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Full text of "Geschichte der Universität Heidelberg"

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^.  ^.  <p 


•^.  ^ 


Vi 
9 


Geschichte 


der 


Universität  Heidelberg, 


Nach  handschrifüichen  Quellen  nebst  den  wiehti^ten  Urkunden 

▼on 

JOHANN  FRIEDRICH  HAÜTZ, 

OroMhenoglioh  Badlsehem  Hoflrathe  and  Profeitor  in  H«ldelbei|r  * 

nach  dessen  Tode  herausgegeben 

and 

mit  einer  Yorrede,  der  LebeBSgesehichte  des  Yer&ssers  nnd  einem 
alphabetischen  Personen-  nnd  Sachregister 

versehen 

von 

Dr.  KAM,  ALEXANDER  Freiherra  v.  REICHLIN-MELDEGG, 

5ffentl.  ordenü.  Profeuor  der  Philosopliie  an  derHoohiehiile  dMolbit 


Erster  Band, 

welcher  die  Vorrede,  das  Leben  des  Verfassers  von  dem 

Herausgeber,  die    Einleitung  nnd    den    scholastischen 

Zeitraum  von  1386  bis  1556  enthält 


^^9^^^^fo*^ 


MANNHEIM. 
Bruch   und   Verlag   von   J.   Schneider. 

1862. 


Die  Geschichte  der  Universitäten  in   ihrer  nationalen  Bedeutongr 
thnt  dar ,  wie  die  gnae  geistige  Bntwicbeliug  unserer  Nation  von  jeher  an 
die  Universitäten  geknüpft  war,  nnd  dass  es  anch  keine  Richtung  des  Staates 
gibt,  welche  nicht  von  diesem  Mittelpunkte  der  höheren  Bildung  aus  erweckt, 
begründet  und  befestigt  wurde. 

Die  Universitäten  sind  die  einzigen  Institute,  welche  für  die  Zukunft 
da  sind,  für  diese  im  tie&ten  Sinne,  wie  sie  sich  nicht  aus  einer  oberfläch- 
lichen Gegenwart,  vielmehr  aus  der  tieftten  Wurzel  der  Verganeenheit  «r- 
aengt,  den  Durchgangrc^unkt  in  einer  belebten  Gegenwart  sueht 

£[•  StoflBsns* 


Ein  academischer  Lehrer  wirkt  bei  gleichen  Kräften  tiefer  in  den 
Staat  hinein  und  hinunter  als  tausend  Autoren,  die  er  noch  dazu  mit  bilden 
half;  auf  seinem  Lehrstuhle  dreht  er  eine  Spinnmaschine  von  tausend  Spindeln 
um.  Eine  A  c  a  d  e  m  i  e  ist  die  eigentliche  jnnere  Staatsmission  und  Propaganda, 
da  sie  eben  die  rüstige,  leicht  empfangende  und  lange  fortgebärende  Jugend 
mit  ganzen  Generationen  beltuohtet. 

J6aa  Faul. 


INHALT. 


Seite. 

Vorrede  des  Herausgebers XV— XXIV 

Lebensbeschreibung    des  Verfassers  vom 

Herausgeber .    XXIV— LXVI 

Einleitung. 

Srster  Abschnitt. 

(        Schulen,  Universitäten.  Universit&t  Heidelberg  .         5—13 

Zweiter  Abschnitt. 

Politische  Zustände  der  Rheinpfalz  im  13.  und 
14.  Jahrhundert. 

§  1.  Pfalzgrafen  und  Kurfürsten  um  und. zur 
Zeit  der  Gründung  der  Universität  Heidel- 
berg.   Vertrag  zu  Pavia 14  —  16 

§    2.    Das  Pfälzische  Gebiet 16  —  17 

§    3.    Kurfürst  Rudolph  II.   und  dessen  Ver- 

hältniss  zu  Kaiser  Ludwig  IV.     .    .    .      17  — 19 

§  4.  Kurlftrst  Ruprecht  I.  und  dessen  Ver- 
hältnis« zu  Kaiser  Karl  IV.  Goldene 
Bulle 19  —  21 

§  5.  Die  Rheiapfalz  im  Verhältnisa  zu  den 
damaligen  politischen  Zuständen  Deutsch- 
lands. König  Wenzel.  Reichstag  zu  Eger. 

Allgemeiner  Laudfriede 21—23 

a* 


IV  Inhalt. 

Seite. 

Dritter  Abschnitt. 

Allgemeine  kirchliche  Zustande  in  dem  18.  und 
14.  Jahrhundert. 

§    1.    Die  Päpste  unter  dem  Einflüsse  des  fran- 
zösischen Hofes 24  —  25 

§    2.    Das  gesunkene  Ansehen  der  Päpste  in ' 

Italien 25  —  27 

Vierter  Absohnitt. 

Allgemeine  wissenschaftliche  Zustände.  Schulen 
und  Universitäten  vor  und  zur  Zeit  der  Grün- 
dung der  Universität  Heidelberg. 

§    1.    Wiederaufblahen  wissenschaftlicher  Bil- 
dung.   Schulen 28  —  31 

§    2.    Entstehung  der  hohen  Schulen     ...      31  —  3S  ^ 
§    8.    Die  hohen  Schulen  als  kirchliche  Anstal- 
ten.   Die  Päpste  als  deren  Begaber  und 
Beförderer.  Privilegium  5 jähriger  Absenz 
vom  Orte  der  Pfründe.    Rotulns   ...      39  —  4G 
§    4.    Hohe  Schulen  zu  Salerno,  Bologna  und 

Paris .      46  —  48 

§    5.    Hohe  Schulen  in  Italien 49  —  50 

§    6.    Hohe  Schulen  in  Frankreich  und  in  den 

Niederlanden 50  —  51 

§    7.    Hohe  Schulen  in  Spanien  und  Portugal  51 

§    8.    Hohe   Schulen   in  England,  Schweden, 

Dänemark  und  Polen 51  —  52 

§    9.    Hohe  Schulen  in  Böhmen 52  —  53 

§  10.    Hohe  Schulen  in  Deutschland  ....      54  —  56 
§  11.    Eintheilung  der  hohen  Schulen  in  Nationen  56 

§  12.    Freiheit  von  bürgerlichen  Abgaben.   Ge- 
richtsbarkeit.    Scepter.     Gesetzgebung. 
Sicheres  Geleite.    UniversitiUBboten  .    .      57  —  59 
§  13.    Rectorat.    Academischer  Rftth.     Imma- 

triculation 59  —  63 

§  14.    Syndicus.    Secretär     QuAstor.    Pedellen. 

Cursores.    Servitores.    Famuli  ....      63  —  65 

■ 

§  15.    Canzler.  Vicecanzler.  -  PiMzgrafen.    Con- 

•  servatoren.    Subconservatoren  ....      65  —  69 


Inkdk.  y 

Seite 

%  16.    Dichterkrönang 69  —  74 

§  17.    Facalt&ten.  Decane.  Academische  Grade. 

Magistri.    Doctores  acta  regenteg  74  —  78 

§  18.    Vorlesungeu.     Ferien.     Gollegiengelder. 

Exerdtien.    Disputationen 78  —  86 

§  19.    PennalismuB.  Deposition.   Waffentragen. 

Fechtschulen.    DueUe 85  —  90 

§  20.    Sitten.    BQeiderordnung.    Frequenz  der 

Universit&ten 90  —  96 

§  21.    Contubemien.      GoUegien.      Regenden. 

Bursen.    Goderien 95^100 

§  22.    Die    verschiedenen    Benennungen     der 

hohen  Schulen 100—108 

Fünfter  Absohiütt. 

ÜAterrichtsanstalten  in  Heidelberg  vor  und  zur 
Zeit  der  GrOndong  der  Universitit 

§  1.  Das  AugustiDerkloster 104—106 

§  2.  Das  Franciscanerkloster 106—107 

§  3.  Das  Benedictinerklosler 107 

§  4.  Das  St.  Jacobsstift 107—108 

ERSTES  BUCH, 

YoiL  den  ersten  Anl&ngen  der  Universit&t  unter  der  Regierung  der 

Kurforsten^  Rudolph  n.  und  Ruprecht  I.  bis  zur  Umgestaltung  der 

Unirersitat  durch  den  Kurfürsten  Otto  Heinrich. 

1346—1566. 

Scholastische  Zeit. 

ERSTE  PEBIODE. 

Von  den  Anfängen  der  Uniyersit&t 
unter  der  Regierung  der  Kurfür- 
sten Rudolph  II.  und  Ruprecht  I. 
bis  zur  Reform  der  Unirersitat 
•durch  den  Kurfürsten  Frie- 
drich 1.(1346  —  1449). 


VI  InhaU. 

Seite. 

Erster  Abschnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  der  Kur- 
fürsten   Rudolph  n.    und    Ruprecht  I.   (1346   bis 
1390). 

§  1.  Die  eisten  Anfänge  der  Universität  .  .  111—114 
§    2.    Ruprecht  I.,  Begründer  der  Universität    114—122 

§    8.    Maxsilius  von  Ingben 122—124 

§    4.    Päpstliche  Autorisationsbnlle.  Privilegien 

der   Universität.     Die  Universitäl;  eine 

kirchliche  Anstalt 124—129 

§    5.    Eröffiiung  der  Universität.     Die  ersten 

Lehrer  und  ihre  Vorlesungen  undBesol- 

Ärng.    Der  erste  Rector 129—132 

§    6.    Matrikelbuch.     Erwerbung  des   acade- 

mischen  Bürgerrechtes.  Deposition  .  132—137 
§    7.    Rectorswafal.    Die  ersten  Rectoren.  Der 

akademische  Senat 137-441 

§    8.    Berechtigung,    Vorlesungen   za  haken. 

Stimmrecht  und  Art  der  Abstinmnng  .  141—143 
§    9.    Canzler.    Procanzler.    Ertiieilnng  aca- 

demischer  Grade.    Conservatoren.    Sub- 

conservatoren.     Privilegirte    Boten   der 

Universität 143—151 

§  10.  Gerichtsbarkeit  der  Universität  Carcer  151—158 
§  11.  Scepter  und  Siegel  der  Universität  :  .  153—156 
§  12.    Aelteste    Verordnungen    und     Gesetse 

der  Universität.    Ferien 155 — 158 

§  13.    Die  vier  Facultäten      158—169 

§  14.    Erste  Versammlungsorte  der  Universität. 

Aelteste  Universitätsgebäude  ....  169—170 
§  15.  Capelle  und  Kirchhof  der  Universität  .  170—172 
§  16.    Papst   Ud>an  VI.   verleiht   und   Papst 

Bonifacius  IX.  bestätigt  das  Privilegium 

einer    fünQährigen    Abwesenheit    vom 

Pfründeorte.     Ein   Rotulus  wird   nach  | 

Rom  gesendet  (1389) 173—177  | 

§  17.    Blühender   Zustand  und  Frequenz  der 


JnhM  vn 

Seite. 
TJmyersit&t    Streithftndel  zwischen  Sta- 
denten  und  jungen  Adeligen      ....    177—179 
§  18.    Tod  Ruprecht'«  1 179—180 

ISweiter  Absohnitt. 

Die  UniTersität  unter  derR^erang  des  Kurfür- 
sten Ruprecht  II?  1390--1398. 

§    1.    Sorge  des  Kurütateik  lür  die  Stadt  und 

die  ünhrerntftt 181—183 

§    2.    Die  mit  der  UniterBltät  yerbundenen  Col- 

legien,  Gontubernien  oder  Bursen .    .    .    183—207 

§    3.    Das  Doniinicaner*Elo8ter  und  andere  Gol- 

legien 207—211 

§  4.  Jndenhftnser  werden  zu  Lehrerwohnungen 
verwendet,  die  Synagoge  in  eine  christ- 
tiche  Kapelle  umgewandelt  und  die 
<3rflter  der  Juden  der  Univernt&t  ge- 
schenkt     211—213 

§  6.  Der  KurfOrst  schenkt  den  halben  Frudit- 
und  Weiazehnten  in  Schriesheim  der  Ar- 
tisten-Facultät  und  zwei  tomos  an  den 
Zöllen  zu  Eaiserswerth  und  Badiarach 
der  UniTersitftt.  Ständige  Besoldungen 
der  Lehrer.  Yerwaltong  derOttter  und 
Gefälle  der  üniversit&t 213—217 

§  6.  Die  Universität  verhindert  die  Niederlas- 
sung von  Flagellanten  auf  dem  Heiligen- 
berg      217—219 

§    7.    Tod  Ruprechtes  11.  und  des  Marsilius    .    219—220 

§    8.    Die  ersten  Bibliotheken  der  Universität    220—226 

Dritter  Abschnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des  Kur- 
fürsten und  nachmaligen  römidchen  Königs  Ru- 
precht ÜL  1398—1410. 

§  1.  Freundliche  CFesinnung  Ruprecht's  gegen 
die  Universität  Papst  Bonifacius  IX. 
verleiht  derselben  12  geistliche  Pfründen 


Vlil  Inhalt 

Seite, 
und  der  Kurfürst  das  Patronatsrecht  über 

die  St.  Peterskirclie  in  Heidelberg  und 
über  die  Kirchen  in  Altdorf  und  Lauda. 
Anstellung  der  Professoren.  Decane  der 
Facult&ten 227—231 

§  2.  Hieronymus  Ton  Prag  (1406).  WicHffe's 
Lehren  yerboten  (1412).  Schriftstellerische 
Thätigkeit  der  Professoren 231—234 

§  3.  Ruprecht  III.  verleiht  academischen  Leh- 
rern hohe  Würden  und  bevorzugt  über- 
haupt Lehrer  und  Schüler  der  Universität    234—235 

§  4.  Buprecht's  III.  Vorhaben,  die  h.  Geist- 
kirche in  eine  Stiftskirche  umzuwandeln 
und  mit  der  Universit&t  zu  vereinigen. 
Gelöbniss  der  Söhne  Ruprecht's,  die 
Privilegien  der  Universit&t  stets  zu 
schützen.  Yergiftungsversuc)!  auf.  das 
Leben  Buprecht's 235—237 

§  5.  Die  Universit&t  wird  von  dem  Bischof 
Humbert  in  Basel  vor  den  Beghin^  und 
Begharden  gewarnt  (1405) 237—243 

§    6.    Studentenkrieg    1406.     Studenten    und 
Professoren  verlassen  Heidelberg  wegen 
ansteckender  Krankheit    1407        .    .    .    243—250 
7.    Tod  Ruprecht's  IH 250—251 


Vierter  Absohnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des  Kurfür- 
sten Ludwig  m.  1410—1436. 

§  1.  Bericht  der  Universit&t  über  ihre  Zu- 
stände. Vereinigung  der  Stiftskirche  zum 

h.  Geist  mit  derselben 252—258 

§    2.    Die  Stiftsbibliothek 258—263 

§    3.    Kirchenschatz  des  Stiftes      263—264 

§  4.  Dechanten  des  Stiftes.  Durch  die  Kirchen- 
reformation  herbeigeführte  Veränderung 
der  Einkünfte.  Drei  Canonicate  als  Ruhe- 
gehalte     für     emeritirte    Professoren. 


k 


inhaU.  IX 


UebenreiBQiig  der  StiftogefUle  »n  die 
geistliche  Gflter-Venraltnng 265—266 

§    6.    Die  Kirche  siim  h.  Geist 266—268 

§  6.  TheUnahme  der  Universität  an  der  Kir- 
chenTersammlnng  in  Gonstanz.  Johann 
Hus  und  Hieronymus  von  Prag  1414     .    268—276 

§  7.  Die  Theilnahme  der  üniversit&t  an  der 
Eirchenrersammlnng  in  Basel.  Reichs- 
tag sa  Nflmberg 276—288 

§    8.    Streithändel  zwischen  Studenten  und  jun* 

gen  Adeligen  und  Bargem 283—286 

§    9.    Ludwig's  m.  letzter  Wille  und  Tod  .    .    285—286 

Fünfter  Abschnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des  Admini- 
strators Pfalzgrafen  Otto  und  des  Kurfürsten 
Ludwig  IV.  1436—1449. 

§  1.  Des  Pfalzgrafen  and  des  EurfOrsten 
theilnehmende  Sorge  fftr  die  Universität. 
Bulle  des  Papstes  Eugen  IV.  Wahl  er- 
lauchter Männer  zu  Rectoren  der  Uni- 
versität  287—288 

§  2.  Ludwig  IV.  bestätigt  die  Privilegien  der 
Universität.  Seine  Bestrebungen  für  das 
Gedeihen  derselben.  Wiederherstellung 
des  Dionysianums 288—290 

§    3.    Rectores  magnificentissimi.    Lehrer  der 

Universität 290—292 

§    4.    Streithändel    zwischen    Studenten    und 

Scha^rwächtem 292-293 

ZWEITE  PERIODE. 

Von  der  Reform  der  Universität  durch 
den  Administrator  und  nachma- 
ligen Kurfürsten  Friedrich  I.  bis 
zu  ihrer  Umgestaltung  durch 
den  Kurfürsten  Otto  Heinrich. 
1449  —  1466. 


Inhalt 

Seite. 

Erster  AbBChnitt« 

Die  Umversität  unter  der  Regierang  des  Ad- 
ministrators und  nachmaligen  Kurfürsten  Frie- 
drich I.  1449—1476. 

§    1.    Friedrich  I.  bestätigt  als  Administrator 

der  Pfalz  die  Privilegien  der  Universität    294 — 296 

§  2.  Friedrich  I.  wird  Kurfürst  von  der  Pfalz 
und  bestätigt  als  solcher  die  Privilegien 
der  Universität.    Reform  derselben    .    .    296—301 

§    3.    Revidirte    und  erweiterte   Statuten  der 

Universität  und  der  Bursen       ....    301 — 304 

§    4.    Kampf  des  Nominalismus  und  Realismus    304 — 308 

§  5.  Papst  Pius  II.  Friedrich's  Theilnahme  an 
dem  Kampfe  Diether^s  vonisenburg  und 
Adolph's  von  Nassau  um  den  erzbischöf- 
lichen Stuhl  in  Mainz.  Friedrich  von 
dem  Papste  in  Bann  gethan.  Schlacht 
bei  Seckenheim  (1462) 308—314 

§  6.  Friedrich  wird  von  dem  Banne  losge- 
sprochen. Verhältniss  der  Universität 
zum  Papste 314—316 

§  7. 'Der  Kurfürst  verleiht  der  Universität 
das  Patronatsrecht  der  Pfarreien  Pfef- 
fingen  und  Gundheim.  Finanzielle  Ver- 
hältnisse der  Universität 316—317 

§  8.  Kurfürstliche  Verordnung  gegen  die  im- 
mer wiederkehrenden  Raufhändel.  Fre- 
quenz der  Universität 317—319 

§  9.  Die  ersten  Buchdruckereien  in  Heidel- 
berg.   Friedrich's  I.  Tod 319—320 

Zweiter  Abschnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des  Kur- 
fürsten PhiHpp.    1476^1508. 

§  1.  Kurfürst  Philipp  bestiUigt  die  Privilegien 
der  Universität.  Wiesenschaftliohe  Zu- 
stände in  Heidelberg 321—327 


InhaH.  ZI 

Seit«. 

§.  2.  Die  von  dem  KnrftirHen  beabsichtigte 
Anstellang  des  IHonysias  Renehlin  als 
ProfesBors  der  griechischen  Sprache     .    827 — ^828 

§.    3.    Johann  WesseVs  Wirksamkeit    an  der 

Universit&t S28— 831 

§.    4.    Theilnahme  der  üniTersit&t  an  Johann 

von  Wesers  Ketzerprocess 831—334 

§.  5.  Gründung  einer  Jaristenbnrse  149&  N^ne 
Statuten  der  Jaristen-Facultftt.  Ver- 
änderungen in  den  Vorlesungen    .    .    .    884 — 336 

§.  6.  Professoren  werden  mit  ausserordent- 
lichen Staatsgeschftften  betraut.    Urlaub    886—340 

§.  7.  Erste  Anstellung  eines  Laien  als  ordent- 
lichen Professors  der  Medicin  ....    840--346 

§.    8.    Lehrer  und  Schriftsteller  der  Uniyersit&t    346—847 

§.    9.    Hftndel    zwischen    den   Realisten    und 

Nominalisten 347—850 

§.  10.    Zwistigkeiten  der  Juristen-  und  Artisten- 

FaculÄt 350—861 

§.  11.  Disputationen  zwischen  den  Frands- 
canem  und  Dominicanern  über  die  un- 
befleckte Empftngniss  der  h.  Jungfrau 
Maria      351—363 

§.  12.  Raufhftadel  zwischen  Studenten  und  Hof- 
leuten     363—864 

§.  18.  Papst  Innocenz  IX.  Kaiser  Maitfmilian  I. 
in  Heidelberg.  Ausserordentlich^  Steuer. 
Bayerisch-Pfälzischer  Erbfolgekrieg  .    .    364—356 

§.  14.    Zustand   und  Frequenz  der  üniyersit&t. 

Ansteckende  Krankheiten.  Philipp's  Tod    356—357 

§.  15.    Rheinisch-literarische  Gesellschaft    .    .    867—858 

§.  16.    Die  Kurfürstliche  Bibliothek     ....    859—861 

Dritter  Absohnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des  Kur- 
fürsten Ludwig  V.    1508—1544. 

§.    1.    Der  Kurfürst  bestätigt  die  Privilegien 

der  Universität  Zustände  der  letztern  .    362—364 


»I  Inhalt 

Seite. 
§    2.    Doctor-Promotioaen  derjarisUschen  and 

medicinlschen  Facultät 364—365 

§    8.    Reform     der    üniversit&t      Veränderte 

Rectorswahl 365—867 

§  4.  Lehrer  der  Artisten-Facultät  ....  367—378 
§  5.  Lehrer  der  theologischen  Facultät  .  .  378—379 
§  6.  Lehrer  der  juristischen  Facultät  .  .  .  380—381 
§    7.    Lehrer  der  medicinischeu  Facultät    .    .  381 

§  8.  Luther  in  Heidelberg.  Theilnahme  der 
Professoren  und  Studenten  an  der  von 

ihm  gehaltenen  Disputation 381—385 

§  9.  Die  Universität  Gegnerin  kirchen- 
reformatorischer  Bestrebungen.  Papst 
Hadtian  VI.  fordert  die  Universität  auf, 
der  Verbreitung  von  Luther's  Lehre  ent-  ^ 
gegenzuarbeiten.  Ergebenheit  und  An- 
hänglichkeit   der   Hochschule   an    den 

Papst ,    .    385—388 

§  10.  Die  Universität  prüft,  im  Auftrage  des 
Kurfürsten  Luther's  Lehre.  Ansicht  der 
Universität  über  dieselbe.  Die  theo- 
logische Facultät  erhält  von  dem  Kur- 
fürsten den  Befehl ,  bei  ihren  Dispu- 
tationen Ordnung  und  Anstand  zu  beob- 
achten  388—892 

§  11.  Die  ersten  kirchenreformatorischen  Be- 
wegungen an  der  Universität.  Heinrich 
Stolo.     Johann    Brenz    und    Theobald 

Billikan 392—897 

§  12.    Philipp  Melanchthon's  Studienzeit  (1509) 

und  Besuch  in  Heidelberg  (1524)  .    .    .    397—399 
§  13.    Büchercensur.  Der  von  den  Buchhändlern 
und   Buchbindern  zu  schwörende  Eid. 

Ein  Pressprocess      . 399—402 

§  14.  Beschwerden  der  Bürgerschaft  gegen  die 
von  der  Universität  missbrauchte  Steuer- 
freiheit     402—404 

§  15.    Vorsichtsmaassregeln  während  des  Bauern- 


IhhaU.  xin 

Seite. 

krieges.  Die  UniTenit&t  weist  die  For- 
derung, w&hrend  des  Krieges  cn  den 
öffentlichen  Kosten  beinitnigen,  mit  Er- 
folg sorack      404—406 

§  16.  Sitten.  Ansteckende  Krankheiten  1509, 
1610.  Aofenthalt  der  Gontabemien  in 
Eberbach  1628,  1629.  Freqaens  der 
Universit&t 406—409 

§  17.    Ludwig'»  V.  Tod ,  409 

Vierter  Absohnitt. 

Die  üniTersität  unter  der  Regierung  des  Kur- 

ftkrsten  Friedrich  II.    1544—1556. 

• 

§    1.    Der  Kurfürst   bestätigt  die   Privilegien 

der  Universit&t *.    .    .    .    410—418 

§    2.    Die  Ton  dem  Kurfürsten  beabsichtigte 

Reform  der  Universität 413—419 

§  3.  Wiederholter  Yersuch  einer  Reform  der 
Universität.  Gutachten  des  Paul  Fagins, 
der  Hochschule  und  der  Artisten-Facultät    419—421 

§  4.  Bemühungen  der  Artisten-Facultät  zur 
Förderung  der  classischen  Studien.  "V^e- 
derberufung  des  Micyllus.  Neue  Statuten    421—426 

§  5.  Errichtung  eines  Lehrstuhles  für  die 
•  Mathematik  und  Ethik.  Anstellung  eines 
Lehrers  der  hebräischen  Sprache.  Grünt, 
ler's  Berufung.  Olympia  Morata.  Aus- 
gezeichnete Juristen.    Mediciner  .    .    .    426—432 

§  6.  Vereinigung  der  Bursen  und  ihre  Ein- 
richtung  432—437 

§  7.  Das  Sapienz  -  CoUegium  als  Gollegium 
philosophicum.  Gründung.  Einkünfte. 
Statuten.  Aufsicht.  Alumnen  und  Lehrer. 
Entfernung  der  Altäre.  Verwaltung. 
Archiv  der  Universität  und  Artisten- 
Facultät  438—443 

§    8.    Die  Gründung  des  Pädagogiums  alsSemi- 

narium  der  Artisten-Facultät     ....  444 


xnr  Inhält 

,    Seite. 

§  9.  Yerheirathete  Ldirer  werden  von  der 
UmverBität  angestellt  und  zu  Bectoren 
derselben  gewilhlt 411  -153 

§  10.  £[irchenreformatori8che  Bewegungen  in 
der  Stadt  Heidelberg  und  am  Kurfarst- 
lichen  Hofe.  Verhalten  der  Universität 
bei  diesen  Bewegungen.  Aufforderung 
des  Kurfürsten  zur  Beschickung  des 
Conciliums  von  Trient  (1551)    ....    453—461 

§  11.  Finanzielle  Verhältnisse  der  Universität. 
Papst  Julius  UI.  überlässt  derselben  12 
in  der  Pfalz  gelegene  Klöster.  Lehrer- 
besoldungen     461—469 

§  12.  Die  «Universität  weigert  sich,  einen  ihr 
gehörigen  Garten  dem  Kurfürsten  zu 
überlassen,  tritt  aber  das  Patronatsrecht 
über  die  St.  Peterskirche  an  ihn  ab      .    470 — 471 

§  13.  Sitten.  Baufhändel  zwischen  Studenten 
und  Hofleuten.  Die  Studenten  sollen 
Wohnung  und  Kost  in  den  Contubernien 

nehmen   . 471—475 

§  14.  Die  Universität  begibt  sich  wegen  an- 
steckender Krankheit  nach  Eberbach. 
Frequenz  derselben 475—476 

§  15.    Friedrich's  U.  Tod  .......    ,    4Z6— 477 


Vorrede. 


In  keiner  Zeit  fohlte  man,  trot?  mancher  ent« 
gegenwirkender  Hemmnisse,  den  Werth  unserer 
hohen  Schulen  mehr  und  nahmen  diese  einen  höheren 
Standpunkt  wissenschaftlich  freier  Erkenntniss  ein, 
als  in  der  unsrigen.  Aher  auch  in  den  längst  ver- 
gangenen Jahrhunderten  behaupteten  die  Hochschulen, 
nicht  nur  als  die  Träger  der  damaligen  Wissen- 
schaft, sondern  auch  als  selbstständige,  mit  grossen 
Sonderrechten  ausgerüstete,  ursprünglich  kirchliche 
Körperschaften,  eine  so  wichtige  Stelle  im  Ent- 
wicklungsgänge der  Menschheit,  dass  ihr  Anfang 
und  Fortgang  nicht  minder  mit  unserer  geisti- 
gen und  sittiichen  Bildungsentwickelung,  als  mit 
unserer  Staats-,  Religions-  und  Kirchengeschichte, 
im  innigsten  Zusammenhange  stehen.  Es  ist  aber 
auch  unsere  Zeit,  welche  immer  mehr  erkennt,  dass 
man  die  Gegenwart,  ihre  Ziele  und  Aufgaben 
für  den  Staat,  das  Volk  und  die  Einzelnen  erst 
durch  eine  genaue  Kenntniss  der  Vergangenheit  richtig 


erfasst,  und  dass  unsere  ganze  Zukunft  grossentheils 
von  der  wahrhaft  verstandenen  Vergangenheit  und 
Gegenwart  abhängt.  Zu  einem  solchen  Verständ- 
nisse führt  allein  die  Geschichte,  und  gerade  in  un- 
seren Tagen  hat  die  Betreibung  der  geschichtlichen 
Forschung  merkliche  Fortschritte  gemacht.  Nicht 
in  allgemeinen  Umrissen,  allgemeinen  Weltgeschichten 
oder  neuen  Auffassungen^  Ausführungen  und  Ansich- 
ten längst  bekannter  Dinge,  die  sich  nach  Maass- 
gabe der  Meinungen  des  Ta^es  ändern,  sondern  in 
gründlicher,  auf  die  ersten  handschriftlichen  Quellen 
zurückgehender  Untersuchung  und  Darstellung  ein- 
zelner Geschichtsstoffe  sUcht  und  findet  man  mit 
unermüdetem  Fleisse  und  fortschreitender  Sachkennt- 
niss  die  Grund-  und  Bausteine  zur  Erkenntniss  des 
längst  vergangenen  Lebens  der  Völker. 

In  der  Reihe  dieser  für  die  Geschichtserfor- 
schung so  überaus  wichtigen  Einzelschriften  (M<mo- 
graphien)  nehmen  die  Geschichten  unserer  Hoch- 
schulen, welche  am  meisten  vor  allen  europäischen 
Anstalten  derselben  Art  das  Merkmal  der  wissen- 
schaftlichen Unabhängigkeit  bewahrten  und  die  höchste 
Stufe  der  geistigen  Ausbildung  errangen,  eine  der 
bedeutendsten  Stellen  ein.  Erhielten  auch  schon  im 
vorigen  und  in  dem  ersten  Viertheile  dieses  Jahr- 
hunderts die  Hochschulen  Erlangen,  Göttingen, 
Helmstädt,  Königsberg,  Leipzig,  Tübingen 
und  Würzburg  durch  Fikenscher,  J.  St.  Ptttter, 
P.  J.  Bruns,  K.  v.  Strombeck,  Arnold,  H.  G. 


Kreussler,  J.  D.  Schulze,  A.  Ch.  Zeller,  J. 
N.  Stoll,  Böek,  BOnicke  und  J.  C.  Goldmayer 
mehr  oder  minder,  ganz  oder  theilweise  ihre  ge* 
schichtliche  Erforschung,  so  hat  sich  doch  in  neuerer 
Zeit  die  geschichtliche  Untersuchung  ganz  besonders 
diesem  Zweige  zugewendet  und  die  Geschidite  älterei 
und  neuerer  Hochschulen,  wie  von  Basel,  Berlin, 
Cöln,  Erfurt,  Freiburg  im  Breisgau,  Göttin- 
gen, Greifswalde,  Königsberg,  Prag,  Rostock, 
Tübingen,  Wien  u.  s.  w.,  fand  an  Vi  scher, 
R.  Köpke,  Bianco,  Eampschulte,  H.  Schreiber, 
E.  F.  Bössler,  Kosegarten,  M.  Toppen,  Tomek, 
Krabbe,  Klüpfel,  Kink  u.  A.  ihre  würdigen  Be- 
arbeiter. 

Eine  der  ältesten  und  bedeutungsvollsten  Hoch- 
schulen ist  die  ün  Jahre  1386  zu  Heidelberg 
gegründete.  Grössere  oder  kleinere  Vorarbeiten  zu 
ihrer  künftigen  Geschichte  behandelten  seit  dem 
siebenzehnten  Jahrhunderte  die  Gründung  der  Hoch- 
schule, ihre  Literatur,  Professoren,  Rectoren,  zur 
Anstalt  gehörige  Bursen,  CoUegien  oder  Gontubemien, 
die  Statuten  oder  Gesetze,  Reformen,  Facultä- 
ten  u.  s.  w. ;  einzelne  enthielten  auch  Urkunden  oder 
urkundliche  Auszüge.  Dahingehören  im  17.  Jahr- 
hundert die  Schriften  von  Georg  Sohn,  David 
Pareus,  J.  Heinr.  Hottinger,  Georg  Frank 
und  im  achtzehnten  von  Ludw.  Christ.  Mieg, 
Friedr.  Lucä,  Jok  Peter  Kayser,  Christoph 
Jacab  Kremer,  Daniel  Wilhelm  Nebel,  Wolfg. 

HautE,  Gesch.  d.  Uniy.  Ueidelb.  L  b  ^ 


xviii  Vtm'ede. 

Willi.  Riesmann,  J.  H.  Andrea,  Carl  Ludwig 
Tolner,  J.  Jung,  Carl  Casimir  Wund,  Franz 
Schönmetzel,  Ignaz  Kreusler,  Johann  Schwab, 
B.  G.  Struv,  J.  W.  L.  F.  Flad  und  Friedr. 
Peter  Wund.  Immer  fehlte  noch  eine  umfassende 
und  vollständige  Benützung  des  reichhaltigen  hand- 
schriftlichen Stoffes,  eine  Verarbeitung  desselben  zu 
einer  Greschichte  der  Hochschule  und  eine  Mitthei- 
lung aller  wichtigen  dahin  gehörigen  Urkunden.  Eine 
solche    Geschichte    und   das    dazu   gehörige  Urkun- 

4 

denbuch  werden  mit  dem  vorliegenden  Werke  den 
Lesern  zum  erstenmale  vorgelegt. 

Mein  verstorbener  Freund  Haut z  arbeitete  die 
grössere  Zeit  seiner  vierzigjährigen  Lehrwirksamkeit 
an  der  hiesigen  Mittelschule  (Lyceüm)  an  dieser 
Geschichte  der  Hochschule  Heidelberg.  Seine 
theilweise  aus  handschriftlichen  Quellen  entstandenen 
Schriften  über  Micyllus,  den  Ursprung  und 
Fortgang  der  Heidelberger  Mittelschule,  die 
N^ckarschule,  die  Stipendien  u.  s.  w.  müssen 
als  eben  so  viele  Vorarbeiten  zu  diesem  grössern 
Werke  bezeichnet  werden.  Ihre  gründliche,  durch- 
aus quellenmässige  und  gewissenhafte  Ausarbeitung 
und  ihre  günstige  Aufnahme  in  den  ersten  öffent- 
lichen Blättern  ^rechen  am  entschiedensten  für 
die  Befähigung  ihres  Verfassers  zur  Vollendung  der 
vorliegenden  Geschichte.  Das  vieljährige,  sorgfältige 
Sammeln  und  Sichten  des  Stoffes  kann  den  Werth 
derselben  in  den  Augen   der  Kenner  nur  erhöhen. 


rarred4.  xix 

Der  Verfasser  hat  zu  diesem  Zwecke  die  öffent- 
lichen Handschriftengammlungen  (Archive)  zu  Hei* 
delberg,  Karlsruhe^  Manchen,  Speier  und 
Strassburg  und  viele  Sammlungen  einzelner  Ge- 
lehrten benutzt,  und  war  fllr  freundliche  Unter- 
stützung seines  Werkes  den  Herren  Geheimen  Hofrath 
Dr.  Bahr  und  Hofrath  Dr.  Häusser  in  Heidel- 
berg, Pfarrer  Lehmann  zu  Nussdorf  in  der 
bayerischen  Pfalz,  Archivdirektor  Mone  und  Ge- 
heimen Hofrath  Vierordt  in  Karlsruhe,  Archivar 
Franz  Zell  zu  Freiburg  im  Breisgau  und  den 
Archivdirektoren  in  München,  Strassburg  und 
Speier  zu  bestem  Danke  verpflichtet. 

Die  Reichhaltigkeit  der  von  dem  Verfasser  be- 
nutzten   handschriftlichen    Schätze    geht    aus    dem 
hier  folgenden  Verzeichnisse  derjenigen  ungedruckten 
Urkunden  hervor,  welche  aus  dem  hiesigen  Univer- 
sitäts-Archive der  Geschichte  der  Hochschule  Heidel- 
berg zu  Grunde  gelegt  wurden.     Wir  halten  ihre 
Angabe  für   um  so  zweckmässiger,  als  diese  Hand- 
schriften   in   dem  Werke    selbst   nur    zerstreut   an 
den  einzelnen  betreffenden  Orten  ohne  eine  nähere 
Beschreibung  angeführt  werden. 
Es  gehören  nämlich  hieher: 
1)  Annales  eorum,  quae  acta  scriptave  sunt 
in  republica  literaria  Academiae  Heidel-, 
bergensis  1386  —  1421.  1562  (epitom.  actt. 
1565  —  1567).     1568  — 1578.     1583  — 1597, 
1599—1610.  1617—1620.  1625.  1652—1656 


XX  Vorrede. 

(Concept.  Protok.  1653.  55,  56.  59.  60.)  166K 
1677—1687.  1697—1712.  1717.  1719. 
Jan.  1724.  Mai  1727  bis  Ebde  1734  (1681  bis 
1686  doppelt  Annalen  und  Protokolle)  1734  bis 
1817,  63  voll.  Fol.  (die  Jahre  1739  und 
1748  fehlen).  Erster  Band  von  1386—1413 
auf  Pergament. 

2)  Acta  facultatis  artium  Academiae  Hei- 
delbergensis  v.  1391  —  1620,  5  voll.  FoL 
Pergament.     Der  erste  Band  geht  bis  1452. 

3)  Historia  universitatis  Heidelbergensis 
bis  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts,  1  vol. 
Fol.  Pergament. 

4)  Matrikelbücher  der  Universität  Heidel- 
berg von  1386—1661  und  von  1704—1810 
(im  ersten  Bande  auch  verschiedene  Legate, 
besonders  von  Büchern  und  andere  Bemerkun- 
gen), 4  voll.  Perg.  1  vol.  Papier. 

5)  Statuta  facultatis  theologicae  Heidel- 
berg ensis  (Promotionen^  Stipendien  und  andere, 
die  theologische  Facultät  betreffende  Bemer- 
kungen, 1  vol.  Fol.  Pergament. 

6)  Statuten  und  Decrete  der  Univ.  Heidel- 
berg bis  zum  Jahre   1549,  1  vol.  Fol.  Perg. 

7)  Copien  verschiedener  Kauf-  und  Schenk- 
briefe der  Univ.  Heidelberg,  päpstliche 
Bullen,  Privilegien  u.  dgl.,  von  Gründung  der 


Varred$.  xxi 

Universität   bis    gegen  Ende    des  15.  Jahrh*, 
1  YoL  kL  Fol.  Pergament. 

8)  Zwei  alte  Universitätskalender  auf 
Pergament,  der  erste  (calendarium  primum) 
dem  ersten  Bande  der  Matrikelbücher,  der  zweite 
(calendarium  secundum)  einer  alten  Hand- 
schrift beigeheftet.  Der  erste  Kalender 
enthalt  Bemerkungen  von  1390—1426.  M.  s. 
Karl  Bttttinghausen's  Programma  ex  anti- 
quissimo  Academiae  Heidelbergensis  Calendario 
Miscella  Palatina  exhibens,  Heidelb.  typis 
J.  J.  Haener,  1771,  Fol. 

9)  Rotuli.  Statutum  de  ordine  rotuli  et  caput 
rotuli  studii  Heidelbergensis  in  coronatione 
Bonifacii  IX  ad  apoatolicam  sedem  (1389)  trans- 
missi  (nebst  Briefen  der  Universität  an  den 
Papst),  1  vol.  Pergament. 

10)  Acta  matricula  et  statuta  facultatis 
juridicae  (1491—1581),  2  voll. 4.  Pergament. 

11)  Acta  facultatis  theolog.  Acad.  Heidelb. 
ab  anno  1558—1739—1800,  2  voll  Fol. 

12)  Acta.  Protocollum  sententiarum,  missivarum 
et  aliorum  actorum  facultatis  juridicae 
Heidelb.   de   anno    1595—1624,   5  voll.  Fol. 

« 

13)  Proto^olluj^i  A^c2i.demiB.e  sub  curatorum 
administratione  1651  u.  1602,  1  vol.  Fol. 


xxii  Vorrede, 

14)  Protocollum  consistoriale  Acad.  de  anno 
1673—1688,  Concept-Protokofle  anno  1682  bis 
1684,  5  voll.  Fol. 

15)  Verzeichniss  der  Rectoren  der  Univer- 
sität Heidelberg  von  1479—1738  (bei  jedem 
Rector  die  Zahl  der  Studiosi),  1  vol.  Fol. 

16)  Protokoll  der  philosophischen  Facultät 
V.  J.  1705—1771. 

17)  Aunuae  coUegii  societatis  JesuHeidelb. 
1715—1772,   1  vol.  Fol 

Besonders  wichtig  sind  die  von  Hautz  be- 
nutzten Pfälzischen  Copialbücher.  Der  umsichtige 
Kurfttrst  Ruprecht  I.,  der  Stifter  unserer  Hoch- 
schule, hat  die  Reihenfolge  dieser  Copialbücher  nach 
dem  Tode  seines  Bruders,  Rudolph's  H. ,  eröffnet. 
Derselbe  Hess  auch  die  früheren  Urkunden  seit 
der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  in  besondere  Copial- 
bücher eintragen.  Von  1353  an  wurden  die  Ur- 
kunden aller  Kurfürsten  bis  in  die  neuesten  Zeiten, 
so  wie  sie  erlassen  waren,  sogleich  in  die  Copial- 
bücher eingeschrieben,  welche  also  mit  den  Daten 
der  Urkunden  entstanden  sind.  Die  Copialbücher 
befinden  sich  im  Generallandesarchive  zu  Karlsruhe. 
Sie  sind  bis  zum  15.  Jahrh.  auf  Pergament,  von 
Kurfarst  Ludwigs  HI.  Regierung  oder  1410  an  auf 
Papier  niedergeschrieben.   Der  um  die  Pfälzische  Ge- 


schichte  hoch  verdiente  Herr  Pfarrer  Lehmann  zu 
Speier  hat  dieselben  zu  seinen  geschichtlichen  Forschun- 
gen vier  Jahre  lang  vollständig  benutzt.  Die  von  ihm 
gemachten  Abschriften  waren  fttr  Hautz  eine  wich- 
tige Quelle  seiner  Geschichte  der  Universität  Hei- 
delberg. 

Ausserdem  wurden  viele  einzelne  im  Univer- 
sitäts-Archive  angegebene  Urkunden  benutzt  und  sind 
in  dem  Hautz 'sehen  Werke  nacli  den  Archivzahlen 
angefahrt.  Dem  zweiten  Bande  werden  44  Origi- 
nalurkunden beigefügt,  welche  entweder  noch  ganz 
ungedruckt  oder  unrichtig  oder  nur  auszugsweise 
im  Drucke  erschienen  sind.  Davon  sind  vierzehn 
Urkunden  aus  den  Jahren  1386 — 1389,  2  von 
1391  —  1396,  7  von  1405—1498,  13  von  1509  bis 
1559,  6  von  1654— 1685  und  2  aus  den  Jaliren  1711 
und  1748.  Sie  enthalten  die  Errichtungsbulle  der 
Hochschule,  ihre  ersten  Sonderrechte,  den  urkund- 
lichen Beridit  aus  der  ersten  Zeit,  die  ältesten  Ge- 
setze der  Hochschule  und  der  einzelnen  Fachabthei- 
lungen (Facultäten),  Stiftungen  der  Sonderschulen 
(CoUegien),  Zustände  der  Hochschule  betreffende 
Schreiben,  neue  Einrichtungen  u.  s.  w. 

Den  vielen  Freunden  und  Verehrern  des  Verstor- 
benen, so  wie  den  Lesern  dieses  seines  Werkes,  wird 
eine  Schilderung  seines  Lebens,  welche  wir  dem  Buche 
vorausschicken,  nicht  unerwünscht  sein.  Bei  der  Ab- 
fassung desselben  wurden  die  Tagebücher  des  Ver- 
storbenen und  ein  von  1700  bis  zur  neuesten  Zeit 


xxiT  Vorredt. 

gehendes  Geburtsbach  seiner  Familie  mit  besondem 
Aufizeichnangen  der  FamilienAng^örigen  zu  Grande 
gelegt. 

HEIDELBERG,  im  September  1862. 


K  A.  V.  Beicilliii-Meldegg. 


Johann  Friedrich  Hautz. 


Das  Leben  eines  Schulmannes  {Reicht  dem  Laufe 
eines  unscheinbaren,  wenig  beachteten  Baches.  Durch 
m  stilles  Thal  fliesst  er  dahin,  rings  um  grünen  an  seinen 
XJiem  die  Au^ ,  blühen  die  Wiesen  mit  jedem  Jahre  in 
erneutem  Schmucke  des  Frühlings  und  verdanken  seinem 
kleinen  befruchtenden  Wasser  den  reichen  Segen,  mit  wd* 
chem  sie  prangen.  Der  Bach  aber,  dessen  leise  bewegte 
Welle  kaum  dem  Wanderer  ihr  Dasein  verräth,  sendet 
unablässig  neue  Nahrung  dem  grösseren  Strome  und 
durch  diesen  dem  Weltmeere  zu.  So  verbreitet  auch 
das  Leben  des  Schulmannes,  einfach  und  einförmig  nach 
seiner  äussern  Erscheinung,  unter  seiner  jugendlichen  Um* 
gebung  die  Entwicklungskeime  geistiger  Kraft  und  ist  in 
seiner  ünscheinbarkeit  bestimmt,  die  Grundlage  zur  Bil- 
dung d^  Gemeinde,  des  Volkes,  des  Staates  und  der 
Eirdie  zir  legen.  So  wenig  bewegt  ein  solches  Wirken 
im  Aeussem  ist,  so  bedeutungsvoll  ist  es  im  Innern. 
Denn  Menschenveredlung  und  Menschenbe^ückung  sind 
die  erhabenen  Zielpunkte  desselben.  Die  Welle  des  Ba* 
ches  fliesst  dem  Strome  und  mit  diesem  dem  Meere  zu. 

Die  Bedeutung  des  Lehrers  gewinnt  mit  dem  Ziele, 
das  er  sich  vorsteckt.  Die  gelehrte  Schule  ist  die  Vor- 
bildnerin  zu  den  Pflanzschulen  der  Wissenschaft  Diese 
aber  sollen  die  Besten  und  Edelsten  des  Volkes  erziehen, 
die  Männer  der  freien  Wissenschaft,  des  staatlichen  und  kirch- 


XXVI  Johann  Friedrich  Hautz*  Lehen. 

liehen  Beruf  es,  deren  höchstes  und  bestes  Geschäft  die  Wirk- 
samkeit für  das  körperliche  und  geistige  Wohl  der  Ge- 
sammtheit  ist. 

Das  Leben  unseres  verstorbenen  Freundes  war 
dieser  Vorbildung  vom  ersten  bis  zum  letzten  Augenblicke 
seiner  öffentlichen  Wirksamkeit  geweiht.  Selbst  über  den 
engen  Kreis  der  Schule  hinaustretend,  widmete  er  einen 
bedeutenden  Theil  seiner  Kraft  der  schriftstellerischen 
Thätigkeit  nicht  ohne  allgemein  anerkannten  Erfolg.  Auch 
in  diesem  Gebiete  sprach  sich  die  Liebe  des  Verstorbenen 
zu  dem  schönen  Berufe  der  Jugenderziehung  aus.  Den 
Ursprüngen  und  der  geschichtlichen  Entwicklung  der  alten 
gelehrten  Schulen  und  der  Hochschule  der  Stadt,  in  wel- 
cher er  sein  öffentliches  Leben  begann  und  abschloss, 
den  ersten  Quellen  gemäss  nachzuforschen,  war  neben 
seinem  Lehramte  eine  Hauptaufgabe  seines  ganzen  Lebens. 
Gewiss  verdient  ein  solches  Wirken  auch  die  Beachtung 
weiterer  Kreise,  zumal,  wenn  es  nur  unter  Mühen  und 
Kämpfen  schrittlings  sich  dem  Ziele  nähert  und  dem  Be- 
trachter selbst  die  Wege  und  Mittel  andeutet,  durch  welche 
die  schwierige  Aufgabe  eines  solchen  Berufes  gelöst  wird. 

Im  Jahre  1700  lebte  zu  Hassloch,  zwei  Stunden 
östlich  von  Neustadt  a.  d.  H.,  in  der  von  dem  Füll- 
home  der  Natur  reich  gesegneten  überrheinischen  Pfalz 
der  Bürger  und  Schneidermeister,  Johann  Bartholo- 
mäus Hautz.  Sein  Sohn,  Johann  Daniel  (geb. 
11.  Oktober  1700),  wurde  im  Jahre  1719  reformirter 
Schullehrer  in  Öfter  sheim  und  im  Jahre  1721  zu  Hei- 
delberg. Er  vermählte  sich  im  nämlichen  Jahre  (14.  Au- 
gust) mit  Susanna  Margare tha  Glöckner,  der  am 
7. Oktober  1697  gebomen  Tochter  des  Johann  Ludwig 
Glöckner,  GoUectors  zu  Nierstein.  Nach  dem  am 
10.  März  1730  erfolgten  Tode  ihres  Mannes  führte  die 
Wittwe  die  ihr  vom  reformirten  Kirchenrathe  übertragene 
Schule  bis  zu  ihrem  Tode  (1752)  fort.  Sie  hat  diese 
Schule,  bezeugte  ihr  der  Kirchenrath,    »als  eine  betrübte 


Johann  Friedrich  Hautz'  Lehm.  uvii 

Wittib  treu,  fleissig  und  ohnermüthet  zum  besten  der  ihr 
anvertrauten  Jugend  versehen. *t  Die  beiden  Eheleute 
zeichneten  sich  durch  einen  frommen  gottesfttrchtigen  Sinn 
und  gewissenhafte  Erfüllung  ihrer  Pflichten  aus.  Unter  ihren 
Kindern,  von  denen  mehrere  in  früher  Jugend  starben, 
verdient  der  Grossvater  unseres  verstorbenen  Freundes, 
Johann  Heinrich  Hautz,  eine  besondere  Erwähnung. 
Geboren  i.  November  1729  zu  Heidelberg,  wurde  er 
1755  zu  Neunkirchen  am  Potsberg  Pfarrer  und  ver- 
hekathete  sich  im  gleichen  Jahre  mit  Maria  Sara 
Ab  egg,  Tochter  des  in  Heidelberg  verstorbenen  refor- 
mirten  Pfarrers  Johann  Abegg.  Am  1. November  1758 
erhielt  er  von  dem  Hochfürstlich  Pfalz  -  Zweibrücken'schen 
Oberconsistorium  den  Ruf  zur  Pfarrei  Waldfischbach, 
Oberamts  Lautern,  in  welcher  Stelle  er  von  der  Kurpfälzi- 
schen Regierung  19.  Juni  1759  bestätigt  wurde.  Im 
Jahre  1772  ward  er  zur  Stelle  eines  Pfarrers  bei  der 
deutsch- reformirten  Gemeinde  zu  Mannheim  und  1779 
auf  die  Pfarrei  zu  Eberbach  befördert,  wo  er  im  Jahre 
1788  starb.  Am  24.  November  1765  wurde  ihm  von  sei- 
ner Gattin,  als  er  noch  in  Waldfischbach  war,  ein  Sohn, 
Philipp  Heinrich,  geboren,  der  schon  in  früher  Ju- 
gend zu  den  schönsten  Hoflftiungen  berechtigte.  Den 
ersten  Unterricht  im  Lesen,  der  Religion  und  lateinischen 
Sprache  erhielt  er  von  seinem  Vater  bis  zum  Jahre  1772, 
wo  dieser  nach  Mannheim  kam,  und  ihn  seine  Amts- 
geschäfte an  der  Fortsetzung  desselben  hinderten.  Hier 
besuchte  er  das  Gymnasium,  dessen  Unterricht  sehr  man- 
gelhaft war.  Den  damaligen  Rector  Kilian  (1778) 
nannte  er  nach  seineu  noch  vorhandenen  Aufzeichnungen 
einen  Mann,  »dem  es  nicht  an  Sprachkenntnissen  fehlen 
mochte,  der  aber  durchaus  die  Gabe  nicht  hatte,  seinen 
Schülern  irgend  einen  Geschmack  an  den  vortrefflichen 
Schriften  der  alten  Römer  und  Griechen  beizubringen«. 
Man  übersetzte  in  den  obersten  Classen  Cicero's  Briefe 
und  Reden,  Virgil's  Belogen,   Georgica  und   Aeneis  und 


XXVIII  Johann  Friedrich  Hamts'  Leben, 

Cornelius  Nepos;  »aber  dies  so  trocken  and  widerlich, 
dass  nur  Zwang  die  Schüler  an  das  Lesen  dieser  Schriften 
bringen  konnte.«  Andere  römische  Classiker  lernte  man 
auch  nicht  einmal  dem  Namen  nach  kennen.  Der  Unter- 
richt im  Griechischen  war  noch  dürftiger ;  denn  er  war  blos 
auf  das  Lesen  des  Neuen  Testaments  eingeschränkt;  dass 
es  ausser  diesem  auch  noch  andere  griechische  Büaher 
gebe,  davon  war  fast  nie  die  Bede.  Vom  Hebräischen 
lernte  man  lesen,  analysiren  und  punctiren.  »Logik«,  heiast 
es  in  den  Aufzeichnung^,  »ja,  4ie  mussten  wir  auch  1er* 
nen,  d.  h.  wir  hatten  einen  schriftlichen  Auszug  aus  Hei- 
neccii  Logica,  den  wir  auswendig  lernen  mussten.  Ob  wir 
das  Gelernte  verstanden  oder  nicht,  das  war  nie  die 
Frage.«  »Kurz,  ich  wurde«,  fügt  er  bei,  ^aus  der  Schule 
entlassen ,  ohne  dass  ich  gewusst  hätte ,  was  eigentlich 
Logik  sei  und  wozu  sie  nütze.  Mit  der  Rhetorik  war  es 
gerade  auch  so.«  Im  Herbste  1780  wurde  er  von  diesem 
Schuljoche  befreit  ,und  erhielt  nebst  einem  Degen  und 
dem  Rechte,  ihn  zu  tragen,  auch  die  Erlaubniss,  acade- 
mische  Vorlesungen  zu  besuchen. 

Er  bereitete  sich,  da  sein  Vater  inzwischen  nach 
Eberbach  versetzt  worden  war,  im  Studium  des  La- 
teinischen im  elterlichen  Hause  vor,  und  bezog  im  Mai 
1781  die  Universität  Heidelberg.  »Ich  hörte«,  sagt  er 
von  seinem  dortigen  Aufenthalte,  »Logik  und  Kirchen- 
geschichte  bei  dem  zu  frühe  verstorbenen  Herrn  Kirchen- 
rath  und  Professor,  Carl  Casimir  Wund,  hebräische 
Alter thümer  bei  Herrn  Df.  und  Prof.  Büttinghausen, 
Exegese  über  das  alte  und  neue  Testament  bei  Herrn 
Dr.  Heddäus.  Den  folgenden  Herbst  fügte  ich  nach 
dem  damaligen  Schlendrian  noch  zwei  theologische  Gol- 
legia  hinzu,  nemlich  Polemik  bei  Büttinghausen  und 
streng  orthodoxe  Dogmatik  bei  Heddätis.  Wund  war 
der  einzige  von  diesen ,  bei  dem  etwas  Gescheidtes  zu  ler- 
nen gewesen.  Bei  meinen  dürftigen  Vorbereitungskennt- 
nissen konnte  ich  diesen  Unterricht  nicht  so  benutzen. 


wie  er  bentttzt  werden  soHte.  Dam  kamen  noch  die  jim- 
meriichsten  VorsteDongen  von  academischer  FreihdU  die 
idi  von  der  Schule  mitgebracht  hatte  and  die  nur  za  sehr 
mit  dem  damalen  unter  Heidelbergs  Studenten  herrschen- 
den Tone  übereinstimmten.« 

Als  Alumnus  des  SapienzcoÜegioms  hatte  er  nach 
anderthalb  Jahren  zu  Neckarau  bei  Mannheim  eine  Probe- 
predigt zu  halten.  »Selbst  eine  Predigt  zu  verfertigen«, 
sagt  er,  »fehlte  es  mir  schlechterdings  an  Allem,  was 
dazu  gehört.  Weil  ich  aber  nun  doch  einmal  predigen 
sollte,  so  half  mein  guter  Vater  mir  aus  der  Noth  und 
schickte  mir  auf  mein  Bitten  einen  sehr  voHstandigen 
Entwurf  zu  einer  Predigt  fiber  1  Tim.  in,  16 :  Kundlich 
gross  ist  das  Geheimniss.  Diesen  schrieb  ich  ab,  lernte 
ihn  in  einigen  Tagen  wörtlich  auswendig  und  sagte  ihn 
dann  der  lieben  reformirten  Christenheit  zu  Neckaran  auf. 
Weil  ich  eine  ziemliche  Freimüthigkeit  bewies,  eine  laute 
Stimme  hatte  und  nicht  stecken  blieb,  erhielt  ich  den 
vollen  Beifall  meiner  Zuhörer.«  Nach  3^/i  Jahren  seiner 
theologischen  Studien  bestand  Philipp  Heinrich  die 
Prüfung  des  evangelischen  Predigtamts-Gandidaten.  In  sei- 
nen Aufzeichnungen  heisst  es :  »Weil  ich  nicht  länger  als 
3^/8  Jahr  auf  der  Universität  zubringen  wollte,  so  dachte 
ich  auch  nun  mit  Ernst  darauf,  mich  zum  examen  pro 
ministerio  vorzubereiten.  Denn,  dieses  glücklich  zu  über- 
stehen, wurde  damals  bei  den  Theologie  Studirenden  für 
den  Hauptzweck  ihres  Aufenthalts  auf  der  Universität  an- 
gesehen, weil  es  ja  handgreiflich  war,  dass  man  von  dem, 
was  die  Professoren  der  Gottesgelahrtheit  lehrten,  der- 
einst wenig  oder  nichts  mehr  werde  brauchen  können.« 
Am  13.  September  1784  wurde  er  in  die  Zahl  der  Pre- 
digtamtscandidaten  aufgenommen  und  am  15.  November 
ordinirt.  Nachdem  inzwischen  (1788)  sein  Vater  in  Eber- 
bach gestorben  war,  wurde  er  bei  seinem  Schwager  Zieg- 
ler, der  die  dortige  reformirte  Pfarrei  erhalten  hatte,  als 
Pfarrvicar  (13.  Februar  1789)  angestellt,  und  erhielt  die 


Johann  Friedrich  HauW  Lehen. 

zweite  reformirte  Pfarrei  in  Kaiserslauteni  (1795).  Da 
aber  wegen  des  Krieges  die  Ueberfahrt  über  den  Rhein 
gehemmt  war,  trat  er  mit  dem  damaligen  reformirten 
Pfarrer  Sinn  zu  Meckesheim  in  Resignationsunter- 
handlung,  erhielt  im  November  1795  die  Pfarrei  daselbst 
und  vermählte  sich  am  31.  December  desselben  Jahres 
mit  der  Tochter  des  resignirten  Pfarrers. 

Philipp  Heinrich  Hautz,  der  neue  Pfarrer  der 
reformirten  Gemeinde  zu  Meckesheim,  ein  Mann  von 
vielen  Anlagen  und  erst  nach  Vollendung,  seiner  üniversi- 
tätsstudien  erworbenen,  vielfachen  Kenntnissen,  und  Jo- 
hanna (geb.  13.  December  1767),  die  zweite  Tochter  des 
aus  Zaiskamm  gebürtigen  resignirten  Pfarrers,  Johann 
Peter  Sinn  und  der  Susanna  Margaretha,  geb. 
Lullin  von  Kirchheim,  eine  Frau  von  religiösem, 
häuslichem   und  verständigem  Sinne,    waren   die   Eltern 

unseres  Johann  Friedrich,  dessen  Leben  in  den  nach- 

« 

folgenden  Blättern  dargestellt  werden  soll. 

Er  war  das  älteste  Kind  ihrer  glücklichen,  mit  drei 
Söhnen  und  fünf  Töchtern  gesegneten  Ehe.  Am  13.  Sep- 
tember 1797  zu  Meckesheim  geboren,  wuchs  unser 
H  a  utz  im  elterlichen  Hause  bis  zum  achten  Jahre  fast  ohne 
allen  Unterricht  auf.  Denn  der  Vater  hatte  den  Erziehungs- 
grundsatz, die  geistige  Ausbildung  erst  dann  zu  beginnen, 
wenn  der  Körper  eine  ziemliche  Festigkeit  erlangt  habe. 
Da  unser  Freund  unter  vielen  Geschwistern  lebte,  bedurfte 
es  zu  den  Jugendspielen  anderer  Kinder  nicht.  Sie  hiel- 
ten sich  im  Sommer  gewöhnlich  im  geräumigen  Hofe,  im 
Winter  in  der  Wohnstube  des  Pfarrhauses  auf.  Bei  den 
Spielen  ahmte  man  die  Eltern  nach.-  Hautz  war  dann 
der  Vater,  die  älteste .  Schwester  Wilhelm  ine  die  Mut- 
ter, die  zweite  Schwester  Friederike  die  Magd.  Im 
Winter  hörten  die  Kinder  gerne  die  anziehenden  Geschich- 
ten des  Vaters,  der  auf  dem  grossen  ledernen  Sessel  am 
Ofen  sass.  Ein  Knabe  desselben  Ortes,  Müller,  (jetzt 
Geheimer  Hofrath  und   Vorstand    der  Siechenanstalt   zu 


Johann  Friedrich  Haute'  L^ben,  xxxi 

Pforzheim),  einige  Jahre  alter,  als  er,  mit  dem  ihn 
später  das  Band  inniger  Freundschaft  verknüpfte,  besuchte 
damals  häufig  das  Pfarrhaus.  Mit  ihm  durchwanderte 
Hautz,  ein  gesunder,  kräftiger  Knabe,  schon,  als  er  das 
vierte  Jahr  zurückgelegt  hatte,  die  Gemarkung  von 
Meckesheim.  Diese  Wanderungen  wurden  bis  zum 
neunten  Jahre  fortgesetzt.  In  den  Wäldern  und  auf  den 
Hügeln  der  Umgegend  forschten  die  beiden  Knaben  dem 
Fluge  der  Vögel,  ihren  Nestern,  ihrer  Brutzeit  und  ihren 
Gewohnheiten  nach  und  legten  so  spielend  den  Grund 
zur  Naturkenntniss.  Ihre  Wissbegierde  trieb  sie  von  den 
Vögeln  zu  den  Schmetterlingen  und  Käfern.  Bald  legten 
sie  Sammlungen  an.  Zuletzt  wurden  auch  Pflanzen  unter- 
sucht und  aufbewahrt.  Mit  diem  siebenten  Jahre  ertheilte 
ihm  der  Vater  den  ersten  Unterricht  im  Lesen.  Schon 
einige  Jahre  vorher  hatte  auch  sein  Freund  Müller 
Unterricht  im  Pfarrhause  erhalten.  Den  Trieb  nach  Er- 
kenntniss  der  Naturgegenstände  unterstützte  der  Vater 
durch  Ermunterung  und  Belehrung.  Schon  nach  einem 
Jahre  hatte  Hautz  seinen  altem  Freund  eingeholt  und 
wurde  ihm  in  Kenntnissen  ebenbürtig.  Besonders  waren 
es  Sprachen,  welche  er  schnell  erlernte.  In  der  latei- 
nischen und  französischen  Sprache  überflügelte  er  seinen 
Freund,  blieb  aber  im  Rechnen  und  Schreiben  zurück. 
Der  Vater  glaubte  durch  Wetteifer  den  Knaben,  der  ihm 
nicht  fleissig  genug  schien,  vorwärts  zu  bringen.  So  ent- 
schloss  er  sich,  ihn  in  die  Dorfschule  zu  schicken.  Das 
wirkte ;  er  sdiämte  sich,  da  er  schon  eine  ziemliche  Grösse 
hatte,  unter  den  kleinen  Jungen  zu  sitzen,  und  fing  an 
mit  aller  Anstrengung  zu  lernen.  Der  Knabe  erhielt  jetzt 
einen  grossem  Spielraum  für  seine  Thätigkeit.  Er  ging 
mit  den  Schulkindern  des  Ortes  um.  Als  Pfarrerssohn 
war  er  der  erste  unter  ihnen  und  deshalb  und  weil,  wie 
sie  sagten,  er  schönere  Kleider  habe,  wählten  sie  ihn 
regelmässig  bei  ihren  Spielen  zum  Anführer,  Waren 
Parteien,  so  entschied  der  kleine  Ortstyrann,  dem  es  nicht 


xjxu  Johann  Friedrich  HoMtB*  Leben. 

an  Körperkraft  fehlte  und  dem  keiner  zu  widersprechen 
wagte,  den  Streit.  In  der  Schule  konnte  er  die  Allein- 
herrschaft nicht  geltend  machen.  Hier  war  der  Lehrer 
der  (rebieter.  Er  hiess  Johann  Peter  Kilian  und 
war  gewohnt,  »seine  Schulkinder ,  wie  Hunde,  abzurich- 
ten«. Der  Versuch,  der  ihm  bei  den  Dorfkindem  glückte, 
misslang  bei  unserm  Knaben,  der  als  der  Befehlshaber 
seiner  jugendHchen  Ortsgefährten  ein  Geftttil  von  seiner 
hohen  Stellung  besass.  Es  kam  zum  Streite  zwischen 
Lehrer  und  Schüler,  und  da  der  Knabe  das  eilfte  Jahr 
erreicht  hatte,  wurde  er  (10.  April  1809)  an  das  refor- 
mirte  Gymnasium  zu  Heidelberg  gebracht.  Die  Mutter 
begleitete  ihn  bis  Neekargemünd,  wo  sie  die  zur  dor- 
tigen reformirten  Pfarrei  gehörigen  Gärten  in  Augenschein 
nahm.  Der  Vater  hatte  nämlich  einige  Woch^en  vorher 
die  Stelle  eines  reformirten  Pfarrers  in  dieser  Stadt  er- 
halten. 

Das  reformirte  Gymnasium  zu  Heidelberg,  als 
Pädagogium  seit  dem  Jahre  1546  bestehend,  war  mit  dem 
1705  gestifteten  dortigen  katholischen  Gymnasium  kurz 
vorher  (21.  Novbr.  1808)  unter  Karl  Friedrich's 
weiser  Regierung  vereinigt  worden.  Von  der  Pfäl- 
zischen Regierung  her  bestanden  an  beiden  getrennten 
Anstalten  Mängel,  welche  im  Augenblicke  auch  bei  dem 
besten  Willen  nicht  beseitigt  werden  konnten. 

Der  Knabe  kam  in  die  unterste  Klasse  des  Gymna- 
siums, wo  Prof.  Martens"*^  einen  ziemlich  mangelhaften 
Unterricht   in  allen  Fächern   gab.    So  beschränkte  sich 


*)  Otto  Johann  Daniel  Martens,  geb.  1783,  an  der  latei- 
nischen Stadtschale  za  Eutin  im  Holsteinischen,  unter  dem  damaligen 
Rector  J.  H.  Voss  und  dem 'CoUaborator  Bredow  gebildet  stu- 
dirte  in  Jena  unter  der  Anleitung  von  Griesbach  und  Eich- 
gt&dt  Theologie  und  Philologie,  war  1805  EEauslehrer  von  Schil- 
1er' 8  Kindern  in  Weimar,  wurde  Doctor  der  Philosophie  1806, 
Lehrer  am  vereinigten  Gymnasium  in  Heidelberg  1809  und  kam 
1819  an  das  Cölner  Lyceum. 


Jdkann  Friedrich  HauU^  Leben.  xxxiii 

dieser  im  Deutschen  darauf,  dass  der  Lehrer  den  Schülern 
sagte:  Substantiv  heisst  Hauptwort,  Adjectiv  Beiwort, 
Verbum  Zeitwort  u.  s.  w.  an  schrieb  dazwischen  un- 
orthographische Sätze  an  die  Tafel  und  Hess  sie  von  den 
Schülern  verbessern. 

Die  Anstalt  hatte  seit  ihrer  Vereinigung  zwei  alter- 
nirende  Directoren,  den  ersten  reformirten  Lehrer  Lauter*) 
und  den  ersten  katholischen  Lehrer  Pazzi**).  Hautz 
wurde  (Ostern  1811)  in  die  zweite  Klasse  befördert. 
Hier  lehrten  Martens  Lateinisch  und  Griechisch, 
M  i  t  z  k  a  ***)  Mathematik  und  Französisch,  Pazzi  Deutsch 
und  Landesgeschichte,  Kleinschmidtf)  Religion  und 
Geographie.  Auch  hier  war  der  Unterricht  mit  alleiniger 
Ausnahme  des  K 1  e  in  s  c  h  m  i  d t '  sehen  äusserst  dürftig.  In 
den  schriftlichen  Aufzeichnungen  wird  derselbe  also  geschil- 


*)  Gottfried  Christian  Lauter,  geb.  15.  Oktober  1764 
zu  Schönau  bei  Heidelberg,  in  Halle  untlSr  Eberhard  und 
Nösselt  gebildet,  1786  DoctOTHier  Theologie  und  Stadtpfarrer  zu 
Darmstadt,  tüchtiger  Sprachforscher,  1789  Conrector,  1794  Bector 
des  reformirteil  Gymnasiums  in  Heidelberg,  wurde  am  dasigen 
vereinigten  Gymnasium  1808  erster  alternirender  Director  (f  1820). 

**)  Franz  Pazzi,  geb.  3.  Okt.  1774  zu  Neustadt  a.  d.  H., 
1797  katholischer  Priester,  1801  Kaplan  in  Mannheim,  1804 
Professor  am  katholischen  Gymnasium  zu  Heidelberg,  1808 
alternirender  katholischer  Director  am  vereinigten  Gymnasium,  1816 
nach  Mannheim  als  Stadtpfarrer  versetzt. 

***)  Franz  Mitzka,,  geb.  zu  Mannheim  16.  Februar  1783, 
katholischer  Priester,  1805  Professor  an  dem  Heidelberger  katho- 
lischen Gymnasium,  1808  an  der  vereinigten  Anstalt,  1819  alter- 
nirender Director  (f  15.  März  1852). 

+)  Ernst  Karl  Kleinschmidt,  geb.  2.  Februar  1775  zu 
Weinheim,  studirte  zu  Jena  und  Heidelberg ^  1807  Prediger  zu 
Pforzheim,  1810  Lehrer  am  vereinigten  Gymnasium  in  Heidelberg, 
1819  erster  protestantischer  Prediger  zu  St.  Peter  daselbst.  Er 
hatte  sich  unter  Griesbach,  Paulus,  K.  L.  Reinhold,  Schil- 
ler und  Pestalozzi  gebildet,  wurde  Doctor  der  Theologie  und 
Kirchenrath,  feierte  unter  allgemeiner  Theilnahme  der  Stadt  Hei- 
delberg (18.  Mai  1845)  sein  fünfzigjähriges  Dienstjubiläum  und 
Starb,  um  Stadt  und  Land  hoch  verdient  und  allgemein  geliebt,  am 
13.  Mai  1847. 
Hautz,  GcBcb.  d.  Univ.  Heidelb.  1.  < 


ä 


xxxiv  Johann  Friedrich  HaUtz^  Leben. 

dert :  »Lateinisch  lernte  man  äusserst  wenig  bei  Martens. 
Er  gab  sich  zu  wenig  Mühe;  die  Schule  war  ihm  schon 
damals  mehr  Nebensache,  das  Pensum  Hess  er  Mos  tiber- 
setzen, erklärte  aber  nichts  dabei,  weder  etwas  Gramma- 
tikalisches, noch  etwas,  das  den  Inhalt  betraf.  Im  La- 
teinschreiben wurden  wir  gar  nicht  geübt.  Uebersetzt 
wurden  in  Bröder  lectiones  latinae.  Auch  der  Unterricht 
im  Griechischen  war  nicht  viel  werth.  Man  leierte  eben  ein 
rifi^  oder  TvxTw,  oder,  was  es  sonst  war,  her.  Machte 
man  einen  Fehler,  wenn  es  auch  nur  ein  Accent  war,  so 
hatte  man  ohne  Gnade  seine  Prügel  zu  erwarten.  So 
wurden  uns  denn  die  griechischen  Declinationen  und  Con- 
jugationen  eingetüpt,  wie  wir  gewöhnlich  zu  sagen  pflegten. 
Was  man  in  dieser  Klasse  von  Mathematik  lernte,  waren 
die  4  Species  und  die  gemeinen  Brüche.  Das  Franzö- 
sische lernte  man  schlecht  lesen  und  conjugiren.  Mitzka 
nämlich,  der  es  lehrt,  hat  das  Unglück,  beinahe  ganz  taub 
zu  sein.  Dies  benutzten  wir,  und  so  wurde  die  Arbeit,  die 
er  au%ab,  nicht  gemacht,  und,  wenn  etwas  herzusagen 
war,  so  war  es  genug,  wenn  man  nur  recht  schnell  sprach. 
Da  glaubte  er,  man  habe  es  auch  richtig  gelernt.  Dies 
war  in  den  zwei  zuletzt  genannten  Gegenständen  bei  die- 
sem Lehrer  auch  in  allen  andern  Klassen  unserer  Anstalt 
der  Fall.  Was  dem  Mitzka  an  Gehör  fehlte,  das  fehlte 
dem  Pazzi  (dem  alternirenden  Director)  an  Gesicht.  Wenn 
ersterer  fast  ganz  taub  w'ar.  war  letzterer  beinahe 
ganz  blind.  Dass  daher  auch  bei  diesem  das  Aufgegebene 
sehr  oft  aus  dem  Buche  gelesen  wurde,  ist  nicht  nöthig 
zu  sagen.  Kleinschmidt  lehrte  uns  ächte  Jesuslehre. 
Er  beschäftigte  sich  gewöhnlich  mit  den  Pflichten  gegen 
Gott,  gegen  unsere  Mitmenschen  und  gegen  uns.  Auch 
die  Geographie  trug  er  äusserst  angenehm  vor.«  Das  recht- 
haberische Wesen,  das  der  Knabe  als  Herrscher  der  Dorf- 
jungen sich  angewohnt  hatte,  dauerte  auch  hier  noch  eine 
Zeit  lang  fort.  Einen  Mitschüler,  von  dem  er  in  der 
Klasse  geschimpft  wurde,  schlug  er  ohne  lange  Umstände 


Johann  FfHdfieh  HumW  Leben.  xxxv 

in's  Gesicht.  DerDirector  Pazzi  entschied:  »Hautzt  Er 
geht  morgen  um  10  Uhr  in  den  Carcerl«  »Mit  viel  Ver- 
gnügen, Herr  Director« ,  lautete  die  bescheidene  Antwort. 
Doch  hatte  die  Strafe  ungeachtet  dieser  trotzig  klingenden 
Erwiederung  ihre  guten  Folgen.  Der  Knabe  war  in  dieser 
Klasse  fleissiger,  als  in  der  ersten.  Ja,  er  gab  sogar 
schon  einem  Krämerssohn  aus  Meckesheim  Untenicht  im 
Lateinischen  und  erhielt  für  30  Stunden  im  Monat 
30  Kreuzer.  Bald  steigerte  sich  die  Einnahme;  denn 
zwei  Mediciner  zahlten  ihm  für  täglich  eine  Stunde  la- 
teinischen Sprachunterrichts  im  Monat  45  Kreuzer.  Dazu 
gab  ihm  noch  der  Vater  eine  monatliche  Zulage  von 
15  Kreuzern  und  ein  wöchentliches  ausserordentliches 
Taschengeld  von  6  Kreuzern. 

Im  Herbste  1812  kam  er  in  die  dj-ittc  Klasse,  in 
welcher  der  Unterricht  im  Lateinischen  von  Professor 
Kayser*)  »äusserst  gründlich  und  gut«  gegeben  wurde. 
Doch  wurde  das  Griechische  wegen  Mitzka's  Taubheit 
allgemein  vernachlässigt.  Wie  ein  tücl)tiger  Lehrer  zum 
Arbeiten  anregen  kann,  sah  man  an  Kayser.  f)eY  Knabe 
verwendete  all  seinen  Fleiss  in  der  anstrengendsten  Weiso 
auf  das  Lateinische.  »Ich  legte  mich  so  sehr«,  sagt  er  in 
den  Tagebüchern  aus  jener  Zeit,  »auf  das  Lateinische,  dass 
ich  mir  kaum  Buhe  gönnte.  Dies  war  besonders  der 
Fall,  wenn  recapitulirt  wurde.  Ich  arbeitete  Nachts  bis 
gegen  12  oder  1  Uhr,  schlief  dann  bis  4  oder  5  Uhr, 
wo  ich  dann  wieder  aufstand  und  an  meine  Arbeit  ging. 
Welche  Mühe  und  Anstrengung  mich  also  das  Lernen 
kostete,  sieht  man  hieraus.«  In  der  vierten  Klasse,  in 
welche  er  im  Herbste  1813  befördert  wurde,  war  der 
Unterricht  bei  Lauter  im  Griechischen  vorzüglich.    Was 


*)  Karl  Philipp  Kayser,  geb.  18.  Nov.  1773  zu  Enzheim 
in  der  überrheinischen  Pfalz,  1794  am  reformirten  Gymnasium, 
durch  gründliche  sprachliche  Kenntnisse  ausgezeichnet,  1820  alter- 
Dirender  Director,  f  1827. 


XXXVI  Johann  Friedrich  Hautz*  Leben. 

man  bei  Pazzi  im  Deutschen  und  Ovid's  Metamorphosen 
lernte,  war  »nicht  in  Anschlag  zu  bringen«.  Im  Herbste  1815 
trat  er,  da  man  in  den  obersten  Klassen  zwei  Jahre  ver- 
weilen musste,  in  die  fünfte  Klasse  ein,  wo  Kays  er  im 
Lateinischen,  Lauter  im  Griechischen  und  Hebräischen 
vorzüglichen  Unterricht  gaben  und  den  Eifer  des  streb- 
samen Jünglings  zur  gründlichen  Erlernung  dieser  Spra- 
chen anspornten. 

Seines  Fleisses  undi  seiner  Fortschritte  wegen  ver- 
langte man  das  gesetzlich  vorgeschriebene  zweite  Jahr  in 
der  obersten  Klasse  von  ihm  nicht,  und  er  wurde  schon 
im  Herbste  1815  als  ein  Jüngling  von  neunzehn  Jahren 
zur  Hochschule  entlassen. 

Den  Privatunterricht,  den  er  bereits  in  der  zweiten 
Klasse  begonnen  hatte,  setzte  er  nun  fort  und  dehnte  ihn 
noch  auf  das  Griechische  und  Hebräische  aus.  Von  seinen 
Stundengeldern  konnte  er  die  Kost,  die  Mittags  und 
Abends  nicht  mehr,  als  18  Kreuzer,  betrug,  bezahlen,  und 
für  das  Uebrige  wurde  er  durch  ein  Stipendium  von 
jährlich  75  Gulden  unterstützt,  so  dass  seine  Eltern  nur 
wenige  Auslagen  für  ihn  hatten.  Er  trat  sogleich  in  das 
philologische  Seminar  unter  Creuzer  und  in , das  päda- 
gogische unter  Schwarz  ein,  und  hörte  ausser  den  phi- 
lologischen und  pädagogischen  auch  theologische  Vorle- 
sungen. 32  Stunden  wöchentlich  nahmen  die  von  ihm  ge- 
hörten Vorlesungen  ein;  dazu  gab  er  noch  täglich  3  Stun- 
den Privatunterricht,  die  übrige  Zeit  wurde  zum  Privat- 
studium verwendet. 

Nur  anderthalb  Jahre  hatte  er  noch  auf  der  Hoch- 
schule das  Glück,  seinen  Vater  zu  besitzen.  Dieser,  von 
Meckesheim  nach  Neckargemünd  (1809)  versetzt, 
bekleidete  als  erster  Geistlicher  nüt  dem  zweiten,  Karl 
Hilspach,  die  dortige  reformirte  Pfarrei,  und  seit  dem 
Tode  des  letztern  (1811)  versah  er  diese  Stelle  allein. 
Mit  der  gewissenhaftesten  Treue  und  dem  redlichsten 
Eifer  erfüllte  er  die  ihm  obliegende  Amtspflicht,  besorgte 


Jöhcmn  Friedrich  Hautz'  Leben,  xxxvii 

die  Geschäft^  der  Neckargemünder  Pastoralgesellschaft, 
war  Gründer  und  Vorstand  des  dortigen  Lesezirkels.  In 
Gesellschaft  voll  Laune  und  Witz,  war  er  überall  gerne 
gesehen.  Neben  seinen  Amtsgescliäften  las  er  den  Homer 
und  zeigte  eine  rege  Theilnahme  für  den  Fortschritt  der 
Wissenschaft.  Mit  Freude  erinnern  sich  die  Einwohner 
von  Meckesheim  und  Neckargemünd  an  seine  Wirk- 
samkeit und  segnen  sein  Andenken.  Er  hatte  seinen 
Sohn  an  Genügsamkeit  tmd  Fleiss  gew(')hnt  und  den 
Grund  zu  dessen  späterer  Liebe  zur  Arbeit  und  Pflicht- 
erfüllung gelegt.  In  den  letzten  Jahren  seines  Pfarramtes 
kränkelnd,  starb  er  im  52.  Lebensjahre  am  6.  April  1817. 
Nach  dem  Tode  des  Vaters  wurde  das  Stipendium 
des  Sohnes  erhöht,  er  selbst  von  Unbekannten  unterstützt, 
auch  wurden  seine  vielen  Privatstunden  jetzt  besser  be- 
zahlt. Was  er  bei  seinem  Fleisse  und  seiner  Sparsamkeit 
erübrigte,  verwendete  er  für  die  Ausbildung  seiner  Brüder. 
Matter  und  Geschwister  waren  zu  ihm  nach  Heidelberg 
gezogen.  Nur  der  grössten  Anstrengung,  die  nicht  ohne 
Nachtheil  für  seine  Gesundheit  blieb,  war  es  neben  den 
vielen  Vorlesungen,  die  er  hörte,  und  den  Unterrichts- 
stunden, die  er  ertheilen  musste,  möglich,  noch  Zeit  für 
die  eigene  wissenschaftliche  Ausbildung  zu  gewinnen.  Von 
Morgens  8  Uhr  bis  Abends  7  Uhr  war  er  mit  seinen 
Vorlesungen  und  Privatstunden  beschäftigt.  Zum  Privat- 
studium verwendete  er  die  Zeit  von  4^2  bis  8  Uhr  Mor- 
gens und  von  8^* — 11  Uhr  Abends.  Dazwischen  wusste 
er  noch  Zeit  zum  Unterricht  seiner  Geschwister  zu  finden. 
Damals  (1817)  hatte  sich  auch  in  Heidelberg  die  allge- 
meine Burschenschaft  gebildet.  Da  sie  vom  Grossh. 
Ministerium  die  Bestätigung  nicht  erhielt,  löste  sie  sich 
nicht  auf,  sondern  gab  sich  den  Namen  »Heidelberger 
Burschenschaft«.  Die  Zahl  der  Mitglieder,  zu  denen  auch 
unser  flautz  gehörte,  'betrug  180.  Aus  diesen  wurden 
20  Vorsteher  gewählt,  15  in  Wirksamkeit,  die  5  übrigen 
als  Ersatzmänner.   Aus  den  15  Vorstehern  wurden  wieder 


xxxviii  Johann  Friedrich  Hauiz*  Leben. 

4  gewählt,  die  das  so  genannte  Ehrengericht  bildeten. 
Dieses  hatte  über  alle  Streitigkeiten  der  Mitglieder  zu 
entscheiden.  Ausser  den  Ehrenrichtern  wurden  aus  den 
übrigen  11  ein  Sprecher  für  die  öftentlichen  Zusammen- 
künfte, ein  Pfleger  und  ein  Secretär  gewählt,  die  auch  die 
acht  Schläger  der  Gesellschaft  in  Verwahrung  hatten. 
Jedes  Mitglied  zahlte  einen  monatlichen  Beitrag  von 
24  Kreuzern.  Hievon  wurde  der  Fechtboden,  der  im 
Halbjahre  lOü  fl.  kostete,  bezahlt  Nach  den  15  Vor- 
stehern zerfielen  die  Mitglieder  in  eben  so  viele  Klassen, 
jede  von  je  10  bis  12  Burschen.  Regelmässig  war  bei 
jedem  Vorsteher  alle  14  Tage  eine  Klassenversammlung. 
Nach  Vereinigung  aller  Klassen  entschied  die  Mehrheit 
der  Stimmenden.  Auch  auf  andern  Universitäten  des 
Südens,  namentlich  in  Tübingen,  war  eine  ähnliche 
Einrichtung.  Die  Heidelberger  Burschenschaft  stand  mit 
der  letztem  in  Verbindung.  Ein  Mitglied  besorgte  den 
Briefwechsel.  Die  Briefe  mussten  vorher  von  der  Ver- 
sammlung gebilligt  sein. 

Die  Burschenschaft  zu  Heidelberg  hatte  ihre  3  ersten 
Commerse  in^  der  Rose  zu  Neuenheim,  in  der  Sattler 
Müllerei  und  im  Hausacker  gefeiert.  Sie  versammelte 
sich  am  19.  Juni,  weil  am  18.  zu  Mannheim  ein  grosses 
Nationalconcert,  Händel's  Messias,  zur  Feier  der  Schlacht 
von  Belle  AUiance  (Schönbund)  ausgeführt  wurde,  auf 
freiem  Felde  zum  festlichen  Begehen  des  grossen  Ge- 
dächtnisstages. Bei  dem  Commerse  hielt  Carov6  eine  der 
Feier  angemessene  Rede.  Es  entstanden  Reibungen 
zwischen  den  Corpsraitgliedem  und  den  Mitgliedern  der 
Burschenschaft.  Letztere  wurden  von  den  ersteren  in 
Ven'uf  gethan.  Hautz,  der  von  einem  Coi'psmitglied 
beleidigt  worden  war,  wurde  nach  dem  Ausspruche  des 
Ehi-engerichts  zu  einem  Zweikampfe  veranlasst  Eben,  als 
dieser  stattfinden  sollte,  fassten  die  Oberpedellen,  K  r  i  n  g  s 
und  Ritter,  die  Schläger  beider  Parteien  ab.  Vor  dem 
Amtmanne    mussten    Hautz    und    sein    Gegner,    der 


Johatm  Frudnch  HauW  Ldien.  uxix 

üeberrheiner  Dös,    ihr  Ehrenwort  abgeben,   die  Sache 
auf  sich  beruhen  zu  lassen.   Dies  war  das  erste  und  letzte 
intentirte  Duell  des  sonst  so  friedliebenden,  fieissigen  Stu- 
denten.   Noch  ein  merkwürdiges  Ereigniss  fallt  in  jene  Zeit 
(1817),  in  welcher  Hautz  Mitglied  der  Burschenschaft  war. 
Zur  Feier   der  Anwesenheit    des   grossen  Dichters 
Jean  Paul  Friedrich  Richter  in  Heidelberg  ver- 
anstaltete die  Burschenschaft,    die  inzwischen   auf  zwei 
Dritttheile    aller    Studenten     herangewachsen    war,    am 
12.  Juli  einen  Fackelzug.     Der  Gefeierte  wohnte  in  dem 
damals  ersten  Gasthofe,  dem  ^»goldenen   Hechte«    (dem 
jetzigen  Eckhause  neben  dem  holländischen  Hofe).    Man 
zog  vor  seine  Wohnung  und  sang  aus  voller  Seele  das 
von    Carov6    nach     der    Melodie:     Heil     unseri» 
Bunde,  Heil!  verfasste  Lied: 

Heil,~  grosser  Mann,  Dir  Heil, 
Dem  grossen  Richter  Heil, 
Heil,  Richter,  Heil! 
Wem  seiner  Worte  Klang 
Zn  Geist  und  Herzen  drang, 
Stimm'  an  den  Jnbelsang: 
Heil,  Richter,  Heil! 

0  deck'  mit  Vaterhand, 

Gott,  unser  deutsches  Land, 

Den  edeln  Mann, 

Zu  deines  YoUces  Zier, 

Für  Deutschland  bitten  wir: 

Erhalt'  ihn  für  und  fftr, 

Den  grossen  Mann. 

Folgt  Eures  Herzens  «Drang 
Und  singt  den  Jubelsang: 
Leb',  Richter,  hoch! 
Froh  thue  jeder  Mund 
Das  Lob  des  Dichters  kund 
Und  laut  erschalle  rund: 
Leb',  Richter,  hoch! 

Nadi  Beendigung  des  Liedes    ging  Richter,    von 
den  Abgeordneten   der  Burschenschaft  begleitet,  auf  die 


j 


XL  Johann  Friedrich  Hautz^  Leben. 

Strasse  herab.  Studenten  und  Volk  hatten  den  weiten 
Raum  zwischen  dem  jetzigen  holländischen  Hofe  und  dem 
Neckarthore,  so  wie  die  ganze  Steingasse  angefüllt.  Er 
erschien  unserm  Hautz,  der  ganz  in  dessen  Nähe 
stand,  als  ein  ^^schöner  Mann,  gesetzter  Statur,  etwa  in 
50  Jahren,  feurig  und  blühend,  trug  eine  Brille  und  hatte 
eine  kleine  Glatze«.  —  Indem  der  edle  deutsche  Dichter 
die  Hände  ausstreckte,  rief  er,  gegen  die  Studirenden  ge- 
wendet, aus:  »Ich  kann  nicht  sprechen;  gebt  eure  Hände 
her!  Hände  her,  wer  Hände  hat!  Ihr  findet  wirklich 
einen  Deutschen  an  mir,  ihr  lieben  Deutschen! 
Denn  deutsch  seid  ihr,  sonst  wäret  ihr  nicht  gekommen!« 
Darauf  drückte  er  einem  Jeden  recht  herzlich  die  Hand. 
Die  Studenten  nahmen  ihn  nun  in  ihre  Mitte  und  sangen 
die  letzte  Stroph(3  des  obigen  Liedes.  Jean  Paul  blickte 
gen  Himmel,  während  sie  gesungen  wurde,  und  sagte  am 
Schlüsse:  »Ich  habe  gen  Himmel  gesehen;  aber  ich  be- 
gleite euch,  meine  Lieben.«  So  ging  er  mit  den  Studenten 
bis  auf  die  Hälfte  der  Brücke.  Da  nahm  er  Abschied, 
diese  aber  zogen  zur  Hirschgasse,  wo  bei  einem  grossen 
Commerse  auf  llicliter's  Wohl  getrunken  wurde. 

Nicht  lange  hatte  Hautz  die  Freude,  Mitglied  der  Bur- 
schenschaft zu  sein.  Seine  Mutter  erkrankte  und  genas,  un- 
geachtet sie  noch  lange  leben  sollte,  nie  mehr  völlig.  Die 
Theuerung  der  Lebensmittel  hatte  in  Folge  eines  Fehl- 
jahres in  erschreckender  Weise  zugenommen.  Der  Laib 
Brod  war  über  40  Kreuzer,  das  Pfund  Butter  auf  1  fl.  12  kr. 
gestiegen.  Seine  Geschwister  wurden  grösser  und  bedurften 
Unterstützung.  Sein  grösstes  Vergnügen  war  das  Tabak- 
rauchen aus  einer  Pfeife  zu  einem  Glase  Bier,  wie  er 
solches  in  Gesellschaft  ^iner  Freunde  und  bei  seinem 
Vater  auch  im  elterüchen  Hause  gewohnt  war.  Er 
versagte  sich  diese  ihm  zu  kostspielige  Sitte  und  verkaufte 
seine  Lieblingspfeife  um  zwölf  Gulden.  Sodann  trat  er, 
das  Eintrittsgeld  zu  ersparen,  was  ihm  besonders  wehe 
that,  aus  der  Burschenschaft,  in  der  er  nur  Schönes  und 


Johann  Friedrich  HauW  Leben.  ^Li 

Gutes  gesehen  hatte.    Wir   erwähnen  diese   Thatsachen, 
weil  sie  die  Kraft  seines  Willens  und  seiner  Selbstüber- 
windung zeigen.    Aufs  Neue  j9ossen  ihm  von  unbekannter 
Hand  Unterstützungen  zu,  und  mit  frischer  Kraft  setzte 
er  seinen  Privatuntemcht  fort.    Neben  seinen  philologi- 
schen und  pädagogischen  Studien  bildete  er  sich  in  den 
theologischen  Wissenschaften   unter  Paulus,   Daub, 
Schwarz,   Lewald  und  Lauter  aus,  welcher  neben 
seinem  Gymnasialunterricht  auch  als  Privatdocent  in  der 
theologischen    Facultät    wirkte.     Im    philologischen 
Seminar  übte  er  sich  unter  der  Anleitung  Cr  e uz  er' s 
(ausserdem  hörte  er  regelmässig  die  trefflichen  Vorlesungen 
des  ausgezeichneten  Sprachkenners,  Heinrich  Voss)    im 
Griechischschreiben  und  Lateinreden.  Höchst  ehrenvoll  lautet 
das  Zeugniss,  welches   ihm  Creuzer  zur  Vorlage  an  die 
höheren  Behörden  ertheilte. 

»Herr  Friedrich  Hautz,  aus  Neckarge- 
m und«,  so  schreibt  der  berühmte  Alterthumsforscher, 
»Studiosus  der  Theologie,  ist  mir  als  Mitglied  des 
philologischen  Seminars  von  der  besten  Seite  bekannt. 
Gute  Vorkenntnisse,  rühmlicher  Fleiss,  wissenschaft- 
liches Streben  und  alles  dasjenige,  was  man  an  einem 
Studiosus  rühmen  kann,  zeichnen  ihn  auf  das  Vor- 
theilhafteste  aus.  Dies  habe  ich  aus  mündlichen 
und  schriftlichen  Arbeiten  ersehen,  die  er  mir  regel- 
mässig einlieferte.  Hiernach  kann  ich  ihm  das  beste  ^ 
Zeugniss  ertheilen  und  ihn  jeder  Unterstützung  für 
vorzüglich  würdig  erklären. 

Fr.  Creuzer, 
Professor  der  alten  Literatur  und  Director  des  philo- 

logisehen  Seminars.« 

Mit  vorzüglichen  Kenntnissen  ausgerüstet  und  von 
allen  seinen  Lehrern  aufs  Beste  empfohlen,  bestand  Hautz 
im  October  1819  zu  Carls  ruhe  die  theologische  und 
philologische  Staatsprüfung  und  erhielt  in  der  Location 
unter  11  Candidaten  die  erste  Stelle. 


XLii  Johann  Friedrich  Haute*  Lehen. 

In  dem  gleichen  Jahre  wurde  er,  22  Jahre  alt,  unter 
Grossherzog  Ludwig  durch  Signatur  vom  18.  Novbr.  1819 
als  CoUaborator  des  kränkelnden  Directors  Lauter  mit 
einer  jährlichen  Besoldung  von  400  Gulden  angestellt.  So 
wirkte  er  nun  im  jugendlichen  Älter  an  der  Anstalt, 
an  welcher  er  seine  erste  gelehrte  Bildung  erhalten  hatte, 
als  College  seiner  früheren  Lehrer,  Lauter,  Kayser, 
Mitzka  u.  s.  w.  Inzwischen  starb  Lauter  in.  Folge 
eines  Falles  von  einer  Bibliotheksleiter  (20.  Februar  1820). 
Kayser  wurde  nunmehr  erster  reformirter  Lehrer  und 
alternirender  Director.  Hautz  aber,  da  er  die  Präsen- 
tation der  Fürstin  von  Leiningen  auf  die  Pfarrei 
Obrigheim  abgelehnt  hatte,  erhielt  schon  unter  dem 
12.  October  1820  die  vierte  evangelische  Lehrstolle  am 
Gymnasium  zu  Heidelberg. 

Durch  die  an  Ostern  1822  geschehene  Abbei-ufung  des 
zweiten  protestantischen  Lehrers  Seh  äff  er  an  das  Gym- 
nasium zu  Frankfurt  am  Main  erfolgte  abermals  eine 
Aenderung,  und  Hautz  erhielt  nun  am  15.  Mai  dieses 
Jahres  in  Folge  der  Vorrückimg  älterer  Amtsgenossen  die 
dritte  Stelle  des  evangelisch-protestantischen  Gymnasial- 
lehrers. Die  Mutter  wohnte  zur  Erholung  ihrer  angegrif- 
fenen Gesundheit  damals  in  Neckargemünd,  später  in 
Schwetzingen.  Seine  älteste  Schwester,  Wilhelmine, 
vermählte  sich  1820  mit  einem  trefflichen  Manne,  Jacob 
Mühlhäuser,  damals  Lehrer  an  der  lateinischen  Schule 
zu  Bischofsheim  bei  Strassburg,  der  zuletzt  als  Decan 
und  Stadtpfarrer  in  Bretten  starb.  Die  jüngeren  Schwe- 
stern, Caroline  und  Friederike,  standen  abwechselnd 
seiner  Haushaltung  vor.  Schon  damals  gab  Hautz  in 
den  zwei  ersten  Mädchen-Instituten,  der  früher  SteideT- 
schen,  später  Götzenberger'  sehen,  zuletzt  K  e  m  p  f '  sehen 
und  in  der  Heinsi'schen  Anstalt  Unterricht  und  bezog  für 
eilf  Stunden  die  Woche  neben  seinem  inzwischen  um 
mehr  als  das  Doppelte  vermehrten  Gehalte  eine  Summe 
von    jährlich    400  Gulden.     Andere    Stunden ,    die    er 


Jahemn  FrMrieh  Hrn^  Laiben.  xLiii 

gab  und  die  gut  bezahlt  mirden,  vermehrten  sein  Ein- 
kommen. Mit  seiner  gewohnten  Sparsamkeit  und  Bedtirf- 
nisslosigkeit  konnte  er  sich  neben  der  Unterstützung  seiner 
Geschwister  doch  noch  jedes  Jahr  eine  kleine  Summe 
zurücklegen.  Es  war  ihm  darum  jetzt  um  so  eher  mög- 
lich, mit  ruhigem  Blick  in  die  Zukunft  zu  sehen.  In  den 
Herbstferien  1823  machte  er  mit  seinem  Freunde  und 
Verwandten,  dem  protestantischen  Geistlichen,  Philipp 
Stöss  von  Dittelsbeim,  eine  kleine  Erholungsreise 
nach  Zweibrücken.  Hier  besuchte  er  mit  diesem  seine 
Pathin,  eine  hoch  geachtete  Frau,  die  Wittwe  des  im 
Jahre  1817  zu  Osthofen  bei  Worms  verstorbenen 
Kirchenraths  und  Präsidenten  Pauli.  Sie  lebte  seit  dem 
Tode  ihres  Mannes  mit  ihrer  älteren  Tochter  in  Zwei- 
brücken, wo  ihre  jüngere  Tochter  mit  dem  dortigen  Appel- 
lationsrathe  Hilgard,  einem  Manne  von  ungewöhnlichen 
Anlagen  und  Kenntnissen,  vermählt  war.  In  diesem  Hause 
brachte  Hautz  im  vertrauten  Kreise  zwei  frohe  Tage  zu. 
Hier  lernte  er  die  ältere  Tochter,  Juliane  Pauli,  seine 
spätere  Frau,  kennen.  Schon  früher  hatten  ihm  seine 
Schwestern  und  Verwandten  viel  Rühmliches  von  ihr  erzählt. 
Sie  entsprach  in  ihrem  ganzen  Wesen  dem  Bilde,  das  er 
sich  von  einer  künftigen  Frau  seines  Hauses  gemacht 
hatte.  In  Folge  eines  Briefwechsels  mit  Mutter  und 
Tochter  wurde  er  in  den  Weihnachtsferien  1823  mit 
ihr  verlobt  und  am  19.  April  1824  zu  Zw  ei  brücken 
getraut.  Damals  lebten  drei  unversoi^e  Geschwister  bei 
Hautz.  Seine  Frau  kam  ihnen  mit  Liebe  entgegen,  und 
sein  Glück  war  dmxh  diese  Liebe  vollendet.  Von  nun  an 
war  seine  Frau,  unterstützt  von  seiner  Schwester  Caro- 
line, die  Seele  des  Haushaltes.  Es  wurden  ausser  Kost- 
gängern aus  der  Stadt  auch  Pensionäre  in  Wohnung  und 
Kost  genommen,  von  denen  jeder  jährlich  200 — 250  Gulden 
zahlte.  So  konnte  man  mit  Fleiss  und  Sparsamkeit  immer 
noch  jährlich  eine  Summe  für  die  Zukunft  zurücklegen. 
Bei  seiner  Genügsamkeit  dachte  er  nur  an  die  Seinigen- 


XLiv  Joha/nn  Friedrich  HauW  Leben, 

>Meine  Einnahme«,  schreibt  er,  »ist  dazu  auch 
so,  dass  wir  immer  noch  jährlich  etwas  zurück- 
legen können.  Dass  dies  aber  geschieht,  daran 
liegt  mir  um  meiner  treuen,  lieben  Frau  willen 
sehr  viel.  Sie,  die  Gute,  kann  dann,  wenn  ich 
vor  ihr  heimgehen  sollte,  einer  mehr  heitern 
Zukunft  entgegensehen,  wenn  sie  in  ökonomi- 
scher Hinsicht  gesichert  ist,  und  dies  um  so 
mehr,  wenn  wir  das  Glück  haben  sollten,  Kin- 
der zu  bekommen.  Ich  glaube  in  dieser  Vor- 
sorge nicht  Mangel  an  Vertrauen  auf  Gott  an 
den  Tag  zu  legen.  Er  muss  Alles  segnen,  und 
ohne  ihn  vermögen  wir  nichts;  aber,  so  viel  in 
unserer-  Macht  steht,  müssen  wir  sorgen  im 
steten  Hinblick  auf  ihn.«  Drei  Jahre  ihrer  glück- 
lichen Ehe  waren  nun  verflossen,  als  diese  durch  das 
erste  Kind,  Johanna  Maria  Julia  (geb.  12.  Mai  1827), 
einen  neuen  Segen  erhielt.  »Die  Freude,  welche  wir 
haben«,  schrieb  der  Vater  in  die  Tagebücher  nieder,  »lässt 
sich  nicht  beschreiben.  Das  Kind  ist  gesund  und  kräftig ; 
gebe  Gott  seinen  Vatersegen  zu  dem  Gedeihen  desselben 
und  erhalte  es  uns  zu  unserer  Freude  und  unserm  Glücke. 
Wir  Eltern  werden  nichts  an  uns  stehen  lassen,  um  es 
fromm  und  christlich  zu  erziehen  und  es  für 
die  Welt  brauchbar  und  nützlich  zu  machen.« 

Schon  seit  Ostern  1823  erhielt  der  älteste  Bruder 
Heinrich,  Predigtamtscandidat,  eine  selbstständige  Stel- 
lung als  Lehrer  an  der  Vorber^itungsklasse  des  Heidelber- 
ger Gymnasiums.  Hautz  gab  jetzt  an  allen  bedeutenden 
Privatinstituten  in  Geschichte,  Geographie  und  den  An- 
fangsgründen der  Naturwissenschaft  Unterricht  Im  Hause 
wuchs  die  Zahl  der  Pensionäre.  Die  fleissige  Hausfrau 
erübrigte  jedes  Jahr  von  den  Einnahmen  des  Mannes 
400  bis  500  fl.,  und  so  wurde  allmählig  der  Grundstein 
zu  einem  kleinen  Vermögen  gelegt. 

Am  18.  November  1827  war  der  erste  protestantische 


Johann  Friedrieh  MauU^  Lehen.  xi^v 

Lehrer  und  alternirende  Director  des  Gymnasiums,  Kay- 
ser,  gestorben.  Die  dadurch  frei  gewordene,  erste  prote- 
stantische, mit  der  altemirenden  Direction  vereinigte  Lehr- 
stelle erhielt  Professor  Wilhelmi,  durch  gründliche, 
classische,  besonders  auch  schöngeistige  Bildung  und  einen 
menschenfreundlichen  Character  ausgezeichnet.  Hautz  rückte 
darnach  vermöge  Erlasses  vom  15.  Februar  1828  in  die 
zweite  evangelische  Stelle  der  Anstalt  unter  Erhöhung  seines 
Gehaltes  vor.  Zugleich  erhielt  er  als  zweiter  protestan- 
tischer Lehrer  mit  dem  altemirenden  protestantischen 
Director  die  Wohnung  im  Gymnasialgebäude.  In  dem- 
selben Jahre  wurde  ihm  die  zweite  Tochter,  Marga- 
rethe  Wilhelmine  (3.  Octbr.)  geboren.  Eine  dritte 
Tochter,  Johanna  Karolina  Friederika  Emma, 
(geb.  21.  Novbr.  1829)  und  eine  vierte,  Anna  Paulina, 
(geb.  4.  October  1831)  folgten.  Am  21.  August  1833 
endlich  wurde  die  Gattin  von  einem  gesunden  und  kräf- 
tigen Knaben,  der  in  der  Taufe  den  Namen  Heinrich 
erhielt,  entbunden.  Unbeschreiblich  war  die  Freude  "der 
Eltern  bei  der  Geburt  des  letzten  Kindes,  des  einzigen 
Sohnes.  Auch  ihre  äussere  Lage  wurde  bedeutend  ver- 
bessert, als  nach  Beschluss  des  GrossL  Ministeriums  des 
Innern  vom  24.  Juli  Hofrath  Wilhelmi  von  den  Func- 
tionen des  altemirenden  Directors  entbunden  und  diese 
zu  gleicher  Zeit  dem  Professor  Hautz,  als  dem  zweiten 
protestantischen  Lehrer,  übertragen  wurden.  Seit  Ostem 
1853,  wo  Wilhelmi  unter  Anerkennung  seiner  langjäh- 
rigen piSichttreuen  Aratsthätigkeit  in  den  Ruhestand  ver- 
setzt wurde,  war  Hautz,  nicht  nur,  wie  bisher,  der  alterni- 
rende Director,  sondern  auch  der  erste  protestantische 
Lehrer  der  Anstalt.  Am  8.  Aprü  1859  endlich  erhielt  er 
den  Bang  und  Charakter  eines  Grossh.  Hofrathes. 

Als  Lehrer  war  er  klar,  deutlich  und  anregend,  hatte 
eine  strenge  Zucht  in  seiner  Klasse;  in  der  Beurtheilung 
der  Schüler  gewissenhaft,  genoss  er  die  Achtung  und  Liebe 
der  vielen  Zöglinge,  die  er  im  Laufe  einer  mehr  als  vierzig- 


XLVi  Johann  Fri^drieh  Hautz^  Leben. 

jährigen  Wirksamkeit  an  derselben  Anstalt  herangebil- 
det hatte.  Bei  seiner  ersten  Anstellung  erhielt  er  als 
Hauptlehrer  die  erste  oder  unterste  Klasse  und  stieg  all- 
mählig  mit  der  Beförderung  auf  höhere  Stellen  bis  zur 
unteren  Abtheilung  der  fünften  Klasse  des  Lyceums.  £ine 
Beförderung  in  eine  höhere  Klasse  wünschte  er  auch,  nach- 
dem er  als  altemirender  Director  die  erste  protestantische 
Lehrstelle  erhalten  hatte,  niemals,  weil  er,  viele  Jahre  an  den 
Unterricht  in  seiner  Abtheilung  gewohnt,  in  den  Fächern 
dieses  Lehrkreises .  nütelicher  zu  sein  überzeugt  war.  Die 
durch  Vereinigung  des  reformirten  und  katholischen  Gym- 
nasiums (21.  Nov.  1806)  unter  dem  unsterblichen  Karl 
Friedrich  neu  gegründete  Anstalt  war  im  Jahre  1837 
zum  Lyceum  erhoben  worden.  Sie  zerfiel  in  sechs  Klas- 
sen, wovon  die  3  oberen  je  zwei  Abtheilungen  umfassten. 
Die  Unterquinta  war  demnach  die  untere  Abtheilung  der 
obersten  K^lasse  des  ehemaligen  Gymnasiums,  und  der 
Sexta  lag  in  einem  zweijährigen  Kurse  die  Vorbereitung 
zur  Universität  ob;  in  ihren  Lehrkreis  wurde  auch  die 
Philosophie  aufgenommen.  Hautz  gab  in  Unterquinta 
als  Hauptlehrer  den  lateinischen  und  griechischen,  sowie 
in  den  Abtheilungen  der  beiden  höchsten  Klassen  den 
hebräischen  Sprachunterricht. 

Als  altemirender  Director  hielt  er  stets  auf  Ordnung  und 
pünktliche  Handhabung  der  Gesetze.  Von  der  Zeit,  wo  er  (1819) 
als  CoUaborator  an  die  Anstalt  gekommen  war,  bis  zu  seinem 
vierzigjährigen  Diensljubiläum  (1660)  waren  viele  vortheil- 
hafte  Veränderungen  eingetreten.  Die  katholische  alter- 
nirende  Direction  war  mit  der  Pensionirung  Mitzka's 
im  Herbste  1831  dem  tüchtigen  Philologen,  Johann  Ad. 
Brummer,  welcher  seit  1819  ununterbrochen  an  der 
Anstalt  gewirkt  hatte,  übertragen  worden.  Nach  des  letz- 
teren Tode  (12.  December  1843)  folgten  die  durch  Huma- 
nität»  Gelehrsamkeit  und  Lehrgabe  ausgezeichneten  Sprach- 
forscher und  Schulmänner y  Felix  Seb.  Feldbausch 
(Ostern    1844)   und    der  aus   Preussen    gerufene  Karl 


Johann  FrMrkh  Harnt»'  Ubm.  XLVii 

AtigustCadenbach  (Herbst  1850),  beide  auch  in  weitem 
Kreisen  als  Schriftsteller  rühmlichst  bekannt,  in  der  Leitung 
'des  Lyceums.  Auch  von  protestantischer  Seite  hatten ,  so 
lange  Hautz  an  der  Anstalt  wirkte,  durch  Wissen,  Cha- 
racter  und  Lehrfähigkeit  bedeutende  Männer,  wie  Gottfr. 
Chr.  Lauter  (20.  Febr.  1820),  Karl  Ph.  Kayser 
(18.  November  1827)  imd  Heinr.  Friedr.  Wilhelmi 
(bis  24.  Juli  1846)  das  Amt  eines  Vorstandes  bekleidet, 
wo  Hautz  als  Director  eintrat.  Die  Erfahrung  hat  es  be- 
stätigt, dass  die  Tüchtigkeit  der  Schulen  weniger  von  vor- 
geschriebenen  Schulbüchern  und  Lehrplänen,  als  vielmehr 
von  der  Vorzüglichkeit  der  Directoren  und  Lehrer  abhängt. 
Aasser  den  angeführten  ausgezeichneten  Vorständen,  welche 
der  Anstalt  während  Hautz'  Wirksamkeit  vorgesetzt 
waren,  lehrte  an  derselben  zu  jener  Zeit  (1819  — 1862) 
eine  Reihe  vorzüglicher  Persönlichkeiten,  von  denen  ein- 
zelne zum  Theile  auch  in  den  weitesten  Kreisen  als 
Schriftsteller  einen  bedeutenden  Namen  besitzen,  eine 
höh^e  Stellung  errangen  und  durch  Charakter,  Wissen 
und  Lehrgabe  der  Anstalt  zur  wahren  Zierde  gereichten. 
Der  Zeit  nach  wirkten  am  Lyceum  Dan.  Schäffer,  Job. 
Ludwig  Oettinger,  jetzt  Hofrath  und  öffentlicher 
ordentlicher  Professor  der  Mathemi^tik  an  der  Universität 
zu  Freiburg  im  Breisgau,  auch  mathematischer  Schriftsteller, 
Karl  Wilhelm  Friedr.  Köther,  Joh.  Georg 
Bohaghel  (f  2.  Septb.  1861),  Franz  Stetter,  Chri- 
stoph Schilling,  Verfasser  eines  freisinnigen  ka- 
tholischen Katechismus  und  anderer  trefflicher,  sich  auf 
Kirchen-  und  Glaubensverbesserusg  beziehender  Schriften, 
als  Stadtpfarrer  zu  Steinbaeh  gestorben,  Ludwig  Süpfle, 
durch  Unterricht  und  gute  Schulbücher  um  die  Anstalt 
verdient,  Arthur  Arn  et  h,  auch  als  Privatdocent,  ausser- 
ordentlicher Professor  an  der  Hochschule  und  Schriftsteller 
wirksam;  der  ausgezeichnete  Historiker,  Ludwig  Baus- 
ser,  jetzt  Hofrath  und  öffentlicher  ordentlicher  Professor 
der  Geschichte  an  der  Universität,   Lindemann,   Ver- 


XLViii  Johann  Friedrich  Hautz^  Leben. 

fasser  mehrerer  philosophischer  Werke,  als  ordentlicher 
Professor  der  Philosophie  in  München  gestorben,  Wilhelm 
Furtwängler,  jetzt  am  Lyceum  in  Mannheim,  Verf. 
mehrerer  philologischer  Monographien,  Karl  Damm, 
Mitglied  des  Nationalparlamentes,  Gustav  Fecht,  Karl 
Heidel,  Johann  Adam  Leber  (jetzt  an  der  poly- 
technischen Anstalt  in  Karlsruhe,  durch  Unterricht  und 
Schulbücher  rühmlich  bekannt),  Kornel  Gratz,  Carl 
Habermehl,  Seb.  Reinbold,  Ignaz  Trost,  Xaver 
Ekert,  Franz  Abele,  Kössing,  Karl  Wilhelm 
Wassmaunsdorf,  Karl  Riegel,  Johann  Karl 
Schmitt,  jetzt  am  Lyceum  in  Mannheim,  Georg'Helfe- 
rich,  Carl  Ernst  von  Langsdorf,  Karl  Philipp 
August  Dietz,  Leopold  Stitzenberger,  Peter 
Schottler,  Erasmus  Pfaff,  Sebastian  Löhle, 
Friedrich  Rummer,  früher  eine  Zierde  der  höhern 
Bürgerschule,  Robert  Salzer*).  Die  lange  Dauer  von 
Hautz'  Wirksamkeit  waren  alle  diese  genannten  Männer 
längere  oder  kürzere  Zeit  an  der  Anstalt,  einige  derselben 
wirken  noch  jetzt  an  ihr.  Mit  allen  stand  H au tz  in  freund- 
schaftlichem Verhältnisse.  Man  sieht  aus  ihrem  Verzeich- 
nisse, welch'  bedeutende  Lehrkräfte  sich  im  Laufe  der 
Zeit  an  der  hiesigen  Mittelschule  vereinigten,  und  wie  sehr 
sich  in  der  langen  Zeit  seiner  Amtsthätigkeit  die  Anstalt 
hob.  Nichts  ging  ihm  über  diese.  Mit  freudiger  'Be- 
geisterung sprach  er  von  ihr,  suchte  für  sie  als  Director 
und  Lehrer  zu  wirken,  nahm  Antheil  an  ihrem  Wohl  und 
Wehe,  zeigte  in  Verbindung  mit  den  oben  genannten 
Directoren  und  Lehrern  eine  unermüdete  Thätigkeit  für 
die  Verbesserung  ihrer  Einrichtungen,  Gesetze,  Lehrpläne 
und  Methoden  und  iiielt  in  allen  Stücken  auf  die  genaueste 


*)  Wir  verweisen,  was  die  neuere  Geschichte  des  Lyceums 
hetrifft^  auf  Carl  August  Cadenbach's  treffliche  Schrift:  Das 
Lyceum  zu  Heidelbelrg  in  seiner  geschichtlichen  Ent- 
wickelung  vom  Jahre  seiner  Neubildung  bis  zur  Ge- 
genwart (1808—1858).    Heidelberg,  1859.    8. 


Johann  Frieiru^  StmU'  Leben.  xlix 

und  gewissenhafteste  Erfüllung  seiner  Amtspflicht.  Man 
konnte  ihm  keine  grössere  Freude  bereiten,  als  wenn 
man  Anerkennendes  und  BtthmUches  von  seiner  Anstalt 
sprach,  oder  dem  Institute  Schenkungen  oder  Stiftungen 
zuwies. 

Die  Liebe    zu   dieser  Anstalt   war  auch  der  erste 
Grund   zu    seiner    schriftstellerischen    Thätigkeit      Alle 
während  seines  Lebens  von  ihm  im  Druck  herausgegebenen 
kleineren  Aufsätze  und  grösseren  Schriften,  aus  den  ersten, 
zum  Theile  handschriftlichen  Quellen  entstanden,  beziehen 
sich  auf  diese  Anstalt  und  auch  sein  hier  vorliegendes 
Hauptwerk:  Die  Geschichte  der  Universität  Hei- 
delberg, ist  aus  der  Liebe  zu  seiner  Anstalt,  die  früher 
ein  Theil  und  später  die  Vorbereitung  zur  Hochschule  war, 
hervorgegangen.     Er  hatte   ursprünglich  nicht  im  Sinne, 
jemals  als  Schriftsteller   aufzutreten.     Noch  am   4.   Oc- 
tober  1824  schrieb  er:    Etwas  drucken  zu  lassen, 
das  man  schon   wenigstens   eben    so    gut  oder 
vielleicht    gar    schon    besser   hat,    als    ich    es 
geben  könnte,  das  will  ich  nicht,  und,  um  etwas 
Vorzügliches  zu  liefern,   dazu  fühle   ich  mich 
einerseits    nicht  tüchtig  genug  und  anderseits 
wird  auch  meine  Zeit   von    meinen   Lern-    und 
Privatstunden  bis  jetzt  noch  so  sehr  in  Anspruch 
genommen,  dass  ich  genug  zu  thun  habe,  um  nur 
mit  den  neuesten  Forschungen  im  Gebiete  der 
Philologie  und    auch   wohl   der   Theologie    be- 
kannt zn  bleiben.«    Hautz  richtete  immer  auch  zu- 
gleich auf  die  Theologie,  in  der  letztem  der  freisinnigen  pro- 
testantischen Bichtung  zugethan,  sein  Augenmerk,  nahm 
an  den  Wahlen  zu    den   Synoden,    an    protestantischen 
Diöcesan-Versammlungen  Theil,  predigte  schon  als  Student 
inseinemGeburtsorteMeckesheim,inNeckargemünd, 
Epfenbach,  Kirchheim  u.  s.  w.,  und  hielt  auch  später 
ftls  Professor   in   der  Ferienzeit   bei   seinen    geistlichen 
^eunden  bisweilen  Gastpredigten.    Seine  Hauptaufmerk- 

Hanta,  Gesch.  d.  UniT.  Heidclb.  I.  ^ 


L  Johann  Ffiedrieh  HauW  Leben. 

samkeit  wendete  er  aber  der  Geschichte  der  gelehrten 
Schulen  und  der  Erziehungskunde  zu.  Schon  vor  1824, 
also  in  den  allerersten  Zeiten  seiner  Anstellung,  erschienen 
von  ihm  mehrere  beurtheüende  Anzeigen  von  vorzüglichen 
Büchern,  die  mittelbar  oder  unmittelbar  auf  das  Schul- 
wesen  Bezug  hatten.  Es  war  eine  mit  seinem  Lehramte 
innig  verbundene  schriftstellerische  Thätigkeit 

Den  Anfang  machte  er  als  geschichtlicher  Darsteller 
im  Jahre  1825  mit  einer  kurzen  Geschichte  seiner 
Anstalt,  und  zwar  zunächst  des  reformirten  Gymna- 
siums*). Aber  die  Zeit  für  den  öffentlichen  und  Privat- 
unterricht war  ihm  so  eng  zugemessen,  dass  er  sich 
weiter  nur  auf  Sammeln  von  urkundlichen  Auszügen  zur 
Bearbeitung  und  Herausgabe  für  spätere  Zeiten  beschäf- 
tigen konnte.  Als  er  sich  durch  unermüdete  Anstrengung, 
wie  oben  angedeutet  wurde,  allmählig  ein  nicht  unbe- 
deutendes Vermögen  erworben  und  auch  durch  eine  feste 
grössere  Besoldung  der  Blick  in  die  Zukunft  gesichert 
war,  benutzte  er  die  Herausgabe  der  Lyceumspro- 
gramme,  um  diesen  wissenschaftliche  Beigaben 
anzufügen.  So  entstanden  seine  Schriften  über  Jacobus 
Micyllus**),  den  Ursprung  und  Fortgang  des 
Heidelberger    Lyceums  ***),     dessen    dreihun- 


*)  Darmstädter  Schulzeitüng,  Jahrg.  1825,  Nr.  22  u.  2B. 

**)  Jacobus  Micyllus,  Argentoratensis,  philologus  et  poeta, 
Heidelbergae  et  Rupertinae  universitatis  olim  decus.  Commentatio 
hktorico-literaria  etc.  Heidelb.  Somptibos  J.  C.  B.  Mohr.  1842. 
VI  S.  u.  66  S.    gr.  8. 

*♦*)  Lycei  Heidelberg  ensis  er  igin  es 'et  pro- 
gressus.  Disseritur  etiam  de  schola  Nicrlna  et  contuberniis 
Heidelbergae  olim  constitutis.  Commentatio  historico-literaria,  quam 
ad  Lycei  festum  saeculare  tertium  pie  celebrandum  ex  monumentis 
literarum  fide  dignissimis  iisque  mazimam  partem  ineditis  conacrip- 
alt  J.  F.  Hautz.    Heidelb.  1846,  VI  S.  u.  142  S.  gc.  8. 


Johann  Friedrich  Haute*  Leben.  Li 

dertjährige  Stiftung*),  die  Neckarschule**), 
Mitzka***),  die  Universität  Heidelbergf),  die 
erste  Gelehrtenschule  reformirten  Bekennt- 
nisses  in  Deutschlandff),  Stipendien  und  Stif- 
tungen des  Lyceums  und  der  Universitätfff) 
und  andere,  sich  auf  die  Geschichte  der  Universi- 
tat  und  des  Lyceums  beziehende  Aufsätze  in  ver- 
schiedenen Zeitschriften. 

Wir  halten  es  hier  für  um  so  überflüssiger,   den  In- 
halt  dieser   den  Lesern   bekannten  Schriften   anzugeben, 


*)  Jubelfeier  der  dreihundertjährigen  Stif- 
tung des  Gros8herzog]ichen  Lyceums  in  Heidel- 
berg. Beschrieben  und  nebst  den  der  Anstalt  zugegangenen  Zu- 
schriften und  den  bei  der  Feier  gehaltenen  Reden  herausgegeben 
von  J.  F.  Hautz.    Ifeidelb.  1847,  VI  S.  u.  94  S.  gr.  8. 

**)  Geschiehte  der  Neckarschule  in  Heidel- 
berg von  ihrem  Ursprünge  im  12.  Jahrhunderte  bis  zu  ihrer 
Aufhebung  im  Anfange  des  19.  Jahrhunderts.  Bearbeitet  nach 
handschriftlichen  Quellen  und  nebst  den  wichtigsten  Urkunden  her- 
ausgegeben von  J.  F.  Hautz.  Heidelb.  1849,  YIII  S.  u.  200  S. 
gr.  8. 

***)  Zur  Erinnerung  an  Franz  Mit zka,  Professor 
und  alternirenden  Directors  des  bereinigten  Gymnasiums  in  Heidel- 
berg.   Heidelb.  1852.   7  8.   gr.  8. 

t)  Zur  Geschichte  der  Universität  Heidel- 
berg, nebst  einigen  darauf  bezüglichen ,  noch  nicht  gedruckten 
Urkunden.  Heidelb.  1852  (besonderer  Abdruck  aus  den  Heidel- 
berger Jahrbachem).   28  S.   gr.  8. 

tt)  Die  erste  Gelehrtenschule  reformirten 
Glaubensbekenntnisses  in  Deutschland  oder  Ge- 
schichte des  Pädagogiums  zu  Heidelberg  unter  dem  Kurfürsten 
Friedrich  HI.  von  der  Pfalz  in  den  Jahren  1565—1577.  Heidelb. 
1856,  Vin  S.  u.  65  S.   gr.  8. 

ttt)  Urkundliche  Geschichte  der  Stipendien 
und  Stiftungen  an  dem  Grossherzoglichen  Ly- 
ceum  zu  Heidelbeerg  mit  den  Lebensbeschreibungen  der 
Stifter.  Nebst  den  Stipendien  der  Universität  Heidelberg,  den  Bem- 
hard'schen  Pftlzerstipendien  an  der  Universität  Utrecht  und  dem 
Neuspitzer'schen  Familienstipendium.  Erstes  Heft.  Heidelb.  1856, 
VI  S.  u.  41  S.    Zweites   Heft.    Heidelb.   1857 ,   VIII  S.  u.  128  S. 

gr.  8. 

d* 


i^ii  Jöhcmn  Friedrich  Hautz'  Leben, 

als  diese  zu  Jedermanns  Einsicht  vorliegen  und  fast 
in  allen  öffentlichen  Blättern  Deutschlands  zur  Genüge 
besprochen  wurden.  Sie  alle  sind  auf  der  Grundlage 
erster,  grossentheils  handschriftlicher  und  bis  zu  ihrer 
Veröffentlichung  durch  den  Druck  unbekannter  Quellen 
entstanden,  sie  alle  zeugen  von  dem  beharrlichen  Sammler- 
fleisse,  von  der  gewissenhaften  Genauigkeit,  von  der  die 
Thatsachen  von  subjectiven  ürtheilen  vorsichtig  trennenden 
Wahrhejitsliebe,  von  der  nachhaltigen  Kraft  und  Ausdauer, 
von  dem  unverkennbar  richtigen  Gefühle  des  Verfassers, 
mit  welchem  er  das  seiner  eigenen  Kraft,  Anlage  und 
Kenntniss  Entsprechende  und  Andern  Nützliche  aus  der 
Masse  seiner  Sammlungen  herauszuheben  und  zu  seineu 
Zwecken  zu  verarbeiten  verstand,  sie  alle  wurden  in  den 
ersten  öffentlichen  Blättern  unseres  engeren  und  weiteren 
Vaterlandes  mit  derjenigen  Anerkennung  aufgenommen, 
welche  einem  eifrigen,  nachhaltigen  und  erfolgreichen 
Streben  gebührt.  Wir  nennen  von  den  letztern  hier  nur 
die  gelehrten  Anzeigen,  herausgegeben  von  Mit- 
gliedern der  k.  baierischen  Akademie  der  Wis- 
senschaften zu  München,  die  Göttinger  gelehr- 
ten Anzeigen,  das  Gersdorf  sehe  ßepertorium, 
das  Leipziger  Centralblatt,  Seebode's  und  Jahn's 
Jahrbücher  der  Philologie,  MützelTs  Zeitschrift 
für  das  deutsche  Gymnasialwesen,  die  Darm- 
städter Kirchen-  und  Schulzeitung  und  eine  Reihe 
der  ersten  politischen  Blätter,  ytekhe  mit  besonderer 
Würdigung  die  Verdienste  des  Verfassers  um  die  Ge- 
schichte der  gelehrten  Schulen  anerkannten.  In  Folge 
seiner  vieljährigen  geschichtlichen  Forschungen  trat  der- 
selbe mit  vielen  Gelehrten  eines  berühmten  Namens 
oder  mit  Männern  einer  bedeutenden  Stellung  in  schrift- 
licjhen  oder  mündlichen  Verkehr,  und  wusste  auch  mit  dem 
iMm  eigenen  praktischen  Sinne  viele  ihrer  Winke,  Rath- 
ächläge  und  Anschauungen  zu  seinem  Zwecke  zu  benutzen 
und  literarisch  zu  verwerthen.     Andere  sprachen  die  den 


Johann  Friedrich  Haute'  Leben.  i-'in 

literarischen  Leistungen  des  Verfassers  gebührende  Wür- 
digung aus.  Sie  ermunterten  oder  unterstützten  durch 
Mittheilung  seine  geschichtliche  Forschung.  Solche  Schrei- 
ben oder  Mittheilungen  lagen  bei  seinem  Tode  vor  von 
Ammann  in  Karlsruhe,  Arnold  in  Neckargemünd,  jetzt 
in  Altenheim,  Frhr.  v.  Aufsess  in  Nürnberg,  Böhme 
in  Mannheim,  Braun  in  Durlach,  Brunkow  zu  Hirsch- 
berg in  Schlesien,  Brunner  in  Mannheim,  L.  Cunradi 
in  Neuenburg,  Fuchs  in  Darmstadt,  K.  Geib  in  Lambs- 
heim,  L.  Häusser  in  Heidelberg,  Henri ci  in  Eberbach, 
Heunisc'h  in  Baden,  Junghanns  in  Mannheim,  Kay- 
ser  in  Darmstadt,  Kink  in  Wien,  Kolb  in  Speyer, 
Kroger  in  Hamburg,  Lange  in  Worms,  Langsdorf 
in  Neckarbischofsheim,  Lehmann  in  Nussdorf,  Löh- 
lein  in  Karlsruhe,  Moser  in  Ulm,  G.  Müller  in 
Pforzheim,  Mutz  eil  in  Berlin,  Muncke  in  Heidelberg, 
Oertel  in  Sobemheim,  Ottendorf  in  Bruchsal,  A. 
Pregtinari,  Regenauer,  v.  Reizenstein  in  Karls- 
ruhe; Roos  in  Walldorf,  Benedict  Richter  in  Wien, 
Roller  in  lUenau,  Schülin  in  Speyer,  Schönborn  in 
Breslau,  Schwebel-Mieg  in  Strassburg,  Seebode  in 
Wiesbaden,  S eisen  in  Boxberg,  Sonntag  in  Karlsruhe, 
Spengel  in  München,  Stalin  in  Stuttgart,  W.  F. 
Streuber  in  Basel,  Thilo  in  Mannheim,  Vierordt  in 
Karlsruhe,  Vömel  in  Frankfurt  a.  M.,  Vogelmann  in 
Karlsruhe,  Werk  zu  Freiburg  im  Breisgau,  Winter- 
werber in  Mannheim,  Wolf  in  Dossenheim,  Zeller 
in  Tübingen,  später  in  Marburg,  jetzt  in  Heidelberg. 
Viele  dieser  Männer  waren  zugleich  durch  besondere 
Bande  der  Freundschaft  mit  dem  Verstorbenen  verknüpft. 
Den  meisten  Fleiss  aber  verwendete  derselbe,  wie 
schon  aus  der  Vorrede  des  Herausgebers  hervorgeht,  auf 
die  Ausarbeitung  seines  Haupt-  und  Lieblingswerkes,  der 
Geschichte  der  Universität  Heidelberg,  des 
hier  vorliegenden  Buches.  Alle  seine  literarischen,  im 
Drucke  erschienenen  Schriften  stehen  mehr  oder  minder 


Liv  Johann  Friedrich  Haute'  Leben. 

mit  ihm  im  Zusammenhange  und  sind  als  Vorarbeiten  zu 
ihm  zu  betrachten.  Mehrere  der  oben  genannten  Männer 
haben  ihm  Auszüge  eigener  geschichtlicher  Sammlungen 
mitgetlieilt.  Es  gehörte  zum  Hauptzwecke  seines  Lebens, 
die  erste  vollständige,  auf  handschriftlicher  Grundlage 
ausgearbeitete  Geschichte  unserer  Universität  her- 
auszugeben. Von  hoch  gestellten  Männern  der  Regierung 
und  von  gelehrten  Anstalten  und  Freunden  wurde  er  dazu 
ermuntert.  Beharrlich,  und  ohne  Kosten  und  Anstrengung 
zu  scheuen,  verfolgte  er  das  schöne  Ziel,  der -Stadt,  in 
welcher  er  beinahe  sein,  ganzes  Leben  zugebracht,  der 
Anstalt,  welcher  er  seine  Ausbildung  zu  verdanken  hatte, 
und  welche  mit  der  Schule  seiner  mehr  als  vierzig- 
jährigen Lehrwirksamkeit  in  so  innigem  Zusammen- 
hange stand,  ein  bleibendes  Denkmal  dankbarer  Erinnerung 
zu  setzen.  Das  Werk  war  in  der  Handschrift  schon  einige 
Zeit  vollendet,  aber  gewissenhaft  und  in's  Kleinste  genau, 
wie  er  war,  feilte  er  noch  immer,  strich  und  trug  Zusätze 
nach,  um  es  den  Lesern  so,  wie  es  seinen  Kräften  mög- 
lich war,  vorzulegen. 

Vierzig  Jahre  (1860)  hatte  er  ununterbrochen  an  der 
gleichen  Anstalt  gelehrt,  an  welcher  er  im  Jahre  1819  seine 
Anstellung  als  Collaborator,  1820  als  wirklicher  Lehrer 
erhalten  hatte.  Es  war  ein  seltenes  und  erhebendes  Fest 
für  den  Jubilar,  mit  welchem  der  immer  noch  rtlstige 
Mann  auf  eine  so  lange  und  so  erfolgreich  dem  Staate, 
der  Schule  und.  Wissenschaft  gewidmete  Thätigkeit  im 
Kreise  einer  edlen  Familie  und  vieler  treu  ergebener 
Freunde,  seiner  CoUegen  und  Schüler  und  im  Bewusstsein 
einer  trotz  vorgerückten  Alters  noch  ungeschwächten  Kraft 
des  Körpers  und  Geistes  zurückblicken  konnte. 

Am  Morgen  des  dritten  Octobers,  an  welchem  der 
Unterricht  des  neuen  Schuljahres  begann,  empfing  das 
gesammte  Lehrerpersonal  der  Anstalt  den  Gefeier- 
ten im  Diiectionszimmer  des  neuen  Lyceumsgebäudes. 
Der  um  die  Anstalt  hoch  verdiente  Ephorus,  geheime 


Jokaum  Friethrieh  HauM  Leben.  ^^ 

Hofrath  und  Oberbibliothekar,  Prof.  Dr.  Bahr  brachte 
ihm  in  einer,  die  Gefühle  aller  Anwesenden  in  der  passend* 
sten  Weise  ausdrüek^den  Rede  die  herzlichsten  Glück- 
wünsche dar.  Nach  dem  Vorlesen  der  Lyceumsgesetze 
im  Prüfungssaale  desselben  Gebäudes  hob  der  damals 
functionirende  altemirende  Director  Cadenbach  in  einer 
sehönen  Rede  vor  den  versammelten  Schülern  aller  Klassen 
die  langjährige  Thätigkeit  und  die  Verdienste  des  Jubi- 
lars um  die  Anstalt  hervor.  Als  dieser  nun  nach  been- 
digtem Acte  in  seine  eigene  Klasse  (die  Unterquinta)  trat, 
hielt  einer  seiner  Schüler  im  Namen  aller  übrigen  eine 
der  Feier  des  Tages  gemässe  Anrede.  Hierauf  erschienen 
der  erzbischöfliche  Prüfungs-Commissär,  Decan  Hauck. 
so  wie  im  Namen  des  abwesenden  damaligen  Stadtdirec- 
tors,  Dr.-  Wilhelmi,  der  alternirende  Director  Caden- 
bach, um  ihm  als  ihrem  Collegen  im  Auftrage  des  Ly- 
ceums-Verwaltungsrathes  den  Ausdruck  ihrer  Ge- 
fühle an  diesem  Feste  darzulegen.  Den  Schluss  der  Feier 
bildete  ein  Abendessen  im  Museum,  zu  welchem  der  Ju- 
bilar von  dem  Ephorus,  dem  alternirenden  Director  und 
den  Lehrern  der  Anstalt  eingeladen  worden  war.  Sinnige 
und  heitere  Trinksprüche  und  ein  von  Director  Cadenbach 
gedichtetes  lateinisches  Lied  nach  der  Melodie  des  »Gaudea- 
mus igitur«  würzten  während  des  Mahles  das  schöne  Fest. 
Kurz  nach  diesem  Feste  überreichte  ihm  eine  Abordnung 
des  Gemeinderathes  der  Stadt ,  an  dessen  Spitze  ein 
Schüler  des  Gefeierten,  der  erste  Bürgermeister  Kraus- 
mann, Abgeordneter  der  zweiten  Kammer  unserer  Land- 
stände, um  unser  Land  und  unsere  Stadt  vielfach  ver- 
dient, nachfolgende,  mit  dem  Siegel  der  Stadt  ver- 
sehene, von  kalligraphischer  Hand  niedergeschriebene 
Urkunde  : 

»Hochverehrter  Herr  Hofrath!   ^ 

Mit  warmer  Theilnahme  haben  wir  von  der 
vor  wenigen  Tagen  stattgefundenen  Feier  Ih- 


LVi  Johcmn  Friedrieh  Haute*  Leb^. 

res  vierzigjährigen  Jubelfestes  Eenntniss  er- 
halten, und  wir  fühlen  uns  verpflichtet,  theils 
in  eigenem  Namen,  da  nicht  wenige  Mitglieder 
der  Gemeinde-Verwaltung  zu  Ihren  dankbaren 
Schülern  zählen,  theils  für  die  Söhne  unserer 
Stadt,  welchen  Sie  stets  noch  Ihre  freund- 
liche wohlwollende  Fürsorge  widmen,  den 
besten  Dank  für  Ihre  gesegneten  Bestre- 
bungen im  Interesse  der  JugendbUdung,  die 
Sie  in  einer  langen  Reihe  von  Jahren  mit  nie 
erkaltendem  Eifer  redlich  erstrebt,  Ihnen 
hiemit  auszusprechen.« 

»Möge  der  allgütige  Gott  Ihnen  und  Ihrem 
Hause  seinen  Segen  verleihen  und  Ihre  fer- 
nere Thätigkeit  mit  dem  besten  Erfolge  krö- 
nen, möge  aber  auch,  wenn  Sie  einst  die  Zu- 
rückgezogenheit von  Geschäften  der  Bürde  des 
Amtes  vorziehen,  das  Bewusstsein  treu  erfüll- 
ter Pflicht  die  wohlverdiente  Ruhe  Ihres  Le- 
bensabends verschönen.  Mit  diesem  Wunsche, 
den  wir  mit  aufrichtigem  Herzen  Ihnen  darzu- 
bringen uns  beehren,  verbinden  wir  die  Bitte 
um  Fortdauer  Ihrer  wohlwollenden  Gesinnung 
für  uns  und  unsere  Stadt  und  beharren 

Heidelberg,  im  October  1860. 

Hochachtungsvoll  ergebenst 

Der  Gemeinderath 
Krausmann. 

Sachs.« 


Alle  Zeitungen   des  Landes  und  viele   des   Auslan- 
des,   unter   diesen  auch   die  dem  Erziehungswesen   ge- 


JohoMMt  Friedrich  HauUf'  Leben.  l'Vii 

widmeten  Zeitschriften,  brachten  ausftthrliche  Beschrei- 
bimgen  dieses  Festes '^). 

Mehrere  öffentliche  Anstalten  des  Landes  und  viele 
auswärtige  Freunde  schickten  ehrende,  Glück  wünschende 
Schreiben  ein. 

So  hatte  denn  der  arme  Student  von  M  eck  es  heim, 
nach  dem  ^ühen  Tode  seines  Vaters  auf  sich  selbst  ver- 
wiesen, durch  eigene  Kraft  sich  eine,  nur  seltenen  Söhnen 
des  Glückes  vergönnte  SteUung  im  Leben  erkämpft.  Von 
der  niedersten  zur  höchsten  Stelle  des  Lehrers  an  seiner 
Anstalt  erhoben,  von  seinem  erlauchten  Fürsten  durch 
einen  auszeichnenden  Titel  geschmückt,  im  Besitze  eines 
durch  eigene  Anstrengung  erworbenen  und  durch  Erb- 
schaft nicht  unbedeutend  vermehrten  Vermögens,  einer 
treuen,  sorgsamen,  liebenden  Gattin  und  trefflicher,  mit 
warmer  Liebe  ihm  ergebener  Kinder,  als  Lehrer  und 
Schriftsteller  geachtet  und  anerkannt,  hatte  er  sich 
zum  Theile  durch  eigene  Kraft  einen  Vielen  beneidens- 
werthen  Standpunkt  im  Leben  errungen. 

Allein  auch  der  Glücklichste  ist  vor  den  Schlägen 
des  Missgeschickes  nicht  sicher,  und,  wenn  es  wahr  ist, 
dass  auch  diese  als  Prüfungen  zur  Läuterung  und  festeren 
Bildung  unseres  Charakters  nothwendig  sind,  so  fehlte  es 
gewiss  an  solchen  unserem  Freunde  nicht.  Wir  wollen 
hier  nicht  von  der  Mühe  und  Noth  sprechen,  mit  welcher 
er  als  armer  Student  durch  eigene  Anstrengung  und  Unter- 
stützung Anderer  für  sich  und  als  Sohn  für  eine  kranke 
Mutter,  als  älterer  Bruder  für  die  jüngeren  Geschwister, 
denen  er  Vater  war,  unter  vielfachen  Entbehrungen  zu 
sorgen  hatte.  Solche  Sorgen  vergisst  man  leicht,  wenn 
sie  überwunden  sind;  ja,  sie  erhöhen  den  Genuss  des 
errungenen  Zieles,  wenn  man  einmal  diese  Hindemisse 


*)  Jahn' 8  Jahrbücher 'der  Philologie  und  Pä- 
dagogik, Jahrg.  1861,  Heft  IL  S.  42  ff.  Mt^tzelPs  Zeit- 
schrift für  das  Gymnasialwesen,  Jahrg.  1861,  S.  158 u.  159. 


LViii  Jöhawn  Friedrich  Ha/u^  Leben. 

beseitigt  hat.  Ganz  anders  aber  verhält  eß  sich  mit 
denjenigen  Hemmungen  unseres  Lebensgltickes,  deren  Ab- 
wendung nicht  unserer  Hand,  sondern  einer  höhern  Macht 
zusteht,  die  unsere  Kraft  niederbeugen  und  uns  keinen 
sichtbaren  Ersatz  für  den  Verlust  geben,  der  in  ihrem 
Gefolge  ist.  Auch  Hautz  wurde  von  solchen  trüben, 
schwer  drückenden  Unfällen  des  Lebens  nicht  verschont. 
Auch  er  musste,  nachdem  er  in  der  Jugend  die  Schmer- 
zen der  Entbehrung  vielfach  kennen  gelernt  hatte,  den 
Kummer  der  Trennung  von  den  Geliebten  seines  Herzens 
fühlen.  Fünf  gesunde  blühende  und  geistig  begabte  Kin- 
der hatte  ihm  seine  Gattin  geboren.  In  ihrem  und  seiner 
Gattin  Besitz  fühlte  er  sich  allein  wahrhaft  glücklich; 
denn  bei  allen  seinen  Anstrengungen  schwebte  ihm,  wie 
ausweinen  Tagebüchern  hervorgeht,  das  Bild  der  geliebten 
Seinigen  vor.    Es  galt  der  Zukunft  seiner  Familie. 

Das  war  der  Sporn  für  seine  aufopfernde  Anstren» 
gung.  Um  so  schmerzhafter  ergreift  es  den  Menschen, 
wenn  er  das  verliert,  wofür  er  das  Blut  seines  Herzens 
einsetzt.  Sein  einziger  Sohn,  Heinrich,  von  Geburt  aus 
kräftig  und  gesund  (geb.  21,  August  1833),  von  den 
besten  Anlagen,  die  Freude  seiner  Eltern,  starb  im  achten 
Lebensjahre  am  Scharlachfieber  (29.  Januar  1841).  Noch 
war  die  Wunde  nicht  geheilt,  die  der  Tod  dieses  geliebten 
Kindes  dem  elterlichen  Herzen  schlug,  als  6in  zweiter, 
ebenso  schmerzlicher  Todesfall  auf  den  ersten  folgte.  Die 
siebenzehnjährige  Tochter,  Margaretha  Wilhelmina, 
von  blühender  Gesundheit,  hatte  durch  ihre  Fortschritte 
die  Eltern  zu  den  schönsten  Hofhungen  berechtigt,  als 
sie  zum  grössten  Schmerze  derselben,  nach  eilfwöchent- 
lichem  Leiden  (20.  October  1845)  starb.  Er  hatte  keine 
Kosten  zu  ihrer  vollendeten  Ausbildung  gescheut.  Da" 
raubte  ihm  der  kalte  Hauch  des  Todes  die  zarte  Knospe, 
deren  erstes  Aufblühen  die  Eltern  mit  Freude  erfüllte 
und  deren  reiche  Geistesgaben  frohe  Erwartungen  wieck- 
ten.    Bald  folgte  unser  Freund  auch  der  Leiche  seiner 


/ 


Johamn  Friedrich  Hantig*  Lebm,  liz 

betagten  Mutter  (15.  September  1847),  deren  Jahre  lange 
Krankheit  ihm  vielen  Kmnmer  yerorsacht  hatte.  Auch  jetzt 
war  das  Maass  der  Leiden  noch  nicht  erfüllt.  Im  August 
des  Jahres  1857  machte  Hautz  in  Gesellschaft  seiner 
Tochter  Anna  eine  Erholungsreise  über  Leipzig  und 
Berlin  nach  Hamburg  und  Helgoland.  An  Geist 
und  Körper  erfrischt,  kehrte  er  von  der  schönen  Reise 
zurück,  und  erzählte  mit  besonderer  Freude  seinen  Freun- 
den von  all  dem  Herrlichen  und  Grossen,  was  er  auf 
seiner  Wanderung  durch  Deutschland  gesehen  hatte. 
Glücklich  und  wohl  behalten  kamen  Vater  und  Tochter  von 
der  Beise  zurück.  Auch  im  Hause  war  Alles  gesund  und 
zufrieden,  die  Gattin  und  die  älteste  Tochter  Julie.  Die 
jüngere,  Emma,  war  seit  Mai  jenes  Jahres  in  München 
bei  Verwandten,  und  auch  von  ihr  hatte  man  immer  nur 

frohe  Nachrichten  erhalten.    Die  Eltern  hegten  eine  be- 

•  

sondere  Freude  an  dem  aufkeimenden  Talente  dieser 
Tochter. 

Von  Kindheit  an  hatte  sie  nämlich  eine  besondere  An- 
lage zur  bildenden  Kunst,  zum  Zeichnen  und  Malen  gezeigt, 
und  da  der  Vater  jede  Anlage,  wo  er  sie  in  seinen  Kindern 
fand,  zur  möglichsten  Entwicklung  zu  bringen  suchte,  hatte 
er  auch  diese  durch  den  Unterricht  guter  Meister  möglichst 
entwickeln  lassen.  Schon  hatte  sie  die  schönsten  Beweise  ihrer 
fortschreitenden  Kunst  abgelegt,  und  die  Eltern  gaben  dem 
Wunsche  ihrer  Tochter  nach,  sie  zur  weiteren  Kunstaus- 
bildung auf  einige  Zeit  nach  München  zu  schicken. 
Konnten  sie  doch  dabei  ;^um  so  weniger  Anstand  nehmen, 
als  dort  der  Bruder  der  Mutter,  Oberbaudirector  Pauli, 
wohnte,  in  dessen  Hause  ihr  Kind  die  Pflege  und  Sorge 
der  Eltern  fand.  Im  acht  und  zwanzigsten  Jahre  ihres 
Lebens  (geb.  21.  November  1829),  g^und  und  kräftig, 
gab  sie  ihren  Eltern  bei  ihrer  Abreise  (Mai  1857)  keine 
Veranlassung  auch  nur  zur  leistesten  Besorgniss.  Sie  be- 
suchte in  München  die  Akademie,  lebte  bei  Onkel 
Pauli  wie  im  elterlichen   Hause.    Vielfache  erfreuliche 


LX  Johomn  Friedrich  Hautg^  Leben. 

Nachrichten  von  ihren  Fortschritten  in  der  Kunst,  von 
ihrer  Heiterkeit  und  ihrem  Wohlbefinden  kamen  nach 
Heidelberg.  Auch,  als  der  Vater  die  Reise  nach 
Helgoland  antrat,  war  gute  Botschaft  von  München 
angekommen.  Da  kam  plötzlich  nach  seiner  Rückkehr 
die  Nachricht  von  der  Erkrankung  der  Tochter  in  M  ü n  ch  e  n. 
Es  war  das  gefährliche  Nervenfieber,  das  sie  ergriffen 
hatte,  und  die  Eltern  im  hohen  Grade  ängstigte.  Der 
Vater  eilte  nach  München,  aber,  ehe  er  das  Haus  der 
Tochter  erreicht  hatte,  war  diese  der  gefährlichen  Krank- 
heit erlegen  (28.  September  1857).  Er  folgte  abermals 
der  Leiche  einer  erwachsenen  Tochter.  Der  Schmerz 
hatte  ihn  so  überwältigt,  dass  er  von  diesem  Tage  an  die 
Fortsetzung  seiner  Familiennachrichten  unterliess.  Doch 
bald  siegten  die  männliche  Kraft  und  der  christliche  Sinn. 
Die  Eltern  fugten  sich  dem  unabänderlichen  Willen  und 
freuten  sich  zweier  hoflfnimgsvoller  trefflicher  Töchter, 
der  einzigen,  die  ihnen  der  Himmel  von  ihren  Kindern 
gelassen  hatte. 

Noch  einmal  schien  die  Sonne  der  Freude  durch  die 
düstem  Wolken,  welche  den  Abend  ihres  Lebens  umzogen. 
Beide  Töchter  schlössen  den  Bund  der  Ehe  nach  dem 
Wunsche  ihres  Herzens  und  ihre  Wahl  war  in  jeder  Hinsicht 
eine  glückliche  zu  nennen.  Juliane,  die  ältere,  hatte  sich 
bereits  ein  Jahr  vorher  (5.  Juli  1856)  mit  dem  damals  in 
Heidelberg  angestellten,  später  nach  Mannheim  und 
K  ehl  versetzten  grossh.  Postkassier,  Karl  B  eck  er ,  die  jün- 
gere Tochter,  Anna  Pauline,  einige  Jahre  nachher 
(18.  October  1860)  mit  dem  grossherzogl.  Notar,  Wil- 
helm Issel  inEppingen,  vermählt  Aus  der  letzten 
Ehe  wurde  ein  Sohn,  Friedrich  Wilhelm  Karl, 
(9.  August  1861)  geboren.  Der  Grossvater  wohnte  mit  freu- 
digem Herzen  der  Taufe  seines  gesunden  und  kräftigen 
Enkels  bei.  Inzwischen  wurde  ihm  die  Müsse,  alle  seine 
Kraft  der  Herausgabe  seines  Lebenswerkes,  der  Ge- 
schichte der  Universität  Heidelberg,  zu  widmen. 


Johann  Fried/rieh  HamU*  Leben.  Lxi 

Er  war  nämlich  ein  Jahr  nach  seinem  Jubiläum  in  Folge 
vorgerückten  Alters  in  den  Ruhestand  versetzt  worden 
(26.  September  1861).  Immer  war  die  Kraft  seines  Kör- 
pers und  Geistes  noch  ungescbwächt.  Nun  war  er,  der 
sein  ganzes  Leben  sich  abgemüht  und  Vieles  entbehrt  hatte, 
endlich  im  Stande,  den  letzten  heitern  Abend  seines  Le* 
bens,  von  allen  Störungen  ungehindert,  zu  geniessen.  Bald 
in  der  eigenen  Wohnung  im  Lyeeumsgebäude ,  wo  er 
allein  mit  seiner  treuen  Gattin  lebte,  bald  in  den  Woh- 
nungen seiner  geliebten  Töchter  und  Schwiegersöhne  in 
den  nahe  gelegenen  Städten  Mannheim  und  Eppin- 
gen  konnte  er  nun  die  letzten  heitern  Tage  seines  Lebens 
in  wohl  verdienter  Ruhe  verbringen.  Jetzt  war  er  bei 
den  Seinen,  jetzt  wurde  er  von  diesen  besucht.  Es  war 
ein  stilles,  gemüthliches  Familienleben.  Der  Grundstein 
zur  Herausgabe  des  literarischen  Lieblingskindes  war  ge- 
legt, der  Vertrag  mit  dem  Buchhändler  J.  Schneider 
in  Mannheim  abgeschlossen.  Die  freie  Zeit  wurde  viel- 
fach zu  Spaziergängen  im  Freien  benutzt,  grössere  Ausflüge 
nach  Neckargemjtnd,  Dossenheim,  Schriess- 
heim,  Rohrbach,  Kirchheim,  Eppelheim,  Hand- 
schuchsheim  u.  s.  w.  mit  Freuden  veranstaltet. 

Zu  seinen  liebsten  Ferienausflügen  gehörten  die  Fahr- 
ten nach  Rheinbayem  zu  seinem  alten  vielbewährten 
Freunde,  dem  gründHchen  Geschichtsforscher,  Pfarrer 
Lehmann  in  Nussdorf  bei  Landau.  In  den  letzten 
Jahren  brachte  er  die  Herbstferien  im  Bade  Berg  bei 
Canstatt  zu  und  immer  kehrte  er  neu  gestärkt  von 
den  Mineralquellen  jenes  schön  gelegenen  Ortes  zurück. 
Jedes  Jahr  freute  er  sich  auf  die  Zeit,  wo  es  im  August 
nach  Berg  ging.  Dann  wurde  wohl  auch  eine  weitere 
Reise  an  den  Bodensee  und  in  die  Schweiz  gemacht. 
Hatte  er  doch  vor  3  Jahren  (1858)  eine  gefährliche  Brust- 
krankheit glücklich  überwunden  und  schien  dort  durch 
die  Nachkur  seine  Kraft  und  Gesundheit  wieder  erlangt 
zu  haben.    Er  pflegte  zu  sagen,  dass  er  aus  Dankbarkeit 


LZii  Jöhaam  Friedrich  Hautz*  Lehen. 

nach  Berg  gehe,  weil  ihm  dort  das  Leben  gerettet  wor- 
den sei.  Hier  genoss  er  mit  rühmenswerther  Genügsam- 
keit und  Massigkeit  die  Freuden  des  Lebens  durch  erhei- 
ternde Spaziergänge  und  im  Kreise  geselliger  Freunde. 
Auch  in  dem  verflossenen  Jahre  (1861)  hatte  er  wieder  sein 
liebgewonnenes  Berg  aufgesucht,  als  ihn  während  seines 
dortigen  Aufenthaltes  die  ungeahnte  Nachricht  seiner 
Zurruhesetzung  traf.  Bei  seiner  Nachbausekunft  zeigte  er 
noch  immer  die  gewohnte  Rüstigkeit;  doch  schien  er 
diesesmal  angegriffener  als  gewöhnlich.  Er  wolle  es  sich 
jetzt  einmal  wohl  sein  lassen,  meinte  er,  da  er  so  viel 
und  so  lange  gearbeitet  habe.  Eine  weitere  Anstrengung 
habe  er  Gottlob  nicht  mehr  nöthig  und  könne  nun  end- 
lich das  Leben  gemessen.  Er  machte  häufig  Ausflüge  zu 
Fusse,  oft  auf  entlegene  Orte,  und  fühlte  sich  nie  von 
denselben  ermüdet.  Doch  veränderte  sich  schon  seit 
Ende  October,  ohne  dass  er  es  zu  gewahren  schien,  sein 
Aussehen  merklich.  Die  Gesichtsfarbe  war  erdfahl,  der 
sonst  gerade  aufgerichtete  Körper  nahm  eine  vorgebogene 
Haltung  an,  die  Brust  erschien  eingedrückt,  der  Athem 
beengt,  und  der  sonst  so  schndle  und  kräftige  Gang  war 
langsamer  und  schwerfälliger  geworden.  Beim  Gehen 
blieb  er  häufig  stehen,  als  wollte  er  Ruhe  zum  Athmen 
gewinnen.  Indessen  ging  er  immer  aus,  setzte  seine  grös- 
seren Spaziergänge  fort,  und  klagte  blos  über  einen  auf- 
gedunsenen Unterleib.  Es  war  im  December  1861,  wo 
er  auf  Anrathen  des  Arztes,  da  sein  Uebelbefinden  zu- 
nahm, zu  Hause  blieb.  Dieses  zeigte  sich  an  Weihnachten 
im  verstärkten  Grade.  Es  war  eine  Wasseransammlung 
im  Unterleibe,  die  sich  auch  der  Brust  mitgetheilt  hatte. 
Die  Merkmale  wurden  immer  beängstigender,  und  schon 
am  11.  Januar,  Abends  6  V»  Uhr,  (1862)  unterlag  er  seiner 
Krankheit.  Sanft  war  er  nach  kurzem  Todeskampfe  ein- 
geschlafen. Bis  zum  letzten  Augenblicke  behielt  er  sein 
Bewusstsein.  Den  Abend  vor  seinem  Tode  dictirte  er 
seiner    ältesten    Tochter     seinen    letzten    Willen.      Er 


Johmn  Friedrich  Hawtz^  Ld^m,  LXia 

bestimmte    den  Unterzeichneten   als  Herausgeber  seines 
Werkes,  ernannte  das  Lyceam  zum  Erben  des  grössten 
und  schönsten  TheUes  seiner  Büchersammlung  und  grün- 
dete ein  •Stipendium  von  100  fl.,  dessen  Zinsen  jährlich 
zu  einem  Preise  für  den  besten  Schüler  im  Hebräischen 
verwendet  werden  sollten.    Am  Dienstag,  den  14.  Januar, 
war  die  feierliche  Beerdigung.    Die  Schwiegersöhne,  der 
Dh-ector  des  Lyceums,  die  sämmtlichen  Lehrer  und  Schü- 
ler der  Anstalt,  viele  Beamte,  Professoren  der  Universität 
und  Freunde  folgten  seiner  Leiche.    Der  Geistliche  (De- 
can    und   Stadtpfarrer   Säbel)  sprach   erhebende,   der 
ernsten  Stunde   angemessene  Worte    vor   seinem  Sarge. 
Die  treue  Gattin  unseres  verstorbenen  Freundes,    dem 
Anscheine  nach  gesund  und  rüstig,  folgte  ihm  schon  einige 
Monate  nachher.    Sie  starb  am  3.  April  desselben  Jahres, 
and  wurde  in  dem  gleichen  Grabe  mit  ihrem  Manne  bei- 
gesetzt.    Auch  hier  wurden  von  demselben   Geistlichen 
Worte  des  Trostes  und  der  Erhebung  gesprochen.     An 
der  Stelle  des  neuen  Hauses,  das  sie  bis  Ostern  beziehen 
wolhen,  mbca  nun  beide,  vom  engen  Bretterhause  um- 
schlossen, in  der  msamen  Gruft  des  Kirchhofes.    Ihre 
Freunde  und  Verwandten  widmen  ihnen  eine  ehrende  und 
liebende  Erinnerung,  ihre  Töchter  und   Schwiegersöhne 
segnen  ihr  Andenken.     Von  seinen  Geschwistern  leben 
noch    die    älteste   Schwester  Wilhelmine,    verwittwete 
Decan  Mühlhäuser,  geg^wärtig  bei  ihrer  einzigen  Toch- 
ter,   verwittweten   Osterloff,    auf  einem  Landgute  zu 
Frsiburg  im  Breisgau,  der  Bruder  Heinrich,  Pfarrer  zu 
Lindolsheim    bei  Oraben    und  zwei  ledige    Schwestern, 
Johanna  zu   Karlsruhe   und   Friederike    bei   ihrem 
geistlichen  Bruder. 

Wenden  wir  noch  einmal,  ehe  wir  scheiden,  einen 
Bück  dem  Freunde  zu.  Hautz  war  eine  hohe,  kräftige 
Gestalt  mit  scharf  ausgeprägten,  starken  Gesichtszügen, 
doakeln  Augen  und  dunkelm,  durch  die  weisse  Farbe  des 
Greises  gebleichtem,  diditem  Haare.    Er  war  ein  Freund 


/ 


i'Xiv  Johann  Friedrich  HautM*  Lehen. 

massiger  Vergnügen,  und  hatte,  da  er  Alles  mühsam  er- 
werben musste,  auch  den  Werth  des  Geldes  schätzen  ge- 
lernt, doch  ohne  geizig  oder  knickerisch  zu  sein.  Wo  es 
darauf  ankam,  eine  gute  Sache  zu  unterstützen,  gab  er 
gerne  und  viel.  Er  scheute  keine  Kosten,  wenn  es  sich 
um  Ausbildung  oder  vernünftige  Zwecke  der  Seinigen 
handelte.  Nur  unvernünftige  Geldausgaben  und  Vct- 
schwendung  hasste  en  Er  konnte  nicht  begreifen,  wie 
man  das  so  leichtsinnig  und  gedankenlos  hinauswerfen 
könne,  zu  dessen  Erwerbung  so  viele  Mähe  und  Anstren- 
gung gehöre.  Er  hatte  eine  starke  Kraft  des  Willais, 
hatte  sich  von  Jugend  auf  an  Entbehrungen  gewöhnt,  und 
zeigte  daher  überall,  so  empfänglich  auch  sein  Herz  für 
die  Genüsse  und  Freuden  des  Lebens  war,  Selbst- 
beherrschung. Sein  Gemüth  "war  für  Freundschaft  und 
Liebe  empfänglich.  Er  war  ein  treuer  Gatte  und  auf- 
opfernder Vater.  Den  Seinigen  konnte  er  nicht  genug 
thun;  es  war  ihm  das  grösste  Vergnügen,  ihnen  Freude 
und  Genüsse  zu  bereiten.  Von  seinen  Freunden  erwar- 
tete er  Freundschaft;  aber,  was  er  von  ihnen  verlangte, 
gab  er  mit  verdoppelter  Kraft  zurück.  Wie  sein  Auf- 
treten ein  entschiedenes,  gerades,  kräftiges,  ja  mancdimal 
selbst  derb  scheinendes  war,  so  war  auch  sein  Wesen. 
Entschiedenheit,  ein  praktischer  Verstand,  Kraft  und  Ge- 
radheit waren  Grundzüge  desselben.  Er  war  ein  Freund 
des  Fortschrittes,  ohne  extremen  Partei-Ansichten  zu  hiil- 
digen,  ein  aufgeklärter  und  duldsamer  Protestant  Nicht 
in  den  Besitz  des  Geldes,  sondern  in  die  Ehre  der  Aner- 
kennimg für  tüchtige  wissenschaftliche  Leistungen  und 
vor  Allem  in  die  Bewahrung  eines  männlichen  Charakters 
in  allen  Lagen  des  Lebens  setzte  er  den  Werth  des. 
Menschen.  Er  erfüllte  seine  Pflicht  als  Lehrer  treu  und 
gewissenhaft,  und  erwies  weder  Gunst  noch  Ungunst  aus 
Nebenrücksichten.  Er  war  ein  ausserordentlicher  Freund 
der  Arbeit  und  scheute  für  seine  Zwecke  keine  Mühe  und 
Anstrengung.    Auch  im  Buhestande  hatte  er  jeden  Tag 


Johoum  Friedrich  HauUi'  Leben.  I'^V 

seine  bestimmte  Zeit  zum  Arbeiten,  das  er  niemals  aus- 
setzte.   Die.  grösste  Ordnung  und  PüAktiichkeit  herrschte 
in  Allem,  was  er  that    Alles  lag  an  seinem  bestinunten 
Platze,    und  er  war  jed^  Augenblick  im  Stande,    die 
Stelle  zu  bestimmen,  wo  sich  seihe  Handschriften,  Bücher 
oder  sonstigen  Gegenstände  be&nden.    In  der  Verwaltung 
seines  Vermögens  war  er  musterhaft;^  dabei  leitete  ihn 
immer  der   Gedanke  an  seine  Familie.    Sie  sollten  es, 
wie  er  oft  sagte,  einmal  nach    seinem  Tode  gut  haben. 
Dagegen  konnte  es  ihn  aufbringen,  wenn  die  Leute  üppig 
lebten.    Nicht,  als  ob  er  ihnen  ihren  Genuss  missgönnt 
hätte,  er  meinte  blos,  sie  dächten  nicht  an  die  Zukunft, 
und  das  ärgere  ihn.     Er  war  ein  Freund  geselliger  Lust 
und  kein  Kopfhänger.     Gerne  nahm  er  an  den  Freuden 
Anderer    Antheil;    nur    waren    ihm    solche  Dinge    nicht 
Zweck,  sondern  Erholung  von  der  Arbeit,  und  er  war  bei 
einem  bescheidenen  .Maasse  des  Vergnügens  zufriedener, 
als  solche,  die  Schätze  für  ihren  Genuss  vergeuden.  Sein 
Verstand  ergriff  mit  Leichtigkeit  und  einem  natürlichen 
Instincte  die  Mittel,  die  ihn  zu  seinem  Zwecke  führten, 
und  hierin  liegt  wohl  ein  Hauptgrund,  warum  ihm  so 
Vieles  von  dem,   was  er  im  Leben  unternahm,  glückte. 
Er  verband  die  fröhliche  Natur  des  PfäJzers  mit  seinem 
praktischen  Sinne.     Nicht  leicht  sprach  er  von  Dingen, 
die  ihn  unangenehm  berührten.    Er  hatte  dann  Selbstbe- 
herrschung genug,  seine  eigentlichen  Gefühle  zu  unter- 
drücken.   Er  hielt  es  für  unnöthig,  mit  dem  unabänder- 
lichen sich  selbst  zu  quälen  und  Andern  lästig  zu  fallen. 
Er  strebte  nach  Annerkennung,  weil  er  wusste,  dass  man 
nur  durch  diese  im  Lebeu  vorwärts  kommen  könne,  und 
in  dieser  Hinsicht  war  der  Ehrtrieb  ein  Hauptspom  für 
seine  Handlungen.     Aber  er  scheute  auch  keine  Auf- 
opferung ,  keine  Anstrengung ,  die  Würdigung  semer  Lei- 
stungen zu  verdienen.    Mit  schweren  Sorgen  h^tte  er  zu 
kämpfen,  bis  er  sein  Ziel  errang,  mit  schweren  Leiden, 
als  er  es  erreicht  hatte.     Der  Kampf  ist  ausgekämpft 

Hanfti,  Gösch,  d.  Univ.  Heidelb.  I.  e 


g  Einleitung.    1,  AbacfmiU. 

die  weiche  Seelentafel  des  jugendlichen  Herzens  und  Ver- 
standes die  ersten  unverwischbaren  Züge  des  geistigen 
Lebens  für  jeden  Einzelnen,  und,  da  das  Ganze  eine 
Summe  des  Einzelnen  ist,  in  die  Seele  der  werdenden 
Völker,  der  sich  immerdar  entwickelnden  Menschheit.  Die 
Schule  schliesst  sich  durch  die  Erziehung  mit  festge- 
knüpftem Bande  der  innigsten  Verbrüderung  an  die  Fa- 
milie an,  und  dt^sß:i^rs(|L(^  ^^(ti  jAem;  Ausspruche  eines 
berühmten  Philosophen  des  Alterthums  das  erste  Element 
alles  staatlichen  Lebensr^^^^tztehung  und  üntefricht  bil- 
den den  beseelenden  Lebenshauch  jedes  gut  geordneten 
Staatshaushaltes,  jeder  näigicJseiividcä  Zwecken  der  wahr- 
haft sittlichen  Veredlung  dienenden  Gei^Qllschaft,  Nur^durch 
sie  werden  dem  JTünglinge.  und '  dem  Manne  die  grossen 
Zwecke  der  Wissenschäift,  ^ifte  'üiid  Kunst,  die  Ideen  des 
ewig  und  vollkommen  Wahren,  Schönen  und  Guten  klar 
und  in  ungetrübter  Anschauung  vor  das  Auge  der  Seele 
^raeM.v  Wäö  di&IlamiUeüiiaiEiii^  die  Schule. 

KönrSiryi  die nmifc  defa  >r)iihstcli  ruhd  i^aMdJdisten-'iVQr^ 
kndpfdngBpunhtiti'  an^  Staaili«  dndi  £imUe/l  asiitEafaMbel  and 
Bi^Mgioh, trän  :Vktiß]dand*>xmäigei6lig8rr\^^ 

ist,!  gfth&U'j'Wie  die i6tirah}eii>  vdm  iliciiäeistettdto:«!iid)Br«d^^ 
soMdeii^  MiffelpibiMBr.derr'Soime!  atte  iThdle  unseres: «uiiBr- 
niesgliebes: Plimetfa(hspl)en»jbi»?iiiin^li,  dieMUiaisteDiibeteben-^ 
den'<u2id(beg)ö€k^eE'Wii:kiiBgäüiisqf  dibtigaiuse;!  meidohf 
Ikhe  Geaellsdoiaft'!  iiL-ides/Un^Qdlicäiw^i^iyseai^eit'iaHer 
ifaM^  Tilwile  tübetij '/NJä  abfiD''Mt(rdi0'iSdiille!em  häM 
M^ioSßaisl^'Six^^^  ehttb  knuntierar 

Züilki  • '  6i^ )  Wissenschaft  Jiali^stttL /alsi  SflJdogogiki'tdes '  JS^-f 
sieUtmgfiätoies  i  bemäflltti||t:-  idad  afl^/^dciiikbaiten  >  iMMhiMtea 
ihBnFintenfiöiite'j|iui[fdl&  TenR^den9iit]gflte&;fiIfem«rite^>^^ 
Mms3Gninitiit)Bui:/raiieen^Acl,i8todeQiifda^>Befal&kl^  und 
€Wke  dmoiifarscKiedeltavQvjMDAchtaaM^ 
naä  tttstOntei  äeräelben,  zo  ti9iim:s(iHhien^41anrlBMni8chemGte^ 
tiBirf/taDtrtfeitätii')&)iep/dBäsit]genFaege]blU^  des  iSMikitiHia 

riimitifenjtiielrtuifaril  sttsfior 


»•■;    ruMi 


cNbr&ilss  eina:  Mkeni  Eiii)ibit;.ieiDtt>  ääs'  Binseitige  und 
Verd^bUdie  «ksselböH  vecateidimdeiiiSnnelRUigfByslems  ist 
moht  nur  sor  UasaQ  Ansehauiuig  'gedfehen,  sMdem  durch 
die  Tkat  mr  sdifliisten  .und  erfolgreiiihsten  Anweifdimg 
gdcoiäm^k ,  dfin  :  glekfamteigeit,  nicht  >mehF  -  'eimekog  olh 
wakendöni  Forderungen*  diss  Tinlen  und  Meidea  hAent 
wird  in  jeder  Weiäe  Rechnung' getragen ^  wie  sich  dieses 
in  den  Volks:' .imd  Gdbdirtett^iScliuien  (P&do^ogien,  Gtibh 
nMieüiind'iLjice6ii),{<80i  irifiiauck  in  der  Enöcditatig:  höhe- 
rer Atüigeiv  uild'  p'olyleoknisdiier  .  fidiufen  utA*  mitrei^ 
einzelnen  Zwecken  und  Bediftriniasdn  ißt  Wuscisehafik  «sd 
des  li^bbns  dieiieftdefe:i  Akadenaeti.  zoigt. 
-  r  Als  GipM  in^  der  VoUetiduog  dieser  der  Etedeluiiig 
und  deon  Düternchfe  dieneBden,  iO'Unseter  Zeit  so  mächtig 
ylrkeiidBii^:  tind  so;  tiel.  efaB^^rtiifiid  Tecbessta-ten*  und  ver- 
edelteiaL  njed^nen  und .  bitteren.  AnsftaHteh  gdtitiger  Am^IhI* 
img'Äkid  B36X  tbddub  die'fe;oh^n'Sch'al'&it.  odex  Uni-- 
y^tsi'tMtfimjt  be&eichneni  .B&ev  di^  JUTsprUngliob  kdne 
Wil&iSrHeb^n.gcböpfui^cai  der  {Staatsgewalt^  jsondem'  na-* 
tiirtiebe  Ftücbte  dts  geo^tigeur .Lebens  der.  Niaiion  gewesen^ 
iM:^ '  tor  iSitfteidung  der  Buohdmokerkilnst,  jaüödi  ge- 
Xßm^  Kat  naob  ^  derselben  jd(ie  Yfentiittler  des  geistigem 
Vietkehrs  umd  diei  Or§ftfte  der"'  öffdntliobc»  Moüning ;  m 
waren»  ««ftoii^tÄve:  In^tamen  d^  (kircidichea  Lebens ;;  sie 
waren  'der?  f^uft^cbtsiOrt.'deri  frmr  :md  tiefer,  denkende 
ü^ebrtep^  9i»iwa.ra»)d£is'um»tiA$rbm^  SoUwierk,  dasbefr 
lige  I^aU«i«(HfUivk/-t0n 'ä!i^  wabhfid[^g^  g0t 

)6hrter>f}C^Si?h$iQg.;  .,8)!§  wfd^nrAer  Au%iJ)g9pßnkt  f4r.'die 
GebildetBi ^«d^, var^cbiedE^n  JKajelßaa  dres'^&orufstebexi^i 
galt  es  nun  um  die  Kraft  des  göttlichen  Wortes  dem 
Volke  mitzutheilen ,  die  Gesundheit  des  Leibes  durch  Er- 
%sc^;^ftPgi,Sßiin^3,^iQfle]^9,,^^ß^Sl:,z^^  jQ4eri  für 

dae''flNiteiw3U6'Miiidn(^st]gei'>W«M  des  Völker  di»ndi  die 
v^«se  ÄWF^lHtti^  ^d^Ah^Ätföttig  der  "ö^söfae^^SWge' zu 

seit  der  Beformation  im  16.  Jahrhundert  als  die  erhabeneii 


8 


Emleüimgi'   1:  AbichniU, 


Trägerinnen  der  freiw  imd  edeln  Idee  dar  Hmharatil  er^ 
schienen  und  so  würden  sie^e  feste,  nnarsdiAtterli^e 
Stütze  des  Staates,  >dier  EiiJehe,  der  Wissenschaft,  Beligion^ 
Kunst  und  sitdichen:  Erziehung.  Was  .  alle  «ndeni  Schill 
lest  nur  m  einzeben  Stoffen  öder  für  einzelne  I%ede  des 
Wissens  «rstrebten^  das  Teremigte  die  Allgemeinheit  wis- 
senschaftlicher, intellectUicller^:  moralischer,  religül^ser  und 
ästhetischer  Ausbildung  in  der  hohen  Sdmle; 

In  keinem  Lande  aber  erreichten  die  hohdn  Schulen 
die  angeregte  Bedeutung,  da»  grosse  Ziel  der  Wissenschaft 
mehr,  als  in  unserem  deutscboi  Taterlande. 

In  die  Reihen  der  älteisten,  berOhmftesten  und  bedenk 
tungsvollsten  Hochschulen  Deutschlands  g^drt  die  Uni- 
versität  Heidelberg;  Sie  wurde  von  dem  EurfOr- 
sten  Ruprech^t  I.  in  dner  Zeit  gegründet  (1346*  1886), 
als  man  in  Deutschlsmd  fast  noch  keine  höheren,  die  ver^ 
schiedenetx  Zweige  des  Wissais  ^  umfietösenden  Studienr- 
anstauten  besass  und,  so  klein  ihr  Anfang  au;eh  war,  eben 
so  grossen  Umfang  und  Ruf  erlangte  sie  in  kur^f  Zeit 
unter  dem  Schutze  edler  Fürsten  ^).  Wegen  dieses  gros^ 
sen  Einflusses  der  Fürsten  auf  die  Geschicke  der  Dni^ 
versität,  auf  deren  Erhaltung,  Blüthe  und  Verfall,  faajbm 
wir  die  ein^lnen  Gapitel  ihrer  Gesdiicbte  nach  den  Re- 
gierungen der  jeweüigeh  Regenten  des  Landes  eingethäil^ 
tnigleich  aber  auch,  um  dem  Leser,  ein  desto  gr^MUich^es 
Eindringen  in  die  Geschkhte  der  Universität  zu  ermög-^ 
liehen,  nicht  nur  die  zu  demselben  ndthigen  kurzen  Mil^^ 
thieilungen  über  die  Fürsten  selbst  g^fmacbt,  sondern  auch 
über  den  Zustand  der  jedesmaligen  politi^hen  Y^hältnisse 


''''  1)  Ad  BSienam '  Palat&atns  bominids  Itäbebat  onmi  Miisanim 
lande' iBigöres:  qLtii  litertis  nim  ^olQiD*ain^aiiA^  Bed^tuun  pincltte 
iajtelligeb^t,,  ac  multa  pon  soIiHA.^,ptio,  aed  ^tiam  ia ipsis  aßgor^ 
tiis,  in  cas.tris,.  inter  turbarum  atqoiQ  armorum  strepitum  legere 
golebant'  BttrckharÜ,  De  lingos^  laidnes  in  G^tmania  fatisi  T.I.' 


der  PÜEÜz  *).  Heidelbek^g  selbst,  wddies  mit  der  mtwl'* 
tlugsteii  Lage  die  VoT2Süge  eitae»  milden  Klimas  imd .  eines 
fruchtbaren  Bodens  vereimgt,'  ist,  was  man  nach  den  ur- 
kundlichen Naehiichteof  aus  jener  Zeit  als  stdiere  Behänp- 
toDg  ausspreeheii  kana,  erst  durch  die  Erriehtong  der 
UniversitiU;  eine  ßtadt  im  dgetttücheu  Bimie  geworden. 
War  nun  einer  Seits  von  ihrex^  Ghründung  an  die  Blütbe 
oder  d^  YeiM  dean  Stadt  an  äur  Schicksal  geknltpft,  so 
war  sie  anderer  Seits  so  innig  mit  der  Qesddchte  der 
B&lz  verwadisen,  dass  nieht  leidit  ein  bedeutendes  £r- 
dgniss,  ein  g^ckliches  oder  ein  nngMcklidies ,  Torkam, 
(^ae  auf  ihre  Entwickelung  einen  mäebtigen  Einfloss  zu 
üben.  Doch  unter  allen  Verbältnissen  wetteiferte  sie  bis 
zum  SG^ähi^en)  ftr  Deutschland  so  verderblichen  Kriege 
rühmlich  mit  ihi^e»  jüngeren  SchwestiBni  um  deb  Vorzug« 
ja,  gegen  das  Ende  des  .16.  und  im  Anfange  des  16. 
Jahilmnderts .  war  sie  ein  Veteinigungspunkt  der  bedeu- 
tendsten Geisteskräfte,  iaabesondere  soleber  Männer,  welche 
die  Beformatien  in  Kirche  imd  Schule  herbeilührten. 

Ihr  blühender  Zustand  sank  jedodb  auf  lanrze  Zeit 
mit .  der  Eroberung  der  Stadt  Heidelberg  durch  Tilly 
im  Jahre  1622  und  in  Folge  dieser  >  Erobeiung  rerlor  die 
UniTersität  im  darauf  folgenden  Jahre  auch  ihre  reichen 
wissenschaftlichen  Sehätze,  welche  bis  zu  dieser  un^ück-» 
Mchen  Periode  eine  Zierde  unisec^r  Stadt  und  hohen  Schule 
gewesaa  waren  ^  Dieser:  Y^bist  traf  aber  nidbt  allein 
die  UnlTersitäi;  und  Stadt,  sondern  atich  unser  ganzes 
deutoches  Vaterltad^  jw  die  ges&mmte  wissönschi^Ülichfi 
Bildung  Überhaupi 

Wieder  htogestdlt  wiürde  diese  früher  so  grossartige 
Anstalt  erst,  alj^  Kurfilrt  Ca  1^1  Liudwtig  nach  dem  west^ 


.,.1      .;  h   "  '»üJ    .:: .'  /:f  v   j  •.     .  '.  •'  :1  •;       ■['■  •  •    .      ■     . 

.  ^)  ^i^läfilm  J^ ;  afsf  denisiBlbeiL  Qin^iid^ .  «afi^ .  Hl  q  s  ^  g a j  t  e  i|. 
in  setiier  i^esph.  d.  XJniv.  Gr^ifswaldi,  iCVorw.  S.  IX.  X.)  gethan. 

dj  Bahr,'  die  Et^koftrung  'der  Heideib.  Bibliotlibk  nach  kom 
im  Serapeam,  1845,  Nr.  22.  25.  27. 


10  EmUittmff..  1.  JbsehniU. 

phälifieheu  Medoa  die  ßegsemag  dteriKuriifalz  aufs  Ncme 
«Dgetreten .  hatten  ;I>iäfeiex£ebe  Einweihung^  der  Hodi^ 
schule  fatbdam  li  Noveiröer.  I1j52.\6ta;tjb  tinä -^  bald /eis 
Feieh'desie  meeder  .'ihlre&  lüeü  fiuhuv'^ntrd^  was  sie  Yor«t 
mäls  gewesene,  eaie  dori;  ersten  und  hUAendstesi^^HY^di-? 
schülea'I)eBtaeMauj(k\;ü]idl  leierte  im  Jaluräi.  168B  uiitei 
dem Kurfitralen  Phlilipp  Wilhelm^  würde^olteriWmsr^ 
das  F62St!>ihreA'  300^sängjen.£eäidtenfiJ)  Emvch  sbir  imo 
diese  Feier  volrübei^^  süiiwuidedn  (äemiQdeaas'dolien  Erivge 
(1689-^  li&93)  die  MeiBlp&l2i;aind  :Heiddiifarg  Tcm  .den 
Franzosen  Tiärheeit'  :imd:!ilie  >MitgtiedeFr:iäter  :  iUnivefcdsU 
konnteä  ihre  BietiaHig  inur  iUiiier.jgGhlenmgäten 'FhidHb 
finden-.  '»\  :'•  •"  '  r"--'--;'  ;  ''*■''  u  "L;  '.  •'•;  •'•)• 
^.  W(±l:sü(äite!3ie  KuiiEüiist  Jo'hhanr  Wilhelni^  mA^ 
cberidie 'Wissensdbiaftenr.iin^  Mttnske^iliebte,  ÜB' die^StÄdt 
ans  ibren" TrÖm^iearn  steh' alidiäfali^  ediohen  hatten  «loviel 
eß  lo^nirtev  (1698^  meder  -  herzasteUsa ;  idenn  ler  ordn^6 
ihre  duiseh*  diasi!  Krieg  mtvt^Qtmi  Eikiköii&ei^ittid.  fähete 
(1711)  '«nf  am  Trümlnärfi  Assi  GalsimirianumB^  i£röher  Ditft 
njsianumsi,  das  jetsiig^  Unkeiedtäfesgebättde  (Dbtnns  *  Wil- 
helmiiana).  auf ; .  altein  ^  ihren  irühevbn  ü^AacnE  erteichte  die 
AiLstaAtitr  äem  iB: .  iahthmiestk  nicht!  wieder. .  Im.  Jahre 
lT>d6i beging  siefswarliUntier iderille^iennig  des  Eioifaiisteü 
6  a  V  }  ^T  h  eoifi  ar  diochi i  tnit  .  vielen^  -  Fedettiehkditen  -ihr 
tabirtes  Jubisifest^:  aber  diese  Eeier  isdiien»'der  SchmUnengek 
sibg  fft^'idieseii'  kltl^hf würdigen  -J^tz  A^t  Vim&msdäeit 
mid'!  detitsöher.  öelehTsamkeit  '  Biei  V«erlleeruÄgeöi  dei^ 
Krieges '  «nd^iimeitev  'dBi^äi  '^bnjE^sidneUe  Bestinebu^ei! 
hervorgerufene  Zerrüttungen  hatten  ihil'&ißfcea'  vortereii 
tet'j  lund  da<  ibTMäufeh'  akrch^  üe' fiiiinäösi$die  Occu^ation 
des  üedberrhMns  ^vhei'yidt&iA  gtünsiÄ  Ubeit  ifardr  Be^ 
Sitzungen  und  Einkünfte  entrissen  wurde  und,  was  auf  dem 
diesseitigen  Rheiuufer  ihr  übrig  geWieben,  kaum  hinreichte, 
dig  wähteüct  des  Kri^ges^feeÄäfehtferi  SftfttalSfen  -M'  ätedceh— : 


.71:  ji   'jL'  .1/  .'•l'-I  .i(urM|i'i .-:  n: 


Unif^emm  MtUMm^.  11 

ätert  hinaber^).  fitdr  tnftadag  tie  ntebt  im  Kftnqrfe  mit 
4eii  einander  widentnebeteden  Verbttt^issen;  keine,  auch 
noch  Bo  harte  Schlägel  des  Schicksals  ^^aren  im  Stande 
ihre  Lehenstahigkeit  zu  zerstören  und  mit  dem  Beginne 
des  eben  genannten  Jahrhunderts  erhob  .sie  sich  wieder 
bjßek  belebt"  im  Gia^ptz^  ßioer  neuen  freundlicheren  Zeit. 
Dem  ehrvttrdigen  Nestor  4er  deutschen  Fürsten,  CaxI 
Friedricifa.)  von ^soiAen  ,Kei|^oossen  der  Weise  ge- 
nannt, war  es  nämlich  vorbehalten ,  ihr  Retter  und  iieHer 
<kO]idier  2u  werden^),  r:^  indem  Hei4elberg  das  Glück 
batlie,  niit  e^iem.  uad  ;zwar  dem  nädi^j^  TheUe  der  vop- 
maligeii  Rl^einpfate  unter. die  Begj^rung  dieses  hochberzi- 
gim  Fürsten  zu  kommen.  £lr  schenk^  der  Universität 
seine  volle  AuäneD^sainkeit,  steUte  sie  mittelst  des  13.  Oj^r 
ganiEfsrtion&*£4|cAes : vom  13.  I^ailSOS  wieder  her,  und  er- 
effnete  4hr  n^ue  und  oreicbe  LebensqueUep ,  jjadem  er  ihr 
eJAe-  jäi&rli^he  Suo^me  vop  (40,000  fl.  zuwies ,  welche  bald 
niO!Gt^  bedeu^eod  erhö]^  .wurde.  Zugleich  gab  er  ihr  eiuß 
den  bQhere»  A^nlordf^rung^  des  m\ie^  Jahrbunclerte  eiMr 
^reohende  Ejoripl^tomg^  sich  selbst  j^bßi:  erklärte  (Orgr 
£d.  Pos..  30*)  der  erhaltene  Kensier  imci  Förderer,  der 
.Wifi^sewdniltiuqd  (plinste  sJsRe(;tw, (dieser,  hoben  Land^ 
iM^ule  \md  zwa^.  .mjiilf. fol^ende^  Worten:. 

'      »R^ctor  d^r  üniven^tät ^i^lleil  Wir  ädbst  «ein,  «ind  üi^rn 
tNtehfolgem  im'  der  Eür  diese  "Wüideliuiteriasseiij  nitbin  ist 

rectQr,  der  »A.Uus^r  S^|;f;  diß.  Direktipik  der  ganzen  i^rjista^t 

'  .4t)  üßlbi^  ^e4ir4)Rin|E^Ueea'  2k|8^iid  td^r  ITimyi^rsfttät  wd  d^e» 
/^ixH?f|l^MA|;  'yei||^|,.L%fii,p^(^^iuB  41m94iac^i d.  I^mv.  .Heidelberg  a. 
d.i.'  1813,  S.  18.  19  und  ßi'ttenberg'er,  die  TJniv.  Heidelb'.  i.  i. 

1804.  S.  9  ff.  -        -    

.  .^  !Pailth,>]>«  UleHft  a^pvinoqiihas -iBMatiub'bctiaprimis  a 
.e«9«10^]?«ideldQO'adBBiaiifeii  laOd-.  Adkariiiiajiimvüi  «^oti&BMi'iMiE^ 
JHMrian  Gas^li  JT^Merici«  «n^ii.yoMvBtpiertatt  ffafadpahMüs  .Auwriinitifft 
iRnpcrto^Cau^ia'  ISll.  jißau^,  Bt:  majeätabe  iu  Caitolo  Fridenioo, 
tel  iaivins  iet&ßt)  coiitfpjqiMi..iail;i  dktefgpDeCl^ffoli)  ^rid«dc«, 
Principe  Ghristiano.  1828.  l  -  r 


12  BMHifunff,    i:  AbHhniit. 

,  nick  den  ¥oii  Uns  :ergehe]idäi  "^eroidiioiilKen  zu  Mten.  und  m 
.  beleben  habe..  Der  Proxect^r.  ist,,  fto.lai^ge  er  imjAm^^  stehefe, 
unter  allep  in  Seidelber^^  a^geste^te^.  Dienern»  .^eichen  holderen 
Personal  -  Rang  sie  auch  haben,  der  Erste:  ist.  YorsteUer  des 
Senats,.  Haupt  des  academischen  Gerichts  und  Pölizeiricliter 
der  Universität.«  .     '      .  ^. 

Garl  Friedrich  ^rd  dahcfr  tfiit  völleiA  BMiise  ftlb 
der  zweite  Stifter  der  Ünitersitat  verehrt  und  mit  Vollem 
ilechte  nennt  -sie  sich  Ruprecht-Oarls^üniversität  (Rtip^rto^ 
Carda).  .     :  '  ' 

In  Kurzem  erreichte  sie  durch  die  aus  verischiedenen 
Staaten  Deutschlands  berufenen  Gelehrten  wieiiel:  ihren 
früheren  Ruhm  und  ihr  vormaliges  Ansehen.  Was  sie 
seit  dieser  grossen  Restauration  gelöistet  hat,'  ist  zu  be- 
kannt, als  dass  es  einer  weiteren  Ausführung  bedürfte. 

Seit  ihrer  von  Carl  Friedrich  immer  mehr  er- 
weiterten und  verbesserten  Einrichtung,  geschirmt  und  fn 
jeder  Weise  unterstützt  durch  HCchstdesseh  edlen  SAb, 
Grossherzog  Leopold^)  und  durch  Höchstdessen'  e^häi- 
benen  Enkel,  unsem  durchlauchtigsten  Grossherzog  Friede 
rieh,  welche  beide  als  ihre  damaligen  Zöglinge  (1809  — 
1811  und  1843—1845)  ihr  Stolz  und  ihre  Zierde  gewesen 
sind  und  immerdar  bleiben  werden,  glänzt  diese  Lieblingis- 
schöpfung  Carl  Fried  rieh 's,  unsere  ältehrwürdig^ 
Ruperto-Carola ,  jetzt  wieder  so,  wie  in  den  früheren 
Perioden  ihrer  höchsten  Blüthe,  als  ^  eine  weithin  strahlende 
Perle  in  der  Krone  der  deutschen  Hochschulen,  indein  sie 
durcli  die  fürstliche  Huld  unseres  Grossherzogs  Friedrich 
in  allen  Zweigen  des  Wissens  einen  Kreis  von  Lehrern 
und  Schriftstellern  erster  Gröisse  mit'  dem  Besitze  reicher 
wissenschaftlicher  Institute',    Apparate  '  uiid  Sammlungen 


>'€l  Die  'hcditii  Vardäeuitte  'des  Gronliekzoiffti  Leopold  um  die 
4UT«nBt&t  tibidlin  :w0rdBg8t«p>Weiil«  ^gesdiildertvoBZeHri^Parei^ 
«täUft  saera  Leopoldi,  Magni  IHicli(]padanuii,icel«btfatfdasc  'ete.  «lA 
.^ii'  Schenkel  'Und'.UIlmann  .In*  den  vdn  ilmto"  gehahooeii 
.»Tmüerrede»  auf^  deir  6trol Aers^  L«iOipi»>dToir  Baden«  {HeiMlb', 

1862).  •"•-'''       •       ':■':    «i    '   •>  '.UV  .1 


Unimmm  Hn»Mm^,\  13 

yarbindet  und  eine  immer  segensreichere  moid  grossartigere 
Wirksamteit  nicht  nur  für  alle,  auch  die  entferntesten 
Theile  des  deutschen  Vaterlandes,  sondern  auch  für  sehr 
viele  Theile  des  Auslandes  entfaltet 

Jede  Erscheinung  d^  Oegmwart  aber  wird  uns  erst 
durch  den  Bückblick  littFili^ä  fent^ckdung  von  dem  Augen- 
l#^^e,flai(S;B0$ij9^s«fg;1tic«mr|m^  Wesep  eirkp^ 
bar,  welchen  ^üicld;^Uc}i^,yns  aber  pur  ^ine  auii. achten  und 
glaubwürdigen  Quellen  'gesctiöpfte  Geschichte  derselben 
gewähren  kann.  . }   .^ 

Von  diesem  Standpunkte  aus  betrachtet,  ist  also  eine 
aus  grösstep  Theils  noch  ungedruckten  Acten  und  tfrkun- 
den  bearbeitete^  -  Geschichte  einer  dei'  etsteü  und  ausge* 
zeichnetsten  Hochschulen  Deutschlands  nicht  nur  fiir  die 
inncare  Geqic^ehte  -  iin^er^s .  yaterlan4e^  wichtig,,  sondern 
sie  eröSlpet^..wc^,tn  aUi^q  ib^j^n  fSnxiphtungen  mei^wür-j 
cyige  u&jd  .ti^ef  .ei|adfipg^d^,£!]jic)(e  in  da^.infer^te  Weseij^ 
^  .<|^t3/;li(^  ,Pqcl)^u^.  ifsx  Mittelalter  ,und  in  .  i^rei) 
\iQ\>&ß^m^,,^z\xp^xi^fi^^,,}v^  u^id  bietet zi^- 

gieicji  :(^ea  . zi|yp??J|lppigeiQ  §fJ4(tes4:?u^  Ejckenntniss  d^ 
Geg!^wart;/Un4  .iJpB:e;r  .l^pd^ujben4§^?i,  geistigeu  Birungeiir; 

schafte^f-^Ftr.!;  '-^ji  .,'  },..'<  •:  :.r;-i  "  '•  .;.  .•  :u  .  .' 
,     .  Bbe  ^ii; ,  äedpijh  jauf .  die  j  JD^ßtellung,  der  inneren  und 

l^usa^pH ;  firesqbiplite  ,iin^f er  Hpcjjißch.ulp,  w^che  durcb  die 
ste^^^qft'Wört^(ie  iMj^tb^  UBiS^u.,G;ebote [Staben- 

den, .urkjuftipii^  TM\^  ,dßn,  yoUejU  .wkJ  d^piernd^n  Aus-r 
din^df:  i^e^j,W^h^t,,<^hä]tt,,Äberge^  .ui»d;pin§  InhallS:. 
schwere  .Yp^gangeirfißit ;  vor ^ .  ^^  , AiUgen  des  J^esc^auera^ 
ycfli^iübqr  ;l]^hxß%  jyerqucjhen  Jf^u  ^^ ;  um  ein  gründ^ipbes.Ver-» 
sl^diH^'.pin^^cb^t.  ZU: erleichtern,!  die  .Zeit,^  y^  ^welph^  die 
Gründuitgii^^  üpivi^rsitat  He^elberg  fälltj,  yorj^er  in  den 
f^Ogead^ft .i^bscta4ttfi^  , im»  ;Aj?gemefnQn  ?u,.^ß9hil^f^ . . ppd 
zwiur  po(Wohl,^W;  35l*?i6^iW^  i^  ,die: politischen,  al&.ajUQhj 
auf  ,di^  bfl^pnderen  kiychUchep jin^  wisseA5chaftiichen,Ye^- 
häJ^isße.der^.I^beinHfafc^^^      ,.:    -    .    /    .;^,..:'[       .,;•.. 

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FoUtische  Züst&nde  de^  Rhe^pfftlz  M 
13.  und,  14:  ^fährhiindert.  " 

§.4. 
Pfalzgrafen  und  Kurfürsten  um  *  wwc?   zur   Zeit    der 
.  Gründung  der  Universität  Seidelberg.     Vertrag 
:      .         ...     m  Pasia, 

^  fti  der  Zeit,  in  welche  die  '6¥öii*ing  der  ÜÄlveröität 
ffeiddberg  fSllt,  waren  die'  Pftitegitfeti  RuBolpb  n., 
Ruprecht  1  und'  Ruprecht -ff.  iöÄeniBesitee  der* 
Äheitipfalz,  in  Welchen  sie  durck  den  Vertrag  von  PaviÄ 
(1S2Ö)  gesetzt  wurden:  Kurfürst  LudWiglli,  der  Bö^ge,' 
Pfälzgräf  hei  Rhein  und  Herisbg  vcln'fiäyfehi,^war  nänrfH*^ 
Uli  Jähre  1294  gestorben.  Er  htnteriiesg!  zwei  ßöhtte/ 
Rudolph  L,  den  Pfalzer  und  Ludwig  den  Bayer,  die 
nächraäligeh  Stammväter  des  •  Hatisös  Pftite  und -des^  Hauses 
Bayern.  Ludwig  war  noch  nihmünfflg,  R,  ü  d  0 1  p  h '  fei*Mel(? 
daher  die  Regiehing  tfter  das  gesaiiimte  Bäyerisch-PflilzisÄe^ 
Frbe,  doch  sollte'  diefees,  da'  dsls  firöt^eburtisrecht '  dämil* 
nötJh  kbine  Geltung  ha:tt€r,  in  dfer  Weis6  gethfeilt  WeiNieA',' 
dass  Rudolph,  der  Stauffliler,  die'Pftüte,  Lud^^wig  abef' 
Baj^erti  erltaJten  sollte.  Später  wurde  liUdwig  Miti-egent/- 
Da' aber  Rudolph  L  bei  der  WiM  des  deufafcheh  E^ 
sers  (1314)  nidit  seinem  Bruder,  sondtem  detn'  Herioge^ 
i^'ri e d ri ch Von Oes tefr^ichdie  Stitnme  gab, auch* später 
Oesllerreich  g^gen  seinen  Bhidi^'^^tei^sitiftrt^; 'sd^'füfcrte 
diesiBS  unter  den  beiden  Brtidehi  Zwiespalt  und  zuleti^* 
offenen  Kampf  herbei,  welcher  datnit  endige,  dass  fifiM 
dolph  L  1317  semem  Bruder,  der  dennoch  1314  zum 


PdliUsehe  ZusUMU  «for>  ^^fifi^  m  S8.  u.  14.  Jährh.     15 

deolscbeB  Kais^  gevräiitt  worden  i«är,  fAch  unter^i^rfeff 
tind  seine  Länder  abtreten  musstl^  -  Darc^nf  fohlte  er 
ein  unstätes  Leben,  flüchtete  sich  wahrscheinlich  nach 
Oesterreich  nnd  starb  1319^  in  der  Verbannung. 

RudolphhintetfiessdraiäiHinft:  Adolph,  Kudolph  n. 
und  Rnprecht  1. 

Ludwig,  als  deutscher  Kaiser  der  Vierte  dieses 
Namens,  hatte  sich  in  den  Besitz  'der  von  seinem  Bruder 
abgetretenen  Länder  gesetzt  Rudolph's  Familie  sah 
aber  ^  mit  Recht  diese  Abtretung  des  Rudolphischen  Ber 
Sitzes  als  eine  erzwungene  an  i^i^d  machte  wiederholt  ihr^ 
Ansprüche  auf  des  Vaters  Erbe  geltend;  allein  erst  im 
Jahre  1329  gab  Ludwig  IV;  nach  und  entschloss  sich 
zu  einer  Theilung.  Dieses  geschah  in ,  dena  oben  schon 
genannten  Vertrage  zu  Pavia^),  .... 

In  das.  väterlich^  Erbe  trjitep  »un|Rudolp|i  11.  unij 
Ruprecht  I.  ein  %  so  wie  auch  Ruprei^ht  H.    Dieser 


44. 


■  '  > 

7)  Hausser;  Gesct  d.  rliem.  t>falz  ß.  I  g/ 110.  126.  147  ff.' 

8)  Von  dieser  Zeit  an  '<13i9)wir  dfer  Hof  *ü  Hieldelberg.  Der 
Herzog  von  Schwaben,  Cbti]faa'3iroü-Bolh^A4baa^feii,'  batte  iiaeH 
dem  Tode  des  Pfalzgrafen  Hermaun  von  Stahleck  von  seinem 
Bruder,  dem  Kaiser  Friedrich  L,  (1156)  die  Pfalzgräfliche  Wttrde 
erhaben  nnd' war  Von  dem  Bi^Hhöf  Von  Worms  mit  der  Pfalzgrieir- 
schaffc  des  Lotrdöngaües"  bdehnt  word^'i'  (Bäder,  Badenia  1858 
B:  829):  Er  verlegte  tenen  *Wohii8ltz'  Von  'Bächarach  nach  HeideT- 
böfgi  welches  damals  hith^  weiter  als  eik  Dorf  odei*  kleiner  Flecken 
war,  und  zwar  in  di^  über  der  Stadt  Änf  dem  kleinen  Gaisberge 
gelegene  Burg.  Er  starb  1195  nnd'  i^ufde'  der  Gründer  des  Pfälzi- 
schen ^aJtes  tind  der  faaciUerigen  Hoheit  und  lÄacht  d^rPfalz^ 
grafen'bteiilhein.  Seine  Kttchfolger  hieltön  sich'  nicht  gerne  m  det 
aH^n  Burg  ani^'  da  sfe,  i!2t8  abgebrannt,  auch  nach  ihrem  Wieder- 
aiifi>an  nicht  ftn  besten  Zustande  war.  So  weilte  Rudolph  l! 
lieber  Inder  S  Stunden  von  Heidelberg^iiit^ernten  jBurg  Wiesloch 
und  sein  Sohn  Adolph  in  Oggersheim,  iias  er  mit  Mauer|i  umgab 
xM  'mit  'Btädtgei'Äjhtigkeit  beschenkte"  (Itfündter/'Co^^ogr,  V. 
U;  Tt^  TLiä  ^in  Keifetädt  a.  '*.  H:  ^Doph^  legte  Rudolph  t  ;äen 
Gnmtf  iü'  dem' nettetf' Schfosffe  aiif  dänl  iiniet  'i'em  kleinen  Gaiä- 
bwgto  ^el4<^nen^tkd*'nkW  flbet  ^aei^;St;äat'fiei*^^^  etnporsteigen- 
den  Jettenbühl.    Schon  1308  soll  def  feai  di^sös  SchloSseiB  '^a  Wfeit 


16      ■  ■■        v^iWei«*«^.  Äj«*fciW(.- ■'      ^'..■■■■.-•^ 

war:  der,<Sid)ii  Adolpiii'»,  ««Icbcir,  zwei  >fobrä  imr!  dieser 
TheÜiiÄg'i(132'i0^8tOTl»n  war.    ..  :■:   ^  i  ;.!   ■.    ■     !■ 

Die  Länder,  welche  dur^h  den  genanDten  Vertrag 
den  drei  Pfalzgrafen  zugef^leii  waren,  biMeten  von  nun 
an  Jahrhunderte  '  k.ng  mit  unbedeutenäen  Veränderungen 
das  Pfälzische  Gebiei.  fe  bestaäd  aus  drei  yerscbie- 
deneA  Eleinenteti',  näAilic^  aus  dem  alten  Ffalzgräflicbeii 
Gebiete  ain  Kiede^-ßbein,,  das  schon  Hermann  von 
Stahleek  besessen  hattet'  dann  aus  dein  neu  erworbened 
Gute  am  Neckar  Und'am  Mittel-RÜein,  dessen  erate  An- 
fänge sieb'  auf' Conrad  ton  Sohebstaufen  zurück^ 
führen  lassen,  und  endlich  aus  den  Gätem  in  Schwaben, 
weichte  Ludwig  Ü,  *)  von  dem  letzten  Sprösslinge  des 
Schwäbischen  Käisöthauieä  erworben  hatte.  '      ;  ■ 

Als  der  Vertrag  zu  Pavia  (1329)  geschlossen- wurde, 
war  Pfalzgraf,  .Rudolph  ,p.,  der^  Blinde^ebc)ren  am 
8.  August  130^},  23  Jalire,,  Eupfecht  t,  der  Eothe 
(geboren  am  9.  Jufii  1^309),  20 1 Jahre  alt. 


YOrge schritten  gewesen  se)n^,  cUbe.  es  bewohut,  ^erden  kODVt&.  In 
einer  Urkunde  wird  e&  aujoirersten  MiJel329  erwäintj.  .Es  wurde 
nun  der  Herrschersitz  der  ^faUgrafen,  ,die  alt«  Bi^rg  aber  von  nati 
an  ttber  200  Jahre  zur,  Aiifbewahrvng  xcai  KnegsbedQrfnip^en  b^ 
nntzt.-bifi  sie  1537  auf  eine  l'un^htb^e  Weise  dutcb.Tom.BIitz^ 
entzündetes  Pulver  gänzlich  serotört  wqrde.  Jetzt  sind  jiitiht  eior 
mal  mehr  Trümmer ,  von.  ihr  übrig.  ,Au(.der  Stelle  der  Burg  wurde 
1851  das  Molkenlcurhaus  erbaut.  —  Eine  treffliche  Schild^cuog.dei 
Zerstümng  der  aUou  Burg  gibt  MiCfUus  in  Beinen  >Sflvffi< 
p,  216-228.  Mezff'r^  Bescli;.  d.  Heidelb., SchlosMs'  S.  5.,106.  ,107.' 
Ausfahrlichercs  llbor  Cg^^rad  und  Hbef  die  alte  Burg  s.  in  luiBerQr 
Gesch.  d.  Neckarschule. '(i^eidelb..  1849),  S.  Sj  ,ff.       ,    ,,  .      ,'■ 

8)  Ludwig  U,,  d^r  ^treifgß.  zugepaiwt,  ynu  4^t,ei^  flai^- 
graf  bei  Rhein,  welcher.  (13.  ^pril-X2^)  .auf  dem  alten  Ber^ii^ossq 
EU  Heidelberg  geboreu  j^u^e.  £r  starb  aucb  am  3.  Februar  1294 
in  demselben  Gemach?,^  fa  w^lcbeQ)  ^r  daa  Lif:ht  4er  W^t  erbtickt«. 
Parei,  hiat.  Bav.-riJ^i,  ^.\lij.,,  ,:  ■  ,.,..■:  -     '■■  ,  ,i"   , 


Pcmaehe  Zustäfide  der  Eheingfdl»  im  13,  «.  14.  Jahrh.    17 

Bis  am  Jahre  1S36  regierten  die  beiden  BrOder 
gemeinsehaftlich  und  ihr  Neffe,  Buprecht  n.,  der  Harte, 
wurde,  da  er  bei  dem  Abschliesscn  des  Pavia'schen  Ver* 
träges  erst  i  Jahre  (geboren  am  12.  Mai  132ö)  z&hlte, 
von  der  Begierong  ausgeaohlosBra.  Im  Jahre  1338  nahmen 
sie  dne  Theiluog  vor,  durdi  welche  an  Budolph  IL 
der  grössere  Theil  der  Bheinpfalz  und  von  den  ober- 
pfalzischen  Besitzungen  Eschenbach,  Frankenberg,  Haus- 
eck,  Hertenstein,  Hippoltstein ,  Lauf,  Lichteneck,  Neiden- 
stein, P^piitz,  Plech,  Beicheneck,  Bosenberg,  Sulzbach, 
Thumdorf  und  Werdenstein  fiel;  das  Uebrige  erhielten 
die  beiden  BuprechtLu.n.,  Oheim  und  Neffe,  gemeinsam. 
Letzterer  scheint  sich  schon  frühe  in  die  Oberpüalz  zu- 
rflckgezogm  und  seinen  Sitz  in  Amberg,  der  Hauptstadt 
dieses  Landestheiles,  genommen  zu  haben. 

§a  . 

Kurßrst  Rudolph  IL  und  dessen  Verkäliniss  zu 

Kaiser  Ludwig  IV. 

Die  Eurwürde  war  gemeinschaftlicher  Besitz  des 
Wittelsbacber  Hauses,  aber  dk  Führung  der  Kurstimme 
ward  Budolph  11.  als  dem  ältesten  des  Bheiniscben 
Zweiges  überlassen  und  auch  zu^eich  für  die  Zukunft 
festgesetzt,  dass,  »so  viele  auch  Pfalzgrafen  am 
Bhein  seien  oder  sich  dafür  halten  mögen,  doch 
nur  ein  einziger  die  Eurstimme  wirklich  führen 
dürfe«  lo). 

Budolph  II.  bewies  bei  jeder  Gelegenheit  grosse 
Anhänglichkeit  an  seinen  Oheim,  den  Kaiser  Ludwig  IV.» 
wofür  dieser  ihm  sehr  gewogen  war,  dessen  Besitzungen 
in  seineu  besondem  Schutz  nahm  und,  ihn  wie  seinen 
eigenen  Sohn  betrachten  zu  wollen,  erklärte.  Nicht  ,so  war 
es  mit  Buprecht  I.    Er  stand  bereits  von  Jugend  auf 


io)  Tolner,  Cod.  dipl  p.  85. 
Hantz,  Gesch.  d  Univ.  Heidelb.  I. 


seinedi  Obüua:  wäiiigepisailsev  citnl^  e»*'lst  idMAt  mwahr- 
^hftinliob,  er  habe  >SG)iO]ii  bei  der  Terdnigüiigäes- «äddter- 
bayerisfiäezi  £vbts  intur  mgerti  ge^tiuwiegeb.  IMe  %)aiinvfig 
zidfidhen  .Mdiniv.  däiierto  bisi  mm;  JaUrd-  J34l^/  vre^  ^teif 
Kaiaeri.  w>etGher  bei- deti  dsMDal^gim'poMsßhen' V^läl^ 
säinen  'Neffen  sieht  zum  Gbegder .  haben  *  m^telkle ,  idurch 
IvettndlJclLes  BenAaDnen  die»  Hand  i zum.  Fiäecten  bot  and 
diesd!  von  B^pTecht  L  auch  ao^enommiett  murde. 
-.  Jetzt  hatte  det  Kaiser, -wie  fi^liei^  an  Rudolph  IL, 
aö>aiuih  an  Ruprecht  1  einen  treuen  Anfa&i^ei,  dezm 
als  soldie' bewiesen  och  beide  Brüder,  besonders  da»  auf 
dafi  Betreiben,  des  Papstes  Glämens  VI:;  1348  der  Mark- 
graf. Carl  Ton  Mähren,  der  Sohn  Johann 's  ron 
RöJaiBi.en9  zn  'Rense''al9  Gegenkönig  gewählt  frordei  Ob-* 
gleich  der  Papst  Alles  aufbot^  die  beüen  Pfedegrafen-  zu 
gewinnen,  blieben  sie  doch  dem  Oheim  treu  und  trugen 
dadurch  nicht  wenig  dazu  bei,  dass  auf  dem  Reichstage 
in  Speyer  die  W41I4  Carls  {Qdr  recibtiwidrig  erldäift  wurde. 
Erst,  als  Ludwig'IV..(1347)x  gestorben  war  ^^),  gewann 
die  Stellung  seines  bisherigen  Gegners  eine  politische 
Bedeutung.  •:  .      ^   = 

Nach^  Ludwig  wurde  Eduard  ID.  (134&)  zum 
deutschen  Könige  gewählt,  tind  als  dieser  die  Wahl  ab- 
gdehnfe hatte,  fiel  äie  (1349)a*f  Gürithet  ton  Schwarz^ 
bürg,  einen  biedern  und  tapferen  thüringischen  Ritter. 
fis  wurde  ihm  Treue  geschworen  und=  namentlich  audi 
von  den  Pfälzischen  Fürstseü.  Nun  sdhien  dieser  neue 
König  dem  in  Rense  gewählten  Carl  IV.  geföhrlich  zu 
Werden,  als  plötzKch  ein  unerwartetes  Ereigniss  eintrat. 
Rudolphen,  vermählte  nämlich,  von  seinem  Vortheüe 
geleitet,  seine  einzige  Tochter  Anna  mit  letzterem; 
Günther  sah  nun  die  Freundschaft  seiner  Partei  ei^- 


lA)  lieber  Ludwig  IV.  vergL  Mannert,  Kaker  Ludwig  IV. 
Landshut  1812.  Schlett,  Biographie  von  Kaiser  Ludwig  dem 
Bayer.  Sulzbach  1822.  Kortüm,  Gesch.  d.  Mittelalt.  B.  H. 
S.  302  ff.  .  . 


PoUHsche  Zustände  4er  Bh^jpfia»  i9k  1$,  u.  14.  Jährh.    ig 

kalten,  auch  Ludwig  t^n  Brau de^nb arg:  M  ^onihmf 
ab^  und  so  blieb  äim  endUkhuidyts' änderet  übrig,  als  milf 
seinem  Gegner  eibea*  ebrenrötlen  ¥erlrag  ibKoschfiesseh,' 
was  er  auch.  (1649)  tb»t,"aber  häli  dafftüf,  hoch  hi  dem- 
selben Jahre  **),  starb!  •  Jlet2rt;'  »erst' würde  Carl  IV.  voa- 
allen  Fürsten  ate  Regtot' «niB^kannit  und,  nachdem'  er  sidi 
dner  neuen  Wahl  tintevzo^etf  Mite;  itf '' AacÜen  geloröiit.' 

