schaften, die stillen Tagenden des Fleisses und des wissen*
.sohilfükichea StnelMns ra keiner Aafzeichnmg Aalass geben,
während Fehler und Ei^ceese amtliche Handlungen und deren:
Verewigung hervorrufen,*
Zu dem Aufwände, welchen die Studenten machten,
gehörten besonders die Ausgaben für Kleidung, und öfter
wurden, um diese zu beschränken, Verordnungen, was auch auf
der Universität Heidelberg geschah, von den betreffenden
Behörden , gegeben, So publicirte dei* Bector Friessner
in Leipzig 14S2 eine Kleiderordnung für die Studenten,
weil »grosse und zuvor unerhörte üeppigkeit und lieder-
liches Wesen in Kleidung und Gebärden unter den
Studenten eingerissen war«. Nach dieser sollen die un-
förmlichen »gehörnerten« Schuhe (Schnabelschube)
abgelegt , werden und die Studenten sich sonderlich hüten,
»jiaimit die Güedinassen des Leibes , welche den Menschen .
zur Nothdurft der Natur gegeben word^ , nicht entblösst
möchten gesehen werden« ^^%
Besonders kostspielig waren die Fl ud der hosen.
Sie reichten vom Gürtel bis an die Schuhe, waren nach
der Länge und nach der Quer aufgeschnittein, die Auf*
schnitte aber mit Futter von dünnem Zeuge durchzog«)/
welches in so viele Falten gelegt wurde, dass man bis^
weilen 180 Ellen dazu brauchte.
Da wegen dieser kostspieligen Hosen die Studenten
ihre CoUegien oft nicht mehr zahlen konnten, erliess Kur-
fürst August für die Universität .Wittenberg folgendes
B/escript: »Dieweil auch die:Pluclderhosfen. eine unfläthige .
203) Geschichtl. Nach Weisungen über die- Skten.vnd' das -Be-
tragen d^^r Tübinger Studir^n^^n . während . jdes 16. Jahrhunderts.
Yergl. aucj^Biaumer, Beutschp^lIn^e^sitätenSv 3p ff. ..
204) Meyer, Stud^ntica S-,4, 6, . . .. : , - »,
9i Einlfüimg. 4^4^chf»ai
müd scbäpcbe Tracht )8tv welche viel kostet u^d doch'
iü^l steht, .ao)l der .Schneider , welcher, sie geavicht hat,^
dem Bath 10 fl. m^^ der Student, welcher, sie trägt,' 10 fl^
dem Eectori zur Straf geben oder 3 Jahre lang relegirt
Die Frequenz der Univ«rsitaten war ist feflheren
Zeiten stärker, als in den jetzigen. Hatte dieses nun eines-
theils seinen Grund darin, dassalle Universitätsangehöri-
gen sieh immatriculiren lassen mussten, und auch fitu-
dentes non studentes dieses thaten, so kam noch da^u,
dass die Studenten aus den ebeofeUs schon angeföhrten
Gründen sich längere Zeit, als jetzt, auf den Uni-
versitäten aufhielten. Kann man nuü auch' durch-
schnittlich 5 Jahre annehmen, so wurde diese Zeit sehr
häufig auch auf 6 — ^9 Jahre ausgedehnt und auch auf so
lange Stlilendien verabreicht ^^^). Trotzdem hat man aber
doch Ursache, gegen die ausserordentlich grosse Zahl von
Studirenden, welche man flen Universitäten des lÖ. und
14. Jahrhunderts zugeschrieben hat, Misstrauen zu heg^,
da sich eine Zahl von 10,000—30,000, wie sie im 13.
Jahrhundert von Bologna^ Paris , Oxford ' genannt wii*d,
zumal die Inscriptionsbücher in j^ner Zeit nicht genau
geführt wurden, nicht nachweisen läsät. Als Betreis j - wie
wenig sidier solche Angabisn in idteren Ziaiten «fnd, dien^/
dass die Zahl der Studirenden, welche (1409) von Prag
wegzog, von düigen ScbriftsleHem auf 40,000-^44,000,-
von anderen auf 24,000—36,000 gesohkzt wurde **^.
Tomek gibt 5000 an «<^»), während jetzt das SchnäBcn-
205) Meyer, Studentica S. 5.
206) Tholuck, Acad. Zust. S. 231 ff. Unsere Gesch. d.
Stipendien und Stiftungen an dem Lycemn und der Uiirrersit&l
Heidelb. (1856-1857) H. I. S. 19 ff.
. 207) Voigt, S. 81.
208) Geöch. d. Univ. Prag S. 37. 88. Tomek fttgt bei, zur
Zeit der höchsten ßlüthe der ünivefsität (1872--1389) hätten sich
wenigstens 11,000 Studenten gleichzeitig in Prag aufgdialten.
Alig. wiasenschd^, BmlUlttäe. StMIm und ümversiUUm, 95
\mtk des FrauenoCoUegmms in häpoEg 2000 iMushweist *?^
-^ eine Zahl, wdche andi' mit des Bvläus Ani^be^ dass iä
jener Zeit die OesammtzaU der Stadeaiten 4,400 betragm
habe '^^), fibereinstimmt
♦ •
(kmtubemim. CoUegien. Regeattmn, Bursm. OcderiMl
Ein wesentlicher Bestandtheil der älteren, dem:
Vorbilde der Pariser nachgebildeten hohen Schulen waren
die in der Ueberschrift genannten Anstalten, welche wir
im Allgemeinen mit dem Namen Convicte bezeichnen können.
Die ersten Ursachen ihrer Entstehung lagen in der. Be-
schaflFenheit der ältesten Universitätsstädte und ihrer Sitten.
Der Ruhm der ersten grossen Lehrer in Salemo, Bologna,
Paris rog in wenigen Jahren Tausende lernbegieriger
Fremdlinge aus allen Ländern Enropa's zusammen. So'
gross diese Städte auch sein mochten, so war es doch
nicht möglich, einer so bedeutendien Zahrvoh oft reiöhen
und vornehmen Jünglingen und Männern bequeme Woh-
nungen zu verschaffen. Die Preise der Miethwohnungen
waren deshalb sehr hoch. Die Reicheren boten die
weniger Bemittelten aus ihren Quartieren aus. Um dadnrdi
herbeigeführten Streitigkeiten und Klagen möglichst vor-
zubeugen, wurde in fast allen Universitätsstädten gesetzlich!,
festgesetzt, dass jedes Jahr von einer ans.Mitgliedem der
Universität und Bürgerschaft «usammengesetzlJen €orm-
mission die Miethpreise bestinimt werden sollten ***X
Allein dessenungeachtet blieben die Wohnungen tiieuer.
Weniger bemittelten Stufenden war es daher oft' sehr
209) Schnalleiibach, F. 60 b. Ywgl CoUegi B. MariM Ia
ürav. LipB. p. 8.
210) H^. üaiv. Par.T.T. p.209. »Erant antem tarn e trilma,
iMtionibas 4400 Btudiosi, teste Hagtro es albo academieo livs
matrieula.* . '
211) BttUos, 1; ü. p. 81. 141. Mei&ers, Hohe Mwlen, R L
S. 106. B. H. B. 943; I>e6 8eii Hittrtaker & IL S. ftai.
96 SinleUUhg. 4. Madhnitt. \
sdlrfrer; Wolmuiigen. zd fiaden, welcbe mit ihren. fjnartrielkil
Yerhältnissen im Eijuklaag standloi. BadurcU saäen m
Ita&en , 1 FraDkreiGh und England sohon voü 13; Jahr^
hundert an Fürsten, Universitäten und bemiltelte PrivaU
leute sich bestimmt, Anstalten zu gründen, in welchen
Studirende unentgeltlich oder gegen massige Entschädigung
Wohnung und Unterhalt fimden ^^^.. Die Sache selbst war
dem Zeitalteir nicht fremd. Majot ahmte damit die Kloster-
^d Domschulen nach, in welciien den jungen Leuten
8clK)nfYQr ihrem Aufenthalte auf einer Uniyersität eine
freie Unterkunft geboten war.
Mag nun das Unterforingen wenig bemittelter Student^
die erste Veranlassung zu diesen Stiftungen gewesen sein,
so ist doch ein weiterer Grund keineswegs unbeachtet zu
lassen. Die Sitten waren in Universitätsstädten nicht
weniger verdorben, als in andern grossen Städten.; Der
Tugend junger Freunde der Wissenschaft drohten vielfache
Ge&hren ^^^). Gegen diese suchte man die jungen Leute
212) In England wohnten zuerst Lehrer und Lernende in Pri-
yathäunern. Da dieses aber zu vielen Unordnungen Anlass gab, so
kaxifken reiche uod woblthsytige Personen grosse Gebäude, in welchen
die Professoren und ihre Schüler umsonftt wohnen konnten. Oft
wurden diese Heuser auch no.ch.mit grossen, zum Unterhalte der
darin Wohnenden hinreichenden Summen dotirt. So gründete zu
Oxford Wilhelm, Archidiäconus yoü Durham, 1249 das Universi-
t&tscoUe^ Johajun Baliol 1268 das CoUeg Baliol. In Cambridge
errichtete Hugo Balsham, Bischof von £ly ^1256—1282), das
Haus des h. Petrus. Grässe, Literär- Gesch. B. ü. Abth. III.
H&tfte IL S. 911. üebelr 'die< Entstehung des ei'sien Colleges auf
cbti engUscl^en Universi:(s^ten lycirtf^ lLUoh'Hn))er,, Die Eogli^en
Universitäten, B. I. S. 378 ff.
213) Der Cardinal Jacob von Vitri (bist, occident. cap. 7)'
hineiltet I von Pads: »Meretrices pubUoae' ubique per vieos et
plateas civitatis passim ad lupanaria sua Clericos transeua<iejs quasi
pcarTtotentiam.pertrahebaiLt Qoodsi . forf;e ingredi nec«aaren4i, con-
festimr.eee sodomitas, .postipsdd egnclamaAteSi dicebant.- In xoa
autem et eadem domo scholae erant superius , prostibula ioferiua.
lA ^aite aii)^iorii(Magistri>kfeba]it; io^Jnferioti Meretricespl^cift
turpitudinisiezercehanHi •fix..»tAl{)affte.Mefsetrioet iaterisQ et^cvLWt-
ÄUg, wissenschafH ZuMnäB. ScMleit und üniversUäUn, 97
m schützen; Wie sie in den Anstalten selbst nnter Anf-
sehera standen, welche ihren Fleiss überwadilen, so wurden
sie auch von diesen in die Hörsäle der Lehrer begleitet
and zurückgeftthrt *^*).
Später wurden diese Anstalten zu förmlichen Pensio-
aaten ausgedehnt. So war zuletzt die ganze Universität
in Paris in solchen Instituten, welche den Namen Goltegien
(ooll^es) ftthrten, enthalten, und sehon im 16. Jahrhundert
hatten die Scholaren ausser den CoUegien, als Ausnahme
TOn der Regel, einw besonderen Namen. (Martinets)'^^).
Das Beispiel der älteren Universitäten wurde auch von
den später* entstandenen nachgeahmt In Prag und
Wien ^^^ wurden gleich bei der Gründung der hohen
Schulen Collegien für eine bestimmte Anzahl von Profes-
soren und Studenten dotirt. Neben diesen öffentlichen
Anstalten waren aber auch andere, welche als Privatan-
stalten von graduirten Männern errichtet wurden. In diesen
galten die für solche Institute entworfenen Gesetze, und
von den Studenten wurden für Wohnung, Kost und andere
Bedürfnisse bestimmte Preise bezahlt. In allen diesen
Anstalten aber wurden Sitten und Fleiss der jungen Leute
von Vorstehern (Rectoren, Regenten, Couventoren) , Ma-
gistern oder Baccalaureen beaufsichtigt ^^^.
Das Wohnen ausserhalb der »loci approbati« (wie die
Collegien und die von der Universität anerkannten Bursen
Genoaibos (Lononibus?) litigabant: et alla parte dispntantes et
eontentiose agentes Clerici proclamabant.«
2U) Bui&us, T. III. p. 81. Ul.
215) Savigny, B. IIL S. 327. 328.
216) Tomek, S. 21 fif. Eink, 8. 26. 94.
217) Eosegarten^ S. 9. -- Uebdr diese Anstalten im Allge^
meinea yrgl Adelnng's W5rterbHcb unter »Bursch«; Ghrysander»
Woker die Studenten auf Universitäten Borsdea heissen? Bintela
1751; Acad. Monatsschr« 1853, S. 252 ff. : »Was heisst Barsch und
BQiBdien8chaft?€ Baumer, Deutsche Univ. S. 350. Ueber daa
Lebenjn den Bursen vrgl. Bartholom&i Sastrowen (geb. 1520,,
gest; 1603), Herkommen vnd Lauf seines Lebett& Herausgegeben;
ton Mohnlok e; 3 Thle. arei&walde, 1823. ,
HautB, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 7
98 EirMtmff. 4. Abachniü.
Uessen) "vrar in der ^Ebegd unteisagt, und die ErlaQlmiaai
dasuinttaste jedenfalls bei dem Bector oder dem betref-
fenden Decane der Facnltät ek^ehölt werden ^^% Diese
Erlaubniss war bei den 3 höheren FaeuUJteii . leichter m.
erhalten, als in der Artisten-Factdtät, in. welche oft Knaben
von 8 — 10 Jahren aufgenommen und in de» jetzigen
Gymnasialfächem unterriihtet wurden«^«).
Diese Anstalten , durcih welche die Au&icht übet diei
Stndirenden isehr erleiehtert wurde, hiessen Oollegien;
Contubernien, Begentien, Bürsen**^),. Coderien.
210) Meiiiers, S. 160. 151. Rühkopf, S; 189.
219) Kink, &i 93^ Z srii'Cke, Die deatsohen üoiversilftteii im
Mittat. 3. /226. — , pie !N^othwendigkeit der Ueberwachung der
Sitten der jungen Leute geht schon daraus hervor, dass das ganze
Mittelalter hindurch Bordelle und öflPentliche Weibspersonein in den
Bt&dten— auch in HeidMbeig sehim 14^ (Pfftk. Oopialb. N. 2. 10;
F. SO, 2) imd in Freiburg (Schreiber, Th. II. S. 93) — erlaubt und
beschützt waren, und. welcher Student dieselben besuchen wollte,
konnte dieses ungestraft thun. Dabei ist bemerkenswerth , das^
Unzucht mit Perstmen' des andern Geschlechts auf hohen Sc&uten
-viel später yl^boftön wjStA^i Als GJficksspide, unrnSesiges Trinken^
Unfleiss u. drgL Ausführliches gibt über das deutsche Studen-
tenleben Dolch, Gesch. des deutsch. Studententhums, S. 40 ff.
u. S. dl fr. und Keil, S. 46 ff. Auch über die Bursen finden
sich in beiden Schriften- ii&teressaate MttheäihmgeD, und zwar in der
ersten S. ,31 fL und in der zweiten 8. 11 ff.
220) Stipendium dicitur Bursa, nomine tunc communi üs
Omnibus, qüi pecüniae summaiü aliquam pro laboris mercede vel
pro yictu accipeipent: quare stipendiarii seu qui Stipendium, seu
jlecuiuttm. illaib aceipiunt,. dicunter bütsarii. Bursa et btursArii
non antiquae, sed recentioriasiinfc Latinitatis nomina, qaae ad vitia>
sermonis pertinent, s^ quibua posterior assuefacta est aetas. Qui
dicuntur Bursarii, dicuntur quoque Socii, quod societatem i^ivicem
habeant, simul versentur, silnut Tivant, simul maneant. Lanoei
jQt'Acadj Pati8.'i]his<v. T. I. p. 51. .
&u¥a[aö vpoabanitaLF ^ornus Tel habitationum soholarinm pau*
penun e dmüsis' natiendbuS)' qüi e piis fundatioinim stipendiis sive
in Communitate, sive etiem seorsim alebantury quarum ftuidationnm
ab anno 1365 ad annum 1780 numerus quam maacime audois habetor.
Diplom. Univ. Yienn. ^ Bursa = MC9k, rafuüoy, gazophylacdom;
sed proprie ad certos n^s. In bursls s« arcds reponebantur, qua«
ad scholasticorum, yerbi-graUa, alim<»iiatm spectabant ^t qnaeia eum
ÄUg. msaenschaftt Ztistände, Sehulen und Universitäten. 99
Doch wurden sie durch besondere Benennungen oft noch
näher bezeiclinet, gewöhnlich naeb. dem Namen eines HdU-
gen, dem sie gewidmet waren, dann aber auch nach dem
Stifter. Auch war es, zumal bei den Bursen, nich^ selten,
dass sie gleich Wirtbshäusern und Trinkstuben bezeichnet
wurden, wie die Burse zur Lüie, zur Rose, zum Adler ***).
Die jungen Leute, welche in diesen Anstalten Auf-
nahme fanden. Wessen Bursales, Combursales,
Bursa rii, Bursche. Im Gegensatze von diesen wurden
die für sich lebenden Studenten Scholares oder Scho-
lastici genannt, dieser Unterschied aber nicht strenge
festgehalten, da auch die Bursarii oft unter dem allgemeinen
Namen Scholares oder Scholastici vorkommen.
Bursen , in welchen entweder gar nichts , oder nur
sehr wenig (z. B. 10 Pfennige wöchentlich) bezahlt wurden,
Wessen auch Coderiefn (Armenhäuser) '^*).
Wie nun auf andern Universitäten gleich oder bald '
nach ihrer Entstehung solche Bursen von Fürsten, Uni-
versitäten oder Privaten gestiftet wurden, so war 68 auch
in Heidelberg. In diese wurden aber nicht nur heran-
reifende Jünglinge, sondern auch Knaben aufgenommen^
und erhielten dort den nöthigen Unterricht (S. 98). Jedes
Contubernium hatte »seyn eigen Pedagog« (Knaben-
lehrer) "»).
usum a yiris piis erant legata. Du Gange s. v. Bursari i sunt
dicti, quibus ex ejusmodi bursis stipendia praestantür: quae yox
etiamnum obtinet in Acedemiarum pubHcarum scholasticis, quibus
ob rei "iomesticae penuriam certa quaedam stipendia exsoltuntur ex
arca ad id destinata, ad peragendos studiornHi cutsus. Ibid.
221)Mederer, Annall. Ingoist. T.Ip. 19. Or'&ss e, S. 920.948.
222) Codria, franz. Coterie, bedeutet G6n6sseilschaft und Zah-
lungsgenossenschäft von quota, franz. cote, Zablungstheil , der auf
den Einzelnen f&llt. Kösegarten, S. 9. Das' Statut der Uhirer-
sität Wien über die Coderien der Studenten theilt Kink, Th. 11.
S. 312 ff. mit.
223) Kink, S. 93. Bianco, S. 167 ff. Krabbe, Gesch. d.
Univ. Koatock S. 84 ff. Klürpfel, S. 9 ff. Schreiber, S. 36.
Annall. Univ. T. VI. F. 432 b.
7*
100 . EMä^img. 4. Jb^cfmiU.
Die verschiedenen Benennungen der hohen Schuhm.
Die Benennungien , mit welchen diese Anst;alteii
bezeichnet wurden , waren verschieden. Die älteste ist
»Schola«. Allein schoA geg^i^ die Mitte des 13. Jahr-
hunderts erhielt dieses Wort eine eingeschränktere Be-
deutung, nach welcher es Hörsaal oder Vorlesung
bezeichnete ***). Dagegen wurde von jener Zeit an der
Ausdruck »Studium« als. Name einer hohen Schule und
»Schola« als der einer lateinischen Mittelschule gebräuch-
lich« Eine andere Bezeichnung war »Studium generale«, öfter
wegen der ihr vom Papste gewordenen Bestätigung und
von ihm und den weltlichen Obrigkeiten zugestandenen
Vorrechte mit dem Zusätze »privilegiatum«, weil nur die
Zeugnisse einer solchen allgemeine Gültigkeit hatten ^^^).
Diese Bezeichnung wurde im Deutschen in Acten und
Urkunden mit »hohe wirdige gefreyete und gemaine
Schuel«, oder »hohe gemain würdig und gefreyt üni-
versitet « , oder » hoch gemain schul üniversitet « aus-
gedrückt *^^). Diese Ausdrücke »Studium generale«,
»gemain Schul« hat man früher irrthümlich auf die 6e-
sammtheit der Wissenschaften beziehen wollen *^^). Diese
Gesammtheit betrachtete man aber gar nicht als die
Hauptsache bei einer berühmten Schule. Sie konnte auf
224) Bulätts, T. m. p. 231. »Non liabetar pro scholu-i
Parisius, qai ad minus noü* vadit bis in hebdomade ad scholas.«
Ibid. T. lY. p. 212. 218. »De modo solvendi scholas sive aiüas
legen tiam extra vicmn atramineom.«
225) Durch eine Bulle des Papstes Clemens VI. vom
6. Januar 1347 ifiid befohlen > dass die auf 4er Universität Prag
erworbenen Grade in der ganzen Ghristenwelt (per omnem Ghristianum
terraram orbem) Geltung haben sollten. Vergl. auch Mone, B. I
S. 263. 263.
226) Vergl. ausser den nnten vorkommenden Acten und Ur-
kunden Annall. Ingolst T.IY. p. 43.
227) So» Hottinger, De Colleg. Sap. p. 29. Meiners, S.
889. 390. .
ÄUg: wissensehaßl. Zustände, Schulen und Universitäten, 101
eine einzelne Facultät beschränkt sein oder wenigstens
eine einzelne Facultät entbehren, ohne darum weniger ein
»Stadium generale« zu sein. Dazu kommt noch, dass
sogar geradezu bei einer einzelnen Facultät dieser Name
gebraucht wird •**). Univtoitas sollte vielmehr die schon
angedeutete, ausgedehnte Bestimmung der hohen Schulen
bezeichnen, welche Schüler aus allen Nationen aufnahmen
und academische Grade ertheilten, die überall anerkannt
wurden **®).
Erst im 14. Jahrhunderte wurde es Brauch, eine hohe
Schule, literariae reipublicae schola *•*), üniversitas oder
auch üniversitas studii Parisiensis, Viennensis, Heidel-
bergensis zu nennen *•*).
üniversitas bedeutet aber eben so wenig, als Studium
generale, die Gesammtheit der Wissenschaft (üniversitas
Bterarum). Der Ausdruck üniversitas, tait welchem man
nur den BegriflF einer Körperschaft oder Gemeinde, wie
z. B. üniversitas Judaeorum, eine Judengemeinde, ver-
band ***), bezeichnete daher auch nicht die Schule als
solche, sondern im acht Römischen' Sinne die allmäh%
gegliederte und genossenschaftlich (zünftig) ausgebildete,
selbstständige Innung, privilegirte Gilde Ton Lehrern und
Lernenden *'*). Wer diese bilde, wer darin herrsche
228) Tomasini Petrarcha rediviy. p. 372: »Statuimus, quod
in dicta civitate (Padaa) deincej^s studiam generale in eadem Theö-
logiae facnhate existatc IVEgrefeuille hist ecdes. de Montpellier
p. 386: »Ordinamus^ qnod Studium generale theologiae facultatis
existat, ibique dicta theologiae facultas legatur.«
229) Kink, B. I. S. 114. Savigny, S. 381. 382.
230) Annall. Univ. T. VII. F. Ö3,b.
231) BuUuSi T. rv. p. 346. T. V. p. 134.
232) Böhmer, Cod. dipl Franeof. p. 240. Mone, B. IS. 262.
233) Yergl. den Pand^euititel »qnod cnjlisqtie universitatis
nomine Tel contra «am aga(ar (III. 4). Siehe auch Bul&uS;
T. I?. p. 27. Safigny, B. 138. tJrevier, P. I. p. 321. —
Doch hatte Paris in der Streitsache des Am au ry von Chart res
1209 den Namen ünirersitas. Gr&sse, B. II. Abth. 3. Hälfte 2.
S. 919.
102 Einkiimg, 4. jihschmtf.
und sichtbar hervortrete, liess sich nicht allgemein sagen,
indj^m es von, der besonderen Verfassung einer jjeden Schule
abhing. Darum galf; z. p. für Bologna, wo nach dem Ge-
präge des democratiscben Geistes der italienischen Städte
jener Zeit die Schu^ eine vorl^errsobend democrati^he
Glied^ung hatte, der Ausdrudi üniversitas scholarum ^^%
für Paris wegen seiner vorherrschend aristocratischen Ver-
fassung aber Universitas doctorum s. magistrorum^ obwohl
bei beiden Anstalten auch die Bezeichnung Universitas
. magistrorum s. doctorum et scholarium vorkommt Andere
Schulen hatten eine Universitas Juristarum und daneben
eine Universitas Artistarum ^^*).
Von der Zeit an, wo man Lehrer besoldete, damit
sie unentgeltlich lehreii möchten, nannte man diese An-
stalten auch öffentliche Schulen (scholae publicae) ^*^
Gegen Ende des lö. Jahrhunderts fing man an, auch
das Wort »Gymnasium« *^^) zu gebrauchen, und als man
im 16. Jahrhunderte die Gelehrtenschulen mit diesem
Namen bezeichnete ^ so nannte man später gegründete
hohe Schulen zum Unterschiede von diesen »Gyumasia
sublimia« ^^% Zuweilen ^y erden hohe Schulen auch
»Lycea« genannt*'*^).
Die späteste unter den gewöhnlichen Benennui^en
hoher Schulen ist das Wort »Academie.« In Italien wurde
wohl dasselbe von hohen Schulen gebraucht, allein
234) Scholares bedeuteii iii^li älterem Spracbgebrauche nicht
allein Schüler^ sondern alle ^ur Schule Gehörigen, alao auch die
Lehrer. Die Schüler wurden splüb^r auch Sapposita genannt
235) Sarti, De claris archigymo. Bonon. profess. P. TL
p. 224. 225. 226. P. I. p. 258. Bamu»,.T.m, p. 356. 568, 569. 570
236) Albert IIL von Wien. Piplgm. l. p. 73,
237) In den Aunalen der XJi^veraiti^t Heidelberg wird das Wort
besonders häufig vom Jahre 1521 an gebrau/cbt. Vei^l. T. Y. —
Mehr Nachweisungen über d&^ .fVort Qymnasioin haben wir gegeben
in: Jac. Micyllu9 (Heidelb. 1842) p. 29. 3a Lycea Heidelb. origg.
et prpgresB. (Heidelb. ;946) p. 17,
238) Meiners, S. 392.,
239) Hottinger, p. 29.
JUg, wiMen9eh€^ Zmmnde. SUMm md Universitäten. lOS
selten. Man verstand und versteht noch in Italien,
Frankreich und England darunter .eine freie, unter landes-
herrlichem Schutze stehende Gesellschalt von Personen,
i?elche sich zur Vervollkommnung einzelner Wissenschaf-
ten, Sprachen oder Künste vereinigt haben. In Deutsch-
land dagegen wurde es vom Anfange des 16. Jahrhunderts
tti gewöfanlidt, hohe Spulen eben so oft Aeadepaien, alt
Universitäten, zu nennen **^. . .
240) Annall. Univ. T. VII. F. 93,b. Hottinger ibid. Jacob
Grimm, Ueber schale, omversit&t, aeademie. Berlin 1860.
104 Einleitung. Ö.JbsehmU.
Fünfter Abschnitt
Unterrichts-Aiistalten in Heid€flberg vor und
zur Zeit der Oründimg der Universität
Vor und zur Zeit der Gründung der Universität be-
standen in Heidelberg Anstalten, in welchen für Unter-
richt, wenn auch zunächst nur für künftige Geistliche,
gesorgt wurde **^). Dieses waren die in den Klöstern
befindlichen Schulen (S. 29 u. 30). Der Vollständigkeit wegen
geben wir über diese Klöster,' zumal auch mehrere der-
selben mit der Universität in enge Verbindung kamen,
nachstehende Mittheilungen.
§1-
Das Augustiner- Kloster,
Das älteste Kloster in Heidelberg war das der Au-
gustiner***). Eine uralte Capelle, welche den Namen
zu der H. Jungfrau (ecclesiola D. Virginis Mariae) ***)
241) Ausser den Schalen in Heidelberg besuchten die Heidel-
berger und andere in das Bisthum Worms gehörige junge Leute
auch die dortigen Stiftsschulen. Mone, Zeitschr. B. XI. S. 47.
242) Der Augustiner-Orden entstand aus mehreren Einsiedler-
Gesellschaften, welche im 11. u. 12. Jahrb., namentlich in Italien,
sich meist ohne feste Begel und Verfassung gebildet hatten. Ins-
besondere auf Betrieb der neidischen Dominicaner und Franzis-
caner gab ihnen Innocenz IV. um die Mitte des 13. Jahrb. die
Regel Augustin's. Alexander lY. vereinigte 1256 die ver-
schiedenen (Kongregationen derselben als Augustiner -Eremiten und
eximirte sie 1257 von der bischöflichen Gerichtsbarkeit.
243) Würdtwein, Monast. Wormat. T. IE. p. 151.
UnterriMe-JmidUen m HmdOberg etc. 105
in der Wüste f&hrte, und lange vor der Erbauung der
Stadt in dem einsamen waldigen Thale stand, scheint
einige Mönche dieses Ordens veranlasst zu haben, sich
in dieser Gegend anzusiedeln. Nach historischen Nach-
weisungen geschah dieses in der ersten Hälfte des 11*
Jahrhunderts '^^). Das Klostergebäude lag zwischen dem
üniversit&ts- und Lyceumsgebäude, wo jetzt das Museum
steht An seiner westlichen Seite zog sich die alte Stadt-
mauer hin. Im Anfange war das Kloster klein, bekam
aber bald eine so ansehnliche Ausdehnung, dass es in den
frühesten Zeiten das beträchtlichste Gebäude der Stadt
war. Im Jahre 1401 hatte es schon einen solchen Um-
fang, dass Kurfürst Ruprecht III. nach seiner Wahl
zum römischen Könige so lange seinen Hof in diesem
Kloster hielt, bis er durch zweckmässige Bauten das
Schloss zu einem würdigen Aufenthalte seines Königlichen
Hofstaates umgeschaffen hatte **^).
In der Geschichte der Universität wird das Kloster
öfter genannt In seinem Speisesaal (Kefectorium) wählte
die Universität ihren ersten Rector und hielt dort über-
haupt ihre ersten grossen Versammlungen ; in diesem Klo-
ster stellte Ruprecht III. (1406) den Frieden zwischen
der Bürgerschaft und der Universität wieder her, und
Friedrich I. liess in ihm (1452) die Reform der Uni-
versität ihren Mitgliedern bekannt machen. Den Mönchei^
dieses Klosters war (1476) von der Universität die Er-
244) Frenieus, Ezeges. Oerm. L. III. cap. 51. Wandt,
Mag. Th. I. S. 59 ff. Im Jahre 1296 schenkte Pfalzgraf Rudolp h
den Augustinern dnen Weg Ton ihrer Kirche bis zum Thcnre ifatee
Kirehhctfes. Dieser war ausserhalb der Stadt und ist wahrschein*
lieh der jetzige Peterskirehhof. I^ Urkunde siehe bei Mone,
Zeitschr. B. XI. S. 4d. Der Pfarrkirchhof war in den frfthesten
Zeiten auf dem jetzigen Marktphitze um die H. Geistkirche angelegt
übend. B. XI. 8. 48.
245) Von Ruprecht III. wurde der alte Rnprechtsbaa auf
die westliche ake Sehlossnuuier erbaut; Mezger, Beschreib, d.
Heidelb. Schlosses S. 7.
106 Einleitung. 5. Ähschhitt.
laubniss zugestanden worden, theologische Voiiesoligea
und Disputationen in demselben zu halten. Hier hielt
Luther (1Ö18) seine öffentliche, für das wissenschaftliche
und kirchliche Leben in der Pfak so folgenreiche Dis-
putation, und endlich wurde dieses Kloster (1555) als^
Collegium philosophicum unter dem Namen Gollegium
ßapientiae mit der Universität yeröinigt und blieb
auch, nachdem es (1561) in ein Seminarium tbeologicum
umgewandelt worden war 2**), bis 1795 mit der Univer-
sität in Verbindung **^.
§2.
Das Fr anctscaner- Kloster.
Ebenfalls uralt ist das Franciscaner- oder Baar-
füsser-Kloster, auch das der »Mindern Brüder«
genannt **^. Es kommt schon in Urkunden von den
Jahren 1184, 1286, 1303 und 1324 vor «*»). Kurfürst
246) Hottinger, De Colleg. Sap. p. 6.
247) Acta Fac. theol. T. II. F. 122, b.
248) Die Franciscaner zu Heidelberg gehörten zn den Minoriten
(£ratres minores, kleinere Brüder, weil kein MitgUed Prior heissen
durfte und sie demüthig sein sollten). So nannten sich nämlich
diejenigen Franciscaner, welche mit der Entartung des Ordens
unzufrieden waren und darauf drangen^ an den ursprünglichen
strengen Kegeln des Fränciscus unerschütterlich fest zu halteft.
Sie waren in Streit mit dem laxeren Theile des Ordens, welcher
die Mehrzahl ausmachte. Die Sache kam vor den Papst, welcher
sibh aher gegen die Minoriten erklärte. Biese traten daher, ob-
wohl früher die eifrigsten Yertheidiger des Papstes, auf die Seite
der Opposition und waren die rüstigsten Yertheidiger Ludwig's
des Bayern in seinem Kampfe mit der Römischen Curie. (Hagen,
Si. 82.) Die Franciscaner -Minoriten waren in Deutschland schon
um das Jahr 1848 sehr zahlreich. Äße fmmmen Gemüther, welche
die Hofffahrt und Schwelgerei der übrigen Geistlichkeit verachteten,
flüchteten sich zu diesen armen ehrlichen Mönchen. Menzel,
"Gesch. d. Deutsch. S. 434.
249) Thom. Leodius, Spiegel- des Hoaiors grcBser Potentaten
S. 505. ^
Friedriob HZ. yftrwaadte (156Ö) das Gebftade m dem
.voB ihm wieder «afgeriohtoten Pidagogiiim '^^.
§3.
Das Benedictiner- Kloster.
Der Gründer dieses Klosters ist Pfalzgraf Conrad
yonHohenstaufen(S.15u.l6). Er verwandelte nämlich
(1195) das um 1048 gestiftete Benedictin er-Kloster,
das bei Heidelberg gelegene Stift Neuburg, in ein adeliges
Frauenkloster unter derselben Begel des H. Benedictes
und verordnete, dass in demselben adelige Mädchen er-
zogen und gebildet werden sollten. Die Mönche ver-
pflanzte er von Neuburg nach Heidelberg. Dort erbaute
er ihnen ein Kloster, welches er mit reichen Einkünften
ausstattete, und übertrug ihnen, unter der Leitung des H.
Eberhard, den Unterricht von Knaben *^*).
Das St. Jacohs-Stift.
Dieses Stift lag am Fusse des Schlossberges und ge-
hörte der Cistercienser-Abtei Eberach in Franken an. Ne-
ben der zu diesem Stifte gehörigen Capelle waren Woh-
nungen für Mönche dieses Ordens, deren Hauptobliegen-
heit gewesen ist, den Gottesdienst zu versehen ***).
250) Hantz, Lyc. Heidelb. origg. p. 99, wo aach die GegcMchte
dieBes Klosters mitgetheilt wird.
251) OoUeglam sacerdotum in Neuenbürg juxta Heidelbergam
mutavit in monasterium monialiom et annaos reditos aozit. Causa
mutationis baec foit: In oppido Toluit doceri et institui pueros
aliaqne babebat virorum monasteria, in quibus institnebantur pneri
ingenui. Mutii Ghron. p. 143 in Toln. additt p. 40. Ueber die
Benedictiner und die in ibrem Kloster bestehende Schule siehe
AnsfOhrliches in d. Gesch. d. Neckarschnle S. 2 ff.
262) Bistor. Acad. mnsc. F. 23. Widder, Geogr.-histor.
Beschreibung der Kurpfalz Th. I. S. 140.
108 Einleitung, 5. Äbsehmtt. Unterriehtsansti in Beidelb. etc.
Ausführlicher werden wir über^dtes^s Stift, welches
1389 mit der Universität verbunden wurde, unten han-
deln, wo es aJs »Collegium Jacobiticum« in der Geschichte
der Collegien vorkommt.
^
t »
Erstes BacL
Von den ersten Anfängen der Universität unter
der Regierung der Kurfürsten Rudolph n. und
Ruprecht I. bis zur Umgestaltung der Universität
durch den Kurfürsten Otto Heinrich.
1346—1556.
Seliolastlsehe Zelt*
r. .
*;
Erste Periode.
Von den Anfängen der Universität unter der
Regierung der Kurfürsten Rudolph 11. und
Ruprecht I. bis zur Reform der Universität
durch den Kurfürsten Friedrich L
1846—1449.
Erster Abschnitt
Die Universität unter der Regierung der
Kurfürsten Budolph II. und Bupreoht I.
1346—1390.
§1-
Die ersten Anfänge der Universität.
So sicher und bestimmt auch die vorhandenen Urkun-
den die Zeit angeben, in welcher die Universität fest begrün-
det wurde und ihre Organisation und Privilegien erhielt,
eben so sehr weichen die älteren Schriftsteller in il^iren
Angaben über die Zeit ab, in welche die ersten Anfange
der Universität fallen. Es geht dieses aus folgenden Nach-
weisungen hervor;
»Serarius*) und Tritheim geben das Jahr 1339
an, wobei der Letzte ausdrücklich der Bestätigung des
Papstes Benedict's XII. erwähnt^.
1) Rer. Mogiint. T. I. p. 658. VergL auch Acta Acad. Theod..
Palat T. I. p. 874. Leger, £ncyolop&die der EOnste und Wissen-
schaften von Ersch und Gruber unter dem Worte »Heidelberg« S. 132.
2) Chronic. Hirsaug. T. I. p. 286.. >Ru.pertns gjmnasium uni-
versale H^elbergense primus fandavit, quod Benedictus papaXII.
(1334—1342) confirmavit. Similiter postea Urbanus papa VI.«
112 I. Buch, I. Periode. 1, ÄhachniU. (IBlß-^lSOO.)
Spener'), Reusner*), Lucae *), Herz^, Stoll^,
Panzirolus®), V. Ludewig^),Hottinger^^,Bertius**j,
Tolner ^«), Münster ^8), L. Ch. Mieg i*), Joan-
nis ^^), Riesmann und Andreae ^% so wie Hagel-
gans ^'), Ekkard ^8), Schwab ^»), Jung "), Lam-
3) Histor. Gem. univ. T. H. p. 186.
' 4) Opus genealogic. p. 214.
5) Europ. Helicon S. 861.
6) Notitia scriptorum rer. Germ. s. t. Heidelb.
7) Anmerkung zu Heumann, conspect. reipubl. literar. p. 165.
8) De claris legum interpretibus ed. Hoff mann p. 389.
9) Erläutertes Germania princepg p. 104, wo ,der 17. November
1346 als Stiftungstag angegeben wird. Finsterwald fügt a. a. O.
S.802 bei: »Die 1346 gestiftete Universität wurde erst in den Jahren
1848 und 1876 .mehr und mehr eingerichtet und endlich am 18.
Oktober 1386 feierlich eingeweiht.
10) Eist, eccles. T. UL p. 697, Kays er, Schauplatz d. Stadt
Heidelb. S. 93. 94.
11) Rerum Germanar. lib. III. p. 15.
12) Histor. Palat. p. 55.
18) Gosmograph. p. 1074.
14) Orat. de provid. div. circa nasc. Univ. Heidelb. p. 35.
15) Addenda ad Parei hist. Bavar.-Palat p. 615.
16) Riesi^ann rediviv. ed. Andreae p. 47.
17) Hagelgans sagt in seinem Werke »Orbis literatus aca-
demicus Germanico-Europaeus. Francof. ad Moen. 1737. p. 10: Aca»
demia Heidelbergensis a Ruperte I. Rufo, Electore Palatino^
fondata anno Christi 1346, introducta anno 1386 d. 18. Octob.«
Dieser Angabe fügt er bei: »Tantae molis erat, Teutonum condere
gentem eamque literis imbuere, cum quadraginta a coepto anni
circumagerentur, donec Scientiarum Magistri et lectiones publicae
introducerentur et Artium cnpidi in bac Universitate convocarentur.c
Ebendaselbst heisst es, nachdem die Freigebigkeit der EurfOrsten
gegen die Universität gerahmt worden: »Neque minus nectarea
haec Scientiarum officina confirmatione et liberalitate Summorum
Pontificum Benedicti XII. circa annum 1341, Urbani VI. anna
1386. magna cepit incrementa.c ...
18) Handb. d. höheren Lehranstalten/ in und ausser Deutsch*
land S. 78.
19) Syllabus rectorr. Aead.. Heidelb. P. H. p. 92.
20) Academ. Heidelb. Acta ad coacilior. Constant, BasiL»
Florent. hi0t. p. 3. 4.
Dk ersten A»tfäkgeder Um^iUät - ' 118
padlus «^, Kiliali »«), v. P^enschen ■^, Bader ")
nehmen das Jahr 1346 an **>.
Hubertus Thomas Leodius '^ bißüeichnef das
Jahr 4348.
Paul Lang '^ gibt das Jahr 13&4 an.
David Pareus *^ weist auf- das Jahr 1355 hin.
Marqnard Dreher f^ Wimpfeling •^j Ireüi-
tufi ^% Zeiler »»), Sohn «^ nemen ^ Jahr 1376.
21) Ünivers.-Adresskal. auf d. Jabr 1816 S. 42.
22) Die üniTersit&ten Deutschlands 8. 148.
23) Bad. Landesgesch. S. 584. 619.
24) Bad. Landesgesch. S. ^4.
25) Das Jahr 1346 wird auch in dem Patent Karl Lndwig's
T. 1.8eptbr.l652, die Restauration der Üntreridtftt heti^., angenommen
and eben so anch auf den. zum Andenken an das 1686 gefeierte
Jubiläum' geprägten Münzen (TExter, Samml. v. Pfalz. Medaillen
8. 254). Desgleichen fiagt dieüniversität selbst in einem ybn ihr officieU
«bgefassten >6tatu9 üniTer^itatis Heidelbergensisc vom $9; October
1746: »Die XJniYersität Heydelb^rg ist Bereits anno 1346 noch in
demselben jähr nur als ein gymnasium, .hernach aber aUs eine
wÜrckKche TTniversitÄt nach der Parisei* höhen Schuhlen eingerichtet
nnd im jähr ISäeitiaugnrirt. irordenc, fto Wie denn auch in detai
Peeken^em^lde in der ÜBlyersit&tsaola (1711) daa Jahr 1S46 als
jStiftungsjahr ^)ezeichnet wird.
26) De vita et rebus gestis Friderici II., Elector. Pal. p. 17.
27) Histrer. Germanar. (Chronic. Citiz.) T. I. p. 1216.
28) Histor. Academ. F. 133: Notandum etiam, quod eodem
tempore Elector (Fridericus II.) in eadem causa et materia scribit,
propter annum nimirum fundatae Academiae: »iN'am petentibus
nobis etiam Pontif ex .Romanus Julius Tertius primum quidem
in iiisüiurationem tJniversi'tatis nosträe Electoralis Heidelbergensis,
jam ante duc'entos annos a praedecessoribus nostris
fundatae, temporis vero diuturnitate nonnulHsque defectibus
quasi labefactatae etc. ^am secundum huhccalculum Academia annos
jam nata 6sset ducentos sexaginta novem annos; fundata anno
ChHsti 1355, imo ante illud tempus.« (Vergleiche ebendaselbst
F. 5.) Doch fahrt derselbe in der genannten Schrift F. 2 auch
die Schriftsteller an, welche die ersten Anfänge der Universität
Heidelberg iü das Jahr 1346 verlegen.
29) Origg. Falat. P. II. p. 3Ö4.
30) Epitoftie rer. Germanar. p. 177.
31) Exeges. Grerpi. Lib. XI.
32) Topograph. Palät. p. 40. -
83) Orat. d^ Academ. Heidelb. p. 263. Theatr. histor. com-
HaatE, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 8
114 I. Buch. L Periode. 1. AbschniU. (134$— 1390.)
Diese v^^chiedeo^ Angaben olpe all^s Weitere, wie
es öfter geschieht, als durchaus unrichtig zu verwarf ea
oder gänzlich unbeachtet zu lassen, erscheint uns in ei-
ner Schrift, nvelche eine vollständige Geschidite un-
serer Univeissität eiuagt Zwecke bat, nicht gerechtfer-
tigt werden zu können; zumal diese Angaben von Män-
nern ausgehen, welche der Zat der Gründung näher stan-
den, als wir, und doch wohl nicht anzunehmen ist, da99
die eigentliche Urkunde vom 1. October 1386 denselben
völlig unbekannt gewesen sein sollte.
Ruprecht /., Begründer der Universität.
Schon oben (S» 31 ff.), wo wir im Allgemeinen von der
Entstehung der Hochschulen handelten, sahen wir, wie
verschieden die Anfänge und die weiteren Entwickelmig^i
derselben waren. Längere Zeit bestanden oft Anstalten
der Art, bevor sie von einem Fürsten oder dem Papste
einen Bestätigungsbrief erhielten, und die Tradition ihres
Bestehens war fast durchgängig älteir, als die schrifflichen
Satzungen^ welche ihren Organismus regelten und ab-
schlössen **).
pendios. urb. Heidelb, (Mnsc im Univ. -Archiv Nr. 359, 90, a.)
p. 20-21.
34) Die von Kaiser Friedrich II. 1237 in Wien gerundete
Schule scheint (trotz der Behauptung des Lacius, Wien. Chronik
B. n. S. 27) keineswegs eine Anstalt gewesen zu sein, welcher
man den Kamen Universität beilegen kann. Der Kaiser hatte in
dem genannten Jahre gestattet, dass in Wien Schulen, in welchen
Deutsch und Lateinisch unterrichtet wurde, errichtet werden durften.
Die Stiftung der^ Universität fällt erst in das Jahr 1365. Kin^,
S. 11 ff. In Prag bestand schon im Anfange des 13. Jahrhunderts
ein sogenanntes Particular-Studium bei der St Veitskirche im Prag^
Schlosse, in welchem für den einheimischen Glerus Vorlesungen
gehalten, wohl auch academische Grade, die jedoch nur für Böhmen
Geltung hatten, ertheilt wurden. T o m e k , S. 2. Der Stadt Erfurt
wurde schon 1379 vom Papste Clemens VII. eine Autorisations-
BuUe zur Gründung einer Universität verliehen, die Universität
Es Iftsst sich deshalb nach den gegebenen Nachwei*
sangen auch annehmen, dass Buprecht I. schon zu
Lebzeiten seines Bruders, des Kurfürsten Rudolph !!•
(vor oder um 1346), die erste Einrichtung zur Beförderung
der Wissenschaftmi gemacht und so die erste Anlage zur
Universität gel^ habe '^). Diese blieb aber, sei es aus
Mangel an Hül&mitteln oder an Benutzung derselben,
längere Zeit unbedeutend und hatte keinen rechten Be*
stand. Als nun Ruprecht L in der Folge (1853) allei-«
niger Regent der Rheinpfalz wurde (S. 19 u. 20), vermehrte
und erweiterte er diese früher schon in das Leben gern*
fene Anstalt, und erhob sie endlich 1386, nachdem er die
AutonsationsbuUe im Jahre zuvor vom Papste Ur-ban VI.
erhaltan hatte, im Einv^st&ndnisse mit seines Bruders
Sohne, Ruprecht 11^ und dessen auch bereits erwadbh
s^em Sohne Ruprecht lU. '^, fönntich ssu einer Uni-
selbst aber erst durch eine weitere Balle des Pftpstc^ ürban's YI.
1392 begründet und eröffnet. Kampschnlte, die Uni^« £rf. S.6ff.
In Co In bestand lange yorher, ehe die UniTeiBitftt förmlich corgani-
sirt und bestätigt wurde (1388), ein Geaeralstudium. Bianco,
Th.I.S. 11. Zu der Universität Ingolstadt sollen schon 1410 Vor-
aostalten gemacht worden sein. Bestätigt wurde sie erst 1459 Tom
Papste Plus IL und 1472 Tom Herzog Ludwig dem Reichen ein-
geweiht £kkard, S. 87.
35) Robertus, syus nimirum Eoberti III. Romonarum Impera-
toris, Comitis Palatini, Heide! bergense Gymnasium ex ecclesiasticis
proTentibus in Germania primum et antiquissimum f undavi et erectum
iri impetravit. Wympfinling, Epit. rer. Germ. p. 359.
36) Wenn von pfälzischen Geschicbtforschern, wie von Wnndt
(Mag. B. HL S. 257), die Behauptung aufgestellt wird, es seien die
Pfalzgrafen Ruprecht IL und Ruprecht IIL als Mitstifter dev
Universität anzusehen, weil sie in den auf diese Stiftung bezüg*
liehen Urkunden erwähnt würden, so ist dieses nicht ganz richtig.
£a hielt nämlich Ruprecht I. zu allen wichtigen und folgenreichen
Handlungen, wie dieses aus vielen Urkunden erwiesen werden kann,
die Zustimmung der beiden genannten Bfalzgrafen für nöthig, ja
für nnerlässlich , und zwar aus dem Grunde, weil daraus für die*
selben, als die Regierungsnachfolger, die Verbindlicfakeit hervor-
ging, alle Anordnungen ihres Oheims und Gross -Oheims aufrecht
zu erhalten und zu handhaben.
8« '
Versität ®^), und gab'darnft seinei* Pfalz üntet rilen deut-
schen Staaten , ausser dem Kaisetstaäte , ' diö erste hohe
Schule.' . • :.: r.,'. , ■ .- \ ' .
Nach semer Persönlichkeit gehört Äuprfe cht I^
dör Adtere, der Grosse, auch wegen ^efeeöi-otheti' Bartes
der Rothe genaanft, zu 'den bedeutendsten und acbtungs-
würdigsten Regenten dör PfaJz. • An der - Regierutig der
pfalzischen Lande nahm 'er -©l Jahre -niefl, darunter sie^
ben und dreissig alö alleiniger Regent ^•).* Das Ansehen,
welches seit einem -Jahrhundert sein^ Voiffilhren verloren
hatten, errang er atifs Neue." Di« bedeutende Stellung,
welche jötet wiede* die Pfalz in allen Beichöangelegtohei-
ten einnahm, war sölh Werkr Unter allen weltlichen Füi*-
Bten d(Br Zeit hat er mit - seinen landesfürsüic^hen Bestre-
bungen am besten das ^ Wohl des Reiches tvi verbinden
gewusst Nie suchte er airf Kosten d^ fViedens und
der gesetzlichen Ordnung seine äussere Macht zu erwei-
tem, und, an seinem Jjfämen haftet k^ine. entehrende Handr
J— r-*
- 37) HistiücÄd. F. ©. Kayöer, Heidelberg S. 94. Chürpfebl
Geschicbtsk. •▼. J. 1789, S; i2. 27. Leger^'S. 132. Gräöse, S. 941.
38) Beif hiesige, durch mehrere Arbeiten im Felde der Pia-
i^k Ausgezeichnete Bildhauer Gr ei ff bat ein mehr als lebens-
grosses Stafidbiid ^on Ruprecht T modellirt: eine edte, £h]>
furcht gebietende Gestalt im kriegerischen- Ftirsteöscfimucfc , in
dei; Linken die Stiftungsurkütide der ÜMyersität und in der Bechten
das Schwert haltend, um atizudeuten, dassRupi'echt den Tillen
und di^ Kraft habe, seinä henifcfae Schöpfung zu* schützen. Zur
Zeit der ersten Anfänge der Universität (1346) stand der Kürfürst
im 37. Lebensjahre und zur Zeit ' ihrer Begründung (1886) war er
77 Jahre alt. Der Künsller stellt ihn im kräftigsteü Maniiesalter,
zwischen 40 und 50 Jahren, dar, mit erhabenen, ausdirucksvollen
Zügen, in welchen die Porträtähnl.chkeit -mit dessen Figur am
Friedrichsbau des Heidelberger Schlosses nicht zii verkennen ist.
Eine gute Abbildung des letzteren hat der Oastellan des hiesigen
Schlosses, Herr Rieh ard- Jan il Ion, seinen »"Wanderungen durch
die Eüitien des He'delberger Schlosses« beigegeben. -^ Ein schönes
OtlgemÄlde -dieses' edcln Fürsten ist in der v: Graimberg^chen
Alterthümer- Halle unter Nr, 2 aufbewahrt; das vorher genannte
Standbild befindet sich ge^a^ftitig ' in der altten CapeHe des Hefi-
delberger ISchlosses. ' ' ^ >• *
Jung, ^le Fürsten « fiameotEcb jB^iaer Karl IV* ^ legten
mi seine FrcruBdschaft grosses Gewi^t. Der SOjührige
Mann, bis zu s^oem Ende mit klarem Sinne ansgerttstetj
stand wie ein Patriarch unter den jungem Fürsten da^
und manr h^lte .fi^me d^ .b^qhtigen und wei^n Bath
des g^rüfte» und leidensphaKlosen. Greises ein ^?).
Eine wlssenseliaftlich^ ßildimg liiatte er nicht, Er
verstand nicht einmal Latein, ^as doch nicht selten von
den Forsten jes^ Zeit erlernt wurde. Nur seiner Mut-
tersprache W4tr er kupdig: ^^). Der Mangel an wisßeih
fldalüieher . JKldung wurde alpier reichUch ersetzt durch
einen tüchtigen praktischen Sinn fax alles Gute und Nüt^
Uishe, Dabei war er persöntieh tapfer ^^), gegen Hütflose
grossmüthig **), ein guter, Nachbar **) und von religiöser
39) Hau SS er, Gesch. d. rhein. Pfalz B. I. S. 185.
40) So lässt er am 14. October 1379 an König Karl V. Ton
Frankreich schreiben: »Sopplicamus humiliter, ut de mora per
nos habita in rescribendo illico, prout Secenitati yestrae . decuisset,
fiobls parcere yelitis, com hoc non ex malitia, sed ex simplicitate
processerit,. praefiertim qnia revera nos msuf&cißntem^ q.uia sola
materna- lingua. utimiir. et. simple.x laicua samus et
literas ignoramus, ad tanta et pniema;cinia puncto, quae sa*
Intern respiciunt ai^marom, reputamus coogrue et debite respondere«.
Bai uz. Episc. Areni^n. T. IL p. 888.
41) Lehmann, Speyer. Chronik S. 702. Trithem. Chron.
Hirs. P. IL p. 241.
42.) Bnp recht lud die Juden aller Länder zum Wohnsitze
in seinen Gebieten- ein. und versprach ijuien Sc^iutz, Schirm, und
Handelsfreiheit g^n ein auf Max:tinBt«g jährlich zu entrichtendes
£op%eld Ton 9 IQ gülden yon Florenzeit. ,.Dle zwei von ihm aujä-
gestellten Judenschutzbriefe aind aus den «tahre^n 1355 und 1357
und finden sich im Pfälzer Copialbuche Nr. 6 F. 11 u. 3a Dejs
letzte (Heidelb. 10. Mai) ist abgedruckt in Mone's Zeitschr. für
^ Gesch. d. Qberrhein^, B. IX. S. 276. -^ Im J^hre 1348 war
Qftmlich in Italien, Frankreich und Spanien eine schreckliche Pest;,
der scl^ar^e Tod genannt, ausgebrochen,! welche in, dem. Orient
ihren.. Ursprung nalun ui|d sich, bald auißh ftber.Dp^utschland, Eng*
land und Holland verbreitete. Sie war so verheerend, dasa man
sagte^.zi^ Ifo^h's Zeiten hät.te der Würgengel picht so xJele Men-
schen hinweggerafft , als dieser Pes<t unterlagen. In manchen Lluir
dern blieben von 100 Mensci^en kaum 10,. bisweilen. auch wohl nur
11g L Bw^. I. Periode, 1, ÄlmäMn. (ISiß-^-lBBO,)
Gesinnung. Diese bearkundete er vielfSltig, besonders
aber aach, nach der Sitte seiner Zeit, durch fromme Stif-
tungen. So baute und 1)egabte er reichlich die grosse
CoUegiat- und Stifts * Kirche in Neustadt a. d. H. **);
stiftete in den Kirchen zu Schönau, Lindenfels, Wiesloch,
Stahleck besondere Altäre mit reichen Präbenden ^% -Bei
den übrigen Fürsten stand er in hohem Ansehen uud er-
freute sich besonders, wie wir* schon oben sagten, der
persönlichen Zuneigung und Freundsdiaft des Kaisers
Karl IV., den er nicht selten auf seinen Feldzügen be-
gleitete. Auch hielt er si<^ tffter längere Zeit in Prag
auf und sah das schone Gedeihen der . dortigen Hoch-^
schule und den grossen Nutzen , welchen sfe dem Land«
und besonders der Stadt brachte ^%
In der Liebe, welche Karl IV. zu seinem Erblande
5 übrig. Manche starben oft in derselben Stunde, In welcher sie
von der Krankheit ergriffen wurden. Die Zunge und der Gaumen
sahen gleich anfänglich verbrannt und schwarz aus, und aus dem
Munde drang ein abscheulicher (xestank hervor; bald erfolgte der
Brand mit schwarzen Flecken auf dem ganzen Körper. An den
meisten Orten hielt man die Epidemie f&r ein Strafgericht Oottes.
Man ging tnit dem Kreuz herum und hielt auf Anordnung des*
Papstes Messen gegen diese Pest, wekhe bis in's dritte Jahr dauerte*
An andern Orten beschuldigte man die Juden , durch Vergiftung
der Brunnen dieses Unglück veranlasst zu haben, und es wäre eine
weit grössere Anzahl von ihnen aufgeopfert worden , wenn nicht
der Papst der Wuth der Geistlichkeit und des Volkes Einhalt ge-
than hätte. Sprengel, Gesch. der Arzneik. Th. II. S. 560—562,
wo noch andere interessante Nachweisungen über diese Epidemie
aufgezeichnet sind. Veiigl. auch Pflüger, Gesch. d. Stadt Pfom^
heim, S. 96 ff.
43) Tolner, Cod. dipl. p. 114.
44) Lehmann, Geschichtl. Gemälde aus der Pfalz (Ifeustadter
Thal) S. 59 ff. Andreae, Neostadium ad Hartam ilhistr. p. 7.
heiler, Topograph. Palat. p. 65. •— In Mühlhausser's Hntoria
Palatina (Codex Bav. Nr. 1655) heisst es F. 18, b: »Ruprecht I.
hat das Stift zu Neustadt ausgebaute
45) Wundt, Gesch. u. Beschr. d. Stadt Heidelb. B. I. 8 222.
Wundt, Mag. B. lU. S. 253. 254.
46) Wundt, Mag. S 255. 256. Wandt, Heidelb. S. 228.
SnprtefU L, Begründer ätr ümvinim. 119
Böhmen hatte, und in der Sorge, demselben Vertiieile zu
▼erschtrffen und vor Allem in seiner Residenz Prag Alles
zu vereinigen, was diese heben konnte, stand unser Knr-
ittrst in Besiehung auf sein Land und seine Resident
Heidelberg dem Kaiser nicht nach. Er h«tte für seine
Unterthanen die grOsste FOrsorge; suchte ihnen die Ver-
luste, welche sie durch Fehden oder Kriege erlitten, zn
ersetzen und ihren Wohlstand auf jegliche Weise zu
lieben.
Heidelberg war, als es sich kaum so weit empor-*
gearbeitet hatte, dass es eine Stadt genannt werden
konnte, im Jahre 1278 durch Ueberschwemmung und
Fenersbrunst schwer heimgesucht *^). Und kaum waren
wieder »etliche Fischer- und andre Häusslein ausgerich-
tet«, als auch diese wieder im Jahre 1288 in einen
»Stein- und Aschenhaufen« verwandelt wurden **). Trotz
aller Bemühungen Ton Seiten des Kurfürsten hatte sich
aber bis jetzt die Stadt, welche ihm im Jahre 1357 hui-
(ügte^^, noch nicht wieder erholt ^^). Nun war dem Kur-
fürsten, wie schon bemerkt wurde , bei seinem öftem Auf-
enthalte in Prag nicht entgangen, wie schnell, bei den
damals noch so mangelhaften Nabrungs wegen, über diese
Stadt und Gegend W(Alstand verbreitet wurde. Sehr
begreiflich erschemt es nun, dass bei Ruprecht der
Entscbluss zur Keife kam, auch seinem Lande und sei-
47) Freher. origg. Palai P. I. p. 102. 103. R H. p. 94.
Tolner, Additt ad bist Pal. p. S2. Zeil er, S. 27.
48) Freher L c. P. IL p. 04. Tolner, bist. Palat. p. 56.
Cod. dipl. p. 74.
49) Pf&te. Copialb. Kr. 2. F. 60, a. ^ In demselben Jahre Ter.
lieh er auch der Stadt eine 14t&gige Messe (vom 17. bis 80. April).
Ebend. Nr. 6. F. 29. Vergl. auch Mone, Ztsdir. B. IV. H. 4.
S. 386. ^ Im Jahre 1364 wird >ztt Erbebnng des ürogelts und
Sausen te Heidelbeii; ein Jad bestellt, soll dafülr die berrschalU
Heben Wingert und am Schloss bawen, auch, die Wacht ausrichten
Bfid gute Rechnung thun«. Pftls. Copialb. Nr. 7. F. 46, b.
60) Wnndt, Heidelb. B. I. S. 228.
120 I' Bu$h\.L Bsfioä». LAheehniU^ (iS4ßr^iB90.)
nem Heidelberg gleißbe Yortbeile cliu!ch. die föilb^ang
einer Hochschule zu rversehaffoii. Zu dem Allc^ ^ kam
nun noch, jdass der. edle Fürst keine geringe EjrmunterEiQg
m seinetn UiUteniehmen in den- von der JSiaturiin so ho-
hem Grade t)!egüustigte]i klimatiachen und örtUaben V^er-
hältnissen der Stadt gefund^ bat ^'). In einer der
schönsten und reiz^qd^ten Gegenden des, deutschen Beiches,
düe man das Paritdi<^ Diautecblau^s genannt bat..^^, in
dem Mittelpunkte der ehemaligen Rheinpfalz, am Ufer
des Neckars gelegen,, bort Heidelberg, wie keiu iStnderer
Ort der Pfäl^isch^ Lande, . Alles im Ueberflosse , niras
zum Unterbalte des. Lebens gebort und.es. freundlich und
angenehm macht .^^). Mit Hecht wird dieses auch in der
BestätiguugsbuUe Urban's VL ausgesprochen: wie :4enu
51) Mieg, Oratio ^q Providentia circa ünivers. Heidelb. p^ 9;
>Domum et officinam Sapientiae in terris Palatinis positurua Dens
lUam m cum locüm collocavit, de quo dicere possumus urbem!
Academiae, Acadämiam iirbi ' fulsse aceomodati^aiittam«. >Uiefber
die Vorzüge der Stadt Heidelberg als einer üniTersitätsstadt« Tergl:
Zachariae, FOr die Erhaltung der Universität Heidelberg« Hei-
delberg, 1817. S. 18 — 22.
'52) Als Kaiser Joseph zum ersten Aale die Gegenden irar
Heidelberg sah, rief er .'aus:- »Hier bim ich in Italien'«^' und ein
gebildeter Italiener äusserte bei ihrem Anblicke: »ö Deutschland,
wie leicht könntest du Italien sein!« Der dramatische Schriftsteller
Eotzebue sagt in seinem »Freimathigen« (1803): »Wenn ein Un-
glücklicher mich fragte, wo er leben müsste, um dem lauernden
Kummer dann und wann eine Stunde zu entrücken , so nenne ich
ihm Heidelberg.; und wenn ein Gltteklither mich fragte, welchen
Ort er wählen sollte, um jede Freude des Lebens* frisch <u kränzen,
so . nenne ich ihm abermals Heidelberg.« Yergl. -auch H a ch e n -
berg, Oratio de laudibus et praestantia Palatinatos ad Rhenbm.
1763. Mleg, .Heideibergae, sediri Mmanim Palatmanim; deli-
ciäte. 1773. .
fiS) Auch def Gründer der Uniferiität Tübingen, Graf Eber*
kard im Bart, gibt in der Süftong^Burkunde vom 3. Ju^i 1477
als Grund y warum er ^ Tubingen liieztt gewählt habe, Anmutii^Bitfl
Fmölitbarkeit der Gegend und gesunde Luft aU in die Augen &I*
lende Vorzüge äii,vdi6 er. nicht' erst \anziurühmen braache... Kltl.«
pfel, S. 3. . - :' V .
Eupreehi /., B9ffründ$r der UmveriML \ * 121
ttlHarhanpt di^ Pi]M3te in ihren Bullen bei Best&tigungeB.
m ^rdndendier Univetsit&ten auf die günstige Lage des
Ortes Rücksicht nahmen ^^)*
Einen weiteren Qrund zur Stifbong unserer Univer*
sitftt finden wir aber auch in den dan^^ligen politischen
und kirchlichen Yerhältnissen. Der KurfQrst hielt den
Papst Urban VI. für das einzige rechtmässige Ober--
liaupt der Kirche und hatte «n ihn grosse Anhänglichry
kät. Diese sprach er auch in dem (S. HT) angeführten
Schr^ben an den König von Frankreich Karl V. auf
das Entschiedenste aus. Nun waren die Mitglieder der
Uniirersität Paris txeue Anhänger des Papstes Clemens VIL
geworden ^^), mit Ausnahme der dort studirenden Eng-
länder und Deutschen. Damit aber die Letzteren nicht
auch diesem Papste sich zuwendeten, und da Ruprecht
es überhaupt zu vermeiden suchte, dass die Geistlidien
seines Landes unter diesem Papste ihre Studien machten,
so konnte er dieses am sichersten durch die Gründung
einer Universität erreichen ^% welche, wie es in der Be-
54) Dieses ist deatlicb ausgesprochen in der Bulle des Papstes
Julius 11^ durch welche er die Universität zu Frankfurt a, d. 0.
bestätiii^. Beckmarini memoranda Fr ancofurtana p. 18. W u n d t,
Beitr. z. Oeech. d. ünir. Heidelb. S. 87. In der Bulle des Papstes
BonifaciusIX. aber die Qranlung <ler Umyer^itftt WUrzbur^
wird gesagt: »In Anbetracht, dass Warzborg vor aUen Städten zur
Ausbreitung der Wissenschaft^ und gesunden Lehre bequem ist, in
Anbetracht, dass es reine Luft und Ueberfluss an Nahrungsmitteln
bat, wird zttm Yortheil dieser 'Stadt und der angrSfnzemden Länder
die Errichtung eines Generalstudiums nach dem Muster der Uni-
versität von Bononien erlaubt, auch dieser Würzburger Universität
alle jene Freiheit verliehen , welche die von Bononien besitzt«:
Scher er, Akaid. Mon^tschr.. 1862.^. 6.
55).Uebjer die Stellung, welche, die Universität Paris beim Be-^
ginne der Kircdienspaltung angenommen hatte, vergl Hartwig^
Leben und Wirken Heinr. y. Langenstein, S. 39 ff.
56) Hujus sdüsmatis motus Heidelbergensi aliisque brevi postea
m ß^rm^ia jsond^is acajimiis praecipuam occaQioaem dedisse» ad*
BioduBi est probablle. Mieg, Oratio p, 17. WnnjipyDe MamUq
ab Inglten (FfQgr.) p.}Q. Wandt« Mag. B.UL S^254 Wun4t,
Beitr. 9. 4. €(esch. d« Univ. H(»idelb. 6. 66.
123 I. Buch, T. Periode. £ AheehniU. (1S^^%390.)
stätigungsurkunde des Papstes ürbatfs VI. vom Jahre
1385 heisst, für seine und seiner Nachbarn Onterliiimen
Wohl sein sollte *^). Von diesem kirchlichen Standpunkte
fasste daher auch der Kurfürst die Gründung seiner Uni-
tersität auf, als er sich an den Papst Urban VI. wandte
und dieser die Genehmigung ertheilte **).
Es lüag vielleicht auffallend erscheinen, dass vnr die
Gründe, welche den Kurfürsten zur Stiftung unserer
Hochschule bestimmten, so ausführlich behandelt haben.
Allein wir wurden dazu besonders dadurch veranlasst,
dass fast alle Schriftsteller, welche über die Gründung
derselben schrieben, die Frage aufwarfen, was einen Für-
sten, welcher, wie wir oben berichteten, von sich selbst das
Bekenntniss ablegte, er sei in den Wissenschaften uner-
fahren, zur Gründung einer so* grossartigen Anstalt habe
bewegen Können. Diese Frage suchten wir in der gege-
benen Darstellung zu beantworten.
§3.
MarstHm von Inghen.
Zu der Zahl derjenigen, welche Clemens VII. nicht
als rechtmässigen Papst anerkannten, gehörten auch hoch-
berühmte Gelehrte an der Universität zu Paris. Sie er-
fuhren deshalb mancherlei Misshandlungen und sahen sich
zuletzt gezwungen, diese Hochschule zu verlassen. Unter
ihnen war B ur i da n u s, weicher sich (1384) nadi Wien be^
gab, und Marsilius von Inghen, ein Niederländer**),
57) Hier machen wir aufmerksam auf: Wigard, Ruprecht I.,
Kurfarst von der P&lz. Ein Gedicht bey Gelegenheit der 4. Jubel-
feier der ersten deutschen hohen Schule zu Heidelherg i. J. 1786.
Mannheim, 1786.«
68) Zacharift, S. 5. *
89) Marsilius wurde Doctor und Lehrer in Pftris um 1862,
Rector der Umyersit&t 1967 und 1381 , und als diese noch tot
dem kirchlichen Schisma Gesandte an Papst ürban VI. hei
dessen Begierungsantritt (1878) schickte, wurde Marsilius mit
MamOlM vm Inghen. 123
weldi^ nadi Heidelberg ging. Hierbei müssen wir aber
»Qcb anführen, daifs Bnridanus und Marsilius An-
h&Dger des Nominalisnras waren nnd diesen auf der Uni-
versität in Paris vertheidigten. Auch dadurch zogen sie
sich viele Feinde zu, da bei weitem die meisten dortigen
Lehrer Realisten waren ^^z
Marailias war jedoch schon froher mit dem Kur-
fürsteo in Verbindung und bei ihm in Heidelberg •^) gewesen.
Jetzt stand er demselben in der Ausführung seines grossen
Vorhabens, die Hochschule zu begründen und einzurich-
ten, auf das Kräftigste zur Seite; ja er war es, nach
dessen Willen — so hatte es der Kurfürst bestimmt —
alle Anordnungen getroffen und durchgeführt wurden **).
Mit Recht nennt ihn daher sein Amtsgenosse Nicolaus
Heinrich von Athenis und Gerhard von Kaikar dazu
auserkoren. W u n d t , De Marsilio ab Inghen. Joseph. Aerigola,
Marsilius ab Inghen (Progr.). Gr&ase, S. 941. Mieg, p. 17.
Hartwig, 8. 39. Schwab, Syllab, P. I. p. 1 ff. Riesmann
rediv. p. 51. ff.
60) Wandt, p. 17. Erhard, B. I. S. 180. Ullmann,
Joh. Wessel, S. 334.
61) Wandt> p. 10: 9Qaod is aliqnanto ante conditam et ex-
ornatam Academiam Heidelbergae fuerit, de hoc nnlla est dnbitatio.«
62) In der BestaUungsnrkunde d. d. 29. Juni 1386 (Pfalz.
Copialb. Nr. 17^1. F. 80, b) sagt der Kurfttrst, er habe den Mar-
silius zu seinem »paffen gewonnen« und er ihm >getreuwe vnd holt«,
und >des Studiums in Heidelberg ein anheber, regirer
▼nd dem furderlich for sin sali«. Als Besoldung erhielt
Marsilius j&hrlich 200 fl., zu jeglicher »Fronvasten« 50 fl:, welche
die Borger der Stadt Heidelberg ihm, als dem Kurfarstlichen »Ver-
weser des Studiums t aus der Herbststeuer geben mussten. Nach
den Annalen d. Univ. (T. I. F. 36) war Marsilius auch Canoni-
eos und Thesaurius der St. Andreae - Kirche zu CMn und Mitglied
des, Kurfarstlichen Rathes.
Nodi ist zö bemerken, dass das oben vorkommende Wort
»paff« nicht in der Bedeutung »Geistlicher oder Pfarrherr« zunehmen
ist, sondern als »Advokat, Syndieus, Schreiber«, weil im Mittelalter
die Geiallichen die einzigen Gelehrten waren. Zinkernagel,
Handb. f. Archivare S. 544. Wie Marsilius, so wurde 13»5
Matth&ufl von Crocow (de Cracovia) von Ruprecht II. ah
»Paff« mit einer Besoldung ron 150 ff. angenommen.
124 I. Buch. L PenaOe, l^AbeehniU. (1^46^1390.)
J*rowin ?^) »'primupi üniversitBtJß {)lan'tit'ta.-
rem«, i^id. in deA Acten unsjurer Universität heis&t &c
.»f^Bdato^ et miciator kujus »tudii« ®>X
• -§4. - ......
-•'•••. ' ■ . . • •.'•■.
Päpstliche Autorisationshulle. Privüegien der Univ^^
ntäU Die Universität eim kirehliebe Ansiäit.
■ . * . ■ ■ ' • ' • . '•
Um nun der künftigen Hochschule alle die Rechte
* *
eines »Studium privilegiatum« gleich bei ihrem Entstehen
zu sichern, wandte sich der Kurfürst an den Papst, lejgte
ihm die Gründe seines Vorhabens, sie zugleich, mit an-
sehnlicher Geldspende unterstützend ^% vor, und erhielt
durch eine Bulle d. d 23. October 1385 ^^) die ,nachr
gesuchte Einwilligxmg.
Wie nun Ruprecht für seine hohe Schule vorsorg-
lich'die päpstliche Bestätigung nachgesucht hatte,
so hatte derselbe oder einei; seiner Nachfolger wohl auch
nicht unterlassen.,, die kaiserliche Genehmigung,
beziehungsweise die kaiserlichen Vollmachten für ihren
j63) Orat. fan.el)r. in, exeqLaiis Marsil Heidelb. 1396, Audai ab-
gedruckt in A d a m i Monumm. Haidelb. — Yon M a r s i li u a ßnäet
sich noch ein Manuscript in der Universitätabibliothek za Strass-
bürg : »Marsilius de Yngen^ Quaestiones de generaüooe . et
corjruptione« , Eiije noch ungedruckte Schrift des Marsil ius (Rar
tiones, cur Urbano Pontifici eleoto adhaerondum). erwähnt Hartwig
S. S9,.Note. — Gedruckt wurde 1499 in HeideUierg »Marsilit itb
iBghen Oratio coxnplectens dictiones, dausulas et eiegantias . ora-
torias«, auch in , Hagenau (14:07) und Strassburg (loQl): Din
Marsilil Inghen, Poctoris clarissimi, in quatuor siententianun libros,
opus praeclarum«. Weitere Schriften demselben, sind: Commentarius
in libros YIII physicorum AristoteHs; Dialectica; Tractatus de rßlir
gione clericorum; Scripta metaphysica , CommentarÜ in Danielem
et Matthaeun^. . Freh^ejc, Qrigg. Pal T. IL p.:194. jGrejrdes,
FlorHeg. libr. rarlon ^. 139,-
64) Annali. Univ. Tl L F. 61,.^ . - . • . r
65) AnnaU. üniv. T. I. F. 35, a*: »Missia p^ux^ssupfr litem
jdicte concessi^nis impetrandis.c.; / .. * :
. 66) Urkunde Nr. l, befindet sich im Unlv.-ArchiT unter Nr. 40
und eine Abschrift in AnnaU. Univ. T. I. F. .23ya.b, , >. . :
r
Caozler flacfaBasuchen. Eme Urkunde ' Aber die Erwif-
knng ddr kaiseriiclidti autboritas ist nun zwar bisher nicht
aB&ufinden gewesen; dass aber eme solche erbeten und
ertheilt worden war , scheint sicher , da der Garizler von
Worms bei der Ertfa^ilung seiner Ermächtigung zur Vor-
nahme der Ebrenprconotionen bei dem Jubiläum 1766 auf
die »authoritas Ot^satreäe Majestatis« neben der »äutho-
titais sedis apostolicae« Bezug genommeh hat. Fehlen
durfte diese kaiserliche »authorkas« der Universität in
keinem Falle, da das Aecht, die Ei'laubniss zum Greiren
von Doctoren zu ertheilen , von dem Kaiser als ein Re-
servatrRecht angesprochen wurde und ein Bestreiten der
zar Verleihung von academischen Graden ausreichenden
{»pstlichen Gewalt von 'kaiserlicher SMte der Universität
nadbttheilig gewesen s^n würde ^^).
Nachdem der Kurfürst die päpstliche Bulle erhalten
hatte, verlieh er der Universität, welche er seine »geliebte
Tochter« 55u nennen pflegte, in 6 Diplomen ihre Privile-
gien, Freiheiten und Gerechtsamen. Die 5 ersten Diplome
sind in lateinischer, das 6. aber ist in deutscher Sprache
abgefasst *^.
Das erste Diplom bestimmt: Die Universität,
welche, wie die in Paris, einzurichten ist, soll aus 4 Fa-
cultäten bestehen, der theologischen, juristischen,, niiedi-
cinischen und artistischen ; sie soll von einem Rector ger
67) Acta ßacror. seoil. Acad. Heidelb. f. 166.
68) Urkunde II, 1—6 gibt die 6 Diplome.
Die Originalien der 5 ersten Diplome sind noch in dem Univ.-Arch.
Vorhanden, ausserdem Abschriften in Annäll. Univ. T. L F. 6, a ff.,
ittAeta Faci Art. T. I. F. 205, b ff., in Copiajb. d. üniv. F. 65 ff., so-
wie aach in einem besonderen Hefte in. d^m Univ.-Aroh. unter Nr. 67..
Das 6. Diplom ist im Original nicht mehr vorhanden, wohl aber
in mehreren Abschriften, so im Matrikelbuch lib. I ani Ende,
in Annall. Univ. T. I. F. 25, b., T. IX. F. 256, T. XXX ^m Ende,
in Acta Fac. Art. T. I. F. 210,. im Copialb. d. Univ. F. 70. Eine
lateinische Uebersetzung dieses Diploms findet sich in Hist. Acad.
F. 7. '
126 ^' ^^J^' ^' Periode. ^.. Jbeehnitk (1S46^1390,)
leitet werdeu imd jedes VierteUahr eine neu^ Waid statt«
finden ; alle Angeh&rigw der UniversitSit solkn schwfiren^
die Gesetze derselben zu b^olgen und dem Bector Ge*
borsam zu leisten ; die einzelnen Facttlt^teo^ Natioseu n. «4 ir^
dürfen sich ihre eigenen* Statuten geben, in so weit dies^
sucht die aUgemeine Ordnung der UmversitSt beeintraeh'^
tigen; aUe zur Universit&t gehörigen Personen , Pedelle,
Geschäftsleute u. s. w. haben gleiche Priyilegien wie die
liehrer und Schaler in Paris.
Das zweite Diplom sichert den Lehrern und
Schülern freies Geleite zu und im Allgemeinen alle Vor«
recjbte imd Freiheiten , welche Lehrer und Schfller nuf
der Universität Paris geniessen. Dem zeitlichen V(^.
(Fauth, Oberamtmann) und Scbultheiss der Stadt Heidel-*
berg ist der besondere Schutz der UniYersitäts--Angehörigen
aufgetragen *?J. Wer einem Lehrer oder einem Sdiüler
eine Unbill zufügt, soll als Strafe 60 fl. bezahlen.
Das dritte Diplo^n erkennt den Bischof zu Worms
als d^ ordentlichen Richter über die Cleriker an, schreibt
aber die Art des gerichtlichen Verfahrens vor. £s ist
dem Bischöfe gestattet, in Heidelberg einen Garcer zu
haben und die strafbaren Cleriker in demselben einzu-
sperren. Ist jedoch das Vergehen nicht bedeutend, so
sollen diese ihrem Magister oder dem Bector ausgeliefert
werdep. Den Laien aber bestellt es den Vogt und den
Schultheissen der Stadt Heidelberg als Richter, beschränkt
sie aber beide und legt ihnen auf, jedes Jahr mit dem
ganzen Magistrat dem Bector def" Universität öffentlich
und feierlich zu schwören, keine Eingriffe in die Freihei-
ten und Vorrechte der Universität sich zu erlauben, he^
ziebungsweise die in Haft genommenen Meista: oder
Schüler auf der Universität Begehren verabfolgen zu
lassen.
69) Damals hatte Heidelberg einen adeligen und einen ple-
beischen Bargermeister. Mone, Ztschr. B. XI. S. 47.
ifir ütmmMt. 127
Dfts vierte Diplom befreit alle, welche die Uni-
versität besiicbeD, auf den Reisen innerhalb des Kui^
itoteathums vom Zolle imd Weggdde, sowie von sjü-
dero Abgaben und für die ganee Dauer ihres Anf^it-
klts in Heidelberg von aUer und jeder Besteu^ntg ^^.
Weiter ist gestattet, dass, wenn in einer 3ttrse 1 oder 2
Fuder Wein übrig bleiben, dieser im Grossen ohne alle
Steuer verkauft werden dürfe ^0-
Das fünfte Diplom soll verhüten, dass dieLehrar
and Schüler bei dem Mietben der Wohnungen übervor^
theilt werden. Jedes Jahr soll ein Mitglied der Univei^
sität gememscbaftlich mit einem Bürger der Stadt die
Miethpreise bestimmen. Die Gerichtsbarkeit über die von
den Schülern bewohnten Häuser, die Entscheidung über
von Schulern abgeschlossene Verträge u. dergl. sollen der
Rector und die 4 Procuratoren der 4 Nationen der Ar--
tistenfacultät haben.
Das sechste Diplom soll jedes Jahr der Ge-
meinde in der Kirche zum H, Geiste am Tage Allerhei*
hgen oder an dem darauf folgenden Sonntage von der
Kanzel durch den Stadtschreiber vorgelesen und 8 Tage
an den Kirchthüren angeschlagen werden ^'X »damit sich
demselben verwissentlich niemand zu entschuldigen«.
70) Dieses Privilegiam galt nicht nnr fftr Profeasor^ und
Stadenten (civibus academicis) selbst, fOr ihre Familien and ihr
Gesinde, sondern es umfasste auch die ciines iUiterati: Bedelli,
Librarii (qui et nova et vetera acribqnt), Statioaarii (von Btatio,
welche in Buden oder Ständen auf Marktplätzen ihre Bücher feil-
boten oder gegen ein Miethgeld mm Abschreiben herliehen), Per-
gamentarü (Pefgamentbereiter), Scriptorea, IlUuninatores.
71) Auch die Professoren hatten das Recht, yon Pfingsten bis
Ostern Wein zu schenken. Dieses wurde erst durch den Eurbadi-
achen Hofrath 1. Senat, Mannheim d. d, 29. März 1805, Nr. 1949,
aufgehoben. Die betreffenden Acten befinden sich im Manchner
Reichs-Archi? (Haffenkeller).
72) In Tübingen mussten die yon dem Grafen Eberhard
im Barte der Universität gegebenen, von der Stadt durch einen
besoadern^y ertrag anerkannten und. ¥on dem. Vogte und zweien
128 i^ ^««JÄ. I- Periode. 1. >l&«cÄmU (1346—13900
Diesem Diplom gSbt eine Zus^iiimeiifitellting äös In-
iialts der 5 ersten Diplome und nmfasst) besondcs's an das
:2^eite 6ich anschlieseeiild, für alte lJniyersitäts^An)|^liönge&
-die Zusicherung der Vorrechte und Freiheiten, w^Iehe auf
der ^Parisfer- Universität gelten: des bescmderb Siht^aes
so^M auf der Reiiie, das auch während des Attfentha^tes
in Heidelbierg^ des Freiseins Tön Zöllen u^ Abgaben;
der Abschätzung der HäUsmieäien. Slsrditigkeiten «nter
Universität&'Angehörigen oder dieser ihit andern Beiv^cdinBrn
-der Stadr sollen vor den iRector i^r Entscheidung- ge>
-brächt werden. Verlangt der Rector die ünteratützung
von den Beamten, so sotl ihm diese gewährt werden.
Das Vorlesen dieser Privilegien zu der bestiniraten
Zeit und an dem angögebenen Orte fand Jahrhunderte
hindurch statt. Wir finden es noch im tfahre 1660 aus-
drücklich angegeben ^•). — Für das Vorlesen" selbst war
eine Vergütung bestimmt. Es heisst nämlich ''*) : -
>Dein Stadtschreiber Ist man Zuuerlesung dieser Privi-
legien 1 Pfund Heller vnd dem stadtknecht'S albus schuldig.«'^
• • ■ j . • • . . {
Dass diese • ihr verliehenen Privilegien in keiner
Weise verkürzt wurden, überwachte die Universität
mit grosser Sorgfalt. (Jlaiibte sie sich irgepd^wie. beeiii-
Yom Gerichte in die Hftnde des Bectors beschworenen Pririkgien
jährlich am &t. Georgentag von dem Stadtschi*eiber in der Stifts-
kirche vor allem Volke verlesen weMen. KlQpfel, S. 5.
73) Hottinger, p. 86: »Haec privilegia etiaudnnm octavo
vel Ante vel post omnium Sancto^rum die in Templo primario legi
solentc E urpfälzische Kirchenraths-Protokolle von den Jahren
1553 u. 1^57. AnnaÜ Univ. T. VÜI. F. 10, b. T. XXX am E»de.
• 74) Ibid. T; IX. F. 258, a. .
75) Das Pfund Heller ist in dieser 2eit zu 6 fl. 20 kr. und
später (1502) zu 2 fl. leys kr. anzuschlagen. Der Goldgulden hatte
einen Werth von 5 fl. 37V» kr. oder einem Dacaten, der Gulden
von 3 fl. 19^/8 kr., der Albus (Weisspftinnig^) v^m' 77* kr., der Hel-
ler etwas über V» kr., 12 Heller warrn 1 Albas, der Pfennig nahezu
■*/* kr. Bas Fuder Wein besseren Gewächses (crem^nti meÜoris)
kostete 27 fl. Mo ne, Ztschr. B. IL S* 403; B. IX. S. 191. B. XI. S. 57.
Eröfwuing efor ünwers. Die ersten Lehrer, Der erste Bettor. 129
trSchtigt, so wandte sie sidi an den Eurfttrsten. So im
Jahre 1416 ^«).
* Hatte nun auch die Universität von dem Kurfürsten
ihre Privilegien erhalten, so erkannte sie, als eine kirch-
liche Anstalt, doch nicht in ihm, dem weltlichen Fürsten,
sondern in dem geistlichen, dem Papste, ihr Oberhaupt
an. Sie hat nie einem Pfalzgrafen Kurfdrsten, wenn er
die Regiemng antrat, »gelobt oder geschworen, sondern
demselben allein, doch mit einer geringen unterthänigsten
Verehmng, Glück gewünschet und denselboi vor ihren
gnädigsten Herrn und Patronum erkennet; auch um gnä-
digsten Schutz und Schirm untertbänigst nachgesucht,
damit auch die Pfeltzgraien Ghurfürsten zufrieden gewe-
sen.« So war es bis zum Jahre 1622, wo Tilly Heidel-
beig eingenommen hatte. Dieser zwang den Rector und
die Professoren der Universität, dem Kaiser Treue zu
schwören ^^
§5.
Eröffnung der Universität. Die ersten Lehrer und ihre
Vorlesungen und Besoldung. Der erste Eector.
Ueber die Begründung der Universität, über die ihr.
von dem Papste und dem Kurfürsten bewilligten Vor-
rechte und Freiheiten, über ifaie Eröffnung durch ein
feierliches Hochamt in der Capelle zum H. Geiste ani
18. October 1386 — denn mit Gott sollte das grosse
Werk begonnen werden — , über die ersten Lehrer und
ihre Vorlesungen, so wie über die Wahl des ersten
76) Anno 1416, 28. de Jaüi Rector cum suis deputatis obtinois
mediante consilio domini du eis, quod cives consilium heidel-
bergense regentes promiserant, quod nee direete nee indirecte im-
pedirent supposita unlvergitatis , quin necessaria victus et aliorum
seoundum tenorem prlvilegii indueerent sine omni theoloneo, peda-
gio (tributo) etc. Copiab. d. üni?. F. 131.
77) Zeiler, Top(gr. p. iO. 41. Schönmezel, Collect, ad
bist Fae. med. HiiJelb.
Uantz, Gctoa. d. Univ. Heldelb. I. 9
130 L Buch, L Periode. 1. Jbachnitt (ISdß-'iaBO,)
BectoTS, Mar'silius, wdlcher dem ihm YOfi dem Kur-
fürsten geschenkten Vertrauen auf eine auch v(äi seinen
Amtsgenossen anerkannte Weise entsprachen^ hatte, ist
noch ein in gedrängter DarBtellüDg abgefasster Beridit
vorhanden '^, au» welchem wir Folgendes mittheilen:
Der er^ Lehrer der Universität war Mairsilius,
welcher jedoch gleiah iir der erstes Zeit zwei Amtsge-^
nossen erhielt, den Cisterzienser''Mönch aus dem Kloster
Alva in der Lütticfaer Diöcese und Dr. der Theologie auf der
Universität in Baris, BeginaTdus, und den Meister der
freien Künste imd Baocalanreus der Theologie, Heilmann
Wunnenber.g von Worms, welcher in Prag promovirt
hatte. Dkse 3 Männer warei aus dem geistlichen Stande;
denn
»jet20«, sagt V^untlt^» »und nocll laoge bevaach war,
was die IJmwälziuigen der Zeit von. Etmst und Wissenschaft-
übrig gelassen hatten, in den Händen der Kirche^ die es-, nur.
ihren Geweiheten mittheilte«.
Wie der Kurfürst den Marsilius durch eine für
die damalige Zeit ^m glasi^ende Besalduag für die Uni»*
versität gewann (S, 123, Note 62^, so bewilligte er auch
dessen Amtsgenossen ansehnliche Gehalte, welche, wie
Hberhaupt zu den Zeiten Euprecht's I. Besoldungen
78) Urkunde Kr. III. Annall. Univ. T. t V. 35, a — 30, b.
Abgedruckt bei Hottinger (1556) ia seiner Schrift De Coli. ^.
p. 30 — 32 und bei Jung, Acaid. Heidelb, Acta ad concil. Constant.,
Basil., Florent. histor. (1722) p. 21—25. Lange Zeit glaubte man,
dieser ßcrichtsei von dtes MPa r sili n s eigener Hand geschrieben^ j«t2t
aber verloren. (Wundt, De Mftrsifi<r p. 11. Jung, p« 21.) AUdn
keins von beiden ist der Fall. Der Bericht findet sich a. a. 0. in
den Annalen der Universität, ist aber nicht von Marsilius ge-
schrieben; dientt V0&' derselben Hand' ist F. 61, b auch cUe Nach-
richt von seifigem Tode (1396) aufgezeichnet und überhaupt die
Chronik der Universität bis 1402 fortgefStthrt^
Uebrigens ist sowohl in Beziehung Mif diese» Beriißbt, so vfie
auch auf die übrigen Universitäts- Acten zu bemerkeft, dass die
Begebenheiten nicht immer nach d<er Reibenfolge erzählt werden.
Ausdrücklich wird dieses in Annall. Univ. T. I. F. 37, a luigefahrt.
79) Mag. B. III. S. 260.
Eröfff^i»^der Umf>erB. Dke^tehLtlhrer. Der erhtt Beäor. 131
trfid Hausmietbe der Lehrer, at» den EnrfÜristDcfaen Kam-
mei-gefallen bestritten wurden ••).
Bei der in Gegenwart der Lehrer und Studenten
statt gehabten feierlichen ErÖffhung der Universität cele-
brirte Beginaldufi das Hochamt. Am folgenden Tage
(19. October) nahmen die Vorlesungen ihren Anfang.
Marsilius las über die Logik, Reginaldus über den
Brief Pauli an* den Titus und Wurinenberg über ein
Buch der Naturlehre des Aristoteles.
Am ' 17. November wurde die Wahl eines Rectors,
nachdem der Baccalaureus des canonischen Rechtes und
Magister Artram, Dithmar von Swerthe (Surrte),
welcher aus Prag kam, als weiterer Lehrer in der Ar-
tisten-Facultät angestellt worden war, vorgenommen, und
Marsilius einstimmig gewählt **).
Die Lehrkräfte wurden noch in demselben Jahre
durch den von Prag als Professor der Rechtswissenschaft
berufenen Johann van der Noyt aus Brabant ver-
mehrt, welcher auch sofort seine Voriesungen über das
4. Buch der Decretalen begann **). Gerhard Radui-
€us von Groningen lehrte das canonische Recht, und
Heinrich von Angheren las die Nova Jura.
So hatten die verschiedenen Facultäten gleich bei
der Eröffnung der Universität ihre Vertreter. Nur der
Lehrstuhl der Medicin wftr nodi nicht besetzt. Dieses
geschah erst gegen das Ende des Jahres 1387 ^), wie
80) Annall. Univ. T. I. F. 98.
81) Matric. lib. I. F. % -— Die Wahl wurde in dem Refectorium
des Augustiner- Klosters (S. 105)' vorgenommen. Eigene Gebäude
liatte damals die Universität noch nScht. Das tJniversitätsgebäude
im »CoRegium in der Bursch« wurde erst 1393 vollendet. Tol-
ner, Cod. dipl. p. 132.
82) Van der Noyt (so ini Matr. lib. I. p. 1) war zugleich
Cuötos (Thesaurius) bei dttr Ö. Geistkirche (Acta Theod. - Palat.
T. I. p. 381) und Canonicus ato der Kathedralkirche zu Speyer.
Wundt, Mag. B. III. S. 288/ Schwab, SyU. P. I. p. 19.
83) AnnaU. T. I. F. 41.
9*
132 L Bück, L Periode. 1. AbaehniU. (1346-^1390.)
wir unten, wo von den einzelnen Facnlt&ten ausfübrlicher
gehandelt wird, sehen werden*
MatriJeelbuch. Erwerbung des academiscken Bürger^
rechtes. Deposition.
• • • . •
Zu den ersten Einrjichtungen an der Universität ge*^
hörte das Anlegen eines Matrikelbuches^*). In die-
ses mussten sich alle , welche die Privilegien der Univer-
sität geniessen wollten, kurze ZeiJ n^ch ihrer Ankunft in
Heidelberg nach dem auf Universitäten angeführten Brauche
einschreiben lassen und zugleich schwören, den Gesetzen
der Universität Gehorsam zu leisten ^% und ist nur noch
anzufahren , dass in sp^erer Zeit sogar die Schaler de&
Pädagogiums immatriculirt wurden ®^.
84) Gonsequeater di6 Jovis (1366) sequent^ focta congregacione
magisU^orum et scolarium ap^ f ra^res minpreis kom prima post
meridiem in lectorio sacre thQoIogie ad stataeadum statata faerunt
hec de ynani'mi consensu omnium magistrorum et soplariam, quod
expediet fieii matriculam siye libram universitatis, in quo scolare?
studii et deinceps insetiberentiur tarn pr^äentes qaam deinceps sa»
perventuri secundum guas «tates, quodque no^ inscripti infra ter-
minum expressum assignatum^per rectoreni per vniversitatem. minime
d'efenderentur. Ann. Univ. T. I. T. 36, b. Eist. Acad. F. 24.
85) Dem Namiender luflerlUrten ist je nach ihirem Älter bei-
gefügt: Inscripti sunt .die^^ . .,,et juramenta praestiterunt soUta^
oder: Inscripti sunt die ... et fidem loco jaramenti dedemnt
propter impubertatem.
86) »Nachdem viele, so noch paedagogifcaslectiones hören, nichts
minder sich bei dem Eectore Upiyeraitatis einschreiben lassen, wel-
ches Ihnen auch unvcrwehrt sein soll, damit dann zwischen Bectore
und demjenigen, so dem Paedagogio fürgesetzt, der Straf halber
kein Missverstand entstehe, so wollen wir, sofern. sie Ihren Tisch
und Wohnung in dem Paedagogio haben, dass sie allein von Ihren
Praeceptoribus um ihrer begangenen , Missethat gestraft werden;
wie auch gleichfalls die, so Ihren Ti«ch und Wohnung andcrstwo
haben, und contra disciplinam paedagogicam oder sonsten etwas
geringes, so ferulam verdienet, misshaiidelt. Da aber dieselben
etwas mehreres oder auch wider gemeine der XJnirersU&t leges
MaMtelbuch, Acttimiädies Bürgerreeht D^poHHon. 133
Der Eid, vdchen alle Üniversitäts-Angehörigen, Pro-
fessoren, Studenten xl s. w., zu leisten hatten, bezog sich
nicht nur auf .den den Gesetzen schuldigen Gehorsam,
sondern auch auf die einträchtige Erhaltung des General-
i^diums ^^); denn Marsilius, unter dessen erstem
Hectorate die Eidesformeln abgefasst wurden, konnte sich
nichts Schrecklicheres denken, als die Trennung oder
Auflösung der hohen Schule.
Das Matrikelgeld betrug in der ersten Zeit 12
albeme Denare^ später 2 Turonenser (Livres toumois).
In der Folge hatten (nach Otto Heinrich's Beforma-
tion) Bürgerliche nur 10 kr., solche dagegen, welche zum
»Fürsten-, Grafen- oder Herrenstande« gehörten, 1 fl. zu
bezahlen. Von den Studenten waren die vermögenslosen
frei Yon Matrikelgeldern. Hinter ihren Namen findet sich
gewöhnlich auch ein P(auper); diejenigen, welche bezahl-
ten, waren mit einem D(edit) bezeichnet. Die Professoren
hatten keine Matrikelgebühr zu entrichten.
Eine bestimmte Zeit, etwa beim Anfange der
Vorlesungen, wie es jetzt der Fall ist, war für das Im-
matriculiren nicht festgesetzt. Es geschah dieses, wie
man aus den Matrikelbüchern sieht, wo gewöhnlich die
Zeit der Immatriculation genau angegeben wird, das ganze
Jahr hindurch.
pecciren, za gebührlicher ätraf anhalten, und da sich vielleicht
andere F&U, so allhier nicht gesetzt, zntrflgen, sollen sich Rector
ümTersitatis nnd Paedagogiarcka zusämmenthmi und sich dessen
mit einander vergleiehen, oder, wo noth, an unss gelangen lassen.«
Statatenb. d. üniv« F. 18, a. Beformat 'der üniT. durch Johann
Casimir, F. a7 und durch E'arl Ludwig, F. 14. -> Da diese
Stelle in dem 1701 neu begonnenen Album des Gymnasiums zu
Heidelberg auf der ersten Seite eingeklebt ist, sb beweist dieses,
dass der Brauch auch in späterer Zeit noch fortdauerte. Hautz,
Gesch. d. Stipendien u. Stiftungen d. Lyc. u. d. Univ. zu Heidelb«
(1856) H. L 8. 9.
87) Urkunde Nr. lY gibt diese Eidesformehi vollständig. —
Fflr Solche, welche auf andern üniversittten sich academiscbe Grade
erworben hatten, enthielten die Formeln besondere Bestimmungen.
Wie auf den tbirigen Univeusitätea, so war »üch in
Heidelberg bei der Aufnahme von StuoKrenden die bemts
schofa (S. 85ff.) gescbild^rtje »Depositio cornuum« von
frühen Zeiten an Brauch ^^. So belästigend »derselbe oft
den angehenden Studenten nyar, gfo kamen doch von ihnen
nie Klagen dagegen vor ; er er^chleo^k aber um so wider-
wärtiger, wenn er selbst auf ältere Männer:, welche von
einer Universität zur andern zogen, angewendd; wurdÄ.
Dieses gab zu vielfachen Beschwerden Veranlassung; sie
fanden jedoch erst von Seiten 4es Administrators der
Pfalz, Johann Casimir (4583—1592), die gebührende
Berücksichtigung. Er befahl unter dem 13. August 1585
der Universität, dass fremde Studenten,
»d^e allber^itB z^ einem völligen Alter audh erbewUehen
Erudition gelangt, mit der Position nitt beschwert werden,
bei den andern aber die Anordnung thun sollen, damit alle
obscoena und andere ungebür bei straff ausgelassen werde.
Das seit alter Zeit herkömmliche Depositionsgeld, welches
zu gemeiner noturfft d^ Gohtubemii sei, sollen aber alle
bezahlenc.
Die Universität missbüligte eben so, wie der Admi-
nistrator, das genannte Verfahren gegen die fpeniden Stu-
denten, ^nd sagte in ihrem Antwortschreiben von demsel-
ben Datum, djass sie schon fcüher eiiji Decret von gleichem
Inhalte erlassen und fuhr dann mit folgeadeo Wor-
ten fort:
» Vnd wir sind anferst nitt wi3sen4> ^^ ®8 gey von sol-
cher JSeitt an, diesem yosßrm P^cret geborsamblitih gelebt
yadt nsicl^geaelzt, yjadt darüber »ieimfindts beftehwiert wiais^en«
3ede]ijcken aach noch dabey zu yerpleibea vndt der Deposit
tion halb niemants hinwiderütnb yonivn^is abzuziehen Ursadi
zu geben, domitt au<^h hiilfaro bei soldien DepositionibuB
bessere Ordnung gehaltten; alle Vngöbttr, da eiflige fhrgangen
68) Nach Qtto Heiiirich'.s He^nn der Upiveraitäit mii89te
Jeder, welcher Student und in eine Burse kufg^nommeii werden
wollte, TOB dem Depositoci ly^elches ein 'besonderes Amt in den
Biirsen war, mit den ,ge?wöhnl|cb69i !GFebrjUichAntaufge^(uaM2\eA.i(e«ddn;
dqcjfi aoülten dip unsiuUchep a^gies^ch^fTt werden. ^
MaMxUmoh. AcaämiBekes Bütigmwht Si«p09ÜUm. 135
oid iorob wir nkt weniger dan £. F. Q. eui ernatliches
Missfallens tn^en, abgeschafft vnd des angedeaten Examinis
halb (dann die Regenten die Deponendos zoe examiniren
yndt keyncn obn vorhergehendes £xamen a beanismo, wie
manss nent, 2u absolviren In beuelch haben), haben wir Fa-
cnltati Artimn, AIss deren Sachen 2a dirigiren stehen, Tffer-
legt vndt beuohlen, diesen Diogen mitt reiffem Rhatt nacb-
zudencken vnd ihr guttachten ans zu erkh^nnen zu geben <^^).
Die Sache wurde nun zur Berathung und Begutach-
tung Ydli dem academischen Senate der Artisten-Facultät
zugestellt, welche auch dem Auftrage nachkam ^®).
Die Facultät scheint jedoch den Befehl des Admini-
strators nicht mit besonderer Gewissenhaftigkeit beobach-
tet zu haben, da auch später über den bei der Deposition
vorgekommenen Unfug Beschwerden geführt wurden. Die-
ses war besonders im Jahre 1619 der Fall, und zwar in
der Weise, dass man darauf drang, die Deposition ganz
aufzuheben. Darauf ging jedoch der academische Senat
nicht ein, »weil dieser Brauch sowohl in den Statuten
der Universität, als auch in denen der Artisten-Facultät,
aufgenommen und von dem Decane und der Artisten-
Facultät auszuüben sei«. Doch solle er (wohl damit »alle
89) Acta Fac. Art T. IV. F. 126, b. 127, a. b.
90) Huic mandato raorem gerexts QoUegium philosophicum,
Senatu per Juramentum convoeato, rem altios perpendens, statuit
ritum depositionis non plane abolendum, sed retinendum esse:
habita tarnen adultionim et doctiorum^ praesertim vero exterorum^
apud quos hujnsmodi ceremoniae in usu non sunt, itemque statu-
tonim, quae, qtdd in hac re servandum omittendamve sit , praescri*
bunt, ratione.
III. Novemb. denuo deliberatum est ea de re, nihil autem di-
versi constitutum a priori sententia, sed ea repetita ac confirmata,
shnalque decretum fuit, si Princeps response Senatas Academici
etiam nostro nomine facto noUet acquiescere, sed urgeret amplius,
scriptum quoddam esse concipiendum, quo fusius nostra sententia
declararetor. Verum enim vero illnstrissimo Principe nihil uUerius
alias rei eaussa vel a ßenatu Academioo vel Facultäte Airtium po-
Btalante, sed in Academiae responso acquiescente^ alterkirem deli*
lerationem FacnltaB ifttermitteoidam esse censnit. Ibid. F. 127, b.
12S, a.
136 ^. Buek. L Periode. 1. Abef^nitt. (IBiß-^lSM.)
obscoena und andere «mgebür« vermieden würde) gehal-
ten werden »publice in Contubemio vel in CoUegiis vel
et in hospitibus privatis, si sint personae honoratiores« **).
Einzelne Fürsten gaben sich indessen viele Mühe,
das Pennalwesen von ihren Universitäten zu entfernen,
wie z. B. der Markgraf Friedrich Wilhelm zu Bran-
denburg. Dieser hatte dem Rector und Senate der Uni-
versität Königsberg die Abschaffung des Pennalwesens
auf das Strengste anbefohlen, ohne dass es jedoch den
beabsichtigten Erfolg hatte ^').
Auch die Universität Heidelberg erliess später
Decrete gegen dasselbe. Dieses geschah im Jahre 1654,
wo die Landgrafen Georg und Wilhelm von Hessen
den auf dem Beichstage zu Begensburg gefassten Be-
schluss gegen dieses Unwesen dem Kurfürsten Karl
Ludwig von der Pfalz mit dem Ersuchen mittheilten,
ihn auch auf seiner Universität in Wirksamkeit treten zu
lassen. Der Kurfürst gab diesem Ansuchen nach und
Hess den genannten Beschluss der Universität zugehen.
In demselben heisst es unter Anderm:
»Einem jeglichen ist Krafft dieses ernstlich verboten, den
neu ankommenden jungen Studenten heimlich oder Öffentlich
nachzustellen y sie auf der Gasse oder in ihren Losamenten,
Stuben, Schenken oder Wirthshäossern, am Tische, in col-
legiis oder sonsten zu importuniren , zu exagitiren oder zu
bespotten« ®*).
So verlor der Pennalismus in Heidelberg seine Gel-
tung und in der der Univ^sität von dem Kurfürsten
Karl Ludwig gegebenen neuen Verfassung vom I.Sep-
tember 1672 wird die Deposition (F. 83) förmlich aufge-
hoben; doch aber bemerkt: »Dafem gleichwohl jemand
91) Ann. Univ. T. XXVIT. E. 329, a «L
92) Arnold, Hist. d. Univ. EOnigsb. Th. II. S. 448, woselbst
die Yerordnimg abgedruckt ist.
93) Den ganzen Beschluss s. in den üniv.-AjiiiAL t. J. 1664
F. 377 fiF.
BectonwM. DU ersUn JEUeioren. Der acaäemi$ehe Senat. 137
den alten ritos depositionis erforderte, soll demselben da-
mit geholfen werden.«
Gänzlich ausgerottet wurde der Pennalismus erst
g^en das Ende des 17. Jahrhunderts, wo sich die Uni«
yersitäten Jena, Wittenberg und Leipzig dahin
vereinigten, dass derjenige, welcher wegen des Pennalis-
mos auf einer UniYersität relegirt worden, in die Zahl
ihrer Studirenden nicht angenommen werde. Gleiches
ihaten bald darauf auch die Universitäten Helmstädt,
Giessen, Altdorf, Bostock und Frankfurt an
der Oder »^).
Laut jubelten, wie von einem langjährigen Alp be-
freit, die deutschen Universitäten auf, als endlich der
lang ersehnte Tag wirksamer Abhilfe erschienen war. Aus-
führlich sprach im Wittenberger Album der Rector 1661
seinen Dank gegen die Vorsehung aus, und Kirchmaier
(£pp. Andreae et aüorum ad Meelführerum ep. 126)
schreibt in delnselben Jahre von dorther: »Der Zustand
unserer Universität ist wunderbar gegen früher verändert,
die servitia, exactiones, symbola, nationes, omniaque
vexandi nomina sind abgeschafft worden« **).
§7.
Reetorswahl. Die ersten Redoren. Der academi-
mische Senat.
An der Spitze der Universität stand ein Rector.
Dieser wurde nach der in Paris eingeführten Uebung
jedes Vierteljahr gewählt. Die Wahl aber war, wie in
Paris ^^, auf die Mitglieder der Artisten -Facultät be-
94) Arnold, S. 258.
95) Tholuck, S. 293.
96) Stattttum foit concorditer perpetuis temporibus obsenran-
dam, ^nod deiaceps Rector solum Magister ezistat in facultate artium,
quodqae si Doctor vel magister in alia faciütate ezistat Bector
Btodü nailateims esse deberet^ ificBt boe Parisüs est eonsaetum et
conserYatoin. Annall. üniv. T. I. F. 86, a.
138 X Buch, I. Periode. 1. AhsehniU. (1346-^1890.)
schränkt ^^, da diese eigentlieb die Grundlage der Uni-
versität bildete. Jeder Lehrer, auch in andern Facul-
täten, gehörte ihr gewisser Maassen an; von ihr musste
er erst den Meistergrad erlangt haben, bevor er als Leh-
rer in den andern 8 Facuitäten auftreten konnte.
Doch trat bald eine Aenderung der Wahl ein. ün-
zufirieden über dieses Statut mochten wohl alle öffenilidien
Lehrer in den andern Facuitäten sein; entschieden aber
trat gegen dasselbe der Professor der Theologie Sol-
tow ®®) auf. Schon als er am 31. Januar 1387 seinen
Diensteid auf die Gesetze der Universität ablegte, er-
klärte er, sich die Sache vorher näher überlegen zu wol-
len ^^). Am 13. März desselben Jahres suchte er dann
in einer Sitzung des academischen Senates darzutfaun,
dass dieses Statut nur zur Verachtung der übrigen Fa-
cuitäten abgefasst sei ^®^). Er erreichte jedoch seinen
Zweck nicht Marsilius wusste diesen Vorzug der Ar-
97) La Premixe facolt^ et la prindpale, dont le corps de
l'UniversUe de Paris est compos^, est celle desArts pour ce qu'elle
a M la premi^re institutrice de l'EscoIe, en reconnaissance de quoy
' le Chef de toate rUniversit^, qui est appell^ Recteur, est toujours
61eu de son corps et Jamals de ceux des autres facultez. Buläus,
T. L p. 265.
98) Ueber ^die Lebensverhältnisse *So.ltow*s vergl. Bütting-
hausen in > Alles und Neues aus den Herzogthümern Bremen und
Verden«, Th. V. S. 21 fiF. Schwab, P. I. p. 13 ff. Im Matr.
Hb. I. wird er unter den Doctoren und Magistern der Theologie als
zweiter Lehrer aufgeführt und als »Pragensisc bezeichnet In den
Universitätsacten wird dessen Name verschieden geschrieben: Sol-
tow, Soltau, Soltaw, Zoltaw, Zoltove und von Soldan. Wie wenig
Sorgfalt in früheren Zeiten auf das richtige Schreiben der Eigen-
namen verwendet wurde, haben wir in Lyc. Heidelb. origg. p. 44
nachgewiesen.
99) Hoc ezcepto, quod super statuto Domioi »ostri Dnds,
quo tenebatur, quod semper reetor debeset esse magister in artibos
et non docior in aUa faeultate, dizit se veUe fdenins deliherare.
AnnalL Univ. T. L F. S7.
100) Factum esse privilegiunB hoc in eontenlam «Hartim fun)r
tatum. Ibid. F. 38.
Rectof^fifahl IHe erstem Mfctoren, JD^r aeademk^ Senat 139
.tisten-Facoltät vorerst noch zu sobtUzen, da er sowohl
in der päpstlichen Bulle, als auch in dem Kurfürstlichen
Stiftongsbriefe, derselben zugestimden worden wäre. Des-
sen ungeachtet gab Soltow sein Vorhaben nicht auf.
Im Jahre 1393 griff er zwar das Statut selbst nicht ge-
radezu an, sondern beantragte in dem Senate nur, man
solle es versuchsweise 2 Jahre hindurch aufheben und
eine freie Bectorswahl unter den öff^itlichen L6hrern
aller Facultäten anordnen. Dieser Antrag wurde ange-
nonunen ^®^).
Zugleich wurde auch (1393) die vierteljährliche Rec-
torswahl aufgehoben und eine halbjährliche bestimmt.
Diese sollte jeweils an den Tagen vor dem Feste Jo-
hannis des Täufers und vor dem Feste des Apostels
Thomas vorgenommen werden ^^^). Ausserdem setzte
Soltow aber auch noch ein anderes Gesetz durch. Es
wurde nämlich die Zahl der Magister der freien Künste ^®^),
welche sonst insgesammt der Bectorswahl und den übri-
gen academischen Berathungen beizuwohnen pflegten, auf
die Zahl von 3 beschränkt, wenn eine allgemeine üeber-
einstimmung nicht zu erzielen war oder eine andere Fa-
cultät es verlangte ^^*). Für das nächste Halbjahr (von
8t Johannis bis St. Thomä 1393) wurde Soltow einstim-
mig zum Rector gewählt ^^^) und nach 2 Jahren die nur
101) Annan. Univ. T. I. F. 50. — Auch in Wien wurde anfänglich
der Bector nur aus der Artisten-Facultät gewählt ^ vom Jahre' 1384
an aber aus allen Facultäten. Dipl. des Herz. Albrecht S. 96.
102) Dies electionis statuimus esse duos in anno, scilicet vigilia
b. Job. Bapt. et yigiiia b. Thomae apoötali. Annall. ibid.
lOB) Der Doctorgrad scheint damals in der Artisten- Facultas
Boeb BJcht eingefafart gewesen zu sein^ wohl aber in den andern
Facultäten. Mit dem Magistergrad in der zuerst genannten Fareul-
tat waren jedoch alle Vortfaeile verbunden, welche der Dectorj^rad
in den andern gewährte. Wundt, Magaz. S. 308.
104) Quod personae ^i^e&tes sint dmnes doctores et magistrf,
^ in casu^ quo non possint conoordare, vel sine quo ahqua fa-
caltfts hec requirat, singuli doctores cum tribns deputaüs factdtatis
«ttimn. Ana Univ» F. 60
105) Matr. üb. I.
140 I' Bwih. L Periode, 1. AbachmUt, (1846-^1390.)
versuchsweise angestellte halbjährliehe Rectorswahl und
die dabei festgesetzten Bestimmungen bestätigt ^^%
Diese EinrichtUDg blieb bis zum Jahre 1522, von
wo an, in Folge einer Anordnung des Kurfürsten Lud-
wig V., eine jährliche Rectorswahl eingeführt wurde. Sie
fand an dem Tage vor dem Feste des Apostels Thomas
statt. Der erste Rector, welcher sonach für das Jahr
von St Thomä 1522 bis dahin 1523 gewählt wurde, war
Peter Scheibenhart, »artium et sacrae theologiae
Professor Ordinarius« ^®^.
Die ersten Rectoren der Universität mit je vier-
teljähriger Amtsdauer waren vom 17. November 1386 bis
15. December 1388: Marsilius, Wunnenberg (seine
Wahl fand in der Cap eile der St. Peterskirche statt), Jo-
hannes von Weerssewort (Berswort), Johannes
von Worms, Marsilius, Heinrich von Angheren,
Dithmar von Swerthe, Berthold von Osen-
brugge ^^^.
Ohne die Reihenfolge der Rectoren weiter fortzufüh-
ren, begnügen wir uns, zumal dieses schon von Andern
geschehen ^®®) ist, nur noch anzuführen, dass diese Würde
von Marsilius in einem Zeiträume von 10 Jahren
106) Ann. Univ. F. €0.
lOfr) Ibid. T. V. F. 35, b. Matric. lib. m. in annum 1522.
108) Eist. Acad. F. 28 sqq.
109) Ein freilich fehlerhaftes und .unvollständiges Yerzeichniss
der Bectoren der Universität von den Jahren 1886—1624 hat Toi-
ner, Cod. dipl. S. 126—132 gegeben. Dasselbe wurde zum Theil
schon verbessert von BQttinghaasen in seinen »MiscelL histor.
Univ. Heidelb.«, noch mehr aber von Schwab in seinem gehen
vielfach genannten Syllabua reotoram (v. Id86-— 1766). Ein hand-
BchriftUches YenseichaiaB der Bectoren v. 1479-*1739 steht in den
Act. Fac. Theolog. T. I. F. 1. — Ein jedoch ebenfalls fehlerhaftes Vee-
zeiohniss der »Professores illustres et magnificentissimic von 1448 Ins
1686 (Elenchus Profess. Heidelb.) gibt Mieg in seiner Schrift
>Acad. fieidelb. ortus et progresaus« 1771.
BeneMgung^ Vorles. m hMen^ Stimmtet Ahetkimung. 141
7mal and von Wunnenberg innerhalb 6 Jahren 3mat
bekleidet imrde **^.
Die Zahl der Rectoren der Universität toq ihrer
Grinduag an bis m ihrer Bestauration dnrch den Kor*
forsten Karrl Friedrich im Jahre 1803 beträgt 546.
Der letzte Bector aus der Zahl der Universitits^Angehö*
rigen war der Professor der Medicin, Daniel Wilhelm
Nebel
Dem Bector stand ein Bath (Gonsilinm Universitär
tis) zur Seite, welcher in dem »CoUegiom in der Barsch«
seine Sitzungen hielt ^^^) und in den ältesten Zeiten
8 Mitglieder zählte. Von diesen gehörten ftlnf der
Artisten-Facultät, an. Jede der andern Facaltäten war
nur von je einem Mitgliede vertreten ***). Das üeberge-
wicht, welches dadurch die Artisten - Facultät erhielt,
sachten die übrigen Facultäten besonders durch die Art,
wie in Universitäts - Ai^elegenheiten abgestimmt werden
sollte, zu schwächen.
§8.
Berechtigung^ Vorlesungen zu halten. Stimmrecht und
Art der Ahsiimmung.
Alle, welche von einem privilegirten Generalstudium
den Grad eines Magisters oder Doctors erhalten hatten,
waren berechtigt, in der Facultät, zu welcher sie gehör-
ten, mit Beachtung der Universitäts- und Facultäts-Statu-
ten Vorlesungen zu halten und den Berathungen über
üniversitäts - und Facultäts - Angelegenheiten beizuwoh-
110) Schwab, p. l ff.
. lil) Lucä^ Europ. Helieon S. 364. V^ilken, S. 23.
112) Erant tum in Neopbyta Acadexnia Protessores et Univer^
titatis coQsilii Assessores 8, nempe praeter superiores Marsilium
Rectorem, Regiabaldum , Gonradum de Soltaa, Heilmannum, Jo-
bannem de Noyt advenerant Ditbmaras de Saertbe, Bertboldaa Da-
piferi de Dipparg et Fridericas de Sulzbach. Eist Acad. F. 26.
142 L Buch. L Periode. 1. Ab^%nkt. (1346^—13^.)
ncn. In aBgememeti üniveröitäts-ADgeteg^iiheiten (nur*
in einzelnen Fällen übertrug man einem Ausschüsse ans
den wirklichen Lehrern die Entscheidung) wurdfe aber
nicht nach Köpfen, sondern nach Facult&ten abgfestittimt ^^^.
E» ist/ zwar später versucht worden, wie- bei dei*^
Wahl des^ Rectors , so auch in andern Ühiversitäts-Ange-
l6genheiten nach Köpfen ab2iustimm6n , alldn dartfber
kam keine Vereinigung zu Stande, weil bei der grossen
Zahl der Mitglieder der Artisten-Facultät diese bei j^der
Abstimmung den Ausschlag gegeben hätten ^*'*).
Die Licentiaten hatten weder bei Facultäts- nofeh
Üniveftltäts-Angeleg€nheiten ein Stimmrecht. Man ent-
zog es ihnen in derselben Sitzung, in welcher das Statut
über die Abstimmung festgesetzt wurde ^^*). Diese An-
ordnung ist ohne Zweifel dadurch hervorgerufen worden,
dass schon in dem ersten Jahre nach der Gründung der
Universität viele Licentiaten verschiedener FacuBJäteö:
113) Die gesetzliche Bestimnmng darüber war folgende:
>StatQtuin fuit, ut singularum facultatum magistri illam facnl-
tatem facientes sive pauci sive multi, imo si unus solus in aliqua
facaltate regat, unam et generalem habeant vocem, sicat cujuscim-
qae alterius facultatis magistri etiam qaantumcunque multi et speci-
fice , si solum duo aut unus esset doetor juris , tantam vocem ha-
beret yel haberent in factis imirersitatis> sicut omnes magistri artium,
etiamsi essent viginti seu centum, seu qaotlibet plures, quia etiam
ita Parisiis est consuetum.« Annall. Univ. 1. c. F. 38.
In der Hist. Acad. F. 26 wird üb^ die- »Suffragii ratioc Foi«
gendes berichtet:
»Notandum autem in Academicis deliberationibus tunc quidem
temporis Senatus constilta facta faisse non secundum niimerum
personarum in facultatibus , sed secundnm vota quatuor quatoor
facultatum et Rectoris, et quidem ita, ut si vel unus vel duo saltem
in una essent facultate, tantum tamenvaleret illud votum, quantum
si 4, 5, 6 vel 10 vel 20 vel 100, ac si in civitatibus ac Rebuspu-
blicis secundum vota tribuum, non singulörnm civium decreta fierent.
Der Verfasser setzt bei: >De hujus consuetudinis qualitate aliis
Judicium relinquo.«
lU) Ann. Univ. F. 60.
115) Hfet. Acad. F. 26i
CanzUr, Procan$ler. ErikeU.aead.OradB, Conaervatorenete, 143
von l?ma imd Prag' aus nacli' Heidelberg kamen ^^^
Hätte man nun diesen gldiehe» Stimmrecht, wie den an
Zaid geriagen ordentlichen Professoren, zugestanden, so
vflrden die Liccmtiateii in der Regel die Entscheidung
in Facultäts- und Dniveiisitäts-AngdBgenheitea gegeben
haben i^^.
§ 9.
Camhr. Procanaler. EndheÜung aeademischer Grade.
Cmerväiorenj SUkeanservat^reni Privüegirte Beten
der Uhiversität. ^
Canzler der Universitäi; war nach der päpstlichen
Autorisationsbulie der jeweilige Dompropst der Cathedral-
kirche zu Worms, welchem jedoch gestattet war, seine
Stelle durch einen Pro-(Vice-)Canzler vertreten zu lassen.
Diese Würde mit den damit verbundenen Rechten, zu
weleben auch das gehörte, aarf den Vorschlag der Facul-
täten academische Grade zu verleihen (S. 65), behielt
derselbe von der Begründung der Universität bis zum
l^de des 18. Jahrbuttderts (S. 68). Nach dem 30j&hri-
gen Kriege machte die Üniyersität einen vergeblichen
Versuch, die Promotionen ohne einen Canzler oder Pro-
caazler vorzunehmen.
Nach den Promotions-Feierlichkeiten wurde dem Canzler
oder seinem Stellvertreter von den Examinanden ein Maass
Malvasier-Wein mit einem Pfund Confect gereicht.^*®) und
116) Wandt, Ma«;az. B. m. S; 267. 269. 271.
117) Diese Wahlbestmffiung^en blieben in Kraft bis zom Jahre
1452, wo sie durch die Universitäts - Reformation des EarfÜrsten
Friedrich I. abgeändert wurden.
