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Full text of "Geschichte der Ynkas, Könige von Peru. : Von der Entstehung dieses Reichs bis zu der Regierung seines letzten Königes Atahualpa."

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Geſchichte 


der Y n. 


Koͤnige von 


5 Don 

} der Entſtehung dieſes Reichs — 

. bis zu der Regierung ſeines letzten Koͤniges 

0 9 Atahualpa. n 

N * 5870 Aus den Nachrichten 
7 des Ynka Garcillaſſo de la Vega 1 


verfaſſet 
a von 


G. C. Böttger. 


. g | bi | ! 5 
3 Zweiter Theil. 2 


x a! 4 
Neue Auflage. 
1 


Nordhauſen, 1798. 
bei Karl Gottfried Groß, 


iu 10 I 
7 11 11 3 a 
55 | 
| | . \ 
Vorbericht t N | 
ed zu dem zweiten Theile. | AN h 
| za ich in dieſem zweiten Theile der Ge⸗ 0 
ſchichte der Ynkas eine Zuſage halten 1 f 
muß, die ich am Ende der Vorrede zum er⸗ 0 
ſten Theile gethan habe, dabei aber auch gerne u | 
aller uͤberfluͤßigen Zunoͤthigungen uͤberhoben N 0 
ſeyn möchte; fo ' ſehe ich mich genöthiget hier | | 
eine k e Vorerinnerung herzuſetzen. l 0 
Ich habe namlich Nea aus | \ 
den . des Inka,Sarcil laſſo, | il 
eine Beſchreibung von den, Einwohnern des 5 
191; * 2 Lan⸗ 0 
gt * ' | ' 0 | N) 


% 


Vorbericht... 


Landes Peru, ihren Sitten, Gebraͤuchen, 
a Gottesdienſte, Kunſtwerken und ſo fort, 
r herauszuziehen und dem zweiten Theile der 
Geſchichte beizufuͤgen. Ich werde es in 
dem ſechſten und lezten Buche dieſes Wer⸗ 
kscs thun; allein ich muß auch ſagen unter 
was fuͤr Einſchraͤnkungen ich mein Verſpre⸗ 

chen zu halten geſonnen bin. 


Ich entſchloß mich, dieſes ſechſte Buch 
f hinzu zu fuͤgen, ſowohl weil ich. glaubte, 
* daß dieſes Gemaͤlde der Verfaſſung und 


* 


Anziehendes fuͤr die Leſer habe; als auch, 
daß man ohne die Kenntuiß ihrer 1 
und Gebräuche, ihre Geſchichte nicht v 

kommen verſtehen wuͤrde: : aber eben die⸗ 
fer Gedanke gab mir auch die Graͤnzen 
an, in welche ich mich einſchraͤnken ſollte. 
Die Religion der Ynkas und die Lan⸗ 
desregierung, nebſt allem was zu beiden 
gehört , find alfo die zwei Hauptartickel, 


— 


0 


der Sitten im Reiche der Hnkas viel 


29 welche ich in dieſem Abtiſſe, ſo deutlich, 
gi als s mir moglich iſt, dem Leſer vor Au⸗ 
Alen gen 


* 


. | 1 | 


u 

* Vorbericht. | 

gen legen werde. Durch Beſchreibungen | 
 vonderskandesart , den vierfuͤßigen Thie⸗ \ 

ren, den Voͤgeln, den Fiſchen, den Ge⸗ 9 1 
waͤchſen, den Bergwerken, der Himmels» m 

gegend, den Bergen, den Seen, den Fluͤ⸗ 3 f 

fon ze. kurz von allem was in die Natur⸗ 4 

ee Erdbeſchreibung dieſes Lan⸗ 7 


des gehoͤrt, habe ich das Buch, welches 
nur die Geſchichte der Koͤnige von Peru 
verſpricht, nicht vergroͤßern wollen. Man 
wird dieſes in hundert andern Büchern fin⸗ 
den; in meinem aber ſollte nichts ſtehe n 
als was man nicht leicht, in ſo deutlichem 4 N 
Zuſammenhange anderswo antrifft. Auch 4 1 
verbot mir der Tittel meines Buchs eine | | 


Nachricht darinne zu geben, wie es ſeit der * 
Eroberung der Spanier darinne ausſiehet. 1 
Ich werde dieſes bei der Geſchichte de 
Unterjochung der ungluͤcklichen Peruaner 
und der darauf erfolgten were Krie⸗ 
ge thun. 


ima N Gh t 


Noch Eins: Ich haben in der Dor Ä m. 
rn zum erſten Theile, meinem Ynka = 
900 x 3 GH 


* 
1 
ji 


Vorbericht. 1 


Gareillaſſo einen hohen Rang unter 
den Verfaſſern der Geſchichte ſeines Va⸗ 
terlandes gegeben: Der vortreffliche englis 
ſche Geſchichtſchreiber von Amerika hat ihn, 


in feiner Würdigung der Schriftſteller dies 


ſer Art unter viele andere herabgeſetzt: Ich 
weiß dieſes. Es kann ſeyn, daß Herr 
Robertſon, außer der Urſache, daß die vor⸗ 
gezogenen Geſchichtſchreiber, außer Spa⸗ 
nien nicht leicht zu bekommen ſind, noch 


andere gehabt hat, jene Moͤnche uͤber die⸗ 
ſen Ynka zu ſetzen: allein mir ſind ſie 


nicht bekannt; es wird es mir alſo nie⸗ 
mand verargen, daß auch ich meine Urſa⸗ 
chen habe, dei meiner Meinung zu bleiben. 
Vielleicht ſetzet Herr Robertſon den Inka 
herab, wegen ſeinem Mangel der Kunſt, 
und ich ſetze ihn hinauf wegen ſeiner Wiſſen⸗ 
ſchafft und Aufrichtigkeit: ſo waͤren wir am 
Ende dennoch einig. 5 | 


Die Reihe, in welcher die Materien | 
im fechften Buche auf einander folgen, rührt 
nicht vom Ynka her, ſondern von mir. Ich 

habe 


Vorbericht, | 
habe fie ſo geordnet, wie die Vorhergehende 
der darauf Folgenden, meiner Meinung nach, 
Licht gab. Ich ſage: meiner Meinung nach: 
Ohne Zweifel haben andere Leute andere 


Meinungen; ſie koͤnnen ihnen folgen, wenn 


fie Buͤcher ſchreiben. Ich dringe ihnen mei⸗ 
ne Meinung nicht auf; ich hoffe alſo, m wer⸗ 
den eben ſo tolerant ſeyn. 


Ich bin nicht fo ſehr Schriftſteller, 


daß ich die Fruͤchte meines Geiſtes fuͤr 


ganz vortreflich und unentbehrlich anſehen 


ſollte; ich weiß, man koͤnnte mein Buch 
miſſen, ohne es ſehr zu vermiſſen. Daher 
habe ich es auch ſo wenig zu vergrößern 
geſucht, als es möglich war, ob mir gleich 
mein Vorbild noch Materie zu manchem 
Kapitel an die Hand gab. Allein ich bin 
auch nicht ein ſo unnatuͤrlicher Vater 
der Kinder meines Geiſtes, daß ich es 
gleichgültig anſehen folte, wenn man fie 
unvernünftig mißhandelt. Wer nicht gar 
zu gelehrt iſt, (und dieſe Herren noͤthige 
. zu u ae im geringſten nicht), 
1 der 


Vorbericht. 
der wird das Buch nicht ohne alles Ver⸗ 
gnügen leſn; und wer gewohnt iſt über 
. wahre Begebenheiten nachzudenken; fuͤr den 
hu werden die Betrachtungen uͤber den plotzli⸗ 
MM chen Untergaug eines ſo feſtgegründeten und 
* ſo gut erhaltenen Reichs, und eber die Eitel⸗ 
5 Teit aller menſchlichen Hoheit and: eee i 
1 nicht ohne Nutzen ſeyn. n ds md 


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Viertes Buch. 


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Zweyter Theil. 


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Innhalt 
des 


Vierten Buchs. 


Regierung des Anka pachakutek; ſeine Siege, Erobe⸗ 
— rungen, Verbeſſerung der Schulen und merkwürdi⸗ 
N \ e gen Sittenſpruͤche. Regierung des Inka Nupan⸗ 
qui; ſeine Eroberungen in Peru und Chili und was 
er ſonſt bis an ſeinen Tod gethan hat. 


— 


Erſtes Kapitel. | 
Der Ynka Pachakutek, neunter Koͤnig 


von Peru, thut eine Reiſe durch ſein N 
We ee und ih ſich die 


2 * Vnka Pachakutek folgte ſeinem 

5 Vater, dem Ynka Virakocha auf 
dem mächtigen Throne von Peru. So— 
bald er ſeinem Vater ein praͤchtiges Leichen 
begaͤngnis gehalten „wendete er die folgen⸗ 
den drey Jahre dazu an, die Regierung ſei⸗ ö 
nes Reichs vollkommen kennen zu lernen und N 
auf das Wohl feiner Volker zu denken, ohne \ 
ſich von Cusko zu entfernen. Nachdem dies \ 
fe Zeit verfloſſen war , durchreiſete er alle 
Bean dieſes groſſen Reichs, Eine nach 
Nes, A 2 der 


4 Viertes Buch. 


der Andern. Denn ob die Ynkas gleich zu 
ihren Statthaltern und obrigkeitlichen Perſo⸗ 


nen mit groſſer Vorſicht die ehrlichſten Leu⸗ 


te waͤhlten, und auch dieſen, bey Lebensſtra— 
fe anbefohlen war, die Gerechtigkeit treu zu 
handhaben; ſo hielten ſie dieſes doch nicht 
für gnug. Sie durchreiſeten ihr Reich von 
Zeit zu Zeit, um zu verhindern, daß ihre 
Abweſenheit ihren Dienern nicht Gelegen⸗ 
heit geben möchte, das Anſehen ihres Amts 
zu mißbrauchen und die Unterthanen tyran⸗ 
niſch zu behandeln. Bey der Anweſenheit 
der Ynkas konnte jeder Unterthan feine Kla⸗ 
ge ſelbſt anbringen, wenn er Urſache dazu 
hatte. Die Könige pflegten alsdann, ohne 
die geringſte Partheiligkeit, Groſſen und 
Kleinen, Armen und Reichen, die ſtrengſte 
Gerechtigkeit wiederfahren zu laſſen; daher 
wurden fie auch von allen ihren Untertha⸗ 
nen bis zur Anbetung geliebt. Der Pnka 
Pachakutek brachte drey Jahre mit dieſer 
Reiſe zu, worauf er ſich wieder nach Cus⸗ 
ko begab. 


Als 


# 6 zu einem Kriegszuge; damit ein zu lan⸗ 
ger Friede ſeine Unterthanen nicht zum muͤs⸗ 
ſigen Leben gewöhnen, oder verurſachen moͤch⸗ 
te daß ſi 0 e das Kriegshandwerk gaͤnzlich ver⸗ 
gaͤſſen. Er zog zu dem Ende ein Heer von 
Neben Mann zuſammen, mit wel⸗ 


chem er nach dem Bezirk Chinkaſuyu mar; . 


ſchierte. Sein Bruder, Capak Yupanqui, 
ein tapferer Prinz, welcher den Namen, den 
man ihm gab, vollkommen verdiente, beglei⸗ 
tete ihn. Als er zu Villka, einem Graͤnz⸗ 
orte, angekommen war; verſahe er ſeinen 
Bruder mit allem Noͤthigen und ließ ibn, 
mit einem Theile der Armee, weiter vorruͤ⸗ 
cken. Capak Pupanqui ging alſo mit ſei⸗ 


ner Armee in die Landſchaft, welche die Ein⸗ 


gebohrnen Sauſa, die Spanier aber Kaura, 
nennen. Sie iſt ungemein ſchön und hatte 
damals uͤber dreyßigtauſend Einwohner, wel⸗ 
Er zu dem Volke der Huankas gehör⸗ 

Dieſes Volk behauptete, es ſtamme 
2 einem Manne und einer Frau ab, wel⸗ 
che aus einer Quelle bervorgekemmen waͤ⸗ 
87 | A 3 ren. 


Viertes Buch. 5 


Als er zurückgekommen war, entſchloß er 


. V2 ˙3? W Än —— 


6 Viertes Buch. 


ren. Dieſe Leute waren ſehr wild und graus 


ſam. Sie pflegten ihren Kriegsgefangenen 


die Haut abzuziehen, und ſie mit Aſche an⸗ 
zufüllen, alsdann hiengen fie fie in ihren 
Tempeln, als Sieges zeichen, auf: Andere 
machten Trommeln daraus und behaupteten; 
wenn man dieſe Trommeln rührte, ſo haͤt⸗ 
ten ſie die Kraft, die Feinde in die Flucht 
zu treiben. Ihre Staͤdte waren klein, aber 
nach ihrer Art wohl beveſtigt, und man hielt 
darinne beſtaͤndig gute Wacht. Denn ob 
ſie gleich alle von einem Volke waren, ſo 
hatten ſie doch wegen den Graͤnzen ihrer 
Aecker beftändig Streit mit einander. 

Dieſe alten Heyden ſollen, ehe ſie von 
den Ynkas unter das Joch gebracht wurden, 
die Figur eines Hundes in ihrem Tempel 
gehabt, und fie angebetet haben; wiewohl 
dieſes von Andern in Zweifel gezogen wird. 
So viel iſt aber gewiß, daß ſie nichts lieber 
gegeſſen haben, als Hundefleiſch; dieſes war 
auch bey ihren öffentlichen Feſten, ihr vor⸗ 
nehmſtes Gerichte. Ja, es ward zum allge⸗ 
meinen Spruͤchworte; wenn man fagen wol 
te, 


Viertes Buch. 7 


te, es ſey Jemand ein aͤchter Huanka, den 
Ausdruck zu gebrauchen: Er iſt Huanka wie 
ein Hund. Sie verfertigten ſich auch aus 
den Hundekoͤpfen blaſende Inſtrumente, de⸗ 
ren fie ſich ſowohl im Kriege, als auch bey 
ihren Taͤnzen bedienten. Im Kriege, ſag⸗ 


ten fie, ſchreckt dieſer Schall unſere Feinde 


und beym Tanze erfreuet er unſer Herz. 
Dieſe verſchiedenen Wirkungen ſchrieben ſie 
einer beſondern Kraft ihres Gottes zu. Als 
ſie unter die Gewalt der Ynkas gekommen 
waren, ſchafften dieſe alle ſolche „ 
und ihre grauſame Lebensart ab. 
N Capak Yupangui brachte dies Volk auf 
eben die Art, wie die vorhergehenden Yn⸗ 
kas die meiſten andern Nazionen, mehr durch 
Freundlichkeit und Uiberredung, und daß er 
ihnen ſeine groſſe Macht zeigte; als durch 
den wuͤrklichen Gebrauch der Waffen unter 


den Gehorſam: worauf er, um allen ihren 


Streitigkeiten ein Ende zu machen, ihr Land 
in drey Theile theilte, und dann jedem Staͤdt⸗ 
chen ein ſolches Gebiete gab, als es noͤthig 
zu haben ſchien. Die erſte Provinz behielt 

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8 Viertes Buch. 


den Namen Sauſa, die zweyte nennte er 
Markavillka und die dritte Llaskapallanka; 
und da ſie alle eine gewiſſe Art von Muͤz⸗ 
zen trugen, fo befahl Capak Hupanqui, daß 
ſich dieſe drey Staͤmme durch die Farbe ih⸗ 
rer Muͤzzen, die aber ihre vorige Geſtalt 
behielten, unterſcheiden ſolten. 

Dieſes Volk hatte den Namen, Huan⸗ 
ka, wie ich ſchon geſagt habe und man muß 
es wohl unterſcheiden von der Provinz Hu⸗ 
ankavillka, welche mehr als zweyhundert 
Meilen von dieſer, nicht weit von Tumpiz, 
am Meere liegt. 


Zweytes Kapitel. 
Capak Yupangqui erobert noch einige 
andere Landſchaften. 
Cabak Dupanqui unterwarf auf eben die 
Art ſeinem Bruder noch einige andere 
Lander, worunter die vornehmſten Tarma 
und Pumpu waren, welches die Spanier 
Bombon nennen. Anfangs kam es hier zu 
einigen leichten Gefechten, endlich aber muß⸗ 


ten fie der Macht des Ynka weichen und 


thaten 


Viertes Buch. 9 


thaten weniger Widerſtand als Capat a 
a vermuthet hatte. 

Nachdem er dieſe beyden Laͤnder erobert 
bare, ging er weiter und bezwang verſchie⸗ 
dene Andere, welche dieſen gegen Morgen, 


nach den Andes⸗Gebͤͤrgen zu „liegen. Die 


Einwohner dieſer Gegenden beteten keinen 
Gott an, wohnten in keinen Staͤdten „und 
batten weder Ordnung noch Polizey. Sie 
lebten in den Wäldern und Thaͤlern, „wie 
die wilden Thiere und erſchlugen einander 
ohne Urſache bey der geringſten Veranlaſ⸗ 
ſung. Da ſie keinen Herrn erkannten, ſo 
hatten dieſe Landſchaften auch keine Namen. 
Dieſer Strich Landes hatte dreyßig Meilen 


ſowohl in die Laͤnge als in die Breite. Die⸗ 


ſe Leute waren leicht zu zwingen 4 daß ſie ſich 
unterwerfen mußten; allein „ fie zu einer 
menſchlichen Lebensart zu bringen ‚fie zu ge 
wohnen nach den Geſezzen der Ynkas zu 
leben, und in Staͤdten zu wohnen, erfor⸗ 
derte weit mehr Zeit und Muͤhe. Dennoch 
brachte Capak 1 dieſes alles zu 
Stande. 1 


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10 Viertes Buch. 