Auch  Pfakgraf  Ruprechlf  L  scbHo^n  ' sich  seitdeM' 
auf  das  Engste  an  denselben  an,  der  auch  grosses  Ver^ 
tnuien  auf  An  setste '  unil'  siich  seiner  später  in^  sehr  wich- 
tigen Oeschftfteni  bediente; 

Im  Jahre  1353  staifb  Hudolph  II.,  47  Jahre  alt, 
in  Neustadt  a^  d.  H.^  wdhin  er  sich  schon  mehrere  Jahre 
vor  seinem  Tode  zmUcfrgeKo^n  hatte.  Dazu  wurde  et* 
durch  körperliche  Schwäche  veranlasi^t;  atlch  ist  es  nicht 
unwahrscheinlich,  dass  er  2Um  Theil  oder  Töllig  erblindet 
war,  weshalb  er  auch  mit  dem  Beinamen  »der  Blinde« 
bezeichnet  wird,  und  so  besorgte  denn  Ruprecht  I. 
schon  ^ähfend  der  letzten  L'ebecvsjahrö  seities  Bruders' 
die  R^erungsgeschäfte  **> 

■'•§4.  •      • 

Kurfürst  Ruprecht  L  und  dessen   Verhältniss  zu 
Kais'er  Carl  IV.     Goldene  Bulle. 

Nach  Rudolph's  II.  Tode  hätte  eigentlich  Rup- 
recht IL  als  der  Sprössling  des  ältesten  der  drei  Söhne 
Rudolph's  I.  in  der  Regierung  folgen  sollen,  allein 
vermöge  eines  13Ö3  abgeschlossenen  Vertrags  erkannte 
Ruprecht  IL  seinen  Oheim  als  Regenten  der  Pfaleischen 


12D  Günther,  welchem  eine  Leibrente  von  20,000  Mark  Silbers 
beBehieden  war,  wurde  von  dem  Arzte  Frey  tag  vergiftet,  welcher 
wahrscheinlich  durch  den  Erzbischof  von  Mainz,  Gerlach  von 
Nassau,  erkauft  war.  Hoff  mann,  Günther  von  Schwarzburg. 
Rodolst  1819.    Eortüm,  Gesch.  d.  Mittelalt.  B.  IT.  8.  824. 

13)  Haus B er,  S.  157  ff. 

2* 


20  fHnkfitimg.    2,  ÄbauhmU, 

Lande  an,  welchen  durch  den  dem  Pfalzgrafen  RuprechtL 
befreundeten  Kaiser  vermittelten  Vertrag  letzterer  audi 
1356  bestätigte.  In  demselben  wurde  bestimmt,  Eup- 
recht  IL  solle  seinem  Oheim  nach  desiäen  Tode  m  der 
Kurwürde  folgen,  sterbe  aber  der  Neffe  vor  dem  Oheim, 
so  sei  dieser  dessen  Erbe,  Unmündige  aber,  welche  der 
Eine  oder  der  Andere  hinterlassen  würde,  sollten  bis 
zum  18.  Jahre  unter  der  Vormundschaft  des  überlebenden 
Theiles  stehen. 

Alles,  was  in  der  nächste  Zeit  Bedeut^ides  geschah, 
hing  von  dem  innigen  Verhältnisse  des  Kaisers  Carl  IV. 
und  des  Kurfürsten  Ruprecht  I.  ab,  und  bezog  sich 
auf  die  .bestimmtere  Feststellung  des  politischen  Vorranges 
der  Pfälzischen  Kurwürde.  Zunächst  wurde  jeder  Anspruch 
Bayerns  an  diese  Würde  stillschweigend  entfernt,  da 
Carl  IV.  durch  öffentliche  Decrete  Ruprecht  I.  als 
einz^en  Kurfürst^  von  der  Pfalz  bestätigte.  Noch  mehr 
a,ber  geschah  1356  durch  das  Reicbsgesetz  jenes  Kaisers, 
das,  bekannt  unter  dem  Namen  der  ^»Goldenen  Bulle», 
Jahrhunderte  lang  die  wichtigste  Coiastitution  für  die 
Reichsverhältnisse  Deutschlands  geblieben  ist.  Durch 
dieses  Gesetz  wurden  die  Bestimmungen  des  Vertrages 
von  Pavia  aufgehoben,  die  Kurwürde  für  untheilbares 
Eigenthum  der  Pfalzgrafen  bei  Rhein  erklärt  und  damit 
zugleich  der  langjährige  Streit  zwischen  der  altem  und 
jungem  Linie  des  Hauses  Witteisbach,  welche  von 
beiden  nämlich  ein  näheres  Recht  dazu  habe,  ent- 
schieden ^*). 

Bei  dem  freundschaltliöhen  Verhältnisse  des  Kaisers 
zu  dem  Kurfürsten  erneuerte  jener  (1354)  für  seinen 
Zug  nach  Italien  den  alten  Brauch  und  emannte  densel- 
ben zum  Reichsverwesejr,  wodurch  er  zugleich  in  Rup- 
rechts I.  Hände   die  Handhabung    der   Ordnung,    die 


U)  Tolner,  Cod.  dipl.  p.  90.91.    Böttiger,  Geach.  Bayerns 
S.  145  flF. 


I 

i 


PöUtimshe  Zustände  «ier  WktmgfiOM  im  13.  u.  14.  Jäkrh.    21 

hö(Me  Gevichtsbarkeit,  die  AbskeDüng  ungerediter  ZOUe 
IL  8.  w.  legte,  imd  sp&ter  wurde  dieses  Vorrecht  der 
PfUflsdien  EurfiQrsteii  als  Bekhsverweser  durdi  die 
Bestinmimigeii  der  rerluii  «agefftbrten  goldenen  Bulle  als 
Qes^  anerkaittt  ^^). 

§  5. 
Die  JRheinpfyh   m    VerhältmBS  m   den  damoHffm 
polnischen  Zuständen  Deutsehlands.    König    Wenzel. 
Reichstag  zu  Eger.    Allgemeiner  Landfriede. 

Betrachten  ynt  Bun  die  allgcriieiiiea  politisdien  Zch 
stände  Deutschlands,  so  finden  wir,  dass,  wihrenld GarllV. 
seinen  ErUanden  eine  treffliche  V^^ältung  zu  Theil 
werden  Hess  ^^,  sich  Deutschland  unter  ihm  in  Anarchie 
und  Vielherrschaft  auflöste  ^^.  Sem  Bestreben,  durch  Ver- 
kOndigung  des  Landfriedens^  (1368)-  die  Ordnimg  su  er- 
halten, war  Tergeblick.  Die  kaiserliche  Jiiacht.  konnte 
solche  Bestimmungen  nioht  krSftig  durchlührok  Das 
14.  Jahrhundert  war  die  Btttheizeit  der  Städte,  sowie 
auch  der  Ritterflchalt  in.  Frantenund  Schwaben.  Damals 
hoben  irlch  die  ^ahlreitiben^  Stftdte.  jener  Gegenden  zu  vSlr 
liger.  BeiehsunmitteHiarkQit  md  die  Kttergesdüeohter 
standen  ihnen  loerin  inicht  nach. 

Dtturoh  oSenliftre  £rkaufiuig  der  Kuratimtnen.  brachte 
es  Carl  daibfui' dass  sma  Sohn  .Wendel  liegen  eiae  Ber 

stimmudgr^dbr, goldenen  Butte  1376:  mm  deutschen  König 

,  *■     »  *     • .    ■ 

15)  Acta  AcadM.'  ThoJdd^lro-Piiatlii»  T  Yl.  «{>.  851  ff.  Aurea 
iNÜla  bd  Dnn^oiift  ^ajp^-S.    T^oUiei;».,]^.  90i.  9a,    : 

16)  Er  ü]i)t6  umerhalb  Böhmens,  dem  er  im  ein  Yater  Yorstaiid, 
strenge  imd  unparteiische  Rechtspflege,  hörte  und  entschied  per- 
s^^nHch  die 'Klagen  tteirBedr&ikgteii  Stnndte  laiig  Wr'*dem  nntem 
Thore  des  Prager  Schlosses;  er  war  einem  Jeden,  besonders  aber 
den  Armen,  Wittwen  und  Waisen  snginglich  and  worde  durch  keine 
Ansprache  der  Qt^btat  ondi  des'  Bbicttthiiml  foni  BdchsCab^ii  des 
«iesetMafageieikl    Boittm,  B.U.  «.606. 

17)  S^UoisMf  Oesttk  d.  li.  «l  16:'Ja&frh..&  4lflJ 


j^  .     /f;Me«ii|f >  JT,  utiNi(Mit 


%  *    i'*  \ 


..  »v 


•ßcÄnea  YMeys  4i«.  Städte /amlihmi^bdsui^hte,  uid  ^i^h 
^Qldigf^a.  i^u  isismn^  /hielte  sich  letskearw  ilni .  Heidi^Uk^l  iMf, 
,3ffs$lmeod  af»ii  3abix;diftlBuid(i^^ 
gegen  nahm  ^^.  Hatte  nun  Carl  seine  rKfoKeDwirde-ifadt 
nur  dazu  benützt,  um  seines  Hauses  Macht  zu  begründen 
und  war  ihm  das  deutsche  Eeich  stets  nur  von  unterge- 
^(>r^6t^r  Be4^tu]|g  g«9^w^  .^^),l  so«k<Unperte;sM^  de0£lö^ 
ßohn  fas^^;g;^,\nichj^,jjfl^.u^  ,^eg«t.ip 

Böhmen,  als  ^  (despotischer)!  grausamer  .Macht^abep  auf, 
der  sich  sowohl  durch  Willkür  und  Leidenschaftlichkeit 
Ti^hosst,  lals  attehi  Mdanih  Trunkstcht^  und^  iSdiw4lgerei 
.ver&chUiöh'^BKWhte;-  ••  .'•'!>'  ^'  •'  ••:•  *-•  •"'  '*'  •"■'•■'''  ' ''  -  - 
:  S0:^tieg!'die  ¥ejrwinmüg  immer  mciiriflid  die  Läge 
der Dtmgeiiwurde  BOibedenklich,  die SÜmmungin eifizelneii 
-Theilän  Süd-Deiltsehlttdiä  so  geiflähidfohend,  dass  '  die 
4>e«iide  der:  Ordoung  ^ehislUish  besorgt < >nmid0ii.  ^  IM: 
^l^jälHrigB  Eurfüist'  üupreelit  Lv  ^^ ' ^^'  allgemeinb 
Wohl  fiodb !  liinmer  thfttig,  ^er^flsst0  (136^  ein«  Botschaft 
m  Wefisel,  um  diedeni  i^-  thtttigcntim  BiHfittUf eitbn  ^za 
"i^emdiussan;  auch  lenriahtitra  Bäy^iBOhe^iiScbwälb&ctae 
und  a^^änkisohe  FtMten'  und  Stüfttb  i(i4)87>)  zu  M^gent- 
h0im  dine  LanaMedensiAilgulig  j  t^fekhe^  i^  ä*  Utesl^ 
gehandhabt  wurde,  dass  ftdhon'iffl  ffolgeoiieii  JiUi^e  ^ifoter 
Ihnen  der  heillggtd  KHeg  MfiMiMih;^  In  ittesäm^e^^ 
-AU  Mmmsdkeü  mMt' äsmb  de&^  Grafenf^filbktiard  >y<m 
Wür(itdfflberg)  'Mw^fichw^  NiiB&eiligi^'lbdi  i'^lßiigffl ün 
der  Nähe  von  Weil  (25.  August  1388).  Am  Bbän-nahm^ 
iäß  StiäiB  Fxfudofmty  :lllUm^rmAW(^^  aiordem 

Streite  der  Bis<fi(^-  noa  Weites  uod  'MataK  mit  ä^ 
teur^r^ten'/ ^d  !hr6,  Sch'aai^en  zp^en 'jMndenld  ^^^ 

.Wifejt^niÄ.  div^^      gmmßW:W^  i4w 

19)  Man  nannte .dto  .tatta»  AtmiY^Ur  Bitoiffi>;ntti:84ial- 
Tater  des  Bd6hjtt..i^l8ri.iJftiBDiiieUidefiita^MGefdii'8i  l^c 


-"■    .1 


linken  Rheinofer.  Da  ging  des  Eulfarsten  Neffe  Rup- 
recht ü.,  auf  seines  Oheims  Gehdss,  ihnen  mit  bedeu- 
tender Mannschaft  entgegen,  überraschte  sie  in  der  Nfihe 
von  Worms  und  schlug  sie  (im  November  1388)  völlig  ■^. 
Eine  ähnliche  Niederlage,  erlittq^  «neh  die  Städte  in  der 
Wetterau  zwischen  Frankfurt  und  Eronenberg. 

/iIU^ch:''di6  ^Stege  bei  SMfito^'>  imd'  WMiis  ti^a/^diie 
Macht  der  Stättte7'fllr:lai8e^>Zettrgi8GiiwäAE,  auch  liess 
Wenzel,  im  Widerspruch  mit  früheren  Zusicherungen, 
auf  dem  Reichstage  zu  Eger  1889  ein  allgemeines  Verbot 
soldier  Verbindungen  ergehen  «ad  es  Jkam  zu^di'^^in 
allgemeiner  Landfrieden  auf  &  Jahre  zu  Stande  '^). 


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2q)  J^upri^cht  Ilt  liesjs  60  dar«»)( , Brand  tind  Raub  t^b^lil^ 
rüchtigte  Gefangene  in  einen  glühenden  Ealkofen  werfen  und  sprach: 
^'Ihi;  h'abt  die  uneinigen  bei  Kacht  unä  K'el)el  diebisch 
geseingt,  »o  will  ioli  «ucflr'bcfi  scli($iieiii  HehtenTag  öffeint^ 
Ijfeji  in  j^jftu^b  sdliiokeai««  AvoaU.  Hirsimg.  F.  n^f.  290. 
^     21)  p&u8  8er.,.8...1ß;  AT.  ,  .  .         ..,..,;      .  i    ,  ,. 


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24:  EMtümg.    a.  JJbMmiik 


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Dritter  Abschnitt 

Allgaroaine  kirebliiQlia  Znst&iide  in  d«m 
18.  und  14.  Jatarhnndert. 

§1-    i 
Die  Päpste  unter  dem  JEü^usse  des  fransfösieehen 

Hofes. 

Als  Clemens  V.,  früher  Erzbischof  von  Bourdeaux, 
1305  den  päpstlichen  Stuhl  bestieg,  nahm  er  seinen  Sitz 
tiicht  in  Bom,  sondern  blieb  in  Frankreich.  Dieses  hatte, 
zi^n^l  er  ein  geborener  Franzose  war,  zunächst  nichts 
Auffallendes,  da  cKshon  mehrei*e  frohere  Päpste  in  Zeiten, 
wo  Unruhen  in  Bom  herrschten,'  auf  einige  Zeit  ihren 
Sitz  in  jenem  Lande  genommen  und  dort  in  grösserer 
Achtung  gelebt  hatten,  wie  in  Italien.  Als  er  aber  auf 
Befehl  des  Königs  von  Frankreich,  Philipp,  seinen  stän- 
digen Aufenthalt  von  dem  Jahre  ISOO""  an  in  Avignon 
nahm,  und  dieses  nach  ihm  auch  eine  Beihe  von  Päpsten 
that,  so  kam  dadurch  das  Papstthum  unter  frunzösischen 
Einfluss.  Denn  während  (fie  iiunzösischen  Päpste  die 
Grundsätze  einer  päpstlichen  Universalmonarchie  gegen 
andere  Staaten  in  Anwendung  brachten,  waren  sie  in 
ihrer  ganzen  Wirksamkeit  abhängig  von  dem  französischen 
Hofe.  Wir  erinnern  in  dieser  Beziehung  nur  an  die 
Kämpfe   des  Papstes   Clemens  V.   gegen   den  Kaiser 


*)  Diese  Yerlegong  war  einer  der  Pmikle  dei  zwisdieii  Gle- 
meitt  y.  und  Philipp  IT.  von  Frankreich  vor  der  Papetwahl  abge* 
schloesenen  geheimen  Vertrags.  Frankreich  hatte  seinen  Einflim 
schon  durch  die  Niederlage  Bonifacius  des  achten  hegrflndet 
(1808).  B.  M. 


JJUgemeine  hmkUeke  ZuMmijk  im  i8i  u.  14.  Jahrh.       25 

Heinrich  VII.   und  des  Papstes  Johannes  XXIL  nnd 
.  semer  Nachfolger  gegai  Kaiser  Ludwig  IV.  **) 

Benedict  XII.,  welcher  1334  zum  Papste  gewählt 
word^  war,  hatte  den  Entschluss  gefasst,  das  franätaische 
Joch  abzuschfltteln ,  sich  mit  Ludwig  IV.  2u  verpdhnen 
und  nach  Italien  zurttckzukehren.  Allein  der  Hof  wusste 
durch  das  Uebei^ewicht  der  französischen  Cardin&le  de^ 
päpstlicheu  Willen  2;u  beherrschen  uud  die  Absichten 
Benedict's  zu  vereitdn. 

§2. 
Das  gesunkene  Ansehen  der  Päpste  in  Italien. 

In  Italien  war  unterdessen  die  religiöse  Achtung^ 
gegen  das  Papstthum  gesunken  und  es  schien  dasselbe 
nur  noch  eine  politische  Geltung  zu  haben.  Die  mit  den 
Päpsten  unzufriedenen  und  von  dei^n  Statthaltern  ge- 
drückten  Städte  des  Kirchenstaates  hatten  sich  unab- 
hängig gemacht.  Um  die  Angelegenheiten  Itahens  durch 
persönliches  Erscheinen  zu  ordnen,  reiste  XJrban  V.  1367 
selbst  nach  Born.  Aber  die  meisten  französischen  Gardi- 
näle  blieben  in  Avignon  und  ürban  sah  sich,  ohne  seinen 
Zweck  erreicht  zu  haben,  durch  die  dringenden  Bitten: 
der  franzS&kiien  Cardinäle  foestioii&t,  (1370)  wieder  ^  dort- 
hin zur^dbsukehreoL  ürban  V.  starb  noch  in  demselben 
Jahre.  Ibm&Igte  Gregoir.  XL  Dodt  auch  dieser  konnte 
imbe^weifc^  Beehte  des  Papstthums  in;  Italien  weder 
durch  Bawflttohe,  «loeh  durch  persönlidie  Bückhehr  nach 
Born  (1377)  ^wieder  gewinnen.'  Er  nwsste  sidi  tot« 
scbUesseHi^mitiseBnen   öegnem  Untorha&dlungen   anznv 


.1  ' » 


22)  Ferreti  Ylcentini  histor.  Baonun  tempomm  ia  Moratori 
Seriptt.  Bemm  Itol.  T.  IX.  p.  1014.  Balns,  Vit»  Papamm  Aye- 
ranum,   «i4Pi<Mbr;JBMIiett«iliAidrte  BiK'äbUhym.  8.  %9,^ 

babyloniBehe  Exil  genannt        .  .      ^   .    .    i        <: 


S6  »tnlmtimßi   Bs 

knttpfeiu  .  J>ie8a  .inurdda  ^simr  duFob  äeinen  lTtfd.i(27.  ilüaä 
1378)  untefAroehei^t  in  Folge  derselben  «Uer  der".  ¥neiß 

päpättfch^h  Stubl.  'ÜWäk*  eiWtterte  diiröh  •  flärtfe  Hitii 
KÖgÖ*  ktoähtenflet-'iilissfti^JWdrö'^d^^^  Äöistön' *  Cardinklei 
Zw«lf'  dötselbfeü'  elitfemten'^ich,  unW'  dem  Vdrwscnde 'Aer 
BBtoff,  Von  Üom  tind'  begabeh  sicfK;  nach  Xnagm.  Dott 
erklärten  sie  Urban's  Wahl,  als  'von  rfen  Ufemerh' er- 
zwungen, für  ungültig  und  wählten  am  20.  September 
1378  in  Fondi  Clemens  YSk  Durch  diese  Doppelwahl 
wurde  das  Zeichen  j^ur  Iprchüchen  ßjpattung  .^Scl^ma) 
gegeben,  welche  bei  dem  Verderbniss  der  kirchlichen 
^uc^hli  und ,  deuf .  herrsd^^üchtlg^o  W^^  der  weltlichen 
Macht,  besonders  in  Frankreich,  auf  di^  näcbiiiten  Mensicbeon 
f^l^r.  ubeiigpig  und.  dwrch  .g^gejnsieitigen  B«inn  der  Ehr^ 
furcht  yor  d^n  Nachfolge^  de^  Apostelfürsten  nachtheiög 
war^j^Ii^^essei^  ,blieb  in,Jitali.en  die^  überwiege?^de  Sl^inipung 
^.  t[rb^:^  ^  ,^^  ^j^mup.  äif^  b(er|[ihmte^te&..J^istefi 
^I2h  I  in  ij^r^^  Gutachten  für . ,  d^^  Bephtpiägsigk^dti ;  seinerf 
WaJjil  erl^ärten. .  ^ufHx^pi/^  a]?gefpJlenen,,C!aii;di|iäilc^  selbst 
^ttpn  Ü.f.l^an)3^/Vi^sJil.inßlW  alsi^güjtig 

-  i .  I lUiiter  diesen  Yerfattltiiisscb  begiä»  sidi^ ' Ol^mNeifif  s  VH 
moük  Arignoh  unter  ffranzösisehen  &chiit2  ttäd^4taMiit  M^' 
fßmh  in)  dÜB  tDöttigMe  !Ä.bh2ngigliBit  ton :  Franki:^idi  '^l 
FTiBilich  (hattdi  er '  les  abei*  laucti  mt  fraiKWsischeMa  ^l^Ü^k« 
zb  idanked^  diiss  er  :in  GdHptdandv  Sianf^eBtiiia  Lothring«» 
und;  siififer  in  Oastaieii  (1381),  Amtgonien  (1367)  und  Na^ 
¥an&  (i^)  .aiiMouiiit  irwinnk.^  :iü«f  Ut^^ban^'s  Seite 
blieben  dagegen  Deutschland,  England,  Dänemark^! 


^  #3i  9iilil  ß i  (0»Q,  Bfi|ü»r)<Mil<(lWrii4luiK  7?  flF»  i^^i  «S8  «nmn 
1879  fOr  denselben.    Ebelid.  S.  666.  ...:!.!<>   ;.xM    ii^.ii:  -Li'^^J 


den,  Polen  nnd  Preussen  ^%  Kaiser  Carl  IV.  hatte  kurz 
vor  seinem  Tode  noch  denselben  als  rechtmässigen  Papst 
anerkannt,  und  Wenzel  war  nicht  nur  hierin  dem  Bei- 
spiele seines  Vaters  gefolgt,  sondern  hatte  auch  auf  diplo- 
matischem Wege  fÜt/ÜrbÄniVL  gewirkt  und  nament- 
hch  durch,  j)ei:?önliche,  Besprechung  den  Kurfürsteij  Rup- 
recht I ,  tei  welchem  '  man  die  Einflüsterungen  des 
französisdhen  Hofes  fürctitete,  bestimmt,  dessen 'Wahl  aü- 


j   '.•(•'. 


^  Hp&t^  UX  H<ih  dM  kk^lM^  XTv^eil  ao8(li»rh«rlh  Frank- 
reichs, dessen  Schriftsteller  stets  die  französischen  Päpste  verthei- 
-digtteli,.i«eistJ^'dia  iPiyktisiQlifpt  MMiietfäi.  .Inidor  naohKerigen 
Fspstrdhe  werden  daher  die  franaSsischen  Gei^ei^ilipste  nicht  mi: 
(gerechnet,  und  so  tritt  denn  1523  ein  (Jle mens  Vit.  wieder  auf. 
öieseler,  S.  122.        * 

26)  Bäs  Schreiben  Birprechf^s  an  Kaiser  Earl  lY.,  ^woräi 
<t  sidi  fiiv'ürban  Ylaeifidart;  ist  j^oai  tO.  Odtok  IßTOnad  »Scri^ 
tma  JfL. Castro  nostfo  .,Ser4|lborg.«,  :^l^^druckt  bei  BalusL 
T.  n.  p.  887—890.  Auch  Tolney  hat  äiesep  Brief  in  Add.  ad 
bist  Pal.  mitgetheilt,  aber  ItttitdinM  ^flerdilbbrgc  fair  ein^n  Dra^ 
idfliet^ 'ftngeieheik.   'Vergli  aadi  .AOfArdi«,  SpIcUegi  1^  de&inuias. 

f^e\b./p^9'  9i    ;   -..'r.'ii/j    .-       ..•■;•.    ♦  .m-    :   u, 

•  *••         j  .         ',«:'...'•'       I    i     ..•>;:.',.'  '  ^     '     ",     .     .    .7 

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28  EihkUmff.   4.  AbBefmm, 


Vierter  Abschnitt. 

Allgremeine  wissensoliaftliojie  Zustande. 

Schulen  und  Universitäten  vor  und  zur  Zeit 

der  Gründung  der  Universität  Haidelbesrs. 

§  1. 
Wieder mfhJ&hen  imse^  Schulen. 

Das  Stadium  der  erhabenen  Geisteswerke  der  Grie^ 
eben  und  Bömer  war  ift  Folge  der  ftirclitbaren  Stürme 
der  Völkerwanderung  lange  Zeit  in  tiefer  Nacht  begraben 
gelegen  p4^r  hattjB  nur.  dü|:ftige  Pflßge  genossen,  Durch 
■den  Fortschritt  der  Zett  im  14  Jahi^hundert  wieder  er^ 
weckt  gedieh  es  in  den  zwei  folgenden  Jährhunderten  za 
immer  reicherer  Blütiif^  imd  Kraft  ;      r 

.■•  .  Diese  grosse  Vjeränd^nmg,  .Widclie  auf  den  Gesclunack 
und  Geist  der  bedeutendsten  europäischen  Vö&er  den 
umfassendsten  Einfluss  übte,  ging  zunächst  von  den 
wegen  der  Osmanen  im  vierzehnten  Jahrhunderte  nach 
Italien  auswandernden  Griechen  aus,  nahm  in  Italien,  dem 
Mittelpunkte  des  alten  Bömisch^a  Beiches,  durch  P  e  trar  ca, 
Bocaccio  und  Johannes  von  Ravenna  *^  ihren  An- 
fang, fand  dort  durch  die  Ankunft  griechischer  Gelehrten 
aus  dem  zusammensinkenden  oströmischen  Beiche,  durch 
den  empfanglichen  Sinn  der  eingeborenen  Italiener,  durch 
die  Gunst  der  dortigen  Fürsten,  ja  des  Oberhauptes  der 
damaligen  Christenheit  selbst,  die  reichste  und  manchfal- 
tigste  Förderung  ^^,  erregte  aber  bald  auch  die  Aufmerk- 


26)  Heeren,  Gesch.  d.  Fhflol.  B.  L  8.  275. 

27)  Voigt,  die  Wiederbelefonng  des  dassiselien  AUarthimiB. 
Berlin,  1859.  Barckhardt|  iMe  Gnltur  der  Bensissanee.  BMel,  1800. 


samkeit  tmd  Theilnahme  der  benachbarten  europäischen 
Länder. 

Zn  diesen  Ländern  gehört  auch  unser  deutsches 
Vaterland.  Viel&ch  wurde  das  Beddrfhiss  gefühlt,  in  der 
Heimath  die  wissenschaftliche  Bildung  sich  verschaffen  zu 
können ,  welche  noch  im  14.  Jahrhundert  nur  in  Italien 
und  Frankrdch  zu  erwerben  war.  t>lese9  Bedfirfhiss  konnte 
nur  durch  die  Errichtung  grossartiger  Lehranstalten,  wie 
sie  in  den  eben  genannten  Ländern  unter  dem  Namen 
von  hohen  Schulen  oder  Uniyersitäten  blflhten,  befriedigt 
werden  **).  Die  bisherigen  Schul-  und  Unterrichtsanstal- 
ten waren,  wenn  man  auch  ihr  Verdienst  um  cBe  Wissen- 
schaft nicht  verkennen  darf,  unzureichend,  um  den  Anfor- 
derungen der  Zeit  zu  entsprechen. 

Zu  diesen  Anstalten  gehörten  in  Deutschland  die 
B[Ioster-,  Dom-  tind  Stiftschulen  *^.  Sie  waren  entweder 
innere  (scholae  interiores,  intrariae,  claustrales)  oder  aus- 
ser e  (scholae  exteriores,  eanonicae).  Beide  Schulen  umfassten 
je  eine  obere  (schola  major)  und  eine  untere  Schule 
(sehola  minor).  In  der  letzteren  lehrte  man  das  Lesen 
und  Schreiben,  die  Grundwahrheiten  des  Christenthums, 
die  Psalmen,  den  geistlichen  Gesang,  die  Kalenderrechnung 
imd  die  Anfangsgründe  der  Grammatik.  In  der  Ober- 
dasse  suchte  man  von  dem  trivium  (Grammatik,  Rhetorik 
und  DiaJectik),  welches  vorzugsweise  eine  formale  Geistes- 
bildung bezweckte,  und  von  dem  Quadrivium  (Arithmetik, 


28)  Biaftco,  Gkseh.  d.  Univ.  Cdln.  Th.  I.  S.  8.  Lehmattn, 
Speyerer  Chronik  S.  83.    Heeren,  £.  II.  S.  141  ff. 

29)  Schon  auf  dem  Lateraniachen  Gonciliom  1215  wurde  vom 
Papste  Inooce^z  ni.  angeordnet^,  dass  bei  jeder  Kathedralkirche 
wenigstens  ein  Magister  der  freien  Künste  und  bei  jeder  Metropo^ 
Utankirche  nebstdem  ein  Magister  der  Theologie  Vorträge  halten 
BolUe,  denen  für  ihren  Dicpst  vollstflndige  Beneficien  angewiesen 
wflrden.  Tomek^  Gesoh*  d.  Prag.  üniy.  S.  2.  Ueber  die  Dom- 
nnd  StiftsjseliuleB  in  frflhesier  Zeit  vergl  anch  Sack,  Gesch.  d. 
Schalen  zu  Brauatchwe^.  Abth.  L  S.  &  ff. 


Qeometrie^  Miwk^  Astronoinie)i,ai)ßi^erj}^tf)ipisßl^,  sellifiEu 
griechischen  Autoren,  auch  von  patristischer  Theologie,; 
aUflirf£^l)3  .aueib  vpn  <Ji^chichte_so/vielf?i;  iQseui  al^'^ög- 
l^oh  var  *^)4  Aber,  ipr  in ,  4^n  ^eaigßt^^  Kjiostfpi^ukw 
IfflipntW': alle  diese:  Wi^eTOchaftqp; gepflegt  .wrclfpu;,  iu,.cleB5 
ipei$|l;eTi  iderß^epo  m^«f  d^  iUnterrioht  dju^  elom^iM^^  Art»; 
^s^bafb.  .dwjwigfl^v  w^tehei  me  )>$|iere  Bilfiujög  ^n^tr^; 
t^i^^  alsidie  war,  -wekhß  ibn^  daa  bßi^athljbche  Kloster 
g^WiäbFBn  konnte,,  vo»  d^BaaBlben  fWß  oft,  weit  entl^eac. 
iPoBter^ciLuleii.bßEUcbtaiij  M^nabmiBi^eis^  iwir^ios  von  der/ 
EJoB^]:se)^^1A  m  Fulda  gieilibmt,  dffös  in  dcirselben  aocb. 
die  b^b/Brem  Studieu^  und  ^war  sowohl  die  woltlkbw  als- 
diß  geistliche^  in  Blütbe  waren  V)- 

Die  inneren  Schi^lex^  waren  innerbalb  dßr  Eloster-^ 
mauern,  wessholb  ^i^  auob^, oft  geradezu .Cls^ioatra  giei^annt 
werden,:  die  äuj^seren  am  Eingfipage  oder  Tforhpf  .derselbQn>: 
In  den  .ersten  wurden  die  jungen  oder  zukünftigen  Or*j 
densgei^tjichan ,  in  deq  zweiten  zukOnftige  Weltclerfker, 
und  andere  Laißn  unterrichtet  •*)..; 

In  der  J^c^gel  hatije  jede  biscböflicbe  und  jede  Coll^ 
giatkirehe  einen  Schobtöticus  oder  Scbolaster,  Magister  scbo:, 
larum  d.  h.  einen^  Director  deir  Sclwde,  wekber  Dom-  odeii, 
äüftB-Scholaster  hiess:  und  in  deutschen  Urkunden  zuweir. 
len  Schulmeister  g^enannt  wird.  Der  Schulmeister  im  beu*^. 
tigen  Sinn  hiess  Magister  oder  rector  puerorum.  Dof 
Scholaäter  lehjrte  nicht  selbst,  sondern  unter  ihm  der  Ma^^. 
gister  puerorum  mit  seinen  Unterlehrem  (hypodidascali, 
locati,  baccalaurei).  Er  war  ein  Würdeträger  des  Stifts 
und  nahm  seinen  Bang  nach  dem  Dec^anten  ein. 


1"  ■ '  ■■• 


30)  lieber  die  Entsteh,  des  Triv.  u.  Quadri?.,  wonmter  mHA 
sieli  eine  Eneyclopädie  des  mensehliehen  Wissens  dachte,  Tergl. 
C'raiÄer,  Gesch.  d/Errieh.  u.  d.  Unterr.  i.  d.  IWedcfrland.  8;  6  ft 

81)  Mos  erat,  monadios  non  solom  In  scrlptaris  sanctls  UM* 
taere,  sed'  etiaiff  in  omni  secularis  scientis»  literattita;  ad  ^enutif' 
emdire.    Trithem.  bei  Launoy,  de  celöbr.  schol.  cap.  Till. 

82)  Heppe,  Schnlwesea  i.  MitteMt.    S.  15  ff. 


Äüg,  mssensehaftk  JSumnde,  3ekmUm  mnd  Umoersitäten,  Sf 

iDia  l4riniir< iwaven  Gdätlifibe*  und  sttiitor,  ^eidib 
8(dLflIer,  tinter  der  ünrinittebteen  A:ttfeleht';d6s  Behola0t<»s; 
fknäßXB  oder  eines  der'  aagesebeiisten  Mitgtiedbr^des  fi3<o^ 
sters  öder  Stifi»:^').  Oefter  war  der'Untemihttatudii  swei 
CSaiuniikern.  (Sit&ftdiCTrn)  Obeitn^  nm  iwelehen-der^eüie 
den  Titel  Schcflariticiuiy  •  der  andete^deii<  das  Gaator  fülu^te; 
Beide  A^ttilber  galten  als  angeeebMe '  Ehrenämter,  ^i  in 
enioelBen  Stiftern  waren '  auch  bei^ohdere  L^r^rylpanden^ 
nie  im  Sit  äernnuisstift  in  Speyer  im  Jahte  1219  *A)^  fe« 
gründet  ' '-  •   »      •   \ .   "  .      "i. 

Die  wvssenec^aftliehen  Fordeningen  an'die  Olerflce^ 
waren  in  d^  ältesten  Zeiten  ink  Mgemeinen  gering^^A); 


<  •  I 


.  §2, 
EhtHehüng  der  hoh&n  ScMlen. 

Scbon  in  ^ten  Zeite^i  findet:  sieb  bßhere  Bildung)^ 
aBsUdten ,  welche  pit  den.  nacbnieligem ,  bfiben  S^^bnlen 
Mancbieß.  <  gemein  habea  .     ^    , 

In  |Gr3:iecbenlan4  bil)dM)en  eaieb  seb^n  zur  Zeit  Se^ 
IpQ^s,  wdicber  durch  s^nje  jG^e^Qt^^gebung  (uin^94  y..  Cbr.jli 
4iß  Geiste^eiheijt  ycqr^üglicb  begtUpi^gtei  und  dauerhaft 
aacl^te,  die^W  ei^^b  eit  Sr  pcler  P  b  U  OßiO  p.Me»-S  cbuleÄ, 
in  werben  Männer  aus  eigenem  Antriebe,  als  Lehrer  auf-*^ 
traten.  So  Thaies,  Ana,xaigara.s,  Pythagerras» 
In  Athen,  deip  Mittelpunkte  heljteniscb^r  Bildung  wd  dem 
Hauptsitze  der  ersten  hohen  Si^bulen,  bielt^  P lato  in 
der  Academie  und  sein  grösster  Schüler  Aritoteles  in 


33)  Baiatts,  P;  I.  p.  79.  Mone,  Zeitsehr.  B.  I.  S.  257  C 
B«de,  Seseh.  d.  Bocbstifües  Paderborn  S.  22.  Weber,  Geholt  d.- 
Qel^rtensobQle  2»  Carael  Si  2. 

34)  Di^  Urkunde  8J  bei  Moiie>  B.  L  S.  270. 

35)  So  besdirSttkte*  die  ProvinciBl*  Synode  sm  G5ln  t.  J.  1299 
ibre  F<»deFa&g  ffti*  die  Eleiiker  im  Allgemeinen:  »qi»>d  seiant^ 
legere  et  cantore  ad  dWfnl  offieiv  mnnisteriiim  eiMapetentes.«  ^  Hart  2^ 
beim,  Conc.  Germ.  T.  III.  p.  590.  n.  3.  Wesseffberg,  die  Kir- 
oheA^ermmnhingen  des  15.  ti,  16.  Jabrb.  B.  L  S.  159. 


32  EiiüeUHnff.    4.  M&d^iU. 

dem  LyceoBi  ilire  Vorträge  '^.  Diese  Plükmophen*-,  Rhe- 
toren-  oder  Sophisten -Schtilen  eiiiielten  sich  nidit  tm 
nach  dem  Verfalle  der  Literatur  und  ganz  Griechenlands 
nach  seiner  Unterwerfung  unter  die  Bömer,  sondern  es 
blieb  auch  Athen  noch  Jsdiriiunderte  lang  die  bertthmteste 
hohe  Schule  für.  die  ganze  damalige  >  Welt ,  auf  welcher 
auch  die  grossien  Römar  der' letzten  republikanischen 
Zeit^  ein  Cicero  und  Cäsar,  Cato  und  Brutus,  ihre 
Büdung  fanden  und  wo  es  selbst  auch  ein  und  zwar  zi^n^ 
lieh  rohes  „Burschenleben  mit  Landsmannschaf- 
ten und  Clubbs^^  gab.  Die  Auditorien  waren  in 
theaterähnlichen^  Sälen  (Theophrast  soll  2000  Zuhörer 
gehabt  haben),  die  Katheder  hiessen  Throne.  Trinkge- 
lage, Schuldenmachen,  Borgen  zu  25®/o  und  50>,  in- 
gleichen Prügeleien  kamen  häufig  in  den  dortigen  Lands- 
mannschaften vor,  welche  sich  an  einen  der  Lehrer  an- 
schlössen und  für  diesen  alle  „Füchse''  ganz  so  „pressten'^ 
wie  noch  jetzt  die  Matrosen  in  England  gepresst  werden. 
Das  Ansehen  dieser  Schulen  erhielt  sich  selbst  nach  Ein- 
führung des  Ohristenthums  als  Staatsreligion  ui^d  nodi  bis 
auf  die  Zeiten  des  A  read  ins  huldigte  die  gebildete  Welt 
der  alten  heidnischen  Bildung,  während  Hof  und  Volk 
christlich  waren.  Die  heidnischen  Schulen  wurden  jedoch 
von  der  Zeit  des  Theodosius  des  älteren  wn  Staats- 
wegen geschlossen  und  als  die  christliche  Geistlichkeit  zur 
unumschränkten  Herrschaft  gelangt  war,  trachtete  sie  alle 
heidnische  Bildung  gänzlich  zu  vernichten  ^^. 


36)  In  Athen  worden  die  jungen  Leute  Yom  7.  bis  zum  16. 
Jahre  von  einem  Hofmeister  (Pädagogen),  meist  einem  gebildeten 
Sclay^i,  4>der  in  der  Schule  eines  PriTatlehrers  unteriiehtet  Vom 
18.  Jahre  an  schlössen  sich  die(jenjgeii  Jünglinge^  weldie  nicht  zu£ 
Erlernung  von  Gewerben,  Handel  und  Landbau  ftbergegangen  waren, 
an  die  Rhetoren  oder  Sophisten  (wie  die-Lehrer  für  Staatskunst 
und. der  streagerea  wiss^ischaftlich^  Fächer  uisprOnglich  hiessen) 
an,  um  duarch  höhere  Studien,  insbesondere  der  Ehetorik  und  Phüo** 
Sophie,  sich  wissenschaftlich  auszubilden.  Beck,  Gesch.  d.  Griech. 
u.  Böm.    3.  Ausg.    S.  120. 

37)  Scheidler,  Jenaische  Bl&tter  H.  I.  S.  5  ff.,  woselbBt  auch 
die  Quellen  genau  nachgewiesen  sind. 


ÄUg.  wiasmaehitfll  ZMäMde.  MMen  luui  UiiwoerwUiUn.    33 

Dem  Abendhade  gegeaübmr  hatten  sich  im  Morgen- 
lande  Soholen  und  Lefarer  arhalten,  welche  gewisse  Fi- 
eber und  Theile  der  aUen  WissenBchaft  dw  Arabern  über- 
liefertai,  dnrch  derm  VamtitteluQg  jene  nach  Emropa  ka- 
men. In  Bagdad  und  Bassora  hatten  sohon  in  der  ersten 
Hälfte  des  8.  Jahrhunderts  grotsartige  Kalifen-Schu- 
len geblüht  und  sich  nach  Aegypten  und  ^Muuen  fortge- 
pflanzt Wer,  zumal.  Jn  Pfaflosopfaie  imd  Ananeiirissenschaft, 
zu  höhere  Einacht  gelangen  wollte,  besuchte  deshalb  die 
Maurischen  Sdmlen  in  Spanien. .  Dieses  fand  um  so  mehr 
Aufmunterung,  als  der  ^bildete  Hofaenstaufe,  Kaiser 
Friedrich  IL^  sich  im  Umgange  out  Säracenen  gefid? 
ihre  Sprache  redete  und  sie  ndt  ihrer  höheren  Kultur  in 
seine  Nähe  und  an  seinen  Hof  zog.  Er  gründete  (1224) 
die  Universität  Neapel  und  suchte  dnrch  grosse  Besol- 
dungen berühmte  Lehrer  für  dieselbe  zu  gewinnen'^, 
dahfflr  kam  es  auch,  dass  die  ersten  christlichen  Schulen 
in  Südfrankreach  und  Süditalien  im  Grande  nur  Absenker 
dies^  arabischen  hohen  Sdiulen  waren  und  daher  auch 
noch  nachbildlich  deren  Charakter  an  sich  tragen.  Sie 
waren  nicht  aus  Domschulen  hervorgegangen,  sondern  aus 
ireien  Vereinen  von  Gelehrten,  und  Wissb^erigen  ^% 

In  der  gesellschaftlichen  und  wissenschaftlichen  Ent- 
Wickelung  der  welschen  und  deutschen  Völker  zeigt  sich 
nämlich  in  dem  Mittelalter  als  vorherrschender  Grundzug 
das  Streben  nach  abgeschlossenen  Vereinen  (Gorporatio- 
nen).  Wie  nun  dieses  Streben  im  weltlichen  Kreise  das 
Eitterihum  für  WafTenkunst  und  Lehenfreiheit  und  das 
Bügertbum  n^it  seinen  Innungen  oder  Zünften  erzeugte,  so 
gingen  aus  demselben  auf  dem  Gebiete  der  Wissenschaften 
.  seit    dem    12.    Jahrhunderte    frfeie    Lehr -Vereine    Ge- 


38)  Diese  ünirersititt  abte  den  ersten  Stodienzwang,  während 
der  Orient  seine  Leute  in  diesen  Dingen  frei  liess.  Burckhardt, 
8.  4.  ^  .  N 

89)  Schreiber,  Gesch.  d.  üniv.  Freibnrg  B.I.  S.  1  ff.    Eich- 
horn, Gesch.  d.  Litt.  B.  IL   S.  364.    Schlosser,  S.  207. 
HantE,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  3 


34  EwMiimg.    4.  Ak^eh^tti 

maindien/  Genossenschaftmv  OoriKsratimtöli  berVor'^^;  Sie 
wurden«,  wie  wir  unteii  sehen  TtiM^eh,  in  verscUedeneU 
Zeiten  mit  Tersehiddeneir  'Naitfen  bezeiehneit  tind  standen 
<»hne  Rücksicht  wisi  die  Sdireidsäti  der  Oertüehknit^  des 
Bemfes  aoA  Voiksthiimeis  jedefll  Wisi&begi^geB  ofieo. 
Ursprünglich  weder  bes^iderer  kirdilicher  oder  poUtisdier 
ForBsti)  noch  «kiztinen  Ständen,  Völkern  ^der  Ländern  ange- 
hörigy  waam  sie  «in  (Gemeingut  der  MensoUicdt  In  ihrm*  Auf- 
gabe lag  es,  da&'Bfeste  und  Würdigste  ndtzutbeilen ,  was 
die  Wissteafichafl  darmbieten  hatte>^^),  und  so  war^i  sie 
es  denn  auch,  wekhe  dÜB  d^mFriesterstaiide  fast  aua- 
.sehUesdkh  übergebene  <^ehr8mlDeit  midhr  und  mehr 
mm  bu^gerlicUeii  öemeingnte  maohten.  Seit  ihrem  Enllr 
Utehen  haben  sie  stets  giMsen  iEinfluss  auf  den  geistig«! 
Zustand  der  Völker  getibt,  und  warcpai  Mr  das  Leben  von 
einer  weit  grösseren  BedeuAong.,  al& '  man  oft  exi  giaufoen 
geneigt  ißt,  da  iman  nur  durch  deh  mtndlidien  Unt^rriebt 
und  ajis  den  Vorh^üvgen ,  «die  maft  aufschrieb,  Bildung 
schöpfen  konnte/^?);  Sie  nahmen  •  deshalb  auch  in  ier 
Beihe  der  Bildiungsanittel  eme  weit  wichtigetre  Stelle  ein, 
als  unsere  jetzigen  Uni^rersitäten.  Diese  finden  auf  der 
einen  Seita  ^m  den  G^lehrtenBohulön,   auf  der  andern  an 

,    I  In   I  i       11 1  II I  j  ■  >  ■ «  »  I 

40)  Audi  in  dem  Aeusserlichea  der  UBiversitätsverfafisong 
zeigte  sich  die  unverkennbare  Aehnlichkeit  mit  den  Zünften.  Dahin 
gehört  zunäbhst  die  Vertheilung  der  Wissenschäften  in  die  einzelnen 
•Fäöher,  w^chfe  ofif^dbar  dem  obc^ten  Gewerb^esetze  der  Verthei- 
lung der  Arbeit,  worauf  das  Zanftifea^a  beruht,  entnommen  ist. 
Ferner :  dass  die  hohen  Schulen,  wie  die  Zünfte,  welche  selber  frfther 
auch  scholse  Messen,  sich  in  Lehrlinge,  GeseUen,  Altgesellen  und 
Meister  theilten,  'so  -Wie  auch  dife  Disputationen  und  Prömotioiiön 
der  Lieferung  des  MeisterdtOdks  und  üer  Losaptsdiung  der  Gesel- 
len verglichen  werden  können.    Scheidler,  L  S.^IS. 

41)  Untersagt  war  nur  » unerlaubte c  Wissenschaften  zu  lehren. 
Dahin  rechnete  man,  im  Gegensat-z  zur  chriBtlichen  Wissenschaft, 
die  verschiedenen  Zweige  d^  Sdhwati&mist.  Kink,  €^8Ch.  d.  Univ. 
Wien.  B.  II.  S.  4. 

42)  Kortüm,  ß.  L S.  586. B.  II.  S. 243.  Schlosser,  Weltgesdi, 
B.  VIL  S.  348.  349.  Slavigny,  Gesch.  der  röra.  Hechts,  B.  IIL  S. 
137.  138. 


ÄUg,  wissensehqfll  Zutmäfi,  g$Mm  md  UniverMUen.   35 

da:  Menge  der  überall  yenrbpieiteten  BOober  eine  Conooireiiz, 
welche  damals  fast  ganz  f^te.  Eine  Folge  «davon  war,  dasa 
man  weit  länger  als  jetat  studirte,  und  dass  viele  unter  den 
Studireaden  durch  ihr  reiferes  Alter,  so  wie  d«reh  ihren  Bang, 
ihre  Aemter  und  Würden,  ein  Ansehen  erhielten,  welches 
auf  den  ganzen  Stand  zurückfiel,  und  wovon  sieb  jetzt 
nidits  Aehnliehes  findet^'). 

Ueb^all,  wo  eine  binreiehende  Anzahl,  oder  auch 
nur  £in  barflhmter  Lehrer  war,  der  einer  Schule  idas  nö* 
äiige  Ansehen  zu  verschaffen  wusste,  da  war  auch  eine 
h<Ae  Schule  wirklich  vorhanden  ^^).  Um  diese  Männer 
sammelten  sich,  wie  in  Salemo,  Bologna ^^),  Paris»  Hun- 
derte oder  Tausende  von  lernbegierigen  Jüngern  aus  allen 
Ländeom  Europas.  Diiese  Lehrer  waren  keine  GeistUche; 
sie  waren  wedw  von  Bjechöfem  und  Aebten,  noch  von 
Canzlem  oder  Scholastem  berufen,  od^  bestellt;  wein- 
ten und  lehrten  nicht  ia  Stiftern  und  EMstem  und  hingen 


43)  JOec  ünteraohied  «wischen  L^rendea  und  Lernenden  war 
damals  nicht  scharf  bestimmt.  Es  zogen  nicht  selten  bejahrte 
Leute  noch  des  Lernens  wegen  auf  Universitäten,  und  Mancher 
&nd  sich  fähig,  eine  Wissenschaft  ssa  lehren,  während  er  eine 
andere  stadirte,  so  dtas  es  nichts  «Bgewöhiüiches  war,  einen  uad 
denselben  Mann,  die  eine  Stunde  als  Lehrer  'und  die  andere  als 
Zuhörer  im  Hörsaale  zu  erblicken.  Daher  findet  man  auch  mit 
dem  Namen  Studenten  (Studentes)  nicht,  nach  unserm  Sinn^  nur  die 
Lernenden,  sondern  auch  die  Lehrenden,  überhaupt  alle,  die  sich 
mit  den  Wissenschaften  beschäftigten,  bezeichnet.  Erhard,  B.  L 
S.  165. 

44)  So  vereinigten  sich  um  Abälard  (gest.  1142),  als  er  sich 
von  Pi^ris  hatte  entfernen  massen,  an  einem  einsamen  Platze  in  der 
Kähe  von  Troyes  Männer,  die  seine  Lehre  und  seine  Unterhaltung 
sachten,  so  dass  bald  eiiie  kleine  Ortschaft  ans  den  schnell  er- 
richteten Wohnungen  der  Freunde  des  Philosophen  entstand. 
Schlosser,  Vincent  v.  Beauvais  ß.  IL  S.  12.  Dessen  Weltgesch. 
ß.  VI.  S.  335.  338.  B.  VH.  S.  349. 

45)  Zur  Zeit,  als  der  berühmte  Azo  (Ende  des  12.  und  Anfang 
des  13.  Jahrhunderts)  in  Bologna  lehrte,  waren  dort  10,000  Jüng- 
Hnge  und  Männer,  welche  aus  allen  europäischen  Ländern  zusammen 
gekommen  waren,  um  die  Rechtswissenschaft  zu  studiren.  M  e  i  n  e  r  s. 
Mittelalt.  B.  n.  S.  428. 

3* 


36  EtfOeitimg,    4,  Ms^^miU, 

von  d^n  geistlichen  Gewalten  nicht  ab,  denen  die  bisheri- 
gen Schulen  unterworfen  waren.  Sie  trugen  Wissenschaf- 
ten vor,  welche  man  in  diei^n  Schulen  grössten  Theils 
gar  nicht  lehrte,  oder  doch  nicht  so,  wie  sie  vor  ihnen 
gelehrt  wurden.  Ihre  Zuhörer  waren,  wie  wir  oben  schon 
bemerkt  haben,  nicht  Knaben  und  unreife  Jünglinge  ^^X 
welche  einer  strengen  und  klösterlichen  Zucht  bedurft 
hätten,  sondern  freie  Männer  und  Herren,  Jünglinge  welt- 
lichen imd  geistlichen  Standes,  die  aus  eigenem  Triebe 
kamen  und  gingen,  die  wohnten,  speisten  und  lebten,  wo 
und  wie  es  ihnen  gut  dünkte.  Auch  bestimmte  Vorle- 
sungen zu  hören,  war  ihnen  nicht  Torgeschrieben,  wenn 
sie  nicht  in  GoUegien  unter  der  Leitung  ihrer  Ma- 
gister lebten  ^'').  Dass  sich  Männer  und  Jünglinge,  in 
welchen  ein  innerer  Trieb  nadi  Wissenschaften  erwacht 
war,  nicht  aus  Büchern  unterrichteten,  hatte  seinen  Grund 
darin,  dass  die  Bücher  eines  Theils  sehr  theuer^^)  und 
andern  Theils,  bei  dem  Mangel  an  guten  Wörterbüchern 
und  Uebersetzungen,  unverständlich  waren.  Auch  schien 
ein  solches  gemeinschaftliches  Zuhören  und  Unterhalten 
mit  dem  Lehrenden  zu  einer  Zeit,  in  welcher  es  so  sehr 
an  Mitteln  geistiger  Unterhaltung  fehlte,  mehr  ein  Ver- 
gnügen als  eine  Arbeit  gewesen  zu  sein  *®). 


46)  Dieses  reifere  Alter  war  für  die  fremden  Scholaren  zum 
Tlieil  auch  schon  durch  die  weiten  und  oft  gefährlichen  Reisen  nach 
den  Universitäten  nöthjLg  geworden..  Bei  den  Eingeborenen  mag  es  eben 
deshalb  sc)ion  früher  anders  gewesen  sein.  Johannes  Andrea, 
ein  Einheimischer,  hörte  in  Bologna  die  Decretalen  als  »puerulus.« 
Sarti,  De  archi-gymnas.  Bonon.  professor.  T.  1.  p.  372.  Petrarca 
fing  im  15.  Jahre  an  zu  studiren  und  studirte  7  Jahre.  Savigny, 
Gesch.  d.  röm.  Kechts  B.  in.  S.  478.  507.  508. 

47)  M  ein ers,  Gesch.  d.  höh.  Schulen  B.  IV.  S.  380.  381. 
Erhard,  B.  I.  S,  165. 

48)  Besonders  war  dieses  der  Fall,  als  man  nur  auf  Pergament 
schrieb  und  dieses  einen  hohen  Preis  hatte;  wohlfeiler  wurden  die 
Handschriften  seit  dem  14.  Jahrhundert,  als  das  Linnenpapier  im 
Üeberfluss  gemacht  wurde.    Mone,  Lat.  u.  griech.  Messen  S.  159. 

49)  Schlosser,  Vincent  v.  Beanvais  S.  8.  9. 


ÄJJg,  unsaenBckü^,  Zustände,  Scharm  und  Universitäten.   37 

Die  so  entstandenen  Schulen  bedurften  einer  Geneh** 
migung  der  Ortsobrigkeit,  des  Papstes  oder  Kaisers  an 
und  für  sich  nicht. 

Was  die  Ortsobrigkeit  betrifft,  so  konnte  ihre  Mit- 
wirkung entweder  der  Kosten  w^en  oder  als  blosse  Er* 
laubniss  für  nöfhig  gehalten  werden.  Allein  Kosten  waren 
orsprflnglidi  nicht  zu  bestreiten,  da  keine  Besoldungen 
g^eben  wurden.  Die  Lehrer  lebten,  sis  Mitglieder  einer 
vom  Staate  unabhängigen  Gesammtheit  oder  Gemeinheit, 
wie  andere  Künstler ,  von  dem  Ertrage  ihrer  gelehrten 
Betriebsamkeit  oder  von  den  Honorarien  ihrer  Zuhörer, 
welche  in  grosser  Anzahl  aus  yornehmen  und  reichen 
Häusern  jenen  m  reichliches  Einkommen  sicherten.  Auch 
eine  besondere  Erlaubniss  hielt .  Niemand  für  nöthig,  weil 
eine  solche  Schule  der  Stadt  nur  Ehre  und  Vortheil 
brachte.  Staat  und  Kirche  verhielteii  sich  vielmehr  bei 
dem  Entstehen  dieser  Anstalten  durchaus  leid^d,  wachten 
nur  im  Allgemeinen  über  weltliche  und  religiöse  Zucht, 
fahlten  aber  in  der  Regel  nicht  eh^  die  Verpflichtung, 
durch  Freibriefe,  Geldbeiträge  und  Schenkungen  für  das 
Wachsthum  derselben  zu  sorgen,  als  bis  die  steigende 
Menge  der  Fremden  und  die  Berühmtheit  einzelner  Lehrer 
Gewinnsucht  und  Ehrliebe  entzündeten. 

Selbst  die  Besetzung  von  erledigten  öffentlichen  Lehr- 
stellen hing  auf  jeder  Universität  von  dieser  selbst  ab.  Sie 
wählte  in  der  Regel  einen  von  den  jüngeren  Gelehrten,  welche 
sich  schon  die  academischen  Grade  erworben  und  darauf 
dem  Lehramte  nach  eigenem  freien  Entschluss  als  Privat- 
docenten,  wenn  wir  dieses  modernen  Ausdrucks  uns  bedienen 
dürfen,  sich  gewidmet  hatten.  Li  Paris  war  daher  nie  und 
in  Italien  lange  Zeit  nicht  die  Rede  von  der  Berufung 
eines  Lehrers  von  einer  Anstalt  zu  der  andern.  Erst  in 
späterer  Zeit  fingen  die  Universitätsstädte  an,  berühmte 
Lehrer,  welche  auf  andere  Universitäten  berufen  wurden» 
dm'ch  Besoldungen  festzuhalten,  weil  dadurch  der  Zufluss 
fremder  Studirenden  und  durch  ihn  der  Wohlstand  der 


38  JBinteititng.    4.  ji&«cÄwtff: 

Universitätsstadt  gesichert  wurde.  Dem  Beispiele  Fried- 
rich's  n.,  durch  grosse  Besoldungen  Lehrer  für  seine  Uni- 
versität Neapel  Zugewinnen  (siehe  S.  33),  folgten  bald  auch 
andere  Städte.  So  soll  Bologna  zu  Zeiten  die  Hälfte  seiner 
Staatseiiinahme  (20,000  Ducaten)  auf  die  Universität  ver- 
wendet haben.  In  Paduä  bestand  im  15.  Jahrhundert 
eine  juridische  Besoldung  in  1000  Ducaten  jährlich  und 
einen  berühmten  Arzt  wollte  man  mit  2000  Ducaten  und 
dem  Rechte  der  Praxis  anstellen,  nachdem  derselbe  bisher 
ta  Pisa  700  Goldgulden  gehabt  hatte '^^.  Die  Anstellungen 
folgten  in  der  Regel  nur  auf  eine  gewisse  Zeit,  selbst  auf 
einzelne  Semester,  so  dass  die  Docenten  ein  Wanderleben 
führten,  wenn  sie  nicht  in  der  pers&nlichen  Zuneigung 
eines  Fürsten  oder  eines  andern  Grossen  eine  bleibendere 
Stütze  fanden;  doch  gab  es  auch  lebenslänglich  besoldete 
freiwillige  Lehrer.  Zu  Paris  und  auf  später  gegründeten 
Universitäten  erleichterten  Pfründen  den  Unterhalt  der 
Lehrer,  besonders  der  Theologie,  weil  diese  Wissenschaft 
bei  der  häufigen  Armuth  der  Studirenden  viel  weniger 
einträglich  war,  als  die  der  Juristen  und  Mediciner.  **) 


50)  Trefflich  spricht  hierüber  Prof.  Dr.  Scanzo.ni  zu  Würzburg 
in  einer  Rectoratsrede  »über  die  Ifolhwendigkeit  und  Zweckmässig- 
keit der  freien  ftoademischen  Bedfufongen.«  .  Dorch  das  freie  Be- 
rulungiareeht,  sagt  er  unter  Aadena,  werde  eine  kräft^e,  auf- 
munternde Anregung  junger  talentvoller  Männer  gegeben,  da  die 
Wissenschaft  nicht  an  die  Scholle  gebunden  sei  und  das  alte  Sprich- 
wort: Nemopropfaeta  in  pfttria  steh  immer  als  ein  wahres  bewiesen 
habe.  Das  freie  Berufungsrechl  übe  einen  wohlth&bigen  Ehiflusft 
auf  die  Wissenschaft.  Ohne  dasselbe  würden  die  Universitäten  zu 
todten  Abrlchtungsanstalten  herabsinken.  In  dem  freien  Berufungs- 
rechte erblicke  er  die  sicherste  Garantie  fiElr  die  Blüthe  d^  Uni- 
tersitftt  Wüiabnrg.    '  . 

61)  Wundt,  .Magaz.  t  d.  Kirchen-  u.  Gelehrten  -  Gesch.  des 
Kurftetenth.  Pfalz  B.  II.  S.  95.  Burckhardt,  S.  205.  206. 
Einhorn,  B.  11.  S,  73.  Savigny,  S.  137.  383.  Kortüm  B.  t 
8.  68^.    H^ereik,  Gesoh.  d.  Philolog.  B.  U.  8.  10  ff. 

Bei  d^r  na<(th.d^  Mhalfsr  von  Bologna  1459  gegründeten  Vm- 
yersität  Basel  wurde  die  Dauer,  der  Ai^steUung  der  Lehrer  jeweilen 
in  den  besonderen  Verträgen  auf  ein  oder  mehrere  Jahre,  öfter 


Die  hohen  Sehnlen  aJ»  kirchliche  Anstalten.  Die 
Päpste  als  deren  Begaber  und  Beßrderer.  Privile* 
gium  Sjähriger  Ahsem  vorn  Orte  der  Pfründe,  Rotulus^ 

Die  im  14.  und  lö.  Jahrbondert  gegründeten  hohen 
Sehiden  waren  geistliche  StiftongeA,  weldie,  im  kirchlichen 
Interesse  in's  Leben  gerufen,  auch  insgemein  durch  die 
kirchlichen  Principien  und  Riehtungen,  die  von  ihnen  ver«* 
treten  wurden,  ihre  Bedeutung  empfingen.  Das  Studium, 
zunächst  auf  den  geisdichen  Stand  beschränkt,  erschien 
als  geistliches  Geschäft,  so  dass  scholaris  und  clericus 
gidchbedeutend  wurde  ^^.  Selbst  Elementarschüler  hiessen 
dericuli  und  in  Norddeutsdiland  Studenten  Hal^pen, 
halbe  Priester  ^^},  Die  Päpste  abten  das  Recht  der  Er* 
lichtung,  beaiehungsweise  der  Bestätigung  der  Uniyer^ 
sitäten  ^^) ;    sie  bestellten  Canzler  mit  der  Befugniss  der 


anch  ohnö  eine  beirthninte  2eitv  nur  mit  emJem  beBtiramlen  Auf-'- 
kOndigongstermia  festgesetzt.  Lel»eD8llUigliQhe  AjiBtcAliuigeii  waten 
sieht  üblich.    Vischer^  Gesch.  d.  Univ.  Basel  S.  63. 

52)  Du  Gange  s.  v.  Glerici.  Alexander  de  Villa  sagt  In- 
der bis  in  die  Anfänge  des  16.  Jahrhunderts  gebrauchten  metrischen 
Grammatik:    »Scribere  clericulis  paro  doctrinale  novellis.« 

53)  Rostocker,  Etwas  von  gelehrt.  Sachen  Tb.  II  S.  237. 

54)  So  in  besonderen  Bullen  Clemens  VI.  für  Prag  (1365), 
Urban  V.  für  Wien  (1365)  und  Urban  VI.  für  dieselbe  (1384). 
abgedruckt  bei  Kink  B.  11.  S.  23  ff.  S.  43  ff.;  derselbe  Urban 
für  Heidelberg  (1385),  s.  unten  Urkunde  Nr.  I,  fttr  Cöln  (1588), 
abgedruckt  bei  Bianc  o  Tb.  H.  S.  1  f.,  für  Erfurt  (1389);  Alexander  V. 
ftr  Leipzig  (1409),  Calixtus  III.  für  Freiburg  (1455);  Pius  II.  für. 
higolstadt  und  Basel  (1459),  von  welchen  die  erste  bei  Räumer« 
deutsche  Universitäten  S.  271  ff.  und  di^  zweite  bei  Vi  scher  S.*268  ff. 
abgedruckt  ist.  Der  Inhalt  aller  dieäet  Bullen  ist  derselbe  und  oft 
wörtlich  gleich  lautend,  doch  zeichnen  die  von  Pius  n.  sich  durch 
Kürze  und  Präcision  aus  und  ist  in  denselben  der  Einflnss  des 
damals  in  Italien  wiede^  erwachten  Studiums  der  Alten  nich^  zu 
verkennen.  Diese  Bestätigung  der  Universit&ten  erreichte  jedoch 
während  der  Eeformationsepoche  ihr  Ende  und  wurde  nun  Vorrecht 
des  Kaisers,  da  die  Protestanten  die  Afterkettaung    ihrer  Promo- 


40  Emkitm^,    4.  Msckmtt. 

statutarischen  Regelung  und  Ueberwachung  der  Promotionen, 
so  wie  auch  Conservatoren, .  Yisitatoren  und  Beformatoren, 
gaben  aber  auch  ihre  jnmge  Veirbiudung  mit  d^  Univer- 
sitäten  dadurch  zu  erkennen,  dass  sie  ihre  jedesmalige 
Erhebung  auf  den  Stuhl  Petri  mittelst  besondem  An- 
sehreibens denselben  feierlich  ainzdigten^^).  Dieüniyermtäten 
dagegen  waren  anerkannt  als  atttoritatlTe  Instanzen  des 
kirchlichen  Lebens  und  ertheüten  in  d^  wichtigsten 
Krisen  der  Kirche  yerfassungsmässig  Gutachten;  sie  hatten 
als  geistliche  Körperschaften  Sitz  und  Stinmie  auf  den 
allgemeinen  und  besondemSynoden  uaid Landtagen;  ihnea 
stand  das  Asyl-  und  Patronatsrecht ,  so  wie  das  der 
kirchlichen  Büohercensur,  die  Stralgerichtsbarkeit  über 
ihre  geistlichen  Mitglieder,  zu.  >  Nicht  nur  üi  der  über- 
wiegend theologischen  Universität  Paris  waren  bis^  in  das 
16.  Jahrhundert,  sondern  audh  an  den  juristischen  Uni- 
versitäten Italieud  und  an  >  den  'deutschen  die  Lehrer  aller 
Facultäten  mit  wenigen  Ausnahmen  dem  Cölibat  unter- 
worfen. Die  Universitäten  selbst  betrachteten  sich  auch 
als  rein  geistliche.,  der  Kirche  allem  angehörige  Gorpo- 
ratlonen,  und  so' leisteten  sie  auch  den  weltlichen  Fürsten 


tionsfaculäten  nur  durch  ein  kaiserliches  Privilegium  sichern  konnten, 
für  die  Katholiken  ab^r  das  päpstliche  jetzt  nicht  mehr  hinreichte, 
weil  es  von  den  Protestanten  nicht  anerkannt  wurde.  Das  Recht, 
Freiheitsbriefe  zur  Stiftung  von  Universitäten  z)i  geben,  und  die 
Erlaubniss  zum  Creiren  von  Poctoren  zu  ertheilen,  wurde  im  16. 
Jahrhundert  von  dem  Kaiser  als  ein  Reservat- Recht  angesprochen. 
(Zöpfl,  deutsche  Recttsgesch.  S.  549,  dessen  Alterth.  d.  deutscheu 
Reichs  u.  Rechts  S.  362.)  Gesetzlich  gründet  sich  dieses  Recht  des 
Kaisers  auf  eine  Stelle  der  Reichskammergerichtsordnung  v.  J.  1555, 
(Samml.  d.  Reichsabschiede  Th,.  III,  8-  46.)  Später  übten  selbst- 
regierende Fürsten  das  Recht,  Universitäten ,  ohne  ein  päpstliches 
oder  kaiserliches  Privilegium  zu .  gründen.  So  wurden  Marburg 
(1526)  und  Königsberg  (1544).  errichtet.  Bechstein,  deutsches 
Universitätsleben  in  d.  Zeitschjr.  »Germania«  B.  I.  S.  186.  Bianco 
Th.  I.S.11.  Hildebrand,  Urkundensamml.  über  d.  Verf.  d.  Univ. 
Marburg.    Toppen,  die  Gründung  d.  Univ.  Königsberg  S.  111. 

55)  Bianco,  Th.  L  S.  85.  86.     . 


ÄOg.  fßisaenachafU.  Zustände.  8eMm  und  Universitäten.    41 

in  den  ältesten  Zeiten  keinen  Huldigungseid  ^^,  dagegen 
waren  sie  der  Kirche  mit  Pietit  und  Obedienz  in  dec 
gesammten  Oeconomie  ihres  Lebens  zugethan,  sie  erhoben 
sieh  in  den  grossen  Krisen  für  die  bedrohte  Kirche,  z.  B. 
in  den  Schismen  und  auf  den  sie  aufzuheben  berufenen 
allgemeinen  Cooeilien,  bei  den  öffentlichen  Verhandlungen 
über  die  Kirchenspaltung  des  16.  Jahrhunderts,  sie  feier- 
ten die  Feste  der  Kirche  nach  der  glücklichen  Ueber- 
stehung  solcher  Krisen  und  andere  Feste  für  die  der 
Kirche  widitigen  Begebnisse  mit*  Aber  auch  in  dem 
stillen  Gange  ihres  gewöhnlichen  Lebens  lebten  die  Uni- 
versitäten das  Leben  der  Kirche.  Alle  Angehörigen  der 
üniyersitäten  erschienen  als  clericalische  Personen  in  clerica- 
lischer  Tracht  ^^  und  folgten  kirchlicher  Sitte  ^^).    Auch 


56)  Die  Universität  Wien  lehnte  1364  und  1385,  dem  Könige 
Mathias  gegenüber,  die  geforderte  Huldigung  ab  (Eink.  I.  S.  149) 
und  die  Universität  Heidelberg  leistete  zum  ersten  Male  1622  einer 
weltlichen  Macht  den  Eid  der  Treue. 

57)  Tholuck,  Akademische  Zustände  S.  3. 

58)  ßianco,  S.  lÖO.  181.  Obgleich  jedoch  das  Leben  der 
Universitäten  und  ihre  Entwickelung  auf  das  Engste  verknüpft 
war  mit  dem  Leben  der  Kirche,  und  lange  Zeit  mit  diesem  zusam- 
menhing und  an  ihm  erstarkte,  so  war  es  doch  auch  anderer  Seits 
der  Gegensatz,  den  die  Universitäten  als  Träger  der  Wissenschaft 
hervorriefen,  durch  welchen  sehr  bedeutsame  Veränderungen  und 
Umgestaltungen  in  den  Zuständen  des  europäischen  Yölkerlebens 
herbeigeführt  worden  sind.  Die  geistige  Selbstständigkeit,  welche 
das  Wesen  der  Universitäten  auf  dem  wissenschaftlichen  Gebiete 
ausmacht,  setzte  sie  auch  in  den  Stand,  in  die  geistigen  Kämpfe 
und  Bewegungen  einsagreifen  und  nicht  selten  den  €kmg  derselben 
za  bestimmen. 

Die  Befonnation  der  Kirche  ist  unverkennbar  von  den  Univer- 
sitäten getragen  und  durchgeführt  worden.  Das  Prindp  der  refor- 
matorischen Bewegung  erhielt  in  ihnen  seine  eigentUchen  Vertreter 
and  konnte  nur  durch  sie  eine  allseitige  und  lebenskräftige  Ent- 
widkelang  ünden.  Von  der  Befonnation  an  veränderten  auch  die 
Universitäten  allmähJig  ihre  Stellung,  insofern  sie  aus  ursprOngliclL 
geistlichen  Stiftungen  gemeinsame  Institutionen  der  Kirche  ui>d 
des  Staates  wurden.  Der  Staat  erkennt,  dass  auch  er  einen  Beruf 
zur  Erziehung  seiner  Bürger  habe.   So  lajoige  er  aber  mit  der  Kirche 


42l  EinUihiMg,    4.  Abäi^iU, 

waren  manche  üniYerätäten  ans  Dom-  und  Klosterscbulen 
entstanden  und  vöUig  oder  theilweise  mit  kirchlichen 
Gütern  dotirt,  wie  denn  überhaupt  die  Päpste  die  ersten 
und  grössten  Begaher  und  Beförderer  der  Universitäten 
bis  zum  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  gewesen  sind^^). 
Zu  den  wichtigsten  Wohlthaten,  welche  Ae  denselben 
erwiesen,  gehörte  die^  da^  sie  schon  frtLhe  den  L^irem 
und  Lernenden  auf  den  Universitäten  in  Toulouse,  ißaris, 
Wien,  Prag,  Heidelberg  gestatteten,  ihre  Trabenden  und 
Beneficien  dort  eben  sowohl  zu  geniessen,  als  wenn  »ie 
an  den  Orten,  wo  sie  dieselben  besässen,  sich  aufhielten. 
Ausgenommen  waren  nur  die  Präsenzgelder  (distributiones 
quotidianae) ,  welche  die  Vicarien  erhielten,  die  den  Gottes- 
dienst besorgen  *%  Diese  Vergünstigung  delmte  sich  in 
der  Regel  auf  einen  fünfjährigen,   öfter  auch  auf  einen 


Hand  in  Hand  geht  und  die  Sphäre  und  die  Gränzen  richtig  er- 
kennt, in  welchen  er  sich  in  dieser  seiner  Thätigkeit  zu  halten 
hat,  80  lange  durchdringen  sich  auch  die  Einflüsse  des  kirchlichen 
und  staatlichen  Princips  im  TTniversitätsleben ,  halten  die  Einheit 
desselben  aufrecht  und  yermitteln  seinen  Einfluss  nach  beiden 
Seiten  hin  auf  Kirche  und  Staat.  Erst  in  neuester  Zeit  ist  der 
Einfluss  des  kirchlichen  Princips  auf  die  Universitäten  überwiegend 
zurückgetreten,  so  dass  namentlich  die  Universitäten  neueren  ür- 
Sprungs  fast  allein  als  Staatsanstalten  erscheinen,  welche  nur  durch 
die  Pflege  der  theologischen  Wissenschaft  und  durch  die  Ausbil- 
dung der  Diener  der  Kirche  mit  dieser  zusammenhängen. 

59)  Die  ältesten  Stiftungen,  welche  Päpste  ?um  Besten  hoher 
Schulen  gemacht  haben,  sind  in  den  Beschlüssen  der.  beiden  lateca- 
nischen  Goncilien  (1179  und  1219)  enthalten.  Buläus,  T.  IL 
p.  370.  371. 

60)  Quum  Canonici  in  offlciis  divinis  valde  infrequentes  essent, 
proventibus  eorum  annuis  seu  grossis  additse  sunt  praesentiae, 
seu  distributiones.  cum  quotidianae  tum  anniversariae, 
ut  faisce  quasi  pnemiis  ad  illa  frequentanda  allicerentur.  FructoB 
nempe  grossi  omnibus,  cum  rere  tum  Acte residentibus,  cernmunes' 
sunt;  de  distributionibus  antem  n  solum  participant,  qui  vere  resi- 
dent divinisque  offieiis  ipsi  intersunt.  Sauter^  Fnndam.  jor. 
eocl. -caUiol.  1826.  Yol.  H.  p.  169.  160.  ~-  Prsesentiss  sunt  «mliera, 
quffi  pi^sesenti  in  manus  dantür.    Du  Gange,  s.  t. 


JUg.  toissensehi^,  Zustänäi,  ikhuten  und  üniverHtäten.    43 

längeren  Aufenthalt  in  den  Universitätsstädten  aus  •*).  So 
kam  es  denn,  dass  unter  den  Studirenden  viele  waren, 
welche  schon  ansehnliche  Pfrtlnden  und  geistliche  Würden 
hatten  •*),  denen  es  aber  auch  nur  durch  eine  solche 
Vergünstigung  möglich  würde,  sich  wissenschaftlich  weiter 
auszubilden.  War  dieses  nun  schon  für  die  Studirenden 
von  grosser  Wichtigkeit,  so  war  es  für  die  Lehrer  noch 
bedeutender.  Diese  hatten  oft  keine  oder  nur  geringe 
Besoldungen.  Auf  Honorarien  konnten  sie  nur  wenig 
rechnen,  da  die  Zahl  der  armen  Studirenden,  welche  sich 
den  philosophischen  oder  theologischen  Studien  widmeten, 
ohnehin  schon  gross  war  und  noch  vermehrt  wurde  durch 
die  für  dürftige  Studirende  errichteten  Stiftungen  •*). 
Zu  den  weiter  von  den  Päpsten  mehreren  Hochschulen 


61)  Bulaeus,  T.  III.,  p.  149.  493.  Meiners,  B.  L,  S.  114 
ff.,  B.  n.  8.  7,  9,  12.  Erhard,  B.  L,  S.  161,  162.  —  Auch  war 
es  nicht  selten,  dass  die  Lectoren  der  Klöster,  wie  z.  B.  des  Sl. 
Oermans-Stiftes  eu  Speyer,  die  Lehrer  and  Aufseher  der  Stiftsgeist» 
heben  waren.  Mone,  Zeitschrift  f.  d.  Gesch.  d.  Oberrh.  B.  I.  S.  297, 
298,299.  B,il. 8.130.  Bianco,  8.  222  ff.  YonMone  undBianco 
werden  aach  die  Eidesforilieln  mitgetheilt,  welche  die  Präbendiaten 
811  kisten  hatten. 

62)  Ehe  die  jongen  Canonici  aasgeweiht  waren,  erhielten  sie 
nur  die  Hälfte  ihrer  Pfründe,  and,  bezogen  sie  eine  Universität,  so 
gah  man  ihnen  gleichsam  als  ein  Stipendium  nar  die  fractus  grossi, 
d.  h.  die  standigen  Einkünfte  der  Pfründe,  das  so  genannte  corpus 
preebendffi,  und  behielt  die  unständigen,  wie  die  Präsenzgelder, 
zurück,  well  sie  in  ihrer  Ahwesenheit  keinen  Anspruch  darauf 
madien  konnten.    Mone,B»L  8.  268. 

63)  Der  erste  Papst,  welcher  Pfründen  von  Stiftern  und 
Klöstern  zu  Besoldungen  öffentlicher  Lehrer  machte,  war  Ale- 
xander in.  (t  1181),  und  er  war  es  auch,  welcher  einzelnen 
Lehrern  hoher  Schulen  gestattete,  ihre  Pfrtlnden  gerade  so  in  Üni- 
Tersit&ts-Städten  zu  gemessen,  als  wenn  sie  gleich  ihren  Chorbrüdem 
Residenz  hielten.  Was  nun  Alexander  einzelnen  Personen  als 
eme  besondere  Gnade  bewilligt  hatte,  das  schenkten  seine  Nach- 
folger allen  oder  fast  allen  hohen  Schulen,  welche  sie  durch  eine 
AatorisatioaBbuUe  bestätigten,  als  ein  Privilegium,  dessen  sich  Lehrer 
ond' Lernende  (Arne  Ausnahme  za  erfreuen  hatten.  Büläus,  T.  II., 
p.  370,  371. 


44  Einleitung.    4.  Abschnitt. 

förmlich  zugestandenen  Hechten  gehört  auch  das,  durch 
von  ihnen  gewählte  Abordnungen  ein  Yerzeiphniss  von  Candi- 
daten,  Lehrern  und  Schülern  zu  überreichen,  welche  der 
Papst  mit  Pfründen  und  andern  Beneficien  versehen  sollte. 
Ein  solches  Verzeichniss  von  Gandidaten  für  geistliche 
Präbenden  (pro  promotione  personarum)  hiess  ßotulus  ^*), 
und  wie  im  alten  Born  Kaiser  und  Feldherren  die  Namen 
der  sich  im  Kriege  besonders  Hervorthuenden  aufzeichnen 
liessen,  damit  sie  vom  Staate  für  ihre  Dienste  belohnt 
würden,  so  sandten  auch  die  Universitäten  die  Namen 
derjenigen  ihrer  Mitglieder  nach  Rom,  von  welchen  sie 
glaubten,  dass  sie  eine  besondere  Belohnung  für  ihre 
Verdienste  um  die  Wissenschaften  und  besonders  um  die 
Kirche  von  Seiten  des  Papstes  verdienten  ^^),  Nur  der 
Bector  der  Universität  durfte  in  den  ältesten  Zeiten  in 
dem  Botulus  dem  Papste  nicht  empfohlen  werden,  dieses 
mussten  die  Abgeordneten  mündlich  thun,  bevor  sie  zur 
Eröffnung  des  Botulus  schritten.  Später,  im  14.  Jahr- 
hundert, wurde  auch  der  Name  des  Bectors  in  densel- 
ben aufgenommen  *^.  Von  der  Pariser  Universität  wurde 
er  anfangs  nur  bei  dem  Begierungsantritte  eines  jeden 
neuen  Papstes   übergeben,   ba]d  nachher  alle  zwei  Jahre 


64)  SalmasiuB  censet  a  Toce  latina  Butulus  dictum  esse 
Rotulum.  Est  autem  Botulus  baculus  rotundus,  quo  cumulus  men- 
surse  demitur  et  exsequatur.  Rotulus  enim  seu  Charta  convoluta 
baculi  speciem  refert.  Yeteres  volumen  appellarunt.  Alii:  Botulus 
i.  e.  scheda,  Charta  in  speciem  rotulse  seu  rotse  conToluta.  Du 
Gange  s.  v.  Botul. 

65)  Quemadmodum  olim  Romse  imperatores  et  duces  eixercituum 
eorum  nomina;  quorum  strenuam  operam  experti  fuerant  in  hello, 
deferehant  ad  serarium  in  beneficiis,  ut  a  repuhlica  mercedem  prse- 
miumque  consequerentur ,  ita  et  universitas  magistrorum  suorum 
nomina  deferri  curabat  ad  pontificem,  ut  ah  eo  lahorihus  suis  de- 
bitum  prsemium  ohtinerent,  Uli  prsesertim,  qui  se  ecclesiastico  minis- 
terio  addixerant.    BuläuS;  P.  IV.  p.  901. 

66)  Buläus,  P.  III.,  p.  235.  AnnaL  Umvers.  Heidelb.  T.  I. 
F.  38,  a.  b.  ' 


ÄUg.  wisaensehqfa.  Zustände.  Schulen  und  UmverHtdien.   45 

und  später  in  jedem  Jahre «').  Jede  Nation  und  jede 
Facultät  wählte  aus  ihrer  Mitte  zwei,  drei  oder  vier  Ordi- 
natores  Botuli.  Diese  mussten  eidlich  versichern,  dass  sie 
das  ihnen  aufgetragene  Geschäft,  Candidaten  zu  geist- 
lichen BenelScien  vorzuschlagen,'  gewissenhaft  verrichten 
und  dass  sie  namentlich  die  altem  Meister  den  jüngeren, 
die  wirklich  lehrenden  den  nicht  lehrenden,  die  gegenwär- 
tigen den  abwesenden  vorziehen  wollten.  Jeder  Meister 
und  Schüler  konnte  seine  Bitte  um  vacante  Beneficien 
aussprechen,  nur  musste  dieses  in  einem  bestimmten 
Termine  geschehen  und  der  zuerst  eingeschriebene  hatte 
unter  gleichen  Verhältnissen  den  Vorzug. 

Hatten  die  Ordinatoren  ihre  Botuli  zu  Stande  ge- 
bracht, so  legten  sie  dieselben  ihrer  Nation  oder  Facultät 
zur  Bestätigung  vor.  Die  gebilligten  Rotuli  wurden  noch- 
mals IQ  einer  allgemeinen  Versammlung  der  ganzen  Uni- 
versität vorgelesen  und  mit  dem  Siegel  derselben 
versehen  ^^.    Darauf  ernannte  man  Abgeordnete  (nuncii). 


67)  Den  XJrsprang  des  Botulus  getzte  Paschasius  (Inqnisit. 
Franc.  III.  28)  in  die  Zeiten  des  Papstes  Benedict  Xin  (f  1424), 
welcher  zuerst  der  Pariser  Universität  das  Kecht  der  Ernennung 
zu  kirchlichen  Beneficien  ertheilt  habe,  während  dieselben  vorher 
von  den  Diöcesanen  verliehen  worden  wären.  Da  nämlich  dieser 
Papst  auf  alle  Weise  den  ihm  streitig  gemachten  apostolischen 
Stuhl  zu  behaupten  gesucht  und  in  den  Magistern  der  Pariser 
Universität  seine  heftigsten  Gegner  erkannt  habe,  sei  von  ihm  kein 
Mittel  unversucht  geblieben,  um  dieselben  für  sich  zu  gewinnen. 
AUeiii  der  Botulus  gehört  einer  altern  Zeit  an.  Die  Päpste  unter- 
Btatzten  in  früheren  Jahrhunderten  schon  vielfältig  die  Gelehrten; 
jedoch  geschah  dies  noch  nicht  nach  einer  bestimmten  und  fest- 
stehenden Ordnung,  weil  ihnen  damals  noch  nicht  das  absolute 
Becht  zur  Verleihung  der  kirchlichen  Beneficien  zustand.  Papst 
Bonifacius  YIII.  (f  1303)  suchte  sich  zwar  dasselbe  zuzueignen, 
fand  aber  noch  zu  starken  Widerspruch.  Erst  dem  Papste  Jo- 
hannes XXII.  (t  1334)  gelang  es,  das  von  jenem  Angestrebte 
durchzusetzen.    Vgl.  auch  Bianco,  S.  231. 

68)  Erat  Rotulns  nihil  aliud,  quam  catalogus  delectorum  magis- 
trorum  Universitatis  quotannis  fere   conscribi  solitus  mittique  per 


46  Einhilmg.    4.  JJbsehn$tL 

i¥elche  diese  Verzeichnisse  dem  Papste  zu  äl)^rreidien 
hatten.  Ausser  den  Candidaten-Venseiclinissen  der  Natio:- 
jnen  und  Facultäten  übergaben  diese  AbgeprdneteA  d^ 
hohen  Schule  zu  Faros  iM>ch  Articulos  Botuli  Universitati^ 
Parisiensis.  In  diesen  wurde  um  die  6es.tätigttng  und 
Erweiterung  alter  oder  um  die  Ertheilung  neuer  Privi- 
legien (pro  habendis  gratiis)  gebeten,  und  überhaupt 
Alles,  wie  aus  den  von  B.uläus  n^tgetheiUep  Rotuliea 
erhellt,  angeführt,  worüber  man  eine  päpstliche  BestätiguBg 
nöthig  zu  haben  glaubte. 

Auss^dem  wurde,  wie  in  Heidelbei^,  ^on  atlen  Bang- 
streitigkeiten  yorzubeug^,  auch  die  BAngardnusg  der 
einzelnen  Facultäten  und  Lehrer  bestin[imt,  und,  wie  sie 
im  Botulus  angenonmien  war,  so  war  sie  auch  bei  öffent- 
lichen Aufzügen,  Processionen  u.  dgl.  massgebend. 

Die  durch  den  Botulus  verursachten  Kosten  wurden 
in  der  Begel  aus  den  Geldbeiträgen  bestritten,  zu  wekhen 
jeder  verpflichtet  war,  welcher  sich  inrotulirM  liess®^); 
in  Heidelberg  wurden  dieselben  jedoch  aus  der  üniver- 
tätskasse  bestritten. 

§4.- 
Hake  Schtden  2U  Saterno^  Bologna  und  Paris, 

• 

Sehr  frühe  schon  und  ungefähr  zu  gleichet  Zeit 
standen  drei  hohe  Schulen  in  grossem  Ansehen :  Salemo 
(1Ü75?)  für  Medicin,  Bologna  (1110?,  privil..  1158)  '^  für 
römisches  Becht,  wnd  Parw  (114Q,  privil.  1305)  für  Theo- 
logie und  Philosophie.  Die  letzte  hätte  schon  im  12.  Jahr- 


■  liM  


noncios  ad  stunmam  Pontificem  pro  beneficiomm  ecclesiasticornm 
imperatione  juxta  ordinem,  quo  conscripti  faerant.  Balftus, 
T.  IV.,  p.  901. 

69)  Bianco,  S.  233.    Eink,  8.  150. 

70)  Savigny,  151.  Schon  1158  wurde  derselben  vom  Kaiaer 
Friedrich  I.  anabhängige  Gerichtsbarkeit  zugesichert  K<Hrtam, 
B.  I.  S.   566. 


ÄUg,  wisäenschafü.  ZuMnde.  SdmUen  und  üni/oersitätm.    47 

buodert  sehr  berfituote  Lehiw,  die  tbeib  mit  der  DonschuM, 
theite  mit  yerscliiedeiien  Kl06tei«chiilea  in  Yerbindang 
8l»ndeE  ^  ^). 

Diese  hohen  Schalen  waren  nidht  nur  die  ättesten 
und  berühmtesten,  sondern  sie  hab»  auch  zugleich  den 
^teeichra  spätem  als  Muster  gedient,  und  zwar  in  del* 
Weise,  dass  Bologna  gröseten  Theils  das  Mvster  war  für 
Italien,  Spanien  und  Frankreich  ^^,  Fans  aber  ftlr  Eng- 
land und  Deutschland  ^'). 

In  der  YeTfassang  dieser  hohen  Schulen  findet  sich 
tber  von  den  äkesten  Zeiten  an  ein  merkwürdiger  Gegerib- 
satz.  In  Bologna .  herrschte  das  repuhücanische  Element 
bei  den  Wahl^  der  Beamten  und  in  der  gestfttnteti 
Gliederung  des  kleinen  Gemeinwesens  vor,  wäSarend  zu 
Paris  die  körperschaftliche  (aristokratische)  Bichtung  das 
üebergewicht  hatte.  In  Bologna  nämlich  erwählten  die 
Studirenden  aus  ihrer  Mitte  den  Rector,  den  Senate  den 
Syndicus,  den  Bechnungsführer  und  die  beiden  Pedellen. 
In  Paris  war  die  Gesammtheit  der  Lernenden  in  4  M^tio* 
nen  eingetheilt,  in  die  der  Franzosen,  mit  dem  Ehren- 
titel Honoranda,  die  der  Picarder,  Fidelissima  genannt, 
der  Normänner,  die  Veneranda,  und  [die  der  Engländer, 
oder  seit  dem  15.  Jahrhunderte  die  der  Deutschen,  die 
tüonstantissiina ,  zu  welcher  man  [auch  die  Schottländer, 


71)  Cr  e  vi  er,  Bist,  de  Püniv.  de  Paris  P.  I.  p.  122.  183.  500. 

72)  Höchstens  anf  die  Universitäten  in  Basel  und  Tübingen 
htH  Bologna  einen  Eindtrss  geflbt.  Ranke,  deutsche  Gesdi.  im 
2feitalter  der  Reformat.  B.  I.  S.  240.  Klüpfel,  Gesch.  d.  Univ. 
Tttbingen  S.  2  ff.    Tis  eher,  Gesch.  d.  Univ.  Basel  S.  94. 

73)  Merkwürdig  ist  es,  dass  fast  alle  übrigen  Universitäten  in 
l<Vankreich  vielmehr  nach  dem  IMTnfiter  von  Bologna,  als  nach  dem 
von  Paris  eingerichtet  worden  sind;  auch  waren  sie  vorzugsweise 
Bjdchtsschulen  und  führten  selbst  den  Namen  nniversitös  des  loix. 
Pänquier  recherches  IX.  37.  Auf  ähnliche  Weise  heissen  die 
Studenten  auf  mehreren  süddeutschen  Universitäten  in  der  gew&hn- 
Hdien  Sprache  Juristen,  auch  wenn  sie  zu  andern  Facultäten  ge- 
hören. Savigny  S.  142.  Lampadius,  Almanach  der  Univ. 
Heidelb.  a.  d.  J.  1813.  S.  37. 


48  Einleitung.    4.  AbschniU, 

Irländer,  Dänen,  Sdiweden  zählte.  Das  Haupt  einer  jeden 
dieser  Nationen  wurde  Syndicus  oder  Gurator  genannt  ^*). 
Alle  Hoheitsrechte  aber  gingen  nicht  von  diesen  Nationen, 
sondern  von  den  Lehrern  aus,  unter  welchen  seit  der 
Mitte  des  13.  Jahrhunderts  die  zur  Sorbonne  durch  Ro- 
bert ^*)  verbundenen  Theologen  das  schon  frfiher  ge- 
wonnene Ansehen  auch  genossenschaftlich  behaupteten 
und  erweiterten.  Eben  deshalb  bildeten  sich  hier  die 
besonderen  Kreise  (Facultäten)  der  Gesammtwissenschaft 
und  die  verschiedenen  Stufen  der  Lehrbefahigung  (aca- 
demische  Grade)  am  frühzeitigsten  aus  und  gingen  schnell 
auf  die  andern  hohen  Schulen  über  ^®).  In  der  Mitte  des 
14.  Jahrhunderts  war  die  Universität  Paris  die  berühm- 
teste und  besuchteste  Hochschule.  Die  Deutsche,  welche 
nach  Bologna,  Padua  und  andern  Universitäten  Italiens 
zogen,  waren  fast  nur  Juristen  ''^. 

74)  Buläus,  [T.  I.  p.  255.  298.    Grässe,  S.  919. 

75)  Die  1250  von  Bobert  (nach  seinem  Geburtsorte  Sorbonne 
in  Ehetelois  an  der  Gränze  von  Champagne  genannt),  dem  Beicht- 
vater oder  Hofgeistlichen  Ludwig's  des  Heiligen,  gegründete 
Sorbonne  (domus  Sorbonica)  hatte  ein  eigenes  CoUegium  in  der 
»Mörder-Strasse«  und  war  von  so  grosser  Bedeutung,  dass  ihr  Name 
auf  die  ganze  theologische  Facult&t  überging,  welche  bis  zu  Ende 
des  18.  Jahrhunderts  Sorbonne  hiess  und  einen  grossen  Einfloss 
auf  die  nationale  Gestaltung  des  Eatholicismus  in  Frankreich 
hatte.  Ursprünglich  war  die  Anstalt  für  arme  Magister  gegründet, 
welche  Theologie  studiren  woUtea  Duvernet,  Gesch.  d.  Sor- 
bonne. Aus  dem  Franz.  übersetzt.  Strassburg  1792.  2  Thle.  (In 
der  franz.  Bevolution  erlosch  ihr  Name  und  ihre  Fonds  wurden 
zersplittert.)  —  Die  juristische  FaQuItät  hatte  sehr  lange  Zeit  keinen 
bestimmten  Platz  für  ihre  Vorlesungen.  Die  Professoren  lasen,  wo 
sie  nur  konnten,  und  sehr  oft  fand  man,  sagt  Pasquier,  in  einem 
und  demselben  Hause  eine  Schule  der  Rechtsgelehrsamkeit  und 
der  Hurered.  Ebend.  S.  15.  Notice  sur  la  Sorbonne.  Paoris  1818. 
Buläus,  T.  m.  p.  223. 

76)  Kortüm,  S.  585.    Savigny,  S.  141. 

77)  Heinrich  y.  L  an  gen  stein  sagt  in  seiner  »Epistolapacis«^ 
bei  Buläus,  T.  lY.  p.  576:  »So  ist  die  Welt  eingetheilt,  dass  die 
Weisheit  bei  den  Galliern  glänzt,  Italien  üeberfluss  hat  an  Gold 
und  Deutschland  reich  ist  an  tapferen  Kriegern.«  Yergl.  auch 
Hartwig,  Leben  und  Schriften  Heinr.  v.  Langensteins  S.  14. 


Mg.  wisgensclurftl.  Zustände,  SMiülen  und  Universitäten,    49 

•  §  5- 
Höhe  Schulen  in  Italien. 

Nach  dem  Vorbilde  der  hoben  Schule  von  Bologna 
entstanden  nun  in  Italien  ^^  im  13.  und  14.  Jahrhundert 
eine  Beihe  von  gleichen  Anstalten.   Wir  nennen  folgende : 

Piacenza,  welches  schon  im  12.  Jahrhunderte  vor- 
kommt und  1243  vom  Papste  Innocenz  IV.  bestätigt 
wurde. 

Moden a  wird  gleichfalls  schon  im  12.  Jahrhundert 
genannt,  ist  aber  seit  1328  im  Verfall.  Keggio  aus  der- 
selben Zeit,  aber  seit  1276  verschollen.  Padua  1228 
durch  Auswanderung  von  Scholaren  aus  Bologna  ent- 
standen^^). Pisa  ist  schon  im  12.  Jahrhunderte  durch 
eine  Eechtsschule  und  1320  als  eine  Art  von  academischem 
Gymnasium  bekannt,  allein  wirkliche  Universität  wurde  es 
erst  1339  und  durch  eine  1344  vom  Papste  Clemens  VL 
erlassene  Bulle  als  Studium  generale  anerkannt.  Arezzo 
hatte  schon  1215  eine  Eechtsschule,  wurde  aber  erst  1356 
durch  Kaiser  Carl  IV.  zum  Studium  generale  erklärt. 
Ferra  ra  wa.r  ebenfalls  frühe  schon  im  Besitze  einer  ge- 
lehrten Anstalt,  wurde  aber  erst  1391  durch  Papst  Boni- 
facius  IX.  zum  Studium  generale  erhoben.  Bom  hatte 
seit  langer  Zeit  eine  so  genannte  Schola  Palatina,  dann 
Studium-  Curiae  geheissen.  Diese  Schule  wurde  von  Papst 
Innocenz  IV.  in  eine  Kechtsschule  verwandelt,  welche 
aber  durch  Papst  Leo  X.  aufgehoben  und  mit  der  städ- 
tischen Lehranstalt  verbunden,  aber  1303  durch  Boni- 
facius  Vin.  als  Studium  generale  erklärt  wurde.  Im 
Jahre  1431  wurde  es  durch  Papst  Eugen  IV.  erneuert 
und  dauert  jetzt  noch  fort  imter  dem  Namen  Studium 
urbis,  Archigymnasium  Bomanum,  Sapienza.  Neapel 
erhielt  schon   durch   Friedrich  11.  (1224)  ein  Studium 


78)  Ueber  die  in  Italien  gegründeten Universit&ten  vrgl.  Grass  e 
8.  954  ff.    Savigny,  S.  143  ff. 

79)  Schlosser,  B.  VIII.,  S.  242. 

Hants,  Geeeb.  d.  Univ.  Heidelb.  J.  4 


50  Einleitung.    4.  Absei^nitt. 

generale  und  wurde  die  erste  obrigkeitlich  gestiftete 
Universität  ®®).  .  Perugia,  seit  1276  als  Rechtsschule 
bestehend,  wurde  durch  eine  päpstliche ^ Bulle  1307  zum 
Studium  generale  erhoben  und  1355  dufch  Kaiser  Carl  IV. 
abermals  bestätigt.  .  Pavia,  bereits  1361  durch  Kaiser 
Carl  IV.  privilegirt,  .wurde  1362  und  1370  so  weit '^durch 
Galeazzo  Visconti  gesichert,  dass  dieser  seinen  Unter- 
thanen  untersagte,  an  einem  andern  Orte,  als  dort,  zu 
Studiren.  Siena,  um  1320  zuerst  durch  eine  Ueber- 
siedelung  von  Bologna  aus^  entstanden,  wurde  später  durch 
die  Medici  .vorzüglich  begünstigt. 

§  6.  ••  ■  ^ 

Sohe  Schulen  in  FranTcreich  und  in  dm 
.  .  Niederlanden. 

'  Von  den  hohen  Schulen  in  Frankreichs^)  sind 
folgende  zu  nennen: 

Bourges  soll  schon  im  Jahre  1204  bestanden  haben, 
•was  jedoch  nicht  iBrwiesen  ist.  Toulouse  wurde  im 
Jahi'e  1229  gegründet.  Orleans  scheint  schon  seit  dem 
"Jahre  1234  blühende  Schulen  gehabt  zu  haben;  ob  aber 
vor  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  an  eine  Universität 
daselbst  gedacht  werden  kann,  ist  unentschieden.  Mont- 
pellier Ivurde  angeblich  im  Jahr  1196  gegründet  *^, 
allein  man  weiss  nur  mit  Bestimmtheit,  dass  dort  seit 
1221  die  Arzndkunde  geblüht  hat.  Avignon  soll  schon 
in  den  Jahren  1303— 9  vom  Papste  Bonifa  eins  VIII. 
oder  Clemens  V.  errichtet  worden  sein.  Rheims  wurde 
angeblich  1145  gestiftet^  und  Anjou  1348  durch  Lud- 
wig von  Sicilien  el-richtet.  Lyon  blühte  schon  vor  dem 
Jahre  1300  und  eben  soGrenoble  seit  dem  Jahre  1339. 


80)  Schreiber,  Gesch.  der  Univ.  Freiburg.    B.T. 'S.  6. 

81)  Ueber    die    französischen   Universitäten  vergl   Grass e, 
S.  916  ff.    Savigny,  S.  313  ff. 

82)  Lucä,  Europäischer  H^licon,  S.  23Q.  236. 


AUg.  wiasenachafU.  Zmtfindif.  Schulen  md  Universitäten,    gl 

In  den  JNEißd^rlaii^l^m  blQ|lte^  ß^t  dem  13.  Jahr- 
liundert  die  Kathedialac^uleA  zu  .  Tournay,  Lüttich, 
MeciieliQ,  so  Yfiß  die  .im  14. ,  Jahrhunderte  yon  den 
Brüden  deS)  gem^inscl^£tlichen  Lpjbens,  den  Hierony: 
mianern,  errichteten  Sdmleu  zu  Deventer,  um  1384 
von  Gerhajfd  Groote  gekündet  ®^),  und  zu  Groningen  ®^). 
Im  15.  Jafarhja^dert  zog,  sich  eine  Kette  der  von  ihnen 
Ifegritadeten  BcuderhSuss^f  vo^  Camforai  in  den  Nieder- 
knien durch  ganz  ^oi*d4eu|£;chland  bis  Culm  in  West- 
preiißsen,  von  der  Scheide  bis^  zur  Weichsel  ®^). 

Hohe  Schulen  tn  Spanien  und  Portugal. 

In  Spanien  ^^)  soll  eine  hohe  Schule  in  Sevilla 
schon  990  und  in  Polei^tia  1200  bestanden  haben.  Die 
letzte  wurde  nachher  mit  der  Universität  von  Salamanca 
vereinigt,  deren  Stiftung  in  das  Jahr  1200  verlegt  wird. 
Lerida  wurde  1300  un^  ValladoUd,  1346  gegründet 
und  Coimbra  in  Portugal  1279. 

§8. 
Hohe  Schulen  in  England,  Schweden^  Dänemark 

und  Pplen* 

In  Oxford  finden  wir  seit  dem  Ende  des  9.  Jahr- 
hunderts ein  Organ  dör  höchsten  wissenschaftlichen  Bil- 
dung nach  dem  jedesmaligen  Maass  und  Bedürfniss  der 
Zeiten  und  mit  dem  Ende  4es  11.  Jahrhunderts  erhielt 
diese  scholastische  Anstalt  ohne  allen  Zweifel  eine  solche 


83)  Wachler,  Gewjh.  d^  Litewüb.,  B.  II..  ß,  14.  Kortüm 
und  Reichlin-Meldegg,  Gesch.  Europa's  B.  IL  S.  25. 

84)  Grä;8  8e,  S.  952  ff.  UllmAun,  {lefonnatoren  vor  der 
Reformation,  JB.  II.  S.  62  ff.  E. loh  hörn,  Gesch.  d.Litt.B.ILS.134  ff. 

85)  Baumer,  Gesch.  der  Pädag.,  Th.  I.  S.  66  ff.  Burck- 
hard,  De  ling.  lat.  fatis,  T.  I.,  p.  181.  132.  133.  Muuiling, 
De  Wesseli  Gansfortü  vita. 

86)  Ueber  die  spanischen  und  portugiesischea    Universitäten 

T^  Gras 8 6,  S.  972  iL 

4  ♦ 


52  Einleitung,    4,  Jbsdinüt. 

Entwickelung ,  sowohl  hinfeicMkh  •  ihrer  corporativen  Or- 
ganisation, als  ihrer  wissenschäfttichea  Th&t^keit,  däss 
ihr  in  demselben  Sinne,  wie  jener  in  Paris,  der  Name 
einer  Universität  zukomint.  Aber  auch  Cambridge,, 
obgleich  hier  erst  seit  dem  Anfange  des  12.  Jahrhunderts 
eine  scholastische  Thätigkeit  irgend  einer  Art  nachzaweisteit 
ist,  trat  jedenfalls  seit  dem  Anfangt  des  13.  Jahrhunderts 
neben  ihre  ältere  Schwester  In  die  Reihe  der  Universi- 
täten. Ausserdem  bestanden  schon  in  den  ältesten  Zeiten 
in  England  die  Cathedral^  oder  iipiscopal-Schulen  *^). 

In  Schweden  hatte  der  Bischof  Jarl er  zu  Upsala 
schon  1100  vier  Collegien  für  Canonici  gegründet  und 
der  Propst  Andreas  1306  eine  f^reischule  anlegen  lassen. 
Die  Universität  selbst  wurde  isrst  voti  dem  Erzbischofe 
Jacob  1477  unter  Sten-Sture  gestiftet  ^^. 

In  Dänemark  trieb  und  lernte  man  fleissig  lateinisch 
in  den  Kloster-  und  Stiftsschulen,  studirte  aber  Vorzugs- 
weise  in  Paris ,  wo  die  Dänen  ein  eigenes  Cöll6ge  hätten^ 
bis  König  Christian  L  1478  die  Universität '  Kopen- 
hagen errichtete  ®^. 

In  Polen  hatte  Casimir  der  Grosse,  damit  nicht 
mehr  so  viele  Polen  ausser  Landes  gehen  möchten,  be- 
reits 1347  oder  1364  den  Ghmd  zur  Universität  Cracau 
gelegt,  deren  föimliche  Oiiganisirung  und  päpstliche 
Privilegirung  aber  erst  1400  etfolgte  ^^.    \ 

§  9.   ■"■ 
Hohe  Schulen  in  BöhmerL 

Die  Böhmen  hatten  am  6.  April  1348  in  Prag  ®^)  durch 
Kaiser  Carl  IV.  eine  hohe  Schule  erhalten,  deren  Privilegium 


87)  Ueber  die  hohen  Schalen  in  England  Tergl.  Grägse,  S. 
911  ff.,  besonders  aber  Hub  er,  die  engl.  Univ.,  B.  I.  S.  57. 
Ö8)  Grasse,  S.  973.   ' 

89)  Grässe,  S.  976.  *  • 

90)  Ebendas.   S.  977.    Tomek,  Gesch.  d.  Univ.  Prag  (S.  88) 
gibt  1363   als  Gründungsjahr  an.     '      ' 

91)  Da  die  Böhmen  mehr  zur  slavischen  als  deutschen  Nation 


Mg,  wissenaehafU,  Zustände.  Schulen  und  Universitäten.    53 

Yom  Papste  Clemens  VI,  aber  schon  1347  bestätigt 
worden  ist**).  Der  Kaiser  war  in  Paris  am  Hofe  Phi- 
lipp's  VI.  Ton  seinem  7.  Jahre  an  erzogen  worden  und 
koch  gebildet,  wie  ^r  war**),  wurde  in  ihm  der  Wunsch 
rege,  eine  ihnlicbe  Anstalt,  wie  die  Universität  zu  Paris, 
mek  in  seinem  Erbkön|greiche  Böhmen  zu  haben,  und 
\rie  er  seit  seinem  Begierungsantritte  für  die  materiellen 
Jufjeressen  seiner  Böhmen  in  Jjand-  und  Bergbau,  Gewerben 
und  Handel  sorgte  un^  auf  sein  Land  Alles  übertrug, 
was  er  im  Auslande  Merkwürdiges  gesehen  hatte,  so  gab 
er  auch  Künsten  und  Wissenschaften  in  seiner  Residenz 
einen  Haupt^ü^z;  ■  .  ^ 

Bei  d^  Gründung  deir  Universität  stand  ihm  zwar 
die  Pariser  vor  Augen ;  doch  '  suchte  er  ihr  in  wesent- 
liehen  Stücken  eine  bessere  Einrichtung  zu  geben  ^^). 
Eingetheilt  war  die  Universität  Prag  in  4  Nationen :  die 
Böhmische,  die  Bayerisdiie,  die  Polnische  und  die  Säch- 
sische. Die  Mitgliedschaft  in  denselben  hatten  Magister 
uiid  Studenten  i^ne  Untersdlied^^). 


I^ereclmet  wutdtBn^  so  kann  die  Universitftt  in  Prag  auch  nicht  als 
me  deüißch»,  angesehen  worden.  Acta  aoad.  Theod.-Palat.  T.  I., 
p.  S74. 

92)  Tomek,  Gesch.  d.  Prager  Univ.,  S.  3.  4. 

93)  Carl  selbst  sehreiBt  Von  sich:  »Divina  gratia  non  solum 
hoheraicom,  a^  galHcani,  lombardicwn,  teutonicum  et  latinnm  ita 
loqni,  8criiyer.e.  et  .^e^ere.acivii^us,  ^t  una  lingua  istamm  sicut 
altera  et  ad  sciibendnm,  legendum,  intelligendum  nobis  erat  facile.c 
Oommentar.  4e  vita  Catoli  IV,  ab  ipöo  Cärolo  conscriptus.-  Auch 
den  Sitzungen  der  Gelehrten  wohnte  er  oft  bei  und  freute  sich 
flbef.  die  Gewandelt  ini|  Yßirtl^ldigeii  und  Bekämpfen  zweifel- 
hafter S&tze*  Ja,  als  einst  hungrige  Hofjunker  aa  die  Nähe  der 
Mittagstafel  erinnerten,  entgegnete  der  Kaiser:  »Für  mich  ist 
es  noch  nicht**Zeit.  Diese  Gespräche  bilden  mein 
MahU    Eortflm,  B.  ü.  B.  9S&: 

94)  Eichhorn,  B.  JI,  9.  .ljB2.  Grösse.  8.  940  ff.  Voigt, 
Gesch.  d.  Univ.  Prag.  Freitag,  conspect.  antiqq.  statutt.  studii 
generalis  Prag. 

95)  Tomekf  a  8. 


54  Einkttung,    4.  Abschnitt. 


f  » 


§  10.'.  ,. 

Mohe  Schulen  in  I)^^/dqrni 

Deutschland  war  läh^ei^e  Zelt  Tön' dem  triissenßchafl^ 
liehen  Einigungstriebe  nn'bef'ühni' geblieben.  Es  Tregnügte 
sich  mit  den  herköhilrilicheti  Kloster-,  Dom-*  tind  Stifts- 
schulen,  oder  sandte  Lernbegierige  naieh  TYankreich  oder 
Italien.    Als  aber  mabcäie    der  'genannten    Schulen  und 

r 

mit  ihnen  die  alte  kii*chliche  Wissenschaft  immer  mehr 
in  A^erfall  geriethen,  der  geistige  Mitteljiunkt  des  bisherigeti 
Lebens,  der  Papst,  sfeit  deto'Anfaigfe  des  14.  JafirhundertÄt 
seine  gebietende  Stellung  verloren  hatte  nnd  die' -Böstre^ 
bBngen  der  Zeit  flfeerhäu^t  jeder  klOstferlicheä,  litt'  enge 
Räume  eingeschlossenen  Wiiesenschaft  feindselig  wardn  :>  -^ 
da  wurde  das  Bedürfnisa  einer  «elttstsländigeä  utfd  gesMr 
derten  Entwickelung  imtnet  iahlbar^r.  Man  woHte  uUitik 
mehr  länger  das  Volkstbtlinlich  iitdividuölle  Leben  i^  .tAiäietli 
kirchlich  universellen  aufgehen  lassen.  Dieses  ßedtürfmte 
konnte  aber  nicht  besSötibefriedigt  •wenten,!  als  dur^h'die 
Errichtung  freier,  wissenschaftlicher  Anstalten,  welche, 
wenn  auch  aus  der  Kirche  hervorgehend  und  auf  dieselbe 
gegiliiideit,  bei  kircUii^n.'Z^TWtUr&ies^  ibiTB.  §elbstetäa^ 
•digkeit  zu  behaupten  iiö  Staäd^  ^ftreti.  ■  Ja,  das  pftpÄtli^e 
Schisma  drängte  von  seihest  darauf  hin,  in  streitigen  Fräf- 
gen  sich  <  an  einen .  unabMng^^a  ,w;3seQ^cb£^tUc)ie^  Sitz 
als  €rerichtshof  m  w^den.  PaHs^,  cter'^iadte  Skz  .derikktdEi^ 
iichen  Scholastik,'  War  Sh  deft  Hähdefi  äefe'  stShT^mÄtisaifeA 
Papstes,,   welche;;!  .dije .  fran^ösisf he,,  ij^ol^tik ,  äfe  '^erl^eui^ 

vorschob.      ■    .     <■    -l       *-     -j'»     •  ^-if'.   .■••     :••'■•«•.■.>)    ••    ■■     r    .f:"v«:-:     -    .. 

.  Man ;  bedurfte'  für  D^äts^hlähd  ^ige«fer''selbfetgtänÄger 
Sitze  für  die  WissehscnafteÄ'"ün(l  'Xns'taitöii,  in  WeltHfen 
tüchtige  Lehrer  des  ;v;olke;s  „i^Qd  ^prxJ^g^?^»  'Wch%p 
Aerzte,  Richter  und  andere  Dl^er  Sei^i  Steate»  htiialag^ 
triliiet  weräeh  ionto'eh'^^.  -  VoÄ'  Akdkn  'Abäifekei , '  sB  wie 


96)  Kortüm,  B.  I.  S.  586.    Häusser;'  S?  iS^'ff.' 


r  « 


AUg.  wissensehc^.  Zmtinck.  Sihulm  und  Universitäten.    55 

von  Eifer  und  Liebe  fQr  Wahrbeit  imd  Tugend,  imrden 
die  Gründer  der  Hochschulen  geleitet  Zugleich  \follten 
sie  aber  auch  ihren  Städten  einen  ähnlichen  Wohlstand 
verschaflFen,  wie  sie  ihn  in  Universitätsstädten  erblühen 
sahen  ®^). 

Wie  allgemein  aber  dieses  Bedürfniss,  welchem 
Carl  IV.  durch  die  Gründung  der  hohen  Schule  in  Prag 
einen  lauten  Ausdruck  gegeben,  gefühlt  wurde,  beweist 
der  zahlreiche  Besuch  der  neu  errichteten  Anstalt  und 
das  schnelle  Entstehen  so  vieler  hohen  Schulen  iia  einem 
Zeiträume  von  etwa  hundert  Jahren  ^^. 

Die  ersten  deutschen  Universitäten  winxlen  in  Wien 
und  Heidelberg  gegründet.  Mit  ihnen  beginnt  die  Wieder- 
geburt der  Wissenschaften  in  Deutschland  ®^).  Die  Grün- 
dung der  Universität  in  Wien  war  das  Werk  der  Brüder 
Rudolph  IV.  und  Albrecht  IH.,  Herzoge  zu  Oester- 
reich,  Urenkel  Rudolph 's  von  Habsburg.  Die  Stiftungs- 
ürkunden  wurden  in  den  Jahren  1365  und  1384  erlassen. 
In  dieselbe  Zeit,  in  welcher  die  Wiener  Universität  züi* 
vollkommenen  Ausführung  gebracht  worden  ist  (1384)  ^^% 


97)  Als  Belege  unserer  Behauptung  führen  wir  ausser  der 
Stiftungsurkunde  der  fleidelb.  Universität  an  die  der  Wiener  von 
Herzog  Albrecht  UI.  (Kink,  B.  IL 8. 49.  ff.),  die  der  Freibiki«er 
Universitl^t  im  Breisgau  von  Erzherzog  Albert  YI.  von  OesterreicU 
(Schreiber,  Urkundenbuch  der  Stadt  Freiburg,  B.  11.  S.  447  ff.) 
und  die  der  Tübinger  Universität  von  dem  Grafen  von  Württemberg^ 
Eberhard  im  Barte  (Klüpfel,  S*  2.  3.) 

98)  Ausser  in  Wien  iind  in  Heidelberg  wurden  Univenäilfätea 
gegründet  in:  Cöln  1^88,  Erfurt  1392,  Würzburg  1403^  Leipzig 
U09,  Rostock  1419,  Greifswalde  1456,  Freiburg  im  Breisgau  1457, 
Basel  1460,  feer  und  Ingolstadt  1472,  Mainz  und  Tübingen  1477. 
Ifit  Retfht  sagt.  deshiUb  Jas.tus  Lixrsi;iL8'  (Loimn,  III.  9)  vo« 
den  iif,  dan^'alifer  Z^t  in  Peutschland  jjfegründeten  -Universitäten: 
>lncredibile  est,  quam  inde  in  Germania  pullulavennt  Scholse,  et 
illa  regio,  in  qua  Taciti  etiam  setate  literarum  secreta  viri  prätiie^ 
ac  feminse  ignorabant,  pene  plures  nunc  Academias  habet,  quftm 
reliqna  Eiüopa  universa.«  t     •!   .  .   r     . 

99)  Erhard,  B.  L  S.  166. 

.  ieO).KIftikvBi  L:S.  6.y  B.  ILS.  1  «.  i     n   - 


56  EihUiUmg,    4,  Jhidmitt 

fällt  die  eigentliche  Organisirang    und  Einweisung    der 
Umversität  Heidelberg. 

§  11 
Eintheüung  der  Angehörigen  der  hohen  Schulen  in 

Nationen. 

Zi^  den  ältesten  Einrichtungen  der  hohen  Schulen 
gehört  die  Eintheilung  ihrer  Mitglieder  in  gewisse  Natio- 
nen. Sie  war  die  Grundlage  der  ursprünglichen  Verfassung 
UBd  der  ersten  Vorrechte,  welche  die  Universitäten  er- 
warben. Diese  Nationen  bildeten  ohne  Rücksicht  auf  die 
Wissenschaften,  welche  sie  lehrten  oder  lernten,  privile- 
girte  Körperschaften,  die  ihre  eigenenen  von  ihnen  gewählten 
Beamten.  (Procuratores,  Decajii,  Consiliarii)  hatten,  sich 
ihre  Satzungen  machten,  besondere  Versammlungsorter 
U.S.W,  hatten.   So  in  Paris,  Bologna,  Padua,  Wien,  Prag. 

Was  die  Universität  Heidelberg  betrifft,  so  ist  zwar 
in  de^  Statuten  die  Bede  von  einer  solchen  Eintheilung 
in  Nationen,  allein,  da^s  eine  solche  auch  in  das  Leben 
getreten,  davon  findet  sich  in  den  Acten  nirgends  eine 
Andeutung.  Wie  gefahrlich  aber  auch  eine  solche  Ein- 
theilung werden  konnte,  bewies  das  durch  den  Natio- 
nalismus herbeigeführte  Beispiel  in  Prag.  Mehrere  Tau- 
sende  von  deutschen  Lehrern  und  Lernenden  zogen  1409 
von  dort  weg  und  veranlassten  die  Errichtung  der  Uni- 
versität Leipzig.  Es  mag  dieses  Beispiel  auch  bei  später 
errichteten  Universitäten,  wie  Ingolstadt,  Tübingen,  mit 
dazu  beigetragen  haben ,  dass  man  keine  Eintheilung  nach 
Nationen,  sondern  nur  in  Fäcultäten  zuliess.*®*).  Da 
sich,  vom  14.  Jahrhundert  an  die  Fäcultäten  immer  mehr 
ausbildeten,  so  sank  die  Gewalt  der  Nationen  fast  ia 
demselben  Verhältnisse,  in  welchem  das  Ansehen  der 
Fäcultäten  stieg  *®^. 


101)  Meiners,  B.   I.  S,  29.  43.  67.  71.  B.  IH.  S.  79.  Voigt 
Seite  74.  ff. 

102)  Keil,  Geschieht  des  Jenaischen  BtddemteilAbeiis,  8.7. 


AUg.  wisaenschafU.  Zustände,  Schulen  und  UniverstUUen.    57 

§12. 
Freifmt  von  bürfferUcken  Abgaben.     Gerichtsbarkeit. 
Seepter.     Gesetzgebung.     Sicheres  Geleite. 

Universitätsboten. 

Die  Freiheit  von  bürgerlichen  Abgaben  und 

■ 

Lasten,  von  Zöllen  u.  s.  w.  war  auf  den  Universi- 
täten des  12.,  13.  u.  14.  Jahrhunderts  weder  allgemein 
noch  gleich  gross.  Auf  einigen  Universitäten  genossen 
nur  die  Studirenden,  auf  andern  die  Studirenden  und  ge- 
wisse Lehrer,  noch  auf  andern  alle  Studirenden  und  alle 
Lehrer  gleiche  Vorrechte. 

In  Paris  lag  der  Grund  der  Immunität  der  Lehrer 
und  Studirenden  darin,  dass  sie  als  geistliche  Personen 
(clerici)  betrachtet  wurden  *®^.  In  Bologna,  wo  man,  wie 
in  Padua  und  auf  andern  Universitäten  Italiens,  die 
Lehrer  und  Lernenden  nicht  als  Geistliche  betrachtete, 
erhielten  sie  alle  Rechte  der  Bürger  ohne  ihre  Lasten. 

Ein  anderes  Vorrecht  der  Universitäten  war,  den 
gewöhnlichen  Gerichten  nicht  unterworfen  zu 
sein,  sondern  ihre  eigene  Gerichtsbarkeit,  die 
disciplinarische  nicht  nur,  sondern  auch  die  civüe  und 
criminelle ,  zu  haben.  Dieses  Recht  wurde  ihnen  jeweüs 
von  weltlichen  Fürsten,  von  dem  Papste  oder  von  Frei- 
staaten feierlich  ertheilt  und  machte  ein  wesentliches 
Privilegium  einer  Universität  aus  ^^%  Die  eigene  Gerichts- 
barkeit,   welche    die   Universitäten  besassen    und   deren 

4 

Ausübung  zunächst  in  den  Händen  des  Rectors  lag,  wurde 
auch  durch  em  äusseres  Zeichen  kund  gegeben.  Dieses 
war  das  Seepter,  welches  bei  feierlichen  Veranlassungen 
der  Rector  als  Zeichen  seiner  Würde  vor  sich  her  tragen 
Hess.  Es  bestand  bald  in  einem  hölzernen,  bald  in  einem 
sübemen  Stabe  ^®*). 


103)  Buläu«,  T.  III.  p.  2i3. 

104)  Tholuck,  S.  36.  ff.  J67.  ff. 

105)  Mein  ers,  B.  IH.:  &,.  les. 


58  Einleitung.    4.  Abschnitt. 

Mit  dem  Rechte  der  eigenen  Gerichtsbarkeit  hatten 
die  Universitäten  auch  die  Befugniss,  sich  selbst  ihre 
Verordnungen  und  Gresetze  jeu.  geben,  Sah  ^lan  e^  schon 
im  12.  und  13.  Jahrhundert  als  natürlich  an,  dass  zahl- 
reiche Corporationen  von  Lehrern  und  Schülern  sich  selbst 
richteten  oder  von  ihres  Gleichen  gerichtet  wurden,  so 
fand  man  es  eben  so  natürlich,  dass  diese  Corporationen 
zur  Erhaltung  guter  Ordnung  durch  die  Mehrheit  der 
Stimmen  gewisse  Bestimmungen  festsetzten,  welche  für 
alle  Mitglieder  derselben  bindend  waren  und  deren  Üeber- 
tretung  bestraft  wurde  ^®*^.  Dieses  Recht  übten  die  hohen 
Schulen,  ohne  dass  es  ihnen  eipe  höhere  Behörde  wirklich  er- 
theilt  hafte,  so  lange,  bis  sie  es  entweder  zu  weit  ausdehnten, 
oder  bis  geistliche  oder  weltliche  Machthaber  glaubten,  das- 
selbe  sei  mit,  der  ihnen  selbst  zukommenden  Gewalt  nicht 
vereinbar  ^^'^). 

Ein  weiteres  Vorrecht  der  hohen  Schulen  war  das 
des  sicheren  Geleites.  Lehrer  und  Lernende  konnten 
nicht  nur  ruhig  und  ungestört  in  den"  Universitätsstädten 
wohneij,  sondern  auch  nach  solchen  hin  und  zurückreisen, 
ohne  dass  man  ihre  Personen  und  Sachen  aufhalten  oder 
festhalten  durfte;  vielmehr  waren  alle  Obrigkeiten  bei 
schwerer  Strafe  angewiesen,  sie  nach  Kräften  zu  schützen 
und  ihnen  wegen  erlittener  Üribillen  eine  schleunige  und 
volle  Genugthuung  zu  verschaflFen.  Dieses  Privilegium 
war  aber  um  so  wichtiger ,  als  im  zwölften  und  dem  zu- 
nächst folgenden  Jahrhundert  nicht  nur  die  Wege  im 
Allgemeinen  sehr  unsicher  w^ren,  sondern  auch  die  Statt- 
halter und  übrigen  Obrigkeiten  ^oift  Mitglieder  von  Uni- 
versitäten .  verhafteten ,  und  ihnen   unter   dem  Vorwande 


106)  Papst  Innocenz  HI.  sagt  im  Jabre  i;3Q9  (ßu^aas,  T. 
III.  p.  52):  »Quotiens  pro  communi  utilitate  aliqua  statunntur,  per 
qnae  paci  et  tranqaillitati  consultam  ac  publicae  honestatis  et  honoris 
procnratur  angmentum,  conveniens  -edi  kk  decetis,  ul;  eadein  ab 
Omnibus  irrefragabiUter  observentni*.^  '    "    .     -  • 

107)  Mein  er  s,  B.  IL  S.  129/ B:  IV.- S.  lü.      '  - 


Ällg,  foissemchafü,  Ztufiänäe,   Schulen  und  Universitäten,    59 

des  Vergeltungsrechtes  ihre  Habe  wegnahmen,  wenn  deren 
Landsleote  ihren  Unterthantti  oder  Mitbürgern  recht- 
mässige Sehnlden  nicht  bezahlt  oder  EigenthüTO  vorent^ 
halten  oder  Beleidigungen  «ugefflgt  tmd  keine  Genugthüung 
gegeben  hatten  ^***). 

Ausserdem  waren  die  hoheft  S(ihulen  berechtigt, 
grosse  und  kleine  privilegirte  Boten  (magni  nuncii, 
parvr  nuncii)  zu  haben.  Unter  den  ersten  verstand  man 
angesehene  Büi^ger,  welche  den  Stiidirenden  g^gen  Pfand 
oder  Bürgschaft  Gelder  vorstreckten  und  deshalb  auch 
in  Italien  foeneratores  Messen.  Die  kleinen  Boten  be- 
sorgten den  Briefwedisel  und  überhaupt  den  auswärtigen 
Verkehr  der  Üniversitäts-Angehörigen  und  -genossen  gleich 
den  Lehrern  und  Studirenden  sicheres  Geleit  und  Frei- 
heit von  Zöllen. 

Sowohl  die  grossen  als  die  kleinen  Boten  entstanden 
beinahe  mit  den  hohen  Schulen  selbst.  In  jenen  Zeiten 
gab  es  weder  Posten  noch  einen  sicheren  Wechselhandel. 
'Studirende  konnten  ihren  Eltern  Nachrichten  und  Eltern 
ihr^  Söhnen  Briefe,  Gelder  u.  s.  w.  nur  durch  besondere 
Boten  schidcen.  Vor  dem  Antritte  ihres  Amtes^  mussten 
sie  schwören ,  es  treu  zu  erfüllen ,  daher  wurden  sie 
auch  nuncii  jurati  genannt  ^^^. 

§  18.  '        , 

Reetorat.     Aeademsther  Raih,     Immairieülaiion. 

Unter  allen  academischen  Aemtern  ist  keines  älter 
^nd  allgemeiner,*  als  das  des  an»  frder  Wahl  herV(Hrge- 
gangenen  Rectors.  Man  bieK  es  nicht  mir  für  dafs 
erste,   sondern  auch  für  das  Widitigste^^^®)-^     Auch  die 


*  <■    <      |i    n   ■   n   f t    »■ 


106)  köiners;  B.  n.  S.  33b.  fr.    • 
'    109)  Üopialljüc'h'd.  tJniv.  Heidelb.  (JTr. ^. 358. 6Sl),  Kauf-U 
fichenkbriefc  ^"  p&pstlich'e  Bullöri,  Privilegien  u.drgl.  von  G'rtlnÖün'g 
;deif'UniVef8it&f1)i8  gegen  *ßnde  des   15^  Jährliunderts   änthahend^ 
lr:''39.  b.  ^Miiniörs,  B.  IT.  S.  353:  ''       '•    '' 

110)  Tholuck,  Acad.' Zibtfclde  S.^l6.  W.  .    :   '        «J 


60  EinUi^mg.    4.  AbaOniU. 

Benennung  RectQr  findet  sich  eben,  so  auf  den  ältesten 
Universitäten  ^^^),  wie  Magnificus  ^^^),  mit  Ausnahme  von 
Oixford  und  Cambridge,  wo  die  Männer,  welche  dieses 
Amt  bekleideten,  Cs^er  oder  Yicecanzter  biessen  ^^^.  Zu 
dieser  Würde  wählte  man,  um  den  Glanz  der  Universität 
zu  erhöben,  auch  gerne  Männer  von  hoher  Abkunft  als 
Rector^s  magnificentissimi  ^^^).  Ihnen  wurden  häufig  (in 
Heidelberg  vom. Jahre  1558  ^n)  Prorectoren  aus  der 
Zahl  der  Professoren  be^egeben  oder  sie  wählten  diese 


111)  Doch  nannte  der  Stadtrath  zu  Wien  in  einer  ürtcunde  vom 
Jahre  1865  denBector  der  Uniyersitftt  auch  »obereten  SchuliüaisUr/« 
Diplom.  I.  p,  48,  wo  es  heiaat:  »Der  Durchleucht  lifaister  in  den 
sieb^  Chünsten  Albrecht  ze  den  Ziten  obrister  Schulmaister  ze 
Wienn.«  —  Die  beiden  vornehmsten  obrigkeitlichen  'Personen  in 
den  gröBsten  italienischen  Städten,  der  Podesta  und  Oapitaneo 
(Prsafectiis  et  Prsasnl),  wurden  Kectores.oivitaliiß,  Rqbtoti  genannt,  u. 
die  Vorsteher  der  Universität  zu  Paris  behielten  den  Titel  Bector 
in  allen  Zeiten  bei.    Meiners,  B.  III.  S.  89.  ff. 

112)  Der  Titel  Magnificus  (Magnificenz)  wurde  wahrschetnlidi 
am  frühesten  in  Italien  gebraucht,  wo  die  Bectores  civitatis  viri 
magnifici  gehannt  wurden  und  dann  in  solchen  Städten,  wo  man  die 
höchsten  weltMchen  Obrigkeiten  mit  Magnificenz  beehrte.  Dubouil- 
lai  (T.  IV.  p.  636)  bemerkt  es  als  etwas  besonderes  an,  di^s  der 
Bector  in  Cöln  Magnificus  genannt  werde.  In  Wien  erhielt  der 
der  Bector  erst  1501  diese  Benennung  (Conspect.  bist.  Vienn.  T.  IL 
p.  67).  Kink  (Th.I.S.  111)  ftthrt  Folgendes  an:  »Der Titel  Magni- 
ficus wurde  im  Mittelalter  nur  solchen  gegeben,  welche  den  Bang 
eines  Beidisfärsten  hatten,  wessbalb  auch  ganz  folgerichtig  der 
Bector  Albrecht  »Durchleuchte  heisst  Man  dachte  sich  in  jener 
Zeit  den  Bector  wie  den  Grossmeister  eines  Bitterordens.  So  wie 
Templer  oder  deutsche  Herren  mit  dem  Schwerte  fUr  Gott  und  Ghristenr 
heit  kämpften,  so  die  hohe  Schule  mit  geistigen  W4fien.c 

118)  Wood,  Eist.  Univ.  Oxon. 

114)  In  Heidelberg  wurde  als  solcher  zuerst  Adolph  voii 
Nassau  (1443)  gewählt,  in  Ingolstadt  Graf  von  Oetingen 
(1486)  und  als  «bendort  (1522)  die  Statuten  erneuert  wurden,  stellte 
man  es  der  Universität  frei ,  die  Bectoren  aus  den  Lehrern  oder 
erlauchten  Stiidirenden  zu  wählen  (Annall.  Ingolst.  T.  I.  p.  31.  T. 
IV.  p.  187).  In  Wien  war  ein  Fürst  y^n  Teacjien.  (1503)  uu^ 
in  Mailand  ein  H»zog, Sforza,. Bector. 


Jllg,  unsaenschü^.  Zustände,  Schulen  und  Universitäten,    61 

anch  selbst.  Den  Prorectoren  lag  die  Besorgong  der  laufenden 
Geschäfte  ob.  Der  Rector  hatte  den  Yorsite  in  dem 
Rath  der  Universität  (Consilimn  Senatus  üniversi- 
tatis)  und  in  den  allgemeinen  Versammlungen  der  Univer- 
£ätäts-Mitglieder.  In  dem  ersten  wurden  alle  Angelegen- 
heiten der  Universität  berathen;  in  besonders  wiehtigen 
Fällen  aber  berief  der  Rector  diei  sämmtlicben  lilitglieder 
derselben  und  zwar  nicht  nur  die  angestellten  ordent- 
lichen Lehrer,  sondern  auch  die  Magister  und  Licentiaten. 

Zu  den  amtlichen  Functionen  gehörte  Ein- 
schreiben in  das  Matrikelbuch  (Matricula),  gewöhnlich 
intitulare,  später  immatriculare  genannt  und  Beeidigen 
der  neu  ankommenden  Mitglieder  der  Universität,  in  so 
fem  sie  das  dazu  erforderliche  Alter  hatten  *"),  das  Hand- 
haben der  Gesetze,  besonders  aber  kräftiges  Vertheidigen 
der  Privilegien  und  gewissenhafte  Ausführung  der  vom 
Senate  gefassten  Beschlüsse.  Ausserdem  war  er  gewöhn- 
lich der  Historiograph  der  Universität*^^  und  hatte 
alle  merkwürdigen  Ereignisse,  mochten  sich  diese  auf  die 
inneren  oder  äusseren  Verhältnisse  der  Universität  be- 
ziehen, aufzuzeichnen. 

Bei  feierlichen  Aufzügen  wurde  ihm  als  Zeichen  seiner 
hohen  Wtirde  das  Scepter  vorgetragen. 

Die  Dauer  des  Rectorats  an  der  Pariser 
Universität  war  in  den  frühesten  Zeiten  auf  4^  hoch* 
stens  6  Wochen  beschränkt.  Erst  im  Jahre  1276  würde 
diese  Amti^hrung  auf  3  Monate  festgesetzt  und  dieses 
auch  später  beibehalten.  Nur  in  sehr  unruhigen  und 
gefahrvollen  Zeiten  bestätigte  man  Rectoren,  wddie  man 


115)  BuUus,  T.  ni.  p.  576.  V.  p.  718. 

116)  Ruh  köpf,  Gesch.  d.  Schul-  und  ünterrichtswesens  Th.  I. 
S.  187.  Ertt  in  späterer  Zieit;  wie  an  der  Universität  Heidelberg 
(1587),  wurde  ein  eigener  Historiograph  ernannt  und  im  17.  Jähr"- 
hundert  dieses  Geschäft  dem  Syndicus  der  Universität  gegen  eine 
besondere  Vergütung  übertragen. 


62  Einleitmg.    4.  Ahac^nitt. 

tüchtig  befundeu,   einmal,  wphl  auch  zweimal   in  ihrer 
Würde,  so  dasa  sie  6  oder  .9  Moöate  ihr  Amt  führten  ^^'), 

In  :Padua  uud  auf  den  übrigen :  hohen  .  Schulen 
Italiena  dauerte  das  Bectorat  e^n  Jahr»  Kin  späterer 
Versuch,  es  auf  2  Jahre  auszudehnen,  verursachte  manebe 
Naditheije^  we^shalb  man  zu  dem  früheren  Brauche 
zurückkehrte.  In  Prag  ,war  die  Dauer  des  Kectorats 
erst  ganzjährig,  dann  halbjährig;  in  Wien  von  1377 — 1385 
e^i^äihrig,  von  da  bis  1629  halbjährig  ujud  darauf  wieder 
ganzjährig.  Die  deutschen  und  niederländischen  Universi- 
täten,  Erfurt  und  Löwen  ausgenommen,  wo  das  Rectorat 
von  Anfang  an  auf  ein  ganzes  Jahr  übertragen  wurde, 
was  in  Heidelberg  erst  vom  Jahre  1522  an  geschah, 
folgten  dem  Beispiele  von  Prag  und  Wien^^®). 

Das  Immatriculiren,  für  welches  alle,  mit  Aust 
nähme  der  Armen,  eine  Einschreibgebühr  an  den  Bector 
zu  zahlen  hatten,  war  an  keinen  Ausweis  über  frühere 
Studien  oder  sonstige  Bedingungen  geknüpft.  Namentlich 
war  nirgend  ein  Alter  vorgeschrieben.  Neben  reifen 
MänneiTi  stehen  so  junge  Leute,  dass  ihnen  nicht  ein 
Eid,  sondern  nur  ein  Versprechen,  die  Gesetze  zu 
beobachten,  abgenommen  werden  kann.  Freilich  gaben 
iauch  die  Vorbereitungsanstalten  zu  den  Universitätsstudien 
nur  eine  mangelhafte  humanistische  Bildung  und  so  wurde 
denn  Jahrhunderte  hindurch  an  Universitäten  und  zwar 
in  der  Artisten  -  Facultät  das  gelehrt,  was  jetzt  grossen 
Theils  in  oberen  Classen  der  Gymnasien  und  Lyceen  ge- 
lehrt wird,  und  diese  hatte  selbst  ihren  Namen  daher, 
weil  ihre  Professoren  die  Septem  artes  liberales  lehrten. 
Die  Pflidit  ab^,  sich  immatriculiren  zu  lassen,  und  zwar 
schon  wenige  Tage  nach  der  Ankunft  in  der  Universitäts- 
stadt,  hatten   nicht  nur  die  Studenten  und  Professoren 


117)  BuUus,.T.  IV.  p.  394.  T.  VI.  p.  802.  807.  981.  Cuvier, 
T.  II.  p.  454. 

118)  Tomek,  S.  9.    Kink,    S.   110.  Meiners,   B.  IIL    S. 
132.  146. 


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Mg.  wissensehaftl.  2iuMnäe,  Schulen  mnd  UniverHtäien.    63 

(letztere  unentgeltlidi) ,  sondern  auch  tdle  Universit&tj&- 
AngehSrigea  wie  Buchhändler  u«  A»^^^.  Ausserdem  aher 
Hessen  sieb  viete  einschreiben,  welche  nichts  weniger  als 
Stüäir^iide  waren,  nur  um  die  Freiheiten  von  Studirenden 
zu  genisss^n  ^^).  An  eine  bestimmte  Zeit,  wie  jetzt^  war 
das  Immatriculiren  nidit  gebundw,  es  fand,  wie  wenige 
stens  die  Heidelberger  Matrikdbflcher  ausweisen,  das 
ganze  Jahr  bindtrch  statt. 

§  14. 

Sj/ndicus.     Secretär,     Quästor,     Pedellen.     Cursores. 

Servitoreß.     Famuli. 

Als  weitere  Beamten  an  Universitäten  sind  Sjndici, 
Se er etär e  und  Qnästoren anzuführen.  Der  Gesohicfats^ 
Schreiber  der  Pariser  Untviersität  Bnläns  erklärt  diese 
für  die  nolhwendigsten  unter  allen  Beamten  nach  den 
Rectoren  ^"). 

Die  Pedellen,  im  Lateinischen  des  MittdMU;erS 
Bedelli,  Bidelli,  Pedelli,  Bndelli^^^  genannt,  entstanden 


119)  Auf  den  italienischen  TTniversltäten  hatten  jedoch  die 
BeutBchen  nicht  nöthig,  gicb  bei  dem  Bector  einsohreiben  zu  laBsen. 
%k  thaten  dieses  nur  b^i  den  BlUhen  oder  Procuratoren  ihrer 

1:         Nation. 

120)  Solche  »Studentes  non  studentes«  verübten  häufig  unter 
dem  Schutze  der  academischen  Privilegien  vielerlei  Ünfüg.  Diesem 
SQChte  man  durch  besondere  Verordnungen  zu  steuern.  Bianco> 
S,  sa  90. 

121)  Buläus  sagt  nämlich  (T.  III.  p.  582):  »Es  ist  kein  CoUe- 
giam,  das  nicht  Rechtshände]  oder  andere  Angelegenheiten  zu 
besorgen  hätte,  keines,     das   nicht   gewisse   Einkünfte     genösse i 

iT^'  keines,  das  nicht  zu  gewissen  Zeiten  zusammen  käme,  Berath- 
|{;.  Bchlagungen  hielte,  Beschlüsse  fasste  und  diese  Berathschlagungen 
und  Beschlüsse  aufrecht  jzu  halten  wünschte.  Für  die  erste  Gattung 
Toa  Geschäften  ist  ein  Syndicus  nöthig,  für  die  zweite  ein  Quästor, 
fOr  die  dritte  ein  Secretär.c 

122)  Ueber  die  Abstammung  des  Wortes  Bedellus  vonBidault^ 
Pitault,  Petau,  womit  man  im  Alt<Französischen  einen  Söldner  oder 
Krieger  zu  Fuss  bezeichnet,  ist  man  nicht  im  Reinen.  Dass  Bedellus 
und  Pedellus  verschiedenen  Ursprung  haben,  wird  von  Adelung 


64:  Einleiitmg,    4.  Abschnitt. 

wahrscheinlich  mit  den  Nationen  auf  den  Uniyersitäten, 
oder  es  haben  die  Nationen  gleich  nach  ihrer  BHdang 
Pedellen  angenommen.  Eben  so  wahrscheinlich  ist  es, 
dass  jede  Nation  von  Anfang  an  einen  Ober*  und  einen 
Unter -Pedellen  hatte.  Bald  wurde  ihre  Zahl  vermehrt 
Die  Universität  Paris  hatte  schon  im  Jahre  1312  4*  Ober^ 
pedellen  (Bedelli  magni)  und  4  Unterpedellen  (BedeDi 
parvi)  ^*').  Sie  richteten  die  Befehle  der  Rectoren,  Procura- 
toren,  Decane  der  Facultäten  aus;  gingen  bei  feierlichen  Auf- 
zügen und  Deputationen,  das  üniversitätsscepter  tragend, 
voran,  waren  zum  Schutze  der  Ordnung  bei  den  öffent- 
lichen academischen  Handlungen  gegenwärtig. 

Eine  Besoldung  scheint  den  Pedellen  nicht: ausge- 
worfen gewesen  zu  sein.  Für  ihre  Dienstleistui^en  be- 
zogen sie  durch  Statuten  oder  den  Brauch  festgesetzte 
Sportein,  wie  bei  Promotionen,  Vorladungen  u.  s.  w» 

Die  einzelnen  Facultäten  hatten  in  den  ältesten  Zeiten 
in  der  Begel  keine  besondem  Pedellen,  sondern  die  Uni- 
versitäts-Pedellen besorgten  zugleich  auch  die  Geschäfte  der 
Facultäteil  *^*).  Uebrigens  standen  die  Pedellen  früherer 
Zeiten  eine  bedeutende  Stufe  höher,  als  die  der  neueren 
Zeit  Sie  erscheinen  oft  als  Männer  von  Bildung  und 
Bedeutung  und  wurden  nicht  selten  mit  mündlichen  Auf- 
trägen von  Wichtigkeit  an  hohe  Personen  betraut.  Sie 
mussten  daher  an  einzelnen  Universitäten,  wie  in  GöJn, 
magistri  Artium  sein.  Oft  waren  sie  zugleich  die  Notare 
der  Universität  und  verrichteten  überhaupt  die  Functionen 
eines  heutigen  Universitäts-Secretärs  "*).  An  der  Univer- 


in  seinem  grossen  Wörterbuche  unter  dem  Worte  Peden  gezeigt. 
Vergl.  Du  Gange  in  den  Wörtern  Peda,  Pedale,  Pedarius,  Pedatnm, 
Pedatura.  Unter  dem  Worte  Bedellus  weist  derselbe  auf  Speimann 
u.  A.  hin,  welche  es  •von  dem  Sächsischen  Worte  Bidele  ableiten, 
das  einen  Ausrufer  bedeute  und  noch  als  Büttel  im  Gebranch  sei. 
In  Deutschland  schreibt  man  seit  Jahrhunderten  Pedellefr. 

123)  Buläus,  T.  rV.  p.  164. 

124)  Meiners,  B.  in.  S.  164—198. 

125)  Bianco,  S.  156. 


ÄUg.  wissenschafil.  Zustände,   Schulen  und  Universitäten,   65 

sität  Heidelberg  gehörte  es  zu  ihren  Functionen ,  zu  den 
ÜDiYersitäts-Essen  bei  Promotionen  einzuladen;  an  diesem 
Essen  nahm  sie  aber  dann  auch  selbst  Theil  ^'^. 

Ausser  den  Pedellen  hatten  die  UniTersitäten  ab^ 
auch  noch  andere  Diener,  welche  Cursores,  Servitores  und 
Famuli  Messen.  Dieses  waren  oft  Stud^ten  und  promo* 
virten  zuweilen.  Auch  die  einzelnen  Magister  hatten  Servi- 
tores und  Famuli,  sobald  sie  solche  unterhalten  konnten, 
und  mussten  diese  bei  sich  haben,  wenn  sie  ausgingen  ^'^). 

§15. 

Camler.    Viceeander.  Pfdzgnrfen*  Comervatoren. 

Subeanservatoren, 

Die  angesehensten  Vorgesetzten  der  hohen  Schulen 
waren  die  Canzler.  Schon  vor  Entstehung  der  Univer- 
sitäten waren  es  die  Canzler  von  Erzbischöfen,  Bischöfen 
und  Aebten,  welche  nach  vorhergegangenen  Prüfungen  die 
Lehrer  an  den  Dom-  und  Klosterschulen  anstellten,  wess- 
halb  sie  auch  oft  Magistri  scholarum  genannt  wurden.  lin 
Mittelalter,  wo  die  Universitäten  kirchliche  Anstalten  und 
bestimmt  waren,  die  Lehre  der  Kirche  zu  begründen  und 
gegen  Ketzer  zu  vertheidigen ,  setzten  ihnen  auch  die 
Päpste  in  den  Autorisationsbullen  Canzler  vor.  Die  Würde 
derselben  umfasste  die  Erhaltung  aller  ursprünglichen 
und  später  erlangten  Eechte  der  Universität,  die  Bestäti- 
gung (auctoritate  apostolica)  der  zu  ertheilenden  acade- 
mischen  Grade,  wenn  die  Facultäten  die  wissenschaft- 
liche Befähigung  der  zu  Graduirenden  ausgesprochen  hatten , 
die  peinliche  Gerichtsbarkeit  und  die   Oberaufsicht  über 

r 

den  Fleiss  und  die  sittliche  Aufführung  sowohl  der  Lehrer, 
als  auch  der  Schüler.  Vom  16.  Jahrhundert  an  nahmen 
die  Kaiser  als  Reservatrecht  das  Becht  der  CanzlerwUrde 


126)  AnnaU.  Univ.  IJr.  858,  51,  c.    F.  7,  6. 

127)  Koseg^rten,  Th.  I.  8,   107.    Kink,  JB.  I.  S.  50,  H. 
o.  86.  -    ii  u 

Haute,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  5 


66  JEinleiiung.    4.  Abschnitt 

in  Anifi5)ruch  ^^%  ausserdem  auch  selbstregi^rende  Fürsten. 
Zu  Ganzlem  wurden  entweder  die  so  genannten  Ordinarii, 
d.  h.  die  Bischöfe  oder  Erzbischöfe,  in  deren  Sprengein 
die  Universitätsstädte  lagen,  oder  ihre  Canzler,  oder 
andere  hohe  Beamte  von  Domstiftem,  seltner  die  Vor- 
steher von  Collegiat-Stiftern  ernannt. 

Es  war  deshalb  auch  etwas  ausserordentliches,  dass 
der  Papst  den  Facul täten  in  Ingolstadt  die  YoUniacht 
ertheilte,  ohne  Zuziehung  des  Ganzlets  die  apademischen 
Grade  zu  ertheilen  ^^^). 

Das  Recht,  sich  einen  Canzler  zu  wählen,  hatte  keine 
deutsche  Univßrsität,  wohl  aber  die^  hoben  Schulen  :Qxford, 
Cambridge  und  Lunden^^*^).  Als  dje  Universität  Paris, 
wo  nur  der  Canzler  des  Bischofs  von  Paris  und  der  des 
Klosters  der  h.  G  e  n  o  v  e  f  a  das  Recht  hatten,  academische 
Grade  zu  verleihen,  im  Jahre  1281.  ein  solches  Recht  sich 
anmasste,  wurde  es   sogleich   vom  Papste  vernichtqt^^ ^3. 

Nicht  immer  aber  hatten  die  Canzler  Zeit  und  Lust, 
die  mit  dieser  Würde  verbundenen  Geschäfte  selbst  zu 
besorgen.  Es  war  daher  schon  in  den  ältesten  Zeiten 
nichts  Ungewöhnliches,  dass  Canzler,  sogar  wenn  sie  ihren 
Sitz  in  den  Universitätsstädten  hatten,  Pro-  oder  Vice- 
canzler  ernannten  und  zwar  häufig  in  der. Person  des 
Rectors  oder  eines  angesehenen  Professors  aus  einer  der 
Facultäten,  am  häufigsten  aus  der  juristischen  und  theo- 
logischen ^'^.  ! 

Doch  hatte  auch  scho^  Friedrich  II.  (1250)  aus 
kaiserlicher  Machtvollkommenheit  angefangen,  Doctoren  zu 


128)  So  eignete  sich  Kurfürst  Johann  Georg  die  Ganzler- 
würde  an  der  Universität  Frankfurt  a.  3.  0:1590  an,  welche  früher 
^r  Bischof  von  L^buff  hatte.    Be'el^man-^,  Notitia  IMv.  Francofi 

129)  Annall.  Ingoist.  T.  IV.  p.  17.  113. 

130)  Döbeln,  Acad.  Lund.  hist.  p.  2. 

131)  Hameraei  Üb.  deAcjad.  F^ii^.^.p,  ,79.. 

..      132)  In  jParJs  war  der  bischöfliche  f)flmzler)  in  »patern  Zeiten  so- 
gar verbunden,  einen  Procanzler  zu  ernennen,  ß  u  1  ä  u  s ,  T.  III.  p.  380« 


Äüg,  wiaaeMcfu^.  Zu8tände.  Sehulm  und  üniverHtäten,    Q^ 

ernennen  and  dessen  Nachfolger  übertrugen,  nach  dem 
Beispiele  der  Päpste,  erlauditen  oder  sonst  au^ezeichne- 
tan  Hftmiem  unter  dem  Titel  Pfalzgrafen  (C!omites 
Palatini)  das  gleiche  Recht  ^*'').  So  verlieh  Kaiser  Fried- 
rich IIL  (1452)  PfalzgrafentiteL  WeQ  diese  aber  um 
Geld  zu  haben  waren,  so  wui'de  diese  Ehre  dadurdi  entwür- 
digt ^**).  Mit  Recht  erhoben  sich  deshalb  die  Universi- 
täten häufig  gegen  solche  Promotionen  mit  allen  Kräften. 
Da  sie  aber  weder  den  Pfiedzgrafen  ihre  Privilegien,  noch 
den  von  denselben  Promovirt«  ihren  Rang  streitig  machen 
konnten,  so'  suchten  sie  deren  Ansehen  in  den  Augen  des 
Publikums  dadurch  zu  schwächen,  dass  ste  die  von  den 
Pfalzgrafen  Grehrten  bebriefte  Doctoren  (doctores  buQati) 
nannten  ^^%  so  wie  man  im  14.  Jahrhunderte  in  England 
die  Doctoren  aus  deü  Orden  der'  Bettelmönche,  die 
sich  auf  etwas  nachsichtigen  Universitäten  des  Festlandes 
promoviren  liessen,  wächserne  Doctoren  (Doctores  cereati) 
hiess. 

Nach  der  Kirchen  -  Reformation  übten  häufig  die 
protestantischen  Fürsten  und  Freistaaten  bischöfliche  Rechte 
und  unter  diesen  auch  die  der  Canzler  aus.  Andere  Fürsten 
liessen  in  den  kaiserlichen  Gnadenbriefen  sich  selbst  und 
ihre  Nachkommen  zu  Canzlem  ernennen,  oder  sich  wenig- 
stens  die  Vollmacht  schenken,    Canzler  und  Procanzler 


133)  Ueber  die  Pfalzgrafenwürde  vergl.  Georg  Schubart, 
De  Comitibus  Palatinis  Csesareis.  Jen.  1678.  Itter,  de  grad.  acad. 
p.  168—170.  287.  512—516.  Zöpfl,  Gesch.  der  deutsch.  Rechts- 
queUen.  B.  tl.  Abth.  11.  S.  206  ff.  .... 

134}  Voigt,  CJasa.  AltertiöUfS*  37|8. 

135J  Diese  Doctoren  hatten  ^ftr^ens  nicht  dieselben  Vorrichte, 
wie  die  von  Universitäten '  creirt^.  Sie '^ürft^ii  «.  B.  in  kein 
Metropolftan-Capitel  gewählt  wenkin.  In  eihtff  Bllle  des  Papstes 
Sixtus  rV.v.J.  1474'Äeii<8te8:  iXJbi  re^nfrrtur  quälitas  doctoralis, 
non  sufficit,  si  :qui8  p#r  buUam  vel  a  tdiUite  it^aWtino  creatas  sit 
doctor,  sed  ut  dignitfts  ilW  aCadötoica  hl  üäifeirsitate  collata  fuerit, 
necesse  est.    Bianco,  S.  86.  .  ..  ./i  .:   , 

5* 


68  EifM^n§.    4.  Ah9cknin. 

setzen  zu  dürfen  ^^^.*  In  T<übingen  ging  das  CauzeUariat 
an  den  Rector  und  Senat  tAer  "''). 

An  der  Universität  Heidelberg  übte  der  Dompropst 
in  Worms  Yon  der  Begründung  der  Universität  (1386)  an 
bis  zum  Ende  des  18»  Jahrhunderts  das  Recht  .des  C9S\Zr 
lers,  die  academisehen  Grade  zu  verleiben,  entweder  selbst 
od«r  durch  Yicecanzler  aus. 

Weder  so  alt  noch  so  allgemein,  als  die  Caozler, 
waren  die  Conservatoren  der  dm  Universitäten  verb- 
liebenen Privilegien  und  Rechte  ^^^).  Itfanobe,  $eU)9t  ältere 
Universitäten  hatten  keine  eigentliehen  Cosservätoren;  andere 
erhielten  sie  erst  kürzere  oder  längere  Zeit  nach  ihrer 
Gründung.  Doch  wurden  von  den  Päpsten  Gonservatoren 
für  die  von  ihnen  den  Universitäten  zugestandenen  Rechte 
früher  ernannt,  als  dieses  von  den  Fürsten  für  die  von 
ihnen  ausgegangene  Rechte  geschah.  Die  Universität  Paris 
erhielt  erst  ISJSS  und  1337  auf  ihre  dringende  Bitte  den 
Prevot  von  Paris  zu  einem  zeitigen  und  1340  zu  einem 
beständigen  Conservator  ihrer  königlichen  Privilegien  **^). 
Nach  dem  Gnadenbriefe  des  Königs  Philipp  August 
(1200)  war.  der  Prevot  von  Paris  weiter  nichts ,  als  ein 
königlicher  Beamte,  welcher  bei  dem  Antritte  seines  Amtes 
schwören  musste,  dass  er  selbst  die  Immunität  der  hoh^ 
Schule  nicht  verletzen,  picht  aber,  dass  er  die  Privilegien 
derselben  schützen  wolle,  eine  Anordnung,  welche  der 
bei  der  Universität  Heidelberg  in  Beziehung  auf  den  Fauth 
(Oberamtnaann  der  Stadt)  getroflFenen  gleich  war. 


136)  Meiners,  B.  n.  S.  164.  309.  320.  B.  I.  S.  375. 

137)  Klüpfel,  S.  54. 

138)  Auf  deu  älteren  tTniv^rsflföten  waren  die  Conservatoren 
Yon  den  Canzleca. verschieden;  auf  den. neueren  dagegen  war  nicht 
gelten  die  CanzlecwQrde  mit  der  des  Erhalters  deir  Rechte  in  ein 
und  (derselben  Ifersoß  vereinigt  In  jdem  Statut,  Tubing.  p.  26 
hdßst  es:  »CauceUarii^,  .qjMft  loco  iUustnasimi  principis  schollt 
adesty  ne  Scholaa  priyil^egia  vei  ^^r  Corise  mandata,  Tel  qualicunqoe 
alia  ratione  labefactien^ur  ajut  dig^inuantuT}  piospicito.c 

139)  Bulftus,  T.  IV.  p.  256.  264.   .,    . 


ÄUg.  wüsenschafß,  Zmtänds.  SöhuUn  und  Univemtäten,    69 

Anfän^di  mtrden  die  Gonservatoren  toh  den  Päpsten 
nur  aaf  einige  Jahre  und  fttr  bestimmte  Privilegien  ernannt. 
Die  U^ertragting  dieser  Wunde  auf  Lebenszeit  trat ,  wie 
die  der  Ganzlerwürde,  erst  später  ein,  wo  die  Erhaltung 
der  von  den  Päpsten  den  tTniversitäten  verliehenen  Rechte 
entweder  £r26isehföfen  und  Bisdiöfen  oder  andern  vor* 
nehmen  Gheistlichen  übertragen  wurde.  Parier  allein  ertangte 
das  Vorrefdit,  die  Gonservatoren  der  päpstlichen  Privi- 
legien selbst  eitoennen  zu-  dürfen  ^^^) ,  einer  deutscbett 
Hodischule,  wenn  sie  aöcb,  wie  die  Heidelberger  nach  der 
zu  Paris  eingerid&tet  war,  gestand  der  päpstliche  Hof 
(jKeses  nie  zu. 

Einzelne  Unitersität;eai  hatten  'a»ch  Snb-Gonser- 
vatoren,  welche,  wie  die  Vicecanzler  von  den  Canzlem, 
von  den  Gonservatoren  ernannt  wurden. 

§  16. 
JHchterkrönunsf. 

Zu  den  Rechten  der  Pfalzgrafen,  welche  Notarien 
ernennen,  Vormünder  und  Guratoren  anstellen  und  absetzen, 
Infamirte  ehrlich  machen,  uneheliche  Kinder  legitimiren 
durften,  gehörte  auch  die  Dichterkrönung  mit  einem 
Lorbeerkranze.  Die  Sitte  war  in  Italien  aufgekommen, 
allein  ihre  Anfänge  sind  dunkel,  und  zu  einem  festen  Ritual 
ist  dieselbe  nie  gelangt  Das.  Recht  dieser  Krönung  wurde  von 
GarllV.  (1354)  m  Anspruch  genommen,  da  Friedrich  I. 
Barbarossa  (|  1190)  schon  den  Epiker  Günter  gekrönt 
hatte  und  jenes  meist  als  Sache  der  alten  Römischen  Kaiser 
angesebenr  wurde  ^*  ^) ,  und  von  F  r  i  e  d  r  i  c  h  HI. ,  welcher 


«•4- 


140)  Bu>Ua8,  T.  in.  p.  1— S.  199.  580.  581.  37a 

141)  Pertrarca  Wttr4«r  am  8.  AptU  1341  unt«r  dem  Zujaudisen 
äes  ganKiBn  Volkiis*  auf  dem  Capitolium  in  Bxnh  von  diem  römiecben 
SenfttorOrs^,  Gmfbn  vottf  Ahgainiära,  gekrönt'.  In  seinem  Diplome 
heisst^B  unter  Analerem:  »t^»l^ta»  egt«gioft  in  mot^m  triumphatiftiam 
aooe|^imii8[  in  Capiitoll^  ^soronnapi^  HB^ue  adeo  et  itt  desuetudinem 
nobis  abijt  illa  soleuüu»;  ut  jan  a/18D0  annis  nallnm  ibi  legamus 
tau  kamore  decoratum.«  B u  r Jf  bar d^t,  R«äfris8aa<^  S.  20a.  Y  c^i  g t , 
Class.  Alterth.  S.  378.    Heeren,  Gesch.  d.  Philolog.  B.  I.  S.  264. 


70  Einleitung.    ^  ÄbaefmiU. 

schon  im  Jahre  1442  das  Diplom  fttr  Aeneas  Sylvias 
ausgestellt  hatte  ^**),  wurde  Conrad  Celtes  ProtuciuÄ 
(Meissel)  von  »dem  Kaiser  selbst  am  18.  AprU  1478  auf 
dem  Schlosse  zu  Nürnberg  als  Poäta  (Dcdsareus  laureatus 
gekrönt  ^*^  und  als  der  erste  Deutsche  nütider  Dichtar- 
krönung  gefeiert  ^**),  Im  Jahte  1501  vrurde  der  nur  in 
lateinischer  Sprache  dichtende  Celtes^^^)  von  Fried- 
rioh's  lU.  Sohn,  dem  Kaiser  Maximilian  L,  bei 
welchem  er  in  so  hoher  Gunst  stand,  wie  bei  Friedrich» 
als  Bibliothekar  und  Professor  der  Beredsamkeit  nach 
Wien  berufen  und  zugleich  zum  Vorstande  des  von  dem 
Kaiser  zur  Förderung  der  classischen  Studien  gegrflndetM 
Gollegiums  poStarum^^^)  für  sidi   und  seine  NaiAdGolg^r 


142)  6a den,  Sylloge  varior.  diplom.  p.  679. 

« 

143)  Friedrich  der  Weise  Ton  Sachsen  war  Geltes'  hoher 
Gönner  oder,  wie  Geltes  sagt:  Musarom  snarum  et  studiomm 
maximus  amieus.  Friedrich  der  Weise  hatte  ihn  dem  Kaiser 
empfohlen.    Heeren,  B.  II.  S.  16^. 

144)  Geltes  schrieb  damals  von  sich  selbst: 
»Primas  ego  titalam  gessi  nomenqne  Poet», 

'Gaesareis  manibus  laurea  nexa  mihi.« 
Weiter  aber  fögt  er  bei: 

»Si  me  non  pietas,  yirtas,  doctrina  coronant,        ..     . 
Ecqaid  proderit  haec  nexä  corona  inihi?« 
lieber  Geltes  als  Dichter  yergl.  W.  Menzel,  deutsche  Dich- 
tung von  der  ältesten  bis  auf  die  neueste  Zeit,  B.  II.  S.  267  ff. 

145)  Dem  Ulrich  von  J^ut^en  setzte  am  .12.  Juli  1517 
Maximilian.!,  zu  Augsburg  den  Lorbeerkranz  auf ,  obgleich 
Hütten  damals  noch  nicht  in  deüts6her  Sprache  gedichtet  hatte. 
Sein  erstea  deutsches  Gedieht  ehiohiien  1520.  Der  erMe^  Deutsciie, 
welcher  wegen  seiner  deutschen  Gedichte  gekrönt  -wurde^y  war 
Opitz.  Er  erhielt  diese  Auszeichnung  1625  iträhreBd.  Mines  Auf- 
enthalts ia  Wi0n  von  Ferdinand  IL  uad  wurde  zugleich  mit  dem 
Namen  Ton  Boberfeld  geadelt.  Ueb^r  Ulrich  von  Hatten 
vergl  Gervinus,  Ges^h.  d.  po^t.  National-Liter.  «L  DfBfutsoheni' 
Tk  II.  S.  431  ff»  und  über  Opitz  ebend.  :Tk  HL  p.  199  & . 

146)  Dem  Zwecke  nach  hatte 'd!«  von  IkTateriins  PiB*t^ris 
1502  in  Erfurt  gegründete  »Po^tensiohnletc  eirie  gewiHse  Aehntichkeft^ 
mit  diesem  CoUegivm.  Kamp'schulte,  ^düe  ÜAiv:  Srfurt,  Tli.  L 
S.  50..'   ..  .''    ■    'm'I'.  .1    y  --•'.:.    f  •  'M     .-  .    X  .i{)"  !     .    .:  » 


JJlg.  wisaensehafU,  ZmUinde.  SMwUn  und  Universitäten,    71 

mit  der  Yollmaeht  «mannt.  Dichtern  den  Lorbeer  zusuer- 
kennen  **'). 

Damit,  oder  vfebnehr  mit  Geltes  begann  nun  die 
lange  Reihe  der  gekrönten  Dichter  (Poätae  ladreati),  welche 
seitdem  selten  m^r  Ton  einem  Kaiser,  aber  desto  dftor 
m  seinem  Namen  von  einem  Pfalzgrafen  gekrtet  wurden. 
Die  Sache  wurde  Mode,  so  dass  bald  kein  Professor  der 
alten  Spradien,  der  Beredsamkeit  und  schOnen  Wissen- 
schaften mehr  existiren  konnte,  wenn  er  nicht  auch  gekrdnter 
Po@t  war.  Zu  dieser  Ehre  aber  konnte  er  um  so  leichter 
kommen,  als  a«f  die  im  15;  Jahrhunderte  und  später 
eatstandenen  Uiiiversttäten ,  welchen  Kaiserliche  Privile- 
gien ertheilt  wurd^^  ^^^b  die  pfalzgr&flicben  Re<^  über- 
gingen und  namentlich  auch  die  Dichterkröoung.  Wenn 
diarselben  in  den  Privilegien  mancher  Universitäten  nicht 
gedacht  ist,  wie  z.  B.  der  Wittenberger,  so  scheint  jene 
Befugniss  doch  in  der  völligen  Gleichstellung  dieser 
Universität  mit  firtheren,  und  namentlich  der  Leipziger, 
mitbegriffen.  Dagegen  wurden  in  dem  Privilegium  der 
Universität  Halle  vom  19.  October  1693  vom  Kaiser 
Leopold  dem  jeweiligen  Prorector  oder  dessen  Stellver- 
treter ausdrücklich  das  Recht  Dichter  zu  krönen  zuge- 
standen. 

Mit  dieser  Kaiserlichen  poetischen  Lorbeerkrone, 
welche  der  Gekrönte  zu  jeder  Zeit,  an  jedem  Orte,  selbst 


147)  In  dem  Kaiserlidien  Stiftung^iefe  heisst  es:  »CoUegiiiiD 
po^twum  pro  bonore  nostra .  et  dignitate  augenda  Viennensis  Uni*^ 
Tersitatis  praesenti  privilq^  decoraimis,  ut  qnicunqa«  in  aostr» 
üiiiTeiBitaie  in  Pogtiea  vel  Oistoria  staduerit  Laureamque  eoneuH 
piverit,  ia  in  eoUegie  pol&tairum  diligeä<»r  examinatos^  «  idoAeus 
ad  M  munoB.  percipiendiuBL  faafaitas  et  inventus  foerit,  per  honora« 
bflem  et  fiddem  hoIms  düecUun' Conr;  Geltem,  pJBr  genitorem 
BOBtram  Vxid^tticxim.  JIL  ditae  meaioriae  primanl  inter 
&&rm aiKis  Lt« icreat am  p o  6 1 amiet modo  in  Univ;  noBtoa  fK>dti<ieB 
«e  (kateriafi' leieren:  ordfaiariam  ad  deinde  per  sueeeBBores  ejus; 
qui  pro  tempore  deUegio  praefaenat,  lausea  ooisoiiari  possi^.«. 
S«r]ivarlt,.0e8£li^  d..£r2.  £.  n.  S.  .242.  . 


72  EinUitunff.    4.  AbdchniH. 

in  Gegenwart  Kaiserlicher  Majestät  sieh  aufsetze  durfte, 
war  nicht  allein  Ehre  verbunden,  sondern  auch  die  Befiig- 
nis6,  im  ganzen  römisch-deutschen  Beiche  aller  Orten  und 
auf  allen  gelehrten  Anstalten  als  Lehrer  der  poetisohea 
Kunst  aufzutreten,  und  er  wurde  dadurch  aller  Beobte  acade^ 
mischer  Lehrer  theilhaftig  ^^^.  Dass  aber  der  Lorbeerkranz 
auch  einen  academischen  Grad  verliehen  habe;  wird^  mit 
Hecht  berweifelt,  da  den  P£ed^afen  ausser  der.  Dichtet- 
krönung  zugleich  das  Recht,  accadeioäsche  Grade  zu  ertbeUm 
zugestanden  wurde.  \   . 

Um  gekrönt  zu  .  werden .,;  macliteD  tide  Professoren^' 
welche  son^t  hiemfds  daran'gedacht  babea  würden,  Verse  wie^ 
ein  Scholpensum,  und  es  trat  eine  Periode  gelehrter  Schuir 
poesie  ein,  weiche  zunächst'  im  Diei^t^  der-FHiBten  rstond.. 
So  kam>^  ajuch,  dass  die  laAeinisKhieOv  (aH- Gmtulallmieä^ 
zu  Hochzeiten,  Amtsbefördeimagen^.fan  Condolenzen  b^ 
Trauerfällen  uqd  dergl.-  mehr  reichen-  Dichtungen  der 
Humanisüen.  nicht  nur  an  Zahl,  sondern. audk  aft  Geitimg 
und  liuhm  deu  in  deutscher  Spradie  Dichtenden  übär*- 
legen  waren  ^*®).  '  v 


148)  In  dem  oben  genannten  Privilegium  füf  die  Universität 
Halle  heisst  es:  »Prorectori  seu  Rectoratus  munefe  functufo  IndaT- 
gemus,  ut  possit  et  valeat  personas  iijoneas,  et  in  poStica  iä'cufltlito 
e^ccellentes  per:  Laureae  impoeitionem  et  annuli  traditionem  PoStas 
laureatos  facere^  creare  et  ingignirc,  qui  quidem  Poetae  laureatl 
per  eundem  sie  creati  et  insigniti  possint  et  valeant  in  omnibas 
civitatibus,  Gommnnitatibus ,  Universitatibns ,  coUegtis  et  studiis» 
quorumcunque  locorum  et  terrarum  S.  Romani  Imperii  et  ubicanqae 
Ubere  absque  omni  impedimento  ^^ontnidielföne^  in' praöfatss  «rtis 
po^ticae  sdentia  legere  ^  repetere,  sicrib«ye>  dispatalre^  inlnvpee^lari 
eti  eomm^tftri  ac  caeteros  poetioo»  .aetoo.faoere  et  exeqcove,  neo 
noa  Omnibus  et  singuMs  ontamenüB^  pmilegiis  eta^  atiy.qoibod 
«fteteri  poetae  lanmati,  i&bivis  locorum.  et  Oymnattoräm  promoii 
gaudent,  fmuntiir  et  utuntur  censfoetudme.  toI  de  jiii«^  Aiatk  ist 
Petxarca's  Diplom  heisst  es:  »piunc)  magntttti.Po6lam  et»Histo- 
ricum  declaramos,  pnedaro  Magisterii  nomine  tiuBigmmas,  daatet 
eidem  tam  in  dicta  arte,  pofttiea>qaamin  dicta  arte' kiätorica,. tarn' in 
bao  sanctissima  urbe,  quam  alibtcunque  looorum  legiaidij  dispulanü 
atqae  interpcetandi  vetenim  seriptura«  petteilatem^««  ■      • 

149)  Was  Rudolph  Ag.ritola  >(HaiifimanB)>  147a  od»  Cm* 


ÄUg.  mssenackaftl  Zustände.   SohuHeH  und  Universitäten,    73 

Seit  der  Uebertra^ng  des  B^clltes  der  Diobterkrönnng. 
aa  die  Universitäten  uad  an  Prlyatpersooea ,  welche  die 
Pfalzgrafenwürde  Erhalten  hatten,  verlor  aber  dkse  Kröaimg 
immer  mehr  an  ihrem  Ehrenhaften,  väl  sie  käuflich  wurde. 
Doch  Milben  die  Krönangen  von  Seiten  der  Universitäten 
knmer  noch  in  grosserem  Ansehen,  als  die  von  PÜEtlzguafea 
Yorgenommeneh)  besonders  seit  dem  die  Pfalzgrafenwürde 
selbst  häuflieh  geworden  war.  Es  erhoben  sich  daher  auch 
schon  im  16.,  noch  mehr  aber  im  17.  Jahrhundert  Mäliner, 
wie  L  ip  s  iu  s  ff  1606)  in  seiner  »ßatisra  Mesipi^ea«,  C  onr  i  n  g, 
Morhof  tt.  A»  dagl;gen,  was  zur  Folgehitle,  diäss  naeh 
dieser  Auszeichnung  weniger  mehr  gestrebt  wurde,  da  sie 
aufgehört  hatte,  eine  Ehreiu  sein,  und  auch  bei  verän- 
derten y ethälttiissen  die  ur$prü!nglich  damit  verbundenen 
Vortheile  nicht  mehr  bot^^*^).  Später  wurde  im  Codex 
judiciarius  Bavaricus  vom  Jahre  1752  (Cap.  II.  §  7.)  den 
Pfalzgrafen  verboten,  Poetas  laureatöe  zu  creiren,  doch 
das  Verbot  nicht  überall  beobachtet.  In  der  Pfalz  ernannte 


sandter  M  a  x  i m  11  i  a  n*8 1.  in  Italien  lebend  und  far  das  lateinische  Ge- 
dicht schwärmend,  an  Rudolph  Lange  schrieb,  blieb  die  Parote  4er  deut- 
schen 3umaiins|ben :  »Futuram  taoi  dootam  Gh^nnaniam,  ut  aon  ktinius 
Sit  Latium.«  Vergl.  W.Menuel,  S.  264.  ff.  Derselbe  hat  auch  eben- 
dort  die  lateinischen  Dichtungen  der  Humanisten  von  Celtes  an  bis 
zum  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  —  unter  ihnen  die  Heidelberger: 
Mieyllua,  IiOti-&hias  IL,  Melissu»  ■>—  als  wesentlich  zur 
deutschen  Poesie  geh9rigy  ausführlich  aiiigegeben. 

150)  Hartmann  Keinhold,  Reim  dich  oder  ich  fress  dich, 
oder  ScheUen-  und  Scheltenswürdige  Thorheit  Böotischer  Poäten  in* 
Deutsehlaad;  Hanswui^en  m  sonderbfikhr^ii  Nutz  und  Ehren  1673. 
Bernhard  (Curiease  Historien  dßc  Gelehrten.  Frankf.  a«  M.  1718) 
sagt:  »Die  Gronen  gehören  «oüsfc  tor  MajeistftteKi',  Aber  in  der 
republiea  literaria  gibt  les  auch  geeröo^  Hiu^ter.  Diese  GiKMiea 
w^en  den .  Jagera  clee  Pamassi  gerochen  und  sind  zuweilem  Irr- 
wische,, die  uns  zu  einem  abgeschmaekt^n  Kerl  führenf;  da  wir  einen 
sonderbaren  Helden  gesucht,«  Moder  schreibt  (toü  des  Kaisem 
Begiemagsrechten  .1772^  B.  IL  S.  475) :  »B««ti9e&  Tages  l^i^rt  man 
je  zuweilen  noch  etwas  Ton  gecröntei^  Pcj^ten»  ^im  duveh  G^mites 
P«laAiiioa<dazu  gewaqht  worden,  \0ik  imaiddiaten  Po^lien*Orönangen 
9ker.d.üri^  die  6«QMisoaikzlei  sehoa  lange  achleohtef  Eitütttnlte 
gemacht  haben*^:  :  . 


74  Einleitung,    4,  Ahsehnitt, 

man  in  den  Jahren  1745  und  1762  Pfalzgrafen  mit 
diesem  und  allen  anderen  ihnen  zustehenden  Rechten,  was 
unten  ausführlich  berichtet  werden  wird.  Die  letzten  in 
Deutschland  gekrönten  Dichter  sind:  der  Freiherr  von 
ScKönaich,  auf  Veranlassung  Gottsched'»  im  Jahre 
1752  von  der  Universität  Leipzig,  und  Carl  von  Rein- 
hard, der  Herausgeber  von  Bürger 's  Gedichten,  von 
dem  damaligen  Büi^ermeister  zu  Minden  als  Pfalzgraf 
gekrönt  ^^1).  - 

Mit  dem  Untergange  des  römisch^deutschen  Reiches 
hörten  die  Pfai^rafenwttrde  und  die  Dichterkrönxmg  auf. 

§.17. 

Facultäten.  DeeotM.  Academische  Grade,  Magütri^ 

Dodores  actu  regmies. 

Die  Universitäten  bestanden  in  der  Regel  aus  4  Facul- 
täten  *^^.  Man  theilte  nämlich  alle  höheren  Kenntnisse 
in  Wissenschaften  (scientiae)  und  Künste  (artes)  ein.  Zu 
jenen  rechnete. man  die  Theologie,  das  kirchliche  und 
bürgerliche  Recht  und  die  Medicin.  Die  Zahl  der  Künste, 
die  man  auch  der  Auszeichnung  wegen  die  freien  Künste 
(artes  liberales)  ^*^  nannte,  wurde  allgemein  auf  sieben 
bestimmt,  aber  in  der  Angabe  der  einzelnen  sind  die 
Schriftsteller  und  das  Herkommen  verschieden.  In  den 
ältesten  Zeiten  gehörten  zu  denselben:  Grammatik,  Rheto- 


151)  Räumer,  Gesch.  d.  Päditg.  Th.  IV.  S.  15.  Ersch  and 
Grub  er  Encyclop.  d.  Wias*  unter  »DichterkröHung«. 

152)  Das  Wort  Facultas  bezeichnete  im  Mittelalter  zuerst  eine 
einzdne  Wissenschaft  und  nachher  das  CoUegium  derer,  welche  zu 
einer  einzelnen  Wissenschaft  gehörten.  Heu  mann,  praefat  p;  XiV. 
ad  Ck)nring.  antiq.  Academ.  p.  157.  Buläus,  T.  III.  p.  557: 
»"Facultatis  nomen  sequivocum  est:  nam  1)  accipitur  pro  discipHna 
seu'  arte,  2)  pro  co^egio^  corpore,  drdfae  politico  Mftgistrorum 
in  UnWersitate  suffragantium.«  •  ^ 

••  158)  In  Leipzig  nannte  mftn  die  ärti;s  liberales:  Dftmobniä 
opsoniumy  dtamonuin  dbus,  Aegypti«  olke,  ^rdlentSB  AegyptioT8iii 
dapes.    Prsef.  in  panegyr.  Lips.  theol.  sermonem,  1514.   -  i. 


AUg.  wisseiMchafÜ.  ZusiAnä^.  8eMUn  umd  Universitäten.    75 

rik,  Musik  (diese  betrachtete  maD  als  die  geringeren  und 
nannte  sie  das  Trivium),  Dialectik,  Arithmetik,  Geometrie, 
Astronomie  (diese  sab  man  als  die  höheren  an  und  hiess 
sie  Quadrivium).  Später  umrden  auf  den  meisten  Univer- 
sitäten folgende  Disciplinen  zu  denselben  gerechnet :  Gram- 
matik, Rhetorik,  Dialectik,  Mathematik,  Physik,  Meta-^ 
physik  und  Moral.  Alles,  vas  nicht  in  den  Kreis  dieser 
Wissenschaften  und  Künste  passte,  war  hinge  Zeit  von 
den  Universitätsstudien  so  gut  als  ausgeschlossen.  Bei  der 
Ei&theilung  in  Facultäten  nahm  jede  dor  drei  Fachwissen- 
schaften eine  eigene  Facultät  ein;  und  so  bildeten  diel 
üieologen,  Juristen  und  Medidner  die  oberen  Facultäten 
(Facultates  superiores),  weil  zu  ihren  Studien  die  Studen- 
ten erst  dann  gelangten,  wenn  sie  in  der  Artisten-Facul- 
tat  Uebung  in  der  lateinischen  Sprache  und  allgemeine 
wissenschaftliche  Kenntnisse  empfangen  hatten ;  die  sieben 
freien  K&nste  aber  wurden  in  die  vierte  Facultät  zusammen- 
gefasst,  welche  man  Anfangs  Facultas  Artium  nannte, 
bis  im  16.  Jahrhunderte  der  Name  philosophische  Facid- 
tät  (ordo  philosophicus  oder  philosophorum)  aufkam  "*}. 

Wie  der  ganzen  Universität '  ein  Rector  vorstand, 
welcher  in  Verbindung ,  mit  dem  academischen  Senate  die 
Angelegenheiten  derselben  leitete,  so  hatte  auch  jede 
Facultät  einen  Decan  an  der  Spitze,  welchem  ein  Facultäts- 
Rath,  auch  Senat  genannt,  (Consilium  Facultatis)  zur  Seite 
stand.  Zu  diesem  gehörten  in  den  ältesten  Zeiten  alle 
Mitglieder  der  Facultät. 

Obliegenheiten  des  Decanes  waren,  das  Facultäts -Siegel 
im  Verwahr  zu  haben,  die  Beschlüsse  der  Facultät  und 
alle  auf  sie  sich  beziehenden  merkwürdigen  Ereignisse 
aufzuzeichnen  (Acta  Facultatis  conscribere),  den  Rath  zu 
berufen  und  die  Berathungsgegenstände  ihm  vorzulegen, 
die  Zeugnisse  (testimonia  publica)  auszustell.^  und   die 


164)  BTh-aptfi  R  I.  S.  167.  168.  Räumer,  8.  20  ff.  Ko»e^ 
garten,  Th.»!:  8.  82.  /    .     . 


76  Einieitmff.    i.  M^^iU, 

Vorträge  d^  Lebrer  tmd  Sitten  imd  Fleiss  ider  Studenten 
zu  übei;;wachen. 

Der  Bath  dagegen  hatte  die  fintscheidiing  über  alle 
wichtigeren  FacuUäts-Angelegenheiten ,  insbesondre  ab^ 
die  Prüfangen  von  solchen,  welche  :sich  uin  aicädemifidie 
Grade^  Baccalaureat  u.  s«  w.  bewarben,  durch  zudiesem  Zwedce 
aus  Facultäts-Mitgliedeim  gewählte  Examinatoren  vor^ 
nehmen  zu  lassen ,  die  Studir^den '  zum  -  Genüsse  von 
Stipendien  vorzuschlagen  n.  dergl;  .    '• 

Die  Männer,  welche  die  Entstehung  der  höhea  Sebuteti 
in  Salerno,  Bologna,  Paris  u.  a^  veranlasst  haben^  naimten: 
sich^  wie  die  bisherigen  Lehrei?  in  den  Eloister-  und  Sttftö* 
schulen,  Lehrer  (doctores)  oder  Meister  (magistri). 

•  Auf  den  ältesten  deutsdben  Universitäten  &8ste  mam 
nicht  selten  unter  dem  Titel  Mieistejr  die  Leteer  Itltett 
Wissenschaften  zusammen  ^^%  Später  War  dias'  Bjewerbeur 
um  diese  Grade  ^^^)  von  Seiten  der  Studirenden  so  aH^mei»^ 
dass  niemals  oder  selten  ein  solcher,  die  Universität  ver- 
Mess,  ohne  wenigstens  das  Ba^calaureat  erhalten  zu  haben- *^^);j 


155)  Den  Titel  Meister  hielt  man  für  eben  so  ehrenvoll  oder 
für  noch  ehrenvoller,  als  den  eines  Doctors.  Wenigstfens  machtf 
der  Verfasser  eines  dialogi  Hierarcbise  cselestis  den  Naäkfolgerii 
eines  Petrus  Lomb&rdns,  eines  Xho.mas  r.  Aquino,  einei^ 
Gratian  u.  A.  Vorwürfe  darüber,  dass  sie  den  bescheidenen  Tite| 
Doctor  verlassen  und  den  pomphaften  Titel  Meister  angehoinmeri 
hätten.  Ein  Boctor  könne  fremde  Kenntnisse  vortragen ;  ^in  Meigte'T' 
hingegen  mache  sich  anheischig,  etwas  z\i  lehren,  was  er  selb^ 
wisse  und  was  ihm  gleichsam  zugehöre.    Buläus  T.  II.  p.  6^2. 

156)  lieber  die  Entstehung  der  gelehrten  Grade  und  über.  den. 
Ursprung  dg*  Sitte,  dass  diese  von  den  Facultäten  verliehen  werden, 
T6fgl  Conring,  De  antiqq.  acad.  dissertaticsDes  p;  110  sqq.  p^ 
136  gqq. 

157)  Kink  (B.  I.  S.  42)  leitet  das  Wort  Baccalaureus,  welches 
auch  Bacularius,Baccalarius,Bacellarius,  Bachilarius  geschrieben  wurde, 
ton  bacnlus  ab.  Hatte  nämlich'ein  Siudirender  die  Prüfung  als  Bacoa^ 
laureus  bestanden,  so  durfte  er  in  Begleitung  seiner  Freunde  und 
unter  Yoraustragung  des  Scepters  (Stabes)  der  Facultät  (sceptrum, 
vlrga,  bacttlos)  diejenigen^. die  er:  wollte^  natnentUßhsedftdExaviina^ 
toren,  zu  einem  Festmahle  einladen.   Gisner  (opUati  p«  663); 


AUg.  wissenschc^.  Zustände,    Sdwlm  und  Universitäten,   77 

Dieses  war  der  erste  academische  Grad,  welcher  bekundete, 
dass  der  damit  Ausgezeiehnete  sich  so  viel  Eenntiiissie 
erworben  hatte,  dass  er,  wie  jetzt  ein  mit  einem  Maturitäts- 
zeugnisse ausgestatteter  Jttngling,  zu  einem  bestimmten 
Fachstudium  übergeben  konnte. 

Der  zweite  Grad  war  das  Licentiat  ^^^)  und  der 
dritte  die  Magistratur  und  das  Doctorai  Die  GraduiTten 
selbst  zeichneten  sich  auf  den  meisten  Universitäten  yor 
den  gewöhnlichen  Studenten  durch  besondere  Kleidung 
aus.  Dieses  war  der  sogenannte  Tabardus,  ein  Talar,  mit 
vielen  Falten  verscheA  "•). 

Die  Magister  und  Doctoren,  welche  pflichtmässig 
öflPentliche  Vorlesungen  hielten  ^*®)  und,  wie  wir  jetzt  sagen 
würden,  als  ordentliche  Professoren  angestellt  waren, 
Messen  zum  Unterschiede  von  denjenigen,  welche  dieses 
nicht  thaten,  Magistri,  doctores  regentes  oder  actu  regentes, 
auch  lectores ;  die  andern  wurden  als  magistri  sive  doctores 
non  regentes  bezeichnet  **^). 


»Baccalanrei  a  bacca  lanrea,  qua  coronari  solebant,  sunt  dicti.« 
Itter  p.  14.  1.6:  »Baccalaureus  est  persona  habens  dignitatem 
bajulaudi  ba,calmi^  proznavibilis  in  magistnim.c. 

158)  Lic£ntiati  dicuntur,  quemadmodum  olim  apud  Homanos 
rüde  (Rnthe,  Fechterstab)  dönati,  quibus  concessa  est  ab  episcopo 
Tel  canceUario,  cojus  est  dare,  libertas  seu  missio  ab  onere  dtspa- 
tandi,  schölas  magis^rorum  actusfiie  sokmoes  frequ6ntaBdi  itemque 
licentia  docendi  sei;  extrfiordinarie  legendi ;  ac  proinde  non  differunt 
a  magistris  nisi  sola  susceptione  paludamenti  magistralis.  Buläus, 
T.  V.  p.  681.  Nach  Anderen  besteht  die'  Licentiatinf  »in  der  Macht, 
Magister  und  I>octor  sm  werden.«  Wundlv  Beitr.  z.  ^esdi.  d.  Heidelb. 
Univ.  S.  119. 

159)  Tomek,  S.  37. 

160)  Auf  der  Prager  Universität  durfte  Jeder,  der  einen  Grad 
hatte,  frei  lehren;  jüngeren  Doceint^n  w4r  nicht  bloe  gestattet,  die, 
Hefte  der  bekannten  Lehrer  von  Prag,  Paris  und  Oxford  vorzutragen 
sondern  einer  gewissen  Glasse  derselben,  den  Baccalaureen ,  war 
dieses  sogar  vorgeBcchriieben:  S^cbjlossQT,  WeUgeseh.  B.  IX. 
S.  139.  140.  -V     •. 

161)  Per  acta  regeatem  inteWgimiM  eum^  qni  flegit  qpal-bet.  :Ue 
legibili  in  scholis,  in  habita  et  hor^  debita,  nUi  legitimav  Jiabeiat 
impedimentum.    B  u  1  ä  u  s ,  T.  III.  p.  420. 


78  Einleitung,    4,  Äbsehnitt, 

In  den  frühesten  Zeiten  war  der  Titel  Magister  in 
allen  Facultäten  üblich.  Später  galt  in  den  drei  oberen 
Facttltäten  die  Doctorwürde  als  die  höchste.  Die  Artisten- 
Facultat  ernannte  keine  Doctoren,  sondern  Magister.  Doch 
in  der  Folge  pflegten  alle  diejenigen,  welche  die  Doctor* 
würde  in  einer  der  obem  Facnltäten  besassen,  sich  auch 
Doctoren  der  Philosophie  zu  nennen  ^^'). 

§  18: 

Vorlesungen,  Ferien.   Collegiengelder,  .Exercitien. 

Dispniaiionen. 

Vor  der  Erfindung  der  Buchdruckerkunst  waren  die 
wenigsten  Studirenden  in  dem  Besitze  der  Bücher,  über 
welche  gelesen  wurde  (pronunciabatur).  Die  Lehrer  (pro- 
nunciatores)  waren  daher  genöthigt,  den  Text  zu  dictiren 
(ad  pennam  dare),  und  dieses  veranlasste  dann  auch  oft 
das  Dictiren  der  Auslegungen  und  Anmerkungen,  indem 
die  gehörten  Texte,  Glossen  und  Commentarien  für  viele 
Studirende  den  ganzen  Schatz  ihrer  Kenntnisse  enthielten 
und  ihren  ganzen  Büchervorrath  ausmachten.  Dadurch 
mussten  die  sogenannten  Curse,  d.  h.  die  Zeiten,  welche 
man  auf  das  Lehren  und  Lernen  einer  Hauptwissenschaft 
verwandte,  viel  länger  werden,  als  dieses  nach  der  Erfin- 
dung der  Buchdruckerkunst  der  Fall  war.  Der  Curs  der 
iKünste  war  in  Paris  ursprünglich  6 jährig,  dann  5 jährig. 
Im  15.  Jahrhundert  kürzte  inan  ihn  auf  3  ^/s  Jahr  ah  und 
1600  führte  man  einen  2jährigen  Curs  ein.  Der  Curs 
der  Arzneikunde  enthielt  nicht  weniger  als  sieben,  der  des 
geistlichen    Bechts   fünf   und  der  der  GottesgelahrtheÄt 


'  162)  Itter,  p.  117.  MagisterG  titttlo  non  modoqui  in  Artibnd^ 
yerom  et  qui  in  Theologia  desudaront,  antiquitus  condecorabantur'; 
donee  stüdiosi  in  Theolögi»,  Jurispnidenti»  et  Medidnse  Faculta- 
Übüs  pecüllares  sibi  gradifs  arrogantes,  ut  ab  Artistis  discriminaren- 
tur,  Doctoris  titulnm  adscivere.         ' 


ÄUg,  wiasemehafth  Zuaiände.  Seh/uien  und  Universitäten,    79 

sechs  Jahre  ^^%  Die  Zeit,  in  welohar  die  einzeteen  Vor- 
lesungen beginnen  oder  aufhören  sollten,  war  auf  den 
ältesten  Universitäten  nicht  bestimmt  Die  Meister 
konnten  lesen,  was  sie  wollten,  nach  Belieben  ihre  Vorie* 
sangen  anfangen  und  endigen,  abkürzen  oder  verUlngem  '^^). 
Diese  ungebundene  Freiheit  fahrte  manche  Missstände  herbei. 
Um  sie  zu  heben,  wurde  der  sogenannte  »Ordinarius 
Magnus«  eingeführt.  Durch  ihn  wurden  nicht  nur  die 
einzelnen  Vorlesungen  bestimmt,  sondern  auch  angeordnet, 
wann  diese  begonnen  und  geschlossen  werden  sollten  ^^^). 

Die  Ferien  fielen  zwischen  das  Ende  und  den 
Anfang  des  Ordinarius  magnus  und  theilten  das  Studien- 
jahr in  zwei  Theile.  Sie  waren  kurz  und  in  den  frühesten 
Zeiten  nicht  fest  bestimmt,  wenigstens  finden  sich  darüber 
keine  Nachweisungen  vor  ^^*).  Dagegen  war  die  Zahl  der 
Tage , .  an  welchen  nicht  gelesen  werden  durfte  (dies  non 
legibiles),  um  so  grösser.  Zu  ihnen  gehörten  ausser  den 
Sonn-  ufid  Festtagen  die  Tage  vieler  Heiligen. 

Der  Inhalt  der  Vorlesungen  war  sehr  beschränkt. 
Die  ersten  Männer,  welche  das  Entstehen  hoher  Schulen 
veranlassten,  gaben insgesammt  Grundtexte  und  ^läuterten 
dfege  nur  an  schwierigen  Stellen  durch  kurze  Anmerkungen 
und   Glpssen :    so    die  Theologen   die  Bibel  ^  ®^) ,    die 


163)  B  u  1  ä  u  8  ,  T.  V.  p.  858.  862.  863. 

164)  Meiners,  B.  III.  S.  225.  Voigt,  S.  42.  , 

165)  Tempus  prsestitutum,  intra  quod  libroram  ordinarie  legen- 
dorum  interpretationem  absolvcre  debebant ,  ipsaque  lectionam  par* 
titio  Ordinarius  magnus  Toeabatur.  Wundt,  Dr.  brdi  philos. 
P.  I.  p.  21.  Liber  Ordinarius  hiess  auch  das  Buch,  welches 
der  Lehr«*  flAr  die  bevorstehcfnde  Stndienüeit  zu  erklären  Übernahm. 

166)  Klttpfel,  S.  9.  ' 

167)  Die  Statuten  der  theologischen  Ficultftt  in  Wien  r.  J. 
1389  nennen  2  Lehrgegenstände,  die  Bibel'  und  'die  4  Bücher  Senten- 
tianim  des  Lombärdus,  welche  al^  di^-  <irs1?e  dogknatische  Anto!- 
rit&t  galten.  Die  Bacdalaureen,  welche  über  die  Bibel  iasen,  hiessen 
Baccalaurei  biblici  oder  Cursores  ^~-  »legendo  ciirsns  suös  iseu  Bibliam.« 
Sie  aolltea.  gründlieh  den  Text  ausiegea  nnd-  beachte  ndwerthe 
Glossen  erklären,  so  wie  dieses  in  den  curflorifcheii  PasisGr  Vöski- 


80  Mnleifung,    4,  JJbadmiU, 

Jarist«n  dias'canoiiföehe  und  bürgerliehe  Becht  ^^®),  die 
Pandeeten  scheinen  2u  jenen  Zeiten  kaum  bekannt  gewesen 
zu  sein  ^^*),  die  Mediciner  den  Avicenna,  Hippocrates 
und  Galenus,  die  Artisten  die  Bttoher  des  Aristo* 
teles,  Porphyr  und  Priseian. 

Bei  einem  solchen  Vorlesen  und  Erläutern  von  Grund- 
texten schritt  man  nicht  so  rasch  vorwärts,  oder  man 
konnte  nicht  eine  solche  Uebersicht  geben,  als  der  grösste 
Theil  der  Lernenden  wünschte.  Zur  Erreichung  beider 
Zwecke  schrieben  deshalb  berühmte  Lehrer  schon  im 
zwölften  und  noch  mehr  in  den  folgenden  Jahrhunderten 
Grundrisse  oder  sogenannte  Summae,  in  welchen  die  Haupt- 
stellen oder  Hauptstücke  der  Grundtexte  nach  einer 
gewissen  Ordnung  der  Materien  zusammengefasst  waren. 
Solche    Summae    waren    die    Sententiae    des    Petrus 


sungen  geschehe.  Wer -srani  Cursor  promovirt  selii  wollte,  mug€te 
6  Jahre  Theologie  studirt  haben  un^  wenn  nicht  Magister  in  Artibus, 
doch  geübt  im  Opponiren  und  Antworten  sein.  Hatte  der  Cursor 
den  biblischen  Cursus  beendet,  so  promovirte  er  zum  Sententiarius 
und  las  nun  1  oder  2  Jahre  über  ^en  Lombardulr.  Wat  er  in 
seinen  Vorlesungen  bis  an  das  3.  Buch  gekonmien^  bq  giall  er  Giv 
einen  Baccalaureus  formatus.  Hatte  er  das  4.  Buch  zu  Ende  g^bracbi;, 
so  mUsste  er  noch  3  Jahre  auf  der  tJniversität  sich  im  Disputiren 
und  Predigen  üben,  auch  Disputationen  beiwohnen,  bis  er  sich  um 
den  Grad  eines  Licentiaten  oder  Magisters  bewerben  konnte.  Hatte 
der  Sententiarius  das  Examen  zur  Licenz  bestanden,  so  setzte  ihm  am 
Tage  nach  der  Disputation  der  Kanzler  in  der  Aula  des  Birretum 
auch  als  Zeichen  der  Magisterwürde  auf. 

1681)  Nach  den  Statuten  der  jurifitischen  Facultat  in  Wien  von 
J.  1389  sollen  die  Doctoren  des  Ciyiheiohts  mit  denen  des  caqonv- 
sehen  Rechts  eine  Facnltät  foüden.  Ein  Student ,  we)ph^r  2.  Jahi^ 
Civil-,  2  Jahre  canonisches  Recht  gehört  hat,  kann  zum  ßaccalaureus 
promovirt  werden«  Wßr  sich  um  die  Licenz  bewirbt,  muss  7  Jahre 
.st^dirt  haben  und  vQrl^er  ßaccakureus  gewesen  sein.  Der  Baccar 
lauxeus  muss  sich  im  Ex^jnen  und  .durch  Disputation  auagewifisQn 
haben,  eben  so  der  Lice^t^at,  bei  d^s^en  Examen  der  E^ans^ler  oder 
ein  Vertreter  desselben  z,ugegen  sein  soll 

16d)  ili>s»hiirt,>  De  stod«  jttr.  cir.  et  c&non.  in  Gennaniaß 
Univ.  (PragiaßL)  p.  a  n 


Allg,  Wissenschaft,. JSmt^^i^,  ßcktOm^.fmd  Unn>ersitäten.   $1 

LdiQl>ardu's(NQtoi67)j  tlasiQecr.«!^  ^  Gratian  ^^^,.die 
Summa  A^oEia,  :die..Biegida:  Saldimltana,.  die  Sumrn^ 
Thaddaei,  die  Summa  Petri  Hisp.ani  u.  A.  ^^^).  Eine 
völlige  AetderuBg  trat  (ei&,M  i^ftcMem  im  14.  Jahrhundert 
das  LumpeurP^apier  als  Material  des  SchreibeuB  wd  ihi 
15.  Jahrhundert  die  Siu;hdruckei:kunfit  erfunden  waren. 

Eine  allgemeine  Anzeige  der  Vorlesungen 
wurde  nicht  veröffeptjticht ;  wohl.  aber,  erschienen  von  den 
eiDzdnen  Professoren  ausführliche.  Programme,  in  welchen 
sie  öfter  mit  Kedseligkeit  ihre  Vorlesungen  anpriesen.  Die 
altern  gedruckten  Verzeichnisse  der  Vorlesuf^en  sind  das 
Wittenberger  (1507)  und  das  ..Tübinger  (1525)^72^.  ^ 
älteste  Heidelberger  ist  VQP  1778,    , 

So  lange  die  Land^h^iTQn:  oder  höchsten  Gewalten 
den  ordentlichen  LehreprU/.hQhdr  Schulen  keine  stehenden 
und  hinlänglichen Oebalte  aussetzten,  erhielten  dieDoctoren 
und  Meister*  keine  andern  ßelohpu^gen  ihrer  Arbeit,  al^ 
die  Honorarien,  GollegieAgelder  ihrer  Zuhörer, 
in  Italien  CoUectae,  bisweilen  auch  Salaria,  in  Frankreich 
und  Deutschland  Pastus^  Pas^u»,  .GoUectae,  Minervalia 
genannt  lin  Wien^'*)  und  PfÄg,  war.  es  ausdrücklich 
y^boten,  aip^e,  als  arme  Zahömr^  aipeintgeltlich  zu  den 


•  r 


17Q) ,  In  .Parier  >  wa?eu  4i9  Yqr|es|ai^f;eB  jftber  das  bttrgerliche 
(Romischß|  Recht  verboten  und  nur  die  über  das  canonische  Recht 
(Decretäfen,  Eirchengesistzel  erlaubt.  Dieses  brachte  ein  Mönch  zvl 
Bologna,  €frätiin  (11613,' in  eine  bestittmite  Form.  Er  setzte  es 
a«s  Torgeblich«n  Gänpiiefi,  CtWf)iU?nbesQhl1|s8en,  päpstlichen  Deere-: 
talen,  dem  Theodosianiscbeji,  Codex,  dei^  Justinianischen  Rechts- 
büchem  zusammen.  Die  folgenden  Päpste  liessen  noch  Manches 
darin  abändern  und  hinzuthnii ,'  so '  dass  '  es  imiaer  Veränderte  Ge- 
stalten und  erweiterte  Formen  gewann.,  .Dttvernieit',  '<B.  I..  S<  laC 
Ueber  den  Ursprung  und  die  Veränd^rui^gen;  der  christlichen 
Eirchenrechte  und  Verfassungen  vergl.  Mosheim's  Eirchenr.  von 
Günther.    Leipzig  1800. 

11    171)  Meiners«  hohe  Schal.  3.  III.  a278E    Dässen  Mittel- 
alter B.  n.  S.  516  ff.  B.  III.  S.  1  ff.  .'        ' 

.     172)  Thpjiu/ßk,  Axiad.  Zustände  S.  96.  161. 

173)  NuUus  Magistrorum  legale. ogsaiisj  Sit  .«ine  ^caUecta    lusi 

panperibus.    Dipl.  IJ..  ft.  JWl ..  ..^  .  ..v  .-Lv  .<  .    i  .  • 
Hantz,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  6 


g3   '  Eiiüeitmp.    4.  ^M$chnin, 

VorlesuDgen  ztizfalasseki:  i\ir' nicbt-ar^  ^hiilt'iniDi  aber 
in  Prag  alle  diejemigen';  ^el^he  lalehr  kls  zwölf  Dttcalen  ^'^ 
zu  verzehren  hatten.     ' :  •     <    ^  ' 

Eine  genaiie!  Angabe '  ^b^r  den  Betrag  der  Umi^t^ieA 
aaf  den  ältestien  Uäivermtäten  läi^t  sich,  da  dieser  gesetzt 
lieh  nicht  bestimmt  war,'  aufch  nicbt  angeben.  iJur  so 
viel  sbhedni  siGhe]ß,-'dass^  die  Öonot^arien  in* Bologna  und 
Padua,  besonder^ '  dtejenlgetf,  welche  die  Rechtslebref 
forderten,  viel  höher  wttren,  als  die  in  Paris,  Wien,  Prag. 
Es  kommen  deshalb  auch  z.  B.  in  Bologna  Fälle  vot, 
das^  berühmte  Be^hislehrer  meistens  gegen  das  Ende  Ihres 
Lebens  !ziir  Einsiclit  kamen,  ihren  Zühörerlx  ein  zu  jgrosses 
Honorar  abgenommen  zrr  tial)en:  Sie  ^irbaten  sich  darum 
theils  von  dem  päpstlichön  Stiihte  Absolntioti,  theils  ver- 
cmlneten  sie  in  ihrem  letSJten  WiHeh,  daßs  man  das  von 
ihnen  ausgeübte  unrecht  vergüten,«  odet*  wenn  man*  die, 
wfelche  zu  viel  gezahlt,  nieht  iaüfefiWig  mödifen  könne,  aus 
den  unrechtmässig  erw^beä^  Greldem  ihSde  Stiftungen 
machen  solle.  '    ' 

In  DeutsChlatld  fing  man  zuerst  an^,  die  Preise  fftr 
die  Vorlesungen',  nameiiftlicli  die  pMlosophis'chett,  zu  regeln^ 
In  Prag  mussten  för  Vorlesungen,  weldie  1  Monat  dauerten, 
1  Groschen,  für  solche  von  9  Monaten  8  Groschen  ent- 
richtet werden.  In  Wien  waren  die  Lectionen  iln  Durch- 
schnitt  etwas  theurer,  vorausgesetzt^  dass  die  Groschen 
in  ihrem jWertbe.gleicb  wäre«..  ..Wenn.via»  in  Prag  2^:3, 
5;  8  Großcben  bezahlte,  so  musstö  man  in  WiefiS,  4,  €< 
9  Groschen  entrichten; "  Besoüdei^fe  wären  diä  Exercitia  *''*) 
genannten  pisputirübungeUj  v^lehe  4ie  L^livierj.mijt 
ihren  Schülero  Gelten,  > in  Wien  und  anderwärts  zwei-s' 
drei-,  ja  viei-niar  so;  theuer;  ^alS  die  Vorlesungen  ^^*).    Diö 


i.<  I 


lt4)  Auf  ^neä  I>äcsten  bd^  iSoliiguldeii  gingen  20  Gjdoschen. 
Voigt,  S.  98.  99.  .:    .  • 

175)  Man  sagte  'exemtium  aliqücöddispiitare  unl  exercitium 
ooram  suppositi«  suif  eaeereans,  •-•    > 

176)  Meiners,  S.225.  230.  265.  -SfiT.  968i 


AUg,  wissenselurfü,  2hi9fänd^.   Shhulm^md  Ufnvenitäten,    gg 

YorlesuBgen  über  die  Ethik  kosteten  mir  12  Qroscheo, 
die  Uebungen  dagegen  dS,^^^). 

MitdeBDisputirübuugen  sindnicht  zu  verwechsln 
die  bei  allen Facultaten  eingeführten  öffentlichenDispu- 
tationen.  Diese  gelehrten  Turniere  oder  Bitterspiele, 
wurden  von  den  Lehrern  der  Universität,  indem  die  Stu* 
deuten  nur  als  Zuhörer  beiwohnten,  gehalten,  und  waren 
für  dialektische  Heldenthatev  das  rechte  ^eld,  Wits  und 
Scharfsinn  zu  üben.  Zugleich  wünschte  man  aber  doch  auch» 
dass  die  linguistische  Virtuosität  dabei  Parade  hielte. 
Gewöhnlich  wurden  sie  in  lateinischer  Sprache  gehalten;, 
doch  kamen  auch  griechische  nicht  selt^  vor  und  zuweilen 
sogar  hebräische  *'*). 

Als  die  wichtigste  und  bedeutendste  galt  die  Dis- 
putatio  quodlibetaria.  Sie  war  der  feierlichste  und 
umfassendste  aller  academischen  Acte.  An  manchen  Uni« 
versitäten,  wie  in  H^delberg,  wurde  sie  jedes  Jahr,  an 
andern  alle  vier  Jahre  gehabten  und  dauerte  gewöhnUc}^ 
mehrere  Tage.  Der  Magister  Johann  Lamside  hidt  1458. 
auf  der  Universität  Greifswald  eine  Disputatio  de  quolibet 
über  14  Tage  lang,  bei  welcher  zur  Erhöhung  der  Feier- 
lichkeit auch  mehrere  Juristen  determinirten ,  d.  i.  Streit- 
sätze aufstellten  ^^®).    Die  Wahl  der  Thesen  stand,  inner- 


177)  Man  kann  den  Werth  der  Wiener  Groschen  einiger- 
maassen  daraus  abnehmen,  dass  der  gewöhnliche  Mittags-  und 
Abendtisehßine&Studirenden  wöchentlich  nicht  nehr.^ils  2  Groschen, 
kostete,  was  aus  Diplom.  Tl.  p.  246  erhellt,  wo  es  heisst:  »Qoilibet 
Scholaris  exponens  ordinarie  pro  mensa  septimatim  ad  minus  duos 
grossos.«  Nach  diesem  Maassstabe  waren  die  Honorarien  in  Wien, 
besonders  die  fflr  Uebungen,  gegen  das  Ende  des  14.  «Tahrhiinderts^ 
sehr  ansehnlich.  Denn,  ein  Meister,  dessen  Uebungsstunden  48 
Groschen  kosteten,  empfing  von  einem  jeden  Zuhörer  so  yiel,  als 
ein  Student  ?on  mittelmässigem  Vermögen'  eiii  halbes  Jahr  lang  f^r 
soinen  ligeliL  aostfugebto  nödug  hatte, 

178)  Tholuck,  S.243ff.  H&rder,  Ideen  b.  Philos.  d-GeschJ 
B.  20.  §  4.  Kink  (Th.  L  S.  45)  gü^tewe  auafOhnkicke  fieadirei- 
bang  einer  solchen  Disputation. 

179)  Kosegarten,  Th.  I.  d.  84  1  09. 

6* 


84  ^       '         jßinleiiukg:    H  ÄischHiÜ, 


I •  I  .• 


halb  der  Gränze  dei^freieü 'Künste,  in' dem  Belieben  eines 
Jeden.  Sie  wurden  oft  sagar  von  Baccalaureen  und 
Schola,ren  gegeben  und  hidit  ''feeiten  '  auch  scherzhafte 
Thematen  als  Streitsätze  aufgestellt.  Der  Magister,  welchier 
bei  dem  Acte  zu  fuhgireri  hatte,  Quodlibetarius " genannt, 
Wurde  von  der  Artisten-'Faciiltät*  gewählt ,  und  seine  Auf-' 
gäbe  war  es,  jedem  Opponenten  Rede  zu  stehen  und  ihn 
zu  bekämpfen,  mochte  der  Opponent  in  dieser  oder  in 
jener  Weise  seine  Meinung  aufstellen.  Der  Quodlibetarius 
war  also  genöthigt,  in  utramque  partem  zu  argumentiren, 
oder  entgegengesetzte  Meinungen  zu  vertheidigen,  je  nach- 
dem es  den  Opponenten  beliebte ,  ihre  Behauptungen  zu 
gestalten.  Sagte  der  erste  Opponent:  *i)ie'  Menschen  sind 
Thiere«,  so  musste  der  Quodlibetarius  dieses  widerlegen; 
behauptete  der  zweite  Opponent^  »Die  Menschen  sind  nicht 
Thiere«,  so  musste  der  Quodlibetarius  auch  dieses  widerlegen, 
um  seine  Geschicklichkeit  im  Disputiren  zu  zeigen;  was 
freilich  nur  eine  grosse  Gewandtheit  und  Meisterschaft  in 
der  Rede  möglich  machte.  Eben  deshalb  hiess  auch  die 
Disputation  de  quolibet,  weil  der  Magister  dabei  quodlibet 
vertheidigen  musste  ^^^). 

Eingeführt;  wurden  die  Disputationes  .  quodlibetariae 
auf  der  Pariser  Universität  bereits  zur  Zeit  des  Albertus- 
Magnus  (12Ö0),  undBuläus  findet  in  dieser  Sitte  schon 
die  Deprävation  der  Dialectik^®^). 

Als  im  10.  Jahrhundert  der  Humanismus  zur  Geltung 
gekommen  war,  wurden  diese  pisputationeri  aufgehoben  ^®*). 


.     .;_       t    •      .  .    ^  ,      \     y,>  .■,_,. 


180)  ßuläus,  'T."i.  p.  348.  KÜnt,  Th,  I.  S.''76.  Bianco, 
Th.  I.  S.  119  ff.  Th.  lt.  S.  62.  ' 

181)  Quia  in  utramque  partem  probaläliter  disputabatar,  ita 
dnbitts.et  aBoepd.yaciUabat  aoimas,  ut,  quid  te&eddum,  quid  repro- 
bflndum  6ssei;)(ium  leuile  ftgnoscoret.    BuMug,  p.  348>. 


I         V         I 


182)   In  Heidelberg  ^geschah  es  '  1558   durch  Otto  ^Jeiju-ich's 
Reform,  d.  Univ.    Vergl.  auch  Thbluck,  &  246. 