118) Mensura vini MaHaaeti cnm libra de Zackaro confecti.
Acta Fae. Art. Ti II. F. 131, a. Bei der damals lebhaften Ver-
bindung mit Griechenland wurde viel griechische Wein in Dentseh- •
hmd eingefahjrt^ In dev Sladlordnung von Weinheim v. 7. December*
1489 wird nnlier Anderm auf griechischen Wein von Napoü d^*
Malvasia, auf Wein aus Istrien von Rivoglio und auf italienischen
Wein von BassMio Ümgeld gelegfi^ Mone, Ztschr. B. lY. S. 309.
144 X Buch. L Periode. 1. Msebnitt, (lS4ß^l390.)
zugleich den Examinatoren jeden Tag, so lange die Prfl*
fangen dauerten, als kleine Erfrischung IQise, Brod und
etwa 2 — 3 Maass Wein vorgesetzt ^^^); den Examinanden
war es jedoch strenge verboten, Speise oder Wein in das
Prüfungslocal mitzubringen oder sich dabin holen zu
lassen "^.
Bei Ertheilung des Grades erhielt der Doctorand:
das verschlossene und offene Buch, den Doctorhut (bir-
retum, bei den Theologen purpurea mitra genannt), den
Doctorring, den Doctorkuss und Seg^a, aasserdem die
Juristen den rothen I)octorinaatel (color ruber Juris vitae
et necis ab antiquo fuit symbolum) und die Philosophen
den purpurnen Doctormantel **^).
Der erste Canzler war der damalige Dompropst
Geylnhausen ***). Er ernannte jedoch schon am
SU. — • Ausser dieser Gabe pflegte der Canzler auch ein Birrei
und Handschuhe von der üniv^rsitl^t zu erhalten. Siehe unten das-
Schreiben des Ganzlers Clapis an den Kurfürsten Philipp^
Vergl. auch Vi seh er, Gesch. d. Univ. Basel S. 235.
119) Ezilis refectio in caseo, pane et forte duabns aut tribus
m^suris vini Acta Fac. Art T. IL F. 131, a.
120) Anno 1490 facta congregatione plena de facultate artium
per juramentum, conclusum erat concorditer^ decretum et statutum
propter diversa motiva, quod ezaminandi pro gradu bäccalaureatus
in artibus vel temptandi pro licentia in eisdem ipsis temptatoribns
nihil cibi aut potus ad locum sui examinis sive temptaminis ap-
portent et apportari quovis modo disponant^ sed ipse decanus pro
tempore existens eis manifeste dicat et cum rigore cum suis con-
temptatoribus exsequatur, quod, si aliquis eorum aut cibi sive po-
tus apportari ordinaverit, talis tunc, ut premittitur, ad temptamen
sive examen per temptatores nequaquam admittatur. Acta. Fac.
Art. T. III. F. 2, b.
121) Eine ausführliche Schilderung des Promotionsactes bei den
verschiedenen Facultäten findet sich in Acta secul. p. 167. 225.
272. 320. In Wien hatte der Doctorand dijm Praeses bei ier auf die Er-
theilung der Doctorwürde folgenden Disputation 14 Ellen Tuch, die
Elle zu 2 fl. , dem PedeU 6 Ellen , die Elle zu 1 fl. , und jedem
Doctor regens Wein und Gonfect zu geben» Raum er, .Deutsche
Universitäten, S. 2a
122} Geylnhuss ttniversitatifl. dum vixit caacellarias. CaL
CanzUr. Ftoem4er, SwU^ inif(ul, Chatie, Ootueroaiormctc. 145
9. Febmiar 1387 den D^can der Stjftskirdie zu Neustndt
a. d. H., M.Bork:ard(BurGhard), zu seinem Proeanzler^^^,
welcher ia dieser Stelle bis sum Jahre 1393 blieb« Nach
ihm wurde dieselbe 1396 von dem damaligen Dom-*
propste Sehauart dem ältesten Lehrer des canomschen
Rechtee, Noyt, fibertrageu, wdcher sie auch zur vollen
Zufriedenheit. der Universität versah ^'^). Im Jahre 1407
wuide dieses Amt von dem Domproiiste Tfaeodorich
Beghel dem ersten Professor der Theologie und bei
dessen Verhinderung dem zweiten übeiigebeA; sollte di?-'
ser im gleichen FaUe sein, so hatte der Profes«pr dei^
oanoaiacbea Rechtes* and bei dessen Abhaltung der Pnn
fesaor der Medicjn, und wenn alle diese verhindert w^
ren, der Decan der Arti8ten*Faculttt eimamtreten ^'^).
Diese Anordnung blieb in Kraft bis zum Jahre 1420,
wo Boghel das Procancellariat 5 Professoren der theo-
logischen Facultät, 2 Professoren der juristischen, 1 Pro-
fessor der medicinischen und dem Decane der artistischen
Facultät übertrug ^*'). Doch auch diese Bestimmung än-
derte Boghel 1429 dahin ab, dass er auf unbestimmte
'» '^*»
acad. I. d. d. 6. April 1390. — In den Acten ist der Name ge-
w(yhnlic!i 6«ylnhuss oder Geybhusen, in späteren Schriften aber
Geylnhansen geschrieben.
123) Annan. Univ. T. I. F. 40, b. Eist. Acad. F. 29.
114') Schwab, P. li p. 20. -^ Die betreffende Urkunde t. 10.
October 1396 ist im Cf^ialb. d. Univ. F. 38, a. Das ViceeanceUaxiat
wurde gewöhnlich auf Iiebenszeit übertragen. So heisst es auch
in dieser Urkunde: »Poimno (Noyt) vices nostras plene cpmmitr
timu^ per prarQsenstes, 49^ec easd^ ad nos duxerimus revocandas.«
125) Die doTflber ausgesielhe Urkunde y. 9. März 1407 befindet
sich im Univ«-Arel|^ Nri 60/ und absehriftlich im Copialbj.d, Univ»
F, 38>b. ,
126!)i Bie Uark*nde ▼. 3;. 'NoTemher 14i20 ist im UnivMrch.
Nr. 26 und. ahschrifUiph: im* 'Gopialkr ä. \Mr, F. 39>.a. -^ J>^
froher geaanifte jProcauzler Noyt bekleidete dieses Amt auch i. J.
1427. Annan. Univ. T. I. F. 111, a. , ..
Hantz, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 10
146 I' Buch. I. Periode. 1. AhsehniU. {134e--1390,)
Zeit* und auf Widerruf *^^) das Procancellariat den Deca-
nen und Prodecanen der 4 Facultäten übergab "^.
Wie lange diese Bestimmung Geltung hatte, ist aus
den Acten nicht zu ersehen. Wir finden nur, dass 1441
dem Johannes Wenke von Harrenberg von deoat
Capitel in Worms und 1442 dem PPtrfessor der Theologie
Rudolph von Brüssel, von dem Dompropst Lud-
irig von Ast das Vicecancellariat übertragen worden
ist^**). Im Jahre 1480 wurde Johann von Dalberg
Dompropst in Worms und zugleich Ganäer der Univer-
sität, was OT bis zum Jahre 1482 blieb, wo er als Nach-
folger Reinhard' s von Sickingen Erdriscbcf in
Worms und zugleich von dem Kurfirsten zu seinem
Grosscanzier (aulae Palatinae magnus Cancellärius) er-
nannt wurde. Die letzte Würde behielt er bis zum
Jahre 1497 1»«).
Nach dieser Zeit war es bei der Universität in
IJ^bung gekommen , dass die. Ejecane d^r Fapultäteu die
academischen. Grade ertheilten, ohne von dem Dompropst
in Worms weiter Kenntniss zu nehmen. Als a-ber 1489
Anton von Clapis Dompropst geworden war, nahm er
das Recht eines üniversitätscanzlers wieder in Anspruch,
und ermächtigte erst dann die Decane, Promotionen vor-
zunehmen, -nachdem Kurfürst Philipp ihn darum ange-
127) In der Urkaade heisst es: »Plen'arie ooxhmittioms in
Bolidmn Tioes nostras, donec eas ad bqs dnxerimüs revoeandas.«
128) Die Urkunde d. d. 12. August 1429 ist in Act. F&c. Art.
T. 1. F; 223 und im Copialb. d. Univ. F. 73, a.
In den sämmtlicben Ue1)ertragungiiu^kttiiden heisst es : »NnHüs,
quem vices nostras supplere cont]iq;et^ eat odtoy amöre, munere vel
prece seu precibus sen &i alia qaatuinqoe C(xrru|^k-Viäl affecltione
dignos et bene meritos impediat et indignos promovere praesuinat.4
• ' 129) Büttinghausen, Yeraeichniss die Unit. Heidolb. betr.
Schriften unter Wenke. Wundt, De ord. phito«. P.;I..'27.
130) Ulimann, De Joanne Dalburgio (Progr. 1849) p. 6. T.
Schwab, P. II. p. 268.
CangUr, FrocomsUr, Erfh. aead. Orade. Ckmaertaiot^en^tc. 14T
gaogen mid die UaiTersität ihn als Caiider anerkannt
hatte »»*).
Hatte nun der Magisirand oder Doctorand alle an
die Erlangung dieses Grades gekhflpften Bedingungen,
Exaniination bei seiner Facultät xl s. w., erfttUt, so wurde er
von seinem Decane dem Canader oder Procanzler empfohlen,
welcher dann die Promotion genehmigte (S. 65). War dieses
geschrien, so wurde ihm entweder von dem Rector oder dem'
Decane seiner Facultät ein Zeugniss (Testimonium accepti
gradus s. iH*omotionis) ausgestellt. Das älteste Zeugniss,
welches in den Annalen der Universität vorkommt, ist
vom Jahre 1427. Es wurde unter N o y t' s PTOoancellariat
von dem Rector dem Johannes Ner als creirtem Ma-
gister undDoctor des canonischen Rechts ausgefertigt ^'^).
IBl) lieber den ganzen Sachverhalt erklärt- sich Clapis in
zwei im Jannar 1489 an den Kurfürsten und an die Universität
gerichteten Schreiben. In dem an den Kttrfflröten wies er auf
die Uniyenitäten Paris and Maim hin und vie von diesen dem Ganzler
sein Recht werde; er aber habe bis jet^t Yerfei>en8 von der Uni-
versisät Heidelberg seine »Gerechtigkeit« gefordert, es sei ihm aber
»keinmal Handschue oder Bierret worden«. Darum sei er willens
>8tyll zu steen bis dann ihm als eine» Caatzler seia Gerechtigkeit-
werde«.
Der Universität schrieb er, er wolle, auf den Wunsch des
Kurfürsten ; den Decanen der 4 Facultäten das Recht geben,
»apenendi examen ac licenciam concedendi volentibus proraovendi
ad qnatmor annos proxime veatoros secandnm cenmetudiaem hac-
tenus servalam in ipaa alma universitata Hae tarnen condicione
et spe, quod prefati vicarii sive vices meas gereutes me recognos-
cerent Ganccllarium, a quo auctoritas promovendi dependet in Juri-
bus mihi tanquam Cancellario debitis ; desidero eciam et ita preditis
meis vicariis comitto, et quociescunque aliqoi erunt in maioribus
facuUatibus promovendi, mihi significare velint, at si tempus postu-
laverit, valeam presens promocioaibus iUifi interesse.« Abgedruckt
sind beide Schreiben bei Wundt, De ord. phiios. P. I. p. 27. 28.
~ Clapis (t 1512) war übrigens gegen die Universität und Stadt
Heidelbetrg sehr freiuKUich geaiant, was eine no«h vorhandene
»Oratio in laodem Civitaüs et Universitatia Heidelbergensis« (s. i. et a.)
beweist
132) Urkunde Nr. IV. Annall Univ. T. L F. 111, a. — Dasa
10*
148 /. Bueh, I. Periode, i. AbaO^niU. (134^-^1390.)
In der Folge finden ^r BDlche Zengnii^se ausgestellt tob
Deeanen der theologischen Facultät (9. August 1568) imd
der juristiBcben (34. August 1568) ^'^. Dos Augfertigen
eigentlicher Doctordiplome kam erst später in BntudL
Die äftesten , i?elche mv uns haben v^^ehäffen können^
sind zwei der medioinisohen Faeultät Das erste ist yom
28. August 1766, bat als Uebersebriftc »Decanus, Senidr^
Doctores et Professores Facultatis Medicae in astiquissima
Electorali .Palatina üniversitate HeidelbeigensL Orambns
has Lecturis Salutem in domino« und ist unterzeidHiet:
»F. Scbönmezel^ Pb. et Med. Doctor, Prof. Anat Pub.
et ordin. p. t Prb-Deeanus-«. Das zweite ist vom 20.
December 1771, hat die Ueberscbrift: »Deeanus , ! Seniory
Professores Facakatts Medicae in Alma et Antiquissima
Electorali Universitate Heidelbergensi. L. S.« und ist un-
terzeichnet: »Franciscus Shönmezel, Phil, et Med.
Doct., Prof. pub. et ord. p. t. Decanus.«
Beiden Dlpl^inen ist; mit z^ei blaiien und zwei weisen
seidenen Bändeitn m «in^ bdlzenien Kapjsd das in Wachs
abgedruckte :^SigHlüm Facültatrs medicae Acad. Heidelb,«
beigefügt. Ausgefertigt wurden $ie uuter deiri Procawcellariat
Hennemana's, ohne dftsa derselbe aIs Procanxler oder
sonst irgend eine päpstliche, kaiserliche oder landesherrltche
Autorität oder em Rector oder Prorector genannt wird.
Ein eben&Ate. vo^ .d^ p^cJiqinisqheu F^ultät a^ 1.
Januar 1802 'ausgefertigtes Dipiioin ist der Form na«h deli
eben genannten Ürkurideti gleich und von äkm damaligen
Decane Nebel ausgestellt ^^.^).
■ ♦
in gleicher Wele^ auich nachher solche Zeogiusse ausge^telH wur-
den^ beweist die ven 8|>atei'er Haiid beigefagte üeberstefati >Forma
Iftterarum testimmiiäHiim hi deetdratu.« <
188) Die beiden Testiteonia siUd in AanäU. Umv. T. fX. V, I.
F. 75. 77. ■' >• ■ •_■■...•:
134) Vonoeifk'em von dem Deeftne lier Jttristen-Factiltät hibelne^'
Eigenschaft als Pfalzgraf ausgestellten academiMhdn Ihn tef diplbme
d. d. 15. Juni 1772 wird unten in dem Abschnitte über dia Krnen-'
nung von Pfalzgrafeii ausfäfarlicher gehandelt werden.
Camuskf. ProcaiMler. Erik, acad. Qrade. Omservatoren etc. 149
Die Congervatoren (Gonservatores jurium, liberta-
tum et privilegiomm üniversitatis studii Heidelbeii^exi^)
hatten die Pflicht, über die Bechte und Freiheiten der
Universität zu waehen und diese gegra Eingriffe zu wah-
ren ^'^). Diese war^i A in hohen Eirchenämtem stehende
Manner: der Abt zu Schönau, d^ Decan der Marien-
kirche zu Neustadt a. d. H. , der Deean der Trinitatis-
kirche zu Spey^ und der Decan der Yictorskirche zu
Mainz. Ob diese von den Karfürsten oder vom Papste
ernannt wurden, oder theils von den Eurftirsten und
theils vom Papste, lässt sich nicht nachweisen; doch ist
d!as Letzte wahrscheinlich ^^^. Da jedoch keiner der Con-
servatoren seinen Wohnsitz in Heid^berg hatte, so ver-
traten Subconservatoren ibrie Stellen.
Als im Jahre 139& Oerlach von Homburg,
Sdiolaster des Stephansstiftes zu Mainz und Professor
des canonischen Eechtes, ein Mitbegründer d^ Dionysia-
nums, das Amt eines Subeöaservators übernahm , wurde
ihm, auf sein Ansuchen, von der Universität aus jeder
der 4 Facultäten ein Mitglied beigegeben, um sich ihres
Käthes und Beistandes zu bedienen ^•'). In einer Ur-
kunde vom 7. Februar 1400. wifd Ludwig Phutzin-
ger^ »Se^lasticus ecclesiae S. Gumberü, in Onelspach«,
als Sübconservator der Universität genannt.
Später kommt das Amt eines Subconservators nur
195) Mnitus cdnaervatoris joni UniTersitalis taeri m litibus ex-
traneis. BaUirs, T. III. p. 696.
136) Sokn, Orat p. ^5. Wandt, Mag. B. III. S. 277.
1S7) Anno Donum 1395; Die XX. Deoembr. facta fiiit congre-
galio omniiiiil Dootorma* et Magistroraiii . regentium et non regen-
tium inGafiieHa b.yirginis ad aadiendum peäetonem yeserabiti» viri
domkri seholastici suboonsertatoris studii Heidelbengensis* Petivit,
quod aliqni de mÜTenitate deputärentur, 'ad quos possit habeve
-rcciirswn et consilittin in negooils et caaibaa emergentibtts et habita
dciibentttone conclnsum ivdtf quod aiey «1 statin^ deputati sunt, qua-
tuor, sciticet de qnaVbet iMaHate unus,. ad q«06 dictua subooBflef-
^tor et ayndlDQB rdebajjrent habere reetiEima. AtmalL üniv. T. J.
F. 56.
! 150 /. Buch, L Periode, 1, AbschniU. (1346—1390.)
selten und bei keiner einzigen besonders wichtigen Ange-
legenheit vor ^^®), und wir haben hier noch anzuführen,
dass im Jahre 1522 der Dechant des Stiftes zum H.
Geiste, Jacob Hartlibig, als »Subconservator privile-
giorum üniversitatis« in einer Urkunde genannt wird, in
welcher er dem Dompropste auf dem »Görgfenberg* bei
Pfeddersheim *mit der Excommunication droht, falls er
die accördirte 25 Malta* Korn nit liefern wollte« *'^).
Zu den Rechten der Universitäten gehörte auch das
in jener Zeit sehr wichtige Becht , eidlich verpflichtete
Boten (nuncii jorati) zu haben. Dieses Recht hatte
auch die Universität Heidelberg. Schon unter dem 20.
Juni 1397 findet sich ,eine von dem damaligen Rect(M-
Noyt ausgestellte Urkunde, durch wel<*e Nico laus
Moer zum Boten der Universität ernannt und aHe geist-
lichen und weltlichen Behördeh ersudit werden, ihn= nicht
nur frei und ungehindert reisen zu lassen, sondern auf
jede Art, wenn nöthig, zu schützen ^^%
138) Wundt, a. a, 0. S. 273.
139) Originalurk. Üniv.-Arch, Nr 117.
140) In der genannten Urkande (Litera testimönialis, quod ali-
quis Sit nuncius juratas Univetsitati») , welche in dem Copialb. d.
Univ. F. 39, b. 40, a. aufbewahrt ißt, heis8t es: >N(^tre umversi-
tatis nuncium et missagium omnibus et singulis privilegiis, franchi-
siis et libertatibus ejasdem universitatis gaudere yolumus, pleno
jure ad diversas mundi partes pro diversis negotiis magistromm et
-scolarium ejiisdem nostre iimersitatis peragendisdeslinatis tarn per
terram quam per aquam habeat transire; oinneset siiigalos rogamnB
et in domino exhortamur, qoatenus pre&tnm Nicoiautn prelibate
nostre universitatis missagium seu nunciutfi jaratatn, dum per ter-
ras, loca, dvitates ac passus et districtus Testros transierit cmi
rebus ; libris, yestimentig et alüs bonis predictorum inagifltroruin et
scolarium atque suis eundo et redeundo ad eandam nostram mu-
versitatem tociens quoeiens fuerit opportunnm abqoe theolonii, pe-
dagii et gabeHe ac cnjuscunque alteriua exkotitHlia' onere ob omiii-
potentis dei santeqoe sedis aposlioHoe reverendaiiii ac prefateiidrtre
universitatis Cöntemplationem libere traasife permittatis et si.indi-
guerit ao vos tel aliqvem '^estrum super hoc requraiverit sibi de
saWo et securo conductu dignemini providere.«
Geriehkibark^ der Universität. Caroer, 151
§ 10,
Oerichtsbarkett der Universität. Carcer.
Wie alle Universitäten, so hatte auch die Heidelber-
ger ihre eigene Gerichtsbarkeit, welche zunächst dem
Bector und academischen Senate anvertraut war; doch
war diese ' nicht völlig unbeschränkt. Denn, hatte die Uni-
versität auch die gesetzgebende und ausübende Gewalt
über alle ihre Angehörigen, so übte sie die erste unter
der höchsten Aufsicht und mit Genehmigung des Kurfür-
sten aus, und die zweite theilte sie, wenigstens in einzel-
nen Fällen, mit dem Vogte und dem Schultheissen^*^)
der Stadt Heidelberg, welche ihr aber, und zwar in jedeni
Jahre, zu schwören hatten, bei der Handhabung der ihnen
übertragenen Amtsgewalt keine Eingriffe in die Freihei-
ten und Gerechtsame der Universität zu machen, sondern
vielmehr deren Privilegien aufrecht zu halten ^*^. Doch
zeigte sich bald ein Uebelstand, welcher öfter die Auf-
141) Das Wort Yogt ist aus AdTOcatus« welche Bezeichnoiig
immer in den Urkunden vorkommt, entstanden: Ad — vocat — us,
Vocat, Vogt, Voit, Fauth. Zur Zeit der Begründung der Universi-
tät bekleidete Conrad von Rosenberg diese Würde. In dem
14. Jahrhunderte kommen die Vögte oder Fanthe auch unter dem
IJ^amen Vicedomc (Vicedomini) vor. Als nämlich die Besitzungen
des Landes sich immer mehr ausdehnten und die Kurfürsten sich
öfter in ihre» Bayerischen, Staaten aufhielten^ bestellten sie eiue
Art von Statthalter in den Rheinisehen Landen, welche nur den
znletst genannten Titel führten. Nach dem 14. Jahrhunderte wur^
den aber Vögte oder Fauthe wieder eingeführt» In den neuere»
Zeilen erhielten sie den Titel Oberamtmann. Widder, Th. L
8. Sl ß., wo auch diese Beamten in chronologischer Ordnung vom
Jahre 1214 — 1780 angegeben sind. Vergl auch Häusser, S. 104,
Von dem Vogt ist der Schul theiss, in den Urkunden Scul-
tetus genannt, wohl ssU uaterscheiden. Jener war ehie Staats«, dies^
eine städtische Behörde. In der alten Strassburger Verfassuqg des
11. Jahrhunderts heisat der Sehultheiss causidicus, eine wörtliche
üebersetziing von Sdinld (causa) und h^issen (dieere), weil er das
ÜrtheiL aussprach (sejubentiam dieere). Mone^ Ztschr. B. IV.
H.. 2. S. 13a..
142) AunaU. Univ. T. m.F,. 157, b.
152 J^. Buch, t PmtOe. 1. Ad»chnin. (1946-^1390.)
rechthaltung der gesetzlichen Ordnung hinderte. Der
grösste Theil der Scholaren bestand aus Glerikera Diese,
durch ihren Stand von Jeder andern Gerichtsbarkeit be-
freit, erkannten nur die richterlichen Ausspräche des Bi-
schofs von Worms an. Um nun diesen Missstand zu ent-
fernen , . beschloss die Universität , von dem Kurfürsten
unterstützt, durch dessen Protonotär, OttovonNeuen-
stein (de lapide novo), an den damaligen Bischof zu
Worms, Eckhard von Ders, mit dem Ersuchen sich
zu wenden, dem jeweiligen ßector auch über die in Hei-
delberg studirenden Cteriker das richterliche Amt zu über-
tragen^*^. Ehe jedoch Neuenstein seinen Auftfag
an den Bischof erfüllen konnte, kam Eckhard auf Be-
such zum Kurfürsten nach Heidelberg. Dieser empfahl
ihm das Gesuch der Universität. Der Bischof weigerte
sich zwar, die fragliche Gewalt dem zeitlichen Rector
gänzlich zu übertragen, gab jedoch soweit nach, ditrch
den kurfürstlichen Vicedom seine Stelle versehen zu las-
sen ^**). Doch willfahrte er (1393) dem wiederholten
Ansuchen der Universität, die dem Vicedom anvertraute
Befugniss dem trocanzler und damaligen Eector Noyt
zu übertragen ^^^).
143) Facta con^egatione univer^tatis ad videndum inodttni,
•A^ vitia clericorum remanerefkt impunita^ praegertim eaiki in oppido
Heidelbergettsi nullttis supei* scolateer clericos existentes jumdictki*
nem haberet, fuit delibe(ratam, Ht adiretnr Mag. Ot^o, pmtoaotariiis
Dotnini nostri, ut ipso dirigente Dominas noftter Dnx obtiaier6t ab
^piscöpo W^oi^atfensi, nt Btfper delietis clericoiilm 80ol*i«iai* «ni''
terfiitatiB vices suas committeret RectoH anivdrsitatis pro tempore
existenti. Anttall. Univ. T. I. F. S7,
144) D^r Annalist glaobt jedoch durch dies^ «inem Laien
übertragene Strafgewalt das Ansehen d^ Kirche verletzt, indem
er (F. 37) sagt: »Hoe est pericnlosam, cum episcopns vicefr suas
laico super clericos delinquentes oammittere bkmi potcst« Ifoid.
145) Yenerabilis pater dondnos Eckaardus, Wormattensis epi«
scopus, ad suppUcationem Universttatis venerarbili rko dotnino Jo^
hanni de Nojt, decretorum doctori, Rectori hujus studii et ejuldem
vicecancellario, commisit vioes sÄas, ut poSsit caj^ere et faoere capi
döefiUr mnd Siegel der Uwherniät 153
Die der Universität zugestandene Jurisdiction um-
fasste auch das Recht über Leben und Tod (jus vitae et
Beeis) über alte »terzu geh<lrigen Unterthanen«, und zwar
dergestalt, dass der Landesh^r selbst nicht befugt war,
es zu annuUiren **•).
Einen Garcer hatte dleUniversMt in den- frühesten
Z^n nicht. Als solchen benatzte sie das städtische Qe-
fäogfiiss bis zum Jahre 1545, wo ein Universitätd«<)arcefr
hergeriefatet wurde. Von Carcerstrafen ist jedoch nur
^venig in den Acten die Bede. Die meisten Vergdien
wurden mit Geld bestraft und der Garoer wen^er ato
Strafitdttel gebraucht.
§ 11-
Scepter und Siegel der Universität.
Ein Scepter (baculus), wekhes eben so wohl ein
äussere» Zeichen eigener 6erich4sbarkeit als dne ehren-
volle Auszeichnung war ^^^) und bei aoadenaschen Feior«*
Mkeih^ dem Rector voif^etragen wurde, erhielt die Uni-
versität schon 1338 unter dem zweiten Bectorate des
Marsilius ^**).
dericos m Heidelb. ei in ejus districto delin<|uente8 secundum
formam juris. Annall. 1. c. F. 55. Histor. acad. F. 25.
146) Iselin, Histor. n. geognlph. Lexicon, B. IV. 3. TOO.
Lucae (Eorop. Hei. 8. 365) sagt: »Diese Unirersitlkt' hat nicht
allein Jurisdictionem dvilem^ soniern auch criminalem über alle
il^re Stabs- Atfgebdi^e, und ie^ dessen ia ^i«ta possessione vef quasi,
wie dann Beefeor iind Proleetk^es afitio 1679 eine Ihrer Jarisdicti^a
nnterworfeiile Kinder^M örderla £«Mi Sehwerdt yerdammt habeti.4
147) Baculus vel sceptrum Academiae est concessum, ut stu-
diorum ac literarum purpura et maghfficentia' <>8tende^etur. Hist.
Aead. F. ä26.
148) Bub Mftrsilii red^öratd bfteultts RectoriH consentientibuA
Aeademfae stifihiglis ex parte pecaüie a seolaribits ^ Rotul<y
cdtecte eofitätas et efffi^rmatus fuit, poad^ans in aT^fenb 5 hiirroail^
et dimidiam ac med. unicam. AnnaU. Univ. T. I. F. 36, ä. ffiftt;
Acad. F. 29.
154 L Buch, J. Periode, 1, Abschnitt. (1346^1390.)
Dieses ^oepter ist noch vorhanden. Seine Spitze
bildet ein offenes, via^seitlges TabernakBl. In der Mitte
desselben ist ein sitzendes Ghristuskind , umgeben von 4
sitzenden Figuren, deren jede ein Buch hält und die zu-
sammen die 4 Facultäten vorstellen **^). Der näehste
Budi^el . unter diesem Tabernakel ist mit 4 Waiden ge-
ziert ^ dem pfalz-bayerischen , dem päpstlichen, dem des
BectoBabs und dem des Bisthums Worms. Die 3 übrigen
unteren Buckeln tragen jeder sowohl das pfillzisehe al$
baymscbe .Wappen mit sonstigen Verziernngen. An dem
Stabe ist eine. Inschrift angebracht ^^®).
Auch ein Siegel erhielt die Universität gleich m
der ersten Zeit ihrer Begründung. Dieses verlieh ihr,
auf Ansuchen des Marsilius, der Kurfürst. Er trug
seinem Protonotar, Neuenstein a^if, ein solches fertigen
zu lassen und dem Rector einzuhändigen, was auch in
kurzer Zeit ge^hah ^^*).
Dieses Universit&ts Siegel besteht in 3 hoh^i,
künstlich durchbrochenen Thürmen, in deren mittlerem
St. Petrus . als . Schutzpatron mit dem Sdilüssel sitzt; in
jedem der beiden anderen ist eine geharnischte, nach
spanischer Art die Kniee beugende Person. Von diesen
bietet die zur Rechten dem H. Petrus ein Wappenschild
mit den bayerischen Wecken, die zur Linken aber das
Wappenschild mit dem pfälzischen Löwen, beide aber
^teilen die ersten Stifter und Promotores, die Kurfürsten
Ruprecht I. und IL, vor. -
149) Mit der Darstellung d^s ChriatHskindes inmitten der Facultä-
ten drückte die Universität^ eine kirchliche Anstalt, au8> dass Jesns
Ghristuader Mittelpunkt (J,er Kirche» nnd des chrifitliiphen und wissen-
schaftlichen JLebens sei..
150) Die Inschrift lautet:
»Anno Domini 1388 Die 21. Junii M. Marsilio ab Inghea IL
Rectpre sceptrum factuvi et ab Acf^emi^ usurpatnm; ae vetustate
4ebUlitatum s^paptib. Acad. refMuratup est Anno DQwni 1581 die
%l. Nov. Yaif Forstarq juxe Co« et Co4. P. ocd« ac. apiw<) in oisd.
rectore 523.« : . : '
151) AnnalL Univ. T. I. F. 1. 36, a. . . ,
Aelteete Verordnungen und. Gesetze der UnitfersUät. Ferien. 155
Ein ifveiteres Siegel ist das Rectorats Siegel mit
dem Pfälzer Löwen, der ein Buch hält mit der Inschrift:
»Semper apertus«.
Unter den verschiedenen Facultäten hatte die arü*
stische am frühesten Siegel, und zwar ein grosses und
ein kleines. Beide Hess sie sich 1403 anfertigen ^^').
Auch die theologische und juristische Facultät hatten
schon frühe eigene Siegel; doch findet sich das der theo-
logischen Facultät erst 1472 in Urkunden vor und das
der medicinischen erst 1563.
In späterer Zeit wurden mefhrere Siegel angeschafft,
60 15^6 von der theologisdien Facultät evang^cher
Seits und 1627 eines von der philosophischen und eines
von der theologischen Facultät katholischer Seits (das
letzte mit dem H. Augustinus). Im Jahre 1683* er-
hielt die reformirte theologische Facultät ein goldenes
Siegel mit der Inschrift: »ad legem et testimonium« ^*').
§12. .
Aelteste Verordnungen und Gesetze det* Universität
Ferien,
Das Vorrecht, welches alle Universitäten in früheren
Zeiten hatten (S, 57 u. 58), sich selbst, besonders in Beziehung
auf innere Verfassung, ihre Verordnungen und Ge-
setze zu geben, ihre Beamten zu wählen u.s.w.,
hatte auch die Universität Heidelberg. Bei der Abfassung der-
1Ö2) WuDdt, De ord. phil. P. I. p. 15. 16.
153) £8 wurde von dem Ooldarbeiter Li ecken gefertigt und
kostete 12 Kthlr. Annall. T. XXXin. F. 94. AusfOhrlicher^g Aber
die UniT^rsitätssiegel öndet sich bei Hag.elgaas, OrbM lit«-.
acad. Francof. ad M. 1737. p. 10 n. bei Heideloff, Gedenkbl&tter
der Universitäten Heidelberg, Prag und Wien./ Nürnberg 1856, das
3. Ged^ükblatt., !Ein Universität^siegel au» Silber igt al« Gesphenk
d98 Fllrsten von FarBtenbetrg im Germanische Museum in NjQrn-
berg aufbewahrt.. Tergl auch Acta Pal T. L p. 384 u. Krembr>
Gesch. Friedrich's L B. II.' S: 472.
156 I* Bw^. L Pmode. 1, AhBchnin. (1846—1390.)
selben ging es ihr, wie wif es fast überall ba den älte-
sten Hochschuten finden, die Gesetze wnrdeti nicht auf
einmal und in zusammenhängender Keihenfolge abgefasst,
sondern entstanden, wie es auch bei den ältesten Völkern
der Fall war, nach und nach und wurden in der Re-
gel durch neu eintretende Verhältnisse oder durch
einschleichende Missbräuche hervorgerufen. Es hatte
deshalb in den frühesten Zeiten unsere Universität d[>en
so wenig, wie die meisten Universitäten, eine Sammlutig
von Verordnungen und Gesetzen ^^*).
Die wichtigsten haben wir uns bemüht, so weit sie
in den Acten niedergelegt sind, zusammen zu stellen^**).
Sie eröfinen uns einen tiefen Blick in den Geist der dii-
roaligen Zeit und in das freie, oft zügellose Leben der
Studenten.
Die meisten dieser Verordnungen und Gesetze wur-
den unter den Rectoraten des Marsilius gegeben. Er
war nicht nur der erste Rector (1386), sondern beklei-
dete diese Würde auch in den Jahren 1387, 1389, 1390,
1391, 1392 und 1396-
Ihrem Inhalte nach beziehen sich diese gesetzlichen
Bestimmungen, welche im theologischen Lesesaale des Mi-
noriten-(Franziskaner-)Klosters von den sämmtlichen Leh-
rern und Schülern der Universität berathen und feinstioN
mig anerkannt wurden ***) , theils auf kirchliche Anord-
154) Ausnahmen machen jedoch die Universitäten Wien und
Cöln. V^ien gab sich schon 1389 vollständig ausgearbeitete Statuten
der 4 Facultäten und C51a »llgemirine Stuten 1392, Statuten der
medicinischen Facttltäit 1898, der theplogiscben , juristischem und
pbiIost>phi8chen 1898. Diel Wiener Statuten sind abgedruckt b^
Kink, B. II. S. 93 ff. und die Cöhier bei Bianco, B. I. Anla^eti
S. 6 ff:
155.) ürkttftd^ Nr. IV.
156) Facta dongregacione magistromm et seölariun^ i^pud fra-
tres minores hora prima ]^t itteridiem in leetori» dacre tkeolegle
•ad statuendum statuta sunt hae<B de unammi cdnsenM oomtuitL
magistromm et scolarium. AnnaH T. I. F. 86^ b.
Adteite Verordmmgen und Quetfe der üimemt&jU Ferien. 157
noagen, theils siiid sie DtopipliBar- un4 Pcäizei-^eaetze.
Zu den eraten gehörte untcvr aodern die B^ati]n|Dluplg,
was für Massen jährlich 3h leseo ^eient, und in welchen
Kirchen und Eligstern dieaes gesch^iben sollew. Auch wiir<*
den zu Ekrea einzelner um die Wjssensohaiten boch ver«
dienter Männer besondere Feste angeordnet. So wurde
(1393) auf den Antrag der theologischen Facultät von der
Universität beschlossen, dass der Namenstag des Tho-
mas von Aquino von der gakizen Hochschule gefeiert
und an diesem Tage in keiner Facultät eine Vorlesung
gehalten werde *'^^.
Die Schaler ier theolog^si^h^n Facultät muss-
ten weosgstens an 4 TagQQ in 4er Woche, die der juri-«
stischen und artistUchen^ber an a}len Tag^n» an
weicjb^n gelesen wurde (diebi^s legibilibus) , die Vorlesun-
gen besucht; verboten war bei Geldr un(i Oarcerstrafe
unter Anderem: Würfelsi^^^ Fechten und ßeguphen von
Feehtscbulen^ Tr^^gen von Waffen (S. ß8), nächtliches üm-
hersi^wärmen, Heruwiehen in andere Qursei:^ unztichtiger
üingmg mx% dem weiblichen Ges(^hleehte, VSgel^^en,
Wegnehmen von Obst.vmd Trauben in Gärten und Wein^
bergen» Uebersteig^n der Stadtmauer.
lieber Ferien waren,, wie üljjferlMuipt bei den Uni-
versitäten in den frühesten Zeiten (S. 79), keinp beson-
deren Bestimmungen getroffen. Sie fielen zwischen das
Ende und den Anfang des Ordinarius Magnus und
waren kurz; Dagegen war * aber • die Zahl der Tag& , ' an
welchen keine Vorlegungen gehalten wurden ^dies non*
l^bües), ziemlich gi^osSi Solcher Tage waren es nach
zwei alten Kaiendeüa der Universil^ät 68, wekhe fast alle
Festtage von Heiligen sind "*)...'
157) AxmaU. üiaiv. T; I: F..49,b. : .' i '
158) In dem Üniv.-Arch. befinden sich zwei auf Pei«ain0»t
gegchriebene^ aus je 12 Folioseiten bestehende alte Ui^Tersitl^^ka-
lender, von welchen der eine (Calendarium L) ^i^n^ersten Baude des
Matrikelbuches (F. l^qq«), der isndete (Cftlenäarium 11.) ein^n. an-
168 J. Buch. I. Periode. 1. Ahsehnin, (ISde-^lSBO,)
Geordnet wurden in Heidelberg die Ferien, und zwar
zunäicihst für die theologische Facultät erst durch die der
Universität vom Kurfürsten JFriedrich I. (4452) gege-
bene Verfassung. Ifach dieser begännen sie 8 Tage nach
Peter und Paul und endigten mit Maria Geburt.
§ 13.
Die 4 Famltäten.
1. Theologische Facultät.
Der erste Lehrer in dieser Facultät war Reginal-
dus. Er blieb jedoch nur kurze Zeit allein. Schon am
31. Januar 1887 erhielt eran Soltow aus Sachsen einen
Amtsgenossön ^^^. Diesier hatte schön zu Prag, von wo er
nach Heidelberg gekommen war, den theologischen Doctor-
grad sich erworben und wusste sich bald, wie wir bei
Gelegenheit der Eectorswahl gesehen (S. 138 u, 139), einen
grossen Einfluss zu verschaffen. Auch Wunnenberg wurde
noch vor dem Ende des Jahres 1387 aus der Artisten-
Facultät in die theolo^sche aufgenommen ^^%
Die ältesten Statuten dieser Facultät sind noch
vorhanden *®^); auch hatte sie schon früh einen eigenen
Fiscus und ein Siegel ^®*).
dam Manuscripte beigefügt. isU Pen eineelneB fVigen sind ^eht
nur . wichtige, die Universität betreffende Ereignisse beigesetzt,
sondern auch Angaben, wie folgende: »Missa üniversitatis , non
legitar, non disputatnr, legitur ordinarie ih cappis - nigris, legitur in
cappis rogetiB.c (Unter Gappa igt eine Art von Talar zu tersteheii,.
welcher über die Kleider angezogen (wurde. Du Gange s. v.) Abge-
druckt sind diese Kalender bei Büttinghausen, Beitr. z. Pfalz.
Gesch. B. I. S. 226—239.
159) Annall. Univ. T. I. F. 37. Calönd. aoad: II. d. d. 28.
Juni 1390.
160) Ibid. F. 86.
161) Urkunde Nr. V.
162) Annall. Univ. T. I. F, 87^a <obeft S. 166).
Die 4 Facultätw. 159
2. JurUtische Facult&t.
Als den ersten Lehrer in dieser Facultät ^••) haben
wir (S. 131) Noyt genannt. Auch dieser erhielt schon
im Jahre 1387 an Geylnhausen (S. 144) einen Mit-
arbeiter, welcher ausserordentliche Vorlesungen über das
Decret^®*) hielt. Er war der Erste, welcher auf der Hei-
delberger Universität als »Doctor juris« promovirte *'^*).
Ausserdem las als ausserordentlicher Professor über die-
selbe Disciplin Johann von Kolnhausen. Als Leh-
rer des bürgerlichen Rechtes wurde Matthäus Gie-
rn e n t i s , ein geborener Aragonier , ebenfalls in dem ge-
nannten Jahre angestellte*^. Doch erhielt das Leh-
rerpersonale der Facultät bald einen bedeutenden
Zuwachs ^•'').
163) Yon dieser FacalUt sind aas den frOhestea Zeitem keine
Acten Torlianden. Wir müssen uns daher mit unsern Mittheilungen
über sie auf die Annalen der Universität and aaf die MatrikeV-
bflcher beschränken. Pie ältesten Acten, welche diese Facaltät
besitzt» beginnen mit dem Jahr^ U92 und gehen bis 1531, (Ufuy.*
Arch. Nr. 358. 51, c.) Benutzt wurden diese Acten noch nie. Wa«
Wandt u. Andere über die Juristen-Facnltät mittheiUen, schöpften
sie ans den Annalen der Universität und den Matrikelbüchem,
Ueber die Geschichte dieser Facaltät vergl. Zentner in acta secuJ.
p. 195 S. £bepdort p. 231 ff. findet sich auch ein YerzeicluMsB der
Professoren der Jurisprudenz vom Jahre 1386—1766. Wui^dt, De
orig. et progressu Fac. jur. (öProgr. v. 1777, 1778, 1780, 1781, 1782).
164) Dominus Conradus de Geylnhusen, praepositus et canoni-
cuB EcclesiSie Wbrmatiensis, Doctor Decretorum, Segens Decretum
extsaordinarie, caneettariua hi]gaB Biudii priroos» AmialL Univ.
T. I. F. 13, a.
165) Annall. Univ. T. I. F. 13, a.
166) Clementis, protonotarius papae, n^tns de regno aragoniae,
Doctor l^i^m, legens ordinarie ^dicem* Aimall. Univ. T. L F. 13.
167) Der erste Band des Matrikelbtieh«B theilt Folgendes mit:
»Anno 1387. Joannes Berswort, Mag. in artibus et baccalareus
in legibus Parisiensis, Ganonicus eccles. S. Ganiberti Goloniensis.
Anno 1388. Ghiselbertos de Gampo, baeealareus in legibus et
Joannes Ekelenislicenciatas In legibus, canoniens eccles. Fritslariensis.
Anno 1391. Nicolaus de Guba baccalareus in utroque jure.
Anno 1399. Gyselbertus de Eeynen, Ganonicus Leodiensis in
jure dvüiy in Plaoentia licQBCiato&«
160 I' Buch, I. Periode i. MsOmiH. (1346-^1390,)
Schon im Jahre 1387 waren, wie dieses auch in der
theojogisdien Facultät der Fall gewe$ßn, viele licentia-
teu und BaecaLaureen von Paris und l^v9g pacb Heidel-
berg gekomoiea Von diesen widmete sicl^ der bei wei-
tem grössere Theil lem^d und lehrend dem canonischien
Rechte; doch wurde auch, wie schon (gesagt, das bOrger-»
Udiie^Be^bt von Clementis vorgetragen.
Eine Zusammenstellung der Statuten dieser Facultät
aus d^a Acten geben wir in den Urkunden ^^%y^
3. Medicinische Facultät
. Sie erhielt (S. 131) am spÄte^^ten ihre A)asbildmig ^*^,
168) Urkunde Nr. VI. .
169) Beiondara Acten finden noh aueb Ton djeser FaeultAl
nicht vor. Was wir an zuverlässigen Nachweisungen iü>er dieselbe
haben auffinden können, theilen wir mit. Schönmezel hat in
seinea Programmen (1769 u. 1771) es versucht, eine Geschichte
dieser Facuhät zu geben; allein auch ihm fehlte es an dem ndthigen
Material**). Um nun nicht, wie er selbst sagt, gerade eitk trockenes
Terzeichniss der Lehrer zu geben, welche vom Jahre 1387 — 1450
in dieser Facultät wirkten, nahm et ein medicinifiN;hes Gutachten
vom ^ähre 1426 auf. Aus diesem können Sachverständige auf die
ttedicinischen Kenntnisse der damaligen 'Zeit einen S^luss ziehen.
Bein eigenes ürtheil fügt Schönmezel bei. IFeber ^e Geschichte
dieser Facultät vergl. auch Nebel in Acta secularia Aead. Heidetb.
p. 24Ö sq^. W tt fa d t , Beitrl^ zur Gesch. d. Heidelb. Üüivers. S. 63 ff.
'*') In Ermangelung ausführlicher Statuten dieser Facultät fahren
wdr aus denen der Wiener Univcfsität t. J; 1889 Folf^eadea
. an; Die. Medicin, s^g^n diese v ist. eine wahrhaft saUonelle
Wissenschaft» sowohl hinsichtlich ihrer Theorie, als ihrer Praxis.
Wer zum Baccalarius promovirt sein wollte,, müsste gehört
haben: Joaünidi artem, prinmm seu quätmin canonis Avi-
cennae et ahqnem libram in Firactioa, »tiionum Itads Aiouui*-
soris. Ist er magister in Artibus , so sollte er .weDtigstens 9
Jahre Vorlesungen in der mediiciiuscben Facultät besucht
haben, 3 Jahre aber, wenn er blosser Student (simplex Scolaris)
war. 22 Jahre musste er ah, ehelicher Sohn und nicht leib-
Heb entstellt «eia« Solhen sich Fürsten, oder «er esscHiBt
, , sei, fUr die Pronix^tio«. Unwürdiger yerwendep^ so soU man
ihixen die Statuten enjtgegenhalt«n , welche m^n bei^chworen.
Wer sich zurLicenz meldet, soll, wenn* er einen Artis^en-
grad hat, 5 Jahre- ist er nicht graduirt, 6 Jahre medwinische
Yofrlesimgcii gehört halben. Wird' «r in Bezug iamf Wissen
imd Stten tüditig. befnindeaii obnet cfinoniscb^A Fehler, ist
sein Gesicht nicht gar zu weibii9cb (non nimis ivuliebris in
facie), so kann er schon im 26. Jahre promovirt werden, der
' Strenge nach aber erst im 28. Jahre. Beim Examen werden
die Aphorismen des üippokrates n. Galenns sa-Gmade gelegt*
Du 4 FamUäim. 1^
&8t g«g^ cUm Ende dm Jahres 1387 wurde (S. 131)
O»tkirolien aBgestettt^'^, weldier aber bald in Ja-
eobas de Hermen ia einen Amtsgenoesen ertiielt^^O«
Eine weitere AneteUnng erfolgte 1393 in 4^ Person des
Hermann Yon Httxter (de lA&xaria) ^^'). Ihm folgte
Wilbelm Tenstal ron Deyenter. Gr w^ der Erste,
welchem die medkiniscbe Fa<;attfit das Poctorat ver-
lieh ^^*) und auch der erste Professor der Mediein, wel-
diem als Besoldm« (1413) von dem Knrfifstea Lud-
wig III. eine PfrOnde an dem Stifte «um H. Qeiste
forlieben. wurde ^^^). TenstaFs Nachfeier war Ger-
hard von Hohenklrche.n (1420), einer der Mitstifter
des Dicmysianums« Dieser erhielt spIM^er zu der Pfründe
bei dem Stifte 2um H. Gteiste von dem Kurfürsten Lud-
wig IV. noch eine andere in Wimpfen ^'*).
Später war nur ein ordenüicher Professor der Mediein
angestellt "^.
Hatte jedoch auch nur ein Lehrer die Stelle eines
170) Dags Ostkirchen nicht früher imgestellt wurde, W
wei8t folgende Stdle der Annalen der Uniyersit&t (T. L F. 4X) w^n
der Miue des Jfüure» 1987: »Qaii^ voXf^s erat medieos iu studip
reiMftBa, ckvit pro facidtaie mediGa renuuiBit apod rectorem.«
Sehönmesel^ Gontinttai .bist Fac med. Heidelh.
171) Cakiiii a4Ukd. U. d. d. 28. Jani 1390. , (
172) Schwifh, P L p. 20. — Von Eöxt, er .berichtet dat
Caknd..iEM^. L, daes er »in medicinf^ do^lbor. prjmne regens ia
alDstra ÜjiiTenitate« foi 20. April 1396 gestorhen ,aei»
173) Sohwab, pw 30.
174) Seh&Amesel, Hist^ Fac» med. (Die SchiVnmojEer-
sehen Programme haben keine Seitenszablen,)
175) SehlTAb, P. Lp. U. 4.9. 50.
176). Es erhellt dieses aus ^ner im JiJire 1441 .gepflogenen
Berathnng llber die Verbesserung der . Universität, wo es heisst:
»Qoia eedft inmagnum detrimentnm Uni^c^rsitatis, et deminitionem,
quod ini ^sa. non It^np Jub CiY]ie> et, ,fl«Qd ta^ntum unus Doctor^
fui continno. legit, «est in Facultate Medicinae, rogi^tur Dominus, nt
consilio et auxilio suo cooperari dignetnr, quod habeantur duo doi*^
ctores, Tel Doctor et Licentiatns, qui Jus civile legant» simiüter quod
habeatur adhoc unus. Doctor ^ qui legat continno in Medidna.«
Annall. Univ. T. IL fol. 240.
HautB, Qeicb. d. Univ. Heidelb. I. 11-
102 I. Such. L Periode. 1. Ahsthmft. (1346—1390.)
ördentUdien Pi^ofessors der Medicin , so • wird doch
in den Acten immer eine medicifiische Faenlt&t ge-
nannt. Dieser war ausgeben, die Apo1;bekeii zä' visitken
und vor Allem ihr Augenmerk ' darauf 2a ri(ihten ; dagd
nur sblche die Arzneikunst Übten , welche ton der Uni-
sitit die Eriaubniss dazu hatten ^^^. IMer die in die-
ser FaeultM in den ersten Zeiten gehaltenen Vorlesuügeü
können wir nicfcts Näheres ang^en*'*), jedodi ist te-
mei^enswertii; däss^ es deü I)octore&, Liceätiaten und
Baecfdaureen nicht gestattet war, tiber beliebige Fädier
ihrer Wissenscitaft Vorlesungen za halten; diese wurden
IhneÄ tiäöi69ir genau Vörgeschri^bön *^*).
' '• 4. Artisten-l^acultät. '
Schon oben (S. 137 u. 138), wo von der Wahl des Rectors
177) In Beziehung auf den letzten Punkt erhielt sie von deiqi
Bischöfe Eckhard zu Worms eine Zuschrift vom Jahre 1404, aus
welcher wir folgende Stelle mittheilen: »tJüiirersÖB et singulos et
alios quoscunque non approbatos per Facultatem medicam studii
Hdidetber^ensis pro medfcifi infirmorutt se nomintotes et gereutes,
eujüscunque Status, graduv, ordjnis aut conditionis existant, requiri*-'
iüus, mönemfus, hörtamur in Domino, ut ipsi et eorcön quilibet infra
quindecim dies a publicatione praeäeniium de cura et practica ioAt*
morum se per attiplius non immisceant', n^ ^ immlscare attdeiati
publice yel occulte , alioquin ob non parilionem pramissorum et
termino lapsb, Ghrisrtianos excommunicainus, Jndaeos aütem a
€hrisii fidefibm ttommunione suspendimus.« Bchönmezei, L cl
178) Sch&ntl^zel theih a; a.O. uns Fo^geodes mitf »Avi«'
•cennam primum in scholis nostris expositum!, ounr altera HIppo-
<;ratem ct^thedrä intröductum et k tertüo demumprofessore Galeni
dogmata publice fuisse proposita, ex eis, quäe certam in doeendo
methodum praescribit, Ottonis Henrici otdiüationett habenras.«
179) In den Statuten der Facnkät ist nach Sehönmezel
festgesetzt: ' - • • •
»Baceal^üreus secnndo jurabit^ se non-lectoF^m atiqu«m ciilv
sum; nisi per !Facnltatem>aut Oräiiiariiiln in eadem sibi atssignatanij
iiuo asBignätö dÜigenter emn contiBHabit, aon €iai«ndo etim ante
letupüs sibi prftefixnm.c
»Quod nullüs Doctomm cenaeatvr Regens in Facttltate, nisi
aüquas lectiones sibi per Decanum Medicinae et Facultatem aasg-
natas compleverit annuatim in eadem.«
Bi$ 4 IkeMätm. 168
giAaoidelt mirde, toben wir gesehen, wie diese Faeultät
ak »pia oeteranun iMoltttiun nutrix« oder »alma totius.
UnifeiBltatis matar«^^^ gewisser Massen die' Gnmd«
l^e der Umversiiat bildete, da sie bei dem Mangel
an VorbereitiiogsanBtaltan fOr die Universilifsstttdien,
zu diesen, die oberen Classen der Gyanasien und
Lyoeen vertiteteiid, verberettete. Als Stbutspatronin
wurde vcm dar Fahiltftfc die H/ Katharina, Weldke*
OberhM^ als BesefaftbEerin der Wisselisdiafteli gßit ^»^),
verelurt luid ihr VaaiensUg jedes Jihr daroh ein Kiifcben«^
fest gefeiert« Diesem Feste mudsteii. die simmtlichen
Iffitglieder der Facult&t i»iB vel emn birretis non oceul^
tatis« beiwohnen ^^^. Aueh »die Lehrer und Sehöler der.
dbrigen Facultälen wurdet» zu demselben eingeladen.
180) Lambecias, Stat. Fac. Art. Yindob. p. 195.
181) Qaae virgo ac martyr literaram patrona erat dignissima.
Act. Fac. Art. T. III. F. 1, a; Sancta Catharma fnit virgo Alexan-
diina, qaae nnUis tormentis, naclufliatioiiifciui, artibni yel a reli^ne
christiana vel castitatis aree a Maxentio tyranno anno Christi tre-
centesimo deeimo exturbari potuit ; genere non tantum insignis, Bcd
ingenio acri, grayi, facili, excelso , discendi semper avida, eruditorum
viroram studiosiBsima, liberaünm artiam cognitione non tincta, sed
imlmta, delibata, PhilfBophiae nniea praefiet Dean cnltciz seien-
tissima; vitae pr^ter Cbristiim pBo4ig4< Sob hu^nB ergo cHentela
militat Academica Facultas et ipsa alumnorum suorum castitatem,
innocentiam et oonatantiiaii reqairens. Eist Aead. F. . 225. 226.
um sie nun Heideathiim anriUkzubrmgen,' erhielt aie Geisselhlebe.,
Als diese nidits fruchteten^ sollte sie auf ein Bad mit Isfagelspitaen-
gefloohten -werden. . Mim das Marterwerlpseag zerbrach in dem
Augenblicke, als man sie darauf legen wölke. Die Artisten:'
Facnltät nahm in ihr Wappen ein B^d. aqf , ^eil M diese Heilige
als ihre Beschfltaerin wrehrta«
182) Decaaus Facultatis ArUum laaDdal; omnibus et sing^lis.
lumorabilibas m^gisiris. atque baccalanreatis . ejasd^m facultatis^
qnatenus ieria taliaut tali in profqsto sancte Kathei:iae, hora tercia
a4 dei gloriam et beaüssUoe n^artiris et Virginia Katherjne dicteque
facnltatis honorem a principio u^ que ad finem intersfnt, primis ye-
speri^ et die sequenti siunme misse. in ecclesia^regali sancti Spiritus,
decantaade afferentes ii| eadem sab poena duorum solidorium d«-
nariorum irremissibiliter persoWendorum. Act. Fac Art. T. J^II.
11*
164 L Buch, L Periode. 1. AJMkML (1346^1390.)
Da HUB TOB dieser Facoltit die Acten aoeh heusBke
voUsUlndäg vorluuidai sind, so icSnac» aaeb von ilur die
genauesten und ansfttbrlichsten MitdieikngeB gemaeht wer-'
den '**); ja es wird dnrch den reichbaltigeB Stoff, wdcbm
diese Urkunden darbieten; vielheh die Octichiebte der
Universität sdbst ergftnzt
An der Spitae der FaadtSi stand can I>ee«n« Bia
2nm Jabre 1393 fand, wie die BeotohiwaUv alle Viertel^
jähre und darauf bis «im Jabre 1622 alte Halbjabre ^yie
Wahl desselben umMttMl'bar nach der Envählung des Beefcna
statt, atieb musste die Btette y<m des Gewählten bei einer
Strafe von 4 fl. angfeneonneb werden ^^% Vom Jahre 1582
aber wurde der jeweilige Decaa immer auf ein ganaea
Jahr gewählt Die Wahl selbst nrasste^ wenn aieh auch die
Contubemien und die meisten Professoren ausserhalb
Heidelbergs befanden, an dem Sitze der Universität ge-
schaben ^®*^).
Im 15« Jahrhunderte /«(urden dem Deoane zwei Mit*
glieder aus det Facukät . beigegeben , um mit ihnen in
Angelegenbesten, ivtelche keinen Aufschub litten, sofort
Beschlüsse zu fassen. .
F. 64, a. b. — A«eh di^ Ardirleii-Fttttaftftl der ingolstatfier und Wiener
UnivenHt&t veifehrte die H. Katharilia als iliUe Schutepatronia.
Kink, S. 95.
183) lieber dib Geisebidite dieser F«caltftt Ist au6b sq tisb-
gleichen: Kr eu ssler, Progr. Fae. ptKilas. in Hdddb. Uttir. 17M.
Wundt, Memot»ab. örd; philos. Heidelb. (2 Progrr. v. 1779 u. 1788);
Sehwab, de praeeiiKiis Epochiis Fac. f^tl. in Aead. Heidelb. iti
Acta seeul. p. 277 #.
184) Act. Fiac. Art T. lü. F. 1^, a.
185) Anno 1529. Oontubemiis EberlMUslii i^fentlbtis ob aerem
pestiferium facta est convoebtio a Vieed^cano nostrue Facuhatis
¥irornm quornndam^ qni Heidelbergae remlmseriitK;, adeoqoe et
alioniin e senatu nostro, qni ab Eberbaeho deseenderant ad eligen-
dum Decamn». ßiqtddem hoc peipetais temporibtis sie observatum
fuerat^ ut nbiconqne essent 'Contubemfa , nihik» «amen miims De*
oanraS HeidöTbei'gae eli^rktir idqae'in "(yostenim «it observandont
statoit üniyersitas. Acta Fftc. Art T. IIT. F^ 124, a. AnnaH. üniv.
T. V. F. 214, *.
DU 4 FaeiOmm. 185
Den Berathangen ttber Facidt&üiMfiheA wohnten alle
Magister ds ABaessoren bei; doch mussten die, weiche
hier promovirtn, swel Jahre hmg, und jene, die auf ei-
ner andern UnlveEsitit den Magistergrad erlangt hatten,
wenigstens' ein volles Jahr vorher in der hiesigen Artisteih
FacnltSt Vorlesungen gehatten hahen ^**).
Ihre)at grSss^en Höimal (Anditerium pbUosophicnm)
hsMß die Facultät »in der Bursch«^^^, dieser wurde
aneb zu .aeadeniisehen YeraamniliuilieB und Feierliehkeiten
böButst
Wie diese I^cultät schon lirOhe im Besitze eigwer
Siegel war (S. 155), so hatte sie auch ihre dgento Pe-
dellen; Znearst war ttur einer angestellt, vom Jahre 1545
an aher auch ein zweiter ^^%
Aussen dehr ansfUuiidiMt Stattutea '^^ lernt man nicht
nur die ganze fämiehtimg diesdr Facult&t kennen, son-
dern auch die verachiedenen Yorlestti^en und Übungen,
wie sie m dm Irtthesten Zeiten gehalten wurden, so wie
aiudi die Honorar -Betrtjpai Diese Statuten geben somit
-eine ansohaftliche Eedmteiss der Methodik des alten
aeademischen' Unterrichtes, bei welchem d^ yon Mar-
siliufl emgrführte Nomiialismns vorbemachend war/^^.
Als besdnd^ widitig bdbien wir bei diitöer Facmlt&t die
oben (8. 83 u. 84) erwihnte Dispntatlo quodlibetaria
hervor. Wer zur Uebemahme detsett)ett gewählt war,
durfte 'ffidt dicaee aller/ffings schwierigen OeschSftes bei
-einer Strafe v6n 4 fl. ni<dit entsddag^, und weigerte er
sich, dieses. Geld zu beaahlen, so wurde , er; so. lange von
aUer Wirksaimkeit in der FaeultSt (a isingidia actibus Fa-
/. i, :i i' ■■■ ::- • ::' '
186) Wandte Deord. jphilos. P. I. p. 15.
' IST) Lttci, ». tm. Vrilkeui g. 38. «
186) Wandt, P. I. p. 15. — Eine aaBfÜhrliche Instruction
lUr die PedeUen Bteht im Statutenbach Aer Faenltfti F. 42, a— 43,\>.
-in:)Afet'Fat;-dlii.\^]a' F;ia,.ab. -' » . . -^ : .
18S) üriEonde Nr. XL . -<
190) Wandt, P. I. p. i9.J9* WilkM, S..m
166 I' Bwih, I. Periode, i: ÄheckfM;. (1346-^1390,)
cultatis ArttuiKi) snspendirl, bisr er -bezahlte. In 'den Fa-
cultäts-Acten (T. I. F; i, »; T; IH. F. 6, a) sind die
Statuten über diese Disputatio de quoifbet ausfülhriich
mitgetheUt. Dae erste Statut ist vom Jabre 1886 und
das zweite vom' Jabre 1490. D^h sah man schon im
Jahre 1549 es * ftir ^»ratbsain an^) diese Disputation zu
niiterlaßsen* "^), tmd ddrch 0tto Heinrichs Refor-
mation der Universität wurde sie Töllig aufgehoben, »vrail
sie wenig iiutzens, wo! aber viü v^i^^lichen 'Praeht» Tnd
ostentation, zu sambt leichtfertigen schimpfirung oof sieh
gehabt«. Gehaltem würde sie in den' Sommerferien (Va-
canz in Ganicnlaribns).
Mit Lehrern war diese Facultät? am stärksten be-
setzt. Neben Marsilius und Swertbe^lehrten an der-
sdben noch mehrere Mftgister der freien Künste; Welche
-Ruprech t aus seiner Privatcasse besoldete: Johiann^s
von Worms, awh voii ' Wa;chieriieiffl genannt (1387),
Berthold vo'n Osenbrugge (Oscbcnbuiij 1388), Hugo
von Landau (1989), Conrad von Steynberg, audi
von Worms genannt (1389). Naoh ihn^ kamen Nico-
laus BurgmafU (Burcktaann) von St Go^ar (1890),
Be/thoid von Dyppurg (1890)^, FiiedTich« von
Sulzbaeh (1390), Heinrich von Alsfeld^ Franco
von Ingheu, Johannes Von Butabach (1395).
Die grosse Bedeutung, welche* diese Fäcultät hatt6,
zeigt sich auch darin, dass aiev wie kanie andere, eb
eigenes See pt er fftbrte,- welches bdi feierlichen - Gelegen-
heiten von' dem I^eddlen dem' Deeane der F^ctdität vör-
-getragen wurde. -Das älteste WUfdeischoa; m deni Jahre
1404 gefertigt und bestand in einem hClzemftn Rtühfi,
dessen Spitze versilbert war *^*). Spätrer (145^) Hess die
Facultät sich ein andere« sm ßilber fiMvclieni .w^lchßa ver-
. • . .'• .• i. •: - «" : .'' j .'1 . ; j it i; // « --^
191) Ordnong der Gollegiat6n> imlCdüe^ d^ ixtistni
Arch. Nr. 858, 79,a. lA t/. »i »/iV: •» j
192) ActÜ^Fad Jui.T.% P...245k./i .1 i ,J^.•"■^' ■• •
goldet war ^^^. Dioiss Scept^ ist no^i^rhipdea uod
wird ztt^beidi mit dem der UniTernität bei academi^cben
Festliehlieitea benutzt. Auf deimselbeQ ist ßin Sseitiges
gotbisebes ofiißnes T«benudceU In dessen Mitte befind^^
sieh das Bild der schon genannten Schutq>atronin 4^
Facidtät, der H. Katharina, mit einer Kropß auf dam
JHaaipte , Y<m welchem lange goldene Locken be^bwaUeit
In der Rechten hält sie ein breites Schwert mit gesenkter
Spitze, in der Linken ein Bad. Unmittelbar unter d^esenji
Tabernakel sind 3 Schijl4e. angebracht, welche daß plal-
zisdiß und bayerjsßh^ Wappen nebst dem Beiciisapf^
vorstellen.
. Die Vecziierungen der nächsten Buckeln an dem Stab^
tragen das. päpstUohe und Wormser Wappen nebst 2 Bil^
d^m von Doetpren . dieser Facultat Die übipgen 2 Buckehi
dieses Stabes sind mit Lilien imd Bösen verziert Eme
Inschrift findet sich an dem Scepter nicht
Die J^acolt&t hatte ferner eine eigene Kasse. Sie
wurde von dem Decane verwaltet, welcher, wenn er sein
Amt XMederlegte,. Becbenschaft abzulegen hatte. Dieses
geacäbksh in Gegenwart von 6 Seniotren d^r Facultät, d^
nen er bei diesem Geschäfte eimen Trunk mit.Brod un^
Käse oder,. mjA Kipcbep vorsetzen mussta
In dei; ersten Zeit waren die £inAahipen gering,
wurden aber bald sehr beträchtlich. So war, als Mar-
silius (1393) Eechnung stellte, nur ein üeberschuss von
8 fl. verbanden) der sich aber um die Mitte des 1&. Jahr-
hunderts oft auf 400 bis 500 fl. steigerte. Dieses setzte
die Facult|lt., welche überhaupt reicher, als die andern^
Idä) .(SontenetuiO; clef»utAti .ex parle iMcnJifaotltaliBCdBstraetj
a Earolo Aarifabro et singolia hinc lade comgAsau^w ex paiüe fa-
etionisi^iittderiii.ei^'^M eoft jteeas aomiiie Alcqltatis.baottlum exolvi
dedique singalis computatig pro «o ^^ÜMittafinta diioft:^<tren€n
uMMiaiOTli^t/qiiiiftnertolid^ deiaiio^Qm^ Hcdmlb mum ibi^ealiis in
9eiidiejEe.4uj|i|««.niar<M< luia -niicia .H senu. iicia .Art JPatoK.
T. n. R.S8. . .' ;i / . •./ .^ .-' .'■ .'■: ' .•'■■ •>
168 I' Buch. I. Periode. 1. Abschnm. (1346^1390.)
ausgestattet ^aat, auch in den Stand, eben so woU d^
Umvemt&t ^^^), als atch den Bursen, bei 6eId^rlegBD^
heiten ausssühdifen. Sie that dieses immer bereitwitti^; da
ihr aber zugleich, so oft zu gemeinschaftlichen Lasten d^
üniversit&t beiüutragen war, die grösste Beisteuer«, öfter
tfber die Oebtiir, zügeoJuthet wurde , so sprach sie sich
darüber h&ufig ungehalten a»s *^*>. Doch 'war die Eaciit
tat nicht selten auch erfreut darüber, von ihr hoch
geachtete Männer, wie Melancbthon, als er (15&7)
voin BefUgiönsgespräche in Worms isurüchkehrte, mit sei-
nen Begleitern recht statflich Mbewirthen zu können ^^i
Eine Hauptquelle ihrer Einnahmen waren die Prtmio-
tionsgebührißn. Diese mussten nicht nur diejenigen entrich-
ten, welche! hier protuovirten, sondern auch solche, weldie
schon auf einer andern Universität promovirt ba^fi *^^.
SchiiessHch war diese Facultät audi> in dem Besitze eines
Gartens, Hortus philosophicus genannt. -E^ lag bei
dem »€ollegium in der Bursch« und gehörte ursprünglich
auch zu denöLselben. . , -
(janz in der Käfae dieses Gartens btfand * i#eh dcär
Kurfürstliche Märstall ^^^) — da, wo jetzt di6 katli<^isehe
Wairrkircäie steh« --. Die N&be des Marstalls w*r der
Facultät sehr unangtinetmi und i^og'lhr in d^ spfttem
Zeit Anfordenriigen zu, welche sife 'Sehr ungern befriedigte.
1944 Aano l^ü. Efö Nicoiaas de !Betteaburg:veQ<>gD08co,'me
recepisse a Ten. yiro M. Dytmaro de |>^rit«lana , 4e<^o ^Btcultatis
artium, XX fior. ad usus uniVersitatis deputandos, qaos guidem XX
fioren. ÜniYersittfs restitoet faenltati predicte de primis pecuniis.
Act. Facult. Art. T. I. F. 25.
195) Beispiele hieyon finden sich in den Facaltäts- Acten mehrere
noch wftkrend detlSL Jahrtmadevta. Veif^ T.^Ui. F.; l@9^a.
1 196) Act Faci Art. T. I¥. F. 67. . - . \i,- • .
197) W «In d t ^ p.' 17:> 18j wo aacki. di» belr«4fend»t 8*eUeii ä«i
^ien FlK^idtAtB-AotoB amfagfwieieD'iiiid.': ' - « > • -
n. 196) a>eii: MaTitalh am' Itote legl^ «8«. d« lAteiliiMDiMr
Johräii^eaiii^ir an. Filtfierimr düft diAi^BmtghirW'üfl'tt««»^
Gosmoirraphie F. 899. Act. Fac. Art. T. in. F. 36,a. 88,^i ^ '
Ertte Venommtamgmurted. U$m. AM, UmveniUUtgebämde. 169
Se muaBte niiüioh dem EmfiCtrAen Ludwig V. Bickt
auf (l&OS) auf den Avirag der Dmviersittt die Grabung
mir «ben «a bedeekenden Qtnbe fibr den Abflusa des
Unraths aus dem Marstalle gaetUten, so besorgt sie aack
imr» dass das sich dort verborgen sammekide Wasser der
Bibliidthek naditheilig sein 'wttrde ^^% sondern auch (1509)
YOQ ihrem Garten ein Stück, ganz nahe bei der Biblio^
thek, YOq 9 Fuss Länge und 8 Fnss Breite, zur Erwei*
terung des MarstaUgebiudes abtreten. Alle Bemühungen
dm Facnltät, sich dar Anfordovng des Korfflrsten zu
enttiebeD, waren Teigeblich. In. der ersten fiitzuiig, am
Montage nach QuasiniodogettitiY in welcher darüber ent*
schicidea werden sollte, naimi sie (Me geringe Zahl der
anwesenden Mitglieder aum Verwände, um zu antworten,
dass sie dermalen nichts bestimmen k<Vi\Be, und erst in
einer qDilem Sitaang wurde das Ansuchen des Eurfftrsten
gCwÄrt ?^%
Femer hatte diese Faeultät auch einen Garcer^^'),
doch gilt, von ihm^ was (S. 153) Yen dem ÜSfiTersitäts^
Carcer gesagt wurde.
Erste Veraanrndungsorte der Universität. Aelteste
Universitätsgebände.
•» • .
In den ersten Jahren nach der Gründung der Unih
versität fehlte es derselben gänzlich an ihr gehöiigen
Gebäuden. Die Vorlesungen wurden in einem oder dem
andern Kloster gehalten. Als die^ ersten Versäintiiltings-
orte der Universität werden das Augustiner- und Minoriten-
(Franciscaner->}Kloster, ao .wie die^CapeUe der St. Beters*
kirche genannt In dem RrfeetoHuHJi des AuguHtiner-
•' DSa^ iüft a^ M Ideu e» Maas damaa i«isM Ifttiifiae. Atl
^'M^yiäkltk Fite. Ait.-T>ra. IF\'i8»a.-88,b. ü '- • '"
a01)Ibid. T. IV. F. U,b. ' l ■ ■
M
Klosters wurde (1386) <fer erste Kector .Mar &i litt« (ß* iQ&)
und in der* St. Beterakii^che der zweite Bedtor Waftne^n«-
berg (S. 140) gewlhli und' (fie ältesten Gesetsse^er Uni-
versität im Mmoriteft-* Kloster (S. Iö6) berathsn. Ersl,
nacbdem Ru.pr eob^t 11. (1391) die Juden ans Heidelberg
vertrieben und ibre Häuseir der üniversitfijt gefiebenkt
batte, erbielt sie eigme Gebäude. S« irird «ich erst
in jetler Zeit als »Umyersitätsbaus« und » Lehrplatz« ein
mitten i in der Stadt an der Ectoe di^ Jndengässe und
watern Strasse gelegenes Hains genannt ^^^ Diesds war
auch obne:>Z¥rei{el das Baus/ an weictem JaMiiindeite
bindureb das »scbw«rae Brel^t« angebfacht war '^^.
Ein eigentliches Universiliätsgebaude erbielt die Hoch-
schule erst an dem »CoUe^um in fder Sursch«, weldies
im Jahre 1398 vollendet wurde ^^^).: In^ de» sehr ge-
räumigen »Auditorium pbilosophlc]im«;diese8 Qebtodes^wnr-
den von nun an die meisten Versammlungen gehalten ***).
Doch wurde, wenigstens 1395, ituicb die oben genannte
Oapelle noch eni diesem ^Zwedke benutzt ?^^* . .
§ 15.
Capelle und Kirchhof der Universität
« * «
Zu den ersten Besitzungen der. Universität gehört
die schon öfter erwähnte Capelle zur seligen Jung-
er äJu (Capellft beatae Märiae).: Sie bildete eine.Beiten-
baUe der St' Peterskirißhe 2^').
..^202) Wifld.er,-B, I S.;3144^46. .
203) Inventar, d. Uniyers. - Häuser v. J. 1673, Üniyer8.-Arch.
Nr. 858; '65. ' * ; ' \ '" ' . '
-* 204) Verg^.'üi](teii'4leGeftchielrte dieses OoUeginn».
- 005) Sißhwilb, P, 1L.|^. .:>*
206) Annall. Univ. P. L F. 56.
207) Fttr die Geschichte der jetKt noch stehenden St Peters-
jtiubhe ^mdttttt Mn^ohii^ m wendeis« 4aflB ^: liAd^xeneetot oder
neu erbaut wurde. Dieses befweist, das» .Aaf.-delii(4I1M:in.'4tt
Krenzgewölbes im Thüane U'^Maii^bMiL 2Stffem #1 i^ 1 siehftn« < Ifto n e,
Bad. Arch. B. 11. S. 187. • y j .1 v .« ■ ..j» f-..
Im Jahre 1401 wurde der Universität, ron dem Bt-
fichöfe von Worms, Eckhard von Der s*^*), mittetet
Urkunde vom 6. April auch der bei diesdr Kirche befind-
Kche Rftuift als B^B^bnissort fai< ihre Angehörigen (der
Pforrkircldiof war ikmMls'anf dem Marktplatze um die
H. Getetkirche) EUge wiesen »*^).
Jahrhunderte hindurch war dfebe später refeh begabte
Cape^ (in den Aeten gewöh&lioh Sacellum Academicufii
geoaniA) fiigenthmn der Universität, nnd wurden in der-
selben, so wie in dem Chore der Kirche und auf dem dabei
gelegenen Kirchhofe, üniversitäts- Angehörige begraben ***).
208) Eckhard (Eghard, Echard) verwaltete (1370—1405)
unter den schwierigsten Verhältnissen das Bisthnm Worms. Von
dem Bischof E mich 0 (1295) an biu auf Johann III. (U83— 1505),
aus dem Geschlechtc der Kämmerer von Dalberg, fand fast ein
anhaltender Kampf dor Bischöfe mit der Bürgerschaft von Worms
statt, in welchem die letztere beinahe nach jeder Fehde einen
Theil ihrer Gewalt einbüsste. Am heftigsten entbrannte dieser
Streit nnter Eckhard (1386). Die Bürgerschaft, welcher es
grössten Theils gelangen war, ihre politische Freiheit gegen die
Herrschaft der BisdKtfe festsast^len , Terliuigte jetEt auch, die
Geistlichkeit sollte keinen Vorzog mehr in Befteinng von öffentlichen
Abgaben haben. Da man darauf nicht einging , grififen die Bürger
za den Waffen, und die Fehde wurde so verwüstend und um sich
greifend,, dasa nicht nur die. benachbarten Städte und Fürsten^
sondern a^ch der Papst und der Kaiser um Wiederherstellung der
OrdnuBg^besprgt waren. Aus dem gewaltigen Kampfe ging jedoch
die Stadt Worms, welche in jener Zeit 60,000 Einwohner gehabt
haben »oU, siegreich hörvor. Sie wtTrde feierlich als eine uralte
freie B^ichsstadt gegen jede weitere Ansprache (1505) anerkannt.
•Schanniit, Bist EpitiK^. Warn. T. i p. 401^-406. I^nge,
Gesch. d. ßti Worms a \$ 9. Harlwrig, 6.: 59. • •
209) Echardus, Dei et apostoHoae.sedis gnöe^ Episcc^s Wor-
matieosiB.. C9ncedunv8 suppositis Univqrsitatis. Heidelbergensis , ut
libere possint eligere sepulturam äpud. CäpeUam ß. M. Virginis
sitam, in eodem loco, dummodo de cottcTeilsu et tölüntate Universi-
tMiB pt«edftBMe ki6 <ieir c6nti]igttl. lAnnafl. T;'£. F." 5, a^ : Matr.
' Stt0);iIiB^JaikMfteii:4)eriQraib^ sich i& .und
MMrfaflibiMicB <ai*r«jd«i iKkcka, im^SaceUKtmilMadeiilioiuii nad
auf dem Kirchhofe befanden and :zoi^ /Theil doch <vofiaiiideft sinid,
172 I. Bnehi L Periode. 1. AbsehmU. (tB4S-^JS90.)
Im Jfi^re 166& versuchte es die Kurfttn^che Verwaltimg,
dieses Becbt (jus s^ulturae) der Uniyersit&t streitig m
maehen und »BegrftbikiflBgeljd« zu varlimgeii* Dies^ aber
imudte sieh deshalb: in ,ei«er BeGK^werde w dw Kuir-
fftrsteu Carl Ludwig, indem $ie sich, eben so ?f€ibl wi
die oben angeführte Schenkouig des Bischöfe. Eekhard,
als auf das ihr bis jetet uubestriittene Becbt, bmef, und
besonders hervorhob, dass diese Gapelle im Jahre iWl
^mi gemeiner Umversit&t Kosten« vob neuem fSfifMfßfi
worden sei*").
hat Adami (Apograph. monumentor. Haidelb. p. 25 — 112) auf-
gezeichnet. . <
Von den in dem Chore der Kirche befindlichen nennen w
das des Marsilius, des Ganzlers Ehe i in, des Theologen Georg
Sohn; von denen in dem Sacellam academicuin das des Theologen
ßaniel Tossanus, des Juristen Caspar Agricola, des Pro-
fessors »der freien Künste c Pithopöus (Fassmacher) und seiner
Gattin, das noch vorhandene des Philologen Xylander;^ das d§r
Theologen Zanchius und Strieel.
»
Ton denen aitfiserhalb. deft.Gh«ire« das d«i Theologen Kirne-
ddnciüs, des Juristen Heil mann.
Ton denen auf dem Kirchhofe das des Dichters und Mediciners
Posthius, das der Gattin des Daniel Tossanus, das dös
Mediciners Grünt 1er (Grftnthler) und seiner Gattin Olyihpia
(jetzt an einer Seitenwand der Kirche angebracht), das des Philo-
logen Sylburg. Tergl. auch Kays er, Heidelb. S. 65 — 71. '
^pch fanden aucl^ in ani^erjai Kirchei» ^^i^^&egA Uni?e^si)ats-
lehrer ihre IqU^c Kuhe^tte.. ,
So in der Kirche «um H. Geist die JüdStenKi Celans eig-
ner, die Theologen PailAsSpanf ei, Hug'O^ Zoll^r, Hein-
tich Stolo, Andfeas Pfodt. > « ;..•;
Iq dor Franzisl^aner- Kirche wur^e Budolph Agricola. bei-
geöet^t, Adanji, p. 1*3. U, J7. 18. 22.
211) ünhreiiBitltekAmialen yi3a,iApiA 166(k Amk war bqImii
L J. 1556 entschieden worden , dass diese Capelife Jjchlt >äd ÜaM-
(camtem^ (defe> m .Bt|iarilatoi>;iatdr<imiiiiliMi Aafcgiiiilw hattinun-
:ttti iKiiBiheneiBkaiillttin), soiidemi'>iU teinüüiikttsifealibclgnlriw.
i^üBaiL Uatr.> T. TH. F. t219yftsb.» .. : .1 ' ,
§ 16.
Pi/tti Urhan VI. verleiU md F4pit B^nifacitis IX^
hestäUgt das Priväeffüm eker ß^fährigm Ahwemh
heü vom Pfründeorte. Ein Rotulus wird nach Rom'
gesendet (1389J.
Unk die and^m Universit&ten von dem Papste zuge-
stMdeM Beganstfguiig, »ditf» lelorende und lernende OeisO-
liefae m drai Gemüse ihrer PfirflUdefn blieben, ohne an
dem Orte deraelbeB Basidisns fxx bieten«, aucb £är Heidel-
beig zu klangen (S. 43 ff.); ^^dete sieh die Universtt&t
(1387)blttwcdse anUrban VI. Dieser erftdite sogleicb durch
ehie Bulle vom 2. August 1387 das Gesudi, und zwar in der
Weise, dass die Aheenz auf & Jahre auligeidehnt wurde«
Ausserdem erhielteh aber auch durch dne weitere Bulle ''*)
die Dechanten in Gonstanz, Oölni Imd Neustadt a. d. H.
von dem Papste d^n Auftrags Votgtehender Anofdnudg zu
überwachen und übeirhaupt di^ UniYersitSt gegen j^Iiche'
Gewalt und Unbill zu schützen und in Sachen, welche
abgethan werden mussten, »summarie, simpliriter et de
piano* zu verfahren. Die von.ürban VJ. zu Ounsten
der Universität getroffenen Bestimmungen^ wmrden von
seinem Nachfolger Bonifacius IX., welcher sich stets
sehr wohlwollend gegen die Universität bewies ^^\ nicht
nur ihrem ganzen Umfange nadi durch ei»e BuUe vom
6; Juli 1389 besÄtJgt »^*) ,• sondern durch eine weitere
212) Die BtiHeA fliiid im Oti^X im TJniv.-Areh. nnter Kr. 27
Q. 28, nnd abscbriftlicb ist die erste in AnnaH. Univ. T.I. F. 28, a.
nnd abgedruckt in: (Hertling) Jas Univ. Heiden>. ürbi et Orbi
oBtensüm. Mannb. 1748. p. 11 ff.
213). Bonifacins Pontifex profieeto Academiae nostrae est fionf-'
ffteitts, cIiJhs pfoptetea ^emper bonor laudesqtie taanebtint.' Hist.
Acad. F. 46.
214) Aücb d^ iJniversftftt Wien imrde gleicbe Yetgllnstigang
^ron den Flpsten sn Tbei). Kink, 8. 11. 18. 161. Die betreffenden
ürkundeki sind in dem daim gebörigen Stetotenb. S. 29. 47 n. 291
Bulle vom Jahre 1404 auch gestattet, dass, »so oft die
Professoren von Heidelberg zu ihren Präbenden verreisen,
auch der Mess und koris beiwohnen, nicht allein ad omnes
c^itttlanes sioUen zugelaspep werden, soivlaii auch die
Praeeenz , so lange sie wßrden dort sein und beiwohnen,
geniessen mögen« *^*). Diese Bulle wurde im Jahre 1434
vom Papste Eugenius IV. bestätigt***).
Von deÄiden Universitäten verliehenen Rechte, in
einem Rotulüs dem päpstlichen Stahle Wflnsdie und
Bitten vorzulegen (S. 44) , ' machte die ühiversitftk, auf
Veranlassung des Eurfftirsten, gleich im zweiten Jahre Mirer
Begrttndung Giebi^anch; Bei' der AMassuAg d«s Botofais
wurde der den eJnzelnefn Facultäten, Lehrern und Schulen
gebührende Rang strenge eingehalten'*'^, und so gtit
denn auch die in denselben angenommene Raasordnang
als Norm, wenn es sich um Rangverhältnisse von Univer-
sitäts^Angehörigen handelte *^^/
In* dön ton' der Universität Heidelbei^ abgefassten
Rotulen' wttr«n die Rangv^rhäitnisse folgendet
abgedruckt. Nur jst zu bemerken, dass in der letzten Bolle von
Bonifacias IX.'' den fltudirenden BenefiicSaten statt einer Ab-
weaenhdt Ton 6 Jahren die Dispens .ohne eine Zeitfnst festgesetst
wordei.
215) Im Eingange der Bulle, }ieisst es: »Yiris literanun studiis
deditis multiplex favor debet inipefndi, qui dum possunt non cessant
soienciamm Gemmas eoUigete dft collectas in anla seeretforf recon-
dere, ut dorn teiiipas ad^van^^ reqttk«ndl que eoU«0ennit, non
reperiatur apud eos locus vacuas, quin scientiaram gemmis hujns-
modi reponator omatus, unde dignom censemusc etc.
216) Die genannten Stellen sind im Üni^^-Av^li. unter Nr. 25.
26. 33 noch vorhanden. .
217) Die Universität Wien tetete dna SUtut dea Rotnlaa 1388
fest. Eink, Th. I. S. 150. Das Statut selbst ist im Statntenbadie
abgedruckt S. 8d— dai. Gleiches that anch di^ UniversiUt Cdln 1404.
Bianco, Th. L S.229. £heiL.doj$ sind aach die eüuelaea Puacte
des Hotulus abgedruckt.
218) Auf der. Univenitftt Batirt wurde dqrch die Statuten die
Rangordnung voigesehrieben, weil eine »Univeraitasc (Corporaüon)
oh^e solche Regelung nicht bestehen kOane. Vis eher, S« 132.
PäpBtät^iei F^mUffmm, StHdung emea EoMus'nadi Born. 17&
Die eiflte 8«^ liatto der jeweilige Heister, auf Um fblgw
ten die Doo^ren und LicentUten der Gotte^elaJuibeit and
des canonischen Becbts; die dritte Stelle nahmen die Do-
ctoren und Licentiaten des bürgerlichen Rechts ein, je nach
der Ordnung, wie sie In ihren academischen Ehrenstufen
forigescimtten waren. Ihtien gehlossen sich die Magister und
Idoentiaten der Afzneiwiseeiischaft an. Auf diese folgten
die wirklichen Begenten und leseBden Magister in dör Faciil*
t&t der freien KOnate, denen die Baccalaureen in der Theo-
logie, welche den Namen Formati zu tragen berechtigt waren,
unmittelbar nachgingen. Die siebente Stelle war allen Mei-
stern der freien Kflnste cngesprocheh, sowie auch den Baeca-'
knreen der Theologie, welche nicht Formati waren und'
. fießjiß^ip^tk dfs «anoniiK^Qii jond bfl^gerilchen jReehts und det
Arzneiwissenschaft, welche in der Artisten - Facnlt&t den
Magistergrad erhalten hatten. Ihnen folgten diejenigen Bac-
calaureen in den höheren Facultäten, die noch keine anderen
acadetiai^chen Ehrenstufen erstiegen hatten. Zuletzt kamen
die BiafccalaQreen der freien Kflnste mit aHen flhrigen Seho«
laren; den Giafen, Freiherren imd EMn behielt ^h de«
academische Senat vor, bei eiAear jeden , i^ntUc^en Feier-
lichkeit eine ihrem Stande gemftsse Stelle anzuweisen'^®).
6egeH das Snde des Jahves 1387 wählte die: Unir.
versität den Profosspr Dithmar von Swertbe ($. 131)^
um den unter, Wunnenberg's Bectorat (24. März bis
24. Juid 1387) abgraten Rotulus ^^^) und die Erfüllung
der ausgesprochenen Wünsche von dem Papste zu er-
wken ***). Zu seiner Hin- und Herreise, so wie für
einen Smpnatliclfe^ Aufeinthalt in Born, wurden ihm 180 fl.
aas der Universitätskasse ^^^ u»d somit nidit^ wie auf
219) Annall. Univ. T. L F. 38, a. h. Gopialh. d. Univ. F. 26, a. h.
mst Acad. F. 2$. 27. Wundt, Mag. B. IH. 8^ 283 ff.
220) Snh reolorafeu Heilmanni nihil fere gesinm memoraMle,
tantom de orcyoiando et tjranunitlei^de Betnlo erant soiUieiü. Jlist
Acad. F. 28. - ■ • . . ,.
221) Annaa Univ. T. L F. 39, h. Bist. Ao%d. F. 28.
222) Die Summe- selbst wird in den Acten, so angegeben : .
Pro vestibns et baculo XL flor.
Pro itinere,. pro quoTis die nnom ior., faeiunt XL^ dies XX
fioide et totiden redeundo sittiniam XU fbor. ^
176 I' Buch. I, Periode. 1. AlnehmU, (13i€^Xd$a.)
andern Universitfiten (S. 46), die InTotalnten sur Zahlung
des Kostenaufwandes angehalten. Die Summe selbst war
um so bedeutender, als in jenen Zeiten die jährliche Be-
soldung eines Professors in der Regel 30 — 50 fl. betrug,
das Honorar der Vorlesungen je, nach ihrem Umfange
1 — 8 Grofichen ausmadite, und der Student sein wöthent-
Hdies Kostgeld mit 3 kf . bezahlte. Allein die tlnifersitfit
wollte am päpstlichen Hofe von ihrem Abgeordneten auf
die würdigste und erfolgreichste Weise vertreten werden,
und hatte mehr den in Rom herrschenden lAuaß im Auge,
als die Einfachheit der deutaclien Sitten .und den geringen
Preis deijenigen Dii^, welche su da BedOrtaissen und
Bequemlichkeiten des Lebens gehören.
lieber Swerthe's Reise nach Rom findet sich in den
Acten nur, dass er unter dem Rectorate Jo.hann's von
Worms (gew&Ut am 10. October 1387) zwar ¥<m Heidel-
berg abreidte, ab^r wegen der Kriegsttiruhen von seiner
Heise zurückgerufen wurde ***).
Urban VI. starb 1389, und Bonifa cius'IX. bestieg
den päpstlichen Stuhl. Die Universität säumfte um so
weniger j einen Rotulus auszufertigen und 'ihn noch im
October desselben Jahres durch zwei Abgeordnete, Mar-
silius und Soltow'^^), mit Glückwtnschen zur Thron*
Item pro ddobus eqois et famulo X^^ flor.
Item' pro tribaB mensibits, qtiibiiis debet esse in curia XXXIX Itor
Item prd bostiarüi VI &».
Item pro bibalibus extraord. Y fl«r.
Item Universitas considerans diversa puncta, quibos eget, super-
addit sibi XX! fior.
In toto CLXXX lor. et lüm pl«. Ännall. F. 3^,». — Hoe-
tiatiiB ofitij seu portae cdra» süccambebat. Du Cange g. ▼.
228) 8sb rdgimine Riietoris J<Auioi* de Wormatia nuiieiut^ qni
rotulnm Romam ad Pontificem deportaret, Heidelberga discessit, 8e4
videtur revoeatäs pfopter tiirbae belUcaft ei id n^gothim confiectam
fuisse amio 1889. Hiftt. ' Atsad. • F. 98. Swertk« wurde am 23.
Jui4 1388 zum Rector gewählt.
> 234) SoHow reiste ttpiMr abermals nach Born, und wurde auf
seiner Rückreise (1394) ▼en den Rittern, NicroUiis Kutiea*'
B}Qhm40rZu$tandmdFrtqumg der ünw. StreiOtändel 177
bestagttng an den Papst "^) zu scbieken. In demselben legt
sie, nachdem sie erwähnt hat, dass sie im vorigen Jahre
iv^en der unglücklichen Zeitläufe einen Botulus nicht
habe übersenden können, eine Reihe von Bitten dem
Papste vor, welche ihr auch gew&hrt wurden. Zu be-
dauern ist, dass dieser Rotulus nicht einmal mehr in
Abschriften ganz vollständig vorhanden ist ^*% Auf seinen
Inhalt und die durch ihn veranlassten pSpstlichen Bullen
werden wir unten zurückkommen.
§17.
Blühender Zustand und Frequenz der Umvereität.
Streithändel zwischen Studenten und jungen Adeligen,
Schon in den ersten Jahren nach ihrer Begründung
kam die Universität durch ausgezeichnete Lehrer und
zahlreichen Besuch in einen sehr blühenden Zustand.
Gleich im ersten Jahre zählte sie 6 Doctoren der Theologie,
5 Licentiaten der Jurisprudenz, 5 Licentiaten der Medicin
und 43 Magister und Baccalaureen. Die meisten von
ihnen waren aus Prag **') und ^aris *^®) gekommen. Im-
matriculirt wurden Lehrer und Schüler: im 1. Jahre 525
mann, Heoro von Gnygen and Krafto Ton Dyffenbach,
man weiss nicht, ans welchem Omnde, angehalten und aaf die Bnrg
Meyenfels, W^ttrzburger Diöcese, gebracht Die Universität nahm
sich S cito w*s kräftig an und bewirkte nicht nur dessen Fr^lagsung,
Bondem auch den Banostrahl der Kirche gegen die Frevler.
Annan. Univ. T. L JF. 68.
826) Acta Fac. Art T. I. F. 205.
226) Urkunde Nr. YIII gibt den Inhalt dieses Botulus, so
weit er vorhanden ist.
227) Unter ihnen sind die schon (S. 131 u. 138) genannten Lehrer:
Koyt, Swerthe (beide 1386), Soltow (1387). Tomek, & 39.40.
228) Yon der Behauptung oder Erlangung eines academischen
Oiades wurden jedoch die auflgeschlossen, welche in Paris »auctori-
täte antipapaec promovirt hatten, und, dem Papste Clemens YII.
anhängend, Urban VI. nicht als rechtmässigen Papst anerkannten.
Annan. Univ. T. I. F. 4.
Haute, Gesoh. d. Univ. Heidelb. I. 12
178 L Buch. I. P&riode. 1. Abeehnitt, (tf46—t390,)
i
(unter ihnen viele Canonici, Pfkrrer und Mönche, nament-
lich auch der berühmte Raveno vonHelmstadt, nach-
heriger Bischof von Speier und von 1431 an Erzbischof
und Kurfürst von Trier) ; im 2. Jahre 236 und im 3. Jahre
U89, so dass ön Jahre 1390 dife Oesammtzahl der Im-
matriculirten 1050 ausmachte *^*):
Von diesen fidnfd , ausser den geborenen Pfälzem •••)
und denen aus den Diöcesen von Speier, Mainz, Würz-
burg, Eichstätt, Strassburg, namentlich vide vom Nieder-
rhein aus dem Gölnischen, aus Flandern und aus Hol-
land**^). Dorther waren auch mehrere Lehrer, die wohl
wieder ihre Landsleoite als Schüler herbdzogen.
Die Zahl der Immatriculirten würde aber noch grösser
gewesen sein, wäre die Universität in ihrer Thätigkeit
nicht, wenn auch nur auf kurze Zeit, gestört worden. Der
Krieg, welchen die Pfalzgrafen mit den in Schwaben und
am Rheinstrome verbundenen Städten führten (S. 22 u. 23),
verbreitete, zumal als sich zu demselben auch noch eine an-
steckende Krankheit gesellte, überall Furcht und Schrecken.
Es verliessen deshalb im Jahre 1388 die Studirenden
Heidelberg, kehrten in ihre Heimath zurück , und die
Vorlesungen wurden eine Zeit lang geschlossen *'*).
Mit den Bürgern lebten die Studenten in gutem Ein-
vernehmen. Nur bei Hofe angestellte Diener und be-
229) Matr. Hb. I.
290) Unter Urnen kommen Hamen Ten jetzt noch blQhen^n Ge-
schlechtern vor, wie von Yenningen, von Leinin gen u. a.
231) Aus diesen Angaben geht hervor, dass in der fittfaesten
Zeit did Universität Heidelberg am meisten von den Anwohnern
der Bheinlande, von Gonstanz bis Utrecht, also ans dem sadlichea
und nordwestlichen Dieutschland besocht war. Aus dem nördlichen
•und nordöstlichen Deotschlande kamen sdten Studenten nach Hei-
delberg. Aus Pommern und Meeklenbotg e^heinen nur wenig im
ältesten Matrikelbuehe und noch weniger auaDäMMsrk und Schweden.
Vergl. auch Eosegarten, Gesch. der LMvers« Greiftwald, Th. L
S. 16. 17.
232) Hist. Acad. F. 30.
T0d Bi^rßcht'B L 179
sonders junge AdMige sahen öfter mit Neid auf die vor
ihnen befiMTzugten Stadenten, und so kamen manche Stiseift^
b&ndel zwiscbea jenen und den Studenten yor.
Andere Baufhändel waren schon im zweiten Jahre
nadi der Begründiu^ der Universitit, unter dem Kectonite
des Marsilius, vonKefatten. Studenten belustigten sich
auf dem Felde mit ^M^Q* Ohne irgend, wie wenigstens
berichtet wird, Veranlassung gegeben zu haben, wmrden
sie von KurfOrstliehen Jägern überfallen und misahondelt«
Auf die von den Studenten deshalb eingeracfate Be-
schwerde wurde die Sache untersucht, und die Schuldigen
mussten den Beleidigten Abbitte thun *'*).
§ la
Tod Üuprechfs I.
Der edle Begründer der Universität, Kurfürst Ru-
precht I.| starb am 16. Februar 1390 im 81. Lebens*
jähre, und wurde in der von ihm erbauten CoUegiatkirche
in Neustadt a. d. H, beigesetzt ""*). Mit Freude und
233) Annall. UniT. T. I. F. 41, b. Pareus (Hißt. Acad. F. 29)
erzählt den Hergang der Sache folgender Massen:
»Injuria Academicorum vindicata. Contigerat tum
memorabile exemplum vindicatae injuriae in Academios. Lusitantes
in campis studiosos Yenatorum Electoris in Bavaria absentis famuli
fagaverant, prostraverant, dedotaTerant, vulneraverant innocentes.
Ad praecavendam animorum exulcerationem , et iustiUandum ani-
morum syncratismum Rector studiosos diem naturalem in carcer^m
compegit: Verum de sententia Consiliariorum Electoris in festo
Pahnamm in Ecdesia S. S. in principio Magnae Missae^ praesenti-
bus quibusdam Consiliariis , Professoribus et Studiosis qui vellent
et toto populo, alten praedicti Fauni praevaricatorefl sine calceis,
nadis capitibus, flexis genibus, primo Rectori, dehinc singulis sco-
laribus laesis similiter supplices facti fuere his verbis: Supplico,
qaatenus mihi propter DEUM injuriam, quam Yobis feci, remittere
velitis. Quae satisfactio reccpta fuit, futura gravior, nisi Elector
abfaisset.t
234) Lehmann, Neustadt. Thal S. 61, woselbst sich auch
die Grabschrift findet.
12*
180 J. Buch. L Periode. 1, ÄhschniU, (1346-'1390.)
Stolz konnte er nocb bei seinem Leben auf das schdne
und kräftige Gredeihen der UniversitHt hinblicken. Er
^ah die von ihm bei der Gründung dersdben gehegten
Hoffnungen erfüllt (S. 122). Heidelberg, welches vor der
Gründung seiner Hochschule kaum im eigentlichen Sinn
des Wortes eine Stadt genanBft werden konnte, war mit
dem Aufschwung der letzern ansehnlich und wohlhabend
geworden, und so knüpfte sich von den ältesten bis auf die
neuesten Zeiien die Blüthe und der Verfall H^delbergs
an das Schicksal der Universität ****).
235) Mit bündiger Kürze hat dieses auch Zachariä darge-
than, als 1817 ein Gerücht (wohl nicht ohne aUen Grund) die Uni-
versität Heidelberg mit der Aufldsoiig, oder, was ziemlich dasselbe
ist, mit der Verlegung nach Freiburg bedrohte. Yergl. dessen
Schrift : »Für die Erhaltung der Universität Heidelbergt S. 1 u. 12—17.
Wie diese 1817, so war im Jahre 1816 das damalige Gymna-
sium mit einer Auflösung oder Herabsetzung in eine gewöhnliche
Schule bedroht, was jedoch durch einen von dem damaligen In-
spector Pfarrer B^hr, spftterem Prälaten, im Namen der Gesammt«
geistlichkeit abgefassten und. der Staatsregieruiig vorgelegten, aus-
führlichen und gründlich in die obwaltenden Verhältnisse eingehenden
Bericht abgewendet wurde. Derselbe ist in der Registrator des
Lyceums aufbewahrt
ESSP
Zweiter Abschnitt
Die Universität unter der Regierung des
Kurfürsten Ruprecht II.
1390—1398.
§1 '
8orge des Kurfürsten för die Stadt und die
Universität.
Ruprechtes L Nachfolger in der Kurwürde war
dessen Neife, Ruprecht IL, damals bereits ein Mann
von 65 Lebensjahren. Schon seit längerer Zeit hatte er
tbeils an der Beiglerung der ganzen Pfalz Äntheil genom-
men, tbeils in den oberpfälzischen Besitzungen, in welche
er sich nach dem Tode seines Vaters, Rudolph IL, (1353)
zurückgezogen hatte (S, 19), die Verwaltung allein ge-
führt. Mit seinem Oheim, dem Kurfürsten, stand er in
dem besten Einvernehmen. Es geschah nichts Bedeuten-
des, wozu ihn dieser nicht beizog. In allen kriegerischen
Unternehmungen, in allen Bt^idnissen handelten Oheim
und Neffe gemeinsam. Diese . Uebereinstimmung zeigte
sich besonders auct in allen wichtigeren Bestimmungen,
diesjch auf die üniyer^ität. beziehen.
Die Grundzüge von Ruprechjb's IL Charakter sind
Klugheit und wreichtige BeriBchnung , schlauer Ehrgeiz;
practischer, nüchterner Sinn. Von seiner militärischen Tüch-
tigkeit hatte er d^ BeiQameQ »der Harte und Zähe«
182 J. Buch. J. Periode, 2. AhsehniU, (1390—1398,)
erhalten ^). Obwohl vielfach durch auswärtige Angelten-
heiten in Anspruch genommen, waren es doch vorzüg-
lich zwei Dinge, welche ihm in den Tagen der Ruhe sehr
am Herzen lagen, die Erweiterung der Stadt Heidelberg
und die Hebung der Universität.
Um das erste Vorhaben durchzuführen, veranlasste er
auf Ansuchen der Bürger Heidelbergs (1392) die Ein-
wohner des nahe bei der Stadt gelegenen uralten Dorfes
Bergheim ^), ihre Häuser niederzureissen und sich in dem
Theile der Stadt anzubauen, welcher später (vom ehe-
maligen Mittelthor, damals Niederes Thor genannt , bis
zum früheren Mannheimer Thor) die Speyerer Vorstadt
hiess. Durch Ertheilung des Bürgerrechts (9. März 1392)
setzte er sie den Bürgern Heidelbergs nicht nur gleich,
sondern erleichterte ihnen auch für die erste Zeit die
Steuern, und wies ihnen die nöthigen Baumaterialien un-
entgeltlich an. Zugleich vereinigte er die Bergheimer und
Heidelberger Gemarkungen, hob die Bergheimer Pfarr-
kirche auf, und überwies ihre Einkünfte der ausserhalb
der Stadtmauer gelegenen Kirche zu St. Peter. Gericht
und Rath wurden eben&Us vereinigt und über die Alt*
und Neustadt Ein SdiültheiSß aufgestellt Der Matid;
aber blieb in der alten Stadt, weil es dort bequemer war.
Auch liess er die verfallenen Stadtmauern neu aufführen ').
Die Vermuthung, dass der Kurfürst bei der Erwei-
terung der Stadt Heidelb^g auch dib Universität im Auge
gehabt habe, liegt nicht ferne. Schon bis zum Jahre 1390
1) Cognominatns Durns et Tenax, quod proeliis acer et
asper esaet Parens, Eist Bav. !Pal. p. 168. Yergl. auch dbeo
S. 23, Note 20 sein Verfahren gegen die bei Worms gefangenen
Räuber.
2) Das Dorf Bergheim (von Barke, Berke =3 kleitaes Schilf)
nt viel /älter, ah Heidelberg, und -war schcm an den Zeit^ der
Karolinger bekannt. ürkundUch kx)mmt es xam ersten Male 77D
Yor. Hist. Acad» F. 6.
3) Bist. Acad. F. 6. 7. Pftiz. Copialb. Nr. 18. F. 82. Zeil er,
p. 25. Hausser, ».I. S: 205 ff. Mone, Ztscfo. B. IV. 8. 886.
Coüegien, Cantubemien oder Bursen. 183
waren, wie erw&hnt, 1050 Studirende immatriculirt. Von
den zum Theil umfangreichen Contabemien, Collegien
oder Bursen, in welchen Lehrer und Lernende später
Wohnungen fanden, waren noch keine erbaut, und so mag
oft Wohnungsnoth gewesen sein. Da nun die genannten
Anstalten einen wesentlichen Theil unserer, so wie aller,-
besonders dem Vorbilde der Pariser nachgebildeten Uni-
versitäten ausmachten *), und ihre Gründung oder Verbin-
düng mit der Universität in diese Zeit fällt", so haben
wir jetzt auch vor Allem über sie Ausführliches zu be-
richten.
§2.
Die mit der Universität verbundenen Collegien, Con-
tubernien oder Bursen.
Eine jede dieser mit einem der vorstehenden Namen
bezeichneten Anstalten hatte einen oder mehrere Vorsteher
(Regen tes, Rectores, Praefecti, Moderatores, Provisores),
welche die Aufsicht über die Stipendiaten und die Ord-
nung des Hauses zu führen hatten. Die Besorgung der
öconomischen Verhältnisse der Anstalt war einem Haus-
vater (Praepositus, Propst) übergeben. Ueber Einnahmen
und Ausgaben wurde genaue B^chuung geführt und diese
von den Regenten oder auch von Professoren, welche die
Universität damit betraute, geprüft.
4) Auch mit der Uaiversität Prag waren solche Collegien,
welche Genossenschaften yon Magistern waren, verbanden. Die
GoUegiaten führten eine gemeinsame Hauswirthschaft, welche
aus den Einkttnften der dem Collegium einverleibten Güter be-
stritten wurde. Zur Yerwaltong ihres Vermögens und Leitung
aller häuslichen Angelegenheiten wählten sie gewöhnlich alljährlich
aus ihrer Mitte einen »Propst«. Das älteste und grdsste war das
Garls-Gollegium , gegründet am 30. JuU 1366. Es war für 12 Mar*
gister der freien Künste bestimmt, worunter 2 auch Grade ia
der Theologie haben mussten. Tomek, S. 22. Auf der Universi-
tät Basel mussten (1477) alle Schüler und Baccalaureen entweder
in Börsen oder bei besondern Doctoren oder Magistern wohnen.
Tischer, S. 134. 135.
184 L Buch. I. Periode. 2. AbschniU. (1^90—1398.)
In diesen CoUegien, welche zum Thefl sehr reich be-
gabt worden sind*), wurden auch Vorlesungen gehal-
ten^, und zwar sowohl von den Kegenten, als auch von
den in dieselben aufgenommenen Magistern, denen ein
längerer Aufenthalt ihrer weiteren wissenschaftlichen Aus-
bildung wegen oder um sich auf ein aeademisches Lehr-
amt vorzubereiten, in denselben gestattet war. Die An-
stalten dieser Art warön folgende.
1. CoUegium Jacobiticum. 1389.
Im Jahre 1389 liess Kurfürst Ruprecht I. an der
Stelle, wo das Wohnhaus der Mönche des Jacobsstiftes
gestanden (S. 107), ein weitläufiges Gebäude auiführen^).
5) Ein Hauptgrund der vielen Stiftungen, welche in früheren
Zeiten von Gelehrten gemacht wurden, ist ohne Zweifel darin zu
suchen, dass damals weit mehr »als arm« studirten^ wie es jetzt
der Fall ist, und ein jeder, wenn er später in glücklichere Verh&Ür
nisse (ad pinguiorem fortunam) gekommen, verpflichtet war, »quod
juxta rationem conscientiaeque motum beneflcia in Collegio accepta
recognoBcat et pro ejusdem conservatione et augmento de bonii
sibi a deo colfatis juxta suae conscientiae dictamen contribuat«.
6) lieber die in denselben befindlichen Lphrsäle berichtet
Zeil er, S. 39, i. J. 1645: »Die Collegia haben finstere Less-
Stuben und seyn alt. Allein das CoUegium Gasimirianum hat et-
was Ansehens.«
7) Exstruendam circa illud tempus (1389) curaverat Ruper-
tus Senior Elector Domum una 6um Capeila vel Sacello extra
murum Heidelbergensem ad orientem plagam non procul a Nicro
sub ipso tunc temporis Jettenbühel, nunc ad radices Aulae vel
pedem montis, cui Arx imminet, dictam nostris die Sängerey,
quod ante septuaginta annos symphoniae phonasci cum discipulis ibi
habitaverint, Musicae Aulicae destlnati, hanc, inquam, domum ex-~
struendam curaverat Elector eo fine, ut iis esset CoUegium mo-
naehorum Ciatertiensis ordinis, sed qui Academiae subjecti et iisdem
privUegiis gaudentes litterarum cognitione tingerentur, cujus Col-
legii curam, regimen et gubernationem indulgentia Pontißei8.Abbati
de Schoenau, vicini Monasterii, commiserat. Histor. Acad. F. 32.
Dieser von Ruprecht L gegründeten »Sängerei« oder »Ca*
pellemeisterei« wurden von den Päpsten so bedeutende Einkünfte
zugewiesen, dass sich dieselben auf 850 Dncatea jähriich beliefeiL
Zeiler, S. 38. Kayser, Heidelberg S. 87,
CoUegienf Ckmiubermen oder Bursm. 185
Es blieb Eigenthum des Bemhardinbr- oder Gisterzienser-
Ordens, wurde aber der ünivensStät (1394) incorporirt^
und als Coilegiam Jacobiticum in ein Contubemium um-
gewandelt Als sotckes hatte es die nämliche Einrichtung
und die nämlichen Rechte, wie die Schule des H. Bern-
hard zu Paris ^, und war eine BUdungsanstalt für junge
Cisterzienser. Sie sollten zwar in dem Klosterverbande
bleiben, und die beiden Aebte von Schönau ^^ und Maul-
bronn eine besondere Aufsicht über sie führen, aber doch,
der Universität unterworföi, die Rechte und Freiheiten
derselben geuiessen ^^). Da der Cisterzienser -Orden zu
jener Zeit eine sehr glänizende Bolle spidte, so hielt man
es für einen nicht geringen Yortheil für die Universität,
ihn in das Int^esse ^derselben zu ziehen ^').
8) Auch in Prag waren mehrere Klöster mit der' Üniversit&t
Terbunden. Tomek, S. 2air.
9) In Paris war ebenfaUs das lütesie Golleginm den H. Jaco*
bns gewidmet. Es wurde von dem Leibarzte des Königs Philipp
TOD Ftankreidb, Johannes» einem gehomen Engländer, gegen das
Ende des 12. oder im Anfange des 13. Jahrhunderts gegrandet»
und war zur Aufnahme von Fremdlingen , welche in Paris studiron
voUten, bestimmt. Im Jahre 1218 abeigab Johannes diese Stif-
tung den Dominicanern, welche von diesem Hause Jacofoiten
genannt wurden. Bul&us, T. III. p. 92. 93.
10) Das Kloster Schönaa wurde 1142 von dem Bischof in
Worms, Buggo, unter dem Kamen Schonaugia zu Ehren der H.
Jungfrau Maria gegründet und mit SchOlem des H. Bernhard^
die spätier den Namen Oistenienser angenommen haben, besetzt.
Von dem genannten Jahre ist auch der Stiftungsbrief. . Guden,
SyUog. var. diplom. p. 3. Schannat. bist. Episc. Worm. p. 60;
Widder a: a. 0. Th. I. S. 346 ff. Wu&dt, Magaz. B. L
S. 42—58.
11) Annall. Univ. T. I. F. 43, b. AcU Palat. T. L p. 377.
Idea chrono-'topogr. Congreg. Oist S. Ber«hardi per superior. Grerm.
p. 140. Hdttinger, p. 42. 4a
12) WttBdt, Magaz. B. I. S. 60. 61. B. IH. S. 297. — In der
dem Papste au^esprochen^ Bitte, den Cisterziensern die Uniyer«
ütät zu empfehlen, sagt dieselbe unter anderm: »Heidelberga quoad
Cisteroiensium Monaateria in medio Alemanniae, locus pro neceS"
sariis yitae hmnanae^ üertiüs et abuudanter uber.c.
186 J. -BwcÄ. I' Periode. 2, AbschniU. (1390^1398.)
Die Anstalt wurde von dem Papste Bonifuciüs IX.
auf die ihm von der Universität (1389) im Botulas aus-
gesprochene Bitte ihrem ganzen Umfange nadi bestätigt ^').
Von dem Cisterziens^^Orden wurde dieses GoIl^kuB
durch 2 Capitelbesdilässe, von welchen der erste mi Wien
1394 und der zweite in dem Kloster Heilsbroiia 1397 ahge*
fasst worden, dem Abte des Klosters Sdbiönau unterworfen^^)
und in dem zweiten Gapitelslbeschluss weiter beatinuol;,
dass ans je^dem Kloster des Ord^s in dem Kurfürstien-
thum wenigstens* Ein Mönck in das Stift nach Heidel-
berg geschickt würde ^^). In den Universitäts-Acten finden
sidar darüber keine näheren Nachweise ^^.
Der genannte Capitelsbeschhiss wurde jedoch keines*
wegs lange aufriedbtt erhalten. Schdn'4m Jahre 1516 war
18) tJrfcnnde Nr. VIÖ.
Sie findet sich im Univ. - Arch. Kr. 16. AwaaU. ünir, T. I
F. 24, a. Vergl. auch Acta Palat. T. I. p. S78.
14) Beide Beschlüsse finden sich in den Annalen d«r üniver«'
Bität^ T. I. F. 55, a. u. F. 68, h. Anch Wandt liesa sie (Maga«.
B. Iir. S. 390 ff.) abdracken und widerlegte zugleich (S. 394 ff.)
die gegen die Aechtheit dieser Beschlttsse vorgehradtten Zweifel.
15) Anch Karl ly.. erwirkte Yom Papste und den Vorstebeni
des Cisterzienser -Ordens 1374 einen Befehl an alle Elöster des-
selben in Böhmen und den übrigen Kronl&ndern , woniach jedes
ans seiner Mitte stets 2' Brftder, welche sich den Studien widmen
wollten^ iMtch Prag zu schicken und daselbst mit dem nöthigen
Unterhalte zu yersehen hatte. Tomek, Sv 24. 25.
16) Einen Capitelsbeschluss y. J. 1508 theilt Mone in seiner
Ztschr. B. I. S. 299 mit. — An der Uniyersitäit Freiburg im Breisgan
fand eine ähnliche Einrichtung statt. Der General des Dominicaner-
Ordens, Yincenz Jastinianus, gründete 1543 in dem dortigen
Prediger-(Dominicaner-)Eloster ein General-Studium, d. h. eine hohe
Schule für die Ordenslente, bestimmte dazu die noch verfügbaren
Einkünfte des Klosters zu Esslingen, und Hess aus Colmar, Geb-
weiler und andern Elsässischen Klöstern des Ordens Bücher nach
Freibnrg schaffen. Zu Ende des 18. und Anfaag des 14. Jahr-
hunderts war es eine bedeutende Sdrale fiEbr Kirehenreekt imd
Pastoraltheologie. Wie diese Sdiule aber im 16. Jahi^hnnderte be*
schaffen war, und welche Wirkung das errichtete General -Stadium
hatte, ist nicht weiter bekannt. Mone, B. ü. S. ISO. 181.
Cöfkgien^ Ckm$iibemim oder BiMVm. 187
das Jacob(38ttft zam grosfien Leidwesen des KwfttrstM
Ludwig V. von seinen Mheven BewcAnern verlrassen^^.
Weiteres ist ttber dieses Stift nicht bekannt; nur s<h
viel ist »eher, dass die MAnche nieht wieder zurücttehrten.
IKe GebAtide Wurden entweder niedergerissen oder dem
Einstürze überlassen. Auf dem dden Matse derselben
Hess Philipp Wilhelm, der erste katholische Kurfürst
nach der Kirchenreformation, 1686 für den katholisdien
Gk^ttesdienst eine Pfarrkirche erbauen ^^, welche aber
bald darauf (1693) ein Raub der Flammen wurde. Im
Jahre 1701 wurde an dem Ratze, wo diese früher gestanden,
das Barfasser-CarmeKten ^Kloster erbaut. Unter Maxi-
milian Joseph aber ist das Kloster aufgehoben und
Sind die Gebäude wieder abgerissen worden ^^). Jetzt ist
der Kaum, welchen dasselbe inne hatte, in den Besitz
von Privaten übergegangen.
2. Collegium in der Bursch. 1390.
Dieses CoUegium, auch die alte Burse genannt ^%
17) Die XJniversit&ts-Annalen (T. lY. F. 246, a.) geben Folgen-
des Ober den Zustand dieses Stiftes in dem eben genannten Jahre
an: »Maxima tune sollkitndine angebatur Elector LudoyicusV.
(üsque adeo ejus animo insederat Academiae amor et cnra) propter
Domnm 8. Jacobi extra moros Heidelbergenses ad snperiorem
portam Nieri snb ipsa aala, bactenns non mediocre lamen et decna
Uahrenitatid, et a Gistartiensis ordinis Fratribns babitatam, nnnc
tero ab iisdem desertam et incnltam ; adeo ut diceret, se malle ndn
babolsse, quam babitam rem perdere vel perielitari. Tdeoqne Tolnit
ejus Ceteitudo, nt cogitet Academia et consulat, qua ratione quibnsve
mediis et Fratres revocarentnr, et üniyersitatis jactara resardretnr,
quo deniqne processn Abbas ßcbOnayiensis , ejnsdem domus Gnber*
nator, Administrator et Rector, cujus forte indnlgentia Fratres
abüssent^ ad revücandois Monaebos addnceretur. Et ita qnidem
postmodam eum Abbate r«8 aetitata foit , sed dubio Tel nitHo süo-
cessu.c Yergl. ancb fiist. Acad. F. 110. 111.
18) Enrpfftte. Eirchenr.-Protok. y. 20. Mai 1685.
19) Widder, Tb. I. S. 140. 141. Eben dort findet sich auch
eine ausführliche Geschichte des genannten Klosters. Wnndt,
Heiäelb. S. 82.
20) Wundt, Mag. B. III. 8. 294. — Später kommt diese
188 I' BucK L Feriöde. 2, Abaehnitt., (Um-^IBBS,)
ist von dem Dompropst zu Worms, Conrad von Geyln-
hausen (S. 144 u. 14&) (t 13. April 1390); gogrüAdet. In sei-
nem, nicht mehr vorh)aodenen Testamente hatte er der Uni-
versität seine Kostbarkeiten und Bücher vermjacht ^0, mit der
Bestimmung^ daas davon ein'Gcdlegium,:naeh dem Muster
der Sorbonne zu Paris (S. 48), erbaut werdw solle, und
zu YoUstreckeru des Testaments dea Kurfürsten Ru-
precht IL, den Grafen Heinrich von Spouheim und
den Edlen Hartmann von Handschuchshelm er-
nannt. Der Wille des Hingeschiedenen wurde gewissen^
haft vollzogen. Der Kurfürst kaufte (nach de9i CaL
aead. IL) mit . den aus dem Vermächtuisse gelösten
1000 Oulden für die Universität vier Gärten hinter dem
so genannten Marktbrunnentbor , . welches in der Gregiend
war, wo die Kettengasse sich ebdigt imd das jetzige Anats-
gebäude steht, und erbaute dort das Coll^um*^.:
Die über den Kauf der • Gärten abgeschlossene Ur-
kunde ist vom 14. Mai 1390**), und schon am '28. Juni
wurde, nach vorher in der St. Peterskirche abgehaltener
Börse m den Act^ auch, als »Nova Buzsa« vor» naehdeiQ sie Lud^
wi g Y. (1580) wieder hatte aofbaiien lassen. Act Fac. Art. T. lY.
F. 133, a.
21) Obiit venerabilis pater et dominiis Gonradu» de Qeyl^as^i,
prepositus et eanonicus eccleaie WorinaciBDsis , sacre theologie nee
npn decretorum doctor^ egregius hujas siudii canoellarias primas,
anno Domini MGCOXG (13. April), qui in extremis constitutus eanus
mente Jnter cetera opera virtutum Yolumina pveciosa diyersanuii
facultatum cum clenodüs legavit, dedit et ordina^t ad .erectionom
coUegii ad instar collegii Sorbonne Parisieiisis. Gal. acad. II. d. d.
13. April. 1390. — Gonradns GelynbauseA moriturus Aaademiae in
pecuniis, x&hfi^hokt et Übrig legaverat nulle florenos pro primo
GoUegio institaendo. idqu^ pro anima sna et deineeps omnibna bener
faatoribus delanetis dicti studli, nt Missa'celebxtBtur in Dcclesiia S.
Petri die anniversario obitUK suii nona ApriMs, salva tamen üni*
versitati potestate disrponendi ac moderandi. Hist Acad. F. 40.
Annan, üniv: T. I. F. 46.
22),Wilken, S. 22. 23.
23) Abschriften dieser Urkunden sind in Annali. Univ. T« i4
F, 28, b. u. in Acta Fac. Art, T. I. F. ail^b. 212|ft. .
CoReffien, Cmtuibermen öder Bursen, 1S9
Messe, von Ruprecht, mit dem BeiBamen Pipan, der
Kleine oder Junge "^), dem ältestefn Sohne Rup r ech t's IQ.,
der Grundsteui gelegt Bei Lesern feierlichen Acte war
die Umvereitftt in der Weise vertreten, dass von jeder
Facultät ein Mitglied beiwohnte. Diese waren : der Theo-
loge Soltow, der Jurist Noyt, der Mediciner Jacob
von Hermenia und der Artist Wunnenberg**^).
Zur Erbauung und Vollendung hat dieses Gollegium
dorch eine Seh^kung des Kurfürsten Ruprecht II. im
Betrage von 3000 fi. eine sehr wesentiiche Unterstatzung
erhalten *^.
Von dem Gebäude selbst, welches mit seinen Neben-
gebäuden und Gärten den Raum zwischen der Heu- und
Kettengasse einnahm*^), gibt der Chronist Friedrich
24) Mit diesem Beinamen wurde Ruprecht von seinem Gross-
onkel, Grosav&ter und Vater tmt^'scliieden. Flad, Hist. Nachricht
Yon Ruperto Hpan. Crollius, Pfalz, Gesch. Häusser, B. J.