Capak Yupanqui drang hindurch bis zu 
dem Volke Chukurpu, welches eben ſo wild 
und grauſam, aber mehr zum Kriege abge 
richtet iſt. Die Gottheit dieſer Leute war 
ein Tiger. Der Prinz Capak Pupanqui 
war gezwungen ihnen einige Treffen zu lie⸗ 
fern, in welchen auf beyden Seiten viertau⸗ 
ſend Mann blieben. Endlich unterwarfen ſich 
dieſe Barbaren, nachdem ſie Beweiſe ſowohl 
von der Macht als von der Guͤte des Prinz 
zen geſehen hatten. Er freuete ſich daruͤber; 
denn er hatte ſchon angefangen zu glauben, 
dieſes Volk waͤre ſo wild, daß man es bey⸗ 
nahe ganz ausrotten muͤſſe, wenn man es zu 
einer andern und vernuͤnftigen Lebensart brin⸗ 
gen wolte. Er war auch ſchon im Begrif, 
es ſich ſelbſt zu uͤberlaſſen, weil er es nicht 
gerne vertilgen, und den Ruhm der Ynkas 
dadurch verdunkeln wolte. Allein eben als 
er deßwegen mit ſich ſelbſt zu Rathe ging, 
unterwarf ſich dieſes Volk dem Ynka Pa⸗ 
chakutek, nahm ſeine Geſezze an, entſagte 
feiner Abgoͤtterey und unvernuͤnftigen Lebens⸗ 
art, und fing an die Sonne anzubeten. Der 

Prinz 


Viertes Buch. 11 
Prinz Capak Pupanqui ſezte ihnen einen 
Statthalter und Obrigkeiten, um ſie zu un⸗ 
terrichten, und für die Einkuͤnfte der Sonne 
und des Pnka zu ſorgen; er legte auch ei⸗ 
nige veſte Plaͤzze an, und legte Beſazzung 
binein, und ſezte hierauf feinen Zug, zur 
Rechten des groſſen koͤniglichen Weges, im⸗ 
mer weiter fort. Er eroberte mit gleichem 
Gluͤck und Geſchicklichkeit die zwo groſſen 
Landſchaften Ankarg und Huayllas; ſtrafte 
diejenigen in dieſer lezten Provinz, welche 
ſich des unnatuͤrlichen Laſters ſchuldig gemacht, 
auf das nachdruͤcklichſte, und ſezte auch in 
ung Ländern ich und u Statthalter 


Capak Dayandır hatte nunmehr in ei⸗ 
ner Zeit von drey Jahren ein Land erobert, 
welches ſich von Suͤden gegen Norden auf 
ſechzig Meilen erſtreckte, von Weſten gegen 
Oſten aber, die ganze Ebene bis an das 
Schneegebuͤrge unter ſich begrif. Er glaub⸗ 
te, die Abſicht des Ynka Pachakutek erfullt 
zu haben, und kehrte nunmehr nach Cusko 
Pe en wurde er vom Ynka mit groß 


ſer 


12 Viertes Buch. 


ſer Pracht und herrlichen Siegesfeſten empfan⸗ 
gen, welche einen ganzen Monat dauerten. 


Drittes Kapitel. 
Gebaͤude, Geſezze und neue Eroberungen 
des Ynka Pachakutek. 

Der ODnka belohnte alle, die an dieſem 
glücklichen Feldzuge Theil gehabt hat⸗ 

ten, reichlich und unternahm hierauf eine 
neue Unterſuchungsreiſe durch ſein ganzes 
Reich, weil er wußte, daß er das Wohl 
ſeiner Unterthanen auf keine Art beſſer be— 
fördern konne. Bey dieſer Gelegenheit ließ 
er in den vornehmſten und reichſten Provin⸗ 
zen Tempel der Sonne und Haͤuſer fuͤr aus⸗ 
erwaͤhlte Jungfrauen erbauen; welches die 
Einwohner fuͤr eine ganz beſondere Gnade 
anſahen; weil fie dadurch, nach europaͤiſcher 
Art zu reden, naturaliſirt und zu Buͤrgern 
von Cusko gemacht wurden. Er ließ auch 
auf den Graͤnzen der eroberten Provinzen 
viele kleine Veſtungen anlegen, und in den 
Thaͤlern, in den angenehmſten Gegenden und 
an den Wegen groſſe Pallaͤſte für die Ynkas 
erbauen. 


erbauen. Er ließ auch in den Städten groſſe 
Vorrathshaͤuſer anlegen, um darinne Lebens⸗ 
mittel und andere Nothwendigkeiten aufzube⸗ 
wahren; um bey unfruchtbaren Jahren den 
Mangel abzuwenden, und die Untertbanen 
zu unterſtuͤzzen. 

Er gab auch viele heilſame Geſezze, „oh⸗ 
ne in den Provinzen ſolche alte Gebraͤuche 
abzuſchaffen, die ihm nuͤzlich ſchienen. Denn 
die Ynkas verwehrten es keinem Volke 
auf ſeine Weiſe zu leben; wenn in ſeinen 
Sitten nur nichts war, welches der Religion 
und dem natürlichen Geſezze zuwider lief. 
Dieſes gab ihren neuen Unterthanen zu er⸗ 
kennen, daß es ihr Wille nicht ſey, tyran⸗ 
niſch über fie zu herrſchen, ſondern nur ih⸗ 
nen ein vernuͤnftigeres und Wasa de⸗ 
. zu verſchaffen. 

Nach drey Jahren kam der Ynka in ſei⸗ 
ne Hauptſtadt zuruck, und wendete einige 
Monate auf Feſte und öffentliche Freudens⸗ 
bezeigungen. Nach dieſer Ruhe berufte er 
feine Kriegsraͤthe und überlegte mit ihnen, 
p% er ſich hinwenden koͤnnte, um neue Er⸗ 

ae oberungen 


— 


14 Viertes Buch. 


oberungen zu machen. Es wurde beſchloſſen, 


wieder in die Provinzen von Chinkaſuyun 


zurück zu kehren, weil es nur noch auf Dies 
fer Seite Länder gaͤbe, die dieſer Muße werth 


waͤren. 


Der König beſchloß, dem Prinzen Ca⸗ 
pak Nupanqui, welcher fo viele Beweiſe ſei⸗ 
nes Muthes und ſeiner Erfahrung gegeben, 
dieſes Kommando aufzutragen. Man hielt 
es auch fuͤr zutraͤglich, den kuͤnftigen Thron⸗ 
erben, älteften Sohn des Ynka Pachakutek, 
welchen man Ynka Yupanqui nennte, die⸗ 
ſen Feldzug mitmachen zu laſſen; damit er 
ſich, unter der Anfuͤhrung ſeines tapfern 
Onkels in der Kriegskunſt geſchickt machen 
moͤchte. Dieſer junge Prinz, war zu dieſer 
Zeit ohngefehr ſechzehn Jahr alt, und war 
in demſelbigen Jahre, mit den gewoͤhnli⸗ 
chen Feyerlichkeiten zum Ritter gemacht 
worden. Der Koͤnig zog ein Heer von 
funfzigtauſend Mann zuſammen, worauf die 
beyden Ynkas, der Onkel und der En⸗ 
kel mit dieſer Armee zu Felde gingen, und 
bis in die Provinz Chukurpu, welches die 
Lezte 


Viertes Buch. 15 


Lezte war, die man im vorigen Seldzuge er⸗ 

obert batte, vorrückten. 

1, Hier lieſſen ſie, nach der Gewohnheit der 
VBnkas, die Einwohner der Landſchaft Pinßu, 
welche an Chukurpu graͤnzte, auffodern. Da 
ſich dieſe zu ſchwach fanden, einer ſo groſſen 
Macht zu widerſtehen, und außerdem wuß⸗ 


ten, daß die Ynkas ihre Unterthanen glück⸗ 
lich zu machen ſuchten, ſo antworteten fie. 
einmuͤthig; daß ſie ſich mit Freuden der 


Herrſchaft des Ynka tenen und a 
Glenn annaͤhmen. 


Ganz anders war die eig 100 Vöͤl⸗ N 


En in den Landſchaften Huara, Piskopam⸗ 
pa und Cuechuku, welche nach dieſen auf; 
gefodert wurden. Dieſe, anſtatt dem Bey⸗ 
ſpiele der Einwohner von Pinßu zu folgen; 
ſezten ihre eigenen Streitigkeiten, in welchen 
ſie zeither begriffen geweſen waren, bey Sei⸗ 
te, und vereinigten ſich mit einander den 
Ynkas ſich mit geſamter Macht zu wider⸗ 
ſezzen. Sie antworteten alſo den Botſchaf⸗ 
tern der Ynkas: Sie wolten eher ſterben, 
ae b een Geſezze fahren laſſen, und 


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16 Viertes Buch. 


neue annehmen; Sie befaͤnden ſich bey den 
Goͤttern, welche fie ſeit verſchiedenen Jahr⸗ 
hunderten von ihren Vorfahren verehrt wuͤß— 
ten, ſehr wohl; der Ynka koͤnne mit den 
Laͤndern ſo vieler Curakas, welche er, un⸗ 
ter dem Vorwande der Religion, an ſich ges 
bracht, zufrieden ſeyn. 

Da ſie gleichwohl ſahen, daß ſie im frey⸗ 
en Felde gegen die Macht der Ynkas nichts 
ausrichten wuͤrden; ſo hielten ſie fuͤr gut, 
ſich in ihre veſteſten Oerter zuruck zu ziehen; 
die Wege zu verderben; die Paͤſſe zu ver⸗ 
bauen, und die gefaͤhrlichſten Oerter zu vers 
theidigen. Dieſes alles thaten fie mit groß 
ſer Geſchwindigkeit und Fertigkeit. 


Viertes Kapitel. 
Die beyden Ynkas beſiegen die Voͤlker, 
welche ſich ihnen widerſezzen. 

o uͤbermuͤthig auch die Antwort war, 
welche die Feinde dem Feldherrn Ca⸗ 
pak Yupanqui gaben; fo machte fie ihn doch 

nicht beſtuͤrzt. Ein Geiſt, wie der ſeinige 
war, bleibt bey guten und bofen Worten, 
bey 


Viertes Buch. 17 


bey guͤnſtigen und widrigen Vorfaͤllen ſich 
immer gleich: der Widerſtand vermehret nur 
feinen Muth. Er befahl alſo feinen Kriegs⸗ 
leuten, ſich bereit zu halten; und da er wuß⸗ 
te, daß ſich die Feinde in ihre veſten Oerter 
begeben hatten; ſo theilte er ſein Heer in 
vier Haufen, wovon er drey gegen die ve⸗ 
ſten Plaͤzze in der Gegend umher abſchickte; 
feinen Leuten aber verbot; ſich mit den Fein: 
den in kein Treffen einzulaſſen, ſondern fie 
eingeſchloſſen zu halten, ihnen die Lebensmit⸗ 
tel abzuſchneiden und ſie auf dieſe Art zur 


Uibergabe zu zwingen: Er aber blieb nebſt 


dem Prinzen ſeinem Vetter mit ſeiner Ab⸗ 
heilung im Felde ſtehen, um den Seinigen, 
vo es nöͤthig ſeyn würde, zu Huͤlfe zu kom⸗ 
nen. Damit aber ſeine Soldaten, im Fall 
er Krieg von langer Dauer waͤre „ keinen 
Mangel leiden möchten; fo ließ er den zu 


aͤchſt gelegenen Provinzen des Puka, feines 


Bruders, zu wiſſen thun, daß fie die zu lies 
enden Lebensmittel verdoppeln ſolten. 

Nach dieſer gebrauchten Vorſicht, mach⸗ 
er ſich auf alle Vorfälle des Kriegs, wel⸗ 
II. Theil. 8 cher 


18 Viertes Buch. 


cher ſehr grauſam zu werden anfing, gefaßt. 
Die Feinde blieben hartnaͤckig bey dem Vor⸗ 
ſazze ſich zu vertheidigen; fie hielten alle Zus 
gaͤnge beſezt und wichen nicht aus den Oer— 
tern, welche durch ihre Lage veſte waren. 
Da ſie ſahen, daß es die Ynkas mit Fleiß 
vermieden, ſich mit ihnen in ein Treffen eins 
zulaſſen; ſo thaten ſie heftige Ausfaͤlle und 
griffen die Truppen des Pnka als verzweifel⸗ 
te Leute an. 

Die Pnkas lieſſen es indeſſen dabey bes 
wenden, fie zuruck zu treiben und erwarteten 
ruhig bis Hunger und Kriegsbeſchwerden 
die Feinde zwingen wuͤrden, ſich zu ergeben. 
Wenn ſie von ohngefehr auf dem Lande, oder 
in den verlaſſenen Staͤdten die Weiber und 
Kinder der Feinde fanden; denn ſie hatten 
ſie in der Eil nicht alle mitnehmen koͤnnen; 
fo redeten fie freundlich mit ihnen, gaben ih—⸗ 
nen zu eſſen, und ſchickten ſie Haufenweiſe 
ihren Vaͤtern und Maͤnnern zu: theils um 
ihnen zu zeigen, daß ſie nicht gekommen waͤ⸗ 
ren, ſie zu Sklaven zu machen, ſondern ſie 
zu einer beſſern Lebensart zu gewoͤhnen und 

N ihnen 


Viertes Buch. 19 


ihnen vortrefflichere Geſezze zu geben, als 
ſie bisher gehabt haͤtten; theils auch, damit 
fe in ihren veſten Oertern mehr Perſonen 
zu ernaͤhren haͤtten und alſo den Mangel 
deſto ehe empfaͤnden; und endlich damit fie 
zicht fo freye Hände hätten. Denn ſie muß⸗ 
en in ihren Kriegsverrichtungen durch die 
inruhen, welche Weiber und Kinder verur⸗ 
achen, nothwendig ſehr geſtört, und durch 
as Geſchrey, „welches Hunger und Elend 
iefen Unſchuldigen auspreſſet deſto eher auf 
ie e fc zu en ehe wer⸗ 
N. 
di Gberchwehl hielten ſie e desen Krieg t 
4 ſechs Monate mit vieler Hartnaͤckigkeit 
Als ſie aber endlich vom Hunger zu 
* gedrückt wurden, und täglich viele der 
hrigen, ſonderlich Weiber und Kinder, da⸗ 
n ſterben ſahen; faßten fie den Entſchluß, 
eſen Uibeln, welche ſchlimmer, als der Tod 
[ft waren, ein Ende zu machen. Sie 
urden alſo einig, Etliche von ihnen an die 
nkas abzuſchicken, die dieſe um Verzeihung 
tten, und in ihren Namen verſprechen ſol⸗ 
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20 Viertes Buch. 
ten, daß fie kuͤnftig den Inkas wolten zinß⸗ 


mit ihrer gewohnlichen Guͤte auf, und fags 


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bar ſeyn. 
Die Ynkas nahmen dieſe Abgeordnete 


ten ihnen in ſehr freundlichen und liebreichen 
Ausdrücken: „Ein Jeder ſolle ſich in feine 
Stadt und Wohnung begeben und ſich da 
als ein guter und getreuer Unterthan auffuͤh⸗ 
ren, um ſich der Gnade des Pnka wuͤrdig zu 
machen; unter dieſer Bedingung ſolte alles 
Vergangene vergeſſen ſeyn.“ 

Höchſt zufrieden, daß ihre Verrichtung 0 
gut abgelaufen war, begaben ſich dieſe Abge- 
ordnete wieder zuruck und berichteten den Ih— 
rigen dieſe gnaͤdigen Geſinnungen der Yn⸗ 
kas. Um den Befehlen derſelben nachzukom⸗ 
men, begab ſich Jeder in ſeine Stadt; wo 
fie alle mit dem, was fie noͤthig hatten, ver⸗ 
ſehen wurden: Capak Pupanqui bediente 
ſich hierzu der gedoppelten Lieferungen, wel⸗ 
che er von den Seinigen zu Anfange des 
Krieges gefodert hatte. Demohngeachtet em- 
pfanden die Einwohner dieſer neubezwunge⸗ 
nen Provinzen, wegen den groſſen Verwuͤ— 
ſtungen, 
| 


| 


Viertes Buch. 21 


tungen, welche der Krieg angerichtet, im 
rſten Jahre, den Mangel gar ſehr. Die 
pnkas ſuchten dieſem Uibel fo viel als moͤg⸗ 


ich abzuhelfen; fie ſezten auch die noͤthigen 
Dbrigfeiten, welche die Ordnung in den 
Staͤdten und auf dem Lande erhalten, für 


ie Einkuͤnfte der Sonne und des Ynka for: 
en, und das Volk in der Religion und ſei⸗ 
en Pflichten unterrichten mußten. 12 50 

ed 1195 Dr 5 5 h 


der gute Huamachuku unterwirft ſich 
dem Puka freywillig. 
Ney dem Fortgange dieſer Eroberungen 


—ruͤckte endlich Capak Pupanqui an die 5 


raͤnzen eines Landes, welches man Hua⸗ 
ſachuku nennte; Ein mächtiger Herr „ wel: 


er eben den Namen führte, und viel Weiß⸗ 
it und Verſtand beſaß, herrſchete darinne. 


