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Full text of "Geschichte der Wiener Universität ..."

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GESCHICHTE 



DER 



WIENER UNIVERSITÄT. 



VON 



JOSEPH KITTER voh ASGHBAGH. 



ZWEITER BAND. 



DIE WIENER UNIVERSITÄT UND IHRE HUMANISTEN 
IM ZEITALTER KAISER MAXIMILIANS L 



WIEN, 1877. 
WILHELM BRÄUMÜLLER 

K. K. HOF- UND ÜNIVER81TATSBUCHHÄNDLEB. 

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DIE 



WIENER UNIVERSITÄT 



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UND 



IHRE HUMANISTEN 



IM ZEITALTER KAISER MAXIMILIANS L 



VON 



JOSEPH EITTEB von ASGHBAGH. 



HERAUSGEGEBEN VON DER K. K. UNIVERSITÄT IN WIEN. 



WIEN, 1877. 

WILHELM BRAUMÜLLER 

K. K. HOF- UND UNIVERSITItSBUCHHInDLBB. 



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VORWORT. 

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Die Geschichte der Wiener Universität und 
ihrer Humanisten im Zeitalter Kaiser Maximi- 
lians I. ist eine Portsetzung der vom Verfasser 
im Jahre 1865 veröffentlichten Schrift: ^jGeschichte 
der Wiener Universität im ersten Jahrhunderte 
ihres Bestehens" ; sie reiht sich daran als zweiter 
Band. Dieser ist auch als ein selbständiges, für 
sich abgeschlossenes Buch zu betrachten, welches 
hauptsächlich dem Humanismus an der Wiener 
Hochschule hinsichtlich seines Einflusses und seiner 
Leistungen gewidmet ist. Um Wiederholungen zu 
vermeiden, musste alles auf die Stiftung und 
Organisation der Universität Bezügliche als schon 
behandelt wegfallen, dagegen durfte der unter 
Kaiser Friedrich HI. in Abnahme gekommene 
Scholasticismus nicht unbesprochen bleiben. Erst 



560'*9(> 



VI 

nach dem einleitenden Abschnitte, der die Ueber- 
gangsstadien zum Humanismus behandelt, konnte 
zu dessen siegreichem Aufschwünge und seiner 
Blüthezeit, dem Hauptgegenstande des Buches, 
vorgeschritten werden. 

In unseren Tagen hat man sich mit einer 
gewissen Vorliebe in eifrigen Studien dem Jahr- 
hunderte des Wiederauflebens der classischen 
Wissenschaften und der Geschichte ihrer vor- 
züglichsten Träger sowohl in allgemeinen wie 
in Einzelschriften zugewendet, aber auffallender 
Weise sind die Humanisten der Wiener Hoch- 
schule, welche sich doch die wesentlichsten Ver- 
dienste in ihrem Fache erworben, kaum oder nur 
unvollständig gewürdigt worden. Diese Lücke in 
der Literatur auszufüllen und der Wiener Univer- 
sität die ihr gebührende ausgezeichnete Stellung 
nicht nur in den mathematischen Disciplinen, 
worin sie schon früher Vorzügliches geleistet 
hatte, sondern auch auf dem Gebiete der Pflege 
der classischen Wissenschaften zuzuweisen und zu 
sichern, war die im Buche zu lösende Haupt- 
aufgabe. Es musste dabei den hohen Verdiensten 
des Kaisers Maximilian, der wie kaum ein anderer 
Fürst ein wahrhafter Pfleger und Freund von 
Kunst und Wissenschaft war, Rechnung getragen 



VII 

werden. Von ihm ging ganz eigentlich der Im- 
puls aus zur Betreibung der classischen Studien 
und der Ausübung der schönen Künste, zur Auf- 
nahme der für das Leben und den Staat nöthigen 
Real- und Staatswissenschaften, im Gegensatz zu 
dem früher herrschenden Scholasticismus mit seiner 
ziemlich veralteten Lehrmethode, mit seinen meist 
unfruchtbaren Speculationen und häufig abge- 
schmackten Sophistereien. Mit vollem Rechte kann 
Maximilian als der Erwecker eines neuen geistigen 
Lebens an der Wiener Hochschule gepriesen wer- 
den: ihm vorzüglich verdankte man, dass diese 
im Laufe von wenigen Jahren sich zu einem An- 
sehen und Glänze erhob, wodurch sie unter den 
europäischen Hochschulen in Bezug auf den Ruf 
ihrer Lehrer und die Zahl ihrer Schüler eine der 
ersten Stellen einnahm. 

Auf die lebhafte Anregung des Herrn Rector 
Magnificus Hofrath Langer hat der akademische 
Senat der k. k. Wiener Universität in anerkennen- 
der Würdigung des Buches, welches der Geschichte 
der Glanzperiode der Hochschule und der Erhal- 
tung des Andenkens an ihre damaligen Koryphäen 
gewidmet ist, auf das Entgegenkommendste die 
Mittel zur Drucklegung des Werkes beschaffen 
und seine Herausgabe besorgen lassen. Für die 



VIII 



ehrenvolle Auszeichnung, die dem Verfasser zu 
Theil geworden ist, fühlt sich derselbe ver- 
pflichtet, seinen wärmsten Dank hiermit öffentlich 
auszusprechen. 

Wien, im Juli 1876. 



Der Y&dB&m. 



INHALT. 



Erstes Buch. 

Qesohiohte der Wiener Universität von der letzten Begiernngs- 
zeit Kaiser Friedrichs III. bis auf den Tod Maximilians I 

Seite 

Erster Abschnitt. Verfall der Wiener Universität in der 

letzten Regierungszeit des Kaisers Friedrich III 3—40 

Zweiter Abschnitt. Einführung des Humanismus und der 
damit verbundenen Reformen an der Wiener Universität 
im letzten Decennium des 15. Jahrhunderts 41 — 60 

Dritter Abschnitt. Die humanistischen Studien an der 

Wiener Universität unter der Leitung des Conrad Celtes . 61 — 82 

Vierter Abschnitt. Einwirkungen des Humanismus auf 
die verschiedenen Facultätsstudien in der letzten Zeit des 
Kaisers Maximilian 1 83 — 122 

Fünfter Abschnitt. Aeusserer Bestand der Wiener Uni- 

■ 

versität im Anfange des 16. Jahrhunderts 123—138 



Zweites Buch. 

Leben nnd Schriften der Wiener Humanisten im Zeitalter 

Kaiser Maximilians L 

Agricola (Rudolf Baumann aus Wasserburg) 141 -—146 

B albus (Hieronymus Balbi aus Venedig) 146 — 169 

Burgerius (Johann Burger aus Eggenburg in Niederösterreich) 170 — 171 

Camers (Johann Riccuzzi aus Camerino) 172 — 184 

Capinius (Martin Siebenburger aus Wien) 186 — 188 

Celtes (Conrad Pickel aus Wipfeld in Franken) 189—270 



Seite 

Collimitius (Georg Tannstetter aus Rain) 271—277 

Cospus (Angelo Cospi aus Bologna) 278 — 283 

jCuspinianus (Johann Spiesshaimer aus Schweinfurt) . . . 284—309 

Eubolius (Gabriel Gutrather aus Salzburg) 310 — 311 

Fabri (Udalrich Fabri aus Thornberg) 312—315 

Gerbelius (Nicolaus Gerbel aus Pforzheim) 316 — 318 

Gundelius (Philipp Gundel aus Passau) 319 — 326 

Hadelius (Janus Hadel aus Niedersachsen) 327 — 329 

Logus (Georg Logau aus Breslau) 330 — 334 

Marius (Johann Mayer aus Nördlingen) 335 — 336 

Misbeckius (Andreas Misbeck aus Mergentheim) .... 337 — 338 

Perlachius (Andreas Perlacher aus Witschin) 339 — 343 

Polymnius (Wilhelm Puelinger aus Wirting) 344 — 345 

Rithaimerus (Georg Rithaimer aus Mariazell) 346 — 347 

Rosinus (Stephan Rössel aus Augsburg) 348 — 350 

Salzerius (Ambrosius Salzer aus Oedenburg) 351 — 353 

Scipio (Bartholomäus Steher aui Wien) 354 — 356 

Spiegelius (Jacob Spiegel aus Schlettstadt) 357 — 362 

^Stabius (Johann Stab aus Steyer) 363 — 373 

Stiborius (Andreas Stöberl aus Nördlingen) 374 — 376 

Suntheimius (Ladislaus Suntheimer aus Ravensburg) . . . 377 — 381 

Ursinus (Caspar Vel aus Schweidnitz) 382 — 390 

Vadianus (Joachim Watt aus St. Gallen) 391—409 

Velocianus (Thomas Resch aus Krems) 410 — 414 

Wolfhardus (Adrian Wolfhard aus Siebenbürgen) . » . . 415 — 418 



Anhang. 



I. Die Mitglieder der gelehrten Donaugesellschaft - 
II. Das CoUegium Poetarum et Mathematicorum . . 

III. Testament des Conrad Celtes 

IV. Die Rectoren der Universität von 1466 bis 1520 . 
V. Die Decane der vier Facultäten von 1466 bis 1520 

VI. Die Procuratoren der Universitäts-Nationen von 1466 bis 1520 



421—438 
439—441 
442—446 
447—449 
450—455 
456—460 



Register 461-467 



BESTES BUCH. 



Geschichte der Wiener Universität 

von der letzten Regierungszeit K. Friedrichs III. 
bis auf den Tod Maximilians I. 



\ 






Erster Abschnitt. 

Verfall der Wiener Universität in der letzten ßegierungs- 

zeit des Kaisers Friedrich IIL 



Im ersten Jahrhundert ihres Bestehens war die Wiener 
Universität eine autonome gelehrte Körperschaft, deren Ein- 
richtung und Studiengang einen clericalen Charakter und 
ein kirchliches Gepräge hatten. Sie war ganz und gar von 
dem Scholasticismus beherrscht. 

Der Papst und die weltliche Regierung hatten mitein- 
ander gewetteifert, der Hochschule eine Menge Vergünsti- 
gungen, Privilegien und Vorrechte zuzuwenden. Unter dem 
Schutze beider Gewalten war das allgemeine Studium der 
vier Facultäten von Jahr zu Jahr gewachsen und gediehen 
bis gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts, wo ein Stillstand 
eintrat, der allmälig die Richtung zum Verfall nahm. 

Die Basler Kirchenversammlung hatte die Universität 
in eine fast feindliche Stellung zum Oberhaupt der Kirche 
gebracht: der Bruderkrieg zwischen Kaiser Friedrich und 
Herzog Albrecht von Oesterreich verwickelte die Professo- 
ren in die politischen Parteikämpfe. Dadurch wurden sie 
ihrem eigentlichen Berufe entfremdet und zuletzt in eine 

falsche Stellung zur Regierung versetzt. 

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4 Die Stellung der Universität zar Begterung K. Friedrichs III. 

Bald zeigte sich auch eine Rückwirkung dieser Ver- 
hältnisse auf die inneren Zustände des Universitätslebens, 
auf die Betreibung der Studien und die Beziehungen der 
Glieder der Hochschule zu einander wie auch zu dem städti- 
schen Regimente. Bei der allmäligen Lockerung der alten 
Einrichtungen, an deren Stelle nicht sogleich andere traten, 
musste ein zersetzender Uebergangsprocess folgen, der an- 
fänglich nachtheilig wirkte, später aber für die nöthigen 
Reformen empfanglich machte. 

Ziehen wir die Hauptmomente des' Verfalles der Uni- 
versität in der letzten Regierungszeit Kaiser Friedrichs HI. 
in. nähere Betrachtung, so lassen sie sich nach der stoff- 
lichen Zusammengehörigkeit in drei Gruppen sondern. 

Es ist zunächst die Stellung der Universität zur Re- 
gierung, sodann ihr Verhältniss zur Kirche und endlich ihr 
allmäliger Verfall in Bezug auf ihren äusserlichen Bestand 
und ihr wissenschaftliches Leben darzulegen. . 

Die Stellung der Universität zur Regierung. 

Kaiser Friedrich HI. konnte es nicht vergessen, dass 
bei dem Kampfe mit seinem Bruder Albrecht die Stadt 
Wien wie auch die Hochschule eifrig Partei für den letzte- 
ren genommen und Bürger wie Universitäts- Angehörige so- 
gar die kaiserliche Burg belagert und beschossen hatten. 
Wenn auch nach dem baldigen Ableben des siegreichen 
Erzherzogs (2. December 1463) die volle Herrschaft des 
Kaisers in der Stadt wiederhergestellt wurde, so grollte die- 
ser doch ferner denen, die er für verrätherische Unterthanen 
hatte halten müssen. Diese entschiedene Abneigung gegen 
Wien legte er auch dadurch an den Tag, dass er vermied, 
daselbst einen längeren Aufenthalt zu nehmen; die Univer- 
sität, die noch dazu beim Kaiser arg verleumdet worden, 
Hess er besonders seine Ungnade fühlen, indem er ihr 



Nachtliei liger Einflnss der Kriegszustände anf die Universität. 5 

die von der Regierung zugewiesenen Einkünfte einstellte 
oder nur unregelmässig zukommen Hess. 

Erst nach der Rückkehr von seiner zweiten Reise nach 
Rom besuchte er (4. December 1469) wiederum Wien, das 
er eine Reihe von Jahren hindurch nicht betreten hatte. 
Den Einzug hielt er am siebenten Jahrestag des unglück- 
lichen Ausganges des Bruderkrieges, in dem er genöthigt 
worden, die kaiserliche Burg zu verlassen. Stadt und Uni- 
versität boten Alles auf, dem rückkehrenden Fürsten einen 
feierlichen Empfang zu bereiten. Trotz des allgemeinen Ju- 
bels und der vielen Festlichkeiten, worin sie ihre Treue 
und Anhänglichkeit an den Tag legten, waren sie doch nicht 
im Stande, das früher Geschehene vergessen zu machen 
und die volle Gunst des Herrschers zu gewinnen. Der Kai- 
ser verweilte nur wenige Monate in Wien und besuchte es 
in den nächstfolgenden Jahren nur selten und auf kurze 
Zeit: er wählte, wenn er sich in seinen Erblanden aufhielt, 
gewöhnlich Neustadt, Linz oder Graz zu seiner Residenz. 

Indem in den beiden folgenden Decennien in Nieder- 
österreich, namentlich um Wien, fast ein beständiger Kriegs- 
zustand herrschte, litt nicht nur die Stadt, sondern auch 
die Universität unter diesen Verhältnissen ausserordentlich. 
Das Schlimmste für die Hochschule war, dass sie gezwun- 
gen wurde, als eine selbständige Corporation von gewichti- 
ger Autorität an allen politischen Ereignissen, welche das 
Land erschütterten, Theil zu nehmen, und daher ihrem 
eigentlichen Beruf, die Wissenschaften zu pflegen und zu 
fordern, nur wenig obliegen konnte. 

Bei dem Kriege, der zwischen dem böhmischen König 
Wladislaus und dem ungarischen König Matthias entbrannte, 
musste die Wiener Universität flir den erstem Partei neh- 
men, indem der Kaiser sich für ihn erklärte und der Hoch- 
schule befahl, an Wladislaus, als er Wien besuchte, eine 
Deputation zu schicken und ihn in einer Rede als verbün- 



6 Stellung der Universit&t zur Regierung K. Friedrichs III. 

deten Fürsten zu begrüssen, ^) Es konnte nicht unerwartet 
sein, dass Matthias, als er Niedere ster reich mit seinen 
rohen Kriegsschaaren verheerend überzog, 2) auch Wien 
nicht verschonte, das der Kaiser fast hilflos sich selbst 
überlassen hatte. Die Stadt wurde von den Ungarn über 
sechs Monate, bis gegen Ende des Jahres 1477, belagert. 
Die Frequenz der Universität war damals keine grosse. 
Studenten und Professoren vereinigten sich mit der Bürger- 
schaft und man leistete den Feinden mit Aufbietung aller 
Kraft und Ausdauer einen erfolgreichen Widerstand. Da- 
durch wurde der ungarische König bestimmt, die Vermitt- 
lung des Papstes anzunehmen und einen Frieden, der frei- 
lich eigentlich nur eine Waffenruhe war, einzugehen. (Dec. 
1477.) 3) 

Kaum begann die Universität nach den Kriegsunruhen 
bei den friedlicheren Zuständen sich etwas zu erholen, so 
wurde sie im Jahre 1481 durch ein neues Uebel heimge- 
sucht. Eine pestartige Epidemie, wie sie in Wien häufig 
herrschte, brach mit ungewöhnlicher Heftigkeit aus. Sie 
raffte eine grosse Anzahl Studirender dahin. Um der tödt- 
lichen Krankheit zu entgehen, verliessen viele die Stadt: 
die Hörsäle mussten geschlossen werden.'*) 



^) Eder Catal. Rect. ad a. 1476. Ladislaus rex Bohemiae Viennam 
Ingrediens excipitur ab academia oratione diserta, cui ipse et omate et 
benigne respondit, hoc sibi Studium esse longe gratissimum. 

2) Die Rhein. Nation. Matrik. ad a. 1477. Mathias Walachus Rex 
Hungariae in fructiferam terram Austriae nedum christianae religionis 
homines, sed eidem religioni inimicos pestiferos sc. Bohemos, Rascianos et 
quod lamentabilius est Judeos et Turcos induxerat, quorum auxilio et villae 
et castra et civitates captae sunt. 

3) Der Magister Johann Goldberger von Wien, damals Decan der 
artistischen Facultät, liefert einen ausführlichen Bericht über die Belage- 
rung in den Act. facult. art. ad a. 1477, welcher auch im Conspect. Hist. 
Univ. Vienn. II. p. 20 — 28, vollständig abgedruckt ist. 

*) Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1481. Morbus epidemiae oppidum 
Vienn. sua severitate invaserat atque studentes in magna copia ad lares 



Belagerung Wiens durch E. Matthias y. Ungarn. 7 

Noch war der Schrecken vor der Pest nicht ganz vor- 
über und die Studenten hatten sich allmälig, aber noch nicht 
in grosser Zahl^ ^) in Wien zur weiteren Betreibung der 
Studien wieder eingefunden, als der Krieg mit dem ungarischen 
König von Neuem ausbrach. Mit grosser Heeresmacht, wel- 
cher der Kaiser keine ansehnlichen Streitkräfte entgegen- 
stellen konnte, überzog Matthias Niederösterreich und er- 
stürmte einen festen Platz nach dem andern. Schon wüthete 
der Krieg im dritten Jahre und der Ungarnkönig rückte 
endlich im December 1484 zur eigentlichen Belagerung 
Wiens vor, nachdem er der Stadt immer mehr die Zufuhr 
von Lebensmitteln abgeschnitten hatte. Daher war sogleich 
beim Beginn der Ein Schliessung die Hungersnoth der Be- 
lagerten auf eine furchtbare Höhe gestiegen, obschon ein 
Theil der städtischen Bevölkerung noch zu rechter Z«it 
ausgewandert war. 

Studenten waren nur in geringer Anzahl zurückgeblie- 
ben. Von auswärts waren ohnehin bei den Kriegszeiten 
keine eingetroffen. Vorlesungen und akademische Acte wur- 
den ausgesetzt. 2) Alle Erwachsenen in der Stadt mussten 



patemos ab universitate expnlerat. Cf. Act. f$c. theol. ad ann. 1482, und 
Conspect. II. p. 36 Scholares — pestis fugarat. Mansit ex iis nuUus, nisi 
de proximo gradnm sperarent. Accessit ex novellis nemo. 

^) Rhein. Nat. Matrik. ad a. 1482. Quo (anno) pestis, bella, pluvia, 
victualium penuria Austriae terram opprimebant. — Suppositorum (i. e. 
scolarium) vix ducenta erant. 

2) Act. fac. theol. II. fol. 66 : Haec urbis calamitas, quam ex peste 
biennali et beUo ungaricali sufferebat, effecit, ut nemo hoc anno (1483) 
inventus esset, qui vel ad sententias vel ad cursus se admitti deposceret. 
In den anderen Facultäten war es ebenso. Die artistische Facultät setzte 
(1484) den actus Quodlibeticus aus. Act. facult. art. lib. III. fol. 314. In 
der Rhein. Nat. Matrikel ist bemerkt zum J. 1484: M. Georgius Päters- 
dorfer in sua procuracia (v. 13. Oct. 1484 — 14. April 1485) nuUum suppo- 
situm intitulayit, quia propter varios hujus patriae et inclytae terrae 
Austriae lites et guerras et durissimam hujus insignis civitatis Wiennensis 
obsidionem, quam Mathias rex Ungariae XXIII die mensis Januarii a. 148ö 
inchoaverat et secunda die mensis Junii anni eiusdem triumphando consumavit. 



8 l>ie Stellung der Universit&t zur Regierung K. Friedrichs Ilf. 

beständig bereit sein zur Vertheidiguiig : sie mussten auf 
den Wällen arbeiten und mit den Waffen in der Hand die 
feindlichen Angriffe abwehren. *) 

Es war einer Anzahl oberösterreichischer mit Getreide 
beladen er Schiffe gelungen, auf der Donau durch die feind- 
lichen Linien zu brechen und Wien einigermassen mit 
Lebensmitteln zu versehen. Doch half dieses nur für kurze 
Zeit der grössten Noth ab. Die Universität hatte schon 
früher aus ihren eigenen Mitteln dem Stadtrath 80 Gold- 
gulden als Beitrag zur Bestreitung allgemeiner Bedürfnisse 
gespendet. Die von ihr aufgekauften Vorräthe von Getreide 
zur Versorgung von Universitäts-Angehörigen überliess sie 
später grösstentheils zur Vertheilung an ärmere Bürger. 

Vom 23. Januar 1485 an betrieb der König Matthias 
die Belagerung mit vermehrten Streitkräften: die Stadt 
wurde immer enger eingeschlossen und von jeder Zufuhr 
abgeschnitten. Vom Kaiser war sie ohne Hilfe gelassen. 
Ohne Aussicht auf Entsatz ward ihre Lage jeden Tag ver- 
zweiflungsvoller. Zum Uebermass der unglücklichen Situa- 
tion kam noch, dass es dem ungarischen König gelang, unter 
den Bürgern Zwietracht und Parteiungen zu erregen. Be- 
reits waren die Feinde auf der östlichen Seite in der Nähe 
des Stubenthores der Stadt ganz nahe gerückt und trafen 
Anstalten zum Stürmen. 

Um den äussersten blutigen Kampf abzuwenden, der 
für die Stadt doch keinen glücklichen Ausgang versprach, 
drangen viele Bürger darauf, mit Matthias wegen der Ueber- 
gabe zu unterhandeln. Man meinte, die Vermittelung der 
Universität könnte von grossem Nutzen sein : der den Wissen- 
schaften so geneigte ungarische König, hoffte man, werde 



^) Wenn Hormayr, Wiens Denkwtird. I. 4, S. 38 angibt, dass die 
Studenten sich bei der Vertheidigung besonders ausgezeichnet hätten, so 
tibersieht er, dass diese nur in äusserst geringer Zahl in Wien sich be- 
fanden, wie die Universitätsacten angeben. 



Wiens Unterwerfang unter die angarisclic Tlerrschnft. 9 

den Bitten und Vorstellungen der Professoren ein geneig- 
teres Ohr schenken, als den Bürgern, und in seinem Un- 
willen und Zorn gegen die Stadt sich eher besänftigen lassen. 
Seitdem der Fiscal Doctor Keller, der das kaiserliche In- 
teresse in der Stadt zu wahren hatte, keinen Kath wusste 
und überliess, nach eigenem Ermessen zu handeln, schien 
der städtische Magistrat berechtigt zu sein, die Unterhand- 
lungen mit Matthias selbständig zu fuhren. 

Nach längeren Berathungen der Universität in allge- 
meinen Congregationen, ob und in welcher Weise sie an 
den Uebergabsverhandlungen Theil nehmen sollte, entschied 
man sich endlich — aber nicht ohne grossen Widerspruch 
— dahin, gemeinsam mit der Bürgerschaft in der Sache 
vorzugehen, jedoch nur unter der Bedingung, dass auch die 
in Wien befindlichen geistlichen Corporationen sich bethei- 
ligten. Es war offenbar, dass die Universität wohl erkannte, 
dass die Eröffnung von Unterhandlungen mit König Matthias 
wegen der Uebergabe der Stadt ihr leicht vom Kaiser als 
Verrath gebeutet werden konnte: sie wollte daher die Ver- 
antwortlichkeit für diesen Schritt nicht allein übernehmen. 
Der langsame Gang in der Entscheidung der Universität 
entsprach aber nicht dem Interesse des ungarischen Königs, 
auch war die Majorität der Wiener Bürgerschaft, welche er 
für sich gewonnen hatte, nicht damit einverstanden. Diese 
Partei wollte nichts von den vielen Vorbehalten und Spitz- 
findigkeiten der Universität, welche den Abschluss der Ca- 
pitulation nur verzögerten, wissen: sie drängte zu einer 
schleunigen Uebergabe, um, wie sie meinte, bessere Bedin- 
gungen von dem Könige zu erhalten. Ohne die Mitwirkung 
der Universität abzuwarten, sandte der städtische Magistrat 
Abgeordnete in's feindliche Lager und schloss am 21. Mai 
1485 mit dem König Matthias den Vertrag wegen der 
Uebergabe der Stadt ab. Schon wenige Tage später (am 



10 Die Stellung der üniyersität zur Begierans: K. Friedrichs IIT. 

1. Juni) ^) hielt derselbe an der Spitze von 8000 Reitern 
seinen Einzug in Wien. Die, welche den Unterhandlungen 
auch nicht beigestimmt hatten, konnten nunmehr nichts 
mehr machen, als sich der vollendeten Thatsache fügen. 
Wenn Matthias auch zugesagt hatte, den bestehenden Zu- 
stand der Stadt ungeändert zu lassen, so hatte im Grunde 
doch der Sieger eine Unterwerfung auf Gnade und Ungnade 
erlangt: an die Stelle der habsburgischen Regierung war 
bedingungslos die ungarische getreten. 

Den in Wien einziehenden König empfingen auf der 
steinernen Wienbrücke in der Nähe des Stubenthores der 
Bürgermeister und die Rathsherren mit den Schlüsseln der 
Stadt; ferner kamen ihm entgegen der Universitäts-Rector 
mit den Decanen und Nations-Procuratoren wie auch die 
Vorsteher der Kirchen und Klöster. So hatten Bürgerschaft, 
Hochschule und Geistlichkeit insgesammt sich unterworfen.^) 

Fünf Tage später hielt auch die ungarische Königin 
Beatrix, eine neapolitanische Prinzessin, die in den classi- 
schen Sprachen wohl unterrichtet war, ihren feierlichen Ein- 
zug in die Stadt. In der St. Stephanskirche richtete der 
theologische Professor Nicolaus Creuzenach eine lateinische 
Anrede an das Königspaar. Die Königin schenkte den ihr 
gewidmeten Begrüssungsworten volle Aufmerksamkeit und 
äusserte ihre freundliche Aufnahme der Ansprache in ihren 



^) Eder Cat. Rest. p. 40, setzt die Uebergabe auf den 2. JunL 
2) Die wenigen in Wien anwesenden Studenten legten keine Sympa- 
thien für den ungarischen König an den Tag. Auch berichtet die Rhein. 
Nat. Matrikel ad a. 1485, dass damals kein der rheinischen Nation Ange- 
höriger als Studirender immatriculirt w^orden sei: qua die (secunda die 
mensis Junii) victor rex intravit Viennam ; nuUum de novo inclytae nostrae 
nationis Rhenensis advenit suppositum. Beim J. 1490 wird bemerkt: Ob 
bella plurima in Austria atque Ungaria aliisque terris adjacentibus facta 
scholares atque baccalarii ab universitate abscesserunt. Ideo nemo intitula- 
tus venit. 



Haximilian zum röm. Kßnig gewählt. 11 

Mienen und Kopf bewegungen. i) Der König versprach in 
seiner lateinischen Erwiderungsrede der Universität, sie in 
ihren Rechten und Privilegien zu lassen und versicherte sie 
seiner huldvollen Gnade und seines Schutzes. 2) 

Kaiser Friedrich III. hatte nichts für den Entsatz der 
Stadt thun können. Es hatten ihm für eine energische 
Kriegführung alle Mittel gefehlt; auch selbst noch in den 
folgenden Jahren vermochte er keine ansehnlichen Streit- 
kräfte in Bewegung zu setzen und den Versuch zu machen, 
den ungarischen König wieder aus Wien zu verdrängen. 
Im Gegentheil, dieser machte in Niederösterreich noch wei- 
tere Eroberungen und Friedrich III. schien den Verlust 
seiner Hauptstadt in stoischem Gleichmuthe zu verschmer- 
zen. 3) Seine ganze Thätigkeit schien sich damals darauf 
concentrirt zu haben, seinem Sohne Maximilian die Nach- 
folge auf dem Kaiserthrone zu sichern. Das was vor ihm 
so mancher Kaiser vergeblich versucht hatte, während seiner 
Lebzeiten dem Sohne den römischen Königsthron zu ver- 
schaffen, brachte er in der Zeit der grössten Erniedrigung 



^) Die Act. Universitatis bemerken: Acta sunt haec in choro S. Ste- 
phani ecclesiae. — Arrexit diligentissimas aures domina regina saepe, 
cnin placita audierat, subridendo. 

2) Die Belagerang und Einnahme Wiens durch König Matthias ist 
in den Universitätsacten am genauesten berichtet, die im Conspect. bist, 
univ. Vienn. II. p. 35 ff. zum Theil abgedruckt und von X. Schier voU- 
ständiger in einem auf der Hof bibliothek zu Wien befindlichen Codex zu- 
sammengestellt sind (Nr. 7237. 3). Kink, Gesch. d. Wien. Univ. I. Anh. 
S. 103 — 108, hat dazu einige Ergänzungen geliefert. Von den gleichzeiti- 
gen Nachrichten sind noch zu erwähnen : Jacob. Unrest, Chronic. Austriae 
ed. Hahn in collect, monum. I. p. 704 fll. TichtePs Tagebuch, herausg. 
V. Karajan. Wien 1855, S. 16. Von den Neueren handelt darüber vorzüglich 
Hormayr, Wiens Denkw. I. 4. S. 32 ff. 

3) Friedrich soll den Verlust von Wien und ganz Niederösterreich 
für unwiederbringlich gehalten haben; man legt ihm die Aeussenmg in 
den Mund: Berum irrecuperabilium summa felicitas est oblivio. 



12 Die Stellung der Universität zur Regierung K. Friedrichs III. 

Oesterreichs zu Stande. ^) Die Kurfürsten ^) setzten ihre frü- 
heren Bedenklichkeiten vor einem übermächtigen Hause bei 
Seite und wählten Friedrichs Sohn Maximilian zu Frankfurt 
am 16. Februar 1486 zum römischen König : sie thaten aber 
nichts für des Kaisers Zurückführung nach Wien, indem 
sie ohne Aufbieten grosser Streitkräfte gegen Matthias dieses 
auch nicht hätten durchfuhren können. Dagegen waren sie 
zu dem Kriegszug in die Niederlande, welche Maximilian 
durch seine Heirat mit Maria von Burgund gewonnen hatte, 
eher bereit und es gelang ihnen, ihren König aus der Ge- 
fangenschaft der rebellischen Bürger von Brügge zu be- 
freien. 

Die Universität Wien befand sich während der fünf- 
jährigen ungarischen Herrschaft (von 1485—1490) keines- 
wegs in einer günstigen Lage. Sie war offenbar nur der 
Gewalt gewichen, indem sie sich dem König Matthias unter- 
warf. Dieser, sonst ein grosser Freund und Pfleger der 
Wissenschaften, der die Hochschule Ofen mit einer treff- 
lichen Bibliothek ausgestattet und dahin ausgezeichnete 
Lehrer berufen hatte, erwies sich in Wien vor allen Dingen 
als Eroberer und Staatsmann. Er begnügte sich nicht mit 
einem Scheine der Herrschaft. Wie die Bürgerschaft sich 
ganz und gar unter seine Gewalt begeben hatte, ohne Vor- 
behalt, solcher Art sollte auch die Unterwerfung der Hoch- 
schule sein: wenn dieses geschehen, so versprach er, nicht 



^) Ranke, Deutsche Gesch. I. S. 57: „Es kam ihnen hiebe! (den 
Kurfürsten bei der Grundlegung der neuen Verfassung) zu Statten, dass 
der Kaiser in eine so missliche Lage gerathen war. — Was seit Jahrhun- 
derten einem Kaiser, und zwar auch dem nur in der FüUe der Macht, 
nur in Folge sehr bedeutender Begünstigungen gelungen war, seinem Sohne 
die Nachfolge zu verschaffen, das erreichte Friedrich III. in dem Momente 
der tiefsten Erniedrigung und Machtlosigkeit". 

2) Ohne den böhmischen König, da die Kur Böhmen damals zwischen 
Wladislaus und Matthias streitig war: daher wurde keiner von beiden zur 
Wahl eingeladen. Vgl. Palacky, Böhm. Gesch. V. 1. S. 284. 



Die Universität versagt dem E. Matthias die Huldigung. 13 

nur alle ihre Rechte ^Freiheiten und Privileg^ien zu bestäti- 
gen, sondern auch sie mit neuen zu beschenken.*) Dafür 
verlangte er aber vorerst Huldigung und Eidesleistung. 
Beides verweigerte die Universität, die, auf den Charakter 
einer autonomen, clericalen Körperschaft gestützt, früher 
selbst ihrem angestammten Landesfürsten, dem Kaiser Fried- 
rich III., die Huldigung wie den Eid der Treue zu leisten 
versagt hatte; um so mehr musste sie Bedenken tragen, 
dem Acte einer förmlichen Unterwerfung unter die unga- 
rische Herrschaft sich zu fügen, indem dieselbe noch keines- 
wegs festgegründet war und eine Restauration der alten 
Regierung die Unterwerfung als Treulosigkeit und Rebellion 
bestrafen konnte. Offenbar war die Stellung der Universität 
dem alten Landesfürsten gegenüber eine andere als die der 
Bürgerschaft, die sich dem ungarischen Könige auf Gnade 
und Ungnade ergeben hatte, aber keine Gefahr lief, ihre 
Autonomie oder Reichsunmittelbarkeit zu verlieren, da sie 
diese schon längst eingebüsst hatte. 

Schon in den ersten Wochen nach seinem Einzug in 
Wien hatte Matthias von den besoldeten Professoren (lecto- 
res stipendiati) die Huldigung und den Eid der Treue ver- 
langt, welchem Ansinnen aber nicht entsprochen wurde, 2) 
da man sich auf den geistlichen Charakter der Universität 
berief, die keinem weltlichen Herrn unterthan sein dürfe. 
Daher sperrte der ungarische König ihr alle Einkünfte, 
welche sie bisher von der Regierung bezogen hatte und 
stellte überhaupt alle ihre Rechte und Freiheiten in Frage. 



1) Tichtel's Tagebuch, S. 33 flF. Kink a. a. O. I. Anh. S. 107. 

2) Acta facult. art. lib. III. fol. 318. 23. Juni 1485. Congreg. Uni- 
versit. Proponebat rector, quomodo veridica relatione didicisset, quod regia 
majestas vocatuva esset lectores stipendiatos ad crastinum sibi praestandum 
homagium et juramentum fidelitatis contra omnia privilegiä et libertatis 
universitatis, cum utique universitas spiritüalis sit et de jure communi 
nuUus spiritualinm seculari neque principi neque alteri obligari debeat. 



14 Die Stellung der UniTersitöt zur Regierung K. Friedrichs III. 

Bei der Noth, worin die Professoren durch diese Sper- 
rung ihres Einkommens geriethen^ hatte man den Muth, 
eine Botschaft an den Kaiser nach Linz zu schicken und 
ihn zu bitten, dass er die von der Ypser Mauth ihnen zu- 
gewiesene Dotation flüssig mache : welche Bitte der flüchtige 
Fürst mit der Hinweisung auf ihren Abfall natürlich ent- 
schieden abwies. ^) 

Da aber nicht nur aus den österreichischen Erbländern, 
sondern auch aus andern Gegenden (Ungarn etwa ausge- 
nommen) die Studenten ausblieben und damit die weiteren 
Quellen der Einnahmen den Professoren abgeschnitten waren, 
so stand ein gänzlicher Verfall und eine Auflösung der 
Universität in nächster Aussicht. Man erklärte, wenn keine 
Besserung einträte, so seien die Professoren genöthigt, Wien 
zu verlassen und als Lehrer an anderen Hochschulen auf- 
zutreten. Ungarns König wollte es nicht auf das Aeusserste 
ankommen lassen, auch nicht als Feind und Verfolger der 
Studien und ihrer Pfleger angesehen sein. Nachdem die 
Universität wiederholt fast drei Jahre hindurch die unga- 
rische Regierung um Unterstützung angegangen, Hess sich 
Matthias endlich herbei (1488), aus seiner Staatscasse Gel- 
der zui* Besoldung der Professoren und Bestreitung von 
Universitätsbedürfnissen anzuweisen, freilich nicht in aus- 
reichendem Masse zur vollen Befriedigung der Hochschule.'^) 



Tichtel's Tagebuch a. a. O. S. 35. Quo die Achatii (22. Juni 1486) 
congregatis omnibus universitatis lectoribus retulit magister ille, quem 
habuimus in Muta Yps, quod dominus dixerit Imperator nullum se nobis 
solvere de praeteritis stipendiis velle, si obviam regi (Matthiae) universitas 
dedisset in introitu hujus civitatis. 

2) Conspect. bist. univ. Vienn, II. 47: Universitati non parum, nee 
semel de obtinendis magistronim stipendiis cum rege luctandum fuit; 
quorum defectu et alias se adituros minabuntur scholas, nee universitatem 
subsistere posse videbant. Soluta sunt nonnulla a. 1488, ut acta theo- 
log^ca meminere, assignatione Budensi ex aerario facta. Tichtel, Tage- 
buch, S. 48. 7. Mai 1489: Regia majestas dedit lectoribus Stipendium, 
videl. quingentos florenos, ex quibus e^o habui viginti florenos ungaricales. 



Päpstliche Yermitfclung n. Tod des Königs Matthias. lö 

Zu dieser theilweisen Nachgiebigkeit gegen eine Körper- 
schaft^ die ihm noch immer die förmliche Huldigung versagte, 
mag den ungarischen König wohl hauptsächlich der Papst 
Innocenz VIII. bestimmt haben. Dieser arbeitete eifrig an 
einer Friedensvermittlung zwischen Matthias und Kaiser 
Friedrich, aber vor Allem nahm er sich der Universität an, 
welche als geistliche Corporation unter dem besonderen 
päpstlichen Schutze stand. Die einzigen Mittel ihres bis- 
herigen Bestehens unter der ungarischen Herrschaft waren 
die geistlichen Pfründen, womit sie der römische Stuhl aus- 
gestattet hatte. Seit dem Basler Concilium hatte die Univer- 
sität allerdings angefangen, den Versuch zu machen, sich 
vom päpstlichen Finfluss zu emancipiren und daher eine 
Reihe von Jahren unterlassen, nach Rom die Rotuli oder 
das Verzeichniss ihres Personalbestandes zur Bestätigung 
einzusenden. Bei den veränderten Verhältnissen aber hielt 
man für rathsam, zu dem fast abgekommenen Gebrauch 
zurückzukehren. Im Jahre 1488 schickte man die Rotuli 
wieder nach Rom zur Bestätigung der alten Privilegien und 
des Genusses der geistlichen Pfründen. 

Endlich kam durch päpstliche Vermittlung eine Waffen- 
ruhe zwischen dem Kaiser und Matthias zu Stande (1489). 
Ein päpstlicher Legat kam nach Wien, um die Verhand- 
lungen zu leiten, und die Universität setzte sich mit ihm 
in Verbindung. Der Waffenstillstand bestimmte, dass bis 
zum Ersätze der ansehnlichen ungarischen Kriegskosten der 
Besitz der österreichischen Eroberungen dem Könige Matthias 
verbleiben sollte. Der Rückfall an den Kaiser wurde erst 
nach dem Tode des Eroberers zugesichert. Die Friedens- 
artikel sollten bei einer zunächst stattfindenden persönlichen 
Zusammenkunft der Fürsten in Ofen näher festgestellt wer- 
den. Matthias aber verschob immer von Neuem wieder den 
Congress, da er nicht aufrichtig den Frieden wünschte. Mit 
despotischer Strenge und Willkür herrschte er unterdessen 



16 Die StelluDg der üniversit&t zur Begiernng K. Friedrichs III. 

in Wien und erpresste von reichen Bürgern und den Juden 
wiederholt grosse Geldsummen. 

Als der allgemein gefürchtete und gehasste König 
in Wien nach ganz kurzer Krankheit am 6. April 1490 
aus dem Leben schied, *) ohne dass über die Nachfolge 
desselben etwas Bestimmtes angeordnet war, erhob sich so- 
gleich die Wiener Bürgerschaft mit der Universität, das 
schwere ungarische Joch abzuschütteln. 

Die Universität lehnte ab, durch einen ihrer Magister 
dem verstorbenen König die Leichenrede halten zu lassen: 
man erklärte dazu nicht verpflichtet zu sein und berief sich 
bei dieser Weigerung auf das frühere Vorgehen beim Tode 
K. Albrechts II. Ungeachtet dieser Fürst der Universität 
so viele Begünstigungen ertheilt habe, sei ihm von Seiten 
der Universität keine Leichenrede gehalten worden. 

Es lässt sich nicht verkennen, dass Matthias nicht nur 
nichts für die Pflege und Förderung der Wissenschaften an 
der Wiener Universität gethan, sondern im Gregentheil dahin 
gewirkt hat, sie fast ganz zu Grunde zu richten. 2) Dieser 
feindselige Sinn bei dem sonst den Wissenschaftön so er- 
gebenen Fürsten ist daraus zu erklären, dass er absichtlich 
darauf ausging, den grossen Ruf der Wiener Hochschule 
auf die Ofener Universität zu übertragen. Diese wollte er 
in die Reihe der ersten Universitäten Europas erheben. 
Schon hatte er daselbst einen ungemein reichen Bücher- 

') X. Schier hat in einer besonderen Abhandlung de die mortis 
Matthiae Corvini (auf der Wiener Hof bibliothek Nr 7237, 10) die ver- 
schiedenen Nachrichten zusammengestellt. 

2) Maximilian im Berufungsschreiben an Celtes (7. März 1497) im 
Cod. epist. Celtic, fol. 87, spricht darüber in starker Weise: Non te latet, 
quibus procellis provinciam nostram Austriam et ejus metropolim Viennam 
quondam Matthias Hungariae rex agitaverit, unde universale 
studiam, quod in eadem civitate nostra tamquam primarium 
inter omnia totius Germaniae studia florebat, barbarie obru- 
tum, inopia doctorum virorum praesertim praeceptorum 
paene desolatum. 



Wiederherstellung der habsbnrgischen Herrscliaft in Wien. 17 

schätz von den seltensten Werken in einer grossen Biblio- 
thek gesammelt: er beschäftigte Hunderte von Abschreibern 
in mehreren Ländern, namentlich in Italien, zog in seine 
Umgebung eine Menge von Gelehrten und Künstlern, von 
Buchdruckern und Gewerbsleuten, um Wissenschaften und 
Cultur in seinen zum Theil noch barbarischen Ländern zu 
verbreiten. 

Nach dem Ableben des Matthias hatte der Befehlshaber 
der in Wien liegenden ungarischen Truppen, der Graf 
Stephan Zapolya, an die Bürgerschaft und Universität die 
Aufforderung erlassen, ungesäumt sich eidlich zu verpflich- 
ten, weder direct noch indirect, weder mit Worten noch 
mit Thaten gegen die Krone Ungarn irgend etwas zu unter- 
nehmen. Die Professoren der Hochschule wollten lieber 
Wien verlassen, als einen solchen Eid leisten. Jedoch An- 
gesichts der kritischen Lage der Stadt, wo die zahlreiche 
ungarische Besatzung jeden Augenblick das Leben der Ein- 
wohner gefilhrden konnte, hielt man es der Klugheit ange- 
messen, im Verein mit der Bürgerschaft zu handeln und 
so viel als möglich Zeit zu. gewinnen. Erst am 7. August 
1490 kam man zu dem einmüthigen Beschluss: da nach 
dem Tode des Königs Mathias mehrere Prätendenten auf 
dessen Länder als Nachfolger Ansprüche erhöben, so könne 
man sich vorerst nicht erklären, da man nicht wisse, ob 
der böhmische König Wladislaus, oder der polnische Prinz 
Albrecht, oder Johann Corvinus, natürlicher Sohn des Kö- 
nigs Matthias, rechtmässiger Nachfolger sei. Am meisten 
aber schienen die zwischen Kaiser Friedrich III. und König 
Matthias geschlossenen und vom Papst bestätigten Verträge 
für den Kaisersohn, den römischen König Maximilian, zu 
sprechen, dass ihm die Nachfolge und die Herrschaft in 
den zur ungarischen Krone gehörigen Ländern zugefallen. 

Von Seiten der Universität hielt man es nicht für über- 
flüssig, selbst bei dieser allgemeinen Erklärung zu Gunsten 

y. Asciibach, Oeschiclite der Wiener Univers. IL 2 



18 Die Stellang der Universität znr Beglcriin(|^ K. Friedrichs IIT. 

Maximilians; in vorsichtiger Weise noch beizufügen, dass 
man als clericale Corporation sich gegen alle Folgerungen 
verwahre, die etwa zu ihrem Nachtheil in Zukunft aus ihrer 
Unterwerfung gezogen werden könnten. 

Dieser Beschluss hatte nach zwei Seiten hin bedeutende 
Folgen. Die in Wien liegende ungarische Besatzung wagte 
keinen ernstlichen Kampf und zog aus der Stadt. Der 
römische König Maximilian, der sich in Linz bei dem Kaiser 
aufhielt und einige Streitkräfte um sich versammelt hatte, 
benützte unverweilt die günstige Stimmung für das Haus 
Habsburg in Wien. Schon am 19. August 1490 erschien er 
vor den Thoren der Stadt: unter dem Jubel der Bürger- 
schaft, der Universität und Clerisei geleitete man ihn zur 
St. Stephanskirche, wo ihn der Magister Nicolaus Creuze- 
nach, Professor der Theologie, als rechtmässigen Fürsten 
beglückwünschte und ihm zugleich die Bitten der Univer- 
sität um die Besserung der in Verfall gekommenen Ein- 
richtungen und der unglücklichen Lage der Magister vor- 
trug. ^) Die noch in der Burg zurückgelassene kleine unga- 
rische Besatzung von 124 Mann ergab sich Maximilian, als 
dieser zur Erstürmung Anstalten getroffen hatte. 

Obwohl die Bewegung offenbar nur zu Gunsten Maxi- 
milians stattgefunden hatte, so wollte dieser doch in Bezug 
auf Wien und Niederösterreich nur eine Wiederherstellung 
der Regierung seines kaiserlichen Vaters gemacht haben. 
Anders verhielt es sich mit den eigentlichen Ländern der 
ungarischen Krone, welche ihm in Folge der abgeschlossenen 
Verträge nach dem Tode des Matthias zufallen sollten. Als 
dem habsburgischen Hause Niederösterreich wieder gewon- 
nen war, drang Maximilian mit seinen gesammelten Streit- 
kräften nach Ungarn vor, um die Krone des heil. Stephan 
sich auf das Haupt zu setzen. Jedoch dieser Kriegszug hatte 



^) Conspect. II. 49 ff. Tichtel, Tagebuch, S. 39. 



Zuweisung der früheren Einkünfte an die Üniversit&t. 19 

nicht den gehofften Ausgang. Seine nicht ausreichenden Streite 
kräfte nöthigten ihn, vom Marsche nach Ofen abzustehen und 
sich mit dem böhmischen Könige Wladislaus, der von dem 
grösseren Theile der Magyaren als Herrscher anerkannt wurde, 
dahin zu vergleichen, dass Maximilian einstweilen auch den 
Titel König von Ungarn annahm und die Anwartschaft auf 
die ungarische Nachfolge nach dem Abgange des Wladislaus 
und seiner männlichen Descendenz zugesichert erhielt. 

Nachdem die grossen politischen Fragen einigermassen 
geregelt waren, konnte man auch an die Verbesserung der 
ziemlich zerrütteten Universitätszustände denken. Es war 
unumgänglich nothwendig, dass von Seiten der Regierung 
Anstalten getroffen wurden zur Restauration der Hochschule, 
wenn sie femer noch in ihrer früheren Bedeutung bestehen 
sollte. Die Universität sandte daher Abgeordnete nach Linz, 
wo damals der Kaiser sich aufhielt, um ihm die Bitte vor- 
zutragen, für die materiellen Bedürfnisse der Hochschule, 
namentlich die Besoldungen der Professoren, die nach dem 
Tode des Königs Matthias von ungarischer Seite ganz ein- 
gestellt waren, das Erforderlicl\e anzuweisen oder vielmehr 
die früheren Einkünfte wieder zuzuwenden. Die Abgeord- 
neten fanden den Kaiser in keiner guten Stimmung für die 
Universität, an deren Verhalten während der ungarischen 
Kriegszeit er gar Manches auszusetzen fand. ^) Es wurden 
von ihm nur im Allgemeinen einige Versprechungen für die 
Zukunft unter gewissen Voraussetzungen gegeben : in Wirk- 
lichkeit aber ward nichts gewährt. Erst im Anfang des 
folgenden Jahres 1491 gestalteten sich die Dinge günstiger. 
Man wollte die Universität nicht ganz in Verfall gerathen 
lassen : auch wirkte zu ihren Gunsten offenbar der römische 



*) Offenbar war die Universität auch bei dem Kaiser vielfach ver- 
länmdet worden. Der Wiener Bürgermeister Schönbrtickner soU Friedrich III. 
gesagt haben, dass die Universität QueUe aUer dem Kaiser in Wien zuge- 
fügten Unbill sei. Act. fac. theol. II. fol. 54. 

2* 



20 Die Stellung der Universität zar Red^iernng K. Friedrichs III. 

König Maximilian. Es war schon ein gutes Anzeichen, dass 
der Magister Bernhard Perger, Vorsteher der lateinischen 
St. Stephansschule und Lehrer in der artistischen Facultät, 
dem der Kaiser sein besonderes Vertrauen schenkte, und 
der für das Interesse^ der Universität zu wirken sehr eifrig 
bemüht war, zum Universitäts- Superintendenten ernannt 
wurde. In dieser Eigenschaft hatte er nicht nur den Ver- 
kehr zwischen der Regierung und der Hochschule zu be- 
sorgen, sondern auch die Verwendung und Ueberwachung 
der Universitätsstipendien (Besoldungen) und die Aufrecht- 
haltung der Privilegien gehörten vorzüglich in den Kreis 
seiner Obliegenheiten. Den wiederholten Vorstellungen des 
Superintendenten gelang es, den Kaiser endlich geneigter 
für die Universität zu stimmen. Derselbe versprach, das 
was geschehen zu vergessen und für ihr Gedeihen bedacht zu 
sein, wenn sie gelobe, in der Folge keinem anderen Fürsten 
als einem^ habsburgischen gehorsam und ergeben zu sein. ^) 
Nachdem mehrere Reformen in den Stüdieneinrichtungen 
angeordnet und noch weitere angedeutet worden, wurden die 
gesperrten Universitätseinkünfte von der Ypser Mauth im Be- 
trage von 800 Pfd. Pfennige wieder flüssig gemacht und von 
diesem Geld e Besoldungen der Professoren bezahlt, so dass der 
grössten Nothlage mancher Magister vorerst abgeholfen war. 
Kaiser Friedrich III. starb im 78. Lebensjahre nach 
einer fast 54jährigen Regierung am 19. August 1493 zu 
Linz, wo er zuletzt beständig residirt hatte. Sein Leichnam 
wurde wenige Tage später nach Wien gebracht und daselbst 



^) Nach den Universitätsacten lautete die Botschaft , welche der 
Superintendent vom Kaiser brachte: Persolvenda circa festa Pentecostes, 
ex telonio Ipsensi stipendia et se exasperatum nonnihil in Academicos 
Caesaris animum lenisse, omnemque sinistram de Universitate opinionem 
Caesari exemisse: ea tarnen adjecta conditione: Ne in futurum universitas 
Ulli alten Principi quam Austriacis adhaereret Cf. Consp. hist Univ. 
Vienn. II. p. 62. 



Tod des Kaisers Friedricli III. . 21 

in dem St. Stephansdome beigesetzt. Was man dem unga- 
Tischen Könige Matthias von Seiten der Universität versagt 
hatte, dem Fürsten eine feierliche Leichenrede zu halten, 
trug man kein Bedenken, dem habsburgischen Herrscher 
zu gewähren, dessen Andenken bei der Abhaltung seiner 
Exequien von einem Universitäts-Mitgliede gepriesen wurde. 
Friedrich III. hat während seiner langen Regierung in 
Wahrheit nichts für das Aufblühen und Gredeihen der Wie- 
ner Hochschule gethan, *) im Gegentheil in mancher Hin- 
sicht nicht wenig zu ihrem Verfalle beigetragen. Freilich 
waren auch die Zeitumstände die ungünstigsten ; namentlich 
die immerwährenden Kriegsunruhen und Kämpfe liessen 
keine ruhige Betreibung und Pflege der Wissenschaften zu. 
Das Einzige, was die Universität bei allen Stürmen, welche 
sie erschütterten, bewahrte, war ihre Autonomie als gelehrte 
Corporation der Regierung gegenüber. Da aber bei den 
nöthigen Reformen im Studiengang, welche die scholasti- 
schen Einrichtungen wesentlich modificiren mussten, ein 
tieferes Eingreifen der Regierung und ihre materielle Unter- 
stützung nicht entbehrt werden konnten, war die Corpora- 
tion sselb ständigkeit nicht mehr aufrecht zu erhalten. 

Die Universität in ihren kirchlichen Verhältnissen und 

Beziehungen. 

Die Wiener Universität hatte in den ersten Decennien 
des zweiten Jahrhunderts ihres Bestehens keine wesentliche 
Veränderung in ihrer clericalen Stellung erfahren : sie blieb 
eine geistliche Corporation, privilegirt vom Papst, und ihre 
Mitglieder zogen aus kirchlichen Pfründen und Stiftungen 
einen namhaften Theil ihrer Einkünfte. Die Hochschule 
hatte von Zeit zu Zeit ein vollständiges Verzeichniss ihrer 



') Conspect. bist. Univ. Vienn., p. 57, nennt ganz unrichtig Fried- 
rich III. Universitatis fautor perpetuus. 



22 Die Univ. in ihren kirchl. Beziehnngen znr Zeit E. Friedrichs III. 

docirenden Mitglieder mit Angabe ihrer Obliegenheiten und 
ihrer Bezüge aus den geistlichen Stiftungen und Pfründen 
— die sogenannten Rotuli — nach Rom einzusenden. Na- 
mentlich geschah dies beim Pontificatswechsel. Der neue 
Papst bestätigte dann das ihm vorgelegte und fügte zuweilen 
weitere Rechte und l^rivilegien hinzu. Die Rotuli-Einsen- 
dung, welche gewöhnlich von einem Magister persönlich 
beim römischen Stuhl überreicht wurde, unterblieb oft eine 
Reihe von Jahren, weil sie mit Kosten verbunden und nicht 
durchaus nothwendig war. Aber bei C«nflicten der Univer- 
sität mit der weltlichen Regierung, wo Gefahren und Nach- 
theile drohten, dann in Kriegszeiten, wo die clericale Stel- 
lung durch die Eingriffe des Staates Noth leiden konnte, 
versäumte man nicht, durch die Einsendung der Rotuli nach 
Rom zu manifestiren, dass man in dem Papst einen mäch- 
tigen Protector und Vertheidiger habe. Daher ist auch erklär- 
lich, warum die Universität nach langer Unterbrechung dieses 
Gebrauches, bei der Bedrängung durch König Matthias, die 
Rotuli an Papst Innocenz VIII. absandte und sich von 
ihm die Bestätigung ihrer Rechte, Freiheiten und Pfründen 
geben liess (1489). i) 

Der geistliche Charakter der Universitätsmitglieder trat 
bei vielen Verhältnissen und Gelegenheiten an den Tag. 
Sie verweigerte daher auch dem Landesherrn die förmliche 
Huldigung und Eidesleistung der Tpeue. Es konnten nur 
die von ihnen, welche unbeweibte Cleriker waren, die 
höchste Würde des Rectorats bekleiden. Es war dieses schon 
aus dem Grunde nothwendig, weil ein weltlicher Rector, 
der gemäss dem päpstlichen Privilegium die geistliche Juris- 
diction über alle Universitäts- Angehörigen, also auch über 
Geistliche, zu üben hatte, nach den canonischen Gesetzen 
dieses Amt nicht hätte führen können. 



^) Conspect. II. 46. 



Clerikaler Charakter der Uniyersität. 23 

Der theologischen Facultät war vom Papst das Recht 
und die Pflicht übertragen, die Echtheit und Reinheit des 
katholischen Glaubens zu überwachen, ihn eifrigst aufrecht 
zu erhalten und alle ketzerischen Lehrsätze, die sich an der 
Hochschule zeigten, zu bekämpfen und über die üniversi- 
tätsangehörigen selbst Censuren oder kirchliche Strafen zu 
verhängen. Natürlich stand die Berufung an den Papst den 
Verurtheilten noch offen. 

Als Papst Pius II. im J. 1466 einen Kreuzzug gegen 
die hussitischen Böhmen verkündigte und die Universität 
aufforderte, kräftig für die Sache zu wirken, fand sie sich 
bei der Gefahr, von dem benachbarten häretischen König 
mit Krieg überzogen zu werden, in nicht geringer Verlegen- 
heit. Sie . beschränkte ihre Theilnahme an der Sache end- 
lich auf eine massige Geldunterstützung, welche sie den 
Studenten gewährte, die sich unaufgefordert den Reihen der 
Kreuzzügler anschlössen. ^) 

Von der Ausübung der geistlichen Jurisdiction über 
Universitätsangehörige von Seiten der theologischen Facultät 
liegen aus der damaligen Zeit zwei merkwürdige Fälle vor. 

Der eine Fall betraf den Doctor der Medicin, Georg 
von Cilly, der auch Presbyter genannt wird, also ohne 
Zweifel ein Geistlicher war. Er stellte einige Lehrsätze auf, 
welche von der theologischen Facultät als laxe Moral be- 
zeichnet wurden, die zur Unsittlichkeit und zu Vergehungen 
fuhren könnten. Er wurde gezwungen zu widerrufen. 2) 

Das andere Beispiel ist viel wichtiger, theils weil der 
Angeklagte eine sehr bedeutende Stellung an der Univer- 



*) Nach den Univ. Acten im Consp, hist. Univ. Vienn. ad ann. 1465. 
II. p. 4. 

2) Kink, Gesch. der Univ. Wien. I. Anhang S. 24 ff. gibt den Ab- 
dnick der Verhandlungen : I. S. 237 aber verwechselt er den Dr. Med. u. 
Presbyter Georg von Cilly mit dem Briccius Prepost von Cilly, einem der 
angesehensten Magister der artistischen Facultät, 



24 D ie üniv. in ihren kirchl. Beziehungen zur Zeit K. Friedrichs ILI. 

sität inne hatte, theils weil der Gegenstand der Anklage 
einen besonders interessanten Fall betraf. Der Magister 
Johannes Kaltenmarkter, aus Salzburg gebürtig, war eines 
der angesehensten Mitglieder der theologischen Facultät, 
ein gründlicher Kenner des canonischen Rechtes, überhaupt 
ein Gelehrter der scholastischen Schulweisheit; zugleich 
hatte er für den Passauer Diöcesanbischof die Stelle eines 
Officials in Wien zu versehen. ^) Das Rectorat hatte er 
mehrere Male bekleidet. Dieser Professor hatte in seinen Vor- 
lesungen .einige freisinnige Lehrsätze aufgestellt: zu diesen 
gehörte auch die Proposition, dass ein allgemeines Conci- 
lium über dem Papst stehe und ein Papst nicht einen von 
einer allgemeinen Kirchenversammlung gefassten Beschluss 
aufheben könne. Schon im J. 1483, also mitten in den un- 
garischen Kriegswirren, hatte die theologische Facultät 
mehrere Sätze Kaltenmarkter's für häretisch erklärt, ihn 
vor ihr Gericht gezogen und zum Widerrufe verurtheilt; 
Kaltenmarkter fand es anfönglich für rathsam, sich zu unter- 
werfen. Aber schon wenige Jahre später, als die ungarische 
Herrschaft zu Ende gegangen war, wm'de er (1490) durch 
den Dominicaner-Mönch Ulrich Zehen ter, dem damaligen 
Decan der theologischen Facultät, von Neuem angeklagt,- 
ketzerische Lehren vorzutragen. Kaltenmarkter, der nun auf 
seinen Lehransichten beharrte, verweigerte den Widerruf 
und wandte sich an den damals gerade in Wien anwesen- 
den päpstlichen Legaten, der seine Rechtfertigung annahm. 
Dieses schreckte die. Facultät nicht ab, die Processsache 
gegen den Collegen weiter zu verfolgen. 2) Sie wurde an 

^) Die Rhein. Nat. Matrikel ad ann. 1470 mit der Randbemerkung: 
Mag. Joh. Kaltenmarkter de Saltzburga, Officialis Patavien. Curie Viernie, 
vir doctissimus et arcium et sacre theologie et juris pontificii professor. 
Vita defunctus in curia Patavien. divae virginis in litore (Passauerhof bei 
Maria Stiegen) anno 1507. 

2) Bei Kink, Gesch. der Univ. Wien, I., S. 235, und im Anh. S. 35 
sind aus archivalischen Quellen einige Stücke abgedruckt. 



Errichtung des Wiener Bisthoms. 2ö 

den päpstlichen Stuhl gebracht. Innocenz VIII. entschied 
gegen den Angeklagten. Er erliess am 30. Juni 1492 ein 
Schreiben an die Wiener theologische Facultät, worin er 
ihren Eifer für die Bewahrung der Glaubensreinheit belobt, 
mit grosser Befriedigung die Retractation Kaltenmarkter's 
meldet und sie zu veröffentlichen anordnet, dabei aber nicht 
unterlässt, der sonstigen vielfachen Verdienste des Gelehrten 
zu gedenken und sie als höchst schätzen swerth zu bezeich- 
nen. Kaltenmarkter, durch die geistliche Censur in seiner 
Facultät auf ein Jahr vom Lehramte suspendirt, dann von 
jedem Makel freigesprochen, blieb eine der geachtetsten und 
einflussreichsten Persönlichkeiten der Universität. Er ward 
in der Folge noch drei Mal zum Rector gewählt. ^) 

Da die Universität die geistliche Jurisdiction hatte und 
auch geistliche Censuren verhängen konnte, so war ihr Ver- 
hältniss zum Ordinarius oder Diöcesan, dem Bischof von 
Pas sau, ein . eigenthümliches. Der Bischof liess durch seinen 
in Wien domicilirenden Official bei Sachen, welche Univer- 
sitätsangehörige betrafen, interveniren, was man als unbe- 
fugte Eingriffe bezeichnete. 2) Aber auch die Universität 
erlaubte sich umgekehrt in kirchlichen Dingen Uebergriffe, 
die ausserhalb des Kreises ihrer geistlichen Jurisdiction 
lagen. Bei Streitigkeiten der Regierung mit dem Passauer 
Bischof oder bei sti'eitiger Bischofswahl wurde nicht selten 
die Universität zu Gutachten aufgefordert, die zu geben sie 
in der Regel weislich ablehnte, um nicht in Conflicte zu 
kommen. ^) Aber zu den Diöcesan-Synoden sandte sie regel- 
mässig ihre Abgeordneten. ^) 

Die Errichtung des Wiener Bisthums war ein lang- 
jähriger Lieblingswunsch des Kaisers Friedrich III. Bei 



^) Conspect. II. öo. 

2) Conspect. II. 17. 

3) Conspect. II. 17. 
*) Conspect. II. 12. 



26 I^ie Univ. in ihren kirchl. Beziehungen zur Zeit K. Friedrichs III. 

seiner zweiten Anwesenheit in Rom im J. 1468 wurde die 
Sache der Ausfuhrung näher gebracht. Es fanden mehrfache 
Unterhandlungen mit dem Passauer Bischof statt. Die Uni- 
versität wurde von dem Bischof angegangen^ dass sie sich 
beim Kaiser gegen die Errichtung eines Wiener Bisthums 
verwende ; ^) man wollte aber in der Sache keine entschie- 
denen Schritte thun. 

Dui'ch eine besondere Bulle (Rom, 18. Jan. 1469) 
wurde, nachdem die geistliche Jurisdiction des Passauer 
Diöcesanbischofs über Wien beseitigt worden, von Papst 
Paul II. die Propstei zu St. Stephan zur Kathedralkirche 
und zum Bischofssitze erhoben. 2) 

Dennoch dauerte es mehrere Jahre, .bis das neue Bis- 
thum in's Leben trat. Gegen dasselbe protestirte nicht nur 
der Bischof von Passau, sondern auch die Universität er- 
klärte sich dagegen. ^) Zwar erhob schon (16. Dec. 1471) 
Papst Sixtus IV. den Brixner Bischof Leo von Spauer, 
aus einer Tiroler alten Adelsfamilie, zum ersten Bischof 
von Wien, aber mancherlei verhinderte die förmliche Ein- 
setzung. Schon dass die vom Kaiser versprochene sofortige 
Dotirung des Bisthums nicht sogleich erfolgte, musste die 
Installation verzögern. ^) Ein scharfes kaiserliches Mandat, 
das an die Universität erlassen worden, hatte befohlen, den 
Widerspruch gegen den neuen Bischof aufzugeben und ihn 
als ihren Ordinarius anzuerkennen. Leo von Spauer erlebte 
nicht die feierliche Verkündigung der Errichtung des neuen 



') Conspect. 1. c. 

2) Hormayr, Wiens Denkw. I. 2. CXIX— CXXIII. Abdruck der Urk. 
aus dem k. k. Staatsarchive. Auch im Uni versitäts- Statutenbuch des Kanz- 
lers Paul V. Oberstein (in der k. k. Hofbiblioth. €od. 14.890) befindet sich 
die päpstliche Bulle. Fol. 152. 

3) Hormayr a. a. O. II. 2. S. 141. 

*) Die darauf bezüglichen Actenstücke wie auch die Bulle des 
P. Sixtus IV. sind zusammengestellt in Paul v. Oberstein's Statutenbuch, 
fol. 163 fll. 



Die ersten Wiener Bischöfe und der Universitäts-Kanzler. 27 

bischöflichen Sitzes und seine Einführung auf denselben: 
er starb, kaum vierarig Jahre alt, 1479. ^) 

Erst als Streitigkeiten über die Wiederbesetzung des 
erledigten Bisthums Pas sau ^) entstanden, wurden am 
17. September 1480 vor dem Hochaltar in St. Stephan in 
Wien von dem päpstlichen Nuntius Alexander, Bischof von 
Forli, die Bullen über die Errichtung des Wiener Bisthums 
öffentlich verkündigt. 3) Das Passauer Consistorium entfernte 
sich darauf aus der Stadt nach Heiligenstadt : aber der Aus- 
bruch der Pest, welche fast zwei Jahre hindurch in Wien 
Tausende dahinraffte, dann die Erneuerung des blutigen 
Krieges mit Ungarn brachte die Bisthumsangelegenheit nicht 
in Fluss. Erst im J. 1482 übernahm Bernhard von Rohr, 4) 
der auf sein Erzstift Salzburg zu Gunsten des flüchtigen 
Graner Erzbischofs Johann Beckenschläger verzichtet hatte, 
die Verwaltung des Bisthums Wien, worin er auch von 
Papst Innocenz VHI. bestätigt wurde. Als aber der unga- 
rische König Matthias zur Belagerung Wiens vorschritt, 
entfloh Bernhard aus der Stadt und kehrte in sein altes 
Erzstift Salzburg zurück, woselbst er schon 21. März 1487 
aus dem Leben schied. Ohne sich um den Widerspruch des 
Kaisers und des Papstes wie auch der Universität zu be- 
kümmern, erhob Matthias den Erlauer Bischof Urban 
Doczy an die Spitze des Wiener Bisthums, welches der- 
selbe während der Dauer der ungarischen Herrschaft in 
Wien innehatte (bis 1490). ^) Nur kui'ze Zeit verwaltete nach 



1) Conspect. II. 32. Hormayr, Wiens Denkw. II. 1. S. 140 f. 

2) Conspect. II. 30. 

3) Conspect II. 32 u. 38. 

*) Conspect. II. 39. 45. Eder, Catal. Rect. ad a. 1479, p. 38. Huic 
(Leoni a Spaur) succedit M. Bernhardus de Ror archiep. Salisburg., qui 
hie nunquam resedit. 

*) Conspect. II. 52. Eder, Catal. lUct. ad a. 1483, p. 40: Tertius 
Episcopus Viennen. Urbanus Episcopus Agnen. Mathiae regis Hungariae 
Quaestor. 



28 Die üniv. in ihren kirchl. Beziehiingen zur Zeit E. Friedrichs III. 

Matthias' Tod und Doczy's Flucht der Seckauer Bischof 
Matthias Schalt das Wiener Stift,') dann übertrug 
Maximilian dasselbe zur Verwaltung seinem Anhänger, dem 
Vesprimer Bischof Johann Vitez, den auch Papst Ale- 
xander VI. als Administrator des Bisthums Wien bestätigte 
(8. Febr. 1493). 2) Diese Wahl war für die Universität eine 
glückliche, indem Johann Vitez als eifriger Freund und 
Pfleger der Wissenschaften und der freisinnigen huma- 
nistischen Richtung sich erwies. 

Mit der Errichtung des neuen Bisthums tauchte auch 
der Streit über die Stellung des Kanzlers zur Universität 
wieder auf. Der Dompropst Alb recht von Schauenburg 
hatte sein Kanzleramt durch Professoren als Vicekanzler 
versehen lassen. Nach seinem Tode (1477) blieb einige Jahre 
hindurch die Stelle des Propstes unbesetzt und daher musste 
auch das Kanzleramt wieder durch Vicekanzler versehen 
werden. Als das Bisthum Wien errichtet wurde (1480), war 
der theologische Professor Thomas von Cilly Vicekanzler; 
dieser ward nun auch als Dompropst der erste bischöfliche 
Kanzler bis 1484. ^) Als Vicekanzler ernannte er den Ma- 
gister Andreas von Pottenbrunn, indem schon vorher der 
aus Wien flüchtige Bischof Bernhard von Rohr den theolo- 



') Locher, Specul. Univ. Vindob. p. 304. Eo (Matthia rege) e vivis 
sublato Matthias episc. Seccoviensis administrator eccles. Vienn. — — sed 
ad episcopatum neque praesentato neque confirmato is honor non habetur. 
Eder 1. c. Matthias quidaiu Episcopus Secovien. adrainistratorem se hnjus 
ecclesiae appellari voluit, sed cum neque praesentatus fuerit neque confir- 
matus, inter Episcopos Vienn. non numeratur. 

2) Hormayr II. 1. p. 141 fll. gibt darüber das Nähere. 

3) Die Urkunde K. Friedrichs III. vom 5. Jan. 1482 bei Kink, 
Gesch. d. Univ. Wien. II. Nr. 39. S. 300 die Urkimde, dass der Dom- 
propst von St. Stephan nach wie vor die Würde eines Kanzlers der Uni- 
versität bekleiden sollte. Die literae Caesareae (Conspect. II. 39), quod 
Universitas D. Praepositum, Mag. Thomam de Cilia pro Caneellario et 
sequentes Praepositos eccles. Cathedralis Vienn. et mülum alium deberet 
recognoscere. 



Canonisation des Markgr. Leopold lY. v. Oesterreich. 29 

gischen Professor Johann Kaltenmarkter dazu erhoben 
hatte. 1) Der Kaiser bestimmte, dass der jedesmalige Dom- 
propst oder Kanzler allein seinen Vicekanzler zu ernennen 
habe. 

Gleichzeitig mit der Errichtung des Wiener Bisthums 
betrieb Kaiser Friedrich III. die Canonisation eines öster- 
reichischen Fürsten für das neue Stift. Es empfahl sich 
dazu vor allen anderen Persönlichkeiten der Babenberger 
Markgraf Leopold IV. von Oesterreich (f 15. Nov. 1136), 
der wegen seines frommen Lebenswandels und seiner zahl- 
reichen kirchlichen, klösterlichen und wohlthätigen Stiftun- 
gen im besten Andenken stand und schon hundert Jahre 
früher auf Betreiben des Herzogs Rudolph IV. hatte heilig 
gesprochen werden sollen. Friedrich III. nahm die Sache 
wieder auf und betrieb sie eifrigst bei seiner zweiten An- 
wesenheit in Rom : es sollte dabei auch die Mitwirkung der 
Universität nicht fehlen. W^ährend des Canonisationspro- 
cesses richtete sie (23. März 1470)^ ein Schreiben an Papst 
Paul II., worin sie ihr Votum für die Heiligsprechung ab- 
gab. 2) Dessenungeachtet zog sich dieselbe eine Reihe von 
Jahren hinaus: erst von P. Innocenz VIII., der sich für 
Friedrich III. in mehrfacher Hinsicht wohlgesinnt und will- 
fährig bewies, wurde endlich die Bulle der Heiligsprechung 
(6. Jan. 1485) erlassen, und zwar in der Kriegszeit, nach- 
dem der König Matthias Wien bereits eng eingeschlossen 
hatte. Als er die Stadt erobert hatte, setzte er natürlich 
der päpstlichen Canonisations - Bulle keinen Widerspruch 
entgegen: er Hess sogar den Jahrestag des neuen Patrons 
für Niederösterreich am 15. November 1486 festlich be- 
gehen, 3) aber erst nach der Restauration der habsburgischen 



Conspect. II. 38 fl. Hormayr II. 1. p. 140, u. I. 4. p. 25. 

2) Das Schreiben ist abgedruckt im Conspect. bist. Univ. Vienn. II. 
pag. 11. 

3) Steyerer, Albrecht II. 8. 483. 



30 Personalbestand der Univ. u. ihre Wissenschaft!. Leistnng^en anter E. Friedr. III. 

Herrschaft in Niederösterreich ward der Tag des Landes- 
patrons Leopold des Heiligen am 15. November 1492 von 
der Universität mit einer kirchlichen Feier und einer Lob- 
preisung festlich begangen und bestimmt, dass auch in der 
Folge der 15. November für die Universität ein mit Kirchen- 
feier zu begehender Ferialtag sein sollte, i) 

Die Universität in Bezug auf ihren Personalbestand und 

ihre wissenschaftlichen Leistungen. 

Die Universitäts-Organisation erfuhr in der letzten Re- 
gierungszeit K. Friedrichs HL äusserst wenige Verände- 
rungen: die alten Einrichtungen, wie sie im ersten Jahr- 
hundert des Bestehens der Hochschule getroffen waren, 
wurden mit geringen Ausnahmen beibehalten. 

Die Wahl des Rectors wurde alljährlich zweimal (im 
Februar und October) von den vier Procuratoren der 

4 

Nationen (der österreichischen, rheinischen, ungarischen 
und sächsischen) vorgenommen und dabei ein Turnus unter 
den vier Facultäten beobachtet. Es geschah öfter, dass das 
höchste akademische Amt, welches mit vielen Pflichten, 
Geschäften und Leistungen verbunden war, aber nur ein 
geringes Einkommen abwarf und daher mehr als eine Last, 
denn als eine zu erstrebende Ehrenstelle angesehen wurde, 
von dem Gewählten abgelehnt ward, obschon auf eine nicht 
gehörig begründete Ablehnung eine Geldstrafe und die Ent- 
ziehung gewisser akademischer Rechte gesetzt war. Die 
Wahl wurde von Jahr zu Jahr schwieriger. Die Universitäts- 
Mitglieder wurden im Allgemeinen als Cleriker betrachtet; 
doch wenn sie nicht wirklich geweihte Priester, wie die 
Theologen und ein Theil der Artisten und Decretisten 
waren, so konnten sie sich verheiraten. Die Mediciner 



^) Conspect. hiat. UniT. Vienn. II. 46. 66. 



Rectors- und Decans-Wahlen. 31 

verehelichten sich meistens. Da aber die Theologen und 
Decretisten häufig religiösen Orden angehörten, so war 
durch diese Verhältnisse die Wahl sehr beschränkt : denn der 
Rector durfte weder beweibt sein oder verehelicht gewesen, 
noch dem Mönchsstande angehören. In der Regel sollten 
auch nur solche, die den Doctor- oder Magistergrad hatten, 
gewählt werden. Man nahm es aber oft nicht allzustreng: 
wenn der Gewählte nur artistischer Magister war, so konnte 
er, wenn er auch nur Licentiat oder Baccalaureus einer der 
drei oberen Facultäten war, beim Turnus der Rectorswahl 
von diesen berücksichtigt werden. Die Wahl eines Scholaren 
zum Rector konnte nur statthaben, wenn er eine fürstliche 
Person war. 

Als besonders merkwürdige Beispiele von in unserem 
Zeiträume vorgekommenen abgelehnten Rectorswablen sind 
einige zu erwähnen. 

Der Doctor der Medicin Pancratius Creuzer von 
Traismauer wurde 1470 ordnungsmässig zum Rector ge- 
wählt. Er lehnte die Wahl ab aus drei Gründen: wegen 
Unerfahrenheit in den Geschäften, aus Mangel an Zeit bei 
seiner besoldeten Professur und seiner starken Praxis, und 
endlich weil er nicht unbeweibt sei. Man wollte die ange- 
führten Gründe nicht als stichhältige gelten lassen, fand 
sich aber endlich doch bemüssigt, die Ablehnung anzu- 
nehmen. ^) 

Paul Leubmann aus Melk, Professor der Theologie, 
zum vierten Mal zum Rector (1471) gewählt, lehnte ab, weil 
er schon zum öfteren Male das Amt bekleidet hatte. Der 
Grund der Ablehnung ward nicht als giltig angenommen. 
Nur um der angedrohten Geldstrafe zu entgehen, fügte er 
sich endlich und unterzog sich dem Amte. Dagegen erlangte 
im folgenden Jahre der Doctor des canonischen Rechts, 



^) Nach den UniyerBitätsacten Conspect bist Univ. Vindob. II. 12. 



32 Personalbestand der Univ. u. ihre wissenschaftl. Leistungen unter K. Friedr. III. 

Jacob Hausmann^ der wegen Kränklichkeit und Geschäfts- 
überbürdung die Rectorswürde ablehnte, mit Mühe die Frei- 
sprechung davon. 

Als aber im J. 1474 nacheinander der Rechtslicentiat 
Michael Lochmaie r und der theologische Professor Mar- 
tin Heinzel die Wahl nicht annehmen wollten, schritt die 
Universität zu strengeren Massregeln, um zur Annahme des 
Amtes zu nöthigen. Die Geldstrafe ward erhöht und dazu 
noch Ausschliessung vom Decanat und anderen akademi- 
schen Aemtern, ja selbst Entfernung aus dem Universitäts- 
Verband, wie auch Entziehung von Einkünften, Pfründen, 
Privilegien angedroht. Die Strenge verfehlte nicht ihre 
Wirkung. Ablehnungen kommen nun selten vor. Desto öfter 
fanden wiederholte Wahlen von Personen statt, welche die 
Geschäfte bereitwillig und gut geführt hatten : so bekleidete 
der theologische Professor Johann Kaltenmarkter sechs 
Mal das Rectorat. ^) 

Die einzelnen Facultäten, welche ihre Decane, die, 
wie früher dieses auch geschah, halbjährig wechselten, aus 
ihren Magistern oder Doctoren, ja selbst Licentiaten (aber 
nicht aus den Baccalauren) 2) nahmen, sahen strenge darauf, 
dass ihre Statuten und Einrichtungen genau beobachtet 
wurden. Die Decane hatten dahingehende Instructionen und 
es war ihnen vorgeschrieben, die in ihrer Aufbewahrung 
gewesenen Statutenbücher, Urkunden, Acten, Siegel ihrem 
Amtsnachfolger vollständig zu überliefern. ^) 

Rangstreitigkeiten zwischen den Facultäten und 
Nationen, ihren Vorstehern und den graduirten Personen, 



^) Conspectus p. 16 u. 19. 

2) Nur Ausnahme bei den Theologen. 

3) Conspect 1. c. p. 14 nach den Univ. Acten: Facultatum decani 
instituantur et confirmentur per praesentationem libri statutorum, sigilli, 
ladulae et aliorum, quae more solito per et apud decanos facultatis debent 
conservari. 



Rangstreitigkeiten. 33 

die früher häufig vorkamen, werden später seltener erwähnt. 
Wie bei den Facultäten die theologische den ersten, die 
juridische den zweiten, die medicinische den dritten und die 
artistische den letzten Rang hatte, so reihten sich die vier 
Nationen in die österreichische, rheinische, ungarische und 
sächsische, wonach auch die vier Procuratoren, ihre halb- 
jährigen Vorsteher, ihre Rangstufen hatten. 

Eine besondere Rangstreitigkeit kam bei der Rectors- 
wahl im Jahre 1471 vor. Der Procurator der sächsischen 
Nation, der Canonist Augustinus von Elbing, der unter 
seinen Collegen nach der Rangordnung die letzte Stelle 
haben sollte, drängte sich vor an die erste. Die anderen 
Procuratoren protestirten gegen diese Anmassung und be- 
haupteten, Augustinus sei überhaupt gar nicht rechtmässig 
gewählter Procurator, indem er wegen Unregelmässigkeiten 
in seinem Rectorat (1470) von der Führung aller Uni- 
versitätsämter ausgeschlossen worden. *) Dagegen erhob der 
sächsische Procurator einen grossen Widerspruch und Lärm, 
ohne etwas durchzusetzen. Im Gegentheil, er wurde genö- 
thigt, als Procurator zurückzutreten. Um aber die sächsische 
Nation zufrieden zu stellen, wurde ihr neu gewählter Pro- 
curator, Prinz Georg von Anhalt, der noch unter den 
Scholaren sich befand, aus Rücksicht auf seinen fürstlichen 
Stand an die Spitze der Procuratoren gestellt, jedoch nur 
ausnahmsweise und mit der ausdrücklichen Verwahrung, 
dass dieser Vorgang nicht massgebend für die Folge in Be- 
zug auf die Rangordnung der Nationen sein dürfe. 2) 

Was den Personal stand der Universität in der da- 
maligen Zeit betriflft, so war derselbe bei den fast bestän- 
digen Kriegszeiten und den wiederholten Ausbrüchen epi- 
demischer Krankheiten grossen Veränderungen unterworfen. 



*) Cf. Conspect 1. c. p. 14. 
2) Cf. Conspect. 1. c. p. 15. 
y. Aschbach, Oeschiohte der Wiener Univers. II. 



34 Per8onalbe8tand[der Univ. u. ihre wisnenBchaftl. Leistungen unter K. Friedr. f II. 

doch bezüglich der Lehrenden weniger als der Scholaren. ^) 
Die Frequenz war eine ziemlich schwankende: in den frü- 
heren Jahren eine grosse, später aber eine sehr geringe. 
Indem in der artistischen Facultät in den Jahren zwischen 
1470 und 1480 die Zahl der Magistri legentes durchschnitt- 
lich an 80 betrug, 1476 sie selbst auf 105 stieg, sank sie 
im Kriegsjahr 1485 auf 27 und erhob sich während der 
ungarischen Herrschaft nicht viel höher. 2) In den anderen 
Facultäten war die Zahl der activen Professoren ohnehin 
immer eine bedeutend geringere : ihre Gesammtzahl erreichte 
nicht die der Artisten. 

Wenn die Zahl der Wiener Studenten noch um die 
Mitte des 15. Jahrhunderts nach Tausenden zählte, so 
war es anders in den ungarischen Kriegsjahren und in der 
Zeit der Pest, wo nur wenige Hunderte in Wien zurück- 
geblieben waren. Es ist auffallend, dass in dieser Zeit (um 
1484) freie Stellen oder Stipendien in Bursen gestiftet wur- 
den, indem gerade in den Jahren, wo die Universität fast 
verödet und unbesucht war, kein Bedürfniss zu solchen 
Stiftungen sich zeigte. In Bursen und Coderien, wo sonst 
60 bis 70 Scholaren waren, befanden sich damals kaum 10. 
Auch dass gerade damals in der zweiten Hälfte des 15. Jahr- 
hunderts mehrere neue Hochschulen im deutschen Reiche 
gestiftet wurden, wirkte nachtheilig auf die Wiener Fre- 
quenz. Zu den sieben früher bestandenen deutschen Univer- 
sitäten 3) kamen weitere sieben: Trier 1455, Greifswalde 
1456, Freiburg im Breisgau 1457, Basel 1460, Ingolstadt 
1472, Mainz und Tübingen 1477. Manche von diesen neuen 



^) Conspect. II. 37. Accessit ex noveUis nemo sicque desolata in 
snppositis elanguit universitas , in doctoribus tarnen et magistris satis 
copiosa. 

2) Vgl. Kink I. S. 175. 

3) Prag, Wien, Heidelberg, Köln, Erfurt, Leipzig, Rostock. Die im 
J. 1402 gegründete Hochschule Würzburg war damals wieder eingegan- 
gen, sie kann daher hier nicht zu den alten Universitäten gezählt werden. 



Conflicte mit dem städtischen Regiment. 35 

Universitäten hatten sich die Einrichtungen der Wiener zum 
Muster genommen. ^) 

In den Jahren vor dem ungarischen Kriege, wo die 
Frequenz der Universität noch eine sehr starke gewesen, 
fehlte es nicht an mancherlei Excessen der Studenten und 
an blutigen Streitigkeiten, welche dieselben mit den Hand- 
werkern und Bürgern hatten, wodurch der Rector wegen 
streitiger Gerichtsbarkeit in mehrfache Conflicte mit dem 
städtischen Regiment gerieth. 

Mancherlei Umstände und Gewohnheiten gaben zu den 
nicht selten vorkommenden blutigen Auftritten zwischen 
den Scholaren und Bürgern Veranlassung. Zur Zeit der 
Weinlese in den Wiener Vororten, wo auf beiden Seiten 
ausgelassene Fröhlichkeit herrschte, kam' es gewöhnlich zu 
blutigen Raufereien und Kämpfen der Studenten mit den 
Winzern. 2) Da den ersteren verboten war, Waflfen zu tragen, 
sie aber durch Abzeichen an ihrer Kleidung ihren Stand 
kenntlich zu machen hatten, so waren sie umsomehr den 
Insulten und Neckereien ihrer Gegner ausgesetzt, welche 
freilich auch wieder von den übermüthigen und nicht selten 
berauschten Scholaren gereizt und angegriflfen wurden. Erst 
wenn auf beiden Seiten Blut geflossen, ja oft schwere Ver- 
wundungen und Todtschläge stattgefunden, schritten zur 
Unterdrückung der weiteren Kämpfe die städtischen be- 
waffneten Wächter ein, und ergriffen ohne Rücksicht auf 
die Privilegien und die Exemtion der Hochschule von 
den bürgerlichen gewöhnlichen Gerichten die Scholaren. 



1) Eder, Catal. Rect. p. 85 ad a. 1467: Academia Fribnrgen. Bris- 
govii per oratorem suuiu M. Conrad, de Scharndorf petit ab Archigymnasio 
Viennen. copias privilegiorum , statatorum et ordinationum tarn coUegii 
qnam bursarum et contubernionim paupemm, theologum item, canonistam 
et duos coUegas philosophos, qnoram opera et ductu suas instituerent leges. 

2) Vgl. Conspect. II. 18, wo nach den Univ. Acten eine derartige 
Rauferei im Herbst 1472 beschrieben ist. 

3* 



36 Personalbestand der Univ. u. ihre wissenschaftl . Leistungen anier K. Friedr. III. 

Dieselben wurden in das Stadtgefängniss geworfen, dann 
vor den Stadtrichter gebracht, um von ihm verurtheilt zu 
werden. 

Nunmehr kam aber die Universität mit dem städtischen 
Regiment in Conflict, das in peinlichen Dingen, wo Univer- 
sitäts-Angehörige an Bürgern und deren Leuten sich ver- 
gangen hatten, die Gerichtsbarkeit in Anspruch nahm. Zu- 
letzt entschieden nur kaiserliche Mandate, und zwar zu 
Gunsten der Universität. 

Ein solcher Fall war schon im J. 1471 vorgekommen. 
Ein Baccalaureus, der eines Mordes beschuldigt worden, 
wurde vom Stadtrichter trotz des Einspruchs des Rectors 
eingekerkert und verurtheilt. Die Universität protestirte 
gegen das Urtheil und berief sich auf ihre vom . Landes- 
fürsten und Kaiser erhaltenen Privilegien, wonach sie ihre 
Angehörigen nur selbst zu richten hatte. Der Kaiser erliess 
zu Gunsten der Universität ein scharfes Mandat, wodurch 
der Stadtrichter genöthigt war, den Inhaftirten frei zu geben 
und von weiteren Schritten gegen denselben abzustehen: 
jedoch geschah es nicht ohne die Erklärung des städtischen 
Gerichts, dass man hier nur der Gewalt weiche und sich 
nur gezwungen dem kaiserlichen Willen füge. ^) 

Was das wissenschaftliche Leben und die Leistun- 
gen der Wiener Universitäts-Professoren in jener Zeit be- 
trifft, so lässt sich davon nicht viel Rühmliches sagen. Unter 
dem Drucke ungünstiger Verhältnisse und der Einwirkung 
des in Verfall gekommenen Scholasticismus konnten die 
Wissenschaften nicht blühen und gedeihen. Dass die weni- 
gen aufstrebenden Geister sich nicht frei bewegen konnten, 
zeigen schon die stürmischen Universitäts-Congregationen, 



^) Conspect. II. 15: Der Schluss lautet: Quod ipsa (das städtische 
Gericht) dictum homicidam hac vice seriosis mandatis Caesareae 
Majestatis coacta absolrat a carcere. 



Wisgenschaftliche Leistungen. 37 

welche die kleine Fortschrittspartei nicht zu Rede kommen 
Hessen oder sie zwangen, ihre freimüthigen Aeusserungen 
zu widerrufen. ^) 

Unter den Wiener Magistern der damaligen Zeit kommt 
in keinem Fache irgend eine besondere Celebrität vor. 
Weder hatte die theologische Facultät einen Namen wie 
Heinrich Langenstein von Hessen oder Thomas Ebendorfer 
von Haselbach aufzuweisen, noch zählte die artistische Fa- 
cultät eine Berühmtheit der Art, wie Georg Peuerbach oder 
Johann Kegiomontanus gewesen. Die damaligen angesehen- 
sten Magister an der Universität waren: Nicolaus von 
Grenze nach, Michael Lochmayr von Haideck, 
Johann Kaltenmarkter aus Salzburg. Sie waren 
nach und nach Mitglieder von drei Facultäten, ihre wissen- 
schaftlichen Leistungen aber sind von keiner Bedeutung. 2) 
So verhielt es sich auch mit dem namhaftesten damaligen 
medicinischen Doctor Paul Urschenbeck aus Seckendorf 
(f 1487), obschon er zu den Koryphäen seiner Wissenschaft 
in Wien in jener Zeit gezählt wurde. ^) 

Besondere Verdienste um die Bereicherung der Uni- 
versitäts-Bibliothek erwarben sich die Professoren da- 
durch, dass sie fast regelmässig testamentisch ihre Bücher- 
sammlungen nebst Geldlegaten der Universität vermachten. 
Dadurch ward es nöthig, die Bibliotheks-Localitäten durch 
einen Anbau zu erweitern (1482). Der Magister Jacob Yban 
von Tyrnau hatte zu diesem Zwecke nicht nur hundert 
Goldgulden gespendet, sondern auch in seinem Eifer zur 



') Dieses begegnete im J. 1482 dem Führer der Partei, dem Magister 
Briccius Preprost von Cilly. Act. fac. art. III. fol. 301. Kink I. S. 181. 

2) Michael Lochmayr schrieb Sermones de Sanctis, ein Parochiale 
curatorum und gab mit Berichtigungen die Secreta sacerdotum des Hein- 
rich Von Langenstein heraus. Vgl. Script. Univ. Vienn. II. p. 19. 

3) Vgl. Universitäts-Hymnus gradualis vom Jahre 1648 im Conspect. 
II. 250. 



38 Personalbestand der Univ. n. ihre wissenechaftl. Leistung^en unter K. Friedr. III. 

schnelleren Betreibung der Sache persönlich mit Hand an's 
Werk gelegt. ^) 

Da es damals in Wien noch keine ständigen Buch- 
druckereien gab, sondern nur sogenannte Wanderdrucker 
dahin kamen, welche kleine Schriften und Flugblätter ver- 
vielfältigten, so fühlte man das Bedürfniss, durch Magister, 
die man an den Rhein und in das mittlere Deutschland wie 
auch nach Italien sandte, neue Druckwerke aufkaufen zu 
lassen: nur mit Mühe setzten einige artistische Professoren 
durch, dass auch eine Anzahl classischer Werke erworben 
wurde. ^) In dieser Beziehung wirkte die Herrschaft des 
ungarischen Königs Matthias vortheilhaft, indem durch den 
lebhaften Verkehr mit Ofen und den dort für den Humanis- 
mus eifrig wirkenden Gelehrten der Sinn für die classischen 
Studien mehr geweckt wurde. ^) 

Von mehreren Magistern der artistischen Facultät wur- 
den allmälig Versuche, wenn auch schwache und schüchterne, 
gemacht, durch Vorlesungen über die vorzüglicheren römi- 
schen Classiker, über Virgil, Horaz, Terenz, Cicero, 
Sallust, Seneca, dem Humanismus, der bereits in Italien zur 
Blüthe gelangt war, Bahn zu brechen. Zu diesen Magistern, 
welche der humanistischen Richtung zugethan waren, ge- 
hörten vor allen andern Bernhard Perger von Stainz, 
der schon als Rector der Domschule für die Einführung 
einer besseren lateinischen Grammatik gewirkt hatte. Er 
hielt akademische Vorträge über Cicero und Sallust, über 



^) Act. fac. art. ad a. 1479. — Ut ipse ad perfectionem stnicturae 
librariae mann sua lapides portaverit ac eiindem ceraento claiiserit et 
dealbaverit. Conspect. II. p. 16. Locher, Spec, p. 304 ad a. 1493, bemerkt: 
In domo vulgo Hospitale dicta a facultate artium comparata insignis 
sensim instruitur Bibliotheca. 

2) Das Nähere darüber gibt Kink, S. 181, in der Note 220 aus den 
Act. fac. art lib. III. 

3) Schier diss. de regiae Badensis Bibliothecae Matthiae Corvini 
ortu, lapsu, interitu et reliquiis. 



Wissenschaftliche Leistangen. 39 

Virgil und Horaz. Diesem Beispiele folgten die artistischen 
Professoren Wolfgang Hayden und Johann Goldper- 
ger, beide aus Wien, die besonders ciceronianische und 
horazische Schriften erklärten. Ihnen schloss sich an 
Briccius Preprost von Cilly, der sich vorzüglich mit 
Cicero beschäftigte, wie auch sein Zeitgenosse, Sigmund 
von Schärding. Dagegen wandten die Magister Paul 
von Stockerau und Johann Rauch sich der Erklärung 
des Virgilius zu. Indem Benedict Kneysel von Innsbruck 
auf die Schönheit des Sallustischen Stils hinwies und 
dadurch für Verbesserung der Latinität wirkte, führte 
Georg Pattersdorfer aus Wasserburg den Scholaren Se- 
neca, und Erasmus Parnagel eine Comödie des Terenz 
vor. Wenn diese Vorlesungen auch weder den kritischen 
noch den eigentlich philologischen Anforderungen entspra- 
chen, so können sie immerhin als Vorläufer zur Einführung 
der humanistischen Studien betrachtet werden, die freilich 
mehrfach durch die ungarischen Kriegszeiten unterbrochen 
wurden. ^) 

Die Wiener Universität war im letzten Decennium der 
Regierung K. Friedrichs III. unleugbar in argen Verfall 
gerathen. Derselbe war nicht allein durch die äusseren un- 
günstigen Verhältnisse herbeigeführt: er hatte vielmehr 
seinen Grund in den inneren Zuständen. Die ganze Orga- 
nisation der gelehrten autonomen Anstalt genügte nicht 
weiter. Der bis dahin Alles beherrschende Scholasticis- 
mus erwies sich als eine abgelebte Methode, als eine Ab- 
richtung, der die frische Wissenschaftlichkeit und schöpfe- 
rische Kraft auf geistigem Gebiete abging. Seitdem mit 
Vernachlässigung der Culturfortschritte und mit Hintan- 
setzung der selbständigen Behandlung geistiger Stoffe man 



^) Vgl. die Act. fac. art. lib. III. zu den J. 1469—1492. Kink. I. 
S. 182 f. 



40 Personalbestand der Univ. u. ihre wiBsenschaftl. Leistungen unter K. Friedr. III. 

nur Formeln aufstellte und das eig^ene Denken und Forschen 
durch eine pedantische Dialektik ersetzen wollte, entäusserte 
sich die Wissenschaft ihrer selbst : sie sank zu einem blossen 
Handwerk, zu einer Fertigkeit herab. Es konnte sich die 
Universität nur wieder heben, wenn dem abgelebten Scho- 
lasticismus sein Gregner, der Humanismus, folgte. 



Zweiter Abschnitt. 

Einfuhrimg des Humanismus und der damit verbundenen 
Reformen an der Wiener Universität im letzten Decennium 

des XV. Jahrhunderts. 



JN ach dem Tode des Kaiser Friedrich III., sogleich mit 
dem Regierungsantritt seines Sohnes Maximilian, beginnt 
eine neue Aera für die Wiener Universität. An die Stelle 
des nicht mehr lebensfähigen Scholasticismus mit seiner geist- 
losen Einschulung tritt allmälig ein frisches, freies, schöpfe- 
risches Betreiben der Studien, die ihre Quelle und ihre 
Richtung in den grossen Vorbildern der classischen Ver- 
gangenheit hatten. Wenn auch die scholastische Methode 
und ihre Grübeleien nicht sogleich beseitigt werden konnten, 
wenn auch ihre Anhänger zähe und hartnäckig an ihrer 
Einseitigkeit und an ihren Vorurtheilen festhielten, so war 
es ihnen doch nicht möglich, der neuen wissenschaftlichen 
Strömung mit Erfolg entgegen zu wirken, im Gegentheil, 
frühere eifrige Vertheidiger des alten Lehrsystems wurden 
zum Theil für die neue Richtung gewonnen und gingen in 
das Lager ihrer bisherigen Gegner über. Dass aber gerade 
in Wien, dem damaligen Hauptsitze des Scholasticismus in 
Deutschland , derselbe in seinem innersten Wesen vorzüglich 



4:2 Einführung des Hamanismas gegen Ende des XV. Jahrh. 

erschüttert wurde, hatte zunächst und zumeist seinen Gnind 
darin, dass die Reform von dem Landesherrn ausging . und 
von ihm mit allem Eifer betrieben ward. Maximilian I. 
war mit ganzer Seele der neuen Richtung zugethan und er 
entbehrte bei seinen Reformbestrebungen nicht des guten 
Beirathes und der kräftigen Unterstützung gleichgesinnter 
tüchtiger Persönlichkeiten. In einer Zeit, wo die Folgen 
der Erfindung der Buchdruckerkunst und das Wiederauf- 
leben der classischen Wissenschaften sich überall fühlbar 
machten auf dem geistigen Gebiete, konnte kein Stillstand 
stattfinden. Alles drängte zum Fortschritte, zur Verbesse- 
rung, zur Vervollkommnung. 

Schon sogleich bei seinem Regierungsantritt, nach den 
Leichenfeierlichkeiten für Kaiser Friedrich III., legte Maximi- 
lian seine Vorliebe für die Wissenschaften überhaupt und 
classischen Studien insbesondere an den Tag. Als er im An- 
fang October 1493, also wenige Wochen nach Friedrichs III. 
Tod, nach Wien kam, empfing ihn die ganze Universität 
in feierlichster Weise am Eingange der St. Stephanskirche. 
Bei dieser Gelegenheit hielt der Theologie-Professor Briccius 
Preprost, welcher der humanistischen Richtung zugethan 
war, die Ansprache mit der Bitte nicht nur um die Be- 
stätigung der Universitäts-Privilegien, sondern auch um aus- 
reichende Zutheilung von Besoldungen für die Vertreter 
einzelner Zweige der Wissenschaften. Maximilian versprach, 
die Bitte zu erfüllen und durch seinen Kanzler die Ent- 
scheidung bekannt zu geben. 

Die Bestätigung der Privilegien erfolgte aber nicht 
sogleich, wie man gehofft hatte: vor allen Dingen sollten 
Reformen eingeführt und dann gewissermassen als Preis der 
Annahme derselben von Seite der Universität ihre Vorrechte 
confirmirt werden. Zunächst kam die Stelle eines landesfürst- 
lichen Superintendenten in Betracht. Dieser sollte nicht, 
wie bisher der Fall war, blos die Aufsicht über die der 



Die Stellung des Saperintendenten. 43 

Hochschule zugewiesene Dotation führen^ sondern er sollte 
auch ein entscheidendes Wort bei der Verwendung der 
daraus fliessenden Gelder zu sprechen haben und auch bei 
der Besetzung der besoldeten Professuren und Errichtung 
derartiger neuer Stellen dem Landesfürsten in erster Reihe 
die Vorschläge vorlegen. Damit stand in Verbindung, dass 
nicht nur von auswärts Professoren an die Hochschule be- 
rufeu; demnach neue Elemente in die früher ganz autonome 
Corporation, welche sich gewöhnlich selbst ergänzte, eingeführt 
wurden, sondern dass auch ein neues Lehrsystem, wodurch 
das exclusive scholastische Wesen auf das Innerste alterirt 
ward, sich ausbildete. Allerdings hatte der Superinten- 
dent nicht ganz freie Hände, er war durch die Regierung, 
die landesfürstlichen Regentes, an ihre endgiltigen 
Beschlüsse gebunden, wenn seine Einrichtung oder Verord- 
nung in Kraft treten sollte. Die Facultäten sahen diese 
Aenderung in der Universitäts- Verfassung anfänglich sehr 
ungern: sie hielten sich beeinträchtigt in ihrer Auto- 
nomie, welche ihnen durch die Statuten der Hochschule 
zugesichert war. Wenigstens nahmen sie das Recht des 
Protestes oder der Gegenvorstellung in Anspruch. Aber 
schon, dass man sich daran gewöhnte, oft die Intervention 
der Regierung selbst bei geringfügigen Dingen anzurufen, 
erschütterte allmälig die früher behauptete Selbständigkeit. •) 
Die neuen Elemente, welche durch die Berufung auswärtiger 
Humanisten in den Schoss der Hochschule drangen, voll- 
endeten das Aufgeben eines beharrlichen Widerstandes, um 
so mehr, als die Humanisten-Partei, die immer stärker wurde, 
wohl erkannte, dass sie ohne das Eingreifen der Regierung 
keine feste Stellung gewinnen und behaupten konnte. 



') In einer Universitäts-Congregation im J. 1500 erhob man eine 
förmliche Protestation gegen solche nicht zu rechtfertigende Anrufung der 
Entscheidung der Regentes mit der Motivirung: quoniam Universitas non 
parum humiliaretur. Act. Fac. Theol. lib. II. p. 86. 



4a Einführnng des Hnmanismas n. Reformen gegen Ende des XV. Jahrh. 

Daher bequemten sich am 14. April 1495 die Profes- 
soren der drei oberen Facultäten, welche grossentheils als 
besoldete Lehrer (lectores stipetidiati) mehr abhängig 
waren, zur unbedingten Huldigungsleistung, ^) und erst 
dann, wenige Monate später, erfolgte wie als Ersatz für die 
erlittene Einbusse Maximilians I. Bestätigung der alten 
Rechte, Privilegien, Freiheiten und Gewohnheiten der Uni- 
versität, 2) welche Confirmation eigentlich keine rechte 
Bedeutung mehr hatte. 

Durch das Eindringen des Humanismus in das Wesen 
der Universität verlor dieselbe allmälig den Charakter einer 
clericalen Corporation. Früher war man gewöhnt, die 
artistische Facultät nicht als einen selbständigen, für sich 
abgeschlossenen Studiencurs anzusehen, sondern man be- 
trachtete sie nur als eine Vorbereitung für die höheren 
Facultäten, namentlich für deren Schluss und Gipfel der 
Universitätsstudien, für die Theologie. Es hatte demnach 
bei den scholastischen Studien das theologische Moment 
ganz und gar vorgeherrscht. Als aber die Humanisten in 
der philosophischen Facultät das Uebergewicht erlangten 
und ganz andere Ziele, die von der Theologie sehr abseits 
lagen, verfolgten; als die Mediciner sich immer mehr von 
den ihnen lästigen scholastischen Anforderungen und Ge- 
pflogenheiten emancipirten ; als die Juristen nicht mehr 
allein das geistliche, sondern auch das römische Recht vor- 
trugen und überhaupt verweltlichten, so konnte die theo- 
logische Facultät für sich allein, ohne Unterstützung von 
ihren Schwester-Genossenschaften, nicht den ganzen Kreis 
der verschiedenen Wissenschaften umfassen und als ihre 
Vertreterin gelten. Sie trat daher auch bei manchen 



^) Act. Fac. art. III. fol. 378 ad ann. 1495. (Rcgentes) his diebus 
a dominis doctoribus et lectoribus trium facultatum superiorum juramenta 
loco Principis receperunt. 

2) Kink II. n. 41 p. 302, vgl. «nten. 



Reformen in hnmanistischer Richtang. 45 

allgemeinen Fragen, wo die Theologie früher als entschei- 
dend mitwirkte, im Gefühle ihrer Schwäche bescheiden 
zurück. Jedoch wollte die Universität die enge Verbindung 
mit dem römischen Stuhle, in welcher sie durch ihren 
Kanzler stand, keineswegs aufgeben. Sie protestirte gegen 
die Absicht der Regierung, die Lehrkanzel für das cano- 
nische Recht ganz einzuziehen, und da eine Anzahl Profes- 
soren aus kirchlichen, zum Theil vom Papst verliehenen 
Pfründen ihre Einkünfte bezog, und man doch nicht ganz 
dem Einfluss der weltlichen Regierung sich preisgeben wollte, 
so war es natürlich, dass alle, auch selbst die verweltlichten 
Facultäten, als wären sie noch eine geistliche Corpora- 
tion, die Bestätigung ihrer Statuten, Privilegien und Frei- 
heiten vom Papste, den sie als Mitgründer ihrer gelehrten 
Anstalt betrachteten, von Zeit zu Zeit nachsuchten und er- 
hielten. 

Wenden wir uns von der allgemeinen Betrachtung der 
Entwicklung einer neuen Universitäts-Richtung näher zu den 
dabei einwirkenden und leitenden Persönlichkeiten wie auch 
zu den Lehrkräften, welche bei dem veränderten Studien- 
gange hauptsächlich thätig waren. 

Es ist offenbar, dass der römische König Maximilian 
bei der Einführung des Humanismus an der Wiener 
Universität vorzüglich durch den Superintendenten Bernhard 
Perger und seine Räthe, die landesfurstlichen Regentes 
Johann Krachenberger und Johann Fuchsmagen, welche 
enthusiastische Verehrer der Humanisten waren, auf das 
kräftigste und erfolgreichste unterstützt wurde. 

Bernhard Perger aus Stainz ^) hat schon unter 
Kaiser Friedrich sich als entschiedenen Anhänger der huma- 
nistischen Richtung erwiesen. Als Magister der artistischen 

^) Biographisches iind Literarisches über ihn findet sich in der Festschrift 
Gesch. der Wiener Univ. S. 673 fll. : um nicht zu wiederholen, wird in 
Bezug auf das Nähere dahin verwiesen. 



46 Einführung des nnmanisnius ge^en Ende des XY. Jahrh. 

Facultät hatte er theils über Mathematik und Astronomie, 
theils über classische Schriftsteller, Virgilius und Sallustius, 
Vorlesungen gehalten und eine bessere Anleitung zu Er- 
lernung der lateinischen Sprache geliefert. Als Decan der 
artistischen Facultät und als Rector der Universität hatte 
er über die inneren Zustände der Hochschule sich genau 
zu unterrichten Gelegenheit gefunden. Als Vorsteher der 
Dom-Schule bei St. Stephan erkannte er die Nothwendig- 
keit, die Vorbereitung für die höheren Studien, namentlich 
in Betreff der Erlernung der lateinischen Grammatik zu 
verbessern. Auch die juridischen Studien betrieb er. 
Während des letzten ungarischen Krieges hielt er sich einige 
Zeit in Italien auf und trat in Padua und Bologna mit den 
Humanisten in mannigfachen Verkehr. 

Schon Kaiser Friedrich erkannte die Tüchtigkeit des 
Mannes, welchen er auch wegen seiner Treue und Anhäng- 
lichkeit an seine Person schätzte und mit seinem Vertrauen 
auszeichnete. Mehr noch that dieses Maximilian sogleich 
nach Beendigung des ungarischen Krieges (1490), als er die 
Regierung in Oesterreich antrat. Er erhob ihn zum Super- 
intendenten oder Curator der Wiener Universität mit 
erweiterten Befugnissen: er übertrug ihm nicht nur die 
Aufsicht über die Dotation der Hochschule, sondern er be- 
auftragte ihn auch, Vorschläge zu machen und selbst An- 
ordnungen zu treffen hinsichtlich der Verbesserung des 
Unterrichtes und Einführung von Reformen im Studien- 
gange. 

Ungeachtet die Universität, auf ihre Autonomie sich 
stützend , Einsprüche gegen Perger' s Vorgehen erhob , so 
schritt dieser, durch den Willen der Regierung stark, in dem 
Reformationswerke unbehindert weiter fort. Am 13. October 
1492 wurden Anordnungen behufs der Abstellung mehrerer 
Gebrechen und Missstände erlassen. 



Keformen in humanistischer Richtung. 47 

Bei den scholastischen Vorlesungen, welche von den 
besoldeten Professoren gehalten wurden, schrieb man wesent- 
liche Aenderungen vor. Die in lateinischer Sprache über- 
setzten Schriften des Aristoteles, Euklides, Hippokrates und 
Galenus sollten den Scholaren im vollständigen Text vor- 
gelegt werden, nicht wie es bis dahin üblich war, in verstüm- 
melten Auszügen nach den Büchern von Erklärern und 
Glossatoren, welche viel Unbrauchbares und Ueberflüssiges 
enthielten. Dabei wurde verfügt, dass die Vorlesungen vor- 
schriftsmässig und ohne willkürliche Unterbrechungen ge- 
halten und die Prüfungen der um die akademischen Grade 
sich Bewerbenden nur in den zur Sache gehörigen Materien 
vorgenommen werden sollten. Besonderen Anstoss erregte 
es aber, dass in manchen Fällen auch die Gerichtsbarkeit 
des Rectors beschränkt und in Bezug auf Administratives 
bei Herstellung und Reparaturen von Universitäts-Gebäulich- 
keiten eingegriffen ward. ^) 

Nachdem Kaiser Friedrich (19. Aug. 1493) aus dem Leben 
geschieden war und Perger als Kanzler im Wiener Stadt- 
rath die Leichenrede gehalten, legte ihm Maximilian noch 
mehr als bis dahin geschehen war, die Leitung der Univer- 
sitäts-Angelegenheiten in di6 Hände und wies die beiden 
Regentes Krachenberger und Fuchsmagen dazu an, 
dass sie den Superintendenten bei seinen Reformen unter- 
stützten. 

Perger erliess zunächst an die artistische Facultät die 
Aufforderung, sich zeitweise zu versammeln, um sich über 
wissenschaftliche Gegenstände zu besprechen : es sollte damit 



^) Auf die Klagen der Universität über die Eingriffe des Super- 
intendenten in ihre Rechte, erwiderte dieser, dass er nach der vom Landes- 
fürsten erhaltenen Instruction darauf zu sehen habe: ut lectiones debite 
fiant, negligentibus stipendia subtrahantur, coUegii ducalis aedificia con- 
serventur et reformentur. Act. Fac. theol. II. 86. Act. Fac. art. IV. 16. 
Vgl. Kink, I. S. 194. 



48 EinfÜhran; des Hamanismas gegen Ende des XY. Jahrh. 

ein frischer, lebendiger, wissenschaftlicher Geist angeregt 
werden. Auch die Scholaren sollten zu diesen Versamm- 
lungen, die öffentlich waren, zugezogen werden, um ihnen 
Gelegenheit zu bieten, nicht nur an den Besprechungen 
durch Zuhören ihr Interesse an wissenschaftlichen Dingen 
zu wecken, sondern sie auch aufzumuntern, mit freien Vor- 
trägen daran Theil zu nehmen. Bei der Neuheit der Sache 
strömten die Scholaren in grosser Zahl auf dem freien Platze 
vor dem Universitätsgebäude , wo die peripatetischen Dispu- 
tationen gehalten wurden, zusammen. Der Superintendent 
und die weltlichen Professoren (die Geistlichen hielten sich 
entfernt) wohnten den Unterredungen bei, welche über die 
verschiedenartigsten philosophischen Materien aufgeworfen 
und weiter gefuhrt wurden. Die wenig geregelten Dispu- 
tationen und Redeübungen nahmen bald einen ungeord- 
neten Gang. Die in den Nachmittagsstunden begonnenen 
Versammlungen setzten sich bis zum Einbrüche der Nacht 
fort und lösten sich zuletzt in tumultuarischer Weise auf, 
indem einzelne Schaaren Scholaren lärmend und excedirend 
die Strassen durchzogen und Veranlassung gaben, dass die 
Bürger über die Zügellosigkeit der Studirenden Klage 
führten. Man fand für gut, diese öffentlichen Conversationen 
einzustellen, um nicht die Disciplin zu lockern. ^) 

Auch bei der Berufung eines auswärtigen Humanisten an 
die Wiener Hochschule war man anfänglich nicht glücklich. 
Obschon mehrere ihrer Magister Freunde des Humanismus 
waren und auch über classische Schriftsteller Vorträge hielten, 
so fehlte ihnen doch die eigentliche humanistische Bildung.'^) 



*) Act. Fac. art. ad 1. Sept. 1493. Conspect. bist. Univ. Vienn. ad 
ann. 1493. p. 58. 

2) Zu diesen hatte auch Johann Mader (Foeniseca) aus Augsburg 
gehört, von dem beim J. 1494 die Randglosse im Rheinischen Nations- 
Matrikel meldet: Homo graece et latine doctus: fortune casus impetuosis- 
sime sustinens uxorem duxit versus in dementiam. 



Wander-HnmaniBten in Wien. 49 

In der lateinischen Versification , welche von einem 
Humanisten durchaus verlangt wurde ^ war man noch ganz 
zurück. 

Es kam in jener Zeit nicht selten vor, dass die im 
westlichen deutschen Reiche auftretenden Humanisten wie 
fahrende Dichter von Universität zu Universität zogen, um 
für den Humanismus Propaganda zu machen. Sie hielten 
für Bezahlung vor Magistern und Scholaren Vorträge über 
lateinische Verskunst, über die Dichter Horaz, Virgil, Ovid, 
Lucan, wie auch über Beredsamkeit und die platonische 
Philosophie. Solche Vorlesungen gehörten nicht in den 
Kreis der vorgeschriebenen, sie wurden aber zugelassen, 
wahrscheinlich unter" der Aufsicht des artistischen Decans. 
Manchmal ward ein solcher fahrender Humanist auch von 
Freunden der classischen Studien eingeladen, derartige 
Vorträge gegen Bezahlung zu halten, und je nachdem er 
befriedigte und Beifall empfing, konnte er eine mehr oder 
weniger reichliche Einnahme machen. So war der erste 
von Kaiser Friedrich HI. gekrönte deutsche Dichter Con- 
rad Celtes mit solchen humanistischen Gastvorträgen in 
Wien schon im J. 1490, grossen Beifall einerntend, vor 
einem Kreise von Universitätslehrern und Studirenden auf- 
getreten ') und er wurde dann einige Male aufgefordert, 
die Vorträge zu wiederholen, was auch im Herbst 1492 
geschah. So grossen Beifall er auch erhielt, lehnte er 
doch weitere Besuche ab, indem ihm seine feste Professur 
der Poetik an der Ingolstädter Universität eine öftere län- 
gere Entfernung nicht erlaubte. 

Um dieselbe Zeit kam ein anderer fahrender Dichter, 
der als poeta laureatus bezeichnet wird, nach Wien. Es war 
dieser der Minoriten-Mönch Magister Paulus Amaltheus 



1) Vgl. Aschbach, Die frühem Wanderjahre des Conrad Celtes. 
T. Asehbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 4 



OO KiaführuBg des Hnmanisnias gegen Ende des XY. Jahrh. 

aus Portenau in Priaul. *) Er wurde in die artistische 
Facultät aufgenommen und hatte gegen einen Jahresgehalt 
von fünfzig rheinischen Gulden täglich zwei Stunden über 
Poetik und Rhetorik Vorlesungen zu halten. Da er von 
seinen Scholaren kein Collegiengeld (pastunr) erheben 
durfte und der geringe Gehalt ihm für seine Leistungen 
nicht entsprechend schien, so verliess er schon nach wenigen 
Wochen (im Juli 1493) wieder die Universität. Die Facultät, 
welche ihn auf sein Ansuchen der übernommenen Verpflich- 
tung enthoben und ihm als Abfindung ein angemessenes 
Viaticum zugewiesen hatte, war oflFenbar über den baldigen 
Abgang eines Docenten, dessen Vorträge für überflüssig 
gehalten wurden, sehr erfreut und zeigte grosse Befriedi- 
gung^ seiner bald wieder ledig geworden zu sein.^) 

Dagegen trat wenige Monate später ein noch ziemlich 
jugendlicher Humanist, der theilweise seine Studien in Wien 
gemacht hatte, mit Vorträgen über Poetik und Rhetorik auf. 
Johann Spiesshaimer, auch Spiesshamer genannt, aus 
Schweinfurt in Franken, war mit dem römischen König 
Maximilian schon im J. 1490 nach Wien gekommen. ^) 
Durch sein Gedicht über den heiligen Leopold, Markgrafen 
von Oesterreich, hatte sich der noch nicht zwanzigjährige 
Jüngling die Gunst des Kaisers Friedrich IIL erworben; 
bei dessen in Wien abgehaltenen Exequien zeichnete ihn 
Maximilian in einer grossen Versammlung adeliger Herren 
und Universitäts- Angehöriger aus, indem er ihn mit dem 
Dichterlorbeer schmückte. Der junge gekrönte Dichter er- 



^) Act. fac. art. lib. III. p. 363. Anno 1493 intitalatus est frater 
Paulus Amaltheus de Portu Naonis, ordinis minorum, artium liberalium 
magister et poeta laureatus. 

2) Act. fac. art. 1. c. Kink I. S. 196 und 204, not. 235. Auf der 
k. k. Hofbibliothek Nr. 3506 befindet sich von ihm handschriftlich ein 
Epicedium in obitu Friderici Imp. ad Romanor. regem Maximilianum. 

3) Vgl. über ihn das Nähere unten im Leben Cuspinian's. 



Berufungen italienischer nnd Ingolsiädter Professoren'. 51 

scheint seit dieser Zeit unter seinem humanistischen Namen 
Cuspinianus und er begann sodann regelmässig Vor- 
lesungen über Poetik und Rhetorik zu halten, wozu ihm 
auch ein Jahreseinkommen (Stipendium) angewiesen ward. 

Obschon die meisten Mitglieder der Hochschule von 
den humanistischen Studien nichts wissen wollten, so 
wagten sie doch nicht Cuspinian, der sichtbar durch 
die Gunst des Landesflirsten gehoben war, entgegen zu 
wirken. Sie bewilligten ihm ziemlich Alles, was er ver- 
langte: einen geräumigen Hörsaal, eine passende Stunde 
für die Vorträge upd die nöthigen Bücher aus der öffent- 
lichen Bibliothek. Nur in einem Punkte willfahrte man 
seinen Wünschen und Anforderungen nicht: es wurde ihm 
nicht gestattet, Collegiengelder zu erheben, weder von 
Magistern noch von Scholaren.^) In den Kreis seiner ge- 
wöhnlichen Vorlesungen über Rhetorik und Poetik fielen 
Cicero und Sallust und die Dichter Virgil, Horaz und 
Lucan. 

Gleichzeitig wurden von Maximilian und dem Super- 
intendenten andere Berufungen in Aussicht genommen. Man 
wollte aus Italien, wo der Humanismus besonders gepflegt 
wurde. Gelehrte berufen. Damit stand in Verbindung, dass 
das römische Recht, welches an der Univei'sität Wien nur 
selten vorgetragen wurde, in Aufnahme gebracht werde. Be- 
rühmte römische Rechtslehrer oder Legisten an den Hoch- 
schulen Padua und Bologna verbanden damals in der Regel 
die Studien der römischen Classiker und des Justinianischen 
Rechts. Der Superintendent Perger hatte während seines 



^) Act. fac. art. III. p. 370. 4. Jul. ann. 1494. Proposuit decanus 
de alio po€ta laureato Joanne N. [i. e. Cuspiniano] quomodo ille etiam 
yellet petere, ut assignaretur sibi lectorimn, quia yellet in po^si aliqua 
pnlchra legere et quod concederetur sibi quidam Über ex libraria. Mul- 
tnm petit. Placuit facultatl, ita tarnen, ut non aggravaret audientes 
neque magistros. 

4* 



52 EinfQhriing des Hnmanismas gegen Ende des XY. Jahrh. 

früheren Aufenthaltes in Italien die Humanisten in Padua 
und Bologna kennen gelernt; von diesen empfahl er dem 
römischen Könige den ausgezeichneten Juristen Hierony- 
mus Baibus aus Venedig, der in Paris und Padua das 
römische Recht vorgetragen und classische Schriften inter- 
pretirt hatte. Ihn berief Maximilian (1493) an die Wiener 
Universität, um daselbst in den beiden Facultäten Vorträge 
zu halten.^) Zunächst aber beschränkte sich Baibus darauf, 
über römische Dichter, namentlich Virgil zu lesen.^) Er 
gerieth aber schon nach kurzer Zeit mit der artistischen 
Facultät in ärgerliche Streitigkeiten, indem er für seine 
Person besondere Vorrechte und Begünstigungen in An- 
spruch nahm. Obschon die Vorlesungen über Poetik und 
Rhetorik nicht in die Reihe der für die Scholaren noth- 
wendigen gehörten, verlangte Balbi, dass alle die, welche 
akademische Grade erlangen wollten, zu ihrem Besuche 
verhalten werden sollten; auch sei dafür das gewöhnliche 
CoUegiengeld zu entrichten. Nur theil weise wurde den 
Forderungen des Humanisten entsprochen : die Vorlesungen 
wurden für obligatorische erklärt, aber sie sollten gratis 
gehalten werden. Die landesflirstlichen Regenten, welche 
die Sache entschieden, meinten, bei dem reichlichen Ge- 
halte von hundert Gold gülden könne Balbi weitere Emolu- 
mente entbehren. 3) Unzufrieden mit dieser Entscheidung 



^) In der Universitäts-Matrikel im Sommer 1493: Intitulatus est 
dominus Hieronymus Balbus Venetus, bonarum artium atque utriusque 
juris interpres fundatissimus a Principe missus. 

2) Conspect. bist. Univ. II. p. 58 ad ann. 1494 nennt unricbtig 
Conrad Celtes, der damals nicbt in Wien war, anstatt Hieron. Balbi. Cui 
a facultate legendi hora assi^ata est prima ad secundam: anthor vero 
Virgilius. 

3) Auf Balbi's Supplicatio an die Rezentes geben diese den Be- 
scheid: Quod non arctentur scholares ad ei solvendum pastum sive 
Minerval quod aliunde habeat Stipendium pingue a Principe: caetera 
autem fiant. 



Bernfnngen Italienisclier und Ingolstädter Professoren. 53 

und gereizt durch die höhnischen und bekrittelnden Be- 
merkungen seiner scholastischen Gegner über seine huma- 
nistische Interpretations-Methode, ^) trat er täglich mehr 
in erbitterter Opposition gegen seine Collegen auf. Auch 
bei seinen Vorträgen über das römische Recht hatte er 
unter den Zuhörern mehr Neugierige als eigentliche 
Scholaren, welche des Studiums wegen gekommen waren,^) 
denn das römische Recht war selbst für die Juristen nicht 
ein obligatorischer Gegenstand. Daher stellte Balbi seine 
juridischen Vorlesungen schon nach wenigen Wochen 
wieder ein. Bei den wiederholten Zänkereien vergass der 
heftige Italiener in einer Universitäts - Congregation dem 
Rector gegenüber den geziemenden Anstand in der Weise, 
dass ihn das Consistorium durch ein formliches Conclusum 
von allen allgemeinen berathenden Versammlungen aus- 
8chloss,3) wodurch seine Stellung an der Hochschule eine 
für ihn höchst unbehagliche und verbitterte ward. 

Um die Anhänger des Scholastici^mus, welche in den ver- 
schiedenen Facultäten noch in der Mehrheit waren, einiger- 
massen zu beruhigen und ihre Befürchtungen zu beseitigen, 
dass die Hochschule bei dem weiteren Eindringen des Huma- 
nismus vollständig ihre Autonomie verlieren und ihren cleri- 
calen Charakter einbüssen möchte, gab Maximilian eine 



*) Act. fac. art. III. p. 370 ad ann. 1494. — Interea deberet in- 
cipere et legere Virgilinm, qiiod et fecit. Qualiter autem legit, sciunt isti 
qui andierant. 

2) Conspect. bist. Univ. Vienn. p. ö8 setzt die Eröfihiing der juridi- 
schen Vorlesungen circa festum d. Joannis Baptist. 1494. Die Universitäts- 
Acten beim J. 1494 melden: Lectionem ordinariam in legibus incipit 
doctor Baibus legere in scholis juristarum dominica ante Joa. Bapt, ubi 
ex diversis statibus (also nicht blos Scholaren) copia etiam studentium 
quam plures interfuerunt. Act. fac. art. III. p. 370. 

3) Act. fac. art. III. p. 373. Hieronymus Balbi in consistorio rectoris 
inabilia proposuit ita, quod amplius deberet se abstinere ab omnibus con- 
siliis ^t congregationibus universitatis. 



54 Einffthrnng des Hamanismus gegen Ende des XV. Jahrh. 

landesfürstliche Bestätigung der alten Universi- 
täts-Statuten und Privilegien (3. Juli 1495) *) und 
verwandte sich zudem auch bei dem päpstlichen Stuhle, 
dass eine derartige Confirmation erlassen werde mit der 
Erweiterung, dass neben dem canonischen Rechte auch das 
römische vorzutragen gestattet sein solle und zwar fiir alle 
Studirenden, nicht allein weltlichen, sondern auch geist- 
lichen Standes.'^) Papst Alexander VI. bestätigte sodann 
(6. Mai 1500) der Universität die ihr von Päpsten ertheil- 
ten Rechte und Exemtionen. ^) 

Noch ehe Balbi seine juridischen Vorlesungen wieder 
aufnahm, brach (1495) eine pestartige Krankheit in Wien 
aus; in Folge dieser Calamität wurden Monate hindurch 
die Hörsäle geschlossen und Balbi verliess wie viele andere 
Universitäts-Angehörige die Stadt, wohin er erst nach län- 
gerer Abwesenheit auf einer Reise nach Paris und England 
im Anfange des Jahres 1496 zurückkehrte. 

Inzwischen waren in dem Personalbestand der Uni- 
versität mehrere Veränderungen eingetreten: Berufungen 
auswärtiger Gelehrten hatten stattgefunden. Der Super- 
intendent, der mit besonderer Vorliebe für die italienischen 
Humanisten eingenommen war, bewirkte, dass die Vorträge 
über römische Classiker, über Poetik und Rhetorik Italienern 
übertragen wurden: dem Minoriten-Mönch Johann Ricu- 
tius aus Camerino und dem Bologneser Angelus Cospus. 
Auch den Humanisten Franciscus Bonomus aus Triest, 
der damals in Augsburg lebte, beabsichtigte man nach 
Wien zu ziehen. Einige von den Regentes wollten lieber 
deutsche Humanisten nach Wien berufen haben; Perger 



») Gedr. bei Kink IL n. 40, S. 302. 

^) Conspect. bist. Univ. Vind. II. 74. Signatura apostolica qua 
legendi et audiendi jus civile quibuscunque alumnis etiam clericis indul- 
tum est. 

3) Gedr. bei Kink II. n. 42, S. 304. 



Berufungen italienischer und Ingolstftdter Professoren. 55 

aber hielt nicht viel auf diese. Er meinte, die Italiener 
seien schon durch ihre Vorbildung auf den italienischen 
Universitäten zur Verbreitung des Humanismus geeigneter. 

Mit dieser Ansicht des Superintendenten waren die 
einflussreichen Regentes Krachenberger und Fuchs- 
magen nicht einverstanden. Nicht ohne Mühe gelang es 
ihnen, den römischen König dafür zu gewinnen, dass man 
auch deutsche Humanisten berief. Vor allen anderen rich- 
tete man sein Augenmerk auf den berühmten gekrönten 
Dichter Conrad Celtes^) und Männer aus seiner Schule, 
die damals an der Universität Ingolstadt für die Verbreitung 
des Humanismus wirkten. 

Schon seit dem Jahre 1494 waren von den humanisti- 
schen Freunden des Celtes in Wien wiederholte Versuche 
gemacht worden, ihn zu bewegen, dass er bei ihnen seinen 
Wohnsitz nehme und durch Vorlesungen in der Donaustadt 
den Musen daselbst eine bleibende Stätte bereite. Nament- 
lich verdienen genannt zu werden die beiden Professoren 
der medizinischen Facultät Johann Tichtel und Bartho- 
lomäus Steber (Scipio), wie auch der gekrönte Dichter 
Cuspinian und der artistische Magister Johann Bürger^) 
(Universitäts-Rector im J. 1495), welche Celtes dringend 
einluden nach Wien zu kommen. Als aber Franciscus 
Bonomus, ohne die ihm zugedachte Professur der Rhetorik 
anzutreten, in das Geschäftsleben übergingt) und Hieronymus 



^) In der Epistola des Stabius an Celtes a. a. O. heisst es : Johannes 
Pierius (Krachenberger) gravius imprimis atque plures, qni te diligunt, 
multa pro te elaboraverunt, ut hie Viennae apud eosdem tuo cum commodo 
vivere possis: sunt alii qui etiam contra hoc occulte machinati: hi ut 
Franciscus [i. e. Bonomus] Magister vocaretur obuixe manibus pedibusque 
attentant et Perger germanus non vult musas. 

2) Ueber Scipio und Burger s. im zweiten Buche die biographischen 
Notizen. 

^) ^S^- unten im Anhang: Die Mitglieder der gelehrten Donau- 
Gesellschaft. 



56 Einfühning des Hamanismüs gegen Ende des XY. Jakrh. 

Balbi ganz aus der artistischen Facultät geschieden war,*) 
konnte Krachenberger dahin wirken , dass die erledigte 
Professur der Poetik und Rhetorik dem Geltes übertragen 
wurde. Bereits waren dessen Ingolstädter Collegen und 
humanistische Freunde Andreas Stiborius und Johann 
Stabius, welche die classischen Studien mit den mathe- 
matischen verbanden, nach Wien berufen worden. Als der 
römische König Maximilian selbst an den gekrönten Dichter 
ein Berufungsschreiben 2) richtete (7. März 1497), so ^nt- 
schloss sich endlich Oeltes, ungeachtet des nicht ansehn- 
lichen Jahresgehaltes von fünfzig Gulden, die Professur der 
Poetik und Rhetorik in Wien anzunehmen, indem ihm 
Krachenberger in einem Schreiben weitere Einnahmen und 
ausserordentliche Vortheile und Begünstigungen in Aussicht 
gestellt hatte. 3) 

So lange der Superintendent Bernhard Perger, der 
den Italienern besonders gewogen war, die Universitäts- 
studiej^ damals hauptsächlich leitete, konnte die deutsche 
oder nationale Richtung des Humanismus in Wien keine 
rechte Wurzel schlagen, ungeachtet Cuspinian und Krachen- 
berger dafür eifrig thätig waren und die Zurücksetzung 
der Realien durch die italienischen Humanisten nicht billig- 
ten; im Gegentheil, sie wollten auch Mathematik und 
Astronomie, Geographie und Geschichte, Nationalsprache 



^) Brief Krachenberger' s an Celtes d. d. feria IV. in feriis Pentecostes 
1497 (Cod. epist. Celt. fol. 77): „Ich hab Ewch nechstmalen geschriben 
einer Lectur halber, die hie vaciren wirdet per resignatipnem meines be- 
sonders lieben Gebieters Doctoris Jeronymi Balbi." 

2) Das Schreiben Maximilians im Cod. epist. Celt. fol. 87, welches 
bei Hormayr, Archiv XII, S. 487 fehlerhaft abgedruckt ist, schliesst: Te 
sTimmopere hortamur quatenus sine mora bis literis nostris perlectis, ad 
capitaneum, senatum regentesque provinciar. nostrar. Viennam te conferas, 
lecturam praedictam (oratoriam et poeticam) ex ipsorum manibus nostro 
nomine accepturus etc. 

3) Der Brief Krachenberger's an Celtes im Cod. epist. Celtic. 1. c. 



Bernfangen italienischer und Ingolstädter Professoren. 57 

und Literatur zu den Humanitätsstudien aufgenommen 
haben. 

Conrad Celtes kam im Spätjahr 1497 nach Wien und 
wurde bei seiner Ankunft von seinen humanistischen Freun- 
den, welche sich in der gelehrten Donau-Gesellschaft bereits 
enger aneinander geschlossen hatten, mit einem Kranz von 
Bewillkommungsgedichten begrüsst. *) 

Hieronymus Balbi war vor des Celtes Ankunft in Wien 
dahin zurückgekehrt und hatte seine Vorlesungen über das 
römische Recht wieder eröffnet. Er war dem deutschen 
Humanisten brieflich 2) und in Versen freundlich entgegen- 
gekommen, allein ihr Zusammenwirken in Wien war nur 
von sehr kurzer Dauer. Der unruhige und unstete Italiener 
verliess schon in der nächsten Zeit wieder die Donaustadt 
und wir finden ihn 1499 in Prag, wo damals aus Mangel an 
Lehrern und Studenten die Studien gänzlich darniederlagen. 

Ein anderer italienischer Humanist, Johann Sylvius 
Siculus, den man von Padua nach Wien als Balbi's Col- 
legen auf die Lehrkanzel für das römische Recht berief, 
blieb ebenfalls nicht lange: er verliess schon vor 1500 
Wien. Von seiner akademischen Wirksamkeit und ihren 
Erfolgen ist nichts bekannt. 3) 



*) Vgl. unten das Leben des Celtes und im Anhange „über die 
Mitglieder der Donau-Gesellschaft" die Episodia. 

2) Das Schreiben des H. Balbi im Cod. epist. Celtic. 

3) Man gibt gewöhnlich an, dass damals noch ein amderer italieni- 
scher Legist, der Doctor Aurelius Siculus, nach Wien berufen worden. 
Conspect. bist. Univ. Vienn. II. 61. Eink (I. p. 222, n. 260) meint, dass 
man mit dem Namen Aurelius Siculus, der nirgends in den Universitäts- 
Acten vorkommt, dieselbe Person bezeichnet, die auch als Johannes Syl- 
vius Siculus benannt ist. Im juridischen Matrikelbuch heisst es beim 
J. 1497: Dom. Joannes Silvius Siculus legum doctor Patavinus. Kink's 
Meinung verdient allen Beifall. Es ist zu verwimdern, wie Mailath 
(Gesch. V. Oestreich I. S. 393) sagen konnte: „Die Schüler (in Wien) 
horchten den Worten der beiden grössten Rechtsgelehrten Italiens, Johann 
Sylvius und Aurelius Siculus.** 



ÖO Einführung des Hamanismas gegen Ende des XY. Jahrh. 

Da die deutschen Humanisten anfingen ^ die alten 
classischen Schriftsteller auch in deutscher Sprache zu 
interpretiren, so trat dieser Neuerung der Superintendent 
mit einem entschiedenen Verbote entgegen. Er erliess eine 
Verordnung im J. 1499, wornach wesentliche Reformen im 
Gange der scholastischen Studien vorgenommen wurden, 
aber dabei Hülfsmittel in der Vulgärsprache zu gebrauchen 
als ganz werthlos streng untersagt ward,*) 

Die Regierungsverordnung, welche darauf am 8. August 
1499 erfolgte 2), war recht eigentlich zur Beseitigung des 
Scholasticismus gegeben. Es ward bestimmt, dass in der 
artistischen Facultät die humanistischen Vorlesungen für 
die Scholaren und Baccalaurei zur Erlangung des akademi- 
schen Magistergrades obligatorische sein sollten. Ein neuer 
Gang bei der Erlernung der lateinischen Grammatik wurde 
vorgeschrieben; die früher gebrauchte Anleitung nach dem 
Doctrinale Alexandri ward abgeschafft und dafür das Lehr- 
buch von Nicolaus Perottus Sipontinus eingeführt. Ferner 
sollte ein Cursus in den Stilübungen stattfinden und eine 
bestimmte Anzahl römischer Dichter, namentlich Virgil, 
sorgfaltig studirt werden ; dagegen wären die weitschweifigen 
nominalistischen Lehrbücher in Compendien von massigem 
Umfange zu bringen und die Real wissen Schäften vorzüglich 
zu berücksichtigen, so dass die, welche sich denselben haupt- 
sächlich zu widmen gedächten, als eine eigene Classe von 
Realisten einen besonderen Hörsaal und* zur Wohnung 



1) Act. fac. art. ad ann. 1499. T. IV. f. 9. (Kink I. S. 195. n. 226.) 
Hortabantur (drei Regentes) pro iiberiori fama et utilitate iiniversitatis, ut 
scholares et Waccalarii plus solito in veris originalibus et textualibiis ali- 
cujus doctoris et autoris famati, non in illis jam diu attritis sophisticis 
conceptis, item in viügaribus, ubi penitus nuUa originalis scientia continetur, 
imbuerentur. 

^) Act. fac. art. ad ann. 1499. 



Weiiere Anordnnngen zur Befördernng^ des Hamanismas. 59 

und gemeinschaftlichen Betreibung ihrer Studien eine eigen- 
thümliche Bursa erhielten.*) 

Diese Anordnungen wurden bekräftigt und erweitert 
(22. Juli 1501) durch eine andere Verfügung, welche später 
(1509) zu einem förmlichen Universitäts-Statut erhoben 
ward. 2) Darin war die Art und Weise der Einführung in 
die humanistischen Studien und ihre weitere Betreibung 
näher vorgezeichnet und die frühere scholastische Behand- 
lung als abgeschmackt, unnütz und geisttödtend ganz und 
gar verworfen. 3) 

Bernhard Perger konnte trotz seiner humanistischen 
Richtung mit diesem gänzlichen Verwerfen des Scholasticis- 
mus nicht einverstanden sein. Er war noch zu viel mit ihm 
verwachsen, als dass er sich von ihm ganz loszusagen im 
Stande gewesen wäre. Er konnte bei den eingetretenen Re- 
formen, die er nur zum Theil billigte, nicht mehr Superinten- 
dent sein. Auch bei der theologischen Facultät hatte er sich 
verhasst gemacht-*), indem er allzu schrofiF ihr entgegentrat 
und mehrere Eingriffe in ihre bisherigen Gerechtsame 



1) Act. fac. art. 1. c. Besonders interessant ist der Schluss: Facultas 
aliquos de gremio suo magistros eligat, qui libros seciindum viam Nomi- 
nalium hinc inde disperses colligant et in unum librum aiit cursum com- 
portent. — Si tanta fieret futuris temporibus affluentia scolarium, qui de- 
siderarent sub tali, quam vocamus Realistanim via et disciplina edoceri, 
tunc ima domus erigatur, in qua conventores, magistri, baccalaurei et 
scholares Reales sunt neque alicui licitum sit, hac in domo inhabitare, nisi 
sub hac disciplina edoceri velit. Offenbar ist hier der Plan zAim CoUegfium 
po^tarum et raathematiconim, der erst einige Zeit später verwirklicht wurde, 
schon angedeutet. 