S. 258.
25) Calend. acad. II. d. d. 28. Juni 1390. — Procurante Ele-
ctore et consensu üniversitatis horti qnidam hinter dem Markbrnn-
nerthor, qui ci^um erant, ab Academia coemti sunt, ubi jam in
dicta Heogass prios fuerat Heetorale stabulum, quod ante sexen-
nium ab £lectore Academiae donatum fuit et insertum pro futnri
CoUegii area. Yestigia hujus rei apparent etiamnum in ejusdem
loci Yalva, coi inaeo^tos Leo cum libro Academicos. .Post conver-;
sus ille locus in stabulnm rursum ante septennium permutatione
alterius Collegii traditus a Principe Academiae. ünde etiam patet
ratio etymi fontis illius Marckbrnnnen und Varckbrunnenthor ;
fnerat enim tnnc in illa platea dicta jam Eettengass forum et in
foro fons üle scaturiens, nee inde procul mnrus. Nam horti Uli,
in quornm area aedifieatoai OUegium extra munua, siti in Uteris
antiquis dicuntor. . Hist Acai. F. 40.
26) Die betreffende Urkunde ist vom 11. Aagutt 1890 (Pfähs.
Gopialb. Nr. 8. F. 25, b). Nach dem Inhalte dieser Urkunde wollte
Ruprecht »das JubUftnm gewinnent wnd solke-' desbaib naahf
Eom reisen. Der Papst dispensirte. iim jedoch davon unter deir
Bedingung, dass er das* Geld^ welches die Min- undi Herreise. und
der Aufenthalt in Born kosten wQfiden, zu emtm mifldeB Zwecke
verwende. Auf den Bath sanes Beichtvaters Übermächte erdje
genannte Summe dem Gollegium.
27) Wund t, Mag. B. III. S. 294. 29ö. Wundt, Heidelberg
190 J. Buch. L Periode. 3. Abschnitt. (1390^1398.)
Lucä (geb. 1644, f 1708) »»), weldi^ im Jahre 1662 in
Heidelberg studirte, folgende Beschreibung:
»DSese' ßarsöh war ein ansehnlicher Hof und höheB Ge-^
bäude^ von zweien Seiten (Fldgcln), hatte zvey fSm^mge und
mitten einen sch&nen Springbraan. An der Reiten Mitter«
nachts hatte die Ajcademie aben die Senat -Stube und Archiv
und unden das Auditorium philosophicum '^) - von zimlichem
Kaum, aber etwas tunkel. Morgenwarts an der Spitze war
dad Prytanemn, ein weitläufftiger Saal, welchen die Theologi zu
ihren Lectionlbus nnd Dispatatioaib^B bissweilen bramshten,
«nd worinnen gemeiniglich die Gonvivia Dootoraüa find Boote*
ralia gehalten wurden, auf dessen ober Theil war die Biblio-
theca Universitatis ^^). Die übrigen Gemächer der Bursch
bewohneteder förderste Pedelle und vor ihr Geld die Studiosi.«
Dieses Collegium war viele Jahre hindurch das Haupt-
gebäude der Universität. Bei der Restaurationsfeier
derselben (1. November 1652) diente dessen Hörsaal
(Auditorium philosophicum) zum Versammlungsorte der
Thmlnehmer an dem Feste ^0- ^^^ ^ dieser Anstalt
gehörigen Garten hatte das Artisten- Collegium erhalten.
Im Jahre 1693 wurde das Gebäude ein Bitub der Flammen.
8. Collegium Artift^arnm. 1301.
Der Grilnder dieser. Anstalt ist l^urfürst Ru-
precht II. Waren die übrigen CoQegi^ $^cher Art zu-*
nächst zur Anfnahme von Schülern bestimmt, so sollten in
diesem, in den Acten sehr häufig unter dem Namen
8. 88. 84. Ha atz, ^esdi. d. Stipendien u. Sliftnngen an dem,
Lyceum und der üniversit&t Heidelberg, H. L 6. 19. 20.
28) Europ. Helicon S. 864.
29) Dieses Auditoriina war dem Hftitevgebäade des jetat Bote«
loMipt'sehen Haoses gegeaAbor, da wo gegenwittig die Eatholisehfi
Deehand steht Wund«, Heidelb. 8. 121. <
80) üeber die Binnohtimg des Prytaneants, wetehes 1602
nea aafjgebant wurde, inden sieh Naehweisnagen in Jkani^. üniv.
T, XX. F, 21. T. XXL F. «, ». b. 12, a. 60, a. 61, a. T. XXH. F.
3, a. 24. 47, a. b. T. XXUI. F. 3, a. T. XXVI. F. 9, b.
tV) VbiäL ad ann. 1662.
Oodegien, CkmMf^mien oder Bwfsen, 191
»Benlisten-Bürsch«'^ oder »Grosses CoBtaber-«
nium« genannt ^^), nach der ursprünglichen Bestimnmiig
Mäster der freien Künste Wohnungen und Kost erhalten,
weshalb es auch das CoUegium der Meister oder
freien Künste hiess. Bald naeh der Gründung der
Anstalt mirden jedoch durch zahlreiche Stiftungen auch
Freipläts^ für Studirende in demselben errichtet. Beson*
ders aber erhöhten sich durch die Freigebigkeit der
Kurfürsten, Otto Heinrich's, Friedrich's lU., Lud-
wig's YI.^^) und Johann Gasimir's, dessen Einkünfte
so sehr, dass es mit Recht Fürstenschule (CoUegium
Prineipis) genannt wurde "^). Nach der Vereinigung
mehrerer Bursen in Eine (1546) wurde es auch »Neue
Burse« genannt.
Entstanden ist dieses CoUegium in folgender Weise:
Buprecht IL vertrieb die Juden, welche sein Oheim
aus den Schrecken der Pesi und Verfolgung gerettet
(S. 117, Note 42), aus Heidelberg ••), und schenkte alle
32) AnnaU. Univ. T. YII. F. 55, b. »Bealisten-Barsch, CoUegium
Prineipis genaxmt.« Wundt, De Fac. jorid. P. II. p. 4.
33) Inventur d. Univ^rsitätsbäuser, Uniy.-Afcb. Nr. 358, 65.
34) Friedrieb ML gab jäbrlicb aus seinen Kameral-GcfäUea
50 Mltr. Eom und Ludwig VI. aus der von ibm aufgehobenen
Schule zu Neiibausen bei Worms 150 Mltr. Korn.
35) Annall. Univ. T. IL F. 27, a. Wund t, Heidelb. Tb. L S. 85. 43.
36) Üeber die Verfolgung der Juden, ihre Aufnahme in der
Pfalz, so wie über die Vertreibung derselben aus Heidelberg, be-
richtet P a r e US (Eist. Acad. F. 34. 35) Folgendes : >Domus Judaeorum
Heidelbergae ab Electore utroque praeseniore et seniore Buperto
assignatae fuerunt Academiae ad Collegia et Professoribns ad habi-
tationes una com aliquot hortis. Nee injuria aliqua hoc Eleciores
perpetrarant, ideo Apologia digni. Jam enam ab aUqiiot amtis in-
TiBa Judaeorum fattüia ejus modi principum et ci?itatum catady-
Bmom ex8pcfcta]:<e poterat. Jan ante 40 annos a ßplnensibns pn>-
Script!, coemiterium eorundem vastro subactum, domus ^«idiCae et
elocatae falc et alibi pasBim. OausaaB* (vere an falso nolo asserere)
Jodaeis qnidam imputant, alii suspiciombus, R«no enim 1^48, quam
laCtemama, Gadtio ^epidemio quodam oont^io plarimi iiifeeti ex-
Btinguerentur, Judaei fontium et seaturiginum Yenenatarum saspectl
192 I' ^^^^- i' Periode, 2. ÄhschnxU. (1390-^1398,)
ihre bewegliche und unbeweglidie Habe der Univer-
sität»').
Die Anstalt, welche bei ihrem Beginne (1391) nur
aus dem früher dem Juden Hutz**) gehörigen Wohn-
hause bestand, vergrösserte sich in der Folge so sehr,
dass sie mit den dazu gehörigen Gebäuden das gansse
Quadrat zwischen der jetzigen Augustiner- und Heugasse
einnahm. Der Eingang in das Hauptgebäude war dem
des jetzigen üniversitätsgebäudes gegenüber, wo gegen-
wärtig das »Deutsche Haus« steht**).
nonnallis in locis quaestionibns subjecti, doloris atrocitate (at pa«
tatur quidem) id quod non erat, confessi, in Imperio praesertim
circa Rhenum integras eorum familias exilii, ferro flammaqae occa-
sionem inprimis impetuosae plebi suppeditaront« Tergl. auch
Geissel, Der Eaiserdom zu Speyer, Th. I. S. 52. Schreiber,
Urkwidenb. d. Stadt Freiburg, B. I. S. 378. B. ü. S. 96.
In wie yöllig rechtlosem Zustande die Juden in früheren Jahr-
hunderten gewesen, beweist der gegen das £nde des 7. Jahrhun-
derts auf der 17. Synode zu Toledo gefasste Beschlusa, »dass die
Jüdische Nation, weil sie das Blut Jesu vergossen, nach Befehl des
Königs Egican ihres Vermögens beraubt, in Sdaverei gebracht
und unter den Christen nach WiUkür des Königs vertheilt werden,
auch, dass weiter ihre Herren ihnen keine Hebung ihrer Ceremonien
zugestehen und ihre Kinder im 7. Jahre wegnehmen sollen, um sie
christlich zu erziehen und an Christen zu veriieirathen«.
37) Urkunde Nr. XI. Im Univ.-Arch. ist die Originalurkunde
unter Nr. 26 u. eine sorgfaltige Abschrift unter Nr. 67 noch vor-
handen. Eben so Abschriften in Annall. Univ. T. I. F. 24, b. 25^ a.
Acta Fac. Art. F. 209, a. bis 210, a. Copialb. d, Univ. F. 72, a. b.
Auch Karl lY. zwang die Juden, Prag zu räumen, und schenkte
ihre E^iuser der Universität. Hagecii Böhmische Chronik S. 643.
38) Becedente et fugiente quodam Judaeo nomine Hutz domum
ejusdem assignavit Princcps Magiatris tone regentibus in artibua.
Annall Univ. T. I. fol 98. Vergl. auch unten den Bericht der
Universität an den Kurfürstea Lukdwig III. In der von Ru-
precht IL auageBtelltfin Stiftuagsurkunde kommt der Name. Huts
nicht vor. Wundt <S. 385. 386) glaubt, es sei der in ders^lbea
als »zitternder Abraham« bezeichnete Jude.
89) Wundt, Heidelberg B.85. 121. 431. Unsere StipendieDsehr.
H. I. 8. 20.
Ji^ Am Statttten der Anstalt/ theOen ynt Folgen-
des mit *^:
1. Jeder, der in das CoHegiiuii' Aiii0tamm anfgenomm«! wurde,
moBSite dem Hofmeister oder Cander des KarfChcaten sclMirören,
die Gesetze des Collegiums trea. zu befolgen«
2. Theologen sollen in der Anstalt nur 2 und diese »allwegen
Canonici zum H. Geist sein und daselbst gewenliche presents
Iklteii«. *
8. Der dritte (käktgtai soll ein CanDixtit iein' nd die «ketuf
in greco haben«! der Yieiie an »Xiegist^> der Fünfte ein
»Medicus«, der Sechste ein »^Magister. Artium in arte oratoria
und poetica lescndt«.
4. Die 2 Theologen sollen >nach Vollendung der Vesper zum
H. Geist je einer um den andörnc an bestimmten Bonn^' und'
Heiertafen im Spital zu Heiielberg eme Pred^t hallen gegen^
eine aus dem üniTersit&tsfiscus zu sdkOpfende Yergfitoag^
Ton ip 12 fl, jährlich; für jede y^rsäumte Predigt sollen. aber
unnacbsicbtlich 4 Albus abgezogen werden.
5. Soll jeder eintretende Gollegiat, wie früher, 15 fl. bezahlen,
dieses Geld aber nicht; wie vordem, zum ^rprassen odereigenen^
l^bteen der Gollegiaten« , fiottdem in den Fi»cus dMi Col^'
legntnai imd aar XJnterhaltnag ; de« Oeb&udea verwendet
Verden.
6« Keiner soll aufgenommen werden, ohne Magister- artium.
zu sein.
7. Damit auch andere jfliigere Leute, welche zu guten Hoffiiun-
geh in d^n WfssensehAften berechtigen ^ in das' t/oUegiom
eintretet können, soll kein Gollegiat länger, als 6 bis 7 Jahre, .
in denirCoH^um: bleiben, möge er >ad doctoratum prooer
direia odeyc nit«. Ausgenommen hieyon sind jedoch diejenigen,
welche »mit Lecturen versehen sind«.
,8. Jeder Gollegiat, welcher »zum Doctorat procedirt, es sei zu
welcher Facultet es wöU«, soll nach einem Vierteljahr das
Gollegium verlassen.
9. Soll das Gollegium eine besondere Easse haben und diese
40) Wir entnehmen sie aus dem 3. Bande der Acten der Ar-
tisten-Facultät (Nr. 358. 79, a^ Dezt ganze i Band, welcher mit dem
Jahre 1427 beginnt, handelt von- dtoi Artisten -Gollegium. Auf
mehrere ^ dem Bande vorgohefteten : Blättem befinden sich die
StatotenrdAr Aitetaltmit dt^ Uäbersckrift: ^Vota GoUegio Artis^yrus
und darin verordneten. GoUegiaten.«
Haats, Oeaeh. d. Univ. Heidelb. L 18
194 L Buch. L Pmode. 2. AbsehmU. (iam^i398.)
mit 2 Scl^dsseni versehen seiii, ^ deren einepi der Propst
und zu dem andern der älteste Gollegiate den Schlüssel
hatten. In diese Kasse sollen »alle Nutzungen, gefelle, Zinsen
und alles zugehörige Geld des Collegiumsc gelegt werden.
10. Jedes Jahr soll der Propst glswisseühäfte Rechnung über
alle Einnahmen und Ausgaben ablegen.
Schon oben wurde angegeben, wie das GoUegium,
in welchem auch die »Examina pro Baccalaoreatu et pro
Doctoratu« und zwar in dem »Hypocanstom iAajti&« ge-
halten wurden ^^), nach seiner Gründung sich ansehnlich
zu erweitem anfing. Dieses geschah theils durch Neubauten
auf den der Universität gehörigen Bäumlichkeiten, theils
durch Ankauf von nahe gelegenep Gßbäuden. Die Käufe
schloss die Universität ab, auch sind noch mehrere der
Eaufsurkunden vorhanden.
Um das Jahr 1524 war das Hauptgebäude, GoUegium
Bealium s. philosophicum , wie es in den Acten heisst,
g^llch zerfallen ,. und konnte nur d^rc]|I ein^n völligen
Neubau, wieder: hergestellt werden» Durch eine ba$(Wdere
Zmäohrilt des Kurfüislen (gegeben Sonntags - nach Egidii
1524) wurde die Universität von der Nothwendigkelt dieses
Baues in Kenntniss gesetzt*^. Da jedoch die letztere
diese Mittheijung nicht beachtete, so wujrdßu am 10. Ja-
nu^.1525 der Bector und.die Bäthe derselben, von dem
Canzler, Florentin von Venningen*'), auf die Kur-
fürstliche Kanzlei besehieden, ümen im Nimen des Kur-
farsten nochmals die Noth'wendigkeit des Baues vorgestellt
und beigefügt: , ,
>4a^ alte Gebäude püsse uiedergerisseu werden, und um
dem neuen die nöthigen Räumlichkeiten, geben zu können,
- seien bereits mehrere nahe stehende Häuser angekauft; der
Kurfürst wolle für Sand, Ealk und Steine sorgen und letztere
41) Act. Fac. Art T. IV. F. 70, a;
' 42) Annall. üni?. T. T. F. 63, b.
43) Ibid. T; Y. F. 131, b: »Dieter faatt in Hchola jur& profi«
tirt md hätt noehmal» als Ciöuller vü neprung bey der uäiversitet
Ingefuhrt, welche gleichwol zum teil aack nötig gewesen:«
Coll^fien, Chniubemien oder Bwrse». 195
attch bebanen laBsen ; da j^ook nack det (schon damals be-
abBicliiigte&) aeoei Beform der UniversitiU alle Co^ttbernien
der ersten einverleibt werden sollten und zudem die Hoch-
schule und die Artisten- Facultät aus der Eealisten-Burse
viele Einkünfte (fructus) ziehen, so sei es auch billig, dass
beide zu dem Baue beitrügen, und zwar im Ganzen die
Somme von 120O GMdgnlden«.
Kaam hatte die Universität von dieser ForderuDg
Eenntniss erhalten, als sie in besonderen Eingaben an
den Canzler und an den Kurfürsten dringend bat, ihr
solches nicht zuzumuthen. Ihr Fiscus sei so erschöpft,
dass me jetzt nur etwa 450 fl. baar und 200 fl. in Schuld-
briefen habe. Allem ihri Bemtlhen war anfänglich ganz
umsonst, da der Ganzl^, der Universität gegenüber, die
Gewalt der Regierung sehr entschieden geltend machte,
und die Forderungen eher steigerte, als verminderte. Zuletzt
ging er jedoch^ durch den von der Universität dargelegten
ftnaaziellen Zustand bestimmt, in so weit auf ihre Bitte
ein, dass die Summe auf 700 Goldgulden ermässigt wurde..
Die erste Abzahlung bestand in 400 Goldgulden, welche
die Universität von der Artisten-Facultät lieh.
Der Kurfürst, der sich für die Sache lebhaft
interessirte , nahm in Begteitimg des Rectors , des Grafen
von Hennenberg**) und des Baumeisters, Konrad
Schenk, Einsicht von dem Bauplatze, besprach sich über
das Ganze mit ihnen und zeichnete selbst den Bauplan.
Für die Zeit, in welcher die Realisten -Burse wieder auf-
gebaut wurde, waren, die Realisten, ihrer Bitte gemäss
und auf den Wunsch des Kurfürsten, in die andern Bursen
axif genommen worden *^).
Der Bau wurde mit grösser Emsigkeit betrieben, und
bald war er vollendet*^,,
44) Henn«nberg's fiiograf^ie sidie in Bist. Aead. F, 768qqJ
45) Die aüaftlbElichen Yerbandhxngen s; Annall. Univ. T. III;
F. 72, b sqq. Hisf. A(M, ¥, 122.
46)' Die an dem Fitoätispize angebraebte Inschrift ist bei A d a m i,
Apograph. Monum. Haidelb. p. 122 und lautet:
13*
Als das Gebäude in cter« Folge der Zeit abermals bau-
fällig gevorden war, sollte im Jähr 1619 wieder ein Neu-
bau aufgeführt werden, und zwar au( dem Platze, wo der
»alte Hengststallf stapd, welchen, nebst ein^n andern
d^u gj^örigen Gebäude KjöfftrstFriadrich/V. (29. Mai
1619) der Universität zu diesem Zwecke geschenkt liatte*^);
allein die n^. fplgf^deii miglQ^^bsliGhen Zmfien« machten
die Auaföhrung; des Planes r ^nmögUidi. .
4. Contubernium Dionys,ianum. 1396.
Den: Grund' zu dieser! Anstalt, dem* H. Dionysiu*
zu Ehren Dioinysiaaum^ aber au€k> Gontubernium*
Paup^rum, (Arnaenbursc^ und , später ' von ihrei» Re*
stauraior Caslmirianuia geriannt-"**)', legte der schfoi^
(8.149) erwäluQte Prcrfessor . des canoirischen Bccänts, Gei^*
laoh von Hombtirg^); Er war im- Jahare 13(90 nacfe-
Heidelberg gekommen^ geiwann bald grossem Aläsefaen^ uBd^
Judae.triumpb^tQr Lep,. ])Qter buqs .custodi^iui,
Taum Leonem principem . Bonos benignqs a^uyet,
Tuere cum volumine, Malos severe puniat,
üt saQC^i jns/et.lilieras ' tibi fidialis aertiat.
Der Löwe mit dem Bmche. bezeichne das Uniir^rBitlts^lirappeBv
47) Die betreffenden Urkunde t. 3. Mai, 29. Mai, 10. Augiist
und 14. September 1619 sind noch im Univ.-Arch. vorhanden.
48) Ueber das Di onysianum besitzt das TTniV. Arch; zwei
wichtige Handschriflben^ Nr. 358j $2, a*.u. 858, 59.7 "Dm St»ttUe&:8teh»
in der ersten Urkunde ;F. 1, a bis 36^ b un^d in der zwejltjex^, F. 68, a bift
95, b. Die erste ist ein Band in Rleinfolio und enthält ausser den
S^tuten: 1) einen »Catalogtis Stipendlörum Cöllegii S. Dioriysii iH
Academia Heidelbergensi , quod primum fundUrtimi/' et eonfimiatuitt'»
fi^it anno Domini 1452«; 2) die.Stitti^teQ.der.Anstalt.y. J. 146^ und
V. J. 1526; 3) die Namen der Stipendiaten, welche i. J. 1526 in
der Anstalt waren; 4) die >Erectio, fündatio et ordinatio S. Dio-
nysii Univ. Heidelb.« (1452); 5) Abschriften von 34 Schraktmgs-
ür]sundea v. J. 1497—1603. — Vergl.- aueh,- SchöAmre'zer'Ei Pro-
güamme über die medk. Faoultät< Todner, 'Gdd;(di|il.' p.^132.
Alting, Hist. eccles. p. 165. Aiita Pal. T. L p. '379.1 Eay^er,
S, 101. Wandt, Mag. B. III. S. 296 ff, Hattsaeri St 300. 801.
49) Hist. Acad. E. 87;
. Orifefien, OteMemte» orior Btkrset^, 197
^ifwfle 19B3 4aia fiector der UniTermlät gewählt ^o^. &
vernMuihfee'der UiiTenit&t sein HAits zur GrttnduBg »ein^
Helrberge voi' alone Söhuleif« mit liesonderer Bertek^db-
tigang der zu deinem »GeecUeehte« Gehörigen* Dieses lag
-«m Bade der Stadt ^^)^ bei dem »Niederen Thore«, deüi
«nadumaligeta Mittelthore, wo jetet das Sch&fer'sche Kafiea-
haus und das Universitätsgebäude stehen. Aus dem BUh
njTBiiMHB »gieng ein «ogcnefamer prospeot in die Torsüitt« ^ ^.
Dem Gid)aiide gegenüber stand das Augustiner -Klosd^
<8. 105). «Die Stiftungaui^cunde (voit 23. AprU 1396) ^^
4Uid die tKuifii^töiche Betiätignngsiit'kunde ^^) theilen
nar 4niL .
'Die An^ttilt hatte . jlBdoch kein rechtes Gedeihen und
^m zuietet setor herunter, abbr, von dem Kurfärsteti
Ludwig m. (1410—1436) «wieder h^gestellt^^), wurde
•ste^bUd.'ditroh teidbue Stiftangen bedeutend.
'Zu .deuAersten Mfinnem., Irelche sie gründeten, ge-
hören!; GoliltxttB) Qei'h/axd 'von Hohenkirchen,
«Jö-hann Yerbiager von Leonbetg und Friedrieh
Steinbock.
OolittHusi^ 'OaHldr (auclv, «Is^Dechatfit geniuint) der
«Bit. Paiilskiräie in Wdfws, dn KeKe das durch seine
/^ejg^igktit'eegän.'dia UorVevsitafi Sfcbon 'behamiten D<Mft-
-iAätt*tm ti t IUI.
60)'SiihWa!), Byfa. IrcctoiT. üöiv. 'Hteid^lbttrg/ t. I. p. l*?. l8.
' d9t) IBui Zum ' J. 1699 ^%og :ikh idie. St&dtnttlier mit idnem Orarbto
4j9ff>heT 4er. Nan^e ;G:raben^i\i^) Tx^n dem aUeu i^urg'^ und Klingei^-
thor bis an den Neckar und schied die Stadt von der .Yorstait.
Erst im 18. JabrbftaAerle ^pr]ttT(le bm- dsn. tuetnea- Anbau der Stadt
^e^iD li[fm«r 'lued^iiniss^n.. und der. graben.' iMUg^ftUlt« Wandt,
Heidelb..af8a. 90.. ...}.-
, ^)'dj.«pft4' S^ #ö4. . '
53) Urkunde Nr. X. Abschriftiich .4a AnuaU.. üniy. 7?.,^.
F. 91, a. Gopialb. d. Univ. F. 36, a. h, JBüßt., AcftcU £« 37.
.: .. I H)'.TI«]luiid« i»P,/!^u^ Ahvfiumick • i^UiaaU. TUN. TA. F..90, b.
; .!<Stte*r4ri^t9i|ej8ttf(uiii^jft^U>^^ftiiaft(4^^ ntid*e
ibtAfistMiAclii.; Aaaiai* ü&ir. >Tw/Hi»jFa'>a97i[i>.>29(i^. t ..,
65) Wilken, S. 143. ■. l i / I J
198 I- Buch. LFmode, 2, Ab$^»iU, (iS§0^1398,)
propstes ßeylnhauBen (S. 188) und - vieBieicht dnrdt
daa Beispiel sdnes Onkels anf^smimtert) vermachte um
das JaJu* 1400, wie Gerlach, sein Wohnhaus zu einer
»Herberge für arme Studenten«^ so wie SMck seine • BOdi^
der Universität^^). Ausserdem machte er noch aosehn-
üche Stiftungen für die Gapelle der seligen Jungfrau in
der St Peterskirche.
Gerhard von Hohenkircheniwar Professor dar
Medicin und Ganonicus bei dem Stifte zum H. Geiste
(S. 161). In den Jahren 1420 und 1429 war er BectCMr
der Universität. Vor seinem Tpde (1448) setzte er das
Dionysianum als Erbe seiner ansehnlichen Bibliothek und
einer bedeutenden Geldsumme ein. Die Bibliothek wurde
in dem Gewölbe des Gebäudes aufgestellt. Exekutor des
Testamentes war Kurfürst Ludwig IV. ^^)
Verhinger von Leonberg war Ddctor und Pro-
fessor der Theologie und vermaehfe der Anstalt (14ö0)
seinen Hausrath, seine Kostbarkeiten und 100 Goldgdden.
Das Rectorat bekleidete er in den Jidiren 1484 ,.1439
und 1447 *«).
Steinbock, welcher dem Gollegiunh '400 fli ver-
machte, war Baccalaureus der Medicin^ und Dediatit an
-ißc Kirche i zu unserer lieben Frauen in. iNJ^nrntMlta. d H.^^
Nachdem diese Stiftungen von den genannten Män-
nern gemacht und die Anstalt zur , Unterbringung, ihrer
Alumnen in den Besitz noieh änderer Häuser gekommen
war^®), erhielt sie auch unter Drutzenbäch's' Rectorat
5S) Si^hG&oiesel, Tentftiii. hist Fae; nttd. • •
57) ADsall. ünir. T. H. F. 220, a«b. 28d» b. Matr. Üb. I. de
anno 1420. Schwab, P. I. p. 44. 4:9. V^ilken,. 3. 148.
58) Die Stiftungsurkunde ist in AnnalL tJ&iv: T. II. T. 987,b.
•Bohwab, p. Ä8i-6&. W. A ./
69) Scbbnm'ezel',''!. o."' -^^ •• ^ ••' ' •^- •' • . . . .i
60) 'Sa erldelt l560^de»1h««J9«cir^def "i^AsKanttb^
Molitor, Ton dem Rector die Schiassel 'des »alteüDtoiiyBitttttilink
ttebgi der fi^hibbiiiss , mifc den iügAierti lo »l^^ge ^indettiiitftim su
wohnen, bis dtfl ^eäüMcHtUgiteulewiedeit kttrgfMtelil «ä. AmnalL
Univ. T. Vm. F. 19, b. 1 i ^ . i. > J V/ i
(hüe§ien, G9tMbemim cäet Bwrem. 199
(1452) mit der Benennung »Diosysiannm« ihre Statuten ^^)
und damit aach eine feste und sichere Steilnng. Be-
merkenswertti ist jedodi, dase in der Urknnde »Ereetio
S-Dioi^eii« Oerlacb von Homburg nicht erwähnt mitA.
Nach den Stataten fanden in der ersten Zelt nur 6
arme SchtUer, dann aber aach 6 Ifogister (2 Theologen,
2 Juristen und 2 Mediciner) Aufiiahme**). Diese ge-
sehidi durch den Beetor und die Decane der 4 Factdtäten.
Aufgenommai durften nur Schdler nnd Magister werden,
welche jährlich nicht Aber 13 fl. zu verzehren hätten.
Wer später In so gute öconomiscfae Verhältnisse kam,
dass er ttber 20 fl. verAlgen konnte ^'), musste innerhalb
5 Ti^e» das GoUegium verlassen. Ausserdem wurde es
jedem Stipendiaten eur Pflidht gemacht, wenn er später
in gfinstigen finanziellen Verhältnissen war, so viel er
könne, der Anstalt wieder zuzuwenden. Der Aufenthalt
ward auf 6 — 10 Jahre festge^tzt.
Im Jdnre 1462, unter dem Rectorate des Nico laus
von Wachenheim, wurden diese Statuten revidirt**).
Ein Gleiches geschah auch im Jahre 1526^^).
Keine von allen Bursen erhielt so viele Vermächt-
msse, wie ckis IMeaysianum. Auch Kurfürst Friedrich U.
wies demsdben (7. Febmar 1Ö49) 30 Matter Frucht aus der
61) Urkunde Nr. X. Anoh abeehriffclich im Gopialb. d. üniv.
P.«8;a — i5,b.
> 62) Ein weitere B«slüffmang war, dais, wenn es spät^ die
finanziellen Verhältnisse' der Anstalt möglich maehten, 8 Doc-
toren der Medidn aus den Einkünften bezahlt* würden, von welchen
der Ehte dida »Avkenna«, de« Zweite den »Hyppecratescnnd üir
Dritte den »Galenbs« lesen söHte." '
66.) Aueh auf d^r tJiiifeieitat Basel wurden (1469)f'90i.- fttr
einen Studenten, welcher anständig leben wollte, j&hrlieh BAgi-
aemmett'. Visehep, 6.164 - .i' <
<64> Sir sindt sriteeOieilt ia AanaUi T. UI: F.>eO, a Ms <]?02, a, Im
Oopialfo. d. üniv; F. 97, a bis:100,b. nnd te der Handsehrift K¥. 2ft8,
Sgi P; i^wi^. ti "l r.l" tf It'i'i, .. ■-• .1.' j
•>. '65)0Ab^hrille«'4n<kii=BlBh iti Adnall. UBiv;'T. Y. F. 115,ab«6
120; a. und In der Handschrift Nr. 358, 52. F. Y^XH. ^^ ' I
KarftarstUcben E^iirakamnKr £u ^^). lüDHoteti (&196(^Niite48)
genannten Actensttiekeii tvnvdeiiiaiis den Jiiitm 1497— 1€03
9i Stipendien angeführt, und dodi lat dtesei^: YeeseitfliMBS
flceineswegs • Yolbtändig. <iE6 (finden 6iGh ii^eh «manche an-
dere. Stiftungen voTv welahe in dere^en -Zeit gemacht
'Tmrden, dar vielen VermäGhtnisfie vor- und sUkidiher nioht
au gedeäken •').
Im Anfange des 16. JalnrhusidMrts kam die Aaialadt
ielwas in Yerfall, besonders wnvde tllrer Mangel an iDiB-
!Ciplin geklagt. Dieses Vetanlasete im Jahrb lö36, wo ^-
fielhe 11 Schuld' mid 16 Jfägister hotter^^, eöate ^UM-
jafb^tttng da:' StaUrten^ dui^ch wefabe eine str^igece» Znoht
^eingefölirt v^erden eollte. Booh ispatei^ irtes wieder ün-
(Ordnung ein:, so. dassnan 21. Juni i&&9 r&tt «dem «sade-
misohen Senate eine iVäsifcatiDn der Ajostalt angeordnet
wurde ^^).
Am 6. Augast 1§61 iand abemials <Ton Seüen
ides (Rectois^d^ UniYersitöt uaid den Deoanea dar vier
tFaoultaten eine ßerathüng Aber' die Yerbei^enuig der
66) Annall. üniv. T. VH. F. 9, a. '
67) Ausifflbirlidbidr aber die j^ormlAli^il ü^ersitM - StSpen^^,
rwi^lplie grö99^c(n fTliei]tf a^ «IGUOliyBiMNim ia^gehövteti., Mhen ^*pr
in Gesch. d. Stip. v. Stift. H. II. S. 66 fif. gehandelt , wo auch sehr
viele einzelne Stiftungen angegeben sind. ^ "
-69.) Aonall. üaäv. T.>y, ;F. a37,.a. . .
69) XXI. Junii 1559. in Senatu deliberatum eat lie sigitationp
.4om«8 XUoi»ysi«mie, in tqu^ imsi» «Uwd^Una ieotJriiisfle Tidabator.
Sticum IipfQr<OAlio,(Otto«iifr KeAri«!) oftadom ipi>a«sc*ib6r«t tJai-
fMiaiN0> "deteoti Baut ad*ieiHn trem {»«rAgBndam .pofel iReclftrem 4t
iEHecfmos . diiQ0^ Faealtatia tAr^ima:» prioriset pmeaeatifl aiuii, nt
Beformatio jubet, Doctores Wen^biilinio« Heilm:%& juoe peiims
rftft JdQ^bfPs Gurio fveüfiaii tiH4io XX^., niil ^U^, ^isitare
4iiiM|>ei»iit> :0iQgul<W78QDniiitn examnaruat^ >6ivorefi, iflugitla, linda-
striam, diligentiam, negligentiam onmüna-noa inodk>: disdjj^akaii«,
(sedjetfaai ;#9C(»oiomij ffttinlurutayiieaqini itaplaiatwifc re^rtti ai ßena-
Aain 4efeimdts» ««wt/emait^ tBQCiqiieijadlQiQ Je^tai^^ fuad. «ai p»-
baret vel damnaret, exposito, aliqoi damaati ad oMroenem^siart,
44ii . vcfirehreiigi taalttm, aUt atia Qaftli«M.#oailt iAaaaU. »Uair.
T. Vn. F.l5Wt4i.. • !.-..::: .• :
Dwojilm (de disoipli&a dn domo KoByfiiaiia r^ocmandn)
Itatt in dieser wurde bBsehlosseB, was 'auoh, nitdh
m
itm Wunsche des academischen Seaates war, dase die
flAQdhabung der bisher Eiuem anvertrauibeQ DiedpUn
m Ztthuoft zwei Mäonem ^übertragea werde. Ee wurde
deshalb dem seitherigen Vorsteher der Anstalt, Martiiü
•Otho, eia am%iiMap^ in der PoESoa des Jacobus
Sue^vns; beigeigribenwid zi^eieh verfftgt; 'diisB jedem als
»Safemm« ans dem Fiscns der Universität 12 fl. und
aus dem des Dionysianums 4 fl. jährlich zu geben
sei Auch sollten sie nicht verbunden sein, besondere
Vorlesnqgen in dier Anstalt au halten ^^). Aber schon im
^Igenien Jahre 'Sah sic^h ^der Beotor Tre:mellius auf
Äe VC» 0 t ho vargöbraöhten Klagen Hber. Znchtlosfgkeit ' ^)
veranlasst, mit Zuziehung der beiden ältesten Senatoren,
des Boquin und Cuxio, und des Xylander, als Stell-
vertreters . des abwegenden Decanes der Artisten-rEacultät,
eine genaue YisitaliDH der AMstalt <3. Mai l&6Qi) vorzu-
nehmen. Bie von Otho gemaehten Angaben ftind man
begröndet, lallein l)ald zeigte es steh — ^ dieser selbst
halte sirti* i^ikhe Fehler 2a SckiddeQ kommen lasfien,
^86 5fir, (tDote «inet /hingto ißeohtfectignsgsBchirift .«n* Ata
äcademisdben äejnat, ata^esetast w»tde omd* das Diimysiamun
verlassen musste. Den eiikgenfisenen Uaeardmiiigen sucbte
laan mfiglifbai i^\x «teuecn l^»
> War Us jetBt ^besondfers Übta* UnotdmiB^ m dem
B!ony4!Äöum ihit Recht Klage geflftrt worden, so kam die
-.1. • ' ..... , . : • . , ,
' 70) 'Q^od in,po3temm nullas pecuUares, haberent lectiones in
domo Dionysiana, sed eas; quae publice et in Gontuberjj^io prae-
legerentur, cifin discipulis ^epeterent, efercitia et preces' conser-
Yarerit suo ordihe. Xnnall. Univ. T. Vttt F. 49.
71 j iltsLgaaiti 6irim dtcdbat esse studib^oi^m l^d CoU^i petu-
feiftlaihri^' itiorlieiliMtfim. 'Qttos'dam d!ct%»t esüe, qtii sflie yenia
^^Xftrtüie; kmkhiV^^i «t t« tMiapimiä'et^tttbet4iift't>€il*1flt«grrttin^ensem
Torsarentur, Mnde redenntes mensa Gollegii fraerentgr nee paterentur
Monitorem. Annall Univ. T. YIII. F. 62, b.
72) Ibid,^r«3»Ä to»65ih.. ii
202 L Buch. I. Periode. 2, AhechmU. (1S90^1398,)
Anstalt gegen das Ende der Regierung des Kurftrsten
Ludwig VI. dureh die Kriegszeiten auch in finanzielle
Noth, welcher der Kurfürst abzuhelfen suchte. Wir finden
dieses in einer von der Universität d. d. 29. Januar 1584
ausgefertigten Urkunde^*), welcher wir Folgendes ent-
nehmen:
• » Das Dionysianum war » durdi schwere der Z<lt In
grosse schulden erwaehäsen« und »ohn g«H^ leutt Hilff war
es. ihm ohnmögUch sich huiwiederum drauss zu wicUen. Es
haben daher ihr Churf. Gnaden auss sonderlicher Zuneigung,
so sie zu gemeinen studiis getragen vnd domit diss vhralt
seminarium, dorauss Ihm bissweilen Viel gelerter leutt so
hernach kirchen vnd schulen, auch PblitisdheBi' Regiment
augjestanden vnd darzu nutzlbch gefamicht wordeni erwachadn
md herkhomen, Todifurterss erhalten wurde, knrtasUch fax
Ihrer Churf. Gnaden absterben (12.. Qetob. 1583) ;iOOO fl.,
welche sie Eim von Adell, Seifridt von Dinheim genannt,
wegen seiner begangnen Misshandlung vnd Verprechung zu
bass abnemen lassen, gnedigst döhin verwendt, die dem
HausB erwachsenen Sebuldett abzuledigen , md anch ebi
ßUpendiuai fCUr einen armen atudiierwden jtmgBn vfEimokfeeD.«
- Mit diesen 1000 fl. wurden dann die Schulden-, welche
sidii auf 600 <ö* beliefen, abbezahlt und aus desübrigm
400 fl. ein Stipendium gegvünd^ welohes »2» Ewig Zeit-
ten* Ihrer Churf, Gnaden tu ehren Electorale Sti-
pendium genenet werden soUte«.
Zu diesem Stipendium, heisst es weiter, Bofilen mu:
solche »Jungen und Studiesen« zugelaBeen weirden, & »dur«
licjli goboren. In lateinischer und krichiecher ßpracb^ defis-
gleichen in artibus dicendi dermassen fundirt«, dass sie
von der Zeit ihrer Aufnahme an innerhalb V/i Jahren das
' Baccalaureat mit Ehren erlangen könnten. ' Das llecht der
Präsentation zu diesem Stipendium hatte der jeweilige Rector
der Universität, j gestand der Vorgeschlagene die, von den
-,t..f Dq^a^e^jj^q^.^ Faci\ltÄten,mit.itm voxgpn,9^pjneife frAf ung,
rr,^' ', #0, kq]^ite.,er» w^n^.flfdinf» Mf Oi^rui^ jV^cbel^fl;. waf ,^,^1^
(M^ rr.bng » d^Bi.HaußeHbifib^astJs^fllM» «r mk^itmi^PimSf^
« :•• . ' ."..:'. . ; .V. • J 'f 'i'iA .«.1 ♦. ♦. U
73) Catalog. Stipend. Dionys. fol -Te^i bis <78;4>.
I.'.M
CcUtffim, CkmMerwim eier Bwrsm, 203
ans, 80 inxhat aoch 8 Jahre cogegeben werden. Ehe und
bevor der Sti^ndiat »baccalaorei vnd Magiatri. titnlm er-
reichte, war es ihm nicht gestattet, »sich zu Einigem Studio
der höhern Facoltäten za begeben«. Schliesslich wird dem
Stipendiaten an das Herz gelegt, dass er später dieser >gut-
^t eingedenk und sföh soviel in seinem Vermögen hinwie-
denmb dankbarlidi gegen das Hans Dionysii erzeigen soUec.
Bald darauf erhielt jedoch die Anstalt einen neuen
kriftigen Aufschwang unter der Regierung des Admini-
strators Johann Casimir (1583 — 1592). Er Hess, was
unten ausführlich geschildert werden soll, das beinahe
gänzlich zetfäUene Gebäude neu auffahren, stellte eine
tfieht^e innet^ fitnriehtung des Hauses her und ordnete
dessen finanzielle Verhältnisse.
5. Gontuberuium Divae Catharinae« 1401.
Diese Börse wurde im Jahre 1401, unter der Re-
gierang Ruprechtes III. gegründet und der H. Ka-
tharina''*), welche wir schon (S. 163) als Beschützerin
der Wissenschaften und Patronin der Artisten -Facultät
kennen gelernt haben, gewidmet. Das Gebäude lag in
der Augustiner-Gasse, der Judengasse gegenüber^**).
Itt dieser Burse wurden die Wissenschaften mit
grossem Eifer betrieben und vielleicht mehr, als in andern
ÄBstalten gleicher Art Daher mag auch d^r von Vielen
'SeftheJltef Irrf^iun gekommen sein, als habe in Heidelberg
etoe besondere Stehde unter dem Namen »Katharinen-
Sdude* beständen '•). Im Jahre 1518 wafT Franz Ireni-
eus Vorsteher der Anstalt").
7i) HaadBohilft Nr, 268, U fni' 47 a. im JMv,-AHkc
75) Bist. Acad. F. 9. i . l
W)^l&ife8aaiJ!^a«i*en1!iii«e^AB4erh &ex^&=h>iiTd:(I^mier£Keefsl.
German. praef. p. III.), LampadiU'fif-^BcfMgelvi/YatcrlandiBgeBOJi.
Si tt»)/.Selkwa-i$fc .(GMtiiLP.d.iIMelMiiiir 19i. .HiiS/iQlsy '" '
omstftade des Irenicas- löAbetL nir ÜbUereaiin' Ly<j; migg. p. 136.
187 mitgetheüt *'*'^i- ' 'V :> ./.it'. i,.
,r»!/
'üeb«r den Aidfisaf d^s ^ '(tiee^ Bttrse ' bei^immten
-HattSöB, Mrelf hes eitiiera ^eiddber^ör 'Böirger, Jö'hannes
Tlascfh,-Utiä seiner Ehefrau* gehörte, sind zwei tlrkunden
vorhanden, welche »Emtio Contubemii s. Novae Bursae«
überschrieben «lud; Die erate ist au^gefeirtiigt »Si^batho
poBt Epihan. iDommi« . 1401 /unddfe (sw^ile d» 24. Sep-
tember 1401 ^*). /
'Wie die übrigen Barsen, so ^nirde auboh die ^atheirteeii-
Burse jaait Schenkungen begabt» Zu -den bedeutendstcai
.gehören ,di/5 (t^518) von Wialtb^r Gallus, EaplaA an
.der Kirche in Rufaeh uBd..die .(1524) Vion Johan^k iW'Cjy-
'&er, der beidap. Bechte:IiUentiat oiKd Canomous bei d«m
Heiliggeist- Stifte gegründet^ii ^•r).
Weitere Nachrichten über diese Burse sind nicht
vorhanden. . Wir baben ilur an^iiführeti, 'dass im 0aUre 1528,
.wo in Heidelberg eine ansteokende Krankbeit herüschte,
^der Regent dieser Börse mit deq Studenten. nachXaqdau
Jücbtete und sidi tdoi^t <mit . ^EfjaubqisB /des Ma^Utlts
leine Zeit. langt unter Beobachtung d^r «s^^Eiehea Qesel^e
rund Anordnungen, aufhielt **).
Nach der vom Kur^rsten iT r i e d r ieb Q* ($ y^) Toige-
^nommeuen Vereinigung der varfi<^hiedeQfiin Buraen in Eine,
hdrte auch die Katharina- Stiftung auf, ab besondeie
.Bu^jB fortz^bestebe^, und ilire .säm^itlicben Einkünfte msA
.Stipendi^ wurdeiirmit de^ien dar aadecn Bwsieii iiusMaiiwft-
. geworfen f^). J)a^ Oeb&ude wurde imx^ der Yerfitiigut^
.(l,547j) ,von 4e<i '»►Dionijrsiauem* ibeiwohaat®^, «ftid ^äptttr
78) Beide Urkunden sind abgeschrieben in Annall. Univ. T. I.
F. 32, b bi8'84A tmd in (äor|ial»a du BAiv. F. ^,\kViB^ \h \
79) Statutornm bursae Bealium liber'Fj 47y:ft/bi8>64 a;«'Eine
.^et^det-e, 19011;' igbsohdeben» iG^^Ade^'WcyaivWie&^'liMailiie ist
80) X^eAbxaantt, .ff<fädi;rjdL<8titdt.Lairiiatt'B. idd. . Oi» yHasid^
^•tobe! dittie».4beaigty j«t ^pcglelMfi/'^üA S4tn|iilag'>Btfck.«&lKM«Tl638.
^ 81) BlwtutQcJbürtAe'^Bfair. Mbi E.<itf(aw. ':. '
82) Annall üniT. T. VL F. 44ö,a. \ i - • .1 .';:
imvAt eft' (v0m Jabre- 1&48 an) nmer mitep der Beeeieh-^
imgi »Artiatan^ScltuU (sohola. Aitästaram) Tor ^% Awi^
auf der ersten- der oben genannten VerhaoiBarlainden iel'
mt apltecer Handi gesdvieben.: »UM nune est Scholar
AKtiitarmn«,^^»
6. Bursa Suevorum,
Za dw Jllteeton^ wenn auch m<M bedeutendstesf
Qwseii gebort, . ebne dass man das Jabr ibrer Stiftung.
weiss, die, vielleicht aus einer Privatanstalt heryorge=
gangßne^^) Bursa Suevorum s..Realium (Schwaben^.
o4er Bealistea-Burse), auch, alta 3urse geoMnt ^^. Sie
tafistand aufi. 2- gsöasören Hänsem> und »einem Hänegen*
darneben, so auch dazu gehört hat«, und war in der untern
Judenga^^e gelegen *'). Die Studeptep dieser Burse ge-
hörten zu den Realisten, und i sind doreh den Streit init
den Nominalisten, von' welchem unten gehandelt wird, be-
kannt. Einer der berühmtesten Regenten dieser Burse
war (1522) Johann Brenz. Um das.. JaJir 1536 wai/
Dionyalas Orav (GrafFe) Regent *®)j
Bei der am 16. April 1544 vorgenommenen Visitation
der Universitätshäußer befand sich diese. Bursß in sehr
zi^llenem «Zustande ^^>. In > diesem blieb sie auch • bis
zum Jahre 1646, wo ein Kurförstliches Beeret d. d.
SLOctober der Universität auferlegte, §ie fvx das neu »an-
gestellte« Paedagogiun^.ewKUificht^^^).. In d(An.GabäUr
88) AöbäII. üniT.; T; VII. F. 19; a.
84) Ber Name >Neue Barde« ist uns spftter- nvr noeh' in folgen-
der Bt^le vorgßkomm%ni »Araoldns Theologiae Ikietor, OSstercien^
8kifflPr«m0ariCon«giij qnod.b'urBfr n<v^a äieebatar.r •8'ch'Onmezel,
OoUiBcti ad Met. pa«; med;
85) Wntfdti mag. B. ill. ». d08.
86) AnhaUi üftfv. T. VI: P. 437; ».
9r)' limniAT: ä. WivefeitÄte-HÄneer. HIst: Acad. F. 04.
88) Ada Fae. A«.» T. Ifl; F. 148, h.
89) Annan. Üniv. T.' VI. F. 8^4, b.
90) Das KnrfarBtUclie B^<»ie( lastet : » Von Qots Gnaden
206 L Buch. I. FerMe. 2. MmMiH. iiHM^139d.)
lichkeiten der Burse irwde aacb dem als Vorgtand des
Pädagogiums ungestellten Antonius Sehern« ^hore)
mit seiner Familie eine Wohnung angewiesen. Biese hatte
er bis 1&49 inne^^). Bald aber kam das Päds^ogium
in Verfall^*), und dessen Räumlichkeiten wurden zu Woh-
nungen für Professoren der Universität benutzt. Zuerst
erhielt es Miläus als Dienstwohnuug , yerliess es aber,
weil es nnwohnli^h war, 1553 wieder ••). Später wurden
die Baulichkeiten wieder hergestellt**) und 1560 zur
Priderich Pfalzgraw bey rlieyn erzdruchses vnd . Churförst.
Tssern grufl zuvor WorcBger- lieber gedrewer , es ist vnser gnedigs
bcgehm befehlende Ir "wolleBt die sckwabealhuBz itlhirvon sUmd
ftn Ynverzuglich mit den gemachen vnd anderen notturfUgea ge-
pawen zu erbaltung des new angestellten pßdagogij von wegen der
Tniversität zurichten lassen Wollen wir vns gnedig verlossen. Datum
Heidelberg iSambsdags BionysiJ ano 1646.«
»Dem würdigen vnsers Studiums om Heydel-
. berg rectori vnd lieben gedrewen
'Doctor Georgen Nigri.«
AnnÄll. t?niv. T. VI. i*. 487, a.
91) Ibid. F. 450, b^ 451, «. T. VIL F. Ö6, b. 8$, a. 41, b-
4^, b. 43, a.
92) lieber die Errichtung des Pädagogiums und dessen Schick-;
sale vergl. unsere Schrift >Lycei origg.« |). 24ff. und über Schorns
ebeikdott 8. 41-^50. -- Dem Blda|fogiam wutde> naoh w^inüsi Wie*
derhesstellung r(1565) von dem Kurfürsten Friiedrich IS. das
Franziscaner-I^loster eingeräumt. Ebend. S. 99.
" ' 93) Annall. Univ. T. VI. F; 142, b. >Quia domus Contubemii
Suövonnh noh ssttis commodd^ iiihabil»ri possit.«
94) VII. Februar 1560. Ad mentionem impendiorum, quae Sue-
vicae domus structura exigit, mota quaestio est: utrum conducibi-
lius Sit domum illam dividere i^ diiaß partes et pairti^ tbiaaatquamque
exstrnere «t par^re a4 eoramodam habitAtionattl et ad usiai düarüxn
famiüarum, Ht qutfein liber refoniiatkuiis perniltUy an Ten^^prae*
stet, dpnuim hanc fieliaquete iadiviaam alq&e eam ti»tam.DiQB7^anifl
possidendam tradere, ac duobus professoribaa^ jurdpent6 (st medico'
tantisper pro conducendis domibas pensioBem sohrw« 'ex fisco,
donec universitas domos illis loeare minore {noommodo pctsit;
Sed de bis omnibus proaonei^tHm eet hoc die:mhil; 'juiffcon-
sultorum ordo noluit Saevkam domum* reliiiqiiere et a Atraetora
necessaria inchoata desistere, doQec.unirrerBiitas.iitf am iastitutionam
I)pat«ii proprium feeerit, aeo nolnit promlneiloiie .vo^aU ijoatentas
Bas Dommoamr-Klog^. 207
Dienstwohauiig des »Doetorä uuititutiQiulm« tmd eines
ordenüieben Lebrers 4er Medicin abgelichtet
In. d^n Inyeiitarittiii der Unhrersit&tshäqser vom Jalire
1673 wird das eine Haus mit dem dazu gehörigen Haus-
chea die »GrosBe Scbwabenbursch« und das zw^te Haus
die »Kleine Schwabenburseh« genannt Die erste gab
loan zu der angelührtQn Zeit dem Prcrfessor Coecejus als
Ed^istwohnuttg, und die ^rweUe wird als »Bibliothek«;
diensthauss« angefahrt
Aus späterer Zeit können wir vm angeben, dass der
Platz der »Kleinen Behwabenburse« , welche 1693 abge-
brannt war, laut einer in dem Universit&ts^Archiy befiodr
liehen Urkunde am 22. Juni 1705 von der Universität
mit Bewilligung des Kurfürsten an den Bürger und Schreiner
Valentin Chur in Heidelberg für 250 fl. verkauft wurde.
. § 3.
Dm Dominicaner- Kloster.
Dieses Kloster der Dominicaner (wegen ihrer Be-
stimmung, gegen die Ketzer zu predigen, auch Prediger,.
Praedicatores genannt)**) wurde von dem Kurfürsten
esse, realepi exegit et assensipnexn ia hoc facilem invenit, propterea
quod Doctori Agricolae , cujus in Universitatem multa sunt officia,
domus illi pridem addicta, casu non cogitato adempta per alium.
Annan. Univ. T. YII. F. 88^, b. 884, a.
W) Die Inquisition oder das heiUge Officium, ein Ola^bens- '
geticbt zur Ansspähung und Bestrafung von Setzei^ und UngMa- '
bigen, be^nt unter den Kaisern Theodosiusd.Ghr. und J u s t i n i a n. -
Es wat' ein bii^cböflicbeä Amt, bis Gregor IX. den Domlnieanel;<ri'>
dieses. Geschäft (1233) ttbertnig. Sie hatten auch die Büchereensiir
— Auf der Ihqtiisitionsfahne war ein Dominicaner abgebildet und
Yor ihm ein Hund mit einer brennenden Fackel. Der Htind i>e?"
zieht sich airf den Traum, welijhen die M^tef des ^ Dominicus
während ihrer Schwangerschaft gehabt haben soll, dass sie nämlich
einen Hund mit einer brennenden Faekel in der Schnauzer' gebifirete'>
wttrda. Dieseixt Trautn.deuMeni(lie:Domi%iaaii^r m 4«r F^lg» auf
den .Yeriolgubgageist ihres OrdeuMtif/^era ne^m die Kejisßr.. Erseti
und Gruberi]uU«r.j»Ii4q|tt$ition«rSi'475»»
208^ L Buch, L P0riod9. 2, M^OmiU. (tdBO'-lBBS.)
Friedrich L, naeMdö»* er seho»'d«iroh eine' Adte' d; di
30. März 1473 die Autonsatöoii v<m P»]^' Sixtus W.
erhaltett, am 24 Juli 147& «egrüt&deü^^ xmA rdch^ be-
gftbt^^). Aa«h dieses K4oet^ ward, wie dae Ooltegium
Jia;ßobitioiira, der Univemtftt einverl^bt, ttad^dureb» dmi
Sliftungi^rief eitiietten die MitgliederdieBefi Ordeoa dieFHäm«-
IkteB Priväegieo, wdche das Jacobsskift, bea^Mngsiwene die
Universität Hekidb^ hatte (8>185). Die im' demtfilester
Studirenden sollten sich besonders dem Sti^iim^ d^ Theo-
logie vßdak der fmen EüD^ widmen-*®). Zu dieram Z^giecke
wurden namentiioh von dem Prior des Kloeter&iheologisohe
Vorlesungen gehalten**).
Seine Verfassung erhielt das Kloster erst am 1. Juli
96) Die päpstliche AatorisationsbuUe , so wie andere die Stif-
tung dieses Klosters betreffende l^chweisungen s. bei Würdt-
wein, Onomast. Wormat. M. S. T. III. p. 87 s^. BuUarium F.
F. Praedicatorum T. III. p. 497. 505.
Die Stiftungsarkunde des KurfQreten . s. bei Wardt'W>«in,
p. 92 sqq. u. bei Tolner, Add. ad bist. Pal. p. 115 sqq. Eremer,
Tb. I. S. 520.
97) Friedrich erlaubt dem Orden das Sammeln (Hbere men-
dicare) in seinem ganzen Lande; ausserdem schenkte er ihm unter
anderen Einkünften die, welche das Kloster Sinsheim früher gehabt
und die er von demselben gekauft hatte, in Leimen, Rohrbach,
St. Ilgen. Tolner, p. 116. Kremer, S. 649.
98) Item volumus, quod in dl^tQ;MQ|iasterto sit scbola> s. stu*
di]U9i laAdatjsaimuia artium et saccae TheologiaQ ju;cta morem et
coA^peiodinfim institationemque. ordinis Praedicatorum. Item yoIu-
mus^quod Doctor et studentes dicti conventos gaudeant etfruantor
0¥»ni]^a« . priyi)egÜ8 et indultis quibuscanque studü nofitn Heidel-
becg^nsis.pco ut decet et per omnia p^riformiter sicut iUis utuntur
et. fruuntor fratres ordinis Cisterciensis in domo S. Jacobi Suburbii
oppidi nostri Heidelbergeosis commorantes. Tolner> p. 117.
.$a.tu& Papa ad instantiam Fridevjci iiistitait in eodem oonventa
s.. Tbeologiae auctoritate apioetolica. simul etiam Studium bonarum
artiwoau Würdtweift,,p. tl)^2»
' 99) S^ wttrden in Ülkttuden die Frior«ii>Heitirioht<£oten»>
b<erg (18. Juli 1489) and Wernher ton Seiden (IL Janmr 1498)
zuglddi als Lehrer der »göttlichen GeMfartfl* geiMUiat;^
löQl^^^ Ddrckdiesaimiideiiwhtei^AB^erendie^
vDd gottesdinsUicbJni ObfiegcDheiten dei^ Sludeateiit ^
TerBÜBiteirg iL. 8. w. btotfaHnt Die jeweiligen Voüteher
Qme8idwtc8) aalten filr einen tAohtigea Doctor Regtea
ni Borgm) welcher tl^liifti, .mit Ausiialmie der Ferien/
veniga^enseine VotlBSiuig hieh; aaBSerd^n soUte: stets ein
gelehrter Baecalamreus, der Sententiarius erdinariiis seit die
uSenfentien« nach Art und Fenn .der Umtfeirsität Heldel«-
beig, wielcber dasStudhim ies Coitvents »incorporiit^^
war, vortri^n ^^). Dabei wurde den. Studenten bei Bthdfb
grosser Fleiss anbefohlen.- Ueber den andern Tag se]lt6
eine theologische Disputation statt finden ; auch war ' den
Studenten gestattet ,. den öffentlichen Disputaticmen und
Reden an der üniversifiät beizuwohnen. Dass sie Vor-
lesungen an derselben au hören hMten, ist nirgends
gesagt
Das Kloster bestand jedoch nur bis zum Jahre IbbS^
wo es nicht mehr, als einen Dominicaaer-Bruder und emeü
fremden Möoch, hatte^ was den Kurfiftrsten Friedrich U.
YeranlasstCj das «Kur «t Hospital«, weläies damals in der
Nähe der H. Geistkirche, .auf dem Marktplatze, stand>
aber wegen allzu beschränkten Raumes für die Armen
und Kranken, atjgebrochen weMen musste, mit des
Papstes Julius III. Einwilligung: in dasscdbe zu ver-
legen. Zugleich vereinigte er einen Ilieil der Einkünfte
des Klosters mit denen des Hospitals^ und da dieses ds^
durch viele Einnahmen erhielt, wurde es audi das »Reiche
Spital« genannt l^ter der bayerischen Regierung kamen
Jedoch die Dominicaner (1622) wieder in den Besitz des
Klosters , mussten es aber unter der Administration des
Herzogs Ludwig Philipp (1632) abermals räumen, und
100) Siehe die Urkonde bei Werdtirein, fili2. »Generalis
F. F. Pri^editetonäii OnKflätio pro Fratribäs Bi^idell^ei^ge stndentibas.«
101) fleid^bergetisi Umer»ftati Stadium cotfyentas est iacor-
poratam. Wflrdtwein, p. 114, b. ' • .
aants, Oeseh. d. Unir. Heidelb. I. 14
ZiO L Buch, L Pmödk. ». AbiOmiU. y(1390—1398.)
die^Kii^ohemiifie: d«tf Liutteiiadeni/zikihren iGtdtteMiettMM
üterkssen.' ^Aück 'nach! dem- Wterf;pMIi8dMBiE]ii9i«ii get
stattete- Amea' dieselbe* lEufftrst Eaxl Ludwig '(d6ö9j)
auf s Neiie^ biA die Ltithferiseiij& (PiK)vide&z(>)]ia]rdMi>firbaqt
war.^^^. . Darauf ;fiel7die iiEloEftetkircfae 4dD/ Beformirtea
zii.^ -Efurffiri^t'Earl liess sie neui aufbauen mndjiBAishte
sie* zur €tänuB6nB]drch&^^^). InfdieserBdstimttuBgifblieb
sie/biii zuin-JaUre )1700, :«vro Eiurfiirst/ Jdhafn&iWiikeliu
9i&:'ideu Dominieftnem ^rödkgab ^^^). Dumth >dife>iEMigion&i
dbdaratkm i(l 705) fiel sie » 'disseii < ald ' Ei^6tttiiiiBi i zm ^ Yoa
ddoi* EuffürgteliiiMaxiiniliaii Josepih'wurdeu! äie uüoh
in dem*/ Ebster iiy/Orbandeneni Douüiiicaiier' jentläse^ und
ihnen Suetesrtation^gelder isngewiesen. •"<
/ Nach ^et! Restauiwtioni der; üniversit&t !(160d) kauft»
Kurmrst KarliFritedriöh das.iEVdster fOn: IA^QOOj fli
an, und liess es für das anatomische Theater, das KlitiikuiB
und i die - : EntJbindusIgsainßtdlt * ' einUcbtenf ^ ^); ' Jetzt I wird
dasseltte in'sbhöü u&d.2ivieGki&&S6igiai^efährt8n^^
f&k* hatufwisseiisohMtiibiuQ^i Instituiter uddfBaifaiiildfigeu em^-
gebichtet;! ;No6h sinldlaiisseri dep Demimeauer-^El bester
zwei CollegiöTilAi ier*äbfii«n.. 'in ' >•) !' i
-1 Von dön Häusörn Mid^iiVßrÖllebfcWen Juden wurden
spätei* auch = eitig'4' m eifern: mci^iciBi^fteilt. Qollogium
odier, wife dsi "hefest» ..^Auditorittm'ineöicajwi« verifBidet
Näoh' seiner Völligen H<»-8tdlKiKg Wrar:[es<^i w^UläyfigeS)
3 Stockwerke hohes Gebäude,. Wekhe^ :eia ganz^. Quadrat
bildete utd von det • Judengas^Q bis. . mir ;P£dfi'engasae
reichte :^°^- In dec». mediqiaiscben Collegium : war audi
102) Schlosser und Rebus, Wahrheits- und Ehrenrettang
S. 30.
... X04)|.WjardtW€|il%PH.il?4bi. W^M*^^M^< 3«^ •
106) Wundt, Heidelb. S. §g...j] .,, ,„,^,.7/ ,:,;). // .m.,.
^ J . ■"> • ■« .7 ,• J .'.I 1 .) . I
4aB in 8pätenrj9r Zeifc eiTii^)it^rffpi;b^atnm. aii^tp^iifttio
und ZabehöiiiDgen«^^^)( . .-^i./ ,. m j .» '; . :.,.
Dieses ]ag''(ieiTfi"Cöllegiiim tiiMicäm ' gegenüber uiid
mrrcle et-yt später (1'498> Vöb'' dem''Utii*ff(rstett' Philip'^
gegründet:'' AuskhrUidhel' Wird^ " über ' dasselbe ttfrffeti ge^^
handelt.
Judenhänser werden 2ik Lehrehffohntmgen verwendet^ die
Synagoge in eii^ chr^^jll^cj^ß. ^pfiUß.uptgeipmdeU und die
G^Srten dirJudeh- der Ujii'dersität' '^schenkt.
• *
Hätten wir keine andern N'achrichten, so wArde man
aus der obeu .(S. 191) geuai^intQU Urkunde schliessen '
müssen, Bup.recht.IL hab« altoi Judec^user dem Ar-
tisten-Colle^'to «ügewfeSen. DwA-ist aber nicht so. Aus
der Urkunde i 4^r9h weichte der,. Kurfürst der Artisten-
FWtät : den. Fjuch*^.. wd; Weiiwehnten in .Sicbriesheini
ßchenkte, nnd aus dem schon (S. 192, Note 38) erwähntett
Berichte, welchen die' TJÜiversität an Ludwig EI. ab^-
stattete,, geht,,Ji;ißry,pjr^ d4es ni^ür d^ Hajus des Juden Bfut^
für. das GoUeg^uln bestimikit ^wurde/ (S/ 192), andere
Häuser abeY 'auch nicht 2fur Artisten ;Fa<iültät gehörige
Lehrer jil^ Wohnungen erhielten. . .^ \
Was. die. iiÄ der, .oiberajud^gaasci gelegene ^^f) Jud^.n-
schule angeht; so i^urde diese nach der von dem Kurfür-
sten ausgesprochenen Bestimmung in eine christliche Ca-
p.elle. ttiag§W;£pid^t,. w-9!Sf,e|!m,26.. Decemljpr 1391 in feier-
iiohär Weise durch den; Bdfichof Eckhard voa Worms in
Gegfenwarf des^KtirfÖrsten-, seines Neffen, R'tipre'cht's'IIL,
< '^ . • • . ' ' . ^ . ■ ' ' . , ( . . 1 , - . i (
— ' ■ ^'-^ :.' ' «• / ' ..'IJ'« '» ' .1 - ; ' • ,if- r . ■^J. ,,-
' > . • ■ • f -. i.f M ,) A . !,•♦.. . ' .' • . ,
14*
und Tieler Professoren und Studenten geschah '^'). Spftter
wurde diese Gapelle zu Auditorien ^benutzt^^^.
Durch die Vertreibung der Juden kam die Universi-
tät auch in den Besitz von vier ili der Plöck ge-
legeuen Gärten. Diese waren der juristischen, medi-
ciniscben und ArtistenrFacu^t zugewiesen. Später erhielt
das Dionysianum einen dieser Gärten^ ^^)p Im Genüsse
109) In presentia DominorDm Ducum, Roperti.Beiiioris et ja-
nioris, nee non Domini ConraÜi de Solton in theologia Magistri^
Domini Johannig de l(oet, in De<?reti8 DoctpriB, Magjatn Hermanni
de Üxsaria, in Medicinis Professoris, Maxsilii de Inghen in artibus
Magistrornm, nee non multoi^mn nobilinni et aliornm lifiigistrorttm
et ScoAmum. Itl^trik. Üb. L F. t2y JIk IJben dort beendet «kh auch
die Urkunde.
110) Inventar, d. iJniv.-Häuser. In einer Einladung des Mi-
cyllus zu seinen Vorlesungen heisst es (Sylvae p. 305):
»Adsis cras licet äd yetus saceUuiA,
Qnod qQondam genus Isaci colebctt,
Nunc legttm 4omu8 est idem sacrarum.«-
111) Wir erfahren dieses zum Theil ans späteren Actenstücken.
Am 10. November 1618 tbeilte Friedrich V. der tJniversität
mit, dass er vorhabe, >zu beäöerung, amfnehmangynd zierdt vii0eifer
Statt allhier in der vorstatt drauslen m nawe gai^s aBZusfeeUen
ynd erbawen zu lassen«, und ersuchte de^ialb die Universit&t, ihm
so viel von ihren Gärten abzutreten ^ als für das Anlegen dea
Weges nothwendig sei, zugleich sich erbietend, damit diese
in keinen Nachtheil k&me, so viel Land, als sie abgetreten, Ton
«einem »Hopfengarten in der -pflegk wiederumb jsu erstatten.«
Hierauf ernannte die Universität eine besondere Commission, welche,
bevor man dem Kurfürsten antworte, genau in den Acten der ver-
schiedenen Facnlt&ten nachsehen sotite, »quid in atitis de hortia
istis contineatur, qua ratione quove jure ad Academiam pervenerint«.
Nadidem nun die Commission die betreffenden Acten eingesehen,
sprach sie sich dahin aus: >8e invenisse, hortos illos a Ruperto
anno 1391. Academiae una cum aedibus Judaeorum incorporatos
fvisse , ita ut apud Academiam perpetuo manereiit«. Näeh dieser
Mittheilung beschloss die Universität: >Bniiceps. rogetur, ut hortos
illos ; quos longo jam tempore possederit Academia, si ullo modo
fieri possit, et relinquatur; sin vero omnino via illa sit-dncenda et
utilitas publica illud postulet, Academiam sperare, principem aequis
conditionibus cum ea transactnrnm.« Dieser BeselhlusB wurde in
einer ausführlichen Eingabe dem Kurfftreten vorgelegt und von der
FrwOii^iit^Wmmawtm. BeMnä, B$tiomii^ VmffgilUfng. %i^
imelhen warßo bis zur. Befofou^ioii 4^r VniyertiA&t
durch Otto Heinrich die Decaoe der 3 Qber$tea ¥$^
eidtäteo; nni^her alkicfff ^hielten m die jeweiligen Profes*
sores primavii derrgwapoieQ Fn^iiltftteQ. Den Gurte»
<tei DktfijsiMiung Mte «oerst der ProvifiKM: imd ^pftte«
der erst«^. Professor der Anstalt. r
Der iSktfürst schenkt den halben Frucht- und Wein-
zehnten in Schriesheim der Artisten - FacuUät und ä
Tornos an den Zöllen zu . Kaiser^iverth und Bacharach
der ümversüß^ kündige JSesßldmffW der Lfkrtr. Vep*
toaUunff det Güter und OefäUe der Universität.
Bei seiner grossen Liebe zu der Universität be-
^ ■ -- -
gnügte sich Ruprecht U. nicht mit der ErrichtuDg des
Artisten -CoUegiums, JEr schenkte der Artisten -Facultät
baJdjMiQ^her (1393) d^ halben, Jhm für 1200 fl. ver-
pfändeten Frtfchtw.uüd.Wieinzehnteii.Ton Schpieshäm.^^^))
mit dem Anfügen, dass, ^^eHh dieser Zehnlen abgelöst
werden sollte, . die, genannte Sdname der Facultät zuzu-
wenden sei M^)* In den .fiemussi de^ Zeiintens jtamen die
. ■ . .,-'.• '- . »'i.. ■_ , i'\
gftiizeii Bache, war weiter* nkht idi» Rods. AnniKlL T.. XXTII.
F. 220,a. b. .2a2,a bis 233v«L .
il2) U6ber,4lencZefaBteii m.Sobmei^lieimiitoden siekalia doi
äliereii Zeit inteseaaaiiie Urkm&deaJtt'den Heidielh. Biiidtfehv. Ni«
3da^79,a. F.S^a; 4Litcr< «ontraot. äufiir emi^täobe dedraie in SohlSeior
heim ld81> aad ebeilfl. F. 5^ b (RecogHäÜD domini Boperti super
dedoUiiiii 8ohriefirtieim!l964). . / i >.
. 113) £^ ürkoMie iät> tovL'2(fe'ikiBL.ia9a. Sie. flndet sioh. in
den AnnaU. UuitiX. IL F.. 37; a.,b und in iNc^. 398^09. F. 73» K
A^dmc^t^iBtfiie'ibei T(Klaer^Gdä.idipl..;p4 127 )d»l iu Lünig'tf
Bekbaarek Xh.. Vil£ & Ul. ---.iNatb eiaec Urkunde, vom. 4: Fe-
hmar..l^a (de^aUK'.d, ünm, F. !3S!^.>eiklSct» .sieh- die üttvereibM
gegen ^A#UvQd;€o»<reiii:za fit^wangeiiii^ibcMil, d«ki:«.^cluitan gegen
die beetimffte i8i%*l«*. wtedA «fotetr^teH/ Dietto^tges^iAk jedoobi
wie ebOiflMt lijBriioliM wiidyl^ieli 14i&l; : 1 < j.r
214 J. a^tftjÄ! J/vP«^iö*!l^^*;vt!«c^^
Leirfer (dir fitträig'- i?tt*« iüi^ ß^^i^m' airtiBtfS-tesÄttde' Ma^
gf^ef'« bestimiht)'ierst4tty^>ahre 109*^*^^ ^»^^'' '''5'
-^ ' Düi*ch ytie' (GrMkdring' -aes'ArÖÄieii^Ö^AlegiüBltä'^ü^^
#ttreh die Sihenkuiig d^ halb^ Fr^;^t^lind W^M^hnt^M
m Stihriesheito •l^mrto^^e^-'d^fiomii^eil^tV^dl^i^^ d«^
Artisten -Facultät und ihrti* Mitgüedef g^iöHerti -Mae
gleiche Sorge zeigte der Kurfürst aber auch für die drei
anderen Facultäten, indem «r 4hren Lehrern , welche, wie
die der j^rtisteurFacultät, ^e^en . den . B^aj^ßji ^d.erer
Universitäten, Ie1^enslängli9h angestellt waren^ zwei Tornos
äh den Zöllen zu ^aiserswerth'und Bacharach als Besol-
Öung zuwies "^), vöH welchen* er önft diö^ÜhiverSität jfeden
tiiit jelOOO'Gol^lgrilfliöti^^tegd^^ ''
.Där€h ^iese*SäienkUD^feit^\warsn di^ fiiianisdleB Ver-
hältnisse der letztem begründet^") und die Besoldun-
. r lU): AjpttalL Univ. T. I. F, 3ö.v .^ ^ _. ; :' ,- ,i , .. •
li 5) Die Original - Urkunde. . (Üniv.-Arcli. Nr! ^4) ist ' vom ^4.
Juni IfS^S.' Sl4 firidet feich In-AtitiaTl. ©nSv. T.' L'F. 'd^i'b'.'ÖB/i.b
und iii>Ood;'foi'B59y$8. iP. GSS^ ;a.i^4/k ib. Al%edrudkti!bei Tols
»er,.l.;jD. p, ^28. ^fUßl^ff (i^.^^ertheUtuig der. Zölle .i^nt^r die
Professoren s. Aunall, Univ. T. I. F. 99, a.
116) Das Enrägniss'Aileöer Zölle war viel bedeutender, als man
6»wa#ten^eiLlte,^ da >inala jeden 2olt atn Mikebrbeiu' zu' 18,000 tltlilft
jährlich anschlagen konnte. Hnpeden, über den Bheinhandel
in Schi öz er' 8 Staatsanzeiger, H. YII. S. 9. — Sehr interessante
uüd wichtige. Beitt&ge «ttr • (Geschichte des Pfäls. ZbUirosens vüb
1379 — 1539 gibt Mone in seiner Zischt, BJ L.a..l71 i£. Maä
Iehit<daraü8 die alieni^Zfi^'.döv BasndelSBtira'l^sen und dik Biehtnng
des Yerkehrdjkcnn^h'iinft^rftiivtj' iinil Welchen Wiaaren gehandelt
wurde 7 wie sich der ivil&iidiscb^ öewerbfleiss'iaii^Biem ausländische^
▼ei^lt; welkes dieiZoilsilÜitteit'^aren.* Die Tarife uad Einnfthmeii
lassen auf den Preis der Waaren undiänfidie^GiEiOssedes ümsatscB
schUegsen und zeigen' Mnerdeitb- di» Bedeut^uaf 'd^ Zolle fOr die
Einnahnke des I^nd^herrii ^ ' andeiierseitsi ihi Y^erhältniss ' cum ^ei^
kehfi- üeiber dkrZoU^nqaUnvitiy^rnas,^ «öcgi ^äQd;rß. DL 3« 11. dd^.
• /: liyr): Wiie - bedeutend 4ie ^Besoldühgea Idr ' eiüieldie Lehrei^
ipareBj/stbeniwiroaiis der i^steKtingturkoddW'dd^iMatthäias'sviO'ri
eracow' Tiooi''Jaiire Idd&'lPaü&HCo^lb^^llr. ^a'^S'Jim,«)»/ ldQ,%SU
Hfceh wekfaf6r>d«rselb0^15O.ft.'tjahiiÜ:h (faJ&iv«rlMl/<da8g'«p! ^Meiste
in der heil. Schrift«, des KurfMtlsil^sfl^bter P4tfd«t'(6.'l^l^öl)e^
gennidit, me «rfther, «4y l£e' «tei EnrfilbrBtli^
bestritten i^irturden (8. AI)', mbtaritodäF 'wen^ervtn der
WülMflr des' Fürsten^ and dem Ziistaosdie iseinev' FiinahfleH
aibhaa^^-'' ..•.•.! . '<i\ • ^- .../.,.
Die ^A#ighbeh der • Uülverfiitit und der. ^nueliiei
{lMidtäteB'ibesdirtl]ikte& sich*}edb<di damaib iauf: die Be«-
soidnag der iLefarer, -Erbauung: und Eiflikltung^ der: Uni-
yersit&tshäasei^ ^ h^- . und • auf Anstcbaüdngen - > i^on* > BttcheoA
für ihre ffibliothekicn. . Institute^ Sammlmigen ü. s. w;.^
nekdie HülfaHiittel ffiir-die Stadien bieten, entbehre* 'man
taAge Zdtiail solchen AnstUt^. .Sb erhielt die mefdicini-
sehe Faoultat daS' erste ^Skelet im Jahre 1569 «md' einen
botanischen« Garten im Jahre 1&98. ;• Dagegen ! aber hatt^
(Bs ÜDiversitaä-^ andirFacuItäls*« Gassen Ausgaben, wei^e
jetzt im'Allgemeinen ausser Brauch sind« Dazu gehorten
die so genannteh Piräsenzgelder und die grossen
ß a s tm ä^ H r. Die. * PriuBenngeldier . einhielten namentlich
die Mitglieder dies ididemischen Seiliates ftbr jede Sitzung^
der sie beiwoli»<ienj' Ali» der Universität Heidelberg wurde
I >
und ihm »truwe vjjd holt« sei und an der Universität *sin lebtagen
meynet zu bl6itien vnd zu lesen itf 'der Heil. Schrifft«. Diese Summe
war ang^wite'eii' auf >ü&v Tdrnds zu Baofancach und Kaysersverth
qnd die Ej^ehen 2|i.<AUdorf und Ludqu; war sie: nicht daraus zu
erheben j so sollte sie aus dem Neckarzolle in Mani^heim bestritten
werden. Seine Professur behielt Matthäus bis zum Jähre 1405^
wo et als Nachfolger 'E^olthkrd*fi''BiSichof in Worms wurde. Er
war ein .eiifrfger Kämpfer g^gehir^ l^sbräuche der Hirche und
fßr ihre Yeirbe^er/ung nament^f}l^ In seiner .Schxijft: »De squa-
loribus Curiae Römanae tractatua.« (Yierordt, B. I. S. 71.) Mat-
thäus war übrigens nicht, Wie Manche ,' verleitet durch die Be-
zeichnung de Cracovia, angeben, ein geborener Pole, sondern
er fahrte den Namen von Cracow als Sprössling eines edeln
BonÜnet'seheni ßescMIechtfes: Unmarin,! Johäni We»ei/S. <BSi7.
' 118) J«8e^iJafa« Wtinten diefOcbäude von iSaohvferstän^geB
besichtigt' und^ciketiBtt^relatkni itnfgdBbmmQnJ (AnnaU. ünlv. T. V.
F. 29u*24v) ' tA^dirfdle'ifiaQdWcanksi^üiercrbidteift-'tiBe -»BestallwQg«^
deren ' g^wntenhafte ( Befolgung: • sie idem . Rector 'Eidlich geiobeä
tt!^9bm. (Hfid.) 'PjiVH^ F. iOSjb: i&Q^M.): ifmnitheäsn reiüe Jsolehb
V, 2Ct-iipiiil 1660 in^id«niiI^k»iideBlKiöh<äedJZW«it^n Bandes mit ■«
dieser Braucii erstl im' Jahre iLSOä' auliseitl^bäi.' Bfe Oast^
mähler wnrd^ nicUb nuribei Uliivejrsitätefestvi ^ebalten;
sondern auch, zu Ehrea>'ä[us<wärtig0c berfÜimteE Gelehrten,
welche als Gäste nach Heidelberg kamen; veranstaltet
Die Koisten' trug, irenH der Bädtocflie Eüdadaäg ergehen
lieiiis , die > UniYjei«ijtät&KGaf se-; ^ gab dagegen eine • eiifzoliit
Eaoaltät einiiSbldhios Mohl^ so liatfe auch ibre.Caaae die
Eostesi zu bestreiken. W^ar nun te< eintziekien ümTersi^
tuten, dem Bector verboten ^ - «lehr i isria 100 Giste änsÜT
laden^iiso beze^sioh dieses nisr auf sidithci Universit&tsesiäeik
: Was di)8 Yefwaatungld^ /Gtttei- md GefdDe der
üniTersität angeht^' so vrnrde diese von den frühesten
Zeiteii ian immer' von .«ihr! selbst besoFjgt:^ BaoEu wunden
abet keine besoiideren Verwalter aufgestellt, soBderA die
Verwaltung von Gütern^ Frucht^ und Weingefällen u. &
einzelnen Professoren/ den Deeänm der ^.verschiedenen
fäeultiten oder i dem Beetor ^ibettragen. Diese hatten
i|[bet Einnahme^ lundr Attsgabä genaue Beebnung zu stellen,
welche vdn Uriiven^tätar Angehörigen^ uad-deü >KmS
fürstlichen verordneten Bäthen« geprüft, wurden^**). Da-
durch,, so wie durch die Wahrung der Universitäts-
Bechte, durch Ftjhriing. yon Prozes§ei|,. qjxrjch sich, stets
wiederholende Silannften m: di^. rwiUrde .nieht' i»ir. die
academische Thätigkeit zörsplittdt-tV sondern eitizjelne Pro-
fessoreu, welche mehi; ausgezeichnete Gelehrte, als Ge-
schäftßleute,. w^eii , z^wQilec^ ,i|i,f griopse Yeriegenb^it ge^
bracht, da sie jeden i^ekstandaniPruoht und-Wein ». s.w.
■ »
aus ihren Mitteln zu ersetzen' liiatten.' Wir erinnern in
dipser Beziehung nuiv au/ den berühmten. Xyl an der
119) Ahaall. ümi^. T. YIL fol. 62, b. Wandte Mag. Bi X
8. 175. -*- Bin »ordo compiifeilomin«'*findet' sioh>^af flet Eaekseite
d^s 7..BaiideB der ünrrenit&it «-Annale]^ .l¥f(^h dksenngif^cin dia
Bednümgen des Rectors irom'ThbiAaBtoge to 'Thomadtage^idie d^
Decane dar 4 Facnltät^n Tom 1. Januar bis letikteti Decemb^, die
des »OoUectoris Stip^iidiatoruiiiic ytm' 1. Mfttt tia. 1.' If&rz^.die 4ice
»CDUectorifi et Prbearatorisrfiick vmi J<lhafuiig|ag Sil J^Muiistag.
(t 1&76), detote Rflckstend/ sidh meiiiete Zcfitamm tmi
lOJjArm auf. diel in jener Zeit iiOdtst bddwtende SupaiD/9
VOTi 280 -fl. stoigerto ^*<0.
lAnsaerdem faatte aber «Heb in der Bfig^l j^der wh
fldne Lehrer, weletbem eine oder die andei:«f Hrttnde ete
BeaoUnng «igevriesea war, dieadbe «dbst w v^waltow
beneidipglnreise Fmebt, W^iin lu &; w^^ selbst ftn Ort und
Steile «insidieimfieBL Da dieses, so trie das.Hin*« and
Herreisen^ mit bedeutendJBn- Kosten verbunden war^ so
wurde dadurch das Eiirilgiuss der Pfründe «ehr .g^
schmälert Ausserdem mussten dia Lehrer während dieset
Zeit jftre Vorksmigfen an dier Universität musset^en, ve«
ameh vide. Massstände herbeifUhtte. ,
• .; •'• .. § 6- .
Die Umn^^tmt verhindert^ die Medarlammg . .der
^ FläffeÜäTrim aatf dem Häiigenberge.
Iift Jahre 1391 erschienen Züge Von Flagellanten
(Geiss^ern) ^;^ ^) auf dem jenseits des Neckars, Heidelberg
gegenüt)er, gelegenen H^iligenberge ]^^\ um sich auf den\T
r * " • • •
* *■« t ^ , . -^- . ,
120) WUndiJ, & 176v.[. .....
121) SchöttgeA, Hj^qt. Fl^g^Uantiam. ßqilau, Hist. des
flagellants. Mosheira, Kirchen gesell. Th. II. S. 746. 8Ö9.'
122) Der HeiHgenbefg (von MarcelliAus M<mrPiri, \A
ehrisflidier Zdt Abrabsunsterg) Abrunsibeiig» Afajeriii^Bhefs« Alhrin»:
berg genannt), hat seinen Namen von dem Abte des Benedictiner-
Elosters Hirsau bei Calw. Dieser wurde von seinen Convontuale«
seines Amtes entsetzt und ihm Yon dem Abte des Klosters Lorsch
(1068) das St MichaeliA[k>st«r >auf ' dem Alifr^hamsberg als Aufsatz
baltsort angewiesen. Dureh 'frommen Lebenswandel erwarb er sich
den Bnf der H^ligkeit, und nach seinem Tod« wnrde sein Grab als
eine heilte Stilite betfaehtef, ^ welcher Tiele Wallfabrten gcTmadkl
wurden, und so kam für dio fraberen Kamen des Berges die Be^
ifnchnnug »Heiliger Berg« itt Brauch , wie er noch heute heiBsi
Ausser dem genannten, um da« Jäbir 1000 gestifteten St. Micbaelff*
kloster und Kirche wurde ein zweites Kloster und eine Kirche^
etwa eio labrbunderl spater, 4491 H..StQihhan .nn^ Laurent ins
zu Ehren, gegrttndeti i Pie.^tiftuf^ ^ beiden Kirchen und Klöstepr
i6(^Iben 'idodei^zidäRiSeQ; - Sie-- Wirreih eiile duasfliche 'Säcte>
WeSehe- um' d»»^ Ja;h]^<f2ed i»istaiidwfistifM Ais. ihr.ffidfl«t
wird der Einsiedler Rainer in Perugia. igmafint^iBald
fimd <^'iti 'Ifiälito viete Anbitogiigr und «kann* ausE^ ^seita
diät i4*Ip6n> iü' 'Bayern, "BöhiiDieK», i'ßoidideQ nuliKandaBn
MnÖefffi.' 3$^ Raubten ibre Bu)S6tirni(iit<1we6l«t, !6dgi<lfardk
GFeiiBsieihi, tJben itf kdtifien^'Ufid UrbMim daherv^eiuNaiseii
(Mssteiri ' i Ibre* E'Mdung bestafad'iii ^Kbüa\ieA ^wismöTim
oder grauem Gewände , aul welbtaem vorb und Imitea leM
wi^sesi Krdn« ' genäht' war, uymWir^ sie 'auch 'Er6iiK^
brüifie-r hiessefl; Auf '<femt Hopfen trugen sie' wefcBse Hflte
UBd in 'der ysiken :Hand ein' bdIzemeB -"Kreuz,' ; in föär
rechten aber eine Peiti^bei^ weidie'iami'äaiBlfersieii Ende
3 Knoten oder Knöpfe mit eisernen Stacheln hatte. Mit
dieser Peitsche pflegten sie sich öffentlich, in und ausser
den' Kirchen, ^^^eisseh ^^^)/' Bei ihrM ^'Zögea. thi^
Priester kostbare Falhtfßn^.Y(ta ^de^ed^r^a^PWIlb, Crucifixe
und viqle Wachskerzen voran. Wer in ihren Bund auf-
^ehQjnmen werden .^wblite, musste gelobet, 34 Tage in
demselben zu bleiben und für jeden Ta^ 4 Pfennige als
Lehrgeld ihiiiziibririgen. Sie gäben vor; sie iiätten einen
Bhef vom Himmel empfangen, welchen ein Engel zu
Jerusalem auf den Altar Petri gelebt« habe: j'DiÄser^Brief
besage, Christus sei Über die grosse .Bösheit dir Welt
u^d;:bßs(^ders der Christen erzürnt gewe$,Q]^; da hätten
Maria und die-S^gel filrrdiä Mentfghe&i S'fiarbiite «eingelegt
•■•'••. r 4 ' • .';.'. 'i ■ > ■ . •.■* .
** .' ift i^iii» » f ' ..,■,•; r '
-■' "" ■'.''•'■ ''-.'.' f ,,..' . •-:: . ^ ,..•-*.
ging Tr)!n,dem:Bene(ilicti«Qr-Elo$te>:',]j9r8^li aos^ruad sie wa^en beidQ
rejichbegikbt. Von .de^flma8igQa(Be^^dictin£r•)Mö^chen(UQ9ßr^(^f]^
scheint idie erste Kultur. fiea.N^kajrtbales mid Lobdßiigaußs,.:f¥eim
««cjbr nicbt ausgegüngen^ doch ußh^ l^ördert wo):dea;i2su sein.. ÜebQj;
det Beiligertfrg, seine Kjfioh^Hf ^n4 Klöst^ vcirgl. .ftlüb.lifl||r
©eftkwordigkeüjen . vQi^ ^J^ld8f?h^l?Aa|eiln .S. .ßi S, )Kür.dtjif^in,
Monico» Wormat. p; d, ff...ÖQffmi9i^,ter,.GQ^ch* d. Jäe^jgenjiipargfi«
und seiner RpJin^n.,.:.. : . .,j. ,.. ,.,;.. . ^,.„ „ : ^.,, ; ;,::•. u
' ^ 12d> 'Die Abbildwig' eih^r^solcbbnt GeiflSelOfi^ :git)«iiiatte»
TOyaige liWri de deux BeiöidldtiiMii t.'U.p^ 10*/ »'.';-•»• ,
V ♦'
Tod MnpretiU^ IL und 0$$ MßrsiUt^ ^ : 249
Qidldavauf iiife Zlteiöheni«g Inhalte», «er .34 Tfige &idU
1.^ iiAki dfese^KagidkiiteQi.bgiHeidelb^g enscbieMü .und
sieb .«&£ denv HefligidiibQtgid «.uAUiKea woUten, besdiloss^.
die 'Uftimmtäly sich ihnen taü^.aUem^Smatt w widersQtaeo^
QtMlf hraebtö' » aiicfa.beiiklem KiirfAsstett dabin, 4ms. &s^
insm deiKÄvftathakiiitt gaaaenlioMeiigftaunterdagt^^^^)
mü 8^ YbrUeiüe» sie* füe 'Gegalid> lohnie ut die Stadt gje7<
]DMtuaMvi['2u 'Seil.' .'{-'. f >. - .• •
' . iWeg^ der ):vdi dieser Seete doohendea G^fabrei»
beihtlUteftiBiA die/FUlfeteü lisd dieiOeistUchkcfft, bei im^^
Papste die Ausrottung derselben zu bewiitol^, jmd sie 'wttr^
den auch, als man sie der K^erei anklagte, von ihm in
Bann gethan. D^sen ungeapht^t hörte das Schauspiel
öffentlicher Geisseifahrten erst in Folge der Beschlüsse
dfts.Goncüiüias vont Constanz auf ^^^).. .\
\ •'. > ■ • . '
Tod Hiuprechfs lt. und des Marsitius.
'i ' Rupreoht II. Fstarb am 6. Januar 1898*"), und
Hurde 'inrdemi Elostbr Bchönau' begraben. Die grosseti
Verdienste, welche er sieh um die Universität erwarben,
kabe« wi^ i» diesem Abschnitte angegeben**'). . "
Einige Jahre vor ihm (20. August 1396) war auch
der füt' das Gedeihen der Universität so thätig wirkende
124) Hist. Acad. F. 35: »Becreverat universitas circulatoribas
ktis 6ese oppcmere et peiicnlis ab hac secta imminentibos pro-
Urailispriiidpes et cmUtes de eliiniB|Lö4i8 iUis rogarei^tque monere.c
125) Wessenberg, Die KirchenTersammlungen des 14. und
16. Jahrh. S. 250 ff.
126) Annall. Umv/T. I. F. eö. ' i «
ji\ ta87 j» ^Dtawatoto j»€iBite1it >flnden Bichi dieselben auch in der 6o ge-
nannten »Rupertinischen Constitution« voitf 10. Juni 1895 (abge^
dioik« iii-Totn»r'8 Goid. dtpl;^. 189'ff. uAd in Lubft's Fürsten-
saal, S. 555 ff.) und in dem Gal. aead. ü.- d. d. 6. Januar 13981
ä'&«s1Se»,"&:^(r.-8.'*ßlfO:''i ••' "•- •■• • " • ''
Marsilins geMerben, nadictaüi er -dfo iteivm Ru-
precht I. i^eWordene Aufgabe, »des^ stodiatiia in lieidelb«^^
eitt anheber vnd »egirer« zu seim (8. i^ Kbte^), eben so
geiv^isgieiitiaft^ als erfoigv^dhi,^ «rflttlt lincUäDÜ AnhftBglichkeife
uttd Liebe- ^w< {J&sversitat aitöh äcm^lt das ^Vemätthlni89
seiner Bücher . ^bewiesen :batta< in feicUiicfaer Weise. -wurde
<^r im Chore vor deiii>< grossen Altärel^üiiidte .84. Petanh
kii^4^hie beigesetsg^j Ztnr LeidH!9feler ürariton dran idxmligea
Bector Noyt durch ein besonderes PrognwBm 'eingriadBiii
Worden, und die' noch vorhandene Bede (8. 1^ u^ 124)
Tdn dem Ptofessbr^ der ThisologieiBTOw^ita in der> Heiligt
geistkirehe gefcalten f ^®). ^ ..
: ' • ' — ■• 6 Ö. ^ i-^ : .. . . .-. • :.
I - .
• \ t • 4 •
, - . * . j • , • . • i.
Die ersten, ^ibliothelcen der Universität
■ ' ' ji * ... .' , . *
Als Kurfürst Btiprecht L die Universität begrtiBr*
dete und reichlich begabte, gedachte er auch der den
Lehrenden und Lernenden ^r Beförderung und Erleich-
terung ihrer Bestrebungen in den Wissenschaften noth-
wendigen Hülfsmittel. Buchhändler , Bücberverleiher ,
Bücherabschreiber, Pärgamentbel^ter und Yersievef von
Bücher^ wurden durch die Tbdlnahmi^ / > an den , Bedbte»
und Freiheiteil, welobe der Kurfürst den' Magistern und
Scholaren der hohen Schule bewilligte, eingeben, ÜX
Heidelberg sich niederzulassen *^^). ;
Dass auch sohotL .m , den^ ersten > Jahren nach der
Stiftung (1386 — 1396) nicht nur zu Einer, sondern _sogat
zu zwei öifentlicbeu Bil)liothel^en, der Universität nämlich
und der Artisten-FacuUät^^^), ^lerPrund gelegt wurden
lässt sich kaum bezweifeln ^^^). Schon die allgem^neii
' . - { ' ' . . ■.
r ' ' ' . ' ' r
128) Cal. acad. I. d. d. 20. August 1396, r. ! , ^ .
129) Yefgl. Urkttflde Nr.ai. mit eirhl«$enMk» iUuBs^aiiiQn m
dea betreffenden SteUen« . ? ' •, . ' , - ,
130) Auohtis Basel hatte die Artidten^Facalt&t.etiocfU^^ondi^ni
Bibliothek. Vis eher, S- 137. . i- .a>
lai) Wilken, Gesch. d. Heidelb. Baf^j^offsami^hitg^« S^. j^.ff^
Veibftitnifise dos Bütbünre^xm in damaHger Zeit maeltöB
es sdir wahrscheiiilich , dAss man auf eine #ffept)i€;he
fificbersanoDkuig fflr dierneiie üniversttftt 4aeh(a D^on
der iKdbe Pieis des Schreibmitterfate [ und der dadurcii
bewirkte,' niditmM^ Ikobe der Bfleber (8« 36) ge«-
fltattet^B es jedem Magister edeif Scholaren nieht, skh
loekr Bfldi^ mwooiehAito, als er m! das Notfawendigsto
za den LebtHtonden bedntfte ^^. Aber Akkt aHeiii der
bohe Preis der BOcber wa^Aite eine öffentU^e Baeheiv
Bsninbiiig nothwendig, sendeini aiisserd^n auch das Be^
dürfnifis giitek- nnd genauer Exemplsre, nacb welclieB Ab-
schriften zum Gebrauche der Lehrer und Lenienden
getnachk werden Icoonien, besonders Ton den Werken,
welche bei dem unterrichte gebraucht wurden«
Unter diesen Umständen lässt sich eine hohe Schule
ohne öffentliche Bibliothek kaum dienken. Es ist vielmehr
wahrscheinlich, dass, da den Lehrern nicht zugemuthet
werden konnte, aus ihren eigenen Mitteln die Werke sich
zu verschaffen, deren die neu entstehende Lehranstalt be-
durfte, gleich von Anfang an 6in Theil der Einkünfte,
womit Ruprecht L die Universität begabte, zur An-
schaflFung der erforderlichen Bücher verwendet worden
sei. Dagegen ist es wenig wahrscheinlich, dass der Kur-
fürst selbst sich noch insbesondere und unmittelbar aus
eigenen Mitteln die Stiftung einer Bibliothek für die Uni-
versität habe angelegen sein lassen***); wenigstens wfrd
er nirgends als der unmittelbare Stifter einer sdfäkai
122') VVie themf r d^ Pergament war , lässt sich daraus abneh-
men, dass der Artisten - Facultät noch 1544 der Preis eines aus
151 Bl&ttern in grossem Folio bestehenden Protokoll-Baches, wozu
sie d;^ . {^pi;gi^ment Ajcif. 4er Frankfurter Messe, hatte einkaufen
la^eii, init Ei^ischluss des Einbandes in gßpresstem Schweinsledei:,
zu 9 Ducaten.von. ihrem, dftmaligen ^ecaniß, Pbilipp Rhyner,
berechnet wurde. Acta Fac. Art. T. IV. t. 4,a. 10, a.
138) Wandt, De biblio^..Hei^e]i). p. 8 sqq.
Siiliiöihek^etiMit^^^), <«n<l^del^'ßiiri61iterätatter ;tini^epei*
Universität Würd^ itt''iider äiitgöth^eii» iiiei^wttrdig0&
!Käcl^richft -Ttoli d^ Eridffliuii^Htletf^neu^ii liehrMBtaMiuitt
4en ii»" ertheilt«^ Prlvft^eti iSridO ff.) «ifien io iK9ic&tig«b
Oegeds^nd ^ Aielit' ibefwähnt-' blasse« > Malten V' wenn eiM
Btehersatnmltmg schön i» Her erMra Aus8tafctüng4erUfi)t0tw
sität begriffiorn gew^i^entwärb; Bl^n «oiwe^ig <!hfiit^n Rs^-
l))r'eöiitIL ufld III. aus ih'riehMitt^n¥üir eine Biblidthek**i*>
i>aids ater^chM die ersten Lito«r d^ aoltbn' Supertätfür Idi^
Oründüng ' derseltyen ^bedMftii'^raresi, > darüber 'besH»^
^i^ 2fe!blich si<^h<§re»^ug&isse. : Dennsöhon lO^IIahre HaA
«er StÄtung der liFtiiierisitIt'(13Öi8)"mi'd>eine ^solcbeV''als
^er Arttst^n-FaüthiMt angeh6frend, erwthAt. Die Unfi^ersi^
kaufte nämlich üflter' >Noytls»riofoTat*^ auö detäüntei^
IftssensQliaft ihres .ersten Cajizlers, des Dompropstes zu
.Wpj-:pis^ Oieylnha^usen, .welche durph 4ß?5,?n letzten
;\V^left. (1^90) zwar/dej.^ p^i^rsjifät vermapht^,j.aher "^u^^
ll^ichtupj^ eines ' Collegiiipis. ;()estiiipmt w,.,die. säipim^
lijfhen, ; iu .168 Bänden ^^tejierfd^i^ Btlpher demselben ,i»^.
DfP^j^ tibergajb sie ^nacl?^^ ^i»em.,in der Versjammiung.^yon
^en Eacultätten , }am, 29,. S^tember : 1^96 gefassteu Be-
schluss d?ir ^rjtjs^tpn-FaqyittÄl; ^pr Aufbewahrung m Ihrer
Bibj^otl^ek und zur, Benutzung, u^tei;' dem Vorbehalte, dass
der Wai;z lunf^ich^duucjl. sicher: g^nug sei^«^. . ^ .
: , ; In jden^elljen Jßhre wu^de die; Bibliothßji der, Artisten-
yacultät sel^f . weseatlich vprpjehrt durch das , Yermächtr
134) Fried erich, Gesch. der nach Rom entführten Heidelb.
Biblioth. S. 12. 13. ------
135) Die beiden Ältesten Bibliotheken erfreuten sich nur Eines
Geschenkes von dem Kurfdrsten 'tttip.i;echt Ö./ nftnifich srweier
Sucher des Origenes und deä H. Hier'dnymiis. ' ;
' 1$6^" Ännall. tJniv. t t F. 6?a. ' " . ' '-• " ^' ' "'' '' .
* "1^7)' Unter ihnen waren 6^4 'the'ologischö'tvön Au W.StiÜ'i ÄW
:ßernhard, Bi3chof' Ans'.elm', Thomas yoti ' A^Uiilö', ßedi
Yenerabilis,Kicöla.us.Lyja)/'6i^^j^^^^
schaflüche, 6 über Logik" ^- •'- » • *
138) Annall. ■ü'niv.T.'!.-"F.'*2jkV''J
•; ;i f t
mss des Mar8ili4l^^ wielchdr. >die- lUniteGlit&fe zwr. Erbin
sefaier BUhorsammliiiig Ja «tioiQm tetetmyWiUfiA l^i
setsEte^^). In d«f eben ;enräb0tea> ZudammeiAilQft; ittbePi
Mess '£e 'Üni¥e96ii)at..i4er. geo^
dieser Sudomlnng alle. BOcher, vektaii m' ) dte ; Fächeub
dOT letztem. giäiWten *f^)». ../"» i. ,» . -
> ! M AttsiBeseralBo be^UodsfenenTraMMDlg deH Bücher Idee
llaFSiliiis erhellt., idasst'Schon 'd«nial8:a«8sbir d^ besoHr
d^a- Bibliothek der < Artisten -' Facaltät < auish nocjbi/ einb
BAcheti^aBimltiig ) 4er Univen^tät, ialsb - vorvi^Qdkh idev
drei'obereit/.FiEbridtatcaii^' .War^ ^weiidenü) aud^ ül
dem; l..£atadJBideä'Matn^^lbuit5h«3.s«it^
Bissen iiroili der Uiuterfi&tiil!» gesdi^ifcten iBftcUevnr.eutt bei^
nah^ .'({S^n«itn)laafttodl^ N¥&riiii(4mi8ei Von. i gikäuffien
Böcbem»-3tdife.i • ' . . .,.// i-c^ ;; ..: ■;::(! ...]'•.'.•■ :ii
iSk» • Imaum äko \ die! EJoiterBltäfc fHisididlbdrg i eahön. am
Ende des * t4.ii Jahrbnndertsi. Zffel tBädtetheken^ iTwelch^
duTQb iVtuschi^Adlte Sab^knnget veoArsnobi änicb, <^b^ekb
darüber : aus! ntt^sen / ersten : Z&üao^ kcitee: [Nochinehteb i f^^
hand^ii > sind \ >dux)cjii . lAnfifbl^affimgen . au» idM-' IJ^üveilsitata-»
HnkünftedMilermdhrt wurden; 'A^Mh iQidbr'^t>ä^6A Z^it
värdeHtuini den ^i;^yaraitäts>^ >und. t£aietd|ätä^- Antednnur
B^en/i Siidiei^ausehäfiungßn) jdr^w&bnti, nwasn: darin;. (Seinen
Grund haben mag, dass die Verhandlungen des_jaßademi-
schen Senates., so wohl,, als ^er ^acultäten, .pif ^t mit .glan-
iQä^siger YoUsitä^digk^t ^bg«fa£f8t .wwden*i . • .. ; . .
■ i". '">. '' ,'! ."):. ,i-) ;ii .[ " ••' • 'I,! ;,/ ; /.i '. I I .•
199).(Die iBiblkthele des Ifa et! 11 all ^bestand' im^^an^n aus
2iX 'Werken; ;Voniibnpa'wareiii76 ihMogfuushev 11 jnristische'j 7
mcdioiadflieiiey 6ii pMtapdi7«is]^e ^ ; 9& tkber ^ie Bthae, ^6 "Qber die
STatui^sgeimohaftj'inEitotptailosiiipiWe,' 29i inalihetnatnQh«, IS-logiscbe
Qbd ll.lgrBiMmatftete SchHften. ilFalerI]inete:w«iren:>Pe^n^af; Ovid's
Metamorphoses und Bemedia' Amcnris) Selieoa^i« Briefe, T'eg et lud
TCmii&iiq^s^eseB^i LiioAnvdifrB'H«fö'Vdfi Yiliel^sl' Das
^«kfleiclmibs.deri^Biftcher'istdn Mim<j irb: L! ' n t, /t ..c
j -i> li4&)\DeIiberatiiin'fdit^ quod l^brri iii>a»ilbits', q«ii i^«ram Ma^
gistoj iMarffrii^i ' sab lei^dJem conditiclnibu9 apüd '^osd^i^m (isirtiätas]!
deponerentur.. ^IWd.-; .Umu'/f .71 il ." .i > '•:'j .1 '^
Dm^die Artisten -Fftcoltät im Besitase^ ehier ^igeBim
Biblioithek gdw^^, eitiirt sieb ieben; soswoU laus der
(S. 187;<!t88; 162 ff.) gesehiUierlea bedraitenien Stelhmg,
Wcflcbe sie Unter äen'ifibf^m Faafltatea ^einnabkn, als aas
de&' Oeldttättehiv tAier' welciie sie zu. vecfttgfen fafitte/
Ausser den oben erwähnten ßcbeiikiiDgen iiturdfi
tttch vor dem Ablaufe de» 14. JafaFhunderts «Be/Otiiyer-
sitätsbibliothek vermehrt durch die hinterlässenen Bdchtt
des M. Gerhard EmeHssa, so wie denn auch. M.
eolinus, ein Mitstifter desDioBy8ianum8(S.i9?<i.'198)«Ad
Ke^ '' Gelynhatt s en' s, seine, meistesis Jüristfechen Bücher
der üniversitÄt s^henkte^^*^); Ferner fiel 1410 de» Unir
versitit darch Schenkung audi die i90 Bände zählende, vor*
nehmliefa theologische ttblidüiek des edioii (S. 214, Nute
117) erwähnten Bischofs von Worms, Matthäus von Cra-.
eovr^^^ und 1417 die 91 Bftnde starke Büehersammlung des
Johannas Muntisinger zu^ so wie durch Noyt's Ver*
mäcbtniss 1417 eine Sammku^von 17 jurisl^hen Bücham.
Ba2ni kamen noch ^ Schenkung^ von Heinrich von
öottda, Nicolaus Proirin, Walther Store *♦*)!
Audi die diorch die Vertreibung der Juden (1391)
veranlasste -Yergrösserung d^ Besitzungen und Einkünfte
der Universität war nicht ohne günstige Wirkung für die
141) Dazu gehörte ein Codex auf Pergament: »Senecae
ladas de morte Clatt^i«, welieh« S^rift znerfit in BentfichlaBd^aol*
gefunden und wahrscheinlich nach der Heidelberger Handschrift in
Basel herausgegeben wurde.
; . 140^) Mxtü domim ^MiCC!C€X: qüinta die Mareü intra quintam
et ßextatn htiram de tauüBie obüt venerabäis* patep dominus Mathens
episoopUB Worittacienais, sejpniltttB in t^desiä aua^ in theölogia mfr-
giftteif egreglns, qui universitati midloB utiks Ubras ioaaeione int«
vivon, ^QQA^t.' Gal.aead. II d. d. 6. Märfe 1410.' Yargl. aadt
Sliru^v^ Introdttct. in notit rei lit. c. 5; §. dSL- »
. 149Bi) ^i^ Bcbf mang^aft ab^assfien VeisKicilniBBe dieser Bbrnnt-
lichen angefahrten Büchar -Samndwgsn :fihden sioh auf dem letEten-
Bl&ttara des .lerst^ Bandes des Matrik^lhnohes. Die Zahl der
Bacher belurug.700 Bände. lieber dasAMsliidtrliehere Vefcia^. V^ilken,
S. 30 ff. Friederich, S. 16. 17. Wnndt, p. a;9. .
mten MbthOmlm der Ufiikef$im, . . 225
BibUofliek. Die ühiTecsitit erkqgte dadurch niohib nur
eise AnnUi liekräiadier BUciier» BOiidem auch eine latei-
mache 8diQlastisdie Bchcift, die Snmma Raymundi cum
j^parattt Wilhetnü, und eine Schrift über die damatige
Eirohenspaltong *^^). Die. hebrUadian Rächer wurden
alte i^erkatift> nur. einen Tdnmd behielt man zum kOnftigen
Qebraiiohe zorSck ^^^). I>nrDh den V^Rbsttf diea^r Bttcher,
irekhen naoh dein Baschluase des Senate MarsUiiia und,
M. NicolauB Burgmann besorgten, irurde eine. fSßm
drlttd)l]che Swntne Gddiea «eMst Im Jahre 1392 hatten
b^de noch AVI» fl. davon in Händen, w(Aäie sie danala
abliefetrtftn **^.
Koch ist ananfühien, daas in dm.&Itestcn Zeiten
die Bibliothd;eD keine ständigen Bibliothekare hatten.
Diese wurden jedes Jahr gewählt, was unmittdhar nach
der Wahl des Bectors geschah ^^^. Mit diesem Amte
war keine Besoldung verbunden; angesteUt waren nur
Bibliotheksdiener. Ständige Bibliothekare mit Besoldung
kommen erst gegen das Ende des 16. Jahrhunderts vor.
Im Jahre 1586 wurde Ludwig Grav (Graff) zum
Bibliothekar ernannt ^*®) ; darauf (1590) Pithopöus,
welchem Sylburg (1595) folgte^**). Die Aufsicht über
die Universitätsbibliothek hatten der Rector und die übrigen
Doctoren in den oberen Facultäten; die Bibliothek der
Artisten stand unter dem Decan und den Senatoren dieser
Facultät. Jedes Jahr fand eine Visitation statt ^^^).
144) Annan. Univ. T. I. F. 105, a.
145) Ibid. F. 45. Hebräisch wurde damals anf der Üniyersit&t
noch nicht gelehrt. Das Alte Testament erklärte man nach der
lateinischen Üebersetzung. Erst 130 Jahre später (1522) wurde
Johann Böschenstein von Esslingen als erster öfifentlicher
Lehrer dieser Sprache angestellt.
146) Ibid. T. I. F. 99, a. F. 486.
147) Ibid. T. VII. F. 1, a.
148) Ibid. T. XII, b. F. 1.
149) Ibid. T. XVI. F. 225, b.
150) Wilken, S. 169.
Hftuts, Geseh. d. Univ. Heidelb. I. 15
226 X Bw^. L Periode. 2. JbadmüL (i890^i398.)
Wo die ersten Bücher der Fnirörsität vor
dem Jahre 1390 aufgestellt wares, irt mcht b^
kamt; vielleicht in irgend eindm Kloster. Erst in dem
genannten Jahre Tersdbafflte das VenntLditaiss Geyls*-
h a u s e n' s einen angemessenen Platss. Später (1448) wurde
die Bibliothek der Artisten-Facult&t in dem Erdgesdioflse
und die der Universität in dem obem Stockwerk des
Gollegimns »in der Bnrsch« und zwar in dem ösffidieD
Flligel, aufgestellt "*).
Zu diesen zwei Büchersammlungen kam' sehr bald
durdi die Errichtang des königlidieii Stütes an der E
Geistkirche noch eine dritte hinzu, welche ebenfidls zur
Universität gehörte. Von dieser, so wie Ton den andern
Bibliotheken Hcddelbergs, vrird untm augfitta*fieh beridh
tet werden.
151) Wilken, €L,22. Sl3.
«c
Dritter Abschnitt
Die Uniyemtät unter d»r B^^iermig des
Kurfänten und naobmaligen römiiolien
KdnigB Bnpreoht IIL
1398—1410.
§1.
Freundliche Gesinnung RuprecMs gegen die Univer-
diät. Papst Bmifaeius IX. verleiht derselben 12
geistliche Pfründen und der Kurfürst das Patro-
natsrecht über die St. Peterskirche in Heidelberg und
Über die Kirchen in Altdorf und Läuda. Anstellung
der Professoren. Deccme der Fcunütäten.
Auf Buprecht II. folgte 1398 in der Regierung
sein einziger, damals 46 Jahre alter Sohn, Ruprecht IIL,
welcher nach' WenzeTs Absetzung auch 1400 zum Römi-
schen Könige gewählt wurde ^) , und den Beinamen
Clem^ von seiner Tapferkeit und Justinianus von der
1) Ueber WenzeTs Absetzuiig und Rnpreeht's in. Wahl
zum RömischeB Ednige s. die Tollst&ndigen Acten und Urkunden
bei Martene et Durand coUect. ampliss. T. IV. F. 1—140.
2) Quod fortiter rem gesserit et hostes represserit, hinc Giern
dictus, non Clemens, sed rigorosus, der die Feind in die Klemme
gebradit. Mieg, De Acad. Heidelb. p. 21.22. Tolmidas, Eist.
PaL mtiso. (tou Ries mann u. A. oft angefahrt, aber jetzt nicht
15»
228 X Buch. I. Periode. 3. AbechniU. (ISBS'-UIO.)
Gerechtigkeit gegen seine Unterthanen hatte. Er war
sanfter und milder gegen seine Unterthanen, als sein
Vater, aber von einer in seiner Jugend erhaltenen
wissenschaftlichen Bildung findet sich keine Spur.
Ausser kriegerischer Tapferkeit und strenger Gerech-
tigkeitspflege wusste auch jenes Zeitalter von keinen
Tugenden, welche für den Stand des künftigen Regenten
als geziemend angeseb^ wurden. Indessen war Ru-
precht gegen die Universität, als deren Mitbegründer er
si(^, wie auch sein YStei*, ansah, freüii<fl{(£ und wehl-
woHend gesinnt, ateeh spricht siioh in allen stänea Hand-
lungen eine grosse Vilß:mcge für ^hr Ged^^ben aus. Diese
zeigte er eben so wohl al^ Kurfürst, wie als König *).
Als er die Regierung antrat, waren 13 Lehrer an
der Universität besoldet Von diesen gehörten 6 der
Artisten-Facultät und 7 den übrigen Facultäten an. Damit
nun eine grössere Zahl von Besoldungen gegründet und
die bereits vorhandenen aufgebessert werden konnten,
bewirkte er (1399) von dem Papste BonifaeLus IK.^
M I » ■ t % •
mehr vorhattdeo) p^ 84>: Bictua "vulgd Clem et a iveregriois, ^vi
etymologiaio bujus vocis i^on intallegebant (Klem, Elemmen, pres*
sare) Clemens: Riesmann. p. 56. Auch ist folgende Anecdote
aufbewah^. , Bupx«cht hatte von seinem Yater. einea Gulden
erhalten. Als dieser ihn wieder haben wollte,^ hielt er ihn so fest,
dftss er dayton.d'^n Beinamen dem erhilteüihabentBC^k tFebrigens
hiess auch der, Laigidgi^af Friedrich .fon. Meisa^en {f ..I3il6)
(rigoroaus): Klemm^. Höfler, Ruprecht von der- P^alz, genannt
Gern, S. 189. ' Nach'Häusser (I, S. 255) hat der freundliche, ver-
söhnliche Geist, welcher selbst dmsch die > Energie süM ÖlLarakters
nicht verdräDgt wardß;, ihfi^ d§n O^fna^en QlemeiHtyw ab|gek|kr£t
Clem, des »Milden«, verschafft. Auch Kaiser Wenzel sagt in
einem Schreiben an die Stadt Regensburg: »Ynd Hertzog Ru-
preeht., den man nennt Clemens^« L^hmä;nfty[Ghi?oQ.Spit. p.f73ö.
JoaVis» Aidendf^» a4 Parei hiat fiav^^PaU p« :6i5.. 6;k6. ..- ^
3) Auch. geg0a .die .^ta^> Heidi^Ul^erg. ifa,T RuprecJb-t fiehr
w^ht gesit^nt. Sie erhielt voti ihm 'mit £inwtUigang 4er- Eeichs-
furaten für die Unterhaltung der höbemen <N^ckairbsfteke^ wekhe
olt fturch Eiagf^nge beschädigt wurde,; X-^&.ein Brückengeldi Toa.
Pwsoiien, Vieh und Fuhrwerk. PflÜz. GopiÄlb. Nc. 4. F. .31». , .
Bupreeht HL u^ Bm^aekts IX, AmUllufig i. PrcfsMoren. 239
dac» 12 ansebDÜche Pfrönden : 1 Canonicat bei der Catbe*
dealkircbe ro Worms, 1 Oabonicat bei der zu Speyer,
2 Oanonicttte bei dem GemianBstift.ebeiidort^), 2 bei dem
Andrea^tifte und 1 bei dem Bauhatift in Worms, 2 bei
dem CymcHastift ia Nenhaosen, 2 bei dem Peterestift
in Wimpfen im Tbal und 1 bei dem Juliansstift In Mo&k
badh, derllnivenntät einreiieibt wirden*). Femer verlieh
ar <1400), mit Genehmigung des Papstes, das Patronats«^
reefat ^) über die. 8t;. Petersldncbe in Heidelberg und üb^
die KirdiQEt 'xa 8t Laurenlien in Altdbrf) und 2u St
K-^'
4) Die Lectoren dieses Stiltes waittii zugleich die Lehftr und
Ao&eher der in H^idelb^ etudlrenden StiftsgelsUiehen. Da« Stift
hatte, (Statutenb. F. 27) einen besondere? Vertrag darüber mit der
Universität aufgerichtet.
5) Die Originalurkunde der Bnlhe ist im Üniv.-Areh. Nr. 34 un'd
Absetuiftea in lAnnall. IJnw: X; I F. 27, b. Acta Fac. Art T. I.
F. 212, b. Cöpialb. d. Univ. F. 54. ;- gegeben wurde die Bulle
am 1. December 1399, also, ehe noch Ruprecht zum römischei^
iSönlge gewählt war. In derselben ist ausdrücklich gesagt, dasS
die Professoren nidit gehalten sein^oHten, suresidiren; auch k&tten
sie keine Beitr^e zur Unterhaltung der Kirche^ der Bücher, Oma«-
mente u. s. w. zu leisten. Die Einkünfte sollten ihnen jährlich
»integre« und »absque diminutionec gereicht werden, »exceptis
diBtributioiiibus quotidiatmB«. Dagegen sollte, wer ohne »genugsam^
Uisaeh ein gatzes Jab^r keine lectiopies halte«, seine Prl^bende ver*
Heren. — In mehreren Bullen erhalten der Bischof von Worms,
die Dechanten daselbst, in Neustadt, Mainz und der Abt von Schönau
jdieYerpiicl^tQng, d|e tPrivilegia apostoliea Üniversititis« zu schätzen.
Ueber diePfirOnden ^e.fgl. die wichtige Schrift von v. Hertling:
»Jus Uniyersitatis Heidelbergensis«, wo auch S. 14 die Bulle abget
dradct ist» Ni^ch einer BnUe des Papstes Jnlitis III. konnten
auch Laien i« deü Q^nvss dieser Präbeüden kommen. ' Auäserdeni
$ndiet 8}cl| IB dem Uniy.-Arch. Nr. 23 das dem BifiCh<^fe von Worms,
$Ick)iax.d, von dem Papste dheorlirageni&^Exeeutorisde und Nr. ßüt *
das »YidJmuB Pmilegiovnm Poatiids Bonifadi IX.^ des Bisehofs
Rhabanus yon Speyer.
6) • Sc)ion im 19. , noch mehr aber in den nächst folgenden
Jahrhunderten hatte die Universität Piuris das Jus patronaAus übet
viele Kirchen und Capellen. B^länsi, T. in. p. '442. 449. 490. sqq.
7) Dwreb' heson^ere' BMimmmngeft Buptreehfs hatte die
Uniirersilfit von der KIrebe in Altdoif jäbtlieh 100 rhein. Guld«n.
Am tfe«il. P..S62. . ' .r
230 i' Buch. L Periode, 3. Jlm^mm. (lS98^UtO,)
Jacob in Lauda an der Tauber^), in- den Bisthümem
Eichstädt und Würzburg^ det Universität, and setzte sie
zugleich in den Besitz der mit diesen Eirdien verbun-
denen Einkaufte, jedoch mit der Vef'blndlicbkeit, »dass
tin zeitlicher Pfarrherr auf Kosten der üniven^tät darauf
gehalten werde« *).
Um die Ausfertigung der diese 12 Präbenden
betreffenden Bulle zu betreiben, wurde Conrad von Stt-^
sato^^) nach Rom geschickt Er erreiöhte auch den
Zweck seiner '^Beise. Wie wenig Greldmittel aber damals
die Universität hatte, beweist der Umstand, dass sie, um
den Kostenaufwand von 100 Ducaten, welcher durch das
Ausfertigen der Bulle veranlasst wurde, zu decken, diese
Summe bei einem nicht näher bekannten Dechanten, Hör-
bar^ aufnehmen musste^^).
im Vertrauen auf die Freigebigkeit des Papstes Boni*
facius IX. fasste die Universität 1404 einen ausführ-
lichen ßotulus ab , in welchem von ihr und dem Kur-
fürsten für ! die »regentes s. legentes doctores^ magistri,
licenciati et baccalaurei« der 4 Factdtäten 'Bitten um
Beneficien ausgesprochen werden , jedoch in . der Weise,
dass die »Doctores und Magistri regentes« vor dw ührigm
berücksichtigt würden ^*). Durch den am 1. Oktober 1404
8) Lauda (Luden) war eine der ältesten -Pfaiteien des Oden-
waldes. IMe CoUatur hatte Ruprecht III. von dem Grafen ton
Hohenlohe gekauft.
9) Der Schenknngshrief R apre cht' ä findet sich In Annatt.
üniv, T. L F. 32, a und im Coplalb. -d. üniv. P. 38 und Ae Be-
Bt&tigungs- und Executionsbulleu des Papstes in Annail. üniy. T. L
F. 29, b, im Copialb. F. 51, a und in Hist. Acad. P. 44. — ^ Üebet
diese Schenkungen vergl. weiter Annan, ünir. T. t -P. 76. An^
Fac. Art. F. 217. Hist. Acad. F. 6. 40.
10) Conrad von Soest (Sosatum) in Westphaleii,' weshalb
er gewöhnlich de Susato heis»t. ''
11) AnnaU; üniv. T. r. F. 73, b.
12) Aufbewahrt i^ das Original dieses auf Pergament ge-
schriebenen, 12 EIl«n langen und eine balbb BHe mmd Biti halM
Viertel breiten Rotulus in dem Univ.-Arch. Nr.^'96. t DtefTel«^
Hieromfßmmv.PiMg, Widif€, 8ehfiftMkThäti§k.d.Frqf. 231
erfolgten Tod deft Papetes wurde jedoch die Absendong
des BotidaB unmöglick gemacht.
Was die Anstellung der Professoren betrifft,
so wählte von dem An&nge des 15. Jahrhunderts an jede
Faeokät ihre Lehrer und schlug diese dem Senate vor,
welcher daraof die Bestätigung des EurfOrsten veranlasste*
Becane der Facultäten waren die jeweiligen Senioren
derselben, wenigirtens war dieses in der Juristen-Faeul-
tät 80^>).
§2.
Hieronynms von Prag (^1406). Wielife s Zehren verboten
(1413 J. Schriftstellerische. Thätigkeit der Professoren.