ber ſeine Herrſchaft war ſehr eingeſchraͤnkt, 
id das Volk glich ſeinem Haupte nicht im 
ringſten. Man kann ſich in der That 
ts unvernünftigers und zugleich unmenſch⸗ 
heres vorſtellen, als den Goͤzzendienſt und 
Kin 23 die 


22 Viertes Buch. 


die Geſezze dieſer Leute. Sie beteten gewiß 
ſe vielfarbige Kieſel an, welche ſie an den 
Ufern ihrer Fluͤſſe fanden; indem ſie ſich 
thoͤrichter Weiſe einbildeten, es muͤſſe irgend 
eine groſſe Gottheit in dieſen Jaspisartigen 
Steinen verborgen ſeyn, weil ſie ſonſt nicht 
fo ſchöne Farben haben würden; und dieſen 
unempfindlichen Göttern opferten ſie Blut 
und Fleiſch von Menſchen. Sie hatten kei⸗ 
ne Städte, ſondern lebten in elenden Huͤt— 
ten hier und da auf dem Lande zerſtreut, und 
waren den wilden Thieren ſehr aͤhnlich. Ob⸗ 
gleich der gute Curaka Huamachuku an 
dieſer Wildheit keinen Wohlgefallen hatte, 
und groß Verlangen trug, ſie abzuſchaffen; 
ſo getrauete er ſich dennoch nicht, dieſes zu 
unternehmen; weil er ſich fuͤrchtete, ſeine 
Unterthanen moͤchten einen Aufſtand wider 
ihn machen, und ihn unter dem Vorwande, 
daß er die Religion und Gebraͤuche ihrer 
Vorfahren verachte, toͤdeen. Man kann ſich 
alſo die Zufriedenheit vorſtellen, welche die⸗ 
ſer gute Curaka empfand, als der Prin 
Capak Pupanqui die gewöhnliche Auffode⸗ 
rung 


Viertes Buch. 23 
tung an ihn ergehen ließ, und ihm Frieden 


und Freundſchaft unter der Bedingung an⸗ 


bot, wenn ſein Volk die Religion und die 
Geſezze der Ynkas annaͤhme. Er gab ih⸗ 
nen zur Antwort: “Er wäre ſehr erfreut, 
die ſiegreiche Armee des Ynka an ſeinen Graͤn⸗ 
zen zu ſehen, welchen er ſchon ſeit langer 
Zeit zum Könige zu haben wuͤnſchte; weil er 
ſo viel Vortreffliches von ſeiner Religion und 
Regierung gehört hätte. Die Urſache, war⸗ 
um er nicht ſelbſt eher zu ihm gekommen, 


ihm zu huldigen, und als den Sohn der 


Sonne anzubeten, ſey Dieſe; weil er es 
nicht gewagt, ſein Land zu verlaſſen, und 
durch Länder zu reifen, die von feinen Fein⸗ 
den bewohnt wuͤrden. Gegenwaͤrtig aber, 
da feine Wünfche erfullt wären, erkenne er 
ihn mit Freuden fuͤr ſeinen Koͤnig und baͤte 
ihn demuͤthig; feine Dienſte eben fo gnaͤdig 
anzunehmen, als ſie ihm willig angeboten 


wuͤrden; und ihn und ſeine Unterthanen eben 


die Gnade wiederfahren zu laſſen, die er den 


andern Einwohnern dieſer Lander zugeſtan⸗ 


den haͤtte. 


5 B 4 Als 


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Viertes Buch. 


Als der Prinz Capak Yupanqui und 
fein Neffe der Ynka Pupanqui dieſe Ant⸗ 
wort des guten Huamachuku vernommen 
hatten; rückten ſie in ſein Land ein. Der er⸗ 
freute Curaka ging ihnen entgegen, empfing 
fie mit aller möglichen Hochachtung, und 
brachte ihnen von allem, was in ſeinem Lan⸗ 
de ſelten und vortrefflich war, Geſchenke. 
Worauf er ſich vor ihnen niederwarf, und 
fie anbetete. Der Feldherr Capak Pupan⸗ 
qui empfing ihn ſehr freundlich, und dankte 
ihm im Namen des Inka feines Bruders 
fuͤr die Zuneigung die er gegen ihn zu er⸗ 
kennen gegeben. Eben dieſes that auch der 
junge Prinz, im Namen ſeines Vaters und 
zugleich beſchenkte er ihn mit vielen Kleidern, 
ſowohl für ihn ſelbſt, als auch für feine Anz 
gehoͤrigen und die Vornehmſten des Landes. 
Seit dieſer Zeit bezeigte der Ynka Pacha⸗ 
kutek und ſeine Nachfolger fuͤr dieſen Hua⸗ 
machuku und ſeine Erben viele Achtung, 
und ertheilten auch ſeinem Volke viele Vor⸗ 
zuge und Freyheiten. 


Der 


Viertes Buch. a6 


Diaer groſſe Curaka Huamachukn bat hier⸗ | 
auf den Feldherrn inſtaͤndig in ſeinem Lande | | U. 
eine gute Polizey einzuführen, und ſeinen | 
Unterthanen einen beſſern Gottesdienſt und 

beſſere Geſezze iu n ji e 


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Rust Ne 0 at. 


* Der Fuldherr⸗ eee t sn über Ber Wor⸗ 

te des Curaka. Er befahl, daß alle Ein⸗ 
wohner ihre Hutten und Wohnungen auf 
dem Lande verlaſſen, und an einem Orte, 
welchen er fuͤr den bequemſten dazu hielt, \ 
eine Stadt bauen ſolten. Er befahl ihnen — 
ferner durch einen öffentlichen Ausruf; keinen N 
andern Gott, als die Sonne, anzubeten; | 
die bunten Steine, welche ſie bisher thoͤrich⸗ 
ter Weiſe verehret, aus ihren Haͤuſern hin⸗ 
weg zu ſchaffen, und die Befehle und Ge⸗ 
ſezze des Ynkas auf das genaueſte zu be⸗ 
obachten. Er ſezte auch gewiſſe obrigkeitliche 
Perſonen, welche dafur Sorge tragen muß⸗ 
ten, daß alle dieſe Verordnungen en das . 
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26 Viertes Buch. 


2 | Sechſtes Kapitel. 
5 Der Feldherr Capak Yupanqui erobert 
: N die Landſchaften Caxamalka und Daus 
yu, und ziehet mit feinem Neffen tri⸗ 
umphirend in Cusko ein. 
en alle dieſe Einrichtungen, zum Ver⸗ 
gnuͤgen des guten Huamachuku, ge⸗ 
macht waren, gingen die beyden Ynkas mit 
ihrem Heere weiter, und kamen an die Graͤn⸗ 
1 ze von Caxamalka. Dieſe Landſchaft, wel⸗ 
u h che in den folgenden Zeiten durch die Gefan⸗ 
EB | gennehmung des Atahuallpa fo berühmt ges 
I worden ift, war damals ſehr reich, bevoͤlkert, 
fruchtbar, und von einem weiten Umfange. 
Die beyden Ynkas ſchickten Botſchafter an 
die Einwohner, um ſie aufzufodern, ſich 
entweder zu ergeben, oder, im Fall der Wi⸗ 
| derſpenſtigkeit, zum Kriege gefaßt zu machen. 
1 | Die Einwohner von Caxamalka, welche 
9 ſehr kriegeriſch waren, und wußten, daß die 
Vnkas ſich ſchon die benachtbarten Völker 
mit den Waffen unterwuͤrfig gemacht hatten; 
verſahen ſich mit den noͤthigen Vorraͤthen, 
beſezten die Zugänge und haltbaren Plaͤzze, 
f und 1 


und erwarteten den Prinz Capak Pupanqui 
und ſeine Armee veſten Fuſſes. Seinen Abs 
geordneten aber gaben fie, wie zu vermu— 
| then war, zur Antwort: Daß ſie, ihre Frey⸗ 
heit bis in den Tod vertheidigen wolten. 


Der Feldherr Capak Yupanqui ruͤckte 


hierauf mit ſeinem Heere in die Landſchaft 


Caxamalka; es kam zu einigen blutigen Ge⸗ 


fechten, worinne auf beyden Seiten viele blies 
ben; dennoch fielen fie gemeiniglich zum Vor⸗ 
theile der Vnkas aus. Der Feldherr Capak 
Yupanqui und der Prinz Puka Yupanqui 
lieſſen den Gefangenen ſehr gut begegnen, 
und die Verwundeten heilen, worauf ſie fie 
wieder mit der größten Freundlichkeit zu den 


Ibrigen zurück ſchickten, auch die, welche fie 


unbewaffnet auf dem Lande antrafen, wurden 
A das Beſte behandelt. Yon 
Ein ſolches Betragen waͤhrend dem ganz 
95 Kriege , welcher ohngefehr vier Monate 
dauerte, nebſt der immer zunehmenden Macht 
der Ynkas, welche vom Inka Pachakutek 
Verſtaͤrkung erhielten, hatte die gewoͤhnliche 
Wg: Der Curaka und die vornehm⸗ 


11913 ſten 


Wies Buch. 1 


28 Viertes Buch. 


ſten der Völkerſchaft beſchloſſen der Noth⸗ 
wendigkeit nachzugeben, und Abgeordnete an 
den Feldherrn abzuſchicken, welche in ihren 
Namen ſagen mußten: „Nachdem ſie ſowohl 
die Güte der Ynkas, ihre ſanftmuͤthige Be 
gegnung und bewundernswuͤrdige Großmuth, 
als auch die unwiderſtehliche Staͤrke ihrer 
Waffen erfahren haͤtten; ſo geſtuͤnden ſie frey 
heraus, daß ſie wuͤrdig waͤren, Herren der 
ganzen Welt zu ſeyn. Da ſie gegen ihre 
Feinde ſo ſanftmuͤthig waͤren, ſo zweifelten 
fie nicht, daß fie ſich alles Gute von ih: 
nen wuͤrden zu verſprechen haben, wenn ſie 
das Gluͤck genieſſen wuͤrden, ihre Untertha⸗ 
nen zu ſeyn. Sie ſchaͤmten ſich alſo ihres 
bisherigen Betragens und ihrer Blindheit, 
daß ſie das, ihnen angebotene Gute nicht er⸗ 
kannt und mit Dankbarkeit angenommen hat 
ten; und baͤten den Prinz und den Feldherrn 
ſeinen Onkel, ihnen ihre Widerſezzung zu 
verzeihen, und bey dem Vnka ihre Vorſpre⸗ 
cher zu ſeyn. 

Kaum waren dieſe Abgeordnete im Daß 
der Ynkas angelanget, als der Curaka und 
die 


Viertes Buch. 29 


die Vornehmſten des Volks beſchloſſen, ſelbſt 
binzugehen zu den Ynkas und ſie um Ver⸗ 
zeihung zu bitten, damit ſie deſto eher Gna⸗ 
de erlangen möchten. Sie kamen alſo an, 
als jene eben ihren Auftrag geendiget hat⸗ 
ten. Sie warfen ſich demuͤthig vor den Yn⸗ 
kas nieder und beteten fie, nach ihrer Lan⸗ 
desart an, worauf ſie beynahe eben die Wor⸗ 


te, welche ihre Abgeordneten geſagt hatten, 


wiederholten. Der Feldherr Capak Yupanz 
qui führte das Wort anſtatt feines Vetters 
und ſagte ihnen ſehr liebreich: Er verziehe 


ihnen im Namen ſeines Bruders, des Koͤ⸗ 


niges und des Prinzen ſeines Vetters: Er 
naͤhme ſie als deſſelben Unterthanen an, und 


wolle alles Vergangene vergeſſen; ſie ſolten 


nur künftig ihre Pflicht, als gute und ge 
horſame Unterthanen thun und ſich der Gna⸗ 


de des Ynka würdig machen; fo wurde der 


Koͤnig auch ihnen, nach ſeiner Gewohnheit 
Gnade erweiſen, und die Abſichten der Son⸗ 
ne an ihnen erfüllen; Uibrigens ſolle Jeder 
in Friede nach Hauſe gehen; ſi fie ſolten aber 
vw zerſtreuten Wohnungen und einzelnen 


Huͤtten 


des Landes, welche die Ynfag in einer neuer⸗ 


30 Viertes Buch. 


Kürten verlaſſen und Städte bauen, und in 
Geſellſchaft mit einander leben; alsdann ſol⸗ 
ten fie den Ynka um jede Gnade bitten, 
die ſie nur verlangten. 

Auf dieſe Worte warf ſich der Curaka 
und die bey ihm waren, zum zweytenmale 
vor den Ynkas nieder, und ſagte zu ihnen: 
«Man ſaͤhe aus ihren Handlungen wohl, 
daß fie Kinder der Sonne waren: Sie ſchaͤz⸗ 
ten ſich nun für die gluͤcklichſten Menſchen, 
daß ſie unter die Herrſchaft eines ſo gnaͤdi— 
gen Herrns gerathen waͤren, welchem ſie 
auch kuͤnftig als getreue Unterthanen dienen 
wolten. Sie nahmen hierauf von den Yn⸗ 
kas Abſchied, und begaben ſich in ihre Woh⸗ 
nungen zuruͤck. 

Der Feldherr Capak Yupanqui war ſehr 
zufrieden, daß er die Landſchaft Caxamalka, 
welche auch von Einigen Caſſamarka ge 
nennet wird, erobert hatte; denn es war ei⸗ 
ne der volkreichſten und fruchtbarſten im gan⸗ 
zen Reiche ſeines Bruders. Er machte hier 
eben dieſelben Anordnungen zur Civiliſirung 


oberten 


oberten Provinz zu treffen pflegten: Er ließ 
auch einen Tempel der Sonne bauen und 
verſchiedene Waſſerleitungen anlegen, damit 
das Land an mehrern Orten ie ge⸗ 
3 wurde. Kell 


Nunmehr beſchloß er 85 Eusto zurück | 
zu kehren, auf ſeinem Wege aber eine ge⸗ 
wiſſe Landſchaft, die er im Rüden liegen laſ⸗ 


ſen, um nicht aufgehalten zu werden, zu er⸗ 
obern. Dieſe Landſchaft, welche Yauyu hieß 
hatte tapfere Einwohner und war, vermöge 
ihrer Lage, gut zu vertheidigen; weil ſie aber 
nicht allzugroß war, hoffte der Feldherr, 
zwoͤlftauſend Mann wuͤrden hinlaͤnglich ſeyn, 


ſie zum Gehorſam zu bringen. Er behielt 


alſo nur ſo viel bey ſich, und ließ den Wel 
3 ſeines Heeres ziehen. | 

Der Feldherr Capak Pupanqui hatte 
fh in feiner Hoffnung nicht betrogen. Alle 
Einwohner des Landes Yauyu nahmen die 
Ynkas einmuͤthig mit groſſen Feyerlichkeiten 
und öffentlichen Freudensbezeigungen auf. 
Der Feldherr war ſehr vergnuͤgt daruͤber; 
er beehrte den Curaka, ſeine Verwandten, 
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Viertes Buch. gr 


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32 Viertes Buch. 


die Hauptleute und die Vornehmſten des 
Landes mit verſchiedenen Geſchenken; er ließ 
ihnen viele Kleider, von der feinen Wolle, 
welche man Compi nennet, geben, den Ge 
ringern aber gab er ſolche die aus der Wolle, 
Vaska, verfertigt waren. Ein jeder war 
nun erfreut, unter die Herrſchaft eines ſo 
guten Koͤniges gekommen zu ſeyn. 

Die beyden Ynkas machten nun auch in 
dieſer Provinz die gewöhnliche Einrichtung 
zur Regierung des Landes, zum Unterricht 
des Volks, und zu Hebung der Einkünfte 
für den König, und die Sonne, und kehr⸗ 
ten nach Cusko zurück. 

Hier wolte fie der Pnka Pachakutek 
feyerlich empfangen, deßwegen hatte er alle 
Zubereitungen zu einem triumphirenden Eins 
zuge machen laſſen, in welchem ſowohl ſein 
Bruder, als auch ſein Sohn, von jungen 
Leuten aus den eroberten Provinzen ſolten 
getragen werden. 

Alle Einwohner der Hauptſtadt und die 
Curakas, welche ausdrücklich, um dieſes 


Feſt zu ehren, dahin gekommen waren, gin— 


gen 


Viertes Buch. 33 


gen in einer gewiſſen Ordnung, bey dem 
Schalle mufifalifcher Inſtrumente voran. 
Man ſang verſchiedene Lieder „ welche entwe⸗ 
der zum Lobe des Feldherrn, Capak Yu⸗ 
panqui, oder des Prinzen, ſeines Vettern 


gemacht waren. Nach den Einwohnern von 


Cusko und den Hofleuten folgte das Kriegs⸗ 
her, nach den Voͤlkerſchaften in Kompanien 


ingetheilt, mit den Waffen in der Hand. 