2) Gedr. bei Kink II. n. 47. S. 315 ff. Theilweise wird das Doctri- 
nale Alexandri wieder zugelassen. 

3) Act. fac. art. 1. c. p. 20: De modo instituendi scholares nostros 
salubrioribus doctrinis et literis humanioribus , aliis squalidis, incultis ac 
ineptis, quibus ipsorum ingenia onerabantur, resectis. 

*) Act. fac. theol. ad. ann. 1500. Daselbst heisst es in einer all- 
gemeinen Universitäts - Congregation : Quomodo dominus Superintendens 
attemptaret se loco principia intromittere jurisdictioni, quae ad rectorem et 



60 Einföhrnng des HumanismiiB gegen Ende des XY. Jahrh. 

that. An Perger's Stelle trat 1501 Cuspinian als Super- 
intendent; der ganz und gar fUr den Humanismus war 
in der Gestalt, wie ihn sein Freund Conrad Celtes betrieb. 
Perger aber zog sich an die Domsohule von St. Stephan 
zurück, wo unter seiner Leitung schon früher eine bessere 
Methode zur Erlernung der lateinischen Sprache eingeführt 
worden war.^) 



eius consistorium spectabat. — Domini collegiati ducalis coUeg^i protesta- 
runt se inferentes ad libellum statutorum et deliberavit universitas Super- 
intendenten! nuUam habere jurisdictionem nltra illam, quam superintendentis 
jnramentum perstringit, si vero major sibi fuerit condonata auctoritas, eam 
ostendat. Perger suchte sich gegen diese Anklage zu rechtfertigen. Kink I. 
S. 196. n. 22Ö. 

1) Kink I. S. 206. n. 237. 



Dritter Abschnitt. 

Die humanistischeii Studien an der Wiener Universität 
unter der Leitung des Conrad Geltes. 

JNach Perger's Abgang von der Superinten dentur 
konnte unter Mitwirkung von dessen Nachfolger Cuspinian 
und der thätigen Unterstützung des kaiserlichen Rathes 
Krachenberger der Einfluss des Celtes auf die Universität 
in Bezug auf die Verbreitung des Humanismus immer mehr 
erstarken. Während seiner zehnjährigen Wirksamkeit in 
Wien war er bemüht, neue Lehrgegenstände nach neuer 
Methode vorzutragen. 

Zunächst behandelte er platonische Philosophie in 
Verbindung mit dem Neuplatonismus ; er legte dabei den 
Apulejus zu Grunde, in dessen Schriften er den Kern der 
platonischen Weltweisheit fand. Da aber nach seiner An- 
sicht das Studium des Aristoteles, der alles menschliche 
Wissen umfasste und früher besonders in formeller Be- 
ziehung Führer war, auch die gehörige Beachtung erhalten 
sollte, so legte er in einer Schrift, welche er mit einem 
Carmen saeculare im sapphischen Versmasse am Eingange 
des 16. Jahrhunderts , ausstattete, der Universitäts-Jugend 
die schwierigsten Partien aus den aristotelischen Schriften 



62 Die hnmaniBtiscbeii Studien in Wien unter der Leitung des Celtes. 

• 

in einer Anzahl von Lehrsätzen zum Nachdenken und zum 
Studium vor. Aber er wollte auch öffentlich aussprechen, 
dass über den philosophischen Problemen, Grübeleien und 
Spitzfindigkeiten die praktische Lebensweisheit nicht zu 
vernachlässigen sei, dass man nicht blos für die Schule, 
sondern auch für das Leben lerne; er gab daher die 
Sprüche der Sieben Weisen Griechenlands und seinen 
Hausschatz oder die Oeconomia heraus J) 

Ueberhaupt wies er überall darauf hin, dass das Theore- 
tische mit dem Praktischen zu verbinden sei. Es war diese 
Art die Studien zu betreiben eine ganz neue, originelle und 
der scholastischen Lehr- und Lernweise entgegengesetzte. In 
seiner Vorlesung über die Geographie des Alexandriners 
Claudius Ptolemaeus legte er den griechischen Originaltext zu 
Grunde, übersetzte ihn in's Lateinische und Deutsche und 
verband damit die Erklärung am Himmels- und Erd- 
globus. 2) Des Tacitus Buch über Deutschland, die germani- 
schen Völkerschaften und deren Sitten, welches er durch 
den Druck veröffentlichte, verglich er mit der vaterländi- 
schen Geographie, Ethnographie und Sittengeschichte seiner 
Zeit. — In seinen Vorträgen über Rhetorik und Poetik und 



^) Das Nähere über die Schriften : Apulejus, Propositiones Nie. Cusanie, 
Taciti Germania , Ansonii sententiae septem sapientam , Oeconomia wird 
im zweiten Buche im Leben des Celtes besprochen. 

2) Wie Celtes schon in Ingolstadt durch poetische Anschlagzettel 
seine Vorlesungen ankündigte, so that er es auch in Wien. Die An- 
kündigung über Ptolemaeus machte er in folgenden Distichen (Celt Epi- 
gramm üb. V. n. 11): 

Cynthius octavam cras postquam ostenderit umbram 

Et croceo rutilum sparsit ore jubar, 
Cosmographia mea tunc incipietur in aede 

Quam magnuB scribit Claudius octo libris. 
Hanc ego triplicem Celtis reserabo loquelam 
Romanam, Grajam, Teutonicamque simul. 
Ergo agite: hanc pulchram nemo modo negligat artem, 
Qua sine me doctus judice nuUus erit. 



Nene Lehrgegenstände und ihre Behandlung. 63 

bei der Interpretation römischer Classiker behandelte er 
Geschichte, Mythologie und Archäologie, gab dabei An- 
leitung zur Abfassung von Reden und mancherlei Aufsätzen 
und liess Gedichte in horazischen Versmassen abfassen. Bei 
der Erklärung der Dramatiker wurden einzelne Stücke von 
Plautus und Terenz durch Scholaren zur Aufführung, 
gebracht. 

Dass Geltes der griechischen Sprache kundig war, 
ist nicht zu bezweifeln; jedoch ist nicht mit Sicherheit zu 
behaupten, dass seine Kenntnisse darin besonders gründ- 
liche und tiefe gewesen. Wenn man angibt, dass er in 
Wien über die homerischen Gedichte erklärende Vor- 
lesungen gehalten habe,^) so ist dieses allerdings unrichtig. 
Da er aber die Schwester Pirkheimer's, die Nonne Charitas 
in Nürnberg, in der griechischen Sprache unterrichtete und 
er später die Anlage zu einer griechischen Grammatik 
machte,-) so konnte er dieser Sprache nicht unkundig sein. 
Weil damals an der Wiener Hochschule kaum ein oder der 
andere Magister griechisch wusste^) und Geltes die Noth- 
wendigkeit ihrer Kenntniss für einen Humanisten nicht 
übersah, so war sein eifriges Bemühen, dass ein tüchtiger 
Gräcist nach Wien berufen werde. Er wandte sich daher 
zunächst an seine italienischen Freunde in dieser Beziehung 
um ihre Vermittlung, doch der für die griechische Lehr- 
kanzel ausgeworfene geringe Gehalt schreckte die Sprach- 
gelehrten von der Annahme einer solchen Stelle ab.^) Auch 
Johann Werner, Pfarrer von Wörth bei Nürnberg, ein 



^) Erhard im Artikel Celtes in Ersch's allg. Encyclopädie. 

2) Das Nähere darüber im zweiten Buche im Artikel Celtes. 

^ Rhein. Nat-Matrik. ad ann. 1494: Johannes Mader ex Aug^sta 
homo graece et latine doctns. — Ad ann. 1512: Baccalanreus Simon 
Griner ex Feringen peritns in lingua latina, graeca et hebraica. 

*) Aldus Manutius schreibt (Venetiis Jun. 1503) an Celtes: Graece 
emditum quem ad te mittam habeo neminem, tum si quis esset non veni- 
ret, nisi multa mercede conductus. (Cod. epist. Celt. XIII. ep. 4. fol. 148.) 



64 Die hnmaniftischeii Stadien in Wien unter der Leitung des Celtes. 

Freund Willibald Pirkheimer's und Mitglied der rheinischen 
gelehrten Gesellschaft, ein gründlicher Kenner des Griechi- 
schen, lehnte die Berufung ab.*) Dass ausser Celtes auch 
noch einige andere Magister an der Wiener Hochschule 
sich mit dem Griechischen beschäftigten, wird freilich be- 
richtet; sie hielten darüber aber keine Vorlesungen und 
lieferten über griechische Schriftsteller in ihrem Original- 
texte keine Schriften. Dies geschah erst nach dem Tode 
des Celtes. 

Bei der Missgunst, mit welcher die meisten Magister 
des Celtes Vorlesungen und Behandlung der Studien auf- 
nahmen, weil dadurch dem alten scholastischen System so 
entschieden der Krieg erklärt wurde, fand sich der Huma- 
nist in mancherlei Weise in seiner Thätigkeit gehemmt: 
man kam ihm wenig entgegen und erschwerte ihm vielfach 
seine Wirksamkeit. Die Universität versagte ihm für seine 
Vorlesungen eine passende Stunde und einen geräumigen 
Hörsaal. Dadurch entstand ärgerlicher Hader; ungeachtet 
der Superintendent sich in die Sache mischte, so konnte 
doch dem Wunsche des gekrönten Dichters nicht ganz ent- 
sprochen werden. Derselbe musste sich in Bezug auf den 
beanspruchten Saal in die bestehende Ordnung fügen. 2) 

Celtes verkannte nicht, dass er dem Scholasticismus 
gegenüber, der sich durch seine strenge Unterrichtsmethode 
in bestimmten Formen bewegte und in den Einrichtungen 
der Universität eine feste Stütze hatte, mit dem Humanis- 
mus nicht leicht aufkommen werde, wenn er nicht in das 
Erziehungswesen, in die Unterrichtsmethode selbst ein- 
dringe. Wenn das nicht geschehe, so sah er ein, dass die 



*) Christoph. Schencfelt, artium et medicinae doctor, schreibt von 
Nürnberg, 12. Sept 1503, an Celtes (Cod. epist. Celt XIII. ep. 8): Me 
certiorem facias, an advenerit quisquam qui Graeca doceat. Der ablehnende 
Brief Wemer's an Celtes d. d. 7. Dec. 1503 (Cod. epist. Celt. f. 146). 

2) Act. fac. art lib. IV. ad ann. 1497. 31. Nov. 



ErrichtuDg des Colleginm po^taniin. 65 

Regierung selbst bei der erschütterten Autonomie der Hoch- 
schule gegen den Willen der scholastischen Professoren 
nicht leicht tiefgehende Aenderungen in der Lehrmethode 
einführen könne. Es musste daher vorerst ein neues 
Institut, das nur zur Vorbereitung des Humanismus dienen 
sollte, eine Art von Seminar für humanistische Scholaren, 
errichtet werden, nicht ausserhalb, sondern innerhalb der 
Universität. 

So ward auf Anregung und nach dem Entwürfe des 
Celtes und unter Mitwirkung Cuspinian's am 31. October 
1501 vom Kaiser Maximilian das Collegium poetarum 
et mathematicorum errichtet und am 1. Februar 1502, 
am 43. Geburtstage des Celtes, eröffnet und mit besonderen 
Privilegien ausgestattet. ^) Das rein humanistische Institut, 
welches keineswegs als eine fünfte Facultät^) gelten, aber 
in Verbindung mit der artistischen Facultät zur Universität 
gehören sollte, bestand aus zwei Abtheilungen. Die eine, 
untere Abtheilung, umfasste realistische Fächer, besonders 
Mathematik, Astronomie, Physik, die andere Poetik und 
Rhetorik; jeder Abtheilung waren zwei Professoren zu- 
gewiesen. Der eine von den Professoren der Poetik und 
Rhetorik war als Vorsteher oder Director des ganzen In- 
stituts bestimmt. Maximilian ernannte dazu den Celtes, den 
geistigen Urheber der Anstalt; in dieser Stellung war er 
nicht dem Decan der artistischen Facultät untergeordnet, 
wenn er auch zur Universität gehörte und an ihren Privi- 
legien und Vorrechten theilnahm, wie auch dem jedesmaligen 



1) Abgedruckt bei Kink, Gesch. d. Univ. Wien Nr. 42, S. 305—307, 
aus dem Univ.-Arch. mit dem Datum Bozano prid. KaL Nov. 1601. — Der 
erste Druck ist in Celt. libb. Amorum. Norimb. 1502. Nr. VIII gegeben. 
Auch im Conspect. bist. Univ. Vienn. II. p. 66 findet sich ein Abdruck. 

2) Eder, Catal. Rect. p. 48 gibt ungenaue Nachrichten über das Col- 
legium poetarum, indem er es quinta facultas der Universität nennt und 
angibt, Maximilian habe der Universität die Potestas creandi poStas lau- 
reatos ertheilt. 

V. Aschbach, Geschichte der Wiener Uniyers. U. 5 



66 I)ie human istischen Studien in Wien unter der Leitung des Celtes. 

Rector unterstand. Wie die Hochschule ein eigenes Ge- 
bäude fiir die Vorlesungen, ein CoUegium Ducale für die 
Wohnungen von Professoren, und Bursen fiir die Scholaren 
hatte, so sollten im kleineren Massstabe fiir die Realisten 
und Poeten in einem Gebäude die Wohnungen des Vor- 
stehers und der Professoren, wie auch die Hörsäle und 
Quartiere der Scholaren zusammen sich JbefindenJ) Die 
grossen Räumlichkeiten des St. Anna-Klosters in der Anna- 
gasse waren zu fliesen verschiedenen Zwecken ganz ge- 
eignet. Jede der beiden Abtheilungen war in zwei Classen 
oder Curse geschieden. 

Nach Absolvirung der sämmtlichen vorgeschriebenen 
humanistischen Studien war eine strenge Prüfung zu be- 
stehen. Die ausgezeichnetsten Scholaren wurden mit dem 
Lorbeer, als dem Zeichen ihrer erlangten Meisterschaft, 
bekränzt. Es ward darüber ein Diplom ausgestellt, mit 
dem besonderen Siegel des Collegiums bekräftigt. Es 
führte als Emblem den auf der Flöte blasenden Mercurius 
und den schlangontödtenden Apollo, und hatte die Um- 
schrift: Sigillum CoUegii poetarum Viennae. Da bei der 
Dichterkrönung ausser dem Lorbeerkranz auch Scepter, 
Birret und Ring wie bei einer Doctor-Creirung vorkamen, 
so galt sie auch als eine Mitübertragung des philosophischen 
Doctorgrades.2) Das Recht der Dichterkrönung hatte 
bis dahin nur der Kaiser geübt; nur in Italien war es 
durch denselben an Pfalzgrafen übertragen worden. In 
dem Privilegium über die Errichtung des Wiener Dichter- 

• 

^) Celtes in einer Zuschrift vom J. 1504 an den König Maximilian 
datirt dieselbe: Ex phrontisterio nostro et contabemio litterario Vienn. 
Kai. Mart. anno secundo erectionis coUegii, salatis vero nostrae MDIY 
(cf. Kltipfel I. 8. 205, n. 6). 

2) Der Poäta laureatus nannte sich zwar nicht Magister artium, aber 
doch Doctor philosophiae , wie dieses auch Celtes und Cuspinian thaten. 
Er hiess auch Doctor triformis, d. i. Doctor der dreifachen platonischen 
Philosophie. 



Die Dicliterkröiiiingeii. 67 

Collegiums aber wird dieses Recht von Maximilian, ohne 
dass er sich desselben entäusserte, Conrad Celtes per- 
sönlich als Vorsteher des Collegiums und für die Folge 
auch seinem jedesmaligen Nachfolger im Vorsteheramte 
ertheiltJ) 

Wir wissen, dass Kaiser Maximilian vor der Errichtung 
des Dichter-Collegiums schon einige Dichterkrönungen vor- 
genommen. Unmittelbar nach den Exequien des Kaisers 
Friedrich krönte er den 21jährigen Cuspinian, dann den 
Jacob Locher Philomusus, später Professor der Poetik 
in Ingolstadt, 2) und weiter den Humanisten Vincentius 
Longinus Eleutherius (Lang aus Freistadt in Schlesien), 
welchen Celtes als seinen Amtsgenossen im Dichter-CoUegium 
sich auserwählt hatte. Diese dritte Krönung fand am 
kaiserlichen Hoflager den 1. März 1501 zu Linz statt. Zur 
Feier des Tages hatte Celtes ein Singspiel, Ludus Dianae, 
gedichtet, worin dem Kaiser, seiner Gemahlin, Conrad Celtes, 
Longinus Eleutherius und einer Anzahl Humanisten be- 
sondere Rollen zugewiesen waren. ^) 

Die einzige Dichterkrönung, welche Celtes selbst in 
Folge des erhaltenen Privilegiums vornahm, wurde seinem 



') Das Privilegium der Dichterkrönung war daher ursprünglich nicht 
der Universität Wien, wie Eder (Catal. Rect. p. 48) und nach ihm der 
Conspect hist. Univ. Vienn. 1. c. angeht, ertheilt. 

2) Jacob Locher war aus Ehingen in Schwaben gebürtig; er verfasste 
ausser anderen poetischen Schriften auch Theaterstücke. Von Ingolstadt, 
wo er des Celtes Nachfolger war, kam er nach Freiburg im Breisgau, 
kehrte aber nach Ingolstadt zurück, wo er um lö23 starb. Er übersetzte 
Brant's Narrenschiff in's Lateinische und war Mitglied der von Celtes ge- 
stifteten Sodalitas Bojorum litteraria. Vgl. Denis, Merkw. d. Garell. Bibl. I. 
S. 177, wo Locher's Opuscula quaedam Argent. 1497 und andere seiner 
Schriften besprochen werden. Vgl. Der schwäb, Humanist Jacob Locher Philo- 
musus. Progr. des Ehinger Gymn. 1873, und Goiger, Gesch. d. HumaniB- 
mus in Sybel's hist. Zeitschr. XVII. 8. 124. 

3) Vgl. das Nähere im Artikel Celtes bei dessen Schrift Ludus 

Dianae. 

6* 



68 I^ie hamanistiBchen Studien in Wien unter der Leitung des Celtes. 

humanistischen Freunde Johann Stabius von Steyer zu 
Theil, der gleichzeitig mit ihm von Ingolstadt nach Wien 
für Mathematik und Astronomie berufen ward. Derselbe 
hatte die Leitung der mathematischen Abtheilung des 
Dichter -CoUegiums. Seine poetische Begabung hatte er 
durch ein versificirtes Leben des heiligen Coloman an den 
Tag gelegt; aber viel bedeutender war er als Geschichts- 
kundiger, überhaupt als Polyhistor. Seine Dichterkrönung 
durch Celtes fallt in das J. 1502. Manche geben allerdings 
auch an, dass Johann Panaetianus aus Böhmen, ein 
Zögling des Dichter- CoUegiums, den Lorbeer von Celtes 
empfangen habe, dieses ist aber unrichtig, da in bestimmter 
Weise berichtet wird, dass er von Kaiser Maximilian im 
J. 1505 zum Dichter gekrönt worden. ^) 

Alle weiteren Dichterkrönungen nach dem Tode des 
Celtes wurden nicht von dem Vorsteher des CoUegium 
poetarum, das seit 1508 eingegangen war, vorgenommen, 
sondern von dem Kaiser Maximilian selbst. 2) Die gekrönten 
Dichter gehörten sämmtlich der Wiener Hochschule an. 
Die Poetae laureati sind: Thomas Resch (Velocianus) 
von Krems (im J. 1508); Joachim von Watt (Vadianus) 
aus St. Gallen (1514); Janus Hadelius aus Niedersachsen 
(1515); Rudolfus Paumann (Agricola junior) aus Baiern 
(1516). Von Georg Logau (Logus) aus Schlesien ist es 
zweifelhaft, da er bei seinem längeren Aufenthalte in Italien 
dort vielleicht von einem Comes Palatinus, der zu einer 



1) Eder, Catal. Kect. ad ann. 1505. 23. Maji Joannes Panaetianus 
Bohemus po^ta coronatus laureatus ab ipso Imperatore D. Maximiliano. 

2) Der Conspect. hist, Univ. Vienn. II. p. 66 unterscheidet nicht die 
Zeit und schreibt die Dichterkrönung nicht nur des Panaetianus, sondern 
auch die des Velocianus und anderer Gelehrten dem Celtes zu. Rosas, 
Wien. Hochsch. I. S. 187 fol^ dieser irrigen Angabe. Auch ist unrichtig, 
dass damals schon die artistische Facultät bei Promotionen den Lorbeer 
ertheilt habe. Bei Eder, Catal. Rect. ad ann. 1505 und 1516 werden die 
Dichterkrönungen ausdrücklich dem Kaiser zugeschrieben. 



Stellung des Dichtercollegiums zur Hochschule. 69 

solchen Krönung berechtigt war, diese Auszeichnung er- 
halten. ^) 

Dass das Dichter-CoUegium unmittelbar mit dem Tode 
des Celtes eingegangen, findet sich zwar nirgends ausdrück- 
lich angegeben, aber es lässt sich aus mehreren Umständen 
mit Sicherheit entnehmen. Die erforderlichen Lehrkräfte 
zur Leitung eines derartigen humanistischen Instituts fehl- 
ten, und zwar schon einige Zeit vor des Celtes Abgang. 
Sein Stellvertreter in der Abtheilung des CoUegiums für 
Poetik und Rhetorik, Vincentius Longinus Eleutherius,^) 
war auf einer Reise in Rom, wohin er wegen Ankauf von 
Büchern und Manuscripten im J. 1504 gesendet worden, 
gestorben. 3) Es fand sich dann unter den Wiener huma- 
nistischen Magistern keine Persönlichkeit, welche zu der 
Stelle ganz geeignet war**) oder bereit sich zeigte, sie zu 
übernehmen. 

Damals gab es gerade auch mehrfache Zwistigkeiten 
zwischen dem Collegium und der Universität über ihre 
Stellung zu einander, indem ersteres Manches in Anspruch 



*) lieber die Poetae laureati Velocianus, Vadianus, Hadelins, Agri- 
cola, Lo^s die betreffenden Artikel unten im zweiten Buche. 

2) Er war neben Celtes auch besonders bemüht, die Aldinischen Aus- 
gaben der Classiker in Wien zu verbreiten. Aldus Manutius schrieb 1601 
nach Wien an Celtes und Longinus: er sende ihnen Exemplare von Virgil, 
Horaz und seiner lateinischen Grammatik, und erklärte seine Bereitwillig- 
keit, ihnen so viele Bücher zu schicken, als sie nur verlangten. Epist. 
Manutü in Philol. Epist. Centur. ex Bibl. M. Goldast. Francof. 1610. p. 76. 

3) Im Cod. Epist. Celt. kommen von Longinus Eleutherius vier Briefe 
vor (fol. 103, 12*2, 137 und 140), welche aus Venedig 18. Oct. 1499, aus 
Rom 1500, aus Wien die Satumi ante dom. Judica 1500 und die Floriani 
1 502 datirt sind, lieber seinen zweiten Aufenthalt in Rom und seinen Tod 
gibt der Brief des Joh. Camers an Celtes d. d. Rom 1604 Nachricht. Er 
findet sich ebenfalls im Cod. Epist. Celt. 

*) Von des Longinus poetischer Begabung finden sich Proben in des 
Celtes libri Amonim, wo als Praefatio von ihm: In Conradi Celtis Nove- 
narium Lyra und dann noch ein Panegyricus im heroischen Versmass pro 
ereotione coUegii poetarum abgedruckt ist. 



70 Die hnmaniBtischeii Stadien in Wien unter der Leitung des Celtes. 

nahm, was letztere, auf ihre Privilegien gestützt, nicht zu- 
gestand. Diese Streitigkeiten *) mögen damals den Super- 
intendenten Cuspinian veranlasst haben, auf einige Zeit von 
seinem Amte zurückzutreten. Vorübergehend führte es kurze 
Zeit der Humanist Georg Neudecker.^) 

Aber auch die mathematische Abtheilung des CoUegiums 
verlor ihren Hauptvorsteher, Johann Stabius, der als 
Historiograph und Hofastronom ganz in die Umgebung 
des Kaisers kam und ihn auf seinen Reisen gewöhnlich 
begleitete; der zweite Professor Stefan Rosinus, der von 
Krakau nach Wien berufen worden, fand es seinem Inter- 
esse entsprechender, lieber die Professur der Mathematik 
und Astronomie an der Universität zu übernehmen, welche 
Stelle durch den Tod des Magisters Johann Muntz aus Blau- 
beuern erledigt worden war. 3) 

Das Einzige, was sich von der Thätigkeit und den 
Leistungen des Dichter-CoUegiums erhalten hat, stammt aus 
dem J. 1504. Bei Gelegenheit der Feier des kaiserlichen 
Sieges über die Böhmen erstattete Celtes an Maximilian 
einen Bericht über die Studien und Productionen der ihm 
untergebenen, in drei Classen abgetheilten Scholaren, welche 



*) Es bezieht sich das Schreiben eines königlichen Regens, des 
Johann Fuchsmagen, an Conrad Celtes (d. d. Linz, 10. August 1504, im 
Cod. epist. Celt. lib. XIV. ep. 8) wohl auf diese Streitigkeiten. Es wird 
Celtes ersucht, an den gehässigen Factionen sich nicht zu betheiligen. 

^) Dass Cuspinian die Superintendentur 1504 niederlegte, ist im- 
zweifelhaft. Kink (Gesch. d. Univ. Wien I. Anh. XXXI. p. 46) theUt ein 
arehivalisches Concept mit, welches die Ernennung des Georg Neudecker 
zum Superintendenten im J. 1504 enthält. Kink (a. a. O. S. 206, n. 237) 
meint, Neudecker habe nur interimistisch das Amt während einer Missions- 
reise Cuspinian's geführt. Er verliess schon im folgenden Jahre Wien, da 
er zum Bischof von Trient erhoben ward. 

3) Matrikelb. der rhein. Nation in der Randglosse zum J. 1495. Ex- 
ceilens fuit Astrologus, judicia annalia multa composuit. Obiit tandem 
Canonicus Scti Stephani et baccalaureus Theologiae a. 1502. Vgl. Denis, 
W. B. G. S. 111. 296. 301. 



Stellung des Dichtercollegiums zur Hochschnle. 71 

/ 

. dann öffentlich zu des Kaisers Ehren Lobgedichte absangen 
und allegorische Schauspiele aufführten. *) 

Dass das Dichter-CoUegium nach dem Tode des Celtes 
nicht mehr bestanden hat, dafür spricht am meisten dessen 
Testament, worin er den von Kaiser Maximilian im J. 1505 
für die Dichterkrönungen erhaltenen Lorbeerkranz 2) mit 
dem dazu gehörigen Siegel an die Universität vermacht, 
zugleich mit dem von ihm urkundlich auf seine Kosten 
erworbenen Privilegium, Dichter zu krönen.^) Des Dichter- 
CoUegiums wird dabei nicht im mindesten gedacht.^) 

Der Hauptgrund, dass das CoUegium poetarum nicht 
prosperiren konnte, war seine Zwitterstellung zur Uni- 
versität: es sollte eine selbständige Einrichtung und Lei- 
tung haben und doch wieder ein integrirender Theil der 
Hochschule sein. Es brachen beständige Conflicte zwischen 
den beiden Anstalten aus. Die Universität nahm im Ganzen 
so wenig als möglich Notiz von dem ihm durch fürstlichen 



1) Es publicirte damals (Wien 1604) Celtes die Schrift: Ta4»co8{a 
laudes et victoria de Boemannis publico spectaculo Viennae acta A. 1504, 
wovon unten bei den Gelte s'schen Schriften näher gehandelt wird. 

2) Denis, W. B. G., S. 596. Aschbach, Wanderjahre d. C. Celt. 
S. 97, n. 4. 

3) Die testamentarische Verfügung lautet: Ego jure legati relinquo 
Universitati floridae studii Vienn. Privilegium creandi po^tas lau- 
reatos per lectorem ordinarium poSticae, quod ab invictissimo 
principe Rom. Imp. Dom. Maximiliano semper Augusto, propriis im- 
pensis impetravi: similiter et lauream argenteam cum sigillo argenteo 
eidem universitati relinquo. Merkwürdig ist es, dass in Ferdinand's I. Be- 
stätigungsurkunde des Universitäts-Privilegiums von der testamentarischen 
Verfügung des Celtes gar keine Erwähnung geschieht. 

*) Die Universität machte ein halbes Jahrhundert hindurch keinen 
Gebrauch von ihrem Rechte, Dichter zu krönen. Der Rector des J. 1558, 
Georg Eder, kaiserlicher Rath, veranlasste am 10. Sept. 1558 die Erneue- 
rung und Bestätigung dieses- Rechtes durch Kaiser Ferdinand I. (die Ur- 
kunde bei Kink II. Nr. 46, S. 408). Schon einige Monate vorher, am 
14. Juli 1558, war Heinrich Eccard aus Nürnberg von der Universität 
zum Dichter gekrönt worden, und zwar unter Feierlichkeiten, wie sie bei 
Ertheilung des Doctorgrades üblich waren; selbst der Doctorschmau» 



72 Die hamanistiBclien Stadien in Wien unter der Leitung des Celles. 

Machtspruch aufgedrungenen Institut ; auch selbst der 
Universitäts-Kanzler konnte nicht zustimmen, dass Dichter- 
krönungen, die ganz ohne seine Intervention vorgenommen 
wurden, die Rechte eines Doctors der Philosophie verliehen. 
Es kam so weit, dass man sich von Seiten des CoUegiums 
als ganz selbständig betrachtete, die Vorsteher keinen An- 
theil an den Geschäften der Universität nahmen, und selbst 
sich nicht einmal in die Matrikel eintragen Hessen. Dagegen 
ignorirte die Hochschule das Collegium so viel nur möglich: 
man berief dessen Lehrer weder zu den allgemeinen noch 
Facultäts-Versammlungen, lieferte keine Berichte über seine 
Wirksamkeit und vorgekommene Aenderungen, und man 
wählte aus seinen Professoren keinen zu akademischen 
Aemtern. Celtes Hess erst, nachdem er ein Decennium in 
Wien gewesen, (im J. 1507) seinen Namen in das Matrikel- 
buch eintragen,^) offenbar in einer Zeit, wo man kurz vor 
seinem Tode ein besseres Einvernehmen gewonnen hatte 
und die nahe Auflösung des CoUegiums unzweifelhaft ge- 
worden war. 

Durch Celtes wurde in Wien auch noch ein anderes 
humanistisches Institut in's Leben gerufen, welches mit 



fehlte nicht. Hiezu kamen noch zahlreiche Begrüssungs- Ansprachen und 
Gratulations-Gedichte. Noch im J. 1658 folgten am 15. September drei 
weitere Dichterkrönungen und eben so viele zwei Jahre später. Dann 
ruhte die Sache bis 1724, wo die letzte Dichterkrönung von der Wiener 
Universität vorgenommen wurde. Vgl. Kink I. S. 269, n. 322. Der Kaiser 
hatte sich aber seines Rechtes, Dichter zu krönen, nicht begeben; auf dem 
Reichstage zu Regensburg 1567 schmückte Kaiser Rudolf II. das Haupt 
des Magisters Nicolaus Frischlin, nachdem derselbe ihm seine Comödie 
Rebecca vorgelesen, mit dem Dichterlorbeer und ernannte ihn später zum 
Pfalzgrafen. 

') Rhein. Nation. Matrikelbuch ad ann. 1507. Mag. . Conradus Celtis 
primus po^ta laureatus in Germania, natione Franco. Kink (I. p. 212, 
n. 246) irrt, wenn er angibt, Celtes sei erst im zehnten Jahre (1507) nach 
seiner Ankunft in Wien immatriculirt und dann im J. 1608 zum Rector 
erwählt worden. Celtes bekleidete nie ein akademisches Amt; er war nie 
Decan, noch Rector. 



Die gelehrte Donau-Gesellschaft. 73 

seinem Tode wieder einging. Es war die gelehrte Donau- 
Gesellschaft.^) Die Literaria Sodalitas Danubiana 
war keine vom Staate eingerichtete Grenossenschaft zur 
Betreibung humanistischer Studien, sondern im Grunde 
nur eine freie Vereinigung gelehrter Männer zur Verbrei- 
tung und Pflege des -Humanismus, eine Art von Akademie 
mit einem von der Gesellschaft selbst gewählten Präsidenten 
und Geschäftsleiter. Celtes hatte derartige Sodalitäten in 
verschiedenen Gegenden in's Leben gerufen.2) Er war auch 
der Schöpfer der Donau-Gesellschaft, welche früher ihren 
Sitz in der ungarischen Hauptstadt Ofen gehabt, ihn aber 
nach Wien verlegte, als Celtes dahin 1497 übersiedelte. 3) 
Es hatten ihn dabei wesentlich unterstützt die kaiserlichen 
Räthe Johann Fuchsmagen und Johann Krachen- 
berger, daher er sie als Principes sodalitatis Danubianae 
bezeichnete.^) 



') Ein MitgUed der Sodalität schreibt am 20. Juni 1497 an Celtes 
in der Aufschrift des Briefes: Franciscus Bonomus, regis secretarius, 
doctissimo viro Conr. Celti bonarum artium et magistro Sodalitatis 
nostrae principi. 

2) Vgl. meine Schrift über die früheren Wanderungen des C. Celtes, 
bes. S. 108, n. 3. 

3) lieber die gelehrte Donau-Gesellschaft liefert Xyst. Schier in einem 
Ms. der Wiener k. Hof bibliothek Cod. 7237. P. 1—80 und P. VIII. 1-19 
einige Materialien; Zusätze dazu finden sich in dessen (P. IX. 1 — 24) Aula 
docta Mathiae Corvini. Der Gegenstand ist auch behandelt bei Hormayr, 
Denkw. Wien's IV. 1. S. 149. Kaltenbäck, bist. Zeitschr. III. 69—114. 
Kink, Gesch. d. Wien. Univ. S. 211, n. 245. 

*) In dem Vorworte zu seiner Ausgabe der Schrift des Apulejus de 
Mundo nennt Celtes beide mit ihren humanistischen Namen Johann. Fuse- 
mannus, regius Senator et Johann. Graceus Pierius, Prothonotarius et principes 
Sodalitatis litterariae Danubianae. Von Krachenberger wird unten (im An- 
hang) noch näher gesprochen; von Fuchsmagen, aus Hall in Tirol, den 
die Humanisten Fusemannus, auch Fuxmagonus nennen, geben wir hier 
eine kurze Lebensskizze. Er machte seine philosophischen und juridischen 
Studien an der Universität Freiburg im Breisgau, wo er am 25. October 
1469 immatriculirt ward. Er erlangte daselbst das artistische Magisterium 



74 Die hnmanigtischeii Stadien in Wien unter der Leitung des Celtee. 

Die Donau-Gesellschaft bildete keinen Bestandtheil der 
Wiener Hochschule; sie stand mit ihr in keiner Verbindung 
und in keinem Verkehre. Aber wie überhaupt einzelne 
Gelehrte ; Prälaten, Staatsmänner, Aerzte sich der Societät 
anschliessen konnten, um deren Zwecke: Betreibung der 
classischen Studien und Verbreitung des Humanismus zu 
fördern, so konnten es auch Universitäts - Angehörige, 
Magister und Doctoren thun; bei diesen fand sie freilich 
Anfangs nur spärlichen Anklang und Beifall. 

Als Geltes nach Wien kam, hatte die Sodalität als 
Präsidenten den ungarischen Bischof Johann Vitez von 
Weszprim, einen Freund der Humanisten und eifrigen An- 
hänger des Habsburgischen Hauses, der auch von Kaiser 
Maximilian I. zum Administrator des erledigten Bisthums 



und die juridische Doctorwürde; auch hielt er Vorlesungen über das 
canonische Recht. Kaiser Friedrich III. machte ihn zu seinem geheimen 
Rath und verwendete ihn bei mehreren Missionen ; in derselben Stellung 
verblieb er auch bei Maximilian I., der seinen Rath besonders bei den 
Universitäts-Reformen in humanistischer Richtung und bei Berufungen 
auswärtiger Gelehrten an die Wiener Hochschule einholte. Da er ein 
besonderer Gönner der Humanisten war und eifrig die Verbreitung der 
classischen Studien beforderte, wurde er von den Dichtem und Philbiogen 
jener Zeit als ihr.Mäcenas in ihren poetischen Productionen und Schriften 
öfter gefeiert. Auf der Innsbrucker Universitäts-Bibliothek befindet sich 
ein Manuscript mit einer Anzahl Gedichte an Fuchsmagen (vgl. Klüpfel, 
vit. Celt. II. 57). Auf der Wiener Hofbibliothek sind handschriftlich auf- 
bewahrt seine noch nicht gedruckten Werke: Historia de Burgundiae duce 
Carolo Audace, und Catalogns sive Serie s Imperatorum, Caesarum, Tyranno- 
rum, qui Imperium invadere ausi sunt. Eine alte Handschrift, die er auf- 
gefunden, mit Consul -Verzeichnissen, überliess er seinem Freunde Cuspi- 
nian, als dieser sein Werk de Consulibus bearbeitete (vgl. Mommsen, 
über d. Chronograph, v. J. 364). Seine ansehnliche Sammlung alter Münzen 
kam in die kaiserliche Münzsammlung. Von seinen hinterlassenen Briefen 
sind nur wenige gedruckt In der Celtes'schen Briefsammlung kommen 
von ihm zwei Briefe aus dem J. 1504 vor. Sein Brief an Reuchlin ist 
gedruckt. Nach Cuspinian's Tagebuch (S. 403) starb Fuchsmagen am 
3. Mai 1510 ; er wurde bei dem Dorotheerkloster in der Braeunerstrasse zu 
Wien begraben. 



Die gelehrte Donau-Gesellschaft. 75 

Wien bestellt war. ') — Die Sodales gehörten verschiedenen 
Nationalitäten an; es waren darunter Deutsche, Magyaren, 
Slaven, Italiener in mancherlei Lebensstellungen, nur wenige 
— ein halbes Dutzend — waren Professoren der . Wiener 
Universität. Ausser den beiden kurz vor Geltes aus Ingolstadt 
nach Wien gekommenen Mathematikern Johann Stabius 
und Andreas Stiborius können nur der gekrönte Dichter 
Johann Cuspinian^ der Jurist Hieronymus Balbi und 
die beiden Aerzte Bartholomäus Steher und Johann 
Tichtel, welche Mitglieder der medicinischen Facultät 
waren, namentlich angeführt werden. Erst als der Präsident 
Johann Vitez 1499 mit Tod abgegangen und die slavischen, 
italienischen und magyarischen Elemente grösstentheils aus- 
geschieden waren, in den ersten Jahren des 16. Säculums, 
concentrirten sich die deutschen Kräfte in einer engeren 
Wiener Genossenschaft, Contubernium, welches aber 
immer noch mit der allgemeinen Benennung der Donau- 
Sodalität sich bezeichnete. Sie hatte von der Universität 
mehrere neue Mitglieder erhalten, freilich waren auch 
andere, wie Steher und Tichtel, mit Tod abgegangen und 
Balbi hatte sich bleibend eiftfernt und anderartigen Ge- 
schäften gewidmet. Aber für die abgegangenen hatten sich 
andere Universitäts - Professoren angeschlossen, nämlich 
Gabriel Eubolius (Gutrather), der Rechte Doctor, Wil- 
helm Polyhymnius (PuUinger), k. Leibarzt, Johann 
Burgerius (Burger), artistischer Magister, Stefan Rosinus 
(Rosslin oder Rössel), Mathematiker, i) Als auswärtige 



*) Nachrichten über Joh. Vitez geben Schier, aod. Dan. fol. 29; 
Kaltenbäck, a. a. O. III. 74; Perger, der Dom von St. Stephan S. 85, 
und der Schlnss der im Anhange abgedruckten Episodia. Hieronym. Balbi 
richtete an ihn mehrere Gedichte: Carm. Nr. 43. 137. 153. 166. 220 
ed. Retzer. lieber seine politische Stellung: Engel, Gesch. d. Ungar. 
Reiches III. 2. S. 27. Er hatte früher auch in Wien Vorlesimgen über 
das canonische Recht gehalten. Vgl. Kiiik, S. 211, n. 145. 



76 Die hnraanistischen Studien in Wien nnter der Leitung des Celies. 

deutsche Mitglieder, welche die Verbindung mit der rheini- 
schen Schwester - Sodalität unterhielten, wurden in das 
Wiener Contubernium aufgenommen die Wanderärzte: der 
Friese Theodoricus Ulsenius, der in Nürnberg, und 
Henricus Eutyches (Geradwol), der in Frankfurt seinen 
gewöhnlichen Wohnsitz hatte, welche beide 'ab- und zu- 
reisten. 2) 

Wenn sich auch immer mehr herausstellte, dass die 
gelehrten Sodalitäten des Geltes ebensowohl zur Verbreitung 
des Humanismus, als zur Bekämpfung des Scholasticismus 
thätig sein sollten, so wagten doch die zahlreichen Gegner 
der Humanisten an der Wiener Universität nicht direct 
gegen die neue Richtung aufzutreten, deren Existenz man 
kaum zu beachten schien. Da es bekannt war, dass 
der Kaiser selbst den Humanismus begünstigte und die 
gelehrte Donau- Gesellschaft nicht ungern sah, so konnte 
sie fast wie eine Hofakademie, ähnlich der, wie Karl 
der Grosse eine solche in seiner Umgebung geschaffen hatte, 
betrachtet werden. Maximilians einflussreicher. Protonotar 
Johann Krachenberger (Graccus Pierius) vertrat als Prä- 
sident der Genossenschaft 3) ^ewissermassen die Stelle des 
Fürsten, Cuspinian, Superintendent der Universität, und 
Stabius, der kaiserliche Historiograph, leiteten neben Con- 
rad Celtes, dem geistigen Haupt des Vereins, die Geschäfte. 
Juristen, Aerzte, Philosophen bildeten die Genossenschaft 
und damit auch das Theologische seine Vertretung fand, 

^) Das Nähere unten in den biograph. und literar. Notizen über die 
Wiener Humanisten. 

2) Vgl. unten im Anhange: die Mitglieder der gelehrten Donau- 
Gesellschaft. 

^) Dass nach dem Tode des Joh. Vitez der Wormser Bischof Johann 
Dalberg (f 1503), der Präsident der rheinischen Sodalität, auch an der 
Spitze der Donau-Gesellschaft gestanden habe, ist zu bezweifeln, wenn ihn 
auch Celtes in einem Gedichte Princeps sodalitatum literarianim per uni- 
versam Germaniam nennt. 



Pflege der ichönen Künste. 77 

war der kaiserliche Hofcaplan, der gelehrte Ladislaus 
Suntheim, ein genauer Kenner der genealogischen Ge- 
schichte, beigezogen. Im Hause Cuspinian's in der Singer- 
strasse oder in seiner bei Wien gelegenen reizenden Villa 
Felicianum versAmmelten sich von Zeit zu Zeit die Sodales 
zu wissenschaftlichen Besprechungen und geselligem Ver- 
kehr, i) Celtes war das geistige, einigende Band: mit seinem 
Tode löste sich dasselbe und man hört dann weiter nichts 
mehr von der literaria Sodalitas Danubiana oder ihrem 
Wiener Contubernium.^) 

Einer von den namhaftesten Doctoren der medicinischen 
Facultät, der zugleich Mathematiker und Astronom war, 
Georg Tannstet ter aus Rain in Baiern, mit dem huma- 
nistischen Namen Collimitius, versuchte es mit einem 
neuen Vereine, welcher nach seinem Namen Sodalitas 
Collimitiana bezeichnet wurde und sich auf Verbreitung 
mathematischer und naturwissenschaftlicher Disciplinen be- 
schränkte. Jedoch diese Societat fand keine rechte Auf- 
nahme und ging daher auch bald wieder ein. 

Wenn man hier von des Celtes literarischer Thätigkeit, 
welche unten in seinem Leben besonders besprochen wird, 
absieht, so sind doch noch weitere wichtige Momente in 
Betreff seines Einflusses auf die Wiener Universität und die 
daselbst betriebenen Studien nicht unbeachtet zu lassen. 

Celtes war es vornehmlich in jener Zeit, welcher nicht 
nur für das Poetische und Classische überhaupt den Sinn 



*) Vgl. nnten im Anhange die Inschrift am Cnspinianischen Hause 
in der Singerstrasse. 

2) Die bei Kink a. a. O. ausgesprochene Ansicht ist nur theilweise 
richtig: „Die ganze Gesellschaft in ihrer Geschlossenheit hat gewiss schon 
nach dem Tode Vitez' (1499) oder doch nach dem Tode Celtes' (1508) 
aufgehört. Später hat sie sicherlich nicht mehr ganz zusammengehalten, 
sondern sich nach Contubemien, deren lockerer Verband nach Umständen 
wechseln mochte, vertheilt". 



78 Die humanistischen Studien in Wien unter der Leitung des Celtes. 

weckte, sondern auch fiir die deutsche vaterländische Ver- 
gangenheit lebhafteres Interesse einzuflössen bemüht war. 
Daher seine eifrigen Nachforschungen in der mittelalter- 
lichen Literatur und seine Bemühungen, in einem gefälligen 
geschmackvollen Gewände die frühere deutsche Geschichte 
vorzufuhren und für sie die studirende Jugend zu gewinnen 
und zu begeistern. 

Es ist nicht als ein geringes Verdienst anzuschlagen, 
das sich Celtes erworben hat, indem er den Sinn für die 
schönen Künste, welche bei den scholastischen Studien fast 
ausgetilgt oder wenigstens in's Geschmacklose ausgeartet 
waren, wieder weckte, namentlich durch die classischen Werke 
der Alten. Da er ein grosser Verehrer der dramatischen 
Kunst war und sich auf das eifrigste und innigste mit 
Seneca, Plautus und Terenz vertraut gemacht hatte, ja 
selbst mit der dramatischen Muse sich beschäftigte, so be- 
trachtete er es als eine von ihm zu lösende Aufgabe, auch 
in dieser Richtung als humanistischer Dichter an der Uni- 
versität zu wirken. Nicht nur zog er die dramatischen 
Dichter Rom's in den Kreis seiner Vorlesungen, sondern er 
veranstaltete auch in der Aula theatralische Vorstellungen, 
die er als Bildungsmittel für die studirende Jugend betrach- 
tete. Unter seiner Leitung wurden Stücke von Plautus und 
Terentius von Scholaren zur Aufführung gebracht,*) welchen 
Productionen die Universitäts-Angehörigen mit Einschluss 



^) Die Anlularia des Plautus, wie aus des Celtes Epigramm, 
lib. IV. 65 zu ersehen ist. Zu der Aufführung des Terentianischen Stückes 
Eunuchus lud er durch einen Anschlagzettel in Versen ein (Epigramm, 
lib. IV. 18): 

Pro Comoedia Eunuchi ad verbum latine dicta, 
Qui cupiet veteres Romanos cemere ludos, 
Egerat ut Latio scena latina foro: 

Phoebus ubi primam nitidus signavit horam, 
Hie petat excelsae tecta superba scholae. 



Pflege der schönen Künste. 79 

» 

der Professoren mit grossem Interesse zahlreich bei- 
wohnten.^) 

Als Freund der Malerei wirkte er dahin, dass bei der 
Restaurirung der Aula die früheren nackten Wände der- 
selben mit passenden Gemälden geschmückt wurden, damit 
auch auf dem Wege der Anschauung das ästhetische Gefühl 
der Scholaren für das Schöne und Geschmackvolle geweckt 
würde.2) 

Ferner verkannte Geltes nicht, ein wie wichtiges Mo- 
ment für den künftigen Dichter und Khetoriker es sei, das 
Ohr frühzeitig an rhythmischen Tonfall und Harmonie zu 
gewöhnen und daher die Musik, die ja zu den liberales 
artes gehörte, durch geschickte Meister nicht nur theoretisch 
vortragen zu lassen, sondern auch darin praktische Uebun- 
gen zu veranstalten. Er selbst war ein passionirter Lieb- 
haber der Musik 3) und mit den namhaftesten deutschen 
Musikern seiner Zeit *) stand er in lebhaftem Verkehre und 
in inniger Freundschaft; er benutzte ihre Winke und Kath- 



*) In die Universitäts- Acten schrieb der Rector Puelinger (1602) mit 
eigener Hand ein: £r&t profecto memoria dignissimus actus antea non visus 
a me neque ceteris comoediae plures Jm aula Universitatis me annuente 
et ut plnrimum praesente per pueros (scolares coUegii poetarum) recitatae 
ac scenico plausu repraesentatae sunt. 

2) Eder, Catal. Rect. p. 46; Locher, Spec. p. 305. Conradus Celtes 
— aulam facultatis artinm (universitatis) sua opera renoyavit variisque 
picturis condccoravit. In den Universitäts- Acten ad ann. 1558 wird be- 
merkt, dass Kaiser Ferdinand I. den grossen Hörsaal der philosophischen 
Facultät renoviren und bei dieser Gelegenheit ausser den Bildnissen öster- 
reichischer Fürsten und alter Philosophen auch das Porträt des Conrad 
Celtes aufstellen Hess. Cf. Eder, Catal. Rect. ad ann. 1558. p. 91. 

^) Er wird in der Vita Celtis utriusque musices pertinax amator ge- 
nannt. Vgl. unten bei den Schriften des Celtes : Ludus Dianae. 

*) Es gehörte zu diesen auch der Wiener Musicus Heinrich Funk, 
der mit Celtes schon seit 1492 befreundet war. Vgl. dessen Schreiben an 
Celtes d. d. Wien 7. April 1492 im Cod. epist. Celt lib. II. ep. 8. 



80 Die linmanistischen Stadien in Wien nnter der Leitung^ des Geltes. 

schlage, indem er sie auch für die Universität in Anwendung 
brachte. Dieselbe besass damals schon in dem Magister 
Wolf gang Greffinger aus Krems einen tüchtigen Com- 
ponisten.i) Um die musikalischen Kräfte an der Hochschule 
zu vermehren, wollte er den Tiroler Musikus Magister 
Petrus Tritonius, der in Italien humanistische Studien 
betrieben hatte und dann als Lehrer an der Brixener 
lateinischen Schule wirkte, nach Wien ziehen; derselbe 
sollte Mitglied der gelehrten Donau -Gesellschaft werden 
und im Dichter-CoUegium den Unterricht im Gesang und 
in der Instrumentalmusik leiten. Zur Grundlage dabei 
sollte das von ihnen beiden gemeinschaftlich herausgege- 
bene Werk Melopoeae oder vierstimmige Harmonie 
dienen. 2) 

Es ist daher nicht allein der besonderen Vorliebe des 
Kaisers Maximilian für die Musik zuzuschreiben, dass die- 
selbe in damaliger Zeit vorzüglich in Wien gepflegt wurde; ^) 
es muss auch als ein wesentliches Verdienst der Humanisten 



^) Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1509. Dom. Wolfgang. Gräffinger ex 
Crembs Australis (componista excellens). Denis (W. B. G. p. 199) führt 
von ihm das Werk an : Aurelii Prudentii Cathemerinon, cujus singulis odis 
singulas Harmonias quatuor vocum nusquam antea impressas Hier. Victor 
chaleograph. adjecit: coraponente aliquando eas Dom. Wolfgango Grafinger 
Pannone, sacerdote Musices peritissimo : cum Rodolfi Agricolae Rheti Prae- 
fatione. Vienn. 1515. 4^, Vgl. Luscinii Institut. Musices. Argent. 1515. 4^. 
Der Magister Albuin Greffinger ex Schwaz, theol. Lic, der 1522 und 1531 
Wiener Universitäts-Kector war, ist mit Wolfgang Greffinger nicht zu 
verwechseln. 

2) Das Nähere über Tritonius, seine Briefe an Celtes und das von 
ihnen herausgegebene Werk Melopoeae unten bei den Schriften des Celtes. 

3) Cuspinian in der Vita Maximiliani nennt den Kaiser: Musices 
singularis amator. Er bemerkt dazu: Quod vel hinc maxime patet, quod 
nostra aetate musicorum principes omnes, in omni genere musices omnibus- 
que instrumentis in ejus curia, veluti in fertilissimo agro succreverant. 
Scriberem catalogum musicorum, quos novi, nisi magnitudinem operis 
vererer. 



Pflege der schönen Künste. 81 

überhaupt und insbesondere des gekrönten Dichters Conrad 
Celtes anerkannt werden, dass diese Kunst, welche nach 
ihrem theoretischen Theil in die artistische Facultät ge- 
hörte, von mehreren Meistern in jener Zeit nicht nur 
wissenschaftlich bearbeitet, sondern auch praktisch geübt 
und vervollkommnet wurde. 

Als ein vorzüglicher Liebhaber und besonderer Kenner 
der Musik wird in jener Zeit Georg von Slatkonia aus 
Laibach gerühmt. Seinen slavischen Namen änderten seine 
humanistischen Freunde in Chrysippus. Von 1513 bis 
1522 stand er dem Wiener Bisthum vor. Wegen seiner 
tiefen Kenntniss der Tonkunst führte er die Ehrenbenen- 
nung Archimusicus. ^) 

Es ist nicht unerwähnt zu lassen, dass der junge 
Herzog Franz Sforza von Mailand, ein grosser Musik- 
freund, der damals, obgleich noch Scholar an der Wiener 
Universität, doch 1510 zu ihrem Rector erwählt ward, aus 
seiner Heimat den herzoglichen Cantor Simon van 
Eycken (de Quercu), einen geborenen Niederländer, mit 
sich in die Donaustadt gebracht hatte. Derselbe veröffent- 
lichte daselbst seine interessante Schrift über die figurative 
Musik und den Contrapunkt, welche zu den ältesten musi- 
kalischen Werken dieser Art gehört. 2) 

Aus dieser musikalischen Schule der Humanisten ging 
auch wohl der angesehene Wiener Compositeur Jacob Dia- 
mond hervor, der beim Wiener Fürstencongress im J. 1515 



^) Auch auf seinem Epitaphium in der St. Stephanskirche (mitgetheilt 
von Perger, der Dom von St. Stephan S. 86) hat er diesen Ehrennamen, 
welchen Denis, Merkw. der Garell. Bibl. S. 288, nicht richtig durch Spiel- 
graf oder Hofcapellmeister tibersetzt. 

2) Opusculum Musices de Gregoriana et figurativa atque contrapuncto 
simplici tractans per Simonem Brabantinum de Quercu Cantorem ducum 
Mediolanens. Vienn. 1609. 4. Vgl. Denis, W. B. G. S. 22. 

T. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 6 



82 Die hnmanistischen Studien in Wien anter der Leitung des Celtes. 

das von dem Humanisten Benedict Chelidonius, Abt 
des Schottenklosters, gedichtete und von jungen adeligen 
Heri-en zur Auffuhrung gebrachte Singspiel: Virtutis cum 
voluptate disceptatio componirte. *) 



^) Das Singspiel ist mit deutschen Knittelversen untermischt; der 
Wiener Buchdrucker Johann Singriener hat es 1515 auf 6 Quartblättem 
mit 2 Holzschnitten, prachtvoll ausgestattet, edirt. Denis, W. B. G. S. 137. 



Vierter Abschnitt. 

Einwirkungen des Humanismus auf die verschiedenen 
Facultätsstudien in der letzten Zeit des Kaisers 

Maximilian L 



Uie Wiener Universität, welche unter Kaiser Friedrich III. 
in sichtbaren Verfall gerathen war, hob sich durch die Auf- 
nahme des Humanismus wieder ungemein. Dem veralteten 
Scholasticismus und seinen den Fortschritt hemmenden Folgen 
wurde entgegen gewirkt:, selbst in den Facultäten, welche 
der Humanismus nicht unmittelbar berührte, ward ein 
besserer Geist, eine lebendigere Behandlung der Wissen- 
schaften geweckt. Am meisten gewann allerdings die arti- 
stische Facultät. Die Abrichtung für die scholastische Philo- 
sophie, die dialektischen Grübeleien und Spitzfindigkeiten 
verloren allmälig ihre Geltung. An ihre Stelle traten ge- 
sunder Menschenverstand, Sinn für den guten Geschmack, 
Verständniss für das Reale in den Wissenschaften. Man lief 
bei der neuen Richtung freilich Gefahr, auch einseitig zu 
werden und über die bessere Form den Kern, das eigent- 
liche Wesen der Wissenschaft, aus den Augen zu verlieren. 
Die Rhetorik und Poetik erhielten eine überwiegende Be- 
deutung, welche nicht ohne Nachtheil für die exacten Wissen- 

6* 



84 Einwirkungen des Humanismas auf die Facultätsstudien. 

Schäften behauptet werden konnte. Die Fertigkeit, lateinische 
Verse zu machen und sich in den classischen Schrift- 
stellern entlehnten Phrasen auszudrücken, konnte nicht auf 
die Dauer Ziel der Hauptstudien der philosophischen Facultät 
sein, ohne zuletzt in das Handwerksmässige, Geistlose und 
Abgeschmackte herabzusinken. Vor einer solchen Ausartung 
aber bewahrte einerseits der für die Realien durch die 
Mathematik und Naturkunde geweckte Sinn, was vorzüglich 
der Arzneikunde zu Statten kam, anderseits das Betreiben 
des römischen Rechts, welches die Schule dem wirklichen 
Leben un4 dem Staate näher brachte. 

Es war offenbar von grossem Nutzen, dass die nam- 
haftesten Humanisten , wie Cuspinian , Stabius , Vadian, 
Ursin u. A., zur Betreibung der geographischen und histo- 
rischen Disciplinen ermunterten: die Geschichte betrachtete 
man ohnehin als einen wichtigen Bestandtheil der Rhetorik. 

Es ward auch damals allgemein in Deutschland aner- 
kannt, dass die mathematischen und classischen Studien 
nirgends so gut und erfolgreich betrieben wurden, wie an 
der Wiener Universität: und gerade diesem vorth eilhaften 
Rufe hatte sie ihren so überaus zahlreichen Besuch von 
Studierenden aus allen Gegenden und Ländern zu verdanken.^) 
Auch eine bessere Latinität und eine correctere Schreibart 
ging von den Wiener Lehrern aus, namentlich im Briefstil 
und in der eleganten Schreibweise. 2) 

*) Eder Catal. Rect. p. 50. Certiim est, hoc Gymnasio uno celebrius 
tum temporis in Germania non fuisse. Locher, Speciil. p. 306. Philosophia 
Omnibus numeris erat absoluta et cum primis mathesis palmam praeripuit, 
insuper linguarum peritia vis eloquentiae et divina poesis dominari visae 
sunt. Ein Verzeichniss der berülimten Wiener Mathematiker, wozu er 
selbst geliörte, gibt Georg Tannstetter (vgl. Denis' Wiener Buchdr. Gesch. 
S. 108). Wenn Eoban Hesse schreibt, es gebe kein grösseres Glück, als 
Lehrer in Wien zu sein, so meint er vorzüglich das Dociren in der philo- 
sophischen Facultät. 

2) Mailath, Gesch. v. Oestr. I. .392 nennt in dieser Bezielmng die 
Scliriften von Franciscus Niger, Rodericus Dubravius, Aesticampianus, 



Leistungen der artistischen Facnltät. 85 

Es war besonders Cuspinianus, der als Super- 
intendent der Universität einen grossen Einflass auf den 
Studieng^ang ausübte und auch durch seine Schriften wirkte, 
dass das Veraltete, Geschmack- und Nutzlose beseitigt und 
entfernt wurde, freilich konnte er nicht überall, wie er 
wünschte, vollständig durchgreifen. Nur mit Mühe gelang 
es, die scholastischen Quodlibetistischen Disputa- 
tionen, die jährlich noch als Musterreden gehalten wurden, 
in Misscredit zu bringen, so dass sie allmälig zuletzt nur 
in eine Art von geschmacklosen Declamationen übergingen 
und später ganz aufhörten. *) 

Als nach dem Tode des Conrad Celtes das Collegium 
Poetarum eingegangen war, und es an einem Mittelpunkt 
fehlte, der den humanistischen Studien eine bestimmte Rich- 
tung gab, wirkten die Humanisten mehr vereinzelt schrift- 
stellerisch, als an der Universität in einem Cyclus von be- 
sonderen Vorlesungen. 

Bei der Mehrheit der artistischen Magister herrschte 
noch immer das scholastische Wesen vor. Bei der jähr- 
lichen Verth eilung der akademischen Vorlesungen am 
1. September wurden fast nur solche Disciplinen und Gegen- 



Wimpheling : er übersieht, das» keiner von diesen an der Wiener Univer- 
sität docirt hat, dagegen unterlässt er, die meisten der besseren Wiener 
Latinisten zu nennen. 

^) Locher, Specul. p. 317 ad a. 1558 nach Eder, Catal. Rect. p. 91. 
Dispatationes Leontinae veteribus quodlibeticae nobis academicae per 
multos annos intermissae, resumptae et in modum declamandi abierunt. 
Aus dem Act. fac. art. lib. III. lässt sich ersehen, dass fast jedes Jahr 
von 1500 — 1520 die quodlibetistisclien Disputationen noch gehalten wurden. 
In dem Reformgesetz Ferdinands I. vom 2. Aug. 1533 bei Kink II. Nr. 54 
heisst es S. 337: „Dass auch all actus der Universität und Facultäten als 
nemblich actus quodlibeticus etc. wider aufgericht und gehalten werden". 
1525 verfügte die Universität: dass wegen der geringen Zahl der Studie- 
renden die Disputationes quodlibetianae vorerst ganz oder doch nur nach 
aUen drei Jahren gehalten werden sollten. Die Vorsitzenden Professoren 
der artistischen Facultät folgten einander nach dem Senium. 



86 Einwirkang^en des Humanismas auf die Facnltätsstudien. 

stände berücksichtigt, die seit dem 14. Jahrhundert vor- 
getragen wurden. Man docu'te scholastische und aristotelische 
Philosophie, die liberales artes einzeln, vorzüglich Mathe- 
matik, Astronomie und Musik. Die lateinische Grammatik 
ward selbst noch nach den einzelnen Theilen des Doctrinale 
Alexandri vorgetragen, aber auch nach der besseren An- 
leitung des Perotti und seines Bearbeiters Bernhard Perger. 
Römische Classiker wurden nur selten erklärt. Horaz, Virgil, 
Lucan kommen manchmal vor: öfter schon Cicero. Grie- 
chische Sprache und griechische Schriftsteller linden kaum 
Berücksichtigung •). Die Anzahl der Vorlesungen war eine 
ziemlich schwankende : bedeutend grösser war die Zahl der 
Magistri legentes, da häutig mehrere zugleich über den- 
selben Gegenstand vortrugen und derselbe Magister nicht 
mehr als eine Vorlesung hielt. Durchschnittlich betrug die 
Zahl der lesenden Magister über ein halbes Hundert. Nur 
die wenigsten hatten eine lectura ordinaria mit festem Ein- 
kommen, welche zu regelmässigen Vorlesungen verpflichtete. 
Maximilian hatte vier besoldete Professuren für die Dicht- 
kunst, Beredtsamkeit, Mathematik und Astronomie neu ein- 
gerichtet und einem jeden Rector oder Professor dieser 
Disciplinen einen fixen Gehalt von 50 Gulden angewiesen. 
Die meisten Magister konnten daher nach Belieben ihre 
Vorträge aussetzen. 2) Sonst finden sich in der Reihe der 



1) Dieses lässt sich aus dem Act. fac. art. lib. IV. von 1497—1519 
ersehen: erst im folgenden Decennium fielen die meisten scholastischen 
Vorlesungen aus. Ferdinands I. Verordnung vom J. 1533 stellt sie grössten- 
theils wieder her: namentlich die über Dialectica, Gramm^rtica, Physica 
und Ethica. Die lectura in literis humanioribus wurde aber damals auch 
erneuert. Vgl. Kink II. 336. 

2) Nach Maximilians I. Tod war die Universität in Folge der Refor- 
mations - Bewegungen gänzlich in Verfall gerathen. Es fehlte an 
Studenten — die ganze Hochschule zählte manchmal kaum ein halb 
Hundert derselben: aber auch die Anzahl der Professoren verminderte sich 
rasch, da auf die CoUegiengelder nicht mehr gerechnet werden konnte. 
Die juridische Facultät schloss einige Zeit ihre Hörsäle, die theologische 



Die namhaftesten Mitglieder der artistischen Facnltat. 87 

wirklich vorlesenden Magister die Namen der angeseheneren 
Humanisten nur selten, und wenn sie vorkommen, dociren 
sie über scholastische Fächer.*) 

Als die namhaftesten Humanisten, die ihren Ruf als 
Schriftsteller begründeten, sind zu nennen: die Italiener 
Angelus Cospus aus Bologna und der Minorit Johann 
Riccutius aus Camerino, daher Cam er s geheissen: beide 
waren durch ihre vertraute Kenntniss des Griechischen, durch • 
ihre umfassende Gelehrsamkeit und ihren kritischen Sinn 
ausgezeichnet. Besonderen Ruf erwarb sich Camers durch die 
Menge seiner Ausgaben römischer Classiker, die er zum 
Theil mit guten Erklärungen und Indices versah.^) 

Ihnen zunächst steht der Schweizer Joachim Vadian 
aus St. Gallen, der wie Cospus Professor der Poetik und 
Rhetorik war, eine Anzahl Classiker mit Sacherklärungen 
edirte und eine wahrhafte Fluth von kleineren Dichtungen 
und Gelegenheitspoesien vom Stapel Hess. Da Vadian mit 



konnte aus Mangel an Professoren keine regelmässigen Doctor-Creirungen 
mehr vornehmen. Kaiser Ferdinand I. bot Alles auf, den Uebelständen 
abzuhelfen: um Studenten anzuziehen, ward in der artistischen Facultät 
(1554) das Collegiengeld aufgehoben; um die Professoren für die Ein- 
busse zu entschädigen, errichtete er eine grössere Anzahl von besoldeten 
Professuren und verdoppelte, ja verdreifachte den sonst systemmässigen 
fixen Gehalt. Die Lectoren der griechichen, hebräisfehen und arabischen 
Sprache erhielten vorzüglich hohe Besoldungen, die selbst bis 200 Gulden 
stiegen. Die jährliche Universitäts-Dotation wurde in gleichem Verhält- 
nisse vermehrt, so dass sie die Summe von 4000 Gulden erreichte, indem 
in den österreichischen Kronländern die Klöster und Stifte zu regel- 
mässigen Jahresbeiträgen beigezogen wurden. 

') Dass es bei der jährlichen Vertheilung der Vorlesungen häufig 
ziemlich eigenmächtig von Seiten des Decans herging und die zugetheilten 
Vorlesungen theils unregelmässig, theils gar nicht gehalten wurden, lässt 
sich aus Ferdinands I. Verordnungen in seinen ersten Regierungsjahren 
entnehmen. Dahin gehört das Statut vom J. 1528: De conferendis lectioni- 
bus publicis professorumque diligentia in der vom Universitäts-Canzler Paul 
von Oberstain angelegten Sammlung von Statuten fol. 183 im Cod. MS. 
Nr. 14898 auf der Wiener Hof bibliothek. 

2) lieber das Nähere im 2. Buche: Artikel Camers und Cospus. 



88 Einwirkungen des Humanismus auf die Facultätsstudien. 

Johann Camers und Cuspinian, der sich auch mit der 
Herausgabe von Classikern beschäftigte, in lebhaftem geisti- 
gen Verkehr stand, so konnte trotz ihrer sonstigen freund- 
schaftlichen Beziehungen zu einander bei der philologischen 
Empfindlichkeit manchmal nicht vermieden werden, dass 
zwischen ihnen Streitigkeiten ausbrachen, welche zu er- 
bitterten gegenseitigen Ausfallen in ihren Schriften Veran- 
lassung gaben. ') Es zeigte sich eine derartige Rivalität 
besonders bei der Herausgabe und Erklärung der nämlichen 
alten Schriftsteller. 2) 

Von den andern hervorragendsten Humanisten verblieb 
fast keiner ganz und gar den classischen Studien getreu: 
sie wandten sich beinahe alle später anderen Disciplinen zu. 
Selbst Vadian machte es wie Cuspinian, dass er sich der 
Arzneikunde und dem politischen Leben vorzugsweise wid- 
mete und Camers ging ganz zur Theologie über. Die 
Humanisten und Dichter Wilhelm Polymnius und Udal- 
rich Fabri finden wir später wie die Mathematiker Q-eorg 
Collimitius und Andreas Perlachius unter den Aerzten. 
Johann Stabius verliess bald die Universität und lebte 
als Historiograph in der Umgebung des Kaisers am Hofe. 
Andreas Stiborius widmete sich ganz den mathemati- 
schen und astronomischen Studien und versah als Canonicus 
zuletzt eine Pfarrei. Sein Studiengenosse Stefan Rosinus 
wurde zum Hofcaplan erhoben und besorgte für Maximilian 
in Rom mancherlei Geschäfte. Thomas Velocianus (Resch) 
verblieb zwar an der Hochschule, aber nachdem er jahre- 
lang mit aristotelischer Philosophie sich beschäftigt, ging er 



^) Joseph Grünbeck hist. Frid. et Max. bei Chmel, Oest. Geschichtsf. I. 
S. 65. Praetereo silentio nostros Germanicos poetas, qui se mutiüs conviciis 
prope discerpere solent. 

2) Den Florus edirten Cuspinian und Camers, beide auch nebst 
Vadian den Dionysius Afer, Caraers und Vadian den Plinius und Solinus, 
Cuspinian und Vadian beschäftigten sich mit der Erklärung des Ovid u. s. w. 



Stellung der medicinischen Facaltät zur Wissenschaft und zum Leben. 89 

endlich ganz zur Theologie über; so machte es auch Am- 
brosius Salzer. 

Die späteren Humanisten widmeten sich meist dem juristi- 
schen Geschäftsleben oder traten in den Staatsdienst^ wie Nico- 
laus Gerbel, Philipp Gundel, Jacob Spiegel, Caspar 
Velius Ursinus, Gabriel Eubolius.^) Zu den wenigen, 
welche wie Conrad Celtes den humanistischen und speciell 
classischen Studien als Dichter und Rhetoriker bis an ihr 
Lebensende getreu blieben, gehörten Johann Burger, 
Rudolf Agricola junior, Georg Logus, Janus Hade- 
lius, Johann Marius Rhaetus, Andreas Misbeck und 
Georg Rithaimer.2) 

Das medicinische Fachstudium war im Ganzen durch 
die neue humanistische Richtung nicht viel berührt und 
geändert worden. Im Allgemeinen wurde der von der 
scholastischen Zeit überkommene Studiöngang ^) beibehalten 
Hippokrates und Galenus und arabische und jüdische Er- 
klärer derselben, wie auch einige italienische und fran- 
zösische Auctoritäten blieben die Hauptführer bei den 
medicinischen Studien.^) 

Naturwissenschaften wurden nur in sehr geringem Masse 
betrieben.^) Dass einzelne Humanisten mehrere Abschnitte 

•) Rudolf Agricola in der Vorrede zu Georg Logus Epistolae und 
£plgrammat. Vienn. 1517 nennt die vorzüglichsten Wiener Humanisten 
seiner Zeit. 

2) lieber das Leben und die Schriften aller dieser Humanisten wird 
im 2. Buche näher gehandelt, Heinrich Stromer von Auerbach, den 
Manche unter die damaligen Wiener Mathematiker zählen, gehört nicht 
hieher. Sein sehr verbreiteter Algorismus linearis ist aber von 1512 — 1520 
in drei verschiedenen Ausgaben in Wien gednickt, da derselbe von den 
Studirenden häufig gebraucht wurde. 

3) Vgl. Aschbach, Gesch. d. Univ. Wien. 8. 319 fll. 

*) Rosas, Gesch. der Wiener Hochschule und der medicin. Facultät 
derselben insbesond. s. Wien 1843. I. Thl. S. 107 und 124 fll. 149 fll. nach 
den Act. fac. med. Kink, Gesch. d. Univ. Wien I. S. 220 fll. 

^) Es erschienen damals von Wolfgang Aneraorinus (Windperger) 
med. doctor Viennensis das Buch De Thermis (in Baden), de earum 



90 Einwirkuugen des HumauismuH auf die Facaltätsstudien 

aus dem Werke dos älteren Plinius über die Historia natu- 
ralis und einige andere Classiker über naturwissenschaftliche 
Gegenstände erklärten, kam allerdings auch der Arzneikunde 
zu gute. Auch war für dieselbe vortheilhaft die Verordnung, 
dass jeder, der den Doctorgrad in der Medicin erwerben 
wollte, schon Magister artium sein musste. Dagegen kürzte 
man die Stufenfolge bei der Erlangung der akademischen 
Grade in der Medicin dadurch ab, dass der Licentiaten- 
und Doctor-Titel zugleich ertheilt ward, ') ohne die früher 
übliche Doppelprüfung und ohne Intervallum. 

Das fun^ährige medicinische Studium wurde im Grunde 
wenig systematisch und wissenschaftlich betrieben ; ein geord- 
neter Gang in der Reihenfolge der Vorlesungen fand nicht 
statt, obschon eine Art von Hodegetik einigermassen befolgt 
werden sollte. Wie chaotisch und unwissenschaftlich man 
im Studium der Arzneikunde vorging, Theoretisches und 
Praktisches zugleich betrieb. Wesentliches und Zufälliges 
und Fremdartiges zusammenwarf, zeigt das Buch eines der 
renommirtesten Wiener Aerzte jener Zeit. Martin Stain- 
peiss, erst artistischer, dann medicinischer Professor, 
verfasste eine Anleitung zum Studium und Dociren der 
Arzneikunde, worin nach dem Ausspruche eines neueren 
Arztes allerdings merkwürdig „nüchterne medicinische Grund- 
sätze" vorkommen, die aber in der ganzen Anlage wenig 
wissenschaftlichen Geist verräth, obschon zugestanden werden 



origfine ac natura quibusque morbis sunt salubres. Viennae 1511 und das 
Lapidarium omni voluptate refertum et medicinae plnrima experimenta 
complectens. Vienn. s. a. (vor 1519). Wolfgang Windperger ex Melico 
kommt im J. 1499 im juristischen Matrikelbuch II. fol. 41 vor; er muss 
daher früher die Studien der Rechtskunde betrieben haben. Windperger's 
Schrift kommt als Ms. auf der Hofljibliothek Nr. 8873 unter dem Titel: 
Tractatus de thermis Cetiis in deutscher Sprache vor. 

1) Rosas S. 127 und 176. Die Promotions-Gebühren steigerten sich, 
der Doctorschmaus ward kostspieliger und luxuriöser; auch nahmen die 
Frauen der Professoren manchmal daran Theil, 



Stellung der medicinischen Facultat zur Wissenschaft und sam Leben. 91 

muss, dass das Buch viel Interessantes und manches Werth- 
volle ^enthält. ») 

Erst über ein Decennium später, unter dem Könige 
Ferdinand L im J. 1533, wurde in die medicinische 
Studienordnung eine wesentliche Verbesserung eingeführt, 
indem von der Regierung zwei besoldete Lectoren oder 
Professoren angestellt wurden, mit der Verpflichtung, dass 
der eine die Theorie der Arzneikunde vorzutragen hatte, 
der andere die Praxis leiten sollte. Für das letztere 
Fach wurde zuerst ein Humanist, Udalrich Fabri, ein 
Schweizer, der sich zuletzt der Medicin zugewendet hatte, 
bestimmt. Etwas später kam noch ein dritter Lector für 
die medicinische Propädeutik hinzu, der ebenfalls von 
der Regierung besoldet ward.*^) 

Als ein namhafter Fortschritt war zu betrachten, dass 
die anatomischen Demonstrationen regelmässiger in 
Aufnahme kamen und auch besondere Vorlesungen über 
die Chirurgie gehalten wurden. Schon im J. 1484 ward 
angeordnet, dass die anatomischen Demonstrationen, welche 
bis dahin auf dem Kirchhofe des städtischen Spitals im 
Freien stattgefunden, in der Folge im Gebäude der medi- 



') Das Werk, welches den Titel führt: De modo studendi et legendi 
in medicina und in Wien im Druck erschien, zerfällt in 7 Abschnitte oder 
Bücher. Liber primus dat modum legendi incipienti. Secundus doctori 
novello. Tertius aromalario. Quartus errores aromatariorum assignat. 
Quintus tabulam de medicinis recitat. Sextus stilum practicantibus osten- 
dit. Septimus speculum visitationis practicae. Rosas a. a. O. I. S. 149 — 164 
gibt aus dem Werke ausführliche Auszüge; er setzt die Publitiation in 
das J. 1519 oder 1520. Denis bestimmt mit Recht dafür 1517. (Wien. 
Buchdr.-Gesch. S. 333.) Ein kürzeres Lehrbuch war von Stainpeiss schon 
im J. 1497 verfasst worden. 

2) Rosas I. 2. S. 47. Später wurden zwei Professoren der medicinischen 
Theorie angestellt, der eine als professor medicinae primarius, der andere 
als secundarius. Einen besonderen Lector für die Chirurgie bestellte die 
Facultät 1537, der 52 Gulden jährliche Besoldung von der Regierung 
erhielt. Rosas I. 2. S. 51, 



u2 Einwirkaugen des HumanismuB auf die Facultätsstudien. 

cinischen Facultät vorgenommen werden sollten, so dass 
Lehrer und Scholaren wenigstens gegen Regen und anderes 
Ungemach der Witterung geschützt waren. ^) 

Dem Magister Gregor, der in chirurgischen Operationen, 
namentlich der Blasensteine und Hernien, eine grosse Fertig- 
keit gewonnen hatte, ertheilte die Facultät (2. August 1498) 
darüber ein Diplom, das er mit einem Goldgulden zu be- 
zahlen hatte.2) Dasselbe geschah auch bei einem andern 
approbirten Chirurgen, einem Franzosen Namens Sebastian. 3) 

Aber bei inneren Krankheiten dui'ften die Wundärzte 
ohne Beirath eines Facultäts- Mitgliedes nicht ordiniren, 
nicht einmal Purganzen zu geben war ihnen erlaubt.^) 

Zu Kurpfuschern wurden alle gerechnet, welche 
nicht der Facultät als Mitglieder angehörten oder nicht von 
ihr approbirt waren und doch wagten, ärztliche Praxis aus- 
zuüben. Gegen solche, sie mochten auswärtige Aerzte 

» 

oder Apotheker, geistliche oder weltliche Personen sein — 
wurde streng mit Strafen eingeschritten und dazu die Hilfe 
des städtischen Regiments, ja selbst des bischöflichen Offi- 
cials, der über die Pfuscher die Excommunication auszu- 
sprechen hatte, in Anspruch genommen. Die gewöhnlichen 
Strafen waren Abschaffung aus der Stadt oder Geföngniss. 
Letztere Strafe traf vorzüglich die Einheimischen und die 
Juden. Den Apothekern war in diesem Falle die Schliessung 
ihrer Apotheken angedroht. Wurden von Mönchen oder 
Nonnen Kurpfuschereien getrieben , so wurde ihnen bei 

') Rosas I. S. 128 liefert darüber das Nähere. Als ein besonders 
interessanter Fall, der bei den anatomischen Demonstrationen vorgekommen, 
wird berichtet, dass im J. 1491 im medicinischen Facultatsgebäude ein 
Gehängter, der zur Secirung abgeliefert worden, durch Aderlass an beiden 
Cephalicis und andere Mittel wieder in's Leben gerufen worden. Rosas I. 
S. 165. 

2) Rosas I. S. 173. 

3) Rosas I. S. 178. 

*) Rosas I. S. 177 nach einer k. Verordnung vom J. 1517. 



Verordnungen über das Hedicinalwesen. 93 

Erkrankungen der ärztliche Beistand der Facultäts-Doctoren 
versagt J) 

Es werden mehrere Beispiele der Bestrafung von Kur- 
pfuschern angeführt, welche sich für auswärtige diplomirte 
Aerzte ausgegeben und erst nachdem sie durch ihre un- 
geschickten Ordinationen viel Unheil unter der Bevölkerung 
der Stadt angerichtet hatten, zur Untersuchung gezogen 
wurden, wobei es sich dann herausstellte^ dass sie weder 
ein Doctordiplom besassen, noch medicinische Studien ge- 
macht hatten. Die Verurtheilung solcher Kurpfuscher wurde 
in der Weise veröffentlicht, dass sie in lateinischer und 
deutscher Sprache an den Eingängen der St. Stephanskirche 
angeschlagen wurde.^) 

Zwei Verordnungen waren es vornehmlich, durch welche 
Kaiser Maximilian I. das Wiener Medicinalwesen in eine 
bessere Ordnung zu bringen suchte. 

Nach der Verordnung vom J. 1501 ward bestimmt, 
dass auswärtige, nicht von der Wiener Facultät approbirte 
Aerzte, wenn sie sich unterstünden,- Kranke zu behandeln 
oder Recepte zu schreiben, von der städtischen Obrigkeit 
angehalten und um so strenger und empfindlicher bestraft 
werden sollten, wenn bei der Prüfung, welche die Facultät 
mit ihnen vorzunehmen habe, es sich herausstellte, dass die 
Arzneikunde von ihnen nicht wissenschaftlich erlernt worden 
und sie nicht die erforderliche Uebung in der Praxis erlangt 
hätten 3). 

Dass diese Verordnung bald in Vergessenheit gekommen 
oder doch wenigstens nicht streng darnach verfahren wurde, 

») Rosas I. S. 180. 

2) Rosas I. S. 170 fll. Doch kam manchmal auch der Fall vor, dass 
ein Kurpfuscher, der glückliche Kuren vollbracht und sich hohen Schutzes 
erfreute, ungeachtet Facultät und Stadtrath eingeschritten waren, nicht als 
unbefugter Praktiker aus der Stadt geschafft werden konnte. Rosas 
8. 178 fll. 

^) Act. fac. med. ad ann. 1501. Vgl. Rosas I. S. 172. 



94 Einwirknngen des Humanismus auf die FaeulüLtsstridieii. 

zeigen weitere Verfügungen Maximilians vom 9. October 
1517,') um die Wiener Doctoren gegen die Concurrenz 
auswärtiger Aerzte und der Kurpfuscher bei der Ausübung 
der ärztlichen Praxis zu sichern. In der einen Verordnung 
kommen folgende Artikel vor; 

Nur ein Mitglied der Wiener medicinischen Facultät 
oder nur ein solcher auswärtiger diplomirter Arzt, den 
diese Facultät nach Entrichtung der üblichen Gebühren 
zum actus repetitionis zugelassen und approbirt hat, darf 
in Wien die ärztliche Praxis ausüben. 

Der Facultät steht die Oberaufsicht über die Apo- 
theken und das Recht der Approbation und Zulassung 
der Wundärzte zu. 

Diese dürfen nicht bei inneren Krankheiten ver- 
ordnen. 

Die nicht approbirten Aerzte . werden aus der Stadt 
gewiesen. 

Dagegen muss die Facultät dafür sorgen, dass ihre 
Mitglieder in den Taxen für ihre ärztliche Hülfeleistung 
oder Berathung sich massigen, aus ihrer Mitte einen 
Armen- und Spitalsarzt bestellen, 2) der unentgeltlich 
ordinirt. 



^) Die eine abgedruckt bei Kink, Gesch. d. Wien. Univ. II. Nr. 53, 
S. 330; die andere von demselben Datum. (Act. fac. med, ad ann. 1527 
und bei Rosas I. S. 177.) 

2) Der Spitalarzt wechselte wöchentlich unter allen Mitgliedern der 
Facultät, was offenbar nicht im Interesse der Kranken war. Auch ein 
Armenarzt wurde bestellt; er hatte durch einen für die Vorübergehenden 
sichtbaren Anschlagzettel an der Thüre seines Hauses sein Amt zur öffent- 
lichen Kenntniss zu bringen. Sein Name und Wohnort ward auch von der 
Kanzel der St. Stephanskirche bekannt gemacht. Act. fac. med. III. p. 127, 
Rosas I. 2. S. 50. Länger (bis 1540) dauerte es, bis ein von der Regierung 
mit 200 Gulden Jahresgehalt besoldeter Sanitatis Magister, den die Facultät 
bestimmte, zur Beaufsichtigung der städtischen Gesundheitspflege angestellt 
wurde; in den Pestzeiten wollte häufig kein Facultäts-Mitglied diese so 
gefährliche Stelle bekleiden. Rosas 1. c. S. 54. 



Mitglieder der medicinischen Facnlt&t. 95 

m 

Eine andere Verordnung von demselben Datum befiehlt: 
dass fremde Personen, Mann oder Frau, oder auch Juden, 
die sich fälschlich den Titel „Leibarzt" beilegen, ihre ärzt- 
lichen Dienste weder durch Strassenanschläge bekannt geben, 
noch überhaupt prakticiren dürfen, wenn die Facultät es 
ihnen nicht ausdrücklich gestattet. Sie sollen unnachsicht- 
lich aus der Stadt entfernt werden. 

Man kann keine grosse Meinung von den tiefen wissen- 
schaftlichen Kenntnissen und der Geschicklichkeit der da- 
maligen Wiener Aerzte haben, wenn die ersten ihres Standes 
von ihren CoUegen so wegwerfend und verächtlich sprechen. 
Bartholomäus Steher, als Humanist Scipio genannt, 
schrieb als Decan in das medicinische Facultätsbuch : Die 
Doctores medicinae hielten schlechte Vorlesungen : sie seien 
ohne Kenntnisse, aber voller Eitelkeit und Streitlust. Stärker 
noch lauten die Aeusserungen des Decans Martin Stain- 
peiss, der die andern Mitglieder seiner Facultät nicht für 
mehr werth hält, als dass sie davongejagt werden. Man 
rächte sich an dem schmähsüchtigen Collegen dadurch, dass 
man ihn auf einige Zeit aus der Facultät ausschloss, doch 
versah er später wiederholt ihr Decanat. ^) 

Wenn man bedenkt, dass nur Doctoren der medicini- 
schen Facultät die ärztliche Praxis in der ziemlich bevölkerten 
Stadt ausüben durften; dass ihre Zahl damals immer nur 
eine geringe war, die selten mehr als einige zwanzig betrug;^) 
dass ferner in jener Zeit fast regelmässig nach Intervallen 
von wenigen Jahren verheerende Epidemien Wien heim- 
suchten: so wird man die beständigen Klagen des Stadt- 



1) Rosas S. 176. Kink S. 222. 

2) Im J. 1511 werden nur 18 Doctoren angeführt. Rosas I. S. 176. 
Allerdings hatte jeder Doctor einige ältere Studierende als Assistenten, die 
zur Einführung in die Praxis mit an's Krankenbett genommen wurden. 
Selbständig aber durften diese nicht die Heilkunde ausüben, wollten sie 
sich nicht die Strafe der Ausschliessung vom Doctorgrad zuziehen. 



96 Einwirkungen des Hnmanisnins anf die Facnlt&tsstndien. 

magistrats begreiflich und wohl berechtigt finden, dass die 
Wiener Bevölkerung an den Facultäts-Doctoren keine aus- 
reichende ärztliche Hilfe hatte, und es daher nöthig war, 
entweder auswärtige Aerzte zu berufen oder sie wenigstens 
zur Praxis zuzulassen. Man erklärte dieses für desto noth- 
wendiger, je mehr der Mangel an einheimischen Aerzten 
fast zu wahrhaften Gelderpressungen führte. •) 

Von Seiten der Bürgerschaft trat man endlich mit einer 
an den Rector gerichteten Beschwerdeschrift auf. Man 
drohte, wenn der Rector den Uebelständen nicht ernstlich 
abhelfe, der Stadtrath gezwungen sei, die einheimischen 
Aerzte, die des Vertrauens unwürdig seien, mit Gewalt zu 
entfernen und mit besseren Doctoren von auswärts sich zu 
versehen. 

Ein beständiger Gegenstand besonderer Klagen waren 
die hohen Taxen, welche die Aerzte für ihre Krankenvisiten 
erhoben. Sie nahmen für einen einmaligen Besuch einen 
Gold gülden, von reicheren Patienten selbst das Doppelte. ^) 

Aus den Aufzeichnungen in dem Tagebuche des Johann 
Tichtel, eines damaligen renommirten Wiener Arztes, lässt 
sich entnehmen, dass die Einnahmen der Aerzte nicht blos 
in Geld, sondern auch in Naturalien, besonders in Geflügel, 
Eiern, Butter, Wein bestanden und dass sie durch ihr an- 
sehnliches Einkommen schnell zum Wohlstand,, ja selbst 
zum Reichthum gelangten. ^) 



1) Rosas I. 169. 

2) Rosas a. a. O. und Kink I. S. 251 und n. 257: „Am 26. Juni 1494, 
als der Decan B. Steber beim Apotheker Chr. Krueg zu Tische sass, 
kamen zwei Wiener Bürger, Steph. Enn und Jak. Zächwein, herbei, 
wiederholten die früheren Klagen im Namen des Stadtrathes und fügten 
bei, man werde endlich die wegen unersättlicher Habsucht nicht mehr zu 
ertragenden Priester Apollos von Wien verjagen müssen". 

3) Vgl. Joh. TichtePs Tagebuch (von 1477—1495), welches Karajan 
in den Schrift, d. Wien. Akad. Fontes rer. Austriac. I. p. 1 — 64. Wien 
1855 herausgegeben hat. 



Die namhaftesten Professoren der Medicin. 97 

Da die Aerzte als Mitglieder ihrer Facultät an der 
Universität thätig waren, so hatten sie auch von den Col- 
legien- und Prüfungsgeldern ein ansehnliches Einkommen. 
Privatvorträge über einzelne Krankheiten oder die Einführung 
in die ärztliche Praxis mussten von den Scholaren, die 
häufig schon graduirte Personen waren, namentlich der arti- 
stischen Facultät, besonders und zwar ziemlich hoch bezahlt 
werden. Nur die vom Landesherrn mit Gehalt angestellten 
Professoren, welche zugleich gewöhnlich auch fürstliche 
Leibärzte waren, erhielten kein Collegiengeld : es hiessen 
ihre Vorträge lectiones publicae vel Principis. 

Die angesehensten Aerzte Wiens in jener Zeit gehörten 
der Humanistenpartei an. Ausser Cuspinian, Scipio, Poly- 
mnius zählten zu dieser Classe Vadianus, Collimitius, 
Udalrich Fabri, Andreas Perlacher, die alle als huma- 
nistische oder mathematische Schriftsteller einen Namen 
haben, aber wie ihre CoUegen in ihrem medicinischen Fache 
nur wenig literarisch auftraten. Von dem Werke des Martin 
Stainpeiss ist schon gesprochen, er schrieb noch ein 
zweite»- über die Mittel gegen die in Wien so häufig vor- 
kommende pestartige Epidemie. *) Einige seiner CoUegen 
schrieben über den Morbus Grallicus oder die Mala de 
Franzos, welche damals von Italien aus anfing, sich in den 
Donauländern zu verbreiten. ^) 

Von den Professoren der Medicin, welche durch ihre 
AmtssteUung als Rector oder Decan vorzüglich hervortreten, 
sind bemerkenswerth : Johann Wisinger aus Passau, der 



^) Antidotale Praeservationis cum additionibus in epidemicum morbum. 
Vienn. 1510 und 1520. Auch in deutscher Sprache: Anzeig wider die 
Pestilenz 1515. Collimitius und Johann Salius (Ferdinands I. Leibarzt) 
schrieben auch gegen die Pest: der letztere ein Opusculum de praeser- 
vatione a Pestilentia. Vienn. 1510. 

2) Zuerst Scipio (Steher) — vgl. unten im 2. Buche Art Scipio — 
dann der k. Leibarzt Joseph Grünbeck im J. 1496 de pestilentiali Scorra 
seu morbo Qallico. 

y. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. U. 7 



98 ßinwirkuugen des Ilumauismus auf die Facaltätsstudieti. 

als Rector 1506 an der Pest starb, Simon Lazius aus 
Stuttgart, der Vater des Wolfgang Lazius, der ebenfalls 
ein Opfer der Pest würde; ferner Johann Pilhamer von 
Haidek, Michael Sartoris von Preniarthon, Johann 
Salius aus Steier, Georg Ladend orf aus Wien und 
Leopold de Jordanis. ') 

Trotz mancherlei Verordnungen und Einrichtungen war 
das Apothekerwesen, worüber die Facultät die Inspection 
und Regelung führte, in der letzten Zeit Kaiser Friedrichs III. 
in kläglichen Verfall gekommen. Dem Uebelstande abzu- 
helfen, verfiel man endlich auf ein sonderbares Auskunfts- 
mittel: die Facultät beabsichtigte, unter ihrer eigenen 
Leitung eine Musterapotheke zu errichten; sie wollte das 
dazu nöthige Geld vorschiessen und die Arzneimittel und 
Droguen einkaufen, einen Apotheker als Administrator 
anstellen, welchem ein Viertel Antheil am Gewinne zuge- 
sichert wurde. Die Apotheker, welche wohl befürchten 
mochten, dass ihre Officinen dadurch in grossen Nachtheil 
kommen könnten, wandten sich an den Stadtrath und die 
Regierung, ihr Geschäft und ihre verbrieften Privilegien zu 
schützen. Die Facultät war genöthigt nachzugeben. Man 
verständigte sich, die Sache in gemischten Commissionen 
in Berathung zu ziehen. Verschiedene Entwürfe von neuen 
Apotheker -Ordnungen wurden vorgelegt: die Vorschläge 
aber endlich verworfen und man war genöthigt, zum alten 
Schlendrian mit seinen Missständen zurückzukehren, da 
die widerstrebenden Interessen der Betheiligten nicht aus- 
geglichen werden konnten. ^) 



^) ^S^' Schier, Auszüge a. d. Act. fac. med. v. 1490 — 1558 u. im 
Rotiilus profess. med. Ms. auf der k. Hofbibl. nr. 9520. — Leopold de 
Jordanis wird auch Leopoldus Jordanus Viennensis genannt. Der Hymnus 
gradualis der Universität setzt ihn unter die Koryphäen der medicinischen 
Professoren. 

2) Vgl. Rosas I. 165—168. 



Das Apotliekerwesen. Das Studenten-Krankenhaus. 99 

Als Folge dieser vergeblichen Schritte der Facultät um 
die Verbesserung des Apotheker wesens war zu betrachten 
die Erbitterung der Apotheker gegen die mediciniöchen 
Doctoren, welche bald zu heftigen Ausfallen gegen, dieselben, 
mancherlei Beschuldigungen, Ehrenbeleidigungs- Processen, 
ja selbst zur Aufreizung der medicinischen Scholaren gegen 
ihre Professoren und zu Excessen der Ersteren gegen die 
Letzteren führten. *) Ja die Mitglieder der Facultät selbst 
geriethen zuletzt gegen einander in Hader und die ärger- 
lichsten Auftritte erfolgten, die nur mit Mühe beigelegt 
wurden. 2) 

Ein Spital gab es in Wien schon in der ersten Hälfte 
des 15. Jahrhunderts, welches die Doctoren der Medicin 
bei ihren Vorträgen benützten. Bei den häufigen Ausbrüchen 
von Epidemien in Wien war es nöthig, ein neues Spital zu 
erbauen. Schon im J. 1482, wo eine furchtbare Pest die 
Stadt heimsuchte, wurde dazu der Entschluss gefasst, der- 
selbe kam aber erst unter Maximilians Regierung zur Aus- 
führung. Dem herzoglichen Collegium gegenüber (auf der 
Stelle des gegenwärtigen Universitätsplatzes) wurde ein dem 
Kloster Engelszell gehöriges Haus erworben und für Spital- 
zwecke eingerichtet (1492), daselbst ward auch die artistische 
oder Universitäts - Bibliothek untergebracht. 3) Es währte 
aber noch eine Reihe von Jahren, und man bedurfte man- 
cherlei Geldunterstützung, wozu die Universität aus ihren 
eigenen Mitteln beitrug, bis das Haus seiner eigentlichen 



1) Rosas S. 169 fll. 

2) Ibid. S. 174. 177. (1508. 1511.) 

3) Eder Catal. Rect. ad ann. 1493. Inclyta facultas artium emit 
domuiu quae hodie dicitur vulgo Hospitale: in qua ab eo tempore paula- 
tiin instructissima comparata est Bibliotheca. Vgl. das Testament des 
C. Celtes vom J. 1508: Lego omnes meos libros — universitati seu facul- 
tati artium ad librariam ex opposito coUegii (ducalis) in hospitali novo, 
tali conditione, ut iiwusum publicum reponantur. 

7* 



100 Einwirkangen des Ruinanismus auf die Facnlt&tsstudien. 

Bestimmung zugeführt werden konnte. Das geschah erst 
im Pestjahr 1506. ») 

Es zeigte sich aber bald, dass das städtische Kranken- 
haus wie «uch das neue Spital bei starken Epidemien für 
die Aufnahme erkrankter Studenten nicht ausreichten. Diese 
hatten bis dahin, wenigstens theilweise, auch Unterkommen 
in den der medicinischen Facultät gehörigen, in der Weih- 
burggasse gelegenen Gebäulichkeiten gefunden.^) Es stellte 
sich aber das dringende Bedürfniss heraus, bei den nicht 
genügenden Räumlichkeiten für die erkrankten Studenten 
ein besonderes Spital zu erbauen. 

Daher ward in der Nähe der Universität, vor dem 
Stubenthor, bei der Kirche St. Sebastian, ein besonderes 
Studenten-Krankenhaus errichtet (1511), welches aber 
kaum zwei Decennien bestand. Denn bei der Türken- 
belagerung 1529 wurde es sammt der Kirche eingeäschert 
und nicht wieder aufgebaut, obschon bei der häufigen 
Wiederkehr der Pest ein solches Spital, welches überhaupt 
für die Fremden bestimmt war, höchst nothwendig ge- 
wesen. 3) 



') Kink I. S. 227, n. 264. Unrichtig aber wird da die Kirche von 
St. Sebastian bei diesem Spitale angegeben : dieselbe lag bei dem Studenten- 
Spital vor dem Stubenthor. 

2) Das Haus wurde gewöhnlich an Aerzte vermiethet: im J. 1469 
und 1475 betrug der Miethzins neun Goldg^lden, davon aber war noch 
eine Lehensteuer an das Schottenkloster zu entrichten. Im J. 1504 bezog 
es der medicinische Decan selbst (Rosas 127 u. 173). Im J. 1518 
brannte das Haus nieder: es wurde dann wieder aufgebaut. Aber schon 
wenige Jahre si)äter (1525) brannte es bei einer grossen Feuersbrunst, 
welche 500 Häuser in Asche legte, abermals nieder: der Platz und Einiges 
von den Gebäulichkeiten, was sich erhalten hatte, wurde dann verkauft, 
so dass die medicinische Facultät ihres Besitzthumes in der Weihburggasse 
sich ganz entäusserte (Rosas I. S. 180). 

3) Eder Catal. Rect. ad a. 1511 p. 53. Academia Vienn. honorificum 
erigit hospitale et templum S. Sebastiani in suburbiis ante portam Stubarum 
exstruxit pulcherrimum, quo studiosi aegrotantes et peregrini recipian- 
tur. Quod paulo post in obsidione Turcica a. 1529 igae consumitur. 






"• • • 



Epidemien in Wien. 101 

Offenbar waren die in bestimmten Zeiträumen fast 
periodisch wiederkehrenden Epidemien, welche unter der 
Wiener Bevölkerung grosse Verheerungen anrichteten, für 
die Universitätszustände höchst störend. In solchen Pest- 
jahren wurden die Hörsäle geschlossen und wer konnte, 
flüchtete aus der Stadt auf's Land und in entferntere Ge- 
genden, um dem allgemeinen Verderben, das Jung und Alt 
bedrohte, zu entgehen. ^) Gewöhnlich brach die Krankheit 
in heisser Sommerszeit aus: nur selten kam sie im Winter 
vor. 2) Die Dauer der Epidemie war einige Monate, und 
man blieb dann mehrere Jahre verschont. Jedoch kam es 
auch vor, dass sie mit Unterbrechung von Monaten zwei 
Jahre hinter einander wüthete. Tausende wurden von ihr 
hingerafft: die Zahl der täglich Gestorbenen betrug zu 
manchen Zeiten 100 bis 150. Unter Maximilians I. Regie- 
rung waren die Pestjahre 1495, 1506, 3) 1511 und 1513 
durch besonders grosse Sterblichkeit verderblich. Die 1521 
grassirende Epidemie, welche 9000 Menschen dahinraffte, 
brach einige Jahre nach Maximilians Tod aus. Zur wirk- 
samen Bekämpfung der Krankheit oder zu ihrer Abwehr 
wussten die Aerzte kein Mittel, obschon es nicht an Schriften 
fehlte, worin sie über die Pestilenz handelten. Totale Sonnen- 
finster niss und andere merkwürdige Himmelserscheinungen 
hielt man für Vorboten des Ausbruchs der Epidemie.^) 



^) Cuspinian's Tagebuch ad ann. 1506. 2. Aug. Fugi pestem ex 
Vienna cum uxore et liberis. 

2) Rhein. Nat. Matrik. ad a. 1510. In praesenti procuracia (v. 1610 
bis 1511) pauci studentes mansemnt Viennae propter pestem. Ideo paüci 
fuerunt intitulati. Sed circum festum pascae 1511 reversi sunt. 

3) Der Rector des J. 1506, Johann Wysinger, starb an der Pest. 
Rhein. Nat. Matrikel: Johann Wysinger ex Patavis doctor med. peste obüt 
Claustroniunberga a. 1506. Eder Catal. Rect ad a. 1506. Academia 
Vienn. dissipatur propter pestem horribilem. 

*) Denis, Wien. Buchdr. Gesch. S. 223 u. 398. 



f. 



10^ Einwirkungen des HumaniBmus auf die Facnltätsstndien. 

In der juridischen Facultät, welche noch ihr eigenes 
Haus in der Schulergasse hatte, worin auch Vorlesungen 
gehalten wurden und einige Professoren wohnten, *) waren 
unter Maximilian wesentliche Reformen gemacht worden, so 
dass sie eine ganz veränderte Einrichtung erhielt. Früher 
war nach den Bestimmungen der Universitäts-Stiftung und 
der päpstlichen Bestätigung nur das canonische Recht Gegen- 
stand ihrer Vorlesungen: die schwachen Versuche, welche 
im Laufe des 15. Jahrhunderts gemacht wurden, auch das 
römische Recht einzufuhren, waren ohne besonderen Er- 
folg geblieben. Erst Maximilian war es vorbehalten, in. 
dieser Sache entscheidend einzugreifen. Er errichtete be- 
soldete Professuren für Lehrer des römischen Rechts 2) und 
erlangte auch für diese Neuerung die päpstliche Bestätigung, 
so dass auch Geistliche diese Vorlesungen besuchen durften 
und die Facultät das Recht hatte, Doctores juris utriusque 
zu creiren. 

Wenn auch nicht schon damals eine stricte Ordnung 
für den Studiengang im römischen Recht vorgeschrieben 
war, so richtete man sich im Allgemeinen doch nach der 
Art und Weise, wie in jener Zeit auf den italienischen 
Universitäten, namentlich zu Bologna und Padua, vorge- 
gangen wurde. ^) 



') Das Haus, wozu auch die Yvo's Capelle gehörte, musste wegen 
Baufälligkeit im J. 1634 umgebaut werden. Eder Catal. Rect. p. 71. 
Im J. 1626 brannte es ab. Sorbait Catal. Rect. ad a. 1626. Das wieder 
aufgebaute Haus mit Nr. 850 kam später in Privatbesitz des Grafen Alex. 
Yon Nako. 

2) Act. fac. theol. II. p. 83. Kink I. Anh. Nr. XXXI. 4. p. 115. 
In der Sammlung der Universitätsacten von Paul von Oberstein, der von 
1616 — 1644 Kanzler war, ist aus dem Acten-Stück fol. 185 zu ersehen, dass 
die lectores ordinarii juris civilis regelmässig Vorlesungen hielten. 

3) In Kaiser Ferdinands I. Neuen Reformation v. J. 1554 (bei Kink 
II, n. 62) wird die frilher schon in den Gnmdzügen eingeführte Ordnung 
wiederholt. Drei ordentliche Professoren juris civilis, zwei Lectores des Codex 
und der Pandecten, einer der Institutionen lesen durch vier Jahre: 



Die Decretisten and Legisten in der juridischen Facultät. 103 

Seit dieser Zeit spaltete sich die juridische Facultät in 
zwei Gruppen, in die Professores Decretorum und in 
die Juris civilis, von denen die ersteren das canonische 
Recht oder Jus Pontificium, die anderen das Jus 
Caesareum oder die Leges vortrugen: sie unterschieden 
sich gewöhnlich durch die Benennungen Decretisten und 
Legisten. Indem die Letzteren wie die italienischen römischen 
Rechtslehrer eifrig dem Humanismus zugethan waren und 
häufig auch über römische Classiker lasen und schrieben, 
waren die Decretisten noch ganz und gar für den Scholasti- 
cismus. Man konnte diese fast wie eine Abtheilung der 
theologischen Facultät ansehen, in welche sie auch später 
häufig übertraten. Indem sie den Legisten, welche sie 
als Eindringlinge in die rechtswissenschaftliche Genossen- 
schaft betrachteten , vorwarfen , dass ihr Lehrgebiet ein 
Luxusgegenstand sei, der weder der Kirche noch dem 
Staate nütze, erklärten hinwiederum die Gegner, dass die 
Decretisten gar nicht in die juridische Facultät gehörten, 
sondern in die theologische. Die Legisten wollten das 
canonische Recht bei den Juristen ganz beseitigt haben und 
behaupteten, die Decretisten seien unfähig , die Rechts- 
wissenschaft überhaupt zu dociren. 

Die über diese Frage entstandenen Streitigkeiten 
konnten nur durch das vermittelnde Dazwischentreten der 
Regierung einigermassen geschlichtet werden. 



I. 1. Jahrgang: Prima pars Codicis. 

2. „ Prima pars Digesti veteris. 

3. „ Secunda pars Codicis. 

4. „ Secunda pars Digesti veteris. 
II. 1. „ Prima pars Infortiati. 

2. „ Prima pars Digesti novi. 

3. „ Secunda pars Infortiati. 

4. „ Secunda pars Digesti novi. 

III. Institutionarius 1. Jahr: Die beiden ersten Bücher der Institu- 
tionen. 2. Jahr: Die beiden letzten Bücher der Institutionen. 



104 Einwirkungen des Humanismus auf die Facult&tsstndien. 

Auch in einer anderen Sache waren im J. 1504 von 
den Legisten ärgerliche Streitigkeiten im Schoosse der juri- 
dischen Facultät veranlasst worden. Man verlangte, dass 
die Wahl der juridischen und theologischen Professoren 
nicht, wie bis dahin üblich gewesen, von dem Consistorium 
oder von den Regentes ausgehen sollte, sondern von den 
Scholaren: der Regierung sollte nur das Bestätigungsrecht 
zustehen. Da die Sache in Bezug auf das Princip auch die 
andern Facultäten anging, so musste eine Universitäts- 
Congregation entscheiden, welche einen derartigen Modus 
aber verwarf. ^) 

Da die aus Italien von Padua berufenen römischen 
Rechtslehrer Hier onymus Baibus und Johannes Sylvius 
Siculus nach wenigen Jahren Wien wieder verlassen hatten, 
so war man nur auf ihre deutschen Nachfolger beschränkt, 
die meist dem Kreise der Humanisten angehörten und später 
gewöhnlich den Katheder mit hohen Staatsämtern ver- 
tauschten. Schriftstellerische Leistungen hinterliessen sie 
nur wenige und selbst diese fallen meist nicht dem juristi- 
schen Fache zu. 

Die angeseheneren rechtskundigen Lehrer in den beiden 
ersten Decennien des 16. Jahrhunderts an der Wiener 
Universität waren folgende: Johann Stephani Reuss 
aus Constanz, 2) U dal rieh Kaufmann aus Kempten,^) 



^) Acta fac. theoL II. fol. 93 auch bei Kink I. Anh. p. 115 abge- 
druckt. Es wird am Schluss noch beigefügt: Multi multa eodem tempore 
attemptaverunt, maxime autem legum fautores. 

2) Rhein. Nat. Matrik. ad a. 1499. Mag. Johannes Stephani Rews 
de Constancia, artium et utriusque juris doctor lector Ordinarius juris 
Caesarei in Univ. Vienn. (Obiit Viennae 1514. Fuit fiscalis camere 
procurator famigeratissimus.) Decan war er 1500, 1504 und 1509; 
Rector 1504. 

5) Rhein. Nat. Matrik. Mag. Udalricus Kaufmann ex Campidona 
(Doctor legum et Canon. Viennens.) war Decan 1508, 1611, 1522, 1617, 
1519 und 1526; Rector 1510, 1518 und 1520. 



Namhafte jaridische Professoren. 105 

Wolfgang Pachaimer aus Gmunden, ^) Johann Angerer 
aus Budweis oder Rosenberg, 2) Peter Tannhauser aus 
Nürnberg, 3) Johann Kekmann aus Haugsdorf, ^) Georg 
Gienger von Roteneck aus Ulm, ^) Victor Gamp®) aus 
Wien. An diese reihen sich mit ausgesprochener humani- 
stischer Richtung: Jacob Spiegel aus Schlettstadt, Philipp 
Gundelius aus Passau und Martin Capinius Sieben- 
burger aus Wien, letzterer mehr ein gewandter rechts- 

*) Jurid. Matrik. ad ann. 1500. Dom. Bolfgang Pachaimer de Gmunden, 
legum doctor. Decan 1600. 

2) Jnrid. Matrik. ad ami. 1505. Dom. Jo. Angerer de Bosenbergh 
Caesarei juris doctor. Eder, Catal. Rect. p. 64 nennt ihn bei seinem 
Rectorat im J. 1512: Juris Pontificii Professor, archidiaconus 
Pragensis. Decan war er 1508 u. 1611. 

5) Jurid. Matrik. ad ann. 1612. Mag. Petrus Tanhauser ex Nöm-' 
berga, doctor in Caesareo jure. 

*) Er war Canonist und ist mit dem gleichnamigen Johann Chekmann 
oder Kekmann aus Schillingstadt, welcher der theologischen Facultät an- 
gehörte und noch 1616 lebte, nicht zu verwechseln. Der Haugsdorfer 
Kekmann auch theologischer Licentiat starb 1512, wie sein Grabstein in 
der St. Stephanskirche angibt. 

^) Rhein Nat. Matrik. ad ann. 1612. Georg Gienger ex Ulma 
(Utriusque jur. doctor Caes. Majestatis ex secretioribus consiliis, dominus 
in Roteneck). — Eder, Catal. Rect. p. 60. Is ubi juris prudentiae amore 
multa celeberrima gymnasia peragrasset atque doctorea floreret (Ügnitate ex 
cancellario Constantien. imperii rebus exercitatissimo regis Ferdinandi fit 
consiliarius in amplissimo senatu Tyrolensi Austriae supra Anasum. Es 
wird dann davon gesprochen, wie Ferdinand ihn weiter in hohen Staats- 
ämtem verwendet und mit vielen Ehren ausgezeichnet habe. 

ö) Im J. 1611 war er noch in der artistischen Facultät und las über 
die aristotelische Philosophie. Act. fac. art. lib. III. fol. 76. Decan war 
er 1619 in der juridischen Facultät, Rector schon früher 1516. Dieser 
Rechtsgelehrte, welcher in den Aufstand der Wiener Bürger gegen Maxi- 
milians Enkel im J. 1521 tief verflochten war, wurde zwar begnadigt, aber 
seiner Lehrstelle auf drei Jahre entsetzt. Später nahm ihn Ferdinand 
wieder zu Gnaden auf. 'Eder, Catal. Rect. p. 60. Victor Gamp Vienn. 
U. J. Doctor, factus postea regis Ferdinandi consiliarius fisci Austriaci 
advocatus. — Obiit 29. Jul. ann. 1636. lieber seine beiden Söhne be- 
richtet Eder, dass der eine, Hieronjrmus, Professor der Jurisprudenz, der 
andere, Matthaeus, ein probns causidicus und singularis studiosorum fautor 
gewesen sei. 



106 Einwirkuni^eii des Huraanismns auf die Facaltätsstudien. 

kundiger Geschäftsmann und ein politischer Volksfuhrer, 
als ein eigentlicher Universitätslehrer. *) 

Am meisten und empfindlichsten wurde von dem Um- 
sichgreifen des Humanismus die theologische Facültät 
betroffen, indem sie der eigentliche Kern des Scholasti- 
cismus und all der Dinge war, welche mit demselben zu- 
sammenhängen. Es ist nicht zu läugnen, die Humanisten 
arbeiteten dahin, aus der clericalen Anstalt eine weltliche 
Corporation zu machen. Es war dies schon eine natürliche 
Folge ihrer Bestrebungen und der Art ihrer Studien, dass 
man sich von der Kirche zu emancipiren suchte und sich 
ihrem vorherrschenden Einfluss und ihrer Dienstbarkeit 
entzog. Freilich wurde bei diesem Uebergang und bei 
dieser Aenderung die Sache nicht offen und ausdrücklich 
ausgesprochen, sie machte sich aber von selbst geltend, 
indem man anfänglich von Seiten der Scholastiker durch 
nachgiebiges oder gleichgiltiges Verhalten der neuen Rich- 
tung das Feld räumte und thatsächlich auch deren Folgen 
anerkannte und sich ihnen unterwarf. Als die Universität 
im J. 1511 die Aufforderung erhielt, das allgemeine Con- 
cilium in Pisa zu beschicken, legte man auf das den 
Universitäten zukommende Recht der Theilnahme an den 
ökumenischen Concilien so wenig Werth, dass in einer 
Universitäts-Congregation der Beschluss gefasst wurde, um 
die Sache, welche für wenig zeitgemäss gefunden ward, 
sich nicht zu bekümmern. 2) Auch an dem wenige Jahre 
später (1514) von Papst Leo X. berufenen Lateran-Con- 
cilium, wozu die Universität eingeladen wurde, scheint 
sie sich nur wenig betheiligt zu haben. Es bedurfte 



^) Ueber Spiegel, Gundelius und Capinius sind im zweiten Buche die 
betreffenden Artikel nachzusehen. 

2) Kink, Gesch. d. Univ. Wien I. Anh. XXXII. S. 117 fll. Die Acte 
fac. art. lib. III. fol. 75 schliessen den Bericht über die Verhandlungen: 
Nihil tarnen actum est. 



Die theologische Faeult&t in ihren geistlichen Eechten. 107 

einer wiederholten Aufforderung des Kaisers, bis man end- 
lich wenigstens theilweise den Wünschen des apostolischen 
Stuhles entsprach.*) Es handelte sich zunächst um die Ver- 
besserung des Kirchenkalenders, wozu das Gutachten der 
Wiener Universität eingeholt wurde. Mit einer dahin ein- 
schlagenden Arbeit wurden die beiden Professoren der 
Mathematik und Astronomie, Andreas Stiborius und Georg 
CoIIimitius, betraut. 2) 

Uebrigens hielt die theologische Facultät ängstlich dar- 
auf, dass ihr die in Folge der Stiftungsbriefe und Statuten 
zukommenden kirchlichen Rechte, Privilegien und Befugnisse 
nicht geschmälert oder irgend vermindert wurden. Dass 
der Wiener Bischof als Ordinarius der DiÖcese die dem 
Rector zustehende geistliche Jurisdiction über die Universi- 
täts-Angehörigen ^) bestritt und der theologischen Facultät 
das Recht, geistliche Censuren auszusprechen, nicht zu- 
gestehen wollte,"*) musste zu mancherlei Reibungen und 
Conflicten Veranlassung geben. Da die Universität aber 
vom Kaiser kräftig unterstützt ward, konnte sie sich sieg- 
reich in ihren alten Rechten behaupten. Auf Maximilians 
Ansuchen bestätigte Papst Leo X. (11. Juli 1513) der Uni- 
versität das Recht eigener und insbesondere geistlicher 

') Schreiben Maximilianä an die Universität d. d. Füssen, 13. Sept. 
1516 (bei Kink I. Anh. S. 117), worin vorkommt: Idque praecipue vos 
studebitis agere tum pro obedientiae debito erga sacram apostolicam sedem, 
tum ut et germanica natio, in qua prae caeteris astrologiae et mathemati- 
carum artium elucet disciplina, non videatur gloriam snam negligere. 

2) Vgl. unten im 2. Buche die Artikel CoIIimitius und Stiborius, und 
Denis, Wien. Buchdr.-Gesch. S. 317. 

3) Der Rector Wolfgang Mosnauer lud (1504) einen Licentiaten der 
Theologie, der aich weigerte, in der Carmeliterkirche bei einer Universitäts- 
Feierlichkeit zu predigen, vor sein Gericht. Ungeachtet der Vorgeladene 
an den Papst appellirte und sich der über ihn verhängten Strafe entziehen 
wollte, ward er auf Befehl des Rectors bei einer kirchlichen Procession 
ergriffen und eingekerkert. 

*) Eder, Catal. Rect. ad ann. 1513, p. 56. Ut Rector possit studiosos 
ob excessus graviores excommunicare et excommunicatos iterum absolvere. 



108 Einwirkungen des Hnmanisrnns anf die Facnlt&tsstndien. 

Jurisdiction und verlieh ihr ausdrücklich die Exem- 
tion von der bischöflichen Gerichtsbarkeit.^) Wenige Jahre 
später (1, Juni 1517) erfolgte nicht nur die päpstliche 
Confirmation der Universitäts-Privilegien, sondern sie wur- 
den auch noch erweitert, 2) so dass die Hochschule und 
namentlich ihre theologische Facultät dem Ordinarius 
gegenüber eine freie und unabhängige Stellung einnahm. 

In den beiden ersten Decennien des 16. Jahrhunderts 
hatten den Wiener Bischofssitz inne zuerst Bernhard von 
Pol heim als Nachfolger des Johann Vitez (von 1499 bis 
1504), 3) dann Franciscus Bakats (bis 1509), der früher 
Bischof von Raab gewesen, und endlich Georg Slatkonia 
(bis 1522), ein Freund der Künste und Wissenschaften, der 
sich als einen besonderen Gönner der Humanisten er- 
wies und in ihrem Kreise den Namen Chrysippus führte, 
der eine Uebersetzung seines slo venischen Namens ist.^) 



1) Kink II. n. 49, p. 323—327. Im Jahre zuvor (1512) hatte das 
Universitäts - Mitglied Canonicus Ladislaus Suntheim ein Testament 
hinterlassen mit der Bestimmung, dass dasselbe von der Universität nach 
der herkömmlichen Weise bestätigt und bekräftigt werde. Dieser Bestim- 
mung zuwider nahm der Canonicus Georg Angerer die Sperre und Inven- 
tirung im Namen der bischöflichen Curie vor, so dass ein mehrjähriger 
Jurisdictionsstreit entstand, da der Bischof die geistlichen Magister und 
Doctoren als seiner Gerichtsbarkeit zuständig betrachtete. Der Streit ward vor 
den Papst und Kaiser gebracht-, der letztere verbot, die Sache vor das 
päpstliche Gericht zu bringen. Vgl. über das Nähere Kink I. S. 291 fli. 
Auf diese Streitsache bezieht sich ohne Zweifel die Stelle bei Eder, Catal. 
Rect. ad ann. 1513, p. 56: Quod rector et decani sive consiliarii praefati 
de Omnibus fet singulis civilibus, criminalibus, testamentariis et injuriarum 
causis suppositorum universitatis hujusmodi soli et nuUus alius intra civi- 
tatem et districtum Viennen. hujusmodi absque concurrentia dicti Episcopi 
vel cujus vis alterius cognoscere et illas decidere possint. 

2) Kink II. n. 52, p. 328 fll. 

3) Eder, Catal. Rect. p. 46, nennt als fünften Bischof von Wien den 
Bemhardus de Polhaim Baro., und fügt hinzu: Post cujus obitum vacavit 
haec sedes Epi. Yien. ab anno 1503 usque ad annum 1513. 

*) Vgl. Hormayr, Wien's Denkw. Jahrg. 2, Bd. 1, Hft. 2, S. 140-146. 
— Ueber die Reihe der ersten Bischöfe Wiens bis auf Ferdinand I. handelt 



Die Stellung des Bischofs und des Kanzlers zur Uniyersität. 109 

Bei den eingetretenen mancherlei Veränderungen in 
den Universitäts-Verhältnissen zur Kirche konnte die ur- 
sprüngliche Stellung des Kanzlers nicht unberührt bleiben. 
Derselbe hatte als Vertreter der höchsten kirchlichen Auc- 
torität nur in Betreff des geistlichen Regiments und Lebens 
an der Universität die erste Stelle, in Bezug auf die Disci- 
plin und materiellen Angelegenheiten aber stand der ßector 
an der Spitze. 

Es waren schon in den früheren Zeiten mancherlei 
Streitigkeiten und Conflicte über den Rang des Kanzlers 



Perger, der Dom von St. Stephan zu Wien S. 85 f., wo auch die Grab- 
schrift des Bischofs Georg Slatkonia mitgetheilt wird. Er wird nicht 
nur als vorzüglicher Kenner der Musik gerühmt: er war auch ein 
besonderer Liebhaber der Malerei. Er Hess (1518) durch Albrecht 
Dürer ein grosses Bild: „Tod der heil. Maria" zum Gedächtniss an den 
frühen Hingang von Maximilians erster Gemahlin Maria von Burgund 
malen. Der Bischof erscheint selbst in weissem Chorgewand mit seinen 
Wappen und einer Inschrift auf dem Gemälde. Von den das Sterbelager 
der heil. Maria umgebenden betenden Personen sind einigen die Gesichts- 
züge von Zeitgenossen des Malers beigelegt. Es kommen nicht nur die 
Porträte des Kaisers Maximilian und seines Enkels Philipp von Burgund 
vor, sondern auch die des Johann Stabius und des kaiserlichen Raths Johann 
Cuspinian. Das Gemälde war früher in Wien in der gräflich Friesischen 
Sammlung. Das Bild, welches 3' V S'" hoch und 271/2" breit ist, findet 
sich in Meusel's Museum für Künstler, Mannh. 1788, St. 6, S. *24— 34 
am genauesten beschrieben von Christian v. Mechel: Beschreib, eines 
der merkw. Gemälde v. Albr. Dürer v. J. 1518, welches unter der Vor- 
stellung der sterbenden Marie eine Menge interessanter Porträte etc. dar- 
gestellet. Damach liefert auch Heller (Leben und Wirken A. Dürers. 
Bamb. 1827, S. 261), der das Gemälde selbst noch gesehen hatte (in Wien 
vor 1822), die Beschreibung. Als die Friesische Sammlung 1824 ver- 
auctionirt wurde, soll das Bild nach England gekommen sein, doch Nie- 
mand weiss, wo es dort aufbewahrt wird. Das Athenaeum, Lond. 1869, 
21. Aug., S. 250 gibt die sonderbare Notiz, die ihm aus Deutschland zu- 
gekommen, dass das lange verschwundene und längst vergeblich gesuchte 
Dürer'sche Bild der sterbenden Maria gegenwärtig am Hochaltar in der 
St. Wolfgangskirche in Oberösterreich sich befinde, aber es werden zur 
Bestätigung der Sache weitere Nachrichten erwartet. Die Mrs. Ch. He a ton 
bemerkt in ihrem Werke (The bist, of the Life of A. Dürer. London 1870, 
p. 230), sie habe überall in England, aber vergeblich nach dem Bilde ge- 



1 10 Einwirkungen des Humanismus auf die Facultätsatudien. 

und seine Rechte vorgekommen. Nachdem das Bisthum 
Wien errichtet worden, blieb der jedesmalige Praepositus 
des Stephansstiftes nach wie vor Kanzler. Ihm kam das 
Recht zu, bei der Ertheilung akademischer Grade zu inter- 
veniren. ^) Da er aber in der Regel seine Person vertreten 
liess durch einen Vice-Kanzler und dieser aus der Reihe 
der Professoren zu nehmen war, so entstanden in solchen 
Fällen vielfache Streitigkeiten; der Kanzler wollte bei den 
Promotionen seinen Stellvertreter nur aus den theologischen 
Professoren ernennen, welche Beschränkung man nicht 
gelten liess. Der Superintendent setzte es endlich durch, 
dass eine landesfürstliche Verordnung vom 22. Juli 1508 
bestimmte, dass der Kanzler in der Folge zu jeder Zeit 
nur aus den Doctoren und Professoren derjenigen Facultät, 
um deren akademische Grrade es sich handelte, den Vice- 
Kanzler zu ernennen habe. Es konnten daher die Stelle 
des Letztern Docenten aus allen Facul täten bekleiden.*^) 



forscht; sie reproducirt die Angabe des Athenaeum und bezweifelt ihre 
Richtigkeit. Sehr auffallend ist, dass M. Thausing (Dürer, Gesch. seines 
Lebens u. s. Kunst. Leipzig 1876) von dem Bilde keiue Erwähnuag 
macht. Dürer'ö Handzeichnung und Holzsclmitt vom J. 16 10, Marias Tod 
darstellend, ohne die zahlreiche Umgebung (Thausing S. 254) sind jeden- 
falls als Grundlage des Gemäldes zu betrachten. Eine Copie von unserem 
Bilde mit bedeutenden Aenderungen, aber von gleicher Grösse, befindet 
sich in der fürstl. Liechtensteinischen Sammlung zu Sebenstein; dasselbe 
hatte der Klostemeuburger Propst Andreas MosmüUer 1627 malen und 
darauf sich selbst mit seinem Wappen anstatt des Georg Slatkonia und 
dessen Wappen darstellen lassen. Vgl. J. Feil, Mittheil, des Wien. 
Alterth.-Vereins Bd. I., S. 190, wo eine ausführliche Beschreibung ge- 
liefert ist. 

1) Randbemerkung in der Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1 494. Accidit 
res satis nova, ymo in hoc studio inaudita, ex parte quatuor Baccalariorum 
a licentia rejectorum, quos tamen Cancellarius hujus studii sua auctoritate 
(sed non potuit) admisit. Quid praesagii sit, novit deus. Vgl. Oonspect. 
bist. Univ. Vienn. II. p. 73, wo von den Streitigkeiten ob promovenda ad 
literarios honores jura gesprochen wird. 

^) Maximilians Entscheidung findet sich abgedruckt bei Kink II. 
S. 310, n. 45. n^SkB der gegenwärtig und ein yeder künftiger Thumb- 






Geistliche Gerichtsbarkeit der theologischen Facnltät. 111 

Ungeachtet dieser Verordnung dauerten die Streitigkeiten 
über diesen Gegenstand von Seiten des Kanzlers noch 
längere Zeit fort. 

Unter Maximilians I. Regierung bekleideten das Kanzler- 
amt die Dompröpste Virgilius Cantzler aus Salzburg von 
1491 — 1502/) Justus Kasman bis 1510, Doctor Theologiae 
Johann Busch bis 1516, und Paulus von Oberstein, 
Doctor der Rechte und kaiserl. Geheimschreiber, bis 1544. 2) 

In Bezug auf die Rangstellung ward später durch eine 
kaiserliche Verordnung (29. Jan. 1534) bestimmt, dass dem 
Rector die erste Stelle gebühre, dem Kanzler die zweite, 
vor dem landesfurstlichen Superintendenten, der fi'üher den 
Vorrang in Anspruch genommen hatte.^) 

In Gemässheit der vom Papst erhaltenen Privilegien 
und Vorrechte übte die theologische Facultät die geist- 
liche Gerichtsbarkeit, führte die Aufsicht über die 
theologischen Vorträge und Predigten^) und hatte 
endlich die Bücher-Censur. 



brobst in unser stat Wien furan in der berürten unser Universität daselbst 
zu Wien, so ain Doctor, Licentiat oder Maister gemacht werden solle, 
allain so offt daz not wurde, einen Vicecancelari aus derselben Facultät 
darinn Doctores oder Maister gewirdigt werden, benenn oder gebe" etc. 

^) Ueber die Installation des Kanzlers gibt das Fragmentum Tabularii 
canonicorum S. Stephani Nachricht. Nachdem der erste Dompropst des 
Wiener Bisthums, Thomas von Cilly 1491 Bischof von Constanz geworden 
war, heisst es: Praesentatus fuit per Ser. Dom. Fridericum Rom. Imp. 
Dominus Virgilius Cantzler ex Salisburga, qui investitus et installatus ex- 
stitit per Doct. Hieron. Hollabrunnen , tunc Vice-decanum et officialatus 
commissarium praesentibus consultis ejusdem imper. Maj. per baculum 
pastoralem, annulum aureum et biretum rubeum. Vgl. Conspect. bist. 
Univ. Vienn. II. p. 53. 

2) Eder, Catal. Rect. zu den betreffenden Jahren. Conspect. hist. 
Univ. Vienn. Append. p. 80. 

3) Gedr. bei Kink II. S. 340, n. 55. Vgl. Act. fac. art. IV. fol. 168. 

*) In Folge einer päpstlichen Bulle vom J. 1465 (in der Statuten- 
Sammlung vom Kanzler Paulus von Oberstein fol. 179) war die Verord- 
nung gegeben: Qualiter facultas theologica possit incautos et scandalosos 
lectores (i. e. professores) et praedicatores corrigere. 



1 12 Einnirkungen des Hamanisnus auf die Facalt&tsstadien. 

Um das Jahr 1510 lagen mehrere Fälle vor, wo die 
Entscheidung der Facultät zu geben war. Ein Mitglied 
derselben, der Professor Wolf gang Sack, zugleich 
Pfarrer bei St. Michael, hatte auf der Kanzel angeblich 
Lästerungen gegen die Bettelorden ausgesprochen, aus denen 
manche Mitglieder früher mit Ehren und rühmlich an der 
Universität gewirkt hatten. Der Angeklagte reinigte sich 
durch einen Eid von der Anschuldigung und wurde sodann 
wieder in die theologische Facultät, aus welcher er zeit- 
weise ausgestossen worden war, aufgenommen. 

Ein Priester, der sich thätlich an dem theologischen 
Facultäts-Decan vergriffen hatte, wurde excommunicirt und 
zur Einkerkerung verurtheilt. 

Zwei Bernhardiner hatten gegen den Missbrauch der 
Reliquien in den Kirchen gepredigt und behauptet, sie 
seien häufig Thierknochen. Zugleich hatten sie gegen die 
grosse Sündhaftigkeit der Wiener Geistlichen losgezogen 
und gesagt, dass ein jeder von diesen ein Pferd habe, 
worauf er in die Hölle reite. Die wegen solcher Predigten 
vor das Gericht der theologischen Facultät Geladenen be- 
stritten als Mönche deren Competenz, über sie zu richten, 
indem sie nicht zur Universität gehörten. Um nicht einen 
Competenzstreit herbeizuführen, Hess man die Sache fallen, 
umsomehr, als die Mönche erklärten, in der Zukunft ge- 
mässigter und vorsichtiger in ihren Predigten sein zu wollen. 

Als der Doctor Philipp Torrianus von Padua in Wien 
gegen die Indulgenzen gepredigt hatte und die Facultät ihn 
desshalb zur Rechenschaft zog, schützte er sich gegen die 
gerichtliche Verfolgung durch die Berufung auf eine päpst- 
liche Bulle, welcher man aber für den gegebenen Fall die 
Geltung absprach.*) 



*) Ueber diese verschiedenen Fälle geben Nachricht: Act. fac. theol. II., 
woraus Kink I. Anh. p. 27 fll. Auszüge liefert. Conspect. II. pS 73 fll. 



Die geistliclie Gerichtsbarkeit der theologischen Facult&t. 113 

Es hatte sich damals bei der Wiener Bevölkerung 
und zum Theil auch bei der Geistlichkeit der Glaube ein- 
geschlichen, dass, wenn der nach Pfingsten zunächst fol- 
gende Donnerstag auf den Eintritt des Neumondes falle, 
die Frohnleichnams-Procession dann mit ganz besonderem 
Pomp und ausserordentlicher Festlichkeit zu begehen sei. 
Der Kaiser Maximilian, von der Sache in Kenntniss gesetzt 
und besorgt, dass aus dieser Gewohnheit Aberglaube und 
Ketzerei entstehen könnten, forderte in einem Schreiben 
vom 10. Februar 1512 an den Rector von der theologischen 
Facultät, wie auch von den CoUegiatis der artistischen 
Facultat ein Gutachten. Man entsprach der Aufforderung 
vollständig. Es wurde eine gelehrte Auskunft über die Ent- 
stehung der jüdischen und theilweise heidnischen Sitte ge- 
geben und zugleich mitgetheilt, dass dieselbe bereits ohne 
allen Widerspruch abgestellt worden : man unterlässt dabei 
nicht, dem Kaiser wegen seiner umsichtigen Sorgfalt für 
den reinen Glauben zu danken und ihn zu preisen.^) 

Mit welchen sonderbaren Dingen das geistliche Gericht 
behelligt wurde, lässt sich aus einer Anklage entnehmen, 
die, wie 'es scheint, nicht einmal einen Universitäts- Ange- 
hörigen betraf. Es wurde der theologischen Facultät ein 
eigenthümliches Werkzeug vorgelegt, das man Coelum 
(Kelle) nannte, womit durch dämonischen Beistand aber- 
gläubische Menschen verborgene Schätze aufzufinden und 
zu heben vermeinten. Dem damaligen Rector Victor Gamp 
(1515) wurde es übergeben und derselbe ersucht, darüber 
eine Untersuchung anstellen und einen Bericht an die 
theologische Facultät erstatten zu lassen. Nachdem dieses 



^) Der Conspect. hist. Univ. Vienn. II. p. 75 — 81 gibt das kaiser- 
Uche Schreiben und die Antwort darauf, welche die Unterschrift hat: 
Thomas Velocianus Austriacus Rector. Theologiae Professores. Magistri 
Collegiales studii Viennensis vestrae imperatoriae Celsitudinis Oratores 
seduil. 

T. Aschbach, Geschichte der Wiener Uniyers. II. 8 



1 14 Kinwirkangen des Hnmanisiniu anf die Facaltätsstadien. 

geschehen, beschloss die Facultät, das Werkzeug dem 
Verfertiger nicht zurückzugeben, auch nicht irgendwo zu 
deponiren, da Missbrauch damit getrieben und Schaden an- 
gerichtet werden könnte. Man vernichtete es. Gegen den 
Verfertiger aber sollte weiter ein Untersuchungsprocess ein- 
geleitet werden. Der Ausgang der abenteuerlichen Sache 
ist nicht bekannt.^) 

Damals lag Johann Keuchlin mit dem getauften 
Juden Johann Pfefferkorn, der die Verbrennung hebräischer 
Bücher betrieb, in heftigen Streitigkeiten. Er kam in seinem 
Speculum oculare wegen dieser Sache auch mit den Theo- 
logen in Köln in grossen Widerspruch und in Folge des 
fanatischen Verfahrens gegen seine Schrift, die als eine 
ketzerische verbrannt wurde, erklärten sich auch selbst 
Universitäten wie Erfurt und Paris gegen den Reuchlin'schen 
„Augenspiegel". Es traten jedoch die meisten anderen theo- 
logischen Facultäten auf Seiten Reuchlin's, der eine beson- 
dere Vertheidigungsschrift verfasst hatte, welche von den 
Humanisten fast allgemein mit Beifall .und Zustimmung 
aufgenommen wurde. Auch die Wiener Humanisten, wie 
Gerbelius, Cuspinian, Vadianus u. A. 2) erklärten sich für 
Reuchlin.^) Doch vermied die Wiener theologische Facultät 
in dem Streit, der von 1509 — 1516 dauerte und bei welchem 
mehrere päpstliche und kaiserliche Entscheidungen erlassen 
wurden, gegen einen so fanatischen Ketzerrichter, wie Jacob 
Hoogstrat war, mit Entschiedenheit aufzutreten. So viel 
aber ist gewiss, dass der Humanist Stephan Kosinus, früher 
Professor der Wiener Hochschule, Hofcaplan Maximilians, 

^) Act. fac. theol. lib. III. fol. 22. Excerpte daraus bei Kink I. 
Anh. S. 30. 

2) Bulaeiis, bist. Univ. Paris. IV. p. 78 nennt unter den Reuchlin 
Beistimmenden Nicolaus Gerbel von Pforzheim und Simon Lazius von 
Stuttgart. S. unten den Artikel Velocianus, wo der Brief des Lazius 
an Reuchlin erwähnt wird. — Vgl. Kink I. p. 225. 

^) Bulaei bist. Univ. Paris, ad ann. 1512. IV. p. 58. 



Bü6lieT-Censiir . 115 

den der Kaiser in Rom als seinen Greschäftsfiihrer hatte, 
eifrig zu Gunsten Reuchlin's gewirkt hat.*) 

Dass auch über wissenschaftliche Fragen, die nur ent- 
fernt mit der Theologie in Verbindung standen, die Ent- 
scheidungen der theologischen Facultät nachgesucht wurden, 
kam nicht selten vor. Kaiser Maximilian trug Bedenken, # 
der Meinung seines Historiographen Johann Stabius in 
Bezug auf die directe Abstammung des Hauses Habsburg 
von Noe und seinem Sohne Cham beizustimmen. Er fand 
diese Behauptung nicht ganz begründet und glaubwürdig, 
ja vielleicht auch mit der biblischen Ueberlieferung nicht 
ganz im Einklang. Er verlangte daher von der theologischen 
Facultät über die Frage ein entscheidendes Gutachten. Diese 
ernannte zur Prüfang der Sache ihre zwei gelehrtesten Mit- 
glieder, die Doctoren Johann Trapp und Johann Camers. 
Der nicht lange hernach erfolgte Tod des Kaisers überhob 
die Facultät der Verlegenheit, entweder ihre Unwissenheit 
in der Sache einzugestehen, oder mit einem gedrehten, 
nichtssagenden Gutachten einer bestimmten Antwort auszu- 
weichen. Die Behauptung einiger späterer Schriftsteller, 
dass wirklich ein theologisches Gutachten abgegeben wor- 
den, stützt sich nicht auf ein urkundliches Schriftstück.^) ' 

Seit der Erfindung der Buchdruckerkunst war der theo- 
logischen Facultät noch ein weiteres Vorrecht zugefallen, 



1) Vgl. unten im 2. Buche den Artikel Kosinus. 

2) Conspect bist. Univ. Vienn. II. 96. ad ann. 1518: Maximilianus 
dedit ad Universitäten! literas, ut certos de facultate theologica deligeret, 
qui genealogiam a Noe inchoatam ad Sicambrum uaque, si fors quidquam 
sententiae Jo. Stabii aUonimque ejusdem mentis subesset veritatis con- 
texerent: cujus imperio obsequuta facultas per designatos eum in laborem 
doctores Joannem Trapp et Joannem Camertem, desideratam complexa est 
genealogiam Caesarique transmisit — Cod. Nr. 3327 auf der k. k. Hof- 
bibUothek, worin: Scriptum Jo. Stabii super Conclusionibus genealogie 
domus Austrie. Vgl. Lambec. lib. 2. Comment. p. 467. Chmel, Handschr. 
d. k. k. Hofb. I. 8. 486. 