Die Universität war eine eben so treue Anhängerin
des Papstes und der Eirchenlehren, als des Nominalismus*
Dieser war, wie schon berichtet, von Marsilius bei der
Universität eingeführt worden, und blieb herrschend bis zii
ihrer Beform durch den Kurfürsten Friedrich I. Als
nun Hieronymus von Prag*^, der bekannte Freund
des Böhmen Johann Hus **), nach Heidelberg gekommen
and (7. April 1406) in die Artisten*Faeultät aufgenommen
worden war (wodurch er das Recht erhielt, öffentliche
schiift kniet: . »Botula Academiae ad Pontificem Bomfacium missa
nomi&e Büperti Begis Bomanorom pro. graciis exspectativis. Anno
1404« Kamenl^cli anfgefahrt sind,: , S7 Boctoren , Magister nnd
Lie^itM^en imd 862 Baoealanreen* Das ganse Yerzeicimiss umfasst
^99 Namen«
18) Wandt, De ord. jwr. P. 11. p, 2.
14) Te^mek, S. 103 ff. Fälschlich wird bisweilen Hierony^
Utas Ton Prag auch Fa^ulfisch genannt. Hieronymufl
Faulf]s«h Ton P.rag war ein mit mnsenn Hieronymas be^
freondeter Bitter. Die Yerwechselung rährt von . einer missver-
BtandeneniStelledes Aeneas Sylrius her. Schlosser, Weltgesch;
B. iX. 8. 140.
15) £1«»^ Genitiv Hmsses^* ist nach der Böhmischen Aussprache
dkl i'iiditiife« > Schreibart. Die Yerdo^peluog: des s ist, wie bei 09^
OBSis, Plapiae, Päpussev TJieoL Literat -£1. ziir ällgetn. (Darmst^
Eirchenz. 1S53, Nr. 52i Eis el e i n, Gesch. d. Stadt Coästanz, S. 42.
Vorträge und Dispütaitionen zu liakeii), so lehvtie er, gegen
den Nominalismus (und gegen Burida aus nnd Marsir
lius) auftretend, den verrufenen Bealiamus. Dieses unter-
sagte ihm die Universität, und, da es obae Erfolg blieh,
schloss sie ihn aus ihrer Gemeinschaft aus ^% Um aber
für die Zukunft ähnUohe Yorkommmsse zu verhttteni) setzte
sie durch ein besonderes Statut fest, dass jeder* fremde
Magister oder Baccalaureus , ^feloher in die Facult&t auf-
genommen werden wollte, sich eidlich verbindlich macheiL
musste, alle Sätze, welche ejc öffentlich vertheidigen wollte,
vorher dem Decan der Facultät dem Wortlaute nach vor-
zuzeigen *^).
• 16) Au« den Acten theilen "wir FdlgendeB mit :
:»Mftg;tföroniina8 dePraga po^tquam [YII. diemeoskApraüH 14QQ
receptuß fuit ad facultatem artium, yolens facere a-cttim publicuv,
quod importune, arroganter et invective contra magistros sei. Buri-
danum, Marsilium etc. mülta mirabili in positione sua dixit publice
in scolis representata, eos non verae logicae auetores, sed yerae
dialecticae haereticos, xequiaitua fuit pec jaramentum, qnatenus
jpraesentaret suam positionem facultati antequam exiret scolas,, quod
facere minime curavit.
Item duobua diebiis gequentibus respcmdit, quum magistris qni-
busdam pi^icta peasime 'soaantia publice conceasit, «Fgo faeoltag
nolens eum amplius audire, respondere deputavit unum Magistrum,
qui detenninavit oppositum positionis suae, cui dictus M. Jeronimus
itfgttit 8U0 mo^o, et quod tamrespondendo, quam etiam ai^cgmaeOf
tando praesumtuoae et contameliose se babuit eoiitra Dtictores et
Magistroa tIvos et defunctos, rper facuUatem artimn. sosp^nams fuit
ab omni actu scolastico, qua suspeuBiOB« non öbstante intiinavä
publice ad valvas se velle replicare contra determinationem opposi«
tarn propositionis suae. Quibua intimationibuB depoaitas intimatum
fuit sibi Buo sigillo decanatua per juramentum et. sub poaia excln-
«ionia perpetuae a dicta facultate, quatenus ceasaret ob' omni sco»
laistico (actu) sc. legende, regendo, diaputando, determinandü, exen-
<2endo , reapondendo aeu etiam replicando j quibus ommbiB noft
obatantibua sequenti die diotua M. Jeronimnfi itesnm intoavit^ ut
priua ae velle replicare etc. juxta quod intimatum ivit ad cimetexluxi
S. Petri, ubi invenit rusticoa et vetulaa tantiun« quia . atodentibus
omnibua per juramentum a^o a^tui iateresse. f<ul>'intöf dictum.«
Aeta Fac. Art. T. I. F. 28, a. AnnalL Univ. T. X' F. -di, b*
17) Urkunde Nt. YJL Acta Fac. Art. T. L F..8,a.
Hieimiißßu$9.JPfi»g, Wieliff. aehriftgkü.Thäti^Kd.Frof. 238
In den Steeits&teeii , welche Hieronymus zuerst
«n die Hörsäle der UntVen^tät und dann an die Tbüren
der Petefskirche ansohlug, griff er einige herrschende
Dogmen, namentlich die Transsubstantiationslehre an, ao wIq
er denn auch Johann Wicliffe (John Wycliffe), dessen
Lehren schon von den Päpsten Gregor IX. (1377) und
ürban VI. (1382) fttr ketzerisch gehalten worden ^^,
nkht als »Ketzer«, sondern als »heiligen Mann« anerkannt
wissen wollte. Näher kennen wir den Inhalt seiner Lehre
*
nicht, sondern wissen nur soviel, dass der 10. Anklage-
ptmkt, welchen man ihkn später auf dem Goncilium zu
Gonstanz verhielt, dahin lautete, »er habe die realistische
Lehre gelehrt und hartnäckig vertheidigt« *•).
In Beziehung auf Wicliffe fasste die Ideologische
Facultät erst am 8. November 1412 einen Besehlüss, durch
weldien jedem Magister uöd Baccalaureus verboten wlirdö,
dessen Lehre vorzutragen. Zugleich wurden die üni-
versitäts- Angehörigen verpflichtet, ohne Verzug es dem
Decane der theologischen Facultät anzuzeigen, wenn sie
wahrnehmen sollten, dass dieses Verbot V(m irgend einem
Andern nicht beachtet würde *^.
Die schriftstellerische Thätigkeit der Lehrer, welche
von der Begründung der Universität bis jetzt an dersel-
ben gewirkt hatten^ war nicht von Bedeutung. Nur fel-
is) Krabbe, Gescb. d. tJuiV.' Rostock '8. 23 ff! — Wiklfef
ttatb 1387. Seinen Leichnam liesB Papst Martin Y. wieder am«»
graben und verbrennen.
19) Vierordt, B. I. S. 50. 51.
lieber das theologische Element dieser Sätze siehe ü!lmann-|
«Foh. W^ftel, Si366. W^essenberg, 8. 135. 166. 170* 175i S^rny,
Ffäls. Kird&enhiak. S; äL Wundft, Magaz, B. 111.8.320. Eenter,
De GoUeg. Sap. p. 8. Hottinger, p. 73.
20) Ann4^.'Fa€. thecl B.I.F.5. I>e<reium Faa theol. Heidelb.
wntffft V^ieldftffium. 1.412 (Dnucksehrift). Ausführlich wird üJMr
Wicliffe smoh schon am 26. Ilfai 1408 in den Act. Fac. Art. T. ij.
F- 220,, a bis 224, b gehandelt,, wa ea unter Anderem heisst: Non-
nttlU tue salnt» inunenores seqnimlar. doctrinam pe9tiferam cujus*
d*m Johannfs Wielef.«
234 X Bttcft. I. Periode. 3. AbßdmiH. (ld^-^14M.)
gende sind als Schriftsteller bemerkenswerth : Marsilius,
(S. 124, Note 63), Soltow, Geylnhausen, Matthäus
von Cracow, Susato, Heinrich von Hessen, Jo-
hann von Frankfurt**). «
§ 3,
Rufpreekt HL verUiM aoad^niseken Lehrern hohe
Würden und levorzugt überhaupt Lehrer und Schüler
der Universität:
Buprecbt war eifrig bemiOht, die Universität mögr
liehst zu heben und ihr auch äusseren Glanz zu verschaf-
fen. Dieses suchte er unter Anderem dadurch zu erreichen,
dass er die academischen Lehrer gut besoldete und ihnen
hohe Würden verlieh. So ernannte er Soltow und Mat-
thäus von Cracow zu s^en Geheimen Bäthen. Jener
hatte schon 1395 das Bisthum Verden erhalten ; dieser, zu-
gleich Buprecht's Beichtvater und Staatskanzler, als »Paff«
berufen (S. 123, Note 62), erhielt (durch Bup recht's Ver-
mittelung 1405) das Bistbum Worms. Femer waren Pro win
und Susato Bäthe des Königs. Auch genossen Johann
von Frankfurt, Hailmann, Nicolaus Burgmann,
Job Yen er, welch' letzteren< er zu seinem Protonotar
emaimte, sein besonderes Vertrauen. Solche von Bu*
p r e c h t hoch geachtete und ihm ergebene Männer gebrauchte
er audi als Gesandte ^^, um wichtige Staatsgeschäfte, Ver-
mählungen oder andere Verhandlungen einzuleiten nnd in
seinem Namen abzuschliessen **).
. I * wm
21) Bie einzelnen Schriften derselben 8. in Wa'ndt'ft Hagaz.
B. ni. 8. S76 S. nnd in Sc&wab's SyUabus unter den Nunei
dieser Männer.
22j So ^^de Matth&tis von C'raeow geschi<^: 'anBoni-
faioiufi IX. (1403), an Gregor XIT. (1406), anf daviCondliiim lO
Pisa (1409): Ullma nn , Joh. Wesel^ 8. 387 ff. Scl^irab, P. I. p. 22. 23.
23) Andreae Ratisb. ekton. s. A. 1400. 8ohwab/P. L p. 1&
22. 23. 81. Leger, 8. 135. Cbmel, Reg«8ta Ri]^ni Be^b Bo*
manomm Nr. 2095. 694. 1214. In dem zuletzt «ngeftfeurten Weil»
j
Umw<mai,d.S.GmsthM^. QeWmis$d. Söhne Bi^,ul^,w. 285
Neben den Lehrern der Unhrersitftt bevorzugte dar
KöHig aber aadi ihre Schüler. Vielen von ihnen ver-
Bchaffie «r, wie vrir ebenfalls ans ChmeTs Regesten
wissoi, dnreh die ihm als Römischem König zustehenden
»preees primariae« ^ entweder in Stiftern nnd Klöstern
eine Pfrflnde oder sonst an einer Kirche eine Anstellung.
Es' smd dieses grösstentheüs »Meister der freien Künste«
(mandmial mit dem Zusätze: »in studio Heiddbergensi«),
Bidit selten aber audi Baccalaureen der Theologie, der
freien Künste «oder des canonischen Redites. Manche
dersdben machte er auch zu königlichen Notaren, und
nannte sie seme »Haus- und Tischgenossen«.
, § *.
Ruprecht' 8 HL Vorhaben^ die H. Geistkirche in eine
Stiftskirche umzuwandeln und mit der Universität zu
vereinigen. Gelöbniss der Söhne Eujprechfs, die Frivi-
kffien der Universität stets mi schützen. Vergiftung9-
versuch mf das Zehn Bupreehfs.
Nichts war jedoch für das Gedeihen der Universität
von so grosser Bedeutung und Wichtigkeit, als dass Ru-
precht den Entschluss gefasst hatte, die Kirche zum
H. Geist in Heidelberg in eine Collegiat- oder Stiftskirche
umzuwandeln und mit der Universität zu vereinigen *^).
Papst Bonifacius IX. willigte in dieses - Vorhaben ein,
hob 4ie bisherige Verbindung der H. Geistkirche mit der
zu St Peter, von wacher sie bisher eine Filial-Kirche
.1
werden noch andere, Ton ans der Kürze halber nicht erwähnte
tJfilyersitfl^lelu»er genahnt.
• • 24> Pi^cea priihariae, ita dicitur 'jtts', 4üöd hahet Romanorum
ittpeiMxjr Cononatns ei^ antiqna consnetndine in ömnlbus Cathel-^
dkiaUttns' Ecel^siiB atque «tiate Mon'asteriiiil iminÄ' Canonici ^ra'ai^
bitrio nominandi, quem CoUegium recipere debet. Zinckernagel,
Handb. f. Archivare, S. 491.
25) Histor. Acad. F. 45. Acta P^at *$, li p. 860.'
236 I- Buch. L Periode. ^. MseÜMm. (XBOß-r-UtO.)
gewesen, auf ^% ttüd erlaubte, idass von .den 16 Prflbenden,
womit Bupreeht L das von ihm errichtete Stift ^u.Neih
Stadt a. d. H. b^afot, vier dem net&em Stifte nu Heidel-
berg zagetheilt wurden ^^). Doch erlebte der Kuilfürst die
Ausführung d^r Sache nicht- mehr. yfcM aber vollendete
3ein Sohn^ Ludwig IIL; was'der Vater begannen hatte;
Weiter war Ruprecht ab^r auch auf die daaemd^
Befestigung der Universität bedad^t, und machte ihre'
weitere Eütwickelung und Hebung zur Pflicht und EbroBr*
Sache seines Hauses« Hieiiieir gehört besonders das feier*
liohe Gelöbniss, welches seine beiden Söhnen Ludwig
und Hans, schriftlich geben mussten, »die hohe Schule
in allen ihren Rechten zu erhalten und sie mit Freiheit,
Ehren und Gaben jederzeit' zu unterstützen« *^. Dieses
geschah unmittelbar vorher, ehe Ruprecht Heid^-
berg (August 1401) verliess, um seinen Römerzug anzu-
treten ^^.
Während der König zu diesem Zuge die nöthigen
Vorbereitungen traf, machte sein Leibarzt, Hermann
Poll aus Wien, bestochen Von Galeäzzo aus Mantua,
den Versuch, ihn zu vergiften. Das Vorhaben wurde aber
durch einen Freund PolJ's, Johann von Oberburg,
der aus Italien zurückkehrte, verrathen *®).
Sobald die Universität Kenntniss von der Sache er-
26) Acta Palät. T. I.p. 382.
27) Die Origiikakrrkaiide v. IrinW 1400 ist Iw UaIt. - AncMf
unter Nr. 38. Abschriften davon sin4 i^AonaU. IJniv. T. I. F; ^, h;
31, a. b, in Act. Fac. Art. T. I. F. 77, b. 78, a. b und im Copialb.
der Universität F. 77, b. Abgedruckt ist sie in Act. Pa1at.'T. L
p. 3Ö1 sqq, j
28) Die Original- Urkunde ist in dem Uaiv.-Arcii. Nr» 3 iui4
fb^schriftlich in Annall Unfv» T. 11. F. .48| a« b, und im- Copialb.
d,.Univ. F. 128, a; b« Eini^n. genauen * Ab4r«ck ».. hei^BAftiiiiff
bansen, £rgötzU€^iten de;r PföJ«, u. Schweis. . OtoMh; R HL
8. 63 ff. .
29) Häusser, S. 228. . -
30) Acta ^1. P. H. p* 19^. :
WäiTMmg vor dm B^ghi^ten mtd Beghairimk, 237
halten hatte, erliesssie (3. Mai 1401) ein Programm,
wodiffch Poll &09 d^RH Verbände mit ihr nasgestossen
mirde **). .
§5.
Die Omvemtät wird pon dem Bi$eko/ Himbtrt t»
Basd vor den Beghinen und Begliarden gewarnt
CU05):
• ■ >
Gegen das Ende df^ 13^ Jaiirhundefta bildete sieb
in mehreren Städten d^ Nied^lande freie, von keinem
Mönchsorden abhängige Vereine Ton Jjeuten, weldüe ia
gameinsamer WohQWg. nftcb einfacher. Hegel , docb ohne
Klosteigelübde, ti^^n frommen Lebenswandel führten '0.
Zuerst und zumeist waren es Jungfrauen und Wittwen,
welche zu genieins<;h|iftlicher Beobachtung zflchtiger £ii><
gezogenheit freiwillig ansammentniten ^% Doch bald gab
Sl> Du» Programm imdet «oh in dem Cal. aoad. I. lud lautet:
»Bector nee non Iota UniTdniitaiB doetorom et magialronun StudU
Heiddlbergensis.
Notificamaa et intimamus omnibas et singolis prektis, nobilibus,
canoBieit, bacealarüs ae scoUribua ejusdemque UnlTersitatis nostre
suppositis, quod «oncofdUer et miukara delibemtione prebabita, ma««
gtttram Hermanmim PoU de Wienna dooteirem ia Medieinia^ pvopter.
crimeur le^e majestatis ia fletenisBimam principem dominum Baper*
tum, Romancarum Regem «iemper aogustum teste fama commissum
a singulis libertatibus , gremio et consorcio dicte nostre üniversi-
tatJB (»eludimiia et- iteseokwitLS ae • enofaidtmüs et resecamua per
preBCRtesy nee acm obums etsingiilos actus ficolftstioos et magiatra-:
lea ad uaum iDaigniorani ecanuidem. apectaatea perpetnis temporibud
absqae /Irestitacäania ape eideni) intofdifiimtta. In qnorom. teatimonimn
aigiUtiii' reetoratna uniTersiiatia' nMtre aepe. diatae eat appensum.
Ajmo domüii MGCpCI tertta die JSbji.«
82) Wuratisaen, Baaler Chronik. (1766) S. 218 ff. Bickel,
Bist. Begginagiorum Belgii. • Lovanii, .16^0. Hall mann, Geaelu
te Urapronga der belg. fieghinte. Berlin, 1648^ L'exiatence Ugale«
de Bftgnlnage» Belgea. ßrux^llea, 1845.
33) Nach einer nnter den Niedertandern herrschenden Sage
sollte die heilige Begga, Tochter des anatrasia^hen Hansmajora,
Pipin von Landen, und Matter dea Hausmajors, Pipin von
es audi ähnliche GesaUschaften y<m Männeni. Jene
wurden Beghiaen, Beguanra, Begntten, diese Begharden
(Beggeharten) , Lolharden, LoUeharden, LoUbrüder '^) ge«
nannnt
Von den Niederlanden aus verbreitete sich der Eifer
iäx ein solehes Leben nach Frankreich and längs den
Ufern des Rheins herauf nach Dentsehland und der
Schweiz, und auch im Badi^chen, besonders in den südli-
chen Gegenden, wie in Gonstanz, Ueberlingen, PfuUendorf,
Waldshut , Öberkirch , Bad^ und andern Orten , fanden
sie sich ^^). Besonders zahhreieh waren sie aber im Elsass
nnd zunächst iü Strasburg.
Die Anhänger dieser Vereine bildeten einen Zwischen-
stand zwischen Ordensgeistlichen und Laien; sie schlössen
Heristall, die Stiffcerin des Chores der' Choriraaen ssn Andenne
(696), dem Beghinen tlnspnuig und Namen gegeben haben; die
Lütticher Priester halten dagegen einen Priester, Lambert de
Beque (der Stammler), welcher ein Beghinenhaus (1180) dort ge*
grandet^ für den Stifter der ganzen Gattung. AHein cBe Richtigkeit
dieser Angaben Ittest sieh gesehiditliah' nieht nachweisen. Mos-
heim, De Beghardis et Beghinabas. Gomment. ed. Martha. Lips.
1790. p. 90 sqq. Brinckmeier, Glossar, dipl. unter dem Worte
Beghine. -— üeber die ßeghinen und Begharden rergl. Wnndt,
Mag. Bd. m. S. 816 ff. •— Schmidt, Die SlrMsborger Beghinen«
hftuser im Mittelalter. Mcihlhausen, 1859, und unsere Anzeige dieser
Sciirift in der (Darmstädter) AUgem. Eirehenzeitung 1861 , Nr. 69.
S. 1067 ff. und Haass, Die Convente in Cöln und die Beghinen«
GÖhi, 1861.
84) üeber den Ursprung dieser- Kameii' ist sdioa tiel Termathet
und gestritten word^. • Die Ableitung des Namena Bef^e von dem aH>
deutschen Worte beggen, begerren (b^^eibren), bedgan, bidgan, eifrig
bitten, beten, hat die meiste Wahrscheinfichkeit ; denn dturdi Eifer
im. Gebet und durch andere Andadbtsabnngen zeichndten sich die
Beghinen besonders aus (MosheimL&p. 98, dessen Eircheng,
Th. IL S. 727). Andere leiten das Wort ab von bigan, began, serrire.
Nach Vi er or dt, B. L S. 43. 44 bezeichnen die Wörter Begharden
und Beghinen Betbrüder und Betschwestern, jedoch nicht in dem
jetzigen Sinne dieser Benennungen. Das Wort liolhard wird bei
Brinckmeier (a. a. O.) erklärt als: mussitator, mussitabundus,
reus laesae fidei yel laesae religionis.
35) Vierordt, 8. 44.
Waimmi§ vor dm Btßhinen tmä Megharim, 2S9
mA an am dritten Orden der Fruudäcaaer (Tertiarii) m
(nach Andern sind sie aus diesem Orden bervorgega«gen)f ,
lind hatten als solche kein Gelübde abaolegra, durften im
BesitEe ihres VennogenSy in der Ehe, in ihren Aemtem
nnd Geschäften, kurz Weltlente Ueibw ^^ Ohne zusamr
menwohnenden Vereinen beizutreten, um in Buhe der
Frommigkdt zu leben^ zogen Vide , Mfinner und Fraueo»,
von dem Beispiele der Bettelmönehe angeregt, unter dem
Verwände des Betons als Bettler im Lande umher* In^
Deutschland rieien sie die Mildthätigkeit des Volkes mit
dm Worten an: »Brod, durch Gottl«
Die Beghinen und Begharden zeidmeten sieh durch
eine besondere Kleidertradht aus , ohne jedoch allgemein
geltende Statuten zu hal>en. Hatte die Gründung der
Beghinenhäuser uräprünglieh den Zweck, die Armen dem
Bettel und der SUnde zu entziehen , so bildeten die Be«
gharden anfänglich eine Bruderschaft von Handirerkem,
welehe sich d^ Besorgung der Kranken und der Bestat-
tung der Leichen^ widmet^ä. Allein schon zu Anfang des
14. Jahrhunderts fanden fremdartige, bald schwärmerische)
bald offenbar ketzerische Elemente unter Beinen und
B^harden Eingang. Die am Bheine zahlreichen BrUder
des freien Geistes nahmen die Benennung und Maur
ches aus dier Lebensweise der Begharden an, und die
pantheistischen Lehren des freien Geistes wurd^ in ein-
zelnen Beghinen- Vereinen Deutschlands und der Schweiz
begimg au^wommen. Auss^dem forderte die Brüder
des freien Geistes auch Mönche . und Nonnen auf, die
Ordensregeln zu verlassen, und »Gott in Freiheit« zu
dienen« Die Folge davon war, dass sie als Ketzer und
als Feinde der. Kirche und des Staates angesehen wur-
den '^), und, nachdem die Brüder des freien Geistes schon
86) Wadding, AnnaU. Min. T. II. p. 7 sqq. Helyot, Hiat
des Ordres, T. VII. p. 214.
37) Haereticoram secta ezsecrabilis, cathoUce fidei inimici,
240 I' BueK t Periode, 3. AbicImUt (l$»a-^J4iO.)
mehrfach von rheinisohen Bischöfen und Synoden ¥eiv
dämmt worden waren, erliess auch auf dem Condlitim zu
Vienne (1311) Papst Clemens V. eine Bulle sowohl
gegen die genannte Secte, als auch gegen die Begharden
und Beghinen Übeiiiaupt, und 1317 wiederholte Jo-
hann XXII. dieses Verdammungsurtheil '^. Uebrigens hal>*
ten Begharden und Beghinen an den Fransiscanem eben so
grosse Freunde, als m an den Dominicanern die entschie-
densten Femde hatten.
In Basel war es vomehmlidi dev Deminieanerrndneh
Johann Mulberg, welcher stark gegen die beuchlen«
sehe Frl^mmigkeit der Brttdor und Schwestern der dritten
Franriscaner^Regel gepredigt und sie versdiiedener Irrthfl-
min* beschuldigt hatte, und diese mflssen sehr eriieblich ge-
wesen sdn; denn der Kschof ron Basel, Humbert von
Neuburg (Humbertus de novo Castro), fand darin Grund
gtoug, sie aus der Stadt zu tertreiben '^).
Zudem veranlasste man von Basel aus im Jahre
1404 den Magistrat zu S<rassburg, gegen die Beghinen
aufeutreten ^^ , unc( im folgenden Jahre (August 1405)
hielt es Humbert für seine Pflicht, in einem Send-
schreiben die Universität Heidelbei^ vor den Begharden
und Beghinen zu warnen.
Die Vergebungen, deren sie dersdibe beschuldigt,
beigeben vornehmlich darm, dass sie durch eine besondere
Eleidertracht sich auiföeichneten , eine Art gemeinschaft-
licher Wohnungen hätten, sich mänfiiliche und wdbbdie
Oberen wählten, öfter, namentlich aber in jeden Samstag
stattfindenden Zusammenkünften sich gegenseitig (nidi
Priestern) ihre Vergefaungen beichteten, und ip^enigen,
satores lolii, hostes ecclesie, reipablice everaores. Elmham^ vit»
Henr. V. ed. Heanie, p. 30.
88) Moebeim, S. 621.^6^3.
39) Wurstissen, S. 226 ff.
40) Ibid. S. 228.
Wamunff vor dm Beghinen und Begharden, 241
welche ihre angenommene Weise nicht genau beobachteten,
aus ihrer Gemeinschaft ausstiessen. Zugleich empfahl der
Bischof in diesem Schreiben den schon genannten Domi-
nicaner Mulberg der Universität angelegentlich zu freund-
licher Aufnahme und kräftiger Unterstützung, da derselbe
zur Aufspürung und Bekämpfung dieser Abtrünnigen be-
sonders tüchtig sei *^).
So wenig man auch aus dem bischöflichen Send-
sdureiben die eigentlichen Lehrsätze dieser Secte kennen
lernt, so hatte dasselbe doch einen so guten Erfolg, dass
die Universität dem mehr erwähnten Mulberg, welcher
in dieser Angelegenheit nach Rom gesandt wurde, eine
Zuschrift (September 1405) an den Papst Innocenz VIL
mitgab, in welcher sie die Bitte aussprach, den glaub-
würdigen Bericht desselben geneigt anzuhören, den Do-
mmicanem (Praedicatores) mehr Zutrauen zu schenken,
als den Franziscanem, und geeignete Massregeln zu treffen,
damit diese verderbliche Lehre, welche besonders auf die
Herabsetzung des Ansehens des Klerus gerichtet zu sein
scheine*^), nicht nur in der Stadt und Diöcese Basel,
sondern an allen Orten ausgerottet werde *^.
Sind nun auch in den Universitäts- Acten keine Mit-
theilungen darüber enthalten, ob diese Secte in Heidelberg
pder der Umgegend irgend Freunde und Anhänger fand,
41) Mulberg wird als »canis racionabilist bezeichnet, viel-
leicht im Hinblicke auf den (S. 207, Note 95) auf den Inquisitions-
fahnen befindlichen Hund.
42) Von Begharden, welche am das Jahr 1389 in Würzburg
durch den Eetzermeister zum öffentlichen Widerruf ihrer Lehre
sich bewegen Hessen, hatte Einer geäussert : »Die Messe sei nichts
als Glempnerei und Pfaffengeiz«; ein Anderer hatte gelehrt: »Papst
und Bisc&of seien nicht mehr als andere Priester«; ein Dritter
predigte : »Die Erleuchteten bedürften nicht mehr des Fastens und
der gel^hrt^ Priester«. Vierordt, S. 44.
43) Humbert' s Schreiben an die üniTersität und das der
letztem an den Papst (AnnaU. Univ. T. I. F. 87. 88) geben wir
in Urkunde Nr. XVH, b.
Hantz, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 16
242 X Buch. I. Periode. 3. MsehniU. (ISBS'-UtO.)
SO scheinen die Bestrebungen der Universität, unkirch-
lichen Lehrsätzen vorzubeugen, doch in bestimmten
Tbatsachen einen guten Grund gehabt zu haben. Es befan-
den sich nämlich von den ersten Zeiten der Universitäts-
Stiftung (1386) an studirende Jünglinge und Männer in
Heidelberg, welche ihre gelehrte Laufbahn in Prag be-
gonnen oder dort schon als Lehrer gewirkt hatten, und
es ist nicht unwahrscheinlich, dass unter ihnen Anhänger
der von der Kirche verdammten Lehrsätze Wicliffe's und
Hieronymus' von Prag waren, und Reformationsideen
in ihnen auftauchten, wie denn namentlich die Begharden
als Anhänger Wicliffe's (sequaces Joannis Wiclef) bezeich-
net werden.
Geschieht nun aber auch in den Urkunden der Uni-
versität der Begharden und Beghinen nicht weiter Er-
wähnung, so wurde doch schon im nächsten Jahre (1406)
Hieronymus aus der Artisten-Facultät ausgeschlossen,
weil er den Realismus lehrte und für einen Anhänger
Wicliffe's galt**).
Was nun schliesslich die weitere Geschichte der Be-
gharden und Beghinen angeht, so begnügte sich das Gon-
dlium zu Gonstanz auf die vorgebrachten Beschwerden, dass
sich dieselben dem Laster ergäben, ihnen weltliche Tracht
und genaue Beobachtung ihrer Regel vorzuschreiben**).
Doch fing man bald an, Begharden und Beghinen wegen
ihrer allgemeinen Entsittlichung als falsche, unnütze Men-
schen, als Gleissner und Pharisäer zu betrachten, und, wenn
es auch namentlich bessere und frömmere Beghinen gab,
welche sich noch später in deutschen Städten als Kranken-
pflegerinnen erhielten, so hatte doch das Institut an
sich seinen Werth verloren*^. Es hatte sich überlebt,
44) Ausführliches über Hieronymus und dessen Aufenthalt
und Lehre in Heidelberg s. oben S. 231 ff.
45) y. d. Hardt, Hist conc. Gonst. B. L Th. 4. S. 715.
46) Die geschichtUchen Nachweisungen 8. bei Schmidt, S. 79.
StudmUnhrieg.Verla88ungHeidelb.w,(m8teckenderKr^^ 243
der Geist war entwichen, nur die eitle Form war geblieben.
Nach der Kirchenreformation lösten sich die Vereine von
selber auf; die ärmeren, älteren Beghinen wurden, sowie
die Mönche, in ihren Häusern gelassen und pensionirt;
viele kehrten in die Welt zurück, und widmeten sich zum
Theil als Lehrfrauen dem Unterrichte junger Mädchen.
§6.
JSttuientenkrieg 1406. Studenten und Professoren ver^
lassen wegen ansteckender Krankheit HeideJherg 1407.
Schon oben (S. 179) wurden Raufhändel zwischen
Studenten und Kurfürstlichen Jägern erzählt Die ganze
Sache war jedoch damals von untergeordneter Bedeutung,
Viel wichtiger ist dagegen ein anderes Ereigniss, welches im
Jahre 1406 aus Reibungen und Streitigkeiten zwischen
Studenten und jungen Adeligen, denen sich Bürger und
Handwerker von Heidelberg anschlössen, hervorging, und die
Universität in eine so missliche Lage brachte, dass sie
nur durch den grossmüthigen Schutz des Kurfürsten aus
derselben gerettet wurde.
Der Hofstaat Ruprecht's L und Ruprecht's H.
war weder zahlreich noch glänzend. Anders war es unter
Ruprecht IH. Er war zwei Jahre nach dem Antritte
seiner Kurfürstlichen Regierung zum deutschen Könige
gewählt worden*''). Jetzt zogen sich viele junge Edel-
leute aus Schwaben und vom Rheinstrome an den Hof,
was wohl auch noch durch die Anwesenheit der Söhne
des Königs befördert wurde. Diese Edelleute hielten sich
zwar »Studirens halber« in Heidelberg auf; allein an ein
ernstes Betreiben der Wissenschaften wurde von ihnen
nicht gedacht, da man im Allgemeinen zu jenen Zeiten
47) Die Wfthl (21. August 1400) und die Krönung (6. Januar
1401) schildert das Gal. acad. L d. d. 21. August 1400.
16*
244 I. Buch. L Periode, 3. Abschnitt. (139S—1410.)
zunächst kriegerische üebungen für eine würdige Beschäf-
tigung des Adels hielt.
Zwischen diesen Edellenten, welche nur, wenn sie
sich dem geistlichen Stande widmeten, den üniversitäts-
gesetzen unterworfen waren, und den Studenten eiitstanden
bald eifersüchtige Bewegungen, die bei folgender Veran-
lassung zu blutigen Auftritten führten, und von solcher
Bedeutung waren, dass sie mit dem Namen »Studenten-
krieff« bezeichnet wurden.
Am 11. Juli 1406 gingen iur Zeit der Abenddäm-
merung einige Studenten auf dem Markte spazieren, und
wurden von ihnen unbekannten Leuten angegriffen und
schwer verwundet *®). Schon bei dieser Gelegenheit scheinen
die Edelleute in Verbindung mit Bürgern der Stadt ge-
wesen zu sein. Die wahrscheinliche Absicht, einen Volks-
auflauf gegen die Studenten zu erregen, wurde jedoch für
diesen Tag durch den Rector, Johann von Frankfurt,
vereitelt. Am folgenden Abend entstand eine Rauferei
zwischen zwei Studenten und einem Hofjunker, welcher
unterlag und ein gewaltiges Geschrei erhob. Jetzt schien
die gesuchte Gelegenheit zur Rache an den Studenten
gekommen zu sein. Viele Edelleute eilten auf das
Geschrei des beleidigten Junkers in Begleitung eines
zahlreichen bewaffneten Pöbels herbei. Nicht ferne von
dem Schauplatz (auf dem Wege, der vom jetzigen Kom-
markte auf das Schloss führt) lag das Haus des Rectors,
welches den durch bewaffnete Volkshaufen in Schrecken
gesetzten Studenten zur Zufluchtsstätte diente, und das
sie gegen den ersten Anfall zu befestigen suchten, was
ihnen auch in so weit gelang, dass der mit »spiessen und
48) Anno domini 1406. feria sexta post festum corporis christi,
quae fuerat XI. Jun. quae praecessit sabatum luctus et tribula-
tionis coena facta scolaribus nostrae universitatis in foro regio et
publico deambulantibus quidam nefandi, nee sciiar quo spiritu ducti
eo8 in loco supradicto graviter vulnerabant. Annall. Univ. T. I.
ibl. 92, a.
Studentenkrieg, Verlaesung Heidelb,to, ansteckender Krankh, 245
Stangen, mit bogen und äxten« bewaffnete Haufe einen
erfolglosen Angriff machte. Als die Anführer auf diese
Weise ihre Absicht nicht erreichten, schritten sie zu einem
andern Mittel. Es wurde nämlich ein Mann, welchen der
Annalist den Todesboten (nuncius mortis) nennt, mit einem
erdichteten Befehl des Königs an den Schultheissen der
Stadt abgesandt, er solle Sturm läuten und die Bürger-
schaft gegen die Studenten aufbieten lassen. Der Schult*
heiss, welcher den Befehl für acht hielt, gehorchte. Die
Sturmglocke wurde gezogen und die Stadtthore geschlossen.
Jetzt zogen Yolkshaufen mit dem Rufe durch die Stadt:
»Sterben müssen alle Plattenträger und Langmäntel I«
(omnes tonsurati et rasi et longas tunicas ferentes!) Die
Studenten verbargen sich in ihren Bursen und in den Häu-
sern ihrer Lehrer. Die grösste Gefahr aber war bei dem
Hause des Bieters, welches diejenigen, die in demselben
waren, in beständiger Erwartung des Todes gegen die
Anfälle des wüthenden Haufens vertheidigten. Zu ihrem
Glücke fügte es sich zwar, dass der Bischof von Speyer,
Rhabanus von Helmstädt, eben, als der Angriff am
hitzigsten war, mit seinem Gefolge nach der Königlichen
Burg zog. Er hielt stille und gebot im Namen des
Königs Ruhe. Da ihm dieses aber nicht gelang, so begab
er sich durch die Hinterthüre in das Haus, um, so viel
er konnte, die in dasselbe Geflüchteten zu schützen;
aber, kaum war er in dem Hause, so wurde es' von der
Vorderseite erbrochen, und da sein Gefolge zum Wider-
stand zu schwach war, nahmen die Misshandlungen von
Seiten des Pöbels ihren Anfang. Umsonst krochen die
Studenten unter Tische und Bänke, sprangen zu den
Fenstern hinaus oder flüchteten sich auf das Dach der
Wohnung. Auf diese letztere schoss der unten stehende
Pöbel mit Pfeilen, und hielt den Herabfallenden seine
Spiesse entgegen. In der Stadt wurden eine Burse und
mehrere Häuser erstürmt und geplündert, und erst die
einbrechende Nacht machte dem Tumult ein Ende. Ver-
i
246 I' Buch, L Periode. 3. Ähachnitt, (1398—14100
wundungen kamen viele vor ; von Todesfällen wird jedoch
nichts berichtet
In der Frühe des folgenden Tages versammelte sich
der akademische Senat, und beschloss wegen des ganzen
Vorfalles bei dem Könige klagend aufzutreten und alle
akademischen Uebungen so lange einzustellen, bis die
Universität Genugthuung erhalten hätte. Der ßector ver-
fügte sich sofort auf das Schloss und trug im Namen der
Universität die Klage dem Könige vor. Dieser hatte von
der ganzen Sache, durch welche die ganze Stadt so heftig
bewegt wurde, bis jetzt auch nicht die geringste Kennt-
niss. Die Königin und die Königlichen Prinzen schienen
jedoch nicht so ohne alle Mitwissenschaft zu sein. Die
erste glaubte wenigstens sich entschuldigen zu müssen,
und behauptete, von der Absendung des erwähnten Todes-
boten mit dem erdichteten Befehl des Königs, worüber
sie ihr Missfallen bezeigte, nichts gewusst zu haben.
Der König, welcher über den schmählichen Missbrauch
seines Ansehens und Namens höchlich aufgebracht war,
versprach nicht nur allen Mitgliedern der Universität
Sicherheit für ihre Personen und Habe, sondern liess auch
sogleich in seiner Königlichen Burg bekannt machen, däss
Strafe des Todes und Verlust des Vermögens alle die-
jenigen zu erwarten hätten, es möchten Edelleute, Bürger
oder Bauern sein, welche sich unterstehen würden, ein
Mitglied der- Universität zu beleidigen.
Eben dieses liess er noch an dem nämlichen Tage
durch einen reitenden Herold in allen Strassen und Gassen
der Stadt ausrufen.
Am folgenden Tage sandte der König seine Käthe
in das Augustiner- Kloster , wohin Bürgermeister, Raths-
verwandte, Bürger und Einwohner der Stadt beschieden
waren. Diese mussten insgesammt einen Eid ablegen,
dass sie die Studenten nicht mehr beleidigen, son-
dern nach ihren Kräften beschützen und vertheidigen
wollten.
8i!iiidmtmlmeg, VerUzsmngJ^iäeJb.w. ansteckender Krankh. 247
Am dritten Tag nach dem Auflaufe begab sich Bu-
precht in Begleitung seiner Söhne und Bäthe nach dem
Augustiner-Kloster, wo er unter Anderem bei Todesstrafe
verbot^ gegen die Studirenden je wieder die Sturmglocke
za läuten. Den in der Universitätscapelle versammelten
Lehrern liess er durch den Bischof von Worms und
seinen Protonotar, Johann Ebenheim, ankündigen,
dass sie die Vorlesungen wieder anfangen sollten. Von
Seite des academischen Senats fand man zwar Bedenk-
lichkeiten dabei, weil die Schuldigen noch nicht bestraft
waren; doch wurde nach gepflogener Berathung beschlos-
sen, die ganze Sache dem Könige anheim zu geben, mit
<ler Bitte, dass die Thäter zu einem abschreckenden Bei-
spiele für Andere mit einer ihrem Verbrechen angemes-
senen Strafe belegt werden möchten.
Welche Strafe gegen die Schuldigen verhängt wurde,
^bt der Annalist zwar nicht an, da er aber bei seinem
sichtlichen Bemühen, die Königin und die Prinzen mög-
lichst zu schonen, das Missvergnügen derselben mit der
Universität erwähnt, so ist man wohl zu dem Schlüsse
berechtigt, dass diese Strafe nicht so gelind ausgefallen
sein mag, als man bei Hofe wünschte. Das ganze Ver-
halten der Königin und ihrer Prinzen bei der Sache blieb
auch kein Geheimniss für die Universität, und unter den
Studenten entstand Verdacht und Argwohn, dass wegen
dieser Gesinnungen der Familie des Königs noch andere
Auftritte dieser Art zu befürchten sein möchten. Der
patriotisch gesinnte Bischof von Worms, Matthäus von
Cracow, ging deswegen mit den beiden Professoren
Nicolaus von Jauer (Jawor) und Johann van der
Noyt auf die Burg, und stellte dem Könige diese neue
Verlegenheit der Universität vor. Dieses hatte den guten
Erfolg, dass Ruprecht seine drei Söhne veranlasste, der
Universität die Versicherung zu ertheilen, dass es ihre
Absicht weder gewesen, noch sei, irgend ein Glied der
selben zu beschweren oder zu betrüben, sondern dass sie
248 L Buch. L Periode, 3, MachnitL (1398—1410.)
vielmehr, wie es ihr vor einigen Jahren geleisteter Eid
mit sich brächte, alle Universitäts-Angehörigen vertheidigen
und beschützen wollten. Um dieser Erklärung durdi
einen feierlichen Act noch mehr Kraft zu geben, veran-
staltete Ruprecht, dass alle Lehrer der Universität auf
den Tag vor dem Feste des Apostels Jacob in dem Hause
des Bischofs von Worms sich versammelten. Eben dahin
kamen auch die drei Prinzen, Ludwig, Stephan und
Otto, mit ihren Edelleuten und ihrem Hofgesinde, und
wiederholten die gedachte Erklärung in Gegenwart des
Propstes von Bonn, dreier Grafen von Üörs, die Brüder
waren und sich ebenfalls »Studirens halber« zu Heidelberg
aufhielten, des Markgrafen von Baden (Margrav. de
Köteln, alias de Baden), des Grafen von Löwenstein,
und vieler anderen . Studirenden sowohl vom Adel als
bürgerlichen Stande. Selbst die Königin Hess sich herbei,
durch Jauer der Universität ihre Entschuldigung vor-
tragen zu lassen. Auf diese Weise wurde das Vertrauen
wieder hergestellt und der Friede zwischen dem Hof-
adel, der Universität und Bürgerschaft befestigt*^), ohne
dass jedoch aus den Acten zu ersehen ist, was der eigent-
liche Grund dieser Feindseligkeiten gegen die Universität
gewesen war.
49) Ausführlicher noch ist diese Begebenheit erzählt in Sohn's
schon oft angeführter Rede »Vom Ursprung der Universität Heidel-
berg«, S. 23 — 30, und in Wundt's Mag. B. III. S. 326 — 340. Der
genaueste Bericht ist in Annall. Univ. T. I. F. 92 — 94.
In dem Cal. acad. I. d. d. 12, August 1406 heisst es über den
Vorfall : »Anno domini MCCCCVI. 12. die Jnnii fuit facta generalis
insurrectio contra studentes et pulsaces campanamm et in crastino
fuerunt lectiones et omnes publici actus scolastici suspensi et hec
est prima suspensio in hoc studio facta et duravit usque ad quin-
tam diem Julii.5
Im Cal. acad. II. steht unter gleichem Datum: »Dies tri-
bulacionis et augustie. Nota, quod 12. die Junii anno domini
MCCCCVI. facta fuit tanta persecucio et tribulacio universitatis et
suppositorum, que non est audita prius; det deus quod non audiatur
in posterum.«'
Studentenkrieg, VerlasstmgHeidelb.w, ansteckender Kr ankh. 249
Bei allen Ereignissen dieser und ähnlicher Art, wo
nach der in den Universitäts - Acten nütgetheilten Dar-
stellung den Studenten entweder gar keine, oder doch
nur geringe Schuld beigemessen wird, darf man nicht
ausser Acht lassen, dass wir nur Eine Partei hören. Bector
und Decane waren die Historiographen der Universität
und der Facultäten. Hätten wir über dieselben Vorfälle
auch Mittheilungen yon anderen Seiten, so würde wohl
öfter der Thatbestand sich etwas anders herausstellen.
Oft missbrauchten die Studenten, besonders den Bürgern
gegenüber, die ihnen zugestandenen Freiheiten und Vor-
rechte, und brachten dadurch die letztern gegen sich auf.
Schon während der Unruhen des vorigen Jahres war
eine ansteckende Krankheit in Heidelberg ausgebrochen;
doch trat sie nicht so stark auf, dass die Universität in
ihrer Thätigkeit gestört worden wäre. Anders war es im
folgenden Jahre. Die Krankheit zeigte sich im Sommer
1407 in einer Stärke, dass Professoren und Studenten
aus Furcht vor Ansteckung Heidelberg verliessen ^^).
Doch dauerte dieselbe nicht lange. Professoren und
Studenten stellten sich sofort wieder ein, und die Uni-
versität war jetzt stärker als vorh^ besucht. Neu im-
matriculirt wurden 140^^).
Da im Laufe des 15. und 16. Jahrhunderts die Uni-
50) Sci^fndum, quod in presenti rectoria superyenerit tribulatio,
qualis non erat antea, licet olim magna fuerat, de qua in rectoria
Magistri Joannis de P'rancfurdia, erat enim isto anno pestilentia.
Nam tunc fere major pars scolarium et regentiam recesserat, ita-
que non legebatur in Theologia, Medicinali et arcium facultatibus,
sed Bolnm ordinaria lectio joris Decretalium continuabatur , paucis
tarnen scolaribus interessentibus. Item fratres ordinis Cisterdensis
de domo S. Jacobi omnes recesserant, nullo manente. Eodem tem-
pore in crastino S. Gereonis sociorumque ejus venerabilis Pater
Mathäus, Bei et apostolice sedis gratia episcopus Wormatiensis,
pastor vertts et intrepidus, at Pontifex stans inter vivos et mortuos,
consecravit additionem cimeterii S. Petri, que pro sepultura erat.
Annan. Univ. T. I. F. 96, a.
51) Schwab, P. I. p. 35.
"H
250 J. Buch. L Periode. 3. Abschnitt. (1398—1410.)
versität wegen der Pest , wie wir im Verlaufe der Ge-
schichte sehen werden, sich mehrmals zerstreute, oder an
andere Orte übersiedelte, so ist im ADgemeinen zu be*
merken, dass von keiner Zeit die Chronikenschreiber,
Aerzte und andere Schriftsteller so häufige Pesten aufge-
zeichnet haben, als aus dem 1 5. und noch mehr dem' 16.
Jahrhundert; vielleicht war es aber auch der Name Pest,
mit welchem man damals fast alle bösartigen Epidemien
bezeichnete **).
§7.
Tod RuprecMs IIL
Buprecht that, so lange er lebte, als Kurfürst und
als König fär die Universität, welche er oft seine »ge-
liebte Tochter« nannte, was er thun konnte ^^, und wurde,
wie wir gesehen, noch mehr gethan haben, wäre er nicht
von dem Tode überrascht worden. Dieses geschah am
10. Mai 1410 auf dem Schlosse Landskron bei Oppen-
heim, auf seiner Rückkehr nach Heidelberg, um dort die
Vorbereitungen zum Kriege gegen den Erzbischof, Jo-
52) Jo. Lange (Chronic. Nnmbnrg. in Mencken. Script, rer. 6er-
man. Sax. Vol. TL. col. 88) sagt darQber: »Est stnpenda res^ qaod
hec plaga ntmquam totaliter cessat, sed omni anno regnat jam hie,
nunc alibi, de loco in locum, de provincia in proTinciam migrando;
et si recedit aliquamdiu, tarnen post pancos annos et circuitum re-
yertitur et jayentntem interim natam in ipso flore pro majore parte
amputat.«
Der berühmte Sprengel hatte, wie er in seiner Geschichte
der Arzneikunde Th. HI. S. 125 sagt, sich vorgenommen, ein
chronologisches Verzeichniss der im 16. Jahrhundert angeführten
Pesten nnd eine summarische Beschreibung derselben, nach Chroniken
von Geschichtschreibem, zu liefern, aber er fand, »dass am £nde
fast jedes Jahr dieses secnli als Pestjahr in irgend einer Chronik
angegeben wart.
53) »Der Academi hat er beide in seinen Kurfürst!, vnd Königl.
£hren viel liebs vnd gutö erzeiget.« Sohn, S. 22.
Tod BmjßrteMs III. 251
hann von Mainz, zu treffen. Seine Leiche wurde nach
Heidelberg gebracht und in der Kirche zum H. Geist
feierlichst beigesetzt**).
54) RupertoB fimdator et erector alme noBtre uniyersitatis est
Bepoltus in capella sancti Spiritus Heidelberge ob dilectionem filie
sne nmversitatis. Cal. acad. n. d. d. 18. Mai 1410.
Vierter Abschnitt.
Die Universität unter der Regierung des
Kurfürsten Ludwig m.
1410 — 1436.
§1.
Bericht der Universität über ihre Zustände. Ver-
einigung der Stiftskirche zum H. Geist mit
derselben.
Ruprecht's UL Nachfolger war sein ältester Sohn
Ludwig IIL, der Aeltere oder der Bärtige genannt*).
Als er die Kurwürde antrat, stand er im kräftigsten
Mannesalter (er war 36 Jahre alt), hatte sich wäh-
rend der Regierung seines Vaters grosse Erfahrungen
erworben und bei des letztem Zug nach Italien das
Reichsvicariat mit Nutzen versehen. Dabei war er ein
Freund gelehrter Priester*) und Förderer der V?'issen-
schaften. Noch im Greisenalter lernte er, wie Cato die
griechische, die lateinische Sprache, da ihn der nähere
Umgang mit dem Kaiser Sigmund während des Con-
1) Nach der Sage hat er seinen Bart, der ihm auf dem Zage
in das gelobte Land (um 1426) gewachsen war, stehen lassen und
deshalb von seinen Zeitgenossen den Beinamen des Bärtigen
erhalten. Häusser, B. I. S. 294.
2) Ludwig wurde »Solamen Sacerdotum« genannt. Bies-
mann, p. 57.
ünw.'Bericht Vereinig, der BUftshtrehe nvit d. Universität 253
Stanzer Conciliums mit 4er Begierde nach wissenschaft-
licher Bildung erfüllt hatte •).
Sein (1401) gegebenes Versprechen, die Universität
bei ihren Privilegien und Freiheiten zu erhalten und
überhaupt ihr Gedeihen zu fördern, löste er in würdiger
Weise. Sobald er die Regierung angetreten hatte, wieder-
holte er dasselbe, und sicherte dieser Anstalt den unge-
störten Besitz aller ihrer vordem von kirchlicher oder
weltlicher Macht zugewiesenen Güter.
Um den äusseren und inneren Zustand der Hoch-
schule genau kennen zu lernen, forderte er vor Allem
einen umfassenden Bericht über sie. Dieser wurde sofort
erstattet, und ihm auf den Peter- und Paulstag 1410*)
von dem damaligen Rector, Susato, und mehreren Pro-
fessoren überreicht. Er empfing die Abordnung in der
Kurfürstlichen Kanzlei, im Beisein seiner Brüder Stephan
und Otto. Dieser Bericht*) gibt zuerst eine bis in's Ein-
zelne gehende Geschichte der Universität und verbreitet
sich dann ausführlich über die Besoldungen der Lehrer,
mit der Bitte an den Kurfürsten, die Einkünfte der
Anstalt zu vermehren, um mit denselben theils schon
bestehende niedere Besoldungen erhöhen, theils bis jetzt
noch unbesoldeten Lehrern solche geben zu können. Eine
Antwort auf denselben wurde der Universität zwar nicht
ertheilt, wohl aber bald darauf ihre finanziellen Verhält-
Bisse wesentlich verbessert.
Die bessere Einrichtung der finanriellen Verhältnisse
führte der Kurfürst dadurch herbei, daßs er die von seinem
3) LudowicuB latinas literas, Gatonis exemplo, senex didicit,
^vod aadierat, Sigismundum Imper. dixisse, pudere sese adfici
ob Pdacipam Electoram barbariem, qni latinarnm expertes essent
Hterarum, ^nas tarnen necefieario scire deberent. Wimpfeling
epitom. rer. German. p. 148. 176. Burkhard de fatis lat. ling.
P. n. p. 164. Riesmann, p. 66.
4) AnnaU. Univ. T. I. F. 100, a.
5) Urkunde Nr. XII. Annall. Univ. T. I. F. 98, b bis 100, a.
254 L Buch. I. Periode, 4. Maehnitt. (1410-^1436.)
Vater beabsichtigte Vereinigung der bereits' zn einer Stifts-
kirche umgewandelten Heiliggeist-Eirche (S. 235 u. 236) mit
der Universität ausführte. Die vielfachen Vorarbeiten zu
diesem grossartigen Werke, durch welches ebensowohl die
Einkünfte, als der Glanz derselben erhöht wurde, waren
im Jahre 1413 beendigt, und Ludwig säumte nun nicht,
die ganze Einrichtung des Stiftes sofort durch eine feier-
liche Urkunde 9 die am Donnerstag nach St. Jacobs -Tag
besiegelt wurde , öffentlich bekannt zu machen ^). Durch
diese wurden Stellen für 12 »Canonisten« und eben so viele
»Vicarien« gegründet. Mit den ersten sollten 12 Pfründen
und mit den letzten eben so viele Altäre verknüpft sein.
Die Vergebung der Altäre hatte die Universität^). In
Beziehung auf die Stiftsherren (Canonici) hatte der Kur-
fürst angeordnet, dass, wenn ein Canonicus ausgeschieden,
der Rector alle Graduirte der Universität zusammen zu
berufen hatte, um durch Stimmenmehrheit aus derjenigen
Facultät einen Andern zu wählen, zu welcher der Abge-
gangene gehört hatte. Den Gewählten präsentirte sie
dann dem Dechanten und Capitel. Die Stiftsherren soll-
6) lieber diese Urkunde, welche in Act. Palat T. I. p. 395 ff.
abgedruckt ist, vergl. auch Hist Acad. F. 45.
7) Damals waren 4 Altäre in der Heiliggeist-Eirche: der Altar
der H. Dreifaltigkeit, der von dem H. Ereuz »in unserer Frauen-
Eapell« (gestiftet nach der noch vorhandenen Urkunde von dem
Dechanten der St. Paulskirche in Worms, Colinus, am 18. Decem«
ber 1400 mit 40 Mltr. Früchten jährlicher Einkünfte) , der von St
Marien Magdalenen (gestiftet- nach der im Univ.-Arch. unter Nr. 98
vorhandenen Original - Urkunde von dem Bischof Matthäus in
Worms am 15. Februar 1409 und von dem Suffraganeus Worma-
tiensis nach der im Univ.-Arch. unter Nr. 72 ebenfaUs noch vo^
handenen Original-Urkunde vom 13. Juni 1434 mit 40 Tagen Ablass
begabt), und der von St. Peter zu dem H. Geist. Diese Altäre
hatten schon früher reiche Stiftungen erhalten. Ueber die Ye^
leihung der Beneficien hatte die Universität schon am 4. October
1410 ein im Cktpialb. derselben F. 131, a aufbewahrtes Sti^nt abge«
fasst. Nach diesem musste der, welcher ein Beneficium erhalten
wollte, sich wenigstens das Baccolaureat in der Theologie er-
werben haben.
üniv.'Bericht Verein/ig, der SUftshirehe mit d. Universität 2&5
ten bestehen aus 3 Doctoren der Theologie, aus 3 der
geistlichen Rechte, aus den Pfarrern zu St. Peter und zu
H. Geist, aus einem Doctor der Medicin und aus 3 Ma-
gistern der Artisten -Facultät, und der älteste von den
Theologen zugleich Dechant und der älteste von den Ga-
nonisten Gustos (Thesaurius) des Stiftes sein ®). Dass die
Universität aber Alles, was von dem Kurfürsten ange-
ordnet worden war, treulich halten wolle, hat sie an dem-
selben Tage, an welchem die Urkunde besiegelt wurd^,
feierlich gelobt Dieses Gelöbniss wurde mit der letftem
bekannt gemacht, und findet sich auch in dem S. 254,
Note 6 angeführten Abdrucke. Spezielle Wünsche über
die den Professoren aus dem zu errichtenden Stifte anzu*
weisenden Besoldungen, so wie, dass das Stift mit allen
seinen Besitzungen und Einkünften für alle Zeiten mit
der Universität vereinigt werden sollte, hatte die letztere
schon am 17. Mai 1403 ausgesprochen^.
Das Stift selbst hiess zu Ehren semes Gründers das
»Königliche Stift« oder die »Königliche Gapelle«. Das
Andenken an diese Stiftung wurde durch eine Inschrift
in dem Ghore der Kirche, welche von dem Könige Ru-
precht erbaut worden, erhalten *^.
Nachdem der Kurfürst von dem Papste. Martin V.
in einer bald nach dessen Wahl zu Gonstanz (1317) aus-
gefertigten Bulle die Bestätigung aller von dem abgesetzten
Papste Gregor XII. dem Stifte ertheilten Rechte er-
8) Der erste Dechant war Jan er und der erste Oustos Noyt.
— Jauer, mit seinem ganzen Namen Nicolaus Magni de
Jauer oder Jawor, heisst in dieser Urknnde Gauer, wie er
denn auch Gauwer genannt wird. Dieses wird nicht auffallen,
wenn man bei der ohnehin ungenauen Schreibweise der Eigen-
Barnen an die leicht mögliche Yerweohslung des J und G denkt
9) Nähere Angaben s. in Annall. Univ. T. I. F. 85 a. b.
10) Die Inschrift findet sich bei Adami, Apogr. Monumm;
Haidelb. p. I. und in Acta Palat. T. I. p. a82. In derselben wird
Bupreeht UI. »higus Chori et Gollegii fundator« und Ludwig IIL
>hujas Gollegii Gonsumator« genannt.
256 -T. Buch. I. Periode, 4. Abschnitt, (1410—1436.)
halten hatte ^*), wurden ihm seine in's Einzahle gehenden
Statuten gegeben^").
Bald erlangte nun das Stift durch seine zweckmässige
Einrichtung, durch die Gelehrsamkeit der Stiftsherren,
welche grössten Theils Professoren der Universität waren,
so wie durch seine Vorrechte*^, namentlich aber durch
11) Die Bolle Gregorys XII. ist gegeben zu Arimini am 15.
März* 1409 und die Martin's Y. zu Gonstanz am 8. April 1417.
Die erste findet sich in Abschrift in Annall. Univ. T. I. F. 96, b
und die zweite im Copialb. d. Univ. F. 106, b. — Aus der letzten
theilen wir folgende SteUe mit: >Ad cujus studü confirmationem
cum divae memoriae Rupertns Bomanomm rex Genitor tuus in re*
gali ecdesia S. Spiritus in dicto oppido in coUegiatam eeclesiam
per eandem sedem erectam, pro sue et progenitorum nee non here-
dum et successorum suorum animarum salute, nonnulla praedicti
eultus angmentum respicientia ordinäre proposuisset , et anteaquam
hujusmodi negotio finem et ordinem daret^ ab hoc seculo migrasset,
ac (Ludowicus) cupiens dictorum parentum suorum piam dispositio-
nem ac voluntatem perficere et universitatem praedicti studü per-
petua firmitate stabilire, quantum in eo fuit, disposuerat, qood in
Gollegio dictae Begalis ecclesiae S. Spiritus duodecim institaerentur
canonicatus totidemque praebende, ad quos in perpetuum assu-
merentur persone duodecim de facultatibus dicte universitatis capi-
tulum facientes in eadem ecclesia et repraesentantes pro tempore:
videlioet tres niagistri in Theologia, et tres doctores in Jure Cano-
nioo et perpetuus Yicarius parochialis S. Petri extra muros dicti
oppidi, nee non praedicator verbi dei ejusdem oppidi et unus ma-
gister in medicina ac tres magistri artium de Gollegio Artistarum.c
— Ueber diese Bullen vergl. auch Hot tinger 1. c. p. 44.
12) Abgefasst wurden dieselben am 14. Februar 1418 mit denen
des Artisten-GoUegiums in dem Hause des Dechanten, Nie. Jauer.
Acta Palat. T. I. p. 3Ö3.
18) Durch eine im Unir.-Arch. unter Nr. 60 noch vorhandene
»Declarado VicecanceUarii apostolica« v. 20. Mai 1407 war unter
Anderem bestimmt, dass die Professoren nicht schuldig seien, die
Annaten zu bezahlen. Unter diesen verstand man einen gewissen
Theil der Einkünfte des ersten Jahres von geistlichen Aemtera
und PfiHnden, welchen ein iKeuangest^lter noch vor erhaltener
Gonfirmation an die päpstliche Kammer zu entrichten hatte. Schon
mi 4. Jahrhundert fand die Sitte statt, ftkr den Act 4er Weihe
Summen zu geben und Summen zn ndimen. Brinokmeier,
GlosB. dipl. unter »Annataet.
Unw.-Bericht Veremig. der Stiflskirehe mit d. ünweraität 257
seine unmittelbare Abhängigkeit vom Papste, welche Mar-
tin V. ihm zugestand, auch durch reiche Vermächtnisse^*)
einen grossen Ruf, und galt bald für das erste und herr-
lichste am Rheinstrome**).
Das Siegel des Stiftes stellt die Verkündigung Mariae
vor. Diese kniet vor einem Betpulte mit gefalteten
Händen, als die Himmelskönigin, eine Krone auf dem
Haupte ; ihr gegenüber kniet der ihr die Verheissung brin-
gende Engel, und über der Maria schwebt der H. Geist
in Gestalt einer Taube. Das Ganze ist mit gothischen Ver-
zierungen eingefasst, um welche sich folgende Inschrift in
Mönchsbuchstaben zieht: Sigillum . Capituli . ecclesie . re-
galis • sancti . spiritus . in . Heidelberga.
Ausserdem war Ludwig aber auch in anderer Weise
für das Gedeihen der Universität bemüht. Er bestätigte
(1430) die 2 Tomos an dem Zolle zu Bacharach und
14) Mit diesen Yermächtnissen wurden theils Besoldungen für
Professoren und Stipendien für Studirende gegründet, theils Hänser
für Professorenwohnungen angekauft., AUes dieses bis ins Einzelne
gehend anzuführen, gestattet der Baum nicht; wohl aber ist Ein
Vermächtniss besonders zu erwähnen. Es ist dieses das des Pro-
fessors der Medicin, Wilhelm Tenstal (S. 161). Ausser seiner
Bibliothek vermachte er dem Stifte (1419) auch sein Haus, jedoch
unter der Bedingung, dass es nur einem Mediciner, »der in dem
Studio actu regieret ynd liesetc und eine Pfründe des Stiftes habe,
»annectiret vnd zugefüget werde«. Dieses Testament wurde yon
dem Kurfürsten genehmigt und von der Universität angenommen.
Die beiden über die Genehmigung und Annahme errichteten Ur-
künden mit der Aufschrift »De domo Medici« sind im Copialb. d.
Univ. F. 127, b bis 131, a enthalten.
15) Chronica mnscr. von der hilligen statt Cöln ad ann. 1410
fol. 288; »Disse vurs. Eonynck Boprecht hoit gefundirt ind ge-
Stift tzo Heydelberg eyn altzo lovelkhen ind eirlichen stift von viU
canoniken ind vicarien, dae so genzlich •sedichlich ind ordentlich
die gezyde ind die ampt hilliger Kirchen gesungen ind gehalten
werden, als vngefeuerlich up dem ganzen Bynstroume in eynigen
Stift geschieht ind is besezt ind providirt mit groisen kostlichen
gelerden mannen von der universitate daeselbst.«
Hautz, Geach. d. Pniy. Heidelb. I. 17
258 -f. Bück. L FerMA. 4. AbscknitL (UlO-r^Um.}
Kaisers werth ^^)> wies (1427) dem Licentiateii »in der h.
Sehrift«, Heinrich von Gouda, nachdem dieser sich
»yerschrieben«» in Heidelberg zu bleiben, um ihn der UniTer-
sität zu erhalten, jährlich 60 fl. an, »bia er ein Benefidam
erlangt«, und nahm (1428) den Heinrich Munsinger,
welcher noch 1452 als Professor der Medicin in den Acten
vorkommt, zu seinem »Diener« an, liess ihn in Padua
doctoriren und verschrieb ihm, nach erhaltenem Versprechen,
»bei der Universität und Pfaltz« bleiben zu wollen, jähr-
lich 50 fl., 20 Malter Korn, 4 Fuder Wein, und befreite
zugleich dessen Behausung zu Heidelberg von allen Steuern
und Abgaben unter der Bedingung, »das Hofgesinde frey
zu bedienen« ").
§2.
Die StjfU-^ BibUothek.
Der erste Grund zu dieser Bibliothek würde von
Tenstal dadurch gelegt, dass er seine zahlreiche, aus
philosophischen, mediciniscben, theologischen und canoni-
schen BEchem bestehende Sammlung, Biit AusBahme einer
Bibel und emes Psahnbuches, welche beide er sich einst
in Paris gekauft hatte, dem Stifte vermachte (S. 257,
Note 14). Sie wurde in dem Chore ^ H. Geistkirche
aufgestellt, imd, an die beiden schon genannten (S. 220—226)
öffentlichen Bibliotheken Heidelbergs sich als dritte an-
schliessend, kann sie bei der engen Verbindung des Stiftes
mit der Umversdtät audi als Universitäts-Biblioäiek be*
trachtet werden, und hörte auch nicht auf es zu sein, als
nach Einführung der Kirchen -Reformation die geistlichen
Stiftungen mannichfache Veränderungen erlitten.
Seine gröbste Zkrde ^hidt das Stift aber dnrdi dia
lateinischeH Bücher, welche Ludwig HI. demselben in
16) Die Oiiginal-Urftunde hn ÜTBiT.-Archiv Nr. 51^.
17) Pfalz. Copialk Nr. 10. F. 280, H. 306.
-seiBem Testamente vom 24. März 1436^^) unter der Be-
dmgong v^nnachte, dass sie, wie die tfaeils aus den Ein-
künften des Stiftes bereits angeschafften, theils dem-
selben durch Schenkungen zugekommenen Bücher, in dem
€hore der Kirche zum allgemeinen Gebrauche der Stu-
direnden aufgestellt werden sollten. IMe Sammlung bestand
aus lö2 geschriebenen Bänden, nämlich aus 89 theologi-
schen, 7 aus den canonischen und 5 aus den bürgerlichen
Eechten, 45 medicinischen und 6 astronomischen und
philosophischen. Diese Bücher hatte der Kurfürst theils
gesammelt, theils auf seinem Schlosse abschreiben lassen.
Das Testament des Kurfürsten wurde durch dessen
Bruder, den Pfalzgrafen Otto von Mosbach, welcher
während der Minderjährigkeit des Kurprinzen Ludwig
(1436 — 1442) Administrator der Pfalz war, auf das Ge-
naueste vollzogen. Im Jahre 1438 wurden die Bücher
der Universität übergeben, und diese stellte (18. Decem-
18) Aus dem Testamente, welches wir aus den Annall. Univ.
T. n. F. 142, b. 143, a in den Hcidelb. Jahrb. d. Literat. 1852,
Nr. 21, S. 321 ff. und in der kleinen Sehrift »Zur Geschichte d^i*
UniTersität Heidelbergc (1852) S. 26 ff. vollst&ndig mitgetheilt hftben,
heben wir Folgendes heraus: »Zum ersten so hat er alle sin
Bncher in der heyligen geschriffte^ in geystlichen und werntlichen
rechtes, in der Arczenye, die er in jsiner liberye uff d«r bürge
Gettenpuhel ober heydelberg gelegen hat uhd haben sal, dem Studio
zu heydelberg geben und gesaczt also, das man dieselben Bucher,
nachdem er von dieser weite gescheiden ist, czu dem heyligen
geiste in eine liberye, die man darinne machen wirdet, legen, und
die mit ketten und schlössen wol verwaren und versichern sal, daz
die dariime bliben, und nit dar uss in kheines huse oder gewalte
genommen ; gezogen, geleget oder behalten werden sollen, sunder
wer dar inne studiren oder daruss schriben wil, der sal in die
liberye geea, und derselben Bacher gebruchen nach natdorffte, doch
alles das in der liberye, als- TOf^geechnben stet^ hüben und nit
toruM geRonmen »oeh getragen werdea in kkein wise, es wer
dftiin, dass der hochgebora furste herezog ludw% der jung sin Sone
der bucher eins oder me gebruchen wollte, so sali man yme das
oder die eiaea manad und nit lenger lyhen, und sal er alsdann
aaeh uaegaack de» manads das oder die wider -in die liberye legen»
uad aatworten an alles Geverde.«
17*
1
260 I' Buch, L Periode, 4. Abschnitt. {1410--U36.)
ber 1438) darüber einen sehr umfassenden Revers aus,
in welchem auch die einzelnen Bücher aufgezählt sind^^).
Die Benutzung der Bibliothek war durch die Be-
stimmungen des Kurfürsten sehr beschränkt (S. 259,
Note 18). Die Bücher sollten nach seinem Willen von
den Angehörigen der Universität und den Stiftsherren nicht
anders, als in der »Bücherei«, benutzt, und nur seinem
Sohne Ludwig ein oder mehrere Bücher auf einen Monat,
aber nicht länger, nach Hause gegeben werden.
Die Universität, welche über die Aufrechthaltung der
von dem Kurfürsten Ludwig III. getroffenen Anordnungen
zu wachen hatte, setzte an demselben Tage, an dem
sie das Vermächtniss übernahm, fest, dass zunächst nur
der Rector und sieben Doctoren, nämlich drei der Theo-
logie, drei der Rechte und Einer der Arzneikunde, dann
der Decan des Stiftes, der Decan der Artisten - Facultät,
der Stadtpfarrer (plebanus ^®)) und der Stadtprediger
(praedicator oppidi Heidelbergensis) , endlich 6 Meister
des CoUegiums der Artisten die Schlüssel zu der Bücherei
des Stiftes empfangen sollten; doch war es auch andern
in Heidelberg wohnhaften Doctoren und Meistern nicht
unbenommen sein, dieselben zu erhalten, wenn sie den
Eid schwören würden , welchen die. Statuten von Jedem
forderten, der diese Schlüssel haben wollte*^).
19J Der Revers findet sich in dem Copialb. d. UniY. F. 75 sqq.
und ist abgedruckt in Act.- Palat. T. I. p. 406 ff. VergL auch
Kremer, Gesch. Friedrich's I. B. I. S. 52*4. 525. Sohn, S. 36. 37.
20) Plebanus i. e. parochus, sacerdos, qni plebi praeest.
21) Der Eid lautet: »Quodque suprascripti omnes et singuli,
quibus claves traduntur, ut praefertnr, bona fide promittant et cor»
porale praestent sacramentum , quod diligentem custodiam facient
et habebunt circa libros prefatos, dum ingressi fuerint lilnrariaoL
Et cum eos aut aliquem praedictomm ad dictos libros accedere
contigerit, et cum eis aut aliquo eorum aliquis vel aliqui non jurati
et dictos clayes non habentes excesserint yel accesserint: Ex tunc
ipse juratus , cum quo talis vel tales non jurati ad librariam acce-
Die SHfta - Biblioiheh 261
Mit grosser Strenge beobachtete die Universität die
Bestimmungen der Yermächtniss- Urkunde. Einen Beleg
dafür finden wir besonders darin, dass noch im Jahre 1463
die Bitte des Pfalzgrafen Philipp, des Enkels Lud-
wig's IIL, um die Mittheilung eines kleinen Buches aus
dem Vermächtnisse seines Grossvaters erst dem versam-
melten Senate vorgetragen und dann der Gebrauch des
Buches, genau der Ordnung gemäss, nur auf Einen Mo-
nat gestattet wurde ^^.
Die Strenge dieser Verfügungen milderte aber später
(10. December 1472) der academische Senat unter dem
Rectorat des Nicolaus von Wachenheim, mit Ge-
nehmigung des Kurfürsten F rie drich L*^) und des Bischofs
dtint, diligentem considerationem et oculum ad illum vel illos
habeant, ne libroB ant aliqaem ex eis distrahant aut quomodolibet
offendant. Nee jaratus dictam librariam exeat aut recedat, nisi
prius non juratus vel non jurati exierint et post se et illos lib-
rariam diligenter recludat et conseret. Et quod nullus juratorum,
Qt praefertor, clavem alicoi alteri persone non jorate communicet
ant concedat. Cnmqae dictam librariam aliquis ex praedictis jura-
tis intraverit, stalim eam post se recludere nee eam apertam stare
permittat fraude et dolo in promissis et quoHbet promissorum
seelusis. Insuper juramentam sub forma praedicta praestari voln-
mas Rectori umyersitatis praefate pro tempore existenti tociens
qnociens contigerit aliquem ex predictis de novo assomi, in pre-
sencia quatuor personarnm jnratarum de qnataor facultatibus, qnas
tociens qnociens oportunum fuerit, per Rectorem ad videndnm
praestari juramentüm yolnmus conyocari.« Copialb. d. Uniy. F. 80, b.
81, a. — Auf den 5 folgenden Seiten des Copialb. F. 81, b bis 83, b
stehen die Namen einer grossen Anzahl yon Doetoren und Magistern,
welche bis zu dem Jähre* 1515 diesen Eid geleistet hatten.
22) Facta etiam congregatione üniyersitaüs ad aüdiendam pe-
titionem Junioris Principis Philippi petentis commodato volumen
quoddam parrum ex bibliotheca Ecclesiae Spiritus sancti, quam
ayus ipsius Elector Ludoyicus Academiae legasset, ipsi Philippe
praedicto principi istius libri usura, sed tantum per mensem yigore
testamenti ayiti permissa fuit. Eist. Acad. ad annum 1463. Wundt,
De bibl. Heidelb. p. 14.
23) Friedrich selbst beschenkte nach einer noch yorhan-
denen Urkunde (Pfalz. Copialb. Nr. 12. F. 93, b) diese Bibliothek
mit »Zwei Bücher Katolicon«. Krem er, Gesch. Friedrich's, S. 525.
262 I' Buch. I. Periode. 4. JJbsi^iU. (1410—1136.)
Beinhard von Worms durch eine ttmftmgreiche Ver-
Ordnung über die Aufbewahrung und den Grebrauch dieser
Bibliothek. Es wurde zwar eine sorgfältige AuMcht an-
geordnet, dagegen nicht nur den Professoren, sond^n
auch den Baccalaureen und Licentiaten das Recht einge-
räumt, soferne sie gut beleumundet waren ^^), sich durch
den ordnungsmässigen Eid'^) die Schlüssel zu der Biblio-
thek zu verschaffen. Auch wurde in Erwägung des grossen
Nutzens, welcher aus dem Abschreiben der Bücher her-
vorgehe, das Ausleihen derselben zu diesem Behufe
gegen ein Pfand gestattet; die Bücher selbst aber mussten
wenigstens alle Jahre einmal innerhalb des nächsten
M(mats nach Johannistag vorgewiesen werden ^^.
Die Stifts - Bibliothek wurde bald so sehr bereichert,
dass die 5 Palte, auf welchen die von dem Kurfürsten
geschenkten Bücher nebst den sonst erworbenen lagen,
bis zu 10 vermehrt worden zu sein scheinen *'). So ver-
24) Kisi UniyerBitas ex alicujus iaordinata ^nta dietaverit co&>
trarium.
25) Der Wortlant deg Eides ist : »Ego N. J«re fideliter intrare
et exire librariam. Item naUom iatroduoere in eandein quem ad*
vero de infidelitate suspectum et si quem vel quos mecum intro*
duxero non exire ante eam yel eos 11191 alinm Jnratum librarie in
locnm meum substituerim. Insuper poat sie librariam diligent^
recludam et conserabo nee conoedam elarem vel clave« alicQi alteii
persone non jurate. Item si contingeret me ab hoc studio diseedere
animo non redeundi dam tarnen per annnm me absentare intendans
clayem seu claves ad omnes librariai Uniyersitatis pertinentes
Eectori üniTersitatis pro tempore existenti ante reeessnm meum
realiter et eum effectu tradam et assignabo fraude et dolo in pre«
missis semotis et exclusis, sie me deus adjnvet et sancti ejus.«
Wandt, De biblioth. Heidelb. p. 12.
26) Die Verordnung ist im Gopialb. d. üniv. F. 75 --80 und
abgedruckt bei Kremer, S. 469—472.
Derselben ganz ähnliche Bestimmungen wurden im gieichea
Jahre (17. December) aber die Benutzung der Bibliothek des Die*
nysianums gegeben. Pfalz. Gopialb. F. 115, b bis 117, a.
27) Die Bücher in den yersehiedenes Bibliotheken, in der der
Uniyersit&t, d^ Artisten -Facultät und des Stifts zum H. Geiste,
waren, wie aus Gatalogen und andern Nachrichten bekannt ist, nicht
KirehenschaU des B^ftea, 263
machte ihr Dr. Andreas Pfot von Brambach, welcher
in den Jahren 1479, 1483 und 1488 Rector der Univer-
sität war*®), gegen das Ende des 15. Jahrhunderts
28 Bände. Auch im Anfange des 16. Jahrhunderts erhielt
diese Bibliothek einen bedeutenden Zuwachs ^%
§3.
Kirchensehats des Stiftes,
Ausser den sehr ansehnlichen Gefällen und Einkünften,
welche dieses Stift hatte, besass es auch einen sehr reichen
Eirchenschatz, der um so werthvoller war, als er
zugleich aus Eunstgegenständen bestand. Gestiftet wurde
er von Ruprecht's III. Gemahlin, Elisabeth, welche
am 30. Juni 1411 starb und in der H. Geistkirche bei-
gesetzt wurde. Ben Schatz selbst liess der Sohn der
Stifterin, Eurfürst Ludwig III., in feierlichster Weise am
23. October desselben Jahres aus dem Schlosse in die
Kirche bringen'®). Damit derselbe ihr aber auch für
alle Zeiten erhalten bliebe, stellte Ludwig mit Zustim-
mung seiner Brüder, Johann, Stephan und Otto, im
Jahre 1411 »ufF den nechsten mandag nach sant lucas
des heyligen evangelisten tag« eine Urkunde '^) aus, worin
in Schränken aufgestellt, sondern lagen auf Pulten. Diese mussten
von beträchtUcher Länge gewesen sein, da auf manchen etliche
nnd drelssig Bücher aufgelegt waren. Gegen Entwendung wurden
sie dadurch gesichert, dass man die Codices jedes Pultes durch
eine Kette verband, und die letztere durch ein Schloss auf
dem Pulte befestigte. Das Lesen solcher angeketteten Bücher
mag gerade nicht sehr bequem gewesen sein. — Unter den jetat
noch vorhandenen Bibliotheken hat noch die Medicinisch-Lauren-
tianische Bibliothek zu Florenz diese alterthümliche Weise der
Aufbewahrung beibehalten. Wilken, S. 174. 175.
28) Schwab, P. L p. 71. 75. 76.
29) Ueber die einzelnen Bücher vergl. Wilken, S. 104. 108.
30) Eine Beschreibung der Feier gibt das Gal. acad. II. d. d.
23. October 1411.
31) Pfölz. Copialb. Nr. 61. F. 176 — 181.
264 L Buch. L Periode. 4. JbschniU. (1410—1436,)
der ganze Eirchenschatz mit allen Beliquien Stuck für
Stück verzeichnet, und die Bestimmung getroffen ist, dass
er unter vierfachem Verschluss in der H. Geistkirche ver-
wahrt werden solle. Den einen Schlüssel hatte der
Stiftsdechant , den andern der Gustos (Thesaurius), den
dritten der Haushofmeister der Pfalzgrafen und den vierten
der Bürgermeister von Heidelberg, welche den Kirchen-
schatz persönlich und gemeinschaftlich auf- und zuschliessen
mussten und darauf beeidigt waren. Zu noch grösserer
Sicherstellung erklärte der Kurfürst Ludwig, dass die
Bürgerschaft zu Heidelberg nur dann seinen Nachfolgern
den Huldigungseid ablegen sollte, wenn sie zuvor urkund-
lich gelobt hätten, den Kirchenschatz nach den ausge-
sprochenen Bestimmungen zn erhalten und zu verwahren*^.
Mone gibt, mit Weglassung der Beliquien, ein aus-
führliches Verzeichniss der in diesem Kirchenschq,tze be-
findlichen Kunstgegenstände, als einen Beweis von dessen
Mannichfaltigkeit und Reichthum. Unter den Reliquien
befindet sich ein Span vom Kreuze Ghristi und ein Stück
vom Rocke desselben, beide in Kristall gefasst^*).
Als die Reformation in der Pfalz sich ausbreitete,
kam der Kirchenschatz in die Kunstkammer des Schlosses,
wo er verblieb, bis ihn die Franzosen in den die Pfalz, Stadt
und Schloss zerstörenden Kriegen hinwegschleppten.
32) In dem Pfalz. Copialb. Nr. 24. F. 203 ist noch eine Ver-
Bchreibung des Eorfürsten Ludwig Y. an die Stadt Heidelberg
fttr die aus der Stiftskirche genommenen Kleinodien und Monstranzen
vorhanden, welche er wegen des Bauernkrieges (1525) der grösseren
Sicherheit wegen auf das Schloss bringen Hess.
33) Mone, Anzeiger f. Kunde d. deutschen Vorzeit. Jahrg.
1835. S. 255—258. Pfalz. Copialb. Nr. 61. F. 178.
DeehtmledesSitfts. remmd.d.JBlink.BMhegeh. St^efäUe. 265
§4-
Dechante des Stiftes. Durch die Kirchenre/ormation
herbeigeführte Verminderung der Mnkünfte. Drei
Canonictde als Ruhegehalte für emeritirte Professoren.
Ueberweisung der Stiftsgefälle an die geistliche
Güter ^ Verwaltung.
Der erste Decbant dieses Stiftes war Jauer (S. 255,
Note 8). Als Nachfolger von ihm werden genannt: Johann
Truzenbach, ' Konrad von Gummeringen, Se-
bastian von Pforzheim, Conrad Michaelis von
Buzbach, Jacob Hartmann, genannt Wallsporn,
Jodocus Brechtel von Rohrbach, welcher im Jahre
1510 starb. Hesshus nannte sich zwar noch im Anfang
der Regierung Friedrich' s HI. Dechant des Stiftes zum
H. Geist; es war dieses aber nur ein Titel, da das Stift
als solches nicht mehr bestand**).
Durch die Eirchenreformation unter dem Kurfürsten
Otto Heinrich (1556 — 1559) verlor das Stift den
grössten Theil seiner Einkünfte. So wurden die vom
Papste Bonifacius IX. damit vereinigten Präbenden zu
Worms, Speyer, Neuhausen und Wimpfen im Thale VDn
den Stiftern, welche die Gefälle zu entrichten hatten, zum
grössten Nachtheil der Universität, entweder ganz oder
theilweise verweigert.
Drei schon früher der Universität einverleibten Ca-
nonicate überliess Otto Heinrich durch Verfügung
vom 15» Februar 1557 derselben, um sie alten ver-
dienstvollen Lehrern als Ruhegehalte anzuweisen*^). Die
34) Wundt, Mag. B I. S. 1. 2.
.35) Aus der von dem Kurfürsten der Universität darüber zu-
gestellten Urkunde heben wir Folgendes hervor: »Und als auch
ihr bisshero Im Bapstumb drey Präbenden im Stifft zum hailigen
Gaist zu conferiren gehabt, So wollen wir zu mehrerem aufnemen,
gedeyen, vnd wolfarth vnserer Universität hiemit gnediglich be-
266 I' Biiu^, L Periode, 4. M9<^iU. (141(^143$,)
übrigen noch flüssigen Gefälle des Stiftes flössen in die
geistliche Güter-Verwaltung *^.
§5-
Die Kirche zum H. Geist
Die Kirche, früher Capelle, zum H. Geist, mit welcher
dieses Stift verbimden war, ist sehr alt. Schon im Jahre
1239 kommt sie in einer Schönauer Urkunde vor. Durch
diese vermachte die Wittwe des Heidelberger Bürgers
Markolf, Namei^ Hildegund, ihre an dem Neckar
in der Nähe der Stadtmauer gelegene Mühle dem Elost^
Schönau unter der Bedingung, dass die dortigen Mdnche
inUigen ynd zttlassen, das nbim hinftirbass die gefeU solcher dreyer
prebenden tnd canonicat, zu dem alten Fisco üniverBitatis dhienea
Ynd eingezogen, auch bei der Uniyersitet ewiglichen yerbleyben, Der-
gestalt who etwa alte betagte professores vnd Begenten, welche
der Schnei loblich ynd Nntzlich fflrgestanden, ynd aber alters oder
Leibs Ynyermogens halb nit mher fnr sein konnten, das dieselbige
Jder zeit, auf empfangenen bericht, wies mit Inen beschafFen, mit
dieser Canonicat ynd prebenden einer yon euch die Zeit ihres
lebens oder so lang yor guet angesehen wurdet, mit ynserm oder
ynser erben fnrwiasen, begabt ynd bedacht werden mögen.« Annall.
Univ. T. VII. F. 266» a.
In derselben Urkunde wurde dem Heinrich Stolo ein Ca-
nonicat »sammt der zugehörig Behausung« auf Lebenszeit yerliehen,
doch mit der Bedingung, dass er »sein lectur noch ein Jar, zwei
oder drei, so lange ihm gelieben wurdet, versehe vnd derselben
Lecturn gefelle neben dem andern sich als lang er der Lector fOr-
steen wurdet auch gebrauchen soll.« Dasselbe Canonicat hatte
vorher Johann Seitz als Professor emeritus. Ibid. F. 356, b.
Die Eingabe des Bectors und der Universiät an Otto Heinrieh,
in welcher Stolo zu diesem Canonicat empfohlen wird, s. ebend.
F. 225, a ff. Ueber die weitern Verhandlungen vergl. dort F. 241, b.
245, a. 254, a.
36) Die Gefälle und Güter der eingezogenen Stifter und Klöster
wurden in Eine Masse geworfen, und ans ihnen »zur Erhaltung
der Kirchen und Schulen und andern milden Sachen«
cm Centralfond unter dem Namen »Geisfliehe Gflter-Verwal*
tnng« gebildet. Neueste BeHgionsverfass. d. Beform. S. 133 ff.
Wundt, Pfalz. Kirchengesch. S. 51.
Die Kirthe tum H. CMat. 267
dieser Gapelle zum Bebufe eines evrigen Lichtes jähr-
lich das erforderliche Oel verabreichen sollten®^). Dass
in dersdbeo bei der feierlichen Eröfihung der Universi-
tftt (1386) ein feierliches Hochamt und die Leidienrede
auf Marsilius gehalten wurde^ ist schon (S. 129 u. 220)
mitgetheilt worden. Das hohe Alter der Kirche steht
deshalb nicht in Frage; wohl aber herrscht eine VBr-
Bchiedenheit der Ansichten darüber, wer der oder die
Erbauer der jetzigen Heiliggeist-Eirche gewesen
sind»«).
Auf historische Zeugnisse gestützt, glauben wir als
ausgemafebt annehmen zu dürfen, dass Kurfürst und König
Bup recht in. den Grund zu dem jetzigen Gebäude gelegt
und dasselbe grossen Theils ausgeführt hat ''). Spricht die
(S. 251, Note 54) angeführte Inschrift dafür, so hebt das
seinem Vater von L u d w i g III. gesetzte Grabdenkmal jeden
Zweifel. Früher befand es sich auf hohem Postamente
vor dem Hochaltare, jetzt aber ist es in der Scheidewand
der Kirche eingemauert und zwar so tief, dass sogar die
Inschrift zum Theil verdeckt ist. Auf dieser wurd Ru-
precht III. »hujus sacrae aedis institutor« genannt. Einen
weiteren Beweis liefert der in der Mitte des Hauptge-
wölbes über dem Altare angebrachte Reichsadler, welcher
auf Ruprecht III. als deutschen König deutet.
Mit der Kirche gründete König Ruprecht auch
zugleich die fürstliche Familiengruft, in welcher er und
seine Nachfolger in der Kurwürde bis zum letzten Spröss-
linge des Kalz-Simmerischen Geschlechts, dem Kurfürsten
Karl (t 1685), beigesetzt wurden*®). Ruprecht I. fand
37) Die Urkunde ist bei Gnden, SyUog. var. diplom. p. 193.
88) PareuB, Bist. Pal. p. 174. Tolner, Bist. Palat. p. 61.
Zeiler, Topogr. p. 24. Freher, Origg. Palat p. 104. Acta Palat
T. I. p. 882. Kays er, Heidelb. B. 88.
39) Nach Andern legte schon EnrftlrBt Ruprecht I. den
Grund. Mejeger, Heidelb. Sohloss, S. 6.
40) Die Inschriften der Grabdenkm&ler sind bei Adami,
p. 1 sqq.
268 -f* ^<^^* I' Periode. 4. ÄbaehnUt. (1410—1436.)
in Neustadt (S. 179) und Ruprecht II. in Schönau
(S. 219) seine Euhestätte.
Das Chor in der Kirche wurde im Jahre 1400, noch
unter Ruprecht III., ausgebaut und das Langhaus von
seinem Sohne Ludwig III. schon im Jahre 1413 seiner
Vollendung nahe gebracht.
Die nachfolgenden Kurfürsten zeigten einen gleichen
Eifer für den würdigen Ausbau dieser Kirche, und da es
besonders zur Vollendung des Thurmes an den nöüiigen
Mitteln fehlte, so war Friedrich I. diese herbeizuschaffen
bemüht*^). Doch scheint der Thurmbau, nachd^n das
Langhaus schon fräher vollendet worden*^, erst unter
dessen beiden Nachfolgern, Philipp und Ludwig V.,
beendigt worden zu sein, da eine Inschrift das Jahr 1508
bezeichnet, in welchem man zur Vollendung des Thurmes
schritt*^).
§ 6.
Theilnahme der Universität an der Kirchenverscmamr
lung in Constanz. Johann Hus und Hieronymm
von Prag 1414.
Die Beseitigung des schon seit längerer Zeit bestehenden
kirchlichen Schisma und die so genannte Reformation der
Kirche an Haupt und Gliedern waren schon längere Zeit
eine wichtige Sorge der angesehensten Theologen, Pete r' s
von Ailly, Canzlers in Paris, und seines Nachfolgers,
Johann Gerson's, so wie Nicolaus von Ciamenge' s,
(1393 Rectors der Universität in Paris), Heinrich' s von
41) Tolner, Add. p. 117.
42) Schon 1487 wurden die Plätze zwischen den Str^epfeilem
an der Kirche von dem Stifte an die Stadt verkauft (Pfalz. Ckh
pialb. Nr. 18. F. 156. 158). Diese gab sie an verschiedene Gewerbe
in Erbpacht, ohne sie später wieder einzulösen. Die Plätze worden
zu Lädchen (Erambuden) benutzt, was sie jetzt noch sind.
43) Ausführliches findet sich in der Beschreibung und Gesch.
der H. Geistk. in Heidelberg. Herausgeg. von Leupold (1853).
KirchenversammhinCkmsiemz. Hu8U.Hieronffmu$v.Pr<ig, 269
Langenstein in Wien u. A. **). Aber alle Versuche,
Einigkeit und Ordnung in der Kirche herzustellen, waren
umsonst. Da gewann man die üeberzeugung , dass kein
anderes Mittel übrig bleibe, als eine allgemeine Kirchen-
Versammlung *^). Die meisten Cardinäle von beiden
Theilen vereinigten sich in dieser Absicht und vertraten,
auf das Gutachten einiger Universitäten, zu Pisa (1409), in
Gemeinschaft mit einer grossen Anzahl von Bischöfen und
Prälaten, von Abgesandten der Staaten*^ und von Doc-
toren der Universitäten aus verschiedenen Ländern —
doch war die Universität Heidelberg nicht eingeladen
worden — die allgemeine Kirche, setzten die beiden
damaligen Päpste Gregor XII. (Angelus Corarius) und
Benedict XIII. (Petrus de Luna) ab und wählten aus
ihrer Mitte Alexander V. zum Papste*^. Statt zweier
Päpste hatte man jetzt drei; denn obgleich die meisten
Länder Alexander V. anerkannten, so hatte Gregor XII.
noch Neapel, mehrere kleinere Staaten in Italien und die
deutsdien Bischöfe von Trier, Speyer und Worms auf
seiner Seite, Benedict XIIL aber Spanien und Schott-
land. Alexander starb jedoch schon im Jahre 1410
und Johannes XXIII. (Balthasar Gossa) wurde dessen
Nachfolger **).
44) üeber die Stellung der üniyersität Paris zu den damaligen
kirchlichen Verhältnissen und über Langenstein vergl. Hart-
wig, Leben Langenstein's.
45) Wessenberg, Die grossen Kirchen - Versammlungen des
15. u. 16. Jahrh. B. II. S. 3 ff. (»Die zunehmende Zerrüttung der
Kirche ruft nach Reform c.)
46) Von Ruprecht III. wurde Bisehof Matthäus yon Worms
yeraalasst, nach Pisa zu gehen. Uli mann, Joh. Wessel S. 838.
Dass Ruprecht an der Wiederherstellung des Friedens und der
Einigkeit sehr viel gelegen war, beweist sein Brief an die Züricher
in Simmler's Samml. alter u. neuer Urkunden z. Beleuchtung der
Eirdiengesdi. Tbl. L S. 15 ff.
47) üeber das Concilium in Pisa yergl. Wessenberg, S. 53.
48) Henke, S. 844. G i e s e 1 e r , Eirchengesch. B. II. Abth. 4.
S. 8 ff . Vierordt, B. I. S. 8 ff. — In diesen Werken sind auch
die QueUen genau nachgewiesen.
270 I' Buch. L Periode, 4. Abaehmtt. (U10-'14a^)
Da nun in Pisa der beabsichtigte Zweck, Ein^keit
und OrdAong in der Kifche herzustellen, nicht erreiefat
wurde, so richtete man die Aufmerksamkeit wieder ^
eine aBgemeine Kirchen -Versammluug, welche Ton einer
höheren Gewalt unterstützt und weniger Öbereilt werdet
sollte. Kaiser Sigmund, Buprecht's SL Nachfolger
(1410), wurde durch die Stimmen der ganzen Christenheit
aufgefordert, das grosse Werk zu Stande zu bringen, und
es gelang ihm, den Papst Johann XXIIL zu besümmm,
ein allgemeines Concilium nach Gonstani^') zu berufen ^^« .
Der Kaiser traf in den letzten Tagen des Jahres 1414
in dieser Stadt ein. In Heidelberg war er am 7. September
angekommen ^^X von wo ihn der ihm sehr ergebene Kur-
fürst mit j200 Lanzen nach Aachen zu der auf den 8. No^
49} Die oft Yorkommende Benennang Gostnitz für Gonstanzy
welche sich seit der Zeit des Constanzer Conciliums durch die
Böhmen und ihre Schriften gestaltet und ausgebildet hat^ ist töHig
undeufesch und gehört der slayisehen Zange an, wie LigiiiK Im
ganzen Mittelalter heisst die Stadt m den Urkunden Costenz und
Costanz (mit Auslassung des Buchstaben n, wie kosten von constare
und! mustern von monstrare). Erst im 18. Jahrhundert kommt
da» Wort wieder obae Verkarsan^ als Constanz yof. Ben NameH
hat die Stadt wahrscheinlich von dem Kaiser Gonsta^ntius Ghla«
rus oder seinem Sohne Gons tantin dem Grossen. Der älteste
Theil der Stadt besteht ans) der Insel, auf weicher ein Bomisches
Castell war. Ei sei ein, Geach. d. Stadt Gonstan^r S. 2 ff. Doeli*
yergl. auch Marmor, Topographie der Stadt Gosstanz^ S. 5 ff.
.50) Wessenberg, S. 71 ff. Marmor, Dae GoncH zu Gon- .
stAiiz und desden Fahrev durch das alte und neue Gonstana.
51) Dem Kaiser war Ludwig mit »einen beiden Brtidiern,
dmi Pfakgrafeui Stephan und Otto, entgegengeaogen^ und hatte
ilm auf seine Kosten den Wmxi yon Btrassbuig hilt«b bis S)peyer
fahren lassen« Am 7. September, wo der Kaiser seinen Eintufr in
Heidelberg hielt, wuvde er Ton dem Kurfftarflleny der Geistiishkeit
und der Untvetsität. auf das FeierUcfaste empfhagen« AasfAhriidiei
berichtet darüber das Gal. acad. IL d. d. 7. Septsmber 1414
Leodins, De yita^ Friderid IL p. 30i; 902. Die Einladimg an
die Professoren und alle Mkglieder 4ier Universitilt zum Emplange
dfta Kaisers Ml der Kirehe zu» HL Geist ist im Gopialbi d. üniv.
F. 17, b.
ZtrcfcflHMgrwintirf. in CamiUmg, Hus u, BierimymuB 9, Frag, 271
Tember festgesetzten Krönnng begleitete ^^. Etwas später,
als der Kaiser, in den ersten Tagen des Jahres 1415,
langte auch der Kurfürst in Gonstanz an. In seinem
Oefolge befanden sich Pfälzische Edle ans den meisteD
bedeutenden Geschlechtern: vcm Hirschhorn, Sickin*
gen, Bosenberg, Helmstädt uoid viele andere.
Von der UniTersität Heidelberg^') wohnten unter
Anderen dem Goneilium bei: Jauer und Susato,
Doctoren und Professoren der Theologie, Jacob Molher,.
Magister der Theologie, Heinrich Erenuels und Job
Vener, bade Doctoren der Jurisprudenz, Johann
Scharpff, Ldcentiat der Jurisprudenz^^). Die Namen
dieser Männer Terdieaien aber um so mehr angefahrt zu
werden, als der Kurfttrst, welcher hi der Eigenschaft des
kaiserlidien Stellvertreters und als Reiehsrichter dem
Concilium anwohnte, und f&r Alles, was die ^ch^hett
mid öffentliche Ordnung anging, zu sorgen hatte ^^), in
kirchlichai Dingen nichte ohne ihren Kath unternahm ^^.
Hierbei hab«i wir noch besonders m erwähnen,
dass das grösste Ansehen auf diesem, wie auf dem Basler
Condlium, nicht die vielen Hunderte von vornehmen
G^stlicben, welche dort zusammen gekommen waren^
hatten, sondern die Gelehrten ana allen Ländern Ewropa'Sk.
An sie wandten sich die Väter des Condliuma in allen
Angelegenheiten, es mochten Disputationen zu halten,
Cfesandte an Fürsten und Päpste zu schicken, Briefe an
52) Schlosser, Weltgesch. B. IX. S. 134 f. Wessenberg^
8. 75 ff. Ueber Sigmund Tcrgl. dessen Gesch. von Aschbach.
5^) Ueber die Theibiahme der Universität Erfurt am Concilium
yergl. Kampsehulte, Die Uböt. £rf«rt Th. I. S» 12 ff.
54) In einemis Annan. Univ: T. L F. 109, b unter d^AuAehrift: >Le-
gt/do ümversitatit ftd GondMum GonstantienM« aolbewalcten Acten«
Stacke shid/die näheren Beitimniuagen fto die dat Goncyiumbeiucfaen«
den Mitglieder der Universit&t enthalten. VglauchHausses, S. 272 ff.
66) We90enberg, a 119. \M.
ö#) J u ng, Acad. Heidettiu act^ ad ooacü. Const Baal Florent .
p. XO. B^tting^er,. Colleg. Sapient restitok. p. d« 53.
272 i' S^^' ^' Periode. 4. MschmU. (UlO^uaß.)
erlauchte Personen zu schreiben oder Berathschlagung^
vorzubereiten oder zu leiten sein*^).
Johann XXIU. eröfihete am 5. November 1414 das
Concilium mit allen päpstlichen Ehren; aber das lieber-
gewicht der italienischen Stimmen, welches auf den früheren
Synoden stets zu Gunsten der Päpste gewesen war, verlor sich
alsbald durch den Beschluss, dass nach Nationen gestimmt
werden sollte. Bei dem allgemeinen Wunsche, das Schisma
-zu beseitigen, machte sich sogleich die Ansicht in der
Versammlung geltend, die Beschlüsse von Pisa, auf wel*
chen Johann's XXIII. Rechte ruhten, aufzuheben und
alle drei Päpste zu freiwilliger Abdankung zu bewegen»
Johann XXIU. sah sich genöthigt, als eine schwere
Anklage eine Untersudiung gegen ihn herbeizuführen
drohte, am 2. März 1415 seine Abdankung zu versprechen,
machte aber durch seine plötzliche Flacht seine Sache
nur schlimmer. Es folgte eine Reihe kräftiger und
entschiedener EntSchliessungen über die Rechte eines
allgemeinen Conciliums imd über des Papstes pflicht-
mässige Unterwürfigkeit unter dasselbe. Der entflohene
Papst wurde auf seiner Flucht ergriffen, und, als man ihn
?deder eingebracht hatte, ein förmlicher Griminalproz^ ge-
gen ihn erhoben, welcher mit seiner Absetzung endigte^^.
Der zweite Papst, Gregor XII., dankte freiwillig ab.
Der dritte aber, Benedict XIII., war dazu nicht zu be-
wegen. Indessen erklärte man ihn für abgesetzt und
schritt am 11. November 1417 zu einer neuen Wahl,
welche auf Martin V. (Otto von Colonna) fieP*). Sie
57) Launoi, Hist. CoUeg. Nayarr. T. I. p. 126.
58) Johann XXIII. war erst zu Heidelberg, dann zu Mann-
heim in Gewahrsam, erkaufte sich for 30,000 Qoldgolden U18 die
Freiheit und starb als Cardinal -Bischof zu FrascatL YergL auch
Gieseler, S. 22 ff.
59) Das »Instrumentum publicum de Electione et Coronatione
Martini y. promulgata et ab Academia Heidelbergensi acceptata«
ist abgedruckt bei Jung, p. 26';*d0. Die Bulle, in welcher Mar-
Kirchemenamml. in CanHang. Hua «. Hieronymm v. Prag. 273
wurde tob den 23 Gardioaien imd 30 andern Wählern
vollzogen, welche letztere man blos fiir die jetzige Wahl
hinzufügte, und zwar aus jeder der 5 (der deutschen,
engßseben, französischen , spanischen und italienischen)
Nationen 6, wobei sich unter den Deutschen auch Su-
sato be&nd*^.
Der gewünschte Eirchenfriede schien nun ilnsserlich
hergestellt. Benedicts XUI. Widerstand war sdiwacb,
und, als nach dessen Tode (1426) der statt seiner ge-
wählte Papst Clemens YIII.^^) (1429) nachgab, so hatte
damit das kirddiche ScMsma sein Ende erreidit^^.
Was nun insbesondere noch einzelne Professoren der
Universität Heidelberg betrifft, wddie dem Concilium bei-
wehnten, so ist neben Susato^^) besonders Jauer zu
erwähnen. Er war einer der ausgezeichnetsten dort an*
wesenden Theologen**), und, als darüber verhandelt wurde,
ob, bevor man zu andern Verhandlungen übergehe, zuerst
ein Papst' gewählt werden müsse, so fiel auf ihn die Wahl,
im Namen des Kaisers und der deutschen Nation in d^
Versammlung dafür zu sprechen, dass man vor der Papst-
wahl die Reformation der Kirche wolle. Er that dieses
auch am 3. October 1417*^), ohne jedoch seinen Zweck
tin y. der Universität seine Wahl mittheilt, ist noch im Original
(UmT.-Arch. nnter Nr. 106) yorhimden.
60) Vierordt, B. I. S. 8.
61) Von dieser Wahl setzte der Papst* Martin Y. am 15. Sep-
tember 1426 die üniversit&t in Eenntniss. In ihrer Antwort vom 18.
September widerholte sie das früh^ (1417) schon gegebene Gelöbniss
des Gehorsams und der Unterthänigkeit Die betreffenden Acten*-
Stacke sind bei Jung, S.31.33. Yergl.auehAnnall.Uniy. T.II. F.54.
62) Henke, S. 349.
63) Ex facultate sacra Heidelbergensi (1417) concilio Constan-
tiensi (Sasato) eximia tum sni tum Academiae nostrae commenda-
tione interfuit atque egregiam ecclesiae operam locayit. Schwab,,
P. I. p. 24.
64) Schwab, P. I. p. 32. 33. Yierordt, S. 7 ff.
65) YanderHardt, conc. Constant. corp. Actor. T.IY. p.45;
Aus der Bede selbst theilt Yierordt S. 7 den Hauptinhalt mit.
Haute, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 18
274 L Buch. I. Periode. 4. AhschmU. (lUO-^^lUe.)
ZU erreichen. »Alles«, klagt der damals lebende Chronist
Dacher, »was der Kaiser Sigmund auf diesem Con-
cilio von der Pfafifheit erwirken konnte, ist das Bekennt-
niss ihrer vielen Gebrechen und Fehler. Die Hinrichtung
des Johann Hus und Hieronymus von Prag abge-
rechnet, hat man weiter nichts wahrgenommen, als Messen,
Segen austheilen, Prozessionen. Das Concilium ist zer-
gangen und kein Reformation gemacht worden, wie der
König in Deutschland gewollt und begehrt hat« ^^.
In wie weit die Heidelberger Professoren sich an dmn
Ketzerprozess gegen den edeln Zeugen des Evangeliums,
Johann Hus, betheiligten, welcher, nachdem er am 3.
November 1414 in Constanz eingetroffen war, trotz des
ihm vom Kaiser Sigmund versprochene Sicheren Ge-
leites, am 6. Juli 141Ö zum Feuertode verurtbeiit und
verbrannt wurde ^0, lässt sich aus unsem Acten nicht er-
66) Dacher bei Vierordt, 8.8. Eiselein, Gesch. v. Const.
S. 41. Menzel (Gesch. d. Deutschen S. 477) spricht sich über
Sigmund also aus : »Kaiser Sigmund zeigte sich iin Allgemeinen
auf dem Gondlium zu Gonstanz mehr eitel als thatkräftig. Als er
vor dem Goncilium sagte: »Dato operam, ut iUa nefanda schisma
eradicetur«, und ein Cardinal ihm zurief: »Domine, schisma est
generis neutriusc, erwiederte er: »Si supra leges sumas, quare
supra Grammaticam esse non possumus?« Wimpfeling, Remm
Germanar. Epitome p. 148. Ebendort p. 149 sagt derselbe:
»Sigismundum latinum et sapientem fuisse.« — Die Sitten-
losig keit war auf diesem Concilium, besonders weil die Krank-
heit der bösen Blattern oder Franzosen (lues Venerea) noch schlum-
merte, sehr gross. Da eher hatte von seinem Herrn, Herzog
B u d 0 1 p h von Sachsen, den Auftrag erhalten , mit Burkhard
von Haggelbach, »der guot zu solchen • Sachen was < , nadizu-
forschen, wie viele »gemaine frawen« in Constanz wären. Da fand
er 700 und wollte »nit mehr suochen«. Nach Dach er' s weiterem
Berichte hat auch ein Constanzer BOrger seine Frau den Canzlem
des Kaisers um 500 Gold gülden preisgegeben und sich für diesen
Lohn ein Haus gekauft. — Eine« Buhlerin soll sich mit ihrem Ge-
werbe 800 fl. während des Concils verdient haben. Eiselein, S. 64.
— In dem Univ.-Arch., Nr. 321, findet sich ein Reimspruch über
dieses Concilium, gedichtet von Prise buch von Augsburg, einge-
fügt in die »ReimbibeU.
67) Sehr interessante Mittheilungen über -Hus und Hierony-
Kirchenvirsamiml, in Canstane, Hua u. Hiaranymus v, Frag. 275
mitteln. Eben so wenig ist dieses bei Hieronymus
von Prag der Fall, welcher am 30. Mai 1416 dasselbe
Schicksal erlitt, welches Hus betroffen hatte ^^). Das
aber scheint glaublich, dass die Väter des Conciliums
meinten, die Flamme, in welcher Hus und sein Freund
ihren Tod fanden., werde Einheit, Ruhe und Friede in
die Kirche zurück bringen ^^.
Das gegen Hus ausgesprochene ürtheil hatte der
Kurfürst von der Pfalz, Ludwig III., als Reichsrichter,
zu vollziehen. Diese Haadlung wurde von dessen prote-
stantischen Nachkommen anders, als von ihm und seiner
Zeit, angesehen. Der letzte kinderlose Sprössling der
Heidelberger Kurlinie, Otto Heinrich, mit welchem
mus finden sich bei Tomek, S. 103 ff. Die Universität Prag
trat 1417 ofifen gegen das Goncilium zu Gonstanz auf, und in Folge
des von ihr in demselben Jahre bekannt gemachten Zeugnisses
über Busses Lebenswandel wurden er und Hieronymus von
dem ganzen Volke, welches der neuen Lehre anhing, für heilige
Märtyrer gehalten und als solche verehrt. Ebend. S. 105. 106.
Vergl. auch Wessenberg, S. 120 ff. Eiselein, S. 42 ff. Eben-
dort: »Martin Luther' s, des Deutschen von echtem schrot und
körn, gedanken über die brieve des Johannes Hus« S. 93 — 97.
Schlosser, B. IX. S. 140 ff. Genaue Nachweisungen über H u s s e s
und Hieronymus' Herberge, Gefängniss, Verbrennung s. bei
Marmor, Topogr. von Gonstanz S. 31. 89. 100. 123. 137. 180. 181.
Vergl. auch dessen Goncil zu Gonstanz S. 47 ff.
An demselben Tage, an welchem Hus s es Todesurtheil ge-
sprochen worden, wurden auch seine Schriften verbrannt, wobei
der vorher seiner geistlichen Würden beraubte Mann zusehen
musste. Marmor, Topogr. S. 294. 305. Noch führen wir an,
dass nach öffentlichen Blättern Professor Höfler in der k. k.
Bibliothek in Prag ein Bruchstück eines von Hus in Gonstanz
geführten Tagebuches aufgefunden hat, von welchem wir jedoch
keine nähere Eenntniss haben.
68) Die Erbitterung gegen Hieronymus war noch grösser,
als die gegen Hus, weil die Pariser, Cölner und Heidelberger
Theologen, deren Vorlesungen er besucht hatte, ihn wieder erkann-
ten und ausriefen: »Dieser Mann sei von jeher zu jeder
Hederoxie geneig4; gewesen«. Schlosser, B. IX. S. 140.
Kortüm u. Reichlin-Meldegg, Gesch. Europa's, B. II. S. 20.
69) Wessenberg, S. 167.
18'»
276 I' J^wcÄ. J. Periode. 4. Jhschnitt. (lilO-^USe.)
Ludwig's in. Stamm erlosch, betrachtete es als Gottes
Fügung und gerechte Strafe,
»dasB der Stamm yerdorrete, desseo Orflnder sich mit dem
Blnte eines Zeugen der Wahrheit befleckt habe« '*).
Vom KaiBor aber sagt Wessenberg^^):
»Die schwerste Schmach fiel auf Sigmund's kronom-
strahltes Haupt; die Folgeeeit hat sie nicht von ihm weg-
genommen. Der oberste Schirmherr der Kirche yergass, dass
er es für den geringsten wie für den höchsten Würdeträger
in ihr sein müsse, und dass er zwar auch den verkehrten
Zeitgeist beachten, aber doch aber ihm stehen solle, um Ach-
tung zu gebieten. Er lieh den ScheingrOnden des hohen
Klerus und der Weltlichgesinnten geneigtes Gehör, versagte
es aber den triftigsten Vorstellungen der böhmischen und
mährischen Edeln , welche ihm schriftlich und mündlich zu
Gemüthe führten: was aus Treu' und Glauben werden solle,
wenn er seinem Königsworte nicSit Geltung verschaffe.«
Marmor^*) spricht sich dahin aus:
»Hätten Kaiser und Concilium die geringste Anlage eines
prophetischen Geistes gehabt, so würden sie leicht haben
voraussehen können, dass aus der glühenden Asche yon
Büchern und Gebeinen im weitentfemten Böhmerlande ein
langer, blutiger und grausamer Krieg entstehe, und dass
1500 eingeäscherte Dörfer und 100 Städte und Burgen ein
helleres Feuer geben, als ein paar Bticher und wenige Kleider
zweier Märtyrer ^•)«.
§7.
Die Theilnahme der Universität an der Etrchenver-
Sammlung in Basel, Reichstag zu Nürnberg.
Nach einem in Constanz gefassten Beschlüsse wurde
in Pavia und Siena (1423 u. 1424) ein aUgeioeines Con-
cilium abgehalten. Weil dieses aber ohne alle Bedeutung
70) Alting, Hist. eccles. Pakt p. 168. 169. Struv, Pfölz.
Kirchenhist. S. 67. 68. Häusser, S. 279. 649.
71) A. a. 0. S. 176. 177. 178.
72) Topographie, S. 305.
73) Dass der staatskluge Ganzler des Kaisers, Caspar 81 ick,
den Treubruch missbilligte und jede ojffene Gewalt widerrathen
habe, ist noch nicht erwiesen. Eiselein, S. 74.
Kircheuveirsaimmlung in Basel. Bekhaiag gu Niimberg, 277
und Wirkung gewesen war, so wurde in Siena die Berufung
eines öcumenischen Gonciliums beschlossen, welcbes (1431)
in Basel eröfbet werden sollte. Dort wollte man das in
Constanz begonnene Reformationawerk vollenden. Papst
Martin V. war damit einverstanden und «rtheilte (I.Fe-
bruar 1431) dem Cardinale, Julianus Cesarini, die
Vollmacht, als ^päpstUcher Legat dem Goncilium vorzu-
sitzen. Doch starb Martin V. schon am 20. Februar,
und Eugen ius IV. bestieg am 3. März den päpstlichen
Stuhl '*). unterdessen versammelte sich zwar das Concüium
in Basel, aber so langsam, dass es anfangs schien, es
werde eben so unbedeutend bleiben, wie das frühere zu
Siena. Doch wegen der Hussitischen Unruhen, welche
auch Deutschland in ;nehrfacher Hinsicht bedrohten, nahm
das Concüium eine selbstständigere Haltung an, die sich
zuerst in der Anknüpfung von Unterhandlungen mit den
Hussiten kund gab. Dadurch aufgeschreckt, wollte der
Papst das Concüium aufheben; aber selbst der demselben
versitzende Cardinal - Legat Julianus widersprach ihm,
und der in Constanz unbefriedigt gebliebene Reformations-
eifer erwachte jetzt in Basel mit erhöheter Lebhaftigkeit.
Ohne des Papstes zu achten, eröfiftiete sich die Synode
am 14. December 1431 feierlich, erneuerte die Constanzer
Beschlüsse über die Würde allgemeiner Concilien, entbot
den Papst und die Cardinäle zu sich, und fing an, sich
in jeder Beziehung als höchste kirchliche Behörde geltend
zu machen. Durch die allgemeine Beistimmung ermuthigt,
ging das Concilium bald von Ermahnungen zu Drohungen,
und alsdann zu einem gerichtlichen Verfahren gegen den
Papst über. Dieser schien zwar anfangs hartnäckig wider-
stehen zu wollen, allein »durch die politischen Verhältnisse
in Italien bedrängt und von einem grossen Theile seiner
Cardinäle'verlassen, musste er sich dennoch entschliessen,
in Allem nachzugeben, und die päpstlichen Legaten wurden
74) Wessenberg, Th. II. S. 271 ff.
278 I' Buch. L Periode. 4. AhschniU. (1410—1436.)
erst dann zum Vorsitze zugelassen (26. April 1434), nach-
dem sie sich den entschiedenen Massregeln des Conciliums
zur Sicherung seiner Unabhängigkeit gefügt hatten'*).
Dieses Concilium durch Abgeordnete zu beschicken,
schien die Universität Heidelberg, ohne dass aus den
noch vorhandenen Acten die Gründe zu ersehen sind,
nicht geneigt. Da sie jedoch nicht nur im Allgemeinen
in hohem Ansehen stand , sondern auch besonders
Sigmund grosses Gewicht auf die Einsicht und Ge-
lehrsamkeit ihrer Professoren legte '^, so wandten
sich, um sie zur Theilnahme an dem Concilium zu be-
wegen, bevor noch die Sitzungen eröffnet waren, unter
dem 12. April 1431 die bereits dort eingetroffenen Ab-
geordneten der Universität Paris (Universitatis studii Pari-
siensis ad generale concilium Ambassatöres) mit einem
Einladungsschreiben an sie ; eine gleiche Einladung schickte
der Präsident des Conciliums, Cardinal-Legat Julianus ''^.
Diesem folgte (16. Februar 1432) eine Einladung von
dem Papste Eugenius IV. und (4. April 1432) von dem
Kaiser Sigmund selbst.
In Folge dieser Einladungen beschloss die Univer-
sität am 19. April 1432, auch von ihrer Seite Abgeord-
nete nach Basel zu schicken, und sofort wurden die Theo-
logen Jauer und Gerhard Brant'^ und der Professor
75) Gi eseler, S. 13. 47. 52 bis 67 r wo auch die Quellen
nachgewiesen sind.
76) Jung, 1. c. p. J.5.
77) Das Schreiben, welches nicht mehr vorhanden ist, wurde
am 24. September 1431 im academischen Senate vorgelesen. Durch
dasselbe wurde die Universität aufgefordert, »ut ipsa aliquos vires
moribus et vita approbatos mitteret ad Conciliumc. Annall. Univ.
T. n. F. 91, b.
78) Brant, geb. in der Stadt Deventer und Canonicus bei der
Kirche zum H. Andreas in Worms, war eben sowohl in der
Medicin, als auch in der Philosophie und Theologie bewandert und
auch zuerst als Lehrer in der philosophischen Facultät, deren De-
canat er zweimal (1402 u. 1412) bekleidet hatte, angestellt. Später trat
KWf^^eiwersamnkmg in Basel, Beiehstag zu Nürnberg. 279
des canonischen Rechts, Otto von Stein (de Lapide)'^),
als Deputirte gewählt. Jauer, den wir schon als ein
hefvorragendes Mitglied der Kirchenversammlung in Con-
stanz kennen gelernt haben, lehnte jedoch wegen seines hohen
Alters die Wahl ab. Aber auch keiner der beiden anderen
reiste in dem genannten Jahre nach Basel ab; es wurde
vielmehr, nachdem die Universität den Papst in einer
besondem Zuschrift ihres Gehorsams versichert hatte,
am 17. April 1433 eine neue Wahl vorgenommen und in
dieser nur Brant gewählt®^), ihm aber in einer am 7.
Mai 1433 stattgehabten Wahl Stein als zweiter Abge-
ordneter der Universität beigegeben.
'Was den Kostenaufwand für die Abgeordneten der
letztem betraf, so hatte ihr schon früher (1431)
Ludwig III. versprochen , die Hälfte der Kosten
zu tragen , und die Universität den Beschluss ge-
&sst, die Kosten für Einen der Abgeordneten auf ihre
Kasse zu übernehmen®^). Nach vollzogener Wahl von
zwei Abgeordneten übermachte nun die Universität am
8. Mai dem Kurfürsten 60 fl., bemerkte aber dabei aus-
er in die theologische Facult&t ein und trag Dogmatik vor. 1413
wurde er Stiftsherr im Stifte zum H. Geiste. Nach dem Pfalz.
Copialb. Nr. 10. F. 123, b erhielt er 1423 vom Kurfürsten, Lud-
wig III., jährlich 100 fl. vom Zolle zu Bacharach, unter der Be-
dingung, »seiner Lebtage bei dem Studio und der Universität Heidel-
berg verbleiben zu wollen«. Rector der Universität war er dreimal
(1409, 1418, 1425). Vor seinem hn Jahre 1438 erfolgten Tode ver-
machte er der Universität seine Bibliothek. Schwab, Syllab. T. I.
p. 36. 37. Ein Yerzeichniss seiner Schriften gibt H o 1 1 i n g e r , 1. c. p. 58.
79) Stein war Canonicus des St. Germans- und St. Mauritius-
Stiftes in Speyer. Im Jahre 1415 wurde er in Heidelberg »juris
canonici baccalaureus« und 1421 »j. c. doctorc. Rector der Uni-
versität war er dreimal (1421, 1430, 1435). Schwab, 1. c. p. 44. 45.
80) In verum, certum, legitimum et indubitatum Ambassiatorem,
Syndicum, Procuratorem, Actorem, Factorem et Nuntium generalem
et specialem. Annall. Univ. T. II. F. 106, b. In dem Univ.-Arch.
findet sich, ausser anderen Reden von Brant, noch ein Bruchstück
der Rede, welche er »Petro et Paulo apost.« in Basel gehalten hat.
81) Annall. Univ. T. II. F. 91, b.
280 l' ^Mcfc. l' Periode. 4. Abeclmitt. (1410'-143€.)
drücklich, an dieser Sumjne hätte sie aus ibrea Mitteln
20 fl. gezahlt, das Uebrige bei den Facultäten und zwar
bei der theologischen 8 fl., der juristischen 12 fl. und der
artistischen 20 ft darleihungsweise aufgenommen ^^. Mit
60 fl., glaubte demnach die Universität, könne Ein^ der
Abgeordneten während seines Aufenthalts in Basel aus-
kommen, jeden Falls erwartend, dass der Kurfürst den
Mehrbedarf bestreiten würde.
Die Abgeordneten reisten darauf am 10. Mai nach
BaseP^) ab, mit einer von der Universität ausgesteUtea
Vollmacht für sie, als »Procuratores« und »Legati« zu
handeln ®*).
Auf der Kirchenversammlung in Basel wurde die in
Constanz zwar vielfach berathene, aber unvollkommen
durchgesetzte Kirchenreformation ernstlich wieder aufge-
nommen und mehrere kräftige Beschlüsse gefasst. Dieses
entschiedene Verfahren hatte aber bald von Neuem ein
gespanntes Verhältniss mit dem Papste Eugenius IV.
zur Folge, und beide Theile beschuldigten sich gegenseitig
ungebührlicher Anmassungen. Als nun der Papst, zur
grösseren Geltendmachung seines Einflusses, die Ver-
legung des Goncils nach Italien verlangte, dieses aber von
der Versammlung zurückgewiesen wurde, so war der
Bruch zwischen beiden Theilen bald entschieden. Das
Goncilium setzte am 31. Juli 1437 den Papst in Anklage-
zustand. Dieser verlegte nun dasselbe durch eine Bulle
vom 18. September 1437®*) von ,Basel nach Ferrara, und
82) Annall. Univ. T. II. F. 107, a.
83) Von der Universität Erfurt waren schon i. J. 1432 als
Abgeordnete abgereist: Nicolaus Beyer, Doctor des geistUchen
Rechtes und Procanzler der Universität; Matthäus Döring,
Doctor der Theologie; Johann Schunemann, Doctor der Medi-
cin und Arnold Westphal, welcher ' später Bischof zu Lttfoeck
wurde. Erhard, B. I. S. 171.
84) Annall. Univ. T. IL F. 107, a.