Dieſe beſungen, wie die Andern die Thaten 
hrer Ynkas, und verkuͤndigten ihre hohen 
kigenſchaften, ihren groffen Muth, ihre Ta- 
ferkeit im Streite, ihre Wachſamkeit und 
ute Anfuͤhrung in den kriegeriſchen Unter⸗ 
ehmungen, ihre Geduld, Sanftmuth und 
Sroßmuth in Ertragung des unverſchaͤmten 
zetragens der Unwiſſenden und Verwege⸗ 
en: ihre Gnade und Mitleiden gegen die 
iberwundenen; ihre Pracht und bewunderns— 
ürdige Freygebigkeit gegen die Hauptleute, 
Soldaten und ſogar gegen Fremde; und mit 
nem Worte, ihre Weißheit und Klugheit 
allen Unternehmungen und Eroberungen. 
ach den Kriegsleuten folgten die Ynkas 
II. Theil. C | von 


— 


34 Viertes Buch.“ 


von koͤniglichem Gebluͤte, welche auch be 
waffnet waren, ſowohl die, welche aus der 
Stadt, als die, welche aus dem Kriege ka— 
men. Beyde gingen vermiſcht, ohne Unterz 
ſchied; weil ſie die Gewohnheit hatten, alle 
gleichen Antheil an den Thaten, die von ei 
nigen Ynkas verrichtet wurden, zu nehmen, 
als wenn fie alle dabey zugegen geweſen waͤ— 
ren. | 

Mitten unter den Ynkas befand ſich der 
Feldherr und hatte den Prinz zur Rechten; 
hinter ihnen ward der Ynka Pachakutek auf 
ſeinem goldenen Stuhle getragen. In dieſer 
Ordnung begaben ſie ſich zu dem Hauſe der 
Sonne, vor welchem die Pnkas von ihrer 
Stühlen herabſtiegen und ihre Sandalen ab 
legten, ausgenommen der König. Auf die 
fe Art gingen fie bis an die Thür des Tem: 
pels, vor welcher auch der Inka die San 


dalen ablegte, und hinein ging. Niemant 


als wer von koͤniglichem Blute war durft 
ihm hier folgen. In dieſem Tempel beteten 
die Ynkas die Sonne an und dankten iht 
für die Siege, die fie ihnen verliehen hat 

te 


* Viertes Buch. 35 


te. Als dieſes Geber vollbracht war, kehe⸗ 
ten fie auf den groſſen offentlichen Plaz der 
Stadt zuruͤck, wo ein praͤchtiger Schmaus 
gegeben wurde. Dieſer ganze Tag ward 
mit Eſſen, Trinken, Taͤnzen 5 Geſaͤngen 
zugebracht. 
Bey dieſer offentlichen Luſtbarkeit ſtund 
Ein Volk nach dem Andern, nach dem Ran⸗ 
ge, dem ihn ſeine Unterwerfung unter die 
Herrſchaft der Inkas gab, von feiner Ta⸗ 
el auf, und ging hin und ſang und tanzte, 
or dem Pnka nach ſeiner Landesart, bey 
em Schall der Inſtrumente, welche von 
en Dienern geſpielt wurden; welche auch 
llezeit die Schlußzeilen der Geſaͤnge wieder⸗ 
olten. Wenn Ein Volk fertig war, ſezte 
s fi) wieder zu Tiſche und ein Anderes 
und auf. So wurde dieſer ganze Tag voll 
racht. Dieſes war jedoch nur der Anfang 
es Siegesfeſtes; es waͤhrete einen ganzen 
Nonat, in welchen man von nichts, als von 
Aumspen und Luſtbarkeiten hoͤrte. 

Alles dieſes war ſchon vorher bey jedem 
nchen Siegesfeſte geſchehen; wir haben 


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Be —- nenne — — —— 2 

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36 Viertes Buch. 


es aber nur fuͤr dieſesmal wiederholen wol⸗ 
len; weil das Feſt des Capak Yupanquf 
eines der feyerlichſten war. 


Siebentes Kapitel. 
Unterwerfung der Thaͤler Hka und Pis— 
ko, und Auffoderung der Chinkas. 
Noch dieſen Siegesfeſten wendete der Dis 

ka drey bis vier Jahre auf die Culti— 
virung der eroberten Provinzen und die Ver⸗ 
ſchoͤnerung derſelben durch herrliche Gebaͤude. 
Die Einwohner der Städte feines Reichs 
ruheten von den Beſchwerden des Krieges 
aus, und genoſſen die Annehmlichkeiten des 
Hausſtandes in Frieden; Alle empfanden die 
Gluͤckſeeligkeit einer ſo ſanften und gerechten 
Regierung, als nie irgend einem enn 
zu Theil worden iſt. 

Endlich glaubte der Ynka Pachakutek 
daß es Zeit ſey, ſeinen Kriegsleuten wieder 
einige Beſchaͤftigung zu geben, damit die 
allzulange Unthaͤtigkeit fie nicht weichlich 
machen, oder ihren Muth einſchlaͤfern moͤch⸗ 
te. Sie ſelbſt wunſchten es: Denn nichts 
wird 


a | Viertes Buch. 37 


wird den Menſchen, welche einmal die Un⸗ 
ruhe zu ertragen gelernt haben, laͤſtiger, als 
eine zu einfoͤrmige, unbeſchaͤftigte Lebensart, 
wenn ſie auch noch ſo gluͤcklich iſt. 


Es wurde demnach im Kriegsrathe ber 


ſchloſſen, die niedern Landſchaften am Meere, 
laͤngſt der Kuͤſte zu erobern. Zu dem Ende 
zog der Pnka eine Armee von dreyßigtauſend 
Mann zuſammen, und gab Befehl, daß ſich 
eine gleiche Anzahl bereit halten ſolle, um je⸗ 
ne abzuloͤſen: Dieſes ſolte alle zwey Monate 


geſchehen, weil dieſe niedern Landſchaften, 


wegen der übermäßigen Hizze, für die Ein⸗ 
wohner der Gebuͤrge hoͤchſt huge und ges 
aͤhrlich find. 

Nach dieſen . gab der Yn⸗ 
a Pachakutek Befehl, daß die lezten drey⸗ 
igtauſend Mann in den Graͤnzſtaͤdten in 
Beſazzung bleiben ſolten, bis fie zum Feld⸗ 
uge aufgefodert wuͤrden; die Erſtern aber 
nußten ins Feld ruͤcken. Der VYnka ſelbſt, 
ebft feinem Erbprinzen und dem Feldherrn 
Lapak Pupanqui führten fie an. Sie gin⸗ 
n bis in die Provinzen Rukana und Ha⸗ 
8 8 C 3 f tum⸗ 


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38 Viertes Buch. 


tumrukana: Hier fand der Ynka Pachaku⸗ 
tek für gut, für feine Perſon zu bleiben; 
weil er von da aus ſowohl der Armee beyſte— 
hen, als auch fr das Innere feines König? 
reichs Sorge tragen konnte. Die beyden 
Tnkas aber, der Onkel und der Vetter ſez— 
ten ihren Marſch bis Nanaska fort, von 
welchem Orte aus ſie erſtlich die Einwohner 
des Thales Yka und dann auch die im Tha⸗ 
le Pisko auffoderten. Beyde Thaͤler unter⸗ 
warfen ſich ohne Schwierigkeit und nahmen 
die Geſezze und Sitten der Ynkas an; fie 
entſagten auch ihren Goͤzzen, und verſpra— 
chen kuͤnftig die Sonne anzubeten. 

Das Thal Yka liegt Nanaska gegen 
Norden, und iſt nun eines der fruchtbarſten; 
Die Ynkas haben ſich auch immer beſonders 
günſtig gegen daſſelbe bezeigt. Sie lieſſen 
von dem Gebuͤrge herab eine ſchoͤne Waſſer⸗ 
leitung durch dieſes Thal fuͤhren, weil der 
Fluß, welcher es durchſtroͤmt, ſehr wenig 
Waſſer hat, und es in dieſer Gegend ſelten 
regnet. Man erhielt durch dieſes Mitte 
noch einmal ſo viel zum Ackerbau taugliches 
Land, 


Land, und die Einwohner lebten von dieſer 
Zeit an im Uiberfluſſe. Alle dieſe Vorthei— 
le, welche die Ynkas ihren Unterthanen 
verſchafften, machten ihre Herrſchaft unge: 
mein beliebt, und zogen auch die Herzen 
derer an ſich, welche noch mit ihnen 
keiner Verbindung ſtanden. 

Wir muͤſſen nicht vergeſſen zu ſagen; 
daß die Einwohner dieſer ganzen Kuͤſte, von 
Truxillo gegen Norden, bis Tarapaka gegen 
Suͤden, welches eine Laͤnge von fuͤnfhundert 
Meilen iſt, das Meer, als ihre vornehmſte 
Gottheit, anbeteten; Denn außerdem hatte 
noch jede Landſchaft ihren beſondern Goͤzzen. 
Sie nennten es Mama⸗Cocha, das heißt: 
Mutter⸗Meer: weil nicht allein die Fiſche, 
welche fie im Meere fingen, ihre vornehm⸗ 
ſte Nahrung waren; ſondern weil fie auch 


ihre Felder mit den kleinen Fiſchen, die 


das Meer an das Ufer wirft, worunter vie⸗ 
le Sardellen ſind, duͤngten. Sie beteten 
naͤchſtdem auch insgeſamt den Wallfifch, we⸗ 
gen ſeiner Groͤße an; jedes Thal aber ver⸗ 
Pe insbeſondere wieder die Fiſche, welche 


Viertes Buch. | 39 


C 4 | an 


40 Viertes Buch. 


an ſeinem Ufer am haͤufigſten gefangen wur⸗ 
den. So war die Abgoͤtterey in dieſem 
Landſtriche beſchaffen, ehe er unter die Bots 
maͤßigkeit der Ynkas kam. | 

An das Thal Pisko graͤnzt das fehr weit⸗ 
laͤuftige und volkreiche Thal, welches von 
dem maͤchtigen Volke der Chinkas, oder 
Punkas bewohnt wurde. Dieſe Chinkas 
glauben, daß ihre Vorfahren aus einem ſehr 
entfernten Lande, deſſen Namen ſie aber nicht 
ſagen koͤnnen, unter der Anfuͤhrung eines 
eben fo frommen, als tapfern Heerfuͤhrers 
hierher gekommen ſind; und ſich da, nach 
Eroberung des ganzen Thales und Vertil— 
gung aller ſeiner Einwohner, niedergelaſſen 
haben. 

Als fie vernahmen, daß die Einwohner ei— 
nes benachtbarten groſſen Thales, ihrem Gotte 
Pachakamak einen praͤchtigen Tempel gebauet 
haͤtten; ſo kam es ihnen ein, dieſen nachzu⸗ 
ahmen. Da ſie aber hoͤrten, daß Pachaka⸗ 
mak den bedeutete, welcher die ganze Welt 
erhielte, ſo bildeten ſie ſich, nach ihrer ro⸗ a 
hen Einfalt ein, wenn Pachakamak ſo viele | 

Leute 


Viertes Buch. 4¹ 


Leute zu naͤhren haͤtte; ſo moͤchte er fi vers 
geſſen oder verſaͤumen, oder ihnen nicht ſo 
vielen Unterhalt verſchaffen können, als ihre 
groſſe Anzahl noͤthig haͤtte. Sie hielten als 
fo für beſſer, ſich einen eignen Gott zu ma 
chen, der ſie unter ſeinen beſondern Schuz 
nähme. Sie thaten es und gaben dieſer neuen 
Gottheit den Namen Chinka-Camak, das 
beißt: Erhalter der Chinkas. Auf dieſen 
Gott verlieſſen ſie ſich vornemlich: Sie er⸗ 
zaͤhlten viel groſſe Siege, welche ſie unter 
feinem Beyſtande erhalten haͤtten, die aber 
in der That erdichtet waren: Und im Ver⸗ 
trauen auf dieſem, widerſezten ſie fi ch auch 
is, der Macht der Ynkas. 

Als der Feldherr Capak Yupanqui die 
gewoͤhnliche Auffoderung an ſie hatte ergehen 
laſſen; Sich entweder dem Ynka Pachaku⸗ 
tek zu unterwerfen und die Sonne anzube⸗ 
ten; oder zu einem Kriege gefaßt zu machen; 
ſo gaben fie zur Antwort: „Sie Hätten ei⸗ 
nen Fuͤrſten, dem fie gern unterthan waͤren, 
weil er aus ihrem eignen Volke abſtammte, 
fie würden alfo den Ynka nie für ihren Herrn 
18259 C 5 erken⸗ 


42 Viertes Buch. 


erkennen; die Unterthanen des Ynka moͤch⸗ 
ten immer, da fie auf den Gebuͤrgen wohn⸗ 
ten, die Sonne anbeten; ſie ſelbſt verehrten 
das Meer, welches eine viel wohlthaͤtigere 
Gottheit waͤre, als die Sonne, die nur ihre 
Felder verſengte; und ihren Schuzgott, Chin⸗ 
Fa⸗Camak, welcher nie zugegeben hätte, daß 
ſie von ihren Feinden waͤren uͤberwunden 
worden. Die Pnkas wuͤrden alſo gerechter 
und kluͤger handeln, wenn ſie zuruͤck auf ihre 
Gebuͤrge gingen, und ſie nicht beunruhigten. 


Auf dieſe hartnaͤckige Antwort ruͤckten 
die Ynkas in das feindliche Land ein. Der 
Curaka der Chinkas ging ihnen mit einem 
ſtarken Heere entgegen, und es kam zu ver⸗ 
ſchiedenen Angriffen. Ich will dieſen Feld⸗ 
zug nicht ausfuͤhrlich beſchreiben, weil er mit 
verſchiedenen vorhergehenden zu groſſe Aehn⸗ 
lichkeit hat. Die Ynkas gingen mit ihrer 
gewöhnlichen Behutſamkeit und Schonung 
zu Werke: Der Feldherr ließ, zu Verhuͤtung 
des Krankwerdens ſeiner Leute, zweymal ein 
anderes Heer anruͤcken, und ſchickte das vor⸗ 


herge⸗ 


prinz, feinen Neffen zurückkehren; Er bot 
den Chinkas, mitten unter den Feindſeelig⸗ 
keiten, beftändig Friede und Freundſchaft an. 
Alles dieſes, nebſt der Noth, worein die Fein⸗ 
de, durch Mangel geriethen, brachte die ge⸗ 
woͤhnliche Wirkung hervor; daß die Chinkas 
erſtlich Abgeordnete an die Ynkas ſchickten, 
welche fie ihrer Bereitwilligkeit, ſich zu unter⸗ 


werfen verſichern ſolten; und daß hernach der f 


Curaka der Nazion ſelbſt in das Lager des 


Feldherrn, Capak Yupangui, reiſete, um ihn 


zu huldigen, und ſich fuͤr einen Vaſallen des 
Koͤniges, ſeines Bruders zu erkennen. | 

Capak Pupanqui war über die Ankunft 
des Curaka ſehr erfreut; er begegnete ihm 
ſehr freundlich und verſicherte ihn der Ver⸗ 
zeihung des Königs. Er theilte auch Ge 
ſchenke unter ihn und ſeine Begleitung im 
Namen des Königs aus und ließ fie insge⸗ 
ſamt vollkommen zufrieden wieder von ſich. 
Nachdem die Ynkas dieſes Land in Ber 
ſiz genommen und fo, wie ihre andern Pro⸗ 
vinzen, eingerichtet hatten, fo verherrlichten 
ir fie 


Viertes Buch, 1 
bergehende zurück; Er ließ ſogar den Erb: 


44 Viertes Buch. 


ſie es auch durch viele praͤchtige Gebaͤude. 
Dieſes Thal iſt auch immer in den folgenden 
Zeiten Eines der ſchoͤnſten im ganzen Reiche 
geweſen, und der ganze nördliche Bezirk des 
Reichs der Ynkas hat von dieſem Volke den 
Namen Chinkaſuyu bekommen. 


Achtes Kapitel. 
Chuquimanku, Beherrſcher von vier 
Thaͤlern wird beſiegt. 

Nochden der Feldherr Capak Pupanqui 
den groſſen Curaka der eigentlichen 
Chinkas ſich zu unterwerfen gezwungen hat— 
te; verlangte er von dem Koͤnige ſeinem 
Bruder eine neue Armee um mehrere Thaͤ⸗ 
ler zu erobern. Der Ynka willigte in feine 
Bitte, und ſendete ihm ein gutes Heer, das 
mit erfahrnen Hauptleuten verſehen, und 
vom Prinz Inka Yupanqui, welcher eine 
groſſe Neigung zum Kriege zeigte, ange— 
führt ward. Als dieſe Armee beym Feld⸗ 
herrn angekommen war, verließ er das Thal 
der Chinkas, und ruͤckte in das ſchoͤne Thal Ru⸗ 
nahuanak. Dieſer Name bedeutet, Schre⸗ 
cken 


Viertes Buch. 45 


cken der Menſchen: Er iſt zuſammengeſezk 
aus den beyden Wörtern: Runa, welches 
Leute, und Huanak, der durch Schaden 
128 macht, bedeutet. 