8* 



116 Einwirkungen des Hamanismue anf die Facnltätestadien. 

nämlich die Bücheir-Censur. Sie zog alle von den 
Universitäts - Angehörigen durch den Druck verbreiteten 
Schriften vor ihr Forum und sie entschied, ob die Druck- 
werke als ketzerische ganz unterdrückt oder als theilweise zu 
purificirende nur bedingungsweise zugelassen werden dürften. 
Ein Beispiel letzterer Art liefert die von dem Humanisten 
Thomas Velocianus nach dem Tode des Celtes dessen 
in Druck herausgegebene Oden-Sammlung (1513). Da darin 
manches Anstössige, Irrthümliche, den wahren Glauben und 
die guten Sitten Verletzende gefunden wurde, so verlangte 
die theologische Facultät, dass alle missfalligen Stellen ent- 
fernt wtirden, bevor der Verkauf und die Weiterverbreitung 
der Sammlung stattfände. Dass die Beschlüsse nicht immer 
strenge ausgeführt wurden, zeigte sich auch hier: weder 
ward eine zweite castigirte Ausgabe veranstaltet, noch findet 
man, dass die Verbreitung des unveränderten ursprünglichen 
Textes eingestellt wurde.') 

Mancherlei Conflicte entstanden zwischen dem Rector 
und der theologischen Facultät, namentlich wenn jener nicht 
ein theologischer Doctor war, insbesondere in Betreff der 
geistlichen Gerichtsbarkeit. Da der artistische Magister 
Thomas Velocianus als Baccalaureus der Theologie im 
J. 1511 nach dem üblichen Turnus zur Vertretung der 
theologischen Facultät zum Rector erwählt wurde, so prote- 
stirte diese gegen die Wahl, weil ein Baccalaureus sie nicht 
vertreten könne. Da der Widerspruch durch Fälle früherer 
Gepflogenheit widerlegt werden konnte, so zögerte Velocianus 
nicht, über die theologische Facultät, welche ihm den Ge- 
horsam versagte, die Excommunication auszusprechen. Die 
Excommunicirten betrachteten aber aen Bann nicht als giltig; 
sie Hessen sich im Besuch und in der Abhaltung des Gottes- 
dienstes nicht stören und appellirten an Kaiser und Papst. 



') Kink I. Anh. S. 28 fll. und unten 2. Buch, Artikel Velocianus. 



Job. Eck*B theologische DiBpntation in Wien. 117 

Die Sache erregte grosses Aergerniss. Die Ungehorsamen 
fanden endlich doch für gut, bald zu ihrer Pflicht zurück- 
zukehren und den neuen Rector anzuerkennen, ja sogar den 
Papst wegen ihres ungesetzlichen Verhaltens um Absolution 
zu bitten, welche ihnen auch zu Theil ward.^) 

In Betreff der Behandlung der Disciplinen des Studien- 
ganges in der theologischen Facultät waren keine Aende- 
rungen von besonderer Erheblichkeit eingetreten, höchstens 
machte sich bei der biblischen Exegese der Einfluss des 
Humanismus geltend, so dass man den Werth der Kenntniss 
des Griechischen und Hebräischen zu schätzen anfing. 2) 

Die Namen der damaligen ausgezeichneteren theologi- 
schen Professoren an der Wiener Universität mit einer 
kurzen Charakteristik ihrer Persönlichkeit erfahrt man aus 

r 

einem Schreiben des bekannten Ingolstädter theologischen 
Professors Dr. Johann Eck, der damals auf seinen Beisen 
zum Besuch der deutschen Universitäten auch einige Zeit 
(im Sommer 1515) in Wien verweilte. Bereits war er zu 
Köln, Heidelberg, Mainz, Freiburg, Tübingen, Basel, aber 
auch in Italien zu Bologna in theologischen Disputationen 
mit den ersten Gelehrten seines Faches aufgetreten und 
hatte durch seine Sprachfertigkeit, sein umfassendes Wissen, 
besonders aber durch sein eminentes Gedächtniss überall 
Triumphe gefeiert. Er wollte auch in Wien, welche Hoch- 
schule in früheren Jahren durch ihre quodlibetistischen 
Disputationen und scholastischen Prunkreden einen beson- 
dern Ruf hatte, neue Lorbeeren sammeln. Er forderte 
daher die theologische Facultät auf, sich mit ihm in einen 



1) Kink I. S. 209. Anh. XXXIV. S. 118. 

2) Eine ständige Professur für die griechische Sprache wurde jedoch 
erst 1523 in der artistischen Facultät errichtet (vgl. unten 2. Buch, Artikel 
Rithaimer). Der erste Professor der hebräischen Sprache kommt 1533 vor. 
Damals kam Anton Margarita, Sohn des Rabbiners Samuel von Tübingen, 
nach Wien. Vgl. Kink I. S. 276, n. 324. 



118 Einwiitcuiigen des HnmaniBmns auf die Facalt&tBstadien. 

gelehrten Redekampf einzulassen. Nur zögernd und ungern 
nahm man mit Zustimmung des Superintendenten und des 
Rectors die Aufforderung an. Die Disputation fand am 
28. August 1515 in der Universitäts-Aula statt, unter dem 
Vorsitze des von den landesfürstlichen Regentes delegirten 
juridischen Doctors Georg Besserer. Auch der Rector Victor 
Gamp war zugegen und eine zahlreiche Versammlung von 
Professoren, Magistern, Baccalaureen, Studenten aller Facul- 
täten. Das Gedränge war überaus gross, ja lebensgefahrlich. 
Einen ohnmächtig gewordenen Studenten trug man als todt 
aus dem Saale. Es wurde über eine Reihe der verschieden- 
sten und schwierigsten theologischen und scholastischen 
Fragen den ganzen Tag hindurch auf das hartnäckigste 
disputirt. Die Facultät hatte ihre tüchtigsten Streiter 
gestellt: an der Spitze ihren im scholastischen Wissen 
ausgezeichneten Decan Martin Huper, einen Domini- 
caner; dann den an der Pariser Universität gebildeten 
gelehrten Johann Trapp; ferner den Minoriten Johann 
Camers, einen ebenso als Theologen, wie als Philosophen 
und Humanisten ausgezeichneten Italiener, nach welchen die 
Doctoren Johann Launtsch aus Weissenburg und Chri- 
stoph Külber aus Graz folgten, jener als Anhänger des 
wissenschaftlichen Fortschritts, der andere durch seinen 
Scharfsinn und sein tieferes Eindringen in die zu behan- 
delnden Fragen bekannt. Den Theologen reihten sich an die 
beiden artistischen Magister JohannChekman aus Schillings- 
stadt und Thomas Velocianus aus Krems, der eine Licentiat 
der Theologie, der mit viel Geschrei und in derber Weise 
opponirte, der andere Baccalaureus der Theologie, beide in 
den Schriften Augustinus und Plato's sehr bewandert ; Velo- 
cianus war auch ein namhafter Humanist. Nachdem man 
sich bis zum Abend gestritten, machte der Vorsitzende mit 
Zustimmung des Rectors und des theologischen Decans dem 
Redeturnier von zweifelhaftem Ausgange ein Ende. Jeder 



Die Tonüf licheren Mitglieder der theologischen Facultät. 119 

Theil konnte sich rühmen ^ nicht überwunden worden 
zu sein. *) 

Bei der vorherrschenden Richtung; an der Universität, 
wo die Humanisten sich ziemlich offen und scharf über 
manche kirchliche Missbräuche äusserten ^) und selbst einige 
Theologen durch ihre freisinnige Auffassung kirchlicher 
Zustände und Verhältnisse Anstoss erregt hatten,^) wie auch 
bei der ganzen Zeitströmung kann es nicht auffallend sein, 
dass die reformatorische Bewegung, welche in Deutsch- 



*) Jo. Eck berichtet seinem Bischof von Eichstett in einem Briefe 
über die Disputation wie folgt (vgl. Conspect. II. p. 91): Argumentatus 
est Dr. Martinus Hu per Facult. Theol. Decanus ex sacro Praedicatorum 
ordine, vir admodum acutus et hujus scholastici exercitii gnarus: Dr. 
Joannes Trapp, maturae eruditionis ac doctrinae vir, Leucoteciae Parrhi- 
siorum alumnus: Dr. Joannes Camers Italus, divi Francisci sacerdos 
varia doctrina praeditns, Musarum antistes et historiae diligens scrutator, 
qui ex studio Paduano (ubi cum magna laude philosophiam professus est) 
ad Viennam concessit, et primus Doctoris Subtilis Joannis Duns Scoti 
dogmata subtüissima plenis velis Viennensi gymnasio invexit: Dr. quoque 
Joannes Lentsch (i. e. Launtsch) Wisenburg^cus, industrius Neotericorum 
sectae assertor: Dr. Christophorus Külber ingenio, ut mihi videbatur acuto, 
accurate et in forma, ut ajunt, rationes suas validas ad amussim stringebat 
— Post sacrae Theologiae Doctores locus datus est facultatis 
artium decano ac Domino Joanni Heck man, sacrae sophiae Licentiato, 
in quo solo desiderassem majorem modestiam: nam is omnia clamoribus 
opplebat, ac scholasticis sua volebat proponere argumenta. Thomas item 
Resch cognomento Velocianus, amoenissimi ingenii vir, in sacra 
Theologia et humanioribus literis laurea insignitiis, afl'erebat pleraque 
remotiöra ex divi Augustini et Piatonis de angelicis spiritibus sententia. 
Eder, Catal. Rect. ad ann. 1615. p. 60: Florebant hoc tempore celeberrimi 
Theologi: Martinus Hupper, Christophor. Kulber, Joann. Trapp, 
Georg. Launtsch, Theodoricus Rhenanus, Thomas Resch, Joannes 
Heckmann, Joannes Camers. Eder nennt hier noch bei den Theologen 
den Theodorich Rhenanus aus Schlettstadt im Elsass, ednen Ver- 
wandten des berühmten Beatus Rhenanus, welcher wahrscheinlich im 
J. 1515 nicht mehr lebte, daher er auch von Dr. Eck niclit erwähnt wird. 

2) Z. B. Celtes über den Ablass. 

3) Wie der theologische Professor Dr. Johann Kaltenraarkter , von 
dessen Process oben S. 24 gehandelt worden. 



120 EinwirknngAii d«8 Humanisnins auf die Facultttsstudien. 

land durch Martin Luther hervorgerufen ward, auch An- 
klang fand in der Donaustadt unter den Gelehrten. So 
lange aber Kaiser Maximilian lebte, hielt man sich noch 
mit öffentlichen Manifestationen zurück. Selbst die theo- 
logische Disputation des in Wien wohlbekannten Dr. Eck 
mit Karlstadt und Luther in Leipzig (1518) machte auf 
die Wiener noch keinen besondern Eindruck; man war 
offenbar über die Sache noch zu wenig orientirt und ahnte 
nicht ihre eminente Bedeutung und ausserordentliche Trag- 
weite. 

Die bald nach Maximilians Tod in Wien ausgebrochenen 
politischen Unruhen und die Hinneigung der verwegenen 
Führer der tumultuarischen Bewegungen bei der Entfernung 
der Landesfürsten in Spanien machten für alle Neuerungen 
auch auf kirchlichem Gebiete empfanglicher. 

Der damalige Wiener Bischof Georg Slatkonia, mehr 
ein Gelehrter und Kunstfreund als ein strenger Theolog, 
verhielt sich passiv; die Universität Hess die Verbreitung 
der neuen Lehren zu, die theologische Facultät, welcher es 
vorzüglich zugekommen wäre, dagegen einzuschreiten, fühlte 
sich zu schwach, dieses zu thun, und verhielt sich zuwartend. 
Erst als reformatorische Bücher und Flugschriften im An- 
fange des J. 1520 vielfach in Wien verbreitet wurden, 
versuchte man mit Hülfe des Bischofs und der städtischen 
Behörde die Bewegung zu unterdrücken. 

Gegen Ende des J. 1520 nahmen die kirchlichen Zu- 
stände für die Hochschule eine ernstere Gestalt an und sie 
wurde mehr dazu gedrängt, Partei zu ergreifen. Im October 
schon war von dem päpstlichen Commissär Dr. Johann Eck 
die päpstliche Verdammungsbulle einer Anzahl lutherischer 
Lehrsätze eingelaufen mit der Aufforderung, alle in Umlauf 
befindlichen reformatorischen Schriften zu vernichten und 
gegen die Anhänger der verdammten Lehren strafend ein- 
zuschreiten. 



Erste Verbreitung von Lnther's Lehrsätzen in Wien. 121 

Die Universität entsprach der päpstlichen Weisung 
nicht, aus mehrfachen Gründen : zunächst hegte man Zweifel 
an der Echtheit der Bulle, dann aber behauptete man, wenn 
auch ihre Echtheit bewiesen sei, müsse man erst abwarten, 
was in der Sache der Kaiser und das Reich beschlössen, 
endlich wollte man von dem Wiener Bischof, der sich aber 
unschlüssig zeigte, die Initiative ergriflfen haben. 

Die theologische Facultät handelte allerdings mit 
grösserer Entschiedenheit, um der Bulle zu entsprechen. 
Sie traf Anstalt, selbst eine Widerlegungsschrift gegen 
Luther's Ansichten zu verfassen; aber sie fand an allen 
Orten Widerspruch und Hinderniss. Der Rector legte 
eine motivirte Verwahrung gegen die Veröffentlichung 
der päpstlichen Bulle ein, freilich mit der Betheuerung 
seiner Anhänglichkeit am katholischen Glauben, an der 
Treue gegen die Kirche und am Evangelium: und das 
Verbot , das er zugleich gegen die Verbreiter der Bulle 
erliess, die er mit dem Kirchenbanne bedrohte, schreckte 
die Facultät von ihrem Vorhaben zurück. Dazu kam 
noch, dass der Statthalter Leonhard Zeg, der für den 
abwesenden Enkel Maximilians, den spanischen König Karl, 
die Regierung führte, der Lutherischen Lehransicht ganz 
zugethan war ') und den Rector in seinen Massregeln gegen 
die theologische Facultät auf das kräftigste unterstützte ; er 
inhibirte förmlich, dass sie irgend eine Erklärung gegen die 
neue Glaubenslehre durch den Druck veröffentlichte. Erst 
nach dem Tode Zeg^s, der im Anfange der Jahres 1521 aus 
dem Leben schied, konnten die Theologen ungehinderter 
und freier handeln. 2) 



^) Qui fait capitaneus loco Principis et totus Lutheranus et in- 
fest us facultati atque clero. Er wird auch osor Pontificis genannt. 
Act fac. theol. ad ann. 1520. 

2) Vgl. Conspect. hist. Univ. Vienn. II. 9ö. Kink I. S. 235 fll. 



122 EinwirkiingAn des Hmnanismas auf die Fscalt&tsstudien. 

Aber die in jener Zeit eingetretenen bürgerlichen Un- 
ruhen und Aufstände in Wien, ferner die Verheerungen, 
welche daselbst die Pest anrichtete, lenkten einigermassen 
von den kirchlichen Streitfragen ab.*) Der weitere Verlauf 
derselben kann aber hier nicht gegeben werden, indem sie 
über den Rahmen unserer geschichtlichen Darstellung hinaus 
liegen. 



^) lieber di6 kirchlichen Streitfragen und bürgerlichen Unruhen in 
Wien nach Maximilians Tod bis auf Ferdinands Ankunft (von 1519 — 1622) 
die Act. fac. theol. zu den betreffenden Jahren, die Hauptstellen bei Kink I. 
Anhang. XXXI. S. 120—129, n. 1—23, und Buchholtz, Gesch. Ferdinands I. 
S. 329, die Act. fac. art. IV. fol. 112 fll., Conspect. bist. Univ. Vienn. II. 
p. 102, und unten im 2. Buche die Artikel Camers und Capinius. 



Fünfter Abschnitt. 

Aeusserer Bestand der Wiener Universität im Anfang 

des 16. Jahrhunderts. 

Was die äusseren Verhältnisse der Universität, ihre 
Organisation und Einrichtung betrifft, so hatte sie in der 
Zeit der Regierung des Kaiser Maximilian I. keine wesent- 
lichen Veränderungen erfahren. Die alten Universitäts- 
Statuten bildeten immer noch die Grundlage aller ihrer 
Einrichtungen. Darnach wurde der Rector fiir jedes 
Semester von den jedesmaligen halbjährigen Procuratoren 
der vier Nationen, welche die Gesammtheit der Lehrer 
wie der Scholaren vertraten, gewählt und zwar nach einem 
regelmässigen Turnus, aus den lehrenden Mitgliedern der 
verschiedenen Facultäten. 

Nur selten wurde von diesem Modus abgewichen. In 
dem Vierteljahrhundert der Maximilianischen Regierung be- 
kleideten die Professoren Christoph Kulber fünf*) und 
Johann Trapp vier Mal das Rectorat. Eine drei- und 
zweimalige Führung des Amtes kommt öfter vor. 

^) Neuere Rectoren-Cataloge enthalten die unrichtige Angabe, dass 
der Licentiat der Theologie Johann Chekman fünf Mal Rector 
gewesen. Johann Kekman oder Chekman, aus Haugsdorf, Licentiat 
der Theologie und Pfarrer in Statz, war als Doctor des canonischen 
Rechts, zweimal 1496 und 1501 Rector. Er starb 1512, wie sein mit 



124 Aensserer Bestand der Universität im Anfang des XYI. Jahrh. 

Eine besondere Erwähnung verdient, dass die auf italie- 
nischen Universitäten nicht selten vorgekommene Sitte, 
fürstliche Scholaren zur höchsten akademischen Würde zu 
erheben, auch in Wien Nachahmung fand. Mit der Er- 
hebung wurde in diesem Falle zugleich honoris causa das 
philosophische Magistcrium ertheilt, so dass dann der fürst- 
liche Scholar als graduirtes Facultäts-Mitglied galt. 

In solcher Weise wurde im J. 1503 der schlesische 
Herzogssohn Friedrich von Teschen und Grossglogau, 
der in Wien die Rechte studierte, *) und einige Jahre später 
(1510) der ebenfalls der juridischen Facultät angehörige 
Scholar Franz Sforza, Herzog von Mailand, 2) durch 
Erwählung zum Rector ausgezeichnet. Dem mit ihm fast 
gleichzeitig in Wien studierenden baierischen Prinzen Ludwig 
widerfuhr jedoch diese Auszeichnung nicht. ^) 

Erst seit Maximilians I. Regierung kam es auf, dass 
der Rector officiell das Prädicat „Magnificus" führte.'*) 



einer Inschrift versehener Grabstein in der St. Stephanskirche angibt. 
(Vgl. Ilg in den Mittheil, der Central-Commiss. f. Erforsch, d. Kiinst- 
Denkm. Wien 1875. Neue Folge I. Hft. 4.) Ein anderer Johann 
Checkmann oder Heckmann, aus Schillingsstadt in Franken, eben- 
falls Licentiat der Theologie, bekleidete als artistischer Professor, drei 
Mal 1507, 1510 und 1514 das Rectorat. Mit diesem disputirte Johann 
Eck im J. 1515. (Vgl. oben S. 118.) 

^) Eder, Catal. Rect. p. 49 ad ann. 1503. Dominus Fridericus illustr. 
dux Silesiae Teschnens. et Majoris Glogoviae. 

2) Eder 1. c. ad ann. 1510. Franciscus Sforcia dei gratia dux Mediolani 
et Barhi. 

3) Eder 1. c. ad ann. 1511: dedit hie operam literis ill. Princeps 
et D. Ludovicus Dux Bavariae. 

^) In den Act. fac. art. und in den Act. Univ. bekommt schon im 
J. 1500 der Rector den Ehrentitel Magnificus officiell. Vgl. Conspect. 
bist. univ. Vienn. II. 67 f. Die Humanisten bezeichneten den Rector ge- 
wöhnlich mit dem Worte Moderator. Dass Cuspinian nicht der erste war, 
welcher in seinem Rectorate (1500) den Titel Magnificus führte, wie Rosas 
(Gesch. d. Wien. Hochsch. I. S. 107) meint, lässt sich daraus ersehen, 
dass Briccius Preprost, der 1497 Rector war, dieses Prädicat schon hatte. 
Vgl. unten 2. Buch im Art. Scipio. 



Frequenz der Uniyersit&t. 125 

• 

In den beiden ersten Decennien des 16.. Jahrhunderts 
hatte die Frequenz der Studierenden an der Wiener Hoch- 
schule ausserordentlich zugenommen. ^) Der jährliche Zu- 
gang* der Immatriculirten betrug zwischen 600 bis 800 Scho- 
laren. Am zahlreichsten war die rheinische Nation, wozu 
das ganze westliche Deutschland und die Schweiz 2) gehörten, 
vertreten. Die Hälfte aller Scholaren waren die Rhenani. 
Die österreichische Nation mit den dazu gehörigen Italienern 3) 
zählten kaum halb so viel und die ungarische mit der säch- 
sischen Nation zusammen, d. i. die von Osten und Norden 
hergekommenen, bildeten kaum ein Viertel der Gesammt- 
zahl, die zur Zeit Maximilians in manchen Jahren auf 5000 
und mehr anzuschlagen ist. ^) 

Bei der grossen Menge der Studierenden war es zur 
genauen Beaufsichtigung des Personalstandes der Universität 
noth wendig, dass jeder zur Universität Gehörige , der an 
ihren Privilegien und Vorrechten Theil nehmen wollte, nicht 
nui' bei dem Decan der Facultät, wohin er seinen Studien 
nach gehörte, sich einschreiben Hess, sondern auch von dem 
Procurator seiner Nation in dessen Matrikelbuch 
eingetragen wurde. Selbst neu angekommene Baccalaureen, 
Licentiaten, Magister und Doctoren waren in die Nations- 



*) In einer Oratio Modesti Umbri vom J. 1510 heisst es: (Viennae) 
tantum studiosonim multitudinem quantum me in nullo Italiae ' gymnasio 
vidisse unquam confiteor. 

2) Ulrich Zwingli studierte als 15- oder 16 jähriger Scholar 1499 und 
1500 in der artistischen Facultät in Wien. Er zeigte in der Folge, dass 
er dieser Hochschule vor allen andern zugethan war, indem er ihren Be- 
such seinen Brüdern und Landsleuten empfahl. 

^) Franciscus Piccolomini aus Siena (Neffe des Aeneas Sylvius), 
der als Plus III. im J. 1503 den päpstlichen Stuhl bestieg, hatte in Wien 
einen Theil seiner Studien gemacht. 

*) Eder, Catal. Rect. p. 50 gibt 7000 an: Quorum (scolarium) non- 
nunquam ultra VII milia uno tempore hie (Viennae) fuisse constat. Elnk, 
Gesch. Wien. Univ. I. S. 226, n. 264 bezweifelt die hohe Zahl, welche 
Eder angibt. 



126 Aensterer Bestand der UniTenittt im Anfiuig des XYI. Jahrh. 

Matrikel eiozuschreiben. Die Gebühr für die Oraduirten 
betrug 1 bis 2 Groschen, für die Scholaren 4 Pfennige. 

Die Inscription oder Intitulation in die Nations- 
Matrikel wurde nicht selten unterlassen. Daher wurde am 
22. März 1515 zur strengen Beobachtung des alten Gesetzes 
wiederholt angeordnet, dass die Scholaren, welche die In- 
titulation unterliessen, beim Ansuchen um die Ertheilung 
der akademischen Grade zurückzuweisen wären.*) 

Zu den Universitäts- Angehörigen, welche, ohne Graduirte 
und Scholaren zu sein, dem Kector und dessen akademischen 
Gerichtsbarkeit unterstanden, kamen ausser den sogenannten 
Supposita (Officianten, Pedellen, Schreibern, Instrumenten- 
machern etc.) seit der Verbreitung der Buchdrucker- 
kunst eine neue Classe hinzu: ^) nämlich die Buch- 
drucker, Buchhändler und Buchverleger, welche eine 
doppelte Stellung hatten, zur Universität und auch zum 
städtischen Regiment, indem sie in der Regel wohlhabende 
und angesehene Wiener Bürger waren. 

Als der erste ständige Buchdrucker in Wien ^) ist 
Johann Winterburger (De hiberna arce) *) aus der rhei- 
nischen Grafschaft Sponheim, vielleicht einer der Gehilfen 
der ersten Erfinder der Typographie in Mainz, anzusehen, 
der sich in der letzten Regierungszeit Kaiser Friedrichs III. 



») Kink II. Statutenbuch N. 61. S. 327. 

^) Es führte der Decan der artistischen Facultat ein besonderes Yer- 
zeichniss oder eine besondere Matrikel Über die Supposita. 

^) lieber die ersten Buchdrucker und Buchhändler in Wien handelt 
Denis, Wien's Buchdruckergeschiehte in der Vorrede p. VII — XX aus- 
führlich. Schier in der Commentatio de prim. Vindobon. Typogr. hatte 
den Gegenstand schon früher behandelt. Auch Hormayer, Wiens Denkw. 
I. 4. S. 122 ff. spricht in der Kürze davon. 

*) Der Name findet sich auf den Büchern auch abgekürzt angegeben : 
Winterburg, Winterb., Winter, u. Jo. W., der Druckort ist bezeichnet: in 
urbe Viennensi, Viennae Austriae, Viennae Pannoniae, in urbe Pannoniae, 
quae olim Flaviana. 



Die ersten Wiener Buchdrucker und Bnchhändler. 127 

in Wien niederliess. Sein erstes in Wien gedrucktes Buch 
ist aus dem J. 1492, sein letztes aus dem J. 1519. Celtes 
und Cuspinian Hessen bei ihm meistens ihre Schriften 
drucken. Seit 1510 druckte Hieronymus Victor oder 
Böttcher aus Liebenthal in Schlesien (daher auch Doliarius 
und Philovallis beigenannt) zuerst allein, dann häufig in 
Gesellschaft mit Johann Singriener oder Syngrenius *) 
aus Oettingen in Baiern. Vom J. 1515 trennten sie ihre 
Druckereien. Hieronymus Victor druckte in Wien bis 1531 
und siedelte dann nach Krakau über, Singriener setzte die 
Druckerei in Wien fort bis an seinen Tod 1545. Mit grie- 
chischen Lettern druckte man in Wien erst im Anfang des 
16. Jahrhunderts. 2) 

Von den Chalcographen oder Typographen, auch 
Impressoren genannt, sind zu unterscheiden die Buch- 
händler und Verleger, auch Buchführer, Bibliopolen 
und Venditores librorum geheissen. Die ersten Buchhändler 
in Wien waren die Gebrüder Leonhard und Lucas Alantsee 
aus einer Augsburger Buchhändler-Familie, ^) die ihren Laden 
in der Nähe von St. Stephan, auf der Brandstatt hatten, 
und seit 1510 bei Winterburger, Victor und Singriener, 
aber auch auswärts in Venedig, Basel, Strassburg drucken 
liessen. *) In Venedig, Frankfurt und anderen Orten kauften 



^) Auch abgekürzt bezeichnet: Singre. und J. S. Als Gesellschafter 
nennen sich beide Buchdrucker Calcographi Sodales, Socii und Partiarii. 
Den Druckort geben sie an: ex aedibus Viennae Anstriae oder Pannoniae, 
manchmal auch nur mit Viennae. Die Druckerei befand sich zuerst auf 
dem alten Fleischraarkte, dem St. Laurentius-Kloster gegenüber, später in 
der Weihburggasse im Mediciner-Hause. 

2) Vgl. Denis, W. B. G. 8. 46, wo von einer Wiener Edition des 
Sallust V. J. 1511, worin griechische Lettern vorkommen, gesprochen wird. 

3) Vgl. Mittheil, der k. k. Central-Commission z. Erforsch, u. Erhalt, 
der Baudenkmale.' Suppl.-Bd. II. Hft. Wien 1874. Abhandl. v. Hart- 
mann V. Franzenshuld: die BuchfÜhrer-Familie Alantsee in Wien. 

*) Als Verleger kündigen sie sich an bei ihrem Namen durch den 
Zusatz: ex impensis oder expensis, auch sumtibus und ductu; letzteres war 



128 Aensserer Bestand der Universität im Anfangr des XVI. Jahrh. 

sie Bücher auf, welche sie als Buchführer oder Bibliopolen 
zum Verkaufe ausstellten. ^) Als Leonhard im Jahre ^ 1518 
gestorben, setzte sein Bruder Lucas allein das Geschäft bis 
an seinen Tod 1522 in dem bei dem Stephansplatz gelegenen 
Hause fort. 2) 

Johann Metzker, der als Buchhändler seit 1513 
meist bei Singriener drucken Hess, überlebte die Gebrüder 
Alantsee. 

Bei dem raschen Anwachsen der Universitäts-Biblio- 
thek, die auch Bibliotheca artistica genannt wurde, musste 
für neue Räumlichkeiten gesorgt werden, die Bücher unter- 
zubringen. Die Juristen hatten theilweise ihre Bücher- 
Sammlung in der Schulergasse in der Schola Juristarum, 
die Mediciner in ihrer Behausung in der Weihburggasse, 
die Theologen im CoUegium Ducale. Die Artisten, welche 
aber aus allen Facultäten Bücher aufnahmen, fanden sich 
bald im Raum beschränkt, obschon sie seit 1493 ein beson- 
deres Gebäude, dem Collegium Ducale gegenüber, am Aus- 
gange der unteren Bäckergasse, besassen. Anfänglich hatte 
die neue Localität vollkommen ausgereicht, so dass man 
noch sogar einige Räume in der Zeit der Epidemie für 
Studenten als Krankensäle benützen konnte, und diesen 
Theil des Hauses auch das neue Hospital nannte. Bald er- 
kannte man aber das Unpassende der Zusammenstellung 

die eigentliche Bezeichnung, wenn der Verfasser des Buches Selbst- 
verleger war. 

*) Dr. Kürschner, Vorsteher des k. k. Reichs-Finanz- Archivs, hatte 
die Gefälligkeit, daraus eine Abschrift von Kaiser Maximilians Vergünstigung 
vom J. 1512 für die Gebrüder Alantsee dem Verfasser mitzutheilen , wo- 
nach ihnen auf sechs Jahre gestattet wurde, Bücher zum Verkauf auszustellen. 
Zum Behufe der Feststellung billiger Preise sollte aber vorher mit der 
Universität verhandelt werden. — Von 1510 — 1520 sind fast aUe huma- 
nistischen Bücher, welche in Wien erschienen, im Verlag der Gebrüder 
Alantsee von Victor und Singrenius gedruckt worden. 

2) Er legte sich stolze Beinamen zu: Tegniphilus (i. e. techniphilns) 
Nobilis, omnium literatorum Parens. 



Universitäts-Bibliothek. Bnraen. 129 

der Bücher mit den Kranken und errichtete, um für die 
Bibliothek allein das ganze Haus verwenden zu können, 
ein besonderes Studenten- Spital bei der St. Sebastianskirche 
vor dem Stubenthor. Da dieses Krankenhaus aber schon 
nach wenigen Jahren, zur Zeit der türkischen Belagerung 
1529, eingeäschert wurde, musste man zu dem verlassenen 
Spital bei der Bibliothek zurückkehren, welcher Missstand 
damals nicht sehr auffallen konnte, indem gerade die 
Frequenz durch die Kriegsereignisse und reformatorischen 
Bewegungen ganz herunter gekommen war und die Biblio- 
thek weder durch Ankauf noch Schenkungen von Büchern 
einen merklichen Zuwachs erhielt. *) 

Bei der grossen Frequenz der Universität mussten, 
nm Unordnungen und Excessen mehr vorzubeugen^ die 
Disciplinargesetze streng gehandhabt, selbst verschärft 
werden. Namentlich waren hinsichtlich der Bursen und 
Coderien oder Armen-Contubernien , worin die Scholaren 
manchmal in grosser Zahl zusammenwohnten, eine genaue 
und beständige Aufsicht nothwendig. 

Zu den alten Bursen 2) in der Umgebung der Univer- 
sität, (Lamm-, Brücken-, Pauls-, Rosen-, Lilien-, 
Polen-, auch Schlesische oder Pankota - Burse) und zu 



^) Seitdem mit dem Anfang der Reformation die Professoren sich 
meistens verheiratheten und Leibeserben hinterliessen, hörte die Sitte, der 
XJniversitäts-Bibliothek Bücher testamentarisch zuzuwenden, so ziemlich 
auf. Die reichen Bücher-Sammlungen von Cuspinian, den beiden Brassicani 
u. A. wurden von ihren Erben verkauft. Der Bischof Johann Fabri von 
Wien erwarb sie zu seiner Privatbibliothek, die er jedoch auch nicht bei 
seinem Tode der Universität vermachte, sondern der Studenten-Stiftung 
von St. Nicolaus, und nach deren Auflösung kam sie, aber nicht ohne 
Process, an die Bursa Brück und dann an die Coderia Goldberg. Erst 
später wurde sie mit der Universitäts-Bibliothek vereinigt, mit der sie im 
J. 1766 in die Hofbibliothek aufgenommen wurde. 

2) Vgl. Aschbach, Gesch. d. Univ. Wien S. 201 fll. Kink I. S. 143 fl., 
n. 167. Conspect. bist. univ. Vienn. III.' S. 141 fll. Näheres bei Savageri, 
chron.-hist. Samml. aller besteh. Stiftungen. Brunn 1832. 

y. Aschbach, Geschichte der Wiener Uniyers. 11. 9 



130 Aensserer Bestand der Universität im Anfang des XYI. Jahrh. 

den Coderien armer Studenten kamen einige neue Convente 
und die bereits bestehenden wurden durch Stiftungen von 
Professoren und anderen Wohlthätern reichlicher dotirt, ^) 
namentlich wurden die studentischen Armenhäuser ver- 
mehrt. Die meisten derselben kamen den Artisten zu 
Statten. Da bei der UeberfüUung dieser Convicte und bei 
der mangelhaften Aufsicht Vernachlässigung der Studien 
und mancherlei Excesse an den Tag getreten waren und 
desshalb vielfache Klagen vorgebracht wurden, ward im 
J. 1504 von der artistischen Facultät angeordnet, in welcher 
Art und Weise jeder auf die Universität kommende Scholar 
an einen Magister als Rathgeber für seinen Studiengang 
sich anzuschliessen habe und wie viele zahlende und arme ^) 
Scholaren höchstens ein Magister in den Bursen und Coderien 
unter seiner Leitung zu nehmen habe. ^) Am 13. Juli 1509 
wurde in dieser Beziehung ein Universitätsgesetz erlassen, *) 
welches näher bestimmte, in welcher Weise in den Coderien 



^) Oswald de Weikersdorf, ein Wiener Canonicus, machte 1497 für 
die Brückenburse eine Stiftung (Locher, Specul. p. 304). — Der Theologie- 
Professor Johann Trapp machte 1504 und folgende Jahre einige Stiftungen 
zu Gunsten der Lammburse (Locher 1. c). — Der Med. Dr. Georg Taler, 
Bürger in Wiener- Neustadt, vermachte 1 508 in einem Testamente 600 Pfd. 
Pfennige der Bursa Pauli (Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1608). Eben diese 
Burse, welche auch den Namen Heidenreich führte, erhielt 1517 vermehrte 
Einkünfte und die Rosenburse ward 1510 neu restaurirt. Im J. 1520 wies 
der theologische Professor Kulber der Lammsburse ein ansehnliches Stipen- 
dium zu (Locher 1. c). — Eder, Catal. Rect. an mehreren Stellen; ad 
ann. 1517 p. 63 berichtet er: Venditur Bursa Pauli et ejus in locum domus 
emitur proxima, quae nunc dicitur Bursa Haydenhaim ex fundatione Pauli 
Wann Canonici et Concionatoris circa ann. 1484. 

2) Derjenige Scholar, welcher durch voUgiltige Zeugnisse darlegen 
konnte, dass er nicht über 10 Pfd. Pfennige jährlich zu verzehren habe, 
wurde als pauper discipulus aufgenommen. Wo ein Magister die Studien 
von zwölf zahlenden Scholaren leitete, musste er sechs arme, die nicht 
zahlten, dazu nehmen. 

3) Kink, Gesch. d. Wien. Univ. II, n. 47. p. 315. 
*) Kink a. a. O., n. 46. p. 312—314. 



Der lateinische Krieg. 131 

für unbemittelte Studenten von den Conventoren, welche 
in der Regel Magister oder Baccalaurei waren, die Bekösti- 
gung, Beaufsichtigung und Repetitionen zu leiten seien. ^) 
Auch waren die Facultätsdecane angewiesen, eine strenge 
und beständige controlirende Inspection über die genaue 
Beobachtung der erlassenen Verordnungen zu führen. 

Ungeachtet der strengen Disciplinargesetze nahmen die 
studentischen Excesse und Zügellosigkeiten überhand. Freilich 
trugen die Studenten nicht immer allein die Schuld bei dem 
häufigen Strassenunfug und den nicht seltenen blutigen 
Raufereien mit den Handwerksgesellen und Bürgern. Die 
Scholaren machten, wie die Gesetze vorschrieben, durch 
ihre besondere Tracht mit den Gugeln und Gürteln 
ihren Stand kenntlich. 2) Nur wenn sie diese Studenten- 
Abzeichen trugen, waren sie der Universitäts - Privilegien 
theilhaftig. Es waren diese äusseren Kennzeichen, die sie 
unter den Schutz der Universität stellten um so nöthiger, 
da ihnen das frühere Vorrecht Waffen zu tragen entzogen 
war. 3) Aber gerade die Abzeichen gaben häufig hinwiederum 
Veranlassung zum Spott und zu Neckereien von Seiten der 
Gegner der Studenten und fiihrten dann zu Strassen- 
kämpfen. 



*) Ein Artikel bestimmte auch: Conventor domus Paupenim viginti 
quatuor discipulos pro Codria stantes nee pluresTprotune assumere debet, 
qnibus similiter Praeceptor superintendere debet. Quieunque vero magistri 
jam acta viginti etiam plures discipulos habuerint seu divites vel pauperes, 
hoc praefatis magistris ad mittimus. Sed tales interea nuUam jam novellum 
discipulum suscipiant, donec praescriptus discipulomm numeros aequatur 
sub poenis majoribus facultatis. 

^) Ueber die Studentenkleidung gibt die Verordnung vom 29. Juni 
1613 wiederholt nähere Bestimmimgen. Kink II, n. 48. S. 318 ff. Eder, 
Catal. Rect. p. 50 fasst die Sache kurz zusammen: Tirones singularum 
facultatum — cingula, profectiores cappas, alii demum alia atque alia 
gestabant ornamenta, quibus ab indoctae plebis turba et agnosci et honorari 
possent. 

3) Kink 1. c. S. 321. 

9* 



132 Aensserer Bestand der ünivenit&t im Anfang des XVT. Jahrh. 

Unter diesen Kämpfen war der am 20. Mai 1513 
entstandene der blutigste: er wurde, da die Streitigkeiten 
sich noch einige Zeit weiter fortzogen, der lateinische 
Krieg genannt. Durch Neckereien anfänglich herbeigeführt, 
entwickelte er sich bald zu grösseren Dimensionen, zu 
schweren und gefahrlichen Verwundungen und zu Todt- 
schlägen. 

Anstatt dass der städtische Magistrat dem Unwesen 
steuerte und die Bürger wie die Gesellen von der Insul- 
tirung der Studenten abhielt, wurde von dem damaligen 
Wiener Bürgermeister Johann Rynner, einem rohen 
Gerber, der mit Hass und Erbitterung gegen die Univer- 
sität erfüllt war, in ganz rücksichtsloser brutaler Weise 
vorgegangen. Er Hess durch seine Schergen die mit den 
Bürgern im Kampf befindlichen Studenten aufgreifen und, 
ohne auf die Universitäts-Privilegien Rücksicht zu nehmen, 
unter Misshandlungen in die städtischen Gefängnisse werfen, 
wo sie trotz des Protestes des Rectors weiter in Haft ge- 
halten wurden. ') 

Ein landesherrliches Edict, welches damals (29. Juni 
1513) erlassen wurde und den Studenten zwar erlaubte, die 
Gürtel abzulegen, aber doch die anderen Abzeichen zu tragen 
anbefahl, half wenig und wurde um so unbefriedigter auf- 
genommen, als das frühere Verbot des Waflfentragens er- 
neuert ward. 2) 



1) Die Rhein. Nat. Matrik. ad aim. 1614 beigeschrieben [statt ad 
ann. 1513]. Hoc anno electus est in judicem civitatis (i. e. Consul s. 
Praetor urbanus) quidam coriarius Joannes Rynner nomine, qui in suo 
officio Tiniversitatem nostram multipliciter turbare attentavit et turbavit, 
ejusqne alumnos verbalibus et realibus injoriis affectes suo carceri manci- 
pavit et ultra ^uam debuit ex jurejurando universitatis nostrae privilegiis 
non yiolandi praestito detinuit etiam universitatis magistratibus anxie 
soUicitantibus. 

2) Kink II, p. 318, n. 48. zu vergl. mit Kink I. S. 229, n. 266. 
Sorbait, Catal. Rect p. 71 fast ganz nach Eder: Studiosis armorum usus 



S tndenten- Auszug. 1 33 

Da eine Genugthuung für die erlittenen Gewaltmass- 
regeln des städtischen Regiments nicht gegeben worden, 
und man den Angriflfen der bürgerlichen Bevölkerung 
gegenüber keinen hinreichenden Schutz erhielt, so fassten 
viele Studenten, die nicht in den österreichischen Ländern 
einheimisch waren, namentlich solche, welche der rheinischen 
Nation angehörten, den Beschluss, die Universität zu ver- 
lassen. Es waren ungefähr sieben- bis achthundert Studenten, 
welche von Wien auszogen und sich ihrer Heimat, dem west- 
lichen Deutschland, zuwandten. Unterwegs in Oberösterreich, 
wo sich damals zu Wels Kaiser Maximilian aufhielt, machten 
sie Rast, um demselben, bevor sie Oesterreich verliessen, 
ihre Beschwerden vorzutragen über das erlittene Unrecht 
und sich wegen des Abzuges zu rechtfertigen. 

Der Kaiser nahm die Studenten nicht ungnädig auf. 
Nachdem er ihre Beschwerden vernommen und ihnen Ab- 
hilfe versprochen, ermahnte er sie ernstlich, ruhig zu ihren 
Studien zurückzukehren. Zu diesem Zwecke liess er ihnen 
ein Viaticum geben. Aber nur ein geringer Theil kehrte 
nach Wien zurück. ^) Die meisten setzten ihren Weg in 
die Heimat fort oder begaben sich auf andere Universitäten. 
Manche von denen, die nicht zurückgekehrt waren, hatten 
die Gelegenheit benützt, ihre Schulden unbezahlt zu lassen: 



publico interdicitnr decreto. Quo facto Indocta multitado philosophiae 
candidatis cingulo indutis illudere incipiebat. Quod cum studiosi ferre 
non possent, cingulomm depositionem violentius quam conveniret petunt. 
^) Nach Eder, Catal. Rect. p. 66 u. Sorbait, Catal. Rect p. 61, der 
jenen f^st wörtlich ausschreibt, wird der Zusammenhang der Begebenheiten 
etwas abweichend von anderen Berichten erzählt. Authores (Studiosi) 
hujus tnrbae in vigilia D. Laurentii, ne graviorem excitarent seditionem, ab 
nrbe discedere jubentur. Eo audito communis fit confoederatio ac eodem 
die octingenti studiosi erecto vexillo egrediuntur urbem Welsam usque 
ad D. Mazimilianum Caesar. Aug. a quo hanc scholam unice diligi sciebant 
profecturi. Dass die Studenten sämmtlich nach der gnädigen Aufnahme 
und Besohenkung^ durch den Kaiser nach Wien zurückgekehrt, ist sicher 
ein ungenauer Bericht, den auch Kink I. S. 229, n. verwirft. 



134 Aeasserer Bestand der Universität im Anfang des XYI. Jahrb. 

andere^ die gewissenhafter waren, ihren Verpflichtungen nach- 
zukommen, kehrten zwar zurück, aber nur um ihre Gläu- 
biger zu befriedigen und dann auch wieder abzureisen. ^) 

In welcher Weise wegen der Verletzung der Universitäts- 
Privilegien von Seiten des städtischen Regiments Genug- 
thuung gegeben ward, findet sich nicht berichet. Doch wird 
ausdrücklich angeführt, dass eine wiederholte landesherrliche 
Confirmation der Universitäts-Privilegien namentlich in Be- 
zug auf ihre besondere Gerichtsbarkeit erfolgte. 2) Dass 
damals den Scholaren erlaubt worden sei, wieder Waflfen 
zu tragen, wie eine spätere Nachricht meldet, ist nicht 
glaublich. ^) 

Die Magister und Professoren hatten eine besondere 
Amtstracht, worin sie bei öffentlichen Gelegenheiten, aber 
auch selbst bei ihren Vorlesungen auf dem Katheder auf- 
traten. An ihren Mänteln waren aus Tuch drei Zungen 
befestigt, um damit anzuzeigen, dass sie die Gabe der ßeredt- 
samkeit in den drei gelehrten Sprachen, -im Lateinischen, 

^) Den zuverlässigsten Bericht liefert das Rhein. Nat. Matrikelbueh : 
Tandem (judex civitatis Jo. Rjnner) — odio et rancore eflfecit, ut die 
9. eiusdem mensis (Augusti) studentes abirent numero ferme 700 ad 
sacratiss. Caesar. Majestatem euntes et qnandam supplicationem porrigentes, 
cujus copia apud acta Universitatis habetur. Quanquam ad mandatum 
S. C. Majestatis per quosdam commissarios salvus studentibus fuisset et 
Über regressus datus, attamen paucissimi eorum, qui antea exierunt, redie- 
runt. Quidam autem redeuntes creditoribus satisfecerunt et iterato abienmt. 

2)- Eder 1. c. bemerkt, dass der Kaiser die Sache seinem Statthalter 
in Oesterreich, dem Markgrafen Ernst von Baden, zur Untersuchung über- 
lassen habe und schliesst mit den Worten: Studiosi non cingulorum tantum 
impetrant liberationem, sed de novo leguntur et confirmantur huic Gymnasio 
antiqua sua Privilegia, ubi etiam publice admonitus fuit Magistratus civilis, 
ne Academiae Privilegia in minimo offendat. Es handelte sich dabei um 
die städtische Zoll- und Steuerfreiheit der Universitäts-Angehörigen. Vgl. 
Eder, Catal. Rect. p. 50 ad ann. 1503. , 

3) Conspect. hist. univ. Vienn, II. p. 85. Optimus Caesar — milites 
scholasticos honesto donatos viatico cum clementiae significatione redire 
jubet. — Repetunt illi Viennam in vigilia Nat. Mariae atque non cingu- 
lorum ponendorum modo impetrare facultatem, sed et armorum usum. 



Amtstracht und Öffentliche Eeden der Professoren. 135 

Griechischen und Hebräischen besässen. *) Freilich war die 
Sache nicht streng wörtlich zu nehmen. Denn des Grie- 
chischen waren nur sehr wenige kundig, und die Kenntniss 
des Hebräischen besass kaum der eine oder der andere 
Professor der Theologie. Eine genaue und gründliche Kennt- 
niss der deutschen Sprache aber wurde von keinem Univer- 
sitäts-Gelehrten verlangt. 

Bei allen öffentlichen Feierlichkeiten und Festlichkeiten, 
wo Reden zu halten waren, wurden die Magister und Doctoren 
beigezogen : ihnen lag ob, im Namen der Universität alle wich- 
tigen Ereignisse, welche den Landesfürsten und sein Haus be- 
trafen, in wohlgesetzten lateinischen Reden zu besprechen, 
namentlich gehörten dahin die Reden bei dem Regierungs- 
antritt des Landesherrn, bei seiner Vermählung, seinem Tode 
und den wichtigeren Ereignissen in seiner Familie, Kamen 
fremde Fürsten nach Wien oder fanden daselbst fürstliche Ver- 
sammlungen statt, so wurden von der Universität ihre besten 
Redner deputirt, die hohen Gäste in lateinischer Sprache 
zu begrüssen. Ganz besonders fand dieses bei dem Wiener 
Fürsten-Congress im Juli 1515 statt, wo nicht weniger als 
22 solcher lateinischer Begrüssungsreden gehalten wurden. 2) 

J) Eder, Catal. p. 49. 

2) Eder im Catal. Reet. p. 58 beim J. 1515 gibt das Verzeiehniss 
der 22 Redner: 

- Celeberriums fuit hie conventus Principum, quos omnes et singulos 
Academia commodissimis et dissertissimis excepit Orationibus: 

1. Divum Maximilianum excepit Joachim. Vadianus Poöta. 

2. Vladislaum Hnng. et Boem. 
reg. una cum liberis [Anna et 

Ludovico] T, Andreas Misbegius. 

3. Sigismundum reg. Poloniae „ Joachimus Yadian. Poeta. 

4. Mariam reginam Gastellae 
[sponsam Ludovici filii regis 

Hung.] „ Sebastianus Wunderl. 

5. Thomam Cardin. Strigonensem „ Ludovicus Restio. 

6. Matheum Cardinal. Gurcen. „ Sebastianus Wunderl. 

7. Christoph. Episc. Premen. „ Christoph. Crassus. 



136 Aensserer Bestand der Universität im Anfuig des XYI. Jahrh. 

Als Kaiser Maximilian am 12. Januar 1519 in Ober- 
österreich zu Wels, wo er häufig reaidirte, im 59. Lebensjahre 



8. Joan. Bayariae ducexn, Epiftc. 

Batisp. excepit Cyprian. Koster. 

9. Wilhelm, ducem Bavariae „ Georg. Rythaimerus. 

10. Ludovicum dnc. Bavariae „ Ludovicus Komhuber. 

11. Casimir. Marchion. Brandenb. „ Christoph. Crassus. 

12. Albert, ducem de Mechelburg „ Leonardus Cotumicus. 

13. üdalricPrincipem Wirtenberg. „ Conradus Scipionis. 

14. Georg. Episc. Colocens. Hung. „ Leonard. Cotumicus. 

15. Georg. Ep.Quinqueeccl. Hung. „ Joannes Kresling. 

16. Joannem £p. Posnaniens. Pol. f, Stephan. Sprugl. 

17. Mathiam Episc. Yladislavien. „ Leopold. Hellndorfer. 

18. Petrum Episc. Premissien. Pol. „ Rudolfus Agricola Junior Rethus. 

19. StanislaumEp.Olomuc.Morav. „ Wolfgang Heiligmair. 

20. Christophor Episc. Labacen. „ Petrus Freylender. 

21. Wigileum Episc. Patavien. „ Georg. Huetter. 

22. Bertold. Ep. Eemens. Bavar. „ Leonardus Cotumicus Wirtenberg. 

Horum omnium orationes disertissimae typis circumferuntur excusae. 

Orationes Viennae Austriae ad divum Maximilianum Caes. Aug. 
aliosq. illustr. Principes habitae in celeberrimo Regum ad Caesarem con- 
ventu. A. MDXV. Vienn. 1516. 4^. Denis S. 145 meint, diese Reden zusammen 
machten einen vortheilhaften Eindmck in Bezug auf das geistige und ge- 
lehrte Leben an der Wiener Universität im Zeitalter Maximilians. 

Die rhein. Nat. Matrik. ad a. 1515 gibt ein genaues Verzeichniss der 
Fürsten und Bischöfe etc. nebst der Zeit ihrer Ankunft in Wien; der 
Conspect. bist. Univ. Vienn. liefert ebenfalls ein solches Verzeichniss mit 
dem Beifügen: Totius hujus conventus seriem festivitatesque rerum sin- 
gulis diebus gestarum diario complexus est Jo. Cuspinianus. Tribus 
item libris, quos Hodoeporicon vocat, eundem descripsit Perusinus Cardinali 
Gurcensi a Sacellis (i. e. Matthaeo Lang). Vgl. unten 2. Buch im Artikel: 
Cuspinianus. 

Von den obigen 16 Rednern, wovon einige zwei, einer sogar drei 
Ansprachen gehalten, sind die meisten sonst wenig oder nicht bekannt. 
Von Joachim Vadianus, Rudolf Agricola, Georg Rithaimer und Andreas 
Misbegius wird bei den Wiener Humanisten des Näheren gehandelt. Von 
den übrigen sind nur drei hervorzuheben: der Schweizer Christoph 
Crassus (Dick), ein Freund des Vadianus, Dichter und Herausgeber der 
Briefe des Franciscus Philelphus und einiger Hymni des Prudentius. 
Vienn. 1514. Vgl. Denis, W. B. G. S. 45 und 119, Gareil. Bibl. S. 258. 
Femer Ludwig Restio von Wördt (daher Vordinganus), der eine 



Maximilian's Tod and Verdienste um die ünivereit&t. 137 

gestorben war, brachten die irdische Hülle seine beiden 
Leibärzte Wilhelm Polymnius und Georg Tannstetter, Pro- 
fessoren der Wiener medicinischen Facultät, die ihn in seiner 
Krankheit behandelt hatten, nach Wien. Dem Leichenzuge 
schlössen sich fünfzehn infulirte Prälaten und zahlreiche 
Herren des österreichischen Adels an. In der St. Stephans - 
kirche wurden die feierlichen Exequien am 29. Januar ge- 
halten, und der Humanist Philipp Gundelius, Professor der 
Poetik, sprach die Leichenrede. ') 

Mit Recht konnte von dem verstorbenen Fürsten ge- 
rühmt werden, dass man den blühenden Zustand der Wiener 
Universität, welche damals eine der ersten in Europa war, ^) 
fast einzig und allein seiner eifrigen Theilnahme an den 
Studien und seiner sorgsamen Pflege, die er ihnen ange- 
deihen Hess, verdankte 3) und dass er es vorzüglich war, 
welcher die Verbreitung des Humanismus nicht nur be- 
günstigte, sondern auch zur vorherrschenden Richtung an 



Rede an die mailändische Prinzessin Bona Sforza, Gemalin des polnischen 
Königs Sigismund, bei ihrer Anwesenheit in Wien richtete (1518), und ver- 
schiedene Ausgaben von Schriften seiner Freunde mit Distichen versah 
(vgl. Denis S. 4. 199 u. 329), endlich Sebastian Wunderl, der auch 
Binderl und Bunderl hiess. Er gab die Ovidischen Epistolae Heroidum 
heraus, Vienn. 1513, und wird auch als Rechtskundiger von seinem Freunde 
Collimitius genannt. Vgl. Denis S. 98 und 134. 

1) Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1519. Cuius (Maximiliani Imp.) funus 
Viennam allatnm XXIX. Jan., quod XV Praelati infnlati ac universa nobi- 
litas Austriae comitati. Laudavit pro funere Mag. Philippus Gundelius 
Bojus Ordinarius poetices. Cf. Eder, Catal. p. 63. 

^) Gerbel Praef. ad Cuspinian. Opp. NuUum erat ea tempestate in 
Germania celebrius Gymnasium ob abundantiam rerum omnium et doctissi- 
momm hominum incredibilem multitudinem. 

3) Das grösste Lob spendet dem Kaiser Maximilian Eder, Catal. Rect. 
p. 49: Florebat hie (Viennae) prae ceteris theologia, creverat jurispru- 
dentia, medicina in summo erat pretio, nee uUa philosophiae pars inculta 
jacebat. Mathesis haec schola aliis omnem laudem praeripuisse credebatur. 
Qiiibus accesserat summa linguarum doctrina, po^sis item atque divina 
dicendi facultas. 



138 Aeus8«reT Bestand dor Universität im Anfang des XYI, Jahrh. 

der Hochschule erhob. *) Es hatten ihn bei diesem Streben 
die kaiserlichen Räthe Johann Krachenberger und Johann 
Fuchsmagen^ die Superintendenten Bernhard Perger und 
Johann Cuspinian, der Humanist Conrad Celtes und andere 
wissenschaftliche Celebritäten 2) so erfolgreich unterstützt, 
dass der Ruf von der Blüthe der Wiener Hochschule sich 
durch alle Länder Europas verbreitete und Schaaren von 
lernbegierigen Studierenden in die Donaustadt zog. Die 
Wiener Universität hatte damals auch in der Frequenz ihren 
Höhepunkt erlangt, wie sie ihn in der Folge nie mehr er- 
reichte. 



*) Cuspinian's Inschrift an seinem Hause in der Singergasse Nr. 897 
gibt in einigen kurzen Sätzen die Verdienste Maximilians an: Imp. Caes. 
Aug. Maximilianus Friderici III. fil. Archidux Austriae liberales litteras 
Viennam invexit. Gymnasium viris illustribus exomavit. Imperatorias leges 
adduxit. Barbariem e Germania sustulit. Ac militarem disciplinam Ger- 
manos docuit. (Bei Fischer brev. Notit. Vindob. P. III. p. 201.) 

^) Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1519. Maximilianus Imp. imprimis de 
studio Vienn. optime meritus, qui ductu Joannis Fuchsmagonii et Joannis 
Grachi Pierii ac aliorum lectores quinque (i. e. Poetices, Bhetorices, Mathe- 
matices, Astronomiae et Juris Romani) fundavit. 



ZWEITES BUCH. 



UM IIA Sctrinei der Wimm Hnnailstiii 



im Zeitalter Kaiser Maximilian's I. 



Agricola. 



Rudolf Baumann aus Wasserburg. 

t 1Ö21. 

Rudolf Agricola, zur Unterscheidung von dem altern 
gleichnamigen Heidelberger Humanisten, der aus Groningen 
in Friesland stammte, Junior und nach seinem süddeutschen 
Vaterland Rh actus beigenannt, war aus Wasserburg*) ge- 
bürtig, daher er auch zuweilen sich den Beinamen Wasser- 
burgensis^) oder Hydroburgius ^) gibt. Sein eigentlicher 
deutscher Familienname war Baiimann oder Paumann.^) 

Wo er zuerst seine humanistischen Studien gemacht 
hat, ist unbekannt. Im letzten Decennium des 15. Jahr- 
hunderts, bald nach der Zeit, als Conrad Celtes die Uni- 
versität Krakau verlassen hatte, war Agricola dorthin ge- 
kommen, um die classischen Studien unter dem namhaften 



^) Ob ans dem am Inn oder aus dem am Bodensee g^elegenen Orte 
ist zweifelhaft. Denis, W. B. G. S. 122 entscheidet sich für den letzteren. 

2) Vgl. Carmen de divo Casimiro unten S. 142. n. 2. 

3) In der Elegie an Cardinal Matthäus Lang im J. 1616. Denis 
S. 316. 

^) In der Empfehlung Agricola*s zu Jo. Harmonii Comoedia Stepha- 
nium ist von gleichzeitiger Hand (1516) Über Agricola im Buch ein- 
geschrieben: Paumann. Denis S. 120. 



142 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Gelehrten Laarentius Corvinus *) weiter zu betreiben , aber 
um auch daneben sich den mathematischen und astronomi- 
schen Disciplinen zu widmen^ welche damals auf der 
Krakauer Hochschule durch den berühmten Albertus de 
Brudzewo besonders in Aufnahme gebracht worden waren. 

Im Jahre 1511 verfasste er ein elegisches Gedicht über 
den heiligen Casimir^ Prinzen von Polen,^) und im fol- 
genden Jahre gab er des Proclus Diadochus Schrift de 
Sphaera heraus. 3) 

Von Krakau begab er sich zunächst (1512) nach Krem- 
nitz in Ungarn^ um daselbst seine Kenntnisse in der Metal- 
lurgie zu erweitern, zum nähern Verständniss einzelner Ab- 
schnitte des Plinius.^) Sein Aufenthalt im Sommer 1514 
bei seinem Gönner, dem Cardinal-Erzbischof Thomas Bakaos 
von Gran, war nur von kurzer Dauer. Er begab sich so- 
dann nach Wien, wo er in den Jahren 1515 bis 1518 an 
der Universität Poetik und Rhetorik vortrug.^) 

Auf dem Congress zu Wien im J. 1515, wo Maximilian 
mit den Königen von Ungarn, Böhmen und Polen und einer 



^) In dem Briefe, welcher der Sammlung^ der Epistolae und Epi- 
grammata des Velius Ursinus vom J. 1516 (Denis S. 122) beigegeben ist, 
spricht Agricola von seinem Lehrer Laurentius Corvinus in Krakau. 

2) Rudolf. Agricolae Vasserburgen. de divo Casimiro regio 
Poloniae et Lituaniae principe, signis et miraculis carmen elegiacum, prae- 
ceptori suo M. Paulo Crosnensi florentissimi studii Cracovien. collegae ob- 
latum. Cracov. 1611. 4. Vgl. Zeissberg, Die polnischen Geschichtsquellen 
des Mittelalters. Leipzig 1873. S. 192. 

3) Cracov. 1612. Cf. Janoc. Mem. Miscell. Aut. Polon. I. p. 6. 

^) Zuschrift des Agricola an den Magister Nicol. de Czebinio, eccl. 
Novisolii praefecti, in der Isagoge in philosophiam moralem Leon. Aretin. 
Galeot. Vienn. 1616 (Denis S. 128), woselbst auch vier Distichen des Agri- 
cola zur Empfehlung des Buches. 

^) Denis S. 136 fll. Er beschäftigte sich damals besonders mit Horaz 
und Statins Papinius. Von dem Letzteren gab er die Achilleis (Vienn. 1514) 
und von Horatius daselbst um dieselbe Zeit die Epistolae heraus, freilich 
nur nach einem Aldinischen Abdruck, der wenige Jahre vorher in Venedig 
erschienen. Vgl. Denis S. 136. 



Agricola. 143 

grossen Anzahl von Fürsten und Bischöfen zusammenkam ^ 
hatte die Universität eine Anzahl ihrer artistischen Magister 
beauftragt, an die versammelten Fürsten passende Ansprachen 
zu halten. Rudolf Agricola hatte den Auftrag, den Bischof 
Peter von Przemysl in einer Rede zu begrüssenJ) 

Nachdem Agricola den Dialog des Erzbischofs An sei - 
mus von Canterbury über die Theologie und des Aure- 
lius Prudentius Cathemerinon mit Beigaben versehen, 
edirt 2) und bei mancherlei Gelegenheiten kleinere poetische 
Productionen geliefert hatte, zeichnete ihn (1516) Kaiser 
Maximilian durch die Krönung zum Dichter aus.^) 

Mit seinen humanistischen Freunden Joachim Vadianus, 
Udalrich Fabri, Angelus Cospus, Velius Ursinus u. A. stand 
er im lebhaftesten Verkehr und nahm an ihren schrift- 
stellerischen Arbeiten mehrfachen Antheil.^) Im J. 1518 



*) Die Rede ist nicht nur in der Sammlung der 22 damals gedruckten 
Orationes aufgenommen, sondern auch besonders erschienen. Oratio ad 
Petrum Episcopum Premisliensem habita ab Rud. Agricola Juniore Rhaeto. 
Vienn. 1515. Kink, Gesch. d. Wien. Univ. I. S. 212, n. 260, ist im Irr- 
thum, wenn er meint, Agricola sei nicht Mitglied der Wiener Universität 
gewesen. 

2) Divi Anselmi, Archiep. Cantuarien. Elucidarium dialogi- 
cum Theologiae tripartitum etc. Cum Rudolfi Agricolae Junioris elegia. 
Vienn. 1515. — Aurelii Prudentii Cathemerinon h, e. Diurnarum 
opusVarium. Cum Rudolfi Agricolae Rheti Praefatione. Vienn. 1515. — 
Vgl. Denis, W. B. G. S. 139—141. 

3) Denis, W. B. G. S. 123: In Fabri's Ausgabe der Tabula Cebetis 
vom J. 1519 findet sich am Schluss beigefügt: Argumentum Tabulae 
Cebetis per Rudolfum Agricolam Rhetum poetam laureatum mit neun 
Distichen. 

^) Dahin gehört seine Epistola ad Joaeh. Vadianum, qua de 
locorum nonnuUorum obscuritate quaestio sit (aus Plinius, Augustinus, 
Lactantius, Macrobius, Mela, Lucanus, Virgilius, Cicero), nebst Vadian's 
Antwort und einer Zuschrift des Velius Ursinus. Viennae 1515. 4. Vgl. 
Denis S. 123. Vadianische Bibl. in St. Gallen. 1864. S. 163. — Zu Cospus' 
Ausgabe der Horazischen Episteln, Vienn. 1515, fügte Agricola ein ludi- 
cium de Horatio. — In des Velius Ursinus Sammlung der Epistolae et 
Epigramm, Vienn. 1515 gibt er eine Zuschrift über die zeitgenössischen 
deutschen Gelehrten. Vgl. Denis S. 122. 



144 Leben und Schriften der Humanisten. 

yerliess er wieder Wien^ fast um dieselbe Zeit, als sein 
Schweizer Freund Vadian aus der Donaustadt in seine 
vaterländische Heimath zurückgekehrt war. Agricola begab 
sich nach Krakau, um dort wieder als Lehrer der Poetik 
und Rhetorik aufzutreten. Gleich nach seiner Ankunft in 
der polnischen Hauptstadt richtete er an die mailändische 
Prinzessin Bona Sforza, welche der polnische König 
Sigismund geheiratet hatte, ein sie verherrlichendes Ge- 
dicht.0 In Krakau erfreute er sich nicht nur der beson- 
deren Gunst des Königspaares, sondern es war ihm auch 
der Bischof Johann Konarsky, ein Mäceoas der Huma- 
nisten, vorzüglich gewogen.^) 

Nur einige wenige Jahre dauerte die zweite akademische 
Wirksamkeit Agricola's in Krakau. Die Rede des Iso- 
crates an den Nicocles übersetzte er aus dem Griechi- 
schen in's Lateinische;^) zu der Tabula Cebetis, welche 
sein Freund Udalrich Fabri 1519 herausgab, lieferte er 
poetische Beigaben;^) von Georg Peuerbach's Algoris- 
mus veranstaltete er eine neue Ausgabe und versah sie 
ebenfalls mit solchen Ausschmückungen.^) Als er 1521 aus 
dem Leben schied, widmete ihm Udalrich Fabri einen 
dichterischen Nachruf, den der Wiener Buchdrucker Hierony- 
mus Victor, der nach Krakau übersiedelt war, in seiner 



1) In Laurent. Corvini Epithalamium (auf die Hochzeit Sigismunds 
mit der Bona Sforza, Cracov. 1618) heisst es: Quo splendore potens 
(reg^a) Cracovinam ingressa sit urbem Rudolfi Agricolae disces de car- 
mine vates. 

2) Vgl. Denis, W. B. G. S, 329. Janoc. Mem. Miscell. aut. Polon. I. 
Artik. Rudolph. Agricola. 

3) Diese Uebersetzung befindet sich auch auf der Wiener Hofbibliothek 
Cod. MS. Nr. 13908 (mit Cuspinian's Randbemerkungen). Vgl. Tabulae 
codd. MSS. in bibl. Palat. Vindob. Nr. 9629. T. VI. p. 64: Paraeneticae 
per epitomen Isocratis e Graeco in Lat. translat. per Rud. Agpricolam. 

*) Denis S. 198. Vgl. unten den Artikel Udalrich Fabri. 
&) Denis S. 216. 



Agricola. 145 

Officin durch den Druck veröffentlichte.*) Obschon Agricola 
keine literarische Leistung von ansehnlichem Umfange oder 
grosser Bedeutung hinterlassen^ so zählte man ihn doch zu 
den ersten Celebritäten unter den deutschen Humanisten 
des 16. Jahrhunderts. 2) 



') Epicedium in obitum Rudolf! Agricolae. Cracov. p. Hier. 
Vietor. 1621. Abgedruckt auch in Henr. Glarean. de ratione Syllabar. 
Vienn. 1525. 

^) Joseph Scaliger (Scaligerian. Col. 1695. p. 15) rühmt ihn besonders: 
Helvetii et Germani habuerunt magnos viros: Melanchthonena, Glareanum, 
Camerarium, Gessnerum, sed praecipne Vadianum et Agricolam. 



V. Asclibacli, (beschichte der Wiener Univers. lt. 10 



Baibus. 

Girolamö Balbi aus Venedig. 

t 1535. 

Das Leben des Hieronymus Balbi war ein sehr 
bewegtes, ein höchst abenteuerliches. Er verbrachte es 
weniger in seinem Vaterlande Italien, als vielmehr in 
Frankreich und Deutschland, in Böhmen und Ungarn. In 
seiner letzten Lebenszeit kehrte er in seine Heimat zurück, 
wo er abgezogen von der Welt in Dunkelheit starb.*) 

Der öftere Wechsel in seinen Aufenthaltsorten und 
die mannigfachen Beschäftigungen mit humanistischen und 
juridischen, mit politischen und theologischen Studien 
machen es erklärlich, wie es schwierig, ja manchmal kaum 
möglich ist, volle Klarheit in seine äusseren Lebensverhält- 
nisse und seine litterarische Thätigkeit zu bringen. Dazu 



1) Schier in der liandschriftl. Abhandlung de Sodalitate Danubiana 
auf der Wiener Hof bibliothek. Conspect. bist. Univ. Vienn. II. 58. Scrip- 
tores Univ. Vienn. II. 36. Tiraboschi, stör. lett. d'Italia. T. VI. P. 2. p. 353. 
Denis, Wiens Buchdr.- Gesch. 8. 2 — 7, besonders nach Mazzuchelli Scritt. 
d'Italia. Vol. II. P. 1, p. 83. J. Retzer, Leben u. Schriften von Hieron. 
Balbi. Wien 1790. J. Retzer, Hieronym. Balbi opera poßtica, oratoria ac 
politico-moralia e codd. Mss. primisque typis coli. (Die Praef. dazu die 
Uebers. v. Retzer, Leb. u. Schrift, v. Balbi.) Vienn. 1791, 2 Voll. 
Kaltenbäck, bist. Zeitschr. 1835. I. S. 361. II. S. 86 (von Dudik). Baur 
und Mohnike im Artikel Balbi (Hieron.) in der Encycl. v. Ersch und 
Gruber VIL S. 215 fl. Kink, Gesch. d. Univ. Wien. I. S. 196, n. 228 fl. 
nach den Act. fac. art. u. jurid. 



Baibus. 147 

kommt noch, dass der eitle, seinen Werth überschätzende 
und ungemein streitsüchtige Gelehrte sich Viele zu erbitter- 
ten Gegnern gemacht hatte, welche seine Schwächen und 
Fehler rücksichtslos aufdeckten und geisselten, ja sogar 
durch angedichtete Vergehen vergrösserten , indem hin- 
wiederum auf anderer Seite seine Freunde und Beschützer 
ihn übermässig erhoben und ihm vielfache Beweise ihrer 
Anhänglichkeit und Gunst gaben J) 

Hieronymus Balbi war ii^ Venedig geboren,^) doch ist 
man sowohl über das Jahr der Geburt wie auch über die 
Stellung seiner Familie nicht unterrichtet.^) Es ist wahr- 
scheinlich, dass seine Geburt vor 1465 fällt.*) Er scheint 
auf der Universität Padua seine Bildung in den humanisti- 
schen Disciplinen erhalten und in Folge seiner dichterischen 
Begabung und Productionen den Dichterlorbeer daselbst 
empfangen zu haben. Auch ist es wahrscheinlich, dass er 
dann in Padua die juridischen Studien betrieben hat. Seine 
weitere Ausbildung erhielt er in Rom, wo er den berühmten 
Pomponius Laetus, den Stifter der Platonischen Akademie 
daselbst, zum Lehrer hatte.^) Hierauf begab er sich nach 
Paris, und zwar finden wir ihn dort schon im J. 1485.^) 



^) Trithemius (script eccl. n. 199 ed. Fabr.) nennt ihn virum 
celebemmae opinionis et in omnibus disciplinis bonarum artium egregie 
doctum, philosophnm clanim, rhetorem facundum, metro excellentem et 
disertum eloquio, qui docendo et legendo publice et scribendo magnam 
gloriam apud Gallos et Parisienses commeruit. 

2) Balbi sagt selbst von sich: Me Veneti lares genuere. 

3) Der erbitterte Gegner Balbi*s, Fanstns Andreiini, g^bt freilich in 
einem Briefe an Robert Gaguin an: Baibus habe den Namen Baibus usur- 
pirt, denn er stamme nicht ex illustri familia der Balbi, sed ex domo 
Acellina et obscuris abjectisque parentibus ortum esse constat. 

*) Baur a. a. O. setzt das Geburtsjahr um 1465. 

^) Balbi Carmina n. 154: Ad Pomponium Laetum praeceptorem suum. 

8) Balbi in der Zuschrift an den Erzherzog Ferdinand in seinem 
Tractat. de rebus Turcicis sagt von sich selbst: Haec ipsa philosophiae 
studia a me olim in celebri Lutetiae Parisiorum Academia diu multum- 
que agitata. Bulaei bist. Univ. Par. T. V. 882. Denis a. a. O. S. 4. 

10» 



148 Leben und Schriften der Humanisten. 

An der Pariser Universität las er als Magister über die 
liberales artes seit 1489, gerieth aber mit seinen CoUegen 
in heftige Streitigkeiten: zuerst mit Wilhelm Tardif, gegen 
dessen lateinische Grammatik er eine Schrift verfasste, dann 
mit dem Italiener Faustus Andreiini aus Forli und dem 
Franzosen Robert Gaguin, der de arte metrificandi schrieb. 
Diese Verhältnisse waren wohl auch Ursache, wesshalb 
Balbi schon 1491 Paris wieder verliess und sich in sein 
Vaterland zurückbegab, wo ßr zu Padua vorzüglich Vor- 
lesungen über die Jurisprudenz hielt, und zwar sowohl im 
canonischen wie im römischen Rechte, und sich in diesen 
Disciplinen einen Namen erwarb. 

Als Maximilian sogleich nach seinem Regierungsantritte 
mehrere Reformen an der Wiener Universität vornahm und 
daselbst nicht nur die humanistischen Studien, sondern 
auch die Betreibung des römischen Rechts befördern wollte, 
wurde ihm zur Ausführung dieser doppelten Absicht der 
Paduaner Professor Hieronymus Balbi besonders empfohlen, 
indem derselbe zugleich poeta laureatus und Doctor beider 
Rechte war. Die Berufung an die Wiener Universität er- 
folgte noch im J. 1493. Bis die ordentliche Professur für 
das römische Recht gehörig eingerichtet war (denn bis 
dahin bestand keine besoldete Stelle für diese Disciplin an 
der Universität), sollte der Legist einstweilen in der artisti- 
schen Facultät über Poetik und römische Classiker lesen 
und dafür einen Jahresgehalt von hundert Goldgulden be- 
ziehen. Später sollte er auch in der juridischen Facultät Vor- 
lesungen halten. Wirklich eröffnete er auch schon im folgen- 
den Jahre 1494 die Vorlesungen über das römische Recht. *) 



*) Act. fac. art. II. ad ann. 1494, p. 370. In legibus incipit doctor 
Balbns legere in scolis juristarum. Es wird von einer copia studentinm in 
der Vorlesung gesprochen: die Act. fac. jurid. sprechen von einem inviso 
antehac ad lectionea novi Magistri concursu. Vgl. Kink und oben I. Buch, 
Abschn. 2. S. 62. 



Balbns. 149 

Die doppelte Stellung an zwei Facultäten zu gleicher 
Zeit, die den Universitäts-Statuten nicht gemäss war, die 
Anforderung, dass seine sehr zahlreich besuchten Vor- 
lesungen über Virgil, wie die über das römische Recht als 
obligatorische von den Scholaren bezahlt werden sollten, 
was weder von der Universität noch den Regentes zu- 
gestanden wurde, endlich der streitsüchtige Charakter 
Balbi's, der ihn mit seinen Collegen gänzlich entzweite, 
waren Ursachen, dass er zuerst nur zwei Jahre (1493 und 
1494) in Wien zubrachte. ^) Indem er sich in seiner Er- 
wartung auf ein grosses Einkommen in Wien getäuscht 
sah, gedachte er seinen Wirkungskreis mit einem neuen 
bessern zu vertauschen. Ohne jedoch seine Stelle in Wien 
ganz aufzugeben, benutzte er den Umstand, als beim Aus- 
bruch der Pest in Wien die Hörsäle geschlossen wurden, 
und reiste nach Paris in der doppelten Absicht, dort eine 
einträglichere Professur zu erlangen und gegen seine Wider- 
sacher, die ihn in polemischen Schriften rücksichtslos an- 
gegriffen hatten, persönlich mit Wort und Schrift zu 
kämpfen und ihre Verläumdungen niederzuschlagen. 

Balbi's zweiter Aufenthalt in Paris war jedenfalls nur 
von kurzer Dauer. Sein Streit mit Wilhelm Tardif und 
Paust US Andreiini wuchs an Heftigkeit. Balbi, der als 
Humanist und Dichter, als Lehrer des canonischen und 
römischen Rechts, als Astronom und Philosoph auftrat, 2) 
wurde von seinen Gegnern nicht nur als ein gewaltiger 
Pfuscher in den Wissenschaften herabgesetzt, sondern auch 

*) Vgl. oben Gesch. d. Univ. a. a. O. 

2) Roberi Gaguin (vgl. Retzer S. 8) schreibt über Baibus, qui poesim 
ajatea musasque tantum initio professus faisset, omnem ferme parvo post 
tempore disciplinam se interpretaturum jactavit: quippe qui et Justinianei 
digesti et nonnullorum ex jure Pontificio enucleationem audacissime magis 
quam prudenter assumserit. Nee a sphaerae explanatione fides sibi inter- 
pres temperavit , adeo impudentissimus erat ignoratarum sibi artium 
Usurpator. 



150 Leben and Schriften der Humanisten. 

als sittenloser Mensch, schlechter Charakter und gottloser 
Freidenker verlästerte) Selbst angesehene Auctoritäten wie 
Robert Gaguin traten gegen ihn auf. Dass der berühmte 
Erasmus von Rotterdam sich seiner annahm, 2) half ihm 
nicht viel. Sein längeres Verweilen in Paris war nicht 
möglich. Um ernstlicheren Verunglimpfungen und weiteren 
Verfolgungen zu entgehen, verli^sö er mit fluchtartiger Eile 
die französische Hauptstadt und begab sich auf kurze Zeit 
nach England (1496). ») 

Dass er von England nach Padua zurückkehrte und 
dort wiederum im J. 1496 auf kurze Zeit juridische Vor- 
lesungen hielt, ist unwahrscheinlich.'*) Es ist gewiss, dass 
er sich schon im Juni 1496 wieder in Wien zur Fort- 
setzung seiner juridischen Vorträge eingefunden hatte. ^) 



^) Antibalbica vel Recriminatio Tardiviana in Balbum imo Acelli- 
nnm. Paris 1496. Faustus Andrelinus de fuga Balbi ab urbe Farislana. 
Paris 1496. 

2) Erasm. Rotterdam. Opp. II. p. 489. 

3) Ueber den zweiten Aufenthalt Balbfs in Paris vgl. Bulaei, bist Univ. 
Paris. V. 882. — Retzer S. 7 fll. und Denis, W. B. G. S. 3 bezweifeln 
den zweiten Aufenthalt Balbi's in Paris und seine Flucht nach England; 
Kink, Gesch. d. Univ. Wien I. S. 196, hat aus den Wiener Universitäts- 
Acten über die Zeit Berichtigungen geliefert. 

*) Ganz unrichtig ist die Angabe Retzer's, Leb. H. Balb. S. 13: 
„Darin kommen alle Schriftsteller überein, dass Balbi unter Maximilian I. 
Regierung 1497 von Padua aus an die Universität zu Wien als Lehrer 
der Rechte berufen ward**. 

^) In einem Schreiben Balbi's an Geltes d. d. ex Vienna Kalend. 
Juniis antio 96, welches sich im Cod. epist. Celtic. fol. 48 vorfindet und 
bei Retzer, Opp. Balb. I. p. 25 und Klüpfel, vit. Gelt. I. p. 177 ge- 
druckt ist; daselbst spricht der italienische Humanist seinen Wunsch aus, 
dass Geltes, der damals noch nicht die kaiserliche Berufung erhalten hatte, 
nach Wien zu kommen sich entschliessen möge: quod si nobiscum vitam 
deducere libuerit, o tunc nos felices ac beatos ! Nee deerit tibi honesta 
conditio et stipendia pro gymnasii moribus ampla, sin minus te et venien- 
tem et abeuntem viatico prosequemur. 



Baibus. 151 

Er ward nun förmlich in die Rechtsfacultät inscribirt ^) und 
begann im Anfang des J. 1497 wieder seine akademische 
Lehrthätigkeit. 2) 

Als Conrad Celtes gegen Ende des J. 1497 die, Pro- 
fessur der Rhetorik und Poetik an der Wiener Universität 
übernahm, trat Balbi mit dem deutschen gekrönten Dichter 
in den freundlichsten Verkehr, wurde Mitglied der gelehrten 
Donau-Gesellschaft und begrüsste sammt andern Sodales 
der dichterischen Genossenschaft den ankommenden Huma- 
nisten mit Episodien. 

Der unruhige Geist Balbi's konnte aber nicht leicht 
am selben Orte lange gefesselt werden; es brachen neue 
Zwistigkeiten mit seinen Wiener Collegen aus und da ihm 
der feste Gehalt seiner Stelle ohne Bezug von CoUeg- 
geldern zu gering war, so verliess er höchst unzufrieden 
schon im folgenden Jahre die Donaustadt und schloss 
damit seine Lehrthätigkeit an der Universität Wien, welche 
für sie in keiner Beziehung, weder in Hinsicht auf die 
humanistischen Studien, noch in Ansehung der Förderung 
der Kenntnisse im römischen Recht, von grosser Bedeutung 
war. Im Begriff nach Italien zurückzukehren, wurde er 
unterwegs von Räubern überfallen und ausgeplündert. 3) 

Seine Gönner und Freunde in Oesterreich, Böhmen 
und Ungarn wollten von dem unglücklichen Humanisten 
nicht ganz ihre Hand abziehen; es waren namentlich der 
Bischof Johann Vitez von Vesprim, zugleich Administrator 



*) Act fac. jurid. ad ann. 1498. Dominus Jeronimus Balbus Venetus 
juris utriusque doctor pro incorporatione facultati nostrae inclytae dedit 
1 floren. hungar. Kink, Univ. Wien. I. p. 196. Eder, Catal. Rect. ad 
ann. 1497. 

2) Vgl. oben die Gesch. der Wiener Univ. Buch 1. S. 67. 

3) In Balbi's Elegie zu Bohuslaus v. Hassenstein's Gedichten p. 329 
erzählt 



152 Leben and Scluiflen der Hnraanisten. 

des Bisthums Wien, der Olmützer Propst Augustin, der 
böhmische Herr Bohuslaus von Hassenstein und der Ge- 
heimschreiber des Königs Wladislaus von Böhmen und 
Ungarn; Johann Schlechta, *) die sich seiner auf das wärmste 
annahmen und ihm zu einer Professur an der Prager Uni- 
versität verhalfen, wo er im J. 1499 neben der Rhetorik 
und Poetik das römische Recht anfanglich mit grossem 
Zulauf und mit vielem Beifall vortrug 2) und ihm eine reich- 
liche Einnahme nicht fehlte. Jedoch war es nicht möglich, 
den unsteten und unverträglichen Italiener lange in Prag 
zu fesseln. Der Spötter und Satyriker, welcher die böhmi- 
schen Vorurtheile nicht schonte, machte sich bald viele 
Gegner; durch seine schlüpfrigen Dichtungen und an- 
stössigen Lebenswandel gab er diesen die Waflfen in die 
Hand, gegen ihn mit Erfolg aufzutreten. Selbst seine ein- 
flussreichen Gönner, welche er mit Schmeicheleien und 
Lobeserhebungen überhäufte , 3) konnten ihn kaum vor 
ernstlichen Insulten schützen. 



') Schreiben von den genannten Freunden Balbi's an ihn und von 
ihm an dieselben aind von Retzer in der Balbi'schen Briefsammlung mit- 
getheilt. Auch in dem Cod. epist. Celtic. kommen mehrere Briefe des 
Augustinus an Geltes aus den J. 1497 und 1498 vor, worin des gemein- 
schaftlichen Freundes Balbi gedacht wird. 

2) In einem Schreiben Schlechta's vom 30. Sept. 1500 (bei Retzer 
p. 15) heisst es: In universitate Pragensi constitutus nonnuUas lectiones 
partim publice partim in privato legebat, magnamque auditorum frequen- 
tiam habuit et in magno honore ab omnibus habitus fuit, nee parvam 
pecuniae summam collegit. 

3) Hieron. Balbi Jurist. Itali opusculum Bohemiae et Procerum ejus 
laudes continens. Prag. 1560 und Elegia ad Bohusl. de Hassinstein in 
Boh. de Hassinstein a Lobkowitz farrago pofe'matum. Prag 1570. Decius, 
de vetust. Pol. II. p. 322, bemerkt darüber: Hieron. Baibus Elegia Hodoe- 
poricon vulgavit suum Wladislai Ultimi hoc nomine regis tempore, quo 
summe Bohemiam commendavit: at adulatorium hoc carmen esse 
Bohusl. Lobkowicius in quadam epistola dicit et placere voluisse 
authore m. 



Balbas. 153 

Sogar Bohuslaw von Hassenstein, der seine Gelehrsam- 
keit vollkommen würdigte, ^) war einige Zeit mit ihm zer- 
fallen, da demselben die leichtfertigen Sitten Balbi's im 
hohen Grade missfielen. 2) Der Umstand, dass sich seine 
Freunde allmälig von ihm zurückzogen und täglich die 
Zahl seiner Gegner wuchs, bestimmte Balbi, Prag bald zu 
verlassen ^) und sich nach Ungarn zu begeben, um dort in 
Zurückgezogenheit den gelehrten Beschäftigungen zu leben 
und durch einen ernsteren Lebenswandel das früher gege- 
bene Aergerniss vergessen zu machen. 

Ueber ein Decennium entzieht sich Balbi ganz und gar 
der Beachtung, so dass über ihn die Nachrichten von^ 1500 
bis 1512 fehlen; als er wieder am Hofe des ungarischen 
Königs Wladislaus auftaucht, gehört er dem geistlichen 
Stand an, ist königlicher Geheimschreiber, Propst von 
Waizen und dann von Pressburg und zugleich Prinzen- 



') Er nennt ihn im böhmischen Lande sine uUa dubitatione omnium 
doctissimum. 

2) Bohuslav von Hassenstein, ein grosser Freund der Humanisten 
(vgl. Denis, Wiens Buchdr.-Gesch. S. 4) spricht in einem Gedicht auf 
Balbi (bei Betzer S. 19) von dessen guten und schlechten Eigenschaften: 

Attulit is nobis Musas legesque Lycurgi, 

Attulit Ausonium Cecropiumque sophos 
Aflferat et si vis Pharios (i. e. Aegyptiacos) Arabumque magistros, 

Tantum ne mores afferat ille suos. 
Barbara gens simus, dum nuUum inclinet Amillus 

Hie novus Idaei discipulusque Jovis. 
Turba rudis simus, geminarumque inscia legum. 
Dum simul et simus nescia turba Jolae. 
Joläs hiess der Liebling Balbi's. Daher konnte auch Decius, de vetust. 
Pol. II. p. 322, von ihm sagen: In Bohemia male audiebat ob mores 
illicitos. Retzer S. 18 sucht vergeblich Balbi in besserem Lichte er- 
scheinen zu lassen. 

3) Von seiner akademischen Wirksamkeit an der Universität Prag 
haben sich nur wenige Spuren erhalten. Vgl. Baibin. Bohem. doct., Prag 
1777. p. 211. Denis, Wiens Buchdr.-Gesch. S. 4. Tomek, Gesch. der 
Univ. Prag, macht von H. Balbi gar keine Erwähnung. 



lo4 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

erzieher.^) Drei Jahre (von 1512 bis 1515) leitet er die 
Studien des jugendlichen Kronprinzen Ludwig, der bald 
(1516) den Thron besteigt und dem frühern Lehrer alle 
seine Gunst zuwendet. 

Aus einem streitsüchtigen Gelehrten, einem frivolen 
Freidenker und Atheisten, dessen leichtfertiger Lebens- 
wandel grosses Aergerniss gegeben hatte, war ein feiner 
Hofmann, ein ernster Pädagog, ein frommer Prälat gewor- 
den, 2) der wegen seiner Umgänglichkeit, seiner strengen 
Sittlichkeit und Religiosität, wegen seiner vielfachen Geschäfts- 
gewandtheit und gründlichen Kenntniss der Landesgesetze 
sich überall als brauchbar und fast unentbehrlich erwies. 

In den Jahren seiner Zurückgezogenheit, wo er in den 
geistlichen Stand getreten, hatte er nicht nui* die theologi- 
schen Studien betrieben, sondern auch seine geistigen Kräfte 
dem Zustandekommen einer grossen ungarischen Gesetz- 
sammlung gewidmet, welche von Stephan Verböczy mit Zu- 
ziehung von angesehenen Rechtsgelehrten begonnen und 
vollendet wurde. ^) 

») Kltipfel, Vit. Celt. I. p. 177, nennt den Balbi beim J. 1496 Bischof 
von Fünfkirchen — Episcopus Quinqueecclesiae — was er nie war. Ranke, 
deutsche Gesch. im Zeitalter d. Ref. I. 181 : „Wir sehen Lehrer (des 
Studiums der Alten) in Prag, einen Italiener (Balbi), der den Prinzen 
unterrichtete und auch an Staatsgeschäften Antheil nahm". — In der 
Tannstetter'schen Ausgabe des Albertus Magnus de Natura locorum. 
Vienn. 1513 (Denis, Wien. Buchdr.-Gesch. S. 104) ist eine Zuschrift an 
Balbi gerichtet: Reverendo Patri Domino Hieronymo Balbo, jur. doct. 
praepositoque Vaciensi et Ungariae regis a secretis dignissimo. Zum 
Propst von Pressburg wurde er im J. 1515 ernannt (Retzer S. 21). 

2) Bohusl. de Hassenstein, Epigrammaton lib. III. p. 162: 

Ecclesiae membrum est Baibus, gaudete Camoenae, 

Tartareum membrum scilicet ante fuit. 
Censuit is nostras animas cum corpore solvi, 
Et nuUum in coelo censuit esse Deum. 
Der Bischof Georg Szakmäri von Fünfkirchen erhebt in einem Schreiben 
die egregias virtutes des Balbi. Vgl. Denis 1. c. p. 6 und Retzer S. 21 fl. 

3) Die ungarische Gesetzsammlung: Tripartitum Opus juris Hungarici 
erschien zuerst Buda 1514, mit einer poetischen Zuschrift des H. Balbi, 



Balbus. 155 

Seine diplomatische Laufbahn begann er im J. 1515 
bei dem Wiener Fürsten-Congress, wo die Könige von 
Ungarn und Polen mit dem Kaiser Maximilian zusammen- 
kamen, Balbi war zuvor von dem ungarisch-böhmischen 
König Wladislaus für die einleitenden Unterhandlungen zum 
Kaiser nach Innsbruck gesendet worden. *) 

Als Ludwig IL seinem Vater Wladislaus in -der Kegie- 
rung über Ungarn und Böhmen 1516 folgte, stieg das An- 
sehen und der EiAfl4»s8 Bälbi's bei dem noch minderjährigen 
König, den er erzogen hatte, noch höher. 2) 

Damals war Johann Busch, der Propst des Wiener 
Domstiftes, gestorben. Mit der Dompropstei war das 
Universitäts - Kanzleramt verbunden. Balbi suchte diese 
Stelle, welche Maximilian zu vergeben hatte, durch den 
Einfluss des ungarischen Königs zu erlangen, der zur Em- 
pfehlung seines früheren Erziehers selbst an Maximilian 
schrieb; auch der ungarische Kanzler, der Bischof Georg 
Szakmäri, richtete an den Kaiser in gleicher Absicht ein 



worin sich derselbe in der Aufschrift der Elegia Praepositus Posoniensis 
und Secretarina regis nennt; die zweite Ausgabe folgte drei Jahre später 
zu Wien unter dem Titel: Tripartitum opus juris consuetudinarii inclyti 
regis Hungariae per Magistrum Stephanum de Werbewez personalis prae- 
sentia regia Majestatis locum tenentem editum. Vgl. Denis, Wiens Buchdr. 
Gesch. S. 174. Dann erst nahm Balbi die ausgesetzten philosophischen 
Studien wieder auf, wie er selbst in dem an Erzh. Ferdinand gerichteten 
Briefe beim Tractat. de rebus Turcicis "ausdrücklich angibt: Haec ipsa 
philosophiae studia, a me olim in celebri Lutetiae Parisiorum Academia 
diu multumque agitata, deinde per inanem ambitionem longo inteivallo 
intermissa, domum his annis ingravescentibus repetita. 

') Cuspiniani diarium de congressu Imp. Maximil. et trium Hungar. 
Bohem. et Polon. regum p. 501. Vgl. Retzer S. 23. 

') Engel, Gesch. d. ungarischen Reichs. III. 2. S. 191. Georg 
Szakmari, Bischof von Fünf kirclien, war damals als Kanzler des jungen 
Königs bestätigt worden, dieser nahm den Hieronymus Balbi als seinen 
Secretarius zu sich. 



1Ö6 Leben and Schriften der Humanisten. 

Empfehlungsschreiben. ^) Es arbeiteten aber Balbi's zahl- 
reiche Wiener Widersacher gegen den Italiener; da er sich 
an der Universität ziemlich verhasst gemacht hatte. Die 
Stelle erhielt Paul von Oberstein, welchem sie der Kaiser 
scholl früher versprochen hatte. 

Balbi wurde vom König Ludwig als Botschafter zu 
mehreren Gesandtschaften verwendet. 1518 ward er in 
einer geheimen Mission an den polnischen Hof zu König 
Sigmund gesendet und wohnte in dieser Eigenschaft auch 
dessen Hochzeitfeier mit der mailändischen Prinzessin Bona 
Sforza bei. 2) Nach der Krakauer Mission finden wir ihn 
noch in demselben Jahre als ungarischen Gesandten auf 
dem Augsburger Reichstag. ^) Zwei Jahre später (1520) 
schickte ihn der König Ludwig H. nach Innsbruck, um da- 
selbst bei der feierlichen Verlobung des Erzherzogs Ferdi- 
nand, Infanten von Spanien, mit der ungarischen Prinzessin 
Anna seine Person zu vertreten.^) 

Als Maximilians Enkel, der spanische König Karl, von 
den Niederlanden aus nach Aachen kam, wurde ihm von 
dem ungarischen König Ludwig zur Begrüssung seines 
Schwagers Balbi als Gesandter entgegengeschickt. ^) Auf 
dem berühmten Wormser Reichstag (1521), den Karl als 
Kaiser berufen hatte, erschien Balbi wieder als König Lud- 
wigs Gesandter und sprach sich in einer schwungvollen 
Rede einestheils gegen Luther's Reformation aus, andern- 



1) Bei Ketzer S. 24. 

2) Wie der Kanzler Georg Szakmäri sich in einem Schreiben aus- 
drückt: ad quaedam secretiora et summam status Hnngarici concernentia 
Sigismundo Regi Poloniae — perferenda. Vgl. Ketzer S. 2ö. Decii Diar. 
Cracov. 1518. Damals führt Balbi auch den Titel Propst von Stobnicza. 
Vgl. Denis S. 5. 

3) Ulr. V. Hütten Epist, ad Jul. Pflugk Basil. 1618 u. Kich. Bartolini 
descript. convent. Augustan. 1518. 

*) Ketzer S. 26. 

^) Balbi de Coronation. Carol. V. c. 21. 



Baibus. 157 

theils forderte er eindringlichst die deutschen Reichsfürsten 
zur Hilfe für die Ungarn gegen die siegreich vorrückenden 
Türken auf. ^ 

Bald nach dieser Zeit trat Balbi in die Dienste des 
habsburgischen Hauses. Kaiser Karl V. wie sein Bruder 
der Erzherzog Ferdinand, dem die österreichischen Länder 
zugefallen waren, erkannten die Tüchtigkeit, Geschäfts- 
gewandtheit und mannigfachen Kenntnisse des Mannes und 
beschlossen, solche ungewöhnliche Eigenschaften für die 
Interessen ihres Hauses zu verwenden. Bei dem Neustädter 
Gerichte über die Wiener Rebellen, welche sich gegen 
Maximilians Enkel erhoben hatten, wurde er als rechts- 
kundiger Beisitzer zugezogen (im Sommer 1522). 2) Erzherzog 
Ferdinand designirte ihn damals zum Bischof von Triest,^) 
ernannte ihn aber nicht lange nachher zum Bischöfe von 

^) Oratio in imperiali conventii Bormatiensi die III. April. 1521 per 
inclyt. reg. Hungariae et Bohem. oratorem (Balbum) habita s. 1. e. a. 
Auch gedr. b. Istuanfii regn. Hung. bist. lib. VI. p. 67. Pray annal. Hungar. 
T. V. p. 46. Katona, liist. crit. regn. Hung. XIX. p. 243. Retzer, Balb. 
Opp. I. p. 545. Retzer, Leb. Balbi's S. 27. Denis, W. B. G. S. 5 u. 339. 
Zinkeisen, Gesch. d. Osman. Reichs II. S. 618, bemerkt, dass Balbi auf 
dem Reichstag am eindringlichsten und ergreifendsten gegen die Türken 
gesprochen habe. 

2) Hormayr, Wiens Denkw. I. 2. S. 156 fll. Vgl. unten den Artikel 
Capinius, wo darüber das Nähere. 

3) Istuanfi 1. c. nennt Baibus nach der Rückkehr von Worms Epi- 
scopus Tergestinus, postremo vero Gurcensis. Retzer, Leben Balbi's S. 28, 
meint, er sei nur für kurze Zeit Coadjutor gewesen für Petrus Bonomus, 
der Bischof von Triest von 1520 — 1546 war. Der Titel Episcopus Terge- 
stinus wird sonst dem Balbi nur noch von dem böhmischen Geschicht- 
schreiber Baibin. Boh. docta Prag 1777, Tröct. 1, beigelegt. Auch dass 
er Propst von Weissenburg in Siebenbürgen (Praepositus Albensis in 
Transilvania) gewesen, ist eine vereinzelte, songt nirgends verbürgte Nachricht. 
In dem auf der Wiener Hof bibliothek befindlichen Exemplar der Balbi'schen 
Epigrammata (vom J. 1494) ist von der Hand des Joh. Demschwam von 
Hradiczin eingeschrieben: Fuit is Baibus A. 1514 Budae in Hungaria 
dominus meus usque ad A. 1517. Erat tunc praepositus Posoniensis et 
Albensisin Transilvania: factus tandem Episcopus Gurcensis : natione 
Venetus. . 



158 Leben und Schriften der Humanisten. 

Gurk an die Stelle des Matthaeus Lang, der Cardinal und 
Erzbischof von Salzburg geworden war. ^) 

Noch in demselben Jahre schickte er ihn als seinen 
Gesandten nach Rom zur Begrüssung des neuen Papstes 
Hadrian VI. Es war ihm zugleich der Auftrag ertheilt 
worden, dass er dahin wirke, dass der Papst zu einem 
Kreuzzuge gegen die Türken, welche schon die österreichi- 
schen Länder bedrohten, die abendländischen Christen auf- 
fordere. Zu diesem Zwecke hielt der Gurker Bischof eine 
glänzende Rede mit vielem oratorischen Schwünge vor dem 
Papste, 2) welche auch von historischem Werthe ist durch 
die lebhaften Schilderungen, die er von den Zuständen im 
Südosten Europas macht. ^) Besonders interessant ist, dass 
damals Balbi die schon früher von dem russischen Gross- 
fürsten Basilius IV. eingeleiteten Versuche zur Vereinigung 
der russischen Kirche mit der römischen wieder aufgenommen 
haben wollte: aber bei den dagegen gemachten Umtrieben 
der Polen den ängstlichen Papst nicht zu raschen entschei- 
denden Schritten bewegen konnte. ^) 

Eine abermalige Mission nach Rom übernahm Balbi, 
als nach Hadrian's Tod Clemens VII. das Pontificat führte. 
Er hielt damals vor dem Papste wieder eine Rede, in 
welcher er zur wirksameren Vertreibung der Türken die 
kräftige Unterstützung des Papstes nachsuchte. Dieser sollte 

*) Coronini. Opp. Miscell. I. 252. Retzer a. a. O. S. 28. 

2) Ein Brief von Peter Salamanca Hoyos an seinen Bruder Gabriel 
spricht mit ausserordentlichem Lob von dieser Rede. Vgl. Retzer S. 29 fl. 

3) Oratio habita ab eloquentissüno viro Hieronymo Balbo, Praestile 
Gurcensi, serenissimi Principis Ferdinandi Archiducis Austriae Oratore iina 
cum ill. Petro a Corduba coram Adriano VI. Pont. Max. s. 1. e. a. [1522] 
4. und wiederholter Abdruck: Romae 1523. Non. April. 40. Retzer S. 79 
bis 94 hat den Hauptinhalt in deutscher Uebersetzung* mitgetheilt, den 
lateinischen Text gibt er in Opp. Balbi in dem Abschnitt Orationes I. 
p. 646—648. 

*) Vgl, die Epist. Albert. Campensis ad P. M. Clement. VII. und 
Paul. Jov. Vit. Hadrian. VI. c. 131. Retzer S. 31 fl. 



BalbQS. 159 

den vierten Theil der geistlichen Einkünfte dem Kaiser und 
dessen Bruder für die Kriegsfiihrung überlassen und mit 
diesen und im Bündnisse mit Frankreich und England, wie 
auch vereinigt mit den anderen christlichen Abendländern, 
die Vertreibung der furchtbaren Türken bewerkstelligen. *) 

Unter dem Pontificat Clemens VII. brachte er einige 
Jahre in Rom zu und verkehrte als Vertrauter und Haus- 
prälat fast täglich mit dem Papste. 2) Bei seinem langen 
Aufenthalt in Ungarn und seinen vielfachen Berührungen mit 
seinen Landsleuten, den Venetianern, hatte er die politi- 
schen Verhältnisse im Südosten Europas genauer als irgend 
Jemand kennen lernen und es war ihm nicht entgangen, 
dass die venetianische Republik bei den beständigen Angriffen 
der Türken auf die christlichen, namentlich Österreichischen 
Länder, in Oberitalien ihre eigene Herrschaft ausbreiten 
wollte. Er suchte daher den Papst über diese Verhältnisse 
aufzuklären, konnte aber bei dem französischen Einflüsse 
am päpstlichen Stuhle dennoch nicht viel durchsetzen. 3) 

Balbi wäre bald selbst ein Opfer der treulosen, schänd- 
lichen Politik der Venetianer geworden : sie hassten ihn auf 
das Aeusserste, um so mehr als er ihr Mitbürger war; in 
arglistiger Weise wollten sie ihre Rache an ihn üben und 
sich seines grossen Vermögens bemächtigen. Um ihn in 



*) Hieronymi Balbi, Episc. Gurcensis, Oratio habita coram de- 
mente VII. de confoederatione nuper inita paceque universali atque ex- 
peditione adversus Turcas suscipienda. s. 1. e. a. 4^. Retzer (S. 97), der 
in Opp. Balbi 1. c. auch einen Abdruck liefert, behauptet, dass der erste 
Druck nicht vor dem J. 1529 hätte gemacht werden können. 

^) Epistola Balbi ad Ferdinand. Arch. Aust. aus der vaticanischen 
Bibliothek von Retzer (vgl. S. 33) mitgetheilt. Er schreibt: In eodem palatio 
per aliquot annos cum Pontifice habitavi: quique assidue fui eius Prae- 
latus domesticus et familiaris, et ad quotidiana colloquia liberrime 
admissus. 

3) Epistola Balbi 1. c. 



160 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

das Gebiet der Republik zu locken, machten sie ihm ver- 
führerische Anerbietungen: sie übertrugen ihm die Leitung 
der Universität Padua mit einem jährlichen Gehalt von 
tausend Ducaten und schickten ihm, da er von Rom nach 
Nürnberg sich begeben hatte, einen besonderen Boten, der 
ihm das mit goldenem Siegel versehene Ernennungsschreiben 
überbringen sollte. Doch Balbi, dem nicht verborgen ge- 
blieben, dass er in Venedig Todtfeinde habe, ging vorsichtig 
zu Werke. Er liess sich von dem König Ferdinand als 
Gesandter nach Venedig schicken, um dort die Dinge genau 
kennen zu lernen und zu prüfen. Er erkannte bald, dass 
man seinem Leben nachstelle und ihn vergiften wolle. Daher 
verliess er eiligst die Stadt und begab sich wieder nach Rom. *) 
Bei den vielen weltlichen Geschäften und öfteren Mis- 
sionen konnte Balbi wenig den geistlichen Pflichten eines 
Bischofs obliegen. Er hatte bei der Erlangung des Bis- 
thums Gurk seinen Canonicaten in Ungarn entsagt, -nur die 
Propstei in Pressburg hatte er behalten. Als Bischof von 
Gurk versammelte er den Diöcesanklerus, liess zeitgemässe 
Anordnungen in Bezug auf Kirchen-Disciplin machen und 
bestimmte, dass solche Diöcesan-Synoden alljährlich gehalten 
würden, und zwar wenn er abwesend wäre, von dem Archi- 
diaconus und bischöflichen Kanzler. 2) 



1) Vgl. Ketzer S. 34 fl. Balbi gibt über die Sache dem König Fer- 
dinand in einem ansfQhrlichen Sclireiben Nachricht. Es heisst darin: 
Veneti tandem sub specie honoris, oblato mille ducatorum stipendio me 
ad regendnm Studium Fatavinum advocarunt, utque blanditiis allicerent, 
mihi literas et quidem sigillo auro munitas usque ad Norimbergam per 
proprium nuntium misenint, quas ego, tantarum fraudum inscius, instar 
magni muneris, accepi, et Rudolfo D. Tridentino et D. Comiti Salamancae 
legendas tradidi et ut honorificentius illuc irem, a Majestate Vestra lega- 
tionem ad eos impetravi: quo ubi perveni, deprehendi insidias mihi strui, 
quod nisi festinassem isthinc abire, et Roman me conferre, poculo venenato 
paucis post diebus erat mihi pereuhdum. 

2) Retzer S. 28. Die Statuta der Synode abgedruckt in Balbi Opp. II. 
p. 482 ß\. 



Ba]bu8. 161 

Bei der seltenen Anwesenheit in seiner Diöcese und der 
häufigen Verwendung zu Gesandtschaften, wie auch bei der 
zunehmenden Schwäche seines Alters war es nöthig, dass 
Balbi in seinem bischöflichen Amte einen Coadjutor erhielt. 
Der Spanier Antonius Hoyos von Salamanca wurde dazu 
mit dem Rechte der Nachfolge erwählt im J. 1529. ^) 

Balbi begleitete dann 1530 Karl V. zur Kaiserkrönung 
nach Bologna und schrieb eine kirchenstaatsrechtliche Schrift 
über die Kaiserkrönung und Stellung der höchsten welt- 
lichen Gewalt zur geistlichen.^) 

Nach dieser Zeit verschwindet Balbi aus der Geschichte. 
Ueber den letzten Jahren seines Lebens liegt ein mysteriöses 
Dunkel. ^) Manche meinen, er sei um das J. 1530, also 
bald nach der Kaiserkrönung Karl V. aus dem Leben ge- 
schieden. ^) Sonderbar ist die Nachricht, welche öfter wieder- 
holt sich findet, dass er im J. 1525 in Venedig gestorben 
sei,^) denn da zweifellose Daten vorliegen, dass er auf 
seine Propstei in Pressburg nach der Schlacht bei Mohacz, 
1526, resignirt und im J. 1530 Kaiser Karls V. Krönung 



*) Vgl. Retzer S. 36. Baur 1. c. S. 216 setzt die Resignation auf das 
Bisthum Gurk irrthümlich in's J. 1626 und bemerkt, Balbi habe die erz- 
bischöfliche Würde beibehalten. Potthast, Bibl. bist. med. aevi. Suppl. 
S. 326 gibt die irrthümliche Nachricht, Balbi sei schon im J. 1619 Bischof 
von Gurk gewordeja und habe 1626 resignirt, nennt aber als seinen Nach- 
folger Antonius v. Hoyos beim J. 1533. 

2) Vgl. unten das Nähere über diese Schrift. 

3) Ueber Balbi's Todesjahr hat Retzer S. 38 — 42 näher gehandelt. 
*) So Denis S. 6. und Kink W. Univ, Gesch. 

5) Ein Salzburg. Verzeichniss Gurker Bischöfe (bei Retzer S. 38) 
liefert die Notiz: Hieronymus Baibus, Venetus et Praepositus Cathedralis 
Posoniensis Episcopatum per resignationem ab Archiep. Mathaeo accepit 
1621 aut 1522: verum non diu praefuit, sed anno 1526 Venetiis obiit et 
in ecclesia SS. Petri et Pauli sepultus est. Im Archiv der Gurker Kathedral- 
kirche wird die handschriftliche Nachricht gegeben: Baibus obiit Venetiis 
ann. 1525 in eccl. ibidem SS. Joannis et Pauli sepultus. Vgl. Retzer 
S. 39, wo noch andere Nachrichten mit Angabe des falschen Todesjahres 
1525 mitgetheUt werden. 

T. Asehbacli, Geschichte der Wiener Univers. II. 11 



162 Leben and Schriften der Humanisten. 

beigewohnt und darüber eine Schrift verfasst hat, so kann 
er nicht schon 1525 gestorben sein. 

Nicht ganz aus der Luft gegriffen ist ein kurzer Bericht 
der Gurker Kirche, der meldet, Balbi habe ohne Angabe 
eines besonderen Grundes sein Bisthum Gurk verlassen und 
sich nach Venedig begeben, wo er in grösster Armuth ge- 
storben sei. Es wird aber das Todesjahr nicht angegeben. 
Da von mehreren Seiten berichtet wird, dass er zu Venedig 
in der Peter- und Paulkirche (wo die Grabstätten nur für 
Spital-Arme waren) begraben worden, so steht dieses mit 
der obigen Gurker Nachricht nicht im Widerspruche, nur 
das angegebene Jahr des Todes 1525 ist falsch, ßalbi ist 
wahrscheinlich erst 1535, über 75 Jahre alt, gestorben ; *) 
er hatte sich, vielleicht von kirchlichen Gegnern verfolgt, 
in die Stille eines Klosters nach Venedig zurückgezogen. 
Es ist nicht zu erweisen, dass er in den Dominicaner-Orden 
getreten : 2) aber es ist wahrscheinlich, dass er einige Jahre 
vor seinem Tode sich einer geistlichen Genossenschaft zu- 
gewendet und als Conversus derselben in Venedig gestorben 
ist, wo er bei der Spitalkirche von Peter und Paul seine 
Grabstätte fand. 

Die zahlreichen Schriften, welche Hieronymus Balbi 
hinterlassen hat und von denen die meisten während seiner 
Lebenszeit durch den Druck veröffentlicht wurden, sind erst 
gegen Ende des 18. Jahrhunderts in einer Gesammt-Ausgabe 
von Joseph Hetzer vereinigt worden. 3) Nach der ver- 
schiedenen Lebensstellung des Verfassers und seiner manch- 
faltigen Geistesrichtung behandeln sie ziemlich Verschieden- 

^) Retzer führt eine zu Brüssel erschienene Kirchengeschichte Deutsch- 
lands an, worin vorkommt J^röme Baibus V^nitien — mourüt Tan 1535. 

2) Possevin, Hansiz, Jöcher zählen Balbi zu den Dominicanern, wo- 
gegen mit Recht die Scriptores univ. Vienn. II. 36, Denis a. a. O. S. 6 
und Retzer S. 41 sich erklärt haben. 

3) Hieronjnaii Balbi opera poetica, oratoria et politica etc. coli. Joseph 
Retzer. Vindob. 1791 u. 1792. 2 Voll. 8^. 



Balbns. 163 

artiges. Sie zerfallen in dichterische und rhetorische 
Productionen, in polemische und satyrische Pam- 
phlete, endlich in philosophische und politische Ab- 
handlungen. Eigentliche juridische Schriften sind 
von dem berühmten Rechtskundigen nicht bekannt. Seine 
Theilnahme an der Sammlung des Opus tripartitum juris 
Hungarici kann im Einzelnen nicht näher nachgewiesen 
werden. 

Von seinen philologischen Leistungen ist nur Weniges 
bekannt. Das dahin Gehörige ist noch nicht im Druck er- 
schienen. ^) 

Von seinen poetischen Productionen (Carmina), welche 
zu seinen frühesten Leistungen gerechnet werden müssen, 
bilden die Epigrammata, die zum Theil sehr schlüpfrigen 
Inhalts sind und nicht selten CatulFs Natürlichkeit und 
Martial's Witz vereinigen, weitaus die Mehrzahl. Sie waren 
sehr verbreitet, wurden von den Zeitgenossen viel gelesen 
und einige Male gedruckt. Die Wiener Ausgabe vom 
J. 1494 ist nicht die erste, denn schon früher war eine 
mit 111 Nummern ohne Angabe des Jahres und des 
Druckortes erschienen. ^) Der Wiener Druck , der zu den 
frühesten Publicationen der Wiener Presse gehört und 
von dem ersten der dort ansässigen Buchdrucker, Johann 
Winterburger, herausgegeben ward, 3) zählt 165 Stücke: 
das Buch gehört zu den höchst seltenen, da jetzt nur noch 



^) Zu diesen Arbeiten Balbrs gehört auch sein Commentarius in 
Somninm Scipionis, der auf der Wiener Hofbibliothek Nr. 3123 hand- 
schriftlich sich vorfindet 

2) Hieronymi Balbi Poetae Epigrammata. s. 1. e. a. Vgl. 
Ebert, Bibl. Lex. Nr. 1534. Hain, Repertor. bibliogr. I. 1. p. 286. Retzer, 
Leben des H. Balbi. S. 166. 

') Hieronymi Balbi utriusque juris doctoris necnon poStae atque 
oratoris insignis opnsculiim epigrammaton exaratum Jo. Winterburg in urbe 
Tiennensi 1494. 4^. 

11* 



164 Leben nnd Schriften der Humanisten. 

6 Exemplare davon existiren sollen. *) Die zuletzt in Wien 
1791 von J. Hetzer besorgte Ausgabe enthält 229 Nummern. 2) 
Darin finden sich auch abgedruckt: aus zwei Wiener Hand- 
schriften das vollständige Carmen de successibus et futuris 
Caroli Imperatoris et Ferdinandi regis triumphis Vaticinatio ^) 
und die Elegia de cladibus Italicis, wie auch andere kleinere 
Gedichte aus der Innsbrucker Bibliothek und einigen seltenen 
Werken. Von den Gedichten ist eine Anzahl an Wiener 
angesehene Persönlichkeiten , namentlich Professoren , ge- 
richtet;^) die späteren Carmina sind meistens Cardinälen 
und Bischöfen gewidmet. 

Von Balbi's Orationes, die er als Gesandter des 
ungarischen Königs in Worms vor Kaiser Karl V. und in 
Rom vor den Päpsten Hadrian VI. und Clemens VII. hielt, 
ist schon oben gesprochen worden. Diese Reden sind nicht 
frei von rhetorischem Bombast und Schwulst: sie athmen 
aber einen ausserordentlichen Eifer gegen die Türken und 
fordern zu deren Bekämpfung die christlichen Völker auf. ^) 



') Denis, Wiens Buchdruckergeschichte S. 2. 

2) H. Balbi Opera, ed J. Ketzer I. p. 99-— 270. Es sind darin auch 
die im J. 1523 zu Rom gedruckten Epigramme aufgenommen. Oratio 
Hier. Balbi Episc. Gurcensis coram Adriano VI. P. M. habita: additis 
aliquot ejusdem Balbi episc. Epigrammatibus. Romae per Marcell. 
Silber. 1623. 

3) Früher schon Bononiae 1529 u. bei Schard Script, rer. Germ. II. 
p. 29, aber nicht vollständig gedruckt. 

*) Ad Jo. Vitezium Episc. Vesprimens. ac Viennens. (Nr. 113. 153. 
166. 220\ ad Jo. Fuchsmagen, Senatorem (Nr. 115. 219. 221. 222. 223), 
ad Jo. Crachenberger, Secretarium regium (N. 139), ad Bernhard. Perger, 
Senatorem regium (Nr. 116), ad Jo. Kaltenmarckter (Nr. 81), ad Jo. 
Cuspinian. (Nr, 118. 119), ad Jo. Burger (Nr. 187), ad Gabriel Guttrater 
(Nr. 135), ad Wolfgang Sackh (Nr. 143), ad Bartholora. Staber, Medicnm 
(Nr. 149). 

^) Die Ausgaben der einzelnen Orationes sind oben angeführt. In 
Retzer*s Sammlung von Balbi Opp. stehen sie T. I. p. 645—643. Theilweise 
in's Deutsche übersetzt, g^bt sie Retzer in seiner Schrift über das Leben 
Balbi's S. 72—97. 



Balbtts. 165 

Was seine polemischen und satyrischen Schriften 
betrifiPt; so fallen diese meist in die Zeit seines ersten und 
zweiten Pariser Aufenthalts. Dahin gehören auch mehrere 
Epigramme ; welche Wilhelm Tardif (Lentus),*) Faustus 
Andrelinus 2) und Robert Gaguin^) betreffen. Vorzüglich aber 
ißt hier anzuführen sein Dialog Rhetor gloriosus sive 
de Eloquentia, welcher gegen Wilhelm Tardif, dessen 
lateinische Grammatik er verwarf, geschrieben ist. ^) 

Interessanter und wichtiger als diese philologische Streit- 
schrift ist ein anderer polemischer Dialog, Julius betitelt, '■*) 
welcher gegen den Papst Julius IL gerichtet ist. In dieser 
bitteren Satyre wird der Papst auf das schärfste gegeisselt : 
seine grenzenlose Herrschsucht, masslose Verweltlichung und 
Kriegslust wird in greller Weise geschildert, und dem 
heiligen Petrus, welcher den schuldbeladenen Papst nach 
seinem Tode von den Pforten des Himmels wegweist, die 
Lehre in den Mund gelegt, dass die Bischöfe, als Nachfolger 
der Apostel, zu ihrer ursprünglichen Bestimmung, der sie 
durch die römische herrschsüchtige Politik entzogen worden, 
zurückkehren und die allgemeinen Concilien gegen die 
päpstlichen Uebergriffe in ihrer Auctorität fest gegründet 
werden müssten. ^) 



1) Balb. Epigr. Nr. 60. 65. 

2) Balb. Epigr. Nr. 228. 

3) Balbi Epigr. Nr. 36. 67. 76. 87. 92. 

*) Hieronymi Balbi Rhetoris gloriosi liber. Paris 1494. Auf der 
Leidener Bibliothek befindet sich im Ms. derselbe Dialog unter dem Titel : 
H. Balbi Dialogus de Eloquentia. Vgl. Retzer, Leb. des Balbi S. 64, und 
Opp. T. I. bei den Dialogis p. 271 fll. 

^) Julius. Dialogus festivus viri cuiusdam, quomodo Julius II. P. M. 
post mortem coeli fores pulsando ab ianitore illo D. Petro intromitti 
nequiverit. Paris bei Gourmont s. a. 4^, dann ibid. 1513 und später öfter 
gedruckt: auch bei Retzer. Balbi Opp., bei den Dialogis I. S. 271 fll. 
Baur und Mohnike a. a. O. sprechen von 18 Ausgaben. 

6) Mencken judic. de Dialogo Julio in den Mise. Lips, 



166 Leben and Schriften der HnmMiisten. 

Manche sprechen den Dialog Julius^ dem es nicht an 
Witz und Geist wie auch an überraschenden, Wendungen 
fehlt , dem Hieronymus Balbi ab. ^) Dass er aber von 
Erasmus von Rotterdam oder Ulrich Hütten verfasst wor- 
den^ ^) lässt sich nicht mit voUgiltigen Gründen beweisen. 
Da die Satyre gegen das Papstthum, wie es zur Zeit 
Julius II. war^ im Interesse der französischen Regierung 
geschrieben ist, und König Ludwig XII. damals im offenen 
Kriege mit Rom lebte, daher auch erlaubte, dass der Dialog 
an der Pariser Universität öffentlich vorgetragen werden 
durfte, so lässt sich wohl behaupten, dass die Satyre auf 
Anregung des französischen Königs verfasst worden ist. 
Als Verfasser betrachten manche den französischen Hof- 
dichter Faustus Andreiini von Forli. ^) 

Von Balbi's philosophischen und politischen 
Schriften, welche er im späteren Alter verfasste, sind 
folgende anzuführen: 

Hieronymi Balbi Episc. Gurcensis ad dementem VII. 
P. M. de civili et bellica fortitudine ex mysteriis 
poetae Virgilii nunc primum depromptus tractatus cui ad- 
ditus est alter continens: Turcarum originem, mores, 
Imperium aliaque praeclara scitu cognituque dignissima, 
welche beide Abhandlungen zuerst Romae 1526 heraus- 
gegeben und dann von Retzer in die Balbi' sehe Gesammt- 
ausgabe aufgenommen wurden.*) 

^) Retzer, Leb. u. Sehr, des H. Balbi p. 66 fl. Münch, Ep. vir. obscur. 
p. 428 fll. Grässe, Lit. Gesch. III. S. 47 nennen H. Balbi als Verfasser. 

2) Baur u. Mohnike a. a. O. verwerfen Erasmus und Hütten und er- 
klären sich für Faustus AndrelinL Man hat eine deutsche Uebersetzung 
des Dialogs von Joh. Curaeus. 

3) Die unter den Handschriften der Pariser Bibliothek befindlichen 
Epistola di Roma a GiuHo II. P. M. con la riposta del Pontifice wird 
von Einigen Balbi, von Anderen dem Faustus Andreiini zugeschrieben: 
Betzer 1. c. 

*) Die Analyse von diesen beiden Tractaten gibt Retzer, Leb. u. 
Schrift, des H. Balbi S. 97-107. 



Balbos. 167 

Hieron. Balbi Episc. Guro. ad Cardinal. Pompon. 
Columnam : de Pace inter Christianos Principes gibt Retzer 
aus einer Wiener Handschrift i) und aus einem Pariser 
Manuscript seine Schrift de Fortuna et Providentia libri IV. 2) 

Wichtiger noch ist sein Werk; 

De Virtutibus libri HI. ad dementem VII. Pont. 
Max.; von welcher Schrift aber das zweite Buch ver- 
loren ist. 3) 

Unter allen Schriften Balbi's ist seine umfassende Ab- 
handlung über die Kaiserkrönung Karls V. am meisten b^ 
kannt geworden. Balbi selbst besorgte den ersten Druck 
unter dem Titel: Hieronymi Balbi Episcopi Gurcensis ad 
Carolum V. imperatorem semper Augustum deCoronatione 
liber. Bononiae 1530 und in demselben Jahre folgt auch 
die Lyoner Ausgabe.*) 

Obschon Balbi in seinen päpstlichen Reden der römi- 
schen Curie ungemein geschmeichelt und die Gunst der 
Päpste dadurch gewonnen hatte, so verscherzte er sie doch 
wieder durch diese politische Schrift. Wenn er darin auch 
die päpstliche Macht über die kaiserliche setzte, so ver- 
neinte er doch die beiden Hauptfragen, die er in der Ab- 
handlung zu lösen versuchte, ijadem er die römische Krönung 
durch den Papst zur Kaiserwürde nicht für nöthig erklärte 
und auch Rom als alleinigen Krönungsort nicht gelten liess. 



1) Vgl. Retzer 1. c. p. 116 fll. 

2) Vgl. Retzer S. 108 fl. 

3) Retzer (vgl. S. 107 — 115) hat aus einer Modeneser HancUchrift 
das erste, aus einer Trientiner das dritte Buch herausgegeben. 

*) Ausser dem Drucke bei Retzer in der Gesammtausgabe der 
Balbi'schen Werke (vgl. S. 119) hat man auch mehrere ältere Ab- 
drucke. Petrus de Andlo in seinen libris de Imperio Romano, Regis et 
Augusti creatione etc., welche Marquard Freher Argentorat. 1603. 4. be- 
sorgte, hat Balbi's Schriffc wieder abdrucken lassen : auch in späteren Aus- 
gaben Andlo's Argent, 1624 und Heidelberg 1624, in Freher. script. rer. 
Germanic. und bei Melch. Goldast in Imperialibus politicis kommt sie vor. 



168 Leben and Schriften der Hnmanisten. 

Es kann daher nicht Wunder nehmen, dass gegen Balbi's 
Ansichten in Schriften nicht nur polemisirt ward, *) sondern 
der Tractat de Coronatione auch in den römischen Index 
verbotener Bücher gesetzt wurde. 2) Natürlich fehlte es 
auch nicht an zustimmenden Schriften , namentlich in 
Deutschland, ^) wo schon im 14. Jahrhunderte bei dem 
Streite Ludwig des Baiern solche Ansichten, wie Balbi auf- 
gestellt hatte, ausgesprochen wurden. ^) 

Dass Balbi die Absicht gehabt habe, eine ungarische 
Geschichte zu schreiben, wird mit Recht bezweifelt, s) Wenn 
er auch in Bezug auf die Zeitgeschichte, durch seine Stellung 
am Hofe in die StaatsangelegenheiJten eingeweiht, ganz ge- 
eignet gewesen, die Begebenheiten, die er mit erlebt, genau 
und richtig zu schildern, so dürfte doch seine Kenntniss der 
früheren Geschichte nicht sehr tief gewesen sein. Auch 
würde er nach Art der Humanisten wohl gar Manches durch 
zu reichen oratorischen Schmuck entstellt haben. 

Balbi stand in einem lebhaften Briefwechsel mit 
Fürsten und Prälaten, mit Gelehrten und Staatsmännern. 



*) Besonders von Campegias Symphorianus in der Monarchia GaUorum 
Lugd. 1537 unter dem Titel: Apologia in Hier. Balbum Gurcens. Episc. 

2) Index lib. expnrgandor. Rom. 1716. p. 567. Aach im Spanischen 
Index lib. expurg. p. 517. 

*) Retzer, Leb. u. Schrift, des H. Balbi handelt S. 119—165 über 
die Schrift und ihre Gegner: er gibt eine Analyse der Abhandlung und 
spricht sich zustimmend für Balbi's Ansichten aus. 

*) DöUinger, die Papstfabeln, Mtinch. 1863, wo er von den späteren 
Urtheilen der Gelehrten über Constantins Schenkung und ihren Folgerungen 
handelt, unterlässt es, die Schrift Balbi^s zu erwähnen. 

5) Retzer, Leb. d. H. Balbi S. 71. Die Worte im Gedichte des 
Joh. Dantiscus (in des Rieh. Bartholinus Perusinus Odeporicon an Matth. 
Lang, Cardinal. Gurc.) lauten: 

Baibus item Phoebi quondam, nunc rite sacerdos 
Et Jovis interpres veri, qui grandia facta, 
Hunniaci scribit regni, totque edidit olim,. 
Quod sua non potis est unquam evanescere fama. 



Balbns. 169 

Es ist bis jetzt nur eine geringe Anzahl dieser Briefe, 
welche nicht nur für das Leben Balbi's, sondern zum Theil 
auch für die Zeitgeschichte von Werth sind, gesammelt. *) 



*) Retzer hat in Opp. Hier. Balbi Vol. I. p. 1 — 98 die von ihm ge- 
sammelten 43 Briefe aufgenommen, die wohl noch ansehnlich vermehrt 
werden könnten. Unter diesen Briefen kommen Schreiben vor: an den 
römischen König Ferdinand, an Kaiser Karl V., an den Protonotar Joh 
Schlechta, an Bohuslaus v. Hassenstein, an Conrad Celtes u. A. 



Burgferius. 

Johann Burger aus Eggenburg in Niederösterreich. 

t nach 1507. 

Johann Bürger^ aus Eggenburg in Niederösterreich^ 
gehört zu den Wiener Professoren, welche sich am frühesten 
dem Humanismus zuwandten und eifrig sich bemühten, den 
Conrad Celtes als Professor der Rhetorik und Poetik für 
Wien zu gewinnen. Als Magister der freien Künste an der 
Universität las er über römische Schriftsteller, namentlich 
über Sallust. ^) Er war zwei Mal Rector der Hochschule : 
das erste Mal vom Februar bis October 1495, dann wieder 
vom October 1496 bis Februar 1497. ^) In seinem ersten 
Rectorat richtete er im Namen der Wiener Humanisten an 



*) Act. fac. art. ad ann. 1494. 

2) Steyerer (Albert II. p. 486), welcher die älteren Universitätsacten und 
die Univ. Matrikel noch yor sich hatte, gibt sein erstes Rectorat an A. 1495, 
die beator. Tiburcii et Valeriani, es fiel demnach in das Sommer-Semester. 
Das zweite Rectorat begann am 16. October 1496: Johannes Würger ex 
Egenburga, in artibus Magister, die S. Colomani Martyr. secundo in 
rectorem — ehgitor. Das zweite Rectorat dauerte bis Februar 1497. Das 
Datum im Schreiben Burger*s an C. Celtes, worin er sich Rector nennt 
und welches im Cod. epist. Celtic. f. 80 und bei Elüpfel vit. Celt. I. 

5. 175 lückenhaft abgedruckt ist, wird unrichtig angegeben: Viennae 

6. Martii ann. 97 Es kann nur der 6. März 1495 gemeint sein. Die 
Datimngen in den an Celtes gerichteten Briefen sind durch Schuld des 
Copisten öfter unrichtig angegeben. 



Bni^erins. 171 

Celtes ein SchreibeD, worin er ihn ersuchte, seinem Ver- 
sprechen nachzukommen und in Wien Vorlesungen zu 
halten. ^) Dass er noch im J. 1507 lebte, zeigt Cuspinian's 
Inschrift an seinem Hause auf die Sodales der gelehrten 
Donaugesellschaft, deren Mitglied er war. 2) Von seinen 
literarischen Productionen ist jedoch nichts bekannt. Dass 
er aber nicht zu den unbedeutenden Persönlichkeiten der 
Wiener Universität gehörte, zeigt das Epigramm, welches 
Hieronymus Baibus an ihn richtet, in einer Zeit, wo Burger 
noch nicht Rector gewesen. 3) 



1) Der Anfang des Briefes lautet: Johannes Burger ex Egenburga 
studii Viennensis rector humanissimo viro Conrado Celti domino et 
fautori suo peculiari felicitatem optat. Celebris et humanissime vir, plerique 
Viennensis gymnasii alumni tui amantissimi admiratione ducuntor, cur 
promissioni tuae, qua te propediem reversurum poUicebaris hucusque 
minime satisfeceris, fortassis quia longe honestior tuae excellentiae alibi 
quam hie erat conditio. Nee tarnen non immemores tuae doctrinae jucun- 
dissimae commercii integri, coUoquii denique humanissimi, quo nos ob- 
lectasti et nostrae academiae decori fuisti, rem silentio praeterire ne- 
qnaquam poterimus et ut speramus, data est occasio, qua tuam excellen- 
tiam in reditum concitemus etc. 

2) Der Name lautet daselbst Joan. Burgrius. In den Universitäts- 
Acten kommt die Form Burger und Würger vor. 

3) Retzer hat das Gedicht unter der Nr. 127 der Carmina Balbi's 
herausgegeben. 



Gamers. 

Giovanni ßicuzzi Vellini aus Camerino. 

t 1546. 

Johann Camers ^) gehört zu den gelehrtesten, viel- 
seitigsten und fruchtbarsten Wiener Humanisten; seine 
literarischen Leistungen erstrecken sich auf die classischen 
Wissenschaften, auf die Philosophie und Theologie. Auch 
im canonischen und römischen Recht besass er ausgezeich- 
nete Kenntnisse. Von seinen poetischen Productionen aber 
lässt sich nichts Erhebliches nachweisen. 

Johannes 2) Ricutius Vellinus,^) aus der im Kirchen- 
staat gelegenen Stadt Camerino gebürtig (1458?), wird 
nach seinem Geburtsorte in der Literaturgeschichte gewöhn- 
lich Camers genannt. Seine frühere Lebenszeit und seine 
Familienstellung sind nicht näher bekannt. Er gehörte dem 



^) lieber Camers geben Nachrichten die Act. fac. theol. und art. iind 
die Beigaben zu den yon ihm herausgegebenen alten Schriften, lieber ihn 
handeln: Job. de Luca, Annal. Minor. T. XVIII. S. 210. Jacobill. Biblioth. 
Umbriae I. p. 149. Scriptores Univ. Vienn. II. 40. Khautz, Oest. Gelehrte. 
Vorrede, S. VIII fll. Denis, Wiens Buchdr.-Gesch, an verschiedenen Stellen, 
besonders S. 234, und in den Merkw. d. Garell, Biblioth. S. 269. Eink, 
Gesch. d. Wien. Univ. I. 8. 206, n. 238. 

2) In dem unten angeführten Briefe an Celtes nennt sich Camers: 
Joannes Lucas. 

3) Sein italienischer Name lautete: Giovanni Ricuzzi Vellini. 



CamerR. 173 

Minoriten-Orden an, was erklärlich macht, dass er in der 
Philosophie dem Franciscaner Dans Scotus folgte, der in 
der scholastischen Philosophie bekanntlich eine besondere 
Schule stiftete, welche dem scholastischen System des Thomas 
von Aquino entgegenstand. Camers lehrte zuerst an der 
Universität Padua die scholastische Philosophie und betrieb 
dabei die humanistischen Studien.*) Des Griechischen war 
er vollkommen mächtig, so dass er in dieser Sprache nicht 
nur die Classiker las, sondern auch darin mit Griechen 
brieflich verkehrte. 2) Noch vor Ablauf des 15. Jahrhunderts 
kam er an die Universität Wien, an der er im J. 1499 in 
der theologischen Facultät als Decan fungirte. Seine Vor- 
lesungen betrafen zunächst die scholastische Philosophie, 3) 
sodann auch Aristoteles und des Augustinus Bücher de 
civitate dei. ^) Endlich wandte er sich auch den platonischen 
Schriften und überhaupt den alten Classikern zu. So kam 
er mit den Wiener Humanisten in vielfachen Verkehr, der 
freilich nicht immer der freundlichsten Art war. Als Realist 



^) Dr. Joh. Eck schreibt in einem im J. 1516 an den Eich- 
städter Bischof gerichteten Briefe (vgl. Hist. Univ. Vienn. II. 91): Doctor 
Joannes Camers, Italus divi Francisci sacerdos varia doctrina praeditus, 
Musarura antistes, et historiae diligens scrutator, qui ex studio Paduano 
(ubi cum magna laude philosophiam est professus) ad Viennam concessit 
et primus doctoris subtilis Joannis Duns Scoti dogmata subtilissima plenis 
velis Viennensi gymnasio invexit. 

2) Dieses erfahren wir von ihm selbst in der Vorrede zu seinen Enarra- 
tiones in Solinum, in welcher er angibt, dass er mit dem Erzbischof Marcus 
Musurus von Maivasia in Morea in griechischer Sprache correspondirt habe. 

3) Joh. Eck 1. c. ist nicht ganz genau unterrichtet, wenn er be- 
hauptet, Camers habe zuerst die Lehrsätze des Duns Scotus in Wien vor- 
getragen; in den Script. Univ. Vienn. II. 39 ist dieses berichtigt. Camers 
ging nur tiefer und gründlicher in das System ein. Daher gibt Dr. Eck 
auch an: (Camers) Cordigeri nonnuUa Francisci Mayronis in sententiis 
scripta subtilissima, nondum a calcographis excusa. Franciscus Mayronis 
(lebte um 1320) schrieb auch über die libri Augnstini de civitate dei, 
welche in der Zeit des Camers in Venedig gedruckt erschienen. 

*) Script. Univ. Vienn. II. 70. 



174 Leben vnd Sehrifton der Hamanisten. 

war er im Grunde den deutschen Humanisten näher ge- 
treten, als sonst die Italiener und die meisten Theologen, 
welche gewöhnlich dem Nominalismus und dem System des 
Thomas Aquinas huldigten. Mit Celtes, Cuspinianus, Va- 
dianus, Collimitius und andern gleichzeitig an der Wiener 
Universität wirkenden Humanisten vertrug er sich ziem- 
lich; jedoch scheinen hie und da einige Störungen in ihrem 
gelehrten Verkehre vorgekommen zu sein. 

Im J. 1503 verliess Camers auf einige Zeit Wien. 
Kaiser Maximilian I. tibertrug ihm eine Mission nach Rom 
an Papst Julius H. Wir finden Camers dort noch 1504 1) 
mit gelehrten Arbeiten beschäftigt. Aber im selben Jahre 
war er wieder nach Wien zurückgekehrt, hielt in der 
artistischen und theologischen Pacultät Vorlesungen 2) und 
befasste sich vielfach mit der Herausgabe und Erklärung 
alter Schriftsteller. 

In der theologischen Facultät, welcher dann Camers 
ausschliessend angehörte, war er überaus thätig: nicht nur, 
dass er als Decan achtmal ihre Geschäfte besorgte, 3) son- 
dern auch bei der Bücher-Censur und der Ueberwachung 
der reinen Glaubenslehre. Es stand ihm hier zur Seite der 
gelehrte Doctor Johann Trapp, der in Paris seine Studien 
gemacht hatte. Ihre Gutachten wurden von der Facultät 
überall eingeholt. Namentlich geschah dieses bei der Frage, 
ob die ohne Bewilligung der Facultät edirten Oden des 
Conrad Celtes weiter verbreitet werden dürften, und bei 
den kirchenreformatorischen Streitigkeiten, welche sich in 
Folge der Lehrsätze Luther's und anderer Glaubensneuerer 
erhoben. Camers schrieb im Namen der theologischen 
Facultät gegen die reformatorische Bewegung und bekämpfte 



*) Vgl. unten die Epistola Camertis an Celtes d. d. Rom. 17. Martii 1504. 

2) Act. fikc. art ad ann. 1505. T, III. fol. 41. 

3) Locher, Specul. ad ann. 1499. 1602. 1604. 1605. 1612. 1517. 1622. 
1628. Als Mönch konnte er nicht das Rectorat bekleiden. 



J 



Camers. 175 

die Ansichten des Paulus Speratus, der die lutherischen 
Lehren zuerst in Wien 1524 in Predigten verbreitete. *) 

Bei dem sichtbaren Verfall der Universität, bei dem 
Uebertritte einiger seiner Freunde zum neuen Glauben, 2) 
bei der gesteigerten Heftigkeit, womit die religiösen Kämpfe 
gefuhrt wurden, verleidete ihm der Aufenthalt in Wien 
immer mehr. Nachdem er 1528 das achte Mal das Decanat 
in der theologischen Facultät gefuhrt hatte, verliess er Wien 
und kehrte, in sein Vaterland nach Italien zurück, wo er 
noch einige Decennien lebte. Hochbejahrt starb er 1546^) 
in seinem Geburtsorte Camerino. Seine ansehnliche Bücher- 
Sammlung hatte er seiner Vaterstadt geschenkt, wodurch er 
den Grund zu einer öffentlichen Bibliothek daselbst legte. ^) 

Indem schon oben von seiner theologischen Wirksam- 
keit als Schriftsteller gesprochen worden ^) und von seinen 
poetischen Productionen nicht viel zu sagend) ist, so kann 
sogleich zu seiner humanistischen Thätigkeit als Heraus- 



^) Theologicae facultatis universalis studii Viennensis do<?fcorum in 
Panlum non Apostolum, sed suae farinae hominibus ocva t7*jV TrpöffOsffiv 
eT(p.ovov Speratam Retaliatio. Yienn. 1524. Näheres über diese Camer- 
tillische Schrift Denis, W. B. G. S. 260. Conspect. bist. Univ. Vienn. II. 
p. 114. Kink, I. S. 248. Diese Streitschrift ist auch in Raupach's erlänt. 
evangel. Oesterreichs Fortsetz. I. Th. S. 12 fll., Beil. Nr. 3 gedruckt. 