85) Eine Abschrift dieser Bulle ist in Annall. Univ. T. IL
F. 147, a. b und im Abdruck bei Jung, p. 50. 51. Der genannten
Kir€hmver$ammlimgmBu8eh BiuMoig mu Nürnberg. 281
lud die Universität Heidelberg in einer besondem Bolle
m demselben ein. Dieser Einladuqg gab aber die Uiü-
yersität keine Folge, und, als Eugenius wklich eine
neue Synode am 24. Januar 1438 in Ferrara eröfifhete ^^,
sprach die Eirchenvarsammlung in Basel die Suspension
gegen ihn aus ^^). Dieses war zugleich die letzte Sitzung^
in welcher noch einige reformatorische Beschlüsse gefafist
wurden, um die Menge der in Rom anhängigen Klagen
zu beschränken und um eine würdigere Besetzung der
geistlichen Stellen zu bewirken; denn von jetzt an wurde
die Thätigkeit der Synode ausschliesslich von der Strei-
tigkeit mit dem Papste in Anspruch genommen.
Karl VII., König von Frankreich, war zwar mit den
Beschlüssen von Basel gegen den Papst nicht zufrieden,
nahm aber dennoch die Rrformation dieser Synode nut
einigen Modificationen durch die pragmatische Sanction
von Boui^es den 7. Juli 1438 für die französische Kirche
an und verwarf die Synode von Ferrara. In Deutschland
bemühten sich bei der Erledigung des Kaiserthrönes die
Kurfürsten, zwischen den streitenden Theilen zu vermit*
teln, und erklärten, um desto eher Nachgiebigkeit zu be«*
wirken, am Tage vor der Wahl Albrecht's II., am 17.
März 1438, die deutsche Kirche für neutral.
In demselben Jahre wurde diese kirchliche Ange-
legenheit auch auf dem Beichstage zu Nürnberg behandelt.
Balle schliesst sich in den Annalen der ünivereit&t F. 148, a bis 151
eine weitere Bulle vom 18. September desselben Jahres an, »Trans-
latio Concilii Basiliensis ad Ciyitatem Ferrari^nsemc. Auf diese
Bulle folgt eine andere vom 19. September, »Salvus Gonductus ad
Concilium Ferrariensec F. 151, b u. 152, a. Mit der letzten ist
verbunden F. 152, a b »Salvus Condnctus Marchionis Estensis« v.
li. September 1437. Die sämmtlichen Actenstücke sind bei »Har»
dttini Acta Conciliorumt T. IX. p. 698 abgedruckt.
86) Das Concilium wurde in Ferrara begonnen und auch 16
Sitzungen dort gehalten, dann aber wegen der Pest nach Florenz
verlegt, weshalb es auch öfter »Concilium FlorenUnum« genannt
wird. Jung, p. 50.
87) Gieseler, S. 84. Wessenberg, B. II. S. 369.
282 -f* ^^*ch' ^* Periode, 4. ÄhsehmU. (MIO— 1436.)
und die Universität von dem Papste Eugen dorthin ein-
geladen ®®). Auf diesem Reichstage, welcher jedoch von
der Universität nicht beschickt wurde, fanden sich auch
Abgeordnete von dem Baseler Concilium ein, welche, ob-
gleich vergeblich, Vorschläge zu dessen Vereinigung mit
dem Papste machten. Eugen wurde vielmehr am 25.
Mai 1439 in Basel abgesetzt®^) und Amadeus, Herzog
von Savoyen, als Felix V. am 6. November zum Papste
gewählt**'). Trotzdem hoffte Eugen IV. noch immerauf
eine Vereinigung und forderte in besonderen Zuschriften
den Kurfürsten Ludwig IV. (Juli 1439) und die Uni-
versität Heidelberg (November 1439) auf, nach Kräften zu
derselben mitzuwirken**).
Felix V. wurde aber nur in wenigen Ländern an-
erkannt. Das Concilium verlor durch Abreise und Abfall
vieler seiner Glieder immer mehr an Bedeutung und
Nachdruck, und bestand seit dem 16. Mai 1443, wo es
seine letzte Sitzung hielt, nur noch dem Namen nach fort.
Eugen ins wurde kurz vor seinem Tode (23. Fe-
bruar 1447), am 7. Februar, als Papst anerkannt, und die
Neutralität Deutschlands hatte ein Ende. Am 7. April
1449 gab Felix V. die päpstliche Würde in die Hände
von Eugen's Nachfolger, Nicolaus V., und so war auch
das Concilium von Basel za seinem Abschlüsse gekommen^*).
/
88) Die Bttlle ist abschiiftlieh in Annall. Univ. T. 11. F. 186, b
und abgedruckt bei Jung, p. 12.
89) Wessenberg, S. 411 ff. Struv, Reichshist. S. 492.
90) Gieseler, S. 84. 85. — Jung theilt S. 18 Folgendes
aber Amadeus I. mit: »Ex Comite Sabaudiae f actus est Dox
a. 1416. Ex Duce Marito pluriumque liberorum parente Eremita
a. 1434. Ex Eremita Pontifex a. 1439. Ex Pontifice Cardinalis a. 1449.
Ex Cardinali Monachus 'a. 1451 , quo anno ad stabiliorem in altera
vita Btatum abiit. Vergl. auch Bin er, Appar. Erud. T. I. p. 240.
91) Beide Schreiben sind in dem Cod. BaTar. 831. F. 1—7
(Manchner Hof- u. Staatsbibliothek).
92) Struv, Corp. bist. Germ. T. I. p. 254. Krem er, Th. I.
S. 9. 10. Gieseler, S. 86 ff.
Streithändel zwischen Studenten, Adeligen und Bürgern. 283
Was die Universität Heidelberg, welche in Brant
einen sehr ausgezeichneten Vertreter hatte®'), betriflPt, so
war nicht nur sie selbst dem Eugenius auf dem Con-
cilium zu Basel**) treu, sondern veranlasste auch, dass
Ludwig in. auf dessen Seite blieb. Dazu mag sie auch
durch das Gefühl der Dankbarkeit bestimmt worden sein,
weil Eugenius die von Bonifacius IX. gegebenen
Bullen (1399, 1404) über den Genuss der geistlichen
Pfründen, ohne Präsenz zu halten, bestätigt hatte (1435).
§8. -
Streithändel zwischen Studenten und jungen Adeligen
(14:21, U2ß) und Bürgern (1434).
Bei dem im Jahre 1406 vorgekommenen »Studenten-
kriege« (S. 243 — ^248) wurde durch das weise und kräftige
Einschreiten Ruprecht' s III. Ruhe und Ordnung wieder
hergestellt, doch später öfter wieder gestört. So in den
Jahren 1421 und 1426. In dem zuletzt genannten Jahre
gingen zu dem Kurfürstlichen Hofe Gehörige (familiäres
Domini ducis Ludovici) in ihrem Uebermuthe so weit, dass
sie einen Geistlichen aus Speyer, welcher Mitglied der
Universität war, aufgriffen und an einem Baume auf-
hängten ö*).
Auch im Jahre 1434 wurde die Ruhe der Universi-
tät gestört und zwar durch eine Misshandlung, welche ein
Student, Gerlach von Andernach, (21. Februar) von
93) Jung, p. 17. — Mit dem grössten Fleisse sammelte Brant
auch die Beschlüsse des Concilinms (Annall. Univ. T. IL F. 108).
Die Sammhing wurde von der Universität aufbewahrt, ging aber
im Orleans'schen Kriege verloren. Hottinger, p. 57. 58.
94) Die auf die Basler Eirchen-Yersammlung sich beziehenden
Stellen ans den Annalen der Universität finden sich T. 11. F. 97^
98, 104 — 110. Abgedruckt sind die genannten Zuschriften an die
Universität, so wie die übrigen Actenstücke bei Jung, p. 32—49.
Vergl. auch Hottinger, p. 53 — 59.
95) AnnaU. Univ. T. IL F. 15. 58.
284 L Buch. L Periode. 4. JbichtUH. (1410-^1436,)
Heidelberger Bürgern erfahren hatte, in deren Folge er am
vierten Tage starb. Die Studenten versanunelten sich
»2u St Peter« und schiekten einige aus ihrer Mitte an
den academischen Senat mit der Bitte, ihnen Recht zu
verschaffen; geschehe dieses nicht, so wollten sie alle von
Heidelberg wegziehen und sich anderswohin begeben. Der
Senat trug dieses dem Kurfürsten vor, welcher sich der
Sache sogleich kräftig annahm. Die Thäter wurden vor-
geladen, und da sie nicht erschienen, mit dem Banne be-
legt. Im Jahre 1436 vertrugen sich diese jedoch mit
dem Vater des Getödteten durch ein besonderes Ueber-
einkommen, und, nachdem sie (1437) durch den Abt zu
Schönau, in Folge höherer Ermächtigung, von dem Banne
losgesprochen 'waren ^®), erhielten sie auch von der Uni-
versität, als sie (1438) die ihnen zuerkannte Strafe er-
standen hatten, Verzeihung ^^).
Um nun Buhestörungen für die Folge möglichst vor-
zubeugen, wurde auf Veranlassung des Kurfürsten die
früher gegebene Verordnung, nach welcher Niemand nach
8 Uhr auf den Gassen sich aufhalten solle, erneuert und
dieses den Studenten durch den Bector und den Bürgern
von den Kanzeln aus bekannt gemacht®®). Ausserdem
mussten die Studenten (1435) eidlich versprechen, Nie-
manden zu beleidigen oder Schaden zuzufügen ®®), da
96) Die Original-Urkunde d. d. 12. August 1437 ist im Univ.-
Arch. unter Nr. 45. £ben dort findet sich unter Nr. 48. auch die
Urkunde d. d. 29. September 1437, in welcher die Thäter der üni-
yersität ihre Keue aussprechen und Besserung geloben.
97) Annall. Univ. T. IL F. 113, a. 114, a. b. F. 133, a. b. 142, b.
98) Ibid. F. 120, a. b.
99) Der Eid lautet: >Eyn iglicher Student als lange er hie
ist vnd sich der freyheyd gebrucben will, sol sweren dem Rector
zu den hellighen, dass er noch durch sich selbess noch durch
ymands anders keynerleye schaden done oder zufoghen sol mit
raede noch myt dade der herrschaft, den reten vnd der staed hey-
delberg an geverde vnd obe er ichtess geware wurde, dass sulchen
schaden bringen mochte, dass er dass zu eyner iglichen zeit von
Ludmg'8 in, Meter Wüle und Tod. 285
auch (fiese öfter die ihnen zugestandenen Freiheiten miss-
brauchten ^^^.
§9.
Ludmffs IIL letzter WüU mUl Tod.
Um auch nach seinem Tode die Verhältnisse seines
Landes und der Universität geordnet und gesichert zu
wissen, setzte Ludwig IIL in seinem schon genajunten
Testamente vom Jahre 1436 (S. 259) fest, dass sein
ältester Sohn Ludwig ^^% welcher damals 12 Jahre zählte,
die Kurwtirde erhalten, bis zu dessen Volljährigkeit aber
sein (des Knrförsten) jüngster Bruder Otto die Regent*
Schaft haben und man die »Privilegia vnd Gerechtigkeiten
stetli vnd festhalten« sollte ^^^
stunt dem rector vorl>ring6n suU« AUess angererücben.« Amudl.
Univ. T. IL F. 129, a.
100) Das Pfalz. Copialb. Nr. 10. F. 80, b berichtet , dass Tor
Fastnacht 1422 Studenten und »etliche andere jre gesellen in der
gemeynen frauwen faus zu Heidelbergc aber einen gewissen Hof-
steter herfielen, ihm eine Hand abhieben und auf den Tod
verwundeten.
101) Ludwig IIL hinterliess ausser seinem ältesten Sohne
Ludwig (geb. 31. December 1424) noch Friedrich (geb. 1. Au-
gust 1425) und Büprecht, später Erzbischof von Cöln. — Von
seinen drei Töchtern , deren zwei in das Kloster gingen , ist beson-
ders Mathilde zu nennen. Sie war erst Gemahlin L u d w i g' s n.
von Württemberg, dann Albertus VI., Erzherzogs von Oesterreich.
Ihrem Einflüsse schreibt man es zu, dass ihr Sohn aus erster Ehe,
Eberhard, die Universität Tübingen (1477) und ihr Gemahl
Albert die Universität Freiburg im Breisgau (1457) gründeten.
Schreiber, Gesch. d. Univ. Freib. S. 6.
102) In einem früher »auf Franziscus - Tag 1427t von dem
Kurfürsten aufgerichteten Testamente ist ausdrücklich bestimmt,
dass der erstgeborene Prinz nicht eher zur Re^erung gelassen
werden sollte, als bis er gelobt: 1. die hohe Schule in Heidelberg
in ihrer JEinrichtung zu erhalten , 2. nichts von den Kurfürstlichen
Landen und Städten zu veräussern, und 3. keine Juden im Kur-
fürstenthum zu dulden. Diese Bestimmungen, welche auch in der
Rupertinischen Constitution (oben S. 219, Note 127) ausgesprochen
sind, erhielten Gesetzeskraft, und es haben sich auch die Nach-
folger Ludwig's III. deshalb »verschrieben«. Krem er, Th. I.
286 ^- ^^*ch' ^' Periode. 4. MaehmU. (1410^1436.)
Der Kurfürst starb am 30. December 1436 und wurde
in feierlichster Weise in Gegenwart seiner Söhne und
Brüder, Johann und Otto, so wie auch des Rectors
»sampt der ganzen Universitet vnd vieler Anderer« in dem
Chore der Heiliggeistkirche beigesetzte®^.
S. 34. Ludwig'B Testament t. J. 1427 ust abgedruckt in »Status
Causae«. Beil. S. 51. 52 und die Rupertinisclie Constitatioii bei
Tolner, Cod. diplom. p. 139 und bei Lucae, Fttrstensaal^ S. 555.
103) Sohn, S. 34. 35.
Ludwig ni. stiftete auch das Gntleut-(Kranken-)Haus
auf der Aue in Schlierbach bei Heidelberg; jetzt noch steht dort
ein Hof, welcher Gutleuthof heisst. Die Kranken in den Gutleat-
h&usem hiess man leprosi und die Anstalten domus leprosomm.
Der Priester, welcher diese Pfründe bekam, musste wöchentlich
wenigstens 3 Frühmessen in der Capelle halten und die übrige
Zeit in der Schlosskirche zu Heidelberg aushelfen. Die betreffende
Urkunde s. bei Mone, Ztschr. B. H. S. 262.
Fünfter Abschnitt
Die Universität unter der Regierung des
Administrators Ffälsgrafen Otto und des
0
Kurf&rsten Ludivig IV.
1436—1449.
§1.
DeB Pfalsgrafm und des Kurfürsten theilnehmende Sorge
für die Universität. Butte des Papstes Eugen IV. Wahl
erlauchter Männer zu Rectoren der Universität.
Nach dem Tode Ludwig's HI. übernahm in Folge
testamentarischer Bestimmungen dessen jüngster Bruder
Otto, Pfalzgraf von Mosbach, im Widerspruch mit der
goldenen Bulle, die Vormundschaft über den unmündigen
Prinzen und die Administration der Eurpfalz. Ihm stand,
ebenfalls nach dem letzten Willen des verstorbenen Kur-
fürsten, der alte Pfälzische Canzler, Rhabanus, Bischof
von Speyer, zur Seite und nahm an der Regierung Theil ^).
Nachdem Otto die Verwaltung des Landes ange-
treten hatte, erschien bei ihm eine Deputation der
Universität , um ihm diese ' zu empfehlen und um
1) Moser, Deutsch. Staatsr. Th. XYII. S. 319. — Bhabanus
war auf der Universität Heidelberg gebildet worden und Bu-
precht's III. vertrautester Rathgeber. Er wohnte in der Bu-
p recht's Canzlei. Annall. Univ. T. L F. 100, a. Bemling,
Gesch. d. Bischöfe zu Speyer, B. IL S. 7. 9. 58.
288 I' Swih. J. Feriode. 6. AbwkniU. (1436-^1449.)
die Bestätigung ihrer Privilegien und Auslieferung der
ihr von dem verstorbenen EurfQrsten vermachten Bücher
zu bitten. Die erste Bitte wurde sofort gewährt; die
Auslieferung der Bücher fand jedoch erst im folgenden
Jahre statt (S. 259 u. 260).
Der Pfalzgraf nahm sich, so lange er die Regierung
führte, der Universität mit Eifer «l Diesen bewies er
unter Anderem bei einem zwischen Studenten und Schar-
Wächtern entstandenen Streite. Den letztem hatte sich
der Pöbel beigesellt, wdAer die »Bursche« stürmen
wollte^. Bei dieser isklegenheit, so erzfiUt Sohn^,
»hat sich Hertaog Otto aafBs newe erkl&ret, wie dass
er in schwebender seiner Yormondschaft vnd Administration
nicht wolle zulassen, dass der üniversitet Privilegia einiges
wegs solten geschwftcht oder geschmälert werden. Die Thäter
aber ynd auffwickl^r hat er einen jeden nach seinem Ver-
brechen vnd vermögen ernstlich gestrafte.
§2.
Ludwig IV. bestätigt die Privilegien der Universität.
Seine Bestrebungen für das Oedeihen derselben.
Wiederherstellung des Dionysianums. •
Otto verwaltete die Vormundschaft bis zum Jahre 1442,
wo Ludwig, 16 Jahre alt, män<% geworden war und
als der Vierte seines Naanens die Begierung übernahm.
In herkömmlicher Weise emp&hl sich die Universitfit
seinem huldvollen Wohlwollen mit der Bitte, nach dem
Beispiele seiner Vorfahren ihre Privilegien zu bestätigen.
Diese Bitte wurde von Ludwig IV. erfüllt, und ist, im
Hinblicke auf das Testament Ludwig' s III. »ein Instru-
ment aufgerichtet worden«*).
2) AnnaU. üniT. T. H. F. 199, a. b.
3) a. a. 0. S. 37. 38.
4) Die Original-Urkunde ist im Üniy.-Arch. Nr. 8. Abschrifiten
sind in Annall. Univ. T. n. F. 178 n. im Gopialb. d. Univ. F. 1(^, b.
Be» Wynty d* Priv. Wkd^herstülimig d. JDiot^iianums. 289
^ Wie seine Abneii, 80 bewies auch er sich, soweit die-
ses ihm unter den damaUgen politisoben ZeitverbUtnissen^)
und bei der kuraen Dauer seiner Regierung möglich war,
als einen treuen, eifrigen Pfleger der Universität sowohl
in ihren inneren als äusseren Interessen. Nach dem Bei-
spiele seines Vaters (S. 253) forderte auch er im Jahre
1444 einen Bericht ^im die Hochschule, m wekhem »die
pioeten, darinn Verbesserung zu suchen, ihm sollten ge-
wiesen werden« % Diese stattete ihren Berieht mit Ver-
besserungs- Vorschlägen ab, welche sich auf die theologische,
juristische, medicinische und philoac^hiscbe Facultät be-
zogen. Die juristische wflnschte die Anstellung von 2
Lehrern für das Civilrecht, und die der Mediciner trug
auf die Anstellung eines zweiten Lehrers an, welcher aus
den sich ergebenden Ueberschüssen des Dionysianums
seine Besoldung erhalten sollte^. Da auch das Dio-
nysianum in Verfall gerathen war, so richtete d&r
Kurfürst auf dessen völlige Wiederherstdlung sein Augen-
5) Die FMnsosen, welche das Goncüiam zu Basel za trenneB
suchten, unternahmen verachiedene EinfäUe in die Pfalz und in die
benachbarten Länder. Dem Eurfflrsten wurde von dem Reiche
aufgetragen, das Concilium zu schfitzen und das Land yon den
Einfällen der Franzosen zu befreien, was ihm auch gelang (1444 bis
1445). Einen andern Krieg hatte er mit den Grafen Jacob und
Wilhelm zu Lützelstein, deren Vater einst Ruprecht m.
ein Viertel ihrer Grafschaft abgepfändet hatte (1403). Die Söhne
nöthigten durch Trotz gegen die pfälzische Regierung, durch Ver^
treibung der Grafen von Bitsch den KurfOrsten zu einem Kriege
(1447), der damit endigte, dass sie als Vasallen in den pfälzischen
Lehensverband eintreten mussten. Kurpf. Geschichtskalend. S. 41. 42.
Häusser, S. 320.' 321.
6) Sohn, S. 88.
7) Annall. Univ. T. II. F. 193, a. b. 240—248. In Beziehung
auf die juristische Faeoltät heisst es: »Quia cedit in magnum detri-
meatDun üuiversittttis et ejus diminntioiieai» QQod in ipsa non legi-
tor jus cirile. Rogetnr Dondnns, ut cmnilio suo et auxilio co-
opecaii digiietiir, quod habeantnr duo dootores, Tel doctor et lioeor
ciatns, qni jus civile legant.«
HantB Gesoh. d. Univ. Heidelb. I. 19
290 ^. Buch. I. Periode. 5. ÄbsehmU. (1436^1449.)
merk und berathsciilagte mit der üniva^ität, »wie man
es mit gesetzen befestigen mOchte« %
Allein die von dem Knrfttrsten nach den Vorschlägen
der letztern beat)sichtigten Verbesserungen traten unter
seiner Regierung, mit Ausnahme des Dionysianums , wel-
ches wieder hergestellt wurde, nicht in das Leben ®).
Seine Sorge für die hohe Schule bethätigte Ludwig
auch dadurch, dass er im Jahre 1447 die Bestätigung der
von Bonifacius IX. (1400) erlassenen Bulle, durdi
welche die Kirchen zu Altdorf, Luden und St Peter der
Universität einverleibt wurden, von Seiten des damaligen
Papstes, Eugenius IV., erwirkte**).
§ 3.
Rectorea magnificentüsimu Lehrer der Universität
Unter Ludwig' s IV. Begierung wurde bei der Hoch-
schule ein Brauch dngefOhrt, durch wekhe ihr Olanz
nicht weniger erhöht wurde, als durch die oben (S. 234)
genannte Uebertragung hoher Würden an ihre Professoren.
Sie erwählte nämlich von jetzt an öfter Studirende von
erlauchter oder fürstfieher Abkunft zu Bect(»^n, welche
dann das Prädicat Magnificentissimi hatten **), ohne dass
8) Sohn, S. 39. Hottinger, p. 37.
9) In Beziehung auf die medicinißcheFacnltät berichtet Schön-
mez el (Hist. med. Fac.)} der Kurfürst habe in seiner »Reformatio
de Anno 1445« angeordnet, dass ein zweiter ordentlicher Lehrer
der Medicin angestellt und ihm eine der Pfründen zu Wimpfen
yerliehen werde,. und ausserdem noch ein Baccalaureus Torlesungen
ip dieser Facnltät halten und dafür mit der Pfründe zu St. Paid
in Worms begabt werden solle. Wenn nun auch der Kurfürst
diese Anordnung getroffen hat, so scheint sie doch nicht in das
Leben getret^ zu sein. Die genannte Reformation der Universität
ist uns übrigens nie zu Gesichte gekommen. Auf keinen Fall ist
sie praktisch geworden.
10) Die Original-Bulle ist im Üniy.-Arch. Nr. 36.
11) Maximam Academiarum gloriam ac magnificentiaai inde
petimus, quod vel illustri et augasto genere nati Prindpes seeptra
Academica hand raro cepermt mqud Beetomm consortlam nomenqne
accesserint. Bflttinghausen, Mise. p. e.
Bectorca vMffnifie^liimm. . . Lehrer der UnweniW. 2^
jedoch ein Prorector ihnen zu Seite war. Dieses geschah
erst, als ein Pfalzischer Prinz (1558) gewählt wurde.
Der Erste war der Ganonicus an den Domkirchen
zu Mainz, Trier und Cöln, Graf Adolph von Nassau,
welcher 1442 immatricullrt worden und wegen seiner aus-
gezeichneten Gaben des Geistes von der Universität sehr
geschätzt war ^^. Das Eectorat bekleidete er vom 20.
December 1443 bis 23. Juni 1444*'). Später wurde er
Bischof voja Mainz**), wo wir ihm wieder begegnen werden.
Als Lehrer wirkten ausser anderen unter der Re-
gierung Ludwig's ni. und IV: Die Theologen: Jo-
hann Rode von Trier, Johann Platen (Plaeten) vo^
Fridburg seit 1424, Heinrich von Gouda und Ru-
dolph von Brüssel (Zeeland), Nicolaus von Wachen-
heim, Johann Ernesti von St. Goar*^), Rudolph
Faber von Rüdesheim. Die Nova Jura lehrten seit
1413 Heinrich von Gulpen, Dithmar Treys von
Fritzlar, seit 1427 Ludwig von Busco, Johaan
von Rysen 1430 — 1432, wo er die Professur der De-
cretalen erhielt, und Bartholomäus Herckenwyck de
S. Trudone von 1430—1460*«).
12) Nach Adolph toxi Nassau waren big 1558 Rectores
lAagnificentissimi : Philipp von Flörsheim, später Bischof in
Speyer (1504), Friedrich tqu Dalberg (1511), Johann von
£hrenberg (1512), Graf Christoph von Henneberg (1524).
13) AnnaU. Univ. T. II. F. 186. 199, a.b. i)er Col Pal. lat
Nr. 454 endiftlt zwei Bed^n^ welche' Ad alph als Rector gehalten
hat Mit der ersten leitete er das Veflesen der Gesetze ein , nnd
nüt der zweiten enfpfing ör iih Namön der Universität den Ku^-
fflrsten bei seiner Heunkunft auf dem Schlosse.
14) Bohwab, P. I. p. 58. BQttinghaasen, p. 27. 28.
Kremer, Th. I. S. 245.
15) Ton Ernesti besitzen wir noch im €od. Pal. Kr. 454.
F. 11^1, b 1ms 200 eine von ihm als Retitcr 1440 gehaltene treffliclie
Hede: »De jejimie s. db qQadrage8ima.€
16) Herckeiiwyck war Doetot der canontooh^nf Rechte' vmä
Rector der Universität 1431, 1489, 1447 und 1458. Seine Rede »Re-
qoirenda baccalaoreorum in jure canonicoc ist in Cod. Palat. lat. 454.
F. 396 bis 396, a.
19*
292 J. Äk*. I. Perioäe. 5. MnlmUt. (1436— 1U9,)
§ 4.
Streithändel zwüchen Studenten und Sckaarwächtem.
Streithändel zwischen Studenten und Schaarwächtem,
wie sie unter der Administration des Pfalzgrafen Otto
statt fanden, wiederholten sich auch unter der Regierung
Ludwig's IV. Es war dieses im Jahre 1444, wo bei
einem nächtlichen Tumulte ein Student von den Schaar-
wächtem »hart geschlagen« wurde. Als der Kurfürst am
folgenden Tage von der Sache Kenntniss erhalten hatte,
ging er selbst auf das Rathhaus und verhörte die Par-
teien, indem er »mit heller stimm erkläret, er wolle die
Privilegia, sp von seinen Vorfahren der Universität ge-
geben weren, durch sich vnd die seinen schützen, so lang
er lebe« *^. Die Schuldigen wurden nach gepflogener
Untersuchung strenge bestraft^*) und zum Schutze der
Studenten angeordnet:
»daz die scharweehter oder Bürger oder sust yemanU
zu heydelberg keinen Studenten sollen fahen ynd in den
thom faeren oder legen sollen, es geschee dann von geheysse
ynseres gnedigen herrent*»). -*
17) Annall. Univ. T. II. fol. 207, b.
18) Das Urtheil ist in einer Urkimde vo« Donnerstag nach
Jttdica 1446 noch vorhanden. Nach derselben war damals Johann
V. Bysen Rector, Eberhard v. Siekingen Vogt nad Conrad
Buchfeiler Schultheisa in Heidelbwg. Die Schuldigen hatten
eine Geldstrafe von 15 fl. zu bezahlen und vussten, »nachdem sie
lange in tomen gelegen vnd gestraft worden«, anssertan, nm ivegen
ihrer That Absolation an erhalten, an znfd Scmntagen mit einer
brennenden Eerjee barhaupt und barüias von dem Frohnahar nm
die Kirche »des heiligen Geistes znchti^ch vnd andecditecfieh«
nahen bis wieder in die Kirehe und sa demselben FrohnaMar nnd
alsdann mit den brennenden Keraen in der Hand der Frohnmesse
beiwohnen.
19) Annall. Univ. T. II. F. 207, b. Vergl. auch F. 199, b.
Tod Ludmg'8 IV. 293
^ § 5.
Tod Ludwig's IV.
Nicht lange mehr sollte die Universität sich ihres
hohen Beschützers erfreuen. Den edek Bestrebungen L u d-
wig's für sein Land und für die Hochschule wurde ein
allzu frihes Ziel durch den Tod gesteckt Er staffls Qocb'
nicht 2& Jahre alt, von seinen Zeitgenossen mit dem
Bemamen des Sanft mathigen (Placidus) geehrt, auf.
dem Beiöhstage zu Worms am 13. August 1449, und
hinterliess seinem Nachfolger das Vermächtniss , Begon*
nenes zu vollenden *^.-
20) Häusser (S. 321. a2&) sagt mn «Hesem Forsten: »Selten
ist in der Geschichte ein Fürst mit so makellosem Andenken aus
dar Welt gfümseh; 0riten im sa viel rttterUolier Moth mit so vidi
Milde gepaart; selten in einer rohen und nüchternen Zeit ein so
unverderhter nnd fürstHcher Sinn zu findent.
Zweite Periode.
Von der Reform der ünirersitftt durch den
Administrator und nachmaligen Kurfürsten
Friedrich L bis zu ihrer Umgestaltung durch
«
den Kurfürsten Otto Heinrich.
1449 — 1556.
Erster Abschnitt.
Die Universität unter der Begiening des
Administrators und nachmaligen Kurfürsten
Friedrich I.
1449—1476.
§1.
Friedrich L bestätigt als Administrator der Pfak
die Privilegien der Universität.
Ludwig ly. hinterliess einen einzigen Sohn, mit
Namen/ Philipp, welcher, geboren am 14. Juli 1448,
etwas über ein Jahr alt war. Es erhielt deshalb der
älteste Bruder des verstorbenen Kurfürsten, Pfelzgraf
Friedrich, die Vormundschaft und die Adnünistration
der Pfalz.
Friedrich, als Regent der Erste dieses Namens,
und der Siegreiche, auch der böse Fritz zugenannt, hatte
bei dem Tode seines Bruders gerade sein 24. .Lebensjak
vollendet und eine Erziehung erhalten, welche man zu
Frieinkh I. hutMgt die Privilegm der UtwmmkU. 29Ö
den besaereu in jener Zelt rechnen konnte. Wissenschaft
und Kunst, so w^t sie das 1&. Jahrhundert besass, waren
ihm nicht fremd geblieben. Ausgezeichnete Männer hatte
er als Lehrer, unter welchen besonders Hans Ernst
Landschad von Steinach ^) und Matthias von
Eemnat, sein nachmaliger Hofcaplan, genannt wurden.
Der letztere musste ihn auch mit Michael Beheim,
gewöhnlich Po^ta Weinsbergensis geheissen, i^uf seinen
Feldzügen begleiten^). Unter den alten Dichtem sprach
Um besonders Yirgil an. In der Jugend beschäftigte er
sich yorzüglich mit der Mess- Kunst ^) und in dem Alter
mit Untersuchung der Natur ^), wie denn sein ganzer
1) Später wurde Landschad Dom- Gustos zu Worms und von
Friedrich zu den wichtigsten Staatsgeschäften gebraucht. K r e m e r,
Gesch. Friedrich'B I., Th. I. S. 4.
2) Von Matthias von Eemnat (in der Oberpfalz) und Ton
Beheim (auch Behaim, Behem, Beham und Bohem) aus
Sulzbach bei Weinsberg haben wir werthvolle Lebensbeschreibungen
Friedrich's. Vergl. über dieselbe Krem er, Th. L Vorrede S. 1-
U.2. Häusser, S. 329. Die Reimchronik des Meistersängers
Beheim Ton den Thaten Friedrich's wurde Ton Eremer bei
der Ausarbeitung seines Oeschichtswerkes benutzt. Sie ist noch
nicht gedruckt und findet sich im Heidelberger Univ.-Arch. (Cod.
PaL Nr. 335). Auch Beheim's andere sehr zahlreiche, meist geist-
liche Gedichte sind erhalten und stehen im Ck)d. Pal Nr. 812. 334.
351. 375. 382. 386. Yergl. Aber ihn und seinen Aufenthalt in Hei-
delberg und über Matthias von Eemnat: Gervinus, Poet.
National-Lit. d. Deutschen, Th. II. S. 211. 218.
3) Eremer, Th. L S. 4. 522. 523.
4) Er hett auch grossen Lust darby
ZvL der Ennst genant Alchamy,
Wiewohl kleine Gewynnung,
War an dieser Begynnnng. •— (Poöta Weinsperg. p. 228.)
Die Liebhaberei, welche die »eisten Fttrsten und Grossen der
altem Zeiten an der Alchymie und Astrologie hatten, verdient um so
mehr Anerkennung, als die Alchymie zur Chemie und Experimen-
talphysik, die Astrologie und Ealendermacherkunst zur Astronomie
den Weg bahnte, und so waren die grossen Opfer für d^ »Stein
der Weisen« doch zuletzt der Wissenschaft gebracht. Das ünir.«
Arch. besitzt eine reiche Sammlung alchymistischer und astrologi-
Sinn dem Leben viel n&her YerwMdf wat, als der Schule
und den Büchan. Das scholastische TreH)en der Ge-
lehrten vereinte sich schwer mit seiner nAchtemen, derben
Natur. Ein mehr dem Praktischen zugewandter scharfer
Verstand, ein heller Blick in die Verhältnisse des Lebens,
eine angeborene und tüchtig ausgebildete Gewandtheit in
allen äusseren Verhältnissen waren in ihm mit kräftiger
Derbheit und einem lebhaften Temperamente zu einem
acht pfalzischen Charakter verbunden, den auch das Volk
als solchen zu jeder Zeit erkminte ^).
Nachdem er die Administration des Landes ange^
treten hatte, brachte ihm die Universität ihre Glück-
wünsche dar und bat,
»dass er sie ihm wolle befohlen sein lassen Tnd ihre
Privilegia, nach herkommen, brauch ynd gewonheit schrifit-
lieh vnd vnter seinem fürstlichen Secret bestätigen«^).
Friedrich erfüllte ilipe Bitte, bestätigte im Na-
men seines Mündels ihre Privilegien und Hess ihr eine
Urkunde darüber zustellen '^).
Friedrich' L toird Kurfürst \)(m der Pfalz und be-
stätigt auch als solcher die Privilegien der Universität,
Beform derselben.
Die Verhältnisse des Landes waren bei dem Tode
Ludwig's IV. in mehrfacher Beziehung bedenklich. Alte
und neue Feindseligkeiten drohten dem Administrator
über den Kopf zu wachsen, und dennoch schien es, als hätte
seher Werke, welche Yormals im Besitz und in den H&nden der
allen Pfalzgrafen waren.
5) H&usser, S. 330. 381.
6) Sohn, S. .41.
7) Die Original -Urknnde (Sabatho popt. fest. Ephiph. 1450)
befindet sieh im Univ.-Arch. Nr. 7 und abschnltiieh in Annall. Univ.
T. II. F. 228, b.
Ffieirich L wird Sm/ßr^, S^ßam äer UfMwrM^i^ 297
eise Aette von Yerwiekbaigw nur den Momwk 8 wi6s Auf-
tretens erwartet, um ^ich. unter ihm zu lösen^ Wir err
ianem nur an die Lüt^^teiniache Fehde und die Händel
im Eteass, in welche Friedrich anfänglich verflochten
wurda Sr hielt es daher im Interesse des Landes und^
um das bedrohte Becht des Kurprinzen zu sichmi, ftbr
nothwendig, sieh aus der beettgten Stellung eines Vor-
mundeß 8U disr des regier^enden Kurfürsten zu eat*-
hebai^). Dieses erkannte auch eine Versammlung der
Pfälzischen Prälaten, Herr^^ Bitter und Lehensleute an %
welche am 6. September 1451 in Heidelberg gehalten
wurde, und steh auf ihren Lehens- und Diensteid damit
einVerstand^^ridärte, dass Pfal^^raf F ri ed r i ch die Begie-
rang selbst antrete und seinen Neffen an Kindesstatt annehme.
Dagegen sollte er sich nidit v^heirathen, sein persönliebes
Erbe, wozu noch der Ton sdnem Bruder Buprecht
ihm abgrtretene Besitz kam, der Pfftlzischen Landesmasse
überlassen und »auch nach dem Vorgänge seines Herrn
Vatters und Bruders, nicht weniger älterer Kurfürsten
sich von des Studiums zu Heidelberg, der Städte und
der Juden wegen vet^hrdben« ^%
Friedrich gelobte dieses Alles und versprach noch
dazu. Alles, was er erwerben werde, gleichwie sein vor-
handenes Besitzthum, der Pfalzgrafschaft zuzuwenden.
Auch die Mutter des unmündigen Philipp erklärte sich
damit einverstanden, und, da der Papst ebenfalls seine Zustim-
mung gegeben hatte, und die Mitkurfürsten ihre Geneh-
migung ertheilten, so wurde, obwohl König Friedrich HI.
seine Zusage verweigßrte, am 13. Januar 1452, nach
6) Häusser, S. 632 ff.
9) Das Yerzeichniss gibt Krem er, B. I. S. 32. 83. Klub er.
Die eheliche Abstammnag des Fttrsten Iiöweostein^Wertbeini ron
dem EurfüTSten F.riedrioh L, S. 19.
10) Kremer, S. B3. 64. Yei^l auch oben (S. 219, Note 127)
die Constitution Buprecht's II. v. J. 1395 und das Testa-
ment Ludwig's III. V. J. 1427.
296 t Bw^, IL jRsfNMfai 1. MeehUH. (1449^U7ß.)
feierlicher Adoption Philipp's, üt Hnl^guag der I1äl&
sdien Lehensleute Yorgenommen ^^).
Si^ald Friedrich zom wirklichen EwfÜtBt^ er*
klärt war, wttnschte ihm die Universilftt am 11. Septem-
ber 1452 »mit einer öffentlichen Oration durch Nico Uns
von Wachenheim abermals glück und bat nmb newe
vnd churfttrstlidie bekräffüguBg ihrer Privilegien«^^. Die
Bftte wmrde von dem Euifllrsten dnrch eine in Frie*-
d rieh's imd seines Neffen Namen ausgefertigte und der-
selben zugestellte Urkunde erfüllt ^^.
Schon als Administrator hatte Friedrich sich da-
mit beschäftigt, die Zustände der letztern zu verbessern. Da
dieses aber nur durch eine völlige Umgestaltung vieler bis-
her bestehenden Einriditungen geschehen konnte, so liess
er eine umfassende Bef<»in derselben ausarbeiten. Nach-
dem diese vollendet und von ihm genehmigt war, wurde
sie von dem Ganzler, Johann Guldenkopf ^*), in seiner
(des Kurfürsten) Gegenwart den Universitäts-Angehörigen
in dem Augustiner- Kloster voigelesai und dabei aus-
drücklich erklärt:
»Wer dieselbe nicht ei&gelien volle, den wolte der Kar-
ftot in der statt nicht wissen; er sehe ihm auch nimmer-
mehr wiederumb herkommen, wenn er der vrsachen halben
weggezogen were.«
11) Siehe die Urkunde bei Krem er, S. 44.
12) Annan. Univ. T. m. F. 8, b. — Die Geschenke, wekhe
die Uniyersitftt dem Qamsler bei dieser Yeranlassuiig aberreichte,
sind in Hist. Acad. F. 46 angegeben: »Cancellario Academia 4
libr. specierum i. e. bellariorum aromaticorum et saccaratoram cnm
8 mensoris clareti (süsser Traubenwein) obtulit«
13) Die Original -Urkunde (sexta fena post dominicam qnasi
modo geniti 1457) ist im Univ.-Arch. Nr. 5 und abschriftlich in
AnnaU. Univ. T. III. F. 56, b und im Gepialb. der Uniy. F. 104, b.
105, a.
■14) Gulden köpf (Gnldeneop, Guldincopf, de anreo eypso) you
Speyer war »Licentiat in den heiligen Rechten« imd 1442. imd 1447
Becter der Universität. Eine bei dem Antritte seines Rectorats
gehaltene Rede ist noch im Cod. Pal. Nr. 454. F. 891 im Univ.-
Arch. vorhanden.
FrieiHeh L wifd mtrßrst. Befom der VnifomH&t. 29^
Die üniversitftt nahm alle vorgelesenen Pnncte an,
jedoch mit dem Vorbehalte, dass, wenn etwa »von höherer
Obrigkeit (dem Papste) anderer Befehl kähme«, der Kur-
fürst sie vor »vnglimpff« schützen möge, was dieser auch
versprach ^*).
Das Wesentliche des Inhalts der sehr ausfQhrlichen
Urkunde ^^ theilen wir nach einer in dem üniversitäts-
Archiv aufbewahrten alten Handschrift mit. Dortheisstes:
>1. Das 3 H&user in Heidelberg denen 3 Doctoribas in facnltate
theologica sollen rerbleiben.
, 2. Von 3 pfirOnden so, itz gemelten Doctoribas sollen ange-
wiessen werden, als nemblich in dem Dhomstift za Wormbsj
zu St. German in Speyer, zu ¥rimpfen im Thal, worttber der
älteste Doctor soU allzeit die wähl haben, pro Stipendiis
aber sollen sie jährlich nicht mehr haben als 100 fl.
3. 3 Hftnser und 3 pfranden pro doctoribas in facultate Juri-
. . dica, nemblich im Dhomstift zu Speyer, item zu St German
aasser Speyer, und dann zu St. Andres in V^ormbs.
4. Ein Haus bei denen Barf&sser^') vndt eine pfründ zu-
Wimpfen pro ordinario Medicinae Doctore").
16) Sohn, S. 42. 43.
16) Die sehr schön geschriebene Original-Urkunde »Instrumen-
tmn priyilegioram Frideriei« ist im Üniv.-Arch. Nr. 1 und abschrift-
lich in AnnalL Univ. T. III. F. 9, a bis 13, b, in Acta Fac. Art
T. n. F. 182 — 186 and im Gopialb. d. üniv. F. 84, a bis 87, b.
Einen Abdruck geben die Acta Pal. T. L p. 420-^427.
17) Es ist dieses das von Tenstal (S. 267, Note 14) der
medidnischen Facultät vermachte Haus.
18) Bemenricesswerih ist, dass sich im Pfalz. Copialb. Nr. 12.
F. 174. 176 eine Apothekerordnung ▼. J. 1471 vorfindet. In dieser
ist angegeben, wie die verschiedenen Medicamente, als Pulver,
Pillen, Mixturen u. A. bereitet werden sollen; welche Artikel die
»worczkremer vnd worczl«« zu Heidelb^ feil haben durften (die
»worczler« , welche die Märkte besuchten , durften nur Einen Tag
feil haben, ausgenommen die Messe »zu aller Heiligen tag«); für
welche Preise die Arzneien verkauft werden durften (die Armen,
»quibtts medici propter Demn serviunt«, hatten fftr die Arznei nur'
die Hälfte zu zahlen, wenn sie der Apotheker nicht auch »propter
Deum« unentgeltlidi geben wollte). — Es ist dieses die frflheste
und interessanteste Pharmacopöe und Arzneitaxe, welche noch tor-
handen sind. (Nadi ihnen sind die ältesten die von Paris 1424,
300 I- Buch. n. FeriQä€. 1. Alrnkm». (tUB^UT^
Doch sollen alle obgemelte ihre H&nsser selbst im Baa
lialten.
5. Ad senatom sollen nebst dem Rector und übrigen Doctoribns
der 3 hohem Facultäten aus der artistischen Facult&t mehr
nit als der Decanus und 4 Meister von 12 zugelassen
werden ").
6. Den Artisten soU Erlaubt sein za lehren viam modemorom
et antiquorum, was nicht Ton der heiligen Kirche ver-
botten ist.
7. Aus dem Gollegio Principis sollen seyn 4 die Theologie stu-
dieren, 1 Licentiatus Juris, der die Pfrttndte zu Mosbach
habe, und 1 Licentiatus Medicinae, der die pfründte zu St
Paulus in Wormbs geniesse, sollen aber^zum Eingang geben
15 fl. pro fabrica.
8. Soll der Senatus Erwählen einen ad facultatem juridicam,
der die weltlichen Rechte vorlesse'^) und geniesse die andre
von Berlin 1488 und ton Halle 1488.) Sie wurden «nf Befehl des
Kurfürsten Ton seinen »erczen« M* Bartholomäus von Etten,
M. Erhard Kuab (Knapp)' von Zwyfalten und Conrad
Schelling von Heidelberg abgefasst. Wir haben sie vollständig
abdrucken lassen in der Yereins-Zeitung des allgem. deutsch. Apo-
theker-Vereins 1857, Nr. 4. S. 58 ff. Yergl. auch Mono, Ztschr.
B. IL S. 276 ff., wo diese Pharmacopöe und Arzneitaxe ebenfalls
abgedruckt sind.
Als Apotheker wird genannt »Hans apoteker« zu Heidelberg
i. J. 1401 (Zin^buch des Bischof Rhaban von Speyer, F. 48);
1405 nimmt König Ruprecht den »magister Petrus apothe-
carius Frankfurdensis« unter sein Hofgesinde auf (Pfalz. Gopialb.
Nr. 143. F. 257); als erster Hofapotheker wird Johannes Schön-
tal erwähnt Mono, Ztschr. B. XXL S. 2L
19) In der Folge traten manche YerftndeniDgen eis. So beatand
der Senat im Jahre 1550 ausser dem Reotor Curio aus 2 aus der
Artisten-Facultät gewählten Räthen und einer Anzahl von Assessoren.
Von diesen war 1 aus der theologischen, 4 aus der juristische&t
2 aus der medidnischen Facultät. Doch wird dabei bemerkt.: »Da-
tur ad haeo potestas Rectori convocandi pro necesaitate quo« velit«.
Aimall. Univ. T. YII. F. 66, a.
20) Der Lehrstuhl des Römischen (weltlichen) Redits war län-
gere Zeit nicht besetzt Schon 1387 trug es Matthäus Giemen tis
vor (S. 159), und 1408 war Job von Strassburg und 1428
Johann Kirchmeier für dasselbe angestellt (Wundt^ De Fa-
cultät ord. Jurid. P.I.p. 13 ff.) Kremer's und Tolner's Angabe
(Acta Paiat T. L p. 385, Cod. Dipl p. 128), als seien erst unter
Beviäirte u, erweiterte StoMen der Uniffereitäi u. ä. Bureen, 301
' pMndte zu St Andres in Wormbs, die gef&ll Ton einer
pfrOndt gn Nenstatt nod dan 90 fl. toh der Kirch so Loden.
9. Das die Yacans in der theologischen Facult&t nit llUiger soll
danren als die hundstage'^). Wan die artisten das qaod-
libet disputiren, sollen^ die Theologi nit Dispatiren.
10. Ein Jeder Doctor Theologiae soll jährlich einmal Disputiren,
wie anch die Doctores Joris.
11. Das J&hrlich die Facnlt&ten Rechnung thnn sollen dem
Rectori.
la. Das die promovendi mit Collecten vnd sunst andern nit sollen
beschwert werden.
13. Das die Professores und Collegiaten ohne Erlaubnus Re-
ctoris Aber 8 t&g nit sollen aus Heydelberg sein.«
§ 3.
Revidirte und erweiterte Statuten der Universität
und der Bursen.
Bei den Bestrebungen des Kurfürsten für das Wohl
und Gedeihen der Universität^') blieb diese auch nicht
Friedrich I. Vorlesungen aber das römische Recht gehalten
worden, ist deshalb irrig. Jener besetzte diese Professor 1455 mit
Johann Schröder, genannt Lntifiguli, von Heidelberg, dann
1461 mit Johann Byssinger, 1463 mit Peter Wacker TOfn
Sinsheim, 1469 mit Hartmann Pisto^ von Eppingen, 1472 mit .
Andreas Hartmann von Eppingen. Wandt, P. H. p. 7 ff.
21) Ueber die Ferien der theologischen Facultät erschien »auf
Dienstag nach St. Eilianstag 1464« noch eine besondere Verordnung
Ton dem Kurfürsten. In dieser wurden die Ferien der Theologen
veriftngert, und ewar »von dem achten Tag an der Aposteln Fetri
und Pauli bis auf den von Mariae Geburt« ; dass aber die genannte
Facultät diese Zeit nicht überschreiten wolle, darüber musste sie
einen besonderen Revers (9. August 1464) ausstellen. Verordnung
und Beyers finden sich bei Krem er, S. 839. 340, sind aber audi
besonders abgedruckt in Friderici I. Ansschreiben wegen der
Ferien der theol. Facultät. 1464. — Auf der Universität Basel hatte
die theologische Facultät (1459) vom 29. Juni bis 30. September,
die Artisten -Facultät dagegen nur ganz kurze Ferien, und selbst
^^tend der Hundstags- Vacanzen wurden den Baccalaureen gewisse
Lectionen zu halten angegeben. Viecher, S. 136.
22) Was unter Friedrich für die Univprsitäts-Bibliothek ge-
schehen ist, 8. 8. 261.
302 X Such. JX Periode. 1. Jba^mitt. (1U9^147$.)
unthätig. Sie emetterte alte gesetzlidie Bestiramnngen
und fügte neue hinzu , um Fleiss , Ordnung ind Sitte zu
fSrdern und vereinigte die froher jeweils nach Bedürfoiss
gegebenen einzehien Verordnungen (^ 156 ff.) zu einem
gegliederten Ganzen, indem sie zugleich bestimmte, dass
sie jeder Bector, bei dem Antritte seines Amtes, nadi
vorheigegangener Einladung *'), in dffentlieher Versamm-
lung den Üniyersitäts-Angehörigen vorzulesen habe. Dieses
Vorlesen wurde von dem Bector mit einer Rede (Prae-
fatio sive Arenga ad publicandum statuta) eingeleitet
Das erstemal finden wir diesen Brauch im Jahre 1421
(27. August), wo Otto V. Stein das Rectorat beklei-
dete ").
Nach dem Jahre 1421 &nd bis zur Restauration der
Universität durch den Kurfürsten Karl Friedrich (1803)
jedes Jahr dieses Vorlesen der Statuten statt. In den
älteren Acten sind die Statuten und Reden nur noch
aus den Jahren 1421, 1440,* 1444, 1446, 1448, 1450, 1453
und 1456 in der Handschrift Nr. 454 vorhanden *^).
23)NL&ngere Zeit laatete die Einladnnggformfllj wie die erste,
welche wir in den Acten fanden: »Intimatio et mandatum
pro public atione StatHtornm.«
»Mandajnns onmibua et singnlis nostrae amTersita^s snppositis,
quatenos hodie hora I. post meridiem canTeniads m scholis novis
artistarum saperioribos ad aadiendnm constitntiones qaaadam et
statuta statum yestnim et honorem convenientia (auch »honorem
nostrae nniversitatis et Testram concernentia«) s«b poena joramenti
praestiti.
Datum anno Domini MGGCCXXI. die XXYU. n^sasis Angosti
nogtri Beotoratus sub sigillo.« Später geschahen diese Einladungen
durch Programme, mit welchen in der Regel eine wisseoschaltliche,
von dem Professor der Eloquenz abge&sste Abhandlung Verbundes
war. Siehe unsere Gesch. d. Stipendien, H. II. S. 3.
24) Stein' 8 Bede handelte »de causa condendi statuta«*
Schwab, P. L p. 45.
25) Eine sorgfältige Abschrift derselben besitzt die Hof- und
Staatsbibliothek in München, Cod. BaT. Nr. 631. Am Schlüsse der
Abschrift steht: »Ego inscriptus Pontific. Yatican. bibliothecae
conservator fidem fado praesentes copias desumptas . esse ex M. S.
SeviäiM u. ffMwterto Sktktkn der Umkmeim u, d, Bursm, 303
Im Wesentlichen stimmen diese Statuten mit den
firüheren »Disciplinar- und Polizeigesetzen« überein
und vertneteb unter Anderem: Herumschwärmen auf
der Strasse nach der Abendglocke ohne Leuchte, bewaffnet
oder verlarvt, Händel mit den Schaarwächtem, Schreiben
oder Verbreiten von Schmähschriften (libelli famosi), un-
anständiges Benehmen bei den Disputationen, Processionen
und öffentlichen Festen, Würfelspiel, Beherbergen you
nicht inunatriculirten Studirenden, Fangen von Vögeln, den
Gebrauch yon Nachschlüsseln, leichtsinniges Schwören,
Fechten und Besuch von Fechtschulen und berüchtigten
Häusern.
Ferner wurden auch den Bursen, welche von d^
Universität ernannte Begalten hatten, in's Einzelne gehende
Statuten gegeben. Diese bezogen sich eben so wohl aqf
das gegenseitige Verhältniss zwischen den Regenten und
den Barsalen, als auch auf die Aufnahme und Entlassung
2(Qs den Bursen, die in denselben zum Besuche des Bac-
calaureats oder Licentiats vorzonehmenden Exerdtien und
andere wissenschafUiche Arbeiten.
Endlich wurde auch (1470) eine Kleiderordnung von
der Universität erlassen. In dieser ist genau bestimmt,
wie die Kapuze (caputium, die an der cappa, einem weiten
Mantel oder Talar, befestigte Kopfbedeckung), der Hals-
schmuck (collerium), die Stiefel u. s. w. sein sollen*^.
Auch die theologische Facultät arbeitete (1452) ihre
ajten, für die damaligen Zeitverhältnisse nicht mehr pas-
senden Statuten um: und fügte später (1475) Zusätse bei^^).
bibliothecae olim Palatinae signat. Nr. 454. Datum Romae ni.
Calend. Martii 1670. Elias Baldas.« Den reichen Inhalt dieses
Codex gibt Wilken, S. 291 ff.
26) Urkunde Nr. XII. enthält die Statuten für die Universität
und die Bursen, s^ wie auch die Eleiderordnung.
27) Urkunde Nr. XIII. gibt die Statuten und Zusätze. x ^ .
§*•
Eampf des N(minali9fnu8 und ßeaiimus.
Gegen das Ende des 11. Jahrhunderts hatten sich in
der scholastischen Philosophie**) zwei Hauptrich-
tungen, die der Realisten (Sachler) und die der No-
minalisten (Namler), geltend gemacht. Die ersten
gaben, dem Aristoteles und dem noch weniger be-
kannten Plato^lgend, den allgemeinen Begriffen Reali-
tät; die anderen behaupteten, die allgemeinen Begriffe
hätten filr sich gar keine Geltung; sie seien von den ein-
zelnen Dingen abgezogene Vorstellungen des Verstandes,
sie existirten somit nicht als wirkliche Dinge, sondern
nur als Vorstellungen und Namen (nomina). Im Anfange
des 14. Jahrhunderts erhielt der Nominalismus durch
den Engländer Wilhelm von Occam eine neue» in das
gesammte kirchliche und politische Leben der Zeit ein-
seifende Gestalt In dieser vereinigte er die ganxe g^en
die kirchUchen Missbräudie ankarapfaide neu^e Partei,
welche in den Gondlien einen Weg zur Verbesserung der
Kirche suchte. So fand der Nominalismus trotz des Wider-
standes des mit der Römischen Kirche verbundenen Realis-
mus immer mehr Verbreitung, ^nd wurde am Ende des 14. und
im Anfange des 15. Jahrhunderts vorherrschend, selbst auf
der Pariser Universität, wo er jedoch, wie in ganz Frank-
28) Die damalige Philosophie ist durchgängig nnter dem Namen
scholastische bekannt; nicht als w&ren aUe Lehrer und An-
hänger derselben j welche man nnter dem Namen Scholastiker
begreift, durchaus gleichen und abereinstimmenden Grundsätzen
gefolgt, sondern hauptsächlich wegen der Uebereinstimmung ihrer
iPiBseren Form. Seinen höchsten Stolz fand der Scholastidm^s in
,anennUdllehem, kunstvollem Disputiren. Da diese .Philosophie zwar
nicht immer nach gleichen Grundsätzen, aber doch fast Überall in
gleicher Form und nach gleichem Plane in den Schulen gelehrt
wurde, so bekam sie davon ihren Namen, der also gleichsam so
viel als die den Schulen eigenthOmüche Pliilosophie bezeiclmet.
Erhard, B. I. S. 78.
Kamgf de» Neminaliamue und JReMmuM. 305
reich, durch ein Decret Ludwig's XL (1. März 1473)
anterdrfl(±t wurde, und die nominalistischen Bücher aa
Ketten gelegt werden sollten.
üebrigens hatte der Nominalismus seinem ganzen
Wesen nach doch einen mehr negativen, zersetzenden und
auflösenden, als positiven. Neues schaffenden und auf-
bauenden Charakter. Der Realismus war die positivere,
gehaltvollere Lehre. Kein Wunder also, dass er beim
letzten Aufraffen der Scholastik, von weltlichen und geist-
lichen Autoritäten unterstützt, noch einmal sein Haupt
kräftig erhob, viele tiefere und ernstere Geister mächtig
anzog und unter seinen Vorkämpfern Männer zählte,
welche keineswegs die Bedürfnisse und Bewegungen der
Zeit misskannten, sondern vielmehr, ihnen zu genügen, sie
zu leiten und zu fördern, trachteten **).
Uebersieht man den Scholasticismus im Allge-
meinen, so lässt sich manches Gute in ihm nicht ver-
kennen, da durch ihn der Scharfsinn geübt, der Geist in
Thätigkeit erhalten und ein Streben nach Erkenntniss
und nach Klarheit der Begriffe auf die Bahn gebracht
wurde; dagegen schadete er den Wissenschaften dadurch,
dass er die classische und humanistische Gelehrsamkeit
verdrängte, die wissenschaftliche Form über die wahre
Sachkenntniss , die Speculation über die Erfahrung und
das historische Wissen erhob und die unnützesten Dinge
mit der feierlichsten Wichtigkeit behandelte'^.
Die Kämpfe zwischen Realismus und Nominalis-
mus hatten auch auf der Universität Heidelberg, wie überall,
Boden, gefunden. Der Nominalismus war dorthin von
Paris aus durch Mars il ins verpflanzt (S. 123) und 60
Jahre hindurch ausschliesslich gelehrt worden. Von seinem
Wiederhersteller Occam wird er auch via Occamistica,
29) ViBcher, S. 188. 160. 161.
80) Erhard, S. 106.
HAuts, GoMh. d. UniT. Heidelb. I. 20
in den tU&ivarBit&ts- Acten aber tbeüs via moderna, via
modemorum, auch via nova, theils via Marsiliana genannt.
Von einzelnen Lehrern der Philosophie wurden nun
in den Jahren 1444 und 1451 Versuche gemacht, auch
dem Realismus, in den Acten al$ via antiqua, via anti-
quorum, via Thomistica bezeichnet, Geltung auf der Uni-
versität zu verschaffen. Aber ihre Bemühungen waren
umsonst. Die Artisten-Facultät erklärte sich entschieden
dagegen'^). Erst durch die der Universität von Frie-
drich L gegebene Reform war es gestattet, Theologie und
Philosophie auch nach den Grundsätzen des Realismus
vorzutragen (S. 300). Obgleich nun die Mehrheit der
Artisten-Facultät mit dieser Anordnung nicht einverstanden
war, wurden doch (1453) als »examinatores in via anti-
qua« gewählt Simon von Amsterdam, Herwich von
Amsterdam, Johann Peter von Dacia und Burck-
hard Wenck von Herrenberg. Als erster Magister
Artium wurde (via antiqua) Geyselbert Nicolai von
Delfft creirt«*).
Der Kampf zwischen dem Realismus und Nominalis-
mus in Heidelberg beginnt (1453) unter dena Rectorate
Johann's von Schwendin auf dem theologischen
Gebiete. Der Doctor der Theologie und »ordinis Ci-
stertiensium Provisor Collegii«'*) Arnold war mit den
damals an der. Universität herrschenden theologischen
Ansichten: »quantitatem a substantia non distingui, neque
animae potentias realiter esse diversas« nicht einverstanden
31) Acta Fac. Art. T. I. F. 227. T. II. F. 19. 20.
32) Ibid. T. II. F. 20—25. — Ueber die Nominalisten und
JSlealisten yergL Wandt, De ord. pbil. P. I. p. 18 — 20. Hot-
tinger, p. 79. Auch auf der Universität Basel finden (U64)
gleiche Kämpfe wie in Heidelberg statt, welche jedoch damit endi-
gen, dass der Nominalismus und Bealismus dieselben Berechtigungen
erhielten. Vi seh er, S. 140 ff.
33) Schönmezel fagt bei: »Quod bursa nova dicebatur«. Die
ganze Mittheilung entnehmen irir. 8.as deqsßn Collect- 9A hist. Fac
medic. Heidelb.
Kimgf des HammMsfmui md BeaMmnm. 30T
TOid sudite sie zu bekämpfen. Er liess daher an alle
Kirchenthüren den herrschenden Ansichten enligegenge-
setzte Thesen anschlagen. Kaum war dieses zu den Ohren
des Rectors gekommen, so wurde die Universität zusam-
menbemfen, dem Doctor Arnold das Lehren untersagt
und an die Stellen der herabgerissenen Thesen desselben
ein Mandat des {tectors geheftet, welches den Studenten
bei ihrem geleisteten Eide untersagte, Arnold's Vor*
träge weiter zu besuchen. Doch hatte dieser in höheren
Kreisen Vertreter. Der Abt von Schönau, zu dessen
Orden er gehörte, der Dompropst von Worms, Ludwig
von Ast, und selbst der Kurfürst bemühten sich, einen
Vergleich herbeizuführen. Allein vergeblich. Da liess
sich Arnold herbei, vor der versammelten Universität
(in congregata Universitate) seine Ansichten als irrig zu
erklären und mit dem Versprechen um Verzeihung zu
bitten, nie wieder die Anstalt beunruhigen zu wollen.
Hierdurch erst wurde diese zufrieden gestellt und er-
laubte ihm, wieder Vorträge halten zu dürfen **).
34) Die Aniieht der Theologen, welcher die üniyersit&t in jener
Zeit huldigte und die sie vertheidigte, erhellt am deatlichsten aus
folgendem, ton Schdnmezel in dem genannten Programme mitge»
theiken Acteiistacke: »Qaiconqne dicit substantiam qnantitaten
esse, affinaat sabBtantiam panis in Sacramento Altans post conae*
erationem mansiase, iste Idololatriam fovet et meritnm fidei Bo*
manae dialecticae arti innititnr. Hinc Husitaram damnatos error
Berpsit, quod synodus sancta Gonatantiensis declaravit, qaoram
Haeresiarcha Hns, quod inter substantiam et quantitatem distingui
nequeat, in libris scripdt et docuit, volens miUesies eombnri, quam
istnm errorem dejurare. Est itaque in Tenerabili sacrificio hostiae
salutaris consubstantia panis et Dominid Corporis, remanentibus
natoris aocidentiom secundnm esse individuale et proprium, quam
diviaa yirtus di^nnxit secundnm esse, et natura postea decrevit
distinctam a substantia realiter et generice. Manet insuper ibi
quaUs in sapore relatio iode pendens, ubi actio et passio fiont
realiter cpngruae in quanto, in situ.«
Darauf heisst es weiter: »Docet natura hominem in confinlo
dnarum nafturarnm conditnm : utriosque naturamm perfectionis parti*
eipatur.«
20*
308 L Bw^. IL Periode. 1. JAsdMft. (049—1476.)
Damit war aber der Streit nur f&r «fen Augenblick
unterdrückt ; bald brach er wieder aus, und, bis zur Kirchen-
Reformation dauernd *^), störte er mehrfach den Frieden
und die Eintracht der Universität
§5.
Papst Pius IL Friedrieh's Theilnakme an dem
Kampfe Diether's von Isenburg und Adolph's von
Nassau um den erzbischöflichen Stuhl in Mainz,
Friedrich von dem Papste in Bann gethan. Schlacht
bei SecJcenheim (^1462j.
Wie in dem Kurfttrsten, so hatte die Universität i»
dieser Zeit (1458—1464) auch an Pius 11. (AeneasSyl-
vius Bartholomäus Picolomini) einen Gönner. Er war
früher, als Dompropst zu Worms, auch Canzler der üni-
»Hinc essentialiter homo rationalis dicitur, intellectaalis parti-
dpatiye et sentitims per ezcessuin.«
»Doeet veritas hominem ad imaginem Dei et flimilitadinem fa-
ctum esse. Est proprietas divinae natnrae, cmn personarmn trini-
tate in nnitate essentiae consistere, in qua realissime personae sunt
distinctae cum indivisa essentiae unitate. Ad cujus imaginem factns
homo, habet trinitatem potentiarum ^realiter distinctaram et cum
enentia animae essentialiter convenientem. Est itaque naturalis
assimilatio divinae similitudinis et imaginis in participatiotie homi-
nis, non ut in scripto, tanquam trinis, sed in reali partidpatione
dimae assimilationis, in tribus potentiis realiter distinctis. Qni
negat memoriam, intelligentiam et Yoluntatem in anima distinctas
potentias, bonum hominis toUit et in corde sao cum insipiente, quod
non est Dens, dicit. Per quam assimilationem recipimus divmi tuI-
tus super nos configurantem assimilationem, Patri in memoria, FiHo
in intelligentia , Spiritui sancto in voluntate optimam. Sic in ipso,
per ipsum et cum ipso exultat ipsa humana anima, tot! trinitati
applicata. Patet itaque ex omnibus, quod, sicnt ponere quantitatem
fore substantiam, toUat Teritatem sacrosanctae Eucharistiae, ita
negare distinctionem potentiarum animae, toUat bona naturae,
gratiae et gloriae, quam conferre dignetur Dominns Jesus unigemtns
filius. Amen.c
35) Schönmezel bemerkt hier: »Refbrmationis scintillaehac
occasione videntur elucere.«
PimIL FHedrich'8 Kämpfe, St^OaehtbeiSedkenheim. 309
Yersitftt'^ und raier der gelehrtesten Päpste, welcher
Kunst und Wissenschaft hochschätzte und Wissenschaft^
liehe Bildung überall zu iördem suchte *^).
In herkömmlicher Weise theilte auch Pius 11. seine
Wahl der Universität mit^®). In dankbarer Anerkennung
der ihr dadurch erwiesenen Ehre ordnete sie eine feier-
liche Messe an, dem Papste selbst aber sprach sie in
einer Zuschrift ihre Glückwünsche und das Gelöbniss
ihrer Ergebenheit aus'*).
86) »In hac nrbe (Wormatia) nos praeposituram cum palatio
nobili obtinemas et ejus causa in schola Heidelbergensi Gancel-
larjatum.« Vergl. dessen Descript. Germ. cap. VII.
37) Leichtfertig in jüngeren Jahren und ruhmbegierig als Mann ;
keimte in SylTius der Sinn fttr das Kirchliche erst auf, seitdem
er unter die Grossen der Kirche aufzusteigen hoffte. Als Papst hatte
er sich bald in seine Würde gefunden, doch lebte der Humanist in ihm
immer noch fort. Auch in dieser Stellung liebte er die witzigen und le-
benslustigen Menschen, gefiel sich in geistreichen Sentenzen, hielt statt-
liche Beden, nach der Kunst verfasste Commentarien über seine Regie-
rung und seine Zeit,und war überhaupt dazu geschaffen^seinemCharakter
und Amte nach, zwischen Italien und Deutschland zu vermitteln. Er
spornte zuerst die Fürsten an, geisselte ihre Indolenz, schmähte den
entarteten und verbauerten Adel, spottete der Wiener Gelehrten und
ihrer nutzlosen Spitzfindigkeiten und warf mit die ersten Funken in
das verglommene geistige Leben der Deutschen. In dem Univ.-
Archiv Nr. 119 finden sich von ihm: »Geschichte eines Liebenden «f
>Rath an Nicolaus Warttember wider das Hurübel«; »Histor. de
Oregorio papa«. Seine , Liebe zu den Wissenschaften bewies &
unter Anderem auch bei der Gründung der Universität Basel (1459).
Vis eher, Gesch. d. Univ. Basel, S. 26 ff. Vergl. femer über ihn
Büttinghausen, Mise. p. 11 sqq. Härtung, De Pio II. (Progr.
1772). Senckenberg, Sei. jnr. et bist. T. IV. Fase. lü. p. 315 sqq.
Wessenberg, B. IL S. 531 ff. Voigt, Pius IL und sein Zeit-
alter. Voigt, Die Wiederbelebung des class. Alterthums, S. 478 ff.
Gervinus, Gesch. d. poet. National - Lit. d. Deutschen, Th. II.
S. 259 ff.
38) Die Bulle d. d. tertio nonas Septembr. 1458 s. in Hist.
Acad. F. 49 — 51 und bei Büttinghausen, Mise. p. 12 — 14.
39) Histv Acad. F. ^1. Büttinghausen, p. 15. 16, woselbst
auch die Einladung des Bectors an die Universitäts- Angehörigen
zur Messe und die Zuschrift d^ Universität an den Papst abge-
druckt sind.
aiO /. BmO^. IL PtrMle. 1, JOrnkmU. (1449^1^$,)
Des Karfdrsten gutes Einvemehmeii mit dem FapBte
wmrde aber bald gestört Die Wahl Diether's von
Isenburg zam Kurfürsten und Erzbisdiof von Mainz
war streitig gewesen, und seioe Bestätigung hatte deshalb
in Rom Schwierigkeiten gefunden; doch hatte ihm PiusII.
dieselbe versprochen, falls er sich in Jahresfrist persönhch
einfinden und seine Verhaltungsbefehle empftmgen werde*^.
Diether ging anfänglich auf die Bedingung em. Als er
aber erfuhr, dass die Gerichte des Römischen « Hofes
ihn gebannt hatten, brachte er auf dem Reichstag zu
Nürnberg am 28. Februar 1461 mehrere Beschwerden
gegen den Papst vor. Unter diesen war besonders die,
dass er (Diether) an kein allgemeines Concilium ap-
pelliren solle. Diese Beschwerden fanden Gehör, und es
ging dem Papste eine Erklärung zu, in welcher unter
Anderem die Berufung eines allgemeinen Conciliums ver-
langt wurde. Weiteres sollte einer Versammlung in Frank-
furt vorbehalten bleiben, welche die Kurfürsten ausschrieben.
Allem diese hatte für Diether nicht den gewünschten
Erfolg. Der Kaiser hatte sich mit dem Papste verbunden,
und ihrer gemeinsamen Thätigkeit gelang es, die Ver-
sammlung zu schwächen. Im Juni 1461 fand eine Ver-
sammlung in Maiilz statt. In diether machten D i e t h e r und
Kurfürst Friedrich, welcher auf Diether's Seite war,
den päpstlichen Legaten Zugeständnisse. Aber diese
Nachgiebigkeit führte nicht zu dem gehofiten Ziele. Da-
durch wurde Diether veranlasst, eine neue Versamm-
lung auszuschreiben, welche im September desselben Jahres
m Mainz gehalten werden sollte. Zu dieser lud er in
beinahe ganz gleich lautenden Zuschriften die Universi-
täten Leipzig und Heidelberg ein*^).
40) H&uBser, S. 364 ff.
41) Das Schreiben an die Univenit&t Heidelberg findet sich in
Annan. Univ. T. m. F. 81, a nnd in Bist. Acad. F. 54. 65, das an
die Universität Leipzig ist abgedniekt bei Senckenberg, T. IT.
p. 364 — 366. Yergl. auch Bflttinghaasen, p. 23.
PiMlI. Frieätich*8 Käm^e, SdikuihthdSedtehhei/m. Sil
Nachdem diese Diether's Schreiben erhalten
hatte, heschloss sie am 8. Angust 4461, den Rec-
tor Johann Blocher, den Professor der Theologie,
Nicolaus von Wachenheim, und den Profeösor der
Decretalen, Peter Schwan von Wimpfen am NeCkat,
an den Kurfürsten zu senden, um bei ihm und seinen
Räthen anzufragen, ob die Universität die Versammlüiig
in Mainz beschicken solle **). Die Deputation erhielt eiäfe
bejahende Antwort. Hierauf versammelten sich die Doc-
toren und Magister der letztern am 20. August in der
Capelle zur H. Jungfrau und beschlossen, nach gepflogener
Berathung, den Nicolaus von Wachenheim und den
Professor der Decretalen, Conrad Degen, nach Mainz
zu schicken, und, weil der Fiscus der Universität nicht
im Stande war, die mit dieser Sendung verbundenen
Kosten jetzt zu übernehmen, sollten die Facultäten einst-
weilen das nöthige Geld vorschiessen *^.
Die von Diether beabsichtigte Versammlung in
Mainz kam jedoch glicht zu Stande, da er schon am
21. August desselben Jahres von dem Papste abgesetzt
und ein Mainzer Domherr, Graf Adolph von Nassau,
(1443 Rector der Universität, S. 291), aus dem berühmten
Grafengeschlechtö , welches Deutschland einen König ge-
geben hatte, zu dessen Nachfolger ernannt worden- war.
Jetzt suchte Diether bei seinem Freunde, dem Kur*
fürsten Friedrich, Schutz, und verpfändete ihm (19. No-
vember 1461) für 100,000 fl. die ganze Mainzische Berg-
strasse; aber eine Bulle des Papstes vom 8. Januar 1462
gebot dem Pfialzgrafen bei Strafe des Bannes, die ihm*
von Diether verpfändete, beziehungsweise abgetretene
Bergstrasse herauszugeben, und, als Friedrich dieses
42) Schwab, P. I. p. 66. Büttinghausen, p. 24.
43) Annall. Univ. T. HI. F. 81, a. b. 83, a. — Die übrigen
Actenstücke, s6 wie auch ein Brief der Universität an Diether
siehe bei Bflttinghausen, p. 24 ff.
312 I* Buch. IL Periode. 1. Abeehmtt. (1449—1476,)
nicht that, fanden seine Gegner darin eine Ursache, ihre
Lehensverbindlichkeit rücksichtslos zu brechen. Ein Ver-
such des Kurfürsten, den Papst zu freundlicheren Ge-
sinnungen zu bringen ^^X ^^^ fruditlos, und es erschien
unter dem 23. Februar 1462 eine Bannbulle gegen ihn^^).
Nachdem im Namen des Kaisers Markgraf Albrecht
von Brandenburg und Ulrich von Württemberg (23. De-
cember 1461) dem Kurfürsten den Krieg erklärt hatten,
und ihnen auch der Markgraf Carl von Baden und sein
Bruder Georg, Bischof von Metz, und Johann, Bischof
von Speyer, beigetreten waren**), fielen schon in den
44) ' »Wir han aucbT ynserm Heiligen Yatter dem Babst ge-
schrieben, aucb vnsere Botscbafft zu Ime gethan, sine Heyligkeit
der Dinge warlich zu vnderrichten vnd sint des za hohem getruwen,
Sin Heyligkeit wert darin Handeln vnd schaffen, damit daz behende
knrzansezlich famemem gein vnsern Frundt von Meinz vnd ms
abegestalt vnd vns vnd Vch vnd rwer Parthie darin kein Gelympff
oder Billicheit zugezogen werden. Das auch eine Bolle zu Strass-
borg angeslagen sy vnd vyl Inhalten mag sin Wir wolten
auch gar vngern Gotliche Lere Christlichen Glauben ynd anders
was Got ynd die Obern antrifft oder berüret verachten vnd yngem
Yrsachen sin zu jeman Verdampniss vnd vns werden die dinge
von vch mit vnwarheit zugelegt dan wir han das weiss Got vnd
ist vnser Züge kein ander Meynung nyn gehabt, dann vns zu halten
alz einen frommen Cristlichen Fürsten zusteet vnd wollen das mit
Hilff Gots cristlich biss in vnser Ende besliessen, es mag auch die
Bulle mit Vnwarheit erlangt sin durch die die den schyne der
Warheit vnd falschen Grünt an Ine vnd In Inne haben alz auch
vor mee gescheen ist.« Eremer, S. 275. 276.
45) Abgedruckt bei Kremer, Th. I. S. 276. 277. Das gleich-
zeitige Schreiben des Papstes an Friedrich siehe bei Oefele,
Th. n. S. 244.
46) Kaiser Friedrich IIL hatte von den ReichsfÜrsten wegen
seiner schläfrigen Regierung öfter die bittersten Vorwürfe erhal-
ten, fürchtete sich vor dem feurigen und patriotischen Geiste
Friedrich's L, der ihm mit den übrigen Kurfürsten die Ab-
setzung androhte, am meisten, und war darum stets dessen Feind.
Mit Kurmainz brach der Krieg schon unter Ludwig IV. aus, diesen
hatte also Friedrich L geerbt. Der Markgraf Jacob von Ba-
den hatte seinen Sohn Carl an die Schwester des Kaisers Fried-
rich ni. vermählt, und trat daher mit dem letztem gegen Kurpfälz
PimU. Friedrich's Kämgfe. ScklacMbei Sechenkeim. 31S
letzten Tagen des März 1462 verheerende Scbaaren aus
Württemberg und Baden in die Pfalz ein, verwüstete
die Gegend um Heidelberg und legten die Dörfer Eirch-
heim, Eppelheim, Bruchhausen, Plankstadt, Sandhausen,
St Sgen, Walldorf und Nassloch in Asche.
Unter diesen Verhältnissen beschloss Friedrich
seine Feinde ohne Verzug anzugreifen. Danut aber nicht
während seiner Abwesenheit in Heidelberg selbst neben
seinem Interesse auch das seiner Feinde bei der Univer-
sität Verfechter finden möchte, mussten die Angehörigen
derselben dem Rector schwören, dem Kurfürsten treu zu
sein, bei der Vertheidigung der Stadt mitzuhelfen u. s.w.*')
Darauf wurden 5 Doctoren und Magister zu HaupÜeuten
über die Studenten ernannt und die nöthigen Verhaltungs-
Massregeln gegeben*^).
Nachdem die erforderlichen Vorkehrungen getroffen wa-
rn Verbindung, so wie er zavor sehon mit den unmhigen Grafen
von Lfitzelstein und Lichtenberg, die von der Pf&lziBchen Lehens-
Terbindung sieb losmachen woUten, sieb vereinigte. Württemberg,
Speyer und andere Fürsten und Grafen schlugen sich dazu, weil
sie eifersüchtig über die Vergrössening des Pfälzischen Hauses waren.
47) Der Schwur, welcher von dem damaligen Bector Degen von
Memmingen (1461) zu leisten war, ist {tufgezeicbnet in AnnalL Univ.
T. ni. F. 86, b. — Auch vor dem Zuge Friedrich's gegen die
Lützelsteiner mussten die Studirenden ein gleiches Gelöbniss thun,
Sohn, S. 43. 44. .
48) Ordinantur mox studiosis Capitanei aliquot: Petrus de
Wimpina superiorum Facultatum, Petrus de Glaburen, Bursae Suef-
vorum, Erhardus Enab Licentiatus in Medicis Bursae Novae, alii
aliamm Bursarum. lojungilur studiosis, ut invasione et insultn
nrbis facto domi suae quisqne maneat, nee ante fores civibus vel
militibos iUudat, ab apparitore vero Academico vocatus qnantocius
ad praefixam sibi stationem festinet, etiam non vocatus cum armis
ad destinatum locum eonvolitari yiderit, ipse siipul eodem aecurrat,
vigUes custodes aut excubitores noctumos et diurnos ne lacessat,
ne molestet; ne uUius Principis aut territorii famam sugillet in
praesentia praesertim laicorum, et ne noctu stndiosorum armata
ejusmodi in plateis circumeursitatio civibus esset suspecta, id ip-
Bum, ne sinistri quid susplcarentur, per rectorem et tribonnm civi»
bns ante significatnm fuit. Hist. üniv. F. 57.
314 I. Buch. II, Periode. 1. AbeefmiU. (1449-^1476.)
reu, zog Friedrich seinen Feinden entgegen, und schlug
sie am 30. Juni 1462 hei Seckenfaeim, früher Siegenheim
genannt*'). Den Grafen Ulrich, den Markgrafen Carl
und den Bischof Georg fahrte er als Gefangene (nur
der Bischof J o h an n von Speyer war entkommen) nach
Heidelberg ^% und gab sie erst nach langer, strenger Haft
unter harten Bedingungen Ende April 1463 frei**).
§ 6.
Friedrich wird von dem Banne losgesprochen. Ver-
hältniss der Universität zum Papste.
Nach dem über seine Feinde erfochtenen Siege än-
derten sich die politischen Verhältnisse in der Art, dass
sie Friedrich's Freisprechung vom Banne herbeiführten.
Adolph schloss 1463 nicht nur einen Frieden mit ihm,
worin er die Verpfändung der Bergstrasse anerkannte,
sondern versprach auch, ihn mit dem Papste auszusöhnen.
Alles ging nach Wunsch. Friedrich wurde am 12. März
1464 zu Worms, in Gegenwart der Gesandten der be-
theiligten Fürsten, von dem Banne losgesprochen **). Der
49) Hist. Acad. F. 58. — Zum Andenken an diesen Sieg hat
das nachher bei der Wahlstatt angebaute Dorf den Namen Frie-
drichsfeld erhalten. Friedrich selbst liess dort als Siegeszeichen
ein steinernes Cmcifix aufrichten, ordnete (1478) zum Gedächtniss
des Sieges eine jährliche Procession in Heidelberg an und stiftete
(1475) ein wöchentliches Seelenamt fQr die gefallenen Pfälzer. Kre-
mer, Th. I. S. 303 ff. Th. H, S. 279 ff.
50) Eine vollständige, aus dem 3. Theile der Annalen der Uni-
versität entnommene Darstellung dieses Krieges gibt Sohn in
seiner Rede, S. 45 — 48. Vergl. auch Hist Acad. F. 57 ff.
51) Garolus manicis vinctus ferreis in carcerem tetrum raptna
est Gobellin, Gommentar. Pii IL p. 121. Ulricus conqnestos
est, se in vincula coi^ectum lignea, cippo et pedica constringi.
Schöpflin, Hist. Zar.-Badens. Th. ü. p. 172 ff. FOr ihre Ans-
Ifoung nmssten Ulrich und Carl je 100,000 fl. geben und der
letzte noch verzichten auf die Auslösung von Eppingen und auf
den badischen An^prut^h von Heideisheim. Krem er, S. 863.
52) Ebendaselbst, S. 367. 368.
AitfMmng äei Bcmnea. Verhältn.derüni/».eumPapHe. 315
Papst erliess in diesem Betrefif zwei Bullen. Diese sind
auch fOr die Angelegenheiten der Universität von Wich-
tigkeit, weil durch sie bestimmt wurde, dass die üniver-
sitäts - Angehörigen , welche geistliche PfrOnden besassen,
in deren ungestörtem Genüsse blieben ^^).
Schon oben wurde berichtet, dass Papst Pius n.
freundlich und wohlwoUend gegen die Universität gesinnt
war. Wie dankbar sie dieses anerkannte und wie sehr
sie ihm ergeben war, bewies sie besonders bei folgender
Veranlassung. Der Papst hatte nämlich während des so
di>en erzählten Krieges Friedensboten nach Deutschland
geschickt. Diese hatten auch ein Schreiben (7. Januar 1462)
an die Universität überbracht ^*), wodurch sie aufgefordert
wird, den EurfOrsten Friedrich zum Gehorsam gegen
den päpstlichen Stuhl zu bestimmen. In der hierauf
dem Papste durch den Lehrer des geistlichen Rechtes
und Kurfürstlichen Rath, Dr. Theologie Johann von
Laudenburg**), überbrachten Antwort berichtete sie,
dass sie nicht nur der Aufforderung nachgekommen sei^^,
sondern, aufs Neue ihre Ergebenheit und Treue ver-
sichernd, vertheidigte sie sich auch wegen ihres Beneh-
mens auf dem Baseler Concilium in Beziehung auf Papst
53) Die betreffenden Ballen s. in Eremer's Urkunden S. 327.
385. Die auf die Universität sich beziehende ist im Univ.-Arch.
Nr. 105 im Original vorhanden.
54) Annall. Univ. T. III. F. 93, b. 94, a, abgedruckt bei Büt-
tinghausen, p. 20.
55) Wundt, De Fac. jnrid. P. IL p. 9. 10.
56) In hoc tmnnltu Pontifex Romanns Pius II. missis literis
per sacri Palatii auditorem, Petrum et Franciscum Decanum Tole-
tanum Theblogiae Professorem, snbdiaconnm apostolicum, nuncios
et oratores snos in Germaniam pro pace et tranquillitate missos,
borCatur aeademiam, ut Electorem Fridericum, ne ab ecclesia Ro-
mana discedat, sed sab ejus et sedis apostolicae obedientia ma-
Äeat, disponat, roget et admoneat Id quod factum fuit per Recto-
rem adjnnctis doctoribns Rudolfe de Bruxella, Joanne Truzenbach
de Heilbronna et aliis quibosdam. Hist. acad. F. 57.
316 I- Bmk, U. FeriofU. 1. AbsehmU. (lUB^-Ure.)
Eugenius IV. (S. 281)^'). Pias H. starb am 14. Au-
gust 1464. Seine unmittelbaren Nachfolger waren Paul E
(1464) und Sixtus IV. (1471). Auch diese theUten ihre
Wahlen der Universität mit^®).
§7.
Der Kurfürst verleiht der Universität das Patronais'
recht der Pfarreien Pfeffingen und Gundheim. Finan-
zielle Verhältnisse der Universität
Durch die oben mitgetheilte Reform der Uoi-
yersität hat Friedrich gezeigt, ¥rie sehr ihm ihre
innere Einrichtung am Herzen lag. Dabei vergass er
aber nicht, auch ihr Ansehen und ihren jetzt schon nicht
unbedeutenden Wohlstand noch mehr zu heben. In dieser
Absicht gründete und veranlasste er nicht nur die Grün-
dung von mehreren Canonicaten bei dem Stifte zum H.
Geiste (1459 u. 1460) *^), sondern verlieh der Hochschule
auch (14Ö7) das Patronatsrecht der Pfarreien Pfeffingen
und Gundheim, und stellte darüber eine Urkunde ^^) aus.
Bestätigt wurde diese Schenkung durch eine Bulle des
Papstes Sixtus IV.«0 (1*72) und die Vertheüung der
57) Die hieher gehörigen Actenstücke stehen in Annall. üniv. T. III.
F. 90, b. 91, a. b. 93, b. 94, a. 99, a. b. Histor. Univ. F. 55. 57. 59.
Abgedruckt sind dieselben bei Büttinghausen, S. 16. 17. 20. 21.
I 58) Abschriften dieser Mittheilungen, so wie auch ein von
einem der Cardinäle an die Universität gerichtetes, die Wahl
PauTs IL betreffendes Schreiben (6. Septbr. 1464), finden sidi in
Hist. Acad. F. 59. 60. 61 und in Annall. Univ. T. HI. F. 158, a.b.
59) Die Original-Urkunden sind im Univ.-Arch. unter Nr. 39.
69. 71.
60) Die Original -Urkunde befindet sich im Univ. -Arch. unter
Nr. 85. Abschriften sind in Annall. Univ. T. III. F. 55, b. 56, a
und in Copialb. d. Univ. F. 105, a bis 106, a. Ebendort F. 106, a
ist auch die Urkunde in lateinischer Sprache. Hist. Acad. F. 49.
61) Die Bulle s. im Copialb. d. Univ. F. 118, a bis 119, b.
Exeoutor derselben war der Bischof Reinhard von Worms. Yergl
auch Hist. Acad. F. 63.
KurfufsÜ, Verorän, gegen S^ßänäel Frequenz der Univ, 317
Einkünfte dieser Kirchen durch eine besondere Urkunde
(1474) von dem Kurfürsten bestimmt®*).
Die finanziellen Verhältnisse der Universität unter
Friedrich I. scheinen selbst während der Kriegszeiten
in gutem Zustande gewesen zu sein. Wir glauben dieses aus 2
aus jenen Zeiten tms aufbehaltenen Urkunden schliessen zu
dürfen. Nach der ersten lieh sie (1458) dem Magister
Matthias Winternegber eine Summe von 27 fl., und
nach der zweiten bewilligte sie (1461) dem Magister
Johann Bissinger eine Unterstützung, um nach Italien
reisen und dort l^a Jahre studiren zu können, unter der
Bedingung, nach seiner Zurückkunft in Heidelberg zu
promoviren und eine Lehrstelle zu übernehmen *•).
§8.
Kurfürstliche Verordnung gegen die immer wieder*
hehrenden Raufhändel Frequenz der Universität
So wohlgesinnt Friedrich für die Universität war,
und dieses selbst in kriegerischer Zeit bethätigte, so trat
er doch auch jedem Unfug kräftig entgegen. So im Jahre
14Ö8. Wie schon öfter, so waren auch jetzt wieder Händel
zwischen Studenten und »ettlichem Hofgesinde« entstan-
den, welche so weit gingen, dass die Gegner der Studenten
die Bursen stürmten. Ausserdem kamen, besonders
Nachts, häufig Störungen und Unruhen vor. Um diesen
möglichst vorzubeugen, wurden strenge Verordnungen von
dem KurfOrsten erlassen ^%
Die Frequenz der Universität war seit der Beform
62) Die Original -Urkunde befindet sich im Univ.-Arch. unter
Nr. 82.
63) Beide Urkunden sind noch im Originale vorhanden. Die
letzte ist im Univ.-Arch. unter Nr. 66.
64) Dergleichen sind noch aus den Jahren 1458 und 1466 vor-
lianden in Annall. Univ. T. III. F. 61, a und im Pf&lz. Copialb.
Nr. 12. F. 108. 109.
318 I' Bück. IL PeriiKk. 1, AhMchnäL (iU9^1476,)
derselben sehr bedeutend gestiegen ^^). Im Jahre 1454
wurden 167 Studirende immatriculirt Auf dieser Höhe
hielt sich die Zahl der jedes Jahr Immatriculirten bis
zur zweiten Hälfte des Jahres 1461, wo wegen eines von
dem Kurfürsten gegen die Ausländer ergangenen Verbotes
nur 8, meistens Pfalzer, eingeschrieben wurden. Doch
schon im folgenden Jahre war die Zunahme an neueoi
Studenten stark, und von dem Jahre 1464 an erreichte
die Zahl ihre alte Höhe ««).
65) Zu dea bemerkenswertliesten Btndirenden damaliger Zeit
gehörte Matth&us Hnmmel, in der Folge unter dem Beinamen
»im Bache zum Ritter erhoben und erster Rector der Universität
Freiburg i. Br. (1457). Er kam als 16j&hriger Jüngling (1441)
anf die Universit&t Heidelberg. Rasch durchlief er hier die arti-
stischen Studien; schon nach 2 Jahren wnrde er Baccalanreus und
nach 5 Jahren Magister. Nun widmete er sich (wie es scheint,
neben andern, besonders medicinischen Fächern) auch dem Kirchen*
rechte, und brachte es in einigen Jahren so weit, dass er sich der
strengen Prüfung mit dem besten Erfolge (1451) unterziehen konnte.
.AUein die Promotion fand nicht statt Die Professoren der Jnristen-
Facultät verlangten nämlich, dass der neu zu creirende Doctor sich
lediglich ihres Kostüms bediene und daher Gold und Seidenzeug
ablege, welches er doch als Magister der Artisten-Facult&t zn tragen
4as Recht hatte. Darauf Uee« sich Hammel nicht ein und so
scheiterte sein canonistisches Doctorat. ' Um so mehr nahm ihn
aber jetzt die Artisten-Facultät in Schutz, übertrug ihm Lehrfächer
and wählte ihn sogar im Juni 1464 zu ihrem Decan. Das Aner-
bieten des Karfürsten, ihm die Anlueht über das AztisteBrCloUegiiDn
anzayertraaen, lehnte Hammel wegen einer Reise nach Italien ab.
In Parma machte er seine Ansprüche auf das Doctorat aus dem
Kirchenrechte geltend and promovirte nach einer rühmlich bestan-
denen Prüfung (1454). Am 2. Mai <1456) nach Heidelberg larflck-
gekommen, wurde er von Friedrich sehr gnädig aofgenommen
and sogleich mit dem Ersuchen in das Artisten-Gollegiam geschickt,
die Hochschule nicht wieder zu verlassen. Weniger freundlich
scheint er von deQ Professoren angenommen worden, zu sein. £r
verweilte deshalb nicht lange in Heidelberg. Im Juni desselben
Jahres war er bereits wieder in seiner Vaterstadt Yillingen. Schrei-
ber, Gesch. d. Univ. Freiburg, Th. L 8. 15 ff.
66) Matr. lib. TL.
DU ersten BuehdruckereimmHeidOb. Friedrich'e I. Tod. 319
§9.
Die ersten Buchdruckereien in Heidelberg. Frie-
dricKs L Tod.
Der Kampf Diether's von Isenburg und Adolph's
von Nassau (S. 311 flf.) hatte auch eine weitere grosse
Folge. Damals blühte in Mainz die im Jahre 1440 er-
fundene Buchdruckerkunst in den Werkstätten von
Guttenberg, Faust und Schöffer. Als nun Mainz
von Adolph 1462 erobert und theilweise zerstört wurde,
flüchteten sich die seither in die Stadt gebannten Buch-
drucker"'), und wurden von den freien Reichsstädten und
Fürsten, zu welchen auch Friedrich gehörte, freudig
aufgenommen. Er war der erste Schutzherr der neuen
Erfindung und ertheilte in den Jahren 1465 und 1466
Schirmbriefe an Buchdrucker imd Buchhändler, und schon
in dem letzten Jahre erschien in Heidelberg »Bartholo-
maei Facei dialogus de felicitate« ®®). An dieses Werk
reihte sich unter Friedrich's Nachfolger, dem Kurfürsten
Philipp, eine Reihe von Druckschriften an®*).
War Friedrich schon vorher mit der Geistlichkeit
gespannt, so wurde er es durch die Aufnahme der Buch-
drucker noch mehr. Besonders warfen die Klostergeist-
lichen einen bittem Hass auf ihn, da sie sich dadurch
ihren Verdienst entrissen sahen.
67) Typographiae Faastiaae et Schefferianae litenunim fasanua
sodales, Moguntims huc usque mnris inclusi, .occasione hac po«
Enropaeum disperai sunt orbem. Schöpflin, p. 174.
68) PfiÜz. Gopialb. Nr. 13. F. 154. Mone, Anz. f. Kunde
der deutschen Vorzeit, 1837, S. 256; 1838, S. 615. Desselben
Ztschr. B. I. S. 310. Schöllhorn, Amoenitt. litt. T.I. p. 100.
69) Einen ^ Scbirmbrief P h i 11 p p' s für den Buchdrucker Peter
Sc hoff er zu Mainz y. 1. Man 1478 s. bei Mone, Ztschr. B. I.
S. 310. — Ausführliche Nachweisungen über die Buchdruckereien
und Buchhandlungen in Heidelberg von Erfindung der Buchdrucker-
kunst bis auf unsere Zeiten finden sich in der »Vierten Säcular*
feier der Erfindung der Buchdruckerkunst zu Heidelberg, 1840«.
320 L Buch. n. Periode. 1. AbschniU. {14i9^1476.)
unterdessen wurde Friedrich's sonst so kräftige
Gesundheit durch die ununterbrochenen Anstrengmigeii
und Kämpfe allmahlig untergraben. Schon einige Zeit
vor seinem Tode fQhlte er, wie seine Lebenskraft schwand,
und lebte in eingezogener Stille. Er besuchte häufig
das Franciscaner- (Barfftsser-) Kloster, wohnte den reli-
giösen üebungen der Mönche bei, in deren Bruderschaft
er gegen das Ende seines Lebens eintrat, und liess sich
sein Grabmal in der ESosterkirche bauen. Er starb am
12. December 1476 in noch kräftigem Mannesalter (geb.
1425), nachdem er noch in demselben Jahre (24. Juh)
das Dominicaner-ESoster in Heidelberg (S. 2U8) gegründet
hatte, und wurde, nach der in seinem Testament^ (1467)
getroffenen Bestimmung, am 26. Januar 1477 in einem
» Barfttsser - Gewand nach der Weise der Barfftsser-
Mönche«''^ in der genannten Kirche feierlichst beige-
setzt''^). Jetzt ruhen seine Gebeine in der kathoMschen
Pfarr- (Jesuiten-) Kirche, wohin sie vor dem Abbruche des
Franciscancr-Klosters gebracht wurden.
70) Friedrich glaubte den Aber ihn aosgesprochenen Bann, von
welchem er nie Ydllig gelöst war, nnr dadurch aufheben zu können,
dasB er in einem Franciscaner- Gewand begraben wflrde; denn, wer
in einem Franciscaner -Kleide stirbt, erhält nach den Bullen der
Päpste NicolauB IV. (f 1292) und Clemens V. (f 1314) Ablass
auf den 6. Theil aller seiner Stknden. (Durch eine Bulle Leo'aX
(t 1521) wurde dieser Ablass auf alle Sünden ausgedehnt)
71) Die Hist. Acad. F. 79 ff. gibt eine Schilderung der Leichen-
feier und der Verdienste Friedrich's. Kremer, 8. 606 ff.
Hau SS er, S. 896.
Zweiter Abschnitt.
Die UniT^rsität uater der BeglBrnng des
EnrfiarMen Philipp.
1476—1508.
§ 1.
Kurfürst Philipp bestätigt die Privilegien der Univer^
sität. Wissenschaftliche Ztistände in Meidelberg.
Waren je die pofitischai VerhältniBse eines Landes der
Förderung und dem Gedeihen der Künste und Wissenschaften
gOnstig, 80 galt dißßm besemdiers von denjen^en, in welchen
die Rheinpfalz sich befand, als Kurfürst Philipp, der Auf-
richtige, die Begierung antrat. Der glänzende Buhm, welchen
Philipp' s Oheim und Vormimd sowohl durch Tapferkeit
als Waffenglück erwarb, hatte die äussere Ruhe und
Sicherheit des Landes auf lange Jahre befestigt ; die vielen
yoQ ihm eroberten Städte, Schlösser, Herrschaften und
Läaidereien hatten die Staatseinkünfte beträchtlich ver*«
mehrt; die Regierungsform war gemässigt. Friedrich,
obwohl so glücklich, als tapfer, verliess doch die Weise
seiner Vorfahren njkcht — er ging mit seinen Prälaten
und Edeln zu Rathe, ehe er zu einem wichtigen unter-
nehmen schritt. Die öffentlichen Abgaben waren gering
und bei der Fruchtbarkeit des schönen Landes mehr Auf-
munterung des Fleisses, als drückende Last für den Bür-
ger und Landmann. Sparsamkeit und häusliche Tugend,
Aufrichtigkeit und Treue bezeichneten den Charakter des
Volkes.
Hautz, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 21
322 i Buch. IL Periode. 2, J2»seftmM. (1476-^15080
Hatte Friedrich I. grosse Liebe und Achtimg für
die Wissenschaften, so gewannen doch seine kriegerischen
Neigungen das Uebergewicht Nicht so bei Philipp.
Zog dieser auch mit zu Felde, und stand er auch oft im
Getümmel der Schlacht an der Seite des streitbaren
Oheims, so geschah dieses mehr aus Zwang, als eigener
Neigung. Seiner Liebe und Achtung für die Wissenschaf-
ten blieb Philipp, ohne nlöndiischen Sinn zu hegen 0)
durchaus treu, als er> 28 Jahre alt, in der schönsten Blüthe
seiner Geistes- und Körperkräfte (1476) seinem Onkel
und Vormund in der Regierung folgte *).
Selbst wissenschaftlich gebildet, versanunelte er die
ausgezeichnetsten Gelehrten an seinem Hofe, und Männer
von unvergänglichen Namen, wie Johann Kämmer von
Dalberg, Diethrich von Plenningen, Rudolph
Agricola, Conrad Geltes'), Jacob Wimpfeling,
Johann Tritheim^), Johann Reuchlin (Capnio),
1), £inem Mdnche schrieb Philipp, am einige Zeüen zvat Er-
innerung gebeten, Folgendes auf ein Blatt:
»Simplicitas daustri nobis placet optime; quando
Sub palla veste Candida corda lat^t.
At si corda etiam tetro sint calore:
Vah quantam monstnün, intns et extra nigrniQ !<
Ladewig, S. 174.
2) Wandt, Mag. B. II. S. 152 ff.
3) Geltes (der erste als Dichter gekrOnte Dentsche S. 70),
ans dem Marktflecken Wipfeld bei Schweinfurt (1409^1506), stu-
dirte zuerst in Göln und ging dann nach Heidelberg, wohin er durch
den Ruf Johann von Dalberg' s, Bischofs von Worms, und
Rudolph Agricola's gezogen wurde. In dem ersten fand er
einen wohl wollenden Unterstützer (beneflcom Maecenatem) und im
zweiten einen treuen Führer und Lehrer. Nach einem längeren
Aufenthalt in Heidelberg, wo er am 13. December 1484 immatricu-
lirt wurde, begab er sich auf Reisen, kam aber 1490 und 1496
wieder dorthin zurück, ohne jedoch lange daselbst zu verweilen.
Ruef et Zell, Opus Elüpfel. de vita et scriptis Conr. Celtis R L
p. 23. 53. 57. 110. 169.
4) Tritheim war geboren in Trittenheim, einem Dorfe an
der Mosel, 4 Meilen von Trier. Seinen Yater hiess man de monte
gentili. Nachdem er in den Niederlanden seine Studien begonnen
Kurf.PMl9pph€9t.diePrMleg. WiasenschafU, Zustände. 323
l&nger oder kürzer im Lande venreilend; schmüekteii
«eine Begiertmgszeit. Es war eine schöne ßlüthezeit ftlr
Heidelberg, besonders für Wiederbelebung der alten Lite- •
ratur *).
Seinen Vorfahren gleich bestätigte anch Philipp
nach dem Antritte seiner Regierung die Privilegien der
Universität, und gelobte ihr ein treuer Schutzherr imd
Schirmer zu sein ^. Dieses Versprechen hat er treulich
gehalten; so lange er regierte, wurden ihre Privilegien,
wie wir sehen werden, von ihm und seiner Regierung
geachtet, und, als im Jahre 1488 von dem Domkapitel
in Speyer die Rechte der Universität angegriffen wur-
den, trat er als ihr Vertheidiger mit dem besten Er-
folge auf ^).
Dabei war er vor Allem bemüht, das rege geistige
Leben, wie es an seinem Hofe waltete, auch in den Kreis
der Universität zu verpflanzen. Unter andern ausge-
zeichneten Männern jener Zeit berief er 1477 den Jo-
hann Wessel*), einen Schüler des Thomas von
batte, voUendete er sie in Heidelberg. Von da kam er 1482 in
das Kloster Sponheim und wurde nach dem ersten Jahre seines
Eintrittes einstimmig zum Abte gewählt. Im Jahre 1505 reiste er
»auf YeranlasBung des Kurfürsten nach Heidelberg, um einen guten
Rath zu geben, wie das abgebrannte Kloster zu Limburg (bei Türk-
heim) am fuglichsten konnte aufgerichtet werden c. Nachdem er
auf die SteUe des Abtes im Kloster zu Sponheim resignirt hatte, wurde
ihm die Abtei St. Jacob in Würzburg 1506 Übertragen. Chronicon/
Monasterii Sponhemiens. F. 83. 85. 93. 95. (Cod. Bavar. N. 824.)
5)Häusser: Die Anfänge der class. Studien inHeidelb. S. 13ff.
Creuzer: Zur Gesch. d. Philol. AUgem. Schulzeitg. 1832. Abth. II.
Nr. 53. 54. Burckhard, P. I. p. 231. Zapf, Johann von Dal-
berg. Augsburg, 1796. ü 1 1 m a n n , Memoria Jo. Dalburgii. Heidelb.
1840. — Eine freie Bearbeitung der letzten Schrift von dem Ver-
fasser findet sich in Ulimann, Studien und Kritiken, 1841. H. 3.
S. 555 ff.
6) Die Original -Urkunde (Dienstag nach Dreikönig 1477) ist
im Üniv.-Arch. unter Nr. 6.
7) Sohn, S. 49.
8) Zu seinem Namen wurde gewöhnlich der Beisatz Her-
21*
324 L Buch: U. Fmode. 2. JOachmU. (U7^^iM8.)
Kavpen, als Prc^Bssor der ThMlogie ud KUgleich is
der Absidil), ihn au der von ibm beseUossenen nmm
Einrichtimg der Universität tiiätigeB Antheil Bdbaaaiea ai
lassen ^). Allein das Vorhaben des Kurftirsten missUffig.
Die Universitftt schloss sieh noch ab von der gewaltigen
Bewegung , weiche das neu erwachte Stadium der classic
sehen Literatur in Deutschland bereits hervorzurufen be-^
gönnen hatte, wohin es von Italira aus, nach der Zertrümme-
rung des griechischen Kaiserthums, verpflanzt wordeu war.
Sie erscheint vielmehr als besteUte Hüterin des Sch<dasti<*
cismus, gegen welchen sich die mäditigsten Waffen der
neuim Bildung wandten, und konnte sieh mit dem Humanis-
mus und dem, was sich an ihn knüpfte, eben so wenig,
als andere Universitäten, befreunden ^®). Es.lässt sich zwar
nidit läugnen, dass Kurfdrst Philipp im Vereine mit
Agricola und Plenningen, vorzä^di aber mit Dal-
berg, welcher von üllman in der schon genanntea
Schrift mit Recht als »daa Vorbild eines Corators« be-
:^ichnet wird, sich grosse Verdienste um die Wissenschaf-
ten erworben hat; aber, dass Eohheit und Barbarei von
der Universität verbannt wurden, und Kunst und Wissenschaft
dort die gebührende Geltung erhielten, lässt sich nicht
behaupten. Die meisten Lehrer, dem alten Systeme und
der starr gewordenen Gelehrsamkeit treu, widerstrebten
beständig den wohl gemeinten Bemühungen des Kur-
fürsten ^^),
mann's hinzugefügt, nach der Sitte jen^ Zeit, den Soha durch
Beifügung des Vornamens seines Vaters genauer 8U beEei^bnen.
Der Name 6 ans fort oder in holländischer Vorm Goesevort,
den W es sei auch führte, war höchst wahrscheinlieh nicht blos
ihm, sondern seiner ganzen* Familie eigen. Dllmann, Jobann
Wessel, ein Vorgänger Lutber's, S. 290.
93 Struv, Pfalz. Kirchenhist. S. 2..
10) Klüpfel, Gesch. d. Universität Tübingen, 8. 11 ff.
11) Ausführlicheres über die wissenschaftlichen Zustände nnii
den Geist, welcher damals auf der Universität Heidelberg herrschte,
findet sich in dem kernhaften Ausluge aus der j«izt selten ge-
Oek/brt6, wie Rudolph Agricola, Joh. R^ueb'-
liiif Oecolampaditts ^^ (die beiden ersten tnachteii
sich um die Kurfürstliche Bibliothek sehr verdient, und
der letzte war Erzieher der Kurfürsttiehen PrinzenX leb-
ten, hoeh geachtet imd 91t besoldet ^^), nur am Hofi^
wenn audi einzelne, wie Reuchlin**) und Agri-
cola ^*), ohne als Professoren angestellt zu sein, Vor-
yforäemn Reie «leg edeln nad üreiiiiüthigea Wimpfeling »td
Gymnosophistas Heidelbergenses« , welehen uns Barckhard (De
Fads ling. lat P. IL p. 3d7— 401) aufbewahrt hat; die Rede wurde
am la. August 1499 gelalten. Yergl. auch Riegger, Fase. 11.
p. 194 — 196. Einen tiefen und sicheren Blick in die damaligen
YerhlÜiBiiee der UraivmsitiUi^n ka Allgemeinen und der Hdd^berger
insbesondere bietet auch das sehr interessante »Manuale Soho»
larium«, wd«d>es Zarncke in seiner Schrift: »Die deutschen Uni-
Tersitätea kn MttelMter« Erster Bettrag, 8. 1 ff. mitgetheilt hat
Ycirfaaat ist dasselbe haiqKtsftchlich, um dem die üniyersitftt Be-
zrahenden, der iortan zum Lateiveden verpflichtet war, fflr alle ihn
erwartenden Yerh<nisae eine Anleitung tu geben, wie er sich an-
gemessen austmdtfldcen und zu benehmen habe. Der Yerfaeser
des Baehea, wekiMB «a das Jahr 1480 erschien, ist unbekannt,
4ie ÜAterwetsuiig selbert aber iit^ wie aus yieku Stellen hervorgeht,
soAächst für Heidelberg berechnet Yergl. 8. 224 ff. Eine wesent-
liche Eigftnzimg zu dem Manuale ist der ebenfalls S. 155 ff. mit-
gotheüte »Libenas fovmiilaris«. In derselben Schrift, 8. 51—66,
&Ld0H sich aneh awä R«ien^ »gdudten in Heidelberg ums Jahr 1486
unter dem Präsidium des Jacob Wimpfeling« und zwei wei-
tere unter »dem Pr&sidiam des Johannes Hill ums Jahr 1500«.
IDiiese vier Reden wurden bei der Di^utatio de Quolibet gehahen.
12) In das Matrifaelbuch der Universität wurde er »Xlll. Gal.
Kov. 1499« eiqgcsohrieben als iJoan. Hussehein de Wyneberg«.
O e colam pad'fl Leben ist in Hist Acad. F. 72. 73 und von Herzog
|2 Bde. Basel, 1843) beschrieben. Zum letzt genannten Werke
vex^l. auch Ullmana, «cum Lebea des Oecolampadins« in deft
Theolog. Sted. u. Erit 1845. H. I. 8. 164 ff. Yaihinger, Leben
BrentK, & 9;
18) E&usser, 8* 469.
14) Rjeachljn hielt Yorlesungea fiber hebräisdie und griedlti-
sehe Sprache. Ais er sj^bter eise Brofeesur in Tübingen ange-
nommen hatte "«Bd HeSdeiberg v^rliess , wurde sein Weggehen sehr
kedavert Aot. Fae. Aort T« m. F. 99, h. Annall. üniv. T. Y.
F. la
16) Ag^rieola las aber Logik und Physik, ikber dea Avi«-
326 L Swik. U. Periode. 2. JbethmU. (14^6-^1308.)
lesttDgen an dar Universität hielteB^^* MSmier, wie Wimpfe-
ling ^^), Jodocus Gallttts (Bubiacensis), Pallas Span-^
stoteles Natargescliichte der Thiere, besonders aber über Mo-
qaeaz mid lateinische und griecldiehe Sprache. Alifaorrebat Rad.
Agricola a pablico docendi manere, neque erat in Academia Hei-
delbergensi professor Ordinarius. Libertatis enim plus aequo amans,
conduci se non est passus, neque obligari stipendio publico ad tra-
dendas liberales disdplinas. Docuit itaque. pro lubitn, qnos et
qnando Toluit sive Heidelbergae sive Womatia^e, eomitatas epi»
gcopom, apttd quem hospitari solebat. Während seines Aufenthaltes
in Heidelberg schrieb (1484) Rudolph Agricola eine Schrift
»De formando studio«, abgedruckt in Molnar. Seleeta Scholastica.
Korinberg. 1644. p. 26—32.
Agricola starb 1485, 42 Jahre alt, und wurde im Minoriten-
Franziscaner-Elosterj im Franiascaner- Gewände, begraben. Eist
Acad. F. 66, woselbst sich auch dessen Biographie befindet. Eor^
tarn u. Reichlin-Meldegg, B. L S. 27. Buef et Zell, p. &9
16) Auch Joh. T. Dalb erg hat an der UniTersitftt Yorleson-
gen gehalten ; wenigstens heisst es in einem Stammbuche dieser
Familie: »Hat auf der üniyersität Heidelberg, als er schon Dom-
herr war, öffentlich gelesen« und in einer Epitaphien -Urkunde:
»LudoT. lY. Elect. Pal. Oonsiliariai ac Heidelb. Aeademiae Professor«.
17) Wimpfeling war aiTeimal an der UniT^sil&t in Heidel-
berg. Zum ersten Male kam er dorthin, um wegen einer
Krankheit die dortigen Aerzte zu befi»f^n, liess sich aber
bewegen, dort zuSbleiben, und wurde im Jahre 1471 Magister. Im
Jahre 1479 war er DeCan der Artisten-FaciiltU und 1481 Yonteher
des Artisten -Collegiüms. In demselben Jahre wurde er auf Sfe
Thomä ;fcum Rector der Universität gewählt. 1494 Torliess er Hei-
delberg und folgte einem Rufe als Domprediger an die Katiliedral^'
teche in Speyw, kehrte aber 1498 wieder nach Heidelbm'g zurttck
und wurde in die Artisten -Facultät avlgenommen^ wie atis den
UniTorsitäts^Annalen (T. II. F. 164) erheüt, wo es hdsst:
*Eodem anno (1498) idib. Se^embr. et ad rdgentiam et ad
artium facultatem rec^tus est rursua sua ex sententia Teaeratöis
Magister Jacobus Wimphlingus Slettstadiensia, saeramm üterarom
Licentiatus, eidemque simul scholae feu^ultatis artium superiores sd
b. Hieronymi epistolas legendum speciali qaodam pritilegio sunt
4KAiceBsae atque acoomodatae, facto tarnen priua juramento solito.«
Nach kurzem Aufenthalte in; HeMeUierg zog sich Wimpfe-
Irng in das Wilhelmiter-Klost^ nach 8tra»btttg zvrdok» fibentahm
dort die Erziebung^deliger Jüni^nge und vBEfasabe In^irere Sdianfles,
darunter: »Catalogus episcoporum Argentinensium«. Mit den Aa-
i(tt8tiner*Mönchen gerieth er in gvobsea Hader, weil er behauptete,
SetMehÜffte AMsMmg des Dwmfsius BeuekUn, 327
gel, welche bei der hohen Schtile irirklieh ein Amt be-
klddeten and, die alte scholastische Methode verlassend,
das eben hervorschimmemde Licht wissenschaftlicher Auf*
USnmg bei ihren Vorträgen benutzen wollten, mnssten oft
mit üiren CoUegen die bittersten Kämpfe bestehen und
zuletzt der Ruhe wegen schweigen ^^).
§2.
Die van dem Kurftknden beabsiebtigte AnsteUunff des
Dionysius Reuchlin ah Professors der griechischen
Sprache.
Unter diesen Verhältnissen wird es nun auch nicht
befremden, dass die Universität der Anstellung eines Pro-
fessors der griechischen Literatur sich widersetzte. Bis-
her war nämlich nur das Römische Alterthum an der
letztem thätig vertreten worden. Johann Reuch-
lin*^, vor den Verfolgungen Eberhard's 11. nach Hei-
der Heilige, von dem sie den Kamen trtkgen, sei kein Mönch ge-
wesen , oder habe wenigstens keinen langen Bart, keine schwarze
Capnze und keinen ledernen Gürtel getragen, wie ihn die Augustiner
darstellten. Der Streit kam bis nach Rom, wo Papst Julius IL
denselben beflegte. Vom Kaiser Maximilian I. wurde er aber
die ReligionBwirren zu BatJra gezogen imd verfasste , wahrscheia*
lieh fftr den Erzbischof Berthold von Henneberg zu Mainz,
die bekannten zehn Beschwerden gegen Rom. Geboren am 24. JuU
1448 in Sehlettstadt im Elsass, starb er auch daselbst 1528 bei
seiner Schwester, r- Wimpfeling's Leben findet sich in Hist
Acad. F. 69—72. Vergleiche auch über ihn Wund t, De ord. phil.
P. I. p. 23. Riegger, Amoönitt Friburgg. Fase. IL et UI. Rem-
liag, Gesch. d. Bisch, z. Speyer, H. I. S. 7. Schwab, P. L
p. 72 84q.
18) Wundt, Bemerkang^i im Leipz. Allgem. liter. Anzeig.
1798, & 214v 215.
19) Johann Reuchlin ats Pforzheim, mit Desiderius
£rasmus '»die beiden Augen Deutschlands genannt«, ist fttr die
Wissenst^aften besonders dadurch Epoche machend, dass er sich
zuerst unter den deutschen Gelehrten eine gründliche Eenntniss
der lateinischen und griechischen Spradie und Literatur erwarb und
sie weiter veHnreitetö, wie er sp&ter AehnUches für das Hebräische
delberg in die Freistifcte des Ktrfftfistliahea und JDst
bevgischen Hauses (1496) geflftoidist und (1497) 2iim
Eurfürsttitben Hath und »obersten. Zncktarafeter^ ddr
Prinzen mit der in jener Zeit bedeutenden BeBddwg tot
160 fl. nebst einem Hofldeide und der BMcOstigung von
2 Pferden bestellt ^^, bemthle äch' nua aoeh^ die; griechi-
sche Sprache, welche an dem Kurfürstlichen Hofe schon
idele eifrige Verehrer zählte,, in den Kreis der academi-
«dien Lehrthätigkeit hineifi sik zicbm. Sr empibU w dieaüi
Zwecke seinen Bruder und Schüler, Dionysias Reucb-
lin, dem Kurfürsten. Dieser ernannte ihn auch zum
Professor?^) der griechischen Sprache, jedoch ohne Be-
soldung**); allein die Artisten- FacuHät widersetzte sich
Auf wiederholte Schreiben des Kurfürsten **) , in welchen
er »mit Ernst« ihre Zustimmung yerlangtef, antwi»rtete
sie ablehnend, und es seheint auch nüeht, das» dem neuen
Proffessor ein Auditorium bewiUigt worden s^*^.
§ 3.
Johatm WesseFa Wirksamkeit an der Umverntät
Auch der an die Universität als Professor der Theo-
logie berufene Johann Wessel (S. 323)*^) hatte eiae»
«hat. Lamey, Joh. RMUhliB. Pforzk £855. Yiarerdt, & 81
Raamer, Gescb. cL F&dag: B. L S. 156 ff. Yiselier, Gesch. d.
tFniy. Basel S. 190 ff. Kortüm a. Beiehlin-Meldegg, B. E
8. 27 ff. üeber ReuchHn's Streit mit Pfefferkorn TWgL
Lamey, 8. 47 ff.
20) PAk. Gopialb. Nr. 16. F. 842.
21) Im Matrikelbach der UniTemititi ist unterm 26. Jali I49d
eingeschrieben: >M. Dionysius Raehlin de Pforzen«. Im San*
mer 1490 wnrde er zu Basel »im neuen Wege« znm Bacoiilaffipeii«
promovirt. Yischer, S. 192. Lamey, 8. 88.
22) In den Üniversitäts-Acten wird wenigstens eine solche idcht
erwähnt; wohl aber wird Renchltn selbst Ton der Faenltät »novos
in graeco ordinarias« genannt Aeta Fskx. Art. *9. IL F. 108, b.
23) Beide Schreien s. in Aet Facnlt Art T. IL F. 168, b.
t64, a ottd bei Lamey, 8. 88.
24) Acta Fac. Art. T. IL F. 162U164.
25) üllmann, Johann Wetsel, 8. 864. Wiisdt, Mag. B. iL
^Mmn Wt$8eN Wwittamkei^ m «kr Vmii«aiiäL 939
sebwer»! Stand. £r war an gewaltiger Eattpfer auf dem
Boden der sebioIaBtisoheii Dialectik, em ansgezeiehseter
Kenner des dasmofaen Alterämms, ein freimfifthiger und
scharfer Benrtheiler kirchlidier Zostände^ durch Wissen
iiDd Geist ^ wahrer Vorgänger Luthei^s^ wie dieser
selbst bezeugt Für das Fundament und die Quelle ist
ganzen christlichen Religion und Theologie erklärte er
das- EvangeUum. Dieses soUe natürlich, ungeevuneen
ausgelegt werden ; durch gescfaranhte Deutuagea werde es
yerfalscbt. Die Frömm^keü setzte er nicht in die Beohr
-Achtung tasserer Gefaräuehe oder in die AusAbung ein-
zelner guter Werke , sondern in einie fromme Geäanung,
in den Glauben. Die Einheit der Kärche erkamite er aa.
IHese aber, erklärte er^ sei nur geistig, 'd. L sie b^utie
auf dem wahren Haupte derselben^ auf Christus* Petrus
oder der Papst machten daher die. Emheit nicht; der
Papst sei nicht Herr der Kurohe, sondern mit allen Gläu-
bigen Gott, Christo und dem Eyangelium verpflichtet,
und nur als Vertreter des Evangeliums habe er Autorität,
nicht als Papst**).
Diesen Mann berief der Kurfürst — ein unzweideutiger
Beweis, wie er und sein Dalberg über die kirchlicheu
Verhältnisse der Zeit dachten; .denn jener Ruf galt
weniger dem Humanisten, als- dem Eeformator. Er sollte
an der Universität als Theologe lehren.
Durdb diese Beru&ing wurd» jedoch die ganze thecK
logische Facultät in Bewegung gesetzt. Als Professoren
wirkten damals in derselben die Doctoren Nicolaus von
Wachenheim, Herwig von Amsterdam und Jodocus
Aichemann ron Calw, welche wir unten bei Johann
von We s e r s Ketzerprozess näher kennen lernen werden *'):
8. 167. Hagen, Devtsdüands liter. a. relig. YerhSltidsse, B. L
B. 117 ff.
26) Hagen, 8. 120 ff.
27)ülimaBn,Joh.W68Bei,S.381.882. — Jodocus Aichemann
war 1459 Recteü der üniTersititt and ein beliebter Bednar. Die Fs»*
330 X BuOi. U. FerMe. j9. Ab§öMU. (UfS^löOB.)
Erst sollt6 Wessel sieh die Geologische DoctwrwArde
erwerben, und, als er sieh diese iwrschaffen wollte, sollte
er die geistliche Weibe anDehmen, was er jedoch meht
tbat; zur Tossur wollte er sich nicht verstebeit So
konnte er nach den bestehenden Geeetlsen aoch nicht Mür
glied der theologischen Facoltät werdrä'^.
War es der letztem non auch gehingen, Wessel
Ton dem theologischen Lehramte abzuhalten, so hess
sich doch nicht verhindern, dass er als Lehrer der
classischen Literatur in der Artisten-Facultftt auftrat, und
auf diese Weise wurde er seiner Umgebung eben so nüte-
hch und seinen theologischen Gegnern eben so gefährlich,
wie er es als Theologe hätte warden können. Mit den
ausgezeichnetsten Persönlichkeiten, welche damals Heidel-
berg zierten, wie mit Agricola u. A., stand er in der
engsten Verbindung. Doch schützte ihn dieses yor dea
Verfolgungen der Theologen nidit, und veranlasste ihn
zuletzt, Heidelberg zu verlassen **).
digten, welche er in der H. Geistkirche gehalten hatte, wurden in
Auszügen bekannt gemacht. Panzer, Annall. typograph. Vol. L
p. 35. Nr. 130. Schwab, P. I. p. 63. 64.
28) HäUBser, Th. I. S. 442. 448.