Das Thal Nunahuanak und drey ande⸗ \ 
e welche noͤrdlicher liegen, nemlich Hu⸗ 
arku, Malla und Chillka wurden auch von 
Chinkas oder Yunfas bewohnt, und gehörs 
ten Einem Beherrſcher „ Namens Chuqui⸗ 
manku. Dieſer Curaka gab ſich das An 
ſehen eines Königes „und verlangte, daß 
alle Angraͤnzende ihn fuͤr ihren Herrn erken⸗ 
nen ſolten. Als er hoͤrte, daß die Ynkas 
mit einer Armee wider ihn im Anzuge wär 
ren, brachte er ein Heer zuſammen, und 
ging ihnen entgegen, um fie zu verhindern, 
daß ſie nicht uͤber einen tiefen und gefaͤhrli⸗ 
chen Fluß, welcher durch das Thal Runa⸗ 
huanak firome, ſezzen möchten. Es kam 
hier zu einem Gefechte, in welchem auf bey⸗ 
den Seiten viele blieben: Jedoch da Chuqui⸗ 
manku den Krieg nicht verſtand, ſeine Sol⸗ 
daten ſich ſchlecht vertheidigten, und die Uns 
das mit vielen Floͤſſen verſehen waren; fo 
a ſezten 


46 Viertes Buch. 


ſezten dieſe gluͤcklich uͤber den Fluß; Chuqui⸗ 
manku beſchloß, ſich in das Thal Huarku 
zurück zu ziehen; weil er glaubte, daß er 
den Krieg hier mit groͤſſerm Vortheile fuͤh— 
ren wuͤrde. Auf dieſe Art bemaͤchtigten ſich 
die Ynkas in weniger als einem Monate 
des ganzen ſchoͤnen Thales Runahuanak. 
Der Feldherr Capak Yupanqui ließ Be⸗ 
ſazzungen in dieſem Thale, ſowohl um ſich 
den Rüden zu decken, als auch, um deſto 
ſicherer die Vorraͤthe, welche ihm der Yn⸗ 
ka zuſchicken würde, zu erhalten, worauf er 
in das Thal Huarku vorruͤckte. Hier ward er 
gendthigt, einen grauſamen Krieg zu führen. 
Chuquimanku hatte hier ſeine ganze Macht 
zuſammen gezogen, welche zwanzigtauſend 
Mann betrug, und war entſchloſſen, fuͤr ſein 
Land und ſeinen Ruhm auf das tapferſte zu 
fechten. Er that auch in der That mehr, 
als man ſich zu ihm verſehen hatte. Die 
Vnkas gebrauchten ihrer Seits auch alle 
Kriegskunſt und Tapferkeit gegen dieſen Feind, 
doch blieben ſie ihrem Grundſazze getreu, 
das Blutvergieſſen ſo viel als moͤglich zu 
vermei⸗ 


Viertes Buch. 47 


vermeiden. Dieſes Lezte gelang ihnen nicht 
ſo gut, als fie wuͤnſchten; Die Chinkas vers 
theidigten ſich mit einer Hartnaͤckigkeit, wel⸗ 
che den Feldherrn zwang, ſein Herr dren 
oder viermal mit neuen Truppen zu erſezzen, 
und die, welche in dieſen heiſſen Gegenden 
nicht aushalten konnten, nach Hauſe ziehen 


zu laſſen. Um aber dem Feinde zu zeigen, 


daß er den Krieg nicht aufgeben würde „ bis 
er ihn gänzlich überwunden haͤtte; theilte er 
ſein Lager eben ſo ein, wie die Abtheilungen 
der Stadt Cusko waren, und gab ihm auch 
eben den Namen; wobey er die groͤßte Sor⸗ 
ge trug, ſeinen Soldaten alle Bequemlich⸗ 
keiten zu verſchaffen, die ſie in ihren eigenen 
Wohnungen wuͤrden gehabt haben; und den 
Feinden alle Zufuhre abzuſchneiden. 

Der fuͤrchterlichſte unter allen Angriffen, 
der Hunger, nahm hierauf in dem Lager 
des Chuquimanku außerordentlich überhand. 
Seine Leute ſuchten ihn zu überreden , nicht 


das Aeußerſte abzuwarten, ſondern ſich zu 


ergeben, und da er ihnen kein Gehör gab, 
gingen viele zu den Ynkas über, und berich⸗ 


teten 


48 Viertes Buch. 


teten ihnen den traurigen Zuſtand, worinne 
ſich ihr Curaka mit ſeiner Armee befaͤnde. 
Dieſes thaten ſonderlich die Soldaten, wel⸗ 
che er aus dem Thale Runahuanak mitge⸗ 
nommen hatte; dieſe verlieſſen ihn insge⸗ 
ſamt. Da Chuquimanku befuͤrchtete, daß 
die Uibrigen ihrem Beyſpiele folgen moͤchten; 
ſo gab er endlich nach, und verlangte hier⸗ 
inne den Rath der Vornehmſten des Volks 
zu wiſſen. Sie waren alle einſtimmig der 
Meinung; daß ſie insgeſamt, ohne Ver⸗ 
zug, in das Lager der Ynkas geher, ſich ih⸗ 
nen zu Fuͤſſen werfen, und um Verzeihung 
bitten muͤßten. | 

Die beyden Ynkas nahmen. fie hoͤflich 
auf, verziehen ihnen, beſchenkten ſie, und 
lieſſen ſie nach Hauſe gehen. | 

Die Ynkas hielten es ſich für eine fo 
groſſe Ehre, daß fie den groſſen Curaka 
Chuquimanku dem Könige Pachakutek zins⸗ 
bar gemacht hatten, daß ſie beſchloſſen, der 
Nachwelt ein Denkmal dieſes Sieges zu hin⸗ 
terlaſſen. Sie erbaueten zu dem Ende in 
dem Thale Huarku, eine zwar kleine, aber 


ſehr 


Viertes Buch. 49 


ſehr ſtarke Veſtung, welche der Zeit würde 
getrozt haben, wenn ſie nicht von den Spa⸗ 
niern ware zerſtort worden. Die Rudera 
davon ſahe man noch im Jahr 1560. 


Neuntes Kapitel. 

Von den Thaͤlern Pach aka mak und 2 
| Rimak. 

De Ynkas machten nach der ER 

des Curaka Chuquimanku in ſeinem 
Lande die gewöhnlichen Einrichtungen „ was 
den Gottesdienſt, die Geſezze, Gebräuche 
und Abgaben anbetrifft, und gingen auf die | 
Thaͤler des Curaka Cuysmanku loß. Die 1 
ſer Curaka verlangte eben ſowohl, als Chu⸗ | 
uimanku, daß man ihn Hatun-Apu, das 
ſt den Großherrn nennen ſolte. Dieſer 
dittel bedeutete in dieſem Lande fo viel als 
donig. Er war Beſtzzer von ſechs Thaͤlern, 
inter welchen die vorzuglichften Pachakamak 
ind Rimak genennt wurden. Ehe ich in 
reiner Erzählung weiter gehe, muß ich von 
ieſen en das ehe erwaͤhnen. 


i. Zei. 18 5 Die 


50 Viertes Buch. 


Die Ynkas erkannten, daß es einen ober⸗ 
ſten Beherrſcher der Welt geben muͤſſe, der 


alle Dinge und auch die Sonne geſchaffen 


habe: Dieſen Gott nennten fie Pachakamak; 
Dieſes bedeutet ſo viel, als derjenige, wel⸗ 


cher Alles geſchaffen hat und erhaͤlt; 


Sie ſagten er ſey unſichtbar; um deßwillen 
baueten ſie ihm keinen Tempel, brachten ihm 


auch keine Opfer, wie der Sonne; ſondern 


fie beteten ihn nur, mit der größten Ehr⸗ 
furcht, in ihrem Herzen an; welche ſie auch 
durch die Bewegung des Hauptes, der Au— 
gen, der Arme und des ganzen Leibes be— 
zeugten, ſo oft ſie ihn nur nennten. Die 
Ynkas breiteten dieſe Lehre in ihrem ganzen 
Reiche aus, und die uͤberwundenen Voͤlker 
nahmen ſie insgeſamt eherbietig an. Die 
Vorfahren des Curaka Cuysmanku allein 
nahmen fie an, ehe fie noch von den Ynkas 
beſiegt waren; aber freylich nicht in der Rei⸗ 
nigkeit, wie fie bey dieſen war. Sie baue 
ten dem Pachakamak einen Tempel und bes 
nennten das ganze Thal nach ſeinem Namen. 
Allein ſie ſezten auch ihre Goͤzzen in dieſen 
Tem⸗ 


Viertes Buch. 5 


Tempel, welche fie unter der Geſtalt verſchie— 
dener Thiere und Fiſche anbeteten. Dieſer 
Tempel, welcher ſowohl wegen des herrli⸗ 
chen Gebäudes, als auch wegen des feyerli⸗ 
chen Dienſtes, der darinne verrichtet wurde, 
einen groſſen Vorzug hatte, war der Einzige 
in ganz Peru, wo die Chinkas Thiere, und 
an groſſen Feſten ſogar Menſchen, opferten. 

Das Thal Rimak iſt vier Meilen von 


Pachakamak nach Norden gelegen. Der 


Name bedeutet Einen welcher ſpricht. Es 
wurde alſo benennt von einem Goͤzzenbilde, 
welches hier in der Geſtalt eines Menſchen 
verehret ward, und den Fragenden, wie der 
Apoll zu Delhi, mit Orakelſpruͤchen antwor⸗ 
tete. Dieſer Goͤzze ſtand in einem praͤchtigen 
Tempel, welcher aber dennoch dem Tempel 
des Pachakamak nicht gleich kam. Die Spa⸗ 
tier nennten in den folgenden Zeiten dieſes 
Thal Lima, und erbaueten darinne die Stadt 
zos⸗Reyes, oder die Stadt der Könige, 
veil ſie am Feſte der heil. drey Koͤnige den 
Srund dazu legten. Das Wappen dieſer 
Stadt ſind drey Kronen und ein Stern. 
. D 2 Doch 


— m — 
1 


_ 
. 


52 Viertes Buch. 


Doch ich kehre wieder zu meiner Geſchichte 
zuruͤck. | 
Die Ynkas lieffen an den Curaka, oder 
wie er ſich nennte, Hatun-Apu, Cuys⸗ 
manku die gewoͤhnliche Auffoderung ergehen; 
allein dieſer, welcher waͤhrend dem Kriege 
der Unkas mit dem Curaka Chuquimanku 
vermuthet hatte, daß die Reihe auch an ihn 
kommen würde, hatte ſich ſchon in Bereit 
ſchaft geſezt. Er ließ auch alle ſeine Haupt⸗ 
leute und Soldaten zuſammen kommen, das 
mit ſie bey der Anrede der Abgeordneten 
der Ynkas gegenwärtig wären. Als dieſe 
geſchehen war, gab er zur Antwort; daß ſei⸗ 
ne Unterthanen keinen andern Koͤnig, als 
ihn und keine andern Goͤtter, als die ſie ſchon 
laͤngſt verehrt haͤtten, erkennen wolten. Denn 
ihr Gott Pachakamak ſey groͤſſer und maͤch⸗ 
tiger als die Sonne, weil er alle Dinge und 
ſelbſt die Sonne geſchaffen habe; und ihr 
Gott Rimak verdiene um deßwillen alle Ver⸗ 
ehrung, weil er ihnen die zukuͤnftigen Din⸗ 
ge offenbare. N 


Die 


Viertes Buch. 53 


Die Ynkas waren ſehr erfreut, als fie 
hoͤrten, daß die Unterthanen des Cuysman⸗ 
ku, den Pachakamak verehrten, welchen ſie 
ſelbſt, als den hoͤchſten Beherrſcher Himmels 
und der Erden, innerlich anbeteten. Sobald 
ſie alſo mit ihrer Armee in das Thal Par 
chakamak eingerückt waren, ſchickte der Feld⸗ 
herr Capak Nupanqui an den Cuysmanku 
Abgeordnete und ließ ihm einen Waffenftil- 
leſtand antragen, bis ſie ſich wegen der Ver⸗ 
ehrung der Goͤtter weitlaͤuftiger mit einander 
wuͤrden beſprochen haben. Der Koͤnig Cuys⸗ 
manku nahm dieſen Vorſchlag an und es 
wurde endlich ein Friede geſchloſſen, unter 
dieſen Bedingungen: Daß beyde Voͤlker fer⸗ 
nerhin den Pachakamak verehren, Cuys⸗ 
manku aber die übrigen Gözzen aus deſſen 
Tempel entfernen und die Menſchenopfer ab- 
ſchaffen ſolte: Daß die Unterthanen dieſes 
Leztern die Sonne, die Unterthanen der Pi 
Tas aber den Rimak für einen Gott erken⸗ 
nen ſolten: Daß Cuysmanku im ruhigen 
Beſiz feiner Länder bleiben, aber den Ynka 
für ſeinen Oberherrn erkennen; feine Geſezze 
f D 3 und 


\ 


54 Viertes Buch. 


und Gebraͤuche annehmen und die gewoͤhnli⸗ 
chen Auflagen fuͤr den Tempel der Sonne 
und den Ynka abtragen ſolte: Hingegen 
würde auch der Ynka dem Thale Pachaka⸗ 
mak die Ehre erweiſen, und ein Hauß fuͤr 
auserwaͤhlte Jungfrauen darinne erbauen laß 
ſen. 

Der Feldherr Capak Yupanqui legte ei⸗ 
ne hinlaͤngliche Beſazzung in das Thal Pa⸗ 


chakamak und entſchloß ſich nach Eusfo zus 


ruͤck zu kehren um feinem Bruder dem Ins 
ka einen ausfuͤhrlichen Bericht von Allem, 
was bey dieſen Eroberungen vorgefallen war, 
abzuſtatten. Er nahm auch den König Euys⸗ 
manku mit um ihn dem Ynka vorzuſtellen. 
Cuysmanku that dieſe Reiſe mit dem groͤß— 
ten Vergnügen, weil er ſehon lange hoͤchſt 
neugierig geweſen war, die Stadt Cusko, 
von welcher man im ganzen ſuͤdlichen Ame⸗ 
rika ſo viel Wunderbares erzaͤhlte, zu ſehen. 


Der Ynka Pachakutek, welcher ſich waͤhrend 
dieſem ganzen Feldzuge in Rukana auf⸗ 


gehalten, hatte dieſes alles kaum erfah⸗ 


ren, als er nach Cusko zuruͤckkehrte und die 
praͤch⸗ a 


— — — 


Viertes Buch. 55 


praͤchtigſten Anſtalten machen ließ, ſeinen zu⸗ 
ruͤckkommenden Sohn und Bruder wohl zu 
empfangen. 
Er ging ihnen entgegen und holte fie 
mit eben dem triumphirenden Einzuge ein, 
wie die vorigen Male. Er bewies ihnen die 
‚größten Freundſchaftsbezeigungen und em⸗ 
pfing auch den Cuysmanku auf das gnaͤdig⸗ 
ſte; er befahl ſogar, daß er bey dem Einzu⸗ 
ge feinen Rang zwiſchen den Ynkas von Eis 
niglichem Blute haben ſolte. Dieſe Gnade 
überhäufte den Cuysmanku mit Freude; fie 
zog ihm aber auch den Neid aller andern Cu⸗ 
rakas zu. Nach Vollendung der Siegesfe⸗ 
fie ließ der Jnka den Cuysmanku nebſt al⸗ 
len denen, welche ihn begleitet hatten, mit Eh⸗ 
renbezeigungen und Geſchenken uͤberhaͤuft und 
hoͤchſt vergnügt, wieder in ihr Land ziehen. 
In den folgenden Zeiten, nachdem der 
Tempel des Pachakamak von den andern 
Goͤzzen gereinigt war, ertheilten die Priefter 
deſſelben auch Orakelſpruͤche, aber nur in ſol⸗ 
chen Sachen, welche die Angelegenheiten der 
Koͤnige und Vornehmſten des Landes betra⸗ 
Bi; D 8 fen. 


56 Viertes Buch. 


fen. Das gemeine Volk bediente ſich der 
Ausſpruͤche des Goͤzzen Rimak. 

Der Inka Pachakutek wendete nunmehr 
einige Jahre bloß auf die Verbeſſerung und 
innere gute Einrichtung ſeines groſſen Reichs: 
er ließ ſchoͤne Gebäude aufführen, ſchaffte eis 
nige Mißbraͤuche ab, welche ſich eingeſchlichen 
hatten, machte neue Geſezze und Anordnun⸗ 
gen und ‚führte gottesdienſtliche Gebräuche 
ein, welche ſeine Unterthanen noch mehr in 
ihrer Religion beveſtigen folten. Er berei⸗ 
cherte inſonderheit den Tempel der Sonne 
und ließ feine innere Wände mit goldenen 
Blech überziehen. Mit einem Worte; er 
zeigte ſich als einen vortrefflichen König, ei⸗ 
nen würdigen Hohenprieſter und groſſen Feld: 
herrn. 