2) Sein Schüler und Freund, der Humanist Vadianus, hatte auch Wien 
verlassen und war in seiner Vaterstadt St. Gallen Zwinglianer geworden. 

3) Bei Locher, Spec. acad. Vienn. ist unrichtig das J. 1656 angegeben. 
Camers wäre demnach 98 Jahre alt geworden. 

*) Denis, Merkw. d. Garell. Bibl. S. 269, und Wiens Buchdr.-Gesch. 
S. 234, vorzüglich nach Lud. Jacobilli und Job. de Luca 11. cc. 

^) Es ist noch hinzuzufügen, dass er mehreres Exegetisches über 
biblische Schriften schrieb, was nicht durch den Druck veröffentlicht 
wurde. Im Cod. MS. Nr. 11711 auf der Wiener k. k. Hof bibliothek be- 
finden sich von ihm Annotationes in Canticum canticorum, in Evangelium 
Joannis, in Apocalypsim, in Epistolam ad Romanos und einiges Andere. 

*) In den Script. Univ. Vienn. II. 40 wird bemerkt: Poetica opus- 
cula complura a Schönleben visa. Einige elegische Gedichte von ihm ent- 
hält das in' Wien ohne Jahresangabe gedruckte Werkchen, welches dem 
Erzbischof Matthäus Lang von Salzburg gewidmet ist: Virtutis ^EyKtofiiov. 



176 Leben and Schriften der Humanisten. 

geber alter Schriftsteller übergegangen werden, in welcher 
Hinsicht er eine grössere Bedeutung hat als irgend ein 
anderer Wiener Humanist seiner Zeit.^) Es ist nicht zu 
verkennen, dass er sich meistens solche Schriftsteller zur 
Herausgabe gewählt hat, die weniger durch ihre Classicität 
ausgezeichnet sind, als vielmehr durch ihren reichen stoff- 
lichen Inhalt Gelegenheit boten, sein umfassendes, eminentes 
Wissen in beigefügten Commentarien an den Tag zu leg^n.2) 
Es zogen ihn daher auch encyclopädische , geographische, 
übersichtliche historische Werke besonders an ; er versah sie 
meistens mit Commentarien — die aber nicht alle gedruckt 
wurden — und mit guten Indices. 

Unter den Ausgaben alter Autoren, welche Camers 
veranstaltete und mit Anmerkungen, Indices oder sonstigen 
Beilagen versah, ist wohl die früheste von der aus dem 
Griechischen in's Lateinische übersetzten Tabula des 
Cebes, welche nach einem von Philipp Beroaldus in 
Bologna 1497. Fol. veranstalteten Drucke von Camers mit 
einem kleinen Commentar edirt wurde. 3) 



Humanae vitae qnezimonia. Fortunae Inconstantia. Sie sind yon keinem 
grossen poetischen Werth. Distichen nnd kleinere Carmina von Camers 
kommen in verschiedenen Schriften von Zeitgenossen vor. 

<) Döliinger, Reformat. I. S. 643, sagt, er habe für die Herausgabe 
der lateinischen Classiker miter seinen Zeitgenossen am meisten geleistet. 
— Ein Verzeichniss der von Camers edirten Schriften liefert Khautz, 
Oesterr. Gelehrte. Vorrede S. VIII; dasselbe ist aber nicht ganz voll- 
ständig. Denis handelt in Wiens Bachdrucker-Geschichte von den in Wien 
gedruckten Schriften. 

^) Joh. Herold in der von ihm Basil. 1657 veranstalteten CoUection 
des Solin., Florus, Cebes und Mela bemerkt: Camertis commentariolos si 
quis legerit, proculdubio intelliget — quantum Camers valebat ubicunque 
ingenium intendit, adeo ut quae in Lucanum, in Dionysium Alexandrinum 
commentatus fnit, doctorum omnium dolore et iiterarum bonarum incom- 
modo ingenti desiderentur, nee non alia, quae ipse scripsit, ab Harpyis non- 
nullis supprimantur indig^e. 

^) In Tabulam Cebetis commentariolum Joannis Camertis. 
Paris 1498. Eine zweite Ausgabe besorgte Joh. Herold Basil. 1657 (die 



Camers. 177 

Wenn auch Camers die in Wien ohne Angabe des 
Jahres erschienene lateinische Uebersetzung der libri octo 
physicorum Äristotelis, welche Johann Argyropulos 
machte, nicht selbst edirte, sondern sein College , der 
Magister Wolfgang Mosnauer, so versah er die Ausgabe 
doch mit einer Vita des Aristoteles, einem Epigramm und 
sechs Distichen. 1) 

Von den alten römischen Schriftstellern 2) war es der 
christliche Dichter Claudianus aus Alexandria (starb nach 
408), welchem Camers dann seine besonderen Studien zu- 
wandte. Er gab dessen Werke, welche für Mythologie und 
die Geschichte der Völkerwanderung nicht ohne Wichtigkeit 
sind, in Wien 1510 in der damals neu entstandenen Buch- 
drucker-Societät des Hieronymus Victor und Johann Singren 
und im Buchhändler -Verlag der Gebrüder Alantsee heraus. 3) 

Uebersetziing ist von La.d. Odaxius Patayinus gemacht); es fehlt aber da- 
selbst der Commentar des Camers. Auch^ in der Ausgabe des Udalrich 
Fabri, Vienn. 1519. 4. wird der Commentar des Camers nicht erwähnt. 
(Ygl. unten den Artikel Fabri.) Denis, Wiens Buchdr.-Gesch. S. 199, 
meint, der Beisatz commentariolüm Joh. Camertis sei eine willkürliche 
Angabe Mattaire's. „Ich sehe," sagt Denis, „nicht wohl ein, wie des 
Camers, der damals vermuthlich in Padua lehrte, Handschrift nach 
Paris kommen konnte, und glaube also, es müsse 1497 oder 1498 eine 
Cdition in Italien yorangegangen sein, die ich aber freilich nicht angeben 
kann." Joh. Herold deutet an, dass der Commentar von seinen Neidern 
unterdrückt worden. 

^) Denis, W. B. G. S. 309, meint, der Druck müsse jedenfalls vor 
das J. 1510 zu setzen sein. 

2) Vgl. über des Camers Ausgaben im Allgemeinen: Fabric. biblioth. 
latin. I. 491, II. 780. 

3) Claudiani Opera novissime per D. Jo. Camertem accura- 
tissime recognita. Vienn. 1510. 4^. Man kann diese Ausgabe zwar nicht die 
editio princeps des Claudianus nennen (vgl. Teuffei, Rom. Lit.-Ge6ch. 1872. 
§. 433), denn es waren die Venetianer vom J. 1482 und die Parmesaner 
von 1493 ihr vorausgegangen ; aber sie enthält vier früher nicht gedruckte 
Gedichte aus einer alten Handschrift: Laus Christi, Miracula Christi, 
Landes Herculis , Laus Serenae reginae. Ausserdem war darin ein von 
dem im 5. Jahrhundert lebenden Dichter Flavius Merobaudes verfasstes 
Carmen de Christo zum ersten Male im Druck veröffentlicht (vgl. Teuffei 

V. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 12 



178 Leben und Schriften der Hamanisten. 

Während Camers sich mit rumischen Dichtem ') be- 
schäftigte, wandte er seine Studien auch speciell Roms 
AlterthUmern zu; eine Frucht derselben war die Ausgabe 
des L. Fenestella de Komanis Magistratibus mit Bei- 
gebe des mittelalterlichen Dichters Albricus: libellus de deo- 
rum imaginibus.2) 

Die in Wien 1512 und 1518 erschienene Ausgabe von 
Cicero 's Büchern de officiis und mehreren kleineren 
Schriften dieses berühmten römischen Redners, welche im 
Grunde nur ein Abdruck der in Venedig gemachten Aldini- 
schen Edition ist, verdiente eigentlich keine besondere 



a. a. O. §. 457). Beigeflifirt ist t»ine von Camers verfasste Vita Claudiani 
und ein Index. Zugleieli verspricht der Heran.sgel)er einen loconim diffici- 
liiim conimentariolnm, der aber nicht erschienen ist. Mehrere Jahre später 
wurde aus dieser Aasgabe abgedruckt: Gl. Claudiani Aegyptü Poetae in- 
signis libri de raptu Proserpinae tres. Vienn. 1517. Vgl. über beide Wiener 
Ausgaben Denis S. 38 und 16ß. 

*) Denis, Wiens Buchdr, - Gesch. S. 51 findet glaublich, dass 
A. Persii Satyrae Vienn. 1511 von Camers edirt worden. Es war ihm 
unbekannt, dass von diesem Dichter schon 14i>"J in Wien eine Ausgabe 
erschienen war. ITebrigens war die editio princeps von Persius schon 1470 
in Rom ged nickt. 

2) Der vollständige Titel des Buches lautet: L. Fenestella de 
Ro. Magistratibus: nitori tandem nativo restitutus, mille fluentibus 
ulceribus curatis, industria doctissimi Joannis Camertis Theo. Professo. 
cum loconim omnium oh commune opti. litte ramm incrementum annota- 
tionibus. Francisco Sfortia Gymnasii mo«leratore (Universitäts-Rector) Vienn. 
A. X. quarto Non. Decembris. 4. Ausser dem libellus de deomm imagini- 
bus von Albricus philosophus et po^ta doctissimus mit Abbildungen sind 
eine Anzahl Distichen von den Humanisten Joach. Vadian, Petrej. Aper- 
bach und Marius Rhetus beigefügt. Ein neuer Abdnick von dieser höchst 
seltenen Ausgabe wurde Wien 15:J3 g<> macht. Vgl. Denis S. 29 und 240. 
Camers hatte keine Ahnung davon, dass er anstatt den Text eines dem 
Augusteischen Zeitalter angt»hörigen Autors das Machwerk des um 1450 
lebenden FlonMitiners Andr. Dominic. Floccus (t^occhi) edirte. Vgl. Tira- 
boschi, Lett. Ital. VI. 2. p. 240. Niebuhr, Vorl. über Rom. Gesch. I. 34. 
Teuffei, Röui. Lit. ^. 264. Die wenigtMi echten J^agmente des Fenestella 
sind von Haven*amp u. A. gesammelt. Poeth de Fenestella. Bonn 1849 gibt 
an, dass man ein Mamiscript gefunden mit der Aufschrift: Andreae Dominici 
Flocci Floreutini ad Brandeni Caniinalem Florent. de Romanis magistratibus. 



Camen. 1 79 

Beachtung. Camers hatte sie mit seinem Freunde Vadianus, 
an den auch eine Zuschrift gerichtet ist, gemeinschaftlich 
zum Gebrauch bei den über diese Schriften häufig gehaltenen 
Wiener akademischen Vorlesungen gemacht. ^) 

Camers beschäftigte sich viel *mit den römischen 
Historikern, welche die römische oder allgemeine Ge- 
schichte im Abriss liefern, und besorgte zum Gebrauche 
der Studirenden beachten swerthe Ausgaben von Florus 
(1511) und Sextus Rufus (1518),2) ferner von Justinus 
(1517)^) und nach seinem Abgange von Wien auch noch 
von Eutropius (1536).^) 



^) M. T. Ciceronis de officiis libri tres, dein Laelius et Cato 
Major et Somnium Scipionis cum Paradoxis, castigate impressi, adjecto 
indice copiosissimo D. Joannis Camertis. Vienn. 1512. 4. Zweite Aus- 
gabe mit etwas verändertem Titel und der Beifügung : Ex Archetjpo Aldino 
nuper eraendatissime impress. Vienn. 1618. 4'^. Vgl. Denis, W. B. G. S. 66 
und 181. Khautz hat keine von beiden Ausgaben angeführt. 

2) Lucii Flori bellorum Romanorum libri quatnor ex vetustissimo 
exemplari novissime ac diligenter recognita. Vienn. 1611. 4". Dazu Anno- 
tationum in Lucinm Florum libellus. Vienn. löll, und neue Auflage: 
Joannis Camertis in quatuor gestor. Rom. Lucii Flori libror. Index 
copiosissimus. Sextus Rufus de regia, consulari ac imperiali dignitate 
deque Romani imperii accessione per eundem Camertem suo nitori resti- 
tutus. Vienn. 1518. 4. Vgl. Khautz a. a. O. und Denis, Merkw. d. Garell. 
Bibl. S. 267. Wiens Buchdr.-Gesch. S. 63 und 188. Fabric. Bibl, lat. I. 
p. 491 und II. p. 780 zeigt eilf spätere Ausgaben des Florus an, worin 
die Camertinischen Noten, die mehr von Gelehrsamkeit als Kritik zeugen, 
vollständig aufgenommen worden. — In demselben Jahre 1611 edirte auch 
Cuspinian seinen Florus. 

3) Justini nobilissimi in Trogum Pompejum libri quadra- 
ginta quatuor. Additus insuper est per Joannem Camertem ord. 
Minor. Index copiosissimus. Vienn. 1617. 4. Justinus war damals schon 
zwei Mal in Deutschland: zu Strassbui^ 1606 und zu Leipzig 1514 gedruckt 
worden. Die Camertinische Wiener Ausgabe ist ziemlich selten. Vgl. Denis, 
W. B. G. S. 165. 

*) Eutropii Breviarium historiae Romanae cum notis Ca- 
mertis. Argentor. 1636. Khautz a. a. O. erklärt diese Ausgabe für eine 
sehr seltene. Eutropius war mit Sextus Rufus schon 1471 in Rom im Druck 
erschienen. 

12* 



180 Leben und Schriften der Humanisten. 

Dass er aut^h Commentarien und Noten zu Livius und 
Lucanus geschrieben habe, findet sich bei einigen Schrift- 
stellern angeführt. 1) 

Ein wesentliches Verdienst erwarb sich Camers um die 
alte Erdbeschreibung durch die Herausgabe zweier 
geographischer Werke, die er auch mit dem philo- 
logischen Apparat versah. Er edirte fast gleichzeitig im 
J. 1512 die drei Bücher der Geographie desPomponius 
Mela^) und die Periegesis oder Geographie des 
Alexandriners Dionysius nach der lateinischen Ueber- 
setzung des Priscianus. 3) ' 

Sehr eingehende Studien widmete in den nächsten 
Jahren der gelehrte Minorit zwei encyclopädi sehen Werken 
des Alterthums: der Naturgeschichte des älteren 
P 1 i n i u s , welche er mit einem trefflichen Index ver- 



*) Bei J. Herold in der Collect, von Solinus, Florus, Cebes, Pomp. 
Mela etc. Basil. 1557. Khautz 1. c. Denis, Merkw. d. Garell. Bibl. S. 269. 
Baur in der Realencycl. v. Ersch. Art. Camers. Bd. XV. S. 19. 

^) Pomponii Melae Geographiae libri tres. Hermolai Barbari 
in eundem integrae castigationes. Index in Pomponio contentorum copio- 
sisaimus. Vienn. 1512. Pridie Non. Sept. Mit Zuschrift des Herausgebers 
Camers an den Minoriten Theobald von Offenburg und vier Distichen des 
Nicolaus Gerbelius. Eine neue Ausgabe folgte Vienn. 1 520 und ein Nach- 
druck Lips. 1521. Vgl. Denis S. 71 und 213. Die Camertinische Ausgabe 
ist die erste, welche von Pomponius in Deutschland erschienen ist ; er war 
aber schon früher in Italien (1471 in Mailand) gedruckt. 

3) Dionysii Afri de situ orbis sive Geographia Prisciano 
aut Fannio Rhennio interprete liber unicus Joannis Camertis 
in eundem commentariolum. Vienn. XI. Kai. Nov. A. 1512. 4^. In der 
Vorrede gibt Camers an, dass Magister Joach. Vadianus ac Mag. Adrian. 
Wolfhardus Transsylvanus (mihi ob eorum ingenuos mores ac non vulgarem 
eruditionem charitate junctissimi) Zeugniss ablegen könnten, dass er den 
Commentar in weniger als 30 Tagen gefertigt habe. Er fährt dann weiter 
fort: Attulit non parvam opem Jo. Cuspinianus, saluberrimae medicinae 
doctor, poeta candidissimus — qui mihi Graeci Dionysii venerandae vetu- 
statis copiam fecit. Cuspinian hatte schon 1508 die lateinische Uebersetzung 
des Dionysius von Rufns Avienus herausgegeben. Vgl. unten den Art. 
Cuspinian und Denis, W. B. G. S. 19 und 73. 



Camers. 181 

sah,^) und dem Memorabilienbuch des Julius SolinuS; 
das er ebenfalls mit einem ausführlichen Index ausstattete. 2) 
Die Brauchbarkeit dieser Indices erkannte man auch all- 
gemein an ; spätere Herausgeber dieser beiden Werke haben 
sie daher auch in ihre Ausgaben aufgenommen. 

Wie Camers früher bei der Herausgabe des Florus gegen- 
über seinem Freunde Cuspinian als Rivale auftrat und mit ihm 
in Conflict gerieth, so begegnete es ihm hinwiederum selbst 
bei seinem CoUegen Joachim Vadianus, mit dem er 
lange bei ihren gemeinschaftlichen humanistischen Studien 
im besten Vernehmen gestanden hatte. Vadian erlaubte 
sich in seinem Pomponius Mela und bei anderen Gelegen- 
heiten Ausfälle gegen den italienischen Humanisten und 
veranlasste dadurch eine literarische Fehde. Camers schrieb 
gegen ihn zwei polemische Schriften: 3) er führte aber den 



*) Der Index erschien in zwei Abtheilungen: Prima parsPlyniani 
I n d i c i 8 edita per Joannem Camertem, in qua tabellae pictae instar mira 
litterarum connexione dicuntur ea omnia Geographiam praeter, quae toto 
Plyniano volumine continentur. Vienn. 1514. Prid. Kai. Septemb. Pars 
secunda Plyniani Indicis ejusdem Joannis Camertis Geographiam etc. 
continens copiose seeundum inter se seriem litterarum. Vienn. 1614. Calend. 
Septemb. 4^. Eine Zuschrift an den berühmten ungarischen Juristen Stephan 
Verböczy ist beigefügt, worin über Stil und Inhalt des Plinianischen Werkes 
gehandelt ist. Das Nähere die Ausgabe Betreffende findet sich bei Denis 
S. 111 fll. 

2) Joannis Camertis Minoritani art. et sacr. theol. doctor. in 
Julium Solinum FIoXufaTwpa Enarrationes. Additus ejusdem 
Camertis Index tum literarum ordine, tum rerum notabilium copia per- 
commodus stndiosis. Vienn. 1520. fol. Eine Quartausgabe des Textes mit 
abgekürztem Register veranstaltete noch im selben Jahre Johann Rosaerius: 
Julii Solinus Polyhistor. Cum Indice summatim omnia complectente. Vgl. 
darüber das Nähere bei Denis S. 211 f. Eine spätere Ausgabe Leyden 
1539. 8. gibt auf dem Titel noch an: Ad vetust. exemplarium fidem 
illustr. per Joannem Camertem. Das Werk, welches auch betitelt ist: De 
situ et memorabilibus orbis und Collectanea rerum memorabilium , hat in 
neuester Zeit (Berlin 1864) Mommsen am besten herausgegeben. 

3) Die eine Schrift führt den Titel: Loca aliquot ex Pompo- 
nianis commentariis repetita indicataque, in quibus censendis et 



182 Leben und Schriften der Humanisten. 

gelehrten Streit mit aller Mässigiing; indem er die grossen 
Verdienste seines Gegners und dessen Gelehrsamkeit voll- 
kommen anerkannte, aber die Anschuldigung desselben, 
dass er ein Deutschenfeind sei, entschieden zurückwies. 
Seine Kritik in Betreff des Solinus rechtfertigte er durch 
die Angabe, dass er zehn alte Manuscripte von diesem 
Schriftsteller genau verglichen habe. 

Manche von Camers Commentarien und sehr brauch- 
bar angelegten Indices verschied,ener Schriften sind ver- 
loren oder nicht veröffentlicht worden. *) Dass er ein sehr 
ausführliches Repertorium über die Pandecten ge- 
macht hat, erfahren wir aus dem kaiserlichen Privilegium 
vom 6. Mai 1514, welches für den Plinianischen Index 
gegeben worden war. 2) 

Briefe, welche zwischen Camers und Alexander Brassi- 
canus (1521 — 1531) gewechselt wurden, kommen in dem 
Codex Nr. 9735 auf der Wiener Hofbibliothek vor. Den in 
mehrfacher Beziehung interessanten Brief des italienischen 
Minoriten an Conrad Celtes aus Rom, 11. März 1504, theilen 
wir unten in der Note mit. ^) 



aestimandi» Jo. Camerti Theologo Minoritano viro doctissimo suis in 
Solinum enarrationibu» cum J. Vadiano non admodum convenit. Vienn. 
1Ö21, und die andere: Jo. Camertis Antilogia, id est, locofum quo- 
rundam apud J. Solinum a J. Vadiano Helvetio confutatorum amica defensio. 
Vienn. 1Ö22. 

i) Vgl. Khautzl. c. Vorrede, fol. VII. 

2) Sie werden genannt tabulae repertoriae, quales in legales nostras 
Pandectas ac in alia praeclarorum opera miro ingenio et labore diceris eom- 
portasse etc. Vgl. Denis S. 112. 

^) Conrado Celti Johannes Lucas Camers comraendatione prae- 
missa S. P. D. Sexto Idus Marcii tuas percepi literas, vir optirae, quibus 
scribis te gaudere me velle libros ad regiae majestatis biblio- 
thecam dudum destinatos restituere. Non possura satis admirari 
imperatorem nostrum esse tarn infelicem et pauperem, qui etiam libros 
defuncti Vincentii sibi usuri)are velit: quod minime credo. Minaris quoque 
mihi dicendo, quod apud jam dictum Imperatorem nostrum et alios amicos 
meos Komae et Viennae erit tibi contra me justus querelae locus: me 



Camers. 183 

paiiter respondendi seu defendendi lociim liabiturum iion dubites: cur 
precor, vir humanissime, contra me amicum tuum et innocentem minus 
juste machinaris, quam te nunqiiam offenderim, sed potius famam laudemque 
tuam ubique locorum pro mea virili parte ampliavi: etiam interdum tuae 
subveni necessitati mutuando pecunias: videl. quomodo iter versus Bolfsperg 
ad nostrum • Amicum medicum arriperes, 4 duc. ungar. partim in auro et 
partim in moneta et iterum, dum ad regiam Majestatem pergere volebas, 
ducat. 5 etiam ungar. tibi fideliter mutuavi: de quibus solummodo in 5 ducal^ 
per supradictum Vincentium est mihi satisfactum. Quum autem eimdem Vin- 
centium abunde pecunianim habuisse dicitur: verum quidem, sed ea con- 
dicione reliquos ducatos quatuor reddere nolebat, dicons, si tibi ante ad- 
ventum Celtis satisfecero, eandem pecuniam perdam : rogo, habe patientiam 
quousque de pecuniis stipendii tibi satisfiet: cuius petitioni acquievi, aed 
postquam mortuus fuerat, te quoque extremum clausisse diem ex certo 
rumore intellexissem, libros subscriptos manu Vincentii, signatos regiis et 
tuis intactis . . . loco debiti, cum scientia et voluntate Dnae Medicae 
accepi, ex quibus certos vendidi Udalrico Tobriocher Villacensi videl. divum 
Platonem, novam translationem Argyropuli super lib. Aristotelis, textum 
Bibliae et adhuc unum aut duos, quonim titulos modo, oblivioni tradidi, in 
quibus Omnibus habetur manus Viueentii saepedicti in hac forma: Vincentii 
Longini Eleutherii ego sum. Item Leonardo [Alantsee] Bibliopolae dedi duo 
officiola b. m. v. [beatae Mariae Virg.] in graeco et alios duos, si bene 
mente teneo, libellos non ligatos. Si ergo, doctor egregie, hos libros habere 
cupis, cum pietate primo tam Udalricum quam Leonardum, ne mihi scan- 
dalum oriatur, alloquere, ut tibi eosdem reddant, restituta tum eis prius 
pecunia: quare de pecunia, quam mihi debes, illis satisfac et libros accipe, 
requiratur Udalricus per juramentum, quantum pecuniae pro libris super- 
nominatis mihi dederit, quia quantum perceperim ignoro: pariter, si opus 
fuerat Leonardus, ex quo ambo propter debitum mihi dedere. Tandem tuae 
excellentiae ex mea commissione Laurentius K. [Corvinus Vratislaviensis] 
presbyter 2 aut 3 aut 4 libellos, de quibus antea D, Doctor i Briccio 
scripseram, praesentabit : de quorum numero et etiam aliorum superius 
tactorum incertus sum. Si vero mihi et meis amicis fidem adhibere nolueris, 
nee de his per me sie ordinatis esse contentus, vadas ad praefatum 
Laurentium , apud quem reculas meas in quadam cista repositas habeo et 
tu ipse singula quae illius erant recipe, forsan etiam, si bene memini 
ejus carmina reperies. Ego enim in hoc et aliis praedictis, ut virum 
prudentem decet, sine meo scandalo et damno te acturum spero. Tandem 
t. e. [tua excellentia] novitates scire cupit: de quibus paucissimis me 
absolvam. Scias itaque Pontificem Julium quinta Decembris ad S. Jo- 
hannem Lateranensem pro accipienda possessione cum maxima pompa 
et solemnitate equitasse: in cujus laudem et congratulationera carmina 
sparsim in Roma fuerunt affixa: multique arcus triumphales pulcherrimi 
a Romanis et Forensibus erant positi: quae carmina tuae transmitto 



184 Leben und Sehriffcen der Humanisten. 

donationi. De guerra autem in regno Neapolitano qualem finem 
habuerit, credo te non latere. Id tarnen te scire volo, qaod tria millia 
Gallomm nudi, discalciati, debiles, sine annis, penitns nihil unde viverent 
habentes, stradioti pedestres, qnae res satis ridiculosa erat, relicto campo 
urbem intraveront, ubi in plateis pabUcis in fimo jacentes et fame et 
frigore pltirimi ex eis mortui sunt. Cives vero Romani futurum pericu- 
lum considerantes summum Pontificem Julium accesserunt eidem suppli- 
cando et in haec verba exponendo: Nisi vestra S. provideret, Galli mor- 
bosi, qui ex campo venerunt, totam inficient urbem. His auditis papa mox 
dedit ordinem: reip. voleiis providere et ut per mare ad Franciam duce- 
rentur, mandavit et paucos post dies ducti sunt per Tiberim ad Hostiam, 
ubi in duas galeas missi omnes primo die submersi sunt, habentes ventum 
corum. Ecce qualem fortunam habuere primo ex campo fugati, in itinere 
spoliati, postremo submersL Totam istius guerrae historiam in vulgari 
Italico apud doctorem Briccium reperies. Item apud nos fertur Roma- 
norum, Hispanorum et Gallorum reges treugas ad 3 annos pepigisse. Et 
regem nostrum non solum Roma sed tota Italia cum magno desiderio 
expectat. Non aliud pronunc: fui longior quam institueram. Valeat 
igitur tua excellentia, cui me recommendo. Ex urbe 11. Martii anno 1504. 
Rescribe et amicitiam pristinam ostende. 



Capinius. 

Martin Sieben burger aus Wien. 

t 1522. 

Martin Capinius sollte streng genommen nicht zu 
den Humanisten der Wiener Universität gezählt werden, 
indem von ihm keine literarischen Productionen in der 
Richtung des Humanismus vorliegen. ^) Da er aber im 
Kreise der Humanisten lebte und mit deren Führer und 
Meister Conrad Celtes vielfach verkehrte, so kann er wohl 
füglich dessen Schule beigezählt werden, um so mehr, als 
die frühere Wirksamkeit des Magisters Capinius an der 
artistischen Facultät in die Zeit fallt, wo Celtes in voller 
Lehrthätigkeit in Wien war. 

Martin Capinius 2) stammte aus einer angesehenen 
Familie, welche in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts 
aus Hermannstadt in Siebenbürgen nach Wien eingewandert 



») Chmel, Handschrift, der k. k. Hofbibl. I. S. 231—239, woselbst 
besprochen sind die Capinianischen Schriftstücke in den Codd. 8134, 8166 
und 9039. 

2) In den Act. fac. art. kommt er auch unter dem Namen Cibinius 
vor; diese Benennung Hess sich wohl von Cibinium, dem lateinischen 
Namen von Hermannstadt, woher die Familie stammte, leiten. Da man 
Siebenbürgen auch mit Cibinium zusammenstellt, so meint man, Capinius 
(Cabinius oder Cibinius) bedeute überhaupt Siebenburger. Franz Mayer, 
Gesch. Oesterreichs. Wien 1874 I. S. 274, nennt ihn irrthümlicher Weise 
Copinitz. 



186 , Leben und Schriften der Hamanisten. 

war; daher führte er auch den Beinamen Siebenburger. 
Bereits im J. 1503 wird er als Procurator der ungarischen 
Nation an der Wiener Universität angeführt; es lässt sich 
daraus entnehmen, dass er, obwohl in Wien gebürtig, doch 
seine siebenbürgische Abstammung noch geltend machte. 
Nach Beendigung seiner Universitätsstudien in der artisti- 
schen Facultät, in der er auch als Magister über einige 
philosophische Disciplinen Vorlesungen hielt, ^ wandte er 
sich der juridischen Facultät zu, erlangte darin den Doctor- 
grad und führte ihre Geschäfte als Decan dreimal (1505, 
1510 und 1516). Das Rectorat aber führte er niemals: weil 
er verheirathet war, schlössen ihn die Universitäts-Statuten 
von diesem Amte aus. 

Capinius gehörte zu den angesehensten Rechtskundigen 
in Wien; daher wurde er überall bei Rechtsstreitigkeiten 
zu Rathe gezogen. Im Testament des Conrad Celtes, mit 
dem er sehr befreundet war, 2) wird er unter den Executoren 
angeführt. Das allgemeine Vertrauen in seine Kenntnisse 
und seine Erfahrung erhob ihn zu dem wichtigen Amte 
eines Stadtrichters, 3) welches er von 1512 — 1517 bekleidete. 
Seine Aussprüche galten wie Orakel und man drängte sich 
von allen Seiten dazu, dem einflussreichen und hochgeach- 
teten Manne nahe zu stehen.^) 

1) Act. fac. art lib. II. fol. 333 und lib. III. fol. 25. 

2) Es- wird seine Gegenwart beim Lcichenbegängniss des Celtes, als 
einer der näheren Freunde desselben, erwähnt. Velocian in der Nach- 
schrift zu der Ausgabe der Oden des Celtes. Vgl. unten das Leben des 
Celtes. 

3) Der Humanist Adrianus Wolfliardus Transsylvanus in seiner Pane- 
gyris ad Caes. Maximil. August. Vienn. 1612 richtet ein Vorwort an 
Capinius und nemit ihn darin: Martinus Capinius Transsylvanus utriusque 
juris et philosophiae professor ac reipublicae Viennensis supremus 
Censor. Vgl. Denis, W. B. G. S. 67. 

'*) Der Anonymus bei Pez, Script, rer. Austr. II. p. 990. Ostentabat 
quandam literati hominis gravitatem et domus ejus velut oraculum a pleris- 
que adiri solebat. 



Capinias. 187 

Als nach dem Tode Maximilians unter den Wiener 
Bürgern tumultuarische Bewerbungen gegen die kaiserlichen 
Enkel^ den spanischen König Karl und dessen Bruder, den 
Infanten Ferdinand, ausbrachen und die alten Regen tes, 
welche die habsburgischen Rechte verfochten, verjagt wur- 
den, bildeten die Rebellen eine revolutionäre Regierung, 
an deren Spitze Martin Capinius, der frühere Bürgermeister 
Johann Rinner, ein Grärber, und der gewesene Universitäts- 
Rector Victor Gamp traten. Auch die Theilnahmc des Adels 
fehlte nicht. Als Hauptführer und vorzüglicher Agitator 
galt Capinius, der auch an allen Gesandtschaften, die nach 
Spanien, den Niederlanden und Deutschland geschickt wur- 
den, theilnahm. Zweimal reiste er zu König Karl; er wohnte 
dessen Krönung in Aachen bei und besuchte auch den Augs- 
burger Reichstag: überall führte er das Wort, und zwar in 
ziemlich kühner und derber Weise.*) Erst mit der Ankunft 
des Infanten Erzherzogs Ferdinand in den österreichischen 
Landen 1521 wurde der Aufstand vollständig unterdrückt. 
Ferdinand sass dann in Wiener-Neustadt über die Rebellen 
zu Gericht. Da die zum Tode verurtheilten Hauptschuldigen, 
zu denen auch Capinius gehörte, in ihrem Trotze nicht um 
Gnade baten, wurden sie öffentlich mit dem Schwerte hin- 
gerichtet. So Hei auch des Capinius Haupt durch Henkers- 
hand am 13. August 1522. 2) 



^) Sigmund Ilerbcrstein in seiner Autobiographie, herausg. v. Karajan 
in den Font. rer. Auatriac. I. p, '205. 235. 350. 

2) lieber den Wiener Aufätand und seine Folgen geben mehrere 
Quellenschriften und ziemlich viele neuere Werke Nachrichten. Zu den 
ersteren gehört des Anonymus (bei Pez 1. c.) Enarratio de dissensione 
provincialium Austriac post obit. Maximil. I. — Sigmund llerberstein's 
Autobiographie 1. c; bei ihm ist die Hinrichtung der bürgerlichen Rebellen 
nicht angegeben; es ist dafür im Codex ein leeres Blatt gelassen. Cuspi- 
nian's Tagebuch ad ann. 1522. 11. Aug. meldet nur kurz: DecoUati Siben- 
burger, Rumer (i. e. Rinner), Presch etc. — Ausführlicher in der Rhein. 
Nat.-Matrikel ad ann. 1522. Accidit hac tempestate facinus memoriae 



188 Leben und Schriften der Humanisten. 

posterum non injuste prodendum. Si quidem octo non tarn felicis quam 
vehementis animi viri principis Ferdinandi jussu idibus Augusti capita sunt 
pertnmcata: quorum nomina: Dom. Michael de Eitzing", Dom. Joh. de 
Buacham, ambo insignes Austriae Barones, Martinas Sibenburger tum miles 
tum u. j. doctor, Joamies Binner olim Consol et Praetor nrbanus etc. Ton 
den neueren Schriften sind zu erwähnen ausser Hormayr's Wien's Denkw. IV. 
S. 156 Bnchholz, Gesch. Ferdinands I. Bd. I. S. 461. Karajan, Capiniana. 
Strenae ann. 1851. Uj-Magyar, Muzeum Pestin. 1867. S. 531, vorzüglich 
folgende: Siebenbürg. Quartalschr. 1869. S. 39 ill. Trauschenfels, Magaz. 
f. d. Gesch. Siebenbürg. Neue Folge II. 36. W. Schmidt, Gesch. des 
Wiener Aufruhrs in der Bielzi^schen Transsilvania. 3. Jahrg. 1863. S. 4. 
Oberleitner, Die Parteikämpfe in Niederösterreich. Wien 1864. J. Trausch, 
Schriftsteller-Lexikon od. biogr.-lit. Denkblätter der Siebenbürg. Deutsch. 
Krönst. 1868. im Artikel Capinius. Vor allen Andern aber Kraus, Die 
Gesch. Oesterreichs unter Ferdinand I. 1619—1622. Wien 1873, worin 
mehreres bisher Ungedrucktes und von Capinius über sein Leben selbst 
Verfasstes vorkommt; daselbst ist auch benutzt das auf dem Wiener Stadt- 
archiv befindliche Tagebuch Wolfg. Kirchhofer's über den Aufstand und 
Hans Segker's Denkw. zur Gesch. K. Karl V. und Ferd. I. nebst Briefen 
auf der Wien. Hofbibl. Cod. Nr. 14722. 



Celtes. 

Conrad Pickel aus Wipfeld in Franken. 

t 1508. 

Der berühmteste unter den Wiener Humanisten ist 
Conrad Celtes. Sicher war er unter ihnen Allen derjenige, 
welcher die reichste dichterische Begabung* hatte. Auch 
widmete er seine ganze literarische Thätigkeit den classi- 
schen Studien und dem Humanismus und ging nicht wie 
die meisten Humanisten in späteren Jahren zu einer exacten 
Wissenschaft über. 

Sein bewegtes und unstetes Leben, das ihn zum öfteren 
Wechsel seines Aufenthaltsortes drängte, die ziemlich reich- 
lichen Nachrichten über ihn und seine Thätigkeit liefern 
uns zu seiner Biographie so vielen Stoflf wie bei keinem der 
anderen Wiener Humanisten. 

Nach den Hauptmomenten im Leben des Celtes lässt 
sich dasselbe naturgemäss eintheilen, erstlich in die Zeit 
seiner früheren Wanderungen, dann in die Jahre seines 
Aufenthalts in Ingolstadt und zuletzt in die Periode 
seines Wirkens an der Wiener Universität, an welches 
Biographische endlich eine chronologische Uebersicht seiner 
literarischen Thätigkeit anzuschliessen ist. 



] 90 Leb«n und Schriften der Hanian\sten. 

Conrad Celtes *) war am 1. Februar 1459 zu Wip- 
fel d, eiuem am Main in Franken in der Würzburg^er 
Diöcese gelegenen Dorfe, geboren. 2) Sein Vater Johann 
Pickel war Bauer: derselbe hatte die Absicht, den Sohn 
bei der Landwirthschaft zu erhalten. Aber ein geistlicher 
Verwandter der Familie, ein Benedictiner in einem benach- 
barten Kloster, unterrichtete den talentv^ollen Knaben im 
Lateinischen und gab ihm die erste Grundlage zu einer 
gelehrten Bildung. Noch in jüngeren Jahren stehend 
legte er sich, nach der damaligen Sitte der Gelehrten, den 
latinisirten Namen Celtes bei, der eine Uebersetzung des 
Namens Pickel (d. i. Meissel) sein sollte. Er schrieb diesen 
Namen Celtes abwechselnd auch in der Form Celtis^) und 



') Die Vita Conradi Celtis per sodalitatera literariam Rhenanam, 
welche nur bis ziim Jahre 1492 gelit, aber einen kleinere»- späteren 
Zusatz hat, ist abgedruckt in C. Celtis libb. IV. Odar. Argent. 1513 
und bei Aschbachf die früheren Wanderjahre des C. Celtes. Wien 1869. 
8. 137 flL — Von den Neueren handeln am Ausführlichsten über Celtes: 
E. Klüpfel, de vita et scriptis Conr. Celtis. Friburg. 2 Voll. 1827. L. End- 
licher in Hormayr*8 Archiv fiir Gesch. Bd. XII. J. 1821 und dessen Rec. 
über Klüpfel, Wiener Jahrb. d. Lit. Bd. XLV. Wien 1829. H. A. Erhard, 
Gesch. des Wiederauflebens wissensch. Bildung. 2. Bd. Magdeburg 1830 
und dessen Art. Celtes in der Encyclopäd. v. Ersch und Gruber. Bd. XX. 
S. 135 fll. 

'^) Der Zeitgenosse Lorenz Fries, Gesch. des Würzburg. Bisthums S. 395 
gibt an: Der Poet Conrad Pickel, Celtis genannt, von Wipfeld am Main. 
Trithemius nennt ihn einmal einen geborenen Schweinfurter, dann aber 
gibt er richtig seinen Geburtsort Wipfeld prope Schweinfurt an. Celtes 
aber selbst nennt sich gewöhnlich einen Würzburger — Herbipolensis — 
weil er in der Diöcese Würzburg geboren war. 

•') Celtes ist so viel als Caelites = Caeltes, Grabstichel, Meissel. 
Im Griechischen schrieb er den Namen KeXttj;: je nachdem man die 
Reuchlinische oder Erasraische Aussprache des griechischen t) befolgte, 
lautete das Wort Keltes oder Keltis. Conrad Celtes beobachtete meist 
Reuchlin's Aussprache, die meisten Humanist-en aber richteten sich mehr 
nach Erasmus. Die Formen Zeltes und Zeltis, die auch vorkommen, sind 
wohl von dem Dichter nicht selbst gebraucht worden. 



Oeltes. 191 

fugte dazu später die in das Griechische übersetzte Benen- 
nung Protucius. ^) 

Nachdem er mit einigen römischen Classikern bekannt 
geworden, entführte ihn der Drang nach weiterem Wissen 
der Heimat und den gewöhnlichen bäuerlichen Beschäfti- 
gungen. Auf einem Rheinfloss mit SchifFsleuten aus Franken 
kam er als achtzehnjähriger Jüngling nach Köln, wo er 
als armer Scholar von Wohlthätern unterstützt, sich an der 
dortigen Universität den humanistischen und scholastischen 
Studien widmete. 2) Doch nach wenigen Jahren wandte er 
sich von den letzteren, welche ihn zum geistlichen Stand 
führen sollten, ^) ganz ab und richtete seine ganze Lern- 
thätigkeit auf das Lesen und Verstehen der römischen 
Classiker. 

Um dieser Richtung sich ganz *hingeben zu können, 
besuchte er im Jahre 1484 die Universität Heidelberg,^) 
wo der Wormser Bischof Johann von Dalberg, Kanzler des 
Pfalzgrafen Philipp, und der gelehrte Friese Johann Agricola 
für die Verbreitung der humanistischen Studien überaus 
thätig waren. Von dem Ersteren wurde er für die platonische 



^) Protucius kommt von den griechischen Wörtern izpo und tuxoc oder 
TTjxiov und bedeutet Meissel. AUe anderen Ableitungen wie auch die, 
welche Erhard gibt, von tccwto; und x(a> (der erste Anreger), sind unrichtig. 
Auch die Meinung, dass der Name von einer fränkischen Ortschaft komme, 
ist falsch, da eine solche mit derartigem Klange nicht existirte. Uebrigens 
ist nur die Form Protucius, die Celtes selbst gebraucht, die richtige : die 
Varianten Protutius, Prothucius, Producius, Produccius, Protusius, Protasius etc. 
sind fehlerhafte Schreibungen. 

2) Vita Celtis. 

3) Vita Celtis: ibique (Coloniae) liberalibus studiis et theologiae 
aliquamdiu vacavit. 

*) Er wurde nach der Universitäts- Matrikel 12. December 1484 ein- 
geschrieben als Conradus Celtis Franco, die beigefügten Worte insignis 
poeta et polyhistor sind ohne Zweifel späterer Zusatz. 



192 Leb«n und Schriften der Hamanisten. 

Philosophie gewonnen, unter der Leitung des Letzteren er- 
lernte er das Griechische und Hebräische. ^) 

Nach dem Tode Agricola's (1485) besuchte Celtes andere 
deutsche Universitäten, Erfurt, Rostock und Leipzig, 
nicht um daselbst zu studiren, sondern um durch öffent- 
liche Vorträge die humanistischen Studien zu verbreiten. 
Gegen Entgelt hielt er als fahrender Humanist Vor- 
lesungen 2) über platonische Philosophie and Ciceronianische 
Rhetorik, über antiken Versbau und Horazische Poesie und 
unterliess dabei nicht, heftig gegen die veraltete Scholastik 
und die dadurch herbeigeführte Geschmacklosigkeit zu eifern. 
Nicht nur Studenten, sondern auch Magister und Doctoren 
strömten in grosser Zahl zu den Vorträgen, um deren 
classische Form zu bewundern, um die in Horazischen Vers- 
massen verfassten Gedichte zu hören und Anleitung zur 
Erlernung der antikSn Metrik zu erhalten. Freilich war 
der Beifall, den er erhielt, nicht überall ein ungetheilter : 
in Leipzig, wo die Gegner der Humanisten noch mächtig 
waren und durch die Polemik des Celtes erbitterter wurden, 
vertrieben sie ihn aus der Stadt. ^) 

Celtes verkannte nicht, dass es für einen deutschen 
Humanisten zu seiner vollkommenen Ausbildung nöthig sei, 
Italien, die Heimat der classischen Wissenschaften, zu be- 
suchen. Durch die reichlichen Einnahmen, welche ihm seine 
Vorträge eingebracht hatten, mit den erforderlichen Mitteln 
ausgestattet, trat er gegen Ende des Jahres 1486 die Reise 
über die Alpen an. Vorerst war ihr Ziel Rom, wo er vor- 



^) Vita Celtis. In der Ars versificandi gibt Celtes eine Elegie auf 
den Tod des Agricola, worin er denselben als seinen Lehrer preist: 
Quique mihi tribuit aliena idiomata, Graecos Noscere et Hebraeos doctus 
utrosque legens. 

2) Vita Celtis: Per Erfordiensium, Lipsiensinm, Rostoccensium gym- 
nasia iter corripiens, non paucas pecunias docendo conqulsivit. 

3) Aesticampion. Oratio 1507 Lipsiae habita: Conradum Celtin paene 
hostiliter expulistis. 



Celtes. 193 

züglich mit dem Humanisten Julius Poniponius Laetus, dem 
Stifter der platonischen Akademie daselbst, vielfach ver- 
kehrte und in einem solchen Vereine ein nachahmens- 
würdiges Muster für andere gelehrte Sodalitäten zur Be- 
förderung und Verbreitung des Humanismus sah. Nachdem 
er dem Papst Innocenz VHI. den Pantoffel geküsst und die 
Ruinen der weltbeherrschenden Roma nach allen Richtungen 
durchwandert hatte, eilte er wieder seiner Heimat zu. Doch 
verweilte er noch einige Zeit in Florenz bei dem Platoniker 
Marsilius Ficinus, in Bologna bei dem Polyhistor Philippus 
Beroaldus. Um sich im Griechischen mehr zu vervoll- 
kommnen, verweilte er in Ferrara im näheren Umgang mit 
Johann Baptista Guarinus aus Verona und in Padua besuchte er 
die Vorlesungen des Brescianer Johann Calphurnius und des 
Marcus Musurus aus Greta. Auch Venedig liess er nicht 
unbesucht, theils um nach Büchern und Handschriften sich 
umzusehen, theils die dortigen ausgezeichneten Humanisten, 
vor allen den Marcus Antonius Sabellicus und den be- 
rühmten gelehrten Buchdrucker Aldus Manutius kennen zu 
lernen. ^) 

Nach einem kaum halbjährigen 2) Aufenthalt in Italien 
kehrte er in seine Heimat zurück, wo wir ihn im Frühjahr 
1487 zu Nürnberg bei seinen humanistischen Freunden finden. 



^) Endlicher a. a. O. S. 158 meint, man könnte versucht sein, daran 
zu zweifeln, ob die italienische Reise des Celtes je stattgefunden habe. 
Die Anspielung darauf in den Celtes'schen Gedichten (lib. Odar. I. od. 14 
und Epigr. II. Nr. 48) will er nicht wie Kltipfel im buchstäblichen Sinne 
nehmen. Aber auch in der Vita Celtis ist so bestimmt von der Reise die 
Rede, dass daran nicht gezweifelt werden kann: Ad Italiam profectus, 
Paduae Calphurnium et Creticum, Ferrariae Guarinum, Bononiae Phi- 
lippum Beroaldum, Florentiae Ficinum, Venetiis Sabellicum, Romae Pom- 
ponium Laetum audivit. 

2) Man bestimmt gewöhnlich für die Dauer der Reise zwei Jahre. 
Erhard spricht sich wenigstens für ein Jahr aus. Da Celtes im Spätjahr 
1486 Leipzig verliess xmd im April 1487 in Nürnberg war, kann die Reise 
nicht viel länger als sechs Monate gedauert haben. 

V. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 13 



194: Leben und Schriften der linnianisteii. 

Schon bevor Celles seine italienische Reise angetreten 
hattC; war er als Schriftsteller aufgetreten und hatte seinen 
Namen in weiteren Kreisen in Deutschland unter den 
humanistischen Gelehrten zur Geltung gebracht. Er ver- 
öffentlichte zu Leipzig seine erste Schrift 1486 durch den 
Druck unter dem Titel Ars versificandi, widmete sie 
dem Herzog Friedrich von Sachsen, dem Pfleger der 
humanistischen Studien, nebst einer Elegie zur Lobpreisung 
des Fürsten und fügt einige Beigaben hinzu zur Verherr- 
lichung des sächsischen Hauses und der die Regierungs- 
geschäfte leitenden Persönlichkeiten, welche er als Gönner 
und Freunde verehrte. Auch vergass er nicht, sich selbst 
Weihrauch zu streuen in einer Ode, welche dem Dichter- 
gotte Apollo geweiht war. Fast gleichzeitig hatte er von 
Seneca zuerst die Tragödie Hercules furens, dann die 
CoenaThyestis in Druck herausgegeben mit prologartigen 
Gedichten, wovon das eine dem Fürsten Magnus von Anhalt 
gewidmet war. •) 

Der Verwendung der fürstlichen Gönner, des sächsi- 
schen Herzogs Friedrich und seines Bruders des Erzbischofs 
Ernst von Magdeburg, verdankte Geltes die hohe kaiserliche 
Auszeichnung, welche bis dahin noch keinem deutschen 
Dichter zu Theil geworden war. Es war bei Gelegenheit 
der Abhaltung eines Reichstages zu Nürnberg, dass Kaiser 
Friedrich auf der dortigen Burg am 18. April 1487 ^^) das 
Haupt des eben erst aus Italien heimgekehrten Dichters mit 
einem silbernen Lorbeerkranz und den Doctorhut^) 

') Vgl. über die Ars Versificandi und die Ausgabe der Seneca'schen 
Stücke unten die literarischen Notizen. 

2) Vita Celt. : Friderici Saxoniae ducis familiaritatem nactus , cujus 

suasu et ductu coronam poeticam a Caesare meruit primusque eius 

dignitatis titulum et insignia apud Germanos gessit. 

3) Dass die Dichterkrönung im J. 1487 und nicht wie vielfach an- 
gegeben wird im J. 1491 stattgefunden hat, lässt sich aus der Beilage zu der 
Celtes^schen Schrift Proseuticum ersehen, wo nach der von dem Astronomen 



Celtcs. 195 

schmückte. So war Geltes der erste von kaiserlichen Hän- 
den gekrönte deutsche Dichter geworden. Auch bei dieser 
Gelegenheit verfasste derselbe einige Gedichte und Briefe, 
welche er in dem Proseuticon wenige Tage nach dem feier- 
lichen Acte in Nürnberg durch den Druck veröffentlichte. ^) 

Nicht blos seine Wanderlust, sondern hauptsächlich die 
Absicht, seine Kenntnisse in der Mathematik und Astro- 
nomie auf einer Universität, die in Beziehung auf diese 
Disciplinen in der damaligen Zeit einen ausgezeichneten 
Ruf hatte, zu vermehren und zu vervollständigen, fährten 
ihn noch im Jahre der Dichterkrönung nach Polens Haupt- 
stadt Krakau, wo an der Hochschule Albertus von Brudzewo 
als einer der ersten Astronomen seiner Zeit glänzte. Unter 
dessen vorzüglicher Leitung erlangte er auch vollkommen 
den Zweck seines Aufenthalts in Polen. *^) Daneben lernte 
er bei seinen öfteren Ausflügen in den Weichselgegenden 
bis an die Karpathen und die Ostsee Land und Leute 
näher kennen : was ihm auch Veranlassung gab zu mancherlei 
poetischen Schilderungen und Productionen. Von grossem 
Werthe für seine humanistische Vervollkommnung musste 
ihm die Freundschaft eines italienischen Humanisten und 
früheren Mitgliedes der römischen platonischen Akademie 
des Pomponius Laetus sein. Dieser Gelehrte, der am Hofe 
des polnischen Königs als Prinzenerzieher lebte , war der 

Johann Canter die Constellaüon bei der Dichterkrönung auf Tag und Stande 
angegeben ist. Wie die Verwechselung des Jahres entstehen konnte, ist 
in der Schrift Wanderungen des Celtes S. 95 nachgewiesen worden. Dass 
damals Celtes mit der Dichterkrönung den Doctorhut erhalten habe, ist 
nicht zu bezweifeln. Es wird ausdrücklich gesagt: birretatus et 
laureatus est a Caesare. Das kaiserliche Diplom über die Dichterkrönung 
in Abschrift bei Hormayr, Archiv XII. S. 395 und Aschbach, Früh. Wand, 
des Celt. S. 143. 

^) ^S^' unten bei den Schriften des Celtes. 

2) Vita Celtis: Sarmatas adiit, ibique astrorum studio vacavit, prae- 
ceptore Alberto Bruto usus. 

13* 



196 Leben und Schriften der Humanisten. 

Florentiner Philipp Bonacursius, Callimachus beigenannt. Mit 
diesem und mehreren gleichgesinnten Freunden ^) gedachte 
Celtes eine gelehrte Gesellschaft mit ähnlicher Tendenz wie 
die römische des Pomponius Laetus für die Verbreitung des 
Humanismus in Polen zu gründen. Sie sollte den Namen 
nach dem polnischen Hauptstrora Literaria Sodalitas 
Vistulana führen. Doch kam die Sache nicht zur voll- 
ständigen Ausführung: wenigstens hatte sie keine lange 
Dauer. '^) 

Celtes blieb zwei Jahre hindurch in Krakau.^) Es fesselten 
ihn daselbst nicht nur die mathematischen und astronomi- 
schen Studien, sondern auch die Liebe zu einer polnischen 
Edelfrau Namens Hasilina, welche er in den Gedichten über 
seine sarmatische Reise in Liedern vielfach feiert.'*) 

In den ersten Wochen des Jahres 1490 verliess er 
Polen. Sein nächstes Reiseziel war die ungarische Königs- 
stadt Ofen,^) wo an der Hochschule der die classischen 
Studien fördernde König Matthias Corvinus einen Kreis 
von Humanisten um sich versammelt und eine Bibliothek 
mit reichen Bücherschätzen angelegt hatte. Nach kurzer 
Rast in Prag, wo er mit dem böhmischen Edelmann Bohus- 
laus von Hassenstein, der den Orient durchwandert, Freund- 
schaft geschlossen, und in Olmütz, wo er den Propst Augustinus, 



1) Nach der. Vita Celtis und den Oden des Celtes waren diese 
Freunde ausser Callimachus und Albert. Brutus: Andreas Pegasus, 
Laurentius Corvinus, Johann Bagius (Aesticampianus) u. A. 

2) Früh. Wanderungen des Celtes S. 103. 

3) Celt. Odar. lib. I. 23. 

*) Celt. lib. Amor. I. eleg. 1. 3. 6. 7—9. 12. 13. IL 1. lib. Odar. I. 
od. 3. 6. 10. 14. 16. 22. II. 1. 5. Epod. 5. Celtes'sche Briefsammlung 
fol. 86. 92 u. 121. Brief der Hasilina an Celtes: abgedr. in den früh. 
Wand, des Celt. S. 144 fll. 

^) Für die Rückreise des Celtes von Krakau durch Ungarn und 
Oesterreich nach Regensburg sind seine libri Amorum Über II. Hauptquelle. 



Celtes. 197 

einen Dichter und Humanisten, begrüsst hatte, *) eilte er 
nach Ofen. 2) Ungeachtet die Zeitverhältnisse höchst un- 
günstige waren, so hatte doch sein Aufenthalt daselbst 
einigen Erfolg. König Matthias war gerade (am 6. April 
1490) zu Wien, wo er nach der Eroberung von Nieder- 
österreich seine Residenz aufgeschlagen hatte, plötzlich aus 
dem Leben geschieden. Wegen der Nachfolge entstanden 
sogleich in den Ländern, die er beherrscht hatte, Unruhen 
und Kämpfe. Bei solchen stürmischen Verhältnissen war 
es immerhin viel, dass Celtes, der die in Ofen und Wien 
lebenden Humanisten zu einer Literaria Sodalitas Danu- 
biana vereinigen wollte, wenigstens einen derartigen Verein 
in Ofen unter dem Namen Sodalitas Ungarorum zu 
Stande brachte. ^) 

In Wien, wo man damals die Wiederherstellung der 
habsburgischen Regierung erwartete, waren die Zustände 
noch bewegter als in Ungarn; auch fand Celtes an der 
dortigen Hochschule den Scholasticismus noch in der vollen 
Herrschaft : 4) nur wenige Professoren, unter welchen die 
beiden medicinischen Doctoren Bartholomäus Steber und 
Johann Tichtel ^) und der artistische Magister Johann 



') Lib. Arfior. II. eleg. 3. Hodiporicon a Sarmatia per Silesiam, 
Boemos et Moravoa. 

2) Celt. lib. Amor. II. eleg. 4. u. libr. Odar. II. od. 2. 

3) Celtes tiberschreibt das 2. Gedicht des 2. Baches seiner Oden: 
Ad sodalitatem literariam Ungarorum, worin er handelt: de situ Budae et 
monstris, quae praecessemnt mortem divi Mathiae, Pannoniae regis. Da 
man über die Zeit der Errichtung der sodalitas Danubiana nicht einig ist, 
so kann man aus den angeführten Worten der Ueberschrift der Ode einen 
Fingerzeig haben, dass die Sodalität schon in der ersten Hälfte des 
Jahres 1490, bald nach dem Tode des Königs Matthias ihren Anfang ge- 
nommen. Manche setzen die Errichtung erst später, 1492, 1494, ja selbst 
erst 1497, als Celtes nach Wien kam. 

4) Celt. Odar. Üb. II. od. 3. 

5) Celt. od. lib. II. od. 4. 



198 Leben and Schriften der Humanisten. 

Burger, ^) waren eutschiedene Humanisten. Man erwartete 
aber von der nächsten Zukunft eine günstige Wendung 
zum Bessern und lud Celtes zu einem baldigen erneuerten 
Besuch ein, damit er durch Vorträge für die Verbreitung 
des Humanismus wirke, und der Dichter sagte auch seine 
demnächstige Wiederkehr zu. 

Indem er in die heimatlichen Gegenden zurückgekehrt 
bei seinem Freunde, dem Domherrn Janus Tolophus in 
Regensburg, einem ausgezeichneten Humanisten, ver- 
weilte, 2) berieth er mit ihm weitere Wanderungen zum 
Besuche von deutschen Universitäten und zur Errich- 
tung gelehrter Gesellschaften zur Verbreitung des Huma- 
nismus in Deutschland. ^) Die Ausführung der Reisepläne 
erfolgte sogleich. Er riss sich los von seiner neuen Regens- 
burger Freundin, der reizenden Eis ula,^) welche er in den 
Gedichten über die Donauländer besang, und trat seine 
weiteren Wanderungen an. 

Zunächst durchzog er das schwäbische Land bis an 
den Neckar,^) wo er die Hochschule Tübingen besuchte 
und wo seine humanistischen Freunde Johann Reuchlin und 
Heinrich Bebel in der nächsten Zeit mit so grossem Er- 
folge wirkten. 

Von ganz besonderer Wichtigkeit erschien dem Dichter 
sein Aufenthalt in Heidelberg und Mainz durch längeren 
Verkehr mit den dortigen Humanisten, namentlich mit dem 
Wormser Bischof Johann von Dalberg, dem Sponheimer 



Dessen Brief an Celtes dd. 6. März 1496. Steber's Brief dd. 6. Febr. 
1493. Beide Schreiben im Cod. epistolaris Celtic. 

2) Celt. Amor. libr. II. eleg. 5. Odar. II. od. 13. 

3) Vita Celt. Ad peregrinationem rursus conversus, cujus avidissimus 
discendi gratia fuerat, totam Gerraaniam et ejus quindecim publica gym- 
nasia perlustravit. 

4) Celt. Amor. lib. II. eleg. 4. 7. 9. 10. 24. Odar. lib. II. od. 5—10. 
Epod. carm. 5. 

5) Celt. Amor. lib. III, eleg. 1. 



C«ltes. 1 99 

Abt Johann von Trittenheim und dem Heidelberger Pro- 
fessor Johann Wacker (Vigilius). Am 1. Februar 1491, ^) 
dem 32jährigen Geburtstage des Celtes, wurde zu Mainz 
die Sodalitas literaria Rhenana, die auch Celtica be- 
nannt wurde, gestiftet unter der Präsidentschaft des Bischofs 
Johann von Dalberg. 2) Celtes, der sich bescheiden von 
dem Vorsitze zurückzog, wurde für würdig erklärt, die 
Dichterkrone zu tragen, welche er bereits aus kaiserlichen 
Händen empfangen hatte: es war eine Art erneuerter 
Dichterkrönung. ^) 

Es nahmen die Ideen des Celtes, wie der Humanismus 
am wirksamsten und schnellsten in den deutschen Landen 
zu verbreiten sei, bestimmtere Formen und concretere Ge- 
stalt an. Es sollten die verschiedenen Sodalitates an der 
Weichsel , an der Donau und . in anderen Gegenden in 
gleicher Weise constituirt und unter die Leitung eines 
gemeinsamen Präsidenten gestellt werden, um den getrennten 
Theilen ein gemeinsames Band und eine innere Ueberein- 
stimmung zu geben. Johann von Dalberg sollte die Seele 
der Vereinigung der Sodales in den verschiedenen deutschen 
Ländern sein, er sollte als Präsident an der Spitze sämmt- 
licher Sodalitäten stehen. 

Ein hitziges Fieber rafifte in Mainz dem Celtes seine 
rheinische Freundin Ursula, welche er in den Gedichten 
über die Rheingegenden besungen, dahin. ^) Er eilte nun 

>) Klüpfel Vit. Celt. I. S. 109 fll. gibt die Beweise für die Richtigkeit 
dieses Jahres. Die abweichenden Angaben sind zu verwerfen. Vgl. Aech- 
bach, d. früh. Wand. d. Celt. S. 116, n. 3. 

2) Das Nähere über die Sodalitas Rhenana und ihre Mitglieder vgl. 
Aschbach a. a. O. S. 117—123. 

3) lieber die Diehterkrönung des Celtes aus den Händen seiner huma- 
nistischen Freunde vgl. Aschbach a. a. O. S. 117, n. 1 u. 2. 

' ^) Der Ursula, welche auch Galla Rhenana genannt wird, sind ge- 
widmet im libr. III. Amomm, die Elegien 3. 7. 13. 16. 17, in der Oden- 
Sammlung lib. III. od. 3. 4. 6. 11. 12 und erwähnt ist sie in Amor. IIb. 
II. eleg. 27 u. Epod. carm. 5. 



200 Leben und Schriften der Humanisten. 

die Stadt, wo er einen so schmerzlichen Verlust erlitten 
hatte, zu verlassen. Zur Verbreitung des Humanismus am 
Niederrhein, an der Ems, Weser und Elbe bis an die Nord- 
und Ostsee wanderte er wie ein Apostel von Stadt zu Stadt 
im Sommer 1491 1): es sollte eine vierte humanistische Ge- 
sellschaft, die Sodalitas literaria Albina oder Baltica 
(Codanea), gestiftet werden. Der Dichter fand aber für 
den Samen, den er hier ausstreute, einen weniger empfang- 
lichen Boden. Diese Sodalität kam nicht zu Stande. Geltes, 
der in Lübeck einige Wochen krank gelegen, trat dann 
die Rückkehr in, die fränkische Heimat an, ohne den 
hohen Norden bis zur Insel Thule (Island) mit seiner 
cimbrischen oder sächsischen Freundin Barbara 2) besucht 
zu haben, wie er jedoch in einem Gedichte näher beschreibt. ^) 
Bei der Rückkehr die Elbe hinauf durch Böhmen rastete 
er einige Tage bei seinen humanistischen Freunden in Prag. 
Seine unvorsichtigen Angriffe in beissenden Epigrammen 
und Satire'n^) auf die Czechen und ihre Eigenthümlich- 
keiten erregte gegen ihn einen Volksauflauf, kaum dass es 
ihm gelang, durch eilige Flucht starken Insulten zu entrinnen.^) 



^) Celt. Amor. libr. IV. eleg. 2. Odiporicon a Rheno ad sinum 
Codaneum et mare Balticum et Tylen insulam. 

2) Er besingt sie in Amor. lib. IV. 1. 2. 5 — 12. Während die Hasilina, 
Elsula und Ursula wirklich existirende Persönlichkeiten gewesen, war die 
Barbara Cimbrica nur eine fingirte. 

^) Amor. lib. IV. eleg. 14. Navigationem ab ostiis Albis ad Tylen 
insulam oborta tempestate describit. — Dass im J. 1491 Celtes eine 
nordische Seereise nicht unternommen haben kann, wie Klüpfel I. S. 197 
annimmt, ist gar nicht zu bezweifeln. Die Reise kann aber auch nicht 
später im J. 1501 gemacht worden sein (manche behaupten dies und 
setzen eine Reise nach Lappland damit in Verbindung). Vgl. die früh. 
Wand, des Celtes S. 182. 

*) Celt. Epigramm, bei Klüpfel I. S. 126 fil. und Aschbach, früh. 
Wand, des Celtes S. 134. 

^) Brief des Jacob Argyrius an Celtes dd. Prag, 7. Sept. 1491 (im 
Co^. epist. Qelt. ep. 2) und ein anderes Schreiben von Joh. Pisnensis dd. 
Prag, 1. Nov. 1491. (1. c. ep. 3.) 



Celtes. 201 

Im September 1491 traf er in Nürnberg bei seinen 
alten Studiengenossen ein, zu welchen namentlich der reiche 
Patricier Willibald Pirkheimer und der joviale Arzt und 
Dichter, der Friese Theodorich Ulsenius gehörten. 

Die Nürnberger Freunde unseres Dichters drangen in 
ihn, dass er bei ihnen seinen bleibenden Aufenthalt nehme 
und sein Dichtertalent und seine ausgebreiteten Kenntnisse 
für sich und andere fruchtbarer mache, indem er nun eine 
ruhigere Lebensweise antrete und die Resultate seiner auf 
der Reise gewonnenen Erfahrungen und Erforschungen 
ordnete und veröffentlichte. Der reiche Kunstfreund Sebald 
Schreier (Clamosus) und der Rathsherr Petrus Danhauser 
(Abietiscola) , dem Humanismus eifrig zugethan, verwen- 
deten sich bei dem Nürnberger Stadtrath dahin, dass Celtes 
mit einem festen und ausreichenden Jahresgehalt an der 
städtischen gelehrten Schule angestellt und eine neue 
Dichterschule unter seiner Leitung errichtet werde. ^) Die 
Sache aber verschlug sich wieder, weil der Magistrat mit 
dem Gehalte kargte und er auch, wenigstens in seiner Mehr- 
heit, kein rechtes Verständniss für die Errichtung der be- 
antragten Schule hatte. Celtes selbst aber mochte nicht 
übersehen, dass eine Stadt wie Nürnberg, wo die materiellen 
Interessen den Ton angaben, nicht für ihn der rechte Platz 
sei: auch verhehlte er sich nicht, dass seine durch und 
durch classische Richtung neben dem derben deutschen 
Meistergesang, der damals vorzüglich in Nürnberg seine 
Pflege fand, sich nicht gut vertrug. Während seines 
damaligen Aufenthalts in dieser Reichsstadt hielt er nicht 
nur mit grossem Beifall aufgenommene Vorträge, sondern 



>) Der Brief des Petrus Danhauser an Celtes (Nümb. 10. Sept. 1491) 
spricht von der Sache. Cives nostri laborant jam, si consules vellent 
fovere poetam annuo stipendio et spero quod consequeris nobiscum magni- 
fica. Nam carminibus tuis maxima fides. — Nonnulli sunt qui dies et 
noctes apud senatum vigilant, si te in nostrae urbis poetam habere valeant. 



202 Leben und Schritten der HumaDisteu. 

er unterrichtete auch im Griechischen und Lateinischen. 
Seinen Unterricht genoss auch Willibald Pirkheimer's 
Schwester, die Clarissinnen- Nonne Charitas, die schon 
von ihrem Bruder eine gelehrte Vorbildung erhalten hatte. *) 

So lange es noch unentschieden war, ob Celtes in 
Nürnberg bleibe oder nicht, wandte er sich, von seinen 
dortigen Freunden angeregt, der Geschichte der berühmten 
Reichsstadt zu. Die Frucht dieser historischen Studien, 
worüber er die dichterischen Beschäftigungen nicht zurück- 
setzte, war eine doppelte: er verfasste eine Ode im sapphi- 
schen Versmasse auf Nürnbergs Schutzpatron, den heiligen 
Sebaldus (Vita Sancti Sebaldi civitatis Noricae Patroni) und 
machte sich an eine historische Schrift in Prosa über den 
Ursprung, die Lage, Sitten und Anstalten der 
Stadt Nürnberg (Libellus de origine, situ, moribus et 
institutis civitatis Norimbergae), welche er freilich erst einige 
Zeit später beendigte.^) 

Diese Productionen wurden dem Nürnberger Stadtrath 
dedicirt. Wenn von dessen Munificenz unser Dichter grosse 
Erwartungen hegte, so fand er sich ziemlich enttäuscht, als 
ihm eine Ehrengabe von acht Goldgulden zugetheilt wurde. 
Mit Unwillen wies er sie zurück: und als ihm später selbst 
zwanzig Goldgulden — in der damaligen Zeit für die Pro- 
ductionen von geringem Umfange ein ansehnliches Honorar 
— gegeben ward, so zeigte er doch keine volle Befrie- 
digung. 3) 



») Will. Pirkheimer's Brief an Celtes d. d. Nürnberg 14. März 1504 
im Cod. Epist. Celt. fol. 155. Briefe der Charitas an Celtes und dessen 
Gedicht an dieselbe. Vgl. Aschbach, Roswitha und C. Celtes S. 8, n. 1 u. 2. 
und Beil. la u. b. S. 49 — 51. Vgl. Binder, Charitas Pirkheimer. Freib. 1873. 

2) Das Nähere unten im Abschn. über Celtes' literar. Thätigkeit. 

3) Celt. Epigrammat. lib. III. epigr. 45. 

Octonos mihi Noricus Senatus 
Parvi ponderis aureos dicavit: 
Quos missos merito sed ipse sprevi. 



Celtes. 203 

Celtes stand im Begriffe, seiner Wanderlust weitere 
Folge zu geben, Deutschland zu verlassen und sich nach 
Frankreich und England zu begeben, *) wo er mehr Ver- 
ständniss seiner dichterischen Talente und dankbarere An- 
erkennung als bei seinen Landsleuten zu finden hoffte; 
gerade als er in dieser nicht glücklichen Stimmung neue 
Reisepläne fasste, bekam er die Berufung an die Universität 
Ingolstadt und wurde dadurch dem deutschen Vaterlande 
erhalten. 



Den zweiten Abschnitt im Leben des Celtes bildet seine 
fünfjährige (v. 1492 — 1497) Ingolstadter akademische 
Wirksamkeit als Professor der Poetik und Rhetorik. 

Des Celtes Freunde erkannten die Nothwendigkeit, dass 
der Dichter sich zeitweise einer ruhigeren und geregelteren 
Lebensweise zuwenden müsse, theils zu seiner inneren 
Sammlung, theils zur Betreibung tieferer Studien. Die Be- 
kleidung einer Stelle an einer Hochschule konnte am besten 
dem talentvollen Dichter und dem classisch gebildeten Ge- 
lehrten zur Verwerthung und Erweiterung seiner Gaben 
und Kenntnisse Gelegenheit geben : er war im Stande, dann 
am wirksamsten anzuregen und am lebendigsten angeregt 
zu werden. 

Einige Humanisten in Ingolstadt, welche Celtes zu 
seinen Freunden zählte, verwandten sich mit allem Eifer 



In den Oden lib. III. 11 findet sich die Aenderung: 

Bis denos mihi Noricus Senatus 
Parvi ponderis aureos dicavit: 
Quos missos meritis meis recepi. 
Cell. Odar. lib. II. od. 25. 

Mens erat nuper trucibus relictis 
Sarmatis Rheniim patrium videre, 
Gallicas urbes et ab orbe secti 
Regna Britanni. 



204 Leben und Schriften der Homanisten. 

dahin^ ihn an die baierische Hochschule zu ziehen. Die- 
selbe war erst seit zwei Decennien (1472) von dem Herzog 
Georg von Baiern nach dem Vorbilde der Wiener Univer- 
sität gestiftet worden. Sie blühte rasch auf und zählte 
unter ihren Mitgliedern mehrere tüchtige Professoren, 
namentlich im canonischen Rechte. Auch der neuen huma- 
nistischen Richtung waren manche von ihnen lebhaft za- 
gethan. Zu diesen Letzteren gehörten : der einer Nürn- 
berger Patricier-Familie angehörige Sixtus Tucher, der in 
Padua und Bologna studirt und eben so tüchtiger Jurist 
als auch eifriger Humanist war: dem Humanismus gleich- 
falls zugethan waren die Lehrer des cänonischen Rechtes 
Hieronymus von Croaria und Johann Kaufmann ; zu ihnen 
gesellte sich noch der Mathematiker Johann Stabius. Im 
Granzen herrschte in Ingolstadt noch der Scholasticismus. 
Dessen Anhänger boten Alles auf, dass Celtes nicht berufen 
werde. Sie beschuldigten ihn sogar der Irreligiosität und 
der Freidenkerei. Denn sie wussten, wie eifrig er an der 
Verbreitung des Humanismus arbeitete; sie kannten die 
Wirkungen seiner Vorträge und poetischen Productionen 
und befürchteten , dass er* mit seinem scharfen Witze und 
beissenden Spotte die bisher herrschende Richtung angreifen 
und nicht wenig schädigen werde. Man stützte sich bei der 
Opposition gegen die Berufung des lorbeerbekränzten Dichters 
vorzüglich auf den Umstand, dass die Stelle für die Rhe- 
torik bereits besetzt und eine doppelte Vertretung des 
Faches den übrigen Universitäts -Verhältnissen nicht ange- 
messen sei. Da es aber den Freunden des Celtes gelang, 
den Herzog Georg persönlich für den Dichter zu inter- 
essiren, so scheiterten alle gegnerischen Umtriebe an dem 
fürstlichen Willen. Celtes wurde für die Poetik und Rhe- 
torik nach Ingolstadt berufen, freilich nur auf ein Jahr 
und mit dem knappen Gehalte von fünfzig Gulden, welche 
der Herzog auf seine Privatkasse anwies. Der Neuberufene 



Celtes. 205 

sollte sein Amt schon im Februar 1492 antreten,^) aber es 
vergingen noch mehrere Monate, ehe im Sommer von ihm 
die Vorlesungen über Poetik und Rhetorik, über Gedächtniss- 
kunst und Horazische Dichtungen eröffnet wurden. 

Schon die Art, wie er in seinen Anschlägen am so- 
genannten schwarzen Brett zu seinen Vorlesungen einlud, 
war ungewöhnlich und neu; die Ankündigungen in latei- 
nischen Versen hatten einen gewissen poetischen Anstrich. ^) 
Aber auch die Behandlung und Methode, die er in seinen 
Vorträgen selbst an den Tag legte, war originell und wich 
von der herrschenden scholastischen Lehrart ganz und 
gar ab. ^ 

Um den Scholaren die geschmacklosen alten Lehrbücher 
aus den Händen- zu nehmen und ihnen einen besseren Leit- 
faden zu geben, verfasste er über Styl und Rhetorik und 
was damit zusammenhängt, eine Druckschrift unter dem 
Titel : Epitoma in utramque Ciceronis Rhetoricam cum Arte 
Memorativa et modo epistolandi, versah sie mit einer 



*) Celtes wurde am 2. Febr. 1492 unter dem Rectorat des Johann 
Kaufmann in die Univ. Matrikel eingeschrieben. Klüpfel, Celt. p. 137 gibt 
den Wortlaut der Intitulation : Novus professor Conradus Celtis Wirceburg. 
prof. human. Der Brief des Rectors J. Kaufmann an Celtes über seine 
Berufung und Antrittsrede ist datirt: Ingolstadt 6. Jan. 1492. Cod. epistol. 
Celt fol. 12. 

2) Epigrammat, üb. 1. epigr. 18. 

Si quis Rhetoricen Ciceronis utramque requirat, 

Qui Latiae linguae dicitur esse parens, 
Si quis epistolium vera vult scribere et arte,. 

Et memorativae qui petit artis opus: 
Hie cras, octavam dum malleus insonat horam, 

Conradi Celtis Candida tecta petat. 

lib. IL Epigr. 21. epigr. 

Mellifluos cupiens, juvenis, cognoscere versus, 

Et canere ad resonam carmina cuncta lyram, 
Mox cras, septeno dum malleus insonat ictu, 
Ad nostros properes, erudiende, lares. 
Epigr. 22. AehnUche Einladung zum Besuche der Horazischen Vorlesung. 



'20h Leben nnd Schriften der Humanisten. 

schwungvollen Dedication an den römischen König- Maxi- 
milian und fugte einige von seinen Gedichten bei. ^) 

In der Antrittsrede, welche er in Gegenwart der ganzen 
Universität hielt, erklärt er der scholastischen Lehrmethode 
offen den Krieg. In greller Weise schildert er den erbärm- 
lichen Zustand des wissenschaftlichen Lebens in Deutsch- 
land, beschuldigt der Geistesträgheit und Unwissenheit die 
Fürsten und Bischöfe, warf Mangel an wahrer Bildung und 
geistiger Frische den auf den vierzehn deutschen Univer- 
sitäten lehrenden Professoren vor. Er spricht dann seine 
Hoffnung aus, dass mit der Betreibung der humanistischen 
Studien ein neues wissenschaftliches Leben bei den Deutschen 
sich einbürgern werde, so dass sie ferner nicht nöthig hätten, 
sich die Bildung im Ausland, in Italien, zu holen. Zuletzt 
setzt er sein ganzes Vertrauen auf den bairischen Herzog 
Georg, dessen Sinn für das Wissenschaftliche, alles Geistige 
pflege, hebe und verbreite. 

Diese Rede, welche er auf Anrathen des Ingolstadter 
Rectors Johann Kaufmann an manchen zu schroffen Stellen 
änderte, 2) gab er noch in demselben Jahre mit der ver- 
sificirten Panegyris ad duces Bavariae et Philippum Palati- 
num Rheni heraus und fügte einige poetische Stücke hinzu. ^) 

Die akademische Wirksamkeit des Geltes in Ingolstadt 
war wohl keine bedeutende: kaum hatte er sie begonnen, 
so regte sich in ihm wieder die Wanderlust. Seine heftigen 
Ausfalle auf die Scholastiker und ihre Richtung hatten ihn 
sogleich in eine feindliche Stellung zu seinen meisten Ingol- 
städter Collegen gebracht, was ihm nicht wenig das Leben 
in seinem neuen Aufenthaltsorte verleidete und verbitterte. 



') Vgl. unten den Abschnitt Über die literarische Thatigkeit des Celtes. 

2) Der Brief Kaufmannes an Conr. Celtes (Cod. epistol. Celtic. fol. 12) 
d. d. Ingolstadt 6. Jan. 1492. 

3) Vgl. unten bei der Celtis*schen literarischen Thatigkeit das Nähere. 



(Jeltes. 207 

Unter den baierischen Humanisten war Johann Krachen- 
berger, den Geltes gewöhnlich Graccus Pierius nennt, sein 
besonderer Freund und Verehrer. ^) Von Geburt ein Baier 
aus Passau war er als tüchtiger Rechtskundiger und Geschäfts- 
mann in die kaiserlichen Dienste getreten und in die Hof- 
kanzlei aufgenommen. Ausgestattet mit manchfachen Kennt- 
nissen, selbst Humanist und Dichter, wie auch deutscher 
Sprachforscher, schloss er sich mit ganzer Seele einem 
Gelehrten wie Geltes war an. Krachenberger und gleichgesinnte 
Freunde in Wien ersuchten den Dichter, dort Gast vor träge 
zu halten zui* Verbreitung des Humanismus. Derselbe ent- 
sprach der Aufforderung. Kaum waren in Ingolstadt die 
Herbstferien 1492 eingetreten, so begab sich Geltes nach 
Wien und hielt hier vor einem ausgewählten Kreise von 
Männern, welche den classischen Studien gewogen waren, 
unter ausserordentlichem Beifall Vorträge über Dichtkunst 
und Rhetorik, 2) Man Hess sich vom Dichter versprechen. 



Celt. Amor. lib. II. eleg. 13. 

Pierius Graccus vitalem hie (Patavii) coeperat auram, 

Carmina Pieriis digua legenda canens. 
Major in Austriacas citus hie diverteris oras, 

Pamionii regis quae trucis arma tulit: 
Vidimus hie pulsis per diruta tecta colonis 

Arva sub informi moesta jacere situ. 

Ein anderes Gedicht an Krachenberger mit der Ueberschrift in mores 
aulicos (aus dem J. 1492) in Celt. Odar. lib. II. n. 9. Das Nähere über 
Krachenberger unten in dem Anh. über die Mitglieder der Donau- 
gesellschaft. 

2) Celtes Odar. lib. II. in der dritten Ode ad Benedictum (richtig 
Joannem) Tichtelium amicum et philosophum Viennensem wirft Früheres 
aus den J. 1490 und 1492 mit Späterem, selbst aus dem J. 1501, wo der 
Kaiser Maximilian das Collegium poetarum gründete, zusammen. Auf das 
Jahr 1492 beziehen sich die beiden Strophen: 

Doctos amicos hie et quaerito, 
Favore et omni cum studio pari, 
Tu solus inventus Camoenas 
Tichtelius qui adamas vetustaa. 



208 Leben and Schriften der Humanisten. 

den Besuch bald zu wiederholen : ja man hoffte ihn für die 
Universität bleibend zu gewinnen. *) 

Dass weder das eine noch das andere geschah, hatte 
seinen Grund in den Verhältnissen der Hochschule Wien. 
Celtes wollte nur mit der bestimmten Zusichening, eine 
feste Professur daselbst zu erhalten, wieder nach Wien 
kommen: seine Gregner, welche die Herrschaft des Scholasti- 
cismus aufrecht zu erhalten suchten, intriguirten gegen seine 
Berufung: ja selbst ein Theil der Humanisten mit dem 
Superintendenten Bernhard Perger waren mehr J'ür einen 
italienischen als einen deutschen Humanisten, daher wurde 
selbst die erledigte Professur nicht einmal Celtes ertheilt, 
sondern man bestimmte sie einem Italiener: und obwohl 
nach dem Tode des Kaiser Friedrich HI. dessen Nach- 
folger Maximilian sehr günstig für die Hebung der classi- 
schen Studien an der Wiener Universität gesinnt war, so 
änderte dieses zunächst Venig an den bestehenden Ver- 
hältnissen. 

Auch die Schreiben der beiden humanistischen Freunde 
Bartholomäus Steber und Johann Tichtel, die ihn an sein 
gegebenes Versprechen erinnerten (Februar 1493), bewirkten 
nichts, da sie nicht etwas Bestimmtes und Sicheres zusagen 
konnten. 

Da dem Dichter die Ingolstadter Professur nur einst- 
weilen auf ein Jahr übertragen worden und er versäumt 
hatte, eine Verlängerung seines Amtes nachzusuchen, so 
löste sich seine Verbindlichkeit, auf der baierischen Hoch- 



Tu Graeca nostris aedibus (sodalitatis) excipis, 
Clarisque natis discere praecipis, 
Et docta quicquid scripta vatum 
Blandiloquis recitant libeUis, 

1) Der Brief des Johann Tichtel an Celtes (im Cod. episi. Celt 
fol. 27) abgedr. von Karajan d. d. Wien, Februar 1493. Fontes Austr. 
18Ö6. S. 65. 



Geltes. 209 

schule Vorlesungen zu halten, von selbst und es stand 
ihm frei, seiner Wanderlust zu genügen und seine Müsse 
beliebigen Produetionen zuzuwenden. Er begab sich zunächst 
zu seinem Gönner, dem Domherrn Janus Tolhopf, nach 
Regensburg, der ihm die interimistische Leitung der 
dortigen lateinischen Domschule verschaflFte, wodurch auch 
zunächst für seinen Lebensunterhalt einigermassen gesorgt 
war. *) Doch scheint der Dichter sich nicht viel um die 
Schulgeschäfte gekümmert zu haben: er verwendete seine 
Zeit mehr auf die Auffindung alter Handschriften, Bear- 
beitung herauszugebender Werke und Producirung von Dich- 
tungen. Er blieb auch nur wenige Monate in dieser Stellung 
in Kegensburg (bis in den Sommer 1493 2) und besuchte 
dann seine reichen Freunde Sebald Schreier und Willibald 
Pirkheimer in Nürnberg. 

Unterdessen war es den Humanisten in Ingolstadt ge- 
lungen, dass dem Dichter die Professur fiir Poetik und Rhe- 
torik von Neuem übertragen wurde. ^) In den ersten Wochen 
des Jahres 1494 eröffnete er über diese Gegenstände die 
Vorlesungen und führte sie einige Zeit regelmässig durch. 
Sein fester Gehalt (Stipendium), das Collegiengeld (Minerval 
oder Pastum), die Aufnahme von Scholaren in sein Haus 



^) Barth. Steber's Brief an Celtes (Cod. epist. Celtic. fol. 19) d. d. Vienn. 
seqnente die S. Dorotheae 1493: Ratisbonae praeceptorio munere te fdngi 
accipio. Endlicher a. a. O. B. 160 polemisirt gegen Klüpfel I. 146, dass 
dieser die provisorische Anstellung-, des Celtes in Begensbnrg als wahr 
angenommen habe. Endlicher meint, Celtes habe die Sache erdichtet, tun 
eine Ausrede wegen seines unterlassenen Wiener 'Besuches zu haben. 

*) Janus Tolophus meinte, Celtes sei im Spätherbst 1493 nach Wien 
gereist, was aber nicht der Fall war. Er adressirt seinen Brief an Celtes 
October 1493: Clarissimo viro Conrado Celti poetae laureato Viennae 
degenti. (Cod. epist. Celt fol. 23.) 

3) Annal. Ingolstad. Acad. I. p. 44 ad ann. 1494: Conductus est 
ad legendum studia bumanitatis M. Conradus Celtis, Herbipolitanus, primus 
Germaniae poeta. 

y. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 14 



210 Leben und Schriften der Humanisten. 

zur Beköstigung und zur Beaufsichtigung ihrer Studien 
sicherten ihm ein ansehnliches Einkommen. Da er aber an 
häusliche Ordnung und regelmässiges Leben^ an gleichartige 
Beschäftigung und stetigen Aufenthalt an demselben Orte 
sich nicht gewöhnen konnte; da auch seine angegriffene 
Gesundheit eine andauernde sitzende Lebensweise nicht ver- 
trug und das Einerlei in der kleinen Stadt mit den darin 
herrschenden Klatschereien ihn langweilte und anekelte: 
so kehrte er bald zu seiner früheren Freiheit und Unge- 
bundenheit zurück ; er vernachlässigte das Hauswesen, setzte 
nach Belieben die Vorlesungen aus und bekümmerte sich 
wenig oder nicht um die anderen akademischen Ge- 
schäfte. ^) 

Nachdem er wenige Monate die Vorträge gehalten hatte, 
meinte er seinem akademischen Amte Genüge gethan zu 
haben. Ohne auf die Warnungen wohlmeinender Freunde 
zu achten, den Gegnern keinen Anlass zu ihren gehässigen 
Anklagen zu geben, 2) verliess er im Sommer 1494 vor der 
Ferialzeit Ingolstadt, um die Genossen der rheinischen 
Sodalität zu. besuchen und im persönlichen Verkehr ihre 
beabsichtigten literarischen Arbeiten und Publicationen zu 
besprechen. Er durchwanderte in der Lechgegend das 
schwäbische Land und begab sich über den Schwarzwald 
und Freiburg nach Basel. In der ersteren Stadt verfehlte 
er den Humanisten Johann Zasius, der gerade abwesend 
war; glücklicher war er in Basel, wo er den Canonicus 
Hartmann von Eptingen, einen Dichter und Mathematiker, 
wie auch den Johann Tunsei von Silberberg (de Monte 
Argenteo), einen Arzt, Rechtskundigen und Humanisten, 



1) Das Nähere bei Kltipfel vit. Celtis. 

2) Der Regensburger Benedictiner Erasmus Australis schreibt an 
Celtes im November 1494 einen eindringlichen Brief mit wohlmeinenden 
Vorstellmigen. (Cod. epist. Celt. fol. 35.) 



Celteß. 21 1 

traf und sich mit ihnen über Manches verständigte, was 
vorerst geheim gehalten werden sollte. ^) 

In gleicher Absicht setzte er die Reise den Rhein 
abwärts weiter fort: er verweilte bei dem Wormser Bischof 
Johann von Dalberg, den Heidelberger Professoren Johann 
Wacker (Vigilius) und Heinrich Spiess (Cuspidius), dem 
Mainzer Humanisten Theodorich öresmund und endlich bei 
dem Sponheimer Abt Johann Trithemius, lauter Mitglieder 
der rheinischen Sodalität, mit welchen gar Manches in 
Bezug auf die Unternehmungen, welche von diesem ge- 
lehrten Vereine ausgehen sollten, besprochen und festgestellt 
wurde. 2) Namentlich wurden damals wegen der Heraus- 
gabe der angeblichen Werke der Dichterin Roswitha, wovon 
Geltes dem Trithemius den Codex zur Abschrift überbrachte, 
nähere Verabredungen getroflfen. 

Zur Erinnerung an die gelehrte Wanderung hinterliess 
Geltes fast an all' den Orten, wo er länger verweilte, Ge- 
dichte und Epigramme, in denen er seiner freundlichen 
Gastwirthe gedenkt. Im Kloster Sponheim wurden im so- 
genannten Trithemischen Saale zu den Versen alter christ- 
licher Dichter an den Wänden auch einige Epigramme von 
Geltes beigefügt. Auch sein gemaltes Porträt Hess er 
zurück mit der Beischrift : Gonradus Geltes Protucius, poeta 
laureatus haec cecinit anno domini 1494, cum esset hie. ^) 



1) lieber die Reise ist zu vgl. Celt. Odar. lib. III. od. 22—26. Celt. 
Epigr. lib. III. 34. Vgl. auch TunseFs Brief an Celles vom 10. September 
1494. (Cod. epist Celt fol. 39.) 

2) Erhard a. a. O. S. 63 lässt damals 1494 die Sodalitas rhenana 
gründen und verbindet damit auch den Aufenthalt des Celtes in Mainz, 
der schon im J. 1491 stattgefunden hatte. Erhard verwirrt nicht selten 
den chronologischen Zusammenhang. 

3) Die Verse des Celtes lauten: 

Aspice versiculos, hospes venerabilis, istos 
Trithemius posuit quos tribus ecce notis 

nie vetustatis cultor quantus, vel amator 

Linguarum) paries scriptus utrumque docet. 

14* 



212 Leben und Schriflen der Unmanisten. 

Als Celtes zu seinem akademischen Lehramt nach 
Ingolstadt zurückgekehrt war, fiel er in Folge seiner un- 
geregelten Lebensweise in eine bedenkliche Krankheit, 
welche ihn zu allen anstrengenden wissenschaftlichen Be- 
schäftigungen unfähig machte und ihn nöthigte, seine Vor- 
lesungen auszusetzen. Der fromm gewordene Humanist ge- 
lobte zur Wiederherstellung seiner Gesundheit der heiligen 
Jungfrau eine Wallfahrt zu ihrer Capelle nach Alt-OettingJ) 
Als er dem öelöbniss entsprochen hatte und wieder genesen 
war, zeigte er sich sorgfaltiger in der Ausübung seines 
Lehrberufs und er suchte selbst das Versäumte durch ver- 
mehrte Vorträge nachträglich zu ersetzen. 2) Die Herbst- 
ferien des Jahres 1495 benützte er zu einer Erholungsreise 
nach Oberösterreich, welche er aber nicht nach Wien, wo 
man ihn schon im Frühjahr erwartet hatte, ^) ausdehnte. *) 

In den ersten Tagen des Jahres 1496 hatte der Dichter 
die Ehre, seinen Gönner, den Wormser Bischof Johann 
von Dalberg, in seiner Ingolstadter Behausung bewirthen 



nnd ad faturum abbatem: 

Qtdsquis faturas sis Abbas, haec carmina nostra 

Mente rogo memori volvere saepe velis. 
Esto plus, Clemens et religionis amator, 

Trithemiumque meam, consulo, disce sequi. 
*) Celt. Epigrammat. lib. IV, n. 37 mit der Aufschrift: In aede 
Oettingensi divae Virgini soluta devotio. 

2) Celt. Epigr. IV, n. 36. Gedicht an seine Zuhörer, worin er ver- 
spricht, das durch die Reise nach Alt-Oetting Versäumte nachzuholen und 
in einem anderen Epigr. IV, n. 22: 

Restituit priscum plus quam deus ipee vigorem 

Et nobis sartum corpus habere dedit. 
Incipiam veteri Celtis me reddere ludo 

Horatii dulces continuando lyras. 

3) Nach dem Brief des Joh. Burger d. d. 5. März 1497 unrichtig 
statt 1495. Vgl. oben den Art. Burger. 

*) Celt. Epigr. lib. IV, n. 43. Gedicht an seine Zuhörer, seine aber- 
malige Reise entschuldigend, mit dem Schlüsse: 

Laetus in Austriacos ille ubi pergit agros. 



Celtes. 213 

ZU können. Rupert, der Sohn des Pfalzgrafen Philipp, war 
zum Bischof von Freising erwählt worden; Johann von 
Dalberg übernahm es, den Neugewählten feierlich in sein 
Bisthum einzuführen. Bei dieser Gelegenheit sollte der 
gekrönte Dichter in dem benachbarten Ingolstadt besucht 
werden. Celtes war von der Sache schon vorher durch 
seine Heidelberger Freunde Johann Vigilius und Jacob 
Dracontius benachrichtigt worden, und damit er dem Bischof 
einen würdigen Empfang bereite und es an nichts fehlen 
lasse, gab ihm Vigilius nicht nur eine sehr genaue An- 
weisung, sondern er schickte ihm auch einen erfahrenen 
und gewandten Diener zur Besorgung und Veranstaltung 
alles dessen, was die gewohnte Bequemlichkeit des hohen 
Gastes und seines Gefolges etwa benöthigte. Zugleich machte 
er darauf aufmerksam, dass es den Bischof ganz besonders 
erfreuen würde, wenn auch die Ingolstadter Professoren an 
dem festlichen Empfang theilnähmen, wenn Celtes ihm 
seine Bibliothek ganz zur Verfügung stelle und ihn bei der 
Abreise mit einer Handschrift oder einem seltenen Werke, 
womöglich in griechischer Sprache beschenke. Celtes suchte 
der erhaltenen Weisung in Allem getreu nachzukommen.^) 
Das Glück, das ihm durch den Besuch des Bischofs und 
dessen Bewirthung zu Theil geworden, besang er in einer 
schwungvollen Ode, die er seinem Gönner bei der Abreise 
überreichte. 2) 

Im Sommer 1496 brach in Baiern eine pestartige 
Krankheit aus, welche sich rasch in den Städten an der 
obern Donau verbreitete und auch Ingolstadt mit einer 



1) Die Briefe des Vigüius befinden sich im Cod. epist. Celt foL 12. 
18. 25. 34, d. d. Heidelberg 28. Oct., 15. Nov., 9. und 16. Dec. 1496 
[1495]. Theilweise hat sie Klüpfel, Celt. I. p. 167 abdrucken lassen; auch 
ist daraus bei Erhard a. a. O. S. 78 fll. Einiges mitgetheilt. 

2) Celt. Odar. lib. III. od. 18. Ad musam suam, dum Episcopum 
Wormac. hospitio reciperet. 



^14 Leben and Schriften der Hnmanisten. 

grossen Sterblichkeit der Einwohner heimsuchte. Die Vor- 
lesungen wurden geschlossen und Professoren wie Scholaren 
flüchteten aufs Land oder in von der Krankheit verschonte 
Gegenden in der Ferne. Celtes begab sich nach Heidel- 
berg zu den Freunden der rheinischen Sodalität: auch mit 
Jacob Wimpfeling dem Speierer Domherrn kam er öfter 
zusammen^ um die literarischen Unternehmungen, die sie 
gemeinschaftlich machen wollten, näher zu besprechen. Die 
schon früher besessene Gunst des Pfalzgrafen Philipp be- 
festigte er noch mehr durch den Eifer, womit er dessen 
Söhne im Griechischen und Lateinischen unterrichtete. 

Die Pest war in Baiern und namentlich in Ingolstadt 
längst erloschen, die Professoren und Scholaren hatten 
sich zu ihren Studien und Geschäften zurückbegeben, aber 
Celtes verweilte noch immer in Heidelberg und schien sich 
nicht um seine Ingolstadter Professur zu bekümmern, un- 
geachtet wiederholte Aufforderungen an ihn ergangen waren, 
die Vorlesungen wieder zu beginnen. Endlich im Anfang 
des Jahres 1497 brach er nach Ingolstadt auf. Der Pfalz- 
graf richtete ein eigenhändiges Schreiben an den Universi- 
täts-Rector, den gekrönten Dichter wegen seines längeren 
Ausbleibens zu entschuldigen und ihm nichts an seiner Be- 
soldung abzubrechen ; derselbe werde durch eine genauere 
und strengere Einhaltung seiner Lehr Verpflichtungen und 
Amtsthätigkeit das Versäumte wieder einbringen. *) 

Die öfteren Unterbrechungen der Vorlesungen wurden 
Celtes sehr übel vermerkt und gaben seinen Wider- 
sachern Veranlassung, gegen ihn aufzutreten und ihn der 
Vernachlässigung seines Amtes anzuklagen. Der Hader 
zwischen ihm und der alten Partei der Scholastiker nahm 



•) Der in deutscher Sprache geschriebene Brief des Pfalzgrafen d. d. 
Heidelberg 29. Jan. 1497 befindet sich im Cod. epist Celt. fol. 71. Ge- 
druckt steht er bei Hormayr, Arch. XII. J. 1821. S. 486. 



Celtes. 215 

immer mehr einen schärferen Charakter an, je weniger 
Unterstützung er bei der verminderten Zahl der Humanisten 
fand. Mehrere hatte die Pest dahingerafft, andere waren 
nicht mehr in die Stadt zurückgekehrt, wie der einfluss- 
reiche Sixtus Tucher, der in seiner Vaterstadt Nürnberg 
verblieb. Die Freunde Johann Stabius ^) und Andreas 
Stiborius, ausgezeichnete Mathematiker, war man im Be- 
griffe, an die Hochschule Wien zu ziehen. 

In seinen Oden klagt der Dichter über Alles und Jedes 
in der kleinen bairischen Universitätsstadt: 2) die feuchte 
Lage des Ortes und das Klima bekommen ihm nicht gut; 
die Nahrungsmittel sind grob und schlecht; nur Rhapophagen 
können da ihr Leben fristen. Das dünne und saure 
Bier kann nur der trinken, der dem Tode des Ver- 
durstens nahe ist. Die Menschen und die Umgegend sind 
langweilig und bieten nichts zur Unterhaltung und Erheite- 
rung. An der Hochschule herrschen nur Intriguen, beson- 
ders gespönnen von der ränkevollen Frau eines juristischen 
Professors, die sich in alle, private wie öffentliche Ange- 
legenheiten mischt, ihren Günstlingen Aemter, Auszeich- 
nungen, Vortheile jeder Art verschafft, denen aber, welche 
ihr nicht schmeicheln, keine Greschenke geben, nicht den 
Hof machen, entgegenwirkt und ihre Zurücksetzung veran- 
lasst. Celtes war ihr vorzüglichster Gegner; er nannte sie 
eine Megäre und geisselte sie in seinen Gedichten, er hatte 
hinwiederum nicht wenig durch ihre Intriguen und Ver- 
folgungen zu leiden. 3) 



^) Celt. Odar. lib. II. od. 16 ad Stabium. Hier heisst es am Schluss: 
Haec tibi nostri monumenta amoris 
Lusimus, cruda regione Boum [Boiorum] 
Barbari cives ubi nulla curant 
Carmina Phoebi. 

2) Celt. Odar. lib. II. od. 26. Ad Ingolstadenses , cur eos reliquerit. 

3) Celt. Odar. libb. — Epod. n. 11 ad Fontulanum Jurisperitum et 
conjugem suam. Die letzten Verse lauten: ' 



216 Leben und Schriften der Humanisten. 

Dass bei dieser Lage der Dinge dem Dichter der 
Aufenthalt in Ingolstadt ganz zuwider war und er begierig 
die Gelegenheit ergriff, von dort wegzukommen, war natür- 
lich. Mit Freuden nahm er daher die Berufung nach Wien 
an, welche er im Frühjahr 1497 erhielt. 



Das letzte Decennium seines Lebens, welches Celtes 
(von 1497—1508) als Professor der Poetik und Rhe- 
torik an der Wiener Universität zubrachte, bildet den 
dritten oder Hauptabschnitt seiner humanistischen Wirk- 
samkeit. 

Als Celtes nach Wien kam, hatte der römische König 
Maximilian I. bereits seit mehreren Jahren seine wohlthätigen 
Reformen an der Universität eingeführt. Die humanisti- 
schen Freunde des gekrönten Dichters, die am Hofe von 
Einfluss waren, namentlich die königlichen Räthe Johann 
Fuchsmagen und Johann Krachenberger , wie auch Johann 
Cuspinian, sein Landsmann, hatten Alles aufgeboten, die 
Berufung zu Stande zu bringen. Da Maximilian ein beson- 
deres Schreiben (7. März 1497) selbst an ihn richtete, worin 
er ihn zum Professor der Eloquenz und der Dicht- 
kunst an der Wiener Universität ernannte, so folgte 
er dem Rufe, ungeachtet die Stelle nicht mit einem hohen 
Gehalte verbunden war. Auch wurden ihm von Krachen- 
berger und seinen anderen Freunden baldige namhafte Ver- 
besserungen und Emolumente in Aussicht gestellt. Gegen 
Ende October 1497 traf Celtes in Wien ein, wo ihn seine 
in der gelehrten Donau-Gesellschaft vereinigten Freunde 
mit Bewillkommnungsgedichten empfingen. 



Hujus favorem si quis ergo negligat, 
Exul petat Pannonias. 

O docta Norici ducis gymnasia, 
Qaae tanta vexet bellua. 



Celles. 217 

Mit dieser Uebersiedelung nach Oesterreieh beginnt für 
den Dichter eine neue Lebensepoche, die für sein Thun 
und Treiben höchst vortheilhaft war. Er entsagte dem 
früheren vagirenden und unregelmässigen Leben; stetiger 
an demselben Orte verbleibend und nicht mehr durch 
knappes Einkommen und mancherlei drückende Verhält- 
nisse beengt, konnte er in freudigerer Stimmung und mit 
grösserer Müsse der Dichtung, der Kunst und der Wissen- 
schaft leben, obschon es auch nicht in Wien in seiner 
Umgebung an Gegnern und Neidern fehlte und er mit 
denselben mancherlei Kämpfe durchzumachen hatte; nament- 
lich war es die scholastische Partei, welche er freilich auch 
nicht unangefochten Hess und die er daher zum Wider- 
spruch und zum Streit gewissermassen herausforderte. Aber 
da er das persönliche Wohlwollen des Fürsten für sich 
hatte, die Anzahl der Anhänger des Humanismus in Zu- 
nahme begriffen war, und die ungewöhnlichen dichterischen 
Talente und das reiche Wissen des Mannes nicht blos die 
Scholaren, sondern auch die Gelehrten zur Anerkennung 
und Annäherung nöthigten, so befestigte sich seine Stellung 
an der Universität und sein Einfluss in den gelehrten und 
tonangebenden Kreisen immer mehr. Besonders förderlich 
waren in dieser Beziehung, ausser der neuen, geistvollen 
Behandlung der wissenschaftlichen Gegenstände in seinen 
Vorträgen, das neu errichtete Collegium poetarum et 
mathematicorum — ein wahrhaftes Seminar zur Heran- 
bildung von Humanisten — und die Verlegung der gelehrten 
Donau- Sodalität von Ofen nach Wien für die Ver- 
einigung und Stärkung der humanistischen Bestrebungen 
in eine Art von Akademie. Von beiden Instituten, die 
sich der Gunst und Unterstützung der Regierung erfreuten, 
war Geltes die Alles belebende und kräftigende Seele. 



^18 Leben and Schriften der Humanisten. 

Indem von seiner Wiener akademischen Wirksamkeit 
oben in der Geschichte der Universität gehandelt ist, und 
seine literarische Thätigkeit und veröflfentlichten Schriften 
unten näher besprochen werden, so sind hier nur im All- 
gemeinen einige Ueberblicke über seine Verdienste als Uni- 
versitätslehrer und humanistischer Schriftsteller zu geben. 

Schon frühzeitig hatte sich Celtes eine doppelte Auf- 
gabe gesetzt: einestheils sollte in seinen dichterischen Pro- 
ductionen, worin er Horaz und Ovid, Virgil und Lucan, 
Martial und Ausonius glücklich nachahmte und eine wahrhaft 
poetische Begabung an den Tag legte, zur Verbreitung 
des Humanismus in Deutschland der Grund gelegt, 
anderntheils aber auch die Geschichte des deutschen 
Vaterlandes in geschmackvoller Weise und im poetischen 
Gewände den Gebildeten seines Volkes vorgeführt werden, l) 
Vorzügliche Unterstützungsmittel für diesen doppelten Zweck 
waren Vorlesungen an den Universitäten und das Zusammen- 
wirken der gelehrten Gesellschaften bei Veröflfentlichung der 
dahin gehenden Druckschriften. Das Ziel der Aufgabe war 
offenbar ein patriotisches. Die Lösung konnte nur durch 
Poeten und Historiker zu Stande gebracht werden. Das Er- 
gebniss ihrer vereinten Leistungen sollte das grosse Werk 
„Die Germania illustrata" sein. Darnach wäre die 
vaterländische Geschichte in würdiger Sprache, in poetischem 
Gewände vorzuführen. Die Darstellung der Vergangenheit 
sollte aber nicht als eine Schöpfung der Phantasie erscheinen, 
sondern als auf Grundlage der alten Quellen beruhende Ueber- 
lieferung. Diese lagen in Wirklichkeit in grosser Zahl 
vor, aber in geschmackloser Form und in abschreckender 



^) Casp. Bruschius im Carmen vor Cuspiniani Austria bezeichnet ihn 
daher treffend : 

Egregius vates magnus et historicus, 
Qui primus lauri frondes gestavit ad Istnim 
Porrectas manibus, Rex Friderice, tuis. 



Celtes. 219 

Trockenheit. Durch die poetische Bearbeitung sollte die 
historische Treue nicht verwischt, sondern nur, mit Fleisch 
und Blut bekleidet, um so lebendiger und wahrer hervor- 
treten. Die Ausfuhrung dieser Idee ging über die Kräfte 
eines Dichters, eines Historikers; man bedurfte dabei des 
Zusammenwirkens vieler Gleichgesinnten und Gleichbegabten 
in gelehrten Vereinen. So wurden von Celtes die gelehrten 
Sodalitäten am Rhein und an der Donau errichtet, für die 
Beförderung des Humanismus überhaupt und die Verwirk- 
lichung der „Germania illustrata" insbesondere. 

In Bezug auf das letztere Werk lässt , sich wohl er- 
rathen, wie Celtes dasselbe zu Stande bringen wollte. Für 
das früheste deutsche Alterthum und insbesondere für das 
JEthnographische sollten Tacitus und Ptolemäus erforscht 
werden. Daher hielt Celtes zunächst Vorträge über Ptole- 
mäus und gab die Behandlung der Taciteischen Schrift de 
Germania. Für die Völkerwanderung wollte er des Jordanis 
Schrift de rebus Geticis zu Grunde legen. Der Gegenstand 
sollte nach der Art der Virgilianischen Aeneide in einem 
Epos, in der Theodoriceis, als Geschichte des ostgothischen 
Königs Theodorich des Grossen und der im römischen Reiche 
siegreich auftretenden germanischen Völker bearbeitet wer- 
den. Für das deutsche Wahlreich und die deutsche Con- 
foderation der verschiedenen Stämme und Stände sind als 
einige vorbereitende Arbeiten der Panegyricus Ottonum, 
die Geschichte der Stadt Nürnberg, der Ligurinus anzu- 
führen. Den Schluss der deutschen mittelalterlichen Ge- 
schichte sollten die Habsburger in einem besonderen Werke 
machen, wOrin dem Kaiser Maximilian in den burgundischen 
Kriegen wohl die Hauptrolle zugewiesen war. 

Eine dichterische Beschreibung des deutschen Reiches 
mit seinen weitesten Grenzen im Osten bis an die Weichsel 
und an die Theiss, worin Celtes die Geographie seines Vater- 
landes mit den gleichzeitigen Culturzuständen und seinen 



220 Leben und Schriften der Humanisten. 

eigenen Lebenserfahrungen lieferte, gaben seine libriAmo- 
rum und O darum. Sie können als der Schluss einer Reihe 
von zusammengehörigen, einander ergänzenden poetischen 
Productionen angesehen werden. 

Wenn auch einige aus dem Cyclus dieser historischen 
Dichtungen von Celtes nicht selbst herrühren, so sind sie 
doch, da er Alles leitete und revidirte und überhaupt die 
Seele des gesammten Werkes war, in seinem Sinne und 
Greiste entworfen und durchgeführt. Um mehr Eindruck 
zu machen, wollte Celtes die poetischen Bearbeitungen 
der alten Quellen und Chroniken keineswegs als Producte 
seiner Zeit veröffentlichen, sondern er gab sie als alte 
Originalwerke aus, die erst von ihm aufgefunden worden. 
Dies war allerdings ein gelehrter Betrug, der aber durch 
die Verhältnisse seiner Zeit entschuldigt werden muss, 
indem man dem Alten einestheils als Quelle, anderntheils 
als Merkwürdigkeit in Bezug auf das Formelle grössere 
Aufmerksamkeit zuwandte und mehr Geltung gab. Dazu 
kam, dass eigentlich der Inhalt des Historischen und Ueber- 
lieferten nicht geändert, sondern nur die geschmacklose 
und trockene Form in's Poetische und mehr Geniessbare 
übertragen wurde. Nur darin bestand demnach die Fälschung, 
dass man die Namen der Verfasser der Dichtungen fingirte 
und sie in frühere Zeiten setzte, indem sie doch Huma- 
nisten waren und dem 15. Jahrhunderte angehörten. 

Anders verhält es sich, wo Celtes sich daran machte, 
verlorene Werke von Classikern durch eigene Machwerke, 
die er aufgefunden zu haben vorgab, zu ersetzen. Das 
grosse Talent, welches er besass, mit Leichtigkeit die 
Eigenthümlichkeiten der Sprache und den Geist alter 
Dichter wiederzugeben, verleitete ihn sogar zu dem Unter- 
nehmen, verlorene Werke von Apulejus und Ovid zu fabri- 
ciren. Doch erkannte er noch zur rechten Zeit, dass er zu 
solcher Imitation weder alle Hilfsmittel, noch das volle 



Celtes. - 221 

Talent besitze ; er gab daher die gefahrlichen Versuche auf, 
wo von den Gelehrten seine Fälschungen leichter an den 
Tag gebracht werden konnten. 

Celtes hatte in Wien nicht nur die doppelte amtliche 
Stellung eines Professors der Rhetorik und Poetik, wie 
auch eines Vorstehers des Dichter-Collegiums, son- 
dern auch ausserdem noch die Leitung der von Kaiser 
Maximilian gegründeten Hofbibliothek zu führen J) Der 
Kaiser hatte nach dem Beispiele des ungarischen Königs 
Matthias Corvinus eine grosse Anzahl Bücher, sowohl hand- 
schriftliche wie gedruckte, sammeln lassen, indem er ver- 
schiedene Gelehrte, namentlich Celtes, Suntheim, Stabius, 
Longinus u. a. beauftragte, auf ihren Reisen die ihnen vor- 
kommenden werthvoUen und seltenen Schriften für ihn an- 
zukaufen und an seine Bibliothek. abzuliefern. 2) So war es 
möglich, in wenigen Jahren die nicht ansehnliche Samm- 
lung von Werken, die Celtes bereits in der kaiserlichen 
Burg vorfand, 3) namentlich mit historischen und geographi- 
schen, mit mathematischen und astronomischen bedeutend 
zu vermehren und zu der Bibliothek den Grund zu legen, 
welche in der Folge zu den berühmtesten Büchersamm- 



^) Vgl. Mosel, Geschichte der k. Hofbibliothek. Wien 1835, und 
Lambec. de August. Biblioth. origine. — Die über des Celtes Beziehungen 
zur Hofbibüothek wichtigen, aber früher nicht benutzten Briefe des Vin- 
centius Longinus und des Camers befinden sich im Cod. epist. Celt. 

2) Der bekannte Venetianische Buchdrucker Aldus Manutius schickte 
an Celtes im J. löOl eine Anzahl Exemplare der Werke des Virgilius 
und Horatius nebst seiner lateinischen Grammatik. Er schreibt dabei: 
Quos libros si vos (Celtes et Longinus) putaveritis istic (Viennae)- venditum 
iri, non sit grave scribere. Mittam enim quotquot jusseritis. cf. Phüol. 
epist. centuria ex bibl. Melch. Goldasti. Frcf. 1610. p. 76. 

3) Celtes sagt in dem seiner Schrift ßhapsodia vorgesetzten brief- 
lichen Vorworte an Kaiser Maximilian: Bibliothecam regiam instruxi, 
matheseos etiam libris ex ordine positis nuper a Majestate Tua coSmptis 
cum globis non parvis et chartis utramque coeli et terrae superficiem de- 
signantibus. 



222 Loben und Schriften der Humanisten. 

langen Europas gezählt wird. Wenn auch Celtes nicht 
officiell den Titel eines Hofbibliothekars fährte, so war er 
doch in Wirklichkeit der erste Vorsteher. Cuspinian, der 
ihm in diesem Amte folgte, hatte auch nicht diesen Titel, 
der erst im Anfange des 17. Jahrhunderts einem bestimmten 
Hofbeamten beigelegt ward.') Bei der Leitung der Uni- 
versitäts- Bibliothek war Celtes nicht betheiligt. 

Nachdem Celtes seinen bleibenden Wohnsitz in Wien 
genommen hatte, machte er nur noch wenige, und zwar 
nicht mehr in weite Ferne gehende Wanderungen. Eine 
Reise nach Italien, welche er im J. 1498 beabsichtigte zum 
Ankaufe von Handschriften und Druckwerken für die kaiser- 
liche Bibliothek, unterblieb. Die nordische Reise, wovon er 
in seinen Elegien erzählt, dass sie ihn bis an das Ende der 
bekannten Erde, nach Thule (d. i. Island), geführt und dann 
auf der Rückkehr im Lande Tirol zu Bozen mit dem Kaiser 
Maximilian zusammengebracht habe (1501), ist eine poetische 
Fiction.2) Diese Reise hat umsoweniger stattfinden können, 
als der Dichter in jener Zeit zur Betreibung des Druckes 
von einem seiner Werke in Nürnberg verweilte. 

Seine späteren Wanderungen von Wien aus, welche 
nur von kui'zer Dauer waren, führten ihn nicht ausserhalb 



') Der Niederländer Hugo Blotzius führte seit 1608 zuerst den offi- 
cieUen Titel eines Hofbibliothekars. Vgl. Lambecius de August. Biblioth. 
origine comment. de bibl. Caes. Vindob. I. p. 36 und Khautz, Oest. Ge- 
lehrte. Vorr. fol. 8. 

2) Erhard im Artikel Celtes in der Encyclop. von Ersch, zum Theil 
auf Klüpfel (Celt. I. S. 197 fll.) gestützt, confundirt einige frühere Reisen 
des Celtes und setzt sie nicht in die richtige Zeit. Er lässt den Dichter 
im J. 1499 in der Schweiz und dann den Rhein hinab reisen, sodann nach 
Niedersachsen und Dänemark kommen, Island besuchen,« über Lappland 
und Livland zurückkehren und endlich mit Kaiser Maximilian 1501 in 
Tirol zusammenkommen. Der Zusammenhang dieser Wanderangen und 
ihr Abschluss, wie auch die Zeit, worin sie gemacht worden, sind als 
Fiction zu bezeichnen. Vgl. Aschbach, Die früheren Wanderungen des 
C. Celtes, besonders S. 104 und 131 fll. 



Celtes. 223 

des Gebietes der Donauländer; es waren Besuche, die er 
seinen humanistischen Freunden in Ofen, Mähren, Böhmen, 
Oberösterreich und Steiermark machte. In dem Pestjahr 
1506 selbst scheint er Wien oder dessen nähere Umgebung 
nicht verlassen zu haben. Vielleicht hat ihn schon damals 
Kränklichkeit an's Haus gefesselt. Wenig glaublich ist die 
Nachricht, dass er um das J. 1506 eine Reise nach Franken 
gemacht zur Durchforschung dortiger Klöster nach alten 
Handschriften und dann auf der Rückkehr in Augsburg bei 
Conrad Pentinger und anderen Humanisten einige Zeit sich 
aufgehalten habe, i) 

Durch seine frühere unregelmässige Lebensweise, 2) die 
ihn einige Male aufs Krankenlager warf, war seine Gesund- 
heit erschüttert. Er alterte frühzeitig; noch ehe er das 
50. Lebensjahr erreicht hatte, zeigte er das Bild eines ab- 
gelebten Greises. 3) Er fühlte schon längere Zeit vor seinem 
Ende seine körperliche Auflösung. Noch geistig kräftig 
und stark, machte er sich schon im J. 1507 selbst seine 



^) Prolog, ad Günther. Ligurin. Aug. Vindel. 1507. Venit his diebus 
Augustam Conradus Celtis. ßogavimus, si aliquos libros antehac nobis 
incognitos percgrinando in Germania reperisset. ßebulit in monastezio 
qnodam Francorum orientalium, quam nostrates Franconium appellant, se 
invenisse Ligurinum. Vgl. unten über des Celtes literarische Thätigkeit, 
wo über Ligurinus gesprochen wird. 

2) Die Elegia des Formbacher Abtes Angelus Rumpier de laudibus 
virtutis (Oefele, Script, rer. Boic. I. 97 de vit. et Script. Angeli Rumpleri) 
meldet von Celtes: 

Qui canit horrifici Martis, qui Caesaris arma, 
Sed nimio vates tantus amore perit. 

Endlicher a. a. O. S. 155 äussert sich dahin: „Celtes unterlag dem 
Angriffe einer Krankheit, die erst kürzlich über Europa hereingebrochen 
war, beinahe epidemisch geworden. Der Formbacher Abt A. Rumpier — 
gibt es an. Klüpfel schweigt davon". 

3) Celtes Amor. lib. IV. eleg. 3. Dass er sich selbst als abgelebten 
Greis schildert, ist wohl nicht als dichterische Licentia aufzufassen. 



224 Leben and Scliriften der Hamanisten. 

Grabschrift. ^) Aber erst im folgenden Jahre 1508 am 
4. Februar, 2) wenige Tage nach dem Antritte seines 
50. Lebensjahres, schied er aus dem irdischen Dasein. 
Die Leichenrede hielt ihm sein Freund und Landsmann 
Cuspinian.3) Seine irdische Hülle wurde beigesetzt an der 
äusseren Ostseite der Wiener St. Stephanskirche, wo noch 
heutigen Tages seine Grabschrift zu lesen ist.**) 



^) Sie lautet: 

D. O. M. 

Flete pii vates et tundite pectora palmis, 

Vester enim hie Celtis fata suprema tulit, 

Mortuus ille quidem, sed lon^um vivus in aevum 

CoUoquitiir doctis per sua scripta viris. 

Chun. Cel. Pro. Viennae laureae custos et coUator 

Hie in Chris, quiescit. Vixit an. M. sal. sesquimiU. 

et VII sub divo Maximiliano Augus. 

H. B. 

2) Den Todestag gibt die Rhein. Nation. Matrikel ad ann. 1507 über- 
einstimmend mit der Grabschrift: Magister Conradus Celtes primus poeta 
laureatus in Germania, natione Francus (Obiit 1508 IV. die Febr.). Cuspi- 
nian in seinem Tagebuch gibt den 3. Februar an. 

3) Cuspinian's Tagebuch S. 402 ad ann. 1508: 3. Februarii Celtes 

mortuus est. Ego dixi funebrem. 

*) Sie lautet: 

DEO OP. MAX. 

CON. CELTl PROTVCIO 

POE. OSTßOFRANCO EX 

TESTAM. PIE POSITVM 

V^O 

e AN. XPI MDVIII II NO FEBRV 
VIX. AN. XLVIIII. DI. III. 
i. e. Deo optimo Maximo. Conrado Celti Protucio poötae Ostrofranco ex 
testamento pie positum vivo. Obiit anno Christi MDVHI. II Nonas Fe- 
bruarii. Vixit annis quadraginta novem diebus tribus. lieber der Inschrift 
ist der Dichter selbst mit Büchern abgebildet; links und rechts sind 
Früchte zu sehen. In der Mitte des Steines befindet sich ein Lorbeer- 

V f I 
kränz, worin die Buchstaben -.T"^ • Vgl. Perger, der Dom zu St. Stephan 

in Wien. Triest 1854. S. 48 und S. 110. Insc. XVII. 



Geltes. 225 

Von seinen humanistischen Freunden wurden ihm 
mehrere poetische Nachrufe gewidmet, i) 

Kurze Zeit vor seinem Tode (am 24. Januar 1508) 
hatte er ein Testament errichtet. 2) Er vermachte darin der 
artistischen Facultät die meisten seiner zum Theil werth- 
vollen Bücher und Handschriften, wie auch seine mathe- 
matischen und astronomischen Instrumente ; 3) ferner dias 
ihm von Kaiser Maximilian verliehene Privilegium der 
Dichterkrönung nebst dem silbernen Lorbeerkranz und 



^) Thomas Velocianus in seiner Ausgabe der Celtes'schen Oden gibt 
am Schlüsse des Buches einen Bericht über das Leichenbegängniss : 
Mortuus est Celtes noster et pie et Christianissime funeris pompa, toto 
Viennensis Gjmnasii coetu comitante juxta aedem s. Stephani traditus est 
sepulturae. Ibique in marmore candenti ad orientis plagam haec Romano 
more inscriptura est honoratus per amicos D. Joannem Pierium Gracchum 
poetam, Martinum Capinium jureconsultum, Andream Styborium mathemati- 
cum, Thomam Velocianum Austriacum et Stephanum Rosinum Augustanum. 
Vgl. Kltipfel, Celt II. p. 216 sqq. und unten den Artikel Thomas Velocianus, 
wo dessen poetischer Nachruf an Celtes abgedruckt ist Joann. Menanus 
Greul in der bist. s. Kiliani. Vienn. 1526 am Schluss der Celtes gewidmeten 
Sapphischen Ode: 

Vive Celtis ter quaterque beatus, 

Qui novem primus graciles sorores 

Ducis Almanas Helicone in oras 
Nectare sacro. 
^) Das Original des Testaments war im Archiv der artistischen 
Facultät niedergelegt worden. Act. fac. art ad ann. 1508: Die lunae 
penultima Februarii consistorialiter testamentum Conradi Celtis et productum 
et approbatum a rectoratu venerabilis et egregii viri Joannis Hegkmann 
ex Schillingstadt, s. Theologiae Licentiato. Klüpfel Hess sich von dem 
Testament eine Abschrift machen, um sie in seinem Werke über Celtes 
zu veröffentlichen, was aber nicht geschehen ist Diese Abschrift wird 
gegenwärtig noch auf der Freiburger Universitäts-Bibliothek aufbewahrt. 
Im Wiener UniversitÄts- Archiv befindet sich jetzt das Original nicht mehr, 
sondern nur eine Abschrift davon. Endlicher in der Recension über 
Klüpfel's Werk in den Wiener Jahrbüchern hat nur einen Theil des 
Testaments abdrucken lassen. 

3) Die Vita Celtis, welche von der rheinischen Sodalität heraus- 
gegeben ward, bemerkt nur in der Kürze: Reliquit in testamento in electis 
scriptoribus utrinsque linguae. — Die Signatur der meisten Celtes^schen 
y. Asciibach, Oescbichte der Wiener ünivers. II. 15 



226 Leben und Schriften der Humanisten. 

dem Siegel des CoUegium Poetarum. Seinem Freunde, dem 
Augsburger Patricier Conrad Peutinger, überliess er mehrere 
Handschriften und eine Reisekarte oder Itinerarium aus der 
römischen Kaiserzeit. ^) 

Von des Geltes Persönlichkeit haben seine huma- 
nistischen Freunde uns eine lebendige Schilderung geliefert.^) 
Darnach war er von mittlerer Grösse, schmächtiger Gestalt, 
grossen, leuchtenden Augen, länglichtem Gesichte und spär- 
lichem Haare. Seine Mienen verriethen Frohsinn und Heiter- 
keit. Im Ganzen war er von gesunder Körperbeschaflfenheit. 
Aber durch seine zeitweise sehr excessive Lebensweise war 
er früh gealtert; die vorgeneigte Haltung des Kopfes deutete 
auf seine vor der Zeit gebrochene Kraft. ^) 

Was seine geistige Begabung, seine Fähigkeiten und 
Neigungen, überhaupt seinen Charakter betrifft, so war er 
in vieler Beziehung kein gewöhnlicher Mensch. Offenbar 



Bücher ist: Con. Gel. Pro. poete sum (i. e. Conradi Celtis Protucii poetae 
sum), häufig auch mit des Dichters Insignia in einem Schilde ( ii ;| ) [Con- 

radus Celtis Protucius Poeta] mit zwei Sternen darüber und einem Stern 
darunter, beigefügt Doctor Triformis. Unter dem Schilde als Motto : IIap£<JTü> 
4>p6v7)ai5. 

^) Vgl. unten bei den Schriften des Celtes die Tabula Peutingeriana. 

2) Vita Celtis per sodalitatem literariam Rhenanam p. 137 in Asch- 
bach, Wanderungen des C. Celtes, abgedruckt. 

3) Panzer, Verz. v. Nürnberger Porträten. Nümb. 1790. 40. S. 31 
liefert zehn Porträte von Celtes in Holzschnitten und Kupferstichen. Vgl. 
Klüpfel I. S. 226 fll. Das in Jac. Bruckeri Ehrentempel befindliche hat 
die Randschrift: Conradus Celtes Protucius P. L. C. (i. e. Poeta Laureatus 
Coronatus) et Professor Vienn. Nat. 1. Febr. 1459. Dec. die 3. Febr. 1508. 
Job. Jac. Haid excudit Aug. Vind. aeri incis. Klüpfel beschreibt eine Kupfer- 
münze mit des Celtes Brustbild und Schrift: Avers. An. Vitae XLVIII. 
Revers. Adde sonum vocis Celtis is alter erit MDVII. Vgl. 
Denis, Gareil. Bibl. S. 186, wo dieses Porträt besprochen wird. In Teubner's 
„Photograph. Philologen-Porträts": Nr. 7 die Photographie von C. Celtes. 
In der kais. Privat- und Famil.-Biblioth. in Wien befindet sich ein Stich 
von einem Celtes'schen Porträt. Catal. d. bist. Ausstell, d. Stadt Wien 
1873. S. 114. 



Celtes. 227 

überragt er an poetischem Talent und an Leichtigkeit in 
Handhabung der antiken Metrik seine humanistischen Zeit- 
genossen in Deutschland; in seinen Werken lässt sich ein 
entschieden vorwärts drängendes Element nicht verkennen. 
Seine Angriffe auf das Veraltete und Abgeschmackte waren 
rücksichtslos und seine Heftigkeit überschritt nicht selten 
das rechte Mass. Er war sonst eine echte Künstlernatur in 
mehrfacher Beziehung; der Reiz der Schönheit ergriff ihn 
überwältigend; er war ein grosser Freund der Natur und 
der Kunst, ein vorzüglicher Liebhaber der Musik. In der 
Freundschaft war er treu und zuverlässig, im Umgange 
gefallig und liebenswürdig, im Zorn aufbrausend und schwör 
zu besänftigen. Sparsamkeit war nicht seine Tugend. Wenn 
er Geld hatte, so wusste er es nicht zu Rath zu halten; er 
verschwendete es oft' an Unwürdige, die sich an ihn heran- 
drängten. Obschon in seinen Grundsätzen ein Weltweiser, 
war er im Leben häufig ein Sklave der Leidenschaft und 
ergab sich ganz dem augenblicklichen Eindruck der Sinn- 
lichkeit. Ein Theil seiner Dichtungen, namentlich seine 
libri Amorum, geben durch unverhüllte Schilderungen seiner 
Liebesgeschichten einen Einblick in sein frivoles und aus- 
schweifendes Leben. Man entschuldigt den Dichter damit, 
dass er nicht Sittenprediger sei. Celtes selbst aber nimmt 
sonderbarer Weise noch ein moralisches Verdienst in An- 
spruch, dass er durch seine nackten Darstellungen die 
Jugend vor Abwegen warne und von Verirrungen zurück- 
halte. 

Es lassen sich zwar in den Werken des Celtes nicht 
wenige Stellen angeben, welche ihn als Gegner von Geist- 
lichen und kirchlichen Dingen darstellen und manche 
Spöttereien über dieselben enthalten. Aber man darf solche 
Auslassungen i) des Dichters nicht immer allzustreng wörtlich 

^) Z. B. über den Ablass das Epigramm:. Omnia nummus habet, 
coelum venale, quid ultra? 

16* 



228 Leben und Schriften der Hamanisten. 

nehmen. Derselbe zeigte hinwiederum im Leben eine grosse 
Verehrung für würdige Geistliche und spricht seine innige 
Anhänglichkeit an die Kirche und das Christenthum mit 
warmen Worten aus. Man darf nicht vergessen, dass auch 
Hass und Unverstand Manches erfanden und verdrehten, 
um den Gegner der scholastischen Theologie gottlos und 
verdammenswürdig zu machen. Als er in Prag die Calix- 
tiner verspottete, beschuldigte man ihn, er verwerfe Beichte 
und Abendmahl. Da er in seinen Gedichten die Gottheiten 
Phoebus, Mercurius, Jupiter, Venus u. a. besang und ver- 
herrlichte, so sah man in ihm einen Feind des Christen- 
tbums, der darauf ausging, mit dem Humanismus den heid- 
nischen Cultus herzustellen. Aus seinen ernsten Gedichten 
und seinem Testamente lässt sich ersehen, dass er keines- 
wegs ein ungläubiger Christ war, im Gegentheil an Vielem 
noch festhielt, was bald nach ihm von den Reformatoren 
ganz und gar verworfen wurde. ') 

Wenn manche protestantische Schriftsteller Conrad 
Geltes seiner Gesinnung nach zu den Ihrigen zählen und 
behaupten, dass er die Messe, das Fegefeuer, die Anrufung 
der Heiligen etc. verworfen habe und desshalb excommuni- 
' cirt worden, so sind diese Angaben nicht richtig. Schon 
der Wortlaut seines Testaments zeugt von seiner kirch- 
lichen Gesinnung. Allerdings kommt sein Name in dem 
Index librorum damnatorum vor, welche die spanische 
Inquisition herausgegeben hat,'-^) sie hat aber nicht näher 
bezeichnet, welches Werk oder welche ketzerische Lehre 
gemeint sei. Dagegen findet sich sein Name nicht in dem 
römischen Index librorum prohibitorum. 

^) Celt. epigr. lib. IV. n. 36 und 37. Carmen: In aede Oettingensi 
divae Virgini soluta devotio. 

2) Index librorum damnatorum Matriti p. 194. Conradus Celtis seu 
Celtis Protussius, seu Protucius Francof (statt Franeus) Germanns poöta 
et cosmographus. 



Gelte«. 229 

Freilich fand die Wiener theologische Facultät, wie 
schon anderwärts näher angegeben ward , *) Manches an 
seinen ohne ihre vorgängige Einsicht durch den Universi- 
täts - Professor Thomas Velocianus veröffentlichten Oden 
auszusetzen als nicht ganz orthodox und nach Ketzerei 
schmeckend, aber es kam doch nicht zu einer eigentlichen 
Verurtheilung, obschon der Herausgeber zur Verantwortung 
gezogen und die zu veranstaltende Castigation ausgesprochen 
wurde. 

Weil Geltes ein heftiger Feind der Türken gewesen 
und den Kaiser zu deren Bekriegung aufgefordert habe, 
will man auch daraus folgern, dass er von guter kirchlicher 
Gesinnung war. Aber schon der Humanist hasste die Türken 
als Barbaren und Zerstörer altclassischer Denkmäler. 

Dass des Geltes Rechtgläubigkeit später von der Wiener 
theologischen Facultät nicht in Frage gestellt war, lässt sich 
daraus entnehmen, dass er in dem von den Wiener Jesuiten 
verfassten Hymnus gradualis mit besonderer Auszeichnung 
namentlich angeführt wird. Dieser Hymnus wurde seit 1648 
(bis 1783) jährlich am 6. November zum Gedächtniss an 
die verstorbenen Wiener Universitäts-Professoren im feier- 
lichen Gottesdienst abgesungen. 2) 

Die literarische Thätigkeit des Geltes, die durch- 
gehend s eine humanistische war, lässt sich schwer nach 

*) Vgl. im ersten Buche S. 116 und unten den Art Velocianus. 

2) Der 6. November wurde wegen der Kirchenfeier ein Ferialtag für 
die Universität; erst unter Kaiser Josef II. (1783) ward derselbe aufge- 
hoben. Der Hymnus Gradualis ist vollständig abgedruckt im Conspect. 
bist. Univ. Vieiln. III. p. 250. Locher, Specul. p. 332. Die fünfte Strophe 

lautet : 

Sigismundus ab Herberstein et Regiomontanus, 

Peuerbachius et Stabius et cum Gelte Jordanus, 

Deus aetemam requiem in lucis claritate 

Donet cum sanctls omnibus ex Christi charitate, 



230 Leben and Schriften der Humanisten. 

gewissen Rubriken oder Fächern theilen, wenn auch die 
zweifache Sonderung in prosaische und dichterische Pro- 
ductionen gemacht werden könnte. Da ein chronologisches 
Verzeichniss der ziemlich zahlreichen Schriften zugleich 
einen Einblick in den fortschreitenden Bildungsgang des 
gekrönten Dichters liefert, wie auch seinen Antheil an der 
Verbreitung des Humanismus an den Tag legt, so dürfte 
es am zweckmässigsten und geeignetsten sein, die Schriften 
nach der Zeit ihrer Publication anzugeben und einige Be- 
merkungen beizufügen. 

A. Chronologisches Yerzeichniss der Celtes'schen 

gedrnekten Schriften. 

I. Conradi Celtis Protucii Ars versificandi et 
qarminum [s. 1. et a.]. 4^. und zweite Ausgabe: Conradi 
Celtis Protucii poetae laureati Ars versificandi et 
carminum [s. l. et a.J. 4^. 

Es lässt sich vermuthen, dass die erste Ausgabe, welche 
24 Blätter umfasst, vor der Dichterkrönung im J. 1486 zu 
Leipzig gedruckt worden, indem bei dem Namen des Ver- 
fassers der Beisatz poeta laureatus fehlt. Die zweite Aus- 
gabe hat denselben, daher sie jedenfalls nicht schon 1486 
erschienen sein kann. Sie umfasst nur 20 Blätter, hat aber 
dessenungeachtet einige Zusätze. Das seltene Werkchen 
enthält folgende Stücke: 

1. Epistola [dedicatoria] ad Fridericum, ducem Saxoniae. 

2. Carmen ad lectorem. 

3. Carmen ad Fridericum, ducem Saxoniae. 

4. Ars metrica et poetica, 

5. Carmen ad Fridianum Pighinium Lucensem. 

6. Responsum Fridiani ad Celtis elogium. 

7. Oda Fridiani ad Sanct. Sebastianum. 



(Zeltes. 231 

8. Carmen Fridiani ad Martinum [Pollichium] Melier- 
stadium. 

9. Fridiani epistolae metricae. 

10. Celtis Epigramma elegiacum ad lectorem, 

11. Conradi Celtis Protucii Ode ad Apollinem, reper- 
torem poetices, ut ab Italia cum lyra ad GermanoB veniat.^ 

Die ars versificandi zerfällt in zwei Theile: in die ars 
metrica, welche in Hexametern über die Versfüsse und 
Dichtungarten handelt, und in die ars poetica, welche sich 
vorzüglich mit der Prosodie beschäftigt. 

Die Ode ad Apollinem, welche auch in der Celtes'schen 
Odensammlung (lib. IV. od. 5) aufgenommen wurde, ist 
später mehrmals gedruckt worden. Sie findet sich auch bei. 
Erhard, Gesch. d. Wiederauf blühung wissenschaftl. Bildung 
B. IL S. 116 abgedruckt. 

IL Drei Ausgaben einzelner Stücke des Seneca: 

Hercules furens. Cura Conradi Celtis [s. a. et 1.]. 4". 

Coena Thyestis tragoedia secunda [s. a. et 1.]. 4^ 

Lucii Annaei Senecae Tragoediae Hercules 
furens et Coena Thyestis. Lipsiae 1487. 4^. 

Es ist nicht zu bezweifeln, dass von Celtes die bei- 
den Seneca'schen Tragödien zuerst einzeln herausgegeben 
wurden, und zwar vor dem 18. April 1487, dem Tag seiner 
Dichterkrönung, indem bei seinem Namen der Beisatz poeta 
laureatus noch nicht vorkommt. Es ist daher für diese typo- 
graphischen Seltenheiten als Druckjahr entweder 1486 oder 
der Anfang des J. 1487 anzunehmen. Der zweite Gesammt- 
abdruck der beiden Stücke, der ebenfalls höchst selten vor- 
kommt, erfolgte dann 1487 in Leipzig. Diese Ausgabe, 



') lieber dieses früheste literarische Product des Celtes handeln: 
Mencken, Miscell. Lips. nov. Vol. VII. P. I. p. 309 sqq. Klüpfel, de vit. 
et Script. Celt. II. p. H sqq. Hain, Repertor. Bibliogr. Nr. 4845. I. 2. 
p. 86. Aschbach, früh. Wander. des C. Celtes. S. 86. 



232 Leben and Schriften der Humanisten. 

welche wenige Jahre nach der Editio princeps des Seneca, 
Ferrara 1484. fol. erschien, kannten weder Klüpfel 1. c. p. 11, 
noch Endlicher, Rec. über Klüpfel in den Wiener Jahrb. der 
Lit. XLV. 8. 166: („Ref. [Endlicher] war auch nicht so 
glücklich, von dieser allen Bibliographen unbekannten Aus- 
gabe ein Exemplar zu sehen. "*) Aber Erhard a. a. O. S. 137 
gibt an: L. Annaei Senecae Tragoediae Hercules furens et 
Thyestes. Lips. 1487. 4^. — Ort und Jahrzahl sind unter 
der Vorrede des C. Celtes Protucius an den Fürsten Magnus 
von Anhalt bemerkt. Dem Hercules furens wie der Coena 
Thyestis schickt Celtes ein Gedicht anstatt eines Argumen- 
tum oder Prologus voraus; diese Gedichte finden sich bei 
Erhard 8. 137 fl. abgedruckt. — Dass Celtes die Absicht 
hatte, alle 8tücke des 8eneca mit Commentarien heraus- 
zugeben, erfahren wir aus einem Briefe eines Freundes an 
ihn. Er führte diesen Plan aber nicht aus. 

ni. Proseuticon ad divum Fridericum tertium 
pro laurea Apollinari. Norimbergae per F. Kreus- 
ner s. a. [1487]. 4«. 