29) StruT (Pfalz. Kirchenh. S. 2) spricht sich über Wessel
in folgender Weise aus: »Seiner Gelehrsamkeit halber wurde er
mit dem selbigen Zeiten vor Grundgelehrte nicht ungewöhnlichen
Beynahmen : Lux Mundi beehret. Dieweilen er imn dadurch ein
mehreres Ansehen gewann, kunte er sich mit denen Pfaffen nnd
München selbiger 2^iten nicht vertragen , und zwar dieses um
desto weniger, dieweilen er deren Werckheiligkeit, Menschen-Satzungen,
Mess-Opffer änd Pnesterlichen Goelibat mit grossem Eyffer verwaHf)
nichts als die heilige Schrifft in Glaubens -Sachen zur Richtschmr
annehmen wolte. Diesen gelehrten Mann berieff Churfürst Philipp
von Pfaltz im Jahr 1477 nacher Heydelberg, um die daselfosten
verfallene Academie wieder anzurichten. Ob er nun wohl zur Pro-
fessione Tfaeologiae beruffen war, so woüen ihn doch die ProfeflSdres
daselbst nicht annehmen, dieweilen er keinen Gradum hatte, wel**
eben er zwar geziemend suchte, der ihm aber, irof^n er sich nicht
in einen geistlichen Orden begebe, abgeschlagen wurde, wozu er
sich im geringsten nicht verstehen wolte. Wanaenhere er bey der
TheHmäkmeder Umo§r8.€mJo!kv, Wm^M KiüMifffmses$, 331
Wie Dionysius Renchlin^ so sdidat auch Wes-
sel ohne bestimiiite Besoldung Ton dem Eurf&rsteh naek
H^elberg berufen worden eu sein. Obschon es nun
Tliatsacfae ist, dass sich Wessel in Heidelbei^ aufge«
halten hat, so kommt doch sein Name in den Acten der
TJniversit&t nicht vor.
Theünahme der Universität an Joha»m v. Weaeta
Ketaerproaess.
Zu derselben Zeit, als Johann Wessel von den
Theologen der Universität die geschilderte Anfechtung zu
erdulden hatte, wurde sein etwas älterer Freund, Johann
von Wesel '*0, von dem Erzbischof Diether in Mainz
wegen seiner Lehren und Predigten vor Gericht gezogen.
Wesel war Doctor der Theologie und hatte auf den
Universitäten Erfurt und BaseP*) und darauf (1462) als
Domprediger in Worms mit vielem Beifall gelehrt und
gepredigt und in seinem berühmten Tractat wider die
Indulgenzen Ansichten vorgetragen, welche an Kühnheit
hier und da die Thesen Luther's überbieten'^.
Philosophischen Facultät bUeb, im Griechischen, Hebräischen und
in der Philosophie profitirte,'darbey aber Gelegenheit fand, seine
Gedanken yon der Evangelischen Wahrheit zugleich mit an den
Tag zn legen. Dieveilen et sich aber mit denen Theologis nicht vet*
tragen konte, gieng er yon Heydelberg weg, und yerfOgte sich wiederum
nacher Groningen, lebte daselbst in der Stille, bis er i. J. 1489
yerstorben.« Ebendaselbst S. 3 n. 4 finden sich nähere Nachwei-
rangen aber Wessel's Leben und Lebren. Vergi. anch Alting,
BiBt. eedes. Palat p. 182.
30) Mit seinem Familiennamen hiess er Rucherath oder
Bichrath, gewöhnlich aber wird er nach seinem Geburtsort Ober-
Wesel (zwischen Mainz und Coblenz) Joannes de Tesalia oder
schlechthin Yesalia genannt üllmann, Joh. y. Wesel, S. 240.
31) in Basel hatte er die fiEbr jene Zeiten sehr Indie Besoldung
von lao fl. Yischer, S. 72. 206.
82) Ulimann, S. 246. 806. 809. Eampfschulte: Die ümt.
Erfurt, Th. I. 8. 16.
Im QanxsQ Btimmte er mit den Atoobaiuiiigeti Wes-
seTs ttbereia^ nur in der Art und Waisei, wie er sie wa^
BpiEch, war w yqq ilun verechiedea Er bedieole 9iA
der volkamäseigen , de£beD, sdierahaftm Manier, in» er
denn z. B. in Beaag auf das Faeten gesa^^ haben soU : »Wena
Petrus das Fasten angerathen hätte, 00 hätte er es nur
gethan, um seine Fische besser zu verkaufen«, oder: »Das
geweihte Oel sei nicht besser, als das man in dem ge-
wöhnlichen Kuchen esse« '*).
Von dem Erzbisdiole dnroh eine Zuschrift angefor-
dert, schickte die Universität mehrere ihrer Theologen,
unter ihnen Nicolaus von Wachenheim"), Herwig
von Amsterdam und Jodocus Aichemann (der
letzte war auch Pfarrer hei der H. Geistkirche), welche
von mehreren Heidelberger Magistern begleitet wurden,
nach Mainz, um als Richter den dortigen Verhandlungen
anzuwohnen. Gleiches that auch die Universität Cöhi.
Sie delegirte die Dominicaner und Inquisitoren M. Ger-
hard von Elten, M. Jacob Sprenger und einen
dritten Mann desselben Ordens*^). Aus der Antwort*^),
welche die Universität Heidelberg dem Erzbischof gab,
sehen wir, wie strenge sie an den kirchlichen Lehren und
Bestimmungen festhielt und gegen alle Neuerungen mög-
lichst anstrebte.
Auf den Prozess in seinen Einzelnheiten einzugehen
haben wir um bd weniger nöthig, als deredbe beveita auf
aS) UUmanii, B. X17. Ha«en^ S. 121.
34) Nico laus war ein Wohlgeabter, eäi|$ewohiiiter, ja, da er
damals schon in hohem Alter stand, wohl auch eiageroaletar Schft-
iMtikor und mn. alreager Yertretw der Kirehenlehre. Er war nach
M arsiliua dar firale, weioher 7mal das Eeetorat bekleidete, und
tiarb 1480. Tergl. aber ihn UHmann, Johann van Wead, S. 816
and Johann Wessel, S.. fiiidL
So) UUman^n, «lab^nn von Wesel, S. 380.
30) Das Schreiben des Erzblachofe Diether an die üaiven»-
tift, so wie ihre Antwort auf , dasselbe und die »Paradoxa Joannis
de Vesaliac sind abschriftlich in Hiat. Acad. F. 82^-86.
Theütuihme der ükivm^i tm J4k. «. Wui^Tt Käeefprates^ gy 3.
das Grttndlichste von Uli mann (S. 367—418) geschildert
ist. Wir besdiränken mis daber auf die MiUheilung, daaa
Wesel, obgleich er öffentlich im Dome eu Mainz seine
Lehre widerrufen und abgeschworen hatte, zu lebenslänglicher
Gefangenschaft in dem dortigen Augustiner-Kloster verurtheilt
mirde, und in demselben, nachdem er nicht volle zwei Jahre
im Gewahrsam zugebracht hatte, 1481 gestorben ist. Als er
seme, zum Feuer verurtiieitten Bdiriften auf den Hohk
stoss legen sah, brach er, eingedenk des Outen, die sie
enthielten und der Arbeit, äiß st^ ihn gekostet, in bittere
Thränen mit den Worten aus:
>0 Da frommer Golt, •dH auch das Gut« mit dem
Schlimmen eu Grinde gelieo? Mass das viele Goto, was
ich geschrieben, hassen, was das wenige Schlimme verschal«
det hat? Das ist nicht dein ürtheil, 0 Gott, der da bereit
warst, der anermesslichen Menge am zehn Gerechter willen
anf Abraham' 8 Gebet zu schonen, sondern das Ürtheil
der Menschen, die, ich weiss nicht, von welchem Eifer gegen
mieh entflammt sindU'O
Der Erzbischof verhielt sich bei dem Prozesse mehr
leidend, wohnte den Verhandlungen bei, lieh denselben
seine Autorität, ordnete sich den Inquisitoren unter und
befriedigte die beim Prozesse Thätigen durch wiederholte
Gastmähler. Auch unter dem Klerus und den Bäthen
des Erzbischofe scheint Niemand bei der Sache besonders
hervorgetreten zu sein. Die eigentlich activen Personen
waren oS^bar die Delegirten der beiden Universitäten
Cöln und Heidelberg, und hier vertheilte sich unverkenn-
bar die Sache wieder so, dass die Cöln er nach der
ganzen Richtung ihrer Universität mehr das inquisitorische,
die Heidelberger mehr das gelehrte Element repräsen-
tirten. Die Hauptrolle hatte der Dominicaner Gerhard
von Elten, welcher der eigentliche Inquisitor war und
das !ßxamen leitete. Unter den Heidelberger Theologen
war Nicolaus von Wachenheim der angesehenste.
87) UUmairn, Johann von Wete), S. 380. 881. 898. 899.
334 L Bmh. IL PerMk. 2. Abi^tm», (Ure^-lßba.)
§5.
Gründung einer Juristenburse 1498. Neue Statuten
der Juristen-Facultät. Veränderungen in den
Vorlesungen.
Bald nach der ärüBdus^ der Umyersit&t kam die
Artisten -Facultät in den Besitz einer Burse, in welcher
Lehrer und Schüler Wohnung, Kost und Verpflegung er-
hielten (S. 191). Um nun, bei der hohen Wichtigkeit des
Studiums der Bechtswissensohaft, der Juristen-Facultat
die gleichen Yortheile zuzuwenden, welche solche Aht
stalten bieten, so gründete EurCOrst Philipp 1498 auch
eine Juristen -Burse, gewöhnlich Neue Burse, Bursa
Nova, genannt'^®). In der Stiftungs- Urkunde"*) heisst
es unter Anderem, dass bisher die Schüler der Juristen-
Facultat zerstreut bei anderen Leuten gewohnt, »was inen
müsam, schimpfflich, an Studien hinderlich und ihren Eltern
viel cosüich ist«. In dieser Burse sollten die »Juristen-
Schüler Tisch und Wohnung haben, wie in den Burschen
der Artisten Uebung und Brauch« sei. Als Regenten
standen der Burse zwei Doctorep, mit je 100 fl. Besol-
dung, vor, welche »Legisten« waren*®).
Die Burse lag in der unteren Strasse und war von
»guter Bequemlichkeit«, und in ihr wurden die »Promo-
tiones Doctorales« gehalten*^). Eingeweiht wurde sie von
dem Eurfürsüichen Gross - Kanzler, Johann von D al-
ber g (S. 146), und wir dürfen wohl voraussetzen, er habe
auch die Anregung zur Gründung der Burse gegeben;
38) Acta secul. p. 100.
39) Gegeben »vff Sonntag nach Yalentini 1498«. Aufbewahrt
im Landes -Archiv (Univ. Heidelb. Nr. 4). — Die Zuschrift, mit
welcher der Kurfürst der Universität die Urkunde mittheilte, ist
von »Dienstag nach Invocavit 1498« in AnnaU. Univ. T. in. F. 380, a.
Vergl auch Acta Palat P. 386. Wundt: De Fac. Jur. P. II.
]L 15. 16. Uli mann: De Dalburg. p. 37.
40) Urkunde XVIII. gibt die innere Einrichtung dieser Burse.
41) Lucä a. a. 0., S. 364. Wandt, Heiclelb. S. 88.
denn, da er nach Tritheim und Anderen ein auAgezeich-»
neter Kenner deis Bechts war, so ist zugleich anzunehmen,
er werde auch ein eifriger Förderer des Rechtsstudiums
gewesen sein **), wie denn überhaupt die Juristen-Facultät,
welche wen^ Sinn fflr Wissenschaft zeigte ^^, durch den
Eurf&rsten Philipp einen neuen Aufschwung erhalten zu
haben scheint
Unter seiner Regierung wprden auch die ersten Acten
dieser Facultät aufgezeichnet, welche, wie wir oben (S. 159,
Note 163) gesagt, mit dem Jahre 1492 beginnen. Der Auf-
zeichnung der Acten sind die in derselben Zeit von der
Facultät eingeführten Statuten**) vorausgeschickt
Was die Studenten in dieser Burse angeht, so schlugen
sie sich auf die Partei der Nominalisten, nahmen
Theil an den Händeln mit den Realisten (s. unten), und
brachten dadurch auch Verwirrungen (tricae) in die Juris-
prudenz *^).
Auch in Beziehung auf die Vorlesungen traten Ver-
änderungen ein. Bisher waren drei Lehrer für das ca-
Bonische Recht angestellt Von diesen trug der erste
die »Decretales« , der zweite das »Decretum« und der
dritte die »Nova Jura« vor**). Der Kurfürst wünschte
nun statt des Professors »in decretis«, dessen Lehrstuhl
seit 1522 imbesetzt war, einen zweiten Lehrer für die
»Decretales«. Da aber damals das Ansehen des Papstes
so gross war, dass wed.er Universitäten noch Fürsten
es wagten, ohne seine Einwilligung Aenderungen vor-
zunehmen, so suchte Philipp bei Alexander VL
42) Uilmann, Stud. u. Kritik. 1841. H. 8. S. 576.
43) Eine Schüderung der damaligen Juristen-Facultät siebe in
Act secul. p. 120.
44) Urkunde Nr. XIY. Abschriftlich in den Acten (358. 59, c.)
F. 1, b bis 8, b.
45) Acta secul. p. 202.
46) V^Tundt: De Fac. jur. P. II. p. 13.
um Best&tigung der neuen Einrichtuns mtdi, und erhielt
sie durdi ein beseoderes iBreye vooi 19. April 1478 ^^.
§ 6.
Professoren werden mit umeserc^tdenttiehen Jätaats"
Geschäften betraut. Urlaub.
Ausgezeichnete Professoren der Juristen-Facultät wur-
den von den Kurfürsten , namentlich von Friedrich L,
von Philipp, von Ludwig IV., öjEter in wichtigen Staats-
Angelegenheiten 7U Eathe gezogen und zu auswärtigen
Staatsgeschäften verwendet. Ausserdem wurden ihnen
besonders wichtige Arbeiten bei dem von Friedrich I.
in das Leben gerufenen Hofgerichte **) und bei dem von
47) Annall. Univ. T. III. F. 385, a. b. — Wir theüen aus
demselben Folgendes nüt: »Ditecte tili, salatem et apostolieam
benedictionem. Exponi nobis fecisti, quod in Yniversitale studii gt-
neraÜB lieidelbergensis tres doctores ad lectiuram jaris canonici de-
putati sunt quonim vnus decretüm, alias decretales, alias noya joia
seu sextom legit. Item quod scolares ejnsdem VniTersitatis den-
derant vt omissa lectiofle decnjti, que parmn vtilis est, dua doctoret
6K talibas pFedioda decnretales iegant, vnus Tidelicet ante, alter vero
post prandium. Quace pro parte tua nobis supplicatum bomiliter
fuit Yt licentiam desuper concedere aliasque in premissis oportune
proyidere de benignitate apestoliea ^ignaronrar aob hnjosmodi sop-
plioationibofi inolinati rectori ejoadem Yniyersitatis et alüs, ad quos
Eipectat Tt lectorem ad lecturam decreti deputatum ad legendam
lectionem decretaliam post prandinm deputare yaleant apostolica
auctoritfl;te tenore praesentium ooncedimns ita vt doe iectiones de-
crcNsalium in diala vaivendtate legantur »ob odstantibos constita-
tionibufi et ordinatienibus apostolicis ac dicte Tniyersitaüs joramento
confirmatione apostolica vel quavis anctoritate alia roboratis statutis
et constitutionibus nee non privilegiis et indnltis dicte VniTersitatis
concessis ceterisque contrariis quiboscnnque.«
48) Yor der Begier ang Friedrich's L wurdoi alle Rechts-
hftndel, je nachdem sie von mehr oder weniger Bedeutung wareo,
theils von den niederen Gerichten, theils von EorfOrsttlichetn B&theiL
entschieden, welche zu einer jeden Sache besonders angeordnet
wurden. Da aber diese Einrichtung für eine geordnete Rechts-
pflege sehr mangelhaft war und manchfacha Uebelst&ndeJia Gelolge
hatte, so suchte der Kurf&rst diese durch Errichtung eines ständigen
^
.* 4
Professoren werden mit Staatsgeschäften betraut. Urlaub. 337
Kaiser Maximilian I. 1495 in Speyer errichteten Kaiser-
lichen und Reichskammergerichte *^) übertragen. Wurde
nun auch bei der Universität jedesmal, wenn ein oder
obfirst^n G^ichtshofe» zu entfernen. Zu dietem Zwe<^e errichtete
er U62 das Ho^ericht. Es hatte seine Sitzungen in der von ihm
erbauten Kanzlei und war besetzt
»mit Doctoren in weltlichen vnd geistlichen Rechten vnd
yiU wisen leithen yon der Qitterscbaftcy
und sollte sich viermal im Jahre versaip^meln. Büttingfaausen,
Beitr. z. Pfalz. Gesch., B. L S. 99—102. Kays er, S. 260. Kre-
mer, Th. I. S. 636. 637. Schwab, P. I. p. 67.
Die Kurfürstliche Kanzlei (domus scribarum b. cancellaria Prin-
cipia)^ welche so häufig in den Annalen der Uniyersitftt genannt
wird^ lag in den ältesten Zeiten am Heumarkte und bildete das
Eck der Grossmandelgasse in der Nähe des Dionysianums. (Wundt,
Heidelb., S. 181. 132. Später wurde auf diesem Platze die Admini-
stta^tiona- Schaffnerei erbaut und jetzt befindet sich auf demsdben
das Gasthaus zum goldenen Boss.) — Diese Kanzlei brannte am.
21. August 1462 ab, ohne dass man eine nähere Veranlassung des
Brandes kennt (Casuali - igne domus scribarum exusta), und viele
Uvknnden und Briefschaften gingen dadurch zu Grunde. D&bl Platz,
auf welchem sie gestanden, schenkte der «Kurfürst seinem »Kern^
merling« Hans Heyles*). Zwei Jahre darnach führte Frie-
drich ein neues, sehr schönes Canzleigebäude , zu welchem der
Grundstein am 26w Juni 1464 gelegt wurde, auf. Auf dem Schloss-
berge in der Nähe des Schlosses erbaute Ludwig VI. in den
Jahren 1581— lB83 die »Grosse Kanzlei« an dem Fusse des Schloss-
bei;ge4. In derselben hielten der Kirdienrath, der Oberrath (Ge-
heime R.ath) , die' .Eechenkanuner , das Hof- und Ehegericht ihre
Sitzungen. Im Jahre 1693 wurde, wie die von Friedrich erbaute
Canzlei, . auch dieses Gebäude durch . das Feuer zerstört. Der Platz
und diq später - wi demselben aufgeführten Gebäude sind unter
dem Namen »Schreiberahof« bekannt. . In neuester Zeit hat ihn
die Stadtgemeinde Heidelberg an sich gekauft und zu dem im
Jahre 1852 errichteten Waisenhause bestimmt. • Die dahin führende
Gasse hejsst j<etzt noch «Oanzl^igasse«. Res gestae Friderid ad
an. 1462- Widder, Th.; I.. S. 146. Tolner, Hist. Pal., p. 76.
Zeiler, S. 42, Kremer, Th. I. S. 649. Hautz, Gesch. der
Neckarscb., S. 100.
*) Nach einer noch vorhandenen Urkunde v. J. 1464 kommen
Heyles und die Universität wegen des Hauses miteinander
in Streit, welcher jedoch zu beiderseitiger Zufriedenheit ge-
schlichtet wird.
49) Kurpf. Geschichtsk. S. 56.
Hautz, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 22
338 L Buch, IL Periode. 2, Abachmtt. (U76--1508.)
der andere ihrer Professoren . eine solche Mission erhielt,
um Urlaub für denselben nachgesucht und auch während
seiner Abwesenheit für einen Stellvertreter von den
Kurfürsten oder der Universität gesorgt*®), so war der
letztem diese Sache doch sehr unangenehm, weil dadurch
die Vorlesungen gerade ihrer bedeutendsten Lehrer unter-
brochen wurden. Sie gab sich deshalb auch alle Mühe,
solche Missionen zu beseitigen. Dadurch wurde Kur-
fürst Philipp veranlasst, ihr (1503) durch ein Decret
aufzugeben, sie solle die Ferien in die Zeit verlegen, in
.welche die Sitzungen des Hofgerichtes fielen, und dasselbe
immer mit je zwei Professoren beschicken. Dazu war sie
jedoch nicht geneigt. Es wiederholten daher die Bäthe
des Hofgerichts, als die Universität auf das Kurfürstliche
Schreiben nicht geantwortet hatte, am »Freitag nach Aller
Seelen« 1503 im Namen des Kurfürsten das ausge-
sprochene Verlangen und bezeichneten namentlich den
Dr. Diether und Dr. Adam, um »diss Hofgericht hell-
fen zu besetzen«, mit dem Anfügen, »dabey mögen di«
andern lesen vnd die Facultet In der schul Iren gang
han«. Diesem Ansuchen des Hofgerichts wurde für jetzt
von der Universität entsprochen. Der ganze Streit fand
50) Zu solchen Geschäften auserkorene Männer waren
u. A.: Conrad Degen von Memmingen, Wernher von The-
ma r, Peter und Johann Wacker (Yigelius) yon Sinsheun,
Johann König yon Offenburg, Andreas Hartmann von Ep-
pingen. Johann Wacker war yon dem Eurfflrsten Philipp
besonders geschätzt und noch sind zwei Zuschriften Philipp' 8
an die Universität (1498, 1504) vorhanden, in welchen er Urlaub
für ihn »mit Ernst« begehrt; die Stelle solle durch einen Substi-
tuten versehen werden, welcher der .Universität »nit misf ellig sei«.
Annall. Univ. T. III. F. 378, b. T. IV. F. 76, b. Den König
nannte Philipp »seinen rath vnd lieben getre wen Doctor«. Annall.
Univ. T. V. F. 168. Hartmann war 1463 Rector und sein Sohn
Hartmann Hartmanni von 1523 — 1527 Professor Codids und
Syndicus der Universität. Darauf wurde er Canzler Friedrich's IL
Das Leben beider s. in Hist. Acad. F. 64—66. Vergl. auch unsere
Stipendienschr. H. I. S. 17 ff.
Professoren werden mit Staatsgeachäften betraut Urlaub, 339
jedoch im nächsten Jahre seine Erledigung. Die Univer-
sität hatte es durchgesetzt, dass nur Ein Professor der
Juristen-Facultät den Sitzungen des Hofgerichte beiwohnte,
und zwar ein solcher, welcher zu dieser Zeit keine Vor-
lesung zu halten hatte ^^).
Kurfürst Ludwig V. suchte noch gründlicher zu
helfen. Er liess in die Beform der Universität vom Jahre
1522 einen die Missstände möglichst beseitigenden Ar-
tikel aufnehmen ^^. Hatte er vor der Ferienzeit einen
Lehrer der Universität nöthig, so suchte er stets um Ur-
laub für denselben nach. So wünschte er in einer Zu-
schrift an den Rector, welche ihm von dem Canzler am
25. Februar 1513 überreicht wurde, nur auf kurze Zeit
den Professor der Institutionen, Johannes von Roth-
weil, zu erhalten^*),
Otto Heinrich beschränkte die Zahl der ordent-
lichen Lehrer der Juristen - Facultä,t auf vier, welche sich
ausschliessUch ihrem Lehramte zu widmen hatten.
Wie sehr übrigens die Rechte der Universität in
Beziehung auf Urlaubsgesuche geachtet wurden, beweist
auch folgender Fall.
51) Qui 60 tempore vacare haberet a lectione ordinaria. Annall.
üniv. T. IV. F. 3—15, wo auch das Kurfürstl. Decret 8teht.|
52) »Ynd dass dyser Facultet Ordination der Lecturen halb
desto fOrtragender und ire Schüler onverseumbdt pleibenn, so ord-
nen Ynd wollen wir, dass alle in dyser rechtlichen Facultet lesende
Personen Doctores oder Licentiaten zu ihren verordneten Stunden
weder in ynser Cantzley allhie noch zu andern vnsern Geschefften
gefordert oder gebraucht sollen werden, ausgenommen die zwen
dero einer in digesto veteri, der andere in digesto novo lesen, welche
zwen zu vnserer vnd vnsers Fürstenthumbs Geschefte gebraucht
wollen werden.« Annall. üniv. T. VI. F. 373, b.
53) »Ludwig pfalzgraue vnd Churfurst etc. Ersamer lieber ge-
trewer, wir sin vnsers radts vnd lieben getrewen meysters Haussen
von Rotwil eyn tag vier oder fynff In vnsern Sachen zu schicken
noturfftig, darumb vnser gnedigst begern, Ir woUent Im die zeyt
erlauben wollen wir vns versehen vnd in gnaden erkennen. Datum
heydelberg off fritag nach Reminiscere« Anno 1513. Annall. üniv.
T. IV. F. 174, b.
22*
340 I. Buch. It Periode. 2, Msehnifl. (1476—1508.)
Pfalzgraf Alexander, Herzog zu Velden:^, Svär (1514)
schwer erkrankt, und hatte den Professor der Median,
Hermann, nachdem dieser *auf etliche Tage« Urlaub *
von der Universität erhalten hatte, zu sich nach' Zwei-
brücken kommen lassen. Die Krankheit aber machte eine
längere Gegenwart des Arztes* nothwendig^. Es wandte
sich deshalb der Pfalzgraf selbst an jene »mSt ' dem
gnedigen begeren vnd freundlichen bitten« zu ertauben,
dass Hermann' noch einige Zeit bei ihm bleiben dürfe**).
§■7.
ürste Anstellung eines Laien als ordentlichen Professors
der Medicin.
Schon Friedrich I. hielt es für' das Gedeihen der
Universität höchst nachtheilig, dass nur Clerikern Lehr-
stellen an derselben übertragen werden durften , Laien
dagegen , zumal verehelichte, von' jedem academischen
Lehramte ausgeschlossen waren. Um es nun dahin zu
bringen, dass wenigstens in- der medicinisehen Faciultät
ein Lehrstuhl mit einem verheiratjieten Laien besetzt
werden könne, wandte er sich (1475) an den PapsfSix-
tus IV. mit der Bitte, dazu seine Einwilligung zu geben.
Allein Friedrich starb ' (1476), bevor diese Einwilligung
erfolgte ^%
Sein Nachfolger in der Regierung, Kurfürst Philipp,
war Von gleicher Ueberzeugung durchdrungen *^, und um
54) Annall. Univ. T. IV. F. 206, a. b.
55) Auch in Paris wurde, so wiö auf andern Universi-
täten, in den ältesten Zeiten die Arzneikunde von Geistlichen ge-
lehrt. Erst der Cardinal von TouteviUe hob 1452 das Statut auf,
>dass Baccalaureen der Medicin nicht verheirathet sein dürften«.
Buläus, T. m. p. 600.
56) Ueber die Nachtheile, welche es für di6 Universität hatte,
dass damals nur Geistliche bei derselben angestellt, Laien aber
von allen Anstellungen ausgeschlossen waren, spricht sich Schön-
mezel (Collectan. ad bist. Fac. med.) so aus:
Erste,^^^^' wes Laißn als ordentl. Professors der Jüeäicin. 341
seinen ^weck desto sicherer zu erreiqhen, bemühte er
.sich (147,9), |?ei der Universität es durchzusetzen, dass
noch |z:u d^n- Lebzeiten des sehr betagten ersten Professors
der Medicin, Erhard Knabvon Zwyfalten^^), ^n
Laie .^s dessen Nachfolger ernannt wurde. Er schickte
deshalb den Oberhofmeister (summus Curiae Praefectus),
Ulrich von,Landscha,den, an die Universität, welche
sich, um. die Willen^meinung des Kurfürsten entgegen ;5U
, nehmen, in der Kirche zum H. Geiste versammelt hatte.
Im^uftrage seines Fürsten legte nun von Landschaden
in- einem längeren Vortrage der Versammlung die Sache
vpr^®). Nach Beendigung dieser Rede drückte die Uni-
»Quodsi haad maltum memorabile, quod professorum de re
literaria concernit merita, occarrat, mira illa, quae laicos a cathe-
dris ^rdinarÜB ex^udebat, prdiuatio in causam fuisse yidetvir. Malum
. hoc:£leetorea et j; r i da ricusetPhilippi^s perspexerunt. YoiHun
cum scholae publicae Clericis traditae essent, q^i solis fluberaat
Pontificibus , quaelibpt innoyatio aummae erat difficultatls. Jtaqae
de plurimis clencis nihil aliud quam dies nominationis, obitus, deni-
^que quoties reqtoratum gesserint, perhiberi potent.«
57) Schon 1449 war.Knab zum Regenten der alten Burse vo^n
der Universität ernannt worden. Schönmezel, ibid.
58) ^ittor a gratiosissimo principe, cui nun quam non summus
literarum amor, ut, quae ad meliorem hujus studii ordinationem
spectant, vobis proponam.
Jam Fridericus, piae memoriae, celsitudinis nostrae antecessor,
perspexerat, quae incommoda oriantur, cum ad cathedram medi-
corum juxta consuetudinem Giericus promoveatur, gravia haecce
momenta a pio Principe Romae praeposita sanctissimum movernnt
Patrem, ut annexas lecturae Medicae praebendas annnllaret, harum
reditus fisco Academico tribueret, hoc autem cum onere, ut quan-
tum- verisimiliter illi forent, tantum medico laico ad illam cathedram
destinato numeraretur. Bullam hac in re exaratam morte praeventHS
prinQeps^a Cuqa obtiQere non potuit cupque iUam .gcatipai^simus
^^^Jpn^pß noster, sine omni yestro dispe^dio reluei^e velit, vestn^
.h^c }n f:e assen^um ^c ajjprobationem ex^pectat. ,Quodsi,piedJQjap
clericujpi, ut ea ci^m libertate ^c laio^s pi;a^in ^xer<»at, ^pt^inus (jle-
cexe, quodsi .a .mQf}i9|s q^o^iqe i^^titutis, quod debite coerc^
nequeifnt, lectiones snn^|U),c|a^ publ|ci d^^rlmento toti^s n^lieol;9,s
fuisse , quodsi denique clericum ad hor^s dicend^s obligatum , iM>c
autem tempi^ a medico Ipoge ut|li^ meli^isq^e vel^urti jB^uae .fs<i^-
342 L Bu<:h, I. Periode, 2. AbBcl^nm. (1476—1508,)
versität ihren Dank aus für die wohlwollende Gesinnung,
welche der Kurfürst für sie hege, und versprach sein
Verlangen in reifliche üeberlegung zu ziehen. Es rief
dasselbe aber alsbald bei ihren Mitgliedern grosse
Bewegungen, heftige Eeden und Gegenreden hervor, da
durch seine Erfüllung eine durch die Länge der Zeit
geheiligte und durch das Vorurtheil bekräftigte Ordnung
aufgehoben werden sollte. Erst nach wiederholten Be-
rathungen vereinigte sich die" Universität in dem Be-
schlüsse , das Ansinnen des Kurfürsten abzulehnen *•).
Diesen Beschluss sollte nun der Rector mit den De-
canen der 4 Facultäten dem Kurfürsten mittheilen. Da
dieser aber wegen wichtiger Geschäfte (ob altiora negotia)
yeniente librorum lectura, vel praxi impendendnm perpendaÜB, qni
bonam optimi principlB mentem gratam habeatis, nullas dabito.
Schönmezel ibid.
59) Üni?er8ita8 corpus ecclesiasticum est et medicus ordinarie
regens non de gremio universitatis modo, sed de illius quoqae con-
cilio in hoc facultatem repraesentat medicam. Itaque si laicos
foret et laica persona in ecclesiasticos jurisdictionem ezerceret et
ad beneficia numeraret atque institueret, quae laicis prohibita, mi-
nime autem bigamo, qaalis tarnen facile uxuratus professor fieri
possit, conveniunt. Universitas quoqae ex ejusmodi ordinatione
redditur diformis: quodsi enim, cum pars a toto differt, turpe
dijudicetur, nonne medicus laicus in corpore ecclesiastico pessimam
eMciat diformitatem?«
»Maximum dein ecclesiae regali S. Spiritus praejudicium inde
fit ejusque honori detrahitur plurimum; qoippe cum Uli ex bulla
apostolica singularum facultatum magistri et doctores sint incor-
porati, re sie in effectum dedacta, unius facultatis doctores ecclesiae
subtrahuntur.«
>Praeprimis autem considerandum venit, quod, cum per pro-
motionem laici ad dictam cathedram bona a fidelibus, ut pro illornm
anima preces habeantur, ecclesiae dona subtrabantur , a pie de-
functorum ordinatione recedatur, quod omni jure prohibitum habetur.
Neque laicus ejusmodi praebendalem portionem tuta percipiet con-
scientia, nam indulgentia aut dispensatio papalis illi nil proderit,
tutum enim apud Deumnon esse, cum quo Papa sine rationabili
causa dispensat, explorati juris est. Schönmezel ibid.
Erste AnsteU. eines Laien als ordentl 'Professors der MecUcin» 343
nicht anwesend war, entledigte sich die Deputation ihres
Auftrages vor den Stellvertretern des Kurfürsten, und
fügte nur noch die angelegentliche Bitte bei, es möge
der Kurfürst die von ihm und seinen Vorfahren der Uni-
versität verliehenen Privilegien und Rechte erhalten.
Die von derselben vorgetragenen Gründe erschienen
jedoch dem Kurfürsten keineswegs so gewichtig , dass
er deshalb seine Ansicht änderte und sein Vorhaben aufgab.
Er war vielmehr über die Universität ungehalten, was diese
zu dem Beschlüsse veranlasste, den Rector mit dem Professor
der Theologie, Pallas Spangel, zu ihm zu schicken, um
ihn über den ganzen Sachverhalt näher aufzuklären. Die
ganze Angelegenheit beruhte nun auf sich bis zum 8. Januar
1481. An diesem Tage starb Knab, welcher, wie erwähnt,
die erste Professur der Medicin zugleich mit der Wimpf-
ner Pfründe bekleidete. Die Universität hatte nun nichts
Eiligeres zu thun, als an demselben Tage noch den bisherigen
zweiten Professor dieser Wissenschaft, den Canonicus zu
St. Paul in Worms, Martin Rentz von Wiesensteig,
zum ersten Professor der Medicin zu wählen. Als aber
diese Wahl dem Kurfürsten berichtet worden war, erklärte er
sie, mit Hinweisung auf eine in diesem Betreife vorhandene
päpstliche Bulle, für nichtig, und wollte den Jodocus mit
dieser Professur betraut wissen. Die Universität erwiederte
aber, die Bulle sei noch nicht öifentlich bekannt gemacht
und der Kurfürst dürfe ihre von ihm beschworenen
Privilegien nicht verletzen; jeden Falls möge er vor
der Veröifentlichung der päpstlichen Bulle nichts in
der Sache thun; den Bestimmungen derselben werde sie
Folge leisten.
Inzwischen war man dennoch bemüht, die ganze
Sache zu .vermitteln. Abgeordnete des Kurfürsten und
der Universität traten zusammen; allein die Unterhand-
lungen scheiterten daran, dass Rentz auch nicht das
Geringste von der Besoldung der ihm, wie er behauptete,
von Rechts wegen übertragenen Professur abgeben wollte.
344 L Buch. IL Periode, 2. ÄbschniU. (1476—1508.)
Um nun Alles zu thun, was zur Beseitigung der von der
Universität erhobenen Anstände gethan werden konnte,
liess der Kurfürst durch seinen Canzler Dalberg der
letztern mittheilen, er willige ein, dass Rentz die erste
Professur mit den ihr anklebenden Emolumenten erhalte,
wenn dem Jodocus so viel Besoldung aus der Universi-
tätskasse zuerkannt würde, als die mit der' ersten Pro-
fessur vereinigten Präbenderi trugen. Allein die Univer-
sität wies diesen Antrag zurück^®).
So standen die Sachen, als (1482) die fragliijhe Bulle
erschien. Das so späte Eintreffen derselben hatte wahr-
scheinlich die Universität selbst veranlasst ^*). Dnrcii den
päpstlichen Erlass wurde gestattet, dass auch Laien, und
sogar verheirathete, als ordentliche Professoren der Medicin
angestellt werden konnten ^*). Jetzt liess der Kurfürst der
Universität einen strengen Befehl zugehen, dem Jodocus
seine Biesoldung auszuzahlen; geschehe es nicht, so werde
er Gewalts-Massregeln anwenden. Diesem Befehle gab sie
nach und zahlte an Jodocus die ihm von dem Kurfürsten
bestimmte Besoldung der ersten Stelle aus, und zwar für
die ganze Zeit, welche dieser Streit gedauert hatte; zu-
gleich aber legte sie eine förmliche Protestation nieder,
60) Jodocus omni jure caret. Praestitum a nobis juramentum,
ut fundationis buUam serremus, obsequium in principem impossi-
bile reddit. Schönmezel ibid.
61) Anno 1482 Bulla venit Pöntificia, ad quam remoram dam
contulisse U&i^ersitatem admodum probabile est: Schönmezel
ibid.
62) Nos itaque ejusmodi supplicationibus inclinati autboritate
Apostolica statuimus, quod etiam Laieus uxuratus Magister In Me-
dicina, ad regendam dictam Cbatbedram, dum vacabit, idoneus in
eadem praesentaxl ac deputari possit, coi sie pro tempore deputato
ex fructibus, reditibus et proventibus praedictarum praebendarum
tantum, quantum Glerico eandem Cathedram Regenti bactenus so-
litam fuit afssjgnari, pro annuo ipsius Magistri legentis Laici sti-
pendi»- similiter assignari debeat, ipseque Magister L&icus hi^ns-
modi Stipendium percipere et in suos usus convertere possit. Schön-
mezel ibid.
Erste AnateU. eines Laien ah ordenÜ, Professors der Medicin. 345
dass sie dieses nicht thue, weil Jodocus ein Recht zu
dieser Besoldung habe, sondern aus der dem Kurfürsten
schuldigen Ehrfurcht ^^. Auch Bentz und Jodoci^s
verständigten sich, und so wurde dann dem ersten die
erste und dem andern die zweite Professur der Medicin
übertragen ^*).
So lange Canoniker die, Professuren der Medicin inne
.hatten, wurden diese, wie aus den Universitäts-Acten er-
hellt, •von den Kurfürsten den Capiteln präsentirt. Erst
die Reformation der Universität von Otto Heinrich
63) Ast ne, quae vi sibi extorta credit, praejudicio sint, prote-
stationem coram notario et testibns interponens TJniversitas non
pro|>ter jos Jodoci sed ob reyerentiain'Friiicipi debitam aes numera-
tum affirmat. Schönmesel ibid.
64) Ein äiese Sache betreffendes Bruchstück eines Kurfürst-
lichen Decretes hat SchÖnmezef a. a. 0. aufbewahrt,' welches
wir der vorangegangenen Darstellang atischliesden. »nia est meils
et volantas Ülustrissimi Principis et Domini Domini Philippi £le-
ctoris ex parte lecturae ordinariae Medicinae:
1. Quod praedicta lectura de caetero per Doctorem Medicinae
Laicum sub annuo stipendio provideri debeat
2. Quod Universitas praefata proventus Canonicatus ecclesiae
Wimpinensis ad (licta^ lecturam deputati a4 se recipere et
ad fiscum suum imbursare debeat.
3. Quod praefata Universitas' ahnuatim praenominato Doctori
Medicinae pro Isalarlo de fisco' süo tantum dare debeat, qaan-
tum verisiiDiliter fructus praefati Canonicatus extincti valent
4. Quod memoratus doctor Liaicus pro sua lectura habere de-
beat portionem suain stipendii de telonio in Keiserverde et
de tribus Canonicatibus in ecdesia GoUegiata novae Civitatis
extinctis cedentem.
De caetero Medicus, qui ex CoUegio Artistarum* debet ingredi
Consilium Universita tis loco doctoris ordinarii praenominati , De-
'^canus Facultatis medicae sit et canönicatum ecclesiae Re-
galis S. Spiritus' teneat, quem , hactenus praelibatus doctor mi^di-
>dnae tenuit. Schönmezel, Collect, ad bist. ,Fac. med.
Zu bemerken ist hier noch^ dass bis zu dieser Zeit die jeweili-
gen Decane der Facultät von den Mitgliedern' derselben gewählt
'wurden. Die von dem Kurfürsten Pliilipp getroffene Anordnung
blieb bis zu Otto Heinrich's Reformation der Universität in
Kraft. Schönmezel a. a. 0.
346 I' BucK n. Periode. 2. Abechnitt, (1476^1508.)
brachte hierin eine Aendening hervor. Die Anstalt hatte bei
Besetzung von Lehrstellen zwei Gandidaten vorzuschlagen,
welche sie für tüchtig hielt. Von diesen wurde Einer
von dem Kurfürsten bestätigt.
Besonders erwähnenswerth in diesem Streite, welcher,
wie Wundt**) sagt,
»den Einsichten des Kurfflrsten grosse Ehre macht, aber
die Mitglieder der medicinischen Facult&t in einer traurigen
Gestalt darstellt«, erscheint^ dass »anch der Papst nicht so
viel Gewalt hatte, durch eine besondere Bolle die Facult&t
von ihrer alten fehlerhaften Einrichtung abzubringen, und
der gute Kurfürst sich damit begnügen mnsste, dass dar,
den er vorschlug, die zweite Stelle mit etwas weniger Be-
soldung erhielt«.
Erst im Jahre 1553 wurde auf den Antrag der Uni-
versität selbst durch eine Bulle des Papstes Julius in.
gestattet, dass überhaupt weltlichen Professoren geistliche
Pfründen zugewiesen wurden.
§ 8.
Lehrer und Schriftsteller der Universität.
Ausgezeichnete Lehrer unter Philip^'s Regierung
waren die Canonisten Conrad Degen (f 1480),
seit 1442 Nachfolger Otto's von Stein (de Lapide)
(1421—1442), Peter Swan von Wimpfen 1461, Nach-
folger des Johann Wildenherz von Fritzlar, Peter
Wacker von Sinsheim (seit 1463), Hartmann Pistor
von Eppingen 1469; die Theologen Nicolaus von
Wachenheim (seit 1436), Pallas Spangel von Neustadt
a. d. H. (seit 1477), Johann Wessel (1477), Johann
Scultetus aus Preussen (seit 1487), Daniel Zangen-
ried von Memmingen (seit 1496), Johann Odenwalt
von Rottenburg, Johann Nigri (1493), Georg Nigri
(1508), Marcus Stier (1508); die Juristen von
65) Beiträge z. d. Gesch. d. Heidelb. üniv. S. 64. 65.
Händel gtoiscTien den Realisten und NaminaUsien, 347
Dalheim, welcher 1498 zuerst die Pandecten in Heidel-
berg lehrte, NicolausMörsinger (Mosinger) von Oewis-
heim, seit 1476 Lehrer des bürgerlichen und 1480 — 1518
des canonischen Rechts, Theodorich Linck von Min-
singen (1480 — 1522), der berühmte Rechtslehrer und
Staatsmann, Johann Wacker von Sinsheim (seit 1492).
Nach Mörsinger lehrten Heinrich Walk von Oppen-
heim, Conrad Oberlin von Ladenburg (seit 1481) und
Simon Rybisen von Brüssel (seit 1503), letzterer als
ausserordentlicher Professor, das Civilrecht Als Mediciner
sind zu bemerken: Martin Rentz (1475), Simon Linck
(1508). Von den Philosophen sind zu nennen: Peter
Deer (seit 1463), Johann Wessel (1477).
Als Schriftsteller machten sich neben Wimpfe-
ling bemerklich die Theologen Herwig von Amsterdam, '
Jodocus Aichemann (Eichmann) von Calw, der Cano-
nist Dorinberg (Domberger) von Menuningen, seit 1478
Eurpfälzischer Canzler, der Theologe und Philosoph Ste-
phan Hoest von Ladenburg, Jodocus Gallus.
§9.
Händel zwischen den Realisten und Nominalisten.
Friedrich L hatte durch seine Reform der Univer-
sität den widerstrebenden Professoren des Nominalismus
auch die realistische Philosophie zur Seite gesetzt und
jedem Lehrer der Artisten - Facultät es freigestellt, ob er
nach dem »neuen Wege« (Realisten) oder nach dem »alten
. Wege« (Nonünalisten) seine Vorträge halten wolle (S. 306).
Durch diese Einrichtung glaubte der Kurfürst, welcher
alle Zunfttyrannei in der Wissenschaft hasste, der Uni-
versität eine Wohlthat zu erweisen. Allein der Erfolg
war ein ganz entgegengesetzter. \on nun an war end-
loser Stoff zu leeren Zänkereien gegeben. Die Nominalisten
und Realisten standen sich einander als zwei scharf ge-
trennte Parteien gegenüber. Wer schwankte oder gar seme
348 L.Buch. U, Periode, J^^Ahscfinitt. (UrS—t^ijfS.)
Meinung änderte, wurde als ,,Apoßtat , verfojgt. Auch.ifie
Burs^n wafenjn.dpppelbßn Sinne ^t^^qit. Ja,Jn ^li^eai
schien .der Parteihass seinen yorzUgl^ictsten ^itz , zu ha,beii.
DieJuristen-Purse ^war pon^inalistisch, die S c Jx w,a b e % -
Burse und ,(^as CoUegium Dionysianum ab^rjea-
Ustjsch gesinnt ^^).
. Besonders l^bhg^t . ^uf den in der letzten . Ijie.be;ftszeit
|PhiUpp's d,iese spholagtischen ,iLmd^l ^angeregt und .^e
Puhe d?r . Universität ds^durcli gestört. Im ,Jahf;e 1503
..wmiden .Tjbiesen angßsph|agen, wie , folgpi^de :
Thomista stultior est pvini homiixe;
Thomista non differt a Chimaera;
Realista iion differt a Chimaera •^).
Bei solchen Kämpfen blieb man nicht immer auf dem
Wege der wissenschaftlichen Discussion. Jetzt und später
-kam es unter den Studenten oft zu Schlägereien über
die Lebensfragen der Universitäts-»Philosophie. So reichten
die Realisten gegen die Nominalisten eine Schrift bei dem
academischen Senate ein, in welcher sie unter Anderm
anführten, wie ihre Gegner, an ihrer (der Realisten n)
Burse vorüberziehend, gerufen hätten:
»Uns dürstet nach Realisten - Blut« ; »das Schwerd muss
noch drei Realisten fressen«; »Ich will nicht von hinnen
ziehen, ich hab* denn einem Realisten einen Flflgel vor ab-
gehauen«®®). Auch wären sie von ihren Gegnern »Juden-
kinder« gescholten worden®**).
66) Hot tinger: De Colleg. Sapient. p. 77. 78.
67) Annall. Univ. T. IV. F. 5,'b. Auch wurde darüber dispu-
tirt: »Ob der Casus Yocativus ein Suppositum sei, oder ob er in einer
.Proposition anstatt eines Subjecti könne gesetzt werden od^r nicht]?
Ferner: Warum Adam im Paradiese von einem Apfel und niij^t
von einer Birne gegessen? Ob Christus auch in der Form eines
Kürbisses oder eines Weibes oder eines £sels hätte erscheinen, und
wie er in diesen Gestalten hätte predigen oder Wunder thun
können? Ob Gott etwas Geschehenes ungeseh^en machen könne,
z. B. aus einer Hure eine reine Jungfrau u. drgl. Hagen, Deutsch-
lands liter. u. relig. Verhältnisse im Reformationszeitalter, B. I. S. 31.
68) Annall. Univ. T. IV. .F. 6ra. Hottinger, p. 78, Lyc.
.origg. p, 138.
69) Hist. Acad. F. 95. Die alte ßurse lag in c^er ehemaligen
Judengasse (S. 205). ' • • " ■ t .
Händel zwischen' den Bealisten uha Nominalisteh. 349
Einige Jähre vorher (1497) war die Neue Bürse von
den realistisch gesinnten Studenten förmlich belagert
worden '^^. Diese Kämpfe zwischen defa' verschiedenen"
Büf'sett fanden, wie wir unteli sehen* werdefn, erst ihr"
Ende, nachdem dieselben in' Eine verwandelt worden '
wären.
Auch die Mitglieder dör theologischen Fa-
cnltät waren, da der Gegensatz? zwischen Realismus und'
Nominalismus durch die ganze mittelalterliche Theologie und '
Philosophie hindurchgeht "^ ^), diesen Kämpfen nicht fremd ;
doch machten sich bei ihnen verschiedene Ansichten gel-
tend. Da gab es Solche (als ihr Haupt ist der gewicht-
vöBste unter ihnen; Nicolaüs von Wachenheim, an-
zusehen, S. 346), welche die altd scholastische Theologie '
heftig vertheidigten und dabei wohl auch einige Gewalt-
thitigkeit nicht scheuten; Andel'e, wie Wessel, Agri-
cöla, Wimpfeling, Reuchlin, welche der ' scholasti-
schen Theologie , die ihnen veraltet und abgelebt schien,
die schriftmässlge entgegensetzten ; endlich wieder Andere,
di^ einen Hittefweg einschlugen, milde und bescheidene
Verbesseter der alten Theologie, unitfer äenen durch Geistes-
gaben', Gelehrsamkeit und Feinheit Pallas Spangel
hervorragte^*).
So verschieden nun die Denkwötsö ' dieser Männer
war, so finden wir doch nirgends, dass Einer deshalb
von Seiten der Regiening, welche Dalberg gleichsam*
als'Curator repräsentirte , gekränkt oder gar vertrieben
70) H ausser, S. 441.
71) Ulltoann, Johann Wessel, S. 327. Hegel (Philosophie
der Religion, B. I. S. 6) spricht sich folgender Gestalt aus : »Scho-
lastische Philosophie ist im Mittelalter Eins und Dasselbe mit der
Theologie. Philosophie ist Theologie, und' Theologie ist Philosophie.
Man glaubte so wenig, dass das' begreifende Erkennen der Theo-
logie nachtheilig sei , dass man es für wesentlich hielt zur Theo-
logie selbst.«
72) Ueber Span gel vergl.' Beischlag, Lebensbeschreibung
Brentii, Th. I. Cap. 7. § 5.
350 -f. Buch. IL Periode. 2. Abschnitt, (14^76—1508,)
worden wäre. Eben so wenig ist eine Spur vorhanden,
dass die heftigen Streitigkeiten zwischen den Realisten
und Nominalisten durch Regierungsbefehle, ünterdrückun-
gen oder Vertreibungen ihr Ende erreicht hätten, wie
dieses in Frankreich geschah (S. 304 u. 305). Es scheinen
vielmehr alle diese Streitigkeiten unter der Obhut des
trefflichen Kurfürsten imd seines weisen ßathgebers Dal*
berg, wo nur immer möglich, gütlich beigelegt worden
zu sein'*).
§10.
Zwistigkeiten der Juristen- und Artisten- Faeultät
Während die eben geschilderten Kämpfe stattfanden,
war auch das gegenseitige gute Verhältniss der ver-
schiedenen Facultäten nicht nur völlig gestört'^),
es kam sogar zwischen der Juristen- und Artisten-Facol-
tät zu so ärgerlichen Auftritten, dass sie beinahe unter
einzelnen Lehrern zu Thätlichkeiten geführt hätten, und
der Kurfürst selbst sich in das Mittel legen musste'^).
Zu den mit der grössten Hitze zwischen diesen Fa-
cultäten geführten Kämpfen gehörte der über die Form
und Farbe der Birreten'®) als amtlicher Kopfbedeckung.
Um demselben ein Ende zu machen, befahl der Kurfbrst
durch Beeret vom 1. März 1498, die Magister der freien
Künste sollten runde Birreten tragen, dagegen die Pro-
fessoren der anderen Facultäten solche von anderer Form;
allein die Universität gab diesem Befehle keine Folge").
73) Uli mann, Stud. u. Krit. a. a. 0. S. 572. 573.
74) Omnibus in Facultatibus exorta dissidia, rixae, altercatio-
nes. Sohn, opat. p. 286. 287.
75) Annall. Univ. T. III. F. 367, b. T. IV. F. 29. 30.
76) Birretum, birettum, beretum, biretum, berretum': der Bi-
schofshut, in späterer Zeit aber auch der Doctorhut. Brinck-
meier, Gloss. dipL u. d. W.
77) Die deshalb gepflogenen Verhandlungen sind in den An.
nalen T. III. F. 879, a. b. »Causa ßirettorum« überschrieben, fiben
^ dort findet sich auch das Kurfürst!. Decret.
Disputat über die uhbeßeckte Empfängniss d. JBT. Jungfrau. 351
§11.
Disputationen zwischen den Franziscanern und Do-
minicanern Über die unbefleckte Empfängniss der
U. Jungfrau Maria.
Vor und in dieser Zeit der Kämpfe zwischen den
Realisten und Nominalisten und zwischen einzelnen Fa-
cultäten fanden zwischen den Bettelmönchsorden der
Franziscaner (Realisten) und der Dominicaner (Nomina-
listen), welche aus Neid und Eifersucht in die vielfältig-
sten Streitigkeiten gekommen waren ^^), in dem Kloster
der ersteren öfters Disputationen über das Dogma statt:
»Ob die H. Jungfrau Maria in der Erbsünde
empfangen sei oder nicht?« ^^) Die Dominicaner
bejahten, die Franziscaner verneinten die Empfäng-
niss Maria'js in der Erbsünde®®); die letzteren zu-
gleich sich berufend auf den Beschluss des Baseler
Conciliums und auf eine in ihrem Kloster früher befind-
liche Inschrift®^). Der Streit wurde so heftig und in
einer solchen Weise geführt, dass der Kurfürst »vff dom-
stag nach viti an. 1501« dem Rector der Universität ein
Decret zugehen liess, in welchem es heisst:
78) Hagen, S. 30.
79) Annall. Univ. T. III. F. 414, a. 415, a.
80) Papst Sixtus IV. (1471—1484) hatte zwar in einer Bulle
den Glauben an die unbefleckte Empfängniss der H. Jungfrau frei-
gestellt, aber gleichzeitig die Ansicht des dafür eifernden Schola-
stikers Duns Scotus und der Franziscaner durch grossen Ablass
und Feiertag geehrt. Dieses gab, da der Mariencult anhaltend mit
schwärmerischer Theilnahme wuchs, den dagegen sich stemmenden
Dominicanern neuen Grund des Hasses und der Eifersucht wider
ihre glücklichen Nebenbuhler, Ausführliches s. bei Kor tum und
Reichlin-Meldegg, B. H. S. 120 ff.
81) Diese Inschrift lautete: »Tota pulchra es, beato yirgo
Maria, Et Macula originalis peccati non est in Te. Sicut deffinivit
sancta Synodus Basiliensis Legitime congregata. Anno 1444.«
Andreae, Monumm. Heidelb. p. 8. Beut er: De Colleg.
Sap. p. 9. 10.
352 ^. Buch. n. Perioäe. 2, ÄhschniÜ.' (1476^1508,)
>Als die Barfasser yff morn ein Disputation von em-
pf&ngniss der hochji^elobten EOnigin Maria furgenomen haben,
Ist ynser gantz ernstlich begehr, dass jhr die gantze Univer-
sitet in allen Burschen vnd sonst stranglich bei einer merk-
lichen poen allen Gliedern der Universitet verbieten wdllent,
dass jhr keiner nit zu solcher Dispntatz gehe noch darbey
sey, auch die uberfehrer stranglich straffend« *').
In Oemässheit dieses Decrets untersagte der Rector
allen Angehörigen der Universität bei einer Strafe von
6 fl. die Theilnahme an dieser Disputation ®*). Trotz
dieses Verbots wohnten aber dennoch mehrere ihrer
Mitglieder derselben bei. Sobald der Kurfttrst dieses er-
fahren hatte, erhielt der Rector von ihm^ den Auftrag,
die Sache strenge zu untersuchen und die Schuldigen zu
bestrafen. Dieses geschah, und jedes Mitglied, welches
gegen das Verbot gefehlt hatte, wurde mit einer Strafe
von 6 fl. belegt »*).
Da jedoch die Streitigkeiten zwischen den Franzis-
canem und Dominicanern fortgesetzt wurden, so trug der
Kurfürst (Freitag »nach Vincla Petri« 1501) dem Rector
und der Universität auf, an den Papst zu berichten, dass
sich in Heidelberg
»allerhand Unschikliches begeben, in dem die BarfOsser
nnd Prediger Mönch gegeneinander gepredigt haben von einem
artikell, ob vnser liebe fraw In Erbsünden empfangen sei
oder nit; dass kein Nachlassens sei , e^ aber Seines Bedün-
kens des gemeinen Volks nnd unglanbens halbier nit gut
wäre, dass die Dinge also offenbar disputirt würden. Der
82) Annall. tJniv. T. III. F. 414, b.
„ 83) Das Mandat ^es Rectors lautete : »Vobis omnibus Doctori-
buß, Nobilibus, Licentiatis, magistris, scolaribus et singuHs nostrae
diljiopi subjectis ad. instantem et seriosam petitionem Illastrissimi,
Serinissimiqae Principis nostri Falatini Rheni, nobis super hoc fa-
ctam districte, praecipiendo mandamus, quatenus nullus Vestrum
disputationem apud , Minores de conceptione gloriosissimae Yir-
ginis, Dei genitricis, Mariae fiendam visitet, intertersit, arguat, vel
moram in eadem faciat sub poena sex florenorum nobis ante occa-
sum solis per juramientum persolvendorum.« Ibid. F. 415, b.
84) Ibid.
Sairfhändel gwisehen Studenten und Hoßeuten, 353
heilige Vater möge anordnen^ dass es um des gemeinen
Mannes willen gehalten werde und bleiben, wie es vor Alters
gewesen« ®*).
Zu derselben Zeit beschwerten sich in einer bei der
Universität eingereichten Schrift die Dominicaner, deren
Provincial, Peter Syber, zugleich Professor an der-
selben war, über die Franziscaner. .In dieser Schrift
legten sie ausführlich dar, wie gröblich sie von den
Franziscanern angegriffen würden ®*) und wie sie sich nur
nothgedrungen vertheidigten. Wollten sie, heisst es wei-
ter, Alles, was ihre Gegner gegen sie vorbrächten,- öffent-
lich in der Kirche widerlegen, so würde das nur den
Frieden in dieser stören und dem Volke ein Aerger-
niss geben®'). Schliesslich baten sie die Universität, da-
hin zu wirken, dass durch den Papst der Friede zwischen
ihnen und den Franziscanern wieder hergestellt werde.
In diesem Sinne wandte sich die Hochschule nun auch
an den päpstUchen Hof ®®). Zugleich nahm sich auch der
Kurfürst der Sache lebhaft an, da diese Zwietracht auf
die Anstalt einen nachtheiligen Einfluss übte, und es
gelang ihm, zwischen den beiden Orden wenigstens für
den Augenblick eine Art Friedensvertrag zu Stande zu
bringen ®^).
§ 12.
Raufhändel zivischen Studenten und JSofleuten.
Auch in dieser Zeit kommen Raufhändel, wie wir
sie früher gesehen®®), vor.
85) Annall. Univ. T. in. F. 425, b.
86) Mordaces ac invectivi sermones, famosi libelli, scandalosa
carmina adversus nos palam concionantur, pronuntiantur, eduntur.
Ibid. F. 426, a.
87) Pacis et unitatis in multis Gennaniae locis turbatio, populi
Bcandalam, dei offensa. Ibid. F. 426, b.
88) Ibid. F. 426, b.
89) Der Vertrag ist im PflJz. Copialb. Nr. 17. F. 25.
90) Vergl. oben 8. 178. 179. 243—248. 283—285.
Hautz, Gesch. d. Uniy. Heidelb. I. 23
354 I' Bück, IL Periode. 2. AbsekniU, (1476^1508.)
B€i einem nächtlichen Gelage, welches die Stadenten
(1499) hielten, drangen Cavaliere (auüci equites) auf das-
selbe ein und misshandelten jene , welche in der Mmder-
zahl waren, und durch die Flucht sich nicht retten konnten.
Die Universität beschwerte sich zwar bei dem Kurfürsten;
doch trat sie, da, nach einem ziemlich sicheren Gerüchte,
auch der Kurprinz Ludwig unter den Cavalieren ge-
wesen war, und den Scandal sogar geleitet haben sollte,
nicht mit besonderer Energie auf. Der Kurfürst nahm
die Beschwerde derselben freundlich auf; doch scheint es
bei dem Versprechen, die Thäter strenge zu bestrafen,
geblieben zu sein, üebrigens versicherte der Kurfürst,
dass die Universität bei »ihren ehren vnd wolstand« er-
halten werden solle ^^).
Auch im Anfange des folgenden Jahres (1500) Hessen
sich Hofbediente Gewaltthätigkeiten gegen Studenten zu
Schulden kommen. Mehrere von ihnen drangen mit
»blossen messem« in das Dionysianum und misshandelten
dort Meister und Schüler^*).
§13.
Papst Innocem IX. Kaiser Maximilian I. in Heidd-
berg. Ausserordentliche Steuer. Bayerisch-pfälmcher
Erbfolgekrieg.
Nach S ixt US IV. bestieg Innocenz IX. den päpst-
lichen Stuhl. Wie seine Vorgänger, zeigte auch er der
Universität seinen Amtsantritt unter dem 12. September
1484 an. Die Anstalt erkannte diese Aufmerksamkeit
in einer Denkschrift vom 4. December 1484 ^^ an, und ver-
sicherte den Papst nicht nur ihrer treuen Anhänglichkeit,
91) Annall. üniv. T. III. F. 889, b. ffist Acad. F. 91.
92) Ibid. F. 408, Jb sqq.
93) Die Schriften des Papstes und der Uniiirersität eind i&
Annall. üniv. T. in. F. 258, a. b. Hiat Acad. F. 87. Anmll. 1. c
F. 258, b. 259, a. • Histor. Acad. F. 88.
InnoeensIX, MaxmUUani. Steuer. Erbfolgehrieji, 355
sondern hielt auch eine »Processio vel Supplicatio pro
felici regimine Novi Pontificis« ®*).
Ein anderes für die Stadt und Universität Heidelberg
bemerkenswerthes Ereigniss ist der Besuch des Kaisers
Maximilian L, welchen er dem Kurfürsten (1489)
machte. Von Seiten der Stadt und hoben Schule fanden
grosse Empfangsfeierlichkeiten statt. Im Namen der
letzteren hielt Pallas Spangel die Bewillkommnungs-
rede»*).
Mit grosser Sorgfalt war die Universität stets be-
müht, wo es sich um ihre Selbstständigkeit als Corporation
handelte, diese zu erhalten. Pabei darf man aber auch
andererseits nicht verkennen, dass die Kurfürsten die
Redite dersell)en anerkannten und berücksichtigten. Bei-
spiele der Art finden sich häufig. Eines von solchen
ist folgendes:
Durch die Zeitumstände genöthigt, verlangte 1497
Kurfürst Philipp von denen, welche bei der Universität
»begut« waren, den hundertsten Pfennig, welcher als
»Hilffgelt« entrichtet werden sollte. Die Universität ging
in das Verlangen des Kurfürsten ein, erbat sich aber zu-
gleich einen Revers von demselben, dass durch diese Ab-
gabe kein Recht für die Zukunft begründet werde ^^).
Die schöne friedliche Zeit, deren sich die Pfalz unter
der Regierung des Kurfürsten Philipp erfreute, wurde
durch den bayerisch-pfälzischen Erbfolgekrieg (1503 — 1507)
gestört. Wie Kurfürst Friedrich I. stets darauf bedacht
war, die Ruhe und Ordnung in seiner Residenz Heidel-
berg zu erhalten, so geschah es auch von Philipp. Der
Rector erhielt (1504) den Auftrag, »mit newem eyde alle
seine vnderthanen dem Fürsten zu verpflichten«*').
94) Eist. Acad. F. 98.
95) Abschriftlich findet sich diese Rede in Hlst. Acad. F. 89
und gedruckt bei Fr eher, Scriptor. rer. German. T. II. p. 36.
96) Die Original-Urk. des Reverses ist im Univ.-Arch. unter Nr. 75
97) Sohn, S. 50. 51.
23*
356 [J. ^wcÄ. IL Penode. 2. ÄhschniU, (1476^1508.)
§14.
Zustand und Frequenz der Universität, Ansteckende
Krankheiten. Philipps Tod.
Die Bemühungen des Kurfürsten Philipp und der
ihm nahe stehenden Männer, die Universität zu heben
und auch in ihr das geistige Leben, wie es am Hofe wal-
tete, zu wecken, fanden bei ihr als Corporation, wie wir
oben (S. 324 flf.) zeigten, keinen Anklang. Die Folge davon
war, dass sie immer mehr sank, und »die Barbarei vnd Aber-
glauben, welche langzuvor eingerissen, sehr überhand nam« ® *).
Ein weiterer üebelstand wurde aber auch durch an-
steckende Krankheiten herbeigeführt. Durch sie wurde
die Universität genöthigt, 1491 Heidelberg zu verlassen
und nach Speyer überzusiedeln **). Aus demselben iSrunde
zerstreuten sich die meisten Studenten in den Jahren
1502 ^<>o)^ 1507 und 1508 ^o»).
' Die Zahl der Immatriculirten, welche sich vor-
dem jährlich auf 160 und darüber belief*®*), war unter
100 herab gesunken und manche Lehrer klagten (1508),
dass ihre CoUegien ganz leer stünden ^®').
Kurfürst Philipp starb, nachdem er längere Zeit
an Steinschmerzen und am Podagra gelitten hatte, am 28.
Februar 1508, noch nicht ganz 60 Jahre alt, zu Germers-
heim und wurde in Heidelberg mit grossen Feierlichkeiten,
an welchen die Universität Theil nahm, beigesetzt^®*).
98) Sohn, S. 52.
99) Lehmann, Speyer. Chron. B. VII. Cap. 120.
100) J^nnall. Uniy. T. III. F. 437, b.
101) Die Krankheit, welche ld07 und 1508 wüthete, wurde »die
Franzosen« genannt und hörte erst auf, als der Eurförst verbot,
dass in Bädern, Wirthshäusern, Barbierstuben Kranke und Gesunde
sich derselben Gefässe bedienten. Pfalz. Copialb. Nr. 17. F. 206.
Annall. Univ. T. IV. F. 70, a. 71, b.
102) Matr. lib. II.
103) Annall. Univ. T. IV. F. 71, a.
104) Ibid. F. 70, a.
V
Bh^misch- literarische ßeaelkchaß. 357
§ 15.
Rheinisch-literarische Gesellsehaft
Obgleich die Universität in dem oben geschilderten
Zustande war, wurde doch Heidelberg durch den Kurfürsten
Philipp und die ausgezeichneten Männer, welche er um
sich versammelte, der bedeutendste Mittelpunkt am Rheine
für die neue. wissenschaftliche Richtung, repräsentirte den
frischen, aufstrebenden Geist jder Zeit, und ging einer
höheren Bedeutsamkeit entgegen ^®^). Ohne auf das
Einzelne einzugehen, was in wissenschaftlicher Beziehung
unter Philipp's Regierung geschah, können wir doch
nicht umhin, der Rheinischen Literar-Gesellschaft
besonders zu erwähnen. Sie wurde unter den Anspielen
Johann von Dalberg's durch Geltes gegründet, und
war wahrscheinlich der s. g. Platonischen Academie zu
Florenz auf selbstständige Weise nachgebildet. Da Gel-
tes diese »Sodalitas literaria Rhenana« (von ihrem Stifter
auch Geltica genannt) nirgends in seinen Schriften er-
wähnt, lässt sich nur mit einiger Sicherheit schhessen,
dass ihre Gründung in das Jahr 1496 fallt, wo dieser
aih Hofe Philipp's lebte, dessen Söhne im Lateini-
schen und Griechischen unterrichtete, und in engster
Verbindung mit Dalberg, Plenningen, Tritheim,
Wimpfeling war.
Die übrigen Mitglieder dieser Gesellschaft, zu denen
die ersten Berühmtheiten von ganz Ober-Deutschland ge-
hörten, lernen wir aus Geltes' Ausgabe der Werke der
berühmten, im deutschen Stifte Gandersheim (980) leben-
den Nonne Roswitha (Nürnberg 1501) kennen, wo jener
berühmten Dichterin die meisten durch kurze Epigramme
oder Lobgedichte ein Denkmal gesetzt haben. Wir nen-
nen ausser den scho^ angegebenen Männern: Rudolph
Agricola, Eitelwolf (Olololycos) von Stein, Wi-
105) Hagen, S. U7. Ullmann, Joh. Wessel, S. 361.
358 JT. Buch. IL Perioäe. 2. Jbichnitt, (U76--1508.)
libald Pirkheimer, Johann Tolophus, Heinrich
Groninger, Johann Werner, Martin Pollich, ge-
nannt Melierstadt, J. Lateran, Sebastian Brandt
(Sprenzj, J. Stub, Conrad Peutinger, Zasius, Vi-
gilius, Hermann Graf von Neuenaar ^^•).
Alle diese Männer, die sich damals den Vertheidigem
der alten Schulweisheit, Mönchen und Scholastikern,
mächtig entgegenstellten, mögen sie sich vorzugsweise der
Mathematik, Medicin, Jurisprudenz oder der eigentlichen
Philologie gewidmet haben: sie alle waren Vorar-
beiter der Reformation in Kirche und Schule. Einigen
war es sogar vergönnt, an dem grossen Werke der kom-
menden Generation mit Theil zu nehmen. Ihr Streben
war ein vorbereitendes und hat damit seinen Zweck er-
füllt. Ein Beweis, wie wenig man nach ihrer Auflösung diese
Gesellschaft damals vermisste, liegt schon darin, dass
man nicht einmal genau anzugeben weiss, in welchem
Jahre sie ihr eigentliches Ende gefunden hat, wahrschein-
lich bald nach Dalberg's Tod^«'').
106) Wiener, De soc. lit. Rhen. a Gelte fundata. Ebendart
heisst es S. 17: >Tritheim habe seinen würdigen Schaler, den
gelehrten Mönch Lang, hin nnd wieder in die Klöster geschickt,
um naehzasehen, ob er nichts finde, das seinen Gatalogum scri-
ptorum eccles. mehr erläutern könne. Er fände aber die Geistlichen
als faule Bäuche.« Vergl. auch Ruef et Zell, p. 57. 109. 110.
111. 169 ff. Wundt, Mag, B. XI. S. 163 ff. Ulimann: De J.
Dalburg. p. 16. 37. Creuzer, Allg. Schulzeitg. 1832. Abth. II.
S. 422. Hftusser, Glassische Studien, S. 32. Schwarz, Gesch.
d. Erz. B. II. S. 241 ff. Brück er, Ehreutempel d. .deutschen
Gelehrsamkeit. Heeren, Gesch. d. Philol. B. II. S. 160.
107) Was Celtes im Verein mit Dalberg beabsichtigte,
eine nähere Vereinigung der ausgez^chnetsten und erleuchtetsten
Männer des Gesammtvaterlandes, ein patriotisches Institut fOr den
Gemeingeist Deutschlands zu stiften, dasselbe wollte auch nach
Ablauf von ungefähr drei Jahrhunderten « der weise und herrliche
Grossherzog von Baden, Karl Friedrich, — und wechselte dar-
über Briefe mit Herder und Johannes von Müller, üeber
diesen merkwürdigen Plan, der, wie Uli mann mit Recht sagt,
es wohl verdiente, auch in unsere Zeit von edeln deutsch gesinnten
Die KiMf&nOkhe BibUoiheh 359
§16.
Die Kurfürstliche Bibliothek.
Die Qrundlage dieser Bibliothek bildeten die lateini-
schen Bücher (die deutschen blieben auf dem Schlosse),
welche Ludwig III. dem Stifte zum H. Geiste (1436)
vermachte. Die Ehre ihrer eigentlichen Stiftung gebührt
dem Kurfürsten Philipp.
Wenn nun diese Bibliothek auch lange Zeit mit der
Universität in keiner unnüttelbaren Verbindung stand, so
übte sie doch durch den grossen Beichthum an literari-
schen Hülfsmitteln einen bedeutenden Einfluss auf das
wissenschaftliche Leben nicht nur in Heidelberg, sondern
in ganz Deutschland. Dürfte es schon dadurch gerecht-
fertigt sein, in kurzen Umrissen ihre Geschichte mitzu-
theilen, so erscheint uns eine solche Mittheilung um so
zweckmässiger, als die kurfürstliche Büchersaramlung später
unter Otto Hein rieh's Regierung mit der Stiftsbibliothek
vereinigt und darauf, wie wir unten berichten werden,
imter dem Namen Pfälzische Bibliothek (bibliotheca
Palatina) einen Ruf erlangt hat, wie nicht leicht irgend
eine andere Schwester ^Anstalt.
Zur Stiftung dieser Sammlung, welche den wis-
senschaftlichen Bedürfnissen der damaligen Zeit ent-
sprechen sollte, wurde der Kurfürst durch den ge-
lehrten Rudolph Agricola veranlasst. Die meisten
Bücher wurden in Italien gekauft. Die Vorliebe Agri*
cola's für die classische Gelehrsamkeit und besonders
für die griechische Sprache macht es wahrscheinlich, dass
er die Aufmerksamkeit Philipp's zunächst auf lateinische
und griechische Bücher lenkte, und daher ein Theil der
Fürsten erwogen 2u werden, findet man die erforderlichen Nach«»
Weisungen in Herder's Leben von Maria Carol. Herder, B. IL
S. 231, Werke, B. XVII. und in Herder's Adrastea, B. VI. S.
213—242, Werke zur Literat. «. Kunst, B. XII. S. 529. Uli mann.
Stud. u. Kritik, 1841, H. 3. S. 573 ff.
360 I- Buch. IL Periode. 2. AbsehwiU. (1476—1508.)
griechischen und lateinischen Handschriften der alten Kur-
fürstlichen Bibliothek durch seine Fürsorge nach Heidel-
berg kam. Was von Agricola (f 1485) angefangen
wurde, setzte Johann Reuchlin (S. 327 u. 328) fort,
welcher (1497) in dessen Stelle trat ^®»).
Wie den Kurfürsten Philipp, so vermochte Agri-
cola auch den Kurfürstlichen Canzler und nachmaligen
Bischof von Worms, Johann von Dalberg*^*), zur
Anlegung einer Bibliothek. Agricola nahm sich der-
selben mit besonderer Liebe an, und vereinigte sogar
mit jener seine eigene Büchersammlung, in welcher sich
unter Anderm ein von seiner eigenen Hand geschriebener
Quinctilian befand. Diese Dalbergische Bibliothek
erhielt eine bedeutende Bereicherung durch die Bacher
und Handschriften des alten, bei Bensheim an der Berg-
strasse, am Flüsschen Weschnitz gelegenen Klosters Lorsch.
Aufgestellt war diese Sammlung in der 2 Stun-
den von Heidelberg entfernten alten Römerstadt La-
denburg^^^), aber den Gelehrten der Universität ge-
öfihet. Später wurde sie mit einer der Heidelberger Bi-
bliotheken vereinigt * ^ *) , ob aber mit der Kurfürstlichen
oder Stiftsbibliothek, lässt sich nicht bestimmen. Doch
ist das Erste wahrscheinlicher, wenn nicht diese Vereini-
108) Alling, Hist. eccl. p. 134. Wilken, S. 110. 111.
^ 109) Von Dalberg sagt Irenicus: »Et qnod maximttm
fttit instruendis bibliothecis adeo curiosus, ut cum Ptolomaeo Ulo
Philadelpho decertare potuisBet.c
110) In Ladenburg besassen die Bischöfe von Worms einen
eigenen Hof. Ehemals hatte ihnen dies6 ganze Grafschaft Stahel-
buhl angehört, und die Pfalzgrafen bei Rhein tragen sie von ihnen
zu Lehen. Friederich, S. 26. Schach, Gesch. v. Ladenbarg,
S. 149.
111) Die Angaben Kremer's (Act. Palat.), Alting's (Hist
eccl. PaL) und Struv's (Introduct. in notit. rei liter.), es sei diese
' Bibliothek noch unter Philipp's Regierung mit der Kurfürstlichen
vereinigt worden, sind ungegrOndet, da nach dessen Regierungs-
periode beide Bibliotheken als gesondert in den Universitäts- Acten
vorkommen.
Die KwfSiTSÜiche BibUolhek. 361
gung in die Zeit fallt, wo Otto Heinrich die Kurfürst-
liche Bibliothek mit der Stiftsbibliothek vereinigte ^^^).
Weiter wurde aber auch, ohne Zweifel noch während
der Begierung Philipp' s, die Büchersammlung des Dom-
propstes zu Augsburg, des Pfalzgrafen Johann, von der
Mosbachischen Linie, mit der Kurfürstlichen Bibliothek
verbunden ^^*).
Ludwig V. (1508—1544) vermehrte die von semem
Vorgänger gegründete und gepflegte Büchersammlung^ wie
er überhaupt dessen Beispiel in Beschützung und Be-
günstigung der Gelehrten nachahmte. Er liebte besonders
die Arzneiwissenschaft und sammelte mit grossem Fleisse
medicinische Schriften ^"). Gleichen Eifer für die Be-
reicherung dieser Bibliothek zeigte auch Ludwig's V.
Nachfolger, Friedrich]! (1544 — 1556). Dieses beweisen
mehrere deutsche Handschriften, die unter ihm angeschafit
worden sind"*). Auch liess Friedrich IL um das
Jahr 1550 einen grossen runden Thurm mit vielen Fen-
stern an der Ostseite des Schlosses erbauen und die
Bücher in dem daselbst handlichen schönen und ge-
räumigen Saale au&tellen "^.
112) Trithem. Annall. Hirsang. T. IL p. 596.
118) Johann starb am 4. October 1486 auf einer Wallfahrt
za Jerusalem. Pareus^ Hist. Pal. p. 179. Die Mosbaehische
Linie erlosch 1506 und Philipp beerbte sie. Wilken, S. 114. 115.
114) Ueber einzelne von ihm erworbene Schriften vgl. Wilken,
S. 115.
115) Ebend. S. 116. 116.
116) Leod. vita Friderici II. u. libellua de ejusdem ae(^ciis
in Castro Heidelb.
Dritter Absclmitt.
Universität unter der Regierung des
Kurfürsten Ludwig V.
1508—1544.
§1-
Der Kurfürst bestätigt die Privilegien der Univer-
sität. 2ki8tände der letztem.
•
Philipp's Nachfolger in der Eurwarde war Lud-
wig V., der Friedfertige. Als er die Regierung i^trat,
stand er, kaum 30 Jahre alt, noeh in frischer Maanes-
kraft. Der Hauptzug seines Charakters war ruhiger Ernst.
Ohne hervorragrade Talente zu besitzen oder mit kräf-
tiger Hand in die Zeit anzugreifen, gelang es ihm durch
Zuwarten, Zögern, vermittelnde Politik, hartnäckige Liebe
zum Frieden, die Stürme der Zeit zu umgehen, und nach
einer langen Regierung das Land geordneter zu hinter-
lassen, als er es angetreten hatte ^),
Sobald er die Kurwürde übernommen hatte, erschien
der damalige Yicerector Scheibenhart als Abgeord-
neter der Universität, um ihm zum Regierungsantritt
Glück zu wünschen. Zugleich überreichte er ihm einen
goldenen Pokal, zu dessen Ankauf das H. Geiststift 7 &-
beigetragen hatte; eben so viel wurde auch von der Üni-
1) Häusser, & 501. 504.
BeatäUffung der PrMUgim. Zustände der ünivereität, 363
vBrsität gegeben, so wie auch von der theologischen und
juristischen Facultät. Die reichere Artisten-Facultät hatte
14 fl. bewilligt"). Die medicinische Facultät wird nicht er-
wähnt. Mit diesem Glückwunsche war zugleich die Bitte
um Bestätigung der üniversitäts - Privilegien verbunden.
Ludwig nahm das Geschenk und die Bitte freundlich
auf, und versprach nicht nur dem Rector eidlich in
die Hand, wie seine Vorfahren, die Anstalt bei ihren
Gerechtsamen zu schützen ^, sondern that dieses auch
durch eine noch im Original vorhandene Urkunde. Sie
ist im Wesentlichen gleich lautend mit den vor und nach
ihm von* den Kurfürsten gegebenen Bestätigungen der Uni-
versitäts - Privilegien, weshalb wir sie auch in den Urkun-
den mittheilen*).
Schon unter Philipp war der Zustand der Universität
der Art, dass er wenig Erfreuliches bot ; (S. 324. 327. 328. 330.
341 ff.) allein es verschlimmerte sich dieser, je länger je mehr,
was mit lebhaftem Bedauern von Ludwig wahrgenom-
men wurde. Um nur möglichst zu helfen, erhielt die Uni-
versität (1517) die Aufforderung, einen Bericht über ihren
Zustand zu geben ^). Auf diesen Bericht, welcher sich
besonders darauf beschränkte, dass die »Lecturen« nicht
gehörig vertreten seien, liess der Kurfürst derselben durch
seinen Ganzler eine Antwort zugehen ^. In dieser wurde
2»erst etwas Freundlicbes gesagt und versichert, wie an-
genehm es dem Kurfürsten sei, Gutes von der Universi-
tät zu hören, und wie
»8yn forstliche gnade die üniversitet nit vor das cley-
nest kleinod geachtc; allein ein genaueres Beachten der
Uni^ersitftts- Angelegenheiten zeige ihren Zustand in sehr
2) Annall. Univ. T. IV. F. 79, a,
3) Ipse princeps ad manus rectoris nomine universitatis cor-
poraliter fidem praestitit. Ibid.
4) Urkunde Nr. XXIV.
5) Annall. Univ. T. IV. F. 251, b.
6) Ibid. F. 252, a. b.
364 I. Bnph. IL Periode. 3, MaehniU. {U08-^16U,)
unerfrealichem Lichte; denn »es weren etwas Irrung, zwy-
tracht, Widerwillen, Neyd vnd Hass vnter den Lehrern, das
dan nicht wenig zu eyner Zerrüttung der Universitet dienen
müsse, vnd wer das synen fürstlich gnaden am allerbeschwer-
lichsten, dass sy sich in electionibus ') vnd andern gescheff-
ten der Universitet partylich hielten vnd bewegen lassen«.
Auch wurde gerügt, dass die Disputationen nach-
lässig gehalten, die herkömmlichen Statuten nicht beachtet
würden, und hinter des Kurfürsten Rücken neue Satzungen
an die Stelle der alten kämen.
Die Universität suchte sich gegen die ihr gemachten
Vorwürfe in einer ausführlichen, an den Kurfürsten gerich-
teten Schrift zu rechtfertigen, und empfahl sich ihm als
ihrem gnädigsten »Heren vnd patron auf dag allerde-
mutigst« ®).
§2.
^ Doctor-Promotionen der juristischen und medicinischen
Facultät.
' Doch auch nach dieser Zeit zeigte sich der Kurfiörst
unzufrieden mit der Universität. Namentlich war dieses
in Beziehung auf die Doctor-Promotionen der juristi-
schen Facultät der Fall Er liess' deshalb der Uni-
versität (1521) ein Decret zugehen, in welchem er sie
aufforderte, zu verhüten, dass das Doctorat nicht Leutoi
verliehen würde, welche
7) So fand eine ernste Discnssion statt, ob Peter Günther
von Neustadt a. d. H., »juris ntriusque licenciatus«, wegen seiner kleinen
£örpergeBtalt (propter exilem suam staftaram) in die Juristen -Fa-
cultät aufgenommen und ihm die Professur des Codex übertragen
werden könne oder nicht. Die Mehrheit der Facultats - Mitglieder
entschied sich jedoch dahin, dass es bei der Anstellung von Pro-
fessoren nicht sowohl auf den Körper, als auf den Geist ankomme.
Günther wurde deshalb in die Facultät aufgenommen, mit der
genannten Professur 1516 betraut, und entsprach vollständig dem
in ihn gesetzten Vertrauen. Annall. üniv. T. IV. F. 175, a.
8) Ibid. F. 253, b.
lUform der ümvenMt VerimderU Sectorawahl 36Ö
»ihres alters ynd ihrer lere wegen € derselben nicht wür-
dig seien. Dadurch k&me der >ram vnd preyss« der Vni-
versität, so wie sein eigener und der seiner Vorfahren und
das ganze >Fürstenthumb in Verachtung vnd Schmelerung«.
Diese Zurechtweisung nahm die Universität ohne jede
weitere Erwiederung ruhig hin ^).
Auch der medicinischen Facultät liess der Kurfürst
seine Unzufriedenheit über ihre Promotionen ausdrücken;
diese rechtfertigte sich jedoch damit, dass sie streng
nach ihren Statuten verfahre ^%
§3.
Reform der Universität. Veränderte Bectorswahl
Die Universität war unterdessen immer mehr herab-
gekommen und, indem sie andere wissenschaftliche An-
schauungen hatte, als zur Zeit des Kurfürsten Philipp
(S. 328), erkannte sie jetzt eben so sehr, wie der Kurfürst,
die Nothwendigkeit einer Neugestaltung ihrer Verhältnisse
an ; nur über die anzuwendenden Mittel waren dieser und
die Universität nicht einig. Jener dachte an eine Radi-
calreform, diese, jedem durchgreifenden Wechsel abgeneigt,
wollte mit einzelnen Verbesserungen und namentlich durch
Berufung berühmter Männer helfen. Der Kurfürst suchte
jedoch seinen Plan durchzuführen, und begann 1521
mit dem Eeformationswerk. Um es den einzelnen Mit-
gliedern der Universität möglich zu machen, *die mengel,
defeet, Vnordnung vnd gebresten« derselben um so
rückhaltsloser auszusprechen und die Mittel zu deren
9) Annall. üniv. T. IV. F. 360, b.
10) In der Rechtfertigung heisst es unter Andenn: »NuUus
ad summum in Medicina gradum (doctoris) assumatur, nisi comple-
verit Studium suum in famoso studio generali sex annis sine Magi-
sterio, Vel quatuor annis cum Magisterio, ne quilibet hac in parte
quasi proletarius paucis lectionibus auditis, ingressus Italiam Do-
cturam sibi compararet, reversusque ad nos nostris praeripiat ho-
nores et statum.« Hist. Acad. F. 105.
366 -f- Sw!h' ^- Periode. 3, JbsdmUt. (1Ö08—1544.)
Entfernung anzugeben, entband er sie des von ihnen ge-
leisteten Eides *^).
Von Seiten der Anstalt fand er jedoch einen nicht
unbedeutenden Widerstand. Sie wollte von durchgreifen-
den Massregeln nichts wissen **). Um so kräftiger suchte
er aber die Sache durchzuführen, und um far dieselbe
günstig gesinnte Männer zu erhalten, sollte eine erledigte
Professur der Theologie nur mit einem Lehrer besetzt
werden, welcher im Voraus seine Zustimmung 2u der
künftigen Reform gebe, und die ebenfalls vacante »lectura
Codicis« vor der Hand ganz unbesetzt bleiben und nur
durch einen besoldeten »Vicarius« versehen werden **).
Doch beschränkte sich der Kurfürst nicht allein auf
die Gutachten seiner Käthe und der Professoren, sondern
er liess auch durch seinen Canzler, Florentin von
Venningen ^% an den berühmten Jacob Sturm in
Strassburg schreiben und ihn um ein Gutachten an-
gehen **).
Im December 1522 war das Reformationsgeschäft be-
endigt, und der Kurfürst kündigte dieses der Universität
durch ein besonderes Beeret, »gegeben Donnei-stag nach
St. Andrea«, an ^^). '"Diese gab jetzt ihre Zustimmung
und theilte »die Erneuerung und Reformation« ihren
sämmtlichen Mitgliedern durch ein Manifest vom »Sonn-
11) AnnaU. Univ. T. V. F. 12, b. Acta Fac. Art. T. III. F. 100, a.
»Cognita causa emendationis studii nostri ab illustrissimo principe
diUgenter mandatum est, ut omnes hujus aoademi^e ad profeetam
stadiorum matoiter a juramentis sese redderent Uberos: amotis
Omnibus statutis, constitutionibus, quae possent intentatam exnenda-
tionem aut correctionem , reformationem in meliorem statum quoviB
modo impedire.«
12) Ibid. F. 12, b bis 16, a.
13) Ibid. F. 16, b. 17, a.
14) Flad, De statu liter. in Palat p. 11.
15) Dieses eben so interessante, als auf die Umgestaltung der
Universität wichtige Gutachten Sturm's ist abgedru<;kt in<Nebel
und Mieg) Monumenta pietatis, P. I. p. 276—279.
16) AnnaU. Univ. T. V. F. 32, b.
Lehrer der ArUateH-Faeuim, 367
tag nach St. Barbara« zur Nachachtung mit^^. Diese
ihre Beform ist nicht mehr vorhanden; es finden
sich nur noch einzelne Bruchstücke ^^). Eine durch-
greifende Umgestaltung des wissenschaftlichen Zustandes
umfiasste sie jedoch nicht, was nur von dem verebten
Wirken des Kurfürsten und der Universität hätte aus-
geben können; sie beschränkte sich viehnehr auf äussere
Angelegenheiten, auf Herstellung der Ordnung und ge-
naue Bestimmungen über das äussere Regim^t ^^). Dahtai
gehört unter Anderem die Anordnung, dass die Studenten
Wohnung und Tisch in den Contuberhien nehmen mussten,
besonders aber die veränderte Wahl des Bectots.
Bis zu dieser Beform geschah die BectorswabI halb-
jährlich , am Tage vor St. Johannis (23. Juni) und vor
St. Thomä (28. December). Von dieser Zeit an fand sie
nur einmal im Jahre (28. December) statt. Der erste
Bector, welcher auf ein Jahr gewählt wurde, war Peter
Scheibenhart. Er führte das Bectorat von St. Thomä
1522 bis dahin 1523 ^^).
Ausserdem scheint die neue Ordnung weiter bestimmt
zu haben, dass auch Nicht - Geistliche zu dieser Würde
gelangen konnten. Damit aber war die Universität nicht
zufrieden. Sie wollte, dass nur Geistliche zu diesem Amte
gewählt werden sollten, und sprach dieses in einer Vor-
stellung an den Kurfürsten mit dem gewünschten Erfolge
aus ^^).
Lehr kr der Artisten- Facultät
Kam nun auch eine vollständige Beform der Univer-
tität nicht zu Stande, so suchte man doch durch Anstel-
17) AnnalL Ifniv. T. V. F. 83, a.
18) So über die Judaten -Facultät in AnnaU. T. YL F. 378,
was wir unten mittheilen.
19) Hänsser, 8. 550 ff.
20) AnnalL Univ. T. V. F. 35, b. Mateic. üb. IE.
21) AnnaU. üni?. T. V. F. 84, a.
368 I' Buch. IL Periode, 3. AJbeOinfU, (1508— 15U,)
lung berühmter Männer und tüchtiger Lehrer dem zuneh-
menden Verfall der Hochschule entgegenzuarbeiten. Be-
sondere Thätigkeit entwickelte hiebei, jetzt wie spater,
die Artisten-Facultät, da in ihr auf der Universität Hei-
delberg sowohl, wie auf andern Hochschulen '^) am Kräf-
tigsten die ganze geistige Bewegung der Zeit sich zu
äussern anfing. Sie bemühte sich, das lange vergessene,
aber mit dem Zeitalter des Papstes Nico laus V. (1447
bis 1455) wieder neu und kräftig erstandene classische
Alterthum '^) auch auf ihre Universität zu verpflanzen.
Wurde nun die Facultät in diesem Streben einerseits da-
. durch unterstützt , dass man jetzt die Classiker gedruckt
- und weit wohlfeiler, als früher , hatte , so g^ng es ihr
auch andererseits Männer zu gewinnen, welche zu den
ersten wissenschaftlichen Grössen der damaligen Zeit ge-
hörten und mit dazu beigetragen hätten, der Universität
ein Ansehen und einen Glanz zu verschaffen, wie sie
beides in früheren Jahren kaum besass, wäre die Wirk-
samkeit dieser Koryphäen der Wissenschaft in Heidelberg
nicht eine allzu kurze gewesen.
Schon im Jahre 1513 hatte diese Facultät es gefühlt
und ausgesprochen, dass es ihr an einem Vertreter der
allgemein bildenden Humanitätsstudien fehlte ; sie war zur
Ueberzeugung gekommen, dass der alte Schoiasticismus
die junge Generation kalt lasse, und als sie mit einer
neuen Uebersetzung des Aristoteles das Interesse nicht
anzuregen vermochte, so bat sie in einer besonderen Ein-
gabe die Universität (August 1521), die Berufung der
22) Vi sc her, Geseh. d. Univ. Basel, S. 204.
23) Voigt (Class. Alterth. S. 395) macht hier die Bemerkung:
»Die Frucht der classischen Studien war in Italien ein religiöser
Indifferentismus, ja ein heimlicher Krieg der Ungläabigkeit gegen
Glauben und Kirche; in Deutschland erwecken sie gerade eine neue
Regsamkeit auf den Gebieten der Theologie und des sittlichen
Lebens. In der Opposition gegen das Komische Papstthum und
gegen die hergebrachte Formelgläubigkeit bildet der deutsche Hu-
manismus kein unwesentliches, wenn auch nicht das tiefste Moment«
Lehrer dw AHixUn-Faeiam. 369
ersten Celebrit&t, die damals Europa unter den Huma-
nisten nennen konnte, des Desiderius Erasmus von
Rotterdam '^), bei dem KurfCürsten zu erwirken. Auf diese
Eingabe erhielt jedoch die Facult&t keine Antwort Da
nun kein Lehrer angestellt wurde, so yerliessen viele
Studenten die Universität und gingen theüs nach Tübin-'
gen, theils nach andern Hochschulen'^).
24) üeber Erasmns vergl. Streuber, Baal. Taschenb. 1860.
8. 45 ff. Vischer, S. 202 ff. Schreiber, Gesch. d. Univ.
Freiburg, Th. II. S. 27 ff. Kortüm u. Reichlin-Meldegg,
B. II, S. 29 ff.
25) Die Eingabe des Decanes und der Artisten-Facaltät ist in
Acta Fac. Art. T. III. F. 99, b und in Annall. Uniy. T. Y. F 10.
Da dieselbe den ganzen damaligen Zustand dieser Facult&t schil-
dert, so theilen wir sie vollständig mit:
»Nemo est, qui credat, splendidissima üniversitas, non moleste
ferre te, hoc nostro seculo, crescentibus undequaqne liberaUum
artinm studiis, unicam filiam tuam, hoc est facultatem artium. a
multis spretam et contemptam, a nemine vel pro conditorum snorum
nobilitate, vel antiquitate, haberi in oculis; et quae olim inter
totius Germaniae Academias omnium fuerat florentissima, hodie
flaccescentem et marcidam atqae propediem interituram aadimns
predicari: Atque utinam falso! nempe id non tam filiae, quam
tibi matri vitio daretur. Porro si ad vidnas oculos converteris üni-
versitates, habes undique qnod mireris, cum in professorum utrius-
que lingae immo triam linguarum, juxta Clementinam sanctionem,
institutione , tum in discipulorum numero, dncuntur enim omnes
desiderio non solum audiendi, sed et visendi eos, quorum spectata
emditio per omnium volitaverit ora. Esto non desint et huic
nostrae Universität! fama et doctrina non ignobiles. Attamen non
tales, ut possint in publicum tam repente prodire, admiratione
tanta, nt solent, qui editis jam multis voluminibus iUustres evaserunt:
qiialis est e millibus unus Boctor Johannes Reuchlinus ex publice
Btipendio Tybingensium conductus grecae et hebraicae linguae pro-
fesBor, quod haec scheda his litteris inclusa judicat. Hinc est,
quod facultas nostra non parum periclitetur atque in dies plus, ut
timendnm, periclitabitnr, nisi et undecunque doctissimo utatur stu-
diorum instauratore , qualem Erasmum illum Boterodamum esse
nuUus ambigit, proinde artium facultas obnixe supplicat üniversi-
t&ti, nt ab illustrissimo principe nostro ad Garolum Imperatorem
epistolam impetret, pro Erasmo totius orbis lumine ad nos mittende,
qoi divino suo ingenio liberalia studia nostra pristino restituat
nitori. Quam rem spes est fore et principi nostro, omnibusque
HantB, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 24
370 I' Buch. IL Periode, 3. AbsehmiU. (lti08--15U.)
Durch den niisslungenen Versuch, den ErasmusfArdie
Universität zu gewinnen, liess sich die Artisten-Facultät nicht
abschrecken, weitere Schritte ftLr Berufung tüditiger Lehrer
zu thun. Zunächst wünschte sie die Anstellung eines
Lehrers für die hebräische Sprache. Diese wurde
vor der Kirdienreformation weder auf der Universität
Heidelberg, noch auf andern Universitäten besonders be-
trieben, da man bei der Erklärung des Alten Testam^ts
die lateinische Uebersetzung zu Grunde legte ^% Hatte
nun auch schon in den Jahren 1513 — 1516 der Arzt Mat-
thäus Hadrian, ein getaufter spanischer Jude, welcher
nächst Reuchlin für den gründlichsten Kenner dieser
Sprache galt, (auch Erasmus lobte dessen Gel^rsamkeit)
und Lehrer des Oecolampadius in derselben gewesen
war, in Heidelberg das Hebräische gelehrt*^, so hatte
er doch keine wirkliche Anstellung an der Anstatt
gehabt. Um nun einen ständigen Lehrer für dieses
Fach zu erhalten, wandte sich die Artisten-Facultät
nicht, wie bei Erasmus, an die Universität, sondern
gab eine in deutscher Sprache abgefasste Schrift bei dem
Kurfürsten ein, in welcher sie um die Anstellung Johann
nobis longe honesUasimam simulac atilissiinam. .Decanus atque
tota facultas artium.€
Ueber den Erfolg dieser Zuschrift an die Universität ibeUea
die Acten weiter mit:
»Istis litteris plane nihil reaponsura est.«
Weiter heisst es:
»Interim aliquot studiosi^n^ dtaeipuli hinc solvemnt noBtraram
lectionum, praesertim Aristotelicaram pertaesi: partim abitum paran-
tes, suasu praecq>torum manaeroat, diieli ape atudioram emenda-
tionis futurae, partim caosaates morae hnjus negotii impatientiam
ad Tybingense Gjrmnasium, partim ad aJia coaeessanint Hinc
laboratum est discipalorttm namero admodum ezigao, fastidteatilNU
omaibus nostrae academiae tractaadi et tradendi acientias modos
et ofdinßm, ab doetissimi hiijuB nostri secoli aouratiiiB restüatis
gymnaaiis prorsus alienum.«
26} Rnhkopf, 8. 252. 359.
27) Vaihinger, Leben Breas', S. 11. Eortam u. Eeich-
Ha-Meldegg, B. U. S. 241.
Lehrer der Artisten ^Faeuim. 371
Böschenstein's^®) alsLdirers der hebräiscb^ Sprache
bat «»).
Ihr Antrag Trurde sofort von dem Kurfürsten ge-
nehmigt, und zwar in der Art, dass Böschenstein
einstweilen bis Johannis des nächsten Jahres leseja sollte.
Als »S^tentatnmsgeld« wurde ihm für diese Zeit zu-
gewiesen : von der Artisten -Facultät und von der
Universität je 10 Goldgulden, yon der theologischen
7 Goldgulden, von der juristischen 5 bis 6 Goldgulden,
yon der medicinischen 1 bis 2 Goldgulden; ausserdem
bat man auch den Kurfürsten, ebenfalls einen Beitrag
aus seiner Kasse anweiäen zu wollen ^^). Von diesem
28) Mit dem Schreiben der Eigennamen nahm man es in
frftheren Zeiten nicht so genau, wie heut za Tage. So wurde der
Name Böschenstein nidkit nur ton Andern, sondern auch yon ihm
selbst Beschenstein, Böschenstain, Bossenstein, Böchsenstein, Bösen-
stein, Buchsenstein, Poschenstein, Podenstein, Bossothenius, Besen-
tinus und sonstv noch auf verschiedene Art geschrieben. Gleiche
BewandtnisB hat es auch mit L uther' s Namen, welcher von Andern
und von ihm auch geschrieben wird: Lother, Luder, Lueder,
Luter, Lutier, Ludher. Als Martinus Ludher ist er 1501 in die
Erfurter Univ. - Matrikel eingetragen und als Martinus Luder er-
scheint er in dem Magister-YerEeichniss von 1505. Kampschulte,
Th. IL & 1.
29) Quandoquidem lo. Boeschenstein EsUngensis hebraeae lin-
(jpiae insagniter eruditus, aliquorum (quibus respublica nostrae uni-
versitatis non parum curae esset) precibus victus ad nos divertisset,
suae vero non vulgana eruditionis nobilium aliquot Germaniae
aeademiarum, atque loannis Beuchlini, iurium, loanais Oeeolam-
padii et Gasparis Ammani Theol. Doctorum, aliornmque doctissi-
morom homiaam non poenitcnda a^ulisset testhnonia atque a nostro
facuUate paacis antea diebus Ubellus quidam defectuum gymnasii
nostri enarrativus oblatus sit, inter quos non minimus compertus,
quod nniversitas nostra professocum in tribus Unguis penuria la-
boret. Ob id petit facultas artium ut sua dementia apud Gymnasii
nostri proceres illi ipsi Stipendium pro linguae hebraeae professione
constitui demandaret, aut si id ipsum modo fieri ncm po$8et, »altem
ad tempus hie ex publicis quatüor faeultatom aerariis aleretur,
donec reformatio stndioruro inchoaretur. Acta Fac. Art. T. III,
F. 101, a.
30) Ibid. F. 101, a. b.
24»
372 X B^^' IL Periode. 3. AbschmU. ^608—1544.)
wurde jedoch nichts bewiUigt, und so legte Bös eben-
stein schon im August des nächsten Jahres (1522) wegen
allzu geringer Besoldung (ob stipendii tenuitatem) die
ihm übertragene Lehrstelle nieder und verliess Heidel-
berg ® ^).
In demselben Jahre, in welchem Böschenstein
seine Lehrstelle aufgab, suchte die Artisten-Facultat die
Anstellung des Johann Oecolampadius, der schon
früher in Heidelberg gewesen (S. 325) und jetzt als
Flüchtling dorthin gekommen war, bei der Universität zu
bewirken. Allein bei den einflussreichen (antesignani)
Mitgliedern derselben, welche damals weder den huma-
nistischen noch den reformatorischen Bestrebungen geneigt
waren, fand die Sache keine Unterstützung, und so reiste
Oecolampadius nach einem kurzen, aber durch ehren-
volle Bewirthung ausgezeichneten Aufenthalte wieder ab**).
31) Acta Fac. Art. T. III. F. 105, b. Vergl. über Böschen-
stein Bracke r*s Ehrentempel, S. 54 ff . Annall. Ingoist. Acad.
T. I. p. 68.
32) Anno 1522. quinta feria post Matthiae Apost casu quodam
divertit ad nos Joannes Oecolampadius, vir trium lingaarnm, vel
inimicis ejus testantibus, non valgariter peritus^ quod ut facultati
nostrae per me Decanum (Philippum MOncfa) insinuatum est, moz
eodem die decrevit, hominem hunc abeuntem a me Joanne Mar-
quado et Joanne Brentio, ac obnixius ab eo fiagitandum, ut moram
aUquantisper nobiscmn facere dignaretjar, donec Cancellarius c)e*
mentisB. principis nostri reverteretur, confideret posthac facultas
in eum, quatenus non detrectaret menses aliquot ant annos lectoris
munus in graecis Utteris subiturum, id quod pro sua bumanitate
aanuit, modo huic proYinciae accommodos indicaretor. Mox ex
decreto facultatis propinatae sunt ei dem Oecolampadio qnatnor
mensurae vini, duae cretici et doae communis vini patriae, quas
ille cum summa animi gratitudiae suscepit. Deinde ad Sabba-
tum exspectavit hie cancellarium, quo non revertente litteras ad
me et facultatem dedit, se ob negotia abitum parare, si vero ejus
operam universitas aut facultas posceret, per Brentium suum id
nobis indubie indicaturum, ubinam locorum inveniri possit. Id
facultati propositum, quae id ipsum universitatem minime coelandam
censuit. Ceterum universitatis antesignani re comperta, quam tepi*
dissime, ut hactenus semper consueverunt, huic negotio iusudarnnt.
Itekrer der ÄrHften-^Faeultät. 373
Als Professor der Römischen Literatur wurde der
vielseitig gebildete Humanist Hermann van dem
Busche (1523) mit einer Besoldung von 60 fl. berufen.
Diese wurde jedoch unter der Bedingung auf 80 fl. erhöht,
dass er keine Privatvorlesungen halte '^.
War nun auch die Professur der Römischen Litera-
tur mit einem ausgezeichneten Manne besetzt, so fehlte
es noch an einem tüchtigen Lehrer der griechischen
Sprache. Dieses bewog die Regenten der Bursen, durch
eine ausführliche Eingabe an den academischen Senat die
Berufung emes solchen zu erwirken und zugleich damit
den Antrag auf eine Erhöhung ihres Salariums ?u verbin-
den **). Auf den ersten Vorschlag versprach der Senat
den Simon Grynäus (Gryner, Greiner, nachmals der
Aeltere genannt) aus Basel zu berufen; auf den zweiten
aber wurde nicht eingegangen ^^).
privatae rei fortassis potius quam publicae timidi. Itaque res in
longum diem pertracta, ad Joannis baptistae diem usque parum
effectus consequuta est. Acta Fac. Art. T. III. F. 103, a. b. Aiinall.
Univ. T. V. F. 22, b. Eist. Acad. F. 72. Viecher, S. 230.
Hagenbach: Die theolog. Schule Basels, S. 6.
38) Ea tarnen lege, ne cum bis duabus ad quas quotidie ob-
strictus est legere, uUam privatam habeat lectionem ut fidelius
Ulis intendere possit. Annall. 1. c. F. 48, a. 50, a. Acta Fac. Art.
T. III. F. 113, b. 114, a. Eist. Acad. F. 75. 76. Kampschulte:
Die Univ. Erfurt, Th. I. S. 66. Lycei origg. p. 10. 11.
34) Annall. 1. c. F. 47, b bis 49, b. -
35) Senatus nostri Gymnasii primum conclasit advocandum
egregium aliquem graeci idiomatis professorem et quia forte D.
rector acceperat e quibusdam eruditis ac bonis ^amicis quendam
apprime eruditum hominem Symonem Grineum nuper Viteberga
in Sueviam venisse, grece lingue abunde peritnm, quem consuluit
pre ceteris ad Gymnasium nostrum arcessendum idque tunc omni
Yoce condusam est, debere rectorem quam primum fieri posset, ad
eundem Symonem Gryneum mitteret literas.c
In Beziehung auf das Salarium der Regenten lautete der Be-
Bchluss: »De salario regentibus ezpendendo statuit üniTersitas, ut
eontuberniomm moderatores, qui non essent de numero coUegarum
sequenti anno singnli decem aureos ex aerario publico, Regentes
vero coUegae nihil ex fisco publico interim exspectarent, sed nna
374 X Buch. J7. Periode. 3. Meehmtt. (1508—1514.)
Grynäus (geb. 1493 zu Veringen in Scbwaben) folgte
(1524) dem an ihn ergangenen Rufe, und trat als Professor der
griechischen Sprache ••) mit einer Besoldung von 60 fl. in die
Artisten-Facultät ein. Ausserdem erhielt er als Entschä-
digung für Hausmiethe und Reisekosten weitere 10 fl. •').
Oleich nach seiner Ankunft begann er seine Vorlesungen,
in welchen er zugleich mit grossem Eifer fttr die Aristo-
telische Philosophie wirkte.
Weiter wurde (1524) als Böschenstein' s Nach-
folger der Minorite Sebastian Münster aus Nieder-
ingelheim für die hebräische Sprache angestellt. In ihm
gewann die Universität zugleich einen tüc'&tigen Mathema-
tiker und Geographen. Seine Besoldung betrug anfanglich
25 fl. '*); doch wurde sie nach zwei Jahren (1526) durch
eine Zulage von 5 fl. erhöht, die ganze Besoldung aber ihm
während der Zeit sistirt, welche er auf einer wissenschaft-
lichen Reise nach Basel zubrachte '*). Münster verliess
jedoch schon nach kurzer Zeit Heidelberg ganz und ging
(1527) nach Basel, wo man ihm einen theologischen Lehr-
stuhl übertrug*^), welchen sein ehemaliger Lehrer Pellican
cum ceteris regentibus mercedem constitntam a cdngulis diseipuÜB
contuberniorum lectiones visitantibus daos annuos florenos red-
piendos.« Annall. l. c. F. 49, b.
86) Homo graece atque latine apprime doctas svmmaeqiie ha-
manitatis. Annall. T. . V. F. 52, b.
37) In subsidinm conducendae habitationis et Tiatici in itinere
absumpti. Ibid. — üeber Gryn&ns vergl. Wnndt: De ord. phil.
P. II. p. 7 ff. Streuber, S. Grynaei epist. Bas. 1847. Strau-
ber, Leben des S. Grynäus im Basl. Taschenb. 1858. S. 1~4S.
Hagenbach, S. 8 ff.
58) Von diesen 25 fi. wurden 20 fl. dem Oonvent der Franzis-
caner übergeben und 5 fl. erhielt Münster >ad manns snas pro
privato suo commodo«. Annall. üniv. T. V. F. 90, a.
89) Ibid. F. 189 sqq.
40) Ibid. F. 180. 168, a. 164, b. ^ Münster's Leben s. in
Eist Acad. F. 78 ff. und in Bader' s Badenia 1858, S. 104 ff.
Vergl. auch Wnndt: t>e ord. phil. P. n.p.9sqq. Hersog, Lebeo
Oecolampad'fl, Tli. II. S. 178. Lyc. origg. p. 11.
Lehrer der Jrtiaien'FacuiUU, 375
(Kürschner) bis zum Jahre 1526 inne gehabt hatte ^^).
Hermann van dem Busche hatte die Universität
schon im Jahre 1526 verlassen, nnd war an die damals
errichtete Hochschule Marburg gegangen, mit dem Be-
merken, er sei zu alt für anstrengendere Arbeiten ^^).
Jetzt wurden seine Vorlesungen dem Gry n aus über->
tragen, welcher mit einer Zulage von 20 fl. zugleich die
Professuren der giiechischen und lateinischen Sprache zu
* besolden hatte. Doch behielt er die zweite Professur nicht
lange. Er sah nämlich dadurch seine Gesundheit, wie seine
Studien gefährdet, und trat (1527) mit seinem früheren
Gehalt von 60 fl. in die alte Stellung zurück *').
Der Vortrag über die Römische Literatur wurde dar-
auf dem Sebastian Hügel (Hugelius) von Heiligenstein
und von 1531 an dem Thomas Rhinerus übertragen.
Der letzte versah diese Stelle bis 1546 und war, ohne
berühmt zu sein, als tüchtiger Lehrer anerkannt ^*),
Dadurch, dass Gry n aus mit der Römischen Professur
die Zulage von 20 fl. verlor, wurde seine äussere Lage
eine sehr drückende, und da der Antrag der Bursenvorsteher
auf Erhöhung seiner Besoldung erfolglos blieb, und zudem
die ihn beseelende , kirchenreformatorische Gesinnung
noch nicht die der Heidelberger Universität war, so folgte
er 1529 einem von Basel aus als Professor der griechi-
schen Sprache erhaltenen Rufe **). Einem später gegen
ihn ausgesprochenen Wunsche, wieder nach Heidelberg
zurückzukehren, hatte er zu willfahren keine Lust ^^).
Während seines Aufenthaltes in Heidelberg erwarb
sich Grynäus das Verdienst, die einzige Handschrift,
41) V.iscber, S. 230. — Ueber Münster's Nachfolger sehe
man S. 379.
42) Annall. T. V. F. 75. 76. 131, b. 140, a.
43) Annall. 1. c. F. 140. 173.
44) Ibid. F. 302.
4ö) Ibid. F. 163, a. 164, b. Streaber, Basel. Taschenb.
1853, S. 21.
46) Häusser, S. 554.
376 ^- ^^^' ^^- Periode. 3. AbaehmU. (ISOS-^ISU,)
welche von Livius' Buch 41 — 45 noch vorhanden war,
in dem Kloster Lorsch aufzufinden und damit die classische
Literatur zu bereichem *^).
Den Lehrstuhl des Grynäus erhielt nun (Juli 1529)
der mit ihm befreundete und von ihm empfohlene Johann
Sinapius^^), welcher als Arzt und Humanist sehr ge-
schätzt war, und zugleich Vorlesungen über die hebräische
Sprache hielt. Doch auch er verliess schon im October
1531 die Universität *^). Nachdem man seine SteDe
einstweilen durch den Magister der freien Künste und
Licentiaten beider Rechte, Johannes Werber von
Themar hatte versehen lassen, drang die Universität
darauf, wieder einen tüchtigen Humanisten für die grie-
chische Literatur zu berufen, und schlug (1532) den von
Melanchthon sehr empfohlenen Jacobus Micyllus
(Molzer) zu dieser Stelle dem Kurfürsten vor. Micyllus
war Rector an der Schule in Frankfurt,, und hatte sich
als Lehrer und Schriftsteller bereits einen Namen erwor-
ben. Obgleich er selbst den Wunsch einer Anstellung
in Heidelberg hegte, und deshalb auch dorthin gereist
war, so erreichte er doch erst nach längeren Unterhand-
47) Yierordt, S. 236. Ueber Livius theilen wir aus öffent-
lichen Blättern Folgendes mit: »Ein bekannter Archäologe in Pa-
dua soll einen für die Wissenschaft äusserst kostbaren Fund ge-
macht haben. Bekanntlich sind von der »romischen Geschichte des
Livius« 107 Bände verloren gegangen. Der erwähnte Archäologe
will nun gegen 50 Bücher in einem Privat-Archive entdeckt haben,
welche das Geschichtswerk des Livius beinahe vervollständigen
sollen und, als unschätzbare Originalquelle der römischen Geschichte,
die Wissenschaft bereichern werden. Sobald der Entdecker seine
Forschungen und Studien über dieselben beendet haben wird, will
sie derselbe der Oeffentlichkeit übergeben.«
48) Streuber, Grynaei epistolae, p. 12. Auch seinen Freund
Joachim Cam'erarius, welcher damals in Tübingen eine Lehr-
stelle bekleidete, hatte Grynäus dem Kurfürsten als Professor
vorgeschlagen. Gamerarius war jedoch auf die Sache nicht ein-
gegangen. Ibid. p. 28.
49) Acta Fac. Art. T. IIL F. 120, b. 121, a. 124, b. AnnalL
Univ. T. V. F. 279, b.
Lehrer der ÄrUBten-Faeiütät 377
langen (1533) seinen Zweck ^^). Er war nämlich bei dem
Kurfürsten und seinen Käthen im Verdachte, sich zu dem
Lutherthum hinzuneigen, worauf wir unten zurückkommen
werden, und ausserdem hatte auch Themar, besonders
unter den Professoren, Gönner, welche ihm die bisher nur
50) Dem ersten Antrage der Universität auf Anstellung des
Micyllus (1582) antwortete der Ganzler:
>Nec ipsis (consiliariis Principis) nee Principi unquam placuiBse
dogmata ,Lutlieranorum aliorumque novorum doctorom , sed
semper cupüsse rempublicam suam literariam immunem et impoUutam
ab hujusmodi doctrinis esse. At quia Micyllus apud Francofor-
dienses aliquamdin versatus sit, et ibidem nunc variae sectae di-
cantur vigere religionis Christianae, adeoque verendum sit, ne hie
Micyllus harum quoque sectarum sit Studiosus atque cum assu-
meretur, in republica nostra zizanias sit seminaturus, ob ilias atque
alias rationes negativum daremus Micyllo.t Annall. Univ. T. V. F.
806, a. b. Auch hatte der Kurfürst selbst erklärt: »Sa non posse
Sectae Lutheranae professores alere et tolerare.« Alting, p. 148.
Hottinger, Eist. eccl. sec. XYI. p. 661. Micyllus selbst sagt
(1583) in einer Zuschrift an den Kurfürsten, um sich von dem Ver-
dachte des Lutherthums zu reinigen: »Ynd wo villeicht als ich
besorg In Ew. churf. Gnaden durch missgunst Ingebildt were, das
ich der lutterischen sect anhengig sein solt, geh ich diesen War-
haftigen vnderthenigen bericht, das mir solchs gantz Zu Unschulden
zugemessen. Dan wo dem also , were ich bey einer ersamen stat
Franckfort, do ich erlich vnderhaltung gehapt, blyben vnnd weit
wol bei andern ein merer besoldung erlangen mögen. Ich hab biss-
her mich der theologeien nichts vnderzogen vnnd mit keynerley
sect umbgangen, allein bonis literis vnnd meynem fürgenommenen
studio angehangen, wie ich auch fürther zu thun gedenck. Bit
herab, mich als ein loblich mild churf ürst hierjnne mit gnediger
antwort Zu bedencken, das erbit ich mich vm Ew. churf. Gnaden,
die der almechtig in glücklicher regierung langwerig erhalte. €
Annall. Univ. T. V. F. 821, a.b. Vergl. auch Hottinger: De
CoUeg. Sap. p. 77. Mieg: Ausführl. Bericht von der Reformat.
der Kirchen in Kurpf., S. 9. Hautz, Micyllus (Heidelb. 1847),
p. 11 sqq. Seisen's ausführliche Anzeige der zuletzt genannten
Schrift über Micyllus in den theol. Jahrb. von Zeller. Tübing.
1845. K IV. H. i. S. 178—187, wo besonders auch im Hinblicke
auf Melanchthons innige Freundschaft mit Micyllus und auf
Aeusserungen des letzteren in seinen Gedichten u. s. w. sein gänz-
liches Frefsein von dem Lutherthum mit Becht in Zweifel gezogen
wird.
378 L Buch, n, Periode. 9. AbschmU, (1508^1544,)
anshülfsweise übergebene Stelle definitiv übertragen wissen
Trollten.
Die dem Micyllus zugewiesene Besoldung bei^and
in 60 fi. Von dieser konnte er jedoch mit seiner starken
Familie nicht leben und wünschte sie deshalb auf 100 fl*
erhöht. Da man aber darauf nicht einging, sondern er-
klärte, der Fiscus der Universität sei zu sehr durch Bau-
ten und andere Ausgaben in Anspruch genommen, um
ihm mehr als 80 fl., welche auch Grynäus (wenigstens
kurze Zeit) gehabt hatte, geben* zu können, verliess auch
er, obgleich ungern, (1537) Heidelberg*^).
Zu seinem Nachfolger wurde Johann Härtung
aus Miltenberg ernannt. Dieser war, wenn auch nicht
von so anerkanntem Rufe wie Micyllus, doch ein durch
grosse Kenntnisse im Griechischen ausgezeichneter Lehrer.
Die ihm übertragene Stelle bekleidete er bis zum Jahre
1546, wo er einem Rufe nach Freibiirg im Breisgau
folgte *0-
§5.
Lehrer der theologischen Facultät
Die theologische Facultät hatte an Münster ein^
ausgezeichneten Lehrer der hebräischen Sprache verloren.
51) Ueber Micyllus verweisen wir auf die über sein Leben
und Wirken von uns bearbeitete und herausgegebene Monographie.
In derselben ist nicht nur immer auf die betreffenden Urkunden
hingewiesen, sondern es sind auch die wichtigsten über seine Berufung,
über seinen Aufenthalt in Heidelberg u. s. w. abgedruckt. Zugleich
führen wir aber auch Glassen's Schrift: »Jacob Micyllus, Rector
zu Frankfurt und Professor zu Heidelberg von 1524—1558« und
dessen Nachträge zur Biographie Micyllus', Frankf. 1869, 1861 an.
C 1 a s s e n schildert vorzugsweise Micyllus* Wirksamkeit zu Frank-
furt in der zweimaligen Periode seines Rectorats an der dortigen
lateinischen Schule; in unserer Schrift ist dagegen Micyllus b»-
sonders als Lehrer der Universit&t Heidelberg dargestellt.
52) Acta Fac. Art. T. IV. F. 14, b. 16, a. b. Zell, Oratio de
studio graecarum latinarumque literarnm, p. 11. 12. Schreiber,
Heinrich Loriti Glareanus, S. 113. Micylli sylvae, p. 291.
Lehrer der tkeeiogiecken FacuiUät 379
Dieser Verlust war um so grösser, als die von ihm be-
kleidete Lehrstelle längere Zeit hindurch mit Männern
besetzt wurde, von welchen man ausser ihren, in den
Acten vorkommenden Namen nichts weiter weiss. Diese
sind: Georg Sibold von Kettershausen (1529),
Valentin Cleynmann (1531), Valentin Micrander
und Johann Koller (1538) ^»).
Einen weiteren Verlust erlitt diese Facultät aber
auch durch den Tod des als Lehrer sehr ausgezeichneten
Professors Vitus Hass (1534) **).
Bei so bewandten Umständen baten (1539) Rector und
Senat höchsten Ortes, man möchte die frei gewordene
Lehrstelle wieder mit einem von einer andern Universität
zu berufenden berühmten Manne besetzen, erhielten jedoch
von dem damaligen Kurfürstlichen Oberhofmeister von
Fleckenstein die Antwort: »ob man gel-n Leuss
an Beltz wollt setzen?«^^)
Diese Antwort musste für die Universität aber um
so empfindlicher sein, als, soweit dieses aus den Acten
.erhellt, die einzigen damaligen Lehrer der Theologie Pro-
fessor Matthias Keuler und Heinrich Stolo (StoU)
waren. Den letzten hatte (1526) der Kurfürst als Predi-
ger an der H, Geistkirche berufen ; später (1531) wurde
er als Professor der Theologie Martin Frecht's
Nachfolger, jedoch mit Beibehaltung seines Pfarramtes ^^.
53) Annall. Univ. T. V. F. 234, b. 255, b. Act. Fac. Art. T. III.
F. 141, b. 145, b. Wundt (De ord. philoa. P. 11. p. 15) bemerkt
in Beziehung auf die genannten Männer: »Cum libris editis ad
posteros illustrati non sint, praeter obscura eorttm nomina tantum
üastis academicis inserta, reliqua omnia de iis ignorantur.«
54) Annan. Univ. T. VI. F. 181, b.
65) Ibid. F. 188, b. 189, a.
56) Vierordt, B.L S. 838.450. Ueber Stolo's Leben iiiehe
Lyc. Origg. p. IS.
380 I- BMcft. U. Periode. 3. JbaOmtt. (1608— 15U.)
§ 6.
Lehrer der juristischen FacuUät.
Wie fast zu allen Zeiten, so war auch unter Lud-
wig's V. Regierung, während die übrigen Facultäten nur
mittelmässige oder zeitweise schlechte oder keine Lehrer
hatten, die Juristen -Facultät gut besetzt. Sie erfreute
sich der besonderen Gunst des Kurfürsten *^).
Von denjenigen Rechtslehrern, welche in dieser Zeit
angestellt waren, nennen wir: Nicolaus Morsinger,
Adam Werner von Themar (1491 — 1537)*^, Johann
Maler vonIlwesheini(1511 — 1517), Johann Linck von
Hirschhorn (1504—1530), Peter Günther von Neu-
stadt a.d.H. (1512 — 1518), JohannKönig von Offenburg
(1520 — 1528), Michael Weinmar, Lucas Hugo
(Hugonis) von Herlissheim (1518), Paul Bautenbach
(1521) Johann Kröller von Weil (1523) Hartman-
nus Hartmanni von Eppingen (1523 — 1527), später
Canzler Ludwig's V. und Friedrich's IL, Johann
Pfau (Pavonius) von Eppingen (1524 — 1544), Wende-
lin Schelling von Reichardshausen (1528—1543),
Theobald Gerlacher Bilicanus (1542), Conrad
Dym (bis 1559), Hieronymus Neidhard (1533), Jo-
hann Faber von Empfingen (1539 — 1558), Sebastian
Hügel (1529)*»).
Diesen Männern ist noch der nachmalige Canzler
Ludwig's V., Florentin von Venningen, beizufügen.
67) Annan, üniv. T. VL F. 318, a.