Zehntes Kapitel. 5 
Krieg mit dem groſſen Curaka Chimu 
und Beſiegung deſſelben. f 

Sechs Jahre hatten die Unterthanen des 
Pnka Pachakutek einen ungeſtörten 
Frieden genoſſen, und ſich von allen Beſchwer⸗ 
| den 


Viertes Buch. 57 


den der lezten Feldzüge erholt; als der Yn⸗ 
ka für gut hielt, feinem Sohne, dem Prin⸗ 
zen PUnka Pupangqui das höoͤchſte Kommando 
zu geben, und ihn allein einen Verſuch feiz 
nes Kriegsgluͤckes machen zu laſſen. Er zog 
zu dem Ende ein Heer von dreyßigtauſend 
Mann zuſammen, und ſechs der weiſeſten 
und erfahrenſten unter den Ynkas wurden 
dabey zu Unterfeldherren und Rathgebern 
des Prinzen erwaͤhlt. Mit dieſem Heere 
ſchickte der Inka Pachakutek feinen. Erb⸗ 
prinz ab, die Thäler an der Seeküſte zu ers 
obern, welche unter dem Striche von Ca⸗ 
ramalka liegen; denn fo weit erſtreckte fich 
dieſſeit dem Gebuͤrge fein Reich. Seinen 
Bruder aber, den groſſen Feldherrn Capak 
Yupanqui, welchen er ſeinen rechten Arm 
u nennen pflegte, behielt er bey ſich, ernenn— 
e ihn zum Generalſtatthalter, und theilte 
eynahe die koͤnigliche Gewalt mit ihm. 
Sobald die Armee in Bereitſchaft war, 

ing er auf dem Wege des Gebuͤrges, mit 
er erſten Abtheilung davon, voraus bis in die 5 
drovin; Haupu, welche unter eben dem Him⸗ 


0 „ mels⸗ 


58 Viertes Buch. 
melsſtriche, als Los⸗Reyes liegt, wo er der 
Heft feines Heeres erwartete. Nachdem die 
fer angekommen war, ging er nach Rimak 
Die beyden Curakas Cuysmanku und Chu 
quimanku kamen ihm mit guten Trupper 


entgegen, welche fie ihm, zu feinen Erobe 


rungen anboten. Der Prinz bezeigte fid 
uber ihre Anerbietung ſehr zufrieden, unk 
ertheilte ihnen viele beſondere Vorrechte 
Aus dem Thale Rimak ging er zum Tem 
pel des Pachakamak, in welchen er fi) oh, 
ne ein Opfer zu bringen begab; weil er den 
Gott, nach der Gewohnheit der Ynkas, nur 
im Herzen anbetete. Aus dieſem ging er in 
den Tempel der Sonne, wo er viele Opfer 
und Gaben von Gold und Silber darbrach— 
te. Endlich befahl er auch, daß man dem 
Rimak opfern, und ihn wegen dem Aus— 
gange dieſer Unternehmung befragen ſolte. 
Rimak gab zur Antwort; daß der Feldzug 
gluͤcklich ſeyn würde. Als er endlich in dem 
Thale Huaman, dem lezten, das unter Pe— 
ruaniſcher Herrſchaft ſtand, angekommen wa ; 
ſchickte er Abgeordnete mit den gewöhnlichen 


Viertes Buch. | 59 


Auffoderungen an einen groſſen Fuͤrſten, wel⸗ 
chen man Chimu nennte. Alle Thaͤler, von 
Huaman bis an den Ort, wo izt die Stadt 
Druxillo liegt, gehörten ihm: Die Vornehm⸗ 
ten davon waren Parmunka, Huallmi, 
Santa, Huanapu und Chimu, welches das 
heutige Truxillo der Lage nach iſt. Der 
naͤchtige Chimu fuͤhrte den Namen von die⸗ 
em Thale, weil er feinen Siz darinne auf⸗ 
zeſchlagen hatte. Er lebte hier als ein Koͤ⸗ 
ig, und war allen feinen Nachbarn fuͤrch⸗ 
erlich. 5 
Der groſſe und mächtige Chimu gab auf 
ie Auffoderung des Inka zur Antwort; 
Er ſey bereit in der Vertheidigung ſeines 
andes, feiner Geſezze und Gebräuche mit 
en Waffen in der Hand zu ſterben: Er 

erde nie andere Götter, als die Seinigen 
erehren, und auch dem Ynuka nie eine ans 
ere Antwort geben. Der Prinz Ynka 

Jupangui hatte dieſen Entſchluß des groſſen 

himu kaum vernommen, als er grade 

af das Thal Paramunka zu marſchierte, 

o ihn der Feind erwartete. Chimu ließ 

8 | a es 


60 Viertes Buch. 


es alsbald zu einigen leichten Treffen kon 
5 men, um die Staͤrke der Truppen des Ynk 
u zu erforſchen. Er ſtritt lange Zeit, um il 
nen den Eingang in das Thal zu verwel 
u ren; aber ohngeachtet aller feiner Bemühur 
» 4 | gen, konnte er doch nicht verhindern, da 
1 fie an einem vortheilhaften Orte, darinr 
ihr Lager aufſchlugen. Der Prinz, welche 
den hartnaͤckigen Widerſtand der Feinde fi 
he, fuͤrchtete, daß die geringe Anzahl fein 
Truppen den Feinden noch mehr Muth me 
chen möchte; er ſchickte alſo zu feinem Vate 
und bat ſich noch zwanzigtauſend Mann vo 
ihm aus, um dem Kriege deſto eher ein Er 
de machen zu koͤnnen; Nach Abſendung di 
fer Boten ſezte er den Krieg mit dem groͤß 
ten Nachdrucke fort. Die beyden Curaka 
von Pachakamak und Runahuanak zeigte 
ſich hierbey als die größten Feinde des Chi 
mu. Unterftüze durch die Macht des Ynk 
ſuchten fie ſich wegen des Schadens und de 
Beleidigungen an ihm zu raͤchen, welche fi 
160 in den vorigen Kriegen, wegen der Graͤnze 
1 erlitten hatten. Sie waren in dieſen Krie 
| g 


Viertes Buch. 61 


zen fo gegen einander erbittert geweſen, daß 
ie alle Gefangene zu Sklaven gemacht hat⸗ 
en. Nichts brachte den groſſen Chimu ſo 
ihr auf, als die Rache der beyden Cura⸗ 
as, aber nichts trug auch zu feiner Beſie⸗ 
ung ſo vieles bey. In kurzer Zeit erober⸗ 
en fie das ganze Thal Paramunka, ſchlu⸗ 
en die Einwohner von Huallmi bey ver⸗ 
hiedenen Gelegenheiten, und zwangen ſie 
or Land zu verlaſſen und in das Thal Sans 
zu flüchten. | 

Die Einwohner von Santa, welche mus 
iger und kriegeriſcher, als Jene waren, 
ritten tapfer zur Vertheidigung ihres Lan⸗ 
s; fie griffen die Feinde bey allen Gelegen⸗ 
iten an und widerſtunden ihnen viele Tage 
ng. Ihre Thaten erhoͤheten den Muth 
s groſſen Chimu ſehr; Er ſuchte daher die 
einigen zu uͤberreden, daß der Prinz Yn⸗ 
1 Yupanqui von einer ſchwaͤchlichen Ge⸗ 
ndheit ſey, welche ihm nicht zulaſſen wüͤr⸗ 
„den Krieg lange fortzuſezzen; Die An⸗ 
hmlichkeiten des Hofes, würden: ihn auch 
ld veranlaſſen, ſich zuruͤck zu begeben, und 
2 das 


62 Viertes Buch. 


das Verlangen feiner Soldaten, ihre Haus 
ſer, Weiber und Kinder wieder zu ſehen, 
wuͤrde auch zur Endigung des Feldzuges das 
ſeinige beytragen; und ſolte dieſes alles die 
gehoffte Wirkung nicht hervorbringen, ſo 
wuͤrde doch das heiſſe Clima des Landes den 
Vnka bald zwingen, ſich mit feiner Armee 
zurück zu ziehen, oder fie insgeſamt aufrel- 
ben, wenn er thoͤricht genug wäre, auf ſei⸗ 
nem Vorſazze zu beſtehen. Dieſe eitle Hof 
nung machte ihn immer halsſtarriger ſo, daß 
er alle Vorſchlaͤge zum Frieden, welche ihm 
der Ynka thun ließ, zuruͤck wieß. Er ließ 
beſtaͤndig neue Truppen aus den entfernten 
Thaͤlern herbeykommen um damit den Ver⸗ 
luſt, welchen feine Armee liste, zu erſezzen, 
ſo daß der Krieg immer blutiger ward und 
auf beyden Seiten viele Leute blieben. Den⸗ 
noch ſahen die Curakas, welche unter dem 
groſſen Chimu ſtunden, daß ſie der groſſen 
Macht der Ynkas am Ende nicht gewach⸗ 
fen ſeyn, ſondern über Lang oder Kurz ſich 
gezwungen ſehen wuͤrden, die Geſezze des 
Siegers anzunehmen; Allein ſie unterſtanden 


ſich nicht, ihrem Herrn ihre Meinung zu ers 
kennen zu geben, wiewohl ‚fie öfters. ſehen 
mußten, daß ihre eigenen ManEoeNbenen zu 
Sklaven gemacht wurden. | 

Als die Sachen in dieſem Zuſtande wa⸗ 
en, ſahe der Ynka die zwanzigtauſend Mann 
inkommen, welche er von ſeinem Vater ver⸗ 
ange hatte. So wie die Armee des Ynka 
urch dieſe Verſtaͤrkung neuen Muth bekam; 
d wurde hingegen die Hoffnung und der 
Stolz des groſſen Chimu durch die Nach⸗ 
icht davon aͤußerſt niedergeſchlagen. Er ſa⸗ 
e die Macht des Ynka, eben als er fie ih⸗ 
em Ende nahe zu ſeyn glaubte, verdoppelt; 
nd zog in Erwaͤgung, daß dieſe neue Huͤlfe, 
elche der Feind bekommen, „den Muth der 
einigen, die ohnedem nur noch, um ihm 
ı gefallen, geſtritten hatten, gänzlich nie⸗ 
erſchlagen wuͤrde. In der That ſahe er 
uch bald darauf ſeine angeſehenſten Verwand⸗ 
n zu ſich kommen, welche ihm vorſtellten, 
fi fie es fuͤr hoͤchſt gefaͤhelich hielten, dem 
nka laͤngern Widerſtand zu thun; ihre 
he Feinde bereicherten ſich mit 
ben 


Viertes Buch. 63 


64 Viertes Buch. 


ihrem Raube; ſie führten ihre Weiber und 
Kinder gefangen hinweg, und wenn er die 
Friedensvorſchlaͤge des Ynka noch ferner vor 
der Hand wieſe, ſo wuͤrde dieſer Prinz ihnen 
vielleicht die Gnade nicht wiederfahren laſſen, 
die er andern Voͤlkern erzeigt, ſondern iht 
Land mit Feuer und Schwerd verwuͤſten, 
und ſie gaͤnzlich aufreiben. 

Der ſtolze Chimu erſtaunte über dieſt 
Vorſtellungen der Seinigen ſehr; und wei 
er in der That keine fernern Huͤlfsmittel fa 
he, beſchloß er in ſeinem Herzen, die nad) 
ſten Vorſchlaͤge, welche ihm der Prinz wie 
der thun wuͤrde anzunehmen. Doch wolte 
er ſelbſt ſie nicht thun, noch das Anſehen 
haben, als ob er den Frieden wuͤnſche: Ci 
antwortete den Seinigen vielmehr; „Es 
fehle ihm weder an Hoffnung noch an Huͤlfs; 
mitteln, dem Ynka zu widerſtehen, und den 
Krieg auf eine ruͤhmliche Weiſe zu endigen, 
wenn fie nur wieder ein Herz faſſen wol 
ten: Sie wären verbunden für ihr Vater 
land und Freyheit zu fechten; ſie ſolten ſich 
alſo von der ruͤhmlichſten Tapferkeit ihre 
| Vor⸗ 


Viertes Buch. 65 


Vorfahren nicht entfernen: Das Kriegsgluͤck 
ſey unbeſtaͤndig und heute dieſem „ morgen 
enem guͤnſtig: Wenn der Feind ihre Wei⸗ 
der und Kinder gefangen hinweg fuͤhrete, fo 
olten fie bedenken, daß ſie auch Gefangene 1 
enug gemacht hätten; er würde auch wiffen, N 
je wieder in Freyheit zu ſezzen: Uibrigens 
önnten fie ſich auf ſeine Worte verlaſſen, 
hre allgemeine Erhaltung ſey ihm lieber, 
ie ſelbſ t Nee 
Mit dieſem Troſte und ſchwachen Hoff⸗ 
ungen ließ der groſſe Chimu fein i Leute 


ieder von ſich „war aber ſehr beftürge, ſie a 
niedergeſchlagen zu ſehen. Er fejteden 10 
rieg dennoch, ſo gut, als es ihm möglich N 
ar fort, bis ihm der Prinz von neuem Ab⸗ 5 1 


ordnete ſchickte, um ihm noch einmal Ver⸗ 
ſſenheit des Vergangenen und ſeine Freund⸗ 
aft anzubieten, wenn er ſich ergeben wol⸗ 
Ob dieſes gleich eben das war, was 
himu wuͤnſchte, ſo ließ er ſich doch von 
nem geheimen Vorſazze nichts merken. Er 
twortete den Abgeordneten; Ob er fuͤr ſei⸗ | 10 
Perſon gleich der Mann nicht ſey, der c u 
II. Theil. E auf 0 


66 Viertes Buch. 
auf einen Vergleich daͤchte, ſo wolle er doch 


izt die Neigung ſeiner Unterthanen zu Ras 


the ziehen, und ſich darnach richten. Ei 
ließ um deßwillen ſeine vornehmſten Haupt 
leute und Verwandten zuſammen kommen, 
und trug ihnen das Erbieten des Pnka vor 
Er ſagte ihnen; fie ſolten reiflich überlegen 
was izt das Vortheilhafteſte zu thun feat 
und verſicherte ſie, wenn ſie es fuͤr gut hiel 
ten, ſich dem Puka zu unterwerfen, f 
wurde“ er ihre Zufriedenheit feinem: eng 
Wille vorziehen. 0 \ 

DIE Hauptleute und Wear er 
freut ihrem Herrn ſo reden zu hoͤren, ſtimm 
ten ſalle einmüthig dahin, daß er das Erbie 
ten das Yuka unverzüglich annehmen, un 
ſich ſeiner Gnade zu verſichern ſuchen ſolle 
Um ichen zu zeigen, daß er entſchloſſen fen 
ihren Willen zu thun, ſchickte er Abgeord 
nete an den Prinz Inka Pupanqui, ur 
ihn in ſeinem Namen zu bitten, daß er ihn 
und ſeinen Unterthanen eben die Gnade wie 
derfahren laſſen möchte, welche die Ynka 
andern uͤberwundenen Voͤlkern erzeigt haͤtken 


e 


0 


Viertes Buch. 67 


Er bekenne, daß er der einzige Schuldige 
ſey; weil feine Unterthanen ſich nur aus Ges 
horſam gegen ihn, ihrem Uiberwinder wider⸗ 
ſezt hätten, Er verſpraͤche aber durch ſein 
uͤnftiges gutes Verhalten, ſeinen begangenen 
Fehler wieder gut zu machen. 1950 Ti 
Dieſe Geſandſchaft war dem Prinz deſto 
ingenehmer, weil er befürchtet hatte, daß 
Thimu es auf das Aeußerſte würde ankom⸗ 
nen laſſen. Er empfing alſo die Abgeſand⸗ 


en ſehr gnaͤdig, und ſagte ihnen; ſie ſolten 


u ihrem Curaka zurückkehren und ihn zu 
om bringen, damit fie zugleich nebſt ihm ih⸗ 
e Verzeihung aus dem Munde des Vnka 
oͤren, und von ſeinen eigenen Haͤnden die 
Vohlthaten empfangen moͤchten, die er ih⸗ 
en zugedacht haͤtte. Chimu war über dies 
gnaͤdige Erklärung ſehr erfreut: Er begab 
ch alsbald zum Prinzen, unterwarf ſich in 
en demüthigſten Ausdrücken und fiel ſogar 
or ihm nieder, indem er die Bitte wieder⸗ 
olte, welche ſeine Geſandten in ſeinem Na⸗ 
en hatten thun muͤſſen. Der Prinz ſuch⸗ 
ihm den Kummer zu benehmen, worinne 
* en er 


7 LM MÄDNM MEE 


68 Viertes Buch. 


er ihn ſahe; er redete ihn daher ſehr gnaͤdie 
an und befahl zween von ſeinen Hauptleuter 
ihn aufzuheben und nachdem er ſich lange 
Zeit mit ihm unterhalten, verſicherte er ihn, 
daß er alles Vergangene verziehe. Uibrigent 
ſey er nicht gekommen, ihn ſeines Landes zi 
berauben, ſondern nur, eine beſſere Religior 
und beffere Geſezze darinne einzuführen. E 
ſezze ihn daher in den vollkommenſten Beſi 
ſeiner Staaten wieder ein; mit der Bedin 
gung, daß er alle Goͤzzen abſchaffen, die zeit 
her unter der Geſtalt der Fiſche und andere 
Thiere darinne waͤren angebetet worden; daf 
er, nebſt ſeinen Unterthanen die Sonne an 
bete, und feinem Vater diene. Chimu war 
ſich vor dem Prinzen zum zweyten Male nie 
der und antwortete: Daß er ſich gluͤcklich 
ſchaͤzze, einem fo gütigen und großmürbiger 
Könige zu gehorchen, und daß er alles, wat 
ihm der Prinz in Anſehung der Religion, 
der Geſezze und der Gebraͤuche befoͤhle, au 
das genaueſte beobachten wuͤrde. 

Der Friede ward auf dieſe Bedingungen 


geſchloſſen und der Ynka gab dem Chimu 
und 


Viertes Buch. 69 


und ſeinen Edeln koſtbare Kleider. Hierauf 
beſahe er die Thaͤler ſeines Landes; ließ 
Vorrathshaͤuſer fuͤr die Einkuͤnfte der Son⸗ 
te und des Ynka anlegen; gab einige Waſ— 
erleitungen an, wodurch die fruchtbaren Laͤn⸗ 
jereyen ſehr vermehret wurden und ließ end: 
ich in der Provinz Paramunka ein veſtes 
Schloß von bewundernswuͤrdiger Bauart an⸗ 
egen. Es wurde nach der Landesart mit 
len möglichen Zierrathen ausgeſchmuͤckt und 
te ſowohl zu einem Denkmale der daſelbſt 
rhaltenen Siege, als auch zu einem Auf— 
nthalte, der eines Koͤniges würdig waͤre, 


ienen. Der Prinz beſtimmte hierauf gewiſ- 


Perſonen, welche die Gerechtigkeit und die 
infünfte der Sonne und des Koͤniges ver⸗ 
alten ſolten, legte Beſazzungen in die dazu 
quemen Oerter und kehrte zu feinem Va⸗ 
r zuruͤck, von welchem er mit eben den Fey⸗ 
lichkeiten, wovon wir ſchon mehrmals gere⸗ 
t haben, empfangen wurde. Der Chimu 
er beherrſchte fein Land unter dem Schuz 
s Ynka mit der größten Zufriedenheit. 