Aug.  toisaauehaf^.  ZM^ättde.  J^hftttlßn  md  Univerntätm.   8p 

■  §  ^19.  •.  •         -■ 

Fennaltsmus.  Depositiori,  Waffentragen.    Fechtachulen. 

Duelle,  ,     . 

Ein  anderer,  auf  UnivendtSiten  tlblioher  Bramdi  war 
die  »Depositio  .cornuum«  (Beania,  Fuchstanfe).  Sie 
war  aus  dem  Pennalismus  hervorgegangen,  welcher  selbst 
wieder  seinen  Uiiaprung  in  den  landsmannschaftllcben  Ver- 
bindmigen  auf  detn  Umyersitäten  hatte. 

Im  ersten  Jahre,  welches  das  Pennaljahr  hiess,  mnssten 
die  neu  immatriculirten  Studenten,  die  so  genani^ten  Pen- 
nale ^®^),  wie  wenn  sie  in  dem  strengsten  Orden  das 
Gelübde  äes  blinden  ^«horsams  gethan  hätten.  Alles, 
mochte  es  auch  noch  so  beschwerlich  und  schimpflich 
ae^),  ausrichten, .  wasi  ihnen,  vpn  de^  älteren  Laudsleuten 
aufgetragen  wurde  ^^*).  Diese-  Vezationen  fingen  mit  der 
Deposition  an.  Der  Beanus^**),  so  hiess  der  neu  imma- 
triculirte  Student,  eia  mit  Aejc  jetzigen  Bezeichnung 
»Fuchs«  ^^?)  glaicb  bedeutender  Ausdcuck)  wurde  als 
»p'ecus  campi*  angfesAen,  *cui;  ut  Tite  ad  publi- 


183)  Bas  Wort  Pe anale,  dnich.  velcheä  di«  fleissig  die  Yor- 
lesnngen  besachenden  Studenten  vmpotttt<wnrden,  kommt  wahr.- 
ficheinlich  ^ondem.Pential^Fedärbft^hBe)  fa^r,  das  beute,  noch  in 
Schalen  im  i  Gebrauch  ist; .'  •     >  /    .    ,  ,      . 

Id4)  Arnold^  Histi  d.  Eönigsb.  ümv.  Tk  n.  S.  255. 

185)  Die  Definition  yonBeanna  (becjaune,  Gelb8elinalMl)1rar: 
B^amn  ^Est  «Ammal  Ndöaieiks  Yitam  SiadioBoruam'    > 

18)6):. Der  Spottname  »SbhiUfiirtbBc  verdankt  ^seinen  ürbprong 
einem  Schulmann  däa\16.'JshEhiinderts,  Ju«tufl  Ludwig  Bris- 
mann,  aaeh.PriyBelpimann  nbdil^aellmann  genaait.  Et  war 
erst  QuartuB  am  Gymnasium  mi  Hof,  seit  IfiWRectov)  i^  der.  Rath- 
schule  zu  Naumburg  an  der  Saale,  später  Rector  zu  Zwi<ik4tt  und 
seit  1573  bis  zu  seinem  1585  erfolgten  Tode-  Rnfttosor  der  j^echi- 
schen  Sprache  an  der  UnniBEii([|ltr{Jent  i;Bri8>ckmäBii  tra^  gegen 
die  damalige  Sitte  einen  mit  FuchsfeUen  gefatterten  ManteVauch 
wohl  ein  mit  FuchsfM^Asftii^i^rttmtiBS  rObefttleidv  tiis  er/naoMJena 
Icain,  wo  ikor  ds*rßMiitetea:.rbaM'I>SdMllhdhB€-.namftenL  Spftter 
wurde  dieser  Name  auf  die  angehenden:  >BiadaiAen  abertvagen. 
Heider,  Orat  de  Yalpeoiflai8clii9kuA:..p.  16. 


I    :. •     ; « 


cas  lectiones  praepar^tur,  cornua  deponenda 
essen t«,  daher  Deponiren  ^^^).  Mit  einem Tentamen  vor 
dem  Decane  der  Artisten -Fäcultät,.  bei  welchem  der 
Novize  zuerst  sich  inscribiren  lassen  musste,  waren  schon 
iö  dto  frühsten  Zeilen  Vexationen'  verbanden^  welche 
einen  hoben  Gfad  erreicht  ha;tt6n  ^^). 


x.i  •  d  I  • 


187)  Eine  andere  Definition  von  Depositio  war:  »Beaniam  in 
hirco  deponere  seu  ittores  agröfites  pcnr  b^aninB  TeUn^aore.« 
Mpamn,  hiat  Univ.  Prag.  T.  L  2.  553* 

188)  Der  Act  selbst  wird  in  folgender  Weise  geschildert : 

Die  Bacchanten  (Beani)  erscheinen  zuerst  in  Processioii  unter 
dein  Zurufe  des  DepOEntors': 

>Koipmt/Bacp|i^teii,  tcet't  herbei,  ^pb  will,  ich  aaf  JSne^ 
Fest  deponiren  auf  das  best.« 

Mit  enormer  Scheere  wird  das  Haar  abgeschnitten: 

»Weil  Du  kannst  taäncher  fiaar,  Du  2ot<!eibock,  entbeliten, 
darum  muss  zur  £labarkezt  Ich  Demen  Kopf  besoh^ereii.« 

iMit  einem  Kolben  wird  das  Ohr  gereinigt: 

»Vor  Narrenthätigung  lass  Dein  Gehör  geschlossen,  ich  saubre 
dies  zur  Lehr'  und  nicht  zu  schlimmen  Possen.« 

Es  folgt  die  Ausbrechimg  deä  Blreoha^l^Miiii^hnst 

»Lasft  den  Bs^dtmnUnz^hji  der.Ljtoteriaiig  Djr  ai^^ieboni  Yer- 
läumdung  sollst  Du  stets,  wie  selbst  die  Hölle  fliehen.« 

Mit  einer  ungeheuren  Feile  werden  die  Nägel  gefeilt": 

»Ich  feite  Dir  die  H&ndV  tun  damit  anzHdeUjteÄ,  dflss  Du,  was 
redlich  ist,  mit  ihnen  solH  arbeiten.«  ■  >     - 

Nach  beendigtem  Acte  folgt  "der  BandbnBS ,  ■  i  woraaC  der  Depor 
sitor  ihnen  Wein  auf  den  Kopf  giesst,  mit  dea  Woirteb:. 

»So  wtlnsch'  ich  Eudt  allen  insgesämmt  Glück  < und  Wc^üfahrt 
zu  Eurem  neuen  Stand  lind  Orden.«  r-  ■    f 

Das  von  dem  Dcoane  vonuBebmoagde  vT^tammi .  war  z«walAli 
dem  Depositor  ttbertragen.  *Ba .  fehlti»  es  i  dekin.  nicht  an  possen- 
haften Fraget.    Seh  Upper  aus  Marburg,  erzählt: 

Depofiifter'  gibti  dem.  Knabciii  i «ia& .Obrfieige  ^d'  fmg/iL 

»Hast  Du  ein^  Mutter  gebabt?]»  'vi  -     \ 

»JaU  \  ■.'•;.  ,  '   i .     •  •  •'  !".. 

N6ch  eine- Obrfllige:   :....'.      i         : 

»Nein;  Sekehis  )siefhat  JDiidb  i^thabi* ^  <      >.u  '  <    . 

Sag*  ferner  an  r '':  V    ?.--'-'  :•?   f-.-»^. 

»WietTiali'löV  g^ben  lb«ifieii!ftcbe£Beaa«i  )!' '       f  . 

»Ach)  das  hat  miobimieiii^PrAedpttr'adtiMC'g^dirl^ii    ' 

Wieder  «ine  Odarfeige:  •.  ••":  ''      »   .= 

»Sie  gehen  ja  nicht,  sie.ibllfifieiif  MsmuU  •    •' 


ÄUg,  wiBsenaeht^  ZuMnd^,  ßtümknmid  Universitäten.   g7 

Nach  der  Cii^^tiaii  jfoflgt^  die.  Ii»3cx;pipti<Hft  in  das 
MatarikelbTich  der  Artisten-rS'a(mU&t  ;bei .  4ein  J)ecaae  upd 
die  leiedicbe  Vereidigiiiig:  Imi^dein  JB^ctor,  Hierauf  hatte 
der  fieoipirte  für  duiJLawisnMttiiieobait  den  Aecessscfamaus 
aiizuatellen,  und  w^atiß  ß^mn*  eimta  oder  auch  mit 
mehr^eii  emem  älteren  Mttgtiede:  als  Famuliis  sncetheilt, 
Der  Fuchs  trat  nim  hienut  yfütig  ii>  4ie  Bedientenstelle 
ein,  hatte  geg^u  eeiueu  LeibhjOJrecliim  das  PrAdicat  Herr 
oder  Patr<m  zu  brauobe»,  bßi  Tiecftbe  «^n^wartan,  beider 
und  Sah^he<  sm  reinigen.  Waa  aber,  scldimmeff ,  als  aJNit 
dieses,  war :  gewaltsame  Requisition  von  Kleidern,  Wäsche, 
Bttchem,  gewaltsame,  Gelderpreasungea.  uand  Auslassungen 
cynisch-brutalen  Uebermmitbff  an  deiie^  sohutidos  Preisgege- 
benen scheinen  zuleUt  überall  zur  Begel  geworden  zu 
sein.  Ein  HacQ>ttheU  seines  Dienstes  war  die  Aufwartung 
bei  den  Oigien  und  Bacchanalieu  in  der  3tadti  wie  auf  dem 
Lande ,  wo  die  erniedngendstep .  Di^oste  mit  Misshand- 
luDgen  zum  Lohne  von  ihm  erwehrtet  wurden.  An  solchen 
Schmausereien  konnten  selbst  Professoren  Theil  zu  nehmen 
sich  verstehen,  und  die  Jenaer  Commissarien  müssen  öfters 
ihre  Fragen  dahin  ridit(?n,  ob  Äiehtvoin  den  Professoren 
Voriheils  halber  in  ihren  eigenen  Hausern  Pennalschmäuse 
angestellt  worden  seiea»  War  das^.  Dienstjahr  —  von 
dfem  rafifinitten  MütÜwillen  auf  1  J«hr>  6  Monate,  6  Wochen, 
6  Tage,  6  Stunden  und  6  Minuten'  ausgedehnt  —  endlich 
vollendet,  so  hatte,  der  Fuchs  s^qn  üiflgang  bei  den 
einzehe»  üfitgliedem  rdar-  Landsman&s^aftiKu  haken,  sich 


»•' '. 


Die  bei  der  Depositioa  bcnutttcoEi  lüAtraoieute  sind  in 
folgendem  Hei^ameter  getaiifit:      . 

Jäerra,  dül*bra,  bidens,  dens,  clana«  tioniM^ftt  fsotea 
Cum  terebita.^rim^  etnulim»  :«ftUeU&^  imc«« 

EaaAnuiae  cum  rostdsv  -  cnm  färc«,  i^l  far^ipe  fbq^ez.'' 

TJioUck;  8;  20S£;/i:üi«  iubfiUuHeh^.Sciuldeiuii«  der  bei 
^  Beposidoff  ablk&eii  ftiur.djeiK^,»Äloiid4«iettt  aMiiniaas,  ßatyra^  m 
U«dem  mod4fii»li  efUdiÜ^iii  jBCR^IiM.f«'  b^ -Meyer,  StudeniMf)«, 
Leben  u.  Sitten  deutseber  Studenten  frflhereias^idiunUerta  liebet  ^Die 
Studenten.  '£i]t.LuBtq^'w43faiu8]|3iHBbl  (iSlß).ff  Xeiftt.  1667.  8. 48  ff. 


88  '    ''^    'Wnmuukjr.  -t -'Äh^llmMyr^^ 


1  » <•  <•  i  :\ 


.1  \^  I 


die  Absoltrtio»'  zü^eitiJtteiiV^rätif  "Mglsib^  dät^'AMolUtions- 
SiihmattS,  'diD[':öericHt/'^bb>^  4r*' fticüf  ^au<5li'statiäefsgemäs& 
gehalten«,  Äe  Aböddiion^  »»im«  Nöinett'der''h'eifegen  Brt^^ 
einigkeit«,  die  Erthbilüüg'  <l^  -bis  idahiü  •  teriri^rtea  jus 
gliadii  —  daiin •  eMMi  *  ktttil  '■  dte  ' i^rö^Knte  Staütf e  ;*  w>  ei^ 
als  *  Absolutiis*  {toö!  "den-  l^eiAialH^eiTicIitütig^ä  absölVirt) 
ai}f angen' könnte/ All  AÄdfehii*' t^tgeltön,^  w^^  er  feelbst 
eriitten  tiatte^»«^;  ütwl^  »g^h^ö  jeföt  ^äö  dfett  »^Sehtofeten*, 
i^eii  sie  den  ai>^^eft!*en^  StüÖetttöb  i^tfie'  HÄäre  -abge- 
öcfhoren«  und  sie'^Äurt!^'»Wfti^er  ''h^minge!rioinöien''odör 
geschoren  haben«  ^^%  <  ÄÜ2iif&ha?en  hiabeb-  wir  nur  moiM, 
Abbb  di^  Depositioti  tirsp«iöglifehj  ^dött-  Ziireck  hatte  yd*» 
Ankömmling  ku  eiffeÄif  'seifiör  neuM^BtettatoungS^^ 
Leben  aüfzufordiem  uäd' gfeiÖbsWm  -^orÄubei^eiten^  Hierauf 
beziehen  sich  die  Deimsitiöiisrediett  üä'Ä  dS^  CeteAionien, 
Welche  synibdligch  deö  Aet^'dfef  RoiAifeütigJ»von  den-  \Äs^ 
herigen  Makeln  '  vorstellöii; '  - '  ©abör  •  wairetf  auch'  MAm<ei 
ernsterer  llicHttftig  im  die^  'Depöi^itfoW.    8b  ha«  'Lufth^fer 

■  .•  ■-  'i  '  ;•  i  :  -•!  Ji.«"^'J  ■'  •;'i'.»u  '•!!•  j'i:-f  .::  \[  .f'.  :•  '.  •'' 
189)  ,Au^f(jljti4i%^^S|ffbe^  ^^pna^^HVl|l«j.pl^,.Pl^apiUoIl,'^.  J^e^;^ 
Dinckel,  De  qrigine,  Cftusis,  typo  et  ^ceremonii?  Pej^ositionis^ 
Erpburd.  1579.  S  c  Iti  o  c'  li;  'Comöödia*  Vom  '  Stüdenteilöte^: '  Lfeipz. 
1658.  -Ritus  Detjb*ilSobi9r'*JBtfa«bttrg  lÄ7li.  >  'Atöföhrtrfrg,^irorm'-di« 
aJjbQ  (J«W0bi^lieit  «juide^oairf^ij,  itoj^>^iffcl}fj^..4e(i|L)emi^fJiij,««jat^je^^. 
IßinleitujQg  zu  besserein  Yerhalten  .i^b^ch,  ^^i^  einzeln  C^rmine  vorger 
stellt  wird  von  Valentiniand  Hoffmänn ,  Not.  publ.  Caes.  *  Und  der 
tinitefsität  Jehnä'abjätoi^Ö-  Del)6«iliore.  ''Jenia^löfe8/>'Kui'2!e"KJ<A^ 
tiok  . V.  >  id.:  t  {anad.; :  DkpoiiiÜan<  \  dsn  I  neiit nt  i  Q^iveia  i  Qi^^fllii  .'.^n4 
Andern  zum  Unterriebt  ertheilet  von  J.  B.  Pfenning,  Not^  publ. 
et  h.  t.  Depositore  in  Acad.  Jen.  (ohne  Jabr).  Ausfilbrliche  Er- 
zählung, wiä  es'ibify  Wilhelm  ^We^er,  m  Aldot#,  iü*'derDep'tiiiition 
ergangen  ist  anno  1636.  Nürnberg  16d7v<'Di»sftHati<^^h^s)0l6g^bfl( 
de  jure  e^' nBJb^a'>^^ml^M\mi^i^  ,^mt6utk»Aärii  fpfhß^^  de 

Penna  utriusqt]!«'drc^iaUitWti6>>^ildtda|ii»i(<fli;D«o. M^^I^'  ) Themata 
medica  de  &€»motum  afi^cl£b«si'i<%^«'>W«il|)h^ngi  -Bla«''i*«^-&or 
l^ecb^er/'Thomkir'HÄtftS^iüÄdfJF^iii^ilPlalferi  f'i^  'i  Vergl. 

Anzeige  ton. TiiollTck/^  SfehHII<|ia'>deiii.Ii«idäfefi  Jfthtbl'dii Ibltijtttt) 
."     190)  .S«ai«itt#eli.j  'mA)ldmiüi^imdfhrekm^i»iulMM^aiUvAiin^ 


AUg,  toiaaenaeht^.  ZuaUndi.  SektOm  tmd  UniveraitäUn.   80^ 

ftr .  sie  ein '  htdiuBcUes  Lied'  .gefichtet, .  dai^  in .  AbAn 
WilJb.  Cramer's  5  Ideinen  Schriften. mitgfetbeilt' ist  ^^^). 

Das  Waffentragen  irar  auf  den  Utesteü  Hoob- 
scUoIen  Kaliens  den  Stodenteu  erlaubt,  auf.  der*  Pariser 
Universität  aber  und  den  naeb-iihitttik  Mustor  .eingeiicliteten 
Unwersitäten  Wien,  Prag,  Heidelberg  veilooten.  Allein 
das  Verbot  wurde  nicht  gwäde  strenge  beachtet  j  zomal 
in  den  frühesten  Zeiten,  in  welchen  wegen  Unsicherheit 
der  Landstrassen  alle  waffenfölBgen  Jttnglinge  und  Männer 
um  ihrer  Sicherheit,  willen.  Waffen  trugen.  Auch  diß 
höheren  Geistlichen  thaten  dieses,  obgleich  das  canonische 
Becht  bei  Strafe  der  EKoommunication  es  untersagte.  »Ihnen 
ahmten  die  Studenten,  welehe  auf  den  meisten  Universitär 
ten  in  älteren  Zeiten  als  Geistliche  tingesehen  wurden,  nach. 

Im  16.  Jahrhundert  kam  das  Tragen  des  Degens  bei 
dem  Adel  auf-,  allein  bald  machte  sich  die  Ansicht  geltend^ 
dass  (fieses  Zeichen  des '  Adels  nioht  nur  deii  iGfeborenen 
von  Adel,  sondern  allen  Lehrern  und  Jüngern  def-  Wissen-^ 
Schaft  oder  dem  gelehrten  Adel  zukomme,  und^  tc^iu 
17.  JahrfaüBdert  an  musslen  viefe  Jahre  hindurch  alte  den 
höheren  Ständen  angehörigen  Jfinglitage  und  Männer,  wenn 
sie  vor  ihren  Oberen  oder  in  Gesellschaft  erscheinen  woWlen, 
Degen  tragen.  ^  So  war  es  auch  später  in  manchen  Ge* 
lehrtensdbulenUebiH]^^  infeüei^libh^m  Aötus»nnterTiK>ibpeten- 
schall*  den  auf  die  Universität  entlassönen  Schulen  eiiietl 
Degen  als  Z^ichien  der  acädemiscben  Freiheit  mit  den  Worten 
»Nehmet,  dofefrisChlkgeflßüchMcftt^'zu  dberireichen.  DiesÄÖ 
geschab  im  Gymnasimn  zu  Heidelberg  bis  g^egen' dai§' Etfde 
des  vorigen  Jährhunderts  *^^.  Doch  trugen  die*  Studenten 
ihre  Waflfen  löchfl  nur  xiit  ■Schau/''äöndem,  'dfer  Pecht- 
kttfist  oWiegöM ,  lerriten« 'sie  dieselben  auch  kiiiistiÄfeS^ 
führen.  Dieses  bestätigen  die  in  den  früheren  Gesetzen 
mkonpQi^ei^  Yj^bQbe d€^)JBe9uchs.; den  Se^Cikta^huJen, 

192)  Hautz,  Jubelfeier  d.  Heildelb.  Lyceums  S.  22i 


.'  .;■?• 


90  SifM^img,    4.  AlmlmiU. 

welche  erst  im  16.  Jahidiind^  auf  deutsciien  Univeiskäteii 
gestattet  worden,  wo  dann  aber  auch  von, dieser 'Zöit  an 
die  Fechtkun^  ihren  Höhepunkt  erreichte; 

Die  Duelle,  als  verabredete  Zwdkämpfe  zur  Sftlme 
von  Beleidigungen,  sollen  aus  der  Zeit  stannnen,  in  welcher 
das  Tragen  der  zum  Hauen  und  Stossen  ^eich  faraach- 
barea  Degen  als  Zeichen  des  Adels  in  Brauch  kam  ^^^ 

§20. 

Sitten.    Kleiderordnung.    Frequenz  der  Universitäten. 

Beachten  wir  die  sittliche  Haltung  der  Studirenden, 
80  fehlt  es  nicht  an  Streit-  und  RaufblUideln ,  zuweilen 
blutigen,  mit  Cavalieren,  Soldaten,  Schaatwächtern ,  an 
Conflicten  mit  Bürgern  und  an  manchen  andern  £xcessen. 
Lasfisen  uns  nun  solche  Erscheinungen  in  ein  oft  rohes 
Studentenleben  hineinblicken,  so  spiegelt  es  im  Ganzen 
doch  nur  den  Charakter  jener,  von  den  unseri^n  völlig 
verschiedeneu  Zeiten  ab.  In  ihnen  hatten  eine  gewisse  Bohr 
heit  uod  Schroffheit  aUe  Veriiältnisse  durchdrungen.  Was 
uns  jetzt  abstossend,  ja  unwürdig  und  njj^ig  erscheint, 
stand  damals  als  ganz  naturgemäss  und  berechtigt  da^ 
Wenn  wir  daher  audi  das  studentische  L^n,  wie  es 
nicht  anders^sein  konnte,  mit  einem  zi^iücb  vollen  Maasse 
herber  Kraftfülle  und  fast  rohen ,  Uebßrmuthes  versetzt 
^ehen,  so  macht  es  auf  der  andern  Seite  einen  desto 
erfreulicheren  Eindruck,  bei  alledem  eine  fast  unbewnsste 
Achtung  vor  wissenschaftlichem  Streben  selbst,  da  anzu- 
treffen, wo  sie  am  wenigsten  zu  suchen  wäre. 

Doch  machte  man  geg^  jd^  Sittenlosigkeit  und  den 
Unflei^s  im  Mittelalter  Gedenkverse  ^^^),  und  e»  werden 


193)  Mein  er«,  6«8Cb;  d.  Wafentragens  auf  h.  8<ahulen  in  deü 
Götting.  acad.  Annalen  1804.  B.  L  8.  265  ff.  Scheidler,  Jenaische 
Blatter,  H.  III.  S.  144  ff. 

194)  So  kommt  in  einer  Amorbacher  Bknaschrilt  des  l&j  Jahr- 
hunderts vor: 


ÄUg.  witsenseJui^.  Zuiiänäe,  Behulen  und  Unwersitätm.    91 

toch  scharfe  ürtheile  über  die  UniverÄftftten  ausgesprochcÄ. 
So  schreibt  Luther  (1521): 

»Aaf  die  Universitäten  schickt  man  die  allergescliicktesten 
Knaben  der  Christen,  dass  man  ihre  Seelen  daselbst  211  geist- 
Behen  H— n  ahi  (}laabeil  lääcb^  lud  'mrh  lie'  der  HOll«  in  , 
Ihten  BudMB  faimei&c  ^•«). 

Ebenderselbe  äussert  sich  "spMer  (1522)  in  folgender 
Wdse  Hber  die  üniversitSlen : 

»Ans  diesen  Mordgraben  gehen  herfflr  die  Heusehreeken, 
welche  die  ganze  Welt  an  allen  Orten,  beide  gdslÜieh  nnd 
weltlich,  regieren,  dass  auch  der  Teufel  von  Anbeginn  der 
Welt  nichts  Kräftigeres  hätte  erdenken  können,  denn  die 
hohen  Schulen  t  *»«). 

Melancbtbon   ^^^)   wirft  in  seinen  academischen 
Keden  den  Stodenten  unter  Anderem  vor: 

»dass  sie  sich  tobend  und  wie  Centaaren  und  Qyclopen 
ganze  Nächte  auf  den  Strassen  umhertrieben,  Alles  mit 
wildem  Geschrei  erfüllten^  friedliche,  unbewaffnete  Leute 
anfielen  und  mit  Schinpfreden ,  Steinwttrfen  und  Waffen  an- 
griffen, ja  die  Häuser  der  Bürger  belagerten,  ThOren  und 
Fenster  erbrächen^  Wöchnerinnen,  Kranken  undv  Greisen  den 
8«lilaf  raubten,  die  Läden  auf  dem  Markte,  Wagtn  nnd  was 
•  'ämen^^nst  vorkäme  auseinander  würfen  <^^). 

Wenn  Ebenderselbe  eu  sagett  pflegte: 

_  »Bin  Stndent  hart^  gemeiaislioh  8  IDiage  am.  ihmt  L 
Amut^  2.  Gfind  und  8.  Bjolat^^^^)  ^, 

80  hatte  er  ^e  Zeiten  im  Auge,  in  welcben  <Ue  meisten 


„Quid  modo  laetaris 
Kil  stndens,  atulte  scoüariB? 
Post  hoc  tu  flebis 
£t  toto  Corde  dolebia/' 
Money  ZtBaiir..B.  IL  S.  imj 

196)  Luther' is  Wetke  Th.  L  S,  €77. 
196)  Ebend.  Th.  IL  &  r6a 

1^)  J£(9lanchtk«]i  war  1ÖS8  Beefcer  der  Uoinrorsltät  Witten- 
berg und  immatiffiulirte  2R1  fitodenten.  FOrtteraann,  Alb.  Aead. 
Viteb.  |i.  W9.      ;      v         :. 

198)  Meyer,  S.  2.  3. 

199)  Leib ii  Studentica.    Coburg.  1€27. 


;92  Mnkifuiyji,  J^.JJbst^itt. 

ifXQg&ß .  l<eute  a)i9 ;  ^öher^  u^d  wohlhaben^erea  ^luqff i^j^p 
nicht  auf  Universitäten ,  sondern  bäi^g  an'FürstQnhOfen 
il^re  Ai^bildang  erhielten. 

.  .  Zu  den  Gebrechen,  ßjx ,  welchen  Jas  Student^nleben 
,  littj  gehörterbeaouders^lJieXriunksucht  Bieses;  wird  auch 
von  Mos  eher  osch  in  seinen  »Getiditen«  Philan- 
der's  *^®)  besonder»,  hervorgehoben.  Ais  ^eser:  Beinen 
Umgang  durch  die  Hölle  maobte,  komnlt  er  an  esnem  Ort 
vorüber^  ,an  welchen)L  ,:Studentea  »mit  e^g,  höllischen 
Schrecken  schrcyen*; '        :    . 

0  mihi  praeteritos  refept  si  Jüppiter  annos! 
0  mihi  profusum  referät  si  Jüppiter  ^urum! 
0  mihi  defunictos  referat  si  Jüppiter  ärtusl 
0  mihi  potätas  referat  si  Jüppiter  hcM*««!  '      ' 

O  mihi  cohsumtam  ai  ](>£US  'iiigenimol   • 

Zugleich  hört  er  aber  aiicli  von  änderer  Seite  eine 
Stimme  rufen: 

'  »m  Sunt  fructna  Ehriötatisl  •    : 

Hi  sunt  fructHS  PennalitatisU***)    • 

Wenn  AUn  da»  academisiihe  Leben  in*  sgi'simw,  Jahr- 
hunderten sich  uns  weniger  roh.  dai^stellt,  so  faüt  nach 
Tholuck  ^^*),  gegen  Ende  ^des ' IT.-trad  noch  mdar  im  18. 
JahFhündert:^Mdiefrühjiefeinaiv«.!Bjoihhett  einem  raffinir- 
ten  Cynismus  Platz  gemacht.-*  Vor  Allem  aiber  dtufen  wir 
nach  dnzelnen  Erscheinung^ ,  wie  sie  «He  Annatenf  der 


200)  Mosch  er  oseli,  Gdsohiofake  Philander's  von  Sittewald. 
2  Thle.    Strassburg  1650.       -' 

201)  Weitere  Nachweisungen  über  das  Stnd«iitenleben  in  früheren 
Zeiten  s.  in  Nugae  versales  s.  Ridicnlatia  repbrtä'in'  iB0iliiiiQ'>tritliin 
Adami  nostrüm  omnium  pailBnilS&.^  Aino  'XSJSLH!  •  H  d  g  en  d'd  i  p  h  i  • 
nus,  Deratione  studii  deque  yita  jutettutid  institueada^  Bafiilfl541. 
Stymmel,  Stfddebtes.  'Stettin  1579'j.vWi<e&gii"e(v^:GdfhelittE(  rele- 
i^td^.  1600;!  'Sehoch^  €omOdie)''rdm  8tadentenlebeiiuiil6&3i.  vM 
Studenten-Moral.  EineSatyre,  Jena  1754.  Yergl.  aucbiW.  Hf  eduiiäA, 
deutsche  Dichtung,  B.  II.  S.  295.  =     v  .^     i  .  .    '. 

202)  Tholuck,  S'.-aSS  Ä"- »     .'.  ■  '  üü    .:     .'.fl 


ÄUg.  wiBsenschafl^,  Zmtänäe.   SthvXen'wnd  Universitäten,   9S' 

•      •  ^     *  •  •  • 

ühiversitäten  uns  überliefern,  nicht  cUe  StudrtitenÄttten  itö" 
Ganzen  beurtheilen,  sondern  riiflssen  'vlfelihfeHr  der  trell^'' 
lidien Worte  Robertos  von  Mohl  •*•)  ktets  eiÄgedenk  sein, 

>  dass  namentlieli  gerade  die  '  lobenswertheren  Eigen- 
schaften, die  stillen  Tagenden  des  Fleisses  und  des  wissen* 
.sohilfükichea  StnelMns  ra  keiner  Aafzeichnmg  Aalass  geben, 
während  Fehler  und  Ei^ceese  amtliche  Handlungen  und  deren: 
Verewigung  hervorrufen,* 

Zu  dem  Aufwände,  welchen  die  Studenten  machten, 
gehörten  besonders  die  Ausgaben  für  Kleidung,  und  öfter 
wurden,  um  diese  zu  beschränken,  Verordnungen,  was  auch  auf 
der  Universität  Heidelberg  geschah,  von  den  betreffenden 
Behörden ,  gegeben,  So  publicirte  dei*  Bector  Friessner 
in  Leipzig  14S2  eine  Kleiderordnung  für  die  Studenten, 
weil  »grosse  und  zuvor  unerhörte  üeppigkeit  und  lieder- 
liches Wesen  in  Kleidung  und  Gebärden  unter  den 
Studenten  eingerissen  war«.  Nach  dieser  sollen  die  un- 
förmlichen »gehörnerten«  Schuhe  (Schnabelschube) 
abgelegt ,  werden  und  die  Studenten  sich  sonderlich  hüten, 
»jiaimit  die  Güedinassen  des  Leibes ,  welche  den  Menschen . 
zur  Nothdurft  der  Natur  gegeben  word^ ,  nicht  entblösst 
möchten  gesehen  werden«  ^^% 

Besonders  kostspielig  waren  die  Fl  ud  der  hosen. 
Sie  reichten  vom  Gürtel  bis  an  die  Schuhe,  waren  nach 
der  Länge  und  nach  der  Quer  aufgeschnittein,  die  Auf* 
schnitte  aber  mit  Futter  von  dünnem  Zeuge  durchzog«)/ 
welches  in  so  viele  Falten  gelegt  wurde,  dass  man  bis^ 
weilen  180  Ellen  dazu  brauchte. 

Da  wegen  dieser  kostspieligen  Hosen  die  Studenten 
ihre  CoUegien  oft  nicht  mehr  zahlen  konnten,  erliess  Kur- 
fürst  August  für  die  Universität  .Wittenberg  folgendes 
B/escript:  »Dieweil  auch  die:Pluclderhosfen.  eine  unfläthige . 

203)  Geschichtl.  Nach  Weisungen  über  die- Skten.vnd' das -Be- 
tragen d^^r  Tübinger  Studir^n^^n  .  während  .  jdes  16.  Jahrhunderts. 
Yergl.  aucj^Biaumer,  Beutschp^lIn^e^sitätenSv  3p  ff.     .. 

204)  Meyer,  Stud^ntica  S-,4,  6,  .   .  .. :    ,  -  », 


9i  Einlfüimg.   4^4^chf»ai 

müd  scbäpcbe  Tracht  )8tv  welche  viel  kostet  u^d  doch' 
iü^l  steht,  .ao)l  der  .Schneider ,  welcher,  sie  geavicht  hat,^ 
dem  Bath  10  fl.  m^^  der  Student,  welcher,  sie  trägt,'  10  fl^ 
dem  Eectori  zur  Straf  geben  oder  3  Jahre  lang  relegirt 

Die  Frequenz  der  Univ«rsitaten  war  ist  feflheren 
Zeiten  stärker,  als  in  den  jetzigen.  Hatte  dieses  nun  eines- 
theils  seinen  Grund  darin,  dassalle  Universitätsangehöri- 
gen sieh  immatriculiren  lassen  mussten,  und  auch  fitu- 
dentes  non  studentes  dieses  thaten,  so  kam  noch  da^u, 
dass  die  Studenten  aus  den  ebeofeUs  schon  angeföhrten 
Gründen  sich  längere  Zeit,  als  jetzt,  auf  den  Uni- 
versitäten aufhielten.  Kann  man  nuü  auch'  durch- 
schnittlich 5  Jahre  annehmen,  so  wurde  diese  Zeit  sehr 
häufig  auch  auf  6 — ^9  Jahre  ausgedehnt  und  auch  auf  so 
lange  Stlilendien  verabreicht  ^^^).  Trotzdem  hat  man  aber 
doch  Ursache,  gegen  die  ausserordentlich  grosse  Zahl  von 
Studirenden,  welche  man  flen  Universitäten  des  lÖ.  und 
14.  Jahrhunderts  zugeschrieben  hat,  Misstrauen  zu  heg^, 
da  sich  eine  Zahl  von  10,000—30,000,  wie  sie  im  13. 
Jahrhundert  von  Bologna^  Paris ,  Oxford '  genannt  wii*d, 
zumal  die  Inscriptionsbücher  in  j^ner  Zeit  nicht  genau 
geführt  wurden,  nicht  nachweisen  läsät.  Als  Betreis  j  -  wie 
wenig  sidier  solche  Angabisn  in  idteren  Ziaiten  «fnd,  dien^/ 
dass  die  Zahl  der  Studirenden,  welche  (1409)  von  Prag 
wegzog,  von  düigen  ScbriftsleHem  auf  40,000-^44,000,- 
von  anderen  auf  24,000—36,000  gesohkzt  wurde  **^. 
Tomek  gibt  5000  an  «<^»),  während  jetzt  das  SchnäBcn- 


205)  Meyer,  Studentica  S.  5. 

206)  Tholuck,  Acad.  Zust.  S.  231  ff.  Unsere  Gesch.  d. 
Stipendien  und  Stiftungen  an  dem  Lycemn  und  der  Uiirrersit&l 
Heidelb.  (1856-1857)  H.  I.  S.  19  ff. 

.  207)  Voigt,  S.  81. 

208)  Geöch.  d.  Univ.  Prag  S.  37.  88.  Tomek  fttgt  bei,  zur 
Zeit  der  höchsten  ßlüthe  der  ünivefsität  (1872--1389)  hätten  sich 
wenigstens  11,000  Studenten  gleichzeitig  in  Prag  aufgdialten. 


Alig.  wiasenschd^,  BmlUlttäe.  StMIm  und  ümversiUUm,   95 

\mtk  des  FrauenoCoUegmms  in  häpoEg  2000  iMushweist  *?^ 
-^ eine  Zahl,  wdche andi'  mit  des  Bvläus  Ani^be^  dass  iä 
jener  Zeit  die  OesammtzaU  der  Stadeaiten  4,400  betragm 

habe  '^^),  fibereinstimmt 

♦  • 

(kmtubemim.  CoUegien.   Regeattmn,  Bursm.   OcderiMl 

Ein  wesentlicher  Bestandtheil  der  älteren,  dem: 
Vorbilde  der  Pariser  nachgebildeten  hohen  Schulen  waren 
die  in  der  Ueberschrift  genannten  Anstalten,  welche  wir 
im  Allgemeinen  mit  dem  Namen  Convicte  bezeichnen  können. 
Die  ersten  Ursachen  ihrer  Entstehung  lagen  in  der.  Be- 
schaflFenheit  der  ältesten  Universitätsstädte  und  ihrer  Sitten. 
Der  Ruhm  der  ersten  grossen  Lehrer  in  Salemo,  Bologna, 
Paris  rog  in  wenigen  Jahren  Tausende  lernbegieriger 
Fremdlinge  aus  allen  Ländern  Enropa's  zusammen.  So' 
gross  diese  Städte  auch  sein  mochten,  so  war  es  doch 
nicht  möglich,  einer  so  bedeutendien  Zahrvoh  oft  reiöhen 
und  vornehmen  Jünglingen  und  Männern  bequeme  Woh- 
nungen zu  verschaffen.  Die  Preise  der  Miethwohnungen 
waren  deshalb  sehr  hoch.  Die  Reicheren  boten  die 
weniger  Bemittelten  aus  ihren  Quartieren  aus.  Um  dadnrdi 
herbeigeführten  Streitigkeiten  und  Klagen  möglichst  vor- 
zubeugen, wurde  in  fast  allen  Universitätsstädten  gesetzlich!, 
festgesetzt,  dass  jedes  Jahr  von  einer  ans.Mitgliedem  der 
Universität  und  Bürgerschaft  «usammengesetzlJen  €orm- 
mission  die  Miethpreise  bestinimt  werden  sollten  ***X 
Allein  dessenungeachtet  blieben  die  Wohnungen  tiieuer. 
Weniger  bemittelten  Stufenden  war  es  daher  oft' sehr 


209)  Schnalleiibach,  F.  60 b.  Ywgl  CoUegi  B.  MariM  Ia 
ürav.  LipB.  p.  8. 

210)  H^.  üaiv.  Par.T.T.  p.209.  »Erant  antem  tarn  e  trilma, 
iMtionibas  4400  Btudiosi,  teste  Hagtro  es  albo  academieo  livs 
matrieula.*  .        ' 

211)  BttUos,  1;  ü.  p.  81.  141.  Mei&ers,  Hohe  Mwlen,  R  L 
S.  106.  B.  H.  B.  943;    I>e6  8eii  Hittrtaker  &  IL  S.  ftai. 


96  SinleUUhg.    4.  Madhnitt.  \ 

sdlrfrer;  Wolmuiigen.  zd  fiaden,  welcbe  mit  ihren. fjnartrielkil 
Yerhältnissen  im  Eijuklaag  standloi.  BadurcU  saäen  m 
Ita&en ,  1  FraDkreiGh  und  England  sohon  voü  13;  Jahr^ 
hundert  an  Fürsten,  Universitäten  und  bemiltelte  PrivaU 
leute  sich  bestimmt,  Anstalten  zu  gründen,  in  welchen 
Studirende  unentgeltlich  oder  gegen  massige  Entschädigung 
Wohnung  und  Unterhalt  fimden  ^^^..  Die  Sache  selbst  war 
dem  Zeitalteir  nicht  fremd.  Majot  ahmte  damit  die  Kloster- 
^d  Domschulen  nach,  in  welciien  den  jungen  Leuten 
8clK)nfYQr  ihrem  Aufenthalte  auf  einer  Uniyersität  eine 
freie  Unterkunft  geboten  war. 

Mag  nun  das  Unterforingen  wenig  bemittelter  Student^ 
die  erste  Veranlassung  zu  diesen  Stiftungen  gewesen  sein, 
so  ist  doch  ein  weiterer  Grund  keineswegs  unbeachtet  zu 
lassen.  Die  Sitten  waren  in  Universitätsstädten  nicht 
weniger  verdorben,  als  in  andern  grossen  Städten.;  Der 
Tugend  junger  Freunde  der  Wissenschaft  drohten  vielfache 
Ge&hren  ^^^).    Gegen  diese  suchte  man  die  jungen  Leute 


212)  In  England  wohnten  zuerst  Lehrer  und  Lernende  in  Pri- 
yathäunern.  Da  dieses  aber  zu  vielen  Unordnungen  Anlass  gab,  so 
kaxifken  reiche  uod  woblthsytige  Personen  grosse  Gebäude,  in  welchen 
die  Professoren  und  ihre  Schüler  umsonftt  wohnen  konnten.  Oft 
wurden  diese  Heuser  auch  no.ch.mit  grossen,  zum  Unterhalte  der 
darin  Wohnenden  hinreichenden  Summen  dotirt.  So  gründete  zu 
Oxford  Wilhelm,  Archidiäconus  yoü  Durham,  1249  das  Universi- 
t&tscoUe^  Johajun  Baliol  1268  das  CoUeg  Baliol.  In  Cambridge 
errichtete  Hugo  Balsham,  Bischof  von  £ly  ^1256—1282),  das 
Haus  des  h.  Petrus.  Grässe,  Literär- Gesch.  B.  ü.  Abth.  III. 
H&tfte  IL  S.  911.  üebelr  'die<  Entstehung  des  ei'sien  Colleges  auf 
cbti  engUscl^en  Universi:(s^ten  lycirtf^  lLUoh'Hn))er,,  Die  Eogli^en 
Universitäten,  B.  I.  S.  378  ff. 

213)  Der  Cardinal  Jacob  von  Vitri  (bist,  occident.  cap.  7)' 
hineiltet  I  von  Pads:  »Meretrices  pubUoae' ubique  per  vieos  et 
plateas  civitatis  passim  ad  lupanaria  sua  Clericos  transeua<iejs  quasi 
pcarTtotentiam.pertrahebaiLt  Qoodsi .  forf;e  ingredi  nec«aaren4i,  con- 
festimr.eee  sodomitas,  .postipsdd  egnclamaAteSi  dicebant.-  In  xoa 
autem  et  eadem  domo  scholae  erant  superius ,  prostibula  ioferiua. 
lA  ^aite  aii)^iorii(Magistri>kfeba]it;  io^Jnferioti  Meretricespl^cift 
turpitudinisiezercehanHi  •fix..»tAl{)affte.Mefsetrioet  iaterisQ  et^cvLWt- 


ÄUg,  wissenschafH  ZuMnäB.  ScMleit  und  üniversUäUn,    97 

m  schützen;  Wie  sie  in  den  Anstalten  selbst  nnter  Anf- 
sehera  standen,  welche  ihren  Fleiss  überwadilen,  so  wurden 
sie  auch  von  diesen  in  die  Hörsäle  der  Lehrer  begleitet 
and  zurückgeftthrt  *^*). 

Später  wurden  diese  Anstalten  zu  förmlichen  Pensio- 
aaten  ausgedehnt.  So  war  zuletzt  die  ganze  Universität 
in  Paris  in  solchen  Instituten,  welche  den  Namen  Goltegien 
(ooll^es)  ftthrten,  enthalten,  und  sehon  im  16.  Jahrhundert 
hatten  die  Scholaren  ausser  den  CoUegien,  als  Ausnahme 
TOn  der  Regel,  einw  besonderen  Namen.  (Martinets)'^^). 

Das  Beispiel  der  älteren  Universitäten  wurde  auch  von 
den  später*  entstandenen  nachgeahmt  In  Prag  und 
Wien  ^^^  wurden  gleich  bei  der  Gründung  der  hohen 
Schulen  Collegien  für  eine  bestimmte  Anzahl  von  Profes- 
soren und  Studenten  dotirt.  Neben  diesen  öffentlichen 
Anstalten  waren  aber  auch  andere,  welche  als  Privatan- 
stalten von  graduirten  Männern  errichtet  wurden.  In  diesen 
galten  die  für  solche  Institute  entworfenen  Gesetze,  und 
von  den  Studenten  wurden  für  Wohnung,  Kost  und  andere 
Bedürfnisse  bestimmte  Preise  bezahlt.  In  allen  diesen 
Anstalten  aber  wurden  Sitten  und  Fleiss  der  jungen  Leute 
von  Vorstehern  (Rectoren,  Regenten,  Couventoren) ,  Ma- 
gistern oder  Baccalaureen  beaufsichtigt  ^^^. 

Das  Wohnen  ausserhalb  der  »loci  approbati«  (wie  die 
Collegien  und  die  von  der  Universität  anerkannten  Bursen 


Genoaibos    (Lononibus?)  litigabant:  et  alla  parte  dispntantes   et 
eontentiose  agentes  Clerici  proclamabant.« 
2U)  Bui&us,  T.  III.  p.  81.  Ul. 

215)  Savigny,  B.  IIL  S.  327.  328. 

216)  Tomek,  S.  21  fif.    Eink,  8.  26.  94. 

217)  Eosegarten^  S.  9.  --  Uebdr  diese  Anstalten  im  Allge^ 

meinea yrgl  Adelnng's  W5rterbHcb unter  »Bursch«;  Ghrysander» 

Woker  die  Studenten  auf  Universitäten  Borsdea  heissen?  Bintela 

1751;  Acad.  Monatsschr«  1853,  S.  252  ff. :   »Was  heisst  Barsch  und 

BQiBdien8chaft?€     Baumer,  Deutsche  Univ.  S.  350.     Ueber  daa 

Lebenjn  den  Bursen  vrgl.  Bartholom&i  Sastrowen  (geb.  1520,, 

gest;  1603),  Herkommen  vnd  Lauf  seines  Lebett&    Herausgegeben; 

ton  Mohnlok e;    3  Thle.    arei&walde,  1823.    , 
HautB,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  7 


98  EirMtmff.    4.  Abachniü. 

Uessen)  "vrar  in  der  ^Ebegd  unteisagt,  und  die  ErlaQlmiaai 
dasuinttaste  jedenfalls  bei  dem  Bector  oder  dem  betref- 
fenden Decane  der  Facnltät  ek^ehölt  werden  ^^%  Diese 
Erlaubniss  war  bei  den  3  höheren  FaeuUJteii .  leichter  m. 
erhalten,  als  in  der  Artisten-Factdtät,  in. welche  oft  Knaben 
von  8 — 10  Jahren  aufgenommen  und  in  de»  jetzigen 
Gymnasialfächem  unterriihtet  wurden«^«). 

Diese  Anstalten ,  durcih  welche  die  Au&icht  übet  diei 
Stndirenden  isehr  erleiehtert  wurde,  hiessen  Oollegien; 
Contubernien,  Begentien,  Bürsen**^),.  Coderien. 


210)  Meiiiers,  S.  160.  151.    Rühkopf,  S;  189. 

219)  Kink,  &i  93^  Z srii'Cke,  Die  deatsohen  üoiversilftteii  im 
Mittat.  3.  /226.  — ,  pie  !N^othwendigkeit  der  Ueberwachung  der 
Sitten  der  jungen  Leute  geht  schon  daraus  hervor,  dass  das  ganze 
Mittelalter  hindurch  Bordelle  und  öflPentliche  Weibspersonein  in  den 
Bt&dten—  auch  in  HeidMbeig  sehim  14^  (Pfftk.  Oopialb.  N.  2.  10; 
F.  SO,  2)  imd  in  Freiburg  (Schreiber,  Th.  II.  S.  93)  —  erlaubt  und 
beschützt  waren,  und.  welcher  Student  dieselben  besuchen  wollte, 
konnte  dieses  ungestraft  thun.  Dabei  ist  bemerkenswerth ,  das^ 
Unzucht  mit  Perstmen'  des  andern  Geschlechts  auf  hohen  Sc&uten 
-viel  später  yl^boftön  wjStA^i  Als  GJficksspide,  unrnSesiges  Trinken^ 
Unfleiss  u.  drgL  Ausführliches  gibt  über  das  deutsche  Studen- 
tenleben Dolch,  Gesch.  des  deutsch.  Studententhums,  S.  40  ff. 
u.  S.  dl  fr.  und  Keil,  S.  46  ff.  Auch  über  die  Bursen  finden 
sich  in  beiden  Schriften-  ii&teressaate  MttheäihmgeD,  und  zwar  in  der 
ersten  S.  ,31  fL  und  in  der  zweiten  8.  11  ff. 

220)  Stipendium  dicitur  Bursa,  nomine  tunc  communi  üs 
Omnibus,  qüi  pecüniae  summaiü  aliquam  pro  laboris  mercede  vel 
pro  yictu  accipeipent:  quare  stipendiarii  seu  qui  Stipendium,  seu 
jlecuiuttm. illaib  aceipiunt,.  dicunter  bütsarii.  Bursa  et  btursArii 
non  antiquae,  sed  recentioriasiinfc  Latinitatis  nomina,  qaae  ad  vitia> 
sermonis  pertinent,  s^  quibua  posterior  assuefacta  est  aetas.  Qui 
dicuntur  Bursarii,  dicuntur  quoque  Socii,  quod  societatem  i^ivicem 
habeant,  simul  versentur,  silnut  Tivant,  simul  maneant.  Lanoei 
jQt'Acadj  Pati8.'i]his<v.  T.  I.  p.  51.  . 

&u¥a[aö  vpoabanitaLF  ^ornus  Tel  habitationum  soholarinm  pau* 
penun  e  dmüsis'  natiendbuS)'  qüi  e  piis  fundatioinim  stipendiis  sive 
in  Communitate,  sive  etiem  seorsim  alebantury  quarum  ftuidationnm 
ab  anno  1365  ad  annum  1780  numerus  quam  maacime  audois  habetor. 
Diplom.  Univ.  Yienn.  ^  Bursa  =  MC9k,  rafuüoy,  gazophylacdom; 
sed  proprie  ad  certos  n^s.  In  bursls  s«  arcds  reponebantur,  qua« 
ad  scholasticorum,  yerbi-graUa,  alim<»iiatm  spectabant  ^t  qnaeia  eum 


ÄUg.  msaenschaftt  Ztistände,  Sehulen  und  Universitäten.    99 

Doch  wurden  sie  durch  besondere  Benennungen  oft  noch 
näher  bezeiclinet,  gewöhnlich  naeb.  dem  Namen  eines  HdU- 
gen,  dem  sie  gewidmet  waren,  dann  aber  auch  nach  dem 
Stifter.  Auch  war  es,  zumal  bei  den  Bursen,  nich^  selten, 
dass  sie  gleich  Wirtbshäusern  und  Trinkstuben  bezeichnet 
wurden,  wie  die  Burse  zur  Lüie,  zur  Rose,  zum  Adler  ***). 

Die  jungen  Leute,  welche  in  diesen  Anstalten  Auf- 
nahme fanden.  Wessen  Bursales,  Combursales, 
Bursa rii,  Bursche.  Im  Gegensatze  von  diesen  wurden 
die  für  sich  lebenden  Studenten  Scholares  oder  Scho- 
lastici  genannt,  dieser  Unterschied  aber  nicht  strenge 
festgehalten,  da  auch  die  Bursarii  oft  unter  dem  allgemeinen 
Namen  Scholares  oder  Scholastici  vorkommen. 

Bursen ,  in  welchen  entweder  gar  nichts ,  oder  nur 
sehr  wenig  (z.  B.  10  Pfennige  wöchentlich)  bezahlt  wurden, 
Wessen  auch  Coderiefn  (Armenhäuser)  '^*). 

Wie  nun  auf  andern  Universitäten  gleich  oder  bald ' 
nach  ihrer  Entstehung  solche  Bursen  von  Fürsten,  Uni- 
versitäten oder  Privaten  gestiftet  wurden,  so  war  68  auch 
in  Heidelberg.  In  diese  wurden  aber  nicht  nur  heran- 
reifende Jünglinge,  sondern  auch  Knaben  aufgenommen^ 
und  erhielten  dort  den  nöthigen  Unterricht  (S.  98).  Jedes 
Contubernium  hatte  »seyn  eigen  Pedagog«  (Knaben- 
lehrer) "»). 


usum  a  yiris  piis  erant  legata.  Du  Gange  s.  v.  Bursari i  sunt 
dicti,  quibus  ex  ejusmodi  bursis  stipendia  praestantür:  quae  yox 
etiamnum  obtinet  in  Acedemiarum  pubHcarum  scholasticis,  quibus 
ob  rei  "iomesticae  penuriam  certa  quaedam  stipendia  exsoltuntur  ex 
arca  ad  id  destinata,  ad  peragendos  studiornHi  cutsus.    Ibid. 

221)Mederer,  Annall.  Ingoist.  T.Ip.  19.  Or'&ss e,  S.  920.948. 

222)  Codria,  franz.  Coterie,  bedeutet  G6n6sseilschaft  und  Zah- 
lungsgenossenschäft  von  quota,  franz.  cote,  Zablungstheil ,  der  auf 
den  Einzelnen  f&llt.  Kösegarten,  S.  9.  Das' Statut  der  Uhirer- 
sität  Wien  über  die  Coderien  der  Studenten  theilt  Kink,  Th.  11. 
S.  312  ff.  mit. 

223)  Kink,  S.  93.  Bianco,  S.  167  ff.  Krabbe,  Gesch.  d. 
Univ.  Koatock  S.  84  ff.  Klürpfel,  S.  9  ff.  Schreiber,  S.  36. 
Annall.  Univ.  T.  VI.  F.  432  b. 

7* 


100  .  EMä^img.    4.  Jb^cfmiU. 

Die  verschiedenen  Benennungen  der  hohen  Schuhm. 

Die  Benennungien ,  mit  welchen  diese  Anst;alteii 
bezeichnet  wurden ,  waren  verschieden.  Die  älteste  ist 
»Schola«.  Allein  schoA  geg^i^  die  Mitte  des  13.  Jahr- 
hunderts erhielt  dieses  Wort  eine  eingeschränktere  Be- 
deutung, nach  welcher  es  Hörsaal  oder  Vorlesung 
bezeichnete  ***).  Dagegen  wurde  von  jener  Zeit  an  der 
Ausdruck  »Studium«  als.  Name  einer  hohen  Schule  und 
»Schola«  als  der  einer  lateinischen  Mittelschule  gebräuch- 
lich« Eine  andere  Bezeichnung  war  »Studium  generale«,  öfter 
wegen  der  ihr  vom  Papste  gewordenen  Bestätigung  und 
von  ihm  und  den  weltlichen  Obrigkeiten  zugestandenen 
Vorrechte  mit  dem  Zusätze  »privilegiatum«,  weil  nur  die 
Zeugnisse  einer  solchen  allgemeine  Gültigkeit  hatten  ^^^). 
Diese  Bezeichnung  wurde  im  Deutschen  in  Acten  und 
Urkunden  mit  »hohe  wirdige  gefreyete  und  gemaine 
Schuel«,  oder  »hohe  gemain  würdig  und  gefreyt  üni- 
versitet « ,  oder  » hoch  gemain  schul  üniversitet «  aus- 
gedrückt *^^).  Diese  Ausdrücke  »Studium  generale«, 
»gemain  Schul«  hat  man  früher  irrthümlich  auf  die  6e- 
sammtheit  der  Wissenschaften  beziehen  wollen  *^^).  Diese 
Gesammtheit  betrachtete  man  aber  gar  nicht  als  die 
Hauptsache  bei  einer  berühmten  Schule.     Sie  konnte  auf 


224)  Bulätts,  T.  m.  p.  231.  »Non  liabetar  pro  scholu-i 
Parisius,  qai  ad  minus  noü*  vadit  bis  in  hebdomade  ad  scholas.« 
Ibid.  T.  lY.  p.  212.  218.  »De  modo  solvendi  scholas  sive  aiüas 
legen tiam  extra  vicmn  atramineom.« 

225)  Durch  eine  Bulle  des  Papstes  Clemens  VI.  vom 
6.  Januar  1347  ifiid  befohlen  >  dass  die  auf  4er  Universität  Prag 
erworbenen  Grade  in  der  ganzen  Ghristenwelt  (per  omnem  Ghristianum 
terraram  orbem)  Geltung  haben  sollten.  Vergl.  auch  Mone,  B.  I 
S.  263.  263. 

226)  Vergl.  ausser  den  nnten  vorkommenden  Acten  und  Ur- 
kunden Annall.  Ingolst  T.IY.  p.  43. 

227)  So»  Hottinger,  De  Colleg.  Sap.  p.  29.  Meiners,  S. 
889.  390.  . 


ÄUg:  wissensehaßl.  Zustände,  Schulen  und  Universitäten,  101 

eine  einzelne  Facultät  beschränkt  sein  oder  wenigstens 
eine  einzelne  Facultät  entbehren,  ohne  darum  weniger  ein 
»Stadium  generale«  zu  sein.  Dazu  kommt  noch,  dass 
sogar  geradezu  bei  einer  einzelnen  Facultät  dieser  Name 
gebraucht  wird  •**).  Univtoitas  sollte  vielmehr  die  schon 
angedeutete,  ausgedehnte  Bestimmung  der  hohen  Schulen 
bezeichnen,  welche  Schüler  aus  allen  Nationen  aufnahmen 
und  academische  Grade  ertheilten,  die  überall  anerkannt 
wurden  **®). 

Erst  im  14.  Jahrhunderte  wurde  es  Brauch,  eine  hohe 
Schule,  literariae  reipublicae  schola  *•*),  üniversitas  oder 
auch  üniversitas  studii  Parisiensis,  Viennensis,  Heidel- 
bergensis  zu  nennen  *•*). 

üniversitas  bedeutet  aber  eben  so  wenig,  als  Studium 
generale,  die  Gesammtheit  der  Wissenschaft  (üniversitas 
Bterarum).  Der  Ausdruck  üniversitas,  tait  welchem  man 
nur  den  BegriflF  einer  Körperschaft  oder  Gemeinde,  wie 
z.  B.  üniversitas  Judaeorum,  eine  Judengemeinde,  ver- 
band ***),  bezeichnete  daher  auch  nicht  die  Schule  als 
solche,  sondern  im  acht  Römischen'  Sinne  die  allmäh% 
gegliederte  und  genossenschaftlich  (zünftig)  ausgebildete, 
selbstständige  Innung,  privilegirte  Gilde  Ton  Lehrern  und 
Lernenden  *'*).     Wer  diese  bilde,   wer   darin   herrsche 


228)  Tomasini  Petrarcha  rediviy.  p.  372:  »Statuimus,  quod 
in  dicta  civitate  (Padaa)  deincej^s  studiam  generale  in  eadem  Theö- 
logiae  facnhate  existatc  IVEgrefeuille  hist  ecdes.  de  Montpellier 
p.  386:  »Ordinamus^  qnod  Studium  generale  theologiae  facultatis 
existat,  ibique  dicta  theologiae  facultas  legatur.« 

229)  Kink,  B.  I.  S.  114.    Savigny,  S.  381.  382. 

230)  Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  Ö3,b. 

231)  BuUuSi  T.  rv.  p.  346.    T.  V.  p.  134. 

232)  Böhmer,  Cod.  dipl Franeof. p. 240.   Mone,  B. IS. 262. 

233)  Yergl.  den  Pand^euititel  »qnod  cnjlisqtie  universitatis 
nomine  Tel  contra  «am  aga(ar  (III.  4).  Siehe  auch  Bul&uS; 
T.  I?.  p.  27.  Safigny,  B.  138.  tJrevier,  P.  I.  p.  321.  — 
Doch  hatte  Paris  in  der  Streitsache  des  Am  au  ry  von  Chart  res 
1209  den  Namen  ünirersitas.  Gr&sse,  B.  II.  Abth.  3.  Hälfte  2. 
S.  919. 


102  Einkiimg,    4.  jihschmtf. 

und  sichtbar  hervortrete,  liess  sich  nicht  allgemein  sagen, 
indj^m  es  von, der  besonderen  Verfassung  einer  jjeden  Schule 
abhing.  Darum  galf;  z.  p.  für  Bologna,  wo  nach  dem  Ge- 
präge des  democratiscben  Geistes  der  italienischen  Städte 
jener  Zeit  die  Schu^  eine  vorl^errsobend  democrati^he 
Glied^ung  hatte,  der  Ausdrudi  üniversitas  scholarum  ^^% 
für  Paris  wegen  seiner  vorherrschend  aristocratischen  Ver- 
fassung aber  Universitas  doctorum  s.  magistrorum^  obwohl 
bei  beiden  Anstalten  auch  die  Bezeichnung  Universitas 
.  magistrorum  s.  doctorum  et  scholarium  vorkommt  Andere 
Schulen  hatten  eine  Universitas  Juristarum  und  daneben 
eine  Universitas  Artistarum  ^^*). 

Von  der  Zeit  an,  wo  man  Lehrer  besoldete,  damit 
sie  unentgeltlich  lehreii  möchten,  nannte  man  diese  An- 
stalten auch  öffentliche  Schulen  (scholae  publicae)  ^*^ 

Gegen  Ende  des  lö.  Jahrhunderts  fing  man  an,  auch 
das  Wort  »Gymnasium«  *^^)  zu  gebrauchen,  und  als  man 
im  16.  Jahrhunderte  die  Gelehrtenschulen  mit  diesem 
Namen  bezeichnete  ^  so  nannte  man  später  gegründete 
hohe  Schulen  zum  Unterschiede  von  diesen  »Gyumasia 
sublimia«  ^^%  Zuweilen  ^y erden  hohe  Schulen  auch 
»Lycea«  genannt*'*^). 

Die  späteste  unter  den  gewöhnlichen  Benennui^en 
hoher  Schulen  ist  das  Wort  »Academie.«  In  Italien  wurde 
wohl    dasselbe    von    hohen    Schulen    gebraucht,    allein 


234)  Scholares  bedeuteii  iii^li  älterem  Spracbgebrauche  nicht 
allein  Schüler^  sondern  alle  ^ur  Schule  Gehörigen,  alao  auch  die 
Lehrer.    Die  Schüler  wurden  splüb^r  auch  Sapposita  genannt 

235)  Sarti,  De  claris  archigymo.  Bonon.  profess.  P.  TL 
p.  224.  225.  226.  P.  I.  p.  258.    Bamu»,.T.m,  p.  356. 568, 569. 570 

236)  Albert  IIL  von  Wien.    Piplgm.  l.  p.  73, 

237)  In  den  Aunalen  der  XJi^veraiti^t  Heidelberg  wird  das  Wort 
besonders  häufig  vom  Jahre  1521  an  gebrau/cbt.  Vei^l.  T.  Y.  — 
Mehr  Nachweisungen  über  d&^  .fVort  Qymnasioin  haben  wir  gegeben 
in:  Jac.  Micyllu9  (Heidelb.  1842)  p.  29.  3a  Lycea  Heidelb.  origg. 
et  prpgresB.  (Heidelb.  ;946)  p.  17, 

238)  Meiners,  S.  392., 

239)  Hottinger,  p.  29. 


JUg,  wiMen9eh€^  Zmmnde.  SUMm  md  Universitäten.  lOS 

selten.  Man  verstand  und  versteht  noch  in  Italien, 
Frankreich  und  England  darunter  .eine  freie,  unter  landes- 
herrlichem Schutze  stehende  Gesellschalt  von  Personen, 
i?elche  sich  zur  Vervollkommnung  einzelner  Wissenschaf- 
ten, Sprachen  oder  Künste  vereinigt  haben.  In  Deutsch- 
land  dagegen  wurde  es  vom  Anfange  des  16.  Jahrhunderts 
tti  gewöfanlidt,  hohe  Spulen  eben  so  oft  Aeadepaien,  alt 
Universitäten,  zu  nennen  **^.  .    . 


240)  Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  93,b.   Hottinger  ibid.    Jacob 
Grimm,  Ueber  schale,  omversit&t,  aeademie.    Berlin  1860. 


104  Einleitung.    Ö.JbsehmU. 


Fünfter  Abschnitt 

Unterrichts-Aiistalten  in  Heid€flberg  vor  und 
zur  Zeit  der  Oründimg  der  Universität 


Vor  und  zur  Zeit  der  Gründung  der  Universität  be- 
standen in  Heidelberg  Anstalten,  in  welchen  für  Unter- 
richt, wenn  auch  zunächst  nur  für  künftige  Geistliche, 
gesorgt  wurde  **^).  Dieses  waren  die  in  den  Klöstern 
befindlichen  Schulen  (S.  29  u.  30).  Der  Vollständigkeit  wegen 
geben  wir  über  diese  Klöster,'  zumal  auch  mehrere  der- 
selben mit  der  Universität  in  enge  Verbindung  kamen, 
nachstehende  Mittheilungen. 

§1- 

Das  Augustiner- Kloster, 

Das  älteste  Kloster  in  Heidelberg  war  das  der  Au- 
gustiner***). Eine  uralte  Capelle,  welche  den  Namen 
zu  der  H.  Jungfrau  (ecclesiola  D.  Virginis  Mariae)  ***) 


241)  Ausser  den  Schalen  in  Heidelberg  besuchten  die  Heidel- 
berger und  andere  in  das  Bisthum  Worms  gehörige  junge  Leute 
auch  die  dortigen  Stiftsschulen.    Mone,  Zeitschr.  B.  XI.  S.  47. 

242)  Der  Augustiner-Orden  entstand  aus  mehreren  Einsiedler- 
Gesellschaften,  welche  im  11.  u.  12.  Jahrb.,  namentlich  in  Italien, 
sich  meist  ohne  feste  Begel  und  Verfassung  gebildet  hatten.  Ins- 
besondere auf  Betrieb  der  neidischen  Dominicaner  und  Franzis- 
caner  gab  ihnen  Innocenz  IV.  um  die  Mitte  des  13.  Jahrb.  die 
Regel  Augustin's.  Alexander  lY.  vereinigte  1256  die  ver- 
schiedenen (Kongregationen  derselben  als  Augustiner -Eremiten  und 
eximirte  sie  1257  von  der  bischöflichen  Gerichtsbarkeit. 

243)  Würdtwein,  Monast.  Wormat.  T.  IE.  p.  151. 


UnterriMe-JmidUen  m  HmdOberg  etc.  105 


in  der  Wüste  f&hrte,  und  lange  vor  der  Erbauung  der 
Stadt  in  dem  einsamen  waldigen  Thale  stand,  scheint 
einige  Mönche  dieses  Ordens  veranlasst  zu  haben,  sich 
in  dieser  Gegend  anzusiedeln.  Nach  historischen  Nach- 
weisungen geschah  dieses  in  der  ersten  Hälfte  des  11* 
Jahrhunderts  '^^).  Das  Klostergebäude  lag  zwischen  dem 
üniversit&ts-  und  Lyceumsgebäude,  wo  jetzt  das  Museum 
steht  An  seiner  westlichen  Seite  zog  sich  die  alte  Stadt- 
mauer hin.  Im  Anfange  war  das  Kloster  klein,  bekam 
aber  bald  eine  so  ansehnliche  Ausdehnung,  dass  es  in  den 
frühesten  Zeiten  das  beträchtlichste  Gebäude  der  Stadt 
war.  Im  Jahre  1401  hatte  es  schon  einen  solchen  Um- 
fang, dass  Kurfürst  Ruprecht  III.  nach  seiner  Wahl 
zum  römischen  Könige  so  lange  seinen  Hof  in  diesem 
Kloster  hielt,  bis  er  durch  zweckmässige  Bauten  das 
Schloss  zu  einem  würdigen  Aufenthalte  seines  Königlichen 
Hofstaates  umgeschaffen  hatte  **^). 

In  der  Geschichte  der  Universität  wird  das  Kloster 
öfter  genannt  In  seinem  Speisesaal  (Kefectorium)  wählte 
die  Universität  ihren  ersten  Rector  und  hielt  dort  über- 
haupt ihre  ersten  grossen  Versammlungen ;  in  diesem  Klo- 
ster stellte  Ruprecht  III.  (1406)  den  Frieden  zwischen 
der  Bürgerschaft  und  der  Universität  wieder  her,  und 
Friedrich  I.  liess  in  ihm  (1452)  die  Reform  der  Uni- 
versität ihren  Mitgliedern  bekannt  machen.  Den  Mönchei^ 
dieses  Klosters  war  (1476)  von  der  Universität  die  Er- 


244)  Frenieus,  Ezeges.  Oerm.  L.  III.  cap.  51.  Wandt, 
Mag.  Th.  I.  S.  59  ff.  Im  Jahre  1296  schenkte  Pfalzgraf  Rudolp  h 
den  Augustinern  dnen  Weg  Ton  ihrer  Kirche  bis  zum  Thcnre  ifatee 
Kirehhctfes.  Dieser  war  ausserhalb  der  Stadt  und  ist  wahrschein* 
lieh  der  jetzige  Peterskirehhof.  I^  Urkunde  siehe  bei  Mone, 
Zeitschr.  B.  XI.  S.  4d.  Der  Pfarrkirchhof  war  in  den  frfthesten 
Zeiten  auf  dem  jetzigen  Marktphitze  um  die  H.  Geistkirche  angelegt 
übend.  B.  XI.  8.  48. 

245)  Von  Ruprecht  III.  wurde  der  alte  Rnprechtsbaa  auf 
die  westliche  ake  Sehlossnuuier  erbaut;  Mezger,  Beschreib,  d. 
Heidelb.  Schlosses  S.  7. 


106  Einleitung.    5.  Ähschhitt. 

laubniss  zugestanden  worden,  theologische  Voiiesoligea 
und  Disputationen  in  demselben  zu  halten.  Hier  hielt 
Luther  (1Ö18)  seine  öffentliche,  für  das  wissenschaftliche 
und  kirchliche  Leben  in  der  Pfak  so  folgenreiche  Dis- 
putation, und  endlich  wurde  dieses  Kloster  (1555)  als^ 
Collegium  philosophicum  unter  dem  Namen  Gollegium 
ßapientiae  mit  der  Universität  yeröinigt  und  blieb 
auch,  nachdem  es  (1561)  in  ein  Seminarium  tbeologicum 
umgewandelt  worden  war  2**),  bis  1795  mit  der  Univer- 
sität in  Verbindung  **^. 

§2. 
Das  Fr anctscaner- Kloster. 

Ebenfalls  uralt  ist  das  Franciscaner-  oder  Baar- 
füsser-Kloster,  auch  das  der  »Mindern  Brüder« 
genannt  **^.  Es  kommt  schon  in  Urkunden  von  den 
Jahren  1184,   1286,  1303  und  1324  vor  «*»).    Kurfürst 


246)  Hottinger,  De  Colleg.  Sap.  p.  6. 

247)  Acta  Fac.  theol.  T.  II.  F.  122,  b. 

248)  Die  Franciscaner  zu  Heidelberg  gehörten  zn  den  Minoriten 
(£ratres  minores,  kleinere  Brüder,  weil  kein  MitgUed  Prior  heissen 
durfte  und  sie  demüthig  sein  sollten).  So  nannten  sich  nämlich 
diejenigen  Franciscaner,  welche  mit  der  Entartung  des  Ordens 
unzufrieden  waren  und  darauf  drangen^  an  den  ursprünglichen 
strengen  Kegeln  des  Fränciscus  unerschütterlich  fest  zu  halteft. 
Sie  waren  in  Streit  mit  dem  laxeren  Theile  des  Ordens,  welcher 
die  Mehrzahl  ausmachte.  Die  Sache  kam  vor  den  Papst,  welcher 
sibh  aher  gegen  die  Minoriten  erklärte.  Biese  traten  daher,  ob- 
wohl früher  die  eifrigsten  Yertheidiger  des  Papstes,  auf  die  Seite 
der  Opposition  und  waren  die  rüstigsten  Yertheidiger  Ludwig's 
des  Bayern  in  seinem  Kampfe  mit  der  Römischen  Curie.  (Hagen, 
Si.  82.)  Die  Franciscaner -Minoriten  waren  in  Deutschland  schon 
um  das  Jahr  1848  sehr  zahlreich.  Äße  fmmmen  Gemüther,  welche 
die  Hofffahrt  und  Schwelgerei  der  übrigen  Geistlichkeit  verachteten, 
flüchteten  sich  zu  diesen  armen  ehrlichen  Mönchen.  Menzel, 
"Gesch.  d.  Deutsch.  S.  434. 

249)  Thom.  Leodius,  Spiegel- des  Hoaiors  grcBser  Potentaten 
S.  505.  ^ 


Friedriob  HZ.  yftrwaadte  (156Ö)  das  Gebftade  m  dem 
.voB  ihm  wieder  «afgeriohtoten  Pidagogiiim  '^^. 

§3. 
Das  Benedictiner- Kloster. 

Der  Gründer  dieses  Klosters  ist  Pfalzgraf  Conrad 
yonHohenstaufen(S.15u.l6).  Er  verwandelte  nämlich 
(1195)  das  um  1048  gestiftete  Benedictin er-Kloster, 
das  bei  Heidelberg  gelegene  Stift  Neuburg,  in  ein  adeliges 
Frauenkloster  unter  derselben  Begel  des  H.  Benedictes 
und  verordnete,  dass  in  demselben  adelige  Mädchen  er- 
zogen und  gebildet  werden  sollten.  Die  Mönche  ver- 
pflanzte er  von  Neuburg  nach  Heidelberg.  Dort  erbaute 
er  ihnen  ein  Kloster,  welches  er  mit  reichen  Einkünften 
ausstattete,  und  übertrug  ihnen,  unter  der  Leitung  des  H. 
Eberhard,  den  Unterricht  von  Knaben  *^*). 

Das  St.  Jacohs-Stift. 

Dieses  Stift  lag  am  Fusse  des  Schlossberges  und  ge- 
hörte  der  Cistercienser-Abtei  Eberach  in  Franken  an.  Ne- 
ben der  zu  diesem  Stifte  gehörigen  Capelle  waren  Woh- 
nungen für  Mönche  dieses  Ordens,  deren  Hauptobliegen- 
heit gewesen  ist,  den  Gottesdienst  zu  versehen  ***). 


250)  Hantz,  Lyc.  Heidelb.  origg.  p.  99,  wo  aach  die  GegcMchte 
dieBes  Klosters  mitgetheilt  wird. 

251)  OoUeglam  sacerdotum  in  Neuenbürg  juxta  Heidelbergam 
mutavit  in  monasterium  monialiom  et  annaos  reditos  aozit.  Causa 
mutationis  baec  foit:  In  oppido  Toluit  doceri  et  institui  pueros 
aliaqne  babebat  virorum  monasteria,  in  quibus  institnebantur  pneri 
ingenui.  Mutii  Ghron.  p.  143  in  Toln.  additt  p.  40.  Ueber  die 
Benedictiner  und  die  in  ibrem  Kloster  bestehende  Schule  siehe 
AnsfOhrliches  in  d.  Gesch.  d.  Neckarschnle  S.  2  ff. 

262)  Bistor.  Acad.  mnsc.  F.  23.  Widder,  Geogr.-histor. 
Beschreibung  der  Kurpfalz  Th.  I.  S.  140. 


108    Einleitung,  5.  Äbsehmtt.  Unterriehtsansti  in  Beidelb.  etc. 

Ausführlicher  werden  wir  über^dtes^s  Stift,  welches 
1389  mit  der  Universität  verbunden  wurde,  unten  han- 
deln, wo  es  aJs  »Collegium  Jacobiticum«  in  der  Geschichte 
der  Collegien  vorkommt. 


^ 


t         » 


Erstes  BacL 


Von  den   ersten   Anfängen   der   Universität    unter 
der  Regierung  der  Kurfürsten  Rudolph   n.    und 
Ruprecht  I.  bis  zur  Umgestaltung  der  Universität 
durch  den  Kurfürsten  Otto  Heinrich. 

1346—1556. 
Seliolastlsehe  Zelt* 


r.     . 


*; 


Erste  Periode. 

Von  den  Anfängen  der  Universität  unter  der 

Regierung    der   Kurfürsten   Rudolph   11.    und 

Ruprecht  I.   bis  zur  Reform  der  Universität 

durch  den  Kurfürsten  Friedrich  L 

1846—1449. 


Erster  Abschnitt 

Die    Universität    unter    der    Regierung    der 
Kurfürsten  Budolph  II.  und  Bupreoht  I. 

1346—1390. 


§1- 
Die  ersten  Anfänge  der  Universität. 

So  sicher  und  bestimmt  auch  die  vorhandenen  Urkun- 
den die  Zeit  angeben,  in  welcher  die  Universität  fest  begrün- 
det wurde  und  ihre  Organisation  und  Privilegien  erhielt, 
eben  so  sehr  weichen  die  älteren  Schriftsteller  in  il^iren 
Angaben  über  die  Zeit  ab,  in  welche  die  ersten  Anfange 
der  Universität  fallen.  Es  geht  dieses  aus  folgenden  Nach- 
weisungen hervor; 

»Serarius*)  und  Tritheim  geben  das  Jahr  1339 
an,  wobei  der  Letzte  ausdrücklich  der  Bestätigung  des 
Papstes  Benedict's  XII.  erwähnt^. 


1)  Rer.  Mogiint.  T.  I.  p.  658.  VergL  auch  Acta  Acad.  Theod.. 
Palat  T.  I.  p.  874.  Leger,  £ncyolop&die  der  EOnste  und  Wissen- 
schaften von  Ersch  und  Gruber  unter  dem  Worte  »Heidelberg«  S.  132. 

2)  Chronic.  Hirsaug.  T.  I.  p.  286..  >Ru.pertns  gjmnasium  uni- 
versale H^elbergense  primus  fandavit,  quod  Benedictus  papaXII. 
(1334—1342)  confirmavit.  Similiter  postea  Urbanus  papa  VI.« 


112        I.  Buch,   I.  Periode.    1,  ÄhachniU.   (IBlß-^lSOO.) 

Spener'),  Reusner*),  Lucae  *),  Herz^,  Stoll^, 
Panzirolus®),  V.  Ludewig^),Hottinger^^,Bertius**j, 
Tolner  ^«),  Münster  ^8),  L.  Ch.  Mieg  i*),  Joan- 
nis  ^^),  Riesmann  und  Andreae  ^%  so  wie  Hagel- 
gans ^'),  Ekkard  ^8),  Schwab  ^»),  Jung  "),  Lam- 


3)  Histor.  Gem.  univ.  T.  H.  p.  186. 
'   4)  Opus  genealogic.  p.  214. 

5)  Europ.  Helicon  S.  861. 

6)  Notitia  scriptorum  rer.  Germ.  s.  t.  Heidelb. 

7)  Anmerkung  zu  Heumann,  conspect.  reipubl.  literar.  p.  165. 

8)  De  claris  legum  interpretibus  ed.  Hoff  mann  p.  389. 

9)  Erläutertes  Germania  princepg  p.  104,  wo  ,der  17.  November 
1346  als  Stiftungstag  angegeben  wird.  Finsterwald  fügt  a.  a.  O. 
S.802  bei:  »Die  1346  gestiftete  Universität  wurde  erst  in  den  Jahren 
1848  und  1876  .mehr  und  mehr  eingerichtet  und  endlich  am  18. 
Oktober  1386  feierlich  eingeweiht. 

10)  Eist,  eccles.  T.  UL  p.  697,  Kays  er,  Schauplatz  d.  Stadt 
Heidelb.  S.  93.  94. 

11)  Rerum  Germanar.  lib.  III.  p.  15. 

12)  Histor.  Palat.  p.  55. 
18)  Gosmograph.  p.  1074. 

14)  Orat.  de  provid.  div.  circa  nasc.  Univ.  Heidelb.  p.  35. 

15)  Addenda  ad  Parei  hist.  Bavar.-Palat  p.  615. 

16)  Riesi^ann  rediviv.  ed.  Andreae  p.  47. 

17)  Hagelgans  sagt  in  seinem  Werke  »Orbis  literatus  aca- 
demicus  Germanico-Europaeus.  Francof.  ad  Moen.  1737.  p.  10:  Aca» 
demia  Heidelbergensis  a  Ruperte  I.  Rufo,  Electore  Palatino^ 
fondata  anno  Christi  1346,  introducta  anno  1386  d.  18.  Octob.« 
Dieser  Angabe  fügt  er  bei:    »Tantae  molis  erat,  Teutonum  condere 
gentem  eamque  literis  imbuere,  cum   quadraginta  a   coepto  anni 
circumagerentur,  donec  Scientiarum  Magistri  et  lectiones  publicae 
introducerentur  et  Artium  cnpidi  in  bac  Universitate  convocarentur.c 
Ebendaselbst  heisst  es,  nachdem  die  Freigebigkeit  der  EurfOrsten 
gegen   die   Universität  gerahmt  worden:    »Neque   minus  nectarea 
haec  Scientiarum  officina  confirmatione  et   liberalitate  Summorum 
Pontificum  Benedicti  XII.  circa  annum  1341,  Urbani  VI.  anna 
1386. magna  cepit  incrementa.c  ... 

18)  Handb.  d.  höheren  Lehranstalten/  in  und  ausser  Deutsch* 
land  S.  78. 

19)  Syllabus  rectorr.  Aead..  Heidelb.  P.  H.  p.  92. 

20)  Academ.    Heidelb.    Acta   ad   coacilior.   Constant,   BasiL» 
Florent.  hi0t.  p.  3.  4. 


Dk  ersten  A»tfäkgeder  Um^iUät    -    '         118 

padlus  «^,  Kiliali  »«),  v.  P^enschen  ■^,  Bader  ") 
nehmen  das  Jahr  1346  an  **>. 

Hubertus  Thomas  Leodius  '^  bißüeichnef  das 
Jahr  4348. 

Paul  Lang  '^  gibt  das  Jahr  13&4  an. 

David  Pareus  *^  weist  auf- das  Jahr  1355  hin. 

Marqnard  Dreher  f^  Wimpfeling  •^j  Ireüi- 
tufi  ^%  Zeiler  »»),  Sohn  «^  nemen  ^  Jahr  1376. 

21)  Ünivers.-Adresskal.  auf  d.  Jabr  1816  S.  42. 

22)  Die  üniTersit&ten  Deutschlands  8.  148. 

23)  Bad.  Landesgesch.  S.  584.  619. 

24)  Bad.  Landesgesch.  S.  ^4. 

25)  Das  Jahr  1346  wird  auch  in  dem  Patent  Karl  Lndwig's 
T.  1.8eptbr.l652,  die  Restauration  der  Üntreridtftt  heti^.,  angenommen 
and  eben  so  anch  auf  den.  zum  Andenken  an  das  1686  gefeierte 
Jubiläum' geprägten  Münzen  (TExter,  Samml.  v.  Pfalz.  Medaillen 
8. 254).  Desgleichen  fiagt  dieüniversität  selbst  in  einem  ybn  ihr  officieU 
«bgefassten  >6tatu9  üniTer^itatis  Heidelbergensisc  vom  $9;  October 
1746:  »Die  XJniYersität  Heydelb^rg  ist  Bereits  anno  1346  noch  in 
demselben  jähr  nur  als  ein  gymnasium,  .hernach  aber  aUs  eine 
wÜrckKche  TTniversitÄt  nach  der  Parisei*  höhen  Schuhlen  eingerichtet 
nnd  im  jähr  ISäeitiaugnrirt.  irordenc,  fto  Wie  denn  auch  in  detai 
Peeken^em^lde  in  der  ÜBlyersit&tsaola  (1711)  daa  Jahr  1S46  als 
jStiftungsjahr  ^)ezeichnet  wird. 

26)  De  vita  et  rebus  gestis  Friderici  II.,  Elector.  Pal.  p.  17. 

27)  Histrer.  Germanar.  (Chronic.  Citiz.)  T.  I.  p.  1216. 

28)  Histor.  Academ.  F.  133:  Notandum  etiam,  quod  eodem 
tempore  Elector  (Fridericus  II.)  in  eadem  causa  et  materia  scribit, 
propter  annum  nimirum  fundatae  Academiae:  »iN'am  petentibus 
nobis  etiam  Pontif ex  .Romanus  Julius  Tertius  primum  quidem 
in  iiisüiurationem  tJniversi'tatis  nosträe  Electoralis  Heidelbergensis, 
jam  ante  duc'entos  annos  a  praedecessoribus  nostris 
fundatae,  temporis  vero  diuturnitate  nonnulHsque  defectibus 
quasi  labefactatae  etc.  ^am  secundum  huhccalculum  Academia  annos 
jam  nata  6sset  ducentos  sexaginta  novem  annos;  fundata  anno 
ChHsti  1355,  imo  ante  illud  tempus.«  (Vergleiche  ebendaselbst 
F.  5.)  Doch  fahrt  derselbe  in  der  genannten  Schrift  F.  2  auch 
die  Schriftsteller  an,  welche  die  ersten  Anfänge  der  Universität 
Heidelberg  iü  das  Jahr  1346  verlegen. 

29)  Origg.  Falat.  P.  II.  p.  3Ö4. 

30)  Epitoftie  rer.  Germanar.  p.  177. 

31)  Exeges.  Grerpi.  Lib.  XI. 

32)  Topograph.  Palät.  p.  40.  - 

83)  Orat.   d^  Academ.  Heidelb.  p.  263.     Theatr.  histor.    com- 
HaatE,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  8 


114       I.  Buch.  L  Periode.  1.  AbschniU.   (134$— 1390.) 

Diese  v^^chiedeo^  Angaben  olpe  all^s  Weitere,  wie 
es  öfter  geschieht,  als  durchaus  unrichtig  zu  verwarf ea 
oder  gänzlich  unbeachtet  zu  lassen,  erscheint  uns  in  ei- 
ner Schrift,  nvelche  eine  vollständige  Geschidite  un- 
serer Univeissität  eiuagt  Zwecke  bat,  nicht  gerechtfer- 
tigt werden  zu  können;  zumal  diese  Angaben  von  Män- 
nern ausgehen,  welche  der  Zat  der  Gründung  näher  stan- 
den, als  wir,  und  doch  wohl  nicht  anzunehmen  ist,  da99 
die  eigentliche  Urkunde  vom  1.  October  1386  denselben 
völlig  unbekannt  gewesen  sein  sollte. 

Ruprecht  /.,  Begründer  der  Universität. 

Schon  oben  (S»  31  ff.),  wo  wir  im  Allgemeinen  von  der 
Entstehung  der  Hochschulen  handelten,  sahen  wir,  wie 
verschieden  die  Anfänge  und  die  weiteren  Entwickelmig^i 
derselben  waren.  Längere  Zeit  bestanden  oft  Anstalten 
der  Art,  bevor  sie  von  einem  Fürsten  oder  dem  Papste 
einen  Bestätigungsbrief  erhielten,  und  die  Tradition  ihres 
Bestehens  war  fast  durchgängig  älteir,  als  die  schrifflichen 
Satzungen^  welche  ihren  Organismus  regelten  und  ab- 
schlössen **). 


pendios.  urb.   Heidelb,    (Mnsc   im  Univ. -Archiv  Nr.  359,   90,  a.) 
p.  20-21. 

34)  Die  von  Kaiser  Friedrich  II.  1237  in  Wien  gerundete 
Schule  scheint  (trotz  der  Behauptung  des  Lacius,  Wien.  Chronik 
B.  n.  S.  27)  keineswegs  eine  Anstalt  gewesen  zu  sein,  welcher 
man  den  Kamen  Universität  beilegen  kann.  Der  Kaiser  hatte  in 
dem  genannten  Jahre  gestattet,  dass  in  Wien  Schulen,  in  welchen 
Deutsch  und  Lateinisch  unterrichtet  wurde,  errichtet  werden  durften. 
Die  Stiftung  der^  Universität  fällt  erst  in  das  Jahr  1365.  Kin^, 
S.  11  ff.  In  Prag  bestand  schon  im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts 
ein  sogenanntes  Particular-Studium  bei  der  St  Veitskirche  im  Prag^ 
Schlosse,  in  welchem  für  den  einheimischen  Glerus  Vorlesungen 
gehalten,  wohl  auch  academische  Grade,  die  jedoch  nur  für  Böhmen 
Geltung  hatten,  ertheilt  wurden.  T  o m  e  k ,  S.  2.  Der  Stadt  Erfurt 
wurde  schon  1379  vom  Papste  Clemens  VII.  eine  Autorisations- 
BuUe  zur  Gründung  einer  Universität  verliehen,   die  Universität 


Es  Iftsst  sich  deshalb  nach  den  gegebenen  Nachwei* 
sangen  auch  annehmen,  dass  Buprecht  I.  schon  zu 
Lebzeiten  seines  Bruders,  des  Kurfürsten  Rudolph  !!• 
(vor  oder  um  1346),  die  erste  Einrichtung  zur  Beförderung 
der  Wissenschaftmi  gemacht  und  so  die  erste  Anlage  zur 
Universität  gel^  habe  '^).  Diese  blieb  aber,  sei  es  aus 
Mangel  an  Hül&mitteln  oder  an  Benutzung  derselben, 
längere  Zeit  unbedeutend  und  hatte  keinen  rechten  Be* 
stand.  Als  nun  Ruprecht  L  in  der  Folge  (1853)  allei-« 
niger  Regent  der  Rheinpfalz  wurde  (S.  19  u.  20),  vermehrte 
und  erweiterte  er  diese  früher  schon  in  das  Leben  gern* 
fene  Anstalt,  und  erhob  sie  endlich  1386,  nachdem  er  die 
AutonsationsbuUe  im  Jahre  zuvor  vom  Papste  Ur-ban  VI. 
erhaltan  hatte,  im  Einv^st&ndnisse  mit  seines  Bruders 
Sohne,  Ruprecht  11^  und  dessen  auch  bereits  erwadbh 
s^em  Sohne  Ruprecht  lU.  '^,  fönntich  ssu  einer  Uni- 


selbst  aber  erst  durch  eine  weitere  Balle  des  Pftpstc^  ürban's  YI. 
1392  begründet  und  eröffnet.  Kampschnlte,  die  Uni^«  £rf.  S.6ff. 
In  Co  In  bestand  lange  yorher,  ehe  die  UniTeiBitftt  förmlich  corgani- 
sirt  und  bestätigt  wurde  (1388),  ein  Geaeralstudium.  Bianco, 
Th.I.S.  11.  Zu  der  Universität  Ingolstadt  sollen  schon  1410  Vor- 
aostalten  gemacht  worden  sein.  Bestätigt  wurde  sie  erst  1459  Tom 
Papste  Plus  IL  und  1472  Tom  Herzog  Ludwig  dem  Reichen  ein- 
geweiht   £kkard,  S.  87. 

35)  Robertus,  syus  nimirum  Eoberti  III.  Romonarum  Impera- 
toris,  Comitis  Palatini,  Heide!  bergense  Gymnasium  ex  ecclesiasticis 
proTentibus  in  Germania  primum  et  antiquissimum  f  undavi  et  erectum 
iri  impetravit.    Wympfinling,  Epit.  rer.  Germ.  p.  359. 

36)  Wenn  von  pfälzischen  Geschicbtforschern,  wie  von  Wnndt 
(Mag.  B.  HL  S.  257),  die  Behauptung  aufgestellt  wird,  es  seien  die 
Pfalzgrafen  Ruprecht  IL  und  Ruprecht  IIL  als  Mitstifter  dev 
Universität  anzusehen,  weil  sie  in  den  auf  diese  Stiftung  bezüg* 
liehen  Urkunden  erwähnt  würden,  so  ist  dieses  nicht  ganz  richtig. 
£a  hielt  nämlich  Ruprecht  I.  zu  allen  wichtigen  und  folgenreichen 
Handlungen,  wie  dieses  aus  vielen  Urkunden  erwiesen  werden  kann, 
die  Zustimmung  der  beiden  genannten  Bfalzgrafen  für  nöthig,  ja 
für  nnerlässlich ,  und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  daraus  für  die* 
selben,  als  die  Regierungsnachfolger,  die  Verbindlicfakeit  hervor- 
ging, alle  Anordnungen  ihres  Oheims  und  Gross -Oheims  aufrecht 
zu  erhalten  und  zu  handhaben. 

8«       ' 


Versität  ®^),  und  gab'darnft  seinei*  Pfalz  üntet  rilen  deut- 
schen Staaten ,  ausser  dem  Kaisetstaäte , '  diö  erste  hohe 
Schule.'  .  • :.:  r.,'.    ,  ■      .-  \  '  . 

Nach  semer  Persönlichkeit  gehört  Äuprfe cht  I^ 
dör  Adtere,  der  Grosse,  auch  wegen  ^efeeöi-otheti' Bartes 
der  Rothe  genaanft,  zu 'den  bedeutendsten  und  acbtungs- 
würdigsten  Regenten  dör  PfaJz.  •  An  der  -  Regierutig  der 
pfalzischen  Lande  nahm 'er  -©l  Jahre  -niefl,  darunter  sie^ 
ben  und  dreissig  alö  alleiniger  Regent  ^•).*  Das  Ansehen, 
welches  seit  einem  -Jahrhundert  sein^  Voiffilhren  verloren 
hatten,  errang  er  atifs  Neue."  Di«  bedeutende  Stellung, 
welche  jötet  wiede*  die  Pfalz  in  allen  Beichöangelegtohei- 
ten  einnahm,  war  sölh  Werkr  Unter  allen  weltlichen  Füi*- 
Bten  d(Br  Zeit  hat  er  mit  -  seinen  landesfürsüic^hen  Bestre- 
bungen am  besten  das  ^ Wohl  des  Reiches  tvi  verbinden 
gewusst  Nie  suchte  er  airf  Kosten  d^  fViedens  und 
der  gesetzlichen  Ordnung  seine  äussere  Macht  zu  erwei- 
tem, und,  an  seinem  Jjfämen  haftet  k^ine. entehrende  Handr 


J— r-* 


-  37)  HistiücÄd.  F.  ©.  Kayöer,  Heidelberg  S.  94.  Chürpfebl 
Geschicbtsk. •▼.  J.  1789,  S;  i2.  27.  Leger^'S.  132.  Gräöse,  S.  941. 
38)  Beif  hiesige,  durch  mehrere  Arbeiten  im  Felde  der  Pia- 
i^k  Ausgezeichnete  Bildhauer  Gr  ei  ff  bat  ein  mehr  als  lebens- 
grosses  Stafidbiid  ^on  Ruprecht  T  modellirt:  eine  edte,  £h]> 
furcht  gebietende  Gestalt  im  kriegerischen-  Ftirsteöscfimucfc ,  in 
dei;  Linken  die  Stiftungsurkütide  der  ÜMyersität  und  in  der  Bechten 
das  Schwert  haltend,  um  atizudeuten,  dassRupi'echt  den  Tillen 
und  di^  Kraft  habe,  seinä  henifcfae  Schöpfung  zu* schützen.  Zur 
Zeit  der  ersten  Anfänge  der  Universität  (1346)  stand  der  Kürfürst 
im  37.  Lebensjahre  und  zur  Zeit '  ihrer  Begründung  (1886)  war  er 
77  Jahre  alt.  Der  Künsller  stellt  ihn  im  kräftigsteü  Maniiesalter, 
zwischen  40  und  50  Jahren,  dar,  mit  erhabenen,  ausdirucksvollen 
Zügen,  in  welchen  die  Porträtähnl.chkeit  -mit  dessen  Figur  am 
Friedrichsbau  des  Heidelberger  Schlosses  nicht  zii  verkennen  ist. 
Eine  gute  Abbildung  des  letzteren  hat  der  Oastellan  des  hiesigen 
Schlosses,  Herr  Rieh ard- Jan il Ion,  seinen  »"Wanderungen  durch 
die  Eüitien  des  He'delberger  Schlosses«  beigegeben.  -^  Ein  schönes 
OtlgemÄlde  -dieses'  edcln  Fürsten  ist  in  der  v:  Graimberg^chen 
Alterthümer- Halle  unter  Nr,  2  aufbewahrt;  das  vorher  genannte 
Standbild  befindet  sich  ge^a^ftitig ' in  der  altten  CapeHe  des  Hefi- 
delberger  ISchlosses.  '     '    ^  >•  * 


Jung,  ^le  Fürsten «  fiameotEcb  jB^iaer  Karl  IV* ^  legten 
mi  seine  FrcruBdschaft  grosses  Gewi^t.  Der  SOjührige 
Mann,  bis  zu  s^oem  Ende  mit  klarem  Sinne  ansgerttstetj 
stand  wie  ein  Patriarch  unter  den  jungem  Fürsten  da^ 
und  manr  h^lte  .fi^me  d^ .b^qhtigen  und  wei^n  Bath 
des  g^rüfte»  und  leidensphaKlosen.  Greises  ein  ^?). 

Eine  wlssenseliaftlich^  ßildimg  liiatte  er  nicht,  Er 
verstand  nicht  einmal  Latein,  ^as  doch  nicht  selten  von 
den  Forsten  jes^  Zeit  erlernt  wurde.  Nur  seiner  Mut- 
tersprache W4tr  er  kupdig:  ^^).  Der  Mangel  an  wisßeih 
fldalüieher .  JKldung  wurde  alpier  reichUch  ersetzt  durch 
einen  tüchtigen  praktischen  Sinn  fax  alles  Gute  und  Nüt^ 
Uishe,  Dabei  war  er  persöntieh  tapfer  ^^),  gegen  Hütflose 
grossmüthig  **),  ein  guter,  Nachbar  **)  und  von  religiöser 


39)  Hau  SS  er,  Gesch.  d.  rhein.  Pfalz  B.  I.  S.  185. 

40)  So  lässt  er  am  14.  October  1379  an  König  Karl  V.  Ton 
Frankreich  schreiben:  »Sopplicamus  humiliter,  ut  de  mora  per 
nos  habita  in  rescribendo  illico,  prout  Secenitati  yestrae .  decuisset, 
fiobls  parcere  yelitis,  com  hoc  non  ex  malitia,  sed  ex  simplicitate 
processerit,.  praefiertim  qnia  revera  nos  msuf&cißntem^  q.uia  sola 
materna-  lingua.  utimiir.  et.  simple.x  laicua  samus  et 
literas  ignoramus,  ad  tanta  et  pniema;cinia  puncto,  quae  sa* 
Intern  respiciunt  ai^marom,  reputamus  coogrue  et  debite  respondere«. 
Bai  uz.  Episc.  Areni^n.  T.  IL  p.  888. 

41)  Lehmann,  Speyer.  Chronik  S.  702.  Trithem.  Chron. 
Hirs.  P.  IL  p.  241. 

42.)  Bnp recht  lud  die  Juden  aller  Länder  zum  Wohnsitze 
in  seinen  Gebieten- ein.  und  versprach  ijuien  Sc^iutz,  Schirm,  und 
Handelsfreiheit  g^n  ein  auf  Max:tinBt«g  jährlich  zu  entrichtendes 
£op%eld  Ton  9  IQ  gülden  yon  Florenzeit.  ,.Dle  zwei  von  ihm  aujä- 
gestellten  Judenschutzbriefe  aind  aus  den  «tahre^n  1355  und  1357 
und  finden  sich  im  Pfälzer  Copialbuche  Nr.  6  F.  11  u.  3a  Dejs 
letzte  (Heidelb.  10.  Mai)  ist  abgedruckt  in  Mone's  Zeitschr.  für 
^  Gesch.  d.  Qberrhein^,  B.  IX.  S.  276.  -^  Im  J^hre  1348  war 
Qftmlich  in  Italien,  Frankreich  und  Spanien  eine  schreckliche  Pest;, 
der  scl^ar^e  Tod  genannt,  ausgebrochen,!  welche  in,  dem.  Orient 
ihren.. Ursprung  nalun  ui|d  sich,  bald  auißh  ftber.Dp^utschland,  Eng* 
land  und  Holland  verbreitete.  Sie  war  so  verheerend,  dasa  man 
sagte^.zi^  Ifo^h's  Zeiten  hät.te  der  Würgengel  picht  so  xJele  Men- 
schen hinweggerafft ,  als  dieser  Pes<t  unterlagen.  In  manchen  Lluir 
dern  blieben  von  100  Mensci^en  kaum  10,.  bisweilen. auch  wohl  nur 


11g       L  Bw^.  I.  Periode,   1,  ÄlmäMn.  (ISiß-^-lBBO,) 

Gesinnung.  Diese  bearkundete  er  vielfSltig,  besonders 
aber  aach,  nach  der  Sitte  seiner  Zeit,  durch  fromme  Stif- 
tungen. So  baute  und  1)egabte  er  reichlich  die  grosse 
CoUegiat-  und  Stifts  *  Kirche  in  Neustadt  a.  d.  H.  **); 
stiftete  in  den  Kirchen  zu  Schönau,  Lindenfels,  Wiesloch, 
Stahleck  besondere  Altäre  mit  reichen  Präbenden  ^%  -Bei 
den  übrigen  Fürsten  stand  er  in  hohem  Ansehen  uud  er- 
freute sich  besonders,  wie  wir*  schon  oben  sagten,  der 
persönlichen  Zuneigung  und  Freundsdiaft  des  Kaisers 
Karl  IV.,  den  er  nicht  selten  auf  seinen  Feldzügen  be- 
gleitete. Auch  hielt  er  si<^  tffter  längere  Zeit  in  Prag 
auf  und  sah  das  schone  Gedeihen  der .  dortigen  Hoch-^ 
schule  und  den  grossen  Nutzen ,  welchen  sfe  dem  Land« 
und  besonders  der  Stadt  brachte  ^% 

In  der  Liebe,  welche  Karl  IV.  zu  seinem  Erblande 


5  übrig.  Manche  starben  oft  in  derselben  Stunde,  In  welcher  sie 
von  der  Krankheit  ergriffen  wurden.  Die  Zunge  und  der  Gaumen 
sahen  gleich  anfänglich  verbrannt  und  schwarz  aus,  und  aus  dem 
Munde  drang  ein  abscheulicher  (xestank  hervor;  bald  erfolgte  der 
Brand  mit  schwarzen  Flecken  auf  dem  ganzen  Körper.  An  den 
meisten  Orten  hielt  man  die  Epidemie  f&r  ein  Strafgericht  Oottes. 
Man  ging  tnit  dem  Kreuz  herum  und  hielt  auf  Anordnung  des* 
Papstes  Messen  gegen  diese  Pest,  wekhe  bis  in's  dritte  Jahr  dauerte* 
An  andern  Orten  beschuldigte  man  die  Juden ,  durch  Vergiftung 
der  Brunnen  dieses  Unglück  veranlasst  zu  haben,  und  es  wäre  eine 
weit  grössere  Anzahl  von  ihnen  aufgeopfert  worden ,  wenn  nicht 
der  Papst  der  Wuth  der  Geistlichkeit  und  des  Volkes  Einhalt  ge- 
than  hätte.  Sprengel,  Gesch.  der  Arzneik.  Th.  II.  S.  560—562, 
wo  noch  andere  interessante  Nachweisungen  über  diese  Epidemie 
aufgezeichnet  sind.  Veiigl.  auch  Pflüger,  Gesch.  d.  Stadt  Pfom^ 
heim,  S.  96  ff. 

43)  Tolner,  Cod.  dipl.  p.  114. 

44)  Lehmann,  Geschichtl.  Gemälde  aus  der  Pfalz  (Ifeustadter 
Thal)  S.  59  ff.  Andreae,  Neostadium  ad  Hartam  ilhistr.  p.  7. 
heiler,  Topograph.  Palat.  p.  65.  •—  In  Mühlhausser's  Hntoria 
Palatina  (Codex  Bav.  Nr.  1655)  heisst  es  F.  18,  b:  »Ruprecht  I. 
hat  das  Stift  zu  Neustadt  ausgebaute 

45)  Wundt,  Gesch.  u.  Beschr.  d.  Stadt  Heidelb.  B.  I.  8  222. 
Wundt,  Mag.  B.  lU.  S.  253.  254. 

46)  Wundt,  Mag.  S   255.  256.    Wandt,  Heidelb.  S.  228. 


SnprtefU  L,  Begründer  ätr  ümvinim.  119 

Böhmen  hatte,  und  in  der  Sorge,  demselben  Vertiieile  zu 
▼erschtrffen  und  vor  Allem  in  seiner  Residenz  Prag  Alles 
zu  vereinigen,  was  diese  heben  konnte,  stand  unser  Knr- 
ittrst  in  Besiehung  auf  sein  Land  und  seine  Resident 
Heidelberg  dem  Kaiser  nicht  nach.  Er  h«tte  für  seine 
Unterthanen  die  grOsste  FOrsorge;  suchte  ihnen  die  Ver- 
luste, welche  sie  durch  Fehden  oder  Kriege  erlitten,  zn 
ersetzen  und  ihren  Wohlstand  auf  jegliche  Weise  zu 
lieben. 

Heidelberg  war,  als  es  sich  kaum  so  weit  empor-* 
gearbeitet  hatte,  dass  es  eine  Stadt  genannt  werden 
konnte,  im  Jahre  1278  durch  Ueberschwemmung  und 
Fenersbrunst  schwer  heimgesucht  *^).  Und  kaum  waren 
wieder  »etliche  Fischer-  und  andre  Häusslein  ausgerich- 
tet«, als  auch  diese  wieder  im  Jahre  1288  in  einen 
»Stein-  und  Aschenhaufen«  verwandelt  wurden  **).  Trotz 
aller  Bemühungen  Ton  Seiten  des  Kurfürsten  hatte  sich 
aber  bis  jetzt  die  Stadt,  welche  ihm  im  Jahre  1357  hui- 
(ügte^^,  noch  nicht  wieder  erholt  ^^).  Nun  war  dem  Kur- 
fürsten, wie  schon  bemerkt  wurde ,  bei  seinem  öftem  Auf- 
enthalte in  Prag  nicht  entgangen,  wie  schnell,  bei  den 
damals  noch  so  mangelhaften  Nabrungs wegen,  über  diese 
Stadt  und  Gegend  W(Alstand  verbreitet  wurde.  Sehr 
begreiflich  erschemt  es  nun,  dass  bei  Ruprecht  der 
Entscbluss  zur  Keife  kam,   auch  seinem  Lande  und  sei- 


47)  Freher.  origg.  Palai  P.  I.  p.  102.  103.  R  H.  p.  94. 
Tolner,  Additt  ad  bist  Pal.  p.  S2.    Zeil  er,  S.  27. 

48)  Freher  L  c.  P.  IL  p.  04.  Tolner,  bist.  Palat.  p.  56. 
Cod.  dipl.  p.  74. 

49)  Pf&te.  Copialb.  Kr.  2.  F.  60,  a.  ^  In  demselben  Jahre  Ter. 
lieh  er  auch  der  Stadt  eine  14t&gige  Messe  (vom  17.  bis  80.  April). 
Ebend.  Nr.  6.  F.  29.  Vergl.  auch  Mone,  Ztsdir.  B.  IV.  H.  4. 
S.  386.  ^  Im  Jahre  1364  wird  >ztt  Erbebnng  des  ürogelts  und 
Sausen  te  Heidelbeii;  ein  Jad  bestellt,  soll  dafülr  die  berrschalU 
Heben  Wingert  und  am  Schloss  bawen,  auch,  die  Wacht  ausrichten 
Bfid  gute  Rechnung  thun«.    Pftls.  Copialb.  Nr.  7.  F.  46,  b. 

60)  Wnndt,  Heidelb.  B.  I.  S.  228. 


120       I'  Bu$h\.L  Bsfioä».  LAheehniU^  (iS4ßr^iB90.) 

nem  Heidelberg  gleißbe  Yortbeile  cliu!ch.  die  föilb^ang 
einer  Hochschule  zu  rversehaffoii.  Zu  dem  Allc^  ^  kam 
nun  noch,  jdass  der.  edle  Fürst  keine  geringe  EjrmunterEiQg 
m  seinetn  UiUteniehmen  in  den- von  der  JSiaturiin  so  ho- 
hem  Grade  t)!egüustigte]i  klimatiachen  und  örtUaben  V^er- 
hältnissen  der  Stadt  gefund^  bat  ^').  In  einer  der 
schönsten  und  reiz^qd^ten  Gegenden  des, deutschen  Beiches, 
düe  man  das  Paritdi<^  Diautecblau^s  genannt  bat..^^,  in 
dem  Mittelpunkte  der  ehemaligen  Rheinpfalz,  am  Ufer 
des  Neckars  gelegen,,  bort  Heidelberg,  wie  keiu  iStnderer 
Ort  der  Pfäl^isch^  Lande, .  Alles  im  Ueberflosse ,  niras 
zum  Unterbalte  des. Lebens  gebort  und.es. freundlich  und 
angenehm  macht  .^^).  Mit  Hecht  wird  dieses  auch  in  der 
BestätiguugsbuUe  Urban's  VL  ausgesprochen:  wie :4enu 


51)  Mieg,  Oratio  ^q  Providentia  circa  ünivers.  Heidelb.  p^  9; 
>Domum  et  officinam  Sapientiae  in  terris  Palatinis  positurua  Dens 
lUam  m  cum  locüm  collocavit,  de  quo  dicere  possumus  urbem! 
Academiae,  Acadämiam  iirbi '  fulsse  aceomodati^aiittam«.  >Uiefber 
die  Vorzüge  der  Stadt  Heidelberg  als  einer  üniTersitätsstadt«  Tergl: 
Zachariae,  FOr  die  Erhaltung  der  Universität  Heidelberg«  Hei- 
delberg, 1817.  S.  18  —  22. 

'52)  Als  Kaiser  Joseph  zum  ersten  Aale  die  Gegenden  irar 
Heidelberg  sah,  rief  er  .'aus:-  »Hier  bim  ich  in  Italien'«^'  und  ein 
gebildeter  Italiener  äusserte  bei  ihrem  Anblicke:  »ö  Deutschland, 
wie  leicht  könntest  du  Italien  sein!«  Der  dramatische  Schriftsteller 
Eotzebue  sagt  in  seinem  »Freimathigen«  (1803):  »Wenn  ein  Un- 
glücklicher mich  fragte,  wo  er  leben  müsste,  um  dem  lauernden 
Kummer  dann  und  wann  eine  Stunde  zu  entrücken ,  so  nenne  ich 
ihm  Heidelberg.;  und  wenn  ein  Gltteklither  mich  fragte,  welchen 
Ort  er  wählen  sollte,  um  jede  Freude  des  Lebens*  frisch  <u  kränzen, 
so .  nenne  ich  ihm  abermals  Heidelberg.«  Yergl.  -auch  H  a  ch  e  n  - 
berg,  Oratio  de  laudibus  et  praestantia  Palatinatos  ad  Rhenbm. 
1763.  Mleg,  .Heideibergae,  sediri  Mmanim  Palatmanim;  deli- 
ciäte.  1773.  . 

fiS)  Auch  def  Gründer  der  Uniferiität  Tübingen,  Graf  Eber* 
kard  im  Bart,  gibt  in  der  Süftong^Burkunde  vom  3.  Ju^i  1477 
als  Grund y  warum  er  ^ Tubingen  liieztt  gewählt  habe,  Anmutii^Bitfl 
Fmölitbarkeit  der  Gegend  und  gesunde  Luft  aU  in  die  Augen  &I* 
lende  Vorzüge  äii,vdi6  er. nicht'  erst \anziurühmen  braache...  Kltl.« 
pfel,  S.  3.  .    -        :'  V  . 


Eupreehi  /.,  B9ffründ$r  der  UmveriML  \    *        121 

ttlHarhanpt  di^  Pi]M3te  in  ihren  Bullen  bei  Best&tigungeB. 
m  ^rdndendier  Univetsit&ten  auf  die  günstige  Lage  des 
Ortes  Rücksicht  nahmen  ^^)* 

Einen  weiteren  Qrund  zur  Stifbong  unserer  Univer* 
sitftt  finden  wir  aber  auch  in  den  dan^^ligen  politischen 
und  kirchlichen  Yerhältnissen.  Der  KurfQrst  hielt  den 
Papst  Urban  VI.  für  das  einzige  rechtmässige  Ober-- 
liaupt  der  Kirche  und  hatte  «n  ihn  grosse  Anhänglichry 
kät.  Diese  sprach  er  auch  in  dem  (S.  HT)  angeführten 
Schr^ben  an  den  König  von  Frankreich  Karl  V.  auf 
das  Entschiedenste  aus.  Nun  waren  die  Mitglieder  der 
Uniirersität  Paris  txeue  Anhänger  des  Papstes  Clemens  VIL 
geworden  ^^),  mit  Ausnahme  der  dort  studirenden  Eng- 
länder und  Deutschen.  Damit  aber  die  Letzteren  nicht 
auch  diesem  Papste  sich  zuwendeten,  und  da  Ruprecht 
es  überhaupt  zu  vermeiden  suchte,  dass  die  Geistlidien 
seines  Landes  unter  diesem  Papste  ihre  Studien  machten, 
so  konnte  er  dieses  am  sichersten  durch  die  Gründung 
einer  Universität  erreichen  ^%  welche,  wie  es  in  der  Be- 


54)  Dieses  ist  deatlicb  ausgesprochen  in  der  Bulle  des  Papstes 
Julius  11^  durch  welche  er  die  Universität  zu  Frankfurt  a,  d.  0. 
bestätiii^.  Beckmarini  memoranda  Fr ancofurtana  p.  18.  W u n d t, 
Beitr.  z.  Oeech.  d.  ünir.  Heidelb.  S.  87.  In  der  Bulle  des  Papstes 
BonifaciusIX.  aber  die  Qranlung  <ler  Umyer^itftt  WUrzbur^ 
wird  gesagt:  »In  Anbetracht,  dass  Warzborg  vor  aUen  Städten  zur 
Ausbreitung  der  Wissenschaft^  und  gesunden  Lehre  bequem  ist,  in 
Anbetracht,  dass  es  reine  Luft  und  Ueberfluss  an  Nahrungsmitteln 
bat,  wird  zttm  Yortheil  dieser  'Stadt  und  der  angrSfnzemden  Länder 
die  Errichtung  eines  Generalstudiums  nach  dem  Muster  der  Uni- 
versität von  Bononien  erlaubt,  auch  dieser  Würzburger  Universität 
alle  jene  Freiheit  verliehen ,  welche  die  von  Bononien  besitzt«: 
Scher  er,  Akaid.  Mon^tschr..  1862.^.  6. 

55).Uebjer  die  Stellung,  welche,  die  Universität  Paris  beim  Be-^ 
ginne  der  Kircdienspaltung  angenommen  hatte,  vergl  Hartwig^ 
Leben  und  Wirken  Heinr.  y.  Langenstein,  S.  39  ff. 

56)  Hujus  sdüsmatis  motus  Heidelbergensi  aliisque  brevi  postea 
m  ß^rm^ia  jsond^is  acajimiis  praecipuam  occaQioaem  dedisse»  ad* 
BioduBi  est  probablle.  Mieg,  Oratio  p,  17.  WnnjipyDe  MamUq 
ab  Inglten  (FfQgr.)  p.}Q.  Wandt«  Mag.  B.UL  S^254  Wun4t, 
Beitr.  9. 4.  €(esch.  d«  Univ.  H(»idelb.  6.  66. 


123       I.  Buch,  T.  Periode.  £  AheehniU.   (1S^^%390.) 

stätigungsurkunde  des  Papstes  ürbatfs  VI.  vom  Jahre 
1385  heisst,  für  seine  und  seiner  Nachbarn  Onterliiimen 
Wohl  sein  sollte  *^).  Von  diesem  kirchlichen  Standpunkte 
fasste  daher  auch  der  Kurfürst  die  Gründung  seiner  Uni- 
tersität  auf,  als  er  sich  an  den  Papst  Urban  VI.  wandte 
und  dieser  die  Genehmigung  ertheilte  **). 

Es  lüag  vielleicht  auffallend  erscheinen,  dass  vnr  die 
Gründe,  welche  den  Kurfürsten  zur  Stiftung  unserer 
Hochschule  bestimmten,  so  ausführlich  behandelt  haben. 
Allein  wir  wurden  dazu  besonders  dadurch  veranlasst, 
dass  fast  alle  Schriftsteller,  welche  über  die  Gründung 
derselben  schrieben,  die  Frage  aufwarfen,  was  einen  Für- 
sten, welcher,  wie  wir  oben  berichteten,  von  sich  selbst  das 
Bekenntniss  ablegte,  er  sei  in  den  Wissenschaften  uner- 
fahren, zur  Gründung  einer  so*  grossartigen  Anstalt  habe 
bewegen  Können.  Diese  Frage  suchten  wir  in  der  gege- 
benen Darstellung  zu  beantworten. 

§3. 
MarstHm  von  Inghen. 

Zu  der  Zahl  derjenigen,  welche  Clemens  VII.  nicht 
als  rechtmässigen  Papst  anerkannten,  gehörten  auch  hoch- 
berühmte Gelehrte  an  der  Universität  zu  Paris.  Sie  er- 
fuhren deshalb  mancherlei  Misshandlungen  und  sahen  sich 
zuletzt  gezwungen,  diese  Hochschule  zu  verlassen.  Unter 
ihnen  war  B  ur  i  da  n  u  s,  weicher  sich  (1384)  nadi  Wien  be^ 
gab,  und  Marsilius  von  Inghen,  ein  Niederländer**), 


57)  Hier  machen  wir  aufmerksam  auf:  Wigard,  Ruprecht  I., 
Kurfarst  von  der  P&lz.  Ein  Gedicht  bey  Gelegenheit  der  4.  Jubel- 
feier der  ersten  deutschen  hohen  Schule  zu  Heidelherg  i.  J.  1786. 
Mannheim,  1786.« 

68)  Zacharift,  S.  5.  * 

89)  Marsilius  wurde  Doctor  und  Lehrer  in  Pftris  um  1862, 
Rector  der  Umyersit&t  1967  und  1381 ,  und  als  diese  noch  tot 
dem  kirchlichen  Schisma  Gesandte  an  Papst  ürban  VI.  hei 
dessen  Begierungsantritt  (1878)  schickte,   wurde  Marsilius  mit 


MamOlM  vm  Inghen.  123 

weldi^  nadi  Heidelberg  ging.  Hierbei  müssen  wir  aber 
»Qcb  anführen,  daifs  Bnridanus  und  Marsilius  An- 
h&Dger  des  Nominalisnras  waren  nnd  diesen  auf  der  Uni- 
versität in  Paris  vertheidigten.  Auch  dadurch  zogen  sie 
sich  viele  Feinde  zu,  da  bei  weitem  die  meisten  dortigen 
Lehrer  Realisten  waren  ^^z 

Marailias  war  jedoch  schon  froher  mit  dem  Kur- 
fürsteo  in  Verbindung  und  bei  ihm  in  Heidelberg  •^)  gewesen. 
Jetzt  stand  er  demselben  in  der  Ausführung  seines  grossen 
Vorhabens,  die  Hochschule  zu  begründen  und  einzurich- 
ten, auf  das  Kräftigste  zur  Seite;  ja  er  war  es,  nach 
dessen  Willen  —  so  hatte  es  der  Kurfürst  bestimmt  — 
alle  Anordnungen  getroffen  und  durchgeführt  wurden  **). 
Mit  Recht  nennt  ihn  daher  sein  Amtsgenosse  Nicolaus 


Heinrich  von  Athenis  und  Gerhard  von  Kaikar  dazu 
auserkoren.  W u n d t ,  De  Marsilio  ab  Inghen.  Joseph.  Aerigola, 
Marsilius  ab  Inghen  (Progr.).  Gr&ase,  S.  941.  Mieg,  p.  17. 
Hartwig,  8.  39.  Schwab,  Syllab,  P.  I.  p.  1  ff.  Riesmann 
rediv.  p.  51.  ff. 

60)  Wandt,  p.  17.  Erhard,  B.  I.  S.  180.  Ullmann, 
Joh.  Wessel,  S.  334. 

61)  Wandt>  p.  10:  9Qaod  is  aliqnanto  ante  conditam  et  ex- 
ornatam  Academiam  Heidelbergae  fuerit,  de  hoc  nnlla  est  dnbitatio.« 

62)  In  der  BestaUungsnrkunde  d.  d.  29.  Juni  1386  (Pfalz. 
Copialb.  Nr.  17^1.  F.  80,  b)  sagt  der  Kurfttrst,  er  habe  den  Mar- 
silius zu  seinem  »paffen  gewonnen«  und  er  ihm  >getreuwe  vnd  holt«, 
und  >des  Studiums  in  Heidelberg  ein  anheber,  regirer 
▼nd  dem  furderlich  for  sin  sali«.  Als  Besoldung  erhielt 
Marsilius  j&hrlich  200  fl.,  zu  jeglicher  »Fronvasten«  50  fl:,  welche 
die  Borger  der  Stadt  Heidelberg  ihm,  als  dem  Kurfarstlichen  »Ver- 
weser des  Studiums t  aus  der  Herbststeuer  geben  mussten.  Nach 
den  Annalen  d.  Univ.  (T.  I.  F.  36)  war  Marsilius  auch  Canoni- 
eos  und  Thesaurius  der  St.  Andreae  -  Kirche  zu  CMn  und  Mitglied 
des, Kurfarstlichen  Rathes. 

Nodi  ist  zö  bemerken,  dass  das  oben  vorkommende  Wort 
»paff«  nicht  in  der  Bedeutung  »Geistlicher  oder  Pfarrherr«  zunehmen 
ist,  sondern  als  »Advokat,  Syndieus,  Schreiber«,  weil  im  Mittelalter 
die  Geiallichen  die  einzigen  Gelehrten  waren.  Zinkernagel, 
Handb.  f.  Archivare  S.  544.  Wie  Marsilius,  so  wurde  13»5 
Matth&ufl  von  Crocow  (de  Cracovia)  von  Ruprecht  II.  ah 
»Paff«  mit  einer  Besoldung  ron  150  ff.  angenommen. 


124       I.  Buch.  L  PenaOe,  l^AbeehniU.  (1^46^1390.) 

J*rowin  ?^)  »'primupi  üniversitBtJß  {)lan'tit'ta.- 
rem«,  i^id.  in  deA  Acten  unsjurer  Universität  heis&t  &c 
.»f^Bdato^  et  miciator  kujus  »tudii«  ®>X 

•      -§4.      -  ...... 

-•'•••.  '    ■       .  .         •  •.'•■. 

Päpstliche  Autorisationshulle.   Privüegien  der  Univ^^ 

ntäU     Die  Universität  eim  kirehliebe  Ansiäit. 

■  .  *     .  ■  ■  '  •  '      •  .    '• 

Um  nun  der  künftigen  Hochschule  alle  die  Rechte 

*    * 

eines  »Studium  privilegiatum«  gleich  bei  ihrem  Entstehen 
zu  sichern,  wandte  sich  der  Kurfürst  an  den  Papst,  lejgte 
ihm  die  Gründe  seines  Vorhabens,  sie  zugleich, mit  an- 
sehnlicher Geldspende  unterstützend  ^%  vor,  und  erhielt 
durch  eine  Bulle  d.  d  23.  October  1385  ^^)  die  ,nachr 
gesuchte  Einwilligxmg. 

Wie  nun  Ruprecht  für  seine  hohe  Schule  vorsorg- 
lich'die  päpstliche  Bestätigung  nachgesucht  hatte, 
so  hatte  derselbe  oder  einei;  seiner  Nachfolger  wohl  auch 
nicht  unterlassen.,,  die  kaiserliche  Genehmigung, 
beziehungsweise    die    kaiserlichen  Vollmachten   für  ihren 


j63)  Orat.  fan.el)r.  in,  exeqLaiis  Marsil  Heidelb.  1396,  Audai  ab- 
gedruckt in  A  d  a  m  i  Monumm.  Haidelb.  —  Yon  M  a  r  s  i  li  u  a  ßnäet 
sich  noch  ein  Manuscript  in  der  Universitätabibliothek  za  Strass- 
bürg :  »Marsilius  de  Yngen^  Quaestiones  de  generaüooe .  et 
corjruptione« ,  Eiije  noch  ungedruckte  Schrift  des  Marsil ius  (Rar 
tiones,  cur  Urbano Pontifici  eleoto  adhaerondum). erwähnt  Hartwig 
S.  S9,.Note.  —  Gedruckt  wurde  1499  in  HeideUierg  »Marsilit  itb 
iBghen  Oratio  coxnplectens  dictiones,  dausulas  et  eiegantias .  ora- 
torias«,  auch  in ,  Hagenau  (14:07)  und  Strassburg  (loQl):  Din 
Marsilil  Inghen,  Poctoris  clarissimi,  in  quatuor  siententianun  libros, 
opus  praeclarum«.  Weitere  Schriften  demselben,  sind:  Commentarius 
in  libros  YIII  physicorum  AristoteHs;  Dialectica;  Tractatus  de  rßlir 
gione  clericorum;  Scripta  metaphysica ,  CommentarÜ  in  Danielem 
et  Matthaeun^.  .  Freh^ejc,  Qrigg.  Pal  T.  IL  p.:194.  jGrejrdes, 
FlorHeg.  libr.  rarlon  ^.  139,- 

64)  Annali.  Univ.  Tl  L  F.  61,.^  .   -  .    •       .    r 

65)  AnnaU.  üniv.  T.  I.  F.  35,  a*:  »Missia  p^ux^ssupfr  litem 
jdicte  concessi^nis  impetrandis.c.;  /  ..     *  : 

.     66)  Urkunde  Nr.  l,  befindet  sich  im  Unlv.-ArchiT  unter  Nr.  40 
und  eine  Abschrift  in  AnnaU.  Univ.  T.  I.  F.  .23ya.b, ,        >.      .    : 


r 

Caozler  flacfaBasuchen.  Eme  Urkunde '  Aber  die  Erwif- 
knng  ddr  kaiseriiclidti  autboritas  ist  nun  zwar  bisher  nicht 
aB&ufinden  gewesen;  dass  aber  eme  solche  erbeten  und 
ertheilt  worden  war ,  scheint  sicher ,  da  der  Garizler  von 
Worms  bei  der  Ertfa^ilung  seiner  Ermächtigung  zur  Vor- 
nahme der  Ebrenprconotionen  bei  dem  Jubiläum  1766  auf 
die  »authoritas  Ot^satreäe  Majestatis«  neben  der  »äutho- 
titais  sedis  apostolicae«  Bezug  genommeh  hat.  Fehlen 
durfte  diese  kaiserliche  »authorkas«  der  Universität  in 
keinem  Falle,  da  das  Aecht,  die  Ei'laubniss  zum  Greiren 
von  Doctoren  zu  ertheilen ,  von  dem  Kaiser  als  ein  Re- 
servatrRecht  angesprochen  wurde  und  ein  Bestreiten  der 
zar  Verleihung  von  academischen  Graden  ausreichenden 
{»pstlichen  Gewalt  von  'kaiserlicher  SMte  der  Universität 
nadbttheilig  gewesen  s^n  würde  ^^). 

Nachdem  der  Kurfürst  die  päpstliche  Bulle  erhalten 
hatte,  verlieh  er  der  Universität,  welche  er  seine  »geliebte 
Tochter«  55u  nennen  pflegte,  in  6  Diplomen  ihre  Privile- 
gien, Freiheiten  und  Gerechtsamen.  Die  5  ersten  Diplome 
sind  in  lateinischer,  das  6.  aber  ist  in  deutscher  Sprache 
abgefasst  *^. 

Das  erste  Diplom  bestimmt:  Die  Universität, 
welche,  wie  die  in  Paris,  einzurichten  ist,  soll  aus  4  Fa- 
cultäten  bestehen,  der  theologischen,  juristischen,,  niiedi- 
cinischen  und  artistischen ;  sie  soll  von  einem  Rector  ger 


67)  Acta  ßacror.  seoil.  Acad.  Heidelb.  f.  166. 

68)  Urkunde  II,  1—6  gibt  die  6  Diplome. 

Die  Originalien  der  5  ersten  Diplome  sind  noch  in  dem  Univ.-Arch. 
Vorhanden,  ausserdem  Abschriften  in  Annäll.  Univ.  T.  L  F.  6,  a  ff., 
ittAeta  Faci  Art.  T.  I.  F.  205,  b  ff.,  in  Copiajb.  d.  üniv.  F.  65  ff.,  so- 
wie  aach  in  einem  besonderen  Hefte  in.  d^m  Univ.-Aroh.  unter  Nr.  67.. 
Das  6.  Diplom  ist  im  Original  nicht  mehr  vorhanden,  wohl  aber 
in  mehreren  Abschriften,  so  im  Matrikelbuch  lib.  I  ani  Ende, 
in  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  25,  b.,  T.  IX.  F.  256,  T.  XXX  ^m  Ende, 
in  Acta  Fac.  Art.  T.  I.  F.  210,.  im  Copialb.  d.  Univ.  F.  70.  Eine 
lateinische  Uebersetzung  dieses  Diploms  findet  sich  in  Hist.  Acad. 
F.  7.  ' 


126       ^'  ^^J^'  ^'  Periode.  ^..  Jbeehnitk  (1S46^1390,) 

leitet  werdeu  imd  jedes  VierteUahr  eine  neu^  Waid  statt« 
finden ;  alle  Angeh&rigw  der  UniversitSit  solkn  schwfiren^ 
die  Gesetze  derselben  zu  b^olgen  und  dem  Bector  Ge* 
borsam  zu  leisten ;  die  einzelnen  Facttlt^teo^  Natioseu  n.  «4  ir^ 
dürfen  sich  ihre  eigenen*  Statuten  geben,  in  so  weit  dies^ 
sucht  die  aUgemeine  Ordnung  der  UmversitSt  beeintraeh'^ 
tigen;  aUe  zur  Universit&t  gehörigen  Personen ,  Pedelle, 
Geschäftsleute  u.  s.  w.  haben  gleiche  Priyilegien  wie  die 
liehrer  und  Schaler  in  Paris. 

Das  zweite  Diplom  sichert  den  Lehrern  und 
Schülern  freies  Geleite  zu  und  im  Allgemeinen  alle  Vor« 
recjbte  imd  Freiheiten ,  welche  Lehrer  und  Schfller  nuf 
der  Universität  Paris  geniessen.  Dem  zeitlichen  V(^. 
(Fauth,  Oberamtmann)  und  Scbultheiss  der  Stadt  Heidel-* 
berg  ist  der  besondere  Schutz  der  UniYersitäts--Angehörigen 
aufgetragen  *?J.  Wer  einem  Lehrer  oder  einem  Sdiüler 
eine  Unbill  zufügt,  soll  als  Strafe  60  fl.  bezahlen. 

Das  dritte  Diplo^n  erkennt  den  Bischof  zu  Worms 
als  d^  ordentlichen  Richter  über  die  Cleriker  an,  schreibt 
aber  die  Art  des  gerichtlichen  Verfahrens  vor.  £s  ist 
dem  Bischöfe  gestattet,  in  Heidelberg  einen  Garcer  zu 
haben  und  die  strafbaren  Cleriker  in  demselben  einzu- 
sperren. Ist  jedoch  das  Vergehen  nicht  bedeutend,  so 
sollen  diese  ihrem  Magister  oder  dem  Bector  ausgeliefert 
werdep.  Den  Laien  aber  bestellt  es  den  Vogt  und  den 
Schultheissen  der  Stadt  Heidelberg  als  Richter,  beschränkt 
sie  aber  beide  und  legt  ihnen  auf,  jedes  Jahr  mit  dem 
ganzen  Magistrat  dem  Bector  def"  Universität  öffentlich 
und  feierlich  zu  schwören,  keine  Eingriffe  in  die  Freihei- 
ten und  Vorrechte  der  Universität  sich  zu  erlauben,  he^ 
ziebungsweise  die  in  Haft  genommenen  Meista:  oder 
Schüler  auf  der  Universität  Begehren  verabfolgen  zu 
lassen. 


69)   Damals  hatte  Heidelberg  einen  adeligen  und  einen  ple- 
beischen  Bargermeister.    Mone,  Ztschr.  B.  XI.  S.  47. 


ifir  ütmmMt.  127 

Dfts  vierte  Diplom  befreit  alle,  welche  die  Uni- 
versität besiicbeD,  auf  den  Reisen  innerhalb  des  Kui^ 
itoteathums  vom  Zolle  imd  Weggdde,  sowie  von  sjü- 
dero  Abgaben  und  für  die  ganee  Dauer  ihres  Anf^it- 
klts  in  Heidelberg  von  aUer  und  jeder  Besteu^ntg  ^^. 
Weiter  ist  gestattet,  dass,  wenn  in  einer  3ttrse  1  oder  2 
Fuder  Wein  übrig  bleiben,  dieser  im  Grossen  ohne  alle 
Steuer  verkauft  werden  dürfe  ^0- 

Das  fünfte  Diplom  soll  verhüten,  dass  dieLehrar 
and  Schüler  bei  dem  Mietben  der  Wohnungen  übervor^ 
theilt  werden.  Jedes  Jahr  soll  ein  Mitglied  der  Univei^ 
sität  gememscbaftlich  mit  einem  Bürger  der  Stadt  die 
Miethpreise  bestimmen.  Die  Gerichtsbarkeit  über  die  von 
den  Schülern  bewohnten  Häuser,  die  Entscheidung  über 
von  Schulern  abgeschlossene  Verträge  u.  dergl.  sollen  der 
Rector  und  die  4  Procuratoren  der  4  Nationen  der  Ar-- 
tistenfacultät  haben. 

Das  sechste  Diplom  soll  jedes  Jahr  der  Ge- 
meinde in  der  Kirche  zum  H,  Geiste  am  Tage  Allerhei* 
hgen  oder  an  dem  darauf  folgenden  Sonntage  von  der 
Kanzel  durch  den  Stadtschreiber  vorgelesen  und  8  Tage 
an  den  Kirchthüren  angeschlagen  werden  ^'X  »damit  sich 
demselben  verwissentlich  niemand  zu  entschuldigen«. 


70)  Dieses  Privilegiam  galt  nicht  nnr  fftr  Profeasor^  und 
Stadenten  (civibus  academicis)  selbst,  fOr  ihre  Familien  and  ihr 
Gesinde,  sondern  es  umfasste  auch  die  ciines  iUiterati:  Bedelli, 
Librarii  (qui  et  nova  et  vetera  acribqnt),  Statioaarii  (von  Btatio, 
welche  in  Buden  oder  Ständen  auf  Marktplätzen  ihre  Bücher  feil- 
boten oder  gegen  ein  Miethgeld  mm  Abschreiben  herliehen),  Per- 
gamentarü  (Pefgamentbereiter),  Scriptorea,  IlUuninatores. 

71)  Auch  die  Professoren  hatten  das  Recht,  yon  Pfingsten  bis 
Ostern  Wein  zu  schenken.  Dieses  wurde  erst  durch  den  Eurbadi- 
achen  Hofrath  1.  Senat,  Mannheim  d.  d,  29.  März  1805,  Nr.  1949, 
aufgehoben.  Die  betreffenden  Acten  befinden  sich  im  Manchner 
Reichs-Archi?  (Haffenkeller). 

72)  In  Tübingen  mussten  die  yon  dem  Grafen  Eberhard 
im  Barte  der  Universität  gegebenen,  von  der  Stadt  durch  einen 
besoadern^y ertrag  anerkannten  und.  ¥on   dem.  Vogte  und  zweien 


128       i^  ^««JÄ.  I- Periode.  1.  >l&«cÄmU    (1346—13900 

Diesem  Diplom  gSbt  eine  Zus^iiimeiifitellting  äös  In- 
iialts  der  5  ersten  Diplome  und  nmfasst)  besondcs's  an  das 
:2^eite  6ich  anschlieseeiild,  für  alte  lJniyersitäts^An)|^liönge& 
-die  Zusicherung  der  Vorrechte  und  Freiheiten,  w^Iehe  auf 
der  ^Parisfer- Universität  gelten:  des  bescmderb  Siht^aes 
so^M  auf  der  Reiiie,  das  auch  während  des  Attfentha^tes 
in  Heidelbierg^  des  Freiseins  Tön  Zöllen  u^  Abgaben; 
der  Abschätzung  der  HäUsmieäien.  Slsrditigkeiten  «nter 
Universität&'Angehörigen  oder  dieser  ihit  andern  Beiv^cdinBrn 
-der  Stadr  sollen  vor  den  iRector  i^r  Entscheidung- ge> 
-brächt  werden.  Verlangt  der  Rector  die  ünteratützung 
von  den  Beamten,  so  sotl  ihm  diese  gewährt  werden. 

Das  Vorlesen  dieser  Privilegien  zu  der  bestiniraten 
Zeit  und  an  dem  angögebenen  Orte  fand  Jahrhunderte 
hindurch  statt.  Wir  finden  es  noch  im  tfahre  1660  aus- 
drücklich  angegeben  ^•).  —  Für  das  Vorlesen"  selbst  war 
eine  Vergütung  bestimmt.    Es  heisst  nämlich  ''*) :     - 

>Dein  Stadtschreiber  Ist  man  Zuuerlesung  dieser  Privi- 

legien  1  Pfund  Heller  vnd  dem  stadtknecht'S  albus  schuldig.«'^ 

•  •  ■  j  .  •  •   . .       { 

Dass  diese  •  ihr  verliehenen  Privilegien  in  keiner 
Weise  verkürzt  wurden,  überwachte  die  Universität 
mit  grosser  Sorgfalt.     (Jlaiibte  sie  sich  irgepd^wie.  beeiii- 


Yom  Gerichte  in  die  Hftnde  des  Bectors  beschworenen  Pririkgien 
jährlich  am  &t.  Georgentag  von  dem  Stadtschi*eiber  in  der  Stifts- 
kirche vor  allem  Volke  verlesen  weMen.    KlQpfel,  S.  5. 

73)  Hottinger,  p.  86:    »Haec  privilegia  etiaudnnm  octavo 

vel  Ante  vel  post  omnium  Sancto^rum  die  in  Templo  primario  legi 

solentc    E urpfälzische  Kirchenraths-Protokolle  von  den  Jahren 

1553  u.  1^57.    AnnaÜ  Univ.  T.  VÜI.  F.  10,  b.  T.  XXX  am  E»de. 

•     74)  Ibid.  T;  IX.  F.  258,  a.    . 

75)  Das  Pfund  Heller  ist  in  dieser  2eit  zu  6  fl.  20  kr.  und 
später  (1502)  zu  2  fl.  leys  kr.  anzuschlagen.  Der  Goldgulden  hatte 
einen  Werth  von  5  fl.  37V»  kr.  oder  einem  Dacaten,  der  Gulden 
von  3  fl.  19^/8  kr.,  der  Albus  (Weisspftinnig^)  v^m'  77*  kr.,  der  Hel- 
ler etwas  über  V»  kr.,  12  Heller  warrn  1  Albas,  der  Pfennig  nahezu 
■*/*  kr.  Bas  Fuder  Wein  besseren  Gewächses  (crem^nti  meÜoris) 
kostete  27  fl.   Mo ne,  Ztschr.  B.  IL  S*  403;  B.  IX.  S.  191.  B.  XI.  S.  57. 


Eröfwuing  efor  ünwers.  Die  ersten  Lehrer,  Der  erste  Bettor.  129 

trSchtigt,  so  wandte  sie  sidi  an  den  Eurfttrsten.  So  im 
Jahre  1416  ^«). 

*  Hatte  nun  auch  die  Universität  von  dem  Kurfürsten 
ihre  Privilegien  erhalten,  so  erkannte  sie,  als  eine  kirch- 
liche Anstalt,  doch  nicht  in  ihm,  dem  weltlichen  Fürsten, 
sondern  in  dem  geistlichen,  dem  Papste,  ihr  Oberhaupt 
an.  Sie  hat  nie  einem  Pfalzgrafen  Kurfdrsten,  wenn  er 
die  Regiemng  antrat,  »gelobt  oder  geschworen,  sondern 
demselben  allein,  doch  mit  einer  geringen  unterthänigsten 
Verehmng,  Glück  gewünschet  und  denselboi  vor  ihren 
gnädigsten  Herrn  und  Patronum  erkennet;  auch  um  gnä- 
digsten Schutz  und  Schirm  untertbänigst  nachgesucht, 
damit  auch  die  Pfeltzgraien  Ghurfürsten  zufrieden  gewe- 
sen.« So  war  es  bis  zum  Jahre  1622,  wo  Tilly  Heidel- 
beig  eingenommen  hatte.  Dieser  zwang  den  Rector  und 
die  Professoren  der  Universität,  dem  Kaiser  Treue  zu 
schwören  ^^ 

§5. 

Eröffnung  der  Universität.   Die  ersten  Lehrer  und  ihre 
Vorlesungen  und  Besoldung.   Der  erste  Eector. 

Ueber  die  Begründung  der  Universität,  über  die  ihr. 
von  dem  Papste  und  dem  Kurfürsten  bewilligten  Vor- 
rechte und  Freiheiten,  über  ifaie  Eröffnung  durch  ein 
feierliches  Hochamt  in  der  Capelle  zum  H.  Geiste  ani 
18.  October  1386  —  denn  mit  Gott  sollte  das  grosse 
Werk  begonnen  werden  — ,  über  die  ersten  Lehrer  und 
ihre  Vorlesungen,    so    wie    über  die  Wahl    des   ersten 


76)  Anno  1416,  28.  de  Jaüi  Rector  cum  suis  deputatis  obtinois 
mediante  consilio  domini  du  eis,  quod  cives  consilium  heidel- 
bergense  regentes  promiserant,  quod  nee  direete  nee  indirecte  im- 
pedirent  supposita  unlvergitatis ,  quin  necessaria  victus  et  aliorum 
seoundum  tenorem  prlvilegii  indueerent  sine  omni  theoloneo,  peda- 
gio  (tributo)  etc.    Copiab.  d.  üni?.  F.  131. 

77)  Zeiler,  Top(gr.  p.  iO.  41.  Schönmezel,  Collect,  ad 
bist  Fae.  med.  HiiJelb. 

Uantz,  Gctoa.  d.  Univ.  Heldelb.  I.  9 


130       L  Buch,  L  Periode.  1.  Jbachnitt    (ISdß-'iaBO,) 

BectoTS,  Mar'silius,  wdlcher  dem  ihm  YOfi  dem  Kur- 
fürsten geschenkten  Vertrauen  auf  eine  auch  v(äi  seinen 
Amtsgenossen  anerkannte  Weise  entsprachen^  hatte,  ist 
noch  ein  in  gedrängter  DarBtellüDg  abgefasster  Beridit 
vorhanden  '^,  au»  welchem  wir  Folgendes  mittheilen: 

Der  er^  Lehrer  der  Universität  war  Mairsilius, 
welcher  jedoch  gleiah  iir  der  erstes  Zeit  zwei  Amtsge-^ 
nossen  erhielt,  den  Cisterzienser''Mönch  aus  dem  Kloster 
Alva  in  der  Lütticfaer  Diöcese  und  Dr.  der  Theologie  auf  der 
Universität  in  Baris,  BeginaTdus,  und  den  Meister  der 
freien  Künste  imd  Baocalanreus  der  Theologie,  Heilmann 
Wunnenber.g  von  Worms,  welcher  in  Prag  promovirt 
hatte.  Dkse  3  Männer  warei  aus  dem  geistlichen  Stande; 
denn 

»jet20«,  sagt  V^untlt^»  »und  nocll  laoge  bevaach  war, 
was  die  IJmwälziuigen  der  Zeit  von.  Etmst  und  Wissenschaft- 
übrig  gelassen  hatten,  in  den  Händen  der  Kirche^  die  es-,  nur. 
ihren  Geweiheten  mittheilte«. 

Wie  der  Kurfürst  den  Marsilius  durch  eine  für 
die  damalige  Zeit  ^m  glasi^ende  Besalduag  für  die  Uni»* 
versität  gewann  (S,  123,  Note  62^,  so  bewilligte  er  auch 
dessen  Amtsgenossen  ansehnliche  Gehalte,  welche,  wie 
Hberhaupt  zu  den  Zeiten  Euprecht's  I.  Besoldungen 


78)  Urkunde  Kr.  III.  Annall.  Univ.  T.  t  V.  35,  a  —  30,  b. 
Abgedruckt  bei  Hottinger  (1556)  ia  seiner  Schrift  De  Coli.  ^. 
p.  30  —  32  und  bei  Jung,  Acaid.  Heidelb,  Acta  ad  concil.  Constant., 
Basil.,  Florent.  histor.  (1722)  p.  21—25.  Lange  Zeit  glaubte  man, 
dieser  ßcrichtsei  von  dtes  MPa  r  sili  n  s  eigener  Hand  geschrieben^  j«t2t 
aber  verloren.  (Wundt,  De  Mftrsifi<r  p.  11.  Jung,  p«  21.)  AUdn 
keins  von  beiden  ist  der  Fall.  Der  Bericht  findet  sich  a.  a.  0.  in 
den  Annalen  der  Universität,  ist  aber  nicht  von  Marsilius  ge- 
schrieben; dientt  V0&'  derselben  Hand' ist  F.  61,  b  auch  cUe  Nach- 
richt von  seifigem  Tode  (1396)  aufgezeichnet  und  überhaupt  die 
Chronik  der  Universität  bis  1402  fortgefStthrt^ 

Uebrigens  ist  sowohl  in  Beziehung  Mif  diese»  Beriißbt,  so  vfie 
auch  auf  die  übrigen  Universitäts- Acten  zu  bemerkeft,  dass  die 
Begebenheiten  nicht  immer  nach  d<er  Reibenfolge  erzählt  werden. 
Ausdrücklich  wird  dieses  in  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  37,  a  luigefahrt. 

79)  Mag.  B.  III.  S.  260. 


Eröfff^i»^der  Umf>erB.  Dke^tehLtlhrer.  Der  erhtt  Beäor.  131 

trfid  Hausmietbe  der  Lehrer,  at»  den  EnrfÜristDcfaen  Kam- 
mei-gefallen  bestritten  wurden  ••). 

Bei  der  in  Gegenwart  der  Lehrer  und  Studenten 
statt  gehabten  feierlichen  ErÖffhung  der  Universität  cele- 
brirte  Beginaldufi  das  Hochamt.  Am  folgenden  Tage 
(19.  October)  nahmen  die  Vorlesungen  ihren  Anfang. 
Marsilius  las  über  die  Logik,  Reginaldus  über  den 
Brief  Pauli  an*  den  Titus  und  Wurinenberg  über  ein 
Buch  der  Naturlehre  des  Aristoteles. 

Am '  17.  November  wurde  die  Wahl  eines  Rectors, 
nachdem  der  Baccalaureus  des  canonischen  Rechtes  und 
Magister  Artram,  Dithmar  von  Swerthe  (Surrte), 
welcher  aus  Prag  kam,  als  weiterer  Lehrer  in  der  Ar- 
tisten-Facultät  angestellt  worden  war,  vorgenommen,  und 
Marsilius  einstimmig  gewählt  **). 

Die  Lehrkräfte  wurden  noch  in  demselben  Jahre 
durch  den  von  Prag  als  Professor  der  Rechtswissenschaft 
berufenen  Johann  van  der  Noyt  aus  Brabant  ver- 
mehrt, welcher  auch  sofort  seine  Voriesungen  über  das 
4.  Buch  der  Decretalen  begann  **).  Gerhard  Radui- 
€us  von  Groningen  lehrte  das  canonische  Recht,  und 
Heinrich  von  Angheren  las  die  Nova  Jura. 

So  hatten  die  verschiedenen  Facultäten  gleich  bei 
der  Eröffnung  der  Universität  ihre  Vertreter.  Nur  der 
Lehrstuhl  der  Medicin  wftr  nodi  nicht  besetzt.  Dieses 
geschah  erst  gegen  das  Ende  des  Jahres  1387  ^),  wie 


80)  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  98. 

81)  Matric.  lib.  I.  F.  %  -—  Die  Wahl  wurde  in  dem  Refectorium 
des  Augustiner- Klosters  (S.  105)'  vorgenommen.  Eigene  Gebäude 
liatte  damals  die  Universität  noch  nScht.  Das  tJniversitätsgebäude 
im  »CoRegium  in  der  Bursch«  wurde  erst  1393  vollendet.  Tol- 
ner,  Cod.  dipl.  p.  132. 

82)  Van  der  Noyt  (so  ini  Matr.  lib.  I.  p.  1)  war  zugleich 
Cuötos  (Thesaurius)  bei  dttr  Ö.  Geistkirche  (Acta  Theod.  -  Palat. 
T.  I.  p.  381)  und  Canonicus  ato  der  Kathedralkirche  zu  Speyer. 
Wundt,  Mag.  B.  III.  S.  288/   Schwab,  SyU.  P.  I.  p.  19. 

83)  AnnaU.  T.  I.  F.  41. 

9* 


132       L  Bück,  L  Periode.  1.  AbaehniU.   (1346-^1390.) 

wir  unten,  wo  von  den  einzelnen  Facnlt&ten  ausfübrlicher 
gehandelt  wird,  sehen  werden* 

MatriJeelbuch.     Erwerbung  des  academiscken  Bürger^ 

rechtes.     Deposition. 

•  •  •     .  • 

Zu  den  ersten  Einrjichtungen  an  der  Universität  ge*^ 
hörte  das  Anlegen  eines  Matrikelbuches^*).  In  die- 
ses mussten  sich  alle ,  welche  die  Privilegien  der  Univer- 
sität geniessen  wollten,  kurze  ZeiJ  n^ch  ihrer  Ankunft  in 
Heidelberg  nach  dem  auf  Universitäten  angeführten  Brauche 
einschreiben  lassen  und  zugleich  schwören,  den  Gesetzen 
der  Universität  Gehorsam  zu  leisten  ^%  und  ist  nur  noch 
anzufahren ,  dass  in  sp^erer  Zeit  sogar  die  Schaler  de& 
Pädagogiums  immatriculirt  wurden  ®^. 


84)  Gonsequeater  di6  Jovis  (1366)  sequent^  focta  congregacione 
magisU^orum  et  scolarium  ap^  f ra^res  minpreis  kom  prima  post 
meridiem  in  lectorio  sacre  thQoIogie  ad  stataeadum  statata  faerunt 
hec  de  ynani'mi  consensu  omnium  magistrorum  et  soplariam,  quod 
expediet  fieii  matriculam  siye  libram  universitatis,  in  quo  scolare? 
studii  et  deinceps  insetiberentiur  tarn  pr^äentes  qaam  deinceps  sa» 
perventuri  secundum  guas  «tates,  quodque  no^  inscripti  infra  ter- 
minum  expressum  assignatum^per  rectoreni  per  vniversitatem.  minime 
d'efenderentur.    Ann.  Univ.  T.  I.  T.  36,  b.    Eist.  Acad.  F.  24. 

85)  Dem  Namiender  luflerlUrten  ist  je  nach  ihirem  Älter  bei- 
gefügt: Inscripti  sunt  .die^^  .  .,,et  juramenta  praestiterunt  soUta^ 
oder:  Inscripti  sunt  die  ...  et  fidem  loco  jaramenti  dedemnt 
propter  impubertatem. 

86)  »Nachdem  viele,  so  noch  paedagogifcaslectiones  hören,  nichts 
minder  sich  bei  dem  Eectore  Upiyeraitatis  einschreiben  lassen,  wel- 
ches Ihnen  auch  unvcrwehrt  sein  soll,  damit  dann  zwischen  Bectore 
und  demjenigen,  so  dem  Paedagogio  fürgesetzt,  der  Straf  halber 
kein  Missverstand  entstehe,  so  wollen  wir,  sofern. sie  Ihren  Tisch 
und  Wohnung  in  dem  Paedagogio  haben,  dass  sie  allein  von  Ihren 
Praeceptoribus  um  ihrer  begangenen ,  Missethat  gestraft  werden; 
wie  auch  gleichfalls  die,  so  Ihren  Ti«ch  und  Wohnung  andcrstwo 
haben,  und  contra  disciplinam  paedagogicam  oder  sonsten  etwas 
geringes,  so  ferulam  verdienet,  misshaiidelt.  Da  aber  dieselben 
etwas  mehreres   oder  auch   wider  gemeine  der  XJnirersU&t  leges 


MaMtelbuch,  Acttimiädies  Bürgerreeht  D^poHHon.     133 

Der  Eid,  vdchen  alle  Üniversitäts-Angehörigen,  Pro- 
fessoren, Studenten  xl  s.  w.,  zu  leisten  hatten,  bezog  sich 
nicht  nur  auf  .den  den  Gesetzen  schuldigen  Gehorsam, 
sondern  auch  auf  die  einträchtige  Erhaltung  des  General- 
i^diums  ^^);  denn  Marsilius,  unter  dessen  erstem 
Hectorate  die  Eidesformeln  abgefasst  wurden,  konnte  sich 
nichts  Schrecklicheres  denken,  als  die  Trennung  oder 
Auflösung  der  hohen  Schule. 

Das  Matrikelgeld  betrug  in  der  ersten  Zeit  12 
albeme  Denare^  später  2  Turonenser  (Livres  toumois). 
In  der  Folge  hatten  (nach  Otto  Heinrich's  Beforma- 
tion)  Bürgerliche  nur  10  kr.,  solche  dagegen,  welche  zum 
»Fürsten-,  Grafen-  oder  Herrenstande«  gehörten,  1  fl.  zu 
bezahlen.  Von  den  Studenten  waren  die  vermögenslosen 
frei  Yon  Matrikelgeldern.  Hinter  ihren  Namen  findet  sich 
gewöhnlich  auch  ein  P(auper);  diejenigen,  welche  bezahl- 
ten, waren  mit  einem  D(edit)  bezeichnet.  Die  Professoren 
hatten  keine  Matrikelgebühr  zu  entrichten. 

Eine  bestimmte  Zeit,  etwa  beim  Anfange  der 
Vorlesungen,  wie  es  jetzt  der  Fall  ist,  war  für  das  Im- 
matriculiren  nicht  festgesetzt.  Es  geschah  dieses,  wie 
man  aus  den  Matrikelbüchern  sieht,  wo  gewöhnlich  die 
Zeit  der  Immatriculation  genau  angegeben  wird,  das  ganze 
Jahr  hindurch. 


pecciren,  za  gebührlicher  ätraf  anhalten,  und  da  sich  vielleicht 
andere  F&U,  so  allhier  nicht  gesetzt,  zntrflgen,  sollen  sich  Rector 
ümTersitatis  nnd  Paedagogiarcka  zusämmenthmi  und  sich  dessen 
mit  einander  vergleiehen,  oder,  wo  noth,  an  unss  gelangen  lassen.« 
Statatenb.  d.  üniv«  F.  18,  a.  Beformat  'der  üniT.  durch  Johann 
Casimir,  F.  a7  und  durch  E'arl  Ludwig,  F.  14.  ->  Da  diese 
Stelle  in  dem  1701  neu  begonnenen  Album  des  Gymnasiums  zu 
Heidelberg  auf  der  ersten  Seite  eingeklebt  ist,  sb  beweist  dieses, 
dass  der  Brauch  auch  in  späterer  Zeit  noch  fortdauerte.  Hautz, 
Gesch.  d.  Stipendien  u.  Stiftungen  d.  Lyc.  u.  d.  Univ.  zu  Heidelb« 
(1856)  H.  L  8.  9. 

87)  Urkunde  Nr.  lY  gibt  diese  Eidesformehi  vollständig.  — 
Fflr  Solche,  welche  auf  andern  üniversittten  sich  academiscbe  Grade 
erworben  hatten,  enthielten  die  Formeln  besondere  Bestimmungen. 


Wie  auf  den  tbirigen  Univeusitätea,  so  war  »üch  in 
Heidelberg  bei  der  Aufnahme  von  StuoKrenden  die  bemts 
schofa  (S.  85ff.)  gescbild^rtje  »Depositio  cornuum«  von 
frühen  Zeiten  an  Brauch  ^^.  So  belästigend  »derselbe  oft 
den  angehenden  Studenten  nyar,  gfo  kamen  doch  von  ihnen 
nie  Klagen  dagegen  vor ;  er  er^chleo^k  aber  um  so  wider- 
wärtiger, wenn  er  selbst  auf  ältere  Männer:,  welche  von 
einer  Universität  zur  andern  zogen,  angewendd;  wurdÄ. 
Dieses  gab  zu  vielfachen  Beschwerden  Veranlassung;  sie 
fanden  jedoch  erst  von  Seiten  4es  Administrators  der 
Pfalz,  Johann  Casimir  (4583—1592),  die  gebührende 
Berücksichtigung.  Er  befahl  unter  dem  13.  August  1585 
der  Universität,  dass  fremde  Studenten, 

»d^e  allber^itB  z^  einem  völligen  Alter  audh  erbewUehen 
Erudition  gelangt,  mit  der  Position  nitt  beschwert  werden, 
bei  den  andern  aber  die  Anordnung  thun  sollen,  damit  alle 
obscoena  und  andere  ungebür  bei  straff  ausgelassen  werde. 
Das  seit  alter  Zeit  herkömmliche  Depositionsgeld,  welches 
zu  gemeiner  noturfft  d^  Gohtubemii  sei,  sollen  aber  alle 
bezahlenc. 

Die  Universität  missbüligte  eben  so,  wie  der  Admi- 
nistrator, das  genannte  Verfahren  gegen  die  fpeniden  Stu- 
denten, ^nd  sagte  in  ihrem  Antwortschreiben  von  demsel- 
ben Datum,  djass  sie  schon  fcüher  eiiji  Decret  von  gleichem 
Inhalte  erlassen  und  fuhr  dann  mit  folgeadeo  Wor- 
ten fort: 

» Vnd  wir  sind  anferst  nitt  wi3sen4>  ^^  ®8  gey  von  sol- 
cher JSeitt  an,  diesem  yosßrm  P^cret  geborsamblitih  gelebt 
yadt  nsicl^geaelzt,  yjadt  darüber  »ieimfindts  beftehwiert  wiais^en« 
3ede]ijcken  aach  noch  dabey  zu  yerpleibea  vndt  der  Deposit 
tion  halb  niemants  hinwiderütnb  yonivn^is  abzuziehen  Ursadi 
zu  geben,  domitt  au<^h  hiilfaro  bei  soldien  DepositionibuB 
bessere  Ordnung  gehaltten;  alle  Vngöbttr,  da  eiflige  fhrgangen 


68)  Nach  Qtto  Heiiirich'.s  He^nn  der  Upiveraitäit  mii89te 
Jeder,  welcher  Student  und  in  eine  Burse  kufg^nommeii  werden 
wollte,  TOB  dem  Depositoci  ly^elches  ein  'besonderes  Amt  in  den 
Biirsen  war,  mit  den  ,ge?wöhnl|cb69i  !GFebrjUichAntaufge^(uaM2\eA.i(e«ddn; 
dqcjfi  aoülten  dip  unsiuUchep  a^gies^ch^fTt  werden.  ^ 


MaMxUmoh.  AcaämiBekes  Bütigmwht   Si«p09ÜUm.     135 

oid  iorob  wir  nkt  weniger  dan  £.  F.  Q.  eui    ernatliches 
Missfallens  tn^en,  abgeschafft  vnd  des  angedeaten  Examinis 
halb   (dann   die  Regenten   die   Deponendos  zoe    examiniren 
yndt  keyncn  obn  vorhergehendes  £xamen  a  beanismo,  wie 
manss  nent,  2u  absolviren  In  beuelch  haben),  haben  wir  Fa- 
cnltati  Artimn,  AIss  deren  Sachen  2a  dirigiren  stehen,  Tffer- 
legt  vndt  beuohlen,  diesen  Diogen  mitt  reiffem  Rhatt  nacb- 
zudencken  vnd  ihr  guttachten  ans  zu  erkh^nnen  zu  geben  <^^). 
Die  Sache  wurde  nun  zur  Berathung  und  Begutach- 
tung Ydli  dem  academischen  Senate  der  Artisten-Facultät 
zugestellt,  welche  auch  dem  Auftrage  nachkam  ^®). 

Die  Facultät  scheint  jedoch  den  Befehl  des  Admini- 
strators nicht  mit  besonderer  Gewissenhaftigkeit  beobach- 
tet zu  haben,  da  auch  später  über  den  bei  der  Deposition 
vorgekommenen  Unfug  Beschwerden  geführt  wurden.  Die- 
ses war  besonders  im  Jahre  1619  der  Fall,  und  zwar  in 
der  Weise,  dass  man  darauf  drang,  die  Deposition  ganz 
aufzuheben.  Darauf  ging  jedoch  der  academische  Senat 
nicht  ein,  »weil  dieser  Brauch  sowohl  in  den  Statuten 
der  Universität,  als  auch  in  denen  der  Artisten-Facultät, 
aufgenommen  und  von  dem  Decane  und  der  Artisten- 
Facultät  auszuüben  sei«.  Doch  solle  er  (wohl  damit  »alle 


89)  Acta  Fac.  Art  T.  IV.  F.  126,  b.  127,  a.  b. 

90)  Huic  mandato  raorem  gerexts  QoUegium  philosophicum, 
Senatu  per  Juramentum  convoeato,  rem  altios  perpendens,  statuit 
ritum  depositionis  non  plane  abolendum,  sed  retinendum  esse: 
habita  tarnen  adultionim  et  doctiorum^  praesertim  vero  exterorum^ 
apud  quos  hujnsmodi  ceremoniae  in  usu  non  sunt,  itemque  statu- 
tonim,  quae,  qtdd  in  hac  re  servandum  omittendamve  sit ,  praescri* 
bunt,  ratione. 

III.  Novemb.  denuo  deliberatum  est  ea  de  re,  nihil  autem  di- 
versi  constitutum  a  priori  sententia,  sed  ea  repetita  ac  confirmata, 
shnalque  decretum  fuit,  si  Princeps  response  Senatas  Academici 
etiam  nostro  nomine  facto  noUet  acquiescere,  sed  urgeret  amplius, 
scriptum  quoddam  esse  concipiendum,  quo  fusius  nostra  sententia 
declararetor.  Verum  enim  vero  illnstrissimo  Principe  nihil  uUerius 
alias  rei  eaussa  vel  a  ßenatu  Academioo  vel  Facultäte  Airtium  po- 
Btalante,  sed  in  Academiae  responso  acquiescente^  alterkirem  deli* 
lerationem  FacnltaB  ifttermitteoidam  esse  censnit.  Ibid.  F.  127,  b. 
12S,  a. 


136       ^.  Buek.  L  Periode.  1.  Abef^nitt.   (IBiß-^lSM.) 

obscoena  und  andere  «mgebür«  vermieden  würde)  gehal- 
ten werden  »publice  in  Contubemio  vel  in  CoUegiis  vel 
et  in  hospitibus  privatis,  si  sint  personae  honoratiores«  **). 

Einzelne  Fürsten  gaben  sich  indessen  viele  Mühe, 
das  Pennalwesen  von  ihren  Universitäten  zu  entfernen, 
wie  z.  B.  der  Markgraf  Friedrich  Wilhelm  zu  Bran- 
denburg. Dieser  hatte  dem  Rector  und  Senate  der  Uni- 
versität Königsberg  die  Abschaffung  des  Pennalwesens 
auf  das  Strengste  anbefohlen,  ohne  dass  es  jedoch  den 
beabsichtigten  Erfolg  hatte  ^'). 

Auch  die  Universität  Heidelberg  erliess  später 
Decrete  gegen  dasselbe.  Dieses  geschah  im  Jahre  1654, 
wo  die  Landgrafen  Georg  und  Wilhelm  von  Hessen 
den  auf  dem  Beichstage  zu  Begensburg  gefassten  Be- 
schluss  gegen  dieses  Unwesen  dem  Kurfürsten  Karl 
Ludwig  von  der  Pfalz  mit  dem  Ersuchen  mittheilten, 
ihn  auch  auf  seiner  Universität  in  Wirksamkeit  treten  zu 
lassen.  Der  Kurfürst  gab  diesem  Ansuchen  nach  und 
Hess  den  genannten  Beschluss  der  Universität  zugehen. 
In  demselben  heisst  es  unter  Anderm: 

»Einem  jeglichen  ist  Krafft  dieses  ernstlich  verboten,  den 
neu  ankommenden  jungen  Studenten  heimlich  oder  Öffentlich 
nachzustellen  y  sie  auf  der  Gasse  oder  in  ihren  Losamenten, 
Stuben,  Schenken  oder  Wirthshäossern,  am  Tische,  in  col- 
legiis  oder  sonsten  zu  importuniren ,  zu  exagitiren  oder  zu 
bespotten«  ®*). 

So  verlor  der  Pennalismus  in  Heidelberg  seine  Gel- 
tung und  in  der  der  Univ^sität  von  dem  Kurfürsten 
Karl  Ludwig  gegebenen  neuen  Verfassung  vom  I.Sep- 
tember 1672  wird  die  Deposition  (F.  83)  förmlich  aufge- 
hoben; doch  aber  bemerkt:   »Dafem  gleichwohl  jemand 


91)  Ann.  Univ.  T.  XXVIT.  E.  329,  a  «L 

92)  Arnold,  Hist.  d.  Univ.  EOnigsb.  Th.  II.  S.  448,  woselbst 
die  Yerordnimg  abgedruckt  ist. 

93)  Den  ganzen  Beschluss  s.  in  den  üniv.-AjiiiAL  t.  J.  1664 
F.  377  fiF. 


BectonwM.  DU  ersUn  JEUeioren.  Der  acaäemi$ehe  Senat.  137 

den  alten  ritos  depositionis  erforderte,  soll  demselben  da- 
mit geholfen  werden.« 

Gänzlich  ausgerottet  wurde  der  Pennalismus  erst 
g^en  das  Ende  des  17.  Jahrhunderts,  wo  sich  die  Uni« 
yersitäten  Jena,  Wittenberg  und  Leipzig  dahin 
vereinigten,  dass  derjenige,  welcher  wegen  des  Pennalis- 
mos  auf  einer  UniYersität  relegirt  worden,  in  die  Zahl 
ihrer  Studirenden  nicht  angenommen  werde.  Gleiches 
ihaten  bald  darauf  auch  die  Universitäten  Helmstädt, 
Giessen,  Altdorf,  Bostock  und  Frankfurt  an 
der  Oder  »^). 

Laut  jubelten,  wie  von  einem  langjährigen  Alp  be- 
freit, die  deutschen  Universitäten  auf,  als  endlich  der 
lang  ersehnte  Tag  wirksamer  Abhilfe  erschienen  war.  Aus- 
führlich sprach  im  Wittenberger  Album  der  Rector  1661 
seinen  Dank  gegen  die  Vorsehung  aus,  und  Kirchmaier 
(£pp.  Andreae  et  aüorum  ad  Meelführerum  ep.  126) 
schreibt  in  delnselben  Jahre  von  dorther:  »Der  Zustand 
unserer  Universität  ist  wunderbar  gegen  früher  verändert, 
die  servitia,  exactiones,  symbola,  nationes,  omniaque 
vexandi  nomina  sind  abgeschafft  worden«  **). 

§7. 

Reetorswahl.     Die   ersten    Redoren.     Der  academi- 

mische  Senat. 

An  der  Spitze  der  Universität  stand  ein  Rector. 
Dieser  wurde  nach  der  in  Paris  eingeführten  Uebung 
jedes  Vierteljahr  gewählt.  Die  Wahl  aber  war,  wie  in 
Paris  ^^,   auf  die  Mitglieder  der  Artisten -Facultät  be- 


94)  Arnold,  S.  258. 

95)  Tholuck,  S.  293. 

96)  Stattttum  foit  concorditer  perpetuis  temporibus  obsenran- 
dam,  ^nod  deiaceps  Rector  solum  Magister  ezistat  in  facultate  artium, 
quodqae  si  Doctor  vel  magister  in  alia  faciütate  ezistat  Bector 
Btodü  nailateims  esse  deberet^  ificBt  boe  Parisüs  est  eonsaetum  et 
conserYatoin.    Annall.  üniv.  T.  I.  F.  86,  a. 


138        X  Buch,  I.  Periode.  1.  AhsehniU.   (1346-^1890.) 

schränkt  ^^,  da  diese  eigentlieb  die  Grundlage  der  Uni- 
versität bildete.  Jeder  Lehrer,  auch  in  andern  Facul- 
täten,  gehörte  ihr  gewisser  Maassen  an;  von  ihr  musste 
er  erst  den  Meistergrad  erlangt  haben,  bevor  er  als  Leh- 
rer in  den  andern  8  Facuitäten  auftreten  konnte. 

Doch  trat  bald  eine  Aenderung  der  Wahl  ein.  ün- 
zufirieden  über  dieses  Statut  mochten  wohl  alle  öffenilidien 
Lehrer  in  den  andern  Facuitäten  sein;  entschieden  aber 
trat  gegen  dasselbe  der  Professor  der  Theologie  Sol- 
tow  ®®)  auf.  Schon  als  er  am  31.  Januar  1387  seinen 
Diensteid  auf  die  Gesetze  der  Universität  ablegte,  er- 
klärte er,  sich  die  Sache  vorher  näher  überlegen  zu  wol- 
len ^^).  Am  13.  März  desselben  Jahres  suchte  er  dann 
in  einer  Sitzung  des  academischen  Senates  darzutfaun, 
dass  dieses  Statut  nur  zur  Verachtung  der  übrigen  Fa- 
cuitäten abgefasst  sei  ^®^).  Er  erreichte  jedoch  seinen 
Zweck  nicht    Marsilius  wusste  diesen  Vorzug  der  Ar- 


97)  La  Premixe  facolt^  et  la  prindpale,  dont  le  corps  de 
l'UniversUe  de  Paris  est  compos^,  est  celle  desArts  pour  ce  qu'elle 
a  M  la  premi^re  institutrice  de  l'EscoIe,  en  reconnaissance  de  quoy 

'  le  Chef  de  toate  rUniversit^,  qui  est  appell^  Recteur,  est  toujours 
61eu  de  son  corps  et  Jamals  de  ceux  des  autres  facultez.  Buläus, 
T.  L  p.  265. 

98)  Ueber  ^die  Lebensverhältnisse *So.ltow*s  vergl.  Bütting- 
hausen  in  > Alles  und  Neues  aus  den  Herzogthümern  Bremen  und 
Verden«,  Th.  V.  S.  21  fiF.  Schwab,  P.  I.  p.  13  ff.  Im  Matr. 
Hb.  I.  wird  er  unter  den  Doctoren  und  Magistern  der  Theologie  als 
zweiter  Lehrer  aufgeführt  und  als  »Pragensisc  bezeichnet  In  den 
Universitätsacten  wird  dessen  Name  verschieden  geschrieben:  Sol- 
tow,  Soltau,  Soltaw,  Zoltaw,  Zoltove  und  von  Soldan.  Wie  wenig 
Sorgfalt  in  früheren  Zeiten  auf  das  richtige  Schreiben  der  Eigen- 
namen verwendet  wurde,  haben  wir  in  Lyc.  Heidelb.  origg.  p.  44 
nachgewiesen. 

99)  Hoc  ezcepto,  quod  super  statuto  Domioi  »ostri  Dnds, 
quo  tenebatur,  quod  semper  reetor  debeset  esse  magister  in  artibos 
et  non  docior  in  aUa  faeultate,  dizit  se  veUe  fdenins  deliherare. 
AnnalL  Univ.  T.  L  F.  S7. 

100)  Factum  esse  privilegiunB  hoc  in  eontenlam  «Hartim  fun)r 
tatum.    Ibid.  F.  38. 


Rectof^fifahl  IHe  erstem  Mfctoren,  JD^r  aeademk^  Senat  139 

.tisten-Facoltät  vorerst  noch  zu  sobtUzen,  da  er  sowohl 
in  der  päpstlichen  Bulle,  als  auch  in  dem  Kurfürstlichen 
Stiftongsbriefe,  derselben  zugestimden  worden  wäre.  Des- 
sen ungeachtet  gab  Soltow  sein  Vorhaben  nicht  auf. 
Im  Jahre  1393  griff  er  zwar  das  Statut  selbst  nicht  ge- 
radezu  an,  sondern  beantragte  in  dem  Senate  nur,  man 
solle  es  versuchsweise  2  Jahre  hindurch  aufheben  und 
eine  freie  Bectorswahl  unter  den  öff^itlichen  L6hrern 
aller  Facultäten  anordnen.  Dieser  Antrag  wurde  ange- 
nonunen  ^®^). 

Zugleich  wurde  auch  (1393)  die  vierteljährliche  Rec- 
torswahl  aufgehoben  und  eine  halbjährliche  bestimmt. 
Diese  sollte  jeweils  an  den  Tagen  vor  dem  Feste  Jo- 
hannis  des  Täufers  und  vor  dem  Feste  des  Apostels 
Thomas  vorgenommen  werden  ^^^).  Ausserdem  setzte 
Soltow  aber  auch  noch  ein  anderes  Gesetz  durch.  Es 
wurde  nämlich  die  Zahl  der  Magister  der  freien  Künste  ^®^), 
welche  sonst  insgesammt  der  Bectorswahl  und  den  übri- 
gen academischen  Berathungen  beizuwohnen  pflegten,  auf 
die  Zahl  von  3  beschränkt,  wenn  eine  allgemeine  üeber- 
einstimmung  nicht  zu  erzielen  war  oder  eine  andere  Fa- 
cultät  es  verlangte  ^^*).  Für  das  nächste  Halbjahr  (von 
8t  Johannis  bis  St.  Thomä  1393)  wurde  Soltow  einstim- 
mig zum  Rector  gewählt  ^^^)  und  nach  2  Jahren  die  nur 

101)  Annan.  Univ.  T.  I.  F.  50.  —  Auch  in  Wien  wurde  anfänglich 
der  Bector  nur  aus  der  Artisten-Facultät  gewählt  ^  vom  Jahre' 1384 
an  aber  aus  allen  Facultäten.    Dipl.  des  Herz.  Albrecht  S.  96. 

102)  Dies  electionis  statuimus  esse  duos  in  anno,  scilicet  vigilia 
b.  Job.  Bapt.  et  yigiiia  b.  Thomae  apoötali.    Annall.  ibid. 

lOB)  Der  Doctorgrad  scheint  damals  in  der  Artisten- Facultas 
Boeb  BJcht  eingefafart  gewesen  zu  sein^  wohl  aber  in  den  andern 
Facultäten.  Mit  dem  Magistergrad  in  der  zuerst  genannten  Fareul- 
tat  waren  jedoch  alle  Vortfaeile  verbunden,  welche  der  Dectorj^rad 
in  den  andern  gewährte.   Wundt,  Magaz.  S.  308. 

104)  Quod  personae  ^i^e&tes  sint  dmnes  doctores  et  magistrf, 
^  in  casu^  quo  non  possint  conoordare,  vel  sine  quo  ahqua  fa- 
caltfts  hec  requirat,  singuli  doctores  cum  tribns  deputaüs  factdtatis 
«ttimn.    Ana  Univ»  F.  60 

105)  Matr.  üb.  I. 


140       I'  Bwih.  L  Periode,  1.  AbachmUt,   (1846-^1390.) 

versuchsweise  angestellte  halbjährliehe   Rectorswahl   und 
die  dabei  festgesetzten  Bestimmungen  bestätigt  ^^% 

Diese  EinrichtUDg  blieb  bis  zum  Jahre  1522,  von 
wo  an,  in  Folge  einer  Anordnung  des  Kurfürsten  Lud- 
wig V.,  eine  jährliche  Rectorswahl  eingeführt  wurde.  Sie 
fand  an  dem  Tage  vor  dem  Feste  des  Apostels  Thomas 
statt.  Der  erste  Rector,  welcher  sonach  für  das  Jahr 
von  St  Thomä  1522  bis  dahin  1523  gewählt  wurde,  war 
Peter  Scheibenhart,  »artium  et  sacrae  theologiae 
Professor  Ordinarius«  ^®^. 

Die  ersten  Rectoren  der  Universität  mit  je  vier- 
teljähriger Amtsdauer  waren  vom  17.  November  1386  bis 
15.  December  1388:  Marsilius,  Wunnenberg  (seine 
Wahl  fand  in  der  Cap eile  der  St.  Peterskirche  statt),  Jo- 
hannes von  Weerssewort  (Berswort),  Johannes 
von  Worms,  Marsilius,  Heinrich  von  Angheren, 
Dithmar  von  Swerthe,  Berthold  von  Osen- 
brugge  ^^^. 

Ohne  die  Reihenfolge  der  Rectoren  weiter  fortzufüh- 
ren, begnügen  wir  uns,  zumal  dieses  schon  von  Andern 
geschehen  ^®®)  ist,  nur  noch  anzuführen,  dass  diese  Würde 
von   Marsilius    in    einem   Zeiträume   von    10  Jahren 


106)  Ann.  Univ.  F.  €0. 

lOfr)  Ibid.  T.  V.  F.  35,  b.    Matric.  lib.  m.  in  annum  1522. 

108)  Eist.  Acad.  F.  28  sqq. 

109)  Ein  freilich  fehlerhaftes  und  .unvollständiges  Yerzeichniss 
der  Bectoren  der  Universität  von  den  Jahren  1886—1624  hat  Toi- 
ner,  Cod.  dipl.  S.  126—132  gegeben.  Dasselbe  wurde  zum  Theil 
schon  verbessert  von  BQttinghaasen  in  seinen  »MiscelL  histor. 
Univ.  Heidelb.«,  noch  mehr  aber  von  Schwab  in  seinem  gehen 
vielfach  genannten  Syllabua  reotoram  (v.  Id86-— 1766).  Ein  hand- 
BchriftUches  YenseichaiaB  der  Bectoren  v.  1479-*1739  steht  in  den 
Act.  Fac.  Theolog.  T.  I.  F.  1.  —  Ein  jedoch  ebenfalls  fehlerhaftes  Vee- 
zeiohniss  der  »Professores  illustres  et  magnificentissimic  von  1448  Ins 
1686  (Elenchus  Profess.  Heidelb.)  gibt  Mieg  in  seiner  Schrift 
>Acad.  fieidelb.  ortus  et  progresaus«  1771. 


BeneMgung^  Vorles.  m  hMen^  Stimmtet  Ahetkimung.  141 

7mal  and  von  Wunnenberg  innerhalb  6  Jahren  3mat 
bekleidet  imrde  **^. 

Die  Zahl  der  Rectoren  der  Universität  toq  ihrer 
Grinduag  an  bis  m  ihrer  Bestauration  dnrch  den  Kor* 
forsten  Karrl  Friedrich  im  Jahre  1803  beträgt  546. 
Der  letzte  Bector  aus  der  Zahl  der  Universitits^Angehö* 
rigen  war  der  Professor  der  Medicin,  Daniel  Wilhelm 
Nebel 

Dem  Bector  stand  ein  Bath  (Gonsilinm  Universitär 
tis)  zur  Seite,  welcher  in  dem  »CoUegiom  in  der  Barsch« 
seine  Sitzungen  hielt  ^^^)  und  in  den  ältesten  Zeiten 
8  Mitglieder  zählte.  Von  diesen  gehörten  ftlnf  der 
Artisten-Facultät,  an.  Jede  der  andern  Facaltäten  war 
nur  von  je  einem  Mitgliede  vertreten  ***).  Das  üeberge- 
wicht,  welches  dadurch  die  Artisten  -  Facultät  erhielt, 
sachten  die  übrigen  Facultäten  besonders  durch  die  Art, 
wie  in  Universitäts  -  Ai^elegenheiten  abgestimmt  werden 
sollte,  zu  schwächen. 

§8. 

Berechtigung^  Vorlesungen  zu  halten.   Stimmrecht  und 

Art  der  Ahsiimmung. 

Alle,  welche  von  einem  privilegirten  Generalstudium 
den  Grad  eines  Magisters  oder  Doctors  erhalten  hatten, 
waren  berechtigt,  in  der  Facultät,  zu  welcher  sie  gehör- 
ten, mit  Beachtung  der  Universitäts-  und  Facultäts-Statu- 
ten  Vorlesungen  zu  halten  und  den  Berathungen  über 
üniversitäts  -  und    Facultäts  -  Angelegenheiten    beizuwoh- 


110)  Schwab,  p.  l  ff. 
.     lil)  Lucä^  Europ.  Helieon  S.  364.    V^ilken,  S.  23. 

112)  Erant  tum  in  Neopbyta  Acadexnia  Protessores  et  Univer^ 
titatis  coQsilii  Assessores  8,  nempe  praeter  superiores  Marsilium 
Rectorem,  Regiabaldum ,  Gonradum  de  Soltaa,  Heilmannum,  Jo- 
bannem  de  Noyt  advenerant  Ditbmaras  de  Saertbe,  Bertboldaa  Da- 
piferi  de  Dipparg  et  Fridericas  de  Sulzbach.    Eist  Acad.  F.  26. 


142       L  Buch.  L  Periode.  1.  Ab^%nkt.    (1346^—13^.) 

ncn.  In  aBgememeti  üniveröitäts-ADgeteg^iiheiten  (nur* 
in  einzelnen  Fällen  übertrug  man  einem  Ausschüsse  ans 
den  wirklichen  Lehrern  die  Entscheidung)  wurdfe  aber 
nicht  nach  Köpfen,  sondern  nach  Facult&ten  abgfestittimt  ^^^. 

E»  ist/ zwar  später  versucht  worden,  wie- bei  dei*^ 
Wahl  des^  Rectors ,  so  auch  in  andern  Ühiversitäts-Ange- 
l6genheiten  nach  Köpfen  ab2iustimm6n ,  alldn  dartfber 
kam  keine  Vereinigung  zu  Stande,  weil  bei  der  grossen 
Zahl  der  Mitglieder  der  Artisten-Facultät  diese  bei  j^der 
Abstimmung  den  Ausschlag  gegeben  hätten  ^*'*). 

Die  Licentiaten  hatten  weder  bei  Facultäts-  nofeh 
Üniveftltäts-Angeleg€nheiten  ein  Stimmrecht.  Man  ent- 
zog es  ihnen  in  derselben  Sitzung,  in  welcher  das  Statut 
über  die  Abstimmung  festgesetzt  wurde  ^^*).  Diese  An- 
ordnung ist  ohne  Zweifel  dadurch  hervorgerufen  worden, 
dass  schon  in  dem  ersten  Jahre  nach  der  Gründung  der 
Universität    viele    Licentiaten    verschiedener    FacuBJäteö: 


113)  Die  gesetzliche  Bestimnmng  darüber  war  folgende: 

>StatQtuin  fuit,  ut  singularum  facultatum  magistri  illam  facnl- 
tatem  facientes  sive  pauci  sive  multi,  imo  si  unus  solus  in  aliqua 
facaltate  regat,  unam  et  generalem  habeant  vocem,  sicat  cujuscim- 
qae  alterius  facultatis  magistri  etiam  qaantumcunque  multi  et  speci- 
fice ,  si  solum  duo  aut  unus  esset  doetor  juris ,  tantam  vocem  ha- 
beret  yel  haberent  in  factis  imirersitatis>  sicut  omnes  magistri  artium, 
etiamsi  essent  viginti  seu  centum,  seu  qaotlibet  plures,  quia  etiam 
ita  Parisiis  est  consuetum.«    Annall.  Univ.  1.  c.  F.  38. 

In  der  Hist.  Acad.  F.  26  wird  üb^  die-  »Suffragii  ratioc  Foi« 
gendes  berichtet: 

»Notandum  autem  in  Academicis  deliberationibus  tunc  quidem 
temporis  Senatus  constilta  facta  faisse  non  secundum  niimerum 
personarum  in  facultatibus ,  sed  secundnm  vota  quatuor  quatoor 
facultatum  et  Rectoris,  et  quidem  ita,  ut  si  vel  unus  vel  duo  saltem 
in  una  essent  facultate,  tantum  tamenvaleret  illud  votum,  quantum 
si  4,  5,  6  vel  10  vel  20  vel  100,  ac  si  in  civitatibus  ac  Rebuspu- 
blicis  secundum  vota  tribuum,  non  singulörnm  civium  decreta  fierent. 
Der  Verfasser  setzt  bei:  >De  hujus  consuetudinis  qualitate  aliis 
Judicium  relinquo.« 

lU)  Ann.  Univ.  F.  60. 

115)  Hfet.  Acad.  F.  26i 


CanzUr,  Procan$ler.  ErikeU.aead.OradB,  Conaervatorenete,  143 

von  l?ma  imd  Prag'  aus  nacli'  Heidelberg  kamen  ^^^ 
Hätte  man  nun  diesen  gldiehe»  Stimmrecht,  wie  den  an 
Zaid  geriagen  ordentlichen  Professoren,  zugestanden,  so 
vflrden  die  Liccmtiateii  in  der  Regel  die  Entscheidung 
in  Facultäts-  und  Dniveiisitäts-AngdBgenheitea  gegeben 
haben  i^^. 

§  9. 
Camhr.    Procanaler.    EndheÜung  aeademischer  Grade. 
Cmerväiorenj    SUkeanservat^reni     Privüegirte  Beten 

der  Uhiversität.  ^ 

Canzler  der  Universitäi;  war  nach  der  päpstlichen 
Autorisationsbulie  der  jeweilige  Dompropst  der  Cathedral- 
kirche  zu  Worms,  welchem  jedoch  gestattet  war,  seine 
Stelle  durch  einen  Pro-(Vice-)Canzler  vertreten  zu  lassen. 
Diese  Würde  mit  den  damit  verbundenen  Rechten,  zu 
weleben  auch  das  gehörte,  aarf  den  Vorschlag  der  Facul- 
täten  academische  Grade  zu  verleihen  (S.  65),  behielt 
derselbe  von  der  Begründung  der  Universität  bis  zum 
l^de  des  18.  Jahrbuttderts  (S.  68).  Nach  dem  30j&hri- 
gen  Kriege  machte  die  Üniyersität  einen  vergeblichen 
Versuch,  die  Promotionen  ohne  einen  Canzler  oder  Pro- 
caazler  vorzunehmen. 

Nach  den  Promotions-Feierlichkeiten  wurde  dem  Canzler 
oder  seinem  Stellvertreter  von  den  Examinanden  ein  Maass 
Malvasier-Wein  mit  einem  Pfund  Confect  gereicht.^*®)  und 


116)  Wandt,  Ma«;az.  B.  m.  S;  267.  269.  271. 

117)  Diese  Wahlbestmffiung^en  blieben  in  Kraft  bis  zom  Jahre 
1452,  wo  sie  durch  die  Universitäts  -  Reformation  des  EarfÜrsten 
Friedrich  I.  abgeändert  wurden. 

118)  Mensura  vini  MaHaaeti  cnm  libra  de  Zackaro  confecti. 
Acta  Fae.  Art.  Ti  II.  F.  131,  a.  Bei  der  damals  lebhaften  Ver- 
bindung mit  Griechenland  wurde  viel  griechische  Wein  in  Dentseh-  • 
hmd  eingefahjrt^  In  dev  Sladlordnung  von  Weinheim  v.  7.  December* 
1489  wird  nnlier  Anderm  auf  griechischen  Wein  von  Napoü  d^* 
Malvasia,  auf  Wein  aus  Istrien  von  Rivoglio  und  auf  italienischen 
Wein  von  BassMio  Ümgeld  gelegfi^    Mone,  Ztschr.  B.  lY.  S.  309. 


144       X  Buch.  L  Periode.  1.  Msebnitt,    (lS4ß^l390.) 

zugleich  den  Examinatoren  jeden  Tag,  so  lange  die  Prfl* 
fangen  dauerten,  als  kleine  Erfrischung  IQise,  Brod  und 
etwa  2 — 3  Maass  Wein  vorgesetzt  ^^^);  den  Examinanden 
war  es  jedoch  strenge  verboten,  Speise  oder  Wein  in  das 
Prüfungslocal  mitzubringen  oder  sich  dabin  holen  zu 
lassen  "^. 

Bei  Ertheilung  des  Grades  erhielt  der  Doctorand: 
das  verschlossene  und  offene  Buch,  den  Doctorhut  (bir- 
retum,  bei  den  Theologen  purpurea  mitra  genannt),  den 
Doctorring,  den  Doctorkuss  und  Seg^a,  aasserdem  die 
Juristen  den  rothen  I)octorinaatel  (color  ruber  Juris  vitae 
et  necis  ab  antiquo  fuit  symbolum)  und  die  Philosophen 
den  purpurnen  Doctormantel  **^). 

Der  erste  Canzler  war  der  damalige  Dompropst 
Geylnhausen  ***).      Er  ernannte    jedoch    schon   am 


SU.  — •  Ausser  dieser  Gabe  pflegte  der  Canzler  auch  ein  Birrei 
und  Handschuhe  von  der  üniv^rsitl^t  zu  erhalten.  Siehe  unten  das- 
Schreiben  des  Ganzlers  Clapis  an  den  Kurfürsten  Philipp^ 
Vergl.  auch  Vi  seh  er,  Gesch.  d.  Univ.  Basel  S.  235. 

119)  Ezilis  refectio  in  caseo,  pane  et  forte  duabns  aut  tribus 
m^suris  vini    Acta  Fac.  Art  T.  IL  F.  131,  a. 

120)  Anno  1490  facta  congregatione  plena  de  facultate  artium 
per  juramentum,  conclusum  erat  concorditer^  decretum  et  statutum 
propter  diversa  motiva,  quod  ezaminandi  pro  gradu  bäccalaureatus 
in  artibus  vel  temptandi  pro  licentia  in  eisdem  ipsis  temptatoribns 
nihil  cibi  aut  potus  ad  locum  sui  examinis  sive  temptaminis  ap- 
portent  et  apportari  quovis  modo  disponant^  sed  ipse  decanus  pro 
tempore  existens  eis  manifeste  dicat  et  cum  rigore  cum  suis  con- 
temptatoribus  exsequatur,  quod,  si  aliquis  eorum  aut  cibi  sive  po- 
tus apportari  ordinaverit,  talis  tunc,  ut  premittitur,  ad  temptamen 
sive  examen  per  temptatores  nequaquam  admittatur.  Acta.  Fac. 
Art.  T.  III.  F.  2,  b. 

121)  Eine  ausführliche  Schilderung  des  Promotionsactes  bei  den 
verschiedenen  Facultäten  findet  sich  in  Acta  secul.  p.  167.  225. 
272. 320.  In  Wien  hatte  der  Doctorand  dijm  Praeses  bei  ier  auf  die  Er- 
theilung der  Doctorwürde  folgenden  Disputation  14  Ellen  Tuch,  die 
Elle  zu  2  fl. ,  dem  PedeU  6  Ellen ,  die  Elle  zu  1  fl. ,  und  jedem 
Doctor  regens  Wein  und  Gonfect  zu  geben»  Raum  er,  .Deutsche 
Universitäten,  S.  2a 

122}   Geylnhuss  ttniversitatifl.  dum  vixit  caacellarias.    CaL 


CanzUr.  Ftoem4er,  SwU^  inif(ul,  Chatie,  Ootueroaiormctc.    145 

9.  Febmiar  1387  den  D^can  der  Stjftskirdie  zu  Neustndt 
a.  d.  H.,  M.Bork:ard(BurGhard),  zu  seinem  Proeanzler^^^, 
welcher  ia  dieser  Stelle  bis  sum  Jahre  1393  blieb«  Nach 
ihm  wurde  dieselbe  1396  von  dem  damaligen  Dom-* 
propste  Sehauart  dem  ältesten  Lehrer  des  canomschen 
Rechtee,  Noyt,  fibertrageu,  wdcher  sie  auch  zur  vollen 
Zufriedenheit. der  Universität  versah  ^'^).  Im  Jahre  1407 
wuide  dieses  Amt  von  dem  Domproiiste  Tfaeodorich 
Beghel  dem  ersten  Professor  der  Theologie  und  bei 
dessen  Verhinderung  dem  zweiten  übeiigebeA;  sollte  di?-' 
ser  im  gleichen  FaUe  sein,  so  hatte  der  Profes«pr  dei^ 
oanoaiacbea  Rechtes*  and  bei  dessen  Abhaltung  der  Pnn 
fesaor  der  Medicjn,  und  wenn  alle  diese  verhindert  w^ 
ren,  der  Decan  der  Arti8ten*Faculttt  eimamtreten  ^'^). 

Diese  Anordnung  blieb  in  Kraft  bis  zum  Jahre  1420, 
wo  Boghel  das  Procancellariat  5  Professoren  der  theo- 
logischen  Facultät,  2  Professoren  der  juristischen,  1  Pro- 
fessor der  medicinischen  und  dem  Decane  der  artistischen 
Facultät  übertrug  ^*').  Doch  auch  diese  Bestimmung  än- 
derte Boghel  1429  dahin  ab,  dass  er  auf  unbestimmte 


'» '^*» 


acad.  I.  d.  d.  6.  April  1390.  —  In  den  Acten  ist  der  Name  ge- 
w(yhnlic!i  6«ylnhuss  oder  Geybhusen,  in  späteren  Schriften  aber 
Geylnhansen  geschrieben. 

123)  Annan.  Univ.  T.  I.  F.  40,  b.    Eist.  Acad.  F.  29. 

114')  Schwab,  P.  li  p.  20.  -^  Die  betreffende  Urkunde  t.  10. 
October  1396  ist  im  Cf^ialb.  d.  Univ.  F.  38,  a.  Das  ViceeanceUaxiat 
wurde  gewöhnlich  auf  Iiebenszeit  übertragen.  So  heisst  es  auch 
in  dieser  Urkunde:  »Poimno  (Noyt)  vices  nostras  plene  cpmmitr 
timu^  per  prarQsenstes,  49^ec  easd^  ad  nos  duxerimus  revocandas.« 

125)  Die  doTflber  ausgesielhe  Urkunde  y.  9.  März  1407  befindet 
sich  im  Univ«-Arel|^  Nri  60/ und  absehriftlich  im  Copialbj.d,  Univ» 
F,  38>b.  , 

126!)i  Bie  Uark*nde  ▼.  3;.  'NoTemher  14i20  ist  im  UnivMrch. 
Nr.  26  und.  ahschrifUiph:  im* 'Gopialkr  ä.  \Mr,  F.  39>.a.  -^  J>^ 
froher  geaanifte  jProcauzler  Noyt  bekleidete  dieses  Amt  auch  i.  J. 
1427.    Annan.  Univ.  T.  I.  F.  111,  a.  ,     .. 

Hantz,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  10 


146        I'  Buch.   I.  Periode.   1.  AhsehniU.    {134e--1390,) 

Zeit*  und  auf  Widerruf  *^^)  das  Procancellariat  den  Deca- 
nen  und  Prodecanen  der  4  Facultäten  übergab  "^. 

Wie  lange  diese  Bestimmung  Geltung  hatte,  ist  aus 
den  Acten  nicht  zu  ersehen.  Wir  finden  nur,  dass  1441 
dem  Johannes  Wenke  von  Harrenberg  von  deoat 
Capitel  in  Worms  und  1442  dem  PPtrfessor  der  Theologie 
Rudolph  von  Brüssel,  von  dem  Dompropst  Lud- 
irig  von  Ast  das  Vicecancellariat  übertragen  worden 
ist^**).  Im  Jahre  1480  wurde  Johann  von  Dalberg 
Dompropst  in  Worms  und  zugleich  Ganäer  der  Univer- 
sität, was  OT  bis  zum  Jahre  1482  blieb,  wo  er  als  Nach- 
folger Reinhard' s  von  Sickingen  Erdriscbcf  in 
Worms  und  zugleich  von  dem  Kurfirsten  zu  seinem 
Grosscanzier  (aulae  Palatinae  magnus  Cancellärius)  er- 
nannt wurde.  Die  letzte  Würde  behielt  er  bis  zum 
Jahre  1497 1»«). 

Nach  dieser  Zeit  war  es  bei  der  Universität  in 
IJ^bung  gekommen ,  dass  die.  Ejecane  d^r  Fapultäteu  die 
academischen.  Grade  ertheilten,  ohne  von  dem  Dompropst 
in  Worms  weiter  Kenntniss  zu  nehmen.  Als  a-ber  1489 
Anton  von  Clapis  Dompropst  geworden  war,  nahm  er 
das  Recht  eines  üniversitätscanzlers  wieder  in  Anspruch, 
und  ermächtigte  erst  dann  die  Decane,  Promotionen  vor- 
zunehmen, -nachdem  Kurfürst  Philipp  ihn  darum  ange- 


127)  In  der  Urkaade  heisst  es:  »Plen'arie  ooxhmittioms  in 
Bolidmn  Tioes  nostras,  donec  eas  ad  bqs  dnxerimüs  revoeandas.« 

128)  Die  Urkunde  d.  d.  12.  August  1429  ist  in  Act.  F&c.  Art. 
T.  1.  F;  223  und  im  Copialb.  d.  Univ.  F.  73,  a. 

In  den  sämmtlicben  Ue1)ertragungiiu^kttiiden  heisst  es :  »NnHüs, 
quem  vices  nostras  supplere  cont]iq;et^  eat  odtoy  amöre,  munere  vel 
prece  seu  precibus  sen  &i  alia  qaatuinqoe  C(xrru|^k-Viäl  affecltione 
dignos  et  bene  meritos  impediat  et  indignos  promovere  praesuinat.4 

•  '      129)  Büttinghausen,  Yeraeichniss  die  Unit.  Heidolb.  betr. 
Schriften  unter  Wenke.    Wundt,  De  ord.  phito«.  P.;I..'27. 

130)  Ulimann,  De  Joanne  Dalburgio  (Progr.  1849)  p.  6.  T. 
Schwab,  P.  II.  p.  268. 


CangUr,  FrocomsUr,  Erfh.  aead.  Orade.  Ckmaertaiot^en^tc.  14T 

gaogen  mid  die    UaiTersität   ihn  als  Caiider  anerkannt 
hatte  »»*). 

Hatte  nun  der  Magisirand  oder  Doctorand  alle  an 
die  Erlangung  dieses  Grades  gekhflpften  Bedingungen, 
Exaniination  bei  seiner  Facultät  xl  s.  w.,  erfttUt,  so  wurde  er 
von  seinem  Decane  dem  Canader  oder  Procanzler  empfohlen, 
welcher  dann  die  Promotion  genehmigte  (S.  65).  War  dieses 
geschrien,  so  wurde  ihm  entweder  von  dem  Rector  oder  dem' 
Decane  seiner  Facultät  ein  Zeugniss  (Testimonium  accepti 
gradus  s.  iH*omotionis)  ausgestellt.  Das  älteste  Zeugniss, 
welches  in  den  Annalen  der  Universität  vorkommt,  ist 
vom  Jahre  1427.  Es  wurde  unter  N  o  y  t'  s  PTOoancellariat 
von  dem  Rector  dem  Johannes  Ner  als  creirtem  Ma- 
gister undDoctor  des  canonischen  Rechts  ausgefertigt  ^'^). 


IBl)  lieber  den  ganzen  Sachverhalt  erklärt-  sich  Clapis  in 
zwei  im  Jannar  1489  an  den  Kurfürsten  und  an  die  Universität 
gerichteten  Schreiben.  In  dem  an  den  Kttrfflröten  wies  er  auf 
die  Uniyenitäten  Paris  and  Maim  hin  und  vie  von  diesen  dem  Ganzler 
sein  Recht  werde;  er  aber  habe  bis  jet^t  Yerfei>en8  von  der  Uni- 
versisät  Heidelberg  seine  »Gerechtigkeit«  gefordert,  es  sei  ihm  aber 
»keinmal  Handschue  oder  Bierret  worden«.  Darum  sei  er  willens 
>8tyll  zu  steen  bis  dann  ihm  als  eine»  Caatzler  seia  Gerechtigkeit- 
werde«. 

Der  Universität  schrieb  er,  er  wolle,  auf  den  Wunsch  des 
Kurfürsten ;  den  Decanen  der  4  Facultäten  das  Recht  geben, 
»apenendi  examen  ac  licenciam  concedendi  volentibus  proraovendi 
ad  qnatmor  annos  proxime  veatoros  secandnm  cenmetudiaem  hac- 
tenus  servalam  in  ipaa  alma  universitata  Hae  tarnen  condicione 
et  spe,  quod  prefati  vicarii  sive  vices  meas  gereutes  me  recognos- 
cerent  Ganccllarium,  a  quo  auctoritas  promovendi  dependet  in  Juri- 
bus mihi  tanquam  Cancellario  debitis ;  desidero  eciam  et  ita  preditis 
meis  vicariis  comitto,  et  quociescunque  aliqoi  erunt  in  maioribus 
facuUatibus  promovendi,  mihi  significare  velint,  at  si  tempus  postu- 
laverit,  valeam  presens  promocioaibus  iUifi  interesse.«  Abgedruckt 
sind  beide  Schreiben  bei  Wundt,  De  ord.  phiios.  P.  I.  p.  27.  28. 
~  Clapis  (t  1512)  war  übrigens  gegen  die  Universität  und  Stadt 
Heidelbetrg  sehr  freiuKUich  geaiant,  was  eine  no«h  vorhandene 
»Oratio  in  laodem  Civitaüs  et  Universitatia  Heidelbergensis«  (s.  i.  et  a.) 
beweist 

132)  Urkunde  Nr.  IV.   Annall  Univ.  T.  L  F.  111,  a.  —  Dasa 

10* 


148       /.  Bueh,  I.  Periode,  i.  AbaO^niU.    (134^-^1390.) 

In  der  Folge  finden  ^r  BDlche  Zengnii^se  ausgestellt  tob 
Deeanen  der  theologischen  Facultät  (9.  August  1568)  imd 
der  juristiBcben  (34.  August  1568)  ^'^.  Dos  Augfertigen 
eigentlicher  Doctordiplome  kam  erst  später  in  BntudL 
Die  äftesten ,  i?elche  mv  uns  haben  v^^ehäffen  können^ 
sind  zwei  der  medioinisohen  Faeultät  Das  erste  ist  yom 
28.  August  1766,  bat  als  Uebersebriftc  »Decanus,  Senidr^ 
Doctores  et  Professores  Facultatis  Medicae  in  astiquissima 
Electorali  .Palatina  üniversitate  HeidelbeigensL  Orambns 
has  Lecturis  Salutem  in  domino«  und  ist  unterzeidHiet: 
»F.  Scbönmezel^  Pb.  et  Med.  Doctor,  Prof.  Anat  Pub. 
et  ordin.  p.  t  Prb-Deeanus-«.  Das  zweite  ist  vom  20. 
December  1771,  hat  die  Ueberscbrift:  »Deeanus , !  Seniory 
Professores  Facakatts  Medicae  in  Alma  et  Antiquissima 
Electorali  Universitate  Heidelbergensi.  L.  S.«  und  ist  un- 
terzeichnet: »Franciscus  Shönmezel,  Phil,  et  Med. 
Doct.,  Prof.  pub.  et  ord.  p.  t.  Decanus.« 

Beiden  Dlpl^inen  ist;  mit  z^ei  blaiien  und  zwei  weisen 
seidenen  Bändeitn  m  «in^  bdlzenien  Kapjsd  das  in  Wachs 
abgedruckte  :^SigHlüm  Facültatrs  medicae  Acad.  Heidelb,« 
beigefügt.  Ausgefertigt  wurden  $ie  uuter  deiri  Procawcellariat 
Hennemana's,  ohne  dftsa  derselbe  aIs  Procanxler  oder 
sonst  irgend  eine  päpstliche,  kaiserliche  oder  landesherrltche 
Autorität  oder  em  Rector  oder  Prorector  genannt  wird. 

Ein  eben&Ate.  vo^  .d^  p^cJiqinisqheu  F^ultät  a^  1. 
Januar  1802 'ausgefertigtes  Dipiioin  ist  der  Form  na«h  deli 
eben  genannten  Ürkurideti  gleich  und  von  äkm  damaligen 
Decane  Nebel  ausgestellt  ^^.^). 


■  ♦ 


in  gleicher  Wele^  auich  nachher  solche  Zeogiusse  ausge^telH  wur- 
den^ beweist  die  ven  8|>atei'er  Haiid  beigefagte  üeberstefati  >Forma 
Iftterarum  testimmiiäHiim  hi  deetdratu.«  < 

188)  Die  beiden  Testiteonia  siUd  in  AanäU.  Umv.  T.  fX.  V,  I. 
F.  75.  77.    ■'    >•    ■  •_■■...•: 

134)  Vonoeifk'em  von  dem  Deeftne  lier  Jttristen-Factiltät  hibelne^' 
Eigenschaft  als  Pfalzgraf  ausgestellten  academiMhdn  Ihn  tef diplbme 
d.  d.  15.  Juni  1772  wird  unten  in  dem  Abschnitte  über  dia  Krnen-' 
nung  von  Pfalzgrafeii  ausfäfarlicher  gehandelt  werden. 


Camuskf.  ProcaiMler.  Erik,  acad.  Qrade.  Omservatoren  etc.  149 

Die  Congervatoren  (Gonservatores  jurium,  liberta- 
tum  et  privilegiomm  üniversitatis  studii  Heidelbeii^exi^) 
hatten  die  Pflicht,  über  die  Bechte  und  Freiheiten  der 
Universität  zu  waehen  und  diese  gegra  Eingriffe  zu  wah- 
ren ^'^).  Diese  war^i  A  in  hohen  Eirchenämtem  stehende 
Manner:  der  Abt  zu  Schönau,  d^  Decan  der  Marien- 
kirche zu  Neustadt  a.  d.  H. ,  der  Deean  der  Trinitatis- 
kirche  zu  Spey^  und  der  Decan  der  Yictorskirche  zu 
Mainz.  Ob  diese  von  den  Karfürsten  oder  vom  Papste 
ernannt  wurden,  oder  theils  von  den  Eurftirsten  und 
theils  vom  Papste,  lässt  sich  nicht  nachweisen;  doch  ist 
d!as  Letzte  wahrscheinlich  ^^^.  Da  jedoch  keiner  der  Con- 
servatoren  seinen  Wohnsitz  in  Heid^berg  hatte,  so  ver- 
traten Subconservatoren  ibrie  Stellen. 

Als  im  Jahre  139&  Oerlach  von  Homburg, 
Sdiolaster  des  Stephansstiftes  zu  Mainz  und  Professor 
des  canonischen  Eechtes,  ein  Mitbegründer  d^  Dionysia- 
nums,  das  Amt  eines  Subeöaservators  übernahm ,  wurde 
ihm,  auf  sein  Ansuchen,  von  der  Universität  aus  jeder 
der  4  Facultäten  ein  Mitglied  beigegeben,  um  sich  ihres 
Käthes  und  Beistandes  zu  bedienen  ^•').  In  einer  Ur- 
kunde vom  7.  Februar  1400. wifd  Ludwig  Phutzin- 
ger^  »Se^lasticus  ecclesiae  S.  Gumberü,  in  Onelspach«, 
als  Sübconservator  der  Universität  genannt. 

Später  kommt  das  Amt  eines  Subconservators  nur 


195)  Mnitus  cdnaervatoris  joni  UniTersitalis  taeri  m  litibus  ex- 
traneis.    BaUirs,  T.  III.  p.  696. 

136)  Sokn,  Orat  p.  ^5.    Wandt,  Mag.  B.  III.  S.  277. 

1S7)  Anno  Donum  1395;  Die  XX.  Deoembr.  facta  fiiit  congre- 
galio  omniiiiil  Dootorma*  et  Magistroraiii .  regentium  et  non  regen- 
tium  inGafiieHa  b.yirginis  ad  aadiendum  peäetonem  yeserabiti»  viri 
domkri  seholastici  suboonsertatoris  studii  Heidelbengensis*  Petivit, 
quod  aliqni  de  mÜTenitate  deputärentur,  'ad  quos  possit  habeve 
-rcciirswn  et  consilittin  in  negooils  et  caaibaa  emergentibtts  et  habita 
dciibentttone  conclnsum  ivdtf  quod  aiey  «1  statin^  deputati  sunt,  qua- 
tuor,  sciticet  de  qnaVbet  iMaHate  unus,.  ad  q«06  dictua  subooBflef- 
^tor  et  ayndlDQB  rdebajjrent  habere  reetiEima.  AtmalL  üniv.  T.  J. 
F.  56. 


!  150        /.  Buch,   L  Periode,  1,  AbschniU.    (1346—1390.) 

selten  und  bei  keiner  einzigen  besonders  wichtigen  Ange- 
legenheit vor  ^^®),  und  wir  haben  hier  noch  anzuführen, 
dass  im  Jahre  1522  der  Dechant  des  Stiftes  zum  H. 
Geiste,  Jacob  Hartlibig,  als  »Subconservator  privile- 
giorum  üniversitatis«  in  einer  Urkunde  genannt  wird,  in 
welcher  er  dem  Dompropste  auf  dem  »Görgfenberg*  bei 
Pfeddersheim  *mit  der  Excommunication  droht,  falls  er 
die  accördirte  25  Malta*  Korn  nit  liefern  wollte«  *'^). 

Zu  den  Rechten  der  Universitäten  gehörte  auch  das 
in  jener  Zeit  sehr  wichtige  Becht ,  eidlich  verpflichtete 
Boten  (nuncii  jorati)  zu  haben.  Dieses  Recht  hatte 
auch  die  Universität  Heidelberg.  Schon  unter  dem  20. 
Juni  1397  findet  sich  ,eine  von  dem  damaligen  Rect(M- 
Noyt  ausgestellte  Urkunde,  durch  wel<*e  Nico  laus 
Moer  zum  Boten  der  Universität  ernannt  und  aHe  geist- 
lichen und  weltlichen  Behördeh  ersudit  werden,  ihn=  nicht 
nur  frei  und  ungehindert  reisen  zu  lassen,  sondern  auf 
jede  Art,  wenn  nöthig,  zu  schützen  ^^% 


138)  Wundt,  a.  a,  0.  S.  273. 

139)  Originalurk.  Üniv.-Arch,  Nr  117. 

140)  In  der  genannten  Urkande  (Litera  testimönialis,  quod  ali- 
quis  Sit  nuncius  juratas  Univetsitati») ,  welche  in  dem  Copialb.  d. 
Univ.  F.  39,  b.  40, a.  aufbewahrt  ißt,  heis8t  es:  >N(^tre  umversi- 
tatis  nuncium  et  missagium  omnibus  et  singulis  privilegiis,  franchi- 
siis  et  libertatibus  ejasdem  universitatis  gaudere  yolumus,  pleno 
jure  ad  diversas  mundi  partes  pro  diversis  negotiis  magistromm  et 
-scolarium  ejiisdem  nostre  iimersitatis  peragendisdeslinatis  tarn  per 
terram  quam  per  aquam  habeat  transire;  oinneset  siiigalos  rogamnB 
et  in  domino  exhortamur,  qoatenus  pre&tnm  Nicoiautn  prelibate 
nostre  universitatis  missagium  seu  nunciutfi  jaratatn,  dum  per  ter- 
ras,  loca,  dvitates  ac  passus  et  districtus  Testros  transierit  cmi 
rebus ;  libris,  yestimentig  et  alüs  bonis  predictorum  inagifltroruin  et 
scolarium  atque  suis  eundo  et  redeundo  ad  eandam  nostram  mu- 
versitatem  tociens  quoeiens  fuerit  opportunnm  abqoe  theolonii,  pe- 
dagii  et  gabeHe  ac  cnjuscunque  alteriua  exkotitHlia'  onere  ob  omiii- 
potentis  dei  santeqoe  sedis  aposlioHoe  reverendaiiii  ac  prefateiidrtre 
universitatis  Cöntemplationem  libere  traasife  permittatis  et  si.indi- 
guerit  ao  vos  tel  aliqvem  '^estrum  super  hoc  requraiverit  sibi  de 
saWo  et  securo  conductu  dignemini  providere.« 


Geriehkibark^  der  Universität.    Caroer,  151 

§  10, 
Oerichtsbarkett  der  Universität.     Carcer. 

Wie  alle  Universitäten,  so  hatte  auch  die  Heidelber- 
ger ihre  eigene  Gerichtsbarkeit,  welche  zunächst  dem 
Bector  und  academischen  Senate  anvertraut  war;  doch 
war  diese '  nicht  völlig  unbeschränkt.  Denn,  hatte  die  Uni- 
versität auch  die  gesetzgebende  und  ausübende  Gewalt 
über  alle  ihre  Angehörigen,  so  übte  sie  die  erste  unter 
der  höchsten  Aufsicht  und  mit  Genehmigung  des  Kurfür- 
sten aus,  und  die  zweite  theilte  sie,  wenigstens  in  einzel- 
nen Fällen,  mit  dem  Vogte  und  dem  Schultheissen^*^) 
der  Stadt  Heidelberg,  welche  ihr  aber,  und  zwar  in  jedeni 
Jahre,  zu  schwören  hatten,  bei  der  Handhabung  der  ihnen 
übertragenen  Amtsgewalt  keine  Eingriffe  in  die  Freihei- 
ten und  Gerechtsame  der  Universität  zu  machen,  sondern 
vielmehr  deren  Privilegien  aufrecht  zu  halten  ^*^.  Doch 
zeigte  sich  bald  ein  Uebelstand,  welcher  öfter  die  Auf- 


141)  Das  Wort  Yogt  ist  aus  AdTOcatus«  welche  Bezeichnoiig 
immer  in  den  Urkunden  vorkommt,  entstanden:  Ad — vocat  —  us, 
Vocat,  Vogt,  Voit,  Fauth.  Zur  Zeit  der  Begründung  der  Universi- 
tät bekleidete  Conrad  von  Rosenberg  diese  Würde.  In  dem 
14.  Jahrhunderte  kommen  die  Vögte  oder  Fanthe  auch  unter  dem 
IJ^amen  Vicedomc  (Vicedomini)  vor.  Als  nämlich  die  Besitzungen 
des  Landes  sich  immer  mehr  ausdehnten  und  die  Kurfürsten  sich 
öfter  in  ihre»  Bayerischen,  Staaten  aufhielten^  bestellten  sie  eiue 
Art  von  Statthalter  in  den  Rheinisehen  Landen,  welche  nur  den 
znletst  genannten  Titel  führten.  Nach  dem  14.  Jahrhunderte  wur^ 
den  aber  Vögte  oder  Fauthe  wieder  eingeführt»  In  den  neuere» 
Zeilen  erhielten  sie  den  Titel  Oberamtmann.  Widder,  Th.  L 
8.  Sl  ß.,  wo  auch  diese  Beamten  in  chronologischer  Ordnung  vom 
Jahre  1214  — 1780  angegeben  sind.    Vergl  auch  Häusser,  S.  104, 

Von  dem  Vogt  ist  der  Schul theiss,  in  den  Urkunden  Scul- 
tetus  genannt,  wohl  ssU  uaterscheiden.  Jener  war  ehie  Staats«,  dies^ 
eine  städtische  Behörde.  In  der  alten  Strassburger  Verfassuqg  des 
11.  Jahrhunderts  heisat  der  Sehultheiss  causidicus,  eine  wörtliche 
üebersetziing  von  Sdinld  (causa)  und  h^issen  (dieere),  weil  er  das 
ÜrtheiL  aussprach  (sejubentiam  dieere).  Mone^  Ztschr.  B.  IV. 
H..  2.  S.  13a.. 