58) Themar erwarb sich auch dadurch ein besonderes Ver-
dienst um die Universität, dass er im Jahre 1614 ein Stipendium
im Dionysianum gründete. Die Stiftungs-Urknnde steht in AnnalL
Univ. T. lY. F. 194, b. Fanf von seinen Schriften besitzt das üniv.-
Archiv im Cod. Pal. Nr. 298 unter 2. 3. 4. 6. 6.
69) Wundt: De Fac. jur. P. IIL, wo diese M&nner nicht nur
genannt, sondern auch wichtige Nachweisungen über ihre Lebens-
verhältnisse beigebracht sind.
Lekref der jimatiadten und medieimaehen FaenUät 381
Im Jahre 149Ö wurde er unter den Advocaten bei dem
von Kaiser Maximilian L in demselben Jahre zu Speyer
errichteten Beichskammergerichte (S. 337) aufgeführt und
1499 zum Professor und Hofrichter ernannt ^%
Lehrer der medidnisehen Facultät.
Schon unter dem Kurfürsten Philipp hatte die me-
dicinische Facultät, wiewohl vergeblich, , auf die Anstellung
eines dritten Professors gedrungen, und sollten dazu die
üeberschüsse des Dionysianums verwendet werden. Erst
von Ludwig V. wurde (1522) der gewünschte dritte
Lehrer angestellt. Vielleicht war es Johann Wagen-
mann von Alzei, welcher in den Jahren 1544 und 1552
das Rectorat bekleidete ^ ^). Die beiden anderen Professoren
waren Simon Linck und Hermann von Höxter.
Von dieser Zeit (1522) an blieben bis zum Jahre
1620 drei Lehrer angestellt. Von dort an aber bis 1652
war in Folge der Kriegsereignisse die Fatultät ohne
Lehrer ®*).
§8.
Luther in Heidelberg. ' Theilnahme der Professoren und
Studenten an der von ihm gehaltenen Disputation.
Im Jahre 1518 wurde in Heidelberg von (Jen Augu-
stiner-Mönchen ein Convent abgehalten und von Witten-
berg aus Martin Luther, welcher damals diesem Or-
den als Mitglied angehörte und bei seinen Ordensbrüdern
eO) Annan. üniT. T. V. F. 131, b. PfWz. Copialb. Nr. 16.
F. 424.
61) Schwab, F. I. p. JOS. 109.
62) A Lndovid temporibns ad annnm 1620. idem (3) fait Pro-
fessornm in Facaltate medica numerus; ast dissoluta funestissinia
Bohemiensi beüo Universitate ad annum 1652. nullus ezstitit.
Schönmezel, 1. c.
in hoher Achtung stand, geschickt, um demselben ab Be-
vollmächtigter seines Klosters anzuwohnen« Er recmi^
in sich, nach der Ueberzeugung seines (h*dens, alle Eigen-
schaften, welche zu solchen Sendungen besonders tüchtig
machen. Aus eben diesem Grunde war er auch im Jahre
1510 mit einer Mission nach Rom betraut worden ^'),
und hatte si€h auch damals auf seiner Beise dahin in
Heidelberg aufgehalten •*).
Mit einem Empfehlungs-Schreiben von seinem Kur-
fürsten, Friedrich, dem Weisen, von Sachsen, an den
Bruder des in dier Pfalz regierenden Kurfürsten, Pfalzgrafen
Wolf gan g, reiste er am 11. April 1518 von Wittenberg über
Coburg und Würzburg nach Heidelberg ab, ohne sich
durch Warnungen besorgter Freunde von der Reise ab-
halten zu lassen •*).
In Heidelberg traf Luther mit dem Generalvicar,
Johann von Staupitz, und dem Augustiner-Prior von
Würzburg, Johann Lang, am 21. April ein, und nahm
während des Conyents, welcher mehrere Tage dauerte,
nach der wahrscheinlichen üeberlieferung, in einem den
Augustinern zugehörigen Hofe zu Neuenheim seine Woh-
nung ^^.
Von dem Pfalzgrafen Wolfgang, welcher von seinem
Erzieher Oecolampadius eine freiere religiöse Rieh-
tung erhalten hatte ^^, wurde er sehr freundlich au%e-
63) Quod esset acer ingenio et ad contradicendam audax et
vehemens. Cochlaeus, Hist. de actis et scriptis Lutheri, p. 2.
64) Knrpf: Qeschichtsk. S. 61- und besonder» Paa las, Heidelb.
SacuUrfeto: »Ancb in Heidelberg war Dr. Martin Lnthert. Hei-
delb. 1817.
65) Saadetur mihi ab omnibus, ne adeam Heidelbergenses, ne
forte, quod ü non possunt, insidüt in me perfieiant Ego tarnen
obedientiae satisfaciam et pedester veniam transiboque per £zfa^
diam Deo volente. De Wette, Lutber's Mefe, Tb. I. 8. 98.
66) Paulus, Si. 39. Das Haus, in welchem Luther gewohnt
haben soll, steht noch und ist im Munde des Volkes als »Lathen-
bans« (Ltttiterhauschen) bekannt.
67) Häusser, S. 540.
LiähermHeiddberg, TkeihiaJimetm seiner DispuMian. 383
nommen und mit Staapit2 und Lang zur Tafel gela*
den und ihm und seinen Beisegenossen aUe Sehenswür-
digkeiten des Schlosses gezeigt ^^), so dass Jacob Sim*
ler, welcher mit dem Pfalzgrafen Wolf gang als sein Be*
gleiter zu Wittenberg gewesen war**), sich gegen Luther
äusserte: »Ihr habt by Gott einen kystlichen Credenz« ^^).
Nach Beendigung der Ordensgeschäfte yeranstalteten
die Augustiner am 26. April 1518 in ihrem Kloster eine
öffentliche Disputation und übertrugen dem Luther den
Vorsitz '^^). Die Bewilligung, solche academische üebun-
gen in Heidelberg zu halten, hatten die Ordensbrüder
schon im Jahre 1476 von der Universität erhalten ^*).
Prior des Klosters war damals Augustin Lupf, wel*
ch^i seine Zeitgenossen zu den aufgeklärtesten Gelehrten
von ganz Deutschland rechneten '*).
In dieser Disputation vertheidigte Luther 40 theo^
logische und philosophische Streitsätze. Ihr Hauptinhalt
betraf theils die Unzulänglichkdt der sittlichen Kraft des
Menschen, ein Becht auf die Begnadigung vor Gott zu
erwerben, theils eine Beleuchtung des Werthes der Ari-
stotelischen Philosophie '^% Anwesend waren viele Mönche,
68) Omnia saceUi castrensis Palatsni omamenta, deinde bellicos
apparatus, deniique omnia ferme, quae habet regale aliud et plane
illüstrissimum castrum, decora Instrantes. Aas einem Briefe an
Spalatin vom Id. Mai 1518. Paalns, S. 45, woselbst derselbe
abgedruckt ist.
69) Vi er or dt, Gesch. d. Reform, in Baden, B. L S. 109.
70) Literae credentiales, Creditiv.
7.1) Luther US in suonua fratrum apud nos celebrata synodo
litecariae pugnae solenni more praefectns. Aus dem Briefe Bucer's
an BJienanus. Struv, S. 12.
72) Potestatem in suo monasterio execcitiorum academicorum
babendorum. Hist. Acad. F. 81.
75) Yierordt, S. 109.
74) Abgedruckt sindvdiese 8&tze in Lntfaer's Werken, B. L,
in Struv's Pfalz. Eirchenh. S. 11. 12. und mit Erörterung ihres
Verbäitnisses zur übrigen theologisehen Ansicht Lnther's bei
Paulus, S. 56 tf.
384 X Buch. IL Periode, 3. JbaekniU. (UOS^UU.)
die Professoren der Theologie, Marcus Stier, Lorenz
Wolf, Johann Hosser, Feter Scheibenhart und
Georg Niger, so wie auch eine grosse Zahl von Hofleuten
und Studenten, von welch' letzteren besonders genannt
werden: Martin Frecht, Martin Bucer ^*), Johann
Brenz ^•), Franz Irenicus (Friedlieb)"), Erhard
Schnepf, Theobald Billican, welche sich später als
Theologen einen grossen Ruf erwarben '®).
Wenn behauptet wird, diese Disputation sei den Pro-
fessoren der Universität unangenehm gewesen ^^), so wird
dieses von Luther selbst widerlegt ^% und auf die Studiren-
den Jttnglinge machte sie einen solchen Eindi'uck, dass
jener, nachdem sie ihn in seiner Wohnung besucht und
über Manches, was ihnen dunkel geblieben war, sich
seine Belehrung ausgebeten hatten, von ihnen die Hoffiiung
aussprach, sie würden die Träger der von den Alten ver-
worfenen evangelischen Lehre werden ^^). Auch der
PfjGilzgraf Wolf gang spricht sich in seiner Antwort auf
die von dem Kurfürsten Friedrich von Sachsen erhal-
tene Empfehlung Luther's über diese Disputation sehr
75) Frecht aus Ulm wurde am 22. Januar 1514 und Bucer,
»ordinis Praedicatorum de oonventu Schlettstadiensit, am 31. Januar
1517 in Heidelberg immatricnlirt.
76) Im J. 1519 wurde Brenz Regens der Realisten -Bnrse.
Hist Acad. F. 111.
77) Irenicus war im Jahre 1516 schon Vorstand (moderator)
des Eatharinen-Goutubemiums. Lyc. origg. p. 9. 136.
' 78) Vierordt, S. 110 ff.
79) Struv, S. 9.
80) Porro disputationem meam domini doctores et libenter ad-
miserunt et ea modestia mecnm disceptarunt, ut eo nomine mihi
ipsi sint commendatissimi. Qnanquam enim peregrina illis yideba-
tur Theologia, nihilo minus tarnen et argute et pulchre adversns
eam velitabantur, excepto uno, qui erat quintus et junior doctor,
qui risum toti movebat auditorio, quando dieebat: >si rustici haec
audirent, certe lapidibus tos obruerent et interficerent« Luther
an Spalatin bei Paulus, S. 45.
81) Härtmann in der Real-Encyclop. fOr proteat. Theologie
n. Kirche v. Herzog, B. II. S. 354.
Die UfdverMtät ah Gegnerin der KirehenfeformaMon, 38ö
günstig aus ^^, was auch von Bucer in seinem Briefe
an Rhenanus geschieht®'^).
Luther verweilte bis zum 18. Mai in Heidelberg, an
welchem Tage er seine Rückreise nach Wittenberg über
Monheim (nicht Mannheim) und Nürnberg antrat **).
§9.
Die Universität Gegnerin kirchenrefomuxtorischer Be^
strebungen. Papst JSadrian VI. fordert die Univer-
sität auf der Verbreitung von Luther^s Lehre entge-
genzuarbeiten. Ergebenheit und Anhänglichkeit der
Hochschule an den Papst.
Den durch Luther's Auftreten rege gewordenen
kirchenreformatorischen Bestrebungen zeigte sich die Uni-
82) Wolfgang nahm um Bo mehr Antheil, weil er selbst,
wie erwähnt, zu Wittenberg studirt hatte, und am 1. Mai 1515 der
erste Rector der neuen Universität geworden war. Aus der Ant-
wort des Pfalzgrafen theilen wir Folgendes mit : »Er (Luther) hatt
pich auch allhier mitt seinem disputiren also geschickt gehallten,
dass er nitt eynn kleynn Lob E. L. üniversitet gemacht hatt, es
wurde Im auch grosser Preyss von vill gelerten Leutten nachge-
sagtt, das haben wir E. L. als eyn Somm frunttlicher Mainung nitt
wollen verhaltenn.« Struv, S. 14.
83) L Uterus ea disputavit paradoxa, quae non modo opinionem
omnium superarent, sed etiam pleraque visa sunt haeretica. Mira
ejus in respondendo suavitas, in audiendo incomparabilis longani-
mitas, in dissolvendo Pauli agnovisses acumen, non Scoti, adeo bre-
vibus, aeque divinae scripturae penu depromptis responsis in sui
admirationem facile cunctos adduxit. Cum f^rasmo illi conveniunt
omnia, uno hoc hie praestat, quod, quae ille tantum insinuat, hie aperte
docet. < Struv, S. 15. — Besonders grosse Verehrung für L u t h e r
hatte Michael Neander, berühmt als ausgezeichneter Philolog
and Schuhnann. Er starb i. J. 1595 als Bector des Ilnfelder Gym-
nasiums. Dieser nennt Luther: Theander, Megalander, Antichristo-
phontes, S. Lutherus Germaniae propheta, Helias Lutherus,
(Uyciq natgCdog dmiJQ, Jahn's Jahrb. d. Phil. 1857, S. 119.
Ueber L u t h e r als Reformator vergl. Schenkel: Die Reformatoren
und die Reformation, S. 22 ff.
84) Vierordt, S. 118.
Hantz, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 2^
386 I' Buch, IL Periode. 3. AbschniU. (1508—1544.)
versität als Körperschaft eben so wenig geneigt, als sie
es bei den humanistischen (S. 324) that Sie fanden viel-
mehr nur bei einzelnen, besonders jüngeren Mitgliedern
derselben. Theilnahme *^). Auch der Kurfürst, welcher
äussere poUtische und verwandtschaftliche Verhältnisse
nicht unberücksichtigt liess, wollte, wie wir schon bei der
Berufung des M i c y 1 1 u s (S. 377) gesehen, von der neuen
Lehre wenig wissen ®*'); wohl aber nach seinem friedlichen
Gemüthe keine gewaltsame Verfolgung von Glaubenslehren,
sondern nur »die ReligionsdiflFerentien, von welchen ganz
Deutschland rege gemacht wurde, gar gehoben sehen« 8^).
In dieser Absicht liess er am 20. August 1522 der Uni-
versität einen Erlass zugehen, in welchem es heisst^^):
»Man habe yernommen, dass von der Uniyersität eüych
derselben verwant beflyssigen sollen, wynckelpredig zo doen«,
imd ein solches Predigen aufs Strengste untersagt wird.
In derselben Zeit wurden dutch ein apostolisches
Breve vom 1. December 1523 von Hadrian VI. ®^) alle
85) Anders war es auf der Universität Erfurt, wo sich Lehrer
and Schüler als Anhänger Luther' s erklärten. Eampschulte:
Die Univ. Erfurt, S. 35 ff.
86) Der Kurfürst musste sogar von dem Ritter Landschad
den Vorwurf hören : »Er und sein Canzler nebst dem Hofmeister
seien zwar bis zum Wonnser Reichstag der Lehre Luther's
günstig gewesen, aber seitdem von derselben abgefallen, statt sie
zu beschirmen.« Vi er or dt, S. 150.
87) Struv, S. 25. Vierordt, S. 149. 236. 336.
88) Annall. Univ. T. V. F. 29, a. b.
89) Die Universität zeigte sich den Päpsten immer ergeben,
wurde aber dafür auch bei jeder Gelegenheit von denselben aus-
gezeichnet. So wurde sie von dem Papste Julius 11. zu dem auf
den 1. September 1511 in Pisa ausgeschriebenen allgemeinen Con-
cilium eingeladen. (Das Einladungs- Schreiben ist noch in Hist.
Acad. F. 99 vorhanden.) Als Julius II. (1513) starb, folgte ihm
Leo X. Wie sein Vorgänger, zeigte auch er der Universität seine
Wahl an. (Die betreffenden Actenstflcke sind ebenfalls in Histor.
Acad. F. 101. 103.) Als später auf dem Lateran -Goncilium die
schon in Basel (1439) begonnene Kalender -Reform wieder aufge-
nommen worden war, wurde die Hochschule sowohl von dem Kaiser
Maximilian I. (1514), als auch von dem Papste (1515) um ein
Die Universität aU Gegnerin der Kirchenreformatian. 387
and jede Doctoren dieser Anstalt ermalint und beschworen,
der weiteren Verbreitung der Lutherischen Lehre nach
Kräften durch Schreiben, Lehren und Predigen entgegen
zu arbeiten und die Irregeleiteten auf den Weg der Wahr-
heit zurück zu führen ^^).
Dieses Breve wurde mit einem Schreiben des apo-
stolischen Nuntius vom 29. Januar 1523 in einer zu diesem
Zwecke von der Universität veranstalteten Versammlung
vorgelesen und mit Freuden aufgeno^mmen. Alsbald
richtete diese auch eine Zuschrift an den Papst, in
welcher sie für die Mittheilung des Breve's ihren Dank
mit der Versicherung aussprach, sie werde alles aufbieten,
um dem Willen des Papstes zu genügen. Zugleich em-
pfahl sie sich seiner fortdauernden Huld und Gnade ^^).
Outachten (de impositione vernalis aequinoctii) ersucht, und kam
demselben bereitwillig nach. Das Schreiben des Kaisers und die
Antwort der Uniyersität auf dasselbe, so wie das des Papstes
findet sich a. a. 0. F. 106 — 109. Vergl. auch Hottinger: De
CoU. Sap. p. 70.
90) Doch traten auch warme Vertheidiger für Luther auf.
So nahm sich dessen Wilibald Pirckheimerin einem Schreiben
an Hadrian lebhaft an, da, wie er sagte, »bis dahin selten
wahre Berichte über Luther nach Rom gekommen seien«. S. den
»Biographen Pirckheimers«, Halle, 1803. Th. IIL S. 466. 467. Eras-
mus schreibt an Zwingli: »Ich glaube, dass ich beinahe alles
das gelehrt habe, was Luther lehrt, nur nicht so heftig und ohne
jene nach Extremen haschende Sprache«, und auf dem Cölner Reichs-
tage erklärte derselbe auf die Frage, was er von Luther und
seinem grossen Streite halte: »Luther hat zwei Verbrechen be-
gangen, er hat dem Papste an die Krone und den Mönchen an die
Bäuche gegriffen.« Müller, Erasmus v. Rotterdam, S. 284. 294.
91) Das Breve und die Antwort der Universität nebst näheren,
diese Sache betreffenden Angaben sind in Annall. Univ. T. Y. F.
56, b bis 37, b. Vergl. auch Eist. Acad. F. 114.
Ein ganz gleich lautendes Breve v. 28. Februar 1523 erhielt
auch die Universität Göln. Es ist abgedruckt bei Bianco, S. 396 ff.
Doch wurde es mit grösserer Begeisterung in Cöln als in Heidel-
berg aufgenommen. In ihrer Antwort an den Papst legte die Cöl-
ner Universität, welche früher vor allen das Beispiel einer aufge-
regten, freisinnigen Bekämpfung der päpstlichen Ansprüche gab, dior
sem zugleich die Bitte vor, den Kaiser, die Könige und die Fürsten
25*
388 /. Buch, I. Periode. 3. JbeehnitL (löOS-^lödd.)
Zuschriften gleichen Inhalts erhielt sie von den
Päpsten Clemens VII. (1523—1534) and Paul HI.
(1534 — 1549). Der letzte liess sie auch auf das nach
Mantua (1536) ausgeschriebene Goncilium einladen ^^.
§ 10.
Die Universität prüft im Auftrage des Kurfürsten
Luthers Lehre. Ansicht der Universität über die-
selbe. Die theologische Facultät erhält von dem- Kur-
fürsten den Befehl^ bei ihren Disputationen Ordnung
und Anstand eu beobachten.
Die oben hervorgehobene ruhige Haltung des Kur-
fürsten in kirchlichen Angelegenheiten zeigte sich beson-
ders 1521 auf dem Reichstage zu Worms, wo es sein
Widerspruch am meisten hindern half, dass man dort
nicht mit Luther ähnlich verfuhr, wie ein Jahrhundert
früher liiit Hus in Constanz. Auch auf dem Reichstage
zu Nürnberg blieb er auf der Seite derjenigen Fürsten,
welche, damals überwiegend im Reichsregiment, jeden
gewaltsamen Eingrilf in die Religionssache ablehnten, und
dadurch, ohne dem Lutherthum selbst ergeben zu sein,
der Christenheit zu veranlassen, dass dieselben das Ansehen der
Kirche mit weltlicher Macht unterstützten. Ebend. S. 398. Kamp-
schulte, Th. I. S. 14. — Die Bücher Luther's hatte diese
Universität in vollzähliger Congr^ation schon am 31. August 1519
zum Feuer und den Verfasser zum öffentiichen^ Widerruf ver-
urtheilt. Dieses Urtheil wurde durch eine BuUe des Papstes Leo X.
(t 1521) vom 14. Juni 1520 bestätigt. Dadurch wurde auch Kaiser
Karl V. bewogen, am 12. November 1520 die Bücher Luther's
auf dem Domhofe zu Göln in seiner und anderer Fürsten, so ivie
des Domcapitels, des städtischen Senats und der Universität Gegen-
wart öffentlich dem Feuer zu übergeben und (1521) die Universität
in Wien zu ermahnen, eben so wie die Cölnische, die Lehre
Luther's zu bekämpfen. Ausführlicheres, so wie die hierher ge-
hörigen Actenstücke, siehe bei Bianco, S. 389—393.
92) Alting, Hist. eccl. p. 153.
Prüfung der Le^re Luther's. Ansicht d. Univ. Kurf. Befehl . 389
seiner Ausbreitung am meisten in die Hände arbeiteten ^*).
Da Luther's Lehre nun auch in Heidelberg immer mehr
Eingang fand, trug Ludwig schon im Jahre 1Ö23^^)
der Universität ihre Prüfung auf®*). Hierauf beriethen
sich die Mitglieder derselben (unter ihnen auch von
dem Busche, Grynäus, Münster), ohne jedoch zu
93) Häusser, S. 540. 541. 542. 558.
94) Durch ein kaiserliches Edict von 1524 wurde allen Uni-
versitäten befohlen, Luther*s Lehre zu prüfen, »ut hoc melius,
quid ferendum tollendumve in Luthero esset, dinosci possit«. So
ging im genannten Jahre auch der Universität Leipzig dieser Befehl
von dem Kurfürsten von Sachsen zu. Die Universität überwies
aber die Sache der theologischen und juristischen Facultät zum Be-
richt an den Kurfürsten. Sie sollten in ihrem, und nicht in dem
Namen der Universität berichten, »ut, quicquid vel laudis vel
jacture ex ea re obiretur, personale non universale id esset«.
Zarncke, Acta Rector. Univ. Lips.
95) Aus dem der Universität zugegangenen Erlass theilen wir
Folgendes mit: »Damit das gut neben dem bösen nit vnderdruckt
vnd endlich erörtert werden möge, was sich hinfurtter In dem ein
Jeder halten soU für gut angesehen, — So ist, wie wir Euch hie-
voren befehlen lassen, vnser gnädiges gesinnen vnd begehren, auch
mit ernst befehlen, ihr wollet allen Theologen und Canonisten,
Legisten oder Rechts oder sonst Gelehrten, auch die zu lesen zu-
gelassen seyn, und sonst graduireten , es seyen Doctores, Licentiati
oder ander dieser Universitet jetz zu Heydelberg befehlen und
verfügen, dass sie samenthafft oder besonderlich die Luterschen
vnd newe lehren, wie die genant sind, auch die selbigen Bücher,
was ihr der zuwegen bringen könnt, für die band nemmen, eigent-
lich ersehen, die erwogen, wo, wie und an welchem Orten die
Christlich, annehmlich vnd guth, auch dem Evangelio vnd rechten
wahren Göttlichen wort, gemess oder nit seyen, das böss von dem
guten vnderschiedlich aussziehen vnd aufzeichnen, auch dapferlich
berathschlagen, wie das Irrig vnd ungerecht, auch auf rühr, so
darauss erwachsen möcht, zuvorkommen vnd abzuwenden ; aber das
christlich vnd gut, wie billichen, zu pflanzen vnd handhaben war,
dasselbig alles mit ewerem Gutbedünken vns fürter verschrieben
zuschicken, vnd Euch darin (in ansehen dieweil diss vnser Univer-
sitet bisher den Ruhm vor andern gehabt) dermassen so fleissig-
leichen der gleichheit dem Evangelio vnd der wahren Göttlichen
lehre am nechsten gerümen, üben vnd erzeigen.« Annall. Univ.
T. V. F. 61, a. b. Hist. Acad. F. 120.
390 L Buch, IL Periode. 3, AbschniU. (1508— 15U.)
einem bestimmten Resultate zu kommen '^. Wie übrigens
die Universität über Luther's Lehre gesinnt war, lässt
sich aus Folgendem schliessen. Im April 1526 kam es
bei dem academischen Senate zur Berathung, woher es
komme, dass die sonst so blühende Hochschule immer
mehr in Verfall gerathe und jetzt mehr Professoren, als
Studenten, da seien ^^). Auch der Kurfürst war über diesen
Zustand der Universität missstimmt und verlangte von
derselben ein Gutachten. In diesem Gutachten, welches
mit dem der Cölner Hochschule (S. 387, Note 91) ziem-
lich übereinstimmte, schrieben Rector und Senat den Ver-
fall der Anstalt dem Umstände zu,
»Das die neuwe luterisch lere vnd snnst emponmg der
yersampten Bawerschaft grosse Ursach seyn, das nit allein
Ew. Churf. Gnad. Universitet, sondern alle andere teut scher
Nation üniversitet zu Zerrüttung und nachteyl gedient, vnd
zu besorgen, wo Rom. Kayserl. Majestät, Fürsten und stände
des heilig. Reichs zu hinlegung gedachter neuwen hiterischen
Lehr nit greiffen und handeln, die Burger und gemeine
Bawerschaft werden ihre Kinder, wie vormals in die Üniver-
siteten 1[dortinnen sie knnst, gute sytten ynd zucht lernen)
abfertigen vnd schicken, das wir Ew. Ghurfrstl. Gnad.
gnediglich zu beherzigen yffs vnderthenigst anzaigen Mit vn-
derthänigster bitt uns ein gnädigster Patron ynd Schirmherr
zu sein®*).«
Dieser Erklärung des Rectors und Senats gegenüber
wird nun von anderer Seite behauptet:
»Die beyden Professoren der Theologie, Martin Frech t
und sein Nachfolger, Heinrich Stolo (S. 879), sonderlich
96) TJeber diese Verhandlung findet sich in den Annalen (T.Y
F. 61, a. b) nur Folgendes aufgezeichnet: »Multis ultro dtroqae
aaditis tandem conclusum est, ut singuli de Universitatis consilio
tunc congregato, intra octavam e doctrina et libris Lutheri ezcer-
perent, et ea potissimum, de quibus esset controversia inter eondem
authorem D. Martinum Lutherum et priores theologos scholastieos.«
97) »Universitatem magna ex parte decrescere deflorescereqne
in eam peryenisse infelicitatem , ut plures sint professores quam
anditores.« Annall. üniv. T. V. F. 129, a.
98) Ibid. F. 129, b.
Prüfung der Lehre Luiher% Amkhtd, Univ. Kurf. Befehl 391
der Letztere, drangen sehr auf die Evangelische Lehre und
suchten sie mit aller Bescheidenheit fortzapflanzen. Bey so
getrennten Meinungen und Lehre, da die meisten Professores
der H. Schrift annoch bey der Gatholischen Religion verblie-
ben, die Studenten aber mehrentheils sich zur aufgehenden
Lehre, des Eyangelii lenckten, käme die Universitet mehr
und mehr in Abgang.« ^^)
Obgleich nun die Universität als Körperschaft, wie
aus dem Angeführten erhellt, allen kirchenreformatorischen
Bestrebungen abgeneigt war, so traten doch diese immer
mehr hervor. Dass dieses zunächst in der theologischen
Facultät der Fall war, ist begreiflich. In dieser traten
sich aber auch die Ansichten bei den Disputationen so
schroff entgegen, dass der Kurfürst sich veranlasst sah,
der Universität ein Decret (d. d. Samstag nach dem
Christtag 1524) zugehen zu lassen. In diesem heisst es
unter Anderem:
»Nachdem uns angelangt, als hievor und besonderlich
zu Zeiten vnsers abwesens etliche Disput ationes in der Fa-
cultet Theologie unsere Studiums allhie vollbracht worden,
das sich darunder widder hericommende Ordnungen ynd gutt
Sytten etlich frevenliche, anzüchtige vnd schimpffliche Wort
begeben, darzu einer dem andern in sein Rede gefallen,
Ingelauffen, Irrung vnd Verhinderung etwas ongestymiglichen
gethan haben sollen, was den Alles zu missverstant , Zwy*
tracht etc. hat mögen dienen vnd vns derhalben filrstlichs
vnd geburlichs Insehens zu thun zuostet.«
Darauf wird »mit Ernst bevelhendt« der Universität
aufgetragen, ein Mandat ausgehen zu lassen,
»dass sowohl in der theologischen als in den andern
Facultäten Jeder, wess »Stands oder Condition« er sei, in
seinen »Reden, arguiren, disputirn vnd zuhorn bescheiden,
zuchtiglich« halte. Die üebertreter sollten strenge bestraft
werden und sollten unter ihnen solche sein, welche der
Jurisdiction der Universität nicht unterworfen wären, von
dem Kurfürsten ihre Strafe erhalten« ***).
99) Kayser, S. 119. Alting, S. 144 ff. Strnv, S. 25 ff.
100) Annall. l-niv. T. V. F. 75, a. b. Alting, p. 144 ff.
392 ^ Buch. IL Periode, 3. Abedmitt, (150B—16U,)
In diesen Disputationen zeigte sich nämlich, dass
»die Päpstliche Authorität bey einigen Universitäts-Ver-
wandten zu sincken« anfing. So wurde (lö25) bei Pro-
motionen darüber disputirt: »Ob man einem, der in den
frejren Künsten Licentiat werden wolte, den gewöhnlichen
Eyd für den Gehorsam der Römischen Kirche und des
Papstes forlesen solte« ***).
§11.
Die ersten kirchenreformatorüchen Bewegungen an der
Universität Heinrich Stolo. Johann Brem und
Theohald BiUican.
Hatte nun auch das Lutherthum, so lange Ludwig
lebte, weder an dessen Hofe, an welchem damals der
eifrige Katholik und Gegner Luther's, Thomas Mur-
ner, weilte, noch bei der Universität Geltung, so fand
es, wie schon erwähnt, doch bei der letzteren allmählig
mehr Eingang *^^. Auch fehlte es nicht an- Männern,
welche demselben nicht nur anhingen, sondern auch in
dessen Geiste lehrten *®'). Unter ihnen sind der schon
genannte Professor der Theologie, Martin Fr echt, aber
besonders dessen Nachfolger, der Prediger und Professor
Slolo (S. 379. 390), zu nennen ^^*). Doch waren es nament-
101) Kayser, S. 119.
102) Kurz Yor dem Auftreten Luther^ 8 in Heidelberg worden
die Universitäts- Angehörigen (19. Juni 1517) von dem Rector zu
einer Procession »ad impetrandam a domino nostro Jesu Christo
pluviam salubremc eingeladen, und alle waren erschienen; im Jahre
1526 dagegen mussten, da die Messe, trotz freundlicher Mahnung,
immer weniger besucht wurde, die Säumigen mit einer Geldstrafe
bedroht werden. Annall. Univ. T. IV. F. 390, a.
103) Schon 1524 schrieb Planitz an den Kurfürsten von
Sachsen: »In Heydelbergk wird das Evangelium lauter und klar
gepredigt, wollen aber nicht lutherisch heissen.« Förstemann,
Urkunden, Th. I. S. 198.
104) Von Stolo schreibt Wolfgang Calixtus: »Stolo-
nem in docendo proxime accedere adLutherum.« Lyc. origg. p. 13.
Heinrich 8tah, Johaiim Brenz «. TheobtM BiOiean. 393
lieh jüngere Männer, welche freilich auch zu denjenigen
zählten, von welchen in dem Kurfürstlichen Erlasse ge-
sagt ist, sie hielten »Winkelpredigten« (S. 386). Nach
den Acten waren damit zunächst gemeint Johann Brenz
und Diepold Gerlach oder Gerlacher, gewöhnlich
Theobald Billican (von seinem Geburtsorte Billigheim
bei Landau) genannt.
Den Ersten haben wir schon (S. 205) als Regens der
Realistenburse erwähnt. Er war in Heidelberg auf der
Schule (1510) und Universität, wo er mit Melanchthon,
Bucer u, A. studirte und (1514) Baccalaureus wurde.
In seiner Burse hielt er Vorlesungen über das Evangelium
Matthäi, welches er im reformatorischen Sinne erklärte.
Da aber auch andere Studenten, welche nicht in diese
Burse gehörten, die Vorlesungen besuchten, so wurde der
Lehrsaal bald zu enge. Dadurch sah sich Brenz ver*
anlasst, seilte Vorträge in dem geräumigen Auditorium
philosophicum zu halten. Dieses wurde jedoch von der
theologischen Facultät sehr ungern gesehen, da er keinem
geistlichen Orden angehörte. Um nun zu verhindern, dass
die Vorträge nicht mehr in diesem Auditorium gehalten
würden, ohne sie jedoch geradezu zu verbieten, erhielt
Brenz ein Canonicat im Stifte zum H. Geiste. In diesem
CoUegium unterwies er seine Zuhörer im »Lehren, Pre-
digen imd Disputiren«. Doch auch dieses wurde dem
Brenz durch die genannte Verordnung des Kurfürsten
(1522) untersagt und er von der Universität und dem
Kurfürstlichen Canzler zur Rechenschaft gezogen. Da
man ihm jedoch nichts anhaben konnte, so blieb er in
seiner Stelle , folgte jedoch einem in demselben Jahre an
ihn ergangenen Ruf nach Schwäbisch-Hall , wo er 1570
starb ^<^^).
106) Acta Fac. Art. T. in. F. 71, b. 90, b. Hist. Acad. F.
111 — 114. Lyc. origg* p. 8. Yaihinger, Leben des Reform.
Brenz. Uli mann, Th. Stud. u. Erit. 1841. H. 3. S. 586, woselbst
394 I' Bwih. n. Periode. 3, AbechniU. (150S--UU.)
Billican, welcher ebenfalls in Heidelberg studirt
hatte und (1512) Baccalaureus geworden war^®^, beklei-
dete (1520) die Stelle eines Propstes in dem Artisten-
Collegium ^®^), und lehrte in gleicher Weise und mit
gleichem Beifall, wie Brenz, wurde aber in Folge des
genannten Kurfürstlichen Befehls in eine Untersuchung
gezogen. Ging er nun aus derselben eben so schuldfrei,
wie jener, hervor, so verliess . er dennoch (1522) Heidel-
berg, und begab sich nach Weil (der Stadt), . und von hier
(durch die österreichische Regierung in Stuttgart vertrieben)
nach Nördlingen ^^^. Im Jahre 1535 kehrte er jedoch,
und zwar mit Frau und Kindern, wieder nach Heidelberg
zurück. Sobald der Kurfürst dieses erfahren -hatte, wurde
der Rector mit zwei Mitgliedern auf die Canzlei beschie*
den und dort von dem Canzler Fleckenstein der Uni-
versität zum schweren Vorwurf gemacht, dass sie den
Billican, welcher schon vor einigen Jahren zu Nörd-
lingen eine neue Secte gepredigt habe, bei sich aufge-
nommen oder gar gerufen habe. »Die Universität«, führ er
fort,« wisse,
wie sehr der EurfOrst nach den Befehlen des Kaisers
sich richte; er habe deshalb beschlossen, dem Billican
durch den Stadtschultheissen den Befehl zugehen zu lassen,
Heidelberg unverzüglich zu verlassen *®®)«.
Die Universität verwendete sich hierauf in einer aus-
führlichen Eingabe an den Kurfürsten für »Theobaldum vom
Billickan«, und stellte jenem vor, dass Billican keines-
auch Brenz' Leben aus der Hist. Acad. abgedruckt ist. Herzog,
Realencyclop. unter Brenz. Vierordt, S. 150. Kor tum und
Reichlin-Meldegg, B. U. S. 242.
106) Acta Fac. Art. T. III. F. 49, b. Melanchthon sagt
von Billican (Corp. Ref. T. H. p. 482): »Er war mein Mit-
schüler und an Geistesanlagen und Beredsamkeit mir weit tiberlegen.«
107) Catalog. Praepositor. in Cod. Nr. 358, 79, a.
108) Vierordt, S. 150.
109) Annall. Univ. T. VI. F. 38, b, wo es unter Anderm von
Billican heisst: »Qui jam aliquot annis sectam novam nord-
lingiacis predicasset.«
Heinfich Stoh, Johann Brenz u, Theobäld BiUican, 395
wegs in der Eigenschaft als Theologe hierher gekommen
sei, sondern vorhabe, die Rechts -Wissenschaft zu stu*
diren"^.
Der Aufenthalt in Heidelberg wurde nun dem Bil-
lican gestattet, und dieser sogar (1538) »nach Begehr« des
Kurfürsten zum Vorstände der Realistenburse ernannt,
ohne jedoch, weil er verheirathet war, in den Rath (con-
cilium) der Artisten-Facultät aufgenommen zu werden ^^^).
Nachdem er als Licentiat beider Rechte promovirt hatte,
gewann er so grosses Zutrauen, dass er mit Zustimmung
des academischen Senates die Vorlesungen des 1542 schwer
erkrankten Wendelin Schelling, auf dessen ausdrück-
lichen Wunsch, über die Decretalen und das jus feudale^**)
übernahm und mit grossem Beifalle hielt ^^*). Im folgen-
den Jahre (1543) starb Schelling. Bil lican wandte
sich nun nicht an die Universität, sondern an den Kur-
fürsten mit der "Bitte, ihm Schellin g's Stelle zu über-
tragen ^^*), \
»damit künftiger Zeit die Jumten Schul, an deren
Ewerer Ehurfürstlichen gnaden am meisten gelegen, mit
dapptfieren vnd geschickten Leuten versehen werden möchte
Billican's Eingabe an den Kurfürsten wurde am
17. October der Universität mit der Aufforderung zuge-
110) Annall. Univ; T. VI. F. 39, a: »Vnd dieweil er hierher
jetzundt mit weih vnd kindlein kommen hie bei vns in Rechten zu
studieren, von niemands begehrt worden, haben wir als one ver-
klagten oder one öffentlich verdamptem aus diesem privilegirten
vnd gefreyten studio niemands wussen usszuschliessen. Cum can-
dide sint musarum janue.«
111) Act. Fac. Art. T. III. F. 148, b. 149, a. b. — Unten, wo
unter der Regierung Friedrich's IL von der Verehlichung der
Universitätslehrer die Rede sein wird, werden wir nochmals auf
Billican zurückkommen.
112) Schelling war der Erste, welcher an der Universit&t
über das jus feudale Vorlesungen hielt. Wundt: De ord. jur.
P. III. p. 14.
113) AnnaU. Univ. T. VI. F. 316, a.
114) Ibid. F. 318, a.
396 X Buch. IL Periode. 3, Abschnm. (1508-^X544.)
stellt, dem Kurfilrsten darüber zu berichten ^^^); sie ent-
schied sich aber nach einer am 24. October abgdialtenea
Versammlung ^^^ gegen seine Anstellung ^^'). Nach-
dem sie in ihrer Antwort an den Kurfürsten angeführt
hatte, dass Billican's Streben aus Eigennutz hervor-
gehe, und er als verheiratheter Mann die mit dieser Lehr-
stelle verbundene »lectur des canonischen Rechtes« nicht
vortragen könne, fuhr sie folgender Massen fort:
»dass er sich aber seiner Geschickliclikeit selbst be-
rümbt, als er schreibt, die lectur mit geschickten Leuten zu
versehen, mag er wol in etlichen Künsten vor andern ge-
schickt seyn, dass er aber in facultate juris in kurzen Jahren
also geschickt sey worden, dass er allen seinen preceptoribus
vnd promotoribus fürzuziehen sey, das künden wir ime nit
Gezeugnis geben, und er hätte billig bedacht, was er für der
zeit als viel jar ein Predicant in Nörlingen gewesen, im
Evangelio gelesen vnd. gepredigt hat : non est discipulus super
magistrumc.
Dessen ungeachtet erhielt Billic an die Erlaubniss zu
juristischen Vorlesungen, und zwar durch die Protection
einer Maitresse des Kurfürsten, Margarethe von der
Leyen. Bald darauf (16. März 1544) starb aber Lud-
wig, und schon unter dem 26. Juli desselben Jahres,
nachdem Friedrich IL die Regierung angetreten hatte,
wurde Billican als Regens der Realisten-Burse abgesetzt
und ihm alles Wirken an der Universität auf Befehl des
Kurfürsten untersagt, mit der Weisung, Heidelberg zu
verlassen ^^®).
115) Annall. 1. c. F. 816, a.
116) In sacrario sancti Spiritus in causa Billicani omnibus
personis Universitatis ad hoc per juramentum convocatis. Ibid.
F. 318, b.
117) Das Gutachten der Universität findet sich F. 318, b bis
326, a.
118) Vicesima sexta Julii (1544) ego Rector (Wendalinus Heil-
mann) vocabar ad cancellarium. Ibi per prefectum hujus oppidi
Joannem a Gemmingen tunc locum tenentem in presentia aliorum
consiliariorum principio gravis quaedam commissio iUastrissimi nostri
Mdanehthon^s Siudiengeit und Beiueh in Heidelberg, 397
Der Befehl des- Kurfürsten wurde dem Billican
noch an demselben Tage mitgetheilt, worauf dies^ seine
Stelle als Regens der genannten Burse niederlegte. Im
Uebrigen versprach er, sich dem Will^i des EurfOrsten
zu fügen ^^^X und verliess alsbald Heidelberg ^*^.
Ueber Billican's weiteres Schicksal wird berichtet,
er sei nach der Heidelberg nahe gelegenen Festung Dils-
bei^ in gefängliche Haft gebracht, nach einigen Monaten
aber aus derselben (wohl, weil man keine Schuld an ihm
gefunden) wieder entlassen worden und am 8. AuguiB|t 1Ö54
als Professor der Rhetorik und Geschichte in Marburg
gestorben **^).
§ 12.
Philipp Melanchthofis Studiemeit (1509J und Bestich
in Heidelherg (^1524).
An die genannten ausgezeichneten Persönlichkeiten
schliessen wir einen Mann an, welcher seine eigentlichen
Studien an der Heidelberger Universität begonnen hatte, und
bis zum Ende seines Lebens nicht nur in ununterbrochener
Verbindung mit der ihm stets lieben und theueren Hoch-
Principis nobis est patefacta et insinuata his verbis: »Her der
Bector, ihr soUt licentiato Theobaldo Billicano auf geheyss vnd
beyelches meines gnedigsten herm sagen, nehmlich er sol der
regenterey in Bursa realium vnd aller andern Ampter ynd Hand-
lungen, Geschäften vnd angehörigen Gonditionibus der üniyersitet
sich gentzlich entschlagen, ynd weder eine noch mehr lectiones
halten, sondern er wolle sich anderswo versehen, denn mein gnä-
digster herr mag vnd wolle ihn hie nicht länger dulten.« Annall.
Univ. T. VI. F. 370, a.
119) Hoc mandatum Principis eodem die senatu Uniyersitatis
ad coUegium conyocato domino licentiato Theobaldo Billicano est
insinuatnm, quo audito statim resignayit Regentiam et promisit se
huic jussui principis obtemperaturum. Ibid. F. 370, a.
120) Hottinger, p. 76. 77.
121) Pfalz. Copialb. Nr. 32. F. 311 ff. Vierordt, B. I.
8. 339. Yaihinger, S. 7. 6. Schenkel, Realencycl. v. Herzog
unter Billican.
398 L Buch, IL Periode. 3. AbschniU. (1508— 15U.)
schule geblieben war, sondern überhaupt auf das wissen-
schaftliche und kirchliche Leben der Rbeinpfalz einen
grossen Einfluss übte. Wir meinen den berühmten Be-
formator Philipp Melanchthon^**).
Am 16. Februar 1497 in Bretten geboren, bezog er
(1509) im 13. Jahre"') die Universität Heidelberg und wurde
am 13. October unter dem Rectorate »JaannisWysersde
Ebersbaeh« immatriculirt^^*). Seine Wohnung hatte er in
dem Hause des Professors der Theologie, Pallas Span-
gel, welcher auch Melanchthon's Lehrer war, und dessen
der grosse Schüler stets mit hoher Verehrung und Liebe
gedachte. Im Jahre 1511 wurde Melanchthon Bacca-
laureus ^*^). Als er aber bald nachher auch um die Magi-
sterwürde sich bewarb, wurde ihm diese von der Facul-
tät versagt, sei es nun wegen seines noch so jugendlichen
Alters, oder, wie Andere glauben, »wegen seines besonnen
prüfenden und daher freieren, das scholastische Lehrske-
lett verschmähenden Standpunktes "^«. Jeden Falls ist
122) Seit dem Jahre 1531 schrieb er wohl der leichteren Aufl-
sprache wegen Melanthon; wir behalten jedoch die ursprOngUche,
etymologisch richtige Uebersetzung seines Familiennamens »Schwarz-
erde bei. Nicht zufrieden mit seinem griechischen Namen, über-
setzte er ihn auch lateinisch in »Pullisolus« (pullns dunkel-
farbig, solum Boden, Erde). Ausftthrliches und Grflndliches s. bei
Schmidt: »Philipp Melanchthon. Leben und ausgewählte
Schriften.«
123) lieber das Beziehen der Universität in so jugendlichem
Alter im Allgemeinen s. S. 62 und über das Melanchthon' 8
Bretschneider, Mel. op. P. I. p. CXLVI. — In Melanch-
thon's Alter besuchten auch Joh. Brenz und Day. Chyträus
die Universität. Ruhkopf, S. 275.
124) Intitulatus est XIII. Oct. 1509 Philippus Schwarz -£rd
de Bretten. Matr. lib. II.
125) Acta Fac. Art. T. HI. F. 45, a : »Quarte Id. lunii 1511.
ad baccalaureatuB gradum de via antiqua admissi sunt — Philippus
Swarzerd de Bretten. Beigeschrieben ist. »0 ^iXatnog ^cAaV/^aii',
totius orbis miraculum. MDXXim.«
126) Melanchthon selbst schreibt (Corp. Ref. T. IV. p.7l6):
»Missus sum puer adhuc in Academiam, ubi, cum adolescentibus
nihil publice traderetnr praeter illam garrulam Dialecticen et par-
Büchereenmr. Bwihhöndl,' u, Btuihbinder'Eid. Pressprocess, 399
SO viel gewiss, dass Melanchthon, weil die Facultät
seinen Wunsch nicht erfüllte, Heidelberg (1512) verliess
und sich nach Tübingen begab **'). Als er aber später (1524)
auf seiner Reise von Wittenberg mit seinem Begleiter
Camerarius nach Heidelberg kam, suchte die Facultät
ihr früheres Benehmen durch das Geschenk eines Ehren-
bechers wieder gut zu machen ^*^.
Wie hoch jetzt noch Melanchthon in ganz Deutsch-
land und namentlich von der Stadt und Universität Hei-
delberg geschätzt wird, bewies die überall am 19. April
1860 in erhebender Weise begangene Feier seines 300-
jährigen Todestages ^*^).
§ 13.
Büchercensur, Der von den Buchhändlern und- Buch-
bindern zu schwörende Eid, Ein Pressprozess,
Wenn auch in Rom gleich nach Erfindung der Buch-
druckerkunst (1440) von Eugen IV, (1431 — 1447) die
präventive Ceusur durch die Errichtung der Inquisitions-
anstalt des Magistri sacri Palatii eingeführt, von Alexan-
ticulam Physices — adjunzi historiarum et fabularum lectionem.«
Vergl. auch S eisen, S. 14.
127) Während seines Aufenthaltes in Heidelberg unterrichtete
Mekinchthon zwei Söhne des Grafen von Löwenstein und
entwarf wahrscheinlich für sie die ersten Grundsätze der später
herausgegebenen »Rudimenta linguae Graecae«, und so machte denn
der »Lehrer Deutschlands« in Heidelberg seine ersten Lehrversuche. ,
Schmidt, S. 692 ff. Raumer, Th. L S. 182 ff. Bütting-
hausen, Beitr. z. Pfölz. Gesch. B. L S. 38. Vierordt: De Un-
gero, Melanchthonis praeceptore p. 10.
128) Ausftthrliches ist in Act Fac. Art. T. lH. F. 113, b. 114, a,
woselbst auch das Original von Melanchthon' s Danksagungs-
i^chreiben an die Facultät eingeklebt ist.
129) Die an der Universität Heidelberg von Rot he und von
Schenkel bei der Feier gehaltenen Reden sind im Drucke er-
schienen. — Ein Yon dem Bildhauer Friedrich trefflich ausge-
führtes Denkmal Melanchthon' s wurde am 7. Juli 1861 in der
Stiftskirche zu Bretten feierlich aufgestellt
400 ^- Buch. IL Periode. 3. Meeknitt. (löOa^löU.)
der VI. (1492—1502) das erste Censur-Edict ^»«) gegeben
worden war, und das ganze Institut durch L e o X. (1513
bis 1521) eine dauernde Einrichtung erhalten hatte, so war
die Censur in den deutschen Landen noch lange nicht
gesetzlich ausgebildet Luther's sämmtliche Schriften
erschienen ohne Censur. Die Ausbildung dieses Instituts
in Deutschland fällt erst in die zweite Hälfte des 16.
Jahrhunderts. Da wurden die Universitäten auch die Cen-
suranstalten; der jedesmalige Rector hatte die Obercensur
und die Decane der Facultäten die Censur derjenigen
Bücher, welche in ihr Fach einschlugen ^^^). . Das ganze
Censurwesen wurde von der Obrigkeit überwacht. Beson-
ders grosse Vorsicht herrschte auf den Messen in Frank-
furt. Dort erliess die im Jahre 1580 errichtete Bücher-
Commission ein Mandat, dass keine Bücher verkauft
werden sollten, sie wären denn zuvor in der Kanzlei be-
sichtigt, und noch im vorigen Jahrhunderte wurde von
den Kaisem Franz L, Leopold und Franz II. dieser
Commission eine eigene Instruction gegeben *^*).
An der Universität in Heidelberg finden wir erst im
Jahre 1525 eine Beschränkung des Verkaufs von Bü-
chern "*), welche ohne Zweifel durch den Bauernkrieg
130) Ausführlich ist dasselbe mitgetheilt in Eortüm's und
Reichlin-Meldegg's Gesch. Europa's, B. I. S. 104. 105. .
131) Herzog Albrecht von Preussen verordnete 1550, dass
die Buchhändler ihre Verzeichnisse immer erst dem Senate der
Universität Königsberg vorlegen und keine Schrift^ die von diesem
nicht gebilligt werde, erkaufen sollten. S. Arnold, Gesch. der
Königsb. Univers. B. ü. Beil. 20. 21. Auch in Sachsen sollten
Bücher nur mit Bewilligung der theologischen Facult&t in Witten-
berg und der 4 Decane erscheinen dürfen. S. Schlüsselburg,
Epist p. 280.
132) Streuber, Beitr. z. Basl. Buchdruckergesch. S. 88. 89.
Kunze 1 in der Gesch. des Buchhandels und der Buchdruckerknnst
von Metz, S. 25.
133) Wenn Bianco, S. 180 »dasBecht der kirchlichen Büche^
censur« als ein Privilegium der Universitäten, als kirchlicher Kör-
perschaften, im Mittelalter bezeichnet, so hat die Universität Hei-
Büchercm»ur. Buchhändl- u. Buchbrnder-Eid. Pressprozess. 401
veranlasst worden ist Es mussten nämlich die Buchhänd-
ler, damals Buchfahrer genannt, und Buchbinder unter
Anderem eidlich versprechen, kein Buch ohne Vorwissen
des Fauths zu drucken oder zu verkaufen ^**).
Während des genannten Krieges kommt jedoch in
den Acten nur ein Gegenstand vor, welcher als ein Press-
prozess bezeichnet werden kann. üeber*diesen wurde am
Samstage Judica 1525 von dem academischen Senat als
über einen ungewöhnlichen und unerhörten Fall (inusita-
tum et inauditum casum) berathen.
Der Stadtschultheiss hatte 4 Personen, zwei Buch-
händler, einen Buchbinder und einen Pergamentmacher
(Pergamenarius), vorgeladen und ihnen auferlegt, in seine
Hand dem Kurfürsten den Eid der Treue zu schwören.
Als diese Leute, welche zu den Angehörigen der Univer-
sität zählten, erstaunt nach dem Gmnde dieses Ansinnens
fragten, wurde ihnen bedeutet, sie hätten sich mit auf-
rührerischen Plakaten und Schriften der Bauern aus Schwa-
ben und dem Hegau befasst und solche verbreitet. Ohne
auf die Sache weiter einzugehen, verweigerten die Vor-
geladenen den Eid und wandten sich an die Universität
Diese, sich auf die Privilegien der Hochschule berufend,
nahm sie als ihre Angehörigen in Schutz und bewirkte bei
dem Kurfürsten, dass der Eid an den Rector geleistet
werden durfte, da der Landesherr nicht gegen die Univer-
sitäts-Privilegien Verstössen wollte ^*^).
Doch müssen wir eine Art von Censur erwähnen,
welche die Universität übte. Die von ihr angestellten und
ihr untergebenen Buchdrucker durften nichts ohne ihre
Erlaubniss drucken. Als 1560 Friedrich HI. Me-
lanchthon^s Gutachten dem Universitäts- Buchdrucker,
delberg dieses Recht früher nieht gtabt; wenigstens findet sich
davon kein Beleg in den Acten. «^
134) Urkunde No. XX.
läö) AnnaU. Univ. T. V. F. 78, a.
Haats, 6e«oh. d. UnW. Heidelb. I. 26
402 I- Bi4ch. IL Periode. 3. AbschmU. (löOS—löU.)
Ludwig Luck (Lucius), zu drucken befahl, gestattete
dieses die Hochschule, dem Befehle des Kurfürsten ge-
radezu entgegentretend, nicht "•).
§ 14.
Beschwerden der Bürffersckqft gegen die von der
Universität missbrauchte Steuerfreiheit.
In der Stiftungsurkunde wurde der Universität völ-
lige Freiheit von allen Lasten zugesichert, und so waren
denn nicht nur die Güter-Abgaben frei, sondern auch alle
Besitzungen, welche die Anstalt und ihre Angehöri-
gen ankauften. Dazu kam, dass Viele, welche sich üni-
versitäts-Angehörige nannten, ohne es eigentlich zu sein,
Besitzungen, welche vorher besteuert wurden, durch Kauf
136) Lud. Lucius, Acad. Typographus offert Rectori Judi-
cium Philippi Melanchthonis de controversia coe-
nae domini ad illustrissimum Principem ac D. D.
Fridericum Gomitem Palatinum Rheni etc. scriptum,
atque sibi Prindpis nomine mandatum fatetur, ut intra bidnum
proidmum typis excudatur id ipsum, omniaque exemplaria
ejus Celsitudini tradat. Quia vero inter reliquas officii sui con-
ditiones id quoque injunctum ipsi sit, ne quid sine scitu et consensu
Rectoris et Universitatis imprimatur htc ant impressum distrahatur;
cupere igitur scire se, quid facere hac in re et praestare debeat,
ne vel contra jur^entnm nuper praestitum fecisse aliquid temere
dicatur, vel indignationem Principis imprndenter incurrat.
Ea de causa Rector, statim Senatu per juramentum conTOcato,
negotium hoc discutiendum proposuit^ atque ut juxta deliberationem
Senatus, quae hoc anno deTypographoetbibliopolis aliquoties
habita est, censores eorum, quae in posterum htc imprimenda sunt,
constituerentur , jussit. Auditis ergo Dominorum suffragiis , id ne-
gotii Dominis Decanis lY Facultatum unanimi consensu datum fuit,
ut in posterum de omnibus, quae typis hlc describenda et divnl-
ganda sunt, dijudicent. Deinde recitato in Senatu una cum litteris
Dni. Melanchthonis ad Principem Judicio de coena, multisque hinc
inde causis et rationibus non imprudenter in medium adductis,
conclusum est: Scriptum istud, ut hoc tempore in-
primat Typographus Academiae nostrae Lucius, non
esse permittendum. Ann. Univ. T. VIIL F. 3, a. Das Gut-
achten wurde dennoch von Luck gedruckt. Es erschien auf einem
Bogen und am Ende steht: Ex autographo: Excudebat Lndoricus
Lucius ann. MDLX.
Klagen d. Bürgerschaft wegen missbrauchter Steuerfreiheit 403
oder Heirath an sich gebracht hatten und diese steuer-
frei genossen. Andere gaben sich für Studirende aus und
trieben unter dem Schutze der Universität, ohne Abgaben
zu bezahlen, Gewerbe, Wirthschaften oder Handwerke.
Auf diese Weise war ein ganz fremdartiger Bestandtheil
in das städtische Gemeinwesen gekommen und, wenn auch
von den Bürgern die Vörtheile anerkannt wurden, welche
ihnen durch die Hochschule erwuchsen, so wollten sie
doch diesen Missbrauch abgeschafft wissen. Um dieses zu
erreichen, wandten sich Bürgermeister und Rath der Stadt
an den Kurfürsten, und zwar an dem Tage, an welchem
die Anstalt den Kurfürsten um »böfestigung vnd confir-
mation Irer Friheit« gebeten hatte. In der demselben über-
reichten schriftlichen Vorstellung heisst es unter Anderem :
»Es sint Ir etlich, die wein uff verkauff kauffen vnd
Widder zum zapffen verschenken, das Inen durch Ew. Churf.
gn. vorfaren zu thun verbotten ist.«
Ferner heisst es: ^
»Das etlich die nit umb studirens willen hie syn, noch
ihr letzen horen^ mit wibe vnd kinder hie sitzen, wasser vnd
weid gebruchen, gewerb vnd handel driben vnd für Studenten
beschirmt werben« **^). ^
Der Kurfürst schien auch nicht abgeneigt, den Bitten
der Stadt nachzugeben. Allein, so wenig es Friedrich L,
welcher den übertriebenen Immunitäten der Universität
1458 eine eigene Verordnung entgegensetzte, gelang, die-
sen Missbrauch abzuschaffen ^^*), eben so wenig konnte,
es Ludwig durchsetzen. Die Universität blieb beharrlich
bei der bisherigen Uebung und berief sich auf ihre alten
Rechte. Es folgten Gegenschriften auf Gegenschriften,
und der Streit wurde von* den verschiedenen Seiten
auf das Lebhafteste bis zum Jahre 1511 fortgeführt, aber
der Zustand blieb derselbe ^^^). Noch im Mai 1522 wie-
137) Annall. Univ. T. IV. F. 79, a. b. 80, a.
138) Ibid. T. III. F. 59, b.
139) Die ganze Verhandlung mit den Schriften und Gegen-
26^
404 I* Buch, IL Periode, 3. AbschmU. (UOS-^UU.)
(lerholten sich die alten Beschwerden der Bürger gegen
»Universitäts- Verwandte vnd andere geistliche Inwohner zu
Heydelberg«, weil sie mit Weinkauf und Verkauf und so-
gar mit Gasthaltung sich abgaben »zu der stat vnd armer
Burgerschaft onlidlichem abbruch und nachteyl«. Als die
Universität deshalb vernommen wurde, sprach sie sich
ungehalten darüber aus, dass die Stadt sich nicht lieber
an den Rector gewendet habe. Was die Anklage selbst an-
gehe, heisst es weiter, so sei sie dunkel, und es bedürfe
einer näheren Erklärung, was das für üniversitäts - y er-
wandte seien ^^^). Das Resultat aller dieser weitläufigen
Verhandlungen war, dass die Hochschule vor wie nach
als völlig selbstständige Corporation in allen ihren Privi-
legien im weitesten Umfange blieb ***).
§15.
Vorsichtsmaaasregehi während des Bauernkrieges. Die
Universität weist die Forderung, während des Krieges
»u den öf entlichen Kosten beizutragen^ mit Erfolg
zurück.
Zur Zeit des Bauernkrieges (1525) schien die Stim-
mung in der Umgegend von Heidelberg so gefahrlich,
dass man jeden Augenblick die Störung der Ruhe in der
Stadt zu befürchten hatte ^**). Um diese nun zu sichern,
sollte auf Befehl des Kurfürsten eine Art Sidierheitswache
aus Studenten gebildet und von einem tüchtigen Bürger
angeführt werden. Sobald Unruhen in der Stadt entstünden,
Schriften ist ausfQhrlich aufgezeichnet in den Annalen d. Üniv.
T. IV. F. 79 a bis 95, b. 107. 112. 125. 139.
140) Annall. üniv. T. V. F. 26, a.
141) Aehnliche Beschwerden von Bürgern gegen die Universität
kamen auch in anderen Universitätsstädten vor. So in Freiburg
im Breisgau, und es ging in der Regel viel Zeit darüber hin, bis
eine ausgleichende Verschmelzung bewirkt wurde. Schreiber,
Gesch. d. St. Freib. Th. III. S. 119.
142) Ännall. Univ. T. V. F. 41.
Vorsiehtsrnnassregeln währ. d. Bauernkrieges, Kostenbeitrag. 405
sollte diese Wache auf dem Fischmarkt sich versammeln
und die weiteren Befehle abwarten. Als Anführer der
Studenten war ein Barbier, mit Namen Adam, bezeichnet,
und, um das Vorhaben alsbald ausfahren zu können, wurde
der Universität aufgegeben, ein Verzeichniss der Studiren-
den dnzureichen.
Durch diese Anordnung glaubte sie sich jedoch
in ihren Privilegien beeinträchtigt, zumal ein »Barbier«
(was als »lächerlich« erschien) Führer der Studenten
werden sollte, während viele Adelige in Heidelberg
selbst studirten , und der damalige Rector Graf
Christoph von Henneberg***) war"*). Auch den
Versammlungsort hielt man nicht für geeignet. Um nun
die ganze Sache abzuwenden, wurden alle Mitglieder der
Universität und namentlich auch die verheiratheten Licen-
tiaten versammelt In dieser Versammlung wurde be-
schlossen, auf das im Namen des Kurfürsten gemachte
Ansinnen nicht einzugehen. Uebrigens war man auf Alles
gefasst und dachte auf einen Zufluchtsort. Den Studenten
erlaubte man nach Hause zu gehen ; doch sollte ihnen, falls
sie zurückkehrten, die Zeit dieser unfreiwilligen Abwesen-
heit angerechnet werden **^).
Da es in dem Bauernkriege besonders auf die Geist-
lichen und ihre Güter abgesehen war, bot der Kurfürst
den Universitäts-Angehörigen seinen Schutz an"^, ver-
langte aber auch zugleich, die Hochschule und ihre Mit-
glieder sollten im Verhältniss zu dem Ertrage ihrer Be-
sitzungen, Pfründen und Beneficien auch, wie alle andern
143) Histor. Acad. F. 76 sqq. gibt Henneberg' s Leben.
144) Annall. Univ. T. V. F. 78, b : »Quod videretür ferme ridi-
culom esse et parum decens praesertim eo tempore, nbi Rector
Universitatig esset Comes adessentque reliqui multi nobiles, quod
sab rasore duce, quanquam ciye integro et honesto, confluere de-
berent in locnm praesertim non usqne adeo aptnm.c
145) Ibid. F. 78, b.
146) Ibid. F. 78, a. An den Rand ist geschrieben: »Ecce Sta-
dium optimi principis erga nnlTersitatem et bonas litteras.«
406 1' ^^*ch' JJ". Periode. 3. ^6«cÄmtt. (1508—1544.)
Unterthanen, öffentliche Lasten tragen und Grundsteuer
bezahlen. Allein trotz aller Bemühungen des Regierungs-
beamten, des Barons Schenk Eberhard von Erbach,
verweigerte es , wie früher, auf , ihre Privilegien gestützt,
die Universität ,auf das Bestimmteste. Sie that dieses in
Folge eines Beschlusses, welcher in einer Versammlung
aller Universitäts- Angehörigen gefesst worden war. Auch
eiTeicbte sie vollständig, was sie wollte. Durch Vorstel-
lungen und Bitten gelang es ihr, frei von den öffent-
lichen Lasten zu bleiben **^).
§ 16.
Sitten. Ansteckende Krankheiten 1509^ 1510. Aufent-
halt der Contvbernien in JEberbach 1528, 1529. Fre-
quem der Universität,
Das yerhältniss zwischen der Universität und der
Bürgerschaft war schon dadurch sehr gespannt, dass die
Bürger trotz aller ihrer Bemühungen und trotz des guten
Willens djer Kurfürsten es nicht dahin bringen konnten,
dass dem Missbrauche, welchen die Hochschule mit der
ihr zugestandenen Steuerfreiheit trieb, abgeholfen wurde.
Vermehrt wurde aber diese Spannung durch Excesse, die
von den Studenten verübt und auf von den Bürgern vor-
gebra^:hte Beschwerden von der Universität entweder nur
gelinde oder gar nicht bestraft wurden. Beraubungen der
Gärten und Felder, Herumziehen "mit Waffen unter Lärm
und Geschrei war nichts Seltenes. Es kam aber noch
Schlimmeres vor. Am Neujahrstag 1510 stürmte ein Stu-
dent während des Hochamtes mit einer Narrenkappe in
die Kirche zu Handschuchsheim, trieb dort
»öffentlich viel gespesse vnd narren wercks« und brachte
»viel ergernis dem armen Volcke« **®).
147) Annall. Univ. T. V. F. 78, a. b. 79, a. 87, b. 92, b. Dass
auch zu dieser Versammlung die »licentiati uxorati« eingeladen
wurden, wird ausdrflcklieh in den Acten angefahrt.
148) Ibid. T. IV. F. 123, a.
Sitten, Anst, Krankheüm, Auf m1h.m Eberbach. Frequenz. 407
Auch zur Fastenzeit wurde vielerlei Unfug von den
Studenten getrieben. Sie .führten grosse Maskenzüge auf
und hielten in dem so genannten »Dantzhausz« Tänze, so
dass der Rector der Universität durch ein besonderes
Verbot vom 15. Januar 1515 mit einer Strafe von 4 fl.
— damals eine sehr bedeutende Summe — dagegen ein-
schreiten musste ^^%
Allein entweder fehlte es der Universität an dem
Willen oder der Kraft, die Ordnung aufrecht zu erhalten.
Die Klagen über ordnungswidriges Betragen der Studen-
ten dauerten fort, und zuletzt sah derKm'fürst selbst sich
veranlasst, im Jahre 1532 der Universität sein Missfallen
über die Aufführung der Studenten zu eröffnen, und
sie aufzufordern, die Ordnung bei ihren Angehörigen
strenge zu handhaben *^®).
Auch in demselben und dem folgenden Jahre muss-
ten Nachtschwärmereien, lärmendes Herumziehen in den
Strassen und der Aufenthalt in schlechten Häusern durch
eigene Verfügungen verboten werden. Wenn sich daher
die Anstalt* in einer Eingabe an die Kurfürstliche
Regierunf^ in demselben Jahre 1532 (in profesto sancti
Lucae Evangelistae) wandte und anführte, dass »die unschul-
digen Studenten ganz onverschulter Sachen von etlichen
Hofgesindes« angegriffen würden, so ist diese Beschwerde
wenigstens mit Vorsicht zu betrachten ^^^). Denn nicht
lange nach dieser Eingabe muss die academische Behörde
wieder gegen das Betragen der Studenten mit einer Ver-
ordnung einschreiten *^*).
149) Annan, üniv. T. IV. F. 214, a.
150) Besonders wurde iu dem Kurfürstlichen Decrete gerügt,
»dan die Studenten vnd personen In der vniversitet gemeinlich ynd
besonderlich iu Bursen vnd collegio Artistarum vber vnd ausserhalb
gewenlicher malzeit vnd nottürftig lybs versehung ,viell teglicher
vberfliessigen vnd speten zechen haben, dardurch sie ire studia ver-
seumen.« Annall. üniv. T. V. F, 297, b. 298, a.
151) Ibid. F. 297, b. 298, a. 806. 816, b.
152) Diese lautet: »Cum bona pars studentium rasos capillos
408 X Buch. IL Periode. S, AbschmUt. (ISOd—lSU.)
Auch unter Ludwig's Regierung herrschten a'ns.te-
ckende Krankheiten in Heidelberg. Kaum hatte sich
die Universität nach dem Jahre 1508 wieder gesammelt
(S. 356), als sich schon im folgenden Jahre Professoren
und Studenten aus der Stadt abermals flüchteten. Gleiches
geschah 1519, wo der Bector nach Niederlegung seines
Amtes mit den Professoren und Studenten Heidelberg
yerliess. In Folge eines von dem Rector 1520 erlassenen
Edictes sammelten sich die Universitäts - Angehörigen
wieder. Bald brach jedoch (1525) der Bauernkrieg aus,
und, kaum war die Furcht vor demselben vorüber,
als 1528 eine ansteckende Krankheit die Contubemien
veranlasste, nach Eberbach überzusiedeln (die Universität
blieb in Heidelberg), von wo sie erst im folgenden Jahre
zurückkehrten ^*').
Unter solchen Verhätnissen musste auch der Besuch
der Universität sehr verschieden sein. Es gab Jahre, wie
1520, wo nur 14 und 1529, wo nur 25 immatriculirt wur-
morionam more gestant et tunicis humero tantam injectis indecen-
ter contra statuta incedant, conclusam est, ut illi qtücunqae sint in
conspectum Universitatis vocentur et magna cum severentia statuto
hac de re disponente corrigantur et redarguantur.« Annall. üniv.
T. V. F. 140, b.
Hier können wir nicht umhin, des Vergleichs halber aus Ro-
bert von MohPs »Geschichtlichen Nachweisungen über die Sitten
und das Betragen der Tübinger Studirenden während des 16. Jahr-
hunderts« Folgendes mitzutheilen: Beleidigung der Wächter ist
mit 15 Tagen Carcer zu bestrafen. Nachtlärm ist bei Garcerstrafe
verboten, namentlich wird Musik machen auch darunter verstanden ;
wer nach der Abendglocke ohne Licht ausgeht, kommt 14 Tage
ins Carcer. Verboten sind alle aufgeschnittenen, geschlitzten und
gestickten Kleider , kurze Böcke und Mäntel , Filz- und Reisehflte,
Pladerhosen und solche Beinkleider, welche mit gesuchter Neuerang
geschlitzt und überdies den Henkersknechten nachgeahmt seien.
(S. 7. 8.)
153) Matr. lib. HI. Acta Fac. Art. T. IH. F. 124, a. T. IV.
F. 124, a. Annall. Univ. T. IV. F. 322, b. 330. T. V. F. 214, a.
Vergl. auch oben S. 164, Note 185, wo von der Wahl des De-
eanes der Artistcn-Facultät die Rede ist
Ludwig'8 V. Tod. 409
den. In anderen Jahren stieg diese Zahl. So wurden
1536 neu aufgenommen: 90, 1540: 100, 1541: 107,
1542: 102, 1544: 85 *»*).
§17.
Ludwig' 8 V. Tod.
Dem Kurfürsten soll von seinem Mathematiker vor-
her gesagt worden sein, er werde auf einem Reichstage
sterben. Als daher am 21. Februar 1544 ein solcher in
Speyer eröffnet wurde, begab er sich auf die möglichst
kurze Zeit dorfliin und kehrte sofort wieder nach Heidelberg
zurück. Hier starb er jedoch schon am 16. März desselben
Jahres. Seine letzten Jahre waren für ihn eine Schmerzenszeit.
Er litt an der Wassersucht, und ein Schlaganfall, welcher dazu
kam, endigte sein Leben, an welches sich friedliche Erinne-
rungen knüpfen, und dessen Andenken keine gehässige
That befleckt In Ruprecht' s königlichen Hallen be-
wirthete er Kaiser Karl V. und dessen SohnPhilippü.
Da er keine Kinder hatte, folgte ihm in der Regie-
rung statt des eigentlichen Kurerben, Otto Heinrich,
nach der testamentarischen und vom Kaiser anerkannten
Bestinunung des Kurfürsten Philipp, sein bereits 61 Jahre
alter, ebenfalls kinderloser Bruder, Friedrich IL^**)
154) Matr. üb. HI.
155) Häusser, S. 397. 398. Vierordt, S. 339.
Vierter Abschnitt
Die Universität unter der Begierung des
Kurfürsten Friedrich n.
1544—1556.
§1.
Der Kurfürst bestätigt die Privilegien der Universität
Als Friedrich IL, welcher, der Weise zugeoannt,
den Wahlspruch »vom Himmel kommt der Sieg« ^) führte,
die ilegierung angetreten hatte, versammelte sich am 4. April
1544 der academische Senat und beschloss, ihm zum
Regierungsantritt Glück zu wünschen und einen ver-
goldeten silbernen Pokal im Werthe von 40 fl. zum Ge-
schenke zu machen. Dazu sollte der üniversitats -
Fiscus 12 fl., die theologische Facultät 6 fl., die juristi-
sehe 10 fl. und die medicinLsche und Artisten - Facultät je
6 fl. beitragen. Zugleich sollte der Kurfürst um die Be-
stätigung der üniversitats - Privilegien gebeten werden^
1) Hubertus Thomas Leodius: De vita et rebus gestis
Friäerici IT. 1624. Dieses Werk ist besonders ausgezeichnet durch
die Freimüthigkeit, womit der Verfasser (Secretär und Rath Fried-
rich's) das Leben seines Helden, eines eben so schlechten Haus-
hälters, als an Hoffnungen und abenteuerlichen Projecten immer
sehr reichen Mannes, schildert. Einen Auszug aus dem Werke
gibt Moser im Patriot. Arch. Th. HI. S. 541 ff. Noch ist von
Leodius vorhanden: Gesch. d. Bauernkrieges v. J. 1525 u. Gesch.
der Thaten des Franz von Sickingen in Fr eh er: Scriptor. rer.
germ. T. HI.
2) Annall. Univ. T. VL F. ciÄl, b.
Der Kurfürst heaUUigt die Privilegien der UnivereitcU. 411
Als der Pokal fertig war, wurde er am 15. Juni 1544
dem Kurfürsten von dem Rector^ mit der Bitte über-
reicht, dieses » Drinckgeschirr in gnaden« anzunehmen
und die der Universität schon von jdem Kurfürsten Ru-
precht I. »gebenen Freyheitten gnedigst zu bestettigen«,
und die weitere Bitte beigefügt,
der Kurfürst möge seinen »amptleuten in Heidelberg
als Faut vnd schultheissenc befehlen, »dass sie sich gegen
allenn der univetsitet angehörigen yermög inhabender zuge-
stellten Eurfürstl. freyheitten .vnd Privilegien gemess wollen
haltenc *).
Der Kurfürst nahm Rede und Geschenk freundlich
auf und versprach, diese Bitten zu erfüllen *). Da
dieses sich jedoch verzögerte, so wiederholte dieselbe am
5. September in einer ausführlichen Eingabe ihr Gesuch %
worauf' alsdann die Gewährung in einem, jedoch, wie die
von Friedrich's Vorfahren ertheilten Bestätigungen'),
in allgemeinen Ausdrücken gehaltenen Documente, » datum
vflf montag nach Exaltationis Crucis«, 1444 erfolgte^.
Damit war aber die Universität nicht zufrieden und trug
deshalb in einer Eingabe vom 13. October weitere Bitten
dem Kurfürsten vor. Veranlassung dazu fand sie in dem
Umstände , dass ihr derselbe durch seinen » HofF-
meister« habe mittheilen lassen, sie solle es anzeigen,
wenn sie » mengeil , bresten vnd beschwerniss « hätte.
Diese Eingabe ^\ enthielt folgende Punkte:
1. Sei »den Meistern und Schülernc vollständige Zoll- und
Wegfreiheit zugesichert, jetzt aber werde keiner für »zollfreyc
3) Der academische Senat bestand damals aus 5 Käthen (con-
siliarii) oder Assessoren (consilii assessores), aus 2 Superintendenten
und aus 2 Praefectis rei frumentariae. Annall. Univ. T. VIII.
F. 22, b.
4) Ibid. T. VI. F. 361, a bis 862, b.
5) Ibid. F. 362, b.
6) Ibid. F. 878, a. b.
7) Vergl. die Urkunden des Univ. Archivs No. 8 (S. 288), No.7
<S. 296), No. 24 (S. 863).
8) Original-Urkunde, Univers.-Arch. unter Nr. 11.
9) Annall Univ. T. VI. F. 381, a bis 384, a.
412 l' Buch. IL Periode. 4. AbschwiU. (15U—1S66,)
gehalten, »er hab dann dessen jedes mall brieffllich schein
aus chnrf. Cantzlei , welcher den zukommenden und abziehen-
den pcrsonen aus allerhandt vrsach hoch beschwerlich, den
solch Brief etwan langsam erlangt vnd zu besorgen, es werde
mit der zeit schenk und gab für die Brieff geforderte. Die
Universit&t bat nun, diese Verordnung aufzuheben, so
wie auch, dass »die profeBSores liberalinm studiorum ah
doctores, magistri, schuler vnd andere liebhaber der edlen
freyen kunsten aollen vfif allen Strassen des zolk vnd weg-
geldes vnd anderer bürgerlichen beschwerdt Irer person vnd
hab halb gefreyet seine.
2. Wäre der Universität »ein freyer lediger thomossc auf den
Zoll zu Barharach zugesichert und der Zollschreiber hätte
bisher ihr einen Schwur darüber ablegen müssen, »des
thomoss getrewlich zu gewarten vnd das geld, so davon
gefallen, alle jähr den Stipendiaten on Hindernuss vnd ge-
verde« abgeliefert.« Der dermalige ZoUscbreiber aber habe
sich bisher geweigert, der Universit&t zu schwören, wenn er
nicht einen besondem Befehl dazu vom Kurfürsten erhalte.
Es wurde nun gebeten, diesen Befehl an den Zollschreiber
zu erlassen.
8. Nach den der Universität durch päpstliche Bullen u. s. w. zu-
gestandenen Rechten sollten die »presentationes vff alle lec-
turen on eynige beschwernuss, gelt oder exaction ans der
churfürstl. Kantzlei den nominirten Lectoribus vnd profes-
soribus« mitgetheilt werden ; jetzt aber werde »ein Eanzleitax«
von 4 bis 10 und mehr Gulden für die Presentation gefor-
dert ; um Aufhebung dieses Brauches bäte sie jetzt ebenfalls.
4. Beschwerte sich die Universität, dass die zu »wolfart vnd
vnderhaltung aller lesenden personen vnd professoren der
obersten dreyer facultäten verliehenen viel herliche pfrOnden
vnd prebenden viel abbruch vnd schmelerung« erlitten und
die Stifter ungleich mit derselben theilten. Die Hoch-
schule bäte deshalb, »das zu gelegener Zeit, so widder gute
fruchtbare jähr kommen, mit den Stiftern ein tractat vnd
handlung furgenommen werde«.
5. Zu jeder Zeit hätte, den Privilegien der Anstalt gemäss,
der »Fant und schultheiss« zu Heidelberg dem Bector ge-
schworen, »ihm vnd der Universitet mit sondern pflichten
zugethan zu sein«; jetzt aber weigerten sie sich dessen,
weshalb man bäte, darüber die nöthigen Befehle zu er-
lassen.
6. Der Universitätsfiscus sei durch »vielfeltig ausgebens« and die
Die von dem Knrfurstm betibsü^tiffie Ünwersitäts-B^arm. 41S
»misswachs^nden jähren« so erschöpft, dass sie selbst
dadurch immer mehr in YerfoU gerathe. Ihre Bitte gehe
deshalb dahin, »die gefeil des fiscus in Besserung vnd
in ein bestendiges wesen« zu bringen.
Hierauf Hess der Kurfürst am 25. November 1544
durch seinen Canzler, Heinrich Haass, der Universität
einen mündlichen Bescheid zugehen, durch welchen ihr
die Bewilligung aller Punkte zugestanden wm-de mit Aus-
nahme des ersten und des dritten, bei welchen der Kur-
fürst auf seinem Willen heharrte. Nur wurde in Betreff
des fünften Punktes die Hochschule von dem Canzler er-
mahnt, sie solle darauf achten, dass sich die Studenten nicht
bei Nacht, und da am wenigsten in anderer, als in Stu-
dentenkleidung (vestitu scholastico), auf den Strassen
herumtrieben ,
»dan man kenne zu zeitten nit erkennen, wer ein Student
oder schneiderknecht sei. Darum muss man etwan einen
behalten zu nechtlicher weyl bis man Inen morgens kan
kennen, et hie attendat oniversitas.«^^)
§2.
Die von dem Kurfürsten beabsichtigte Reform der
Universität.
Unter der Begierung Ludwig's V. hatten, wie er-
wähnt, bedeutende Männer und ausgezeichnete und be-
rühmte Gelehrte und Lehrer, wie Grynäus, Münster,
Sinapius, Micylluä, van dem Busche u. A., thdls
wegen allzugeringer Besoldung, thefls wegen der an der
Anstalt herrschenden scholastischen Barbarei ihre Stellen
an derselben angegeben.
Mit dem Regierungsantritte Friedrich'sII. trat eine
Aenderung ein. Ohne selbst wissenschaftlich gebildet zu
sein — denn Friedrich war nur in der feineren Hof-
sitte der Zeit, in den lebenden Sprachen Frankreiebs und
10) Aanall. Univ. T. VI. F. ^ b. 886, a.
414 I. Buch. IL Periode. 4. Abschnitt. (UU^1666.)
Spaniens bewandert — hatte er doch Männer zur Seite,
welche über die Wissenschaft und ihre Pflege günstiger dach-
ten, als der Canzler von Flecken s tei n ^^). In erster
Reihe stehen Fried rieh's beide Canzler, Hart mann
vonEppin gen (Schwiegervater des Nicolaus Cisner).
und nach dessen Tode (1547) Christoph Probus. Der
erste war ein allseitig gebildeter und freundlich gesinnter
Jurist, welcher seine niederen und höheren Studien in
Heidelberg gemacht und seinerHochschule selbst von 1523 bis
1527 als Lehrer angehört hatte. Ihm, der seit Jahren Frie-
drich's vertrauter Begleiter und bis zu seinem Tode (1547)
dessen cinflussreichster Rathgeber geweseji war, schrieb
man einen grossen Theil der Verbesserungen zu, welche
unter Friedrich H. in den Einrichtungen der Univer-
sität ausgeführt oder angeregt worden sind * ^.
Ausser den beiden Canzlern hatte aber auch noch ein
anderer Pfalzer, der schon (S. 392) als Anhänger Luther's
genannte Pfarrer und Professor Stolo aus Rheindiebach
bei Bacharach ^') bei dem Kurfürsten, dessen Hofprediger
er in der letzten Zeit war , grossen Einfluss ^*).
11) Häusser, S. 609 ff.
12) Hartmannus Hartmanni, wie er gewöhnlich heisst,
war Professor Codicis und zugleich Syndicus der üniyersität. Sein
Vater war Andreas Hartmann, welcher 1463 das Rectorat
bekleidete. Histor. Acad. F. 66. Ueber Andreas Hart-
mann, Hartmannus Hartmanni und dessen Sohn Hart-
mannus Hartmanni TL haben wir ausfohrlich gehandelt in
unserer Gesch. der Stipendien, H. I. S. 16 ff.
13) Mel an cht hon schrieb von Worms aus Aber ihn an
Luther: >Iam Palatini (Principis) concionatorem adversarii au-
dierant : qui et constantiae et eruditioniB landem adeptus est.c Veigl.
Lyc. origg. p. 13, wo die Quellen aber Stolo' s Leben an-
geführt sind.
14) Friedrich liess 1546 die Universität auffordern, den
Stolo zum Rector zu wählen, was sie auch, jedoch mit Wahrung
ihres freien Wahlrechts, that. Ann. Univ. T. YL F. 436, a. Hart-
mann und Stolo werden in den Acten »Domini Reformatores«
genannt und von beiden heisst es: Pen es quos yiros integerrimos
juxta ac prudentissimos hoc |empore (1547) facultatis artium
Die vcn dem Kwtßtraten }>e(i^8ichtigie Universitäts-Befonn. 415
Schon am 13. Januar 1545 eröffnete der Kanzler dem
Rector der Universität, Johannes Wagenmann, wie
der Kurfürst mit Bedauern den stets zunehmenden Ver-
fall der Hochschule wahrnehme. Zugleich händigte er
demselben eine Schrift ein, in welcher diese beauf-
tragt wurde, eine Reihe von Artikeln über ihre Ver-
besserung in Erwägung zu ziehen und darüber zu
berichten ^%
Hieratif trat die Universität am 16. Januar 1545 zu-
sammen und beschloss, die einzelnen Facultäten sollten
die fraglichen Artikel beantworten. Nachdem nun diese
am 25. Januar ihre Arbeit vollendet hatten, wurde weiter
bestimmt, die Antwort durch den Rector imd die Dekane
der vier Facultäten dem Ganzler zu überreichen, was am
16. Februar in feierlicher Weise durch eine Deputation
geschah. Der Ganzler nahm sie freundlich auf und ent-
liess sie. mit der Antwort: Der Kurfürst werde diese
Schriften lesen imd sich bemühen, ihre Anstalt wieder
in einen blühenden Zustand zu bringen ^®).
Mit den einzelnen Schreiben, welche die Antwor-
ten der Facultäten, der Gontubernien und des Dionysianums
enthielten, überreichte der Rector zugleich eine Schrift
im Namen der Universität, in welcher diese dem Kur-
fürsten sich empfahl und ihn um die Fortdauer seiner
Huld bat^O-
Von den Antworten der einzelnen Facultäten findet
sich nur die der Artisten - Facultät in den Acten ^®).
Diese drang auch jetzt wieder am Entschiedensten und
et Golkgii principis reformatio potissimum erat.« Acta Fac. Art..
T. IV. F. 22, b.
15) Ibid. F. 389 bis 391, b. Acta Fac. Art. T. IV. F. 5, a bis 7, a
Die betreffenden Stellen, so wie ein Theil der Schrift des Karfarsten,
sind abgedruckt in Lyc. origg. p. 14.
16) Annall. üniv. T. VI. F. 391, b bis 392, b.
17) Ibid. F. 393, a. b. 394, a.
18) Acta Fac. Art. T. IV. F. 7, a. 9, a. Die Hauptstellen
sind abgedruckt in Lycei origg. p. 18 ff.
416 -f- ^^^ch, L Periode. 4. MäOmiU. (UU^lö66.)
Kräftigsten auf eine Reform. In ihrer AntwcMrt beantragte
sie die Anstellung von Professoren der Matliematik und
der hebräischen Sprache; die Vereinigung d^r verschiede-
nen Bursen und Aufhebung der scholastischen Secten ; die
Gründung eines Pädagogiums, Erhöhung der Besoldung
der Regenten und die Erlaubniss ihrer Yerheirathung.
Der KurfÄrst war jedoch mit der Antwort der Ar-
tisten-Facultät nicht zufrieden. Eben so wenig befriedigten
ihn die ihm von den übrigen Facultäten vorgelegten Be-
richte. Er erliess daher am Freitag nach Oculi desselben
Jahres ein Schreiben an die Universität, in weldiem er
sie aufforderte, ihm binnen Monatsfrist neue Berichte
der einzelnen Facultäten vorzulegen. In diesen sollten
die Mängel ausführlich dargelegt und Mittel vorgeschlagen
werden, wie den »herbrachten gq>rechen, vnfleiss vnd
on Ordnung« abgeholfen werden könne. Auch eine
bessere Ordnung bei den Promotionen und Stipendien
verlangte der Kurfürst "). '
Das ausführlichste Gutachten gab die Artisten-Facul-
tat ab *^). Auch dieses ist noch vorhanden '*). Indem
wir bedauern, es seines grossen Umfanges wegen nicht
vollständig mittheilen zu können, müssen wir uns begnü-
gen, aus demselben anzuführen, dass es einen Lections-
plan für das zu errichtende Pädagogium enthielt, und, was
19) Annall. Unit. T. VI. F. 395, a.
20) Ibid. F. 7, b. »Decanus facta convocatione petitionexn
lUastrissimi Principis in senatu recitavit, ubi Facultas ex re censnit,
personis aliqoibus cum Decano hoc officii imponere, ut de rebus
singulis aliquid consultareat, consoltata ad integram Facaltatem
referrent. Deputati sunt ad hoc viri clarissimi Guendalinai
Sprenger, Joannes Geyselbachius, Joannes Dotslerus
(Leontorius), Arnoidus Obsopoeus (Koch), Gubanus, Magistri,
sontque ab iUis qnaedam concepta et ad integrum senatum (Fa-
cultatis) relata, ubi jndido habtto quaedam addita/ quaedam mu-
tata sunt.«
21) Acta Fac. Art. T. lY. F. 7, b. 9, a. Zum Theü ebenfalls
abgedruckt in Lyc. origg. p. 21 sqq.
üe ArtiBten - Faenltat angiog, so worden geeignete Lehr-
säle gewüoBoiit imd die Lehrftcher genau eagegdben,
welche die Sjtudirenden hören «tilken; die Exerdtien und .
Dtsputatlonen <uid die Art der Promotäanen bei den
Baccalaureen u. s. w. waren in gleicher Weise bestimmt
Ausserdem wandte sich der Kurfürst aber Auch an
seinen berülimten Landsmai^n, Philipp Melanchtbon,
und ersuchte diesen nicht nur um seinen £ath, sondiern
berief ihn auch hi ehrenvolister Weise (28. März 1Ö45)
an die Universität**). Melanchtbon schlug jedoch die-
sen Biuf aus *^j , schickte .aber ^w^i Schriften Ober die in
S<^ule und Kirche vorzunehmende Brf^rm. Diese waren
jedoch keine besonders für den Kurfürsten von der Pfab
ausgearbeiteten, sondern die «chon für Kursacbsen heraus-
gegebenen Sdiriften: ^Befermatio Wittebergensis« und
die »Leges Academiae Wittebergensis* ■*).
22) Vierordt, B. 348. 347. — Nach Joseph Scaliger's
Behauptung war Melanchthon Einer der wenigen Deutschen,
die gut Latein schrieben; denn »diese«, sagte er, »schreiben Latein,
es sei, wie es wolle, wie sie Wein trinken, wenn es nur Wein ist.«
23) Nach der yon dem Eurfttrsten erhaltenen Einladung schrieb
Melanchthon im Monate März 1546 an M. Gollinus: »Gres-
cunt mihi labores nunc post Lutheri mortem, cumque jam yocatus
essem ab Electore Palatino in Academiam Khenanam, quae est in
oppido Heidelberga, in meo natali solo, tarnen h!c propter multas
causas retineor. Et profecto, etsi amo patriam, tarnen eo nunc
manendum esse duxi, guod, si quo abirem, homines maledici xal
ffiXo^oyoi mox dicerent, me Luthero mortuo sedem novo dogm^ti
quaerere.« Bretscfaneider, Corp. Ref. T. V. p. 95. Leodius,
Tita Friderici 11. p. 205.
24) Bretschneider theilt beide Schriften a. a. 0. T. V.
8. 578—643 und T. X. S. 992 — 1024 vollständig mit. Ausführlich
haben wir über dieselben gehandelt in den „Heidelb. Jahrb. der
Ltterat.** 1846. No. 10. 8. 150.
In Beziehung auf das ünterrichtswesen heisst es in der ge-
nannten Reformatio, 8. 605:
»Das ist ganz offen tlidi, dass zur Erhaltung christlicher Lehr
und Regiment die schulen nöthig sind, und w&re sehr nützlicji
dass christliche verständige Bischöfe auf die Schulen ein besonder
Aufbeben hätten von wegen vieler Stuck:
Hftats, Gesch. d. Univ. Heidelb. I. 27
418 I' Buch. IL Periode. 4. Ahtfchmtt. (t&U^1566.)
Trotz der Bemühungen des Kurfürsten kam eine
Reform der Universität jedoch nicht zu Stande. Es blieb
bei einem Entwürfe. Dieser wurde auch nach F. P. Wundt's
Angabe bei den Universitäts- Acten aufbewahrt '^), ist aber
jetzt nicht mehr vorhanden ■^,
Erstlich, dass die christliche Lehr von den Theologen rein und
eintrftchtiglich gelehrt würde.
Zum andern, dass die erste Jagend zu den Eflnsten und Sprachen
aufgezogen würde, welche zur Erklärung christlicher Lehr nöthig
sind.
Zum Dritten, dass christliche Zucht in Universitäten aufgericht
werde, dass das junge Volk nicht in dem freien unordentlichen
Wesen lebe , wie jetzund leider in Universitäten zu sehen , dass sie
leben wie müssige muth willige Landsknecht, und wird die Jugend
nicht allein nicht zu geistlichen Uebungen gehalten, sondern achten
auch weltlicher Tugend wenig. So denn solche freche Leut emadi
in die Regiment kommen, die ohne gei9tliche Uebungen, ohne Gottes
Anrufung und Gebeth und ohne gute Sitten erzogen, was kann da
Gutes folgen ?€
25) Beiträge zu d. Gesch. d. Heidelb. Univ. S. 44. Die Auf-
schrift des Entwurfs war : »Reformatio Universitatis de anno 1545.«
26) Das nachfolgende Bruchstück hat G. G. Wundt (De ord.
phil. P. II. p. 18. 19) aufbewahrt: »Auf das obgemelter Künste
verordnete Lectiones in philosophia triplid vnd mathematica den
discipulis desto verstendiger vnd der Barbaries halber weniger be-
schwerlichs werde fürgelesen, so ordnen vnd schaffen wir, das alle
Lectiones triplicis philosophiae vnd mathematices nicht in den alten,
sonder besten Theodori Gaze, Hermolai Barbari, Bessarionis Gar-
dinalis, Archyropoli, oder in paraphrasibus Stapulensis gelesen
werden.«
Demnach der freyen Künste nutzbarliche stndia, aus denen
alle andere faculteten erwachsen, vast der Ursachen, das solliche
der philosophey vnd mathematiker bücher zum theil valsch, Bar-
bare, den discipulis, ja auch den praeceptoribus vnverstendig, aus
der griechischen in die lateinischen spräche transferirt sejrn, der-
halben die lectores von des Texts declaration auf ganze onfrucht-
bare disputationes de formalibus Scoti, Anthonii, Stephani Bruliffer,
Johannis de Magistris, Thome geratten, die den discipulis zu war-
haftigem der freyen Künste Fundament, auch der andern faculteten
lere ganz nichts erschossen haben, geiPallen seint; So ordnen vnd
schaffen wir, damit sollich onfruchtbare Verschwendung des studii
Zeit abgeschnitten werde, ^nstlichen, das die lectores, hindangesetzt
aUer vnnützen, spitziger questionen vnd argutias, den claren Text,
Wiederholter Versuch emer Beform der ünie. Gutachten. 419
§3.
Wiederholtem* Versuch einer Reform der Univerütät.
Gutachten des Paul ^agius, der Hochschule und der
Artisten'' Facultät.
Der Kurfürst liess sich durch den misslungenen Ver-
such, der Universität eine Reform zu geben, nicht ab-
schrecken. Die Verbesserung sollte sich jedoch zunächst
nur auf die Artisten -Facultät und die Errichtung eines
Pädagogiums erstrecken. Schon im Anfange des folgen-
den Jahres (1546) berief er aus Strassburg den Paul
Fagius (Buchlin) zur Unterstützung seines Vorhabens
als Rathgeber ■'). Dieser arbeitete auch alsbald zwei
Gutachten aus ^% von welchen jedoch nur noch der Schul-
plan übrig ist ^®). Beide wurden nun am 14. October 1546
der Universität zu sorgfältiger Prüfung übergeben. Diese
erklärte sich aber dahin,
dass sie mit »wichti oberen Geschefften« beladen sei und
es ihres »geringen Verstands nit rathsam dunkt Fagii rathschlag
in allen seynen punkten vnnd Partieuln nachzugehen oder
künftige Reformation (so nit precipitanter, sonder mit gotter
furberachtung billig furgenommen werden solle) darnach an-
zustellen sei«.
^ecundttm expositionem Themistii, Joannis grammatici et Prisciani,
Philosophi AverroiB et inter Latinos Jacobi Stapulensis vnd Jodoci
Clichtovei den discipulis vorlesen.«
27) Fagius, war aus Rheinzabem und wurde in einem Alter
Ton 11 Jahren mit 8 Batzen Reisegeld nach Heidelberg auf die
Neckarschule geschickt. Gesch. d. Neckarsch. S. 29. 32 u. Lyc.
origg. p. 8. 26.
28) Das erste war überschrieben: »Deliberatio et Consilium
Reformationis Artinm Academiae Heidelbergensis. lUnstr. vestra
«lementia obseqoentiss. Paulus Fagius« imd das zweite: »Forma
instauratae scholae Heidelbergensis, ^[uae aperietur Calendis Noveni-
bris.« Annall. ünir. T. VI. F. 429, a.
29) Ibid. T. Vn. F. 414, a. b. 415, a. b. Der Schulplan ist
ToUstftndig.mitgetheilt in Lyc. origg. p. 27.
27*
Darauf wurde auf die »geferlichen schweren Zeitten«
hingewiesen, doch die Versicherung beigefdgt, dass sie
(die Universität) »nit der Meynung sei, die Reformation
In eynigem Wege zu veiliindem«.
Mit dieser Erklärung war der Kurftirst jedoch keiB««-
wegs zufrieden. Er wies sie mrAck und forderte die
Universität durch seinen Secretär Leodius auf, inner-
halb 3 bis 4 Tagen ausführlich über den von Fagius
entworfenen Plan zu berichten und dessen Mängel anzu-
geben. Diesem Auftrage entsprach nun die Anstalt in
einer ausführlichen Eingabe, in welcher sie sich im
Allgemeinen gegen dessen Ausführbarkeit erklärte und
wiederholt auf die damaligen Kriegszeiten hinwies, in wel-
chen »Studium philosophicum et armorum nit wol bei
einander besten« '®).
Auch die Artisten - Facultät war zu einem Gutachten
über den von Fagius ausgearbeiteten Lehrplan von dem
Kurfürsten aufgefordert worden. Diese sah die Sache mit
anderen Augen an, suchte das auf der Universität bisher
herrschende scholastische Treiben zu entfernen und drang,
die Anforderungen der Zeit «rkeoaiend, imm^ mcAr auf
Erneuerung des geistigen Lebern'^).
In dem Gutachten bcsmtragte sie genauere und
strengere Bestimmungen über die Promotionen der Bacca-
laureen und Magister; bei Anstellung von Regenten imd
Lehrern des PädAgogiuias soUte ntte Facultät den Vor*
schlag und die Universität mir das Bestätigmgsrecht
haben ; die Aufsicht über das Pädagogium als »Seminarium
Facultatis Artium« sollte ihr übertrugen werden^ sie be-
stimmte femer die genaue Angabe der Lehpfädler, "iv^di^
80) Anoall. Unir. T. VI. F. 4m, a Ms ^485, a, woBeYhst tkfli
aueh Idde Eingabe der üniverntät findet. Ein .gniSMr Thtil'demeib»
ist Bbgedrackt in Lyc. origg. p. SB tR^.
31) Aufbewahrt ist dieses €kitacbteii, wddtes fleia Kanzler tarn
AllerbWligen Tage übergeben wurde, in den Atta. Fac. Art. T. IV.
F . 17, a bis 20, b , und thailwvHe niHglBtheih » Lyc origg. p. 40
Ckt88iUIU8tutkm. WMi9bmrf.d.Mi€9Su8^ ¥euä Statuten. 421
4w StndenteD zu Mren kiufcte». Die sämmtlichen Anträge
worden von dem Knilarsten g^iehmigt'^.
Anch dieser zweite Versuch des Kurfürsten, in Ge-
meinschaft mit der Universität eine durchgreifende Reform
«terselben zu Stande zu btingen, misslang. Friedrich
liess daher ohne ihre. Mitwirkung »Statuta et ordi-
Baticmes« aufeetzeB, welche jedoch nicht in Kraft tra-
ten'^. Denn am 25. Februar 1Ö53 gab die Universität
zwei ihr gehörige Hänser, das eine an Johannes MilSus
usd das and<are n Nicolaus G isner, nur bedingungs-
weise ab'*).
§4-
Bemühungen der Artisten'- Fcumli&t mr Forderung
der claseischen Studien. Wiederberufung des MictfUus.
Neue Statuten,
Kam noii auch (fie Beform der Universität nicht zu
Stande, so war doch die Artisten - FacuMt bemüht, ihre
Zustande, so viel an ihr lag, zu verbessern, und so gelang
es ihr auch (1547), von dem damaligen Rector der Uni-
versität Stolo und dem Ganzer des Kurfürsten, Hart-
mannus Hartmanni, unterstützt, zu bewirken, dass
Micyllus, welcher (1537) wegen allzu geringer Besoldung
imch Frankfurt gegangen war (S. 378), mit einem Ge-
82) AiisfAhrUdie Am^ßbeai faieraber sind in den Act. 1. c.
F. ae, a. b und Aa8z0|>e mitgethcilt in Lyc. origg. p. 41.
33) In eodem senatu (6. Aug. 1549) propositum eat, an statuta
et CNrdinaliones illnstrisiiaii prindpis nostri nobig pablicandae tra-
ctitae, eint publice Bostiae dhioni Bubjectis perlegendae et responsum
est, mandata pro foribus ecclesiae et contnberniorum esse affigenda
«nnesque dtandos esse ad attdieaduH statuta illustriBsimi principis
aoitri, id quod domiaica saqoenti fikctum est. Annall. Univ. T. YIL
F. 35, a.
34) Ut si Beionnaftione pnblicata Uniyersitaa illis domibus ad
aHos usus opus habeat, ut ipai caaductores »latim emigrent. Ibid.
F. 183, a.
422 I- Buch, II. Periode. 4. JbaehnäL (löU-^löSS.)
halte von jährlich 100 fl. wieder berufen wurde**). An
ihm gewann sie einen anerkannt tftchtigen Vertreter der
alten classischen Literatur.
Eine weitere Sorge der Facültät war, statt der ver-
alteten und den damaligen Zeitverhältnissen und wissen-
schaftlichen Zuständen nicht mdir angemessenen Sta-
tuten'^) neue zu entwerfen und einzufahren. Da dieses
sich stets hinausschob, so suchte, sie sich dadurch zu
helfen, dass sie ältere Statuten aufhob und andere an
ihre Stelle setzte, welche sie dann durch Zusammen-
stellung zu einem Ganzen vereinigte '^).
35) Acta Fac. Art. T. IV. F. 22, b. Ausfahrliches über diese
Berufung siehe in unserer Schrift über Micyllus, S. 24 ff. — Zu.
der ursprünglichen Besoldung vou 100 4. kam 1554 eine Zulage
von 50 fl. Annall. Univ. T. VIT. F. 192. 193 , vergl. mit F. 204, b.
36) XXIII. die Decembris (1521) in concione Facultatis decre-
tum est, solum ea statuta faeuUatia praelegenda in scholis artium,
quae ad vitae morumque integ^itatem spectant, alia vero, quae de
ordinario magno (S. 79. 157.) ut vocavere, sive de lectionibos formalibus
canebant, quando haec jam olim in decanata praecedenti exf^osa
et antiquata sint, nee possint interim alia per facultatem condi,
eadem facultas abjici potius, quam non omnium cachinno praelegi
voluit. Acta Fac. Art. T. III. ad annum 1521.
37) Eine solche Zusammenstellung aus Ültem Statuten aas den
Jahren 1443—1549 findet sich im Statutenbuch der Facnltät (Univ.-
Arch. 358, 48) F. 2, a bis 46, b u. F. 5l, a. Aus derselben heben
wir folgende Bestimmungen hervor:
>Üt deinceps, quemadmodum et maltos ante annos observa-
tum fuit, Magistri stipendiati Gontubemiorum regentes atque Dio-
nysiani Sabbathinas eas publicAS disputationes, quae in superioribus
artium scholis haberi consuevernnt, diligenter visitent nee tres dis-
putationes sese mutuo consequentes negUgant^ sub unius solidi
denariorum pena.« (F. 46, b.)
>Ut in Artibus promoti Magistri in publicis Ulis mnneribos et
actibtts habitus cum duabus propendentibus Linguiis serico sabdactis
gestare.€
»Ut in publicis disputationibos Magister praesidens Gapitinm
habeat cum decenti ut voeant Birreto; argumenta vero in medium
proferentes et capitium et vestes et Birreta habeant decentia magi-
Btratusque sui majestati et dignitati non derogantia sab pena
quatuor iUorum nummorum, quas voeant praesentias.«
»Ne quis Magistrorum tam in convocationibus quam disputa-
Cla89iMihe SMUen, WMeHtmtf.d.Meißus. Neue Statuten, 423
»Weil jedoch fortdauernd die classischen Studien ver-
nachlässigt und namentlich durch die Jurisprudenz jedes
andere wissenschaftliche Streben an der Universität in
tionibas illis Sabbathinis aliam insolentioribus clamoribas aut verbig
opprobriosis injuriosisque perturbet in suffragiis votisque dandis,
neye alium minis aut calumniosis verbis vexet sub pena suBpensionis
a Regentia per inenBem aat graviori per Facultatem dictanda.«
»Ne quiB magistrorom per fitctipnes aut scbismata ad Facul-
tatis diyisionem consentiat, sie ut una factio unum, alia alium de-
cannm habeat.«
»Item quum djsputationes ille Sabbathine potissimum ingeni!
exercitandi causa institnte faerint, non unias quidem, sed planum,
vult Facnltas, ut a Magistro preside themata proponantur non unius
ferme argumenti, aut professionis unius, utpote pura theologica, sed
mixtim yaria, utpote e dicendi artibus Logicis, Philosophiae naturalis
et moralis penetralibus.« (F. 45, a bis 46, a.)
Weiter wurde festgesetzt:
Es solle keiner zum Baccalaureats- Examen zugelassen
werden, welcher nicht 1^* oder wenigstens V/4 Jahre die »bona«
artes« studirt und Vorlesungen über Dialectik, Rhetorik und über
die »praeceptiones et instituta« der lateinischen, griechischen und
hebräischen Grammatik, so wie über die »Formales completionesc
gehört habe und Zeugnisse darüber beibringe. Ferner soll er die
»Declamationes et Disputationes contubemales« fleissig besucht und
wenigstens 20 »Sabbathinis Disputationibus« beigewohnt haben.
Wollte der Baccalaureus das Licentiaten - Elxamen machen, so
musste er abermals Vf^ oder wenigstens 1 V« Jahre das Studium der
eben genannten Fächer fortsetzen und alle die angegebenen Ver-
bindlichkeiten erfüllen. Ausserdem aber musste er öfter an Dis*
putationen Theil genommen und namentlich in der »Disputatio
quodlibetica«, wenn in demselben Jahre eine Statt fand, »respon-
dirt« haben. Besonderes Gewicht wurde bei beiden Prüfungen auf
eine tüchtige Kenntniss der lateinischen Sprache gelegt.
Schliesslich wurde noch in Beziehung auf die Candidaten des
Baccalaureats und der Licentiatur bemerkt, dass Jeder, welcher in
dem Examen nicht bestanden und deshalb zurückgewiesen werde,
wenn er Drohungen gegen den Einen oder Andern der Examinatoren
ausstosse oder gar sich persönlich an demselben vergreife, 2 Jahre
lang zu einem weiteren Examen nicht zugelassen werden sollte.
(F. 47, a bis 50, a.)
In Beziehung auf diejenigen, welche den Magister-Grad zu er-
halten wünschten, wurde in dieser Zeit nur festgesetzt, dass sie
2 Disputationen zu halten hatten. (F. 51, a.)
den Hintergriind gestdlt wurde ^'), besdiless äie (1Ö51)
eine gänzliche Umarbeitung ihrer Statuten und
betraute den Micyllus mit dieseift Geschäfte '*), welcher
auch dem ihm bewiesenen Zutrauen vollständig entsprach.
Nicht lange nach dem erhaltenen Auftrage war er auch
schon im Stande, der Facultät (14. Angost 1551) den vtm
ihm ausgearbeiteten Entwurf der Statuten m zwei Sitzun-
gen vorzulesen. Derselbe wurde in allen seinen Theäen
gebilKgt und beschlossen, ihn der Universität zur Ge-
nehmigung vorzjdegen *^). Dieses geschah in einer beson-
deren Eingabe ^^).
Die Hodischule bestätigte die ihr vorgelegten Sti^
tüten ; von der Artisten - FacuMt aber wurde am 10. No-
38) Acta Fac. Art. T. IV. F. 41, a. Am deatlichsten aber er-
fahren wir, wie es damals mit den humanistisclien Stadien auf der
UniTeraität beschaffen war, ans einem Briefe des Mi cy lins
an Melanchthon (Sylvv. Üb. I. p. 20* 21), den wir aum Theil
a«eh in unserer Monographie über Mieyllus, S. 27- abdracken
liessen. In demselben hdsSt ss unter Anderem : >Oam Latus aeque
▼ideas sordescerb Graecos. Hei mihi! barbariae quanta fenestra
patetw«
99) Tertio die Janoarii qnum ister dominos (senatoreg Art
Facult^) muita nitro oitroque de statntia conferreniiir, aliis barbariem
■ermonis, aliis rertm quanindam ad kaec tempora inepthudinem
flc^usftntibns , consensum est, d» hec negotio ad senatum doiao
i^(<re<iiidum esse, ae detnitandos, qni statuta semel in omversom
perviderent acuratiusque renotarent, ad quam rem D. Micylli opera
ecttsentientibus suAragUs est exoptaia«. AotaFao. Art. T. lY. F. 39, b.
40) Ibid. P. 42, a.
41) In dieser Eingabe helMt es tniter Anderem: »Saepe ani-
madyertimus, niiius imsAWA et ridicidi reeitatione, ceteris neu
perinde inutilibus, suam quoque aactoritatem abrogari. Ne dica-
ffius, impium etiam videri et ex quo sacramenti religio praecipue
yilescat, ad id promiftend^m, quenquam adigere, quod in Universum
a aemine iservari cemitur. Qnoniam itaque ad natnrae varietatem
atecMiodafldae sutit leges, quas post aequitatem inprimis perspicui-
tas et contintio dispositio commendat, magni plt)fecto facimus da-
rissimi yiri D.Ja CO bi Micylli operam et Judicium, qui nostris preci-
btts adduetos perndit, illustravit ac puleherrfme universa nostra
statuta digessit, quod gratum posteris et ordini nostro perpetuum
ornamentum fore, nobis planum persuasum habemus.« Ibid. F. 42, b.
ökuii^eheStmäim. Wie(hrbmrf,d,B9ki^U»8. Neue Statuten, 425
Yember 1551 in einer Sitzung, in welcher Mlcyllas
nicht gegenwärtig war, beschlossen, diesem für die treffliche
Bearbeitung der Statuten »honorarii loco« einen silbernen
Ehjcienbecher ab Zeichen der Anerkennung und des Dan-
ke» als Oeadie&k zu g^m^^, dem Studenten aber, wel-
cher die Statuten sehr sorgfältig abgeschrieben hatte,
eiAen Goldgulden zu verabreichen**).
Diese Statuten enthalten Bestimmungen:
Aber die (jährliche) Wahl eines Decanes der Facultät
uod desson FnnctioneB ; (Über die Aufiiafame in den Rath
(cancilium) der FacuU&t; tther die Reehte und Pflieliten der
FaealtiUa-Mitglteder ; aber die Wahl und Pflichten der Exa-
minatoren für das Baccalaareat u. s. w. In Beziehung auf
die, welche Baccalaureen werden wollen, werden, ausser
vorwurfsfreiem Wandel, einem Lebensalter von 15 Jahren,
und dem Kachweise der Theilnahme an den öffentlichen,
jedon Samstag Statt findenden Disputationen und an dea
Privat -Disputationen, hinreichende Kenntnisse in der Gram^
matik, Dialectik und Rhetorik, und Uebung in der lateini-
schen und griechischen Sprache verlangt**). Wer Magister
werden wollte, musste von vorwurfsfreiem Wandel sein, das
18. Jahr überschritten, vertraute Bekanntschaft mit den bei-
den alten Literaturen und hinreichende Kenntnisse in det
Physik Qiid Mathematik haben. Auch war die fleissige Theil-
nahme an den schon genannten Disputationen nachzuweisen«
Die Prüfungen der Baccalaureen fanden zweimal im
Jahre statt. Jeder Examinand hatte 1 Goldgulden in den
Fiscus der Facultät zu bezahlen ; femer hatte jeder 3 ürsati
fftr das Mahl und je fünf 1 Gulden dem Pedellen zu geben.
42) ScypbuB argentew, quo Facultas D. Micyllum honoravit,
continet 10 uncias, 3 drachmae. Conatant autem singulae unciae
iVjt ursatis. Summa 8 fl., et aurei quarta monetae ursatorum seu
balensium, ut vulgo nominantur, quorum 15 tunc valebant 27 alb.
adeoque magnitudinis suae respectu vulgarem florenum unico albo^
gnperabant. Acta Fac. Art. T. IV. F. 44, b.
43) Ibid. F. 44, a. Das wirklieh schön geschriebene Origina
dieser Statuten findet sich in dem Univ.-Arch. No. 358, 48.
44) Das Baccalaureat war in damaliger Zeit ungefähr das,
was jetzt ein Maturitätszeugniss für die Schüler der Gymnasien und
Lyceen ist.
426 I' Buch, IL Pmode. 4. Abschnüt. (löU—1566,)
Für die, welche Magister werden wollten, waren ebenfallB
zweimal im Jahre Examina hestimmt. Diese selbst waren
doppelter Art. Zuerst wurde der Magistrand privatim von
der Facultat geprüft, und war er würdig befunden worden,
so folgte auf den Vorschlag derselben erst die öffentliche Prü-
fung vor dem Ganzler oder dessen St^lvertreter. Die Kosten
für die Erlangung der Magisterwürde betrugen etwa das Dop-
pelte von denen des Baccalaureats. Alle Examinatoren er-
hielten von den bemittelten Examinanden eine Entschädigung
für ihre Mühe ; arme hatten dagegen gar nichts zu bezahlen.
Die kostspieligen Gastereien wurden abgeschafft. Weiter
enthalten die Statuten eine genaue Eintheilung der zu hal-
tenden Vorlesungen, Bestimmungen über die Benutzung der
Artisten-Bibliothek und eine Instruction für den Pedellen.
Konnte auch eine Reform der Universität nicht zu
Stande gebracht werden und wussten die Theologen,
»papali zelo jSagrantes«, durch ihren Widerspruch es auch
zu verhindern, dass Fagius als Professor bei ihrer
Anstalt angestellt wurde *^), so liess der Kurfürst sich
dadurch nicht abhalten, für das Beste derselben zu thun,
was er unter den obwaltenden Umständen konnte. Da-
zu gehörte die Errichtung einiger Lehrstühle, die
Vereinigung der Bursen, die Gründung des
Sapienz-GoUegiums und des Pädagogiums.
Das Nähere enthalten die folgenden Blätter.
§5.
Errichtung eines Lehrstuhles für die Mathematik und
Ethik. Anstellung eines Lehrers der hebräischen Sprache,
Oruntler's Berufung. Olympia Morata. Ausgezeichnete
Juristen Medieiner.
Zu den Verdiensten, welche sich Friedrich II. um
die Universität erwarb, gehörte die Errichtung zweier
Lehrstühle, für Mathematik und den der Ethik.
Zu dem ersten ernannte er (1547) den Magister Jacob
45) Hottinger, p. 13.
LehrttniafarMa1hemaiihu.EUMk. Ol^piaMoratau.8.w. 427
Gurio aus Hof ^^. Dieser war Doctor der Medicin, dabei
aber auch ein ausgezeicheter Kenner der Mathematik.
Später (1556) wurde Gurio Professor der Medicin und
Johann Mercur Morsheymer (Morshemius) aus
Worms sein Nachfolger in der Professur der Mathe*
matik bis 1563*^.
Als Lehrer der Ethik wurde der berühmte Jurist
Nicolaus Gisner (Kistner, 1552) ernannt^^). Bei dem
Antritt seines Lehramtes hielt er eine treffliche Rede über
die Vorzüge und den Nutzen der Ethik**). Seine Vor-
46) »Fridericus IL peculiarem Matheseos cathedram funda-
vit, cui M. Jacob US Gurio de Hof, natus a. 1497, Medicinae Do-
ctor et insignis mathematicus , diu a FacnltatQ Artium desideratns,
tandem a Principe Moguntia huc invitatus, a. 1547. praeesse coepit.
Eodem anno statu it ordo philosophornm, eos solos in posterum ad
examen Magisterii admittendos esse, qni lectionibus mathematicis
diligenter interfuissent. A. 1551. Academiae Rectoratum gessit,
et Rectorum primus uxorem duxit. A. 1556. ad cathedram medi-
eam evectus est Gurio. Defunctns est Heidelbergae a. l572.<
Acta 1. c. T. III. F. 116, b. T. IV. F. 24, a. 39, b. Annall. 1. c.
T. TU. F. 66, a. Lyc. origg. p. 70.
47) Acta Fac. Art. T. IV. F. 77, b.
48) Sabbatho post Bartholomei (1552) rector vocatns est ad
* archivurn principis et ibidem ei in presentia consiliariorum a Gan-
cellario est indicatum, eam esse principis meutern, quatenus üni-
versitas in publicum Ethices professorem reciperet M. Nicolaum
Eistnerum Mosbacensem. Principem ordinasse illi pro stipendio
octoginta annuos fiorenos, quadraginta ex reditibus ecclesiarum,
reliquos quadraginta ex coenobio Augustiniano.
Quod cum üniTersitati esset propositum, consensit universitas
in Petition em principis atque dictum M. Nicolaum recepit in pri-
mum Ethices j/ublicum professorem, licet nova Reformatio, quae
jam edenda erat, nondum esset edita. Annall. Univ. T. VII. F. 111, b.
49) Gisneri opusc. ed. Reuter. Franeof. 1658, woselbst sich die
genannte Rede S. 699 ff. findet. Der Schrift ist Gis ner's Leben von
Reuter beigegeben, wo von seiner Ernennung zum Lehrer der Ethik
8. 7 die Rede ist. Derselben Schrift entnehmen wir Folgendes aus Gis-
ner' sLeben : 1553 zerstreute sich dieüniversität wegen einer anstecken-
den Krankheit. Dadurch wird Gisner zu einer Reise nach Frank-
reich und Italien veranlasst und kauft in beiden Ländern im Auf-
trage des Pfabsgrafen Otto Heinrich seltene Bischer. 1559
428 I Bmh. II, PfsrMe. 4. AbsehmH, (tnU^lSM.)
lesungen wumten sehr amiilreieh, besonders «leh von Ju-
riBten, besncht und in dev bald danuif erfolgten Refom
der Universität durdi Otto Heinrich den angehenden
Juristen »uferlegt, neben den Institutionen aueh die Ethik
zu hören.
Ferner wurde der seit längerer Zeit erledigte Lehr-
stuhl der hebräischen Sprache durch Paul
Staffel st ein (StalSelslainer) wieder besetzt ^^) und die
Studirenden von dem Rector dier Universität durch ein
besonderes Programm mm Besudle dieser Vorlesun-
gen, welche am 16. Mai 1551 anfingen, eingeladen**),
irard« er ProfesBor der Fandecten und zugleich Kurftoitlieher Rath.
Bald darauf ermannte ilui Otto Heiarioh sam Nachfolger Frans
Balduin's nnd ziun Lehrer des ClTllrechtes. Um dieselbe Zeit
heiraäiete er die Toehiev dea Gandiers Hart mann, Anna.
1668 war er Rector der Universitfit. 1567 wurde er Assessor des
BeicfashanttnergerichtB in Speyer. 1560 rief ihn Eurfftrst Lad-
wift VI. von Speyev nach Heidelberg und s^war als »Guriae Pala-
tinae Jadaois Yicanus« und als ausserordentlicher ProfesscMr der
Hechte. Beide Aemter versah er bis zu seinem Tode 1588.
50) lieber Staffelstein's Aufnahme heisst es im Matri-
kelbuche d. d. 18. Mai 1551: »Paulus Staffelstainer , Hebräus
Professor, gratis.« — üeber seinen Gehalt geben die Annalen
(T. VII. F.89,a) Folgendes an: »In convocatione VII. Julii (1551)
facta, y£f bitt des Hebrei Pauli Staffelstainers hat üniversitas ge-
willigt, dass man Ime (so vern der fiscus solcbs auch vertragen
mög) künfftig , Michaelis vff ein jar 20 gülden addiren soll , wenn
das jar umb ist, als vff michaelis mag er pro additione. wieder
bitten.«
51) DerWortfaut des Programms ist folgendere »Cum hebraicae
linguae perientia multo uberiorem fructum adferat iUis, qui eccle-
siae amant sectanturque studia quam ut aut praedicatione nostra
opus Sit; aut complecti yerbis denique qnis facile possit, conductus
publico stipenctio, de communi senatus scholastici nostri sententia,
est non indoctus quispiam' linguae sancteehujuspraelector Paulus
S t a f f e 1 8 1 e i n, religione quondam Judiins, nunc vero discipulus n'obis-
cum Jesu Ghristi, ita testimosiis praestantium virorum omatus, ut
qui eomplures jam annos ea fide doooerit, quam in tradenda lin-
gna hac vere Christianum hominem 4ecet. Idem hie auspicabitur
cras ab enarratione celebris dicti, quod de mundi duratione in
domo Heliae sanuisse traditur. Grammatica d^neeps tractabit
was als Beweis des Werthes Musiisehen ist, w^khdi die
Universität auf diese DisGi{)UD legte.
Wie lange Staffel stein an der Hochschule wirkte,
haben wir in den Acten nidit gefimden. Ans denselben
wissen wir nur, dass «er (1555) »als Professor der hebräi-
schen Sprache« eine Zulage von 30 t. erhalten *•) und
die Universität semcm krafnken Sohn (ß. April 156^
einige Gulden geschenkt hat *•).
Ausserdem berief der Kurfürst durch Decret vom
12. Juli 1554 »zue mehr aufschwung vnd befurderung
Facultatis medicae zue vud neben denn Jetzigen Profes-
soren den andream Gruntler, der artzney doctorem,
welcher dann hievor in Studio gestanden als zu eim drit-
ten Lectorem derselben Facultet«, und zwar mit einer
Besoldung »von 30 fl. oder zum mindesten 25 fl.« aus dem
Universitäts - Fiscus sammt allen andern »Emolumentis
Facultatis medicae«. Als Wohnung wurde ihm, beson-
ders in Berücksichtigung seiner unglücklichen Lage, die
»behausung inn der Cappellen«, in welcher früher Dr. G e or g
Nigri gewohnt hatte, zugewiesen*^*).
compendia ac praecepita e »scr^tura petiÜB ekemplis iUiutrabit.
Idqae corabit sedulo, ut ad phrasin, quae multos a philologicis
lectionibuB arcet, adsuefieri auditor possit yetustissimamqae illam
paulatim amare theologiatn. 'Qnoniara yero gratissima haec Beo
est studiorum caltwra, hertamnr 8t«di«sB8 eum ommes <q«idem, tum
praedpue illos, qui operam suam eceleaiae ministerlo destmaveruD^
ut linguae et phraseos hebraicae hujus tantopere ad scriptorae
fontes necessariam cognitionem, nronstratorre et dace Paulo iUo, isibi
comparent, nee leves dnouit mints, qnae de segniter disoentiiinB
«Uidiornmque veromm negleotoiibna .cloricis «xtaot in Oaea, ^oia
dielt dominus iratus:
»»Repulisti scientiam, repellam te, ne sacerdotio
fangaris mihi.« Die Ifoji 15. (1551).« Amall. TJniv. T. YIL
F. 94, a.
52) Ibid. F. 204, a. .b.
53) Ibid. ad. an. 1568, F. 40.
54) Ibid. T. YU. F. 174. d75, woselbst >aiMh ^as Bero^ngs-
Beeret steht.