N 28 ar 


— ML MÄNN ME n 
— 


70 Viertes Buch. 


Eilftes Kapitel. 0 

N Thaten des Vnka Pachakute 
bis an ſeinen Tod. 

Der Ynka Pachakutek hatte zu ſeinen 
Reiche ein Land von hundert und dreyßi, 
Meilen in die Länge und ſechzig Meilen i 
die Breite hinzugefuͤgt. Er war mit dieſe 
Eroberungen zufrieden und wendete den Uiber 
reſt ſeiner Jahre auf die Verbeſſerung un 
Verſchoͤnerung feines Reichs. Er erbauet 
viele Städte, wo ſonſt keine geſtanden hat 
ten, und machte durch Kanäle und Waſſer 
leitungen duͤrre Wuͤſteneyen fruchtbar. G 
ließ an den groſſen Landſtraſſen noch mehrer 


Vorrathshaͤuſer und Zeughaͤuſer fuͤr die, ü 


den Krieg ziehende Truppen anlegen ut 
auch koͤnigliche Pallaͤſte zum Aufenthalte de 
Vnkas dabey erbauen. Er befahl auch i 
allen Staͤdten ohne Unterſchied Vorraths 
haͤuſer anzulegen, und fie von den Einkünf 
ten der Sonne und des Ynka anzufüllen 
um daraus den Unterthanen, im Falle de 
Noth beyzuſtehen. Er vergröfferte die Stad 
Cusko und zog viele Einwohner dahin un 


ließ ſich, nahe bey der Schule, welche Yn— 
ka Roka geſtiftet hatte, einen fchönen Pal⸗ 
laſt bauen und machte es zum Geſezze, daß 
Jedermann die Hofſprache, oder die Sprache 
von Cusko lernen ſolte. Zu dem Ende ver⸗ 
mehrte er nicht nur die Lehrer in obener⸗ 
waͤhnter Schule, ſondern er ſtiftete auch ſol⸗ 
che Schulen in den vornehmſten Städten als 
ler Provinzen und befezte fie mit Leuten, wels 
che in den Geſezzen und Gebraͤuchen der 
Ynkas vollkommen erfahren waren. Es konn⸗ 
fe auch niemand zu einem öffentlichen Amte 
gelangen, welcher dieſe Sete a voll⸗ 
kommen redete. 8 

Der Nnka Pachakutek 1 0 doch 15 
je Zeit in ungeftörter Ruhe: in allem aber 
äber funfzig Jahr. Er ward von allen ſei⸗ 
zen Unterthanen aufrichtig geliebt und ſtarb 
n einem hohen Alter eben fo herzlich von 
Allen betrauert. Sein Leib ward balſamirt, 
as Leichbegaͤngniß mit feinen Ceremonien 
ind die Trauer um ihn, waͤhrete nach der 
hergebrachten Gewohnheit, ein ganzes Jahr. 
Sein Nachfolger auf dem Throne war ſein 
ihn. € 4 aͤlte⸗ 


Viertes Buch. un 


| b 9 0 72 Viertes Buch. 


aͤlteſter Sohn der Ynka Yupanqui, welcher 
er mit feiner Gemalin und Schweſter Coyc 
Anahuarque erzeugt hatte. Man ſagt, daf 


BEE er außer dieſem noch vierhundert Kinder ge: 
7 1 habt habe. 

0 Zwölftes Kapitel. 

I ) Einige Geſezze und merkwürdige Spruͤche 
1 des Pnka Pachakutek. 


Och muß noch Einiges von dieſem Ynka 
* anführen, welches ich in den Schriften 
eines ſpaniſchen Schriftſtellers gefunden ha; 
be, und das mir merkwuͤrdig geſchienen hat. 
Es iſt der ehrwuͤrdige Pater Blas Valera, 
deſſen Schriften ich ſchon zu mehrern Ma— 
len genuzt habe, welcher von dieſem, bey 
den Peruanern fo hochgeachteten Ynka, außer 
dem ſchon erwehnten, folgendes erzähle: 
Der Pnka Pachakutek verordnete, daß 
außer den Prinzen vom Gebluͤte und ihren 
Soͤhnen, kuͤnftig niemand Gold, Silber, Edel— 
ſteine, bunte Federn oder Kleider von der Wol— 
le der Vikunhas, oder wilden Ziegen, tragen 
ſolte: daß ſich Jedermann an den Tagen des 
Neu⸗ 


Viertes Buch. 73 


Neuen⸗ oder Vollenmondes und den übrigen 
Feſttagen vorzüglich gut kleiden ſolle: daß 
ſeine Unterthanen im Eſſen maͤßig ſeyn ſol⸗ 
ten; in Anſehung des Trinkens aber ſchrieb 
er ihnen nichts vor: Er verordnete beſonde⸗ 
re Richter gegen die Landſtreicher und Faul— 
lenzer; ſogar den Blinden, Samen und Stum⸗ 
men wurde ſolche Arbeit angewieſen „ die fie 
verrichten konnten: Alte Leute, die zu keiner 
Arbeit mehr geſchickt waren, und auf oͤffent⸗ 
iche Unkoſten gekleidet und ernaͤhret wurden, 
nußten wenigſtens die Vögel von dem Ge 
rade verſcheuchen: Alle Monate waren drey 
Feſttage verordnet, welche unter öffentlichen 
uſtbarkeiten zugebracht wurden. Er befahl 
erner, daß die Landleute alle neun Tage in 
ie Staͤdte kommen ſolten, um zu hören und 
u ſehen, was der Pnka und fein Staats— 
ath für Einrichtungen gemacht haͤtte: den 
ewoͤhnlichen oͤffentlichen Markt, welchen man 
zatu nennte, ließ er täglich, die groſ⸗ 
n Maͤrkte aber an den Feſttagen halten: 
lußerdem gab er einen offentlichen Befehl 

raus, daß jede Provinz ihre beſtimmten 

ni Es Graͤn⸗ 


74 Viertes Buch. 


Graͤnzen, und jede Stadt ihr bezeichnetes 
Gebiete haben ſolte, in welchem die Berge, 
Felder, Viehweiden, Gehoͤlze, Fluͤſſe und 
Seen, die ihr zugehörten begriffen, und ih: 
rer Gerichtsbarkeit unterworfen waͤren: Die 
Felder mußten nach dieſer Verordnung gleich 
getheilt werden, und die Bearbeitung derſel, 
0 ben, mußte auch nach einer gewiſſen Orb: 
Ki nung geſchehen. Dieſes waren die wichtig: 
ſten Einrichtungen, welche dieſer Ynka machte, 
Eben dieſer ſpaniſche Schriftſteller, hat 
einige merkwuͤrdige Sprüche des Ynfa Pas 
14 N chakutek aufgezeichnet, wovon keiner zur 
ul | Probe dienen ſollen: 4 
3 \ Ein Reich genieſſet innerlich die balken 
N. menſte Ruhe, wenn Unterthanen, Hauptleu⸗ 
9 te und Curakas ihrem Koͤnige gern und von 
| Herzen gehorchen. 
| I Der Neid iſt ein Wurm, welcher 0 
N Eingeweide der Neidiſchen verzehrt. 
| } Es iſt beffer, daß Du von Andern bene 
Im det wirft, weil Du ein ehrlicher Mann biſt 
als wenn Du aus Bosheit Andere beneid 
teſt. 8 n een ee 


Viertes Buch. 75 


Einen Andern beneiden, 0 ſich Top 
Schaden thun. 

Wer einen Neid es einen ebeti chen 
Mann hegt, findet bey ihm ſein eigenes 
Verderben; Gleichwie die Spinne Gift aus 
den ſchoͤnſten Gewaͤchſen ziehet. 

Die Trunkenheit, der Zorn und die 11 5 
heit gehen beynahe einen Weg; nur daß die 
beyden Erſten eine kurze 15 die Lezte aber 
1 dauert. 

Derjenige verdammt ſ m ſabſt zum To⸗ 
5 1 welcher einen Andern Ba Urſache und 
Befehl tödrer. 

In einem wohlengeriheren . muß 

man nie die Riedertraͤchtigen dulden, welche 
ihren Unterhalt ehrlich erwerben koͤnnten, 
und doch aus Liebe zum Muͤßiggange ſteh⸗ 
len. Es iſt alſo vernünftig, Bube mit a 
Zode zu beftrafen. 
Die Ehebrecher, welche dos e und 
die Ehre Anderer beflecken, und alſo die 
Ruhe und den Frieden in den Familien ſtö⸗ 
ren, muͤſſen für Räuber gehalten, und ohne 
n mit dem Tode beſtraft werden. 


® 
92 Ein 
| 


76 Viertes Buch. 


Ein edles und großmuͤthiges Herz erken⸗ 
net man an Geduld und Standhaftigkeit im 
Ungluͤck. 

Die Ungeduld iſt das Zeichen eines nie⸗ 
drigen Herzens, welches ſchlecht unterrichtet 
iſt, und boͤſe Gewohnheiten angenommen hat. 

Die Könige und Statthalter muͤſſen ger 
gen gehorſame Unterthanen gnaͤdig ſeyn, die 
Ungehorſamen aber ohne Nachſicht ſtrafen. 

Boͤſe Richter, welche Geſchenke nehmen, 
muß man als Raͤuber anſehen, und mit dem 
Tode beſtrafen. 

Die Statthalter in den Provinzen, müf 
ſen vornemlich auf zwey Dinge ſehen. Erſt⸗ 
lich, daß ſie ſelbſt die Geſezze und Befehle 
ihres Oberherrns genau beobachten, und ſie 
auch von Andern beobachten laſſen. Zwey⸗ 
tens, allezeit gute Raͤthe zu haben, welche 
mit Sorgfalt und Wachſamkeit auf das Be⸗ 
ſte des Landes und ſeiner Einwohner insbe⸗ 
ſondere ſehen. 

Ein Menſch, welcher nicht Verſtand ge⸗ 
nug hat, ſein eigenes Hausweſen gut einzurich⸗ 
ten, wird die Angelegenheiten des Staats 
noch 


Viertes Buch. 77 


noch weniger verwalten konnen. Man muß 
en alfo nicht über, Andere ſezzen: 
Ein Arzt, welcher die Eigenſchaften der 
Pflanzen nicht kennet, oder wenn er ſie von 
Einigen kennet, nicht ſucht die Uibrigen auch 
kennen zu lernen, taugt zu nichts. Will er 
alſo den Tittel verdienen, welchen er fl ch 
giebt, fo muß ſich feine Kenntniß auf alle 
Pflanzen, ſowohl ſchaͤdliche als n er⸗ 
ſtrecken. 8 0 
Derjenige . hab man ibn aus- 


ache, welcher nach den Knoten der u 


os nicht zählen kann, und doch die Sterne 
im e zaͤhlen will. a 


5 Dreyzehntes Kapitel. 
der data Yupanqui, zehnter König 
von Peru, unternimmt neue Erobe⸗ 5 
Agen. „ una , 
Ne der Prinz Ynka 1 das 
Leichenbegaͤngniß ſeines Vaters gehalten, 
nd durch Umlegung der Binde von rothen 
Schnuren feyerlich vom Reiche Beſt iz genom⸗ 
nen, ſo beſuchte er alle ſeine Laͤnder, wo⸗ 
der j mit 


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78 Viertes Buch. 


mit er drey Jahre zubrachte. Einige Zeit 
nach feiner Zuruͤckkunft überlegte er mit ſei⸗ 
nen Raͤthen, ob er das Land der Antis, wel⸗ 
ches Cusko gegen Morgen liegt, zu ober 
ſuchen ſolte. Das groſſe Gebürge, welches 
von dieſer Seite das Reich der Ynkas be 
gräͤnzt, iſt zu allen Jahreszeiten ſo mit 
Schnee bedeckt, daß es unmöglich iſt, hin⸗ 
über zu kommen. Der Pnka ließ alſo einen 
Fluß aufſuchen, welcher ſein Heer von We⸗ 
fen nach Oſten führen koͤnnte. 

Der Pnka hatte gehört, daß das weit⸗ 
läuftige Land, welches jenſeit dem Schneeges 
buͤrge liegt, nicht allenthalben gleich bewohnt 
ſey, und daß es da viel Berge, Seen und 
Moraͤſte gabe, welche einen Theil davon un⸗ 
zugänglich machten. Zugleich hoͤrte er, daß 
die beſte Gegend dieſes Landes von den Mus 
zus bewohnt würde, welche die Spanier ige 
10s Moxos nennen; und daß man auf einem 
groſſen Fluſſe, welcher von Cusko nach 
Oſten zu gehet, dahin gelangen könnte. Es 
find fünf ziemlich groſſe Flüſſe, welche ſich 
vereinigen, und alsdann den Namen Ama⸗ 
rumayn 


Viertes Bu 79 


rüumayu annehmen. Seine Tiefe und die 
Schnelligkeit ſeines Stroms zeigten an, daß 
fein Lauf ſich . ſehr weit erſtrecken muͤſſe, ob 
fin Ausfluß ins Meer gleich damals unbe⸗ 
zannt war. Die Spanier haben ihn in der 
ſolgenden Zeit Rio de la Plata genennt, wel⸗ 
hes ſo viel bedeutet, als der Silberfluß. 
Man ſagt er habe feinen Namen von fols 
zender Begebenheit bekommen: Als die Spa⸗ 
tier zuerſt auf dieſem Fluſſe ankamen, frage 
en ſie die Eingebohrnen, ob es hier Silber 
1 Dieſe antworteten; ſie wuͤrden in der 

egend, wo dieſer Fluß entſpraͤnge, viel 
'on dieſem Metalle finden; ob es gleich in 
er That keines da giebt. Nach dem Fluſſe 
Drellana muß man ihn fuͤr den groͤßten hal⸗ 
en, die in dem ganzen ſuͤdlichen Amerika 
kannt find. Die Einwohner nennen ihn 
Parahuay. Iſt dieſes ein peruaniſches Wort, 
o heißt es: fo viel als: Laſſet mich regnen; 
sit es aber aus einer andern Sprache, fo: 
ſt mir ſeine Bedeutung unbekannt. Den 
Namen Amarumayu hat man ihn wegen * 
einer Groͤſſe gegeben: Denn Mapu bedeu⸗⸗ A 
8 f tet, 


80 Viertes Buch. 


tet, Fluß, und Amaru nennet man die 
größte Art der Schlangen, welche auf Die 
ſem Gebuͤrge angetroffen werden. 

Der PYnka glaubte, daß fein Heer auf 
dieſem Fluſſe in das Land der Muzus ein: 
dringen koͤnne; denn zu Lande hielt er es 
für unmoglich. Er ließ alſo eine unglaubli 
che Menge von ſolchen Baͤumen faͤllen, wel: 
che die Europaͤer Feigenbaͤume nennen, wei 
ihr Holz eben ſo weich und geſchmeidig iſt, 
als das Holz der Feigenbaͤume „ wiewohl ſie 
gar keine Frucht tragen. Zwey Jahre wur⸗ 
den damit zugebracht, ſolche Baͤume niederzu⸗ 
hauen, und Kaͤhne und Floͤſſen daraus zu ınaz 
chen. Hierauf ſchiffeten ſich zehntauſend Mann 
mit allein noͤthigen Mund⸗ und Kriegsvor⸗ 
rathe darauf ein. In der Mitte jedes Fahr⸗ 
zeuges war eine Elenhohe Erhoͤhung, auf 
welche man dasjenige brachte, was von 
dem Waſſer verdorben werden konnte. Der 
Ynka hatte den Feldherrn, den Unterfeld⸗ 
herrn und alle Hauptleute aus den Ynkas 
von koͤniglichem Gebluͤte erwaͤhlt. Dieſe gin⸗ 
gen nun mit ihren auf den Fahrzeugen ein⸗ 


geſchiff⸗ 


Viertes Buch. 81 


Er erſtlich zu den Chunkus, welche bey⸗ 
e Ufer des Fluſſes bewohnten, mit welchem 
3 Gefechte hatten. Dieſe Barbaren 
hoſſen eine groſſe Menge langer Pfeile auf 
e ab, wenn ſie an das Land treten wolten. 
die waren im Geſichte, an den Armen, Bei⸗ 
en und dem ganzen Leibe mit Flecken von 
ancherley Farben gezeichnet, vermuthlich, 
eil ſie wegen der Sonnenhizze nackend gin⸗ 
n. Auf den Koͤpfen trugen ſie Sederbitz 
je von Papageyen und andern Voͤgelfedern. 
A vielen Eleinen Treffen und Unterhand⸗ 
agen verſprachen fie endlich „ ſich dem Yn⸗ 
Dupanqui zu unterwerfen, und ſchickten 
n, als einen Tribut, verſchiedene Arten 
ı Affen » Papageyen, Honig, Wachs und 
e Menge andere Dinge, welche ihr Land 
vor bringet. Sie fuhren damit fort, bis 
den Tod des Tupak Amaru, den lez⸗ 
‚Inka dieſer Gegend, welchem Dom Fran⸗ 

o de Toledo den Kopf abſchlagen ließ. 

ige Chunkus gingen mit den Abgeſand⸗ 

nach Cusko und baten den Ynka Pu⸗ 

. Theil. F panqui, 


chifften Heere den Fluß hinab „und ge⸗ 


92 Viertes Buch. 


panqui, daß er ihnen erlauben moͤchte, ein 
Stadt, nicht weit von Tono, und ſechs uni 
zwanzig Meilen von Cusko, zu bevoͤlkern 
Dieſe Bitte ward ihnen zugeſtanden, und ih 
re Rachkommen bewohnen fie noch beftändig 

Nachdem die Ynkas dieſes Volk zur 
Gehorſam gebracht, fo gingen fie weiter, un 
bezwangen noch verſchiedene andere Volker 
bis ſie in das Land der Muzus kamen, we 
ches zweyhundert Meilen von Cusko gege 
Oſten iſt: Die Einwohner deſſelben find ſel 
kriegeriſch. 