142)  AunaU.  Univ.  T.  m.F,.  157,  b. 


152       J^.  Buch,   t  PmtOe.  1.  Ad»chnin.  (1946-^1390.) 

rechthaltung  der  gesetzlichen  Ordnung  hinderte.  Der 
grösste  Theil  der  Scholaren  bestand  aus  Glerikera  Diese, 
durch  ihren  Stand  von  Jeder  andern  Gerichtsbarkeit  be- 
freit, erkannten  nur  die  richterlichen  Ausspräche  des  Bi- 
schofs von  Worms  an.  Um  nun  diesen  Missstand  zu  ent- 
fernen , .  beschloss  die  Universität ,  von  dem  Kurfürsten 
unterstützt,  durch  dessen  Protonotär,  OttovonNeuen- 
stein  (de  lapide  novo),  an  den  damaligen  Bischof  zu 
Worms,  Eckhard  von  Ders,  mit  dem  Ersuchen  sich 
zu  wenden,  dem  jeweiligen  ßector  auch  über  die  in  Hei- 
delberg studirenden  Cteriker  das  richterliche  Amt  zu  über- 
tragen^*^. Ehe  jedoch  Neuenstein  seinen  Auftfag 
an  den  Bischof  erfüllen  konnte,  kam  Eckhard  auf  Be- 
such zum  Kurfürsten  nach  Heidelberg.  Dieser  empfahl 
ihm  das  Gesuch  der  Universität.  Der  Bischof  weigerte 
sich  zwar,  die  fragliche  Gewalt  dem  zeitlichen  Rector 
gänzlich  zu  übertragen,  gab  jedoch  soweit  nach,  ditrch 
den  kurfürstlichen  Vicedom  seine  Stelle  versehen  zu  las- 
sen ^**).  Doch  willfahrte  er  (1393)  dem  wiederholten 
Ansuchen  der  Universität,  die  dem  Vicedom  anvertraute 
Befugniss  dem  trocanzler  und  damaligen  Eector  Noyt 
zu  übertragen  ^^^). 


143)  Facta  con^egatione  univer^tatis  ad  videndum  inodttni, 
•A^  vitia  clericorum  remanerefkt  impunita^  praegertim  eaiki  in  oppido 
Heidelbergettsi  nullttis  supei*  scolateer  clericos  existentes  jumdictki* 
nem  haberet,  fuit  delibe(ratam,  Ht  adiretnr  Mag.  Ot^o,  pmtoaotariiis 
Dotnini  nostri,  ut  ipso  dirigente  Dominas  noftter  Dnx  obtiaier6t  ab 
^piscöpo  W^oi^atfensi,  nt  Btfper  delietis  clericoiilm  80ol*i«iai*  «ni'' 
terfiitatiB  vices  suas  committeret  RectoH  anivdrsitatis  pro  tempore 
existenti.    Anttall.  Univ.  T.  I.  F.  S7, 

144)  D^r  Annalist  glaobt  jedoch  durch  dies^  «inem  Laien 
übertragene  Strafgewalt  das  Ansehen  d^  Kirche  verletzt,  indem 
er  (F.  37)  sagt:  »Hoe  est  pericnlosam,  cum  episcopns  vicefr  suas 
laico  super  clericos  delinquentes  oammittere  bkmi  potcst«   Ifoid. 

145)  Yenerabilis  pater  dondnos  Eckaardus,  Wormattensis  epi« 
scopus,  ad  suppUcationem  Universttatis  venerarbili  rko  dotnino  Jo^ 
hanni  de  Nojt,  decretorum  doctori,  Rectori  hujus  studii  et  ejuldem 
vicecancellario,  commisit  vioes  sÄas,  ut  poSsit  caj^ere  et  faoere  capi 


döefiUr  mnd  Siegel  der  Uwherniät  153 

Die  der  Universität  zugestandene  Jurisdiction  um- 
fasste  auch  das  Recht  über  Leben  und  Tod  (jus  vitae  et 
Beeis)  über  alte  »terzu  geh<lrigen  Unterthanen«,  und  zwar 
dergestalt,  dass  der  Landesh^r  selbst  nicht  befugt  war, 
es  zu  annuUiren  **•). 

Einen  Garcer  hatte  dleUniversMt  in  den- frühesten 
Z^n  nicht.  Als  solchen  benatzte  sie  das  städtische  Qe- 
fäogfiiss  bis  zum  Jahre  1545,  wo  ein  Universitätd«<)arcefr 
hergeriefatet  wurde.  Von  Carcerstrafen  ist  jedoch  nur 
^venig  in  den  Acten  die  Bede.  Die  meisten  Vergdien 
wurden  mit  Geld  bestraft  und  der  Garoer  wen^er  ato 
Strafitdttel  gebraucht. 

§  11- 
Scepter  und  Siegel  der  Universität. 

Ein  Scepter  (baculus),  wekhes  eben  so  wohl  ein 
äussere»  Zeichen  eigener  6erich4sbarkeit  als  dne  ehren- 
volle Auszeichnung  war  ^^^)  und  bei  aoadenaschen  Feior«* 
Mkeih^  dem  Rector  voif^etragen  wurde,  erhielt  die  Uni- 
versität schon  1338  unter  dem  zweiten  Bectorate  des 
Marsilius  ^**). 


dericos  m  Heidelb.   ei   in  ejus  districto  delin<|uente8   secundum 
formam  juris.    Annall.  1.  c.  F.  55.   Histor.  acad.  F.  25. 

146)  Iselin,  Histor.  n.  geognlph.  Lexicon,  B.  IV.  3.  TOO. 
Lucae  (Eorop.  Hei.  8.  365)  sagt:  »Diese  Unirersitlkt'  hat  nicht 
allein  Jurisdictionem  dvilem^  soniern  auch  criminalem  über  alle 
il^re  Stabs- Atfgebdi^e,  und  ie^  dessen  ia  ^i«ta  possessione  vef  quasi, 
wie  dann  Beefeor  iind  Proleetk^es  afitio  1679  eine  Ihrer  Jarisdicti^a 
nnterworfeiile  Kinder^M örderla  £«Mi  Sehwerdt  yerdammt  habeti.4 

147)  Baculus  vel  sceptrum  Academiae  est  concessum,  ut  stu- 
diorum  ac  literarum  purpura  et  maghfficentia'  <>8tende^etur.  Hist. 
Aead.  F.  ä26. 

148)  Bub  Mftrsilii  red^öratd  bfteultts  RectoriH  consentientibuA 
Aeademfae  stifihiglis  ex  parte  pecaüie  a  seolaribits  ^  Rotul<y 
cdtecte  eofitätas  et  efffi^rmatus  fuit,  poad^ans  in  aT^fenb  5  hiirroail^ 
et  dimidiam  ac  med.  unicam.  AnnaU.  Univ.  T.  I.  F.  36,  ä.  ffiftt; 
Acad.  F.  29. 


154       L  Buch,  J.  Periode,   1,  Abschnitt.    (1346^1390.) 

Dieses  ^oepter  ist  noch  vorhanden.  Seine  Spitze 
bildet  ein  offenes,  via^seitlges  TabernakBl.  In  der  Mitte 
desselben  ist  ein  sitzendes  Ghristuskind ,  umgeben  von  4 
sitzenden  Figuren,  deren  jede  ein  Buch  hält  und  die  zu- 
sammen die  4  Facultäten  vorstellen  **^).  Der  näehste 
Budi^el .  unter  diesem  Tabernakel  ist  mit  4  Waiden  ge- 
ziert ^  dem  pfalz-bayerischen ,  dem  päpstlichen,  dem  des 
BectoBabs  und  dem  des  Bisthums  Worms.  Die  3  übrigen 
unteren  Buckeln  tragen  jeder  sowohl  das  pfillzisehe  al$ 
baymscbe  .Wappen  mit  sonstigen  Verziernngen.  An  dem 
Stabe  ist  eine.  Inschrift  angebracht  ^^®). 

Auch  ein  Siegel  erhielt  die  Universität  gleich  m 
der  ersten  Zeit  ihrer  Begründung.  Dieses  verlieh  ihr, 
auf  Ansuchen  des  Marsilius,  der  Kurfürst.  Er  trug 
seinem  Protonotar, Neuenstein  a^if,  ein  solches  fertigen 
zu  lassen  und  dem  Rector  einzuhändigen,  was  auch  in 
kurzer  Zeit  ge^hah  ^^*). 

Dieses  Universit&ts Siegel  besteht  in  3  hoh^i, 
künstlich  durchbrochenen  Thürmen,  in  deren  mittlerem 
St.  Petrus . als .  Schutzpatron  mit  dem  Sdilüssel  sitzt;  in 
jedem  der  beiden  anderen  ist  eine  geharnischte,  nach 
spanischer  Art  die  Kniee  beugende  Person.  Von  diesen 
bietet  die  zur  Rechten  dem  H.  Petrus  ein  Wappenschild 
mit  den  bayerischen  Wecken,  die  zur  Linken  aber  das 
Wappenschild  mit  dem  pfälzischen  Löwen,  beide  aber 
^teilen  die  ersten  Stifter  und  Promotores,  die  Kurfürsten 
Ruprecht  I.  und  IL,  vor.  - 


149)  Mit  der  Darstellung  d^s  ChriatHskindes  inmitten  der  Facultä- 
ten drückte  die  Universität^  eine  kirchliche  Anstalt,  au8>  dass  Jesns 
Ghristuader  Mittelpunkt  (J,er  Kirche»  nnd  des  chrifitliiphen  und  wissen- 
schaftlichen JLebens  sei.. 

150)  Die  Inschrift  lautet: 

»Anno  Domini  1388  Die  21.  Junii  M.  Marsilio  ab  Inghea  IL 
Rectpre  sceptrum  factuvi  et  ab  Acf^emi^  usurpatnm;  ae  vetustate 
4ebUlitatum  s^paptib.  Acad.  refMuratup  est  Anno  DQwni  1581  die 
%l.  Nov.  Yaif  Forstarq  juxe  Co«  et  Co4.  P.  ocd«  ac.  apiw<)  in  oisd. 
rectore  523.«     :       . :  ' 

151)  AnnalL  Univ.  T.  I.  F.  1.  36,  a.  .  .      , 


Aelteete  Verordnungen  und. Gesetze  der  UnitfersUät.  Ferien.  155 

Ein  ifveiteres  Siegel  ist  das  Rectorats Siegel  mit 
dem  Pfälzer  Löwen,  der  ein  Buch  hält  mit  der  Inschrift: 
»Semper  apertus«. 

Unter  den  verschiedenen  Facultäten  hatte  die  arü* 
stische  am  frühesten  Siegel,  und  zwar  ein  grosses  und 
ein  kleines.  Beide  Hess  sie  sich  1403  anfertigen  ^^'). 
Auch  die  theologische  und  juristische  Facultät  hatten 
schon  frühe  eigene  Siegel;  doch  findet  sich  das  der  theo- 
logischen Facultät  erst  1472  in  Urkunden  vor  und  das 
der  medicinischen  erst  1563. 

In  späterer  Zeit  wurden  mefhrere  Siegel  angeschafft, 
60  15^6  von  der  theologisdien  Facultät  evang^cher 
Seits  und  1627  eines  von  der  philosophischen  und  eines 
von  der  theologischen  Facultät  katholischer  Seits  (das 
letzte  mit  dem  H.  Augustinus).  Im  Jahre  1683*  er- 
hielt die  reformirte  theologische  Facultät  ein  goldenes 
Siegel  mit  der  Inschrift:    »ad  legem  et  testimonium«  ^*'). 

§12.     . 

Aelteste   Verordnungen   und  Gesetze  det*    Universität 

Ferien, 

Das  Vorrecht,  welches  alle  Universitäten  in  früheren 
Zeiten  hatten  (S,  57  u.  58),  sich  selbst,  besonders  in  Beziehung 
auf  innere  Verfassung,  ihre  Verordnungen  und  Ge- 
setze zu  geben,  ihre  Beamten  zu  wählen  u.s.w., 
hatte  auch  die  Universität  Heidelberg.  Bei  der  Abfassung  der- 


1Ö2)  WuDdt,  De  ord.  phil.  P.  I.  p.  15.  16. 

153)  £8  wurde  von  dem  Ooldarbeiter  Li  ecken  gefertigt  und 
kostete  12  Kthlr.  Annall.  T.  XXXin.  F.  94.  AusfOhrlicher^g  Aber 
die  UniT^rsitätssiegel  öndet  sich  bei  Hag.elgaas,  OrbM  lit«-. 
acad.  Francof.  ad  M.  1737.  p.  10  n.  bei  Heideloff,  Gedenkbl&tter 
der  Universitäten  Heidelberg,  Prag  und  Wien./  Nürnberg  1856,  das 
3.  Ged^ükblatt.,  !Ein  Universität^siegel  au»  Silber  igt  al«  Gesphenk 
d98  Fllrsten  von  FarBtenbetrg  im  Germanische  Museum  in  NjQrn- 
berg  aufbewahrt..  Tergl  auch  Acta  Pal  T.  L  p.  384  u.  Krembr> 
Gesch.  Friedrich's  L  B.  II.'  S:  472. 


156       I*  Bw^.  L  Pmode.  1,  AhBchnin.   (1846—1390.) 

selben  ging  es  ihr,  wie  wif  es  fast  überall  ba  den  älte- 
sten Hochschuten  finden,  die  Gesetze  wnrdeti  nicht  auf 
einmal  und  in  zusammenhängender  Keihenfolge  abgefasst, 
sondern  entstanden,  wie  es  auch  bei  den  ältesten  Völkern 
der  Fall  war,  nach  und  nach  und  wurden  in  der  Re- 
gel durch  neu  eintretende  Verhältnisse  oder  durch 
einschleichende  Missbräuche  hervorgerufen.  Es  hatte 
deshalb  in  den  frühesten  Zeiten  unsere  Universität  d[>en 
so  wenig,  wie  die  meisten  Universitäten,  eine  Sammlutig 
von  Verordnungen  und  Gesetzen  ^^*). 

Die  wichtigsten  haben  wir  uns  bemüht,  so  weit  sie 
in  den  Acten  niedergelegt  sind,  zusammen  zu  stellen^**). 
Sie  eröfinen  uns  einen  tiefen  Blick  in  den  Geist  der  dii- 
roaligen  Zeit  und  in  das  freie,  oft  zügellose  Leben  der 
Studenten. 

Die  meisten  dieser  Verordnungen  und  Gesetze  wur- 
den unter  den  Rectoraten  des  Marsilius  gegeben.  Er 
war  nicht  nur  der  erste  Rector  (1386),  sondern  beklei- 
dete diese  Würde  auch  in  den  Jahren  1387,  1389,  1390, 
1391,  1392  und  1396- 

Ihrem  Inhalte  nach  beziehen  sich  diese  gesetzlichen 
Bestimmungen,  welche  im  theologischen  Lesesaale  des  Mi- 
noriten-(Franziskaner-)Klosters  von  den  sämmtlichen  Leh- 
rern und  Schülern  der  Universität  berathen  und  feinstioN 
mig  anerkannt  wurden  ***) ,  theils  auf  kirchliche  Anord- 


154)  Ausnahmen  machen  jedoch  die  Universitäten  Wien  und 
Cöln.  V^ien  gab  sich  schon  1389  vollständig  ausgearbeitete  Statuten 
der  4  Facultäten  und  C51a  »llgemirine  Stuten  1392,  Statuten  der 
medicinischen  Facttltäit  1898,  der  theplogiscben ,  juristischem  und 
pbiIost>phi8chen  1898.  Diel  Wiener  Statuten  sind  abgedruckt  b^ 
Kink,  B.  II.  S.  93  ff.  und  die  Cöhier  bei  Bianco,  B.  I.  Anla^eti 
S.  6  ff: 

155.)  ürkttftd^  Nr.  IV. 

156)  Facta  dongregacione  magistromm  et  seölariun^  i^pud  fra- 
tres  minores  hora  prima  ]^t  itteridiem  in  leetori»  dacre  tkeolegle 
•ad  statuendum  statuta  sunt  hae<B  de  unammi  cdnsenM  oomtuitL 
magistromm  et  scolarium.    AnnaH  T.  I.  F.  86^  b. 


Adteite  Verordmmgen  und  Quetfe  der  üimemt&jU  Ferien.   157 

noagen,  theils  siiid  sie  DtopipliBar-  un4  Pcäizei-^eaetze. 
Zu  den  eraten  gehörte  untcvr  aodern  die  B^ati]n|Dluplg, 
was  für  Massen  jährlich  3h  leseo  ^eient,  und  in  welchen 
Kirchen  und  Eligstern  dieaes  gesch^iben  sollew.  Auch  wiir<* 
den  zu  Ekrea  einzelner  um  die  Wjssensohaiten  boch  ver« 
dienter  Männer  besondere  Feste  angeordnet.  So  wurde 
(1393)  auf  den  Antrag  der  theologischen  Facultät  von  der 
Universität  beschlossen,  dass  der  Namenstag  des  Tho- 
mas von  Aquino  von  der  gakizen  Hochschule  gefeiert 
und  an  diesem  Tage  in  keiner  Facultät  eine  Vorlesung 
gehalten  werde  *'^^. 

Die  Schaler  ier  theolog^si^h^n  Facultät  muss- 
ten  weosgstens  an  4  TagQQ  in  4er  Woche,  die  der  juri-« 
stischen  und  artistUchen^ber  an  a}len  Tag^n»  an 
weicjb^n  gelesen  wurde  (diebi^s  legibilibus) ,  die  Vorlesun- 
gen besucht;  verboten  war  bei  Geldr  un(i  Oarcerstrafe 
unter  Anderem:  Würfelsi^^^  Fechten  und  ßeguphen  von 
Feehtscbulen^  Tr^^gen  von  Waffen  (S.  ß8),  nächtliches  üm- 
hersi^wärmen,  Heruwiehen  in  andere  Qursei:^  unztichtiger 
üingmg  mx%  dem  weiblichen  Ges(^hleehte,  VSgel^^en, 
Wegnehmen  von  Obst.vmd  Trauben  in  Gärten  und  Wein^ 
bergen»  Uebersteig^n  der  Stadtmauer. 

lieber  Ferien  waren,,  wie  üljjferlMuipt  bei  den  Uni- 
versitäten in  den  frühesten  Zeiten  (S.  79),  keinp  beson- 
deren Bestimmungen  getroffen.  Sie  fielen  zwischen  das 
Ende  und  den  Anfang  des  Ordinarius  Magnus  und 
waren  kurz;  Dagegen  war  *  aber  •  die  Zahl  der  Tag& , '  an 
welchen  keine  Vorlegungen  gehalten  wurden  ^dies  non* 
l^bües),  ziemlich  gi^osSi  Solcher  Tage  waren  es  nach 
zwei  alten  Kaiendeüa  der  Universil^ät  68,  wekhe  fast  alle 
Festtage  von  Heiligen  sind  "*)...' 


157)  AxmaU.  üiaiv.  T;  I:  F..49,b.  :   .'  i  ' 

158)  In  dem  Üniv.-Arch.  befinden  sich  zwei  auf  Pei«ain0»t 
gegchriebene^  aus  je  12  Folioseiten  bestehende  alte  Ui^Tersitl^^ka- 
lender,  von  welchen  der  eine  (Calendarium  L)  ^i^n^ersten  Baude  des 
Matrikelbuches  (F.  l^qq«),  der  isndete  (Cftlenäarium  11.)  ein^n.  an- 


168       J.  Buch.  I.  Periode.  1.  Ahsehnin,   (ISde-^lSBO,) 

Geordnet  wurden  in  Heidelberg  die  Ferien,  und  zwar 
zunäicihst  für  die  theologische  Facultät  erst  durch  die  der 
Universität  vom  Kurfürsten  JFriedrich  I.  (4452)  gege- 
bene Verfassung.  Ifach  dieser  begännen  sie  8  Tage  nach 
Peter  und  Paul  und  endigten  mit  Maria  Geburt. 

§  13. 
Die  4  Famltäten. 

1.  Theologische  Facultät. 

Der  erste  Lehrer  in  dieser  Facultät  war  Reginal- 
dus.  Er  blieb  jedoch  nur  kurze  Zeit  allein.  Schon  am 
31.  Januar  1887  erhielt  eran  Soltow  aus  Sachsen  einen 
Amtsgenossön  ^^^.  Diesier  hatte  schön  zu  Prag,  von  wo  er 
nach  Heidelberg  gekommen  war,  den  theologischen  Doctor- 
grad  sich  erworben  und  wusste  sich  bald,  wie  wir  bei 
Gelegenheit  der  Eectorswahl  gesehen  (S.  138  u,  139),  einen 
grossen Einfluss zu  verschaffen.  Auch  Wunnenberg  wurde 
noch  vor  dem  Ende  des  Jahres  1387  aus  der  Artisten- 
Facultät  in  die  theolo^sche  aufgenommen  ^^% 

Die  ältesten  Statuten  dieser  Facultät  sind  noch 
vorhanden  *®^);  auch  hatte  sie  schon  früh  einen  eigenen 
Fiscus  und  ein  Siegel  ^®*). 


dam  Manuscripte  beigefügt. isU  Pen  eineelneB  fVigen  sind  ^eht 
nur  .  wichtige,  die  Universität  betreffende  Ereignisse  beigesetzt, 
sondern  auch  Angaben,  wie  folgende:  »Missa  üniversitatis ,  non 
legitar,  non  disputatnr,  legitur  ordinarie  ih  cappis  -  nigris,  legitur  in 
cappis  rogetiB.c  (Unter  Gappa  igt  eine  Art  von  Talar  zu  tersteheii,. 
welcher  über  die  Kleider  angezogen  (wurde.  Du  Gange  s.  v.)  Abge- 
druckt sind  diese  Kalender  bei  Büttinghausen,  Beitr.  z.  Pfalz. 
Gesch.  B.  I.  S.  226—239. 

159)  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  37.    Calönd.  aoad:  II.  d.  d.  28. 
Juni  1390. 

160)  Ibid.  F.  86. 

161)  Urkunde  Nr.  V. 

162)  Annall.  Univ.  T.  I.  F,  87^a  <obeft  S.  166). 


Die  4  Facultätw.  159 

2.  JurUtische  Facult&t. 

Als  den  ersten  Lehrer  in  dieser  Facultät  ^••)  haben 
wir  (S.  131)  Noyt  genannt.  Auch  dieser  erhielt  schon 
im  Jahre  1387  an  Geylnhausen  (S.  144)  einen  Mit- 
arbeiter, welcher  ausserordentliche  Vorlesungen  über  das 
Decret^®*)  hielt.  Er  war  der  Erste,  welcher  auf  der  Hei- 
delberger Universität  als  »Doctor  juris«  promovirte  *'^*). 
Ausserdem  las  als  ausserordentlicher  Professor  über  die- 
selbe  Disciplin  Johann  von  Kolnhausen.  Als  Leh- 
rer des  bürgerlichen  Rechtes  wurde  Matthäus  Gie- 
rn e  n  t  i  s ,  ein  geborener  Aragonier ,  ebenfalls  in  dem  ge- 
nannten Jahre  angestellte*^.  Doch  erhielt  das  Leh- 
rerpersonale der  Facultät  bald  einen  bedeutenden 
Zuwachs  ^•''). 


163)  Yon  dieser  FacalUt  sind  aas  den  frOhestea  Zeitem  keine 
Acten  Torlianden.  Wir  müssen  uns  daher  mit  unsern  Mittheilungen 
über  sie  auf  die  Annalen  der  Universität  and  aaf  die  MatrikeV- 
bflcher  beschränken.  Pie  ältesten  Acten,  welche  diese  Facaltät 
besitzt»  beginnen  mit  dem  Jahr^  U92  und  gehen  bis  1531,  (Ufuy.* 
Arch.  Nr.  358.  51,  c.)  Benutzt  wurden  diese  Acten  noch  nie.  Wa« 
Wandt  u.  Andere  über  die  Juristen-Facnltät  mittheiUen,  schöpften 
sie  ans  den  Annalen  der  Universität  und  den  Matrikelbüchem, 
Ueber  die  Geschichte  dieser  Facaltät  vergl.  Zentner  in  acta  secuJ. 
p.  195  S.  £bepdort  p.  231  ff.  findet  sich  auch  ein  YerzeicluMsB  der 
Professoren  der  Jurisprudenz  vom  Jahre  1386—1766.  Wui^dt,  De 
orig.  et  progressu  Fac.  jur.  (öProgr.  v.  1777,  1778, 1780,  1781, 1782). 

164)  Dominus  Conradus  de  Geylnhusen,  praepositus  et  canoni- 
cuB  EcclesiSie  Wbrmatiensis,  Doctor  Decretorum,  Segens  Decretum 
extsaordinarie,  caneettariua  hi]gaB  Biudii  priroos»  AmialL  Univ. 
T.  I.  F.  13,  a. 

165)  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  13,  a. 

166)  Clementis,  protonotarius  papae,  n^tns  de  regno  aragoniae, 
Doctor  l^i^m,  legens  ordinarie  ^dicem*    Aimall.  Univ.  T.  L  F.  13. 

167)  Der  erste  Band  des  Matrikelbtieh«B  theilt  Folgendes  mit: 
»Anno  1387.  Joannes  Berswort,  Mag.  in  artibus  et  baccalareus 

in  legibus  Parisiensis,  Ganonicus  eccles.  S.  Ganiberti  Goloniensis. 

Anno  1388.  Ghiselbertos  de  Gampo,  baeealareus  in  legibus  et 
Joannes  Ekelenislicenciatas  In  legibus,  canoniens  eccles.  Fritslariensis. 

Anno  1391.    Nicolaus  de  Guba  baccalareus  in  utroque  jure. 

Anno  1399.  Gyselbertus  de  Eeynen,  Ganonicus  Leodiensis  in 
jure  dvüiy  in  Plaoentia  licQBCiato&« 


160       I'  Buch,  I.  Periode  i.  MsOmiH.    (1346-^1390,) 

Schon  im  Jahre  1387  waren,  wie  dieses  auch  in  der 
theojogisdien  Facultät  der  Fall  gewe$ßn,  viele  licentia- 
teu  und  BaecaLaureen  von  Paris  und  l^v9g  pacb  Heidel- 
berg gekomoiea  Von  diesen  widmete  sicl^  der  bei  wei- 
tem grössere  Theil  lem^d  und  lehrend  dem  canonischien 
Rechte;  doch  wurde  auch,  wie  schon  (gesagt,  das  bOrger-» 
Udiie^Be^bt  von  Clementis  vorgetragen. 

Eine  Zusammenstellung  der  Statuten  dieser  Facultät 
aus  d^a  Acten  geben  wir  in  den  Urkunden  ^^%y^ 

3.  Medicinische   Facultät 
.    Sie  erhielt  (S.  131)  am  spÄte^^ten  ihre  A)asbildmig  ^*^, 

168)  Urkunde  Nr.  VI.  . 

169)  Beiondara  Acten  finden  noh  aueb  Ton  djeser  FaeultAl 

nicht  vor.    Was  wir  an  zuverlässigen  Nachweisungen  iü>er  dieselbe 

haben   auffinden   können,    theilen   wir  mit.    Schönmezel  hat  in 

seinea  Programmen   (1769  u.  1771)   es  versucht,  eine  Geschichte 

dieser  Facuhät  zu  geben;  allein  auch  ihm  fehlte  es  an  dem  ndthigen 

Material**).   Um  nun  nicht,  wie  er  selbst  sagt,  gerade  eitk  trockenes 

Terzeichniss  der  Lehrer  zu  geben,  welche  vom  Jahre  1387 — 1450 

in  dieser  Facultät  wirkten,  nahm  et  ein  medicinifiN;hes  Gutachten 

vom  ^ähre  1426  auf.    Aus  diesem  können  Sachverständige  auf  die 

ttedicinischen  Kenntnisse  der  damaligen 'Zeit  einen  S^luss  ziehen. 

Bein  eigenes  ürtheil  fügt  Schönmezel  bei.  IFeber  ^e  Geschichte 

dieser  Facultät  vergl.  auch  Nebel  in  Acta  secularia  Aead.  Heidetb. 

p.  24Ö  sq^.  W  tt  fa  d  t ,  Beitrl^  zur  Gesch.  d.  Heidelb.  Üüivers.  S.  63  ff. 

'*')  In  Ermangelung  ausführlicher  Statuten  dieser  Facultät  fahren 

wdr  aus  denen  der  Wiener  Univcfsität  t.  J;  1889  Folf^eadea 

.  an;    Die.  Medicin,  s^g^n  diese v  ist.  eine  wahrhaft  saUonelle 

Wissenschaft»  sowohl  hinsichtlich  ihrer  Theorie,  als  ihrer  Praxis. 

Wer  zum  Baccalarius  promovirt  sein  wollte,,  müsste  gehört 
haben:  Joaünidi  artem,  prinmm  seu  quätmin  canonis  Avi- 
cennae  et  ahqnem  libram  in  Firactioa,  »tiionum  Itads  Aiouui*- 
soris.  Ist  er  magister  in  Artibus ,  so  sollte  er  .weDtigstens  9 
Jahre  Vorlesungen  in  der  mediiciiuscben  Facultät  besucht 
haben,  3  Jahre  aber,  wenn  er  blosser  Student  (simplex  Scolaris) 
war.  22  Jahre  musste  er  ah,  ehelicher  Sohn  und  nicht  leib- 
Heb  entstellt  «eia«  Solhen  sich  Fürsten,  oder  «er  esscHiBt 
,  ,  sei,  fUr  die  Pronix^tio«. Unwürdiger  yerwendep^  so  soU  man 
ihixen  die  Statuten  enjtgegenhalt«n ,  welche  m^n  bei^chworen. 

Wer  sich  zurLicenz  meldet,  soll,  wenn*  er  einen  Artis^en- 
grad  hat,  5  Jahre-  ist  er  nicht  graduirt,  6  Jahre  medwinische 
Yofrlesimgcii  gehört  halben.  Wird' «r  in  Bezug  iamf  Wissen 
imd  Stten  tüditig.  befnindeaii  obnet  cfinoniscb^A  Fehler,  ist 
sein  Gesicht  nicht  gar  zu  weibii9cb  (non  nimis  ivuliebris  in 
facie),  so  kann  er  schon  im  26.  Jahre  promovirt  werden,  der 
'  Strenge  nach  aber  erst  im  28.  Jahre.   Beim  Examen  werden 

die  Aphorismen  des  üippokrates  n.  Galenns  sa-Gmade  gelegt* 


Du  4  FamUäim.  1^ 

&8t  g«g^  cUm  Ende  dm  Jahres  1387  wurde  (S.  131) 
O»tkirolien  aBgestettt^'^,  weldier  aber  bald  in  Ja- 
eobas  de  Hermen ia  einen  Amtsgenoesen  ertiielt^^O« 
Eine  weitere  AneteUnng  erfolgte  1393  in  4^  Person  des 
Hermann  Yon  Httxter  (de  lA&xaria)  ^^').  Ihm  folgte 
Wilbelm  Tenstal  ron  Deyenter.  Gr  w^  der  Erste, 
welchem  die  medkiniscbe  Fa<;attfit  das  Poctorat  ver- 
lieh ^^*)  und  auch  der  erste  Professor  der  Mediein,  wel- 
diem  als  Besoldm«  (1413)  von  dem  Knrfifstea  Lud- 
wig III.  eine  PfrOnde  an  dem  Stifte  «um  H.  Qeiste 
forlieben. wurde  ^^^).  TenstaFs  Nachfeier  war  Ger- 
hard von  Hohenklrche.n  (1420),  einer  der  Mitstifter 
des  Dicmysianums«  Dieser  erhielt  spIM^er  zu  der  Pfründe 
bei  dem  Stifte  2um  H.  Gteiste  von  dem  Kurfürsten  Lud- 
wig  IV.  noch  eine  andere  in  Wimpfen  ^'*). 

Später  war  nur  ein  ordenüicher  Professor  der  Mediein 
angestellt  "^. 

Hatte  jedoch  auch  nur  ein  Lehrer  die  Stelle  eines 


170)  Dags  Ostkirchen  nicht  früher  imgestellt  wurde,  W 
wei8t  folgende  Stdle  der  Annalen  der  Uniyersit&t  (T.  L  F.  4X)  w^n 
der  Miue  des  Jfüure»  1987:  »Qaii^  voXf^s  erat  medieos  iu  studip 
reiMftBa,  ckvit  pro  facidtaie  mediGa  renuuiBit  apod  rectorem.« 
Sehönmesel^  Gontinttai  .bist  Fac  med.  Heidelh. 

171)  Cakiiii  a4Ukd.  U.  d.  d.  28.  Jani  1390.  ,  ( 

172)  Schwifh,  P  L  p.  20.  —  Von  Eöxt, er  .berichtet  dat 
Caknd..iEM^.  L,  daes  er  »in  medicinf^  do^lbor.  prjmne  regens  ia 
alDstra  ÜjiiTenitate«  foi  20.  April  1396  gestorhen  ,aei» 

173)  Sohwab,  pw  30. 

174)  Seh&Amesel,  Hist^  Fac»  med.  (Die  SchiVnmojEer- 
sehen  Programme  haben  keine  Seitenszablen,) 

175)  SehlTAb,  P.  Lp.  U.  4.9.  50. 

176). Es  erhellt  dieses  aus  ^ner  im  JiJire  1441  .gepflogenen 
Berathnng  llber  die  Verbesserung  der .  Universität,  wo  es  heisst: 
»Qoia  eedft  inmagnum  detrimentnm  Uni^c^rsitatis,  et  deminitionem, 
quod  ini  ^sa.  non  It^np  Jub  CiY]ie>  et,  ,fl«Qd  ta^ntum  unus  Doctor^ 
fui  continno.  legit,  «est  in  Facultate  Medicinae,  rogi^tur  Dominus,  nt 
consilio  et  auxilio  suo  cooperari  dignetnr,  quod  habeantur  duo  doi*^ 
ctores,  Tel  Doctor  et  Licentiatns,  qui  Jus  civile  legant»  simiüter  quod 
habeatur  adhoc  unus. Doctor ^  qui  legat  continno  in  Medidna.« 
Annall.  Univ.  T.  IL  fol.  240. 
HautB,  Qeicb.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  11- 


102        I.  Such.  L  Periode.   1.  Ahsthmft.    (1346—1390.) 

ördentUdien  Pi^ofessors  der  Medicin ,  so  •  wird  doch 
in  den  Acten  immer  eine  medicifiische  Faenlt&t  ge- 
nannt. Dieser  war  ausgeben,  die  Apo1;bekeii  zä'  visitken 
und  vor  Allem  ihr  Augenmerk '  darauf  2a  ri(ihten ;  dagd 
nur  sblche  die  Arzneikunst  Übten ,  welche  ton  der  Uni- 
sitit  die  Eriaubniss  dazu  hatten  ^^^.  IMer  die  in  die- 
ser FaeultM  in  den  ersten  Zeiten  gehaltenen  Vorlesuügeü 
können  wir  nicfcts  Näheres  ang^en*'*),  jedodi  ist  te- 
mei^enswertii;  däss^  es  deü  I)octore&,  Liceätiaten  und 
Baecfdaureen  nicht  gestattet  war,  tiber  beliebige  Fädier 
ihrer  Wissenscitaft  Vorlesungen  za  halten;  diese  wurden 
IhneÄ  tiäöi69ir  genau  Vörgeschri^bön  *^*). 

'      '•       4.  Artisten-l^acultät.  ' 

Schon  oben  (S.  137  u.  138),  wo  von  der  Wahl  des  Rectors 


177)  In  Beziehung  auf  den  letzten  Punkt  erhielt  sie  von  deiqi 
Bischöfe  Eckhard  zu  Worms  eine  Zuschrift  vom  Jahre  1404,  aus 
welcher  wir  folgende  Stelle  mittheilen:  »tJüiirersÖB  et  singulos  et 
alios  quoscunque  non  approbatos  per  Facultatem  medicam  studii 
Hdidetber^ensis  pro  medfcifi  infirmorutt  se  nomintotes  et  gereutes, 
eujüscunque  Status,  graduv,  ordjnis  aut  conditionis  existant,  requiri*-' 
iüus,  mönemfus,  hörtamur  in  Domino,  ut  ipsi  et  eorcön  quilibet  infra 
quindecim  dies  a  publicatione  praeäeniium  de  cura  et  practica  ioAt* 
morum  se  per  attiplius  non  immisceant',  n^  ^  immlscare  attdeiati 
publice  yel  occulte ,  alioquin  ob  non  parilionem  pramissorum  et 
termino  lapsb,  Ghrisrtianos  excommunicainus,  Jndaeos  aütem  a 
€hrisii  fidefibm  ttommunione  suspendimus.«    Bchönmezei,  L  cl 

178)  Sch&ntl^zel  theih  a;  a.O.  uns  Fo^geodes  mitf  »Avi«' 
•cennam  primum  in  scholis  nostris  expositum!,  ounr  altera  HIppo- 
<;ratem  ct^thedrä  intröductum  et  k  tertüo  demumprofessore  Galeni 
dogmata  publice  fuisse  proposita,  ex  eis,  quäe  certam  in  doeendo 
methodum  praescribit,  Ottonis  Henrici  otdiüationett  habenras.« 

179)  In  den  Statuten  der  Facnkät  ist  nach  Sehönmezel 
festgesetzt:    '   -     •  •       • 

»Baceal^üreus  secnndo  jurabit^  se  non-lectoF^m  atiqu«m  ciilv 
sum;  nisi  per  !Facnltatem>aut  Oräiiiariiiln  in  eadem  sibi  atssignatanij 
iiuo  asBignätö  dÜigenter  emn  contiBHabit,  aon  €iai«ndo  etim  ante 
letupüs  sibi  prftefixnm.c 

»Quod  nullüs  Doctomm  cenaeatvr  Regens  in  Facttltate,  nisi 
aüquas  lectiones  sibi  per  Decanum  Medicinae  et  Facultatem  aasg- 
natas  compleverit  annuatim  in  eadem.« 


Bi$  4  IkeMätm.  168 

giAaoidelt  mirde,  toben  wir  gesehen,  wie  diese  Faeultät 
ak  »pia  oeteranun  iMoltttiun  nutrix«  oder  »alma  totius. 
UnifeiBltatis  matar«^^^  gewisser  Massen  die'  Gnmd« 
l^e  der  Umversiiat  bildete,  da  sie  bei  dem  Mangel 
an  VorbereitiiogsanBtaltan  fOr  die  Universilifsstttdien, 
zu  diesen,  die  oberen  Classen  der  Gyanasien  und 
Lyoeen  vertiteteiid,  verberettete.  Als  Stbutspatronin 
wurde  vcm  dar  Fahiltftfc  die  H/  Katharina,  Weldke* 
OberhM^  als  BesefaftbEerin  der  Wisselisdiafteli  gßit  ^»^), 
verelurt  luid  ihr  VaaiensUg  jedes  Jihr  daroh  ein  Kiifcben«^ 
fest  gefeiert«  Diesem  Feste  mudsteii.  die  simmtlichen 
Iffitglieder  der  Facult&t  i»iB  vel  emn  birretis  non  oceul^ 
tatis«  beiwohnen  ^^^.  Aueh  »die  Lehrer  und  Sehöler  der. 
dbrigen  Facultälen  wurdet»  zu  demselben  eingeladen. 


180)  Lambecias,  Stat.  Fac.  Art.  Yindob.  p.  195. 

181)  Qaae  virgo  ac  martyr  literaram  patrona  erat  dignissima. 
Act.  Fac.  Art.  T.  III.  F.  1,  a;  Sancta  Catharma  fnit  virgo  Alexan- 
diina,  qaae  nnUis  tormentis,  naclufliatioiiifciui,  artibni  yel  a  reli^ne 
christiana  vel  castitatis  aree  a  Maxentio  tyranno  anno  Christi  tre- 
centesimo  deeimo  exturbari  potuit ;  genere  non  tantum  insignis,  Bcd 
ingenio  acri,  grayi,  facili,  excelso ,  discendi  semper  avida,  eruditorum 
viroram  studiosiBsima,  liberaünm  artiam  cognitione  non  tincta,  sed 
imlmta,  delibata,  PhilfBophiae  nniea  praefiet  Dean  cnltciz  seien- 
tissima;  vitae  pr^ter  Cbristiim  pBo4ig4<  Sob  hu^nB  ergo  cHentela 
militat  Academica  Facultas  et  ipsa  alumnorum  suorum  castitatem, 
innocentiam  et  oonatantiiaii  reqairens.  Eist  Aead.  F. .  225.  226. 
um  sie  nun  Heideathiim  anriUkzubrmgen,'  erhielt  aie  Geisselhlebe., 
Als  diese  nidits  fruchteten^  sollte  sie  auf  ein  Bad  mit  Isfagelspitaen- 
gefloohten  -werden.  .  Mim  das  Marterwerlpseag  zerbrach  in  dem 
Augenblicke,  als  man  sie  darauf  legen  wölke.  Die  Artisten:' 
Facnltät  nahm  in  ihr  Wappen  ein  B^d.  aqf ,  ^eil  M  diese  Heilige 
als  ihre  Beschfltaerin  wrehrta« 

182)  Decaaus  Facultatis  ArUum  laaDdal;  omnibus  et  sing^lis. 
lumorabilibas  m^gisiris.  atque  baccalanreatis .  ejasd^m  facultatis^ 
qnatenus  ieria  taliaut  tali  in  profqsto  sancte  Kathei:iae,  hora  tercia 
a4  dei  gloriam  et  beaüssUoe  n^artiris  et  Virginia  Katherjne  dicteque 
facnltatis  honorem  a  principio  u^  que  ad  finem  intersfnt,  primis  ye- 
speri^  et  die  sequenti  siunme  misse. in  ecclesia^regali  sancti  Spiritus, 
decantaade  afferentes  ii|  eadem  sab  poena  duorum  solidorium  d«- 
nariorum  irremissibiliter  persoWendorum.     Act.  Fac  Art.  T.  J^II. 

11* 


164       L  Buch,  L  Periode.  1.  AJMkML  (1346^1390.) 

Da  HUB  TOB  dieser  Facoltit  die  Acten  aoeh  heusBke 
voUsUlndäg  vorluuidai  sind,  so  icSnac»  aaeb  von  ilur  die 
genauesten  und  ansfttbrlichsten  MitdieikngeB  gemaeht  wer-' 
den  '**);  ja  es  wird  dnrch  den  reichbaltigeB  Stoff,  wdcbm 
diese  Urkunden  darbieten;  vielheh  die  Octichiebte  der 
Universität  sdbst  ergftnzt 

An  der  Spitae  der  FaadtSi  stand  can  I>ee«n«  Bia 
2nm  Jabre  1393  fand,  wie  die  BeotohiwaUv  alle  Viertel^ 
jähre  und  darauf  bis  «im  Jabre  1622  alte  Halbjabre  ^yie 
Wahl  desselben  umMttMl'bar  nach  der  Envählung  des  Beefcna 
statt,  atieb  musste  die  Btette  y<m  des  Gewählten  bei  einer 
Strafe  von  4  fl.  angfeneonneb  werden  ^^%  Vom  Jahre  1582 
aber  wurde  der  jeweilige  Decaa  immer  auf  ein  ganaea 
Jahr  gewählt  Die  Wahl  selbst  nrasste^  wenn  aieh  auch  die 
Contubemien  und  die  meisten  Professoren  ausserhalb 
Heidelbergs  befanden,  an  dem  Sitze  der  Universität  ge- 
schaben  ^®*^). 

Im  15«  Jahrhunderte  /«(urden  dem  Deoane  zwei  Mit* 
glieder  aus  det  Facukät .  beigegeben ,  um  mit  ihnen  in 
Angelegenbesten,  ivtelche  keinen  Aufschub  litten,  sofort 
Beschlüsse  zu  fassen.   . 


F.  64,  a.  b.  —  A«eh  di^  Ardirleii-Fttttaftftl  der  ingolstatfier  und  Wiener 
UnivenHt&t  veifehrte  die  H.  Katharilia  als  iliUe  Schutepatronia. 
Kink,  S.  95. 

183)  lieber  dib  Geisebidite  dieser  F«caltftt  Ist  au6b  sq  tisb- 
gleichen:  Kr eu ssler,  Progr.  Fae.  ptKilas.  in  Hdddb.  Uttir.  17M. 
Wundt,  Memot»ab.  örd;  philos.  Heidelb.  (2  Progrr.  v.  1779  u.  1788); 
Sehwab,  de  praeeiiKiis  Epochiis  Fac.  f^tl.  in  Aead.  Heidelb.  iti 
Acta  seeul.  p.  277  #. 

184)  Act.  Fiac.  Art  T.  lü.  F.  1^,  a. 

185)  Anno  1529.  Oontubemiis  EberlMUslii  i^fentlbtis  ob  aerem 
pestiferium  facta  est  convoebtio  a  Vieed^cano  nostrue  Facuhatis 
¥irornm  quornndam^  qni  Heidelbergae  remlmseriitK;,  adeoqoe  et 
alioniin  e  senatu  nostro,  qni  ab  Eberbaeho  deseenderant  ad  eligen- 
dum  Decamn».  ßiqtddem  hoc  peipetais  temporibtis  sie  observatum 
fuerat^  ut  nbiconqne  essent 'Contubemfa ,  nihik»  «amen  miims  De* 
oanraS  HeidöTbei'gae  eli^rktir  idqae'in  "(yostenim  «it  observandont 
statoit  üniyersitas.  Acta  Fftc.  Art  T.  IIT.  F^  124,  a.  AnnaH.  üniv. 
T.  V.  F.  214,  *. 


DU  4  FaeiOmm.  185 

Den  Berathangen  ttber  Facidt&üiMfiheA  wohnten  alle 
Magister  ds  ABaessoren  bei;  doch  mussten  die,  weiche 
hier  promovirtn,  swel  Jahre  hmg,  und  jene,  die  auf  ei- 
ner andern  UnlveEsitit  den  Magistergrad  erlangt  hatten, 
wenigstens'  ein  volles  Jahr  vorher  in  der  hiesigen  Artisteih 
FacnltSt  Vorlesungen  gehatten  hahen  ^**). 

Ihre)at  grSss^en  Höimal  (Anditerium  pbUosophicnm) 
hsMß  die  Facultät  »in  der  Bursch«^^^,  dieser  wurde 
aneb  zu  .aeadeniisehen  YeraamniliuilieB  und  Feierliehkeiten 
böButst 

Wie  diese  I^cultät  schon  lirOhe  im  Besitze  eigwer 
Siegel  war  (S.  155),  so  hatte  sie  auch  ihre  dgento  Pe- 
dellen; Znearst  war  ttur  einer  angestellt,  vom  Jahre  1545 
an  aher  auch  ein  zweiter  ^^% 

Aussen  dehr  ansfUuiidiMt  Stattutea  '^^  lernt  man  nicht 
nur  die  ganze  fämiehtimg  diesdr  Facult&t  kennen,  son- 
dern auch  die  verachiedenen  Yorlestti^en  und  Übungen, 
wie  sie  m  dm  Irtthesten  Zeiten  gehalten  wurden,  so  wie 
aiudi  die  Honorar -Betrtjpai  Diese  Statuten  geben  somit 
-eine  ansohaftliche  Eedmteiss  der  Methodik  des  alten 
aeademischen'  Unterrichtes,  bei  welchem  d^  yon  Mar- 
siliufl  emgrführte  Nomiialismns  vorbemachend  war/^^. 

Als  besdnd^  widitig  bdbien  wir  bei  diitöer  Facmlt&t  die 
oben  (8. 83  u. 84)  erwihnte  Dispntatlo  quodlibetaria 
hervor.  Wer  zur  Uebemahme  detsett)ett  gewählt  war, 
durfte 'ffidt  dicaee  aller/ffings  schwierigen  OeschSftes  bei 
-einer  Strafe  v6n  4  fl.  ni<dit  entsddag^,  und  weigerte  er 
sich,  dieses. Geld  zu  beaahlen,  so  wurde , er; so. lange  von 
aUer  Wirksaimkeit  in  der  FaeultSt  (a  isingidia  actibus  Fa- 

/.  i,  :i     i'  ■■■    ::-  •     ::'    ' 

186)  Wandte  Deord.  jphilos.  P.  I.  p.  15. 
'      IST)  Lttci,  ».  tm.    Vrilkeui  g.  38.  « 

186)  Wandt,  P.  I.  p.  15.  —  Eine  aaBfÜhrliche  Instruction 
lUr  die  PedeUen  Bteht  im  Statutenbach  Aer  Faenltfti  F. 42,  a— 43,\>. 

-in:)Afet'Fat;-dlii.\^]a' F;ia,.ab.  -'    »  .  .  -^  :  . 

18S)  üriEonde  Nr.  XL  .         -< 

190)  Wandt,  P.  I.  p.  i9.J9*    WilkM,  S..m 


166        I'  Bwih,  I.  Periode,   i:  ÄheckfM;.   (1346-^1390,) 

cultatis  ArttuiKi)  snspendirl,  bisr  er -bezahlte.  In 'den  Fa- 
cultäts-Acten  (T.  I.  F;  i,  »;  T;  IH.  F.  6,  a)  sind  die 
Statuten  über  diese  Disputatio  de  quoifbet  ausfülhriich 
mitgetheUt.  Dae  erste  Statut  ist  vom  Jabre  1886  und 
das  zweite  vom'  Jabre  1490.  D^h  sah  man  schon  im 
Jahre  1549  es  *  ftir  ^»ratbsain  an^)  diese  Disputation  zu 
niiterlaßsen*  "^),  tmd  ddrch  0tto  Heinrichs  Refor- 
mation der  Universität  wurde  sie  Töllig  aufgehoben,  »vrail 
sie  wenig  iiutzens,  wo!  aber  viü  v^i^^lichen  'Praeht»  Tnd 
ostentation,  zu  sambt  leichtfertigen  schimpfirung  oof  sieh 
gehabt«.  Gehaltem  würde  sie  in  den'  Sommerferien  (Va- 
canz  in  Ganicnlaribns). 

Mit  Lehrern  war  diese  Facultät?  am  stärksten  be- 
setzt. Neben  Marsilius  und  Swertbe^lehrten  an  der- 
sdben  noch  mehrere  Mftgister  der  freien  Künste;  Welche 
-Ruprech  t  aus  seiner  Privatcasse  besoldete:  Johiann^s 
von  Worms,  awh  voii '  Wa;chieriieiffl  genannt  (1387), 
Berthold  vo'n  Osenbrugge  (Oscbcnbuiij  1388),  Hugo 
von  Landau  (1989),  Conrad  von  Steynberg,  audi 
von  Worms  genannt  (1389).  Naoh  ihn^  kamen  Nico- 
laus BurgmafU  (Burcktaann)  von  St  Go^ar  (1890), 
Be/thoid  von  Dyppurg  (1890)^,  FiiedTich«  von 
Sulzbaeh  (1390),  Heinrich  von  Alsfeld^  Franco 
von  Ingheu,  Johannes  Von  Butabach  (1395). 

Die  grosse  Bedeutung,  welche*  diese  Fäcultät  hatt6, 
zeigt  sich  auch  darin,  dass  aiev  wie  kanie  andere,  eb 
eigenes  See  pt  er  fftbrte,-  welches  bdi  feierlichen  -  Gelegen- 
heiten von'  dem  I^eddlen  dem'  Deeane  der  F^ctdität  vör- 
-getragen  wurde.  -Das  älteste  WUfdeischoa;  m  deni  Jahre 
1404  gefertigt  und  bestand  in  einem  hClzemftn  Rtühfi, 
dessen  Spitze  versilbert  war  *^*).  Spätrer  (145^)  Hess  die 
Facultät  sich  ein  andere«  sm  ßilber  fiMvclieni  .w^lchßa  ver- 

.        •  .  .'•  .•  i.  •:    -        «" :    .''    j   .'1    . ;  j  it  i;  //   «  --^ 

191)  Ordnong  der  Gollegiat6n>  imlCdüe^  d^  ixtistni 
Arch.  Nr.  858,  79,a.  lA   t/.     »i  »/iV:    •»    j 

192)  ActÜ^Fad  Jui.T.%  P...245k./i  .1     i  ,J^.•"■^'    ■•  • 


goldet  war  ^^^.  Dioiss  Scept^  ist  no^i^rhipdea  uod 
wird  ztt^beidi  mit  dem  der  UniTernität  bei  academi^cben 
Festliehlieitea  benutzt.  Auf  deimselbeQ  ist  ßin  Sseitiges 
gotbisebes  ofiißnes  T«benudceU  In  dessen  Mitte  befind^^ 
sieh  das  Bild  der  schon  genannten  Schutq>atronin  4^ 
Facidtät,  der  H.  Katharina,  mit  einer  Kropß  auf  dam 
JHaaipte ,  Y<m  welchem  lange  goldene  Locken  be^bwaUeit 
In  der  Rechten  hält  sie  ein  breites  Schwert  mit  gesenkter 
Spitze,  in  der  Linken  ein  Bad.  Unmittelbar  unter  d^esenji 
Tabernakel  sind  3  Schijl4e. angebracht,  welche  daß  plal- 
zisdiß  und  bayerjsßh^  Wappen  nebst  dem  Beiciisapf^ 
vorstellen. 

.  Die  Vecziierungen  der  nächsten  Buckeln  an  dem  Stab^ 
tragen  das.  päpstUohe  und  Wormser  Wappen  nebst  2  Bil^ 
d^m  von  Doetpren .  dieser  Facultat  Die  übipgen  2  Buckehi 
dieses  Stabes  sind  mit  Lilien  imd  Bösen  verziert  Eme 
Inschrift  findet  sich  an  dem  Scepter  nicht 

Die  J^acolt&t  hatte  ferner  eine  eigene  Kasse.  Sie 
wurde  von  dem  Decane  verwaltet,  welcher,  wenn  er  sein 
Amt  XMederlegte,.  Becbenschaft  abzulegen  hatte.  Dieses 
geacäbksh  in  Gegenwart  von  6  Seniotren  d^r  Facultät,  d^ 
nen  er  bei  diesem  Geschäfte  eimen  Trunk  mit.Brod  un^ 
Käse  oder,. mjA  Kipcbep  vorsetzen  mussta 

In  dei;  ersten  Zeit  waren  die  £inAahipen  gering, 
wurden  aber  bald  sehr  beträchtlich.  So  war,  als  Mar- 
silius  (1393)  Eechnung  stellte,  nur  ein  üeberschuss  von 
8  fl.  verbanden)  der  sich  aber  um  die  Mitte  des  1&.  Jahr- 
hunderts oft  auf  400  bis  500  fl.  steigerte.  Dieses  setzte 
die  Facult|lt.,  welche  überhaupt  reicher,  als  die  andern^ 


Idä)  .(SontenetuiO;  clef»utAti  .ex  parle  iMcnJifaotltaliBCdBstraetj 
a  Earolo  Aarifabro  et  singolia  hinc  lade  comgAsau^w  ex  paiüe  fa- 
etionisi^iittderiii.ei^'^M  eoft  jteeas  aomiiie  Alcqltatis.baottlum  exolvi 
dedique  singalis  computatig  pro  «o  ^^ÜMittafinta  diioft:^<tren€n 
uMMiaiOTli^t/qiiiiftnertolid^  deiaiio^Qm^  Hcdmlb  mum  ibi^ealiis  in 
9eiidiejEe.4uj|i|««.niar<M<  luia -niicia  .H  senu.  iicia  .Art  JPatoK. 
T.  n.  R.S8.     .  .'  ;i    /      .     •./    .^       .-'      .'■    .'■:         '    .•'■■  •> 


168       I'  Buch.  I.  Periode.  1.  Abschnm.  (1346^1390.) 

ausgestattet  ^aat,  auch  in  den  Stand,  eben  so  woU  d^ 
Umvemt&t  ^^^),  als  atch  den  Bursen,  bei  6eId^rlegBD^ 
heiten  ausssühdifen.  Sie  that  dieses  immer  bereitwitti^;  da 
ihr  aber  zugleich,  so  oft  zu  gemeinschaftlichen  Lasten  d^ 
üniversit&t  beiüutragen  war,  die  grösste  Beisteuer«,  öfter 
tfber  die  Oebtiir,  zügeoJuthet  wurde ,  so  sprach  sie  sich 
darüber  h&ufig  ungehalten  a»s  *^*>.  Doch  'war  die  Eaciit 
tat  nicht  selten  auch  erfreut  darüber,  von  ihr  hoch 
geachtete  Männer,  wie  Melancbthon,  als  er  (15&7) 
voin  BefUgiönsgespräche  in  Worms  isurüchkehrte,  mit  sei- 
nen Begleitern  recht  statflich  Mbewirthen  zu  können  ^^i 

Eine  Hauptquelle  ihrer  Einnahmen  waren  die  Prtmio- 
tionsgebührißn.  Diese  mussten  nicht  nur  diejenigen  entrich- 
ten, welche!  hier  protuovirten,  sondern  auch  solche,  weldie 
schon  auf  einer  andern  Universität  promovirt  ba^fi  *^^. 
SchiiessHch  war  diese  Facultät  audi>  in  dem  Besitze  eines 
Gartens,  Hortus  philosophicus  genannt.  -E^  lag  bei 
dem  »€ollegium  in  der  Bursch«  und  gehörte  ursprünglich 
auch  zu  denöLselben.  .  ,  - 

(janz  in  der  Käfae  dieses  Gartens  btfand  *  i#eh  dcär 
Kurfürstliche  Märstall  ^^^)  —  da,  wo  jetzt  di6  katli<^isehe 
Wairrkircäie  steh«  --.  Die  N&be  des  Marstalls  w*r  der 
Facultät  sehr  unangtinetmi  und  i^og'lhr  in  d^  spfttem 
Zeit  Anfordenriigen  zu,  welche  sife  'Sehr  ungern  befriedigte. 


1944  Aano  l^ü.  Efö  Nicoiaas  de  !Betteaburg:veQ<>gD08co,'me 
recepisse  a  Ten.  yiro  M.  Dytmaro  de  |>^rit«lana ,  4e<^o  ^Btcultatis 
artium,  XX  fior.  ad  usus  uniVersitatis  deputandos,  qaos  guidem  XX 
fioren.  ÜniYersittfs  restitoet  faenltati  predicte  de  primis  pecuniis. 
Act.  Facult.  Art.  T.  I.  F.  25. 

195)  Beispiele  hieyon  finden  sich  in  den  Facaltäts- Acten  mehrere 
noch  wftkrend  detlSL  Jahrtmadevta.    Veif^  T.^Ui.  F.;  l@9^a. 
1    196)  Act  Faci  Art.  T.  I¥.  F.  67.      .  -     .  \i,-  •       . 

197)  W «In  d  t ^  p.'  17:>  18j  wo  aacki.  di»  belr«4fend»t  8*eUeii  ä«i 
^ien  FlK^idtAtB-AotoB  amfagfwieieD'iiiid.':     '      -   «     >  •  - 
n.     196)  a>eii:  MaTitalh  am'  Itote  legl^  «8«.  d«  lAteiliiMDiMr 
Johräii^eaiii^ir  an.  Filtfierimr  düft  diAi^BmtghirW'üfl'tt««»^ 
Gosmoirraphie  F.  899.    Act.  Fac.  Art.  T.  in.  F.  36,a.  88,^i    ^    ' 


Ertte  Venommtamgmurted.  U$m.  AM,  UmveniUUtgebämde.  169 

Se  muaBte  niiüioh  dem  EmfiCtrAen  Ludwig  V.  Bickt 
auf  (l&OS)  auf  den  Avirag  der  Dmviersittt  die  Grabung 
mir  «ben  «a  bedeekenden  Qtnbe  fibr  den  Abflusa  des 
Unraths  aus  dem  Marstalle  gaetUten,  so  besorgt  sie  aack 
imr»  dass  das  sich  dort  verborgen  sammekide  Wasser  der 
Bibliidthek  naditheilig  sein  'wttrde  ^^%  sondern  auch  (1509) 
YOQ  ihrem  Garten  ein  Stück,  ganz  nahe  bei  der  Biblio^ 
thek,  YOq  9  Fuss  Länge  und  8  Fnss  Breite,  zur  Erwei* 
terung  des  MarstaUgebiudes  abtreten.  Alle  Bemühungen 
dm  Facnltät,  sich  dar  Anfordovng  des  Korfflrsten  zu 
enttiebeD,  waren  Teigeblich.  In.  der  ersten  fiitzuiig,  am 
Montage  nach  QuasiniodogettitiY  in  welcher  darüber  ent* 
schicidea  werden  sollte,  naimi  sie  (Me  geringe  Zahl  der 
anwesenden  Mitglieder  aum  Verwände,  um  zu  antworten, 
dass  sie  dermalen  nichts  bestimmen  k<Vi\Be,  und  erst  in 
einer  qDilem  Sitaang  wurde  das  Ansuchen  des  Eurfftrsten 
gCwÄrt  ?^% 

Femer  hatte  diese  Faeultät  auch  einen  Garcer^^'), 
doch  gilt,  von  ihm^  was  (S.  153)  Yen  dem  ÜSfiTersitäts^ 
Carcer  gesagt  wurde. 

Erste  Veraanrndungsorte  der  Universität.     Aelteste 

Universitätsgebände. 

•»  •      . 

In  den  ersten  Jahren  nach  der  Gründung  der  Unih 
versität  fehlte  es  derselben  gänzlich  an  ihr  gehöiigen 
Gebäuden.  Die  Vorlesungen  wurden  in  einem  oder  dem 
andern  Kloster  gehalten.  Als  die^  ersten  Versäintiiltings- 
orte  der  Universität  werden  das  Augustiner-  und  Minoriten- 
(Franciscaner->}Kloster,  ao  .wie  die^CapeUe  der  St.  Beters* 
kirche   genannt     In   dem  RrfeetoHuHJi    des  AuguHtiner- 


•' DSa^  iüft  a^  M  Ideu  e»  Maas  damaa  i«isM  Ifttiifiae.   Atl 


^'M^yiäkltk  Fite.  Ait.-T>ra.  IF\'i8»a.-88,b.      ü '-        •  '" 

a01)Ibid.  T.  IV.  F.  U,b.  '  l  ■       ■ 


M 


Klosters  wurde  (1386)  <fer  erste  Kector  .Mar &i litt«  (ß*  iQ&) 
und  in  der*  St.  Beterakii^che  der  zweite  Bedtor  Waftne^n«- 
berg  (S.  140)  gewlhli  und' (fie  ältesten  Gesetsse^er  Uni- 
versität im  Mmoriteft-*  Kloster  (S.  Iö6)  berathsn.  Ersl, 
nacbdem  Ru.pr  eob^t  11.  (1391)  die  Juden  ans  Heidelberg 
vertrieben  und  ibre  Häuseir  der  üniversitfijt  gefiebenkt 
batte,  erbielt  sie  eigme  Gebäude.  S«  irird  «ich  erst 
in  jetler  Zeit  als  »Umyersitätsbaus«  und  » Lehrplatz«  ein 
mitten  i  in  der  Stadt  an  der  Ectoe  di^  Jndengässe  und 
watern  Strasse  gelegenes  Hains  genannt  ^^^  Diesds  war 
auch  obne:>Z¥rei{el  das  Baus/  an  weictem  JaMiiindeite 
bindureb  das  »scbw«rae  Brel^t«  angebfacht  war  '^^. 

Ein  eigentliches  Universiliätsgebaude  erbielt  die  Hoch- 
schule erst  an  dem  »CoUe^um  in  fder  Sursch«,  weldies 
im  Jahre  1398  vollendet  wurde  ^^^).:  In^  de»  sehr  ge- 
räumigen »Auditorium  pbilosophlc]im«;diese8  Qebtodes^wnr- 
den  von  nun  an  die  meisten  Versammlungen  gehalten  ***). 
Doch  wurde,  wenigstens  1395,  ituicb  die  oben  genannte 
Oapelle  noch  eni  diesem  ^Zwedke  benutzt  ?^^*    .     . 

§  15. 
Capelle  und  Kirchhof  der  Universität 

«  *  « 

Zu  den  ersten  Besitzungen  der.  Universität  gehört 
die  schon  öfter  erwähnte  Capelle  zur  seligen  Jung- 
er äJu  (Capellft  beatae  Märiae).:  Sie  bildete  eine.Beiten- 
baUe  der  St'  Peterskirißhe  2^'). 

..^202)  Wifld.er,-B,  I  S.;3144^46.    . 

203)  Inventar,  d.  Uniyers.  -  Häuser  v.  J.  1673,  Üniyer8.-Arch. 
Nr.  858; '65.      '    *     ;     '      \  '"    '         .   ' 

-*      204)  Verg^.'üi](teii'4leGeftchielrte  dieses  OoUeginn». 
-       005)  Sißhwilb,  P,  1L.|^.  .:>* 

206)  Annall.  Univ.  P.  L  F.  56. 

207)  Fttr  die  Geschichte  der  jetKt  noch  stehenden  St  Peters- 
jtiubhe  ^mdttttt  Mn^ohii^ m  wendeis«  4aflB  ^:  liAd^xeneetot  oder 
neu  erbaut  wurde.  Dieses  befweist,  das»  .Aaf.-delii(4I1M:in.'4tt 
Krenzgewölbes  im  Thüane  U'^Maii^bMiL  2Stffem  #1  i^  1  siehftn«  <  Ifto  n  e, 
Bad.  Arch.  B.  11.  S.  187.        •  y  j     .1    v    .«    ■  ..j»    f-.. 


Im  Jahre  1401  wurde  der  Universität,  ron  dem  Bt- 
fichöfe  von  Worms,  Eckhard  von  Der s*^*),  mittetet 
Urkunde  vom  6.  April  auch  der  bei  diesdr  Kirche  befind- 
Kche  Rftuift  als  B^B^bnissort  fai<  ihre  Angehörigen  (der 
Pforrkircldiof  war  ikmMls'anf  dem  Marktplatze  um  die 
H.  Getetkirche)  EUge wiesen  »*^). 

Jahrhunderte  hindurch  war  dfebe  später  refeh  begabte 
Cape^  (in  den  Aeten  gewöh&lioh  Sacellum  Academicufii 
geoaniA)  fiigenthmn  der  Universität,  nnd  wurden  in  der- 
selben, so  wie  in  dem  Chore  der  Kirche  und  auf  dem  dabei 
gelegenen  Kirchhofe,  üniversitäts- Angehörige  begraben  ***). 


208)  Eckhard  (Eghard,  Echard)  verwaltete  (1370—1405) 
unter  den  schwierigsten  Verhältnissen  das  Bisthnm  Worms.  Von 
dem  Bischof  E mich 0  (1295)  an  biu  auf  Johann  III.  (U83— 1505), 
aus  dem  Geschlechtc  der  Kämmerer  von  Dalberg,  fand  fast  ein 
anhaltender  Kampf  dor  Bischöfe  mit  der  Bürgerschaft  von  Worms 
statt,  in  welchem  die  letztere  beinahe  nach  jeder  Fehde  einen 
Theil  ihrer  Gewalt  einbüsste.  Am  heftigsten  entbrannte  dieser 
Streit  nnter  Eckhard  (1386).  Die  Bürgerschaft,  welcher  es 
grössten  Theils  gelangen  war,  ihre  politische  Freiheit  gegen  die 
Herrschaft  der  BisdKtfe  festsast^len ,  Terliuigte  jetEt  auch,  die 
Geistlichkeit  sollte  keinen  Vorzog  mehr  in  Befteinng  von  öffentlichen 
Abgaben  haben.  Da  man  darauf  nicht  einging ,  grififen  die  Bürger 
za  den  Waffen,  und  die  Fehde  wurde  so  verwüstend  und  um  sich 
greifend,,  dasa  nicht  nur  die.  benachbarten  Städte  und  Fürsten^ 
sondern  a^ch  der  Papst  und  der  Kaiser  um  Wiederherstellung  der 
OrdnuBg^besprgt  waren.  Aus  dem  gewaltigen  Kampfe  ging  jedoch 
die  Stadt  Worms,  welche  in  jener  Zeit  60,000  Einwohner  gehabt 
haben  »oU,  siegreich  hörvor.  Sie  wtTrde  feierlich  als  eine  uralte 
freie  B^ichsstadt  gegen  jede  weitere  Ansprache  (1505)  anerkannt. 
•Schanniit,  Bist  EpitiK^.   Warn.   T.  i   p.  401^-406.     I^nge, 

Gesch.  d.  ßti  Worms  a  \$  9.    Harlwrig,  6.:  59.        •    • 

209)  Echardus,  Dei  et  apostoHoae.sedis  gnöe^  Episcc^s Wor- 
matieosiB..  C9ncedunv8  suppositis  Univqrsitatis.  Heidelbergensis ,  ut 
libere  possint  eligere  sepulturam  äpud.  CäpeUam  ß.  M.  Virginis 
sitam,  in  eodem  loco,  dummodo  de  cottcTeilsu  et  tölüntate  Universi- 
tMiB  pt«edftBMe  ki6  <ieir  c6nti]igttl.  lAnnafl.  T;'£.  F."  5,  a^  :  Matr. 

'  Stt0);iIiB^JaikMfteii:4)eriQraib^  sich  i&  .und 

MMrfaflibiMicB  <ai*r«jd«i  iKkcka,  im^SaceUKtmilMadeiilioiuii  nad 
auf  dem  Kirchhofe  befanden  and  :zoi^  /Theil  doch  <vofiaiiideft  sinid, 


172       I.  Bnehi  L  Periode.  1.  AbsehmU.   (tB4S-^JS90.) 

Im  Jfi^re  166&  versuchte  es  die  Kurfttn^che  Verwaltimg, 
dieses  Becbt  (jus  s^ulturae)  der  Uniyersit&t  streitig  m 
maehen  und  »BegrftbikiflBgeljd«  zu  varlimgeii*  Dies^  aber 
imudte  sieh  deshalb:  in  ,ei«er  BeGK^werde  w  dw  Kuir- 
fftrsteu  Carl  Ludwig,  indem  $ie  sich,  eben  so  ?f€ibl  wi 
die  oben  angeführte  Schenkouig  des  Bischöfe.  Eekhard, 
als  auf  das  ihr  bis  jetet  uubestriittene  Becbt,  bmef,  und 
besonders  hervorhob,  dass  diese  Gapelle  im  Jahre  iWl 
^mi  gemeiner  Umversit&t  Kosten«  vob  neuem  fSfifMfßfi 
worden  sei*"). 


hat  Adami   (Apograph.  monumentor.  Haidelb.  p.  25  — 112)  auf- 
gezeichnet.       .  < 

Von  den  in  dem  Chore  der  Kirche  befindlichen  nennen  w 
das  des  Marsilius,  des  Ganzlers  Ehe i in,  des  Theologen  Georg 
Sohn;  von  denen  in  dem  Sacellam  academicuin  das  des  Theologen 
ßaniel  Tossanus,  des  Juristen  Caspar  Agricola,  des  Pro- 
fessors »der  freien  Künste c  Pithopöus  (Fassmacher)  und  seiner 
Gattin,  das  noch  vorhandene  des  Philologen  Xylander;^  das  d§r 
Theologen  Zanchius  und  Strieel. 

» 

Ton  denen  aitfiserhalb.  deft.Gh«ire«  das  d«i  Theologen  Kirne- 
ddnciüs,  des  Juristen  Heil  mann. 

Ton  denen  auf  dem  Kirchhofe  das  des  Dichters  und  Mediciners 
Posthius,  das  der  Gattin  des  Daniel  Tossanus,  das  dös 
Mediciners  Grünt  1er  (Grftnthler)  und  seiner  Gattin  Olyihpia 
(jetzt  an  einer  Seitenwand  der  Kirche  angebracht),  das  des  Philo- 
logen Sylburg.    Tergl.  auch  Kays  er,  Heidelb.  S.  65 — 71.    ' 

^pch  fanden  aucl^  in  ani^erjai  Kirchei»  ^^i^^&egA  Uni?e^si)ats- 
lehrer  ihre  IqU^c  Kuhe^tte..  , 

So  in  der  Kirche  «um  H.  Geist  die  JüdStenKi Celans  eig- 
ner, die  Theologen  PailAsSpanf  ei,  Hug'O^  Zoll^r,  Hein- 
tich  Stolo,  Andfeas  Pfodt.  >       «    ;..•; 

Iq  dor  Franzisl^aner- Kirche  wur^e  Budolph  Agricola.  bei- 
geöet^t,  Adanji,  p.  1*3.  U,  J7.  18.  22. 

211)  ünhreiiBitltekAmialen  yi3a,iApiA  166(k    Amk  war  bqImii 

L  J.  1556  entschieden  worden ,  dass  diese  Capelife  Jjchlt  >äd  ÜaM- 

(camtem^  (defe>  m  .Bt|iarilatoi>;iatdr<imiiiiliMi  Aafcgiiiilw  hattinun- 

:ttti  iKiiBiheneiBkaiillttin),  soiidemi'>iU  teinüüiikttsifealibclgnlriw. 

i^üBaiL  Uatr.>  T.  TH.  F.  t219yftsb.»        ..        :  .1  '  , 


§  16. 

Pi/tti  Urhan  VI.  verleiU  md  F4pit  B^nifacitis  IX^ 
hestäUgt  das  Priväeffüm  eker  ß^fährigm  Ahwemh 
heü  vom  Pfründeorte.     Ein  Rotulus  wird  nach  Rom' 

gesendet  (1389J. 

Unk  die  and^m  Universit&ten  von  dem  Papste  zuge- 
stMdeM  Beganstfguiig,  »ditf»  lelorende  und  lernende  OeisO- 
liefae  m  drai  Gemüse  ihrer  PfirflUdefn  blieben,  ohne  an 
dem  Orte  deraelbeB  Basidisns  fxx  bieten«,  aucb  £är  Heidel- 
beig  zu  klangen  (S.  43  ff.);  ^^dete  sieh  die  Universtt&t 
(1387)blttwcdse  anUrban  VI.  Dieser  erftdite  sogleicb  durch 
ehie  Bulle  vom  2.  August  1387  das  Gesudi,  und  zwar  in  der 
Weise,  dass  die  Aheenz  auf  &  Jahre  auligeidehnt  wurde« 
Ausserdem  erhielteh  aber  auch  durch  dne  weitere  Bulle  ''*) 
die  Dechanten  in  Gonstanz,  Oölni  Imd  Neustadt  a.  d.  H. 
von  dem  Papste  d^n  Auftrags  Votgtehender  Anofdnudg  zu 
überwachen  und  übeirhaupt  di^  UniYersitSt  gegen  j^Iiche' 
Gewalt  und  Unbill  zu  schützen  und  in  Sachen,  welche 
abgethan  werden  mussten,  »summarie,  simpliriter  et  de 
piano*  zu  verfahren.  Die  von.ürban  VJ.  zu  Ounsten 
der  Universität  getroffenen  Bestimmungen^  wmrden  von 
seinem  Nachfolger  Bonifacius  IX.,  welcher  sich  stets 
sehr  wohlwollend  gegen  die  Universität  bewies  ^^\  nicht 
nur  ihrem  ganzen  Umfange  nadi  durch  ei»e  BuUe  vom 
6;  Juli  1389  besÄtJgt  »^*)  ,•  sondern  durch  eine  weitere 


212)  Die  BtiHeA  fliiid  im  Oti^X  im  TJniv.-Areh.  nnter  Kr.  27 
Q.  28,  nnd  abscbriftlicb  ist  die  erste  in  AnnaH.  Univ.  T.I.  F.  28,  a. 
nnd  abgedruckt  in:  (Hertling)  Jas  Univ.  Heiden>.  ürbi  et  Orbi 
oBtensüm.    Mannb.  1748.  p.  11  ff. 

213).  Bonifacins  Pontifex  profieeto  Academiae  nostrae  est  fionf-' 
ffteitts,  cIiJhs  pfoptetea  ^emper  bonor  laudesqtie  taanebtint.'  Hist. 
Acad.  F.  46. 

214)  Aücb  d^  iJniversftftt  Wien  imrde  gleicbe  Yetgllnstigang 
^ron  den  Flpsten  sn  Tbei).  Kink,  8. 11.  18. 161.  Die  betreffenden 
ürkundeki  sind  in  dem  daim  gebörigen  Stetotenb.  S.  29.  47  n.  291 


Bulle  vom  Jahre  1404  auch  gestattet,  dass,  »so  oft  die 
Professoren  von  Heidelberg  zu  ihren  Präbenden  verreisen, 
auch  der  Mess  und  koris  beiwohnen,  nicht  allein  ad  omnes 
c^itttlanes  sioUen  zugelaspep  werden,  soivlaii  auch  die 
Praeeenz ,  so  lange  sie  wßrden  dort  sein  und  beiwohnen, 
geniessen  mögen«  *^*).  Diese  Bulle  wurde  im  Jahre  1434 
vom  Papste  Eugenius  IV.  bestätigt***). 

Von  deÄiden  Universitäten  verliehenen  Rechte,  in 
einem  Rotulüs  dem  päpstlichen  Stahle  Wflnsdie  und 
Bitten  vorzulegen  (S.  44) , '  machte  die  ühiversitftk,  auf 
Veranlassung  des  Eurfftirsten,  gleich  im  zweiten  Jahre  Mirer 
Begrttndung  Giebi^anch;  Bei'  der  AMassuAg  d«s  Botofais 
wurde  der  den  eJnzelnefn  Facultäten,  Lehrern  und  Schulen 
gebührende  Rang  strenge  eingehalten'*'^,  und  so  gtit 
denn  auch  die  in  denselben  angenommene  Raasordnang 
als  Norm,  wenn  es  sich  um  Rangverhältnisse  von  Univer- 
sitäts^Angehörigen  handelte  *^^/ 

In*  dön  ton'  der  Universität  Heidelbei^  abgefassten 
Rotulen'  wttr«n  die  Rangv^rhäitnisse  folgendet 


abgedruckt.  Nur  jst  zu  bemerken,  dass  in  der  letzten  Bolle  von 
Bonifacias  IX.''  den  fltudirenden  BenefiicSaten  statt  einer  Ab- 
weaenhdt  Ton  6  Jahren  die  Dispens  .ohne  eine  Zeitfnst  festgesetst 
wordei. 

215)  Im  Eingange  der  Bulle, }ieisst  es:  »Yiris  literanun  studiis 
deditis  multiplex  favor  debet  inipefndi,  qui  dum  possunt  non  cessant 
soienciamm  Gemmas  eoUigete  dft  collectas  in  anla  seeretforf  recon- 
dere,  ut  dorn  teiiipas  ad^van^^  reqttk«ndl  que  eoU«0ennit,  non 
reperiatur  apud  eos  locus  vacuas,  quin  scientiaram  gemmis  hujns- 
modi  reponator  omatus,  unde  dignom  censemusc  etc. 

216)  Die  genannten  Stellen  sind  im  Üni^^-Av^li.  unter  Nr.  25. 
26.  33  noch  vorhanden.     . 

217)  Die  Universität  Wien  tetete  dna  SUtut  dea  Rotnlaa  1388 
fest.  Eink,  Th.  I.  S.  150.  Das  Statut  selbst  ist  im  Statntenbadie 
abgedruckt  S.  8d— dai.  Gleiches  that  anch  di^  UniversiUt  Cdln  1404. 
Bianco,  Th.  L  S.229.  £heiL.doj$  sind  aach  die  eüuelaea  Puacte 
des  Hotulus  abgedruckt. 

218)  Auf  der.  Univenitftt  Batirt  wurde  dqrch  die  Statuten  die 
Rangordnung  voigesehrieben,  weil  eine  »Univeraitasc  (Corporaüon) 
oh^e  solche  Regelung  nicht  bestehen  kOane.    Vis  eher,  S«  132. 


PäpBtät^iei  F^mUffmm,  StHdung  emea  EoMus'nadi  Born.  17& 


Die  eiflte  8«^  liatto  der  jeweilige  Heister,  auf  Um  fblgw 

ten  die  Doo^ren  und  LicentUten  der  Gotte^elaJuibeit  and 
des  canonischen  Becbts;  die  dritte  Stelle  nahmen  die  Do- 
ctoren  und  Licentiaten  des  bürgerlichen  Rechts  ein,  je  nach 
der  Ordnung,  wie  sie  In  ihren  academischen  Ehrenstufen 
forigescimtten  waren.  Ihtien  gehlossen  sich  die  Magister  und 
Idoentiaten  der  Afzneiwiseeiischaft  an.  Auf  diese  folgten 
die  wirklichen  Begenten  und  leseBden  Magister  in  dör  Faciil* 
t&t  der  freien  KOnate,  denen  die  Baccalaureen  in  der  Theo- 
logie, welche  den  Namen  Formati  zu  tragen  berechtigt  waren, 
unmittelbar  nachgingen.  Die  siebente  Stelle  war  allen  Mei- 
stern der  freien  Kflnste  cngesprocheh,  sowie  auch  den  Baeca-' 
knreen  der  Theologie,  welche  nicht  Formati  waren  und' 
.  fießjiß^ip^tk  dfs  «anoniiK^Qii  jond  bfl^gerilchen  jReehts  und  det 
Arzneiwissenschaft,  welche  in  der  Artisten  -  Facnlt&t  den 
Magistergrad  erhalten  hatten.  Ihnen  folgten  diejenigen  Bac- 
calaureen  in  den  höheren  Facultäten,  die  noch  keine  anderen 
acadetiai^chen  Ehrenstufen  erstiegen  hatten.  Zuletzt  kamen 
die  BiafccalaQreen  der  freien  Kflnste  mit  aHen  flhrigen  Seho« 
laren;  den  Giafen,  Freiherren  imd  EMn  behielt  ^h  de« 
academische  Senat  vor,  bei  eiAear  jeden ,  i^ntUc^en  Feier- 
lichkeit eine  ihrem  Stande  gemftsse  Stelle  anzuweisen'^®). 

6egeH  das  Snde  des  Jahves  1387  wählte  die:  Unir. 
versität  den  Profosspr  Dithmar  von  Swertbe  ($.  131)^ 
um  den  unter,  Wunnenberg's  Bectorat  (24.  März  bis 
24.  Juid  1387)  abgraten  Rotulus  ^^^)  und  die  Erfüllung 
der  ausgesprochenen  Wünsche  von  dem  Papste  zu  er- 
wken  ***).  Zu  seiner  Hin-  und  Herreise,  so  wie  für 
einen  Smpnatliclfe^  Aufeinthalt  in  Born,  wurden  ihm  180  fl. 
aas  der  Universitätskasse  ^^^  u»d  somit  nidit^  wie  auf 


219)  Annall.  Univ.  T.  L  F.  38,  a.  h.  Gopialh.  d.  Univ.  F.  26,  a.  h. 
mst  Acad.  F.  2$.  27.    Wundt,  Mag.  B.  IH.  8^  283  ff. 

220)  Snh  reolorafeu  Heilmanni  nihil  fere  gesinm  memoraMle, 
tantom  de  orcyoiando  et  tjranunitlei^de  Betnlo  erant  soiUieiü.  Jlist 
Acad.  F.  28.     -        ■       •    .         .  ,. 

221)  Annaa  Univ.  T.  L  F.  39,  h.  Bist.  Ao%d.  F.  28. 

222)  Die  Summe-  selbst  wird  in  den  Acten,  so  angegeben :     . 
Pro  vestibns  et  baculo  XL  flor. 

Pro  itinere,.  pro  quoTis  die  nnom  ior.,  faeiunt  XL^  dies  XX 
fioide  et  totiden  redeundo  sittiniam  XU  fbor.  ^ 


176       I'  Buch.  I,  Periode.   1.  AlnehmU,   (13i€^Xd$a.) 

andern  Universitfiten  (S.  46),  die  InTotalnten  sur  Zahlung 
des  Kostenaufwandes  angehalten.  Die  Summe  selbst  war 
um  so  bedeutender,  als  in  jenen  Zeiten  die  jährliche  Be- 
soldung eines  Professors  in  der  Regel  30  —  50  fl.  betrug, 
das  Honorar  der  Vorlesungen  je,  nach  ihrem  Umfange 
1 — 8  Grofichen  ausmadite,  und  der  Student  sein  wöthent- 
Hdies  Kostgeld  mit  3  kf .  bezahlte.  Allein  die  tlnifersitfit 
wollte  am  päpstlichen  Hofe  von  ihrem  Abgeordneten  auf 
die  würdigste  und  erfolgreichste  Weise  vertreten  werden, 
und  hatte  mehr  den  in  Rom  herrschenden  lAuaß  im  Auge, 
als  die  Einfachheit  der  deutaclien  Sitten  .und  den  geringen 
Preis  deijenigen  Dii^,  welche  su  da  BedOrtaissen  und 
Bequemlichkeiten  des  Lebens  gehören. 

lieber  Swerthe's  Reise  nach  Rom  findet  sich  in  den 
Acten  nur,  dass  er  unter  dem  Rectorate  Jo.hann's  von 
Worms  (gew&Ut  am  10.  October  1387)  zwar  ¥<m  Heidel- 
berg abreidte,  ab^r  wegen  der  Kriegsttiruhen  von  seiner 
Heise  zurückgerufen  wurde  ***). 

Urban  VI.  starb  1389,  und  Bonifa cius'IX.  bestieg 
den  päpstlichen  Stuhl.  Die  Universität  säumfte  um  so 
weniger  j  einen  Rotulus  auszufertigen  und  'ihn  noch  im 
October  desselben  Jahres  durch  zwei  Abgeordnete,  Mar- 
silius  und  Soltow'^^),  mit  Glückwtnschen  zur  Thron* 


Item  pro  ddobus  eqois  et  famulo  X^^  flor. 

Item'  pro  tribaB  mensibits,  qtiibiiis  debet  esse  in  curia  XXXIX  Itor 

Item  prd  bostiarüi  VI  &». 

Item  pro  bibalibus  extraord.  Y  fl«r. 

Item  Universitas  considerans  diversa  puncta,  quibos  eget,  super- 
addit  sibi  XX!  fior. 

In  toto  CLXXX  lor.  et  lüm  pl«.  Ännall.  F.  3^,».  —  Hoe- 
tiatiiB  ofitij  seu  portae  cdra»  süccambebat.    Du  Cange  g.  ▼. 

228)  8sb  rdgimine  Riietoris  J<Auioi*  de  Wormatia  nuiieiut^  qni 
rotulnm  Romam  ad  Pontificem  deportaret,  Heidelberga  discessit,  8e4 
videtur  revoeatäs  pfopter  tiirbae  belUcaft  ei  id  n^gothim  confiectam 
fuisse  amio  1889.  Hiftt. '  Atsad.  •  F.  98.  Swertk«  wurde  am  23. 
Jui4  1388  zum  Rector  gewählt. 

>     234)  SoHow  reiste  ttpiMr  abermals  nach  Born,  und  wurde  auf 
seiner  Rückreise  (1394)  ▼en  den  Rittern,   NicroUiis  Kutiea*' 


B}Qhm40rZu$tandmdFrtqumg  der  ünw.  StreiOtändel  177 

bestagttng  an  den  Papst  "^)  zu  scbieken.  In  demselben  legt 
sie,  nachdem  sie  erwähnt  hat,  dass  sie  im  vorigen  Jahre 
iv^en  der  unglücklichen  Zeitläufe  einen  Botulus  nicht 
habe  übersenden  können,  eine  Reihe  von  Bitten  dem 
Papste  vor,  welche  ihr  auch  gew&hrt  wurden.  Zu  be- 
dauern ist,  dass  dieser  Rotulus  nicht  einmal  mehr  in 
Abschriften  ganz  vollständig  vorhanden  ist  ^*%  Auf  seinen 
Inhalt  und  die  durch  ihn  veranlassten  pSpstlichen  Bullen 
werden  wir  unten  zurückkommen. 

§17. 

Blühender  Zustand   und   Frequenz    der    Umvereität. 
Streithändel  zwischen  Studenten  und  jungen  Adeligen, 

Schon  in  den  ersten  Jahren  nach  ihrer  Begründung 
kam  die  Universität  durch  ausgezeichnete  Lehrer  und 
zahlreichen  Besuch  in  einen  sehr  blühenden  Zustand. 
Gleich  im  ersten  Jahre  zählte  sie  6  Doctoren  der  Theologie, 
5  Licentiaten  der  Jurisprudenz,  5  Licentiaten  der  Medicin 
und  43  Magister  und  Baccalaureen.  Die  meisten  von 
ihnen  waren  aus  Prag  **')  und  ^aris  *^®)  gekommen.  Im- 
matriculirt  wurden  Lehrer  und  Schüler:  im  1.  Jahre  525 


mann,  Heoro  von  Gnygen  and  Krafto  Ton  Dyffenbach, 
man  weiss  nicht,  ans  welchem  Omnde,  angehalten  und  aaf  die  Bnrg 
Meyenfels,  W^ttrzburger  Diöcese,  gebracht  Die  Universität  nahm 
sich  S cito w*s  kräftig  an  und  bewirkte  nicht  nur  dessen  Fr^lagsung, 
Bondem  auch  den  Banostrahl  der  Kirche  gegen  die  Frevler. 
Annan.  Univ.  T.  L  JF.  68. 

826)  Acta  Fac.  Art  T.  I.  F.  205. 

226)  Urkunde  Nr.  YIII  gibt  den  Inhalt  dieses  Botulus,  so 
weit  er  vorhanden  ist. 

227)  Unter  ihnen  sind  die  schon  (S.  131  u.  138)  genannten  Lehrer: 
Koyt,  Swerthe  (beide  1386),  Soltow  (1387).   Tomek,  &  39.40. 

228)  Yon  der  Behauptung  oder  Erlangung  eines  academischen 
Oiades  wurden  jedoch  die  auflgeschlossen,  welche  in  Paris  »auctori- 
täte  antipapaec  promovirt  hatten,  und,  dem  Papste  Clemens  YII. 
anhängend,  Urban  VI.  nicht  als  rechtmässigen  Papst  anerkannten. 
Annan.  Univ.  T.  I.  F.  4. 

Haute,  Gesoh.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  12 


178        L  Buch.  I.  P&riode.   1.  Abeehnitt,    (tf46—t390,) 


i 


(unter  ihnen  viele  Canonici,  Pfkrrer  und  Mönche,  nament- 
lich auch  der  berühmte  Raveno  vonHelmstadt,  nach- 
heriger  Bischof  von  Speier  und  von  1431  an  Erzbischof 
und  Kurfürst  von  Trier) ;  im  2.  Jahre  236  und  im  3.  Jahre 
U89,  so  dass  ön  Jahre  1390  dife  Oesammtzahl  der  Im- 
matriculirten  1050  ausmachte  *^*): 

Von  diesen  fidnfd ,  ausser  den  geborenen  Pfälzem  •••) 
und  denen  aus  den  Diöcesen  von  Speier,  Mainz,  Würz- 
burg, Eichstätt,  Strassburg,  namentlich  vide  vom  Nieder- 
rhein aus  dem  Gölnischen,  aus  Flandern  und  aus  Hol- 
land**^). Dorther  waren  auch  mehrere  Lehrer,  die  wohl 
wieder  ihre  Landsleoite  als  Schüler  herbdzogen. 

Die  Zahl  der  Immatriculirten  würde  aber  noch  grösser 
gewesen  sein,  wäre  die  Universität  in  ihrer  Thätigkeit 
nicht,  wenn  auch  nur  auf  kurze  Zeit,  gestört  worden.  Der 
Krieg,  welchen  die  Pfalzgrafen  mit  den  in  Schwaben  und 
am  Rheinstrome  verbundenen  Städten  führten  (S.  22  u.  23), 
verbreitete,  zumal  als  sich  zu  demselben  auch  noch  eine  an- 
steckende Krankheit  gesellte,  überall  Furcht  und  Schrecken. 
Es  verliessen  deshalb  im  Jahre  1388  die  Studirenden 
Heidelberg,  kehrten  in  ihre  Heimath  zurück ,  und  die 
Vorlesungen  wurden  eine  Zeit  lang  geschlossen  *'*). 

Mit  den  Bürgern  lebten  die  Studenten  in  gutem  Ein- 
vernehmen.    Nur  bei  Hofe  angestellte  Diener   und  be- 


229)  Matr.  Hb.  I. 

290)  Unter  Urnen  kommen  Hamen  Ten  jetzt  noch  blQhen^n  Ge- 
schlechtern vor,  wie  von  Yenningen,  von  Leinin  gen  u.  a. 

231)  Aus  diesen  Angaben  geht  hervor,  dass  in  der  fittfaesten 
Zeit  did  Universität  Heidelberg  am  meisten  von  den  Anwohnern 
der  Bheinlande,  von  Gonstanz  bis  Utrecht,  also  ans  dem  sadlichea 
und  nordwestlichen  Dieutschland  besocht  war.  Aus  dem  nördlichen 
•und  nordöstlichen  Deotschlande  kamen  sdten  Studenten  nach  Hei- 
delberg. Aus  Pommern  und  Meeklenbotg  e^heinen  nur  wenig  im 
ältesten  Matrikelbuehe  und  noch  weniger  auaDäMMsrk  und  Schweden. 
Vergl.  auch  Eosegarten,  Gesch.  der  LMvers«  Greiftwald,  Th.  L 
S.  16.  17. 

232)  Hist.  Acad.  F.  30. 


T0d  Bi^rßcht'B  L  179 

sonders  junge  AdMige  sahen  öfter  mit  Neid  auf  die  vor 
ihnen  befiMTzugten  Stadenten,  und  so  kamen  manche  Stiseift^ 
b&ndel  zwiscbea  jenen  und  den  Studenten  yor. 

Andere  Baufhändel  waren  schon  im  zweiten  Jahre 
nadi  der  Begründiu^  der  Universitit,  unter  dem  Kectonite 
des  Marsilius,  vonKefatten.  Studenten  belustigten  sich 
auf  dem  Felde  mit  ^M^Q*  Ohne  irgend,  wie  wenigstens 
berichtet  wird,  Veranlassung  gegeben  zu  haben,  wmrden 
sie  von  KurfOrstliehen  Jägern  überfallen  und  misahondelt« 
Auf  die  von  den  Studenten  deshalb  eingeracfate  Be- 
schwerde wurde  die  Sache  untersucht,  und  die  Schuldigen 
mussten  den  Beleidigten  Abbitte  thun  *'*). 

§  la 

Tod  Üuprechfs  I. 

Der  edle  Begründer  der  Universität,  Kurfürst  Ru- 
precht I.|  starb  am  16.  Februar  1390  im  81.  Lebens* 
jähre,  und  wurde  in  der  von  ihm  erbauten  CoUegiatkirche 
in  Neustadt  a.  d.  H,  beigesetzt  ""*).     Mit  Freude  und 


233)  Annall.  UniT.  T.  I.  F.  41,  b.  Pareus  (Hißt.  Acad.  F.  29) 
erzählt  den  Hergang  der  Sache  folgender  Massen: 

»Injuria  Academicorum  vindicata.  Contigerat  tum 
memorabile  exemplum  vindicatae  injuriae  in  Academios.  Lusitantes 
in  campis  studiosos  Yenatorum  Electoris  in  Bavaria  absentis  famuli 
fagaverant,  prostraverant,  dedotaTerant,  vulneraverant  innocentes. 
Ad  praecavendam  animorum  exulcerationem ,  et  iustiUandum  ani- 
morum  syncratismum  Rector  studiosos  diem  naturalem  in  carcer^m 
compegit:  Verum  de  sententia  Consiliariorum  Electoris  in  festo 
Pahnamm  in  Ecdesia  S.  S.  in  principio  Magnae  Missae^  praesenti- 
bus  quibusdam  Consiliariis ,  Professoribus  et  Studiosis  qui  vellent 
et  toto  populo,  alten  praedicti  Fauni  praevaricatorefl  sine  calceis, 
nadis  capitibus,  flexis  genibus,  primo  Rectori,  dehinc  singulis  sco- 
laribus  laesis  similiter  supplices  facti  fuere  his  verbis:  Supplico, 
qaatenus  mihi  propter  DEUM  injuriam,  quam  Yobis  feci,  remittere 
velitis.  Quae  satisfactio  reccpta  fuit,  futura  gravior,  nisi  Elector 
abfaisset.t 

234)  Lehmann,  Neustadt.  Thal  S.  61,  woselbst  sich  auch 
die  Grabschrift  findet. 

12* 


180        J.  Buch.  L  Periode.   1,  ÄhschniU,   (1346-'1390.) 

Stolz  konnte  er  nocb  bei  seinem  Leben  auf  das  schdne 
und  kräftige  Gredeihen  der  UniversitHt  hinblicken.  Er 
^ah  die  von  ihm  bei  der  Gründung  dersdben  gehegten 
Hoffnungen  erfüllt  (S.  122).  Heidelberg,  welches  vor  der 
Gründung  seiner  Hochschule  kaum  im  eigentlichen  Sinn 
des  Wortes  eine  Stadt  genanBft  werden  konnte,  war  mit 
dem  Aufschwung  der  letzern  ansehnlich  und  wohlhabend 
geworden,  und  so  knüpfte  sich  von  den  ältesten  bis  auf  die 
neuesten  Zeiien  die  Blüthe  und  der  Verfall  H^delbergs 
an  das  Schicksal  der  Universität  ****). 


235)  Mit  bündiger  Kürze  hat  dieses  auch  Zachariä  darge- 
than,  als  1817  ein  Gerücht  (wohl  nicht  ohne  aUen  Grund)  die  Uni- 
versität Heidelberg  mit  der  Aufldsoiig,  oder,  was  ziemlich  dasselbe 
ist,  mit  der  Verlegung  nach  Freiburg  bedrohte.  Yergl.  dessen 
Schrift :  »Für  die  Erhaltung  der  Universität  Heidelbergt  S.  1  u.  12—17. 

Wie  diese  1817,  so  war  im  Jahre  1816  das  damalige  Gymna- 
sium mit  einer  Auflösung  oder  Herabsetzung  in  eine  gewöhnliche 
Schule  bedroht,  was  jedoch  durch  einen  von  dem  damaligen  In- 
spector  Pfarrer  B^hr,  spftterem  Prälaten,  im  Namen  der  Gesammt« 
geistlichkeit  abgefassten  und. der  Staatsregieruiig  vorgelegten,  aus- 
führlichen und  gründlich  in  die  obwaltenden  Verhältnisse  eingehenden 
Bericht  abgewendet  wurde.  Derselbe  ist  in  der  Registrator  des 
Lyceums  aufbewahrt 


ESSP 


Zweiter  Abschnitt 

Die  Universität  unter   der  Regierung  des 
Kurfürsten  Ruprecht  II. 

1390—1398. 


§1         ' 
8orge    des   Kurfürsten  för   die  Stadt   und  die 

Universität. 

Ruprechtes  L  Nachfolger  in  der  Kurwürde  war 
dessen  Neife,  Ruprecht  IL,  damals  bereits  ein  Mann 
von  65  Lebensjahren.  Schon  seit  längerer  Zeit  hatte  er 
tbeils  an  der  Beiglerung  der  ganzen  Pfalz  Äntheil  genom- 
men, tbeils  in  den  oberpfälzischen  Besitzungen,  in  welche 
er  sich  nach  dem  Tode  seines  Vaters,  Rudolph  IL,  (1353) 
zurückgezogen  hatte  (S,  19),  die  Verwaltung  allein  ge- 
führt. Mit  seinem  Oheim,  dem  Kurfürsten,  stand  er  in 
dem  besten  Einvernehmen.  Es  geschah  nichts  Bedeuten- 
des, wozu  ihn  dieser  nicht  beizog.  In  allen  kriegerischen 
Unternehmungen,  in  allen  Bt^idnissen  handelten  Oheim 
und  Neffe  gemeinsam.  Diese  .  Uebereinstimmung  zeigte 
sich  besonders  auct  in  allen  wichtigeren  Bestimmungen, 
diesjch  auf  die  üniyer^ität.  beziehen. 

Die  Grundzüge  von  Ruprechjb's  IL  Charakter  sind 
Klugheit  und  wreichtige  BeriBchnung ,  schlauer  Ehrgeiz; 
practischer,  nüchterner  Sinn.  Von  seiner  militärischen  Tüch- 
tigkeit hatte  er  d^  BeiQameQ  »der  Harte  und  Zähe« 


182        J.  Buch.  J.  Periode,   2.  AhsehniU,   (1390—1398,) 

erhalten  ^).  Obwohl  vielfach  durch  auswärtige  Angelten- 
heiten  in  Anspruch  genommen,  waren  es  doch  vorzüg- 
lich zwei  Dinge,  welche  ihm  in  den  Tagen  der  Ruhe  sehr 
am  Herzen  lagen,  die  Erweiterung  der  Stadt  Heidelberg 
und  die  Hebung  der  Universität. 

Um  das  erste  Vorhaben  durchzuführen,  veranlasste  er 
auf  Ansuchen  der  Bürger  Heidelbergs  (1392)  die  Ein- 
wohner des  nahe  bei  der  Stadt  gelegenen  uralten  Dorfes 
Bergheim  ^),  ihre  Häuser  niederzureissen  und  sich  in  dem 
Theile  der  Stadt  anzubauen,  welcher  später  (vom  ehe- 
maligen Mittelthor,  damals  Niederes  Thor  genannt ,  bis 
zum  früheren  Mannheimer  Thor)  die  Speyerer  Vorstadt 
hiess.  Durch  Ertheilung  des  Bürgerrechts  (9.  März  1392) 
setzte  er  sie  den  Bürgern  Heidelbergs  nicht  nur  gleich, 
sondern  erleichterte  ihnen  auch  für  die  erste  Zeit  die 
Steuern,  und  wies  ihnen  die  nöthigen  Baumaterialien  un- 
entgeltlich an.  Zugleich  vereinigte  er  die  Bergheimer  und 
Heidelberger  Gemarkungen,  hob  die  Bergheimer  Pfarr- 
kirche auf,  und  überwies  ihre  Einkünfte  der  ausserhalb 
der  Stadtmauer  gelegenen  Kirche  zu  St.  Peter.  Gericht 
und  Rath  wurden  eben&Us  vereinigt  und  über  die  Alt* 
und  Neustadt  Ein  SdiültheiSß  aufgestellt  Der  Matid; 
aber  blieb  in  der  alten  Stadt,  weil  es  dort  bequemer  war. 
Auch  liess  er  die  verfallenen  Stadtmauern  neu  aufführen '). 

Die  Vermuthung,  dass  der  Kurfürst  bei  der  Erwei- 
terung der  Stadt  Heidelb^g  auch  dib  Universität  im  Auge 
gehabt  habe,  liegt  nicht  ferne.    Schon  bis  zum  Jahre  1390 


1)  Cognominatns  Durns  et  Tenax,  quod  proeliis  acer  et 
asper  esaet  Parens,  Eist  Bav.  !Pal.  p.  168.  Yergl.  auch  dbeo 
S.  23,  Note  20  sein  Verfahren  gegen  die  bei  Worms  gefangenen 
Räuber. 

2)  Das  Dorf  Bergheim  (von  Barke,  Berke  =3  kleitaes  Schilf) 
nt  viel /älter,  ah  Heidelberg,  und  -war  schcm  an  den  Zeit^  der 
Karolinger  bekannt.  ürkundUch  kx)mmt  es  xam  ersten  Male  77D 
Yor.    Hist.  Acad»  F.  6. 

3)  Bist.  Acad.  F.  6. 7.  Pftiz.  Copialb.  Nr.  18.  F.  82.  Zeil  er, 
p.  25.     Hausser,  ».I.  S:  205  ff.     Mone,  Ztscfo.  B.  IV.  8.  886. 


Coüegien,  Cantubemien  oder  Bursen.  183 

waren,  wie  erw&hnt,  1050  Studirende  immatriculirt.  Von 
den  zum  Theil  umfangreichen  Contabemien,  Collegien 
oder  Bursen,  in  welchen  Lehrer  und  Lernende  später 
Wohnungen  fanden,  waren  noch  keine  erbaut,  und  so  mag 
oft  Wohnungsnoth  gewesen  sein.  Da  nun  die  genannten 
Anstalten  einen  wesentlichen  Theil  unserer,  so  wie  aller,- 
besonders  dem  Vorbilde  der  Pariser  nachgebildeten  Uni- 
versitäten ausmachten  *),  und  ihre  Gründung  oder  Verbin- 
düng  mit  der  Universität  in  diese  Zeit  fällt",  so  haben 
wir  jetzt  auch  vor  Allem  über  sie  Ausführliches  zu  be- 
richten. 

§2. 

Die  mit  der  Universität  verbundenen  Collegien,   Con- 

tubernien  oder  Bursen. 

Eine  jede  dieser  mit  einem  der  vorstehenden  Namen 
bezeichneten  Anstalten  hatte  einen  oder  mehrere  Vorsteher 
(Regen tes,  Rectores,  Praefecti,  Moderatores,  Provisores), 
welche  die  Aufsicht  über  die  Stipendiaten  und  die  Ord- 
nung des  Hauses  zu  führen  hatten.  Die  Besorgung  der 
öconomischen  Verhältnisse  der  Anstalt  war  einem  Haus- 
vater (Praepositus,  Propst)  übergeben.  Ueber  Einnahmen 
und  Ausgaben  wurde  genaue  B^chuung  geführt  und  diese 
von  den  Regenten  oder  auch  von  Professoren,  welche  die 
Universität  damit  betraute,  geprüft. 


4)  Auch  mit  der  Uaiversität  Prag  waren  solche  Collegien, 
welche  Genossenschaften  yon  Magistern  waren,  verbanden.  Die 
GoUegiaten  führten  eine  gemeinsame  Hauswirthschaft,  welche 
aus  den  Einkttnften  der  dem  Collegium  einverleibten  Güter  be- 
stritten wurde.  Zur  Yerwaltong  ihres  Vermögens  und  Leitung 
aller  häuslichen  Angelegenheiten  wählten  sie  gewöhnlich  alljährlich 
aus  ihrer  Mitte  einen  »Propst«.  Das  älteste  und  grdsste  war  das 
Garls-Gollegium ,  gegründet  am  30.  JuU  1366.  Es  war  für  12  Mar* 
gister  der  freien  Künste  bestimmt,  worunter  2  auch  Grade  ia 
der  Theologie  haben  mussten.  Tomek,  S.  22.  Auf  der  Universi- 
tät Basel  mussten  (1477)  alle  Schüler  und  Baccalaureen  entweder 
in  Börsen  oder  bei  besondern  Doctoren  oder  Magistern  wohnen. 
Tischer,  S.  134.  135. 


184       L  Buch.  I.  Periode.  2.  AbschniU.   (1^90—1398.) 

In  diesen  CoUegien,  welche  zum  Thefl  sehr  reich  be- 
gabt worden  sind*),  wurden  auch  Vorlesungen  gehal- 
ten^, und  zwar  sowohl  von  den  Kegenten,  als  auch  von 
den  in  dieselben  aufgenommenen  Magistern,  denen  ein 
längerer  Aufenthalt  ihrer  weiteren  wissenschaftlichen  Aus- 
bildung wegen  oder  um  sich  auf  ein  aeademisches  Lehr- 
amt vorzubereiten,  in  denselben  gestattet  war.  Die  An- 
stalten dieser  Art  warön  folgende. 

1.    CoUegium  Jacobiticum.   1389. 

Im  Jahre  1389  liess  Kurfürst  Ruprecht  I.  an  der 
Stelle,  wo  das  Wohnhaus  der  Mönche  des  Jacobsstiftes 
gestanden  (S.  107),  ein  weitläufiges  Gebäude  auiführen^). 


5)  Ein  Hauptgrund  der  vielen  Stiftungen,  welche  in  früheren 
Zeiten  von  Gelehrten  gemacht  wurden,  ist  ohne  Zweifel  darin  zu 
suchen,  dass  damals  weit  mehr  »als  arm«  studirten^  wie  es  jetzt 
der  Fall  ist,  und  ein  jeder,  wenn  er  später  in  glücklichere  Verh&Ür 
nisse  (ad  pinguiorem  fortunam)  gekommen,  verpflichtet  war,  »quod 
juxta  rationem  conscientiaeque  motum  beneflcia  in  Collegio  accepta 
recognoBcat  et  pro  ejusdem  conservatione  et  augmento  de  bonii 
sibi  a  deo  colfatis  juxta  suae  conscientiae  dictamen  contribuat«. 

6)  lieber  die  in  denselben  befindlichen  Lphrsäle  berichtet 
Zeil  er,  S.  39,  i.  J.  1645:  »Die  Collegia  haben  finstere  Less- 
Stuben  und  seyn  alt.  Allein  das  CoUegium  Gasimirianum  hat  et- 
was Ansehens.« 

7)  Exstruendam  circa  illud  tempus  (1389)  curaverat  Ruper- 
tus  Senior  Elector  Domum  una  6um  Capeila  vel  Sacello  extra 
murum  Heidelbergensem  ad  orientem  plagam  non  procul  a  Nicro 
sub  ipso  tunc  temporis  Jettenbühel,  nunc  ad  radices  Aulae  vel 
pedem  montis,  cui  Arx  imminet,  dictam  nostris  die  Sängerey, 
quod  ante  septuaginta  annos  symphoniae  phonasci  cum  discipulis  ibi 
habitaverint,  Musicae  Aulicae  destlnati,  hanc,  inquam,  domum  ex-~ 
struendam  curaverat  Elector  eo  fine,  ut  iis  esset  CoUegium  mo- 
naehorum  Ciatertiensis  ordinis,  sed  qui  Academiae  subjecti  et  iisdem 
privUegiis  gaudentes  litterarum  cognitione  tingerentur,  cujus  Col- 
legii  curam,  regimen  et  gubernationem  indulgentia  Pontißei8.Abbati 
de  Schoenau,  vicini  Monasterii,  commiserat.    Histor.  Acad.  F.  32. 

Dieser  von  Ruprecht  L  gegründeten  »Sängerei«  oder  »Ca* 
pellemeisterei«  wurden  von  den  Päpsten  so  bedeutende  Einkünfte 
zugewiesen,  dass  sich  dieselben  auf  850  Dncatea  jähriich  beliefeiL 
Zeiler,  S.  38.    Kayser,  Heidelberg  S.  87, 


CoUegienf  Ckmiubermen  oder  Bursm.  185 

Es  blieb  Eigenthum  des  Bemhardinbr-  oder  Gisterzienser- 
Ordens,  wurde  aber  der  ünivensStät  (1394)  incorporirt^ 
und  als  Coilegiam  Jacobiticum  in  ein  Contubemium  um- 
gewandelt Als  sotckes  hatte  es  die  nämliche  Einrichtung 
und  die  nämlichen  Rechte,  wie  die  Schule  des  H.  Bern- 
hard zu  Paris  ^,  und  war  eine  BUdungsanstalt  für  junge 
Cisterzienser.  Sie  sollten  zwar  in  dem  Klosterverbande 
bleiben,  und  die  beiden  Aebte  von  Schönau  ^^  und  Maul- 
bronn eine  besondere  Aufsicht  über  sie  führen,  aber  doch, 
der  Universität  unterworföi,  die  Rechte  und  Freiheiten 
derselben  geuiessen  ^^).  Da  der  Cisterzienser -Orden  zu 
jener  Zeit  eine  sehr  glänizende  Bolle  spidte,  so  hielt  man 
es  für  einen  nicht  geringen  Yortheil  für  die  Universität, 
ihn  in  das  Int^esse  ^derselben  zu  ziehen  ^'). 


8)  Auch  in  Prag  waren  mehrere  Klöster  mit  der'  Üniversit&t 
Terbunden.    Tomek,  S.  2air. 

9)  In  Paris  war  ebenfaUs  das  lütesie  Golleginm  den  H.  Jaco* 
bns  gewidmet.  Es  wurde  von  dem  Leibarzte  des  Königs  Philipp 
TOD  Ftankreidb,  Johannes»  einem  gehomen  Engländer,  gegen  das 
Ende  des  12.  oder  im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  gegrandet» 
und  war  zur  Aufnahme  von  Fremdlingen ,  welche  in  Paris  studiron 
voUten,  bestimmt.  Im  Jahre  1218  abeigab  Johannes  diese  Stif- 
tung den  Dominicanern,  welche  von  diesem  Hause  Jacofoiten 
genannt  wurden.    Bul&us,  T.  III.  p.  92.  93. 

10)  Das  Kloster  Schönaa  wurde  1142  von  dem  Bischof  in 
Worms,  Buggo,  unter  dem  Kamen  Schonaugia  zu  Ehren  der  H. 
Jungfrau  Maria  gegründet  und  mit  SchOlem  des  H.  Bernhard^ 
die  spätier  den  Namen  Oistenienser  angenommen  haben,  besetzt. 
Von  dem  genannten  Jahre  ist  auch  der  Stiftungsbrief.  .  Guden, 
SyUog.  var.  diplom.  p.  3.  Schannat.  bist.  Episc.  Worm.  p.  60; 
Widder  a:  a.  0.  Th.  I.  S.  346  ff.  Wu&dt,  Magaz.  B.  L 
S.  42—58. 

11)  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  43,  b.  AcU  Palat.  T.  L  p.  377. 
Idea  chrono-'topogr.  Congreg.  Oist  S.  Ber«hardi  per  superior.  Grerm. 
p.  140.    Hdttinger,  p.  42.  4a 

12)  WttBdt,  Magaz.  B.  I.  S.  60.  61.  B.  IH.  S.  297.  —  In  der 
dem  Papste  au^esprochen^  Bitte,  den  Cisterziensern  die  Uniyer« 
ütät  zu  empfehlen,  sagt  dieselbe  unter  anderm:  »Heidelberga  quoad 
Cisteroiensium  Monaateria  in  medio  Alemanniae,  locus  pro  neceS" 
sariis  yitae  hmnanae^  üertiüs  et  abuudanter  uber.c. 


186        J.  -BwcÄ.  I'  Periode.  2,  AbschniU.    (1390^1398.) 

Die  Anstalt  wurde  von  dem  Papste  Bonifuciüs  IX. 
auf  die  ihm  von  der  Universität  (1389)  im  Botulas  aus- 
gesprochene Bitte  ihrem  ganzen  Umfange  nadi  bestätigt  ^'). 

Von  dem  Cisterziens^^Orden  wurde  dieses  GoIl^kuB 
durch  2  Capitelbesdilässe,  von  welchen  der  erste  mi  Wien 
1394  und  der  zweite  in  dem  Kloster  Heilsbroiia  1397  ahge* 
fasst  worden,  dem  Abte  des  Klosters  Sdbiönau  unterworfen^^) 
und  in  dem  zweiten  Gapitelslbeschluss  weiter  beatinuol;, 
dass  ans  je^dem  Kloster  des  Ord^s  in  dem  Kurfürstien- 
thum  wenigstens*  Ein  Mönck  in  das  Stift  nach  Heidel- 
berg geschickt  würde  ^^).  In  den  Universitäts-Acten  finden 
sidar  darüber  keine  näheren  Nachweise  ^^. 

Der  genannte  Capitelsbeschhiss  wurde  jedoch  keines* 
wegs  lange  aufriedbtt  erhalten.    Schdn'4m  Jahre  1516  war 


18)  tJrfcnnde  Nr.  VIÖ. 

Sie  findet  sich  im  Univ.  -  Arch.  Kr.  16.  AwaaU.  ünir,  T.  I 
F.  24,  a.    Vergl.  auch  Acta  Palat.  T.  I.  p.  S78. 

14)  Beide  Beschlüsse  finden  sich  in  den  Annalen  d«r  üniver«' 
Bität^  T.  I.  F.  55,  a.  u.  F.  68, h.  Anch  Wandt  liesa  sie  (Maga«. 
B.  Iir.  S.  390  ff.)  abdracken  und  widerlegte  zugleich  (S.  394  ff.) 
die  gegen  die  Aechtheit  dieser  Beschlttsse  vorgehradtten  Zweifel. 

15)  Anch  Karl  ly.. erwirkte  Yom  Papste  und  den  Vorstebeni 
des  Cisterzienser -Ordens  1374  einen  Befehl  an  alle  Elöster  des- 
selben in  Böhmen  und  den  übrigen  Kronl&ndern ,  woniach  jedes 
ans  seiner  Mitte  stets  2'  Brftder,  welche  sich  den  Studien  widmen 
wollten^  iMtch  Prag  zu  schicken  und  daselbst  mit  dem  nöthigen 
Unterhalte  zu  yersehen  hatte.    Tomek,  Sv  24.  25. 

16)  Einen  Capitelsbeschluss  y.  J.  1508  theilt  Mone  in  seiner 
Ztschr.  B.  I.  S.  299  mit.  —  An  der  Uniyersitäit  Freiburg  im  Breisgan 
fand  eine  ähnliche  Einrichtung  statt.  Der  General  des  Dominicaner- 
Ordens,  Yincenz  Jastinianus,  gründete  1543  in  dem  dortigen 
Prediger-(Dominicaner-)Eloster  ein  General-Studium,  d.  h.  eine  hohe 
Schule  für  die  Ordenslente,  bestimmte  dazu  die  noch  verfügbaren 
Einkünfte  des  Klosters  zu  Esslingen,  und  Hess  aus  Colmar,  Geb- 
weiler und  andern  Elsässischen  Klöstern  des  Ordens  Bücher  nach 
Freibnrg  schaffen.  Zu  Ende  des  18.  und  Anfaag  des  14.  Jahr- 
hunderts war  es  eine  bedeutende  Sdrale  fiEbr  Kirehenreekt  imd 
Pastoraltheologie.  Wie  diese  Sdiule  aber  im  16.  Jahi^hnnderte  be* 
schaffen  war,  und  welche  Wirkung  das  errichtete  General -Stadium 
hatte,  ist  nicht  weiter  bekannt.    Mone,  B.  ü.  S.  ISO.  181. 


Cöfkgien^  Ckm$iibemim  oder  BiMVm.  187 

das  Jacob(38ttft  zam  grosfien  Leidwesen  des  KwfttrstM 
Ludwig  V.  von  seinen  Mheven  BewcAnern  verlrassen^^. 
Weiteres  ist  ttber  dieses  Stift  nicht  bekannt;  nur  s<h 
viel  ist  »eher,  dass  die  MAnche  nieht  wieder  zurücttehrten. 
IKe  GebAtide  Wurden  entweder  niedergerissen  oder  dem 
Einstürze  überlassen.  Auf  dem  dden  Matse  derselben 
Hess  Philipp  Wilhelm,  der  erste  katholische  Kurfürst 
nach  der  Kirchenreformation,  1686  für  den  katholisdien 
Gk^ttesdienst  eine  Pfarrkirche  erbauen  ^^,  welche  aber 
bald  darauf  (1693)  ein  Raub  der  Flammen  wurde.  Im 
Jahre  1701  wurde  an  dem  Ratze,  wo  diese  früher  gestanden, 
das  Barfasser-CarmeKten ^Kloster  erbaut.  Unter  Maxi- 
milian Joseph  aber  ist  das  Kloster  aufgehoben  und 
Sind  die  Gebäude  wieder  abgerissen  worden  ^^).  Jetzt  ist 
der  Kaum,  welchen  dasselbe  inne  hatte,  in  den  Besitz 
von  Privaten  übergegangen. 

2.    Collegium  in  der  Bursch.   1390. 
Dieses  CoUegium,  auch  die  alte  Burse  genannt  ^% 


17)  Die  XJniversit&ts-Annalen  (T.  lY.  F.  246,  a.)  geben  Folgen- 
des Ober  den  Zustand  dieses  Stiftes  in  dem  eben  genannten  Jahre 
an:  »Maxima  tune  sollkitndine  angebatur  Elector  LudoyicusV. 
(üsque  adeo  ejus  animo  insederat  Academiae  amor  et  cnra)  propter 
Domnm  8.  Jacobi  extra  moros  Heidelbergenses  ad  snperiorem 
portam  Nieri  snb  ipsa  aala,  bactenns  non  mediocre  lamen  et  decna 
Uahrenitatid,  et  a  Gistartiensis  ordinis  Fratribns  babitatam,  nnnc 
tero  ab  iisdem  desertam  et  incnltam ;  adeo  ut  diceret,  se  malle  ndn 
babolsse,  quam  babitam  rem  perdere  vel  perielitari.  Tdeoqne  Tolnit 
ejus  Ceteitudo,  nt  cogitet  Academia  et  consulat,  qua  ratione  quibnsve 
mediis  et  Fratres  revocarentnr,  et  üniyersitatis  jactara  resardretnr, 
quo  deniqne  processn  Abbas  ßcbOnayiensis ,  ejnsdem  domus  Gnber* 
nator,  Administrator  et  Rector,  cujus  forte  indnlgentia  Fratres 
abüssent^  ad  revücandois  Monaebos  addnceretur.  Et  ita  qnidem 
postmodam  eum  Abbate  r«8  aetitata  foit ,  sed  dubio  Tel  nitHo  süo- 
cessu.c    Yergl.  ancb  fiist.  Acad.  F.  110. 111. 

18)  Enrpfftte.  Eirchenr.-Protok.  y.  20.  Mai  1685. 

19)  Widder,  Tb.  I.  S.  140.  141.  Eben  dort  findet  sich  auch 
eine  ausführliche  Geschichte  des  genannten  Klosters.  Wnndt, 
Heiäelb.  S.  82. 

20)  Wundt,   Mag.  B.  III.   8.  294.  —    Später  kommt  diese 


188       I'  BucK  L  Feriöde.  2,  Abaehnitt.,  (Um-^IBBS,) 

ist  von  dem  Dompropst  zu  Worms,  Conrad  von  Geyln- 
hausen  (S.  144  u.  14&)  (t  13.  April  1390);  gogrüAdet.  In  sei- 
nem, nicht  mehr  vorh)aodenen  Testamente  hatte  er  der  Uni- 
versität seine  Kostbarkeiten  und  Bücher  vermjacht  ^0,  mit  der 
Bestimmung^  daas  davon  ein'Gcdlegium,:naeh  dem  Muster 
der  Sorbonne  zu  Paris  (S.  48),  erbaut  werdw  solle,  und 
zu  YoUstreckeru  des  Testaments  dea  Kurfürsten  Ru- 
precht IL,  den  Grafen  Heinrich  von  Spouheim  und 
den  Edlen  Hartmann  von  Handschuchshelm  er- 
nannt. Der  Wille  des  Hingeschiedenen  wurde  gewissen^ 
haft  vollzogen.  Der  Kurfürst  kaufte  (nach  de9i  CaL 
aead.  IL)  mit .  den  aus  dem  Vermächtuisse  gelösten 
1000  Oulden  für  die  Universität  vier  Gärten  hinter  dem 
so  genannten  Marktbrunnentbor , .  welches  in  der  Gregiend 
war,  wo  die  Kettengasse  sich  ebdigt  imd  das  jetzige  Anats- 
gebäude  steht,  und  erbaute  dort  das  Coll^um*^.: 

Die  über  den  Kauf  der  •  Gärten  abgeschlossene  Ur- 
kunde ist  vom  14.  Mai  1390**),  und  schon  am '28.  Juni 
wurde,  nach  vorher  in  der  St.  Peterskirche  abgehaltener 


Börse  m  den  Act^  auch,  als  »Nova  Buzsa«  vor»  naehdeiQ  sie  Lud^ 
wi  g  Y.  (1580)  wieder  hatte  aofbaiien  lassen.  Act  Fac.  Art.  T.  lY. 
F.  133,  a. 

21)  Obiit  venerabilis  pater  et  dominiis  Gonradu»  de  Qeyl^as^i, 
prepositus  et  eanonicus  eccleaie  WorinaciBDsis ,  sacre  theologie  nee 
npn  decretorum  doctor^  egregius  hujas  siudii  canoellarias  primas, 
anno  Domini  MGCOXG  (13.  April),  qui  in  extremis  constitutus  eanus 
mente  Jnter  cetera  opera  virtutum  Yolumina  pveciosa  diyersanuii 
facultatum  cum  clenodüs  legavit,  dedit  et  ordina^t  ad  .erectionom 
coUegii  ad  instar  collegii  Sorbonne  Parisieiisis.  Gal.  acad.  II.  d.  d. 
13.  April.  1390.  —  Gonradns  GelynbauseA  moriturus  Aaademiae  in 
pecuniis,  x&hfi^hokt  et  Übrig  legaverat  nulle  florenos  pro  primo 
GoUegio  institaendo.  idqu^  pro  anima  sna  et  deineeps  omnibna  bener 
faatoribus  delanetis  dicti  studli,  nt  Missa'celebxtBtur  in  Dcclesiia  S. 
Petri  die  anniversario  obitUK  suii  nona  ApriMs,  salva  tamen  üni* 
versitati  potestate  disrponendi  ac  moderandi.  Hist  Acad.  F.  40. 
Annan,  üniv:  T.  I.  F.  46. 

22),Wilken,  S.  22.  23. 

23)  Abschriften  dieser  Urkunden  sind  in  Annali.  Univ.  T«  i4 
F,  28,  b.  u.  in  Acta  Fac.  Art,  T.  I.  F.  ail^b.  212|ft.      . 


CoReffien,  Cmtuibermen  öder  Bursen,  1S9 

Messe,  von  Ruprecht,  mit  dem  BeiBamen  Pipan,  der 
Kleine  oder  Junge "^),  dem  ältestefn  Sohne  Rup  r  ech  t's  IQ., 
der  Grundsteui  gelegt  Bei  Lesern  feierlichen  Acte  war 
die  Umvereitftt  in  der  Weise  vertreten,  dass  von  jeder 
Facultät  ein  Mitglied  beiwohnte.  Diese  waren :  der  Theo- 
loge Soltow,  der  Jurist  Noyt,  der  Mediciner  Jacob 
von  Hermenia  und  der  Artist  Wunnenberg**^). 

Zur  Erbauung  und  Vollendung  hat  dieses  Gollegium 
dorch  eine  Seh^kung  des  Kurfürsten  Ruprecht  II.  im 
Betrage  von  3000  fi.  eine  sehr  wesentiiche  Unterstatzung 
erhalten  *^. 

Von  dem  Gebäude  selbst,  welches  mit  seinen  Neben- 
gebäuden und  Gärten  den  Raum  zwischen  der  Heu-  und 
Kettengasse  einnahm*^),   gibt  der  Chronist  Friedrich 


24)  Mit  diesem  Beinamen  wurde  Ruprecht  von  seinem  Gross- 
onkel,  Grosav&ter  und  Vater  tmt^'scliieden.  Flad,  Hist.  Nachricht 
Yon  Ruperto  Hpan.  Crollius,  Pfalz,  Gesch.  Häusser,  B.  J. 
S.  258. 

25)  Calend.  acad.  II.  d.  d.  28.  Juni  1390.  —  Procurante  Ele- 
ctore  et  consensu  üniversitatis  horti  qnidam  hinter  dem  Markbrnn- 
nerthor,  qui  ci^um  erant,  ab  Academia  coemti  sunt,  ubi  jam  in 
dicta  Heogass  prios  fuerat  Heetorale  stabulum,  quod  ante  sexen- 
nium  ab  £lectore  Academiae  donatum  fuit  et  insertum  pro  futnri 
CoUegii  area.  Yestigia  hujus  rei  apparent  etiamnum  in  ejusdem 
loci  Yalva,  coi  inaeo^tos  Leo  cum  libro  Academicos.  .Post  conver-; 
sus  ille  locus  in  stabulnm  rursum  ante  septennium  permutatione 
alterius  Collegii  traditus  a  Principe  Academiae.  ünde  etiam  patet 
ratio  etymi  fontis  illius  Marckbrnnnen  und  Varckbrunnenthor ; 
fnerat  enim  tnnc  in  illa  platea  dicta  jam  Eettengass  forum  et  in 
foro  fons  üle  scaturiens,  nee  inde  procul  mnrus.  Nam  horti  Uli, 
in  quornm  area  aedifieatoai  OUegium  extra  munua,  siti  in  Uteris 
antiquis  dicuntor.  .  Hist  Acai.  F.  40. 

26)  Die  betreffende  Urkunde  ist  vom  11.  Aagutt  1890  (Pfähs. 
Gopialb.  Nr.  8.  F.  25,  b).  Nach  dem  Inhalte  dieser  Urkunde  wollte 
Ruprecht  »das  JubUftnm  gewinnent  wnd  solke-'  desbaib  naahf 
Eom  reisen.  Der  Papst  dispensirte.  iim  jedoch  davon  unter  deir 
Bedingung,  dass  er  das*  Geld^  welches  die  Min-  undi Herreise. und 
der  Aufenthalt  in  Born  kosten  wQfiden,  zu  emtm  mifldeB  Zwecke 
verwende.  Auf  den  Bath  sanes  Beichtvaters  Übermächte  erdje 
genannte  Summe  dem  Gollegium. 

27)  Wund t,  Mag.  B.  III.  S.  294.  29ö.    Wundt,  Heidelberg 


190       J.  Buch.  L  Periode.  3.  Abschnitt.    (1390^1398.) 

Lucä  (geb.  1644,  f  1708) »»),  weldi^  im  Jahre  1662  in 
Heidelberg  studirte,  folgende  Beschreibung: 

»DSese'  ßarsöh  war  ein  ansehnlicher  Hof  und  höheB  Ge-^ 
bäude^  von  zweien  Seiten  (Fldgcln),  hatte  zvey  fSm^mge  und 
mitten  einen  sch&nen  Springbraan.  An  der  Reiten  Mitter« 
nachts  hatte  die  Ajcademie  aben  die  Senat -Stube  und  Archiv 
und  unden  das  Auditorium  philosophicum  '^)  -  von  zimlichem 
Kaum,  aber  etwas  tunkel.  Morgenwarts  an  der  Spitze  war 
dad  Prytanemn,  ein  weitläufftiger  Saal,  welchen  die  Theologi  zu 
ihren  Lectionlbus  nnd  Dispatatioaib^B  bissweilen  bramshten, 
«nd  worinnen  gemeiniglich  die  Gonvivia  Dootoraüa  find  Boote* 
ralia  gehalten  wurden,  auf  dessen  ober  Theil  war  die  Biblio- 
theca  Universitatis  ^^).  Die  übrigen  Gemächer  der  Bursch 
bewohneteder  förderste  Pedelle  und  vor  ihr  Geld  die  Studiosi.« 

Dieses  Collegium  war  viele  Jahre  hindurch  das  Haupt- 
gebäude der  Universität.  Bei  der  Restaurationsfeier 
derselben  (1.  November  1652)  diente  dessen  Hörsaal 
(Auditorium  philosophicum)  zum  Versammlungsorte  der 
Thmlnehmer  an  dem  Feste  ^0-  ^^^  ^  dieser  Anstalt 
gehörigen  Garten  hatte  das  Artisten- Collegium  erhalten. 
Im  Jahre  1693  wurde  das  Gebäude  ein  Bitub  der  Flammen. 

8.   Collegium  Artift^arnm.   1301. 

Der  Grilnder  dieser.  Anstalt  ist  l^urfürst  Ru- 
precht II.  Waren  die  übrigen  CoQegi^  $^cher  Art  zu-* 
nächst  zur  Anfnahme  von  Schülern  bestimmt,  so  sollten  in 
diesem,    in   den   Acten  sehr  häufig   unter   dem   Namen 


8.  88.  84.     Ha  atz,  ^esdi.   d.  Stipendien  u.  Sliftnngen  an  dem, 
Lyceum  und  der  üniversit&t  Heidelberg,  H.  L  6.  19.  20. 

28)  Europ.  Helicon  S.  864. 

29)  Dieses  Auditoriina  war  dem  Hftitevgebäade  des  jetat  Bote« 
loMipt'sehen  Haoses  gegeaAbor,  da  wo  gegenwittig  die  Eatholisehfi 
Deehand  steht    Wund«,  Heidelb.  8.  121.  < 

80)  üeber  die  Binnohtimg  des  Prytaneants,  wetehes  1602 
nea  aafjgebant  wurde,  inden  sieh  Naehweisnagen  in  Jkani^.  üniv. 
T,  XX.  F,  21.  T.  XXL  F.  «,  ».  b.  12,  a.  60,  a.  61,  a.  T.  XXH.  F. 
3,  a.  24.  47,  a.  b.  T.  XXUI.  F.  3,  a.  T.  XXVI.  F.  9,  b. 

tV)  VbiäL  ad  ann.  1662. 


Oodegien,  CkmMf^mien  oder  Bwfsen,  191 

»Benlisten-Bürsch«'^  oder  »Grosses  CoBtaber-« 
nium«  genannt  ^^),  nach  der  ursprünglichen  Bestimnmiig 
Mäster  der  freien  Künste  Wohnungen  und  Kost  erhalten, 
weshalb  es  auch  das  CoUegium  der  Meister  oder 
freien  Künste  hiess.  Bald  naeh  der  Gründung  der 
Anstalt  mirden  jedoch  durch  zahlreiche  Stiftungen  auch 
Freipläts^  für  Studirende  in  demselben  errichtet.  Beson* 
ders  aber  erhöhten  sich  durch  die  Freigebigkeit  der 
Kurfürsten,  Otto  Heinrich's,  Friedrich's  lU.,  Lud- 
wig's  YI.^^)  und  Johann  Gasimir's,  dessen  Einkünfte 
so  sehr,  dass  es  mit  Recht  Fürstenschule  (CoUegium 
Prineipis)  genannt  wurde  "^).  Nach  der  Vereinigung 
mehrerer  Bursen  in  Eine  (1546)  wurde  es  auch  »Neue 
Burse«  genannt. 

Entstanden  ist  dieses  CoUegium  in  folgender  Weise: 
Buprecht  IL  vertrieb  die  Juden,  welche  sein  Oheim 
aus  den  Schrecken  der  Pesi  und  Verfolgung  gerettet 
(S.  117,  Note  42),  aus  Heidelberg  ••),  und  schenkte  alle 


32)  AnnaU.  Univ.  T.  YII.  F.  55,  b.  »Bealisten-Barsch,  CoUegium 
Prineipis  genaxmt.«    Wundt,  De  Fac.  jorid.  P.  II.  p.  4. 

33)  Inventur  d.  Univ^rsitätsbäuser,    Uniy.-Afcb.  Nr.  358,  65. 

34)  Friedrieb  ML  gab  jäbrlicb  aus  seinen  Kameral-GcfäUea 
50  Mltr.  Eom  und  Ludwig  VI.  aus  der  von  ibm  aufgehobenen 
Schule  zu  Neiibausen  bei  Worms  150  Mltr.  Korn. 

35)  Annall.  Univ.  T.  IL  F. 27,  a.  Wund t,  Heidelb.  Tb.  L  S.  85. 43. 

36)  Üeber  die  Verfolgung  der  Juden,  ihre  Aufnahme  in  der 
Pfalz,  so  wie  über  die  Vertreibung  derselben  aus  Heidelberg,  be- 
richtet P  a  r  e  US  (Eist.  Acad.  F.  34. 35)  Folgendes :  >Domus  Judaeorum 
Heidelbergae  ab  Electore  utroque  praeseniore  et  seniore  Buperto 
assignatae  fuerunt  Academiae  ad  Collegia  et  Professoribns  ad  habi- 
tationes  una  com  aliquot  hortis.  Nee  injuria  aliqua  hoc  Eleciores 
perpetrarant,  ideo  Apologia  digni.  Jam  enam  ab  aUqiiot  amtis  in- 
TiBa  Judaeorum  fattüia  ejus  modi  principum  et  ci?itatum  catady- 
Bmom  ex8pcfcta]:<e  poterat.  Jan  ante  40  annos  a  ßplnensibns  pn>- 
Script!,  coemiterium  eorundem  vastro  subactum,  domus  ^«idiCae  et 
elocatae  falc  et  alibi  pasBim.  OausaaB*  (vere  an  falso  nolo  asserere) 
Jodaeis  qnidam  imputant,  alii  suspiciombus,  R«no  enim  1^48,  quam 
laCtemama,  Gadtio  ^epidemio  quodam  oont^io  plarimi  iiifeeti  ex- 
Btinguerentur,  Judaei  fontium  et  seaturiginum  Yenenatarum  saspectl 


192        I'  ^^^^-   i'  Periode,  2.  ÄhschnxU.   (1390-^1398,) 

ihre  bewegliche   und    unbeweglidie    Habe    der    Univer- 
sität»'). 

Die  Anstalt,  welche  bei  ihrem  Beginne  (1391)  nur 
aus  dem  früher  dem  Juden  Hutz**)  gehörigen  Wohn- 
hause bestand,  vergrösserte  sich  in  der  Folge  so  sehr, 
dass  sie  mit  den  dazu  gehörigen  Gebäuden  das  gansse 
Quadrat  zwischen  der  jetzigen  Augustiner-  und  Heugasse 
einnahm.  Der  Eingang  in  das  Hauptgebäude  war  dem 
des  jetzigen  üniversitätsgebäudes  gegenüber,  wo  gegen- 
wärtig das  »Deutsche  Haus«  steht**). 


nonnallis  in  locis  quaestionibns  subjecti,  doloris  atrocitate  (at  pa« 
tatur  quidem)  id  quod  non  erat,  confessi,  in  Imperio  praesertim 
circa  Rhenum  integras  eorum  familias  exilii,  ferro  flammaqae  occa- 
sionem  inprimis  impetuosae  plebi  suppeditaront«  Tergl.  auch 
Geissel,  Der  Eaiserdom  zu  Speyer,  Th.  I.  S.  52.  Schreiber, 
Urkwidenb.  d.  Stadt  Freiburg,  B.  I.  S.  378.  B.  ü.  S.  96. 

In  wie  yöllig  rechtlosem  Zustande  die  Juden  in  früheren  Jahr- 
hunderten gewesen,  beweist  der  gegen  das  £nde  des  7.  Jahrhun- 
derts auf  der  17.  Synode  zu  Toledo  gefasste  Beschlusa,  »dass  die 
Jüdische  Nation,  weil  sie  das  Blut  Jesu  vergossen,  nach  Befehl  des 
Königs  Egican  ihres  Vermögens  beraubt,  in  Sdaverei  gebracht 
und  unter  den  Christen  nach  WiUkür  des  Königs  vertheilt  werden, 
auch,  dass  weiter  ihre  Herren  ihnen  keine  Hebung  ihrer  Ceremonien 
zugestehen  und  ihre  Kinder  im  7.  Jahre  wegnehmen  sollen,  um  sie 
christlich  zu  erziehen  und  an  Christen  zu  veriieirathen«. 

37)  Urkunde  Nr.  XI.  Im  Univ.-Arch.  ist  die  Originalurkunde 
unter  Nr.  26  u.  eine  sorgfaltige  Abschrift  unter  Nr.  67  noch  vor- 
handen. Eben  so  Abschriften  in  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  24,  b.  25^  a. 
Acta  Fac.  Art.  F.  209,  a.  bis  210,  a.    Copialb.  d,  Univ.  F.  72,  a.  b. 

Auch  Karl  lY.  zwang  die  Juden,  Prag  zu  räumen,  und  schenkte 
ihre  E^iuser  der  Universität.   Hagecii  Böhmische  Chronik  S.  643. 

38)  Becedente  et  fugiente  quodam  Judaeo  nomine  Hutz  domum 
ejusdem  assignavit  Princcps  Magiatris  tone  regentibus  in  artibua. 
Annall  Univ.  T.  I.  fol  98.  Vergl.  auch  unten  den  Bericht  der 
Universität  an  den  Kurfürstea  Lukdwig  III.  In  der  von  Ru- 
precht IL  auageBtelltfin  Stiftuagsurkunde  kommt  der  Name. Huts 
nicht  vor.  Wundt  <S.  385.  386)  glaubt,  es  sei  der  in  ders^lbea 
als  »zitternder  Abraham«  bezeichnete  Jude. 

89)  Wundt,  Heidelberg  B.85. 121.  431.  Unsere  StipendieDsehr. 
H.  I.  8.  20. 


Ji^  Am  Statttten  der  Anstalt/  theOen  ynt  Folgen- 
des mit  *^: 

1.  Jeder,  der  in  das  CoHegiiuii'  Aiii0tamm  anfgenomm«!  wurde, 
moBSite  dem  Hofmeister  oder  Cander  des  KarfChcaten  sclMirören, 
die  Gesetze  des  Collegiums  trea.  zu  befolgen« 

2.  Theologen  sollen  in  der  Anstalt  nur  2  und  diese  »allwegen 
Canonici  zum  H.  Geist  sein  und  daselbst  gewenliche  presents 
Iklteii«.  * 

8.  Der  dritte  (käktgtai  soll  ein  CanDixtit  iein'  nd  die  «ketuf 
in  greco  haben«!  der  Yieiie  an  »Xiegist^>  der  Fünfte  ein 
»Medicus«,  der  Sechste  ein  »^Magister.  Artium  in  arte  oratoria 
und  poetica  lescndt«. 

4.  Die  2  Theologen  sollen  >nach  Vollendung  der  Vesper  zum 
H.  Geist  je  einer  um  den  andörnc  an  bestimmten  Bonn^'  und' 
Heiertafen  im  Spital  zu  Heiielberg  eme  Pred^t  hallen  gegen^ 
eine  aus  dem  üniTersit&tsfiscus   zu  sdkOpfende  Yergfitoag^ 
Ton  ip  12  fl,  jährlich;  für  jede  y^rsäumte  Predigt  sollen. aber 
unnacbsicbtlich  4  Albus  abgezogen  werden. 

5.  Soll  jeder  eintretende  Gollegiat,  wie  früher,  15  fl.  bezahlen, 
dieses  Geld  aber  nicht;  wie  vordem,  zum  ^rprassen  odereigenen^ 
l^bteen  der  Gollegiaten« ,  fiottdem  in  den  Fi»cus  dMi  Col^' 
legntnai  imd  aar   XJnterhaltnag ;  de«  Oeb&udea  verwendet 
Verden. 

6«  Keiner  soll  aufgenommen    werden,    ohne  Magister-  artium. 

zu  sein. 
7.  Damit  auch  andere  jfliigere  Leute,  welche  zu  guten  Hoffiiun- 

geh   in  d^n  WfssensehAften  berechtigen ^   in  das'  t/oUegiom 

eintretet  können,  soll  kein  Gollegiat  länger,  als  6  bis  7  Jahre, . 

in  denirCoH^um:  bleiben,  möge  er  >ad  doctoratum  prooer 

direia  odeyc  nit«.   Ausgenommen  hieyon  sind  jedoch  diejenigen, 

welche  »mit  Lecturen  versehen  sind«. 
,8.   Jeder  Gollegiat,  welcher  »zum  Doctorat  procedirt,  es  sei  zu 

welcher  Facultet  es  wöU«,  soll  nach  einem  Vierteljahr  das 

Gollegium  verlassen. 
9.  Soll  das  Gollegium  eine  besondere  Easse  haben  und  diese 


40)  Wir  entnehmen  sie  aus  dem  3.  Bande  der  Acten  der  Ar- 
tisten-Facultät  (Nr.  358.  79,  a^  Dezt  ganze  i  Band,  welcher  mit  dem 
Jahre  1427  beginnt,  handelt  von-  dtoi  Artisten -Gollegium.  Auf 
mehrere  ^  dem  Bande  vorgohefteten :  Blättem  befinden  sich  die 
StatotenrdAr  Aitetaltmit  dt^  Uäbersckrift:  ^Vota  GoUegio  Artis^yrus 
und  darin  verordneten.  GoUegiaten.« 

Haats,  Oeaeh.  d.  Univ.  Heidelb.  L  18 


194       L  Buch.  L  Pmode.  2.  AbsehmU.  (iam^i398.) 

mit  2  Scl^dsseni  versehen  seiii,  ^  deren  einepi  der  Propst 
und  zu  dem  andern  der  älteste  Gollegiate  den  Schlüssel 
hatten.  In  diese  Kasse  sollen  »alle  Nutzungen,  gefelle,  Zinsen 
und  alles  zugehörige  Geld  des  Collegiumsc  gelegt  werden. 
10.  Jedes  Jahr  soll  der  Propst  glswisseühäfte  Rechnung  über 
alle  Einnahmen  und  Ausgaben  ablegen. 

Schon  oben  wurde  angegeben,  wie  das  GoUegium, 
in  welchem  auch  die  »Examina  pro  Baccalaoreatu  et  pro 
Doctoratu«  und  zwar  in  dem  »Hypocanstom  iAajti&«  ge- 
halten wurden  ^^),  nach  seiner  Gründung  sich  ansehnlich 
zu  erweitem  anfing.  Dieses  geschah  theils  durch  Neubauten 
auf  den  der  Universität  gehörigen  Bäumlichkeiten,  theils 
durch  Ankauf  von  nahe  gelegenep  Gßbäuden.  Die  Käufe 
schloss  die  Universität  ab,  auch  sind  noch  mehrere  der 
Eaufsurkunden  vorhanden. 

Um  das  Jahr  1524  war  das  Hauptgebäude,  GoUegium 
Bealium  s.  philosophicum ,  wie  es  in  den  Acten  heisst, 
g^llch  zerfallen ,.  und  konnte  nur  d^rc]|I  ein^n  völligen 
Neubau,  wieder:  hergestellt  werden»  Durch  eine  ba$(Wdere 
Zmäohrilt  des  Kurfüislen  (gegeben  Sonntags  -  nach  Egidii 
1524)  wurde  die  Universität  von  der  Nothwendigkelt  dieses 
Baues  in  Kenntniss  gesetzt*^.  Da  jedoch  die  letztere 
diese  Mittheijung  nicht  beachtete,  so  wujrdßu  am  10.  Ja- 
nu^.1525  der  Bector  und.die  Bäthe  derselben,  von  dem 
Canzler,  Florentin  von  Venningen*'),  auf  die  Kur- 
fürstliche Kanzlei  besehieden,  ümen  im  Nimen  des  Kur- 
farsten  nochmals  die  Noth'wendigkeit  des  Baues  vorgestellt 
und  beigefügt:     ,  , 

>4a^  alte  Gebäude  püsse  uiedergerisseu  werden,  und  um 

dem  neuen  die  nöthigen  Räumlichkeiten,  geben  zu  können, 

-    seien  bereits  mehrere  nahe  stehende  Häuser  angekauft;  der 

Kurfürst  wolle  für  Sand,  Ealk  und  Steine  sorgen  und  letztere 


41)  Act.  Fac.  Art  T.  IV.  F.  70,  a; 
'  42)  Annall.  üni?.  T.  T.  F.  63,  b. 

43)  Ibid.  T;  Y.  F.  131,  b:  »Dieter  faatt  in  Hchola  jur&  profi« 
tirt  md  hätt  noehmal»  als  Ciöuller  vü  neprung  bey  der  uäiversitet 
Ingefuhrt,  welche  gleichwol  zum  teil  aack  nötig  gewesen:« 


Coll^fien,  Chniubemien  oder  Bwrse».  195 

attch  bebanen  laBsen ;  da  j^ook  nack  det  (schon  damals  be- 
abBicliiigte&)  aeoei  Beform  der  UniversitiU  alle  Co^ttbernien 
der  ersten  einverleibt  werden  sollten  und  zudem  die  Hoch- 
schule und  die  Artisten- Facultät  aus  der  Eealisten-Burse 
viele  Einkünfte  (fructus)  ziehen,  so  sei  es  auch  billig,  dass 
beide  zu  dem  Baue  beitrügen,  und  zwar  im  Ganzen  die 
Somme  von  120O  GMdgnlden«. 

Kaam  hatte  die  Universität  von  dieser  ForderuDg 
Eenntniss  erhalten,  als  sie  in  besonderen  Eingaben  an 
den  Canzler  und  an  den  Kurfürsten  dringend  bat,  ihr 
solches  nicht  zuzumuthen.  Ihr  Fiscus  sei  so  erschöpft, 
dass  me  jetzt  nur  etwa  450  fl.  baar  und  200  fl.  in  Schuld- 
briefen habe.  Allem  ihri  Bemtlhen  war  anfänglich  ganz 
umsonst,  da  der  Ganzl^,  der  Universität  gegenüber,  die 
Gewalt  der  Regierung  sehr  entschieden  geltend  machte, 
und  die  Forderungen  eher  steigerte,  als  verminderte.  Zuletzt 
ging  er  jedoch^  durch  den  von  der  Universität  dargelegten 
ftnaaziellen  Zustand  bestimmt,  in  so  weit  auf  ihre  Bitte 
ein,  dass  die  Summe  auf  700  Goldgulden  ermässigt  wurde.. 
Die  erste  Abzahlung  bestand  in  400  Goldgulden,  welche 
die  Universität  von  der  Artisten-Facultät  lieh. 

Der  Kurfürst,  der  sich  für  die  Sache  lebhaft 
interessirte ,  nahm  in  Begteitimg  des  Rectors ,  des  Grafen 
von  Hennenberg**)  und  des  Baumeisters,  Konrad 
Schenk,  Einsicht  von  dem  Bauplatze,  besprach  sich  über 
das  Ganze  mit  ihnen  und  zeichnete  selbst  den  Bauplan. 
Für  die  Zeit,  in  welcher  die  Realisten -Burse  wieder  auf- 
gebaut wurde,  waren,  die  Realisten,  ihrer  Bitte  gemäss 
und  auf  den  Wunsch  des  Kurfürsten,  in  die  andern  Bursen 
axif genommen  worden  *^). 

Der  Bau  wurde  mit  grösser  Emsigkeit  betrieben,  und 
bald  war  er  vollendet*^,, 


44)  Henn«nberg's  fiiograf^ie  sidie  in  Bist.  Aead.  F,  768qqJ 

45)  Die  aüaftlbElichen  Yerbandhxngen  s;  Annall.  Univ.  T.  III; 
F.  72,  b  sqq.    Hisf.  A(M,  ¥,  122. 

46)'  Die  an  dem  Fitoätispize  angebraebte  Inschrift  ist  bei  A  d  a  m  i, 
Apograph.  Monum.  Haidelb.  p.  122  und  lautet: 

13* 


Als  das  Gebäude  in  cter«  Folge  der  Zeit  abermals  bau- 
fällig gevorden  war,  sollte  im  Jähr  1619  wieder  ein  Neu- 
bau aufgeführt  werden,  und  zwar  au(  dem  Platze,  wo  der 
»alte  Hengststallf  stapd,  welchen,  nebst  ein^n  andern 
d^u  gj^örigen  Gebäude  KjöfftrstFriadrich/V.  (29.  Mai 
1619)  der  Universität  zu  diesem  Zwecke  geschenkt  liatte*^); 
allein  die  n^.  fplgf^deii  miglQ^^bsliGhen  Zmfien«  machten 
die  Auaföhrung;  des  Planes  r  ^nmögUidi. . 

4.    Contubernium  Dionys,ianum.   1396. 

Den:  Grund'  zu  dieser!  Anstalt,  dem*  H.  Dionysiu* 
zu  Ehren  Dioinysiaaum^  aber  au€k>  Gontubernium* 
Paup^rum,  (Arnaenbursc^  und ,  später '  von  ihrei»  Re* 
stauraior  Caslmirianuia  geriannt-"**)',  legte  der  schfoi^ 
(8.149)  erwäluQte  Prcrfessor .  des  canoirischen  Bccänts,  Gei^* 
laoh  von  Hombtirg^);  Er  war  im- Jahare  13(90  nacfe- 
Heidelberg  gekommen^  geiwann  bald  grossem  Aläsefaen^  uBd^ 


Judae.triumpb^tQr  Lep,.        ])Qter  buqs  .custodi^iui, 
Taum  Leonem  principem  .    Bonos  benignqs  a^uyet, 
Tuere  cum  volumine,  Malos  severe  puniat, 

üt  saQC^i  jns/et.lilieras      '  tibi  fidialis  aertiat. 
Der  Löwe  mit  dem  Bmche. bezeichne  das  Uniir^rBitlts^lirappeBv 

47)  Die  betreffenden  Urkunde  t.  3.  Mai,  29.  Mai,  10.  Augiist 
und  14.  September  1619  sind  noch  im  Univ.-Arch.  vorhanden. 

48)  Ueber  das  Di onysianum  besitzt  das  TTniV.  Arch;  zwei 
wichtige  Handschriflben^  Nr.  358j  $2,  a*.u.  858, 59.7  "Dm  St»ttUe&:8teh» 
in  der  ersten  Urkunde  ;F.  1,  a  bis  36^  b  un^d  in  der  zwejltjex^,  F.  68,  a  bift 
95,  b.  Die  erste  ist  ein  Band  in  Rleinfolio  und  enthält  ausser  den 
S^tuten:  1)  einen  »Catalogtis  Stipendlörum  Cöllegii  S.  Dioriysii  iH 
Academia  Heidelbergensi ,  quod  primum  fundUrtimi/'  et  eonfimiatuitt'» 
fi^it  anno  Domini  1452«;  2)  die.Stitti^teQ.der.Anstalt.y.  J.  146^  und 
V.  J.  1526;  3)  die  Namen  der  Stipendiaten,  welche  i.  J.  1526  in 
der  Anstalt  waren;  4)  die  >Erectio,  fündatio  et  ordinatio  S.  Dio- 
nysii  Univ.  Heidelb.«  (1452);  5)  Abschriften  von  34  Schraktmgs- 
ür]sundea  v.  J.  1497—1603.  —  Vergl.-  aueh,-  SchöAmre'zer'Ei  Pro- 
güamme  über  die  medk.  Faoultät<  Todner,  'Gdd;(di|il.'  p.^132. 
Alting,  Hist.  eccles.  p.  165.  Aiita  Pal.  T.  L  p.  '379.1  Eay^er, 
S,  101.    Wandt,  Mag.  B.  III.  S.  296  ff,    Hattsaeri  St  300.  801. 

49)  Hist.  Acad.  E.  87; 


.  Orifefien,  OteMemte»  orior  Btkrset^,  197 

^ifwfle  19B3  4aia  fiector  der  UniTermlät  gewählt  ^o^.  & 
vernMuihfee'der  UiiTenit&t  sein  HAits  zur  GrttnduBg  »ein^ 
Helrberge  voi'  alone  Söhuleif«  mit  liesonderer  Bertek^db- 
tigang  der  zu  deinem  »GeecUeehte«  Gehörigen*  Dieses  lag 
-«m  Bade  der  Stadt  ^^)^  bei  dem  »Niederen  Thore«,  deüi 
«nadumaligeta  Mittelthore,  wo  jetet  das  Sch&fer'sche  Kafiea- 
haus  und  das  Universitätsgebäude  stehen.  Aus  dem  BUh 
njTBiiMHB  »gieng  ein  «ogcnefamer  prospeot  in  die  Torsüitt«  ^  ^. 
Dem  Gid)aiide  gegenüber  stand  das  Augustiner -Klosd^ 
<8.  105).  «Die  Stiftungaui^cunde  (voit  23.  AprU  1396)  ^^ 
4Uid  die  tKuifii^töiche  Betiätignngsiit'kunde  ^^)  theilen 
nar  4niL  . 

'Die  An^ttilt  hatte .  jlBdoch  kein  rechtes  Gedeihen  und 
^m  zuietet  setor  herunter,  abbr,  von  dem  Kurfärsteti 
Ludwig  m.  (1410—1436)  «wieder  h^gestellt^^),  wurde 
•ste^bUd.'ditroh  teidbue  Stiftangen  bedeutend. 

'Zu  .deuAersten  Mfinnem.,  Irelche  sie  gründeten,  ge- 
hören!; GoliltxttB)  Qei'h/axd  'von  Hohenkirchen, 
«Jö-hann  Yerbiager  von  Leonbetg  und  Friedrieh 
Steinbock. 

OolittHusi^  'OaHldr  (auclv,  «Is^Dechatfit  geniuint)  der 
«Bit.  Paiilskiräie  in  Wdfws,  dn  KeKe  das  durch  seine 
/^ejg^igktit'eegän.'dia  UorVevsitafi  Sfcbon  'behamiten  D<Mft- 


-iAätt*tm         ti     t      IUI. 


60)'SiihWa!),  Byfa.  IrcctoiT.  üöiv.  'Hteid^lbttrg/  t.  I.  p.  l*?.  l8. 

'  d9t)  IBui  Zum ' J.  1699  ^%og  :ikh  idie.  St&dtnttlier  mit  idnem  Orarbto 
4j9ff>heT  4er. Nan^e  ;G:raben^i\i^)  Tx^n  dem  aUeu i^urg'^  und  Klingei^- 
thor  bis  an  den  Neckar  und  schied  die  Stadt  von  der  .Yorstait. 
Erst  im  18.  JabrbftaAerle  ^pr]ttT(le  bm-  dsn.  tuetnea- Anbau  der  Stadt 
^e^iD  li[fm«r 'lued^iiniss^n.. und  der. graben.' iMUg^ftUlt«    Wandt, 

Heidelb..af8a.  90..  ...}.- 

,  ^)'dj.«pft4'  S^  #ö4.      .  ' 

53)   Urkunde  Nr.  X.     Abschriftiich  .4a  AnuaU..  üniy.   7?.,^. 

F.  91,  a.    Gopialb.  d.  Univ.  F.  36,  a.  h,  JBüßt.,  AcftcU  £«  37. 

.: ..  I H)'.TI«]luiid« i»P,/!^u^ Ahvfiumick •  i^UiaaU.  TUN. TA. F..90, b. 

;     .!<Stte*r4ri^t9i|ej8ttf(uiii^jft^U>^^ftiiaft(4^^  ntid*e 

ibtAfistMiAclii.;  Aaaiai*  ü&ir.  >Tw/Hi»jFa'>a97i[i>.>29(i^.  t  .., 

65)  Wilken,  S.  143.  ■.     l     i   /    I  J 


198       I-  Buch.  LFmode,  2,  Ab$^»iU,   (iS§0^1398,) 

propstes  ßeylnhauBen  (S.  188)  und  -  vieBieicht  dnrdt 
daa  Beispiel  sdnes  Onkels  anf^smimtert)  vermachte  um 
das  JaJu*  1400,  wie  Gerlach,  sein  Wohnhaus  zu  einer 
»Herberge  für  arme  Studenten«^  so  wie  SMck  seine  •  BOdi^ 
der  Universität^^).  Ausserdem  machte  er  noch  aosehn- 
üche  Stiftungen  für  die  Gapelle  der  seligen  Jungfrau  in 
der  St  Peterskirche. 

Gerhard  von  Hohenkircheniwar  Professor  dar 
Medicin  und  Ganonicus  bei  dem  Stifte  zum  H.  Geiste 
(S.  161).  In  den  Jahren  1420  und  1429  war  er  BectCMr 
der  Universität.  Vor  seinem  Tpde  (1448)  setzte  er  das 
Dionysianum  als  Erbe  seiner  ansehnlichen  Bibliothek  und 
einer  bedeutenden  Geldsumme  ein.  Die  Bibliothek  wurde 
in  dem  Gewölbe  des  Gebäudes  aufgestellt.  Exekutor  des 
Testamentes  war  Kurfürst  Ludwig  IV. ^^) 

Verhinger  von  Leonberg  war  Ddctor  und  Pro- 
fessor der  Theologie  und  vermaehfe  der  Anstalt  (14ö0) 
seinen  Hausrath,  seine  Kostbarkeiten  und  100  Goldgdden. 
Das  Rectorat  bekleidete  er  in  den  Jidiren  1484 ,.1439 
und  1447  *«). 

Steinbock,  welcher  dem  Gollegiunh '400  fli  ver- 
machte, war  Baccalaureus  der  Medicin^  und  Dediatit  an 
-ißc  Kirche  i  zu  unserer  lieben  Frauen  in.  iNJ^nrntMlta.  d  H.^^ 

Nachdem  diese  Stiftungen  von  den  genannten  Män- 
nern gemacht  und  die  Anstalt  zur  , Unterbringung,  ihrer 
Alumnen  in  den  Besitz  noieh  änderer  Häuser  gekommen 
war^®),  erhielt  sie  auch  unter  Drutzenbäch's'  Rectorat 

5S)  Si^hG&oiesel,  Tentftiii.  hist  Fae;  nttd.        •        • 

57)  ADsall.  ünir.  T.  H.  F.  220,  a«b.  28d»  b.    Matr.  Üb.  I.  de 
anno  1420.    Schwab,  P.  I.  p.  44.  4:9.    V^ilken,.  3.  148. 

58)  Die  Stiftungsurkunde  ist  in  AnnalL  tJ&iv:  T.  II.  T.  987,b. 
•Bohwab,  p.  Ä8i-6&.  W.  A  ./ 

69)  Scbbnm'ezel',''!.  o."' -^^  ••      ^  ••'    '  •^-  •' •  .   .  .   .i 

60)  'Sa  erldelt  l560^de»1h««J9«cir^def  "i^AsKanttb^ 
Molitor,  Ton  dem  Rector  die  Schiassel 'des  »alteüDtoiiyBitttttilink 
ttebgi  der  fi^hibbiiiss ,  mifc  den  iügAierti  lo  »l^^ge  ^indettiiitftim  su 
wohnen,  bis  dtfl ^eäüMcHtUgiteulewiedeit kttrgfMtelil «ä.  AmnalL 
Univ.  T.  Vm.  F.  19,  b.  1  i    ^  .  i.    >  J  V/  i 


(hüe§ien,  G9tMbemim  cäet  Bwrem.  199 

(1452)  mit  der  Benennung  »Diosysiannm«  ihre  Statuten  ^^) 
und  damit  aach  eine  feste  und  sichere  Steilnng.  Be- 
merkenswertti  ist  jedodi,  dase  in  der  Urknnde  »Ereetio 
S-Dioi^eii«  Oerlacb  von  Homburg  nicht  erwähnt  mitA. 

Nach  den  Stataten  fanden  in  der  ersten  Zelt  nur  6 
arme  SchtUer,  dann  aber  aach  6  Ifogister  (2  Theologen, 
2  Juristen  und  2  Mediciner)  Aufiiahme**).  Diese  ge- 
sehidi  durch  den  Beetor  und  die  Decane  der  4  Factdtäten. 
Aufgenommai  durften  nur  Schdler  nnd  Magister  werden, 
welche  jährlich  nicht  Aber  13  fl.  zu  verzehren  hätten. 
Wer  später  In  so  gute  öconomiscfae  Verhältnisse  kam, 
dass  er  ttber  20  fl.  verAlgen  konnte  ^'),  musste  innerhalb 
5  Ti^e»  das  GoUegium  verlassen.  Ausserdem  wurde  es 
jedem  Stipendiaten  eur  Pflidht  gemacht,  wenn  er  später 
in  gfinstigen  finanziellen  Verhältnissen  war,  so  viel  er 
könne,  der  Anstalt  wieder  zuzuwenden.  Der  Aufenthalt 
ward  auf  6 — 10  Jahre  festge^tzt. 

Im  Jdnre  1462,  unter  dem  Rectorate  des  Nico  laus 
von  Wachenheim,  wurden  diese  Statuten  revidirt**). 
Ein  Gleiches  geschah  auch  im  Jahre  1526^^). 

Keine  von  allen  Bursen  erhielt  so  viele  Vermächt- 
msse,  wie ckis IMeaysianum.  Auch  Kurfürst  Friedrich U. 
wies  demsdben  (7.  Febmar  1Ö49)  30  Matter  Frucht  aus  der 


61)  Urkunde  Nr.  X.    Anoh  abeehriffclich  im  Gopialb.  d.  üniv. 
P.«8;a  — i5,b. 

>  62)  Ein  weitere  B«slüffmang  war,  dais,  wenn  es  spät^  die 
finanziellen  Verhältnisse'  der  Anstalt  möglich  maehten,  8  Doc- 
toren  der  Medidn  aus  den  Einkünften  bezahlt*  würden,  von  welchen 
der  Ehte  dida  »Avkenna«,  de«  Zweite  den  »Hyppecratescnnd  üir 
Dritte  den  »Galenbs«  lesen  söHte."      ' 

66.)  Aueh  auf  d^r  tJiiifeieitat  Basel  wurden  (1469)f'90i.- fttr 

einen  Studenten,  welcher  anständig  leben  wollte,  j&hrlieh  BAgi- 

aemmett'.    Visehep,  6.164  -  .i'  < 

<64>  Sir  sindt sriteeOieilt  ia  AanaUi  T.  UI:  F.>eO,  a  Ms  <]?02,  a,  Im 

Oopialfo.  d.  üniv;  F.  97,  a  bis:100,b.  nnd  te  der  Handsehrift  K¥.  2ft8, 

Sgi  P;   i^wi^.    ti      "l    r.l"    tf    It'i'i,     ..    ■-•  .1.'        j 

•>.  '65)0Ab^hrille«'4n<kii=BlBh  iti  Adnall.  UBiv;'T.  Y.  F.  115,ab«6 
120;  a.  und  In  der  Handschrift  Nr.  358,  52.  F.  Y^XH.       ^^  '     I 


KarftarstUcben  E^iirakamnKr  £u  ^^).  lüDHoteti  (&196(^Niite48) 
genannten  Actensttiekeii  tvnvdeiiiaiis  den  Jiiitm  1497— 1€03 
9i  Stipendien  angeführt,  und  dodi  lat  dtesei^:  YeeseitfliMBS 
flceineswegs  •  Yolbtändig.  <iE6  (finden  6iGh  ii^eh  «manche  an- 
dere. Stiftungen  voTv  welahe  in  dere^en  -Zeit  gemacht 
'Tmrden,  dar  vielen  VermäGhtnisfie  vor-  und  sUkidiher  nioht 
au  gedeäken  •'). 

Im  Anfange  des  16.  JalnrhusidMrts  kam  die  Aaialadt 
ielwas  in  Yerfall,  besonders  wnvde  tllrer  Mangel  an  iDiB- 
!Ciplin  geklagt.  Dieses  Vetanlasete  im  Jahrb  lö36,  wo  ^- 
fielhe  11  Schuld'  mid  16  Jfägister  hotter^^,  eöate  ^UM- 
jafb^tttng  da:'  StaUrten^  dui^ch  wefabe  eine  str^igece»  Znoht 
^eingefölirt  v^erden  eollte.  Booh  ispatei^  irtes  wieder  ün- 
(Ordnung  ein:,  so.  dassnan  21.  Juni  i&&9  r&tt  «dem  «sade- 
misohen  Senate  eine  iVäsifcatiDn  der  Ajostalt  angeordnet 
wurde  ^^). 

Am  6.  Augast  1§61  iand  abemials  <Ton  Seüen 
ides  (Rectois^d^  UniYersitöt  uaid  den  Deoanea  dar  vier 
tFaoultaten   eine  ßerathüng  Aber'  die  Yerbei^enuig   der 


66)  Annall.  üniv.  T.  VH.  F.  9,  a.  ' 

67)  Ausifflbirlidbidr  aber  die  j^ormlAli^il  ü^ersitM  -  StSpen^^, 
rwi^lplie  grö99^c(n  fTliei]tf  a^  «IGUOliyBiMNim  ia^gehövteti.,  Mhen  ^*pr 
in  Gesch.  d.  Stip.  v.  Stift.  H.  II.  S.  66  fif.  gehandelt ,  wo  auch  sehr 
viele  einzelne  Stiftungen  angegeben  sind.  ^  " 

-69.)  Aonall.  üaäv.  T.>y,  ;F.  a37,.a.  .    . 

69)  XXI.  Junii  1559.  in  Senatu  deliberatum  eat  lie  sigitationp 
.4om«8  XUoi»ysi«mie,  in  tqu^  imsi»  «Uwd^Una  ieotJriiisfle  Tidabator. 
Sticum  IipfQr<OAlio,(Otto«iifr  KeAri«!)  oftadom  ipi>a«sc*ib6r«t  tJai- 
fMiaiN0>  "deteoti  Baut  ad*ieiHn  trem  {»«rAgBndam  .pofel  iReclftrem  4t 
iEHecfmos .  diiQ0^  Faealtatia  tAr^ima:»  prioriset  pmeaeatifl  aiuii,  nt 
Beformatio  jubet,  Doctores  Wen^biilinio«  Heilm:%&  juoe  peiims 
rftft  JdQ^bfPs  Gurio  fveüfiaii  tiH4io  XX^.,  niil  ^U^,  ^isitare 
4iiiM|>ei»iit>  :0iQgul<W78QDniiitn  examnaruat^  >6ivorefi,  iflugitla,  linda- 
striam,  diligentiam,  negligentiam  onmüna-noa  inodk>:  disdjj^akaii«, 
(sedjetfaai  ;#9C(»oiomij  ffttinlurutayiieaqini  itaplaiatwifc  re^rtti  ai  ßena- 
Aain  4efeimdts»  ««wt/emait^  tBQCiqiieijadlQiQ  Je^tai^^  fuad.  «ai  p»- 
baret  vel  damnaret,  exposito,  aliqoi  damaati  ad  oMroenem^siart, 
44ii .  vcfirehreiigi  taalttm,  aUt  atia  Qaftli«M.#oailt  iAaaaU.  »Uair. 
T.  Vn.  F.l5Wt4i..  •     !.-..:::     .•  : 


Dwojilm  (de  disoipli&a  dn  domo  KoByfiiaiia  r^ocmandn) 
Itatt     in    dieser  wurde   bBsehlosseB,    was  'auoh,  nitdh 

m 

itm  Wunsche  des  academischen  Seaates  war,  dase  die 
flAQdhabung  der  bisher  Eiuem  anvertrauibeQ  DiedpUn 
m  Ztthuoft  zwei  Mäonem  ^übertragea  werde.  Ee  wurde 
deshalb  dem  seitherigen  Vorsteher  der  Anstalt,  Martiiü 
•Otho,  eia  am%iiMap^  in  der  PoESoa  des  Jacobus 
Sue^vns;  beigeigribenwid  zi^eieh  verfftgt;  'diisB  jedem  als 
»Safemm«  ans  dem  Fiscns  der  Universität  12  fl.  und 
aus  dem  des  Dionysianums  4  fl.  jährlich  zu  geben 
sei  Auch  sollten  sie  nicht  verbunden  sein,  besondere 
Vorlesnqgen  in  dier  Anstalt  au  halten  ^^).  Aber  schon  im 
^Igenien  Jahre  'Sah  sic^h  ^der  Beotor  Tre:mellius  auf 
Äe  VC»  0  t ho  vargöbraöhten  Klagen  Hber.  Znchtlosfgkeit '  ^) 
veranlasst,  mit  Zuziehung  der  beiden  ältesten  Senatoren, 
des  Boquin  und  Cuxio,  und  des  Xylander,  als  Stell- 
vertreters .  des  abwegenden  Decanes  der  Artisten-rEacultät, 
eine  genaue  YisitaliDH  der  AMstalt  <3.  Mai  l&6Qi)  vorzu- 
nehmen. Bie  von  Otho  gemaehten  Angaben  ftind  man 
begröndet,  lallein  l)ald  zeigte  es  steh  — ^  dieser  selbst 
halte  sirti*  i^ikhe  Fehler  2a  SckiddeQ  kommen  lasfien, 
^86  5fir,  (tDote  «inet  /hingto  ißeohtfectignsgsBchirift  .«n*  Ata 
äcademisdben  äejnat,  ata^esetast  w»tde  omd*  das  Diimysiamun 
verlassen  musste.  Den  eiikgenfisenen  Uaeardmiiigen  sucbte 
laan  mfiglifbai  i^\x  «teuecn  l^» 

>     War  Us  jetBt  ^besondfers  Übta*  UnotdmiB^  m  dem 
B!ony4!Äöum  ihit  Recht  Klage  geflftrt  worden,  so  kam  die 


-.1.        •     '  .....  ,   .  :  •    .  ,  , 

'  70)  'Q^od  in,po3temm  nullas  pecuUares, haberent  lectiones  in 
domo  Dionysiana,  sed  eas;  quae  publice  et  in  Gontuberjj^io  prae- 
legerentur,  cifin  discipulis  ^epeterent,  efercitia  et  preces'  conser- 
Yarerit  suo  ordihe.    Xnnall.  Univ.  T.  Vttt  F.  49. 

71  j  iltsLgaaiti  6irim  dtcdbat  esse  studib^oi^m  l^d  CoU^i  petu- 
feiftlaihri^'  itiorlieiliMtfim.  'Qttos'dam  d!ct%»t  esüe,  qtii  sflie  yenia 
^^Xftrtüie;  kmkhiV^^i  «t  t«  tMiapimiä'et^tttbet4iift't>€il*1flt«grrttin^ensem 
Torsarentur,  Mnde  redenntes  mensa  Gollegii  fraerentgr  nee  paterentur 
Monitorem.    Annall  Univ.  T.  YIII.  F.  62,  b. 

72)  Ibid,^r«3»Ä  to»65ih..        ii 


202       L  Buch.  I.  Periode.  2,  AhechmU.    (1S90^1398,) 

Anstalt  gegen  das  Ende  der  Regierung  des  Kurftrsten 
Ludwig  VI.  dureh  die  Kriegszeiten  auch  in  finanzielle 
Noth,  welcher  der  Kurfürst  abzuhelfen  suchte.  Wir  finden 
dieses  in  einer  von  der  Universität  d.  d.  29.  Januar  1584 
ausgefertigten  Urkunde^*),  welcher  wir  Folgendes  ent- 
nehmen: 

• » Das  Dionysianum  war  » durdi  schwere  der  Z<lt  In 
grosse  schulden  erwaehäsen«  und  »ohn  g«H^  leutt  Hilff  war 
es.  ihm  ohnmögUch  sich  huiwiederum  drauss  zu  wicUen.  Es 
haben  daher  ihr  Churf.  Gnaden  auss  sonderlicher  Zuneigung, 
so  sie  zu  gemeinen  studiis  getragen  vnd  domit  diss  vhralt 
seminarium,  dorauss  Ihm  bissweilen  Viel  gelerter  leutt  so 
hernach  kirchen  vnd  schulen,  auch  PblitisdheBi' Regiment 
augjestanden  vnd  darzu  nutzlbch  gefamicht  wordeni  erwachadn 
md  herkhomen,  Todifurterss  erhalten  wurde,  knrtasUch  fax 
Ihrer  Churf.  Gnaden  absterben  (12..  Qetob.  1583)  ;iOOO  fl., 
welche  sie  Eim  von  Adell,  Seifridt  von  Dinheim  genannt, 
wegen  seiner  begangnen  Misshandlung  vnd  Verprechung  zu 
bass  abnemen  lassen,  gnedigst  döhin  verwendt,  die  dem 
HausB  erwachsenen  Sebuldett  abzuledigen ,  md  anch  ebi 
ßUpendiuai  fCUr  einen  armen  atudiierwden  jtmgBn  vfEimokfeeD.« 

-  Mit  diesen  1000  fl.  wurden  dann  die  Schulden-,  welche 
sidii  auf  600  <ö*  beliefen,  abbezahlt  und  aus  desübrigm 
400  fl.  ein  Stipendium  gegvünd^  welohes  »2»  Ewig  Zeit- 
ten* Ihrer  Churf,  Gnaden  tu  ehren  Electorale  Sti- 
pendium genenet  werden  soUte«. 

Zu  diesem  Stipendium,  heisst  es  weiter,  Bofilen   mu: 

solche  »Jungen  und  Studiesen«  zugelaBeen  weirden,  &  »dur« 

licjli  goboren.  In  lateinischer  und  krichiecher  ßpracb^  defis- 

gleichen  in  artibus   dicendi   dermassen    fundirt«,     dass    sie 

von  der  Zeit  ihrer  Aufnahme  an  innerhalb  V/i  Jahren  das 

'  Baccalaureat  mit  Ehren  erlangen  könnten. '  Das  llecht   der 

Präsentation  zu  diesem  Stipendium  hatte  der  jeweilige  Rector 

der  Universität,  j  gestand  der  Vorgeschlagene  die,  von   den 

-,t..f    Dq^a^e^jj^q^.^  Faci\ltÄten,mit.itm  voxgpn,9^pjneife  frAf ung, 

rr,^'  ',     #0, kq]^ite.,er»  w^n^.flfdinf» Mf Oi^rui^ jV^cbel^fl;. waf ,^,^1^ 

(M^   rr.bng  »  d^Bi.HaußeHbifib^astJs^fllM»      «r  mk^itmi^PimSf^ 

«    :••  .  '   ."..:'.    . ;    .V.  •  J    'f    'i'iA     .«.1    ♦.  ♦.     U 


73)  Catalog.  Stipend.  Dionys.  fol  -Te^i  bis <78;4>. 


I.'.M 


CcUtffim,  CkmMerwim  eier  Bwrsm,  203 

ans,  80  inxhat  aoch  8  Jahre  cogegeben  werden.  Ehe  und 
bevor  der  Sti^ndiat  »baccalaorei  vnd  Magiatri.  titnlm  er- 
reichte, war  es  ihm  nicht  gestattet,  »sich  zu  Einigem  Studio 
der  höhern  Facoltäten  za  begeben«.  Schliesslich  wird  dem 
Stipendiaten  an  das  Herz  gelegt,  dass  er  später  dieser  >gut- 
^t  eingedenk  und  sföh  soviel  in  seinem  Vermögen  hinwie- 
denmb  dankbarlidi  gegen  das  Hans  Dionysii  erzeigen  soUec. 

Bald  darauf  erhielt  jedoch  die  Anstalt  einen  neuen 
kriftigen  Aufschwang  unter  der  Regierung  des  Admini- 
strators Johann  Casimir  (1583 — 1592).  Er  Hess,  was 
unten  ausführlich  geschildert  werden  soll,  das  beinahe 
gänzlich  zetfäUene  Gebäude  neu  auffahren,  stellte  eine 
tfieht^e  innet^  fitnriehtung  des  Hauses  her  und  ordnete 
dessen  finanzielle  Verhältnisse. 

5.  Gontuberuium  Divae  Catharinae«  1401. 

Diese  Börse  wurde  im  Jahre  1401,  unter  der  Re- 
gierang Ruprechtes  III.  gegründet  und  der  H.  Ka- 
tharina''*), welche  wir  schon  (S.  163)  als  Beschützerin 
der  Wissenschaften  und  Patronin  der  Artisten -Facultät 
kennen  gelernt  haben,  gewidmet.  Das  Gebäude  lag  in 
der  Augustiner-Gasse,  der  Judengasse  gegenüber^**). 

Itt  dieser  Burse  wurden  die  Wissenschaften  mit 
grossem  Eifer  betrieben  und  vielleicht  mehr,  als  in  andern 
ÄBstalten  gleicher  Art  Daher  mag  auch  d^r  von  Vielen 
'SeftheJltef  Irrf^iun  gekommen  sein,  als  habe  in  Heidelberg 
etoe  besondere  Stehde  unter  dem  Namen  »Katharinen- 
Sdude*  beständen  '•).  Im  Jahre  1518  wafT  Franz  Ireni- 
eus  Vorsteher  der  Anstalt"). 


7i)  HaadBohilft  Nr,  268,  U  fni'  47  a.  im  JMv,-AHkc 

75)  Bist.  Acad.  F.  9.  i  .   l 

W)^l&ife8aaiJ!^a«i*en1!iii«e^AB4erh  &ex^&=h>iiTd:(I^mier£Keefsl. 
German.  praef.  p.  III.),  LampadiU'fif-^BcfMgelvi/YatcrlandiBgeBOJi. 
Si  tt»)/.Selkwa-i$fc  .(GMtiiLP.d.iIMelMiiiir  19i.  .HiiS/iQlsy  '" ' 

omstftade  des  Irenicas-  löAbetL  nir  ÜbUereaiin'  Ly<j;  migg.  p.  136. 
187  mitgetheüt  *'*'^i-     '    'V  :>   ./.it'.     i,. 


,r»!/ 


'üeb«r  den  Aidfisaf  d^s  ^ '(tiee^  Bttrse '  bei^immten 
-HattSöB,  Mrelf hes  eitiiera  ^eiddber^ör 'Böirger,  Jö'hannes 
Tlascfh,-Utiä  seiner  Ehefrau* gehörte,  sind  zwei  tlrkunden 
vorhanden,  welche  »Emtio  Contubemii  s.  Novae  Bursae« 
überschrieben  «lud;  Die  erate  ist  au^gefeirtiigt  »Si^batho 
poBt  Epihan.  iDommi« .  1401  /unddfe  (sw^ile  d»  24.  Sep- 
tember 1401  ^*).    / 

'Wie  die  übrigen  Barsen,  so  ^nirde  auboh  die  ^atheirteeii- 
Burse  jaait  Schenkungen  begabt»  Zu  -den  bedeutendstcai 
.gehören  ,di/5  (t^518)  von  Wialtb^r  Gallus,  EaplaA  an 
.der  Kirche  in  Rufaeh  uBd..die  .(1524)  Vion  Johan^k  iW'Cjy- 
'&er,  der  beidap.  Bechte:IiUentiat  oiKd  Canomous  bei  d«m 
Heiliggeist- Stifte  gegründet^ii  ^•r). 

Weitere  Nachrichten  über  diese  Burse  sind  nicht 
vorhanden. .  Wir  baben  ilur  an^iiführeti,  'dass  im  0aUre  1528, 
.wo  in  Heidelberg  eine  ansteokende  Krankbeit  herüschte, 
^der  Regent  dieser  Börse  mit  deq  Studenten.  nachXaqdau 
Jücbtete  und  sidi  tdoi^t  <mit .  ^EfjaubqisB  /des  Ma^Utlts 
leine  Zeit. langt  unter  Beobachtung  d^r  «s^^Eiehea  Qesel^e 
rund  Anordnungen,  aufhielt  **). 

Nach  der  vom  Kur^rsten  iT  r  i  e  d  r  ieb  Q*  ($  y^)  Toige- 
^nommeuen  Vereinigung  der  varfi<^hiedeQfiin  Buraen  in  Eine, 
hdrte  auch  die  Katharina- Stiftung  auf,  ab  besondeie 
.Bu^jB  fortz^bestebe^,  und  ilire  .säm^itlicben  Einkünfte  msA 
.Stipendi^  wurdeiirmit  de^ien  dar  aadecn  Bwsieii  iiusMaiiwft- 
.  geworfen  f^).  J)a^  Oeb&ude  wurde  imx^  der  Yerfitiigut^ 
.(l,547j)  ,von  4e<i  '»►Dionijrsiauem*  ibeiwohaat®^,  «ftid  ^äptttr 


78)  Beide  Urkunden  sind  abgeschrieben  in  Annall.  Univ.  T.  I. 
F.  32, b  bi8'84A  tmd  in  (äor|ial»a  du  BAiv.  F.  ^,\kViB^  \h  \ 

79)  Statutornm  bursae  Bealium  liber'Fj  47y:ft/bi8>64  a;«'Eine 
.^et^det-e,  19011;' igbsohdeben»  iG^^Ade^'WcyaivWie&^'liMailiie  ist 

80)  X^eAbxaantt,  .ff<fädi;rjdL<8titdt.Lairiiatt'B.  idd. .  Oi»  yHasid^ 
^•tobe!  dittie».4beaigty  j«t  ^pcglelMfi/'^üA  S4tn|iilag'>Btfck.«&lKM«Tl638. 

^  81)  BlwtutQcJbürtAe'^Bfair.  Mbi  E.<itf(aw.     ':.      ' 


82)  Annall  üniT.  T.  VL  F.  44ö,a.  \    i    -  •  .1  .';: 


imvAt  eft'  (v0m  Jabre- 1&48  an)  nmer  mitep  der  Beeeieh-^ 
imgi  »Artiatan^ScltuU  (sohola.  Aitästaram)  Tor  ^%  Awi^ 
auf  der  ersten-  der  oben  genannten  VerhaoiBarlainden  iel' 
mt  apltecer  Handi  gesdvieben.:  »UM  nune  est  Scholar 
AKtiitarmn«,^^» 

6.  Bursa  Suevorum, 

Za  dw  Jllteeton^  wenn  auch  m<M  bedeutendstesf 
Qwseii  gebort, .  ebne  dass  man  das  Jabr  ibrer  Stiftung. 
weiss,  die,  vielleicht  aus  einer  Privatanstalt  heryorge= 
gangßne^^)  Bursa  Suevorum  s..Realium  (Schwaben^. 
o4er  Bealistea-Burse),  auch,  alta  3urse  geoMnt  ^^.  Sie 
tafistand  aufi.  2-  gsöasören  Hänsem>  und  »einem  Hänegen* 
darneben,  so  auch  dazu  gehört  hat«,  und  war  in  der  untern 
Judenga^^e  gelegen  *').  Die  Studeptep  dieser  Burse  ge- 
hörten zu  den  Realisten,  und i  sind  doreh  den  Streit  init 
den  Nominalisten,  von'  welchem  unten  gehandelt  wird,  be- 
kannt. Einer  der  berühmtesten  Regenten  dieser  Burse 
war  (1522)  Johann  Brenz.  Um  das..  JaJir  1536  wai/ 
Dionyalas  Orav  (GrafFe)  Regent *®)j 

Bei  der  am  16.  April  1544  vorgenommenen  Visitation 
der  Universitätshäußer  befand  sich  diese.  Bursß  in  sehr 
zi^llenem  «Zustande  ^^>.  In >  diesem  blieb  sie  auch •  bis 
zum  Jahre  1646,  wo  ein  Kurförstliches  Beeret  d.  d. 
SLOctober  der  Universität  auferlegte,  §ie  fvx  das  neu  »an- 
gestellte« Paedagogiun^.ewKUificht^^^)..  In  d(An.GabäUr 


88)  AöbäII.  üniT.;  T;  VII.  F.  19;  a. 

84)  Ber  Name  >Neue  Barde«  ist  uns  spftter-  nvr  noeh'  in  folgen- 
der Bt^le  vorgßkomm%ni  »Araoldns  Theologiae  Ikietor,  OSstercien^ 
8kifflPr«m0ariCon«giij  qnod.b'urBfr  n<v^a  äieebatar.r  •8'ch'Onmezel, 
OoUiBcti  ad  Met.  pa«;  med; 

85)  Wntfdti  mag.  B.  ill.  ».  d08. 

86)  AnhaUi  üftfv.  T.  VI:  P.  437; ». 

9r)'  limniAT:  ä.  WivefeitÄte-HÄneer.    HIst:  Acad.  F.  04. 

88)  Ada  Fae.  A«.»  T.  Ifl;  F.  148,  h. 

89)  Annan.  Üniv.  T.'  VI.  F.  8^4,  b. 

90)  Das  KnrfarBtUclie  B^<»ie(    lastet :     » Von    Qots    Gnaden 


206       L  Buch.  I.  FerMe.  2.  MmMiH.  iiHM^139d.) 

lichkeiten  der  Burse  irwde  aacb  dem  als  Vorgtand  des 
Pädagogiums  ungestellten  Antonius  Sehern«  ^hore) 
mit  seiner  Familie  eine  Wohnung  angewiesen.  Biese  hatte 
er  bis  1&49  inne^^).  Bald  aber  kam  das  Päds^ogium 
in  Verfall^*),  und  dessen  Räumlichkeiten  wurden  zu  Woh- 
nungen für  Professoren  der  Universität  benutzt.  Zuerst 
erhielt  es  Miläus  als  Dienstwohnuug ,  yerliess  es  aber, 
weil  es  nnwohnli^h  war,  1553  wieder  ••).  Später  wurden 
die  Baulichkeiten  wieder  hergestellt**)   und  1560    zur 


Priderich  Pfalzgraw  bey  rlieyn  erzdruchses  vnd .  Churförst. 
Tssern  grufl  zuvor  WorcBger-  lieber  gedrewer ,  es  ist  vnser  gnedigs 
bcgehm  befehlende  Ir  "wolleBt  die  sckwabealhuBz  itlhirvon  sUmd 
ftn  Ynverzuglich  mit  den  gemachen  vnd  anderen  notturfUgea  ge- 
pawen  zu  erbaltung  des  new  angestellten  pßdagogij  von  wegen  der 
Tniversität  zurichten  lassen  Wollen  wir  vns  gnedig  verlossen.  Datum 
Heidelberg  iSambsdags  BionysiJ  ano  1646.« 

»Dem  würdigen  vnsers  Studiums  om  Heydel- 
.    berg  rectori  vnd  lieben  gedrewen 
'Doctor  Georgen  Nigri.« 
AnnÄll.  t?niv.  T.  VI.  i*.  487,  a. 

91)  Ibid.  F.  450,  b^  451,  «.  T.  VIL  F.  Ö6,  b.  8$,  a.  41,  b- 
4^,  b.  43,  a. 

92)  lieber  die  Errichtung  des  Pädagogiums  und  dessen  Schick-; 
sale  vergl.  unsere  Schrift  >Lycei  origg.«  |).  24ff.  und  über  Schorns 
ebeikdott  8.  41-^50.  --  Dem  Blda|fogiam  wutde>  naoh  w^inüsi  Wie* 
derhesstellung  r(1565)  von  dem  Kurfürsten  Friiedrich  IS.  das 
Franziscaner-I^loster  eingeräumt.    Ebend.  S.  99. 

"  '  93)  Annall.  Univ.  T.  VI.  F;  142,  b.    >Quia  domus  Contubemii 
Suövonnh  noh  ssttis  commodd^  iiihabil»ri  possit.« 

94)  VII.  Februar  1560.  Ad  mentionem  impendiorum,  quae  Sue- 
vicae  domus  structura  exigit,  mota  quaestio  est:  utrum  conducibi- 
lius  Sit  domum  illam  dividere  i^  diiaß  partes  et  pairti^  tbiaaatquamque 
exstrnere  «t  par^re  a4  eoramodam  habitAtionattl  et  ad  usiai  düarüxn 
famiüarum,  Ht  qutfein  liber  refoniiatkuiis  perniltUy  an  Ten^^prae* 
stet,  dpnuim  hanc  fieliaquete  iadiviaam  alq&e  eam  ti»tam.DiQB7^anifl 
possidendam  tradere,  ac  duobus  professoribaa^  jurdpent6  (st  medico' 
tantisper  pro  conducendis  domibas  pensioBem  sohrw«  'ex  fisco, 
donec  universitas  domos  illis  loeare  minore  {noommodo  pctsit; 

Sed  de  bis  omnibus  proaonei^tHm  eet  hoc  die:mhil;  'juiffcon- 
sultorum  ordo  noluit  Saevkam  domum*  reliiiqiiere  et  a  Atraetora 
necessaria  inchoata  desistere,  doQec.unirrerBiitas.iitf am  iastitutionam 
I)pat«ii  proprium  feeerit,  aeo  nolnit  promlneiloiie  .vo^aU  ijoatentas 


Bas  Dommoamr-Klog^.  207 

Dienstwohauiig  des   »Doetorä  uuititutiQiulm«   tmd  eines 
ordenüieben  Lebrers  4er  Medicin  abgelichtet 

In.  d^n  Inyeiitarittiii  der  Unhrersit&tshäqser  vom  Jalire 
1673  wird  das  eine  Haus  mit  dem  dazu  gehörigen  Haus- 
chea  die  »GrosBe  Scbwabenbursch«  und  das  zw^te  Haus 
die  »Kleine  Schwabenburseh«  genannt  Die  erste  gab 
loan  zu  der  angelührtQn  Zeit  dem  Prcrfessor  Coecejus  als 
Ed^istwohnuttg,  und  die  ^rweUe  wird  als  »Bibliothek«; 
diensthauss«  angefahrt 

Aus  späterer  Zeit  können  wir  vm  angeben,  dass  der 
Platz  der  »Kleinen  Behwabenburse« ,  welche  1693  abge- 
brannt war,  laut  einer  in  dem  Universit&ts^Archiy  befiodr 
liehen  Urkunde  am  22.  Juni  1705  von  der  Universität 
mit  Bewilligung  des  Kurfürsten  an  den  Bürger  und  Schreiner 
Valentin  Chur  in  Heidelberg  für  250  fl.  verkauft  wurde. 

.  §  3. 

Dm  Dominicaner-  Kloster. 

Dieses  Kloster  der  Dominicaner  (wegen  ihrer  Be- 
stimmung, gegen  die  Ketzer  zu  predigen,  auch  Prediger,. 
Praedicatores    genannt)**)    wurde   von  dem   Kurfürsten 


esse,  realepi  exegit  et  assensipnexn  ia  hoc  facilem  invenit,  propterea 
quod  Doctori  Agricolae ,  cujus  in  Universitatem  multa  sunt  officia, 
domus  illi  pridem  addicta,  casu  non  cogitato  adempta  per  alium. 
Annan.  Univ.  T.  YII.  F.  88^,  b.  884,  a. 

W)  Die  Inquisition  oder  das  heiUge  Officium,  ein  Ola^bens- ' 
geticbt  zur  Ansspähung  und  Bestrafung  von  Setzei^  und  UngMa-  ' 
bigen,  be^nt  unter  den  Kaisern  Theodosiusd.Ghr.  und  J  u  s  t  i  n  i  a  n.  - 
Es  wat' ein  bii^cböflicbeä  Amt,  bis  Gregor  IX.  den  Domlnieanel;<ri'> 
dieses.  Geschäft  (1233)  ttbertnig.    Sie  hatten  auch  die  Büchereensiir 
—  Auf  der  Ihqtiisitionsfahne  war  ein  Dominicaner  abgebildet  und 
Yor  ihm  ein  Hund  mit  einer  brennenden  Fackel.    Der  Htind  i>e?" 
zieht  sich  airf  den   Traum,  welijhen   die  M^tef  des ^  Dominicus 
während  ihrer  Schwangerschaft  gehabt  haben  soll,  dass  sie  nämlich 
einen  Hund  mit  einer  brennenden  Faekel  in  der  Schnauzer' gebifirete'> 
wttrda.  Dieseixt  Trautn.deuMeni(lie:Domi%iaaii^r  m  4«r  F^lg»  auf 
den  .Yeriolgubgageist  ihres  OrdeuMtif/^era  ne^m  die  Kejisßr..  Erseti 
und  Gruberi]uU«r.j»Ii4q|tt$ition«rSi'475»» 


208^       L  Buch,  L  P0riod9.  2,  M^OmiU.   (tdBO'-lBBS.) 

Friedrich  L,  naeMdö»*  er  seho»'d«iroh  eine' Adte' d;  di 
30.  März  1473  die  Autonsatöoii  v<m  P»]^'  Sixtus  W. 
erhaltett,  am  24  Juli  147&  «egrüt&deü^^  xmA  rdch^  be- 
gftbt^^).  Aa«h  dieses  K4oet^  ward,  wie  dae  Ooltegium 
Jia;ßobitioiira,  der  Univemtftt  einverl^bt,  ttad^dureb»  dmi 
Sliftungi^rief  eitiietten  die  MitgliederdieBefi  Ordeoa  dieFHäm«- 
IkteB  Priväegieo,  wdche  das  Jacobsskift,  bea^Mngsiwene  die 
Universität  Hekidb^  hatte  (8>185).  Die  im'  demtfilester 
Studirenden  sollten  sich  besonders  dem  Sti^iim^  d^  Theo- 
logie vßdak  der  fmen  EüD^  widmen-*®).  Zu  dieram  Z^giecke 
wurden  namentiioh  von  dem  Prior  des  Kloeter&iheologisohe 
Vorlesungen  gehalten**). 

Seine  Verfassung  erhielt  das  Kloster  erst  am  1.  Juli 


96)  Die  päpstliche  AatorisationsbuUe ,  so  wie  andere  die  Stif- 
tung dieses  Klosters  betreffende  l^chweisungen  s.  bei  Würdt- 
wein,  Onomast.  Wormat.  M.  S.  T.  III.  p.  87  s^.  BuUarium  F. 
F.  Praedicatorum  T.  III.  p.  497.  505. 

Die  Stiftungsarkunde  des  KurfQreten .  s.  bei  Wardt'W>«in, 
p.  92  sqq.  u.  bei  Tolner,  Add.  ad  bist.  Pal.  p.  115  sqq.  Eremer, 
Tb.  I.  S.  520. 

97)  Friedrich  erlaubt  dem  Orden  das  Sammeln  (Hbere  men- 
dicare)  in  seinem  ganzen  Lande;  ausserdem  schenkte  er  ihm  unter 
anderen  Einkünften  die,  welche  das  Kloster  Sinsheim  früher  gehabt 
und  die  er  von  demselben  gekauft  hatte,  in  Leimen,  Rohrbach, 
St.  Ilgen.    Tolner,  p.  116.    Kremer,  S.  649. 

98)  Item  volumus,  quod  in  dl^tQ;MQ|iasterto  sit  scbola>  s.  stu* 
di]U9i  laAdatjsaimuia  artium  et  saccae  TheologiaQ  ju;cta  morem  et 
coA^peiodinfim  institationemque.  ordinis  Praedicatorum.  Item  yoIu- 
mus^quod  Doctor  et  studentes  dicti  conventos  gaudeant  etfruantor 
0¥»ni]^a« .  priyi)egÜ8  et  indultis  quibuscanque  studü  nofitn  Heidel- 
becg^nsis.pco  ut  decet  et  per  omnia  p^riformiter  sicut  iUis  utuntur 
et.  fruuntor  fratres  ordinis  Cisterciensis  in  domo  S.  Jacobi  Suburbii 
oppidi  nostri  Heidelbergeosis  commorantes.    Tolner>  p.  117. 

.$a.tu&  Papa  ad  instantiam  Fridevjci  iiistitait  in  eodem  oonventa 
s..  Tbeologiae  auctoritate  apioetolica.  simul  etiam  Studium  bonarum 
artiwoau    Würdtweift,,p. tl)^2» 

'  99)  S^  wttrden  in  Ülkttuden  die  Frior«ii>Heitirioht<£oten»> 
b<erg  (18.  Juli  1489)  and  Wernher  ton  Seiden  (IL  Janmr  1498) 
zuglddi  als  Lehrer  der  »göttlichen  GeMfartfl*  geiMUiat;^ 


löQl^^^  Ddrckdiesaimiideiiwhtei^AB^erendie^ 
vDd  gottesdinsUicbJni  ObfiegcDheiten  dei^  Sludeateiit  ^ 
TerBÜBiteirg  iL. 8.  w.  btotfaHnt  Die  jeweiligen  Voüteher 
Qme8idwtc8)  aalten  filr  einen  tAohtigea  Doctor  Regtea 
ni  Borgm)  welcher  tl^liifti,  .mit  Ausiialmie  der  Ferien/ 
veniga^enseine  VotlBSiuig  hieh;  aaBSerd^n  soUte: stets  ein 
gelehrter  Baecalamreus,  der  Sententiarius  erdinariiis  seit  die 
uSenfentien«  nach  Art  und  Fenn  .der  Umtfeirsität  Heldel«- 
beig,  wielcber  dasStudhim  ies  Coitvents  »incorporiit^^ 
war,  vortri^n  ^^).  Dabei  wurde  den. Studenten  bei  Bthdfb 
grosser  Fleiss  anbefohlen.-  Ueber  den  andern  Tag  se]lt6 
eine  theologische  Disputation  statt  finden ;  auch  war '  den 
Studenten  gestattet ,.  den  öffentlichen  Disputaticmen  und 
Reden  an  der  üniversifiät  beizuwohnen.  Dass  sie  Vor- 
lesungen an  derselben  au  hören  hMten,  ist  nirgends 
gesagt 

Das  Kloster  bestand  jedoch  nur  bis  zum  Jahre  IbbS^ 
wo  es  nicht  mehr,  als  einen  Dominicaaer-Bruder  und  emeü 
fremden  Möoch,  hatte^  was  den  Kurfiftrsten  Friedrich  U. 
YeranlasstCj  das  «Kur «t  Hospital«,  weläies  damals  in  der 
Nähe  der  H.  Geistkirche,  .auf  dem  Marktplatze,  stand> 
aber  wegen  allzu  beschränkten  Raumes  für  die  Armen 
und  Kranken,  atjgebrochen  weMen  musste,  mit  des 
Papstes  Julius  III.  Einwilligung:  in  dasscdbe  zu  ver- 
legen. Zugleich  vereinigte  er  einen  Ilieil  der  Einkünfte 
des  Klosters  mit  denen  des  Hospitals^  und  da  dieses  ds^ 
durch  viele  Einnahmen  erhielt,  wurde  es  audi  das  »Reiche 
Spital«  genannt  l^ter  der  bayerischen  Regierung  kamen 
Jedoch  die  Dominicaner  (1622)  wieder  in  den  Besitz  des 
Klosters ,  mussten  es  aber  unter  der  Administration  des 
Herzogs  Ludwig  Philipp  (1632)  abermals  räumen,  und 


100)  Siehe  die  Urkonde  bei  Werdtirein,  fili2.   »Generalis 
F.  F.  Pri^editetonäii  OnKflätio  pro  Fratribäs  Bi^idell^ei^ge  stndentibas.« 

101)  fleid^bergetisi  Umer»ftati  Stadium  cotfyentas  est  iacor- 
poratam.    Wflrdtwein,  p.  114, b.    '  •    . 

aants,  Oeseh.  d.  Unir.  Heidelb.  I.  14 


ZiO       L  Buch,  L  Pmödk.  ».  AbiOmiU.  y(1390—1398.) 

die^Kii^ohemiifie:  d«tf  Liutteiiadeni/zikihren  iGtdtteMiettMM 
üterkssen.'  ^Aück  'nach!  dem- Wterf;pMIi8dMBiE]ii9i«ii  get 
stattete- Amea' dieselbe*  lEufftrst  Eaxl  Ludwig  '(d6ö9j) 
auf  s  Neiie^  biA  die  Ltithferiseiij&  (PiK)vide&z(>)]ia]rdMi>firbaqt 
war.^^^.  .  Darauf  ;fiel7die  iiEloEftetkircfae  4dD/  Beformirtea 
zii.^  -Efurffiri^t'Earl  liess  sie  neui  aufbauen  mndjiBAishte 
sie*  zur  €tänuB6nB]drch&^^^).  InfdieserBdstimttuBgifblieb 
sie/biii  zuin-JaUre  )1700,  :«vro  Eiurfiirst/ Jdhafn&iWiikeliu 
9i&:'ideu  Dominieftnem  ^rödkgab  ^^^).  Dumth  >dife>iEMigion&i 
dbdaratkm  i(l  705)  fiel  sie » 'disseii  <  ald '  Ei^6tttiiiiBi  i  zm  ^  Yoa 
ddoi*  EuffürgteliiiMaxiiniliaii  Josepih'wurdeu!  äie  uüoh 
in  dem*/  Ebster  iiy/Orbandeneni  Douüiiicaiier'  jentläse^  und 
ihnen  Suetesrtation^gelder  isngewiesen.  •"< 

/  Nach  ^et!  Restauiwtioni  der;  üniversit&t  !(160d)  kauft» 
Kurmrst  KarliFritedriöh  das.iEVdster  fOn:  IA^QOOj  fli 
an,  und  liess  es  für  das  anatomische  Theater,  das  KlitiikuiB 
und  i  die  - :  EntJbindusIgsainßtdlt  * '  einUcbtenf  ^  ^);  '  Jetzt  I  wird 
dasseltte  in'sbhöü  u&d.2ivieGki&&S6igiai^efährt8n^^ 
f&k*  hatufwisseiisohMtiibiuQ^i Instituiter  uddfBaifaiiildfigeu  em^- 
gebichtet;!  ;No6h  sinldlaiisseri  dep  Demimeauer-^El bester 
zwei  CollegiöTilAi  ier*äbfii«n..  'in  '     >•)    !'       i 

-1  Von  dön  Häusörn  Mid^iiVßrÖllebfcWen  Juden  wurden 
spätei*  auch  =  eitig'4'  m  eifern:  mci^iciBi^fteilt.  Qollogium 
odier,  wife  dsi  "hefest»  ..^Auditorittm'ineöicajwi«  verifBidet 
Näoh'  seiner  Völligen  H<»-8tdlKiKg  Wrar:[es<^i  w^UläyfigeS) 
3  Stockwerke  hohes  Gebäude,.  Wekhe^  :eia  ganz^.  Quadrat 
bildete  utd  von  det  •  Judengas^Q  bis. .  mir  ;P£dfi'engasae 
reichte :^°^-   In  dec».  mediqiaiscben  Collegium :  war  audi 

102)  Schlosser  und  Rebus,  Wahrheits-  und  Ehrenrettang 
S.  30. 

...  X04)|.WjardtW€|il%PH.il?4bi.  W^M*^^M^<  3«^  • 

106)  Wundt,  Heidelb.  S.  §g...j]  .,,  ,„,^,.7/ ,:,;).  //     .m.,. 

^  J     .   ■">       •    ■«    .7    ,•    J     .'.I        1  .)    .  I 


4aB  in  8pätenrj9r  Zeifc  eiTii^)it^rffpi;b^atnm.  aii^tp^iifttio 
und  ZabehöiiiDgen«^^^)(  .   .-^i./   ,.  m  j        .»  '; .  :.,. 

Dieses  ]ag''(ieiTfi"Cöllegiiim  tiiMicäm '  gegenüber  uiid 
mrrcle  et-yt  später  (1'498>  Vöb''  dem''Utii*ff(rstett'  Philip'^ 
gegründet:''  AuskhrUidhel'  Wird^ "  über '  dasselbe  ttfrffeti  ge^^ 
handelt. 


Judenhänser  werden  2ik  Lehrehffohntmgen  verwendet^  die 

Synagoge  in  eii^  chr^^jll^cj^ß.  ^pfiUß.uptgeipmdeU  und  die 

G^Srten  dirJudeh-  der  Ujii'dersität' '^schenkt. 

•  * 

Hätten  wir  keine  andern  N'achrichten,  so  wArde  man 
aus  der  obeu  .(S.  191)  geuai^intQU  Urkunde  schliessen  ' 
müssen,  Bup.recht.IL  hab«  altoi  Judec^user  dem  Ar- 
tisten-Colle^'to  «ügewfeSen.  DwA-ist  aber  nicht  so.  Aus 
der  Urkunde i  4^r9h  weichte  der,.  Kurfürst  der  Artisten- 
FWtät :  den.  Fjuch*^..  wd;  Weiiwehnten  in  .Sicbriesheini 
ßchenkte,  nnd  aus  dem  schon  (S.  192,  Note  38)  erwähntett 
Berichte,  welchen  die' TJÜiversität  an  Ludwig  EI.  ab^- 
stattete,,  geht,,Ji;ißry,pjr^  d4es  ni^ür  d^  Hajus  des  Juden  Bfut^ 
für.  das  GoUeg^uln  bestimikit  ^wurde/  (S/  192),  andere 
Häuser  abeY  'auch  nicht  2fur  Artisten  ;Fa<iültät  gehörige 
Lehrer  jil^  Wohnungen  erhielten.    .  .^  \ 

Was. die. iiÄ der, .oiberajud^gaasci  gelegene ^^f)  Jud^.n- 
schule  angeht;  so  i^urde  diese  nach  der  von  dem  Kurfür- 
sten ausgesprochenen  Bestimmung  in  eine  christliche  Ca- 
p.elle.  ttiag§W;£pid^t,.  w-9!Sf,e|!m,26..  Decemljpr  1391  in  feier- 
iiohär  Weise  durch  den;  Bdfichof  Eckhard  voa  Worms  in 

Gegfenwarf  des^KtirfÖrsten-,  seines  Neffen,  R'tipre'cht's'IIL, 

<  '^  .  •  •  .    '  '  .  ^  .    ■  '  '  .   ,  (       .   .   1  ,    -  .  i  ( 

—    '  ■         ^'-^     :.'    '     «•    /       '       ..'IJ'«     '»         '     .1     -      ;   '      •  ,if-  r  .         ■^J.    ,,- 

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14* 


und  Tieler  Professoren  und  Studenten  geschah  '^').   Spftter 
wurde  diese  Gapelle  zu  Auditorien  ^benutzt^^^. 

Durch  die  Vertreibung  der  Juden  kam  die  Universi- 
tät auch  in  den  Besitz  von  vier  ili  der  Plöck  ge- 
legeuen  Gärten.  Diese  waren  der  juristischen,  medi- 
ciniscben  und  ArtistenrFacu^t  zugewiesen.  Später  erhielt 
das  Dionysianum  einen  dieser  Gärten^  ^^)p     Im  Genüsse 


109)  In  presentia  DominorDm  Ducum,  Roperti.Beiiioris  et  ja- 
nioris,  nee  non  Domini  ConraÜi  de  Solton  in  theologia  Magistri^ 
Domini  Johannig  de  l(oet,  in  De<?reti8  DoctpriB,  Magjatn  Hermanni 
de  Üxsaria,  in  Medicinis  Professoris,  Maxsilii  de  Inghen  in  artibus 
Magistrornm,  nee  non  multoi^mn  nobilinni  et  aliornm  lifiigistrorttm 
et  ScoAmum.  Itl^trik.  Üb.  L  F.  t2y  JIk  IJben  dort  beendet  «kh  auch 
die  Urkunde. 

110)  Inventar,  d.  iJniv.-Häuser.  In  einer  Einladung  des  Mi- 
cyllus  zu  seinen  Vorlesungen  heisst  es  (Sylvae  p.  305): 

»Adsis  cras  licet  äd  yetus  saceUuiA, 
Qnod  qQondam  genus  Isaci  colebctt, 
Nunc  legttm  4omu8  est  idem  sacrarum.«- 

111)  Wir  erfahren  dieses  zum  Theil  ans  späteren  Actenstücken. 
Am  10.  November  1618  tbeilte  Friedrich  V.  der  tJniversität 
mit,  dass  er  vorhabe,  >zu  beäöerung,  amfnehmangynd  zierdt  vii0eifer 
Statt  allhier  in  der  vorstatt  drauslen  m  nawe  gai^s  aBZusfeeUen 
ynd  erbawen  zu  lassen«,  und  ersuchte  de^ialb  die  Universit&t,  ihm 
so  viel  von  ihren  Gärten  abzutreten  ^  als  für  das  Anlegen  dea 
Weges  nothwendig  sei,  zugleich  sich  erbietend,  damit  diese 
in  keinen  Nachtheil  k&me,  so  viel  Land,  als  sie  abgetreten,  Ton 
«einem  »Hopfengarten  in  der  -pflegk  wiederumb  jsu  erstatten.« 
Hierauf  ernannte  die  Universität  eine  besondere  Commission,  welche, 
bevor  man  dem  Kurfürsten  antworte,  genau  in  den  Acten  der  ver- 
schiedenen Facnlt&ten  nachsehen  sotite,  »quid  in  atitis  de  hortia 
istis  contineatur,  qua  ratione  quove  jure  ad  Academiam  pervenerint«. 
Nadidem  nun  die  Commission  die  betreffenden  Acten  eingesehen, 
sprach  sie  sich  dahin  aus:  >8e  invenisse,  hortos  illos  a  Ruperto 
anno  1391.  Academiae  una  cum  aedibus  Judaeorum  incorporatos 
fvisse ,  ita  ut  apud  Academiam  perpetuo  manereiit«.  Näeh  dieser 
Mittheilung  beschloss  die  Universität:  >Bniiceps.  rogetur,  ut  hortos 
illos ;  quos  longo  jam  tempore  possederit  Academia,  si  ullo  modo 
fieri  possit,  et  relinquatur;  sin  vero  omnino  via  illa  sit-dncenda  et 
utilitas  publica  illud  postulet,  Academiam  sperare,  principem  aequis 
conditionibus  cum  ea  transactnrnm.«  Dieser  BeselhlusB  wurde  in 
einer  ausführlichen  Eingabe  dem  Kurfftreten  vorgelegt  und  von  der 


FrwOii^iit^Wmmawtm. BeMnä, B$tiomii^  VmffgilUfng.  %i^ 


imelhen  warßo  bis  zur.  Befofou^ioii  4^r  VniyertiA&t 
durch  Otto  Heinrich  die  Decaoe  der  3  Qber$tea  ¥$^ 
eidtäteo;  nni^her  alkicfff  ^hielten  m  die  jeweiligen  Profes* 
sores  primavii  derrgwapoieQ  Fn^iiltftteQ.  Den  Gurte» 
<tei  DktfijsiMiung  Mte  «oerst  der  ProvifiKM:  imd  ^pftte« 
der  erst«^. Professor  der  Anstalt.         r 

Der  iSktfürst  schenkt  den  halben  Frucht-  und  Wein- 
zehnten  in  Schriesheim  der  Artisten  -  FacuUät  und  ä 
Tornos  an  den  Zöllen  zu .  Kaiser^iverth  und  Bacharach 
der  ümversüß^  kündige  JSesßldmffW  der  Lfkrtr.  Vep* 
toaUunff  det  Güter  und  OefäUe  der  Universität. 