430 I- Buch. IL Periode. 4. AbsehmU, {15U^166€.)
Gruntler's Gattin war die durch ihre Gelehrsam-
keit berühmte, deutsch gewordene ItaUenerin Olympia
Fulvia Morata. Sie wurde im Jahre lö26 in Ferrara
geboren, wo ihr Vater, Fulvio Peregrino Morato,
Professor an der Universität war. Ihre gelehrte Bildung
hatte sie theils von ihrem Vater, theils an dem Hofe, wo
sie als Gesellschafterin der Maria von Este in Ferrara
lebte, erhalten. Schon in Italien hatte sie sich mit Grunt-
1er vermählt. Dort trat sie auch mit ihrem Gatten, durch
den reformatorischen Hauch, welcher im 16. Jahrhundert
über Italien wehte, bewegt*^), zur evangelischen Kirche
über. Durch die Kriegsunruhen wurden Beide zur Flucht
aus Italien genöthigt. Unter vielen Bedrängnissen kamen
sie nach Deutschland und zunächst nach Schweinfurt, in
die Geburtsstadt Gruntler's. Dort verloren sie durch
den Krieg alle ihre Habe. Da nahm sie Graf Eberhard
von Erbach gastlich auf. Dieser hatte eine Schwester
des Kurfürsten Friedrich' s II. zur Gemahlin uud da er
Gruntler's Tüchtigkeit als Arzt eben so hoch schätzte,
als dessen edeln Charakter, so empfahl er ihn als Pro-
fessor der Medicin an die Universität Heidelberg. Hierauf
folgte dessen Berufung.
Nach dem Berichte des Leodius soll auch Olym-
pia nach Heidelberg berufen worden sein, um Vorträge
über die griechische Literatur zu halten *^. Allein
dieses beruht ohne Zweifel auf eüiem Irrthume, da
Olympia in ihren Briefen (opera ed. a. 1580 p. 144
177) ausführlich von der Berufung ihres Mannes nach
Heidelberg und ihrem dortigen Leben spricht, mit keiner
Silbe aber, obgleich sie die geringsten Einzelnheiten ihres
Lebens erwähnt, ihrer eigenen Berufung gedenkt, wohl
aber anführt, dass sie den Titel einer Ehrendame der
55) Sbhmidt, Celio Secundo Garioni in Kiedner's Zdtschr.
f. d. histor. Theologie 1860. 8. 571.
56) Vita Friderici 11. p. 292 < »Ipse ut medicinam pro6teator,
ipsa ut graecas literas doceat.c
Lehrstuhl für MalihemaUk u. Ethik. Olympia Morata u. 8. to. 431
Kurfürstin erhalten, ihn aber, um vom Hofleben entfernt
bleiben zu können, abgelehnt habe. Auch in den Uni-
versitäts-Acten findet sich nirgends ein Beleg für ihre Be-
rufung oder eine Angabe, dass sie Vorlesungen hielt
Nur einmal kommt ihr Name in den Annalen der üni-
versität (T. IX, F. 7, b) vor, wo ihre Gedichte genannt
werden.
Ihr Aufenthalt in Heidelberg dauerte jedoch nicht
lange. Seit ihrer Ankunft kränkelnd, starb sie am
26. October 1555, und schon am 22. December desselben
Jahres folgten ihr der Gatte und ihr Bruder Emilio im
Tode nach. Sie wurde, wie die beiden Letztgenannten, in
einer Capelle der St. Peterskirche zu Heidelberg bestattet
und ihr eine in dieser Kirche noch vorhandene Grabschrift
(S. 172) gesetzt ").
Als Juristen werden unter Friedrich's Regierung
57) Die Grabschrift ist abgedruckt in Apograph. monumentor.
Haidelb. p. 7.
Olympia's Werke wurden yon Caelio Secundo Curioni
gesammelt und erschienen in Basel in den Jahren 1558, 1562, 1570
und 1580. Curioni war ein Freund ihres Vaters und It^rofessor
an der Schule zu Lucca. Er war einer der wenigen italienischen
Gelehrten 9 bei welchen der Humanismus die tieferen religiösen
Interessen nicht fiberwog. Frühe der> römischen Kirche entfremdet,
entsagte er, nach vielen Gefahren, seiner Heimath, >um diesseits der
Alpen Freiheit für seinen Glauben zu suchen. Olympia verehrte
ihn wie einen Vater und er liebte sie wie eine Tochter. Schmidt
a.a.O. S. 570. 574. 581. Streub^r (Basl. Taschenb. 1853) S.68ff.
üeber Olympia selbst vergl. Junker: Schediasm. histor.;
Dithmar: Dissertatio de Olympiae vita, scriptis et virtutibus;
Bflttinghansen: Ergözliciikeiten aus der Pfalz, und Schweiz.
Gesch. u. Literat. St. II. S. 1 ff. Sturm: Einer ist ^uer Meister,
Th. I. S. 35. 175 ff. Th. II. S. 43 ff. Geiz er: Protestant Briefe
aus Sfldfrankreich und Italien, S. 274 ff.; H ausser a. a. 0.
Th. I. S. 616. Glassen: Jac. MicyUus, 8. 201. Münch: Mar-
ganten, 8. 169 ff. Bonnet: Vie d'Olympia Morata, Paris 1851;
dasselbe Werk, geziert mit den seelenvollen Zügen der edeln Frau,
in's Deutsche übersetzt von Merschmann, Hamburg 1860 und
die darüber im Leipz. Repertor. Jahrg. 1860, S. 278 mitgetheilte
Recension.
4S2 I. Bmii, JL Penoie. 4. AhßdmiM. (1U4^MM.)
besonders gerübmt: Dym bis 1559 im Clvilredit, Dio-
nysiuB Grav (Graff) ven Eselmgen, frfllier Professor
der lateimschea fipraehi^, seit 1548 aber Nachf^er von
Johann D eschler und darauf (1551 — 1560) von Phi-
lipp Rhynerus, wel<die beide von Alzey waren, Jo-
hann Myläus von Niederuhn (bis 1554), Paul Cisaer
(Kästner), Melchior Weisenberger (bis 1556) uad
Wendelin Heylmann von Baichardsbausen.
Als Mediciner wird Johann Virdung genannt,
welcher zugleich Mathematik lind Asinronomie Idirte^^.
§6.
Vereinigwng der Bwrsm wnd ihre EmrichSrnng.
Die sich immer wiederholenden Raufhändel zwischen
den verschiedenen Bursen, deren Bewohner theils Nomi-
nalisten, theils Realisten waren, wünschte der Kurfürst
entfernt , da sie den Frieden der Universität öfter störten
und mit Recht als Werkstätten der »mönchisch -scholasti-
schen Bildung« bezeichnet werden ^'). Ks besddoss daher
Friedrich am 17. Februar 1546 die vergdiiedeneQ Bör-
sen (die Schwaben-, Katharinen- und Jur^ten - Burse) in
Eine Burse, oder vielmehr mit der ReaHsten-Burse (Colle-
gium Artistarum) zu vereinigen und der Universität em-
zuverleiben ^^. Nur das Diony^anirm und das Ckmtu-
bernium »in der Barsch« sollten als selbstständige
Anstalten fortbestehen^^). Ais Locale für die vereinigten
dB) ViTandt: J)e ord. phH. P. IL p. 17, wo lidi andi üt
näheren NachweiBoogan teden.
59) HäasBer^ B. 612. Auch an der TJnlverBit&t Basel «ar
der eigentliche Sitz der nonunalistiBcheii und realialnclieii FarteieB
in den Bursen, welche an den verBchiedenen Richtnngen hart-
nackig leathiellMi und ¥Oia W(H*tfraiipf rni Thfttlldiketten Ob«^
gingen (1466). ViAoher, S. 171 ff.
60) Annall. üniv. T. Yl. F. 420, b.
61) Als 1685 Kttv&rst PihiHpp Wil^elan .die «Usgiermig
antrat, gelobte er: »der Universität, dem Gontnbemium (in der
Vereinifftmg d§r Bwnen und ihre EmrieMung, 43S
Bursen wurde die Realistenburse bestimmt. Da diese aber
in Verfall gerathen war®^, so befahl der Kurfürst im
März desselben Jahres, die Universität solle
»verfugen, dass die Bnrsa Realitun zugericht und vssge-
macht ynd domit gehalten werde, wie mit andern der Uni-
Yersität incorporirten Häusern beschieht« *^).
Hierauf theilte der Rector dem Senate und der
Artisten - Facultät mit, dass es der ernste Wille des Kur-
fürsten sei, die Contubemien ohne Verzug zu vereinigen ^*).
Da es jedoch nicht möglich schien, die Sache in der
gewünschten Eile zu bewerkstelligen, so gaben der Decan
der Artisten -Facultät und die Regenten der Bursen am
folgenden Tage eine Schrift bei der Universität ein, in
welcher die Schwierigkeiten eines so schnellen Einzugs
auseinander gesetzt wurden ®^). Doch kam trotz dieser
Eingabe die Vereinigung der Bursen noch in dem Jahre
1546 bald nach Martini zu Stande *^, und so hatte we-
nigstens in dieser Beziehung der Kurfürst seine Absicht
erreicht.
Der auf diese Weise entstandenen, wenn wir so sa-
gen dürfen, Gesammtburse wurden nun die sämmtlichen
Bursch), dem Dionysianum, dem CoUegium Principis und Sapientiae
alle Statuten, Privilegien, Freiheiten, Einkommen, Bechte und
Gerechtigkeiten zu halten. AnnaU. üniy. T. XXXIII, b. F. 422. 424.
62) Schon 1544 waren das Gebäude und der in demselben be-
findliche Garcer in so bauf&Uigem Zustande, dass man damit um-
ging, beide wieder gehörig herzustellen, was aber unterblieb, weil
nach dem Ueberschlage des Werkmeisters die Kosten sich auf
140 bis 200 fl. beliefen. Acta Fac. Art T. IV. F. 14, b.
63) Ibid. F. 421, b.
64) Ibid. F. 16, a.
65) Diese sehr ausführliche Schrift, in welcher die Universität
auch gebeten wurde, möglichst dahin zu wirken, dass ihre Re-
form veröffentlicht werde, wurde mit dem Bemerken in die
Acten aufgenommen: »Haec ideo inserta sunt, quoniam domini
Gonsiliarii Facultatis trium Contubemiorum in unum contractionis
rationes et tempora diligenter in annales referri voluerunt.« Ibid.
F. 17, a.
66) Ibid. F. 20, b.
Haute, Gesob. d. Univ. Heidelb. I. 28
434 I' 9^^. fr. Periode, 4, JtbeOmU, f29#tf— f5$«.>
BiokflRfte der einselii^ Börsen zugewiesen, beziehungs-
weise Vermächtnisse, Gapitalbriefe u. s. w. auf dieselbe
übertragen und sie führte" van jetzt aa den Namen eines
CdHegram Principis(Fllrstensdrale), CoHegium Artistarum ^')
oder des vorzugsweise so genannten (Grossen) Contubemiums.
Sofort erhielt dasselbe ausführliche Statuten ®®), welche sich
eben so wohl auf die in ihm vorhandenen Schüler und
Magister, als auch auf die Vorsteher (Moderatores, Regen-
tes), den Hausvater (Praepositus, Propst) den Oeconomen,
den Koch, die Köchin und auf die Diener beziehen ®^).
Der ganzen Anstalt war ein Superintendent vorge-
setzt; unter ihm standen zunächst 4 Kegenten. Als erster
Superintendent wird der Professor der Medicin, Wagen-
mann, als erster Regent Billic an und als zweiter Regent
Johann Baibus angeführt. Wie vordem. jede Burse
ihren besonderen »Pädagogen« (Knabenlehrer) hatte, so
wurde auch in dem Contubernium ein solchei* beibehaltejL
Er hatte die in demselben befindlichen Alumnen so lange
zu unterrichten, bis sie die Vorlesungen der Facultät mit
Nutzen besuchen konnten '^).
Die Vereinigung der Bursen führte jedoch manche
üebelstände mit sich. Namentlich war es wegen der grossem
Eafcl dier Alumnen viel schwerer, 4iet Hausor dmmg zn erhalten
67) Nach ÄerRefbwB. Univ. durdi Johann C«,»iniir, F. 193.
Itkg sndi ein Artisten -Gollegimn in der Jadengasse. Denn, waren
«ehon die rencbieden^n Börsen Yereinigt, so schloss dieses ni«fat
ans, dftss die Ahimnen in versdiiedenen Hftosem irohnten.
68) ürkimde Nr. XXVI gibt die Statuten fÄr das Porsten-
GoUegium.
69) Die Verhaltsmassregeln fttr den Hansvater, Eeeh u s. w.
ibden sich ansführlieh im Ünir.-Arch. Nr. 958, T9, a.
70) Ins Einzelne eingehende Mittbefhingen Ober die ganze
Anstalt, ihre Vorsteher, Lehrer, Magister, Schüler, ihre Pflich-
ten nnd Rechte, so wie tkber die Vermächtnisse, CapitaRmefe
'finden sich in >Statntorran Bnrsae Bealtnm Über« (üniv.-
At^i. i?o. 898, 52) tmd hl »XAyetbndi der ChefÜllen GöHegü
Prinr.ipis vnd Stipendiornm Contubemiic (Univ.-Arch. Nr. 889, 18
nnd 19).
ond eine gute Di^dpüa bu han^hafam. Dieses bestimmte
die Universität , den Kurfürsten (IQ. Mäia; 1560) um die
EirichtuBg eiMr »weiten Burse zu bitten, zunsal jelzt die
ifäiier dem Pidagogium eingeriiumfce Scbwabesburse leer
stehe '^).
Auf dieses Gesudi eäiielt jedoch , was ausdrücklich in
den Aimalen bemerkt wird, die Universität keine Antwort
von dem Kurfiirsten ^^), und die Schwabenburse wurde zu
Wohnungen für Professoren verwendet ''')•
Später »gerieth diese berliohe Stülung (die Fürsten-
aduile) in grosse zenittung, vnordnung vnd abgang« ^^).
Als KurfüiBt Friedrich III. (1Ö59--1 576) davon Kennt-
niss erhielt, trug er der Hochschule auf, die Zustände jener
Anstalt genau zu untersuchen. Dieses geschah im Anfange
des Jahres 1560 von dem Prorector, Gurio, — (derRector,
Johann Oeysselbach, war schwer eckrankt ^^) — und
den Professoren Boquia, Heilmann, Lotichius und
Georg Adam'*).
In dem von dem Beetor und den übrigen MiitgUedem
dieser Gommission d«n Kurfürsten abgegabenen Gutach-
ten^^) wurde der zeiarüttete Zustand, ia welchem sich die
Anstak befand, anerkannt, aber als Hauptursache dessel-
ben bezeichnet:
1) dass, während früher die »geiertesten, erlichsten
vnd vkissig^ien Magistii mit diesai Stipendien
begabt worden«, jetzt aber, »wie fast alle andern
ordaungen in misslwauch gerotenn«, die Stipendiar
ten »one alle erkundigung nach geschicktichkeit,
71) AnnalL Unür. T. VII. F. 52, b. 63, a. üeber das Päda-
goginm in dieser Zeit siehe Lyc. origg. p. 48.
72) Ibid. F. 68, a.
73) Ibid. F. 142, b. (8. auch oben Scbwabenburoe S. 206).
74) Ibid. F. 870, b.
76) Ibid. F. S66, a.
7«) Ibid. F. S70, b.
77) Das Gutachten findet sich follst&ndig a. a. 0. F. d70, b.
bis 372, b.
28*
dunn oder lassen, allein auss gnaden vnd gunst
presentirt« würden;
2) dass die Stipendiaten »sich dünken lassen, als
seien sie allein churf. gn. immediate vnd dem
Bectori oder Deeanis gar nit oder gar wenig vnn-
derworffen.« Es sei deshalb »niemandt gewesst,
der vff ihr thun ein vffsehens gehabt hette«;
3) sei es unmöglich, zumal zu »dissenn deueren
schweren zeitten« die Haushaltung mit 200 fl.,
»so das Haus fallen hat«, zu unterhalten und
4) seien Leute angestellt worden, die »zum ampt
eines Oeconomi oder Probsts gar nit duglich ge-
west«.
Um diesen Uebelständen abzuhelfen, wurde
vorgeschlagen, dass »etwa von den Eirchengütem«
der Anstalt ein Zuschuss bestimmt und in Zu-
kunft nur 6 Stipendiaten aufgenommen würden,
von welchen je 2 Theologie, 2 Jura, 2 Medicin
und 2 Philosophie studirten.
Femer sollten nur ein zuverlässiger Mann als
. Oeconom angestellt, die Gesetze nach den Bedürf-
nissen der Zeit umgeändert und endlich das seinem
Einstürze nahe Haus im Bau wieder hergestellt
werden.
In Folge dieses Gutachtens wurden (9. October 1560)
neue Statuten für die Anstalt und besonders für die Be-
genten '®) entworfen und von der Universität geneh-
migt ^»).
78) Urkunde No. XXX. AnnaU. Univ. T. VIB. F. 6, a bis
7, b. Mit diesen Statuten wurden auch »leges disdpulornm et
aaditorum Contubemii« genehmigt; diese sind aber nicht in die An-
nalen aufgenommen. Ibid. F. 7, b.
Einen höchst interessanten Vergleich mit diesen Statuten des
Fttrsten-Gollegiums bietet die »Ordinatio bursae cathedralis ecclesiae
Spirensis, anno 1561c, welche Mone (Zeitschr. Bd. I. S. 28i— 295)
mitgetheilt hat.
79) Die einzelnen, mit diesem Entwürfe betrauten M&nner
Vereinigung der Bwreen und ikre Ei9iricfUung. 437
Nach diesen neuen Statuten wurde nun die ganze
Anstalt eingerichtet. Die Oeconomie des Hauses war den
Hausvätern und die Aufsicht über die Schüler und Ma-
gister in demselben den Regenten, deren immer mehrere
waren , übertragen **).
sind nicht genannt, wohl aber wird in den Annalen bemerkt , dass
auch der berühmte Rechtsgelehrte, Franz Balduin, ?on dem
Rector aufgefordert wurde, an diesem Geschäfte Theil zu nehmen.
Dieser aber lehnte es in folgendem Schreiben ab: Glarissime do-
mine Rector. Equidem sentio te cum tuo senatu constanter tuen
,et curare debere omnes hu jus Academiae partes, et inprimis illa,
quae vocantur contubernia; neque autem haec negligi aut horum
procurationem alio rejici posse, quin vel labefactata pessum eat,
vel distracta dissolvatur, et tandem esse desinet, quae esse dicitur
Universitas. Ad cujus quidem yel dignitatem amplificandam, vel
studia excitanda, si quid conferre possim, nihil recuso. Sed in-
genue tibi quod sentio dico, non esse me idoneum ad illius quod
nunc agitur contnbemii constitutionem. Mihi vere Tideri te in tuo
senatu, cum alios multos habere, qui ea in re tibi adesse possunt,
tum yero Dn. Casparum Aglicolam|!, D. Cysnerum et Xylandrum,
homines non solum doctos et litteratos, sed et in eo genere vitae
educatos , et totam, horum * sive instituendorum sive regendorum
Studiorum rationem bene intelligentes, neque jam aliis negotiis im-
peditos , quin prcv sua in rempublicam nostram beneyolentia facile
et Yelint et possint, hanc curam tecum suscipere. Si quid prae-
terea sit, quod mandare mihi yelis, libenter audiam. Annall. Univ,
T. Vn. F. 401.
80) Ein »Catalogus Regentum, contr actis tribus Gon-
tuberniis in unum in Gollegio Principis olim Gontubemium
Realium dictum« vom Jahre 1546 — 1601 findet sich auf den letzten
nicht paginirten Blättern der genannten »Statutorum Bursae Realium
über«. Weiter ist noch vorhanden ein > Catalogus praepositorum,
conscriptus per Sebastianum Bugelinum« vom Jahre 1535 bis
zum Jahre 1580, er findet sich in einem die Präposituren der
Fürstenschule betreffenden Actenbande (ÜniTersitäts-Archiv Nr. 358,
79, a).
Aus diesem Verzeichnisse geht hervor, dass das Amt eines
Hausvaters ein Jahr dauerte. M. Hartmann von Eppingen
bekleidete dasselbe 1460 und 1465, Wimpfeling 1481, Billican
1520. Später trat in der Dauer der Führung dieses Amtes eine
Aenderung ein. M. Pithopoeüs bekleidete dasselbe vom Jahre
1567 bis zum Jahre 1580. Sein Vorgänger war Nicolaus
Cisner.
§•7.
i)a« Sapiem ' CoUegium ats Coüegiwn pfulosophictm*
Gründung. Einkünfte. Statuten. Aufsicht. Alumnen
und Lehrer. Entfernung der Altäre. Verwaltung.
Archiv der Universität und Artisten- Fcundtät.
Unter die bedeutendsten Schöpfungen, welche trie-
dti€h zu Gunsten der UniYffrsitAt in d«s L^bfen Hef, ^
hm dfts Yöti Hitti gegtlilld^te Sapieftz-Oc^legittin "^):
In dasselbe sollten 60 — 80 arme , aber talentvolle junge
Leute, welche sieh Bunächst durch phtlosaplnsche Studien
fttr FadmisseBBchaflien vorberetten Vrtrilten, ai^i^^efliiMiluM
ftfr mn Koät, ßflcher, Klbldüüg ttnd ifa l&äiikbeitgtttt^n M
Pflege gesorgt werden ^'). Die ständigen EpWen und Ad-
Die «Mt4i Re^feti«^ H der ittmi^n mmitticMe i^Lt^ä:
JoHahn 6ef d8«lb>ach, KHUb ÖuiJtb«r, JohKUb Ddiz-
let, Eriia^rd Keiffart!, Arfat)"l« Obö^pölig, PKiliilp
Rhyti^rns olld Cdiiftd LftttiB (F^9Üitii). Dfe l^dlHi «)hH<ilf
wtnlen alft i8tt^iti<r, die z#^i ^o^Htf^ aHr «Ifdfit tM dfe SM
l^tet^n «h »Real««« b^üeicHli^t. m Jäfai^ 1899 Batteü AeAiliuc^
l*orttli! üAd leoi Ggorlt ila'ffettt-fcheöfc«! dÄ« JohÄliii
Philipp Pareus (Sohn des David Pareos) dieses Aikt
dl) £ine handsclirittliche, '6^tte^ m ^6!io starke »itistonsche
NachricHt von dem Collegio Sapientiäe und von dessen Siphons,
fnspectoribus et Präeceplorihüs von cler erstell Süftühg an b&s auf
das Jahr 1790c, in welcher sich auch die päpstliche Bulle Vbrfindetf
besitzt dasüniV.-Ärch. unter Kr. 350,56. Eist. Acäd. S'. 132 tf. Wund t,
Üag. B. I. S. 69 t. Reuter, Jubil. pfun. Öoll. Sap. (1CÖ6).
ilottinger: De Coli. Sap. (1656). Battinghausen: De fatls
Coli. Sap. (1756). litieg: De Coli. Sap. (1756). l)ie neueste Rell-
gionsverf. d. Reformirten in der Unterpfalz (1780) S. 235 E
Widder, fh. II. S. 410. Unsere Gesch. d. Neckäirsch. S. 36 ff.
161 ft und Gesch. d. Stipchdfen H. I. S. 9. H. tl. S. 68.
82) Zu Freiburg im Brei^gau war schon 1. J. 1496 ein Dobh»
Sapi«ntiae gegründet worden. Werk, StifUingiuikanden d. acadenu
Stipendien an d. Hoohach. sa Freibnrg 8. 1. j&g^r: Ueb^ die
Freibarger Stipendien-Stiftungen I, 10.
Dß$ Sa^pUfW'Colkgim» als CoUkgium pküosophkum. 4S9
miaidtratoreü dei* Austait sidltca die Kurftrstea der PlaU
sein ^^). Zur Ausführung dieses Vorhabens wurden mit Gu^
heissen des Papstes Julius HL (1550) das von seinen
früheren Bewohnern verlassene Augustiner-Kloster in Hei*
delberg und dessen Einkünfte, so wie die des Augustiner-
Klosters zu Alzei und der Benedictiner-KIöster zu Lixheinx
und Krafthai ^% verwendet ^%
Der jährliche Ertrag dieser Klöster wurde auf 600 Du-
caton veranschlagt *®). Da jedoch derselbe schwer beizu-
bringen war, so machte die Artisten-Facukät, welche die
Klöster für das Sapienz-CoUegium m Empfang genommen
hatte, »geringen Nutzens und gefahrlicher Zeitläuften
wegen«, von dem Anerbieten des Kurfürsten, sie auf
10 Jahre (1553 — 1563) für die jährliche Summe von
1054 fl. 2 Batzen 2 kr. in Bestand zu nehmen, Gebrauch,
-wobei noch der Kurfürst versprach, die vom Papste de-
signirten Priester und Studiosi »in victu et vestitu« zu
unterhalten und die »Mo4)ilia« um billigen Preis anzu-
nehmen *').
Die Schlüssel des Augustmer-Klosters in Heidelberg
wurden dem Decane der Artistcn-Facultät von dem Rector
der Universität, Dym, welch letzterem in Verbindung
mit Professor Wagenmann bisher die Sorge für das
Kloster (*cura Monasterii«) anvertraut gewesen war*®),
eingehändigt und die Aufsicht und Verwalttmg der Anstalt
83) Altiug, p. lÜO.
84). Das Aasftthriicbe über die»c Kldster siehe in diesem Ab*
«chnitte unter »finanziette Verhältnisse der Universität«. In Frie -
drich's n. Erbyertrag v.J. 1558 (Tolner, Cod. Dipl. p. 172) heilst
es: »An den vom Papste Julias III. incorporirten Klöster Lix-
heim und Krafthai soll der Sapienz xu ewigen Tagen kein
Sperrung, Hindernis« aooh Eintrag xogellgt noch verstatt werden.«
8^) Acta Fac Art. T. lY. F. 44, b ff. Vergl auch Annall.
Univ. T. Vn. F. 89, b. 90, a. b. Die betreffenden ActeastOcke
haben wir im >Micyllua« S. 32 Butgetbeüt.
86) Annall. Univ. T. YII. F. 127, a. b.
67) OriginaturkaAde Univ.-Arch. Nr. 23.
88) Annall. 1. e. F. 89, a. 90, b.
440 I. Buch, n. Periode, 4. Jbachmtt, (ISU^-ISSS.)
dem Decane und den zwei ältesten MitgUedern der Artisten-
Facultät als »administratores et superintendentes« über-
tragen *•). Wegen dieser Verbindung mit der Artisten-
Facultät und, weil die Anstalt, wie schon gesagt, zunächst
auch den Zweck hatte, junge Leute für höhere Wissen-
schaften und die obem Facultäten vorzubereiten, hiess sie
auch GoUegium philosophicum.
Am 3. September 1555 wurde die 75 Seiten starke
Gründungsurkunde ^^ von dem Kurfürsten unterschrieben,
aber leider ist sie nicht mehr vorhanden, doch wurden
von Wundt**), welcher sie noch benutzte, die wichtige-
ren Statuten aus derselben aufgezeichnet. Es sind fol-
gende :
1. Soll der Alumnus aus dem Kur- und Fürstenthum der Unter-
oder Oberpfalz*') von ehrlichen und ehelichen Eltern ge-
bürtig sein;
2. soll er arm sein, welches so erklärt wird, dass ihm sdne
Eltern jährlich nicht 12—14 fl. reichen können *') ;
8. soll er eines guten und sinnreichen Terstandes sein und
zur Lehre und Tugend Lust und Liebe haben;
4. die Lectionen eines Alumnus sollen genau seinen Kräften
angemessen sein, da nicht alle eines Verstandes und einer
Geschicklichkeit seien:
89) Acta Fac. Art. T. IV. F. 61, b.
90) Liber fundationis seu ordinationis Domus Sapientiae in
Goenobio D. Augustini. tn dieser Urkunde heisst es unter Anderem :
»Nos fundamus^ ordinamus et eridmus Sapientiae domum, ita qui-
dem, ut deinceps eisdem immunitatibus cum Acadepiicis priyilegiis,
qnae vel Pontifices vel Imperatores, Reges, Electores, Principes, aut
quisqnam alius Magistratus ordini literario concessit, yel deinceps
concessurus, destinaturus aut donaturus, fruatur.
91) Wundt, Mag. B. L S. 67 ff.
92) Die nachmalige Pfalz wird gewöhnlich die Unterpfalz ge-
nannt zum Unterschied der auf dem linken Donauufer gelegenen
Oberpfiilz in Oberbayem. Lehmann, Gesch. d. bayer. Pfalz S. 32.
93) Aus den um diese Zeit (1555) gestifteten Stipendien ist zu
ersehen, dass mit dieser Summe ein junger Mensch auf der Uni-
yeriität erhalten werden konnte. Tn Basel nAm man 20 fl. an. Vrgl.
unsere Stipendienschr. H. L S. 9. Vi s eher, S. 16.
Doi Sapieiuf'CoUtgmm als CoUegmm phUo9ophici»m, 441
5. der Gennss des Kftses soll, alg Stadirenden nicht zuträglich,
von dem Tische der Alnmnen ausgeschlossen und nur dem
Gesinde yerstattet sein;
6. zur Erhaltung der Beinlichkeit , Gesundheit und Zucht soll
eine eigene Badstuhe in dem CoUegium angelegt werden,
damit kein Alumnus die gemeine Badstuhe hesuche, woraus
man mehr befleckt als ges&ubert herausgehe.
Diese Urkunde Hess der Kurfürst am 17. November
1Ö5Ö der Artisten -Facultät mit einer deutschen Zuschrift
Tom 11. November desselben Jahres zustellen ^^). Nach der-
selben wurden, da eine grössere Zahl die damaligen Ein-
künfte der Anstalt nicht zuliessen, 20 Stipendiaten ^% von
welchen 12 aus Heidelberg waren, wenn sie ein genügendes
Examen bestanden, zur Aufnahme von dem Kurfürsten
vorgeschlagen. Da jedoch damals in Heidelberg einiB an-
steckende Krankheit herrschte, so wurde von dem Kur-
fürsten beigefügt, dass die »jungen und deren Eltern« zu
fragen seien, ob sie in diesen »sterbleufften« die Aufnahme
in das CoUegium wünschten. Wäre dieses nicht der
Fall, so sollte ihnen das Recht der Aufnahme für eine
bessere Zeit vorbehalten bleiben. Weiter wurde die
Universität angewiesen, wenn sie »Magistros, Oeco-
nomum und gesind in pflicht nemen wollte«, dieses dem
Burgvogt zu Heidelberg, Ludwig von Bettendorff,
anzuzeigen, welcher den Befehl habe, »zu anfang bei der
auffnemung vnd Verpflichtung merer ansehens willen zu
sein«.
d4) Die Zuschrift des Eurfarsten siehe Acta Fac. Art. T. IV.
F. 61, b. 62, a. In das Lateinische Übersetzt ist sie bei Beuter.
95) Die Namen derselben sind: Johann Posthius von Ger-
mersheim, Nicolaus Druchlaub, Sebastian Eytteleysen,
beide von Oppenheim, Jacob Stal, Christoph Bram, Joha nn
Karl Rockenmayer, Johann Oelschlager, Philipp
Oeysselbach^ Hartmann Schopper, Bernhard Elaff-
schenckel, Nicolaus Keyser, Johann Brieff, Wolfgang
Ottomar, Matthias Buchner, Georg Ziegler, sämmtUch
▼on Heidelberg, Nicolaus Weiss Ton Absei, Joachim Schul-
tzer Yon Mosbach, Theodor Schick ?on Sinsheim, Peter
Eccart von Ladenburg und Johann Gan6h von Sobemheim.
IfBdideM mm Friedricii ami tltii Nie»)a«8 Ma-
rius, Caspar Stmbifatis und Adam Gelphius
(Gelfius)*^ als Lehrer ernannt hatte, wünschte er die
sofortige Eröffirnng der Anstalt. Allein diese verzog sich
tbeä» wegen der noch herrschenden Krajikhieit, tluäls we-
gen des SchmaHcBMiiMiheii Krieges bkr tfudi 11. November
15b6 ^), ohne dass sie ihr Gründer, wekber sclkcni am
26. Febtuar desselben Jahras starb, erleMe. Wad «r ab^
binnen hatte, vollendete i^a Nciffctttid Nadrfblger, Of 16
Heinrich. In ihm tsM ^ nette AnsMt ^»en krsAi^
Vertretei» imd Schutsfcerm. Et genehmigte (1556) Ott
von seinem Onkel gemachten Ißei^rnrnttif^a. Die A^tidle»-
Facnftät beMelt die AiMOA tiiber die Ann^aK; der DeciMi
imd z^eA Mitglieder der genannten Facultil mirAen tm
A^ifristfatoren uffd S«^erinte»de&ten ernaatft mA cBe
aiigtisteüten Lehi'er bestttägt. An^i^erdem war Otto KeiB*
ri^h bemttM, eine so 2!W«(ArmäNisige Oeeonomie «iiwa-
fthrefn , da^ die Zahl der vortw^r auf 20 beschrtoktett
Alltonen t^irtnehrt werden koninte.
Die beid^ MitgUeder der Artisten '-Facultät warea
Micyllas ••) ttttd Cisnet. Sie prttftiöft aach die erölje»,
"iim Friedrlcli H. twgescHagem^li Atenmen i»4 be-
wiesen beide eben ^o grossen Eif^r far das Ged^en 4er
AtrsHalt, dass Otto Heinrich wiederhat ihmn ^n«
ÜSufriedettheft ausspradi •»).
Als dieser Fürst den evangelischen LehrbegrifF in
dem Kurfürstenthum Pfalz einführte, Hess er (durch
Decret vom 13. December 1557) aas dem Sapietiz-IIause
aUes, was von den Mönchen an Altären u. s. w. noch
übrig war, v(flle»d« entferncto **^.
9e) BattiBgliftas^a: De Coli. Sap. p. 8.
9i) Aota Faa Art. T. IV. F. 62, a.
aa) Ueber MicylUs' ThäO^eit bei Errichtung des Sapienc-
Gollegisms siehe unsere ßchrift aber ihn S. 31 ff.
89) Büttiaghattsen, .p. 10.
lao) Bandaelirifü. Gegdiickte des Sap.-CoU. F. 2. — Das an
' Weiter befahl er durch Erlass vom 15. Februar 1557
»es soll die Sacristey im Atigustiiier Gtostor der Vni-
versitet, auch Artisten Facultät vnd der Sapienz BrieflF-
liche Urkunden, Monumenta vnd Register darin zu ver-
Was dfe Vef#Äl«inig «efr Elökühfte *^8 SälpJftÄ«-
CvU^ums betriiR, sK) wät ftes^s von seiner Örfti*i«g
IMI 1*5 Äur gäüÄüchtfn Aufftfebttfig^^ feite ffli- 9fch b^e-
iBMhende und von (ter ÜMvei^itftt v^lMIg ^i^^dette AhstftR.
AffOk hOAeft dte Ito(!hschule tiür Itünee Z^ die Oberaü^-
«*At tBser dtes^s CöMegium. ßs Wür4e v^n detn K«tfft¥s*«n
ftiedrich DI. aus eitlem CMlelgimi i^Oö»o¥Aiictr<n ik
«in ®«&iiMrium the^ldgicuta ttttige^Mett tM, irtim mdh
lÄ Vörttfftdudg mik fl€^ Uöiv^rsllM;, d^h tiem Hi^dhen-
ratbe uHtet'geoiVlft^t , iiras nttten ftHsMirKtih gei^MMert
werden wird.
die Universit&t in Betreff der Entfernung der Bilder u. s. w. er-
lassene Decret lautet:
»Noch dem in der Sapienz allhie , die AI)gottische altaria ynd
bilder bis noch ynabgescliai^t steen, wir aber bedenken, das es dis
WfB stindeVlich von nöthien die tliiig atisfi 'den äugen der Jug^tA ^
reissen, domit bie nicht tn der JngenA auemen, das Volgens ia
mehreren! alter nicht ausgereittet werden möge, So ist damff vnser
benelch, das ir hirin solche yersehung ihut, domit alle abgottische
vnd süperstfciose imagines, was deren in heiliger gottlicher gesclirifft
nicht begründet, darzu auch alle attar ausserhalb eins, daräff man
säcratn Eucharistiam ausspeuden inoge, fuglichen vnd bne vielen
leuth zulauffen abgethan, solche Bildnuss vnd stcyn bei einander
Behalten, vnd nicht vertragen werden, ob man etwan derselben ding
etliche (doch das die zu vorigen misbräuch nicht Verwendet) mil
nutz abkhemen vnd dannocli den costen, so vff das abschaffen
der bilder vnd altare laufen, mocht haben zu bezahlen. Daran
Ihut Ihr vnsern gefeiligen tVillen.« Ahhäll. tfnlv. T. VII. F. 282, a. b
101) Ibid. F. 257, a.
IÖ2) Gesch. a. I^eckairsch. S. B6 'ff.
444 I- JBihA. //. Ptrioät. 4. jOBtUmm. (1SU—U8$.)
§8.
Die Gründung des Pädagogiums als Seminarium
der Artisten- FacuUät,
Die Gründung des Pädagogiums ^^^ warzun&chst
eine Folge des von der Artisten -Facultät bei dem Kur-
forsten deshalb gestellten Antrages (S. 416. 420). Es trat
am 9. October 1546 in's Leben, bestand aus 3 Glassen und
war mit der Universität aufs Engste verbunden. Aus der
Universitätskasse sollten die Lehrer besoldet und über-
haupt die Bedürfhisse der Schule bestritten werden; ihre
Leitung stand zunächst unter der Artisten - Facultät , für
welche es, wie es in den Urkunden heisst, gleichsam ein
»Seminarium« sein sollte. Die ersten Lehrer waren An-
tonius Schorus (Schere) und Konrad Latus ^^^).
§ 9-
Verheirathete Lehrer werden van der Universität anr
gestellt und sni Rectoren derselben getmhtt.
Die hohen Schulen des Mittelalters waren (S. 39 ff.),
wenn auch nicht durchaus geistliche, doch wenigstens
solche Anstalten, welche nicht nur eine Exemption von
103) Die ersten Filemente des Lateinisches, so viel nöthig war,
diese Sprache nothdürftig zu sprechen und zu schreiben, wurden
in Klöstern ocler bei einem lateinischen Schulmeister (ludimagister)
gelernt. Es war diese Einrichtung ganz im Anschlüsse an die an-
tiken Einrichtungen und eine traditionelle Fortsetzung derselben.
Im 15. und 16. Jahrhunderte fühlte man aber den üebelstand, dass
die Zuhörer zu wenig vorbereitet in die Artisten-Facultät kamen.
Man errichtete daher eine Art yon Torschule vor der Artisten-
Facultät unter dem Namen Paedagogiüm. Wie dies in Heidelberg
geschah, geschah es auch zu Freiburg im Breisgau.
104) Die Geschichte dieser Schule haben wir, zugleich mit den
wichtigsten Urkunden, ausfQhrlich gegeben in: >Lycei origines«, in
der »Gesch. der Neckarsch. c und in der »Jubelfeier der 300 j&h-
rigen Stiftung des Lyceums zu Heidelberg (Heidelberg, 1847)c.
Wir glauben daher uns begnügen zu dürfen, hier nur auf die ge-
nannten Schriften hinzuweisen.
VerheiriUheie Lehrer werden am der ünivere. angeeteüt 445
weltlicher Gerichtsbarkeit, sondern auch fast alle Vor-
rechte der Geistlichkeit genossen. Lehrende und Lernende
wurden deshalb als Clerici betrachtet und auch so genannt
Auf der Universität in Paris waren die Lehrer der
Gottesgelehrtheit und des geistlichen Rechtes im 13. und
14. Jahrhundert ohne Ausnahme Geistliche, und selbst in
späteren Zeiten machte man das Statut, dass keiner zuni
Doctor der Theologie promovirt werde, welcher nicht
Priester sei***^). Auch die Arzneikunde wurde zu Paris
in den älteren Zeiten von Geistlichen gelehrt, und erst
der Cardinal von Touteville hob 1452 das Statut
auf, dass Baccalaureen der Medicin unverheirathet sein
mussten *®*). Nur die Meister der freien Künste waren
schon in frühen Zeiten theils Geistliche, th^ils Weltliche.
Die Hieronymianer, Mitglieder der in den Nie-
derlanden um das Jahr 1384 gestifteten Bruderschaft
des gemeinsamen Lebens, nahmen keine Weihen an und
legten auch kern Gelübde auf Lebenszeit ab, und so konnte
sie auch nichts hindern, sich zu verheirathen , und, als
später die classischen Studien in Deutschland aufzublühen
anfingen, verschmähten viele Humanisten, bei ihrer freie-
ren Denkart und Abneigung gegen den geistlichen Stand,
die untern geistlichen Grade, und manche, wie Johann
Sapidus (Witz) in Schlettstadt (bald nach 1500), Glan-
dorp, Eobanus Hessus u. A., verheiratheten sich *^^.
üeberhaupt hielt man im 16. Jahrhundert schon nicht
mehr an dem Grundsatze fest, dass die Lebrer durchaus
Geistliche sein sollten, und es wurden um diese Zeit sogar
in den Stiftsschulen verheirathete Prediger und Lehrer
zugelassen. So drang Markgraf Philipp! von Baden
in den von ihm 1525 erlassenen Verordnungen nicht auf
105) üeber den Cölibat bei den Üniversitäts-Professoren vrgl.
auch Tholack, Acad. Leben S. 2. 12.
106) Bul&us, T. III. p. 600 ff.
107) Raumer, S. 66 ff. Ruhkopf, Geäch. des Schul- und
Erziehungswesens in Deutschland, Thl. I, S. 258. 259.
Git^ UAcb VqIK auf gteich stäiMikkB Weise wrto^ , i^
erlaubte 9. B. io Plorabeto d^m doit geborenen u^d i^iu^li
4^ als StifUipre(j^^ a^geslielUien Joba9>n Unger, dem
J^ee^d)ebser Mel^^chthpB^s, (1&27) die Eh» ^^^
Auob w Stifte Od^obeii» iw^* 1549 ein vei^beiMÖiet««
J^breü wgestoUt ^^^).
W^d^n wir upß zur Uwv^wtät H^idie^erg, 90 ge-
borte 68 zu des Bf 3tiQim|ii#eeii der Artisten^Fa^tiit, diM
die Mitglieder derßelbi^p upverbeirathet w^en. Da die
Hoobschj^e em Ifircbliich^^ Institut war uad zu diep kirc^-
lieben Yeiswim sere^bpet wurde, so hat dieses ni^bits
Auffatle^d^eß, und eß kommen aiich in dep ersten Jabr-
hunderte ibi:^ Wirkjfp»keit sehr selten Beispißle vor, 4«es
Mjjtglißder di^s^r FacuUät veceblicbt waren. Der erste
Yßriuäblte I^icentiat w^ Jodocus Wollende rp. Diie-
9er war bereite zu dem £s#mon zugelassen u^d dei»
Ga«ui^ präsientirt (139SX ^^ ^ sagte, dass er eine Frau
babe. Mau verlieb ibm nun zwar die Lic^tiatur, docb
siusste er scbwöreu, nisn^als dem Rathe (Goncilimn)
der Facultät oder dem dor Universität anz^woh^ijben ^^^
De^ aw^te Yerbeüralibete war Gerhard von Geyln-
hausen (1430). Er hatte auf die besondere Empfeb-
bwg des KurfCk^rsten die MagjtöterwOrde erlangt. Spa-
ter koon^eu bäfifiger Beispiele vor, dass Milgliedier
d^er Fapultäjt vereblicht sind, so unter Andern Mi-
cyllus (1533), welcher eine sehr Btarke Ftim^ hatte ^^^).
4uch Auton Schoru^, welcher 1546 »ad Bhetorices
TT-
1Q8) Yierordt, S. 157. 24,2.
109) In einem YjisitaUons-Protokolle dieses Stiftes v. J. 1549
heisst es: »Ludimagister vocatus et, num quos defectus sive in
ecclesia sive in schola sua, interrogatns respondet, quod non ad-
madjam diu }^ fuarit, h^be^t ip^orem, npUos adhuc Überofi, prius
per annum degerit Heylbrunaiie«. Mone, Ztsc^r. B. J. 8. ^.
110) Acta Fac. Art. T. I. F. 180.
111) AnjiaU. Univ. T. Yl F. 104, a. b. VergJ, ai^h tu^sere
Schrift überB(icylUs, S. 19. 41.
VerMrtt^^ Lehrer vmäm tm 4$^ Ummm. m^mMt. M7
prefessiottem« baruHen umd zum V«r0la&de dos n «rrich-
tomleii Pädagogiums «rmnfit ?mrde , war ebeßfadlli ver-
heirathet »^*).
Mit iBögHchfiter Strenge wurde aber darauf gebalt^,
dass keine in der Ehe lebenden Magister die Stellen der
Regenten in den Gontubernien b^lddeten oder in den RaÜi
der FacuMt eintraten, was auch dann nieht geacftfth,
wenn, wie im Jahre 1482, der Eurfftrst Phili^pp es
nodi iw) sehr wünsdite ^**).
Anders handelte jedoch Philipp's Nachfolger, Lud-
wig V. Er hatte 1527 den verhdfatbeten änsgezeicb*
neten Juristen, Conrad Dym, zu« Professor der lastl-
tuttonen ernannt. Weil nun mit dieser Professar die Be-
gentenetelle an dem Artisten - GoUegium verbunden war,
ein Regens aber nicht vereheliofat sdn solke, so ^spen-
sirte ihn der Kurförst von diesem Statut ^^*). üeberbaupt
trat Ludwig in dieser Beziehung der Universität gegen-
über mehr befehlend als. bittend auf***).
112) Act. Fac. Art. T. IV. F. 12, b. Annall. üniv. T. VI. F. 450, b.
451. Lyc. origg. p. 45.
113) Den Beweis daför finden wir ia fiolgendeu Aetenatacfc»:
>Anno 1482 die 14. Octobr. facta congregatione ad audiendam
peticionem D. principis nostri, que talis fuit, quod üniveröitas simul
«e imim artiom velint ladulgere, nt Vagiater K^epUus n^^uratua
pf>Mit T^ene hxfsm^ pfir bianniam: q^od «i fiai;, v^it Ma^est^^iwi
recognoscere et erga Universitfitaivi et «aw facidta^w; siij^ t^
p^lioioae cfuioHiaum fuit, q^d qwa iUe eaßus &sFQt in detrimeptum
IwDB^inm piamo: dehinc |B.e^Hati6 «jtimn: poiitreiHQ UniyßrviUtis
oimimiqw fa«tt}totiHii: praeci^ue Tiieplegi^e, idep non vaUet con-
«»Qtife.f Ak F3«. Ast. T. n. F. 107.
114) Schwab, P. I. p. 105.
115) Dieses erhellt aus folgender Zuschrift üsß E^urftlrslen an
«UeFAßubläit: >Wir Jiabe» d§|nM%gistro Dionysio Grfkveji (Qraff)
vf)4 £2B8itiiigen r^ention yu der schweben burss vff «eyne apge^wigle
vrsachen ynd Demüttigs suppliciren gnediglichen bewilligt yud egy
galaosttn, Das «r on sm^ßf^evi er alch yn eeÜGhe« stiMid begeben
iiAtt, Bi>ch aney . Jar benidte legenterpy h^ben Ynd verwiLlten so)
md .mag. Bolobfi aaeyge» wk yeb'fi^Nt^r wep^og ^, b^^elb^nde,
.jr «olknt jn d%h^ ntmig h\9^n^ v#d wip jm .d*van su bf^^ü-
Gleiches geschah auch in emem andern Falle. Bil-
lican war »nach Beger« des Kurfürsten »zu der ersten
regentereien der Realisten Bursche alhie kommen«, aber,
weil er verheirathet war, versagte ihm die Artisten-Facul-
t&t den Eintritt in ihren Bath. Er beschwerte sich des-
halb bei dem Kurfürsten. Dieser erliess hferauf »vff
Donnerstag Udalrid« 1538 ^in Schreiben an die Facultät,
in welchem er sagte, es sei schon früher em Begent der
Schwabenburse , der »ehelichs Stands« gewesen, in den
Bath der Facultät aufgenommen worden, und es möge die-
selbe den genannten Billican um so mehr aufneh-
men, damit die Bealisten, wie die andern Bursen, in dem
Rathe ihren Vertreter hätten. Die Facultät beschloss
hierauf, diese Sache nicht zu übereilen, sondern in genaue
Erwägung zu ziehen, erbat sich jedoch von dem Bector
der Universität die auf Billican bezüglichen Acten. Da
sie diese aber nicht erhielt, beschloss sie, dem Billican
keine Antwort zu geben ^").
Nach solchen Vorgängen trug die Universität zwar
nicht darauf an , dass ein verheiratheter Lehrer zum Se-
gens eiper Burse ernannt werde, wohl aber gab sie nach,
sobald der Kurfürst es ernstlich wollte ^^^).
düng oder anderm gebart wie biessher die bestimbt Zeytt anssvolgen
lassen. Daryn beschieht vnser meynang. Datum Heydelberg Freyt-
tags nachVisitationis Mariae Anno 1536.«
>Doch soU disse anss gnaden zugelassen dispensation ynser
jüngst auffgericht Ordination hierzu onvergriflich sein.« »Qua dis-
pensatione praelecta censuit Facultas absqne omni reluctatione
Dustriss. Principi obtemperandum, et M.Dionysio significatnm
est, Facultatem in hoc priyilegium benigniter consentire.« Acta Fac.
Art. T. III. F. 143, b.
116) Nullam responsionem , nisi lectis libris actorum üniver-
sitatis, Billicano esse dandam. Act Fac. Art. T. III. F. 148, b.
149, a. b.
117) So erkl&rte sie, als Johann Geysselb ach, der ein ge-
bomer Heidelberger war, (21. April 1543) um die Anstellung als
Regens ansuchte: >Ipse (Geysselbach) non facileinRegentia facultatis
artium sit ferendus cum statuta aliaqne uxuratos non admittant.
Verlmralh^ Lehrer werden an der Ünivers, angestellt 449
Doch änderte die Artisten -Facaltät später ihre An-
sicht und bestimmte 1544 selbst, dass ein Yerehelichter
nicht von dem Amte eines Begentai ausgeschlossen sein
sollte ^^% Diese Bestimmung trat auch bald in das Leben.
Als man 1546 die verschiedeneA Bursen in Eine vereinigte,
wurde der in der Ehe lebende Geysselbach (S. 435)
nicht nur Regens dieser Burse, sondern 1547 sogar auch
Decan der Facultät*^»).
Der Erste, welcher als Professor der Theologie und
angestellter Pfarrer in Heidelberg heirathete, war Stolo
(1539).
In der juristischen und medicinischen Facultät scheint
man nicht eine gleiche Strenge gegen die verheiratheten
Professoren beobachtet zu haben. Wenn aber in diesen
Facultäten auch verehelichte Professoren angestellt wurden,
wie wir schon oben bei der medicinischen sahen, so ge-
schah dieses doch nur ausnahmsweise. So kam es, dass
bei dem immer mehr zunehmenden Mangel an tüchtigen
geistlichen (ecclesiasticis) Lehrern öfter Lehrstellen gar
nicht besetzt werden konnten. Um diesem Missstande ab-
zuhelfen, wurde auf die Bitte des Kurfürsten und der
Universität durch eine Bulle des Papstes J ul i u s ÜI im
Jahre 1553 gestattet, dass auch weltliche (seculares) Leh-
rer angestellt und in den Genuss der mit diesen Stellen
verbundenen Präbenden eingewiesen werden konnten ^***).
nisi forsan ab illuBtrissimo principe nostro impetrasset indultam,
quemadmodum qnidam alii M. Dionysius (Gray) et Licent. Billi-
canus«. Annall. Univ. T. VI. F. 294, b.
118) Ut nemo Regentium, qui honesto se mancipasset conjugio,
de officio, quemadmodum hactenus factitatum erat, cedere cogeretur.
Act. Fac. Art. T. IV. F. 7, a.
119) Dass Geysselbach der erste verheirathete Decan der
Artisten-Facultät war, wird ausdrücklich in den Acten a. a. 0.
F. 22, a angeführt.
120) Die Originalurkunde (d. d. 12. April 1553) ist in dem
Uniy.-Arch., Nr. 42. In Abschrift steht sie in Annall. Univ. T. VII.
F. 143. a. b.
llantz, Gösch, d. Univ. Heidelb. I. 29
450 I J9ffc^. IL Periede. 4. Abaehnitt. (U44^1&ä6,)
Waren nun auch einzelne Lehrer yerheirathet, so er-
schien es doch den Verhältnissen angemessen, den Unir
versitätea als geistlichen Corporatronen kein verheirathetes
Oberhaupt vorzusetzen. Diesen in Paris herrschenden
Grebrauch finden wir in den frühesten Zeiten auch auf
andern Hochschulen. In Prag durfte die Rectoren eben
so wenig Laien als Ordensgeistliche sein^'^). In Wien
war das Rectorat zwar niemals nur auf Weltgeistliche be-
schränkt; allein man liess bis in das Jahr 1534 die alte
Gewohnheit gelten, nur Ehelose zu Rectoren zu wählen.
Um diese Zeit traf es sich, dass unter den Lehrern der
Arzneikunde keiner, unter den Recbtsgelehrten nur Einer
war, der keine Frau hatte. Um nun zum grossen Nach^
theile für die Universität ausgezeichnete Gelehrte wegen
ihres ehelichen Standes nicht länger von der Rectorswürde
auszuschliessen, hob König Ferdinand durch einDecret
vom 9. März 1534 das alte Gewohnheits - Gesetz auf und
erlaubte, dass die Lehrer aller übrigen Facultäten, die
theologische ausgenommen, zu Rectoren gewählt werden
konnten, auch wenn sie in der Ehe lebten. Dabei wurde
aber die Einschränkung gemacht:
»Doch wann ad eenaaras ecclesiasticas procedirt werdea
solle, dass der beheyrat Rector alsdann seinen gewalt
derselben einem, der in sacris ist, übergebe« ***).
In Tübingen wurden die Heiraths-Beschränkungen
ebenfalls strenge aufi-echt erhalten, und zwar nicht
allein in Beziehung auf die Rectoren, sondern auch auf
die Professoren. Als der Professor der Ethik, • Ki-
lian Vogler, 1541 heirathete, musste er seine Professur
aufgeben. Er kündigte dieses selbst seinen Zuhörern mit
den Worten an:
An der Universität Freiburg waren schon Anfangs des
16. Jahrhunderts 20 Verehelichte, darunter 4 Doctoren der Rechte,
2 der Medicin, 4 Meister der freien Künste, Syndicns, Notar, Pedell,
sogar Studenten. Schreiber, Gesch. d. Univ. Freiburg, Th. II. S. 69.
121) Voigt, 8. 32.
122) Conspect. histor. Univ. Vienn. T. II. p. 151. 152.
Verheirathete Lehrer werden an der ünivers. angestellt. 451
»Glaubet nicht, dass ich etwas Schändh'ches begangen
habe, meine n«ulich geschlossene Ehe Ist die emzige ürsuche
meiner Entlassnng« ^'').
Für die Universität in Ingolstadt ersuchte Herzog
Wilhelm V. von Bayern, sich auf das Beispiel der
Tiohen Schule in Wien berufend, den Papst Sixtus V.
(t 1590), er möge das alte Statut über die Ehelosigkeit
der Rectoren aufheben und verheiratheten Lehrern die
Gerichtsbarkeit über die geistlichen Mitglieder der Uni-
versität erlauben. Die Bitte des Herzogs wurde aber
nicht erhört*"). Erst Kurfürst Maximilian! that
(1642) aus der Fülle der landesherrlichen Gewalt, was
seine Vorfahren zu thun nicht gewagt hatten, und Öffiietc
auch verheiratheten Lehrern den Zutritt zu der Rector-
Wtirde*«^).
Nach den Statuten der hohen Schule in Löwen
(gestiftet 1426) konnten weder Ördensgeistliche noch Ver-
heirathete, am wenigsten -solche, welche in der zweiten
Ehe lebten, das Rectorat bekleiden. Heirathete aber ein
Rector während der Dauer seines Amtes, so verlor er da-
durch seine Stelle nicht ***^).
Dagegen wurde an der Universität Basel schon
1507 bei der Wahl des Rectors das Erforderniss des
geistlichen Standes und der Ehelosigkeit aufgehoben ^*^)^
und an der Universität Fr ei bürg anfänglich unverehe-
lichtej später auch einmal verehelichte Cleriker und noch
während des 16. Jahrhunderts die Rectoren ohne Rück-
sicht auf priesterliche Weihen aus den Mitgliedern
123) Klüpfel a. a. 0. S. 56.
124) Annall. Tnorolstad. T. IV. p. 359.
125) Ibid. T.I, Praefat. p. XXVII. u. T.II. p. 301.
126) nie tarnen, qui fuit legitime^ electus rector, si postea
durante reetoratu ducat uxorem^ non perdit dignitatem rectoralem.
Everandus, Fast. acad. stud. generai.
127) Vischer, Gesch. d. Univ. Basel, S. 111.
29*
452 ^- ^«cÄ. //. Periode, 4. Ähschmitt (l544'-15öß.)
des academischen Senats flberhaupt gewählt, wenn sie
auch zum zweitenmale verehelicht waren ^^^).
Was nun die Universität Heidelberg angeht, so
wurden über 150 Jahre von ihrer Gründung an keine ver-
heiratheten Professoren zu Rectoren gewählt, weil dazu die
päpstliche Ermächtigung fehlte. Dieses erhellt aus der
Wahl des Johannes Pavonius (Pfau) aus Eppingen "*).
Da jedoch der Mangel an unverheiratheten Männern,
welche zur Uebemahme des Bectorats geeignet waren, im-
mer grösser wurde, so trug die Universität selbst im
Jahre 1550 (also 3 Jahre vor ihrem Gesuche um An-
stellung weltlicher Lehrer) dem Papste die Bitte um
Abhülfe dieses Missstandes vor. Dieses Anliegen wurde
ihr gewährt^*®), wozu freilich die damaligen Zeit-
128) Schreiber, Th. IL S. 41 ff., woselbst auch die QueUen
genau angeführt sind.
Der erste Rector, Matthäus Hammel (aber ihn s. S. 318),
wurde von dem Gründer der Universität, Erzherzog Albert VL
von Oesterreich, am Tage der Stiftung (21. Septbr. 1457) ernannt,
zugleich aber der Anstalt das Recht eingeräumt^ ihre künftigen
Rectoren selbst zu ernennen. Im Jahre 1459 verheirathete sich
Hummel und wurde Vater von 12 Kindern. Schreiber, Th. L
S. 13. 212.
129) Pavonius schreibt darüber selbst: »Igitnr uxore mea
honestissima Barbara Deschenmecheria mortua Domini de Univer-
sitate me Jo. Pavonium doctorem in rectorem elegeruntc Annall.
Univ. T. VI. F. 288, a.
Darauf heisst es weiter: >Die 12. Jnnii hujus anni 1543 post-
quam ego Jo. Pavonius rector nuper sponsalia contraxissem in
patria mea cum secunda uxore mea Elisabetha, ob statum Univer-
sitatis magistratu hoc Rectorio me abdicavi, et doniini consiliarii
subinde alium novum rectorem delegerunt.« Ibid. F. 299, a.
130J Die Bulle des Papstes Julius III. d. d. 6. März 1550
findet sich in dem Univ.-Arch. unter Nr. 46, so wie auch eine Ab-
schrift derselben in den Universitäts-Annalen a. a. 0. Fol. 79, b.
80, a. Die von der Universität ausgesprochene Bitte ist ebenda-
selbst F. 79, a. niedergeschrieben. — In der genannten Bulle wird
auf eine frühere schon vom Papste Paul HI. (1534 — 1549) vom 2. Au-
gust 1549 hingewiesen, in welcher erlaubt wurde, >ut uxurati pos-
sint esse Rectores in Universitate Heidelbergensi propter carentiam
Ecclesiasticorum«.
Kiri^ienf^OTm, in Heidelb. Beschickung d. CanciU 9. IWent 453
Verhältnisse, namentlich die Beschickung des Tridentini-
sehen Gonciliums (S. 460. 461) mehr beigetragen haben
mögen, als der Umstand, dass die Universität trotz der vom
Papste ihr nicht zugestandenen Befugniss einige Male
verheiratbete Professoren zu Rectoren wählte*'^). So war
Conrad Dym, welcher im Jahre 1548/49 das Rectorat
bekleidete , verehelicht "*).
Der Erste, welcher in Folge der päpstlichen Erlaub-
niss für das Jahr 1550/51 als verheiratheter Mann
von der .Universität zum Rector gewählt wurde, war Cu-
rio, Professor der Mathematik (S. 427). Dieses sahen
Manche so an, als ob sie des Himmels Einsturz fürch-
teten ^").
§10.
Kirehenre/ormatarische Bewegungen in der Stadt
Heidelberg und am Kurßrstiichen Hofe, Ver-
halten der , Universität hei diesen Bewegungen, <
Aufforderung des Kurförsten sur Beschickung des
Conciliums von Trient (^1551).
Schon unter Ludwig'sV. Regierung hatte, wie oben
bereits berichtet wurde, Luther' s Lehre Anhänger in Hei-
delberg gefunden, wo besonders der beliebte, früher schon
erwähnte Pfarrer bei der Heiliggeistkirche, Stolo, in
ihrem Geiste predigte und
131) Annall. üniv. T. VII. F. 78, b.
132) Schwab Syll. 1. c. p. 105.
133) Annall. üniv. T. VII. F. 65, a. 78, b. In der letzten
Stelle heisst es:
>£8t doctor Carlo ex lata Papae liberalitate primus, ante quem,
cnm tres forte administrassent hoc munus extra coelibatum, erant
qni, qnasi res magni esset momenti, Coelum ruiturnm timebant.«
Schwab sagt 1. c. p. 108: »Carlo primus fuit, qai praeter
conjugem suam, sponsam etiam alteram duxlt, ac illustrem
Ruperti filiam sibi in munere Reotoris desponsavit.«
454 2. Buch. IL Periode. 4. Mscknitt (15U—Jiöö6^
»oft und herzlichen Sinnes von Nutz und Wohlstand des
Yatterlandes deutscher Nation, und ^ern von Keformation
der Kirche, der Universität und der Schulen redete«"*).
Diesen Predigten wohnte Kurfürst Friedrich II.
»unter Frohlockung der Heidelberger Bürgerschaft« öfter
bei, hatte aber, obwohl das Gegentheil von vielen pfälzi-
schen Geschichtschreibern behauptet wird, für seine Person
weder Neigung noch Sinn für die neue Lehre. Es be-
richtet ^ielnlehr dessen aufrichtiger Biograph, Leodius,
alles, was von dem Kurfürsten für die neue Lehre gethan
wurde, sei nur aus Furcht vor dem Volke geschehen,
welches sich sehr auf die Seite des zur Augsburgischen
Confession öffentlich übergetretenen Mündels und Neffen
Friedrich's II., des Pfalzgrafen Otto Heinrich, hin-
neigte. Damit stimmt auch die ganze Haltung des Kur-
fürsten überein ***), und, ist er wirklich, wie in den Briefen
an die Könige von Dänemark"**) versichert wird, als
Protestant gestorben, so hat er es doch zuvor, besonders
nach der sti*engen Einführung des Interims, nie öffentlich
bekannt. Von diesem Staudpunkte aus sind seine, wenn
auch der Reformation günstigen, Schritte zu betrachten.
Dahin gehört zuerst, dass er (28. März 1545) den Me-
lanchthon für die Universität Heidelberg zu gewinnen
suchte, um sich seines Rathes und seiner Hülfe in dem
Ordnen der Schul- und kirchlichen Verhältnisse zn be-
dienen. MelanchthoB nahm zwar diesen Ruf nicht an,
schickte aber das schon (S. 417 f.) erwähnte Gutachten*'^.
' 134J Vierordt, S. 340.
185) W^undt in dem Allgem. literar. Aiueeiger 1798, Nr. 21^
S. 215. L e od i ii s , Vita Friderioi II. p. 263.
136) Herausgegeben von Schumacher, Copenhagen und
Leipzig, 1758.
137) Dieses handelt in 6 Stücken über die reine evangelische
Lehre; über den rechten Gebrauch der Sacramente; über das mi-
nisterium ecclesiasticum; über Kirchendisciplin und Verfassung;
über die Einrichtung des Schulwesens und über den Schutz und
die Beförderung der Geistlichen. Seisen S. 26. — üeber Melanch-
Doch, ehe noch das Gutachten eingetroffen war, er-
klärte sich Heidelberg für Luther's Lehre. Als nämlich
am 20.December 1545 die Me^se in der Heiliggeistkirche
begonnen hatte, fing die Gemeinde mit heller Stimme das
herrliche, von dem frommen Paul Spreter aus Roth-
weil gedichtete, acht evangelische Kirchenlied ^'^) zu sin*
gen an:
»Es ist das Heil uns kommen her
Von Gnad' und lauter Güte.«
Dieser Vorgang machte den Kurfürsten ängstlich.
Aus Furcht vor einem Volksaufstande gab er der öffent-
lichen Stimmung nach, und erliess ganz kurze Zeit
darauf, noch iu demselben Jahre, eine »Kirchenord-
nung, wie der Kirchen- und Gottesdienst in
Churpfalz Landen solle eingerichtet wer-
den* >»»).
Wie unter dem Volke, so hatte auch am Km*fürst-
lichen Hofe die evangelische Lehre ihre Anhänger ge-
funden. An Weihnachten 1545 nahmen die Kurfürstin
Dorothea, eine Prinzessin von Dänemark, der Kanzler
Hartman u**®) und viele Ritter und Edelfrauen in der
thon's Schul- and Kirchenreformation vrgl. Schenkel: Die Refor-
matoren und die Reformation S. 162 ff.
138) S eisen, S. 26 ff., wo auch das Lied selbst abf^edruckt
ist. Kirchenkai. d. ev. protest. Gemeinde in Heidelb. 1846, S. 15 f.
139) Nach derselben sollte das heilige Abendmahl anter beiden
öestalteu dem Volke ertheilt, bei der Taufe und Einsegnung neuer
Eheleute die Formulare in deutscher Sprache vorgelesen, die Priester
zur Yerehelichung berechtigt und verpflichtet werden, nicht nar
öft^ za predigen, sondern aach durch Katechisation den Unterricht
in göttlichen Wahrheiten mehr, als bisher geschehen sei, auszu-
breiten. Vierordt, S. 341. Bretschneider, Corp. Reformat
T. VIII. p. 744.
140) Schon 1534 machte sich Hartmann als Lutheraner ver-
dächtig, weil er i;i dem Kloster Montserrato an einem Fasttage
hartnäckig Eier von den Mönchen verlangte. Sein Begleiter
Leo diu 8 (Vita Friderici II. S. 337) berichtet darüber Folgendes:
»Da nun die brüder sahen, dass er so halssstarrig war, fingen sie
au zu raffen, er were ein Lvitheraaer und müsste bei der Inqui-
466 I^ Buch. IL Periode. 4. Absc^iM. (16U—1S6S.)
Schlosskapelle das heilige Abendioahl unter beiderlei Ge-
stalt; nur der Kurfürst schloss sich von dieser Hand-
lung aus.
In gleicher Weise wurde das Abendmahl au<^h am
3. Januar 1545 zum ersten Male in der Kirche zum
H. Geiste ausgetheilt. Den Gottesdienst hielt der öfter
genannte, der neuen Lehre längst ergebene Stolo.
So lebhaften Antheil aber auch die Stadt Heidelberg
und der Kurfürstliche Hof an diesen kirchlichen Bestre-
bungen zeigten, so wenig lässt sich dieses von der Uni-
versität sagen. Als eine treue Anhängerin des päpst-
lichen Stuhles hielt sie fest an den Grundsätzen der ka-
tholischen Kirche und war bemüht, diese auch bei ihren
Angehörigen aufrecht zu erhalten ***). Dieses wurde ihr aber
je länger, je schwerer. Die Einführung des Interims
(15. Mai 1548) traf die Universität am Härtesten. Von
ihren Angehörigen wurde die Messe schon nicht mehr
so fleissig, wie früher, besucht, und die Theihiahme an den
Processionen hatte abgenommen, wie sich denn überhaupt
eine geringere Achtung für den kirchlich- katholischen
Gultus zeigte. Dadurch sahen sich Rector (Matthias
Keuler) und Universität bestimmt, am Sonntage Trini-
tatis (1549) ein etwas scharf und entschieden abgefasstes
Mandat an die Universitäts-Angehörigen ergehen zu lassen,
in welchem diese zur Theilnahme an der bevorstehenden
Frohnleichnams - Procession bei Strafe aufgefordert wur-
den »*»).
sition angegeben werden. Ich aber stillete sie mit guten Worten
soviel als ich konnte und sagte, er were eine Flämmische Saw, der
weder an Gott noch etwas anders glaubete.c
141) So heisst es in den yon ihr am 10. November 1551 ge-
nehmigten und Ton Micyllus abgefassten Statuten der Artisten-
Facnität: (S. 424. 425.) »Primum jurabit quilibet {Baccularius), quod
de caetero fidelis erit Sacrosanctae Gatholicae et orthodoxae Bomanae
Ecclesiae et ejus Fontificibus legitime ac rite electis.c
142) Vollständig findet sich dieses Mandat in Annall. üniT.
T. VTI. F. 31 , a. 32 , b. In demselben heisst es unter Anderem :
JEff cAmre/orm. m HMelb. Besehichung d, Ckmcila z, Trient 457
Dieser Anordnung des Rectors kam ein Theil der
Üniversitäts-Verwandten nicht nach. Durch einen Anschlag
an den Kirchenthüren und an dem Gontubemium wurden
deshalb alle, welche der Procession nicht beigewohnt
hatten, aufgefordert, vor Abend im Hause des Rectors zu
erscheinen und die angedrohte Strafe zu erlegen. Ein-
zelne gehorchten, »die meisten gingen aber mit tauben
Ohren vorüber«, andere stellten sich zur Zahlung, hatten
aber kein Geld. Sechs erschienen mit der Erklärung, das
Mandat des Rectors sei gottlos gewesen, sie würden des-
wegen nichts zahlen ***) , und appellirten an die Uni-
versität. Unter ihnen waren 3 Doctoren und 2 Magister.
Am 22. Juni war Sitzung, wo die Ungehorsamen erschie-
nen und von der Universität, nachdem alle vernommen
waren, folgenden Bescheid erhielten:
>Nachdem Eure Sache abgehört und der UniTersität durch
£ttre Appellation (wenn dieselbe mit Recht so 'genannt wer-
den darf) überwiesen worden, geht die Universität auf diese
Appellation als eine frivole und ungesetzmässige nicht ein,
sondern verweist Euch an den Rector als den Richter, von
welchem Ihr leichtfertig provocirt habt, indem wir Euch auf-
geben und verfügen, dass Ihr heute vor Abend vor dem Herrn
Rector zur Zahlung der Strafe bei Vermeidung einer weit
schwereren durch die Universität erscheinen sollt.«
Zwei davon stellten sich beim Rector, die vier übrigen
gaben beim Kurfürsten eine Bittschrift ein. Gegen diese
und die darauf ertheilte (jedoch unbekannte) Antwort
übergab die Universität dem Kurfürsten eine Vorstel-
>Ad aures nostras pervenit, nonnuUos nostrae Jurisdictioni subditos
Ecclesias^ ubi sacra tractantur, ingredi, atque hinc inde sine
devotione deambulantes, mmorem facientes, neque ullum honorem
Yenerabili sacramento vel Eucharistiae, cum a sacerdote in celebra-
tione Sacrificij Altaris elevatur, exhibentes idque cum maximo
scandalo et in contemtum salutaris oblationis illius Unici Sacri-
ficij Christi, quo omni um salus comparata est.«
143) Mandatum Rectoris impium fuisse et ob id nihil quoque
se daturos. Annall. Univ. T. VII. F. 81, b.
458 I' Bück. U. Perioie. 4. JbsiAmtL {löU—lMC,)
lung ^^^) y in welcher sie aueAhrte , dass nach der Be-
stimmung des Interims »die alte Processiones pro veteri
more« gehalten werden sollen ; auf die an die Universitäts*
Angehörigen ergangene Einladung zur Procession seien
manche nicht erschienen und deshalb von dem Reetor
zur Strafe gezogen worden. Von diesen hätten einige £e
Strafe (12 albus) bezahlt. Weiter jedoch heisst es:
»Es siadt aber neben den gehorsamen etiieh Tngehorsam
ynd rebeUes, so öffentlich wider Reetor und nniversitet setst-
ten, erschinen vnnd trutzlich widder Inhalt vnser Stattuten
Mandaten vnnd des publicirten Interims, sagten, dis Sacrament
vnnd procession wer ein abgoterei vnnd ein gotslestemng,
Derhalben das mandatum R^ctoris were Impium Tnd sie
viel weniger die straff oder peen zu geben bedocht weren.
Nun vermag aber das Interim, das in solichem salarament
nach der Benediction der war leib vnd Blut Jesu Christi sey.
Hierauff wir sie auss angeregten Ursachen noch hoher zu
stroffen verursacht. Aber Indes Ew. Churf. Reth unsem
Reetor besehtcket, Lme neben andern gnedigsten Beantwur-
tnngen angezeigt, das soHche mandata mehr zur abnemung
dan zu aufnemting Ew. Churf. gn. universit&t reichen mochten
dardurch vnss so vil zu versteen geben, als sehen wir die
nit stroffen vnd also ein gemein geschrei vnder stndenten
vnnd andern aussgeschoUen, Reetor vnd Universitet haben
onbillig die peen begehrt vnd genummen, vnd sich also rottirt
vnd Mittwoch zonacht 12 euren dem Reetor Doctor Matthis
Keuler die Fenster anssgeworfen vnnd also noch vil bosers,
auch leibes vnnd lebens zu besorgen. Ist derhalben an Ew.
Chur . gn. unser underthenigst bitt, sie wolle bey unser wol
vnnd lang herprocht auch von Ew. Churf. gnaden confirmirte
Freyheit, beschützen vnd pleiben lossen. Die unsem vnnd
stroffwflrdige stroffen zu lossen, domit die geil frech vnnd
mutwillig Jugend doch ein wenig gezempt vnd gedempt werde,
Zweifelsone wo solche rebelles vnd so öffentlich dem Interim
entgegen sindt wie obgemelt, gestrofft.
In Folge dieser Eingabe an den Kurfttrsten wnrde
der Reetor am 22. Juli vor den Canzler beschieden. Nach
einem langen Wortwechsel brach endlich der Oberhof-
144) Annall. üniv T. VII. F. 32, b. 34, b.
1
KircheMrefomi.in Heidelb. Beschickung d, (kmeila ß. Irnnt 459
meister in die Worte aus: der Rector könne sie strafen,
solle dies aber mit Mässigung thun**^). Zwei der Schul-
digen erschienen nun auf an sie ergangenes Vorladen, die
beiden anderen aber stellten sich nicht ein, bis der Rector
ihnen drohte, sie von der Universität auszuschliessen.
Darauf erschienen auch sie, baten um Verzeihung und er-
legten das Doppelte der Strafe^*®).
Viel milder, als das die Theilnalime an der Procession
betieffende Mandat des Rectors Eeuler, war das am
27. Mai 1551 von Jacob Curio, dem ersten verhei-
ratheten Rector (S. 435), ausgegebene **').
145) Post longam altercationem inter nos (Kectorem Univer-
sitatis et Cancellarium in cancellaria) habitam, tandem Magister
Cuiiaö in haec verba praerupit, Bectorem posse iUos ponire. Do*
minus Gancellarius addebat tarn, cum modestia. Annall. Univ«
T. VII. F. 34, b.
146) Ibid.
147) Etsi plerisque nunc Ritus Festi Corporis Christi pugnare
cum coene Institutione videntur, multae graves causae tamen sunt^
cur supremis magistratibus ad celebres die illo conventus nos
▼ocantibus parendum esse ceuseamus si qvidem obedientiam Deus
postuIat, ubicunque leges humanae minus conscientias gravant,
i^nam eorundem contemtus prodesse potest : cumque ad haec propter
glorificandum uomen Domini et salutem nostram conducat nt saepe
congregati vota conjuugamus ac cogitatione de b^neficijs Filij Dei
nos exsuscitemus : Atque adeo dies crastinus de Testamento et
pane illo Mystico ot niorte Domini nos ita admoneat; ut posita
conteutiono pius prorsus nihil dubitare in solennibus istis suplica-
tionibus de praesentia Dei et angelorum possit; Mandamus ipsi et
pro autoritate et consuetudiue omnibus Jurisdictioni Scholasticae
subditis, ut hora cras sexta mane in templo S. S. suo qvisque loco
et ordine adsit; caetumque ibi nostrum non compositis tantum
moribus amet, sed et in Processione Fidem invocationemque suam
cogitatione verborum Sancti hujus Testamenti excitet; et fide ac-
censa petat, ut Deus salutarem emeudationem doctrinae de vero
Synaxeos usu concedat, Principumque mentes flectat ad conser-
vanda tuendaque litrrarum studia, quae non, ut imperiti judicant,
hominum inventa sunt, sed dona adversus cordis humani stupiditatem,
divinitus revelata et prodita ad celebrationem gloriae dei , Atque
paucis ad vos haec sub magistratus nostri sigillo et poena solita
contemptoribus infligenda die XXVII. Maii (1551). Annall. Uniy.
T. VII. F. 93, b. 94, a. Hist. Acad. F. 182. *
460 L Budk. II, Periode, 4, Abechmtt. (ISU-^ISSB.)
In dieser iZeit (1551) wurde die Universität von dem
Kurfürsten Friedrich aufgefordert, das Concilium von
Trient (1545—1563) zu beschicken. Zu dieser Aufforde-
rung wurde er durch den Papst Julius in. veranlasst,
welcher auch , um diese Anstalt sich mehr zu verbinden,
ihr (1550) durch eine besondere Bulle das Recht zuge-
standen hatte, verheirathete Professoren zu Rectoren zu
wählen***). War nun auch dadurch die Universität dem
Papste zu Dank verpflichtet, so ging sie doch erst nach
langen Verhandlungen über die Frage, ob die Sendung in
ihrem oder des Kurfürsten Namen oder auf Befehl des
Papstes geschehe, und ob sie oder der Kurfürst die Kosten
dieser Mission zu tragen habe, auf die Sache ein, und
wählte die Professoren Keuler und Stolo, ohne dass
jedoch das Concilium beschickt wurde "*). Die ganze
148) üt (Julius in.) novo beneficio Üniversitatem arctius ob-
stringeret, peculiari bulla concessit^ ut conjugatis Professoribua
Recturam gerere liceret. Alting, Eist. eccl. Pal. p. 159. — lieber
die genannte Bulle und Terheirathete Professoren als Rectoren der
Universität siehe S. 452.
149) Die hierher gehörigen Actenstücke sind folgende: »Can-
cellarius circa finem Martii (1551) Rectori et senioribus vocatis
exposuit nomine Principis, consensu ordinuAi imperii post varia
tentata hactenus remedia, institutum esse Concilium Tridenti, ut
errores et dissidia exorta in Ecclesia tandem tollerentur. Et Prin-
cipem velle, ut üniversitas etiam cogitet de ferenda ope ad com-
munem salutem. Itaque jussit, ut in Theologiae quaestionibus
versati, quique fontes sacpe legissent, ac donum interpretationis
studio consecuti essent, res omnes, de quibus tractandum erit, con-
ferant in summam, additis suis sententiis, librumque talem offerant
Principi. Deinde vult sibi quosdam ex coetu ÜniTersitatis indicari,
ad mittendum idoneos, de quibus posset facere delectum. Congre-
gata super hoc Üniversitas ultima Martii conclusit, nondum aliquid
statuere se posse de mittendis, priusquam certa fiat, an suo? an
Principis nomine? an Ppntificis jussu mittere debeat? denique
quibus sumptibus? Quod plerisque dubium fuit, Principisne? an
üniversitatis nomine, et sumptibus deligendi quidam ex coetu nostro
ad synodon essent. Resolutum id per Cancellarium est, qui dixit.
Blust. Principem ab Imperatore et aliis requisitum, ad Concilium
▼eile deligi, et designari sibi ex nostro coetu doctos, pios et facun-
Finaneieüe Verhällmaae. KUigter. Lekrerhesoläimgen, 461
Angelegenheit ist aber um so bemerkenswerther, als die-
ses das letzte Mal war, wo die Universität in ihrer Ge-
sammtheit die Autorität des Römischen Stuhles an-
erkannte; denn von dieser Zeit an wandten sich ihre
Mitglieder immer mehr der Lutherischen Lehre zu, und,
als Otto Heinrich (lö56) an die Regierung kam, waren
nur noch zwei katholische Pro^ssoren an der Anstalt,
Keuler und Nicolaus Niger, welche sich jedoch imter
diesem Kurfürsten »ihrer Professionen begaben« "^).
§11.
Finamielle Verhältnisse der Universität Papst Ju-
lius III. uberlässt derselben 12 in der Pfalz
gelegene Klöster. Lehrerbesoldungen,
Eine Hauptsorge Friedrich' s war, die unter Lud-
wig V. sehr herabgekommenen finanziellen Verhältnisse
der Universität in einen bessern Zustand zu bringen. Zu
diesem Zwecke veranlasste er, dass mit dem Domstifte
in Speyer wegen des durch die Bulle des Papstes B o n i -
facius IX. der Universität incorporirten dortigen Gano-
nicates und der Präbenden am Donnerstage nach Judica
1547 ein Vertrag abgeschlossen wurde, durch welchen
das Domstift sich verbindlich machte, jährlich löOfl. an
die Universität auszubezahlen. Dieses war um so vor-
dos, quos possit qnibnsdam de suis conjungere, et conseqnenter, nt
üniversitas declararet suam hac in parte erga Ecclesiam Stadium.
Nee simus soUiciti de sumptibus, nee curare (forte curemus), quod
Üniversitas non sit singulariter vocata. Ibi üniversitas in illa mit-^
tendorum paucitate Theologos duos, D. Mathiam Keuler, et D.
Henricum Stolonem designavit mittendos, si Princeps voluisset.«
Annan, üniv. T. VII. F. 73, b. 74, a.
»Anno 1551 ab augnstis Gonsiliariis Hector et Seniores in
Archivum evocati tractare cum Academia jubentur, ut Theologi
conclusiones suas super Articulis Fidei in Concilio Tridentinö pro-
ponendas meditentur; Jure consulti vero Canonici ex Canonibus
disciplinarum Canonicarum cleri certum ordinem extrahant et
Electori offerant.« Annall. 1. c. F. 78, b. Histor. üniv. F. 131.
150) Mieg: Bericht von der Reform, d. Kirche in d. ünterpf.
S. 23. Jus üniversitatis orbi et urbi ostensum p. 67.
462 L Buch, IL Periode, l, Mschnin, (1544-1556.)
theilhafter für die letztere, als der jeweilige Ordina-
rius dieses Canonicats und der Präbenden den Ertrag an
Früchten und Wein selbst einthun (S. 217), deshalb
mit Aussetzung seiner Lectionen öfter nach Speyer reisen
musste, und dennoch nach Abzug der Kosten die Ein-
nahme davon nur auf etwa 80 fl. jährlich brachte "*).
Femer kaufte FriedÄch der Universität (1549) den
noch übrigen »Turnus« des Zolles zu Kaiserswerth , wel-
cher ihr wegen der weiten Entfernung und der Erhebungs-
kosten wenig einbrachte, mit dem Versprechen ab, ihr
von je 100 fl. Einnahme einen jährlichen Zins von 5fl.
zu bezahlen. Als Unterpfand setzte er den Turnus und
Zehnten zu Bacharach ein^**).
Doch war dadurch der Nothstand der Anstalt
noch nicht gehoben. Ihre Einkünfte waren vielmehr noch
so gering, dass nicht einmal die Besoldungen der Pro-
fessoren regelmässig ausbezahlt werden konnten. Um nun
der Universität für alle Zeiten ständige Einnahmen zu
sichern, wandte er sich mit der Bitte an den Papst Ju-
lius IIL, derselben eine Anzahl von in dem Kurfürsten-
thum gelegenen und von ihren früheren Bewohnern gänzlich
oder doch grössten Theils verlassenen Klöstern einzuver-
leiben. Um nun dieses desto gewisser zu erreichen, Hess er
(10. Mai 1549) durch seinen Canzler Probü s dem Rector
Dym mittheilen, die Hochschule solle eine Schrift bei ihm
(dem Kurfürsten) einreichen, in welcher sie die gleiche
Bitte ausspreche ^*'). Dieses that die letztere, und schon
am 16. Mai legte sie die gewünschte Schrift vor, in wel-
cher sie unter Anderm sagte ^^*):
»Weil im CharfOrstenthamb vill erledigte geistliche guter
seindt, sp nit possessores habend, auch nit wol zu bekommen
151) Original-Urk., Univ.-Arch. Nr. 42. Vrgl. auch Jus üniv. p. 8.
152) Originalurkunde, d. d. »Sonntag nach Jacob! Apostoli
1549t, Üniy.-Arch. Nr. 56.
153) Annall. Univ. T. VIL F. 15, a.
154) Ib. F. 15 , a. 17 , a. b. Ebendort findet sich die Bitte
abschriftlich.
Finaneieüe VerhälPMeae. KlöHer. LelMrerbe8oM»ngm. 46S
sein werden, Ja solHeh gater vnd jehrliche gefell nit woll in
bessern nutz dan zu der Universitftt vnd Unterhaltung ge-
schickter, gelerter vnd gottsfurchtiger irommer Leute gewendt
mögen werden, so möge er an Seine päbstliche Heiligkeit
die Bitte gelangen lassen, die Universität mit etb'chen im
Churfürstenthumb gelegenen 'geistlichen gutern zu begaben
Tiid zu incorporiren und durch Bullen zu confirmiren.<
Hierauf wandte sich der Kiqjfürst an den Papst und
stellte vor:
»wie die Universität Heidelberg von den Pfalzgrafen sei ge-
gründet und begabt worden, die ihr zugewiesenen Einkünfte
jedoch nicht mehr hinreichten, um die Professoren gehörig
zu besolden, weshalb viele von der Universität weggingen
und sich anderswohin, begäben : dadurch aber komme die
Universität von Tag zu Tag immer mehr herab. Femer sei
auch die Dotation der Gapelle im Schloss, welche früher die
erste in Deutschland gewesen, zu gering zur Erhaltung der
an derselben angestellten Priester und Diener und endlich
habe er vor, »auf dem Fuss des Römischen« ein »Domus
Sapicntiae« zu gründen^ in welchem 60 bis 80 junge Leute
unentgeltlich erzogen und gebildet würden. Um dieses Alles
aber ausführen zu können, bäte er, folgende 12 in der Pfalz
gelegenen, grössten Theils verfallenen Klöster der Univer-
sität zu incorporiren: das Prämonstratens^r-Kloster Münster-
dreisen; St. Lamprecht; die Cisterzienser- Klöster Waidas
und Daimbach; das Stift zu Zell; das Antoniterhaus zu
Alzel ; die Benedictiner-Klöster Lixheim "^) und Ej-afthal "•) ;
155) Ueber das Kloster Lixheim hat Wundt (Mag. B. H.
S. 249—285) mehrere wichtige Urkunden abdrucken lassen. Nach
denselben wurde dem Kurfürsten Ludwig Y. dieses Kloster vom
Prior, Propst und Gonvente zur Verwaltung übergeben, damit
es nicht bei den »widerstrebenden gemuttern des gemeinen Man-
nes gegen die geistlichen Personen vnd ordensleute wie sunst
an andern vill ortenn bescheen, in gantzen abganck, verderben vnd
Zerstörung versetzt vnd zerrissen wurde«. Dagegen machte sich
der Kurfürst verbindlich, dem Prior, Propst und den Gonvents-
personen lebenslänglich ein Sustentationsgehalt zu reichen. Die
Urkunden sind vom 17. und 24. August 1528, vom 8. Märs: 1529, vom
26. Mai 1533 und 10. November 1536. — Man sieht aus denselben,
in welchem Zustande die Klöster in der Pfalz vor der im Lande
eingeführten Kirchen-Beformation waren.
156) Krafthai lag im Amte Lützelstein an der Lothringer
Gränze. Alting, p. 160.
464 L Buch, n. Periode, 4. AbsehmiU. (16U--16$6,)
das Wilbehniter-Kloster Marienport (Porta sanctae Hariae) ^'^) ;
die Angustiner-Kldgter zu Heidelberg und zu Akei und das
Dominicaner-Kloster zu Heidelberg '^').
Papst Julius in. beauftragte nun seinen Nuntius
beim Kaiserlichen Hofe, Sebastian Pighi, Erzbischof
von Sipont, die nöthigen Erkundigungen einzuziehen und
das Gesuch des Kurfürsten zu genehmigen, wenn die jähr-
lichen Einkünfte der aufzuhebenden Klöster sich nicht
über 2000 Ducaten beliefen, zumal die Klöster verlassen
und im Besitze von Lutheranern und schwer wieder her-
zustellen seien ^^^). Da nun nach angestellter Unter-
suchung diese Klöster einen so hohen Ertrag nicht ab-
warfen, so wurde auf Antrag des Nuntius die Bitte des
Kurfürsten durch eine päpstliche Bulle (d. d. 25. April
1Ö50) erfüllt und solche (2. Januar 1551) diesem von dem
Nuntius überreicht ^^%
Diese Vergünstigung erlangte jedoch der Kurfürst so
wenig, als Ruprecht I. die Autorisations-Bulle zur Grtin-
dung der Universität (S. 124), ohne bedeutende Kosten.
Er musste dafür an Rom die Summe von 4800 fl. 9 Batzen
zahlen ^®^). Diese von dem Kurfürsten ausgelegte Geld-
summe, so wie andere dabei gehabte Kosten, liess er sich
\hl) Marienport lag im Oberamte Kreuznach. V^idder, Th. lY.
S. 110.
158) Ueber die einzehien Klöster vrgL Widder in dem ange-
führten Werke und Remling, Gesch. d. Abteien o. Klöster in
Bheinbayem, 2 Thle.
159) Monasteria sita in saeculari Palatinatus ditione omnino
vacua et deserta ab religiosis sine ipsorum abbatibns aliisTe prae-
sidentibus , quae a bonis fautoribus Lutheranae haerescos occnpata
sunt et quorum restauratio non facile sperari potest. Päpstliche
BuUe d. d. 25. April 1550.
160) Die Originalurkunde und das Schreiben des Nuntius be-
finden sich im Kreisarchive zu Speyer und eine deutsche Üeber-
Setzung beider Actenstücke im üniT.-Arch. , Nr. 356, 56. VrgL auch
AnnalLUniv. T. VH. F. 143, a. b. Eist. Acad. F. 128. War dt -
wein, T. III. p. 122.
161) Pfalz. Copialb. No. 32. F. 385 ff.
F^ntmsidle VerhäUnisw, Klöster. LehrefheaMwtffm. 465
/
■ t
jedoch >^eder von der Universität, welche mit AusnahiAe
der dem Sapienz - CoUegium zugetheilten Klöster (8. 439)
alle übrigen erhalten hatte (ihr jährlicher Ertrag wurde
auf 999 Ducaten geschätzt), und von dem Sapienz- CoUe-
gium vergüten, und zwar im Yerh&Itniss des Werthes der
zugetheilten Klöster (pro rata cujuscunque portionis) *•*).
Dass auch der Schlosscapelle ein« oder das andere Kloster
zugetheüt worden sei, haben wir, obgleich der Papst aus-
drücklich an der genannten Capelle, als der ersten in
Deutschland, die Anstellung von 6 Priestern, 12 Sängern,
und andern Dienern aus den Einkünften dieser Klöster
bestimmt hatte"'), in den Acten nicht gefunden. Die
einzelnen Klöster, welche die Sapienz und die Univer-
sität erhalten sollten, waren in der Bulle namentlich
angeführt "*).
Sobald der KurfOrst die Bulle erhalten hatte, liess
er den Beetor der Universität, Wagenmann, und die-
jenigen, welche als die Executoren der Bulle bezeichnet
waren, den Decan der Artisten -Facultät, Weisen-
162) In einem im Üniv.-Arcli. Nr. 64 aufbewahrten Reverse
mosste sich die Universität verbindlich machen, an den Kosten
2,460 fl. 3 Batzen 3 kr. zu tragen. Hievon soUten am ersten j» Jahr-
be8tand< abgehen 1665 fl. , von den übrigen 786 fl. 3 Batzen 3 kr.
bis zur gänzlichen Tilgung der Schuld jährlich 39 fl. bezahlt
werden. Zugleich mnsste die Universität die »Frohnsatzung« und
andere Lasten tragen, wurde ihr aber zugestanden, diese Eldster
and Stifter »geringen Nutzens und gefährlicher Zeitläufen
wegen« auf 10 Jahre (1553—1563) an den Kurfürsten für 1665 fl.
jährlich in Bestand zu geben, welcher auch die oben (S. 489)
bei dem Sapienz-CoUegium eingegangene Yerbindlichkeit wegen
Unterhaltung der Priester und Studiosen übernahm. Die Original-
urkunde d. d. 1. September 1553 ist im Univ.-Arch. Nr. 19. In dem
Cod. Bavar. Germ. Nr. 2664 in München sind die Gefälle von den
in den Jahren 1555—1591 eingezogenen rheinpfälz. Klöstern genau
verzeichnet.
163) Würdtwein, p. 126.
164) Annall. Univ. T. VII. F. 127, a. b. In Betreff der Schloss-
capelle heisst es (F. 127, b) nur: »De proventibus quorundam
monasteriomm, sacello aulae destinatis, agiturt (23. Januar 1553).
Hantz, Gesch. d. Uniy. Heidelb. I. 30
fc^urger, d^ wm Senferw clfanpeljbw, Micjrllus w4
Q^]^sselb£^i3li.^ hp4 c|a9 D^^ccin de» Stjftog zum Hi
Qp^Hto, Wencl^Un Spr^pger, ^f freie« B^tinsitfE^
MAgi9teir<« , 9m 24i DQCßq^l^ lö&S in die ^urfOpiU^dyn
(}wäm. beiwfep upd. ibii^ 4wcb s^inep Cap^ Ptq-*
htts, dea eipflussFeicbstea Freuud dctp Uoiversibat seit
gaxtHii^nn'a Xad (1547), f(4ge#9 ^wei PiwWe »mi!
düf B^}}& ii^ttbeilß]! :
1. mB den. orck€iNtli<;hfiB Pvo/estMeii me za •ine» antünJHgni
L8l)«& ndti^ga B^fiolAoQg gebeg »j. k(lii|nei^,, soiea dbir ünj^«
▼fw^tt. *i^ 8^^». b^vnt^Ä Klöj9ter mit e?#eii). jfth/Jichen
Ertrage, von 999 Duca^i^ zugewiesen; .
2. seien für ein in dem Augustiner-Eloster zu Heidelberg zu er-
richtendes 8apienz-Ool}egittm die ebenfalls selion angefObiteB-
EUmr mit eine» jäh«licben Evtrage t(» etf» COQ DacalMr
der Universität zugetheilt ^'').
Di« Balle selbst theilte jedoeh de^ Canider der Uni-
versität wader im Origiiiale nech in einer Absobrift mit,
nnd ziHur, wie er betfügte^ »wegen Leuten, welche dns!
Glüek der UmTeisitäit b^ieideten und lieber daren Untere
gang als Wachsthum sähen« ^^^. Die ganze Handlung
s.cb]i9SS mit einey ^usf^ihrlichen R^de^ des Rectors, in wel-
dtmn er dem Ji^imtm den. D«nl^ d^r Anstalt wm
spraeh ^^^. Attf ihr wiederbolteft Bitten sdüite die letztere
f^jn 28. Japuai^ 1553 eine. Abschrift dßr Bulle erhalten;
^^iK, ajs ilyr dipße» vo« dew Kjarfürstlicben Bftth^, Pbi-
Hpp H^iles^ und Ln^dwig Kastner, vergelesen und
n)iit dem Original verglichen worden war, so wurde sie
d,er Universjt^jt doch, ni.cht tlJ)erlaßsen , weil die. Kistß^ i^,
weleber sie auftteiwehrt! werden soUte^ neeh sieht, fertig:
l^ Aimi^U. Univ. T. YIL V^ 1%?, •» b. Bist« AQ»d. F. 198 bii,
im
166) Propter quosdam, qui eam fortunam Universitatiji i^vjdwt,
et ruinam potius quam incrementaiOt oph^i^e; vidiere. maUenl, noUe
vmi ^is^ ^viltm vd HJu^o e«enH^tu.ii| AqWs imj^rlyri 4dp»alL Uuit.
% VII. -F. 1*4,1», b.
167) Ibi4, F. 12^ a, - 123, 9ii
war. Die B&the nahmen deshalb die* Urknide wieder
mit. Nichts desto weniger ilrang jedoch die Unwemtät
darauf, in den Besitz der genannten Klöster eingewiesen
zu werden ^^^), was auch geschab.
Schon am 2. S^tember 1553 erschienen in Lamp-
recht vor dem »instnunentirenden Notar« die Abgeordneten
des Eurföisten und der Universitftt, Hailes und Kastiie.rv
»der Rechten Doctores und Licentiaten , pfälzische B&&e'
sanunt dem Landschreiber za Neustadt Tnd beigeradneten
Zeugen«, so wie auch der Bector Wa^genmann, der
Decan der Juristen-Faoultit, Dym, und der Dechant des
Stiftes zum H. Geiste, Sprenger, um das Kloster mit
allen seinen 6&tem und. Rechten in Besitz zu nehmen.
Die Priorin, Ursula Johin, die »Custorin«, Elis von
Buchen, und die »Conventual-Personen«, Elis von Nei-
denfels, Appollonia Nussdorferin und Ottilia
Eanigsteinin, flbergeben das Kloster sammt allen Ge-
fallen "»).
»Nach BriHusli vimI iaadftaartt strewet emelta priorin dem
Seetori vad Deotao sam heil. Geist zu Heidelberg, so
vif' dair- ertterkh niederipesessen, desselhigea bodens ertterich
yff ihre Hattptter' tnd vberantwortet ihnen zu wnrcklicher,
crafftiger vnd bestendigcnr possession des Klosters die Schlüs-
sel, die' aluo vofli Aeetor vnd Decan von wegen gemainer
üniversitet zu Heidelberg angenommen worden. t
168) Annall. üniY. T.VIT. F. 128, a. — Später erhielt die Uni-
versität zwar eine Abschrift der Bulle, aber diese war mit einem Male
verschwunden, obgleich sie in einer mit 8 Schlössern versehenen Kiste
aufbewahrt war, zu welcher einen Schlflssel der Rector hatte, den
zweiten der erste kurfürstliche Rath (summus consiliarius) und den
dritten der Deean der Artisten-Faoult&t Hist. Acad. F. ISO. —
Dasa das hiesigie Üniversitäts-Archiv nur eine deutsche üeber-
setzong der Bulle besitzt und das Original derselben im Kreis-
Archiv zu Speyer aufbewahrt wird, ist oben S. 464 Note 160 angegeben.
169) Die OefäUe des Klosters St. Lamprecht bestanden in:
901 fl. Geld, 22 Fuder Wein, 13 Mltr. Waizen, 912 Mltr. Kom,
84Mltr. Gerste, 579 Mltr. Spelz, 406 Mltr. Hafer, IV« Mltr. Erbsen,
12 G&nsen, 78 Capaunen, 115 HOhnern und 194 Pfund Oel. Rem-
11 ng, S. 155.
30*
468 L BiMh, IL Periode, 4. JbechniU. (löU—löSe.)
Auf gleiche Weise wurden von den genannten Ab-
geordneten am 5. y 7. und 11. September das Stift ZeD,
die Klöster Daimbach, Mfinsterdreisen und Waidas und
das Antoniterhaus zu Alzei in Besitz genommen '^^.
Nachdem nun die alten Einkünfte der Universität ge-
regelt und ihr neue Einnahmsquellen eröffnet waren, verlieh
der Kurfürst, welcher mit Recht der Begründer des neuen
Üniversitäts-Fiscus genannt wird ^'*), unterm 10. October
1554 einstweilen, bis, wie es in der Urkunde heisst, »wir
die vorhabende Reformation vollenden und auffi-ichten
mögen, wie denn verhoffenüich In Kurzem beschehen
soll«"*), den Professoren Micyllus zu 100 fl. Besol-
dung 50 fl. und Gruntler zu 30 fl. Besoldung 90 8. Zu-
lagen. Bevor jedoch die Reform der Universität in das
Leben trat, verlieh Friedrich (7. Juni 1555) weitere
Zulagen, und zwar:
Dem dritten Theologen, M. HeinriehStolo, »predicanten
aUhiec, 40 fl.,
dem CkMÜcJaten, Dr. Conrad Dhiemen, iO fl.,
dem ersten Pandektisten, Dr. Johann Empfinger, 20 fl.,
dem zweiten Pandektisten, Dr. D i on y si u b 6 r a a e n, 30 fl.,
den beiden Licentiaten, Paal Gisner und Melchior
Weissenburger, jedem 30 fl.,
dem ersten Professor der Medieia, Dr. Johann Wagen-
mann, 30 fl.
Dem zweiten Professor der Medidn, Dr. Jacob Curio,
wurde seine bisher bezogene Besoldung nebst versprochenem
Hauszins auf 230 fl. definitiv festgesetzt. Davon soUte er
30 fl. aus dem alten und das üebrige aus dem neuen Fiscus
der Universität empfangen.
170) Aus dem im Ereisarchiv in Speyer befindlichen »Instrn-
mentum traditionis des Ciosters St. Lamprecht etc.« entnommen.
Yrgl. auch Bemling, S. 148 ff. — Ein am »ersten Herbstmonats«
1553 ausgestellter »Beversbrieff« ist noch vorhanden, in welchem den
Nonnen in St. Lamprecht, so lange sie leben, wenn sie im Kloster
bleiben wollen, eine gute Verpflegung u. s. w. von der Universität
Heidelberg zugesichert wird.
171) Novi fisci et Domus Sapientiae erector. Gal. acad. II.
172) Annall. Univ. T. VII. F. 193, a.
FmanäieUe VerMUmese. Klöster. Lehferhesoldmgm. 4Q9
Eben so wurde dem dritten Profesaor der Medicin,
Gruntler, seine frühere Besoldung von 120 fl. fixirt.
Davon soll er 30 fl. aus dem alten und das üebrige aus dem
neuen Fiscns erhalten. Femer wurden zugetheilt:
Dem »Mathematico lectori«, M. Johann Mercurius
Morsheimer, neben seiner früheren Besoldung 40 fl. aus
dem neuen Fiscus,
dem »Ethicus«, M. Nico laus Gisner, obgleieh er damals
nicht in Heidelberg anwesend war, die ihm früher zugewie-
senen 80 fl. als st&ndige Besoldung,
dem Poeten oder Historico, M. Johann Geyssclbach,
SO fl. und
dem »professori Qxaeco, Jacobe Micillot, sollte die »ge-
machte addition von 50 fl. aus besondem Qnaden verbleiben c.
Der Professor der hebr&ischen Sprache, Paul (Staffelstein),
erhielt 30 fl. Zulage.
Jed^r der 4 Regenten des Dionysianums erhielt je 10 fl.
Zulage.
Der jeweilige Rector empfing, weil er, »mit aimlichen
Arbeiten beladen, doch dagegen geringe Besoldung gehaptc,
weiter 8 fl. jährlich aus dem neuen Fiscus.
Eben so wurden dem jeweiligen Decan der Artisten-Facul-
tät jährlich weiter 6 fl. angewiesen.
. Der »obristeiK Magister des Domus Sapientiae bekam 20 fl.,
der zweite und dritte je 10 fl. aus dem neuen Fiscns.
Der Kurfürstliche Erlass schliesst mit den Worten:
»Yhd das Alles ist voü jetz negst verscliienen Weihnachten
an zu rechnen , vnd so lang bis wir die verhebend Refor-
mation publiciren werden, wie wir vns auch hiemit vorbe-
halten, alsdann die salaria nach gelegenheit der personen vnd
lecturen mith weitern additionen oder sonst in andern weg
zu versehen vnd zu bestellen« '^').
In dieser Zeit waren besoldet 3 Professoren der
Theologie, 4 der Jurisprudenz, 3 der Medicin, 1 der Ma-
thematik, 1 für Ethik, 1 »Pöet oder Historicus«, 1 für
griechische Literatur und 1 für das Hebräische; dazu ka-
men noch die vier Regenten des reich dotirten Diony-
sianums ^'*).
173) Annall. Univ. T. VIL F. 204, a.
174) Ibid. F. 204, b.
470 I* ^Mft. i7- FtrioOe, 4, ^«cf^llf. (1644— tSSe.)
§12.
:Z^> UmvermtSt weigert dck, innen ihr gehörigen
Garten dem Kurfürsten "zu überlassen, tritt aber das
PatroTiatsrecht über die St. Peterskirche an ihn ab.
Wachte die Universität, wie wir gesehen haben, mit
sorglichem Eifer darüber, an ihren Vorrechten und Freiheiten
Nichts einzubüssen , so war sie in gleicher Weise auf die
SrbakuBg ihrer ]lffinktUifte und Grüter bedaebt Einen
Beleg bietet uns nachstehende, in den Annalen aufbewahrte
Hitl^ilung.
Am 25. Februar 1545 wandte sich der Halzgraf,
Otto Heinrich, im Namen des Kurfürsten mit dem
Ersuchen an die Universität, sinw Ihr gehörigen, neben
dem Kurfürstlichen in der »Pleck« ^'^) gelegnen Gar-
ten, den Dr. Stephan Hottacker efben jetzt als Be-
soldungsthefl im Genuss hatte, auf 2 oder 3 Jahre an
den Fürsten zu verpachten oder von djeaem einen andern
Garten, welcher eben so viel oder mehr werth sei, dafür,
afumuehxnen. Die Universität ging aber darauf nicht ein
sondern sagte m ihrem Antwortsehrelben an den Pfäksgrafen :
lie Mi sehon v<m Altvs luir im Besiise diese« Gartans, sie
Mtte iho Ton den Vorfahren fib^kommen und xnflsse ihn
i^ucb den N^chkomnen erhalten. Seine KnrKUstliche Gna-
den »wollen ein nacbgedenka haben, ob dieselbi^ mechten
1^ andern ^ekgen^n ort einen garten bestandts oder kaaffs-
weisB bekumen« *^*).
175) Die PI eck lag damals noch ausserhalb der Stadt, welche
-mit der Grabengasse gecohlossen war, und bestand ans A«ckern,
Weinbergen und G&rt^ mit einzehiten Wehaongen. Baa Wort
Pleck beweist die fränkische Abkunft der Stadteinwohner. Es ist
nämlich niederländisch und bedeutet in Brabant die kleinen Dörf-
^en oder Weiler, welche sich vor den Stadtmauern anbauten und
später gewöhnlich als Vorstädte mit dem Hauptorte Terbondm
wurden. Ein solches Dörflein war die Pleck zu Heiddberg. Die
armen Leute bauten sich um die ebenfalls ausserhalb der Stadt
gelegene Peterskirche ihre kleinen Wohnungen. Mone, Ztschr.
B. XI. S. 47.
176) Annall. Univ. T. VI. F. 392, a. b.
Wftlr nim did Universität ttleht gee^t, ^in flir aiig^
tfehmes Besitisthüm wfegZugeb^, so Vrar sie flichts desto
weniger bemüht, sich solcher BecM?e ^ entättssera, w^he
für sie kernen Nutzen hätt^to. Sd tl^at sie diurch ein^
»Montags nach Mai'greihae Affno 1554« von ihr ätts^
gestellte Urkunde das »-Jus patronatüs, Ctdlation vnd Ver-
leihung der p&tT zu St. Petet*«!, welche sie im Jahre 1400
Vbä dem Km^tMten Ruprecht ÜI. (S. 239) erhaltet
hatte, »mit allen Iren ai^httdgenden digniteten, würden,
nutzungm, gefeiten, lieg^i»4^ vnd fareüden gselern^c an
den Kurfürsten ttnd dessöh Nachfolger ab, und zwar
>aU8« 8otid6rn ben ogetHÖen , redlidien^ ^thaftea vraach^,
auch von wegen jetzS^n b^chwerlichen leuffte, so sich üaec
Zeit Inn meren Orten vnd sonderlich teutscher Nation zu-
tragen, Vnd dann auss mangel frommer vnd geschickter
geystlicher personen, die wir zu Zeit der nott nicht wol vnd
on nachteyl zu bekommen wfss^«.
»Doch« , heisst es am Schlüsse , >hahen ^r vns ]&n deüi
pfarrbofe allhie den keller zu halben tfae;^], wie der vnler-
schkgen vnd ahgetailt werden soll, vnd die weinkehem,
solche baide stuck zu der Yniversitet notturfft, on eynigs
beschwernnss oder verhindernus maniglichs Inn ewige zeiten
zu gebrauchen f&rbehalten« "^).
§13.
Sitten. Raufhändel zwischen Studenten und Hofleuten.
Die Studenten sollen Wohnung icnd Kost in d&ii Coiih
fubernien nehmen.
Auch in dieser Zeit sehen* wir in dem Studentenleben
die Erscheinungen wiederkehren, welche wir vordem
wahrgenommen haben. Wie frtäier, so musste auch jetzt
Obst u. dgl. gegen die Stüdenteh in Schutz genommen
werden ^^®); besonders häufig aber, wurde die öffentliche
177) Annall. üniv. T. VII. F. 189, a. ff.
178) Rector Actodemiae Reidelbergtensk. Ctmi ihagibtrattts
oppidi hujus causis haud dubie necestfariis qoibusdam aMicti pt^
hibuerint, ne quis ex plebe arbusculas in vallibus et iftontibos ultra
472 ^. Bmc». IL Periode. 4. AkedmiU. (SUi--U6e.)
Ruhe und Sicherheit durch Baiifereien und nicUliches
Herumschwärmen von Seite der Studenten gestört So
beschwerte sich der Hofmarschall (Magister equitum), es
sei ein Mitglied seiner Familie in der Nähe seiner Woh-
nung im kalten Thale (in valle frigida) nach dem Lauten
der Abendglocke mit Uossen Waffen ang^^en worden,
was die Universität bestinmite, durch ein Mandat vom
3. April 1552 den Studenten eine genaue Beobachtung
der academischen Gesetze anzubefehlen ^^^). Dieses hatte
jedoch keinen lange anhaltenden Erfolg; denn schon am
9. Mai 1553 stellten die Kurfürstlichen Räthe an den
Bector das Ansuchen, die Studenten zur Ruhe und an-
ständigem Betragen anzuhalten ^^^.
Auch die Kurfürstlichen Personen waren vor dem
jugendlichen Uebermuthe nicht sicher. Die KurfUrstin,
welche am 27. December 1552 mit ihrem Gemahle nach
dem Stifte Neuburg ging, wurde von einigen Studenten
gröblich verhöhnt ^^^). Als die Thäter von dem Rector
deshalb zur Untersuchung und Strafe gezogen werden
sollten, machten sie sich flüchtig ^^').
pontem decutlat, domumque inferat, Id ipsnm nobis qüoqae edictum
esse debet, ut qaos ante alios cogitare deeet de officio et ordinis
politici amare ubique nervös et legum moveri reverenUa, ne qmd
ergo querelarum hac in parte ad versus nos oriatur, praecipimns
gcholasticae Jurisdiction! nostrae subditis omnibus^ ut a detrnncandis
id genus fruticibus et arboribus posthac vobis temperetis, nee leves
ducatis prohibitiones , quas qui vel petulantia vel affectata negotia
contempserint, justam puniendi severitatem experientur^ id quod
publici significandnm snb magistratus nostri sigilio vobis nunc fuit
die Aprilis XVI. (1551). Annall. Univ. T. VIL F. 93, b.
179) Mandamus, ut sese Universitatis legibus obtemperantes
ezhibeant, quod si facere neglezerint, si quid mali illis ex Univer-
sitatis legum contemptu eveniat, praeter eam, quae ab Universitate
constituta est poena, suo periculo se id fectsse sciant. Ibid.
F. 106, a. b.
180) üt ad tranquillitatem et modestiam mandato adigerentur.
Ibid. F. 141, a.
181) Conviciis Illustrissimi principis co^jogem incesseront et
gravi iigoria affecerunt. Ibid. F. 123, b.
182) Ibid.
Auch ap Baufli&udQlii fehlte es nicht,* was folgender
Vorfall beweist..
Am 19. Juni 1545 theilte der Bector dem academi-
sehen Senate mit, dass das »Hofgesunde und die Beuter«
sehr feindlich gegen die Studenten sich benähmen, die-
selben beleidigten und zum Kampfe herausforderten.
Hierauf wurde nun beschlossen, durch ein besonderes
Edict die Studenten zu ermahnen, jede Veranl9ssung zum
Streite zu vermeiden und .sich des Nachts zu Hause zu
halten; zugleich wwde aber audi der weitere Beschluss
gefasst , den Kurfürsten in einer besondem Eingabe zu
bitten, bewirken zu* wollen, dass von dem »Hofgesunde
und den Beutemn« die Studenten nicht weiter »mit
anreytzenden wortt«n oder todtischen fumemungen« be-
leidigt würden *®*). Die Beschwerde der Universität
wurde — der Kurfürst selbst war abwesend — von dessen
Statthalter (Principis vicario), dem Pfalzgrafen W o 1 f g a n g ,
freundlich aufgenommen, und, nachdem die ganze Sachle
später dem Kurfürsten vorgelegt worden war, gegen die Schul-
digen strenge Strafe erkannt und den Hofleuten verboten,
nach der »Weinglocke« ohne gegründete Ursache auf den
Strassen sich aufzuhalten. Dieses^ sollte nach dem Kur-
fürstlichen Befehle auch den Studenten untersagt werden
mit dem Beifügen, wenn ein Student bei Nacht ohne
Licht und ohne gesetzliche Ursache nach der »Weinglocke«
auf den Strassen betroffen würde, er aufzugreifen und
ohne Bücksicht auf üniversitäts - Privilegien (nulla habita
ratione privilegiorum) in das Oefängniss zu führen sei
Die Universität erkannte nun dankbar die Sorge des
Kurfürsten für die Erhaltung der Ordnung an, legte
aber in einer ausführlichen Schrift an denselben
Einsprache dagegen ein, dass et die »jüngst ^ con-
183) Annall. üni?. T. VI. F. 399, a. b. Dort findet sich auch
das Edict des Senats an die Studenten und; das Schreiben an
den Kurfarsten.
41K 1. 9m!k. ». AfHMte. « Mähida. (fSH-^lim.)
Htüßmi ftMe^im imd Ffeifadtttll ä^ ^^^Hm^Nt* nicht
halten wolle"*). Dieser dem Kurfürsten geiüaehtt Vöt-
wtirf bezog sich attf die ihm bei säA^füi Re^etUngHäntritte
torgetragene Bitte, sich bei d^r Nftditzdt atef #ef Stmsse
herumtreibendte BtüdeiH^ Mcbt v<m der fdSneiMkm
Behörde aitf^ifen nnd in O^ewahrsam biPüigen zu l«s»(»i,
so wie auf die toti dem Oiatöler erhtfM^e ^two^, dM
mtsa bei Nacht nicht erkennet,
»wer etil mAeiüt oder MhMlierllMdM^ m vM lAm txt-
«ttb etWMi eisA at nechtlidker iHtfi beftaUto mflsse, ImiIs
man in kann kennen« C^. 413) ^^%
Mit dieser Einsprache war die Universität glücklidier,
als mit der von ihr früher in diesem Betreffe ausgesproche-
nen Bitte. Sie erhielt (6. August 1545) die Erlaubnisse
einen Gareer herrichten zu lassen, in welchen die Studenten
nöthigen Falls in Gewahrsam gebracht werden sollten ^^^).
Zu diesem wurde da* untere Theil eines neben dem
Contubernium gelegenen zerfallenen Häusleins ^^^) benutzt.
Vor dieser Zeit hatte die Universität keinen Carcer;
wollte sie einen Studenten einsperren > so musste sie das
bürgerliche Gelängniss benutzen ^^^); wohl aber hatte die
Artisten - Facultät einen solchen, welcher sich in ihrem
Contubernium befand ^®^).
Der Carcer scheint übrigens sowohl von der Artisten-
Facultät, als von der Universität, mehr als Aufbewahrungs-,
wie als Straf ort benutzt worden zu sein, da die Carcer-
strafeoi sowohl in den Heidelberger als in andern Univer-
sitäts- und Facultäts - Gesetzen selten erwähnt werden,
wohl aber Geld- und andere Strafen ^^®).
184) AnnaU. Uirir. T. VI. F. 400, a. b. 401, a.
185) Ibid. T. VII. F. 384, b.
186) tbid. F. 403, b.
187) Buinosae domanculae juxta Contnberninm Realinm sitae
infima pars. Ibid. F. 404, a.
1S8) ffidtor. Acad. *•. 81.
lefd) A<Jt. Fac. Art. t. IV. t*. 14, b.
190) Vrgl. auch Tholuck, Akadem. Leben S. 249.
.Eine Hfttfptursadie , aus weldier maneber von Stu>
denten verübte Unfug hervorgmg, sah man darin, da«8
tm grosser Theil defsdben nieht in dm Ckmtabemien,
sondern in der Stadt Wohnung und Kost haltte. Dadurch
wurde nieht nur !hr Ueberwaehen ersehvert, sondern
es hatte dieser Umstand aueh m>cfa den Nachthefl, dads
das fernere Bestehen der Contubemien, irelche grossen
Theils neben ihren ständigen Einkünften auch auf Ein-
nahmen von Studenten rechnen mussten, nicht nur
in Frage gestellt, sondern ajieh ihr g&nzlicher Untergang
(penitus perirent) herbeigeführt wurde. Es verfehlten
deshalb die Regenten der Contubernien nicht, dieses dem
academischen Senate mit der Bitte um Abhülfe vorzu-
stellen. Um so mehr sah sich daher der Bector (löö2)
veranlasst, ein an die Studeaten gerichtetes Edict an
die Kirchenthüre anschlagen zu lassen , , durch welches
diesen, wenn sie es nicht durch besondere Gründe recht-
fertigen könnten, die Wohnung oder der Tisch ausserhalb
eines Contubemiums verboten wurde *^*).
§ 14.
Die Universität beffibt sich wegen ansteckender
Krankheit nach Eberbach. Frequens derselben.
Die gewohnte Thätigkeit der Univenäität wurde
während der Regierung Friedrich' s zweimal durcih
in der Stadt ausgebrochene ansteckende Krankheiten
gestört. Es war dieses in den Jahren 1547 ^^*) uad
191) Urkunde Nr. XXVII. Annall. Univ. T. VII. F. 106, a. b.
192) Annall. Univ. T. VI. F. 450, a. T. VII. F. 150, a. h.
206, a. 209, a. bis 214, a. Act. Fac. Art. T. IV. F. 24, b. 26, b.
60, a.
Auch schon früher (1528, 1529) war die Universit&t bei gleicher
Veranlassung in Eberbach.
In Beziehung auf den letzten Aufenthalt daselbst i. J. 1547
heisst es in Act. Fac. Art. T. FV. F. 24, b. 26, b.: Aperbacenses
476 I' ^MCV U, Periotk. 4. AbsckmU. 115U—1656.)
lööö ^^'). Beidemal verliess die Hochschule die Stadt
und begab sich nach Eberbacb.
Solche Umstände hatten natürlich auf den Besuch
derselben einen nachtheiligen Einfluss, und. so wurden
denn auch, während in andern Jahren, vor und nach der
Pest, gewöhnlich 100 Studenten inunatriculirt wurden, oft
nur 2 eingeschrieben ; doch stieg im Jahre 1555 die Zahl
wieder auf 42 ***).
§ 15.
FriedrieKs IL Tod.
Der für die Universität so treu besorgte KurfOrst
starb am 26. Februar 1556 in Alzei, ohne zwei seiner
reteri qnadam erga literarnm stodiosos malevolentia aedes nonnnllas
prius tacuas interea ipsi ocoapaTerant.- Ac ut Begentes et dos,
qni GoUegium secuti eraot, mrstim expellerent, initio ex aedibos,
quarum tarnen paucae reperiebantur idoneae, census iniquissimoB
ezigebant. Nam ex cubiculis qoibusdam, hypocausto, calina et
cellula vinaria ejas domna quam Begentes Decano et pablieae
mensae destinaverant , qnumqae hospita ipsa muliercula de nobili
quidem stirpe, sed tarnen tenacissima inhabitabat, centam, ex
aedibus vero stipendiatonim octoginta floreni pro annao censa exi-
gebantar. GoUegium et Begentes Dominico Laetare 1548. ab
exilio Heydelbergam sunt reversi.«
Ueber den Aufenthalt der Universität im Jahre 1547 vrgl.
Lyc. Origg. p. 44. 45.
193) Schon 1553 herrschte eine ansteckende Krankheit in Hei-
delberg, so dass der Bector den Universitäts- Angehörigen strenge
verbot, mit Pestkranken umzugehen und auch keine solche Kranke,
die aus andern (hegenden kamen, bei sich aufzunehmen, oder gar in
Orte und Gegenden, wo die Pest herrsche, zu gehen oder dort zu
verweilen (Annall. Univ. T. VII. F. 150, b. 151, a). Auch 1555 wurde
am 15. August den Üniversit&ts-Oenossen befohlen: »Qnatenus nostri
subjecti omnes publicos conventus cum balnearum tum aliorum, ex
quibus contagiones possunt timeri, evitent, neque se barbitonsorum
aedibus aliarumque domorum decumbentium ac infirmorum dedant
easque accedantc Doch schon am folgenden Tage rüstete sich die
Universität zur Abreise nach Eberbach. Ibid. F. 206, a. b.
194) Von den 6 letzten, welche im Jahre 1555 inunatriculirt
wurden, wird in Matric. Hb. III. F. 87 gesagt, sie seien. in Eber-
bach von dem Yicerector, M. Simon Heneca, (Bector war Jo-
hann Empfinger) inscribirt worden.
Friedrieh'8 IL Tod. 477
Lieblingswünsche , die Reform der Universität and die
Eröffiiung des Sapienz-GoUegiums, erlebt zu haben. Seit
dem Anfange des genannten Jahres war er dort schwer
erkrankt gelegen. Seine Leiche wurde ijach Heidelberg
gebracht und in der Schlosscapelle ausgestellt Am
30. Februar fand die feierliche Beisetzung in der Kirche
zum H. Geiste statt. Von der Feier selbst waren nach
dem Wunsche seines Nachfolgers, Otto Heinrich' s, ka-
tholische Ceremonien so viel wie möglich entfernt worden.
Sie beschränkte sich auf Gesang und Predigt ^^). Mit
Otto Heinrich (1556) beginnt der evangelisch-
protestantische Zeitraum der Hochschule. Diesen
bis zum Regierungsantritt des Kurfürsten Philipp Wil-
helm (1685) umfasst das zweite, den vorherrschend
katholischen Zeitraum von da bis zur Wiederherstel-
lung der Universität durch Karl Friedrich (1803) das
dritte Buch. Beide Bücher nebst dem die Urkunden
enthaltenden Anhange und dem alphabetischen Personen-
und Sachregister wird der zweite Band enthalten.
195) Ansführliche, ans Qaellen geschöpfte Mittheilangen über
den Charakter Fried rieh's, so wie fiber dessen letzte Lebenszeit
und die Leichenfeier^ siehe bei Haus s er S. 622 ff.