Die kleine, nur 6 Quartblätter umfassende 8chrift, 
welche zu Nürnberg von Friedrich Kreusner wiederholt im 
J. 1500 gedruckt worden ist und auch einen spätem Ab- 
druck durch G. Meyer unter dem veränderten Titel: Daphne 
Apollinaris. Hamburg. 1615. 8^. erhalten hat, gibt mehrere 
auf des Celtes Dichterkrönung bezügliche 8tücke in Prosa 
und in Versen: 

1. Epistola Conradi Celtis Protucii poetae laureati (d. d. 
Norimberg. VIT. Kai. Maji) ad Georgium Saxoniae -ducem. 

2. Epistola Conradi Celtis ad Fridericum tertium Im- 
peratorem. 

3. Ad divum Fridericum tertium Imperatorem Conradi 
Celtis elegiacum proseuticum pro laurea Apollinari. 

4. Ad imp. Fridericum tertium Conradi Celtis poetae 
laureati gratiarum actio post impositionem poeticae crinalis. 



Celte». 233 

5. Ad Fridericum Caesarem pro laurea. 

6. und 7. Carmina ad eundem. 

8. Carmen ad Principes Germaniae. 

9. Carmen ad Fridericum electorem Saxoniae. 

10. Constellatio Conradi Celtis etcJ) 

IV. Conradi Celtis Panegyris ad duces Bava- 
riae [s. a. et 1. Augsburg. 1492.] 8". 

Diese Schrift, welche nach dem Epigramm des Hen- 
ricus Euticus de Monte Norico auf der Rückseite des Titel- 
blattes die Notiz liefert, dass der Augsburger Magister 
Erhard Radolt ihr Herausgeber oder Drucker war, enthält 
auf 11 Blättern mehrere Stücke: 

1. Praefatio Conradi Celtis ad lectores. 

2. Conradi Celtis Protucii Grermani imperatoris 
manibus poetae laureati Panegyris ad duces Bava- 
riae et Philippum Comitem Palatinum Rheni, dum 
in Ingolstadio donatus fuisset publice stipendio. 
[156 Verse.] 

3. Oratio in gymnasio in Ingolstadio publice recitata 
(mit dem Schlüsse: Dicta a prima elementorum concordia 
6691 [i. e. 1492] pridie Kalendas Septembris. *) 

4. Oda ad Sigismundum Fusilium Wratislaviensem, 
quibus [modis] instituendi sint adolescentes. 

5. Hymnus ad divam dei genitricem pro pace et con- 
cordia principum Germanorum.^) 

1) Vgl. Hain, Repertor. bibliogr. I. 2. p. 85. Nr. 4841. Klüpfel 
1. c. II. p. 11: Burckhardt, de fatis ling. lat. II. 297 sqq., wo die meisten 
Stücke auch wieder abgedruckt sind, und die Abb. über die früh. Wande- 
rungen d. C. Celtes 8. 93 fl. und im Anhang S. 141 fll., wo Nr. 2. 3. 4. 
5 mitgetheUt werden. Nr. 5 kommt auch in der Celtes'schen Odensamm- 
hmg üb. I. od. 1 und Nr. 8 in des Celtes Epod. carm. 1 vor. 

2) Die Panegyris, worüber Hain Repert. bibl. I. 2. p. 85. Nr. 4841. 
Denis, Merkw. d. Gareil. Bibl. S. 238. Klüpfel II. p. 16—20 nachzusehen 
ist, gibt auch Lipowski, Leben der Agnes Bemauerin Münch. 1800, in 
einem incorrecten Abdruck. Die Ode an Fusilius findet sich auch in 
Celt. Odar. lib. I. od. 11. 



234 Leben und Schriften der Rnmanisten. 

V. Epitoma in utramque Ciceronis Rhetoricam 
cum arte memorativa et modo epistolandi utilis- 
simo [s. a. et 1.]. 4^ 

Dieses Werkelien auf 23 Blättern, worüber Hain, Rep. 
bibl. 1. c. p. 86. Nr. 4842 und Klüpfel IL 21—28 nach- 
zusehen ist, wurde im J. 1492 entweder in Ingolstadt oder 
in Augsburg gedruckt und fand später mehrere Wieder- 
abdrücke in Ingolstadt 1532, in Strassburg 1534 und 1568 etc. 
Es liefert folgende Stücke: 

1. Epistola principi divo Maximiliano Romanorum Regi 
semper Augusto mit der Unterschrift: Conradus Celtes 
Protucius etc. ex Ingolstadt quinto Kalendas Apriles a. sal. 
MCCCCXCII. 

2. Epitomatis figura in utramque Ciceronis Rhetoricam 
secundum omnes partes orationis et oratoris et rhetoris. 

3. Epitoma in utramque Ciceronis Rhetoricam cum 
praeceptis et locis constitutionum et orationum. Demonstra- 
tivae, deliberativae et judicialis cum modo epistolandi. 

4. De artificiali memoria, quam vocant artem memora- 
tivam. 

5. Tractatus de condendis epistolis. 

6. Quinque Carmina: 

Ad Georgium Morinum in laudem eloquentiae. 

De Navigatione sua Sarmatica. 

Ad Coetum Ungarorum. 

In Crispinum Glogomurum Balatronem. 

De Coena Myricae. 

Nr. 1 findet sich auch gedruckt bei Burckhardt de fat. ling. 
lat. II. p. 304. Nr. 5 öfter wieder gedruckt: die fünf Car- 
mina Nr. 6 kommen mit veränderten Ueber Schriften auch 
in der Celtes'schen Oden-Sammlung I. 20. IV. 3. II. 2. 
I. 19 u. I. 21 vor. 



^) Ist eine Art Praefatio, welche eine Einleitung über den Gehalt 
und Geist der abgekürzten Ciceronianischen Rhetorik gibt. 



Celteg. 235 

VI. Conradi Celtis vita S. Sebaldi civitatis 
Noricae patroni [s. a. et L] 4^ 

Dieses kleine im Sapphischen Versmasse gedichtete 
Carmen, welches handschriftlich sich auf der Wiener Hof- 
bibliothek Nr. 3307 vorfindet, ist nach KlüpfeFs Ansicht 
p. 32 wahrscheinlich zuerst in Nürnberg zwischen 1492 
und 1494 gedruckt worden. Es ist mit einem den Heiligen 
vorstellenden Holzschnitte von Albrecht Dürer, oder wie 
Thausing (Dürer S. 204) meint, von Wolgemuth ausgestattet. 
Spätere Ausgaben in verschiedenen Schriften kommen vor 
Nürnberg 1496, 1502 und 1509, Strassburg 1511 und 1513, 
Frankfurt 1610, Altdorf 1697, Antwerpen 1737. Das Gedicht 
ist auch in die Celtes'sche Oden- Sammlung aufgenommen 
worden. Um dieselbe Zeit (1492) dichtete Geltes auch eine 
Oda pro felicitate urbis Noricae, die auf einem ein- 
zigen Blatt ohne Jahres- und Ortsangabe erschien. (Vgl. 
Hain, Rep. Bibl. Nr. 4844.) 

VII. Ad Charitatem de familia Pirkhaimerorum 
sanctimonialem ord. S. Clarae Norimbergae profes- 
sam Conradi Celtis Carmen [s. a. et»l.]. 

Das ebenfalls im Sapphischen Versmasse gedichtete 
Carmen, das wahrscheinlich in Nürnberg um 1494 erschien, 
dann aber öfter in verschiedenen Werken (Bologna 1506, 
Nürnberg 1513 und 1515, Frankfurt 1610, Leipzig 1750, 
Wien 1867 und 1868) gedruckt ward, wurde der Charitas 
Pirkheimer gewidmet, als ihr Celtes sein Gedicht Vita 
S. Sebaldi übersandte.^) 

In der Celtes'schen Oden - Sammlung kommt dieses 
Carmen wie manche andere seiner Oden nicht vor. 

Vni. Conradi Celtes Protucii Germani Impera- 
toris manibus poetae laureati de origine, situ, 
moribus et institutis Norimbergae libellus [s. a. et 1.]. 

*) Vgl. Kltipfel II. p. 46 und Aschbach, Roswitha und C. Celtes 
S. 7 und S. 56. 



236 Leben und Schriften der Humanisten. 

Die erste Ausgabe der Nürnberger Stadtgeschichte, 
welche von Celtes schon 1492 oder 1493 geschrieben und 
von dem Nürnberger Schatzmeister Georg Alt in's Deutsche 
übersetzt Nürnberg 1495 herausgegeben worden war, vermag 
man nicht mit Bestimmtheit in Bezug auf das Druckjahr 
anzugeben. Klüpfel (11. 32 fll.) verwirft die angeblich 
im J. 1494 in Parma erschienene als erdichtet. Trithemius 
spricht von der Schrift als geschrieben in seinem literari- 
schen Werke schon im J. 1494: er kannte damals wohl 
nur das Manuscript. Der Lübecker Syndicus Quirinus 
schreibt im J. 1500 an Celtes: Miratus vehementer sum, 
quod in lucem non edis — Norimberge situm et mores. 
Die Vita Celtis, welche um 1492 geschrieben wurde, be- 
zeichnet das Buch als handelnd de situ Norimbergae et de 
ejus institutis et moribus. Im Anhang zu den libris Amorum 
erschien die Schrift Norimberg. 1502, später dann Hagenau 
1518, Francof. 1610, Hannov. 1728. 

IX. Conradi Celtis, Oeconomia, id est, de his 
quae requiruntur ad honestam suppellectilem philo- 
sophi patris familias [s. a. et 1.]. 

Die vier Quartblätter umfassende kleine Schrift, welche 
nicht, wie Endlicher und Hain (Nr. 4843) vermuthen, im 
J. 1497 in Wien bei Winterburger, sondern höchst wahr- 
scheinlich in Nürnberg nach dem J. 1492 gedruckt worden, 
enthält 28 Epigramme, welche grösstentheils auch in an- 
deren Celtes'schen Büchern, namentlich im dritten Buche 
der ungedruckten Epigrammen-Sammlung (vgl. Klüpfel IL 
29 fll.) in gleicher oder etwas veränderter Form vorkommen. 
Am Schlüsse ist beigefügt die Oda ad Musam suam, welche 
auch in der Oden-Sammlung lib. III. od. 4 vorkommt. 

X. Lucii Apuleji Platonici et Aristotelici philo- 
sophi Epitoma divinum de Mundo seu Cosmographia 
ductu Conradi Celtis. Impressum Vienne — per 



Celt«8. 237 

Joannem de hiberna arce haud procul a ripis Rhe- 
nanis et urbe inventrice et parente impressorie 
artis Moguntiaco. *) 

Das zu Wien bei Johann Winterburger im J. 1497 in 
Folio gedruckte, aus 6 Blättern bestehende Werkchen, 
welches höchst selten ist (vgl. Ebert bibliogr. Lex, n. 874) 
liefert an der Spitze folgende Beigaben: 

1. Episodia sodalitatis litterariae Danubianae ad Con- 
radum Celtem, dum a Norico gymnasio ad Viennam Pan- 
noniae concesserat. 

2. Sodalitium Danubianum Episcopum Vesprim. prin- 
cipem sodalitatis elegit. 

3. Conradus Celtis Protucius Triformis Philosophie 
Doctor, Imperatorisq. manibus poeta laureatus, Joanni Fuse- 
manno, Regio Senatori, et Joanni Gracco Pierio Prothonotario, 
sodalitatis litterariae Danubianae principibus S. D. P. [Dat. 
Vienne Kalendas Novembribus orbe nostro Christiane 1497.] 

Die Episodia an Celtes folgen unten im Anhang ab- 
gedruckt. Die Celtes' sehe Ausgabe des Apulejus ist eine 
grosse typographische Seltenheit. Dass der gekrönte Dichter 
den Apulejus schon 1494 zu Memmingen herausgegeben 
habe, wie Hamberger II. p. 348 angibt, ist unrichtig. Des 
Apulejus' Buch de Mundo ist eine Uebersetzung der griechi- 
schen Schrift icept xöffixoü, welche man dem Aristoteles bei- 
legt. Celtes hatte die Absicht, auch noch andere Apulejische 
Schriften zu ediren. Er sagt in der Zuschrift an die beiden 
kaiserlichen Räthe : Valete, reliquos libros Apuleji libros de 
Platonica majestate et sublimitate nostramque de Phoebo et 
Marte mythologiam lecturi. Celtes erfüllte sein Versprechen 



1) Vgl. Denis, Wiens Buchdruck. Gesch. S. 8 fll. Klöpfel IL 27 fll. 
Hölscher, über das Buch des Apulejus de Mundo. Herford 1846. 4. 
Ascbbacb, Roswitha und Conr. Celt. Wien 1868. S. 51. 



238 Leben aad Schriften der Hamanisten. 

nicht. Uebrigens gab es unter den Apulejischen Schriften 
keine mit dem angeführten Titel. ^) Vielleicht meinte Celtes 
damit die Fragmente des Apulejus de dogmate Piatonis 
libri tres, welche aber grossentheils unecht sind 2) und 
welche er in ein Buch verarbeiten wollte, das dem Apulejus 
zugeschrieben werden sollte. Dass sich Celtes „Triformis 
philosophiae doctor" auf dem Titel des Buches nennt, be- 
zieht sich nicht auf seine dreifache Sprachkenntniss des 
Lateinischen, Griechischen und Hebräischen, sondern auf 
die dreifache Eintheilung der platonischen Philosophie in 
philosophia naturalis, moralis und rational is. Der Humanist 
Michael Styrus Transilvanus in einem Brief an Celtes nennt 
ihn tripartitae philosophiae doctor (Cod. epist. Celt. f. 91). 

XL Propositiones domini Cardinalis Nicolai 
Cuse de li Non aliud. Conradi Celtis Carmen secu- 
lare [s. a. et 1.]. 

Die auf 4 Quartblättern in Wien 1500 gedruckte kleine 
Schrift (vgl. Denis, W. Buchd. Gesch. S. 300) enthält zu- 
nächst 20 scholastische Aristotelische Propositionen, welche 
aus der LI. (51.) Proposition in des Cardinal Cusanus Dia- 
logus „de non aliud" (Hontheim hist. Trevir. dipl. IL p. 328) 
entnommen ist. Mit Unrecht zählt Clemens in seinem Buch 
über Nicolaus Cusanus den Dialogus de non aliud zu dessen 
verlorenen Schriften. Das Carmen saeculare, eine Horazische 
Nachahmung, das auch in der Celtes'schen Oden-Sammlung 
abgedruckt ist, gibt 24 Sapphische Strophen an die 7 Pla- 
neten und 12 Zodiakalzeichen mit dem Schlüsse : Haec ego 
in Austriaca cantavi cärmina terra etc. Vgl. Klüpfel IL p. 73. 



1) Teuffei, Rom. Lit Gesch. 2. Ausg. 1872 §. 331. p. 831 fll. 
Mehr als Hildebrandt für die Opp. Apulej. (1842) geleistet, verspricht in 
einer neuen kritischen Ausgabe Luetjohann, Lips. 1876, besonders fiir die 
kleineren Schriften zu geben. 

2) Fr. Adam, de auctor. libri etc. Berolin. 1861 spricht sich für die 
Echtheit aus. 



Celtes. 239 

XII. In hoc libello continentur Septenaria soda- 
litas litteraria Germanie, Ausonii sententie Septem 
sapientum septenis versibus explicate. Ejusdem 
Ausonii ad Drepanum de ludo Septem sapientum. 
Epistola sancti Hieronymi ad Magnum Oratorem 
urbis de legendis et audiendis poetis. — Impressum 
Vienne ductu Conradi Celtis anno M quingentesimo 
seculari. 

Die auf 8 Quartblättern von Job. Winterburger im 
J. 1500 zu Wien von Celtes herausgegebene Schrift (vgl. 
Denis a. a. O. S. 11 ff. Klüpfel II. 167) enthält zunächst 
7 Gedichte: 1. Septem Castrensis Danubianus. 2. Duntis- 
canus Vistulanus. 3. Pomeranus Codoneus. 4. Albinus Lune- 
burgenus. 5. Alpinus Drauanus. 6. Rhenanus Vangioanus. 
7. Necaranus Hercinianus. Jedes Gedicht handelt in 7 Jamben 
über merkwürdige Sieben, wie Planeten, Hügel Roms etc. 
Dieses Stück ist auch in der Celtes' sehen Oden-Sammlung 
lib. Epodon, n. 14, aufgenommen mit einigen Aenderungen. 
Der Titel lautet dort: Septenaria Sodalitas litteraria Ger- 
manie irspl T^<; eßBo[i.aSo;. Nr. 6 hat die Ueberschrift : Rhenanus 
Vangionus et Mosellanus. Die Ausonischen Stücke, welche 
in den früheren Ausgaben des Ausonius von 1472 bis 1497 
nicht vorkommen, hat Celtes entweder aus der Parmesanischen 
Edition von 1499, oder aus einer schlechten Handschrift 
abdrucken lassen.*) 

XIII. Cornelii Tnciti de origine et situ Ger- 
manorum liber incipit [s. a. et 1.].^) 



^) Ueber die ältesten Ausgaben des Ausonius handelt Teuflfel in 
der Literaturgeschichte Roms S. 963. 

2) Der Ingolstädter Magister Jacob Locher Philomusus spricht von 
dieser Ausgabe in einem Schreiben an Celtes d. d. Ingolstadt in diebus 
PaschaUbus 1500 (im Cod. epistol. Celt. fol. 93): Accepi diebus quadra- 
gesimaUbus, mi praeceptor, Cornelii Taciti de origine et situ Gennanorum 
libellum industria tua castigatum et distinctum. 



240 Leben and Schriften der Hamanitten. 

Zweite Ausgabe: 

Cornelii Taciti veridici historici de situ Germaniae et 
incolaruni; ut secla olim ferebant, moribus libellus lecta 
dignissimus. Conradi Celtis Protucii Poetae fragmenta 
quaedam de iisdem scitu admodum utilia : omnibus diligenter 
revisis et castigatis. Impressum est hoc opusculum aecurata 
diligentia Joannis Singrenii calcographi Viennae Pannoniae 
mense Januario MDXV. 

Die erste Ausgabe ist ohne Angabe des Jahres und 
Druckortes auf 14 Quartblätter, wahrscheinlich 1500 in 
Wien bei Johann Winterburger gedruckt; die zweite hat 
22 Quartblätter und gibt noch nachfolgende Stücke, die aus der 
Ausgabe der libri Amorum Norimb. 1502 entnommen sind: 
Conradi Celtis Carmen typographicum de Germania und 
Carmen de Hercyniae sylvae magnitudine (aus der Schrift 
de situ et moribus Norimbergae)J) 

Taciti Germania war schon Bononia 1472 und Venet. 1476 
in Druck erschienen. In Deutschland aber war die Celtes- 
sche Ausgabe der erste Druck: sie liefert nicht den Abdruck 
einer der früher in Italien erschienenen, sondern gab nach 
einer Handschrift den Text, freilich ziemlich unkritisch; 
auch eine nicht sehr geschickte Capitel-Eintheilung ist ge- 
troflfen : Endlicher äussert sich ziemlich wegwerfend über 
den Werth der Edition. Er bemerkt: Die zahlreichen Emen- 
dationen oder besser Cörruptionen scheinen ex ingenio und 
keineswegs aus einem Codex genommen zu sein und zeugen 
von keinem kritischen Sinne. 

XIV. Ludus Dianae in modum Comoediae coram 
Maximiliane Romanorum Rege Kalendis Martiis et 
Ludis Saturnalibus in arce Linciana actus. Im- 
pressus Norimbergae ab Hieronymo Hölzelio cive 
Norenbergensi A. 1501. Idibus Majis. 

») Vgl. Kltipfel II. p. 60 bis 64 nebst Endlicher Rec. a. a. O. S. 169 
über Kltipfel. Denis, W. B. G. S. 132. 



Celtes. 241 

Neuer Abdruck in den libris Amorum Norimb. 1502 
unter dem Titel Ludus Dyanae coram Maximiliano rege. *) 

Celtes dichtete das auf 6 Quartblättern gedruckte 
dramatische Singspiel Ludus DIanae und brachte es zur 
Aufführung am 1. März 1501 auf dem Linzer Schloss in 
Gegenwart Maximilians, seiner Gemalin Maria Bianca und 
des Herzogs von Mailand, unter der Mitwirkung seiner 
humanistischen Freunde zur Feier der Dichterkrönung seines 
Collegen, des Schlesiers Vincentius Longinus Eleutherius. 
Das Drama hatte 5 Acte, worin 24 Personen unter Gesang 
und Tanz mitspielten. Celtes selbst war mit agirend und 
der Hofcaplan und licibarzt Joseph Grünbeck sprach den 
Prolog. Im ersten Act erscheint die Göttin Diana, umgeben 
von Nymphen und ihrem übrigen Gefolge und begrüsst 
den römischen König als ihren Herrn und Meister : es folgt 
dann Gesang und Tanz. Im zweiten Act kommt Sylvanus 
mit Bacchus und Faunen : nach der Recitation folgt wieder 
vierstimmiger Gesang, Citherspiel und Blasinstrumen ten- 
Musik mit Pfeifenbegleitung. Der dritte Act liefert die 
Hauptscene. Des Celtes College, der Dichter Longinus 
Eleutherius, erscheint als Bacchus mit dem Thyrsos : er stürzt 
zu den Füssen des Kaisers und bittet um den Lorbeerkranz. 
Worauf sich der Kaiser erhebt, dem Dichter den Fried ens- 
kuss und den Jaspis-Ring gibt und sein Haupt mit dom 
Lorbeer bekränzt, hierauf der Chor der Bacchantinnen einen 
Dankgesang anstimmt. Den vierten Act leitet der betrunkene 
und stammelnde Silenus auf einem Esel mit leerem Wein- 
schlauch ein und Diener credenzen dann in goldenen Bechern 
und Schalen den Wein, der unter Pauken- und Hörnerschall 
auf das Wohl des Fürsten getrunken wird. Im Schlussact 
tritt Diana nochmals auf und zwar im Gefolge Aller, die 



1) Vgl. Klüpfel II. 96 fll. und dazu Endlicher, Recension. Kaltenbäck, 
Österreich. Zeitschr. für Gesch. I. 3. 4. Kink, Gesch. der Univ. Wien I. 
199, n. 231. 

V. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 16 



242 Leben und Rchrifken der Humanisten. 

mitgespielt hatten , um vom Fürsten und seiner G-emalin 
sich zu verabschieden und dann in den Wäldern zu ver- 
schwinden. 

XV. Opera Hrosuite illustris virginis et monialis 
germane gente Saxonica orte, nuper a Conrade Gelte 
inventa. Impressum Norimbergae sub privilegio 
sodalitatis Celtice a senatu Romani Imperii im- 
petrate (sie) et A. quingentesimo primo supra mille- 
simum. [Fol. mit 8 Holzschnitten, Hrosuita, Geltes und 
6 Hauptpersonen der Komödien darstellend.] 

Reihenfolge der Stücke: 

1. Praefatio epistolaris ad Fridericum ducem 
Gonradi Geltis. 

Schluss : Ex Norimberga Praetoria Augusta. . 

2. Sodalitatis litterariae Epigrammata in opera 
Hrosuite. 

Joannes Dalburgius, Wormatiensis Episcopus. 

Joannes Trithemius, Abbas in Spanheim. 

Heinricus de Bunaw. 

Hölolykos de Stein, alias Eytelwolf. 

Bilibaldus Pirkhamer, Norimbergensis. 

Joannes Tolophus, Praepositus. 

Joannes Q-roninger. . 

Joannes Werner. 

Martinus Melierstadt, alias Polichius, medicus. 

Conradus Geltes. 

Joannes Lateranus. 

Joannes Stabius, mathematicus Ingolstadiensis. 

Urbanus Prebusinus. 

Sebastianus Sprentz. 

3. Gomoediae sex in aemulationem Terentii. 

[1. Gallicanus. 2. Dulcitius. 3. Galimachus. 4. Abraham. 
5. Paphnutius. 6. Sapientia.] 

4. Octo sacrae historiae versibus elegiacis. 



Celtes. 243 

[1. Historia nativitatis — Dei genitricis. 2. De Ascen- 
sione Domini, 3. Passio s, Googolfi. 4. Passio s. Pelagii. 
5. Lapsus et conversio Theophili. 6. Historia Proterii. 
7. Passio s. Dionysii. 8. Passio s. Agnetis.] 

5. Panegyricus versibus heroicis in laudem 
Ottonis Magni primi in Germania imperatoris. 

Druck nach einem scheinbar alten Codex, mit Ver- 
änderungen, Zusätzen und Weglassungen. Ein incorrecter 
Abdruck der ersten Ausgabe ist gemacht von H. L. Schurz- 
fleisch. Wittenberg 1707. K. A. Barack hat eine kritische 
Ausgabe der Werke der Hrotsvitha mit Vergleichung der 
Pommersfelder Abschrift, Nürnberg 1858 geliefert, aber 
ohne die Praefatio des Celtes, ohne die Epigramme der 
rheinischen Sodales und die Argumenta der Legenden. 

Celtes Hess aus einem angeblich von ihm aufgefundenen 
alten Codex, der früher zu Regensburg dem St. Emmerams- 
kloster gehörte und gegenwärtig auf der Münchener Hof- 
bibliothek aufbewahrt wird, die Werke der Gandersheimer 
Nonne Roswitha in Druck herausgeben. Aschbach bestreitet 
in einer Abhandlung (Roswitha und Conrad Celtes. Wien 
1867 und 2. A. Wien 1868) nicht nur die Echtheit der 
Rojswitha' sehen Werke, sondern suchte auch darzulegen, dass 
sie von Celtes und einigen seiner humanistischen Freunde 
fabricirt worden seien. Diese Behauptung veranlasste eine 
heftige literarische Fehde. R. Köpke (Hrotsuit von Ganders- 
heim, Berlin 1869) sucht nicht nur Celtes von jedem Ver- 
dachte einer Fälschung freizusprechen, sondern bestreitet 
auch die Angriffe auf die Echtheit der Roswitha' sehen 
Schriften ; er ist bemüht, die Gandersheimer Nonne in jeder 
Beziehung zu glorificiren. Er führt die Sache wie ein 
Rechtsanwalt, um einen Process zu gewinnen, nicht wie ein 
unbefangener Kritiker, dem es einzig und allein um die 
wissenschaftliche Ermittelung der Wahrheit zu thun sein 

soll. Nach Köpke's Ansicht war die sächsische Nonne 

16* 



^44 Leben und Schriften der Humanisten. 

mitten in einer halbbarbarischen Zeit ein seltenes Genie, 
das mit der gelehrten Bildung in der alten classischen 
Literatur Kenntniss des Piatonismus und der scholastischen 
Theologie verband und dabei auch in mehrfacher Hinsicht 
als eine emancipirte Frau selbst der Kirche gegenüber zu 
betrachten sei. Natürlich entzieht sich dann ein solches 
Weltwunder als incommensurable Grösse der Beurtheilung 
nach gewöhnlichem Massstabe. 

Die Holzschnitte, welche den Opp. Roswithae bei- 
gegeben sind und gewöhnlich als von A. Dürer herrührend 
bezeichnet werden, spricht Thausing (Dürer S. 205), als dem 
Nürnberger berühmten Künstler nicht würdig, diesem ab. 

XVI. Erster Holzschnitt, Titel: 
Conradi Celtis Protucii primi inter Germanos Im- 
peratoris manibus Poete laureati quatuor libri 
Amorum secundum quatuor latera Germaniae feli- 
citer incipiant. Quatuor urbes tetragonales Ger- 
manie ad quatuor latera eius: eiusdem ferme Longi- 

tudinis et Latitudinis. 

Dann in einem Blumenkreise: 

Ratisbona Danubius Meridies Juventus 
Boemia Albis Fluvius 

Moguncia Rhenus OccasusSenectus (jjfjujjj Croca Vistula Oriens Adolescentia 

Lubecum Sinus Codanus Nox Mors. 



Quum tot jam nutriat tellus Germana poetas, 
Student qui cunctis spargere metra plagis, 

Cur ego ter quinum tacui qui Celtis in annum 
Non ausim nostros in orbe libros. 

Zweiter Holzschnitt: Kaiser Maximilian mit dem vor ihm 
knienden Dichter darstellend. 

Qui maledicit Principi suo morte moriatur. Ex. XXI. 

Zuschrift an Kaiser Maximilian : Panegyrici pars prima. 

Schluss : Ex Norimberga diversorio nostro litterario 
aedibus Villibaldi Pirkhamer. 



Celtes. 245 

Dritter Holzschnitt: Die Philosophie auf dem Thron, 
behangen mit 5 Medaillons : Ptolemaeus, Plato, Cicero, Vir- 
gilius und Albertus Magnus darstellend. 

Vierter Holzschnitt: Der schreibende Celtes, umgeben 
von Göttern und Musen, über ihm seine ChijQEre ( ) i. e. 
Conrad Celtes Protucius Poeta. 

Die Holzschnitte sind von Albrecht Dürer nach An- 
weisung des Nürnberger Chronisten Hartmann Schedel und 
des Dichters selbst. Vgl. A. Ruland, die Entwürfe zu den 
Holzschnitten der Werke des C. Celtes im Archiv für 
zeichnende Kunst. H. S. 254 — 300 und Thausing, Dürer 
S. 206. Derselbe behauptet, nur das Porträt von Celtes sei 
von Dürer, die andern Holzschnitte von Wohlgemuth. 
Unter dem dritten Holzschnitte befindet sich die Chiffre 
des Künstlers. 

Reihenfolge der ausser dem Panegyricus auf Maximilian 
im Buche aufgenommenen Stücke: 

1. Vincentii Longini Eleutherii in Confradi] C[eltis] 
Novenarium Lyra. 

2. Index eorum, quae continentur in hoc Volumine. 

3. Libri IV Amorum secundum quatuor latera Ger- 
manie versibus elegiacis. 

Lib. I. Hasilina Sarmata. IL Elsula Norica. III. Ursula 
Rhenana. IV. Barbara Cymbrica. 

[Mit vier auf die betreffenden Länder bezüglichen 
Holzschnitten.] 

4. Generalis Germanie descriptio carmine heroico. 

Schluss: Anno millesimo quingentesimo et novi seculi 
secundo Kalendis Februariis. In anno vitae meae XLIII. 

5. Liber de situ et moribus Norimberge et magnitudine 
Hercynie sylve. 

6. Hymnus de vita S. Sebaldi Norimbergensis Patroni. 



246 Leben und Schriften der Hamanisten. 

[Ein Bild, den heiligen Sebaldus, ein anderes, Phoebus 
und Daphne darstellend.] 

7. Ludus Dyanae cor am Maxmyliano Rege. 

8. Copia buUae regiae erectionis collegii poetarum et 
mathematicorum in Vienna. 

9. Panegyricus Vincentii Longini pro eodem erecto col- 
legio carmine heroico. 

10. Epistola Sebaldi Clamosi. Noriinberg. Kalendis 
Mart. 1500. 

11. Epistola C. Celtis ad Sebaldum Clamosum. Viennae. 
Kai. Febr. 1502. 

Schluss: Absoluta sunt haec C. C. opera in Vienna 
domicilio Max. Aug. Caesar. Anno MD novi seculi II. Kai. 
Febr. Impressa autem Norimbergae eiusdem anni Nonis 
Aprilibus. 4. ^) 

An den libris Amorum oder den Reisebildern arbeitete 
Celtes über zehn Jahre lang: sie lagen schon grossentheils 
dem Sponheimer Abt Trithemius, als er im J. 1494 seine 
Schrift: De Script, ecclesiasticis herausgab, vor; einzelne 
Theile daraus waren abschriftlich, wie die Peregrinatio Sar- 
matica, ja manche sogar durch den Druck schon verbreitet. 
Der Verfasser der Vita Celtis, der die Biographie nicht 
beendigte und sie nicht bis zu des Celtes Uebersiedlung 
nach Wien (1497) führte, kannte schon den Inhalt und die 
Anlage der libri Amorum. Es heisst darin: Scripsit — 
libros Amorum quatuor secundum vitae circulos, ut Pytha- 
gorici tradunt, et secundum quatuor Germaniae latera, ut 
illam ab occasu Rhenus, a septentrione Codanus et mare 
Germanicum, ab ortu Vistula, a meridie Danubius et Alpes 
claudunt, observatis maxime gentium moribus et locorum 
naturis, fluminibus, lacubus, sylvis et urbibus insignioribus. 



Vgl. Kltipfel II. 101. Denis, Merkwürd. der Garell. Bibl. S. 422. 
Aschbach, die früheren Wanderjahre des Con. Celtes. S, 98 — 186, 



Celtes. 247 

Aehnlich schreibt darüber der Lübecker Syndicus Quirinus 
(im Cod. epistol. Celtic. üb. X. ep. 20). 

Wie Celtes in seineu Oden den Horaz nachahmte, so 
nahm er sich bei den libris Amorum den Ovid zum Vor- 
bilde. Daher flocht er in die Beschreibung Deutschlands, 
seiner geographischen Beschaflfenheit, seiner Sitten und Ge- 
bräuche vielfach Erotisches ein. Er widmet den vier Frauen, 
welchen er bei der Bereisung der vier Haupttheile Deutsch- 
lands seine Liebe zugewendet, die einzelnen Partien seines 
Werkes: er schildert in ihren Eigenschaften zugleich die 
besonderen Eigenthümlichkeiten der einzelnen Stämme. 
Oflfenbar enthalten die Schilderungen von seinen Freuden 
und Leiden, welche aus seinen wechselvollen Liebesverhält- 
nissen entsprangen, Wahrheit und Dichtung; die Sarmatin 
Hasilina, die Süddeutsche Elsula, die Rheinländerin Ursula 
sind nicht blos poetische Figuren, sondern beruhen auf 
wirklichen Persönlichkeiten, welche der Dichter auf seiner 
Reise in den verschiedenen Ländern zwischen Weichsel 
und Rhein, zwischen der Donau und der Ostsee kennen 
gelernt hatte. Sqine oft frivolen und schamlosen Schilde- 
rungen, welche an Schlüpfrigkeit die Ovidischen noch 
übertreffen, sucht der Dichter in sonderbarer Weise zu 
entschuldigen, dass unverhüllte Darstellung der Aus- 
schweifungen vor den Abwegen und Gefahren einer zügel- 
losen Sinnlichkeit am besten zu schützen vermöchten. 

XVIL In hoc libello continentur: Divo Maximiliane 
Augusto Conradi Celtis patlwS'.a laudes et victoria 
de Boemannis per septem Electores et Regem, Phoe- 
bum, Mercurium et Bacchum et novem Musas per- 
sonatas, publice spectaculo Viennae acta anno 
MDIIIL Divo Maximiliane sodalitatis litterariae 
collegii poetarum in delectu publice per classes 
decantatae et recitatae laudes pro erectione eius- 
dem collegii. 



248 Leben nnd Schriften der Humanisten. 

Schluss: Finiunt panegyrici decantati divo Maximlliano 
Augusto per sodalitatem literariam Danubianam censoribus 
Conrado Peutingero, Joanne Foeniseca, Sebastiano'Sperantio : 
impressi autem Augusta Vindel. per Magistrum Joannem 
Otmar sub privilegiis regis, ne quis in decem annis illa 
imprimat in urbibus imperii et regiae majestatis terris. 
Anno MDV. 

Die mit Holzschnitten versehene, auf 11 Quartblättern 
gedruckte Schrift, die in doppelter Ausgabe 1505 erschienen 
und von Klüpfel U. 109 fll. und Endlicher S. 168 be- 
sprochen worden ist, enthält folgende Stücke: 

1. Duo Epigrammata ad divum Maximilianum. 

2. Duae Epistolae ad Augustinum Moravum. 

3. Eiusdem Epistola ad C. Celtem. 

4. Rhapsodia sive spectaculum ludusve scenicus. 

5. Celtis epigramma de Jo. Huss. [Fehlt in der einen 
Ausgabe: Quod anser interpretatur.] 

6. Celtis Ode adBohuslaum Hassenstein de situPragae etc. 

7. Sodalitatis litterariae Viennensis CoUegii et instructae 
classes unacum epistola Celtis ad Imperatorem, qua reddit 
rationem studiorum et musarum suorum. 

8. Celtis Epigramma adversus obtrectatorem. 

9. Juvenum carmina eucharistica pro instituto poetarum 
CoUegio. 

10. Jo. Sturni Carmen ad C. Celtem. 

11. Distichon: Oraculum ApoUinis ad Celtem. [Fehlt 
in der einen Ausgabe.] 

Die Schrift ist besonders für die Geschichte des Dichter- 
Collegiums wichtig: man erfahrt daraus, dass dasselbe in 
drei Classen eingetheilt war; im Jahre 1505 hatte eine jede 
vier Alumnen und zwar waren Sodales litterarii coUegii 
primae classis: 



Celtes. 249 

Eustachius Neophorus, Esslingus. 

Thomas Aretius, Cremisanus [Resch — Velocianus — 
aus Krems, später Professor an der Univ. Wien]. 

Hieronymus Pius Baitungus [Professor später in Frei- 
burg im Br.]. 

Pancratius Vulturinus Silesianus fLicentiat der Theo- 
logie in Neisse]. 
Secundae classis: 

Georgius Borius Cecianus [d. i. von Zeiselmauer bei 
Klosterneuburg] . 

Joannes Panaetius, Boemanus [1505 poeta laureatus]. 

Joannes Menanus, Ostrofrancus [später Pfarrer in 
Ottakring, Johann Greul Menanus genannt]. 

Clemens Bonicampius, Carneolanus. 
Tertiae classis: 

Adam Seragus, Necaranus. 

Joannes Volscus de Zuola, ßemus. 

Nicolaus Musophilus, Phorciensis [Nie. Gerbel von 
Pforzheim, der Biograph Cuspinians]. 

Christophorus Apitius, Maierhofanus. 

XVIII. Melopoiae sive Harmoniae tetracenticae 
super XXII genera carminum heroicorum elegia- 
corum, lyricorum et ecclesiasticorum hymnorum 
per Petrum Tritonium et alios doctos sodalitatis 
litterariae nostrae musicos secundum naturas et 
tempora syllabarum et pedum compositae et regu- 
latae ductu Chunradi Celtis feliciter impressae. ^) 

Carminum dulces resonemus odas 
Concinant laeti pueri teueres 
Et graves fauces cythara sonante 
Temperet alter. 



') Wenn auch die Composition und der Notendruck von Tritonius 
und Oglin herrührt, so ist doch als der eigentliche Herausgeber der 



250 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Optime musiphile; Btrophos id est repetitiones carminum; 
coUisiones syllabarum, conjugationes et connubia pedum pro 
affectu animi; motu et gestu corporis diligenter observa. 

Vorstehender Titel in Form eines Bechers gesetzt, da- 
neben rechts Grate r, links Bachi beigefügt. Dazu kommen 
noch unterhalb ein Hexastichon Chunradi Celtis ad muso- 
philos und ein Tetrastichon ad Jordanum Modulatorem 
Augustensem. 

Es folgen dann die Titel der duo et viginti genera 
carminum mit einem Verzeichniss der Namen der in Musik 
gesetzten Versarten der meist aus Horaz und Geltes ge- 
nommenen Gedichte. 

Ferner eine sapphische Ode mit der Aufschrift: Bene- 
dictus Chelidonius Norimber. ad C. Gel. und Holzschnitt, 
den Parnass mit Apollo und andere Gottheiten darstellend. 

Es kommen sodann auf den nächsten Blättern die für 
die Arien in Kupfer gestochenen Choralnoten (Notulae 
musicae ad quas exigendus cantus IV vocum) und zwar 
auf fünf Linien. Discant und Tenor stehen auf der einen, 
Alt und Bass auf der andern Seite sich gegenüber. Nach 
den weltlichen Carmina werden die Kirchenhymnen (hymni 
ecclesiastici) mit ihren Metris vorgeführt und ein Lob von 
C. Geltes in einem Epigramm für den Noten Stecher bei- 
gefügt: Impressum Augusta Vindelicorum ingenio et in- 
dustria Erhardi Oglin, expensis Joannis Riman, alias de 
Ganna et Oringen. Ad Erhardum Oglin impressorem: 

Inter Germanos nostros fuit Oglin Erhardus, 
Qui primus nitidas pressit in aeris notas 

Primus et hie lyricas expressit carmine musas 
Quatuor et docnit vocibus aere cani. 



musikalischen Schrift Conrad Celtes anzusehen und es können die Melopoiae 
wohl füglich einen Platz unter seinen Schriften erhalten. 



Celtes. 251 

Angehängt findet sich : Theodorici Vlsenii Phrisii medici 
et poete laureati ad Chunradum Celtem Carmen. Darunter 
Plaudite musae. Impressum anno [M] sesquimillesimo et VII. 
Auguste. 

Von den zwei beigefugten Imagines liefert der eine 
Holzschnitt den Apollo mit der Geige unter einem Lorbeer- 
baum^ der andere Phoebus mit der Lyra und Jupiter in den 
Wolken, zu dessen Seite Mercurius und Pallas : im Umkreis 
die neun Musen. Darunter die Insignia des Celtes. 

Die auf 10 Folioblättern gedruckte Schrift, welche auf 
des Celtes Veranlassung von Petrus Tritonius, Magister der 
Brixener lateinischen Schule, herausgegeben worden, ist 
für die Geschichte der Musik ein höchst merkwürdiges 
Stück, das nur äusserst selten sich noch auf Bibliotheken 
vorfindet. Eine zweite Ausgabe der Schrift auf 21 Quart- 
blättern (ohne Holzschnitte und mit Weglassung einiger 
Stücke) erschien in demselben Jahre ebenfalls in Augsburg 
unter dem Titel : Harmoniae Petri Tritonii super odis Horatii 
Flacci. Denuo impressae per Erhard um Oglin. Augustae 
1507 vicesima secunda AugustiJ) 

Auf der Wiener Hof bibliothek befinden sich beide Aus- 
gaben in wohlerhaltenen Exemplaren. 

Der Tiroler Petrus Tritonius Athesinus aus Brixen war 
ein Humanist, der in Padua seine Studien gemacht und 
dann in seiner Vaterstadt einer lateinischen Schule vorstand. 
Er war Magister der freien Künste und ein in den classi- 
schen Schriftstellern belesener Gelehrter, der unter den 
Musikfreunden und Componisten seiner Zeit einen Ruf 
hatte. Mit Celtes stand er in Briefwechsel, wie die im 

^) Vgl. Zapf, Augsburg. Buchdruck. II. 25 fl. Denis, Merkw. der 
GareU. Biblioth. S. 566 fll. Klüpfel II. p. 128 fll. mit Endlicheres Be- 
merkungen in der Rec. über Klüpfel S. 169 fll. Budik in Riedler, Oesterr. 
Archiv. 1832. II. S. 319. 



252 Leben und Schriften der Humanisten. 

Codex epistolaris Celticus befindlichen beiden Schreiben aus 
den Jahren 1501 und 1503 an Geltes zeigen. Der gekrönte 
Dichter zog ihn später nach Wien und er wurde daselbst 
Mitglied der gelehrten Donaugesellschaft. Denis deutet die 
Worte Sodalitatis litterariae nostrae auf dem Titel der 
Melopoiae nicht richtig auf die Sodalitas Bojorum. Nach 
des Celtes Tod kehrte Petrus Tritonius in sein Vaterland 
zurück und leitete die lateinische Schule in Bozen. 

XIX. Conradi Celtis carmina de diversis et 
inutilibus studiis et inanibus curis cum Epistola 
Luciferi ad malos principes ecclesiasticos [s. a. et 1.]. 

Die kleine Schrift in 4^, welche auch später öfter ge- 
druckt wurde, erschien wahrscheinlich zuerst in Wien, jeden- 
falls vor dem J. 1508. Klüpfel macht von diesen Carmina 
des Celtes keine Erwähnung: dagegen ergänzt ihn End- 
licheres Rec. S. 169. Die in den libris Amorum lib. IIL 
eleg. 10 und lib. IV. eleg. 16 vorkommenden Carmina de 
diversis diversorum studiis sind mit den vorgenannten Gte- 
dichten nicht zu verwechseln. 

Früher ungedruckte Gedichte, Epigramme und Briefe 
des Celtes sind aus einem Codex des Nürnberger Huma- 
nisten Sebaldus Clamosus (Schreyer) in Theoph. Sinceri 
Bibl. bist. crit. oder Analecta litter. von lauter alt. und rar. 
Büchern, Nürnberg 1756, S. 348 flf., mitgetheilt. Auch in 
den Deliciis Poetar. Germanor. P. II kommen einige 
Celtes'sche Gedichte vor. 

XX. Guutheri Ligurini de gestis imperatoris 
Caesaris Friderici primi Augusti libri decem car- 
mine heroico conscripti, nuper apud Francones in 
sylva Hercynia et Druidarum Ebracensi coenobio 
a Conrado Celte reperti, postliminio restituti. 
August. Vindel. per Erhard. Oeglin. 1507 mense 
Aprile. Fol. 



Celtes. 253 

Enthält : 

1. Praefatio Sodalium litterariorum, qui Augustae dege- 
bant. (Marquardus de Stain, Matthaeus Marschalck, Bern, 
et Conr. A3elman de Adelmansfeldeo, Canonici August., 
Conradus Peutinger et Georgius Herbart.) 

2. Carmen Conradi Celtis ad Ligurinum. 

3. Argumenta librorum X. 

4. Conradi Celtis Epigram ma ad Jo. Ryman. 

5. Opus ipsum sive libri X. Günther! poetae de 
rebus Friderici Imperatoris gestis potissimum in 
Liguria. * 

6. Epistola Conradi Peutingeri ad Maximilianum Impe- 
ratorem. 

7. Epistola Friderici I. Imperatoris ad Ottonem Episcop. 
Frisingensem. 

8. Conrad. Peutingeri dissertatio historica de ortu, genere, 
posteris Friderici I. Imperatoris. 

Ueber die beigefügten Holzschnitte von A. Dürer han- 
delt Thausing Dürer. S. 209. 211.0 

Streng genommen gehört der Guntherus Ligurin us 
nach der bisher herrschenden Ansicht nicht zu den Schriften, 
welche unter den Werken des Celtes einen Platz finden 
können. Früher stand es fest, dass Celtes der Auffinder des 
Gedichtes gewesen und es Peutinger und anderen Freuüden 
in Augsburg zur Herausgabe mitgetheilt habe (Klüpfel II. 
123 fll.). Allgemein wurde im 16. und 17. Jahrhundert das 
Werk für die Schrift eines mit Kaiser Friedrich I. gleich- 
lebenden Dichters gehalten Erst Senckenberg 2) behauptet 



^) Spätere Drucke: Joh. Schott, ed. Gunth. Ligur. etc. c. not. Jac. 
Spiegelii. Accedant Rieh. Bartholini Austriados libb. XII. Argentor. 1531. 
fol. Pithoeus ed. unac. Ottone Frising. Basil. 1569. fol. Just. Reuber. 
Script, veter. Francof. 1584. fol. u. ib. 1726. Ausg. v. Dümge, Heidel- 
berg 1812. 8. 

2) Conjecturae de Gunthero Ligurino scriptore supposititio in den 
Parerga sive access. ad omnis generis eruditionem; Gott. I. 3. S. 149. 



254 Leben und Schriften der Hnmanisten. ' 

im J. 1737 ihre Unechtheit. Jacob Grimm,') Pertz,2) Stalin,^) 
Wattenbach, ^) Aschbach, •^) Köpke ^) sprachen sich mit grosser 
Entschiedenheit für die Unechtheit aus: nur wenige Stimmen, 
wie Dümge,'') Erhard und Ruland vertheidigten die Echtheit. 
Wattenbach erklärte sich dahin : „Das Gedicht Ligurinus 
ist jedoch ohne Zweifel unecht und vermuthlich von Geltes, 
der es im Kloster Eberach gefunden haben wollte, selbst 
verfasst; ein merkwürdiges Zeichen, wie gut es ihm gelungen 
war, eine lebendige Anschauung der mittelalterlichen Zustände 
sich zu erwerben. Der Zweck des Gedichtes ist die Verherr- 
lichung des alten deutschen Reiches und es schliesst sich 
den echten Quellen so genau an, dass aus der Benützung 
nur geringer Schaden erwachsen ist. — Es ist nur eine 
Paraphrase von Otto von Freisingen und seinem Fortsetzer 
Radevicus (Ragewin)." Damit stimmt auch ganz überein 
Potthast (Bibl. bist. med. aevi p. 357): „Eine poetische Schul- 
übung, die durch geschickte und talentvolle Behandlung des 
Stoffes noch heute ihren usurpirten Platz in der geschicht- 
lichen Litteratur behauptet." 

In der neuesten Zeit ist A. Pannenborg in einer 
Abhandlung: „Ueber den Ligurinus" (Forschungen zur 
deutschen Geschichte. Bd. XI. Heft 2. S. 161 fll.) für die 
Echtheit eingetreten, und Wattenbach, der ganz und gar 
von seiner frühern Ansicht abgekommen, ist in einer Re- 
cension über Pannenborg's Schrift unter dem Titel: „Die 
Ehrenrettung des Ligurinus" (H. v. Sybel, bist. Zeitschrift. 
Bd. 26. S. 386 fll.) in das gegnerische Lager übergetreten. 

*) Gedichte des Mittelalters. S. 14. 

2) Steins Leben V. 266. Archiv X. 86. 

3) Würtemberg. Gesch. II. 22. 

*) Deutschlands Geschichtsquellen S. 3. 
6) Roswitha und Conr. Celtes. Wien 1868. S. 47. 
6) Köpke Hrotsuit. Berl. 1869. Anh. S. 260-278. 
') Dümge in seiner Ausgabe des Lignrin. Heidelberg 1812, in der 
Vorrede. 



Celtes. 255 

Nur in dem Punkte, dass Guntherus ein italienischer 
Dichter des 12. Jahrhunderts gewesen, nicht ein deutscher, 
will er nicht beistimmen. Auch dass Otto von Freisingen 
und Ragewin die Grundlage des Gedichtes bilden, wird fest- 
gehalten. Im Ganzen ist auf die Ansicht von Dümge 
wieder zurückgegangen. — In der dritten Ausgabe der 
deutschen Geschichtsquellen liefert Wattenbach S. 201 noch 

weiter einen Excurs über die Sache. 

« 

Es ist hier der Ort nicht, auf die Streitsache näher ein- 
zugehen; es wird genügen, auf ihren Stand hingewiesen 
zu haben. Die Streitfrage ist durch Pannenborg's Schrift 
keineswegs zur Entscheidung gebracht. 

XXI. Conradi Celtis primi in Germania coro- 
nati poetae libri Odarum quatuor cum Epodo et 
seculari carmine diligenter et accurate impressi et 
hoc primum typo in studiorum emolumentum editi. 
Argentorati ex officina Schureriana ductu Leonardi 
et Lucae Alantsee fratrum. A. 1513. Mense Majo. 4<^. 

Das mit Holzschnitten versehene Buch enthält in nach- 
stehender Reihenfolge die einzelnen Theile: 

Epistola Joachimi Vadiani. 

Epigrammata. 

Epistola Thomae Velociani. 

Conradi Celtis per sodalitatem litterariam Rhena- 

nam vita. 
Libri Odarum quatuor. 
Liber Epodon. 
Carmen seculare. 
Epistola Thomae Velociani de Celtis obitu et quae- 

dam sodalium carmina et inscriptio sepulcralis. ^) 



«) Vgl. Klüpfel II. 134—139. Erhard II. 142 fl. Denis, Merkw. 
der Garell. Bibl. II. S. 422 fll. Ueber die Seltenheit des Werkes vgl. 
Engel, Bibl. Select. p. 41. 8chellhom, Amoen. Lit. III. p. 144. — Vita Celtis: 



256 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Die Odensainmlung ist erst nach des Celtes Tod von 
seinem humanistischen Schüler und Freunde Thomas Velo- 
cianus (Resch) in Strassburg 1513 im Verlage der Wiener 
Buchhändler Gebrüder Alantsee nach dem auf der Wiener 
Universitäts-Bibliothek befindlichen handschriftlichen Nach- 
lasse veröflFentlicht worden. Erhard ist im Irrthum, wenn 
er behauptet, es habe schon eine frühere Ausgabe, die 1502 
in Nürnberg erschienen, existirt; er verwechselt offenbar mit 
der Odensammlung die libri Amor um quatuor. Einzelne 
Oden waren allerdings gelegentlich früher schon von Celtes 
durch den Druck veröffentlicht worden, so das Carmen 
seculare (bei den Propositiones Cardinalis Cusae im J. 1500, 
vgl. Hain, Report, bibliogr. I. 2. p. 86), die Ode ad ApoUi- 
nem in der Ars versificandi 1486, die Ode an Kaiser Fried- 
rich III. etc., der Hymnus ad divam dei genitricem etc. 

An seinen poetischen Productionen, welche drei beson- 
dere Theile: die libri Amorum quatuor, die libri Odarum 
quatuor und die libri Epigram matum quinque umfassten, 
arbeitete Celtes einige Lustra hindurch; es waren Nach- 
ahmungen der römischen Dichter Ovid, Horaz und Ausonius. 
In den Oden ahmte er den Horaz in den Aufschriften der 
libri IV Odarum, Epodon und Carmen Saeculare, wie auch 
in den Versmassen nach. Bei den einzelnen Büchern der 
Oden lässt sich auch die Zeit ihrer Entstehung nachweisen. 
Das erste Buch enthält 28 Oden auf die Zeit von der 
Dichterkrönung bis auf die Rückkehr aus Polen, das zweite 
30 bis zur Berufung nach Ingolstadt, das dritte 28 während 
seines Aufenthaltes daselbst, und das vierte 10 während 
seines Wiener Aufenthaltes. Freilich ist bei manchen Ge- 
dichten eine spätere ergänzende Hand nicht zu verkennen. 
Das Buch der 18 Epoden enthält Gedichte aus den ver- 



(Scripsit) libros Carminum totidem (i. e. quatuor) Horatium maxime 
»ecutus in Lyricis (Odis) et Epodis: libros Epigrammatum quinque. 



Celtes. 257 

schiedenen Zeitperioden. Die vier Bücher Oden entsprechen 
auch in einiger Beziehung den libris Amorum, welche nach 
den Namen der vier Geliebten des Celtes bezeichnet sind. 
Im ersten Buche wird in den Oden 3, 6, 10, 14, 15, 22 
die Hasilina, welcher das erste Buch der Amores gewidmet 
ist, besungen; in dem zweiten Odenbuche wird Ode 5, 7 
und 24 die Elsula, wornach der liber secundus Amor um 
benannt wird, gefeiert; im dritten Buche der Oden Nr. 3, 
7, 13, 16, 17 erscheint die Ursula, die dem dritten Buche 
der Amores den Namen gibt. Nur für die Barbara kommt 
im vierten Buche, das vielleicht noch nicht als abgeschlossen 
zu betrachten ist, keine Ode vor. Aber auch in dem spätem 
fünften Gredichte der Epoden wird nur die dreifache Liebe 
des Dichters erwähnt, ohne dass der Barbara gedacht wird. 
Auch in Bezug auf Länder und Nationen wird in den drei 
ersten Büchern ein unverkennbarer Unterschied gemacht; 
die Oden im ersten Buche sind ausser an Kaiser Fried- 
rich in. (1487) besonders an die Humanisten* in Polen,*) 
im zweiten an die ungarischen und norischen Sodales,^) im 
dritten an die rheinischen Freunde 3) und Grönner gewidmet. 



^) Janus Canusius, Andreas Pegasus, Philippus Callimachus, Sigis- 
mundns Fusilius, Albertus Brutlew, Ursus Medicus, Salemnius Delius, 
Georg Morinnus, Statilius Simonides. 

2) Benedict Tichtl, Graccus Pierius, Xystus Tucher, Bernhard Wald- 
kirch, Janus Tolophus, Andreas Stiborius, Georg Codes, Cumanus Athesi- 
nus, Lamberg Frisingius, Georg Czyngl, Sebald Clamosus, Hieronymus de 
Croaria. 

3) Johann Dalberg, Battus Minucius, Johann Vigilius, Johann Melber, 
Georg Herbard, Wilhelm Mommer, Hartmann v. Eptingen, Bernhard Walter, 
Johann Reuchlin, Ulrich Zasius, Theodorich Gresraunde, Johann Trithe- 
mius. — Schlosser's Urtheil (Weltgesch. IX. S. 437) über des Celtes Ge- 
dichte ist zum Theil unrichtig: „Die in Strassburg 1613 [statt 1513] er- 
schienene Ausgabe," sagt er, „enthält nur anständige Oden und Epi- 
gramme; in der andern, welche 1502 in Nürnberg gedruckt wurde, finden 
sich vier Bücher schmutziger Elegien". Denis a. a. O. S. 424 er- 

V. Aschbach, Geschichte der Wiener ünivers. 11. 17 



258 Leben and Schriften der Humanisten. 

Im vierten Buche, wo Odeo an Matthäus Lang* und 
an Augustinus Olomucensis, und in den Epoden, wo solche 
an Heinrich Cuspidius und Graccus Pierius vorkommen, 
lässt sich solche Sonderung* nicht machen. Uebrigens finden 
sich als Gegenstand der Diclitung auch Heilige, die Kaiser 
Friedrich und Maximilian, die Gottheiten Venus, Phöbus, 
Mercurius und die Musen. 

Da 'eine Gesammtausgabe seiner Oden Geltes nicht 
selbst veranstaltet hatte, sondern erst seine Freunde nach 
seinem Tode eine solche besorgten, so konnte es leicht 
geschehen, dass viele Gedichte, die theils zerstreut schon 
gedruckt, oder noch nicht veröflfentlicht waren, keine Auf- 
nahme fanden. 

Weil vorauszusehen war, dass die Wiener theologische 
Facultät, welche die Bücher-Censur hatte, Anstand nehmen 
würde, zum Drucke ihre Bewilligung zu geben, wenn nicht 
eine Anzahl der anstössigen Oden ausgeschieden oder 
manche Stellen in den Gedichten geändert würden, so ver- 
öffentlichte man die Sammlung auswärts. 

XXII. Ein noch ungedrucktes Gedicht des Conrad 
Geltes, metrisch übersetzt und erläutert von J. Reber. 
Stadtamhof 1872. 8«. 

Enthält ein Carmen ad Mattheum Marscalcum de 
Caladin hospitem suum Augustae Canonicum Con- 
radus Geltes. Anno Domini MDV.^) 



eifert sich über des Celtes gehässige Ausfälle gegen die Geistlichkeit. Er 
schreibt: „Der unstete rohe Student, dessen nicht zu verachtende Kennt- 
nisse nur sehr wenig auf sein Herz wirkten, blickt allenthalben aus seinen 
Gedichten hervor". 

^) Vgl. Verhandlungen des histor. Vereins für die Oberpfalz und 
Regensburg. Bd. XXI. Bericht von Graf von Waldemdorf. AUg. Augs- 
burger Zeitung 1874. 16. April. Nr. 106 Beilage. 



Celtes. 259 



B. Nicht gedruckte Schriften des Conrad €eltes. 

Von den ungedruckten Schriften des Celtes sind zuerst 
seine Epigrammatum libri quinque anzuführen.*) Sie 
waren grossentheils schon vor 1494 verfasst, da sie von 
Trithemius in seinem Werke, das 1494 im Drucke heraus- 
kam, erwähnt werden ; auch die von der rheinischen Sodalität 
um 1493 niedergeschriebene Vita Celtis gedenkt der quinque 
libri Epigrammatum, wie auch der Lübecker Syndicus 
Quirinus in seinem Schreiben an Celtes im Jahre 1500. Es 
sollte ein jedes Buch 100 Epigramme umfassen. Klüpfel 
hatte eine Anzahl Epigramme aus einer Freiburger Abschrift 
— von der früher in Nürnberg 2) aufbewahrten Original- 
handschrift — in seinem Leben des Celtes veröffentlicht 
und die Absicht, die ganze Sammlung zu seinem Buche 
im Anhange za publiciren. Es ist zu bemerken, dass das 
erste Buch 90, das zweite 96, das dritte 115, das vierte 94, 
das fünfte aber nur 55 Epigramme enthält, wesshalb die 
Angabe, dass jedes Buch 100 umfasse, eine nicht genaue ist. 

Die Epigramme, welche zum Theile Nachahmungen von 
Persius, Juvenalis, Ausonius sind und dem Werthe nach in 
gute und schlechte gesondert werden könnten, sind kleinere 
Gedichte vermischten Inhalts, theils metrische Aufschriften, 
theils Sinngedichte, manche mit Witz und überraschenden 
Gedanken wen düngen. Selbst Epitaphien, die Celtes auf 
Fürsten und Herren, auf Gelehrte und Freunde machte. 



^) Klüpfel II. 139 — 143. Vita Celtis: Scripsit libros epigrammatum 
quinque. Brief des Lübecker Syndicus Quirinus an Celtes vom J. 1500 
In lucem non edis quinque epigrammatum libros singulis centenis epi- 
grammatibus descriptos. 

2) Nach der Versichening des Nürnberger Stadt-Bibliothekars Lützel- 
berger findet sich die Handschrift gegenwärtig nicht mehr auf der Biblio- 
thek vor. Murr (Memorabil. Bibl. Norimb. publ. T. VI. p. 14), der den 
Codex selbst einsah, hielt ihn für ein Autog^aphon. 

17* 



260 Leben und Schriften der Homanisten. 

befinden sich darunter. Sie beziehen sich auf sehr Manch- 
faltiges, auf Göttliches und Menschliches, auf Freunde und 
Gegner; es befinden sich darunter auch sehr schlüpfrige 
und anstössige, wesshalb wohl auch Velocianus bei der 
Odensammlung sie nicht herauszugeben gewagt hat, um 
nicht mit der Wiener theologischen Facultät allzusehr in 
Conflict zu gerathen. 

Einen Theil der Epigramme hatte Geltes schon in ver- 
schiedenen seiner Werke zerstreut gedruckt, namentlich in 
der Schrift Oeconomia. 

Zu diescF Gattung Celtes'scher Dichtungen satyrischen 
und schlüpfrigen Inhalts, die wohl nie gedruckt wurden, 
sondern nur im engeren Kreise der Humanisten umliefen, 
gehörten einige poetische Productionen, wovon sich keine 
Handschriften erhalten haben. Ein derartiges Gedicht war 
das von Geltes dem Wormser Bischof Johann von Dalburg 
gewidmete Carmen Archilochium,^) und ein anderes, das 
den Titel fiihrte: Certamen Auri et Priapi de emi- 
nentia. 2) 

Dagegen mehrere andere Gedichte ernsteren Inhalts, 
den wir aber auch nicht näher kennen, waren: Panegyri- 
cus in laudem divorum tutelarium Austriae, 3) Car- 
men morale de hominis vita,^) Parnassus biceps, in 



') Jac. Wimpfeling in einem Briefe an Celtes vom J. 1496 schreibt 
darüber: Si quid novae habes luciibratiunculae, me fac participem, sicut 
et fecisti in Archilochio tiio dorn. Antistiti Vangionnm dedicato, quod mihi 
mirum in modura placet adeo ut paene ex hora, qua allatum fuit, ex- 
scripserim. 

2) Au^stinus Olomucensis schliesst einen Brief an Celtes d. d. Buda 
7. Sept. 1Ö04 (Cod. epist. Celt. fol. 153): Priapi cum auro certamen, quod 
pollicitus es, mitte. 

3) Augustin. Olomuc. epist. ad Celt. d. d. Buda 24. Febr. 1504 1. c. 
Ego tibi gratias ago de panegyrico abs te mihi misso, quem in laudem 
divorum tutelarium Austriae - cecinisti. 

*) In dem Cod. Ms. 9629. Nr. 7 in der Wiener Hof bibliothek auf 
einem fast ganz verblichenen Quartblatte. 



Celtes. 261 

qua Conradus Celtes poetas et theologos concordat, in welch' 
letzterer Schrift wohl eine Anleitung gegeben worden, wie 
kirchliche Ausdrücke in classischer Sprache wiederzugeben 
seiend) 

Da man von Celtes weiss ^ dass er in Heidelberg das 
Griechische unter der Leitung des Rudolf Agricola erlernt 
und durch den lebhaften Verkehr mit Reuchlin sich darin 
vervollkommnet hat, so hegte man die Erwartung, dass die 
von ihm ausgearbeitete und im Ms. noch jetzt vorhandene 
griechische Grammatik über die acht Redetheile nicht 
ohne Bedeutung sein müsse. Allein diese Grammatik, welche 
sehr roh angelegt ist, verdient kaum den Namen einer 
Sprachlehre; sie liefert hauptsächlich nur Uebersichten in 
Tabellen; man hat ihren Druck mit Recht nicht veran- 
staltet, 2) 

Dass Celtes als Professor der Rhetorik schon zur Be- 
lehrung seiner Schüler im Collegium poetarum Muster- 
reden verfasst und einzelne oder mehrere zusammen wenn 
nicht durch den Druck, wenigstens durch Abschriften ver- 
öffentlicht hat, dürfte unzweifelhaft sein, wenn wir auch 
nicht bestimmte Nachrichten darüber hätten. Solche Reden, 
wie er eine in Ingolstadt beim Antritt seiner Professur gehalten 
(welche schon unter seinen Druckschriften besprochen ist). 



^) In der von der rhein. Sodalität gelieferten Vita Celtis wird der 
Pamaasus biceps erwähnt und die anderen kleineren Schriften nur im All- 
gemeinen berührt: Aliaque non multi ponderis opuHcula. 

2) Das Ms., welches sich früher im Kloster Mondsee befand, ist 
gegenwärtig auf der Wiener Hof bibliothek Cod. 3748. Nr. 3. fol. 236—246. 
Es ist nicht von der Hand des Celtes, sondern von einem seiner Schüler 
geschrieben, wie ausdrücklich bemerkt ist: r£Ypa[jL[ievov 8ia (xou Iwavvou 
To(j£vßepY£p ^^^ 1500. Celtes hatte an dem Compendium des Chrysolaras, 
das ihm sein Freund Franciscus Bonomus 1497 von Augsburg mit nach 
Wien gegeben hatte, einen Führer für das Griechische. 



262 Leben und Schriften der Humanisten. 

hat er ohne Zweifel auch in Wien bei verschiedenen Gelegen- 
heiten öffentlich vorgetragen. ^) 

Celtes, der schon in Ingolstadt de epistolis condendis, 
wie aus seiner Druckschrift Epitome in Ciceronis rhetoricam 
zu ersehen ist, Anleitung gegeben hatte, legte auf einen 
schönen Briefstil als Humanist grossen Werth; er unterhielt 
mit einer sehr grossen Anzahl Gelehrten nicht nur in allen 
deutschen Ländern, sondern auch in Italien, Ungarn, 
Böhmen, Polen etc. einen lebhaften Briefwechsel, der 
für die geistige Richtung der Zeit, die humanistische Lite- 
ratur und ihre Geschichte belehrende Einblicke und inter- 
essante Aufschlüsse zu geben geeignet ist. Die Briefe des 
Geltes kommen theils ziemlich zerstreut in den Werken 
seiner Zeitgenossen vor, oder sie finden sich handschriftlich 
auf Bibliotheken. Es ist Schade, dass bis jetzt niemand 
sich daran gemacht hat, diese so interessanten und theil- 
weise sehr wichtigen Briefe zu sammeln und zu veröffent- 
lichen.^) 

Da durch die Ungunst der Zeit die meisten Briefe des 
Geltes verloren gegangen, so bietet für diesen beklagens- 
werthen Verlust einigen Ersatz, dass Geltes selbst eine 
Sammlung der Briefe seiner Freunde an ihn angelegt 3) 



*) Trithemius a. a. O. spricht schon im J. 1494 davon, dass Celtes 
Orationes multas et varias gehalten. Der Abt Sebaldus des Cistercienser- 
klosters zu Ileilbronn dankt in einem Schreiben an Celtes (28. August 
1502 im Cod. epist. Celt. XII. ep. 9) für das Geschenk, welches der 
Dichter ihm durch die Uebersendung seiner Orationes gemacht habe. 
Chytraeus (Chronic. Saxon. p. 179) lobt des Celtes Reden: Optimas literas 
professus est, ut orationes ab eo habitae testantur. 

2) Schon Erhard a. a. O. II. 145 klagt über diese Vernachlässigung 
des berühmten Humanisten. 

3) Es sind keine Briefe von Celtes selbst, wie Köpke, Hrotsuit 
S. 249 unrichtig angegeben hat. Er ist zu dieser irrigen Meinung veran- 
lasst worden durch Klüpfel's Zusammenstellung einer Celtes'schen Corre- 
spondenz. Klüpfel hat aus den Antwortschreiben der humanistischen 



Celtes. 263 

und sie in Abschrift nach Jahren und Büchern geordnet in 
einem Codex epistolaris der Nachwelt aufbewahrt hatJ) 
Diese Briefe, 263 an der Zahl, welche freilich nur aus- 
gewählte 2) sind, gehen von 1491 bis 1505. Viele Briefe, 
darunter vielleicht die interessantesten, welche vertrauliche 
Mittheilungen, namentlich über die gelehrten Arbeiten der 
Sodalitäten enthielten und für Geltes unangenehme Auf- 
klärungen über manche in Dunkel gehüllte Productionen 
zu geben geeignet waren, sind ausgeschieden worden. 
Ueberhaupt sind die Briefe, welche vielleicht im Original 
selbst nicht immer sehr leserlich geschrieben waren, oft 
ungenau und fehlerhaft copirt, wie auch nicht selten un- 
richtig datirt. Eine Ausgabe dieser Briefsammlung, welche 
einen Schatz von Materialien zur Geschichte des gelehrten 
Treibens der humanistischen Vereine enthält, ist bis jetzt 
nicht unternommen, 3) nur einzelne Briefe sind daraus durch 
den Druck publicirt worden. *) 

Geltes hatte die Absicht, noch mancherlei dichterische 
Werke, Abhandlungen und belehrende Schriften heraus- 



Freunde des Celtes sich ausgedaclit, wie der Inhalt der Briefe des Celles 
gelautet haben dürfte; er hat diese übersichtliche Zusammenstellung seiner 
Vita Celtis II. p. 147-158 beigefügt. 

') Auf der Wiener Hof bibliothek Nr. 3448 findet sieh der inter- 
essante Codex. 

') Es sind meist Briefe, die zum Lobe und zur Verherrliclmng des ' 
Celtes geschrieben sind; er sagt dies selbst auf dem Titelblatt: Liber 
epistolaris et carminum sodalitatis literariae ad (^onradum CV'ltem. 
[Motto] Utinam talis essem qualem illi me praedicant, 

Malo tamen de falso laudari quam vere vituperari. 

3) Klüpfel wollte die Sammlung, wozu Denis ein gutes Register ge- 
liefert hat, in seinem Werke de vita et scriptis C. Celtis im Appendix 
abdrucken lassen, was leider nicht geschehen ist. Endlicher in der Rec. 
über Klüpfel S. 170 — 178 gibt ein alphabetisches Verzeichniss der Brief- 
sehreiber mit kurzen Notizen. 

^) Eine Anzahl dieser Briefe ist abgedruckt ]>ei Aschbach, Roswitha 
und C. Celtes und in dessen früheren Wanderungen des C. Celtes in den 
Anhängen. 



264 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

zugeben, an welchem Vorhaben er aber durch seinen frühen 
Tod verhindert wurde. 

Nach dem Vorbilde der Virgilianischen Aeneide wollte 
er ein grosses Epos unter dem Titel Theodoriceis über 
die germanische Völkerwanderung und die Niederlassung 
der Gothen in Italien schreiben. *) 

Ein allegorisches Gedicht unter dem Titel Mytho- 
logia de Phoebo et Marte sollte in die religiösen römi- 
schen Alterthümer einführen. 

Abhandlungen über P lato 2) sollten den Geist und die 
Bedeutung der Platonischen Philosophie darlegen. 

Ein Werk über den wahren Adel sollte die Frucht 
historischer und philosophischer Untersuchungen und Be- 
trachtungen sein. 3) 

Zu dem Hauptwerke aber, welches Celtes auszuführen 
sich vorsetzte, gehörte die Germania illustrata, worin 
Deutschlands ganze Vergangenheit in einer Reihe historischer 
Dichtungen, genealogischer, geographischer und ethno- 
graphischer Schriften lebendig dargestellt werden sollte.**) 



^) Vita Celtis: Theodoriceidem (scribere) orsus, quo Theodorici regia 
Gothorum et Germaniae historiam complecti voluit versu heroico. 

2) Celtes in der Praefatio zu seinem Apuleius an die kaiserlichen 
Käthe Krachenberger und Fuchsmagen: Valete: reliquos libros de Plato- 
nica majestate et sublimitate nostramque de Phoebo et Marte Mythologiam 
lecturi. 

3) Das Opusculum de vera nobilitate wird von dem Speierer Dom- 
herrn Thomas Truchsess 6. April 1497 erwähnt, nicht ^als schon verfasst, 
sondern als im Erscheinen begriffen. Cod. epist. Celt. fol. 76. 

*) Darüber geben Andeutungen die Praefationes oder Panegyrici an 
Kaiser Maximilian. Die zu den Oden und Epigrammen versprochenen 
sind nicht erschienen. Die Epist. ad Imp. Maximil. zur Rhapsodia spricht 
von der historia stirpis Habspurgicae et Maxim. Imp. Von der Germania 
illustrata gibt die Vita Celtis an, dass sie Oratione pedestri geschrieben 
werden sollte, imd in dem Briefe des Lübecker Syndicus Quirinus an 
Celtes vom J. 1500 heisst es: In lucem non edis — totam illustratam 
Germaniam, quam forte adhuc in manibus tenes. Cod. epist. Celt. fol. 118. 



Celtes. 265 

Da Celtes sich viel mit alten Manuscripteu beschäftigte 
und sich mit den alten Schriftzeichen, wie auch mit den 
Abreviaturen , Siglen und Noten vertraut zu machen suchte, 
so war ihm die kleine Schrift des Marcus Valerius Pro- 
bus de Notis antiquis, ^) die er wahrscheinlich während 
seines Aufenthalts in Italien in einem Manuscript entdeckte, 
ein willkommener und wichtiger Fund. Er brachte davon 
eine Abschrift nach Deutschland zurück 2) und hatte wahr- 
scheinlich die Absicht, sie durch den Druck zu veröffent- 
lichen. 

Dass Celtes damit umging, die Fabulae Phaedri 
herauszugeben, findet sich nirgends berichtet. Aber es ist 
eine schlecht verbürgte Angabe, dass er sie aufgefunden 
und zuerst ihre Veröffentlichung durch den Druck veran- 
lasst habe. 3) 

Der gekrönte Dichter hatte schon frühzeitig den Ovi- 
dius zum Vorbild sich genommen und dessen Dichtungen 



*) Momiusen (in den Berichten der sächsischen Gesellschaft der 
Wissenschaft phil. Cl. 1853. S. 91), welcher des Val. Probus Schrift für 
einen Auszug aus dem Jus Flavianum oder dem alten priesterlichen 
Klagespiegel der Römer hält, handelt näher über die Beschaffenheit des 
Opusculum des Probus. 

2) Die Handschrift auf. der Wiener Hofbibliothek (Nr. 269. Vgl. 
Endlicher 325) mit aus dem 10. Jahrb. stammenden Glossen zum Priscian 
und Venantius enthält auf zwei Blättern die Celtes'sche Abschrift, worauf 
sich auch angegeben findet: Conr. Celt. Pro. [i. e. Conradi Celtis Protucii] 
poete sum. 

3) Sax. Onomastic. litterar. II. p. 502. Christ, Protusio de Phaedro 
eiusque fabulis. Lips. 1746. Endlicher (in Hormayr's Archiv XII. p. 418), 
der mit Recht die Sache verwirft, fügt die sonderbare Meinung bei: wenn 
die Angabe (dass Celtes die Fabeln aufgefunden habe) richtig wäre , so 
würden die Zweifel an der Echtheit der Phädrischcn Fabeln gehoben 
sein. Es gibt aber Handschriften des Phädrus aus dem 9. und 10. Jahrh. 
Vgl. Grässe, Lit.-Gesch. I. S. 255. Teuffei, Rom. Lit.-Gesch. §. 279. 
S. 608 fll. gibt als die Editio princeps an die von Pithoeus, Autun 1596 
herausgegebene. Perotti hatte um die Mitte des 15. Jahrh. mehrere 
Phädrische Fabeln aufgefunden und sie nach seiner Erklärung interpolirt. 



266 Leben nud Schriften der Hmoanisten. 

glücklich nachgeahmt. Schon im J. 1493 beabsichtigte er 
eine römische Mythologie, welche vorzüglich auf Ovidia- 
nische Dichtwerke, besonders die Fasti, sich stützte, mit 
Illustrationen versehen, herauszugeben.^) Doch bei der Kost- 
spieligkeit des Unternehmens und der Schwierigkeit der 
künstlerischen Ausfuhrung Hess er die Sache wieder fallen. 

Dagegen fasste er die Idee, das Werk der Ovidischen 
Fasti, wovon wir nur noch die sechs ersten Bücher be- 
sitzen, durch die Beifügung der sechs letztern zu 
ergänzen. Er wollte diese in einem schwäbischen Kloster 
gefunden haben 2) und er hoffte die gelehrte Welt durch 
seine grosse dichterische Begabung und glückliches Nach- 
ahmungstalent zu mystificiren. Er lieferte sogar Proben 
aus den angeblichen Ovidischen Fasti •^) und sandte sie 
dem gelehrten Buchdrucker Aldus Manutius nach Venedig, 
in der Hoffnung, dass derselbe den Druck übernähme. 
Doch dieser schöpfte Verdacht; er vermuthete eine Fäl- 
schung und wollte das Ganze zur Einsicht haben. ^) Dieses 
warnte den Dichter, von dem gewagten Unternehmen ab- 
zustehen. Er hätte dasselbe, trotz seiner grossen poetischen 
Begabung und inniger Vertrautheit mit der Ovidischen 
Sprache, nicht durchführen können, da es ihm an den 



^) Cod. epist. Celt. lib. III. ep. 13. Nach einem Briefe des Reg-ens- 
burger Caiionieus J. Toloplius an Celtea sollte der Titel des Werkes sein : 
Antiquorum Deorum prosapia sive niythologia et Faatorum (Ovidii) sex 
librorum iniaginil)us illustratio. 

2) J. F. Gronov's Brief an N. Heinsius. Vgl. Fabric. Bibl. lat. T. V. 
Klüpfel, Vita Celt. II. 165. 

^) Der Anfang des Monats Juli: 

Tu quoque mutati causas et nomina mensis, 
A te qui sequitur niaxime Caesar habes. 

^) Renouard, Annales de Timprimerie des Aldes. III. p. 275. Das 
Schreiben des Manutius auch im Cod. epist. Celt. fol. 133. Vgl. darüber 
das Nähere: Roswitha u. C. Celtes. 2. Ausg. ö. 49 fll. 



Celtes. 267 

erforderlichen genauen Kenntnissen der römischen Staats- 
und Religions-Alterthümer fehlte.*) 

Auf einer seiner früheren gelehrten Rheinreisen, wo er in 
Klöstern und Ortschaften eifrig Nachforschungen nach alten 
Handschriften und Denkmälern anstellte, fand Celtes in Speier 
ein grosses Kartenwerk auf zwölf gemalten Pergamentblättern, 
welche ein sogenanntes Itinerarinm Imperii Komani ent- 
hielt. Das Werk aber, von dessen Besitzer keine Erwähnung 
gemacht wird, findet sich mehrere Jahre später in Worms, 2) 
wo es um einen hohen Preis verkäuflich war. 3) Kurz vor 
seinem Tode kam Celtes in seinen Besitz, ohne dass man 
näher etwas darüber erfahrt, unter welchen Umständen es 
geschah.^) 

Auf den Karten finden sich angegeben die römischen 
Militärstrassen mit den daran liegenden Orten, Städten, 
Festungen, Lagern, Colonien, Municipien, Stationen, zu- 
gleich mit der Anzeige ihrer Entfernung von einander nach 
römischen Meilen. Dabei sind angedeutet die Grebirgszüge 
und der Lauf der Flüsse nebst ihren Uebergängen. Auch 
fehlen nicht die Namen der barbarischen Völker an den 
Grenzen. Die Kartenfolge beginnt im äussersten Westen 
des römischen Reiches und lauft in zwölf Blättern in der 



*) V&l» die Ausgabe der Fasti von Merkel. Berol. 1841. Teuffei, 
Rom. Lit. §. 244. S. 511. 

2) Khautz, Oesterr. Gelehrte S. 125, nennt Speier ala Fundort. Vgl. 
Endlicher in Hormayr's Archiv XII. S. 418. Dagegen bezeichnet Pauly, 
Realencycl. III. 736, Worms als Ort, wo das Kartenwerk entdeckt ward. 
Dass es in Worms noch um 1507 aufbewahrt wurde, sagt Trithemius in 
den Epist. famü. Nr. 41 ausdrücklich. 

3) Trithemius 1. c. schreibt 1507 an einen Freund; Orbem terrae 
marisque et insularum, quem pulchre depictum in Wormatia scribis esse 
venalem, me quidem consequi posse optarem, sed quadraginta pro illo 
expensare florenos nemo facile mihi persuadebit. 

*) Nach Trithemius 1. c. wurde über die Sache zwischen ihm, Willi- 
bald Pirkheimer und Celtes verhandelt: Cum nuper Augustam venissem, 
tuas (Pirkheimeri) ultimas Celti nostro legendas tradidi. 



268 ' Leben und Schriften der Humanisten. 

Richtung nach Osten bis an die Mündung des Ganges. Nur 
beim Anfange des Werkes fehlt Einiges von der iberischen 
Halbinsel und von Mauretanien.^) 

Es ist durch die Forschungen neuerer Grelehrten fest- 
gestellt, dass die ursprüngliche Anlage des Kartenwerkes 
aus der Zeit des römischen Kaisers Alexander Severus, 
also aus der ersten Hälfte des 3. Jahrhunderts herrührt 
und dass der Name Itinerarium Antonini entweder auf 
Caracalla oder Heliogabalus zu beziehen ist, welche beide 
Kaiser den Beinamen Antoninus führten.'^) 

Es enthalten diese Karten-Pergamentblätter nicht ein 
Original aus dem Alterthum, sondern wie die Schrift zeigt, 
eine Copie aus dem Mittelalter. Ein Dominicaner-Mönch in 
Colmar hat dieselbe im 13. Jahrhundert gefertigt. ^) 

Geltes kannte ein ähnliches Kartenwerk, das sogenannte 
Itinerarum Antonini, welches schon der Gardinal Nicolaus 
Gusanus mit einigen Berichtigungen versehen hatte und das 
bereits im J. 1494 zu Venedig herausgegeben worden w^ar.^) 
Daher ist anzunehmen, dass es Geltes zu Gesicht gekommen 



*) Im J. 1835 fand Wyttenbach in Trier auf der dortigen städtischen 
Bibliothek das Fragment einer Karte, einen Theil des römischen Spanien, 
mit welchem Kartenfragmente man meinte, den fehlenden Theil der iberi- 
sclien Halbinsel ergänzen zu können. Man hat aber darüber in der Folge 
nichts weiter publicirt. 

2) Mannert, de Tabula Peutinger. in der Schrift: Res Trajani ad Danub. 
gest. Nürnberg 1793 und in seiner Ausgabe der Tab. Peutinger. Introd. 

3) Annal. Colmar. ad ann. 1265. Mappam mundi descripsi in pelles 
duodecim pergameni. Böhmer, Font. rer. Germ. II. 4. 

^) Es gab zweierlei Arten von Itineraria: theils einfache Verzeich- 
nisse der Orte oder Stationen an den Militärstrassen mit Angabe der Ent- 
fernung derselben von einander, oder specieller angelegte gemalte Karten, 
die Itineraria picta hiessen. Unsere Tabula gehörte zu der letzteren Art. 
Von der einfachen Art oder den Itinerarien der Militär-Strassenzüge ist 
das Cusanische das berühmteste und in neuester Zeit von Pinder und 
Parthey, Berlin 1848. 80., mit den nöthigen Beigaben -versehen, am besten 
herausgegeben. 



Celtes. 269 

war; auch nannte er sein Kartenwerk mit gleichem Namen 
Itinerarium Antonini. Er hatte ohne Zweifel die Absicht, 
sein Itinerarium selbst zu veröflfentlichen. Aber der grosse 
Kostenaufwand des Druckes oder vielmehr Stiches und sein 
frühzeitiger Tod verhinderten ihn an der Ausführung der 
Unternehmung, doch sorgte er in seinem Testamente dafür, 
dass die Sache von einem seiner humanistischen Freunde, 
dem Augsburger Patricier Conrad Peutinger, in's Werk 
gesetzt werde. Er bestimmte in seinem letzten Willen, dass 
Peutinger, dem er das Kartenwerk geliehen hatte, dasselbe 
eigenthümlich besitzen sollte. Nach dessen Tod aber wäre 
es zum öflfentlichen Gebrauch an eine Bibliothek abzu- 
geben. ^) Von dem neuen Besitzer erhielt das Kartenwerk 
den Namen Tabula Peutingeriana. 

Die Tabula blieb vorerst unveröffentlicht;*-^) erst nach 
Peutinger's Tod gab sie 1591 in Augsburg fragmentarisch 
und im verkleinerten Maassstabe (in Quarte) Wolfgang 
Welser heraus. Längere Zeit hielt man die Tabula selbst für 
verloren; endlich kam sie wieder zum Vorschein und man 
gab sie wiederholt im Granzen und in einzelnen Abtheilungen 
heraus. 3) Das gelehrte Interesse an der Tabula wurde wieder 
geweckt, als der Prinz Eugen von Savoyen sie eigen thüm- 



*) Die testamentarische Bestimmung lautete: Lego ego domino 
doctori Conrado Peutinger Itinerarium Antonini Pii [so benannte Celtes das 
Kartenwerk falschlich] qui etiam idem nunc habet: volo tamen et rogo, ut 
post eins mortem ad usum publicum, puta aliquam librariam convertatur. 

2) Celtes hatte wahrscheinlich die Hoffnung, dass Peutinger die 
Tabula herausgeben werde. Er sagt in seinem Testamente : Volo, ut opera 
mea, quae hactenus non sunt impressa — ad Augustam mittantur, et illic 
domino doctori Conrado Peuting., Prothonotario, et Jo. Reyman de Ehrin- 
gen impressori librorum praesententur et apud eum curetur, ut imprimantur 
in communem studiorum utilitatem. Celtes hatte hier freilich zunächst 
seine eigenen Werke im Auge. 

3) Bertius, Theatr. Geograph. Vet. Lugd. Bat. 1718. T. II. fol. — 
Bergier, bist, des grands chemins de Tempire Rom. Brux. 1728. 4^ 



270 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

lieh erwarb und dann nach seinem Tode die Wiener Hof- 
bibliothek 1738 in ihren Besitz kam, wo sie noch gegen- 
wärtig unter ihren literarischen Schätzen aufbewahrt wird. 
Nachdem Scheyb eine gute Ausgabe, welche durch C. Man- 
nert reproducirt worden, veranstaltet hat, *) freilich nur in 
schwarzem Druck, beschäftigt sich gegenwärtig Ernest des 
Jardins in Paris mit ihrer Publication in Farbendruck und 
mit reichhaltigem Commentar und Kartenbeigabe. 2) 



1) Sclieyl), Tabula Peutin^. Vindob. 1768. fol. C. Mannert, Tabula 
Peiiting^. Lips. 1824. fol. 

2) Ernest des Jardins, La Table de Peutinger d'apres Tori- 
ginal conserve ä Vienne, pr^cedt^e d'une introduetion liist. et crit. et ac- 
compag^m'e 1. d'un index alpbabet. etc.; 2. d'un texte donnant poiir chaque 
nom le depcmillement geograph.; 3. d'nne carte de redressement etc. Pari» 
1869. fol. Die Tabula in 11 FarbenblHttern vollständig. Von den 18 Liefe- 
rungen sind bis 1875 erscbienen 14. Ks feblen nocb die Comraentare über 
die Donau- und orientaliscben Länder. Einen Vortrag über die Peutin- 
ger'scbe Tafel liefert Dionys Grtin in den Mittbeil. d. geogr. Gesellsch. in 
Wien 1874. Bd. XVII (der neuen Folge Bd. VII). Red. von M. A. Becker. 
Wien 1874. 



CoUimitius. 

Georg Tanns tetter ans Rain in Baiern. 

t 1535. 

GeorgTannstetter war 1482 in der baierischen Stadt 
Rain^ welche in der Nähe der Mündung des Lech in die 
Donau liegt, geboren. Da bekanntlich das Wort Rain die 
Grenzmarke (limes) zwischen zwei Aeckern oder Grund- 
stücken bezeichnet, so latinisirte er seinen Namen nach' dem 
des Geburtsortes in CoUimitius; unter welcher Benennung 
er bei den Humanisten gewöhnlich vorkommt. ^) 

Er machte seine Universitäts-Studien in Ingolstadt: 
vorzüglich widmete er sich der Mathematik und Astronomie. 
Schon im 21. Lebensjahre erwarb er die Magisterwürde. 
Von seinen Freunden und Gönnern Celtes und Stiborius 
empfohlen, ward er für das Fach der Mathematik nach Wien 
berufen, wo er seine Vorlesungen über diesen Gegenstand 
1503 eröffnete. 2) 



*) Die Rhein. Nat. MatriJt. ad ann. 1508 bemerkt über ihn: Mag. 
Georgius Tannstetter ex Rain (CoUimitius). Er erhält manchmal auch den 
dichterischen Beinamen Cicoripesis, weil seine Geburtsstätte am Lech- 
fluss lag. 

2) Act. fac. art. lib. III. fol. 30. Ann. IßO.S in die s. Crucis ad- 
missus Georg. Tannstetter magister alterius Universitatis. Damach ist 
Kaltenböck zu berichtigen, der ihn erst 1510 nach Wien kommen lässt. 



272 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Er wandte sich bald mit Vorliebe der Astronomie zu, 
in welchem Studium ihn der Wiener Mathematiker Stiborius, 
der mit ihm innig befreundet war, nicht nur bestärkte, son- 
dern auch zu grösseren astronomischen Arbeiten anregte. 
Er nahm sich die älteren grossen Wiener Astronomen 
Peuerbach ^) und Kegiomontanus zu seinen Vorbildern und 
stellte sodann selbstständig astronomische Beobachtungen, 
und zwar mit so ausserordentlichem Erfolge an, dass er 
unter den Sternkundigen bald als eine nicht gewöhnliche 
Celebrität galt. Freilich hatte seine Astronomie einen 
starken Beisatz von Astrologie, obschon er nicht zu deren 
unbedingten Anhängern 2) zählte. Die Astrologie führte ihn 
dann auch zu der medicinischen Wissenschaft, worin er 
schnell glänzende Fortschritte machte, so dass er schon nach 
wenigen Jahren darin das Doctorat erlangte. ^) Den glück- 
lichen Erfolgen in seiner ärztlichen Praxis verdankte er, 
noch nicht dreissig Jahre alt, 1510 seine Erhebung zum 
kaiserlichen Leibarzt, in welcher Stellung er 25 Jahre hin- 
durch bis an das Ende seines Lebens bei Kaiser Maximilian 
und dessen Nachfolger Ferdinand I. verblieb. Das Decanat 
der artistischen Facultät führte er im J. 1512; unmittelbar 
darauf ward er zum Rector erwählt ^) und bekleidete sodann 



^) Im J. 1511 las er über Peuerbach's Theoria planetaram. Act. fac. 
III. fol. 75. 

2) Ant. Rozanus im Compend. de levitate vaticinantium futuros rerum 
eventus (Norimb. Jlö24) bemerkt von Tannstetter: A fide astrolo^ae in 
processu temporis aliqualiter alienavit. 

3) Die Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1509 nennt ihn schon bei diesem 
Jahre, wo er Procurator der rheinischen Nation war, art. et Med. doctor. 
In der Randglosse werden die Benennungen Collegiatus et poeta laureatas 
beigefügt. Er war demnach in das Collegium ducale aufgenommen und 
hatte den Dichterlorbeer erhalten. Es ist unbekannt, für welche dich- 
terische Leistung, 

*) Eine Sammlung verschiedener Schriftstücke, Protokolle, Notizen 
aus Tannstetter's Rectorat (1512 und 1513) befindet sich im Wiener 
Universitäts- Archiv. 



Collimitins. 273 

auch das Vice-Kanzler-Amt. Nachdem er aus der artisti- 
schen Facultät ganz ausgeschieden und in die medicinische 
übergetreten war, führte er als Decan der letzteren vier 
Mal, 1514, 1520, 1524 und 1528, ihre Geschäfte^) Mit 
Cuspinian reiste er öfter nach Ofen zur Aufsuchung seltener 
alter Handschriften. 2) Auch war ihm mehrere Jahre hin- 
durch die Leitung der Hofbibliothek anvertraut. 

Seine astrologischen Prophezeiungen standen in grossem 
Ansehen: er soll den Tod des Kaisers Maximilian I. in be- 
stimmter Weise genau auf den Tag lange vorausgesagt 
haben. ^) Als ein vages Gerücht in Wien 1523 ging, 
Collimitius habe aus der im folgenden Jahre bevorstehenden 
Planeten-Constellation den Untergang der Stadt prophezeit, 
musste er in einer besonderen Schrift die im höchsten 
Grade aufgeregten Wiener beruhigen. *) 

Da nach dem Tode des Geltes das Collegium poetarum 
et mathematicorum wie auch die gelehrte Donaugesellschaft 
eingegangen war, versuchte Collimitius wenigstens die eine 
Richtung dieser Vereine zu erhalten durch die Constituirung 
einer mathematisch -astronomischen Societät, welche nach 
ihrem Stifter CoIIimitiana genannt wurde. ^) Der Verein 
bestand aber nicht lange. 

Als im J. 1521 wegen der Pest die Hörsäle der Wiener 
Universität geschlossen waren, begab sich Collimitius als 



^) Locher ftpecul. zu den betreffenden Jahren. 

2) Cusi>inian. vit. Maximil. p. 492. Vgl. Denis, Merkw, der Garell. 
Biblioth. S. 271. 

3) Eder, Catal. Rect. ad ann, 1512. p. 54. Script, iiniv. Vienn. II. 
p. 44. Fenint Georgium (Tannstetter) Maximiliatii mortem dudum ante 
praecepisse animo et Wolfgango Lazio adhiie dum puero eniditionem prae- 
cellentem vaticinatum fuisse. Praesagationi utrique fidem stetisse eventus 
comprobavit. Die Prophezeiung in Bezug auf den Tod des Kaisers Maxi- 
milian wird auch dem Stabius zugeschrieben. 

*) Vgl. Kink, Gesch. d. Wien. Univ. I. S. 208, n. 241. 
^) Denis a. a. O. 
V. Aschbach, Geschichte der Wiener ünivers. II 18 



274: Leben und Schriften der Hnmanisten. 

fürstlicher Leibarzt an den Hof Ferdinands L, der sich da- 
mals abwechselnd in Linz und Graz befand. Nachdem die 
Epidemie geschwunden war und die Yorlesungen wieder er- 
öffnet wurden, behielt man ihn noch am Hofe zurück, da 
Ferdinand den geschickten Medicus vorerst nicht aus seiner 
Umgebung entlassen wollte. ') 

Wie Cuspinian öfter von der Regierung zu Missionen 
verwendet ward, ungeachtet er eigentlich seinem Berufe 
nach Arzt war, so war es auch bei Tannstetter der Fall. 
Zur Belohnung seiner mannigfaltigen Dienstleistungen erhob 
ihn Ferdinand in den Adelstand mit dem Prädicat „von 
Thannau". 

Tannstetter schied am 26. März 1535, 53 Jahre alt, 
aus dem Leben. In Wiener-Neustadt, wo er zuletzt seinen 
Wohnsitz gehabt hatte , Hess ihm ' seine Frau ein Grab- 
denkmal setzen mit folgender lateinischer und deutscher 
Inschrift : 2) 

Georgio Tannstetter a Thonnau, Medico et Mathematico 
sui temporis Principi, DD. Maximiliani ac Ferdinandi Ne- 
potis Rom. Regis, liberorumq. Ejus. Itemque Panno. Reginae 
Mariae a Curatione et Consiliis absolutiss. Martha pudiciss. 
uxor Amantissimo Marito, Christiernus, Elisabetha et Martha 
dulcissimi Liberi, suavissimo et carissimo Patri. Q. V. A. 
LIII. Ob. MDXXXV, Die Martii XXVI. 



1) Kink, Gesch. d. Wien, Univ. I. Anh. XXXVII. S. 137 ^bt von 
Ferdinands Gemalin ein Schreiben an die Universität Wien d. d. 10. Dec. 
1521. Ferdinand von Gots gnaden Printz von Hispanien etc. Da die 
Universität in Wien die bisher der sterbenden Leuff halben suspendirten 
Lectionen wieder beginnen wolle, so zeige er hiermit an, dass er den 
Georg Tannstetter, Dr. der Erzney, da er seiner in eigenen Geschäften be- 
dürfe bis ungefähr Ende März von der Lectur Dispensire. Pro Principe 
Anna. Anna führte seit 22. Juli 1515 als kirchlich Angetraute des Infanten 
Ferdinand in Folge der kaiserlichen Proclamation den Titel Regina. 

2) Denis, W. B. G. S. 66. 



Collimitius. 275 

E coelo Collimitius Ventura canebat 

Ex terra vitae protulit auxilia. 
Non obiit, quamvis mortalis desiit esse, 

Sed bene quae novit sidera nunc adiit. 

Anno Dni 1535 am 26. Tag Marcii starb der Edl 
Hochgelehrt Herr Doctor Georg Tannstetter von Thannau 
im 53. Jar seines Alters, der weilant Keyser Maximilianus etc. 
and Folgends Ferdinanden Römischen, auch Hungarischen 
und Behemischen Künigs 25 Jar getreuer Diener, Rat vnd 
desselben Künigs Ferdinanden geliebsten Kindern Leibarz 
gewesen ist. Der AUmechtig woll seiner vnd allen gläubigen 
Seelen gnedig vnd barmherzig seyn. Diese Gedechtnis hat 
ime die Ersame Vrauw Martha Merusin sein gewesnes 
weib machen lassen. 

Tannstetter hinterliess einen Sohn Christian, der wegen 
seines Talentes und seiner mehrfachen Kenntnisse gelobt 
wird und in den Wiener Stadtrath aufgenommen wurde. ^) 

Die Zeitgenossen, sowohl in Wien wie auch auf andern 
deutschen Universitäten, sprechen von Tannstetter mit dem 
höchsten Lob: sie setzen ihn unter die ersten Mathe- 
matiker und Astronomen des 16. Jahrhunderts. 2) Kaiser 
Maximilian empfahl ihn und Andreas Stiborius, als Papst 
Leo X. zur Verbesserung des Kirchen-Kalenders von der 
Wiener Hochschule kundige Gelehrte verlangte. ^) 



*) Eder, Catal. Rect. ad ann. 1512, p. 54. 

2) Unter denen, die des Tannstetter besonders rühmend gedenken, 
gehören: Heinricus Grammateus Erphordiensis im libellus de compositione 
regularum pro vasorum mensuratione. Vienn. 1518; Ursinus Velius in 
seinen Reisepoesien im J. 1524; Jo. Voegelin in seiner Euclidis Geometria. 
Vienn. 1625 und in seiner Schrift Theodosius de sphaericis lib. III. Vienn. 
1529', sein Schüler Andreas Perlach in seinen Ephemeriden; Joachim 
Vadian in verschiedenen Schriften und Johann Camers vorzüglich in seiner 
Antilogia, wo er sich äussert, dass er Tannstetter so hoch schätze in der 
Mathematik und Astronomie, ut parum sit, quin huic in bis artibus inter 
viventea tribuam principatum. 

3) Eder, Catal. Rect. ad ann. 1512. Besonders Kink, Gesch. d. Univ. 
Wien I. S, 207, n. 240. Vgl. auch unten den Artik. Stiborius. 

18* 



276 Leben nnd Schriften der Humanisten. 

Die Schriften Tannstetter's ^) sind theils mathe- 
matisch-astronomische, theils medicinische. Auch 
erwarb er sich namhafte Verdienste um Herausgabe älterer 
Werke in seinem Fache. In letzterer Beziehung sind zu 
erwähnen seine Ausgabe von Proclus Diadochus,^) 
Alberti Magni de Natura locorum Hb. 3), Johannes 
de Sacro Bosco **) und Peuerbach^s Tabulae ec- 
lipsium. '"*) 

Seine astronomischen Werke versah er meist mit 
Kalender und brachte sie mit Astrologie und Heilkunde 
in Verbindung.^') Unter dem Titel Ephemerides, Alma- 
nach, Practica erschienen seit 1515 fast jedes Jahr theils 



') Theil weise nur gesammelt: Georgii Tannstetteri Collimitii Opera. 
Strassburg 1536. 

2) Prodi Diadoclii Spliaera. Thoma Linacro Britannico medico 
(f 1524) interprete. Api>endicata G. T. Collimitii de ortu et occasii 
sidenira etc. Vienn. 1510. Abdruck der Aldinischen Ausgabe. Venet. 1499. 

•^) Albert. Magn. de Natura ed. a G. Tannstetter. CoUimitio. Vienn. 
1514 und Argentor. 1515. Mit einer Zuschrift an den Waizener Propst 
Hieronyraus Balbi, den berühmten Juristen. Die Schrift ist wichtig für 
die physikalische Geographie. Vgl. Denis, Wiens Buchdr. G. S. 104. 

*) Opusculum de Sphaera Joannis de Sacro Bosco. Vienn. 1518, 
das an der Wiener Universität gebrauchte Lehrbuch der Astronomie. 
Vgl. Denis a. a. O. S. 183. 

^) Talnilae eclipsium Mag. Georg. Peuerbachii. Tabula primi mo- 
bilis Joannis de Monte regio. Indices praeterea monumentonim, quae 
clarissimi viri studii Vienn. alumni in Astronomia et aliis mathematicis 
disciplinis scripta reliquerunt. Rec. a G. Tannstetter CoUimitio. Vienn. 1514. 
fol. Die Vorreden des CoUimitius nebst der Praefatio des Stiborius über 
die Wiener Mathematiker und Astronomen sind höchst wiclitig für die 
Geschichte derselben, von der Zeit der Gründung der Universität bis auf 
Tannstetter's Zeit. Vgl. Khautz, österr. Gelelirten S. 51 fll. Denis S. 108 
bis 111. 

ß) Die Scrii)t. nniv. Vienn. II. p. 45 führen von Tannstetter nur ein 
einziges Werk an, sie geben ihm den Titel: Artificium de applicatione 
Astrologiae ad Medicinara et de ratione dierum criticorum in 2. librum 
Plinü. 



CoUimitius. 277 

von ihm allein^ theils in Verbindung mit seinem Schüler, 
dem Mathematiker Andreas Perlach, solche Ephem^riden. *) 

Von seinen besonderen medicinischen Schriften ist die 
auf die im J. 1521 zu Wien herrschende Pest bezügliche 
anzuführen. Er schrieb sie zur allgemeineren Belehrung in 
deutscher Sprache. '^) 

Nicht unerwähnt ist zu lassen, dass Tannstetter, durch 
seine Beschäftigung mit Albertus Magnus und seine Beachtung 
klimatischer Verhältnisse in Bezug auf die menschliche Ge- 
sundheit veranlasst, der physikalischen Geographie seine 
Studien zuwandte. In gleicher Weise wie sein Freund der 
Historiker Johann Stabius sich eifrig mit Entwürfen von 
Karten, namentlich der österreichischen Länder, beschäftigte, 
versuchte sich auch Tannstetter in der Kartographie. '^) 

Briefe von Georg Tannstetter aus seiner späteren 
Lebenszeit kommen in der handschriftlichen Brief Samm- 
lung des Alexander Brassicanus vor, welche auf der Wiener 
Hofbibliothek (Cod. 9735) aufbewahrt wird. 



^) Andreae Perlachii usus Almanach seu Ephemeridum c. commen- 
tariis Georg. Tannstetter CoUimitii praeceptoris sui decerpti. Vienn. 1515 
und Vienn. 1518. Tannstett. CoUimitii Judicium astronomicum. Vienn. 
1519. — Idem Vienn. 1520. — Georg. Tannstetter CoUimitii Lycoripesis 
Medici et matliematici UbeUus consultatorius, quo opinionem jam dudum 
annis liominum exquorundam astrologorum divinatione insidcntem de futuro 
diluvio et multis aliis hon*endis periculis XXIIII anni etc. Vienn. 1523 
imd deutsch Wien 1523. — Practica Meyster Jörgen Tannstetten zu Wien 
practicirt auf MCCCCCXVI. Jar. Vgl. über diese zum Theil seltenen 
Ephemeriden oder Kalender: Denis, W. 15. G. S. 189, 238, 242, 320, dessen 
Merkw. der Gareil. Bibl. I. 269 fll. 

2) Regiment für den Lauff der Pestilentz, durch Georgen Tannstetter 
von Rain, der siben freyen Kunst und Erzney doctor. Anno 1521. (Vgl. 
Denis, W. B. G. S. 340.) Auf der Wiener Ilofbibliothek befindet sich im 
Cod. MS. Nr. 11548 Tannstetter's medicinische Schrift: Remedium ad 
apostema circa pectus. 

3) Von des Stabius und CoUimitius kartographischen I^eistungen 
spricht Cuspinian am Schlüsse seiner Austria. Vgl. die Artikel Cuspinianus 
und Stabius. 



Cospus. 

Angelo Cospi aus Bologna. 

t 1516. 

Angelus Cospus aus Bologna gehört zu den ge- 
lehrtesten Wiener Humanisten ; dennoch haben wir nur 
spärliche und ungenaue Nachrichten über sein Leben. Die 
Literaturhistoriker erwähnen seiner kaum^ oder wenn sie 
von ihm sprechen, so geschieht dies gewöhnlich nicht ohne 
grosse Unrichtigkeiten ; selbst den Namen gibt man un- 
richtig an: manche nennen ihn Angelus Cossus, andere 
Bartholomaeus oder Andreas Cospus. ^) Angelus Cospus, 
der aus einer vornehmen Bologneser Familie stammte, 
widmete sich in seiner Vaterstadt den classischen Studien 
und trat darin auch als öflFentlicher Lehrer mit Erfolg auf. 

Kaiser Maximilian, der bemüht war, die classischen 
Studien, namentlich das Griechische, an der Universität 
Wien mehr in Aufnahme zu bringen, berief in dem ersten 
Decennium des 16. Jahrhunderts den Angelus Cospus zum 
Lector der classischen Sprachen und da Cuspinian, der 



^) Der Artikel Cospi im Universallexikon von Ersch und Gruber 
Bd. XX. S. 11, wo er irrig Andreas Bartholomaeus Cospus heisst, ist 
theilweise ganz und gar unrichtig und auch mangelhaft. Er wird als 
päpstlicher Legat in Wien aufgeführt und später Senator und Geheim- 
schreiber Kaiser Maximilians I. genannt. 



Cospus. 279 

Professor der Rhetorik, durch anderweitige Amtsgeschäfte 
öfter abgehalten war, seiner akademischen Wirksamkeit zu 
obliegen, so vertrat, ihn der Italiener. ^) Aber Cospus war 
auch ohne diesen Umstand der eigentliche Lehrer der 
griechischen Sprache, welche damals an der Universität 
nur sehr wenige gründlich verstanden. Jedoch beschränkte 
er sich nicht allein auf die Erklärung griechischer Schrift- 
steller, sondern er widmete seine Studien auch den römi- 
schen Dichtern, ganz besonders dem Horatius, von dessen 
Epistolae er im J. 1515 eine Ausgabe veranstaltete. '^) Vorher 
schon hatte er von Palaephat^s mythologischen Erzählungen 
(xept Twv axiaTwv) aus dem Griechischen die erste lateinische 
Uebersetzung, die von dieser Schrift erschienen, gemacht. ^) 



*) Phil. Gundelii (initio aiin. 1519) habita Oratio: Nuper in nostro 
illo gymnasio Vienn. portices et eloquentiae publica professio — post Con- 
radum Celtera, ipsum Ciispinianiim, Angel um Cospum Bononiensem et 
Joachimum Vadianum tantos viros quinto demum loco [mihi Ph. Gundelio] 
delata est. 

'-•) Sie ist im Grunde ein Abdnick der 1501 zu Venedig erschienenen 
und führt den Titel: Quinti Horatii Flacci Epistolarum libri duo ad 
archetypon Aldi Manutii accuratissime impressi. Viennae ann. 1515. 4*^. 
Es sind dem Druck Distichen auf den Verfasser, Herausgeber und Drucker 
beigefügt (vgl. Denis 8. 136): 

Flaccus composuit. Cospus docet ista. Victor 

Impressit. Parvo grandia lector emes. 
Flaccus. Victor. Cospus. Ingenio, manu, 
Scientia ingens, dacdaleus, perspicax. 
Haec author, impressor, professor naviter 
Graphice, diserte fecit, excudit, docet. 
Satin' haec ementi diximus, lector, tibi? 
3) Palaephati graeci authoris opusculum de falsis historiis Angelo 
Cospo interprete. Viennae A. 1514. Die beiden Humanisten Vadian und 
Camers lieferton auf den Ueberset/er Epigramme. Der Erstere : 

Cospus Felsineae [i. e. Bononiae] decus et nova gloria terrae, 
Dum nitet et graecis artibus et latus. 
Der Andere mit den Schlussworten: 

Angelus hunc [Palaephatum] Cospus, vivat modo plura daturus, 
Transtulit, en gestit verba latina loqui. 
Vgl. Denis S. 100, der das seltene Buch näher beschreibt. 



280 Leben und Schriften der Humanisten. 

Noch in demselben Jahre 1516, in welchem Cospus am 
2. November aus dem licben schied, *) veröffentlichte er 
seine wichtiii^ste Production : es sind zwei lateinische Ueber- 
setzungen des 16. und 17. Buches der historischen Biblio- 
thek Diodors von Sicilien und eines Abschnittes aus 
der griechischen Chronik des byzantinischen Mönches 
Johannes Zonaras. 2) 

Cospus war zu dieser Arbeit durch den Kaiser Maxi- 
milian selbst veranlasst worden. Dieser wollte den ganzen 
Diodor, so weit er noch vorhanden war, anfanglich von 
dem Nürnberger Patricier Willibald Pirkheimer, einen des 
Griechischen ganz mächtigen Gelehrten , ins Lateinische 
übersetzt haben^ 3) da dieser aber die Sache ablehnte , so 
unterzog sich auf den Wunsch des Kaisers Cospus der 
Arbeit und lieferte zunächst eine Probe seiner Fähigkeit, 
eine derartige Uebersetzung ausführen zu können. ^) 

Es war die Uebersetzung des Cospus die erste, welche 
von Diodor und Zonaras, freilich nur von einzelnen Stücken 
ihrer Werke, in Deutschland gemacht wurde. In Italien 
existirte allerdings schon seit 1472 eine lateinische Ueber- 



*) Vadian in der Aegloga Faustiis schreibt 1517 an den kaiserlichen 
Rath Krachenberger: Cum nuper Angelus Cospus Bononiensis, vir graece 
et latine juxta peritissimus, vita defunctus esset etc. 

-) Diodori Sicnli scriptoris Graeci libri duo : primus de Philipp! regis 
Macedoniae aliorumve quorundam ilhistrium ducum, alter de Alexandri 
filii rebus gestis. Utrumcpie latinitate donavit Angelus Cospus Bononiensis. 
Alexandri regis vita, quam graece scriptam a Joanne Monacho Ang. 
Cospus vertit in nostram linguam. Vienn, mense Aug. A. Iöl6. [fol.] Die 
nähere Beschreibiuig des prachtvoll auf 98 Blättern gedruckten Werkes 
liefert Denis, Merkvv. der Garellisch. Bibl. S. 263 — 265. 

3) Der Brief Maximilians (d. d. Gmunden 20. Aug. 1514) an Willib. 
Pirkheimer ist in dessen Opp. p. 93 gedruckt: er findet sich auch bei 
Khautz, Oesterr. Gelehrt. S. .115. 

*) Er schreibt in der Widmungsschrift an Kaiser Maximilian: Volui 
vires experiii in his duobus libris Diodori etc. 



Cospas. 281 

Setzung des Diodor, welche aber wahrscheinlich Cospus 
nicht bekannt war. 

Sonderbarei' Weise wurde aus den auf dem Titel des 
Buches befindlichen missverstandenen Worten (Vita) quam 
graece scriptam a Joanne Monacho Ang. Cospus vertit in 
nostram linguam unser Cospus mit einem in Wien gleich- 
zeitig lebenden Mathematiker Johannes Augelus aus Aicha 
in Baiern verwechselt. Da dieser auch Angelus Bavarus 
genannt wurde, so meinte mau, der Johannes Monachus sei 
so viel als Johannes de Monaco (von München). Ja des 
Angelus Bavarus Todesjahr 1512 und dessen Grabstätte bei 
St. Lauren tius wurde fälschlich auf unsern Angelus Cospus, 
der 1516 starb, übertragen. ^) 

Offenbar lag es in der Absicht Cospi's, nicht nur den 
ganzen Diodorus Siculus, so weit er noch vorhanden war, 
sondern auch den Zonaras ins Lateinische zu übertragen. 
Eine griechische Ausgabe zu veranstalten hatte er gewiss 
nicht im Sinne. Auch hatte er keine Untersuchungen 
darüber angestellt, aus welchen älteren Geschichts werken 
die Chronik des Zonaras zusammengetragen war. Nament- 
lich war ihm nicht bekannt, dass der Abschnitt über 
Alexander den Grossen, den er übersetzte, aus Plutarch's 
Biographie des macedonischen Königs entnommen worden. 
Uebrigens ist nicht unerwähnt zu lassen , dass damals 
Plutarch's Biographien noch nicht ins Lateinische übersetzt, 



') Eder Catal. Rect. ad ann. 1512. Obiit hoc anno Johann Angelus 
Bavarus excellentissimus mathematicus et Orator, qui vertit Theo- 
dorum [i. e. Diodorum] Siculum de vita Alexandri Magni, relictis 
post se multis et praeclarissimis scriptis, sepultus est hie Viennae apud D. 
Laurentium. Eben so darnach die Nachrichten bei Sorbait, Catal. Rect. 
p. 58 und Script, univ, Vienn. II, p. 28. Merkwürdig ist die Unwissen- 
heit von Khautz (öst. Gelehrt. S. 115) über Johannes Zonaras: „Ich muss 
hier meine Unwissenheit bekennen, indem ich nichts von diesem Johann 
dem Mönche, ob er oder seine Dollraetschung an das Tageslicht gekommen, 
weiss oder irgendwo bisher habe finden können" . 



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l 2o2 Leben und Schriften der Hamanisten. 



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ja im griechischen Original noch nicht durch den Druck 
veröflFentlicht waren. ') 

Die Handschriften, welche Cospi bei seiner Ueber- 
setzung vor sich hatte, waren ihm von Cuspinian aus der 
[ Ofen er Bibliothek geliefert worden. ^^) Sie kamen später in 

; . die Wiener Hof bibliothek. ^) 

^ Wenn sich angegeben findet, dass Angelus Cospi viele 

f Werke hinterlassen habe, so beruht dies offenbar auf der 

irrthümlichen Annahme, dass er mit Johann Angelus 

P Bavarus eine und dieselbe Person sei. ^) Von Letzterem 

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^ ^) Der griechische Text des Diodor wurde von Opsopoeus Basil. 

^ 1539. 4. gedruckt: man nahm die Cospi'sche Uebertragung in die latei- 

nische Uebersetzung des Poggio (Basil. 1531 und 1548) auf. In der 
^ späteren Ausgabe von Curtius (Basil. 1545) wurde die Uebertragung des 

j' Cospus vom Leben Alexanders des Grossen, wie es Zonaras gibt, bei- 

i gedruckt. — Plutarchi Vitae in griechischer Sprache erschienen erst zu 

Florenz 1517. 

2) Cospi sagt dieses selbst in der beigefügten Zuschrift an die 

' Studiosi. Cuspinian meldet in Cassiod. Chronic, p. 123. Sex ego libros 

• Graecos ab XVI usque XX (Diodori) reperi Budae in Bibliotheca regia. 

jÄ Duos ex illis sex elegantissime est interpretatus Angelus Cospus Bono- 

■^ niensis, qui honestas literas Viennae non sine summa gloria professus erat. 

y Dass aus derselben Bibliothek auch die Chronik des Monachus Zonaras 

^ nach Wien gekommen, meldet uns Cuspinian ebenfalls. 

^ 3) Nicolaus Gerbel in seiner Vita Cuspiniani wusste nicht, ob der 

Codex des Zonaras in Wien oder in Nürnberg aufbewahrt werde. Denis 
j in den Merkw. d. Garell. Bibl. S. 265 meint, er sei mit den Cuspiniani- 

f sehen Büchern später in die kaiserliche Bibliothek gekommen und es sei 

dasselbe Exemplar, welches der spätere Uebersetzer des Zonaras, Hierony- 
^ mus Wolf, aus Wien erhalten habe. 

* *) Eder, der in der oben angeführten Stelle seines Catalog. rector. 

den Irrthum veranlasst hat, berichtigt ihn am Schlüsse seines Werkes nur 
unvollständig und fügt einiges neue Irrige bei: Nota Angelum illum Ba- 
varum non esse eum qui vertit Theodorum Siculum, sed alium qui dictus 
fuit Angelus Cospus Bononiensis: uterque tamen in suo genere quod eru- 
ditissima illorum testantur opera, fuit excellens. Bavarus ille mathematicus 
insignis: hie sumus Philosophus, Orator et Poeta celeberrimus (?) sepultus 
hie Vienn. apud divum Lauren tium ann. 1516. 



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Cospas. 283 

Sind mehrere mathematische und astronomische Schriften *) 
bekannt, welche beweisen, dass er ein Schüler Peuerbach^s 
und Regiomontan^s gewesen. 2) 



^) Astrolabium planum in tabulis. Aug. Vind. 1488. 4. Albumasaris 
libb. VIII. de magnis conjunctibua. Aug. Vind. 1489. 8. Ephemerides 
motuum coelestium pro 1494 — 1500. Vienn. 4. Prognostica. — Libellus de 
emendatione Calendarii. — Alraanach novum ad ann. 1509 und 1510. 
(Denis, W. B. G. S. 305.) Almanach novum atque correctum per Joannem 
Angelum artium et medicine doctorem peritiHsimum ex propriis tabulis 
calculatum super ann. 1512. Impr. Vienn. 1512. '(Vgl. Denis, W. B. G. 
S. 79.) Peuerbachii tabulae aequationum motuum Planetar. 1512. 

2) CoUimitius (Tannstetter) zu den Tabul. ecclipsium Mag. Georg. 
Peurbachii gibt ein Verzeichniss ausgezeichneter Wiener Mathematiker, 
worunter auch der Magister Johann Angelus von Aicha aus Baiern ge- 
nannt wird. Vgl. Denis, W. B. G. 8. 108 und im Anhang. Einer der 
frühesten Wiener Dnicke ist sein Almanach : • Joannis Angeli Ephemerides 
coelestium motuum usque ad ann. 1500. Vienn. 1494. (Denis S. 7.) 



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Cuspinianus. 

Johann Spiesshaimer aus Schweinfurt in Franken.') 

t 1529. 



ÜDter den Wiener Humanisten ist Cuspinianus neben 
Conrad Celtes der berülimteste, weniger durch seine eigent- 

^ liehen humanistischen literarischen Leistungen, als vielmehr 

durch seine Uriiversitäts-Amtsthätigkeit und seine histori- 

, sehen Verdienste. 

• Johann Spiesshaimer oder Spiesshamer 2) war im 

t J. 1473 zu Schweinfurt in Ost-Franken geboren. Der 



f ') Nachrichten über ihn geben seine Scliüler und Fretinde: Johannes 

1 Greulius Moenanns, Parochus in Ottochari viUa, Ostrofrancus in den Prae- 

|F fatio zu seiner dicliterischen historia divi Kiliani. Viennae 152G. 4. und 

Nicolaus Gerbelius Pliorciensis in der Vita Cuspiniani vor seiner Ausgabe 

des Cuspinianisclien Opus de Caeaaribus et Imperatoribus. Argentor. 1540. 

/ fol. [Jedoch ist diese Vita weniger Biographie als Panegyricus.] Einzelne 

Notizen enthält Cuspinian's Tagebuch v. 1502 — 1527, herausg. von Th. v. 

' Karajan in den Fontes rer. Austriac. I. p. 397 fll. Philipp. Gundelius 

* (vgl. d. Artik. unten) gibt in seinen Schriften Specielles über ihn. Von 

^ Neueren handeln über Cuspinian: Lambec. de BJblioth, Caes. Vindob. 

^ Scriptores univ. Vienn., Denis, Wiens Buchd. Gesell, und Merkw. d. Garell. 

; Bibl. an verschiedenen Stellen. Scliier und Kaltenbäck über die gelehrte 

•:; Donaugesellscli. Kink, Gesch. der Wien. Univ. I. S. 196 und 200 fll. 

^ Haselbach, Cuspinian als Staatsmann imd Gelehrter. W^ien 1867. 

'-) Man gibt gewöhnlich an, der Name habe Spiesshamer gelautet, 
J was unriclitig ist. Die Benennung Spieshaimer (so sollte der Name eigent- 



Cnspinianns. 28ö 

deutsche Name der Familie wurde iu die lateinische Benen- 
nung Cuspinianus verändert, welche er nicht nur als 
Humanist, sondern auch in gewöhnlichem Leben und in 
seiner amtlichen Stellung zu jeder Zeit als einzigen Namen 
führte. 

Bald nach dem Tode des ungarischen Königs Matthias 
Corvinus, als der römische König Maximilian im J. 1490 
Wien seinem Hause wieder gewonnen hatte, finden wir 
Johann Cuspinianus an der dortigen Universität. *) Von 
seiner früheren Jugendzeit und seinem Bildungsgang ist 
uns nichts Näheres bekannt. Er hatte Maximilian auf dem 
ungarischen Kriegszug begleitet, kehrte aber dann nach 
Wien zurück, um daselbst ganz den classischen Studien zu 
obliegen, worin er schon frühzeitig nicht gewöhnliche Fort- 
schritte gemacht hatte. Ohne wirkliches Facultäts - Mit- 
glied zu sein, trat der achtzehnjährige Jüngling mit huma- 
nistischen Vorträgen an der Hochschule auf vor einem 
ansehnlichen Kreise von Zuhörern, denen er Virgil, Horaz 
und Lucan, Sallust und Cicero erklärte. '^) Er erwarb sich 
bald die Zuneigung einflussreicher Herren vom Adel und 
gewann selbst die Gunst des Kaisers Friedrich, nachdem 



lieh geschrieben werden) kommt her von dem hei Baireuth gelegenen 
Dorfe Spies, welches die Heimat der Familie der Spieshaimer oder Spies- 
hamer (wie Pirkhaimer und Pirkhamer) war. Da auch die Verwandten 
Cuspinian's, namentlich sein Bnider und dessen Sohn Georg, Canonicus 
Iferbipolensis, den latinisirtcn Na^men führten (vgl. Denis, W. B. G. S. 88), 
so ist wahrscheinlich, dass ihn schon der Vater unseres Cuspinianus, von 
dessen bürgerlicher Stelhmg wir nichts Näheres wissen, angenommen hat. 

^) Nicolaus Gerbel Cuspinian's Biograph ist hier in dessen Vita ziem- 
lich ungenau. Nach ihm hatte Cuspinian unter Conrad Celtes in Wien 
seine Studien gemacht, was nicht sein kann, da Celtes erst viel später, 
1497, naoh Wien benifen worden ist. 

2) Jo. Greulii Praef. ad bist, divi Kiliani: (Cuspinianus) Vix natus. 
annos octo et decem, publice in frequenti auditorio, Maronem, Lucanum, 
Ciceronem, Sallustium, Flaccum ac optimos quosque est professus. 



286 Leben und Schriften der Hamanisten. 

er in einem Gedichte das Lehen des österreichischen 
Markgrafen Leopold des Heiligen besungen hatte.*) 

Kaum war Kaiser Friedrich im .1. 1493 aus dem Leben 
geschieden und sein Sohn Maximilian ihm in der Regierung 
gefolgt, so wandte dieser, ganz und gar der humanistischen 
Richtung zugethan, dem jugendlichen Cuspinian seine Gunst 
zu. In Gegenwart einer zahlreichen glänzenden Versamm- 
lung, unmittelbar nach Abhaltung der kaiserlichen Exequien, 
krönte er ihn zum Dichter und wies ihm einen Jahres- 
gehalt an. 2) Mit dem ApoUinarischen Lorbeer hatte Cuspi- 
nian auch die Magisterwürde oder den Grad eines Doctors 
der Philosophie erhalten. Öer kaum einundzwanzigjährige 
gekrönte Dichter trat nun an der Universität als Lehrer 
der Philosophie, der Beredtsamkeit und der freien Künste 
auf und fand namentlich beim Adel und selbst bei manchen 
mit den Wissenschaften schon vertrauten Männern grossen 
Beifall, indem er die bis dahin herrschende abschreckende 
scholastische Methode in seinen Lehrvorträgen vermied und 
dafür eine anregende, geschmackvolle Behandlung lieferte. 
Ungeachtet die artistische Facultät in der Mehrheit ihrer 
Mitglieder den humanistischen Studien nicht gewogen war, 
musste sie sich doch dazu bequemen, ihm auf seinem 
Wunsche ein für die grosse Zahl seiner Zuhörer passenderes 
Auditorium zu überlassen und ihm überhaupt alle Begünsti- 
gungen zu gestatten, deren sich sonst nur die von der 
Facultät selbst ordnungsmässig ins Lehramt Eingeführten 
erfreuten. 3) 

') Joh. Greul Moenanus 1. c. Friderico III. Imperator! non param 
dilectus, quod vitam divi Luipaldi, Marchionis Austriae, quem in niimermn 
sanctorum retulit, resonante carmine ceciniaset. 

2) Ibid. 

3) Acta facTilt. art. III. fol. 370 ad ann. 1494. 4. Jul. Poeta laureatus 
Johannes N. (den humanistischen Namen Cuspinianus vermied man zu 
nennen, den wirklichen deutschen Familiennamen kannte man vielleicht 



Cnspinianns. 287 

Neben seiner humanistischen Lehrthätigkeit setzte 
Cuspinian aber auch seine weiteren Studien als Scholar 
fort. Er widmete sich mit vollem Eifer den Realwissen- 
schaften, namentlich der Arzneikunde, worin er schon nach 
wenigen Jahren solche Portschritte gemacht hatte, dass er 
den Grad eines Doctors der medicinischen Facultät 
erlangte. ^) Er zählte erst 27 Jahre, als man ihn zum 
Rector der Universität erwählte (Oct 1500). 2) Er war 
zwar nicht der erste Rector, welcher das Prädicat Magni- 
ficus führte, aber nach ihm ward es beständiger Gebrauch, 
dass der Träger der höchsten akademischen Magistratur 
durch diese Benennung ausgezeichnet wurde. 

Obschon ihn Maximilian bald nachher in seinen ge- 
heimen Rath aufnahm und ihn zum beständigen 3) Super- 
intendenten oder Curator der Universität ernannte, so 
gab er doqh nicht die akademische Lehrthätigkeit auf, indem 
er vier Mal, von 1502 — 1511, als Decan der medicinischen 
Facultät deren Geschäfte besorgte und auch seiner Professur 
der Eloquenz in der artistischen Facultät nicht ganz entsagte.^) 



nicht) miiltiim petiit. Placiiit facultati ita tarnen, ut non aggravaret 
audientes neque magistros. 

^) In dem rhein. Nat. Matrikelbiich ad ann. 1496 wird Joh. Cuspinian 
als Doctor, poeta laureat. und lector Ordinarius artis oratoriae aufgeführt. 

2) Univers. Vienn. Matric. fol. 115 (Act. VI. fol. 30) bei Steyerer, 
Albert. II. p. 488: Die S. Colomanni (löOO) in moderatorem nostri studii 
desig^atur Joannes Cuspinianus Philosophiae ac Medicinae doctor ac poeta 
manibus Maximiliani Regis Rom. Vienne laureatus in exequiis Friderici 
Imperatoris. Rhein. Matrik. ad ann. löOl (eigentl. schon im Oct. 1500) 
Doctor Johannes Cuspinianus ex Schweinfordia poeta laureatus saluberrimae 
medicinae doctor studiique nostri Vienn. Rector. 

3) Im J. 1504 sollte Georg Neudecker während der Zeit von 
Cuspinian's Abwesenheit auf einer Mission die Geschäfte eines Super- 
intendenten führen. Es scheint aber nicht dazu gekommen zu sein. Kink, 
Wien. Univ. I. 206, n. 237. Beil. XXXI. 7. 

*) Cuspinianus Tagebuch ad ann. 1508. 19. Martii. Feci principium 
in lectionem oratoriam; ad ann. 1506. 1. Febr. Venit rex Viennam. 2. Febr. 
Dixi orationem Regi, suscipiendo ipsum nomine universitatis. 



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288 Leben und Schriften der Hnmanisten. 



* Doch Hess er sich in dieser Stelle zuerst durch den Ita^ 

^ liener Angelus Cospus, dann durch den Schweizer Joachim 

^ Vadianus vertreten. Dabei wurde er nicht nur im kaiser- 

y liehen Cabinet verwendet, sondern auch bei diplomatischen 

Verhandlungen und wichtigen Gesandtschaften. Innerhalb 
fünf Jahre waren ihm nach Ungarn 24 Missionen übertragen 
worden.'^) 

Neben diesen vielfachen Geschäften liefen neue Anord- 
nungen und Reformen, welche die Universität betrafen, die 
aber nicht selten mit Zwistigkeiten und Hader verbunden 
waren, da sowohl die Facultäten, wie einzelne Professoren 
und der Universitäts-Kanzler Widerspruch erhoben. ^) 

Als besonderer Gönner erwies er sich der gelehrten 
Donaugesellschaft und mit seinem fränkischen Landsmannes 
j dem Humanisten Conrad Geltes, war er durch die Bande 

f' der innigsten Freundschaft verbunden. Er hatte die Be- 

rufung desselben nach Wien vorzüglich betrieben und be- 
wirkt, dass der Humanismus in Wien in Aufnahme kam 
und sich befestigte. Nach dem Tode des Bischofs Johann 
Vitez (1499) stand zwar der kaiserliche Rath Johann 
^ * Krachenberger dem Namen nach an der Spitze der Donau- 

gesellschaft als Präsident, aber Cuspinian leitete im Vereine 
mit Geltes hauptsächlich die Geschäfte. Er versammelte 
f öfter die Mitglieder der Sodalität in seinem, in der Singer- 



^) Phil. Gundelü aeclogae dnae. Vienn. 1518. Vgl. Denis, W. B. G. 

^ S. 184, densen Merkw. der Gareil. Bibl. S. 261 und Cuspinian's Tagebuch. 

Aus der Zuschrift des Georgius Cuspinianus Canonicus Herbipolensis in 

/', Haugis an Cuapinian's Sohn Felix (in der Ausgabe der Panegyrici Vienn. 

/ 1513) erfahren wir, dass schon vor 1513 nicht nur Cuspinian selbst, son- 

^ dern auch sein Bruder Georg liäuiig bei Gesandtschaften verwendet wurden. 

i Vgl. Denis, W. B. G. S. 88. 

2) Conspect. bist. univ. Vienn. II. 73. Interea (um 1510) domi haud 
suae archigymnasio lites et minora bella deerant, quae ei cum Cancellario 
Universitatis ac Superintendente Joanne Cuspiniano ob promovendi ad 

*^ literarios honores jura intercesserant. Vgl. Denis, W. B. G. S. 261, wo 

• - von Brassican^s Ausgabe des Lucanus die Rede ist. 



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Caspinianns. 289 

Strasse geleg-enen Stadthause ^) oder auf seinem Land gute 
Foelicianum zu humanistischen Besprechungen und gegen- 
seitigen Mittheilungen. 2) 

Der Geschäftskreis Cuspinian's erweiterte sich um ein 
Ansehnliches, als ihn Kaiser Maximilian zum kaiserlichen 
Präfecten oder Ambald der Stadt Wien ernannte 
(1515) und er durch sein neues Amt in die Nothwendigkeit 
versetzt war, sich dem Studium von mancherlei Rechts- 
verhältnissen zu widmen. ^) 

Der kaiserliche Rath, Leibarzt und Historiograph, Stadt- 
präfect und Universitäts-Superintendent, wie auch gekrönte 
Dichter, Professor der Eloquenz und Arzneikunde, theilte 
seine Zeit zwischen Staatsgeschäften, welche er oft halbe 
Nächte hindurch mit dem Kaiser besprach , *) Kranken- 
besuch, gelehrten historischen Arbeiten, Vorlesungen, öffent- 
lichen Reden, Herausgabe von Druckschriften, Unterhal- 
tungen mit seinen humanistischen Freunden. Zu diesen 
gehörten vor Allen Conrad Geltes und Johann Krachen- 
berger, die Philologen. Angelus Cospus, Johann Camers und 
Joachim Vadianus, die Mathematiker Stabius, Stiborius und 



') Zum Andenken an diese Versammlungen Hess er 1607 eine 
steinerne Inschrift an sein Haus setzen, die sich noch jetzt erhalten hat. 
Vg"!. unten im Anhang. 

2) Vgl. Denis, W. B. G. S. 259, die Excerpte aus Joh. Greulii praef. 
zu dessen historia s. KilianL 

3) Rhein. Matrik. 1. c. Obiit hie Viennae Superintendens Universitatis 
et praefectus Senatus Viennensis. Cuspinian schreibt über das Amt eines 
Praefectus urbis oder Ambaldus (Anwalt) an den Markgrafen Albrecht 
von Brandenburg d. d. Wien 1525: Des Fürsten Anwald muess darauf 
sehen, dass nichts wider die F. D. fürgenoraen oder gehandelt werd und 
dass der F. D. bevelch so oft sy kummen volstregt werden on der si kain 
Kadt dürfen haben, damit nichts hairalichs gepraticiert werd, das wider 
den Fürsten wer. Vgl. Notizenblatt der kaiserl. Akad. VI. 1856. p. 417. 
Wiener Stadt Jahrb. 1864. S. 215. Haselbach, Cusp. S. 26. 

*) Cuspinian. de Caesarib. p. 484 und Tagebuch 8. 404, ad ann. 1511. 
Veni ad Caesarem in Lyncz, alloquutus eum usque ad mediam noctem. 
Nie. Gerbel. vita Cuspinian. 

T. Asehbach, Qeschichte der Wiener Univers. II. 19 



290 Leben und Schriften der Humanisten. 

Kosinus, die Juristen Gabriel Eubolius, Caspar Velius Ursinus 
und Philippus Gundelius; letzterer war auch Erzieher und 
Lehrer seines ältesten Sohnes. Von auswärtigen Freunden 
sind Conrad Peutinger in Augsburg, ^) Willibald Pirkheimer 
in Nürnberg und Johann Reuchlin zu nennen. Sie alle 
priesen in ihren Schriften 2) die vielfachen Verdienste des 
Gelehrten und Staatsmannes. Sein vertrautester Freund 
und Secretär war Johann Grempier, der ihn gewöhnlich 
auf seinen Missionsreisen begleitete und ihn bei den manch- 
fachen Geschäften kräftig unterstützte. ^) 

Cuspinian's politische Thätigkeit erstreckte sich 
hauptsächlich auf Verhandlungen des Kaisers mit Ungarn 
und Polen. Schon unter Friedrich III. und Wladislaus II. 
war zwischen dem habsburgischen Hause und dem böhmisch- 
ungarischen Könige über die Erbfolge in den beiderseitigen 
Ländern vielfach verhandelt worden. Um dem früheren 
Erbvertrage grössere Geltung zu geben, wurde eine Doppel- 
heirat zwischen beiden Häusern für ganz besonders ange- 
zeigt gefunden. Es war Cuspinian's Werk, dass er alle 
Schwierigkeiten und Intriguen siegreich überwand und am 
12. November 1507 zuerst den Vertrag zu Stande brachte, 
wonach eine Heirat zwischen einem Enkel Kaiser Maxi- 
milians und einer Tochter des ungarischen Königs Wladis- 
laus, und eine zweite Verbindung zwischen des Letzteren 
Sohn Ludwig mit einer Enkelin des Kaisers stattfinden 
sollte. In Folge dieses Vertrages wurde dann acht Jahre 



') Vgl. Herberger, Conrad Peutinger in seinem Verhältnisse zu Maxi- 
milian. Augsb. 1851. 

2) Es feierte ihn besonders Caspar Ursinus Velius im Epistolar. lib. 
Wien 1515. Vgl. Denis, Wiens Buchdr. Gesch. S. 324. 

3) Vita Cuspiniani von Nie. Gerbelius. p. 2. Ueber J. Gremper und 
dessen literarische Thätigkeit vgl. Denis, Wiens Buchdr. Gesch. S. 159 
und 176 und dessen Merkw. der Gareil. Bibl. S. 196. Cuspinian schrieb 
sehr unleserlich ; Gremper war ihm bei seinen schriftsteUerischen Arbeiten 
besonders behilflich. 



Cuspinianiis. 291 

später 1515 bei dem Fürsten-Congress in Wien, wo Maxi- 
milian mit den Königen von Ungarn und Polen zusammen- 
kam, ^) durch Cuspinian^s Unterhandlungen die verabredete 
Doppelheirat der Verwirklichung näher gebracht 2) und dazu 
noch zwischen den in Verschwägerung getretenen Dynastien 
durch den Abschluss eines Offensiv- und Defensiv-Bünd- 
nisses eine enge Union herbeigeführt. ^) 

Im Jahre 1518 erhielt Cuspinian den kaiserlichen Auf- 
trag, die Mailänder Herzogstochter Bona Sforza, Braut des 
polnischen Königs Sigismund, nach Krakau zu begleiten, ^) 
wo er auch den Hochzeitfeierlichkeiten beiwohnte. 

Seine vielfachen erfolgreichen Dienste liess der Kaiser 
nicht unbelohnt. Er wurde mit Gnaden und Gunst wahr- 
haft überschüttet. Auch die Geschenke, die er auf seinen 
Missionen von auswärtigen Fürsten erhielt, waren ansehnlich, 
namentlich bei der polnischen Botschaft. Die Einkünfte 
von seinen verschiedenen Aemtern und eine gute haus- 
hälterische Wirthschaft vermehrten sein Vermögen. Er be- 
sass Landhäuser in Schwechat, Sievering und andern Orten 
der Umgebung Wiens. In der Stadt gehörte ihm das Haus 
zum weissen Rössel in der Singerstrasse ; in den Vorstädten 



*) Conspect. bist. univ. Vieiin. II. 87. Totius bujus conventus seriem 
festevitatesque rerum singulis diebus gestarum Diario complexns . est 
Jo. Cuspinianus. Caspinian^s Tagebuch ad ann. 1415, p. 408. 

2) Am 22. Juli 1515 wurde in Anwesenbeit der auf dem Congresse 
gegenwärtigen Fürsten Anna, die "Tocbter des ungariscben Königs Wladis- 
laus, als angetraute Braut von Maximilians zweiten Enkel Ferdinand, von 
Kaiser Maximilian zur Königin erklärt und ibr eine goldene Krone auf's 
Haupt gesetzt: es folgte dann die Trauung des ungariscben (9jäbrigen) 
Prinzen Ludwig mit Maximilians Enkelin Maria, Scbwester Karls (V.). 

3) lieber das Nähere Haselbaeh, Cuspinian als Staatsmann etc. 
S. 10—14. 

*) Cuspinianus Tagebuch ad ann. 1518. p. 410. Vgl. das Carmen 
elegiacum von Joachim Vadianus de Nuptiis Poloniae regis Sigismundi. 
Vienn. 1618. 4. 