Bei   seiner   grossen    Liebe    zu  der   Universität  be- 

^  ■  --  - 

gnügte  sich  Ruprecht  U.  nicht  mit  der  ErrichtuDg  des 
Artisten -CoUegiums,  JEr  schenkte  der  Artisten -Facultät 
baJdjMiQ^her  (1393)  d^  halben,  Jhm  für  1200  fl.  ver- 
pfändeten Frtfchtw.uüd.Wieinzehnteii.Ton  Schpieshäm.^^^)) 
mit  dem  Anfügen,  dass,  ^^eHh  dieser  Zehnlen  abgelöst 
werden  sollte, .  die,  genannte  Sdname  der  Facultät  zuzu- 
wenden sei  M^)*  In  den  .fiemussi  de^  Zeiintens  jtamen  die 
. ■  .      .,-'.•       '-       .  »'i..         ■_ ,     i'\ 

gftiizeii  Bache,  war  weiter*  nkht  idi»  Rods.  AnniKlL  T..  XXTII. 
F.  220,a.  b.  .2a2,a  bis  233v«L . 

il2)  U6ber,4lencZefaBteii  m.Sobmei^lieimiitoden  siekalia  doi 
äliereii  Zeit  inteseaaaiiie  Urkm&deaJtt'den  Heidielh.  Biiidtfehv.  Ni« 
3da^79,a.  F.S^a;  4Litcr<  «ontraot.  äufiir  emi^täobe  dedraie  in  SohlSeior 
heim  ld81>  aad  ebeilfl.  F.  5^  b  (RecogHäÜD  domini  Boperti  super 
dedoUiiiii  8ohriefirtieim!l964).     .  /  i       >. 

.  113)  £^  ürkoMie  iät>  tovL'2(fe'ikiBL.ia9a.  Sie.  flndet  sioh. in 
den  AnnaU.  UuitiX.  IL  F..  37;  a.,b  und  in  iNc^.  398^09.  F.  73»  K 
A^dmc^t^iBtfiie'ibei  T(Klaer^Gdä.idipl..;p4 127  )d»l  iu  Lünig'tf 
Bekbaarek  Xh..  Vil£  &  Ul.  ---.iNatb  eiaec  Urkunde,  vom. 4:  Fe- 
hmar..l^a  (de^aUK'.d,  ünm,  F.  !3S!^.>eiklSct»  .sieh-  die  üttvereibM 
gegen  ^A#UvQd;€o»<reiii:za  fit^wangeiiii^ibcMil,  d«ki:«.^cluitan  gegen 
die  beetimffte  i8i%*l«*.  wtedA  «fotetr^teH/  Dietto^tges^iAk  jedoobi 
wie  ebOiflMt  lijBriioliM  wiidyl^ieli  14i&l; :    1  <  j.r 


214      J.  a^tftjÄ!  J/vP«^iö*!l^^*;vt!«c^^ 

Leirfer  (dir  fitträig'- i?tt*«  iüi^  ß^^i^m' airtiBtfS-tesÄttde'  Ma^ 
gf^ef'«  bestimiht)'ierst4tty^>ahre  109*^*^^  ^»^^''  '''5' 
-^  '  Düi*ch  ytie'  (GrMkdring'  -aes'ArÖÄieii^Ö^AlegiüBltä'^ü^^ 
#ttreh  die  Sihenkuiig  d^  halb^  Fr^;^t^lind  W^M^hnt^M 
m  Stihriesheito  •l^mrto^^e^-'d^fiomii^eil^tV^dl^i^^  d«^ 
Artisten -Facultät  und  ihrti*  Mitgüedef  g^iöHerti  -Mae 
gleiche  Sorge  zeigte  der  Kurfürst  aber  auch  für  die  drei 
anderen  Facultäten,  indem  «r  4hren  Lehrern ,  welche,  wie 
die  der  j^rtisteurFacultät,  ^e^en .  den .  B^aj^ßji  ^d.erer 
Universitäten,  Ie1^enslängli9h  angestellt  waren^  zwei  Tornos 
äh  den  Zöllen  zu  ^aiserswerth'und  Bacharach  als  Besol- 
Öung  zuwies  "^),  vöH  welchen*  er  önft  diö^ÜhiverSität  jfeden 
tiiit  jelOOO'Gol^lgrilfliöti^^tegd^^  '' 

.Där€h  ^iese*SäienkUD^feit^\warsn  di^  fiiianisdleB  Ver- 
hältnisse  der  letztem  begründet^")   und  die  Besoldun- 

.  r lU): AjpttalL  Univ.  T.  I.  F,  3ö.v  .^  ^  _.  ;  :'  ,-  ,i  ,  ..  • 
li  5)  Die  Original  -  Urkunde. .  (Üniv.-Arcli.  Nr!  ^4)  ist '  vom  ^4. 
Juni  IfS^S.'  Sl4  firidet  feich  In-AtitiaTl.  ©nSv.  T.'  L'F.  'd^i'b'.'ÖB/i.b 
und  iii>Ood;'foi'B59y$8.  iP.  GSS^  ;a.i^4/k  ib.  Al%edrudkti!bei  Tols 
»er,.l.;jD.  p,  ^28.  ^fUßl^ff  (i^.^^ertheUtuig  der.  Zölle  .i^nt^r  die 
Professoren  s.  Aunall,  Univ.  T.  I.  F.  99,  a. 

116)  Das  Enrägniss'Aileöer  Zölle  war  viel  bedeutender,  als  man 
6»wa#ten^eiLlte,^  da  >inala  jeden  2olt  atn  Mikebrbeiu'  zu'  18,000  tltlilft 
jährlich  anschlagen  konnte.  Hnpeden,  über  den  Bheinhandel 
in  Schi öz er' 8  Staatsanzeiger,  H.  YII.  S.  9.  —  Sehr  interessante 
uüd  wichtige. Beitt&ge  «ttr  •  (Geschichte  des  Pfäls.  ZbUirosens  vüb 
1379  —  1539  gibt  Mone  in  seiner  Zischt,  BJ  L.a..l71  i£.  Maä 
Iehit<daraü8  die  alieni^Zfi^'.döv  BasndelSBtira'l^sen  und  dik  Biehtnng 
des  Yerkehrdjkcnn^h'iinft^rftiivtj' iinil  Welchen  Wiaaren  gehandelt 
wurde  7  wie  sich  der  ivil&iidiscb^  öewerbfleiss'iaii^Biem  ausländische^ 
▼ei^lt;  welkes  dieiZoilsilÜitteit'^aren.*  Die  Tarife  uad  Einnfthmeii 
lassen  auf  den  Preis  der  Waaren  undiänfidie^GiEiOssedes  ümsatscB 
schUegsen  und  zeigen'  Mnerdeitb-  di»  Bedeut^uaf  'd^  Zolle  fOr  die 
Einnahnke  des  I^nd^herrii  ^ '  andeiierseitsi  ihi  Y^erhältniss '  cum  ^ei^ 
kehfi-  üeiber  dkrZoU^nqaUnvitiy^rnas,^  «öcgi  ^äQd;rß.  DL  3« 11.  dd^. 
•  /:  liyr):  Wiie  -  bedeutend  4ie ^Besoldühgea  Idr '  eiüieldie  Lehrei^ 
ipareBj/stbeniwiroaiis  der i^steKtingturkoddW'dd^iMatthäias'sviO'ri 
eracow' Tiooi''Jaiire  Idd&'lPaü&HCo^lb^^llr.  ^a'^S'Jim,«)»/  ldQ,%SU 
Hfceh  wekfaf6r>d«rselb0^15O.ft.'tjahiiÜ:h  (faJ&iv«rlMl/<da8g'«p! ^Meiste 
in  der  heil.  Schrift«,  des  KurfMtlsil^sfl^bter  P4tfd«t'(6.'l^l^öl)e^ 


gennidit,  me  «rfther,  «4y  l£e' «tei  EnrfilbrBtli^ 
bestritten  i^irturden  (8.  AI)',  mbtaritodäF  'wen^ervtn  der 
WülMflr  des' Fürsten^  and  dem  Ziistaosdie  iseinev'  FiinahfleH 

aibhaa^^-''    ..•.•.!     .  '<i\  •     ^-     .../.,. 

Die  ^A#ighbeh  der  •  Uülverfiitit  und  der.  ^nueliiei 
{lMidtäteB'ibesdirtl]ikte&  sich*}edb<di  damaib  iauf:  die  Be«- 
soidnag  der  iLefarer,  -Erbauung:  und  Eiflikltung^  der:  Uni- 
yersit&tshäasei^  ^  h^- .  und  •  auf  Anstcbaüdngen  -  >  i^on*  >  BttcheoA 
für  ihre  ffibliothekicn. .  Institute^  Sammlmigen  ü.  s.  w;.^ 
nekdie  HülfaHiittel  ffiir-die  Stadien  bieten,  entbehre* 'man 
taAge  Zdtiail  solchen  AnstUt^.  .Sb  erhielt  die  mefdicini- 
sehe  Faoultat  daS'  erste ^Skelet  im  Jahre  1569  «md'  einen 
botanischen«  Garten  im  Jahre  1&98.  ;•  Dagegen !  aber  hatt^ 
(Bs  ÜDiversitaä-^  andirFacuItäls*« Gassen  Ausgaben,  wei^e 
jetzt  im'Allgemeinen  ausser  Brauch  sind«  Dazu  gehorten 
die  so  genannteh  Piräsenzgelder  und  die  grossen 
ß  a  s tm  ä^ H  r.  Die.  *  PriuBenngeldier .  einhielten  namentlich 
die  Mitglieder  dies  ididemischen  Seiliates  ftbr  jede  Sitzung^ 
der  sie  beiwoli»<ienj'  Ali»  der  Universität  Heidelberg  wurde 


I  > 


und  ihm  »truwe  vjjd  holt«  sei  und  an  der  Universität  *sin  lebtagen 
meynet  zu  bl6itien  vnd  zu  lesen  itf 'der  Heil.  Schrifft«.  Diese  Summe 
war  ang^wite'eii'  auf  >ü&v  Tdrnds  zu  Baofancach  und  Kaysersverth 
qnd  die  Ej^ehen  2|i.<AUdorf  und  Ludqu;  war  sie:  nicht  daraus  zu 
erheben j  so  sollte  sie  aus  dem  Neckarzolle  in  Mani^heim  bestritten 
werden.  Seine  Professur  behielt  Matthäus  bis  zum  Jähre  1405^ 
wo  et  als  Nachfolger 'E^olthkrd*fi''BiSichof  in  Worms  wurde.  Er 
war  ein  .eiifrfger  Kämpfer  g^gehir^  l^sbräuche  der  Hirche  und 
fßr  ihre  Yeirbe^er/ung  nament^f}l^  In  seiner  .Schxijft:  »De  squa- 
loribus  Curiae  Römanae  tractatua.«  (Yierordt,  B.  I.  S.  71.)  Mat- 
thäus war  übrigens  nicht,  Wie  Manche ,' verleitet  durch  die  Be- 
zeichnung de  Cracovia,  angeben,  ein  geborener  Pole,  sondern 
er  fahrte  den  Namen  von  Cracow  als  Sprössling  eines  edeln 
BonÜnet'seheni  ßescMIechtfes:  Unmarin,!  Johäni  We»ei/S.  <BSi7. 
'  118)  J«8e^iJafa«  Wtinten  diefOcbäude  von  iSaohvferstän^geB 
besichtigt' und^ciketiBtt^relatkni  itnfgdBbmmQnJ  (AnnaU.  ünlv.  T.  V. 
F.  29u*24v)  '  tA^dirfdle'ifiaQdWcanksi^üiercrbidteift-'tiBe -»BestallwQg«^ 
deren  '  g^wntenhafte (  Befolgung:  •  sie  idem  .  Rector  'Eidlich  geiobeä 
tt!^9bm.  (Hfid.) 'PjiVH^  F.  iOSjb:  i&Q^M.):  ifmnitheäsn  reiüe  Jsolehb 
V,  2Ct-iipiiil  1660  in^id«niiI^k»iideBlKiöh<äedJZW«it^n  Bandes  mit  ■« 


dieser  Braucii  erstl  im'  Jahre  iLSOä'  auliseitl^bäi.'  Bfe  Oast^ 
mähler  wnrd^  nicUb  nuribei  Uliivejrsitätefestvi  ^ebalten; 
sondern  auch,  zu  Ehrea>'ä[us<wärtig0c  berfÜimteE  Gelehrten, 
welche  als  Gäste  nach  Heidelberg  kamen;  veranstaltet 
Die  Koisten'  trug,  irenH  der  Bädtocflie  Eüdadaäg  ergehen 
lieiiis ,  die >  UniYjei«ijtät&KGaf se-;  ^  gab  dagegen  eine  •  eiifzoliit 
Eaoaltät  einiiSbldhios  Mohl^  so  liatfe  auch  ibre.Caaae  die 
Eostesi  zu  bestreiken.  W^ar  nun  te<  eintziekien  ümTersi^ 
tuten,  dem  Bector  verboten  ^  -  «lehr  i  isria  100  Giste  änsÜT 
laden^iiso  beze^sioh  dieses  nisr  auf  sidithci  Universit&tsesiäeik 
:  Was  di)8  Yefwaatungld^  /Gtttei-  md  GefdDe  der 
üniTersität  angeht^'  so  vrnrde  diese  von  den  frühesten 
Zeiteii  ian  immer' von  .«ihr!  selbst  besoFjgt:^  BaoEu  wunden 
abet  keine  besoiideren  Verwalter  aufgestellt,  soBderA  die 
Verwaltung  von  Gütern^  Frucht^  und  Weingefällen  u.  & 
einzelnen  Professoren/ den  Deeänm  der  ^.verschiedenen 
fäeultiten  oder  i  dem  Beetor  ^ibettragen.  Diese  hatten 
i|[bet  Einnahme^  lundr  Attsgabä  genaue  Beebnung  zu  stellen, 
welche  vdn  Uriiven^tätar Angehörigen^  uad-deü  >KmS 
fürstlichen  verordneten  Bäthen«  geprüft, wurden^**).  Da- 
durch,, so  wie  durch  die  Wahrung  der  Universitäts- 
Bechte,  durch  Ftjhriing.  yon  Prozes§ei|,.  qjxrjch  sich,  stets 
wiederholende  Silannften  m:  di^.  rwiUrde  .nieht'  i»ir.  die 
academische  Thätigkeit  zörsplittdt-tV  sondern  eitizjelne  Pro- 
fessoreu,  welche  mehi;  ausgezeichnete  Gelehrte,  als  Ge- 
schäftßleute,.  w^eii ,  z^wQilec^  ,i|i,f  griopse  Yeriegenb^it  ge^ 
bracht,  da  sie  jeden  i^ekstandaniPruoht  und-Wein  ».  s.w. 

■  » 

aus  ihren  Mitteln  zu  ersetzen'  liiatten.'   Wir  erinnern  in 
dipser    Beziehung    nuiv  au/  den   berühmten.  Xyl an  der 


119)  Ahaall.  ümi^.  T.  YIL  fol.  62,  b.  Wandte  Mag.  Bi  X 
8. 175.  -*-  Bin  »ordo  compiifeilomin«'*findet'  sioh>^af  flet  Eaekseite 
d^s  7..BaiideB  der  ünrrenit&it «-Annale]^  .l¥f(^h  dksenngif^cin  dia 
Bednümgen  des  Rectors  irom'ThbiAaBtoge  to 'Thomadtage^idie  d^ 
Decane  dar  4  Facnltät^n  Tom  1.  Januar  bis  letikteti  Decemb^,  die 
des  »OoUectoris  Stip^iidiatoruiiiic  ytm'  1.  Mfttt  tia.  1.'  If&rz^.die  4ice 
»CDUectorifi  et  Prbearatorisrfiick  vmi  J<lhafuiig|ag  Sil  J^Muiistag. 


(t  1&76),  detote  Rflckstend/  sidh  meiiiete  Zcfitamm  tmi 
lOJjArm  auf.  diel  in  jener  Zeit  iiOdtst  bddwtende  SupaiD/9 

VOTi  280 -fl.  stoigerto  ^*<0. 

lAnsaerdem  faatte  aber  «Heb  in  der  Bfig^l  j^der  wh 
fldne  Lehrer,  weletbem  eine  oder  die  andei:«f  Hrttnde  ete 
BeaoUnng  «igevriesea  war,  dieadbe  «dbst  w  v^waltow 
beneidipglnreise  Fmebt,  W^iin  lu  &;  w^^  selbst  ftn  Ort  und 
Steile  «insidieimfieBL  Da  dieses,  so  trie  das.Hin*«  and 
Herreisen^  mit  bedeutendJBn-  Kosten  verbunden  war^  so 
wurde  dadurch  das  Eiirilgiuss  der  Pfründe  «ehr  .g^ 
schmälert  Ausserdem  mussten  dia  Lehrer  während  dieset 
Zeit  jftre  Vorksmigfen  an  dier  Universität  musset^en,  ve« 
ameh  vide.  Massstände  herbeifUhtte. , 

•  .;     •'•      ..    §  6-  . 

Die  Umn^^tmt  verhindert^  die  Medarlammg . .der 
^  FläffeÜäTrim  aatf  dem  Häiigenberge. 

Iift  Jahre  1391  erschienen  Züge  Von  Flagellanten 
(Geiss^ern)  ^;^ ^)  auf  dem  jenseits  des  Neckars,  Heidelberg 
gegenüt)er,  gelegenen  H^iligenberge  ]^^\  um  sich  auf  den\T 

r  *  "  •  •  • 

*   *■«        t ^   , .       -^-    .  , 

120)  WUndiJ,  &  176v.[.  ..... 

121)  SchöttgeA,  Hj^qt.  Fl^g^Uantiam.  ßqilau,  Hist.  des 
flagellants.    Mosheira,  Kirchen  gesell.  Th.  II.  S.  746.  8Ö9.' 

122)  Der  HeiHgenbefg  (von  MarcelliAus  M<mrPiri,  \A 
ehrisflidier  Zdt  Abrabsunsterg)  Abrunsibeiig»  Afajeriii^Bhefs«  Alhrin»: 
berg  genannt),  hat  seinen  Namen  von  dem  Abte  des  Benedictiner- 
Elosters  Hirsau  bei  Calw.  Dieser  wurde  von  seinen  Convontuale« 
seines  Amtes  entsetzt  und  ihm  Yon  dem  Abte  des  Klosters  Lorsch 
(1068)  das  St  MichaeliA[k>st«r  >auf '  dem  Alifr^hamsberg  als  Aufsatz 
baltsort  angewiesen.  Dureh  'frommen  Lebenswandel  erwarb  er  sich 
den  Bnf  der  H^ligkeit,  und  nach  seinem  Tod«  wnrde  sein  Grab  als 
eine  heilte  Stilite  betfaehtef,  ^  welcher  Tiele  Wallfabrten  gcTmadkl 
wurden,  und  so  kam  für  dio  fraberen  Kamen  des  Berges  die  Be^ 
ifnchnnug  »Heiliger  Berg«  itt  Brauch ,  wie  er  noch  heute  heiBsi 
Ausser  dem  genannten,  um  da«  Jäbir  1000  gestifteten  St.  Micbaelff* 
kloster  und  Kirche  wurde  ein  zweites  Kloster  und  eine  Kirche^ 
etwa  eio  labrbunderl  spater,  4491  H..StQihhan  .nn^  Laurent  ins 
zu  Ehren,  gegrttndeti  i  Pie.^tiftuf^  ^  beiden  Kirchen  und  Klöstepr 


i6(^Iben 'idodei^zidäRiSeQ;  -  Sie-- Wirreih  eiile  duasfliche 'Säcte> 
WeSehe-  um'  d»»^  Ja;h]^<f2ed  i»istaiidwfistifM  Ais.  ihr.ffidfl«t 
wird  der  Einsiedler  Rainer  in  Perugia.  igmafint^iBald 
fimd  <^'iti  'Ifiälito  viete  Anbitogiigr  und  «kann*  ausE^  ^seita 
diät  i4*Ip6n>  iü'  'Bayern,  "BöhiiDieK»,  i'ßoidideQ  nuliKandaBn 
MnÖefffi.'  3$^  Raubten  ibre  Bu)S6tirni(iit<1we6l«t, !6dgi<lfardk 
GFeiiBsieihi,  tJben  itf  kdtifien^'Ufid  UrbMim  daherv^eiuNaiseii 
(Mssteiri '  i  Ibre*  E'Mdung  bestafad'iii  ^Kbüa\ieA  ^wismöTim 
oder  grauem  Gewände ,  aul  welbtaem  vorb  und  Imitea  leM 
wi^sesi  Krdn« '  genäht'  war,  uymWir^  sie 'auch  'Er6iiK^ 
brüifie-r  hiessefl;  Auf '<femt  Hopfen  trugen  sie'  wefcBse  Hflte 
UBd  in 'der  ysiken  :Hand  ein'  bdIzemeB -"Kreuz,' ;  in  föär 
rechten  aber  eine  Peiti^bei^  weidie'iami'äaiBlfersieii  Ende 
3  Knoten  oder  Knöpfe  mit  eisernen  Stacheln  hatte.  Mit 
dieser  Peitsche  pflegten  sie  sich  öffentlich,  in  und  ausser 
den'  Kirchen,  ^^^eisseh  ^^^)/'  Bei  ihrM  ^'Zögea.  thi^ 
Priester  kostbare  Falhtfßn^.Y(ta  ^de^ed^r^a^PWIlb,  Crucifixe 
und  viqle  Wachskerzen  voran.  Wer  in  ihren  Bund  auf- 
^ehQjnmen  werden  .^wblite,  musste  gelobet,  34  Tage  in 
demselben  zu  bleiben  und  für  jeden  Ta^  4  Pfennige  als 
Lehrgeld  ihiiiziibririgen.  Sie  gäben  vor;  sie  iiätten  einen 
Bhef  vom  Himmel  empfangen,  welchen  ein  Engel  zu 
Jerusalem  auf  den  Altar  Petri  gelebt«  habe:  j'DiÄser^Brief 
besage,  Christus  sei  Über  die  grosse  .Bösheit  dir  Welt 
u^d;:bßs(^ders  der  Christen  erzürnt  gewe$,Q]^;  da  hätten 
Maria  und  die-S^gel  filrrdiä  Mentfghe&i  S'fiarbiite «eingelegt 

•■•'••.        r    4      '    •         .';.'.  'i  ■       >    ■       .    •.■*  . 

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ging  Tr)!n,dem:Bene(ilicti«Qr-Elo$te>:',]j9r8^li  aos^ruad  sie  wa^en  beidQ 
rejichbegikbt.  Von  .de^flma8igQa(Be^^dictin£r•)Mö^chen(UQ9ßr^(^f]^ 
scheint  idie  erste  Kultur.  fiea.N^kajrtbales  mid  Lobdßiigaußs,.:f¥eim 
««cjbr  nicbt  ausgegüngen^  doch  ußh^  l^ördert  wo):dea;i2su  sein..  ÜebQj; 
det  Beiligertfrg,  seine  Kjfioh^Hf  ^n4  Klöst^  vcirgl.  .ftlüb.lifl||r 
©eftkwordigkeüjen  .  vQi^  ^J^ld8f?h^l?Aa|eiln  .S.  .ßi  S,  )Kür.dtjif^in, 
Monico»  Wormat.  p;  d,  ff...ÖQffmi9i^,ter,.GQ^ch*  d.  Jäe^jgenjiipargfi« 
und  seiner  RpJin^n.,.:..  :  .    .,j.   ,..    ,.,;..    .    ^,.„   „  :  ^.,,  ;    ;,::•.    u 

'     ^  12d>  'Die  Abbildwig'  eih^r^solcbbnt  GeiflSelOfi^ :git)«iiiatte» 
TOyaige  liWri  de  deux  BeiöidldtiiMii  t.'U.p^  10*/    »'.';-•»•  , 


V  ♦' 


Tod  MnpretiU^  IL  und  0$$  MßrsiUt^  ^     :       249 


Qidldavauf  iiife  Zlteiöheni«g  Inhalte»,  «er  .34  Tfige  &idU 

1.^  iiAki  dfese^KagidkiiteQi.bgiHeidelb^g  enscbieMü  .und 
sieb  .«&£  denv  HefligidiibQtgid  «.uAUiKea  woUten,  besdiloss^. 
die  'Uftimmtäly  sich  ihnen  taü^.aUem^Smatt  w  widersQtaeo^ 
QtMlf  hraebtö' »  aiicfa.beiiklem  KiirfAsstett  dabin,  4ms.  &s^ 
insm  deiKÄvftathakiiitt  gaaaenlioMeiigftaunterdagt^^^^) 
mü  8^  YbrUeiüe»  sie*  füe  'Gegalid>  lohnie  ut  die  Stadt  gje7< 
]DMtuaMvi['2u 'Seil.'     .'{-'.  f  >.  -      .•  • 

'  .  iWeg^  der  ):vdi  dieser  Seete  doohendea  G^fabrei» 
beihtlUteftiBiA  die/FUlfeteü  lisd  dieiOeistUchkcfft,  bei  im^^ 
Papste  die  Ausrottung  derselben  zu  bewiitol^,  jmd  sie  'wttr^ 
den  auch,  als  man  sie  der  K^erei  anklagte,  von  ihm  in 
Bann  gethan.  D^sen  ungeapht^t  hörte  das  Schauspiel 
öffentlicher  Geisseifahrten  erst  in  Folge  der  Beschlüsse 
dfts.Goncüiüias  vont  Constanz  auf  ^^^)..  .\ 


\  •'.  >   ■  • . ' 


Tod  Hiuprechfs  lt.  und  des  Marsitius. 

'i  '  Rupreoht  II.  Fstarb  am  6.  Januar  1898*"),  und 
Hurde 'inrdemi  Elostbr  Bchönau'  begraben.  Die  grosseti 
Verdienste,  welche  er  sieh  um  die  Universität  erwarben, 
kabe«  wi^  i»  diesem  Abschnitte  angegeben**').  .    " 

Einige  Jahre  vor  ihm  (20.  August  1396)  war  auch 
der  füt'  das  Gedeihen  der  Universität  so  thätig  wirkende 


124)  Hist.  Acad.  F.  35:  »Becreverat  universitas  circulatoribas 
ktis  6ese  oppcmere  et  peiicnlis  ab  hac  secta  imminentibos  pro- 
Urailispriiidpes  et  cmUtes  de  eliiniB|Lö4i8  iUis  rogarei^tque  monere.c 

125)  Wessenberg,  Die  KirchenTersammlungen  des  14.  und 
16.  Jahrh.  S.  250  ff. 

126)  Annall.  Umv/T.  I.  F.  eö.    '         i     « 

ji\  ta87 j»  ^Dtawatoto j»€iBite1it  >flnden  Bichi dieselben  auch  in  der  6o  ge- 
nannten »Rupertinischen  Constitution«  voitf  10.  Juni  1895  (abge^ 
dioik«  iii-Totn»r'8  Goid.  dtpl;^.  189'ff.  uAd  in  Lubft's  Fürsten- 
saal,  S.  555  ff.)  und  in  dem  Gal.  aead.  ü.- d.  d.  6.  Januar  13981 
ä'&«s1Se»,"&:^(r.-8.'*ßlfO:''i  ••'  "•-  •■•    •  "        • '' 


Marsilins  geMerben,  nadictaüi  er -dfo  iteivm  Ru- 
precht I.  i^eWordene  Aufgabe,  »des^  stodiatiia  in  lieidelb«^^ 
eitt  anheber  vnd  »egirer«  zu  seim  (8.  i^  Kbte^),  eben  so 
geiv^isgieiitiaft^  als  erfoigv^dhi,^  «rflttlt  lincUäDÜ  AnhftBglichkeife 
uttd  Liebe-  ^w<  {J&sversitat  aitöh  äcm^lt  das  ^Vemätthlni89 
seiner  Bücher  . ^bewiesen  :batta<  in  feicUiicfaer  Weise. -wurde 
<^r  im  Chore  vor  deiii><  grossen  Altärel^üiiidte  .84.  Petanh 
kii^4^hie  beigesetsg^j  Ztnr  LeidH!9feler  ürariton  dran  idxmligea 
Bector  Noyt  durch  ein  besonderes  PrognwBm 'eingriadBiii 
Worden,  und  die'  noch  vorhandene  Bede  (8.  1^  u^  124) 
Tdn  dem  Ptofessbr^  der  ThisologieiBTOw^ita  in  der> Heiligt 
geistkirehe  gefcalten  f  ^®).  ^     .. 

:  '    •  '  —  ■•    6  Ö.     ^       i-^  :    ..     .   .  .-.  •   :. 

I  -  . 

•  \  t  •  4      • 

,      -  .      * .  j  •  ,       •  .  •       i. 

Die  ersten,  ^ibliothelcen  der  Universität 

■ ' '  ji  *  ...        .' ,  .    * 

Als  Kurfürst  Btiprecht  L  die  Universität  begrtiBr* 
dete  und  reichlich  begabte,  gedachte  er  auch  der  den 
Lehrenden  und  Lernenden  ^r  Beförderung  und  Erleich- 
terung ihrer  Bestrebungen  in  den  Wissenschaften  noth- 
wendigen  Hülfsmittel.  Buchhändler ,  Bücberverleiher , 
Bücherabschreiber,  Pärgamentbel^ter  und  Yersievef  von 
Bücher^  wurden  durch  die  Tbdlnahmi^  /  >  an  den ,  Bedbte» 
und  Freiheiteil,  welobe  der  Kurfürst  den' Magistern  und 
Scholaren  der  hohen  Schule  bewilligte,  eingeben,  ÜX 
Heidelberg  sich  niederzulassen  *^^).  ; 

Dass  auch  sohotL  .m ,  den^  ersten  >  Jahren  nach  der 
Stiftung  (1386  — 1396)  nicht  nur  zu  Einer,  sondern  _sogat 
zu  zwei  öifentlicbeu  Bil)liothel^en,  der  Universität  nämlich 
und  der  Artisten-FacuUät^^^),  ^lerPrund  gelegt  wurden 

lässt  sich  kaum  bezweifeln  ^^^).    Schon  die  allgem^neii 

'      .  -  {  '  '    .   .   ■.  

r    ' '    '  .  '     '  r 

128)  Cal.  acad.  I.  d.  d.  20.  August  1396,  r.  !        ,  ^    . 

129)  Yefgl.  Urkttflde  Nr.ai.  mit  eirhl«$enMk»  iUuBs^aiiiQn  m 
dea  betreffenden  SteUen«  .  ?    '         •,     .  '  ,  -   , 

130)  Auohtis  Basel  hatte  die  Artidten^Facalt&t.etiocfU^^ondi^ni 
Bibliothek.    Vis  eher,  S-  137.         .    i-  .a> 

lai)  Wilken,  Gesch.  d.  Heidelb.  Baf^j^offsami^hitg^«  S^.  j^.ff^ 


Veibftitnifise  dos  Bütbünre^xm  in  damaHger  Zeit  maeltöB 
es  sdir  wahrscheiiilich ,  dAss  man  auf  eine  #ffept)i€;he 
fificbersanoDkuig  fflr  dierneiie  üniversttftt  4aeh(a  D^on 
der  iKdbe  Pieis  des  Schreibmitterfate  [  und  der  dadurcii 
bewirkte,' niditmM^  Ikobe  der  Bfleber  (8«  36)  ge«- 
fltattet^B  es  jedem  Magister  edeif  Scholaren  nieht,  skh 
loekr  Bfldi^  mwooiehAito,  als  er  m!  das  Notfawendigsto 
za  den  LebtHtonden  bedntfte  ^^.  Aber  Akkt  aHeiii  der 
bohe  Preis  der  BOcber  wa^Aite  eine  öffentU^e  Baeheiv 
Bsninbiiig  nothwendig,  sendeini  aiisserd^n  auch  das  Be^ 
dürfnifis  giitek-  nnd  genauer  Exemplsre,  nacb  welclieB  Ab- 
schriften zum  Gebrauche  der  Lehrer  und  Lenienden 
getnachk  werden  Icoonien,  besonders  Ton  den  Werken, 
welche  bei  dem  unterrichte  gebraucht  wurden« 

Unter  diesen  Umständen  lässt  sich  eine  hohe  Schule 
ohne  öffentliche  Bibliothek  kaum  dienken.  Es  ist  vielmehr 
wahrscheinlich,  dass,  da  den  Lehrern  nicht  zugemuthet 
werden  konnte,  aus  ihren  eigenen  Mitteln  die  Werke  sich 
zu  verschaffen,  deren  die  neu  entstehende  Lehranstalt  be- 
durfte, gleich  von  Anfang  an  6in  Theil  der  Einkünfte, 
womit  Ruprecht  L  die  Universität  begabte,  zur  An- 
schaflFung  der  erforderlichen  Bücher  verwendet  worden 
sei.  Dagegen  ist  es  wenig  wahrscheinlich,  dass  der  Kur- 
fürst selbst  sich  noch  insbesondere  und  unmittelbar  aus 
eigenen  Mitteln  die  Stiftung  einer  Bibliothek  für  die  Uni- 
versität habe  angelegen  sein  lassen***);  wenigstens  wfrd 
er  nirgends    als    der  unmittelbare   Stifter   einer  sdfäkai 


122')  VVie  themf  r  d^  Pergament  war ,  lässt  sich  daraus  abneh- 
men, dass  der  Artisten  -  Facultät  noch  1544  der  Preis  eines  aus 
151  Bl&ttern  in  grossem  Folio  bestehenden  Protokoll-Baches,  wozu 
sie  d;^ . {^pi;gi^ment  Ajcif.  4er  Frankfurter  Messe,  hatte  einkaufen 
la^eii,  init  Ei^ischluss  des  Einbandes  in  gßpresstem  Schweinsledei:, 
zu  9  Ducaten.von.  ihrem,  dftmaligen  ^ecaniß,  Pbilipp  Rhyner, 
berechnet  wurde.    Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  t.  4,a.  10,  a. 

138)  Wandt,  De  biblio^..Hei^e]i).  p.  8  sqq. 


Siiliiöihek^etiMit^^^),  <«n<l^del^'ßiiri61iterätatter  ;tini^epei* 
Universität  Würd^  itt''iider  äiitgöth^eii»  iiiei^wttrdig0& 
!Käcl^richft  -Ttoli  d^  Eridffliuii^Htletf^neu^ii  liehrMBtaMiuitt 
4en  ii»"  ertheilt«^  Prlvft^eti  iSridO  ff.)  «ifien  io  iK9ic&tig«b 
Oegeds^nd  ^  Aielit' ibefwähnt-'  blasse«  >  Malten V'  wenn  eiM 
Btehersatnmltmg  schön  i»  Her  erMra  Aus8tafctüng4erUfi)t0tw 
sität  begriffiorn  gew^i^entwärb;  Bl^n  «oiwe^ig  <!hfiit^n  Rs^- 
l))r'eöiitIL  ufld III.  aus ih'riehMitt^n¥üir eine Biblidthek**i*> 
i>aids  ater^chM  die  ersten  Lito«r  d^  aoltbn'  Supertätfür  Idi^ 
Oründüng '  derseltyen  ^bedMftii'^raresi,  >  darüber  'besH»^ 
^i^  2fe!blich  si<^h<§re»^ug&isse. :  Dennsöhon  lO^IIahre HaA 
«er  StÄtung  der  liFtiiierisitIt'(13Öi8)"mi'd>eine  ^solcbeV''als 
^er  Arttst^n-FaüthiMt  angeh6frend,  erwthAt.  Die  Unfi^ersi^ 
kaufte  nämlich  üflter' >Noytls»riofoTat*^  auö  detäüntei^ 
IftssensQliaft  ihres  .ersten  Cajizlers,  des  Dompropstes  zu 
.Wpj-:pis^  Oieylnha^usen,  .welche  durph  4ß?5,?n  letzten 
;\V^left.  (1^90)  zwar/dej.^  p^i^rsjifät  vermapht^,j.aher  "^u^^ 
ll^ichtupj^  eines '  Collegiiipis.  ;()estiiipmt  w,.,die.  säipim^ 
lijfhen, ;  iu  .168  Bänden  ^^tejierfd^i^  Btlpher  demselben  ,i»^. 
DfP^j^  tibergajb  sie  ^nacl?^^  ^i»em.,in  der  Versjammiung.^yon 
^en  Eacultätten ,  }am,  29,.  S^tember :  1^96  gefassteu  Be- 
schluss  d?ir  ^rjtjs^tpn-FaqyittÄl;  ^pr  Aufbewahrung  m  Ihrer 
Bibj^otl^ek  und  zur,  Benutzung,  u^tei;'  dem  Vorbehalte,  dass 
der  Wai;z  lunf^ich^duucjl. sicher:  g^nug  sei^«^. .  ^  . 
: ,  ;  In  jden^elljen  Jßhre  wu^de  die;  Bibliothßji  der,  Artisten- 
yacultät  sel^f .  weseatlich  vprpjehrt  durch  das ,  Yermächtr 

134)  Fried  erich,  Gesch.  der  nach  Rom  entführten  Heidelb. 
Biblioth.  S.  12.  13.  ------ 

135)  Die  beiden  Ältesten  Bibliotheken  erfreuten  sich  nur  Eines 
Geschenkes  von  dem  Kurfdrsten  'tttip.i;echt  Ö./  nftnifich  srweier 
Sucher  des  Origenes  und  deä  H.  Hier'dnymiis.  '  ; 

'  1$6^"  Ännall.  tJniv.  t  t  F.  6?a.  '  "  .       '   '-•  "    ^' '  "''    ''     . 
*     "1^7)' Unter  ihnen  waren  6^4 'the'ologischö'tvön  Au  W.StiÜ'i  ÄW 
:ßernhard,    Bi3chof' Ans'.elm',    Thomas  yoti '  A^Uiilö',    ßedi 
Yenerabilis,Kicöla.us.Lyja)/'6i^^j^^^^ 

schaflüche,  6  über  Logik"  ^-  •'-  »  •     * 

138)  Annall.  ■ü'niv.T.'!.-"F.'*2jkV''J 


•;  ;i    f  t 


mss  des  Mar8ili4l^^  wielchdr.  >die-  lUniteGlit&fe  zwr.  Erbin 
sefaier  BUhorsammliiiig  Ja  «tioiQm  tetetmyWiUfiA  l^i 
setsEte^^).  In  d«f  eben  ;enräb0tea>  ZudammeiAilQft;  ittbePi 
Mess  '£e 'Üni¥e96ii)at..i4er.  geo^ 
dieser  Sudomlnng  alle.  BOcher,  vektaii  m' )  dte ;  Fächeub 
dOT  letztem. giäiWten *f^)».  ../"»  i.  ,»    .  - 

> !  M  AttsiBeseralBo  be^UodsfenenTraMMDlg  deH  Bücher  Idee 
llaFSiliiis  erhellt.,  idasst'Schon 'd«nial8:a«8sbir  d^  besoHr 
d^a-  Bibliothek  der  <  Artisten -' Facaltät  <  auish  nocjbi/  einb 
BAcheti^aBimltiig )  4er  Univen^tät,  ialsb  -  vorvi^Qdkh  idev 
drei'obereit/.FiEbridtatcaii^'  .War^  ^weiidenü)  aud^  ül 

dem;  l..£atadJBideä'Matn^^lbuit5h«3.s«it^ 
Bissen  iiroili  der  Uiuterfi&tiil!»  gesdi^ifcten  iBftcUevnr.eutt  bei^ 
nah^  .'({S^n«itn)laafttodl^  N¥&riiii(4mi8ei  Von.  i  gikäuffien 
Böcbem»-3tdife.i  •  '  .  .  .,.// i-c^  ;; ..:  ■;::(!  ...]'•.'.•■  :ii 
iSk»  •  Imaum  äko  \  die!  EJoiterBltäfc  fHisididlbdrg  i  eahön.  am 
Ende  des  *  t4.ii  Jahrbnndertsi.  Zffel  tBädtetheken^  iTwelch^ 
duTQb  iVtuschi^Adlte  Sab^knnget  veoArsnobi  änicb,  <^b^ekb 
darüber :  aus!  ntt^sen  /  ersten :  Z&üao^  kcitee:  [Nochinehteb  i  f^^ 
hand^ii  >  sind  \  >dux)cjii .  lAnfifbl^affimgen .  au»  idM-'  IJ^üveilsitata-» 
HnkünftedMilermdhrt  wurden;  'A^Mh  iQidbr'^t>ä^6A  Z^it 
värdeHtuini  den  ^i;^yaraitäts>^  >und.  t£aietd|ätä^- Antednnur 
B^en/i  Siidiei^ausehäfiungßn) jdr^w&bnti,  nwasn: darin;. (Seinen 
Grund  haben  mag,  dass  die  Verhandlungen  des_jaßademi- 
schen  Senates.,  so  wohl,,  als  ^er  ^acultäten,  .pif ^t  mit  .glan- 
iQä^siger  YoUsitä^digk^t  ^bg«fa£f8t  .wwden*i .  •    ..  ;      .     . 

■      i".   '">.       ''         ,'!     ."):.    ,i-)  ;ii    .[   "        ••' • 'I,!  ;,/    ;  /.i    '.    I  I    .• 

199).(Die  iBiblkthele  des  Ifa  et!  11  all  ^bestand'  im^^an^n  aus 
2iX 'Werken;  ;Voniibnpa'wareiii76  ihMogfuushev  11  jnristische'j  7 
mcdioiadflieiiey  6ii  pMtapdi7«is]^e ^ ;  9&  tkber  ^ie  Bthae,  ^6  "Qber  die 
STatui^sgeimohaftj'inEitotptailosiiipiWe,'  29i  inalihetnatnQh«,  IS-logiscbe 
Qbd  ll.lgrBiMmatftete  SchHften.  ilFalerI]inete:w«iren:>Pe^n^af;  Ovid's 
Metamorphoses  und  Bemedia' Amcnris)  Selieoa^i«  Briefe,  T'eg  et  lud 
TCmii&iiq^s^eseB^i  LiioAnvdifrB'H«fö'Vdfi  Yiliel^sl'  Das 

^«kfleiclmibs.deri^Biftcher'istdn  Mim<j  irb:  L!      '  n  t,  /t    ..c 
j  -i>  li4&)\DeIiberatiiin'fdit^  quod  l^brri  iii>a»ilbits',  q«ii  i^«ram  Ma^ 
gistoj  iMarffrii^i ' sab  lei^dJem  conditiclnibu9  apüd '^osd^i^m  (isirtiätas]! 
deponerentur..  ^IWd.-;  .Umu'/f     .71    il  ."  .i  >   '•:'j    .1  '^ 


Dm^die  Artisten -Fftcoltät  im  Besitase^  ehier  ^igeBim 
Biblioithek  gdw^^,  eitiirt  sieb  ieben;  soswoU  laus  der 
(S.  187;<!t88;  162  ff.)  gesehiUierlea  bedraitenien  Stelhmg, 
Wcflcbe  sie  Unter  äen'ifibf^m  Faafltatea  ^einnabkn,  als  aas 
de&'  Oeldttättehiv  tAier'  welciie  sie  zu.  vecfttgfen  fafitte/ 

Ausser  den  oben  erwähnten  ßcbeiikiiDgen  iiturdfi 
tttch  vor  dem  Ablaufe  de»  14.  JafaFhunderts  «Be/Otiiyer- 
sitätsbibliothek  vermehrt  durch  die  hinterlässenen  Bdchtt 
des  M.  Gerhard  EmeHssa,  so  wie  denn  auch.  M. 
eolinus,  ein  Mitstifter  desDioBy8ianum8(S.i9?<i.'198)«Ad 
Ke^ ''  Gelynhatt s en' s,  seine,  meistesis  Jüristfechen  Bücher 
der  üniversitÄt  s^henkte^^*^);  Ferner  fiel  1410  de»  Unir 
versitit  darch  Schenkung  audi  die  i90  Bände  zählende,  vor* 
nehmliefa  theologische  ttblidüiek  des  edioii  (S.  214,  Nute 
117)  erwähnten  Bischofs  von  Worms,  Matthäus  von  Cra-. 
eovr^^^  und  1417  die  91  Bftnde  starke  Büehersammlung  des 
Johannas  Muntisinger  zu^  so  wie  durch  Noyt's  Ver* 
mäcbtniss  1417  eine  Sammku^von  17  jurisl^hen  Bücham. 
Ba2ni  kamen  noch  ^  Schenkung^  von  Heinrich  von 
öottda,  Nicolaus  Proirin,  Walther  Store  *♦*)! 

Audi  die  diorch  die  Vertreibung  der  Juden  (1391) 
veranlasste  -Yergrösserung  d^  Besitzungen  und  Einkünfte 
der  Universität  war  nicht  ohne  günstige  Wirkung  für  die 


141)  Dazu  gehörte  ein  Codex  auf  Pergament:  »Senecae 
ladas  de  morte  Clatt^i«,  welieh«  S^rift  znerfit  in  BentfichlaBd^aol* 
gefunden  und  wahrscheinlich  nach  der  Heidelberger  Handschrift  in 
Basel  herausgegeben  wurde. 

;  .  140^)  Mxtü  domim  ^MiCC!C€X:  qüinta  die  Mareü  intra  quintam 
et  ßextatn  htiram  de  tauüBie  obüt  venerabäis*  patep  dominus  Mathens 
episoopUB  Worittacienais,  sejpniltttB  in  t^desiä  aua^  in  theölogia  mfr- 
giftteif  egreglns,  qui  universitati  midloB  utiks  Ubras  ioaaeione  int« 
vivon,  ^QQA^t.'  Gal.aead.  II  d.  d.  6.  Märfe  1410.'  Yargl.  aadt 
Sliru^v^  Introdttct.  in  notit  rei  lit.  c.  5;  §.  dSL-  » 

.  149Bi)  ^i^  Bcbf  mang^aft  ab^assfien  VeisKicilniBBe  dieser  Bbrnnt- 
lichen  angefahrten  Büchar  -Samndwgsn  :fihden  sioh  auf  dem  letEten- 
Bl&ttara  des  .lerst^  Bandes  des  Matrik^lhnohes.  Die  Zahl  der 
Bacher  belurug.700  Bände.  lieber  dasAMsliidtrliehere  Vefcia^.  V^ilken, 
S.  30  ff.    Friederich,  S.  16.  17.    Wnndt,  p.  a;9.      . 


mten  MbthOmlm  der  Ufiikef$im,  .     .      225 

BibUofliek.  Die  ühiTecsitit  erkqgte  dadurch  niohib  nur 
eise  AnnUi  liekräiadier  BUciier»  BOiidem  auch  eine  latei- 
mache  8diQlastisdie  Bchcift,  die  Snmma  Raymundi  cum 
j^parattt  Wilhetnü,  und  eine  Schrift  über  die  damatige 
Eirohenspaltong  *^^).  Die.  hebrUadian  Rächer  wurden 
alte  i^erkatift>  nur. einen  Tdnmd  behielt  man  zum  kOnftigen 
Qebraiiohe  zorSck  ^^^).  I>nrDh  den  V^Rbsttf  diea^r  Bttcher, 
irekhen  naoh  dein  Baschluase  des  Senate  MarsUiiia  und, 
M.  NicolauB  Burgmann  besorgten,  irurde  eine.  fSßm 
drlttd)l]che  Swntne  Gddiea  «eMst  Im  Jahre  1392  hatten 
b^de  noch  AVI»  fl.  davon  in  Händen,  w(Aäie  sie  danala 
abliefetrtftn  **^. 

Koch  ist  ananfühien,  daas  in  dm.&Itestcn  Zeiten 
die  Bibliothd;eD  keine  ständigen  Bibliothekare  hatten. 
Diese  wurden  jedes  Jahr  gewählt,  was  unmittdhar  nach 
der  Wahl  des  Bectors  geschah  ^^^.  Mit  diesem  Amte 
war  keine  Besoldung  verbunden;  angesteUt  waren  nur 
Bibliotheksdiener.  Ständige  Bibliothekare  mit  Besoldung 
kommen  erst  gegen  das  Ende  des  16.  Jahrhunderts  vor. 
Im  Jahre  1586  wurde  Ludwig  Grav  (Graff)  zum 
Bibliothekar  ernannt  ^*®) ;  darauf  (1590)  Pithopöus, 
welchem  Sylburg  (1595)  folgte^**).  Die  Aufsicht  über 
die  Universitätsbibliothek  hatten  der  Rector  und  die  übrigen 
Doctoren  in  den  oberen  Facultäten;  die  Bibliothek  der 
Artisten  stand  unter  dem  Decan  und  den  Senatoren  dieser 
Facultät.    Jedes  Jahr  fand  eine  Visitation  statt  ^^^). 


144)  Annan.  Univ.  T.  I.  F.  105,  a. 

145)  Ibid.  F.  45.  Hebräisch  wurde  damals  anf  der  Üniyersit&t 
noch  nicht  gelehrt.  Das  Alte  Testament  erklärte  man  nach  der 
lateinischen  Üebersetzung.  Erst  130  Jahre  später  (1522)  wurde 
Johann  Böschenstein  von  Esslingen  als  erster  öfifentlicher 
Lehrer  dieser  Sprache  angestellt. 

146)  Ibid.  T.  I.  F.  99,  a.  F.  486. 

147)  Ibid.  T.  VII.  F.  1,  a. 

148)  Ibid.  T.  XII,  b.  F.  1. 

149)  Ibid.  T.  XVI.  F.  225,  b. 

150)  Wilken,  S.  169. 

Hftuts,  Geseh.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  15 


226       X  Bw^.  L  Periode.  2.  JbadmüL   (i890^i398.) 

Wo  die  ersten  Bücher  der  Fnirörsität  vor 
dem  Jahre  1390  aufgestellt  wares,  irt  mcht  b^ 
kamt;  vielleicht  in  irgend  eindm  Kloster.  Erst  in  dem 
genannten  Jahre  Tersdbafflte  das  VenntLditaiss  Geyls*- 
h  a  u  s  e  n'  s  einen  angemessenen  Platss.  Später  (1448)  wurde 
die  Bibliothek  der  Artisten-Facult&t  in  dem  Erdgesdioflse 
und  die  der  Universität  in  dem  obem  Stockwerk  des 
Gollegimns  »in  der  Bnrsch«  und  zwar  in  dem  ösffidieD 
Flligel,  aufgestellt  "*). 

Zu  diesen  zwei  Büchersammlungen  kam'  sehr  bald 
durdi  die  Errichtang  des  königlidieii  Stütes  an  der  E 
Geistkirche  noch  eine  dritte  hinzu,  welche  ebenfidls  zur 
Universität  gehörte.  Von  dieser,  so  wie  Ton  den  andern 
Bibliotheken  Hcddelbergs,  vrird  untm  augfitta*fieh  beridh 
tet  werden. 


151)  Wilken,  €L,22.  Sl3. 


«c 


Dritter  Abschnitt 

Die  Uniyemtät  unter  d»r  B^^iermig  des 

Kurfänten   und  naobmaligen    römiiolien 

KdnigB  Bnpreoht  IIL 

1398—1410. 


§1. 
Freundliche  Gesinnung  RuprecMs  gegen  die  Univer- 
diät.  Papst  Bmifaeius  IX.  verleiht  derselben  12 
geistliche  Pfründen  und  der  Kurfürst  das  Patro- 
natsrecht  über  die  St.  Peterskirche  in  Heidelberg  und 
Über  die  Kirchen  in  Altdorf  und  Läuda.  Anstellung 
der  Professoren.     Deccme  der  Fcunütäten. 

Auf  Buprecht  II.  folgte  1398  in  der  Regierung 
sein  einziger,  damals  46  Jahre  alter  Sohn,  Ruprecht  IIL, 
welcher  nach'  WenzeTs  Absetzung  auch  1400  zum  Römi- 
schen Könige  gewählt  wurde  ^) ,  und  den  Beinamen 
Clem^  von  seiner  Tapferkeit  und  Justinianus  von  der 


1)  Ueber  WenzeTs  Absetzuiig  und  Rnpreeht's  in.  Wahl 
zum  RömischeB  Ednige  s.  die  Tollst&ndigen  Acten  und  Urkunden 
bei  Martene  et  Durand  coUect.  ampliss.  T.  IV.  F.  1—140. 

2)  Quod  fortiter  rem  gesserit  et  hostes  represserit,  hinc  Giern 
dictus,  non  Clemens,  sed  rigorosus,  der  die  Feind  in  die  Klemme 
gebradit.  Mieg,  De  Acad.  Heidelb.  p.  21.22.  Tolmidas,  Eist. 
PaL  mtiso.  (tou  Ries  mann  u.  A.  oft  angefahrt,  aber  jetzt  nicht 

15» 


228       X  Buch.  I.  Periode.   3.  AbechniU.   (ISBS'-UIO.) 

Gerechtigkeit  gegen  seine  Unterthanen  hatte.  Er  war 
sanfter  und  milder  gegen  seine  Unterthanen,  als  sein 
Vater,  aber  von  einer  in  seiner  Jugend  erhaltenen 
wissenschaftlichen  Bildung  findet  sich  keine  Spur. 
Ausser  kriegerischer  Tapferkeit  und  strenger  Gerech- 
tigkeitspflege wusste  auch  jenes  Zeitalter  von  keinen 
Tugenden,  welche  für  den  Stand  des  künftigen  Regenten 
als  geziemend  angeseb^  wurden.  Indessen  war  Ru- 
precht gegen  die  Universität,  als  deren  Mitbegründer  er 
si(^,  wie  auch  sein  YStei*,  ansah,  freüii<fl{(£  und  wehl- 
woHend  gesinnt,  ateeh  spricht  siioh  in  allen  stänea  Hand- 
lungen eine  grosse  Vilß:mcge  für  ^hr  Ged^^ben  aus.  Diese 
zeigte  er  eben  so  wohl  al^  Kurfürst,  wie  als  König  *). 

Als  er  die  Regierung  antrat,  waren  13  Lehrer  an 
der  Universität  besoldet  Von  diesen  gehörten  6  der 
Artisten-Facultät  und  7  den  übrigen  Facultäten  an.  Damit 
nun  eine  grössere  Zahl  von  Besoldungen  gegründet  und 
die  bereits  vorhandenen  aufgebessert  werden  konnten, 
bewirkte  er  (1399)  von  dem  Papste  BonifaeLus  IK.^ 


M  I  »  ■        t    %  • 


mehr  vorhattdeo)  p^  84>:  Bictua  "vulgd  Clem  et  a  iveregriois,  ^vi 
etymologiaio  bujus  vocis  i^on  intallegebant  (Klem,  Elemmen,  pres* 
sare)  Clemens:  Riesmann.  p.  56.  Auch  ist  folgende  Anecdote 
aufbewah^.  ,  Bupx«cht  hatte  von  seinem  Yater.  einea  Gulden 
erhalten.  Als  dieser  ihn  wieder  haben  wollte,^  hielt  er  ihn  so  fest, 
dftss  er  dayton.d'^n  Beinamen  dem  erhilteüihabentBC^k  tFebrigens 
hiess  auch  der,  Laigidgi^af  Friedrich  .fon.  Meisa^en  {f  ..I3il6) 
(rigoroaus):  Klemm^.  Höfler,  Ruprecht  von  der-  P^alz,  genannt 
Gern,  S.  189.  '  Nach'Häusser  (I,  S.  255)  hat  der  freundliche,  ver- 
söhnliche Geist,  welcher  selbst  dmsch  die  > Energie  süM  ÖlLarakters 
nicht  verdräDgt  wardß;,  ihfi^  d§n  O^fna^en  QlemeiHtyw  ab|gek|kr£t 
Clem,  des  »Milden«,  verschafft.  Auch  Kaiser  Wenzel  sagt  in 
einem  Schreiben  an  die  Stadt  Regensburg:  »Ynd  Hertzog  Ru- 
preeht.,  den  man  nennt  Clemens^«  L^hmä;nfty[Ghi?oQ.Spit.  p.f73ö. 
JoaVis»  Aidendf^»  a4  Parei  hiat  fiav^^PaU  p«  :6i5..  6;k6.     ..-     ^ 

3)  Auch.  geg0a  .die  .^ta^>  Heidi^Ul^erg.  ifa,T  RuprecJb-t  fiehr 
w^ht  gesit^nt.  Sie  erhielt  voti  ihm 'mit  £inwtUigang  4er- Eeichs- 
furaten  für  die  Unterhaltung  der  höbemen  <N^ckairbsfteke^  wekhe 
olt  fturch  Eiagf^nge  beschädigt  wurde,;  X-^&.ein  Brückengeldi  Toa. 
Pwsoiien,  Vieh  und  Fuhrwerk.    PflÜz.  GopiÄlb.  Nc.  4.  F.  .31».     ,  . 


Bupreeht  HL  u^  Bm^aekts  IX,  AmUllufig  i.  PrcfsMoren.    239 

dac»  12  ansebDÜche  Pfrönden :  1  Canonicat  bei  der  Catbe* 
dealkircbe  ro  Worms,  1  Oabonicat  bei  der  zu  Speyer, 
2  Oanonicttte  bei  dem  GemianBstift.ebeiidort^),  2  bei  dem 
Andrea^tifte  und  1  bei  dem  Bauhatift  in  Worms,  2  bei 
dem  CymcHastift  ia  Nenhaosen,  2  bei  dem  Peterestift 
in  Wimpfen  im  Tbal  und  1  bei  dem  Juliansstift  In  Mo&k 
badh,  derllnivenntät  einreiieibt  wirden*).  Femer  verlieh 
ar  <1400),  mit  Genehmigung  des  Papstes,  das  Patronats«^ 
reefat  ^)  über  die.  8t;.  Petersldncbe  in  Heidelberg  und  üb^ 
die  KirdiQEt  'xa  8t  Laurenlien  in  Altdbrf)  und  2u  St 


K-^' 


4)  Die  Lectoren  dieses  Stiltes  waittii  zugleich  die  Lehftr  und 
Ao&eher  der  in  H^idelb^  etudlrenden  StiftsgelsUiehen.  Da«  Stift 
hatte,  (Statutenb.  F.  27)  einen  besondere?  Vertrag  darüber  mit  der 
Universität  aufgerichtet. 

5)  Die  Originalurkunde  der  Bnlhe  ist  im  Üniv.-Areh.  Nr.  34  un'd 
Absetuiftea  in  lAnnall.  IJnw:  X;  I  F.  27,  b.  Acta  Fac.  Art  T.  I. 
F.  212,  b.  Cöpialb.  d.  Univ.  F.  54.  ;-  gegeben  wurde  die  Bulle 
am  1.  December  1399,  also,  ehe  noch  Ruprecht  zum  römischei^ 
iSönlge  gewählt  war.  In  derselben  ist  ausdrücklich  gesagt,  dasS 
die  Professoren  nidit  gehalten  sein^oHten,  suresidiren;  auch  k&tten 
sie  keine  Beitr^e  zur  Unterhaltung  der  Kirche^  der  Bücher,  Oma«- 
mente  u.  s.  w.  zu  leisten.  Die  Einkünfte  sollten  ihnen  jährlich 
»integre«  und  »absque  diminutionec  gereicht  werden,  »exceptis 
diBtributioiiibus  quotidiatmB«.  Dagegen  sollte,  wer  ohne  »genugsam^ 
Uisaeh  ein  gatzes  Jab^r  keine  lectiopies  halte«,  seine  Prl^bende  ver* 
Heren.  —  In  mehreren  Bullen  erhalten  der  Bischof  von  Worms, 
die  Dechanten  daselbst,  in  Neustadt,  Mainz  und  der  Abt  von  Schönau 
jdieYerpiicl^tQng,  d|e  tPrivilegia  apostoliea  Üniversititis«  zu  schätzen. 
Ueber  diePfirOnden  ^e.fgl.  die  wichtige  Schrift  von  v.  Hertling: 
»Jus  Uniyersitatis  Heidelbergensis«,  wo  auch  S.  14  die  Bulle  abget 
dradct  ist»  Ni^ch  einer  BnUe  des  Papstes  Jnlitis  III.  konnten 
auch  Laien  i«  deü  Q^nvss  dieser  Präbeüden  kommen. '  Auäserdeni 
$ndiet  8}cl|  IB  dem  Uniy.-Arch.  Nr.  23  das  dem  BifiCh<^fe  von  Worms, 
$Ick)iax.d,  von  dem  Papste  dheorlirageni&^Exeeutorisde  und  Nr.  ßüt  * 
das  »YidJmuB  Pmilegiovnm  Poatiids  Bonifadi  IX.^  des  Bisehofs 
Rhabanus  yon  Speyer. 

6)  •  Sc)ion  im  19. ,  noch  mehr  aber  in  den  nächst  folgenden 
Jahrhunderten  hatte  die  Universität  Piuris  das  Jus  patronaAus  übet 
viele  Kirchen  und  Capellen.    B^länsi,  T.  in.  p. '442. 449. 490.  sqq. 

7)  Dwreb'  heson^ere'  BMimmmngeft  Buptreehfs  hatte  die 
Uniirersilfit  von  der  KIrebe  in  Altdoif  jäbtlieh  100  rhein.  Guld«n. 
Am  tfe«il.  P..S62.  .  '  .r 


230       i'  Buch.  L  Periode,  3.  Jlm^mm.   (lS98^UtO,) 

Jacob  in  Lauda  an  der  Tauber^),  in-  den  Bisthümem 
Eichstädt  und  Würzburg^  det  Universität,  and  setzte  sie 
zugleich  in  den  Besitz  der  mit  diesen  Eirdien  verbun- 
denen Einkaufte,  jedoch  mit  der  Vef'blndlicbkeit,  »dass 
tin  zeitlicher  Pfarrherr  auf  Kosten  der  üniven^tät  darauf 
gehalten  werde«  *). 

Um  die  Ausfertigung  der  diese  12  Präbenden 
betreffenden  Bulle  zu  betreiben,  wurde  Conrad  von  Stt-^ 
sato^^)  nach  Rom  geschickt  Er  erreiöhte  auch  den 
Zweck  seiner '^Beise.  Wie  wenig  Greldmittel  aber  damals 
die  Universität  hatte,  beweist  der  Umstand,  dass  sie,  um 
den  Kostenaufwand  von  100  Ducaten,  welcher  durch  das 
Ausfertigen  der  Bulle  veranlasst  wurde,  zu  decken,  diese 
Summe  bei  einem  nicht  näher  bekannten Dechanten,  Hör- 
bar^ aufnehmen  musste^^). 

im  Vertrauen  auf  die  Freigebigkeit  des  Papstes  Boni* 
facius  IX.  fasste  die  Universität  1404  einen  ausführ- 
lichen ßotulus  ab ,  in  welchem  von  ihr  und  dem  Kur- 
fürsten für !  die  »regentes  s.  legentes  doctores^  magistri, 
licenciati  et  baccalaurei«  der  4  Factdtäten  'Bitten  um 
Beneficien  ausgesprochen  werden ,  jedoch  in .  der  Weise, 
dass  die  »Doctores  und  Magistri  regentes«  vor  dw  ührigm 
berücksichtigt  würden  ^*).  Durch  den  am  1.  Oktober  1404 


8)  Lauda  (Luden)  war  eine  der  ältesten  -Pfaiteien  des  Oden- 
waldes.  IMe  CoUatur  hatte  Ruprecht  III.  von  dem  Grafen  ton 
Hohenlohe  gekauft. 

9)  Der  Schenknngshrief  R  apre  cht' ä  findet  sich  In  Annatt. 
üniv,  T.  L  F.  32,  a  und  im  Coplalb.  -d.  üniv.  P.  38  und  Ae  Be- 
Bt&tigungs-  und  Executionsbulleu  des  Papstes  in  Annail.  üniy.  T.  L 
F.  29,  b,  im  Copialb.  F.  51,  a  und  in  Hist.  Acad.  P.  44.  — ^  Üebet 
diese  Schenkungen  vergl.  weiter  Annan,  ünir.  T.  t  -P.  76.  An^ 
Fac.  Art.  F.  217.    Hist.  Acad.  F.  6.  40. 

10)  Conrad  von  Soest  (Sosatum)  in  Westphaleii,' weshalb 
er  gewöhnlich  de  Susato  heis»t.  '' 

11)  AnnaU;  üniv.  T.  r.  F.  73,  b. 

12)  Aufbewahrt  i^  das  Original  dieses  auf  Pergament  ge- 
schriebenen, 12  EIl«n  langen  und  eine  balbb  BHe  mmd  Biti  halM 
Viertel  breiten  Rotulus  in  dem  Univ.-Arch.  Nr.^'96.  t  DtefTel«^ 


Hieromfßmmv.PiMg,  Widif€,  8ehfiftMkThäti§k.d.Frqf.  231 

erfolgten  Tod  deft  Papetes  wurde  jedoch  die  Absendong 
des  BotidaB  unmöglick  gemacht. 

Was  die  Anstellung  der  Professoren  betrifft, 
so  wählte  von  dem  An&nge  des  15.  Jahrhunderts  an  jede 
Faeokät  ihre  Lehrer  und  schlug  diese  dem  Senate  vor, 
welcher  daraof  die  Bestätigung  des  EurfOrsten  veranlasste* 
Becane  der  Facultäten  waren  die  jeweiligen  Senioren 
derselben,  wenigirtens  war  dieses  in  der  Juristen-Faeul- 

tät  80^>). 

§2. 

Hieronynms  von  Prag  (^1406).  Wielife  s  Zehren  verboten 
(1413 J.  Schriftstellerische.  Thätigkeit  der  Professoren. 

Die  Universität  war  eine  eben  so  treue  Anhängerin 
des  Papstes  und  der  Eirchenlehren,  als  des  Nominalismus* 
Dieser  war,  wie  schon  berichtet,  von  Marsilius  bei  der 
Universität  eingeführt  worden,  und  blieb  herrschend  bis  zii 
ihrer  Beform  durch  den  Kurfürsten  Friedrich  I.  Als 
nun  Hieronymus  von  Prag*^,  der  bekannte  Freund 
des  Böhmen  Johann  Hus  **),  nach  Heidelberg  gekommen 
and  (7.  April  1406)  in  die  Artisten*Faeultät  aufgenommen 
worden  war   (wodurch  er  das  Recht  erhielt,  öffentliche 


schiift  kniet: .  »Botula  Academiae  ad  Pontificem  Bomfacium  missa 
nomi&e  Büperti  Begis  Bomanorom  pro.  graciis  exspectativis.  Anno 
1404«  Kamenl^cli  anfgefahrt  sind,:  ,  S7  Boctoren ,  Magister  nnd 
Lie^itM^en  imd  862  Baoealanreen*  Das  ganse  Yerzeicimiss  umfasst 
^99  Namen« 

18)  Wandt,  De  ord.  jwr.  P.  11.  p,  2. 

14)  Te^mek,  S.  103  ff.  Fälschlich  wird  bisweilen  Hierony^ 
Utas  Ton  Prag  auch  Fa^ulfisch  genannt.  Hieronymufl 
Faulf]s«h  Ton  P.rag  war  ein  mit  mnsenn  Hieronymas  be^ 
freondeter  Bitter.  Die  Yerwechselung  rährt  von .  einer  missver- 
BtandeneniStelledes  Aeneas  Sylrius  her.  Schlosser,  Weltgesch; 
B.  iX.  8.  140. 

15)  £1«»^  Genitiv  Hmsses^*  ist  nach  der  Böhmischen  Aussprache 
dkl  i'iiditiife«  >  Schreibart.  Die  Yerdo^peluog:  des  s  ist,  wie  bei  09^ 
OBSis,  Plapiae,  Päpussev  TJieoL  Literat -£1.  ziir  ällgetn.  (Darmst^ 
Eirchenz.  1S53,  Nr.  52i    Eis  el  e  i  n,  Gesch.  d.  Stadt  Coästanz,  S.  42. 


Vorträge  und  Dispütaitionen  zu  liakeii),  so  lehvtie  er,  gegen 
den  Nominalismus  (und  gegen  Burida  aus  nnd  Marsir 
lius)  auftretend,  den  verrufenen  Bealiamus.  Dieses  unter- 
sagte ihm  die  Universität,  und,  da  es  obae  Erfolg  blieh, 
schloss  sie  ihn  aus  ihrer  Gemeinschaft  aus  ^%  Um  aber 
für  die  Zukunft  ähnUohe  Yorkommmsse  zu  verhttteni)  setzte 
sie  durch  ein  besonderes  Statut  fest,  dass  jeder*  fremde 
Magister  oder  Baccalaureus ,  ^feloher  in  die  Facult&t  auf- 
genommen werden  wollte,  sich  eidlich  verbindlich  macheiL 
musste,  alle  Sätze,  welche  ejc  öffentlich  vertheidigen  wollte, 
vorher  dem  Decan  der  Facultät  dem  Wortlaute  nach  vor- 
zuzeigen *^). 


•  16)  Au«  den  Acten  theilen  "wir  FdlgendeB  mit : 

:»Mftg;tföroniina8  dePraga  po^tquam  [YII.  diemeoskApraüH  14QQ 
receptuß  fuit  ad  facultatem  artium,  yolens  facere  a-cttim  publicuv, 
quod  importune,  arroganter  et  invective  contra  magistros  sei.  Buri- 
danum,  Marsilium  etc.  mülta  mirabili  in  positione  sua  dixit  publice 
in  scolis  representata,  eos  non  verae  logicae  auetores,  sed  yerae 
dialecticae  haereticos,  xequiaitua  fuit  pec  jaramentum,  qnatenus 
jpraesentaret  suam  positionem  facultati  antequam  exiret  scolas,,  quod 
facere  minime  curavit. 

Item  duobua  diebiis  gequentibus  respcmdit,  quum  magistris  qni- 
busdam  pi^icta  peasime 'soaantia  publice  conceasit,  «Fgo  faeoltag 
nolens  eum  amplius  audire,  respondere  deputavit  unum  Magistrum, 
qui  detenninavit  oppositum  positionis  suae,  cui  dictus  M.  Jeronimus 
itfgttit  8U0  mo^o,  et  quod  tamrespondendo,  quam  etiam  ai^cgmaeOf 
tando  praesumtuoae  et  contameliose  se  babuit  eoiitra  Dtictores  et 
Magistroa  tIvos  et  defunctos,  rper  facuUatem  artimn.  sosp^nams  fuit 
ab  omni  actu  scolastico,  qua  suspeuBiOB«  non  öbstante  intiinavä 
publice  ad  valvas  se  velle  replicare  contra  determinationem  opposi« 
tarn  propositionis  suae.  Quibua  intimationibuB  depoaitas  intimatum 
fuit  sibi  Buo  sigillo  decanatua  per  juramentum  et.  sub  poaia  excln- 
«ionia  perpetuae  a  dicta  facultate,  quatenus  ceasaret  ob'  omni  sco» 
laistico  (actu)  sc.  legende,  regendo,  diaputando,  determinandü,  exen- 
<2endo ,  reapondendo  aeu  etiam  replicando  j  quibus  ommbiB  noft 
obatantibua  sequenti  die  diotua  M.  Jeronimnfi  itesnm  intoavit^  ut 
priua  ae  velle  replicare  etc.  juxta  quod  intimatum  ivit  ad  cimetexluxi 
S.  Petri,  ubi  invenit  rusticoa  et  vetulaa  tantiun«  quia .  atodentibus 
omnibua  per  juramentum  a^o  a^tui  iateresse.  f<ul>'intöf dictum.« 
Aeta  Fac.  Art.  T.  I.  F.  28,  a.    AnnalL  Univ.  T.  X'  F.  -di,  b* 

17)  Urkunde  Nt.  YJL    Acta  Fac.  Art.  T.  L  F..8,a. 


Hieimiißßu$9.JPfi»g,  Wieliff.  aehriftgkü.Thäti^Kd.Frof.    238 

In  den  Steeits&teeii ,  welche  Hieronymus  zuerst 
«n  die  Hörsäle  der  UntVen^tät  und  dann  an  die  Tbüren 
der  Petefskirche  ansohlug,  griff  er  einige  herrschende 
Dogmen,  namentlich  die  Transsubstantiationslehre  an,  ao  wIq 
er  denn  auch  Johann  Wicliffe  (John  Wycliffe),  dessen 
Lehren  schon  von  den  Päpsten  Gregor  IX.  (1377)  und 
ürban  VI.  (1382)  fttr  ketzerisch  gehalten  worden  ^^, 
nkht  als  »Ketzer«,  sondern  als  »heiligen  Mann«  anerkannt 
wissen  wollte.  Näher  kennen  wir  den  Inhalt  seiner  Lehre 

* 

nicht,  sondern  wissen  nur  soviel,  dass  der  10.  Anklage- 
ptmkt,  welchen  man  ihkn  später  auf  dem  Goncilium  zu 
Gonstanz  verhielt,  dahin  lautete,  »er  habe  die  realistische 
Lehre  gelehrt  und  hartnäckig  vertheidigt«  *•). 

In  Beziehung  auf  Wicliffe  fasste  die  Ideologische 
Facultät  erst  am  8.  November  1412  einen  Besehlüss,  durch 
weldien  jedem  Magister  uöd  Baccalaureus  verboten  wlirdö, 
dessen  Lehre  vorzutragen.  Zugleich  wurden  die  üni- 
versitäts- Angehörigen  verpflichtet,  ohne  Verzug  es  dem 
Decane  der  theologischen  Facultät  anzuzeigen,  wenn  sie 
wahrnehmen  sollten,  dass  dieses  Verbot  V(m  irgend  einem 
Andern  nicht  beachtet  würde  *^. 

Die  schriftstellerische  Thätigkeit  der  Lehrer,  welche 
von  der  Begründung  der  Universität  bis  jetzt  an  dersel- 
ben gewirkt  hatten^  war  nicht  von  Bedeutung.    Nur  fel- 


is) Krabbe,  Gescb.  d.  tJuiV.' Rostock '8.  23  ff!  —  Wiklfef 
ttatb  1387.  Seinen  Leichnam  liesB  Papst  Martin  Y.  wieder  am«» 
graben  und  verbrennen. 

19)  Vierordt,  B.  I.  S.  50.  51. 

lieber  das  theologische  Element  dieser  Sätze  siehe  ü!lmann-| 
«Foh.  W^ftel,  Si366.  W^essenberg,  8.  135.  166.  170*  175i  S^rny, 
Ffäls.  Kird&enhiak.  S;  äL  Wundft,  Magaz,  B.  111.8.320.  Eenter, 
De  GoUeg.  Sap.  p.  8.    Hottinger,  p.  73. 

20)  Ann4^.'Fa€.  thecl  B.I.F.5.  I>e<reium  Faa  theol.  Heidelb. 
wntffft  V^ieldftffium.  1.412  (Dnucksehrift).  Ausführlich  wird  üJMr 
Wicliffe  smoh  schon  am  26.  Ilfai  1408  in  den  Act.  Fac.  Art.  T.  ij. 
F-  220,,  a  bis  224,  b  gehandelt,,  wa  ea  unter  Anderem  heisst:  Non- 
nttlU  tue  salnt»  inunenores  seqnimlar.  doctrinam  pe9tiferam  cujus* 
d*m  Johannfs  Wielef.« 


234       X  Bttcft.  I.  Periode.  3.  AbßdmiH.   (ld^-^14M.) 

gende  sind  als  Schriftsteller  bemerkenswerth :  Marsilius, 
(S.  124, Note 63),  Soltow,  Geylnhausen,  Matthäus 
von  Cracow,  Susato,  Heinrich  von  Hessen,  Jo- 
hann von  Frankfurt**).  « 

§  3, 

Rufpreekt  HL   verUiM    aoad^niseken   Lehrern    hohe 

Würden  und  levorzugt  überhaupt  Lehrer  und  Schüler 

der  Universität: 

Buprecbt  war  eifrig  bemiOht,  die  Universität  mögr 
liehst  zu  heben  und  ihr  auch  äusseren  Glanz  zu  verschaf- 
fen. Dieses  suchte  er  unter  Anderem  dadurch  zu  erreichen, 
dass  er  die  academischen  Lehrer  gut  besoldete  und  ihnen 
hohe  Würden  verlieh.  So  ernannte  er  Soltow  und  Mat- 
thäus von  Cracow  zu  s^en  Geheimen  Bäthen.  Jener 
hatte  schon  1395  das  Bisthum  Verden  erhalten ;  dieser,  zu- 
gleich Buprecht's  Beichtvater  und  Staatskanzler,  als  »Paff« 
berufen  (S.  123,  Note  62),  erhielt  (durch  Bup recht's  Ver- 
mittelung  1405)  das  Bistbum  Worms.  Femer  waren  Pro win 
und  Susato  Bäthe  des  Königs.  Auch  genossen  Johann 
von  Frankfurt,  Hailmann,  Nicolaus  Burgmann, 
Job  Yen  er,  welch'  letzteren<  er  zu  seinem  Protonotar 
emaimte,  sein  besonderes  Vertrauen.  Solche  von  Bu* 
p  r  e  c  h  t  hoch  geachtete  und  ihm  ergebene  Männer  gebrauchte 
er  audi  als  Gesandte  ^^,  um  wichtige  Staatsgeschäfte,  Ver- 
mählungen oder  andere  Verhandlungen  einzuleiten  nnd  in 
seinem  Namen  abzuschliessen  **). 


.   I  *      wm 


21)  Bie  einzelnen  Schriften  derselben  8.  in  Wa'ndt'ft  Hagaz. 
B.  ni.  8.  S76  S.  nnd  in  Sc&wab's  SyUabus  unter  den  Nunei 
dieser  Männer. 

22j  So  ^^de  Matth&tis  von  C'raeow  geschi<^: 'anBoni- 
faioiufi  IX.  (1403),  an  Gregor  XIT.  (1406),  anf  daviCondliiim  lO 
Pisa  (1409):  Ullma nn ,  Joh.  Wesel^  8. 387  ff.  Scl^irab,  P.  I.  p.  22. 23. 

23)  Andreae  Ratisb.  ekton.  s.  A.  1400.  8ohwab/P.  L  p.  1& 
22.  23.  81.  Leger,  8.  135.  Cbmel,  Reg«8ta  Ri]^ni  Be^b  Bo* 
manomm  Nr.  2095.  694.  1214.    In  dem  zuletzt  «ngeftfeurten  Weil» 


j 


Umw<mai,d.S.GmsthM^.  QeWmis$d.  Söhne  Bi^,ul^,w.  285 

Neben  den  Lehrern  der  Unhrersitftt  bevorzugte  dar 
KöHig  aber  aadi  ihre  Schüler.  Vielen  von  ihnen  ver- 
Bchaffie  «r,  wie  vrir  ebenfalls  ans  ChmeTs  Regesten 
wissoi,  dnreh  die  ihm  als  Römischem  König  zustehenden 
»preees  primariae«  ^  entweder  in  Stiftern  nnd  Klöstern 
eine  Pfrflnde  oder  sonst  an  einer  Kirche  eine  Anstellung. 
Es'  smd  dieses  grösstentheüs  »Meister  der  freien  Künste« 
(mandmial  mit  dem  Zusätze:  »in  studio  Heiddbergensi«), 
Bidit  selten  aber  audi  Baccalaureen  der  Theologie,  der 
freien  Künste  «oder  des  canonischen  Redites.  Manche 
dersdben  machte  er  auch  zu  königlichen  Notaren,  und 
nannte  sie  seme  »Haus-  und  Tischgenossen«. 

,      §  *. 

Ruprecht' 8  HL  Vorhaben^  die  H.  Geistkirche  in  eine 
Stiftskirche  umzuwandeln  und  mit  der  Universität  zu 
vereinigen.  Gelöbniss  der  Söhne  Eujprechfs,  die  Frivi- 
kffien  der  Universität  stets  mi  schützen.  Vergiftung9- 
versuch  mf  das  Zehn  Bupreehfs. 

Nichts  war  jedoch  für  das  Gedeihen  der  Universität 
von  so  grosser  Bedeutung  und  Wichtigkeit,  als  dass  Ru- 
precht den  Entschluss  gefasst  hatte,  die  Kirche  zum 
H.  Geist  in  Heidelberg  in  eine  Collegiat-  oder  Stiftskirche 
umzuwandeln  und  mit  der  Universität  zu  vereinigen  *^). 
Papst  Bonifacius  IX.  willigte  in  dieses  -  Vorhaben  ein, 
hob  4ie  bisherige  Verbindung  der  H.  Geistkirche  mit  der 
zu  St  Peter,  von  wacher  sie  bisher  eine  Filial-Kirche 


.1 


werden  noch  andere,   Ton   ans  der  Kürze  halber  nicht  erwähnte 
tJfilyersitfl^lelu»er  genahnt. 

•  •  24>  Pi^cea  priihariae,  ita  dicitur 'jtts',  4üöd  hahet  Romanorum 
ittpeiMxjr  Cononatns  ei^  antiqna  consnetndine  in  ömnlbus  Cathel-^ 
dkiaUttns' Ecel^siiB  atque  «tiate  Mon'asteriiiil  iminÄ' Canonici  ^ra'ai^ 
bitrio  nominandi,  quem  CoUegium  recipere  debet.  Zinckernagel, 
Handb.  f.  Archivare,  S.  491. 

25)  Histor.  Acad.  F.  45.    Acta  P^at  *$,  li  p.  860.' 


236       I-  Buch.  L  Periode.  ^.  MseÜMm.  (XBOß-r-UtO.) 

gewesen,  auf  ^%  ttüd  erlaubte,  idass  von  .den  16  Prflbenden, 
womit  Bupreeht  L  das  von  ihm  errichtete  Stift  ^u.Neih 
Stadt  a.  d.  H.  b^afot,  vier  dem  net&em  Stifte  nu  Heidel- 
berg zagetheilt  wurden  ^^).  Doch  erlebte  der  Kuilfürst  die 
Ausführung  d^r  Sache  nicht-  mehr.  yfcM  aber  vollendete 
3ein  Sohn^  Ludwig  IIL;  was'der  Vater  begannen  hatte; 

Weiter  war  Ruprecht  ab^r  auch  auf  die  daaemd^ 
Befestigung  der  Universität  bedad^t,  und  machte  ihre' 
weitere  Eütwickelung  und  Hebung  zur  Pflicht  und  EbroBr* 
Sache  seines  Hauses«  Hieiiieir  gehört  besonders  das  feier* 
liohe  Gelöbniss,  welches  seine  beiden  Söhnen  Ludwig 
und  Hans,  schriftlich  geben  mussten,  »die  hohe  Schule 
in  allen  ihren  Rechten  zu  erhalten  und  sie  mit  Freiheit, 
Ehren  und  Gaben  jederzeit'  zu  unterstützen«  *^.  Dieses 
geschah  unmittelbar  vorher,  ehe  Ruprecht  Heid^- 
berg  (August  1401)  verliess,  um  seinen  Römerzug  anzu- 
treten ^^. 

Während  der  König  zu  diesem  Zuge  die  nöthigen 
Vorbereitungen  traf,  machte  sein  Leibarzt,  Hermann 
Poll  aus  Wien,  bestochen  Von  Galeäzzo  aus  Mantua, 
den  Versuch,  ihn  zu  vergiften.  Das  Vorhaben  wurde  aber 
durch  einen  Freund  PolJ's,  Johann  von  Oberburg, 
der  aus  Italien  zurückkehrte,  verrathen  *®). 

Sobald  die  Universität  Kenntniss  von   der  Sache  er- 


26)  Acta  Palät.  T.  I.p.  382. 

27)  Die  Origiikakrrkaiide  v.  IrinW  1400  ist  Iw  UaIt.  -  AncMf 
unter  Nr.  38.  Abschriften  davon  sin4  i^AonaU.  IJniv.  T.  I.  F;  ^,  h; 
31,  a.  b,  in  Act.  Fac.  Art.  T.  I.  F.  77,  b.  78,  a.  b  und  im  Copialb. 
der  Universität  F.  77,  b.  Abgedruckt  ist  sie  in  Act.  Pa1at.'T.  L 
p.  3Ö1  sqq,  j 

28)  Die  Original- Urkunde  ist  in  dem  Uaiv.-Arcii.  Nr»  3  iui4 
fb^schriftlich  in  Annall  Unfv»  T.  11.  F.  .48|  a«  b,  und  im-  Copialb. 
d,.Univ.  F.  128,  a;  b«  Eini^n.  genauen  *  Ab4r«ck  »..  hei^BAftiiiiff 
bansen,  £rgötzU€^iten  de;r  PföJ«,  u.  Schweis. .  OtoMh;  R  HL 
8.  63  ff.  . 

29)  Häusser,  S.  228.  .        - 

30)  Acta  ^1.  P.  H.  p*  19^.  : 


WäiTMmg  vor  dm  B^ghi^ten  mtd  Beghairimk,  237 

halten  hatte,  erliesssie  (3.  Mai  1401)  ein  Programm, 
wodiffch  Poll  &09  d^RH  Verbände  mit  ihr  nasgestossen 
mirde  **).  . 

§5. 

Die  Omvemtät  wird  pon  dem  Bi$eko/  Himbtrt  t» 
Basd  vor   den    Beghinen    und   Begliarden   gewarnt 

CU05): 

•  ■  > 

Gegen  das  Ende  df^  13^  Jaiirhundefta  bildete  sieb 
in  mehreren  Städten  d^  Nied^lande  freie,  von  keinem 
Mönchsorden  abhängige  Vereine  Ton  Jjeuten,  weldüe  ia 
gameinsamer  WohQWg.  nftcb  einfacher.  Hegel ,  docb  ohne 
Klosteigelübde,  ti^^n  frommen  Lebenswandel  führten '0. 
Zuerst  und  zumeist  waren  es  Jungfrauen  und  Wittwen, 
welche  zu  genieins<;h|iftlicher  Beobachtung  zflchtiger  £ii>< 
gezogenheit  freiwillig  ansammentniten  ^%    Doch  bald  gab 


Sl>  Du»  Programm  imdet  «oh  in  dem  Cal.  aoad.  I.  lud  lautet: 
»Bector  nee  non  Iota  UniTdniitaiB  doetorom  et  magialronun  StudU 

Heiddlbergensis. 

Notificamaa  et  intimamus  omnibas  et  singolis  prektis,  nobilibus, 
canoBieit,  bacealarüs  ae  scoUribua  ejusdemque  UnlTersitatis  nostre 
suppositis,  quod  «oncofdUer  et  miukara  delibemtione  prebabita,  ma«« 
gtttram  Hermanmim  PoU  de  Wienna  dooteirem  ia  Medieinia^  pvopter. 
crimeur  le^e  majestatis  ia  fletenisBimam  principem  dominum  Baper* 
tum,  Romancarum  Regem  «iemper  aogustum  teste  fama  commissum 
a  singulis  libertatibus ,  gremio  et  consorcio  dicte  nostre  üniversi- 
tatJB  (»eludimiia  et-  iteseokwitLS  ae •  enofaidtmüs  et  resecamua  per 
preBCRtesy  nee  acm  obums  etsingiilos  actus  ficolftstioos  et  magiatra-: 
lea  ad  uaum  iDaigniorani  ecanuidem.  apectaatea  perpetnis  temporibud 
absqae  /Irestitacäania  ape  eideni)  intofdifiimtta.  In  qnorom.  teatimonimn 
aigiUtiii'  reetoratna  uniTersiiatia'  nMtre  aepe.  diatae  eat  appensum. 
Ajmo  domüii  MGCpCI  tertta  die  JSbji.« 

82)  Wuratisaen,  Baaler  Chronik. (1766)  S.  218  ff.  Bickel, 
Bist.  Begginagiorum  Belgii.  •  Lovanii,  .16^0.  Hall  mann,  Geaelu 
te  Urapronga  der  belg.  fieghinte.  Berlin,  1648^  L'exiatence  Ugale« 
de  Bftgnlnage»  Belgea.    ßrux^llea,  1845. 

33)  Nach  einer  nnter  den  Niedertandern  herrschenden  Sage 
sollte  die  heilige  Begga,  Tochter  des  anatrasia^hen  Hansmajora, 
Pipin   von  Landen,  und  Matter  dea  Hausmajors,  Pipin  von 


es  audi  ähnliche  GesaUschaften  y<m  Männeni.  Jene 
wurden  Beghiaen,  Beguanra,  Begntten,  diese  Begharden 
(Beggeharten) ,  Lolharden,  LoUeharden,  LoUbrüder  '^)  ge« 
nannnt 

Von  den  Niederlanden  aus  verbreitete  sich  der  Eifer 
iäx  ein  solehes  Leben  nach  Frankreich  and  längs  den 
Ufern  des  Rheins  herauf  nach  Dentsehland  und  der 
Schweiz,  und  auch  im  Badi^chen,  besonders  in  den  südli- 
chen Gegenden,  wie  in  Gonstanz,  Ueberlingen,  PfuUendorf, 
Waldshut ,  Öberkirch ,  Bad^  und  andern  Orten ,  fanden 
sie  sich  ^^).  Besonders  zahhreieh  waren  sie  aber  im  Elsass 
nnd  zunächst  iü  Strasburg. 

Die  Anhänger  dieser  Vereine  bildeten  einen  Zwischen- 
stand  zwischen  Ordensgeistlichen  und  Laien;  sie  schlössen 


Heristall,  die  Stiffcerin  des  Chores  der' Choriraaen  ssn  Andenne 
(696),  dem  Beghinen  tlnspnuig  und  Namen  gegeben  haben;  die 
Lütticher  Priester  halten  dagegen  einen  Priester,  Lambert  de 
Beque  (der  Stammler),  welcher  ein  Beghinenhaus  (1180)  dort  ge* 
grandet^  für  den  Stifter  der  ganzen  Gattung.  AHein  cBe  Richtigkeit 
dieser  Angaben  Ittest  sieh  gesehiditliah'  nieht  nachweisen.  Mos- 
heim,  De  Beghardis  et  Beghinabas.  Gomment.  ed.  Martha.  Lips. 
1790.  p.  90  sqq.  Brinckmeier,  Glossar,  dipl.  unter  dem  Worte 
Beghine.  -—  üeber  die  ßeghinen  und  Begharden  rergl.  Wnndt, 
Mag.  Bd.  m.  S.  816  ff.  •—  Schmidt,  Die  SlrMsborger  Beghinen« 
hftuser  im  Mittelalter.  Mcihlhausen,  1859,  und  unsere  Anzeige  dieser 
Sciirift  in  der  (Darmstädter)  AUgem.  Eirehenzeitung  1861 ,  Nr.  69. 
S.  1067  ff.  und  Haass,  Die  Convente  in  Cöln  und  die  Beghinen« 
GÖhi,  1861. 

84)  üeber  den  Ursprung  dieser- Kameii' ist  sdioa  tiel  Termathet 
und  gestritten  word^.  •  Die  Ableitung  des  Namena  Bef^e  von  dem  aH> 
deutschen  Worte  beggen,  begerren  (b^^eibren),  bedgan,  bidgan,  eifrig 
bitten,  beten,  hat  die  meiste  Wahrscheinfichkeit ;  denn  dturdi  Eifer 
im.  Gebet  und  durch  andere  Andadbtsabnngen  zeichndten  sich  die 
Beghinen  besonders  aus  (MosheimL&p.  98,  dessen  Eircheng, 
Th.  IL  S.  727).  Andere  leiten  das  Wort  ab  von  bigan,  began,  serrire. 
Nach  Vi  er or dt,  B.  L  S.  43.  44  bezeichnen  die  Wörter  Begharden 
und  Beghinen  Betbrüder  und  Betschwestern,  jedoch  nicht  in  dem 
jetzigen  Sinne  dieser  Benennungen.  Das  Wort  liolhard  wird  bei 
Brinckmeier  (a.  a.  O.)  erklärt  als:  mussitator,  mussitabundus, 
reus  laesae  fidei  yel  laesae  religionis. 

35)  Vierordt,  8.  44. 


Waimmi§  vor  dm  Btßhinen  tmä  Megharim,  2S9 

mA  an  am  dritten  Orden  der  Fruudäcaaer  (Tertiarii)  m 
(nach  Andern  sind  sie  aus  diesem  Orden  bervorgega«gen)f , 
lind  hatten  als  solche  kein  Gelübde  abaolegra,  durften  im 
BesitEe  ihres  VennogenSy  in  der  Ehe,  in  ihren  Aemtem 
nnd  Geschäften,  kurz  Weltlente  Ueibw  ^^  Ohne  zusamr 
menwohnenden  Vereinen  beizutreten,  um  in  Buhe  der 
Frommigkdt  zu  leben^  zogen  Vide ,  Mfinner  und  Fraueo», 
von  dem  Beispiele  der  Bettelmönehe  angeregt,  unter  dem 
Verwände  des  Betons  als  Bettler  im  Lande  umher*  In^ 
Deutschland  rieien  sie  die  Mildthätigkeit  des  Volkes  mit 
dm  Worten  an:  »Brod, durch  Gottl« 

Die  Beghinen  und  Begharden  zeidmeten  sieh  durch 
eine  besondere  Kleidertradht  aus ,  ohne  jedoch  allgemein 
geltende  Statuten  zu  hal>en.  Hatte  die  Gründung  der 
Beghinenhäuser  uräprünglieh  den  Zweck,  die  Armen  dem 
Bettel  und  der  SUnde  zu  entziehen ,  so  bildeten  die  Be« 
gharden  anfänglich  eine  Bruderschaft  von  Handirerkem, 
welehe  sich  d^  Besorgung  der  Kranken  und  der  Bestat- 
tung der  Leichen^  widmet^ä.  Allein  schon  zu  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  fanden  fremdartige,  bald  schwärmerische) 
bald  offenbar  ketzerische  Elemente  unter  Beinen  und 
B^harden  Eingang.  Die  am  Bheine  zahlreichen  BrUder 
des  freien  Geistes  nahmen  die  Benennung  und  Maur 
ches  aus  dier  Lebensweise  der  Begharden  an,  und  die 
pantheistischen  Lehren  des  freien  Geistes  wurd^  in  ein- 
zelnen Beghinen- Vereinen  Deutschlands  und  der  Schweiz 
begimg  au^wommen.  Auss^dem  forderte  die  Brüder 
des  freien  Geistes  auch  Mönche  .  und  Nonnen  auf,  die 
Ordensregeln  zu  verlassen,  und  »Gott  in  Freiheit«  zu 
dienen«  Die  Folge  davon  war,  dass  sie  als  Ketzer  und 
als  Feinde  der. Kirche  und  des  Staates  angesehen  wur- 
den '^),  und,  nachdem  die  Brüder  des  freien  Geistes  schon 


86)  Wadding,  AnnaU.  Min.  T.  II.  p.  7  sqq.    Helyot,  Hiat 
des  Ordres,  T.  VII.  p.  214. 

37)  Haereticoram  secta  ezsecrabilis,   cathoUce  fidei  inimici, 


240       I'  BueK  t  Periode,  3.  AbicImUt   (l$»a-^J4iO.) 

mehrfach  von  rheinisohen  Bischöfen  und  Synoden  ¥eiv 
dämmt  worden  waren,  erliess  auch  auf  dem  Condlitim  zu 
Vienne  (1311)  Papst  Clemens  V.  eine  Bulle  sowohl 
gegen  die  genannte  Secte,  als  auch  gegen  die  Begharden 
und  Beghinen  Übeiiiaupt,  und  1317  wiederholte  Jo- 
hann XXII.  dieses  Verdammungsurtheil  '^.  Uebrigens  hal>* 
ten  Begharden  und  Beghinen  an  den  Fransiscanem  eben  so 
grosse  Freunde,  als  m  an  den  Dominicanern  die  entschie- 
densten Femde  hatten. 

In  Basel  war  es  vomehmlidi  dev  Deminieanerrndneh 
Johann  Mulberg,  welcher  stark  gegen  die  beuchlen« 
sehe  Frl^mmigkeit  der  Brttdor  und  Schwestern  der  dritten 
Franriscaner^Regel  gepredigt  und  sie  versdiiedener  Irrthfl- 
min*  beschuldigt  hatte,  und  diese  mflssen  sehr  eriieblich  ge- 
wesen sdn;  denn  der  Kschof  ron  Basel,  Humbert  von 
Neuburg  (Humbertus  de  novo  Castro),  fand  darin  Grund 
gtoug,  sie  aus  der  Stadt  zu  tertreiben  '^). 

Zudem  veranlasste  man  von  Basel  aus  im  Jahre 
1404  den  Magistrat  zu  S<rassburg,  gegen  die  Beghinen 
aufeutreten  ^^ ,  unc(  im  folgenden  Jahre  (August  1405) 
hielt  es  Humbert  für  seine  Pflicht,  in  einem  Send- 
schreiben die  Universität  Heidelbei^  vor  den  Begharden 
und  Beghinen  zu  warnen. 

Die  Vergebungen,  deren  sie  dersdibe  beschuldigt, 
beigeben  vornehmlich  darm,  dass  sie  durch  eine  besondere 
Eleidertracht  sich  auiföeichneten ,  eine  Art  gemeinschaft- 
licher Wohnungen  hätten,  sich  mänfiiliche  und  wdbbdie 
Oberen  wählten,  öfter,  namentlich  aber  in  jeden  Samstag 
stattfindenden  Zusammenkünften  sich  gegenseitig  (nidi 
Priestern)  ihre  Vergefaungen  beichteten,   und   ip^enigen, 


satores  lolii,  hostes  ecclesie,  reipablice  everaores.    Elmham^  vit» 
Henr.  V.  ed.  Heanie,  p.  30. 

88)  Moebeim,  S.  621.^6^3. 

39)  Wurstissen,  S.  226  ff. 

40)  Ibid.  S.  228. 


Wamunff  vor  dm  Beghinen  und  Begharden,  241 

welche  ihre  angenommene  Weise  nicht  genau  beobachteten, 
aus  ihrer  Gemeinschaft  ausstiessen.  Zugleich  empfahl  der 
Bischof  in  diesem  Schreiben  den  schon  genannten  Domi- 
nicaner Mulberg  der  Universität  angelegentlich  zu  freund- 
licher Aufnahme  und  kräftiger  Unterstützung,  da  derselbe 
zur  Aufspürung  und  Bekämpfung  dieser  Abtrünnigen  be- 
sonders tüchtig  sei  *^). 

So  wenig  man  auch  aus  dem  bischöflichen  Send- 
sdureiben  die  eigentlichen  Lehrsätze  dieser  Secte  kennen 
lernt,  so  hatte  dasselbe  doch  einen  so  guten  Erfolg,  dass 
die  Universität  dem  mehr  erwähnten  Mulberg,  welcher 
in  dieser  Angelegenheit  nach  Rom  gesandt  wurde,  eine 
Zuschrift  (September  1405)  an  den  Papst  Innocenz  VIL 
mitgab,  in  welcher  sie  die  Bitte  aussprach,  den  glaub- 
würdigen Bericht  desselben  geneigt  anzuhören,  den  Do- 
mmicanem  (Praedicatores)  mehr  Zutrauen  zu  schenken, 
als  den  Franziscanem,  und  geeignete  Massregeln  zu  treffen, 
damit  diese  verderbliche  Lehre,  welche  besonders  auf  die 
Herabsetzung  des  Ansehens  des  Klerus  gerichtet  zu  sein 
scheine*^),  nicht  nur  in  der  Stadt  und  Diöcese  Basel, 
sondern  an  allen  Orten  ausgerottet  werde  *^. 

Sind  nun  auch  in  den  Universitäts- Acten  keine  Mit- 
theilungen darüber  enthalten,  ob  diese  Secte  in  Heidelberg 
pder  der  Umgegend  irgend  Freunde  und  Anhänger  fand, 


41)  Mulberg  wird  als   »canis  racionabilist  bezeichnet,  viel- 
leicht im  Hinblicke  auf  den  (S.  207,  Note  95)  auf  den  Inquisitions- 
fahnen befindlichen  Hund. 

42)  Von  Begharden,  welche  am  das  Jahr  1389  in  Würzburg 
durch  den  Eetzermeister  zum  öffentlichen  Widerruf  ihrer  Lehre 
sich  bewegen  Hessen,  hatte  Einer  geäussert :  »Die  Messe  sei  nichts 
als  Glempnerei  und  Pfaffengeiz«;  ein  Anderer  hatte  gelehrt:  »Papst 
und  Bisc&of  seien  nicht  mehr  als  andere  Priester«;  ein  Dritter 
predigte :  »Die  Erleuchteten  bedürften  nicht  mehr  des  Fastens  und 
der  gel^hrt^  Priester«.    Vierordt,   S.  44. 

43)  Humbert' s  Schreiben  an  die  üniTersität  und  das  der 
letztem  an  den  Papst  (AnnaU.  Univ.  T.  I.  F.  87.  88)  geben  wir 
in  Urkunde  Nr.  XVH,  b. 

Hantz,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  16 


242        X  Buch.   I.  Periode.   3.  MsehniU.   (ISBS'-UtO.) 

SO  scheinen  die  Bestrebungen  der  Universität,  unkirch- 
lichen Lehrsätzen  vorzubeugen,  doch  in  bestimmten 
Tbatsachen  einen  guten  Grund  gehabt  zu  haben.  Es  befan- 
den sich  nämlich  von  den  ersten  Zeiten  der  Universitäts- 
Stiftung  (1386)  an  studirende  Jünglinge  und  Männer  in 
Heidelberg,  welche  ihre  gelehrte  Laufbahn  in  Prag  be- 
gonnen oder  dort  schon  als  Lehrer  gewirkt  hatten,  und 
es  ist  nicht  unwahrscheinlich,  dass  unter  ihnen  Anhänger 
der  von  der  Kirche  verdammten  Lehrsätze  Wicliffe's  und 
Hieronymus'  von  Prag  waren,  und  Reformationsideen 
in  ihnen  auftauchten,  wie  denn  namentlich  die  Begharden 
als  Anhänger  Wicliffe's  (sequaces  Joannis  Wiclef)  bezeich- 
net werden. 

Geschieht  nun  aber  auch  in  den  Urkunden  der  Uni- 
versität der  Begharden  und  Beghinen  nicht  weiter  Er- 
wähnung, so  wurde  doch  schon  im  nächsten  Jahre  (1406) 
Hieronymus  aus  der  Artisten-Facultät  ausgeschlossen, 
weil  er  den  Realismus  lehrte  und  für  einen  Anhänger 
Wicliffe's  galt**). 

Was  nun  schliesslich  die  weitere  Geschichte  der  Be- 
gharden und  Beghinen  angeht,  so  begnügte  sich  das  Gon- 
dlium  zu  Gonstanz  auf  die  vorgebrachten  Beschwerden,  dass 
sich  dieselben  dem  Laster  ergäben,  ihnen  weltliche  Tracht 
und  genaue  Beobachtung  ihrer  Regel  vorzuschreiben**). 
Doch  fing  man  bald  an,  Begharden  und  Beghinen  wegen 
ihrer  allgemeinen  Entsittlichung  als  falsche,  unnütze  Men- 
schen, als  Gleissner  und  Pharisäer  zu  betrachten,  und,  wenn 
es  auch  namentlich  bessere  und  frömmere  Beghinen  gab, 
welche  sich  noch  später  in  deutschen  Städten  als  Kranken- 
pflegerinnen erhielten,  so  hatte  doch  das  Institut  an 
sich  seinen  Werth  verloren*^.    Es  hatte  sich  überlebt, 


44)  Ausführliches  über  Hieronymus  und  dessen  Aufenthalt 
und  Lehre  in  Heidelberg  s.  oben  S.  231  ff. 

45)  y.  d.  Hardt,  Hist  conc.  Gonst.  B.  L  Th.  4.  S.  715. 

46)  Die  geschichtUchen  Nachweisungen  8.  bei  Schmidt,  S.  79. 


StudmUnhrieg.Verla88ungHeidelb.w,(m8teckenderKr^^    243 

der  Geist  war  entwichen,  nur  die  eitle  Form  war  geblieben. 
Nach  der  Kirchenreformation  lösten  sich  die  Vereine  von 
selber  auf;  die  ärmeren,  älteren  Beghinen  wurden,  sowie 
die  Mönche,  in  ihren  Häusern  gelassen  und  pensionirt; 
viele  kehrten  in  die  Welt  zurück,  und  widmeten  sich  zum 
Theil  als  Lehrfrauen  dem  Unterrichte  junger  Mädchen. 

§6. 

JSttuientenkrieg  1406.  Studenten  und  Professoren  ver^ 
lassen  wegen  ansteckender  Krankheit  HeideJherg  1407. 

Schon  oben  (S.  179)  wurden  Raufhändel  zwischen 
Studenten  und  Kurfürstlichen  Jägern  erzählt  Die  ganze 
Sache  war  jedoch  damals  von  untergeordneter  Bedeutung, 
Viel  wichtiger  ist  dagegen  ein  anderes  Ereigniss,  welches  im 
Jahre  1406  aus  Reibungen  und  Streitigkeiten  zwischen 
Studenten  und  jungen  Adeligen,  denen  sich  Bürger  und 
Handwerker  von  Heidelberg  anschlössen,  hervorging,  und  die 
Universität  in  eine  so  missliche  Lage  brachte,  dass  sie 
nur  durch  den  grossmüthigen  Schutz  des  Kurfürsten  aus 
derselben  gerettet  wurde. 

Der  Hofstaat  Ruprecht's  L  und  Ruprecht's  H. 
war  weder  zahlreich  noch  glänzend.  Anders  war  es  unter 
Ruprecht  IH.  Er  war  zwei  Jahre  nach  dem  Antritte 
seiner  Kurfürstlichen  Regierung  zum  deutschen  Könige 
gewählt  worden*'').  Jetzt  zogen  sich  viele  junge  Edel- 
leute  aus  Schwaben  und  vom  Rheinstrome  an  den  Hof, 
was  wohl  auch  noch  durch  die  Anwesenheit  der  Söhne 
des  Königs  befördert  wurde.  Diese  Edelleute  hielten  sich 
zwar  »Studirens  halber«  in  Heidelberg  auf;  allein  an  ein 
ernstes  Betreiben  der  Wissenschaften  wurde  von  ihnen 
nicht  gedacht,  da  man  im  Allgemeinen  zu  jenen  Zeiten 


47)  Die  Wfthl  (21.  August  1400)  und  die  Krönung  (6.  Januar 
1401)  schildert  das  Gal.  acad.  L  d.  d.  21.  August  1400. 

16* 


244       I.  Buch.  L  Periode,  3.  Abschnitt.    (139S—1410.) 

zunächst  kriegerische  üebungen  für  eine  würdige  Beschäf- 
tigung des  Adels  hielt. 

Zwischen  diesen  Edellenten,  welche  nur,  wenn  sie 
sich  dem  geistlichen  Stande  widmeten,  den  üniversitäts- 
gesetzen  unterworfen  waren,  und  den  Studenten  eiitstanden 
bald  eifersüchtige  Bewegungen,  die  bei  folgender  Veran- 
lassung zu  blutigen  Auftritten  führten,  und  von  solcher 
Bedeutung  waren,  dass  sie  mit  dem  Namen  »Studenten- 
krieff«  bezeichnet  wurden. 

Am  11.  Juli  1406  gingen  iur  Zeit  der  Abenddäm- 
merung einige  Studenten  auf  dem  Markte  spazieren,  und 
wurden  von  ihnen  unbekannten  Leuten  angegriffen  und 
schwer  verwundet  *®).  Schon  bei  dieser  Gelegenheit  scheinen 
die  Edelleute  in  Verbindung  mit  Bürgern  der  Stadt  ge- 
wesen zu  sein.  Die  wahrscheinliche  Absicht,  einen  Volks- 
auflauf gegen  die  Studenten  zu  erregen,  wurde  jedoch  für 
diesen  Tag  durch  den  Rector,  Johann  von  Frankfurt, 
vereitelt.  Am  folgenden  Abend  entstand  eine  Rauferei 
zwischen  zwei  Studenten  und  einem  Hofjunker,  welcher 
unterlag  und  ein  gewaltiges  Geschrei  erhob.  Jetzt  schien 
die  gesuchte  Gelegenheit  zur  Rache  an  den  Studenten 
gekommen  zu  sein.  Viele  Edelleute  eilten  auf  das 
Geschrei  des  beleidigten  Junkers  in  Begleitung  eines 
zahlreichen  bewaffneten  Pöbels  herbei.  Nicht  ferne  von 
dem  Schauplatz  (auf  dem  Wege,  der  vom  jetzigen  Kom- 
markte  auf  das  Schloss  führt)  lag  das  Haus  des  Rectors, 
welches  den  durch  bewaffnete  Volkshaufen  in  Schrecken 
gesetzten  Studenten  zur  Zufluchtsstätte  diente,  und  das 
sie  gegen  den  ersten  Anfall  zu  befestigen  suchten,  was 
ihnen  auch  in  so  weit  gelang,  dass  der  mit  »spiessen  und 


48)  Anno  domini  1406.  feria  sexta  post  festum  corporis  christi, 
quae  fuerat  XI.  Jun.  quae  praecessit  sabatum  luctus  et  tribula- 
tionis  coena  facta  scolaribus  nostrae  universitatis  in  foro  regio  et 
publico  deambulantibus  quidam  nefandi,  nee  sciiar  quo  spiritu  ducti 
eo8  in  loco  supradicto  graviter  vulnerabant.  Annall.  Univ.  T.  I. 
ibl.  92,  a. 


Studentenkrieg,  Verlaesung Heidelb,to, ansteckender Krankh,  245 

Stangen,  mit  bogen  und  äxten«  bewaffnete  Haufe  einen 
erfolglosen  Angriff  machte.  Als  die  Anführer  auf  diese 
Weise  ihre  Absicht  nicht  erreichten,  schritten  sie  zu  einem 
andern  Mittel.  Es  wurde  nämlich  ein  Mann,  welchen  der 
Annalist  den  Todesboten  (nuncius  mortis)  nennt,  mit  einem 
erdichteten  Befehl  des  Königs  an  den  Schultheissen  der 
Stadt  abgesandt,  er  solle  Sturm  läuten  und  die  Bürger- 
schaft gegen  die  Studenten  aufbieten  lassen.  Der  Schult* 
heiss,  welcher  den  Befehl  für  acht  hielt,  gehorchte.  Die 
Sturmglocke  wurde  gezogen  und  die  Stadtthore  geschlossen. 
Jetzt  zogen  Yolkshaufen  mit  dem  Rufe  durch  die  Stadt: 
»Sterben  müssen  alle  Plattenträger  und  Langmäntel  I« 
(omnes  tonsurati  et  rasi  et  longas  tunicas  ferentes!)  Die 
Studenten  verbargen  sich  in  ihren  Bursen  und  in  den  Häu- 
sern ihrer  Lehrer.  Die  grösste  Gefahr  aber  war  bei  dem 
Hause  des  Bieters,  welches  diejenigen,  die  in  demselben 
waren,  in  beständiger  Erwartung  des  Todes  gegen  die 
Anfälle  des  wüthenden  Haufens  vertheidigten.  Zu  ihrem 
Glücke  fügte  es  sich  zwar,  dass  der  Bischof  von  Speyer, 
Rhabanus  von  Helmstädt,  eben,  als  der  Angriff  am 
hitzigsten  war,  mit  seinem  Gefolge  nach  der  Königlichen 
Burg  zog.  Er  hielt  stille  und  gebot  im  Namen  des 
Königs  Ruhe.  Da  ihm  dieses  aber  nicht  gelang,  so  begab 
er  sich  durch  die  Hinterthüre  in  das  Haus,  um,  so  viel 
er  konnte,  die  in  dasselbe  Geflüchteten  zu  schützen; 
aber,  kaum  war  er  in  dem  Hause,  so  wurde  es'  von  der 
Vorderseite  erbrochen,  und  da  sein  Gefolge  zum  Wider- 
stand zu  schwach  war,  nahmen  die  Misshandlungen  von 
Seiten  des  Pöbels  ihren  Anfang.  Umsonst  krochen  die 
Studenten  unter  Tische  und  Bänke,  sprangen  zu  den 
Fenstern  hinaus  oder  flüchteten  sich  auf  das  Dach  der 
Wohnung.  Auf  diese  letztere  schoss  der  unten  stehende 
Pöbel  mit  Pfeilen,  und  hielt  den  Herabfallenden  seine 
Spiesse  entgegen.  In  der  Stadt  wurden  eine  Burse  und 
mehrere  Häuser  erstürmt  und  geplündert,  und  erst  die 
einbrechende  Nacht  machte  dem  Tumult  ein  Ende.    Ver- 


i 


246        I'  Buch,  L  Periode.  3.  Ähachnitt,   (1398—14100 

wundungen  kamen  viele  vor ;  von  Todesfällen  wird  jedoch 
nichts  berichtet 

In  der  Frühe  des  folgenden  Tages  versammelte  sich 
der  akademische  Senat,  und  beschloss  wegen  des  ganzen 
Vorfalles  bei  dem  Könige  klagend  aufzutreten  und  alle 
akademischen  Uebungen  so  lange  einzustellen,  bis  die 
Universität  Genugthuung  erhalten  hätte.  Der  ßector  ver- 
fügte sich  sofort  auf  das  Schloss  und  trug  im  Namen  der 
Universität  die  Klage  dem  Könige  vor.  Dieser  hatte  von 
der  ganzen  Sache,  durch  welche  die  ganze  Stadt  so  heftig 
bewegt  wurde,  bis  jetzt  auch  nicht  die  geringste  Kennt- 
niss.  Die  Königin  und  die  Königlichen  Prinzen  schienen 
jedoch  nicht  so  ohne  alle  Mitwissenschaft  zu  sein.  Die 
erste  glaubte  wenigstens  sich  entschuldigen  zu  müssen, 
und  behauptete,  von  der  Absendung  des  erwähnten  Todes- 
boten mit  dem  erdichteten  Befehl  des  Königs,  worüber 
sie  ihr  Missfallen  bezeigte,  nichts  gewusst  zu  haben. 

Der  König,  welcher  über  den  schmählichen  Missbrauch 
seines  Ansehens  und  Namens  höchlich  aufgebracht  war, 
versprach  nicht  nur  allen  Mitgliedern  der  Universität 
Sicherheit  für  ihre  Personen  und  Habe,  sondern  liess  auch 
sogleich  in  seiner  Königlichen  Burg  bekannt  machen,  däss 
Strafe  des  Todes  und  Verlust  des  Vermögens  alle  die- 
jenigen zu  erwarten  hätten,  es  möchten  Edelleute,  Bürger 
oder  Bauern  sein,  welche  sich  unterstehen  würden,  ein 
Mitglied  der-  Universität  zu  beleidigen. 

Eben  dieses  liess  er  noch  an  dem  nämlichen  Tage 
durch  einen  reitenden  Herold  in  allen  Strassen  und  Gassen 
der  Stadt  ausrufen. 

Am  folgenden  Tage  sandte  der  König  seine  Käthe 
in  das  Augustiner- Kloster ,  wohin  Bürgermeister,  Raths- 
verwandte,  Bürger  und  Einwohner  der  Stadt  beschieden 
waren.  Diese  mussten  insgesammt  einen  Eid  ablegen, 
dass  sie  die  Studenten  nicht  mehr  beleidigen,  son- 
dern nach  ihren  Kräften  beschützen  und  vertheidigen 
wollten. 


8i!iiidmtmlmeg,  VerUzsmngJ^iäeJb.w.  ansteckender  Krankh.  247 

Am  dritten  Tag  nach  dem  Auflaufe  begab  sich  Bu- 
precht  in  Begleitung  seiner  Söhne  und  Bäthe  nach  dem 
Augustiner-Kloster,  wo  er  unter  Anderem  bei  Todesstrafe 
verbot^  gegen  die  Studirenden  je  wieder  die  Sturmglocke 
za  läuten.  Den  in  der  Universitätscapelle  versammelten 
Lehrern  liess  er  durch  den  Bischof  von  Worms  und 
seinen  Protonotar,  Johann  Ebenheim,  ankündigen, 
dass  sie  die  Vorlesungen  wieder  anfangen  sollten.  Von 
Seite  des  academischen  Senats  fand  man  zwar  Bedenk- 
lichkeiten dabei,  weil  die  Schuldigen  noch  nicht  bestraft 
waren;  doch  wurde  nach  gepflogener  Berathung  beschlos- 
sen, die  ganze  Sache  dem  Könige  anheim  zu  geben,  mit 
<ler  Bitte,  dass  die  Thäter  zu  einem  abschreckenden  Bei- 
spiele für  Andere  mit  einer  ihrem  Verbrechen  angemes- 
senen Strafe  belegt  werden  möchten. 

Welche  Strafe  gegen  die  Schuldigen  verhängt  wurde, 
^bt  der  Annalist  zwar  nicht  an,  da  er  aber  bei  seinem 
sichtlichen  Bemühen,  die  Königin  und  die  Prinzen  mög- 
lichst zu  schonen,  das  Missvergnügen  derselben  mit  der 
Universität  erwähnt,  so  ist  man  wohl  zu  dem  Schlüsse 
berechtigt,  dass  diese  Strafe  nicht  so  gelind  ausgefallen 
sein  mag,  als  man  bei  Hofe  wünschte.  Das  ganze  Ver- 
halten der  Königin  und  ihrer  Prinzen  bei  der  Sache  blieb 
auch  kein  Geheimniss  für  die  Universität,  und  unter  den 
Studenten  entstand  Verdacht  und  Argwohn,  dass  wegen 
dieser  Gesinnungen  der  Familie  des  Königs  noch  andere 
Auftritte  dieser  Art  zu  befürchten  sein  möchten.  Der 
patriotisch  gesinnte  Bischof  von  Worms,  Matthäus  von 
Cracow,  ging  deswegen  mit  den  beiden  Professoren 
Nicolaus  von  Jauer  (Jawor)  und  Johann  van  der 
Noyt  auf  die  Burg,  und  stellte  dem  Könige  diese  neue 
Verlegenheit  der  Universität  vor.  Dieses  hatte  den  guten 
Erfolg,  dass  Ruprecht  seine  drei  Söhne  veranlasste,  der 
Universität  die  Versicherung  zu  ertheilen,  dass  es  ihre 
Absicht  weder  gewesen,  noch  sei,  irgend  ein  Glied  der 
selben  zu  beschweren  oder  zu  betrüben,  sondern  dass  sie 


248        L  Buch.   L  Periode,  3,  MachnitL   (1398—1410.) 

vielmehr,  wie  es  ihr  vor  einigen  Jahren  geleisteter  Eid 
mit  sich  brächte,  alle  Universitäts-Angehörigen  vertheidigen 
und  beschützen  wollten.  Um  dieser  Erklärung  durdi 
einen  feierlichen  Act  noch  mehr  Kraft  zu  geben,  veran- 
staltete Ruprecht,  dass  alle  Lehrer  der  Universität  auf 
den  Tag  vor  dem  Feste  des  Apostels  Jacob  in  dem  Hause 
des  Bischofs  von  Worms  sich  versammelten.  Eben  dahin 
kamen  auch  die  drei  Prinzen,  Ludwig,  Stephan  und 
Otto,  mit  ihren  Edelleuten  und  ihrem  Hofgesinde,  und 
wiederholten  die  gedachte  Erklärung  in  Gegenwart  des 
Propstes  von  Bonn,  dreier  Grafen  von  Üörs,  die  Brüder 
waren  und  sich  ebenfalls  »Studirens  halber«  zu  Heidelberg 
aufhielten,  des  Markgrafen  von  Baden  (Margrav.  de 
Köteln,  alias  de  Baden),  des  Grafen  von  Löwenstein, 
und  vieler  anderen .  Studirenden  sowohl  vom  Adel  als 
bürgerlichen  Stande.  Selbst  die  Königin  Hess  sich  herbei, 
durch  Jauer  der  Universität  ihre  Entschuldigung  vor- 
tragen zu  lassen.  Auf  diese  Weise  wurde  das  Vertrauen 
wieder  hergestellt  und  der  Friede  zwischen  dem  Hof- 
adel, der  Universität  und  Bürgerschaft  befestigt*^),  ohne 
dass  jedoch  aus  den  Acten  zu  ersehen  ist,  was  der  eigent- 
liche Grund  dieser  Feindseligkeiten  gegen  die  Universität 
gewesen  war. 


49)  Ausführlicher  noch  ist  diese  Begebenheit  erzählt  in  Sohn's 
schon  oft  angeführter  Rede  »Vom  Ursprung  der  Universität  Heidel- 
berg«, S.  23  —  30,  und  in  Wundt's  Mag.  B.  III.  S.  326  —  340.  Der 
genaueste  Bericht  ist  in  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  92  —  94. 

In  dem  Cal.  acad.  I.  d.  d.  12,  August  1406  heisst  es  über  den 
Vorfall :  »Anno  domini  MCCCCVI.  12.  die  Jnnii  fuit  facta  generalis 
insurrectio  contra  studentes  et  pulsaces  campanamm  et  in  crastino 
fuerunt  lectiones  et  omnes  publici  actus  scolastici  suspensi  et  hec 
est  prima  suspensio  in  hoc  studio  facta  et  duravit  usque  ad  quin- 
tam  diem  Julii.5 

Im  Cal.  acad.  II.  steht  unter  gleichem  Datum:  »Dies  tri- 
bulacionis  et  augustie.  Nota,  quod  12.  die  Junii  anno  domini 
MCCCCVI.  facta  fuit  tanta  persecucio  et  tribulacio  universitatis  et 
suppositorum,  que  non  est  audita  prius;  det  deus  quod  non  audiatur 
in  posterum.«' 


Studentenkrieg,  VerlasstmgHeidelb.w,  ansteckender  Kr ankh.  249 

Bei  allen  Ereignissen  dieser  und  ähnlicher  Art,  wo 
nach  der  in  den  Universitäts  -  Acten  nütgetheilten  Dar- 
stellung den  Studenten  entweder  gar  keine,  oder  doch 
nur  geringe  Schuld  beigemessen  wird,  darf  man  nicht 
ausser  Acht  lassen,  dass  wir  nur  Eine  Partei  hören.  Bector 
und  Decane  waren  die  Historiographen  der  Universität 
und  der  Facultäten.  Hätten  wir  über  dieselben  Vorfälle 
auch  Mittheilungen  yon  anderen  Seiten,  so  würde  wohl 
öfter  der  Thatbestand  sich  etwas  anders  herausstellen. 
Oft  missbrauchten  die  Studenten,  besonders  den  Bürgern 
gegenüber,  die  ihnen  zugestandenen  Freiheiten  und  Vor- 
rechte, und  brachten  dadurch  die  letztern  gegen  sich  auf. 

Schon  während  der  Unruhen  des  vorigen  Jahres  war 
eine  ansteckende  Krankheit  in  Heidelberg  ausgebrochen; 
doch  trat  sie  nicht  so  stark  auf,  dass  die  Universität  in 
ihrer  Thätigkeit  gestört  worden  wäre.  Anders  war  es  im 
folgenden  Jahre.  Die  Krankheit  zeigte  sich  im  Sommer 
1407  in  einer  Stärke,  dass  Professoren  und  Studenten 
aus  Furcht  vor  Ansteckung  Heidelberg  verliessen  ^^). 

Doch  dauerte  dieselbe  nicht  lange.  Professoren  und 
Studenten  stellten  sich  sofort  wieder  ein,  und  die  Uni- 
versität war  jetzt  stärker  als  vorh^  besucht.  Neu  im- 
matriculirt  wurden  140^^). 

Da  im  Laufe  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  die  Uni- 


50)  Sci^fndum,  quod  in  presenti  rectoria  superyenerit  tribulatio, 
qualis  non  erat  antea,  licet  olim  magna  fuerat,  de  qua  in  rectoria 
Magistri  Joannis  de  P'rancfurdia,  erat  enim  isto  anno  pestilentia. 
Nam  tunc  fere  major  pars  scolarium  et  regentiam  recesserat,  ita- 
que  non  legebatur  in  Theologia,  Medicinali  et  arcium  facultatibus, 
sed  Bolnm  ordinaria  lectio  joris  Decretalium  continuabatur ,  paucis 
tarnen  scolaribus  interessentibus.  Item  fratres  ordinis  Cisterdensis 
de  domo  S.  Jacobi  omnes  recesserant,  nullo  manente.  Eodem  tem- 
pore in  crastino  S.  Gereonis  sociorumque  ejus  venerabilis  Pater 
Mathäus,  Bei  et  apostolice  sedis  gratia  episcopus  Wormatiensis, 
pastor  vertts  et  intrepidus,  at  Pontifex  stans  inter  vivos  et  mortuos, 
consecravit  additionem  cimeterii  S.  Petri,  que  pro  sepultura  erat. 
Annan.  Univ.  T.  I.  F.  96,  a. 

51)  Schwab,  P.  I.  p.  35. 


"H 


250       J.  Buch.  L  Periode.    3.  Abschnitt.  (1398—1410.) 

versität  wegen  der  Pest ,  wie  wir  im  Verlaufe  der  Ge- 
schichte sehen  werden,  sich  mehrmals  zerstreute,  oder  an 
andere  Orte  übersiedelte,  so  ist  im  ADgemeinen  zu  be* 
merken,  dass  von  keiner  Zeit  die  Chronikenschreiber, 
Aerzte  und  andere  Schriftsteller  so  häufige  Pesten  aufge- 
zeichnet haben,  als  aus  dem  1 5.  und  noch  mehr  dem'  16. 
Jahrhundert;  vielleicht  war  es  aber  auch  der  Name  Pest, 
mit  welchem  man  damals  fast  alle  bösartigen  Epidemien 
bezeichnete  **). 

§7. 
Tod  RuprecMs  IIL 

Buprecht  that,  so  lange  er  lebte,  als  Kurfürst  und 
als  König  fär  die  Universität,  welche  er  oft  seine  »ge- 
liebte Tochter«  nannte,  was  er  thun  konnte  ^^,  und  wurde, 
wie  wir  gesehen,  noch  mehr  gethan  haben,  wäre  er  nicht 
von  dem  Tode  überrascht  worden.  Dieses  geschah  am 
10.  Mai  1410  auf  dem  Schlosse  Landskron  bei  Oppen- 
heim, auf  seiner  Rückkehr  nach  Heidelberg,  um  dort  die 
Vorbereitungen  zum  Kriege  gegen    den  Erzbischof,  Jo- 


52)  Jo.  Lange  (Chronic.  Nnmbnrg.  in  Mencken.  Script,  rer.  6er- 
man.  Sax.  Vol.  TL.  col.  88)  sagt  darQber:  »Est  stnpenda  res^  qaod 
hec  plaga  ntmquam  totaliter  cessat,  sed  omni  anno  regnat  jam  hie, 
nunc  alibi,  de  loco  in  locum,  de  provincia  in  proTinciam  migrando; 
et  si  recedit  aliquamdiu,  tarnen  post  pancos  annos  et  circuitum  re- 
yertitur  et  jayentntem  interim  natam  in  ipso  flore  pro  majore  parte 
amputat.« 

Der  berühmte  Sprengel  hatte,  wie  er  in  seiner  Geschichte 
der  Arzneikunde  Th.  HI.  S.  125  sagt,  sich  vorgenommen,  ein 
chronologisches  Verzeichniss  der  im  16.  Jahrhundert  angeführten 
Pesten  nnd  eine  summarische  Beschreibung  derselben,  nach  Chroniken 
von  Geschichtschreibem,  zu  liefern,  aber  er  fand,  »dass  am  £nde 
fast  jedes  Jahr  dieses  secnli  als  Pestjahr  in  irgend  einer  Chronik 
angegeben  wart. 

53)  »Der  Academi  hat  er  beide  in  seinen  Kurfürst!,  vnd  Königl. 
£hren  viel  liebs  vnd  gutö  erzeiget.«    Sohn,  S.  22. 


Tod  BmjßrteMs  III.  251 

hann  von  Mainz,  zu  treffen.  Seine  Leiche  wurde  nach 
Heidelberg  gebracht  und  in  der  Kirche  zum  H.  Geist 
feierlichst  beigesetzt**). 


54)  RupertoB  fimdator  et  erector  alme  noBtre  uniyersitatis  est 
Bepoltus  in  capella  sancti  Spiritus  Heidelberge  ob  dilectionem  filie 
sne  nmversitatis.    Cal.  acad.  n.  d.  d.  18.  Mai  1410. 


Vierter  Abschnitt. 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des 
Kurfürsten  Ludwig  m. 

1410  —  1436. 


§1. 
Bericht  der   Universität   über    ihre  Zustände.      Ver- 
einigung der  Stiftskirche  zum  H.  Geist  mit 

derselben. 

Ruprecht's  UL  Nachfolger  war  sein  ältester  Sohn 
Ludwig  IIL,  der  Aeltere  oder  der  Bärtige  genannt*). 
Als  er  die  Kurwürde  antrat,  stand  er  im  kräftigsten 
Mannesalter  (er  war  36  Jahre  alt),  hatte  sich  wäh- 
rend der  Regierung  seines  Vaters  grosse  Erfahrungen 
erworben  und  bei  des  letztem  Zug  nach  Italien  das 
Reichsvicariat  mit  Nutzen  versehen.  Dabei  war  er  ein 
Freund  gelehrter  Priester*)  und  Förderer  der  V?'issen- 
schaften.  Noch  im  Greisenalter  lernte  er,  wie  Cato  die 
griechische,  die  lateinische  Sprache,  da  ihn  der  nähere 
Umgang  mit  dem  Kaiser  Sigmund  während  des  Con- 


1)  Nach  der  Sage  hat  er  seinen  Bart,  der  ihm  auf  dem  Zage 
in  das  gelobte  Land  (um  1426)  gewachsen  war,  stehen  lassen  und 
deshalb  von  seinen  Zeitgenossen  den  Beinamen  des  Bärtigen 
erhalten.    Häusser,  B.  I.  S.  294. 

2)  Ludwig  wurde  »Solamen  Sacerdotum«  genannt.  Bies- 
mann,  p.  57. 


ünw.'Bericht  Vereinig,  der  BUftshtrehe  nvit  d.  Universität    253 

Stanzer  Conciliums  mit  4er  Begierde  nach  wissenschaft- 
licher Bildung  erfüllt  hatte  •). 

Sein  (1401)  gegebenes  Versprechen,  die  Universität 
bei  ihren  Privilegien  und  Freiheiten  zu  erhalten  und 
überhaupt  ihr  Gedeihen  zu  fördern,  löste  er  in  würdiger 
Weise.  Sobald  er  die  Regierung  angetreten  hatte,  wieder- 
holte er  dasselbe,  und  sicherte  dieser  Anstalt  den  unge- 
störten Besitz  aller  ihrer  vordem  von  kirchlicher  oder 
weltlicher  Macht  zugewiesenen  Güter. 

Um  den  äusseren  und  inneren  Zustand  der  Hoch- 
schule genau  kennen  zu  lernen,  forderte  er  vor  Allem 
einen  umfassenden  Bericht  über  sie.  Dieser  wurde  sofort 
erstattet,  und  ihm  auf  den  Peter-  und  Paulstag  1410*) 
von  dem  damaligen  Rector,  Susato,  und  mehreren  Pro- 
fessoren überreicht.  Er  empfing  die  Abordnung  in  der 
Kurfürstlichen  Kanzlei,  im  Beisein  seiner  Brüder  Stephan 
und  Otto.  Dieser  Bericht*)  gibt  zuerst  eine  bis  in's  Ein- 
zelne gehende  Geschichte  der  Universität  und  verbreitet 
sich  dann  ausführlich  über  die  Besoldungen  der  Lehrer, 
mit  der  Bitte  an  den  Kurfürsten,  die  Einkünfte  der 
Anstalt  zu  vermehren,  um  mit  denselben  theils  schon 
bestehende  niedere  Besoldungen  erhöhen,  theils  bis  jetzt 
noch  unbesoldeten  Lehrern  solche  geben  zu  können.  Eine 
Antwort  auf  denselben  wurde  der  Universität  zwar  nicht 
ertheilt,  wohl  aber  bald  darauf  ihre  finanziellen  Verhält- 
Bisse  wesentlich  verbessert. 

Die  bessere  Einrichtung  der  finanriellen  Verhältnisse 
führte  der  Kurfürst  dadurch  herbei,  daßs  er  die  von  seinem 


3)  LudowicuB  latinas  literas,  Gatonis  exemplo,  senex  didicit, 
^vod  aadierat,  Sigismundum  Imper.  dixisse,  pudere  sese  adfici 
ob  Pdacipam  Electoram  barbariem,  qni  latinarnm  expertes  essent 
Hterarum,  ^nas  tarnen  necefieario  scire  deberent.  Wimpfeling 
epitom.  rer.  German.  p.  148.  176.  Burkhard  de  fatis  lat.  ling. 
P.  n.  p.  164.    Riesmann,  p.  66. 

4)  AnnaU.  Univ.  T.  I.  F.  100,  a. 

5)  Urkunde  Nr.  XII.    Annall.  Univ.  T.  I.  F.  98,  b  bis  100,  a. 


254       L  Buch.  I.  Periode,  4.  Maehnitt.  (1410-^1436.) 

Vater  beabsichtigte  Vereinigung  der  bereits'  zn  einer  Stifts- 
kirche umgewandelten  Heiliggeist-Eirche  (S.  235  u.  236)  mit 
der  Universität  ausführte.  Die  vielfachen  Vorarbeiten  zu 
diesem  grossartigen  Werke,  durch  welches  ebensowohl  die 
Einkünfte,  als  der  Glanz  derselben  erhöht  wurde,  waren 
im  Jahre  1413  beendigt,  und  Ludwig  säumte  nun  nicht, 
die  ganze  Einrichtung  des  Stiftes  sofort  durch  eine  feier- 
liche Urkunde  9  die  am  Donnerstag  nach  St.  Jacobs -Tag 
besiegelt  wurde ,  öffentlich  bekannt  zu  machen  ^).  Durch 
diese  wurden  Stellen  für  12  »Canonisten«  und  eben  so  viele 
»Vicarien«  gegründet.  Mit  den  ersten  sollten  12  Pfründen 
und  mit  den  letzten  eben  so  viele  Altäre  verknüpft  sein. 
Die  Vergebung  der  Altäre  hatte  die  Universität^).  In 
Beziehung  auf  die  Stiftsherren  (Canonici)  hatte  der  Kur- 
fürst angeordnet,  dass,  wenn  ein  Canonicus  ausgeschieden, 
der  Rector  alle  Graduirte  der  Universität  zusammen  zu 
berufen  hatte,  um  durch  Stimmenmehrheit  aus  derjenigen 
Facultät  einen  Andern  zu  wählen,  zu  welcher  der  Abge- 
gangene gehört  hatte.  Den  Gewählten  präsentirte  sie 
dann  dem  Dechanten  und  Capitel.     Die  Stiftsherren  soll- 


6)  lieber  diese  Urkunde,  welche  in  Act.  Palat  T.  I.  p.  395  ff. 
abgedruckt  ist,  vergl.  auch  Hist  Acad.  F.  45. 

7)  Damals  waren  4  Altäre  in  der  Heiliggeist-Eirche:  der  Altar 
der  H.  Dreifaltigkeit,  der  von  dem  H.  Ereuz  »in  unserer  Frauen- 
Eapell«  (gestiftet  nach  der  noch  vorhandenen  Urkunde  von  dem 
Dechanten  der  St.  Paulskirche  in  Worms,  Colinus,  am  18.  Decem« 
ber  1400  mit  40  Mltr.  Früchten  jährlicher  Einkünfte) ,  der  von  St 
Marien  Magdalenen  (gestiftet-  nach  der  im  Univ.-Arch.  unter  Nr.  98 
vorhandenen  Original  -  Urkunde  von  dem  Bischof  Matthäus  in 
Worms  am  15.  Februar  1409  und  von  dem  Suffraganeus  Worma- 
tiensis  nach  der  im  Univ.-Arch.  unter  Nr.  72  ebenfaUs  noch  vo^ 
handenen  Original-Urkunde  vom  13.  Juni  1434  mit  40  Tagen  Ablass 
begabt),  und  der  von  St.  Peter  zu  dem  H.  Geist.  Diese  Altäre 
hatten  schon  früher  reiche  Stiftungen  erhalten.  Ueber  die  Ye^ 
leihung  der  Beneficien  hatte  die  Universität  schon  am  4.  October 
1410  ein  im  Cktpialb.  derselben  F.  131,  a  aufbewahrtes  Sti^nt  abge« 
fasst.  Nach  diesem  musste  der,  welcher  ein  Beneficium  erhalten 
wollte,  sich  wenigstens  das  Baccolaureat  in  der  Theologie  er- 
werben haben. 


üniv.'Bericht  Verein/ig,  der  SUftshirehe  mit  d.  Universität    2&5 

ten  bestehen  aus  3  Doctoren  der  Theologie,  aus  3  der 
geistlichen  Rechte,  aus  den  Pfarrern  zu  St.  Peter  und  zu 
H.  Geist,  aus  einem  Doctor  der  Medicin  und  aus  3  Ma- 
gistern der  Artisten -Facultät,  und  der  älteste  von  den 
Theologen  zugleich  Dechant  und  der  älteste  von  den  Ga- 
nonisten  Gustos  (Thesaurius)  des  Stiftes  sein  ®).  Dass  die 
Universität  aber  Alles,  was  von  dem  Kurfürsten  ange- 
ordnet worden  war,  treulich  halten  wolle,  hat  sie  an  dem- 
selben Tage,  an  welchem  die  Urkunde  besiegelt  wurd^, 
feierlich  gelobt  Dieses  Gelöbniss  wurde  mit  der  letftem 
bekannt  gemacht,  und  findet  sich  auch  in  dem  S.  254, 
Note  6  angeführten  Abdrucke.  Spezielle  Wünsche  über 
die  den  Professoren  aus  dem  zu  errichtenden  Stifte  anzu* 
weisenden  Besoldungen,  so  wie,  dass  das  Stift  mit  allen 
seinen  Besitzungen  und  Einkünften  für  alle  Zeiten  mit 
der  Universität  vereinigt  werden  sollte,  hatte  die  letztere 
schon  am  17.  Mai  1403  ausgesprochen^. 

Das  Stift  selbst  hiess  zu  Ehren  semes  Gründers  das 
»Königliche  Stift«  oder  die  »Königliche  Gapelle«.  Das 
Andenken  an  diese  Stiftung  wurde  durch  eine  Inschrift 
in  dem  Ghore  der  Kirche,  welche  von  dem  Könige  Ru- 
precht erbaut  worden,  erhalten  *^. 

Nachdem  der  Kurfürst  von  dem  Papste. Martin  V. 
in  einer  bald  nach  dessen  Wahl  zu  Gonstanz  (1317)  aus- 
gefertigten Bulle  die  Bestätigung  aller  von  dem  abgesetzten 
Papste  Gregor  XII.  dem  Stifte  ertheilten  Rechte  er- 


8)  Der  erste  Dechant  war  Jan  er  und  der  erste  Oustos  Noyt. 
—  Jauer,  mit  seinem  ganzen  Namen  Nicolaus  Magni  de 
Jauer  oder  Jawor,  heisst  in  dieser  Urknnde  Gauer,  wie  er 
denn  auch  Gauwer  genannt  wird.  Dieses  wird  nicht  auffallen, 
wenn  man  bei  der  ohnehin  ungenauen  Schreibweise  der  Eigen- 
Barnen  an  die  leicht  mögliche  Yerweohslung  des  J  und  G  denkt 

9)  Nähere  Angaben  s.  in  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  85  a.  b. 

10)  Die  Inschrift  findet  sich  bei  Adami,  Apogr.  Monumm; 
Haidelb.  p.  I.  und  in  Acta  Palat.  T.  I.  p.  a82.  In  derselben  wird 
Bupreeht  UI.  »higus  Chori  et  Gollegii  fundator«  und  Ludwig  IIL 
>hujas  Gollegii  Gonsumator«  genannt. 


256        -T.  Buch.   I.  Periode,   4.  Abschnitt,   (1410—1436.) 

halten  hatte  ^*),  wurden  ihm  seine  in's  Einzahle  gehenden 
Statuten  gegeben^"). 

Bald  erlangte  nun  das  Stift  durch  seine  zweckmässige 
Einrichtung,  durch  die  Gelehrsamkeit  der  Stiftsherren, 
welche  grössten  Theils  Professoren  der  Universität  waren, 
so  wie  durch  seine  Vorrechte*^,  namentlich  aber  durch 


11)  Die  Bolle  Gregorys  XII.  ist  gegeben  zu  Arimini  am  15. 
März*  1409  und  die  Martin's  Y.  zu  Gonstanz  am  8.  April  1417. 
Die  erste  findet  sich  in  Abschrift  in  Annall.  Univ.  T.  I.  F.  96,  b 
und  die  zweite  im  Copialb.  d.  Univ.  F.  106,  b.  —  Aus  der  letzten 
theilen  wir  folgende  SteUe  mit:  >Ad  cujus  studü  confirmationem 
cum  divae  memoriae  Rupertns  Bomanomm  rex  Genitor  tuus  in  re* 
gali  ecdesia  S.  Spiritus  in  dicto  oppido  in  coUegiatam  eeclesiam 
per  eandem  sedem  erectam,  pro  sue  et  progenitorum  nee  non  here- 
dum  et  successorum  suorum  animarum  salute,  nonnulla  praedicti 
eultus  angmentum  respicientia  ordinäre  proposuisset ,  et  anteaquam 
hujusmodi  negotio  finem  et  ordinem  daret^  ab  hoc  seculo  migrasset, 
ac  (Ludowicus)  cupiens  dictorum  parentum  suorum  piam  dispositio- 
nem  ac  voluntatem  perficere  et  universitatem  praedicti  studü  per- 
petua  firmitate  stabilire,  quantum  in  eo  fuit,  disposuerat,  qood  in 
Gollegio  dictae  Begalis  ecclesiae  S.  Spiritus  duodecim  institaerentur 
canonicatus  totidemque  praebende,  ad  quos  in  perpetuum  assu- 
merentur  persone  duodecim  de  facultatibus  dicte  universitatis  capi- 
tulum  facientes  in  eadem  ecclesia  et  repraesentantes  pro  tempore: 
videlioet  tres  niagistri  in  Theologia,  et  tres  doctores  in  Jure  Cano- 
nioo  et  perpetuus  Yicarius  parochialis  S.  Petri  extra  muros  dicti 
oppidi,  nee  non  praedicator  verbi  dei  ejusdem  oppidi  et  unus  ma- 
gister  in  medicina  ac  tres  magistri  artium  de  Gollegio  Artistarum.c 
—  Ueber  diese  Bullen  vergl.  auch  Hot  tinger  1.  c.  p.  44. 

12)  Abgefasst  wurden  dieselben  am  14.  Februar  1418  mit  denen 
des  Artisten-GoUegiums  in  dem  Hause  des  Dechanten,  Nie.  Jauer. 
Acta  Palat.  T.  I.  p.  3Ö3. 

18)  Durch  eine  im  Unir.-Arch.  unter  Nr.  60  noch  vorhandene 
»Declarado  VicecanceUarii  apostolica«  v.  20.  Mai  1407  war  unter 
Anderem  bestimmt,  dass  die  Professoren  nicht  schuldig  seien,  die 
Annaten  zu  bezahlen.  Unter  diesen  verstand  man  einen  gewissen 
Theil  der  Einkünfte  des  ersten  Jahres  von  geistlichen  Aemtera 
und  PfiHnden,  welchen  ein  iKeuangest^lter  noch  vor  erhaltener 
Gonfirmation  an  die  päpstliche  Kammer  zu  entrichten  hatte.  Schon 
mi  4.  Jahrhundert  fand  die  Sitte  statt,  ftkr  den  Act  4er  Weihe 
Summen  zu  geben  und  Summen  zn  ndimen.  Brinokmeier, 
GlosB.  dipl.  unter  »Annataet. 


Unw.-Bericht  Veremig.  der  Stiflskirehe  mit  d.  ünweraität    257 

seine  unmittelbare  Abhängigkeit  vom  Papste,  welche  Mar- 
tin V.  ihm  zugestand,  auch  durch  reiche  Vermächtnisse^*) 
einen  grossen  Ruf,  und  galt  bald  für  das  erste  und  herr- 
lichste am  Rheinstrome**). 

Das  Siegel  des  Stiftes  stellt  die  Verkündigung  Mariae 
vor.  Diese  kniet  vor  einem  Betpulte  mit  gefalteten 
Händen,  als  die  Himmelskönigin,  eine  Krone  auf  dem 
Haupte ;  ihr  gegenüber  kniet  der  ihr  die  Verheissung  brin- 
gende Engel,  und  über  der  Maria  schwebt  der  H.  Geist 
in  Gestalt  einer  Taube.  Das  Ganze  ist  mit  gothischen  Ver- 
zierungen eingefasst,  um  welche  sich  folgende  Inschrift  in 
Mönchsbuchstaben  zieht:  Sigillum  .  Capituli .  ecclesie  .  re- 
galis  •  sancti .  spiritus  .  in  .  Heidelberga. 

Ausserdem  war  Ludwig  aber  auch  in  anderer  Weise 
für  das  Gedeihen  der  Universität  bemüht.  Er  bestätigte 
(1430)  die  2  Tomos  an  dem  Zolle  zu  Bacharach  und 


14)  Mit  diesen  Yermächtnissen  wurden  theils  Besoldungen  für 
Professoren  und  Stipendien  für  Studirende  gegründet,  theils  Hänser 
für  Professorenwohnungen  angekauft.,  AUes  dieses  bis  ins  Einzelne 
gehend  anzuführen,  gestattet  der  Baum  nicht;  wohl  aber  ist  Ein 
Vermächtniss  besonders  zu  erwähnen.  Es  ist  dieses  das  des  Pro- 
fessors der  Medicin,  Wilhelm  Tenstal  (S.  161).  Ausser  seiner 
Bibliothek  vermachte  er  dem  Stifte  (1419)  auch  sein  Haus,  jedoch 
unter  der  Bedingung,  dass  es  nur  einem  Mediciner,  »der  in  dem 
Studio  actu  regieret  ynd  liesetc  und  eine  Pfründe  des  Stiftes  habe, 
»annectiret  vnd  zugefüget  werde«.  Dieses  Testament  wurde  yon 
dem  Kurfürsten  genehmigt  und  von  der  Universität  angenommen. 
Die  beiden  über  die  Genehmigung  und  Annahme  errichteten  Ur- 
künden  mit  der  Aufschrift  »De  domo  Medici«  sind  im  Copialb.  d. 
Univ.  F.  127,  b  bis  131,  a  enthalten. 

15)  Chronica  mnscr.  von  der  hilligen  statt  Cöln  ad  ann.  1410 
fol.  288;  »Disse  vurs.  Eonynck  Boprecht  hoit  gefundirt  ind  ge- 
Stift  tzo  Heydelberg  eyn  altzo  lovelkhen  ind  eirlichen  stift  von  viU 
canoniken  ind  vicarien,  dae  so  genzlich  •sedichlich  ind  ordentlich 
die  gezyde  ind  die  ampt  hilliger  Kirchen  gesungen  ind  gehalten 
werden,  als  vngefeuerlich  up  dem  ganzen  Bynstroume  in  eynigen 
Stift  geschieht  ind  is  besezt  ind  providirt  mit  groisen  kostlichen 
gelerden  mannen  von  der  universitate  daeselbst.« 

Hautz,  Geach.  d.  Pniy.  Heidelb.  I.  17 


258       -f.  Bück.  L  FerMA.  4.  AbscknitL   (UlO-r^Um.} 

Kaisers werth  ^^)>  wies  (1427)  dem  Licentiateii  »in  der  h. 
Sehrift«,  Heinrich  von  Gouda,  nachdem  dieser  sich 
»yerschrieben«»  in  Heidelberg  zu  bleiben,  um  ihn  der  UniTer- 
sität  zu  erhalten,  jährlich  60  fl.  an,  »bia  er  ein  Benefidam 
erlangt«,  und  nahm  (1428)  den  Heinrich  Munsinger, 
welcher  noch  1452  als  Professor  der  Medicin  in  den  Acten 
vorkommt,  zu  seinem  »Diener«  an,  liess  ihn  in  Padua 
doctoriren  und  verschrieb  ihm,  nach  erhaltenem  Versprechen, 
»bei  der  Universität  und  Pfaltz«  bleiben  zu  wollen,  jähr- 
lich 50  fl.,  20  Malter  Korn,  4  Fuder  Wein,  und  befreite 
zugleich  dessen  Behausung  zu  Heidelberg  von  allen  Steuern 
und  Abgaben  unter  der  Bedingung,  »das  Hofgesinde  frey 
zu  bedienen«  "). 

§2. 
Die  StjfU-^ BibUothek. 

Der  erste  Grund  zu  dieser  Bibliothek  würde  von 
Tenstal  dadurch  gelegt,  dass  er  seine  zahlreiche,  aus 
philosophischen,  mediciniscben,  theologischen  und  canoni- 
schen BEchem  bestehende  Sammlung,  Biit  AusBahme  einer 
Bibel  und  emes  Psahnbuches,  welche  beide  er  sich  einst 
in  Paris  gekauft  hatte,  dem  Stifte  vermachte  (S.  257, 
Note  14).  Sie  wurde  in  dem  Chore  ^  H.  Geistkirche 
aufgestellt,  imd,  an  die  beiden  schon  genannten  (S.  220—226) 
öffentlichen  Bibliotheken  Heidelbergs  sich  als  dritte  an- 
schliessend, kann  sie  bei  der  engen  Verbindung  des  Stiftes 
mit  der  Umversdtät  audi  als  Universitäts-Biblioäiek  be* 
trachtet  werden,  und  hörte  auch  nicht  auf  es  zu  sein,  als 
nach  Einführung  der  Kirchen -Reformation  die  geistlichen 
Stiftungen  mannichfache  Veränderungen  erlitten. 

Seine  gröbste  Zkrde  ^hidt  das  Stift  aber  dnrdi  dia 
lateinischeH  Bücher,  welche  Ludwig  HI.  demselben  in 


16)  Die  Oiiginal-Urftunde  hn  ÜTBiT.-Archiv  Nr.  51^. 

17)  Pfalz.  Copialk  Nr.  10.  F.  280,  H.  306. 


-seiBem  Testamente  vom  24.  März  1436^^)  unter  der  Be- 
dmgong  v^nnachte,  dass  sie,  wie  die  tfaeils  aus  den  Ein- 
künften des  Stiftes  bereits  angeschafften,  theils  dem- 
selben durch  Schenkungen  zugekommenen  Bücher,  in  dem 
€hore  der  Kirche  zum  allgemeinen  Gebrauche  der  Stu- 
direnden  aufgestellt  werden  sollten.  IMe  Sammlung  bestand 
aus  lö2  geschriebenen  Bänden,  nämlich  aus  89  theologi- 
schen, 7  aus  den  canonischen  und  5  aus  den  bürgerlichen 
Eechten,  45  medicinischen  und  6  astronomischen  und 
philosophischen.  Diese  Bücher  hatte  der  Kurfürst  theils 
gesammelt,  theils  auf  seinem  Schlosse  abschreiben  lassen. 
Das  Testament  des  Kurfürsten  wurde  durch  dessen 
Bruder,  den  Pfalzgrafen  Otto  von  Mosbach,  welcher 
während  der  Minderjährigkeit  des  Kurprinzen  Ludwig 
(1436 — 1442)  Administrator  der  Pfalz  war,  auf  das  Ge- 
naueste vollzogen.  Im  Jahre  1438  wurden  die  Bücher 
der  Universität  übergeben,  und  diese  stellte  (18.  Decem- 


18)  Aus  dem  Testamente,  welches  wir  aus  den  Annall.  Univ. 
T.  n.  F.  142,  b.  143,  a  in  den  Hcidelb.  Jahrb.  d.  Literat.  1852, 
Nr.  21,  S.  321  ff.  und  in  der  kleinen  Sehrift  »Zur  Geschichte  d^i* 
UniTersität  Heidelbergc  (1852)  S.  26  ff.  vollst&ndig  mitgetheilt  hftben, 
heben  wir  Folgendes  heraus:  »Zum  ersten  so  hat  er  alle  sin 
Bncher  in  der  heyligen  geschriffte^  in  geystlichen  und  werntlichen 
rechtes,  in  der  Arczenye,  die  er  in  jsiner  liberye  uff  d«r  bürge 
Gettenpuhel  ober  heydelberg  gelegen  hat  uhd  haben  sal,  dem  Studio 
zu  heydelberg  geben  und  gesaczt  also,  das  man  dieselben  Bucher, 
nachdem  er  von  dieser  weite  gescheiden  ist,  czu  dem  heyligen 
geiste  in  eine  liberye,  die  man  darinne  machen  wirdet,  legen,  und 
die  mit  ketten  und  schlössen  wol  verwaren  und  versichern  sal,  daz 
die  dariime  bliben,  und  nit  dar  uss  in  kheines  huse  oder  gewalte 
genommen ;  gezogen,  geleget  oder  behalten  werden  sollen,  sunder 
wer  dar  inne  studiren  oder  daruss  schriben  wil,  der  sal  in  die 
liberye  geea,  und  derselben  Bacher  gebruchen  nach  natdorffte,  doch 
alles  das  in  der  liberye,  als-  TOf^geechnben  stet^  hüben  und  nit 
toruM  geRonmen  »oeh  getragen  werdea  in  kkein  wise,  es  wer 
dftiin,  dass  der  hochgebora  furste  herezog  ludw%  der  jung  sin  Sone 
der  bucher  eins  oder  me  gebruchen  wollte,  so  sali  man  yme  das 
oder  die  eiaea  manad  und  nit  lenger  lyhen,  und  sal  er  alsdann 
aaeh  uaegaack  de»  manads  das  oder  die  wider -in  die  liberye  legen» 
uad  aatworten  an  alles  Geverde.« 

17* 


1 


260       I'  Buch,  L  Periode,  4.  Abschnitt.    {1410--U36.) 

ber  1438)  darüber  einen  sehr  umfassenden  Revers  aus, 
in  welchem  auch  die  einzelnen  Bücher  aufgezählt  sind^^). 

Die  Benutzung  der  Bibliothek  war  durch  die  Be- 
stimmungen des  Kurfürsten  sehr  beschränkt  (S.  259, 
Note  18).  Die  Bücher  sollten  nach  seinem  Willen  von 
den  Angehörigen  der  Universität  und  den  Stiftsherren  nicht 
anders,  als  in  der  »Bücherei«,  benutzt,  und  nur  seinem 
Sohne  Ludwig  ein  oder  mehrere  Bücher  auf  einen  Monat, 
aber  nicht  länger,  nach  Hause  gegeben  werden. 

Die  Universität,  welche  über  die  Aufrechthaltung  der 
von  dem  Kurfürsten  Ludwig  III.  getroffenen  Anordnungen 
zu  wachen  hatte,  setzte  an  demselben  Tage,  an  dem 
sie  das  Vermächtniss  übernahm,  fest,  dass  zunächst  nur 
der  Rector  und  sieben  Doctoren,  nämlich  drei  der  Theo- 
logie, drei  der  Rechte  und  Einer  der  Arzneikunde,  dann 
der  Decan  des  Stiftes,  der  Decan  der  Artisten  - Facultät, 
der  Stadtpfarrer  (plebanus  ^®))  und  der  Stadtprediger 
(praedicator  oppidi  Heidelbergensis) ,  endlich  6  Meister 
des  CoUegiums  der  Artisten  die  Schlüssel  zu  der  Bücherei 
des  Stiftes  empfangen  sollten;  doch  war  es  auch  andern 
in  Heidelberg  wohnhaften  Doctoren  und  Meistern  nicht 
unbenommen  sein,  dieselben  zu  erhalten,  wenn  sie  den 
Eid  schwören  würden ,  welchen  die.  Statuten  von  Jedem 
forderten,  der  diese  Schlüssel  haben  wollte*^). 


19J  Der  Revers  findet  sich  in  dem  Copialb.  d.  UniY.  F.  75  sqq. 
und  ist  abgedruckt  in  Act.-  Palat.  T.  I.  p.  406  ff.  VergL  auch 
Kremer,  Gesch.  Friedrich's  I.  B.  I.  S.  52*4.  525.    Sohn,  S.  36.  37. 

20)  Plebanus  i.  e.  parochus,  sacerdos,  qni  plebi  praeest. 

21)  Der  Eid  lautet:  »Quodque  suprascripti  omnes  et  singuli, 
quibus  claves  traduntur,  ut  praefertnr,  bona  fide  promittant  et  cor» 
porale  praestent  sacramentum ,  quod  diligentem  custodiam  facient 
et  habebunt  circa  libros  prefatos,  dum  ingressi  fuerint  lilnrariaoL 
Et  cum  eos  aut  aliquem  praedictomm  ad  dictos  libros  accedere 
contigerit,  et  cum  eis  aut  aliquo  eorum  aliquis  vel  aliqui  non  jurati 
et  dictos  clayes  non  habentes  excesserint  yel  accesserint:  Ex  tunc 
ipse  juratus ,  cum  quo  talis  vel  tales  non  jurati  ad  librariam  acce- 


Die  SHfta  -  Biblioiheh  261 

Mit  grosser  Strenge  beobachtete  die  Universität  die 
Bestimmungen  der  Yermächtniss- Urkunde.  Einen  Beleg 
dafür  finden  wir  besonders  darin,  dass  noch  im  Jahre  1463 
die  Bitte  des  Pfalzgrafen  Philipp,  des  Enkels  Lud- 
wig's  IIL,  um  die  Mittheilung  eines  kleinen  Buches  aus 
dem  Vermächtnisse  seines  Grossvaters  erst  dem  versam- 
melten Senate  vorgetragen  und  dann  der  Gebrauch  des 
Buches,  genau  der  Ordnung  gemäss,  nur  auf  Einen  Mo- 
nat gestattet  wurde  ^^. 

Die  Strenge  dieser  Verfügungen  milderte  aber  später 
(10.  December  1472)  der  academische  Senat  unter  dem 
Rectorat  des  Nicolaus  von  Wachenheim,  mit  Ge- 
nehmigung des  Kurfürsten  F  rie  drich  L*^)  und  des  Bischofs 


dtint,  diligentem  considerationem  et  oculum  ad  illum  vel  illos 
habeant,  ne  libroB  ant  aliqaem  ex  eis  distrahant  aut  quomodolibet 
offendant.  Nee  jaratus  dictam  librariam  exeat  aut  recedat,  nisi 
prius  non  juratus  vel  non  jurati  exierint  et  post  se  et  illos  lib- 
rariam diligenter  recludat  et  conseret.  Et  quod  nullus  juratorum, 
Qt  praefertor,  clavem  alicoi  alteri  persone  non  jorate  communicet 
ant  concedat.  Cnmqae  dictam  librariam  aliquis  ex  praedictis  jura- 
tis  intraverit,  stalim  eam  post  se  recludere  nee  eam  apertam  stare 
permittat  fraude  et  dolo  in  promissis  et  quoHbet  promissorum 
seelusis.  Insuper  juramentam  sub  forma  praedicta  praestari  voln- 
mas  Rectori  umyersitatis  praefate  pro  tempore  existenti  tociens 
qnociens  contigerit  aliquem  ex  predictis  de  novo  assomi,  in  pre- 
sencia  quatuor  personarnm  jnratarum  de  qnataor  facultatibus,  qnas 
tociens  qnociens  oportunum  fuerit,  per  Rectorem  ad  videndnm 
praestari  juramentüm  yolnmus  conyocari.«  Copialb.  d.  Uniy.  F.  80,  b. 
81,  a.  —  Auf  den  5  folgenden  Seiten  des  Copialb.  F.  81,  b  bis  83,  b 
stehen  die  Namen  einer  grossen  Anzahl  yon  Doetoren  und  Magistern, 
welche  bis  zu  dem  Jähre*  1515  diesen  Eid  geleistet  hatten. 

22)  Facta  etiam  congregatione  üniyersitaüs  ad  aüdiendam  pe- 
titionem  Junioris  Principis  Philippi  petentis  commodato  volumen 
quoddam  parrum  ex  bibliotheca  Ecclesiae  Spiritus  sancti,  quam 
ayus  ipsius  Elector  Ludoyicus  Academiae  legasset,  ipsi  Philippe 
praedicto  principi  istius  libri  usura,  sed  tantum  per  mensem  yigore 
testamenti  ayiti  permissa  fuit.  Eist.  Acad.  ad  annum  1463.  Wundt, 
De  bibl.  Heidelb.  p.  14. 

23)  Friedrich  selbst  beschenkte  nach  einer  noch  yorhan- 
denen  Urkunde  (Pfalz.  Copialb.  Nr.  12.  F.  93,  b)  diese  Bibliothek 
mit  »Zwei  Bücher  Katolicon«.    Krem  er,  Gesch.  Friedrich's,  S.  525. 


262        I'  Buch.  I.  Periode.   4.  JJbsi^iU.    (1410—1136.) 

Beinhard  von  Worms  durch  eine  ttmftmgreiche  Ver- 
Ordnung  über  die  Aufbewahrung  und  den  Grebrauch  dieser 
Bibliothek.  Es  wurde  zwar  eine  sorgfältige  AuMcht  an- 
geordnet, dagegen  nicht  nur  den  Professoren,  sond^n 
auch  den  Baccalaureen  und  Licentiaten  das  Recht  einge- 
räumt, soferne  sie  gut  beleumundet  waren  ^^),  sich  durch 
den  ordnungsmässigen  Eid'^)  die  Schlüssel  zu  der  Biblio- 
thek zu  verschaffen.  Auch  wurde  in  Erwägung  des  grossen 
Nutzens,  welcher  aus  dem  Abschreiben  der  Bücher  her- 
vorgehe, das  Ausleihen  derselben  zu  diesem  Behufe 
gegen  ein  Pfand  gestattet;  die  Bücher  selbst  aber  mussten 
wenigstens  alle  Jahre  einmal  innerhalb  des  nächsten 
M(mats  nach  Johannistag  vorgewiesen  werden  ^^. 

Die  Stifts  -  Bibliothek  wurde  bald  so  sehr  bereichert, 
dass  die  5  Palte,  auf  welchen  die  von  dem  Kurfürsten 
geschenkten  Bücher  nebst  den  sonst  erworbenen  lagen, 
bis  zu  10  vermehrt  worden  zu  sein  scheinen  *').    So  ver- 


24)  Kisi  UniyerBitas  ex  alicujus  iaordinata  ^nta  dietaverit  co&> 
trarium. 

25)  Der  Wortlant  deg  Eides  ist :  »Ego  N.  J«re  fideliter  intrare 
et  exire  librariam.  Item  naUom  iatroduoere  in  eandein  quem  ad* 
vero  de  infidelitate  suspectum  et  si  quem  vel  quos  mecum  intro* 
duxero  non  exire  ante  eam  yel  eos  11191  alinm  Jnratum  librarie  in 
locnm  meum  substituerim.  Insuper  poat  sie  librariam  diligent^ 
recludam  et  conserabo  nee  conoedam  elarem  vel  clave«  alicQi  alteii 
persone  non  jurate.  Item  si  contingeret  me  ab  hoc  studio  diseedere 
animo  non  redeundi  dam  tarnen  per  annnm  me  absentare  intendans 
clayem  seu  claves  ad  omnes  librariai  Uniyersitatis  pertinentes 
Eectori  üniTersitatis  pro  tempore  existenti  ante  reeessnm  meum 
realiter  et  eum  effectu  tradam  et  assignabo  fraude  et  dolo  in  pre« 
missis  semotis  et  exclusis,  sie  me  deus  adjnvet  et  sancti  ejus.« 
Wandt,  De  biblioth.  Heidelb.  p.  12. 

26)  Die  Verordnung  ist  im  Gopialb.  d.  üniv.  F.  75 --80  und 
abgedruckt  bei  Kremer,  S.  469—472. 

Derselben  ganz  ähnliche  Bestimmungen  wurden  im  gieichea 
Jahre  (17.  December)  aber  die  Benutzung  der  Bibliothek  des  Die* 
nysianums  gegeben.    Pfalz.  Gopialb.  F.  115,  b  bis  117,  a. 

27)  Die  Bücher  in  den  yersehiedenes  Bibliotheken,  in  der  der 
Uniyersit&t,  d^  Artisten -Facultät  und  des  Stifts  zum  H.  Geiste, 
waren,  wie  aus  Gatalogen  und  andern  Nachrichten  bekannt  ist,  nicht 


KirehenschaU  des  B^ftea,  263 

machte  ihr  Dr.  Andreas  Pfot  von  Brambach,  welcher 
in  den  Jahren  1479,  1483  und  1488  Rector  der  Univer- 
sität war*®),  gegen  das  Ende  des  15.  Jahrhunderts 
28  Bände.  Auch  im  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  erhielt 
diese  Bibliothek  einen  bedeutenden  Zuwachs  ^% 

§3. 
Kirchensehats  des  Stiftes, 

Ausser  den  sehr  ansehnlichen  Gefällen  und  Einkünften, 
welche  dieses  Stift  hatte,  besass  es  auch  einen  sehr  reichen 
Eirchenschatz,  der  um  so  werthvoller  war,  als  er 
zugleich  aus  Eunstgegenständen  bestand.  Gestiftet  wurde 
er  von  Ruprecht's  III.  Gemahlin,  Elisabeth,  welche 
am  30.  Juni  1411  starb  und  in  der  H.  Geistkirche  bei- 
gesetzt wurde.  Ben  Schatz  selbst  liess  der  Sohn  der 
Stifterin,  Eurfürst  Ludwig  III.,  in  feierlichster  Weise  am 
23.  October  desselben  Jahres  aus  dem  Schlosse  in  die 
Kirche  bringen'®).  Damit  derselbe  ihr  aber  auch  für 
alle  Zeiten  erhalten  bliebe,  stellte  Ludwig  mit  Zustim- 
mung seiner  Brüder,  Johann,  Stephan  und  Otto,  im 
Jahre  1411  »ufF  den  nechsten  mandag  nach  sant  lucas 
des  heyligen  evangelisten  tag«  eine  Urkunde  '^)  aus,  worin 


in  Schränken  aufgestellt,  sondern  lagen  auf  Pulten.  Diese  mussten 
von  beträchtUcher  Länge  gewesen  sein,  da  auf  manchen  etliche 
nnd  drelssig  Bücher  aufgelegt  waren.  Gegen  Entwendung  wurden 
sie  dadurch  gesichert,  dass  man  die  Codices  jedes  Pultes  durch 
eine  Kette  verband,  und  die  letztere  durch  ein  Schloss  auf 
dem  Pulte  befestigte.  Das  Lesen  solcher  angeketteten  Bücher 
mag  gerade  nicht  sehr  bequem  gewesen  sein.  —  Unter  den  jetat 
noch  vorhandenen  Bibliotheken  hat  noch  die  Medicinisch-Lauren- 
tianische  Bibliothek  zu  Florenz  diese  alterthümliche  Weise  der 
Aufbewahrung  beibehalten.    Wilken,  S.  174.  175. 

28)  Schwab,  P.  L  p.  71.  75.  76. 

29)  Ueber  die  einzelnen  Bücher  vergl.  Wilken,  S.  104.  108. 

30)  Eine  Beschreibung  der  Feier  gibt  das  Gal.  acad.  II.  d.  d. 
23.  October  1411. 

31)  Pfölz.  Copialb.  Nr.  61.  F.  176  —  181. 


264       L  Buch.  L  Periode.  4.  JbschniU.   (1410—1436,) 

der  ganze  Eirchenschatz  mit  allen  Beliquien  Stuck  für 
Stück  verzeichnet,  und  die  Bestimmung  getroffen  ist,  dass 
er  unter  vierfachem  Verschluss  in  der  H.  Geistkirche  ver- 
wahrt werden  solle.  Den  einen  Schlüssel  hatte  der 
Stiftsdechant ,  den  andern  der  Gustos  (Thesaurius),  den 
dritten  der  Haushofmeister  der  Pfalzgrafen  und  den  vierten 
der  Bürgermeister  von  Heidelberg,  welche  den  Kirchen- 
schatz persönlich  und  gemeinschaftlich  auf-  und  zuschliessen 
mussten  und  darauf  beeidigt  waren.  Zu  noch  grösserer 
Sicherstellung  erklärte  der  Kurfürst  Ludwig,  dass  die 
Bürgerschaft  zu  Heidelberg  nur  dann  seinen  Nachfolgern 
den  Huldigungseid  ablegen  sollte,  wenn  sie  zuvor  urkund- 
lich gelobt  hätten,  den  Kirchenschatz  nach  den  ausge- 
sprochenen Bestimmungen  zn  erhalten  und  zu  verwahren*^. 

Mone  gibt,  mit  Weglassung  der  Beliquien,  ein  aus- 
führliches Verzeichniss  der  in  diesem  Kirchenschq,tze  be- 
findlichen Kunstgegenstände,  als  einen  Beweis  von  dessen 
Mannichfaltigkeit  und  Reichthum.  Unter  den  Reliquien 
befindet  sich  ein  Span  vom  Kreuze  Ghristi  und  ein  Stück 
vom  Rocke  desselben,  beide  in  Kristall  gefasst^*). 

Als  die  Reformation  in  der  Pfalz  sich  ausbreitete, 
kam  der  Kirchenschatz  in  die  Kunstkammer  des  Schlosses, 
wo  er  verblieb,  bis  ihn  die  Franzosen  in  den  die  Pfalz,  Stadt 
und  Schloss  zerstörenden  Kriegen  hinwegschleppten. 


32)  In  dem  Pfalz.  Copialb.  Nr.  24.  F.  203  ist  noch  eine  Ver- 
Bchreibung  des  Eorfürsten  Ludwig  Y.  an  die  Stadt  Heidelberg 
fttr  die  aus  der  Stiftskirche  genommenen  Kleinodien  und  Monstranzen 
vorhanden,  welche  er  wegen  des  Bauernkrieges  (1525)  der  grösseren 
Sicherheit  wegen  auf  das  Schloss  bringen  Hess. 

33)  Mone,  Anzeiger  f.  Kunde  d.  deutschen  Vorzeit.  Jahrg. 
1835.  S.  255—258.    Pfalz.  Copialb.  Nr.  61.  F.  178. 


DeehtmledesSitfts.  remmd.d.JBlink.BMhegeh.  St^efäUe.  265 

§4- 

Dechante  des  Stiftes.     Durch  die  Kirchenre/ormation 

herbeigeführte    Verminderung    der    Mnkünfte.      Drei 

Canonictde  als  Ruhegehalte  für  emeritirte  Professoren. 

Ueberweisung  der  Stiftsgefälle  an  die  geistliche 

Güter  ^  Verwaltung. 

Der  erste  Decbant  dieses  Stiftes  war  Jauer  (S.  255, 
Note  8).  Als  Nachfolger  von  ihm  werden  genannt:  Johann 
Truzenbach,  '  Konrad  von  Gummeringen,  Se- 
bastian von  Pforzheim,  Conrad  Michaelis  von 
Buzbach,  Jacob  Hartmann,  genannt  Wallsporn, 
Jodocus  Brechtel  von  Rohrbach,  welcher  im  Jahre 
1510  starb.  Hesshus  nannte  sich  zwar  noch  im  Anfang 
der  Regierung  Friedrich' s  HI.  Dechant  des  Stiftes  zum 
H.  Geist;  es  war  dieses  aber  nur  ein  Titel,  da  das  Stift 
als  solches  nicht  mehr  bestand**). 

Durch  die  Eirchenreformation  unter  dem  Kurfürsten 
Otto  Heinrich  (1556  —  1559)  verlor  das  Stift  den 
grössten  Theil  seiner  Einkünfte.  So  wurden  die  vom 
Papste  Bonifacius  IX.  damit  vereinigten  Präbenden  zu 
Worms,  Speyer,  Neuhausen  und  Wimpfen  im  Thale  VDn 
den  Stiftern,  welche  die  Gefälle  zu  entrichten  hatten,  zum 
grössten  Nachtheil  der  Universität,  entweder  ganz  oder 
theilweise  verweigert. 

Drei  schon  früher  der  Universität  einverleibten  Ca- 
nonicate  überliess  Otto  Heinrich  durch  Verfügung 
vom  15»  Februar  1557  derselben,  um  sie  alten  ver- 
dienstvollen Lehrern  als  Ruhegehalte  anzuweisen*^).    Die 


34)  Wundt,  Mag.  B  I.  S.  1.  2. 

.35)  Aus  der  von  dem  Kurfürsten  der  Universität  darüber  zu- 
gestellten Urkunde  heben  wir  Folgendes  hervor:  »Und  als  auch 
ihr  bisshero  Im  Bapstumb  drey  Präbenden  im  Stifft  zum  hailigen 
Gaist  zu  conferiren  gehabt,  So  wollen  wir  zu  mehrerem  aufnemen, 
gedeyen,  vnd  wolfarth  vnserer  Universität  hiemit  gnediglich  be- 


266        I'  Biiu^,  L  Periode,  4.  M9<^iU.   (141(^143$,) 

übrigen  noch  flüssigen  Gefälle  des  Stiftes  flössen  in  die 
geistliche  Güter-Verwaltung  *^. 

§5- 
Die  Kirche  zum  H.  Geist 


Die  Kirche,  früher  Capelle,  zum  H.  Geist,  mit  welcher 
dieses  Stift  verbimden  war,  ist  sehr  alt.  Schon  im  Jahre 
1239  kommt  sie  in  einer  Schönauer  Urkunde  vor.  Durch 
diese  vermachte  die  Wittwe  des  Heidelberger  Bürgers 
Markolf,  Namei^  Hildegund,  ihre  an  dem  Neckar 
in  der  Nähe  der  Stadtmauer  gelegene  Mühle  dem  Elost^ 
Schönau  unter  der  Bedingung,  dass  die  dortigen  Mdnche 


inUigen  ynd  zttlassen,  das  nbim  hinftirbass  die  gefeU  solcher  dreyer 
prebenden  tnd  canonicat,  zu  dem  alten  Fisco  üniverBitatis  dhienea 
Ynd  eingezogen,  auch  bei  der  Uniyersitet  ewiglichen  yerbleyben,  Der- 
gestalt who  etwa  alte  betagte  professores  vnd  Begenten,  welche 
der  Schnei  loblich  ynd  Nntzlich  fflrgestanden,  ynd  aber  alters  oder 
Leibs  Ynyermogens  halb  nit  mher  fnr  sein  konnten,  das  dieselbige 
Jder  zeit,  auf  empfangenen  bericht,  wies  mit  Inen  beschafFen,  mit 
dieser  Canonicat  ynd  prebenden  einer  yon  euch  die  Zeit  ihres 
lebens  oder  so  lang  yor  guet  angesehen  wurdet,  mit  ynserm  oder 
ynser  erben  fnrwiasen,  begabt  ynd  bedacht  werden  mögen.«  Annall. 
Univ.  T.  VII.  F.  266»  a. 

In  derselben  Urkunde  wurde  dem  Heinrich  Stolo  ein  Ca- 
nonicat »sammt  der  zugehörig  Behausung«  auf  Lebenszeit  yerliehen, 
doch  mit  der  Bedingung,  dass  er  »sein  lectur  noch  ein  Jar,  zwei 
oder  drei,  so  lange  ihm  gelieben  wurdet,  versehe  vnd  derselben 
Lecturn  gefelle  neben  dem  andern  sich  als  lang  er  der  Lector  fOr- 
steen  wurdet  auch  gebrauchen  soll.«  Dasselbe  Canonicat  hatte 
vorher  Johann  Seitz  als  Professor  emeritus.  Ibid.  F.  356,  b. 
Die  Eingabe  des  Bectors  und  der  Universiät  an  Otto  Heinrieh, 
in  welcher  Stolo  zu  diesem  Canonicat  empfohlen  wird,  s.  ebend. 
F.  225,  a  ff.  Ueber  die  weitern  Verhandlungen  vergl.  dort  F.  241,  b. 
245,  a.  254,  a. 

36)  Die  Gefälle  und  Güter  der  eingezogenen  Stifter  und  Klöster 
wurden  in  Eine  Masse  geworfen,  und  ans  ihnen  »zur  Erhaltung 
der  Kirchen  und  Schulen  und  andern  milden  Sachen« 
cm  Centralfond  unter  dem  Namen  »Geisfliehe  Gflter-Verwal* 
tnng«  gebildet.  Neueste  BeHgionsverfass.  d.  Beform.  S.  133  ff. 
Wundt,  Pfalz.  Kirchengesch.  S.  51. 


Die  Kirthe  tum  H.  CMat.  267 

dieser  Gapelle  zum  Bebufe  eines  evrigen  Lichtes  jähr- 
lich das  erforderliche  Oel  verabreichen  sollten®^).  Dass 
in  dersdbeo  bei  der  feierlichen  Eröfihung  der  Universi- 
tftt  (1386)  ein  feierliches  Hochamt  und  die  Leidienrede 
auf  Marsilius  gehalten  wurde^  ist  schon  (S.  129  u.  220) 
mitgetheilt  worden.  Das  hohe  Alter  der  Kirche  steht 
deshalb  nicht  in  Frage;  wohl  aber  herrscht  eine  VBr- 
Bchiedenheit  der  Ansichten  darüber,  wer  der  oder  die 
Erbauer  der  jetzigen  Heiliggeist-Eirche  gewesen 
sind»«). 

Auf  historische  Zeugnisse  gestützt,  glauben  wir  als 
ausgemafebt  annehmen  zu  dürfen,  dass  Kurfürst  und  König 
Bup  recht  in.  den  Grund  zu  dem  jetzigen  Gebäude  gelegt 
und  dasselbe  grossen  Theils  ausgeführt  hat '').  Spricht  die 
(S.  251,  Note  54)  angeführte  Inschrift  dafür,  so  hebt  das 
seinem  Vater  von  L  u  d  w  i  g  III.  gesetzte  Grabdenkmal  jeden 
Zweifel.  Früher  befand  es  sich  auf  hohem  Postamente 
vor  dem  Hochaltare,  jetzt  aber  ist  es  in  der  Scheidewand 
der  Kirche  eingemauert  und  zwar  so  tief,  dass  sogar  die 
Inschrift  zum  Theil  verdeckt  ist.  Auf  dieser  wurd  Ru- 
precht III.  »hujus  sacrae  aedis  institutor«  genannt.  Einen 
weiteren  Beweis  liefert  der  in  der  Mitte  des  Hauptge- 
wölbes über  dem  Altare  angebrachte  Reichsadler,  welcher 
auf  Ruprecht  III.  als  deutschen  König  deutet. 

Mit  der  Kirche  gründete  König  Ruprecht  auch 
zugleich  die  fürstliche  Familiengruft,  in  welcher  er  und 
seine  Nachfolger  in  der  Kurwürde  bis  zum  letzten  Spröss- 
linge  des  Kalz-Simmerischen  Geschlechts,  dem  Kurfürsten 
Karl  (t  1685),  beigesetzt  wurden*®).    Ruprecht  I.  fand 


37)  Die  Urkunde  ist  bei  Gnden,  SyUog.  var.  diplom.  p.  193. 

88)  PareuB,  Bist.  Pal.  p.  174.  Tolner,  Bist.  Palat.  p.  61. 
Zeiler,  Topogr.  p.  24.  Freher,  Origg.  Palat  p.  104.  Acta  Palat 
T.  I.  p.  882.    Kays  er,  Heidelb.  B.  88. 

39)  Nach  Andern  legte  schon  EnrftlrBt  Ruprecht  I.  den 
Grund.    Mejeger,  Heidelb.  Sohloss,  S.  6. 

40)  Die  Inschriften  der  Grabdenkm&ler  sind  bei  Adami, 
p.  1  sqq. 


268       -f*  ^<^^*  I'  Periode.  4.  ÄbaehnUt.   (1410—1436.) 

in  Neustadt  (S.  179)  und  Ruprecht  II.  in  Schönau 
(S.  219)  seine  Euhestätte. 

Das  Chor  in  der  Kirche  wurde  im  Jahre  1400,  noch 
unter  Ruprecht  III.,  ausgebaut  und  das  Langhaus  von 
seinem  Sohne  Ludwig  III.  schon  im  Jahre  1413  seiner 
Vollendung  nahe  gebracht. 

Die  nachfolgenden  Kurfürsten  zeigten  einen  gleichen 
Eifer  für  den  würdigen  Ausbau  dieser  Kirche,  und  da  es 
besonders  zur  Vollendung  des  Thurmes  an  den  nöüiigen 
Mitteln  fehlte,  so  war  Friedrich  I.  diese  herbeizuschaffen 
bemüht*^).  Doch  scheint  der  Thurmbau,  nachd^n  das 
Langhaus  schon  fräher  vollendet  worden*^,  erst  unter 
dessen  beiden  Nachfolgern,  Philipp  und  Ludwig  V., 
beendigt  worden  zu  sein,  da  eine  Inschrift  das  Jahr  1508 
bezeichnet,  in  welchem  man  zur  Vollendung  des  Thurmes 
schritt*^). 

§  6. 

Theilnahme  der  Universität  an  der  Kirchenverscmamr 
lung    in    Constanz.      Johann   Hus    und   Hieronymm 

von  Prag  1414. 

Die  Beseitigung  des  schon  seit  längerer  Zeit  bestehenden 
kirchlichen  Schisma  und  die  so  genannte  Reformation  der 
Kirche  an  Haupt  und  Gliedern  waren  schon  längere  Zeit 
eine  wichtige  Sorge  der  angesehensten  Theologen,  Pete  r' s 
von  Ailly,  Canzlers  in  Paris,  und  seines  Nachfolgers, 
Johann  Gerson's,  so  wie  Nicolaus  von  Ciamenge' s, 
(1393  Rectors  der  Universität  in  Paris),  Heinrich' s  von 


41)  Tolner,  Add.  p.  117. 

42)  Schon  1487  wurden  die  Plätze  zwischen  den  Str^epfeilem 
an  der  Kirche  von  dem  Stifte  an  die  Stadt  verkauft  (Pfalz.  Ckh 
pialb.  Nr.  18.  F.  156.  158).  Diese  gab  sie  an  verschiedene  Gewerbe 
in  Erbpacht,  ohne  sie  später  wieder  einzulösen.  Die  Plätze  worden 
zu  Lädchen  (Erambuden)  benutzt,  was  sie  jetzt  noch  sind. 

43)  Ausführliches  findet  sich  in  der  Beschreibung  und  Gesch. 
der  H.  Geistk.  in  Heidelberg.    Herausgeg.  von  Leupold  (1853). 


KirchenversammhinCkmsiemz.  Hu8U.Hieronffmu$v.Pr<ig,    269 

Langenstein  in  Wien  u.  A. **).  Aber  alle  Versuche, 
Einigkeit  und  Ordnung  in  der  Kirche  herzustellen,  waren 
umsonst.  Da  gewann  man  die  üeberzeugung ,  dass  kein 
anderes  Mittel  übrig  bleibe,  als  eine  allgemeine  Kirchen- 
Versammlung  *^).  Die  meisten  Cardinäle  von  beiden 
Theilen  vereinigten  sich  in  dieser  Absicht  und  vertraten, 
auf  das  Gutachten  einiger  Universitäten,  zu  Pisa  (1409),  in 
Gemeinschaft  mit  einer  grossen  Anzahl  von  Bischöfen  und 
Prälaten,  von  Abgesandten  der  Staaten*^  und  von  Doc- 
toren  der  Universitäten  aus  verschiedenen  Ländern  — 
doch  war  die  Universität  Heidelberg  nicht  eingeladen 
worden  —  die  allgemeine  Kirche,  setzten  die  beiden 
damaligen  Päpste  Gregor  XII.  (Angelus  Corarius)  und 
Benedict  XIII.  (Petrus  de  Luna)  ab  und  wählten  aus 
ihrer  Mitte  Alexander  V.  zum  Papste*^.  Statt  zweier 
Päpste  hatte  man  jetzt  drei;  denn  obgleich  die  meisten 
Länder  Alexander  V.  anerkannten,  so  hatte  Gregor  XII. 
noch  Neapel,  mehrere  kleinere  Staaten  in  Italien  und  die 
deutsdien  Bischöfe  von  Trier,  Speyer  und  Worms  auf 
seiner  Seite,  Benedict  XIIL  aber  Spanien  und  Schott- 
land. Alexander  starb  jedoch  schon  im  Jahre  1410 
und  Johannes  XXIII.  (Balthasar  Gossa)  wurde  dessen 
Nachfolger  **). 

44)  üeber  die  Stellung  der  üniyersität  Paris  zu  den  damaligen 
kirchlichen  Verhältnissen  und  über  Langenstein  vergl.  Hart- 
wig,  Leben  Langenstein's. 

45)  Wessenberg,  Die  grossen  Kirchen  -  Versammlungen  des 
15.  u.  16.  Jahrh.  B.  II.  S.  3  ff.  (»Die  zunehmende  Zerrüttung  der 
Kirche  ruft  nach  Reform c.) 

46)  Von  Ruprecht  III.  wurde  Bisehof  Matthäus  yon  Worms 
yeraalasst,  nach  Pisa  zu  gehen.  Uli  mann,  Joh.  Wessel  S.  838. 
Dass  Ruprecht  an  der  Wiederherstellung  des  Friedens  und  der 
Einigkeit  sehr  viel  gelegen  war,  beweist  sein  Brief  an  die  Züricher 
in  Simmler's  Samml.  alter  u.  neuer  Urkunden  z.  Beleuchtung  der 
Eirdiengesdi.  Tbl.  L  S.  15  ff. 

47)  üeber  das  Concilium  in  Pisa  yergl.  Wessenberg,  S.  53. 

48)  Henke,  S.  844.  G  i  e  s  e  1  e  r ,  Eirchengesch.  B.  II.  Abth.  4. 
S.  8  ff .  Vierordt,  B.  I.  S.  8  ff.  —  In  diesen  Werken  sind  auch 
die  QueUen  genau  nachgewiesen. 


270       I'  Buch.  L  Periode,  4.  Abaehmtt.  (U10-'14a^) 

Da  nun  in  Pisa  der  beabsichtigte  Zweck,  Ein^keit 
und  OrdAong  in  der  Kifche  herzustellen,  nicht  erreiefat 
wurde,  so  richtete  man  die  Aufmerksamkeit  wieder  ^ 
eine  aBgemeine  Kirchen -Versammluug,  welche  Ton  einer 
höheren  Gewalt  unterstützt  und  weniger  Öbereilt  werdet 
sollte.  Kaiser  Sigmund,  Buprecht's  SL  Nachfolger 
(1410),  wurde  durch  die  Stimmen  der  ganzen  Christenheit 
aufgefordert,  das  grosse  Werk  zu  Stande  zu  bringen,  und 
es  gelang  ihm,  den  Papst  Johann  XXIIL  zu  besümmm, 
ein  allgemeines  Concilium  nach  Gonstani^')  zu  berufen  ^^« . 

Der  Kaiser  traf  in  den  letzten  Tagen  des  Jahres  1414 
in  dieser  Stadt  ein.  In  Heidelberg  war  er  am  7.  September 
angekommen  ^^X  von  wo  ihn  der  ihm  sehr  ergebene  Kur- 
fürst mit  j200  Lanzen  nach  Aachen  zu  der  auf  den  8.  No^ 


49}  Die  oft  Yorkommende  Benennang  Gostnitz  für  Gonstanzy 
welche  sich  seit  der  Zeit  des  Constanzer  Conciliums  durch  die 
Böhmen  und  ihre  Schriften  gestaltet  und  ausgebildet  hat^  ist  töHig 
undeufesch  und  gehört  der  slayisehen  Zange  an,  wie  LigiiiK  Im 
ganzen  Mittelalter  heisst  die  Stadt  m  den  Urkunden  Costenz  und 
Costanz  (mit  Auslassung  des  Buchstaben  n,  wie  kosten  von  constare 
und!  mustern  von  monstrare).  Erst  im  18.  Jahrhundert  kommt 
da»  Wort  wieder  obae  Verkarsan^  als  Constanz  yof.  Ben  NameH 
hat  die  Stadt  wahrscheinlich  von  dem  Kaiser  Gonsta^ntius  Ghla« 
rus  oder  seinem  Sohne  Gons tantin  dem  Grossen.  Der  älteste 
Theil  der  Stadt  besteht  ans)  der  Insel,  auf  weicher  ein  Bomisches 
Castell  war.  Ei  sei  ein,  Geach.  d.  Stadt  Gonstan^r  S.  2  ff.  Doeli* 
yergl.  auch  Marmor,  Topographie  der  Stadt  Gosstanz^  S.  5  ff. 

.50)  Wessenberg,  S.  71  ff.    Marmor,  Dae  GoncH  zu  Gon-  . 
stAiiz  und  desden  Fahrev  durch  das  alte  und  neue  Gonstana. 

51)  Dem  Kaiser  war  Ludwig  mit  »einen  beiden  Brtidiern, 
dmi  Pfakgrafeui  Stephan  und  Otto,  entgegengeaogen^  und  hatte 
ilm  auf  seine  Kosten  den  Wmxi  yon  Btrassbuig  hilt«b  bis  S)peyer 
fahren  lassen«  Am  7.  September,  wo  der  Kaiser  seinen  Eintufr  in 
Heidelberg  hielt,  wuvde  er  Ton  dem  Kurfftarflleny  der  Geistiishkeit 
und  der  Untvetsität.  auf  das  FeierUcfaste  empfhagen«  AasfAhriidiei 
berichtet  darüber  das  Gal.  acad.  IL  d.  d.  7.  Septsmber  1414 
Leodins,  De  yita^  Friderid  IL  p.  30i;  902.  Die  Einladimg  an 
die  Professoren  und  alle  Mkglieder  4ier  Universitilt  zum  Emplange 
dfta  Kaisers  Ml  der  Kirehe  zu»  HL  Geist  ist  im  Gopialbi  d.  üniv. 
F.  17,  b. 


ZtrcfcflHMgrwintirf.  in  CamiUmg,  Hus  u,  BierimymuB  9,  Frag,   271 

Tember  festgesetzten  Krönnng  begleitete  ^^.  Etwas  später, 
als  der  Kaiser,  in  den  ersten  Tagen  des  Jahres  1415, 
langte  auch  der  Kurfürst  in  Gonstanz  an.  In  seinem 
Oefolge  befanden  sich  Pfälzische  Edle  ans  den  meisteD 
bedeutenden  Geschlechtern:  vcm  Hirschhorn,  Sickin* 
gen,  Bosenberg,  Helmstädt  uoid  viele  andere. 

Von  der  UniTersität  Heidelberg^')  wohnten  unter 
Anderen  dem  Goneilium  bei:  Jauer  und  Susato, 
Doctoren  und  Professoren  der  Theologie,  Jacob  Molher,. 
Magister  der  Theologie,  Heinrich  Erenuels  und  Job 
Vener,  bade  Doctoren  der  Jurisprudenz,  Johann 
Scharpff,  Ldcentiat  der  Jurisprudenz^^).  Die  Namen 
dieser  Männer  Terdieaien  aber  um  so  mehr  angefahrt  zu 
werden,  als  der  Kurfttrst,  welcher  hi  der  Eigenschaft  des 
kaiserlidien  Stellvertreters  und  als  Reiehsrichter  dem 
Concilium  anwohnte,  und  f&r  Alles,  was  die  ^ch^hett 
mid  öffentliche  Ordnung  anging,  zu  sorgen  hatte ^^),  in 
kirchlichai  Dingen  nichte  ohne  ihren  Kath  unternahm  ^^. 

Hierbei  hab«i  wir  noch  besonders  m  erwähnen, 
dass  das  grösste  Ansehen  auf  diesem,  wie  auf  dem  Basler 
Condlium,  nicht  die  vielen  Hunderte  von  vornehmen 
G^stlicben,  welche  dort  zusammen  gekommen  waren^ 
hatten,  sondern  die  Gelehrten  ana  allen  Ländern  Ewropa'Sk. 
An  sie  wandten  sich  die  Väter  des  Condliuma  in  allen 
Angelegenheiten,  es  mochten  Disputationen  zu  halten, 
Cfesandte  an  Fürsten  und  Päpste  zu  schicken,  Briefe  an 


52)  Schlosser,  Weltgesch.  B.  IX.  S.  134  f.  Wessenberg^ 
8.  75  ff.     Ueber  Sigmund  Tcrgl.  dessen  Gesch.  von  Aschbach. 

5^)  Ueber  die  Theibiahme  der  Universität  Erfurt  am  Concilium 
yergl.  Kampsehulte,  Die  Uböt.  £rf«rt  Th.  I.  S»  12  ff. 

54)  In  einemis Annan.  Univ:  T.  L  F.  109,  b  unter d^AuAehrift:  >Le- 
gt/do  ümversitatit  ftd  GondMum  GonstantienM«  aolbewalcten  Acten« 
Stacke  shid/die  näheren  Beitimniuagen  fto  die  dat  Goncyiumbeiucfaen« 
den  Mitglieder  der  Universit&t  enthalten.  VglauchHausses,  S.  272  ff. 

66)  We90enberg,  a  119.  \M. 

ö#)  J  u  ng,  Acad.  Heidettiu  act^  ad  ooacü.  Const  Baal  Florent . 
p.  XO.    B^tting^er,.  Colleg.  Sapient  restitok.  p.  d«  53. 


272       i'  S^^'  ^'  Periode.  4.  MschmU.   (UlO^uaß.) 

erlauchte  Personen  zu  schreiben  oder  Berathschlagung^ 
vorzubereiten  oder  zu  leiten  sein*^). 

Johann  XXIU.  eröfihete  am  5.  November  1414  das 
Concilium  mit  allen  päpstlichen  Ehren;  aber  das  lieber- 
gewicht  der  italienischen  Stimmen,  welches  auf  den  früheren 
Synoden  stets  zu  Gunsten  der  Päpste  gewesen  war,  verlor  sich 
alsbald  durch  den  Beschluss,  dass  nach  Nationen  gestimmt 
werden  sollte.  Bei  dem  allgemeinen  Wunsche,  das  Schisma 
-zu  beseitigen,  machte  sich  sogleich  die  Ansicht  in  der 
Versammlung  geltend,  die  Beschlüsse  von  Pisa,  auf  wel* 
chen  Johann's  XXIII.  Rechte  ruhten,  aufzuheben  und 
alle  drei  Päpste  zu  freiwilliger  Abdankung  zu  bewegen» 

Johann  XXIU.  sah  sich  genöthigt,  als  eine  schwere 
Anklage  eine  Untersudiung  gegen  ihn  herbeizuführen 
drohte,  am  2.  März  1415  seine  Abdankung  zu  versprechen, 
machte  aber  durch  seine  plötzliche  Flacht  seine  Sache 
nur  schlimmer.  Es  folgte  eine  Reihe  kräftiger  und 
entschiedener  EntSchliessungen  über  die  Rechte  eines 
allgemeinen  Conciliums  imd  über  des  Papstes  pflicht- 
mässige  Unterwürfigkeit  unter  dasselbe.  Der  entflohene 
Papst  wurde  auf  seiner  Flucht  ergriffen,  und,  als  man  ihn 
?deder  eingebracht  hatte,  ein  förmlicher  Griminalproz^  ge- 
gen  ihn  erhoben,  welcher  mit  seiner  Absetzung  endigte^^. 
Der  zweite  Papst,  Gregor  XII.,  dankte  freiwillig  ab. 
Der  dritte  aber,  Benedict  XIII.,  war  dazu  nicht  zu  be- 
wegen. Indessen  erklärte  man  ihn  für  abgesetzt  und 
schritt  am  11.  November  1417  zu  einer  neuen  Wahl, 
welche  auf  Martin  V.  (Otto  von  Colonna)  fieP*).    Sie 


57)  Launoi,  Hist.  CoUeg.  Nayarr.  T.  I.  p.  126. 

58)  Johann  XXIII.  war  erst  zu  Heidelberg,  dann  zu  Mann- 
heim in  Gewahrsam,  erkaufte  sich  for  30,000  Qoldgolden  U18  die 
Freiheit  und  starb  als  Cardinal -Bischof  zu  FrascatL  YergL  auch 
Gieseler,  S.  22  ff. 

59)  Das  »Instrumentum  publicum  de  Electione  et  Coronatione 
Martini  y.  promulgata  et  ab  Academia  Heidelbergensi  acceptata« 
ist  abgedruckt  bei  Jung,  p.  26';*d0.    Die  Bulle,  in  welcher  Mar- 


Kirchemenamml.  in  CanHang.  Hua  «.  Hieronymm  v.  Prag.    273 

wurde  tob  den  23  Gardioaien  imd  30  andern  Wählern 
vollzogen,  welche  letztere  man  blos  fiir  die  jetzige  Wahl 
hinzufügte,  und  zwar  aus  jeder  der  5  (der  deutschen, 
engßseben,  französischen ,  spanischen  und  italienischen) 
Nationen  6,  wobei  sich  unter  den  Deutschen  auch  Su- 
sato  be&nd*^. 

Der  gewünschte  Eirchenfriede  schien  nun  ilnsserlich 
hergestellt.  Benedicts  XUI.  Widerstand  war  sdiwacb, 
und,  als  nach  dessen  Tode  (1426)  der  statt  seiner  ge- 
wählte Papst  Clemens  YIII.^^)  (1429)  nachgab,  so  hatte 
damit  das  kirddiche  ScMsma  sein  Ende  erreidit^^. 

Was  nun  insbesondere  noch  einzelne  Professoren  der 
Universität  Heidelberg  betrifft,  wddie  dem  Concilium  bei- 
wehnten,  so  ist  neben  Susato^^)  besonders  Jauer  zu 
erwähnen.  Er  war  einer  der  ausgezeichnetsten  dort  an* 
wesenden  Theologen**),  und,  als  darüber  verhandelt  wurde, 
ob,  bevor  man  zu  andern  Verhandlungen  übergehe,  zuerst 
ein  Papst' gewählt  werden  müsse,  so  fiel  auf  ihn  die  Wahl, 
im  Namen  des  Kaisers  und  der  deutschen  Nation  in  d^ 
Versammlung  dafür  zu  sprechen,  dass  man  vor  der  Papst- 
wahl die  Reformation  der  Kirche  wolle.  Er  that  dieses 
auch  am  3.  October  1417*^),  ohne  jedoch  seinen  Zweck 


tin  y.  der  Universität  seine  Wahl  mittheilt,  ist  noch  im  Original 
(UmT.-Arch.  nnter  Nr.  106)  yorhimden. 

60)  Vierordt,  B.  I.  S.  8. 

61)  Von  dieser  Wahl  setzte  der  Papst*  Martin  Y.  am  15.  Sep- 
tember 1426  die  üniversit&t  in  Eenntniss.  In  ihrer  Antwort  vom  18. 
September  widerholte  sie  das  früh^  (1417)  schon  gegebene  Gelöbniss 
des  Gehorsams  und  der  Unterthänigkeit  Die  betreffenden  Acten*- 
Stacke  sind  bei  Jung,  S.31.33.  Yergl.auehAnnall.Uniy. T.II. F.54. 

62)  Henke,  S.  349. 

63)  Ex  facultate  sacra  Heidelbergensi  (1417)  concilio  Constan- 
tiensi  (Sasato)  eximia  tum  sni  tum  Academiae  nostrae  commenda- 
tione  interfuit  atque  egregiam  ecclesiae  operam  locayit.  Schwab,, 
P.  I.  p.  24. 

64)  Schwab,  P.  I.  p.  32.  33.    Yierordt,  S.  7  ff. 

65)  YanderHardt,  conc.  Constant.  corp.  Actor.  T.IY.  p.45; 
Aus  der  Bede  selbst  theilt  Yierordt  S.  7  den  Hauptinhalt  mit. 

Haute,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  18 


274       L  Buch.  I.  Periode.  4.  AhschmU.   (lUO-^^lUe.) 

ZU  erreichen.  »Alles«,  klagt  der  damals  lebende  Chronist 
Dacher,  »was  der  Kaiser  Sigmund  auf  diesem  Con- 
cilio  von  der  Pfafifheit  erwirken  konnte,  ist  das  Bekennt- 
niss  ihrer  vielen  Gebrechen  und  Fehler.  Die  Hinrichtung 
des  Johann  Hus  und  Hieronymus  von  Prag  abge- 
rechnet, hat  man  weiter  nichts  wahrgenommen,  als  Messen, 
Segen  austheilen,  Prozessionen.  Das  Concilium  ist  zer- 
gangen und  kein  Reformation  gemacht  worden,  wie  der 
König  in  Deutschland  gewollt  und  begehrt  hat«  ^^. 

In  wie  weit  die  Heidelberger  Professoren  sich  an  dmn 
Ketzerprozess  gegen  den  edeln  Zeugen  des  Evangeliums, 
Johann  Hus,  betheiligten,  welcher,  nachdem  er  am  3. 
November  1414  in  Constanz  eingetroffen  war,  trotz  des 
ihm  vom  Kaiser  Sigmund  versprochene  Sicheren  Ge- 
leites, am  6.  Juli  141Ö  zum  Feuertode  verurtbeiit  und 
verbrannt  wurde  ^0,  lässt  sich  aus  unsem  Acten  nicht  er- 

66)  Dacher  bei  Vierordt,  8.8.  Eiselein,  Gesch.  v.  Const. 
S.  41.  Menzel  (Gesch.  d.  Deutschen  S.  477)  spricht  sich  über 
Sigmund  also  aus :  »Kaiser  Sigmund  zeigte  sich  iin  Allgemeinen 
auf  dem  Gondlium  zu  Gonstanz  mehr  eitel  als  thatkräftig.  Als  er 
vor  dem  Goncilium  sagte:  »Dato  operam,  ut  iUa  nefanda  schisma 
eradicetur«,  und  ein  Cardinal  ihm  zurief:  »Domine,  schisma  est 
generis  neutriusc,  erwiederte  er:  »Si  supra  leges  sumas,  quare 
supra  Grammaticam  esse  non  possumus?«  Wimpfeling,  Remm 
Germanar.  Epitome  p.  148.  Ebendort  p.  149  sagt  derselbe: 
»Sigismundum  latinum  et  sapientem  fuisse.«  —  Die  Sitten- 
losig  keit  war  auf  diesem  Concilium,  besonders  weil  die  Krank- 
heit der  bösen  Blattern  oder  Franzosen  (lues  Venerea)  noch  schlum- 
merte, sehr  gross.  Da  eher  hatte  von  seinem  Herrn,  Herzog 
B u d  0 1  p h  von  Sachsen,  den  Auftrag  erhalten ,  mit  Burkhard 
von  Haggelbach,  »der  guot  zu  solchen •  Sachen  was < ,  nadizu- 
forschen,  wie  viele  »gemaine  frawen«  in  Constanz  wären.  Da  fand 
er  700  und  wollte  »nit  mehr  suochen«.  Nach  Dach  er' s  weiterem 
Berichte  hat  auch  ein  Constanzer  BOrger  seine  Frau  den  Canzlem 
des  Kaisers  um  500  Gold  gülden  preisgegeben  und  sich  für  diesen 
Lohn  ein  Haus  gekauft.  —  Eine«  Buhlerin  soll  sich  mit  ihrem  Ge- 
werbe 800  fl.  während  des  Concils  verdient  haben.  Eiselein,  S.  64. 
—  In  dem  Univ.-Arch.,  Nr.  321,  findet  sich  ein  Reimspruch  über 
dieses  Concilium,  gedichtet  von  Prise  buch  von  Augsburg,  einge- 
fügt in  die  »ReimbibeU. 

67)  Sehr  interessante  Mittheilungen  über -Hus  und  Hierony- 


Kirchenvirsamiml,  in  Canstane,  Hua  u.  Hiaranymus  v,  Frag.   275 

mitteln.  Eben  so  wenig  ist  dieses  bei  Hieronymus 
von  Prag  der  Fall,  welcher  am  30.  Mai  1416  dasselbe 
Schicksal  erlitt,  welches  Hus  betroffen  hatte  ^^).  Das 
aber  scheint  glaublich,  dass  die  Väter  des  Conciliums 
meinten,  die  Flamme,  in  welcher  Hus  und  sein  Freund 
ihren  Tod  fanden.,  werde  Einheit,  Ruhe  und  Friede  in 
die  Kirche  zurück  bringen  ^^. 

Das  gegen  Hus  ausgesprochene  ürtheil  hatte  der 
Kurfürst  von  der  Pfalz,  Ludwig  III.,  als  Reichsrichter, 
zu  vollziehen.  Diese  Haadlung  wurde  von  dessen  prote- 
stantischen Nachkommen  anders,  als  von  ihm  und  seiner 
Zeit,  angesehen.  Der  letzte  kinderlose  Sprössling  der 
Heidelberger   Kurlinie,    Otto   Heinrich,    mit  welchem 


mus  finden  sich  bei  Tomek,  S.  103  ff.  Die  Universität  Prag 
trat  1417  ofifen  gegen  das  Goncilium  zu  Gonstanz  auf,  und  in  Folge 
des  von  ihr  in  demselben  Jahre  bekannt  gemachten  Zeugnisses 
über  Busses  Lebenswandel  wurden  er  und  Hieronymus  von 
dem  ganzen  Volke,  welches  der  neuen  Lehre  anhing,  für  heilige 
Märtyrer  gehalten  und  als  solche  verehrt.  Ebend.  S.  105.  106. 
Vergl.  auch  Wessenberg,  S.  120  ff.  Eiselein,  S.  42  ff.  Eben- 
dort:  »Martin  Luther' s,  des  Deutschen  von  echtem  schrot  und 
körn,  gedanken  über  die  brieve  des  Johannes  Hus«  S.  93 — 97. 
Schlosser,  B.  IX.  S.  140 ff.  Genaue  Nachweisungen  über  H u s s e s 
und  Hieronymus'  Herberge,  Gefängniss,  Verbrennung  s.  bei 
Marmor,  Topogr.  von  Gonstanz  S.  31.  89.  100.  123.  137.  180.  181. 
Vergl.  auch  dessen  Goncil  zu  Gonstanz  S.  47  ff. 

An  demselben  Tage,  an  welchem  Hus s es  Todesurtheil  ge- 
sprochen worden,  wurden  auch  seine  Schriften  verbrannt,  wobei 
der  vorher  seiner  geistlichen  Würden  beraubte  Mann  zusehen 
musste.  Marmor,  Topogr.  S.  294.  305.  Noch  führen  wir  an, 
dass  nach  öffentlichen  Blättern  Professor  Höfler  in  der  k.  k. 
Bibliothek  in  Prag  ein  Bruchstück  eines  von  Hus  in  Gonstanz 
geführten  Tagebuches  aufgefunden  hat,  von  welchem  wir  jedoch 
keine  nähere  Eenntniss  haben. 

68)  Die  Erbitterung  gegen  Hieronymus  war  noch  grösser, 
als  die  gegen  Hus,  weil  die  Pariser,  Cölner  und  Heidelberger 
Theologen,  deren  Vorlesungen  er  besucht  hatte,  ihn  wieder  erkann- 
ten und  ausriefen:  »Dieser  Mann  sei  von  jeher  zu  jeder 
Hederoxie  geneig4;  gewesen«.  Schlosser,  B.  IX.  S.  140. 
Kortüm  u.  Reichlin-Meldegg,  Gesch.  Europa's,  B.  II.  S.  20. 

69)  Wessenberg,   S.  167. 

18'» 


276       I'  J^wcÄ.  J.  Periode.  4.  Jhschnitt.    (lilO-^USe.) 

Ludwig's  in.  Stamm  erlosch,  betrachtete  es  als  Gottes 
Fügung  und  gerechte  Strafe, 

»dasB  der  Stamm  yerdorrete,  desseo  Orflnder  sich  mit  dem 
Blnte  eines  Zeugen  der  Wahrheit  befleckt  habe«  '*). 

Vom  KaiBor  aber  sagt  Wessenberg^^): 

»Die  schwerste  Schmach  fiel  auf  Sigmund's  kronom- 
strahltes  Haupt;  die  Folgeeeit  hat  sie  nicht  von  ihm  weg- 
genommen. Der  oberste  Schirmherr  der  Kirche  yergass,  dass 
er  es  für  den  geringsten  wie  für  den  höchsten  Würdeträger 
in  ihr  sein  müsse,  und  dass  er  zwar  auch  den  verkehrten 
Zeitgeist  beachten,  aber  doch  aber  ihm  stehen  solle,  um  Ach- 
tung zu  gebieten.  Er  lieh  den  ScheingrOnden  des  hohen 
Klerus  und  der  Weltlichgesinnten  geneigtes  Gehör,  versagte 
es  aber  den  triftigsten  Vorstellungen  der  böhmischen  und 
mährischen  Edeln ,  welche  ihm  schriftlich  und  mündlich  zu 
Gemüthe  führten:  was  aus  Treu'  und  Glauben  werden  solle, 
wenn  er  seinem  Königsworte  nicSit  Geltung  verschaffe.« 

Marmor^*)  spricht  sich  dahin  aus: 

»Hätten  Kaiser  und  Concilium  die  geringste  Anlage  eines 
prophetischen  Geistes  gehabt,  so  würden  sie  leicht  haben 
voraussehen  können,  dass  aus  der  glühenden  Asche  yon 
Büchern  und  Gebeinen  im  weitentfemten  Böhmerlande  ein 
langer,  blutiger  und  grausamer  Krieg  entstehe,  und  dass 
1500  eingeäscherte  Dörfer  und  100  Städte  und  Burgen  ein 
helleres  Feuer  geben,  als  ein  paar  Bticher  und  wenige  Kleider 
zweier  Märtyrer  ^•)«. 

§7. 
Die  Theilnahme   der  Universität  an   der  Etrchenver- 

Sammlung  in  Basel,     Reichstag  zu  Nürnberg. 

Nach  einem  in  Constanz  gefassten  Beschlüsse  wurde 
in  Pavia  und  Siena  (1423  u.  1424)  ein  aUgeioeines  Con- 
cilium abgehalten.    Weil  dieses  aber  ohne  alle  Bedeutung 


70)  Alting,  Hist.  eccles.  Pakt  p.  168.  169.  Struv,  Pfölz. 
Kirchenhist.  S.  67.  68.    Häusser,  S.  279.  649. 

71)  A.  a.  0.  S.  176.  177.  178. 

72)  Topographie,  S.  305. 

73)  Dass  der  staatskluge  Ganzler  des  Kaisers,  Caspar  81  ick, 
den  Treubruch  missbilligte  und  jede  ojffene  Gewalt  widerrathen 
habe,  ist  noch  nicht  erwiesen.    Eiselein,  S.  74. 


Kircheuveirsaimmlung  in  Basel.  Bekhaiag  gu  Niimberg,     277 

und  Wirkung  gewesen  war,  so  wurde  in  Siena  die  Berufung 
eines  öcumenischen  Gonciliums  beschlossen,  welcbes  (1431) 
in  Basel  eröfbet  werden  sollte.  Dort  wollte  man  das  in 
Constanz  begonnene  Reformationawerk  vollenden.  Papst 
Martin  V.  war  damit  einverstanden  und  «rtheilte  (I.Fe- 
bruar 1431)  dem  Cardinale,  Julianus  Cesarini,  die 
Vollmacht,  als  ^päpstUcher  Legat  dem  Goncilium  vorzu- 
sitzen.  Doch  starb  Martin  V.  schon  am  20.  Februar, 
und  Eugen ius  IV.  bestieg  am  3.  März  den  päpstlichen 
Stuhl  '*).  unterdessen  versammelte  sich  zwar  das  Concüium 
in  Basel,  aber  so  langsam,  dass  es  anfangs  schien,  es 
werde  eben  so  unbedeutend  bleiben,  wie  das  frühere  zu 
Siena.  Doch  wegen  der  Hussitischen  Unruhen,  welche 
auch  Deutschland  in  ;nehrfacher  Hinsicht  bedrohten,  nahm 
das  Concüium  eine  selbstständigere  Haltung  an,  die  sich 
zuerst  in  der  Anknüpfung  von  Unterhandlungen  mit  den 
Hussiten  kund  gab.  Dadurch  aufgeschreckt,  wollte  der 
Papst  das  Concüium  aufheben;  aber  selbst  der  demselben 
versitzende  Cardinal  -  Legat  Julianus  widersprach  ihm, 
und  der  in  Constanz  unbefriedigt  gebliebene  Reformations- 
eifer erwachte  jetzt  in  Basel  mit  erhöheter  Lebhaftigkeit. 
Ohne  des  Papstes  zu  achten,  eröfiftiete  sich  die  Synode 
am  14.  December  1431  feierlich,  erneuerte  die  Constanzer 
Beschlüsse  über  die  Würde  allgemeiner  Concilien,  entbot 
den  Papst  und  die  Cardinäle  zu  sich,  und  fing  an,  sich 
in  jeder  Beziehung  als  höchste  kirchliche  Behörde  geltend 
zu  machen.  Durch  die  allgemeine  Beistimmung  ermuthigt, 
ging  das  Concilium  bald  von  Ermahnungen  zu  Drohungen, 
und  alsdann  zu  einem  gerichtlichen  Verfahren  gegen  den 
Papst  über.  Dieser  schien  zwar  anfangs  hartnäckig  wider- 
stehen zu  wollen,  allein  »durch  die  politischen  Verhältnisse 
in  Italien  bedrängt  und  von  einem  grossen  Theile  seiner 
Cardinäle'verlassen,  musste  er  sich  dennoch  entschliessen, 
in  Allem  nachzugeben,  und  die  päpstlichen  Legaten  wurden 


74)  Wessenberg,  Th.  II.  S.  271  ff. 


278        I'  Buch.   L  Periode.   4.  AhschniU.   (1410—1436.) 

erst  dann  zum  Vorsitze  zugelassen  (26.  April  1434),  nach- 
dem sie  sich  den  entschiedenen  Massregeln  des  Conciliums 
zur  Sicherung  seiner  Unabhängigkeit  gefügt  hatten'*). 

Dieses  Concilium  durch  Abgeordnete  zu  beschicken, 
schien  die  Universität  Heidelberg,  ohne  dass  aus  den 
noch  vorhandenen  Acten  die  Gründe  zu  ersehen  sind, 
nicht  geneigt.  Da  sie  jedoch  nicht  nur  im  Allgemeinen 
in  hohem  Ansehen  stand ,  sondern  auch  besonders 
Sigmund  grosses  Gewicht  auf  die  Einsicht  und  Ge- 
lehrsamkeit ihrer  Professoren  legte '^,  so  wandten 
sich,  um  sie  zur  Theilnahme  an  dem  Concilium  zu  be- 
wegen, bevor  noch  die  Sitzungen  eröffnet  waren,  unter 
dem  12.  April  1431  die  bereits  dort  eingetroffenen  Ab- 
geordneten der  Universität  Paris  (Universitatis  studii  Pari- 
siensis  ad  generale  concilium  Ambassatöres)  mit  einem 
Einladungsschreiben  an  sie ;  eine  gleiche  Einladung  schickte 
der  Präsident  des  Conciliums,  Cardinal-Legat  Julianus  ''^. 
Diesem  folgte  (16.  Februar  1432)  eine  Einladung  von 
dem  Papste  Eugenius  IV.  und  (4.  April  1432)  von  dem 
Kaiser  Sigmund  selbst. 

In  Folge  dieser  Einladungen  beschloss  die  Univer- 
sität am  19.  April  1432,  auch  von  ihrer  Seite  Abgeord- 
nete nach  Basel  zu  schicken,  und  sofort  wurden  die  Theo- 
logen Jauer  und  Gerhard  Brant'^  und  der  Professor 


75)  Gi eseler,  S.  13.  47.  52  bis  67 r  wo  auch  die  Quellen 
nachgewiesen  sind. 

76)  Jung,  1.  c.  p.  J.5. 

77)  Das  Schreiben,  welches  nicht  mehr  vorhanden  ist,  wurde 
am  24.  September  1431  im  academischen  Senate  vorgelesen.  Durch 
dasselbe  wurde  die  Universität  aufgefordert,  »ut  ipsa  aliquos  vires 
moribus  et  vita  approbatos  mitteret  ad  Conciliumc.  Annall.  Univ. 
T.  n.  F.  91,  b. 

78)  Brant,  geb.  in  der  Stadt  Deventer  und  Canonicus  bei  der 
Kirche  zum  H.  Andreas  in  Worms,  war  eben  sowohl  in  der 
Medicin,  als  auch  in  der  Philosophie  und  Theologie  bewandert  und 
auch  zuerst  als  Lehrer  in  der  philosophischen  Facultät,  deren  De- 
canat  er  zweimal  (1402  u.  1412)  bekleidet  hatte,  angestellt.  Später  trat 


KWf^^eiwersamnkmg  in  Basel,  Beiehstag  zu  Nürnberg.      279 

des  canonischen  Rechts,  Otto  von  Stein  (de  Lapide)'^), 
als  Deputirte  gewählt.  Jauer,  den  wir  schon  als  ein 
hefvorragendes  Mitglied  der  Kirchenversammlung  in  Con- 
stanz  kennen  gelernt  haben,  lehnte  jedoch  wegen  seines  hohen 
Alters  die  Wahl  ab.  Aber  auch  keiner  der  beiden  anderen 
reiste  in  dem  genannten  Jahre  nach  Basel  ab;  es  wurde 
vielmehr,  nachdem  die  Universität  den  Papst  in  einer 
besondem  Zuschrift  ihres  Gehorsams  versichert  hatte, 
am  17.  April  1433  eine  neue  Wahl  vorgenommen  und  in 
dieser  nur  Brant  gewählt®^),  ihm  aber  in  einer  am  7. 
Mai  1433  stattgehabten  Wahl  Stein  als  zweiter  Abge- 
ordneter der  Universität  beigegeben. 

'Was  den  Kostenaufwand  für  die  Abgeordneten  der 
letztem  betraf,  so  hatte  ihr  schon  früher  (1431) 
Ludwig  III.  versprochen ,  die  Hälfte  der  Kosten 
zu  tragen ,  und  die  Universität  den  Beschluss  ge- 
&sst,  die  Kosten  für  Einen  der  Abgeordneten  auf  ihre 
Kasse  zu  übernehmen®^).  Nach  vollzogener  Wahl  von 
zwei  Abgeordneten  übermachte  nun  die  Universität  am 
8.  Mai  dem  Kurfürsten  60  fl.,    bemerkte  aber  dabei  aus- 


er  in  die  theologische  Facult&t  ein  und  trag  Dogmatik  vor.  1413 
wurde  er  Stiftsherr  im  Stifte  zum  H.  Geiste.  Nach  dem  Pfalz. 
Copialb.  Nr.  10.  F.  123,  b  erhielt  er  1423  vom  Kurfürsten,  Lud- 
wig III.,  jährlich  100  fl.  vom  Zolle  zu  Bacharach,  unter  der  Be- 
dingung, »seiner  Lebtage  bei  dem  Studio  und  der  Universität  Heidel- 
berg verbleiben  zu  wollen«.  Rector  der  Universität  war  er  dreimal 
(1409,  1418,  1425).  Vor  seinem  hn  Jahre  1438  erfolgten  Tode  ver- 
machte er  der  Universität  seine  Bibliothek.  Schwab,  Syllab.  T.  I. 
p.  36. 37.  Ein  Yerzeichniss  seiner  Schriften  gibt  H  o  1 1  i  n  g  e  r ,  1.  c.  p.  58. 

79)  Stein  war  Canonicus  des  St.  Germans-  und  St.  Mauritius- 
Stiftes  in  Speyer.  Im  Jahre  1415  wurde  er  in  Heidelberg  »juris 
canonici  baccalaureus«  und  1421  »j.  c.  doctorc.  Rector  der  Uni- 
versität war  er  dreimal  (1421,  1430,  1435).   Schwab,  1.  c.  p.  44.  45. 

80)  In  verum,  certum,  legitimum  et  indubitatum  Ambassiatorem, 
Syndicum,  Procuratorem,  Actorem,  Factorem  et  Nuntium  generalem 
et  specialem.    Annall.  Univ.  T.  II.  F.  106,  b.    In  dem  Univ.-Arch. 
findet  sich,  ausser  anderen  Reden  von  Brant,  noch  ein  Bruchstück 
der  Rede,  welche  er  »Petro  et  Paulo  apost.«  in  Basel  gehalten  hat. 

81)  Annall.  Univ.  T.  II.  F.  91,  b. 


280       l'  ^Mcfc.  l'  Periode.  4.  Abeclmitt.   (1410'-143€.) 

drücklich,  an  dieser  Sumjne  hätte  sie  aus  ibrea  Mitteln 
20  fl.  gezahlt,  das  Uebrige  bei  den  Facultäten  und  zwar 
bei  der  theologischen  8  fl.,  der  juristischen  12  fl.  und  der 
artistischen  20  ft  darleihungsweise  aufgenommen  ^^.  Mit 
60  fl.,  glaubte  demnach  die  Universität,  könne  Ein^  der 
Abgeordneten  während  seines  Aufenthalts  in  Basel  aus- 
kommen, jeden  Falls  erwartend,  dass  der  Kurfürst  den 
Mehrbedarf  bestreiten  würde. 

Die  Abgeordneten  reisten  darauf  am  10.  Mai  nach 
BaseP^)  ab,  mit  einer  von  der  Universität  ausgesteUtea 
Vollmacht  für  sie,  als  »Procuratores«  und  »Legati«  zu 
handeln  ®*). 

Auf  der  Kirchenversammlung  in  Basel  wurde  die  in 
Constanz  zwar  vielfach  berathene,  aber  unvollkommen 
durchgesetzte  Kirchenreformation  ernstlich  wieder  aufge- 
nommen und  mehrere  kräftige  Beschlüsse  gefasst.  Dieses 
entschiedene  Verfahren  hatte  aber  bald  von  Neuem  ein 
gespanntes  Verhältniss  mit  dem  Papste  Eugenius  IV. 
zur  Folge,  und  beide  Theile  beschuldigten  sich  gegenseitig 
ungebührlicher  Anmassungen.  Als  nun  der  Papst,  zur 
grösseren  Geltendmachung  seines  Einflusses,  die  Ver- 
legung des  Goncils  nach  Italien  verlangte,  dieses  aber  von 
der  Versammlung  zurückgewiesen  wurde,  so  war  der 
Bruch  zwischen  beiden  Theilen  bald  entschieden.  Das 
Goncilium  setzte  am  31.  Juli  1437  den  Papst  in  Anklage- 
zustand.  Dieser  verlegte  nun  dasselbe  durch  eine  Bulle 
vom  18.  September  1437®*)  von  ,Basel  nach  Ferrara,  und 


82)  Annall.  Univ.  T.  II.  F.  107,  a. 

83)  Von  der  Universität  Erfurt  waren  schon  i.  J.  1432  als 
Abgeordnete  abgereist:  Nicolaus  Beyer,  Doctor  des  geistUchen 
Rechtes  und  Procanzler  der  Universität;  Matthäus  Döring, 
Doctor  der  Theologie;  Johann  Schunemann,  Doctor  der  Medi- 
cin  und  Arnold  Westphal,  welcher ' später  Bischof  zu  Lttfoeck 
wurde.    Erhard,  B.  I.  S.  171. 

84)  Annall.  Univ.  T.  IL  F.  107,  a. 

85)  Eine  Abschrift  dieser  Bulle  ist  in  Annall.  Univ.  T.  IL 
F.  147,  a.  b  und  im  Abdruck  bei  Jung,  p.  50.  51.    Der  genannten 


Kir€hmver$ammlimgmBu8eh  BiuMoig  mu  Nürnberg.     281 

lud  die  Universität  Heidelberg  in  einer  besondem  Bolle 
m  demselben  ein.  Dieser  Einladuqg  gab  aber  die  Uiü- 
yersität  keine  Folge,  und,  als  Eugenius  wklich  eine 
neue  Synode  am  24.  Januar  1438  in  Ferrara  eröfifhete  ^^, 
sprach  die  Eirchenvarsammlung  in  Basel  die  Suspension 
gegen  ihn  aus  ^^).  Dieses  war  zugleich  die  letzte  Sitzung^ 
in  welcher  noch  einige  reformatorische  Beschlüsse  gefafist 
wurden,  um  die  Menge  der  in  Rom  anhängigen  Klagen 
zu  beschränken  und  um  eine  würdigere  Besetzung  der 
geistlichen  Stellen  zu  bewirken;  denn  von  jetzt  an  wurde 
die  Thätigkeit  der  Synode  ausschliesslich  von  der  Strei- 
tigkeit mit  dem  Papste  in  Anspruch  genommen. 

Karl  VII.,  König  von  Frankreich,  war  zwar  mit  den 
Beschlüssen  von  Basel  gegen  den  Papst  nicht  zufrieden, 
nahm  aber  dennoch  die  Rrformation  dieser  Synode  nut 
einigen  Modificationen  durch  die  pragmatische  Sanction 
von  Boui^es  den  7.  Juli  1438  für  die  französische  Kirche 
an  und  verwarf  die  Synode  von  Ferrara.  In  Deutschland 
bemühten  sich  bei  der  Erledigung  des  Kaiserthrönes  die 
Kurfürsten,  zwischen  den  streitenden  Theilen  zu  vermit* 
teln,  und  erklärten,  um  desto  eher  Nachgiebigkeit  zu  be«* 
wirken,  am  Tage  vor  der  Wahl  Albrecht's  II.,  am  17. 
März  1438,  die  deutsche  Kirche  für  neutral. 

In  demselben  Jahre  wurde  diese  kirchliche  Ange- 
legenheit auch  auf  dem  Beichstage  zu  Nürnberg  behandelt. 


Balle  schliesst  sich  in  den  Annalen  der  ünivereit&t  F.  148,  a  bis  151 
eine  weitere  Bulle  vom  18.  September  desselben  Jahres  an,  »Trans- 
latio  Concilii  Basiliensis  ad  Ciyitatem  Ferrari^nsemc.  Auf  diese 
Bulle  folgt  eine  andere  vom  19.  September,  »Salvus  Gonductus  ad 
Concilium  Ferrariensec  F.  151,  b  u.  152,  a.  Mit  der  letzten  ist 
verbunden  F.  152,  a  b  »Salvus  Condnctus  Marchionis  Estensis«  v. 
li.  September  1437.  Die  sämmtlichen  Actenstücke  sind  bei  »Har» 
dttini  Acta  Conciliorumt  T.  IX.  p.  698  abgedruckt. 

86)  Das  Concilium  wurde  in  Ferrara  begonnen  und  auch  16 
Sitzungen  dort  gehalten,  dann  aber  wegen  der  Pest  nach  Florenz 
verlegt,  weshalb  es  auch  öfter  »Concilium  FlorenUnum«  genannt 
wird.    Jung,  p.  50. 

87)  Gieseler,  S.  84.    Wessenberg,  B.  II.  S.  369. 


282       -f*  ^^*ch'  ^*  Periode,  4.  ÄhsehmU.   (MIO— 1436.) 

und  die  Universität  von  dem  Papste  Eugen  dorthin  ein- 
geladen ®®).  Auf  diesem  Reichstage,  welcher  jedoch  von 
der  Universität  nicht  beschickt  wurde,  fanden  sich  auch 
Abgeordnete  von  dem  Baseler  Concilium  ein,  welche,  ob- 
gleich vergeblich,  Vorschläge  zu  dessen  Vereinigung  mit 
dem  Papste  machten.  Eugen  wurde  vielmehr  am  25. 
Mai  1439  in  Basel  abgesetzt®^)  und  Amadeus,  Herzog 
von  Savoyen,  als  Felix  V.  am  6.  November  zum  Papste 
gewählt**').  Trotzdem  hoffte  Eugen  IV.  noch  immerauf 
eine  Vereinigung  und  forderte  in  besonderen  Zuschriften 
den  Kurfürsten  Ludwig  IV.  (Juli  1439)  und  die  Uni- 
versität Heidelberg  (November  1439)  auf,  nach  Kräften  zu 
derselben  mitzuwirken**). 

Felix  V.  wurde  aber  nur  in  wenigen  Ländern  an- 
erkannt. Das  Concilium  verlor  durch  Abreise  und  Abfall 
vieler  seiner  Glieder  immer  mehr  an  Bedeutung  und 
Nachdruck,  und  bestand  seit  dem  16.  Mai  1443,  wo  es 
seine  letzte  Sitzung  hielt,  nur  noch  dem  Namen  nach  fort. 

Eugen  ins  wurde  kurz  vor  seinem  Tode  (23.  Fe- 
bruar 1447),  am  7.  Februar,  als  Papst  anerkannt,  und  die 
Neutralität  Deutschlands  hatte  ein  Ende.  Am  7.  April 
1449  gab  Felix  V.  die  päpstliche  Würde  in  die  Hände 
von  Eugen's  Nachfolger,  Nicolaus  V.,  und  so  war  auch 
das  Concilium  von  Basel  za  seinem  Abschlüsse  gekommen^*). 


/ 


88)  Die  Bttlle  ist  abschiiftlieh  in  Annall.  Univ.  T.  11.  F.  186,  b 
und  abgedruckt  bei  Jung,  p.  12. 

89)  Wessenberg,  S.  411  ff.    Struv,  Reichshist.  S.  492. 

90)  Gieseler,  S.  84.  85.  —  Jung  theilt  S.  18  Folgendes 
aber  Amadeus  I.  mit:  »Ex  Comite  Sabaudiae  f actus  est  Dox 
a.  1416.  Ex  Duce  Marito  pluriumque  liberorum  parente  Eremita 
a.  1434.  Ex  Eremita  Pontifex  a.  1439.  Ex  Pontifice  Cardinalis  a.  1449. 
Ex  Cardinali  Monachus  'a.  1451 ,  quo  anno  ad  stabiliorem  in  altera 
vita  Btatum  abiit.    Vergl.  auch  Bin  er,  Appar.  Erud.  T.  I.  p.  240. 

91)  Beide  Schreiben  sind  in  dem  Cod.  BaTar.  831.  F.  1—7 
(Manchner  Hof-  u.  Staatsbibliothek). 

92)  Struv,  Corp.  bist.  Germ.  T.  I.  p.  254.  Krem  er,  Th.  I. 
S.  9.  10.    Gieseler,  S.  86  ff. 


Streithändel  zwischen  Studenten,  Adeligen  und  Bürgern.     283 

Was  die  Universität  Heidelberg,  welche  in  Brant 
einen  sehr  ausgezeichneten  Vertreter  hatte®'),  betriflPt,  so 
war  nicht  nur  sie  selbst  dem  Eugenius  auf  dem  Con- 
cilium  zu  Basel**)  treu,  sondern  veranlasste  auch,  dass 
Ludwig  in.  auf  dessen  Seite  blieb.  Dazu  mag  sie  auch 
durch  das  Gefühl  der  Dankbarkeit  bestimmt  worden  sein, 
weil  Eugenius  die  von  Bonifacius  IX.  gegebenen 
Bullen  (1399,  1404)  über  den  Genuss  der  geistlichen 
Pfründen,  ohne  Präsenz  zu  halten,  bestätigt  hatte  (1435). 

§8.         - 

Streithändel  zwischen  Studenten  und  jungen  Adeligen 
(14:21,  U2ß)  und  Bürgern  (1434). 

Bei  dem  im  Jahre  1406  vorgekommenen  »Studenten- 
kriege« (S.  243 — ^248)  wurde  durch  das  weise  und  kräftige 
Einschreiten  Ruprecht' s  III.  Ruhe  und  Ordnung  wieder 
hergestellt,  doch  später  öfter  wieder  gestört.  So  in  den 
Jahren  1421  und  1426.  In  dem  zuletzt  genannten  Jahre 
gingen  zu  dem  Kurfürstlichen  Hofe  Gehörige  (familiäres 
Domini  ducis  Ludovici)  in  ihrem  Uebermuthe  so  weit,  dass 
sie  einen  Geistlichen  aus  Speyer,  welcher  Mitglied  der 
Universität  war,  aufgriffen  und  an  einem  Baume  auf- 
hängten ö*). 

Auch  im  Jahre  1434  wurde  die  Ruhe  der  Universi- 
tät gestört  und  zwar  durch  eine  Misshandlung,  welche  ein 
Student,  Gerlach  von  Andernach,  (21.  Februar)  von 


93)  Jung,  p.  17.  —  Mit  dem  grössten  Fleisse  sammelte  Brant 
auch  die  Beschlüsse  des  Concilinms  (Annall.  Univ.  T.  IL  F.  108). 
Die  Sammhing  wurde  von  der  Universität  aufbewahrt,  ging  aber 
im  Orleans'schen  Kriege  verloren.    Hottinger,  p.  57.  58. 

94)  Die  auf  die  Basler  Eirchen-Yersammlung  sich  beziehenden 
Stellen  ans  den  Annalen  der  Universität  finden  sich  T.  11.  F.  97^ 
98,  104  — 110.  Abgedruckt  sind  die  genannten  Zuschriften  an  die 
Universität,  so  wie  die  übrigen  Actenstücke  bei  Jung,  p.  32—49. 
Vergl.  auch  Hottinger,  p.  53  —  59. 

95)  AnnaU.  Univ.  T.  IL  F.  15.  58. 


284       L  Buch.  L  Periode.  4.  JbichtUH.  (1410-^1436,) 

Heidelberger  Bürgern  erfahren  hatte,  in  deren  Folge  er  am 
vierten  Tage  starb.  Die  Studenten  versanunelten  sich 
»2u  St  Peter«  und  schiekten  einige  aus  ihrer  Mitte  an 
den  academischen  Senat  mit  der  Bitte,  ihnen  Recht  zu 
verschaffen;  geschehe  dieses  nicht,  so  wollten  sie  alle  von 
Heidelberg  wegziehen  und  sich  anderswohin  begeben.  Der 
Senat  trug  dieses  dem  Kurfürsten  vor,  welcher  sich  der 
Sache  sogleich  kräftig  annahm.  Die  Thäter  wurden  vor- 
geladen, und  da  sie  nicht  erschienen,  mit  dem  Banne  be- 
legt. Im  Jahre  1436  vertrugen  sich  diese  jedoch  mit 
dem  Vater  des  Getödteten  durch  ein  besonderes  Ueber- 
einkommen,  und,  nachdem  sie  (1437)  durch  den  Abt  zu 
Schönau,  in  Folge  höherer  Ermächtigung,  von  dem  Banne 
losgesprochen 'waren  ^®),  erhielten  sie  auch  von  der  Uni- 
versität, als  sie  (1438)  die  ihnen  zuerkannte  Strafe  er- 
standen hatten,  Verzeihung  ^^). 

Um  nun  Buhestörungen  für  die  Folge  möglichst  vor- 
zubeugen, wurde  auf  Veranlassung  des  Kurfürsten  die 
früher  gegebene  Verordnung,  nach  welcher  Niemand  nach 
8  Uhr  auf  den  Gassen  sich  aufhalten  solle,  erneuert  und 
dieses  den  Studenten  durch  den  Bector  und  den  Bürgern 
von  den  Kanzeln  aus  bekannt  gemacht®®).  Ausserdem 
mussten  die  Studenten  (1435)  eidlich  versprechen,  Nie- 
manden  zu    beleidigen    oder  Schaden  zuzufügen  ®®),   da 


96)  Die  Original-Urkunde  d.  d.  12.  August  1437  ist  im  Univ.- 
Arch.  unter  Nr.  45.  £ben  dort  findet  sich  unter  Nr.  48.  auch  die 
Urkunde  d.  d.  29.  September  1437,  in  welcher  die  Thäter  der  üni- 
yersität  ihre  Keue  aussprechen  und  Besserung  geloben. 

97)  Annall.  Univ.  T.  IL  F.  113,  a.  114,  a.  b.  F.  133,  a.  b.  142,  b. 

98)  Ibid.  F.  120,  a.  b. 

99)  Der  Eid  lautet:  >Eyn  iglicher  Student  als  lange  er  hie 
ist  vnd  sich  der  freyheyd  gebrucben  will,  sol  sweren  dem  Rector 
zu  den  hellighen,  dass  er  noch  durch  sich  selbess  noch  durch 
ymands  anders  keynerleye  schaden  done  oder  zufoghen  sol  mit 
raede  noch  myt  dade  der  herrschaft,  den  reten  vnd  der  staed  hey- 
delberg  an  geverde  vnd  obe  er  ichtess  geware  wurde,  dass  sulchen 
schaden  bringen  mochte,  dass  er  dass  zu  eyner  iglichen  zeit  von 


Ludmg'8  in,  Meter  Wüle  und  Tod.  285 

auch  (fiese  öfter  die  ihnen  zugestandenen  Freiheiten  miss- 
brauchten ^^^. 

§9. 
Ludmffs  IIL  letzter  WüU  mUl  Tod. 

Um  auch  nach  seinem  Tode  die  Verhältnisse  seines 
Landes  und  der  Universität  geordnet  und  gesichert  zu 
wissen,  setzte  Ludwig  IIL  in  seinem  schon  genajunten 
Testamente  vom  Jahre  1436  (S.  259)  fest,  dass  sein 
ältester  Sohn  Ludwig  ^^%  welcher  damals  12  Jahre  zählte, 
die  Kurwtirde  erhalten,  bis  zu  dessen  Volljährigkeit  aber 
sein  (des  Knrförsten)  jüngster  Bruder  Otto  die  Regent* 
Schaft  haben  und  man  die  »Privilegia  vnd  Gerechtigkeiten 
stetli  vnd  festhalten«  sollte ^^^ 


stunt   dem   rector  vorl>ring6n  suU«  AUess  angererücben.«    Amudl. 
Univ.  T.  IL  F.  129,  a. 

100)  Das  Pfalz.  Copialb.  Nr.  10.  F.  80,  b  berichtet ,  dass  Tor 
Fastnacht  1422  Studenten  und  »etliche  andere  jre  gesellen  in  der 
gemeynen  frauwen  faus  zu  Heidelbergc  aber  einen  gewissen  Hof- 
steter  herfielen,  ihm  eine  Hand  abhieben  und  auf  den  Tod 
verwundeten. 

101)  Ludwig  IIL  hinterliess  ausser  seinem  ältesten  Sohne 
Ludwig  (geb.  31.  December  1424)  noch  Friedrich  (geb.  1.  Au- 
gust 1425)  und  Büprecht,  später  Erzbischof  von  Cöln.  —  Von 
seinen  drei  Töchtern ,  deren  zwei  in  das  Kloster  gingen ,  ist  beson- 
ders Mathilde  zu  nennen.  Sie  war  erst  Gemahlin  L u d w i g' s  n. 
von  Württemberg,  dann  Albertus  VI.,  Erzherzogs  von  Oesterreich. 
Ihrem  Einflüsse  schreibt  man  es  zu,  dass  ihr  Sohn  aus  erster  Ehe, 
Eberhard,  die  Universität  Tübingen  (1477)  und  ihr  Gemahl 
Albert  die  Universität  Freiburg  im  Breisgau  (1457)  gründeten. 
Schreiber,  Gesch.  d.  Univ.  Freib.  S.  6. 

102)  In  einem  früher  »auf  Franziscus  -  Tag  1427t  von  dem 
Kurfürsten  aufgerichteten  Testamente  ist  ausdrücklich  bestimmt, 
dass  der  erstgeborene  Prinz  nicht  eher  zur  Re^erung  gelassen 
werden  sollte,  als  bis  er  gelobt:  1.  die  hohe  Schule  in  Heidelberg 
in  ihrer  JEinrichtung  zu  erhalten ,  2.  nichts  von  den  Kurfürstlichen 
Landen  und  Städten  zu  veräussern,  und  3.  keine  Juden  im  Kur- 
fürstenthum  zu  dulden.  Diese  Bestimmungen,  welche  auch  in  der 
Rupertinischen  Constitution  (oben  S.  219,  Note  127)  ausgesprochen 
sind,  erhielten  Gesetzeskraft,  und  es  haben  sich  auch  die  Nach- 
folger Ludwig's  III.   deshalb   »verschrieben«.     Krem  er,   Th.  I. 


286       ^-  ^^*ch'  ^'  Periode.  4.  MaehmU.   (1410^1436.) 

Der  Kurfürst  starb  am  30.  December  1436  und  wurde 
in  feierlichster  Weise  in  Gegenwart  seiner  Söhne  und 
Brüder,  Johann  und  Otto,  so  wie  auch  des  Rectors 
»sampt  der  ganzen  Universitet  vnd  vieler  Anderer«  in  dem 
Chore  der  Heiliggeistkirche  beigesetzte®^. 


S.  34.  Ludwig'B  Testament  t.  J.  1427 ust  abgedruckt  in  »Status 
Causae«.  Beil.  S.  51.  52  und  die  Rupertinisclie  Constitatioii  bei 
Tolner,  Cod.  diplom.  p.  139  und  bei  Lucae,  Fttrstensaal^  S.  555. 

103)  Sohn,  S.  34.  35. 

Ludwig  ni.  stiftete  auch  das  Gntleut-(Kranken-)Haus 
auf  der  Aue  in  Schlierbach  bei  Heidelberg;  jetzt  noch  steht  dort 
ein  Hof,  welcher  Gutleuthof  heisst.  Die  Kranken  in  den  Gutleat- 
h&usem  hiess  man  leprosi  und  die  Anstalten  domus  leprosomm. 
Der  Priester,  welcher  diese  Pfründe  bekam,  musste  wöchentlich 
wenigstens  3  Frühmessen  in  der  Capelle  halten  und  die  übrige 
Zeit  in  der  Schlosskirche  zu  Heidelberg  aushelfen.  Die  betreffende 
Urkunde  s.  bei  Mone,  Ztschr.  B.  H.  S.  262. 


Fünfter  Abschnitt 

Die  Universität  unter  der  Regierung  des 
Administrators  Ffälsgrafen  Otto  und  des 

0 

Kurf&rsten  Ludivig  IV. 

1436—1449. 


§1. 

DeB  Pfalsgrafm  und  des  Kurfürsten  theilnehmende  Sorge 

für  die  Universität.  Butte  des  Papstes  Eugen  IV.  Wahl 

erlauchter  Männer  zu  Rectoren  der  Universität. 

Nach  dem  Tode  Ludwig's  HI.  übernahm  in  Folge 
testamentarischer  Bestimmungen  dessen  jüngster  Bruder 
Otto,  Pfalzgraf  von  Mosbach,  im  Widerspruch  mit  der 
goldenen  Bulle,  die  Vormundschaft  über  den  unmündigen 
Prinzen  und  die  Administration  der  Eurpfalz.  Ihm  stand, 
ebenfalls  nach  dem  letzten  Willen  des  verstorbenen  Kur- 
fürsten, der  alte  Pfälzische  Canzler,  Rhabanus,  Bischof 
von  Speyer,  zur  Seite  und  nahm  an  der  Regierung  Theil  ^). 

Nachdem  Otto  die  Verwaltung  des  Landes  ange- 
treten hatte,  erschien  bei  ihm  eine  Deputation  der 
Universität ,     um    ihm    diese '  zu    empfehlen    und    um 


1)  Moser,  Deutsch.  Staatsr.  Th.  XYII.  S.  319.  —  Bhabanus 
war  auf  der  Universität  Heidelberg  gebildet  worden  und  Bu- 
precht's  III.  vertrautester  Rathgeber.  Er  wohnte  in  der  Bu- 
p recht's  Canzlei.  Annall.  Univ.  T.  L  F.  100,  a.  Bemling, 
Gesch.  d.  Bischöfe  zu  Speyer,  B.  IL  S.  7.  9.  58. 


288       I'  Swih.  J.  Feriode.  6.  AbwkniU.   (1436-^1449.) 

die  Bestätigung  ihrer  Privilegien  und  Auslieferung  der 
ihr  von  dem  verstorbenen  EurfQrsten  vermachten  Bücher 
zu  bitten.  Die  erste  Bitte  wurde  sofort  gewährt;  die 
Auslieferung  der  Bücher  fand  jedoch  erst  im  folgenden 
Jahre  statt  (S.  259  u.  260). 

Der  Pfalzgraf  nahm  sich,  so  lange  er  die  Regierung 
führte,  der  Universität  mit  Eifer  «l  Diesen  bewies  er 
unter  Anderem  bei  einem  zwischen  Studenten  und  Schar- 
Wächtern  entstandenen  Streite.  Den  letztem  hatte  sich 
der  Pöbel  beigesellt,  wdAer  die  »Bursche«  stürmen 
wollte^.    Bei  dieser  isklegenheit,  so  erzfiUt  Sohn^, 

»hat  sich  Hertaog  Otto  aafBs  newe  erkl&ret,  wie  dass 
er  in  schwebender  seiner  Yormondschaft  vnd  Administration 
nicht  wolle  zulassen,  dass  der  üniversitet  Privilegia  einiges 
wegs  solten  geschwftcht  oder  geschmälert  werden.  Die  Thäter 
aber  ynd  auffwickl^r  hat  er  einen  jeden  nach  seinem  Ver- 
brechen vnd  vermögen  ernstlich  gestrafte. 

§2. 

Ludwig  IV.  bestätigt  die  Privilegien  der  Universität. 
Seine  Bestrebungen  für    das  Oedeihen    derselben. 
Wiederherstellung  des  Dionysianums.  • 

Otto  verwaltete  die  Vormundschaft  bis  zum  Jahre  1442, 
wo  Ludwig,  16  Jahre  alt,  män<%  geworden  war  und 
als  der  Vierte  seines  Naanens  die  Begierung  übernahm. 
In  herkömmlicher  Weise  emp&hl  sich  die  Universitfit 
seinem  huldvollen  Wohlwollen  mit  der  Bitte,  nach  dem 
Beispiele  seiner  Vorfahren  ihre  Privilegien  zu  bestätigen. 
Diese  Bitte  wurde  von  Ludwig  IV.  erfüllt,  und  ist,  im 
Hinblicke  auf  das  Testament  Ludwig' s  III.  »ein  Instru- 
ment aufgerichtet  worden«*). 


2)  AnnaU.  üniT.  T.  H.  F.  199,  a.  b. 

3)  a.  a.  0.  S.  37.  38. 

4)  Die  Original-Urkunde  ist  im  Üniy.-Arch.  Nr.  8.   Abschrifiten 
sind  in  Annall.  Univ.  T.  n.  F.  178  n.  im  Gopialb.  d.  Univ.  F.  1(^,  b. 


Be» Wynty  d*  Priv.  Wkd^herstülimig  d.  JDiot^iianums.     289 

^  Wie  seine  Abneii,  80  bewies  auch  er  sich,  soweit  die- 
ses ihm  unter  den  damaUgen  politisoben  ZeitverbUtnissen^) 
und  bei  der  kuraen  Dauer  seiner  Regierung  möglich  war, 
als  einen  treuen,  eifrigen  Pfleger  der  Universität  sowohl 
in  ihren  inneren  als  äusseren  Interessen.  Nach  dem  Bei- 
spiele seines  Vaters  (S.  253)  forderte  auch  er  im  Jahre 
1444  einen  Bericht  ^im  die  Hochschule,  m  wekhem  »die 
pioeten,  darinn  Verbesserung  zu  suchen,  ihm  sollten  ge- 
wiesen werden«  %  Diese  stattete  ihren  Berieht  mit  Ver- 
besserungs- Vorschlägen  ab,  welche  sich  auf  die  theologische, 
juristische,  medicinische  und  philoac^hiscbe  Facultät  be- 
zogen. Die  juristische  wflnschte  die  Anstellung  von  2 
Lehrern  für  das  Civilrecht,  und  die  der  Mediciner  trug 
auf  die  Anstellung  eines  zweiten  Lehrers  an,  welcher  aus 
den  sich  ergebenden  Ueberschüssen  des  Dionysianums 
seine  Besoldung  erhalten  sollte^.  Da  auch  das  Dio- 
nysianum  in  Verfall  gerathen  war,  so  richtete  d&r 
Kurfürst  auf  dessen  völlige  Wiederherstdlung  sein  Augen- 


5)  Die  FMnsosen,  welche  das  Goncüiam  zu  Basel  za  trenneB 
suchten,  unternahmen  verachiedene  EinfäUe  in  die  Pfalz  und  in  die 
benachbarten  Länder.  Dem  Eurfflrsten  wurde  von  dem  Reiche 
aufgetragen,  das  Concilium  zu  schfitzen  und  das  Land  yon  den 
Einfällen  der  Franzosen  zu  befreien,  was  ihm  auch  gelang  (1444  bis 
1445).  Einen  andern  Krieg  hatte  er  mit  den  Grafen  Jacob  und 
Wilhelm  zu  Lützelstein,  deren  Vater  einst  Ruprecht  m. 
ein  Viertel  ihrer  Grafschaft  abgepfändet  hatte  (1403).  Die  Söhne 
nöthigten  durch  Trotz  gegen  die  pfälzische  Regierung,  durch  Ver^ 
treibung  der  Grafen  von  Bitsch  den  KurfOrsten  zu  einem  Kriege 
(1447),  der  damit  endigte,  dass  sie  als  Vasallen  in  den  pfälzischen 
Lehensverband  eintreten  mussten.  Kurpf.  Geschichtskalend.  S.  41. 42. 
Häusser,  S.  320.' 321. 

6)  Sohn,  S.  88. 

7)  Annall.  Univ.  T.  II.  F.  193,  a.  b.  240—248.  In  Beziehung 
auf  die  juristische  Faeoltät  heisst  es:  »Quia  cedit  in  magnum  detri- 
meatDun  üuiversittttis  et  ejus  diminntioiieai»  QQod  in  ipsa  non  legi- 
tor  jus  cirile.  Rogetnr  Dondnns,  ut  cmnilio  suo  et  auxilio  co- 
opecaii  digiietiir,  quod  habeantnr  duo  dootores,  Tel  doctor  et  lioeor 
ciatns,  qni  jus  civile  legant.« 

HantB   Gesoh.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  19 


290       ^.  Buch.  I.  Periode.  5.  ÄbsehmU.  (1436^1449.) 

merk  und  berathsciilagte  mit  der  üniva^ität,  »wie  man 
es  mit  gesetzen  befestigen  mOchte«  % 

Allein  die  von  dem  Knrfttrsten  nach  den  Vorschlägen 
der  letztern  beat)sichtigten  Verbesserungen  traten  unter 
seiner  Regierung,  mit  Ausnahme  des  Dionysianums ,  wel- 
ches wieder  hergestellt  wurde,  nicht  in  das  Leben  ®). 

Seine  Sorge  für  die  hohe  Schule  bethätigte  Ludwig 
auch  dadurch,  dass  er  im  Jahre  1447  die  Bestätigung  der 
von  Bonifacius  IX.  (1400)  erlassenen  Bulle,  durdi 
welche  die  Kirchen  zu  Altdorf,  Luden  und  St  Peter  der 
Universität  einverleibt  wurden,  von  Seiten  des  damaligen 
Papstes,  Eugenius  IV.,  erwirkte**). 

§  3. 
Rectorea  magnificentüsimu     Lehrer  der  Universität 

Unter  Ludwig' s  IV.  Begierung  wurde  bei  der  Hoch- 
schule ein  Brauch  dngefOhrt,  durch  wekhe  ihr  Olanz 
nicht  weniger  erhöht  wurde,  als  durch  die  oben  (S.  234) 
genannte  Uebertragung  hoher  Würden  an  ihre  Professoren. 
Sie  erwählte  nämlich  von  jetzt  an  öfter  Studirende  von 
erlauchter  oder  fürstfieher  Abkunft  zu  Bect(»^n,  welche 
dann  das  Prädicat  Magnificentissimi  hatten  **),  ohne  dass 


8)  Sohn,  S.  39.    Hottinger,  p.  37. 

9)  In  Beziehung  auf  die  medicinißcheFacnltät  berichtet  Schön- 
mez el  (Hist.  med.  Fac.)}  der  Kurfürst  habe  in  seiner  »Reformatio 
de  Anno  1445«  angeordnet,  dass  ein  zweiter  ordentlicher  Lehrer 
der  Medicin  angestellt  und  ihm  eine  der  Pfründen  zu  Wimpfen 
yerliehen  werde,. und  ausserdem  noch  ein  Baccalaureus  Torlesungen 
ip  dieser  Facnltät  halten  und  dafür  mit  der  Pfründe  zu  St.  Paid 
in  Worms  begabt  werden  solle.  Wenn  nun  auch  der  Kurfürst 
diese  Anordnung  getroffen  hat,  so  scheint  sie  doch  nicht  in  das 
Leben  getret^  zu  sein.  Die  genannte  Reformation  der  Universität 
ist  uns  übrigens  nie  zu  Gesichte  gekommen.  Auf  keinen  Fall  ist 
sie  praktisch  geworden. 

10)  Die  Original-Bulle  ist  im  Üniy.-Arch.  Nr.  36. 

11)  Maximam  Academiarum  gloriam  ac  magnificentiaai  inde 
petimus,  quod  vel  illustri  et  augasto  genere  nati  Prindpes  seeptra 
Academica  hand  raro  cepermt  mqud  Beetomm  consortlam  nomenqne 
accesserint.    Bflttinghausen,  Mise.  p.  e. 


Bectorca  vMffnifie^liimm. . .  Lehrer  der  UnweniW.       2^ 

jedoch  ein  Prorector  ihnen  zu  Seite  war.  Dieses  geschah 
erst,  als  ein  Pfalzischer  Prinz  (1558)  gewählt  wurde. 

Der  Erste  war  der  Ganonicus  an  den  Domkirchen 
zu  Mainz,  Trier  und  Cöln,  Graf  Adolph  von  Nassau, 
welcher  1442  immatricullrt  worden  und  wegen  seiner  aus- 
gezeichneten Gaben  des  Geistes  von  der  Universität  sehr 
geschätzt  war  ^^.  Das  Eectorat  bekleidete  er  vom  20. 
December  1443  bis  23.  Juni  1444*').  Später  wurde  er 
Bischof  voja  Mainz**),  wo  wir  ihm  wieder  begegnen  werden. 

Als  Lehrer  wirkten  ausser  anderen  unter  der  Re- 
gierung Ludwig's  ni.  und  IV:  Die  Theologen:  Jo- 
hann Rode  von  Trier,  Johann  Platen  (Plaeten)  vo^ 
Fridburg  seit  1424,  Heinrich  von  Gouda  und  Ru- 
dolph von  Brüssel  (Zeeland),  Nicolaus  von  Wachen- 
heim, Johann  Ernesti  von  St.  Goar*^),  Rudolph 
Faber  von  Rüdesheim.  Die  Nova  Jura  lehrten  seit 
1413  Heinrich  von  Gulpen,  Dithmar  Treys  von 
Fritzlar,  seit  1427  Ludwig  von  Busco,  Johaan 
von  Rysen  1430 — 1432,  wo  er  die  Professur  der  De- 
cretalen  erhielt,  und  Bartholomäus  Herckenwyck  de 
S.  Trudone  von  1430—1460*«). 


12)  Nach  Adolph  toxi  Nassau  waren  big  1558  Rectores 
lAagnificentissimi :  Philipp  von  Flörsheim,  später  Bischof  in 
Speyer  (1504),  Friedrich  tqu  Dalberg  (1511),  Johann  von 
£hrenberg  (1512),  Graf  Christoph  von  Henneberg  (1524). 

13)  AnnaU.  Univ.  T.  II.  F.  186.  199,  a.b.  i)er  Col  Pal.  lat 
Nr.  454  endiftlt  zwei  Bed^n^  welche' Ad alph  als  Rector  gehalten 
hat  Mit  der  ersten  leitete  er  das  Veflesen  der  Gesetze  ein ,  nnd 
nüt  der  zweiten  enfpfing  ör  iih  Namön  der  Universität  den  Ku^- 
fflrsten  bei  seiner  Heunkunft  auf  dem  Schlosse. 

14)  Bohwab,  P.  I.  p.  58.  BQttinghaasen,  p.  27.  28. 
Kremer,  Th.  I.  S.  245. 

15)  Ton  Ernesti  besitzen  wir  noch  im  €od.  Pal.  Kr.  454. 
F.  11^1,  b  1ms  200  eine  von  ihm  als  Retitcr  1440  gehaltene  treffliclie 
Hede:  »De  jejimie  s.  db  qQadrage8ima.€ 

16)  Herckeiiwyck  war  Doetot  der  canontooh^nf  Rechte'  vmä 
Rector  der  Universität  1431,  1489,  1447  und  1458.  Seine  Rede  »Re- 
qoirenda  baccalaoreorum  in  jure  canonicoc  ist  in  Cod.  Palat.  lat.  454. 
F.  396  bis  396,  a. 

19* 


292       J.  Äk*.  I.  Perioäe.  5.  MnlmUt.  (1436— 1U9,) 


§  4. 

Streithändel  zwüchen  Studenten  und  Sckaarwächtem. 

Streithändel  zwischen  Studenten  und  Schaarwächtem, 
wie  sie  unter  der  Administration  des  Pfalzgrafen  Otto 
statt  fanden,  wiederholten  sich  auch  unter  der  Regierung 
Ludwig's  IV.  Es  war  dieses  im  Jahre  1444,  wo  bei 
einem  nächtlichen  Tumulte  ein  Student  von  den  Schaar- 
wächtem  »hart  geschlagen«  wurde.  Als  der  Kurfürst  am 
folgenden  Tage  von  der  Sache  Kenntniss  erhalten  hatte, 
ging  er  selbst  auf  das  Rathhaus  und  verhörte  die  Par- 
teien, indem  er  »mit  heller  stimm  erkläret,  er  wolle  die 
Privilegia,  sp  von  seinen  Vorfahren  der  Universität  ge- 
geben weren,  durch  sich  vnd  die  seinen  schützen,  so  lang 
er  lebe«  *^.  Die  Schuldigen  wurden  nach  gepflogener 
Untersuchung  strenge  bestraft^*)  und  zum  Schutze  der 
Studenten  angeordnet: 

»daz  die  scharweehter  oder  Bürger  oder  sust  yemanU 
zu  heydelberg  keinen  Studenten  sollen  fahen  ynd  in  den 
thom  faeren  oder  legen  sollen,  es  geschee  dann  von  geheysse 
ynseres  gnedigen  herrent*»).  -* 


17)  Annall.  Univ.  T.  II.  fol.  207,  b. 

18)  Das  Urtheil  ist  in  einer  Urkimde  vo«  Donnerstag  nach 
Jttdica  1446  noch  vorhanden.  Nach  derselben  war  damals  Johann 
V.  Bysen  Rector,  Eberhard  v.  Siekingen  Vogt  nad  Conrad 
Buchfeiler  Schultheisa  in  Heidelbwg.  Die  Schuldigen  hatten 
eine  Geldstrafe  von  15  fl.  zu  bezahlen  und  vussten,  »nachdem  sie 
lange  in  tomen  gelegen  vnd  gestraft  worden«,  anssertan,  nm  ivegen 
ihrer  That  Absolation  an  erhalten,  an  znfd  Scmntagen  mit  einer 
brennenden  Eerjee  barhaupt  und  barüias  von  dem  Frohnahar  nm 
die  Kirche  »des  heiligen  Geistes  znchti^ch   vnd    andecditecfieh« 

nahen  bis  wieder  in  die  Kirehe  und  sa  demselben  FrohnaMar  nnd 
alsdann  mit  den  brennenden  Keraen  in  der  Hand  der  Frohnmesse 
beiwohnen. 

19)  Annall.  Univ.  T.  II.  F.  207,  b.    Vergl.  auch  F.  199,  b. 


Tod  Ludmg'8  IV.  293 

^       §  5. 
Tod  Ludwig's  IV. 

Nicht  lange  mehr  sollte  die  Universität  sich  ihres 
hohen  Beschützers  erfreuen.  Den  edek  Bestrebungen  L  u  d- 
wig's  für  sein  Land  und  für  die  Hochschule  wurde  ein 
allzu  frihes  Ziel  durch  den  Tod  gesteckt  Er  staffls  Qocb' 
nicht  2&  Jahre  alt,  von  seinen  Zeitgenossen  mit  dem 
Bemamen  des  Sanft  mathigen  (Placidus)  geehrt,  auf. 
dem  Beiöhstage  zu  Worms  am  13.  August  1449,  und 
hinterliess  seinem  Nachfolger  das  Vermächtniss ,  Begon* 
nenes  zu  vollenden  *^.- 


20)  Häusser  (S.  321.  a2&)  sagt  mn  «Hesem  Forsten:  »Selten 
ist  in  der  Geschichte  ein  Fürst  mit  so  makellosem  Andenken  aus 
dar  Welt  gfümseh;  0riten  im  sa  viel  rttterUolier  Moth  mit  so  vidi 
Milde  gepaart;  selten  in  einer  rohen  und  nüchternen  Zeit  ein  so 
unverderhter  nnd  fürstHcher  Sinn  zu  findent. 


Zweite  Periode. 

Von  der  Reform  der  ünirersitftt  durch  den 
Administrator  und  nachmaligen  Kurfürsten 
Friedrich  L  bis  zu  ihrer  Umgestaltung  durch 

« 

den  Kurfürsten  Otto  Heinrich. 
1449  —  1556. 


Erster  Abschnitt. 

Die    Universität   unter    der    Begiening   des 
Administrators  und  nachmaligen  Kurfürsten 

Friedrich   I. 

1449—1476. 


§1. 

Friedrich  L  bestätigt  als  Administrator    der  Pfak 

die  Privilegien  der  Universität. 

Ludwig  ly.  hinterliess  einen  einzigen  Sohn,  mit 
Namen/  Philipp,  welcher,  geboren  am  14.  Juli  1448, 
etwas  über  ein  Jahr  alt  war.  Es  erhielt  deshalb  der 
älteste  Bruder  des  verstorbenen  Kurfürsten,  Pfelzgraf 
Friedrich,  die  Vormundschaft  und  die  Adnünistration 
der  Pfalz. 

Friedrich,  als  Regent  der  Erste  dieses  Namens, 
und  der  Siegreiche,  auch  der  böse  Fritz  zugenannt,  hatte 
bei  dem  Tode  seines  Bruders  gerade  sein  24.  .Lebensjak 
vollendet  und  eine  Erziehung  erhalten,  welche  man  zu 


Frieinkh  I.  hutMgt  die  Privilegm  der  UtwmmkU.      29Ö 

den  besaereu  in  jener  Zelt  rechnen  konnte.  Wissenschaft 
und  Kunst,  so  w^t  sie  das  1&.  Jahrhundert  besass,  waren 
ihm  nicht  fremd  geblieben.  Ausgezeichnete  Männer  hatte 
er  als  Lehrer,  unter  welchen  besonders  Hans  Ernst 
Landschad  von  Steinach  ^)  und  Matthias  von 
Eemnat,  sein  nachmaliger  Hofcaplan,  genannt  wurden. 
Der  letztere  musste  ihn  auch  mit  Michael  Beheim, 
gewöhnlich  Po^ta  Weinsbergensis  geheissen,  i^uf  seinen 
Feldzügen  begleiten^).  Unter  den  alten  Dichtem  sprach 
Um  besonders  Yirgil  an.  In  der  Jugend  beschäftigte  er 
sich  yorzüglich  mit  der  Mess- Kunst  ^)  und  in  dem  Alter 
mit  Untersuchung  der  Natur  ^),    wie   denn  sein   ganzer 


1)  Später  wurde  Landschad  Dom- Gustos  zu  Worms  und  von 
Friedrich  zu  den  wichtigsten  Staatsgeschäften  gebraucht.  K r e m e r, 
Gesch.  Friedrich'B  I.,  Th.  I.  S.  4. 

2)  Von  Matthias  von  Eemnat  (in  der  Oberpfalz)  und  Ton 
Beheim  (auch  Behaim,  Behem,  Beham  und  Bohem)  aus 
Sulzbach  bei  Weinsberg  haben  wir  werthvolle  Lebensbeschreibungen 
Friedrich's.  Vergl.  über  dieselbe  Krem  er,  Th.  L  Vorrede  S.  1- 
U.2.  Häusser,  S.  329.  Die  Reimchronik  des  Meistersängers 
Beheim  Ton  den  Thaten  Friedrich's  wurde  Ton  Eremer  bei 
der  Ausarbeitung  seines  Oeschichtswerkes  benutzt.  Sie  ist  noch 
nicht  gedruckt  und  findet  sich  im  Heidelberger  Univ.-Arch.  (Cod. 
PaL  Nr.  335).  Auch  Beheim's  andere  sehr  zahlreiche,  meist  geist- 
liche Gedichte  sind  erhalten  und  stehen  im  Ck)d.  Pal  Nr.  812.  334. 
351.  375.  382.  386.  Yergl.  Aber  ihn  und  seinen  Aufenthalt  in  Hei- 
delberg und  über  Matthias  von  Eemnat:  Gervinus,  Poet. 
National-Lit.  d.  Deutschen,  Th.  II.  S.  211.  218. 

3)  Eremer,  Th.  L  S.  4.  522.  523. 

4)  Er  hett  auch  grossen  Lust  darby 
ZvL  der  Ennst  genant  Alchamy, 
Wiewohl  kleine  Gewynnung, 

War  an  dieser  Begynnnng.  •—  (Poöta  Weinsperg.  p.  228.) 
Die  Liebhaberei,  welche  die  »eisten  Fttrsten  und  Grossen  der 
altem  Zeiten  an  der  Alchymie  und  Astrologie  hatten,  verdient  um  so 
mehr  Anerkennung,  als  die  Alchymie  zur  Chemie  und  Experimen- 
talphysik, die  Astrologie  und  Ealendermacherkunst  zur  Astronomie 
den  Weg  bahnte,  und  so  waren  die  grossen  Opfer  für  d^  »Stein 
der  Weisen«  doch  zuletzt  der  Wissenschaft  gebracht.  Das  ünir.« 
Arch.  besitzt  eine  reiche  Sammlung  alchymistischer  und  astrologi- 


Sinn  dem  Leben  viel  n&her  YerwMdf  wat,  als  der  Schule 
und  den  Büchan.  Das  scholastische  TreH)en  der  Ge- 
lehrten vereinte  sich  schwer  mit  seiner  nAchtemen,  derben 
Natur.  Ein  mehr  dem  Praktischen  zugewandter  scharfer 
Verstand,  ein  heller  Blick  in  die  Verhältnisse  des  Lebens, 
eine  angeborene  und  tüchtig  ausgebildete  Gewandtheit  in 
allen  äusseren  Verhältnissen  waren  in  ihm  mit  kräftiger 
Derbheit  und  einem  lebhaften  Temperamente  zu  einem 
acht  pfalzischen  Charakter  verbunden,  den  auch  das  Volk 
als  solchen  zu  jeder  Zeit  erkminte  ^). 

Nachdem  er  die  Administration  des  Landes  ange^ 
treten  hatte,  brachte  ihm  die  Universität  ihre  Glück- 
wünsche dar  und  bat, 

»dass  er  sie  ihm  wolle  befohlen  sein  lassen  Tnd  ihre 
Privilegia,  nach  herkommen,  brauch  ynd  gewonheit  schrifit- 
lieh  vnd  vnter  seinem  fürstlichen  Secret  bestätigen«^). 

Friedrich  erfüllte  ilipe  Bitte,  bestätigte  im  Na- 
men seines  Mündels  ihre  Privilegien  und  Hess  ihr  eine 
Urkunde  darüber  zustellen  '^). 

Friedrich'  L  toird  Kurfürst  \)(m  der  Pfalz  und  be- 
stätigt auch  als  solcher  die  Privilegien  der  Universität, 

Beform  derselben. 

Die  Verhältnisse  des  Landes  waren  bei  dem  Tode 
Ludwig's  IV.  in  mehrfacher  Beziehung  bedenklich.  Alte 
und  neue  Feindseligkeiten  drohten  dem  Administrator 
über  den  Kopf  zu  wachsen,  und  dennoch  schien  es,  als  hätte 


seher  Werke,  welche  Yormals   im  Besitz  und  in  den  H&nden  der 
allen  Pfalzgrafen  waren. 

5)  H&usser,  S.  330.  381. 

6)  Sohn,   S.  .41. 

7)  Die  Original -Urknnde  (Sabatho  popt.  fest.  Ephiph.  1450) 
befindet  sieh  im  Univ.-Arch.  Nr.  7  und  abschnltiieh  in  Annall.  Univ. 
T.  II.  F.  228,  b. 


Ffieirich  L  wird  Sm/ßr^,  S^ßam  äer  UfMwrM^i^     297 

eise  Aette  von  Yerwiekbaigw  nur  den  Momwk  8 wi6s  Auf- 
tretens erwartet,  um  ^ich.  unter  ihm  zu  lösen^  Wir  err 
ianem  nur  an  die  Lüt^^teiniache  Fehde  und  die  Händel 
im  Eteass,  in  welche  Friedrich  anfänglich  verflochten 
wurda  Sr  hielt  es  daher  im  Interesse  des  Landes  und^ 
um  das  bedrohte  Becht  des  Kurprinzen  zu  sichmi,  ftbr 
nothwendig,  sieh  aus  der  beettgten  Stellung  eines  Vor- 
mundeß  8U  disr  des  regier^enden  Kurfürsten  zu  eat*- 
hebai^).  Dieses  erkannte  auch  eine  Versammlung  der 
Pfälzischen  Prälaten,  Herr^^  Bitter  und  Lehensleute  an  % 
welche  am  6.  September  1451  in  Heidelberg  gehalten 
wurde,  und  steh  auf  ihren  Lehens-  und  Diensteid  damit 
einVerstand^^ridärte,  dass  Pfal^^raf  F  ri  ed  r  i  ch  die  Begie- 
rang  selbst  antrete  und  seinen  Neffen  an  Kindesstatt  annehme. 
Dagegen  sollte  er  sich  nidit  v^heirathen,  sein  persönliebes 
Erbe,  wozu  noch  der  Ton  sdnem  Bruder  Buprecht 
ihm  abgrtretene  Besitz  kam,  der  Pfftlzischen  Landesmasse 
überlassen  und  »auch  nach  dem  Vorgänge  seines  Herrn 
Vatters  und  Bruders,  nicht  weniger  älterer  Kurfürsten 
sich  von  des  Studiums  zu  Heidelberg,  der  Städte  und 
der  Juden  wegen  vet^hrdben«  ^% 

Friedrich  gelobte  dieses  Alles  und  versprach  noch 
dazu.  Alles,  was  er  erwerben  werde,  gleichwie  sein  vor- 
handenes Besitzthum,  der  Pfalzgrafschaft  zuzuwenden. 
Auch  die  Mutter  des  unmündigen  Philipp  erklärte  sich 
damit  einverstanden,  und,  da  der  Papst  ebenfalls  seine  Zustim- 
mung gegeben  hatte,  und  die  Mitkurfürsten  ihre  Geneh- 
migung ertheilten,  so  wurde,  obwohl  König  Friedrich  HI. 
seine  Zusage   verweigßrte,  am   13.  Januar  1452,   nach 


6)  Häusser,  S.  632  ff. 

9)  Das  Yerzeichniss  gibt  Krem  er,  B.  I.  S.  32.  83.  Klub  er. 
Die  eheliche  Abstammnag  des  Fttrsten  Iiöweostein^Wertbeini  ron 
dem  EurfüTSten  F.riedrioh  L,  S.  19. 

10)  Kremer,  S.  B3.  64.  Yei^l  auch  oben  (S.  219,  Note  127) 
die  Constitution  Buprecht's  II.  v.  J.  1395  und  das  Testa- 
ment Ludwig's  III.  V.  J.  1427. 


296      t  Bw^,  IL  jRsfNMfai  1.  MeehUH.   (1449^U7ß.) 

feierlicher  Adoption  Philipp's,  üt  Hnl^guag  der  I1äl& 
sdien  Lehensleute  Yorgenommen  ^^). 

Si^ald  Friedrich  zom  wirklichen  EwfÜtBt^  er* 
klärt  war,  wttnschte  ihm  die  Universilftt  am  11.  Septem- 
ber 1452  »mit  einer  öffentlichen  Oration  durch  Nico  Uns 
von  Wachenheim  abermals  glück  und  bat  nmb  newe 
vnd  churfttrstlidie  bekräffüguBg  ihrer  Privilegien«^^.  Die 
Bftte  wmrde  von  dem  Euifllrsten  dnrch  eine  in  Frie*- 
d rieh's  imd  seines  Neffen  Namen  ausgefertigte  und  der- 
selben zugestellte  Urkunde  erfüllt  ^^. 

Schon  als  Administrator  hatte  Friedrich  sich  da- 
mit beschäftigt,  die  Zustände  der  letztern  zu  verbessern.  Da 
dieses  aber  nur  durch  eine  völlige  Umgestaltung  vieler  bis- 
her bestehenden  Einriditungen  geschehen  konnte,  so  liess 
er  eine  umfassende  Bef<»in  derselben  ausarbeiten.  Nach- 
dem diese  vollendet  und  von  ihm  genehmigt  war,  wurde 
sie  von  dem  Ganzler,  Johann  Guldenkopf  ^*),  in  seiner 
(des  Kurfürsten)  Gegenwart  den  Universitäts-Angehörigen 
in  dem  Augustiner- Kloster  voigelesai  und  dabei  aus- 
drücklich erklärt: 

»Wer  dieselbe  nicht  ei&gelien  volle,  den  wolte  der  Kar- 
ftot  in  der  statt  nicht  wissen;  er  sehe  ihm  auch  nimmer- 
mehr wiederumb  herkommen,  wenn  er  der  vrsachen  halben 
weggezogen  were.« 


11)  Siehe  die  Urkunde  bei  Krem  er,  S.  44. 

12)  Annan.  Univ.  T.  m.  F.  8,  b.  —  Die  Geschenke,  wekhe 
die  Uniyersitftt  dem  Qamsler  bei  dieser  Yeranlassuiig  aberreichte, 
sind  in  Hist.  Acad.  F.  46  angegeben:  »Cancellario  Academia  4 
libr.  specierum  i.  e.  bellariorum  aromaticorum  et  saccaratoram  cnm 
8  mensoris  clareti  (süsser  Traubenwein)  obtulit« 

13)  Die  Original -Urkunde  (sexta  fena  post  dominicam  qnasi 
modo  geniti  1457)  ist  im  Univ.-Arch.  Nr.  5  und  abschriftlich  in 
AnnaU.  Univ.  T.  III.  F.  56,  b  und  im  Gepialb.  der  Uniy.  F.  104,  b. 
105,  a. 

■14)  Gulden  köpf  (Gnldeneop,  Guldincopf,  de  anreo  eypso)  you 
Speyer  war  »Licentiat  in  den  heiligen  Rechten«  imd  1442.  imd  1447 
Becter  der  Universität.  Eine  bei  dem  Antritte  seines  Rectorats 
gehaltene  Rede  ist  noch  im  Cod.  Pal.  Nr.  454.  F.  891  im  Univ.- 
Arch.  vorhanden. 


FrieiHeh  L  wifd  mtrßrst.   Befom  der  VnifomH&t.     29^ 

Die  üniversitftt  nahm  alle  vorgelesenen  Pnncte  an, 
jedoch  mit  dem  Vorbehalte,  dass,  wenn  etwa  »von  höherer 
Obrigkeit  (dem  Papste)  anderer  Befehl  kähme«,  der  Kur- 
fürst sie  vor  »vnglimpff«  schützen  möge,  was  dieser  auch 
versprach  ^*). 

Das  Wesentliche  des  Inhalts  der  sehr  ausfQhrlichen 
Urkunde  ^^  theilen  wir  nach  einer  in  dem  üniversitäts- 
Archiv  aufbewahrten  alten  Handschrift  mit.  Dortheisstes: 

>1.  Das  3  H&user  in  Heidelberg  denen  3  Doctoribas  in  facnltate 
theologica  sollen  rerbleiben. 

,  2.  Von  3  pfirOnden  so,  itz  gemelten  Doctoribas  sollen  ange- 
wiessen  werden,  als  nemblich  in  dem  Dhomstift  za  Wormbsj 
zu  St.  German  in  Speyer,  zu  ¥rimpfen  im  Thal,  worttber  der 
älteste  Doctor  soU  allzeit  die  wähl  haben,  pro  Stipendiis 
aber  sollen  sie  jährlich  nicht  mehr  haben  als  100  fl. 

3.  3  Hftnser  und  3  pfranden  pro  doctoribas  in  facultate  Juri- 
.   .     dica,  nemblich  im  Dhomstift  zu  Speyer,  item  zu  St  German 

aasser  Speyer,  und  dann  zu  St.  Andres  in  V^ormbs. 

4.  Ein  Haus  bei  denen  Barf&sser^')    vndt   eine   pfründ  zu- 
Wimpfen  pro  ordinario  Medicinae  Doctore"). 


16)  Sohn,  S.  42.  43. 

16)  Die  sehr  schön  geschriebene  Original-Urkunde  »Instrumen- 
tmn  priyilegioram  Frideriei«  ist  im  Üniv.-Arch.  Nr.  1  und  abschrift- 
lich in  AnnalL  Univ.  T.  III.  F.  9,  a  bis  13,  b,  in  Acta  Fac.  Art 
T.  n.  F.  182  — 186  and  im  Gopialb.  d.  üniv.  F.  84,  a  bis  87,  b. 
Einen  Abdruck  geben  die  Acta  Pal.  T.  L  p.  420-^427. 

17)  Es  ist  dieses  das  von  Tenstal  (S.  267,  Note  14)  der 
medidnischen  Facultät  vermachte  Haus. 

18)  Bemenricesswerih  ist,  dass  sich  im  Pfalz.  Copialb.  Nr.  12. 
F.  174.  176  eine  Apothekerordnung  ▼.  J.  1471  vorfindet.  In  dieser 
ist  angegeben,  wie  die  verschiedenen  Medicamente,  als  Pulver, 
Pillen,  Mixturen  u.  A.  bereitet  werden  sollen;  welche  Artikel  die 
»worczkremer  vnd  worczl««  zu  Heidelb^  feil  haben  durften  (die 
»worczler« ,  welche  die  Märkte  besuchten ,  durften  nur  Einen  Tag 
feil  haben,  ausgenommen  die  Messe  »zu  aller  Heiligen  tag«);  für 
welche  Preise  die  Arzneien  verkauft  werden  durften  (die  Armen, 
»quibtts  medici  propter  Demn  serviunt«,  hatten  fftr  die  Arznei  nur' 
die  Hälfte  zu  zahlen,  wenn  sie  der  Apotheker  nicht  auch  »propter 
Deum«  unentgeltlidi  geben  wollte).  —  Es  ist  dieses  die  frflheste 
und  interessanteste  Pharmacopöe  und  Arzneitaxe,  welche  noch  tor- 
handen  sind.     (Nadi  ihnen  sind  die  ältesten  die  von  Paris  1424, 


300      I-  Buch.  n.  FeriQä€.  1.  Alrnkm».  (tUB^UT^ 

Doch  sollen  alle  obgemelte  ihre  H&nsser  selbst  im  Baa 
lialten. 

5.  Ad  senatom  sollen  nebst  dem  Rector  und  übrigen  Doctoribns 
der  3  hohem  Facultäten  aus  der  artistischen  Facult&t  mehr 
nit  als  der  Decanus  und  4  Meister  von  12  zugelassen 
werden  "). 

6.  Den  Artisten  soU  Erlaubt  sein  za  lehren  viam  modemorom 
et  antiquorum,  was  nicht  Ton  der  heiligen  Kirche  ver- 
botten  ist. 

7.  Aus  dem  Gollegio  Principis  sollen  seyn  4  die  Theologie  stu- 
dieren, 1  Licentiatus  Juris,  der  die  Pfrttndte  zu  Mosbach 
habe,  und  1  Licentiatus  Medicinae,  der  die  pfründte  zu  St 
Paulus  in  Wormbs  geniesse,  sollen  aber^zum  Eingang  geben 
15  fl.  pro  fabrica. 

8.  Soll  der  Senatus  Erwählen  einen  ad  facultatem  juridicam, 
der  die  weltlichen  Rechte  vorlesse'^)  und  geniesse  die  andre 


von  Berlin  1488  und  ton  Halle  1488.)  Sie  wurden  «nf  Befehl  des 
Kurfürsten  Ton  seinen  »erczen«  M*  Bartholomäus  von  Etten, 
M.  Erhard  Kuab  (Knapp)'  von  Zwyfalten  und  Conrad 
Schelling  von  Heidelberg  abgefasst.  Wir  haben  sie  vollständig 
abdrucken  lassen  in  der  Yereins-Zeitung  des  allgem.  deutsch.  Apo- 
theker-Vereins 1857,  Nr.  4.  S.  58  ff.  Yergl.  auch  Mono,  Ztschr. 
B.  IL  S.  276  ff.,  wo  diese  Pharmacopöe  und  Arzneitaxe  ebenfalls 
abgedruckt  sind. 

Als  Apotheker  wird  genannt  »Hans  apoteker«  zu  Heidelberg 
i.  J.  1401  (Zin^buch  des  Bischof  Rhaban  von  Speyer,  F.  48); 
1405  nimmt  König  Ruprecht  den  »magister  Petrus  apothe- 
carius  Frankfurdensis«  unter  sein  Hofgesinde  auf  (Pfalz.  Gopialb. 
Nr.  143.  F.  257);  als  erster  Hofapotheker  wird  Johannes  Schön- 
tal erwähnt    Mono,  Ztschr.  B.  XXL  S.  2L 

19)  In  der  Folge  traten  manche  YerftndeniDgen  eis.  So  beatand 
der  Senat  im  Jahre  1550  ausser  dem  Reotor  Curio  aus  2  aus  der 
Artisten-Facultät  gewählten  Räthen  und  einer  Anzahl  von  Assessoren. 
Von  diesen  war  1  aus  der  theologischen,  4  aus  der  juristische&t 
2  aus  der  medidnischen  Facultät.  Doch  wird  dabei  bemerkt.:  »Da- 
tur  ad  haeo  potestas  Rectori  convocandi  pro  necesaitate  quo«  velit«. 
Aimall.  Univ.  T.  YII.  F.  66,  a. 

20)  Der  Lehrstuhl  des  Römischen  (weltlichen)  Redits  war  län- 
gere Zeit  nicht  besetzt  Schon  1387  trug  es  Matthäus  Giemen tis 
vor  (S.  159),  und  1408  war  Job  von  Strassburg  und  1428 
Johann  Kirchmeier  für  dasselbe  angestellt  (Wundt^  De  Fa- 
cultät ord.  Jurid.  P.I.p.  13 ff.)  Kremer's  und  Tolner's  Angabe 
(Acta  Paiat  T.  L  p.  385,  Cod.  Dipl  p.  128),  als  seien  erst  unter 


Beviäirte  u,  erweiterte  StoMen  der  Uniffereitäi  u.  ä.  Bureen,    301 

'  pMndte  zu  St  Andres  in  Wormbs,  die  gef&ll  Ton  einer 

pfrOndt  gn  Nenstatt  nod  dan  90  fl.  toh  der  Kirch  so  Loden. 

9.   Das  die  Yacans  in  der  theologischen  Facult&t  nit  llUiger  soll 

danren  als  die  hundstage'^).    Wan  die  artisten  das  qaod- 

libet  disputiren,  sollen^  die  Theologi  nit  Dispatiren. 

10.  Ein  Jeder  Doctor  Theologiae  soll  jährlich  einmal  Disputiren, 
wie  anch  die  Doctores  Joris. 

11.  Das  J&hrlich   die  Facnlt&ten  Rechnung   thnn   sollen   dem 
Rectori. 

la.   Das  die  promovendi  mit  Collecten  vnd  sunst  andern  nit  sollen 

beschwert  werden. 
13.   Das  die  Professores  und  Collegiaten   ohne  Erlaubnus  Re- 

ctoris  Aber  8  t&g  nit  sollen  aus  Heydelberg  sein.« 

§  3. 
Revidirte  und  erweiterte  Statuten  der  Universität 

und  der  Bursen. 

Bei  den  Bestrebungen  des  Kurfürsten  für  das  Wohl 
und  Gedeihen  der  Universität^')  blieb  diese  auch  nicht 


Friedrich  I.  Vorlesungen  aber  das  römische  Recht  gehalten 
worden,  ist  deshalb  irrig.  Jener  besetzte  diese  Professor  1455  mit 
Johann  Schröder,  genannt  Lntifiguli,  von  Heidelberg,  dann 
1461  mit  Johann  Byssinger,  1463  mit  Peter  Wacker  TOfn 
Sinsheim,  1469  mit  Hartmann  Pisto^  von  Eppingen,  1472  mit  . 
Andreas  Hartmann  von  Eppingen.    Wandt,  P.  H.  p.  7  ff. 

21)  Ueber  die  Ferien  der  theologischen  Facultät  erschien  »auf 
Dienstag  nach  St.  Eilianstag  1464«  noch  eine  besondere  Verordnung 
Ton  dem  Kurfürsten.  In  dieser  wurden  die  Ferien  der  Theologen 
veriftngert,  und  ewar  »von  dem  achten  Tag  an  der  Aposteln  Fetri 
und  Pauli  bis  auf  den  von  Mariae  Geburt« ;  dass  aber  die  genannte 
Facultät  diese  Zeit  nicht  überschreiten  wolle,  darüber  musste  sie 
einen  besonderen  Revers  (9.  August  1464)  ausstellen.  Verordnung 
und  Beyers  finden  sich  bei  Krem  er,  S.  839.  340,  sind  aber  audi 
besonders  abgedruckt  in  Friderici  I.  Ansschreiben  wegen  der 
Ferien  der  theol.  Facultät.  1464.  —  Auf  der  Universität  Basel  hatte 
die  theologische  Facultät  (1459)  vom  29.  Juni  bis  30.  September, 
die  Artisten -Facultät  dagegen  nur  ganz  kurze  Ferien,  und  selbst 
^^tend  der  Hundstags- Vacanzen  wurden  den  Baccalaureen  gewisse 
Lectionen  zu  halten  angegeben.    Viecher,  S.  136. 

22)  Was  unter  Friedrich  für  die  Univprsitäts-Bibliothek  ge- 
schehen ist,  8.  8.  261. 


302      X  Such.  JX  Periode.  1.  Jba^mitt.  (1U9^147$.) 

unthätig.  Sie  emetterte  alte  gesetzlidie  Bestiramnngen 
und  fügte  neue  hinzu ,  um  Fleiss ,  Ordnung  ind  Sitte  zu 
fSrdern  und  vereinigte  die  froher  jeweils  nach  Bedürfoiss 
gegebenen  einzehien  Verordnungen  (^  156  ff.)  zu  einem 
gegliederten  Ganzen,  indem  sie  zugleich  bestimmte,  dass 
sie  jeder  Bector,  bei  dem  Antritte  seines  Amtes,  nadi 
vorheigegangener  Einladung  *'),  in  dffentlieher  Versamm- 
lung den  Üniyersitäts-Angehörigen  vorzulesen  habe.  Dieses 
Vorlesen  wurde  von  dem  Bector  mit  einer  Rede  (Prae- 
fatio  sive  Arenga  ad  publicandum  statuta)  eingeleitet 

Das  erstemal  finden  wir  diesen  Brauch  im  Jahre  1421 
(27.  August),  wo  Otto  V.  Stein  das  Rectorat  beklei- 
dete "). 

Nach  dem  Jahre  1421  &nd  bis  zur  Restauration  der 
Universität  durch  den  Kurfürsten  Karl  Friedrich  (1803) 
jedes  Jahr  dieses  Vorlesen  der  Statuten  statt.  In  den 
älteren  Acten  sind  die  Statuten  und  Reden  nur  noch 
aus  den  Jahren  1421,  1440,*  1444,  1446,  1448, 1450,  1453 
und  1456  in  der  Handschrift  Nr.  454  vorhanden  *^). 


23)NL&ngere  Zeit  laatete  die  Einladnnggformfllj  wie  die  erste, 
welche  wir  in  den  Acten  fanden:  »Intimatio  et  mandatum 
pro  public  atione  StatHtornm.« 

»Mandajnns  onmibua  et  singnlis  nostrae  amTersita^s  snppositis, 
quatenos  hodie  hora  I.  post  meridiem  canTeniads  m  scholis  novis 
artistarum  saperioribos  ad  aadiendnm  constitntiones  qaaadam  et 
statuta  statum  yestnim  et  honorem  convenientia  (auch  »honorem 
nostrae  nniversitatis  et  Testram  concernentia«)  s«b  poena  joramenti 
praestiti. 

Datum  anno  Domini  MGGCCXXI.  die  XXYU.  n^sasis  Angosti 
nogtri  Beotoratus  sub  sigillo.«  Später  geschahen  diese  Einladungen 
durch  Programme,  mit  welchen  in  der  Regel  eine  wisseoschaltliche, 
von  dem  Professor  der  Eloquenz  abge&sste  Abhandlung  Verbundes 
war.    Siehe  unsere  Gesch.  d.  Stipendien,  H.  II.  S.  3. 

24)  Stein' 8  Bede  handelte  »de  causa  condendi  statuta«* 
Schwab,  P.  L  p.  45. 

25)  Eine  sorgfältige  Abschrift  derselben  besitzt  die  Hof-  und 
Staatsbibliothek  in  München,  Cod.  BaT.  Nr.  631.  Am  Schlüsse  der 
Abschrift  steht:  »Ego  inscriptus  Pontific.  Yatican.  bibliothecae 
conservator  fidem  fado  praesentes  copias  desumptas .  esse  ex  M.  S. 


SeviäiM  u.  ffMwterto  Sktktkn  der  Umkmeim  u,  d,  Bursm,    303 

Im  Wesentlichen  stimmen  diese  Statuten  mit  den 
firüheren  »Disciplinar-  und  Polizeigesetzen«  überein 
und  vertneteb  unter  Anderem:  Herumschwärmen  auf 
der  Strasse  nach  der  Abendglocke  ohne  Leuchte,  bewaffnet 
oder  verlarvt,  Händel  mit  den  Schaarwächtem,  Schreiben 
oder  Verbreiten  von  Schmähschriften  (libelli  famosi),  un- 
anständiges Benehmen  bei  den  Disputationen,  Processionen 
und  öffentlichen  Festen,  Würfelspiel,  Beherbergen  you 
nicht  inunatriculirten  Studirenden,  Fangen  von  Vögeln,  den 
Gebrauch  yon  Nachschlüsseln,  leichtsinniges  Schwören, 
Fechten  und  Besuch  von  Fechtschulen  und  berüchtigten 
Häusern. 

Ferner  wurden  auch  den  Bursen,  welche  von  d^ 
Universität  ernannte  Begalten  hatten,  in's  Einzelne  gehende 
Statuten  gegeben.  Diese  bezogen  sich  eben  so  wohl  aqf 
das  gegenseitige  Verhältniss  zwischen  den  Regenten  und 
den  Barsalen,  als  auch  auf  die  Aufnahme  und  Entlassung 
2(Qs  den  Bursen,  die  in  denselben  zum  Besuche  des  Bac- 
calaureats  oder  Licentiats  vorzonehmenden  Exerdtien  und 
andere  wissenschafUiche  Arbeiten. 

Endlich  wurde  auch  (1470)  eine  Kleiderordnung  von 
der  Universität  erlassen.  In  dieser  ist  genau  bestimmt, 
wie  die  Kapuze  (caputium,  die  an  der  cappa,  einem  weiten 
Mantel  oder  Talar,  befestigte  Kopfbedeckung),  der  Hals- 
schmuck (collerium),  die  Stiefel  u.  s.  w.  sein  sollen*^. 

Auch  die  theologische  Facultät  arbeitete  (1452)  ihre 
ajten,  für  die  damaligen  Zeitverhältnisse  nicht  mehr  pas- 
senden Statuten  um:  und  fügte  später  (1475)  Zusätse  bei^^). 


bibliothecae  olim  Palatinae  signat.  Nr.  454.  Datum  Romae  ni. 
Calend.  Martii  1670.  Elias  Baldas.«  Den  reichen  Inhalt  dieses 
Codex  gibt  Wilken,  S.  291  ff. 

26)  Urkunde  Nr.  XII.  enthält  die  Statuten  für  die  Universität 
und  die  Bursen,  s^  wie  auch  die  Eleiderordnung. 

27)  Urkunde  Nr.  XIII.  gibt  die  Statuten  und  Zusätze.       x   ^ . 


§*• 

Eampf  des  N(minali9fnu8  und  ßeaiimus. 

Gegen  das  Ende  des  11.  Jahrhunderts  hatten  sich  in 
der  scholastischen  Philosophie**)  zwei  Hauptrich- 
tungen, die  der  Realisten  (Sachler)  und  die  der  No- 
minalisten (Namler),  geltend  gemacht.  Die  ersten 
gaben,  dem  Aristoteles  und  dem  noch  weniger  be- 
kannten Plato^lgend,  den  allgemeinen  Begriffen  Reali- 
tät; die  anderen  behaupteten,  die  allgemeinen  Begriffe 
hätten  filr  sich  gar  keine  Geltung;  sie  seien  von  den  ein- 
zelnen Dingen  abgezogene  Vorstellungen  des  Verstandes, 
sie  existirten  somit  nicht  als  wirkliche  Dinge,  sondern 
nur  als  Vorstellungen  und  Namen  (nomina).  Im  Anfange 
des  14.  Jahrhunderts  erhielt  der  Nominalismus  durch 
den  Engländer  Wilhelm  von  Occam  eine  neue»  in  das 
gesammte  kirchliche  und  politische  Leben  der  Zeit  ein- 
seifende Gestalt  In  dieser  vereinigte  er  die  ganxe  g^en 
die  kirchUchen  Missbräudie  ankarapfaide  neu^e  Partei, 
welche  in  den  Gondlien  einen  Weg  zur  Verbesserung  der 
Kirche  suchte.  So  fand  der  Nominalismus  trotz  des  Wider- 
standes des  mit  der  Römischen  Kirche  verbundenen  Realis- 
mus immer  mehr  Verbreitung,  ^nd  wurde  am  Ende  des  14.  und 
im  Anfange  des  15.  Jahrhunderts  vorherrschend,  selbst  auf 
der  Pariser  Universität,  wo  er  jedoch,  wie  in  ganz  Frank- 


28)  Die  damalige  Philosophie  ist  durchgängig  nnter  dem  Namen 
scholastische  bekannt;  nicht  als  w&ren  aUe  Lehrer  und  An- 
hänger derselben  j  welche  man  nnter  dem  Namen  Scholastiker 
begreift,  durchaus  gleichen  und  abereinstimmenden  Grundsätzen 
gefolgt,  sondern  hauptsächlich  wegen  der  Uebereinstimmung  ihrer 
iPiBseren  Form.  Seinen  höchsten  Stolz  fand  der  Scholastidm^s  in 
,anennUdllehem,  kunstvollem  Disputiren.  Da  diese  .Philosophie  zwar 
nicht  immer  nach  gleichen  Grundsätzen,  aber  doch  fast  Überall  in 
gleicher  Form  und  nach  gleichem  Plane  in  den  Schulen  gelehrt 
wurde,  so  bekam  sie  davon  ihren  Namen,  der  also  gleichsam  so 
viel  als  die  den  Schulen  eigenthOmüche  Pliilosophie  bezeiclmet. 
Erhard,  B.  I.  S.  78. 


Kamgf  de»  Neminaliamue  und  JReMmuM.  305 

reich,  durch  ein  Decret  Ludwig's  XL  (1.  März  1473) 
anterdrfl(±t  wurde,  und  die  nominalistischen  Bücher  aa 
Ketten  gelegt  werden  sollten. 

üebrigens  hatte  der  Nominalismus  seinem  ganzen 
Wesen  nach  doch  einen  mehr  negativen,  zersetzenden  und 
auflösenden,  als  positiven.  Neues  schaffenden  und  auf- 
bauenden Charakter.  Der  Realismus  war  die  positivere, 
gehaltvollere  Lehre.  Kein  Wunder  also,  dass  er  beim 
letzten  Aufraffen  der  Scholastik,  von  weltlichen  und  geist- 
lichen Autoritäten  unterstützt,  noch  einmal  sein  Haupt 
kräftig  erhob,  viele  tiefere  und  ernstere  Geister  mächtig 
anzog  und  unter  seinen  Vorkämpfern  Männer  zählte, 
welche  keineswegs  die  Bedürfnisse  und  Bewegungen  der 
Zeit  misskannten,  sondern  vielmehr,  ihnen  zu  genügen,  sie 
zu  leiten  und  zu  fördern,  trachteten  **). 

Uebersieht  man  den  Scholasticismus  im  Allge- 
meinen, so  lässt  sich  manches  Gute  in  ihm  nicht  ver- 
kennen, da  durch  ihn  der  Scharfsinn  geübt,  der  Geist  in 
Thätigkeit  erhalten  und  ein  Streben  nach  Erkenntniss 
und  nach  Klarheit  der  Begriffe  auf  die  Bahn  gebracht 
wurde;  dagegen  schadete  er  den  Wissenschaften  dadurch, 
dass  er  die  classische  und  humanistische  Gelehrsamkeit 
verdrängte,  die  wissenschaftliche  Form  über  die  wahre 
Sachkenntniss ,  die  Speculation  über  die  Erfahrung  und 
das  historische  Wissen  erhob  und  die  unnützesten  Dinge 
mit  der  feierlichsten  Wichtigkeit  behandelte'^. 

Die  Kämpfe  zwischen  Realismus  und  Nominalis- 
mus hatten  auch  auf  der  Universität  Heidelberg,  wie  überall, 
Boden,  gefunden.  Der  Nominalismus  war  dorthin  von 
Paris  aus  durch  Mars il ins  verpflanzt  (S.  123)  und  60 
Jahre  hindurch  ausschliesslich  gelehrt  worden.  Von  seinem 
Wiederhersteller  Occam  wird  er  auch  via  Occamistica, 


29)  ViBcher,  S.  188.  160.  161. 
80)  Erhard,  S.  106. 
HAuts,  GoMh.  d.  UniT.  Heidelb.  I.  20 


in  den  tU&ivarBit&ts- Acten  aber  tbeüs  via  moderna,  via 
modemorum,  auch  via  nova,  theils  via  Marsiliana  genannt. 

Von  einzelnen  Lehrern  der  Philosophie  wurden  nun 
in  den  Jahren  1444  und  1451  Versuche  gemacht,  auch 
dem  Realismus,  in  den  Acten  al$  via  antiqua,  via  anti- 
quorum,  via  Thomistica  bezeichnet,  Geltung  auf  der  Uni- 
versität zu  verschaffen.  Aber  ihre  Bemühungen  waren 
umsonst.  Die  Artisten-Facultät  erklärte  sich  entschieden 
dagegen'^).  Erst  durch  die  der  Universität  von  Frie- 
drich L  gegebene  Reform  war  es  gestattet,  Theologie  und 
Philosophie  auch  nach  den  Grundsätzen  des  Realismus 
vorzutragen  (S.  300).  Obgleich  nun  die  Mehrheit  der 
Artisten-Facultät  mit  dieser  Anordnung  nicht  einverstanden 
war,  wurden  doch  (1453)  als  »examinatores  in  via  anti- 
qua« gewählt  Simon  von  Amsterdam,  Herwich  von 
Amsterdam,  Johann  Peter  von  Dacia  und  Burck- 
hard  Wenck  von  Herrenberg.  Als  erster  Magister 
Artium  wurde  (via  antiqua)  Geyselbert  Nicolai  von 
Delfft  creirt«*). 

Der  Kampf  zwischen  dem  Realismus  und  Nominalis- 
mus in  Heidelberg  beginnt  (1453)  unter  dena  Rectorate 
Johann's  von  Schwendin  auf  dem  theologischen 
Gebiete.  Der  Doctor  der  Theologie  und  »ordinis  Ci- 
stertiensium  Provisor  Collegii«'*)  Arnold  war  mit  den 
damals  an  der.  Universität  herrschenden  theologischen 
Ansichten:  »quantitatem  a  substantia  non  distingui,  neque 
animae  potentias  realiter  esse  diversas«  nicht  einverstanden 


31)  Acta  Fac.  Art.  T.  I.  F.  227.  T.  II.  F.  19.  20. 

32)  Ibid.  T.  II.  F.  20—25.  —  Ueber  die  Nominalisten  und 
JSlealisten  yergL  Wandt,  De  ord.  pbil.  P.  I.  p.  18  —  20.  Hot- 
tinger,  p.  79.  Auch  auf  der  Universität  Basel  finden  (U64) 
gleiche  Kämpfe  wie  in  Heidelberg  statt,  welche  jedoch  damit  endi- 
gen, dass  der  Nominalismus  und  Bealismus  dieselben  Berechtigungen 
erhielten.    Vi  seh  er,  S.  140  ff. 

33)  Schönmezel  fagt  bei:  »Quod  bursa  nova  dicebatur«.  Die 
ganze  Mittheilung  entnehmen  irir.  8.as  deqsßn  Collect-  9A  hist.  Fac 
medic.  Heidelb. 


Kimgf  des  HammMsfmui  md  BeaMmnm.  30T 

TOid  sudite  sie  zu  bekämpfen.  Er  liess  daher  an  alle 
Kirchenthüren  den  herrschenden  Ansichten  enligegenge- 
setzte  Thesen  anschlagen.  Kaum  war  dieses  zu  den  Ohren 
des  Rectors  gekommen,  so  wurde  die  Universität  zusam- 
menbemfen,  dem  Doctor  Arnold  das  Lehren  untersagt 
und  an  die  Stellen  der  herabgerissenen  Thesen  desselben 
ein  Mandat  des  {tectors  geheftet,  welches  den  Studenten 
bei  ihrem  geleisteten  Eide  untersagte,  Arnold's  Vor* 
träge  weiter  zu  besuchen.  Doch  hatte  dieser  in  höheren 
Kreisen  Vertreter.  Der  Abt  von  Schönau,  zu  dessen 
Orden  er  gehörte,  der  Dompropst  von  Worms,  Ludwig 
von  Ast,  und  selbst  der  Kurfürst  bemühten  sich,  einen 
Vergleich  herbeizuführen.  Allein  vergeblich.  Da  liess 
sich  Arnold  herbei,  vor  der  versammelten  Universität 
(in  congregata  Universitate)  seine  Ansichten  als  irrig  zu 
erklären  und  mit  dem  Versprechen  um  Verzeihung  zu 
bitten,  nie  wieder  die  Anstalt  beunruhigen  zu  wollen. 
Hierdurch  erst  wurde  diese  zufrieden  gestellt  und  er- 
laubte ihm,  wieder  Vorträge  halten  zu  dürfen  **). 


34)  Die  Aniieht  der  Theologen,  welcher  die  üniyersit&t  in  jener 
Zeit  huldigte  und  die  sie  vertheidigte,  erhellt  am  deatlichsten  aus 
folgendem,  ton  Schdnmezel  in  dem  genannten  Programme  mitge» 
theiken  Acteiistacke:  »Qaiconqne  dicit  substantiam  qnantitaten 
esse,  affinaat  sabBtantiam  panis  in  Sacramento  Altans  post  conae* 
erationem  mansiase,  iste  Idololatriam  fovet  et  meritnm  fidei  Bo* 
manae  dialecticae  arti  innititnr.  Hinc  Husitaram  damnatos  error 
Berpsit,  quod  synodus  sancta  Gonatantiensis  declaravit,  qaoram 
Haeresiarcha  Hns,  quod  inter  substantiam  et  quantitatem  distingui 
nequeat,  in  libris  scripdt  et  docuit,  volens  miUesies  eombnri,  quam 
istnm  errorem  dejurare.  Est  itaque  in  Tenerabili  sacrificio  hostiae 
salutaris  consubstantia  panis  et  Dominid  Corporis,  remanentibus 
natoris  aocidentiom  secundnm  esse  individuale  et  proprium,  quam 
diviaa  yirtus  di^nnxit  secundnm  esse,  et  natura  postea  decrevit 
distinctam  a  substantia  realiter  et  generice.  Manet  insuper  ibi 
quaUs  in  sapore  relatio  iode  pendens,  ubi  actio  et  passio  fiont 
realiter  cpngruae  in  quanto,  in  situ.« 

Darauf  heisst  es  weiter:  »Docet  natura  hominem  in  confinlo 
dnarum  nafturarnm  conditnm :  utriosque  naturamm  perfectionis  parti* 
eipatur.« 

20* 


308       L  Bw^.  IL  Periode.  1.  JAsdMft.   (049—1476.) 

Damit  war  aber  der  Streit  nur  f&r  «fen  Augenblick 
unterdrückt ;  bald  brach  er  wieder  aus,  und,  bis  zur  Kirchen- 
Reformation  dauernd  *^),  störte  er  mehrfach  den  Frieden 
und  die  Eintracht  der  Universität 

§5. 

Papst  Pius  IL  Friedrieh's  Theilnakme  an  dem 
Kampfe  Diether's  von  Isenburg  und  Adolph's  von 
Nassau  um  den  erzbischöflichen  Stuhl  in  Mainz, 
Friedrich  von  dem  Papste  in  Bann  gethan.    Schlacht 

bei  SecJcenheim  (^1462j. 

Wie  in  dem  Kurfttrsten,  so  hatte  die  Universität  i» 
dieser  Zeit  (1458—1464)  auch  an  Pius  11.  (AeneasSyl- 
vius  Bartholomäus  Picolomini)  einen  Gönner.  Er  war 
früher,  als  Dompropst  zu  Worms,  auch  Canzler  der  üni- 


»Hinc  essentialiter  homo  rationalis  dicitur,  intellectaalis  parti- 
dpatiye  et  sentitims  per  ezcessuin.« 

»Doeet  veritas  hominem  ad  imaginem  Dei  et  flimilitadinem  fa- 
ctum esse.  Est  proprietas  divinae  natnrae,  cmn  personarmn  trini- 
tate  in  nnitate  essentiae  consistere,  in  qua  realissime  personae  sunt 
distinctae  cum  indivisa  essentiae  unitate.  Ad  cujus  imaginem  factns 
homo,  habet  trinitatem  potentiarum  ^realiter  distinctaram  et  cum 
enentia  animae  essentialiter  convenientem.  Est  itaque  naturalis 
assimilatio  divinae  similitudinis  et  imaginis  in  participatiotie  homi- 
nis,  non  ut  in  scripto,  tanquam  trinis,  sed  in  reali  partidpatione 
dimae  assimilationis,  in  tribus  potentiis  realiter  distinctis.  Qni 
negat  memoriam,  intelligentiam  et  Yoluntatem  in  anima  distinctas 
potentias,  bonum  hominis  toUit  et  in  corde  sao  cum  insipiente,  quod 
non  est  Dens,  dicit.  Per  quam  assimilationem  recipimus  divmi  tuI- 
tus  super  nos  configurantem  assimilationem,  Patri  in  memoria,  FiHo 
in  intelligentia ,  Spiritui  sancto  in  voluntate  optimam.  Sic  in  ipso, 
per  ipsum  et  cum  ipso  exultat  ipsa  humana  anima,  tot!  trinitati 
applicata.  Patet  itaque  ex  omnibus,  quod,  sicnt  ponere  quantitatem 
fore  substantiam,  toUat  Teritatem  sacrosanctae  Eucharistiae,  ita 
negare  distinctionem  potentiarum  animae,  toUat  bona  naturae, 
gratiae  et  gloriae,  quam  conferre  dignetur  Dominns  Jesus  unigemtns 
filius.    Amen.c 

35)  Schönmezel  bemerkt  hier:  »Refbrmationis  scintillaehac 
occasione  videntur  elucere.« 


PimIL  FHedrich'8  Kämpfe,  St^OaehtbeiSedkenheim.      309 

Yersitftt'^  und  raier  der  gelehrtesten  Päpste,  welcher 
Kunst  und  Wissenschaft  hochschätzte  und  Wissenschaft^ 
liehe  Bildung  überall  zu  iördem  suchte  *^). 

In  herkömmlicher  Weise  theilte  auch  Pius  11.  seine 
Wahl  der  Universität  mit^®).  In  dankbarer  Anerkennung 
der  ihr  dadurch  erwiesenen  Ehre  ordnete  sie  eine  feier- 
liche Messe  an,  dem  Papste  selbst  aber  sprach  sie  in 
einer  Zuschrift  ihre  Glückwünsche  und  das  Gelöbniss 
ihrer  Ergebenheit  aus'*). 


86)  »In  hac  nrbe  (Wormatia)  nos  praeposituram  cum  palatio 
nobili  obtinemas  et  ejus  causa  in  schola  Heidelbergensi  Gancel- 
larjatum.«    Vergl.  dessen  Descript.  Germ.  cap.  VII. 

37)  Leichtfertig  in  jüngeren  Jahren  und  ruhmbegierig  als  Mann ; 
keimte  in  SylTius  der  Sinn  fttr  das  Kirchliche  erst  auf,  seitdem 
er  unter  die  Grossen  der  Kirche  aufzusteigen  hoffte.  Als  Papst  hatte 
er  sich  bald  in  seine  Würde  gefunden,  doch  lebte  der  Humanist  in  ihm 
immer  noch  fort.  Auch  in  dieser  Stellung  liebte  er  die  witzigen  und  le- 
benslustigen Menschen,  gefiel  sich  in  geistreichen  Sentenzen,  hielt  statt- 
liche Beden,  nach  der  Kunst  verfasste  Commentarien  über  seine  Regie- 
rung und  seine  Zeit,und  war  überhaupt  dazu  geschaffen^seinemCharakter 
und  Amte  nach,  zwischen  Italien  und  Deutschland  zu  vermitteln.  Er 
spornte  zuerst  die  Fürsten  an,  geisselte  ihre  Indolenz,  schmähte  den 
entarteten  und  verbauerten  Adel,  spottete  der  Wiener  Gelehrten  und 
ihrer  nutzlosen  Spitzfindigkeiten  und  warf  mit  die  ersten  Funken  in 
das  verglommene  geistige  Leben  der  Deutschen.  In  dem  Univ.- 
Archiv  Nr.  119  finden  sich  von  ihm:  »Geschichte  eines  Liebenden «f 
>Rath  an  Nicolaus  Warttember  wider  das  Hurübel«;  »Histor.  de 
Oregorio  papa«.  Seine ,  Liebe  zu  den  Wissenschaften  bewies  & 
unter  Anderem  auch  bei  der  Gründung  der  Universität  Basel  (1459). 
Vis  eher,  Gesch.  d.  Univ.  Basel,  S.  26  ff.  Vergl.  femer  über  ihn 
Büttinghausen,  Mise.  p.  11  sqq.  Härtung,  De  Pio  II.  (Progr. 
1772).  Senckenberg,  Sei.  jnr.  et  bist.  T.  IV.  Fase.  lü.  p.  315 sqq. 
Wessenberg,  B.  IL  S.  531  ff.  Voigt,  Pius  IL  und  sein  Zeit- 
alter. Voigt,  Die  Wiederbelebung  des  class.  Alterthums,  S.  478  ff. 
Gervinus,  Gesch.  d.  poet.  National  -  Lit.  d.  Deutschen,  Th.  II. 
S.  259  ff. 

38)  Die  Bulle  d.  d.  tertio  nonas  Septembr.  1458  s.  in  Hist. 
Acad.  F.  49  —  51  und  bei  Büttinghausen,  Mise.  p.  12  —  14. 

39)  Histv  Acad.  F.  ^1.  Büttinghausen,  p.  15.  16,  woselbst 
auch  die  Einladung  des  Bectors  an  die  Universitäts- Angehörigen 
zur  Messe  und  die  Zuschrift  d^  Universität  an  den  Papst  abge- 
druckt sind. 


aiO       /.  BmO^.  IL  PtrMle.  1,  JOrnkmU.   (1449^1^$,) 

Des  Karfdrsten  gutes  Einvemehmeii  mit  dem  FapBte 
wmrde  aber  bald  gestört  Die  Wahl  Diether's  von 
Isenburg  zam  Kurfürsten  und  Erzbisdiof  von  Mainz 
war  streitig  gewesen,  und  seioe  Bestätigung  hatte  deshalb 
in  Rom  Schwierigkeiten  gefunden;  doch  hatte  ihm  PiusII. 
dieselbe  versprochen,  falls  er  sich  in  Jahresfrist  persönhch 
einfinden  und  seine  Verhaltungsbefehle  empftmgen  werde*^. 
Diether  ging  anfänglich  auf  die  Bedingung  em.  Als  er 
aber  erfuhr,  dass  die  Gerichte  des  Römischen « Hofes 
ihn  gebannt  hatten,  brachte  er  auf  dem  Reichstag  zu 
Nürnberg  am  28.  Februar  1461  mehrere  Beschwerden 
gegen  den  Papst  vor.  Unter  diesen  war  besonders  die, 
dass  er  (Diether)  an  kein  allgemeines  Concilium  ap- 
pelliren  solle.  Diese  Beschwerden  fanden  Gehör,  und  es 
ging  dem  Papste  eine  Erklärung  zu,  in  welcher  unter 
Anderem  die  Berufung  eines  allgemeinen  Conciliums  ver- 
langt wurde.  Weiteres  sollte  einer  Versammlung  in  Frank- 
furt vorbehalten  bleiben,  welche  die  Kurfürsten  ausschrieben. 
Allem  diese  hatte  für  Diether  nicht  den  gewünschten 
Erfolg.  Der  Kaiser  hatte  sich  mit  dem  Papste  verbunden, 
und  ihrer  gemeinsamen  Thätigkeit  gelang  es,  die  Ver- 
sammlung zu  schwächen.  Im  Juni  1461  fand  eine  Ver- 
sammlung in  Maiilz  statt.  In  diether  machten  D  i  e  t  h  e  r  und 
Kurfürst  Friedrich,  welcher  auf  Diether's  Seite  war, 
den  päpstlichen  Legaten  Zugeständnisse.  Aber  diese 
Nachgiebigkeit  führte  nicht  zu  dem  gehofiten  Ziele.  Da- 
durch wurde  Diether  veranlasst,  eine  neue  Versamm- 
lung auszuschreiben,  welche  im  September  desselben  Jahres 
m  Mainz  gehalten  werden  sollte.  Zu  dieser  lud  er  in 
beinahe  ganz  gleich  lautenden  Zuschriften  die  Universi- 
täten Leipzig  und  Heidelberg  ein*^). 


40)  H&uBser,  S.  364  ff. 

41)  Das  Schreiben  an  die  Univenit&t  Heidelberg  findet  sich  in 
Annan.  Univ.  T.  m.  F.  81,  a  nnd  in  Bist.  Acad.  F.  54.  65,  das  an 
die  Universität  Leipzig  ist  abgedniekt  bei  Senckenberg,  T.  IT. 
p.  364  —  366.    Yergl.  auch  Bflttinghaasen,  p.  23. 


PiMlI.  Frieätich*8  Käm^e,  SdikuihthdSedtehhei/m.     Sil 

Nachdem  diese  Diether's  Schreiben  erhalten 
hatte,  heschloss  sie  am  8.  Angust  4461,  den  Rec- 
tor  Johann  Blocher,  den  Professor  der  Theologie, 
Nicolaus  von  Wachenheim,  und  den  Profeösor  der 
Decretalen,  Peter  Schwan  von  Wimpfen  am  NeCkat, 
an  den  Kurfürsten  zu  senden,  um  bei  ihm  und  seinen 
Räthen  anzufragen,  ob  die  Universität  die  Versammlüiig 
in  Mainz  beschicken  solle  **).  Die  Deputation  erhielt  eiäfe 
bejahende  Antwort.  Hierauf  versammelten  sich  die  Doc- 
toren  und  Magister  der  letztern  am  20.  August  in  der 
Capelle  zur  H.  Jungfrau  und  beschlossen,  nach  gepflogener 
Berathung,  den  Nicolaus  von  Wachenheim  und  den 
Professor  der  Decretalen,  Conrad  Degen,  nach  Mainz 
zu  schicken,  und,  weil  der  Fiscus  der  Universität  nicht 
im  Stande  war,  die  mit  dieser  Sendung  verbundenen 
Kosten  jetzt  zu  übernehmen,  sollten  die  Facultäten  einst- 
weilen das  nöthige  Geld  vorschiessen  *^. 

Die  von  Diether  beabsichtigte  Versammlung  in 
Mainz  kam  jedoch  glicht  zu  Stande,  da  er  schon  am 
21.  August  desselben  Jahres  von  dem  Papste  abgesetzt 
und  ein  Mainzer  Domherr,  Graf  Adolph  von  Nassau, 
(1443  Rector  der  Universität,  S.  291),  aus  dem  berühmten 
Grafengeschlechtö ,  welches  Deutschland  einen  König  ge- 
geben hatte,  zu  dessen  Nachfolger  ernannt  worden- war. 
Jetzt  suchte  Diether  bei  seinem  Freunde,  dem  Kur* 
fürsten  Friedrich,  Schutz,  und  verpfändete  ihm  (19.  No- 
vember 1461)  für  100,000  fl.  die  ganze  Mainzische  Berg- 
strasse; aber  eine  Bulle  des  Papstes  vom  8.  Januar  1462 
gebot  dem  Pfialzgrafen  bei  Strafe  des  Bannes,  die  ihm* 
von  Diether  verpfändete,  beziehungsweise  abgetretene 
Bergstrasse  herauszugeben,  und,  als  Friedrich  dieses 


42)  Schwab,  P.  I.  p.  66.    Büttinghausen,  p.  24. 

43)  Annall.  Univ.  T.  HI.  F.  81,  a.  b.  83,  a.  —  Die  übrigen 
Actenstücke,  s6  wie  auch  ein  Brief  der  Universität  an  Diether 
siehe  bei  Bflttinghausen,  p.  24  ff. 


312       I*  Buch.  IL  Periode.  1.  Abeehmtt.  (1449—1476,) 

nicht  that,  fanden  seine  Gegner  darin  eine  Ursache,  ihre 
Lehensverbindlichkeit  rücksichtslos  zu  brechen.  Ein  Ver- 
such des  Kurfürsten,  den  Papst  zu  freundlicheren  Ge- 
sinnungen zu  bringen  ^^X  ^^^  fruditlos,  und  es  erschien 
unter  dem  23.  Februar  1462  eine  Bannbulle  gegen  ihn^^). 
Nachdem  im  Namen  des  Kaisers  Markgraf  Albrecht 
von  Brandenburg  und  Ulrich  von  Württemberg  (23. De- 
cember  1461)  dem  Kurfürsten  den  Krieg  erklärt  hatten, 
und  ihnen  auch  der  Markgraf  Carl  von  Baden  und  sein 
Bruder  Georg,  Bischof  von  Metz,  und  Johann,  Bischof 
von  Speyer,  beigetreten  waren**),  fielen  schon  in  den 


44)  '  »Wir  han  aucbT  ynserm  Heiligen  Yatter  dem  Babst  ge- 
schrieben,  aucb  vnsere  Botscbafft  zu  Ime  gethan,  sine  Heyligkeit 
der  Dinge  warlich  zu  vnderrichten  vnd  sint  des  za  hohem  getruwen, 
Sin  Heyligkeit  wert  darin  Handeln  vnd  schaffen,  damit  daz  behende 
knrzansezlich  famemem  gein  vnsern  Frundt  von  Meinz  vnd  ms 
abegestalt  vnd  vns  vnd  Vch  vnd  rwer  Parthie  darin  kein  Gelympff 
oder  Billicheit  zugezogen  werden.    Das  auch  eine  Bolle  zu  Strass- 

borg  angeslagen  sy  vnd  vyl  Inhalten  mag  sin Wir  wolten 

auch  gar  vngern  Gotliche  Lere  Christlichen  Glauben  ynd  anders 
was  Got  ynd  die  Obern  antrifft  oder  berüret  verachten  vnd  yngem 
Yrsachen  sin  zu  jeman  Verdampniss  vnd  vns  werden  die  dinge 
von  vch  mit  vnwarheit  zugelegt  dan  wir  han  das  weiss  Got  vnd 
ist  vnser  Züge  kein  ander  Meynung  nyn  gehabt,  dann  vns  zu  halten 
alz  einen  frommen  Cristlichen  Fürsten  zusteet  vnd  wollen  das  mit 
Hilff  Gots  cristlich  biss  in  vnser  Ende  besliessen,  es  mag  auch  die 
Bulle  mit  Vnwarheit  erlangt  sin  durch  die  die  den  schyne  der 
Warheit  vnd  falschen  Grünt  an  Ine  vnd  In  Inne  haben  alz  auch 
vor  mee  gescheen  ist.«    Eremer,  S.  275.  276. 

45)  Abgedruckt  bei  Kremer,  Th.  I.  S.  276.  277.  Das  gleich- 
zeitige Schreiben  des  Papstes  an  Friedrich  siehe  bei  Oefele, 
Th.  n.  S.  244. 

46)  Kaiser  Friedrich  IIL  hatte  von  den  ReichsfÜrsten  wegen 
seiner  schläfrigen  Regierung  öfter  die  bittersten  Vorwürfe  erhal- 
ten, fürchtete  sich  vor  dem  feurigen  und  patriotischen  Geiste 
Friedrich's  L,  der  ihm  mit  den  übrigen  Kurfürsten  die  Ab- 
setzung androhte,  am  meisten,  und  war  darum  stets  dessen  Feind. 
Mit  Kurmainz  brach  der  Krieg  schon  unter  Ludwig  IV.  aus,  diesen 
hatte  also  Friedrich  L  geerbt.  Der  Markgraf  Jacob  von  Ba- 
den hatte  seinen  Sohn  Carl  an  die  Schwester  des  Kaisers  Fried- 
rich ni.  vermählt,  und  trat  daher  mit  dem  letztem  gegen  Kurpfälz 


PimU.  Friedrich's Kämgfe.  ScklacMbei Sechenkeim.     31S 

letzten  Tagen  des  März  1462  verheerende  Scbaaren  aus 
Württemberg  und  Baden  in  die  Pfalz  ein,  verwüstete 
die  Gegend  um  Heidelberg  und  legten  die  Dörfer  Eirch- 
heim,  Eppelheim,  Bruchhausen,  Plankstadt,  Sandhausen, 
St  Sgen,  Walldorf  und  Nassloch  in  Asche. 

Unter  diesen  Verhältnissen  beschloss  Friedrich 
seine  Feinde  ohne  Verzug  anzugreifen.  Danut  aber  nicht 
während  seiner  Abwesenheit  in  Heidelberg  selbst  neben 
seinem  Interesse  auch  das  seiner  Feinde  bei  der  Univer- 
sität Verfechter  finden  möchte,  mussten  die  Angehörigen 
derselben  dem  Rector  schwören,  dem  Kurfürsten  treu  zu 
sein,  bei  der  Vertheidigung  der  Stadt  mitzuhelfen  u.  s.w.*') 
Darauf  wurden  5  Doctoren  und  Magister  zu  HaupÜeuten 
über  die  Studenten  ernannt  und  die  nöthigen  Verhaltungs- 
Massregeln  gegeben*^). 

Nachdem  die  erforderlichen  Vorkehrungen  getroffen  wa- 


rn Verbindung,  so  wie  er  zavor  sehon  mit  den  unmhigen  Grafen 
von  Lfitzelstein  und  Lichtenberg,  die  von  der  Pf&lziBchen  Lehens- 
Terbindung  sieb  losmachen  woUten,  sieb  vereinigte.  Württemberg, 
Speyer  und  andere  Fürsten  und  Grafen  schlugen  sich  dazu,  weil 
sie  eifersüchtig  über  die  Vergrössening  des  Pfälzischen  Hauses  waren. 

47)  Der  Schwur,  welcher  von  dem  damaligen  Bector  Degen  von 
Memmingen  (1461)  zu  leisten  war,  ist  {tufgezeicbnet  in  AnnalL  Univ. 
T.  ni.  F.  86,  b.  —  Auch  vor  dem  Zuge  Friedrich's  gegen  die 
Lützelsteiner  mussten  die  Studirenden  ein  gleiches  Gelöbniss  thun, 
Sohn,   S.  43.  44.    . 

48)  Ordinantur  mox  studiosis  Capitanei  aliquot:  Petrus  de 
Wimpina  superiorum  Facultatum,  Petrus  de  Glaburen,  Bursae  Suef- 
vorum,  Erhardus  Enab  Licentiatus  in  Medicis  Bursae  Novae,  alii 
aliamm  Bursarum.  lojungilur  studiosis,  ut  invasione  et  insultn 
nrbis  facto  domi  suae  quisqne  maneat,  nee  ante  fores  civibus  vel 
militibos  iUudat,  ab  apparitore  vero  Academico  vocatus  qnantocius 
ad  praefixam  sibi  stationem  festinet,  etiam  non  vocatus  cum  armis 
ad  destinatum  locum  eonvolitari  yiderit,  ipse  siipul  eodem  aecurrat, 
vigUes  custodes  aut  excubitores  noctumos  et  diurnos  ne  lacessat, 
ne  molestet;  ne  uUius  Principis  aut  territorii  famam  sugillet  in 
praesentia  praesertim  laicorum,  et  ne  noctu  stndiosorum  armata 
ejusmodi  in  plateis  circumeursitatio  civibus  esset  suspecta,  id  ip- 
Bum,  ne  sinistri  quid  susplcarentur,  per  rectorem  et  tribonnm  civi» 
bns  ante  significatnm  fuit.    Hist.  üniv.  F.  57. 


314       I.  Buch.  II,  Periode.  1.  AbeefmiU.   (1449-^1476.) 

reu,  zog  Friedrich  seinen  Feinden  entgegen,  und  schlug 
sie  am  30.  Juni  1462  hei  Seckenfaeim,  früher  Siegenheim 
genannt*').  Den  Grafen  Ulrich,  den  Markgrafen  Carl 
und  den  Bischof  Georg  fahrte  er  als  Gefangene  (nur 
der  Bischof  J  o  h  an  n  von  Speyer  war  entkommen)  nach 
Heidelberg  ^%  und  gab  sie  erst  nach  langer,  strenger  Haft 
unter  harten  Bedingungen  Ende  April  1463  frei**). 

§  6. 

Friedrich  wird  von  dem  Banne  losgesprochen.     Ver- 

hältniss  der  Universität  zum  Papste. 

Nach  dem  über  seine  Feinde  erfochtenen  Siege  än- 
derten sich  die  politischen  Verhältnisse  in  der  Art,  dass 
sie  Friedrich's  Freisprechung  vom  Banne  herbeiführten. 
Adolph  schloss  1463  nicht  nur  einen  Frieden  mit  ihm, 
worin  er  die  Verpfändung  der  Bergstrasse  anerkannte, 
sondern  versprach  auch,  ihn  mit  dem  Papste  auszusöhnen. 
Alles  ging  nach  Wunsch.  Friedrich  wurde  am  12.  März 
1464  zu  Worms,  in  Gegenwart  der  Gesandten  der  be- 
theiligten Fürsten,  von  dem  Banne  losgesprochen  **).   Der 


49)  Hist.  Acad.  F.  58.  —  Zum  Andenken  an  diesen  Sieg  hat 
das  nachher  bei  der  Wahlstatt  angebaute  Dorf  den  Namen  Frie- 
drichsfeld erhalten.  Friedrich  selbst  liess  dort  als  Siegeszeichen 
ein  steinernes  Cmcifix  aufrichten,  ordnete  (1478)  zum  Gedächtniss 
des  Sieges  eine  jährliche  Procession  in  Heidelberg  an  und  stiftete 
(1475)  ein  wöchentliches  Seelenamt  fQr  die  gefallenen  Pfälzer.  Kre- 
mer, Th.  I.  S.  303  ff.  Th.  H,  S.  279  ff. 

50)  Eine  vollständige,  aus  dem  3.  Theile  der  Annalen  der  Uni- 
versität entnommene  Darstellung  dieses  Krieges  gibt  Sohn  in 
seiner  Rede,  S.  45  —  48.    Vergl.  auch  Hist  Acad.  F.  57  ff. 

51)  Garolus  manicis  vinctus  ferreis  in  carcerem  tetrum  raptna 
est  Gobellin,  Gommentar.  Pii  IL  p.  121.  Ulricus  conqnestos 
est,  se  in  vincula  coi^ectum  lignea,  cippo  et  pedica  constringi. 
Schöpflin,  Hist.  Zar.-Badens.  Th.  ü.  p.  172  ff.  FOr  ihre  Ans- 
Ifoung  nmssten  Ulrich  und  Carl  je  100,000  fl.  geben  und  der 
letzte  noch  verzichten  auf  die  Auslösung  von  Eppingen  und  auf 
den  badischen  An^prut^h  von  Heideisheim.    Krem  er,  S.  863. 

52)  Ebendaselbst,  S.  367.  368. 


AitfMmng  äei  Bcmnea.   Verhältn.derüni/».eumPapHe.     315 

Papst  erliess  in  diesem  Betrefif  zwei  Bullen.  Diese  sind 
auch  fOr  die  Angelegenheiten  der  Universität  von  Wich- 
tigkeit, weil  durch  sie  bestimmt  wurde,  dass  die  üniver- 
sitäts  -  Angehörigen ,  welche  geistliche  PfrOnden  besassen, 
in  deren  ungestörtem  Genüsse  blieben  ^^). 

Schon  oben  wurde  berichtet,  dass  Papst  Pius  n. 
freundlich  und  wohlwoUend  gegen  die  Universität  gesinnt 
war.  Wie  dankbar  sie  dieses  anerkannte  und  wie  sehr 
sie  ihm  ergeben  war,  bewies  sie  besonders  bei  folgender 
Veranlassung.  Der  Papst  hatte  nämlich  während  des  so 
di>en  erzählten  Krieges  Friedensboten  nach  Deutschland 
geschickt.  Diese  hatten  auch  ein  Schreiben  (7.  Januar  1462) 
an  die  Universität  überbracht  ^*),  wodurch  sie  aufgefordert 
wird,  den  EurfOrsten  Friedrich  zum  Gehorsam  gegen 
den  päpstlichen  Stuhl  zu  bestimmen.  In  der  hierauf 
dem  Papste  durch  den  Lehrer  des  geistlichen  Rechtes 
und  Kurfürstlichen  Rath,  Dr.  Theologie  Johann  von 
Laudenburg**),  überbrachten  Antwort  berichtete  sie, 
dass  sie  nicht  nur  der  Aufforderung  nachgekommen  sei^^, 
sondern,  aufs  Neue  ihre  Ergebenheit  und  Treue  ver- 
sichernd, vertheidigte  sie  sich  auch  wegen  ihres  Beneh- 
mens  auf  dem  Baseler  Concilium  in  Beziehung  auf  Papst 


53)  Die  betreffenden  Ballen  s.  in  Eremer's  Urkunden  S.  327. 
385.  Die  auf  die  Universität  sich  beziehende  ist  im  Univ.-Arch. 
Nr.  105  im  Original  vorhanden. 

54)  Annall.  Univ.  T.  III.  F.  93,  b.  94,  a,  abgedruckt  bei  Büt- 
tinghausen,  p.  20. 

55)  Wundt,  De  Fac.  jnrid.  P.  IL  p.  9.  10. 

56)  In  hoc  tmnnltu  Pontifex  Romanns  Pius  II.  missis  literis 
per  sacri  Palatii  auditorem,  Petrum  et  Franciscum  Decanum  Tole- 
tanum  Theblogiae  Professorem,  snbdiaconnm  apostolicum,  nuncios 
et  oratores  snos  in  Germaniam  pro  pace  et  tranquillitate  missos, 
borCatur  aeademiam,  ut  Electorem  Fridericum,  ne  ab  ecclesia  Ro- 
mana discedat,  sed  sab  ejus  et  sedis  apostolicae  obedientia  ma- 
Äeat,  disponat,  roget  et  admoneat  Id  quod  factum  fuit  per  Recto- 
rem  adjnnctis  doctoribns  Rudolfe  de  Bruxella,  Joanne  Truzenbach 
de  Heilbronna  et  aliis  quibosdam.    Hist.  acad.  F.  57. 


316       I-  Bmk,  U.  FeriofU.  1.  AbsehmU.  (lUB^-Ure.) 

Eugenius  IV.  (S.  281)^').  Pias  H.  starb  am  14.  Au- 
gust 1464.  Seine  unmittelbaren  Nachfolger  waren  Paul  E 
(1464)  und  Sixtus  IV.  (1471).  Auch  diese  theUten  ihre 
Wahlen  der  Universität  mit^®). 

§7. 

Der  Kurfürst  verleiht  der  Universität  das  Patronais' 
recht  der  Pfarreien  Pfeffingen  und  Gundheim.   Finan- 
zielle Verhältnisse  der  Universität 

Durch  die  oben  mitgetheilte  Reform  der  Uoi- 
yersität  hat  Friedrich  gezeigt,  ¥rie  sehr  ihm  ihre 
innere  Einrichtung  am  Herzen  lag.  Dabei  vergass  er 
aber  nicht,  auch  ihr  Ansehen  und  ihren  jetzt  schon  nicht 
unbedeutenden  Wohlstand  noch  mehr  zu  heben.  In  dieser 
Absicht  gründete  und  veranlasste  er  nicht  nur  die  Grün- 
dung von  mehreren  Canonicaten  bei  dem  Stifte  zum  H. 
Geiste  (1459  u.  1460)  *^),  sondern  verlieh  der  Hochschule 
auch  (14Ö7)  das  Patronatsrecht  der  Pfarreien  Pfeffingen 
und  Gundheim,  und  stellte  darüber  eine  Urkunde  ^^)  aus. 
Bestätigt  wurde  diese  Schenkung  durch  eine  Bulle  des 
Papstes  Sixtus  IV.«0  (1*72)  und  die  Vertheüung  der 


57)  Die  hieher  gehörigen  Actenstücke  stehen  in  Annall.  üniv.  T.  III. 
F.  90,  b.  91,  a.  b.  93,  b.  94,  a.  99,  a.  b.  Histor.  Univ.  F.  55.  57.  59. 
Abgedruckt  sind  dieselben  bei  Büttinghausen,  S.  16.  17.  20.  21. 
I  58)  Abschriften  dieser  Mittheilungen,  so  wie  auch  ein  von 
einem  der  Cardinäle  an  die  Universität  gerichtetes,  die  Wahl 
PauTs  IL  betreffendes  Schreiben  (6.  Septbr.  1464),  finden  sidi  in 
Hist.  Acad.  F.  59.  60.  61  und  in  Annall.  Univ.  T.  HI.  F.  158,  a.b. 

59)  Die  Original-Urkunden  sind  im  Univ.-Arch.  unter  Nr.  39. 
69.  71. 

60)  Die  Original -Urkunde  befindet  sich  im  Univ. -Arch.  unter 
Nr.  85.  Abschriften  sind  in  Annall.  Univ.  T.  III.  F.  55,  b.  56,  a 
und  in  Copialb.  d.  Univ.  F.  105,  a  bis  106,  a.  Ebendort  F.  106,  a 
ist  auch  die  Urkunde  in  lateinischer  Sprache.   Hist.  Acad.  F.  49. 

61)  Die  Bulle  s.  im  Copialb.  d.  Univ.  F.  118,  a  bis  119,  b. 
Exeoutor  derselben  war  der  Bischof  Reinhard  von  Worms.  Yergl 
auch  Hist.  Acad.  F.  63. 


KurfufsÜ,  Verorän,  gegen  S^ßänäel  Frequenz  der  Univ,    317 

Einkünfte  dieser  Kirchen  durch  eine  besondere  Urkunde 
(1474)  von  dem  Kurfürsten  bestimmt®*). 

Die  finanziellen  Verhältnisse  der  Universität  unter 
Friedrich  I.  scheinen  selbst  während  der  Kriegszeiten 
in  gutem  Zustande  gewesen  zu  sein.  Wir  glauben  dieses  aus  2 
aus  jenen  Zeiten  tms  aufbehaltenen  Urkunden  schliessen  zu 
dürfen.  Nach  der  ersten  lieh  sie  (1458)  dem  Magister 
Matthias  Winternegber  eine  Summe  von  27  fl.,  und 
nach  der  zweiten  bewilligte  sie  (1461)  dem  Magister 
Johann  Bissinger  eine  Unterstützung,  um  nach  Italien 
reisen  und  dort  l^a  Jahre  studiren  zu  können,  unter  der 
Bedingung,  nach  seiner  Zurückkunft  in  Heidelberg  zu 
promoviren  und  eine  Lehrstelle  zu  übernehmen  *•). 

§8. 

Kurfürstliche    Verordnung  gegen    die   immer  wieder* 
hehrenden  Raufhändel    Frequenz  der  Universität 

So  wohlgesinnt  Friedrich  für  die  Universität  war, 
und  dieses  selbst  in  kriegerischer  Zeit  bethätigte,  so  trat 
er  doch  auch  jedem  Unfug  kräftig  entgegen.  So  im  Jahre 
14Ö8.  Wie  schon  öfter,  so  waren  auch  jetzt  wieder  Händel 
zwischen  Studenten  und  »ettlichem  Hofgesinde«  entstan- 
den, welche  so  weit  gingen,  dass  die  Gegner  der  Studenten 
die  Bursen  stürmten.  Ausserdem  kamen,  besonders 
Nachts,  häufig  Störungen  und  Unruhen  vor.  Um  diesen 
möglichst  vorzubeugen,  wurden  strenge  Verordnungen  von 
dem  KurfOrsten  erlassen  ^% 

Die  Frequenz  der  Universität  war  seit  der  Beform 


62)  Die  Original -Urkunde  befindet  sich  im  Univ.-Arch.  unter 
Nr.  82. 

63)  Beide  Urkunden  sind  noch  im  Originale  vorhanden.  Die 
letzte  ist  im  Univ.-Arch.  unter  Nr.  66. 

64)  Dergleichen  sind  noch  aus  den  Jahren  1458  und  1466  vor- 
lianden  in  Annall.  Univ.  T.  III.  F.  61,  a  und  im  Pf&lz.  Copialb. 
Nr.  12.  F.  108.  109. 


318       I'  Bück.  IL  PeriiKk.  1,  AhMchnäL  (iU9^1476,) 

derselben  sehr  bedeutend  gestiegen  ^^).  Im  Jahre  1454 
wurden  167  Studirende  immatriculirt  Auf  dieser  Höhe 
hielt  sich  die  Zahl  der  jedes  Jahr  Immatriculirten  bis 
zur  zweiten  Hälfte  des  Jahres  1461,  wo  wegen  eines  von 
dem  Kurfürsten  gegen  die  Ausländer  ergangenen  Verbotes 
nur  8,  meistens  Pfalzer,  eingeschrieben  wurden.  Doch 
schon  im  folgenden  Jahre  war  die  Zunahme  an  neueoi 
Studenten  stark,  und  von  dem  Jahre  1464  an  erreichte 
die  Zahl  ihre  alte  Höhe ««). 


65)  Zu  dea  bemerkenswertliesten  Btndirenden  damaliger  Zeit 
gehörte  Matth&us  Hnmmel,  in  der  Folge  unter  dem  Beinamen 
»im  Bache  zum  Ritter  erhoben  und  erster  Rector  der  Universität 
Freiburg  i.  Br.  (1457).  Er  kam  als  16j&hriger  Jüngling  (1441) 
anf  die  Universit&t  Heidelberg.  Rasch  durchlief  er  hier  die  arti- 
stischen  Studien;  schon  nach  2  Jahren  wnrde  er  Baccalanreus  und 
nach  5  Jahren  Magister.  Nun  widmete  er  sich  (wie  es  scheint, 
neben  andern,  besonders  medicinischen  Fächern)  auch  dem  Kirchen* 
rechte,  und  brachte  es  in  einigen  Jahren  so  weit,  dass  er  sich  der 
strengen  Prüfung  mit  dem  besten  Erfolge  (1451)  unterziehen  konnte. 
.AUein  die  Promotion  fand  nicht  statt  Die  Professoren  der  Jnristen- 
Facultät  verlangten  nämlich,  dass  der  neu  zu  creirende  Doctor  sich 
lediglich  ihres  Kostüms  bediene  und  daher  Gold  und  Seidenzeug 
ablege,  welches  er  doch  als  Magister  der  Artisten-Facult&t  zn  tragen 
4as  Recht  hatte.  Darauf  Uee«  sich  Hammel  nicht  ein  und  so 
scheiterte  sein  canonistisches  Doctorat. '  Um  so  mehr  nahm  ihn 
aber  jetzt  die  Artisten-Facultät  in  Schutz,  übertrug  ihm  Lehrfächer 
and  wählte  ihn  sogar  im  Juni  1464  zu  ihrem  Decan.  Das  Aner- 
bieten des  Karfürsten,  ihm  die  Anlueht  über  das  AztisteBrCloUegiiDn 
anzayertraaen,  lehnte  Hammel  wegen  einer  Reise  nach  Italien  ab. 
In  Parma  machte  er  seine  Ansprüche  auf  das  Doctorat  aus  dem 
Kirchenrechte  geltend  and  promovirte  nach  einer  rühmlich  bestan- 
denen Prüfung  (1454).  Am  2.  Mai  <1456)  nach  Heidelberg  larflck- 
gekommen,  wurde  er  von  Friedrich  sehr  gnädig  aofgenommen 
and  sogleich  mit  dem  Ersuchen  in  das  Artisten-Gollegiam  geschickt, 
die  Hochschule  nicht  wieder  zu  verlassen.  Weniger  freundlich 
scheint  er  von  deQ  Professoren  angenommen  worden,  zu  sein.  £r 
verweilte  deshalb  nicht  lange  in  Heidelberg.  Im  Juni  desselben 
Jahres  war  er  bereits  wieder  in  seiner  Vaterstadt  Yillingen.  Schrei- 
ber, Gesch.  d.  Univ.  Freiburg,  Th.  L  8.  15  ff. 

66)  Matr.  lib.  TL. 


DU  ersten  BuehdruckereimmHeidOb.  Friedrich'e  I.  Tod.     319 

§9. 
Die  ersten  Buchdruckereien  in  Heidelberg.     Frie- 

dricKs  L  Tod. 

Der  Kampf  Diether's  von  Isenburg  und  Adolph's 
von  Nassau  (S.  311  flf.)  hatte  auch  eine  weitere  grosse 
Folge.  Damals  blühte  in  Mainz  die  im  Jahre  1440  er- 
fundene Buchdruckerkunst  in  den  Werkstätten  von 
Guttenberg,  Faust  und  Schöffer.  Als  nun  Mainz 
von  Adolph  1462  erobert  und  theilweise  zerstört  wurde, 
flüchteten  sich  die  seither  in  die  Stadt  gebannten  Buch- 
drucker"'), und  wurden  von  den  freien  Reichsstädten  und 
Fürsten,  zu  welchen  auch  Friedrich  gehörte,  freudig 
aufgenommen.  Er  war  der  erste  Schutzherr  der  neuen 
Erfindung  und  ertheilte  in  den  Jahren  1465  und  1466 
Schirmbriefe  an  Buchdrucker  imd  Buchhändler,  und  schon 
in  dem  letzten  Jahre  erschien  in  Heidelberg  »Bartholo- 
maei  Facei  dialogus  de  felicitate«  ®®).  An  dieses  Werk 
reihte  sich  unter  Friedrich's  Nachfolger,  dem  Kurfürsten 
Philipp,  eine  Reihe  von  Druckschriften  an®*). 

War  Friedrich  schon  vorher  mit  der  Geistlichkeit 
gespannt,  so  wurde  er  es  durch  die  Aufnahme  der  Buch- 
drucker noch  mehr.  Besonders  warfen  die  Klostergeist- 
lichen  einen  bittem  Hass  auf  ihn,  da  sie  sich  dadurch 
ihren  Verdienst  entrissen  sahen. 


67)  Typographiae  Faastiaae  et  Schefferianae  litenunim  fasanua 
sodales,  Moguntims  huc  usque  mnris  inclusi,  .occasione  hac  po« 
Enropaeum  disperai  sunt  orbem.    Schöpflin,  p.  174. 

68)  PfiÜz.  Gopialb.  Nr.  13.  F.  154.  Mone,  Anz.  f.  Kunde 
der  deutschen  Vorzeit,  1837,  S.  256;  1838,  S.  615.  Desselben 
Ztschr.  B.  I.  S.  310.    Schöllhorn,  Amoenitt.  litt.  T.I.  p.  100. 

69)  Einen  ^  Scbirmbrief  P  h  i  11  p  p'  s  für  den  Buchdrucker  Peter 
Sc  hoff  er  zu  Mainz  y.  1.  Man  1478  s.  bei  Mone,  Ztschr.  B.  I. 
S.  310.  —  Ausführliche  Nachweisungen  über  die  Buchdruckereien 
und  Buchhandlungen  in  Heidelberg  von  Erfindung  der  Buchdrucker- 
kunst  bis  auf  unsere  Zeiten  finden  sich  in  der  »Vierten  Säcular* 
feier  der  Erfindung  der  Buchdruckerkunst  zu  Heidelberg,  1840«. 


320       L  Buch.  n.  Periode.  1.  AbschniU.   {14i9^1476.) 

unterdessen  wurde  Friedrich's  sonst  so  kräftige 
Gesundheit  durch  die  ununterbrochenen  Anstrengmigeii 
und  Kämpfe  allmahlig  untergraben.  Schon  einige  Zeit 
vor  seinem  Tode  fQhlte  er,  wie  seine  Lebenskraft  schwand, 
und  lebte  in  eingezogener  Stille.  Er  besuchte  häufig 
das  Franciscaner- (Barfftsser-)  Kloster,  wohnte  den  reli- 
giösen üebungen  der  Mönche  bei,  in  deren  Bruderschaft 
er  gegen  das  Ende  seines  Lebens  eintrat,  und  liess  sich 
sein  Grabmal  in  der  ESosterkirche  bauen.  Er  starb  am 
12.  December  1476  in  noch  kräftigem  Mannesalter  (geb. 
1425),  nachdem  er  noch  in  demselben  Jahre  (24.  Juh) 
das  Dominicaner-ESoster  in  Heidelberg  (S.  2U8)  gegründet 
hatte,  und  wurde,  nach  der  in  seinem  Testament^  (1467) 
getroffenen  Bestimmung,  am  26.  Januar  1477  in  einem 
» Barfttsser  -  Gewand  nach  der  Weise  der  Barfftsser- 
Mönche«''^  in  der  genannten  Kirche  feierlichst  beige- 
setzt''^). Jetzt  ruhen  seine  Gebeine  in  der  kathoMschen 
Pfarr- (Jesuiten-)  Kirche,  wohin  sie  vor  dem  Abbruche  des 
Franciscancr-Klosters  gebracht  wurden. 


70)  Friedrich  glaubte  den  Aber  ihn  aosgesprochenen  Bann,  von 
welchem  er  nie  Ydllig  gelöst  war,  nnr  dadurch  aufheben  zu  können, 
dasB  er  in  einem  Franciscaner- Gewand  begraben  wflrde;  denn,  wer 
in  einem  Franciscaner -Kleide  stirbt,  erhält  nach  den  Bullen  der 
Päpste  NicolauB  IV.  (f  1292)  und  Clemens  V.  (f  1314)  Ablass 
auf  den  6.  Theil  aller  seiner  Stknden.  (Durch  eine  Bulle  Leo'aX 
(t  1521)  wurde  dieser  Ablass  auf  alle  Sünden  ausgedehnt) 

71)  Die  Hist.  Acad.  F.  79  ff.  gibt  eine  Schilderung  der  Leichen- 
feier und  der  Verdienste  Friedrich's.  Kremer,  8.  606  ff. 
Hau  SS  er,  S.  896. 


Zweiter  Abschnitt. 

Die   UniT^rsität   uater   der   BeglBrnng    des 

EnrfiarMen  Philipp. 

1476—1508. 


§  1. 

Kurfürst  Philipp  bestätigt  die  Privilegien  der  Univer^ 

sität.     Wissenschaftliche  Ztistände  in  Meidelberg. 

Waren  je  die  pofitischai  VerhältniBse  eines  Landes  der 
Förderung  und  dem  Gedeihen  der  Künste  und  Wissenschaften 
gOnstig,  80  galt  dißßm  besemdiers  von  denjen^en,  in  welchen 
die  Rheinpfalz  sich  befand,  als  Kurfürst  Philipp,  der  Auf- 
richtige, die  Begierung  antrat.  Der  glänzende  Buhm,  welchen 
Philipp' s  Oheim  und  Vormimd  sowohl  durch  Tapferkeit 
als  Waffenglück  erwarb,  hatte  die  äussere  Ruhe  und 
Sicherheit  des  Landes  auf  lange  Jahre  befestigt ;  die  vielen 
yoQ  ihm  eroberten  Städte,  Schlösser,  Herrschaften  und 
Läaidereien  hatten  die  Staatseinkünfte  beträchtlich  ver*« 
mehrt;  die  Regierungsform  war  gemässigt.  Friedrich, 
obwohl  so  glücklich,  als  tapfer,  verliess  doch  die  Weise 
seiner  Vorfahren  njkcht  —  er  ging  mit  seinen  Prälaten 
und  Edeln  zu  Rathe,  ehe  er  zu  einem  wichtigen  unter- 
nehmen schritt.  Die  öffentlichen  Abgaben  waren  gering 
und  bei  der  Fruchtbarkeit  des  schönen  Landes  mehr  Auf- 
munterung des  Fleisses,  als  drückende  Last  für  den  Bür- 
ger und  Landmann.  Sparsamkeit  und  häusliche  Tugend, 
Aufrichtigkeit  und  Treue  bezeichneten  den  Charakter  des 
Volkes. 

Hautz,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  21 


322       i  Buch.  IL  Periode.  2,  J2»seftmM.  (1476-^15080 

Hatte  Friedrich  I.  grosse  Liebe  und  Achtimg  für 
die  Wissenschaften,  so  gewannen  doch  seine  kriegerischen 
Neigungen  das  Uebergewicht  Nicht  so  bei  Philipp. 
Zog  dieser  auch  mit  zu  Felde,  und  stand  er  auch  oft  im 
Getümmel  der  Schlacht  an  der  Seite  des  streitbaren 
Oheims,  so  geschah  dieses  mehr  aus  Zwang,  als  eigener 
Neigung.  Seiner  Liebe  und  Achtung  für  die  Wissenschaf- 
ten blieb  Philipp,  ohne  nlöndiischen  Sinn  zu  hegen 0) 
durchaus  treu,  als  er>  28  Jahre  alt,  in  der  schönsten  Blüthe 
seiner  Geistes-  und  Körperkräfte  (1476)  seinem  Onkel 
und  Vormund  in  der  Regierung  folgte  *). 

Selbst  wissenschaftlich  gebildet,  versanunelte  er  die 
ausgezeichnetsten  Gelehrten  an  seinem  Hofe,  und  Männer 
von  unvergänglichen  Namen,  wie  Johann  Kämmer  von 
Dalberg,  Diethrich  von  Plenningen,  Rudolph 
Agricola,  Conrad  Geltes'),  Jacob  Wimpfeling, 
Johann   Tritheim^),   Johann   Reuchlin  (Capnio), 


1),  £inem  Mdnche  schrieb  Philipp,  am  einige  Zeüen  zvat  Er- 
innerung gebeten,  Folgendes  auf  ein  Blatt: 

»Simplicitas  daustri  nobis  placet  optime;  quando 

Sub  palla  veste  Candida  corda  lat^t. 
At  si  corda  etiam  tetro  sint  calore: 

Vah  quantam  monstnün,  intns  et  extra  nigrniQ  !< 
Ladewig,  S.  174. 

2)  Wandt,  Mag.  B.  II.  S.  152  ff. 

3)  Geltes  (der  erste  als  Dichter  gekrOnte  Dentsche  S.  70), 
ans  dem  Marktflecken  Wipfeld  bei  Schweinfurt  (1409^1506),  stu- 
dirte  zuerst  in  Göln  und  ging  dann  nach  Heidelberg,  wohin  er  durch 
den  Ruf  Johann  von  Dalberg' s,  Bischofs  von  Worms,  und 
Rudolph  Agricola's  gezogen  wurde.  In  dem  ersten  fand  er 
einen  wohl  wollenden  Unterstützer  (beneflcom  Maecenatem)  und  im 
zweiten  einen  treuen  Führer  und  Lehrer.  Nach  einem  längeren 
Aufenthalt  in  Heidelberg,  wo  er  am  13.  December  1484  immatricu- 
lirt  wurde,  begab  er  sich  auf  Reisen,  kam  aber  1490  und  1496 
wieder  dorthin  zurück,  ohne  jedoch  lange  daselbst  zu  verweilen. 
Ruef  et  Zell,  Opus  Elüpfel.  de  vita  et  scriptis  Conr.  Celtis  R  L 
p.  23.  53.  57.  110.  169. 

4)  Tritheim  war  geboren  in  Trittenheim,  einem  Dorfe  an 
der  Mosel,  4  Meilen  von  Trier.  Seinen  Yater  hiess  man  de  monte 
gentili.    Nachdem  er  in  den  Niederlanden  seine  Studien  begonnen 


Kurf.PMl9pph€9t.diePrMleg.  WiasenschafU,  Zustände.     323 

l&nger  oder  kürzer   im  Lande   venreilend;  schmüekteii 
«eine  Begiertmgszeit.    Es  war  eine  schöne  ßlüthezeit  ftlr 
Heidelberg,  besonders  für  Wiederbelebung  der  alten  Lite-  • 
ratur  *). 

Seinen  Vorfahren  gleich  bestätigte  anch  Philipp 
nach  dem  Antritte  seiner  Regierung  die  Privilegien  der 
Universität,  und  gelobte  ihr  ein  treuer  Schutzherr  imd 
Schirmer  zu  sein  ^.  Dieses  Versprechen  hat  er  treulich 
gehalten;  so  lange  er  regierte,  wurden  ihre  Privilegien, 
wie  wir  sehen  werden,  von  ihm  und  seiner  Regierung 
geachtet,  und,  als  im  Jahre  1488  von  dem  Domkapitel 
in  Speyer  die  Rechte  der  Universität  angegriffen  wur- 
den, trat  er  als  ihr  Vertheidiger  mit  dem  besten  Er- 
folge auf  ^). 

Dabei  war  er  vor  Allem  bemüht,  das  rege  geistige 
Leben,  wie  es  an  seinem  Hofe  waltete,  auch  in  den  Kreis 
der  Universität  zu  verpflanzen.  Unter  andern  ausge- 
zeichneten Männern  jener  Zeit  berief  er  1477  den  Jo- 
hann   Wessel*),    einen   Schüler   des    Thomas   von 


batte,  voUendete  er  sie  in  Heidelberg.  Von  da  kam  er  1482  in 
das  Kloster  Sponheim  und  wurde  nach  dem  ersten  Jahre  seines 
Eintrittes  einstimmig  zum  Abte  gewählt.  Im  Jahre  1505  reiste  er 
»auf  YeranlasBung  des  Kurfürsten  nach  Heidelberg,  um  einen  guten 
Rath  zu  geben,  wie  das  abgebrannte  Kloster  zu  Limburg  (bei  Türk- 
heim) am  fuglichsten  konnte  aufgerichtet  werden  c.  Nachdem  er 
auf  die  SteUe  des  Abtes  im  Kloster  zu  Sponheim  resignirt  hatte,  wurde 
ihm  die  Abtei  St.  Jacob  in  Würzburg  1506  Übertragen.  Chronicon/ 
Monasterii  Sponhemiens.  F.  83.  85.  93.  95.  (Cod.  Bavar.  N.  824.) 

5)Häusser:  Die  Anfänge  der  class.  Studien  inHeidelb.  S.  13ff. 
Creuzer:  Zur  Gesch.  d.  Philol.  AUgem.  Schulzeitg.  1832.  Abth.  II. 
Nr.  53.  54.  Burckhard,  P.  I.  p.  231.  Zapf,  Johann  von  Dal- 
berg.  Augsburg,  1796.  ü  1 1  m  a  n  n ,  Memoria  Jo.  Dalburgii.  Heidelb. 
1840.  —  Eine  freie  Bearbeitung  der  letzten  Schrift  von  dem  Ver- 
fasser findet  sich  in  Ulimann,  Studien  und  Kritiken,  1841.  H.  3. 
S.  555  ff. 

6)  Die  Original -Urkunde  (Dienstag  nach  Dreikönig  1477)  ist 
im  Üniv.-Arch.  unter  Nr.  6. 

7)  Sohn,  S.  49. 

8)  Zu   seinem  Namen  wurde  gewöhnlich   der  Beisatz  Her- 

21* 


324      L  Buch:  U.  Fmode.  2.  JOachmU.  (U7^^iM8.) 

Kavpen,  als  Prc^Bssor  der  ThMlogie  ud  KUgleich  is 
der  Absidil),  ihn  au  der  von  ibm  beseUossenen  nmm 
Einrichtimg  der  Universität  tiiätigeB  Antheil  Bdbaaaiea  ai 
lassen  ^).  Allein  das  Vorhaben  des  Kurftirsten  missUffig. 
Die  Universitftt  schloss  sieh  noch  ab  von  der  gewaltigen 
Bewegung ,  weiche  das  neu  erwachte  Stadium  der  classic 
sehen  Literatur  in  Deutschland  bereits  hervorzurufen  be-^ 
gönnen  hatte,  wohin  es  von  Italira  aus,  nach  der  Zertrümme- 
rung des  griechischen  Kaiserthums,  verpflanzt  wordeu  war. 
Sie  erscheint  vielmehr  als  besteUte  Hüterin  des  Sch<dasti<* 
cismus,  gegen  welchen  sich  die  mäditigsten  Waffen  der 
neuim  Bildung  wandten,  und  konnte  sieh  mit  dem  Humanis- 
mus und  dem,  was  sich  an  ihn  knüpfte,  eben  so  wenig, 
als  andere  Universitäten,  befreunden  ^®).  Es.lässt  sich  zwar 
nidit  läugnen,  dass  Kurfdrst  Philipp  im  Vereine  mit 
Agricola  und  Plenningen,  vorzä^di  aber  mit  Dal- 
berg,  welcher  von  üllman  in  der  schon  genanntea 
Schrift  mit  Recht  als  »daa  Vorbild  eines  Corators«  be- 
:^ichnet  wird,  sich  grosse  Verdienste  um  die  Wissenschaf- 
ten erworben  hat;  aber,  dass  Eohheit  und  Barbarei  von 
der  Universität  verbannt  wurden,  und  Kunst  und  Wissenschaft 
dort  die  gebührende  Geltung  erhielten,  lässt  sich  nicht 
behaupten.  Die  meisten  Lehrer,  dem  alten  Systeme  und 
der  starr  gewordenen  Gelehrsamkeit  treu,  widerstrebten 
beständig  den  wohl  gemeinten  Bemühungen  des  Kur- 
fürsten ^^), 


mann's  hinzugefügt,  nach  der  Sitte  jen^  Zeit,  den  Soha  durch 
Beifügung  des  Vornamens  seines  Vaters  genauer  8U  beEei^bnen. 
Der  Name  6  ans  fort  oder  in  holländischer  Vorm  Goesevort, 
den  W es  sei  auch  führte,  war  höchst  wahrscheinlieh  nicht  blos 
ihm,  sondern  seiner  ganzen*  Familie  eigen.  Dllmann,  Jobann 
Wessel,  ein  Vorgänger  Lutber's,  S.  290. 
93  Struv,  Pfalz.  Kirchenhist.  S.  2.. 

10)  Klüpfel,  Gesch.  d.  Universität  Tübingen,  8.  11  ff. 

11)  Ausführlicheres  über  die  wissenschaftlichen  Zustände  nnii 
den  Geist,  welcher  damals  auf  der  Universität  Heidelberg  herrschte, 
findet  sich  in  dem  kernhaften  Ausluge  aus  der  j«izt  selten  ge- 


Oek/brt6,  wie  Rudolph  Agricola,  Joh.  R^ueb'- 
liiif  Oecolampaditts  ^^  (die  beiden  ersten  tnachteii 
sich  um  die  Kurfürstliche  Bibliothek  sehr  verdient,  und 
der  letzte  war  Erzieher  der  Kurfürsttiehen  PrinzenX  leb- 
ten, hoeh  geachtet  imd  91t  besoldet  ^^),  nur  am  Hofi^ 
wenn  audi  einzelne,  wie  Reuchlin**)  und  Agri- 
cola  ^*),  ohne  als  Professoren  angestellt  zu  sein,  Vor- 


yforäemn  Reie  «leg  edeln  nad  üreiiiiüthigea  Wimpfeling  »td 
Gymnosophistas  Heidelbergenses« ,  welehen  uns  Barckhard  (De 
Fads  ling.  lat  P.  IL  p.  3d7— 401)  aufbewahrt  hat;  die  Rede  wurde 
am  la.  August  1499  gelalten.  Yergl.  auch  Riegger,  Fase.  11. 
p.  194 — 196.  Einen  tiefen  und  sicheren  Blick  in  die  damaligen 
YerhlÜiBiiee  der  UraivmsitiUi^n  ka  Allgemeinen  und  der  Hdd^berger 
insbesondere  bietet  auch  das  sehr  interessante  »Manuale  Soho» 
larium«,  wd«d>es  Zarncke  in  seiner  Schrift:  »Die deutschen  Uni- 
Tersitätea  kn  MttelMter«  Erster  Bettrag,  8.  1  ff.  mitgetheilt  hat 
Ycirfaaat  ist  dasselbe  haiqKtsftchlich,  um  dem  die  üniyersitftt  Be- 
zrahenden,  der  iortan  zum  Lateiveden  verpflichtet  war,  fflr  alle  ihn 
erwartenden  Yerh&ltnisae  eine  Anleitung  tu  geben,  wie  er  sich  an- 
gemessen austmdtfldcen  und  zu  benehmen  habe.  Der  Yerfaeser 
des  Baehea,  wekiMB  «a  das  Jahr  1480  erschien,  ist  unbekannt, 
4ie  ÜAterwetsuiig  selbert  aber  iit^  wie  aus  yieku  Stellen  hervorgeht, 
soAächst  für  Heidelberg  berechnet  Yergl.  8.  224  ff.  Eine  wesent- 
liche Eigftnzimg  zu  dem  Manuale  ist  der  ebenfalls  S.  155  ff.  mit- 
gotheüte  »Libenas  fovmiilaris«.  In  derselben  Schrift,  8.  51—66, 
&Ld0H  sich  aneh  awä  R«ien^  »gdudten  in  Heidelberg  ums  Jahr  1486 
unter  dem  Präsidium  des  Jacob  Wimpfeling«  und  zwei  wei- 
tere unter  »dem  Pr&sidiam  des  Johannes  Hill  ums  Jahr  1500«. 
IDiiese  vier  Reden  wurden  bei  der  Di^utatio  de  Quolibet  gehahen. 

12)  In  das  Matrifaelbuch  der  Universität  wurde  er  »Xlll.  Gal. 
Kov.  1499«  eiqgcsohrieben  als  iJoan.  Hussehein  de  Wyneberg«. 
O  e  colam pad'fl  Leben  ist  in  Hist  Acad.  F.  72. 73  und  von  Herzog 
|2  Bde.  Basel,  1843)  beschrieben.  Zum  letzt  genannten  Werke 
vex^l.  auch  Ullmana,  «cum  Lebea  des  Oecolampadins«  in  deft 
Theolog.  Sted.  u.  Erit  1845.  H.  I.  8.  164  ff.  Yaihinger,  Leben 
BrentK,  &  9; 

18)  E&usser,  8*  469. 

14)  Rjeachljn  hielt  Yorlesungea  fiber  hebräisdie  und  griedlti- 
sehe  Sprache.  Ais  er  sj^bter  eise  Brofeesur  in  Tübingen  ange- 
nommen hatte  "«Bd  HeSdeiberg  v^rliess ,  wurde  sein  Weggehen  sehr 
kedavert    Aot.  Fae.  Aort  T«  m.  F.  99,  h.    Annall.  üniv.  T.  Y. 

F.  la 

16)  Ag^rieola  las  aber  Logik  und  Physik,  ikber  dea  Avi«- 


326       L  Swik.  U.  Periode.  2.  JbethmU.  (14^6-^1308.) 

lesttDgen  an  dar  Universität  hielteB^^*  MSmier,  wie  Wimpfe- 
ling  ^^),  Jodocus  Gallttts  (Bubiacensis),  Pallas  Span-^ 


stoteles  Natargescliichte  der  Thiere,  besonders  aber  über  Mo- 
qaeaz  mid  lateinische  und  griecldiehe  Sprache.  Alifaorrebat  Rad. 
Agricola  a  pablico  docendi  manere,  neque  erat  in  Academia  Hei- 
delbergensi  professor  Ordinarius.  Libertatis  enim  plus  aequo  amans, 
conduci  se  non  est  passus,  neque  obligari  stipendio  publico  ad  tra- 
dendas  liberales  disdplinas.  Docuit  itaque.  pro  lubitn,  qnos  et 
qnando  Toluit  sive  Heidelbergae  sive  Womatia^e,  eomitatas  epi» 
gcopom,  apttd  quem  hospitari  solebat.  Während  seines  Aufenthaltes 
in  Heidelberg  schrieb  (1484)  Rudolph  Agricola  eine  Schrift 
»De  formando  studio«,  abgedruckt  in  Molnar.  Seleeta  Scholastica. 
Korinberg.  1644.    p.  26—32. 

Agricola  starb  1485,  42  Jahre  alt,  und  wurde  im  Minoriten- 
Franziscaner-Elosterj  im  Franiascaner- Gewände,  begraben.  Eist 
Acad.  F.  66,  woselbst  sich  auch  dessen  Biographie  befindet.  Eor^ 
tarn  u.  Reichlin-Meldegg,  B.  L  S.  27.    Buef  et  Zell,  p.  &9 

16)  Auch  Joh.  T.  Dalb  erg  hat  an  der  UniTersitftt  Yorleson- 
gen  gehalten ;  wenigstens  heisst  es  in  einem  Stammbuche  dieser 
Familie:  »Hat  auf  der  üniyersität  Heidelberg,  als  er  schon  Dom- 
herr war,  öffentlich  gelesen«  und  in  einer  Epitaphien -Urkunde: 
»LudoT.  lY.  Elect.  Pal.  Oonsiliariai  ac  Heidelb.  Aeademiae  Professor«. 

17)  Wimpfeling  war  aiTeimal  an  der  UniT^sil&t  in  Heidel- 
berg. Zum  ersten  Male  kam  er  dorthin,  um  wegen  einer 
Krankheit  die  dortigen  Aerzte  zu  befi»f^n,  liess  sich  aber 
bewegen,  dort  zuSbleiben,  und  wurde  im  Jahre  1471  Magister.  Im 
Jahre  1479  war  er  DeCan  der  Artisten-FaciiltU  und  1481  Yonteher 
des  Artisten -Collegiüms.  In  demselben  Jahre  wurde  er  auf  Sfe 
Thomä  ;fcum  Rector  der  Universität  gewählt.  1494  Torliess  er  Hei- 
delberg und  folgte  einem  Rufe  als  Domprediger  an  die  Katiliedral^' 
teche  in  Speyw,  kehrte  aber  1498  wieder  nach  Heidelbm'g  zurttck 
und  wurde  in  die  Artisten -Facultät  avlgenommen^  wie  atis  den 
UniTorsitäts^Annalen  (T.  II.  F.  164)  erheüt,  wo  es  hdsst: 

*Eodem  anno  (1498)  idib.  Se^embr.  et  ad  rdgentiam  et  ad 
artium  facultatem  rec^tus  est  rursua  sua  ex  sententia  Teaeratöis 
Magister  Jacobus  Wimphlingus  Slettstadiensia,  saeramm  üterarom 
Licentiatus,  eidemque  simul  scholae  feu^ultatis  artium  superiores  sd 
b.  Hieronymi  epistolas  legendum  speciali  qaodam  pritilegio  sunt 
4KAiceBsae  atque  acoomodatae,  facto  tarnen  priua  juramento  solito.« 

Nach  kurzem  Aufenthalte  in;  HeMeUierg  zog  sich  Wimpfe- 
Irng  in  das  Wilhelmiter-Klost^  nach  8tra»btttg  zvrdok»  fibentahm 
dort  die  Erziebung^deliger  Jüni^nge  und  vBEfasabe  In^irere  Sdianfles, 
darunter:  »Catalogus  episcoporum  Argentinensium«.  Mit  den  Aa- 
i(tt8tiner*Mönchen  gerieth  er  in  gvobsea  Hader,  weil  er  behauptete, 


SetMehÜffte  AMsMmg  des  Dwmfsius  BeuekUn,         327 

gel,  welche  bei  der  hohen  Schtile  irirklieh  ein  Amt  be- 
klddeten  and,  die  alte  scholastische  Methode  verlassend, 
das  eben  hervorschimmemde  Licht  wissenschaftlicher  Auf* 
USnmg  bei  ihren  Vorträgen  benutzen  wollten,  mnssten  oft 
mit  üiren  CoUegen  die  bittersten  Kämpfe  bestehen  und 
zuletzt  der  Ruhe  wegen  schweigen  ^^). 

§2. 

Die  van  dem  Kurftknden  beabsiebtigte  AnsteUunff  des 
Dionysius  Reuchlin  ah    Professors    der  griechischen 

Sprache. 

Unter  diesen  Verhältnissen  wird  es  nun  auch  nicht 
befremden,  dass  die  Universität  der  Anstellung  eines  Pro- 
fessors der  griechischen  Literatur  sich  widersetzte.  Bis- 
her war  nämlich  nur  das  Römische  Alterthum  an  der 
letztem  thätig  vertreten  worden.  Johann  Reuch- 
lin*^, vor  den  Verfolgungen  Eberhard's  11.  nach  Hei- 


der Heilige,  von  dem  sie  den  Kamen  trtkgen,  sei  kein  Mönch  ge- 
wesen ,  oder  habe  wenigstens  keinen  langen  Bart,  keine  schwarze 
Capnze  und  keinen  ledernen  Gürtel  getragen,  wie  ihn  die  Augustiner 
darstellten.  Der  Streit  kam  bis  nach  Rom,  wo  Papst  Julius  IL 
denselben  beflegte.  Vom  Kaiser  Maximilian  I.  wurde  er  aber 
die  ReligionBwirren  zu  BatJra  gezogen  imd  verfasste ,  wahrscheia* 
lieh  fftr  den  Erzbischof  Berthold  von  Henneberg  zu  Mainz, 
die  bekannten  zehn  Beschwerden  gegen  Rom.  Geboren  am  24.  JuU 
1448  in  Sehlettstadt  im  Elsass,  starb  er  auch  daselbst  1528  bei 
seiner  Schwester,  r-  Wimpfeling's  Leben  findet  sich  in  Hist 
Acad.  F.  69—72.  Vergleiche  auch  über  ihn  Wund t,  De  ord.  phil. 
P.  I.  p.  23.  Riegger,  Amoönitt  Friburgg.  Fase.  IL  et  UI.  Rem- 
liag,  Gesch.  d.  Bisch,  z.  Speyer,  H.  I.  S.  7.  Schwab,  P.  L 
p.  72  84q. 

18)  Wundt,  Bemerkang^i  im  Leipz.  Allgem.  liter.  Anzeig. 
1798,  &  214v  215. 

19)  Johann  Reuchlin  ats  Pforzheim,  mit  Desiderius 
£rasmus  '»die  beiden  Augen  Deutschlands  genannt«,  ist  fttr  die 
Wissenst^aften  besonders  dadurch  Epoche  machend,  dass  er  sich 
zuerst  unter  den  deutschen  Gelehrten  eine  gründliche  Eenntniss 
der  lateinischen  und  griechischen  Spradie  und  Literatur  erwarb  und 
sie  weiter  veHnreitetö,  wie  er  sp&ter  AehnUches  für  das  Hebräische 


delberg  in  die  Freistifcte  des  Ktrfftfistliahea  und  JDst 
bevgischen  Hauses  (1496)  geflftoidist  und  (1497)  2iim 
Eurfürsttitben  Hath  und  »obersten.  Zncktarafeter^  ddr 
Prinzen  mit  der  in  jener  Zeit  bedeutenden  BeBddwg  tot 
160  fl.  nebst  einem  Hofldeide  und  der  BMcOstigung  von 
2  Pferden  bestellt  ^^,  bemthle  äch'  nua  aoeh^  die;  griechi- 
sche Sprache,  welche  an  dem  Kurfürstlichen  Hofe  schon 
idele  eifrige  Verehrer  zählte,,  in  den  Kreis  der  academi- 
«dien  Lehrthätigkeit  hineifi  sik  zicbm.  Sr  empibU  w  dieaüi 
Zwecke  seinen  Bruder  und  Schüler,  Dionysias  Reucb- 
lin,  dem  Kurfürsten.  Dieser  ernannte  ihn  auch  zum 
Professor?^)  der  griechischen  Sprache,  jedoch  ohne  Be- 
soldung**); allein  die  Artisten- FacuHät  widersetzte  sich 
Auf  wiederholte  Schreiben  des  Kurfürsten  **) ,  in  welchen 
er  »mit  Ernst«  ihre  Zustimmung  yerlangtef,  antwi»rtete 
sie  ablehnend,  und  es  seheint  auch  nüeht,  das»  dem  neuen 
Proffessor  ein  Auditorium  bewiUigt  worden  s^*^. 

§  3. 

Johatm  WesseFa  Wirksamkeit  an  der  Umverntät 

Auch  der  an  die  Universität  als  Professor  der  Theo- 
logie berufene  Johann  Wessel  (S.  323)*^)  hatte  eiae» 


«hat.  Lamey,  Joh.  RMUhliB.  Pforzk  £855.  Yiarerdt,  &  81 
Raamer,  Gescb.  cL  F&dag:  B.  L  S.  156  ff.  Yiselier,  Gesch.  d. 
tFniy.  Basel  S.  190  ff.  Kortüm  a.  Beiehlin-Meldegg,  B.  E 
8.  27  ff.  üeber  ReuchHn's  Streit  mit  Pfefferkorn  TWgL 
Lamey,  8.  47  ff. 

20)  PAk.  Gopialb.  Nr.  16.  F.  842. 

21)  Im  Matrikelbach  der  UniTemititi  ist  unterm  26.  Jali  I49d 
eingeschrieben:  >M.  Dionysius  Raehlin  de  Pforzen«.  Im  San* 
mer  1490  wnrde  er  zu  Basel  »im  neuen  Wege«  znm  Bacoiilaffipeii« 
promovirt.    Yischer,  S.  192.    Lamey,  8.  88. 

22)  In  den  Üniversitäts-Acten  wird  wenigstens  eine  solche  idcht 
erwähnt;  wohl  aber  wird  Renchltn  selbst  Ton  der  Faenltät  »novos 
in  graeco  ordinarias«  genannt    Aeta  Fskx.  Art.  *9.  IL  F.  108,  b. 

23)  Beide  Schreien  s.  in  Aet  Facnlt  Art  T.  IL  F.  168,  b. 
t64,  a  ottd  bei  Lamey,  8.  88. 

24)  Acta  Fac.  Art.  T.  IL  F.  162U164. 

25)  üllmann,  Johann  Wetsel,  8.  864.    Wiisdt,  Mag.  B.  iL 


^Mmn  Wt$8eN  Wwittamkei^  m  «kr  Vmii«aiiäL       939 


sebwer»!  Stand.  £r  war  an  gewaltiger  Eattpfer  auf  dem 
Boden  der  sebioIaBtisoheii  Dialectik,  em  ansgezeiehseter 
Kenner  des  dasmofaen  Alterämms,  ein  freimfifthiger  und 
scharfer  Benrtheiler  kirchlidier  Zostände^  durch  Wissen 
iiDd  Geist  ^  wahrer  Vorgänger  Luthei^s^  wie  dieser 
selbst  bezeugt  Für  das  Fundament  und  die  Quelle  ist 
ganzen  christlichen  Religion  und  Theologie  erklärte  er 
das-  EvangeUum.  Dieses  soUe  natürlich,  ungeevuneen 
ausgelegt  werden ;  durch  gescfaranhte  Deutuagea  werde  es 
yerfalscbt.  Die  Frömm^keü  setzte  er  nicht  in  die  Beohr 
-Achtung  tasserer  Gefaräuehe  oder  in  die  AusAbung  ein- 
zelner  guter  Werke ,  sondern  in  einie  fromme  Geäanung, 
in  den  Glauben.  Die  Einheit  der  Kärche  erkamite  er  aa. 
IHese  aber,  erklärte  er^  sei  nur  geistig,  'd.  L  sie  b^utie 
auf  dem  wahren  Haupte  derselben^  auf  Christus*  Petrus 
oder  der  Papst  machten  daher  die.  Emheit  nicht;  der 
Papst  sei  nicht  Herr  der  Kurohe,  sondern  mit  allen  Gläu- 
bigen Gott,  Christo  und  dem  Eyangelium  verpflichtet, 
und  nur  als  Vertreter  des  Evangeliums  habe  er  Autorität, 
nicht  als  Papst**). 

Diesen  Mann  berief  der  Kurfürst  —  ein  unzweideutiger 
Beweis,  wie  er  und  sein  Dalberg  über  die  kirchlicheu 
Verhältnisse  der  Zeit  dachten;  .denn  jener  Ruf  galt 
weniger  dem  Humanisten,  als-  dem  Eeformator.  Er  sollte 
an  der  Universität  als  Theologe  lehren. 

Durdb  diese  Beru&ing  wurd»  jedoch  die  ganze  thecK 
logische  Facultät  in  Bewegung  gesetzt.  Als  Professoren 
wirkten  damals  in  derselben  die  Doctoren  Nicolaus  von 
Wachenheim,  Herwig  von  Amsterdam  und  Jodocus 
Aichemann  ron  Calw,  welche  wir  unten  bei  Johann 
von  We  s  e  r  s  Ketzerprozess  näher  kennen  lernen  werden *'): 


8.  167.  Hagen,  Devtsdüands  liter.  a.  relig.  YerhSltidsse,  B.  L 
B.  117  ff. 

26)  Hagen,  8.  120  ff. 

27)ülimaBn,Joh.W68Bei,S.381.882. — Jodocus  Aichemann 
war  1459  Recteü  der  üniTersititt  and  ein  beliebter  Bednar.   Die  Fs»* 


330      X  BuOi.  U.  FerMe.  j9.  Ab§öMU.  (UfS^löOB.) 

Erst  sollt6  Wessel  sieh  die  Geologische  DoctwrwArde 
erwerben,  und,  als  er  sieh  diese  iwrschaffen  wollte,  sollte 
er  die  geistliche  Weibe  anDehmen,  was  er  jedoch  meht 
tbat;  zur  Tossur  wollte  er  sich  nicht  verstebeit  So 
konnte  er  nach  den  bestehenden  Geeetlsen  aoch  nicht  Mür 
glied  der  theologischen  Facoltät  werdrä'^. 

War  es  der  letztem  non  auch  gehingen,  Wessel 
Ton  dem  theologischen  Lehramte  abzuhalten,  so  hess 
sich  doch  nicht  verhindern,  dass  er  als  Lehrer  der 
classischen  Literatur  in  der  Artisten-Facultftt  auftrat,  und 
auf  diese  Weise  wurde  er  seiner  Umgebung  eben  so  nüte- 
hch  und  seinen  theologischen  Gegnern  eben  so  gefährlich, 
wie  er  es  als  Theologe  hätte  warden  können.  Mit  den 
ausgezeichnetsten  Persönlichkeiten,  welche  damals  Heidel- 
berg zierten,  wie  mit  Agricola  u.  A.,  stand  er  in  der 
engsten  Verbindung.  Doch  schützte  ihn  dieses  yor  dea 
Verfolgungen  der  Theologen  nidit,  und  veranlasste  ihn 
zuletzt,  Heidelberg  zu  verlassen  **). 


digten,  welche  er  in  der  H.  Geistkirche  gehalten  hatte,  wurden  in 
Auszügen  bekannt  gemacht.  Panzer,  Annall.  typograph.  Vol.  L 
p.  35.  Nr.  130.    Schwab,  P.  I.  p.  63.  64. 

28)  HäUBser,  Th.  I.  S.  442.  448. 

29)  StruT  (Pfalz.  Kirchenh.  S.  2)  spricht  sich  über  Wessel 
in  folgender  Weise  aus:  »Seiner  Gelehrsamkeit  halber  wurde  er 
mit  dem  selbigen  Zeiten  vor  Grundgelehrte  nicht  ungewöhnlichen 
Beynahmen :  Lux  Mundi  beehret.  Dieweilen  er  imn  dadurch  ein 
mehreres  Ansehen  gewann,  kunte  er  sich  mit  denen  Pfaffen  nnd 
München  selbiger  2^iten  nicht  vertragen ,  und  zwar  dieses  um 
desto  weniger,  dieweilen  er  deren  Werckheiligkeit,  Menschen-Satzungen, 
Mess-Opffer  änd  Pnesterlichen  Goelibat  mit  grossem  Eyffer  verwaHf) 
nichts  als  die  heilige  Schrifft  in  Glaubens -Sachen  zur  Richtschmr 
annehmen  wolte.  Diesen  gelehrten  Mann  berieff  Churfürst  Philipp 
von  Pfaltz  im  Jahr  1477  nacher  Heydelberg,  um  die  daselfosten 
verfallene  Academie  wieder  anzurichten.  Ob  er  nun  wohl  zur  Pro- 
fessione  Tfaeologiae  beruffen  war,  so  woüen  ihn  doch  die  ProfeflSdres 
daselbst  nicht  annehmen,  dieweilen  er  keinen  Gradum  hatte,  wel** 
eben  er  zwar  geziemend  suchte,  der  ihm  aber,  irof^n  er  sich  nicht 
in  einen  geistlichen  Orden  begebe,  abgeschlagen  wurde,  wozu  er 
sich  im  geringsten  nicht  verstehen  wolte.    Wanaenhere  er  bey  der 


TheHmäkmeder  Umo§r8.€mJo!kv,  Wm^M  KiüMifffmses$,     331 

Wie  Dionysius  Renchlin^  so  sdidat  auch  Wes- 
sel  ohne  bestimiiite  Besoldung  Ton  dem  Eurf&rsteh  naek 
H^elberg  berufen  worden  eu  sein.  Obschon  es  nun 
Tliatsacfae  ist,  dass  sich  Wessel  in  Heidelbei^  aufge« 
halten  hat,  so  kommt  doch  sein  Name  in  den  Acten  der 
TJniversit&t  nicht  vor. 

Theünahme  der  Universität  an  Joha»m  v.   Weaeta 

Ketaerproaess. 

Zu  derselben  Zeit,  als  Johann  Wessel  von  den 
Theologen  der  Universität  die  geschilderte  Anfechtung  zu 
erdulden  hatte,  wurde  sein  etwas  älterer  Freund,  Johann 
von  Wesel '*0,  von  dem  Erzbischof  Diether  in  Mainz 
wegen  seiner  Lehren  und  Predigten  vor  Gericht  gezogen. 
Wesel  war  Doctor  der  Theologie  und  hatte  auf  den 
Universitäten  Erfurt  und  BaseP*)  und  darauf  (1462)  als 
Domprediger  in  Worms  mit  vielem  Beifall  gelehrt  und 
gepredigt  und  in  seinem  berühmten  Tractat  wider  die 
Indulgenzen  Ansichten  vorgetragen,  welche  an  Kühnheit 
hier  und  da  die  Thesen  Luther's  überbieten'^. 


Philosophischen  Facultät  bUeb,  im  Griechischen,  Hebräischen  und 
in  der  Philosophie  profitirte,'darbey  aber  Gelegenheit  fand,  seine 
Gedanken  yon  der  Evangelischen  Wahrheit  zugleich  mit  an  den 
Tag  zn  legen.  Dieveilen  et  sich  aber  mit  denen  Theologis  nicht  vet* 
tragen  konte,  gieng  er  yon  Heydelberg  weg,  und  yerfOgte  sich  wiederum 
nacher  Groningen,  lebte  daselbst  in  der  Stille,  bis  er  i.  J.  1489 
yerstorben.«  Ebendaselbst  S.  3  n.  4  finden  sich  nähere  Nachwei- 
rangen  aber  Wessel's  Leben  und  Lebren.  Vergi.  anch  Alting, 
BiBt.  eedes.  Palat  p.  182. 

30)  Mit  seinem  Familiennamen  hiess  er  Rucherath  oder 
Bichrath,  gewöhnlich  aber  wird  er  nach  seinem  Geburtsort  Ober- 
Wesel  (zwischen  Mainz  und  Coblenz)  Joannes  de  Tesalia  oder 
schlechthin  Yesalia  genannt    üllmann,  Joh.  y.  Wesel,  S.  240. 

31)  in  Basel  hatte  er  die  fiEbr  jene  Zeiten  sehr  Indie  Besoldung 
von  lao  fl.    Yischer,  S.  72.  206. 

82)  Ulimann,  S.  246.  806.  809.  Eampfschulte:  Die  ümt. 
Erfurt,  Th.  I.  8.  16. 


Im  QanxsQ  Btimmte  er  mit  den  Atoobaiuiiigeti  Wes- 
seTs  ttbereia^  nur  in  der  Art  und  Waisei,  wie  er  sie  wa^ 
BpiEch,  war  w  yqq  ilun  verechiedea  Er  bedieole  9iA 
der  volkamäseigen ,  de£beD,  sdierahaftm  Manier,  in»  er 
denn  z.  B.  in  Beaag  auf  das  Faeten  gesa^^  haben  soU :  »Wena 
Petrus  das  Fasten  angerathen  hätte,  00  hätte  er  es  nur 
gethan,  um  seine  Fische  besser  zu  verkaufen«,  oder:  »Das 
geweihte  Oel  sei  nicht  besser,  als  das  man  in  dem  ge- 
wöhnlichen Kuchen  esse«  '*). 

Von  dem  Erzbisdiole  dnroh  eine  Zuschrift  angefor- 
dert, schickte  die  Universität  mehrere  ihrer  Theologen, 
unter  ihnen  Nicolaus  von  Wachenheim"),  Herwig 
von  Amsterdam  und  Jodocus  Aichemann  (der 
letzte  war  auch  Pfarrer  hei  der  H.  Geistkirche),  welche 
von  mehreren  Heidelberger  Magistern  begleitet  wurden, 
nach  Mainz,  um  als  Richter  den  dortigen  Verhandlungen 
anzuwohnen.  Gleiches  that  auch  die  Universität  Cöhi. 
Sie  delegirte  die  Dominicaner  und  Inquisitoren  M.  Ger- 
hard von  Elten,  M.  Jacob  Sprenger  und  einen 
dritten  Mann  desselben  Ordens*^).  Aus  der  Antwort*^), 
welche  die  Universität  Heidelberg  dem  Erzbischof  gab, 
sehen  wir,  wie  strenge  sie  an  den  kirchlichen  Lehren  und 
Bestimmungen  festhielt  und  gegen  alle  Neuerungen  mög- 
lichst anstrebte. 

Auf  den  Prozess  in  seinen  Einzelnheiten  einzugehen 
haben  wir  um  bd  weniger  nöthig,  als  deredbe  beveita  auf 


aS)  UUmanii,  B.  X17.    Ha«en^  S.  121. 

34)  Nico  laus  war  ein  Wohlgeabter,  eäi|$ewohiiiter,  ja,  da  er 
damals  schon  in  hohem  Alter  stand,  wohl  auch  eiageroaletar  Schft- 
iMtikor  und  mn.  alreager  Yertretw  der  Kirehenlehre.  Er  war  nach 
M arsiliua  dar  firale,  weioher  7mal  das  Eeetorat  bekleidete,  und 
tiarb  1480.  Tergl.  aber  ihn  UHmann,  Johann  van  Wead,  S.  816 
and  Johann  Wessel,  S..  fiiidL 

So)  UUman^n,  «lab^nn  von  Wesel,  S.  380. 

30)  Das  Schreiben  des  Erzblachofe  Diether  an  die  üaiven»- 
tift,  so  wie  ihre  Antwort  auf , dasselbe  und  die  »Paradoxa  Joannis 
de  Vesaliac  sind  abschriftlich  in  Hiat.  Acad.  F.  82^-86. 


Theütuihme  der  ükivm^i  tm  J4k. «.  Wui^Tt  Käeefprates^      gy 3. 

das  Grttndlichste  von  Uli  mann  (S.  367—418)  geschildert 
ist.  Wir  besdiränken  mis  daber  auf  die  MiUheilung,  daaa 
Wesel,  obgleich  er  öffentlich  im  Dome  eu  Mainz  seine 
Lehre  widerrufen  und  abgeschworen  hatte,  zu  lebenslänglicher 
Gefangenschaft  in  dem  dortigen  Augustiner-Kloster  verurtheilt 
mirde,  und  in  demselben,  nachdem  er  nicht  volle  zwei  Jahre 
im  Gewahrsam  zugebracht  hatte,  1481  gestorben  ist.  Als  er 
seme,  zum  Feuer  verurtiieitten  Bdiriften  auf  den  Hohk 
stoss  legen  sah,  brach  er,  eingedenk  des  Outen,  die  sie 
enthielten  und  der  Arbeit,  äiß  st^  ihn  gekostet,  in  bittere 
Thränen  mit  den  Worten  aus: 

>0  Da  frommer  Golt,  •dH  auch  das  Gut«  mit  dem 
Schlimmen  eu  Grinde  gelieo?  Mass  das  viele  Goto,  was 
ich  geschrieben,  hassen,  was  das  wenige  Schlimme  verschal« 
det  hat?  Das  ist  nicht  dein  ürtheil,  0  Gott,  der  da  bereit 
warst,  der  anermesslichen  Menge  am  zehn  Gerechter  willen 
anf  Abraham' 8  Gebet  zu  schonen,  sondern  das  Ürtheil 
der  Menschen,  die,  ich  weiss  nicht,  von  welchem  Eifer  gegen 
mieh  entflammt  sindU'O 

Der  Erzbischof  verhielt  sich  bei  dem  Prozesse  mehr 
leidend,  wohnte  den  Verhandlungen  bei,  lieh  denselben 
seine  Autorität,  ordnete  sich  den  Inquisitoren  unter  und 
befriedigte  die  beim  Prozesse  Thätigen  durch  wiederholte 
Gastmähler.  Auch  unter  dem  Klerus  und  den  Bäthen 
des  Erzbischofe  scheint  Niemand  bei  der  Sache  besonders 
hervorgetreten  zu  sein.  Die  eigentlich  activen  Personen 
waren  oS^bar  die  Delegirten  der  beiden  Universitäten 
Cöln  und  Heidelberg,  und  hier  vertheilte  sich  unverkenn- 
bar die  Sache  wieder  so,  dass  die  Cöln  er  nach  der 
ganzen  Richtung  ihrer  Universität  mehr  das  inquisitorische, 
die  Heidelberger  mehr  das  gelehrte  Element  repräsen- 
tirten.  Die  Hauptrolle  hatte  der  Dominicaner  Gerhard 
von  Elten,  welcher  der  eigentliche  Inquisitor  war  und 
das  !ßxamen  leitete.  Unter  den  Heidelberger  Theologen 
war  Nicolaus  von  Wachenheim  der  angesehenste. 


87)  UUmairn,  Johann  von  Wete),  S.  380.  881.  898.  899. 


334      L  Bmh.  IL  PerMk.  2.  Abi^tm»,  (Ure^-lßba.) 

§5. 

Gründung  einer  Juristenburse  1498.     Neue  Statuten 

der  Juristen-Facultät.      Veränderungen  in  den 

Vorlesungen. 

Bald  nach  der  ärüBdus^  der  Umyersit&t  kam  die 
Artisten -Facultät  in  den  Besitz  einer  Burse,  in  welcher 
Lehrer  und  Schüler  Wohnung,  Kost  und  Verpflegung  er- 
hielten (S.  191).  Um  nun,  bei  der  hohen  Wichtigkeit  des 
Studiums  der  Bechtswissensohaft,  der  Juristen-Facultat 
die  gleichen  Yortheile  zuzuwenden,  welche  solche  Aht 
stalten  bieten,  so  gründete  EurCOrst  Philipp  1498  auch 
eine  Juristen -Burse,  gewöhnlich  Neue  Burse,  Bursa 
Nova,  genannt'^®).  In  der  Stiftungs- Urkunde"*)  heisst 
es  unter  Anderem,  dass  bisher  die  Schüler  der  Juristen- 
Facultat  zerstreut  bei  anderen  Leuten  gewohnt,  »was  inen 
müsam,  schimpfflich,  an  Studien  hinderlich  und  ihren  Eltern 
viel  cosüich  ist«.  In  dieser  Burse  sollten  die  »Juristen- 
Schüler  Tisch  und  Wohnung  haben,  wie  in  den  Burschen 
der  Artisten  Uebung  und  Brauch«  sei.  Als  Regenten 
standen  der  Burse  zwei  Doctorep,  mit  je  100  fl.  Besol- 
dung, vor,  welche  »Legisten«  waren*®). 

Die  Burse  lag  in  der  unteren  Strasse  und  war  von 
»guter  Bequemlichkeit«,  und  in  ihr  wurden  die  »Promo- 
tiones  Doctorales«  gehalten*^).  Eingeweiht  wurde  sie  von 
dem  Eurfürsüichen  Gross  -  Kanzler,  Johann  von  D  al- 
ber g  (S.  146),  und  wir  dürfen  wohl  voraussetzen,  er  habe 
auch  die  Anregung  zur  Gründung  der  Burse  gegeben; 


38)  Acta  secul.  p.  100. 

39)  Gegeben  »vff  Sonntag  nach  Yalentini  1498«.  Aufbewahrt 
im  Landes -Archiv  (Univ.  Heidelb.  Nr.  4).  —  Die  Zuschrift,  mit 
welcher  der  Kurfürst  der  Universität  die  Urkunde  mittheilte,  ist 
von  »Dienstag  nach  Invocavit  1498«  in  AnnaU.  Univ.  T.  in.  F.  380,  a. 
Vergl  auch  Acta  Palat  P.  386.  Wundt:  De  Fac.  Jur.  P.  II. 
]L  15.  16.    Uli  mann:  De  Dalburg.  p.  37. 

40)  Urkunde  XVIII.  gibt  die  innere  Einrichtung  dieser  Burse. 

41)  Lucä  a.  a.  0.,  S.  364.    Wandt,  Heiclelb.  S.  88. 


denn,  da  er  nach  Tritheim  und  Anderen  ein  auAgezeich-» 
neter  Kenner  deis  Bechts  war,  so  ist  zugleich  anzunehmen, 
er  werde  auch  ein  eifriger  Förderer  des  Rechtsstudiums 
gewesen  sein  **),  wie  denn  überhaupt  die  Juristen-Facultät, 
welche  wen^  Sinn  fflr  Wissenschaft  zeigte  ^^,  durch  den 
Eurf&rsten  Philipp  einen  neuen  Aufschwung  erhalten  zu 
haben  scheint 

Unter  seiner  Regierung  wprden  auch  die  ersten  Acten 
dieser  Facultät  aufgezeichnet,  welche,  wie  wir  oben  (S.  159, 
Note  163)  gesagt,  mit  dem  Jahre  1492  beginnen.  Der  Auf- 
zeichnung der  Acten  sind  die  in  derselben  Zeit  von  der 
Facultät  eingeführten  Statuten**)  vorausgeschickt 

Was  die  Studenten  in  dieser  Burse  angeht,  so  schlugen 
sie  sich  auf  die  Partei  der  Nominalisten,  nahmen 
Theil  an  den  Händeln  mit  den  Realisten  (s.  unten),  und 
brachten  dadurch  auch  Verwirrungen  (tricae)  in  die  Juris- 
prudenz *^). 

Auch  in  Beziehung  auf  die  Vorlesungen  traten  Ver- 
änderungen ein.  Bisher  waren  drei  Lehrer  für  das  ca- 
Bonische  Recht  angestellt  Von  diesen  trug  der  erste 
die  »Decretales« ,  der  zweite  das  »Decretum«  und  der 
dritte  die  »Nova  Jura«  vor**).  Der  Kurfürst  wünschte 
nun  statt  des  Professors  »in  decretis«,  dessen  Lehrstuhl 
seit  1522  imbesetzt  war,  einen  zweiten  Lehrer  für  die 
»Decretales«.  Da  aber  damals  das  Ansehen  des  Papstes 
so  gross  war,  dass  wed.er  Universitäten  noch  Fürsten 
es  wagten,  ohne  seine  Einwilligung  Aenderungen  vor- 
zunehmen,   so    suchte   Philipp    bei    Alexander   VL 


42)  Uilmann,  Stud.  u.  Kritik.    1841.   H.  8.   S.  576. 

43)  Eine  Schüderung  der  damaligen  Juristen-Facultät  siebe  in 
Act  secul.  p.  120. 

44)  Urkunde  Nr.  XIY.    Abschriftlich  in  den  Acten  (358.  59,  c.) 
F.  1,  b  bis  8,  b. 

45)  Acta  secul.  p.  202. 

46)  V^Tundt:  De  Fac.  jur.  P.  II.  p.  13. 


um  Best&tigung  der  neuen  Einrichtuns  mtdi,  und  erhielt 
sie  durdi  ein  beseoderes  iBreye  vooi  19.  April  1478  ^^. 

§  6. 

Professoren  werden  mit  umeserc^tdenttiehen  Jätaats" 
Geschäften  betraut.     Urlaub. 

Ausgezeichnete  Professoren  der  Juristen-Facultät  wur- 
den von  den  Kurfürsten ,  namentlich  von  Friedrich  L, 
von  Philipp,  von  Ludwig  IV.,  öjEter  in  wichtigen  Staats- 
Angelegenheiten  7U  Eathe  gezogen  und  zu  auswärtigen 
Staatsgeschäften  verwendet.  Ausserdem  wurden  ihnen 
besonders  wichtige  Arbeiten  bei  dem  von  Friedrich  I. 
in  das  Leben  gerufenen  Hofgerichte  **)  und  bei  dem  von 


47)  Annall.  Univ.  T.  III.  F.  385,  a.  b.  —  Wir  theüen  aus 
demselben  Folgendes  nüt:  »Ditecte  tili,  salatem  et  apostolieam 
benedictionem.  Exponi  nobis  fecisti,  quod  in  Yniversitale  studii  gt- 
neraÜB  lieidelbergensis  tres  doctores  ad  lectiuram  jaris  canonici  de- 
putati  sunt  quonim  vnus  decretüm,  alias  decretales,  alias  noya  joia 
seu  sextom  legit.  Item  quod  scolares  ejnsdem  VniTersitatis  den- 
derant  vt  omissa  lectiofle  decnjti,  que  parmn  vtilis  est,  dua  doctoret 
6K  talibas  pFedioda  decnretales  iegant,  vnus  Tidelicet  ante,  alter  vero 
post  prandium.  Quace  pro  parte  tua  nobis  supplicatum  bomiliter 
fuit  Yt  licentiam  desuper  concedere  aliasque  in  premissis  oportune 
proyidere  de  benignitate  apestoliea  ^ignaronrar  aob  hnjosmodi  sop- 
plioationibofi  inolinati  rectori  ejoadem  Yniyersitatis  et  alüs,  ad  quos 
Eipectat  Tt  lectorem  ad  lecturam  decreti  deputatum  ad  legendam 
lectionem  decretaliam  post  prandinm  deputare  yaleant  apostolica 
auctoritfl;te  tenore  praesentium  ooncedimns  ita  vt  doe  iectiones  de- 
crcNsalium  in  diala  vaivendtate  legantur  »ob  odstantibos  constita- 
tionibufi  et  ordinatienibus  apostolicis  ac  dicte  Tniyersitaüs  joramento 
confirmatione  apostolica  vel  quavis  anctoritate  alia  roboratis  statutis 
et  constitutionibus  nee  non  privilegiis  et  indnltis  dicte  VniTersitatis 
concessis  ceterisque  contrariis  quiboscnnque.« 

48)  Yor  der  Begier ang  Friedrich's  L  wurdoi  alle  Rechts- 
hftndel,  je  nachdem  sie  von  mehr  oder  weniger  Bedeutung  wareo, 
theils  von  den  niederen  Gerichten,  theils  von  EorfOrsttlichetn  B&theiL 
entschieden,  welche  zu  einer  jeden  Sache  besonders  angeordnet 
wurden.  Da  aber  diese  Einrichtung  für  eine  geordnete  Rechts- 
pflege sehr  mangelhaft  war  und  manchfacha  Uebelst&ndeJia  Gelolge 
hatte,  so  suchte  der  Kurf&rst  diese  durch  Errichtung  eines  ständigen 


^ 


.*  4 


Professoren  werden  mit  Staatsgeschäften  betraut.  Urlaub.      337 

Kaiser  Maximilian  I.  1495  in  Speyer  errichteten  Kaiser- 
lichen und  Reichskammergerichte  *^)  übertragen.  Wurde 
nun  auch  bei  der  Universität  jedesmal,   wenn  ein  oder 


obfirst^n  G^ichtshofe»  zu  entfernen.    Zu  dietem  Zwe<^e  errichtete 

er  U62  das  Ho^ericht.    Es  hatte  seine  Sitzungen  in  der  von  ihm 

erbauten  Kanzlei  und  war  besetzt 

»mit  Doctoren  in  weltlichen  vnd  geistlichen  Rechten  vnd 
yiU  wisen  leithen  yon  der  Qitterscbaftcy 

und  sollte  sich  viermal  im  Jahre  versaip^meln.  Büttingfaausen, 
Beitr.  z.  Pfalz.  Gesch.,  B.  L  S.  99—102.  Kays  er,  S.  260.  Kre- 
mer, Th.  I.  S.  636.  637.    Schwab,  P.  I.  p.  67. 

Die  Kurfürstliche  Kanzlei  (domus  scribarum  b.  cancellaria  Prin- 
cipia)^  welche  so  häufig  in  den  Annalen  der  Uniyersitftt  genannt 
wird^  lag  in  den  ältesten  Zeiten  am  Heumarkte  und  bildete  das 
Eck  der  Grossmandelgasse  in  der  Nähe  des  Dionysianums.  (Wundt, 
Heidelb.,  S.  181.  132.  Später  wurde  auf  diesem  Platze  die  Admini- 
stta^tiona-  Schaffnerei  erbaut  und  jetzt  befindet  sich  auf  demsdben 
das  Gasthaus  zum  goldenen  Boss.)  —  Diese  Kanzlei  brannte  am. 
21.  August  1462  ab,  ohne  dass  man  eine  nähere  Veranlassung  des 
Brandes  kennt  (Casuali  -  igne  domus  scribarum  exusta),  und  viele 
Uvknnden  und  Briefschaften  gingen  dadurch  zu  Grunde.  D&bl  Platz, 
auf  welchem  sie  gestanden,  schenkte  der  «Kurfürst  seinem  »Kern^ 
merling«  Hans  Heyles*).  Zwei  Jahre  darnach  führte  Frie- 
drich ein  neues,  sehr  schönes  Canzleigebäude ,  zu  welchem  der 
Grundstein  am  26w  Juni  1464  gelegt  wurde,  auf.  Auf  dem  Schloss- 
berge in  der  Nähe  des  Schlosses  erbaute  Ludwig  VI.  in  den 
Jahren  1581— lB83  die  »Grosse  Kanzlei«  an  dem  Fusse  des  Schloss- 
bei;ge4.  In  derselben  hielten  der  Kirdienrath,  der  Oberrath  (Ge- 
heime R.ath) ,  die'  .Eechenkanuner ,  das  Hof-  und  Ehegericht  ihre 
Sitzungen.  Im  Jahre  1693  wurde,  wie  die  von  Friedrich  erbaute 
Canzlei, .  auch  dieses  Gebäude  durch .  das  Feuer  zerstört.  Der  Platz 
und  diq  später  -  wi  demselben  aufgeführten  Gebäude  sind  unter 
dem  Namen  »Schreiberahof«  bekannt.  .  In  neuester  Zeit  hat  ihn 
die  Stadtgemeinde  Heidelberg  an  sich  gekauft  und  zu  dem  im 
Jahre  1852  errichteten  Waisenhause  bestimmt.  •  Die  dahin  führende 
Gasse  hejsst  j<etzt  noch  «Oanzl^igasse«.  Res  gestae  Friderid  ad 
an.  1462-  Widder,  Th.;  I..  S.  146.  Tolner,  Hist.  Pal.,  p.  76. 
Zeiler,  S.  42,  Kremer,  Th.  I.  S.  649.  Hautz,  Gesch.  der 
Neckarscb.,  S.  100. 

*)  Nach  einer  noch  vorhandenen  Urkunde  v.  J.  1464  kommen 
Heyles  und  die  Universität  wegen  des  Hauses  miteinander 
in  Streit,  welcher  jedoch  zu  beiderseitiger  Zufriedenheit  ge- 
schlichtet wird. 

49)  Kurpf.  Geschichtsk.  S.  56. 
Hautz,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  22 


338       L  Buch,  IL  Periode.  2,  Abachmtt.   (U76--1508.) 

der  andere  ihrer  Professoren .  eine  solche  Mission  erhielt, 
um  Urlaub  für  denselben  nachgesucht  und  auch  während 
seiner  Abwesenheit  für  einen  Stellvertreter  von  den 
Kurfürsten  oder  der  Universität  gesorgt*®),  so  war  der 
letztem  diese  Sache  doch  sehr  unangenehm,  weil  dadurch 
die  Vorlesungen  gerade  ihrer  bedeutendsten  Lehrer  unter- 
brochen wurden.  Sie  gab  sich  deshalb  auch  alle  Mühe, 
solche  Missionen  zu  beseitigen.  Dadurch  wurde  Kur- 
fürst Philipp  veranlasst,  ihr  (1503)  durch  ein  Decret 
aufzugeben,  sie  solle  die  Ferien  in  die  Zeit  verlegen,  in 
.welche  die  Sitzungen  des  Hofgerichtes  fielen,  und  dasselbe 
immer  mit  je  zwei  Professoren  beschicken.  Dazu  war  sie 
jedoch  nicht  geneigt.  Es  wiederholten  daher  die  Bäthe 
des  Hofgerichts,  als  die  Universität  auf  das  Kurfürstliche 
Schreiben  nicht  geantwortet  hatte,  am  »Freitag  nach  Aller 
Seelen«  1503  im  Namen  des  Kurfürsten  das  ausge- 
sprochene Verlangen  und  bezeichneten  namentlich  den 
Dr.  Diether  und  Dr.  Adam,  um  »diss  Hofgericht  hell- 
fen  zu  besetzen«,  mit  dem  Anfügen,  »dabey  mögen  di« 
andern  lesen  vnd  die  Facultet  In  der  schul  Iren  gang 
han«.  Diesem  Ansuchen  des  Hofgerichts  wurde  für  jetzt 
von  der  Universität  entsprochen.     Der  ganze  Streit  fand 


50)  Zu  solchen  Geschäften  auserkorene  Männer  waren 
u.  A.:  Conrad  Degen  von  Memmingen,  Wernher  von  The- 
ma r,  Peter  und  Johann  Wacker  (Yigelius)  yon  Sinsheun, 
Johann  König  yon  Offenburg,  Andreas  Hartmann  von  Ep- 
pingen.  Johann  Wacker  war  yon  dem  Eurfflrsten  Philipp 
besonders  geschätzt  und  noch  sind  zwei  Zuschriften  Philipp' 8 
an  die  Universität  (1498,  1504)  vorhanden,  in  welchen  er  Urlaub 
für  ihn  »mit  Ernst«  begehrt;  die  Stelle  solle  durch  einen  Substi- 
tuten versehen  werden,  welcher  der  .Universität  »nit  misf ellig  sei«. 
Annall.  Univ.  T.  III.  F.  378,  b.  T.  IV.  F.  76,  b.  Den  König 
nannte  Philipp  »seinen  rath  vnd  lieben  getre wen  Doctor«.  Annall. 
Univ.  T.  V.  F.  168.  Hartmann  war  1463  Rector  und  sein  Sohn 
Hartmann  Hartmanni  von  1523  — 1527  Professor  Codids  und 
Syndicus  der  Universität.  Darauf  wurde  er  Canzler  Friedrich's  IL 
Das  Leben  beider  s.  in  Hist.  Acad.  F.  64—66.  Vergl.  auch  unsere 
Stipendienschr.  H.  I.  S.  17  ff. 


Professoren  werden  mit  Staatsgeachäften  betraut    Urlaub,     339 

jedoch  im  nächsten  Jahre  seine  Erledigung.  Die  Univer- 
sität hatte  es  durchgesetzt,  dass  nur  Ein  Professor  der 
Juristen-Facultät  den  Sitzungen  des  Hofgerichte  beiwohnte, 
und  zwar  ein  solcher,  welcher  zu  dieser  Zeit  keine  Vor- 
lesung zu  halten  hatte  ^^). 

Kurfürst  Ludwig  V.  suchte  noch  gründlicher  zu 
helfen.  Er  liess  in  die  Beform  der  Universität  vom  Jahre 
1522  einen  die  Missstände  möglichst  beseitigenden  Ar- 
tikel aufnehmen  ^^.  Hatte  er  vor  der  Ferienzeit  einen 
Lehrer  der  Universität  nöthig,  so  suchte  er  stets  um  Ur- 
laub für  denselben  nach.  So  wünschte  er  in  einer  Zu- 
schrift an  den  Rector,  welche  ihm  von  dem  Canzler  am 
25.  Februar  1513  überreicht  wurde,  nur  auf  kurze  Zeit 
den  Professor  der  Institutionen,  Johannes  von  Roth- 
weil, zu  erhalten^*), 

Otto  Heinrich  beschränkte  die  Zahl  der  ordent- 
lichen Lehrer  der  Juristen  -  Facultä,t  auf  vier,  welche  sich 
ausschliessUch  ihrem  Lehramte  zu  widmen  hatten. 

Wie  sehr  übrigens  die  Rechte  der  Universität  in 
Beziehung  auf  Urlaubsgesuche  geachtet  wurden,  beweist 
auch  folgender  Fall. 


51)  Qui  60  tempore  vacare  haberet  a  lectione  ordinaria.  Annall. 
üniv.  T.  IV.  F.  3—15,  wo  auch  das  Kurfürstl.  Decret  8teht.| 

52)  »Ynd  dass  dyser  Facultet  Ordination  der  Lecturen  halb 
desto  fOrtragender  und  ire  Schüler  onverseumbdt  pleibenn,  so  ord- 
nen Ynd  wollen  wir,  dass  alle  in  dyser  rechtlichen  Facultet  lesende 
Personen  Doctores  oder  Licentiaten  zu  ihren  verordneten  Stunden 
weder  in  ynser  Cantzley  allhie  noch  zu  andern  vnsern  Geschefften 
gefordert  oder  gebraucht  sollen  werden,  ausgenommen  die  zwen 
dero  einer  in  digesto  veteri,  der  andere  in  digesto  novo  lesen,  welche 
zwen  zu  vnserer  vnd  vnsers  Fürstenthumbs  Geschefte  gebraucht 
wollen  werden.«    Annall.  üniv.  T.  VI.  F.  373,  b. 

53)  »Ludwig  pfalzgraue  vnd  Churfurst  etc.  Ersamer  lieber  ge- 
trewer,  wir  sin  vnsers  radts  vnd  lieben  getrewen  meysters  Haussen 
von  Rotwil  eyn  tag  vier  oder  fynff  In  vnsern  Sachen  zu  schicken 
noturfftig,  darumb  vnser  gnedigst  begern,  Ir  woUent  Im  die  zeyt 
erlauben  wollen  wir  vns  versehen  vnd  in  gnaden  erkennen.  Datum 
heydelberg  off  fritag  nach  Reminiscere«  Anno  1513.  Annall.  üniv. 
T.  IV.  F.  174,  b. 

22* 


340       I.  Buch.  It  Periode.  2,  Msehnifl.   (1476—1508.) 

Pfalzgraf  Alexander,  Herzog  zu  Velden:^, Svär  (1514) 
schwer  erkrankt,  und  hatte  den  Professor  der  Median, 
Hermann,  nachdem  dieser  *auf  etliche  Tage«  Urlaub  * 
von  der  Universität  erhalten  hatte,  zu  sich  nach' Zwei- 
brücken kommen  lassen.  Die  Krankheit  aber  machte  eine 
längere  Gegenwart  des  Arztes*  nothwendig^.  Es  wandte 
sich  deshalb  der  Pfalzgraf  selbst  an  jene  »mSt '  dem 
gnedigen  begeren  vnd  freundlichen  bitten«  zu  ertauben, 
dass  Hermann' noch  einige  Zeit  bei  ihm  bleiben  dürfe**). 

§■7. 
ürste  Anstellung  eines  Laien  als  ordentlichen  Professors 

der  Medicin. 

Schon  Friedrich  I.  hielt  es  für'  das  Gedeihen  der 
Universität  höchst  nachtheilig,  dass  nur  Clerikern  Lehr- 
stellen an  derselben  übertragen  werden  durften ,  Laien 
dagegen ,  zumal  verehelichte,  von'  jedem  academischen 
Lehramte  ausgeschlossen  waren.  Um  es  nun  dahin  zu 
bringen,  dass  wenigstens  in-  der  medicinisehen  Faciultät 
ein  Lehrstuhl  mit  einem  verheiratjieten  Laien  besetzt 
werden  könne,  wandte  er  sich  (1475)  an  den  PapsfSix- 
tus  IV.  mit  der  Bitte,  dazu  seine  Einwilligung  zu  geben. 
Allein  Friedrich  starb ' (1476),  bevor  diese  Einwilligung 
erfolgte  ^% 

Sein  Nachfolger  in  der  Regierung,  Kurfürst  Philipp, 
war  Von  gleicher  Ueberzeugung  durchdrungen  *^,  und  um 


54)  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  206,  a.  b. 

55)  Auch  in  Paris  wurde,  so  wiö  auf  andern  Universi- 
täten, in  den  ältesten  Zeiten  die  Arzneikunde  von  Geistlichen  ge- 
lehrt. Erst  der  Cardinal  von  TouteviUe  hob  1452  das  Statut  auf, 
>dass  Baccalaureen  der  Medicin  nicht  verheirathet  sein  dürften«. 
Buläus,  T.  m.  p.  600. 

56)  Ueber  die  Nachtheile,  welche  es  für  di6  Universität  hatte, 
dass  damals  nur  Geistliche  bei  derselben  angestellt,  Laien  aber 
von  allen  Anstellungen  ausgeschlossen  waren,  spricht  sich  Schön- 
mezel  (Collectan.  ad  bist.  Fac.  med.)  so  aus: 


Erste,^^^^'  wes  Laißn  als  ordentl.  Professors  der Jüeäicin.  341 

seinen  ^weck  desto  sicherer  zu  erreiqhen,  bemühte  er 
.sich  (147,9),  |?ei  der  Universität  es  durchzusetzen,  dass 
noch  |z:u  d^n- Lebzeiten  des  sehr  betagten  ersten  Professors 
der  Medicin,  Erhard  Knabvon  Zwyfalten^^),  ^n 
Laie  .^s  dessen  Nachfolger  ernannt  wurde.  Er  schickte 
deshalb  den  Oberhofmeister  (summus  Curiae  Praefectus), 
Ulrich  von,Landscha,den,  an  die  Universität,  welche 
sich,  um.  die  Willen^meinung  des  Kurfürsten  entgegen  ;5U 
, nehmen,  in  der  Kirche  zum  H.  Geiste  versammelt  hatte. 
Im^uftrage  seines  Fürsten  legte  nun  von  Landschaden 
in-  einem  längeren  Vortrage  der  Versammlung  die  Sache 
vpr^®).    Nach  Beendigung  dieser  Rede  drückte  die  Uni- 


»Quodsi  haad  maltum  memorabile,  quod  professorum  de  re 
literaria  concernit  merita,  occarrat,  mira  illa,  quae  laicos  a  cathe- 
dris  ^rdinarÜB  ex^udebat,  prdiuatio  in  causam  fuisse  yidetvir.   Malum 

. hoc:£leetorea  et  j; r i da ricusetPhilippi^s  perspexerunt.  YoiHun 
cum  scholae  publicae  Clericis  traditae  essent,  q^i  solis  fluberaat 
Pontificibus ,  quaelibpt  innoyatio  aummae  erat  difficultatls.  Jtaqae 
de  plurimis  clencis  nihil  aliud  quam  dies  nominationis,  obitus,  deni- 

^que  quoties  reqtoratum  gesserint,  perhiberi  potent.« 

57)  Schon  1449  war.Knab  zum  Regenten  der  alten  Burse  vo^n 
der  Universität  ernannt  worden.    Schönmezel,  ibid. 

58)  ^ittor  a  gratiosissimo  principe,  cui  nun  quam  non  summus 
literarum  amor,  ut,  quae  ad  meliorem  hujus  studii  ordinationem 
spectant,  vobis  proponam. 

Jam  Fridericus,  piae  memoriae,  celsitudinis  nostrae  antecessor, 
perspexerat,  quae  incommoda  oriantur,  cum  ad  cathedram  medi- 
corum  juxta  consuetudinem  Giericus  promoveatur,  gravia  haecce 
momenta  a  pio  Principe  Romae  praeposita  sanctissimum  movernnt 
Patrem,  ut  annexas  lecturae  Medicae  praebendas  annnllaret,  harum 
reditus  fisco  Academico  tribueret,  hoc  autem  cum  onere,  ut  quan- 
tum-  verisimiliter  illi  forent,  tantum  medico  laico  ad  illam  cathedram 
destinato  numeraretur.  Bullam  hac  in  re  exaratam  morte  praeventHS 
prinQeps^a  Cuqa  obtiQere  non  potuit  cupque  iUam  .gcatipai^simus 
^^^Jpn^pß  noster,  sine  omni  yestro  dispe^dio  reluei^e  velit,  vestn^ 
.h^c  }n  f:e  assen^um ^c  ajjprobationem  ex^pectat.  ,Quodsi,piedJQjap 
clericujpi,  ut  ea  ci^m  libertate ^c  laio^s  pi;a^in  ^xer<»at,  ^pt^inus  (jle- 
cexe,  quodsi  .a  .mQf}i9|s  q^o^iqe  i^^titutis,  quod  debite  coerc^ 
nequeifnt,  lectiones  snn^|U),c|a^  publ|ci  d^^rlmento  toti^s  n^lieol;9,s 
fuisse ,  quodsi  denique  clericum  ad  hor^s  dicend^s  obligatum ,  iM>c 
autem  tempi^  a  medico  Ipoge  ut|li^  meli^isq^e  vel^urti  jB^uae  .fs<i^- 


342        L  Bu<:h,  I.  Periode,   2.  AbBcl^nm.   (1476—1508,) 

versität  ihren  Dank  aus  für  die  wohlwollende  Gesinnung, 
welche  der  Kurfürst  für  sie  hege,  und  versprach  sein 
Verlangen  in  reifliche  üeberlegung  zu  ziehen.  Es  rief 
dasselbe  aber  alsbald  bei  ihren  Mitgliedern  grosse 
Bewegungen,  heftige  Eeden  und  Gegenreden  hervor,  da 
durch  seine  Erfüllung  eine  durch  die  Länge  der  Zeit 
geheiligte  und  durch  das  Vorurtheil  bekräftigte  Ordnung 
aufgehoben  werden  sollte.  Erst  nach  wiederholten  Be- 
rathungen  vereinigte  sich  die"  Universität  in  dem  Be- 
schlüsse ,  das  Ansinnen  des  Kurfürsten  abzulehnen  *•). 

Diesen  Beschluss  sollte  nun  der  Rector  mit  den  De- 
canen  der  4  Facultäten  dem  Kurfürsten  mittheilen.  Da 
dieser  aber  wegen  wichtiger  Geschäfte  (ob  altiora  negotia) 


yeniente  librorum  lectura,  vel  praxi  impendendnm  perpendaÜB,  qni 
bonam  optimi  principlB  mentem  gratam  habeatis,  nullas  dabito. 
Schönmezel  ibid. 

59)  Üni?er8ita8  corpus  ecclesiasticum  est  et  medicus  ordinarie 
regens  non  de  gremio  universitatis  modo,  sed  de  illius  quoqae  con- 
cilio  in  hoc  facultatem  repraesentat  medicam.  Itaque  si  laicos 
foret  et  laica  persona  in  ecclesiasticos  jurisdictionem  ezerceret  et 
ad  beneficia  numeraret  atque  institueret,  quae  laicis  prohibita,  mi- 
nime  autem  bigamo,  qaalis  tarnen  facile  uxuratus  professor  fieri 
possit,  conveniunt.  Universitas  quoqae  ex  ejusmodi  ordinatione 
redditur  diformis:  quodsi  enim,  cum  pars  a  toto  differt,  turpe 
dijudicetur,  nonne  medicus  laicus  in  corpore  ecclesiastico  pessimam 
eMciat  diformitatem?« 

»Maximum  dein  ecclesiae  regali  S.  Spiritus  praejudicium  inde 
fit  ejusque  honori  detrahitur  plurimum;  qoippe  cum  Uli  ex  bulla 
apostolica  singularum  facultatum  magistri  et  doctores  sint  incor- 
porati,  re  sie  in  effectum  dedacta,  unius  facultatis  doctores  ecclesiae 
subtrahuntur.« 

>Praeprimis  autem  considerandum  venit,  quod,  cum  per  pro- 
motionem  laici  ad  dictam  cathedram  bona  a  fidelibus,  ut  pro  illornm 
anima  preces  habeantur,  ecclesiae  dona  subtrabantur ,  a  pie  de- 
functorum  ordinatione  recedatur,  quod  omni  jure  prohibitum  habetur. 
Neque  laicus  ejusmodi  praebendalem  portionem  tuta  percipiet  con- 
scientia,  nam  indulgentia  aut  dispensatio  papalis  illi  nil  proderit, 
tutum  enim  apud  Deumnon  esse,  cum  quo  Papa  sine  rationabili 
causa  dispensat,  explorati  juris  est.    Schönmezel  ibid. 


Erste  AnsteU.  eines  Laien  als  ordentl  'Professors  der  MecUcin»  343 

nicht  anwesend  war,  entledigte  sich  die  Deputation  ihres 
Auftrages  vor  den  Stellvertretern  des  Kurfürsten,  und 
fügte  nur  noch  die  angelegentliche  Bitte  bei,  es  möge 
der  Kurfürst  die  von  ihm  und  seinen  Vorfahren  der  Uni- 
versität verliehenen  Privilegien  und  Rechte  erhalten. 

Die  von  derselben  vorgetragenen  Gründe  erschienen 
jedoch  dem  Kurfürsten  keineswegs  so  gewichtig ,  dass 
er  deshalb  seine  Ansicht  änderte  und  sein  Vorhaben  aufgab. 
Er  war  vielmehr  über  die  Universität  ungehalten,  was  diese 
zu  dem  Beschlüsse  veranlasste,  den  Rector  mit  dem  Professor 
der  Theologie,  Pallas  Spangel,  zu  ihm  zu  schicken,  um 
ihn  über  den  ganzen  Sachverhalt  näher  aufzuklären.  Die 
ganze  Angelegenheit  beruhte  nun  auf  sich  bis  zum  8.  Januar 
1481.  An  diesem  Tage  starb  Knab,  welcher,  wie  erwähnt, 
die  erste  Professur  der  Medicin  zugleich  mit  der  Wimpf- 
ner  Pfründe  bekleidete.  Die  Universität  hatte  nun  nichts 
Eiligeres  zu  thun,  als  an  demselben  Tage  noch  den  bisherigen 
zweiten  Professor  dieser  Wissenschaft,  den  Canonicus  zu 
St.  Paul  in  Worms,  Martin  Rentz  von  Wiesensteig, 
zum  ersten  Professor  der  Medicin  zu  wählen.  Als  aber 
diese  Wahl  dem  Kurfürsten  berichtet  worden  war,  erklärte  er 
sie,  mit  Hinweisung  auf  eine  in  diesem  Betreife  vorhandene 
päpstliche  Bulle,  für  nichtig,  und  wollte  den  Jodocus  mit 
dieser  Professur  betraut  wissen.  Die  Universität  erwiederte 
aber,  die  Bulle  sei  noch  nicht  öifentlich  bekannt  gemacht 
und  der  Kurfürst  dürfe  ihre  von  ihm  beschworenen 
Privilegien  nicht  verletzen;  jeden  Falls  möge  er  vor 
der  Veröifentlichung  der  päpstlichen  Bulle  nichts  in 
der  Sache  thun;  den  Bestimmungen  derselben  werde  sie 
Folge  leisten. 

Inzwischen  war  man  dennoch  bemüht,  die  ganze 
Sache  zu  .vermitteln.  Abgeordnete  des  Kurfürsten  und 
der  Universität  traten  zusammen;  allein  die  Unterhand- 
lungen scheiterten  daran,  dass  Rentz  auch  nicht  das 
Geringste  von  der  Besoldung  der  ihm,  wie  er  behauptete, 
von  Rechts  wegen  übertragenen  Professur  abgeben  wollte. 


344       L  Buch.   IL  Periode,  2.  ÄbschniU.    (1476—1508.) 

Um  nun  Alles  zu  thun,  was  zur  Beseitigung  der  von  der 
Universität  erhobenen  Anstände  gethan  werden  konnte, 
liess  der  Kurfürst  durch  seinen  Canzler  Dalberg  der 
letztern  mittheilen,  er  willige  ein,  dass  Rentz  die  erste 
Professur  mit  den  ihr  anklebenden  Emolumenten  erhalte, 
wenn  dem  Jodocus  so  viel  Besoldung  aus  der  Universi- 
tätskasse zuerkannt  würde,  als  die  mit  der'  ersten  Pro- 
fessur vereinigten  Präbenderi  trugen.  Allein  die  Univer- 
sität wies  diesen  Antrag  zurück^®). 

So  standen  die  Sachen,  als  (1482)  die  fragliijhe  Bulle 
erschien.  Das  so  späte  Eintreffen  derselben  hatte  wahr- 
scheinlich die  Universität  selbst  veranlasst  ^*).  Dnrcii  den 
päpstlichen  Erlass  wurde  gestattet,  dass  auch  Laien,  und 
sogar  verheirathete,  als  ordentliche  Professoren  der  Medicin 
angestellt  werden  konnten  ^*).  Jetzt  liess  der  Kurfürst  der 
Universität  einen  strengen  Befehl  zugehen,  dem  Jodocus 
seine  Biesoldung  auszuzahlen;  geschehe  es  nicht,  so  werde 
er  Gewalts-Massregeln  anwenden.  Diesem  Befehle  gab  sie 
nach  und  zahlte  an  Jodocus  die  ihm  von  dem  Kurfürsten 
bestimmte  Besoldung  der  ersten  Stelle  aus,  und  zwar  für 
die  ganze  Zeit,  welche  dieser  Streit  gedauert  hatte;  zu- 
gleich  aber  legte  sie  eine  förmliche  Protestation  nieder, 


60)  Jodocus  omni  jure  caret.  Praestitum  a  nobis  juramentum, 
ut  fundationis  buUam  serremus,  obsequium  in  principem  impossi- 
bile  reddit.    Schönmezel  ibid. 