19* 



292 Leben und Schriften der Hnmanieten. 

besass er Villen, Aecker, Weinberge und Gärten. ^) Einen 
schönen ländlichen Wohnsitz, ein wahrhaftes Tusculum, wo 
er häufig seine Freunde bei sich versammelte, nannte er 
Foelicianum nach dem Namen seines Sohnes Sebastian 
Foelix.2) 

Die nächsten Jahre nach dem Tode Kaiser Maximilians 
von 1519 — 1522 waren in Wien durch tumultuarische und 
revolutionäre Bewegungen der Bevölkerung, wie auch durch 
eine verheerende Pest im höchsten Grade traurige Zeiten 
und es fanden sich alle Verhältnisse tief erschüttert. Die von 
Maximilian bestellten Regenten mussten aus der Stadt 
flüchten; sie begaben sich nach Wiener-Neustadt. Unter 
der Führung des Wiener Bürgermeisters Johann Rinner, 
eines ehemaligen Gärbers, und einiger adeliger Herren, 
denen sich der Rechtsanwalt Doctor Martin Capinius und 
der gewesene Universitäts-Rector Victor Gamp anschlössen, 
wurde von der Bürgerschaft ein neuer Regenten-Rath ein- 
gesetzt, der in Frage stellte, ob man den Enkeln und Erben 
Maximilians, dem spanischen König Karl und dessen Bruder, 
dem Infanten Ferdinand, irgend Gehorsam zu leisten habe. 3) 

Mittlerweile wüthete auch die Pest in Wien, welche 
täglich an hundert Menschen dahinraffte und weiter dazu 
Veranlassung gab, dass die meisten Universitäts- An gehörigen 
die Stadt verliessen und die Vorlesungen ganz ausgesetzt 
wurden. Cuspinian, in seiner doppelten Eigenschaft als 
Superintendent und städtischer Praefectus, konnte, ohne 

^) Vgl. Haselbach a. a. O. S. 8. 

2) Job. Greulii Moenani bist. s. Kilian. in der Praefat Vgl. Denis, 
W. B. G. S. 259. 

3) Cuspinian'ß Tagebucb ad ann. 1519, S. 402: Tottis bic annus 
moestus est et lugubris et seditiosus ob mortem nostri divi Caes. Maximi- 
liani. — Ad ann. 1520, p. 413: Hie annus non minus quam superior nobis 
foit tristis ac calamitiosus ob mortem Caesaris et quia priyati sumns 
domino et principe, cum plebs maledicta saeviret. 



Cnspinianas. ^93 

Aufrührer zu sein, der Bewegung sich nicht anschliessen ; 
es blieb ihm nichts anderes übrig, als in der revohitionären 
Zeit sich ganz zurückzuziehen und sich von Wien zu ent- 
fernen. Als in Folge eines Vertrags zwischen Karl, der 
unterdessen zum Kaiser erhoben worden, und seinem Bruder 
Ferdinand die österreichischen Länder dem I^etzteren 1521 
abgetreten wurden, so säumte Cuspinian nicht, dem neuen 
Fürsten, der erst nach Linz, dann nach Graz gekommen 
war, sich vorzustellen. Nachdem die Führer der Rebellen 
mit Hinrichtung oder Landesverweisung bestraft und die 
alten Verhältnisse wieder hergestellt worden, ward auch 
Cuspinian, der am 9. Februar 1522 mit seiner Familie nach 
Wien zurückgekehrt war, von Ferdinand in seinen Aemtern 
restituirt und zu mehreren Missionen, besonders nach Ungarn, 
verwendet.^) 

In der nächstfolgenden Zeit, wo Cuspinian sich mehr 
aus dem öffentlichen Leben zurückzog und hauptsächlich 
schriftstellerischen Arbeiten lebte, trafen ihn mehrere 
Schicksalsschläge. Eine besondere Unglückszeit war für ihn 
das Jahr 1525; bei einer grossen Feuersbrunst, welche 
einen Theil von Wien in Asche legte, brannten ihm zwei 
Häuser nieder, und ein arges Unwetter verheerte seine 
Felder und Weingärten.'-^) 



') Cuspinian's Tagebuch ad ann. 1521, p. 413: 3. Jul. Exivi Vienna 
cum uxore et liberis. 6. Jul. Vixi Gretz. 7. Jul. Accessi Principem Ferdi- 
nandum. 11. Jul. Praestiti juramentum et confirmatus in officio. 9. Febr. 
1522. Veni Viennam in domum salvus cum omni familia. 24. Febr. Exivi 
in legatione ad regem Ludovicum Hungaria etc. Näheres über den Wiener 
Aufstand 1520 und 1521 und die Bestrafung der Rebellen ist in dem 
Artikel Capinius berichtet. 

2) Cuspinian'» Tagebuch ad ann. 1525, p. 415: Ego omnes incom- 
moditates bonorum, fractione cruris, incendio, fulmine, falsis calumniis 
sum misere hoc anno exceptus. — In hoc incendio domus quoque mea 
crudeliter arsii — Horreum praeterea cum domo in suburbio oppletum 
frumentis et decima mea cum 80 vasis et aliis necessariis periit. Sic uno 
die plus quam in sex millibus .jacturam passus sum. lieber den grossen 



294 Leben and Schriften der Humanisten. 

Cuspinian hatte nicht nur den Schmerz, so grosse Ver- 
luste in seinem Vermögen zu erleiden, es verbitterten ihm 
auQh mancherlei Erfahrungen, die er in seiner doppelten 
Amtsstellung als Superintendent der Universität und als 
Stadtpräfect machte, seine letzte Lebenszeit. Ungeachtet er 
früher mit so grossem Erfolge die Hochschule zu seltener 
Blüthe und Ansehen gebracht hatte, und er diesen glück- 
lichen Zustand hauptsächlich seinen rastlosen Bemühungen 
zuschreiben konnte, musste er den allmäligen Verfall seines 
Werkes sehen. Weniger wie früher von der Regierung 
unterstützt, fand er sich bei den kirchlichen Zerwürfnissen 
in Folge der Reformation Luther' s, welche auf den Bestand 
der Universität und den Betrieb der Studien überaus störend 
wirkten, immer mehr ausser Stand, den raschen Verfall der 
Universität aufzuhalten, indem auch der ärgerliche Hader 
mit dem anmassenden Universitäts-Kanzler Paul von Ober- 
stein von nachtheiligen Folgen begleitet war und der Hass 
der Bevölkerung gegen die fremde studirende Jugend zu- 
nahm. Seit 1525 nahm die Frequenz jährlich ab, so dass 
im J. 1529 der Besuch fast ganz aufhörte. Der Verfall war 
in dem Grade eingetreten, dass die Universität, welche 
unter Maximilian mehrere Tausende Studenten gezählt 
hatte, in allen Facultäten zusammen kaum noch einige 
Dutzende hatte. ^) 

Seitdem der ungarische König Ludwig H. 1526 in der 
Schlacht bei Mohacz von den Türken besiegt, auf der Flucht 
seinen Tod gefunden und in Ungarn selbst Uneinigkeit und 
Bürgerkrieg herrschte, sah Cuspinian die Gefahren voraus, 
welche Oesterreich von Seiten der Türken bedrohten. Sie 



Brand in Wien, wodurch das Haus der medicinischen Facultät, drei Klöster 
und über 400 Häuser eingeäschert wurden, berichten die Act. fac. art. ad 
ann. 1525. Eder, Catal. Rect. p. 65. Vgl. Rosas, Gesch. d. Wien. Hoch- 
schule etc. I. 1. S. 182. 

') Kink, Gesch. d. Univ. Wien. I. S. 264. 



CnspinianuB. 295 

womöglich abzuwenden, dieser Gedanke beschäftigte ihn viel- 
fach. Er erlebte es aber nicht, den furchtbaren Feind vor den 
Mauern Wiens zu sehen. Er war einige Monate früher, am 
19. April 1529,^) im 56. Jahre aus dem Leben geschieden, 
noch ehe seine Besitzungen in den Vorstädten und in der 
Umgebung Wiens der Zerstörung preisgegeben wurden. 
Cuspinian ward in der St. Stephanskirche begraben, wo 
sich noch jetzt sein Grabmal aus rothem Marmor mit Bild- 
werken und Inschrift befindet. 2) 



') In dem Artikel Cuspinian in der Encyelop. von Ersch und Gruber 
XX. 8. 385 ist unrichtig gesagt: Er starb am 19. April, vier Tage vor 
der Belagerung Wiens 1525. 

2) Vgl. Tschischka, der Dom von St. Stephan. Wien 1832. Fol. 
Kupfertaf. 40. Perger, der Dom zu St. Stephan in Wien. Triest 1864. 
S. 63 und 115. Insc. XLIV. Haselbach a. a. O. S. 27 fl. Die Inschrift 
in der Tima-Capelle lautet: 

JOANN. CUSPI. DOC. QUONDAM 
CIVI. VIENNENS. PREFECTUS 
Excolui . Primum . Musas . Et . ApoUinis . Artes. 

Nempe . Fui . Medicus . Tuncq. Poeta . Simul. 
Postea . Me . Rebus . Natum . Majoribus . Auxit. 

Caesar . Et . Ornavit . Praesidis . Officio, 
lila . Igitur . Nostro . Sint . Verba . Inscripta . Se pulchro. 

Unica . Vixi . Olim . Cuspinianus . Eram. 
Historiae . Immensae . Monumenta . Aetema . Reliqui. 
Vivus . In . His . Semper . Cuspinianus . Erit. 
Vixit . Ann . LVI . Ob . Ann . MDXXIX . Mens . April . Die . XIX. 

Oben neben den ersten Zeilen zu beiden Seiten die Namen der beiden 
Frauen : 



Agnes Altera 
Conjux. 



Anna Mater 
Octo Liberorum 

darunter die Namen der acht Kinder in zwei Reihen: 

Sebastianus Foelix Nicolaus Chrysostomus 

Leopoldus Anastasius Anonymus 

Anna Theodora Joanna Agatha 

Helena Alexandra Barbara Sophia. 

Die Bildwerke auf dem Grabstein stellen dar: Cuspinian mit breitem 
Barett auf dem Haupte, die Hände auf Bücher gestützt. Zu den beiden 
Seiten die zwei Frauen mit zwei Schilden: der zur rechten Seite, wo die 



296 Leben and Schriften der Humanisten. 

Wenn man zu den Aemtern und Würden, welche in 
der Grabschrift erwähnt werden, dem Cuspinian auch noch 
weitere andere gibt, so ist dieses nicht genau nachweisbar. Er 
war weder kaiserlicher Kanzler, ^) noch Vorsteher des 
kaiserlichen Hausarchivs'-^) und der Hofbibliothek.^) 
Um die Vermehrung und Bereicherung der Hofbibliothek 
aber erwarb er sich jedenfalls namhafte Verdienste. Er 
bewirkte, dass durch eine kaiserliche Aufforderung die 
Klöster angewiesen wurden, aus ihren Sammlungen Bücher 
an die Hofbibliothek abzugeben, und brachte von der 
Ofener königlichen Bibliothek seltene und werthvoUe Co- 
dices und Bücher nach Wien. *) Auch seine eigene ansehn- 



Frau Anna, mit einer abenteuerlichen Gestalt, eine Sense in der Hand; 
auf dem andern der Agnes ein L in einem S verschlungen. Unter der 
Hauptinschrift ist die ganze Familie sitzend abgebildet. Ober dem 
sitzenden Cuspinian ein Bogen, worüber zwei Schilde: in dem einen ein 
Arm mit Schwert, in dem andern die Buchstaben C. M. 

') Hormayr, Archiv 1810. S. 408, nennt ihn kaiserlichen Canzler und 
behauptet, dass er auch in diesem Amt gestorben sei. Cuspinian aber 
nennt sich nie so, auch in der Grabschrift findet sich dieses Amt nicht 
angegeben. 

2) Hormayr a. a. O. gibt ihm diesen Titel, und Wattenbach, deutsche 
Geschichtsquellen S. 3, nennt ihn falschlich Archivar, lieber die Ent- 
stehung des habsburg. Hausarchivs ist gehandelt: Wiener Alterthums- 
verein VI. 1863. S. 33. Veranlassung der irrthümlichen Benennung hat 
hauptsächlich eine Stelle bei Nie. Gerbel, Vita Cuspiniani, gegeben: Pate- 
bant ei (Cuspiniano) ex Caesaris liberalitate et beneficentia omnes undique 
vetustiores bibliothecae , omnia ducum Aiistriae secretiora scrinia et 
archeja. 

3) Vgl. Lambec. Commentar. de bibl. Caes. Vindob. I. p. 31. Mosel, 
Gesch. d. Hofbibl. S. 10. Haselbach, Cuspin. S. 15. Celtes stand bis zu 
seinem Tode (1508) der Hofbibliothek vor. Dass dann Cuspinian ihr Vor- 
steher wurde, wird vermuthet. Soviel ist gewiss, dass noch vor seinem 
Tode CoUimitius einige Zeit die Aufsicht führte. 

^) Schior, de reg. Budens. Biblioth. Matth. Corv. S. 26. Auf seinen 
öfteren Reisen nach Ofen brachte Cuspinian häufig von dort Bücher nach 
Wien: die griechischen Autoren Isokrates, Philostratus, Diodorus Siculus, 
Zonaras. Vgl. Denis, Gareil. Bibl. S. 253 fll. 



Caspinianns. 297 

liehe Büchersammlung kam in der Folge in die Hof- 
bibliothek J) 

Cuspinian's äussere Persönlichkeit wird von seinen 
Zeitgenossen sehr vortheilhaft geschildert. Sein Biograph 
Nicolaus Gerbel gibt ihm eine schöne, impouirende Gestalt, 
frische Complexion und ein einnehmendes, gewinnendes 
Wesen, mit grosser Lebhaftigkeit, Energie und nicht ge- 
wöhnlicher Beredsamkeit. Dabei besass er einen scharfen 
Verstand, schnelle, eindringende Beobachtungsgabe und 
eine rastlose Thätigkeit — Eigenschaften, die ihm in seinen 
verschiedenen Berufsgeschäften, namentlich aber bei seinen 
diplomatischen Verhandlungen und gesandtschaftlichen Mis- 
sionen sehr zu Statten kamen. Er war ausserdem ein guter 
Familienvater und ein sparsamer Hauswirth, der sich ein 
ansehnliches Vermögen sammelte und selbst in Opulenz 
leben konnte, da er Häuser, Villen, Gärten und Aecker 
besass. Häutig am Hofe lebend und mit fürstlichen und 
hochstehenden Personen verkehrend, bewahrte er doch den 
einfachen, ernsten, philosophischen Sinn. Dabei entbehrte 
er nicht der Frömmigkeit und eines religiösen Glaubens, 
der ihn bei niederschmetternden Schicksalsschlägen wieder 
aufrichtete und stärkte. '^) Die kirchlichen Missbräuche 
seiner Zeit nicht übersehend, wie die Besten seiner Zeit, 
und ihre Beseitigung wünschend, begrüsste er anfänglich 
Luther^ s reformatorisches Auftreten als ein gutes und zu 



J) Lambec. 1. c. p. 32. Kink, Gesch. d. Wien. Univ. I. S. 206, n. 237: 
Cuspinian's Bücher (sie zählten 326 Nummern) kamen nach seinem Tode 
durch Kauf an den Wiener Bischof Job. Faber. Die Fabrische Bibliothek 
wurde später der Universitäts-Bibliothek einverleibt und endlich kam diese 
an die k. Hofbibliothek 1756. 

~) Cuspinian's Tagebuch an verschiedenen Stellen; er errichtete auch 
in späterer Zeit in der Nähe seines Hauses eine Capelle (Sacellum) mit 
einer Inschrift. Fischer, bTev. Notic. Vindob. II. p. 150. Tagebuch p. 412 
ad ann. 1520: Sacellum meum est dedicatum a Reverend. Episcopo Georgio 
Viennenai. 



298 Leben und Schriften der Humanisten. 

unterstützendes. Da er bald sah, wie viel Schlechtes sich 
der Reformation zugesellte und wie das Gute von dem 
Schlimmen überwuchert wurde, so zog er sich zurück. 
Namentlich schmerzte es ihn, dass die kirchliche Spaltung 
der türkischen Invasion unendlichen Vorschub leistete. ^) 

Was Cuspinian's gelehrte und schriftstellerische 
Thätigkeit betrifft, so war diese wie seine Wirksamkeit 
in seinen verschiedenen Berufsgeschäften eine manchfaltige 
und ziemlich umfassende. Nicht sehr hoch sind seine poeti- 
schen Productionen anzuschlagen, aufweiche er auch selbst 
keinen besonderen Werth gelegt zu haben scheint. Von 
seinen Reden und übrigen rhetorischen Schriften ist 
nur Weniges durch den Druck veröffentlicht worden. Seine 
medicinischen Abhandlungen, die unter dem Titel CoUec- 
tanea medica noch handschriftlich aufbewahrt werden, 2) 
scheinen von keiner besonderen Erheblichkeit zu sein; es 
sind auch eigentlich keine Cuspinianischen Schriften, wenn 
sie auch von seiner Hand geschrieben sind. 

Die besonders zu beachtenden Schriften Cuspinian's, 
die in ziemlicher Anzahl vorliegen, lassen sich zur bequemen 
Uebersicht in vier Gruppen sondern. Sie umfassen erstlich 
Ausgaben alter classischer Schriftsteller, dann Aus- 
gaben mittelalterlicher Schriften, ferner selbständige 
Werke über römische und deutsche, namentlich öster- 



*) Conspect. hist. Univ. Vienn. II. 142. Cuspinianus a Spondano in- 
fectus Lutheri dogmatibus , quo authorie nescio id certe neque ex actis 
nostris comprobare licuit. Cuspinian's Ansicht gegen Luther in der Oratio 
protreptica contra Turcos p. 23. DöUinger, Reform. I. 626, bemerkt, dass 
Cuspinian ein Schreiben Luthers an ihn unbeantwortet liess. 

2) Auf der Wiener Hofbibliothek Nr. 4772. 3. Johannis Cuspiniani 
CoUectanea varia ex historia litteraria medica, videl. Vita Hippocratis, 
graece et latine, Epistola Hippocratis de Microcosmo, Epistola eadem ab 
anonymo metrice redacta, Epistola Ventidiani ad Pentadium nepotem suum 
aliaque notabilia medica. 



Cnspinianus. 299 

reichische Geschichte, endlich Diplomatisches, 
Reden und die Tagesgeschichte Betreffendes. 

Der noch in ziemlich jugendlichem Alter stehende 
Cuspinian, der kaum das zwanzigste Lebensjahr über- 
schritten hatte, war in Folge seiner dichterischen Behand- 
lung des Lebens des österreichischen Markgrafen Leopold 
des Heiligen von Kaiser Maximilian mit dem Dichterlorbeer 
geschmückt worden (1493). Nicht lange hernach gab er 
die Hymnen des christlichen Dichters Aurelius Pruden- 
tius Clemens als sein erstes Druckwerk heraus. ^) 

Neben der geistlichen Dichtung beschäftigte sich Cuspi- 
nian in der frühern Zeit vielfach mit den römischen Dich- 
tern, namentlich mit Ovid; offenbar hatte er die Absicht, 
von diesem Dichter die libri Amorum und die libri VI 
Fastorum herauszugeben. Er bereitete Alles zum Druck 
vor, ohne ihn jedoch zu bewerkstelligen. 2) 

*) Liber hymnorum Prudencii. Mit der Widmung: Magnanimo Jo- 
hanni Graccho Pierio (Krachenberger) divi Maximiliani Romanorum Im- 
peratoris designati prothonotario L. Johannes Cuspinianus. Impressum 
Vienne per Johannem Winterburg. [s. a.] 4^. Es sind nicht sämmtliche 
Dichtungen des Prudentius, sondern nur der liber Cathemerinon [xaÖ' 
i^[j.Ep(ov] 12 Hymnen für die 12 Tagesstunden. Cuspinian nennt das Buch, 
sein erstes Druckwerk, primicias. Da Maximilian schon Imperator heisst, 
80 muss er bereits Friedrich III., der 1493 gestorben, gefolgt sein. Der 
Druck ist nicht nach Handschriften, sondern nach einer früheren, in De- 
venter 1472 erschienenen Edition gemacht. Weil J. Winterburg erst 1493 
nach Wien kam, so bestimmt Denis 1494 als Druckjahr. Vgl. Wiens 
Buchdr. -Gesch. S. 298. Der Buchstabe L. vor Cuspinian bedeutet laureatus 
sc. pOeta. Denis meint, es könne durch Lector s. v. a. Professor, oder durch 
Licentiatus erklärt werden ; das erstere war ohne Bezeichnung der Wissen- 
schaft nicht üblich zum Namen zu setzen, das andere aber ist nicht statt- 
haft, da Cuspinian bereits durch die Dichterkrönung Magister oder 
Doctor der Philosophie war. 

2) Auf der Wiener Hofbibliothek befindet sich ein Codex Ms. des 
Ovidius, mit Interlinear- und Marginalnoten von Cuspinian's Hand ver- 
sehen: Cod. Nr. 3111. fol. 1 — 53 De arte amandi übri, fol. 53 — 69 De 
remedio amoris libri II, fol. 130 — 242. Fastorum libri VI. Zu <fen Fastis 



300 Lebeo uod Schriften der Hamanisten. 

Zu den frühesten Publicationen Cuspinian's gehören 
auch seine beiden Ausgaben der lateinischen Uebersetzer 
des geographischen Dichtwerkes Periegesis von dem Alexan- 
driner Dionysius. Dieser, ein Zeitgenosse Strabo^s, hatte 
ein geographisches Lehrgedicht verfasst, welches zwei latei- 
nische metrische Uebersetzungen erhalten hat: eine bessere 
von Rufus Avienus, der auch Fannius Khenius genannt 
wird; und eine von dem Grammatiker Priscianus. Cuspi- 
nian gab die letztere zuerst (um 1494), die andere später 
im J. 1508 heraus. Beide Ausgaben sind weniger kritisch 
wie die spätem von Camers und Vadianus, aber doch nicht 
ohne Benützung von einigen Handschriften gemacht. *) 

Als Professor der Rhetorik und Staatsmann fand sich 
Cuspinian veranlasst, mit den rhetorischen Schriften der 
Römer sich zu beschäftigen. Zu den bisher veröffentlichten 
Panegyrici sammelte er eine Anzahl ungedruckter Lobreden. 
Seinem jüngeren humanistischen Freunde, dem Magister 
Philipp Gundel, überliess er zwölf derartige Panegyrici 
zur Herausgabe. *^) 



fol. '243—247 ist beig-egeben ein Index in Ovidii Fastoriim libros Joannis 
Ouspiniani sive Spiessharamer. Letztere Benennung wahrscheinlich von 
späterer Hand. — Ueber die von Giindelius im J. 1513 herausgeg'ebenen 
Ovidn Fastorum libri VI, zu deren Edition Cuspinian angeregt und wozu 
er ein altes Calendarium Romanum zum Abdrucke überlassen hatte, ist 
unten der Artikel Gundelius zu vergleichen. 

') Dionisii Alexandrini philosophi de situ orbis translatio per Priscia- 
num graramaticorum [»rincipera. Impr. Vienne a Joanne Winterburg, 
emendat. autem a L. Joanne Cuspiniano artium et huraanitatis professoris, 
qui publice hunc libellum in studio Viennensi interpretatus est [s. a.]. 4®. 
Dionysii Periegesis situs orbis Ruffo Avieno interprete. Cuspinianus nevos 
et vermcas sustulit. Winterburger impr. a. 1508. 4^. Auf der Wiener Hof- 
bibliothek Nr. 3227. fol. 1—187 befindet sich ein Cuspinianisches Ms. mit 
der Aufschrift: Jo. Ouspiniani Commentarii in Dionysii Afri versionem 
latinam metricam. 

'^) Ph. Gundel gab sie in Wien 1513 bei dem Buchhändler Johann 
Metzger heraus unter dem Titel: Panegyrici variorum autorum et declama- 



Cnspinianns. 301 

Mit ganz besonderer Vorliebe betrieb Cuspinian das 
Studium der römischen Geschichte; wir verdanken ihm die 
Herausgabe mehrerer Werke. Da der Text der römischen 
Geschichte des Lucius Annaeus Florus in den bis dahin 
erschienenen Ausgaben noch ein ziemlich fehlerhafter war, 
so suchte Cuspinian ihn nach einigen Handschriften zu be- 
richtigen, und er lieferte 1511 auf Anregung seiner huma- 
nistischen Freunde Vadian und Joh. Marius einen berich- 
tigten Text des römischen Epitomators. *) 

Auch bei der Bearbeitung des Sexti Rufi breviarium 
rerum gestarum populi Romani traten Cuspinian und Camers 
als Rivalen auf; indem Camers den Sextus Rufus schon 1518 
publicirte,2) behielt ihn Cuspinian noch zurück; er ward 
erst nach seinem Tode in seinem Werke Commentarii de 
Consulibus gedruckt.^) 



tiones nonnuUae perquam eruditae, hactenus non impressae. An der Spitze 
der Panegyrici steht der Plinianiache. Die drei letzten Declamationes von 
einem Unbekannten über den Weiberschmuck waren früher nicht gedruckt. 
Sie sind wahrscheinlich erst im 15. Jahrhundert gemacht; woher sie Cuspi- 
nian erhalten hat, ist nicht bekannt. Vgl. Denis S. 88 fll. 

*) Lucii Flori libri historiarum quatuor a Cuspiniano castigati cum 
Indice. Impr. Vienne per Winter[burg] 1511. 12. Kai. Aug. 4^. Vgl. Denis 
S. 52. In der Vorrede polemisirt Cuspinian gegen die in Italien und 
Frankreich cursirenden Ausgaben des Florus und gegen die Gewohnheit 
der Buchhändler seiner Zeit, ihre schlechten Ausgaben als von namhaften 
Gelehrten empfohlen anzupreisen, um den halbgelehrten Leser zu täuschen. 
Da fast um dieselbe Zeit der Italiener J. Caraers in Wien auch den Florus 
herausgab und zwar mit besserem Texte und mit Ausfallen gegen die 
deutschen Herausgeber, so war Cuspinian um so ungehaltener, da Vadian 
mit einigen Widmungsversen die Ausgabe . des Camers sehr empfohlen 
hatte. Cuspinian konnte in seinem Verdrusse darüber nicht unterlassen, 
ein vorwurfsvolles Schreiben an den treulosen Freund zu richten. Abgedr. 
in Philol. Epist. Centuria ex bibl. Melch. Goldast. Francf. 1610. n. 31. 
Vgl. oben den Art. Camers. 

2) Vgl. Denis S. 188. 

3) Sexti ßuffi rerum gestarum populi Romani deque accessione im- 
perii epitome cum Cuspiniani scholiis p. 14 sqq. Basil. 1553. fol. 



302 Leben und Schriften der HnmaniBten. 

Die vier ersten Capitel von des Valerius Maximus 
erstem Buche der Memorabilia, welche er in einer alten 
Handschrift fand, sandte er nach Venedig dem Aldus Manu- 
tius zur Veröffentlichung. *) 

Die an lateinischen und griechischen Handschriften 
alter Schriftsteller reiche Ofener Bibliothek besuchte Cuspi- 
nian öfter und er fand darin Manches von Werth und Be- 
deutung auf. Da er selbst nicht im Stande war, griechische 
Schriftsteller zu ediren,^) so überliess er solche seinen 
humanistischen Freunden, welche des Griechischen voll- 
kommen mächtig waren, zur Herausgabe oder vielmehr zur 
Uebersetzung in das Lateinische. So wurde Angelus Cospus 
angeregt, den Diodorus Siculus und die Chronik des 
Zonaras, welche Cuspinian in Ofen aufgefunden hatte, 
theilweise in die lateinische Sprache zu übersetzen. 3) Philo- 
stratus, von dem ebenfalls ein Codex in Ofen entdeckt 
ward, sollte Nicolaus Gerbel übersetzen und ediren.^) 

Zu den mittelalterlichen Schriften, welche Cuspinian in 
früheren Jahren edirte, gehört der Libellus Marbodi de 
lapidibus pretiosis.'^) Die übrigen sind historische Quellen. 

Ein namhaftes Verdienst um die Geschichte des Mittel- 
alters erwarb sich Cuspinian durch die erste Herausgabe 
von zwei höchst wichtigen Geschichtsquellen. 

1) Moller, Dis8. de Val. Maxim. Altorf 1685. Val. Max. Opp. ed. 
Salv. de Lennemas. Par. 1838. 

2) Die lateinische, von Phileticus gemachte Uebersetzung der Reden 
des Isocrates benutzte Cuspinian. Vgl. Denis, Garell. Bibl. S. 253. Die 
Reden an Nicocles und die Praecepta an Demonicos versah er mit Rand- 
bemerkungen. Der Cod. befindet sich auf der Wiener Hofbibl. Nr. 13908. 
Suppl. Nr. 3329. fol. 13 und 908. 

3) Vgl. oben den Art. Angelus Cospus. 

*) Schier, de Bibl. Budens. p. 32. Denis, Garell. Bibl. S. 256. 

^) Libellus de lapidibus preciosis sive Enchiridion Marbodei Galli de 
lapidibus preciosis. Mit Cuspinian's Vorrede über die verlorenen und vor- 
handenen Schriften der Alten über die Edelsteine. Vienn. 1511. 4fi. Der 
seltene, nach einem Ofener Codex gemachte Druck ist, wenn nicht die 



Cvspinianns. 303 

Auf Grundlage einiger alten Handschriften bereitete er 
die gothische Geschichte des Jordanis oder Jemandes 
zum Drucke vor und Hess sie durch seinen humanistischen 
Freund, den Patricier Conrad Peutinger, in Augsburg 1515 
veröflFentlichen. •) 

Noch wichtiger ist die Herausgabe einer zweiten Ge- 
schichtsquelle, die er in demselben Jahre selbst besorgte. 
Er edirte zu Strassburg die Weltchronik des Freisinger 
Bischofs Otto nebst dessen Kriegsthaten Friedrichs 
des Rothbarts nach einem vortreflFlichen Wiener Codex, 
vielleicht auch nach einem Speierer, welchen Jacob Wimpfe- 
ling besessen. 2) 

Da Cuspinian in späteren Jahren von Kaiser Maximilian 
in Staatsgeschäften und zu Missionen an den ungarischen 



Editio princeps, doch eine der ältesten Ausgaben der Schrift des Bischofs 
Marbodus von Rennes (f 1123), welche auch später unter dem Titel En- 
chiridion de gemmis veröffentlicht wurde. Das Werkchen handelt in Hexa- 
metern über die Edelsteine, wozu Cuspinian einen erläuternden Commentar 
Uefert. Vgl. Denis, W. B. G. S. 56. 

*) Der Titel der vortrefflichen Ausgabe ist: Jornandes de rebus 
Gothorum. Paulus Diaconus Forojuliensis de gestis Langobardorum. 
Aug. Vindel. a. 1615. fol. Closs in der neuesten Ausgabe des Jordanis. 
Stnttg. 1861, hätte da, wo er von der Editio princeps spricht, die Ver- 
dienste Cuspinian^s nicht unerwähnt lassen sollen. Vgl. Wattenbach, 
Deutschlands Geschichtsquellen 8. 3 fl. 45 fll. 

2) Ottonis Phrisingensis Episcopi, viri clarissimi, rerum ab origine 
mundi ad ipsius usque tempora gestarum libri octo. Ejusdem de gestis 
Friderici Aenobarbi Caes. Aug. libri duo. Radevici Phrisingensis eccl. 
Canonici libri duo, prioribus additi, de ejusdem Friderici Imp. gestis. 
Argentorat. Mense Mart. 1515. fol. Als Herausgeber nennt sich Jo. Cuspi- 
nianus ex Vienna Pannoniae 1. Mart. 1514 selbst. Sein Freund Stabius 
hatte ihn bei der Arbeit unterstützt. Potthast (bibl. bist. med. aev.) S. 477 
nennt die Ausgabe eine vortreffliche, die Grundlage für die zunächst 
folgenden. Man hat manchmal den Beatus Rhenanus fälschlich als den 
Herausgeber genannt, weil auf dem Titel vorkommt: Beatus Rhenanus 
F. C. Diese Angabe bezieht sich aber nur auf die den Kaiser Maximilian 
verherrlichende Titelverzierung. Vgl. Wattenbach, a. a. O. 8. 4. 



304 Leben nnd Schriften der Hnmanisten. 

Hof verwendet ward, so wurde seine gelehrte Thätigkeit 
öfter unterbrochen. Von seiner politischen Wirksamkeit 
gibt zunächst seine Schrift über die Zusammenkunft 
Maximilians im J. 1515 mit den Königen von Ungarn, 
Böhmen und Polen und den auf diesem Congress statt- 
gefundenen Verhaiidlungen Auskunft.^) 

Die gesandtschaftlichen Reisen veranlassten ihn auch, 
mit den Verhältnissen und der Geschichte der Türken 
sich zu beschäftigen. Er gab nicht nur die Schrift des 
Felix Petancius 1522 heraus, sondern fügte auch über 
der Türken Ursprung, Religion und Regierung eine Ab- 
handlung in der Praefatio an Kaiser Ferdinand I. hinzu.^) 
Nach dem Tode des ungarischen Königs Ludwig, der in 
der Türkenschlacht blieb, forderte er in einer Rede die 
deutschen Reichsfürsten zum Kriege gegen die Türken auf, 



*) Congressus ac celeberrimi conventus Caesaris Maximilian! et trium 
regum Hnngariae, Bo^miae et Poloniae in Vienna Pannoniae, mense Julii 
a. MDXV facti, brevis et verissima descriptio. Joannes Cuspinianus Prae- 
fectus Viennensia. Vienn. 20. Aug. [1515.] Das Manuacript davon auf der 
Wiener Hofbibliothek Nr. 7417. 7418. Die Schrift wird auch genannt 
Diarium Joannis Cuspiniani praefecti urbis Vienn. In der Praefatio sagt 
Cuspinian von seiner Thätigkeit als Gesandter in Ungarn: Quinque annos 
— volvo hoc saxnm, quibus yigesies et qiiater in Hungaria orator ivi. 
Cuspinian's Vertrauter, der Magister J. Gremper, lieferte gleichzeitig vom 
Diarium eine deutsche Uebersetzung: Die erklärung der zusammenkhumung 
Kaiser Maximilian und der dreyen Wladislai, Ludovici und Sigmunden zu 
Hungern, Behem und Poln künige geschehn zw Wien, anfenglich durch 
herm Johannsen Cuspinian kays. Ma. Oratorn und Anwald zw Wien 
lateinisch gemacht und nachmals von Artickeln zu Artickeln geteutscht. 4". 
Vgl. Denis, W. B. G. S. 319. Dess. Merkw. d. Garell. Bibl. S. 261. Ein 
Wiederabdruck des lat. Textes des Diarium in Cuspinian. Opp. Francof. 
1601. p. 741—762. 

2) De Itineribus in Turciam libellus, Feiice Petantio, Cancellario 
Segniae antore. Vienn. 1522. 4^. Dazu Cuspinian^s Schrift De Turcamm 
origine, religione et tyrannide. Oft gedruckt, auch in Cuspinian. Opp. 
Argent. 1540 und Francof. 1601 vor dem Leben Maximilians. Auch bei 
Schwandtner I. p. 867. Vienn. 1746. Vgl. Denis, W. B. G. 8. 229. 



Caspinianns. dOö 

wobei er eine lebhafte Schilderung der ungarischen Zu- 
stände lieferte. *) 

Die Hauptwerke Cuspinian's, die ihn einen grossen 
Theil seines Lebens beschäftigten, die er aber nicht selbst 
herausgab; wurden erst ziemlich lange nach seinem Ableben 
durch den Druck veröffentlicht. Es sind diese Schriften, 
welche gewöhnlich in ihrer Gesammtheit als Opera Cuspi- 
niani bezeichnet werden, Werke, welche die römische 
Chronologie in ihrem ganzen Umfange, die römische und 
deutsche Kaisergeschichte und insbesondere die österreichi- 
schen Länder betreffen. Den auf die römische Geschichte 
bezüglichen Schriften sind ziemlich ausfuhrliche Commen- 
tarien beigegeben. Diese Schriften stehen in einem ge- 
wissen Zusammenhange: die Grundlage oder den Anfang 
in der Reihenfolge bilden die Consular fasten^) mit dem 
Chronicon Cassiodori und dem Breviarium Sexti 
Rufi, welche nebst den dazu gehörigen Commentarien 
1553 zu Basel in einem Foliobande Nicolaus Gerbel 
durch den Druck veröffentlichte. 3) 



^) Oratio protreptica Joannis Cuspiniani ad sacri Ro. Imp. Principes 
et proceres, ut bellum suscipiant contra Turcum cum descriptione con- 
flictus, nuper in Hungaria facti, quo periit rex Hungariae Ludovicua. — 
Cum enumeralione clara dotium, quibus a natura dotata est Hungaria etc. 
Vienn. [1526]. 40. Ist auch in den Comment. de Consulib. Rom. 1663 ab- 
gedruckt, aber nicht mit Cuspinian's Schrift de Turcarum origine zu ver- 
wechseln. Vgl. Denis, W. B. G. S. 346 fl. Aehnlich ist Cuspinian's Com- 
monitio ad Leonerti X Papam et Carolum V Imp. caeterosque principes 
christianos de capta Constantinopoli et hello adv. Turcas suscipiendo com- 
monefactio. Bei Reusneri orat. Turcic. T. II. 

2) Aus einer Wien. Handschr. des 15. Jahrb., welche früher der k. Rath 
Job. Fuchsmagen (f 1510) besass, der auch seinen Namen in dieselbe ein- 
schrieb. Vgl. Th. Mommsen, üb. d. Chronograph, v. J. 354. S. 558. — Es 
geliörte dazu auch ein Calendarium Roraanum, wovon Cuspinian dem Philipp 
Gundelius eine Abschrift mittheilte. Derselbe Hess sie im Anhange seiner Aus- 
gabe von Ovidii fastis. Vienn. 1513 abdrucken. Vgl. unten d. Art. Gundelius. 

3) Joannis Cuspiniani de Romanoram Consulibus commentarii ex 
optimis vetustissimis authoribus collecti. Voraus war geschickt: Sexti Ruffi 

y. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 20 



o06 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

An die Consularfasten reiht sich das Geschichtswerk 
De Caesaribus et Imperatoribus Romanorum, woran 
Cuspinian schon seit 1512 gearbeitet und das er 1522 nahe 
vollendet hatte. •) Diese Kaisergeschichte, welche mit Julius 
Caesar beginnt und bis auf die letzten Regierungsjahre 
Maximilians I. reicht, sollte eine Art Fürsten Spiegel sein. 
Nicht blos die abendländischen Kaiser, sondern auch die 
byzantinischen werden besprochen und auch ein Excurs 



rerum ^estanim populi Romani epitome cum ejusdem scholiis et Magni 
Aurelii Cassiodori Senatoris Chronicon breve seu Conaulare ab U. C. — 
Ö19 p. Chr. cum commentariis. Basil. ex Officina Oporini. 1553. Cuspinian 
erkannte bei seinen Studien über die römischen Consularfasti die Wichtig- 
keit der Cassiodorischen Chronik für die Chronologie; er schrieb sie daher 
aus einigen alten Codices ab, für eine Ausgabe des Cassiodor. Er kam 
aber nicht dazu. Erst nachdem Sichard 1529 in Basel die Chronik heraus- 
gegeben hatte, machte sich Cuspinian's Schüler, der Humanist Nicolaus 
Gerbel, an die Veröffentlichung des Cuspinianischen Manuscripts. Dann 
wurde Cassiodors Chronik öfter gedruckt, zuletzt besorgte Theod. Mommsen 
(Leipzig 1861) eine Ausgabe. Die alten Consularfasten bis 519, welche 
man früher als Cuspinianische bezeichnete, bespricht Mommsen in den 
Abhandlungen der sächs. Gesellsch. Leipzig 1850 (in der Schrift über den 
Chronographen vom J. 354). Mommsen a. a. O. S. 859, n. 1. Cuspinian 
benutzte theils die drei Consular -Verzeichnisse der Fuchsmagen'schen 
Handschrift (vgl. S. 858), theils das Consular -Verzeichniss des Cassiodor 
in einem alten, aus der Schweiz durch Stabius nach Wien gebrachten 
neuen Codex; wenn er letzteres sein zweites, dem ersten entsprechendes 
Exemplar nennt, so ist dabei nicht an das Original der Fuchsmagen'schen 
Handschrift, sondern an die ziemlich genaue Uebereinstimmung der Fasten 
beider Handschriften gedacht. Cuspinian sagt von dem Stabius'schen Codex, 
er sei admirandae vetustitatis gewesen, quem vix legere potui, ita erat 
carie et situ et tineis corrosus. Hunc et Joach. Vadiano et Georg. Colli- 
mitio viris veterum monimentorum praecipue studiosis et pluribus aliis 
ostendi. ~- lieber die Fasti Ravennates oder den Anonymus Cuspiniani 
handelt auch Pallmann, Gesch. der Völkerwander. II. 196 fll. und Pott- 
hast, bibl. bist. med. aevi. Suppl. S. 46. 

*) Cuspinian sagt 1522 in der Zuschrift an Kaiser Ferdinand in dem 
libellus Felic. Petancii de itineribus Turcarum : Cum nuper sed opportune 
in suppelectilia mea chartacea opusculum illud Fei. Petancii repertum — 
dum Consulum Caesarumque meorum opus jam bene absolutum, nominis 
tui (Ferdinandi Principis) auspicio in publicum exierit. 



CnspinianüR. 307 

über die Religion, Sitten und Einrichtungen der Türken 
ist beigefügt. Manche Abschnitte des Werkes sind nicht 
ohne Werth, namentlich gehören dahin die der Zeit des 
Verfassers näherliegenden Partien. 

Auch in Bezug auf das Geographische hat das Buch 
seinen Werth. Dass der Historiograph Johann Stabius und 
der Geograph Ladislaus Suntheim ihm in ihren Schriften, 
die nur zum Tteil gedruckt sind, manches Material geliefert 
haben, dürfte unzweifelhaft sein. Sein Freund Nicolaus 
Gerbel von Pforzheim, der die Consularfasten und die 
Cassiodorische Chronik herausgegeben, hat sich in pietät- 
voller Weise ein namhaftes Verdienst um seinen früheren 
Lehrer erworben, dass er dieses Geschichtswerk mit einer 
Lebensbeschreibung des Verfassers 1540 in Strassburg in 
Druck veröffentlichte. ^) 

Das bedeutendste Werk, das Cuspinian hinterlassen 
hat, ist ohne Widerstreit seine Au Stria. Er hat in lang- 
jährigen Studien ein sehr reiches Quellen material zusammen- 
gebracht, w^obei ihn seine humanistischen Freunde Johann 
Stabius, Ladislaus Suntheim, Georg Collimitius u. A. mit 
ihren ansehnlichen Sammlungen unterstützten. Er behandelt 
nicht nur die ganze österreichische Geschichte von den 
Babenbergischen Markgrafen an bis auf Maximilians L Tod, 
sondern es wird auch eine Beschreibung der Landschaften 
geliefert, indem überall auch das Geographische und Topo- 
graphische seine Berücksichtigung findet. 2) Es lag daher 



*) Joannis Cuspiniani poetae laiireati et Medicinae Doctoris de Caesa- 
ribus atqne Imperatoribus Romanor. opus insigne ed. Nicolaiis Gerbelius. 
Argentorat. 1540. fol. Deutsch ron Hedio. Strassb. 1541. fol. Mit Anno- 
tationes von Wolfgang. Hnngari. Basil. 1561. fol. Wiedergedr. in Opp. 
Cuspinian. Francof. 1601. fol. 

2) Am Schlüsse der Austria bemerkt ihr Verfasser: Superest, ut 
omnes fluvios, montes, oppida, castra et villas pro complemento subjicia- 
mus, quae omnia sua peregrinatione J. Stabius oculis lustravit et jussu 
Maximiliani Caesaris descripsit, Georg. Collimitius auxit et in pnlchram 

20* 



308 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

in der Absicht Ciispinian's, auch Karten beizug^eben, welche 
die Mathematiker und Astronomen Johann Stabius und 
Georg Collimitius besorgten. Da sie dem Drucke nicht 
beigegeben wurden, so sind sie wohl verloren gegangen. 
Wenn in der Austria auch manche Unrichtigkeiten und 
schiefe Auffassungen vorkommen, so ist doch anzuerkennen, 
dass man darin bereits den Anfängen einer kritischen 
Behandlung der österreichischen Geschichte begegnet, *) 
und Manches schon eine richtige Darstellung gefunden 
hat, was erst durch spätere Forschungen als begründet 
festgestellt worden ist. Von den Träumereien eines Stabius 
in Bezug auf das hohe Alter der nachweisbaren Abstammung 
des habsburgischen Hauses hielt er sich ferne. Er bekämpfte 
auch die angeblichen Privilegien Cäsars und Neros für 
Oesterreich. — Es verging ein volles Menschenalter nach 
Cuspinian's Tod, bis der Humanist Caspar Bruschius aus 
Schlackenwald in Böhmen, der sich durch ein Werk über 
die deutschen Klöster und Bisthümer einen Namen gemacht 
hatte, ^) es übernahm, die Austria in Basel in einem Folio- 
bande herauszugeben.«^) 



tabulam redegit, quam nunc subjungam, ut omnibns iniiotescat Austriae 
Situs, lieber die Descriptio (Karte) iirl>is Viennensis Danubiique spricht er 
im Anfange der Comment. in Cassiodor. Chronic. , und von der beabsich- 
tigten Tabula Hungariae in dem Werke de Consulibus: Descriptiones regni 
Hungariae et tabulam ejus addidi regi Hungariae Ferdinandi diciavi, quae 
jam impressa circumfertur, opus hercle insigne, al»ait invidia verbo. 

') Cuspinian bezeichnet selbst die Richtschnur seines Verfahrens bei 
seinen Anga])en: Nihil assero praeterquara quod ea sie reperi in vetu- 
stissimis annalibus venerandae antiquitatis. 

'^) Adalb. Horawitz, Caspar Bnischius. Prag und Wien 1874, beson- 
ders S. 135, wo auch von des Bruschius Vorrede zur Austria oder dem 
Carmen zum Lobe Oesterreichs gesprochen wird. 

^) Joannis Cuspiniani Austria cum omnibus ejusdem marchionibus, 
ducibus, arcliiducibus ac rebus praeclare ad haec usque tempora ab iisdem 
gestis cum praefat. Caspar. Bruschii. Basil. 1553. fol. In den Opp. Cuspin. 
Francof. 160J. fol. Vgl. Vogel, Specim. Bibl. Germaniae Austriae. Viemi. 
1779, I. 19. 



Cuspinianns. 309 

In neuester Zeit hat man auch ein Tagebuch Cuspinian's 
edirt. In einem gedruckten Almanach novum (vielleicht von 
Tannstetter) über die Jahre 1499 — 1529, der sich auf der 
Wiener Hofbibliothek befand, hatte Cuspinian eigenhändig 
Notizen über die Tagesereignisse, seine Gesandtschaften, 
Familienvorfalle (van 1502 — 1527) eingetragen. J. Heyren- 
bach, gewesener Gustos der Hofbibliothek, schrieb aus dem 
Almanach, der jetzt für verloren gehalten wird, auf zehn 
Quartblättern die Notizen ab,^) und Karajan veröffentlichte 
sie als Cuspinian's Tagebuch.^) Da die Notizen nicht in 
einem Manuscripte, sondern in einem gedruckten Almanach 
eingeschrieben waren, so ist das ursprüngliche Tagebuch 
nicht bei den Handschriften, sondern unter den gedruckten 
Büchern zu suchen. 

Cuspinian's Epistolae, Praefationes, Inscriptio- 
nes etc. und andere kleinere Opuscula, in verschiedenen 
Werken zerstreut, sind bis jetzt noch nicht gesammelt. 3) 



>) Chmel, die Handschr. der k. k. Hofbibl. in Wien. 1840. I. S. 473 
nach dem Cod. Mb. Nr. 7417: Joannis Cuspiniani diarium res aetate sua 
gestas complectena. 

2) In den Fontes rerura Austriacar. (1. p. 397 — 416) der Schriften der 
k. Akad. der Wissensch. in Wien. 1855. Heraiisgeg. von Th. v. Karajan, 
Tagebuch Johannes Cuspinian' s. 1502 — 1527. 

•') Philipp Gundel in seinem im J. 1519 auf Kaiser Maximilian ge- 
druckten Epicedion spricht von vier Epitai>hia Chispinian's und einer Stein- 
Inschrift desselben. Denis S. 207. Fischer in den Notit. Vindob. P. II. p. 58, 
P. III. p. 201 theilt die zwei Steininschriften Cuspinian's an seinem Hause 
zum „Rössel" in der Singersirasse mit. Die Inschrift in der Deutschen 
Ordens-Capelle gibt ebenfalls Fischer II. p. 56. 



Eubolius. 

Gabriel Gutratlier aus Laufen im Salzburgischen 

t 1527. 



Gabriel Gutrather, dessen humanistischer Name 
Eubolius oder Eubulius aus dem Griechischen ent- 
nommen war, hatte Laufen in der Salzburgischen Diöcese 
zur Geburtsstätte. An der Wiener Universität docirte er 
zuerst als Magister artium, ging aber schon vor dem letzten 
Decennium des 15. Jahrhunderts zur juridischen Facultät 
über. In deren Matrikel ist er bereits beim J. 1492 als 
Licentiatus juris canonici eingetragen. Im J. 1500 wählte 
man ihn zum Rector der Universität. ^) 

Der gelehrten Donaugesellschaft trat er als Mitglied 
bei,2) jedoch ist von ihm keine poetische Production bekannt. 

Im J. 1509 finden wir ihn als Syndicus oder Proto- 
notarius der Stadt Wien"^) und nach den stürmischen 



*) 8teyerer bist. Albert. II. p. 487 aus der Univ. Matrik.: Anno 1500 
die divor. Tibiircii et Valeriani designatus est per qnatuor procuratores 
Gabriel Gutrater de Lauffen Salisburgensis artium liberal. Mag. sacra- 
tissimaeque jurispriidentiae Licentiatus, in moderatoreni rei publ. literariae 
praefati studii de consultlssima facultate jurisconsultoruni. 

2) In der cnspinianiscben^Inschrift, welcbe die Namen der Mitglieder 
der Sodalität angibt, wird er namentlich angeführt. 

3) Cuspinian's Tagebuch S. 400 gibt an beim 17. Mai 1509, der 
Firmpathe seines Sohnes Sebastian Felix sei gewesen Gabriel Eubolius : 
prothonotarius nostre urbis Vienne Magister Gutrater dictus, Licen- 
tiatus juris. 



Eubolins. 311 

Bürgerunruhen in Wien im J. 1521 unter dem Bürgermeister 
Johann Rynner wurde er bei dem factischen Regierungs- 
antritte des Erzherzogs Ferdinand als Bürgermeister seit 
1522 eingesetzt. Noch vor der ersten Belagerung Wiens 
durch die Türken 1529 war er aus dem Leben geschieden. ^) 
Näheres von seinem Leben und seiner literarischen 
Thätigkeit ist nichts bekannt. 



') Die Matrikel der rheinischen Nation steht im Widerspruch mit 
der Grabschrift, indem die erste re 1527, die letztere 1529 als Todesjahr 
angibt. Die Matrikel meldet: Item moritur repentina morte vir egregius 
Gabriel Giitradter, qui annis multis prothonotarius Viennensi» fuit, a. do- 
mini 1527 die 9. Febr. Die Grabschrift in St. Stephan lautet: (cf. Locher 
Spec. p. 400): 

Hier liegen begraben 

Gabriel Guetrather 

der Rechte Licentiat 

und Frau Catharina 

seine eheliche Hausfrau 

MDXXIX 

Vielleicht bezieht sich die Jahreszahl 1529 nur auf das Todesjahr von 

Gutrather's Frau. ' 



Fabri. 

Udalrich Schmidts aus Thornberg in der Schweiz. 

t n. 1544. 



Ulrich Fabri aus Thornberg im Schweizer Canton 
Bern gebürtig,^) mit dem Beinamen Rhaetus, gehört zu 
den humanistischen Epigonen, die in der letzten Zeit Maxi- 
milians I. an der Wiener Universität auftreten oder erst 
unter dessen Nachfolger Ferdinand sich einen Namen machen.^) 
Sein deutscher Name ist nicht bekannt : er mag wohl 
Schmieds oder Schmidts (Schmitz) gelautet haben. 

Seine früheren Studien in der artistischen Facultät hat 
er ohne Zweifel in Wien gemacht. Im J. 1514 kam er von 
Klosterneuburg, wo ei- Schulmeister gewesen, ^) nach Wien 
und tritt nach wenigen Jahren daselbst unter den Huma- 
nisten als artistischer Magister auf. Daneben betrieb er 
nach dem Beispiele seiner Gönner und Freunde Cuspinian 
und Vadian das Studium der Ärzneikunde '*) und erhielt die 



*) Rosas I. 2. p. 140 gibt Vorarlberg als seine Heimat an. 

■^) Ausser den spärlichen Notizen in den Act. fac. art. vgl. über ihn: die 
dürftigen Angaben in Script, univ. Vienn. P. III. p. 10. Denis, Wiens 
Buchdr. Gesch. S. 169 und in verschiedenen Noten bei der Drucknach- 
weisung seiner Schriften. 

3) Vgl. Denis, W. B. G. S. 168, 

*) Script, luiiv. Vienn. P. III. p. 10: Udalricus Fabri, nonnullis 
Faber, natione Rhetus, cum Francisco Emerico medicinam profiteri 
jussus fuit. 



Pabri. 313 

medicinische Doctorwürde. Wenn Fabri sich auch als 
Dichter und Kenner der lateinischen Sprache auszeichnete, 
so kann er doch nicht wegen seiner besonderen Verdienste 
um die Verbreitung des Griechischen gepriesen werden. ^) 
Seine akademische Wirksamkeit beginnt erst recht von der 
Zeit an, als sein Landsmann Vadianus Wien verlassen und 
in seine Vaterstadt St. Gallen zurückgekehrt war (nach dem 
J. 1518). 

Von 1524 bis 1532 war er vier Mal Rector. Bei 
seinem ersten Rectorat wird er schon als Doctor Medi- 
cinae genannt: er führte auch die Benennungen Physicus 
und Poeta. Seit dem J. 1533 bekleidete er die von der 
Regierung bestellte Professur der praktischen Arzneikunde. 2) 
Sein Todesjahr steht nicht ganz fest: jedenfalls starb er 
erst nach 1544, ^) da er in diesem Jahre zum siebenten 
Male als Decan der medicinischen Facultät ihre Geschäfte 
geführt hat. 

Zuerst trat Udalricus Fabri mit der Herausgabe einiger 
italienischer Schriftsteller auf: er gab 1516 in Wien den 
Dialog Phil aleth es des Dichters Maffeo Vegio von Lodi mit 
einem gelehrten Commentar und einem Gedichte heraus;^) 



^) Mailath, Gesch. v. Oesterr. I. S. 391 gibt die sonderbare Notiz: 
„Dem Ulrich Fabri gebührt das Verdienst, durch Uebersetzungen aus dem 
Griechischen in das Lateinische mehr Lust und Eifer zur griechischen 
Sprache für die Folgezeit erweckt zu haben". 

2) Act. fac. Medic. lib. III. p. 121 ad ann. 1533. Unter Kaiser 
Ferdinand wurden zwei von der Regierung besoldete Lectoren der Arznei- 
kunde angestellt (1533): der eine (Udalricus Fabri) hatte sich mit der 
Praxis, der andere mit der Theorie zu befassen. Vgl. Rosas, Gesch. der 
Wien. Hochschule, insb. der medic. Fac. I. 2. S. 47. 

3) In den Script, univ. Vienn. P. III. p. 10, wo über ihn nur wenige 
höchst dürftige Notizen gegeben werden, ist sein Tod 1541 angesetzt 
Rosas setzt ihn ins J. 1544. 

*) Vgl. Denis S. 151 fll. Maphei Vegii Laudensis poetae et oratoris 
Dialogus, cui nomen Philaletlies (de Veritate) Vienn. 1516. 4^. 



3l4r Lebea nnd Schriften der Hnraanisten. 

dann im folgenden Jahre ebendaselbst Petrarca's Epistola 
ad Thomam Messanensem mit Gedichten und einer Zu- 
schrift an seinen Freund Jacob Kornhuber; ^) im selben 
Jahre machte er zu dem Camertinischen Justinus den 
Index nebst einer Elegie zum Lob der Historie und einer 
Zuschrift an den Wiener Bischof Georg Slatkonia. 2) In 
gleicher Weise fügte er auch der von Joh. Gremper 1514 
herausgegebenen Schrift de Vitae perfectione des Gregor 
von Nyssa, welche Georg von Trapezunt aus dem Griechi- 
schen ins Lateinische übersetzt hatte^ eine Ode bei. ^) 

Die Familiarium colloquiorum Formulae des 
Erasmus Kotterdamus edirte er in Wien 1519 und 
stattete sie mit einem empfehlenden Gedichte aus. ^) 

Seine literarische Thätigkeit in humanistischer 
Richtung legte er durch Veröffentlichung alter Schrift- 
steller an den Tag, welche Ausgaben er theils mit Scho- 
lien, theils mit Zuschriften und poetischen Beigaben versah. 

Wir führen von diesen Ausgaben folgende an : 

Piatonis Dialogus de philosophia atque ejus amatoribus 
nach der Uebersetzung des Marsilius Ficinus, nebst einer 
Zuschrift an den damaligen Rector Christ. Kulber und einer 
Sapphischen Ode in laudem Gymnasii Viennensis. Vienn. 
1517 an seine Freunde Ambrosius Salzer, Johann Hueber, 
Martin Edlinger und Sebast. Wunderl. ^) 

Basilii Magni libellus de veterum scriptorum et prae- 
sertim poetarum libris Vienn. 1518. [Mit gelehrten Scholien.]®) 



') Denis 168. Francisci Petrachae Oratoris et poetae Epistola ad 
Th. Messanensem de inventionibus et ingenii vi etc. Vienn. 1517. 4. 

2) Vgl. oben im Artikel Camers. 

3) Denis S. 176. Es finden sich auch Oden von anderen Humanisten, 
Hadelius, Gundelius, Logus etc. beigefügt 

*) Vgl. Denis S. 195. 

^) Denis, W. B. G. S. 321, unter den Werken, deren Druckjahr nicht 
bestimmt ist. 

«) Denis S. 190. 



Fabri. 315 

M. T. Ciceronis Oratio quam pro Aulo Licinio poeta 
habuit unde et mag-na Poeticae laus in hac ipsa continetur 
coloribus rlietoricis in inarg^ine suo loco eleganter appositis. 
Udalric. Fabri lectoribus mit poetischen Beigaben, worunter 
auch Fabri's Ode ad Rupert. Arietinum (Ilödl) coUegam et 
Gymnas. Vienn. Vice-Cancell. und Tetrastichen ad Germa- 
niae juventutem. Vienn. 1518. ') 

Tabula Cebetis Thebani in der lateinischen Ueber- 
setzuug von Ludovicus Odaxius Patavinus. Vieon. 1519 [mit 
ScholienJ. 2) 

Boethius de consolatione philosophiae in einer kritischen 
Ausgabe. Vienn. 1521. 3) 

Das von seinem Freunde, dem Ingolstädter Professor 
der Poetik Jacob liOcher Philomusus, geschriebene Judicium 
Paridis ludi cujusdam instar carmine descriptum (welches 
Stück in Ingolstadt 1502 aufgeführt worden) gab Fabri mit 
Erläuterungen heraus. Das Druckjahr ist nicht angegeben.'*) 

Endlich sind von den poetischen Productionen Fabri's 
noch anzuführen: 

De Resurrectione Christi protrepticon ad laetitiam ele- 
gia. Vienn. 1523. ^) 

Epicedion in obitum Rudolphi Agricolae junioris. 
Cracov. 1521.«) 

Panegyris ad Baronem a Polhaim et Wartemberg: 
authore Ulricho Fabri Rlieto Physico et Poeta, publico deni- 
que humanarum literarum celeberrimae Viennensis Acade- 
miae Professore et Rhetore. Ejusdem nonnulla Epigrammata. 
Vienn. 1526. 7) 



1) Denis S. 190. 

2) Vgl. o})eii den Artikel Camers. 

3) Denis S. 234. 
*) Denis S. 642. 

5) Sciiptor. univ. Vienn. 1. c. 
ß) Vgl. oben den Art. Agricola. 
7J Vgl. Denis S. 258. 



Gerbelius. 

Nicolaus Gerbel aus Phorzheim in Baden. 

t 1560. 

Nicolaus Gerbel aus Pforzheim gehörte zwar zu 
den Humanisten und er war als Alumnus des Collegiums poe- 
tarum (Musophilus benannte er sich damals)*) ein Schüler 
des Conrad Celtes, aber er trat wenig als Dichter und mit 
selbstständigen schriftstellerischen Arbeiten auf. Von Cuspi- 
nian und dem kaiserlichen Rath Krachenberger besonders 
unterstützt , 2) vollendete er in Wien seine Studien in 
der artistischen Facultät. Seine literarische Thätigkeit be- 
schränkte er vorzüglich darauf, dass er Werke seiner Lehrer, 
namentlich des Cuspinian und Camers mit Vorreden und 
Empfehlungen in Prosa und in Versen versehen heraus- 
gab. Bei manchen Schriften, welche aus der Officin der 
Buchdrucker Hieronymus Liebenthal und Johann Singren 
hervorgingen und von den Gebrüdern Leonhard und Lucas 
Alantsee verlegt wurden, besorgte er die Correctur und 
Revision. In solcher Weise finden wir ihn thätig im Jahre 
1512 bei der Herausgabe des Camertinischen Pomponius 



*) Vgl. oben im Art. Conrad Celtes S. 249. 

2) Gerbel gibt dieses in seiner Vita Ciispiniani, welcher er dessen 
Opus de Caesaribus atque Imperatoribus beifügt, ausdrücklich an. 



Gerbelius. 317 

Mela ^) und der neuen verbesserten Ausgabe der Perottischen 
lateinischen Grammatik (1513 und 1518), welche früher durch 
Bernhard Perger veranstaltet worden war. 2) 

Später betrieb er auch die juristischen Studien, jedoch 
ohne darin sich durch eine schriftstellerische Leistung aus- 
zuzeichnen. Nach dem Tode des Kaisers Maximilian ver- 
Hess er Wien; wir finden ihn später in Strassburg, wo er 
an der Universität Geschichte docirte und im Jahre 1560 
aus dem Leben schied. ^) 

Als im ersten Decennium der Reformationszeit in Strass- 
bürg Lutheraner, Zwinglianer und andere Glaubensneuerer 
auftraten, gehörte Gerbel zu den ersten Beförderern des 
Lutherthums und gewann vor allen Anderen die Gunst und 
den Beifall des Wittenberger Reformators, der durch ihn von 
allen Vorgängen in Strassburg auf das genaueste unterrichtet 
wurde. Luther schrieb ihm 1528, dass er hoffe, dass Bucer und 
dessen Anhänger die verdiente Strafe wegen ihrer Schlechtig- 
keit noch treffen möge, dass aber Gerbel, der unter Bestien 
und Schlangen, Pardern und Löwen wie ein zweiter Daniel 
lebe, in der Wahrheit des Glaubens erhalten werde. Gerbel 
berichtet ihm dann im folgenden Jahre, dass er von dem Ver- 
kehre mit den Strassburger Predigern ganz abgesondert sei."*) 

1) Denis, W. B. G. S. 72. 

2) Bernhard Perger hatte die Perotti'sche Grammatik Wien 1502 
herausgegeben; neue Ausgaben folgten 1513 und 1518, die letztere führte 
den Titel: Grararaatices institutiones novae magistri Bernhardi Pergeri et 
modo vere novae, paucis pro uberiori utiliori et necessaria puerorum erudi- 
tione additis, mit Index und poetischen Zuschriften von Nicolaus Gerbel 
und Udalr. Fabri zur Empfehlung. Das Werk besteht aus vier Theilen. 
Der erste Abschnitt handelt von den Theilen der Rede, der zweite von 
der Construction, der dritte vom Briefschreiben, der vierte von der Prosodie. 
Neu beigefügt ist die kleine Schrift von dem Italiener Mancinelli, Summae 
declinationis Lexicon. Vgl. Denis, W. B. G. S. 192. 

3) Denis, W. B.^G. S. 85. Note. 

*) Röhrisch, Reform, im Elsass. II. 88. 119 und I. 310 fl., wo die 
Epistola Gerbelii ad Luther, d. d. 23. April 1525. Vgl. Döllinger, 
Reformat. II. S. 7 und 55 fl. 



318 Leben nnd Schriften der HumaniBten. 

Es war in Wahrheit eine Sache der Pietät und Dank- 
barkeit^ dass er von seinem Lehrer und Wohlthäter Cuspi- 
nian das Werk de Caesaribus atque Imperatoribus Romanis 
im J. 1540 edirte und zur Einleitung Lebensnachrichten 
über seinen früheren Gönner beifügte, welche Vita freilich 
mehr als ein rhetorischer Panegyricus denn als eine streng 
historische Biographie zu bezeichnen ist. ') Später edirte er 
auch das von Cuspinian mit einem Commentar versehene 
Chronicon Cassiodori aus dessen Nachlasse im Drucke 1552.2) 

Seine Briefe finden sich an verschiedenen Orten zer- 
streut; man hat sie noch nicht gesammelt und heraus- 
gegeben. ^) 



') JoannLs Cuspiniani Poetae laureati et Medic. doct. etc., de Cae- 
saribus atque Imperatoribus Romanis opus insigne ed. Nicolaus Gerbelius. 
Argent. 1540. fol. 

2) Vgl. oben Cuspinian's »Scbriften. Cassiodori Chronic, c. comment. 
Cuspin. Hasil. 1562 ed. Nie. Gerbel. fol. 

•^) Auch in dem Münchener Codex 4007 der k. Ilofbibliothek, welcher 
vorzüglich Briefe von und an den Humanisten Midi. Hummelberger ent- 
hält, finden sicli Briefe von Nicol. (lerbelius. Vgl. Horawitz, M. Hummel- 
berger. Berl. 1875. S. 9. 



Gundelius. 

Philipp Gundel aus Passau in Baiern. 

t 1567. 

Philipp Gundel,^) der nicht wie die meisten deut- 
schen Humanisten seinen Familiennamen ins Griechische 
oder Lateinische übertrug, war 1493 in der Diöcese Pas sau 
in Baiern geboren. 2) Er kann als der letzte Humanist aus 
der Celtes'schen Schule angesehen werden. Seine Universitäts- 
studien machte er in Ingolstadt, wo berühmte Gelehrte be- 
sonders in der artistischen Facultät viele Studirende um 
sich versammelt 'hatten. Dann kam er 1511 nach Wien, 
wo er unter der Leitung der Italiener Camers und Cospi, 
wie auch des Schweizers Vadianus die humanistischen 
Studien fortsetzte und zugleich auch im Hause Cuspinian's 
dessen Sohn Sebastian unterrichtete. ^) Nachdem er die 



') Was in den Script, univ. Vienn. IJI. p, 33 sq. über ihn bemerkt 
wird, ist äusserst dürftig.. Kink I. S. 209, n. 242 gibt über ihn einige 
gute Notizen. 

2) lieber seine früheste Jugendzeit gibt Gundelius selbst Nachricht 
in der Zuschrift an den baierischen Herzog Ernst, Administrator des Stiftes 
Passau, welche dem Epicedion ad Divum Caes. Maximilian. Vienn. 1520 
vorgesetzt ist. Vgl. Denis, W. B. G. S. 207. 

3) Denis, W. B. G. S. 184 nach einer Vorrede des Gundelius. 



o2\j Leben und Schriften der Humanisten. 

Magisterwürde erlangt hatte, widmete er sich den 
juridischen Studien, worin er das Doctorat sich erwarb. *) 

Seine ungewöhnliche rhetorische und dichterische Be- 
gabung, wie auch seine gründlichen Kenntnisse in den alten 
classischen Sprachen empfahlen ihn nach dem Abgange des 
Joachim Vadianus, der 1518 in sein Vaterland St. Gallen 
zurückkehrte, zur Professur der Poetik und Eloquenz 2) 
und im Anfang des Jahres 1519 hielt er im Auftrage der 
Universität bei den Exequien des Kaisers Maximilian die 
Leichenrede. ^) 

Im Jahre 1521, wo politische Unruhen die Wiener 
Universitäts- Verhältnisse zerrütteten, und die Verheerungen 
der Pest nöthigten die Hörsäle zu schliessen, begab sich 
Gundelius nach Polen, wo er an der Hochschule Krakau 
die Rechte lehrte. Aber schon nach kurzer Zeit kehrte 

« 

er nach Wien zurück^) und trat ganz in die juridische 
Facultät ein. 1530 war er ihr Decan und zehn Jahre später 
bekleidete er das Rectorat. 



^) Denis, W. B. G. S. 217. Script, univ. Vienn. III. p. 33. 

2) In einer gedruckten Oratio ipso die christiani Natalis initio Anni 
MDXIX habita Leopoldo Jordano philosopho ae medico, aeademiae 
moderatore (vgl. Denis, W. B. G. S. 185) sagt Gundelius von sich selbst: 
Illins (Cuspiniani) beneficio nuper in nostro illo gymnasio Viennensi 
poetices et eloquentiae publica professio cum decentissimo quidem honorario 
post — — Joachim. Vadianum mihi delata est. 

3) Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1519. Laudavit pro funere . . . Mag. 
Philipp. Gundelius Bojus, Ordinarius poetices. Consp. bist. univ. Vienn. 
ad ann. 1519. 

*) Velins Ursinus in einer Epistol. ad Erasmum vom. J. 1524 (vgl. 
Denis S. 244): 

Postremus rediit (Viennam) gelidis praecanus ab oris (Poloniae) 

Gundelius, quo vix hodie jucundior alter 

Vivit homo. 
Nach der Oratio, welche Phil. Gnndel im Namen der Universität an den 
Erzherzog Ferdinand bei seinem Einzug in Wien, 21. August 1522, hielt, 
ist die Zeit seiner Rückkehr nach Wien zu bestimmen. Die Oratio in MS. 
auf der HofbibL Nr. 7416. 



Gandelins. 821 

Grosse Auszeichnungen ertheilte ihm der römische 
König Ferdinand, der ihn zum geheimen Bath seiner 
Gemalin Maria und zum Fiscaladvocaten von Niederöster- 
reich ^) ernannte und ihm mancherlei Beweise seiner beson- 
deren Gunst gab. Auch die Universität wollte dem ausge- 
zeichneten Gelehrten ihre vorzügliche Achtung und Aner- 
kennung seiner Verdienste dadurch aussprechen, dass sie 
ihm die sonst nicht vorgekommenen Ehrentitel : beständiger 
Patronus und Conservator zuerkannte. 2) — In innigster 
langjähriger Freundschaft stand er mit dem berühmten 
Mathematiker, Astronomen und Medicus Andreas Perlacher, 
dem er auch eine Grabschrift setzte.^) 

Philipp Gundel erreichte ein hohes Alter: er starb am 
4. September 1567 im 75. Lebensjahre; auf dem Kirchhofe 
bei St. Stephan ward er beerdigt und ihm daselbst ein 
Grabstein mit einer Inschrift von seinem Schwiegersohne 
Ambrosius Brassicanus gesetzt. ^) 



^) Script, univ. Vienn. 1. c. Consultissimus ad haec juris utriusque 
ad summomm Principum consilia admotus, Ferdinand! I. inferioris Austriae 
fisci advocatus et consiliarius regiminis summa fide, dexteritate ac pru- 
dentia haec munera obivit. 

2) Conspect. bist. Vienn. III. 33 besonders nach dem Zeitgenossen 
Eder, Catal. Rect. p. 75, wo die grössten Lobpreisungen auf GundeFs 
Gelehrsamkeit in griechischer und römischer Literatur, seine Verdienste 
um Beförderung der Wissenschaften an den Universitäten Krakau und 
Wien ausgesprochen und die Ehrenämter angegeben werden, w'elche er 
von Kaiser Ferdinand und der Hochschule Wien erhielt. 

3) Locher Specul. p. 402. Vgl. unten den Art. Perlacher. 

*) Das Epitaphium, welches Locher Specul. p. 404 mittheilt, lautet: 

D.O.M.S. 

Philipp! Gundelii J . C. 

Caesare! olim Senatoris 

exanime corpus 

hie conditum est. 

Excessit a. Christi MDLXVII 

quarta Septembris 
Cum vixisset annos LXXIV 
Mens. rV dies III. 
T. Aschbach, Geschichte der Wiener ünivers. II. 21 



3^2 Leben nnd Schriften der Humanisten. 

Obschon Philipp Gundel zu den ersten juridischen 
Celebri täten ^) an der Wiener Universität in Ferdinands I. 
Regierungszeit gehörte, so besitzen wir doch von ihm keine 
einzige die Kechtskunde betreflfende Schrift. 2) Seine lite- 
rarische Thätigkeit erstreckte sich auf die humanistischen 
Fächer, auf Poesie, Beredsamkeit und Herausgabe 
alter Autoren; besonders zahlreich sind seine kleinen 
dichterischen Productionen aus seiner früheren Zeit, 
als er sich noch ganz dem Humanismus widmete und er 
die von seinen Gönnern und Freunden herausgegebenen 
Schriften mit Elegien, Epigrammen, Zuschriften, Epita- 
phien etc. ^) versah und die von ihm als Professor der Elo- 
quenz gehaltenen Universitätsreden edirte. *) 



Catharina iixor 
et Margaretha filia 
eaedemque heredes 

Marito et patri 

benemerito P . P. 

Joanne Ambrosio 

Brassicano J . C. 

genero carante. 

In den Script, univ. Vienn. ist sein Tod unrichtig ins J. 1568 gesetzt. 

') Casp. Bruschius in dem Carmen zum Lob Oesterreichs, welches 
er seiner Ausgabe von Cuspiniani Austria (Basil. 1553) vorsetzt, nennt 
unter den ersten Wiener Gelehrten seiner Zeit den Passauer Dr. Philippus 
Gundelius, den Juristen, den er mit dem Römer Scaevola und dem Armen- 
Advocaten Ipho (Yvo) vergleicht, ja ihn sogar als Aristoteles seiner Zeit 
bezeichnet. 

2) Wenn man etwa seine Consilia pro Ferdinand. I. Imp. contra 
Paulum IV. papam (auf der Wiener Hofbiblioth. in MS. Nr. 8727) aus- 
nimmt. 

3) Eine Sammlung von seinen Gedichten und poetischen Productionen, 
aber keine vollständige, erschien noch zu Lebzeiten des Verfassers: 
Philippi Gundelii Carminum libri II. Vienn. 1539. 8. Vgl. Janoc. Memor. 
Miscell. Polon. Vol. I. p. 105. Denis S. 396. 

*) Dahin gehört vorzüglich seine unter dem Rectorate des Leopold 
de Jordanis gehaltene Amtsantrittsrede (1519), worin er einige Nachrichten 
über sein Leben gibt (Vgl. Denis, W. B. G. S. 185) und sein Leichen- 



OundeliQB. 323 

Schon in seinem zwanzigsten Lebensjahre 1513 war er, 
besonders auf Anregung seines Gönners Cuspinian, mit ver- 
schiedenen schriftstellerischen Arbeiten aufgetreten. Die von 
ihm edirten Panegyrici variorum et declamationes 
nonnullae perquam eruditae hactenus non impressae sind 
eigentlich von Cuspinian zum Druck vorbereitet und von 
Gundel edirt. *) 

So wurde auch das von Jacobus Faber Stapulensis in 
Paris 1502 herausgegebene Compendium philosophiae 
moralis ex Aristotelis £thicorum et Politicorum 
libris von ihm und seinem CoUegen Martin Edlinger zum 
Wiederabdruck gebracht. 2) 

In gleicher Weise Hess er das von dem italienischen 
Humanisten Antonius Geraldinus verfasste Bucolicon 
(oder XII Eglogae) de vita Christi wieder abdrucken und 
fügte ein Carmen hinzu. ^) 

Die bedeutendste literarische Leistung Gundel' s aus 
diesem Jahre aber ist seine Ausgabe der Libri Publii 
Ovidii Nasonis Fastorum sex, welche er ohne Zweifel 
auch mit Unterstützung Cuspinian' s machte. 4) 



gedieht (Epicedium) anf Kaiser Maximilian, welches bei dem Anniversarium 
(19. Jan. 1620) in Druck erschien, nebst einer Anzahl griechischer und 
lateinischer Epitaphien. Vgl. Denis S. 206. 
*) Vgl. oben Cuspinian^s Leben S. 300. 

2) Denis S. 87. 

3) Denis S. 81. 

*) Der vollständige Titel der Schrift lautet: Publii Ovidii Nasonis 
Fastorum libri sex diligentissime recogniti. Addito Calendario Romano 
venerandae vetustatis nunquam ante impresso, nebst einer dichterischen 
Querela Philippi Gundelii de sex Fastorum libris amissis. Yienn. 1513. 4^. 
(Vgl. Denis S. 90.) Dass Marens Welser die Ausgabe ins J. 1510 setzt, 
ist offenbar unrichtig. In Script, univ. Vienn. III. p. 34 wird bemerkt, 
dass Welser diese Ausgabe nicht habe auftreiben können. Vgl. Th. Mommsen, 
Ueber den Chronographen vom J. 354. S. 561 fll. und oben im Leben des 
Cuspinianus S. 299. Die Ausgabe selbst hat keinen besonderen kritischen Werth, 
aber merkwürdig ist der beigefügte römische Kalender, welchen Cuspinian 

21* 



324 Leben und Schriften der Humanisten. 

GundeFs beigefügtes Kli^egedicht über die sechs ver- 
lorenen Bücher der Oyidianischen Fasti ist in so fern inter- 
essant^ als daraus zu entnehmen ist^ auf wie wenig Wahrheit 
die Angabe des Celtes beruht, er habe diese Bücher in einem 
Kloster aufgefunden. Cuspinian, der vertraute Freund des 
Celtes, welcher sich, wie bekannt ist, vielfach mit Ovid's 
Gedichten beschäftigte, würde sicher von dem Funde nähere 
Kenntniss gehabt und ihn seinem Lieblingsschüler Gundelius 
nicht verschwiegen haben, wenn die Sache wahr gewesen. 

Als Nachahmungen der zweiten und sechsten Ekloge 
Virgils gab Gundel zwei Carmina heraus, welche die Titel 
fuhren: Apollinodia und Callinera. Sie wurden seinem 
Zögling, dem Sohne Cuspinian's, Sebastian Felix, ge- 
widmet. ^) 

Die Ausgabe von Claudian's Carmen in Rufinum, 2) ein 
Abdruck der im J. 1510 erschienenen Camertinischen Edi- 
tion, war in gleicher Weise wie die Ausgabe des siebenten 
Buches der Plinianischen Natui-geschichte, für die Scholaren 
bestimmt, die er, nach Vadian's Abreise in sein Schweizer 
Vaterland, in den Vorlesungen über die Rhetorik um sich 
versammelte. ^) 

Die Vielseitigkeit der Wiener Humanisten zeigte sich 
auch bei unserem Gundelius. Von den classischen Autoren 



von dem kaiserlichen Rath Fuchsraagen erhalten hatte und den später 
Lambec. Comment. Hb. IV. App., KoUar Anal. Vindob. p. 495, wie auch 
in neuester Zeit Mommsen wieder haben abdrucken lassen. 

') Philippi Gundelii Pataviensis philosophi et jurisprudentiae can- 
didati Aeglogae duae: quarnm prior Apollinodia, altera Callinera inscri- 
bitur. Vienn. 1518. 4^. Gundel dichtete die beiden Eklogen auf einer 
ungarischen Reise, welche er in Gesellschaft mit seinem Gönner Ouspinian 
machte. 

^) Claudii Claudiani poetae in Rnffinum libri duo. Philippus Gun* 
delius Studiosis. Vienn. 1518. 

3) C. Plinii Secundi Über septimus naturalis historiae. Philippus 
Gundelius ad studiosam juventutem. Vienn. 1519. 



Gnndelius. 325 

wandte er sich zu den Kirchenschriftstellern. Er edirte 1521 
Tertullian's Apologeticus adversus gentes, *) kehrte 
aber schon im folgenden Jahre zu Cicero zurück, dessen 
Oratio pro lege Manilia er herausgab, und stellte in der 
Praefatio in Aussicht, nach und nach alle Reden in für die 
Scholaren bestimmten Ausgaben zu veröffentlichen, welchem 
Versprechen er aber nicht nachkam. '^) 

Ebenfalls für Studirende der Rhetorik hatte er schon 
einige Jahre früher die wichtigsten Briefe des Franciscus 
Philelphus mit zwei Episteln des Pico von Mirandola 
edirt. ^) 

In den späteren Jahren seines Lebens beschäftigte ' sich 
Gundel weniger mit humanistischen Studien; theils nahm 
ihn das Geschäftsleben mehr in Anspruch, theils fehlte ihm 
nach dem Abgange seiner humanistischen Freunde die 
äussere Anregung. Ein poetischer Nachruf an den Astro- 
nomen und Arzt Andreas Perlacher, ^) und ein Leichen- 



^) Q. Septimi Florentis Tertulliani adversus Gentes Apologeticus. 
Mit einer Praefatio von Ph. Gundelius. Vienn. 1521. 4. Vgl. Denis, 
W. B. G. S. 216. 

2) M. TuUii Ciceronis pro lege Manilia sive de imperio Cn. Pompeji 
Oratio. Compendii gratia seorsum impressa accurateque emendata. Phi- 
lippus Gundelius Studiosis. Vienn. 1522. 4^. In der Vorrede verspricht der 
Heraasgeber: Ciceronianas Orationes eo quo .circumferuntur ordine atque 
numero, deo dante, universas qua potero fide enarraturus. — Nur die Oratio 
pro Tito Annio Milone folgte noch in demselben Jahre, ohne Angabe des 
Herausgebers, der aber ohne Zweifel Gundelius -war. Beide Ausgaben 
gehören zu den seltenen. Vgl. Denis S. 227. 

3) Francisci Philelphi epistolarum summa diligentia excerptarum 
liber. Epistolarum item duae ex Joanne Pico Mirandulano. Vienn. 1520. 4^. 
Denis S. 214 bezweifelt nicht, dass Gundelius der Herausgeber sei, obschon 
er sich nicht genannt hat. 

*) Vgl. unten Andreas Perlacher S. 340 das Epitaphium Gundel's auf 
Perlacher und seine Elegie auf denselben, in den Comment. Ephemeridum 
Andr. Perlachii. Vienn. 1551. Denis, W. B. G. S. 471. 



326 Leben und Schriften der Humanisten. 

gedieht auf seinen Schwiegersohn Franciscus Emericus, ^) 
Professor der Arzneikuade^ der 1560 starb, gehören zu den 
letzten dichterischen Productionen unseres Gundelius. 



^) ^S^' l^enis S. 492 und 601. Am letzteren Orte bei Gelegenheit 
der Angabe der Oratiuncula in fernere D. Fr. Emerici scripta wird be- 
merkt: darin Zuschrift von Gundel, dessen Tochtermanu der Verstorbene 
war, — endlich die Leichengedichte von Gundel etc. 



Hadelius. 

Jan Hadel aus Niedersachsen. 

I 

t n. 1518. 

Janus Hadel aus dem Haderland an der unteren 
Elbe studirte und lehrte im Anfange des 16. Jahrhunderts 
(um 1507) an der Universität Leipzig die liberales artes. 
Von seinen Lebensverhältnissen ist ausser dem, was er 
gelegentlich von sich selbst berichtet, wenig bekannt. Von 
Leipzig kam er auf kurze Zeit an die neu errichteten Hoch- 
schulen Wittenberg und Frankfurt an der Oder. Dann 
wandte er sich nach Greifswalde in Pommern, von wo er 
an die Universität Rostock berufen ward. Der Wander- 
Magister ward aber überall von Missgeschick verfolgt. In 
Rostock wurden ihm sein Jahrgehalt und die Geschenke, die 
ihm der Mecklenburger Herzog gegeben hatte, gestohlen. 
Nur durch die Unterstützung edler Menschenfreunde wurde 
er grosser Noth entzogen. Der dichterisch ziemlich begabte 
Humanist zeichnete sich durch grosse Fertigkeit in der 
antiken Versification und durch Schnelligkeit in der Pro- 
ducirung von Gedichten über die ihm vorgelegten Stoffe aus. ^) 
Er war ein ausgezeichneter Improvisator, der sich durch 



^) Solche Gedichte nannte Hadelius Extemporales Camoenae. Vgl. 
Denis, Merkw. d. Gareil. Bibl. S. 267. 



328 Leben nnd Scliriften der Humanisten. 

seine lobpreisenden Gedichte zwar Freunde und Gönner 
erwarb, aber auch durch seine satyrischen Angriffe und 
beissenden Epigramme erbitterte Feinde und Widersacher 
zuzog. Von seinen Gegnern verfolgt, war seines Bleibens 
in Rostock nicht lange: er war gezwungen, die Stadt zu 
verlassen. Wie ein Abenteuerer wanderte er durch nord- 
deutsche Länder bis nach Polen, wo er sich nach Krakau 
begab, obschon dort gerade die Pest herrschte und viele 
Einwohner aus der Stadt trieb. HadeFs nächste Absicht 
bei der Wahl seines Aufenthaltes in Krakau ging dahin, 
an der dortigen Universität Vorlesungen über die Poetik zu 
halten und daneben die Arzneikunde zu studiren. Noth und 
EJrankheit aber suchten ihn bald auf das Aeusserste heim. 
Ein sächsischer Arzt Namens Johann Rosbach^^ der sich in 
Krakau niedergelassen hatte, und der den Wander-Poeten 
behandelte, erbarmte sich mit einigen Humanisten des 
unglücklichen Hadelius. Als er genesen war, unterstützten 
sie ihn mit den nöthigen Mitteln zur Reise nach Wien und 
empfahlen ihn ihren dortigen Freunden. So kam er 1515 in 
die Donaustadt, um daselbst das glücklicher durchzuführen, 
was er in Krakau nicht hatte vollbringen können. Durch sein 
ungewöhnliches Improvisations-Talent ward er im Kreise der 
Wiener Humanisten bald bekannt und von dem Universitäts- 
Superintendenten Cuspinian besonders protegirt. So ver- 
besserte sich wesentlich seine Lage, zumal auch der Kaiser 
Maximilian auf ihn seine Aufmerksamkeit richtete und ihn 
durch die Ertheilung des Dichterlorbeers auszeichnete. Für 
die ihm zu Theil gewordene Anerkennung und Auszeichnung 
dankbar, erhob er in seinen poetischen Productionen seine 
Freunde und Gönner mit grossen Lobpreisungen und be- 
festigte sich dadurch nicht wenig in ihrer Gunst. 

In dieser Richtung veröffentlichte er 1518 ein Buch 
Elegien, worin er seine einflussreichen humanistischen 
Freunde besang und eine weitere Sammlung solcher Gedichte 



Hadelins. 329 

in Aussicht stellte. ^) Zu Schriften und Ausgaben seiner 
CoUegen lieferte er dichterische Empfehlungen/^) Dass er 
auch Vorträge an der Universität hielt, ist nicht zu be- 
zweifeln; jedoch lassen sich dieselben hinsichtlich der be- 
handelten Gegenstände nicht näher nachweisen. 

HadeFs unruhiger Geist und seine Wanderlust Hessen 
ihn nicht lange an demselben Orte verweilen. Indem er 
sich mit grossen Plänen für die Zukunft trug, ^) und mit 
der Absicht umging, eine gelehrte Reise nach Italien zu 
machen und dann später in seiner norddeutschen Heimat 
ganz den humanistischen Studien sich widmen wollte, wurde 
er frühzeitig dem Leben entrissen. Das Jahr seines Todes 
ist unbekannt. ^) 



^) Jani Hadelii Poetae a divo Maxiiuiliano coronati Elegianim (26) 
liber primus. Vienn. 1518. Ein liber secundus ist nicht erschienen. Vgl. 
Denis, Merkw. d. Garell. Bibl. S. 265. 

2) Gregorii Nysseni de vita Moysis liber per Georg. Trapezunt. e 
graeco in latin. conyers. Vienn. 1517. Mit Distichen und Oden von Janus 
Hadelius, Phil. Gundel., Ud. Fabri u. A. Vgl. Denis, Wiens Buchdr. Gesch. 
S. 176. 

3) In der Elegie ad Vienn. scholasticum gibt Hadel. diese Pläne an: 

Bis tria Peligni divina volumina vatis 

(Caetera Fastorum tempus ademit edax) 
Et satiras planabo graveis Juvenalis et illa 
Quae modo de magna Livius urbe refert. 
*) Denis (Merkw. d. Garell. Bibl. S. 265 ff.), der nicht viel auf die 
poetische Begabung des Hadelius hält, hat aus dessen seltenem Buche der 
Elegien die Nachrichten über sein Leben zusammengestellt. 



Logus. 

Georg Logau aus Breslau in Schlesien. 

t 1Ö53. 

Georg Logau, ^) dessen humanistischer Name in 
Log US verändert ward, stammte aus einer schlesischen 
adeligen Familie; 2) er war in Breslau gegen Ende des 
15. Jahrhunderts geboren. Seine Universitäts-Studien machte 
er wohl meistens in Wien, wo wir ihn im zweiten Decen- 
nium des 16. Jahrhunderts als humanistischen Schriftsteller 
finden. 

Ob er den Dichterlorbeer aus den Händen Kaiser 
Maximilians empfangen hat oder erst später bei seinem 



') Dürftige Nachrichten geben über ihn meist aus Lazii Chronic, 
urb. Vienn. p. 55 die Scriptores univ. Vienn. III. p. 32. Genauer sind 
die kurzen Angaben bei Denis, Wiens Buchdr. Gesch. an verschiedenen 
Stellen, besonders S. 286, 396 und 633 nach Sinap. Schles. Curiosität 
p. 008 und Henel. Siles. renov. c. VIII. p. 516. Sommersberg. Scr. rer. 
Sil. I. p. 223. 

2) Script univ. Vienn. 1. c. Georg Logus, aliis Logau, nobilitate 
generis, gestis honoribus, doctrinaeque praestantia — admodum clarus, 
ex antiqua baronum familia ortus. Des Logus Vater, auch Georg Logau 
geheissen, der in der Breslauer Cathedrale begraben wurde, erhielt daselbst 
von seinem Sohne ein Epitaphium. Von den zahlreichen Söhnen dieses 
altern Logau (beigenannt auf Schlaupitz) stammten die schlesischen 
Herren von Logau und auch der im 17. Jahrhundert lebende Epigrammen- 
dichter Friedrich von Logau. 



Logui. 331 

Aufenthalt in Italien von einem Cornea Palatinus, dem das 
Recht der Dichterkrönung zustand^ lässt sich nicht er- 
mitteln. ^) Seine juridischen Studien hat er wahrscheinlich 
auf einer italienischen Universität gemacht: in seinen spä- 
teren Jahren, als er bereits des römischen Königs Ferdinand 
geheimer Rath war, wird er auch als Doctor des canoni- 
schen Rechts bezeichnet. 2) Uebrigens nennt sich Logus 
selbst weder Magister noch Doctor, auch die Bezeichnung 
poeta laureatus gebraucht er nur selten. 

Logus besuchte einige Male Italien ; er hielt sich längere 
Zeit in Bologna, Rom und Venedig auf. ^) 

Zuletzt lebte er in seiner Vaterstadt Breslau als Cano- 
nicus an der Cathedrale St. Johann und war zugleich 
Propst der h. Kreuzkirche. Er starb im J. 1553. *) Man 
rühmt seine gründlichen Sprachkenntnisse im Griechischen 
und Lateinischen,^) sein dichterisches Talent, namentlich 



*) Eder, Catal. Rect. p. 62 ad ann. 1516: Eodem tempore philo- 
Bophiae castra sequebantar Jacobus Spiegel — — et Georg. Logus Poeta 
laureatus. Paul. Jov. Elog. doct. viror. p. 223 nennt ihn Georgium Logura 
sodalem meum cum laurea signiferum. 

2) Script, univ. Vienn. 1. c. 

3) An Velius Ursinus sendet er von Bologna aus 1526 einen Horaz 
(vgl. Denis S. 257), in Rom und Venedig verglich er Handschriften 
griechischer Bukoliker 1534 (Denis S. 634), über seine Rückkehr aus 
Italien nach Wien um 1534 schreibt er selbst: Ego Viennae non ita pri- 
dem ex Italia reversus in Aula regia versarer etc. (Denis S. 633.) 
Besonders interessant ist das der Sammlung von Elegien und Epi- 
grammen des Logus (welche 1529 Kaiser Ferdinand gewidmet ist) 
beigefügte Schreiben des Papst Clemens VII. an den ungarischen König 
Ludwig II. d. d. Rom. 24. Nov. 1625: Is (Logus) nobis narravit, se 
triennium jam in Italiae gymnasiis literis operam dedisse, adjutum libera- 
litate et munificentia S. T., qui ei annuum subsidium ducentorum aureorum 
constituisses. (Denis S. 287.) 

*) Sinap. u. Henel 11. cc. Script, univ. Vienn. III. 32. 

^) Henel. 1. c. Linguae graecae latinaeque adeo peritus, ut Pelasgi 
illum suum, Romani iUum suum dicerent. P. Jovius 1. c. nennt ihn einen 
vorzüglichen Interpreten griechischer Autoren. 



332 Leben und Schriften der Hnnianisten. 

in der Elegien- und Epigrammen-Gattung, *) seine Geschäfts- 
gewandtheit und Lebenserfahrung. Der römische König 
Ferdinand wurde dadurch bestimmt^ ihn bei wichtigen 
Staatsangelegenheiten zu Rathe zu ziehen und ihm die Er- 
ziehung seines Sohnes und Nachfolgers Maximilian anzu- 
vertrauen. 2) 

Was die schriftstellerischen Leistungen des Logus 
betrifft, so sind diese in doppelter Beziehung zu betrachten, 
erstens sind seine Ausgaben alter und italienischer 
Dichter, dann seine eigenen poetischen Productionen 
anzuführen. 

Noch im jugendlichen Alter stehend, beschäftigte er sich 
viel mit den Dichtwerken der Alten und der italienischen 
Humanisten, welche das Hirten- und Landleben, vorzüglich 
aber die Jagd beschreiben. In dieser Richtung sind auch 
die Dichtungen, welche er als Erstlinge seiner literarischen 
Muse edirte: die Bucolica T. Calphurnii Siculi und Magni 
Aurelii Nemesiani, des letzteren Cynegeticon und des Gratius, 
wie des Cardinais Adrianus Carmina de Venatione, Ovid's 
Halieuticon, meist nach früheren Aldinischen Ausgaben.^) 
Daran reihte sich die Ausgabe der Gedichte des Italieners 
Lucius Petreius Zanchi, mit dem er in der innigsten Freund- 
schaft längere Zeit in Bologna gelebt hatte. "*) 

1) Papst Clemens VII. a. a. O. gibt ihm besondere Lobsprüche: 
Cognovimus, siimmum in eo esse ingeniiim, summum graecarum et latinarum 
literarum Studium, in quibus adeo nobis profecisse visus est, ut camiinibus 
praesertim pangendis, paucos cnjuslibet aetatis, et nostro et aliorum judicio 
habeat pares. 

2) Henel u. 8cript. univ. Vienn. 11. cc. 

3) T. Calphurnii Siculi et Anreli Nemesiani Carthaginensis poetamm 
Aeglogae Viennae 1514 (vgl. Denis S. 101). Der Name Logau's als Heraus- 
geber ist nicht genannt; dagegen findet er sich bei der späteren Aldini- 
schen Ausgabe Venet. 1534, wo auch Gratii Cynegeticum, Ovidii Halieu- 
ticon und des Cardinalis Adriani Carmen de venatione beigefügt sind. 
Vgl. Note bei Denis S. 634 und Script, univ. Vienn. 1. c. 

*) Lucii Petrei Zanchi Bergomatis poemata Varia, ed. G. Logus s. l.e.a. 
Jedenfalls nach 1526. vieU. Venet. 1534. Vgl. Denis S. 634 fl. 



Logos. 333 

Eine Sammlung verschiedener italienischer Gedichte in 
anderer Richtung — Carmina de S. Cruce etc., wurde nach 
einer früher (1510) angelegten venetianischen CoUection 
1516 in Wien herausgegeben; sie enthielt Gedichte von 
Petrarca, Aeneas Sylvius, Philipp Beroaldus u. A. ') 

Was weiter die eigentlichen Productionen des Dichters 
Georg Logus selbst angeht, so erschienen die einzelnen 
Gelegenheitsgedichte, Elegien, Epigramme, Zuschriften zer- 
streut in vielen Büchern der zeitgenössischen Humanisten; 
namentlich finden sie sich in den Schriften seiner Freunde 
Joachim Vadianus,^) Velius Ursinus,^) Johann Faber, •*) 
Johann Lang Silesius^) u. A. 

Eine eigentliche Sammlung dieser Carmina varia machte 
weder Logus, noch wurde sie von einer anderen Seite ver- 
anstaltet. Jedoch legte er zu einer solchen CoUection schon 
den Grund im J. 1529 in der Wiener Ausgabe seiner Ele- 
giae und Epigrammata, die dem römischen König Ferdi- 
nand I. gewidmet ist. ^•) Ansehnlich vermehrt könnte diese 



^) Es sind auch einige Gedichte von alten christlichen Schriftstellern 
und einige apokryphe Epistolae [Pilati de Jesu Christo ad Claudium, 
Lentuli de Christo ad Senatum Rom.) beigefügt: die ursprüngliche Samm- 
lung erschien Venet. 1501 unter dem Titel Poetae Christiani. Vgl. Denis 
S. 155 fl. 

2) In dessen Ausgabe des Jo. Joviani Pontani Meteororum Über. 
Vienn. 1617, wozu Logus eine Elegie zum Lobe des Verfassers beifügt, 
und zu dessen Edition des Pompon. Mela. Vienn. 1518. (Vgl. Denis S. 167 
und 186.) 

3) Bei dessen Naenia dominae Mariae reginae Pannoniorura de obitu 
dominae Elisabethae reg. Danorum sororis. Vienn. 1526, bei den Mono- 
sticha regum et viror. illustr. Vienn. 1528 und der Oratio habita die 
coronationis Ferdinandi Ungariae, Bohemiae reg. Vienn. 1527. (Vgl. Denis 
S. 257. 270. 349.) 

*) In seinen Sermones contra Anabaptistas. Vienn. 1528. (Denis S. 267.) 
*) Zu dessen Elegia pro Christianis contra Turcas. Vienn. 1529. 

(Denis S. 389). 

6) G. Logii Silesii ad inclyt. Ferdinandum Pann. et Boh. reg. Elegiae 

et Epigrammata. Vienn. 1529. Mit einer Zuschrift an Ferdinand; wichtig 



334 Leben nnd Schriften der Hnmanisten. 

Sammlung werden durch die in Wien 1534 erschienenen 
24 Gedichte, welche er zur Verherrlichung und Lobpreisung 
der Eigenschaften seiner Verwandten, der Katharina, Ge- 
mahn des Georg Loxan, verfasst hat. ^) 



für Logau^s Lebensverhältnisse und seine Beziehungen zu den Humanisten 
Velins Ursinus, Johann Kosinus u. A. (Vgl. Denis S. 286 fll.) 

*) In laudem Catharinae aquUae Augustanae, Philippi filiae, Georgü 
Loxani 8ilesii conjugis. Vienn. 1534. (Denis S. 633.) 



Marius. 

Johann Mayr aus Nördlingen in Baiern. 

t n. 1518. 

Johann Mayr, der aus Nördlingen in Baiern *) 
stammte, führt als Humanist den Namen Marius Rhaetus. 2) 

In den ersten Jahren des 16. Jahrhunderts kam er 
nach Wien und trat, durch Cuspinian und Vadian em- 
pfohlen, dort in einen Kreis von Männern, welche den 
humanistischen Studien eifrig zugethan waren. ^) Dazu ge- 
hörten auch die Schweizer Arbogast Strub aus Glarus, der 
frühzeitig starb, und Ulrich Zwingli, der spätere Reformator. 
Zum Andenken an den früh verblichenen Freund Strub 
gab 1511 Joachim Vadian zwei Orationes desselben heraus 
und versah sie mit einigen Beigaben und Epitaphien auf 
den Verstorbenen. Unter den letzteren befindet sich auch 
eines, das unsern Marius Rhaetus zum Verfasser hat. ^) 



1) Das Matrikelb. d. rhein. Nation ad ann. 1609! Jacobus (richtiger 
Johannes) Mayr ex Nördlingen (is classicis scriptoribus et politioribus 
literis apprime emditus). 

2) Er ist wohl zu unterscheide]^ von seinem Zeitgenossen dem Huma- 
nisten Augustinus Mayr oder Marius Augustensis, Canonicus Ulmensis. 
Vgl. Denis, W. B. G. S. 118. 

3) Kink, Gesch. d. Wien. Univ. I. S. 312, n. 247, zählt ihn zu den 
Mitgliedern der gelehrten Donaugesellschaft; jedoch lässt sich diese Mit- 
gliedschaft zwar vermuthen, aber nicht bestimmt nachweisen. 

*) Arbogasti Strub Claronesii orationes duae. Vienn. löll. Vgl. Denis, 
W. B. G. S. 47. 



336 Leben and Schriften der Hnmanisten. 

Auch mit Ulrich Hütten, der damals 1511 einige Zeit 
bei Vadian in Wien verweilte, war er sehr befreundet, wie 
aus einer von Vadian herausgegebenen Schrift Hutten's zu 
ersehen ist. ^) 

Neben dem Studium der Classiker betrieb Marius die 
Mathematik; zum Nutzen* der studirenden Jugend gab er 
den Algorismus von Georg Peuerbach heraus und versah 
das Buch mit einer Lobrede auf die Arithmetik. 2) Einige 
Jahre später (1515) edirte er mit Vadian Ciceronis Epistolae 
breviores und fugte eine Zuschrift an seinen Schüler 
Christoph Lateranus (Ziegler) bei. 3) 

Es scheint, dass er noch vor Vadian, doch jedenfalls 
nicht später als 1518, Wien verlassen hat. Er hielt sich 
dann in verschiedenen Gegenden Deutschlands auf. Es ist 
nichts Näheres von seinen weiteren Lebensschicksalen 
bekannt. 



*) Uuttenii exhortatio ad Maximilian. Caes. beUo in Venetos euntem. 
Vienn. 1612. 

2) Georg Peuerbachii institutiones in Arithmeticam. Vienn. 1511. 
Vgl. Denis S. 59. 

3) M. T. Ciceronis eloquentiae parentis epistolae breviores. Vienn. 
1515. 4. Es befinden sich dem Buche beigegeben auch fünf Disticha des 
Vadianus an die Jugend und zwei Disticha von Christoph Crassus an den 
Leser. Vgl. Denis S. 118. 



Misbeckius. 

Andreas Misbeck aus Mergentheim in Franken. 

t n. 1522. 

Andreas Misbeck (auch Misbeg) aus Mergent- 
heim, der seinen deutschen Familiennamen als Humanist 
nicht latinisirte, kommt schon in den ersten Jahren des 
16. Jahrhundert an der Wiener Universität vor. ') Im 
J. 1506 war er Procurator der rheinischen Nation ; dieselbe 
Stelle führte er 1522. In der artistischen Facultät gehörte 
er zu den fleissigsten activen Magistern : er las nicht nur 
über verschiedene Theile der scholastischen Philosophie, 
sondern auch über die Memorabilia des Valerius Maximus, 
beschäftigte sich mit Cicero's Schriften, von denen einige 
kleineren Umfanges er herausgab, 2) und mit dem heiligen 
Hieronymus. ^) Da er des Griechischen kundig war, betrieb 



*) In der Matrikel der rhein. Nat. wird beim J. 1503 erwähnt, dass 
der Magister Andreas Misbeckius die Oratio de St. Ursula gehalten habe. 

2) Er edirte Ciceronis Somnium Scipionis, Cato Major vel de Senectute. 
Vienn. 1511. Es nennt sich der Herausgeber: Andreas Misbeckius liberalium 
studiorum Magister. Denis S. 41. 

3) Divi Patris Hieronymi Aureola mit einer Zuschrift des Mag. 
Andreas Misbegius an Georg Katzenberger. Vienn. 1511. Vgl. Denis, 
Gareil. Bibl. S. 246 u. W. B. G. S. 42. Das Buch enthält grossentheUs 
unechte Stücke älterer und späterer Kirchen Schriftsteller, Auszüge aus 
Josephus Flavius, die Epistola Pilati de nece domini ad Claud. Imp. 

y. Asciibach, Geschichte der Wiener Univers. II. 22 



338 Leben and Schriften der Hnmanisten. 

er auch eifrig die Leetüre griechischer Autoren und legte 
von dieser Belesenheit Proben ab in der Rede, welche er 
auf dem Wiener Fürstencongress im J. 1515 an den ungari- 
schen König Wladislaus im Namen der Universität hielt, in 
welcher Ansprache er in vielen griechischen Citaten seine 
philologische Gelehrsamkeit an den Tag legte. ^) 

Noch im selben Jahre 1515 gab er des Guarini Vero- 
nensis Lehrgedichte heraus und versah sie mit einem Vor- 
wort. 2) Von seinen eigenen Dichtungen haben sich einige 
kleinere Versuche über den Tod des an der Pest im Jahre 
1506 hingeraflften Universitäts-Rector Joh. Wisinger und 
ein poetischer Nachruf auf das Ableben Philipps von den 
Niederlanden, Sohnes des Kaisers Maximilian I., erhalten. ^) 

Sein Todesjahr ist unbekannt. 



*) Abgedr. in Orationes Viennae ad Maxim. Caes. Aug. aliosq. Prin- 
cipes habitae. Vienn. 1516. 4. 

2) Guarini Veronensis Graece et latine peritissimi Carmina. — 
Baptistae Guarini Junioris de docendi discendique modo opusculum. 
Misbeck nennt sich als Herausgeber Francus Orientalis. Die Verse des 
Guarini mit seiner Grammatik sind oft herausgegeben. Die Misbeckische 
Edition ist die fünfte. Vgl. Denis S. 127. 

^) Im Matrikel der rhein. Nation beim J. 1506. 



Perlachius. 

Andreas Perlacher aus Witscliin in Steiermark. 

t 1551. 

Andreas Perlach oder Perlacher aus Witschin*) 
in Steiermark führt unter den Wiener Epigonen der 
grossen Mathematiker Johann von Gmunden, Georg Peuer- 
bach und Regiomontanus, und als Schüler des Andreas 
Stiborius und Georg Collimitius einen ausgezeichneten Namen 
bei seinen Fachgenossen. An der Wiener Hochschule hatte 
er seine akademischen Studien unter Collimitius gemacht; 
später studirte er auch die Arzneikunde und erlangte (1530) 
den Doctorgrad. Eine Reihe von Jahren hindurch war er 
in der artistischen Facultät Professor der Mathematik, 
dann trat er zur medicinischen über, deren Decan er von 
1539 — 1550 vier Mal war. Das Rectorat bekleidete er 
im J. 1549. Für Studiren de aus Steiermark stiftete er ein 
ansehnliches Stipendium von 600 Gulden. 2) 

Unter seinen Schülern verdient der als Mathematiker 
und Astronom ausgezeichnete Gelehrte Johann Vögelin 



') Schier Specim. Styriae lit. p. 14 unrichtig Witscheimensis. Wit- 
schein oder Witschin ein steirisches Dorf bei Marburg. 

2) Eder Catal. Rect. ad ann. 1549, p. 8*J: Andreas Perlachius, Med. 
Doct., Mathematum per annos 34 publicus professor, fundavit Stipendium, 
cujus superintendens est Magnificus Philipp. Gundelius. Cf. Freundt, Syll. 
illust. Med. p. 40. 

22* 



340 Leben und Schriften der Humanisten. 

aus Heilbronn genannt zu werden, der neben ihm in den 
mathematischen Disciplinen an der Wiener Universität Vor- 
lesungen hielt ^) und fast gleichzeitig mit seinem Lehrer um 
die Mitte des 16. Jahrhunderts aus dem Leben schied. 
Perlach starb Gljährig 1551 und wurde auf dem Kirchhof 
bei St. Stephan begraben, wo ihm sein Freund Philipp 
Gundel ein Epitaphium setzte. 2) 

Andreas Perlach, der auch ein Astrolabium Arithmeti- 
cum construirte nach seiner eigenen Erfindung, ^) beschäf- 
tigte sich vorzüglich damit, die Lehrbücher seiner Vorgänger, 

') Die Scriptores univ. Vienn. III. p. 24 nennen ihn unrichtig einen 
Schüler des Kegiomontanns, setzen al)er dessen ungeachtet seinen Tod 
ins J. 1558, welche Angabe auch unrichtig ist. Melanchthon und Casp. 
Bruschius (carm. in laudem Austriae im Anfang der Ausgabe von Cuspi- 
nian's Austria) nennen ihn neben CoUimitius bei den ersten Mathematikern 
seiner Zeit 1550. Voegelin war mehr als sein Lehrer Perlach Astrolog. 
Seine früheren schriftstellerischen Arbeiten bezogen sich auf Mathematik, 
die späteren auf Astronomie und besonders Astrologie. Vgl. Denis, Buchdr. 
Gesch. 8. 239 und Kink I. S. 266, n. 318. Auf der Wiener Hofbibl. befin- 
den sich von ihm Nr. 10905, die beiden MSS. Op. de Cometis und Notae 
ad exposit. Geberi Arabis in Cl. Ptolemaeum Almagestum. 

2) Bei Locher Specul. p. 402. Perger, Dom von St. Stephan, S. 37. 

Andreae Perlachio Styro 

summae eruditionis mathematico 

ac medico 

pietate et moribus 

ingenio integerrimo 

hie sito 

qui vixit annis LX 

mensibus VI diebus XXIV 

decessit XI Junii 

anno Christi MDLI 

Philippus Gundelius juris cons. 

XL annis jugi amicitia 

illi junctus posuit. 

Sonderbarer Weise kommt Perlach noch in dem Besoldungs-Verzeichniss der 

Wiener Professoren vom J. 1552 als Professor Astronomiae mit 90 Pf, 

Pfennige vor. Kink I. Anh. Nr. LIV. S. 166. 

3) Vgl. Denis, W. B. G. S. 471. 



Perlachins. 341 

namentlich ihre Almanache, Ephemeriden, Kalender mit 
astronomischen und astrologischen Beigaben zu reproduciren 
und zu vermehren. Von Tannstetter ermuntert und von 
dem Humanisten Philipp Gundel eingeführt, gab er 1517 
einen Almanach nach den Tafeln des Johann von 
Gmunden auf das J. 1518 heraus mit einer Widmung an 
den Wiener Bischof Georg von Slatkonia, der ein beson- 
derer Freund aller mathematischen Disciplinen war. ') 

Im folgenden Jahre folgte sein Almanach oder Ephe- 
meridenbuch nach Tannstetter^s Comm entarien, 
welches in 50 Propositionen getheilt war, wovon die 25 
letzteren Probleme oder Utilitates enthalten, die nach An- 
leitung der Astrologie über die rechte Zeit des Aderlassens, 
Haar- und Nägelschneidens etc. Rath geben. 2) 

Seine Ephemerides für das J. 1529 handeln auch über 
die Stellungen der Planeten zu einander und zu den vor- 
züglicheren Fixsternen 3) und die fiir das J. 1531 wurden 
versehen mit einem Prognosticon. superioris anni eclipsium, 
quarum effectus hoc anno apparebant. Er handelt dabei 
von zwei durch ihn erfundenen astronomischen Instrumenten 
und meldet die Erscheinung des Planeten Mercurius, den 
Stabius nie, Stiborius aber nur ein Mal habe sehen können. *) 
Er gab diese Ephemeriden auch in deutscher Uebersetzung 
(in ziemlich ungelenker Sprache) heraus ^), um auch das 
grosse Publicum der astrologischen Belehrung theilhaftig zu 
machen. 

*) Vgl. Denis S. 172. 

2) Denis, W. B. G. S. 189 und Merkw. d. Garell. Bibl. S. 269, wo 
in der Note einige interessante Mittheilungen über diese Ausgaben ge- 
macht werden. 

3) Denis, W. B. G. S. 351. Einen Auszug daraus liefert sein Schüler 
Clemens Kukitz: ludicium Viennense ex A. Perlachii Ephemeridibus 
extractum. Vienn. 1529. (Denis S. 355.) 

*) Denis S. 357. 
5) Denis 8. 629. 



342 Leben und Schriften der HniDanisten. 

Nach seiDem Tode *) edirte sein Freund Jacob Oechsle 
(Taurellus) von Neuem seine Ephemeriden ^) und versah sie 
mit einer Elegie Philipp GundeFs und einer von diesem 
auf ihm verfassten Grabschrift auf dem St. Stephans-Friedhof, 
nebst einer Elegie von dem Thüringer Christoph. Poppen- 
heuser auf die Wiener Mathematiker. ') 

^) Er erfolgte am 19. Juni 1551. Vgl. Petrus Raymundus Piatonis 
dialogus de furore poetico Vienn. 1561, worin ein griechisclies Trauer- 
gediclit in zehn Distichen auf den Tod Perlacher's vorkommt. Vgl. Denis 
S. 465. Auch in Joh. Schrötter's (eines Schülers von Perlach) astrologischem 
Tjpus ex Hippocrate, Galeno etc. Vienn. 1551 kommt zum Lob Perlach^s 
ein elegisches Gedicht vor. Denis S. 486. 

2) Comraentaria Epheraeridum Andreae Perlachii Stiri, medicae artis 
doctoris ac in Academia Vienn. ordinarii qnondam mathematici — con- 
scripta, ut quisque absque praeceptore ex sola lectione integram inde artem 
consequi possit. 

•*) Wir geben nachfolgend dieses Gedicht: 

Magnus Joannes Gmundanns, nobilis arte, 

Ingenio praestans et pietate gravis. 
Carus et Aoniis Purbachius ille Deabus, 

Cujus sat laudes dicere nemo queat. 
Quique sua a patria duxit cognomen, Janus [i. e. Johannes 

Regiomontanus] 
Fama doctrinae notus ad astra suae. 
Clarus Joannes Phorcensis, clanis et alter 

Cuperspergenis, lumina magna duo. 
Et Stabius nuUas non ingeniosus ad artes, 

Plurima declarant ut monumenta viri. 
Praeterea ingenii non dote Stiborii ima 

Effulgens, Boii gloria magna soli. 
Quique suo studio divinae profuit arti 

Angelus, eximiae dexteritatis homo. 
Et Tannstetterus tan tos non ultimus inter. 

Quem sua praeclarum scripta fuisse docent. 
Tum Vogelinua vir solertissimus atque 
Senfthamer stndii sedulitate bonus. 
Andre asque poten» sancta Perlachius arte, 
Invida quem nui)er fata tulere senem. 
Zur Erläuterung der in vorstehender Elegie vorkommenden Mathematiker 
dient das Verzeichniss, welches Tannstetter (Collimitius) in der Ausgabe 
der Peuerbachischen Tabulae eclipsium. Vienn. 1514 (Denis S. 107 fll.) 



Perlachias. 343 

von den Wiener Mathematikern liefert. Es kommen darin ausser den 
allbekannten vor: Johann von Pforzheim, Johann von Kupferberg, Johann 
Angelus von Aicha aus Baiern : Tannstetter vergisst sich auch nicht selbst, 
er konnte aber nicht seine Schüler Johann Vögelin, Chri8toi»h. Septhaymer 
und Andreas Perlach als Spätere anführen. Auch Stiborius im Lob der 
Wiener Mathematiker (vgl. Denis S. 110) nennt den Doctor Theologiae 
Johannes Phorcznensis [Rector 1479], den Magister J. Kupferberger aus 
Münsterberg in Schlesien [Eder Catal. Rect. ad ann. 1486] und den Job. 
Angelus [i.e. de Aicha, Bavarus f 1512], Nach Locher Specul. p. 150 war 
der Mag. Christoph. Septhaymer (i. e. Serifthamer) 1544 Decan der 
artistischen Facultät. Auffallend ist, dass in dem Verzeichniss der Wiener 
Mathematiker Johann Muntz, den Eder Catal. Rect. ad ann. 1503 p. 50 
als Mathematicus clarissimus bezeichnet, fehlt. 



Polymnius. 

Wilhelm Puelinger aus Wirting in Oberösterreicli. 

t 1534. 



Wilhelm Puelinger (auch Pullinger) ^) aus Wirting 
(Würting)2) in der Diöcese Passau gebürtig, machte seine 
Üniversitäts-Studien in Wien und kommt schon 1492 als 
Magister legens vor. 3) Woher er den Beinamen Limonius 
führt, 4) ist nicht bekannt. Als Humanist änderte er seinen 
deutschen Namen in Polyhymnius oder gewöhnlich in 
Polymnius. Er trat der gelehrten Donaugesellschaft bei 
und kommt unter den Wiener Sodales in der Inschrift vor, 
welche Cuspinian an seinem Hause 1507 der Sodalität 
widmete. Bereits im Jahre 1494 war er vorübergehend der 
Juristen-Facultät beigetreten, ^) widmete sich aber bald den 
medicinischen Studium. 1502 schon wird er als Doctor 
medicinae aufgeführt. ^) Procurator der rheinischen Nation 
war er zwei Mal 1500 und 1507, Decan der medicinischen 

^) Hormayr nennt ihn unrichtig Pleutinger. 

2) Der Ort wird sehr verschieden geschrieben: Wirting, Würting, 
Wtirtingen, Wising, Wursingen. 

3) Act. fac. art. lib. II. p. 363: er las latitudines formarum. 

*) In der Rhein. Nat. Matr. ad ann. 1500. Procuracia Magistri Guielmi 
Polymnii Limonii (Puelinger), saluberrime medicine Scolaris. 

5) Kink, Gesch. d. Univ. Wien I. S. 219, n. 254. 

ß) Als gewählter Rector wird er bezeichnet ad ann. 1602 : Wilhelmus 
Pulinger ex Wising artium et Medicinae doctor. 



Polymnias. 345 

Facultät neun Mal (von 1503 bis 1533). Die höchste 
akademische Würde bekleidete er im J. 1502. Als Rector 
gab er die Bewilligung, dass die Zöglinge des CoUegium 
poetarum unter Leitung des Conrad Celtes in der Universi- 
täts-Aula die Komödien des Terentius und Plautus aufführten. ^) 

Kaiser Maximilian ernannte ihn zu seinem Leibarzte 
und hatte ihn bis an sein Lebensende häufig in seiner Um- 
gebung. 

Der gekrönte Dichter Janus Hadelius richtete in seinem 
liber Elegiarum 1518 an die namhaftesten Wiener Huma- 
nisten jener Zeit poetische Zuschriften, darunter auch eine 
an unsern Wilhelm Pullinger. 2) 

Nachdem er längere Zeit das mühevolle Amt eines 
Armenarztes geführt 3) und bald nachdem er zum neunten 
Male als Decan die Geschäfte der medicinischen Facultät 
besorgt hatte, ^) schied er im J. 1534 aus dem Leben. •^) 

Von seinen Schriften scheint keine durch den Druck 
veröffentlicht worden zu sein, wenigstens ist keine bekannt. 
In den Acten der medicinischen Facultät wird bei der An- 
gabe seines Todes von dem Decan Johann Enzianer bemerkt^ 
dass er ein Geschichtschreiber und guter Lateinei* gewesen.^) 



*) In die Act. Univ. Vindob. schrieb Polymnius 1502 als Rector 
eigenhändig den Bericht darüber ein. Vgl. oben S. 79. 

2) Vgl. Denis, Merkw. der Garell. Bibl. S. 265. 

3) Rosas, Gesch. der Wien. Hochschule, bes. der medic. Facultät. 
I. 2. S. 48. 

*) Locher, Spec. Decan. Fac. Med. ad ann. 1533. 
5} Eder, Catal. ad ann. 1534. Obiit Wilhelm. Puelinger Pataviensis^ 
Superintendens Bursae Haydenhaim, vir de schola bene meritus. 
6) Rosas a. a. O. 



Rithaimeras. 

Georg Rithaimer aus Mariazeil in Steiermark. 

t 1543. 

Georg Rithaimer, auch Rithamer, der keinen 
latinisirten Namen führte, war aus Mariazell in Steier- 
mark. Er lehrte erst einige Jahre nach dem Tode des 
Celtes an der Wiener Universität die liberales artes *) und 
widmete sich speciell dem griechischen Sprachstudium. 2) 
Dabei betrieb er die Aristotelische Philosophie und unter 
den classischen Schriftstellern las er mit Vorliebe die geo- 
graphischen. Bei dem Wiener Fürstencongress im J. 1515 
hielt er im Namen der Universität die Ansprache an den 
baierischen Herzog Wilhelm. , 

Ausser dieser Rede veröffentlichte Rithaimer, der hoch- 
bejahrt im J. 1543 starb, '^) noch einige Schriften, welche 

') Er las 1Ö15 de aninia, 1616 die Insoliibilia. cf. Act. fac. art. 
lib. III. ad 1515 und 1516. 

2) Eder, Catal. ad aiin. 1542, p. 77, nennt den Georgius Rithamerus 
Graecariiin literanini Professor. Die SteUe als ordentlicher Professor für 
die griechische Sprache erhielt er aber erst nach Maximilians Tod im 
J. 15'21). Daraals ward das Griechische zuerst als ein ordentliches Lehr- 
fach in die artistische Facultät eingeführt. Act. fac. art. lib. IV. p. 1'29: 
A. 1523. 4. Apr. Censuit facultas grammaticam Graecam esse legendam. 

3) Eder, Catal. Rect. ad ann. 1543, p. 78. Hoc anno defunctus est 
Georgius Rithamerus Graecorum literarum professor, cujus filia hone&tis- 
sima Walpurgia nupta est cl. vir. D. Paulo Fabricio Medico D. Caes. 
Ferdinandi et archiducum mathematico excellentissimo. 



Bithaimems. 347 

auf griechische Sprache, Aristotelische Philosophie 
und allgemeine Erdkunde sich beziehen. Wenig be- 
deutend sind seine Einleitung in die Aristotelischen Bücher 
der Physik ^) und sein Lehrbuch der Erdbeschreibung. 2) 
Er ist wohl nicht der erste deutsche Humanist, welcher 
näher über griechische Grammatik schrieb, ^) — denn 
Reuchlin und Celtes thaten dieses schon früher — aber er 
lieferte darüber grössere Arbeiten, welche freilich sich ganz 
an die Schriften von Guarini^) und Emanuel Chrysolaras ^) 
anschliessen und daher kaum als Original werke betrachtet 
werden können. 



*) Georgii Ritfaajmeri libeUus eiaaYwyixo? in octo libros physicomm 
Ariatotelis. Vienn. 1Ö19. Vgl. Denis S. 394 fil. 

2) Georg. Rithamer, De situ orbis terrarum Compendium. Norimb. 1538. 

^) Wie Denis und MaUatli meinen. • 

*) Erotemata Guarini per Georg. Rithaymer pro rei necessitate non- 
nihil aucta. Anomala verba. Formationes temporuni Georgii Rithaymer. 
Sententiae Mönostichi ex variis Poetis. Viennae 1623. 8. Vgl. Kinkel. 
S. 270, n. 223. 

^) 'Etcitojat) FetopYiou 'PiOaijxrjpou Ttepi tiov oxtw tou Xoyou [xEptov x«i 
oy^Tjjiaxiajiow xiov ypovwv. Fpriyopiow tou OsoXoyou yvtü(j.ai {j-ovoanyoi xaxa 
aXopaßifjTov, ?a(xßixov. Xpuaa iizri tou nuGayopou. Compendium Georgii Rit- 
haymeri in octo partes orationis et temporura formationes. Gregorii Theo- 
logi sententiae, j>er ordinem Ute ramm, singulae singulis jambicis clausae. 
Carmina aurea Pythagorae. Vienn. 1524. Ritbaimer sagt selbst, dass er 
Chrysolaras ausgezogen hat, der schon von Guarini abgekürzt worden. 
Vgl. Denis, W. B. G. S. 235 und 245. Um dieselbe Zeit, als Ritbaimer 
seine griechische Grammatik herausgab, und etwas später erschienen von 
mehreren Humanisten in Deutschland solche kurze Lehrbücher; unter 
diesen zeichnete sich die von Beatus Rhenanus in Basel 1533 heraus- 
gegebene Epitome grammaticae Graecae, welche sein im J. 1527 ver- 
storbener Freund Michael Hummelberger verfasst hatte, besonders aus. 
Ad. Horawitz, Mich. Hummelberger. Berlin 1875. S. 16 fll., spriclit von 
der Euirichtung dieser Compendien näher. 



Rosinus. 

Stephan Rosslin aus Augsburg. 

t nach 1533. 

Stephan Rosslin^ auch Rössel genannt^ dessen 
humanistischer Name Rosinus lautete, war in Schwaben 
in der Diöcese Augsburg geboren, daher er auch den Bei- 
namen Augusten sis führte. Nachdem er in Ingolstadt 
unter der Leitung des Celtes seine humanistischen Studien 
gemacht hatte, begab er sich zur weiteren Ausbildung in 
den classischen Disciplinen nach Italien, wo er in Rom 
länger verweilte,*) dann reiste er nach Deutschland, Däne- 
mark und Schweden, später nach Polen, wo er in Krakau dem 
tieferen Studium der Mathematik und Astronomie oblag 
und auch die Magisterwürde erlangte. Auf die Empfehlung 
des Celtes und der kaiserlichen Räthe Krachenberger und 
Fuchsmagen wurde ihm von Maximilian eine Professur der 
Mathematik an der Wiener Universität übertragen. ^) Celtes, 



*) Unter den drei Briefen des Steph. Rosinus an Celtes im Cod. epist. 
Celt. fol. 99 kommt einer d. d. ex Urbe (Roma) 12. Mai 1499 vor. Nach 
dem ersten Briefe ist er am 25. Oct. 1498 noch in Ingolstadt. Ein 
dritter Brief ist datirt von Augsburg 14. Juli 1499. Vgl. Klüpfel, Vita 
Celt. II. 153. Die an verschiedenen Orten zerstreuten Briefe des Stephan 
Rosinus sind noch nicht gesammelt. Auch in dem Münchener Codex der 
Hummelbergischen Briefsammlung finden sich von ihm Briefe. Vgl. Hora- 
witz, M. Hummelberger S. 9. 

2) Act. fac. art. lib. III. fol. 22 ad ann. 1501. Admissus Stephanus 
Rosinus Augustensis Magister Cracoviensis. Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 
1503. Mag. Stephanus Rosinus lector in Mathematica regle Majestatis. 



Kosinns. 349 

der ihm schon früher eine Lehrstelle an der Augsburger 
Domschule verschafft hatte, wollte ihn an seinem CoUegium 
poetarum für die Abtheilung der Mathematiker verwenden, 
aber Kosinus zog die Universitäts-Professur vor. *) Doch 
blieb er eifriges Mitglied der gelehrten Donaugesellschaft, 
so lange dieselbe bestand.^) Auch gehörte er zu den Execu- 
toren des von Celtes errichteten Testaments (1508). 

Da Kosinus, ein ausgezeichneter Mathematiker und 
Astronom,^) neben den classischen Studien eifrig Juris- 
prudenz und Theologie studirte und sich in diesen Wissen- 
schaften auszeichnete, so konnte ihn Maximilian vielfach 
verwenden. Auch fand er bei seinen manchfaltigen Kennt- 
nissen volle Anerkennung. Er wurde vierfacher Canonicus 
in den Domcapiteln von Wien, Passau, Trient und Augs- 
burg. ^) Der Kaiser erhob ihn zu seinem Hofcaplan und 
ernannte ihn zu seinem Sollicitator für die Besorgung seiner 
Angelegenheiten in Kom bei der päpstlichen Curie.'') Da- 
selbst vertheidigte er auch den berühmten Keuchlin gegen 
seine Ankläger und Widersacher. ®) 



') Im Briefe des Longinus Eleutherius an Celtes d. d. Vienn. 19. März 
1602 (Cod. epist. Celt. fol. 137): Mag. Stephanus Kosinus regiam curiam 
pro mathematicorum stipendio petivit, quod, ut ab aliis accepi, collegio 
universitatis impetrare conabitur. Quare per literas reginm mandatum 
esset, quod admoneretur, quicunque solvere deberet Stipendium, ne in 
collegium universitatis, sed secundum regsam buUam in poetarum mathe- 
maticorumque collegium mitteretur. * 

2) In der Cuspinianischen Inschrift vom J. 1507, worin die Namen 
der Sodales vorkommen, wird er auch genannt. 

3) Georg Tannstetter in den Tab. eclipsium von Georg Peuerbach, 
Wien 1514, zählt ihn zu den ersten Wiener Astronomen. 

*) Denis, W. B. G. S. 111 und 365. 

^) Rhein. Nat. Matrik. (Rosinus) Canonicus Vienn. Patavien. Sacre 
Majestatis in Urbe (Roma) causarum sollicitator. Solidus in einem Carmen 
auf Stephan Rosinus (bei Denis, W. B. G. S. 303) spricht davon, dass 
Rosinus die Geschäfte Maximilians in Rom besorgt habe. 

6) Klüpfel, Vita Celt. I. p. 215. 



oöO Leben und Schriften der Humanisten. 

Von seinen literarischen Leistungen sind die Declina- 
tionstafeln der Fixsterne und ein astronomischer Kalender^ 
der unter dem Titel Practica 1504 erschien, anzuführen. ^ 

Mit unserem Stephan Rosinus, dessen Todesjahr nach 
1533 zu setzen ist,^) darf Johann Rosinus, der fast gleich- 
zeitig mit ihm in Wien als Humanist und Dichter lebte 
und als Vice-Kanzler 1545 starb, nicht verwechselt werden. 3) 



') Practica teutsch magistri Steffani Rosslen von Augspurg zu würden 
nnd eren der hohenschul zu Wien: auf das MCCCCC und IUI Jar. 
Denis S. 302. 

2) In Job. Voegelini Significatio Cometae, welche 1533 heraus- 
gegeben wurde, kommt von Rosinus noch ein Epigramm vor, welches er 
damals gedichtet hat. Denis a. a. O. 8. 302 bemerkt: Vermuthlich ist, 
dass er sein Leben im hohen Alter beim Bischöfe Wolfgang von Salm in Passau 
geendet hat. Denn so singt Seb. Solidus in seinem Necrophilis von ihm : 

Sed tulit hoc tellus Musarum Boiara lumen, 
Hie ubi Danubii jungitur Oenus aquis. 
Vgl. Denis S. 659 über Seb. Solidus. 

3) Locher, Spec. p. 416, und Denis S. 365 geben seine Grabschrift. 
Ueber ihn handelt Karajan in einer kleinen Schrift: Johannes Rosinus. 



Salzer. 

Ambrosius Salzer aus Oedenburg In Ungarn.^) 

t 1568. 

An^brosius Salz er, zwar von deutscher Abstammung", 
aber durch seinen Geburtsort Oedenburg ein Ungar, ist 
weniger durch seine literarischen Leistungen, als vielmehr 
durch seine eigenthümlichen Lebensverhältnisse unter den 
Wiener Humanisten beachtenswerth. Er ist ihr Nestor, da 
er alle Humanisten der Maximilianischen Periode, von wel- 
chen sämmtlich er Coätan war, überlebte. 2) 

Er kam als 22jähriger armer Scholar 1499^) an die 
Universität Wien und wurde wegen seiner Dürftigkeit in 
die Rosenbursa aufgenommen, wo er nach der damaligen 
Sitte als armer Student seinen wohlhabenden Collegen 



*) Salzer latinisirte , ungeachtet er zum Humanistenkreise gehörte, 
nicht seinen Namen. Er ist wolil zu unterscheiden von seinem Zeitgenossen 
Johann Salius (Salzer oder Salzmann) aus Steyer in 0])erösterreich , den 
Kaiser Ferdinand als seinen Leiharzt nach Wien gebracht und den man 
im J. 1522 zum Rector der Universität w«ähltc. Im Conspect. hist. Univ. 
Vienn. III. 46 wird Salzer mit Salius verwechselt. 

2) Eder, Catal. Beet. p. 84, der im J. 1558 schrieb, spricht von dem 
damals noch lebenden achtzigjährigen Greis Ambrosius Salzer: qui pro- 
fessus est artes liberales atque divinam scientiam per annos 42 integros. 
In den Script, univ. Vienn. III. p. 51 ist übersehen, dass Salzer noch zehn 
Jahre länger gelebt hat, und daher sind die daselbst gelieferten chrono- 
logischen Angaben nicht richtig. 

3) Eder 1. c. Adscriptus est (a. 1499) huic Albo. 



3Ö2 Leben und Schriften der Humanisten. 

mancherlei Dienste zu leisten hatte. Durch Fleiss und seine 
guten Anlagen brachte er es in wenigen Jahren dahin ^ dass 
er in der artistischen Facultät die akademischen Grade er- 
langte und bald auch als magister legens auftreten konnte J) 
Zwei Mal (1515 und 1520) besorgte er als Decan die Ge- 
schäfte der artistischen Facultät. Daneben betrieb er das 
theologische Studium, so dass er schon 1519 die aka- 
demische Würde eines Theologiae Licentiatus erwarb, 2) 
ohne jedoch seine Vorlesungen über die fi'eien Künste auf- 
zugeben. ''^) 

Das Rectorat bekleidete er vier Mal (1523, 1527, 1533 
und 1541). Nachdem er Canonicus des St. Stephans-Stiftes 
geworden,^) zeichnete ihn der römische König Ferdinand I. 
durch Erhebung in den Ritterstand aus. ^) Von seinen 
Collegen wegen seiner Umgänglichkeit allgemein geliebt, 
von den Scholaren wegen seines manchfaltigen Wissens 
und seiner guten Rednergabe sehr geachtet, von den 
Armen ^) wegen seines Wohlthätigkeitssinnes und seiner 
Freigebigkeit dankbar verehrt, ') starb er nach mehr als 



*) In den Act. fac. art. III. fol. 41 kommt er beim J. 1505 unter 
den legentihus magistris vor. Er las damals über die Aristotelischen libri 
posterionim. 

2) Eder 1. c. Post maximos labores — licentiam in Theologia asse- 
cutus est a. 1519. Vadian nennt Salzer in der Ausgabe des Donatus (1613) 
in der Praefatio schon Theologus et politioris literaturae adprime studiosus. 

3) Es war seit 1541 die theologische Facultät aus Mangel an Lehrern 
und Schülern fast eingegangen. Salzer und der Licentiat L. Villinus waren 
einige Zeit die einzigen Mitglieder der Facultät. Vgl. Kink I. S. 276, 
n. 332. 

*) Script, bist. Univ. Vienn. III. p. 51. 

^) Eder 1. c. Jam meritorum ergo rüde donatus emeriti militum 
libertate placidissime perfruitur. 

6) Script 1. c. In bursa Rosae memor beneficii duo egenis literarum 
studiosis stipendia fundavit. 

^ Caspar Bruschius in seinem Gedichte zum Lob Oesterreichs vor 
Cuspinian^s Austria, Basil. 1553, erhebt Salzer wegen seiner Gelehrsam- 
keit, Beredsamkeit und seines echten christlichen Sinnes; so auch Eder 



Salzer. 353 

halbhundertjähriger Lehrthätigkeit am 11. Juni 1568 im 
92. Lebensjahre. ') 

Obschon Ambrosius Salzer von seinen humanistischen 
Freunden als ausgezeichneter Gelehrter gepriesen wird^ '^) 
so hat er doch keine bedeutenden literarischen Leistungen 
in Bezug auf die classischen Disciplinen hinterlassen. Wohl 
aber trat er in der Theologie als exegetischer Schriftsteller 
auf. Er lieferte erklärende Werke zu mehreren alttesta- 
mentarischen Büchern und zu den Briefen Petri und Pauli, 
die aber nicht gedruckt worden sind. ^) 



1. c ad ann. 1523, p. 64. Vir ingenio praeclarus, doctrina magnus, con- 
versatione jucundus et pietate integerrimus singulare hujus academiae 
decus et omameiitum. 

^) Locher, Specul. p. 425, gibt die Grabschrift. Sorbait, Catal. Rect. 
ad ann. 1568, p. 118: Ambrosius Salzerus, s. Theologiae doctor et emeritus 
Professor, nonagenarius ex hac vita discessit. 

2) Vadian in der Praefatio zu des Grammatikers Donatus Fabulae 
potiores Ovidianae Metamorphosis , Vienn. 1513, rühmt die Beihülfe des 
A. Salzer, deren er sich bei der Herausgabe des Buches erfreute, nament- 
lich dass er demselben eine gute Abschrift von dem schadhaften Manu- 
script verdankte. Vgl. Denis, Garell. Bibl. S. 249. Auch Udalrich Fabri 
und Barth. Reisacher zählten ihn zu den ausgezeichneten Gelehrten Wiens. 
Denis, Wiens Buchdr.- Gesch. S. 191 und 463. 

^) Script. Univ. Vienn. 1. c. Scripsit Annotationes in Proverb., Sapient., 
Ecclesiast., Oseam, Epistolam S. Pauli ad Roman, et Epist. S. Petri. In 
Nr. 11726 Cod. Ms. auf der Wiener Hofbibliothek befinden sich von Salzer 
Annotationes in epist. Pauli ad Rom., in epist Petri primam, scholia in 
ecclesiast., dictata in Oseam prophetam. 



V. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 23 



Scipio. 



Bartholomäus Steber aus Wien. 

t 1506. 

Bartholomäus Steber, ^) eines Lederers Sohn, aus 
Wien, der als Humanist den latinisirten Namen Scipio 
führt, widmete sich in seiner Vaterstadt nach der Mitte des 
15. Jahrhunderts zuerst den philosophischen Studien, und 
nachdem er Magister artium geworden, betrieb er an der 
Wiener Universität die Arzneikunde. Er erlangte in dieser 
Wissenschaft den Doctorgrad und bald auch eine Pro- 
fessur an der medicinischen Facultät. Sechs Mal 
führte er deren Geschäfte als Decan (von 1492 — 1505), 
nachdem er bereits im Jahre 1490 Rector gewesen. Als 
Freund der Dichtkunst und der humanistischen Richtung 
schloss er sich an seinen Collegen, den Doctor Johann 
Tichtel,^) der ebenfalls an der Hochschule die Arzneikunde 
lehrte und mit Conrad Celtes in innigen Verkehr getreten 



') Hormayr, Wiens Denkw. X. S. 148, nennt ihn unrichtig Steckar; 
er kommt auch unter dem Namen Stäber und Staber vor. In den Act. 
fac. art. II. p. 363 wird er Stäber genannt. Cuspinian nennt ihn Steber. 
Vgl. Kaltenbäck a. a. O. III. S. 88. 

2) Tagebuch des Joh. Tichtel, herausg. von Karajan S. 43. Tichtel 
nennt die Mutter seiner Frau eine Steberin. 