61)  Anno  1482  Bulla  venit  Pöntificia,  ad  quam  remoram  dam 
contulisse  U&i^ersitatem  admodum  probabile  est:  Schönmezel 
ibid. 

62)  Nos  itaque  ejusmodi  supplicationibus  inclinati  autboritate 
Apostolica  statuimus,  quod  etiam  Laieus  uxuratus  Magister  In  Me- 
dicina,  ad  regendam  dictam  Cbatbedram,  dum  vacabit,  idoneus  in 
eadem  praesentaxl  ac  deputari  possit,  coi  sie  pro  tempore  deputato 
ex  fructibus,  reditibus  et  proventibus  praedictarum  praebendarum 
tantum,  quantum  Glerico  eandem  Cathedram  Regenti  bactenus  so- 
litam  fuit  afssjgnari,  pro  annuo  ipsius  Magistri  legentis  Laici  sti- 
pendi»-  similiter  assignari  debeat,  ipseque  Magister  L&icus  hi^ns- 
modi  Stipendium  percipere  et  in  suos  usus  convertere  possit.  Schön- 
mezel ibid. 


Erste  AnateU.  eines  Laien  ah  ordenÜ,  Professors  der  Medicin.  345 

dass  sie  dieses  nicht  thue,  weil  Jodocus  ein  Recht  zu 
dieser  Besoldung  habe,  sondern  aus  der  dem  Kurfürsten 
schuldigen  Ehrfurcht  ^^.  Auch  Bentz  und  Jodoci^s 
verständigten  sich,  und  so  wurde  dann  dem  ersten  die 
erste  und  dem  andern  die  zweite  Professur  der  Medicin 
übertragen  ^*). 

So  lange  Canoniker  die, Professuren  der  Medicin  inne 
.hatten,  wurden  diese,  wie  aus  den  Universitäts-Acten  er- 
hellt, •von  den  Kurfürsten  den  Capiteln  präsentirt.    Erst 
die  Reformation   der  Universität    von   Otto  Heinrich 


63)  Ast  ne,  quae  vi  sibi  extorta  credit,  praejudicio  sint,  prote- 
stationem  coram  notario  et  testibns  interponens  TJniversitas  non 
pro|>ter  jos  Jodoci  sed  ob  reyerentiain'Friiicipi  debitam  aes  numera- 
tum  affirmat.    Schönmesel  ibid. 

64)  Ein  äiese  Sache  betreffendes  Bruchstück  eines  Kurfürst- 
lichen Decretes  hat  SchÖnmezef  a.  a.  0.  aufbewahrt,'  welches 
wir  der  vorangegangenen  Darstellang  atischliesden.  »nia  est  meils 
et  volantas  Ülustrissimi  Principis  et  Domini  Domini  Philippi  £le- 
ctoris  ex  parte  lecturae  ordinariae  Medicinae: 

1.  Quod  praedicta  lectura  de  caetero  per  Doctorem  Medicinae 
Laicum  sub  annuo  stipendio  provideri  debeat 

2.  Quod  Universitas  praefata  proventus  Canonicatus  ecclesiae 
Wimpinensis  ad  (licta^  lecturam  deputati  a4  se  recipere  et 
ad  fiscum  suum  imbursare  debeat. 

3.  Quod  praefata  Universitas'  ahnuatim  praenominato  Doctori 
Medicinae  pro  Isalarlo  de  fisco'  süo  tantum  dare  debeat,  qaan- 
tum  verisiiDiliter  fructus  praefati  Canonicatus  extincti  valent 

4.  Quod  memoratus  doctor  Liaicus  pro  sua  lectura  habere  de- 
beat portionem  suain  stipendii  de  telonio  in  Keiserverde  et 
de  tribus  Canonicatibus  in  ecdesia  GoUegiata  novae  Civitatis 
extinctis  cedentem. 

De  caetero  Medicus,  qui  ex  CoUegio  Artistarum*  debet  ingredi 
Consilium  Universita tis  loco  doctoris  ordinarii  praenominati ,  De- 
'^canus  Facultatis  medicae  sit  et  canönicatum  ecclesiae  Re- 
galis S.  Spiritus' teneat,  quem ,  hactenus  praelibatus  doctor  mi^di- 
>dnae  tenuit.    Schönmezel,  Collect,  ad  bist.  ,Fac.  med. 

Zu  bemerken  ist  hier  noch^  dass  bis  zu  dieser  Zeit  die  jeweili- 
gen Decane  der  Facultät  von  den  Mitgliedern'  derselben  gewählt 
'wurden.  Die  von  dem  Kurfürsten  Pliilipp  getroffene  Anordnung 
blieb  bis  zu  Otto  Heinrich's  Reformation  der  Universität  in 
Kraft.    Schönmezel  a.  a.  0. 


346       I'  BucK  n.  Periode.  2.  Abechnitt,   (1476^1508.) 

brachte  hierin  eine  Aendening  hervor.  Die  Anstalt  hatte  bei 
Besetzung  von  Lehrstellen  zwei  Gandidaten  vorzuschlagen, 
welche  sie  für  tüchtig  hielt.  Von  diesen  wurde  Einer 
von  dem  Kurfürsten  bestätigt. 

Besonders  erwähnenswerth  in  diesem  Streite,  welcher, 
wie  Wundt**)  sagt, 

»den  Einsichten  des  Kurfflrsten  grosse  Ehre  macht,  aber 
die  Mitglieder  der  medicinischen  Facult&t  in  einer  traurigen 
Gestalt  darstellt«,  erscheint^  dass  »anch  der  Papst  nicht  so 
viel  Gewalt  hatte,  durch  eine  besondere  Bolle  die  Facult&t 
von  ihrer  alten  fehlerhaften  Einrichtung  abzubringen,  und 
der  gute  Kurfürst  sich  damit  begnügen  mnsste,  dass  dar, 
den  er  vorschlug,  die  zweite  Stelle  mit  etwas  weniger  Be- 
soldung erhielt«. 

Erst  im  Jahre  1553  wurde  auf  den  Antrag  der  Uni- 
versität selbst  durch  eine  Bulle  des  Papstes  Julius  in. 
gestattet,  dass  überhaupt  weltlichen  Professoren  geistliche 
Pfründen  zugewiesen  wurden. 

§  8. 
Lehrer  und  Schriftsteller  der  Universität. 

Ausgezeichnete  Lehrer  unter  Philip^'s  Regierung 
waren  die  Canonisten  Conrad  Degen  (f  1480), 
seit  1442  Nachfolger  Otto's  von  Stein  (de  Lapide) 
(1421—1442),  Peter  Swan  von  Wimpfen  1461,  Nach- 
folger des  Johann  Wildenherz  von  Fritzlar,  Peter 
Wacker  von  Sinsheim  (seit  1463),  Hartmann  Pistor 
von  Eppingen  1469;  die  Theologen  Nicolaus  von 
Wachenheim  (seit  1436),  Pallas  Spangel  von  Neustadt 
a.  d.  H.  (seit  1477),  Johann  Wessel  (1477),  Johann 
Scultetus  aus  Preussen  (seit  1487),  Daniel  Zangen- 
ried von  Memmingen  (seit  1496),  Johann  Odenwalt 
von  Rottenburg,  Johann  Nigri  (1493),  Georg  Nigri 
(1508),    Marcus    Stier  (1508);    die    Juristen    von 


65)  Beiträge  z.  d.  Gesch.  d.  Heidelb.  üniv.  S.  64.  65. 


Händel  gtoiscTien  den  Realisten  und  NaminaUsien,       347 

Dalheim,  welcher  1498  zuerst  die  Pandecten  in  Heidel- 
berg lehrte,  NicolausMörsinger  (Mosinger)  von  Oewis- 
heim,  seit  1476  Lehrer  des  bürgerlichen  und  1480 — 1518 
des  canonischen  Rechts,  Theodorich  Linck  von  Min- 
singen (1480  —  1522),  der  berühmte  Rechtslehrer  und 
Staatsmann,  Johann  Wacker  von  Sinsheim  (seit  1492). 
Nach  Mörsinger  lehrten  Heinrich  Walk  von  Oppen- 
heim, Conrad  Oberlin  von  Ladenburg  (seit  1481)  und 
Simon  Rybisen  von  Brüssel  (seit  1503),  letzterer  als 
ausserordentlicher  Professor,  das  Civilrecht  Als  Mediciner 
sind  zu  bemerken:  Martin  Rentz  (1475),  Simon  Linck 
(1508).  Von  den  Philosophen  sind  zu  nennen:  Peter 
Deer  (seit  1463),  Johann  Wessel  (1477). 

Als  Schriftsteller  machten  sich  neben  Wimpfe- 
ling  bemerklich  die  Theologen  Herwig  von  Amsterdam,  ' 
Jodocus  Aichemann  (Eichmann)  von  Calw,  der  Cano- 
nist Dorinberg  (Domberger)  von  Menuningen,  seit  1478 
Eurpfälzischer  Canzler,  der  Theologe  und  Philosoph  Ste- 
phan Hoest  von  Ladenburg,  Jodocus  Gallus. 

§9. 
Händel  zwischen  den  Realisten  und  Nominalisten. 

Friedrich  L  hatte  durch  seine  Reform  der  Univer- 
sität den  widerstrebenden  Professoren  des  Nominalismus 
auch  die  realistische  Philosophie  zur  Seite  gesetzt  und 
jedem  Lehrer  der  Artisten  -  Facultät  es  freigestellt,  ob  er 
nach  dem  »neuen  Wege«  (Realisten)  oder  nach  dem  »alten 
.  Wege«  (Nonünalisten)  seine  Vorträge  halten  wolle  (S.  306). 
Durch  diese  Einrichtung  glaubte  der  Kurfürst,  welcher 
alle  Zunfttyrannei  in  der  Wissenschaft  hasste,  der  Uni- 
versität eine  Wohlthat  zu  erweisen.  Allein  der  Erfolg 
war  ein  ganz  entgegengesetzter.  \on  nun  an  war  end- 
loser Stoff  zu  leeren  Zänkereien  gegeben.  Die  Nominalisten 
und  Realisten  standen  sich  einander  als  zwei  scharf  ge- 
trennte Parteien  gegenüber.  Wer  schwankte  oder  gar  seme 


348       L.Buch.  U,  Periode,  J^^Ahscfinitt.   (UrS—t^ijfS.) 

Meinung  änderte,  wurde  als  ,,Apoßtat , verfojgt.  Auch.ifie 
Burs^n  wafenjn.dpppelbßn  Sinne  ^t^^qit.  Ja,Jn  ^li^eai 
schien  .der  Parteihass  seinen  yorzUgl^ictsten  ^itz ,  zu  ha,beii. 
DieJuristen-Purse  ^war  pon^inalistisch,  die  S  c  Jx  w,a  b  e  %  - 
Burse  und  ,(^as  CoUegium  Dionysianum  ab^rjea- 
Ustjsch  gesinnt  ^^). 

.  Besonders  l^bhg^t .  ^uf den  in  der  letzten .  Ijie.be;ftszeit 

|PhiUpp's  d,iese  spholagtischen  ,iLmd^l  ^angeregt  und  .^e 
Puhe  d?r  .  Universität  ds^durcli  gestört.    Im  ,Jahf;e  1503 

..wmiden  .Tjbiesen  angßsph|agen,  wie ,  folgpi^de : 

Thomista  stultior  est  pvini  homiixe; 
Thomista  non  differt  a  Chimaera; 
Realista  iion  differt  a  Chimaera  •^). 

Bei  solchen  Kämpfen  blieb  man  nicht  immer  auf  dem 
Wege  der  wissenschaftlichen  Discussion.  Jetzt  und  später 
-kam  es  unter  den  Studenten  oft  zu  Schlägereien  über 
die  Lebensfragen  der  Universitäts-»Philosophie.  So  reichten 
die  Realisten  gegen  die  Nominalisten  eine  Schrift  bei  dem 
academischen  Senate  ein,  in  welcher  sie  unter  Anderm 
anführten,  wie  ihre  Gegner,  an  ihrer  (der  Realisten n) 
Burse  vorüberziehend,  gerufen  hätten: 

»Uns  dürstet  nach  Realisten  -  Blut« ;  »das  Schwerd  muss 
noch  drei  Realisten  fressen«;  »Ich  will  nicht  von  hinnen 
ziehen,  ich  hab*  denn  einem  Realisten  einen  Flflgel  vor  ab- 
gehauen«®®). Auch  wären  sie  von  ihren  Gegnern  »Juden- 
kinder« gescholten  worden®**). 

66)  Hot  tinger:  De  Colleg.  Sapient.  p.  77.  78. 

67)  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  5,'b.    Auch  wurde  darüber  dispu- 
tirt:  »Ob  der  Casus  Yocativus  ein  Suppositum  sei,  oder  ob  er  in  einer 

.Proposition  anstatt  eines  Subjecti  könne  gesetzt  werden  od^r  nicht]? 
Ferner:  Warum  Adam  im  Paradiese  von  einem  Apfel  und  niij^t 
von  einer  Birne  gegessen?  Ob  Christus  auch  in  der  Form  eines 
Kürbisses  oder  eines  Weibes  oder  eines  £sels  hätte  erscheinen,  und 
wie  er  in  diesen  Gestalten  hätte  predigen  oder  Wunder  thun 
können?  Ob  Gott  etwas  Geschehenes  ungeseh^en  machen  könne, 
z.  B.  aus  einer  Hure  eine  reine  Jungfrau  u.  drgl.  Hagen,  Deutsch- 
lands liter.  u.  relig.  Verhältnisse  im  Reformationszeitalter,  B.  I.  S.  31. 

68)  Annall.  Univ.   T.  IV.  .F.  6ra.    Hottinger,  p.  78,    Lyc. 
.origg.  p,  138. 

69)  Hist.  Acad.  F.  95.    Die  alte  ßurse  lag  in  c^er  ehemaligen 
Judengasse  (S.  205). '     •  •         "    ■  t    . 


Händel  zwischen' den  Bealisten  uha  Nominalisteh.       349 

Einige  Jähre  vorher  (1497)  war  die  Neue  Bürse  von 
den    realistisch    gesinnten    Studenten    förmlich    belagert 
worden '^^.     Diese  Kämpfe   zwischen   defa' verschiedenen" 
Büf'sett  fanden,  wie  wir  unteli  sehen*  werdefn,  erst  ihr" 
Ende,  nachdem  dieselben    in'  Eine    verwandelt    worden ' 
wären. 

Auch  die  Mitglieder  dör  theologischen  Fa- 
cnltät  waren,  da  der  Gegensatz?  zwischen  Realismus  und' 
Nominalismus  durch  die  ganze  mittelalterliche  Theologie  und  ' 
Philosophie  hindurchgeht  "^  ^),  diesen  Kämpfen  nicht  fremd ; 
doch  machten  sich  bei  ihnen  verschiedene  Ansichten  gel- 
tend.  Da  gab  es  Solche  (als  ihr  Haupt  ist  der  gewicht- 
vöBste  unter  ihnen;  Nicolaüs  von  Wachenheim,  an- 
zusehen, S.  346),  welche  die  altd  scholastische  Theologie  ' 
heftig  vertheidigten  und  dabei  wohl  auch  einige  Gewalt- 
thitigkeit  nicht  scheuten;  Andel'e,  wie  Wessel,  Agri- 
cöla,  Wimpfeling,  Reuchlin,  welche  der '  scholasti- 
schen Theologie ,  die  ihnen  veraltet  und  abgelebt  schien, 
die  schriftmässlge  entgegensetzten ;  endlich  wieder  Andere, 
di^  einen  Hittefweg  einschlugen,  milde  und  bescheidene 
Verbesseter  der  alten  Theologie,  unitfer  äenen  durch  Geistes- 
gaben', Gelehrsamkeit  und  Feinheit  Pallas  Spangel 
hervorragte^*). 

So  verschieden  nun  die   Denkwötsö '  dieser  Männer 
war,  so  finden  wir  doch  nirgends,    dass  Einer  deshalb 
von  Seiten  der  Regiening,  welche  Dalberg  gleichsam* 
als'Curator  repräsentirte ,  gekränkt  oder  gar  vertrieben 


70)  H ausser,  S.  441. 

71)  Ulltoann,  Johann  Wessel,  S.  327.  Hegel  (Philosophie 
der  Religion,  B.  I.  S.  6)  spricht  sich  folgender  Gestalt  aus :  »Scho- 
lastische Philosophie  ist  im  Mittelalter  Eins  und  Dasselbe  mit  der 
Theologie.  Philosophie  ist  Theologie,  und'  Theologie  ist  Philosophie. 
Man  glaubte  so  wenig,  dass  das'  begreifende  Erkennen  der  Theo- 
logie nachtheilig  sei ,  dass  man  es  für  wesentlich  hielt  zur  Theo- 
logie selbst.« 

72)  Ueber  Span  gel  vergl.' Beischlag,  Lebensbeschreibung 
Brentii,  Th.  I.  Cap.  7.  §  5. 


350      -f.  Buch.  IL  Periode.  2.  Abschnitt,  (14^76—1508,) 

worden  wäre.  Eben  so  wenig  ist  eine  Spur  vorhanden, 
dass  die  heftigen  Streitigkeiten  zwischen  den  Realisten 
und  Nominalisten  durch  Regierungsbefehle,  ünterdrückun- 
gen  oder  Vertreibungen  ihr  Ende  erreicht  hätten,  wie 
dieses  in  Frankreich  geschah  (S.  304  u.  305).  Es  scheinen 
vielmehr  alle  diese  Streitigkeiten  unter  der  Obhut  des 
trefflichen  Kurfürsten  imd  seines  weisen  ßathgebers  Dal* 
berg,  wo  nur  immer  möglich,  gütlich  beigelegt  worden 
zu  sein'*). 

§10. 
Zwistigkeiten  der  Juristen-  und  Artisten- Faeultät 

Während  die  eben  geschilderten  Kämpfe  stattfanden, 
war  auch  das  gegenseitige  gute  Verhältniss  der  ver- 
schiedenen Facultäten  nicht  nur  völlig  gestört'^), 
es  kam  sogar  zwischen  der  Juristen-  und  Artisten-Facol- 
tät  zu  so  ärgerlichen  Auftritten,  dass  sie  beinahe  unter 
einzelnen  Lehrern  zu  Thätlichkeiten  geführt  hätten,  und 
der  Kurfürst  selbst  sich  in  das  Mittel  legen  musste'^). 

Zu  den  mit  der  grössten  Hitze  zwischen  diesen  Fa- 
cultäten geführten  Kämpfen  gehörte  der  über  die  Form 
und  Farbe  der  Birreten'®)  als  amtlicher  Kopfbedeckung. 
Um  demselben  ein  Ende  zu  machen,  befahl  der  Kurfbrst 
durch  Beeret  vom  1.  März  1498,  die  Magister  der  freien 
Künste  sollten  runde  Birreten  tragen,  dagegen  die  Pro- 
fessoren der  anderen  Facultäten  solche  von  anderer  Form; 
allein  die  Universität  gab  diesem  Befehle  keine  Folge"). 


73)  Uli  mann,  Stud.  u.  Krit.  a.  a.  0.  S.  572.  573. 

74)  Omnibus  in  Facultatibus  exorta  dissidia,  rixae,  altercatio- 
nes.    Sohn,  opat.  p.  286.  287. 

75)  Annall.  Univ.  T.  III.  F.  367,  b.  T.  IV.  F.  29.  30. 

76)  Birretum,  birettum,  beretum,  biretum,  berretum':  der  Bi- 
schofshut, in  späterer  Zeit  aber  auch  der  Doctorhut.  Brinck- 
meier,  Gloss.  dipL  u.  d.  W. 

77)  Die  deshalb  gepflogenen  Verhandlungen  sind  in  den  An. 
nalen  T.  III.  F.  879,  a.  b.  »Causa  ßirettorum«  überschrieben,    fiben 

^  dort  findet  sich  auch  das  Kurfürst!.  Decret. 


Disputat  über  die  uhbeßeckte  Empfängniss  d.  JBT.  Jungfrau.    351 

§11. 

Disputationen  zwischen  den  Franziscanern  und  Do- 
minicanern  Über  die  unbefleckte  Empfängniss  der 

U.  Jungfrau  Maria. 

Vor  und  in  dieser  Zeit  der  Kämpfe  zwischen  den 
Realisten  und  Nominalisten  und  zwischen  einzelnen  Fa- 
cultäten  fanden  zwischen  den  Bettelmönchsorden  der 
Franziscaner  (Realisten)  und  der  Dominicaner  (Nomina- 
listen), welche  aus  Neid  und  Eifersucht  in  die  vielfältig- 
sten Streitigkeiten  gekommen  waren  ^^),  in  dem  Kloster 
der  ersteren  öfters  Disputationen  über  das  Dogma  statt: 
»Ob  die  H.  Jungfrau  Maria  in  der  Erbsünde 
empfangen  sei  oder  nicht?« ^^)  Die  Dominicaner 
bejahten,  die  Franziscaner  verneinten  die  Empfäng- 
niss Maria'js  in  der  Erbsünde®®);  die  letzteren  zu- 
gleich sich  berufend  auf  den  Beschluss  des  Baseler 
Conciliums  und  auf  eine  in  ihrem  Kloster  früher  befind- 
liche Inschrift®^).  Der  Streit  wurde  so  heftig  und  in 
einer  solchen  Weise  geführt,  dass  der  Kurfürst  »vff  dom- 
stag  nach  viti  an.  1501«  dem  Rector  der  Universität  ein 
Decret  zugehen  liess,  in  welchem  es  heisst: 


78)  Hagen,  S.  30. 

79)  Annall.  Univ.  T.  III.  F.  414,  a.  415,  a. 

80)  Papst  Sixtus  IV.  (1471—1484)  hatte  zwar  in  einer  Bulle 
den  Glauben  an  die  unbefleckte  Empfängniss  der  H.  Jungfrau  frei- 
gestellt, aber  gleichzeitig  die  Ansicht  des  dafür  eifernden  Schola- 
stikers Duns  Scotus  und  der  Franziscaner  durch  grossen  Ablass 
und  Feiertag  geehrt.  Dieses  gab,  da  der  Mariencult  anhaltend  mit 
schwärmerischer  Theilnahme  wuchs,  den  dagegen  sich  stemmenden 
Dominicanern  neuen  Grund  des  Hasses  und  der  Eifersucht  wider 
ihre  glücklichen  Nebenbuhler,  Ausführliches  s.  bei  Kor  tum  und 
Reichlin-Meldegg,  B.  H.  S.  120  ff. 

81)  Diese  Inschrift  lautete:  »Tota  pulchra  es,  beato  yirgo 
Maria,  Et  Macula  originalis  peccati  non  est  in  Te.  Sicut  deffinivit 
sancta  Synodus  Basiliensis  Legitime  congregata.    Anno  1444.« 

Andreae,  Monumm.  Heidelb.  p.  8.  Beut  er:  De  Colleg. 
Sap.  p.  9.  10. 


352       ^.  Buch.   n.  Perioäe.   2,  ÄhschniÜ.'  (1476^1508,) 

>Als  die  Barfasser  yff  morn  ein  Disputation  von  em- 
pf&ngniss  der  hochji^elobten  EOnigin  Maria  furgenomen  haben, 
Ist  ynser  gantz  ernstlich  begehr,  dass  jhr  die  gantze  Univer- 
sitet  in  allen  Burschen  vnd  sonst  stranglich  bei  einer  merk- 
lichen poen  allen  Gliedern  der  Universitet  verbieten  wdllent, 
dass  jhr  keiner  nit  zu  solcher  Dispntatz  gehe  noch  darbey 
sey,  auch  die  uberfehrer  stranglich  straffend«  *'). 

In  Oemässheit  dieses  Decrets  untersagte  der  Rector 
allen  Angehörigen  der  Universität  bei  einer  Strafe  von 
6  fl.  die  Theilnahme  an  dieser  Disputation  ®*).  Trotz 
dieses  Verbots  wohnten  aber  dennoch  mehrere  ihrer 
Mitglieder  derselben  bei.  Sobald  der  Kurfttrst  dieses  er- 
fahren hatte,  erhielt  der  Rector  von  ihm^  den  Auftrag, 
die  Sache  strenge  zu  untersuchen  und  die  Schuldigen  zu 
bestrafen.  Dieses  geschah,  und  jedes  Mitglied,  welches 
gegen  das  Verbot  gefehlt  hatte,  wurde  mit  einer  Strafe 
von  6  fl.  belegt  »*). 

Da  jedoch  die  Streitigkeiten  zwischen  den  Franzis- 
canem  und  Dominicanern  fortgesetzt  wurden,  so  trug  der 
Kurfürst  (Freitag  »nach  Vincla  Petri«  1501)  dem  Rector 
und  der  Universität  auf,  an  den  Papst  zu  berichten,  dass 
sich  in  Heidelberg 

»allerhand  Unschikliches  begeben,  in  dem  die  BarfOsser 
nnd  Prediger  Mönch  gegeneinander  gepredigt  haben  von  einem 
artikell,  ob  vnser  liebe  fraw  In  Erbsünden  empfangen  sei 
oder  nit;  dass  kein  Nachlassens  sei ,  e^  aber  Seines  Bedün- 
kens  des  gemeinen  Volks  nnd  unglanbens  halbier  nit  gut 
wäre,  dass  die  Dinge  also  offenbar  disputirt  würden.    Der 


82)  Annall.  tJniv.  T.  III.  F.  414,  b. 
„  83)  Das  Mandat  ^es  Rectors  lautete :  »Vobis  omnibus  Doctori- 
buß,  Nobilibus,  Licentiatis,  magistris,  scolaribus  et  singuHs  nostrae 
diljiopi  subjectis  ad.  instantem  et  seriosam  petitionem  Illastrissimi, 
Serinissimiqae  Principis  nostri  Falatini  Rheni,  nobis  super  hoc  fa- 
ctam  districte,  praecipiendo  mandamus,  quatenus  nullus  Vestrum 
disputationem  apud  ,  Minores  de  conceptione  gloriosissimae  Yir- 
ginis,  Dei  genitricis,  Mariae  fiendam  visitet,  intertersit,  arguat,  vel 
moram  in  eadem  faciat  sub  poena  sex  florenorum  nobis  ante  occa- 
sum  solis  per  juramientum  persolvendorum.«  Ibid.  F.  415,  b. 
84)  Ibid. 


Sairfhändel  gwisehen  Studenten  und  Hoßeuten,  353 

heilige  Vater  möge  anordnen^  dass  es  um  des  gemeinen 
Mannes  willen  gehalten  werde  und  bleiben,  wie  es  vor  Alters 
gewesen«  ®*). 

Zu  derselben  Zeit  beschwerten  sich  in  einer  bei  der 
Universität  eingereichten  Schrift  die  Dominicaner,  deren 
Provincial,  Peter  Syber,  zugleich  Professor  an  der- 
selben war,  über  die  Franziscaner.  .In  dieser  Schrift 
legten  sie  ausführlich  dar,  wie  gröblich  sie  von  den 
Franziscanern  angegriffen  würden  ®*)  und  wie  sie  sich  nur 
nothgedrungen  vertheidigten.  Wollten  sie,  heisst  es  wei- 
ter, Alles,  was  ihre  Gegner  gegen  sie  vorbrächten,-  öffent- 
lich in  der  Kirche  widerlegen,  so  würde  das  nur  den 
Frieden  in  dieser  stören  und  dem  Volke  ein  Aerger- 
niss  geben®').  Schliesslich  baten  sie  die  Universität,  da- 
hin zu  wirken,  dass  durch  den  Papst  der  Friede  zwischen 
ihnen  und  den  Franziscanern  wieder  hergestellt  werde. 
In  diesem  Sinne  wandte  sich  die  Hochschule  nun  auch 
an  den  päpstUchen  Hof  ®®).  Zugleich  nahm  sich  auch  der 
Kurfürst  der  Sache  lebhaft  an,  da  diese  Zwietracht  auf 
die  Anstalt  einen  nachtheiligen  Einfluss  übte,  und  es 
gelang  ihm,  zwischen  den  beiden  Orden  wenigstens  für 
den  Augenblick  eine  Art  Friedensvertrag  zu  Stande  zu 
bringen  ®^). 

§  12. 
Raufhändel  zivischen  Studenten  und  JSofleuten. 

Auch  in  dieser  Zeit  kommen  Raufhändel,  wie  wir 
sie  früher  gesehen®®),  vor. 


85)  Annall.  Univ.  T.  in.  F.  425,  b. 

86)  Mordaces  ac  invectivi  sermones,  famosi  libelli,  scandalosa 
carmina  adversus  nos  palam  concionantur,  pronuntiantur,  eduntur. 
Ibid.  F.  426,  a. 

87)  Pacis  et  unitatis  in  multis  Gennaniae  locis  turbatio,  populi 
Bcandalam,  dei  offensa.    Ibid.  F.  426,  b. 

88)  Ibid.  F.  426,  b. 

89)  Der  Vertrag  ist  im  PflJz.  Copialb.  Nr.  17.  F.  25. 

90)  Vergl.  oben  8.  178.  179.  243—248.  283—285. 
Hautz,  Gesch.  d.  Uniy.  Heidelb.  I.  23 


354      I'  Bück,  IL  Periode.  2.  AbsekniU,  (1476^1508.) 

B€i  einem  nächtlichen  Gelage,  welches  die  Stadenten 
(1499)  hielten,  drangen  Cavaliere  (auüci  equites)  auf  das- 
selbe ein  und  misshandelten  jene ,  welche  in  der  Mmder- 
zahl  waren,  und  durch  die  Flucht  sich  nicht  retten  konnten. 
Die  Universität  beschwerte  sich  zwar  bei  dem  Kurfürsten; 
doch  trat  sie,  da,  nach  einem  ziemlich  sicheren  Gerüchte, 
auch  der  Kurprinz  Ludwig  unter  den  Cavalieren  ge- 
wesen war,  und  den  Scandal  sogar  geleitet  haben  sollte, 
nicht  mit  besonderer  Energie  auf.  Der  Kurfürst  nahm 
die  Beschwerde  derselben  freundlich  auf;  doch  scheint  es 
bei  dem  Versprechen,  die  Thäter  strenge  zu  bestrafen, 
geblieben  zu  sein,  üebrigens  versicherte  der  Kurfürst, 
dass  die  Universität  bei  »ihren  ehren  vnd  wolstand«  er- 
halten werden  solle  ^^). 

Auch  im  Anfange  des  folgenden  Jahres  (1500)  Hessen 
sich  Hofbediente  Gewaltthätigkeiten  gegen  Studenten  zu 
Schulden  kommen.  Mehrere  von  ihnen  drangen  mit 
»blossen  messem«  in  das  Dionysianum  und  misshandelten 
dort  Meister  und  Schüler^*). 

§13. 

Papst  Innocem  IX.    Kaiser  Maximilian  I.  in  Heidd- 
berg.    Ausserordentliche  Steuer.    Bayerisch-pfälmcher 

Erbfolgekrieg. 

Nach  S  ixt  US  IV.  bestieg  Innocenz  IX.  den  päpst- 
lichen Stuhl.  Wie  seine  Vorgänger,  zeigte  auch  er  der 
Universität  seinen  Amtsantritt  unter  dem  12.  September 
1484  an.  Die  Anstalt  erkannte  diese  Aufmerksamkeit 
in  einer  Denkschrift  vom  4.  December  1484  ^^  an,  und  ver- 
sicherte den  Papst  nicht  nur  ihrer  treuen  Anhänglichkeit, 


91)  Annall.  üniv.  T.  III.  F.  889,  b.    ffist  Acad.  F.  91. 

92)  Ibid.  F.  408,  Jb  sqq. 

93)  Die  Schriften  des  Papstes  und  der  Uniiirersität  eind  i& 
Annall.  üniv.  T.  in.  F.  258,  a.  b.  Hiat  Acad.  F.  87.  Anmll.  1.  c 
F.  258,  b.  259,  a.  •  Histor.  Acad.  F.  88. 


InnoeensIX,  MaxmUUani.  Steuer.  Erbfolgehrieji,       355 

sondern  hielt  auch  eine   »Processio  vel  Supplicatio  pro 
felici  regimine  Novi  Pontificis«  ®*). 

Ein  anderes  für  die  Stadt  und  Universität  Heidelberg 
bemerkenswerthes  Ereigniss  ist  der  Besuch  des  Kaisers 
Maximilian  L,  welchen  er  dem  Kurfürsten  (1489) 
machte.  Von  Seiten  der  Stadt  und  hoben  Schule  fanden 
grosse  Empfangsfeierlichkeiten  statt.  Im  Namen  der 
letzteren  hielt  Pallas  Spangel  die  Bewillkommnungs- 
rede»*). 

Mit  grosser  Sorgfalt  war  die  Universität  stets  be- 
müht, wo  es  sich  um  ihre  Selbstständigkeit  als  Corporation 
handelte,  diese  zu  erhalten.  Pabei  darf  man  aber  auch 
andererseits  nicht  verkennen,  dass  die  Kurfürsten  die 
Redite  dersell)en  anerkannten  und  berücksichtigten.  Bei- 
spiele der  Art  finden  sich  häufig.  Eines  von  solchen 
ist  folgendes: 

Durch  die  Zeitumstände  genöthigt,  verlangte  1497 
Kurfürst  Philipp  von  denen,  welche  bei  der  Universität 
»begut«  waren,  den  hundertsten  Pfennig,  welcher  als 
»Hilffgelt«  entrichtet  werden  sollte.  Die  Universität  ging 
in  das  Verlangen  des  Kurfürsten  ein,  erbat  sich  aber  zu- 
gleich einen  Revers  von  demselben,  dass  durch  diese  Ab- 
gabe kein  Recht  für  die  Zukunft  begründet  werde  ^^). 

Die  schöne  friedliche  Zeit,  deren  sich  die  Pfalz  unter 
der  Regierung  des  Kurfürsten  Philipp  erfreute,  wurde 
durch  den  bayerisch-pfälzischen  Erbfolgekrieg  (1503 — 1507) 
gestört.  Wie  Kurfürst  Friedrich  I.  stets  darauf  bedacht 
war,  die  Ruhe  und  Ordnung  in  seiner  Residenz  Heidel- 
berg zu  erhalten,  so  geschah  es  auch  von  Philipp.  Der 
Rector  erhielt  (1504)  den  Auftrag,  »mit  newem  eyde  alle 
seine  vnderthanen  dem  Fürsten  zu  verpflichten«*'). 


94)  Eist.  Acad.  F.  98. 

95)  Abschriftlich  findet  sich  diese  Rede  in  Hlst.  Acad.  F.  89 
und  gedruckt  bei  Fr  eher,  Scriptor.  rer.  German.  T.  II.  p.  36. 

96)  Die  Original-Urk.  des  Reverses  ist  im  Univ.-Arch.  unter  Nr.  75 

97)  Sohn,  S.  50.  51. 

23* 


356     [J.  ^wcÄ.  IL  Penode.  2.  ÄhschniU,   (1476^1508.) 

§14. 
Zustand  und  Frequenz  der  Universität,     Ansteckende 

Krankheiten.     Philipps  Tod. 

Die  Bemühungen  des  Kurfürsten  Philipp  und  der 
ihm  nahe  stehenden  Männer,  die  Universität  zu  heben 
und  auch  in  ihr  das  geistige  Leben,  wie  es  am  Hofe  wal- 
tete, zu  wecken,  fanden  bei  ihr  als  Corporation,  wie  wir 
oben  (S.  324  flf.)  zeigten,  keinen  Anklang.  Die  Folge  davon 
war,  dass  sie  immer  mehr  sank,  und  »die  Barbarei  vnd  Aber- 
glauben, welche  langzuvor  eingerissen,  sehr  überhand  nam«  ®  *). 

Ein  weiterer  üebelstand  wurde  aber  auch  durch  an- 
steckende Krankheiten  herbeigeführt.  Durch  sie  wurde 
die  Universität  genöthigt,  1491  Heidelberg  zu  verlassen 
und  nach  Speyer  überzusiedeln  **).  Aus  demselben  iSrunde 
zerstreuten  sich  die  meisten  Studenten  in  den  Jahren 
1502  ^<>o)^  1507  und  1508  ^o»). 

'  Die  Zahl  der  Immatriculirten,  welche  sich  vor- 
dem jährlich  auf  160  und  darüber  belief*®*),  war  unter 
100  herab  gesunken  und  manche  Lehrer  klagten  (1508), 
dass  ihre  CoUegien  ganz  leer  stünden  ^®'). 

Kurfürst  Philipp  starb,  nachdem  er  längere  Zeit 
an  Steinschmerzen  und  am  Podagra  gelitten  hatte,  am  28. 
Februar  1508,  noch  nicht  ganz  60  Jahre  alt,  zu  Germers- 
heim und  wurde  in  Heidelberg  mit  grossen  Feierlichkeiten, 
an  welchen  die  Universität  Theil  nahm,  beigesetzt^®*). 


98)  Sohn,  S.  52. 

99)  Lehmann,  Speyer.  Chron.  B.  VII.  Cap.  120. 

100)  J^nnall.  Uniy.  T.  III.  F.  437,  b. 

101)  Die  Krankheit,  welche  ld07  und  1508  wüthete,  wurde  »die 
Franzosen«  genannt  und  hörte  erst  auf,  als  der  Eurförst  verbot, 
dass  in  Bädern,  Wirthshäusern,  Barbierstuben  Kranke  und  Gesunde 
sich  derselben  Gefässe  bedienten.  Pfalz.  Copialb.  Nr.  17.  F.  206. 
Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  70,  a.  71,  b. 

102)  Matr.  lib.  II. 

103)  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  71,  a. 

104)  Ibid.  F.  70,  a. 


V 


Bh^misch- literarische  ßeaelkchaß.  357 

§  15. 
Rheinisch-literarische  Gesellsehaft 

Obgleich  die  Universität  in  dem  oben  geschilderten 
Zustande  war,  wurde  doch  Heidelberg  durch  den  Kurfürsten 
Philipp  und  die  ausgezeichneten  Männer,  welche  er  um 
sich  versammelte,  der  bedeutendste  Mittelpunkt  am  Rheine 
für  die  neue. wissenschaftliche  Richtung,  repräsentirte  den 
frischen,  aufstrebenden  Geist  jder  Zeit,  und  ging  einer 
höheren  Bedeutsamkeit  entgegen  ^®^).  Ohne  auf  das 
Einzelne  einzugehen,  was  in  wissenschaftlicher  Beziehung 
unter  Philipp's  Regierung  geschah,  können  wir  doch 
nicht  umhin,  der  Rheinischen  Literar-Gesellschaft 
besonders  zu  erwähnen.  Sie  wurde  unter  den  Anspielen 
Johann  von  Dalberg's  durch  Geltes  gegründet,  und 
war  wahrscheinlich  der  s.  g.  Platonischen  Academie  zu 
Florenz  auf  selbstständige  Weise  nachgebildet.  Da  Gel- 
tes diese  »Sodalitas  literaria  Rhenana«  (von  ihrem  Stifter 
auch  Geltica  genannt)  nirgends  in  seinen  Schriften  er- 
wähnt, lässt  sich  nur  mit  einiger  Sicherheit  schhessen, 
dass  ihre  Gründung  in  das  Jahr  1496  fallt,  wo  dieser 
aih  Hofe  Philipp's  lebte,  dessen  Söhne  im  Lateini- 
schen und  Griechischen  unterrichtete,  und  in  engster 
Verbindung  mit  Dalberg,  Plenningen,  Tritheim, 
Wimpfeling  war. 

Die  übrigen  Mitglieder  dieser  Gesellschaft,  zu  denen 
die  ersten  Berühmtheiten  von  ganz  Ober-Deutschland  ge- 
hörten, lernen  wir  aus  Geltes'  Ausgabe  der  Werke  der 
berühmten,  im  deutschen  Stifte  Gandersheim  (980)  leben- 
den Nonne  Roswitha  (Nürnberg  1501)  kennen,  wo  jener 
berühmten  Dichterin  die  meisten  durch  kurze  Epigramme 
oder  Lobgedichte  ein  Denkmal  gesetzt  haben.  Wir  nen- 
nen ausser  den  scho^  angegebenen  Männern:  Rudolph 
Agricola,    Eitelwolf  (Olololycos)  von  Stein,  Wi- 


105)  Hagen,  S.  U7.    Ullmann,  Joh.  Wessel,  S.  361. 


358      JT.  Buch.  IL  Perioäe.  2.  Jbichnitt,   (U76--1508.) 

libald  Pirkheimer,  Johann  Tolophus,  Heinrich 
Groninger,  Johann  Werner,  Martin  Pollich,  ge- 
nannt Melierstadt,  J.  Lateran,  Sebastian  Brandt 
(Sprenzj,  J.  Stub,  Conrad  Peutinger,  Zasius,  Vi- 
gilius,  Hermann  Graf  von  Neuenaar  ^^•). 

Alle  diese  Männer,  die  sich  damals  den  Vertheidigem 
der  alten  Schulweisheit,  Mönchen  und  Scholastikern, 
mächtig  entgegenstellten,  mögen  sie  sich  vorzugsweise  der 
Mathematik,  Medicin,  Jurisprudenz  oder  der  eigentlichen 
Philologie  gewidmet  haben:  sie  alle  waren  Vorar- 
beiter der  Reformation  in  Kirche  und  Schule.  Einigen 
war  es  sogar  vergönnt,  an  dem  grossen  Werke  der  kom- 
menden Generation  mit  Theil  zu  nehmen.  Ihr  Streben 
war  ein  vorbereitendes  und  hat  damit  seinen  Zweck  er- 
füllt. Ein  Beweis,  wie  wenig  man  nach  ihrer  Auflösung  diese 
Gesellschaft  damals  vermisste,  liegt  schon  darin,  dass 
man  nicht  einmal  genau  anzugeben  weiss,  in  welchem 
Jahre  sie  ihr  eigentliches  Ende  gefunden  hat,  wahrschein- 
lich bald  nach  Dalberg's  Tod^«''). 


106)  Wiener,  De  soc.  lit.  Rhen.  a  Gelte  fundata.  Ebendart 
heisst  es  S.  17:  >Tritheim  habe  seinen  würdigen  Schaler,  den 
gelehrten  Mönch  Lang,  hin  nnd  wieder  in  die  Klöster  geschickt, 
um  naehzasehen,  ob  er  nichts  finde,  das  seinen  Gatalogum  scri- 
ptorum  eccles.  mehr  erläutern  könne.  Er  fände  aber  die  Geistlichen 
als  faule  Bäuche.«  Vergl.  auch  Ruef  et  Zell,  p.  57.  109.  110. 
111.  169  ff.  Wundt,  Mag,  B.  XI.  S.  163  ff.  Ulimann:  De  J. 
Dalburg.  p.  16.  37.  Creuzer,  Allg.  Schulzeitg.  1832.  Abth.  II. 
S.  422.  Hftusser,  Glassische  Studien,  S.  32.  Schwarz,  Gesch. 
d.  Erz.  B.  II.  S.  241  ff.  Brück  er,  Ehreutempel  d.  .deutschen 
Gelehrsamkeit.    Heeren,  Gesch.  d.  Philol.  B.  II.  S.  160. 

107)  Was  Celtes  im  Verein  mit  Dalberg  beabsichtigte, 
eine  nähere  Vereinigung  der  ausgez^chnetsten  und  erleuchtetsten 
Männer  des  Gesammtvaterlandes,  ein  patriotisches  Institut  fOr  den 
Gemeingeist  Deutschlands  zu  stiften,  dasselbe  wollte  auch  nach 
Ablauf  von  ungefähr  drei  Jahrhunderten « der  weise  und  herrliche 
Grossherzog  von  Baden,  Karl  Friedrich,  —  und  wechselte  dar- 
über Briefe  mit  Herder  und  Johannes  von  Müller,  üeber 
diesen  merkwürdigen  Plan,  der,  wie  Uli  mann  mit  Recht  sagt, 
es  wohl  verdiente,  auch  in  unsere  Zeit  von  edeln  deutsch  gesinnten 


Die  KiMf&nOkhe  BibUoiheh  359 

§16. 
Die  Kurfürstliche  Bibliothek. 

Die  Qrundlage  dieser  Bibliothek  bildeten  die  lateini- 
schen Bücher  (die  deutschen  blieben  auf  dem  Schlosse), 
welche  Ludwig  III.  dem  Stifte  zum  H.  Geiste  (1436) 
vermachte.  Die  Ehre  ihrer  eigentlichen  Stiftung  gebührt 
dem  Kurfürsten  Philipp. 

Wenn  nun  diese  Bibliothek  auch  lange  Zeit  mit  der 
Universität  in  keiner  unnüttelbaren  Verbindung  stand,  so 
übte  sie  doch  durch  den  grossen  Beichthum  an  literari- 
schen Hülfsmitteln  einen  bedeutenden  Einfluss  auf  das 
wissenschaftliche  Leben  nicht  nur  in  Heidelberg,  sondern 
in  ganz  Deutschland.  Dürfte  es  schon  dadurch  gerecht- 
fertigt sein,  in  kurzen  Umrissen  ihre  Geschichte  mitzu- 
theilen,  so  erscheint  uns  eine  solche  Mittheilung  um  so 
zweckmässiger,  als  die  kurfürstliche  Büchersaramlung  später 
unter  Otto  Hein  rieh's  Regierung  mit  der  Stiftsbibliothek 
vereinigt  und  darauf,  wie  wir  unten  berichten  werden, 
imter  dem  Namen  Pfälzische  Bibliothek  (bibliotheca 
Palatina)  einen  Ruf  erlangt  hat,  wie  nicht  leicht  irgend 
eine  andere  Schwester  ^Anstalt. 

Zur  Stiftung  dieser  Sammlung,  welche  den  wis- 
senschaftlichen Bedürfnissen  der  damaligen  Zeit  ent- 
sprechen sollte,  wurde  der  Kurfürst  durch  den  ge- 
lehrten Rudolph  Agricola  veranlasst.  Die  meisten 
Bücher  wurden  in  Italien  gekauft.  Die  Vorliebe  Agri* 
cola's  für  die  classische  Gelehrsamkeit  und  besonders 
für  die  griechische  Sprache  macht  es  wahrscheinlich,  dass 
er  die  Aufmerksamkeit  Philipp's  zunächst  auf  lateinische 
und  griechische  Bücher  lenkte,  und  daher  ein  Theil  der 


Fürsten  erwogen  2u  werden,  findet  man  die  erforderlichen  Nach«» 
Weisungen  in  Herder's  Leben  von  Maria  Carol.  Herder,  B.  IL 
S.  231,  Werke,  B.  XVII.  und  in  Herder's  Adrastea,   B.  VI.  S. 
213—242,  Werke  zur  Literat.  «.  Kunst,  B.  XII.  S.  529.    Uli  mann. 
Stud.  u.  Kritik,    1841,   H.  3.    S.  573  ff. 


360      I-  Buch.  IL  Periode.  2.  AbsehwiU.   (1476—1508.) 

griechischen  und  lateinischen  Handschriften  der  alten  Kur- 
fürstlichen Bibliothek  durch  seine  Fürsorge  nach  Heidel- 
berg kam.  Was  von  Agricola  (f  1485)  angefangen 
wurde,  setzte  Johann  Reuchlin  (S.  327  u.  328)  fort, 
welcher  (1497)  in  dessen  Stelle  trat  ^®»). 

Wie  den  Kurfürsten  Philipp,  so  vermochte  Agri- 
cola auch  den  Kurfürstlichen  Canzler  und  nachmaligen 
Bischof  von  Worms,  Johann  von  Dalberg*^*),  zur 
Anlegung  einer  Bibliothek.  Agricola  nahm  sich  der- 
selben mit  besonderer  Liebe  an,  und  vereinigte  sogar 
mit  jener  seine  eigene  Büchersammlung,  in  welcher  sich 
unter  Anderm  ein  von  seiner  eigenen  Hand  geschriebener 
Quinctilian  befand.  Diese  Dalbergische  Bibliothek 
erhielt  eine  bedeutende  Bereicherung  durch  die  Bacher 
und  Handschriften  des  alten,  bei  Bensheim  an  der  Berg- 
strasse, am  Flüsschen  Weschnitz  gelegenen  Klosters  Lorsch. 

Aufgestellt  war  diese  Sammlung  in  der  2  Stun- 
den von  Heidelberg  entfernten  alten  Römerstadt  La- 
denburg^^^),  aber  den  Gelehrten  der  Universität  ge- 
öfihet.  Später  wurde  sie  mit  einer  der  Heidelberger  Bi- 
bliotheken vereinigt  *  ^  *) ,  ob  aber  mit  der  Kurfürstlichen 
oder  Stiftsbibliothek,  lässt  sich  nicht  bestimmen.  Doch 
ist  das  Erste  wahrscheinlicher,  wenn  nicht  diese  Vereini- 


108)  Alling,  Hist.  eccl.  p.  134.    Wilken,  S.  110.  111. 
^  109)   Von   Dalberg  sagt  Irenicus:     »Et  qnod  maximttm 
fttit  instruendis  bibliothecis  adeo  curiosus,  ut  cum  Ptolomaeo  Ulo 
Philadelpho  decertare  potuisBet.c 

110)  In  Ladenburg  besassen  die  Bischöfe  von  Worms  einen 
eigenen  Hof.  Ehemals  hatte  ihnen  dies6  ganze  Grafschaft  Stahel- 
buhl  angehört,  und  die  Pfalzgrafen  bei  Rhein  tragen  sie  von  ihnen 
zu  Lehen.  Friederich,  S.  26.  Schach,  Gesch.  v.  Ladenbarg, 
S.  149. 

111)  Die  Angaben  Kremer's  (Act.  Palat.),  Alting's  (Hist 
eccl.  PaL)  und  Struv's  (Introduct.  in  notit.  rei  liter.),  es  sei  diese 

'  Bibliothek  noch  unter  Philipp's  Regierung  mit  der  Kurfürstlichen 
vereinigt  worden,  sind  ungegrOndet,  da  nach  dessen  Regierungs- 
periode beide  Bibliotheken  als  gesondert  in  den  Universitäts- Acten 
vorkommen. 


Die  KwfSiTSÜiche  BibUolhek.  361 

gung  in  die  Zeit  fallt,  wo  Otto  Heinrich  die  Kurfürst- 
liche Bibliothek  mit  der  Stiftsbibliothek  vereinigte  ^^^). 

Weiter  wurde  aber  auch,  ohne  Zweifel  noch  während 
der  Begierung  Philipp' s,  die  Büchersammlung  des  Dom- 
propstes zu  Augsburg,  des  Pfalzgrafen  Johann,  von  der 
Mosbachischen  Linie,  mit  der  Kurfürstlichen  Bibliothek 
verbunden  ^^*). 

Ludwig  V.  (1508—1544)  vermehrte  die  von  semem 
Vorgänger  gegründete  und  gepflegte  Büchersammlung^  wie 
er  überhaupt  dessen  Beispiel  in  Beschützung  und  Be- 
günstigung der  Gelehrten  nachahmte.  Er  liebte  besonders 
die  Arzneiwissenschaft  und  sammelte  mit  grossem  Fleisse 
medicinische  Schriften  ^").  Gleichen  Eifer  für  die  Be- 
reicherung dieser  Bibliothek  zeigte  auch  Ludwig's  V. 
Nachfolger,  Friedrich]!  (1544 — 1556).  Dieses  beweisen 
mehrere  deutsche  Handschriften,  die  unter  ihm  angeschafit 
worden  sind"*).  Auch  liess  Friedrich  IL  um  das 
Jahr  1550  einen  grossen  runden  Thurm  mit  vielen  Fen- 
stern an  der  Ostseite  des  Schlosses  erbauen  und  die 
Bücher  in  dem  daselbst  handlichen  schönen  und  ge- 
räumigen Saale  au&tellen  "^. 


112)  Trithem.  Annall.  Hirsang.  T.  IL  p.  596. 

118)  Johann  starb  am  4.  October  1486  auf  einer  Wallfahrt 
za  Jerusalem.  Pareus^  Hist.  Pal.  p.  179.  Die  Mosbaehische 
Linie  erlosch  1506  und  Philipp  beerbte  sie.   Wilken,  S.  114. 115. 

114)  Ueber  einzelne  von  ihm  erworbene  Schriften  vgl.  Wilken, 
S.  115. 

115)  Ebend.  S.  116.  116. 

116)  Leod.  vita  Friderici  II.  u.  libellua  de  ejusdem  ae(^ciis 
in  Castro  Heidelb. 


Dritter  Absclmitt. 

Universität  unter  der  Regierung  des 
Kurfürsten  Ludwig  V. 

1508—1544. 


§1- 
Der  Kurfürst  bestätigt  die  Privilegien  der  Univer- 
sität.    2ki8tände  der  letztem. 

• 

Philipp's  Nachfolger  in  der  Eurwarde  war  Lud- 
wig V.,  der  Friedfertige.  Als  er  die  Regierung  i^trat, 
stand  er,  kaum  30  Jahre  alt,  noeh  in  frischer  Maanes- 
kraft.  Der  Hauptzug  seines  Charakters  war  ruhiger  Ernst. 
Ohne  hervorragrade  Talente  zu  besitzen  oder  mit  kräf- 
tiger Hand  in  die  Zeit  anzugreifen,  gelang  es  ihm  durch 
Zuwarten,  Zögern,  vermittelnde  Politik,  hartnäckige  Liebe 
zum  Frieden,  die  Stürme  der  Zeit  zu  umgehen,  und  nach 
einer  langen  Regierung  das  Land  geordneter  zu  hinter- 
lassen, als  er  es  angetreten  hatte  ^), 

Sobald  er  die  Kurwürde  übernommen  hatte,  erschien 
der  damalige  Yicerector  Scheibenhart  als  Abgeord- 
neter der  Universität,  um  ihm  zum  Regierungsantritt 
Glück  zu  wünschen.  Zugleich  überreichte  er  ihm  einen 
goldenen  Pokal,  zu  dessen  Ankauf  das  H.  Geiststift  7  &- 
beigetragen  hatte;  eben  so  viel  wurde  auch  von  der  Üni- 


1)  Häusser,  &  501.  504. 


BeatäUffung  der  PrMUgim.    Zustände  der  ünivereität,     363 

vBrsität  gegeben,  so  wie  auch  von  der  theologischen  und 
juristischen  Facultät.  Die  reichere  Artisten-Facultät  hatte 
14  fl.  bewilligt").  Die  medicinische  Facultät  wird  nicht  er- 
wähnt. Mit  diesem  Glückwunsche  war  zugleich  die  Bitte 
um  Bestätigung  der  üniversitäts  -  Privilegien  verbunden. 
Ludwig  nahm  das  Geschenk  und  die  Bitte  freundlich 
auf,  und  versprach  nicht  nur  dem  Rector  eidlich  in 
die  Hand,  wie  seine  Vorfahren,  die  Anstalt  bei  ihren 
Gerechtsamen  zu  schützen  ^,  sondern  that  dieses  auch 
durch  eine  noch  im  Original  vorhandene  Urkunde.  Sie 
ist  im  Wesentlichen  gleich  lautend  mit  den  vor  und  nach 
ihm  von*  den  Kurfürsten  gegebenen  Bestätigungen  der  Uni- 
versitäts  -  Privilegien,  weshalb  wir  sie  auch  in  den  Urkun- 
den mittheilen*). 

Schon  unter  Philipp  war  der  Zustand  der  Universität 
der  Art,  dass  er  wenig  Erfreuliches  bot ;  (S.  324. 327. 328. 330. 
341  ff.)  allein  es  verschlimmerte  sich  dieser,  je  länger  je  mehr, 
was  mit  lebhaftem  Bedauern  von  Ludwig  wahrgenom- 
men wurde.  Um  nur  möglichst  zu  helfen,  erhielt  die  Uni- 
versität (1517)  die  Aufforderung,  einen  Bericht  über  ihren 
Zustand  zu  geben  ^).  Auf  diesen  Bericht,  welcher  sich 
besonders  darauf  beschränkte,  dass  die  »Lecturen«  nicht 
gehörig  vertreten  seien,  liess  der  Kurfürst  derselben  durch 
seinen  Ganzler  eine  Antwort  zugehen  ^.  In  dieser  wurde 
2»erst  etwas  Freundlicbes  gesagt  und  versichert,  wie  an- 
genehm  es  dem  Kurfürsten  sei,  Gutes  von  der  Universi- 
tät zu  hören,  und  wie 

»8yn  forstliche  gnade  die  üniversitet  nit  vor  das  cley- 
nest  kleinod  geachtc;  allein  ein  genaueres  Beachten  der 
Uni^ersitftts- Angelegenheiten  zeige  ihren  Zustand  in  sehr 


2)  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  79,  a, 

3)  Ipse  princeps  ad  manus  rectoris  nomine   universitatis  cor- 
poraliter  fidem  praestitit.    Ibid. 

4)  Urkunde  Nr.  XXIV. 

5)  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  251,  b. 

6)  Ibid.  F.  252,  a.  b. 


364       I.  Bnph.  IL  Periode.  3,  MaehniU.  {U08-^16U,) 

unerfrealichem  Lichte;  denn  »es  weren  etwas  Irrung,  zwy- 
tracht,  Widerwillen,  Neyd  vnd  Hass  vnter  den  Lehrern,  das 
dan  nicht  wenig  zu  eyner  Zerrüttung  der  Universitet  dienen 
müsse,  vnd  wer  das  synen  fürstlich  gnaden  am  allerbeschwer- 
lichsten,  dass  sy  sich  in  electionibus ')  vnd  andern  gescheff- 
ten  der  Universitet  partylich  hielten  vnd  bewegen  lassen«. 

Auch  wurde  gerügt,  dass  die  Disputationen  nach- 
lässig gehalten,  die  herkömmlichen  Statuten  nicht  beachtet 
würden,  und  hinter  des  Kurfürsten  Rücken  neue  Satzungen 
an  die  Stelle  der  alten  kämen. 

Die  Universität  suchte  sich  gegen  die  ihr  gemachten 
Vorwürfe  in  einer  ausführlichen,  an  den  Kurfürsten  gerich- 
teten Schrift  zu  rechtfertigen,  und  empfahl  sich  ihm  als 
ihrem  gnädigsten  »Heren  vnd  patron  auf  dag  allerde- 
mutigst«  ®). 

§2. 

^    Doctor-Promotionen  der  juristischen  und  medicinischen 

Facultät. 

'  Doch  auch  nach  dieser  Zeit  zeigte  sich  der  Kurfiörst 
unzufrieden  mit  der  Universität.  Namentlich  war  dieses 
in  Beziehung  auf  die  Doctor-Promotionen  der  juristi- 
schen Facultät  der  Fall  Er  liess' deshalb  der  Uni- 
versität (1521)  ein  Decret  zugehen,  in  welchem  er  sie 
aufforderte,  zu  verhüten,  dass  das  Doctorat  nicht  Leutoi 
verliehen  würde,  welche 


7)  So  fand  eine  ernste  Discnssion  statt,  ob  Peter  Günther 
von  Neustadt  a.  d.  H.,  »juris  ntriusque  licenciatus«,  wegen  seiner  kleinen 
£örpergeBtalt  (propter  exilem  suam  staftaram)  in  die  Juristen -Fa- 
cultät aufgenommen  und  ihm  die  Professur  des  Codex  übertragen 
werden  könne  oder  nicht.  Die  Mehrheit  der  Facultats  -  Mitglieder 
entschied  sich  jedoch  dahin,  dass  es  bei  der  Anstellung  von  Pro- 
fessoren nicht  sowohl  auf  den  Körper,  als  auf  den  Geist  ankomme. 
Günther  wurde  deshalb  in  die  Facultät  aufgenommen,  mit  der 
genannten  Professur  1516  betraut,  und  entsprach  vollständig  dem 
in  ihn  gesetzten  Vertrauen.    Annall.  üniv.  T.  IV.  F.  175,  a. 

8)  Ibid.  F.  253,  b. 


lUform  der  ümvenMt    VerimderU  Sectorawahl       36Ö 

»ihres  alters  ynd  ihrer  lere  wegen  €  derselben  nicht  wür- 
dig seien.  Dadurch  k&me  der  >ram  vnd  preyss«  der  Vni- 
versität,  so  wie  sein  eigener  und  der  seiner  Vorfahren  und 
das  ganze  >Fürstenthumb  in  Verachtung  vnd  Schmelerung«. 

Diese  Zurechtweisung  nahm  die  Universität  ohne  jede 
weitere  Erwiederung  ruhig  hin  ^). 

Auch  der  medicinischen  Facultät  liess  der  Kurfürst 
seine  Unzufriedenheit  über  ihre  Promotionen  ausdrücken; 
diese  rechtfertigte  sich  jedoch  damit,  dass  sie  streng 
nach  ihren  Statuten  verfahre  ^% 

§3. 
Reform  der    Universität.      Veränderte  Bectorswahl 

Die  Universität  war  unterdessen  immer  mehr  herab- 
gekommen und,  indem  sie  andere  wissenschaftliche  An- 
schauungen hatte,  als  zur  Zeit  des  Kurfürsten  Philipp 
(S.  328),  erkannte  sie  jetzt  eben  so  sehr,  wie  der  Kurfürst, 
die  Nothwendigkeit  einer  Neugestaltung  ihrer  Verhältnisse 
an ;  nur  über  die  anzuwendenden  Mittel  waren  dieser  und 
die  Universität  nicht  einig.  Jener  dachte  an  eine  Radi- 
calreform,  diese,  jedem  durchgreifenden  Wechsel  abgeneigt, 
wollte  mit  einzelnen  Verbesserungen  und  namentlich  durch 
Berufung  berühmter  Männer  helfen.  Der  Kurfürst  suchte 
jedoch  seinen  Plan  durchzuführen,  und  begann  1521 
mit  dem  Eeformationswerk.  Um  es  den  einzelnen  Mit- 
gliedern der  Universität  möglich  zu  machen,  *die  mengel, 
defeet,  Vnordnung  vnd  gebresten«  derselben  um  so 
rückhaltsloser   auszusprechen   und   die  Mittel   zu    deren 


9)  Annall.  üniv.  T.  IV.  F.  360,  b. 

10)  In  der  Rechtfertigung  heisst  es  unter  Andenn:  »NuUus 
ad  summum  in  Medicina  gradum  (doctoris)  assumatur,  nisi  comple- 
verit  Studium  suum  in  famoso  studio  generali  sex  annis  sine  Magi- 
sterio,  Vel  quatuor  annis  cum  Magisterio,  ne  quilibet  hac  in  parte 
quasi  proletarius  paucis  lectionibus  auditis,  ingressus  Italiam  Do- 
cturam  sibi  compararet,  reversusque  ad  nos  nostris  praeripiat  ho- 
nores  et  statum.«    Hist.  Acad.  F.  105. 


366      -f-  Sw!h'  ^-  Periode.  3,  JbsdmUt.   (1Ö08—1544.) 

Entfernung  anzugeben,  entband  er  sie  des  von  ihnen  ge- 
leisteten Eides  *^). 

Von  Seiten  der  Anstalt  fand  er  jedoch  einen  nicht 
unbedeutenden  Widerstand.  Sie  wollte  von  durchgreifen- 
den Massregeln  nichts  wissen  **).  Um  so  kräftiger  suchte 
er  aber  die  Sache  durchzuführen,  und  um  far  dieselbe 
günstig  gesinnte  Männer  zu  erhalten,  sollte  eine  erledigte 
Professur  der  Theologie  nur  mit  einem  Lehrer  besetzt 
werden,  welcher  im  Voraus  seine  Zustimmung  2u  der 
künftigen  Reform  gebe,  und  die  ebenfalls  vacante  »lectura 
Codicis«  vor  der  Hand  ganz  unbesetzt  bleiben  und  nur 
durch  einen  besoldeten  »Vicarius«  versehen  werden  **). 

Doch  beschränkte  sich  der  Kurfürst  nicht  allein  auf 
die  Gutachten  seiner  Käthe  und  der  Professoren,  sondern 
er  liess  auch  durch  seinen  Canzler,  Florentin  von 
Venningen  ^%  an  den  berühmten  Jacob  Sturm  in 
Strassburg  schreiben  und  ihn  um  ein  Gutachten  an- 
gehen **). 

Im  December  1522  war  das  Reformationsgeschäft  be- 
endigt, und  der  Kurfürst  kündigte  dieses  der  Universität 
durch  ein  besonderes  Beeret,  »gegeben  Donnei-stag  nach 
St.  Andrea«,  an  ^^).  '"Diese  gab  jetzt  ihre  Zustimmung 
und  theilte  »die  Erneuerung  und  Reformation«  ihren 
sämmtlichen  Mitgliedern  durch  ein  Manifest  vom  »Sonn- 


11)  AnnaU.  Univ.  T.  V.  F.  12,  b.  Acta  Fac.  Art.  T.  III.  F.  100,  a. 
»Cognita  causa  emendationis  studii  nostri  ab  illustrissimo  principe 
diUgenter  mandatum  est,  ut  omnes  hujus  aoademi^e  ad  profeetam 
stadiorum  matoiter  a  juramentis  sese  redderent  Uberos:  amotis 
Omnibus  statutis,  constitutionibus,  quae  possent  intentatam  exnenda- 
tionem  aut  correctionem ,  reformationem  in  meliorem  statum  quoviB 
modo  impedire.« 

12)  Ibid.  F.  12,  b  bis  16,  a. 

13)  Ibid.  F.  16,  b.  17,  a. 

14)  Flad,  De  statu  liter.  in  Palat  p.  11. 

15)  Dieses  eben  so  interessante,  als  auf  die  Umgestaltung  der 
Universität  wichtige  Gutachten  Sturm's  ist  abgedru<;kt  in<Nebel 
und  Mieg)  Monumenta  pietatis,  P.  I.  p.  276—279. 

16)  AnnaU.  Univ.  T.  V.  F.  32,  b. 


Lehrer  der  ArUateH-Faeuim,  367 

tag  nach  St.  Barbara«  zur  Nachachtung  mit^^.  Diese 
ihre  Beform  ist  nicht  mehr  vorhanden;  es  finden 
sich  nur  noch  einzelne  Bruchstücke  ^^).  Eine  durch- 
greifende Umgestaltung  des  wissenschaftlichen  Zustandes 
umfiasste  sie  jedoch  nicht,  was  nur  von  dem  verebten 
Wirken  des  Kurfürsten  und  der  Universität  hätte  aus- 
geben können;  sie  beschränkte  sich  viehnehr  auf  äussere 
Angelegenheiten,  auf  Herstellung  der  Ordnung  und  ge- 
naue Bestimmungen  über  das  äussere  Regim^t  ^^).  Dahtai 
gehört  unter  Anderem  die  Anordnung,  dass  die  Studenten 
Wohnung  und  Tisch  in  den  Contuberhien  nehmen  mussten, 
besonders  aber  die  veränderte  Wahl  des  Bectots. 

Bis  zu  dieser  Beform  geschah  die  BectorswabI  halb- 
jährlich ,  am  Tage  vor  St.  Johannis  (23.  Juni)  und  vor 
St.  Thomä  (28.  December).  Von  dieser  Zeit  an  fand  sie 
nur  einmal  im  Jahre  (28.  December)  statt.  Der  erste 
Bector,  welcher  auf  ein  Jahr  gewählt  wurde,  war  Peter 
Scheibenhart.  Er  führte  das  Bectorat  von  St. Thomä 
1522  bis  dahin  1523  ^^). 

Ausserdem  scheint  die  neue  Ordnung  weiter  bestimmt 
zu  haben,  dass  auch  Nicht  -  Geistliche  zu  dieser  Würde 
gelangen  konnten.  Damit  aber  war  die  Universität  nicht 
zufrieden.  Sie  wollte,  dass  nur  Geistliche  zu  diesem  Amte 
gewählt  werden  sollten,  und  sprach  dieses  in  einer  Vor- 
stellung an  den  Kurfürsten  mit  dem  gewünschten  Erfolge 
aus  ^^). 

Lehr  kr  der  Artisten- Facultät 

Kam  nun  auch  eine  vollständige  Beform  der  Univer- 
tität  nicht  zu  Stande,  so  suchte   man  doch  durch  Anstel- 


17)  AnnalL  Ifniv.  T.  V.  F.  83,  a. 

18)  So  über  die  Judaten -Facultät  in  AnnaU.  T.  YL  F.  378, 
was  wir  unten  mittheilen. 

19)  Hänsser,  8.  550  ff. 

20)  AnnalL  Univ.  T.  V.  F.  35,  b.    Mateic.  üb.  IE. 

21)  AnnaU.  üni?.  T.  V.  F.  84,  a. 


368      I'  Buch.  IL  Periode,  3.  AJbeOinfU,   (1508— 15U,) 

lung  berühmter  Männer  und  tüchtiger  Lehrer  dem  zuneh- 
menden Verfall  der  Hochschule  entgegenzuarbeiten.  Be- 
sondere Thätigkeit  entwickelte  hiebei,  jetzt  wie  spater, 
die  Artisten-Facultät,  da  in  ihr  auf  der  Universität  Hei- 
delberg sowohl,  wie  auf  andern  Hochschulen  '^)  am  Kräf- 
tigsten die  ganze  geistige  Bewegung  der  Zeit  sich  zu 
äussern  anfing.  Sie  bemühte  sich,  das  lange  vergessene, 
aber  mit  dem  Zeitalter  des  Papstes  Nico  laus  V.  (1447 
bis  1455)  wieder  neu  und  kräftig  erstandene  classische 
Alterthum  '^)  auch  auf  ihre  Universität  zu  verpflanzen. 
Wurde  nun  die  Facultät  in  diesem  Streben  einerseits  da- 
.  durch  unterstützt ,  dass  man  jetzt  die  Classiker  gedruckt 
-  und  weit  wohlfeiler,  als  früher ,  hatte ,  so  g^ng  es  ihr 
auch  andererseits  Männer  zu  gewinnen,  welche  zu  den 
ersten  wissenschaftlichen  Grössen  der  damaligen  Zeit  ge- 
hörten und  mit  dazu  beigetragen  hätten,  der  Universität 
ein  Ansehen  und  einen  Glanz  zu  verschaffen,  wie  sie 
beides  in  früheren  Jahren  kaum  besass,  wäre  die  Wirk- 
samkeit dieser  Koryphäen  der  Wissenschaft  in  Heidelberg 
nicht  eine  allzu  kurze  gewesen. 

Schon  im  Jahre  1513  hatte  diese  Facultät  es  gefühlt 
und  ausgesprochen,  dass  es  ihr  an  einem  Vertreter  der 
allgemein  bildenden  Humanitätsstudien  fehlte ;  sie  war  zur 
Ueberzeugung  gekommen,  dass  der  alte  Schoiasticismus 
die  junge  Generation  kalt  lasse,  und  als  sie  mit  einer 
neuen  Uebersetzung  des  Aristoteles  das  Interesse  nicht 
anzuregen  vermochte,  so  bat  sie  in  einer  besonderen  Ein- 
gabe die  Universität   (August  1521),  die  Berufung   der 


22)  Vi  sc  her,  Geseh.  d.  Univ.  Basel,  S.  204. 

23)  Voigt  (Class.  Alterth.  S.  395)  macht  hier  die  Bemerkung: 
»Die  Frucht  der  classischen  Studien  war  in  Italien  ein  religiöser 
Indifferentismus,  ja  ein  heimlicher  Krieg  der  Ungläabigkeit  gegen 
Glauben  und  Kirche;  in  Deutschland  erwecken  sie  gerade  eine  neue 
Regsamkeit  auf  den  Gebieten  der  Theologie  und  des  sittlichen 
Lebens.  In  der  Opposition  gegen  das  Komische  Papstthum  und 
gegen  die  hergebrachte  Formelgläubigkeit  bildet  der  deutsche  Hu- 
manismus kein  unwesentliches,  wenn  auch  nicht  das  tiefste  Moment« 


Lehrer  dw  AHixUn-Faeiam.  369 

ersten  Celebrit&t,  die  damals  Europa  unter  den  Huma- 
nisten nennen  konnte,  des  Desiderius  Erasmus  von 
Rotterdam  '^),  bei  dem  KurfCürsten  zu  erwirken.  Auf  diese 
Eingabe  erhielt  jedoch  die  Facult&t  keine  Antwort  Da 
nun  kein  Lehrer  angestellt  wurde,  so  yerliessen  viele 
Studenten  die  Universität  und  gingen  theüs  nach  Tübin-' 
gen,  theils  nach  andern  Hochschulen'^). 


24)  üeber  Erasmns  vergl.  Streuber,  Baal.  Taschenb.  1860. 
8.  45  ff.  Vischer,  S.  202  ff.  Schreiber,  Gesch.  d.  Univ. 
Freiburg,  Th.  II.  S.  27  ff.  Kortüm  u.  Reichlin-Meldegg, 
B.  II,  S.  29  ff. 

25)  Die  Eingabe  des  Decanes  und  der  Artisten-Facaltät  ist  in 
Acta  Fac.  Art.  T.  III.  F.  99,  b  und  in  Annall.  Uniy.  T.  Y.  F  10. 
Da  dieselbe  den  ganzen  damaligen  Zustand  dieser  Facult&t  schil- 
dert, so  theilen  wir  sie  vollständig  mit: 

»Nemo  est,  qui  credat,  splendidissima  üniversitas,  non  moleste 
ferre  te,  hoc  nostro  seculo,  crescentibus  undequaqne  liberaUum 
artinm  studiis,  unicam  filiam  tuam,  hoc  est  facultatem  artium.  a 
multis  spretam  et  contemptam,  a  nemine  vel  pro  conditorum  snorum 
nobilitate,  vel  antiquitate,  haberi  in  oculis;  et  quae  olim  inter 
totius  Germaniae  Academias  omnium  fuerat  florentissima,  hodie 
flaccescentem  et  marcidam  atqae  propediem  interituram  aadimns 
predicari:  Atque  utinam  falso!  nempe  id  non  tam  filiae,  quam 
tibi  matri  vitio  daretur.  Porro  si  ad  vidnas  oculos  converteris  üni- 
versitates,  habes  undique  qnod  mireris,  cum  in  professorum  utrius- 
que  lingae  immo  triam  linguarum,  juxta  Clementinam  sanctionem, 
institutione ,  tum  in  discipulorum  numero,  dncuntur  enim  omnes 
desiderio  non  solum  audiendi,  sed  et  visendi  eos,  quorum  spectata 
emditio  per  omnium  volitaverit  ora.  Esto  non  desint  et  huic 
nostrae  Universität!  fama  et  doctrina  non  ignobiles.  Attamen  non 
tales,  ut  possint  in  publicum  tam  repente  prodire,  admiratione 
tanta,  nt  solent,  qui  editis  jam  multis  voluminibus  iUustres  evaserunt: 
qiialis  est  e  millibus  unus  Boctor  Johannes  Reuchlinus  ex  publice 
Btipendio  Tybingensium  conductus  grecae  et  hebraicae  linguae  pro- 
fesBor,  quod  haec  scheda  his  litteris  inclusa  judicat.  Hinc  est, 
quod  facultas  nostra  non  parum  periclitetur  atque  in  dies  plus,  ut 
timendnm,  periclitabitnr,  nisi  et  undecunque  doctissimo  utatur  stu- 
diorum  instauratore ,  qualem  Erasmum  illum  Boterodamum  esse 
nuUus  ambigit,  proinde  artium  facultas  obnixe  supplicat  üniversi- 
t&ti,  nt  ab  illustrissimo  principe  nostro  ad  Garolum  Imperatorem 
epistolam  impetret,  pro  Erasmo  totius  orbis  lumine  ad  nos  mittende, 
qoi  divino  suo  ingenio  liberalia  studia  nostra  pristino  restituat 
nitori.  Quam  rem  spes  est  fore  et  principi  nostro,  omnibusque 
HantB,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  24 


370       I'  Buch.   IL  Periode,  3.  AbsehmiU.   (lti08--15U.) 

Durch  den  niisslungenen  Versuch,  den  ErasmusfArdie 
Universität  zu  gewinnen,  liess  sich  die  Artisten-Facultät  nicht 
abschrecken,  weitere  Schritte  ftLr  Berufung  tüditiger  Lehrer 
zu  thun.  Zunächst  wünschte  sie  die  Anstellung  eines 
Lehrers  für  die  hebräische  Sprache.  Diese  wurde 
vor  der  Kirdienreformation  weder  auf  der  Universität 
Heidelberg,  noch  auf  andern  Universitäten  besonders  be- 
trieben, da  man  bei  der  Erklärung  des  Alten  Testam^ts 
die  lateinische  Uebersetzung  zu  Grunde  legte  ^%  Hatte 
nun  auch  schon  in  den  Jahren  1513 — 1516  der  Arzt  Mat- 
thäus Hadrian,  ein  getaufter  spanischer  Jude,  welcher 
nächst  Reuchlin  für  den  gründlichsten  Kenner  dieser 
Sprache  galt,  (auch  Erasmus  lobte  dessen  Gel^rsamkeit) 
und  Lehrer  des  Oecolampadius  in  derselben  gewesen 
war,  in  Heidelberg  das  Hebräische  gelehrt*^,  so  hatte 
er  doch  keine  wirkliche  Anstellung  an  der  Anstatt 
gehabt.  Um  nun  einen  ständigen  Lehrer  für  dieses 
Fach  zu  erhalten,  wandte  sich  die  Artisten-Facultät 
nicht,  wie  bei  Erasmus,  an  die  Universität,  sondern 
gab  eine  in  deutscher  Sprache  abgefasste  Schrift  bei  dem 
Kurfürsten  ein,  in  welcher  sie  um  die  Anstellung  Johann 


nobis  longe  honesUasimam  simulac  atilissiinam.  .Decanus  atque 
tota  facultas  artium.€ 

Ueber  den  Erfolg  dieser  Zuschrift  an  die  Universität  ibeUea 
die  Acten  weiter  mit: 

»Istis  litteris  plane  nihil  reaponsura  est.« 

Weiter  heisst  es: 

»Interim  aliquot  studiosi^n^  dtaeipuli  hinc  solvemnt  noBtraram 
lectionum,  praesertim  Aristotelicaram  pertaesi:  partim  abitum  paran- 
tes,  suasu  praecq>torum  manaeroat,  diieli  ape  atudioram  emenda- 
tionis  futurae,  partim  caosaates  morae  hnjus  negotii  impatientiam 
ad  Tybingense  Gjrmnasium,  partim  ad  aJia  coaeessanint  Hinc 
laboratum  est  discipalorttm  namero  admodum  ezigao,  fastidteatilNU 
omaibus  nostrae  academiae  tractaadi  et  tradendi  acientias  modos 
et  ofdinßm,  ab  doetissimi  hiijuB  nostri  secoli  aouratiiiB  restüatis 
gymnaaiis  prorsus  alienum.« 

26}  Rnhkopf,  8.  252.  359. 

27)  Vaihinger,  Leben  Breas',  S.  11.  Eortam  u.  Eeich- 
Ha-Meldegg,  B.  U.  S.  241. 


Lehrer  der  Artisten  ^Faeuim.  371 

Böschenstein's^®)  alsLdirers  der  hebräiscb^ Sprache 
bat «»). 

Ihr  Antrag  Trurde  sofort  von  dem  Kurfürsten  ge- 
nehmigt, und  zwar  in  der  Art,  dass  Böschenstein 
einstweilen  bis  Johannis  des  nächsten  Jahres  leseja  sollte. 
Als  »S^tentatnmsgeld«  wurde  ihm  für  diese  Zeit  zu- 
gewiesen :  von  der  Artisten -Facultät  und  von  der 
Universität  je  10  Goldgulden,  yon  der  theologischen 
7  Goldgulden,  von  der  juristischen  5  bis  6  Goldgulden, 
yon  der  medicinischen  1  bis  2  Goldgulden;  ausserdem 
bat  man  auch  den  Kurfürsten,  ebenfalls  einen  Beitrag 
aus  seiner  Kasse  anweiäen   zu   wollen  ^^).    Von  diesem 


28)  Mit  dem  Schreiben  der  Eigennamen  nahm  man  es  in 
frftheren  Zeiten  nicht  so  genau,  wie  heut  za  Tage.  So  wurde  der 
Name  Böschenstein  nidkit  nur  ton  Andern,  sondern  auch  yon  ihm 
selbst  Beschenstein,  Böschenstain,  Bossenstein,  Böchsenstein,  Bösen- 
stein,  Buchsenstein,  Poschenstein,  Podenstein,  Bossothenius,  Besen- 
tinus  und  sonstv  noch  auf  verschiedene  Art  geschrieben.  Gleiche 
BewandtnisB  hat  es  auch  mit  L  uther'  s  Namen,  welcher  von  Andern 
und  von  ihm  auch  geschrieben  wird:  Lother,  Luder,  Lueder, 
Luter,  Lutier,  Ludher.  Als  Martinus  Ludher  ist  er  1501  in  die 
Erfurter  Univ.  -  Matrikel  eingetragen  und  als  Martinus  Luder  er- 
scheint er  in  dem  Magister-YerEeichniss  von  1505.  Kampschulte, 
Th.  IL  &  1. 

29)  Quandoquidem  lo.  Boeschenstein  EsUngensis  hebraeae  lin- 
(jpiae  insagniter  eruditus,  aliquorum  (quibus  respublica  nostrae  uni- 
versitatis  non  parum  curae  esset)  precibus  victus  ad  nos  divertisset, 
suae  vero  non  vulgana  eruditionis  nobilium  aliquot  Germaniae 
aeademiarum,  atque  loannis  Beuchlini,  iurium,  loanais  Oeeolam- 
padii  et  Gasparis  Ammani  Theol.  Doctorum,  aliornmque  doctissi- 
morom  homiaam  non  poenitcnda  a^ulisset  testhnonia  atque  a  nostro 
facuUate  paacis  antea  diebus  Ubellus  quidam  defectuum  gymnasii 
nostri  enarrativus  oblatus  sit,  inter  quos  non  minimus  compertus, 
quod  nniversitas  nostra  professocum  in  tribus  Unguis  penuria  la- 
boret.  Ob  id  petit  facultas  artium  ut  sua  dementia  apud  Gymnasii 
nostri  proceres  illi  ipsi  Stipendium  pro  linguae  hebraeae  professione 
constitui  demandaret,  aut  si  id  ipsum  modo  fieri  ncm  po$8et,  »altem 
ad  tempus  hie  ex  publicis  quatüor  faeultatom  aerariis  aleretur, 
donec  reformatio  stndioruro  inchoaretur.  Acta  Fac.  Art.  T.  III, 
F.  101,  a. 

30)  Ibid.  F.  101,  a.  b. 

24» 


372       X  B^^'  IL  Periode.  3.  AbschmU.   ^608—1544.) 

wurde  jedoch  nichts  bewiUigt,  und  so  legte  Bös  eben- 
stein  schon  im  August  des  nächsten  Jahres  (1522)  wegen 
allzu  geringer  Besoldung  (ob  stipendii  tenuitatem)  die 
ihm  übertragene  Lehrstelle  nieder  und  verliess  Heidel- 
berg ®  ^). 

In  demselben  Jahre,  in  welchem  Böschenstein 
seine  Lehrstelle  aufgab,  suchte  die  Artisten-Facultat  die 
Anstellung  des  Johann  Oecolampadius,  der  schon 
früher  in  Heidelberg  gewesen  (S.  325)  und  jetzt  als 
Flüchtling  dorthin  gekommen  war,  bei  der  Universität  zu 
bewirken.  Allein  bei  den  einflussreichen  (antesignani) 
Mitgliedern  derselben,  welche  damals  weder  den  huma- 
nistischen noch  den  reformatorischen  Bestrebungen  geneigt 
waren,  fand  die  Sache  keine  Unterstützung,  und  so  reiste 
Oecolampadius  nach  einem  kurzen,  aber  durch  ehren- 
volle Bewirthung  ausgezeichneten  Aufenthalte  wieder  ab**). 


31)  Acta  Fac.  Art.  T.  III.  F.  105,  b.  Vergl.  über  Böschen- 
stein Bracke r*s  Ehrentempel,  S.  54  ff .  Annall.  Ingoist.  Acad. 
T.  I.  p.  68. 

32)  Anno  1522.  quinta  feria  post  Matthiae  Apost  casu  quodam 
divertit  ad  nos  Joannes  Oecolampadius,  vir  trium  lingaarnm,  vel 
inimicis  ejus  testantibus,  non  valgariter  peritus^  quod  ut  facultati 
nostrae  per  me  Decanum  (Philippum  MOncfa)  insinuatum  est,  moz 
eodem  die  decrevit,  hominem  hunc  abeuntem  a  me  Joanne  Mar- 
quado  et  Joanne  Brentio,  ac  obnixius  ab  eo  fiagitandum,  ut  moram 
aUquantisper  nobiscmn  facere  dignaretjar,  donec  Cancellarius  c)e* 
mentisB.  principis  nostri  reverteretur,  confideret  posthac  facultas 
in  eum,  quatenus  non  detrectaret  menses  aliquot  ant  annos  lectoris 
munus  in  graecis  Utteris  subiturum,  id  quod  pro  sua  bumanitate 
aanuit,  modo  huic  proYinciae  accommodos  indicaretor.  Mox  ex 
decreto  facultatis  propinatae  sunt  ei  dem  Oecolampadio  qnatnor 
mensurae  vini,  duae  cretici  et  doae  communis  vini  patriae,  quas 
ille  cum  summa  animi  gratitudiae  suscepit.  Deinde  ad  Sabba- 
tum  exspectavit  hie  cancellarium,  quo  non  revertente  litteras  ad 
me  et  facultatem  dedit,  se  ob  negotia  abitum  parare,  si  vero  ejus 
operam  universitas  aut  facultas  posceret,  per  Brentium  suum  id 
nobis  indubie  indicaturum,  ubinam  locorum  inveniri  possit.  Id 
facultati  propositum,  quae  id  ipsum  universitatem  minime  coelandam 
censuit.  Ceterum  universitatis  antesignani  re  comperta,  quam  tepi* 
dissime,  ut  hactenus  semper  consueverunt,  huic  negotio  iusudarnnt. 


Itekrer  der  ÄrHften-^Faeultät.  373 

Als  Professor  der  Römischen  Literatur  wurde  der 
vielseitig  gebildete  Humanist  Hermann  van  dem 
Busche  (1523)  mit  einer  Besoldung  von  60  fl.  berufen. 
Diese  wurde  jedoch  unter  der  Bedingung  auf  80  fl.  erhöht, 
dass  er  keine  Privatvorlesungen  halte  '^. 

War  nun  auch  die  Professur  der  Römischen  Litera- 
tur mit  einem  ausgezeichneten  Manne  besetzt,  so  fehlte 
es  noch  an  einem  tüchtigen  Lehrer  der  griechischen 
Sprache.  Dieses  bewog  die  Regenten  der  Bursen,  durch 
eine  ausführliche  Eingabe  an  den  academischen  Senat  die 
Berufung  emes  solchen  zu  erwirken  und  zugleich  damit 
den  Antrag  auf  eine  Erhöhung  ihres  Salariums  ?u  verbin- 
den **).  Auf  den  ersten  Vorschlag  versprach  der  Senat 
den  Simon  Grynäus  (Gryner,  Greiner,  nachmals  der 
Aeltere  genannt)  aus  Basel  zu  berufen;  auf  den  zweiten 
aber  wurde  nicht  eingegangen  ^^). 


privatae  rei  fortassis  potius  quam  publicae  timidi.  Itaque  res  in 
longum  diem  pertracta,  ad  Joannis  baptistae  diem  usque  parum 
effectus  consequuta  est.  Acta  Fac.  Art.  T.  III.  F.  103,  a.  b.  Aiinall. 
Univ.  T.  V.  F.  22,  b.  Eist.  Acad.  F.  72.  Viecher,  S.  230. 
Hagenbach:  Die  theolog.  Schule  Basels,  S.  6. 

38)  Ea  tarnen  lege,  ne  cum  bis  duabus  ad  quas  quotidie  ob- 
strictus  est  legere,  uUam  privatam  habeat  lectionem  ut  fidelius 
Ulis  intendere  possit.  Annall.  1.  c.  F.  48,  a.  50,  a.  Acta  Fac.  Art. 
T.  III.  F.  113,  b.  114,  a.  Eist.  Acad.  F.  75.  76.  Kampschulte: 
Die  Univ.  Erfurt,  Th.  I.  S.  66.    Lycei  origg.  p.  10.  11. 

34)  Annall.  1.  c.  F.  47,  b  bis  49,  b.   - 

35)  Senatus  nostri  Gymnasii  primum  conclasit  advocandum 
egregium  aliquem  graeci  idiomatis  professorem  et  quia  forte  D. 
rector  acceperat  e  quibusdam  eruditis  ac  bonis  ^amicis  quendam 
apprime  eruditum  hominem  Symonem  Grineum  nuper  Viteberga 
in  Sueviam  venisse,  grece  lingue  abunde  peritnm,  quem  consuluit 
pre  ceteris  ad  Gymnasium  nostrum  arcessendum  idque  tunc  omni 
Yoce  condusam  est,  debere  rectorem  quam  primum  fieri  posset,  ad 
eundem  Symonem  Gryneum  mitteret  literas.c 

In  Beziehung  auf  das  Salarium  der  Regenten  lautete  der  Be- 
Bchluss:  »De  salario  regentibus  ezpendendo  statuit  üniTersitas,  ut 
eontuberniomm  moderatores,  qui  non  essent  de  numero  coUegarum 
sequenti  anno  singnli  decem  aureos  ex  aerario  publico,  Regentes 
vero  coUegae  nihil  ex  fisco  publico  interim  exspectarent,  sed  nna 


374      X  Buch.  J7.  Periode.  3.  Meehmtt.   (1508—1514.) 

Grynäus  (geb.  1493  zu  Veringen  in  Scbwaben)  folgte 
(1524)  dem  an  ihn  ergangenen  Rufe,  und  trat  als  Professor  der 
griechischen  Sprache  ••)  mit  einer  Besoldung  von  60  fl.  in  die 
Artisten-Facultät  ein.  Ausserdem  erhielt  er  als  Entschä- 
digung für  Hausmiethe  und  Reisekosten  weitere  10  fl.  •'). 
Oleich  nach  seiner  Ankunft  begann  er  seine  Vorlesungen, 
in  welchen  er  zugleich  mit  grossem  Eifer  fttr  die  Aristo- 
telische  Philosophie  wirkte. 

Weiter  wurde  (1524)  als  Böschenstein' s  Nach- 
folger der  Minorite  Sebastian  Münster  aus  Nieder- 
ingelheim  für  die  hebräische  Sprache  angestellt.  In  ihm 
gewann  die  Universität  zugleich  einen  tüc'&tigen  Mathema- 
tiker und  Geographen.  Seine  Besoldung  betrug  anfanglich 
25  fl. '*);  doch  wurde  sie  nach  zwei  Jahren  (1526)  durch 
eine  Zulage  von  5  fl.  erhöht,  die  ganze  Besoldung  aber  ihm 
während  der  Zeit  sistirt,  welche  er  auf  einer  wissenschaft- 
lichen Reise  nach  Basel  zubrachte  '*).  Münster  verliess 
jedoch  schon  nach  kurzer  Zeit  Heidelberg  ganz  und  ging 
(1527)  nach  Basel,  wo  man  ihm  einen  theologischen  Lehr- 
stuhl übertrug*^),  welchen  sein  ehemaliger  Lehrer  Pellican 


cum  ceteris  regentibus  mercedem  constitntam  a  cdngulis  diseipuÜB 
contuberniorum  lectiones  visitantibus  daos  annuos  florenos  red- 
piendos.«    Annall.  l.  c.  F.  49,  b. 

86)  Homo  graece  atque  latine  apprime  doctas  svmmaeqiie  ha- 
manitatis.    Annall.  T. .  V.  F.  52,  b. 

37)  In  subsidinm  conducendae  habitationis  et  Tiatici  in  itinere 
absumpti.  Ibid.  —  üeber  Gryn&ns  vergl.  Wnndt:  De  ord.  phil. 
P.  II.  p.  7  ff.  Streuber,  S.  Grynaei  epist.  Bas.  1847.  Strau- 
ber, Leben  des  S.  Grynäus  im  Basl.  Taschenb.  1858.  S.  1~4S. 
Hagenbach,  S.  8  ff. 

58)  Von  diesen  25  fi.  wurden  20  fl.  dem  Oonvent  der  Franzis- 
caner  übergeben  und  5  fl.  erhielt  Münster  >ad  manns  snas  pro 
privato  suo  commodo«.    Annall.  üniv.  T.  V.  F.  90,  a. 

89)  Ibid.  F.  189  sqq. 

40)  Ibid.  F.  180.  168,  a.  164,  b.  ^  Münster's  Leben  s.  in 
Eist  Acad.  F.  78  ff.  und  in  Bader' s  Badenia  1858,  S.  104  ff. 
Vergl.  auch  Wnndt:  t>e  ord.  phil.  P.  n.p.9sqq.  Hersog,  Lebeo 
Oecolampad'fl,  Tli.  II.  S.  178.    Lyc.  origg.  p.  11. 


Lehrer  der  Jrtiaien'FacuiUU,  375 

(Kürschner)  bis  zum  Jahre  1526  inne  gehabt  hatte  ^^). 
Hermann  van  dem  Busche  hatte  die  Universität 
schon  im  Jahre  1526  verlassen,  nnd  war  an  die  damals 
errichtete  Hochschule  Marburg  gegangen,  mit  dem  Be- 
merken, er  sei  zu  alt  für  anstrengendere  Arbeiten  ^^). 

Jetzt  wurden  seine  Vorlesungen  dem  Gry n aus  über-> 
tragen,  welcher  mit  einer  Zulage  von  20  fl.  zugleich  die 
Professuren  der  giiechischen  und  lateinischen  Sprache  zu 
*  besolden  hatte.  Doch  behielt  er  die  zweite  Professur  nicht 
lange.  Er  sah  nämlich  dadurch  seine  Gesundheit,  wie  seine 
Studien  gefährdet,  und  trat  (1527)  mit  seinem  früheren 
Gehalt  von  60  fl.  in  die  alte  Stellung  zurück  *'). 

Der  Vortrag  über  die  Römische  Literatur  wurde  dar- 
auf dem  Sebastian  Hügel  (Hugelius)  von  Heiligenstein 
und  von  1531  an  dem  Thomas  Rhinerus  übertragen. 
Der  letzte  versah  diese  Stelle  bis  1546  und  war,  ohne 
berühmt  zu  sein,  als  tüchtiger  Lehrer  anerkannt  ^*), 

Dadurch,  dass  Gry n aus  mit  der  Römischen  Professur 
die  Zulage  von  20  fl.  verlor,  wurde  seine  äussere  Lage 
eine  sehr  drückende,  und  da  der  Antrag  der  Bursenvorsteher 
auf  Erhöhung  seiner  Besoldung  erfolglos  blieb,  und  zudem 
die  ihn  beseelende ,  kirchenreformatorische  Gesinnung 
noch  nicht  die  der  Heidelberger  Universität  war,  so  folgte 
er  1529  einem  von  Basel  aus  als  Professor  der  griechi- 
schen Sprache  erhaltenen  Rufe  **).  Einem  später  gegen 
ihn  ausgesprochenen  Wunsche,  wieder  nach  Heidelberg 
zurückzukehren,  hatte  er  zu  willfahren  keine  Lust  ^^). 

Während  seines  Aufenthaltes  in  Heidelberg  erwarb 
sich  Grynäus  das  Verdienst,    die  einzige   Handschrift, 


41)  V.iscber,  S.  230.  —  Ueber  Münster's  Nachfolger  sehe 
man  S.  379. 

42)  Annall.  T.  V.  F.  75.  76.  131,  b.  140,  a. 

43)  Annall.  1.  c.  F.  140.  173. 

44)  Ibid.  F.  302. 

4ö)  Ibid.   F.    163,  a.    164,  b.     Streaber,  Basel.    Taschenb. 
1853,  S.  21. 

46)  Häusser,  S.  554. 


376       ^-  ^^^'  ^^-  Periode.  3.  AbaehmU.  (ISOS-^ISU,) 

welche  von  Livius'  Buch  41 — 45  noch  vorhanden  war, 
in  dem  Kloster  Lorsch  aufzufinden  und  damit  die  classische 
Literatur  zu  bereichem  *^). 

Den  Lehrstuhl  des  Grynäus  erhielt  nun  (Juli  1529) 
der  mit  ihm  befreundete  und  von  ihm  empfohlene  Johann 
Sinapius^^),  welcher  als  Arzt  und  Humanist  sehr  ge- 
schätzt war,  und  zugleich  Vorlesungen  über  die  hebräische 
Sprache  hielt.  Doch  auch  er  verliess  schon  im  October 
1531  die  Universität  *^).  Nachdem  man  seine  SteDe 
einstweilen  durch  den  Magister  der  freien  Künste  und 
Licentiaten  beider  Rechte,  Johannes  Werber  von 
Themar  hatte  versehen  lassen,  drang  die  Universität 
darauf,  wieder  einen  tüchtigen  Humanisten  für  die  grie- 
chische Literatur  zu  berufen,  und  schlug  (1532)  den  von 
Melanchthon  sehr  empfohlenen  Jacobus  Micyllus 
(Molzer)  zu  dieser  Stelle  dem  Kurfürsten  vor.  Micyllus 
war  Rector  an  der  Schule  in  Frankfurt,,  und  hatte  sich 
als  Lehrer  und  Schriftsteller  bereits  einen  Namen  erwor- 
ben. Obgleich  er  selbst  den  Wunsch  einer  Anstellung 
in  Heidelberg  hegte,  und  deshalb  auch  dorthin  gereist 
war,  so  erreichte  er  doch  erst  nach  längeren  Unterhand- 


47)  Yierordt,  S.  236.  Ueber  Livius  theilen  wir  aus  öffent- 
lichen Blättern  Folgendes  mit:  »Ein  bekannter  Archäologe  in  Pa- 
dua  soll  einen  für  die  Wissenschaft  äusserst  kostbaren  Fund  ge- 
macht haben.  Bekanntlich  sind  von  der  »romischen  Geschichte  des 
Livius«  107  Bände  verloren  gegangen.  Der  erwähnte  Archäologe 
will  nun  gegen  50  Bücher  in  einem  Privat-Archive  entdeckt  haben, 
welche  das  Geschichtswerk  des  Livius  beinahe  vervollständigen 
sollen  und,  als  unschätzbare  Originalquelle  der  römischen  Geschichte, 
die  Wissenschaft  bereichern  werden.  Sobald  der  Entdecker  seine 
Forschungen  und  Studien  über  dieselben  beendet  haben  wird,  will 
sie  derselbe  der  Oeffentlichkeit  übergeben.« 

48)  Streuber,  Grynaei  epistolae,  p.  12.  Auch  seinen  Freund 
Joachim  Cam'erarius,  welcher  damals  in  Tübingen  eine  Lehr- 
stelle bekleidete,  hatte  Grynäus  dem  Kurfürsten  als  Professor 
vorgeschlagen.  Gamerarius  war  jedoch  auf  die  Sache  nicht  ein- 
gegangen.   Ibid.  p.  28. 

49)  Acta  Fac.  Art.  T.  IIL  F.  120,  b.  121,  a.  124,  b.  AnnalL 
Univ.  T.  V.  F.  279,  b. 


Lehrer  der  ÄrUBten-Faeiütät  377 

langen  (1533)  seinen  Zweck  ^^).  Er  war  nämlich  bei  dem 
Kurfürsten  und  seinen  Käthen  im  Verdachte,  sich  zu  dem 
Lutherthum  hinzuneigen,  worauf  wir  unten  zurückkommen 
werden,  und  ausserdem  hatte  auch  Themar,  besonders 
unter  den  Professoren,  Gönner,  welche  ihm  die  bisher  nur 


50)  Dem  ersten  Antrage  der  Universität  auf  Anstellung  des 
Micyllus  (1582)  antwortete  der  Ganzler: 

>Nec  ipsis  (consiliariis  Principis)  nee  Principi  unquam  placuiBse 
dogmata  ,Lutlieranorum  aliorumque  novorum  doctorom ,  sed 
semper  cupüsse  rempublicam  suam  literariam  immunem  et  impoUutam 
ab  hujusmodi  doctrinis  esse.  At  quia  Micyllus  apud  Francofor- 
dienses  aliquamdin  versatus  sit,  et  ibidem  nunc  variae  sectae  di- 
cantur  vigere  religionis  Christianae,  adeoque  verendum  sit,  ne  hie 
Micyllus  harum  quoque  sectarum  sit  Studiosus  atque  cum  assu- 
meretur,  in  republica  nostra  zizanias  sit  seminaturus,  ob  ilias  atque 
alias  rationes  negativum  daremus  Micyllo.t  Annall.  Univ.  T.  V.  F. 
806,  a.  b.  Auch  hatte  der  Kurfürst  selbst  erklärt:  »Sa  non  posse 
Sectae  Lutheranae  professores  alere  et  tolerare.«  Alting,  p.  148. 
Hottinger,  Eist.  eccl.  sec.  XYI.  p.  661.  Micyllus  selbst  sagt 
(1583)  in  einer  Zuschrift  an  den  Kurfürsten,  um  sich  von  dem  Ver- 
dachte des  Lutherthums  zu  reinigen:  »Ynd  wo  villeicht  als  ich 
besorg  In  Ew.  churf.  Gnaden  durch  missgunst  Ingebildt  were,  das 
ich  der  lutterischen  sect  anhengig  sein  solt,  geh  ich  diesen  War- 
haftigen  vnderthenigen  bericht,  das  mir  solchs  gantz  Zu  Unschulden 
zugemessen.  Dan  wo  dem  also ,  were  ich  bey  einer  ersamen  stat 
Franckfort,  do  ich  erlich  vnderhaltung  gehapt,  blyben  vnnd  weit 
wol  bei  andern  ein  merer  besoldung  erlangen  mögen.  Ich  hab  biss- 
her  mich  der  theologeien  nichts  vnderzogen  vnnd  mit  keynerley 
sect  umbgangen,  allein  bonis  literis  vnnd  meynem  fürgenommenen 
studio  angehangen,  wie  ich  auch  fürther  zu  thun  gedenck.  Bit 
herab,  mich  als  ein  loblich  mild  churf ürst  hierjnne  mit  gnediger 
antwort  Zu  bedencken,  das  erbit  ich  mich  vm  Ew.  churf.  Gnaden, 
die  der  almechtig  in  glücklicher  regierung  langwerig  erhalte.  € 
Annall.  Univ.  T.  V.  F.  821,  a.b.  Vergl.  auch  Hottinger:  De 
CoUeg.  Sap.  p.  77.  Mieg:  Ausführl.  Bericht  von  der  Reformat. 
der  Kirchen  in  Kurpf.,  S.  9.  Hautz,  Micyllus  (Heidelb.  1847), 
p.  11  sqq.  Seisen's  ausführliche  Anzeige  der  zuletzt  genannten 
Schrift  über  Micyllus  in  den  theol.  Jahrb.  von  Zeller.  Tübing. 
1845.  K  IV.  H.  i.  S.  178—187,  wo  besonders  auch  im  Hinblicke 
auf  Melanchthons  innige  Freundschaft  mit  Micyllus  und  auf 
Aeusserungen  des  letzteren  in  seinen  Gedichten  u.  s.  w.  sein  gänz- 
liches Frefsein  von  dem  Lutherthum  mit  Becht  in  Zweifel  gezogen 
wird. 


378      L  Buch,  n,  Periode.  9.  AbschmU,  (1508^1544,) 

anshülfsweise  übergebene  Stelle  definitiv  übertragen  wissen 
Trollten. 

Die  dem  Micyllus  zugewiesene  Besoldung  bei^and 
in  60  fi.  Von  dieser  konnte  er  jedoch  mit  seiner  starken 
Familie  nicht  leben  und  wünschte  sie  deshalb  auf  100  fl* 
erhöht.  Da  man  aber  darauf  nicht  einging,  sondern  er- 
klärte, der  Fiscus  der  Universität  sei  zu  sehr  durch  Bau- 
ten und  andere  Ausgaben  in  Anspruch  genommen,  um 
ihm  mehr  als  80  fl.,  welche  auch  Grynäus  (wenigstens 
kurze  Zeit)  gehabt  hatte,  geben* zu  können,  verliess  auch 
er,  obgleich  ungern,  (1537)  Heidelberg*^). 

Zu  seinem  Nachfolger  wurde  Johann  Härtung 
aus  Miltenberg  ernannt.  Dieser  war,  wenn  auch  nicht 
von  so  anerkanntem  Rufe  wie  Micyllus,  doch  ein  durch 
grosse  Kenntnisse  im  Griechischen  ausgezeichneter  Lehrer. 
Die  ihm  übertragene  Stelle  bekleidete  er  bis  zum  Jahre 
1546,   wo   er    einem    Rufe  nach  Freibiirg  im  Breisgau 

folgte  *0- 

§5. 
Lehrer  der  theologischen  Facultät 

Die  theologische  Facultät  hatte  an  Münster  ein^ 
ausgezeichneten  Lehrer  der  hebräischen  Sprache  verloren. 


51)  Ueber  Micyllus  verweisen  wir  auf  die  über  sein  Leben 
und  Wirken  von  uns  bearbeitete  und  herausgegebene  Monographie. 
In  derselben  ist  nicht  nur  immer  auf  die  betreffenden  Urkunden 
hingewiesen,  sondern  es  sind  auch  die  wichtigsten  über  seine  Berufung, 
über  seinen  Aufenthalt  in  Heidelberg  u.  s.  w.  abgedruckt.  Zugleich 
führen  wir  aber  auch  Glassen's  Schrift:  »Jacob  Micyllus,  Rector 
zu  Frankfurt  und  Professor  zu  Heidelberg  von  1524—1558«  und 
dessen  Nachträge  zur  Biographie  Micyllus',  Frankf.  1869,  1861  an. 
C 1  a  s  s  e  n  schildert  vorzugsweise  Micyllus*  Wirksamkeit  zu  Frank- 
furt in  der  zweimaligen  Periode  seines  Rectorats  an  der  dortigen 
lateinischen  Schule;  in  unserer  Schrift  ist  dagegen  Micyllus  b»- 
sonders  als  Lehrer  der  Universit&t  Heidelberg  dargestellt. 

52)  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  14,  b.  16,  a.  b.  Zell,  Oratio  de 
studio  graecarum  latinarumque  literarnm,  p.  11.  12.  Schreiber, 
Heinrich  Loriti  Glareanus,  S.  113.    Micylli  sylvae,  p.  291. 


Lehrer  der  tkeeiogiecken  FacuiUät  379 

Dieser  Verlust  war  um  so  grösser,  als  die  von  ihm  be- 
kleidete Lehrstelle  längere  Zeit  hindurch  mit  Männern 
besetzt  wurde,  von  welchen  man  ausser  ihren,  in  den 
Acten  vorkommenden  Namen  nichts  weiter  weiss.  Diese 
sind:  Georg  Sibold  von  Kettershausen  (1529), 
Valentin  Cleynmann  (1531),  Valentin  Micrander 
und  Johann  Koller  (1538)  ^»). 

Einen  weiteren  Verlust  erlitt  diese  Facultät  aber 
auch  durch  den  Tod  des  als  Lehrer  sehr  ausgezeichneten 
Professors  Vitus  Hass  (1534)  **). 

Bei  so  bewandten  Umständen  baten  (1539)  Rector  und 
Senat  höchsten  Ortes,  man  möchte  die  frei  gewordene 
Lehrstelle  wieder  mit  einem  von  einer  andern  Universität 
zu  berufenden  berühmten  Manne  besetzen,  erhielten  jedoch 
von  dem  damaligen  Kurfürstlichen  Oberhofmeister  von 
Fleckenstein  die  Antwort:  »ob  man  gel-n  Leuss 
an  Beltz  wollt  setzen?«^^) 

Diese  Antwort  musste  für  die  Universität  aber  um 
so  empfindlicher  sein,  als,  soweit  dieses  aus  den  Acten 
.erhellt,  die  einzigen  damaligen  Lehrer  der  Theologie  Pro- 
fessor Matthias  Keuler  und  Heinrich  Stolo  (StoU) 
waren.  Den  letzten  hatte  (1526)  der  Kurfürst  als  Predi- 
ger an  der  H,  Geistkirche  berufen  ;  später  (1531)  wurde 
er  als  Professor  der  Theologie  Martin  Frecht's 
Nachfolger,  jedoch  mit  Beibehaltung  seines  Pfarramtes  ^^. 


53)  Annall.  Univ.  T.  V.  F.  234,  b.  255,  b.  Act.  Fac.  Art.  T.  III. 
F.  141,  b.  145,  b.  Wundt  (De  ord.  philoa.  P.  11.  p.  15)  bemerkt 
in  Beziehung  auf  die  genannten  Männer:  »Cum  libris  editis  ad 
posteros  illustrati  non  sint,  praeter  obscura  eorttm  nomina  tantum 
üastis  academicis  inserta,  reliqua  omnia  de  iis  ignorantur.« 

54)  Annan.  Univ.  T.  VI.  F.  181,  b. 
65)  Ibid.  F.  188,  b.  189,  a. 

56)  Vierordt,  B.L  S.  838.450.  Ueber  Stolo's  Leben  iiiehe 
Lyc.  Origg.  p.  IS. 


380      I-  BMcft.  U.  Periode.  3.  JbaOmtt.  (1608— 15U.) 

§  6. 
Lehrer  der  juristischen  FacuUät. 

Wie  fast  zu  allen  Zeiten,  so  war  auch  unter  Lud- 
wig's  V.  Regierung,  während  die  übrigen  Facultäten  nur 
mittelmässige  oder  zeitweise  schlechte  oder  keine  Lehrer 
hatten,  die  Juristen -Facultät  gut  besetzt.  Sie  erfreute 
sich  der  besonderen  Gunst  des  Kurfürsten  *^). 

Von  denjenigen  Rechtslehrern,  welche  in  dieser  Zeit 
angestellt  waren,  nennen  wir:  Nicolaus  Morsinger, 
Adam  Werner  von  Themar  (1491 — 1537)*^,  Johann 
Maler  vonIlwesheini(1511 — 1517),  Johann  Linck  von 
Hirschhorn  (1504—1530),  Peter  Günther  von  Neu- 
stadt a.d.H.  (1512 — 1518),  JohannKönig  von  Offenburg 
(1520 — 1528),  Michael  Weinmar,  Lucas  Hugo 
(Hugonis)  von  Herlissheim  (1518),  Paul  Bautenbach 
(1521)  Johann  Kröller  von  Weil  (1523)  Hartman- 
nus  Hartmanni  von  Eppingen  (1523 — 1527),  später 
Canzler  Ludwig's  V.  und  Friedrich's  IL,  Johann 
Pfau  (Pavonius)  von  Eppingen  (1524  — 1544),  Wende- 
lin Schelling  von  Reichardshausen  (1528—1543), 
Theobald  Gerlacher  Bilicanus  (1542),  Conrad 
Dym  (bis  1559),  Hieronymus  Neidhard  (1533),  Jo- 
hann Faber  von  Empfingen  (1539 — 1558),  Sebastian 
Hügel  (1529)*»). 

Diesen  Männern  ist  noch  der  nachmalige  Canzler 
Ludwig's  V.,  Florentin  von Venningen,  beizufügen. 


67)  Annan,  üniv.  T.  VL  F.  318,  a. 

58)  Themar  erwarb  sich  auch  dadurch  ein  besonderes  Ver- 
dienst um  die  Universität,  dass  er  im  Jahre  1614  ein  Stipendium 
im  Dionysianum  gründete.  Die  Stiftungs-Urknnde  steht  in  AnnalL 
Univ.  T.  lY.  F.  194,  b.  Fanf  von  seinen  Schriften  besitzt  das  üniv.- 
Archiv  im  Cod.  Pal.  Nr.  298  unter  2.  3.  4.  6.  6. 

69)  Wundt:  De  Fac.  jur.  P.  IIL,  wo  diese  M&nner  nicht  nur 
genannt,  sondern  auch  wichtige  Nachweisungen  über  ihre  Lebens- 
verhältnisse beigebracht  sind. 


Lekref  der  jimatiadten  und  medieimaehen  FaenUät       381 

Im  Jahre  149Ö  wurde  er  unter  den  Advocaten  bei  dem 
von  Kaiser  Maximilian  L  in  demselben  Jahre  zu  Speyer 
errichteten  Beichskammergerichte  (S.  337)  aufgeführt  und 
1499  zum  Professor  und  Hofrichter  ernannt  ^% 

Lehrer  der  medidnisehen  Facultät. 

Schon  unter  dem  Kurfürsten  Philipp  hatte  die  me- 
dicinische  Facultät,  wiewohl  vergeblich, ,  auf  die  Anstellung 
eines  dritten  Professors  gedrungen,  und  sollten  dazu  die 
üeberschüsse  des  Dionysianums  verwendet  werden.  Erst 
von  Ludwig  V.  wurde  (1522)  der  gewünschte  dritte 
Lehrer  angestellt.  Vielleicht  war  es  Johann  Wagen- 
mann von  Alzei,  welcher  in  den  Jahren  1544  und  1552 
das  Rectorat  bekleidete  ^  ^).  Die  beiden  anderen  Professoren 
waren  Simon  Linck  und  Hermann  von  Höxter. 

Von  dieser  Zeit  (1522)  an  blieben  bis  zum  Jahre 
1620  drei  Lehrer  angestellt.  Von  dort  an  aber  bis  1652 
war  in  Folge  der  Kriegsereignisse  die  Fatultät  ohne 
Lehrer  ®*). 

§8. 

Luther  in  Heidelberg. '  Theilnahme  der  Professoren  und 
Studenten  an  der  von  ihm  gehaltenen   Disputation. 

Im  Jahre  1518  wurde  in  Heidelberg  von  (Jen  Augu- 
stiner-Mönchen ein  Convent  abgehalten  und  von  Witten- 
berg aus  Martin  Luther,  welcher  damals  diesem  Or- 
den als  Mitglied  angehörte  und  bei  seinen  Ordensbrüdern 


eO)  Annan.  üniT.  T.  V.  F.  131,  b.  PfWz.  Copialb.  Nr.  16. 
F.  424. 

61)  Schwab,  F.  I.  p.  JOS.  109. 

62)  A  Lndovid  temporibns  ad  annnm  1620.  idem  (3)  fait  Pro- 
fessornm  in  Facaltate  medica  numerus;  ast  dissoluta  funestissinia 
Bohemiensi  beüo  Universitate  ad  annum  1652.  nullus  ezstitit. 
Schönmezel,  1.  c. 


in  hoher  Achtung  stand,  geschickt,  um  demselben  ab  Be- 
vollmächtigter seines  Klosters  anzuwohnen«  Er  recmi^ 
in  sich,  nach  der  Ueberzeugung  seines  (h*dens,  alle  Eigen- 
schaften, welche  zu  solchen  Sendungen  besonders  tüchtig 
machen.  Aus  eben  diesem  Grunde  war  er  auch  im  Jahre 
1510  mit  einer  Mission  nach  Rom  betraut  worden  ^'), 
und  hatte  si€h  auch  damals  auf  seiner  Beise  dahin  in 
Heidelberg  aufgehalten  •*). 

Mit  einem  Empfehlungs-Schreiben  von  seinem  Kur- 
fürsten, Friedrich,  dem  Weisen,  von  Sachsen,  an  den 
Bruder  des  in  dier  Pfalz  regierenden  Kurfürsten,  Pfalzgrafen 
Wolf  gan  g,  reiste  er  am  11.  April  1518  von  Wittenberg  über 
Coburg  und  Würzburg  nach  Heidelberg  ab,  ohne  sich 
durch  Warnungen  besorgter  Freunde  von  der  Reise  ab- 
halten zu  lassen  •*). 

In  Heidelberg  traf  Luther  mit  dem  Generalvicar, 
Johann  von  Staupitz,  und  dem  Augustiner-Prior  von 
Würzburg,  Johann  Lang,  am  21.  April  ein,  und  nahm 
während  des  Conyents,  welcher  mehrere  Tage  dauerte, 
nach  der  wahrscheinlichen  üeberlieferung,  in  einem  den 
Augustinern  zugehörigen  Hofe  zu  Neuenheim  seine  Woh- 
nung ^^. 

Von  dem  Pfalzgrafen  Wolfgang,  welcher  von  seinem 
Erzieher  Oecolampadius  eine  freiere  religiöse  Rieh- 
tung  erhalten  hatte  ^^,  wurde  er  sehr  freundlich  au%e- 


63)  Quod  esset  acer  ingenio  et  ad  contradicendam  audax  et 
vehemens.    Cochlaeus,  Hist.  de  actis  et  scriptis  Lutheri,  p.  2. 

64)  Knrpf:  Qeschichtsk.  S.  61- und  besonder» Paa las,  Heidelb. 
SacuUrfeto:  »Ancb  in  Heidelberg  war  Dr.  Martin  Lnthert.  Hei- 
delb.  1817. 

65)  Saadetur  mihi  ab  omnibus,  ne  adeam  Heidelbergenses,  ne 
forte,  quod  ü  non  possunt,  insidüt  in  me  perfieiant  Ego  tarnen 
obedientiae  satisfaciam  et  pedester  veniam  transiboque  per  £zfa^ 
diam  Deo  volente.    De  Wette,  Lutber's  Mefe,  Tb.  I.  8.  98. 

66)  Paulus,  Si.  39.  Das  Haus,  in  welchem  Luther  gewohnt 
haben  soll,  steht  noch  und  ist  im  Munde  des  Volkes  als  »Lathen- 
bans«  (Ltttiterhauschen)  bekannt. 

67)  Häusser,  S.  540. 


LiähermHeiddberg,  TkeihiaJimetm  seiner  DispuMian.      383 

nommen  und  mit  Staapit2  und  Lang  zur  Tafel  gela* 
den  und  ihm  und  seinen  Beisegenossen  aUe  Sehenswür- 
digkeiten des  Schlosses  gezeigt  ^^),  so  dass  Jacob  Sim* 
ler,  welcher  mit  dem  Pfalzgrafen  Wolf  gang  als  sein  Be* 
gleiter  zu  Wittenberg  gewesen  war**),  sich  gegen  Luther 
äusserte:  »Ihr  habt  by  Gott  einen  kystlichen  Credenz«  ^^). 

Nach  Beendigung  der  Ordensgeschäfte  yeranstalteten 
die  Augustiner  am  26.  April  1518  in  ihrem  Kloster  eine 
öffentliche  Disputation  und  übertrugen  dem  Luther  den 
Vorsitz  '^^).  Die  Bewilligung,  solche  academische  üebun- 
gen  in  Heidelberg  zu  halten,  hatten  die  Ordensbrüder 
schon  im  Jahre  1476  von  der  Universität  erhalten  ^*). 
Prior  des  Klosters  war  damals  Augustin  Lupf,  wel* 
ch^i  seine  Zeitgenossen  zu  den  aufgeklärtesten  Gelehrten 
von  ganz  Deutschland  rechneten  '*). 

In  dieser  Disputation  vertheidigte  Luther  40  theo^ 
logische  und  philosophische  Streitsätze.  Ihr  Hauptinhalt 
betraf  theils  die  Unzulänglichkdt  der  sittlichen  Kraft  des 
Menschen,  ein  Becht  auf  die  Begnadigung  vor  Gott  zu 
erwerben,  theils  eine  Beleuchtung  des  Werthes  der  Ari- 
stotelischen Philosophie  '^%  Anwesend  waren  viele  Mönche, 


68)  Omnia  saceUi  castrensis  Palatsni  omamenta,  deinde  bellicos 
apparatus,  deniique  omnia  ferme,  quae  habet  regale  aliud  et  plane 
illüstrissimum  castrum,  decora  Instrantes.  Aas  einem  Briefe  an 
Spalatin  vom  Id.  Mai  1518.  Paalns,  S.  45,  woselbst  derselbe 
abgedruckt  ist. 

69)  Vi  er  or  dt,  Gesch.  d.  Reform,  in  Baden,  B.  L  S.  109. 

70)  Literae  credentiales,  Creditiv. 

7.1)  Luther  US  in  suonua  fratrum  apud  nos  celebrata  synodo 
litecariae  pugnae  solenni  more  praefectns.  Aus  dem  Briefe  Bucer's 
an  BJienanus.    Struv,  S.  12. 

72)  Potestatem  in  suo  monasterio  execcitiorum  academicorum 
babendorum.    Hist.  Acad.  F.  81. 

75)  Yierordt,  S.  109. 

74)  Abgedruckt  sindvdiese  8&tze  in  Lntfaer's  Werken,  B.  L, 
in  Struv's  Pfalz.  Eirchenh.  S.  11.  12.  und  mit  Erörterung  ihres 
Verbäitnisses  zur  übrigen  theologisehen  Ansicht  Lnther's  bei 
Paulus,  S.  56  tf. 


384       X  Buch.  IL  Periode,  3.  JbaekniU.    (UOS^UU.) 

die  Professoren  der  Theologie,  Marcus  Stier,  Lorenz 
Wolf,  Johann  Hosser,  Feter  Scheibenhart  und 
Georg  Niger,  so  wie  auch  eine  grosse  Zahl  von  Hofleuten 
und  Studenten,  von  welch'  letzteren  besonders  genannt 
werden:  Martin  Frecht,  Martin  Bucer  ^*),  Johann 
Brenz  ^•),  Franz  Irenicus  (Friedlieb)"),  Erhard 
Schnepf,  Theobald  Billican,  welche  sich  später  als 
Theologen  einen  grossen  Ruf  erwarben  '®). 

Wenn  behauptet  wird,  diese  Disputation  sei  den  Pro- 
fessoren der  Universität  unangenehm  gewesen  ^^),  so  wird 
dieses  von  Luther  selbst  widerlegt  ^%  und  auf  die  Studiren- 
den  Jttnglinge  machte  sie  einen  solchen  Eindi'uck,  dass 
jener,  nachdem  sie  ihn  in  seiner  Wohnung  besucht  und 
über  Manches,  was  ihnen  dunkel  geblieben  war,  sich 
seine  Belehrung  ausgebeten  hatten,  von  ihnen  die  Hoffiiung 
aussprach,  sie  würden  die  Träger  der  von  den  Alten  ver- 
worfenen evangelischen  Lehre  werden  ^^).  Auch  der 
PfjGilzgraf  Wolf  gang  spricht  sich  in  seiner  Antwort  auf 
die  von  dem  Kurfürsten  Friedrich  von  Sachsen  erhal- 
tene Empfehlung  Luther's  über  diese  Disputation  sehr 


75)  Frecht  aus  Ulm  wurde  am  22.  Januar  1514  und  Bucer, 
»ordinis  Praedicatorum  de  oonventu  Schlettstadiensit,  am  31.  Januar 
1517  in  Heidelberg  immatricnlirt. 

76)  Im  J.  1519  wurde  Brenz  Regens  der  Realisten -Bnrse. 
Hist  Acad.  F.  111. 

77)  Irenicus  war  im  Jahre  1516  schon  Vorstand  (moderator) 
des  Eatharinen-Goutubemiums.    Lyc.  origg.  p.  9.  136. 

'  78)  Vierordt,  S.  110  ff. 

79)  Struv,  S.  9. 

80)  Porro  disputationem  meam  domini  doctores  et  libenter  ad- 
miserunt  et  ea  modestia  mecnm  disceptarunt,  ut  eo  nomine  mihi 
ipsi  sint  commendatissimi.  Qnanquam  enim  peregrina  illis  yideba- 
tur  Theologia,  nihilo  minus  tarnen  et  argute  et  pulchre  adversns 
eam  velitabantur,  excepto  uno,  qui  erat  quintus  et  junior  doctor, 
qui  risum  toti  movebat  auditorio,  quando  dieebat:  >si  rustici  haec 
audirent,  certe  lapidibus  tos  obruerent  et  interficerent«  Luther 
an  Spalatin  bei  Paulus,  S.  45. 

81)  Härtmann  in  der  Real-Encyclop.  fOr  proteat.  Theologie 
n.  Kirche  v.  Herzog,  B.  II.  S.  354. 


Die  UfdverMtät  ah  Gegnerin  der  KirehenfeformaMon,      38ö 

günstig  aus  ^^,  was  auch  von  Bucer  in  seinem  Briefe 
an  Rhenanus  geschieht®'^). 

Luther  verweilte  bis  zum  18.  Mai  in  Heidelberg,  an 
welchem  Tage  er  seine  Rückreise  nach  Wittenberg  über 
Monheim  (nicht  Mannheim)  und  Nürnberg  antrat  **). 

§9. 

Die  Universität  Gegnerin  kirchenrefomuxtorischer  Be^ 
strebungen.  Papst  JSadrian  VI.  fordert  die  Univer- 
sität auf  der  Verbreitung  von  Luther^s  Lehre  entge- 
genzuarbeiten.     Ergebenheit  und    Anhänglichkeit    der 

Hochschule  an  den  Papst. 

Den  durch  Luther's  Auftreten  rege  gewordenen 
kirchenreformatorischen  Bestrebungen  zeigte  sich  die  Uni- 


82)  Wolfgang  nahm  um  Bo  mehr  Antheil,  weil  er  selbst, 
wie  erwähnt,  zu  Wittenberg  studirt  hatte,  und  am  1.  Mai  1515  der 
erste  Rector  der  neuen  Universität  geworden  war.  Aus  der  Ant- 
wort des  Pfalzgrafen  theilen  wir  Folgendes  mit :  »Er  (Luther)  hatt 
pich  auch  allhier  mitt  seinem  disputiren  also  geschickt  gehallten, 
dass  er  nitt  eynn  kleynn  Lob  E.  L.  üniversitet  gemacht  hatt,  es 
wurde  Im  auch  grosser  Preyss  von  vill  gelerten  Leutten  nachge- 
sagtt,  das  haben  wir  E.  L.  als  eyn  Somm  frunttlicher  Mainung  nitt 
wollen  verhaltenn.«    Struv,  S.  14. 

83)  L  Uterus  ea  disputavit  paradoxa,  quae  non  modo  opinionem 
omnium  superarent,  sed  etiam  pleraque  visa  sunt  haeretica.  Mira 
ejus  in  respondendo  suavitas,  in  audiendo  incomparabilis  longani- 
mitas,  in  dissolvendo  Pauli  agnovisses  acumen,  non  Scoti,  adeo  bre- 
vibus,  aeque  divinae  scripturae  penu  depromptis  responsis  in  sui 
admirationem  facile  cunctos  adduxit.  Cum  f^rasmo  illi  conveniunt 
omnia,  uno  hoc  hie  praestat,  quod,  quae  ille  tantum  insinuat,  hie  aperte 
docet. <  Struv,  S.  15.  —  Besonders  grosse  Verehrung  für  L u t h e r 
hatte  Michael  Neander,  berühmt  als  ausgezeichneter  Philolog 
and  Schuhnann.  Er  starb  i.  J.  1595  als  Bector  des  Ilnfelder  Gym- 
nasiums. Dieser  nennt  Luther:  Theander,  Megalander,  Antichristo- 
phontes,  S.  Lutherus  Germaniae  propheta,  Helias  Lutherus, 
(Uyciq  natgCdog  dmiJQ,  Jahn's  Jahrb.  d.  Phil.  1857,  S.  119. 
Ueber  L u t h e r  als  Reformator  vergl.  Schenkel:  Die  Reformatoren 
und  die  Reformation,  S.  22  ff. 

84)  Vierordt,  S.  118. 

Hantz,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  2^ 


386       I'  Buch,   IL  Periode.   3.  AbschniU.   (1508—1544.) 

versität  als  Körperschaft  eben  so  wenig  geneigt,  als  sie 
es  bei  den  humanistischen  (S.  324)  that  Sie  fanden  viel- 
mehr nur  bei  einzelnen,  besonders  jüngeren  Mitgliedern 
derselben.  Theilnahme  *^).  Auch  der  Kurfürst,  welcher 
äussere  poUtische  und  verwandtschaftliche  Verhältnisse 
nicht  unberücksichtigt  liess,  wollte,  wie  wir  schon  bei  der 
Berufung  des  M  i  c  y  1 1  u  s  (S.  377)  gesehen,  von  der  neuen 
Lehre  wenig  wissen  ®*');  wohl  aber  nach  seinem  friedlichen 
Gemüthe  keine  gewaltsame  Verfolgung  von  Glaubenslehren, 
sondern  nur  »die  ReligionsdiflFerentien,  von  welchen  ganz 
Deutschland  rege  gemacht  wurde,  gar  gehoben  sehen«  8^). 
In  dieser  Absicht  liess  er  am  20.  August  1522  der  Uni- 
versität einen  Erlass   zugehen,  in  welchem  es  heisst^^): 

»Man  habe  yernommen,    dass  von   der   Uniyersität    eüych 
derselben  verwant  beflyssigen  sollen,  wynckelpredig  zo  doen«, 

imd  ein  solches  Predigen  aufs  Strengste  untersagt  wird. 

In  derselben  Zeit  wurden    dutch    ein  apostolisches 

Breve  vom  1.  December  1523  von  Hadrian  VI.  ®^)  alle 


85)  Anders  war  es  auf  der  Universität  Erfurt,  wo  sich  Lehrer 
and  Schüler  als  Anhänger  Luther' s  erklärten.  Eampschulte: 
Die  Univ.  Erfurt,  S.  35  ff. 

86)  Der  Kurfürst  musste  sogar  von  dem  Ritter  Landschad 
den  Vorwurf  hören :  »Er  und  sein  Canzler  nebst  dem  Hofmeister 
seien  zwar  bis  zum  Wonnser  Reichstag  der  Lehre  Luther's 
günstig  gewesen,  aber  seitdem  von  derselben  abgefallen,  statt  sie 
zu  beschirmen.«    Vi  er  or dt,  S.  150. 

87)  Struv,  S.  25.    Vierordt,  S.  149.  236.  336. 

88)  Annall.  Univ.  T.  V.  F.  29,  a.  b. 

89)  Die  Universität  zeigte  sich  den  Päpsten  immer  ergeben, 
wurde  aber  dafür  auch  bei  jeder  Gelegenheit  von  denselben  aus- 
gezeichnet. So  wurde  sie  von  dem  Papste  Julius  11.  zu  dem  auf 
den  1.  September  1511  in  Pisa  ausgeschriebenen  allgemeinen  Con- 
cilium  eingeladen.  (Das  Einladungs- Schreiben  ist  noch  in  Hist. 
Acad.  F.  99  vorhanden.)  Als  Julius  II.  (1513)  starb,  folgte  ihm 
Leo  X.  Wie  sein  Vorgänger,  zeigte  auch  er  der  Universität  seine 
Wahl  an.  (Die  betreffenden  Actenstflcke  sind  ebenfalls  in  Histor. 
Acad.  F.  101.  103.)  Als  später  auf  dem  Lateran -Goncilium  die 
schon  in  Basel  (1439)  begonnene  Kalender -Reform  wieder  aufge- 
nommen worden  war,  wurde  die  Hochschule  sowohl  von  dem  Kaiser 
Maximilian  I.  (1514),  als  auch  von  dem  Papste  (1515)  um  ein 


Die  Universität  aU  Gegnerin  der  Kirchenreformatian.      387 

and  jede  Doctoren  dieser  Anstalt  ermalint  und  beschworen, 
der  weiteren  Verbreitung  der  Lutherischen  Lehre  nach 
Kräften  durch  Schreiben,  Lehren  und  Predigen  entgegen 
zu  arbeiten  und  die  Irregeleiteten  auf  den  Weg  der  Wahr- 
heit zurück  zu  führen  ^^). 

Dieses  Breve  wurde  mit  einem  Schreiben  des  apo- 
stolischen Nuntius  vom  29.  Januar  1523  in  einer  zu  diesem 
Zwecke  von  der  Universität  veranstalteten  Versammlung 
vorgelesen  und  mit  Freuden  aufgeno^mmen.  Alsbald 
richtete  diese  auch  eine  Zuschrift  an  den  Papst,  in 
welcher  sie  für  die  Mittheilung  des  Breve's  ihren  Dank 
mit  der  Versicherung  aussprach,  sie  werde  alles  aufbieten, 
um  dem  Willen  des  Papstes  zu  genügen.  Zugleich  em- 
pfahl sie  sich  seiner  fortdauernden  Huld  und  Gnade  ^^). 


Outachten  (de  impositione  vernalis  aequinoctii)  ersucht,  und  kam 
demselben  bereitwillig  nach.  Das  Schreiben  des  Kaisers  und  die 
Antwort  der  Uniyersität  auf  dasselbe,  so  wie  das  des  Papstes 
findet  sich  a.  a.  0.  F.  106  —  109.  Vergl.  auch  Hottinger:  De 
CoU.  Sap.  p.  70. 

90)  Doch  traten  auch  warme  Vertheidiger  für  Luther  auf. 
So  nahm  sich  dessen  Wilibald  Pirckheimerin  einem  Schreiben 
an  Hadrian  lebhaft  an,  da,  wie  er  sagte,  »bis  dahin  selten 
wahre  Berichte  über  Luther  nach  Rom  gekommen  seien«.  S.  den 
»Biographen  Pirckheimers«,  Halle,  1803.  Th.  IIL  S.  466.  467.  Eras- 
mus  schreibt  an  Zwingli:  »Ich  glaube,  dass  ich  beinahe  alles 
das  gelehrt  habe,  was  Luther  lehrt,  nur  nicht  so  heftig  und  ohne 
jene  nach  Extremen  haschende  Sprache«,  und  auf  dem  Cölner  Reichs- 
tage erklärte  derselbe  auf  die  Frage,  was  er  von  Luther  und 
seinem  grossen  Streite  halte:  »Luther  hat  zwei  Verbrechen  be- 
gangen, er  hat  dem  Papste  an  die  Krone  und  den  Mönchen  an  die 
Bäuche  gegriffen.«    Müller,   Erasmus  v.  Rotterdam,  S.  284.  294. 

91)  Das  Breve  und  die  Antwort  der  Universität  nebst  näheren, 
diese  Sache  betreffenden  Angaben  sind  in  Annall.  Univ.  T.  Y.  F. 
56,  b  bis  37,  b.    Vergl.  auch  Eist.  Acad.  F.  114. 

Ein  ganz  gleich  lautendes  Breve  v.  28.  Februar  1523  erhielt 
auch  die  Universität  Göln.  Es  ist  abgedruckt  bei  Bianco,  S.  396 ff. 
Doch  wurde  es  mit  grösserer  Begeisterung  in  Cöln  als  in  Heidel- 
berg aufgenommen.  In  ihrer  Antwort  an  den  Papst  legte  die  Cöl- 
ner Universität,  welche  früher  vor  allen  das  Beispiel  einer  aufge- 
regten, freisinnigen  Bekämpfung  der  päpstlichen  Ansprüche  gab,  dior 
sem  zugleich  die  Bitte  vor,  den  Kaiser,  die  Könige  und  die  Fürsten 

25* 


388        /.  Buch,  I.  Periode.  3.  JbeehnitL  (löOS-^lödd.) 

Zuschriften  gleichen  Inhalts  erhielt  sie  von  den 
Päpsten  Clemens  VII.  (1523—1534)  and  Paul  HI. 
(1534 — 1549).  Der  letzte  liess  sie  auch  auf  das  nach 
Mantua  (1536)  ausgeschriebene  Goncilium  einladen  ^^. 

§  10. 
Die   Universität  prüft   im  Auftrage    des  Kurfürsten 
Luthers  Lehre.     Ansicht   der    Universität  über  die- 
selbe.   Die  theologische  Facultät  erhält  von  dem-  Kur- 
fürsten den  Befehl^  bei  ihren  Disputationen  Ordnung 

und  Anstand  eu  beobachten. 

Die  oben  hervorgehobene  ruhige  Haltung  des  Kur- 
fürsten in  kirchlichen  Angelegenheiten  zeigte  sich  beson- 
ders 1521  auf  dem  Reichstage  zu  Worms,  wo  es  sein 
Widerspruch  am  meisten  hindern  half,  dass  man  dort 
nicht  mit  Luther  ähnlich  verfuhr,  wie  ein  Jahrhundert 
früher  liiit  Hus  in  Constanz.  Auch  auf  dem  Reichstage 
zu  Nürnberg  blieb  er  auf  der  Seite  derjenigen  Fürsten, 
welche,  damals  überwiegend  im  Reichsregiment,  jeden 
gewaltsamen  Eingrilf  in  die  Religionssache  ablehnten,  und 
dadurch,  ohne   dem  Lutherthum  selbst  ergeben  zu  sein, 


der  Christenheit  zu  veranlassen,  dass  dieselben  das  Ansehen  der 
Kirche  mit  weltlicher  Macht  unterstützten.  Ebend.  S.  398.  Kamp- 
schulte,  Th.  I.  S.  14.  —  Die  Bücher  Luther's  hatte  diese 
Universität  in  vollzähliger  Congr^ation  schon  am  31.  August  1519 
zum  Feuer  und  den  Verfasser  zum  öffentiichen^  Widerruf  ver- 
urtheilt.  Dieses  Urtheil  wurde  durch  eine  BuUe  des  Papstes  Leo  X. 
(t  1521)  vom  14.  Juni  1520  bestätigt.  Dadurch  wurde  auch  Kaiser 
Karl  V.  bewogen,  am  12.  November  1520  die  Bücher  Luther's 
auf  dem  Domhofe  zu  Göln  in  seiner  und  anderer  Fürsten,  so  ivie 
des  Domcapitels,  des  städtischen  Senats  und  der  Universität  Gegen- 
wart öffentlich  dem  Feuer  zu  übergeben  und  (1521)  die  Universität 
in  Wien  zu  ermahnen,  eben  so  wie  die  Cölnische,  die  Lehre 
Luther's  zu  bekämpfen.  Ausführlicheres,  so  wie  die  hierher  ge- 
hörigen Actenstücke,  siehe  bei  Bianco,  S.  389—393. 
92)  Alting,  Hist.  eccl.  p.  153. 


Prüfung  der  Le^re  Luther's.  Ansicht  d.  Univ.  Kurf.  Befehl .  389 

seiner  Ausbreitung  am  meisten  in  die  Hände  arbeiteten  ^*). 
Da  Luther's  Lehre  nun  auch  in  Heidelberg  immer  mehr 
Eingang  fand,  trug  Ludwig  schon  im  Jahre  1Ö23^^) 
der  Universität  ihre  Prüfung  auf®*).  Hierauf  beriethen 
sich  die  Mitglieder  derselben  (unter  ihnen  auch  von 
dem  Busche,  Grynäus,  Münster),  ohne  jedoch  zu 


93)  Häusser,  S.  540.  541.  542.  558. 

94)  Durch  ein  kaiserliches  Edict  von  1524  wurde  allen  Uni- 
versitäten befohlen,  Luther*s  Lehre  zu  prüfen,  »ut  hoc  melius, 
quid  ferendum  tollendumve  in  Luthero  esset,  dinosci  possit«.  So 
ging  im  genannten  Jahre  auch  der  Universität  Leipzig  dieser  Befehl 
von  dem  Kurfürsten  von  Sachsen  zu.  Die  Universität  überwies 
aber  die  Sache  der  theologischen  und  juristischen  Facultät  zum  Be- 
richt an  den  Kurfürsten.  Sie  sollten  in  ihrem,  und  nicht  in  dem 
Namen  der  Universität  berichten,  »ut,  quicquid  vel  laudis  vel 
jacture  ex  ea  re  obiretur,  personale  non  universale  id  esset«. 
Zarncke,  Acta  Rector.  Univ.  Lips. 

95)  Aus  dem  der  Universität  zugegangenen  Erlass  theilen  wir 
Folgendes  mit:  »Damit  das  gut  neben  dem  bösen  nit  vnderdruckt 
vnd  endlich  erörtert  werden  möge,  was  sich  hinfurtter  In  dem  ein 
Jeder  halten  soU  für  gut  angesehen,  —  So  ist,  wie  wir  Euch  hie- 
voren  befehlen  lassen,  vnser  gnädiges  gesinnen  vnd  begehren,  auch 
mit  ernst  befehlen,  ihr  wollet  allen  Theologen  und  Canonisten, 
Legisten  oder  Rechts  oder  sonst  Gelehrten,  auch  die  zu  lesen  zu- 
gelassen seyn,  und  sonst  graduireten ,  es  seyen  Doctores,  Licentiati 
oder  ander  dieser  Universitet  jetz  zu  Heydelberg  befehlen  und 
verfügen,  dass  sie  samenthafft  oder  besonderlich  die  Luterschen 
vnd  newe  lehren,  wie  die  genant  sind,  auch  die  selbigen  Bücher, 
was  ihr  der  zuwegen  bringen  könnt,  für  die  band  nemmen,  eigent- 
lich ersehen,  die  erwogen,  wo,  wie  und  an  welchem  Orten  die 
Christlich,  annehmlich  vnd  guth,  auch  dem  Evangelio  vnd  rechten 
wahren  Göttlichen  wort,  gemess  oder  nit  seyen,  das  böss  von  dem 
guten  vnderschiedlich  aussziehen  vnd  aufzeichnen,  auch  dapferlich 
berathschlagen,  wie  das  Irrig  vnd  ungerecht,  auch  auf  rühr,  so 
darauss  erwachsen  möcht,  zuvorkommen  vnd  abzuwenden ;  aber  das 
christlich  vnd  gut,  wie  billichen,  zu  pflanzen  vnd  handhaben  war, 
dasselbig  alles  mit  ewerem  Gutbedünken  vns  fürter  verschrieben 
zuschicken,  vnd  Euch  darin  (in  ansehen  dieweil  diss  vnser  Univer- 
sitet bisher  den  Ruhm  vor  andern  gehabt)  dermassen  so  fleissig- 
leichen  der  gleichheit  dem  Evangelio  vnd  der  wahren  Göttlichen 
lehre  am  nechsten  gerümen,  üben  vnd  erzeigen.«  Annall.  Univ. 
T.  V.  F.  61,  a.  b.    Hist.  Acad.  F.  120. 


390       L  Buch,  IL  Periode.  3,  AbschniU.   (1508— 15U.) 

einem  bestimmten  Resultate  zu  kommen  '^.  Wie  übrigens 
die  Universität  über  Luther's  Lehre  gesinnt  war,  lässt 
sich  aus  Folgendem  schliessen.  Im  April  1526  kam  es 
bei  dem  academischen  Senate  zur  Berathung,  woher  es 
komme,  dass  die  sonst  so  blühende  Hochschule  immer 
mehr  in  Verfall  gerathe  und  jetzt  mehr  Professoren,  als 
Studenten,  da  seien  ^^).  Auch  der  Kurfürst  war  über  diesen 
Zustand  der  Universität  missstimmt  und  verlangte  von 
derselben  ein  Gutachten.  In  diesem  Gutachten,  welches 
mit  dem  der  Cölner  Hochschule  (S.  387,  Note  91)  ziem- 
lich übereinstimmte,  schrieben  Rector  und  Senat  den  Ver- 
fall der  Anstalt  dem  Umstände  zu, 

»Das  die  neuwe  luterisch  lere  vnd  snnst  emponmg  der 
yersampten  Bawerschaft  grosse  Ursach  seyn,  das  nit  allein 
Ew.  Churf.  Gnad.  Universitet,  sondern  alle  andere  teut  scher 
Nation  üniversitet  zu  Zerrüttung  und  nachteyl  gedient,  vnd 
zu  besorgen,  wo  Rom.  Kayserl.  Majestät,  Fürsten  und  stände 
des  heilig.  Reichs  zu  hinlegung  gedachter  neuwen  hiterischen 
Lehr  nit  greiffen  und  handeln,  die  Burger  und  gemeine 
Bawerschaft  werden  ihre  Kinder,  wie  vormals  in  die  Üniver- 
siteten  1[dortinnen  sie  knnst,  gute  sytten  ynd  zucht  lernen) 
abfertigen  vnd  schicken,  das  wir  Ew.  Ghurfrstl.  Gnad. 
gnediglich  zu  beherzigen  yffs  vnderthenigst  anzaigen  Mit  vn- 
derthänigster  bitt  uns  ein  gnädigster  Patron  ynd  Schirmherr 
zu  sein®*).« 

Dieser  Erklärung  des  Rectors  und  Senats  gegenüber 
wird  nun  von  anderer  Seite  behauptet: 

»Die  beyden  Professoren  der  Theologie,  Martin  Frech  t 
und  sein  Nachfolger,  Heinrich  Stolo  (S.  879),  sonderlich 


96)  TJeber  diese  Verhandlung  findet  sich  in  den  Annalen  (T.Y 
F.  61,  a.  b)  nur  Folgendes  aufgezeichnet:  »Multis  ultro  dtroqae 
aaditis  tandem  conclusum  est,  ut  singuli  de  Universitatis  consilio 
tunc  congregato,  intra  octavam  e  doctrina  et  libris  Lutheri  ezcer- 
perent,  et  ea  potissimum,  de  quibus  esset  controversia  inter  eondem 
authorem  D.  Martinum  Lutherum  et  priores  theologos  scholastieos.« 

97)  »Universitatem  magna  ex  parte  decrescere  deflorescereqne 
in  eam  peryenisse  infelicitatem ,  ut  plures  sint  professores  quam 
anditores.«    Annall.  üniv.  T.  V.  F.  129,  a. 

98)  Ibid.  F.  129,  b. 


Prüfung  der  Lehre  Luiher%  Amkhtd,  Univ.  Kurf.  Befehl  391 

der  Letztere,  drangen  sehr  auf  die  Evangelische  Lehre  und 
suchten  sie  mit  aller  Bescheidenheit  fortzapflanzen.  Bey  so 
getrennten  Meinungen  und  Lehre,  da  die  meisten  Professores 
der  H.  Schrift  annoch  bey  der  Gatholischen  Religion  verblie- 
ben,  die  Studenten  aber  mehrentheils  sich  zur  aufgehenden 
Lehre,  des  Eyangelii  lenckten,  käme  die  Universitet  mehr 
und  mehr  in  Abgang.«  ^^) 

Obgleich  nun  die  Universität  als  Körperschaft,  wie 
aus  dem  Angeführten  erhellt,  allen  kirchenreformatorischen 
Bestrebungen  abgeneigt  war,  so  traten  doch  diese  immer 
mehr  hervor.  Dass  dieses  zunächst  in  der  theologischen 
Facultät  der  Fall  war,  ist  begreiflich.  In  dieser  traten 
sich  aber  auch  die  Ansichten  bei  den  Disputationen  so 
schroff  entgegen,  dass  der  Kurfürst  sich  veranlasst  sah, 
der  Universität  ein  Decret  (d.  d.  Samstag  nach  dem 
Christtag  1524)  zugehen  zu  lassen.  In  diesem  heisst  es 
unter  Anderem: 

»Nachdem  uns  angelangt,  als  hievor  und  besonderlich 
zu  Zeiten  vnsers  abwesens  etliche  Disput ationes  in  der  Fa- 
cultet  Theologie  unsere  Studiums  allhie  vollbracht  worden, 
das  sich  darunder  widder  hericommende  Ordnungen  ynd  gutt 
Sytten  etlich  frevenliche,  anzüchtige  vnd  schimpffliche  Wort 
begeben,  darzu  einer  dem  andern  in  sein  Rede  gefallen, 
Ingelauffen,  Irrung  vnd  Verhinderung  etwas  ongestymiglichen 
gethan  haben  sollen,  was  den  Alles  zu  missverstant ,  Zwy* 
tracht  etc.  hat  mögen  dienen  vnd  vns  derhalben  filrstlichs 
vnd  geburlichs  Insehens  zu  thun  zuostet.« 

Darauf  wird  »mit  Ernst  bevelhendt«  der  Universität 
aufgetragen,  ein  Mandat  ausgehen  zu  lassen, 

»dass  sowohl  in  der  theologischen  als  in  den  andern 
Facultäten  Jeder,  wess  »Stands  oder  Condition«  er  sei,  in 
seinen  »Reden,  arguiren,  disputirn  vnd  zuhorn  bescheiden, 
zuchtiglich«  halte.  Die  üebertreter  sollten  strenge  bestraft 
werden  und  sollten  unter  ihnen  solche  sein,  welche  der 
Jurisdiction  der  Universität  nicht  unterworfen  wären,  von 
dem  Kurfürsten  ihre  Strafe  erhalten«  ***). 


99)  Kayser,  S.  119.    Alting,  S.  144  ff.    Strnv,  S.  25  ff. 

100)  Annall.  l-niv.  T.  V.  F.  75,  a.  b.    Alting,  p.  144  ff. 


392      ^  Buch.   IL  Periode,  3.  Abedmitt,   (150B—16U,) 

In  diesen  Disputationen  zeigte  sich  nämlich,  dass 
»die  Päpstliche  Authorität  bey  einigen  Universitäts-Ver- 
wandten zu  sincken«  anfing.  So  wurde  (lö25)  bei  Pro- 
motionen darüber  disputirt:  »Ob  man  einem,  der  in  den 
frejren  Künsten  Licentiat  werden  wolte,  den  gewöhnlichen 
Eyd  für  den  Gehorsam  der  Römischen  Kirche  und  des 
Papstes  forlesen  solte«  ***). 

§11. 
Die  ersten  kirchenreformatorüchen  Bewegungen  an  der 
Universität      Heinrich   Stolo.      Johann    Brem    und 

Theohald  BiUican. 

Hatte  nun  auch  das  Lutherthum,  so  lange  Ludwig 
lebte,  weder  an  dessen  Hofe,  an  welchem  damals  der 
eifrige  Katholik  und  Gegner  Luther's,  Thomas  Mur- 
ner, weilte,  noch  bei  der  Universität  Geltung,  so  fand 
es,  wie  schon  erwähnt,  doch  bei  der  letzteren  allmählig 
mehr  Eingang  *^^.  Auch  fehlte  es  nicht  an-  Männern, 
welche  demselben  nicht  nur  anhingen,  sondern  auch  in 
dessen  Geiste  lehrten  *®').  Unter  ihnen  sind  der  schon 
genannte  Professor  der  Theologie,  Martin  Fr  echt,  aber 
besonders  dessen  Nachfolger,  der  Prediger  und  Professor 
Slolo  (S.  379. 390),  zu  nennen  ^^*).  Doch  waren  es  nament- 


101)  Kayser,  S.  119. 

102)  Kurz  Yor  dem  Auftreten  Luther^  8  in  Heidelberg  worden 
die  Universitäts- Angehörigen  (19.  Juni  1517)  von  dem  Rector  zu 
einer  Procession  »ad  impetrandam  a  domino  nostro  Jesu  Christo 
pluviam  salubremc  eingeladen,  und  alle  waren  erschienen;  im  Jahre 
1526  dagegen  mussten,  da  die  Messe,  trotz  freundlicher  Mahnung, 
immer  weniger  besucht  wurde,  die  Säumigen  mit  einer  Geldstrafe 
bedroht  werden.    Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  390,  a. 

103)  Schon  1524  schrieb  Planitz  an  den  Kurfürsten  von 
Sachsen:  »In  Heydelbergk  wird  das  Evangelium  lauter  und  klar 
gepredigt,  wollen  aber  nicht  lutherisch  heissen.«  Förstemann, 
Urkunden,  Th.  I.  S.  198. 

104)  Von  Stolo  schreibt  Wolfgang  Calixtus:  »Stolo- 
nem  in  docendo  proxime  accedere  adLutherum.«  Lyc.  origg.  p.  13. 


Heinrich  8tah,  Johaiim  Brenz  «.  TheobtM  BiOiean.       393 

lieh  jüngere  Männer,  welche  freilich  auch  zu  denjenigen 
zählten,  von  welchen  in  dem  Kurfürstlichen  Erlasse  ge- 
sagt ist,  sie  hielten  »Winkelpredigten«  (S.  386).  Nach 
den  Acten  waren  damit  zunächst  gemeint  Johann  Brenz 
und  Diepold  Gerlach  oder  Gerlacher,  gewöhnlich 
Theobald  Billican  (von  seinem  Geburtsorte  Billigheim 
bei  Landau)  genannt. 

Den  Ersten  haben  wir  schon  (S.  205)  als  Regens  der 
Realistenburse  erwähnt.  Er  war  in  Heidelberg  auf  der 
Schule  (1510)  und  Universität,  wo  er  mit  Melanchthon, 
Bucer  u,  A.  studirte  und  (1514)  Baccalaureus  wurde. 
In  seiner  Burse  hielt  er  Vorlesungen  über  das  Evangelium 
Matthäi,  welches  er  im  reformatorischen  Sinne  erklärte. 
Da  aber  auch  andere  Studenten,  welche  nicht  in  diese 
Burse  gehörten,  die  Vorlesungen  besuchten,  so  wurde  der 
Lehrsaal  bald  zu  enge.  Dadurch  sah  sich  Brenz  ver* 
anlasst,  seilte  Vorträge  in  dem  geräumigen  Auditorium 
philosophicum  zu  halten.  Dieses  wurde  jedoch  von  der 
theologischen  Facultät  sehr  ungern  gesehen,  da  er  keinem 
geistlichen  Orden  angehörte.  Um  nun  zu  verhindern,  dass 
die  Vorträge  nicht  mehr  in  diesem  Auditorium  gehalten 
würden,  ohne  sie  jedoch  geradezu  zu  verbieten,  erhielt 
Brenz  ein  Canonicat  im  Stifte  zum  H.  Geiste.  In  diesem 
CoUegium  unterwies  er  seine  Zuhörer  im  »Lehren,  Pre- 
digen imd  Disputiren«.  Doch  auch  dieses  wurde  dem 
Brenz  durch  die  genannte  Verordnung  des  Kurfürsten 
(1522)  untersagt  und  er  von  der  Universität  und  dem 
Kurfürstlichen  Canzler  zur  Rechenschaft  gezogen.  Da 
man  ihm  jedoch  nichts  anhaben  konnte,  so  blieb  er  in 
seiner  Stelle ,  folgte  jedoch  einem  in  demselben  Jahre  an 
ihn  ergangenen  Ruf  nach  Schwäbisch-Hall ,  wo  er  1570 
starb  ^<^^). 


106)  Acta  Fac.  Art.  T.  in.  F.  71,  b.  90,  b.  Hist.  Acad.  F. 
111  —  114.  Lyc.  origg*  p.  8.  Yaihinger,  Leben  des  Reform. 
Brenz.    Uli  mann,  Th.  Stud.  u.  Erit.  1841.  H.  3.  S.  586,  woselbst 


394      I'  Bwih.  n.  Periode.  3,  AbechniU.  (150S--UU.) 

Billican,  welcher  ebenfalls  in  Heidelberg  studirt 
hatte  und  (1512)  Baccalaureus  geworden  war^®^,  beklei- 
dete (1520)  die  Stelle  eines  Propstes  in  dem  Artisten- 
Collegium  ^®^),  und  lehrte  in  gleicher  Weise  und  mit 
gleichem  Beifall,  wie  Brenz,  wurde  aber  in  Folge  des 
genannten  Kurfürstlichen  Befehls  in  eine  Untersuchung 
gezogen.  Ging  er  nun  aus  derselben  eben  so  schuldfrei, 
wie  jener,  hervor,  so  verliess .  er  dennoch  (1522)  Heidel- 
berg, und  begab  sich  nach  Weil  (der  Stadt), .  und  von  hier 
(durch  die  österreichische  Regierung  in  Stuttgart  vertrieben) 
nach  Nördlingen  ^^^.  Im  Jahre  1535  kehrte  er  jedoch, 
und  zwar  mit  Frau  und  Kindern,  wieder  nach  Heidelberg 
zurück.  Sobald  der  Kurfürst  dieses  erfahren -hatte,  wurde 
der  Rector  mit  zwei  Mitgliedern  auf  die  Canzlei  beschie* 
den  und  dort  von  dem  Canzler  Fleckenstein  der  Uni- 
versität zum  schweren  Vorwurf  gemacht,  dass  sie  den 
Billican,  welcher  schon  vor  einigen  Jahren  zu  Nörd- 
lingen eine  neue  Secte  gepredigt  habe,  bei  sich  aufge- 
nommen oder  gar  gerufen  habe.  »Die  Universität«,  führ  er 
fort,«  wisse, 

wie  sehr  der  EurfOrst  nach  den  Befehlen  des  Kaisers 
sich  richte;  er  habe  deshalb  beschlossen,  dem  Billican 
durch  den  Stadtschultheissen  den  Befehl  zugehen  zu  lassen, 
Heidelberg  unverzüglich  zu  verlassen  *®®)«. 

Die  Universität  verwendete  sich  hierauf  in  einer  aus- 
führlichen Eingabe  an  den  Kurfürsten  für  »Theobaldum  vom 
Billickan«,  und  stellte  jenem  vor,  dass  Billican  keines- 


auch  Brenz'  Leben  aus  der  Hist.  Acad.  abgedruckt  ist.  Herzog, 
Realencyclop.  unter  Brenz.  Vierordt,  S.  150.  Kor  tum  und 
Reichlin-Meldegg,  B.  U.  S.  242. 

106)  Acta  Fac.  Art.  T.  III.  F.  49,  b.  Melanchthon  sagt 
von  Billican  (Corp.  Ref.  T.  H.  p.  482):  »Er  war  mein  Mit- 
schüler und  an  Geistesanlagen  und  Beredsamkeit  mir  weit  tiberlegen.« 

107)  Catalog.  Praepositor.  in  Cod.  Nr.  358,  79,  a. 

108)  Vierordt,  S.  150. 

109)  Annall.  Univ.  T.  VI.  F.  38,  b,  wo  es  unter  Anderm  von 
Billican  heisst:  »Qui  jam  aliquot  annis  sectam  novam  nord- 
lingiacis  predicasset.« 


Heinfich  Stoh,  Johann  Brenz  u,  Theobäld  BiUican,       395 

wegs  in  der  Eigenschaft  als  Theologe  hierher  gekommen 
sei,  sondern  vorhabe,  die  Rechts -Wissenschaft  zu  stu* 
diren"^. 

Der  Aufenthalt  in  Heidelberg  wurde  nun  dem  Bil- 
lican  gestattet,  und  dieser  sogar  (1538)  »nach  Begehr«  des 
Kurfürsten  zum  Vorstände  der  Realistenburse  ernannt, 
ohne  jedoch,  weil  er  verheirathet  war,  in  den  Rath  (con- 
cilium)  der  Artisten-Facultät  aufgenommen  zu  werden  ^^^). 
Nachdem  er  als  Licentiat  beider  Rechte  promovirt  hatte, 
gewann  er  so  grosses  Zutrauen,  dass  er  mit  Zustimmung 
des  academischen  Senates  die  Vorlesungen  des  1542  schwer 
erkrankten  Wendelin  Schelling,  auf  dessen  ausdrück- 
lichen Wunsch,  über  die  Decretalen  und  das  jus  feudale^**) 
übernahm  und  mit  grossem  Beifalle  hielt  ^^*).  Im  folgen- 
den Jahre  (1543)  starb  Schelling.  Bil lican  wandte 
sich  nun  nicht  an  die  Universität,  sondern  an  den  Kur- 
fürsten mit  der  "Bitte,  ihm  Schellin  g's  Stelle  zu  über- 
tragen ^^*),  \ 

»damit  künftiger  Zeit  die  Jumten  Schul,  an  deren 
Ewerer  Ehurfürstlichen  gnaden  am  meisten  gelegen,  mit 
dapptfieren  vnd  geschickten  Leuten  versehen  werden  möchte 

Billican's  Eingabe  an  den  Kurfürsten  wurde  am 
17.  October  der  Universität  mit  der  Aufforderung  zuge- 


110)  Annall.  Univ;  T.  VI.  F.  39,  a:  »Vnd  dieweil  er  hierher 
jetzundt  mit  weih  vnd  kindlein  kommen  hie  bei  vns  in  Rechten  zu 
studieren,  von  niemands  begehrt  worden,  haben  wir  als  one  ver- 
klagten oder  one  öffentlich  verdamptem  aus  diesem  privilegirten 
vnd  gefreyten  studio  niemands  wussen  usszuschliessen.  Cum  can- 
dide  sint  musarum  janue.« 

111)  Act.  Fac.  Art.  T.  III.  F.  148,  b.  149,  a.  b.  —  Unten,  wo 
unter  der  Regierung  Friedrich's  IL  von  der  Verehlichung  der 
Universitätslehrer  die  Rede  sein  wird,  werden  wir  nochmals  auf 
Billican  zurückkommen. 

112)  Schelling  war  der  Erste,  welcher  an  der  Universit&t 
über  das  jus  feudale  Vorlesungen  hielt.  Wundt:  De  ord.  jur. 
P.  III.  p.  14. 

113)  AnnaU.  Univ.  T.  VI.  F.  316,  a. 

114)  Ibid.  F.  318,  a. 


396       X  Buch.   IL  Periode.   3,  Abschnm.   (1508-^X544.) 

stellt,  dem  Kurfilrsten  darüber  zu  berichten  ^^^);  sie  ent- 
schied sich  aber  nach  einer  am  24.  October  abgdialtenea 
Versammlung  ^^^  gegen  seine  Anstellung  ^^').  Nach- 
dem sie  in  ihrer  Antwort  an  den  Kurfürsten  angeführt 
hatte,  dass  Billican's  Streben  aus  Eigennutz  hervor- 
gehe, und  er  als  verheiratheter  Mann  die  mit  dieser  Lehr- 
stelle verbundene  »lectur  des  canonischen  Rechtes«  nicht 
vortragen  könne,  fuhr  sie  folgender  Massen  fort: 

»dass  er  sich  aber  seiner  Geschickliclikeit  selbst  be- 
rümbt,  als  er  schreibt,  die  lectur  mit  geschickten  Leuten  zu 
versehen,  mag  er  wol  in  etlichen  Künsten  vor  andern  ge- 
schickt seyn,  dass  er  aber  in  facultate  juris  in  kurzen  Jahren 
also  geschickt  sey  worden,  dass  er  allen  seinen  preceptoribus 
vnd  promotoribus  fürzuziehen  sey,  das  künden  wir  ime  nit 
Gezeugnis  geben,  und  er  hätte  billig  bedacht,  was  er  für  der 
zeit  als  viel  jar  ein  Predicant  in  Nörlingen  gewesen,  im 
Evangelio  gelesen  vnd.  gepredigt  hat :  non  est  discipulus  super 
magistrumc. 

Dessen  ungeachtet  erhielt  Billic an  die  Erlaubniss  zu 
juristischen  Vorlesungen,  und  zwar  durch  die  Protection 
einer  Maitresse  des  Kurfürsten,  Margarethe  von  der 
Leyen.  Bald  darauf  (16.  März  1544)  starb  aber  Lud- 
wig, und  schon  unter  dem  26.  Juli  desselben  Jahres, 
nachdem  Friedrich  IL  die  Regierung  angetreten  hatte, 
wurde  Billican  als  Regens  der  Realisten-Burse  abgesetzt 
und  ihm  alles  Wirken  an  der  Universität  auf  Befehl  des 
Kurfürsten  untersagt,  mit  der  Weisung,  Heidelberg  zu 
verlassen  ^^®). 


115)  Annall.  1.  c.  F.  816,  a. 

116)  In  sacrario  sancti  Spiritus  in  causa  Billicani  omnibus 
personis  Universitatis  ad  hoc  per  juramentum  convocatis.  Ibid. 
F.  318,  b. 

117)  Das  Gutachten  der  Universität  findet  sich  F.  318,  b  bis 
326,  a. 

118)  Vicesima  sexta  Julii  (1544)  ego  Rector  (Wendalinus  Heil- 
mann) vocabar  ad  cancellarium.  Ibi  per  prefectum  hujus  oppidi 
Joannem  a  Gemmingen  tunc  locum  tenentem  in  presentia  aliorum 
consiliariorum  principio  gravis  quaedam  commissio  iUastrissimi  nostri 


Mdanehthon^s  Siudiengeit  und  Beiueh  in  Heidelberg,      397 

Der  Befehl  des-  Kurfürsten  wurde  dem  Billican 
noch  an  demselben  Tage  mitgetheilt,  worauf  dies^  seine 
Stelle  als  Regens  der  genannten  Burse  niederlegte.  Im 
Uebrigen  versprach  er,  sich  dem  Will^i  des  EurfOrsten 
zu  fügen  ^^^X  und  verliess  alsbald  Heidelberg  ^*^. 

Ueber  Billican's  weiteres  Schicksal  wird  berichtet, 
er  sei  nach  der  Heidelberg  nahe  gelegenen  Festung  Dils- 
bei^  in  gefängliche  Haft  gebracht,  nach  einigen  Monaten 
aber  aus  derselben  (wohl,  weil  man  keine  Schuld  an  ihm 
gefunden)  wieder  entlassen  worden  und  am  8.  AuguiB|t  1Ö54 
als  Professor  der  Rhetorik  und  Geschichte  in  Marburg 
gestorben  **^). 

§  12. 
Philipp  Melanchthofis  Studiemeit  (1509J  und  Bestich 

in  Heidelherg  (^1524). 

An  die  genannten  ausgezeichneten  Persönlichkeiten 
schliessen  wir  einen  Mann  an,  welcher  seine  eigentlichen 
Studien  an  der  Heidelberger  Universität  begonnen  hatte,  und 
bis  zum  Ende  seines  Lebens  nicht  nur  in  ununterbrochener 
Verbindung  mit  der  ihm  stets  lieben  und  theueren  Hoch- 


Principis  nobis  est  patefacta  et  insinuata  his  verbis:  »Her  der 
Bector,  ihr  soUt  licentiato  Theobaldo  Billicano  auf  geheyss  vnd 
beyelches  meines  gnedigsten  herm  sagen,  nehmlich  er  sol  der 
regenterey  in  Bursa  realium  vnd  aller  andern  Ampter  ynd  Hand- 
lungen, Geschäften  vnd  angehörigen  Gonditionibus  der  üniyersitet 
sich  gentzlich  entschlagen,  ynd  weder  eine  noch  mehr  lectiones 
halten,  sondern  er  wolle  sich  anderswo  versehen,  denn  mein  gnä- 
digster herr  mag  vnd  wolle  ihn  hie  nicht  länger  dulten.«  Annall. 
Univ.  T.  VI.  F.  370,  a. 

119)  Hoc  mandatum  Principis  eodem  die  senatu  Uniyersitatis 
ad  coUegium  conyocato  domino  licentiato  Theobaldo  Billicano  est 
insinuatnm,  quo  audito  statim  resignayit  Regentiam  et  promisit  se 
huic  jussui  principis  obtemperaturum.    Ibid.  F.  370,  a. 

120)  Hottinger,  p.  76.  77. 

121)  Pfalz.  Copialb.  Nr.  32.  F.  311  ff.  Vierordt,  B.  I. 
8.  339.  Yaihinger,  S.  7.  6.  Schenkel,  Realencycl.  v.  Herzog 
unter  Billican. 


398      L  Buch,   IL  Periode.  3.  AbschniU.  (1508— 15U.) 

schule  geblieben  war,  sondern  überhaupt  auf  das  wissen- 
schaftliche und  kirchliche  Leben  der  Rbeinpfalz  einen 
grossen  Einfluss  übte.  Wir  meinen  den  berühmten  Be- 
formator  Philipp  Melanchthon^**). 

Am  16.  Februar  1497  in  Bretten  geboren,  bezog  er 
(1509)  im  13.  Jahre"')  die  Universität  Heidelberg  und  wurde 
am  13.  October  unter  dem  Rectorate  »JaannisWysersde 
Ebersbaeh«  immatriculirt^^*).  Seine  Wohnung  hatte  er  in 
dem  Hause  des  Professors  der  Theologie,  Pallas  Span- 
gel, welcher  auch  Melanchthon's  Lehrer  war,  und  dessen 
der  grosse  Schüler  stets  mit  hoher  Verehrung  und  Liebe 
gedachte.  Im  Jahre  1511  wurde  Melanchthon  Bacca- 
laureus  ^*^).  Als  er  aber  bald  nachher  auch  um  die  Magi- 
sterwürde sich  bewarb,  wurde  ihm  diese  von  der  Facul- 
tät  versagt,  sei  es  nun  wegen  seines  noch  so  jugendlichen 
Alters,  oder,  wie  Andere  glauben,  »wegen  seines  besonnen 
prüfenden  und  daher  freieren,  das  scholastische  Lehrske- 
lett verschmähenden  Standpunktes  "^«.    Jeden  Falls  ist 


122)  Seit  dem  Jahre  1531  schrieb  er  wohl  der  leichteren  Aufl- 
sprache  wegen  Melanthon;  wir  behalten  jedoch  die  ursprOngUche, 
etymologisch  richtige  Uebersetzung  seines  Familiennamens  »Schwarz- 
erde bei.  Nicht  zufrieden  mit  seinem  griechischen  Namen,  über- 
setzte er  ihn  auch  lateinisch  in  »Pullisolus«  (pullns  dunkel- 
farbig, solum  Boden,  Erde).  Ausftthrliches  und  Grflndliches  s.  bei 
Schmidt:  »Philipp  Melanchthon.  Leben  und  ausgewählte 
Schriften.« 

123)  lieber  das  Beziehen  der  Universität  in  so  jugendlichem 
Alter  im  Allgemeinen  s.  S.  62  und  über  das  Melanchthon' 8 
Bretschneider,  Mel.  op.  P.  I.  p.  CXLVI.  —  In  Melanch- 
thon's  Alter  besuchten  auch  Joh.  Brenz  und  Day.  Chyträus 
die  Universität.    Ruhkopf,  S.  275. 

124)  Intitulatus  est  XIII.  Oct.  1509  Philippus  Schwarz -£rd 
de  Bretten.    Matr.  lib.  II. 

125)  Acta  Fac.  Art.  T.  HI.  F.  45,  a :  »Quarte  Id.  lunii  1511. 
ad  baccalaureatuB  gradum  de  via  antiqua  admissi  sunt  —  Philippus 
Swarzerd  de  Bretten.  Beigeschrieben  ist.  »0  ^iXatnog  ^cAaV/^aii', 
totius  orbis  miraculum.  MDXXim.« 

126)  Melanchthon  selbst  schreibt  (Corp.  Ref.  T.  IV.  p.7l6): 
»Missus  sum  puer  adhuc  in  Academiam,  ubi,  cum  adolescentibus 
nihil  publice  traderetnr  praeter  illam  garrulam  Dialecticen  et  par- 


Büchereenmr.  Bwihhöndl,'  u,  Btuihbinder'Eid.  Pressprocess,    399 

SO  viel  gewiss,  dass  Melanchthon,  weil  die  Facultät 
seinen  Wunsch  nicht  erfüllte,  Heidelberg  (1512)  verliess 
und  sich  nach  Tübingen  begab  **').  Als  er  aber  später  (1524) 
auf  seiner  Reise  von  Wittenberg  mit  seinem  Begleiter 
Camerarius  nach  Heidelberg  kam,  suchte  die  Facultät 
ihr  früheres  Benehmen  durch  das  Geschenk  eines  Ehren- 
bechers wieder  gut  zu  machen  ^*^. 

Wie  hoch  jetzt  noch  Melanchthon  in  ganz  Deutsch- 
land und  namentlich  von  der  Stadt  und  Universität  Hei- 
delberg geschätzt  wird,  bewies  die  überall  am  19.  April 
1860  in  erhebender  Weise  begangene  Feier  seines  300- 
jährigen  Todestages  ^*^). 

§  13. 

Büchercensur,  Der  von  den  Buchhändlern  und-  Buch- 
bindern zu  schwörende  Eid,     Ein  Pressprozess, 

Wenn  auch  in  Rom  gleich  nach  Erfindung  der  Buch- 
druckerkunst (1440)  von  Eugen  IV,  (1431  —  1447)  die 
präventive  Ceusur  durch  die  Errichtung  der  Inquisitions- 
anstalt des  Magistri  sacri  Palatii  eingeführt,  von  Alexan- 


ticulam  Physices  —  adjunzi  historiarum  et  fabularum  lectionem.« 
Vergl.  auch  S eisen,  S.  14. 

127)  Während  seines  Aufenthaltes  in  Heidelberg  unterrichtete 
Mekinchthon  zwei  Söhne  des  Grafen  von  Löwenstein  und 
entwarf  wahrscheinlich  für  sie  die  ersten  Grundsätze  der  später 
herausgegebenen  »Rudimenta  linguae  Graecae«,  und  so  machte  denn 
der  »Lehrer  Deutschlands«  in  Heidelberg  seine  ersten  Lehrversuche. , 
Schmidt,  S.  692  ff.  Raumer,  Th.  L  S.  182  ff.  Bütting- 
hausen,  Beitr.  z.  Pfölz.  Gesch.  B.  L  S.  38.  Vierordt:  De  Un- 
gero,  Melanchthonis  praeceptore  p.  10. 

128)  Ausftthrliches  ist  in  Act  Fac.  Art.  T.  lH.  F.  113,  b.  114,  a, 
woselbst  auch  das  Original  von  Melanchthon' s  Danksagungs- 
i^chreiben  an  die  Facultät  eingeklebt  ist. 

129)  Die  an  der  Universität  Heidelberg  von  Rot  he  und  von 
Schenkel  bei  der  Feier  gehaltenen  Reden  sind  im  Drucke  er- 
schienen. —  Ein  Yon  dem  Bildhauer  Friedrich  trefflich  ausge- 
führtes Denkmal  Melanchthon' s  wurde  am  7.  Juli  1861  in  der 
Stiftskirche  zu  Bretten  feierlich  aufgestellt 


400      ^-  Buch.  IL  Periode.  3.  Meeknitt.   (löOa^löU.) 

der  VI.  (1492—1502)  das  erste  Censur-Edict  ^»«)  gegeben 
worden  war,  und  das  ganze  Institut  durch  L  e  o  X.  (1513 
bis  1521)  eine  dauernde  Einrichtung  erhalten  hatte,  so  war 
die  Censur  in  den  deutschen  Landen  noch  lange  nicht 
gesetzlich  ausgebildet  Luther's  sämmtliche  Schriften 
erschienen  ohne  Censur.  Die  Ausbildung  dieses  Instituts 
in  Deutschland  fällt  erst  in  die  zweite  Hälfte  des  16. 
Jahrhunderts.  Da  wurden  die  Universitäten  auch  die  Cen- 
suranstalten;  der  jedesmalige  Rector  hatte  die  Obercensur 
und  die  Decane  der  Facultäten  die  Censur  derjenigen 
Bücher,  welche  in  ihr  Fach  einschlugen  ^^^).  .  Das  ganze 
Censurwesen  wurde  von  der  Obrigkeit  überwacht.  Beson- 
ders grosse  Vorsicht  herrschte  auf  den  Messen  in  Frank- 
furt. Dort  erliess  die  im  Jahre  1580  errichtete  Bücher- 
Commission  ein  Mandat,  dass  keine  Bücher  verkauft 
werden  sollten,  sie  wären  denn  zuvor  in  der  Kanzlei  be- 
sichtigt, und  noch  im  vorigen  Jahrhunderte  wurde  von 
den  Kaisem  Franz  L,  Leopold  und  Franz  II.  dieser 
Commission  eine  eigene  Instruction  gegeben  *^*). 

An  der  Universität  in  Heidelberg  finden  wir  erst  im 
Jahre  1525  eine  Beschränkung  des  Verkaufs  von  Bü- 
chern "*),  welche  ohne  Zweifel   durch  den   Bauernkrieg 


130)  Ausführlich  ist  dasselbe  mitgetheilt  in  Eortüm's  und 
Reichlin-Meldegg's  Gesch.  Europa's,  B.  I.  S.  104.  105.    . 

131)  Herzog  Albrecht  von  Preussen  verordnete  1550,  dass 
die  Buchhändler  ihre  Verzeichnisse  immer  erst  dem  Senate  der 
Universität  Königsberg  vorlegen  und  keine  Schrift^  die  von  diesem 
nicht  gebilligt  werde,  erkaufen  sollten.  S.  Arnold,  Gesch.  der 
Königsb.  Univers.  B.  ü.  Beil.  20.  21.  Auch  in  Sachsen  sollten 
Bücher  nur  mit  Bewilligung  der  theologischen  Facult&t  in  Witten- 
berg und  der  4  Decane  erscheinen  dürfen.  S.  Schlüsselburg, 
Epist  p.  280. 

132)  Streuber,  Beitr.  z.  Basl.  Buchdruckergesch.  S.  88.  89. 
Kunze  1  in  der  Gesch.  des  Buchhandels  und  der  Buchdruckerknnst 
von  Metz,  S.  25. 

133)  Wenn  Bianco,  S.  180  »dasBecht  der  kirchlichen  Büche^ 
censur«  als  ein  Privilegium  der  Universitäten,  als  kirchlicher  Kör- 
perschaften, im  Mittelalter  bezeichnet,  so  hat  die  Universität  Hei- 


Büchercm»ur.  Buchhändl-  u.  Buchbrnder-Eid.  Pressprozess.  401 

veranlasst  worden  ist  Es  mussten  nämlich  die  Buchhänd- 
ler, damals  Buchfahrer  genannt,  und  Buchbinder  unter 
Anderem  eidlich  versprechen,  kein  Buch  ohne  Vorwissen 
des  Fauths  zu  drucken  oder  zu  verkaufen  ^**). 

Während  des  genannten  Krieges  kommt  jedoch  in 
den  Acten  nur  ein  Gegenstand  vor,  welcher  als  ein  Press- 
prozess  bezeichnet  werden  kann.  üeber*diesen  wurde  am 
Samstage  Judica  1525  von  dem  academischen  Senat  als 
über  einen  ungewöhnlichen  und  unerhörten  Fall  (inusita- 
tum  et  inauditum  casum)  berathen. 

Der  Stadtschultheiss  hatte  4  Personen,  zwei  Buch- 
händler, einen  Buchbinder  und  einen  Pergamentmacher 
(Pergamenarius),  vorgeladen  und  ihnen  auferlegt,  in  seine 
Hand  dem  Kurfürsten  den  Eid  der  Treue  zu  schwören. 
Als  diese  Leute,  welche  zu  den  Angehörigen  der  Univer- 
sität zählten,  erstaunt  nach  dem  Gmnde  dieses  Ansinnens 
fragten,  wurde  ihnen  bedeutet,  sie  hätten  sich  mit  auf- 
rührerischen Plakaten  und  Schriften  der  Bauern  aus  Schwa- 
ben und  dem  Hegau  befasst  und  solche  verbreitet.  Ohne 
auf  die  Sache  weiter  einzugehen,  verweigerten  die  Vor- 
geladenen den  Eid  und  wandten  sich  an  die  Universität 
Diese,  sich  auf  die  Privilegien  der  Hochschule  berufend, 
nahm  sie  als  ihre  Angehörigen  in  Schutz  und  bewirkte  bei 
dem  Kurfürsten,  dass  der  Eid  an  den  Rector  geleistet 
werden  durfte,  da  der  Landesherr  nicht  gegen  die  Univer- 
sitäts-Privilegien Verstössen  wollte  ^*^). 

Doch  müssen  wir  eine  Art  von  Censur  erwähnen, 
welche  die  Universität  übte.  Die  von  ihr  angestellten  und 
ihr  untergebenen  Buchdrucker  durften  nichts  ohne  ihre 
Erlaubniss  drucken.  Als  1560  Friedrich  HI.  Me- 
lanchthon^s   Gutachten  dem  Universitäts- Buchdrucker, 


delberg  dieses  Recht  früher  nieht  gtabt;    wenigstens  findet  sich 
davon  kein  Beleg  in  den  Acten.  «^ 

134)  Urkunde  No.  XX. 

läö)  AnnaU.  Univ.  T.  V.  F.  78,  a. 
Haats,  6e«oh.  d.  UnW.  Heidelb.  I.  26 


402       I-  Bi4ch.   IL  Periode.  3.  AbschmU.   (löOS—löU.) 

Ludwig  Luck  (Lucius),  zu  drucken  befahl,  gestattete 
dieses  die  Hochschule,  dem  Befehle  des  Kurfürsten  ge- 
radezu entgegentretend,  nicht  "•). 

§  14. 

Beschwerden    der    Bürffersckqft   gegen    die    von  der 

Universität  missbrauchte  Steuerfreiheit. 

In  der  Stiftungsurkunde  wurde  der  Universität  völ- 
lige Freiheit  von  allen  Lasten  zugesichert,  und  so  waren 
denn  nicht  nur  die  Güter-Abgaben  frei,  sondern  auch  alle 
Besitzungen,  welche  die  Anstalt  und  ihre  Angehöri- 
gen ankauften.  Dazu  kam,  dass  Viele,  welche  sich  üni- 
versitäts-Angehörige  nannten,  ohne  es  eigentlich  zu  sein, 
Besitzungen,  welche  vorher  besteuert  wurden,  durch  Kauf 

136)  Lud.  Lucius,  Acad.  Typographus  offert  Rectori  Judi- 
cium Philippi  Melanchthonis  de  controversia  coe- 
nae  domini  ad  illustrissimum  Principem  ac  D.  D. 
Fridericum  Gomitem  Palatinum  Rheni  etc.  scriptum, 
atque  sibi  Prindpis  nomine  mandatum  fatetur,  ut  intra  bidnum 
proidmum  typis  excudatur  id  ipsum,  omniaque  exemplaria 
ejus  Celsitudini  tradat.  Quia  vero  inter  reliquas  officii  sui  con- 
ditiones  id  quoque  injunctum  ipsi  sit,  ne  quid  sine  scitu  et  consensu 
Rectoris  et  Universitatis  imprimatur  htc  ant  impressum  distrahatur; 
cupere  igitur  scire  se,  quid  facere  hac  in  re  et  praestare  debeat, 
ne  vel  contra  jur^entnm  nuper  praestitum  fecisse  aliquid  temere 
dicatur,  vel  indignationem  Principis  imprndenter  incurrat. 

Ea  de  causa  Rector,  statim  Senatu  per  juramentum  conTOcato, 
negotium  hoc  discutiendum  proposuit^  atque  ut  juxta  deliberationem 
Senatus,  quae hoc  anno  deTypographoetbibliopolis  aliquoties 
habita  est,  censores  eorum,  quae  in  posterum  htc  imprimenda  sunt, 
constituerentur ,  jussit.  Auditis  ergo  Dominorum  suffragiis ,  id  ne- 
gotii Dominis  Decanis  lY  Facultatum  unanimi  consensu  datum  fuit, 
ut  in  posterum  de  omnibus,  quae  typis  hlc  describenda  et  divnl- 
ganda  sunt,  dijudicent.  Deinde  recitato  in  Senatu  una  cum  litteris 
Dni.  Melanchthonis  ad  Principem  Judicio  de  coena,  multisque  hinc 
inde  causis  et  rationibus  non  imprudenter  in  medium  adductis, 
conclusum  est:  Scriptum  istud,  ut  hoc  tempore  in- 
primat  Typographus  Academiae  nostrae  Lucius,  non 
esse  permittendum.  Ann.  Univ.  T.  VIIL  F.  3,  a.  Das  Gut- 
achten wurde  dennoch  von  Luck  gedruckt.  Es  erschien  auf  einem 
Bogen  und  am  Ende  steht:  Ex  autographo:  Excudebat  Lndoricus 
Lucius  ann.  MDLX. 


Klagen  d.  Bürgerschaft  wegen  missbrauchter  Steuerfreiheit     403 

oder  Heirath  an  sich  gebracht  hatten  und  diese  steuer- 
frei genossen.  Andere  gaben  sich  für  Studirende  aus  und 
trieben  unter  dem  Schutze  der  Universität,  ohne  Abgaben 
zu  bezahlen,  Gewerbe,  Wirthschaften  oder  Handwerke. 
Auf  diese  Weise  war  ein  ganz  fremdartiger  Bestandtheil 
in  das  städtische  Gemeinwesen  gekommen  und,  wenn  auch 
von  den  Bürgern  die  Vörtheile  anerkannt  wurden,  welche 
ihnen  durch  die  Hochschule  erwuchsen,  so  wollten  sie 
doch  diesen  Missbrauch  abgeschafft  wissen.  Um  dieses  zu 
erreichen,  wandten  sich  Bürgermeister  und  Rath  der  Stadt 
an  den  Kurfürsten,  und  zwar  an  dem  Tage,  an  welchem 
die  Anstalt  den  Kurfürsten  um  »böfestigung  vnd  confir- 
mation  Irer  Friheit«  gebeten  hatte.  In  der  demselben  über- 
reichten schriftlichen  Vorstellung  heisst  es  unter  Anderem : 

»Es  sint  Ir  etlich,  die  wein  uff  verkauff  kauffen  vnd 
Widder  zum  zapffen  verschenken,  das  Inen  durch  Ew.  Churf. 
gn.  vorfaren  zu  thun  verbotten  ist.« 

Ferner  heisst  es:     ^ 

»Das  etlich  die  nit  umb  studirens  willen  hie  syn,  noch 
ihr  letzen  horen^  mit  wibe  vnd  kinder  hie  sitzen,  wasser  vnd 
weid  gebruchen,  gewerb  vnd  handel  driben  vnd  für  Studenten 
beschirmt  werben«  **^).    ^ 

Der  Kurfürst  schien  auch  nicht  abgeneigt,  den  Bitten 
der  Stadt  nachzugeben.  Allein,  so  wenig  es  Friedrich  L, 
welcher  den  übertriebenen  Immunitäten  der  Universität 
1458  eine  eigene  Verordnung  entgegensetzte,  gelang,  die- 
sen Missbrauch  abzuschaffen  ^^*),  eben  so  wenig  konnte, 
es  Ludwig  durchsetzen.  Die  Universität  blieb  beharrlich 
bei  der  bisherigen  Uebung  und  berief  sich  auf  ihre  alten 
Rechte.  Es  folgten  Gegenschriften  auf  Gegenschriften, 
und  der  Streit  wurde  von*  den  verschiedenen  Seiten 
auf  das  Lebhafteste  bis  zum  Jahre  1511  fortgeführt,  aber 
der  Zustand  blieb  derselbe  ^^^).    Noch  im  Mai  1522  wie- 


137)  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  79,  a.  b.  80,  a. 

138)  Ibid.  T.  III.  F.  59,  b. 

139)  Die  ganze  Verhandlung  mit   den  Schriften   und   Gegen- 

26^ 


404       I*  Buch,  IL  Periode,  3.  AbschmU.   (UOS-^UU.) 

(lerholten  sich  die  alten  Beschwerden  der  Bürger  gegen 
»Universitäts- Verwandte  vnd  andere  geistliche  Inwohner  zu 
Heydelberg«,  weil  sie  mit  Weinkauf  und  Verkauf  und  so- 
gar  mit  Gasthaltung  sich  abgaben  »zu  der  stat  vnd  armer 
Burgerschaft  onlidlichem  abbruch  und  nachteyl«.  Als  die 
Universität  deshalb  vernommen  wurde,  sprach  sie  sich 
ungehalten  darüber  aus,  dass  die  Stadt  sich  nicht  lieber 
an  den  Rector  gewendet  habe.  Was  die  Anklage  selbst  an- 
gehe, heisst  es  weiter,  so  sei  sie  dunkel,  und  es  bedürfe 
einer  näheren  Erklärung,  was  das  für  üniversitäts  -  y er- 
wandte seien  ^^^).  Das  Resultat  aller  dieser  weitläufigen 
Verhandlungen  war,  dass  die  Hochschule  vor  wie  nach 
als  völlig  selbstständige  Corporation  in  allen  ihren  Privi- 
legien im  weitesten  Umfange  blieb  ***). 

§15. 
Vorsichtsmaaasregehi  während  des  Bauernkrieges.   Die 
Universität  weist  die  Forderung,  während  des  Krieges 
»u  den   öf entlichen    Kosten  beizutragen^    mit   Erfolg 

zurück. 

Zur  Zeit  des  Bauernkrieges  (1525)  schien  die  Stim- 
mung in  der  Umgegend  von  Heidelberg  so  gefahrlich, 
dass  man  jeden  Augenblick  die  Störung  der  Ruhe  in  der 
Stadt  zu  befürchten  hatte  ^**).  Um  diese  nun  zu  sichern, 
sollte  auf  Befehl  des  Kurfürsten  eine  Art  Sidierheitswache 
aus  Studenten  gebildet  und  von  einem  tüchtigen  Bürger 
angeführt  werden.    Sobald  Unruhen  in  der  Stadt  entstünden, 


Schriften  ist  ausfQhrlich   aufgezeichnet  in  den  Annalen  d.  Üniv. 
T.  IV.  F.  79  a  bis  95,  b.  107.  112.  125.  139. 

140)  Annall.  üniv.  T.  V.  F.  26,  a. 

141)  Aehnliche  Beschwerden  von  Bürgern  gegen  die  Universität 
kamen  auch  in  anderen  Universitätsstädten  vor.  So  in  Freiburg 
im  Breisgau,  und  es  ging  in  der  Regel  viel  Zeit  darüber  hin,  bis 
eine  ausgleichende  Verschmelzung  bewirkt  wurde.  Schreiber, 
Gesch.  d.  St.  Freib.    Th.  III.  S.  119. 

142)  Ännall.  Univ.  T.  V.  F.  41. 


Vorsiehtsrnnassregeln  währ.  d.  Bauernkrieges,  Kostenbeitrag.  405 

sollte  diese  Wache  auf  dem  Fischmarkt  sich  versammeln 
und  die  weiteren  Befehle  abwarten.  Als  Anführer  der 
Studenten  war  ein  Barbier,  mit  Namen  Adam,  bezeichnet, 
und,  um  das  Vorhaben  alsbald  ausfahren  zu  können,  wurde 
der  Universität  aufgegeben,  ein  Verzeichniss  der  Studiren- 
den  dnzureichen. 

Durch  diese  Anordnung  glaubte  sie  sich  jedoch 
in  ihren  Privilegien  beeinträchtigt,  zumal  ein  »Barbier« 
(was  als  »lächerlich«  erschien)  Führer  der  Studenten 
werden  sollte,  während  viele  Adelige  in  Heidelberg 
selbst  studirten ,  und  der  damalige  Rector  Graf 
Christoph  von  Henneberg***)  war"*).  Auch  den 
Versammlungsort  hielt  man  nicht  für  geeignet.  Um  nun 
die  ganze  Sache  abzuwenden,  wurden  alle  Mitglieder  der 
Universität  und  namentlich  auch  die  verheiratheten  Licen- 
tiaten  versammelt  In  dieser  Versammlung  wurde  be- 
schlossen, auf  das  im  Namen  des  Kurfürsten  gemachte 
Ansinnen  nicht  einzugehen.  Uebrigens  war  man  auf  Alles 
gefasst  und  dachte  auf  einen  Zufluchtsort.  Den  Studenten 
erlaubte  man  nach  Hause  zu  gehen ;  doch  sollte  ihnen,  falls 
sie  zurückkehrten,  die  Zeit  dieser  unfreiwilligen  Abwesen- 
heit angerechnet  werden  **^). 

Da  es  in  dem  Bauernkriege  besonders  auf  die  Geist- 
lichen und  ihre  Güter  abgesehen  war,  bot  der  Kurfürst 
den  Universitäts-Angehörigen  seinen  Schutz  an"^,  ver- 
langte aber  auch  zugleich,  die  Hochschule  und  ihre  Mit- 
glieder sollten  im  Verhältniss  zu  dem  Ertrage  ihrer  Be- 
sitzungen, Pfründen  und  Beneficien  auch,  wie  alle  andern 


143)  Histor.  Acad.  F.  76  sqq.  gibt  Henneberg' s  Leben. 

144)  Annall.  Univ.  T.  V.  F.  78,  b :  »Quod  videretür  ferme  ridi- 
culom  esse  et  parum  decens  praesertim  eo  tempore,  nbi  Rector 
Universitatig  esset  Comes  adessentque  reliqui  multi  nobiles,  quod 
sab  rasore  duce,  quanquam  ciye  integro  et  honesto,  confluere  de- 
berent  in  locnm  praesertim  non  usqne  adeo  aptnm.c 

145)  Ibid.  F.  78,  b. 

146)  Ibid.  F.  78,  a.  An  den  Rand  ist  geschrieben:  »Ecce  Sta- 
dium optimi  principis  erga  nnlTersitatem  et  bonas  litteras.« 


406       1'  ^^*ch'  JJ".  Periode.   3.  ^6«cÄmtt.   (1508—1544.) 

Unterthanen,  öffentliche  Lasten  tragen  und  Grundsteuer 
bezahlen.  Allein  trotz  aller  Bemühungen  des  Regierungs- 
beamten, des  Barons  Schenk  Eberhard  von  Erbach, 
verweigerte  es ,  wie  früher,  auf  ,  ihre  Privilegien  gestützt, 
die  Universität  ,auf  das  Bestimmteste.  Sie  that  dieses  in 
Folge  eines  Beschlusses,  welcher  in  einer  Versammlung 
aller  Universitäts- Angehörigen  gefesst  worden  war.  Auch 
eiTeicbte  sie  vollständig,  was  sie  wollte.  Durch  Vorstel- 
lungen und  Bitten  gelang  es  ihr,  frei  von  den  öffent- 
lichen Lasten  zu  bleiben  **^). 

§  16. 

Sitten.  Ansteckende  Krankheiten  1509^  1510.  Aufent- 
halt der  Contvbernien  in  JEberbach  1528,  1529.    Fre- 

quem  der  Universität, 

Das  yerhältniss  zwischen  der  Universität  und  der 
Bürgerschaft  war  schon  dadurch  sehr  gespannt,  dass  die 
Bürger  trotz  aller  ihrer  Bemühungen  und  trotz  des  guten 
Willens  djer  Kurfürsten  es  nicht  dahin  bringen  konnten, 
dass  dem  Missbrauche,  welchen  die  Hochschule  mit  der 
ihr  zugestandenen  Steuerfreiheit  trieb,  abgeholfen  wurde. 
Vermehrt  wurde  aber  diese  Spannung  durch  Excesse,  die 
von  den  Studenten  verübt  und  auf  von  den  Bürgern  vor- 
gebra^:hte  Beschwerden  von  der  Universität  entweder  nur 
gelinde  oder  gar  nicht  bestraft  wurden.  Beraubungen  der 
Gärten  und  Felder,  Herumziehen  "mit  Waffen  unter  Lärm 
und  Geschrei  war  nichts  Seltenes.  Es  kam  aber  noch 
Schlimmeres  vor.  Am  Neujahrstag  1510  stürmte  ein  Stu- 
dent während  des  Hochamtes  mit  einer  Narrenkappe  in 
die  Kirche  zu  Handschuchsheim,  trieb  dort 

»öffentlich  viel  gespesse  vnd  narren wercks«  und  brachte 
»viel  ergernis  dem  armen  Volcke«  **®). 


147)  Annall.  Univ.  T.  V.  F.  78,  a.  b.  79,  a.  87,  b.  92,  b.  Dass 
auch  zu  dieser  Versammlung  die  »licentiati  uxorati«  eingeladen 
wurden,  wird  ausdrflcklieh  in  den  Acten  angefahrt. 

148)  Ibid.  T.  IV.  F.  123,  a. 


Sitten,  Anst,  Krankheüm,  Auf m1h.m Eberbach.  Frequenz.  407 

Auch  zur  Fastenzeit  wurde  vielerlei  Unfug  von  den 
Studenten  getrieben.  Sie  .führten  grosse  Maskenzüge  auf 
und  hielten  in  dem  so  genannten  »Dantzhausz«  Tänze,  so 
dass  der  Rector  der  Universität  durch  ein  besonderes 
Verbot  vom  15.  Januar  1515  mit  einer  Strafe  von  4  fl. 
—  damals  eine  sehr  bedeutende  Summe  —  dagegen  ein- 
schreiten musste  ^^% 

Allein  entweder  fehlte  es  der  Universität  an  dem 
Willen  oder  der  Kraft,  die  Ordnung  aufrecht  zu  erhalten. 
Die  Klagen  über  ordnungswidriges  Betragen  der  Studen- 
ten dauerten  fort,  und  zuletzt  sah  derKm'fürst  selbst  sich 
veranlasst,  im  Jahre  1532  der  Universität  sein  Missfallen 
über  die  Aufführung  der  Studenten  zu  eröffnen,  und 
sie  aufzufordern,  die  Ordnung  bei  ihren  Angehörigen 
strenge  zu  handhaben  *^®). 

Auch  in  demselben  und  dem  folgenden  Jahre  muss- 
ten  Nachtschwärmereien,  lärmendes  Herumziehen  in  den 
Strassen  und  der  Aufenthalt  in  schlechten  Häusern  durch 
eigene  Verfügungen  verboten  werden.  Wenn  sich  daher 
die  Anstalt*  in  einer  Eingabe  an  die  Kurfürstliche 
Regierunf^  in  demselben  Jahre  1532  (in  profesto  sancti 
Lucae  Evangelistae)  wandte  und  anführte,  dass  »die  unschul- 
digen Studenten  ganz  onverschulter  Sachen  von  etlichen 
Hofgesindes«  angegriffen  würden,  so  ist  diese  Beschwerde 
wenigstens  mit  Vorsicht  zu  betrachten  ^^^).  Denn  nicht 
lange  nach  dieser  Eingabe  muss  die  academische  Behörde 
wieder  gegen  das  Betragen  der  Studenten  mit  einer  Ver- 
ordnung einschreiten  *^*). 


149)  Annan,  üniv.  T.  IV.  F.  214,  a. 

150)  Besonders  wurde  iu  dem  Kurfürstlichen  Decrete  gerügt, 
»dan  die  Studenten  vnd  personen  In  der  vniversitet  gemeinlich  ynd 
besonderlich  iu  Bursen  vnd  collegio  Artistarum  vber  vnd  ausserhalb 
gewenlicher  malzeit  vnd  nottürftig  lybs  versehung  ,viell  teglicher 
vberfliessigen  vnd  speten  zechen  haben,  dardurch  sie  ire  studia  ver- 
seumen.«     Annall.  üniv.  T.  V.  F,  297,  b.  298,  a. 

151)  Ibid.  F.  297,  b.  298,  a.  806.  816,  b. 

152)  Diese  lautet:    »Cum   bona  pars  studentium  rasos  capillos 


408       X  Buch.  IL  Periode.  S,  AbschmUt.    (ISOd—lSU.) 

Auch  unter  Ludwig's  Regierung  herrschten  a'ns.te- 
ckende  Krankheiten  in  Heidelberg.  Kaum  hatte  sich 
die  Universität  nach  dem  Jahre  1508  wieder  gesammelt 
(S.  356),  als  sich  schon  im  folgenden  Jahre  Professoren 
und  Studenten  aus  der  Stadt  abermals  flüchteten.  Gleiches 
geschah  1519,  wo  der  Bector  nach  Niederlegung  seines 
Amtes  mit  den  Professoren  und  Studenten  Heidelberg 
yerliess.  In  Folge  eines  von  dem  Rector  1520  erlassenen 
Edictes  sammelten  sich  die  Universitäts  -  Angehörigen 
wieder.  Bald  brach  jedoch  (1525)  der  Bauernkrieg  aus, 
und,  kaum  war  die  Furcht  vor  demselben  vorüber, 
als  1528  eine  ansteckende  Krankheit  die  Contubemien 
veranlasste,  nach  Eberbach  überzusiedeln  (die  Universität 
blieb  in  Heidelberg),  von  wo  sie  erst  im  folgenden  Jahre 
zurückkehrten  ^*'). 

Unter  solchen  Verhätnissen  musste  auch  der  Besuch 
der  Universität  sehr  verschieden  sein.  Es  gab  Jahre,  wie 
1520,  wo  nur  14  und  1529,  wo  nur  25  immatriculirt  wur- 


morionam  more  gestant  et  tunicis  humero  tantam  injectis  indecen- 
ter  contra  statuta  incedant,  conclusam  est,  ut  illi  qtücunqae  sint  in 
conspectum  Universitatis  vocentur  et  magna  cum  severentia  statuto 
hac  de  re  disponente  corrigantur  et  redarguantur.«  Annall.  üniv. 
T.  V.  F.  140,  b. 

Hier  können  wir  nicht  umhin,  des  Vergleichs  halber  aus  Ro- 
bert von  MohPs  »Geschichtlichen  Nachweisungen  über  die  Sitten 
und  das  Betragen  der  Tübinger  Studirenden  während  des  16.  Jahr- 
hunderts« Folgendes  mitzutheilen:  Beleidigung  der  Wächter  ist 
mit  15  Tagen  Carcer  zu  bestrafen.  Nachtlärm  ist  bei  Garcerstrafe 
verboten,  namentlich  wird  Musik  machen  auch  darunter  verstanden ; 
wer  nach  der  Abendglocke  ohne  Licht  ausgeht,  kommt  14  Tage 
ins  Carcer.  Verboten  sind  alle  aufgeschnittenen,  geschlitzten  und 
gestickten  Kleider ,  kurze  Böcke  und  Mäntel ,  Filz-  und  Reisehflte, 
Pladerhosen  und  solche  Beinkleider,  welche  mit  gesuchter  Neuerang 
geschlitzt  und  überdies  den  Henkersknechten  nachgeahmt  seien. 
(S.  7.  8.) 

153)  Matr.  lib.  HI.  Acta  Fac.  Art.  T.  IH.  F.  124,  a.  T.  IV. 
F.  124,  a.  Annall.  Univ.  T.  IV.  F.  322,  b.  330.  T.  V.  F.  214,  a. 
Vergl.  auch  oben  S.  164,  Note  185,  wo  von  der  Wahl  des  De- 
eanes   der  Artistcn-Facultät  die  Rede  ist 


Ludwig'8  V.  Tod.  409 

den.  In  anderen  Jahren  stieg  diese  Zahl.  So  wurden 
1536  neu  aufgenommen:  90,  1540:  100,  1541:  107, 
1542:  102,   1544:  85  *»*). 

§17. 
Ludwig' 8   V.  Tod. 

Dem  Kurfürsten  soll  von  seinem  Mathematiker  vor- 
her gesagt  worden  sein,  er  werde  auf  einem  Reichstage 
sterben.  Als  daher  am  21.  Februar  1544  ein  solcher  in 
Speyer  eröffnet  wurde,  begab  er  sich  auf  die  möglichst 
kurze  Zeit  dorfliin  und  kehrte  sofort  wieder  nach  Heidelberg 
zurück.  Hier  starb  er  jedoch  schon  am  16.  März  desselben 
Jahres.  Seine  letzten  Jahre  waren  für  ihn  eine  Schmerzenszeit. 
Er  litt  an  der  Wassersucht,  und  ein  Schlaganfall,  welcher  dazu 
kam,  endigte  sein  Leben,  an  welches  sich  friedliche  Erinne- 
rungen knüpfen,  und  dessen  Andenken  keine  gehässige 
That  befleckt  In  Ruprecht' s  königlichen  Hallen  be- 
wirthete  er  Kaiser  Karl  V.  und  dessen  SohnPhilippü. 

Da  er  keine  Kinder  hatte,  folgte  ihm  in  der  Regie- 
rung statt  des  eigentlichen  Kurerben,  Otto  Heinrich, 
nach  der  testamentarischen  und  vom  Kaiser  anerkannten 
Bestinunung  des  Kurfürsten  Philipp,  sein  bereits  61  Jahre 
alter,  ebenfalls  kinderloser  Bruder,  Friedrich  IL^**) 


154)  Matr.  üb.  HI. 

155)  Häusser,  S.  397.  398.    Vierordt,  S.  339. 


Vierter  Abschnitt 

Die  Universität  unter  der  Begierung  des 
Kurfürsten  Friedrich  n. 

1544—1556. 


§1. 
Der  Kurfürst  bestätigt  die  Privilegien  der  Universität 

Als  Friedrich  IL,  welcher,  der  Weise  zugeoannt, 
den  Wahlspruch  »vom  Himmel  kommt  der  Sieg«  ^)  führte, 
die  ilegierung  angetreten  hatte,  versammelte  sich  am  4.  April 
1544  der  academische  Senat  und  beschloss,  ihm  zum 
Regierungsantritt  Glück  zu  wünschen  und  einen  ver- 
goldeten silbernen  Pokal  im  Werthe  von  40  fl.  zum  Ge- 
schenke zu  machen.  Dazu  sollte  der  üniversitats - 
Fiscus  12  fl.,  die  theologische  Facultät  6  fl.,  die  juristi- 
sehe  10  fl.  und  die  medicinLsche  und  Artisten  -  Facultät  je 
6  fl.  beitragen.  Zugleich  sollte  der  Kurfürst  um  die  Be- 
stätigung der  üniversitats  -  Privilegien  gebeten   werden^ 


1)  Hubertus  Thomas  Leodius:  De  vita  et  rebus  gestis 
Friäerici  IT.  1624.  Dieses  Werk  ist  besonders  ausgezeichnet  durch 
die  Freimüthigkeit,  womit  der  Verfasser  (Secretär  und  Rath  Fried- 
rich's)  das  Leben  seines  Helden,  eines  eben  so  schlechten  Haus- 
hälters, als  an  Hoffnungen  und  abenteuerlichen  Projecten  immer 
sehr  reichen  Mannes,  schildert.  Einen  Auszug  aus  dem  Werke 
gibt  Moser  im  Patriot.  Arch.  Th.  HI.  S.  541  ff.  Noch  ist  von 
Leodius  vorhanden:  Gesch.  d.  Bauernkrieges  v.  J.  1525  u.  Gesch. 
der  Thaten  des  Franz  von  Sickingen  in  Fr  eh  er:  Scriptor.  rer. 
germ.  T.  HI. 

2)  Annall.  Univ.  T.  VL  F.  ciÄl,  b. 


Der  Kurfürst  heaUUigt  die  Privilegien  der  UnivereitcU.      411 

Als  der  Pokal  fertig  war,  wurde  er  am  15.  Juni  1544 
dem  Kurfürsten  von  dem  Rector^  mit  der  Bitte  über- 
reicht, dieses  » Drinckgeschirr  in  gnaden«  anzunehmen 
und  die  der  Universität  schon  von  jdem  Kurfürsten  Ru- 
precht I.  »gebenen  Freyheitten  gnedigst  zu  bestettigen«, 
und  die  weitere  Bitte  beigefügt, 

der  Kurfürst  möge  seinen  »amptleuten  in  Heidelberg 
als  Faut  vnd  schultheissenc  befehlen,  »dass  sie  sich  gegen 
allenn  der  univetsitet  angehörigen  yermög  inhabender  zuge- 
stellten Eurfürstl.  freyheitten  .vnd  Privilegien  gemess  wollen 
haltenc  *). 

Der  Kurfürst  nahm  Rede  und  Geschenk  freundlich 
auf  und  versprach,  diese  Bitten  zu  erfüllen  *).  Da 
dieses  sich  jedoch  verzögerte,  so  wiederholte  dieselbe  am 
5.  September  in  einer  ausführlichen  Eingabe  ihr  Gesuch  % 
worauf'  alsdann  die  Gewährung  in  einem,  jedoch,  wie  die 
von  Friedrich's  Vorfahren  ertheilten  Bestätigungen'), 
in  allgemeinen  Ausdrücken  gehaltenen  Documente,  »  datum 
vflf  montag  nach  Exaltationis  Crucis«,  1444  erfolgte^. 
Damit  war  aber  die  Universität  nicht  zufrieden  und  trug 
deshalb  in  einer  Eingabe  vom  13.  October  weitere  Bitten 
dem  Kurfürsten  vor.  Veranlassung  dazu  fand  sie  in  dem 
Umstände ,  dass  ihr  derselbe  durch  seinen  » HofF- 
meister«  habe  mittheilen  lassen,  sie  solle  es  anzeigen, 
wenn  sie  » mengeil ,  bresten  vnd  beschwerniss «  hätte. 
Diese  Eingabe  ^\  enthielt  folgende  Punkte: 

1.   Sei   »den   Meistern   und    Schülernc   vollständige  Zoll-    und 
Wegfreiheit  zugesichert,  jetzt  aber  werde  keiner  für  »zollfreyc 


3)  Der  academische  Senat  bestand  damals  aus  5  Käthen  (con- 
siliarii)  oder  Assessoren  (consilii  assessores),  aus  2  Superintendenten 
und  aus  2  Praefectis  rei  frumentariae.  Annall.  Univ.  T.  VIII. 
F.  22,  b. 

4)  Ibid.  T.  VI.  F.  361,  a  bis  862,  b. 

5)  Ibid.  F.  362,  b. 

6)  Ibid.  F.  878,  a.  b. 

7)  Vergl.  die  Urkunden  des  Univ.  Archivs  No.  8  (S.  288),  No.7 
<S.  296),  No.  24  (S.  863). 

8)  Original-Urkunde,  Univers.-Arch.  unter  Nr.  11. 

9)  Annall  Univ.  T.  VI.  F.  381,  a  bis  384,  a. 


412       l'  Buch.  IL  Periode.   4.  AbschwiU.   (15U—1S66,) 

gehalten,  »er  hab  dann  dessen  jedes  mall  brieffllich  schein 
aus  chnrf.  Cantzlei ,  welcher  den  zukommenden  und  abziehen- 
den pcrsonen  aus  allerhandt  vrsach  hoch  beschwerlich,  den 
solch  Brief  etwan  langsam  erlangt  vnd  zu  besorgen,  es  werde 
mit  der  zeit  schenk  und  gab  für  die  Brieff  geforderte.  Die 
Universit&t  bat  nun,  diese  Verordnung  aufzuheben,  so 
wie  auch,  dass  »die  profeBSores  liberalinm  studiorum  ah 
doctores,  magistri,  schuler  vnd  andere  liebhaber  der  edlen 
freyen  kunsten  aollen  vfif  allen  Strassen  des  zolk  vnd  weg- 
geldes  vnd  anderer  bürgerlichen  beschwerdt  Irer  person  vnd 
hab  halb  gefreyet  seine. 

2.  Wäre  der  Universität  »ein  freyer  lediger  thomossc  auf  den 
Zoll  zu  Barharach  zugesichert  und  der  Zollschreiber  hätte 
bisher  ihr  einen  Schwur  darüber  ablegen  müssen,  »des 
thomoss  getrewlich  zu  gewarten  vnd  das  geld,  so  davon 
gefallen,  alle  jähr  den  Stipendiaten  on  Hindernuss  vnd  ge- 
verde«  abgeliefert.«  Der  dermalige  ZoUscbreiber  aber  habe 
sich  bisher  geweigert,  der  Universit&t  zu  schwören,  wenn  er 
nicht  einen  besondem  Befehl  dazu  vom  Kurfürsten  erhalte. 
Es  wurde  nun  gebeten,  diesen  Befehl  an  den  Zollschreiber 
zu  erlassen. 

8.  Nach  den  der  Universität  durch  päpstliche  Bullen  u.  s.  w.  zu- 
gestandenen Rechten  sollten  die  »presentationes  vff  alle  lec- 
turen  on  eynige  beschwernuss,  gelt  oder  exaction  ans  der 
churfürstl.  Kantzlei  den  nominirten  Lectoribus  vnd  profes- 
soribus«  mitgetheilt  werden ;  jetzt  aber  werde  »ein  Eanzleitax« 
von  4  bis  10  und  mehr  Gulden  für  die  Presentation  gefor- 
dert ;  um  Aufhebung  dieses  Brauches  bäte  sie  jetzt  ebenfalls. 

4.  Beschwerte  sich  die  Universität,  dass  die  zu  »wolfart  vnd 
vnderhaltung  aller  lesenden  personen  vnd  professoren  der 
obersten  dreyer  facultäten  verliehenen  viel  herliche  pfrOnden 
vnd  prebenden  viel  abbruch  vnd  schmelerung«  erlitten  und 
die  Stifter  ungleich  mit  derselben  theilten.  Die  Hoch- 
schule bäte  deshalb,  »das  zu  gelegener  Zeit,  so  widder  gute 
fruchtbare  jähr  kommen,  mit  den  Stiftern  ein  tractat  vnd 
handlung  furgenommen  werde«. 

5.  Zu  jeder  Zeit  hätte,  den  Privilegien  der  Anstalt  gemäss, 
der  »Fant  und  schultheiss«  zu  Heidelberg  dem  Bector  ge- 
schworen, »ihm  vnd  der  Universitet  mit  sondern  pflichten 
zugethan  zu  sein«;  jetzt  aber  weigerten  sie  sich  dessen, 
weshalb  man  bäte,  darüber  die  nöthigen  Befehle  zu  er- 
lassen. 

6.  Der  Universitätsfiscus  sei  durch  »vielfeltig  ausgebens«  and  die 


Die  von  dem  Knrfurstm  betibsü^tiffie  Ünwersitäts-B^arm.    41S 

»misswachs^nden  jähren«  so  erschöpft,  dass  sie  selbst 
dadurch  immer  mehr  in  YerfoU  gerathe.  Ihre  Bitte  gehe 
deshalb  dahin,  »die  gefeil  des  fiscus  in  Besserung  vnd 
in  ein  bestendiges  wesen«  zu  bringen. 

Hierauf  Hess  der  Kurfürst  am  25.  November  1544 
durch  seinen  Canzler,  Heinrich  Haass,  der  Universität 
einen  mündlichen  Bescheid  zugehen,  durch  welchen  ihr 
die  Bewilligung  aller  Punkte  zugestanden  wm-de  mit  Aus- 
nahme des  ersten  und  des  dritten,  bei  welchen  der  Kur- 
fürst auf  seinem  Willen  heharrte.  Nur  wurde  in  Betreff 
des  fünften  Punktes  die  Hochschule  von  dem  Canzler  er- 
mahnt, sie  solle  darauf  achten,  dass  sich  die  Studenten  nicht 
bei  Nacht,  und  da  am  wenigsten  in  anderer,  als  in  Stu- 
dentenkleidung (vestitu  scholastico),  auf  den  Strassen 
herumtrieben , 

»dan  man  kenne  zu  zeitten  nit  erkennen,  wer  ein  Student 
oder  schneiderknecht  sei.  Darum  muss  man  etwan  einen 
behalten  zu  nechtlicher  weyl  bis  man  Inen  morgens  kan 
kennen,  et  hie  attendat  oniversitas.«^^) 

§2. 

Die    von   dem   Kurfürsten    beabsichtigte   Reform    der 

Universität. 

Unter  der  Begierung  Ludwig's  V.  hatten,  wie  er- 
wähnt, bedeutende  Männer  und  ausgezeichnete  und  be- 
rühmte Gelehrte  und  Lehrer,  wie  Grynäus,  Münster, 
Sinapius,  Micylluä,  van  dem  Busche  u.  A.,  thdls 
wegen  allzugeringer  Besoldung,  thefls  wegen  der  an  der 
Anstalt  herrschenden  scholastischen  Barbarei  ihre  Stellen 
an  derselben  angegeben. 

Mit  dem  Regierungsantritte  Friedrich'sII.  trat  eine 
Aenderung  ein.  Ohne  selbst  wissenschaftlich  gebildet  zu 
sein  —  denn  Friedrich  war  nur  in  der  feineren  Hof- 
sitte der  Zeit,  in  den  lebenden  Sprachen  Frankreiebs  und 


10)  Aanall.  Univ.  T.  VI.  F.  ^  b.  886,  a. 


414       I.  Buch.   IL  Periode.  4.  Abschnitt.   (UU^1666.) 

Spaniens  bewandert  —  hatte  er  doch  Männer  zur  Seite, 
welche  über  die  Wissenschaft  und  ihre  Pflege  günstiger  dach- 
ten, als  der  Canzler  von  Flecken s tei n  ^^).  In  erster 
Reihe  stehen  Fried  rieh's  beide  Canzler,  Hart  mann 
vonEppin gen  (Schwiegervater  des  Nicolaus  Cisner). 
und  nach  dessen  Tode  (1547)  Christoph  Probus.  Der 
erste  war  ein  allseitig  gebildeter  und  freundlich  gesinnter 
Jurist,  welcher  seine  niederen  und  höheren  Studien  in 
Heidelberg  gemacht  und  seinerHochschule  selbst  von  1523  bis 
1527  als  Lehrer  angehört  hatte.  Ihm,  der  seit  Jahren  Frie- 
drich's  vertrauter  Begleiter  und  bis  zu  seinem  Tode  (1547) 
dessen  cinflussreichster  Rathgeber  geweseji  war,  schrieb 
man  einen  grossen  Theil  der  Verbesserungen  zu,  welche 
unter  Friedrich  H.  in  den  Einrichtungen  der  Univer- 
sität ausgeführt  oder  angeregt  worden  sind  *  ^. 

Ausser  den  beiden  Canzlern  hatte  aber  auch  noch  ein 
anderer  Pfalzer,  der  schon  (S.  392)  als  Anhänger  Luther's 
genannte  Pfarrer  und  Professor  Stolo  aus  Rheindiebach 
bei  Bacharach  ^')  bei  dem  Kurfürsten,  dessen  Hofprediger 
er  in  der  letzten  Zeit  war ,  grossen  Einfluss  ^*). 


11)  Häusser,  S.  609  ff. 

12)  Hartmannus  Hartmanni,  wie  er  gewöhnlich  heisst, 
war  Professor  Codicis  und  zugleich  Syndicus  der  üniyersität.  Sein 
Vater  war  Andreas  Hartmann,  welcher  1463  das  Rectorat 
bekleidete.  Histor.  Acad.  F.  66.  Ueber  Andreas  Hart- 
mann,  Hartmannus  Hartmanni  und  dessen  Sohn  Hart- 
mannus Hartmanni  TL  haben  wir  ausfohrlich  gehandelt  in 
unserer  Gesch.  der  Stipendien,  H.  I.  S.  16  ff. 

13)  Mel  an  cht  hon  schrieb  von  Worms  aus  Aber  ihn  an 
Luther:  >Iam  Palatini  (Principis)  concionatorem  adversarii  au- 
dierant :  qui  et  constantiae  et  eruditioniB  landem  adeptus  est.c  Veigl. 
Lyc.  origg.  p.  13,  wo  die  Quellen  aber  Stolo' s  Leben  an- 
geführt sind. 

14)  Friedrich  liess  1546  die  Universität  auffordern,  den 
Stolo  zum  Rector  zu  wählen,  was  sie  auch,  jedoch  mit  Wahrung 
ihres  freien  Wahlrechts,  that.  Ann.  Univ.  T.  YL  F.  436,  a.  Hart- 
mann und  Stolo  werden  in  den  Acten  »Domini  Reformatores« 
genannt  und  von  beiden  heisst  es:  Pen  es  quos  yiros  integerrimos 
juxta   ac    prudentissimos    hoc   |empore    (1547)    facultatis    artium 


Die  vcn  dem  Kwtßtraten  }>e(i^8ichtigie  Universitäts-Befonn.    415 

Schon  am  13.  Januar  1545  eröffnete  der  Kanzler  dem 
Rector  der  Universität,  Johannes  Wagenmann,  wie 
der  Kurfürst  mit  Bedauern  den  stets  zunehmenden  Ver- 
fall der  Hochschule  wahrnehme.  Zugleich  händigte  er 
demselben  eine  Schrift  ein,  in  welcher  diese  beauf- 
tragt wurde,  eine  Reihe  von  Artikeln  über  ihre  Ver- 
besserung in  Erwägung  zu  ziehen  und  darüber  zu 
berichten  ^% 

Hieratif  trat  die  Universität  am  16.  Januar  1545  zu- 
sammen und  beschloss,  die  einzelnen  Facultäten  sollten 
die  fraglichen  Artikel  beantworten.  Nachdem  nun  diese 
am  25.  Januar  ihre  Arbeit  vollendet  hatten,  wurde  weiter 
bestimmt,  die  Antwort  durch  den  Rector  imd  die  Dekane 
der  vier  Facultäten  dem  Ganzler  zu  überreichen,  was  am 
16.  Februar  in  feierlicher  Weise  durch  eine  Deputation 
geschah.  Der  Ganzler  nahm  sie  freundlich  auf  und  ent- 
liess  sie.  mit  der  Antwort:  Der  Kurfürst  werde  diese 
Schriften  lesen  imd  sich  bemühen,  ihre  Anstalt  wieder 
in  einen  blühenden  Zustand  zu  bringen  ^®). 

Mit  den  einzelnen  Schreiben,  welche  die  Antwor- 
ten der  Facultäten,  der  Gontubernien  und  des  Dionysianums 
enthielten,  überreichte  der  Rector  zugleich  eine  Schrift 
im  Namen  der  Universität,  in  welcher  diese  dem  Kur- 
fürsten sich  empfahl  und  ihn  um   die  Fortdauer  seiner 

Huld  bat^O- 

Von  den  Antworten  der  einzelnen  Facultäten  findet 
sich  nur  die  der  Artisten  -  Facultät  in  den  Acten  ^®). 
Diese  drang  auch  jetzt  wieder  am  Entschiedensten  und 


et  Golkgii  principis  reformatio  potissimum  erat.«    Acta  Fac.  Art.. 
T.  IV.  F.  22,  b. 

15)  Ibid.  F.  389  bis  391,  b.  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  5,  a  bis  7,  a 
Die  betreffenden  Stellen,  so  wie  ein  Theil  der  Schrift  des  Karfarsten, 
sind  abgedruckt  in  Lyc.  origg.  p.  14. 

16)  Annall.  üniv.  T.  VI.  F.  391,  b  bis  392,  b. 

17)  Ibid.  F.  393,  a.  b.  394,  a. 

18)  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  7,  a.  9,  a.  Die  Hauptstellen 
sind  abgedruckt  in  Lycei  origg.  p.  18  ff. 


416        -f-  ^^^ch,   L  Periode.   4.  MäOmiU.   (UU^lö66.) 

Kräftigsten  auf  eine  Reform.  In  ihrer  AntwcMrt  beantragte 
sie  die  Anstellung  von  Professoren  der  Matliematik  und 
der  hebräischen  Sprache;  die  Vereinigung  d^r  verschiede- 
nen Bursen  und  Aufhebung  der  scholastischen  Secten ;  die 
Gründung  eines  Pädagogiums,  Erhöhung  der  Besoldung 
der  Regenten  und  die  Erlaubniss  ihrer  Yerheirathung. 

Der  KurfÄrst  war  jedoch  mit  der  Antwort  der  Ar- 
tisten-Facultät  nicht  zufrieden.  Eben  so  wenig  befriedigten 
ihn  die  ihm  von  den  übrigen  Facultäten  vorgelegten  Be- 
richte. Er  erliess  daher  am  Freitag  nach  Oculi  desselben 
Jahres  ein  Schreiben  an  die  Universität,  in  weldiem  er 
sie  aufforderte,  ihm  binnen  Monatsfrist  neue  Berichte 
der  einzelnen  Facultäten  vorzulegen.  In  diesen  sollten 
die  Mängel  ausführlich  dargelegt  und  Mittel  vorgeschlagen 
werden,  wie  den  »herbrachten  gq>rechen,  vnfleiss  vnd 
on  Ordnung«  abgeholfen  werden  könne.  Auch  eine 
bessere  Ordnung  bei  den  Promotionen  und  Stipendien 
verlangte  der  Kurfürst ").  ' 

Das  ausführlichste  Gutachten  gab  die  Artisten-Facul- 
tat  ab  *^).  Auch  dieses  ist  noch  vorhanden  '*).  Indem 
wir  bedauern,  es  seines  grossen  Umfanges  wegen  nicht 
vollständig  mittheilen  zu  können,  müssen  wir  uns  begnü- 
gen, aus  demselben  anzuführen,  dass  es  einen  Lections- 
plan  für  das  zu  errichtende  Pädagogium  enthielt,  und,  was 


19)  Annall.  Unit.  T.  VI.  F.  395,  a. 

20)  Ibid.  F.  7,  b.  »Decanus  facta  convocatione  petitionexn 
lUastrissimi  Principis  in  senatu  recitavit,  ubi  Facultas  ex  re  censnit, 
personis  aliqoibus  cum  Decano  hoc  officii  imponere,  ut  de  rebus 
singulis  aliquid  consultareat,  consoltata  ad  integram  Facaltatem 
referrent.  Deputati  sunt  ad  hoc  viri  clarissimi  Guendalinai 
Sprenger,  Joannes  Geyselbachius,  Joannes  Dotslerus 
(Leontorius),  Arnoidus  Obsopoeus  (Koch),  Gubanus,  Magistri, 
sontque  ab  iUis  qnaedam  concepta  et  ad  integrum  senatum  (Fa- 
cultatis)  relata,  ubi  jndido  habtto  quaedam  addita/  quaedam  mu- 
tata  sunt.« 

21)  Acta  Fac.  Art.  T.  lY.  F.  7,  b.  9,  a.  Zum  Theü  ebenfalls 
abgedruckt  in  Lyc.  origg.  p.  21  sqq. 


üe  ArtiBten  -  Faenltat  angiog,  so  worden  geeignete  Lehr- 
säle gewüoBoiit  imd  die  Lehrftcher  genau  eagegdben, 
welche  die  Sjtudirenden  hören  «tilken;  die  Exerdtien  und . 
Dtsputatlonen  <uid  die  Art  der  Promotäanen  bei  den 
Baccalaureen  u.  s.  w.  waren  in  gleicher  Weise  bestimmt 
Ausserdem  wandte  sich  der  Kurfürst  aber  Auch  an 
seinen  berülimten  Landsmai^n,  Philipp  Melanchtbon, 
und  ersuchte  diesen  nicht  nur  um  seinen  £ath,  sondiern 
berief  ihn  auch  hi  ehrenvolister  Weise  (28.  März  1Ö45) 
an  die  Universität**).  Melanchtbon  schlug  jedoch  die- 
sen Biuf  aus  *^j ,  schickte  .aber  ^w^i  Schriften  Ober  die  in 
S<^ule  und  Kirche  vorzunehmende  Brf^rm.  Diese  waren 
jedoch  keine  besonders  für  den  Kurfürsten  von  der  Pfab 
ausgearbeiteten,  sondern  die  «chon  für  Kursacbsen  heraus- 
gegebenen Sdiriften:  ^Befermatio  Wittebergensis«  und 
die  »Leges  Academiae  Wittebergensis*  ■*). 


22)  Vierordt,  B.  348.  347.  —  Nach  Joseph  Scaliger's 
Behauptung  war  Melanchthon  Einer  der  wenigen  Deutschen, 
die  gut  Latein  schrieben;  denn  »diese«,  sagte  er,  »schreiben  Latein, 
es  sei,  wie  es  wolle,  wie  sie  Wein  trinken,  wenn  es  nur  Wein  ist.« 

23)  Nach  der  yon  dem  Eurfttrsten  erhaltenen  Einladung  schrieb 
Melanchthon  im  Monate  März  1546  an  M.  Gollinus:  »Gres- 
cunt  mihi  labores  nunc  post  Lutheri  mortem,  cumque  jam  yocatus 
essem  ab  Electore  Palatino  in  Academiam  Khenanam,  quae  est  in 
oppido  Heidelberga,  in  meo  natali  solo,  tarnen  h!c  propter  multas 
causas  retineor.  Et  profecto,  etsi  amo  patriam,  tarnen  eo  nunc 
manendum  esse  duxi,  guod,  si  quo  abirem,  homines  maledici  xal 
ffiXo^oyoi  mox  dicerent,  me  Luthero  mortuo  sedem  novo  dogm^ti 
quaerere.«  Bretscfaneider,  Corp.  Ref.  T.  V.  p.  95.  Leodius, 
Tita  Friderici  11.  p.  205. 

24)  Bretschneider  theilt  beide  Schriften  a.  a.  0.  T.  V. 
8.  578—643  und  T.  X.  S.  992  — 1024  vollständig  mit.  Ausführlich 
haben  wir  über  dieselben  gehandelt  in  den  „Heidelb.  Jahrb.  der 
Ltterat.**   1846.   No.  10.    8.  150. 

In  Beziehung  auf  das  ünterrichtswesen  heisst  es  in  der  ge- 
nannten Reformatio,  8.  605: 

»Das  ist  ganz  offen tlidi,  dass  zur  Erhaltung  christlicher  Lehr 
und  Regiment  die  schulen  nöthig  sind,  und   w&re  sehr  nützlicji 
dass  christliche  verständige  Bischöfe  auf  die  Schulen  ein  besonder 
Aufbeben  hätten  von  wegen  vieler  Stuck: 
Hftats,  Gesch.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  27 


418       I'  Buch.   IL  Periode.   4.  Ahtfchmtt.   (t&U^1566.) 

Trotz  der  Bemühungen  des  Kurfürsten  kam  eine 
Reform  der  Universität  jedoch  nicht  zu  Stande.  Es  blieb 
bei  einem  Entwürfe.  Dieser  wurde  auch  nach  F.  P.  Wundt's 
Angabe  bei  den  Universitäts- Acten  aufbewahrt  '^),  ist  aber 
jetzt  nicht  mehr  vorhanden  ■^, 


Erstlich,  dass  die  christliche  Lehr  von  den  Theologen  rein  und 
eintrftchtiglich  gelehrt  würde. 

Zum  andern,  dass  die  erste  Jagend  zu  den  Eflnsten  und  Sprachen 
aufgezogen  würde,  welche  zur  Erklärung  christlicher  Lehr  nöthig 
sind. 

Zum  Dritten,  dass  christliche  Zucht  in  Universitäten  aufgericht 
werde,  dass  das  junge  Volk  nicht  in  dem  freien  unordentlichen 
Wesen  lebe ,  wie  jetzund  leider  in  Universitäten  zu  sehen ,  dass  sie 
leben  wie  müssige  muth willige  Landsknecht,  und  wird  die  Jugend 
nicht  allein  nicht  zu  geistlichen  Uebungen  gehalten,  sondern  achten 
auch  weltlicher  Tugend  wenig.  So  denn  solche  freche  Leut  emadi 
in  die  Regiment  kommen,  die  ohne  gei9tliche  Uebungen,  ohne  Gottes 
Anrufung  und  Gebeth  und  ohne  gute  Sitten  erzogen,  was  kann  da 
Gutes  folgen  ?€ 

25)  Beiträge  zu  d.  Gesch.  d.  Heidelb.  Univ.  S.  44.  Die  Auf- 
schrift des  Entwurfs  war :   »Reformatio  Universitatis  de  anno  1545.« 

26)  Das  nachfolgende  Bruchstück  hat  G.  G.  Wundt  (De  ord. 
phil.  P.  II.  p.  18.  19)  aufbewahrt:  »Auf  das  obgemelter  Künste 
verordnete  Lectiones  in  philosophia  triplid  vnd  mathematica  den 
discipulis  desto  verstendiger  vnd  der  Barbaries  halber  weniger  be- 
schwerlichs  werde  fürgelesen,  so  ordnen  vnd  schaffen  wir,  das  alle 
Lectiones  triplicis  philosophiae  vnd  mathematices  nicht  in  den  alten, 
sonder  besten  Theodori  Gaze,  Hermolai  Barbari,  Bessarionis  Gar- 
dinalis, Archyropoli,  oder  in  paraphrasibus  Stapulensis  gelesen 
werden.« 

Demnach  der  freyen  Künste  nutzbarliche  stndia,  aus  denen 
alle  andere  faculteten  erwachsen,  vast  der  Ursachen,  das  solliche 
der  philosophey  vnd  mathematiker  bücher  zum  theil  valsch,  Bar- 
bare, den  discipulis,  ja  auch  den  praeceptoribus  vnverstendig,  aus 
der  griechischen  in  die  lateinischen  spräche  transferirt  sejrn,  der- 
halben  die  lectores  von  des  Texts  declaration  auf  ganze  onfrucht- 
bare  disputationes  de  formalibus  Scoti,  Anthonii,  Stephani  Bruliffer, 
Johannis  de  Magistris,  Thome  geratten,  die  den  discipulis  zu  war- 
haftigem  der  freyen  Künste  Fundament,  auch  der  andern  faculteten 
lere  ganz  nichts  erschossen  haben,  geiPallen  seint;  So  ordnen  vnd 
schaffen  wir,  damit  sollich  onfruchtbare  Verschwendung  des  studii 
Zeit  abgeschnitten  werde,  ^nstlichen,  das  die  lectores,  hindangesetzt 
aUer  vnnützen,  spitziger  questionen  vnd  argutias,  den  claren  Text, 


Wiederholter  Versuch  emer  Beform  der  ünie.  Gutachten.      419 


§3. 

Wiederholtem*   Versuch    einer  Reform  der   Univerütät. 
Gutachten  des  Paul  ^agius,  der  Hochschule  und  der 

Artisten'' Facultät. 

Der  Kurfürst  liess  sich  durch  den  misslungenen  Ver- 
such, der  Universität  eine  Reform  zu  geben,  nicht  ab- 
schrecken. Die  Verbesserung  sollte  sich  jedoch  zunächst 
nur  auf  die  Artisten -Facultät  und  die  Errichtung  eines 
Pädagogiums  erstrecken.  Schon  im  Anfange  des  folgen- 
den Jahres  (1546)  berief  er  aus  Strassburg  den  Paul 
Fagius  (Buchlin)  zur  Unterstützung  seines  Vorhabens 
als  Rathgeber  ■').  Dieser  arbeitete  auch  alsbald  zwei 
Gutachten  aus  ^%  von  welchen  jedoch  nur  noch  der  Schul- 
plan übrig  ist  ^®).  Beide  wurden  nun  am  14.  October  1546 
der  Universität  zu  sorgfältiger  Prüfung  übergeben.  Diese 
erklärte  sich  aber  dahin, 

dass  sie  mit  »wichti oberen  Geschefften«  beladen  sei  und 
es  ihres  »geringen  Verstands  nit  rathsam  dunkt  Fagii  rathschlag 
in  allen  seynen  punkten  vnnd  Partieuln  nachzugehen  oder 
künftige  Reformation  (so  nit  precipitanter,  sonder  mit  gotter 
furberachtung  billig  furgenommen  werden  solle)  darnach  an- 
zustellen sei«. 


^ecundttm  expositionem  Themistii,  Joannis  grammatici  et  Prisciani, 
Philosophi  AverroiB  et  inter  Latinos  Jacobi  Stapulensis  vnd  Jodoci 
Clichtovei  den  discipulis  vorlesen.« 

27)  Fagius,  war  aus  Rheinzabem  und  wurde  in  einem  Alter 
Ton  11  Jahren  mit  8  Batzen  Reisegeld  nach  Heidelberg  auf  die 
Neckarschule  geschickt.  Gesch.  d.  Neckarsch.  S.  29.  32  u.  Lyc. 
origg.  p.  8.  26. 

28)  Das  erste  war  überschrieben:  »Deliberatio  et  Consilium 
Reformationis  Artinm  Academiae  Heidelbergensis.  lUnstr.  vestra 
«lementia  obseqoentiss.  Paulus  Fagius«  imd  das  zweite:  »Forma 
instauratae  scholae  Heidelbergensis,  ^[uae  aperietur  Calendis  Noveni- 
bris.«    Annall.  ünir.  T.  VI.  F.  429,  a. 

29)  Ibid.  T.  Vn.  F.  414,  a.  b.  415,  a.  b.  Der  Schulplan  ist 
ToUstftndig.mitgetheilt  in  Lyc.  origg.  p.  27. 

27* 


Darauf  wurde  auf  die  »geferlichen  schweren  Zeitten« 
hingewiesen,  doch  die  Versicherung  beigefdgt,  dass  sie 
(die  Universität)  »nit  der  Meynung  sei,  die  Reformation 
In  eynigem  Wege  zu  veiliindem«. 

Mit  dieser  Erklärung  war  der  Kurftirst  jedoch  keiB««- 
wegs  zufrieden.  Er  wies  sie  mrAck  und  forderte  die 
Universität  durch  seinen  Secretär  Leodius  auf,  inner- 
halb 3  bis  4  Tagen  ausführlich  über  den  von  Fagius 
entworfenen  Plan  zu  berichten  und  dessen  Mängel  anzu- 
geben. Diesem  Auftrage  entsprach  nun  die  Anstalt  in 
einer  ausführlichen  Eingabe,  in  welcher  sie  sich  im 
Allgemeinen  gegen  dessen  Ausführbarkeit  erklärte  und 
wiederholt  auf  die  damaligen  Kriegszeiten  hinwies,  in  wel- 
chen »Studium  philosophicum  et  armorum  nit  wol  bei 
einander  besten«  '®). 

Auch  die  Artisten  -  Facultät  war  zu  einem  Gutachten 
über  den  von  Fagius  ausgearbeiteten  Lehrplan  von  dem 
Kurfürsten  aufgefordert  worden.  Diese  sah  die  Sache  mit 
anderen  Augen  an,  suchte  das  auf  der  Universität  bisher 
herrschende  scholastische  Treiben  zu  entfernen  und  drang, 
die  Anforderungen  der  Zeit  «rkeoaiend,  imm^  mcAr  auf 
Erneuerung  des  geistigen  Lebern'^). 

In  dem  Gutachten  bcsmtragte  sie  genauere  und 
strengere  Bestimmungen  über  die  Promotionen  der  Bacca- 
laureen  und  Magister;  bei  Anstellung  von  Regenten  imd 
Lehrern  des  PädAgogiuias  soUte  ntte  Facultät  den  Vor* 
schlag  und  die  Universität  mir  das  Bestätigmgsrecht 
haben ;  die  Aufsicht  über  das  Pädagogium  als  »Seminarium 
Facultatis  Artium«  sollte  ihr  übertrugen  werden^  sie  be- 
stimmte femer  die  genaue  Angabe  der  Lehpfädler,  "iv^di^ 


80)  Anoall.  Unir.  T.  VI.  F.  4m,  a  Ms  ^485,  a,  woBeYhst  tkfli 
aueh  Idde  Eingabe  der  üniverntät  findet.  Ein  .gniSMr  Thtil'demeib» 
ist  Bbgedrackt  in  Lyc.  origg.  p.  SB  tR^. 

31)  Aufbewahrt  ist  dieses  €kitacbteii,  wddtes  fleia  Kanzler  tarn 
AllerbWligen  Tage  übergeben  wurde,  in  den  Atta.  Fac.  Art.  T.  IV. 
F .  17,  a  bis  20,  b ,   und  thailwvHe  niHglBtheih  »  Lyc  origg.  p.  40 


Ckt88iUIU8tutkm.  WMi9bmrf.d.Mi€9Su8^  ¥euä  Statuten.   421 

4w  StndenteD  zu  Mren  kiufcte».  Die  sämmtlichen  Anträge 
worden  von  dem  Knilarsten  g^iehmigt'^. 

Anch  dieser  zweite  Versuch  des  Kurfürsten,  in  Ge- 
meinschaft mit  der  Universität  eine  durchgreifende  Reform 
«terselben  zu  Stande  zu  btingen,  misslang.  Friedrich 
liess  daher  ohne  ihre.  Mitwirkung  »Statuta  et  ordi- 
Baticmes«  aufeetzeB,  welche  jedoch  nicht  in  Kraft  tra- 
ten'^. Denn  am  25.  Februar  1Ö53  gab  die  Universität 
zwei  ihr  gehörige  Hänser,  das  eine  an  Johannes  MilSus 
usd  das  and<are  n  Nicolaus  G isner,  nur  bedingungs- 
weise ab'*). 

§4- 
Bemühungen   der    Artisten'- Fcumli&t    mr   Forderung 
der  claseischen  Studien.    Wiederberufung  des  MictfUus. 

Neue  Statuten, 

Kam  noii  auch  (fie  Beform  der  Universität  nicht  zu 
Stande,  so  war  doch  die  Artisten  -  FacuMt  bemüht,  ihre 
Zustande,  so  viel  an  ihr  lag,  zu  verbessern,  und  so  gelang 
es  ihr  auch  (1547),  von  dem  damaligen  Rector  der  Uni- 
versität Stolo  und  dem  Ganzer  des  Kurfürsten,  Hart- 
mannus  Hartmanni,  unterstützt,  zu  bewirken,  dass 
Micyllus,  welcher  (1537)  wegen  allzu  geringer  Besoldung 
imch  Frankfurt  gegangen  war  (S.  378),  mit  einem  Ge- 


82)  AiisfAhrUdie  Am^ßbeai  faieraber  sind  in  den  Act.  1.  c. 
F.  ae,  a.  b  und  Aa8z0|>e  mitgethcilt  in  Lyc.  origg.  p.  41. 

33)  In  eodem  senatu  (6.  Aug.  1549)  propositum  eat,  an  statuta 
et  CNrdinaliones  illnstrisiiaii  prindpis  nostri  nobig  pablicandae  tra- 
ctitae,  eint  publice  Bostiae  dhioni  Bubjectis  perlegendae  et  responsum 
est,  mandata  pro  foribus  ecclesiae  et  contnberniorum  esse  affigenda 
«nnesque  dtandos  esse  ad  attdieaduH  statuta  illustriBsimi  principis 
aoitri,  id  quod  domiaica  saqoenti  fikctum  est.  Annall.  Univ.  T.  YIL 
F.  35,  a. 

34)  Ut  si  Beionnaftione  pnblicata  Uniyersitaa  illis  domibus  ad 
aHos  usus  opus  habeat,  ut  ipai  caaductores  »latim  emigrent.  Ibid. 
F.  183,  a. 


422       I-  Buch,  II.  Periode.  4.  JbaehnäL   (löU-^löSS.) 

halte  von  jährlich  100  fl.  wieder  berufen  wurde**).  An 
ihm  gewann  sie  einen  anerkannt  tftchtigen  Vertreter  der 
alten  classischen  Literatur. 

Eine  weitere  Sorge  der  Facültät  war,  statt  der  ver- 
alteten und  den  damaligen  Zeitverhältnissen  und  wissen- 
schaftlichen Zuständen  nicht  mdir  angemessenen  Sta- 
tuten'^) neue  zu  entwerfen  und  einzufahren.  Da  dieses 
sich  stets  hinausschob,  so  suchte,  sie  sich  dadurch  zu 
helfen,  dass  sie  ältere  Statuten  aufhob  und  andere  an 
ihre  Stelle  setzte,  welche  sie  dann  durch  Zusammen- 
stellung zu  einem  Ganzen  vereinigte  '^). 


35)  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  22,  b.  Ausfahrliches  über  diese 
Berufung  siehe  in  unserer  Schrift  über  Micyllus,  S.  24  ff.  —  Zu. 
der  ursprünglichen  Besoldung  vou  100  4.  kam  1554  eine  Zulage 
von  50  fl.    Annall.  Univ.  T.  VIT.  F.  192.  193 ,  vergl.  mit  F.  204,  b. 

36)  XXIII.  die  Decembris  (1521)  in  concione  Facultatis  decre- 
tum  est,  solum  ea  statuta  faeuUatia  praelegenda  in  scholis  artium, 
quae  ad  vitae  morumque  integ^itatem  spectant,  alia  vero,  quae  de 
ordinario  magno  (S.  79. 157.)  ut  vocavere,  sive  de  lectionibos  formalibus 
canebant,  quando  haec  jam  olim  in  decanata  praecedenti  exf^osa 
et  antiquata  sint,  nee  possint  interim  alia  per  facultatem  condi, 
eadem  facultas  abjici  potius,  quam  non  omnium  cachinno  praelegi 
voluit.    Acta  Fac.  Art.  T.  III.  ad  annum  1521. 

37)  Eine  solche  Zusammenstellung  aus  Ültem  Statuten  aas  den 
Jahren  1443—1549  findet  sich  im  Statutenbuch  der  Facnltät  (Univ.- 
Arch.  358,  48)  F.  2,  a  bis  46,  b  u.  F.  5l,  a.  Aus  derselben  heben 
wir  folgende  Bestimmungen  hervor: 

>Üt  deinceps,  quemadmodum  et  maltos  ante  annos  observa- 
tum  fuit,  Magistri  stipendiati  Gontubemiorum  regentes  atque  Dio- 
nysiani  Sabbathinas  eas  publicAS  disputationes,  quae  in  superioribus 
artium  scholis  haberi  consuevernnt,  diligenter  visitent  nee  tres  dis- 
putationes sese  mutuo  consequentes  negUgant^  sub  unius  solidi 
denariorum  pena.«    (F.  46,  b.) 

>Ut  in  Artibus  promoti  Magistri  in  publicis  Ulis  mnneribos  et 
actibtts  habitus  cum  duabus  propendentibus  Linguiis  serico  sabdactis 
gestare.€ 

»Ut  in  publicis  disputationibos  Magister  praesidens  Gapitinm 
habeat  cum  decenti  ut  voeant  Birreto;  argumenta  vero  in  medium 
proferentes  et  capitium  et  vestes  et  Birreta  habeant  decentia  magi- 
Btratusque  sui  majestati  et  dignitati  non  derogantia  sab  pena 
quatuor  iUorum  nummorum,  quas  voeant  praesentias.« 

»Ne  quis  Magistrorum  tam  in  convocationibus  quam  disputa- 


Cla89iMihe  SMUen,  WMeHtmtf.d.Meißus.  Neue  Statuten,  423 

»Weil  jedoch  fortdauernd  die  classischen  Studien  ver- 
nachlässigt und  namentlich  durch  die  Jurisprudenz  jedes 
andere    wissenschaftliche  Streben  an   der  Universität   in 


tionibas  illis  Sabbathinis  aliam  insolentioribus  clamoribas  aut  verbig 
opprobriosis  injuriosisque  perturbet  in  suffragiis  votisque  dandis, 
neye  alium  minis  aut  calumniosis  verbis  vexet  sub  pena  suBpensionis 
a  Regentia  per  inenBem  aat  graviori  per  Facultatem  dictanda.« 

»Ne  quiB  magistrorom  per  fitctipnes  aut  scbismata  ad  Facul- 
tatis  diyisionem  consentiat,  sie  ut  una  factio  unum,  alia  alium  de- 
cannm  habeat.« 

»Item  quum  djsputationes  ille  Sabbathine  potissimum  ingeni! 
exercitandi  causa  institnte  faerint,  non  unias  quidem,  sed  planum, 
vult  Facnltas,  ut  a  Magistro  preside  themata  proponantur  non  unius 
ferme  argumenti,  aut  professionis  unius,  utpote  pura  theologica,  sed 
mixtim  yaria,  utpote  e  dicendi  artibus  Logicis,  Philosophiae  naturalis 
et  moralis  penetralibus.«    (F.  45,  a  bis  46,  a.) 

Weiter  wurde  festgesetzt: 

Es  solle  keiner  zum  Baccalaureats- Examen  zugelassen 
werden,  welcher  nicht  1^*  oder  wenigstens  V/4  Jahre  die  »bona« 
artes«  studirt  und  Vorlesungen  über  Dialectik,  Rhetorik  und  über 
die  »praeceptiones  et  instituta«  der  lateinischen,  griechischen  und 
hebräischen  Grammatik,  so  wie  über  die  »Formales  completionesc 
gehört  habe  und  Zeugnisse  darüber  beibringe.  Ferner  soll  er  die 
»Declamationes  et  Disputationes  contubemales«  fleissig  besucht  und 
wenigstens  20  »Sabbathinis  Disputationibus«  beigewohnt  haben. 

Wollte  der  Baccalaureus  das  Licentiaten  -  Elxamen  machen,  so 
musste  er  abermals  Vf^  oder  wenigstens  1 V«  Jahre  das  Studium  der 
eben  genannten  Fächer  fortsetzen  und  alle  die  angegebenen  Ver- 
bindlichkeiten erfüllen.  Ausserdem  aber  musste  er  öfter  an  Dis* 
putationen  Theil  genommen  und  namentlich  in  der  »Disputatio 
quodlibetica«,  wenn  in  demselben  Jahre  eine  Statt  fand,  »respon- 
dirt«  haben.  Besonderes  Gewicht  wurde  bei  beiden  Prüfungen  auf 
eine  tüchtige  Kenntniss  der  lateinischen  Sprache  gelegt. 

Schliesslich  wurde  noch  in  Beziehung  auf  die  Candidaten  des 
Baccalaureats  und  der  Licentiatur  bemerkt,  dass  Jeder,  welcher  in 
dem  Examen  nicht  bestanden  und  deshalb  zurückgewiesen  werde, 
wenn  er  Drohungen  gegen  den  Einen  oder  Andern  der  Examinatoren 
ausstosse  oder  gar  sich  persönlich  an  demselben  vergreife,  2  Jahre 
lang  zu  einem  weiteren  Examen  nicht  zugelassen  werden  sollte. 
(F.  47,  a  bis  50,  a.) 

In  Beziehung  auf  diejenigen,  welche  den  Magister-Grad  zu  er- 
halten  wünschten,  wurde  in  dieser  Zeit  nur  festgesetzt,  dass  sie 
2  Disputationen  zu  halten  hatten.    (F.  51,  a.) 


den  Hintergriind  gestdlt  wurde  ^'),  besdiless  äie  (1Ö51) 
eine  gänzliche  Umarbeitung  ihrer  Statuten  und 
betraute  den  Micyllus  mit  dieseift  Geschäfte '*),  welcher 
auch  dem  ihm  bewiesenen  Zutrauen  vollständig  entsprach. 
Nicht  lange  nach  dem  erhaltenen  Auftrage  war  er  auch 
schon  im  Stande,  der  Facultät  (14.  Angost  1551)  den  vtm 
ihm  ausgearbeiteten  Entwurf  der  Statuten  m  zwei  Sitzun- 
gen vorzulesen.  Derselbe  wurde  in  allen  seinen  Theäen 
gebilKgt  und  beschlossen,  ihn  der  Universität  zur  Ge- 
nehmigung vorzjdegen  *^).  Dieses  geschah  in  einer  beson- 
deren Eingabe  ^^). 

Die  Hodischule  bestätigte  die  ihr  vorgelegten   Sti^ 
tüten ;  von  der  Artisten  -  FacuMt  aber  wurde  am  10.  No- 


38)  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  41,  a.  Am  deatlichsten  aber  er- 
fahren wir,  wie  es  damals  mit  den  humanistisclien  Stadien  auf  der 
UniTeraität  beschaffen  war,  ans  einem  Briefe  des  Mi cy lins 
an  Melanchthon  (Sylvv.  Üb.  I.  p.  20*  21),  den  wir  aum  Theil 
a«eh  in  unserer  Monographie  über  Mieyllus,  S.  27-  abdracken 
liessen.  In  demselben  hdsSt  ss  unter  Anderem :  >Oam  Latus  aeque 
▼ideas  sordescerb  Graecos.  Hei  mihi!  barbariae  quanta  fenestra 
patetw« 

99)  Tertio  die  Janoarii  qnum  ister  dominos  (senatoreg  Art 
Facult^)  muita  nitro  oitroque  de  statntia  conferreniiir,  aliis  barbariem 
■ermonis,  aliis  rertm  quanindam  ad  kaec  tempora  inepthudinem 
flc^usftntibns ,  consensum  est,  d»  hec  negotio  ad  senatum  doiao 
i^(<re<iiidum  esse,  ae  detnitandos,  qni  statuta  semel  in  omversom 
perviderent  acuratiusque  renotarent,  ad  quam  rem  D.  Micylli  opera 
ecttsentientibus  suAragUs  est  exoptaia«.  AotaFao.  Art.  T.  lY.  F.  39,  b. 

40)  Ibid.  P.  42,  a. 

41)  In  dieser  Eingabe  helMt  es  tniter  Anderem:  »Saepe  ani- 
madyertimus,  niiius  imsAWA  et  ridicidi  reeitatione,  ceteris  neu 
perinde  inutilibus,  suam  quoque  aactoritatem  abrogari.  Ne  dica- 
ffius,  impium  etiam  videri  et  ex  quo  sacramenti  religio  praecipue 
yilescat,  ad  id  promiftend^m,  quenquam  adigere,  quod  in  Universum 
a  aemine  iservari  cemitur.  Qnoniam  itaque  ad  natnrae  varietatem 
atecMiodafldae  sutit  leges,  quas  post  aequitatem  inprimis  perspicui- 
tas  et  contintio  dispositio  commendat,  magni  plt)fecto  facimus  da- 
rissimi  yiri  D.Ja  CO  bi  Micylli  operam  et  Judicium,  qui  nostris  preci- 
btts  adduetos  perndit,  illustravit  ac  puleherrfme  universa  nostra 
statuta  digessit,  quod  gratum  posteris  et  ordini  nostro  perpetuum 
ornamentum  fore,  nobis  planum  persuasum  habemus.«  Ibid.  F.  42,  b. 


ökuii^eheStmäim.  Wie(hrbmrf,d,B9ki^U»8.  Neue  Statuten,  425 

Yember  1551  in  einer  Sitzung,  in  welcher  Mlcyllas 
nicht  gegenwärtig  war,  beschlossen,  diesem  für  die  treffliche 
Bearbeitung  der  Statuten  »honorarii  loco«  einen  silbernen 
Ehjcienbecher  ab  Zeichen  der  Anerkennung  und  des  Dan- 
ke» als  Oeadie&k  zu  g^m^^,  dem  Studenten  aber,  wel- 
cher die  Statuten  sehr  sorgfältig  abgeschrieben  hatte, 
eiAen  Goldgulden  zu  verabreichen**). 

Diese  Statuten  enthalten  Bestimmungen: 

Aber  die  (jährliche)  Wahl  eines  Decanes  der  Facultät 
uod  desson  FnnctioneB ;  (Über  die  Aufiiafame  in  den  Rath 
(cancilium)  der  FacuU&t;  tther  die  Reehte  und  Pflieliten  der 
FaealtiUa-Mitglteder ;  aber  die  Wahl  und  Pflichten  der  Exa- 
minatoren für  das  Baccalaareat  u.  s.  w.  In  Beziehung  auf 
die,  welche  Baccalaureen  werden  wollen,  werden,  ausser 
vorwurfsfreiem  Wandel,  einem  Lebensalter  von  15  Jahren, 
und  dem  Kachweise  der  Theilnahme  an  den  öffentlichen, 
jedon  Samstag  Statt  findenden  Disputationen  und  an  dea 
Privat -Disputationen,  hinreichende  Kenntnisse  in  der  Gram^ 
matik,  Dialectik  und  Rhetorik,  und  Uebung  in  der  lateini- 
schen und  griechischen  Sprache  verlangt**).  Wer  Magister 
werden  wollte,  musste  von  vorwurfsfreiem  Wandel  sein,  das 
18.  Jahr  überschritten,  vertraute  Bekanntschaft  mit  den  bei- 
den alten  Literaturen  und  hinreichende  Kenntnisse  in  det 
Physik  Qiid  Mathematik  haben.  Auch  war  die  fleissige  Theil- 
nahme an  den  schon  genannten  Disputationen  nachzuweisen« 
Die  Prüfungen  der  Baccalaureen  fanden  zweimal  im 
Jahre  statt.  Jeder  Examinand  hatte  1  Goldgulden  in  den 
Fiscus  der  Facultät  zu  bezahlen ;  femer  hatte  jeder  3  ürsati 
fftr  das  Mahl  und  je  fünf  1  Gulden  dem  Pedellen  zu  geben. 


42)  ScypbuB  argentew,  quo  Facultas  D.  Micyllum  honoravit, 
continet  10  uncias,  3  drachmae.  Conatant  autem  singulae  unciae 
iVjt  ursatis.  Summa  8  fl.,  et  aurei  quarta  monetae  ursatorum  seu 
balensium,  ut  vulgo  nominantur,  quorum  15  tunc  valebant  27  alb. 
adeoque  magnitudinis  suae  respectu  vulgarem  florenum  unico  albo^ 
gnperabant.    Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  44,  b. 

43)  Ibid.  F.  44,  a.  Das  wirklieh  schön  geschriebene  Origina 
dieser  Statuten  findet  sich  in  dem  Univ.-Arch.  No.  358,  48. 

44)  Das  Baccalaureat  war  in  damaliger  Zeit  ungefähr  das, 
was  jetzt  ein  Maturitätszeugniss  für  die  Schüler  der  Gymnasien  und 
Lyceen  ist. 


426       I'  Buch,  IL  Pmode.   4.  Abschnüt.   (löU—1566,) 

Für  die,  welche  Magister  werden  wollten,  waren  ebenfallB 
zweimal  im  Jahre  Examina  hestimmt.  Diese  selbst  waren 
doppelter  Art.  Zuerst  wurde  der  Magistrand  privatim  von 
der  Facultat  geprüft,  und  war  er  würdig  befunden  worden, 
so  folgte  auf  den  Vorschlag  derselben  erst  die  öffentliche  Prü- 
fung vor  dem  Ganzler  oder  dessen  St^lvertreter.  Die  Kosten 
für  die  Erlangung  der  Magisterwürde  betrugen  etwa  das  Dop- 
pelte von  denen  des  Baccalaureats.  Alle  Examinatoren  er- 
hielten von  den  bemittelten  Examinanden  eine  Entschädigung 
für  ihre  Mühe ;  arme  hatten  dagegen  gar  nichts  zu  bezahlen. 
Die  kostspieligen  Gastereien  wurden  abgeschafft.  Weiter 
enthalten  die  Statuten  eine  genaue  Eintheilung  der  zu  hal- 
tenden Vorlesungen,  Bestimmungen  über  die  Benutzung  der 
Artisten-Bibliothek  und  eine  Instruction  für  den  Pedellen. 

Konnte  auch  eine  Reform  der  Universität  nicht  zu 
Stande  gebracht  werden  und  wussten  die  Theologen, 
»papali  zelo  jSagrantes«,  durch  ihren  Widerspruch  es  auch 
zu  verhindern,  dass  Fagius  als  Professor  bei  ihrer 
Anstalt  angestellt  wurde  *^),  so  liess  der  Kurfürst  sich 
dadurch  nicht  abhalten,  für  das  Beste  derselben  zu  thun, 
was  er  unter  den  obwaltenden  Umständen  konnte.  Da- 
zu gehörte  die  Errichtung  einiger  Lehrstühle,  die 
Vereinigung  der  Bursen,  die  Gründung  des 
Sapienz-GoUegiums  und  des  Pädagogiums. 
Das  Nähere  enthalten  die  folgenden  Blätter. 

§5. 

Errichtung  eines  Lehrstuhles  für  die  Mathematik  und 
Ethik.  Anstellung  eines  Lehrers  der  hebräischen  Sprache, 
Oruntler's  Berufung.    Olympia  Morata.  Ausgezeichnete 

Juristen     Medieiner. 

Zu  den  Verdiensten,  welche  sich  Friedrich  II.  um 
die  Universität  erwarb,  gehörte  die  Errichtung  zweier 
Lehrstühle,  für  Mathematik  und  den  der  Ethik. 
Zu  dem  ersten   ernannte  er  (1547)  den  Magister  Jacob 


45)  Hottinger,  p.  13. 


LehrttniafarMa1hemaiihu.EUMk.  Ol^piaMoratau.8.w.  427 

Gurio  aus  Hof  ^^.  Dieser  war  Doctor  der  Medicin,  dabei 
aber  auch  ein  ausgezeicheter  Kenner  der  Mathematik. 
Später  (1556)  wurde  Gurio  Professor  der  Medicin  und 
Johann  Mercur  Morsheymer  (Morshemius)  aus 
Worms  sein  Nachfolger  in  der  Professur  der  Mathe* 
matik  bis  1563*^. 

Als  Lehrer  der  Ethik  wurde  der  berühmte  Jurist 
Nicolaus  Gisner  (Kistner,  1552)  ernannt^^).  Bei  dem 
Antritt  seines  Lehramtes  hielt  er  eine  treffliche  Rede  über 
die  Vorzüge  und  den  Nutzen  der  Ethik**).    Seine  Vor- 


46)  »Fridericus  IL  peculiarem  Matheseos  cathedram  funda- 
vit,  cui  M.  Jacob  US  Gurio  de  Hof,  natus  a.  1497,  Medicinae  Do- 
ctor et  insignis  mathematicus ,  diu  a  FacnltatQ  Artium  desideratns, 
tandem  a  Principe  Moguntia  huc  invitatus,  a.  1547.  praeesse  coepit. 
Eodem  anno  statu it  ordo  philosophornm,  eos  solos  in  posterum  ad 
examen  Magisterii  admittendos  esse,  qni  lectionibus  mathematicis 
diligenter  interfuissent.  A.  1551.  Academiae  Rectoratum  gessit, 
et  Rectorum  primus  uxorem  duxit.  A.  1556.  ad  cathedram  medi- 
eam  evectus  est  Gurio.  Defunctns  est  Heidelbergae  a.  l572.< 
Acta  1.  c.  T.  III.  F.  116,  b.  T.  IV.  F.  24,  a.  39,  b.  Annall.  1.  c. 
T.  TU.  F.  66,  a.    Lyc.  origg.  p.  70. 

47)  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  77,  b. 

48)  Sabbatho  post  Bartholomei  (1552)  rector  vocatns  est  ad 
*   archivurn  principis  et  ibidem  ei  in  presentia  consiliariorum  a  Gan- 

cellario  est  indicatum,  eam  esse  principis  meutern,  quatenus  üni- 
versitas  in  publicum  Ethices  professorem  reciperet  M.  Nicolaum 
Eistnerum  Mosbacensem.  Principem  ordinasse  illi  pro  stipendio 
octoginta  annuos  fiorenos,  quadraginta  ex  reditibus  ecclesiarum, 
reliquos  quadraginta  ex  coenobio  Augustiniano. 

Quod  cum  üniTersitati  esset  propositum,  consensit  universitas 
in  Petition em  principis  atque  dictum  M.  Nicolaum  recepit  in  pri- 
mum  Ethices  j/ublicum  professorem,  licet  nova  Reformatio,  quae 
jam  edenda  erat,  nondum  esset  edita.  Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  111,  b. 

49)  Gisneri  opusc.  ed.  Reuter.  Franeof.  1658,  woselbst  sich  die 
genannte  Rede  S.  699  ff.  findet.  Der  Schrift  ist  Gis  ner's  Leben  von 
Reuter  beigegeben,  wo  von  seiner  Ernennung  zum  Lehrer  der  Ethik 
8. 7  die  Rede  ist.  Derselben  Schrift  entnehmen  wir  Folgendes  aus  Gis- 
ner' sLeben :  1553  zerstreute  sich  dieüniversität  wegen  einer  anstecken- 
den Krankheit.  Dadurch  wird  Gisner  zu  einer  Reise  nach  Frank- 
reich und  Italien  veranlasst  und  kauft  in  beiden  Ländern  im  Auf- 
trage des  Pfabsgrafen  Otto    Heinrich     seltene   Bischer.    1559 


428       I  Bmh.   II,  PfsrMe.  4.  AbsehmH,   (tnU^lSM.) 

lesungen  wumten  sehr  amiilreieh,  besonders  «leh  von  Ju- 
riBten,  besncht  und  in  dev  bald  danuif  erfolgten  Refom 
der  Universität  durdi  Otto  Heinrich  den  angehenden 
Juristen  »uferlegt,  neben  den  Institutionen  aueh  die  Ethik 
zu  hören. 

Ferner  wurde  der  seit  längerer  Zeit  erledigte  Lehr- 
stuhl der  hebräischen  Sprache  durch  Paul 
Staffel  st  ein  (StalSelslainer)  wieder  besetzt  ^^)  und  die 
Studirenden  von  dem  Rector  dier  Universität  durch  ein 
besonderes  Programm  mm  Besudle  dieser  Vorlesun- 
gen, welche  am  16.  Mai  1551  anfingen,    eingeladen**), 


irard«  er  ProfesBor  der  Fandecten  und  zugleich  Kurftoitlieher  Rath. 
Bald  darauf  ermannte  ilui  Otto  Heiarioh  sam  Nachfolger  Frans 
Balduin's  nnd  ziun  Lehrer  des  ClTllrechtes.  Um  dieselbe  Zeit 
heiraäiete  er  die  Toehiev  dea  Gandiers  Hart  mann,  Anna. 
1668  war  er  Rector  der  Universitfit.  1567  wurde  er  Assessor  des 
BeicfashanttnergerichtB  in  Speyer.  1560  rief  ihn  Eurfftrst  Lad- 
wift  VI.  von  Speyev  nach  Heidelberg  und  s^war  als  »Guriae  Pala- 
tinae  Jadaois  Yicanus«  und  als  ausserordentlicher  ProfesscMr  der 
Hechte.    Beide  Aemter  versah  er  bis  zu  seinem  Tode  1588. 

50)  lieber  Staffelstein's  Aufnahme  heisst  es  im  Matri- 
kelbuche d.  d.  18.  Mai  1551:  »Paulus  Staffelstainer ,  Hebräus 
Professor,  gratis.«  —  üeber  seinen  Gehalt  geben  die  Annalen 
(T.  VII.  F.89,a)  Folgendes  an:  »In  convocatione  VII.  Julii  (1551) 
facta,  y£f  bitt  des  Hebrei  Pauli  Staffelstainers  hat  üniversitas  ge- 
willigt, dass  man  Ime  (so  vern  der  fiscus  solcbs  auch  vertragen 
mög)  künfftig  ,  Michaelis  vff  ein  jar  20  gülden  addiren  soll ,  wenn 
das  jar  umb  ist,  als  vff  michaelis  mag  er  pro  additione.  wieder 
bitten.« 

51)  DerWortfaut  des  Programms  ist  folgendere  »Cum  hebraicae 
linguae  perientia  multo  uberiorem  fructum  adferat  iUis,  qui  eccle- 
siae  amant  sectanturque  studia  quam  ut  aut  praedicatione  nostra 
opus  Sit;  aut  complecti  yerbis  denique  qnis  facile  possit,  conductus 
publico  stipenctio,  de  communi  senatus  scholastici  nostri  sententia, 
est  non  indoctus  quispiam'  linguae  sancteehujuspraelector Paulus 
S  t  a  f  f  e  1 8 1  e  i  n,  religione  quondam  Judiins,  nunc  vero  discipulus  n'obis- 
cum  Jesu  Ghristi,  ita  testimosiis  praestantium  virorum  omatus,  ut 
qui  eomplures  jam  annos  ea  fide  doooerit,  quam  in  tradenda  lin- 
gna  hac  vere  Christianum  hominem  4ecet.  Idem  hie  auspicabitur 
cras  ab  enarratione  celebris  dicti,  quod  de  mundi  duratione  in 
domo   Heliae   sanuisse  traditur.     Grammatica    d^neeps   tractabit 


was  als  Beweis  des  Werthes  Musiisehen  ist,  w^khdi  die 
Universität  auf  diese  DisGi{)UD  legte. 

Wie  lange  Staffel  stein  an  der  Hochschule  wirkte, 
haben  wir  in  den  Acten  nidit  gefimden.  Ans  denselben 
wissen  wir  nur,  dass  «er  (1555)  »als  Professor  der  hebräi- 
schen Sprache«  eine  Zulage  von  30  t.  erhalten  *•)  und 
die  Universität  semcm  krafnken  Sohn  (ß.  April  156^ 
einige  Gulden  geschenkt  hat  *•). 

Ausserdem  berief  der  Kurfürst  durch  Decret  vom 
12.  Juli  1554  »zue  mehr  aufschwung  vnd  befurderung 
Facultatis  medicae  zue  vud  neben  denn  Jetzigen  Profes- 
soren den  andream  Gruntler,  der  artzney  doctorem, 
welcher  dann  hievor  in  Studio  gestanden  als  zu  eim  drit- 
ten Lectorem  derselben  Facultet«,  und  zwar  mit  einer 
Besoldung  »von  30  fl.  oder  zum  mindesten  25  fl.«  aus  dem 
Universitäts  -  Fiscus  sammt  allen  andern  »Emolumentis 
Facultatis  medicae«.  Als  Wohnung  wurde  ihm,  beson- 
ders in  Berücksichtigung  seiner  unglücklichen  Lage,  die 
»behausung  inn  der  Cappellen«,  in  welcher  früher  Dr.  G  e  or  g 
Nigri  gewohnt  hatte,  zugewiesen*^*). 


compendia  ac  praecepita  e  »scr^tura  petiÜB  ekemplis  iUiutrabit. 
Idqae  corabit  sedulo,  ut  ad  phrasin,  quae  multos  a  philologicis 
lectionibuB  arcet,  adsuefieri  auditor  possit  yetustissimamqae  illam 
paulatim  amare  theologiatn.  'Qnoniara  yero  gratissima  haec  Beo 
est  studiorum  caltwra,  hertamnr  8t«di«sB8  eum  ommes  <q«idem,  tum 
praedpue  illos,  qui  operam  suam  eceleaiae  ministerlo  destmaveruD^ 
ut  linguae  et  phraseos  hebraicae  hujus  tantopere  ad  scriptorae 
fontes  necessariam  cognitionem,  nronstratorre  et  dace  Paulo  iUo,  isibi 
comparent,  nee  leves  dnouit  mints,  qnae  de  segniter  disoentiiinB 
«Uidiornmque  veromm  negleotoiibna  .cloricis  «xtaot  in  Oaea,  ^oia 
dielt  dominus  iratus: 

»»Repulisti  scientiam,  repellam  te,  ne  sacerdotio 
fangaris  mihi.«  Die  Ifoji  15.  (1551).«  Amall.  TJniv.  T.  YIL 
F.  94,  a. 

52)  Ibid.  F.  204,  a.  .b. 

53)  Ibid.  ad.  an.  1568,  F.  40. 

54)  Ibid.  T.  YU.  F.  174.  d75,  woselbst  >aiMh  ^as  Bero^ngs- 
Beeret  steht. 


430       I-  Buch.  IL  Periode.  4.  AbsehmU,  {15U^166€.) 

Gruntler's  Gattin  war  die  durch  ihre  Gelehrsam- 
keit berühmte,  deutsch  gewordene  ItaUenerin  Olympia 
Fulvia  Morata.  Sie  wurde  im  Jahre  lö26  in  Ferrara 
geboren,  wo  ihr  Vater,  Fulvio  Peregrino  Morato, 
Professor  an  der  Universität  war.  Ihre  gelehrte  Bildung 
hatte  sie  theils  von  ihrem  Vater,  theils  an  dem  Hofe,  wo 
sie  als  Gesellschafterin  der  Maria  von  Este  in  Ferrara 
lebte,  erhalten.  Schon  in  Italien  hatte  sie  sich  mit  Grunt- 
1er  vermählt.  Dort  trat  sie  auch  mit  ihrem  Gatten,  durch 
den  reformatorischen  Hauch,  welcher  im  16.  Jahrhundert 
über  Italien  wehte,  bewegt*^),  zur  evangelischen  Kirche 
über.  Durch  die  Kriegsunruhen  wurden  Beide  zur  Flucht 
aus  Italien  genöthigt.  Unter  vielen  Bedrängnissen  kamen 
sie  nach  Deutschland  und  zunächst  nach  Schweinfurt,  in 
die  Geburtsstadt  Gruntler's.  Dort  verloren  sie  durch 
den  Krieg  alle  ihre  Habe.  Da  nahm  sie  Graf  Eberhard 
von  Erbach  gastlich  auf.  Dieser  hatte  eine  Schwester 
des  Kurfürsten  Friedrich' s  II.  zur  Gemahlin  uud  da  er 
Gruntler's  Tüchtigkeit  als  Arzt  eben  so  hoch  schätzte, 
als  dessen  edeln  Charakter,  so  empfahl  er  ihn  als  Pro- 
fessor der  Medicin  an  die  Universität  Heidelberg.  Hierauf 
folgte  dessen  Berufung. 

Nach  dem  Berichte  des  Leodius  soll  auch  Olym- 
pia nach  Heidelberg  berufen  worden  sein,  um  Vorträge 
über  die  griechische  Literatur  zu  halten  *^.  Allein 
dieses  beruht  ohne  Zweifel  auf  eüiem  Irrthume,  da 
Olympia  in  ihren  Briefen  (opera  ed.  a.  1580  p.  144 
177)  ausführlich  von  der  Berufung  ihres  Mannes  nach 
Heidelberg  und  ihrem  dortigen  Leben  spricht,  mit  keiner 
Silbe  aber,  obgleich  sie  die  geringsten  Einzelnheiten  ihres 
Lebens  erwähnt,  ihrer  eigenen  Berufung  gedenkt,  wohl 
aber  anführt,  dass   sie  den  Titel  einer  Ehrendame  der 


55)  Sbhmidt,  Celio  Secundo  Garioni  in  Kiedner's  Zdtschr. 
f.  d.  histor.  Theologie  1860.   8.  571. 

56)  Vita  Friderici  11.  p.  292 <  »Ipse  ut  medicinam  pro6teator, 
ipsa  ut  graecas  literas  doceat.c 


Lehrstuhl  für  MalihemaUk  u.  Ethik.  Olympia  Morata  u.  8.  to.  431 

Kurfürstin  erhalten,  ihn  aber,  um  vom  Hofleben  entfernt 
bleiben  zu  können,  abgelehnt  habe.  Auch  in  den  Uni- 
versitäts-Acten  findet  sich  nirgends  ein  Beleg  für  ihre  Be- 
rufung oder  eine  Angabe,  dass  sie  Vorlesungen  hielt 
Nur  einmal  kommt  ihr  Name  in  den  Annalen  der  üni- 
versität  (T.  IX,  F.  7,  b)  vor,  wo  ihre  Gedichte  genannt 
werden. 

Ihr  Aufenthalt  in  Heidelberg  dauerte  jedoch  nicht 
lange.  Seit  ihrer  Ankunft  kränkelnd,  starb  sie  am 
26.  October  1555,  und  schon  am  22.  December  desselben 
Jahres  folgten  ihr  der  Gatte  und  ihr  Bruder  Emilio  im 
Tode  nach.  Sie  wurde,  wie  die  beiden  Letztgenannten,  in 
einer  Capelle  der  St.  Peterskirche  zu  Heidelberg  bestattet 
und  ihr  eine  in  dieser  Kirche  noch  vorhandene  Grabschrift 
(S.  172)  gesetzt "). 

Als  Juristen  werden  unter  Friedrich's  Regierung 


57)  Die  Grabschrift  ist  abgedruckt  in  Apograph.  monumentor. 
Haidelb.  p.  7. 

Olympia's  Werke  wurden  yon  Caelio  Secundo  Curioni 
gesammelt  und  erschienen  in  Basel  in  den  Jahren  1558,  1562,  1570 
und  1580.  Curioni  war  ein  Freund  ihres  Vaters  und  It^rofessor 
an  der  Schule  zu  Lucca.  Er  war  einer  der  wenigen  italienischen 
Gelehrten  9  bei  welchen  der  Humanismus  die  tieferen  religiösen 
Interessen  nicht  fiberwog.  Frühe  der>  römischen  Kirche  entfremdet, 
entsagte  er,  nach  vielen  Gefahren,  seiner  Heimath,  >um  diesseits  der 
Alpen  Freiheit  für  seinen  Glauben  zu  suchen.  Olympia  verehrte 
ihn  wie  einen  Vater  und  er  liebte  sie  wie  eine  Tochter.  Schmidt 
a.a.O.  S. 570. 574. 581.    Streub^r  (Basl.  Taschenb.  1853)  S.68ff. 

üeber  Olympia  selbst  vergl.  Junker:  Schediasm.  histor.; 
Dithmar:  Dissertatio  de  Olympiae  vita,  scriptis  et  virtutibus; 
Bflttinghansen:  Ergözliciikeiten  aus  der  Pfalz,  und  Schweiz. 
Gesch.  u.  Literat.  St.  II.  S.  1  ff.  Sturm:  Einer  ist  ^uer  Meister, 
Th.  I.  S.  35.  175  ff.  Th.  II.  S.  43  ff.  Geiz  er:  Protestant  Briefe 
aus  Sfldfrankreich  und  Italien,  S.  274  ff.;  H ausser  a.  a.  0. 
Th.  I.  S.  616.  Glassen:  Jac.  MicyUus,  8.  201.  Münch:  Mar- 
ganten,  8.  169  ff.  Bonnet:  Vie  d'Olympia  Morata,  Paris  1851; 
dasselbe  Werk,  geziert  mit  den  seelenvollen  Zügen  der  edeln  Frau, 
in's  Deutsche  übersetzt  von  Merschmann,  Hamburg  1860  und 
die  darüber  im  Leipz.  Repertor.  Jahrg.  1860,  S.  278  mitgetheilte 
Recension. 


4S2      I.  Bmii,  JL  Penoie.  4.  AhßdmiM.  (1U4^MM.) 

besonders  gerübmt:  Dym  bis  1559  im  Clvilredit,  Dio- 
nysiuB  Grav  (Graff)  ven  Eselmgen,  frfllier  Professor 
der  lateimschea  fipraehi^,  seit  1548  aber  Nachf^er  von 
Johann  D eschler  und  darauf  (1551 — 1560)  von  Phi- 
lipp Rhynerus,  wel<die  beide  von  Alzey  waren,  Jo- 
hann Myläus  von  Niederuhn  (bis  1554),  Paul  Cisaer 
(Kästner),  Melchior  Weisenberger  (bis  1556)  uad 
Wendelin  Heylmann  von  Baichardsbausen. 

Als  Mediciner  wird  Johann  Virdung  genannt, 
welcher  zugleich  Mathematik  lind  Asinronomie  Idirte^^. 

§6. 
Vereinigwng  der  Bwrsm  wnd  ihre  EmrichSrnng. 

Die  sich  immer  wiederholenden  Raufhändel  zwischen 
den  verschiedenen  Bursen,  deren  Bewohner  theils  Nomi- 
nalisten, theils  Realisten  waren,  wünschte  der  Kurfürst 
entfernt ,  da  sie  den  Frieden  der  Universität  öfter  störten 
und  mit  Recht  als  Werkstätten  der  »mönchisch -scholasti- 
schen Bildung«  bezeichnet  werden  ^').  Ks  besddoss  daher 
Friedrich  am  17.  Februar  1546  die  vergdiiedeneQ  Bör- 
sen (die  Schwaben-,  Katharinen-  und  Jur^ten - Burse)  in 
Eine  Burse,  oder  vielmehr  mit  der  ReaHsten-Burse  (Colle- 
gium  Artistarum)  zu  vereinigen  und  der  Universität  em- 
zuverleiben  ^^.  Nur  das  Diony^anirm  und  das  Ckmtu- 
bernium  »in  der  Barsch«  sollten  als  selbstständige 
Anstalten  fortbestehen^^).    Ais  Locale  für  die  vereinigten 


dB)  ViTandt:  J)e  ord.  phH.  P.  IL  p.  17,  wo  lidi  andi  üt 
näheren  NachweiBoogan  teden. 

59)  HäasBer^  B.  612.  Auch  an  der  TJnlverBit&t  Basel  «ar 
der  eigentliche  Sitz  der  nonunalistiBcheii  und  realialnclieii  FarteieB 
in  den  Bursen,  welche  an  den  verBchiedenen  Richtnngen  hart- 
nackig leathiellMi  und  ¥Oia  W(H*tfraiipf  rni  Thfttlldiketten  Ob«^ 
gingen  (1466).    ViAoher,  S.  171  ff. 

60)  Annall.  üniv.  T.  Yl.  F.  420,  b. 

61)  Als  1685  Kttv&rst  PihiHpp  Wil^elan  .die  «Usgiermig 
antrat,   gelobte  er:   »der  Universität,  dem   Gontnbemium  (in  der 


Vereinifftmg  d§r  Bwnen  und  ihre  EmrieMung,  43S 

Bursen  wurde  die  Realistenburse  bestimmt.  Da  diese  aber 
in  Verfall  gerathen  war®^,  so  befahl  der  Kurfürst  im 
März  desselben  Jahres,  die  Universität  solle 

»verfugen,  dass  die  Bnrsa  Realitun  zugericht  und  vssge- 
macht  ynd  domit  gehalten  werde,  wie  mit  andern  der  Uni- 
Yersität  incorporirten  Häusern  beschieht«  *^). 

Hierauf  theilte  der  Rector  dem  Senate  und  der 
Artisten  -  Facultät  mit,  dass  es  der  ernste  Wille  des  Kur- 
fürsten sei,  die  Contubemien  ohne  Verzug  zu  vereinigen  ^*). 
Da  es  jedoch  nicht  möglich  schien,  die  Sache  in  der 
gewünschten  Eile  zu  bewerkstelligen,  so  gaben  der  Decan 
der  Artisten -Facultät  und  die  Regenten  der  Bursen  am 
folgenden  Tage  eine  Schrift  bei  der  Universität  ein,  in 
welcher  die  Schwierigkeiten  eines  so  schnellen  Einzugs 
auseinander  gesetzt  wurden  ®^).  Doch  kam  trotz  dieser 
Eingabe  die  Vereinigung  der  Bursen  noch  in  dem  Jahre 
1546  bald  nach  Martini  zu  Stande  *^,  und  so  hatte  we- 
nigstens in  dieser  Beziehung  der  Kurfürst  seine  Absicht 
erreicht. 

Der  auf  diese  Weise  entstandenen,  wenn  wir  so  sa- 
gen dürfen,  Gesammtburse   wurden  nun   die  sämmtlichen 


Bursch),  dem  Dionysianum,  dem  CoUegium  Principis  und  Sapientiae 
alle  Statuten,  Privilegien,  Freiheiten,  Einkommen,  Bechte  und 
Gerechtigkeiten  zu  halten.    AnnaU.  üniy.  T.  XXXIII,  b.  F.  422.  424. 

62)  Schon  1544  waren  das  Gebäude  und  der  in  demselben  be- 
findliche Garcer  in  so  bauf&Uigem  Zustande,  dass  man  damit  um- 
ging, beide  wieder  gehörig  herzustellen,  was  aber  unterblieb,  weil 
nach  dem  Ueberschlage  des  Werkmeisters  die  Kosten  sich  auf 
140  bis  200  fl.  beliefen.    Acta  Fac.  Art  T.  IV.  F.  14,  b. 

63)  Ibid.  F.  421,  b. 

64)  Ibid.  F.  16,  a. 

65)  Diese  sehr  ausführliche  Schrift,  in  welcher  die  Universität 
auch  gebeten  wurde,  möglichst  dahin  zu  wirken,  dass  ihre  Re- 
form veröffentlicht  werde,  wurde  mit  dem  Bemerken  in  die 
Acten  aufgenommen:  »Haec  ideo  inserta  sunt,  quoniam  domini 
Gonsiliarii  Facultatis  trium  Contubemiorum  in  unum  contractionis 
rationes  et  tempora  diligenter  in  annales  referri  voluerunt.«  Ibid. 
F.  17,  a. 

66)  Ibid.  F.  20,  b. 

Haute,  Gesob.  d.  Univ.  Heidelb.  I.  28 


434       I'  9^^.   fr.  Periode,  4,  JtbeOmU,  f29#tf— f5$«.> 

BiokflRfte  der  einselii^  Börsen  zugewiesen,  beziehungs- 
weise Vermächtnisse,  Gapitalbriefe  u.  s.  w.  auf  dieselbe 
übertragen  und  sie  führte"  van  jetzt  aa  den  Namen  eines 
CdHegram  Principis(Fllrstensdrale),  CoHegium  Artistarum  ^') 
oder  des  vorzugsweise  so  genannten  (Grossen)  Contubemiums. 
Sofort  erhielt  dasselbe  ausführliche  Statuten  ®®),  welche  sich 
eben  so  wohl  auf  die  in  ihm  vorhandenen  Schüler  und 
Magister,  als  auch  auf  die  Vorsteher  (Moderatores,  Regen- 
tes),  den  Hausvater  (Praepositus,  Propst)  den  Oeconomen, 
den  Koch,  die  Köchin  und  auf  die  Diener  beziehen  ®^). 

Der  ganzen  Anstalt  war  ein  Superintendent  vorge- 
setzt; unter  ihm  standen  zunächst  4  Kegenten.  Als  erster 
Superintendent  wird  der  Professor  der  Medicin,  Wagen- 
mann, als  erster  Regent  Billic  an  und  als  zweiter  Regent 
Johann  Baibus  angeführt.  Wie  vordem. jede  Burse 
ihren  besonderen  »Pädagogen«  (Knabenlehrer)  hatte,  so 
wurde  auch  in  dem  Contubernium  ein  solchei*  beibehaltejL 
Er  hatte  die  in  demselben  befindlichen  Alumnen  so  lange 
zu  unterrichten,  bis  sie  die  Vorlesungen  der  Facultät  mit 
Nutzen  besuchen  konnten  '^). 

Die  Vereinigung  der  Bursen  führte  jedoch  manche 
üebelstände  mit  sich.  Namentlich  war  es  wegen  der  grossem 
Eafcl  dier  Alumnen  viel  schwerer,  4iet  Hausor dmmg  zn  erhalten 


67)  Nach  ÄerRefbwB.  Univ.  durdi  Johann  C«,»iniir,  F.  193. 
Itkg  sndi  ein  Artisten -Gollegimn  in  der  Jadengasse.  Denn,  waren 
«ehon  die  rencbieden^n  Börsen  Yereinigt,  so  schloss  dieses  ni«fat 
ans,  dftss  die  Ahimnen  in  versdiiedenen  Hftosem  irohnten. 

68)  ürkimde  Nr.  XXVI  gibt  die  Statuten  fÄr  das  Porsten- 
GoUegium. 

69)  Die  Verhaltsmassregeln  fttr  den  Hansvater,  Eeeh  u  s.  w. 
ibden  sich  ansführlieh  im  Ünir.-Arch.  Nr.  958,  T9,  a. 

70)  Ins  Einzelne  eingehende  Mittbefhingen  Ober  die  ganze 
Anstalt,  ihre  Vorsteher,  Lehrer,  Magister,  Schüler,  ihre  Pflich- 
ten nnd  Rechte,  so  wie  tkber  die  Vermächtnisse,  CapitaRmefe 
'finden  sich  in  >Statntorran  Bnrsae  Bealtnm  Über«  (üniv.- 
At^i.  i?o.  898,  52)  tmd  hl  »XAyetbndi  der  ChefÜllen  GöHegü 
Prinr.ipis  vnd  Stipendiornm  Contubemiic  (Univ.-Arch.  Nr.  889,  18 
nnd  19). 


ond  eine  gute  Di^dpüa  bu  han^hafam.  Dieses  bestimmte 
die  Universität ,  den  Kurfürsten  (IQ.  Mäia;  1560)  um  die 
EirichtuBg  eiMr  »weiten  Burse  zu  bitten,  zunsal  jelzt  die 
ifäiier  dem  Pidagogium  eingeriiumfce  Scbwabesburse  leer 
stehe '^). 

Auf  dieses  Gesudi  eäiielt  jedoch ,  was  ausdrücklich  in 
den  Aimalen  bemerkt  wird,  die  Universität  keine  Antwort 
von  dem  Kurfiirsten  ^^),  und  die  Schwabenburse  wurde  zu 
Wohnungen  für  Professoren  verwendet  ''')• 

Später  »gerieth  diese  berliohe  Stülung  (die  Fürsten- 
aduile)  in  grosse  zenittung,  vnordnung  vnd  abgang«  ^^). 
Als  KurfüiBt  Friedrich  III.  (1Ö59--1 576)  davon  Kennt- 
niss  erhielt,  trug  er  der  Hochschule  auf,  die  Zustände  jener 
Anstalt  genau  zu  untersuchen.  Dieses  geschah  im  Anfange 
des  Jahres  1560  von  dem  Prorector,  Gurio,  — (derRector, 
Johann  Oeysselbach,  war  schwer  eckrankt ^^) —  und 
den  Professoren  Boquia,  Heilmann,  Lotichius  und 
Georg  Adam'*). 

In  dem  von  dem  Beetor  und  den  übrigen  MiitgUedem 
dieser  Gommission  d«n  Kurfürsten  abgegabenen  Gutach- 
ten^^) wurde  der  zeiarüttete  Zustand,  ia  welchem  sich  die 
Anstak  befand,  anerkannt,  aber  als  Hauptursache  dessel- 
ben bezeichnet: 

1)  dass,  während  früher  die  »geiertesten,  erlichsten 
vnd  vkissig^ien  Magistii  mit  diesai  Stipendien 
begabt  worden«,  jetzt  aber,  »wie  fast  alle  andern 
ordaungen  in  misslwauch  gerotenn«,  die  Stipendiar 
ten  »one   alle  erkundigung  nach   geschicktichkeit, 


71)  AnnalL  Unür.  T.  VII.  F.  52,  b.  63,  a.     üeber   das  Päda- 
goginm  in  dieser  Zeit  siehe  Lyc.  origg.  p.  48. 

72)  Ibid.  F.  68,  a. 

73)  Ibid.  F.  142,  b.    (8.  auch  oben  Scbwabenburoe  S.  206). 

74)  Ibid.  F.  870,  b. 

76)  Ibid.  F.  S66,  a. 
7«)  Ibid.  F.  S70,  b. 

77)  Das  Gutachten  findet  sich  follst&ndig  a.  a.  0.  F.  d70,  b. 

bis  372,  b. 

28* 


dunn  oder  lassen,  allein  auss  gnaden  vnd  gunst 
presentirt«  würden; 

2)  dass  die  Stipendiaten  »sich  dünken  lassen,  als 
seien  sie  allein  churf.  gn.  immediate  vnd  dem 
Bectori  oder  Deeanis  gar  nit  oder  gar  wenig  vnn- 
derworffen.«  Es  sei  deshalb  »niemandt  gewesst, 
der  vff  ihr  thun  ein  vffsehens  gehabt  hette«; 

3)  sei  es  unmöglich,  zumal  zu  »dissenn  deueren 
schweren  zeitten«  die  Haushaltung  mit  200  fl., 
»so  das  Haus  fallen  hat«,  zu  unterhalten  und 

4)  seien  Leute  angestellt  worden,  die  »zum  ampt 
eines  Oeconomi  oder  Probsts  gar  nit  duglich  ge- 
west«. 

Um  diesen  Uebelständen  abzuhelfen,  wurde 
vorgeschlagen,  dass  »etwa  von  den  Eirchengütem« 
der  Anstalt  ein  Zuschuss  bestimmt  und  in  Zu- 
kunft nur  6  Stipendiaten  aufgenommen  würden, 
von  welchen  je  2  Theologie,  2  Jura,  2  Medicin 
und  2  Philosophie  studirten. 

Femer  sollten  nur  ein  zuverlässiger  Mann  als 
.    Oeconom  angestellt,  die  Gesetze  nach  den  Bedürf- 
nissen der  Zeit  umgeändert  und  endlich  das  seinem 
Einstürze  nahe  Haus   im  Bau  wieder  hergestellt 
werden. 
In  Folge  dieses  Gutachtens  wurden  (9.  October  1560) 
neue  Statuten  für  die  Anstalt  und  besonders  für   die  Be- 
genten  '®)    entworfen    und   von   der  Universität   geneh- 
migt ^»). 


78)  Urkunde  No.  XXX.  AnnaU.  Univ.  T.  VIB.  F.  6,  a  bis 
7,  b.  Mit  diesen  Statuten  wurden  auch  »leges  disdpulornm  et 
aaditorum  Contubemii«  genehmigt;  diese  sind  aber  nicht  in  die  An- 
nalen  aufgenommen.    Ibid.  F.  7,  b. 

Einen  höchst  interessanten  Vergleich  mit  diesen  Statuten  des 
Fttrsten-Gollegiums  bietet  die  »Ordinatio  bursae  cathedralis  ecclesiae 
Spirensis,  anno  1561c,  welche  Mone  (Zeitschr.  Bd.  I.  S.  28i— 295) 
mitgetheilt  hat. 

79)  Die    einzelnen,   mit   diesem   Entwürfe   betrauten  M&nner 


Vereinigung  der  Bwreen  und  ikre  Ei9iricfUung.  437 

Nach  diesen  neuen  Statuten  wurde  nun  die  ganze 
Anstalt  eingerichtet.  Die  Oeconomie  des  Hauses  war  den 
Hausvätern  und  die  Aufsicht  über  die  Schüler  und  Ma- 
gister in  demselben  den  Regenten,  deren  immer  mehrere 
waren ,  übertragen  **). 


sind  nicht  genannt,  wohl  aber  wird  in  den  Annalen  bemerkt ,  dass 
auch  der  berühmte  Rechtsgelehrte,  Franz  Balduin,  ?on  dem 
Rector  aufgefordert  wurde,  an  diesem  Geschäfte  Theil  zu  nehmen. 
Dieser  aber  lehnte  es  in  folgendem  Schreiben  ab:  Glarissime  do- 
mine Rector.  Equidem  sentio  te  cum  tuo  senatu  constanter  tuen 
,et  curare  debere  omnes  hu  jus  Academiae  partes,  et  inprimis  illa, 
quae  vocantur  contubernia;  neque  autem  haec  negligi  aut  horum 
procurationem  alio  rejici  posse,  quin  vel  labefactata  pessum  eat, 
vel  distracta  dissolvatur,  et  tandem  esse  desinet,  quae  esse  dicitur 
Universitas.  Ad  cujus  quidem  yel  dignitatem  amplificandam,  vel 
studia  excitanda,  si  quid  conferre  possim,  nihil  recuso.  Sed  in- 
genue  tibi  quod  sentio  dico,  non  esse  me  idoneum  ad  illius  quod 
nunc  agitur  contnbemii  constitutionem.  Mihi  vere  Tideri  te  in  tuo 
senatu,  cum  alios  multos  habere,  qui  ea  in  re  tibi  adesse  possunt, 
tum  yero  Dn.  Casparum  Aglicolam|!,  D.  Cysnerum  et  Xylandrum, 
homines  non  solum  doctos  et  litteratos,  sed  et  in  eo  genere  vitae 
educatos ,  et  totam,  horum  *  sive  instituendorum  sive  regendorum 
Studiorum  rationem  bene  intelligentes,  neque  jam  aliis  negotiis  im- 
peditos ,  quin  prcv  sua  in  rempublicam  nostram  beneyolentia  facile 
et  Yelint  et  possint,  hanc  curam  tecum  suscipere.  Si  quid  prae- 
terea  sit,  quod  mandare  mihi  yelis,  libenter  audiam.  Annall.  Univ, 
T.  Vn.  F.  401. 

80)  Ein  »Catalogus  Regentum,  contr actis  tribus  Gon- 
tuberniis  in  unum  in  Gollegio  Principis  olim  Gontubemium 
Realium  dictum«  vom  Jahre  1546 — 1601  findet  sich  auf  den  letzten 
nicht  paginirten  Blättern  der  genannten  »Statutorum  Bursae  Realium 
über«.  Weiter  ist  noch  vorhanden  ein  > Catalogus  praepositorum, 
conscriptus  per  Sebastianum  Bugelinum«  vom  Jahre  1535  bis 
zum  Jahre  1580,  er  findet  sich  in  einem  die  Präposituren  der 
Fürstenschule  betreffenden  Actenbande  (ÜniTersitäts-Archiv  Nr.  358, 
79,  a). 

Aus  diesem  Verzeichnisse  geht  hervor,  dass  das  Amt  eines 
Hausvaters  ein  Jahr  dauerte.  M.  Hartmann  von  Eppingen 
bekleidete  dasselbe  1460  und  1465,  Wimpfeling  1481,  Billican 
1520.  Später  trat  in  der  Dauer  der  Führung  dieses  Amtes  eine 
Aenderung  ein.  M.  Pithopoeüs  bekleidete  dasselbe  vom  Jahre 
1567  bis  zum  Jahre  1580.  Sein  Vorgänger  war  Nicolaus 
Cisner. 


§•7. 

i)a«   Sapiem '  CoUegium  ats  Coüegiwn  pfulosophictm* 

Gründung.    Einkünfte.    Statuten.    Aufsicht.    Alumnen 

und  Lehrer.     Entfernung  der   Altäre.      Verwaltung. 

Archiv  der  Universität  und  Artisten- Fcundtät. 

Unter  die  bedeutendsten  Schöpfungen,  welche  trie- 
dti€h  zu  Gunsten  der  UniYffrsitAt  in  d«s  L^bfen  Hef,  ^ 
hm  dfts  Yöti  Hitti  gegtlilld^te  Sapieftz-Oc^legittin  "^): 
In  dasselbe  sollten  60 — 80  arme ,  aber  talentvolle  junge 
Leute,  welche  sieh  Bunächst  durch  phtlosaplnsche  Studien 
fttr  FadmisseBBchaflien  vorberetten  Vrtrilten,  ai^i^^efliiMiluM 
ftfr  mn  Koät,  ßflcher,  Klbldüüg  ttnd  ifa  l&äiikbeitgtttt^n  M 
Pflege  gesorgt  werden  ^').  Die  ständigen  EpWen  und  Ad- 


Die  «Mt4i  Re^feti«^  H  der  ittmi^n  mmitticMe  i^Lt^ä: 
JoHahn  6ef d8«lb>ach,  KHUb  ÖuiJtb«r,  JohKUb  Ddiz- 
let,  Eriia^rd  Keiffart!,  Arfat)"l«  Obö^pölig,  PKiliilp 
Rhyti^rns  olld  Cdiiftd  LftttiB  (F^9Üitii).  Dfe  l^dlHi  «)hH<ilf 
wtnlen  alft  i8tt^iti<r,  die  z#^i  ^o^Htf^  aHr  «Ifdfit  tM  dfe  SM 
l^tet^n  «h  »Real«««  b^üeicHli^t.  m  Jäfai^  1899  Batteü  AeAiliuc^ 
l*orttli!  üAd  leoi  Ggorlt  ila'ffettt-fcheöfc«!  dÄ«  JohÄliii 
Philipp  Pareus  (Sohn  des  David  Pareos)  dieses  Aikt 

dl)  £ine  handsclirittliche,  '6^tte^  m  ^6!io  starke  »itistonsche 
NachricHt  von  dem  Collegio  Sapientiäe  und  von  dessen  Siphons, 
fnspectoribus  et  Präeceplorihüs  von  cler  erstell  Süftühg  an  b&s  auf 
das  Jahr  1790c,  in  welcher  sich  auch  die  päpstliche  Bulle  Vbrfindetf 
besitzt  dasüniV.-Ärch.  unter  Kr.  350,56.  Eist.  Acäd.  S'.  132  tf.  Wund  t, 
Üag.  B.  I.  S.  69  t.  Reuter,  Jubil.  pfun.  Öoll.  Sap.  (1CÖ6). 
ilottinger:  De  Coli.  Sap.  (1656).  Battinghausen:  De  fatls 
Coli.  Sap.  (1756).  litieg:  De  Coli.  Sap.  (1756).  l)ie  neueste  Rell- 
gionsverf.  d.  Reformirten  in  der  Unterpfalz  (1780)  S.  235  E 
Widder,  fh.  II.  S.  410.  Unsere  Gesch.  d.  Neckäirsch.  S.  36  ff. 
161  ft  und  Gesch.  d.  Stipchdfen  H.  I.  S.  9.  H.  tl.  S.  68. 

82)  Zu  Freiburg  im  Brei^gau  war  schon  1.  J.  1496  ein  Dobh» 
Sapi«ntiae  gegründet  worden.  Werk,  StifUingiuikanden  d.  acadenu 
Stipendien  an  d.  Hoohach.  sa  Freibnrg  8.  1.  j&g^r:  Ueb^  die 
Freibarger  Stipendien-Stiftungen  I,  10. 


Dß$  Sa^pUfW'Colkgim»  als  CoUkgium  pküosophkum.      4S9 

miaidtratoreü  dei*  Austait  sidltca  die  Kurftrstea  der  PlaU 
sein  ^^).  Zur  Ausführung  dieses  Vorhabens  wurden  mit  Gu^ 
heissen  des  Papstes  Julius  HL  (1550)  das  von  seinen 
früheren  Bewohnern  verlassene  Augustiner-Kloster  in  Hei* 
delberg  und  dessen  Einkünfte,  so  wie  die  des  Augustiner- 
Klosters  zu  Alzei  und  der  Benedictiner-KIöster  zu  Lixheinx 
und  Krafthai  ^%  verwendet  ^% 

Der  jährliche  Ertrag  dieser  Klöster  wurde  auf  600  Du- 
caton  veranschlagt  *®).  Da  jedoch  derselbe  schwer  beizu- 
bringen war,  so  machte  die  Artisten-Facukät,  welche  die 
Klöster  für  das  Sapienz-CoUegium  m  Empfang  genommen 
hatte,  »geringen  Nutzens  und  gefahrlicher  Zeitläuften 
wegen«,  von  dem  Anerbieten  des  Kurfürsten,  sie  auf 
10  Jahre  (1553 — 1563)  für  die  jährliche  Summe  von 
1054  fl.  2  Batzen  2  kr.  in  Bestand  zu  nehmen,  Gebrauch, 
-wobei  noch  der  Kurfürst  versprach,  die  vom  Papste  de- 
signirten  Priester  und  Studiosi  »in  victu  et  vestitu«  zu 
unterhalten  und  die  »Mo4)ilia«  um  billigen  Preis  anzu- 
nehmen *'). 

Die  Schlüssel  des  Augustmer-Klosters  in  Heidelberg 
wurden  dem  Decane  der  Artistcn-Facultät  von  dem  Rector 
der  Universität,  Dym,  welch  letzterem  in  Verbindung 
mit  Professor  Wagenmann  bisher  die  Sorge  für  das 
Kloster  (*cura  Monasterii«)  anvertraut  gewesen  war*®), 
eingehändigt  und  die  Aufsicht  und  Verwalttmg  der  Anstalt 


83)  Altiug,  p.  lÜO. 

84).  Das  Aasftthriicbe  über  die»c  Kldster  siehe  in  diesem  Ab* 
«chnitte  unter  »finanziette  Verhältnisse  der  Universität«.  In  Frie  - 
drich's  n.  Erbyertrag  v.J.  1558  (Tolner,  Cod.  Dipl.  p.  172)  heilst 
es:  »An  den  vom  Papste  Julias  III.  incorporirten  Klöster  Lix- 
heim  und  Krafthai  soll  der  Sapienz  xu  ewigen  Tagen  kein 
Sperrung,  Hindernis«  aooh  Eintrag  xogellgt  noch  verstatt  werden.« 

8^)  Acta  Fac  Art.  T.  lY.  F.  44,  b  ff.  Vergl  auch  Annall. 
Univ.  T.  Vn.  F.  89,  b.  90,  a.  b.  Die  betreffenden  ActeastOcke 
haben  wir  im  >Micyllua«  S.  32  Butgetbeüt. 

86)  Annall.  Univ.  T.  YII.  F.  127,  a.  b. 

67)  OriginaturkaAde  Univ.-Arch.  Nr.  23. 

88)  Annall.  1.  e.  F.  89,  a.  90,  b. 


440      I.  Buch,  n.  Periode,  4.  Jbachmtt,   (ISU^-ISSS.) 

dem  Decane  und  den  zwei  ältesten  MitgUedern  der  Artisten- 
Facultät  als  »administratores  et  superintendentes«  über- 
tragen *•).  Wegen  dieser  Verbindung  mit  der  Artisten- 
Facultät  und,  weil  die  Anstalt,  wie  schon  gesagt,  zunächst 
auch  den  Zweck  hatte,  junge  Leute  für  höhere  Wissen- 
schaften und  die  obem  Facultäten  vorzubereiten,  hiess  sie 
auch  GoUegium  philosophicum. 

Am  3.  September  1555  wurde  die  75  Seiten  starke 
Gründungsurkunde  ^^  von  dem  Kurfürsten  unterschrieben, 
aber  leider  ist  sie  nicht  mehr  vorhanden,  doch  wurden 
von  Wundt**),  welcher  sie  noch  benutzte,  die  wichtige- 
ren Statuten  aus  derselben  aufgezeichnet.  Es  sind  fol- 
gende : 

1.  Soll  der  Alumnus  aus  dem  Kur-  und  Fürstenthum  der  Unter- 
oder  Oberpfalz*')  von  ehrlichen  und  ehelichen  Eltern  ge- 
bürtig sein; 

2.  soll  er  arm  sein,  welches  so  erklärt  wird,  dass  ihm  sdne 
Eltern  jährlich  nicht  12—14  fl.  reichen  können  *') ; 

8.  soll  er  eines  guten  und  sinnreichen  Terstandes  sein  und 
zur  Lehre  und  Tugend  Lust  und  Liebe  haben; 

4.  die  Lectionen  eines  Alumnus  sollen  genau  seinen  Kräften 
angemessen  sein,  da  nicht  alle  eines  Verstandes  und  einer 
Geschicklichkeit  seien: 


89)  Acta  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  61,  b. 

90)  Liber  fundationis  seu  ordinationis  Domus  Sapientiae  in 
Goenobio  D.  Augustini.  tn  dieser  Urkunde  heisst  es  unter  Anderem : 
»Nos  fundamus^  ordinamus  et  eridmus  Sapientiae  domum,  ita  qui- 
dem,  ut  deinceps  eisdem  immunitatibus  cum  Acadepiicis  priyilegiis, 
qnae  vel  Pontifices  vel  Imperatores,  Reges,  Electores,  Principes,  aut 
quisqnam  alius  Magistratus  ordini  literario  concessit,  yel  deinceps 
concessurus,  destinaturus  aut  donaturus,  fruatur. 

91)  Wundt,  Mag.  B.  L  S.  67  ff. 

92)  Die  nachmalige  Pfalz  wird  gewöhnlich  die  Unterpfalz  ge- 
nannt zum  Unterschied  der  auf  dem  linken  Donauufer  gelegenen 
Oberpfiilz  in  Oberbayem.  Lehmann,  Gesch.  d.  bayer.  Pfalz  S.  32. 

93)  Aus  den  um  diese  Zeit  (1555)  gestifteten  Stipendien  ist  zu 
ersehen,  dass  mit  dieser  Summe  ein  junger  Mensch  auf  der  Uni- 
yeriität  erhalten  werden  konnte.  Tn  Basel  nAm  man  20  fl.  an.  Vrgl. 
unsere  Stipendienschr.  H.  L  S.  9.    Vi s eher,  S.  16. 


Doi  Sapieiuf'CoUtgmm  als  CoUegmm  phUo9ophici»m,      441 

5.  der  Gennss  des  Kftses  soll,  alg  Stadirenden  nicht  zuträglich, 
von  dem  Tische  der  Alnmnen  ausgeschlossen  und  nur  dem 
Gesinde  yerstattet  sein; 

6.  zur  Erhaltung  der  Beinlichkeit ,  Gesundheit  und  Zucht  soll 
eine  eigene  Badstuhe  in  dem  CoUegium  angelegt  werden, 
damit  kein  Alumnus  die  gemeine  Badstuhe  hesuche,  woraus 
man  mehr  befleckt  als  ges&ubert  herausgehe. 

Diese  Urkunde  Hess  der  Kurfürst  am  17.  November 
1Ö5Ö  der  Artisten -Facultät  mit  einer  deutschen  Zuschrift 
Tom  11.  November  desselben  Jahres  zustellen  ^^).  Nach  der- 
selben wurden,  da  eine  grössere  Zahl  die  damaligen  Ein- 
künfte der  Anstalt  nicht  zuliessen,  20  Stipendiaten  ^%  von 
welchen  12  aus  Heidelberg  waren,  wenn  sie  ein  genügendes 
Examen  bestanden,  zur  Aufnahme  von  dem  Kurfürsten 
vorgeschlagen.  Da  jedoch  damals  in  Heidelberg  einiB  an- 
steckende Krankheit  herrschte,  so  wurde  von  dem  Kur- 
fürsten beigefügt,  dass  die  »jungen  und  deren  Eltern«  zu 
fragen  seien,  ob  sie  in  diesen  »sterbleufften«  die  Aufnahme 
in  das  CoUegium  wünschten.  Wäre  dieses  nicht  der 
Fall,  so  sollte  ihnen  das  Recht  der  Aufnahme  für  eine 
bessere  Zeit  vorbehalten  bleiben.  Weiter  wurde  die 
Universität  angewiesen,  wenn  sie  »Magistros,  Oeco- 
nomum  und  gesind  in  pflicht  nemen  wollte«,  dieses  dem 
Burgvogt  zu  Heidelberg,  Ludwig  von  Bettendorff, 
anzuzeigen,  welcher  den  Befehl  habe,  »zu  anfang  bei  der 
auffnemung  vnd  Verpflichtung  merer  ansehens  willen  zu 
sein«. 


d4)  Die  Zuschrift  des  Eurfarsten  siehe  Acta  Fac.  Art.  T.  IV. 
F.  61,  b.  62,  a.    In  das  Lateinische  Übersetzt  ist  sie  bei  Beuter. 

95)  Die  Namen  derselben  sind:  Johann  Posthius  von  Ger- 
mersheim,  Nicolaus  Druchlaub,  Sebastian  Eytteleysen, 
beide  von  Oppenheim,  Jacob  Stal,  Christoph  Bram,  Joha  nn 
Karl  Rockenmayer,  Johann  Oelschlager,  Philipp 
Oeysselbach^  Hartmann  Schopper,  Bernhard  Elaff- 
schenckel,  Nicolaus  Keyser,  Johann  Brieff,  Wolfgang 
Ottomar,  Matthias  Buchner,  Georg  Ziegler,  sämmtUch 
▼on  Heidelberg,  Nicolaus  Weiss  Ton  Absei,  Joachim  Schul- 
tzer Yon  Mosbach,  Theodor  Schick  ?on  Sinsheim,  Peter 
Eccart  von  Ladenburg  und  Johann  Gan6h  von  Sobemheim. 


IfBdideM  mm  Friedricii  ami  tltii  Nie»)a«8  Ma- 
rius,  Caspar  Stmbifatis  und  Adam  Gelphius 
(Gelfius)*^  als  Lehrer  ernannt  hatte,  wünschte  er  die 
sofortige  Eröffirnng  der  Anstalt.  Allein  diese  verzog  sich 
tbeä»  wegen  der  noch  herrschenden  Krajikhieit,  tluäls  we- 
gen des  SchmaHcBMiiMiheii  Krieges  bkr  tfudi  11.  November 
15b6  ^),  ohne  dass  sie  ihr  Gründer,  wekber  sclkcni  am 
26.  Febtuar  desselben  Jahras  starb,  erleMe.  Wad  «r  ab^ 
binnen  hatte,  vollendete  i^a  Nciffctttid  Nadrfblger,  Of  16 
Heinrich.  In  ihm  tsM  ^  nette  AnsMt  ^»en  krsAi^ 
Vertretei»  imd  Schutsfcerm.  Et  genehmigte  (1556)  Ott 
von  seinem  Onkel  gemachten  Ißei^rnrnttif^a.  Die  A^tidle»- 
Facnftät  beMelt  die  AiMOA  tiiber  die  Ann^aK;  der  DeciMi 
imd  z^eA  Mitglieder  der  genannten  Facultil  mirAen  tm 
A^ifristfatoren  uffd  S«^erinte»de&ten  ernaatft  mA  cBe 
aiigtisteüten  Lehi'er  bestttägt.  An^i^erdem  war  Otto  KeiB* 
ri^h  bemttM,  eine  so  2!W«(ArmäNisige  Oeeonomie  «iiwa- 
fthrefn ,  da^  die  Zahl  der  vortw^r  auf  20  beschrtoktett 
Alltonen  t^irtnehrt  werden  koninte. 

Die  beid^  MitgUeder  der  Artisten '-Facultät  warea 
Micyllas  ••)  ttttd  Cisnet.  Sie  prttftiöft  aach  die  erölje», 
"iim  Friedrlcli  H.  twgescHagem^li  Atenmen  i»4  be- 
wiesen beide  eben  ^o  grossen  Eif^r  far  das  Ged^en  4er 
AtrsHalt,  dass  Otto  Heinrich  wiederhat  ihmn  ^n« 
ÜSufriedettheft  ausspradi  •»). 

Als  dieser  Fürst  den  evangelischen  LehrbegrifF  in 
dem  Kurfürstenthum  Pfalz  einführte,  Hess  er  (durch 
Decret  vom  13.  December  1557)  aas  dem  Sapietiz-IIause 
aUes,  was  von  den  Mönchen  an  Altären  u.  s.  w.  noch 
übrig  war,  v(flle»d«  entferncto  **^. 

9e)  BattiBgliftas^a:  De  Coli.  Sap.  p.  8. 
9i)  Aota  Faa  Art.  T.  IV.  F.  62,  a. 

aa)  Ueber  MicylUs'  ThäO^eit  bei  Errichtung  des  Sapienc- 
Gollegisms  siehe  unsere  ßchrift  aber  ihn  S.  31  ff. 
89)  Büttiaghattsen,  .p.  10. 
lao)  Bandaelirifü.  Gegdiickte   des  Sap.-CoU.  F.  2.  —    Das  an 


'  Weiter  befahl  er  durch  Erlass  vom  15.  Februar  1557 
»es  soll  die  Sacristey  im  Atigustiiier  Gtostor  der  Vni- 
versitet,  auch  Artisten  Facultät  vnd  der  Sapienz  BrieflF- 
liche   Urkunden,  Monumenta  vnd  Register  darin  zu  ver- 

Was  dfe  Vef#Äl«inig  «efr  Elökühfte  *^8  SälpJftÄ«- 
CvU^ums  betriiR,  sK)  wät  ftes^s  von  seiner  Örfti*i«g 
IMI  1*5  Äur  gäüÄüchtfn  Aufftfebttfig^^  feite  ffli-  9fch  b^e- 
iBMhende  und  von  (ter  ÜMvei^itftt  v^lMIg  ^i^^dette  AhstftR. 
AffOk  hOAeft  dte  Ito(!hschule  tiür  Itünee  Z^  die  Oberaü^- 
«*At  tBser  dtes^s  CöMegium.  ßs  Wür4e  v^n  detn  K«tfft¥s*«n 
ftiedrich  DI.  aus  eitlem  CMlelgimi  i^Oö»o¥Aiictr<n  ik 
«in  ®«&iiMrium  the^ldgicuta  ttttige^Mett  tM,  irtim  mdh 
lÄ  Vörttfftdudg  mik  fl€^  Uöiv^rsllM;,  d^h  tiem  Hi^dhen- 
ratbe  uHtet'geoiVlft^t ,  iiras  nttten  ftHsMirKtih  gei^MMert 
werden  wird. 


die  Universit&t  in  Betreff  der  Entfernung  der  Bilder  u.  s.  w.  er- 
lassene Decret  lautet: 

»Noch  dem  in  der  Sapienz  allhie ,  die  AI)gottische  altaria  ynd 
bilder  bis  noch  ynabgescliai^t  steen,  wir  aber  bedenken,  das  es  dis 
WfB  stindeVlich  von  nöthien  die  tliiig  atisfi  'den  äugen  der  Jug^tA  ^ 
reissen,  domit  bie  nicht  tn  der  JngenA  auemen,  das  Volgens  ia 
mehreren!  alter  nicht  ausgereittet  werden  möge,  So  ist  damff  vnser 
benelch,  das  ir  hirin  solche  yersehung  ihut,  domit  alle  abgottische 
vnd  süperstfciose  imagines,  was  deren  in  heiliger  gottlicher  gesclirifft 
nicht  begründet,  darzu  auch  alle  attar  ausserhalb  eins,  daräff  man 
säcratn  Eucharistiam  ausspeuden  inoge,  fuglichen  vnd  bne  vielen 
leuth  zulauffen  abgethan,  solche  Bildnuss  vnd  stcyn  bei  einander 
Behalten,  vnd  nicht  vertragen  werden,  ob  man  etwan  derselben  ding 
etliche  (doch  das  die  zu  vorigen  misbräuch  nicht  Verwendet)  mil 
nutz  abkhemen  vnd  dannocli  den  costen,  so  vff  das  abschaffen 
der  bilder  vnd  altare  laufen,  mocht  haben  zu  bezahlen.  Daran 
Ihut  Ihr  vnsern  gefeiligen  tVillen.«  Ahhäll.  tfnlv.  T.  VII.  F.  282,  a.  b 

101)  Ibid.  F.  257,  a. 

IÖ2)  Gesch.  a.  I^eckairsch.  S.  B6  'ff. 


444      I-  JBihA.  //.  Ptrioät.  4.  jOBtUmm.  (1SU—U8$.) 

§8. 

Die  Gründung  des  Pädagogiums  als  Seminarium 

der  Artisten- FacuUät, 

Die  Gründung  des  Pädagogiums  ^^^  warzun&chst 
eine  Folge  des  von  der  Artisten -Facultät  bei  dem  Kur- 
forsten  deshalb  gestellten  Antrages  (S.  416.  420).  Es  trat 
am  9.  October  1546  in's  Leben,  bestand  aus  3  Glassen  und 
war  mit  der  Universität  aufs  Engste  verbunden.  Aus  der 
Universitätskasse  sollten  die  Lehrer  besoldet  und  über- 
haupt die  Bedürfhisse  der  Schule  bestritten  werden;  ihre 
Leitung  stand  zunächst  unter  der  Artisten  -  Facultät ,  für 
welche  es,  wie  es  in  den  Urkunden  heisst,  gleichsam  ein 
»Seminarium«  sein  sollte.  Die  ersten  Lehrer  waren  An- 
tonius Schorus  (Schere)  und  Konrad  Latus  ^^^). 

§  9- 

Verheirathete  Lehrer  werden  van  der  Universität  anr 

gestellt   und  sni  Rectoren  derselben  getmhtt. 

Die  hohen  Schulen  des  Mittelalters  waren  (S.  39  ff.), 
wenn  auch  nicht  durchaus  geistliche,  doch  wenigstens 
solche  Anstalten,   welche  nicht  nur  eine  Exemption  von 


103)  Die  ersten  Filemente  des  Lateinisches,  so  viel  nöthig  war, 
diese  Sprache  nothdürftig  zu  sprechen  und  zu  schreiben,  wurden 
in  Klöstern  ocler  bei  einem  lateinischen  Schulmeister  (ludimagister) 
gelernt.  Es  war  diese  Einrichtung  ganz  im  Anschlüsse  an  die  an- 
tiken Einrichtungen  und  eine  traditionelle  Fortsetzung  derselben. 
Im  15.  und  16.  Jahrhunderte  fühlte  man  aber  den  üebelstand,  dass 
die  Zuhörer  zu  wenig  vorbereitet  in  die  Artisten-Facultät  kamen. 
Man  errichtete  daher  eine  Art  yon  Torschule  vor  der  Artisten- 
Facultät  unter  dem  Namen  Paedagogiüm.  Wie  dies  in  Heidelberg 
geschah,  geschah  es  auch  zu  Freiburg  im  Breisgau. 

104)  Die  Geschichte  dieser  Schule  haben  wir,  zugleich  mit  den 
wichtigsten  Urkunden,  ausfQhrlich  gegeben  in:  >Lycei  origines«,  in 
der  »Gesch.  der  Neckarsch. c  und  in  der  »Jubelfeier  der  300 j&h- 
rigen  Stiftung  des  Lyceums  zu  Heidelberg  (Heidelberg,  1847)c. 
Wir  glauben  daher  uns  begnügen  zu  dürfen,  hier  nur  auf  die  ge- 
nannten Schriften  hinzuweisen. 


VerheiriUheie  Lehrer  werden  am  der  ünivere.  angeeteüt    445 

weltlicher  Gerichtsbarkeit,  sondern  auch  fast  alle  Vor- 
rechte der  Geistlichkeit  genossen.  Lehrende  und  Lernende 
wurden  deshalb  als  Clerici  betrachtet  und  auch  so  genannt 

Auf  der  Universität  in  Paris  waren  die  Lehrer  der 
Gottesgelehrtheit  und  des  geistlichen  Rechtes  im  13.  und 
14.  Jahrhundert  ohne  Ausnahme  Geistliche,  und  selbst  in 
späteren  Zeiten  machte  man  das  Statut,  dass  keiner  zuni 
Doctor  der  Theologie  promovirt  werde,  welcher  nicht 
Priester  sei***^).  Auch  die  Arzneikunde  wurde  zu  Paris 
in  den  älteren  Zeiten  von  Geistlichen  gelehrt,  und  erst 
der  Cardinal  von  Touteville  hob  1452  das  Statut 
auf,  dass  Baccalaureen  der  Medicin  unverheirathet  sein 
mussten  *®*).  Nur  die  Meister  der  freien  Künste  waren 
schon  in  frühen  Zeiten  theils  Geistliche,  th^ils  Weltliche. 

Die  Hieronymianer,  Mitglieder  der  in  den  Nie- 
derlanden um  das  Jahr  1384  gestifteten  Bruderschaft 
des  gemeinsamen  Lebens,  nahmen  keine  Weihen  an  und 
legten  auch  kern  Gelübde  auf  Lebenszeit  ab,  und  so  konnte 
sie  auch  nichts  hindern,  sich  zu  verheirathen ,  und,  als 
später  die  classischen  Studien  in  Deutschland  aufzublühen 
anfingen,  verschmähten  viele  Humanisten,  bei  ihrer  freie- 
ren Denkart  und  Abneigung  gegen  den  geistlichen  Stand, 
die  untern  geistlichen  Grade,  und  manche,  wie  Johann 
Sapidus  (Witz)  in  Schlettstadt  (bald  nach  1500),  Glan- 
dorp,  Eobanus  Hessus  u.  A.,  verheiratheten  sich  *^^. 
üeberhaupt  hielt  man  im  16.  Jahrhundert  schon  nicht 
mehr  an  dem  Grundsatze  fest,  dass  die  Lebrer  durchaus 
Geistliche  sein  sollten,  und  es  wurden  um  diese  Zeit  sogar 
in  den  Stiftsschulen  verheirathete  Prediger  und  Lehrer 
zugelassen.  So  drang  Markgraf  Philipp!  von  Baden 
in  den  von  ihm  1525  erlassenen  Verordnungen  nicht  auf 


105)  üeber  den  Cölibat  bei  den  Üniversitäts-Professoren  vrgl. 
auch  Tholack,  Acad.  Leben  S.  2.  12. 

106)  Bul&us,  T.  III.  p.  600  ff. 

107)  Raumer,  S.  66  ff.    Ruhkopf,  Geäch.  des  Schul-  und 
Erziehungswesens  in  Deutschland,  Thl.  I,  S.  258.  259. 


Git^  UAcb  VqIK  auf  gteich  stäiMikkB  Weise  wrto^ ,  i^ 
erlaubte  9.  B.  io  Plorabeto  d^m  doit  geborenen  u^d  i^iu^li 
4^  als  StifUipre(j^^  a^geslielUien  Joba9>n  Unger,  dem 
J^ee^d)ebser  Mel^^chthpB^s,  (1&27)  die  Eh»  ^^^ 
Auob  w  Stifte  Od^obeii»  iw^*  1549  ein  vei^beiMÖiet«« 
J^breü  wgestoUt  ^^^). 

W^d^n  wir  upß  zur  Uwv^wtät  H^idie^erg,  90  ge- 
borte 68  zu  des  Bf 3tiQim|ii#eeii  der  Artisten^Fa^tiit,  diM 
die  Mitglieder  derßelbi^p  upverbeirathet  w^en.  Da  die 
Hoobschj^e  em  Ifircbliich^^  Institut  war  uad  zu  diep  kirc^- 
lieben  Yeiswim  sere^bpet  wurde,  so  hat  dieses  ni^bits 
Auffatle^d^eß,  und  eß  kommen  aiich  in  dep  ersten  Jabr- 
hunderte  ibi:^  Wirkjfp»keit  sehr  selten  Beispißle  vor,  4«es 
Mjjtglißder  di^s^r  FacuUät  veceblicbt  waren.  Der  erste 
Yßriuäblte  I^icentiat  w^  Jodocus  Wollende rp.  Diie- 
9er  war  bereite  zu  dem  £s#mon  zugelassen  u^d  dei» 
Ga«ui^  präsientirt  (139SX  ^^  ^  sagte,  dass  er  eine  Frau 
babe.  Mau  verlieb  ibm  nun  zwar  die  Lic^tiatur,  docb 
siusste  er  scbwöreu,  nisn^als  dem  Rathe  (Goncilimn) 
der  Facultät  oder  dem  dor  Universität  anz^woh^ijben  ^^^ 
De^  aw^te  Yerbeüralibete  war  Gerhard  von  Geyln- 
hausen  (1430).  Er  hatte  auf  die  besondere  Empfeb- 
bwg  des  KurfCk^rsten  die  MagjtöterwOrde  erlangt.  Spa- 
ter koon^eu  bäfifiger  Beispiele  vor,  dass  Milgliedier 
d^er  Fapultäjt  vereblicht  sind,  so  unter  Andern  Mi- 
cyllus  (1533),  welcher  eine  sehr  Btarke  Ftim^  hatte  ^^^). 
4uch  Auton  Schoru^,   welcher  1546  »ad  Bhetorices 


TT- 


1Q8)  Yierordt,  S.  157.  24,2. 

109)  In  einem  YjisitaUons-Protokolle  dieses  Stiftes  v.  J.  1549 
heisst  es:  »Ludimagister  vocatus  et,  num  quos  defectus  sive  in 
ecclesia  sive  in  schola  sua,  interrogatns  respondet,  quod  non  ad- 
madjam  diu  }^  fuarit,  h^be^t  ip^orem,  npUos  adhuc  Überofi,  prius 
per  annum  degerit  Heylbrunaiie«.    Mone,  Ztsc^r.  B.  J.  8.  ^. 

110)  Acta  Fac.  Art.  T.  I.  F.  180. 

111)  AnjiaU.  Univ.  T.  Yl  F.  104,  a.  b.  VergJ,  ai^h  tu^sere 
Schrift  überB(icylUs,  S.  19.  41. 


VerMrtt^^  Lehrer  vmäm  tm  4$^  Ummm.  m^mMt.    M7 

prefessiottem«  baruHen  umd  zum  V«r0la&de  dos  n  «rrich- 
tomleii  Pädagogiums  «rmnfit  ?mrde ,  war  ebeßfadlli  ver- 
heirathet  »^*). 

Mit  iBögHchfiter  Strenge  wurde  aber  darauf  gebalt^, 
dass  keine  in  der  Ehe  lebenden  Magister  die  Stellen  der 
Regenten  in  den  Gontubernien  b^lddeten  oder  in  den  RaÜi 
der  FacuMt  eintraten,  was  auch  dann  nieht  geacftfth, 
wenn,  wie  im  Jahre  1482,  der  Eurfftrst  Phili^pp  es 
nodi  iw)  sehr  wünsdite  ^**). 

Anders  handelte  jedoch  Philipp's  Nachfolger,  Lud- 
wig V.  Er  hatte  1527  den  verhdfatbeten  änsgezeicb* 
neten  Juristen,  Conrad  Dym,  zu«  Professor  der  lastl- 
tuttonen  ernannt.  Weil  nun  mit  dieser  Professar  die  Be- 
gentenetelle  an  dem  Artisten  -  GoUegium  verbunden  war, 
ein  Regens  aber  nicht  vereheliofat  sdn  solke,  so  ^spen- 
sirte  ihn  der  Kurförst  von  diesem  Statut  ^^*).  üeberbaupt 
trat  Ludwig  in  dieser  Beziehung  der  Universität  gegen- 
über mehr  befehlend  als.  bittend  auf***). 


112)  Act.  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  12,  b.  Annall.  üniv.  T.  VI.  F.  450,  b. 
451.    Lyc.  origg.  p.  45. 

113)  Den  Beweis  daför  finden  wir  ia  fiolgendeu  Aetenatacfc»: 
>Anno  1482  die  14.  Octobr.  facta  congregatione  ad  audiendam 
peticionem  D.  principis  nostri,  que  talis  fuit,  quod  üniveröitas  simul 
«e  imim  artiom  velint  ladulgere,  nt  Vagiater  K^epUus  n^^uratua 
pf>Mit  T^ene  hxfsm^  pfir  bianniam:  q^od  «i  fiai;,  v^it  Ma^est^^iwi 
recognoscere  et  erga  Universitfitaivi  et  «aw  facidta^w;  siij^  t^ 
p^lioioae  cfuioHiaum  fuit,  q^d  qwa  iUe  eaßus  &sFQt  in  detrimeptum 
IwDB^inm  piamo:  dehinc  |B.e^Hati6  «jtimn:  poiitreiHQ  UniyßrviUtis 
oimimiqw  fa«tt}totiHii:  praeci^ue  Tiieplegi^e,  idep  non  vaUet  con- 
«»Qtife.f    Ak  F3«.  Ast.  T.  n.  F.  107. 

114)  Schwab,  P.  I.  p.  105. 

115)  Dieses  erhellt  aus  folgender  Zuschrift  üsß  E^urftlrslen  an 
«UeFAßubläit:  >Wir  Jiabe»  d§|nM%gistro  Dionysio  Grfkveji  (Qraff) 
vf)4  £2B8itiiigen  r^ention  yu  der  schweben  burss  vff  «eyne  apge^wigle 
vrsachen  ynd  Demüttigs  suppliciren  gnediglichen  bewilligt  yud  egy 
galaosttn,  Das  «r  on  sm^ßf^evi  er  alch  yn  eeÜGhe«  stiMid  begeben 
iiAtt,  Bi>ch  aney .  Jar  benidte  legenterpy  h^ben  Ynd  verwiLlten  so) 
md  .mag.  Bolobfi  aaeyge»  wk  yeb'fi^Nt^r  wep^og  ^,  b^^elb^nde, 
.jr  «olknt  jn  d%h^  ntmig  h\9^n^  v#d  wip  jm  .d*van  su  bf^^ü- 


Gleiches  geschah  auch  in  emem  andern  Falle.  Bil- 
lican  war  »nach  Beger«  des  Kurfürsten  »zu  der  ersten 
regentereien  der  Realisten  Bursche  alhie  kommen«,  aber, 
weil  er  verheirathet  war,  versagte  ihm  die  Artisten-Facul- 
t&t  den  Eintritt  in  ihren  Bath.  Er  beschwerte  sich  des- 
halb bei  dem  Kurfürsten.  Dieser  erliess  hferauf  »vff 
Donnerstag  Udalrid«  1538  ^in  Schreiben  an  die  Facultät, 
in  welchem  er  sagte,  es  sei  schon  früher  em  Begent  der 
Schwabenburse ,  der  »ehelichs  Stands«  gewesen,  in  den 
Bath  der  Facultät  aufgenommen  worden,  und  es  möge  die- 
selbe den  genannten  Billican  um  so  mehr  aufneh- 
men, damit  die  Bealisten,  wie  die  andern  Bursen,  in  dem 
Rathe  ihren  Vertreter  hätten.  Die  Facultät  beschloss 
hierauf,  diese  Sache  nicht  zu  übereilen,  sondern  in  genaue 
Erwägung  zu  ziehen,  erbat  sich  jedoch  von  dem  Bector 
der  Universität  die  auf  Billican  bezüglichen  Acten.  Da 
sie  diese  aber  nicht  erhielt,  beschloss  sie,  dem  Billican 
keine  Antwort  zu  geben  ^"). 

Nach  solchen  Vorgängen  trug  die  Universität  zwar 
nicht  darauf  an ,  dass  ein  verheiratheter  Lehrer  zum  Se- 
gens eiper  Burse  ernannt  werde,  wohl  aber  gab  sie  nach, 
sobald  der  Kurfürst  es  ernstlich  wollte  ^^^). 


düng  oder  anderm  gebart  wie  biessher  die  bestimbt  Zeytt  anssvolgen 
lassen.  Daryn  beschieht  vnser  meynang.  Datum  Heydelberg  Freyt- 
tags  nachVisitationis  Mariae  Anno  1536.« 

>Doch  soU  disse  anss  gnaden  zugelassen  dispensation  ynser 
jüngst  auffgericht  Ordination  hierzu  onvergriflich  sein.«  »Qua  dis- 
pensatione  praelecta  censuit  Facultas  absqne  omni  reluctatione 
Dustriss.  Principi  obtemperandum,  et  M.Dionysio  significatnm 
est,  Facultatem  in  hoc  priyilegium  benigniter  consentire.«  Acta  Fac. 
Art.  T.  III.  F.  143,  b. 

116)  Nullam  responsionem ,  nisi  lectis  libris  actorum  üniver- 
sitatis,  Billicano  esse  dandam.  Act  Fac.  Art.  T.  III.  F.  148,  b. 
149,  a.  b. 

117)  So  erkl&rte  sie,  als  Johann  Geysselb  ach,  der  ein  ge- 
bomer  Heidelberger  war,  (21.  April  1543)  um  die  Anstellung  als 
Regens  ansuchte:  >Ipse  (Geysselbach) non  facileinRegentia  facultatis 
artium  sit  ferendus  cum  statuta  aliaqne  uxuratos  non  admittant. 


Verlmralh^  Lehrer  werden  an  der  Ünivers,  angestellt    449 

Doch  änderte  die  Artisten -Facaltät  später  ihre  An- 
sicht und  bestimmte  1544  selbst,  dass  ein  Yerehelichter 
nicht  von  dem  Amte  eines  Begentai  ausgeschlossen  sein 
sollte  ^^%  Diese  Bestimmung  trat  auch  bald  in  das  Leben. 
Als  man  1546  die  verschiedeneA  Bursen  in  Eine  vereinigte, 
wurde  der  in  der  Ehe  lebende  Geysselbach  (S.  435) 
nicht  nur  Regens  dieser  Burse,  sondern  1547  sogar  auch 
Decan  der  Facultät*^»). 

Der  Erste,  welcher  als  Professor  der  Theologie  und 
angestellter  Pfarrer  in  Heidelberg  heirathete,  war  Stolo 
(1539). 

In  der  juristischen  und  medicinischen  Facultät  scheint 
man  nicht  eine  gleiche  Strenge  gegen  die  verheiratheten 
Professoren  beobachtet  zu  haben.  Wenn  aber  in  diesen 
Facultäten  auch  verehelichte  Professoren  angestellt  wurden, 
wie  wir  schon  oben  bei  der  medicinischen  sahen,  so  ge- 
schah dieses  doch  nur  ausnahmsweise.  So  kam  es,  dass 
bei  dem  immer  mehr  zunehmenden  Mangel  an  tüchtigen 
geistlichen  (ecclesiasticis)  Lehrern  öfter  Lehrstellen  gar 
nicht  besetzt  werden  konnten.  Um  diesem  Missstande  ab- 
zuhelfen, wurde  auf  die  Bitte  des  Kurfürsten  und  der 
Universität  durch  eine  Bulle  des  Papstes  J  ul  i  u  s  ÜI  im 
Jahre  1553  gestattet,  dass  auch  weltliche  (seculares)  Leh- 
rer angestellt  und  in  den  Genuss  der  mit  diesen  Stellen 
verbundenen  Präbenden  eingewiesen  werden  konnten  ^***). 


nisi  forsan  ab  illuBtrissimo  principe  nostro  impetrasset  indultam, 
quemadmodum  qnidam  alii  M.  Dionysius  (Gray)  et  Licent.  Billi- 
canus«.    Annall.  Univ.  T.  VI.  F.  294,  b. 

118)  Ut  nemo  Regentium,  qui  honesto  se  mancipasset  conjugio, 
de  officio,  quemadmodum  hactenus  factitatum  erat,  cedere  cogeretur. 
Act.  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  7,  a. 

119)  Dass  Geysselbach  der  erste  verheirathete  Decan  der 
Artisten-Facultät  war,  wird  ausdrücklich  in  den  Acten  a.  a.  0. 
F.  22,  a  angeführt. 

120)  Die  Originalurkunde  (d.  d.  12.  April  1553)  ist  in  dem 
Uniy.-Arch.,  Nr.  42.  In  Abschrift  steht  sie  in  Annall.  Univ.  T.  VII. 
F.  143.  a.  b. 

llantz,  Gösch,  d.  Univ.  Heidelb.  I.  29 


450      I  J9ffc^.  IL  Periede.   4.  Abaehnitt.   (U44^1&ä6,) 

Waren  nun  auch  einzelne  Lehrer  yerheirathet,  so  er- 
schien es  doch  den  Verhältnissen  angemessen,  den  Unir 
versitätea  als  geistlichen  Corporatronen  kein  verheirathetes 
Oberhaupt  vorzusetzen.  Diesen  in  Paris  herrschenden 
Grebrauch  finden  wir  in  den  frühesten  Zeiten  auch  auf 
andern  Hochschulen.  In  Prag  durfte  die  Rectoren  eben 
so  wenig  Laien  als  Ordensgeistliche  sein^'^).  In  Wien 
war  das  Rectorat  zwar  niemals  nur  auf  Weltgeistliche  be- 
schränkt; allein  man  liess  bis  in  das  Jahr  1534  die  alte 
Gewohnheit  gelten,  nur  Ehelose  zu  Rectoren  zu  wählen. 
Um  diese  Zeit  traf  es  sich,  dass  unter  den  Lehrern  der 
Arzneikunde  keiner,  unter  den  Recbtsgelehrten  nur  Einer 
war,  der  keine  Frau  hatte.  Um  nun  zum  grossen  Nach^ 
theile  für  die  Universität  ausgezeichnete  Gelehrte  wegen 
ihres  ehelichen  Standes  nicht  länger  von  der  Rectorswürde 
auszuschliessen,  hob  König  Ferdinand  durch  einDecret 
vom  9.  März  1534  das  alte  Gewohnheits  -  Gesetz  auf  und 
erlaubte,  dass  die  Lehrer  aller  übrigen  Facultäten,  die 
theologische  ausgenommen,  zu  Rectoren  gewählt  werden 
konnten,  auch  wenn  sie  in  der  Ehe  lebten.  Dabei  wurde 
aber  die  Einschränkung  gemacht: 

»Doch  wann  ad  eenaaras  ecclesiasticas  procedirt  werdea 
solle,  dass  der  beheyrat  Rector  alsdann  seinen  gewalt 
derselben  einem,  der  in  sacris  ist,  übergebe«  ***). 

In  Tübingen  wurden  die  Heiraths-Beschränkungen 
ebenfalls  strenge  aufi-echt  erhalten,  und  zwar  nicht 
allein  in  Beziehung  auf  die  Rectoren,  sondern  auch  auf 
die  Professoren.  Als  der  Professor  der  Ethik, •  Ki- 
lian  Vogler,  1541  heirathete,  musste  er  seine  Professur 
aufgeben.  Er  kündigte  dieses  selbst  seinen  Zuhörern  mit 
den  Worten  an: 


An  der  Universität  Freiburg  waren  schon  Anfangs  des 
16.  Jahrhunderts  20  Verehelichte,  darunter  4  Doctoren  der  Rechte, 
2  der  Medicin,  4  Meister  der  freien  Künste,  Syndicns,  Notar,  Pedell, 
sogar  Studenten.  Schreiber,  Gesch.  d.  Univ.  Freiburg,  Th.  II.  S.  69. 

121)  Voigt,  8.  32. 

122)  Conspect.  histor.  Univ.  Vienn.  T.  II.  p.  151.  152. 


Verheirathete  Lehrer  werden  an  der  ünivers.  angestellt.    451 

»Glaubet  nicht,  dass  ich  etwas  Schändh'ches  begangen 
habe,  meine  n«ulich  geschlossene  Ehe  Ist  die  emzige  ürsuche 
meiner  Entlassnng«  ^''). 

Für  die  Universität  in  Ingolstadt  ersuchte  Herzog 
Wilhelm  V.  von  Bayern,  sich  auf  das  Beispiel  der 
Tiohen  Schule  in  Wien  berufend,  den  Papst  Sixtus  V. 
(t  1590),  er  möge  das  alte  Statut  über  die  Ehelosigkeit 
der  Rectoren  aufheben  und  verheiratheten  Lehrern  die 
Gerichtsbarkeit  über  die  geistlichen  Mitglieder  der  Uni- 
versität erlauben.  Die  Bitte  des  Herzogs  wurde  aber 
nicht  erhört*").  Erst  Kurfürst  Maximilian!  that 
(1642)  aus  der  Fülle  der  landesherrlichen  Gewalt,  was 
seine  Vorfahren  zu  thun  nicht  gewagt  hatten,  und  Öffiietc 
auch  verheiratheten  Lehrern  den  Zutritt  zu  der  Rector- 
Wtirde*«^). 

Nach  den  Statuten  der  hohen  Schule  in  Löwen 
(gestiftet  1426)  konnten  weder  Ördensgeistliche  noch  Ver- 
heirathete, am  wenigsten -solche,  welche  in  der  zweiten 
Ehe  lebten,  das  Rectorat  bekleiden.  Heirathete  aber  ein 
Rector  während  der  Dauer  seines  Amtes,  so  verlor  er  da- 
durch seine  Stelle  nicht  ***^). 

Dagegen  wurde  an  der  Universität  Basel  schon 
1507  bei  der  Wahl  des  Rectors  das  Erforderniss  des 
geistlichen  Standes  und  der  Ehelosigkeit  aufgehoben  ^*^)^ 
und  an  der  Universität  Fr  ei  bürg  anfänglich  unverehe- 
lichtej  später  auch  einmal  verehelichte  Cleriker  und  noch 
während  des  16.  Jahrhunderts  die  Rectoren  ohne  Rück- 
sicht   auf    priesterliche    Weihen    aus    den    Mitgliedern 


123)  Klüpfel   a.  a.  0.  S.  56. 

124)  Annall.  Tnorolstad.  T.  IV.  p.  359. 

125)  Ibid.  T.I,  Praefat.  p.  XXVII.  u.  T.II.  p.  301. 

126)  nie  tarnen,  qui  fuit  legitime^  electus  rector,  si  postea 
durante  reetoratu  ducat  uxorem^  non  perdit  dignitatem  rectoralem. 
Everandus,  Fast.  acad.  stud.  generai. 

127)  Vischer,  Gesch.  d.  Univ.  Basel,  S.  111. 

29* 


452       ^-  ^«cÄ.   //.  Periode,  4.  Ähschmitt   (l544'-15öß.) 

des  academischen  Senats  flberhaupt  gewählt,  wenn  sie 
auch  zum  zweitenmale  verehelicht  waren  ^^^). 

Was  nun  die  Universität  Heidelberg  angeht,  so 
wurden  über  150  Jahre  von  ihrer  Gründung  an  keine  ver- 
heiratheten  Professoren  zu  Rectoren  gewählt,  weil  dazu  die 
päpstliche  Ermächtigung  fehlte.  Dieses  erhellt  aus  der 
Wahl  des  Johannes  Pavonius  (Pfau)  aus Eppingen "*). 

Da  jedoch  der  Mangel  an  unverheiratheten  Männern, 
welche  zur  Uebemahme  des  Bectorats  geeignet  waren,  im- 
mer grösser  wurde,  so  trug  die  Universität  selbst  im 
Jahre  1550  (also  3  Jahre  vor  ihrem  Gesuche  um  An- 
stellung weltlicher  Lehrer)  dem  Papste  die  Bitte  um 
Abhülfe  dieses  Missstandes  vor.  Dieses  Anliegen  wurde 
ihr    gewährt^*®),    wozu    freilich    die     damaligen    Zeit- 


128)  Schreiber,  Th.  IL  S.  41  ff.,  woselbst  auch  die  QueUen 
genau  angeführt  sind. 

Der  erste  Rector,  Matthäus  Hammel  (aber  ihn  s.  S.  318), 
wurde  von  dem  Gründer  der  Universität,  Erzherzog  Albert  VL 
von  Oesterreich,  am  Tage  der  Stiftung  (21.  Septbr.  1457)  ernannt, 
zugleich  aber  der  Anstalt  das  Recht  eingeräumt^  ihre  künftigen 
Rectoren  selbst  zu  ernennen.  Im  Jahre  1459  verheirathete  sich 
Hummel  und  wurde  Vater  von  12  Kindern.  Schreiber,  Th.  L 
S.  13.  212. 

129)  Pavonius  schreibt  darüber  selbst:  »Igitnr  uxore  mea 
honestissima  Barbara  Deschenmecheria  mortua  Domini  de  Univer- 
sitate  me  Jo.  Pavonium  doctorem  in  rectorem  elegeruntc  Annall. 
Univ.  T.  VI.  F.  288,  a. 

Darauf  heisst  es  weiter:  >Die  12.  Jnnii  hujus  anni  1543  post- 
quam  ego  Jo.  Pavonius  rector  nuper  sponsalia  contraxissem  in 
patria  mea  cum  secunda  uxore  mea  Elisabetha,  ob  statum  Univer- 
sitatis  magistratu  hoc  Rectorio  me  abdicavi,  et  doniini  consiliarii 
subinde  alium  novum  rectorem  delegerunt.«    Ibid.  F.  299,  a. 

130J  Die  Bulle  des  Papstes  Julius  III.  d.  d.  6.  März  1550 
findet  sich  in  dem  Univ.-Arch.  unter  Nr.  46,  so  wie  auch  eine  Ab- 
schrift derselben  in  den  Universitäts-Annalen  a.  a.  0.  Fol.  79,  b. 
80,  a.  Die  von  der  Universität  ausgesprochene  Bitte  ist  ebenda- 
selbst F.  79,  a.  niedergeschrieben.  —  In  der  genannten  Bulle  wird 
auf  eine  frühere  schon  vom  Papste  Paul  HI.  (1534 — 1549)  vom  2.  Au- 
gust 1549  hingewiesen,  in  welcher  erlaubt  wurde,  >ut  uxurati  pos- 
sint  esse  Rectores  in  Universitate  Heidelbergensi  propter  carentiam 
Ecclesiasticorum«. 


Kiri^ienf^OTm,  in  Heidelb.  Beschickung  d.  CanciU  9.  IWent    453 

Verhältnisse,  namentlich  die  Beschickung  des  Tridentini- 
sehen  Gonciliums  (S.  460.  461)  mehr  beigetragen  haben 
mögen,  als  der  Umstand,  dass  die  Universität  trotz  der  vom 
Papste  ihr  nicht  zugestandenen  Befugniss  einige  Male 
verheiratbete  Professoren  zu  Rectoren  wählte*'^).  So  war 
Conrad  Dym,  welcher  im  Jahre  1548/49  das  Rectorat 
bekleidete ,  verehelicht  "*). 

Der  Erste,  welcher  in  Folge  der  päpstlichen  Erlaub- 
niss  für  das  Jahr  1550/51  als  verheiratheter  Mann 
von  der  .Universität  zum  Rector  gewählt  wurde,  war  Cu- 
rio,  Professor  der  Mathematik  (S.  427).  Dieses  sahen 
Manche  so  an,  als  ob  sie  des  Himmels  Einsturz  fürch- 
teten ^"). 

§10. 

Kirehenre/ormatarische  Bewegungen   in    der   Stadt 
Heidelberg    und    am    Kurßrstiichen    Hofe,       Ver- 
halten    der ,  Universität    hei    diesen    Bewegungen,  < 
Aufforderung  des  Kurförsten  sur  Beschickung  des 
Conciliums  von  Trient  (^1551). 

Schon  unter  Ludwig'sV.  Regierung  hatte,  wie  oben 
bereits  berichtet  wurde,  Luther' s  Lehre  Anhänger  in  Hei- 
delberg gefunden,  wo  besonders  der  beliebte,  früher  schon 
erwähnte  Pfarrer  bei  der  Heiliggeistkirche,  Stolo,  in 
ihrem  Geiste  predigte  und 


131)  Annall.  üniv.  T.  VII.  F.  78,  b. 

132)  Schwab  Syll.  1.  c.  p.  105. 

133)  Annall.  üniv.  T.  VII.  F.  65,  a.  78,  b.  In  der  letzten 
Stelle  heisst  es: 

>£8t  doctor  Carlo  ex  lata  Papae  liberalitate  primus,  ante  quem, 
cnm  tres  forte  administrassent  hoc  munus  extra  coelibatum,  erant 
qni,  qnasi  res  magni  esset  momenti,  Coelum  ruiturnm  timebant.« 
Schwab  sagt  1.  c.  p.  108:  »Carlo  primus  fuit,  qai  praeter 
conjugem  suam,  sponsam  etiam  alteram  duxlt,  ac  illustrem 
Ruperti  filiam  sibi  in  munere  Reotoris  desponsavit.« 


454       2.  Buch.   IL  Periode.   4.  Mscknitt    (15U—Jiöö6^ 

»oft  und  herzlichen  Sinnes  von  Nutz  und  Wohlstand  des 
Yatterlandes  deutscher  Nation,  und  ^ern  von  Keformation 
der  Kirche,  der  Universität  und  der  Schulen  redete«"*). 

Diesen  Predigten  wohnte  Kurfürst  Friedrich  II. 
»unter  Frohlockung  der  Heidelberger  Bürgerschaft«  öfter 
bei,  hatte  aber,  obwohl  das  Gegentheil  von  vielen  pfälzi- 
schen Geschichtschreibern  behauptet  wird,  für  seine  Person 
weder  Neigung  noch  Sinn  für  die  neue  Lehre.  Es  be- 
richtet ^ielnlehr  dessen  aufrichtiger  Biograph,  Leodius, 
alles,  was  von  dem  Kurfürsten  für  die  neue  Lehre  gethan 
wurde,  sei  nur  aus  Furcht  vor  dem  Volke  geschehen, 
welches  sich  sehr  auf  die  Seite  des  zur  Augsburgischen 
Confession  öffentlich  übergetretenen  Mündels  und  Neffen 
Friedrich's  II.,  des  Pfalzgrafen  Otto  Heinrich,  hin- 
neigte. Damit  stimmt  auch  die  ganze  Haltung  des  Kur- 
fürsten überein  ***),  und,  ist  er  wirklich,  wie  in  den  Briefen 
an  die  Könige  von  Dänemark"**)  versichert  wird,  als 
Protestant  gestorben,  so  hat  er  es  doch  zuvor,  besonders 
nach  der  sti*engen  Einführung  des  Interims,  nie  öffentlich 
bekannt.  Von  diesem  Staudpunkte  aus  sind  seine,  wenn 
auch  der  Reformation  günstigen,  Schritte  zu  betrachten. 
Dahin  gehört  zuerst,  dass  er  (28.  März  1545)  den  Me- 
lanchthon  für  die  Universität  Heidelberg  zu  gewinnen 
suchte,  um  sich  seines  Rathes  und  seiner  Hülfe  in  dem 
Ordnen  der  Schul-  und  kirchlichen  Verhältnisse  zn  be- 
dienen. MelanchthoB  nahm  zwar  diesen  Ruf  nicht  an, 
schickte  aber  das  schon  (S.  417  f.)  erwähnte  Gutachten*'^. 


'    134J  Vierordt,  S.  340. 
185)  W^undt    in   dem  Allgem.  literar.  Aiueeiger  1798,  Nr.  21^ 
S.  215.    L e od i ii s ,  Vita  Friderioi  II.  p.  263. 

136)  Herausgegeben  von  Schumacher,  Copenhagen  und 
Leipzig,  1758. 

137)  Dieses  handelt  in  6  Stücken  über  die  reine  evangelische 
Lehre;  über  den  rechten  Gebrauch  der  Sacramente;  über  das  mi- 
nisterium  ecclesiasticum;  über  Kirchendisciplin  und  Verfassung; 
über  die  Einrichtung  des  Schulwesens  und  über  den  Schutz  und 
die  Beförderung  der  Geistlichen.   Seisen  S.  26.  —  üeber  Melanch- 


Doch,  ehe  noch  das  Gutachten  eingetroffen  war,  er- 
klärte sich  Heidelberg  für  Luther's  Lehre.  Als  nämlich 
am  20.December  1545  die  Me^se  in  der  Heiliggeistkirche 
begonnen  hatte,  fing  die  Gemeinde  mit  heller  Stimme  das 
herrliche,  von  dem  frommen  Paul  Spreter  aus  Roth- 
weil gedichtete,  acht  evangelische  Kirchenlied  ^'^)  zu  sin* 
gen  an: 

»Es  ist  das  Heil  uns  kommen  her 
Von  Gnad'   und  lauter  Güte.« 

Dieser  Vorgang  machte  den  Kurfürsten  ängstlich. 
Aus  Furcht  vor  einem  Volksaufstande  gab  er  der  öffent- 
lichen Stimmung  nach,  und  erliess  ganz  kurze  Zeit 
darauf,  noch  iu  demselben  Jahre,  eine  »Kirchenord- 
nung, wie  der  Kirchen-  und  Gottesdienst  in 
Churpfalz  Landen  solle  eingerichtet  wer- 
den* >»»). 

Wie  unter  dem  Volke,  so  hatte  auch  am  Km*fürst- 
lichen  Hofe  die  evangelische  Lehre  ihre  Anhänger  ge- 
funden. An  Weihnachten  1545  nahmen  die  Kurfürstin 
Dorothea,  eine  Prinzessin  von  Dänemark,  der  Kanzler 
Hartman u**®)  und  viele  Ritter  und  Edelfrauen  in  der 


thon's  Schul-  and  Kirchenreformation  vrgl.  Schenkel:  Die  Refor- 
matoren und  die  Reformation  S.  162  ff. 

138)  S eisen,  S.  26  ff.,  wo  auch  das  Lied  selbst  abf^edruckt 
ist.    Kirchenkai.  d.  ev.  protest.  Gemeinde  in  Heidelb.  1846,  S.  15  f. 

139)  Nach  derselben  sollte  das  heilige  Abendmahl  anter  beiden 
öestalteu  dem  Volke  ertheilt,  bei  der  Taufe  und  Einsegnung  neuer 
Eheleute  die  Formulare  in  deutscher  Sprache  vorgelesen,  die  Priester 
zur  Yerehelichung  berechtigt  und  verpflichtet  werden,  nicht  nar 
öft^  za  predigen,  sondern  aach  durch  Katechisation  den  Unterricht 
in  göttlichen  Wahrheiten  mehr,  als  bisher  geschehen  sei,  auszu- 
breiten. Vierordt,  S.  341.  Bretschneider,  Corp.  Reformat 
T.  VIII.  p.  744. 

140)  Schon  1534  machte  sich  Hartmann  als  Lutheraner  ver- 
dächtig, weil  er  i;i  dem  Kloster  Montserrato  an  einem  Fasttage 
hartnäckig  Eier  von  den  Mönchen  verlangte.  Sein  Begleiter 
Leo  diu  8  (Vita  Friderici  II.  S.  337)  berichtet  darüber  Folgendes: 
»Da  nun  die  brüder  sahen,  dass  er  so  halssstarrig  war,  fingen  sie 
au  zu  raffen,  er  were  ein  Lvitheraaer  und  müsste  bei  der  Inqui- 


466       I^  Buch.   IL  Periode.  4.  Absc^iM.   (16U—1S6S.) 

Schlosskapelle  das  heilige  Abendioahl  unter  beiderlei  Ge- 
stalt; nur  der  Kurfürst  schloss  sich  von  dieser  Hand- 
lung aus. 

In  gleicher  Weise  wurde  das  Abendmahl  au<^h  am 
3.  Januar  1545  zum  ersten  Male  in  der  Kirche  zum 
H.  Geiste  ausgetheilt.  Den  Gottesdienst  hielt  der  öfter 
genannte,  der  neuen  Lehre  längst  ergebene  Stolo. 

So  lebhaften  Antheil  aber  auch  die  Stadt  Heidelberg 
und  der  Kurfürstliche  Hof  an  diesen  kirchlichen  Bestre- 
bungen zeigten,  so  wenig  lässt  sich  dieses  von  der  Uni- 
versität sagen.  Als  eine  treue  Anhängerin  des  päpst- 
lichen Stuhles  hielt  sie  fest  an  den  Grundsätzen  der  ka- 
tholischen Kirche  und  war  bemüht,  diese  auch  bei  ihren 
Angehörigen  aufrecht  zu  erhalten  ***).  Dieses  wurde  ihr  aber 
je  länger,  je  schwerer.  Die  Einführung  des  Interims 
(15.  Mai  1548)  traf  die  Universität  am  Härtesten.  Von 
ihren  Angehörigen  wurde  die  Messe  schon  nicht  mehr 
so  fleissig,  wie  früher,  besucht,  und  die  Theihiahme  an  den 
Processionen  hatte  abgenommen,  wie  sich  denn  überhaupt 
eine  geringere  Achtung  für  den  kirchlich-  katholischen 
Gultus  zeigte.  Dadurch  sahen  sich  Rector  (Matthias 
Keuler)  und  Universität  bestimmt,  am  Sonntage  Trini- 
tatis  (1549)  ein  etwas  scharf  und  entschieden  abgefasstes 
Mandat  an  die  Universitäts-Angehörigen  ergehen  zu  lassen, 
in  welchem  diese  zur  Theilnahme  an  der  bevorstehenden 
Frohnleichnams  -  Procession  bei  Strafe  aufgefordert  wur- 
den »*»). 


sition  angegeben  werden.  Ich  aber  stillete  sie  mit  guten  Worten 
soviel  als  ich  konnte  und  sagte,  er  were  eine  Flämmische  Saw,  der 
weder  an  Gott  noch  etwas  anders  glaubete.c 

141)  So  heisst  es  in  den  yon  ihr  am  10.  November  1551  ge- 
nehmigten und  Ton  Micyllus  abgefassten  Statuten  der  Artisten- 
Facnität:  (S.  424.  425.)  »Primum  jurabit  quilibet  {Baccularius),  quod 
de  caetero  fidelis  erit  Sacrosanctae  Gatholicae  et  orthodoxae  Bomanae 
Ecclesiae  et  ejus  Fontificibus  legitime  ac  rite  electis.c 

142)  Vollständig  findet  sich  dieses  Mandat  in  Annall.  üniT. 
T.  VTI.  F.  31 ,  a.  32 ,  b.     In  demselben  heisst  es  unter  Anderem : 


JEff cAmre/orm.  m  HMelb.  Besehichung  d,  Ckmcila  z,  Trient    457 

Dieser  Anordnung  des  Rectors  kam  ein  Theil  der 
Üniversitäts-Verwandten  nicht  nach.  Durch  einen  Anschlag 
an  den  Kirchenthüren  und  an  dem  Gontubemium  wurden 
deshalb  alle,  welche  der  Procession  nicht  beigewohnt 
hatten,  aufgefordert,  vor  Abend  im  Hause  des  Rectors  zu 
erscheinen  und  die  angedrohte  Strafe  zu  erlegen.  Ein- 
zelne gehorchten,  »die  meisten  gingen  aber  mit  tauben 
Ohren  vorüber«,  andere  stellten  sich  zur  Zahlung,  hatten 
aber  kein  Geld.  Sechs  erschienen  mit  der  Erklärung,  das 
Mandat  des  Rectors  sei  gottlos  gewesen,  sie  würden  des- 
wegen nichts  zahlen  ***) ,  und  appellirten  an  die  Uni- 
versität. Unter  ihnen  waren  3  Doctoren  und  2  Magister. 
Am  22.  Juni  war  Sitzung,  wo  die  Ungehorsamen  erschie- 
nen und  von  der  Universität,  nachdem  alle  vernommen 
waren,  folgenden  Bescheid  erhielten: 

>Nachdem  Eure  Sache  abgehört  und  der  UniTersität  durch 
£ttre  Appellation  (wenn  dieselbe  mit  Recht  so  'genannt  wer- 
den darf)  überwiesen  worden,  geht  die  Universität  auf  diese 
Appellation  als  eine  frivole  und  ungesetzmässige  nicht  ein, 
sondern  verweist  Euch  an  den  Rector  als  den  Richter,  von 
welchem  Ihr  leichtfertig  provocirt  habt,  indem  wir  Euch  auf- 
geben und  verfügen,  dass  Ihr  heute  vor  Abend  vor  dem  Herrn 
Rector  zur  Zahlung  der  Strafe  bei  Vermeidung  einer  weit 
schwereren  durch  die  Universität  erscheinen  sollt.« 

Zwei  davon  stellten  sich  beim  Rector,  die  vier  übrigen 
gaben  beim  Kurfürsten  eine  Bittschrift  ein.  Gegen  diese 
und  die  darauf  ertheilte  (jedoch  unbekannte)  Antwort 
übergab    die    Universität  dem   Kurfürsten    eine  Vorstel- 


>Ad  aures  nostras  pervenit,  nonnuUos  nostrae  Jurisdictioni  subditos 
Ecclesias^  ubi  sacra  tractantur,  ingredi,  atque  hinc  inde  sine 
devotione  deambulantes,  mmorem  facientes,  neque  ullum  honorem 
Yenerabili  sacramento  vel  Eucharistiae,  cum  a  sacerdote  in  celebra- 
tione  Sacrificij  Altaris  elevatur,  exhibentes  idque  cum  maximo 
scandalo  et  in  contemtum  salutaris  oblationis  illius  Unici  Sacri- 
ficij Christi,  quo  omni  um  salus  comparata  est.« 

143)  Mandatum  Rectoris  impium  fuisse  et  ob  id  nihil  quoque 
se  daturos.    Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  81,  b. 


458      I'  Bück.  U.  Perioie.  4.  JbsiAmtL  {löU—lMC,) 

lung  ^^^)  y  in  welcher  sie  aueAhrte ,  dass  nach  der  Be- 
stimmung des  Interims  »die  alte  Processiones  pro  veteri 
more«  gehalten  werden  sollen ;  auf  die  an  die  Universitäts* 
Angehörigen  ergangene  Einladung  zur  Procession  seien 
manche  nicht  erschienen  und  deshalb  von  dem  Reetor 
zur  Strafe  gezogen  worden.  Von  diesen  hätten  einige  £e 
Strafe  (12  albus)  bezahlt.    Weiter  jedoch  heisst  es: 

»Es  siadt  aber  neben  den  gehorsamen  etiieh  Tngehorsam 
ynd  rebeUes,  so  öffentlich  wider  Reetor  und  nniversitet  setst- 
ten,  erschinen  vnnd  trutzlich  widder  Inhalt  vnser  Stattuten 
Mandaten  vnnd  des  publicirten  Interims,  sagten,  dis  Sacrament 
vnnd  procession  wer  ein  abgoterei  vnnd  ein  gotslestemng, 
Derhalben  das  mandatum  R^ctoris  were  Impium  Tnd  sie 
viel  weniger  die  straff  oder  peen  zu  geben  bedocht  weren. 
Nun  vermag  aber  das  Interim,  das  in  solichem  salarament 
nach  der  Benediction  der  war  leib  vnd  Blut  Jesu  Christi  sey. 
Hierauff  wir  sie  auss  angeregten  Ursachen  noch  hoher  zu 
stroffen  verursacht.  Aber  Indes  Ew.  Churf.  Reth  unsem 
Reetor  besehtcket,  Lme  neben  andern  gnedigsten  Beantwur- 
tnngen  angezeigt,  das  soHche  mandata  mehr  zur  abnemung 
dan  zu  aufnemting  Ew.  Churf.  gn.  universit&t  reichen  mochten 
dardurch  vnss  so  vil  zu  versteen  geben,  als  sehen  wir  die 
nit  stroffen  vnd  also  ein  gemein  geschrei  vnder  stndenten 
vnnd  andern  aussgeschoUen,  Reetor  vnd  Universitet  haben 
onbillig  die  peen  begehrt  vnd  genummen,  vnd  sich  also  rottirt 
vnd  Mittwoch  zonacht  12  euren  dem  Reetor  Doctor  Matthis 
Keuler  die  Fenster  anssgeworfen  vnnd  also  noch  vil  bosers, 
auch  leibes  vnnd  lebens  zu  besorgen.  Ist  derhalben  an  Ew. 
Chur  .  gn.  unser  underthenigst  bitt,  sie  wolle  bey  unser  wol 
vnnd  lang  herprocht  auch  von  Ew.  Churf.  gnaden  confirmirte 
Freyheit,  beschützen  vnd  pleiben  lossen.  Die  unsem  vnnd 
stroffwflrdige  stroffen  zu  lossen,  domit  die  geil  frech  vnnd 
mutwillig  Jugend  doch  ein  wenig  gezempt  vnd  gedempt  werde, 
Zweifelsone  wo  solche  rebelles  vnd  so  öffentlich  dem  Interim 
entgegen  sindt  wie  obgemelt,  gestrofft. 

In  Folge  dieser  Eingabe  an  den  Kurfttrsten  wnrde 
der  Reetor  am  22.  Juli  vor  den  Canzler  beschieden.  Nach 
einem   langen  Wortwechsel  brach    endlich   der  Oberhof- 

144)  Annall.  üniv   T.  VII.  F.  32,  b.  34,  b. 


1  

KircheMrefomi.in  Heidelb.  Beschickung  d,  (kmeila  ß.  Irnnt    459 

meister  in  die  Worte  aus:  der  Rector  könne  sie  strafen, 
solle  dies  aber  mit  Mässigung  thun**^).  Zwei  der  Schul- 
digen erschienen  nun  auf  an  sie  ergangenes  Vorladen,  die 
beiden  anderen  aber  stellten  sich  nicht  ein,  bis  der  Rector 
ihnen  drohte,  sie  von  der  Universität  auszuschliessen. 
Darauf  erschienen  auch  sie,  baten  um  Verzeihung  und  er- 
legten das  Doppelte  der  Strafe^*®). 

Viel  milder,  als  das  die  Theilnalime  an  der  Procession 
betieffende  Mandat  des  Rectors  Eeuler,  war  das  am 
27.  Mai  1551  von  Jacob  Curio,  dem  ersten  verhei- 
ratheten  Rector  (S.  435),  ausgegebene  **'). 


145)  Post  longam  altercationem  inter  nos  (Kectorem  Univer- 
sitatis  et  Cancellarium  in  cancellaria)  habitam,  tandem  Magister 
Cuiiaö  in  haec  verba  praerupit,  Bectorem  posse  iUos  ponire.  Do* 
minus  Gancellarius  addebat  tarn,  cum  modestia.  Annall.  Univ« 
T.  VII.  F.  34,  b. 

146)  Ibid. 

147)  Etsi  plerisque  nunc  Ritus  Festi  Corporis  Christi  pugnare 
cum  coene  Institutione  videntur,  multae  graves  causae  tamen  sunt^ 
cur  supremis  magistratibus  ad  celebres  die  illo  conventus  nos 
▼ocantibus  parendum  esse  ceuseamus  si  qvidem  obedientiam  Deus 
postuIat,  ubicunque  leges  humanae  minus  conscientias  gravant, 
i^nam  eorundem  contemtus  prodesse  potest :  cumque  ad  haec  propter 
glorificandum  uomen  Domini  et  salutem  nostram  conducat  nt  saepe 
congregati  vota  conjuugamus  ac  cogitatione  de  b^neficijs  Filij  Dei 
nos  exsuscitemus :  Atque  adeo  dies  crastinus  de  Testamento  et 
pane  illo  Mystico  ot  niorte  Domini  nos  ita  admoneat;  ut  posita 
conteutiono  pius  prorsus  nihil  dubitare  in  solennibus  istis  suplica- 
tionibus  de  praesentia  Dei  et  angelorum  possit;  Mandamus  ipsi  et 
pro  autoritate  et  consuetudiue  omnibus  Jurisdictioni  Scholasticae 
subditis,  ut  hora  cras  sexta  mane  in  templo  S.  S.  suo  qvisque  loco 
et  ordine  adsit;  caetumque  ibi  nostrum  non  compositis  tantum 
moribus  amet,  sed  et  in  Processione  Fidem  invocationemque  suam 
cogitatione  verborum  Sancti  hujus  Testamenti  excitet;  et  fide  ac- 
censa  petat,  ut  Deus  salutarem  emeudationem  doctrinae  de  vero 
Synaxeos  usu  concedat,  Principumque  mentes  flectat  ad  conser- 
vanda  tuendaque  litrrarum  studia,  quae  non,  ut  imperiti  judicant, 
hominum  inventa  sunt,  sed  dona  adversus  cordis  humani  stupiditatem, 
divinitus  revelata  et  prodita  ad  celebrationem  gloriae  dei ,  Atque 
paucis  ad  vos  haec  sub  magistratus  nostri  sigillo  et  poena  solita 
contemptoribus  infligenda  die  XXVII.  Maii  (1551).  Annall.  Uniy. 
T.  VII.  F.  93,  b.  94,  a.    Hist.  Acad.  F.  182.     * 


460       L  Budk.  II,  Periode,  4,  Abechmtt.   (ISU-^ISSB.) 

In  dieser  iZeit  (1551)  wurde  die  Universität  von  dem 
Kurfürsten  Friedrich  aufgefordert,  das  Concilium  von 
Trient  (1545—1563)  zu  beschicken.  Zu  dieser  Aufforde- 
rung wurde  er  durch  den  Papst  Julius  in.  veranlasst, 
welcher  auch ,  um  diese  Anstalt  sich  mehr  zu  verbinden, 
ihr  (1550)  durch  eine  besondere  Bulle  das  Recht  zuge- 
standen hatte,  verheirathete  Professoren  zu  Rectoren  zu 
wählen***).  War  nun  auch  dadurch  die  Universität  dem 
Papste  zu  Dank  verpflichtet,  so  ging  sie  doch  erst  nach 
langen  Verhandlungen  über  die  Frage,  ob  die  Sendung  in 
ihrem  oder  des  Kurfürsten  Namen  oder  auf  Befehl  des 
Papstes  geschehe,  und  ob  sie  oder  der  Kurfürst  die  Kosten 
dieser  Mission  zu  tragen  habe,  auf  die  Sache  ein,  und 
wählte  die  Professoren  Keuler  und  Stolo,  ohne  dass 
jedoch   das  Concilium  beschickt   wurde  "*).     Die  ganze 


148)  üt  (Julius  in.)  novo  beneficio  Üniversitatem  arctius  ob- 
stringeret,  peculiari  bulla  concessit^  ut  conjugatis  Professoribua 
Recturam  gerere  liceret.  Alting,  Eist.  eccl.  Pal.  p.  159. —  lieber 
die  genannte  Bulle  und  Terheirathete  Professoren  als  Rectoren  der 
Universität  siehe  S.  452. 

149)  Die  hierher  gehörigen  Actenstücke  sind  folgende:  »Can- 
cellarius  circa  finem  Martii  (1551)  Rectori  et  senioribus  vocatis 
exposuit  nomine  Principis,  consensu  ordinuAi  imperii  post  varia 
tentata  hactenus  remedia,  institutum  esse  Concilium  Tridenti,  ut 
errores  et  dissidia  exorta  in  Ecclesia  tandem  tollerentur.  Et  Prin- 
cipem  velle,  ut  üniversitas  etiam  cogitet  de  ferenda  ope  ad  com- 
munem  salutem.  Itaque  jussit,  ut  in  Theologiae  quaestionibus 
versati,  quique  fontes  sacpe  legissent,  ac  donum  interpretationis 
studio  consecuti  essent,  res  omnes,  de  quibus  tractandum  erit,  con- 
ferant  in  summam,  additis  suis  sententiis,  librumque  talem  offerant 
Principi.  Deinde  vult  sibi  quosdam  ex  coetu  ÜniTersitatis  indicari, 
ad  mittendum  idoneos,  de  quibus  posset  facere  delectum.  Congre- 
gata  super  hoc  Üniversitas  ultima  Martii  conclusit,  nondum  aliquid 
statuere  se  posse  de  mittendis,  priusquam  certa  fiat,  an  suo?  an 
Principis  nomine?  an  Ppntificis  jussu  mittere  debeat?  denique 
quibus  sumptibus?  Quod  plerisque  dubium  fuit,  Principisne?  an 
üniversitatis  nomine,  et  sumptibus  deligendi  quidam  ex  coetu  nostro 
ad  synodon  essent.  Resolutum  id  per  Cancellarium  est,  qui  dixit. 
Blust.  Principem  ab  Imperatore  et  aliis  requisitum,  ad  Concilium 
▼eile  deligi,  et  designari  sibi  ex  nostro  coetu  doctos,  pios  et  facun- 


Finaneieüe  Verhällmaae.    KUigter.    Lekrerhesoläimgen,     461 

Angelegenheit  ist  aber  um  so  bemerkenswerther,  als  die- 
ses das  letzte  Mal  war,  wo  die  Universität  in  ihrer  Ge- 
sammtheit  die  Autorität  des  Römischen  Stuhles  an- 
erkannte; denn  von  dieser  Zeit  an  wandten  sich  ihre 
Mitglieder  immer  mehr  der  Lutherischen  Lehre  zu,  und, 
als  Otto  Heinrich  (lö56)  an  die  Regierung  kam,  waren 
nur  noch  zwei  katholische  Pro^ssoren  an  der  Anstalt, 
Keuler  und  Nicolaus  Niger,  welche  sich  jedoch  imter 
diesem  Kurfürsten  »ihrer  Professionen  begaben«  "^). 

§11. 
Finamielle    Verhältnisse   der  Universität     Papst  Ju- 
lius III.   uberlässt  derselben  12  in  der  Pfalz 
gelegene  Klöster.     Lehrerbesoldungen, 

Eine  Hauptsorge  Friedrich' s  war,  die  unter  Lud- 
wig V.  sehr  herabgekommenen  finanziellen  Verhältnisse 
der  Universität  in  einen  bessern  Zustand  zu  bringen.  Zu 
diesem  Zwecke  veranlasste  er,  dass  mit  dem  Domstifte 
in  Speyer  wegen  des  durch  die  Bulle  des  Papstes  B  o  n  i  - 
facius  IX.  der  Universität  incorporirten  dortigen  Gano- 
nicates  und  der  Präbenden  am  Donnerstage  nach  Judica 
1547  ein  Vertrag  abgeschlossen  wurde,  durch  welchen 
das  Domstift  sich  verbindlich  machte,  jährlich  löOfl.  an 
die  Universität  auszubezahlen.     Dieses  war  um  so   vor- 


dos, quos  possit  qnibnsdam  de  suis  conjungere,  et  conseqnenter,  nt 
üniversitas  declararet  suam  hac  in  parte  erga  Ecclesiam  Stadium. 
Nee  simus  soUiciti  de  sumptibus,  nee  curare  (forte  curemus),  quod 
Üniversitas  non  sit  singulariter  vocata.  Ibi  üniversitas  in  illa  mit-^ 
tendorum  paucitate  Theologos  duos,  D.  Mathiam  Keuler,  et  D. 
Henricum  Stolonem  designavit  mittendos,  si  Princeps  voluisset.« 
Annan,  üniv.  T.  VII.  F.  73,  b.  74,  a. 

»Anno  1551  ab  augnstis  Gonsiliariis  Hector  et  Seniores  in 
Archivum  evocati  tractare  cum  Academia  jubentur,  ut  Theologi 
conclusiones  suas  super  Articulis  Fidei  in  Concilio  Tridentinö  pro- 
ponendas  meditentur;  Jure  consulti  vero  Canonici  ex  Canonibus 
disciplinarum  Canonicarum  cleri  certum  ordinem  extrahant  et 
Electori  offerant.«    Annall.  1.  c.  F.  78,  b.   Histor.  üniv.  F.  131. 

150)  Mieg:  Bericht  von  der  Reform,  d.  Kirche  in  d.  ünterpf. 
S.  23.    Jus  üniversitatis  orbi  et  urbi  ostensum  p.  67. 


462        L  Buch,   IL  Periode,  l,  Mschnin,   (1544-1556.) 

theilhafter  für  die  letztere,  als  der  jeweilige  Ordina- 
rius dieses  Canonicats  und  der  Präbenden  den  Ertrag  an 
Früchten  und  Wein  selbst  einthun  (S.  217),  deshalb 
mit  Aussetzung  seiner  Lectionen  öfter  nach  Speyer  reisen 
musste,  und  dennoch  nach  Abzug  der  Kosten  die  Ein- 
nahme davon  nur  auf  etwa  80  fl.  jährlich  brachte  "*). 
Femer  kaufte  FriedÄch  der  Universität  (1549)  den 
noch  übrigen  »Turnus«  des  Zolles  zu  Kaiserswerth ,  wel- 
cher ihr  wegen  der  weiten  Entfernung  und  der  Erhebungs- 
kosten wenig  einbrachte,  mit  dem  Versprechen  ab,  ihr 
von  je  100  fl.  Einnahme  einen  jährlichen  Zins  von  5fl. 
zu  bezahlen.  Als  Unterpfand  setzte  er  den  Turnus  und 
Zehnten  zu  Bacharach  ein^**). 

Doch  war  dadurch  der  Nothstand  der  Anstalt 
noch  nicht  gehoben.  Ihre  Einkünfte  waren  vielmehr  noch 
so  gering,  dass  nicht  einmal  die  Besoldungen  der  Pro- 
fessoren regelmässig  ausbezahlt  werden  konnten.  Um  nun 
der  Universität  für  alle  Zeiten  ständige  Einnahmen  zu 
sichern,  wandte  er  sich  mit  der  Bitte  an  den  Papst  Ju- 
lius IIL,  derselben  eine  Anzahl  von  in  dem  Kurfürsten- 
thum  gelegenen  und  von  ihren  früheren  Bewohnern  gänzlich 
oder  doch  grössten  Theils  verlassenen  Klöstern  einzuver- 
leiben. Um  nun  dieses  desto  gewisser  zu  erreichen,  Hess  er 
(10.  Mai  1549)  durch  seinen  Canzler  Probü  s  dem  Rector 
Dym  mittheilen,  die  Hochschule  solle  eine  Schrift  bei  ihm 
(dem  Kurfürsten)  einreichen,  in  welcher  sie  die  gleiche 
Bitte  ausspreche  ^*').  Dieses  that  die  letztere,  und  schon 
am  16.  Mai  legte  sie  die  gewünschte  Schrift  vor,  in  wel- 
cher sie  unter  Anderm  sagte  ^^*): 

»Weil  im  CharfOrstenthamb  vill  erledigte  geistliche  guter 
seindt,  sp  nit  possessores  habend,  auch  nit  wol  zu  bekommen 


151)  Original-Urk.,  Univ.-Arch.  Nr.  42.  Vrgl.  auch  Jus  üniv.  p.  8. 

152)  Originalurkunde,  d.    d.   »Sonntag   nach  Jacob!  Apostoli 
1549t,  Üniy.-Arch.  Nr.  56. 

153)  Annall.  Univ.  T.  VIL  F.  15,  a. 

154)  Ib.  F.  15 ,  a.  17 ,   a.  b.    Ebendort  findet  sich     die  Bitte 
abschriftlich. 


Finaneieüe  VerhälPMeae.    KlöHer.    LelMrerbe8oM»ngm.     46S 

sein  werden,  Ja  solHeh  gater  vnd  jehrliche  gefell  nit  woll  in 
bessern  nutz  dan  zu  der  Universitftt  vnd  Unterhaltung  ge- 
schickter, gelerter  vnd  gottsfurchtiger  irommer  Leute  gewendt 
mögen  werden,  so  möge  er  an  Seine  päbstliche  Heiligkeit 
die  Bitte  gelangen  lassen,  die  Universität  mit  etb'chen  im 
Churfürstenthumb  gelegenen  'geistlichen  gutern  zu  begaben 
Tiid  zu  incorporiren  und  durch  Bullen  zu  confirmiren.< 

Hierauf  wandte  sich  der  Kiqjfürst  an  den  Papst  und 
stellte  vor: 

»wie  die  Universität  Heidelberg  von  den  Pfalzgrafen  sei  ge- 
gründet und  begabt  worden,  die  ihr  zugewiesenen  Einkünfte 
jedoch  nicht  mehr  hinreichten,  um  die  Professoren  gehörig 
zu  besolden,  weshalb  viele  von  der  Universität  weggingen 
und  sich  anderswohin,  begäben :  dadurch  aber  komme  die 
Universität  von  Tag  zu  Tag  immer  mehr  herab.  Femer  sei 
auch  die  Dotation  der  Gapelle  im  Schloss,  welche  früher  die 
erste  in  Deutschland  gewesen,  zu  gering  zur  Erhaltung  der 
an  derselben  angestellten  Priester  und  Diener  und  endlich 
habe  er  vor,  »auf  dem  Fuss  des  Römischen«  ein  »Domus 
Sapicntiae«  zu  gründen^  in  welchem  60  bis  80  junge  Leute 
unentgeltlich  erzogen  und  gebildet  würden.  Um  dieses  Alles 
aber  ausführen  zu  können,  bäte  er,  folgende  12  in  der  Pfalz 
gelegenen,  grössten  Theils  verfallenen  Klöster  der  Univer- 
sität zu  incorporiren:  das  Prämonstratens^r-Kloster  Münster- 
dreisen;  St.  Lamprecht;  die  Cisterzienser- Klöster  Waidas 
und  Daimbach;  das  Stift  zu  Zell;  das  Antoniterhaus  zu 
Alzel ;  die  Benedictiner-Klöster  Lixheim  "^)  und  Ej-afthal  "•)  ; 

155)  Ueber  das  Kloster  Lixheim  hat  Wundt  (Mag.  B.  H. 
S.  249—285)  mehrere  wichtige  Urkunden  abdrucken  lassen.  Nach 
denselben  wurde  dem  Kurfürsten  Ludwig  Y.  dieses  Kloster  vom 
Prior,  Propst  und  Gonvente  zur  Verwaltung  übergeben,  damit 
es  nicht  bei  den  »widerstrebenden  gemuttern  des  gemeinen  Man- 
nes gegen  die  geistlichen  Personen  vnd  ordensleute  wie  sunst 
an  andern  vill  ortenn  bescheen,  in  gantzen  abganck,  verderben  vnd 
Zerstörung  versetzt  vnd  zerrissen  wurde«.  Dagegen  machte  sich 
der  Kurfürst  verbindlich,  dem  Prior,  Propst  und  den  Gonvents- 
personen  lebenslänglich  ein  Sustentationsgehalt  zu  reichen.  Die 
Urkunden  sind  vom  17.  und  24.  August  1528,  vom  8.  Märs:  1529,  vom 
26.  Mai  1533  und  10.  November  1536.  —  Man  sieht  aus  denselben, 
in  welchem  Zustande  die  Klöster  in  der  Pfalz  vor  der  im  Lande 
eingeführten  Kirchen-Beformation  waren. 

156)  Krafthai  lag  im  Amte  Lützelstein  an  der  Lothringer 
Gränze.    Alting,  p.  160. 


464      L  Buch,  n.  Periode,  4.  AbsehmiU.  (16U--16$6,) 

das  Wilbehniter-Kloster  Marienport  (Porta  sanctae  Hariae)  ^'^) ; 
die  Angustiner-Kldgter  zu  Heidelberg  und  zu  Akei  und  das 
Dominicaner-Kloster  zu  Heidelberg  '^'). 

Papst  Julius  in.  beauftragte  nun  seinen  Nuntius 
beim  Kaiserlichen  Hofe,  Sebastian  Pighi,  Erzbischof 
von  Sipont,  die  nöthigen  Erkundigungen  einzuziehen  und 
das  Gesuch  des  Kurfürsten  zu  genehmigen,  wenn  die  jähr- 
lichen Einkünfte  der  aufzuhebenden  Klöster  sich  nicht 
über  2000  Ducaten  beliefen,  zumal  die  Klöster  verlassen 
und  im  Besitze  von  Lutheranern  und  schwer  wieder  her- 
zustellen seien  ^^^).  Da  nun  nach  angestellter  Unter- 
suchung diese  Klöster  einen  so  hohen  Ertrag  nicht  ab- 
warfen, so  wurde  auf  Antrag  des  Nuntius  die  Bitte  des 
Kurfürsten  durch  eine  päpstliche  Bulle  (d.  d.  25.  April 
1Ö50)  erfüllt  und  solche  (2.  Januar  1551)  diesem  von  dem 
Nuntius  überreicht  ^^% 

Diese  Vergünstigung  erlangte  jedoch  der  Kurfürst  so 
wenig,  als  Ruprecht  I.  die  Autorisations-Bulle  zur  Grtin- 
dung  der  Universität  (S.  124),  ohne  bedeutende  Kosten. 
Er  musste  dafür  an  Rom  die  Summe  von  4800  fl.  9  Batzen 
zahlen  ^®^).  Diese  von  dem  Kurfürsten  ausgelegte  Geld- 
summe, so  wie  andere  dabei  gehabte  Kosten,  liess  er  sich 


\hl)  Marienport  lag  im  Oberamte  Kreuznach.  V^idder,  Th.  lY. 
S.  110. 

158)  Ueber  die  einzehien  Klöster  vrgL  Widder  in  dem  ange- 
führten Werke  und  Remling,  Gesch.  d.  Abteien  o.  Klöster  in 
Bheinbayem,  2  Thle. 

159)  Monasteria  sita  in  saeculari  Palatinatus  ditione  omnino 
vacua  et  deserta  ab  religiosis  sine  ipsorum  abbatibns  aliisTe  prae- 
sidentibus ,  quae  a  bonis  fautoribus  Lutheranae  haerescos  occnpata 
sunt  et  quorum  restauratio  non  facile  sperari  potest.  Päpstliche 
BuUe  d.  d.  25.  April  1550. 

160)  Die  Originalurkunde  und  das  Schreiben  des  Nuntius  be- 
finden sich  im  Kreisarchive  zu  Speyer  und  eine  deutsche  Üeber- 
Setzung  beider  Actenstücke  im  üniT.-Arch. ,  Nr.  356,  56.  VrgL  auch 
AnnalLUniv.  T.  VH.  F.  143,  a.  b.  Eist.  Acad.  F.  128.  War  dt - 
wein,  T.  III.  p.  122. 

161)  Pfalz.  Copialb.  No.  32.  F.  385  ff. 


F^ntmsidle  VerhäUnisw,  Klöster.  LehrefheaMwtffm.      465 

/ 

■  t 

jedoch  >^eder  von  der  Universität,  welche  mit  AusnahiAe 
der  dem  Sapienz  -  CoUegium  zugetheilten  Klöster  (8.  439) 
alle  übrigen  erhalten  hatte  (ihr  jährlicher  Ertrag  wurde 
auf  999  Ducaten  geschätzt),  und  von  dem  Sapienz- CoUe- 
gium vergüten,  und  zwar  im  Yerh&Itniss  des  Werthes  der 
zugetheilten  Klöster  (pro  rata  cujuscunque  portionis)  *•*). 
Dass  auch  der  Schlosscapelle  ein«  oder  das  andere  Kloster 
zugetheüt  worden  sei,  haben  wir,  obgleich  der  Papst  aus- 
drücklich an  der  genannten  Capelle,  als  der  ersten  in 
Deutschland,  die  Anstellung  von  6  Priestern,  12  Sängern, 
und  andern  Dienern  aus  den  Einkünften  dieser  Klöster 
bestimmt  hatte"'),  in  den  Acten  nicht  gefunden.  Die 
einzelnen  Klöster,  welche  die  Sapienz  und  die  Univer- 
sität erhalten  sollten,  waren  in  der  Bulle  namentlich 
angeführt  "*). 

Sobald  der  KurfOrst  die  Bulle  erhalten  hatte,  liess 
er  den  Beetor  der  Universität,  Wagenmann,  und  die- 
jenigen, welche  als  die  Executoren  der  Bulle  bezeichnet 
waren,    den   Decan    der  Artisten -Facultät,    Weisen- 


162)  In  einem  im  Üniv.-Arcli.  Nr.  64  aufbewahrten  Reverse 
mosste  sich  die  Universität  verbindlich  machen,  an  den  Kosten 
2,460  fl.  3  Batzen  3  kr.  zu  tragen.  Hievon  soUten  am  ersten  j»  Jahr- 
be8tand<  abgehen  1665  fl. ,  von  den  übrigen  786  fl.  3  Batzen  3  kr. 
bis  zur  gänzlichen  Tilgung  der  Schuld  jährlich  39  fl.  bezahlt 
werden.  Zugleich  mnsste  die  Universität  die  »Frohnsatzung«  und 
andere  Lasten  tragen,  wurde  ihr  aber  zugestanden,  diese  Eldster 
and  Stifter  »geringen  Nutzens  und  gefährlicher  Zeitläufen 
wegen«  auf  10  Jahre  (1553—1563)  an  den  Kurfürsten  für  1665  fl. 
jährlich  in  Bestand  zu  geben,  welcher  auch  die  oben  (S.  489) 
bei  dem  Sapienz-CoUegium  eingegangene  Yerbindlichkeit  wegen 
Unterhaltung  der  Priester  und  Studiosen  übernahm.  Die  Original- 
urkunde d.  d.  1.  September  1553  ist  im  Univ.-Arch.  Nr.  19.  In  dem 
Cod.  Bavar.  Germ.  Nr.  2664  in  München  sind  die  Gefälle  von  den 
in  den  Jahren  1555—1591  eingezogenen  rheinpfälz.  Klöstern  genau 
verzeichnet. 

163)  Würdtwein,  p.  126. 

164)  Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  127,  a.  b.  In  Betreff  der  Schloss- 
capelle heisst  es  (F.  127,  b)  nur:  »De  proventibus  quorundam 
monasteriomm,  sacello  aulae  destinatis,  agiturt  (23.  Januar  1553). 

Hantz,  Gesch.  d.  Uniy.  Heidelb.  I.  30 


fc^urger,  d^  wm  Senferw  clfanpeljbw,  Micjrllus  w4 
Q^]^sselb£^i3li.^  hp4  c|a9  D^^ccin  de»  Stjftog  zum  Hi 
Qp^Hto,  Wencl^Un  Spr^pger,  ^f  freie«  B^tinsitfE^ 
MAgi9teir<« ,  9m  24i  DQCßq^l^  lö&S  in  die  ^urfOpiU^dyn 
(}wäm.  beiwfep  upd.  ibii^  4wcb  s^inep  Cap^  Ptq-* 
htts,  dea  eipflussFeicbstea  Freuud  dctp  Uoiversibat  seit 
gaxtHii^nn'a  Xad  (1547),  f(4ge#9  ^wei  PiwWe  »mi! 
düf  B^}}&  ii^ttbeilß]! : 

1.  mB  den.  orck€iNtli<;hfiB  Pvo/estMeii  me  za  •ine»  antünJHgni 
L8l)«&  ndti^ga  B^fiolAoQg  gebeg  »j.  k(lii|nei^,,  soiea  dbir  ünj^« 
▼fw^tt.  *i^  8^^».  b^vnt^Ä  Klöj9ter  mit  e?#eii).  jfth/Jichen 
Ertrage,  von  999  Duca^i^  zugewiesen;     . 

2.  seien  für  ein  in  dem  Augustiner-Eloster  zu  Heidelberg  zu  er- 
richtendes 8apienz-Ool}egittm  die  ebenfalls  selion  angefObiteB- 
EUmr  mit  eine»  jäh«licben  Evtrage  t(»  etf»  COQ  DacalMr 
der  Universität  zugetheilt  ^''). 

Di«  Balle  selbst  theilte  jedoeh  de^  Canider  der  Uni- 
versität wader  im  Origiiiale  nech  in  einer  Absobrift  mit, 
nnd  ziHur,  wie  er  betfügte^  »wegen  Leuten,  welche  dns! 
Glüek  der  UmTeisitäit  b^ieideten  und  lieber  daren  Untere 

gang  als  Wachsthum  sähen«  ^^^.  Die  ganze  Handlung 
s.cb]i9SS  mit  einey  ^usf^ihrlichen  R^de^  des  Rectors,  in  wel- 
dtmn  er  dem  Ji^imtm  den.  D«nl^  d^r  Anstalt  wm 
spraeh  ^^^.  Attf  ihr  wiederbolteft  Bitten  sdüite  die  letztere 
f^jn  28.  Japuai^  1553  eine.  Abschrift  dßr  Bulle  erhalten; 
^^iK,  ajs  ilyr  dipße»  vo«  dew  Kjarfürstlicben  Bftth^,  Pbi- 
Hpp  H^iles^  und  Ln^dwig  Kastner,  vergelesen  und 
n)iit  dem  Original  verglichen  worden  war,  so  wurde  sie 
d,er  Universjt^jt  doch,  ni.cht  tlJ)erlaßsen ,  weil  die.  Kistß^  i^, 
weleber  sie  auftteiwehrt!  werden  soUte^  neeh  sieht,  fertig: 


l^  Aimi^U.  Univ.  T.  YIL  V^  1%?,  •»  b.  Bist«  AQ»d.  F.  198  bii, 

im 

166)  Propter  quosdam,  qui  eam  fortunam  Universitatiji  i^vjdwt, 
et  ruinam  potius  quam  incrementaiOt  oph^i^e;  vidiere.  maUenl,  noUe 
vmi  ^is^  ^viltm  vd  HJu^o  e«enH^tu.ii|  AqWs  imj^rlyri  4dp»alL  Uuit. 
%  VII. -F.  1*4,1»,  b. 

167)  Ibi4,  F.  12^  a,  - 123,  9ii 


war.  Die  B&the  nahmen  deshalb  die*  Urknide  wieder 
mit.  Nichts  desto  weniger  ilrang  jedoch  die  Unwemtät 
darauf,  in  den  Besitz  der  genannten  Klöster  eingewiesen 
zu  werden  ^^^),  was  auch  geschab. 

Schon  am  2.  S^tember  1553  erschienen  in  Lamp- 
recht vor  dem  »instnunentirenden  Notar«  die  Abgeordneten 
des  Eurföisten  und  der  Universitftt,  Hailes  und  Kastiie.rv 
»der  Rechten  Doctores  und  Licentiaten ,  pfälzische  B&&e' 
sanunt  dem  Landschreiber  za  Neustadt  Tnd  beigeradneten 
Zeugen«,  so  wie  auch  der  Bector  Wa^genmann,  der 
Decan  der  Juristen-Faoultit,  Dym,  und  der  Dechant  des 
Stiftes  zum  H.  Geiste,  Sprenger,  um  das  Kloster  mit 
allen  seinen  6&tem  und.  Rechten  in  Besitz  zu  nehmen. 
Die  Priorin,  Ursula  Johin,  die  »Custorin«,  Elis  von 
Buchen,  und  die  »Conventual-Personen«,  Elis  von  Nei- 
denfels, Appollonia  Nussdorferin  und  Ottilia 
Eanigsteinin,  flbergeben  das  Kloster  sammt  allen  Ge- 
fallen "»). 

»Nach  BriHusli  vimI  iaadftaartt  strewet  emelta  priorin  dem 
Seetori  vad  Deotao  sam  heil.  Geist  zu  Heidelberg,  so 
vif'  dair-  ertterkh  niederipesessen,  desselhigea  bodens  ertterich 
yff  ihre  Hattptter'  tnd  vberantwortet  ihnen  zu  wnrcklicher, 
crafftiger  vnd  bestendigcnr  possession  des  Klosters  die  Schlüs- 
sel, die'  aluo  vofli  Aeetor  vnd  Decan  von  wegen  gemainer 
üniversitet  zu  Heidelberg  angenommen  worden. t 


168)  Annall.  üniY.  T.VIT.  F.  128,  a.  —  Später  erhielt  die  Uni- 
versität zwar  eine  Abschrift  der  Bulle,  aber  diese  war  mit  einem  Male 
verschwunden,  obgleich  sie  in  einer  mit  8  Schlössern  versehenen  Kiste 
aufbewahrt  war,  zu  welcher  einen  Schlflssel  der  Rector  hatte,  den 
zweiten  der  erste  kurfürstliche  Rath  (summus  consiliarius)  und  den 
dritten  der  Deean  der  Artisten-Faoult&t  Hist.  Acad.  F.  ISO.  — 
Dasa  das  hiesigie  Üniversitäts-Archiv  nur  eine  deutsche  üeber- 
setzong  der  Bulle  besitzt  und  das  Original  derselben  im  Kreis- 
Archiv  zu  Speyer  aufbewahrt  wird,  ist  oben  S.  464  Note  160  angegeben. 

169)  Die   OefäUe    des   Klosters  St.   Lamprecht  bestanden  in: 

901  fl.  Geld,  22  Fuder  Wein,  13  Mltr.  Waizen,  912  Mltr.  Kom, 

84Mltr.  Gerste,  579  Mltr.  Spelz,  406  Mltr.  Hafer,  IV«  Mltr.  Erbsen, 

12  G&nsen,  78  Capaunen,  115  HOhnern  und  194  Pfund Oel.  Rem- 

11  ng,  S.  155. 

30* 


468      L  BiMh,  IL  Periode,  4.  JbechniU.   (löU—löSe.) 

Auf  gleiche  Weise  wurden  von  den  genannten  Ab- 
geordneten am  5.  y  7.  und  11.  September  das  Stift  ZeD, 
die  Klöster  Daimbach,  Mfinsterdreisen  und  Waidas  und 
das  Antoniterhaus  zu  Alzei  in  Besitz  genommen  '^^. 

Nachdem  nun  die  alten  Einkünfte  der  Universität  ge- 
regelt und  ihr  neue  Einnahmsquellen  eröffnet  waren,  verlieh 
der  Kurfürst,  welcher  mit  Recht  der  Begründer  des  neuen 
Üniversitäts-Fiscus  genannt  wird  ^'*),  unterm  10.  October 
1554  einstweilen,  bis,  wie  es  in  der  Urkunde  heisst,  »wir 
die  vorhabende  Reformation  vollenden  und  auffi-ichten 
mögen,  wie  denn  verhoffenüich  In  Kurzem  beschehen 
soll«"*),  den  Professoren  Micyllus  zu  100  fl.  Besol- 
dung 50  fl.  und  Gruntler  zu  30  fl.  Besoldung  90  8.  Zu- 
lagen. Bevor  jedoch  die  Reform  der  Universität  in  das 
Leben  trat,  verlieh  Friedrich  (7.  Juni  1555)  weitere 
Zulagen,  und  zwar: 

Dem  dritten  Theologen,  M.  HeinriehStolo,  »predicanten 

aUhiec,  40  fl., 
dem  CkMÜcJaten,  Dr.  Conrad  Dhiemen,  iO  fl., 
dem  ersten  Pandektisten,  Dr.  Johann  Empfinger,  20  fl., 
dem  zweiten  Pandektisten,  Dr.  D  i on y  si u b  6  r  a  a  e n,  30  fl., 
den  beiden  Licentiaten,  Paal  Gisner  und  Melchior 

Weissenburger,  jedem  30  fl., 
dem  ersten  Professor  der  Medieia,  Dr.  Johann  Wagen- 

mann,  30  fl. 
Dem  zweiten  Professor  der  Medidn,  Dr.  Jacob  Curio, 

wurde  seine  bisher  bezogene  Besoldung  nebst  versprochenem 

Hauszins    auf  230  fl.  definitiv  festgesetzt.     Davon  soUte  er 

30  fl.  aus  dem  alten  und  das  üebrige  aus  dem  neuen  Fiscus 

der  Universität  empfangen. 


170)  Aus  dem  im  Ereisarchiv  in  Speyer  befindlichen  »Instrn- 
mentum  traditionis  des  Ciosters  St.  Lamprecht  etc.«  entnommen. 
Yrgl.  auch  Bemling,  S.  148  ff.  —  Ein  am  »ersten  Herbstmonats« 
1553  ausgestellter  »Beversbrieff«  ist  noch  vorhanden,  in  welchem  den 
Nonnen  in  St.  Lamprecht,  so  lange  sie  leben,  wenn  sie  im  Kloster 
bleiben  wollen,  eine  gute  Verpflegung  u.  s.  w.  von  der  Universität 
Heidelberg  zugesichert  wird. 

171)  Novi  fisci  et  Domus  Sapientiae  erector.  Gal.  acad.  II. 

172)  Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  193,  a. 


FmanäieUe  VerMUmese.  Klöster.  Lehferhesoldmgm.    4Q9 

Eben  so  wurde  dem  dritten  Profesaor  der  Medicin, 
Gruntler,  seine  frühere  Besoldung  von  120  fl.  fixirt. 
Davon  soll  er  30  fl.  aus  dem  alten  und  das  üebrige  aus  dem 
neuen  Fiscns  erhalten.    Femer  wurden  zugetheilt: 

Dem  »Mathematico  lectori«,  M.  Johann  Mercurius 
Morsheimer,  neben  seiner  früheren  Besoldung  40  fl.  aus 
dem  neuen  Fiscus, 

dem  »Ethicus«,  M.  Nico  laus  Gisner,  obgleieh  er  damals 
nicht  in  Heidelberg  anwesend  war,  die  ihm  früher  zugewie- 
senen 80  fl.  als  st&ndige  Besoldung, 

dem  Poeten  oder  Historico,  M.  Johann  Geyssclbach, 
SO  fl.  und 

dem  »professori  Qxaeco,  Jacobe  Micillot,  sollte  die  »ge- 
machte addition  von  50  fl.  aus  besondem  Qnaden  verbleiben  c. 

Der  Professor  der  hebr&ischen  Sprache,  Paul  (Staffelstein), 
erhielt  30  fl.  Zulage. 

Jed^r  der  4  Regenten  des  Dionysianums  erhielt  je  10  fl. 
Zulage. 

Der  jeweilige  Rector  empfing,  weil  er,  »mit  aimlichen 
Arbeiten  beladen,  doch  dagegen  geringe  Besoldung  gehaptc, 
weiter  8  fl.  jährlich  aus  dem  neuen  Fiscus. 

Eben  so  wurden  dem  jeweiligen  Decan  der  Artisten-Facul- 
tät  jährlich  weiter  6  fl.  angewiesen. 

.  Der  »obristeiK  Magister  des  Domus  Sapientiae  bekam  20  fl., 
der  zweite  und  dritte  je  10  fl.  aus  dem  neuen  Fiscns. 

Der  Kurfürstliche  Erlass  schliesst  mit  den  Worten: 

»Yhd  das  Alles  ist  voü  jetz  negst  verscliienen  Weihnachten 
an  zu  rechnen ,  vnd  so  lang  bis  wir  die  verhebend  Refor- 
mation publiciren  werden,  wie  wir  vns  auch  hiemit  vorbe- 
halten, alsdann  die  salaria  nach  gelegenheit  der  personen  vnd 
lecturen  mith  weitern  additionen  oder  sonst  in  andern  weg 
zu  versehen  vnd  zu  bestellen«  '^'). 

In  dieser  Zeit  waren  besoldet  3  Professoren  der 
Theologie,  4  der  Jurisprudenz,  3  der  Medicin,  1  der  Ma- 
thematik, 1  für  Ethik,  1  »Pöet  oder  Historicus«,  1  für 
griechische  Literatur  und  1  für  das  Hebräische;  dazu  ka- 
men noch  die  vier  Regenten  des  reich  dotirten  Diony- 
sianums ^'*). 


173)  Annall.  Univ.  T.  VIL  F.  204,  a. 

174)  Ibid.  F.  204,  b. 


470      I*  ^Mft.  i7-  FtrioOe,  4,  ^«cf^llf.   (1644— tSSe.) 

§12. 

:Z^>   UmvermtSt    weigert  dck,    innen   ihr   gehörigen 

Garten  dem  Kurfürsten  "zu  überlassen,  tritt  aber  das 

PatroTiatsrecht  über  die  St.  Peterskirche  an  ihn  ab. 

Wachte  die  Universität,  wie  wir  gesehen  haben,  mit 
sorglichem  Eifer  darüber,  an  ihren  Vorrechten  und  Freiheiten 
Nichts  einzubüssen ,  so  war  sie  in  gleicher  Weise  auf  die 
SrbakuBg  ihrer  ]lffinktUifte  und  Grüter  bedaebt  Einen 
Beleg  bietet  uns  nachstehende,  in  den  Annalen  aufbewahrte 
Hitl^ilung. 

Am    25.  Februar  1545    wandte    sich   der  Halzgraf, 
Otto  Heinrich,  im  Namen   des  Kurfürsten  mit  dem 
Ersuchen  an  die  Universität,  sinw  Ihr  gehörigen,  neben 
dem  Kurfürstlichen  in   der  »Pleck«  ^'^)  gelegnen    Gar- 
ten, den  Dr.  Stephan  Hottacker  efben  jetzt  als  Be- 
soldungsthefl  im  Genuss  hatte,  auf  2  oder   3  Jahre  an 
den  Fürsten  zu  verpachten  oder  von  djeaem  einen  andern 
Garten,  welcher  eben  so  viel  oder  mehr  werth  sei,  dafür, 
afumuehxnen.    Die  Universität  ging  aber  darauf  nicht  ein 
sondern  sagte  m  ihrem  Antwortsehrelben  an  den  Pfäksgrafen : 
lie  Mi  sehon  v<m  Altvs  luir  im  Besiise  diese«  Gartans,  sie 
Mtte  iho  Ton  den  Vorfahren  fib^kommen  und  xnflsse  ihn 
i^ucb  den  N^chkomnen   erhalten.    Seine  KnrKUstliche  Gna- 
den »wollen  ein  nacbgedenka  haben,  ob  dieselbi^  mechten 
1^  andern  ^ekgen^n  ort  einen  garten  bestandts  oder  kaaffs- 
weisB  bekumen«  *^*). 

175)  Die  PI  eck  lag  damals  noch  ausserhalb  der  Stadt,  welche 
-mit  der  Grabengasse  gecohlossen  war,  und  bestand  ans  A«ckern, 
Weinbergen  und  G&rt^  mit  einzehiten  Wehaongen.  Baa  Wort 
Pleck  beweist  die  fränkische  Abkunft  der  Stadteinwohner.  Es  ist 
nämlich  niederländisch  und  bedeutet  in  Brabant  die  kleinen  Dörf- 
^en  oder  Weiler,  welche  sich  vor  den  Stadtmauern  anbauten  und 
später  gewöhnlich  als  Vorstädte  mit  dem  Hauptorte  Terbondm 
wurden.  Ein  solches  Dörflein  war  die  Pleck  zu  Heiddberg.  Die 
armen  Leute  bauten  sich  um  die  ebenfalls  ausserhalb  der  Stadt 
gelegene  Peterskirche  ihre  kleinen  Wohnungen.  Mone,  Ztschr. 
B.  XI.  S.  47. 

176)  Annall.  Univ.  T.  VI.  F.  392,  a.  b. 


Wftlr  nim  did  Universität  ttleht  gee^t,  ^in  flir  aiig^ 
tfehmes  Besitisthüm  wfegZugeb^,  so  Vrar  sie  flichts  desto 
weniger  bemüht,  sich  solcher  BecM?e  ^  entättssera,  w^he 
für  sie  kernen  Nutzen  hätt^to.  Sd  tl^at  sie  diurch  ein^ 
»Montags  nach  Mai'greihae  Affno  1554«  von  ihr  ätts^ 
gestellte  Urkunde  das  »-Jus  patronatüs,  Ctdlation  vnd  Ver- 
leihung der  p&tT  zu  St.  Petet*«!,  welche  sie  im  Jahre  1400 
Vbä  dem  Km^tMten  Ruprecht  ÜI.  (S.  239)  erhaltet 
hatte,  »mit  allen  Iren  ai^httdgenden  digniteten,  würden, 
nutzungm,  gefeiten,  lieg^i»4^  vnd  fareüden  gselern^c  an 
den  Kurfürsten  ttnd  dessöh  Nachfolger  ab,  und  zwar 

>aU8«  8otid6rn  ben ogetHÖen ,  redlidien^  ^thaftea  vraach^, 
auch  von  wegen  jetzS^n  b^chwerlichen  leuffte,  so  sich  üaec 
Zeit  Inn  meren  Orten  vnd  sonderlich  teutscher  Nation  zu- 
tragen, Vnd  dann  auss  mangel  frommer  vnd  geschickter 
geystlicher  personen,  die  wir  zu  Zeit  der  nott  nicht  wol  vnd 
on  nachteyl  zu  bekommen  wfss^«. 

»Doch« ,  heisst  es  am  Schlüsse ,  >hahen  ^r  vns  ]&n  deüi 
pfarrbofe  allhie  den  keller  zu  halben  tfae;^],  wie  der  vnler- 
schkgen  vnd  ahgetailt  werden  soll,  vnd  die  weinkehem, 
solche  baide  stuck  zu  der  Yniversitet  notturfft,  on  eynigs 
beschwernnss  oder  verhindernus  maniglichs  Inn  ewige  zeiten 
zu  gebrauchen  f&rbehalten«  "^). 

§13. 

Sitten.    Raufhändel  zwischen  Studenten  und  Hofleuten. 
Die  Studenten  sollen  Wohnung  icnd  Kost  in  d&ii  Coiih 

fubernien  nehmen. 

Auch  in  dieser  Zeit  sehen*  wir  in  dem  Studentenleben 
die  Erscheinungen  wiederkehren,  welche  wir  vordem 
wahrgenommen  haben.  Wie  frtäier,  so  musste  auch  jetzt 
Obst  u.  dgl.  gegen  die  Stüdenteh  in  Schutz  genommen 
werden  ^^®);  besonders  häufig  aber, wurde  die  öffentliche 


177)  Annall.  üniv.  T.  VII.  F.  189,  a.  ff. 

178)  Rector  Actodemiae  Reidelbergtensk.  Ctmi  ihagibtrattts 
oppidi  hujus  causis  haud  dubie  necestfariis  qoibusdam  aMicti  pt^ 
hibuerint,  ne  quis  ex  plebe  arbusculas  in  vallibus  et  iftontibos  ultra 


472      ^.  Bmc».  IL  Periode.  4.  AkedmiU.  (SUi--U6e.) 

Ruhe  und  Sicherheit  durch  Baiifereien  und  nicUliches 
Herumschwärmen  von  Seite  der  Studenten  gestört  So 
beschwerte  sich  der  Hofmarschall  (Magister  equitum),  es 
sei  ein  Mitglied  seiner  Familie  in  der  Nähe  seiner  Woh- 
nung im  kalten  Thale  (in  valle  frigida)  nach  dem  Lauten 
der  Abendglocke  mit  Uossen  Waffen  ang^^en  worden, 
was  die  Universität  bestinmite,  durch  ein  Mandat  vom 
3.  April  1552  den  Studenten  eine  genaue  Beobachtung 
der  academischen  Gesetze  anzubefehlen  ^^^).  Dieses  hatte 
jedoch  keinen  lange  anhaltenden  Erfolg;  denn  schon  am 
9.  Mai  1553  stellten  die  Kurfürstlichen  Räthe  an  den 
Bector  das  Ansuchen,  die  Studenten  zur  Ruhe  und  an- 
ständigem Betragen  anzuhalten  ^^^. 

Auch  die  Kurfürstlichen  Personen  waren  vor  dem 
jugendlichen  Uebermuthe  nicht  sicher.  Die  KurfUrstin, 
welche  am  27.  December  1552  mit  ihrem  Gemahle  nach 
dem  Stifte  Neuburg  ging,  wurde  von  einigen  Studenten 
gröblich  verhöhnt  ^^^).  Als  die  Thäter  von  dem  Rector 
deshalb  zur  Untersuchung  und  Strafe  gezogen  werden 
sollten,  machten  sie  sich  flüchtig  ^^'). 

pontem  decutlat,  domumque  inferat,  Id  ipsnm  nobis  qüoqae  edictum 
esse  debet,  ut  qaos  ante  alios  cogitare  deeet  de  officio  et  ordinis 
politici  amare  ubique  nervös  et  legum  moveri  reverenUa,  ne  qmd 
ergo  querelarum  hac  in  parte  ad  versus  nos  oriatur,  praecipimns 
gcholasticae  Jurisdiction!  nostrae  subditis  omnibus^  ut  a  detrnncandis 
id  genus  fruticibus  et  arboribus  posthac  vobis  temperetis,  nee  leves 
ducatis  prohibitiones ,  quas  qui  vel  petulantia  vel  affectata  negotia 
contempserint,  justam  puniendi  severitatem  experientur^  id  quod 
publici  significandnm  snb  magistratus  nostri  sigilio  vobis  nunc  fuit 
die  Aprilis  XVI.  (1551).    Annall.  Univ.  T.  VIL  F.  93,  b. 

179)  Mandamus,  ut  sese  Universitatis  legibus  obtemperantes 
ezhibeant,  quod  si  facere  neglezerint,  si  quid  mali  illis  ex  Univer- 
sitatis legum  contemptu  eveniat,  praeter  eam,  quae  ab  Universitate 
constituta  est  poena,  suo  periculo  se  id  fectsse  sciant.  Ibid. 
F.  106,  a.  b. 

180)  üt  ad  tranquillitatem  et  modestiam  mandato  adigerentur. 
Ibid.  F.  141,  a. 

181)  Conviciis  Illustrissimi  principis  co^jogem  incesseront  et 
gravi  iigoria  affecerunt.    Ibid.  F.  123,  b. 

182)  Ibid. 


Auch  ap  Baufli&udQlii  fehlte  es  nicht,*  was  folgender 
Vorfall  beweist.. 

Am  19.  Juni  1545  theilte  der  Bector  dem  academi- 
sehen  Senate  mit,  dass  das  »Hofgesunde  und  die  Beuter« 
sehr  feindlich  gegen  die  Studenten  sich  benähmen,  die- 
selben beleidigten  und  zum  Kampfe  herausforderten. 
Hierauf  wurde  nun  beschlossen,  durch  ein  besonderes 
Edict  die  Studenten  zu  ermahnen,  jede  Veranl9ssung  zum 
Streite  zu  vermeiden  und  .sich  des  Nachts  zu  Hause  zu 
halten;  zugleich  wwde  aber  audi  der  weitere  Beschluss 
gefasst ,  den  Kurfürsten  in  einer  besondem  Eingabe  zu 
bitten,  bewirken  zu*  wollen,  dass  von  dem  »Hofgesunde 
und  den  Beutemn«  die  Studenten  nicht  weiter  »mit 
anreytzenden  wortt«n  oder  todtischen  fumemungen«  be- 
leidigt würden  *®*).  Die  Beschwerde  der  Universität 
wurde  —  der  Kurfürst  selbst  war  abwesend  —  von  dessen 
Statthalter  (Principis  vicario),  dem  Pfalzgrafen  W  o  1  f  g  a  n  g , 
freundlich  aufgenommen,  und,  nachdem  die  ganze  Sachle 
später  dem  Kurfürsten  vorgelegt  worden  war,  gegen  die  Schul- 
digen strenge  Strafe  erkannt  und  den  Hofleuten  verboten, 
nach  der  »Weinglocke«  ohne  gegründete  Ursache  auf  den 
Strassen  sich  aufzuhalten.  Dieses^  sollte  nach  dem  Kur- 
fürstlichen Befehle  auch  den  Studenten  untersagt  werden 
mit  dem  Beifügen,  wenn  ein  Student  bei  Nacht  ohne 
Licht  und  ohne  gesetzliche  Ursache  nach  der  »Weinglocke« 
auf  den  Strassen  betroffen  würde,  er  aufzugreifen  und 
ohne  Bücksicht  auf  üniversitäts  -  Privilegien  (nulla  habita 
ratione  privilegiorum)  in  das  Oefängniss  zu  führen  sei 
Die  Universität  erkannte  nun  dankbar  die  Sorge  des 
Kurfürsten  für  die  Erhaltung  der  Ordnung  an,  legte 
aber  in  einer  ausführlichen  Schrift  an  denselben 
Einsprache    dagegen    ein,    dass    et    die    »jüngst  ^  con- 


183)  Annall.  üni?.  T.  VI.  F.  399,  a.  b.  Dort  findet  sich  auch 
das  Edict  des  Senats  an  die  Studenten  und;  das  Schreiben  an 
den  Kurfarsten. 


41K      1.  9m!k.  ».  AfHMte.  «  Mähida.  (fSH-^lim.) 


Htüßmi  ftMe^im  imd  Ffeifadtttll  ä^  ^^^Hm^Nt*  nicht 
halten  wolle"*).  Dieser  dem  Kurfürsten  geiüaehtt  Vöt- 
wtirf  bezog  sich  attf  die  ihm  bei  säA^füi  Re^etUngHäntritte 
torgetragene  Bitte,  sich  bei  d^r  Nftditzdt  atef  #ef  Stmsse 
herumtreibendte  BtüdeiH^  Mcbt  v<m  der  fdSneiMkm 
Behörde  aitf^ifen  nnd  in  O^ewahrsam  biPüigen  zu  l«s»(»i, 
so  wie  auf  die  toti  dem  Oiatöler  erhtfM^e  ^two^,  dM 
mtsa  bei  Nacht  nicht  erkennet, 

»wer  etil  mAeiüt  oder  MhMlierllMdM^  m  vM  lAm  txt- 
«ttb  etWMi  eisA  at  nechtlidker  iHtfi  beftaUto  mflsse,  ImiIs 
man  in  kann  kennen«  C^.  413)  ^^% 

Mit  dieser  Einsprache  war  die  Universität  glücklidier, 
als  mit  der  von  ihr  früher  in  diesem  Betreffe  ausgesproche- 
nen Bitte.  Sie  erhielt  (6.  August  1545)  die  Erlaubnisse 
einen  Gareer  herrichten  zu  lassen,  in  welchen  die  Studenten 
nöthigen  Falls  in  Gewahrsam  gebracht  werden  sollten  ^^^). 
Zu  diesem  wurde  da*  untere  Theil  eines  neben  dem 
Contubernium  gelegenen  zerfallenen  Häusleins  ^^^)  benutzt. 
Vor  dieser  Zeit  hatte  die  Universität  keinen  Carcer; 
wollte  sie  einen  Studenten  einsperren  >  so  musste  sie  das 
bürgerliche  Gelängniss  benutzen  ^^^);  wohl  aber  hatte  die 
Artisten  - Facultät  einen  solchen,  welcher  sich  in  ihrem 
Contubernium  befand  ^®^). 

Der  Carcer  scheint  übrigens  sowohl  von  der  Artisten- 
Facultät,  als  von  der  Universität,  mehr  als  Aufbewahrungs-, 
wie  als  Straf  ort  benutzt  worden  zu  sein,  da  die  Carcer- 
strafeoi  sowohl  in  den  Heidelberger  als  in  andern  Univer- 
sitäts-  und  Facultäts  -  Gesetzen  selten  erwähnt  werden, 
wohl  aber  Geld-  und  andere  Strafen  ^^®). 


184)  AnnaU.  Uirir.  T.  VI.  F.  400,  a.  b.  401,  a. 

185)  Ibid.  T.  VII.  F.  384,  b. 

186)  tbid.  F.  403,  b. 

187)  Buinosae  domanculae  juxta  Contnberninm  Realinm  sitae 
infima  pars.    Ibid.  F.  404,  a. 

1S8)  ffidtor.  Acad.  *•.  81. 

lefd)  A<Jt.  Fac.  Art.  t.  IV.  t*.  14,  b. 

190)  Vrgl.  auch  Tholuck,  Akadem.  Leben  S.  249. 


.Eine  Hfttfptursadie ,  aus  weldier  maneber  von  Stu> 
denten  verübte  Unfug  hervorgmg,  sah  man  darin,  da«8 
tm  grosser  Theil  defsdben  nieht  in  dm  Ckmtabemien, 
sondern  in  der  Stadt  Wohnung  und  Kost  haltte.  Dadurch 
wurde  nieht  nur  !hr  Ueberwaehen  ersehvert,  sondern 
es  hatte  dieser  Umstand  aueh  m>cfa  den  Nachthefl,  dads 
das  fernere  Bestehen  der  Contubemien,  irelche  grossen 
Theils  neben  ihren  ständigen  Einkünften  auch  auf  Ein- 
nahmen von  Studenten  rechnen  mussten,  nicht  nur 
in  Frage  gestellt,  sondern  ajieh  ihr  g&nzlicher  Untergang 
(penitus  perirent)  herbeigeführt  wurde.  Es  verfehlten 
deshalb  die  Regenten  der  Contubernien  nicht,  dieses  dem 
academischen  Senate  mit  der  Bitte  um  Abhülfe  vorzu- 
stellen. Um  so  mehr  sah  sich  daher  der  Bector  (löö2) 
veranlasst,  ein  an  die  Studeaten  gerichtetes  Edict  an 
die  Kirchenthüre  anschlagen  zu  lassen , ,  durch  welches 
diesen,  wenn  sie  es  nicht  durch  besondere  Gründe  recht- 
fertigen könnten,  die  Wohnung  oder  der  Tisch  ausserhalb 
eines  Contubemiums  verboten  wurde  *^*). 

§  14. 

Die   Universität   beffibt    sich   wegen  ansteckender 

Krankheit  nach  Eberbach.     Frequens  derselben. 

Die  gewohnte  Thätigkeit  der  Univenäität  wurde 
während  der  Regierung  Friedrich' s  zweimal  durcih 
in  der  Stadt  ausgebrochene  ansteckende  Krankheiten 
gestört.     Es  war   dieses   in   den   Jahren  1547  ^^*)   uad 


191)  Urkunde  Nr.  XXVII.   Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  106,  a.  b. 

192)  Annall.  Univ.  T.  VI.  F.  450,  a.  T.  VII.  F.  150,  a.  h. 
206,  a.  209,  a.  bis  214,  a.  Act.  Fac.  Art.  T.  IV.  F.  24,  b.  26,  b. 
60,  a. 

Auch  schon  früher  (1528,  1529)  war  die  Universit&t  bei  gleicher 
Veranlassung  in  Eberbach. 

In  Beziehung  auf  den  letzten  Aufenthalt  daselbst  i.  J.  1547 
heisst  es  in  Act.  Fac.  Art.  T.  FV.  F.  24,  b.  26,  b.:    Aperbacenses 


476       I'  ^MCV  U,  Periotk.  4.  AbsckmU.  115U—1656.) 

lööö  ^^').    Beidemal  verliess  die  Hochschule  die  Stadt 
und  begab  sich  nach  Eberbacb. 

Solche  Umstände  hatten  natürlich  auf  den  Besuch 
derselben  einen  nachtheiligen  Einfluss,  und.  so  wurden 
denn  auch,  während  in  andern  Jahren,  vor  und  nach  der 
Pest,  gewöhnlich  100  Studenten  inunatriculirt  wurden,  oft 
nur  2  eingeschrieben ;  doch  stieg  im  Jahre  1555  die  Zahl 
wieder  auf  42  ***). 

§  15. 
FriedrieKs  IL   Tod. 

Der  für  die  Universität  so  treu  besorgte  KurfOrst 
starb  am  26.  Februar  1556  in  Alzei,  ohne  zwei  seiner 


reteri  qnadam  erga  literarnm  stodiosos  malevolentia  aedes  nonnnllas 
prius  tacuas  interea  ipsi  ocoapaTerant.-  Ac  ut  Begentes  et  dos, 
qni  GoUegium  secuti  eraot,  mrstim  expellerent,  initio  ex  aedibos, 
quarum  tarnen  paucae  reperiebantur  idoneae,  census  iniquissimoB 
ezigebant.  Nam  ex  cubiculis  qoibusdam,  hypocausto,  calina  et 
cellula  vinaria  ejas  domna  quam  Begentes  Decano  et  pablieae 
mensae  destinaverant ,  qnumqae  hospita  ipsa  muliercula  de  nobili 
quidem  stirpe,  sed  tarnen  tenacissima  inhabitabat,  centam,  ex 
aedibus  vero  stipendiatonim  octoginta  floreni  pro  annao  censa  exi- 
gebantar.  GoUegium  et  Begentes  Dominico  Laetare  1548.  ab 
exilio   Heydelbergam    sunt  reversi.« 

Ueber  den  Aufenthalt  der  Universität  im  Jahre  1547  vrgl. 
Lyc.  Origg.  p.  44.  45. 

193)  Schon  1553  herrschte  eine  ansteckende  Krankheit  in  Hei- 
delberg, so  dass  der  Bector  den  Universitäts- Angehörigen  strenge 
verbot,  mit  Pestkranken  umzugehen  und  auch  keine  solche  Kranke, 
die  aus  andern  (hegenden  kamen,  bei  sich  aufzunehmen,  oder  gar  in 
Orte  und  Gegenden,  wo  die  Pest  herrsche,  zu  gehen  oder  dort  zu 
verweilen  (Annall.  Univ.  T.  VII.  F.  150,  b.  151,  a).  Auch  1555  wurde 
am  15.  August  den  Üniversit&ts-Oenossen  befohlen:  »Qnatenus  nostri 
subjecti  omnes  publicos  conventus  cum  balnearum  tum  aliorum,  ex 
quibus  contagiones  possunt  timeri,  evitent,  neque  se  barbitonsorum 
aedibus  aliarumque  domorum  decumbentium  ac  infirmorum  dedant 
easque  accedantc  Doch  schon  am  folgenden  Tage  rüstete  sich  die 
Universität  zur  Abreise  nach  Eberbach.    Ibid.  F.  206,  a.  b. 

194)  Von  den  6  letzten,  welche  im  Jahre  1555  inunatriculirt 
wurden,  wird  in  Matric.  Hb.  III.  F.  87  gesagt,  sie  seien. in  Eber- 
bach von  dem  Yicerector,  M.  Simon  Heneca,  (Bector  war  Jo- 
hann Empfinger)  inscribirt  worden. 


Friedrieh'8  IL  Tod.  477 

Lieblingswünsche ,  die  Reform  der  Universität  and  die 
Eröffiiung  des  Sapienz-GoUegiums,  erlebt  zu  haben.  Seit 
dem  Anfange  des  genannten  Jahres  war  er  dort  schwer 
erkrankt  gelegen.  Seine  Leiche  wurde  ijach  Heidelberg 
gebracht  und  in  der  Schlosscapelle  ausgestellt  Am 
30.  Februar  fand  die  feierliche  Beisetzung  in  der  Kirche 
zum  H.  Geiste  statt.  Von  der  Feier  selbst  waren  nach 
dem  Wunsche  seines  Nachfolgers,  Otto  Heinrich' s,  ka- 
tholische Ceremonien  so  viel  wie  möglich  entfernt  worden. 
Sie  beschränkte  sich  auf  Gesang  und  Predigt  ^^).  Mit 
Otto  Heinrich  (1556)  beginnt  der  evangelisch- 
protestantische  Zeitraum  der  Hochschule.  Diesen 
bis  zum  Regierungsantritt  des  Kurfürsten  Philipp  Wil- 
helm (1685)  umfasst  das  zweite,  den  vorherrschend 
katholischen  Zeitraum  von  da  bis  zur  Wiederherstel- 
lung der  Universität  durch  Karl  Friedrich  (1803)  das 
dritte  Buch.  Beide  Bücher  nebst  dem  die  Urkunden 
enthaltenden  Anhange  und  dem  alphabetischen  Personen- 
und  Sachregister  wird  der  zweite  Band  enthalten. 


195)  Ansführliche,  ans  Qaellen  geschöpfte  Mittheilangen  über 
den  Charakter  Fried  rieh's,  so  wie  fiber  dessen  letzte  Lebenszeit 
und  die  Leichenfeier^  siehe  bei  Haus s er  S.  622  ff.