Scipio. 355 

war, als dieser, von Krakau in seine fränkische Heimat 
zurückkelirend, in Wien einige Zeit verweilte (1490). Beide 
legten mit dem gekrönten Dichter damals den ersten Grund 
zur Errichtung der gelehrten Donaugesellschaft in Wien 
und sie arbeiteten eifrig daran, dass die humanistischen 
Studien an der Hochschule in Aufnahme kamen. Wenn 
es ihnen auch nicht gelang, Celtes sogleich für die Universität 
zu gewinnen^), so waren sie doch später durch die kaiser- 
lichen Räthe Krachen berger und Fuchsmagen unterstützt im 
Stande, erfolgreich für die Verbreitung der classischen Studien 
vorzüglich dadurch zu wirken, dass einige Humanisten von 
auswärts an die Wiener Hochschule gezogen wurden, wie 
der Italiener Hieronymus Balbi.*^) Endlich gelang es ihnen, 
dass Celtes berufen ward, welchen Steher bei seinem Ein- 
treflfen in der Donaustadt mit einem Bewillkommnungsgedichte 
begrüsste (1497). ^) Aus Cuspinian's Tagebuch ersehen 
wir, dass er mit diesem CöUegen in sehr innigem und 
lebhaftem Verkehre stand. ^) Am 14. Januar 1506 schied 
er aus dem Leben. Er wurde in der St. Stephans- 
kirche zur Ruhe bestattet, wo ihm auch eine Grabschrift 
gesetzt ward.^) 



1) Dartiber gibt Auskunft Steber*s Brief an Celtes d. d. Wien 6. März 
1493 im Cod. epist. Celt. fol. 19. Klüpfel, Celtes I. p. 147, liefert nur 
einen lückenhaften, incorrecten Abdruck davon. 

2) Von der Freundschaft Balbi*8 und Steber's zeugen des ersteren 
Gedichte an den letzteren: Retzer, Opp. Hieronym. Balb. Carm. 62. 149 
und 248. 

3) Vgl. unter den Episodien an Celtes nr. 10. 

*) Cuspinian's von Karajan herausgegebenes Tagebuch, welches den 
Tod Steber's am 14. Januar angibt, bemerkt beim J. 1605: In periculo 
vitae cum Doctore Steher, in pravo itinere de Znaim ratione maximi 
turbinis et nivis et frigoris. 

^) Sie findet sich bei Locher, Specul. p. 398: 

Anno nostrae salutis Christianae MDVI 

Die XIV mensis Januarii 

supremum diem obiit 

28* 



3f)6 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Von den Schriften Steber's hat sich ein medicinisches 
Werk erhalten, welches zu den ältesten Wiener Drucken 
gehört und auch durch seinen Inhalt merkwürdig" ist. Es 
hat den Titel: A Malafranczos morbo Gallorum preservatio 
ac cura a Bartholomaeo Steher Viennensi artium et medicine 
doctore nuper edita. Impress. per Jo. W. o. J. 4^ Hieronymus 
Balbi fügt ein Epigramm ad lectorem bei, worin er kurz die 
Krankheit beschreibt und mit dem Verse schliesst: „Attulit 
optatam Bartholomaeus opem". Steher widmet die Schrift: 
Briccie Preprost Ciliaco artium sacreque Theologie pro- 
fessori, inclyti gymnasii Viennensi Rectori Magnifico. Er 
polemisirt darin gegen die Aerzte, welche behaupten, dass 
man gegen die Seuche i) kein Mittel habe ; er handelt von 
den Ursachen und setzt darunter auch die Constellation 
der Planeten in den Jahren 1480, 1485, 1487 und 1494. 
Endlich gibt er die Ileilarten an. 2) 



famatissimiis medicus 

Bartholomaeus Steher Viennensis 

Phil, et Med. Doetor egregius 

cujus anima 

quiescat in pace. 

'), Sie wurde wie eine pestartige Krankheit !)etrachtet. Annal. 

Mellieens. Pertz Mon. IX. 526. 1495. Hoc anno lues igninaria (inguinaria) 

cruentissiraa toto saeviens orbe stravit mortales et ubi incipiebat, durabat 

mensibus tribus. 

2) Vgl. Denis, \V. B. G. S. 297. Das Bucli ist bei Johann Winter- 
burger (denn das deutet Jo. W. an) gedruckt, und zwar ohne allen 
Zweifel im J. 1497, worin Briecius Preprost von Cilly zum dritten Male 
Reetor war. Dass es nicht auf ein frülieres Rectorat desselben in den 
Jahren 1480 oder 1491 sich beziehen kann, das zeigt das Epigramm 
Balbi's, der erst im J. 1493 nach Wien kam. Auch das Prädicat 
Magnificus des Rectors kommt nicht vor Maximilians Regierungsantritt (1493) 
vor, wie auch der Titel Artium Doetor für Artium Magister. 



Spiegelius. 

Jacob Spiegel aus Schlettstadt im Elsass. 

t nach 1541. 

Jacob Spiegel, der seinen deutschen Namen nicht 
latinisirte, war 1483 zu Schlettstadt im Elsass geboren, 
wo auch der berühmte Humanist Beatus Rhenanus seine 
Geburtsstätto hatte. Mit dessen Familie war Spiegel ver- 
wandt; ebenso mit dem gelehrten Speierer Domherrn Jacob 
Wimpfeling, da derselbe der Bruder seiner Mutter Magda- 
lena war. ') 

In seiner Vaterstadt erhielt Spiegel die frühere Aus- 
bildung in den alten Sprachen in der lateinischen Schule, 
aus welcher mehrere ausgezeichnete Humanisten in der 
zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hervorgegangen waren. 
Seine ersten Universitätsstudien machte er zu Freiburg im 
Breisgau unter Ulrich Zasius.'-^) 

In der Zeit, als Celtes an der Wiener Universität die 
classischen Disciplinen vortrug, kam Spiegel dahin und 



^) Jacob Wirapfeling in seiner Expurgatio contra detractatores nennt 
den Jacob Spiegel seinen nepotem ex sorore. Daher ist Melch. Adam vita 
Erudit. III. p. 31 zu berichtigen, der ihn einen nepotem ex Beati Rhenani 
sorore nennt. 

-) Am Schills» der Schollen zum ersten Buche der Alphonsinischen 
Memorabilien des Antonius Panormitanus nennt er Zasius noster vir im- 
mortalitate digniis, praeceptor mens. 



358 Leben und Schriften der Humanisten. 

wurde ganz und gar für den Humanismus gewonnen. Aber 
nach dem Tode des gekrönten Dichters widmete er sich 
mit Eifer den juridischen Studien und erlangte den Grad 
eines Doctors beider Rechte. Kurze Zeit hielt er auch 
juridische Vorlesungen, aber bald trat er in den Staats- 
dienst, indem ihn Kaiser Maximilian zu einem seiner Ge- 
heimschreiber ernannte. ^) Schon im J. 1512 kommt er in 
dieser Eigenschaft vor, jedoch betrieb er noch weiter die 
humanistischen Studien und stand in lebhaftem Verkehre 
mit Cuspinian, Stabius, Vadianus und Ursinus, die er zu 
seinen besonderen Freunden zählte und die ihn hinwiederum 
vorzüglich schätzten und verehrten. 2) 

Nach Maximilians Tod blieb er im Staatsdienste bei 
dessen Enkeln und Nachfolgern Karl V. und Ferdinand I., 
ohne jedoch den humanistischen Studien zu entsagen, die 
er sogar mit Vorliebe weiter betrieb. Die treuen und 
eifrigen Dienste, welche er seinen Landesfürsten leistete, 
belohnten diese durch manchfache Auszeichnungen und 
Gun Stertheilungen: sie nahmen seinen Halbbruder Johann 
Majus in kaiserlichen Dienst und erhoben ihn selbst in den 
Adelstand. ^) 



') Spiegel gab zu Perlach's Ausgabe der Peuerbach'scben Tabulae 
eclipsium (Vienn. 1614) einen poetischen Applaus, wo er sich in studio 
Viennensi jurium professor nennt. Eder, Catal. Rect. p. 62, spricht von ihm um 
dieselbe Zeit: Philosophiae castra sequebatur Spiegel J. U. Lic. et Caes. 
M aximiliani secretarius. — Johann Faber in der Orat. funebr. in Maximil. 
ap. Freher. Script, rer. Genn. II. p. 412 zählt unter die zeitgenössischen 
Gelehrten, welche der Kaiser besonders begünstigte, Stephan Kosinus, 
Johannes Stabius, Johannes Cuspinianus und unsem Jacob Spiegel. 

2) Vadianus in seiner im J. 1515 an Kaiser Maximilian gerichteten 
Rede nennt ihn mit grossem Lobe: Vir cum singularem doctrinam tum 
summam humanitatem mihi conjunctissimus. Ursinus fügt zu seinem Carmen 
ad Mariam Virg. (1517) eine Zuschriften Jacob Spiegel. Dass dieser den 
Johann Stabius auf einer seiner Reisen nach Augsburg begleitete, sagt er 
selbst in den Schollen zu des Aen. Sylv. Comment. in Ant. Panormit. lib. II. 

3) In einer alten gedruckten Thurocz'schen Chronik, deren früherer 
Besitzer Jacob Spiegel gewesen, fand Denis (Wiens Buchdr.-Gesch. S. 326) 



Spiegelins. 359 

Als er 1532 aus dem Staatsdienste geschieden, kehrte 
er zu seinen früheren gelehrten Beschäftigungen zurück; 
er widmete seine Müsse der Leetüre der alten Schriftsteller 
und der humanistischen Productionen seiner Zeitgenossen. 

Für die kirchlichen Bewegungen und Reformen in der 
Richtung und in dem Sinne, wie sie Luther und andere 
Glaubensneuerer betrieben, hegte er zwar keine Sympathien, 
jedoch sprach er sich entschieden dafür aus, dass die 
Regierungen und die Bischöfe auf den Reichstagen gemein- 
schaftlich an der Beseitigung der kirchlichen Missbräuche 
und der Herstellung der nöthigen Reformen arbeiteten. ^) 

Jacob Spiegel starb um die Mitte des 16. Jahrhunderts, 
jedenfalls später als 1541, welches Jahr gewöhnlich als Zeit 
seines Todes angegeben wird. 2) 

In BetreflF seiner literarischen Thätigkeit,^) welche 
meist dem zweiten Decennium des 16. Jahrhunderts ange- 
hört, ist zu bemerken, dass er einige (bisher noch nicht 
gedruckte) Werke verfasste, die in das juridische Fach 
fallen, wie ein Lexicon juris civilis, die Medulla pragmaticae 
sanctionis etc.; ferner ist zu nennen seine Abhandlung de 
Astutiis Curtisanorum, die 1520 in Schlettstadt erschien. 



das Spiegeische Wappen; es hat einen rothen Schrägbalken mit Pfauen- 
spiegeln und ebensolche auch auf dem Helme. 

1) Am 15. Nov. 1540 schreibt J. Spiegel an den Wiener Coadjutor 
Friedrich Nausea und ermahnt ihn, auf dem nächsten Reichstage an das 
Werk der Reformation Hand anzulegen. Er verspricht, wenn dies geschähe, 
seine neugebaute Behausung zu verlassen und herbeizueilen zur gemein- 
schaftlichen Arbeit. Ranke, deutsche Gesch. im Zeitalter der Ref. IV. 139 
nach einer Epist. ad Nauseam p. 288. 

2) Script. Univ. Vienn. III. p. 11. 

3) Ueber SpiegeFs Schriften ist in den Script. Univ. Vienn. 1. c, 
wo auch einige dürftige Notizen gegeben sind, ein ziemlich unvollständiges 
Verzeichniss geliefert. Denis, der in den Merkw. der Garell. Bibl. S. 253 — 257 
Biographisches und Literarisches über ihn beigebracht hat, spricht auch 
in der Wien. Buchdr. -Gesch. bei den betreffenden Jahren der Ausgaben 
der Schriften von ihnen, wenn sie in Wien erschienen sind. 



360 Leben und Schriften der Hnmanieten. 

Seine meisten Schriften gehören der humanistischen 
Literatur an; es sind vorzüglich Wiederabdrücke nicht 
nur von Classikern, sondern auch von Schriftstellern seiner 
Zeit, welche er mit Episteln, Vorreden und besonders 
mit Schollen und Commentarien ausstattete. 

Mit einleitenden Episteln versah er des Pico von Miran- 
dola Gedicht Staurosticon, des Jacob Wimpheling Apologie 
gegen seine Widersacher, das Leichengedicht des Quintius 
Aemilianus Cimbriacus auf Kaiser Friedrich III.; •) mit 
Erläuterungen oder Vorreden gab er heraus Reuchlin's 
Scenica progymnasmata und des portugiesischen Königs 
Emmanuel Brief über die Eroberungen in Indien an den 
Papst Leo X. ; '^) mit Scliolien und Commentarien stattete 
er aus den Pontanus über die Immunität, den Erasmischen 
Hymnus über die heil. Anna, das Trauergedicht des Petrus 
Aegydii auf Kaiser Maximilian, den Günther. Ligurinus 
und des Antonius Panormitanus Memorabilien von dem 
aragonischen König Alfonso. ^) 



1) Staurosticon h. e. Carmen de mysteriis dorainicae Crucis J. Franc. 
Pici Mirandulani ad Maximil. Aug. cum J. Spiegelii Selestadani enarra- 
tione, Tüb. 1512. — Jacobi Wimphelii expurgatio contra detrectatores c. 
epist. J. Spiegelii. Vienn. 1514, — Isocratis de regno gubernando, Martino 
Philetico interprete. Quintii Haemiliani Cimbriaci poetae Epicedion in 
Div. Frideric. III. Imp. c. epist. J. Spiegelii. Vienn. 1514. Vgl. Denis, 
Merkw. d. Garell. Bibl. S. 253 fll. 

2) Jo. Reuchlini scenica progymnasmata cum explanatione Jac. Spie- 
gelii Selestadano. Tüb. 1512. — Epist. Emmanuelis reg. Portugal, de 
victoriis habitis in India et Malacha ad Leonem X. Papam c. Praef. Jac. 
Spiegelii Selestensis, leg. lic. Caesar, secretar. et archiducalis ab epist. 
Vienn. 1516. Nach Denis, W. B. G. S. 82, eine höchst seltene Druck- 
schrift, welche Fr. Schottus und Pistorius unbekamit gewesen. 

3) J. Spiegelii Scholia ad Jovian. Pontani lib. I. Aug. Vindel. 1510 
und 1519. — Scholia J. Spiegelii in Hymnum Aviae Christi Anuae dictum 
ab Erasmo Rotterd. Aug. Vindel. 1519. Schol. Jac. Spiegelii in Threnodiam 
Petri Aegidii in obitum Maximiliani. — Günther Ligurinus cum scholiis 
Jacobi Spiegelii. Accedunt Rieh. Bartholin. Austriados libri XII. Argentor. 
1531. fol. Ausg. V. J. Reuber. Francof. 1584 und 1726. Köpke, Ottonische 
Studien S, 274, legt diesen Schollen keinen besonderen Werth bei. — 



Spiogelius. 361 

Eine Probe von seinen poetischen Productionen ist sein 
Gedicht mit der Ueberschrift Posteritati, welches Nachrichten 
über sein Leben gibt und deshalb hier mitgetheilt wird. ^) 



Antonii Panormitani de dictis et f actis Alfonsi regia Aragon, libri IV cum 
commentariis Aeneae Sylvii et scholiis Jac. Spiegelii. Hasil. 1538. 4^. In 
diesen Scholien legte J. Spiegel ein reiches Wissen aü den Tag und gibt 
auch manche interessante Notizen über die Geschichte seiner Zeit. 

^) Nach dem Abdrucke bei Denis, Wiens Buchdr.-Gesch. S. 326, lautet 

das Gedicht: 

Posteritati. 

Quum peterem, tantum laudaret Caesar avitum 

Insigne, exorno hoc te, Maximilianus ait. 
Atque inter cretos longaeva nobilitate 

Scribaeque arcani te volo habere locum. 
Carolus llesperiae rex postquam avus astra petivit, 

Qua prius admittit conditione fruar, 
Ut Caesar dictus, censum dat, meque iidelem 

Esse jubet servum, dum mihi vita manet; 
Conspicuumque facit sacri largitus honorem 

Pallati comitum splendidiore toga. 
Fernandus Princeps, Rex post, Caesarque deinde 

Haec rata liabens, me nunc confovet emeritum. 
Sic vos felices concordi foedere fratres 

Opprimite invicta castra iiümica manu. 
Munere dum vestro contentus sorte mea, nunc 

Evolvo libros ocia grata seni. 
Caesar avus traxit septem bis, Carolus annos 

Per treis nee parvo pondere servitium, 
Tot Princeps Ferdinandus clarissimus Austriae, 

Ac late innumeris imperitans populis. 
Cui Majus frater, mea mox vestigia servans, 

Praestitit ex sancta munia grata iide 
Bis quiiupie annis, post haec mors, quae meta labonim es, 

Crudelis, juvenem corripis ante diem. 
Portet honoratos titulos dum Rex meditatur 

Accipiatque sui praemia servitii. 
Clauduntur nostri impensi tot Regibus anni, 

Tot data pennigerae tempora militiae. 
Nee tamen haec aetas Caesar dum [lostulat, aut Rex 

Segnis abit longis usibus aucta. Vale. 
Jacobus Spiegel Selestadiensis dicavit aetatis suae anno LVI salutis 
MDXXXVIII. Tecum llabita. 



362 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Dazu fügen wir SpiegePs Lob Deutschlands in seinem Applaus zu 
den Peuerbach'schen Tabulae eclipsium. Vienn. 1514 (vgl. Denis S. 109): 
Bombarda et ratio preli, quo littera manat, 

Vim rari ingenii jam prius edocuit: 
At nunc quod numeris praestes, sacraeq. mathesi 

Purbacco: et Jano gratia danda venit: 
Cetera sunt aliis tecum communia: tres has 
Ingenii dotes suscipe: quaere pares. 
Seine hie und da vorkommenden, meist nicht gednickten Briefe sind 
noch nicht gesammelt. Ein Brief von ihm an den Wiener Bischof Johann 
Faber kommt auch in dessen handschriftl. Briefsammlung auf der Wiener 
Hofbibliothek Nr. 9737 vor. 



Stabius. 

Johann Stab aus Steyer in Oberösterreich. 

t 1522. 

Johann Stabius^) aus Stadt Steyer 2) in Ober- 
österreich gehörte za der Classe der Humanisten, welche 
sich weniger der Poesie und der Rhetorik, als vielmehr der 
Geschichte und der Mathematik zuwandten. In das Studium 
der classischen Wissenschaften wurde er durch Dringen- 
berg, den Vorsteher einer gelehrten Schule zu Schlettstadt 
im Elsass, welche damals im grossen Ansehen stand, ein- 
geführt. Neben den alten Sprachen studirte er eifrig Mathe- 
matik und machte in dieser Wissenschaft so ungewöhn- 
liche Fortschritte auf der Universität Ingolstadt, dass er 
bald daselbst in dieser Disciplin eine Professur erhielt. Es 
war dieses in der Zeit, als Conrad Celtes dort Poetik und 
Rhetorik vortrug (1492 — 1497). Die innige Freundschaft 



*) lieber ihn handelt, jedoch nur kurz und unvollständig, Khautz, 
Geschichte der Österreich. Gelehrten. Vorr. VIII und S. 54. 86. 118. 124 
und 169. Denis, Wiens Buchdr.- Gesch. S. 202 und an einigen anderen 
Stellen, liefert auch nur spärliche Notizen. Johann Stabius kommt nur 
unter seinem humanistischen Namen vor; sein eigentlicher Familienname 
mag Stab gewesen sein. Seine humanistischen Fretmde Bartholomäus 
Scipio (der eigentlich Steher hiess) und Andreas Stiborius, dessen Familien- 
name Stöberl war, sind von ihm zu unterscheiden. 

2) Die Bezeichnung Stabius Styrius oder ex Styria hat Veranlassung 
zu der falschen Annahme gegeben, dass er aus Steiermark gewesen. 



364: Leben und Schriften der Humanisten. 

mit dem g^ekrönten Dichter wurde nicht durch dessen Be- 
rufung* nach Wien unterbrochen, denn kurz vor der Zeit, 
als dieser Ingolstadt verliess, war Stabius auch nach Wien 
übersiedelt, wo er eine Professur der Mathematik im 
J. 1497 erhalten hatte. ') 

Sein lebhafter geistiger Verkehr mit Celtes macht es 
erklärlich, dass Stabius ein eifriges Mitglied nicht nur der 
Sodalitas literaria Rhcnana, sondern auch der gelehrten 
Donaugesellschaft wurde. Als Celtes bei seiner Uebersiede- 
lung nach Wien (1497) von den Mitgliedern der letzteren 
Gesellschaft in Episodien gefeiert ward, linden wir auch 
Stabius unter den Begrüssenden ; ^) und als die rheinische 
Sodalität um den Herausgeber der angeblichen Koswitha- 
schen Werke mit lobpreisenden Gedichten sich vereinigte, 
fehlte nicht im Kreise derselben unser Stabius.^) 

^) Dieses ist aus dem Sclireibeii des Job. Stabius d. d. Vienn. Oculi 
ann. dorn. 1497 an Celtes, der damals nocb in Ingolstadt war, zu erseben. 
Er scbreibt: Joannes Pierius Graccus (Kracbenberger) imprimis aliique 
plures, «jui te diligunt, multa elaborarunt, ut bic Viennae apud eosdem 
tuo in comniodo vivere posses. — Tuus Joannes Stabius pro te plus quam 
pro se soUicitus est. Der Brief findet sieb im Cod. epist. Celt. fol. 74. 
Ebenda fol. 35 imd 83 liefern aucb nocb zwei andere Briefe des Stabius 
an Celtes Beweise von der innigen Freundscbaft der beiden Humanisten. 

2) Vgl. unten die Episodien vor des Celtes Ausgabe des Apulejus 
Nr. 6. Er wird in der Aufschrift als pbilosopbus et mathematieus be- 
zeichnet. 

^) Sein Epigramm lautet: 

Barbara nostra licet dicatur patria tellus 

Expers et Graji dograatis et Latii : 
Attamen hoc calamo potuit Germana virago 

Roswitha, quod Latii vix potuere viri. 

Es ist auffallend, dass sich Johannes Stabius bei seinem Epigramm, das 
im J. 1501 gedmckt war, noch als Mathematieus Ingolstadensis bezeichnet, 
indem er schon vier Jahre die bairische Universität verlassen hatte. Es 
erklärt sich aber die Sache dadurch, dass die sogenannten Roswitba'schen 
Dichtungen nebst den Epigrammen der Mitglieder der rheinischen Sodalität 
schon früher zum Druck bereit lagen. 



Stabins. 365 

Indem das unter der Leitung des Celtes von Kaiser 
Maximilian neu errichtete Collegium poetarum eine mathe- 
matische Abtheilung erhielt, wurde Stabius an deren Spitze 
gestellt. Da er auch ein rhythmisches lieben des heiligen 
Coloman, Patrons von Oesterreich, geschrieben ') und über- 
haupt Beweise seiner dichterischen Begabung an den Tag 
gelegt hatte, so veranstaltete Celtes, dem vom Kaiser das 
Recht der Dichterkrönung als Vorstand des Dichter-Colle- 
giums übertragen worden war, eine besondere Feierlichkeit, 
wobei Stabius aus den Händen des Celtes den Lorbeer 
empfing. Es war dies das erste Beispiel einer solchen 
Dichterkrönung (1502). 2) 

Stabius widmete seine gelehrte Thätigkeit mehr dem 
Collegium poetarum als der Universität, •'^) an der er nie 

^) Gedr. bei Pez, Script, rer. Aiistr. I. p. 106. Conspect. bist. Univ. 
Vienn. ad ann. löOl. IL p. 67. Cuspinian, Austr. Basil. 1553. p. 665, 
spricht von dem eniditnm et docttim carmen Joannis Stabil de sex pa- 
tronis Austriae. In des Vitus Jacobaens Panegyricus de divo Leopoldo 
Austriae Principe. Vienn. 1560 (vgl. Denis, Wiens Bncbdr.- Gesch. S. 612) 
wird in einer Elegie des W. Lazins unser Job. Stabius gepriesen und im 
Anbang dessen Precatio ad Sanctos Austriae Patronos abgedruckt. In der 
Nürnberger Ausgabe des Gedichts, worin sich ein Holzschnitt des heiligen 
Coloman von A. Dürer befindet, soll unter dem Bilde des "Heiligen das 
Porträt des Stabius gegeben sein. Vgl. Thausing, Dürer. Gesch. seines 
Lebens und seiner Kunst. Leipzig 1876. S. 463. 

2) Gerbel in der Vita Cuspiniani erzählt die Sache ungenau, als habe 
Cuspinian für den Kaiser die Dichterkrönung vorgenommen •, dass er dabei 
eine Rede zum Lobe der Dichtkunst gehalten, mag ihm von Maximilian 
übertragen worden sein. 

2) Ilebrigens scheint im Schoosse des Collegium poetarum et mathe- 
maticorum zwischen den Vorstehern der beiden Abtheilungen nicht das 
beste Vernehmen bestanden zu haben. Longinus Eleutherius, der den Celtes 
im Frühjahr 1502 bei dessen Abwesenheit vertrat, schreibt ihm (Cod. epist. 
Celt. fol. 137): Johannes Stabius — Viennam venit, quem Andreas Stibo- 
rius fovet et secum in nova domo mathematiconim Viennensis studii coUo- 
care et fovere intendit. Quid vero Job. Stabius super hac re facturus sit, 
penitus ignoro, arbitror tamen, cum ante tuae humanitatis reditum nihil 
inchoatumm. Sentio enim sibi, ut tmicuique bono viro factiosos simulatores 
et dissimulatores summo displicere. 



366 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

ein akademisches Amt bekleidete. In der Donaugesellschaft 
scheint er vorzüglich die G-eschäftsleitung gefuhrt zu haben^ 
wie sich yermuthen lässt aus der Stellung seines Namens 
an drittem Platze, unmittelbar nach den Namen des Prä- 
sidenten Krachenberger und des Vice-Präsidenten Cuspinian.^) 

Als das CoUegium poetarum und die Donaugesellschaft 
nach dem Tode des Celtes eingegangen waren, zog ihn 
Kaiser Maximilian ganz in seine Umgebung; er ernannte 
ihn zu seinem Historiographen und verlieh ihm einen 
Wappenbrief. ^) 

Schon seit dem Jahre 1503, mehr aber noch seit 1507 
begleitete Stabius den Kaiser auf Reisen und Feldzügen; 3) 
er war fast beständig in seiner Umgebung und wurde bei 
dessen auf die Geschichte bezüglichen Arbeiten zu Rathe 
gezogen oder damit betraut, sie weiter auszufuhren. Noch 
in des Kaisers letzter Krankheit, wo derselbe die Nächte 
schlaflos zubrachte, war der Historiograph beschäftigt, ihm 
einzelne Partien der österreichischen Geschichte vorzulesen.^) 

^) Cuspinian Hess an seinem Hause zum weissen Rössel in der 
Singerstrasse eine Inschrift mit den Namen der zwölf Wiener Mitglieder 
der Donau-Gesellschaft setzen (vgl. unten im Anhange). 

2) Bei Werken des Stabius mit Albrecht Dürer'schen Holztafeln ist 
sein Wappen abgebildet; auch in der Nomenclatura sex Ling^arum Ton 
Gabriel Pesthinns. Wien 1638 (vgl. Denis a. a. O. S. 388) befindet es sich 
mit der Umschrift: 

Flammeus ecce volat clypeo Jovis armiger aureo. 

Est Aquila in galea, sunt Crux, Diadema, Corona. 

Caesaris Augusti pietas haec Maximilian! 

Munere perpetuo Stabiis sacra contulit arma. 
lieber die Holzschnitte des Wappens von Stabius, wovon Holzstöcke auf 
der Wiener imd Berliner Hofbibliothek vorkommen, ist Thausing, Dürer 
S. 376 fl. zu vergleichen. Dürer macht auch in seinem Tagebuch Erwäh- 
nung von dem Wappen. Mrs. Ch. Heaton, life of Alb. Dürer. Lond. 1870. 
S. 285. 

3) Praefat. Cuspinian. in vita Maximil. Imp. (Stabius) castro Maxi- 
miliani secutus semper lateri adhaesit annis jam assiduis sedecim. 

*) Script, univ. Vienn. II. 32. Maximilianus Caesar Stabium legen- 
tem res Austriacorum in supremo morbo noctu audiebat. 



Stabius. 367 

Maximilian hatte seinem Historiographen die Er- 
forschung und Ausarbeitung der österreichischen Geschichte 
aufgetragen. Es sollten ihm bei diesem schwierigen Werke, 
wo nicht nur nach alten Schriften, Chroniken und Urkunden 
in Bibliotheken und Archiven des In- und Auslandes Nach- 
forschungen anzustellen ') und die Benützungen derselben 
vorzunehmen waren, zwei Gelehrte, Jacob Manlius aus Frei- 
burg und Ladislaus Suntheim aus Ravensburg (letzterer 
besonders bezüglich der Genealogie und Geographie) behülf- 
lich sein. Der Plan wurde später dahin erweitert, dass die 
Materialien für eine vollständige deutsche Geschichte ge- 
sammelt und zu einem grossen historischen Werke ver- 
arbeitet werden sollten. 2) 

Der Kaiser sammelte selbst die Materialien zu seiner 
früheren Lebensgeschichte und Hess sie durch seinen Ge- 
heimschreiber Marx Treizsauerwein von Erntreitz in einem 
deutschen Buche, genannt der Weiss-Kunig, zusammen- 
stellen, worin die historischen Personen in allegorischer 
Weise vorgeführt werden. Die Erzählung umfasst die Zeit 
bis zur Vermählung des Kaisers. Unter der Benennung 
Weiss-Kunig wird der habsburgische Herrscher verstanden.-^) 



^) Welcher Art die Forschungen des Stabius waren, lässl sich aus 
der Handschrift Nr. 9045 in der Wiener k. k. Hofbibliothek ersehen, worin 
die Excerpte ex libris Chronicis Abbatis Spanhem. Trithemii cum Glossa 
Stabii vorkommen. Vgl. Chmel, die Handschriften der k. k. Hofbibliothek 
in Wien. I. p. 312 fll. 

^) Melanchthon in dedicat. Chronic. Conr. a Lichtenau ad Philipp. 
Comit. Palat. Ehen. Bas. 1569. 

•3) Der Weiss-Kunig, eine Erzählung von den Thaten des Kaisers 
Maximilian I. (nebst den zu Graz entdeckten Holzschnitten von Hans 
Burgmair). Wien 1775. fol. — v. Liliencron, der Weisskunig Kaiser Maxi- 
milians I. in Kiehl, bist. Taschenb. 3. Jahrg. Leipzig 1873. Schönherr, 
Treizsauerwein. Wien 1874. (Vgl. Archiv f. Ost. Gesch. XLVIII. S. 368 fll.) 
Geiger in der Allg. Augsb. Zeitung 4. Juli 1876. Beil. Nr. 185. Thausing, 
Dürer S. 370. 



368 Leben nnd Schriften der Humanisten. 

In gleicher Weise legte Maximilian zu einem deutschen 
Epos oder ritterartigen Geschichtsroman den Grund, welcher 
den Titel „Theuerdank" fuhrt und sein thatenreiches, mit 
Abenteuern angefülltes Leben in allegorischer Darstellungs- 
weise schildern sollte. •) Die nähere Ausführung des Ent- 
wurfes übertrug er seinem früheren Secretär, dem Nürn- 
berger Propst Melchior Pfinzing. 2) 

Ein drittes historisches Werk, 3) wozu der Kaiser eben- 
falls den Plan entworfen und die nähere Ausführung seinem 
Ilistoriographen Johann Stabius übertrug, sollte das ganze 
Leben Maximilians umfassen und ein Denkmal seiner ruhm- 
vollen , thatenreichen Regierung sein. Was Stabius mit 
Beihülfe des Freiburger Manlius und des Ravensburger 
Snntheim mühsam und emsig aus Archiven und Chroniken 
über die Geschichte des habsburgischen Stammes gesammelt 
hatte, dieses historische Material ^) ordnete der Kaiser über- 
sichtlich und kunstvoll zu einem Buche, welches Triumph- 
bogen oder Ehrenpforte •'*) benannt ward. Es bestand 



^) Der Held Thenerdank (Maximüian, der Thenres sinnt) ist Mittel- 
punkt des Gedichtes. Er wirbt um . die Königstochter Ehrenreich (Maria 
von Bnrgund) die er aher erst nach Ueberwindnng vieler ihm von seinen 
Feinden Fürwittig, ITnfalo nnd Neidelhart bereiteten Gefahren gewinnt. 
Die Erfindung ist freilich im Ganzen keine reiche nnd anch die Dar- 
stellung ist ziemlich matt; die Versification wie die Sprache entbehren 
der Leichtigkeit. 

2) Die geverlichkeiten nnd eins teils der Geschichte des loblichen 
streitparen und hochbenihmbten helds nnd ritters herr Tewerdanckhs gedr. 
in Nürnberg von Hans Schönsperger mit 118 Holzschnitten von Hans 
Schäufelein, Dürer's Schüler 1517, dann Augsb. 1519 und 1537. Frank- 
furt löA.S. 

3) Khautz, Oest. Gelehrte S. 78—108. Ueber die Schriften des Kaiser 
Maximilian I. 

*) Cod. Ms. Nr. 2834 auf der Wiener Hofbibliothek (vgl. Chmel, 
Handschr. der Hofbibl. I. S. 475). 

s) Lazii comment in genealog. Austr. p. 6. Maximilianus Imp. sociis 
laboris Joann« Stabio, Jacobo Manlio et Ladislao Sundheymio majoram 
suonim tumulos, nomina ac propagationem diligentissime perquisivit, eorum- 



Statins . 369 

aus Holzschüitten ^) auf 24 Blättern oach ZeichnuDgen von 
Nürnberger Künstlern ^) und mit deutschen gereimten Ueber- 
schriften von Johann Stabius.^) Es sollten die Vorstellungea 
der Ehrenpforte als eine Autobiographie Maximilians an- 
gesehen und zugleich als ein Buch zur Belehrung für das 
deutsche Volk zu betrachten sein. Das in Deutschland 
mehrfach gedruckte Werk ^) wurde auch durch eine Ueber- 
setzung der gereimten deutschen Ueberschriften in die latei- 
nische Sprache, welche Benedict Chelidonius, Abt des Wiener 
Schottenklosters besorgte, ^) den auswärtigen Nationen zu- 
gänglicher gemacht. 



que seriem geneälogiae brevis forma arcubus illis triumphalibus 
inseruit, quos ab honore vulgo Erenporten nuncupavit, non sine maximo 
sumtu apnd Norimbergam sculptos atque impressos. 

^) Es kann mit Recht als das grossartigste Holzschnittwerk bezeichnet 
werden. 

2) Die Mehrzahl der Holzschnitte sind von dem Nürnberger Hier. 
Rösch nach Zeichnungen A. Dürer's gemacht. Zwölf Blätter waren der 
Ehrenpforte des Lobes, ebensoviele der des Adels gewidmet-, sie geben 
die Hauptmomente aus dem Leben des Kaisers. Vgl. H. Glax über die 
vier Ausgaben der geschichtl. Vorstellungen der Ehrenpforte Kaiser Maxi- 
milians I. von Albr. Dürer. (In Quell, u. Forsch, für vaterl. Gesch., Lit. 
u. Kunst. Wien 1849. S. 257.) Thausing, Dürer S. 372 fll. Heaton S. 157. 

3) Sie sind abgedruckt bei Glax a. a. O. S. 271 — 278. Cuspinian. in 
vit. Maximil. p. 726. Pulchrum opus confinxit, quod Portam honoris 
appellavit, a Stabio viro erudito erudite concinnatum. Willib. Pirkheimer 
(opp. ed. Francof. 1610. p. 176): Porta honoris, hoc est, descriptio 
portae honoris quondam Caesare Maximiliano I. anno 151Ö erectae per 
Joannem Stabium Viennens. Majestatis illius ibidem historiographum. 

*) Glax handelt über vier alte Ausgaben, wovon aber nur die mit 
der Chelidonischen lateinischen Uebersetzung der Ueberschriften 24 Blätter 
hat, die andern haben nur 21. So auch die Wiener Ausgabe von Raf. Haf- 
falter vom J. 15Ö9. Die beste Ausgabe ist von A. Bartsch, Wien 1799. 

^) Chelidonius im Prolog, zu seiner Ausgabe der libri sententiarum 
Bandini (Denis, W. B. G. S. 199), Vienn. 1619, richtet an Maximilian I. 
die Worte: (Die siegreichen Kämpfe) quos Joann. Stabius majestatis tuae 
historiQus ea in grandem, quem triumphalem nuncupat, arcum coUegit. Cujus 
nos commentarium ex germano in latinum jussu tuo vertimus. 
Y. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 24 



370 Leben nnd Schriften der Hnmanisten. 

Uebrigens darf nicht unberührt gelassen werden, dass 
die Ehrenpforte nur einen Theil von einem grösseren Werke 
bildet, welches im Ganzen den Titel Triuraphus oder 
Triumphzug führt, dessen zweite Hälfte nach dem Mittel- 
punkt der Darstellungen, wozu der Kaiser ebenfalls die 
Ideen und Entwürfe gab, Maximilians Triumphwagen 
genannt wird. Es ist daher die Ehrenpforte und der Triumph- 
wagen, die manchmal miteinander verwechselt werden, aus- 
einander zu halten. Dass auch bei den Entwürfen zu dem 
Triumphzug Johann Stabius, der beständig in der Umgebung 
des Kaisers lebte, von ihm vielfach zu Rathe gezogen wurde, 
lässt sich nicht bezweifeln, jedoch nicht seine specielle 
Theilnahme an dem Werke nachweisen, womit sich Maxi- 
milian schon seit dem Jahre 1512 beschäftigte, demnach 
schon früher als die Ehrenpforte herausgegeben wurde. 
Die zahlreichen Darstellungen wurden nach den Angaben 
Maximilians und des Humanisten und Nürnberger Patriciers 
Willibald Pirkheimer von Albrecht Dürer gezeichnet und 
von Burgmair in Holz geschnitten. ^) 

Maximilian, der keineswegs gleichgültig in Betreff des 
hohen Alters seines Hauses war, fand doch die Ansicht des 
Stabius, dass die Entstehung des habsburgischen Stammes 
an Noah und Cham anzuknüpfen sei, ziemlich abenteuer- 
lich. 2) Er Hess die Meinung des Stabius der Wiener theo- 
logischen Facultät vorlegen mit der Aufforderung, ihr Grut- 



^) Bartsch, Peintre graveur VII. p. 230. Ch. Heaton a. a. O. S. 157. 
Thausing, Dürer's Trinmphwagen nnd sein Antheil an Maximilians I. 
Trinraphzng (in den Mittheil, der Central-Commission XIII. S. 135 fll.) 
nnd besonders in dessen Bnch: Dürer. S. 387 fll. — Dass Joh. Stabins, 
der mit Albr. Dürer auf das innigste befreundet war, dem Künstler von 
dem Kaiser ein jährliches Leibgeding vpn 100 Gulden verschaffte (1515), 
darüber gibt Thausing das Nähere an. 

2) fScript. Univ. Vienn. III. p. 33. Quae sententia Maximiliano Caesari 
non admodum placuit. 



Stabius. 371 

achten darüber abzugeben. Noch ehe aber dieses geschehen, 
war der Kaiser aus dem Leben geschieden. ^ 

Wenn Stabius von den Zeitgenossen als ein Mann von 
grossem und scharfem Verstände und ungewöhnlicher Ge- 
lehrsamkeit gepriesen wird, 2) so ist dieses Lob weniger auf 
seine historischen Leistungen, als vielmehr auf seine anderen 
Arbeiten zu beziehen, welche Geographie, Mathematik 
und Astronomie betreffen.^) 

Vorzügliches leistete er im geographischen Fache, 
namentlich in der Kartographie, und zwar sowohl im All- 
gemeinen als auch insbesondere in Beziehung auf einzelne 
Länder, namentlich die Herzogthümer Oesterreich und 
Kärnten.4) 



') Conspect. bist. TTniv. Vienn. II. 96. Maximil. dedit ad Universi- 
täten! literas, iit certos de facultate thieolog. deligeret, qui genealogiani a 
Noe inchoatam ad 8icambnim usque, si fors qiiidquam sententiae Joannis 
Stabii — subesset veritatis, contexerent. Joliann Trapp und Jobann Ca- 
mers, Professoren der Theologie, wurden beauftragt, das Gutachten zu 
erstatten. Ueber diesen Gegenstand befindet sich auf der k. k. Hofbiblio- 
thek raehreres Handschriftliche (Nr. 3327 und 8325 mit einigen Berichti- 
gungen). Vgl. Chmel, Handschriften der Hofbibl. I. S. 486. 

2) Ausser Cuspinian., praef. in vit. Maximil., und Erasm., Epistol. 
lib. I. ep. 2, besonders Jan. Hadel. in lib. I. Elegiar. ad Jo. Stabium, 
rerum a divo Maximiliano gestarum scriptorem, poetum laureatum Mathe- 
maticumque insignem. Georg Tannstetter in der Ausgabe der Tab. Eclip- 
sium Georg. Peuerbach. (Vienn. 1514), wo er von den berühmten Wiener 
Mathematikern handelt, sagt von Stabius: Vir omnifariam eruditus: et in 
novanira rerum inventionibus foelicissimi ingenii, cujus perraris inventis 
invictisSi et illustriss. Caes. Maximilianus quotidie oblectatur: et ejus 
Stiboriique ingenia miratus lectiones publicas in Astronoraia et Mathema- 
tica Viennae novo stipendio instituit. — In reliquis artibus vir subtilis et 
penetrantis ingenii cArmine et prosa plura et pulcherrima molitur, quibus 
se aliquando posteritas oblectabit 

3) J, Spiegel, Schol. in Comment. Aen. Sylv. ad Ant. Panormit. 
lib. II. p. 299, nennt den Stabius magni saeculo nostro nominis mathe- 
maticus. 

*) Cuspinian. praefat in vita Maximil. Imp. Austriam et Carinthiam 
graphice depinxerat, und am Schlüsse seiner Austria: Superest, ut nunc 

24* 



372 Leben nnd Schriften der Hamanisten. 

Es ist zu beklagen, dass seine literarische Thätigkeit 
in der genannten Richtung erst in seine spätere Lebenszeit 
fallt, indem er früher als Historiograph und durch seinen 
Aufenthalt am Hofe allzuviel anderweitig beschäftigt war; 
dennoch leistete er in der Erdbeschreibung und Kosmo- 
graphie Vorzügliches. ') 

Nachdem er schon manche treffliche Erfindung in den 
Einrichtungen von Mond- und Sonnenuhren gemacht 2) und 
mit seinem Schüler Georg CoUimitius vielfache astrono- 
mische Beobachtungen angestellt hatte ^), vertiefte er sich 



omnes fluvios, montes, oppida, castra et villas pro complemento subjicia- 
hius quae omnia aua peregrinatione Joannes Stabius oculis lustravit et 
jussu Maximiliani Caeaaris descripsit, Georgius CoUimitius auxit et in 
pulchrara tabulam redegit. 

') Georg CoUimitius spricht von den Schriften, Instrumenten und 
Karten welche sein Lehrer Stabius verfertigt hatte (vgl. Khautz a. a. O. 
g VIII): Instrumentura chronometrum ad omnia climata cum vario usu. 
— Compositio Meteoroscopii pro accipienda longitudine civitatis ignota. 

Compositiones variarum projectionum universalium Ptolemaei pro toto 

globo. — Variae chartae chorographicae propriae peregrinationis lustratione 
depictae. — Descriptio variorum modorum pingendi tabulas cosmographicas 
Ptolemaei ex veris principiis artis picturae. — Modus distantias miliariorum 
inter diversa loca variis instramentis mensurandi. — Modus instituencli 
tabula cosmographicas. — Constitutio tabulae cosmographicae sub quo grado 
signi etc. Denis a. a. O. erwähnt noch Imago orbis und Iraagines coeli. 
Ueber des Stabius astronomische und geographische Tafeln, welche in 
Nürnberg 1515 unter Beihülfe von Albr. Dürer verfertigt wurden, vgl. 
Thausing, Dürer. Leipzig 1876, S. 375, und Sotzman über J. Stabius und 
dessen Weltkarte vom J. 1515 in den Monatsberichten über die Verhandl. 
der GeseUsch. f. Erdkunde. Berlin 1848. Neue Folge V.* S. 232. Bei dem 
Bl. Imagines coeli vom J. 1515 findet sich die Unterschrift: Joannes 
Stabius ordinavit. Conradus Heinfogel posuit. Albrechtus Dürer circum- 

scripsit. 

2) Zu Nürnberg verfertigte er mit dem Mathematiker Joh. Werner 
an der Lorenzikirche eine Sonnenuhr. (Doppelmayr, Nachr. v. Nürnberg. 
Math. S. 32 und 44.) Er gab auch eine Anleitung zur Verfertigung einer 
Monduhr: Modus faciendi horologium lunae ad quamque elevationem et 
superficiem in lineis helicis. 

3) Tabulae Astronomicae des Stabius befinden sich auf der Wiener 

Hofbibliothek in Cod. Ms. Nr. 11637. 



Stabins. 373 

endlich auch in die Astrologie. Er verfertigte ein neues Horo- 
scopium; *) er wollte vermittelst desselben die Zukunft und 
die Zeit des Todes der Sterblichen voraussehen können. 
So soll er auch den Tag des Todes Kaiser Maximilians 
schon einige Jahre genau voraus angegeben haben. 2) 

Als Domdechant an der St. Stephanskirche im Besitze 
einer reichen Pfründe und nach Maximilians Tod vom Hof- 
leben fern, widmete er sich mit doppeltem Eifer ganz den 
mathematischen, geographischen und astronomischen Studien. 
Er trug sich mit mancherlei grossartigen Plänen, als er auf 
einer Reise in Graz am ersten Tage des Jahres 1522 plötz- 
lich aus dem Leben schied. ^) 



') Denis, Wiens Biichdr.-Gesch. S. 202, führt unter dem Namen Horo- 
scopion von Stabius an: 1. Horoscopion universale pro multiplici diversa- 
rum gentium ritu diei noctisque horas et momenta distinguens. [Mit einer 
Epistol. ad Maxim. Imp. d. d. Ntirnb. 31. Jan. 1512 auf der Wiener Hofbibl. 
Cod. Ms. Nr. 5280.] — 2. Horoscopion omni generaliter congruens elimati. 
Darunter ist bemerkt: Veteri huic invento linearum horanim temporalium 
atque inter duos solis exortus duosque occasus Joann. Stabius nuper an- 
nexuit 1512. Georg Tannstetter nennt das Horoscopion universale in lineis 
helicis und in lineis collunaribus ein Opus mirandiim. 

2) Eder, Catal. Rect ad ann. 1512. Dicunt eum (Stabium) Imp- 
Maximiliani mortem aliquibus annis praedicasse. Vgl. Script. Univ. Vienn. 
II. p. 32. 

3) Cuspin. praef. in vita Maximil. Imp. Stemmata domus Austriacae 
ingenuissima in lucem produxerat, depromptunis ad hoc multa et speciosa 
et insignia potissimum, nunc aulicis liberatus tempestatibus et tranquillitati 
redditus eccl. Vienn. factus decanus — mors hunc insperato. cum moliretur 
ingentia quaedam Graecii in Stiria nobis abstulit Kai. Jan. anno 1522. 
Man hat das Porträt des Stabius von der Hand seines Freundes Albrecht 
Dürer mehrmals auf Gemälden und Holzschnitten. Vgl. Thausing a. a. O. 
S. 163, 342 und 368. Dass er auch auf dem Dürer'schen Gemälde „Maria 
Tod-* imter den das Sterbelager befindlichen Personen vorkommt, ist schon 
oben Buch I, Abschn. 4, S. 100 angegeben worden. Man vermuthet auch, 
dass in Dürer's Bild Karls des Grossen (von A. Reindel 1847 in Kupfer 
gestochen) der Kopf des Johann Stabius als Motiv gedient habe. Vgl. 
Thausing S. 368. 



Stiborius. 

Andreas Stöberl aus Oettingen in Baiern. 

t 1515. 

Andreas Stiborius, dessen Familienname Stöberl 
war, hatte Oettingen in Baiern zum Geburtsort. ^) Von 
seiner früheren Jugend- und Studienzeit ist uns nichts be- 
kannt. Es ist sehr wahrscheinlich, dass er die Universität 
Ingolstadt besuchte, woselbst er die Magisterwürde erlangte 
und als Lehrer der Mathematik und Astronomie gegen 
Ende des 15. Jahrhunderts auftrat. 2) 

Dass er sich den classischen Studien widmete, zeigt 
sein lebhafter Verkehr mit dem Dichter Conrad Celtes, den 



^) Die Rhein. Nat. Matrikel: Stöberl, Ingolstadiensis magister, ex 
Oettingen. Schier, Denis, Kink geben nur dürftige Nachrichten über ihn. 
Kaltenbäck III. 185 sagt, er sei zu Vilshofen geboren gewesen; er stützt 
sich wohl bei dieser Angabe auf Celtes, Odar. lib. II. od. 29: 

Qua se Vilsus in Istrum 
Pulcro proripit alveo. 

2) Denis, Merkw. der Gareil. Bibl. S. Iö6 behauptet, unser Stiborius 
sei mit dem Olmützer Canonicus Andreas Stiborius identisch, dem sein 
Verwandter, der Olmützer Propst Augustinus, von Padua aus 1495 des 
Blanchini tabulae caelestium motuum dedicirt hat. Der Olmützer Canonicus 
Andreas Stiborius war zwar auch Astronom, aber offenbar viel älter als 
sein Ingolstädter Namensvetter, dem nirgends die Benemiung Canonicus 
Olomucensis beigelegt wird. 



Stiborius. 



3'J^ 



er auch auf einigen seiner gelehrten Wanderungen von 
Ingolstadt aus begleitete.^) 

Einige Jahre nach dem Regierungsantritte des Kaisers 
Maximilian wurde er von diesem 1497 als Professor der 
Mathematik und Astronomie an die Hochschule Wien be- 
rufen, 2) fast um dieselbe Zeit, als auch Geltes daselbst die 
Professur der Poetik und Rhetorik übernahm. Indem sich 
Stiborius auch in der Dichtkunst versucht hatte, so trat 
er in Wien der gelchrtea Donaugesellschaft bei, und wir 
finden seinen Namen und sein Episodium unter den Mit- 
gliedern der Sodalität, die mit Gedichten den in der Donau- 
stadt ankommenden gekrönten Poeten begrüssten. 

Noch im J. 1507 gehörte er dem engeren Kreise der 
genannten Gesellschaft an; auch erhielt er die Aufnahme 
in das CoUegium ducale, da seine Stelle eine durch den 
Kaiser besoldete war. Indem Stiborius sich auch den theo- 
logischen Studien widmete, so erlangte er bald ein Canonicat 
am Dom stifte zu St. Stephan. Als Priester erhielt er die 
Pfarrei Stockerau. Seine Hauptwirksamkeit aber wendete 
er der Mathematik und Astronomie zu; er versammelte 
zahlreiche Schüler um sich und trug wesentlich dazu bei, 
den Ruf der Universität Wien in Bezug auf die mathema- 
tischen Disciplinen in ganz Europa zu verbreiten. Zu seinen 
vorzüglichsten Schülern gehörte sein Landsmann Georg 
Tannstetter CoUimitius, mit dem er seine meisten astro- 
nomischen Beobachtungen und Arbeiten gemeinschaftlich 
machte. Doch sind durch den Druck nur wenige von diesen 
bekannt geworden. 



*) Im Cod. epist. Celt. kommen fol. 49 und 52 zwei Briefe von 
Stiborius an Celtes vor, die 1496 von Ingolstadt aus datirt sind. Celtes 
richtete an ihn eine Ode (lib. II. od. 14) in jucunditatem vitae, in einer 
andern (lib. II. od. 29) wird seiner erwähnt. 

2) Georg Tannstetter erwähnt der Sache mit den Worten: Caes. 
Maximilianus eins (Stabil) Stiboriique ingenia miratus lectiones publicas in 
Astronomia et Mathematica Viennae novo stipendio instituit. 



f?6 



Leben und Schriften der Humanisten. 



Zu Tannstetter's Ausgabe der Werke des Georg Peuer- 
bach und Regiomontanus lieferte Stiborius eine Vorrede 
mit dem Lobe der beiden grossen Astronomen und der 
Wiener Schule überhaupt, i) Als Papst Leo X. die Ver- 
besserung des Kirchenkalenders betrieb und zur 
Unterstützung in der Sache von Kaiser Maximilian ge- 
schickte Lehrer in der Astronomie erbat , wurden von 
der Wiener Hochschule zu diesem Geschäfte Stiborius und 
sein Schüler Tannstetter ausersehen, die mit einem Gut- 
achten über den Gegenstand betraut wurden. Ihre Schrift, 
worin sie dasselbe erstatteten, erschien schon im folgenden 
Jahre 1515.2) Nicht lange Zeit hernach, am 3. September 
1515, schied Stiborius aus dem Leben und wurde in seiner 
Pfarrei Stockerau begraben. ^^) 



') Es geschah dieses im J. 1514. Denis, W. B. G. S. 109. 

2) Andreae Stiborii Boji Theologi et mathematici et Georgii Tann- 
stetter Colliraitii Physici et Mathematici super requisitione Leonis X. Papae 
et divi Maximiliani Imperat. de Romani Calendarii correctione conwliiim 
in studio Viennensi Austriae conscriptum et editum. 4^. s. a. (Denis S. 316 
vermuthet das Druckjahr 1515). Vgl. Kink, Univ. Wien I. S. 208, n. 240. 
Beil. XXXI. Nr. 9 und 10. Das Ms. ist auf der Wiener Hofbibliothek 
Nr. 10358 b, p. 113—120. 

3) Rhein. Nat. Matrikel: Mag. Andreas Stiborius Canon. Vienn. et 
plebanus in Stockerau, famigeratus Mathematicus, profundus theologus, vir 
multigenae eruditionis, obiit Viennae 3. die Sept. anno 1515 et sepultus in 
Stockerau. Ein Gedicht von Ursinus Velins auf Stibor's Tod, „Turaulus 
Andreae Stiborii" betitelt, befindet sich in dessen Epistolar. et Epigramm, 
lib. Vienn. 1516. Vgl. Denis S. 322 imd 325, 



Suntheimius. 

Ladislaus Suntheim oder Suntheimer aus Eavens- 

bürg in Schwaben. 

t 1512. 

Ladislaus Suntheim, aus der schwäbischen Stadt 
Ravensburg, machte seine Studien in den liberales artes 
und in der Theologie an der Wiener Universität. Wir 
finden seinen Namen in der rheinischen Nations-Matrikel 
schon im J. 1460 eingetragen. Er lebte später mehrere 
Jahre am Hofe des Tiroler Herzogs Sigismund als dessen 
Caplan. Als Maximilian das Land seines kinderlosen Vetters 
ererbt hatte, kehrte Suntheim nach Wien zurück, wo er 
die Gunst des einflussreichen Cuspinian erlangte und zum 
Hofcaplan des Kaisers erhoben wurde (1496). ^) 

Maximilian beabsichtigte in ganz Deutschland Materia- 
lien für die deutsche, besonders österreichische Geschichte 
sammeln zu lassen und beauftragte mit diesem Geschäfte 
seinen Historiographen Johann Stabius, dem er zur Bei- 
hülfe seinen Geheim Schreiber Jacob Manlius von Freiburg 



^) Ueber ihn handeln, freilich nur kurz: Cuspinian, de Caesarib. 
p. DCCXXVI; Schier, Sodal. Danub. fol. 65—68; Khautz, Oest. Gelehrte 
S. 123; Kaltenbäck, Arch. III. 113; Kink I. S. 211, n. 245. Am Hofe 
führte er gewöhnlich den Namen Ladislaus Presbyter. Der Humanist 
Michael Styrus Transsylvanus nennt Suntheim in einem Briefe an Celtes 
d. d. Wien 1498 (Cod. epist. Celt. fol. 90) Ladislaus presbyter historiarum 
atque novarum rerum Inquisitor curiosus. 



378 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

und den Magister Ladislaus Suntheim mit den nöthig-en 
Anweisungen zugesellte. ') Es sollten Deutschland und die 
benachbarten Länder bereist und überall in Klöstern, Biblio- 
theken und Archiven historische, besonders genealogische 
Forschungen angestellt und von wichtigen Chroniken und 
Denkmälern genaue Abschriften genommen werden. '^) 



') Der Kaiser schrieb eigenhändig in sein M emorienbuch : Herr Lasla 
Priester t^oll die oesterreichisch, sächsisch und bairisch Chroniken zusammen- 
stimmen. 

■-) Laz. praef. ad Comment. in geneal. Austr. p. 6. Divus Maximilian. 
Imp. sociis laboris Joh. Stabio, Jac. Manlio et Ladislao Sundheymio, 
majorum suorum tumulos, nomina ac projiagationem diligentissime perqui- 
siyit. Interessant ist die in dem Archiv des Ministeriums des Innern iii 
Wien aufbewahrte kaiserliche Instruction vom 19. März 1505 für Sunt- 
heim, in welcher Richtung imd in welclier Art er seine Forschung auszu- 
dehnen hätte. 

Maximilian von Gots gnaden Köm. Künig etc. 

Instruction was Wolft'gang Hamerl unser Secretari von uiuisern wegen bey 
dem erbern unserm lieben andeclitigen Lasla von 8untheim unserni 
Capplan, unser Cronica und Historien wegen handeln u. ausrichten sol. 

Er sol alles das, so Lasla von Apis, von seinen vorfordern gemacht 
hat, lautter abschreiben, was er von Albrecht des Apis »Sun hat. 

Er sol auch Kunigs Rudolfs Cronik nacheinander abschreiben, dar- 
nach aller Herren von Osterreich bis auf die Vorfordern, Ottobrecht. 

Aller Swebischen Grafen gesiecht und die vor Zeitten den Graven 
von Habspurg gesipt gewest sein abzuschreiben. 

Die Grauen von ILabspurg, die abgestorben sein und nit in das 
gesiecht gehören, dauon Kimig RudoltF komen ist, sol er besonder ab- 
schreiben. 

Die Cronica der Marggrauen von Osterreich bis auf Kunig Otaker. 

Ein besunder Cronica von Kunig Otakher mitsambt dem 8treitt ab- 
zuschreiben. 

Darnach sol er was derselb Laslaw von allen Grafn von Habspurg, 
oder Herczog von Zeyring [Zäringen] * hat abschreiben und wa ein yeder 
begraben ligt, darzu wie ir yeder mit namen gehaissen hat. 

Er sol alle Cronica inventurieren, so derselV) Lasziaw hat und als- 
dann uns ain Inventari dauon zuschicken , damit wir wissen zu machen, 
was man abschreiben sol. 

Er sol auch denselben Lasziaw fragen, wie das Herczogthumb Kerndten 
an Herczog Leopolden den tugendhaften kumen sey. 

Er sol nach dem Wappen Zeyring fragen, ob es allain Swaben sey. 



Suntheimias. 379 

Die Frucht der g-elehrten Reisen Suntheim's ') war eine 
doppelte: ein geographisches Werk und eine Chronik. 
In dem ersteren wurden die Länder Süddeutschlands mit 
ihren Einwohnern, Städten, Ortschaften und Merkwürdig- 
keiten beschrieben, in der andern waren die für die öster- 
reichische Geschichte gesammelten Materialien aufgenom- 
men.'^) Dieser Theil wurde falschlich dem Jacob Manlius 
zugeschrieben. Von dieser topographischen Chronik wurde 
vor wenigen Decennien der Süddeutschland betreffende geo- 
graphische Theil auf der Stuttgarter Hofbibliothek von 
Franz PfeijßFer entdeckt und ein Bruchstück daraus — die 
Beschreibung des Donauthals — durch den Druck ver- 
öffentlicht. 3) 

Von seinen anderen historischen Schriften sind zu er- 
wähnen: die im J. 1491 mit dem KJosterneuburger Propst 
Jacob verfassten Tabulae Claustro-Neoburgenses oder 



Er sol mit demselben herr Laszlaw stjmen des ersamen Edelmans 
von der Archa Noe mit dem wappen Noe Gminden aus dem Zollhaus, 

Er sol auch den Auszug unser Schaczbrief zu Wien mit rat und gut 
beduncken unsers Secretari Lucas Praittschwerdt vollenden und ein Re- 
gister dauon machen und denselben mit allem vleiss machen als er zu 
thun waist und vormals mit demselben Praittswert auch darin gehan- 
delt hat. 

Zu Giengenpach am XIX tag Marcy Anno [MD] quinto, unsßrs 
Reichs im XX Jar. [Mitgetheilt von Dr. A. Fournier.] 

^) K^untheira sciireibt in seinem Alter in einem Briete an Kaiser 
Maximilian: „Als ich vor vergangen jaren und zeiten aus bevelch Ewer 
kays. Maj. auszogen bin, und hab durchriten vil land und klöster, fünf 
raysen getan und vil hystorien zu sammt bracht** etc. Bei Chmel, Urkk. 
z. Gesch. Max. I. Stuttg. 1845. S. 486. 

'-) Suntheim gibt in einem Briefe an den Erzbischof Matthäus Lang 
selbst an, dass das Buch in zwei Abtheilungen zerfalle: die erstere handle 
von dem Adel, den Königen, Fürsten und Ritterschaft, die andere von 
Tjändern, Städten, Klöstern etc. 

^) Im „Jahrbuch für vaterländische Geschichte"*. Wien 1861. S. 273 
bis 297. 



380 Leben und Schriften der Humanisten. 

Stammtafel der Babenberger, *) und seine Historia Guel- 
phorum. 2) 

Suntheim war ein sorgfältiger, trockener Quellen- 
forscher; er hatte eine andere Richtung als der geistreiche 
Conrad Celtes, dessen Art, die deutschen Geschichtsquellen 
zu seinen Zwecken der Verbreitung des Humanismus zu 
behandeln, ihm nicht gefiel. Er war daher mehrfach mit 
ihm in Widerspruch. ^) Nach seiner eigenthümlichen Bil- 
dung gehörte Suntheim nicht dem Humanistenkreise an. 
Es gelang aber Cuspinian, der Suntheim's Forschungen 
und Sammlungen für seine österreichische Geschichte*) 
schätzte und benutzte, ihn mit Conrad Celtes zu ver- 
söhnen, ja ihn sogar in der Weise dem gekrönten Dichter 
nahe zu bringen, dass er als Mitglied der gelehrten Donau- 
gesellschaft aufgenommen wurde. ^) Zuletzt zählte ihn Celtes 
sogar zu seinen besonderen Freunden. ^) 

Die doppelte Stelle eines Caplans und eines Historio- 
graphen, welche Suntheim am Hofe Maximilians bekleidete. 



^) Gednickt Basil. 1591. fol. bei Pez, Script, rer. Austr. I. 1104. 
Oefeie, Script. Boic. I. 801, II. 507. Schwandtner, Script. II. 336. Vgl. 
Coxe, Gesch. d. Hauses Oestr. Deutsche Uebers. I. S. 507. Kink I. S. 211. 
n. 245. Das Ms. von den Tabulis befindet sich auf der Wiener Hofbibl. 
Nr. 8700 und 7752 in deutscher Sprache. 

2) Leibnitz, Script, rer. Brunsvic. I. 801. 

3) Suntheim schreibt an Bischof Matthäus Lang: Wo mich jemands 
bei der kaiserl. Maj. verleumdet hette Doctor Celtes oder andere hinterrukh 
wider mich geschriben bieten, demselben soll kais. Maj. und Ew. gnaden 
nit glaubn gebn. Ich hab' mich nichts verpflicht mit dem Celtes zu machen, 
wann er der neuen historien nit Unterricht ist, insunder was könige, fürsten 
und herrn antrifi't. Vgl. auch den Brief des Matth. Pappenheim vom J. 1503 
an Celtes, abgedr. in m. Abhandl. Roswitha u. C. Celtes S. 68 fl. 

*) Cuspinian ward zum Erben von Suntheim's Schriften, die er viel- 
fach benützte, eingesetzt. Khautz, Oest. Gelehrte S. 123. 

^) In der Inschrift auf die zwölf Mitglieder der Donaugesellschaft, 
welche Cuspinian an seinem Hause anbringen liess, kommt auch der Name 
des Ladislaus Suntheim vor. 

^) In dem von Celtes im J. 1508 errichteten Testamente wird unser 
Suntheim als Zeuge genannt. 



Suntheimius. 38 1 

9 

mag nicht sehr einträglich gewesen sein ; er lebte lange in 
beschränkten Verhältnissen und klagt über sein geringes 
Einkommen in einem Schreiben an den Kaiser. •) Wahr- 
scheinlich auf Cuspinian's Verwendung erhielt er endlich 
eine gute Pfründe an der St. Stephanskirche. Als ihr 
Canonicus starb er 1512 hochbejahrt. 2) 



') Schreiben Suntheim's an Maximilian in Chmers Urk., Briefe und 
Aetenst. zur Gesch. Maximil. I., S. 486: Ew. k. Maj. wolle mich begaben 
mit einer jarlichen Provision und jetzund mit einer erbarn zerung fürsehen, 
wann ich in der warhayt gantz arm bin und bin darzu schuldig. 

2) Necrolog. Canonic. eccles. Vienn. Ms. Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 
1460 alte Randglosse: Ladislaus Suntheimer de Ravenspurg. Canonicus 
Vienn. et Serenissimi divi Maximil. Rom. Imp. Capellanus et hystoricus. 
In Bezug auf den Jurisdictionsstreit, der um die Suntheimische Testaments- 
Vollstreckung zwischen der Universität und der bischöflichen Curie ent- 
stand, ist oben im ersten Buche, Absch. 4, S. 108, und Kink I. S. 291 — 293 
zu vergleichen. 



ürsinus. 

Caspar Vel aus Schweidnitz in Schlesien.^) 

t 1538. 

Caspar Vel (oder Velius)^) war 1493 zu Schweidnitz 
in Schlesien geboren. Er kam erst nach dem Tode des 
Celtes im J. 1515 nach Wien. Frühzeitig hatte er sein 
eminentes dichterisches Talent ausgebildet und in verschie- 
denen Disciplinen sich die manchfaltigsten Kenntnisse er- 
worben, so dass er wie ein Weltwunder angestaunt wurde. 
Dem Cuspinian besonders, der ihm den Namen Ursinus, 
d. h. der Nordmann (von Ursa) gab, '^) wird das Verdienst 



^) lieber ihn handelt vorzüglich Kollar nach Martin Hanck de Silesiis 
indigenis in der Praefatio zu seiner Ausgabe des Buches de hello Pan- 
nonico von Velius Ursinus. Vindob. 1762. 

2) Kollar 1. c. Gentile nomen fuit nostro Vel, ex quo Velius 
finitum. 

3) Elegia Velii ad Jo. Cuspinian. in der Logau'schen Epigrammen- 
Sammlung (vgl. oben den Art. Logus). 

Urs in i (memini) nomen mihi dulce dedisti 
Hoc ratus ingenium commeruisse meum. 
Credo equidem non nomen sine numine divüm 

Auspice te spreto rite priore tuli. 
Forsitan ipsa suo natum sub sidere vatem 
Hoc dici voluit Parrhasis Ursa modo. 
Der Name Ursinus findet sich gewöhnlich dem andern Velius vorgesetzt. 
Kink I. S. 269, n. 242 scheint zu glauben, dass Ursinus aus Ursing latei- 
nisirt worden, was unrichtig ist. 



Ursinus. 383 

zugeschrieben, ihn zur Poesie und den classischen Studien 
angeregt zu haben. An dem Bischof Johann Thurzo von 
Breslau, einem Freunde der Humanisten, hatte er einen 
Gönner, der ihn vielfach unterstützte. ^) Ursinus, der als 
ingenium praecox schon im 15. Lebensjahre gute griechische 
und lateinische Verse gemacht haben soll, zählte bald zu den 
ersten humanistischen Celebritäten an der Wiener Univer- 
sität. Er hatte unter ihnen, wenn man Geltes aasnimmt, 
offenbar die meiste dichterische Begabung. Dem Vadianus 
und Philipp Gundelius konnte er ganz an die Seite gesetzt 
werden in Bezug auf die poetische Fruchtbarkeit. Es er- 
schien damals kaum ein bedeutendes Werk in Wien , zu 
welchem nicht einer dieser drei Humanisten eine poetische 
Beigabe geliefert hätte. 

Noch in sehr jugendlichem Alter wurde er Magister 
artium ; wenige Jahre später, nachdem er in Italien die 
Akademien in Rom und Bologna besucht hatte, Doctor der 
Rechte. Der Cardinal Erzbischof Matthäus Lang von Salz- 
burg machte ihn zu seinem Secretär, '^) der Kaiser Maxi- 
milian schmückte ihn mit dem Dichterlorbeer ^) und erhob 



') KoUar 1. c. Maecenatis sTii (Jo. Thiirzonis Episc. Vratisl.) volun- 
tate et sumptu academias Vindobonnensem, Romanam, Bononiensem et 
alias adiit. 

2) Es muss dieses schon um 1517 geschehen sein, da Rudolph 
Agricola in der Vorrede zu den von Logau 1518 herausgegebenen Epi- 
grammen des Ursinus sagt: Rev. Cardinalis Gurcensis (Matthaeus Lang) 
a secretis, quod longa doctissimonim hominum Romae et in tota Italia 
familiaritate usus est, idque Thursonis Episc. Vratislaviensis auspicio, quod 
suis expensis suoque stipendio longam musanim castris militiam addixit, 
illud eum unice commendat, quod integer vitae scelerisque punis et qui 
t^ntae ingenii gratiae fidem, comitatem, mansuetudinem adjecerit. 

3) Ursinus spricht davon in seinem Epicedion in div. Max. Caes. in 
der Zuschrift an den Cardinal Matth. Lang: Ulius beatissimis manibus 
debetur, qui tuae coramendationis autoritate illustrium ac praestantiss. 
vivoriim in conspectu me hilariter atque ambobus ut ajunt manibus laurea 
Corona insignivit. — Ursinus hatte damals wohl schon sein Epos auf den 
heiligen Leopold geschrieben. Vgl. Denis S. 305. 



384 Leben und Schriften der Humanisten. 

ihn weg-en seiner vielfachen Kenntnisse und grossen Geistes- 
gaben zu seinem geheimen Kath. Sein Nachfolger Ferdi- 
nand bestimmte ihm die Professur der Rhetorik an der 
Wiener Hochschule ') und ernannte ihn zu seinem Historio- 
graphen. Auch die Erziehung seines Sohnes Maximilian 
vertraute er ihm an. 2) 

Von den ersten Gelehrten seiner Zeit ward Ursinus 
hoch geschätzt und geehrt. ^) Da er einige Male in Italien^ 
zu Rom, Bologna und Florenz längere Zeit verweilte und 
auch mehrere spanische und deutsche Universitäten besuchte, 
so trat er mit vielen auswärtigen Humanisten in einen leb- 
haften geistigen Verkehr : ^) namentlich unterhielt er mit 
Erasmus von Rotterdam, der ihn wegen seines liebens- 
würdigen Charakters, seiner Gelehrsamkeit und grossen 
dichterischen Begabung hoch schätzte, einen lebhaften 
Briefwechsel. ^) 



^) Ferdinand schrieb 9. Febr. 1524 an den niederösterr. Hofrath 
(Kink, Wien. Univ. I. Anh. Nr. XL. 139), dass die Lehrkanzel der Rhetorik, 
welche dem immer noch nicht eingetroffenen Ursinus bestimmt gewesen, 
dem Dr. Alex. Brassicanus zu verleihen sei. Darauf erfolgt die Antwort 
8. April 1524: Ursinus sei aus Italien eingetroffen und habe lectura 
oratoria übernommen. Ein anderes Schreiben Ferdinands (Stuttgart 7. Mai 
1529) befiehlt, dass wenn Ursinus nicht mehr die Rhetorik lesen will, so 
solle die Stelle dem Udalrich Fabri zukommen. 

2) Eder, Catal. Rect. S. 74 ad ann. 1538: Casp. Ursinus Velius 
Schemnicensis Poeta insignis, orator celebris, Graece et Latine doctissimus, 
regis Ferdinand! liberonim praeceptor et historicus. Cf. Script, univ. 
Vienn. IL 47 fl. 

3) Ursinus Velius ist so naiv in einer Elegia ad Cuspinianum (vgl. 
Denis, W. B. G. S. 325), welche um 1517 gedruckt wurde, die von 
Italienern empfangenen Lobpreisungen wörtlich zu reproduciren. 

*) In Bezug auf des Velius frühere Reisen sind seine von Logus 
um 1518 in Wien herausgegebenen Briefe in dessen Epigrammen-Saramlung 
von Wichtigkeit. Vgl. Kollar, Praefat. 1. c. und Denis, W. B. G. S. 324. 

5) Erasmi Rotterd. Epist. lib. I. ep. 61. lib. V. ep. 74. lib. XVII. 
ep. 9. Vgl. Denis a. a. O. Velius gibt in einem Schreiben an Eräsmus 
(d. d. Linz 20. April 1530) Nachricht von seiner Hochzeit und fügt bei, 
dass er seine Propstei aufgegeben habe. Kollar bezweifelt die Heirat des 



ürsinus. 385 

Noch im besten Mannesalter stehend , im 45. Jahre, 
endigte Ursinus am 5. Mai 1538 auf eine räthselhafte Weise 
sein Leben. Er war plötzlich verschwunden. Man ver- 
muthete, er sei durch einen unglücklichen Zufall in die 
Donau gestürzt und ertrunken. Manche bezweifelten, dass 
die Sache zufallig geschehen : Ynan behauptete, er habe ab- 
sichtlich seinen Tod gesucht. Da sein Leichnam nicht auf- 
gefunden wurde, so erhielt auch das Gerücht Q-lauben, dass 
er sich an einem einsamen Orte vergiftet habe. *) 

Als Beweggrund zu dem Selbstmorde gab. man an, dass 
die Quälereien seines schlechten Weibes ihm das Leben 
unerträglich gemacht hätten. ^) Dass der römische König 
Ferdinand nicht an einen Selbstmord glaubte, will man 



Velius, weil derselbe Priester gewesen. Vgl. Denis S. 693. Im Universitäts- 
Matrikel ad ann. 1515 (bei Kink I. ^. 242) heisst es ausdrücklich: In- 
titulatus est Caspar Ursinus Schweidnicensis. Zusatz: Doctor, pogta, 
historiographus, uxoratus. 

^) Eder, Catal, rect. ad ann. 1638. 5. Maji mane sub horam 6. subito 
amissus fuit. Quem alii in Danubium dejectum, alii meditabundum ut 
assolebat in ripam delapsum, alii veneno sublatum existimabant. So auch 
die Script, univ. Vienn. II. 48. Daher die Randbemerkung im Rhein. Nat. 
Matrik. ad ann. 1581 am Schluss erklärlich, weil man den Leichnam nicht 
auffand: O bone Ursine, ubi es? 

^) Der Belgier Hadrianus Marius machte darauf die Verse: 
Conjugis impatiens morüm se jecit in Istrum, 

Et mortem cupido Velius ore bibit. 
Siccine semper eris sacris infesta poetis 

Foemina et Orphea non satiata nece es? 
Nee sat erat sceleris vestri, quod conscius Hebrus 

Erubuit, lacrumis intumuitque suis: 
Ni nunc Ursini infames nece voveret undas? 
Opprobrium vestri Danubius generis? 
Kollar (1. c. Praef. p. III), der diese Verse mittheilt, verwirft die Sache 
mit der Frau ganz und gar; er gibt als Stütze für seine Behauptung an: 
Fuit quippe Ursinus Velius sacerdos inauguratus et Praepositus Myslerisis. 
Successorem habuit Georg. Logum Praepositum S. Crucis Vratislav. Es sei 
dieser Nachfolge eine spontanea et libera cessio et resignatio des Ursinus 
vorausgegangen. 

V. Aschbacb, Geschichte der Wiener Univers. 11. 25 



386 Leben und Schriften der Humanisten. 

aus dessen Verfugung schliessen, wonach der Leichnam, 
wenn er aufgefunden würde, ein ordentliches Begräbniss 
erhalten sollte. ^) 

Die Schriften des Velins Ursinus zerfallen in zwei 
Classen, in dichterische und historische. 2) Vereinzelt 
ist seine aus dem Griechischen ins I^ateinische übertragene 
Rede des Kirchenvaters Cyrillus Alexandrinus.-\) 

Seine poetischen Productionen sind meistens 
Gelegenheits-Q-edichte. Eines seiner frühesten Gedichte, 
welches ihm vom Kaiser Maximilian den Lorbeerkranz ein- 
trug, ist sein Paean auf den heiligen Leopold, den Schutz- 
patron von Oesterreich, *) welchem bald ein anderes auf die 
heilige Jungfrau folgte. ^) 

Trauergesänge oder Klagelieder verfasste er auf 
den Tod des Kaisers Maximilian ^) und dessen Enkelin, die 



^) KoUar 1. c. dagegen gibt an: Alii commemorant: Repertum Velü 
corpus, Ferdinand! jussu honesto funere humatum. 

2) Die Scriptores univ. Vienn. II. 48 in dem kurzen Artikel über 
Ursinus geben die Schriften nicht alle mit dem richtigen Titel in der 
Kürze unter einander an: Posterität! reliquit Elegias, Epigrammata, Pane- 
gyricos, Epitomen chronicarum mundi et opus quoddam de rebus Austriacis. 
Pogmatum Ubri V. Basil. 1522. 4«. 

3) Sancti Cyrilli Archiep. Alexandrini de animae secessu deque eius 
vita altera sermo. C. Ursino Velio interprete. Vienn. 1521. 4. Beigefügt 
sind Hexameter, welche Stellen aus dem Evangelium des Lucas dichterisch 
paraphrasiren. Diese lateinische Uebersetznng der Cyrillischen Rede ist 
die älteste, welche man kennt. Vgl. Denis, Wiens Buchdr. Gesch. S. 224. 

*) Caspari Ursini Vebi poetae et historiographi reg^ Leopoldus seu 
Paean in divum Leopoldum Austriae principem et tutelare numen Vienn. 
1560 ist der Titel in der Ausgabe des Vitus Jacobaeus de divo Leopolde 
Panegyricus. Die erste Ausgabe erschien Wien 1517 und dann öfter. 
Vgl. Denis S. 611. 

^) Casp. Ursini Velü ex Germanis Silesii doctoris et poetae laur. ad 
Mariam Virginem matrem Dei Op. Max. Votum. Vienn. 1517. 4. Vgl. Denis 
S. 178. Die heilige Jungfrau wird im Gedicht Dea omnipotens genannt. 

ß) Naenia in div. Caes. Maximilian, anniversaria Vienn. [1520] ; auch 
unter dem Titel: Epicedion in divum Maximilian. Caesar. Vgl. Denis, 
Wiens Buchdr. Gesch. S. 332 und 336. Dem Epicedion sind beigefügt drei 



ürsinuß. 387 

dänische Königin Elisabeth. ^) Diese und eine Anzahl 
andere Gedichte, wie das Hochzeits - Carmen auf den Erz- 
herzog Ferdinand, 2) die Begrüssung des Kaisers Karl bei 
seiner Ankunft in Deutschland ^) und auf dessen über den 
französischen König Franz I. bei Pavia erfochtenen Sieg, 
ferner der Panegyricus auf den Kaiser Maximilian und 
seinen Verbündeten, den englischen König Heinrich VIII. ^) 
gaben ihm den Charakter eines wahrhaften Hofpoeten des 
habsburgischen Hauses. 

Kleinere Gedichte, Elegien, Phaläcien, Disti- 
chen, Epigramme etc. verfasste Ursinus in grosser Zahl; 
in vielen in Wien erschienenen Werken seiner humanisti- 
schen Zeitgenossen finden sich von ihm derartige poetische 
Beigaben. Eine Sammlung der Epigramme nebst seinen 
Zuschriften (Epistolae) veranstaltete sein Freund und Lands- 
mann Georg Logus in Wien ; Rudolf Agricola gab dazu die 
Vorrede, worin Lebensnachrichten über Ursinus geliefert 



Gedichte, eines auf Karls V. Kaiserwahl und zwei Tetrastichen in griechi- 
scher Sprache auf die Studien der griechischen Sprache an der Universität 
Wien. Das eine lautet: 

Au(Jovirj5 To Ttpiv (JtcouSt) [jlovov evOaSe yXcotn)? 

Pü)[jiaia)v ßaaiXsus ^tov oie 7caT:;:o5 Itjv, 
'AXX'oie TT)5 jjLsyaXr)? vuv xoipavoi; *EXXa8o$ caii 

KapoXo;, d<; lauTTjv IlaXXa; ecjrjXOE tioXiv. 

Nicht richtig ist es, wenn Ursinus das Studium der griechischen Sprache 
in Wien erst mit Karl V., den er als König von Neapel Herrscher von 
Grossgriechenland nennt, an die Wiener Universität kommen lässt. 

') Naenia de obitu Elisabethae reginae Danorum. Vienn. 1526. Vgl. 
Denis, W. B. G. S. 256. 

2) De Nuptiis Ferdinandi archiducis Austr. Vienn. 1521. 

3) De reditu Aug. Imp. Caroli V. in Germaniam. Vienn. 1621. 
(Denis S. 225.) 

4) De victoria Caesarianonim adversus Gallos ac potentissimi regis 
(Francisci) captivitate Casp. Ursini Velii Ode. — Ejusdem in laudem div. 
Caes. Maximlliani et Henrici VIII. Britanniae regis carmen. Vienn. 1525. 

(Denis 252.) 

25* 



388 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

werden. •) Er wurde durch dieses Werkchen ge Wissermassen 
in die Gelehrten- und Dichter weit eingeführt. 

Sechs Jahre später erschien eine von Velius ürsinus 
selbst angelegte Sammlung seiner Epigramme nebst einem 
Briefe an Erasmus von Rotterdam und der Schrift Aurea 
Carmina Pythagorae graeca et latina. 2) 

Seine innigsten Wiener Freunde unter den Humanisten, 
Collimitius, Logus, Stabius, Stiborius, Vadianus feiert er 
in einem besonderen Gedichte. 3) 

Zwei Sammlungen unter dem Titel Monosticha und 
Disticha verfasste Ursiaus in späteren Jahren. Zuerst 
schrieb er die Monosticha, welche er noch selbst edirte, ^) 

^) Caspar! Ursini Velii Silesii Epistolarum et Epigrammatum über — 
jam piimum in lucem editus a Gheorg. Logo Silesio. Vienn. [s. a.] 4. 
Da Ursinus 1493 geboren war und in dem beigefügten Schreiben des 
Rudolf Agricola die Stelle vorkommt: Annum XXV. nondum [Ursinus] 
agit, so ist der Druck 1517 oder 1618 zu setzen. 

2) Der vollständige Titel lautet: Oratio dominica in versus adstncta 
Caspare llrsino Velio autliore. Aurea carmina Pythagorae graeca ac deinde 
latina eodem Ursino interprete. Ejusdem epistola mense Maio 1524 ad D. Eras- 
mum Rotterdamum. Ejusdem varia epigramraata. Vienn. 1624. Vgl. Denis, 
W. B. G. 8. 244. In der Epistola an Erasmus (eine Nachahmung des 
Horazischen Iter Brundisinum) wird die Reise von Basel nach Wien be- 
schrieben: in Tübingen besuchte er J. Reuchlin. Er war damals 1522 in 
Italien, von Wien 10 Monate lang abwesend gewesen wegen der daselbst 
herrschenden Pest. In Passau war er Ostern 1524 eingetroffen. Er be- 
richtet dann von dem Schlüsse der italienischen Reise nach Wien': 

Moenia (Vienn.) quo decimo tandem post mense reverti 

Incolumem Collimitium, sociosque salutans 

Exilio veluti reduces, quos horrida pestis 

Egerat invitos diversas quaerere terras. 

Postremus rediit gelidis praecanus ab oris 

Gundelius, quo vix hodie jucundior alter 

Vivit homo: non est Detio dilectior * alter. 
Detius oder Decius, dessen deutscher Name Dietz war, stammte aus 
Weissenburg im Elsass, wurde in Krakau königlicher Geheimschreiber und 
später daselbst Bürgermeister. Vgl. Janoc. Miscell. I. p. 56. 

3) In aedes Ge. Collimitii invitatio ad coenam. 

*) Monosticha regum Italiae, Albanorum, Romanorum et virorum 
illustrium, tum Caesarum usque nostram aetatem. Monosticha summorum 



TJrsinus. 389 

die zweite Collection von Disticha ^) auf römische Kaiser, 2) 
wozu noch die Monosticha auf italische und albanische 
Könige, wie auch auf eine Anzahl deutscher Kaiser hinzu- 
kamen. Letztere Sammlung befindet sich handschriftlich 
auf der Wiener Hofbibliothek, wo auch noch Epigrammata 
varia beigefügt sind. ^) 

£inen besonderen Namen in der Literatur machte sich 
Ursinus Velius durch sein Qeschichtswerk. Als Historiograph 



Pontificum Romanorum a Petro usque ad dementem septimum Caspare 
Ursino Veüo authore. Ejusdem carmen ad Adrianum sextum Pont. Max. 
Adjuncta sunt praeterea Epigrammata quaedam selectiora. Vienn. Hart. 
1528. Vgl. Denis a. a. O. S. 269. Erasmus schreibt in einer Epist. 
26. Juli 1528 an Ursinus über diese kleinen Gedichte scherzend; O te 
crudelem, qui tot reges, tot Caesares, tot Pontifices sie in arctum com- 
pegeris! Diese Dichtungen sind offenbar Nachahmungen des römischen 
Dichters Ausonius. Der Schluss der kleinen Dichtungen auf die Kaiser 
lautet : 

Cura Sigismundi labefacti corrigit orbem. 
Alberto indignus Caesare mimdus erat. 
Thesauros cumulat Fridericus inutilis armis 
Clarus erat belli Natus et arte togae. 
Carolus Hesperiis regnat, Femandus Eois. 
Quam bene divisum est fratribus Imperium. 

*) Denis bemerkt 8. 271: von den Monosticha ist Ursinus auf die 
Disticha gekommen. 

2) Disticha Caesarum Bomanorum a Julio dictatore usque ad nostram 
memoriam [bis Ferdinand I.]. Vienn. (Oct.) 1528. Vgl. Denis S. 353. Mit 
8 Distichen auf Kaiser Karl V. und eben so vielen, die den Inhalt des 
Werkes angeben. Diese lauten: 

Caesareos parvo proceres Auguste libello 

Bomanae dominos urbis et orbis habes. 
Omnes a primo generosae stirpis Julo 

Ordine, ad usque tui nobile tempus avi. 
Hie et virtutem, aut Vitium cujusque notatum, 

Et qua quisque obiit conditione leges. 
Ac ne longa creet fastidia lectio, totum 

Singula perficiunt disticha semper opus. 

3) Wiener k. HofbibUothek Cod. Nr. 9850. fol. 1—11. Die Varia 
Epigrammata fol. 11 — 14. 



390 Leiten und Schriften der Humanisten. 

des römischen Königs Ferdinand I., der zugleich als Nach- 
folger Ludwigs n. über Ungarn und Böhmen herrschte, 
fühlte er sich dazu aufgefordert, die Kämpfe Ferdinands 
mit der ungarischen Gegenpartei unter Johann Zapolya und 
die Kriege mit den vordringenden Türken zu beschreiben. 
Als Humanist, im Style die Historiker der Alten nach- 
ahmend,^) verfasste er zehn Bücher über den pannoni- 
schen Krieg, welches Werk erst im 18. Jahrhundert aus 
Handschriften auf der Wiener Hof bibliothek 2) von A. F. Kollar 
herausgegeben worden ist. ^) 

Da der Verfasser im besten Mannesalter plötzlich aus 
dem Leben schied, so lässt es sich aus diesem Umstand er- 
klären^ dass das Werk, welches vielleicht nur einen Theil 
der Geschichte Kaiser Ferdinands I. bilden sollte, *) selbst 
in der besonderen Abtheilung der ungarischen Geschichte, 



') Ranke, Deutsche Gesch. im Zeitalter der Ref. 4. Aufl. V. 353: 
„Man nahm sich bei der Behandlung der Zeitgeschichte wenigstens in der 
Sprache sie (die alten Historiker) zum Muster, recht glücklich unter 
Anderen Ursinus Velius". 

2) Cod. MS. Nr. 7688. fol. 352 a bis 363 und Cod. MS. Nr. 8657 
(unter dem Titel: Rerum ungaricarum libb. I— VII^, Cod. MS. Nr. 8055 
(Listoriae Austriacae libb. IV — VIII imd IX). Vgl. Chmel, Handschr. der 
k. Hofbibl. Bd. I. S. 658. 6G0. 663 und 665. Schon Wolfgang Lazius 
hat das Handschriftliche geordnet, vgl. Khautz, Oest. Gelehrt. S. 181. 
Verzeichniss der Lazischen Handschriften: Caspari Ursini Velii historiae 
Austriacae liber VII decadis IV a W. Lazio emendatus : item . IIb. VIII. 
IX. X. 

3) Caspar. Ilrsini Velii de hello Pannoaico a Ferdinand I. Caesare et 
rege Hungar. cum Joanne Comite Scepnsiensi, regni aemulo feliciter gesto, 
libri X. Ex codicibus manu ezaratis Caesareis nunc primum in lucem 
prolati et adnotationibus necessariis, diplomatibus, literis etc. ex tabulis 
authenticis fide et diligentia maxima exscriptls illustrati. Studio et opera 
Adami Franc. Kollar. Vindob. 1762. 40. 

*) Wie auch nach dem Briefe des Erasmus Rotterdam, ad Wilibald. 
Pirkhamer v. J. 1528 in Erasm. R. Epist. lib. XIX. ep. 50 zu vermuthen 
ist. Hanckius 1. c. nennt unrichtig das Werk des Ursinus: De rebus 
Austriacis historiae decades VII. 



Ursinus. 391 

nicht vom Verfasser beendigt und herausgegeben ward. Es 
umfasst nur die Jahre von 1526 bis 1531. Die neueren 
ungarischen Geschichtschreiber ') sprechen sich überein- 
stimmend über den Werth des Buches mit lobender An- 
erkennung aus. 

^) Wie Pray, Katona, Fessler, Engel, Mailath ii. A. Ein besonderes 
Lob spendet dem Ursinus die Randbemerkung in Rhein. Nat. Matrikel ad 
ann. 1531: Cum egregius historiographus C. Ursinus Velius, vir supra 
graecam eruditionem, qua pollet, etiam facundia, ingenio et moribus nemini 
non antiquorum latinonim conferendus, historiam jamjam sub incude habeat, 
quocum si aliquis historiam scribendo contenderet, perinde faceret ac si 
post divinum Homerum bellum Trojanum describere aggrederetur. 



Vadianus. 

Joachim von Watt aus St. Gallen in der Schweiz. 

t 1551. 

Der Schweizer Joachim von Wa 1 1 , •) der am 
29. November 1484 zu St. Q-allen geboren war, stammte 
aus einer alten thurgauischen Familie, welche vom Kaiser 
Sigmund geadelt worden war. 2) Sein Vater Leonhard war 
ein angesehener Kaufmann in St. Gallen. Als Humanist^) 
änderte er seinen Familiennamen in Vadius ; da er aber in 



') lieber Vadian's Leben und Schriften hat man ziemlich reichliche 
Nachrichten: Script, univ. Vienn. III. p. 16 — 22. Khautz, Vorrede zur 
Gesch. der öst. Gelehrt. Janoc. Mem. Mise. Polon. I. p. 291. Denis, 
Merkw. der Garell. Bibl. S. 246 und Wiens Buchdr. Gesch. an mehreren 
Stellen. Füssli, Vadian's Jugendzeit. Schweiz. Mus. 1790. Heft 7. S. 481. 
J. Kessler, Joachim Vadiani vita: noch ungedr. auf 10 Blättern in der 
St. Galler Vadianischen Biblioth. — Götzinger, Joachim von Watt als 
Geschichtschreiber. St. Gallen 1873. — [Gust. Scherer] Verzeichniss der 
Manuscripte und Incunabeln der Vadian. Bibl. in St. Gallen. St Gall. 1864. 
Daselbst S. 6 fl. sind auch die zahlreichen ungedruckten Briefe Vadian's 
von 1510 — 1550 besprochen. 

2) Joachim. Vadiani de insignibus familiae Vadianorum a Sigismundo 
Reg. Rom. donatis ad Melchiorem fratrem elegia exegetica. Vienn. 1517. 
Auch seiner Ecloga Faustus beigedruckt. Denis, W. B. G. S. 169 ff. 
Das Wappen war ein Greif mit goldener Halskette. 

3) Anfanglich behielt er selbst noch als Magister legens in der 
artistischen Facultät den Namen Watt bei: er las damals de Sphaera. — 
In den späteren in deutscher Sprache verfassten Schriften nennt er sich 
wieder Watt. 



Vadianns. DUO 

Erfahrung brachte, dass es unter den italienischen Huma- 
nisten schon einen Vadius gebe, so nannte er sich Vadia- 
nus, unter welchem Namen er dann bleibend in der ge- 
lehrten Welt vorkommt. 

Im 18. Lebensjahre kam er 1502 nach Wien, ^) wo 
schon früher, seit 1499, sein Landsmann und Altersgenosse 
Ulrich Zwingli den classischen Studien oblag. Während 
dieser bald in sein Vaterland zurückkehrte und daselbst 
eine Pfarrstelle antrat, vollendete Vadian in der artistischen 
Facultät die philosophischen Studien unter Celtes, Camers 
und Cuspinian und betrieb ausser den classischen Disciplinen 
vorzüglich Naturkunde und Astronomie. 

Nachdem er die Magisterwürde erlangt und in der 
artistischen Facultät Vorlesungen gehalten hatte, verliess er 
auf einige Zeit Wien, um andere Hochschulen in . Polen, 
Ungarn, Deutschland und Italien zu besuchen. 2) Im Jahre 
1508 war er wieder nach Wien zurückgekehrt, bald nach 
der Zeit, als Conrad Celtes aus dem Leben geschieden war 
und die von denselben errichteten gelehrten Genossen- 
schaften, das Dichter-Collegium und die Donaugesellschaft, 
eingegangen waren. Er Hess sich zwar noch 1 509 als Magister 
Joachimus de Watt in die Universitäts-Matrikel eintragen, 
aber schon im folgenden Jahre nennt er sich als activer 
Lehrer an der Universität und als Schriftsteller Vadianus.^) 



^) Im Matrikelbuch der rheinischen Nation findet sich ainter dem 
Decanat des Georg Launtsch von Ellingen im J. 1502 fol. 315 eingetragen: 
Joachimus de Wald ex Sancto Gallo; von gleichzeitiger Hand ist über 
Wald die Verbesserung Watt geschrieben. Götzinger a. a. O. S. 3 bestimmt 
als Zeit für die Ankunft Vadian's in Wien auch das Jahr 1502. 

2) Script, univ. Vienn. III. p. 16, wo die Angabe von der Reise 
durch eine rhetorische Phrase entstellt wird: Poloniam, Ungariam, Ger- 
maniam, Italiam, quas ipse regiones omnes peragravit, eruditionis fama 
complevit. 

3) In der Oratio auf die heilige Ursula, welche 1510, und in der 
Ausgabe der Orationes duae des Schweizer Arbogast Strub, welche im 
selben Jahre erschien. 



394 Leben und Schriften der Humanisten. 

Da Cuspinian durch seioe vielfachen Beschäftigungen 
in der medicinischen Facultät und die öftere Verwendung 
im Staatsdienst sich in seiner Professur der Poetik und 
Rhetorik durch den Italiener Angelo Oospi vertreten lassen 
musste ; da Johann Camers als Professor der Theologie seine 
Lehrthätigkeit dem Fache, das er vertrat, besonders zu- 
wendete, so fehlte damals der artistischen Facultät eine 
tüchtige Lehrkraft zur Behauptung ihres alten Ruhmes in 
der Cultivirung der classischen Studien. Diesem Mangel 
abzuhelfen, fand man in dem Humanisten Vadianus ganz 
die geeignete Persönlichkeit; Cuspinian, Cospus und Camers, 
die mit ihm auf das freundschaftlichste verkehrten, seine 
dichterische Begabung und ausgebreiteten Kenntnisse in den 
classischen Disciplinen vollkommen würdigten, wetteiferten 
mit einander, ihn zu ihren gelehrten Beschäftigungen heran- 
zuziehen und den jugendlichen gelehrten Schweizer ganz 
für die Universität zu gewinnen. 

Bereits hatte er mit grossem Erfolge Vorlesungen in 
der artistischen Facultät gehalten; seit 1510 tritt er als 
Verfasser von Dichtungen, Reden, Abhandlungen auf, gibt 
alte Schriftsteller heraus und tritt in der Kritik verschie- 
dener Classiker mit Cuspinian, Camers und anderen Huma- 
nisten concurrirend in die Schranken. Auch Kaiser Maxi- 
milian wurde durch mehrere seiner Dichtungen auf ihn 
aufmerksam gemacht, namentlich durch seine sapphische 
Ode auf den heiligen Coloman. ^) Er zögerte daher nicht, 
sein Haupt mit dem Dichterlorbeer zu schmücken (1514).2) 



^) Das Jahr der Veröffentlichung der Ode ist ungewias, da sie bei 
Johann Winterburger in Wien ohne Angabe des Jahres erschien bei der 
Schrift translatio divi Leopoldi etc. als Anhang. Vgl. Denis, W. B. G. S. 305. 

2) Ganz falsch ist die Nachricht in den Script, univ. Vienn. 1. c 
Viennae jussu Friderici III. philosophiae doctorum ordini adscriptos 
— ex merito laurum adeptus fuit. Eder Catal. Kect. nennt erst beim 
J. 1516 Vadianus Po^ta laureatus. Er wird aber schon 1515 bei den Beden 
an Kaiser Maximilian und den polnischen König so genannt. 



Vadianus. 395 

Bei der grossen Fürsten Versammlung in Wien im Jahre 
1515 hielt Vadian in Auftrag der Universität die Reden an 
Kaiser Maximilian und den polnischen König. Als im folgen- 
den Jahre Angelus Cospus, der an der Stelle Cuspinian's 
die Professur der Rhetorik gehabt hatte, mit Tod abging, 
wurde Niemand für geeigneter zur Bekleidung dieser Professur 
erachtet als Vadianus. ^) 

Mittlerweile hatte er neben den humanistischen Disci- 
plinen eifrig auch die medicinischen Studien betrieben 
und den Doctorgrad in der Arzneikunde erhalten (1516). 2) 
In demselben Jahre wurde er zum Rector der Universität 
gewählt. 3) 

Ungeachtet aller dieser Auszeichnungen war es doch 
nicht möglich, Vadianus auf die Dauer in Wien zu fesseln. 
Um die Zeit, als Kaiser Maximilian aus dem Leben schied, 
verliess er Oesterreich ^) und kehrte in seine Vaterstadt 
St. Gallen zurück, wo er seine Kenntnisse in der medici- 
nischen Wissenschaft als städtischer Arzt verwerthete und 



1) Vadian in seiner Ecloga Faustus (1517) spricht in seinem Vor- 
worte an Johann Krachenberger von seinem Wiener Lebensgang und be- 
merkt darin gegen den Schluss: Cum nuper (1516) Angelus Cospus — 
vita defunctus est et ego in bonarum literarum professione, quae Viennae 
Caesareo stipendio multis jam annis durat, successor factus fuissem, per- 
belle illud prope omnibus placuit, hisque maxime, quorum fuit in ea re 
Btatuendi auctoritas, nam quanta fide ante diligentiaque annis plus minus 
dnobus loco Joannis Cuspiniani oratoris Caesarei, dum creberrimis lega- 
tionibus distraheretur., legerim, recenter meminerant. 

-2) Rhein. Nat. Matrikelb. ad ann. 1517: Joachim. Vadianus po6ta 
[laureatus] artium et medicinae doctor. Es geschah nicht selten, dass die 
graduirten Personen sich erst nach mehreren Jahren ihres Aufenthaltes an 
der Universität in die Nationsmatrikel eintragen liessen. 

3) Eder, Catal. Rect. ad ann. 1516. M. Joachim. Vadianus Helvetius 
poSta laureatus et professor in arte poetica. Vadian vertrat damals die 
medicinische Facultät, da im üblichen Turnus diese an der Reihe war, 
dass aus ihrer Mitte der Rector gewählt wurde. 

*) Er kommt noch am 9. Februar 1518 bei einer Commission der 
medicinischen Facultät in Wien vor. Rosas, Wien. Univ. I. S. 178. 



396 Leben and Schriften der Humanisten. 

sein Ansehen bei seinen Mitbürgern in der Weise stieg, 
dass sie ihn an die Spitze ihres Gemeindewesens als Bürger- 
meister stellten. Ungeachtet dieser doppelten Lebensstellung, 
welche ihn durch vielfache Geschäfte sehr in Anspruch 
nahm, entsagte er doch nicht den schriftstellerischen Ar- 
beiten. Freilich waren sie in anderer Richtung als die 
früheren. Bald nach seiner Ankunft in St. Gallen wurde 
er durch seinen alten Studiengenossen Ulrich Zwingli in 
die reformatorische Bewegung gezogen. Er wurde ein 
eifriger Zwinglianer *) und wohnte als Delegirter von 
St. Gallen dem Religionsgespräche in Zürich am 28. Oct. 
1523 bei, wozu mehrere Schweizer Cantone Abgeordnete 
gesendet hatten. Gegen die Wiedertäufer, deren Lehre 
Zwingli ganz und gar verwarf, schrieb er, wie auch gegen 
die Schwenkfeldianer. Es schmerzte ihn sehr, dass bei dem 
Kirchenstreit der Humanismus nichts gewann: im Gegen- 
theil, die humanistischen Professoren wurden von den neuen 
Prädicanten vielfach angefeindet und dem Volke als Lehrer 
und Beförderer des Heidenthums geschildert; ja es kam 
vor, dass das Studium der Theologie förmlich als unnütz 
und schädlich von diesen Neuerern verworfen und verlästert 
wurde. 2) 



^) Melch. Adam. vit. Medicor. p. 26. Niceron ist schlecht unterrichtet, 
wenn er von Vadian sagt: II a ^t^ un grand ennemi du Zwinglianisme. 
Ein schönes Carmen von Caspar Brusch. auf Vadian steht bei Bensner 
Icones und bei Horawitz. C. Brusch. S. 177: 

Musarum Joachime bonus Phoebique sacerdos 

Atque poetarum rex Vadiane 

Urbis honor et consultu jura sceptra simulque 

Totius Helvetiae jura superba regis: 

A Philyra (Lindau) et quae sunt ad Jur et culmina montis 

Divitiis et Rheni flumen ad usque lacu 

Vitae via Christus. 

2) Gastius de Anabaptist. errorib. Basil. 1524. p. 316. Brief des 
Glareanus an Bullinger bei DöUinger, Reform. I. S. 440. 



Yadianns. 397 

Nach dem Abgange von Wien noch eine lange Reihe 
von Jahren in seiner Vaterstadt lebend, wirkte er als Arzt 
am Krankenbette, oder bei politischen Fragen seines Vater- 
landes und seiner Vaterstadt als Bürgermeister, oder als 
Historiker und Theologe in einer grossen Anzahl gelehrter 
Schriften. Er starb in St. Gallen 1551 im 68. Lebens- 
jahre. 

Joachim Vadjanus gehört zu den vielseitigsten, gelehr- 
testen und bedeutendsten Humanisten seiner Zeit; er war 
auch einer der fruchtbarsten Schriftsteller, welcher in seinen 
Schriften nicht nur die humanistischen Disciplinen, 
sondern auch andere Zweige der Wissenschaften um- 
fasste, so dass er mit Recht ein Polyhistor genannt werden 
konnte. ^) 

Er zeichnete sich aber nicht blos durch seine seltene 
Erudition aus, sondern auch durch seinen kritischen Sinn 
und feinen Geschmack. 2) Dabei war er ein treflflicher 
Mensch, der durch seine Umgäuglichkeit und bereitwilligen 
Dienstleistungen sich überall Freunde, in der Gelehrtenwelt 
wie im gewöhnlichen Leben, erwarb. ^) 



*) Rndolf. Agricola jun. in der Praef. zu Ursin. Velii Epistol. et 
Epigr. Vienn. 1517 setzt unter die ersten Gelehrten seiner Zeit den 
Joachim. Vadianus Helvetius, welchen er homo multifariam eruditus und 
Polyhistor nennt. Joh. Eck. in epist. ad Episc. Aichstett. bezeichnet ihn 
als Absolutissimus Musanim Antistes und J. Scaliger (in den Scaligerana 
ed. Col. 1695. p. 15) sagt: Helvetii et Germani habuerunt magnos viros 
Melanchthonem , Glareanum, Camerarium , Gesnerum sed praecipue 
Vadianum et Agricolam (juniorem). 

2) Wachler, bist. Forsch, und Kunst I. S. 202. 

3) Erasmns Rotterd. Adagior. Chil. Hanov. 1617. fol. 617. Joach. 
Vadianus mens, vir juxta candidus ac doctus. Der Brief des Casp. Bniscbius 
an Joach. Camerar. von Lindau 1546 (bei Horawitz C. Brusch. Prag. 1874. 
S. 214). Me commendabat Joachimus (Vadianus, consulari dignitate in 
patria sua Sangallo conspicuus) amicis suis Tigurinis Gesnero et aliis, 
apud quos dum diutius haereo, Joachimus Lindavio discedens Constanciam 
se contulit, ubi adhuc apud doctos omnes in ea existimatione, quam eins 
virtus et pietus et eruditio meretur. 



398 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

Seine umfangreiche Thätigkeit lässt sich passend in 
zwei Abschnitte sondern: in den ersten, welcher das Decen- 
nium seiner Wiener schriftstellerischen Thätigkeit 
von 1508 — 1518 in sich begreift, und in den zweiten län- 
geren Zeitraum, der die Jahre von 1519 bis zu seinem 
Tode 1551 umfasst. Da die letztere Zeit weniger den Huma- 
nisten, als vielmehr den Schweizer Geographen und Histo- 
riker, den polemischen Theologen, den praktischen Arzt 
angeht, wird es dem Plan dieses Werkes entsprechen, an 
seinem Orte nur ein übersichtliches Verzeichniss der Schriften 
der späteren Periode anzugeben. ^) 

In Bezug auf die zahlreichen literarischen I^eistungen 
Vadian's während seines Aufenthaltes in Wien lassen sich 
seine Schriften vornehmlich eintheilen : in dichterische, 
in oratorische und abhandelnde; endlich in streng 
philologische, welche der Herausgabe und Interpretation 
lateinischer Autoren gewidmet sind. Daneben sind seine 
zahlreichen dichterischen Beigaben und Gelegenheits- 
gedichte, seine prosaischen Zuschriften und Präfa- 
tionen zu den Schriften seiner Freunde nicht ganz ausser 
Acht zu lassen. '^) 

Von seinen kleineren Gedichten, zu denen die oben 
angeführte Ode auf den heiligen Coloman gehört, hat 
Vadian in den bis jetzt nicht edirten libris carminum 
einen ansehnlichen Theil gesammelt. Eine frühere Sammlung 



') In Bezug auf die spätere literarische Thätigkeit gibt das Werk: 
Verzeichniss der MSS. und Incunabeln der Vadianischen Bibliothek in 
St. Gallen, St. Gall. 1864, namentlich in der ersten Abtheilung, genauere 
Mittheilungen, als man solche bisher gehabt hat. 

2) Ganz richtig bemerkt Kink in der Gesch. der Wien. Univ. I. 
S. 205: „An Gelegenheits-Gedichten war er (Vadian) vor allen Anderen 
weitaus der fruchtbarste. So viele Bücher auch in Wien zur Zeit der 
Humanisten herausgegeben wurden, so kann man doch nie sicher sein, ob 
man nicht an irgend einer Stelle auf einige einleitende oder lobende 
Distichen Vadian's stösst". 



Yadianus. 399 

wurde schon 1512 im Druck herausgegeben, welche natür- 
lich nur wenig vollständig sein kann. 

Von Vadian^s namhafteren Dichtungen kleineren Um- 
fangs, die fast alle noch während seines Wiener Aufent- 
haltes in verschiedenen Büchern gedruckt erschienen, mögen 
hier, nach chronologischer Folge geordnet, mehrere erwähnt 
werden. 

Schon im J. 1510 fügte er zu der Ausgabe von Arnoldi 
ürsingensis philosophia naturalis ein Decastichon, 2) zu des 
Franciscus Niger Ars de scribendis epistolis 5 Distichen, 3) 
zu dem Camertinischen Claudian gab er ein Lobgedicht 
auf diesen römischen Dichter.^) Im folgenden Jahre, wo 
er die Orationes duae seines früh verstorbenen Freundes 
Arbogast Strub edirte, versah er dieses Buch mit einem 
Carmen de Morte und einer Ode in laudem dominicae 
resurr ectionis. ^) Um dieselbe Zeit richtete er fünf Disticha 
an den Olmützer Propst Augustinus Moravus, welche in 
dessen Catalogus episcoporum Olomucensium abgedruckt 
sind. *») Zu der Wiener Ausgabe der lateinischen Ueber- 
setzung des Erasmus von des Euripides Hecuba und Iphi- 
genia lieferte er einige Disticha und ein Leben des griechi- 
schen Tragikers. ^) 

Im J. 1512 versah er die von Laudinus gemachte 
lateinische Uebersetzung von Briefen des Sultans Mahomed 
mit einem jambischen Gedichte zum Lobe der Buchdrucker- 
kunst 8) und die Exhortatio Ulrici Hutteni ad Maximilianum 



^) Joachimi Vadiani Minusculae poeticae. Tubingae ap. Thom. 
Anshelm Badensem. 1512. 40. Vgl. Magjar Muzeum 1857. S. 418. 

2) Denis, W. B. G. S. 28. 

3) Denis S. 36. 

*) Denis S. 38 fll. 
6) Denis S. 47 fll. 
«) Denis S. 308. 
^) Denis S. 60. 
ö) Denis ö. 62. 



400 Leben und Sckriftieii der Humanisten. 

Aug. bello in Venetos euntem ebenfalls mit einer poetischen 
Beigabe ad Germanos und einer Epistola an Hütten. ^) In 
J. Spiegel's lateinischer Ausgabe der Isokratischen Oratio 
de regno gubernando erschien 1514 von ihm ein Lobgedicht 
auf Kaiser Friedrich III. und seinen Sohn Maximilian nebst 
einem Dedications-Schreiben an den Wiener Bischof Georg. 2) 

Zur Empfehlung der Logik für die studirende Jugend 
versah er Perlachii Parvulorum Logicalium über 1516 mit 
zwei Carmina^) und ein Hochzeitsgedicht verfasste er 1518 
auf die Vermählung des polnischen Königs Sigismund mit 
der mailändischen Prinzessin Bona Sforza. *) An denselben 
König richtete er auch 1519 seine Elegie, als er von Kaiser 
Karl V. das goldene Vliess erhielt. ^) 

Von grösserer Bedeutung als die angeführten kleineren 
dichterischen Productionen ist seine Ekloge Faustus, 
worin er unter fingirten Namen sich, den Kaiser, seine 
Gönner und Neider am Hofe schildert und dadurch, wie in 
der beigefügten Praefatio an den kaiserlichen Rath Johann 
Krachenberger , interessante Notizen über seine Lebens- 
verhältnisse in Wien liefert.^) 



») Denis W. B. G. S. 64. 

2) Denis, Merkw. der Garell. Bibl. S. 263 fll. und oben im Artikel 
Jacob Spiegel S. 130. 

3) Denis, W. B. G. S. 141. 

*) Janoc. Memor. Miscell. Pol. I. p. 294. Denis S. 193 gibt den 
Wiener Druck an: De Nuptiis Polon. reg. Sigismundi Joach. Yadiani 
Helvetii po^'tae laureati carmen elegiacum. Vienn. 1518. 

5) Joach. Vadiani Helv. poet. laur. de Sarmatiae Poloniaeque rege 
Sigismundo — ordinis aurei velleris socio adscito. Vienn. 1519. Mit einer 
Zuschrift; an Justus Ludovicus Decius (Dietz aus Weissenburg im Elsass), 
den königlichen Geheimschreiber in Krakau. Denis S. 264. Janoc. Memor. 
Miscell. aut. Polon. I. p. 294 nennt einen zweiten Druck. Cracov. 1625. 4. 

ö) Joachimi Vadiani Helvetii Aegloga cui titulus Faustus. Eiusdem 
de insignibus familiae Vadianorum etc. elegia exegetica. Vienn. 1617. 
Die in dem Hirtengedichte vorkommenden Personen erklärt Vadianus in 
der Praefatio selbst: Per Phronimum Caesarem intelligo Maximilianum, 



Vadiapu«. 401 

Schon einige Jahre früher hatte er ein allegorisches 
Drama (mythicum sjntagma) unter dem Titel G a 1 1 u s 
pugnans in Druck herausgegeben , ohne Zweifel eine 
Satyre auf gewisse streit- und processsüchtige Personen. 
Zu der Schrift hatten zehn Wiener Humanisten, darunter 
Velocianus, Gerbelius und Gundelius, poetische Applause 
beigefügt. ^) 

Was die oratori sehen Schriften des Vadianus be- 
triflft, so zerfallen sie in zwei Classen, in eigentliche Reden 
und in solche Ansprachen, die einen kirchlichen Beisatz 
haben und im Grunde Predigten sind. Zu der letzteren 
Classe gehören seine Orationes über die eilftausend Jung- 
frauen 2) und über Christi Geburtsfest, ^) welche zu den 
frühesten literarischen Arbeiten des Humanisten gezählt 
werden müssen, da sie schon im J. 1509 und 1510 in Wien 
erschienen. 



Alcon dominus Cuspinianus est, Lycoris vero ipsa Vienna, per Anolbum 
invidum notavi: per Lycidam intelligi volo Graecum (Pierium) amicum 
unicum et optimum philosophum. Faustus ego ipse sum. 

') Joachim! Vadiani Helvetii mythicum syntagma, cui titulus Gallus 
pugnans. Res tota in disceptatione posita est. Accusant Gallinae patrono 
Philonico. Galli se tutantur propugnante Euthymo. Capi semimares, de- 
creti arbitri, pronunciant, litemque sedant partibus conciliatis Nomothete 
interprete. Vienn. Iöl4. 4^ auf 24 Blättern. Denis (Merkw. d. Gareil. 
Bibl. S. 251 flf.) handelt näher über das seltene Büchlein. Er bemerkt, 
„das Drama hat folgende Theile : einen Ausruf des Herolds in sechsfüssigen 
Jamben, einen Prolog, die Rede des Philonicus für die Hennen, die Ant- 
wort des Euthymus für die Hähne, eine Unterredung dieser zwei (Parteien) 
mit dem Nomothetes, der darauf die Entscheidung der Kaphähne vorträgt 
und einen Discurs des Schmarotzers Lichenor". Den Schluss macht ein 
Phalaecius des Phil. Gundel. Veranlasst zu der scherzhaften Schrift wurde 
Vadian durch den Anblick eines Hahnengefechtes in Ofen, wie jedes Jahr 
ein solches dort zur Belustigung der Zuschauer veranstaltet ward. 

2) Joach. Vadiani de undecim milibus Virginum Oratio. Vienn. s. a. 
(1509?) 40, mit Versen untermischt, aus Beda und älteren St. Galler 
Klosterchroniken. Vgl. Denis S. 307. 

3) J. Vadiani oratio de Jesu Christi die Natali. Vienn. 1511. 4^, mit 
vier Distichen von Philipp. Gundelius zur Empfehlung. Vgl. Denis S. 58. 

V. Aschbacli, Geschichte der Wiener Univers. II. 26 



402 Leben und Schriften der Humanisten. 

Zu der anderen Gattung sind zu zählen die zwei Reden, 
welche er bei der grossen Wiener Fürsten- Versammlung im 
J. 1515 im Auftrag der Universität an Kaiser Maximilian 
und den polnischen König Sigismund hielt. *) 

In Betreff der abhandelnden Schriften ist eine, welche 
auch in die erste Zeit seiner literarischen Thätigkeit in Wien 
1510 fällt, anzuführen, nämlich seine Untersuchungen über 
das Leben Homers und den Verfasser der Batrachomyo- 
machie, in welcher der junge Gelehrte schon eine grosse 
Erudition an den Tag legt. '^) 

Dass Vadian auch über die Poesie gründlich nach- 
dachte und bei Abfassung von Gedichten nach gewissen 
Grundsätzen vorging, zeigte er in der Schrift de Poetica et 
Carminis ratione. ^) 

Seine Hauptbedeutung unter den Humanisten hat Vadian 
durch die Herausgabe und Erklärung alter römischer 



*) Divo Maximiliano Caes. Aug^sto. Oratio nomine Gymnasii Vien- 
nensis per Joach. Vadianum Helvetium, Oratorem et Poetum ab eodem 
laureatnm XI. Kai. Aug. 1515 exhibita und Oratio coram invict. Sigis- 
mundo rege Poloniae in conventu Caesaris et trium regum, nomine univer- 
sitatis Viennae Austriae per Joach. Vadianum Poetum laureatum habita 
cum carmine in laudem eiusdem regia annexo, in quo quaedam de isto 
conventu continentur. Vienn. 1615. Beide Reden auch in der Sammlung 
der 22 damals (1515) in Wien von Professoren gehaltenen Reden. Vienn. 
1516. Vgl. Denis S. 136. 129. — Cf. Eder, Catal. Rect. ad ann. 1515 
und oben im 1. Buche, S. 135. 

2) Homer. Batrachomyomachia Jo. Capnione Phorcensi metaphraste. 
Vienn. 1510. Darin ist die abhandelnde Epist. ad Jo. Marium Rhaetum 
etc. enthalten. Vgl. Denis S. 305. 

3) Joachimi Vadiani de Poetica et Carminis ratione Über ad Mel- 
chiorem Vadianum fratrem. Vienn. 1518. Niceron. T. 37. S. 20 handelt 
über den Inhalt der Schrift näher; Denis S, 194 gibt nichts darüber an, 
ob sie mit der in den Script, univ. Vienn. III. p. 21 angegebenen de re 
poetica dieselbe ist. Aehnlich ist die von ihm an seinen Bruder Melchior 
gerichtete Zuschrift in dem Abdrucke von Donati grammatici — argu- 
menta in fabulas potiores Ovidianae Metamorphosis. Vienn. 1513. Vgl. 
Denis, Gareil. Bibl. S. 249 fll. 



Vadianns. 403 

Schriftsteller. Zu den weniger werthvoUen Ausgaben, die 
er in den Jahren 1510 und 1512 machte, gehören die von 
Sallustius, 1) Sedulius 2) und Ovidius, ^) da sie eigentlich nur 
Abdrücke von Aldinischen Editionen liefern. 

Von ungleich grösserer Bedeutung als diese Ausgaben 
sind seine philologischen Leistungen, die von ihm ausgingen 
in Bezug auf die Edirung und Erklärung des älteren Plinius, 
der lateinischen Uebersetzung des Avienus von der Perie- 
gesis des Dionysius Afer und der Erdbeschreibung des 
Pomponius Mela. *) Dadurch trat er mit seinen früheren 
Lehrern und Freunden Cuspinian und Camers, welche 
dieselben Autoren bearbeitet hatten, in Concurrenz, und es 
fehlte bei der gewöhnlich vorkommenden Empfindlichkeit 
der Philologen nicht an Angriflfen und Ausfallen, wodurch 
Conflicte und Streitschriften hervorgerufen wurden. 

Zunächst war es Plinius und zwar dessen Praefatio zu 
seiner Naturgeschichte , *) welcher Vadian seine gelehrten 



') C. Crispi Sallustii de conjuratione Catiliiui« et hello Ing^arthino. 
Vienn. 1611. (Vgl. Denis, W. B. G. 8. 46.) Ist nur ein Abdruck einer 
Aldinischen Ausgahe, welche 1509 in Venedig erschienen war. 

') Coelii Sedulii presbyteri Mirabilium divinorum libri quatuor. 
Vienn. 1611. (Denis, Merkw. der GareU. Bibl. S. 244, dessen W. B. G. 
S. 64.) Die Ausgabe gehört zu den höchst seltenen. 

^ P. Ovidii Nasonis Artis amandi libri tres. Bemedia amoris duo 
castigate impressi. Vienn. 1612. (Vgl. Denis, W. B. G. 8. 72.) 

*) Nicht unwichtig sind des Vadianus Randglossen zu einer Anzahl 
von Classikem in seiner in St. Gallen aufbewahrten Bibliothek, welche 
reich an Incunabeln und seltenen Drucken lateinischer Schriftsteller ist. 
In Bezug darauf sind vorzüglich zu nennen: Columella, FenesteUa, Persius, 
Plinius, Solinus, Pomponius Mela etc. Script, univ. Vienn. III. p. 21. 
Vadian. Bibl. 8. 21. 

^) C. Plinii Secundi Praefatio in historiam mundi ad Vespasianum 
mit Vadiani Epistola an Georg Tannstetter GoUimitius , dem damaligen 
Universitäts-Rector (Vienn. 1613. 4.). — Vadian spricht zunächst von den 
früheren Erkiärem des Plinius in Italien. Caeteri item alii, sagt er dann, 
permulti, inter quos et Jo. Cuspinianus est, vir doctissimus, qni anno 

26* 



404 Leben und Schriften der HamaniBten. 

Studien zuwandte ; sodann (1515) edirte und comnientirte er 
das siebente Buch des g^rossen Werkes. ') Kurz vorher 
hatte er schon in einer Zuschrift an Rudolf Agricola 
manche schwierige Plinianische Stellen mit grosser Gelehr- 
samkeit erläutert. 2) Ob das im J. 1522 zu Wien heraus- 
gegebene achte Buch des Plinius von Vadian oder Philipp 
Gundelius veröffentlicht worden, dürfte zweifelhaft sein. 
Doch ist das letztere wahrscheinlicher. ^) 

Ueber das zweite' Buch des Plinius verfasste Vadian 
gemeinschaftlich mit CoUimitius Scholien, welche aber erst 
später 1531 in Druck erschienen. ^) 



abhinc quinto, eam ipsam praefationem Viennae lectorio publico inter- 
pretatns est. Dann handelt er noch von der Beschaffenheit des Pliniani- 
schen Textes. Denis, W. B. G. S. 94 — 96, der einige gelehrte Erläu- 
terungen über die seltene Schrift gibt, zeigt, wie wenig genau sie manchen 
Literaturhistorikern bekannt war. 

^) C. Plinii secundi Über septimus naturalis historiae seorsum im- 
pressus et emendatus. Mit Vadian's Zuschrift Vienn. 12. April 1515. 
Adolescentibus Cantoribus Viennae Pannoniae, publico Caesareae Majestatis 
stipendio literis operam dantibns, discipulis suis bene agere. Neue Ab- 
drücke erfolgten in Wien 1519 und 1560. Denis (W. B. G. S. 189. 196. 
620) meint, die Sängerknaben seien wohl die der Hofcapelle gewesen. 

2) Rudolph! Agricolae junioris Rheti ad Joach. Vadianum Helvet. 
Poet laur. Epistola, qua de locorura non nullorum obscuritate quaestio sit 
et percontatio. Joach. Vadiani Helv. P. laur. ad eundem Epistola, qua 
eorum quae priori epistola quaesita sunt, ratio explicatur. Es sind Stellen 
nicht blos aus Plinius (meist geographische), sondern auch aus Augustinus, 
Lactantius, Macrobius, Pomp. Mela, Lucan, Persius, Virgil, Cicero. Denis 
S. 121 nennt diese Schrift eine selten vorkommende. Vgl. Script, univ. 
Vienn. III. 18. 

3) C. Plinii Secundi Über octavus Naturalis historiae. Vienn. 1522, 
ohne Angabe des Herausgebers. Denis S. 230 meint, Ph. Gundelius habe 
die Edition besorgt. 

*) Vgl. Denis S. 197 in der Note: „In Jac. Ziegler's von Landshut, 
wie Einige glauben, Commentar über Plinius II. B. Basilae 1531. 4^*, be- 
finden sich Scholien, die Joach. Vadian und G. Tannstätter in Wien ver- 
fasst haben". Auch in den Script, univ. Vienn. p. 18 sind diese Scholien 
erwähnt. 



Yadianns. 405 

In derselben Zeit beschäftig-te sich Vadian auch mit 
geographischen und ethnographischen Werken. Seine 
Ausgabe der Taciteischen Germania hat zwar keine 
besondere Bedeutung, i) indem sie nur einen früheren Druck 
wiederholt; aber von vorzüglichem Werthe sind seine Edi- 
tionen des Dionysius Afer und des Pomponius Mela. 

Zunächst veröffentlichte er 1515 zu Wien die Ausgabe 
des Dionysius nach einer lateinischen versificirten Paraphrase 
des Rufus Avienus. ^) 

Offenbar die verdienstvollste Arbeit, welche er kurz 
vor seinem Abgange von Wien im J. 1518 ausführte, ^) war 
seine kritische Ausgabe des Pomponius Mela, welche er 
mit gelehrten Schollen versah.*) Er hatte gute Hand- 
schriften benützt, und in einer zweiten Auflage, die 1522 



') Seine Ausgabe: Opusculum ComeKi Taciti de situ Germaniae 
Vienn. Iöl4. 4^ ist nur der Abdruck einer früheren. Vgl. Script, univ. 
Vienn. III. 21. 

2) Dionisii Afri ambitus orbis Rufo Festo Avieno paraphraste, castiga- 
tissime impressus, pellegente et conferente proba exemplaria Joachimo 
Vadiano Helvetio, qui partim aliorum judicio partim suo studio — plera- 
que loca, quae antehac viciosissima impressa erant — restituit. Vienn. 1515. 
(Vgl. Denis S. 118, Bahr, Gesch. der röm. Literatur I. S. 299, wo er die 
Ausgaben des Avienus erwähnt, gedenkt nicht der Vadianischen.) Vadian, 
der in dieser Schrift auf die früheren Ausgaben des Dionysius, welche 
seine Lehrer Cuspinian (1508) und Camers (1512) veranstaltet hatten, 
einige wegwerfende Seitenblicke gerichtet, gerieth dadurch mit diesen in 
eine gewisse Spannung. 

3) Götzinger a. a. O. bemerkt mit Recht, dass Vadian einer der 
ersten deutschen Humanisten war, welcher die Entdeckungen der Portu- 
giesen und Spanier für die geographische Wissenschaft verwerthete. 

*) Pomponii Melae Hispani libri de situ orbis tres, adjectis Joachimi 
Vadiani Helvetii in eosdem scholiis: addita quoque in Geographiam 
Catechesi. Vienn. 1518. fol. Dem Text waren ein St. Galler Codex und 
eine Handschrift, die früher Andreas Stiborius besessen hatte, zu Grunde 
gelegt. Denis S. 186. Isaac Vossius in seinen Observationes in Pomponium 
Melam spricht wegwerfend von des Vadian Scholienj er sagt von ihnen; 
Rus et stivam olent. 



406 Leben nnd Schriften der Humanisten. 

erBchien, *) machte er einige berichtigende Noten gegen 
des Camerß Ausgabe vom Solinus, wodurch eine gelehrte 
Fehde mit dem italienischen Humanisten hervorgerufen 
wurde. 2) 

Nachdem Vadian die Universität Wien verlassen und 
in seiner Vaterstadt St. Gallen als praktischer Arzt auf- 
getreten war, verstummt seine dichterische Muse und seine 
literarische Thätigkeit wendet sich von den humanistischen 
Studien ab, anderen Disciplinen zu, welche für das Leben 
und den Staat von besonderer Bedeutung waren. Als Stadt- 
arzt brachte er seinen leidenden Mitbürgern Trost und 
Heilung, als Bürgermeister seiner Vaterstadt ordnete er 
das Gemeindewesen nach Recht und Gesetz, als kirch- 
licher Reformator disputirte er bei den Religions- 
gesprächen, polemisirte gegen die Sectirer, predigte und 
interpretirte die biblischen Schriften. Nur den historischen 
und geographischen Disciplinen verbleibt er noch getreu 
und widmet ihnen seine freien Musestunden. 

Von seinen geographischen Schriften, welche grossen- 
theils gedruckt sind, betreflfen mehrere Deutschland, andere 
sind allgemeiner Art; auch über sein engeres Vaterland 
lieferte er eine geographische Schrift. ^) 



1) Basil. 1522. fol. Vgl. Denis S. 233. Die Script, univ. Vienn. III. 18 
geben unrichtig das J. 1523 an. Ein späterer Abdruck ist Basil. 1564 er- 
schienen. Bahr, Rom. Lit II. S. 515. 

2) Jo. Camertis Antilogia, i. e. locorum quorundam apud Juliom 
Solinum a Joach. Vadiano Helvet. confutatorum amica defensio. Vienn. 
1522. 4. Vgl. Denis S. 187. 

3) Vadian's geographische Schriften finden sich meistens gedruckt 
bei Goldast. Script, rer. Alemannic. T. III. Das Verzeichniss derselben 
steht nach der Angabe der Biblioth. Gesner. auch in den Script, univ. 
Vienn. P. III. p. 29 fll. Epitome totius terrae partium Asiae, Airicae, 
Europae compendiarem locorum descriptionem continens, praecipue quorum 
in actis Lucae Evang. et Apost. meminere. Tigur. 1534. fol. und 1548. 8^* 
— Germaniae descriptio in Germ, historiar. illustratio. Marb. 1542. 8. — 
Epitome trium terrae partium c, comment. Jo. Hof leis in Procli Sphaeram. 



Yadianiis. 407 

Als Geschichtschreiber ist er fiir die Stadt St. Gra-llen 
und den Canton Thurgau von Wichtigkeit. Sein in deutscher 
Sprache geschriebenes Tagebuch wie auch seine grössere und 
kleinere Chronik von St. Gallen sind bis jetzt noch nicht 
in Druck erschienen, wohl aber seine Geschichte der Stadt 
St. Gallen. 1) 

Seine medicinischen Schriften, welche handschrift- 
lich in der Vadianischen Bibliothek in St. Gallen aufbewahrt 
werden, scheinen von keiner besonderen Bedeutung zu sein. 2) 

Wichtiger sind seine theologischen Werke, welche 
in Bezug auf Anzahl und Umfang beachtenswerth sind. Als 
eifriger Zwinglianer hatte er sich der reformatorischen Be- 
wegung entschieden angeschlossen ; er nahm warmen Antheil 

— Farrago antiquitatum de coUegiis et monasteriis Germaniae veteribus 
(bei Goldast. T. III). — Tabulae Cosmographicae. — Notae in Alberti Magni 
descriptionem terranim. — Descriptio et historla Turgoviae. — Descriptio 
lacus Acronii (üeberlinger See) et confinium locorum. J. Spiegel, Schol. in 
Comment. Aen. Sylv. ad Ant. Panormit. lib. II. gibt dem Vadianus vorzugs- 
weise das Prädicat Co smographus illustris; derselbe hatte auch den Mons 
Calvus (Kahlenberg bei Wien) ganz richtig für den Mons Cecius der 
Alten erklärt. 

^) Götzinger, Joachim von Watt als Geschichtschreiber von St. Gallen. 
St. Gall. 1873. fol. Darin abgedruckt: Vadian's Geschichte „von an- 
fang, gelegenheit, regiment und handlung der weiterkannten frommen statt 
zu Sant Gallen". Ist vorher in den St. Galler Neujahrsblättem erschienen. 

— Als Vorarbeiten zu der St. Galler Stadtgesehichte schrieb Vadian eine 
kleinere und grössere Chronik der St. Galler Aebte und Anderes, welches 
die Mönche und Klöster im Thurgau betraf, welche Schriften noch unedirt 
in der Vadianischen Bibliothek liegen. Vgl. Götzinger a. a. O. S. 8 fll. 
und Vadian. BibHoth. S. 11—16. Auch auf der St. Galler Stiftsbibliothek 
befindet sich eine Copie von der St. GaUer Chronik Nr. 1229. Vgl. Ver- 
zeichniss der Handschrift der Stiftsbibl. von St. Gallen. St. Gallen 1875. 
S. 431. Der historische Verein in St. Gallen beabsichtigt, die historischen 
Werke Vadian's nächstens herauszugeben. L. Geiger, Schriften zur Gesch. 
des Humanismus in Sybel's histor. Zeitschr. Jahrg. XVII. 187Ö. S. 122 
und ebend. 3. Heft S. 168 Meyer's v. Knonau Aufsatz: Ueber die 
neuesten Publicat. der geschichtforsch. Vereine der Schweiz. 

2) Unter diesen Schriften befinden sich die Consilia contra pestem. 



408 Leben und Schriften der Humanisten. 

am i^bendmahlsstreit ^) und zeigte sich als einen heftigen 
Gegner der Schwenkfeldianer, die er in mehreren Schriften 
bekämpfte , von welchen nur einige gedruckt sind ; 2) er 
verfasste aber auch noch andere theologische Schriften, 
namentlich exegetischen ^) und polemischen Inhalts, ^) wovon 
auch das Meiste noch nicht durch den Druck veröffent- » 
licht ist. 

Man hat von Vadian auch eine Anzahl von Schriften 
vermischten Inhalts, von welchen manche die politischen 
Verhältnisse seines Vaterlandes besprechen. ^) 

Eine Sammlung von Vadian's zahlreichen Briefen, 
welche für die zeitgenössische Literatur- und Kirchen- 
geschichte manche Aufschlüsse zu geben versprechen, über- 
haupt von hohem Interesse sein müssen, hat man bisher 



') Aphorismi libri VI de consideratione Eucharistiae. Tigur. 1536. 
Orthodoxa et erudita Epistola de corpore Christi. Tig. 1539. Pro veritate 
camis triumphantis Christi. — Notae in Thomae Aquinatis tractat. de cor- 
pore Christi. Vgl. Script, univ. Vienn. III. 20 sqq. und Vadianische 
Biblioth. a. a. O. 

2) Vadianische Bibliothek in St. Gallen S. 19—23. Zu diesen 
Schriften gehören: Antilogia ad Casparis Schwenkfeldii argumenta in 
libellum, qui ab eo summariam inscriptus est coUecta (Tigur. 1040). Contra 
XIII. insignes Casparis Schwenkfeldii errores de confessione et gloria 
Christi. Auch in deutscher Sprache. 

3) Notationes in novum testamentum. — Explicationes in acta 
Apostolorum. 

*) Epistola ad Jo. Zwickium Constantiensis eccles. pastorem de 
diversis naturis Christi. — Epistola ad Jo. Zwickium de conjug^o servorum 
(bei Goldast gedruckt). De primitiva ecclesiae statu seu Christianismi 
natalibus. Auf der St. Galler Stiftsbibliothek befindet sich auch eine 
Schrift über den Mönchsstand. Nr. 1321. S. 447. Wohl dasselbe Werk, 
das unter dem Titel de coUegiis et monasteriis angeführt wird. 

^) Disceptatio et arbitrium in causa Bernensium et Septem paganorum 
de administratione Landgraviatus Thurgoviensis quae St. Galli adhuc ex- 
tat. — Quaestiones diversae et earum resolutiones Anacephaleosis sire 
recapitulationes ad Senatum Bernensium Sylvae de laudibus patriae. — 
Epitaphium Rudolphi Episc. Herbipolensis Argent. 1544. — Farrago auf 
der Vadianischen Biblioth. S. 17—19. Scriptor. univ. Vienn. 1. c. 20—22. 



Vadianns. 409 

nicht veranstaltet, ungeachtet dafür ein überaus reicyiches 
Material vorliegt. ^) 



^) Gustav Scherer in dem Buche „Vadianische Bibliothek" S. 6 fll. 
handelt von den daselbst befindlichen zahlreichen Briefen von und an 
Vadian; sie sind in zwölf Bänden zusammengestellt. Sie beginnen mit dem 
J. 1510 und gehen bis 1650. Die Zahl der Briefe vor dem J. 1520 ist 
nicht gross, offenbar ist für die frühere Zeit keine vollständige Correspon- 
denz vorhanden. Es sind nur vereinzelte Schreiben. Mit den späteren 
Jahren werden die Briefe immer zahlreicher; der letzte ist datirt vom 
6. November 1550, also einige Monate vor Vadian's Tode. Nur wenige 
von diesen Briefen sind bis jetzt durch den Druck veröffentlicht worden. 



Velocianus. 

Thomas Resch aus Krems in Niederösterreich. 

t 1520. 

Thomas Resch aus Krems in Niederösterreich 
kommt als Schriftsteller gewöhnlich unter dem Namen 
Velocianus (s. v. a. Resch oder Rasch) vor. Seine huma- 
nistischen Freunde nennen ihn manchmal Roscius, *) welchen 
Namen er sich selbst, wie es scheint, nicht beigelegt hat. 
Als Mitglied der Wiener Universität wird er von seinen 
Collegen immer nur mit seinem deutschen Namen Resch 
angeführt. 

Als Magister legens tritt er schon im letzten Decennium 
des 15. Jahrhunderts in der artistischen Facultät auf, und 
zwar besonders in Vorlesungen über lateinische Grammatik 
und die Isagoge des Porphyrius. Decan der Facultät war 
er 1504, und später noch zweimal, 1508 und 1513. Den 
Grad eines theologischen Baccalaureus hatte er sich im 
J. 1508 erworben, 2) und im folgenden Jahre ward er zum 
Rector erwählt ; drei Jahre später bekleidete er diese Würde 



^) Vadian., Orat. de J. Chr. die natali. Vienn. 1511 (vgl. Denis, 
W. B. G. S. 58) nennt in der Zuschrift an den Magister Johann Heck- 
mann unsern Humanisten Thomas Boscius po^ta laureatus. 

2) Eigenthtimlich wird er in den Act. fac. art. III. fol. 35 ad ann. 
1508 bezeichnet als Professor Astrologiae et (Baccalaureus Theologiae) 
Sententiarius. 



Yeiocianu«. 41 1 

noch einmal. Aus den Händen des Kaisers Maximilian 
empfing er 1509 *) den Dichterlorbeer. Doch ist nicht be- 
kannt^ welche poetische Production ihm diese Auszeichnung 
erwarb. 

Der artistischen Bibliothek stand er eine Reihe von 
Jahren hindurch vor; er führte ihre Leitung mit Umsicht 
und wirkte für ihre Vervollständigung ; er wird daher auch 
mit den Ehrentiteln Bibliothecae artisticae custus et in- 
staurator benannt.^) Nachdem er Licentiatus der Theologie 
geworden, erhielt er die Stelle eines Canonicus von der 
St. Stephanskirche. Auf ihrem Friedhofe fand er seine 
Grabstätte , als er 1520 aus dem Leben schied. ^) 

Die akademische Wirksamkeit des Velocianus bietet 
uns einiges nicht Uninteressante dar. Schon dass er als 
Theologe gegen den Geist und die Stimmung seiner Facultät 
ganz und gar der neuen Richtung und dem Humanismus 
zugethan war, musste ihn in eine Sonderstellung bringen, 
welche nicht ohne Conflicte bleiben konnte. 

Es manifestirten sich die Widersprüche des Velocianus 
gegen die herrschenden Ansichten in der theologischen 
Facultät bei einigen Gelegenheiten. Als er im J. 1511 von 
der Universität nach dem üblichen Turnus zur Vertretung 



^) Eder, Catal. Rect. ad ann. 1509. p. 52. Mag. Thomas Besch de 

Krembs Theol. Baccal. Po^t. laur. coronatus maiübus D. Maximiliani Imp. 

2) Ehautz, Oest. Gelehrte 8. 52. Denis, Wiens Buchdr.-Gesch. S. 108. 

Die Mathematiker Tannstetter und Pschlacher rühmen Yorzüglich Resch^s 

Liberalität in seinem Amte. Vgl. Denis 1. c. und S. 141. 

5) Locher, Specul. p. 399: 

D. O. M. S. 

Thomae Resch Cremsensi 

Art lib. Doctori 

Vati laureato 

ac sacrarum Literarum Licentiato 

Hujus sedis Canonico 

Mortuo 
Amio Christi MDXX. 



412 Leben und Schriften der Hnmanisten. 

der theologischen Facultät zum Rector erhoben wurde, so 
protestirte diese gegen die Wahl, weil Velocianus als Bacca- 
laureus sie nicht vertreten könne. Aber der neue Rector 
zwang die widerspenstigen Collegen, seine Auctorität anzu- 
erkennen, wie früher in der Geschichte der Universität 
erzählt worden ist. 

Dass Velocianus mit Umgehung der von der Wiener 
theologischen Facultät geübten Bücher -Censur die Oden des 
Celtes in Strassburg 1513 durch den Druck veröflFentlichte, 
zog ihm einen Process zu. Da über diesen schon früher 
gesprochen worden, so kann es genügen nur zu bemerken, 
dass die Ausgabe weder von der Facultät unterdrückt, noch 
die Entfernung der anstössigen Stellen aus dem Buche 
durchgesetzt werden konnte. 

Bei den Streitigkeiten zwischen Reuchlin und seinen 
fanatischen Gegnern, welche an den deutschen Universitäten 
und in Rom so grosses Aufsehen und leidenschaftliche 
Parteinahme erregten, zeigten sich auch die Wiener Huma- 
nisten nicht gleichgültig. Reuchlin sandte durch seinen 
Freund Simon Lazius aus Stuttgart, ^ der damals Professor 
der Medicin an der Wiener Universität war, seine. Apologie 
(Speculum oculare) an Velocianus und seine Gesinnungs- 
genossen Cuspinian, Vadian, Stiborius, Gerbel, die ganz 
auf Seiten des Tübinger Gelehrten traten (1512). 2) 



1) Vgl. Bulaei hist. Univ. Paris. IV. p. 68. 

2) Darüber gibt Nachricht ein Brief des Simon Lazius an Reuchlin 
(bei Ehautz, Oest. Gelehrte S. 144), der hier folgt: 

Literas tuas, vir humanissime , et Apologiam optimo viro Thomae 
Res eh collegae, theol. Baccal., oratori et poetae laureato, nomine tuo 
obtuli, qui osculabundus literas et Apologiam cum maximo animi gaudio 
suscepit, quippe cui ut coram dicebat, ad id temporis gratius accidere 
potuit nihil. Et id eo libentius, quod is vir perhumanus cum nostri 
nobilissimi gymnasii gubernacula tunc habebat, quando enim 
Viennam appuleram, gymnasiarcha electus fuerat, tum tui nominis 
studio sissimus erat. Multa de te, nomen enim tuum apud nos notissimum 
est, studio tuo, omnibusque rebus humaniter me interrogabat Diligentissime 



Yelocianns. 413 

Als wenige Jahre später der iDgolstädter Professor 
Dr. Johann Eck mit der theologischen Facultät in einer 
Disputation auftrat, so nahm auch Velocianus daran' Theil. 
Eck erkannte dessen tiefe theologische und philosophische 
Kenntnisse, seinen Scharfsinn und grosse Redegewandt- 
heit an. ^) 

Velocianus beschränkte seine literarische Thätigkeit 
hauptsächlich auf die Herausgabe oder Anregung zur 
Herausgabe von älteren akademischen Lehrbüchern, die er 
mit empfehlenden Einleitungen und Zuschriften versah.^) 

Als Tannstetter 1514 die Tabulae eclipsium des Georg 
Peuerbach und die Tabula primi mobilis des Regiomontanus 

vir ille Apollogiam tuam legit, quae postea rus ibat ad Stiborium 
nostrum, qui eam ex intimo pectore legit et perlegit. Quae ubi domuitio- 
nem capesserat, Cuspiniani fores appukabat, qui stomachabundus mihi 
succensuit, quia ad se literarum nihil abs te aflTerrem. at excusationem non 
rancidam pro tempore afferebam, literas tuas probe affuturas sig^nificans. 
Quare tuum erit, quod verbis promiseram, opere perficias. Lecta autem a 
Cuspiniano nostro Apolo^a, salutabat Vadianum et reliquos meos. Exem- 
plar quoddam' illius pemiciosissimi hominis adversani tui Capnio mastigis 
Coloniensis apud quendam mercatorem Suevum inveni, qui etiam plurimum 
veneni ex libello illo famoso in te nomenque tuum suxerat, cui et nomen 
tuum odiosum et detestabile erat. Ego statim huic venenoso morbillo 
mederi satagens praesentissimum pharmacum attuli, utpote Apologiam 
tuam, quam legeret, petii. Quae lecta fortiter omne venenum latenter intra 
pectus irreptum praesentissimo antidoto expulit. Exemplar accommodato ac- 
ceptum, ut legerent, omnibus meis obtuli. His, quid cum literis et Apo- 
logia tua egerim, liquido intelligis. Cuspinianus etVadianus hie ad 
te scribunt, qui ut rescribas plurimum rogitant. Scripsisset et Thomas 
noster, ni subita et insperata tabellarii abitio nos fefellerit: at proximus 
tabellarius literis vacuus ad te non ibit. Vale sane in dulces annos. Viennae 
non. April, a. 1512. 

') Die Epistol. Joh. Eckii ad Episc. Aichstett. im Conspect. bist 
Univ. Vienn. II. 61. 

2) Zuschrift des Velocianus an Martin Edlinger, dem Herausgeber 
des Tractatus Joannis Holandrini dialectici obligationum et insolubilium. 
Vienn. 1509 (Denis S. 23). Eine andere lobende Zuschrift an Conrad 
Pschlacher, dem Herausgeber philosophischer Lehrbücher des Petrus 
Hispanus logicalium priores und des Marsilius Dialectice (Vienn 1512). 
Denis S. 68 und 141. 



414 Leben uod Schriften der Humanisten. 

in Druck gab^ fugte Velocianus eine Zuschrift an den 
Herausgeber nebst einem Hexastichon bei. ^ 

Ebenso regte er seinen Landsmann, den Kremser Arzt 
Dr. Wolfgang Anemorinus (Windberger), zur VeröflFentlichung 
seiner interessanten Schrift De Thermis et earum origine et 
natura quibusque morbis sint salubres (Vienn. 1511) an und 
fügte Beigaben hinzu« ^) 

Der Ausgabe, welche er von den Oden des Celtes ver- 
anstaltete, fügte er nicht nur eine Epistola Vadiani bei, 
sondern auch von sich selbst eine Zuschrift, welcher im 
Anhang ein Epilog über das Ende und die Bestattung des 
gekrönten Dichters folgt und mit einem poetischen Nachruf 
auf denselben schloss.'^) 



1) Denis S. 108. 

2) Denis S. 43. 

3) Thomas Velocianus in busta Celtica: 

Quas Jovis ira ferox metuit contingere lanros, 
Fulmine pro nimium mors tmcnlenta rapis. 

Attamen excelsae surgent de stipite frondes 
Dulcius eo solito Celtica mnsa canet. 

Dum nisi corporeos potoisti solvere nexus, 
Aetemum vivet carmine partos bonos. 



Wolfhardus. 

Adrian Wolfhard aus Siebenbürgen. 

t 1545. 

Von Adrian Wolfhard,^) dessen Geburtsstätte in 
Siebenbürgen nicht bekannt ist, der aber nach seinem 
Vaterland den Beinamen Transsylvanus führt, wissen wir 
in Bezug auf seine äusseren Lebensverhältnisse nur sehr 
wenig. Er war 1491 geboren und betrieb im Anfang des 
16. Jahrhunderts in Wien in der artistischen Facultät seine 
Studien ; er schloss sich dem humanistischen Kreise an und 
zählte zu seinen besonderen Freunden und Gönnern die 
Humanisten Johann Camers, 2) Joachim Vadianus, Georg 
Logus 3) und Martin Capinius. *) 



*) Die Nachrichten über Adrian Wolfhard sind nur spärlich und 
unvollständig. Denis in der Wiener Buchdruckergeschichte liefert über ihn 
einige Notizen S, 49 und 67. Er theilt mit, dass Wolfhard auch den 
Namen Jazix geführt habe. Trausch in dem Schriftsteller-Lexikon oder in 
den Siebenbürg. Gedenkblättern (Vervollständigung des Seivert'schen 
Siebenbürg. Gelehrten-Lexikons) II. S. 509 — 613 hat mehreres über ihn 
gesammelt. Vgl. auch Uj Magyar Muzeum 1867. S. 417. 

2) Er sagt in seinem Commentar zu Dionysius Afer de situ orbis: 
Magister Adrianus Wolfhard Transylvanus mihi ob ingenuos mores ac non 
vulgarem eruditionem charitate junctissimus. 

3) Logus richtet in seiner im J. 1629 edirten Elegien-Sammlung auch 
ein Gedicht an A. Wolfhard. 

*) Vgl. oben den Art Capinius. S. 186. 



416 Leben and Schriften der Humanisten. 

Er hatte kaum das 20. Lebensjahr zurückgelegt^ als er 
schon öflFentlich mit einigen poetischen Productionen auftrat, 
und nachdem er die Magisterwürde erworben, Vorlesungen 
über philosophische Disciplinen hielt und die Herausgabe 
der Werke zeitgenössischer Gelehrten besorgte. *) Später 
betrieb er auch theologische Studien und nachdem er um 
1522 in sein Vaterland nach Siebenbürgen zurückgekehrt 
war, wirkte er daselbst in der Seelsorge und starb als 
Pfarrer oder Pleban von Treppen im J. 1545. 2) 

Die literarischen Leistungen des Adrian Wolfhard sind 
zwar nicht von grosser Bedeutung, aber doch nicht uninter- 
essant. Er veröffentlichte theils kleinere Dichtungen, theils 
veranstaltete er Ausgaben der Werke von verschiedenen 
Schriftstellern. 

Seine bedeutendste poetische Production ist sein Lob- 
gedicht auf Kaiser Maximilian I., welches er in seinem 
21. Lebensjahre 1512 in Wien herausgab. ^) In der an 



^) Wolfhard nennt sich in der von ihm 1612 veranstalteten Ausgabe 
des Dialogus Mythicus Bartholomaei schon artium et philosophiae pro- 
f e s s o r. 

2) Seivert bei Trausch a. a. O. S. 509 nach der Kirchen - Matrikel 
von Treppen. 

3) Adriani Wolf hardi Transylvani Panegyris ad invictiss. Caes. Maxi- 
milianum, semp. Aug. Vienn. 1512. 40. In der Zueignungsschrift an Capinius 
sagt der Verfasser von sich selbst: Panegyrin juvenili animo, vix enim 
primum et vigesimum annum, ut nosti, attigi, de divo Caesare Maximiliano 
audaculus scribere institui. Joachim Vadian hat ein Octostichon zum Lobe 
Wolfhard's beigegeben, worin es heisst: 

Caesareas laudes doctaeque veneranda Viennae 

Gymnasia et cultus Austria bella tuos, 
Emuncto cecinit non vilis carmine vates 

« 

Wolfhardus: vati pulchra Vienna fave. 

Auch der Humanist Christoph Crassus aus der Schweiz fttgte ein derartiges 
Gedicht bei. Vgl. Denis S. 67. Trausch a. a. O. S. 509. 



Wolfhardus. 417 

Martin Capinius gerichteten Zueignungsschrift verspricht er 
auch Idyllen ; es ist nicht bekannt^ ob sie wirklich in Druck 
erschiencB sind. 

Schriften, welche seine Freunde herausgaben, versah 
er mit poetischen Beigaben; zu den von Joachim Vadian 
edirten Orationes duae Arbogasti Strubi Glaronesii (eines 
früh verstorbenen Freundes) lieferte er ein Leichencarmen 
auf A. Strub und eine Elegie de humanae vitae aerumnis. ^) 

Ausgaben von Schriften verschiedener Gelehrten, welche 
Wolfhard besorgte, sind mehrere zu nennen. Von dem 
Fünfkirchner Bischof Janus Pannonius besorgte er nicht 
nur die Ausgabe der nachgelassenen Schriften, ^) sondern 
er versah dessen Panegyricus auf Bapt. Guarini auch mit 
dichterischen Beigaben ; ^) eben so machte er es mit der 
Ausgabe des Guarinischen bellum Grammatieale ^) und dem 
Dialogus mythicus Bartholomaei Coloniensis ; ^) mit des 
Horatius Flaccus de arte poetica liber und Carmen saeculare ^) 



») Denis a. a. O. S. 47 fll. Vgl. Oben den Artik. Vadian. S. 399. 

2) Hormayr's Taschenbuch 1820. S. 124. Trausch a. a. O. S. 613. 

3) Zu des Joannis Pannonii Episc. Quinqueeccles. poetae et oratoris 
Panegyricus in laudem Baptistae Guarini Veronensis praeceptoris sui 
Vienn. 1512 wurden eine Ode, sechs Distichen und verschiedene kleinere 
Carmina beigefügt, welche von der dichterischen Begabung ihres Ver- 
fassers Zeugniss geben. 

*) Die zweite Ausgabe Vienn. 1523. Vgl. Denis S. 13$. Die erste 
Ausgabe Vienn. 1512 erschien ohne das Carmen Wolfhardi. 

^) Dialogus Mythologicus Bartolomei Coloniensis dulcibus et salibus 
concinuisque sententiis refertus atque diligenter perelaboratus. Vienn. 1512. 
Vgl. Denis S. 77. Wolfhard gibt dazu eine Zuschrift an seinen jüngeren 
Bruder Hilarius und acht Disticha. Man beabsichtigte mit der Schrift, 
der studirenden Jugend in unterhaltender Weise gute lateinische Aus- 
drücke beizubringen. 

®) Quinti Horatii Flacci de divina Poetarum Arte non minus elegans 

quam omni cruditione refertum opus ad Pisones cunctis adprime neces- 

sarium. Ejusdem carmen seculare perquam jucundum. Adrianus Wolfhardus 

Transsylvanus. Viennae Austriae 1522. Das Werkchen, welchem sieben 

V. Aschbach, Geschichte der Wiener ünivers. 11. 27 



418 Leben und Schriften der Hninanisten. 

und des Carmeliters Baptista Mantuanus Carmen contra poetas 
impudice loquentes. *) 



Distichen von Wolfhard zur Empfehlung beigefügt sind, wnrde vorzüglich 
bei Vorlesungen gebranclit. 

^) Ohne Jahr und Dnickort. Mit Wolfhard's Hendecasyllabi ad Ju- 
venes. Denis S. 311 setzt den Dnick ins J. 1512 in der Officin der Wiener 
Buchdrucker Victor und Singriener. 



ANHANG. 



27* 



I. 

Die Mitglieder der gelehrten Donaugesellschaft. 



A. Episodia sodalitatis litterariae Dannbianae ad Con- 

radnm Celtem, 

dum e Norico Gymnasio (i. e. Ingolstadio) ad Viennam Paimoniae 

concesserat. *) 



1. Joannes Graccus Pierius, Bomanorum Regia Secretarius.^) 

Celtis adest: Celtis Clarii nota prima triumphi, 

Gentis Germanae gloria, Celtis adest. 
Sed non solus adest: sacrae pia turba sorores, 

Pars idem remo, pars pede carpit iter. 
Laeta dies, albo nunquam caritura lapillo : 

Äccipe candentis lactea signa notae. 
Spumet odorato cristallus aquosa falerno, 

Uraturque sacris laurea virga focis. 



*) Abgedruckt in Lucii Apuleji Platonici et Aristotelici philo- 
sophi Epitoma divinum de Mundo seu Cosmographia ductu Con- 
radi Celtis impressum Vienne 1497. Mit einer Zuschrift des Celtes, 
triformis philosophiae doctor an Johann. Fusemannus, regius Senator und 
Johann. Graccus Pierius Prothonotarius et principes sodalitatis litterariae 
Danubianae. Vienne Kai. Nov. 1497. Vgl. oben im zweiten Buche im 
Artikel Celtes dessen Schriften Nr. X. 

2) Johann Krachenberger, aus Passau in Baiern , ein Zeit- 
genosse Reuchlin's, auf dessen Rath er den humanistischen Namen Grac- 
cus Pierius annahm, trat schon unter Friedrich III. in kaiserliche 
Dienste. Maximilian erhob ihn bald nach seinem Regierungsantritte zu 
seinem Protonotarius und zog ihn wie den Johann Fuchsmagen bei der 
Einführung mancher Reformen an der Universität Wien zu Rathe. Krachen- 
berger war nicht nur ein tüchtiger Jurist und Geschäftsmann , sondern 



422 Die Mitglieder der gelehrten Donaugesellschaft. 

In primis merito Phoebo reddantur honores: 
Thyrsig-ero fiant proxima sacra Deo. 

Haec quoque Pieria passim vox personet aula : 
Musarum Celtis spesque deeusque venit. 

2. Augustinus Olomucensis, Hegis Pannoniae Secretarius. ^) 

Celtis Pegaseas sacro ex Helicone Cainenas 
Vexit ad Äustriaci rura beata soll. 

Salve ig^itur Phoebi criniti sancte sacerdos, 
Celtis tiermanae gloria magna togae, 



auch ein nicht gewöhnlicher Redner, Dichter und deutscher Sprachforscher, 
der sich daran machte, seihst eine deutsche Grammatik zu schreiben. Als 
Mäcenas der Gelehrten und Dichter betrieb er eifrig die Beförderung der 
classischen Studien und die Verbreitung des Humanismus, namentlich an 
der Hochschule Wien, wohin auf seine Empfehlung Maximilian den Celtcs 
und andere angesehene Humanisten berief. Das Aufblühen und Gedeihen 
der gelehrten Donaugesellschaft verdankte man vorzüglich seiner Theil- 
nahme imd seinem Schutze, so dass man ihn neben Celtes als den Haupt- 
gründer dieser Sodalität betrachtete und er seit dem Jahre 1499 bis 1508 
ihre Leitung als Präsident führte. 

Die Koryphäen der Wiener Humanisten: Celtes, Cuspinian, Vadian, 
Gundelius, Ursinus, Velins feierten ihn in ihren Schriften und Gedichten 
als ihren Gönner und Freund und erhoben seine Verdienste um die Ver- 
breitung des Humanismus und Hebung der Wissenschaften mit grossen 
Lobsprüchen. Vadian, in seinem im J. 1517 erschienenen Hirtengedichte 
Faustus, spricht seine besondere Verehrung für Krachenberger aus ; der- 
selbe kann daher nicht vor dem J. 1517 gestorben sein. 

Nachrichten über Job. Krachenberger linden sich bei Cuspinian. 
Austria, ed. Bas. 1553, p. 51)H. und in dessen Ausgabe des Prudentius 
Praef. (Denis, W. B. G. S. t>98.) In Celtis Amor. lib. IL eleg. 13. 
Od. IL 9. Epod. 10. Balbi Carra. 139 (bei Ketzer), Vadian. Faustus, 
Praef. Ursin. Vel. Epist. (Denis S. 322), Jac. Spiegel in der Ausg. des 
Isokrates etc. (Denis, Merkw. d. Garell. Bibl. S. 253.) Briefe Krachen- 
berger's an Celtes in Cod. epist. Celt. lib. IL ep. 5. lib. III. ep. 12 u. 14. 
Vgl. Schier, Kaltenbäck, Klüpfel, oben im ersten Buche (S. 73) in den 
angeführten Schriften und Denis, W. B. G., besonders S. 169. 

^) Der Humanist Augustinus führt seinen Beinamen Olomucensis 
von seiner Propstei Olmütz, die er nebst der von Brunn bekleidete. Sein 
deutscher Familienname soll Kasenbrot geheissen haben. Er stammte wie 



Episodia sodalitatis. 423 

Et vos laurig^erae, cultissima turba sorores, 
Tu quoque inaurata pulcher Apollo lyra. 

Quae vohis genitus Morava gente poeta 
Carmina dat tenui siiit licet orsa modo: 

Perpetui, quaeso, sint vobis pignus amoris: 
Haec sint parva licet, mens pia magna facit. 



sein Verwandter Andreas Stiborius, der bekannte Humanist und Mathe- 
matiker, aus Baiem. Die philosophischen und juridischen Studien hatte er 
grösstentheils vor 1490 in Padua betrieben; in Bologna wurde er Doctor 
des canonischen Rechts. Er trat hierauf in den geistlichen Stand, erlangte 
in Mähren reiche Pfründen und ward Canonicus an den bischöflichen 
Kirchen von Prag und Breslau. Der König Wladislaus II. von Böhmen 
und Ungarn, der ihm sehr gewogen war, machte ihn zu seinem Geheim- 
schreiber, später zum Vice-Kanzler. Augustinus, ein Freund der classischen 
Wissenschaften und selbst Dichter — er besang die Thaten des ungarischen 
Königs Matthias Corvinus -^ trat nicht nur als einer der ersten ^er ge- 
lehrten Donaugesellschaft bei, sondern er gehörte auch zu den besondern 
Verehrern des Conrad Celtes, mit dem er einen lebhaften Briefwechsel 
unterhielt, von dem sich in dem Celtes'schen Codex epistolaris aus den 
Jahren 1497 — 1505 noch sieben Briefe erhalten haben. Celtes unterlässt 
auch nicht, in seinen libris Amorum seines Freundes zu gedenken. Der 
Donau-Sodalität widmete Augustinus einen goldenen Becher mit einer 
Inschrift, über deren Bedeutung man streitet. Auch stellte er seine reichen 
Bücher-, Münzen-, Antiken- Sammlungen auf das bereitwilligste den Sodales 
zur Verfügung, was Cuspinian bei der Herausgabe seines Libellus Maro- 
bodei de lapidibus pretiosis und bei der Bearbeitung seiner Schrift de 
Consulibus und Caesaribus sehr zu Statten kam und er auch rühmend 
anerkannte. Augustinus gab mehrere Schriften heraus, welche aber 
jetzt zu den seltenen. Druckwerken gehören , wie z. B. sein Dialogus in 
defensionem Poetices, der zu Venedig 1493. 4^. erschienen ist. Seine 
Bibliothek erbte nach seinem Tode, der im J. 1513 erfolgte , die bischöf- 
liche Kirche von Olmütz, ward aber später zerstreut. — Böhme hat im 
18. Jahrhundert zwei Abhandlungen über seine Lebensstellung und ge- 
lehrten Beschäftigungen geschrieben, worin manche interessante Notizen 
vorkommen, aber auch irrthümliche Angaben unterlaufen, wie über seinen 
Tod, der in's J. 1510 gesetzt ist. Baibin, Bohcra. doct. tract. I. p. 95, hat 
den Irrthum berichtigt, dem Denis (Mcrkw. der Gareil. Bibl. S. 156) an- 
fänglich gefolgt ist, den er später aber (in der Wien. Buchdr.Gesch. 
S. 309) verbessert hat. lieber die Inschrift auf dem goldenen Becher 
handelt Böhme in seinem Comment. de patera Augustin. Olomuc. Lips. 
1776. Endlicher in seiner Recension über Klüpfel, Vit. Celt. II. 161, 



424 Die Mitglieder der gelehrten Donaugesellscliaft. 

3. Julius Miliiis, Begis Fannoniae archiater. ^) 

Cum tot carminibus, cum tot celebrare poetis: 

Non opus est versu, Celti diserte, meo. 
Nunquam Castalios hausi de fönte liquores: 

Ubera prima licet Melpomene dederat, 
Quod cernens Phoebus medicus me vertit ad artes 

Et rerum causas noscere posse dedit. 
Et dixit: dulcis sequeris eure Jule Camenas ? 

Altera debetur laurea nempe tibi. 
Cura erit ista tibi, reges servare potentes, 

Atque Ulis medicus exhibuisse manus. 
Parce igitur, quaeso, nobis, doctissime Celti: 

8i Phoebus negat hoc, quod meus ardor habet. 



bestreiket die Richtigkeit der Anslegnng Böhmens. Kaltenbäck, Arch. III. 
S. 8, und Denis, besond. Merkw. der Gareil. Bibl. S. 156 und 249 und 
an anderen verschiedenen Stellen, handeln in der Kürze über Augustinus. 

*) Julius Milius (oder Aemilius) war ein Italiener aus dem 
Neapolitanischen; er kam in den letzten Jahren der Regierung des unga- 
rischen Königs Matthias Corvinus — vielleicht mit der neapolitanischen 
Prinzessin Beatrice, welche des Königs Gemalin ward — als königlicher 
Leibarzt nach Ofen. Er besass bald das volle Vertrauen des Königs, den 
er glücklich in schwerer Krankheit behandelte. Aber die intriguante 
Königin, welche mit schlechten Plänen umging, wusste ihren Gemal zu 
bestimmen, dass er den geschickten Leibarzt, der zugleich auch mit Eifer 
der humanistischen Richtung ergeben war, aus seiner unmittelbaren Nähe 
entfernte (1489). Schon im folgenden Jahre starb Matthias Corvinus eines 
plötzlichen Todes in Wien, das er erobert hatte; der neue König Wladis- 
laus II. aber nahm den zurückgesetzten Leibarzt vertrauensvoll in seine 
Umgebung. In Ofen hatten sich auf Anregung des Celtes, der von 
Krakau über Ungarn in seine Heimat (1490) zurückreiste, mehrere Huma- 
nisten, zu denen auch Julius Milius gehörte, zu einer gelehrten Gesell- 
schaft vereinigt, aus der später die literaria sodalitas Danubiana erwuchs. 
Als Celtes 1497 nach Wien kam, wurde der Mittelpunkt der Societät dahin 
in die Nähe des berühmten gekrönten Dichters verlegt. Milius scheint 
wenige Jahre später aus dem Leben geschieden zu sein. 

Ueber ihn geben nur spärliche Nachrichten Schier 1. c. Kaltenbäck 
III. 81. Denis, W. B. G. S. 9. Wespremi Biogr. Medicor. Hungar. Cent I. 
art. 2. Cent. II. Suppl. 211, nebst den ungarischen Geschichtsschreibern: 
Bonfin. bis. Ung. p. 507 und Engel, Ung. Gesch. III. S. 420. 



Episodia sodalitatis. 425 

Nunc Augustinus vates clarissimus ille 
Describet laudes^ Celti diserte, tuas. 

Scilicet, ut Musas ad ripas duxerit Istri, 
Et sis Germani gloria prima soli. 

Austria quod doctos per te dat clara poetas, 
Ut similes Latio vix rear esse meo. 

4. Joannes Cuspinianus, poeta laureatus. ^) 

Dira lues quondam Romanam infecerat urbem: 

Dum turpi tabe corpora multa cadunt. 
Inde Coronides faciem mutatus, et ora 

Obtulit optatam Tybride vectus opem. 
Sic fera barbaries, qua non praesentior uUa, 

Pestis habet Rheni, Danubiique piagas, 
Occidet et penitus Germanis cedet ab oris: 

Dum Celtem placidis advehit Ister aquis. 
Ergo canendus eris, Celtes, dum sydera fulgent: 

Quo duce, barbaries, pestis acerba, recit. 

5. Andreas Stiborius, theologus et mathematicus. ^) 

Bis quinis fueras annis, peregrinus in orbe, 

Fatum Dulichii, Celti secute ducis. 
Scilicet ut varias, et honestas prenderet artes 

Pectus, Phoebaea quod tibi luce micat. 
Sed faciles remos cuperes cum sistere tandem: 

Te vocat ad nitidam clara Vienna scholam, 
Qua nunc ingenuas docto cum pectore Musas 

Concinis et quidquid philosophia docet. 

6. Joannes Stabius, philosophus et mathematicus. ^) 

Nota tibi, quondam regio, qua Carpathus albet, 
Quaque vago Rhenus amne tricornis abit. 



^) Vgl. oben Art. Cuspinianus S. 284. 

2) Vgl. oben Art. Stiborius S. 373. 

3) Vgl. oben Art. Stabius S. 361. 



4:2o Die Mitglieder der gelehrten Donaugesellschaft. 

Jana tibi sistit iter pigras qui versat arenas 
Ister, ut in placida, Celti, inoreris humo, 

Et doceaS; quid quid nuraerosa volumina vatuin 
Contineant et quid philosophia docet. 

7. Christophorus de Weitmyl, Pra^positus Pragensis. ') 

Quid petis exig-uos arentis fluminis haustus 

Celtes, Pindarici fama secunda chori? 
Quis mel Aristaeo, quis Bacclio iiiolle Calenum, 

Quis Cereri donet spicea serta deae? 
Fertile pectus habes dulcique Helicone refertuuin: 

Scribis et Orphea carmina dig-na Ijra. 
Ast ego laurigerae modo sum novus accola rupis, 

Et meus in primo pulvere sudat eqüus. 
Plectra tarnen repetenda negat quis carmine Celti? 

Si pudor hoc prohibet, scribere cogit araor. 
Nee tarnen ipse tuae praeconia debita laudis 

Cantabo: aut tanti moliar oris opus. 
Laudis egent, quae sunt mediocria: livor iniquus 

Commendat versus, Celti diserte, tuos. 

« 

8. Sturlinus de Schmalcaldia, Paedagogus. ^) 

Aeneas patrios, Troja flagrante, penates 
Transtulit in regnum, juste Latine, tuum. 



') Cliristoph von Weitmyl, aus Prag, bereiste zu seiner Aus- 
bildung Italien und trat in Bologna mit dem berfihraten Humanisten 
Philipp Beroaldus in näheren Verkehr. Als Geistlicher erlangte er in 
seinem böhmischen Vaterlande mehrere Pfründen und Aemter. Er ward 
Propst von dem Prager Erzstift. Die Neigung zu den classischen Wissen- 
schaften, die er in Italien gewonnen hatte, setzte er weiter fort und schloss 
sich dann auch der gelehrten Donaugev^ellschaft an. Er verliess später den 
geistlichen Stand; unter König Wladislaus II. trat er in Kriegsdienste. 
Seine weiteren Schicksale sind nicht bekannt. Nur höchst spärliche Notizen 
über ihn geben Schier, Kaltenbäck, Denis, Endlicher a. a. O. 

'^) Johann Sturlin (auch Johannes Sturnus genannt), dessen 
deutscher Familienname Starle lautete und der auch den Vornamen 



Episodia sodalitatis. 427 

Vexit et Idaeam Tyberiiia per ora Cybelem 

Claudia Vestalis digna ministra foci, 
Ista licet jactent veteres: majora videmus 

Inferri terris Numina Pannonicis. 
Celtis Apollineum per inhospita litora numen 

Remigio vexit Calliopoea tuo. 
Ecce novein mig-rant patria de sede sorores, 

Atque petunt terras numina grata novas. 
Äustria se quanto felix jactabit honore! 

Nascitur en Cecio gloria quanta jugo! 
Nunc laetare Ceci sacräs habitare cohortes : 

Profers Pierio grata futura Deo. 
Ut quondam Bacchus, sie te nunc ornat Apollo, 

Inque tuis habitat numen utrumque jugis. 

9. Hieronymus Balbus^ utriusque juris Doctor. ^) 

Lux Clarii splendorque chori, quam doctus alit grex, 
Grex Dryadum te doctus alit: tu Castalius dux. 



Jodocus oder Jobst führte, war aus Schmalkaldeii gebürtig. Als Erzieher 
der Söhne des beriihinten böhmischen Humanisten Herrn Bohuslaus von 
Hassenstein, mit denen er längere Zeit Italien bereiste, hatte er den Bei- 
namen Pae dag ogus angenommen. Er widmete sich eifrig den humanisti- 
schen Studien und stand mit dem Stifter der gelehrten Gesellschaften, 
Conrad Celtes, in lebhaftem brieflichen Verkehre. Als er im Anfang des 
16. Jahrhunderts aus Italien in seine Heimat /.urückkehrte , war er in 
Leipzig und Annaberg in Sachsen für die Verbreitung der classischen 
Wissenschaften thätig. Von den Schriften, die er unter seinem Namen 
veröffentlichte, werden ihm manche abgesprochen, da man ])ehauptet, dass 
ihr eigentlicher Verfasser Bohuslaw von Hassenstein gewesen, dem er sie 
entwendet habe. Noch im J. 1506 kommt ein von ihm an Conrad Celtes 
gerichtetes Carmen in dessen Kliapsodia vor. 

Nachrichten über ihn geben Schier fol. 53. Klüpfel II. 118. 154. 
Endliclier S, 161. Kaltenbäck III. 85. Mencken, de Graecar. et latin. litt, 
in Misnia restaur. §. 11. Im Cod. epist. Celt. kommen zwei Briefe von 
ihm vor (vgl. Aschbach, Roswitha und C. Celtes S. 69). 

1) Vgl. oben Art. Baibus S. 146. 



428 Die Mitglieder der gelehrten Donaagesellschaft. 

* 

Dux Helicone rigas Istrum: jam bella fugit Thrax: 
Thrax vates Dacusque colit: nee Sarmata jam trux, 
, Trux rigor omnis abit: nunc passim blanda micat pax, 
Pax Musis adveeta tuis: te digna manet merx, 
Merx deeus aeternum tibi erit, dum fulva micat fax: 
Fax Phoebi terris radians: dumque atra necis falx, 
Falx metet orbis opes, mundi tu semper eris lux. 

10. Bartholomaeus Scipio, Medicinae Doctor. ^) 

Attica Romuleae Pallas eonjuneta Miner vae 
Te duce Hyperboreos gaudet adire lares; 

Danubiasque colit contemto Heliconide ripas, 
Ister habet docti, quidquid in orbe fuit. 

11. Joannes Schlechta , Regia Fannoniae Secretarius. ^) 

Pannoniae Regis dum nuper viseret aulam 
Celtis, et a trijugis vectus equabus erat; 

Omnia tum secum sinuosum vexit ad Istrum, 
Quod Graji et Latii concinuere viri. 



1) Vgl. oben Art. Scipio S. 354. 

2) Johann Schlechta von Wschehrd und Kosteletz in Böhmen, 
Geheimschreiber des böhmisch - ungarischen Königs Wladislaus II., ein 
Freund des Erasmus und Celtes, wie auch des Hieronymus Baibus und 
Bohuslaw von Hassenstein, betrieb eifrig die humanistischen Studien. Er 
beschäftigte sich viel mit dem geographischen Werke des Ptolemäus, 
woraus zu ersehen ist, dass er auch der griechischen Sprache mächtig 
war. Später lebte er in Zurückgezogenheit ganz den Wissenschaften auf 
seinem Schlosse Strassnitz in Mähren, wo er 1525 starb. 

Spärliche Notizen über ihn geben Schier, Donauges, fol. 38 fll. 
Kltipfel, Vit. Celt. II. 153. Endlicher, Rec. 162. Denis S. 9. Kaltenbäck 
III. 89. Hassenstein's Epistol. ad Schlecht, n. 25, in dessen Lucubr. Orat. 
lib. 2. Baibin, Epist. Nr. 20—22. 27. Schlechta's Briefe an Celtes, worin 
er über Ptolemäus spricht, stehen im Cod. epist. Celt. d. d. Ofen, 6. April 
und 3. Mai 1498. 



EpiBodia SodalitatiB. 429 

12. G^orgius Neudecker, Begis Fannoniae Secretartus. ^) 

Nuper ubi mecum trijugis raperetur equabus 
Celtis et Hungaricas vellet adire piagas; 

Vota dabam superis, illum ne morbifer aer 
Laederet, aut raperet febris acuta virum. 

' 13. Erasmus Finifer, Cracoviensis. 

Floruit eloquio quondam gens Graja; sed olim 
Omne decus Danaum Martia Roma tulit. 

Quid non tempus edax variat? Cum Celtis ad Istrum 
Transtulit, Ausonio quid quid io orbe fuit. 

14. Joannes Tolophus, I. U. Doctor et Mathematicus.^) 

Astrorum cursus et quidquid continet orbis, 
Affers Danubio, Celti diserte, vago. 



^) Georg Neu deck (oder Neudecker), aus Oesterreich, hatte seine 
Studien, auch juridische, in Wien und in Bologna gemacht, wo er nicht 
nur das canonische Recht docirte, sondern auch das Rectorat bekleidete. 
Noch vor dem Schluss des 15. Jahrhunderts kehrte er in sein Vaterland 
zurück. Anfanglich trat er in die Dienste des ungarisch-böhmischen Königs 
Wladislaus II. als Geheimschreiber oder Kanzler. Später finden wir ihn in 
gleicher Eigenschaft bei dem römischen König Maximilian, der ihn auch 
wegen seiner humanistischen Studien zum Superintendenten der Universität 
Wien als Nachfolger Cuspinian's bestimmte (1504). Aber dieses Amt 
führte er nur ganz kurze «Zeit, da er bald nachher (1505) Bischof von 
Trident wurde und zugleich als kaiserlicher Statthalter Verona verwaltete. 
Sein Tod fallt in das Jahr 1514, den Manche unrichtig 1505 oder 1512 
setzen. * 

Nachrichten über ihn geben Schier, Kaltenbäck, Denis, Endlicher. 
Hormayr, Denkw. Wiens I. 4. S. 148. Pyrrh. Pincii Annal. Trident. lib. 7. 
Cuspinian's Tagebuch, herausgeg. von Karajan S. 399, ad ann. 1505 Georg 
Neideck Cancellarius Austriae et Episc. Tridentinus. (So auch Eder, Catal. 
Beet. 41.) Er war Pathe von Cuspinian's ältestem Sohn, lieber die Er- 
nennung zum Universitäts-Superintendenten im J. 1504 Kink, Gesch. der 
Wien. Univ. I. Anh. S. 116. 

2)Janus Tolophus, dessen ursprünglicher Familienname Dol- 
hopf lautete, stammte aus Franken. Er war Propst von Forchheim und 



430 I^ie Mitglieder der gelehrten Donangesellschaft. 

15. Theodoricus XJlsenius, archiaterJ) 

Gelte tua silicem caelas, Conrade, rebellem: 
Et mea dura silex: nil tua celtes agit. 

Oinnia cum certo videas nascentia: vince ' 
Tempore duritiem, tempore mollitiem. 



Regen8l)urger Canoniciis. Selbst Dichter und ITuraanist, war er auch ein 
Freund und (fönner der (iJelehrten, die er wie ein Mäcenas aus seinen 
reichen Mitteln freigebig unterstützte. Er sel])st betrieb vorzüglicli Astro- 
nomie und Kosniographie. (»leiche Studien führten ihn frühzeitig mit dem 
gekrönten Dichter Celtes zusammen. Dieser besuclite ihn Öfter in seinem 
gewöhnlichen Aufenthaltsorte Regensburg und theilte ihm seine literari- 
schen Untt^rnehmungen und Arbeiten mit, welche er auch in dem leb- 
haften Briefwechsel mit ilim weiter besjirach. Schon im J. 1492 hatte 
Celtes den Plan gefasst, eine Mytliologie der Griechen und Römer zu 
schreiben und die seclis lUicher der Ovidischen Fasti , mit Illustrationen 
versehen, herauszugeben. Tolophus wollte die Sache, die mit ansehnlichen 
Kosten verbunden war, unterstützen; sie verschlug sich aber wieder, so 
dass sie nicht ausgeführt ward. Tolophus war nicht allein Mitglied der 
rheinischen Sodalität, sondern auch der Donaugesellschaft; er kam auf 
seinen Reisen, welche ihn nach Rom führten, zuweilen auch nach Wien. 
Als Celtes 1497 dahin übersiedelte, war der Regensburger Canonicus unter 
den ihn mit Episodien Begriissenden. Cuspinian konnte, ihn in seiner 
Inschrift vom J. 1507 nicht mehr als Mitglied des Wiener Contubernium.s 
aufführen, weil er schon im J. 1503 aus dem Leben geschieden war. 

Schier, Kaltenbäck und Endliclier geben nur sehr Weniges über ihn ; 
ausführlicher ist Klüpfel I. 108 und II. 147. Die meisten Nachrichten 
über ihn liefert Trithemius in den Script, eccl, ed. Fabr. Nr. 958, der ihn 
einen gelehrten Canonisten, einen Dicliter, Astronomen, Kosmograplien und 
einen maximus doctorum hominum fautor nennt. In dem Codex epistolaris 
Celticus kommt eine Reihe von seinen Briefen (9 an der Zahl von 1492 
bis 1500) an Celtes vor. Von seiner Reise spricht Celtes in der Od. 
lib. II. 18 an ihn. Willib. Pirkheimer in einem Briefe an Celtes d. d. 
Norimb. 17. Nov. 1503 meldet seinen Tod. 

^) Theodorichus Ulsenius, aus Friesland, hatte in Heidelberg 
humanistische und medicinische Studien gemacht. Als praktischer Arzt 
lebte er eine Reihe von Jahren in Nürnberg, wo er mit Conrad Celtes 
und anderen Humanisten in lebhaftem Verkehre stand, und als jener nach 
Ingolstadt übersiedelte, denselben durch einen fleissigen Briefwechsel 
unterhielt Sie theilten sich einander den Fortgang ihrer Studien mit und 



Episodia sodalitatis. 4dl 

16. Henricus Cuspidius. ^) 

Rhenanis praeceptor eras mihi Celtis in oris, 
De rerum causis dulcia verba sciens. 

Sed doleo, Rheni quod dulcia liqueris arva, 
Rhenanique simul jura sodalitii. 



sprachen in geistvoller und witziger Weise über ihre und andere poetische 
Productionen. OflFenbar gehörte lllsenius zu den Vertrauten des Celtes 
und er erhielt von demselben Mittheilungen über seine geheimen literari- 
schen Arbeiten, womit er die gelehrte Welt mystificirte. Wahrscheinlich 
nahm Ulsenius selbst Antheil an diesen gelehrten Mystificationen. Der 
dichterische, selir begabte Jünger Aesculap's, der Elegien und Epigramme 
in grosser Anzahl mit Leichtigkeit machte, war ganz zu solchen Dingen 
geeignet. Da er öfter von Nürnberg an den kaiserlichen Hof nach Linz 
kam, so stand er den Sodales der Donaugesellschaft nicht fern, so dass es 
zu erklären ist, wie er in dieselbe als Mitglied aufgenommen werden 
konnte. Er starb nach dem Jahre 1507. 

Trithemius, Script, eccl. ed. Fabric. n. 961 lobt ihn als Dichter und 
Redner; er erwähnt seine Epig^ramme und Elegien. Im Cod. epist. Celt. 
kommt von ihm eine Anzahl Briefe an Celtes aus den Jahren 1492, 1494 
und 1496 vor. Vgl. Asciibach, Roswitha und C. Celtes S. 36 u. 66. Einige 
Nachrichten über ihn geben Klüpfel, Vit. Celt. II. 95, 147 fll. Denis, 
Garell. Bibl. S. 566. Kaltenbäck III. 90. 

*) Heinrich Cuspidius oder Cuspianus, dessen deutscher Name 
Spie SS war, lebte zu Heidelberg im Kreise der gelehrten Rheinischen 
Sodalität, deren Geschäfte er führte, wie aus einem Schreiben von ihm 
an Celtes entnommen werden kann. Er nennt sich selbst einen Schüler 
des ersten gekrönten Dichters in Deutschland. Es ist auffallend, dass er 
auch Mitglied der gelehrten Donaugesellschaft war, da er doch, so viel 
wir wissen, nicht persönlich mit den Wiener Humanisten verkehrte. Celtes 
richtete in seinen Epoden ein Gedicht an ihn, worin der Dichter sich 
über seine spärlichen und kurzgefassten Schrei])en beklagt. Trithemius 
spricht von seinen Dichtungen, sie sind aber nicht gedruckt worden. Denis 
verwechselt ihn mit Henricus Eutychus. 

Kaltenbäck, Klüpfel II. 156, Endlicher geben über ihn nur dürftige 
Notizen. Der Brief des Cuspidius an Celtes d. d. Heidelberg 13. Mai 1496 
befindet sich im Cod. epist. Celt. Vgl. Aschbach, die früh. Wand, des 
C. Celtes. S. 121, n. 4. 



432 Die Mitglieder der gelehrten Donangesellschaft. 

17. und 18. Duo Bonomi, Begis et Beginae Bomanor. 

Secretarii. ^) 

Nuper apud Rhenum scripsisti, Celti, sodales, 
Vangionum praesul quis sua jura dedit. 
Sed nunc Danubii cum sint tibi, Celti, sodales: 
Jura sodalitii quis dabis erg-o chori? 



') Franciscus und Petrus Bonomus waren Brüder oder doch 
nahe Verwandte. Sie stammten aus der Triester Patricierfamilie der Bonomi. 
Francesco Bonomo lebte schon frühzeitig gegen Ende des 15. Jahr- 
hunderts in Augsburg, daher wird er auch gewöhnlich Franciscus Bonomus 
Augustensis genannt. Beide Italiener traten in kaiserliche Dienste: Petrus 
ward Secretär des römischen Königs Maximilian, Franciscus bekleidete 
diese Stelle bei dessen Gemahlin Maria Bianca, einer mailändischen Prin- 
zessin. Beide waren ganz und gar der humanistischen Richtung zu- 
gethan. Sie glänzten als Dichter und standen in lebhaftem Verkehr mit 
dem Wormser Bischof Johann Dalberg und dem kaiserlichen Protonotar 
Johann Krachenberger, wie auch mit Conrad Celtes, Conrad Peutinger 
und andern Humanisten. Man hatte anfanglich die Absicht, den Frani^scus 
Bonomus, der artistischer Magister war und auch gute Kenntnisse der 
griechischen Sprache und Literatur besass, nach Wien als Professor der 
Poetik und Rhetorik zu berufen; doch Krachenberger und Cuspinian 
wirkten diesem Vorhaben des Universitäts - Superintendenten Bernhard 
Perger entgegen: Conrad Celtes erhielt die Stelle. Doch störte diese 
Rivalität nicht die Freundschaft zwischen Celtes und Franciscus Bonomus, 
der dann wie auch Petrus in die Umgebung Maximilians und in den 
Staatsdienst gezogen wurde. Indem Franciscus sich ganz den Geschäften 
seines Amtes und gelehrten Arbeiten widmete, hatte Petrus eine glänzende 
äussere Laufbahn: er ward eine lange Reihe von Jahren hindurch irt 
manchfachen Staatsgeschäften verwendet. Maximilian schickte ihn als 
seinen Gesandten 1518 nach Augsburg, ernannte ihn zum Statthalter in 
Oesterreich und zum Executor seines Testaments. Wittwer geworden, trat 
Petrus in den geistlichen Stand, wurde 1601 Bischof von Triest, verwaltete 
von 1522 — 1523 das Bisthum Wien und starb über zwei Decennien später 
hochbejahrt am 4. Juli 1546 in Triest, nachdem Franciscus schon viel 
früher aus dem Leben geschieden war. Petrus Bonomus, der als ein aus- 
gezeichneter Kenner des Alterthums, als ein guter Theolog und vorzüg- 
licher Menschenfreund gepriesen wird, hinterliess unter seinen Schriften 
mehrere dichterische Productionen. Wiener Humanisten feierten bei fest- 
lichen Gelegenheiten oder in Bücherzuschriften in Reden und Gedichten 
seine Vorzüge und Verdienste. 



Onspinianische Inschrift. 4:33 

Sodalitium Danubianum Episcopum Vesprimensem [Joasnem 

Vitez] principem sodalitatis elegitJ) 

Danubiana cohors Phoebaeis digna triumphis, 
Quam decorat Clariis Celtica Musa sonis, 

Principe te gaudet, concordique eligit ore 
Patronum et nutu statque caditque tuo. 



B. Cnspinianische Inschrift 

auf das Wiener Contubernium der gelehrten Bonaugesellschaft.'^) 



CVSPINIANVS . SODALITATIS . LRARI^.. 
DANVBIANiE . VIRIS . ERVDITISS . IN . MEMORIAM. 

SEMPITERNAM .F.F. 

lAN . GRACC» . PIERI« . IG AN . CVSPINIANVS. 

10 AN . 8TABIVS . CONRAD VS 

CELTES . THEODORICVS . VLSENIVS. 

ANDRES . STIBORIVS . GABR . EVBOLIVS. 

(JVILHE . POLYM» . lOAN . BVRCRIVS. 

LADISL . SUNTHEM . STEPH. ROSIN. 

HENETICVS . MVSAE . NOVEM . CHARITES . TRES. 

Cuspinian^s Inschrift an seinem zu Wien Singerstrasse 
Nr. 897 gelegenen und zum weissen Rössel genannten 



Ueher die beiden Bonomi Schier, Kaltenbäck, Klüpfel, Endlicher 
a. a. O. Khautz, Oesterr. Gelehrt. S. 111. Hormayr, Wiens Denkw. I. 4. S. 49. 
Zwei Briefe von Petnis Bonomus an Celles d. d. Aiigsb. 7. Juni 1496 und 
8. Mai 1500, ein Epist. von Franc. Bonomus, Augsb. 20. Juni 1497 im 
Cod. epist. Celt. fol. 69, 79 und 112. Krachenberger schreibt an Celtes 
über die Carraina des Franc. Bonomus (Linz 18. April 1492) im Cod. 
epist. Celt. Trithem., Script, eccl. n. 922, spricht von den Gedichten des 
Petrus Bonomus. Auf der k. Hof bibliothek in Wien befindet sicli von ihm 
ein Carmen in nuptias Maximiliani et Blancae Mariae. Panegyrici auf ihn 
(von den J. 1619 und 1523) werden angeführt bei Denis, W. B. G. S. 194 
und 240. 

1) Vgl. oben S. 74. 

2) Fischer, brev. Notit. Vindob. IL 56 

T. Aschbach, Geschichte der Wiener Univers. II. 28 



434 Die Mitglieder der $^elehrt«ii Donangesellschaft. 

Hause ^) gibt zwölf Namen von Mitgliedern der gelehrten 
Donaugesellschaft, welche in einem Wiener Contubernium 
oder engeren Ausschuss von nur der deutschen Nationalität 
angehörigen Humanisten vereinigt waren. Die Inschrift 
rührt nicht aus dem J. 1510 (wie Kink meint), sondern 
aus dem J. 1506 oder 1507 her, denn im Januar 1506 war der 
Wiener Arzt Bartholomaeus Scipio bereits durch den Tod 
ausgeschieden. Aus einem späteren Jahre als 1507 kann 
aber die Inschrift nicht sein, da der darin genannte Heinrich 
Eutyches noch in demselben Jahre aus dem Leben schied 
und mit dem Tode des Celtes, der am 4. Februar 1508 
starb, die ganze Gesellschaft sich auflöste. 

Die zwölf Contubernales sind in der Weise geordnet, 
dass an der Spitze der Präsident Johann Graccus Pierius 
steht und neben ihm der Vicepräsident und Hospes des 
Contuberniums Johann Cuspinianus; es folgen sodann der 
Geschäftsführer Johann Stabius und der eigentliche Stifter 
des Vereines Conrad Celtes. An diese reihen sich nach der 
Zeit ihres Beitritts die weiteren acht Sodales: Theodorich 
Ulsenius, Andreas Stiborius, Gabriel Eubolius, Wilhelm 
Polymnius, Johann Burger, Ladislaus Suntheim^ Stephan 
Rosinus und Heinrich Euticus. Dass das Contubernium 
gerade zwölf Mitglieder zählte, erklären die Schlussworte : 
Musae novem, Charites tres. 

Da nur einer von den Contubernales weder bei den 
Humanisten der Wiener Universität, noch bei den Ver- 
fassern der Episodien auf Celtes vorgekommen ist, so bleibt 
dieser — Heinrich Euticus — noch zu besprechen. 

Henricus Eutyches, auch Eutychus und Euticus 
genannt, hiess nach seinem deutschen Familiennamen 



1) Vgl. Hormayr, Wiens Denkw. II. 2. Heft 2 und 3. S. CLX. bei 
der Singerstrasse Haus-Nr. 896 und 897. Das Haus führte auch die Be- 
nennung zum weissen Einhorn. 



Cnspinianiscbe Inschrift. 43ö 

Geradwol. Obschon er in Augsburg geboren war, wird 
er doch als Prancus bezeichnet, da er in Nürnberg, welches 
zu Pranken gehörte, gewöhnlich seinen Wohnsitz hatte. 
Endlicher wie Denis sind im Irrthum, wenn sie in da- 
maliger Zeit zwei Humanisten mit dem Namen Heinrich 
Eutyches annehmen, einen älteren aus München und einen 
jüngeren aus Nürnberg. Denis verwechselt ihn noch dazu 
mit Heinrich Cuspidius aus Heidelberg. 

Eutyches hatte, was in seiner Zeit sehr gewöhnlich war, 
die humanistischen Studien mit den medicinischen vereinigt. 
Er nahm zwar seinen gewöhnlichen Wohnsitz in Nürnberg, 
wo er die Heilkunde als Doctor utriusque medicinae für 
innere und äussere Krankheiten ausübte, aber häufig be- 
suchte er grössere Städte am Main und Rhein, am Neckar, 
am Lech und an der Donau als Wanderarzt; in Augsburg 
und in Frankfurt a. M. nahm er sogar Jahresbestellungen 
wiederholt als städtischer Physicus an. Dabei verkehrte er 
vielfach mit den Humanisten und nahm als Dichter und 
Satyriker an ihren gelehrten Arbeiten Antheil. Mit Celtes 
war er schon frühzeitig (seit 1490) in lebhaften Verkehr 
und Freundschaft getreten und sie richteten an einander 
Gedichte. Wenn auch nicht ausdrücklich sich angegeben 
findet, dass Eutyches Mitglied der Rheinischen Sodalität 
war, so ist es doch höchst wahrscheinlich. Auf seinen ärzt- 
lichen Wanderungen ist er wohl auch öfter nach Wien ge- 
kommen und seine dortigen humanistischen Freunde nahmen 
ihn bei solcher Gelegenheit in ihren gelehrten Verein auf. 
Dass er Mitglied der mathematischen Gesellschaft Collimi- 
tiana gewesen, wird von Denis angegeben, aber es ist dieses 
schon aus dem Grund zu verwerfen, weil Tannstetter letztere 
Sodalität erst 1508 oder später gestiftet hat, nach dem Tode 
des Celtes, Eutyches aber schon 1507 in Frankfurt als 

städtischer Arzt gestorben war. 

28* 



436 Die Mitglieder der gelehrten Donatigesellschaft. 

Von seinen Schriften ist bis jetzt keine durch den Druck 
veröffentlicht worden, wenn man einige kleinere dichterische 
Productionen ausnimmt, die in Werken seiner Freunde als 
Beigaben erschienen sind. Trithemius, der Abt von Spon- 
heim, der ihm die Bezeichnung Professor egregius gibt, 
meldet, dass er vieles geschrieben habe, darunter Satyrisches 
und ein Gedicht zur Lobpreisung der heiligen Jungfrau. ^) 



C. Sonstige Mitglieder der gelehrten Donangesellsehaft. 

Ohne Zweifel gehörten zur Sodalitas Danubiana noch 
andere Humanisten als Mitglieder, welche weder unter den 
Verfasser der Episodien, noch in der Cuspinianischen In- 
schrift genannt werden. Von den Wiener Universitäts- 
Professoren wissen wir, dass jedenfalls zu den Sodales ge- 
hörten der Wiener Arzt Johann Tichtel aus Grein 2) und 
der Mitvorsteher des Collegium poetarum und gekrönte 
Dichter Vincentius Longinus Eleutherius (Vincenz Lang 



^) Nachrichten über ihn erhalten wir bei Trithem. Script, eccl. ed. 
Fabr. Nr. 925, des Eutyches Briefe an Celtes d. d. Augsburg 9. April 
1496 mit einem Gedichte, und d. d. ex Moguntiaco (Endlicher liest falsch ex 
Monaco) 29. August 1496. Ein Epigramm von ihm an Celtes findet sich 
des letzterem Panegyricus ad duces Bavariae vorgesetzt. Celtes richtet 
an ihn mehrere Oden lib. II. od. 14. lib. III. od. 1.3 u. 16. Vgl. Asch- 
bach, WaBdeningen des C. Celtes S. 125. Kriegh, deutsch. Bürgerthum im 
Mittelalter S. 51 spricht von seiner ärztlichen Praxis und seinem Tod in 
Frankfurt nach städtischen archivalischen Quellen. Denis, W. B. G. S. 10 
und Merkw. der Garell. Bibl. S. 240 gibt wie Klüpfel Vit. Celt. I. 42 
irrthümliche Nachrichten. Letzterer glaubt, Eutyches habe ursprünglich 
den deutschen Namen Selig geführt. 

2) TichtePs Brief an Celtes d. d. Wien 6. Februar 1493 im Cod. epist 
Celt. und Ode des Celtes an ihn Odar. Üb. III. 3. Ueber Tichtel ist 
alles zusammengestellt in der Schrift von Th. G. v. Karajan: Joh. TichteVs 
Tagebuch. Wien 1855. 



Die Mitglieder der gelehrten Donangeseilschaft. 437 

aus Freistadt in Schlesien). ') Die Humanisten Velocianus 
(Kesch aus Krems) und Georg Collimitius (Tannstetter 
aus Rain in Baiern) müssen ebenfalls dazu gezählt werden, 2) 
wie auch der Schwabe Johannes Foeniseca (Mader) aus 
Augsburg, ein des Griechischen kundiger Polyhistor, der 
in Wien im letzten Decennium des XV. Jahrhunderts 
den classischen Studien oblegen {latte. ^) Dass der kaiser- 
liche geheime Rath Johann Fuchsmagen dem Vereine 
angehörte, ist unzweifelhaft, da Geltes ihn und den Johann 
Krachenberger als die Principes der Sodalität anführt. *) 
Auch Maximilians I. Geheimschreiber und Biograph Joseph 
Grünpeck^) muss dazu gezählt werden. 

Zu den weiteren, ausserhalb Wien wohnenden Sodales 
sind noch zu rechnen: der gekrönte Dichter Magister Jacob 
Ganter aus Friesland, der in Böhmisch- Krumau lebte, ^) 
der Magister Petrus Tritonius, ein ausgezeichneter Musiker 
und Compositeur und Vorsteher einer lateinischen Schule 
in Brixen, ') der Graf Bernhard von Waldkirch in Augs- 



') Vgl. oben Buch I. Abschn. 3 S. 67 und bei den Schriften des 
Celtes: Ludus Dianae S. 241. 

2) Vgl. oben S. 273 und 410. 

3) Rhein. Nat. Matrik. ad ann. 1494: Joh. Mader ex Augusta, homo 
graece et latine doctua. Vgl. Schier fol. 35. Wird auch als Censor 
literariae sodalitatis Danubianae beim Druck der Celtes'schen Rhapsodia 
(1504) angeführt. 

*) Vgl. oben Buch I. Abschn. 3 S. 73 und Buch II. Leben des 
Celtes S. 237. 

^) Seine Briefe an Celtes d. d. Augsburg 29 Oct. 1496 und München 
20. October 1503 im Cod. epist. Celtic. Vgl. Schier fol. 45. Kink I. S. 207, 
n. 239. 

6) Seine Briefe an Celtes im Codex epistol. Celt. lib. IL ep. 11. 
IIL ep. 2. VIL ep. 30. VIIL ep. 1. In einem Briefe bittet er Celtes: 
dignare me asscribere sodalitati vestrae. 

7) Vgl. Buch I. Abschn. 3 S. 80 und Buch IL bei der Schrift 
des Celtes Melopoeae S. 249, wo auch die Rede ist von den beiden 
Briefen des Tritonius an Celtes. Dass er zur Sodalität gehörte, wird aus- 



438 Die Mitglieder der gelehrten Donaugeäellscliaft. 

bürg ^) und endlich die berühmten und in den classischen 
Sprachen wohl bewanderten Patricier Willibald Pirkheimer 
in Nürnberg 2) und Conrad Peutinger in Augsburg, 3) beide 
mit Celtes auf das Innigste befreundet. Wir erhalten somit 
an 40 mit Namen bekannten Mitglieder der gelehrten Donau- 
gesellschaft, zu welchen ohne Zweifel noch manche von den 
Wiener und auswärtigen Humanisten, wie sich vermuthen 
lässt, gezählt werden könnten. Die namhaften Wiener 
Humanisten und Dichter Rudolf Agricola, Udalrich Fabri, 
Philipp Gundelius, Georg Logus, Velius Ursinus, Joachim 
Vadianus aber waren keine Sodales, da ihre Wirksamkeit 
an der Universität erst beginnt, als bereits die Donau- 
gesellschaft aufgelöst war. 



drücklich auf dem Titel des zu Augsburg im J. 1507 erschienenen musika- 
lischen Werkes bemerkt. 

') Celtes widmete ihm seine Ode 12 im S. Buch: Waldkirch's drei 
Briefe an Celtes d. d. 10. December 1492. 4. September H94 und Augsb. 
29. October 1496 kommen im Cod. epist. Celt. vor. 

2) Vgl. Art. Pirkheimer in der Allg. Encycl. v. Ersch u. Erhard, 
W. Pirkheimer, in der Eleutheria 1820. 

3) Schier fol. 42. Herberger. Conr. Peutinger. Augsb. 1851 und oben 
Buch II. im Leben des Celtes: Tabula Peutingeriana S. 269. 



Das Collegium poetarum et mathematicorum an der 

Wiener Universität, 

gestiftet durch Kaiser Maximilian I. 

Maximilianus divina favente dementia Romanorum rex 
semper Augustus, ac Hungariae, Dalmatiae, Croatiae Rex, 
Archidux Austriae etc. etc. Ad perpetiiam rei memoriam 
notiim facimas tenore praesentium universis: cum post 
susceptum divino auspicio Caesareae Majestatis titulum, 
officii nostri imprimis esse duxerimus ad ea singula animum 
intendere, quae et reipublicae nostrae decori et ornamento 
perpetuo esse arbitramur, et nationem nostram Germanicam 
ac domum Austriae, ex qua orti sumus, quantis possemus 
honoribus apud omnes gentes et posteritatem notas facere- 
mus : id potissimum occurrit pro aeternitate litterarum ne- 
cessarium in humanis rebus fore, ut populis et urbibus 
nostris, Romanarum litterarum gymnasia, laudato ordine et 
Romano more statueremus ; unde publicarum rerum Modera- 
tores et Rectores ut plurimum excellentes prodiere, qui 
veterum rerum gestarum lectione facti prudentiores , bene 
et beate vivendi rationcs multa experientia scripsere : directis 
itaque a Nobis in nostro Viennensi Gymnasio civilis juris 
lectionibus, cum in Poetica et Oratoria arte nihil hactenus 
ibi instituerimus, decrevimus pro ipsius Universitatis 
nostrae augmento, collegium poetarum ibidem, pri- 
scorum Imperatorum nostrorum more, erigere, abolitam- 



440 Collegium poetarum. 

que prisci saeculi eloquentiam restituere. Itaque pro 
hac re provehenda et initianda duos et in Poetica Oratoria, 
duos veio in mathematicis disciplinis eruditos ad 
ipsum collegium dcputamus. Inter quos eum, quem pro 
tempore Lectorem ordinarium in Poetica constitue- 
mus, volumus eidem collegio praeesse: quem etiam 
praesentibus nostris ipsius collcgii et lectionum Super- 
intendenten! facimus et creamus. Quo autem praefatum 
collegium uberiori a nobis gratia et privilegio decoretur 
resque ipsa felici gradu debitum sumat incrementum pro 
honore nostro et dignitate augenda Universitatis Viennensis, 
Caesarea nostra autlioritate ac motu proprio praefatum col- 
legium hoc praesenti privilegio ac praerogativa decoramus: 
ut quicunque in praefata Universitate nostra Viennensi 
in Oratoria et Poetica studuerit, laureamque con- 
cupiverit, is in praenominato collegio diligenter 
examinatus, si idoneus ad id munus suscipiendum 
babitus et inventus fuerit, per honorabilem, fidelem, 
nobis dilectum Conradum Celtem, per genitorem 
nostrum Pridericum tertium divae memoriae, primum inter 
Germanos Laureatum Poetam et modo in Universitate 
nostra Viennensi Poetices ac Oratoriae lectorem ordinarium: 
ac dein per successores ejus, qui pro tempore collegio prae- 
fuerint, Laurea coronari possit: sicque per eum et suc- 
cessores ejus laureatus pro Poeta ab omnibus habeatur et 
celebretur, omnibusque privilegiis et insignibus, quibus 
caeteri Poetae Laureati fruuntur qualibet consuetudine vel 
de jure, uti et gaudere possit, ac si manibus nostris ea 
dignitate fuisset insignitus. Cujus rei tenore praesentium 
damus, concedimus et impertimur nostro Caesareo jure eidem 
legenti Poetae ordinario, ut praedictum est, omnimodam 
authoritatem , non obstantibus quibuscunque legibus, sta- 
tutis, consuetudinibus, ordinationibus, aut aliis quibuscunque 
in contrarium facientibus. Keservato tamen Nobis nihilo- 



Collegium poetamm. 441 

minus jure Poetas coronandi , quos idoneos duxerimus : 
potestati etenim nostrae per hoc privilegium nequaquam 
derogamus. NuUi ergo omnino hominum liceat hanc nostrae 
concessionis et ordinationis paginam infringere aut ei ausu 
temerario contraire. Si quis vero id attentare praesumpserit, 
poenam indignationis nostrae gravissimae ac quinquaginta 
Marcarum auri puri irremissibiliter se noverit incursurum: 
quam medietatem imperiali fisco nostro ac reliquam partem 
praefato collegio decernimus applicandam, harum testiinonium 
litterarum sigilli nostri consueti appressione munitarum. 
Datum in oppido nostro Bolzano pridie Kalendas Novembris, 
Anno Domini Millesimo quingentesimo primo, regnorumi 
nostrorum Romani sextodecimo, Huugariae vero duodecimo. 
(Aus dem Original im Univ. Archiv abgedr. im Conspect. 
univ. Vienn. IL 65 u. bei Kink II. nr. 42 p. 305.) 



m. 

Testament des Conrad Celtes 

(mit Weglaasung einiger unwesentlichen Stellen am Eingang und Scbluss). 

— — Ego Conradus Celtis artium et philosophiae 
doctor, imperatoriis manibus laureatiis poeta in florido 
studio Viennensi poetices lector Ordinarius etc. Per dei 
gratiam. Sanus mente, sensu, visu, et intellectii, licet cor- 
pore langucns in meam substantiam qiiantumvis exilem 
ab omnipotenti deo mihi concessani, dum mens mea integra 
atque in sua perfectaque dispositione consistit : de meis 
bonis disponere volens, ne post mortem scandalum oriatar : 
maxime cum pro salute animae meae et gloria dei omnibus 
melioribus, modo, via, jui*e et forma, quibus melius potui et 
possum licuit et licet banc meam voluntatem adscriptam 
reducere volui et curavi in hunc modum qui sequitur : In 
primis quidem aniiüam meam humiliter et devote omnipotenti 
deo ejusque gloriosissimae matri Mariae semper virgini, toti- 
que coelesti curiae recommendo et corporis mei, dum anima 
mea ab eo fuerit soparata, sepulturam eligo in ecclesia vel 
coemiterio S. Stephani, cum impensa funeris et conductione 
ejusdem et celebratione anni honesta juxta consuetudinem 
laudabilem hujus nostrae universitatis Vionnensis. 

Item ego jure legati relinquo universitati floridae studii 
Viennensis privilegium creandi'poetas laureatos per lectorem 
ordinarium poeticae, quod ab invictissimo Principe Roma- 



Testament des Courad Celtes. 443 

norum Imperatore Maximiliano, semper Augusto, propriis 
impensis impetravi, similiter et lauream argenteam cum 
sigillo argenteo eidem universitati relinquo, rogo tarnen ut 
etiam, cum officia pro defunctis publicis stationibus cele- 
brantur, pro salute animae meae rogetur. 

Item ego jure legati relinquo et lego omnes meos libros 
praeterquam duos, quos dominus Joannes Krachenberger, 
ut sequitur, elegerit, universitati seu facultati artium ad 
librariam ex opposito coUegii in hospitali novo, tali condi- 
tione, ut in usum publicum reponantur, nee ulli liceat 
eosdem transferre: immo si quisquam eos transferre vellet 
liceat, immo de jure testamentarii mei deputandi, vel post 
eorum mortem Stipendiat orum Bui'sae Lilii superin tendentis 
repetere debent et in usum praefatorum stipendiatorum ad 
publicam eorum librariam reponantur. 

Item ego jure legati relinquo praedictae Universitati ad 
librariam praedictam tam sphaeram solidam superticiei coe- 
lestis quam terrae cum Ptolemaeo Graeco, quae etiam in 
publicum usum ponantur. 

Item volo et ordino, ut si qui libri mei prius haberentur 
in libraria universitatis seu facultatis, quod illi mei qui 
prius habentur, reponantur, ad stipendiatos Bursae Liliorum 
pro usu stipendiatorum. 

Item quoniam humanum est errare, volo et rogo, ut si 
aliquando scriptis meis quemquam ofiFenderam, antequam 
hujusmodi mea opera impressioni dentur, quod hujusmodi 
offensa emendetur, ne cuiquam ex opera mea et studio 
quovis modo honoris vel famae jactura accedat. 

Item ego ordino et jure legati relinquo, quod famulus 
meus pro suo servitio legaliter contentetur. 

Item volo, ut opera mea, quae hactenus non sunt im- 
pressa, postquam sicut permittitur per bonos amicos et doctos 
censores visa fuerint, ad Augustam mittantur et illis domino 
doctori Conrado Peutinger, Prothonotario et Jo. Reymann 



444 Testament des Conrad Celtes. 

de Ehringen impressori librorum praesententur et apud eum 
curetur, ut imprimantur in coinmunem studiorum utilitatem. 

Item si pro exequiis meis honeste celebrandis aliqua 
pecuoia deficeret, extimc de vestibus meis et suppelectili 
habeatur quae pro exequiis meis celebrandis sufficiat. 

Item rogo et volo, ut mei executores cum adjutorio 
universitatis et facultatis, si alias mihi pro salute animae 
meae memoriam ad S. Stephan, instituant. 

Item ego lego domino doctori Conrado Peutinger 
Itinerarium Antonini Pii, qui etiam eundem nunc habet, 
volo tanren et rogo, ut post moitem ejus ad usum publicum 
puta aliquam librariam convertatur. 

Item schedulae et practicae meae volo maneant in 
lectorio S. Annae, quamdiu Aula in usum lectoris manserit, 
si autem lectorium esse, desineret, extunc reponantur ad 
aulam collegii ducalis. 

Item quonium ego adhuc sum debitor domini Jo. 
Krachenberger volo, ut eligat duos vel tres libros sibi pla- 
centes, quos pro se teneat, quamquam ad summam non 
extendat et rogo humiliter, ut quia reliquos in usum publi- 
cum deputaverim, meam voluntatem non infringat, tarnen 
omnino contentetur. Lego autem etiam eidem timicam meam 
fuscam de Schammelotto, item etiam lego Schubam de 
viridi Atlas. 

Item reliqua mea bona puta vestes et utensilia ven- 
dantur et pecunia convertatur in pios usus pro missis le- 
gendis et paupcribus subveniendis praecipue scolaribus. 

Item census de domo S. Annae est nunc per me solutus 
usque ad f. s. Georgii etc. 

Dat. 24. Januar 1508 in domo S. Annae. 

Conrad. Celtes, 
in poetica in studio Viennensi lector Ordinarius. 

Ulricus Kastner, Not. publ. 



Testament des Conrad Celtes. 445 

Testes: Ladislaus Suntheim ex Ravenspurg, Canon. 

Vienn. 
Magister Jo. Croner (confessor Celtis). 
Matthaeus Halbgwachs. 
Achatius (Celtis servitor). 

Executores: Jo. Krachenberger, Pronotar. 

Martinus de Cibinio [CapiniusJ, art. et Jur. Dr. 
Thomas Resch, art. Mag. et Theol. Bacc. et 

poet. laureat. 
Stephan. Rosinus^ philos. Mag. et Theol. Bacc. 

[Nachträgliche Bestimmungen.] 

Volo etiam, ut fratres Praedicatores contententur de 
libro, qui quatuor Evangelia graeca continet, quem con- 
cesseram Episcopo Wormatiensi, secundum quod retuli Ma- 
gistro Stephane Rosino et fiat commutatio pro eo quousque 
ipso solvantur. — Dominus Olomucensis habet duas sphaeras 
et cosmographiam Graecam Ptolemaei, Episcop. Worma- 
ciensis habet quatuor evangelia graeca, senior capituli 
Wormaciensis dominus de Helm Stadt praestitit Chiro- 
graphum, qui jacet in monasterio Praedicatorum Heidel- 
bergae. Item Mamarius habet novem scutellas stanneas. et 
novem discos, item quatuor libros Priscianum, Papiam, 
Ovidium et Transformationes in pergameno, item Itinera- 
rium Anton ini, item perforatam patellam. Item Itinerarium 
Antonini est apud dominum Peutinger. ^) 



') Das Original des Celtes'schen Testaments, das anf dem Wiener 
Universitäts- Archiv aufbewahrt war, ist verloren. Eine Abschrift davon 
befindet sich noch auf demselben Archiv, wie auch auf der Freiburger 
Universitäts - Bibliothek beim handschriftlichen Nachlass Klüpfers. Vor 
wenigen Wochen entdeckte der Wiener Universitäts-Rector , Herr Hof- 
rath Langer in einem entlegenen Archivwinkel eine ganz mit Staub 
bedeckte hölzerne Cistula. Die auf dem Deckel angeheftete Aufschrift aus 
dem J. 1508 gibt als den Inhalt der Cistula an: Privilegia des Kaisers 



446 Tefltnment des Conrad Celtes. 

Maximilian fiir Celtes in Bezug anf die Dichterkrönnng, den dazu ge- 
hörigen silbernen Lorbeerkranz und das silberne Sigillum. Das Behältniss 
war angefüllt mit Schriftstücken aus früherer und späterer Zeit, aber von 
dem Maximilianischen Privilegium, dem Celtes'schen Testament, dem Lor- 
beerkranz, dem Siegel, welche Dinge ohne Zweifel in dem abgesonderten 
unteren Boden gewesen waren, fand sich nichts vor. Die Cistula hat ein 
künstlerisches Interesse durch die Farbenbilder, welche an den vier 
äusseren Seitenwänden angebracht sind: eines davon stellt den gekrönten 
Dichtergott Apollo mit der Geige auf dem Pamassus dar; es ist ähnlich 
dem A. Dürer'schen Ilolzschnitte von dem Gotte Apollo mit der Geige in 
der Celtes'schen Ausgabe der Melopoiae vom J. 1507 (vgl. oben S. 251), 
wie auch der RaphaePschen Darstellung desselben Gegenstandes, die aber 
später gemalt worden ist. Die Deckel- Aufschrift der Cistula lautet: Privi- 
legia divi Maximiliani Romanor. Imperatoris Archiducis Austrie etc. 
Achademie Viennen. pro laureandis poetis concessa ductu ac industria 
insignis et primi Germanie laureati poete Conradi Celtis, qui ob innatam 
virtutem laurum cum sigillo argenteo eidem Achademie dono dedit: nulli 
absque consistorii consensu communicanda. Anno 1508. 



IV. 



ßectoren der Wiener Universität von 1466 bis 1520. 



1466 



1467 



1468 



1469 



1470 



1471 



1472 



U73 



1474 



1475 



1476 



1477 



1478 



1479 



Apr. 


14 


Mag. 


Oct. 


13 


n 


Apr. ] 


14 


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Oct. ] 


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Apr. 1 


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Oct. 1 


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Apr. 1 


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Apr. 1 


4 


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13 


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13 


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Apr. 1 


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13 


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Apr. 1 


14 


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Oct. ] 


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Apr. ] 


14 


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13 


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Apr. 1 


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Apr. 1 


14 


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Oct. 1 


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Apr. ] 


14 


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Oct. 


13 


n 


Apr. 


14 


n 


Oct. : 


13 


r 



Wolfgang de Ilerzogenbnrga, utritisqne Jur. Dr. 

Nicolaus de Ratisbona, Med. Dr. 

Johann Harrer de Heilbronn, Tlieol. Lic. 

Wolfgang de Eggenburga, Tbeol. Prof. 

Nicolaus de Kreuzenacli, Decr. Dr. Theol. Prof. 

Caspar Griessenbeck II., Med. Dr. 

Rupert Weissenburger de Bruckh, Theol. Lic. 

Andreas de Pottenbrunn, Theol. Prof. 

Augustin de Elbing, Decr. Dr. 

Nicolaus de Ratisbona II., Med. Dr. 

Johann Goldner. 

Paul Leubmann de Mellico IV., Theol. Prof. 

Johann Huber de Freinstadt II., Decr. Dr. 

Hermann Haym II. de Rotenburg, Med. Dr. 

Petrus de Corona, Theol. Lic. 

Nicolaus de Kreuzenacli IL, Decr. Dr., Theol. Prof. 

Michael Lochmayr de Haideck. 

Martin Ileinzel de Memmingen, Theol. Prof. 

Leonhard Frumann ex Hirschau, Theol. Bacc. 

Andreas de Potenbrunn IL 

Leopold Pranz, Decr. Dr. 

Michael Manesdorfer ex Vienna, Med. Dr. 

Bartholomäus Tichtel ex Grein, Theol. Lic. 

Johann Harrer IL 

Johann Huber III. 

Bernhard Perger ex Stanz, Decr. Bacc. rect. Schol. 

St. Stephan. 
Johann Goldberger de Wien, Theol. Bacc. 
Johann de Phorczheim, Theol. Prof. 



448 



Rectoren der ÜniTersität. 



1480 Apr. 14 Mag. 





Oct. 


13 


n 


1481 


Apr. 


14 


n 




Oct. 


13 


71 


1482 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


n 


1483 


Apr. 


14 


r» 




Oct. 


13 


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1484 


Apr. 


12 


r 




Oct. 


13 


n 


1485 


Apr. 


14 


n 




Oct. 


13 


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1486 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


« 


1487 


Jan. 


25 


n 




Apr. 


7 


n 




Oct. 


13 


n 


1488 


Apr. 


14 


n 




Oct. 


13 


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1489 


Apr. 


14 


r 




Oct. 


13 


n 


1490 


Apr. 


14 


V 




Oct. 


13 


V 


1491 


Apr. 


14 


n 




Oct. 


13 


n 


1492 


Apr. 


14 


n 




Oct. 


13 


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1493 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


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1494 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


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1495 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


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1496 


Apr. 


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Oct. 


13 


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1497 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


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1498 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


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1499 


Apr. 


14 


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Oct. 


13 


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1500 


Apr. 


14 


9 




Oct. 


13 


n 



Johann Kaltenmarkter ex Salceburgo, Decr. Lic, 

Theol. Bacc. 
Briccius Preprost de Cilia, Theol. Lic. 
Paul de Stoekerau, Theol. Lic. 
Nicolaiis de Kreuzenach III. 

Martin Wölfel de Sitzendorf, Decr. Dr., Theol. Bacc. 
Paul Urssenbeck ex Teckendorf, Med. Dr. 
Oswald Ludovici ex Weikersdorf, Decr. Dr., Theol. Bacc. 
Michael Lochmayr II. 
Kilian Hom, Decr. Dr. 
Paul Urssenbeck II. 
Leonhard Fruman II. 
Johann Harrer III. 
Johann Kaltenmarkter II. 

Udalricus Eberhardi ex Neuburga Claustrali, Med. Dr. 
Bartholomäus Tichtel II. 
Thomas Wiener ex Neuburga I^orensi. 
Bartholomäus Tichtel III. 

Hieronymus Hollenbrunner ex Vienna, Decr. Dr. 
Fridericus Gräsl ex Heidenheim, Med. Dr. 
Leonhard Müller ex Novo Foro, Theol. Bacc. 
Johann Harrer IV. 
Johann Kaltenmarkter III. 
Bartholomäus Steher ex Vienna, Med. Dr. 
Georg Pattersdorfer ex Wasserburg, Theol. Bacc. 
Briccius Preprost de Cilia II. 
Martin Wölfel de Sitzendorf II. 
Fridericus Gräsl II. 
Eberhard de Hartberg, Theol. Bacc. 
Johann Kaltenmarkter IV. 
Michael Rarkoch de Mistelbach, Theol. Bacc. 
Wolfgang Hymler de Mellico, Med. Dr. 
Johann Burger ex Eggenburga. 
Johann Kaltenmarkter V. 
Johann Chekmann ex Haugsdorf, Decr. Dr. 
Johann Burger II. 

Valentin Kraler ex HoUabrunn, Theol. Dr. 
Briccius Preprost III. 
Wenceslaus Mandl ex Budweis, Decr. Dr. 
Georg Lantsch de Ellingen, Theol. Bacc. 
Caspar Frid burger ex Rosenberg. 
Oswald Ludovici ex Weikersdorf II. 
Gabriel Gutrater de Laufen, Jur. Lic. 
Johann Cuspinianus de Schweinfurt, Med. Dr. 



Eectoren der Universität. 449 

1501 Apr. Mag. Christoph Külber ex Grätz, Theol. Bacc. I. 
Oet. „ Johann Kaltenmarkter VI. 

1502 Apr. n Johann Chekmann II. 

Oct. „ Wilhelm Puelinger ex Wising, Med. Dr. 

1503 Apr. „ Fridericus Princeps Teschinenses etc. 
Oet „ Christoph Külber II. 

1504 Apr. n Johann Stephani Renas ex Constantia, Jur. Dr. 
Oct. „ Johann Trapp de Wien, Theol. Dr. 

1505 Apr. „ Wolfgang Mosnauer ex Wels, Decr. Lic. 
Oct. „ Johann Trapp II. 

1506 Apr. „ Johann Wisinger Patav., Med. Dr., f 10. Dec. 
Oct. „ Michael Sartoris de Premarthon, Med. Dr. I. 
Dec. „ Georg Prenner, Jur. Can. Dr. 

1507 Apr. „ Michael Sartoris de Premarthon II. 
Oct. ^ Johann Chekmann ex Schillingstadt I. 

1508 Apr. „ Theodoricus Rhenanus ex Schlettstatt, Jur. Dr. 
Oct. „ Michael de Premarthon III. • 

1509 Apr. „ Thomas Resch de Krembs, Theol. Bacc. 
Oct. „ Christoph Külber III. 

1510 Apr. „ Udalricus Kauffmann de Campiduno, Jur. Dr. 
Oct. „ Franciscus Sforzia, Mediol. Dux. 

1511 Apr. „ Johann Chekmann II. 
Oct. „ Thomas Resch II. 

1512 Apr. „ Johann Angerer ex Budweis, Jur. Can. Dr. 
Oct. „ Georg Tannstetter ex Rain, Med. Dr. 

1513 Apr. „ Sebastian Tenckh ex Fronleiten, Theol. Bacc. 
Oct. „ Johann Trapp III. 

1514 Apr. „ Georg Prenner II. 
Oct. „ Johann Trapp IV. 

1515 Apr. „ Christoph Külber IV. 
Oct. „ Johann Chekmann III. 

1516 Apr. „ Victor Gamp ex Wien, U. Jur. Dr. 

Oct. „ Joachim Vadianus ex S. Gallo, Med Dr. 

1517 Apr. „ Johann Hueber ex Ebersperg, Theol. Bacc. 
Oct. „ Christoph Külber V. 

1518 Apr. „ Udalricus Kauffmann II. 

Oct. „ Leopold de Jordanis ex Vienna, Med. Dr. 

1519 Apr. „ Martin Edlinger, Theol. Lic. 
Oct. „ Christoph Külber VI. 

1520 Apr. „ Udalricus Kauffmann III. 

Oct. „ Johann Wenzelhauser, Med. Dr. 



V. Aschbacb, Geschichte der Wiener Univers. 11. 29 



V. 



Secane der vier Facultäten von 1466 bis 1520. 



1466 


Th. 


Apr 


. Jacob von Wuldersdorf. 


Oct. 


Wolfgang von Eggenburg. 


t 


Jur. 


n 


Alexius Tuner II. 


ft 


Johann Hueber V. 




Med. 


Tl 


Nicolaus Molitor I. 


n 


Michael Puff X. 




Art. 


r> 


Conrad Salder HI. 


Tt 


Martin HainzL 


1467 


Th. 


n 


Joh. Kaufmann O. Cist. 


»1 


Nicolaus von Creuzenach I. 




Jur. 


« 


Alexius Tuner III. 


» 


Wolfgang V. Herzogenburg. 




Med. 


r> 


Pangraz Creutzer X. 


n 


Caspar Griessenbeck III. 




Art. 


r 


Johann von Trumpah. 


T) 


Wolfgang Herding. 


1468 


Th. 


n 


Andreas Schüssel I. 


n 


Leonhard Huntpichler, O. 
Praed. V. 




Jur. 


n 


Johann Hueber VII. 


r^ 


Georg Steuerecker III. 




Med. 


r» 


Johann Spardorfer III. 


r\ 


Nicolaus Molitor II. 




Art. 


» 


Rupert Weissenburger II. 


rt 


Christoph Perschacher. 


1469 


Th. 


rt 


Johann Harrer I. 


n 


Rupert Weissenbui^er I. 




Jur. 


» 


Kilian Hom I. 


n 


Stephan Gerung I. 




Med. 


T1 


Johann von Seligenstadt I. 


rt 


Hermann Haym IV. 




Art. 


n 


Johann Goldner. 


y 


Johann Point Veyhinger I. 


1470 


Th. 


n 


Joh. Kaufmann 0. Cist. II. 


T) 


Nicolaus von Creuzenach II. 




Jur. 


r» 


Leopold Pranz I. 


r\ 


Johann Hueber VIII. 




Med. 


y» 


Michael Puff XI. 


r» 


Pangraz Creutzer XI. 




Art. 


r 


Stephan Murr. 


fl 


Paul Tag. 


1471 


Th. 


T> 


Johann Harrer H. 


T> 


Thomas Wölfel II. 




Jur. 


n 


Georg Steuerecker IV. 


r> 


Kilian Hom II. 




Med. 


T» 


Caspar Griessenbeck IV. 


T> 


Johann Spardorfer. IV. 




Art. 


n 


Peter Göttfart. 


n 


Leopold Egerer IV. 


1472 


Th. 


» 


Nicol. V. Creuzenach III. 


r\ 


Rupert Weissenburger II. 




Jur. 


71 


Augustin von Elbing I. 


n 


Leopold Pranz II. 




Med. 


n 


Nicolaus Molitor III. 


« 


Johann von Seligenstadt II. 




Art. 


n 


Martin Prunner I. 


r> 


Wolfgang Haindl. 



Decane der vier Facultäten. 



451 



1473 Th. 


Apr. 


Johann Harrer III. 


Od 


Jiir. 


T) 


Leopold Franz III. 


» 


Med. 


r» 


Christoph Kreutzer I. 


n 


Art. 


V 


Georg Czingl. 


n 


1474 Th. 


*» 


Nicolaus V. Creuzenach V. 


Y> 


Jur. 


V 


Wolfgang von Herzogen- 
burg IV. 


n 


Med. 


n 


Michael Manesdorfer I. 


n 


Art. 


»1 


Paul von Stockerau. 


■ « 


1475 Th. 


n 


Martin Hainzel. 


t> 


Jur. 


n 


Georg Andreas von Nissa. 


n 


Med. 


n 


Hennann Haym V. 


1) 


Art 


n 


Stephan von Brück, Suff. 
Barth. Tichtel II. 


n 


1476 Th. 


n 


Andreas Schüssel II. 


rt 


Jur. 


r» 


Johann Hueber IX. 


» 


Med. 


n 


Joh. von Seligenstadt III. 


T» 


Art. 


M 


Johann Point II. 


» 


1477 Th. 


)? 


Nicolaus V. Creuzenach V. 


r» 


Jur. 


n 


Georg Steuerecker III. 


n 


Med. 


r 


Hermann Haym VI. 


V 


Art. 


n 


Peter Frei. 


f) 


1478 Th. 


rt 


Johann Harrer VI. 


n 


Jur. 


n 


Wolfgang Stadler I. 


n 


Med. 


n 


Nicolaus Molitor VI. 


n 


Art. 


r 


Bernhard Perger. 


n 


1479 Th. 


Tl 


Nicolaus V. Creuzenach VI. 


n 


Jur. 


71 


Michael Lochmair II. 


n 


Med. 


n 


Christoph Kreutzer III. 


71 


Art. 


r> 


Leonhard Fruemann II. 


n 


1480 Th. 


rt 


Andreas Schüssel III. 


n 


Jur. 


n 


Kilian Hom IV. 


n 


Med. 


n 


Joh. von Seligenstadt IV. 


» 


Art. 


n 


Leonhard MtiUner I. 




1481 Th. 


r> 


Nicol. V. Creuzenach VII. 


ff 


Jur. 


r> 


Augustin von Elbing II. 


» 


Med. 


n 


Christoph Kreutzer IV. 


r» 


Art. 


V 


Thomas Wiener. 


n 


1482 Th. 


n 


Leonhard Braxatoris 0. 
Carm. I. 


7? 


Jur. 


n 


Martin VVölfel L 


71 


Med. 


« 


Johann Tichtel I. 


» 


Art. 


» 


Johann Diepolt. 


11 



Johann Harrer IV. 
Jodocus Hausner V. 
Nicolaus Molitor IV. 
Leonhard Fruemann I. 
Chrysostomus, O. Praed. I. 
Michael Lochmair I. 

Pangraz Creutzer XII. 
Bartholomäus Tichtel I. 
Rupert Weissenburger HI. 
Hieronym. HoUenb runner I. 
Nicolaus Molitor V. 
Johann Goldner II. 

Johann Harrer V. 
Leopold Pranz IV. 
Christoph Kreutzer II. 
Briccius de Cilia I. 
Johann Point Veyhinger II. 
Kilian Hom III. 
Michael Manesdorfer II. 
Johann Goldberger I. 
Reginald Kemplhofer O. 

Praed. 
Johann Hutter. 
Georg Schöbly I. 
Bartholomäus Tichtel III. 
Joh. Herrenbauer O. Carm. 
Georg Steuerecker VI. 
Hermann Haym VII. 
Martin Pruner II. 
Chrysostomus, O. Praed. II. 
Johann Kaltenmarkter I. 
Oswald von Weikersdorf I. 

Michael Lochmair I. 
Stephan Gerung II. 
Georg Schöbly II. 
Georg Pattersdorfer I. 
Paul von Stockerau. 

Johann Kaltenmarkter II. 
Hermann Haym VIII. 
Briccius de Cilia II. 

29* 



452 



Decane der vier FacnltätAti. 



1483 Th. 


Apr 


'. Barthol. Tichtel I. 


Od 


;. Andreas Schüssel FV. 


Jur. 


>» 


Kilian Hom V. 


« 


Hieron. Hollenbnmner II. 


Med. 


r» 


Johann v. Seligenstadt V. 


•n 


Hermann Haym IX. 


Art. 


r 


Leonhard Fruemann III. 


n 


Oswald von Weikersdorf II. 


1484 Th. 


V 


Rupert Weissenburger IV. 


n 


Nicolaus V. Creuzenach VIII. 


Jur. 


» 


Kilian Hom VI. 


r» 


Wolfgang Stadler III. Suff. 
J. Kaltenmarkter III. 


Med. 


m 


Georg Schöbly III. 


r 


Johann Tichtel II. 


Art. 


r 


Erhard von Hartberg I. 


n 


Johann Goldberger II. 


1485 Th. 


n 


Johann Harrer VII. 


n 


Chrysostomus, O. Praed. III. 


Jur. 


r» 


Leonhard Pranz IV. 


n 


Stephan Gerung III. 


Med. 


r 


Paul Ursenbeck. 


m 


Friedrich Grasl. 


Art. 


rt 


Thomas Wiener II. 


m 


Briccius von Cüly III. 


1486 Th. 


y 


Leonhard. Braxatoris 0. 
Car. II. 


» 


Johann Veyhinger III. 


Jur. 


r 


Wolfgang Stadler II. 


n 


Hieron. Hollenbnmner III. 


Med. 


n 


Johann v. Seligenstadt V. 


n 


Georg Schöbly IV. 


Art. 


r 


Michael Rarkoch I. 


rt 


Leonhard Müllner II. 


1487 Th. 


f 


Michael Lochmayr II. 


n 


Andreas Schüssel V. 


Jur. 


*• 


Johann Kaltenmarkter IV. 


n 


Wolfgang Stadler II. 


Med. 


n 


Johann Tichtl III. 


n 


Frideric. Grasl II. 


Art. 


n 


Oswald von Weikersdorf 

III. 
Nicolaus v.Kreuzenach IX. 


n 


Martin von Karschendorf. 


1488 Th. 


n 


n 


Alexius Puzel. 


Jur. 


T» 


Johann Kaltenmarkter V. 


n 


Johann Kaltenmarkter VI. 


Med. 


n 


Job. V. Seligenstadt VII. 


rt 


Georg Schöbly V. 


Art. 


V 


Johann Goldberger III. 


n 


Oswald Stelzer I. 


1489 Th. 


»» 


Petrus Coma, 0. Min. I. 


»1 


Udalricus Zehetner, O. Pr. t. 


Jur. 


n 


Martin Wolfel II. 


rt 


Stephan Gerung IV. 


Med. 


r» 


Johann Tichtl IV. 


n 


Andreas Voberg I. 


Art. 


r 


Thomas Wiener IIL 


T» 


Mathias Schweller I. 


1490 Th. 


n 


Johann Harrer VIII. 


n 


Johann Veyhinger IV. 


Jur. 


r< 


Hieron. Hollenbrunn IV. 


n 


Johann Kaltenmarkter VII. 


Med. 


T» 


Fridericus Grasl III. 


n 


Johann v. Seligenstadt VIII. 


Art. 


n 


Sixtus Sibenhaar. 


n 


Leonhard Fruemann IV. 


1491 Th. 


r» 


Nicolaus Kreuzenach X. 
Suff. J. Veyhinger IV. 


n 


Bartholom. Tichtl II. 


Jur. 


n 


Martin Wölfel III. 


p 


Martin Wölfel IV. 


Med. 


n 


Johann Tichtl V. 


» 


Andreas Voberg II. 


Art 


r 


Nicolaus V. Rudolfswerth. 


n 


Georg von Grafenwart. 


1492 Th. 


V 


Petrus Coma, O. Minor. II. 


n 


Briccius Preprost von Cilly I. 


Jur. 


v 


Job. Kaltenmarkter VIII. 


1» 


Stephan Gerung V. 


Med. 


n 


Frid. Grasl IV. 


ff 


Barthol. Steher I. 


Art. 


rt 


Leonhard Müllner III. 


1) 


Georg Patersdorfer II. 



Decane der vier Facultäten. 



453 



1493 Th. 


Ap 


Jur. 


j» 


Med. 


n 


Art. 


n 


1494 Th. 


n 


Jur. 


T) 


Med. 


f) 


Art. 


» 


1495 Th. 


n 


Jttr. 


» 


Med. 


« 


Art. 


« 


1496 Th. 


» 


Jur. 


» 


Med. 


« 


Art 


» 


1497 Th. 


n 


Jur. 


V 


Med. 


•n 


Art. 


n 


1498 Th. 


n 


Jur. 


n 


Med. 


n 


Art. 


r> 


1499 Th. 


rt 


Jur. 


V 


Med. 


n 


Art. 


n 


1500 Th. 


n 


Jur. 


yi 


Med. 


n 


Art. 


r? 


1501 Th. 


rt 


Jur. 


V 


Med. 


r. 


Art. 


•n 


1502 Th. 


» 


Jur. 


n 


Med. 


n 


Art. 


n 



Udalric. Zehenter, O. P. II. 
Michael Baumgartner. 
Johann v. Seligenstadt IX. 
Michael Barkoch II. 
Briccius Preprost II. 
Joh. Kaltenmarkter IX. 
Bartholom. Steher II. 
Michael Puesch I. 
Briccius Preprost III. 
Johann Keckmann II. 
Bartholom. Steher III. 
Georg Lantsch I. 
Briccius Preprost IV. 

Christian Stangl II. 
Johann Tichtl IX. 
Oswald Stelzer II. Suflf. 

Math. Schweller II. 
Briccius Preprost V. 
Bartholom. Holkomius. 
Michael Eystetter I. 
Christoph Külber I. 
Eberh. de Clivis, O. Pr. II. 
Christian Stangl III. 
Johann Tichtl X. 
Michael Puech II. 
Johann Ricutius (Camers) 

Ord. Min. I. 
Wenceslaus Mandl 
Michael Eystetter II. 
Georg Lantsch II. 
Oswald V. Weikersdorf I. 
Johann Stephan Reuss I. 
Bartholom. Steher V. 
Caspar Fridburger. 
Briccius Preprost v.Cilli V. 
Johann Keckmann IV. 
Johann Cuspinian I. 
Stephan Tanner I. 
Johann Ricutius (Camers\ 

O. M. II. 
Joh. Kaltenmarkter XII. 
Johann Cuspinian II. 
Johann Pengel. 



» 



n 



Oct. Petrus Coraa, O. Min. III. 
„ Johann Keckmann I. 
„ Johann Tichtl VI. 
„ Erhard von Hartberg II. 
„ Johann Harrer IX. 

Christian Stangl I. 

Johann Tichtl VII. 

Valentin Kraler. 

Petrus Coma, O. Min. IV. 

Johann Kaltenmarkter X. 

Johann Tichtl VIII. 

Mathäus Schweller II. 

Leonhard de Novoforo, Suff. 
Eberh. de Clivis, O. Praed. 

Martin Wölfel V. 

Martin Steinbeis I. 

Georg Pattersdorfer III. 

Petrus Coma, O. M. V. 
Johann Keckmann III. 
Bartholomäus Steher IV. 
Johann Münz. 
Johann Trapp I. 
Johann Kaltenmarkter XI. 
Martin Steinbeis II. 
Primus Pernecker. 
Mathias Schweller III. 

Christian Stangl IV. 
Johann Tichtl XI. 
Georg Patersdorfer IV. 
Johann de Werd, O. Praed. I. 
Philipp Flach perger. 
Johann Markart I. 
Georg Perger. 
Johann de Werd, O. Praed.II . 
Wolfgang Pacliauer. 
Martin* Steinbeis III. 
Christoph Külber II. 
Johann Trapp II. 

Johann Keckmann V. 
Johann Markart II. 
Georg Lantsch III. 



454 



Decane der vier Facnltäten. 



1503 Th. 


Apr 


. Briccius Preprost VII. 


Oc 


Jur. 


Tt 


Georg Mandl I. 


T) 


Med. 


1» 


Wühelm PuUinger I. 


n 


Art. 


n 


Theodoricus Rhenanus. 


n 


1,004 Th. 


n 


Joh. de Werd,O.Praed.III. 


V 


Jur. 


n 


Johann Stephan Reuss II. 


n 


Med. 


n 


Johann Neunnann VI. 


n 


Art. 


n 


Thom. Resch v. Krembs I. 


n 


1506 Th. 


r 


Briccius Preprost VIII. 


n 


Jur. 


r 


Georg Mandl II. 


n 


Med. 


n 


Bartholomaeus Steher VI. 


n 


Art. 


r 


Johann Keckmann I. 


rt 


1506 Th. 


n 


Georg de S. Anna I. 


1) 


Jur. 


» 


Johann Keckmann VII. 


n 


Med. 


r» 


Johann Cuspinian III. 


n 


Art. 


n 


Casp. [Erum.] Sonleutnerll. 


n 


1507 Th. 


» 


Domin. Mann, 0. Praed. I. 


ff 


Jur. 


n 


Thomas Ponzel I. 


f» 


Med. 


n 


Martin Steinbeis V. 


V 


Art. 


' T) 


Stephan Tanner I. 


n 


1508 Th. 


71 


Wolfgang Sack I. 


» 


Jur. 


rt 


Johann Angerer I. 


rt 


Med. 


rt 


Udalrich Cervus. 


» 


Art. 


n 


Conrad Pschlacher. 


n 


1509 Th. 


« 


Georg Lantsch I. 


» 


Jur. 


n 


Johann Keckmann VIII. 


n 


Med. 


« 


Johann Neumann VII. 


V 


Art. 


» 


Johann Hueber I. ' 


r» 


1510 Th. 


n 


Christoph Khülber I. 


» 


Jur. 


n 


Georg Mandl III. 


rt 


Med. 


T> 


Johann Neumann VIII. 


» 


Art. 


n 


Mathias Quäle. 


n 


1511 Th. 


n 


Theodoricus Kauer, 0. 
Min. I. 


V 


Jur. 


tt 


Udalrich Kauffmann II. 


n 


Med. 


r> 


Johann Cuspinian IV. 


n 


Art. 


n 


Georg Ratzenberger I. 


rt 


1512 Th. 


n 


Johann Trapp III. 


n 


Jur. 


n 


Georg Mandl IV. 


r> 


Med. 


n 


Wühelm Pullinger III. 


n 


Art. 


n 


. Georg Tannstetter (CoUi- 


n 



Oswald von Weikersdorf II. 
Jodocus Welling. 
Johann Neumann V. 
Caspar Sonleutner I. 
Joh. Ricutius (famere) O.M. III. 
Johann Keckmann VI. 
Martin Steinbeis IV. 
Wolfgang Sack. 
Joh. Ricutius (Camers) O. M. IV. 
Martin Capinius I. - 
Johann Markart III. 
Achatius Helmprecht. 
Leonh. Teysendorfer, O. Pr. 
Georg Prenner I. 
Wilhelm Pullinger II. 
Wolfgang Oechsl I. 
Valentin Kraler I. 
Thomas Ponzel II. 
Johann Markart IV. 
Sebastian Tenck I. 
Alexander Puzl, O. Praed. 
Udalrich Kauffmann I. 
Martin Steinbeis VI. 
Rupert Arietinus (Hödl) I. 
Georg de S. Anna II. 
Johann Stephan Reuss III. 
Johann Entzianer I. 
Thomas Resch II. 
Johann Pauer, O. C. Suff. 

Georg de S. Anna III. 
Martin Capinius II. 
Martin Steinbeis VII. 
Wolfgang Zoiss. 
Martin Hoppauer, O. Pr. I. 

Johann Angerer II. 
Johann Markart V. 
Wolfgang Heidi. 
Joh. Ricutius (Camera), O. M. V. 
Udalrich Kauffmann III. 

Suff. J. Angerer III. 
Johann Entzianer II. 
Martin Edlinger I. 



mitius). 



Decane der vier Facultaten. 



Jr 

455 



1513 Th. 


Apr, 


Jur. 


n 


Med. 


n 


Art. 


n 


1514 Th. 


n 


Jur. 


v 


Med. 


n 


Art. 


V 


1515 Th. 


n 


Jur. 


n 


Med. 


n 


Art. 


« 


1616 Th. 


n 


Jur. 


n 


Med. 


n 


Art. 


rt 


1517 Th. 


n 


Jur. 


*♦ 


Med. 


n 


Art. 


» 


1518 Th. 


y» 


Jur. 


n 


Med. 


Yl 


Art. 


» 


1519 Th. 


r» 


Jur. 


n 


Med. 


n 


Art. 


r 


1520 Th. 


r> 


Jur. 


n 


Med. 


T) 



Art. 



Valentin Kraler II. 
Michael Apfelbeck. 
Johann Neuiiiann IX. 
Thom. Resch (Vclüciaaus) III. 
Georg Lantsch II. 
Friedrich Harrer I. 
Georg Tannstetter (CoUi- 

mitius) 
Johann Keckmann II. 
Theodoric. Kauer, O. M.II. 
Udalrich Gebhard I. 
Wilhelm PuUinger IV. 
Ambrosius Salzer I. 
Johann Tandel, SuflF. Mart. 

Hoppauer III. 
Georg Mandl V. 
Johann Neumann X. 
Albin Greffinger. 
Johann Ricutius (Camers) 

O. M. VI. 
Udalrich Kauffmann IV. 
Johann Pilhamer. 
Martin Edlinger II. 
Dominic. Mann, O. Pr. III. 
Udalrich Kauffmann V. 
Johann Entzianer III. 
Stephan Maus. 
Christoph Khülber III. 
Victor Gamp. 
Leopold de Jordanis. 
Johann Hueber III. 
Mart. Hoppauer, O. Pr. IV. 
Udalrich Gebhart II. 
Georg Tannstetter (CoUi- 

mitius) II. 
Achatius Peham. 



n 

n 
r) 



Oct. Dominicus Mann, O. Pr. II. 

„ Peter Tanhauser. 

„ Johann Praun I. 

„ Georg Ratzenberger II. 

„ Christoph Khülber II. 

„ Georg Premier II. 

„ Mathias Gasser. 

Johann Hueber II. 
Martin Hoppauer O. M. II.' 
Andreas Harrer I. 
Simon Lazius I. 
Sebastian Tenck II. 
Johann Trapp IV. 

Martin Capinius III. 
Johann Gastgeb. 
Rupert Arietinus Hödl II. 
Valentin Kraler III. 

Andreas Harr er II. 
Johann Wenzelhausen. 
Sebastian Wunderl. 
Georg Lantsch III. 
Udalrich Kauffmann VI. 
Wilhelm Pullinger V. 
Leonhard Schrazhamer. 
Johann Fortis O. C. 
Udalrich Kauffmann VII. 
Simon Lazius II. 
Martin Edlinger III. 
Wolfgang Kranecker, O. C. 
Udalrich Kauffmann VIII. 
Johann Entzianer IV. 

Ambrosius Salzer II. 



T» 

n 
ri 
n 
» 

n 
r> 
n 

n 

n 

v 



VI. 



Procuratoren der TTniversitäts-ITatioiieii. 

Procuratoren der österreichischen Nation. 

Die Matrikel fehlen.') 



Procuratoren der rheinischen Nation. 



1466 Mag. Conr. Mengler, Med. B. Mag. 



1467 
1468 
1469 
1470 
1471 

1472 
1473 

1474 
1475 
1476 
1477 
1478 
1479 



7) 

?» 

n 
n 



Martin Heinzl, Th. B. 
Georg Schöblin, Med. B. I. 
Job. Point Veyhinger, Th. B. 
Bemh. Schleicher, Med. B. 
Joh. Schöma, Th. B. 

Laur. Wisenhofer, Med. Prof. 
Leonh. Hayder, Th. B. 

Joh. Kröll, Med. Dr. 
Laur. Müllner, Th. B. 
Georg Taler, Med. B. 
Georg Botschgay, Th. B. 
Bernh. Schleicher, Med. B. II. 
Joh. Hufnagel, Th. B. 



» 



n 

n 
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Joh. de Müldorf. Art. M. 
Paul Schweicker, Jur. Lic. 
Leonh. Egerer III. 
Conr. Keller, Jur. B. 
Georg Zingl, Th. B. 
Mich. Lochmayr, Th. B. und 

Jur. Lic. 
Leonh. Frumann, Th. B. 
Mich. Lochmayr, Th. B. und 

J. Lic. 
Conr. CentgraflF, Can. Vienn. 
Joh. Pauch, Jur. B. 
Leonh. Frumann, Th. B. II. 
Joh. Kaltenmarkter, Th. Jur. 
Georg Pattersdorfer I. 
Erhard de Horchen, Jur. B. 



1) Locher im Specnltiin nniy. Yindob. p. 175 begiant die Reihenfolge der Pro- 
enratoren der österreichisclien Nation mit dem J. 1561 and der sächsischen Nation mit 
dem J. 1502. Die Matrikel lagen ihm damals schon also nicht mehr vollständig vor. In 
der Broschüre „Personalstand der vier akadem. Nationen der Wiener Universität, Wien 
1858,*' wird S. 87 bemerkt über die alten Matrikelbücher der österreichischen Nation: 
„Die dritte Matrikel der Reihenfolge nach beginnt 1561 und schliesst mit 1653. Diese 
erwähnt zweier älterer Matrikeln, deren eine, die zweite in der Reihenfolge, damals noch 
vorhanden war, die erste aber schon seit 1459 fehlte. Von diesen beiden ältesten 
Matrikeln ist gegenwärtig nicht bekannt, ob sie noch vorhanden seien nnd in wessen 
Händen sie sich befinden*'. 



Procnnitoren der Nationen. 



457 



1480 Mag. 

1481 , 



1482 
1483 
1484 
1485 
1486 
1487 
1488 
1489 
1490 
1491 
1492 
1493 
1494 
1495 



1496 
1497 
1498 
1499 
1500 
1501 
1502 
1503 
1504 
1505 
1506 
1507 

1508 
1509 
1510 
1511 
1512 
1513 
1514 
1515 
1516 
1517 
1518 
1519 
1520 



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Paul Urssenbeck, Med. Dr. Mag. 
Conr. Vassler, Th. B. „ 



Paul Urssenbeck, Med. Dr. II. 
Udalr. Wall, Th. B. 
Frid. Gräsl, Med. Dr. I. 
Andreas Pirkner, Th. B. 
Georg Schöblin, Med. Dr. II. 
Conrad Plier, Th. B. 
Mich. Eiseier, Med. Dr. I. 
Johann Münz, Th. Dr. I. 
Mich. Eiseier, Med. B. II. 
Johann Münz, Th. B. II. 
Bernhard Schlick, Med. B. 
Georg Pattersdorfer, Th. B. IV. 
Frid. Gräsl, Med. Dr. II. 
Johann Münz, Th. B. II. 



Johann Rinkly, Med. Dr. 
Johann Pengel, Th. B. 
Michael Eiseier, Med. Dr. III. 
Bruno Wintersink, Th. B. 
Wilh. Polymnius, Med. Dr. 
Joh. Keckmann, Th. B. 
Georg Lantsch, Th. B. II. 
Johann Markart, Med. Dr. 
Johann Keckmann, Th. B. II. 
Conrad Falck, Med. Dr. 
Johann Keckmann, Th. B. III. 
Wilh. Puellinger (Polymn.), 

Med. Dr. II. 
Georg Razenberger I. 
Georg Tannstetter, Med. Dr. 
Marcus Rustinicus. 
Johann Enzianer, Med. Dr. I. 
Johann Fabri III. 
Simon Lazius, Med. Dr. I. 
Leonh. Schrazhamer, Th. B. I. 
Johann Puechhamer, Jur. Dr. 
Lucas Capher, Th. B. 
Simon Lazius, Med. Dr. II. 
Georg Razenberger II. 
Johann Kulmayr, Med. Dr. 
Georg Razenberger III. 



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Joh. Diepolt, Th. B. 

Joh. Kaltenmarkter, Th. B. 

und Jur. Dr. 
Mich. Roys, Th. B. 
Andr. Gebolf, Jur. Dr. I. 
Georg Pattersdorfer, Th. B. 
Sixtus Heim, Jur. Dr. 
Leonh.Frumann,Th. Lic. III. 
Andr. Gebolf, Jur. Dr. II. 
Sixtus Sibenhar. 
Conrad Pfreindt, Jur. Dr. 
G. Pattersdorfer, Th. B. III. 
Andreas Gebolf, Jur. Dr. III. 
Georg Lantsch, Th. B. I. 

Urban ex Sundeck. 

Wolfg. Löbl, Jur. Dr. Suff. G. 

Pattersdorfer. 
Bernhard Hohenleutner. 
Gabriel ex Laufen, Jur. Lic. 
Theodoric. Rhenanus, Jur. Dr. 
Georg Prenkor, Jur. Dr. 
Johann Fabri I. 
Stephan Lohr, Jur. Dr. 
Johann Pengel, Th. B. 
Johann Hueber. 
Johann Lindner. 
Gabriel Piscator, Jur. Lic. 
Andreas Misbeck I. 
Conrad Krafft, Jur. Dr. 

Christ. Stadler s. Orthueber. 
Georg Gerber, Jur. Dr. 
Johann Fabri II. 
Udalric. Kaufmann, Jur. Dr. 

Frider. Harrer, Jur. Dr. I. 
Conr. Motz. 

Peter Tannhäuser, Jur. Dr. 
Leonh. Schrazhamer,Th.B.II. 
Frid. Harrer, Jur. Dr. II. 
Johann Abhauser, Jur. Dr. 
Andreas Harrer, Jur. Dr. I. 
Sebastian Cunzlin. 



458 



Procuratoren der NatioDen. 



Procuratoren der ungarischen Nation. 



1466 Mag. Andr. de S. Giorgio, Jur. B. Mag. Franc. Kerecker. 
et Canon. 



1467 


ff 


Paul Kinzel. 


V 


Johann de Goldberg, Th. 
B. III. 


1468 


n 


Mich. Kumer, Jur. Lic. 


n 


Ant. Pogner, Th. B. I. 


1469 


T> 


Petrus Raszig. 


n 


Steph. Teuerl. 


1470 


V 


Georg Andr. de Nissa, Jur. 
Lic. II. 


n 


Emerich de Czescheg, Can. 


1471 


n 


Val. de Veresmarton, J. B. II. 


T» 


Daniel Kostelez I. 


1472 


r» 


Hier, de Corona. 


n 


Alb. de Alba Regeli, Th. B. 


1473 


n 


Adam Chempnet, Jur. Dr. 


T> 


Mart. Praner, Th. B. 


1474 


V 


Georg Andr. de Nissa, Jur. 
Dr. III. 


T» 


Mathias de Krumpach. 


1475 


n 


Jacob Schmerz. 


n 


Johann Perchtner II. 


1476 


» 


Ladislaus Czagiulay. 


r» 


Ant. Pogner, Th. B. II. 


1477 


n 


Michael de Schesburk. 


V 


Wenzel ex Budweis. 


1478 


n 


Clemens de Agria, Jur. B. 


n 


Jodoc. Harler I. 


1479 


V 


Aügustin Haschko. 


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Daniel de Kostelez II. 


1480 


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Mathias de Krumpach II. 


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Johann Plankner, Canon. 


1481 


n 


Gregor, de Cibinio. 


j» 


Casp. Kirchpaum I. 


1482 


V 


Casp. Kirchpaum II. 


V 


Petrus Zcokel. 


1483 


V 


Jodoc. Welling, Jur. B. 


n 


Wencesl. Lctoschnik I. 


1484 


V 


Leonh. Chutten. 


n 


Laurent, ex Braunau I. 


1486 


n 


Laurat. ex Braunau II. 


n 


Wencesl. Letoschnik II. 


1486 


n 


Val. Pellifex. 


n 


Simon Kienauer. 


1487 


n 


Georg de S. Anna, Th. B. I. 


V 


Phil. Zondynus. 


1488 


n 


Mathias Knopfloch. 


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Mathias de Krumpach III. 


1489 


J» 


Georg de S. Anna, Th. B. II. 


n 


Johann Angerer, Jur. Dr. 


1490 


r 


Casp. Fridburger I. 


n 


Wencesl. Letoschnik III. 


1491 


n 


Mich. Altenberge r. 


r> 


Laur. Muschinger. 


1492 


n 


Val. Kraus. 


f 




1493 


n 


Jodoc. Harler. 


n 


Casp. Fridburger II. 


1494 


n 


Steph. ChetzeV^r. 


» 


Laur. Clomp. 


1495 


ti 


Sebast. de Zsidazel. 


n 


Jodocus Harler III. 


1496 


n 


Georg de S. Anna,Th. Lic. III. 


1? 


Servatius Beer. 


1497 


n 


Nicol. Babor 


n 


Johann de Mohacz. 


1498 


» 


Georg Mandl, Jur. Dr. I. 


n 


Michael Vitez, J. Dr. 


1499 


n 


Andr. Unverdorben I. 


n 


Andr. Meixner, Jur. Lic. 


1500 


n 


Georg Mandl, Jur. Dr. II. 


n 


Mich, de Premarthon, M. Dr. 


1501 


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Caspar Fridburger III. 


n 


Andr. Unverdorben II. 



Procnratoren der Nationen. 



459 



1Ö02 Mag. 

1503 „ 

1504 . 



1505 
1506 
1507 
1508 

1509 
1510 
1511 
1512 

1513 
1514 
1515 

1516 
1517 
1518 
1519 
1520 



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Georg de S. Anna, Th. Lic. III. 
Martin Capinius, Jur. Dr. 
Johann Stnbenrauch. 

Jacob Vexillifer I. 

Johann Angerer, Jur. Dr. III. 

CyriU Pintha. 

Martin Piladi, SuflF. Jacob 

VexUlifer III. 
Dominicas Albinus. 
Johann Angerer, Jur. Dr. III. 
Melchior Chal. 
Jacob Vexillifer III, Suff. 

Leonhard Dobrohost III. 
Ambros. Salzer, Th. Lic. II. 
Johann Angerer, Jur. Dr. IV. 
Jacob Vexillifer IV. 

Johann Angerer, Jur. Dr. V. 
Johann Aurifaber. 
Oswald Saumer II. 
Johann Angerer, Jur. Dr. VI. 
Oswald Saumer III. 



Mag. 



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Andr. Meixner, Jur. Lic. II. 
Mich, de Premarthon, Med. 

Dr. IL 
Andr. Meixner, Jur. Lic. III. 
Georg de S. Anna, Th. Dr. V. 
Christoph Abortius I. 
Ambros. Salzer, Th. B. I. 

Johann Croner. 
Christoph Abortius IL 
Leonh. Dobrohost, Jur. Lic. I. 
Isidor de Hostun, Jur. Dr. 

Oswald Saumer I. 
Andr. Meixner, Jur. Dr. IV. 
Pet. Sempronius (Sandberg). 
Wolfg. Heiligmayr I. 
Johann Muncko. 
Wolfg. Heiligmayr II. 
Joh. Saginus. 
Christian Borbadin Kyzer. 
Leonhard Dobrohost , Jur. 
Lic. III. 



Procuratoren der sächsischen Nation. 



1502 Mag. 

1503 „ 

1504 „ 

1505 „ 

1506 „ 
1507 
1508 
1509 
1510 
1511 



1512 
1513 



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n 



Johann Praun, Med. Dr. I. Mag. 

Johann Libalt. „ 

Sebastian Tenck. „ 

Christian Stadler. „ 

Th eodoric. Rhenanus, Jur. Dr. „ 

Georg Reichart, Jur. Lic. „ 

WoKgang Oechsl II. „ 

Georg Reichart, Jur. Lic. IL „ 

Gandulf Grussenius I, Suff. „ 

G. Reichart IIL 

Georg Reichart, Jur. Lic. IV. „ 

Georg Reichart, Jur. Lic. V. „ 



Johann Fabri. 

Wolfg. Mosnauer, Jur. Lic. 

Johann Praun, Med. Dr. II. 

Johann Praun, Med. Dr. III. 

Wolfgang Oechsl I. 

Stephan Tanner. 

Johann Hueber, Th. B. 

Johann Aicher. 

Ambros. Salzer, Th. Lic. II. 

Mathias de Dlow. 

Johann Praun, Med. Dr. IV. 

Gandulf Grussenius , succ. 

M. Joh. Salzmann, Med. Dr. 



460 Procura toren der Nationen. 

1514 Mag. Johann Praun, Med. Dr. V. Mag. Melchior Koldiz, succ. M. G. 

Reichart VI. 

1515 „ Johann Praun, Med. Dr. VI. 

1616 „ Georg Reichart, Jur.Lic. VII. „ Fridericua. 

1517 „ Jacoh Widmann. „ Bernhard Otto, Th. B. 

1618 „ Henricüs Grammateus, succ. „ Johanh Praun, Med. Dr. VII. 

G. Reichart VIII. 
1519 „ Hippolyt Ilasenjäger. 
1620 y, Sebastian Einspach. 



EEGISTEE. 



Agricola, Rudolf, Humanist, 68, 

136, 141—145. 
Akademie, s. Donaugesellschaft. 

Akademische Bürger, s. Suppo- 

sita. 
Alantsee, Leonhard und Lucas, 

Buchhändler, 127 fl. 

Alexander VI., Papst, 28, 54. 

Amaltheus, Paulus, Hum., 49. 

Amtstracht der Professoren, 134. 

Anatomie, 91 fl. 

Anemorinus, Wolfgang, Med., 89, 
415. 

Angelus, Joh., Mathematiker, 282, 
342 fl. 

Angerer, Joh., Jurist, 105. 

Anhalt, Prinz Georg von, Procu- 
rator 33. 

Apotheken, 94, 98 fl. 

Appellationen, 24, 116. 

Archimusicus, 81. 

Aristotelische Philosophie, 61 
86. 

Artistische Bihliothek, s. Biblio- 
thek. 

Artistische Facultat, s. Facultät. 

Astrologie, 273, 373, 340. 

Astronomie, 86, 275, 341, 372. 

Augustinus, Olomucensis, 248, 
261, 422. 



Ausgaben römischer Autoren, s. 
Römische Autoren. 

ijakats, Franciscus, Bischof, 108. 

Baibus, Hieronymus, Jur. u. Hum., 

52, 54, 57, 76, 104, 146—169, 

427. 

Berufungen von Professoren, 48, 

51 fll. 
Besoldungen der Professoren, s. 

Stipendia. 
Bibliotheka artistica und B. Uni- 
versitatis, 37 fl., 99, 128, 225, 297, 
412, 443. 
Bischöfe von Wien, 26 fll., 108. 
Bonomus, Franciscus, 54, 55, 432. 

„ Petrus, 432. 

Brückenbursa, s. Bursa Pontis. 
Buchdrucker und Buchhänd- 
ler, 38, 126 fll. 
Bücher-Censur, 111, 116 fll. 
Burger, Johann, Hum., 55, 75, 89, 

170 fl., 433 fl. 
Bursa Agni, 129 fll. 

„ Liliorum, 129, 443. 
„ Pauli, 129. 
„ Pontis, 34, 129. 
„ Rosae, 129. 
„ Silesiorura 129. 
Busch, Joh., Kanzler, 111. 



462 



Register. 



VI am er s, Joh., Hum. u. TheoL, 54, 

87, 115, 118 fl., 172—188, 289, 

300 fl., 370. 
Canonisation des Markgrafen Leo- 
pold, 29. 
Canonist, s. Decretist 
C anter, Jac, Hum., 437. 
Cantzler, Virgil, Kanzler, 111. 
Capinius, Martin, Jnr. und Hum., 

185—188. 
Gelte s, Conrad, Hum., 49, 55, 57, 

78 fll., 189-270, 439 fl., 442 fll. 
Censur, geistliche, 23, 107, 111. 
Check mann, Joh., Jur. u. Theol., 

118, 123. 
Chelidonius, Benedict, Abt, 82, 

250, 369. 
Chrysippns, s. Slatkonia. 
Cilly, Thomas, Vice-Kanzler, 28. 
Clericaler Charakter der Univ., 

13, 21 fl. 
Coderia Goldberg, 129 fll. 
CoUegiengeld, 50 fll!, 86 fl., 97. 
Collegium poetarum, 65 fll., 

207, 248, 434. 
Collimitiana Sodalitas, 273. 
Collimitius, Geotg, Hum., 77^ 

88, 97, 107, 270—276, 296, 342, 

437. 
Componist, 81. 
Concilium generale, 106. 
Confirmation der Privileg., 44, 64. 
Conservator der Univ., 321. 
Contubernium Sodalitatis 75, 

433 fll. 
Conventor, 130. 
Conventus, 130. 
Cospus, Angelus, Hum., 64, 87, 

280—283, 288, 302. 
Coturnicus, Leonhard, 136. 
Crassus, Christoph, Hum., 135 fl. 
Creuzenach, Nicolaus v., Theol., 

10, 18, 37. 
Creuzer, Pancrat., Med., 31. 



Cuspidius, Heinrich, Hum., 431. 

Cuspinianische Inschrift, 433 fll. 

Cuspinian, Joh., Hum. und Med., 
50, 51, 59, 70, 75, 97, 179, 284 
bis 309, 318 fl., 323, 425. 

Secane, 32 fl. 450—455. 
Decretisten, 103. 
Diamond, Jac, Componist, 81. 
Dichter-Colleg, s.CoUeg. poetar. 
Dichterkrönungen, 66, 71, 194, 

285, 328, 330 fl., 365, 383, 394, 

411, 440, 443. 
Disciplinargesetze, 129. 
Disputatio Quodlibetica, 85. 

„ Theologica, 117 fll. 

Doczy, Urban, Bischof, 27. 
Donaugesellschaft, 73 fll., 197, 

217, 288, 421 fll. 
Dotation der Univ., 14, 19, 87. 
Dramatische Kunst, 63, 78. 

Eck, Johann, 117 fll. 
Einkünfte derUniv., 13fl., 19fl.86. 
Elbing, Augustinus, Jur., 33. 
Eleutherius, s. Longinus. 
Epidemien in Wien, 101. 
Episodia Sodalium, 421 flF. 
Eubolius, Gabriel, Hum. u. Jur., 

75, 89, 290, 310 fl. 
Eutyches oder Euticus, Heinrich, 

Hum., 76, 434—436. 
Excommunication, 116 fl. 
Exemption, 108. 
Eycken, Simon, Componist, 81. 

JCabri, Udalrich, Hum. und Med., 

88, 97, 312—315. 
Facultät, artistische, 84 fll. 

„ medicin., 89 fll., 90, 95, 

100. 
^ jurid., 102 fll. 



Register. 



463 



Facultät, theolog., 23, 107 fll., 116, 

121. 
Facultäts-Decane, 450 fll. 
Ferialtag, 30. 

Foeniseca, Joh.,Hiim., 48, 63, 437. 
Frequenz der Univ., 33, 86, 125 fl. 
Freuender, Petrus, 136. 
Friedrich III., Kaiser, 4 fl., 11 fll., 

15, 20 fl. 
Fuch'smagen, Joh., 47, 55, 73, 

437. 
Fürsten - Congress in Wien, 

135 fll. 290, 304. 



Hebräische Sprache, 117. 
Heiligmair, Wolfgang, 136. 
Heinzel, Martin, Theol., 32. 
Hellndorfer, Leopold, 136. 
Uofbibliothek, 182, 273, 296, 

321. 
Hospital der Univ., 100, 128 fl. 
Huldigung der Univ., 44. 
Humanismus, 41 fll., 45, 51, 59, 

61 fll., 64, 218, 288, 397. 
Huper, Martin, Theol., 118. 
Hütten, Ulrich, 336. 
Hutter, Georg, 186. 



6"amp, Victor, Jur., 105, 117, 292, 
Geradwol, s. Eutyches. 
Geographie, 62, 84, 277, 347, 

371, 377 fl., 379, 406. 
Gerbe 1, Nicolaus, Hum., 89, 282, 

284 fll., 302, 316 fll. 
Geschichte, 63, 84, 218 fl., 303 fll., 

367 fll., 390, 407 fl. 
Gienger, Georg, Jur., 105. 
Goldberger, Joh., Artist, 39. 
Graccus Pierius, s. Krachen- 

berger. 
Grammatica, 86. 
Greffinger, Wolfg., Musiker, 80. 
Gremper, Joh., Hum., 290. 
Greul, Joh., 284. 
Griechische Sprache, 63, 86, 117, 

261, 279, 313, 347. 
Grünbeck, Joseph, 88, 437. 
Gundelius,. Philipp, Hum. u. Jur., 

89, 105, 290, 300, 319 fll., 342. 
Gutachten, theologische, 113 fll., 

121, 371. 
Gutrather, s. Eubolius. 

Uadelius, Janus, Hum., 68, 89, 

327 fll. 
Hayden, Wolfgang, Art., 39. 
Hausmann, Jac, Jur., 32. 



Immatriculation, 125. 
Innocenz VIII., Papst, 15, 22, 

27, 29. 
Intitulation, 125. 
Jordanus, Leopold, Med., 98. 
Jurisdiction, geistl., 23, 108 fll., 

111 fll. 
• „ städtische, 35. 

„ akadem., 35, 134. 

Juristische Facultät s. Facultät. 
Juristenschule, 102. 
Jus Canonicum s. Pontificium, 102 fl. 
„ Romanum s. Caesareum, 102 fl. 

Ji.alten markt er, Joh., Theol., 

24 fll., -29, 32, 37. 
Kanzler der Univ., 28, 45, 109, 

288, 294. 
Kasmann, Just., Kanzler, 111. 
Kaufmann, Udalrich, Jur., 104. 
Keckmann, Jur. und Theol., 104, 

105, 118 fl., 123. 
Kirchenkalender, 107, 375. 
Kirchenrecht, s. Jus canonicum. 
Kneysel, Benedict, Art., 39. 
Kornhub er, Georg, Art., 136. 
Koster, Cyprian, Art., 136. 
Krachenberger, Joh., Hum,, 47, 

65 fl., 73, 76, 289, 421 fl. 



464 



Register. 



102. 



Krankenhaus der Studenten, 100, 

128 fl. 
Kresling, Joh., Art., 136. 
Kälber, Christoph, TheoL, 118 fl., 

123. 
Kupferberg, Job., 342 fl. 
Kurpfuscher, 94. 

liadendorf, Georg, Med., 98. 
Lateinischer Krieg, 132. 
Lateinische Sprache, 86. 
Launtsch, Job., Tbeol., 118 fl. 
Lazius, Simon, Med., 98. 
Lectiones pnblicae, 97. 
Lectores Principis, 97. 

„ Stipendiati, 44. 

Lectura codicis, 

„ institutionum, 

„ juris civilis, 

„ pandectarum, 

Legisten, 103. 

Leo X., Papst, 106, 375. ^ 

Leopold der Heilige, 29. 
Leubmann, Thomas, TheoL, 31. 
Lilienbursa, 129, 443. 
Licentiatus med., 90. 
Locher, Jacob, Hum., 67. 
Lochmayr, Mich., Jur., 32, 37. 
Logus, Georg, Hum., 68 fl., 330 fll. 
Longinus, Vincentius, Hum., 67, 

69, 436. 
Lorbeerkranz, s. Dichte rkrönung. 
Luther, Martin, s. Reformation. 

Mader, Job., s. Foenisecä. 
Magister philosophi, 299. 

„ sanitatis, 94. 

Magnificus, 124, 287. 
Mai er, s. Marius. 
Malerei, 79. 
Marius, Johann, Hum., 89, 301, 

334 fl. 
Mathematik, 84, 86, 372fl. 364,374. 



Mathematici, 342 fl., 439. 
Matrikelbuch, 125. 
Matthias Corvinus, König, 6 fll., 16. 
Maximilian L, Kaiser, 12, 18, 

137 fl., 280, 368—371, 402. 
Medicin. Doctores, 90, 95. 

„ Facultät, 8. Facultät 

„ Studien, 90, 93. 

Metzker, Job., Buchhändler, 128. 
M i 1 i u s , Julius, Hum., 424. 
Misbeckius, Andr., Hum., 89, 135, 

337 fl. 
Muntz, Job., Mathem., 70, 343. 
Musik, 79. 

Nationen der Uniy., 30, 35, 123, 

126, 456 fl. 
Naturwissenschaften, 89. 
Neudecker, Georg, Hum., 70, 429. 

Uberstein, Paul, Kanzler, 111. 
Oechsle, Jacob, Hum., 342. 
Olomncensis, s. Augustinus. 
Ordinarius, 25 fl., 107 fll. 

xachaimer, Wolfgang, Jur., 105. 
Panaetianus, Job., Hum., 68. 
Pankota-Burse, 129. 
Parnagel, Erasmus, Art, 39. 
Passau, Bischof von, 25, 27. 
Patronus der Univ., 321. 
Pattersdorfer, Georg, Art, 39. 
Paul IL, Papst, 26, 29. 
Pauls-Burse, 129. 
P erger, Bernhard, Superintendent, 

20, 38, 45, 56, €?9, 208. 
Perlach, Andreas, Hum., 88, 97, 

325, 339—343. 
Peutinger, Conrad, Hum., 223, 267, 

269, 290, 303, 428. 
Peutingeriana Tabula, 269,444. 
Pforzheim, Job., 342 fl. 



Eegistdr. 



465 



Physica, 86. 
Physicus, 313. 
Pilhaimer, Job., Med., 98. 
Pirkhaimer, Willib., Hum., 280, 

290, 438. 
Pius IL, Papst, 23. 
Platonische Philosophie, 61. 
Poetae im Collegium, 428. 
Poetik, 56, 63, 138, 216 fll., 320, 

394. 
Polen-Bursa, 129. 
Polhaim, Bernhard, Bischof, 108. 
Polymnius, Wilhelm, Hum. und 

Med., 86, 88, 97, 344 fl. 
Pottenbrunn, Andreas, Vice- 

Eanzler, 42, 44. 
Predigten, 111 fl. 
Premarthon, Mich., Med., 98. 
Preprost, Briccius, Hum., 39, 48. 
Privilegia, 35, 42, 134. 
Procuratores der Nationen, 30, 

104 fl., 123, 125, 456. 
Propaedeutik, medicinische, 91. 
Professores Theol., 117. 

„ Med. der Theorie u. 

Praxis, 91. 
Pnllinger, s. Polymnius. 



ijuodlibetistische Reden, 
Disputatio quodlibetica. 



s. 



Kangordnung der Facnltäten, 33. 
„ der Nationen, 33. 

„ des Kanzlers, Rec- 

tors u. Superinten- 
denten, 111. 
Rangstreitigkeiten, 32. 
Rauch, Joh., Art., 139. 
Realien, 56. 
Realisten, 58. 

Rector der Univ., 30 fll., 111, 121, 
123 fl., 132, 447 fll. 
Y. Aschbach, Oeschichte der Wiener 



Reformation, kirchliche, 119 fll., 
294, 298, 317, 406 fl. 

Reformen, akademische, 46 fll. 

Regente 8, 43, 54. 

Resch, s. Velocianus. 

Restio, Ludwig, Art., 136 fl. 

Reuchlin, Job., 114, 290, 349, 
413. 

Reuss, Stephani, Jur., 104. 

Rhenahus, Theodorich, Theol., 119. 

Rhetorica, 56, 63,84,138, 216 fll., 
320, 394. 

Rithaimer, Georg, Hum., 89, 136, 
346 fl. 

Rohr, Bernhard, Bischof, 27. 

Römische Autoren, Ausgaben: 
Apulejus 236, Ausonius 239, Avie- 
nus 300, 403, Boethius 315, Cas- 
siodor 305, 318, Cicero 178, 316, 
325, 336 f., Claudian. 177, 321, 
Eutrop. 179, Fenestella 178, 
Florus 179, 301, Horatius 279, 
417, Hieronym. 337, Justin. 179, 
314, Nemesian. 332, Ovid. 137, 

299, 323, 332, 403, Plinius 180, 

300, 403, Pompon. Mela, 180, 403, 
405, Priscianus 300, Prudentius 
143, 299, Rufus 179, 301. 305, 
Salluöt. 403, Sedul. 403, Seneca 
231, Solinus 180, Tacitus 239, 405, 
TertuUian. 325, Valer. Maxim. 302. 

Römisches Recht, s. Jus Cano- 
nicum. 

Rosenbursa, 129. 

Rosinus, Joh., 350. 

Rosinus, Stephan, Hum., 70, 75, 88, 
114, 348 fll. 

Rotuli, 15, 22. 

Rynner, Job., Wiener Bürger- 
meister, 132 fl. 

Sack, Wolfgang, Theol., 112. 
Salius, Job., Med., 98. 

ünivers. II. 30 



466 



Register. 



Salzer, Ambrosias, Harn. u. Theol., 

89, 314, 361 fll. 
Schärding, Sigmund, Art., 39. 
Schauen barg, Albr., Kanzler, 28. 
Schayt, Matthäus, Bischof, 28. 
Schlechta, Job., Hum., 428. 
Schola8ticismus,36,39,58fll.,64, 

86, 89, 106. 
Scipio, Barthol., Hum., öö, 75, 95, 

97, 197, 354 fll., 428. 
Scipio, Conrad, Art., 136. 
Senfthamer, Christoph, Math., 

342 fl. 
Sforza, Franciscus, Herzog, 81, 

124. 
Siebenburger, s. Capinius. 
Silvius Siculus, Job., Jur., 57, 

104. 
Singriener, Job., Buchdrucker, 

127. 
Sixtus IV., Papst, 26. 
Slatkonia, Georg, Bischof, 31, 

108 fl,, 121 fl. 
Sodalitas Danubiana, s. Donau- 
geselLschaft. 
„ Rhenana, 199, 211. 

„ Ungarorum, 197. 

Spauer, Leo, Bischof, 27. 
Spiegelius, Jacob, Hum. u. Jur., 

80, 105, 357 fll., 362. 
Spiesshaimer, Job., s. Cuspi- 

nianus. 
Spitalbau, 99. 
Spitalarzt, 94. 
Sprugel, Stephan, 136. 
Stabius, Job., Hum. und Math., 

56^. 68, 70, 75 fl., 88, 289, 342 fl., 

364—372, 426. 
Starle oder Starlin, s. Sturlinus. 
Stainpeiss, Martin, Med., 90, 95, 97. 
Steber, s. Scipio. 
Stiborius, Andreas, Hum. u. Math., 

56, 75, 88, 107, 289, 373—375, 

425, 



Stipendia und Stipendiati lectores, 

44, 86. 
Stockerau, Paul, Art., 39. 
Stöberl, s. Stiborius. 
Stromer, Heinrich, Math., 89. 
Strub, Arbogast, 335, 417. 
Sturlinus, Jodocus, Hum., 426. 
Suntheimer, Ladislaus, Hum. und 

TheoL, 77, 367, f. 377—381. 
Superintendent, 42 fl., 46, 111, 

287, 429. 
Supposita, 126. 

labula Peutingeriana, 269. 
Tann hauser, Peter, Jur., 105. 
Tannstetter, Georg, s. CoUimitius. 
Taxen der Aerzte, 96. 
Te sehen, Herzog Friedrich von, 

124. 
Testament des Celtes, 442 fll. 
Theologische Facultät, s. Fa- 

cultät. 
Tichtel, Johann, Med., 55, 75, 96, 

197, 436. 
Tolophus, Jan., Hum., 429. 
Tracht der Studenten, 131. 
Trapp, Job., Theol., 115, 118 fl., 

123, 174, 370. 
Tritonius, Petras, Musiker, 80, 

251, 437. 

Uebersetzungen, latein., von 
griechischen Autoren: Aristoteles 
177, 323, Cebes 144, 176, 315, 
Diodor. 280, Dionys. 180, 300, 403, 
Isocrates 144, 359, Palaephat. 
279, Plato 314, Pythagoras 347, 
Zonaras 280. 

Ulsenius, Theodorich, Hum. und 
Med., 76, 430. 

Universitäts-Reformen, 10, 12, 
16 fll., 44. 

Urschenbeck, Paul, Med., 37« 



Begaster. 



467 



Ursinus Velins, Caspar, Hum., 89, 
290, 382—390. 

Vadianus, Joachim, Hum. u. Med., 
68, 87, 97, 135, 179, 181, 288, 300, 
335, 392—409. 
Velius, s. Ursinus. 
Velocianus, Thomas, Hum., 68, 
88, 114, 116, 118,409—414,437. 
Vice-Kanzler, HO. 
Vietor, Hieron., Buchdrucker, 127. 
Vitez, Joh., Bischof, 28, 74, 108,433. 
Vo egelin, Johann, Mathematiker, 

340 fl., 342 fl. 
Vorlesungen, 51, ff. 58, 64, 86, 

97, 102, 149, 173, 
285. 
„ überröm.Classiker, 

38 f., 49. 



Waldkirch, Bernhard, Hum., 438. 
Watt, s. Vadian. 
Weitmyl, Christoph, Hum., 426. 
Werner, Joh., Hum., 63. 
Wiener Belagerung, 7 fll. 
„ Bisthum, 25 fll. 
„ Bürgerschaft, 8 fll., 12, 17. 
„ Magistrat, 9 fll., 290, 304. 
Stadtpräfect, 289. 
Windperger, s. Anemorinus. 
Winterburger, Joh., Buchdrucker, 

126 fl. 
Wisinger, Joh., Med., 97. 
Wladislaus IL, König von Ungarn 

und Böhmen, 5, 17, 135. 
Wolfhardus, Adrian, Hum., 415 

—418. 
Wunderl, Sebastian, Hum., 135 fl., 
314. 



Waffen tragen der Studenten, — 
131 fll, Zwingli, Ulrich, 335, 393, 396. 



Druck von Adolf ttolzhansen in Wien 

k. k. Üniversititts-Burhdrurkerei. 



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