Es wird von den Ynkas a e g 
glaubt, daß ihre Truppen in geringer a 
zahl in dieſem Lande angekommen ſind; de 
fie ſich bemuͤhet haben, die Muzus zu uͤbe 
zeugen; Ihr eigener Vortheil erfodere e 
dem Ynka zu gehorchen; daß fie ihnen ve 
geſtellt haben: Er ſey der Sohn der Sonn 
ſein Vater habe ihn auf die Erde geſand 
die Menſchen zu lehren, wie man vernünft 
leben muͤſſe. Ihre Vorſtellungen haͤtten au 
einen folchen Eindruck auf die Muzus gemad 
daß ſie ihnen eine weitlaͤuftige Erfläru 

v 


Viertes Buch. g 83 


50 ihren Geſezzen und Gebraͤuchen gegeben 
und ihnen die Geſchichte ihrer Beherrſcher, 


nd wie ſich die meiſten Völker ihnen frey⸗ 


willig unterworfen, ausfuͤhrlich erzähle haͤt⸗ 
ten. Die Muzus haͤtten ſich hierauf ent⸗ 
ſchloſſen, mit den Ynkas in Buͤndniß und 
Freundſchaft zu treten; ihnen alle Dienſtge⸗ 
fälligfeiten, die fie nur konnten, zu leiſten, 
ihre Geſezze, Gebräuche und Religion anzu⸗ 
nehmen; aber fie haͤtten ſich nicht als Un⸗ 
kerthanen dem Ynka unterwerfen wollen, 
weil ſie nicht durch die Waffen waren über⸗ 
vunden worden. Man waͤre auf dieſe Be⸗ 
dingungen uͤbereingekommen und die Mu⸗ 
us haͤtten den, von jener Armee noch übri— 
zen tauſend Mann, erlaubt, ſich unter ih⸗ 
ten niederzulaſſen, und ſich unter ihren Toͤch⸗ 


ern Weiber zu nehmen. Nach dieſer Ver⸗ 


indung ſchickten fie Abgeſandte nach Cusko, 
im den Pnka, als den Sohn der Sonne, 
nzubeten und das Freundſchaftsbuͤndniß, 
pelches fie mit feinen Unterthanen gemacht, 
eſtaͤtigen zu laſſen. Der YVnka nahm fie 
ihr wohl auf und befahl, daß man ihnen 
ne F 2 5 eine 


e —————ä K — 


84 Viertes Buch. 


eine. hinlaͤngliche Kenntniß von ſeinem Hofe, 
ſeinen Geſezzen, ſeiner Religion und ſeiner 
Lebensart ertheilen ſolle. In allen dieſen 
Sachen wohl unterrichtet, kehrten die Mus 
zus ſehr zufrieden wieder zuruck. Dieſes 
Bündniß dauerte bis zu der Ankunft der 
Spanier in Peru und die Muzus haben 
noch izt eine groſſe Ehrerbietung gegen die 
Nachkommen der Pnkas, welche ſich damals 
bey ihnen niedergelaſſen haben. 


Vierzehntes Kapitel. 


| FVergeblicher Verſuch des Ynka upan— 


qui die Chirihuanas zu einer vers 
nuͤnftigen Lebensart zu 
bringen. 

Vier Jahre nach dieſem Feldzuge gegen die 

Muzus beſchloß der Vnka Yupanqui eis 
nen Verſuch gegen die Chirihuanas zu ma— 
chen; ein Volk, welches eine groſſe Landſchaft 
in dem Gebürge Andes, der Landſchaft Char⸗ 
kas gegen Oſten, bewohnt. Weil man aber 
noch wenig Kenntniß von dieſem Lande hatte, 


ſo ſchickte der Ynka Kundſchafter dahin, um 
ſowohl 


Viertes Buch. 95 


En die Lage des Landes, als auch die 
Sitten der Einwohner zu erfahren, damit er 
deſto beſſer wiſſen möchte, was er fuͤr Vor⸗ 
bereitungen und Zuruͤſtungen zu einem fol 
chen Feldzuge machen müſſe ? d am 
Bey ihrer Rückkunft berichteten dieſe 
Kundſchafter; daß das Land ſchlecht, voller 
Berge, Abgründe und Moraͤſte ſey; daß der 
Boden an den mehreſten Orten ſo unfrucht⸗ 
ar ſey, daß man ihn gar nicht zum Acker⸗ 


au gebrauchen könne; und daß die Einwoh⸗ 


er nackend, ohne Staͤdte und Doͤrfer gleich 
en wilden Thieren lebten, keine Gottheit 
nbeteten, keine Regierungsart haͤtten, Men⸗ 


henfleiſch aͤßen und weder Geſezze noch Ehe⸗ | 


and kenneten. Kurz, fie wären die wilde: 
en unter allen Menſche. 0 
Nachdem der gute Ynka Pupanqui die 
n Bericht der Kundſchafter angehoͤrt hatte, 
endete er ſich zu ſeinen Onkeln, Bruͤdern 
id andern Anverwandten, und ſagte: & Es 
gewiß, daß unſere Verbindlichkeit ein 
olk zu Annehmung unſerer Sitten zu brin⸗ 
n niemals fo ſtark geweſen ift, als izt, bey 
W 5 3 den 


— 
F — —„— 


— — 


86 Viertes Buch. 


den Chirihuanas. Dieſes Volk muͤſſen wir 
von feiner äußerftsthierifchen Lebensart abbrin⸗ 
gen, und ihm menſchliche Sitten geben: 
denn hierzu hat uns mein Vater, die Son⸗ 
ne auf die Erde geſandt. Hierauf befahl 
er daß ſich zehntauſend Mann zu dieſem 
Feldzuge bereit halten ſolten und gab ihnen 
die geſchickteſten und erfahrenſten Anfuͤhrer 
und Hauptleute, welche insgeſamt aus dem 
koͤniglichen Geſchlechte der Ynkas waren. Als 
dieſe im Lande der Chirihuanas angekommen 
waren und die Unfruchtbarkeit deſſelben ſahen, 
gaben ſie dem Koͤnige Nachricht davon, und 
baten, daß man ihnen Lebensmittel zuführen 
möchte, weil in dieſem Lande in der Tha 
weniger zu finden waͤre, als man vermuthe 
haͤtte. Der Ynka verſorgte fie uͤberfluͤßit 
und die Hauptleute ſowohl, als die Solda 
ten wendeten alle ihre Klugheit und Kräft 
an, um dieſem Unternehmen einen glückliche 
Ausgang zu verſchaffen. Allein zwey Jahre 
welche ſie mit dieſem Bemuͤhen zubrachten 
ohne das geringſte ausrichten zu koͤnnen, über 
zeugten ſie hinlaͤnglich; daß die mehreſtet 
| Gegen 


Viertes Buch. 87 


Gegenden dieſes Landes eben ſo unzugaͤnglich, 
als feine Einwohner unfähig wären, irgend 
eine Verbeſſerung der Sitten anzunehmen. 
Sie gaben dem Puka von dieſen Umſtaͤnden 
Nachricht, und er ſahe ſich genoͤthiget feine 
Truppen, ohne ſeinen Hauptendzweck erreicht 
zu haben, zurück zu rufen. Dennoch behau— 
pten die Ynkas, daß die Chirihuanas, durch 
den Aufenthalt ihrer Armee in dieſem Lande, 
einen Theil ihrer Wildheit abgelegt und ger 
lernt haͤtten, Huͤtten und Haͤuſer zu bauen 
und beyſammen zu wohnen; da ſie vorher, 
gleich den wilden Thieren zerſtreut auf den 
Gebuͤrgen in Hoͤhlen und Kluͤften ſich aufge⸗ 
halten. Sie bauen lange, offene Hallen, die 
in viele kleine Huͤtten abgetheilt ſind; in die⸗ 
ſen wohnen ſie beyſammen und jede dieſer 
Hallen ſtellet ein Dorf vor. 

Dieſes Volk lebt noch in ſeiner Wildheit 
und Ungezaͤhmtheit. Der ſpaniſche Vizekd⸗ 
nig Dom Franzisko de Toledo hat mit grof 
fen Zurüftungen und einer ziemlich betraͤcht⸗ 
lichen Armee einen Verſuch gemacht, ſie zu 
uasochenz allein er ward gezwungen, ſich 

- 3 35 4 mit 


88 Viertes Buch. 


mit groſſem Verluſte zurück zu ziehen und 
entging mit Noth dieſem wilden Volke. 


Funfzehntes Kapitel. 
Zuruͤſtungen des Dnfa Hupanqui das 
Land Chili zu erobern. 
Obgleich die Unternehmung des Ynka Yu⸗ 

panqui auf das Land der Chirihuanas 
keinen gluͤcklichen Erfolg hatte, ſo dachte er 
dennoch auf mehrere Eroberungen. Das 
Staatsſyſtem der Ynkas war auf die Maris 
me gebaut, immer mehrere Voͤlker zu be 
zwingen, und fie in ihrer Religion und Sitz 
ten zu unterrichten, und die Groͤſſe ſelbſt, 
wozu ihr Reich und ihre Macht gelanget 
war, machte dieſes nothwendig. Sie muß⸗ 
ten ihre Unterthanen, welche alle nach der 
Reihe Kriegs dienſte zu thun pflegten, be 
ſchaͤftigen; und ihre groſſen Einfünfte, wel: 
che in Mund» und Kriegsvorrath, Waffen, 
Kleidern und dergleichen beſtanden, anwen⸗ 
den; welches ſie beynahe auf keine andere 
Art, als bey neuen Eroberungen thun konn⸗ 
ten. Alle Länder und Königreiche, die ihnen 
unter⸗ 


Viertes Buch. 89 


unterworfen waren, mußten jährlich einen 
gewiſſen Tribut von allen dieſen Dingen ge⸗ 
ben: Gold und Silber aber gaben fie nicht, 
außer wenn es ausdrücklich, zur Verſchöne⸗ 
rung der Tempel und königlichen Pallaͤſte 
verlanget ward. Da ſich nun der Ynka 
Dupanqui von allen feinen Unterthanen ge⸗ 
liebt ſahe, und an allem was zu einem 
Kriegszuge gehoͤrt, einen groſſen Uiber fluß 
hatte, beſchloß er das weitlaͤuftige Land Chili 
u erobern. Er trug dieſes Vorhaben ſei⸗ 
nem Staatsrathe vor, und machte alle ndͤ⸗ 
thige Vorbereitungen dazu. Er beſtellte hier⸗ 
auf die noͤthigen Miniſter zur Negierung des 
Staats und Handhabung der Gerechtigkeit 
in Cusko, und begab ſich nach Atakama, 
welches, nach Chili zu, die aͤußerſte Provinz 
fe, die von den Ynkas war beſezt und be⸗ 
vͤlkert worden. Weiter gegen Mittag zu 
ft eine groſſe Wüfte, welche man nothwen⸗ 
dig zurück legen muß, ehe man nach Chili 
zmmt. Zu Akakama fertigte er viel Kund⸗ 
chafter ab, welche den bequemſten Weg ſu⸗ 
er und alle Schwierigkeiten bemerken ſol⸗ 
eee F 5 ten, 


— # GEGEN — — 


„ —AB——BBB — 


welche ihnen folgten, wiſſen möchten, wo 


90 Viertes Buch. 


ten, damit man in Zeiten ſich auf Gegen⸗ 
mittel gefaßt machen und fie heben, oder er- 
leichtern koͤnne. Diejenigen, welche dieſes 
verrichteten, waren ſelbſt von dem Geſchlech⸗ 
te der Ynkas, weil der König fi) auf kei— 
ne Andere, wegen einer ſo wichtigen Sache, 
verlaſſen wolte. Um dieſes Geſchaͤfte deſto 
beſſer und leichter zu verrichten, befahl er, 
daß einige Einwohner aus den Ländern Atas 
kama und Tukuman die Kundſchafter bes 
gleiten, und ihnen zu Fuͤhrern dienen muß⸗ 
ten. Er trug ihnen hierbey vornemlich auf; 
ſo wie fie fortruͤckten, ihm jeden Tag von 
ihren Entdeckungen Nachricht zu ertheilen; 
damit er, nach Beſchaffenheit der Sache, die 
noͤthigen Einrichtungen machen koͤnne. Die⸗ 
fe ausgeſchickten Leute befolgten feine Befeh—⸗ 
le auf das genaueſte; ſie litten viel in dieſen 
Einoͤden, worinne ſie aber allezeit von Wei⸗ 
te zu Weite Zeichen machten, damit ſie ſich 
auf dem Ruͤckwege nicht verirren, und die, 


ſie ihren Marſch hingenommen haͤtten. Auf 
dieſe Art legten ſie von Atakama bis Co⸗ 
payapu 


Viertes Buch. 91 


bayapu achtzig Meilen in der Wüſte zurück. 
Copayapu iſt eine kleine bewohnte Landſchaft, 
welche rund herum mit groſſen Wuͤſteneyen 
umgeben iſt. Denn von da bis Cuquimpu 
iſt noch eine andere achtzig Meilen breite 
Wuͤſte. Als die Kundſchafter zu Copayapu 
angekommen waren, ſo kehrten ſie mit der 
größten Eilfertigkeit zuruck, um dem Ynka 
ſelbſt von dem, was ſie in der Wuͤſte ent⸗ 
deckt hatten, Rechenſchaft zu geben. Dieſem 
Berichte zufolge, beſtimmte der Ynka zehn⸗ 
tauſend Mann, und ſchickte ſie unter der 
Anführung des Feldherrn Chinchiruka und 


zweener Unterfeldherren aus dem Geſchlechte 
der Pnkas ab. Er befahl auch, daß man 


ihnen eine Menge Lebensmittel und Vorrath 
von aller Art, auf Laſtthieren zuführen fols 
te, welche groſſen Schaafen ähnlich find, und 


im Fall der Noth zur Speiſe dienen konn⸗ 


ten „ weil ihr Fleiſch ſehr gut iſt. 

Sobald der Ynka Hupanqui die erſten 
zehntauſend Mann hatte marſchieren laſſen; 
ſezte er andere zehntauſend Mann in den 
Stand, ihnen nachzufolgen. Dieſe verſahe 
* | er 


93 Viertes Buch. 


er auch mit allem Nothwendigen ſehr reich⸗ 
lich, und ließ ſie kurze Zeit darauf ihren 
Marſch antreten; ſowohl jenen zu Hülfe zu 
kommen, als auch die Feinde in Furcht zu 
ſezzen. Als das erſte Heer in der Nachbar⸗ 
ſchaft von Copayapu angekommen war, 
ſchickte der Feldherr, nach der Gewohnheit 
der Ynkas, Botſchafter an die Einwohner 
ab, welche ſie auffodern mußten, ſich dem 
Sohne der Sonne zu unterwerfen, und feis 
ne Religion und Geſezze anzunehmen. Sie 
mußten hinzuſezzen, daß dieſe Unterwer⸗ 
fung alsbald und freywillig geſchehen muͤſſe; 
da ſie doch zulezt, entweder im Guten oder 
mit Gewalt dem Ynka gehorchen muͤßten, 
welcher der Herr der vier Theile der Welt 
ſey. Dieſe Auffoderung erbitterte die Ein⸗ 
wohner von Copayapu, und ſie griffen zum 
Waffen, um den Ynkas den Eingang in ihr 
Land zu verwehren. Dennoch fielen zwiſchen 
beyden Partheyen nur einige leichte Gefechte 
vor, bey welchen die Feinde mehr die Tas 
pferkeit der Inkas kennen lernten, als große | 
fen Schaden von ihnen litten. Dieſes mach: 
12 5 te 


Viertes Buch. 93 


te fie unentſchloſſen; weil fie ſowohl ihre Frey⸗ 
beit ſehr liebten, als auch voller Furcht war 
ren, ſich gänzlich. ins Verderben zu ſtürzen, 
wenn ſie ſich den 505 en wider⸗ 
. | 


"erjehnte Kapitel. 
. von Chili und einige Vorfaͤlle 
1 mit andern Voͤlkern. 
Weben der Zeit daß die Unentſchloſſen⸗ 

heit der Feinde noch dauerte, kam die 
wote Armee an, welche der Ynka der Erſten 
zuf dem Fuſſe hatte nachfolgen laffen. -Dies 
e ſezte die Feinde in ein ſolches Schrecken, 
aß fie ſich ohne Verzug zum Ziele legten, 
veil ſie gar wohl urtheilten, daß ſie einer 
o groſſen Macht nicht würden widerſtehen 
oͤnnen. Als der Puka dieſes erfuhr, war 
r ſehr vergnuͤgt daruͤber, daß ihm auf dieſe 
Art der Weg zu der Eroberung von Chili 
jeöffnet war. Denn er hatte beſorgt, daß, 
s ihm ſchwer werden würde, dieſes Land, 
velches durch fo groſſe Wuͤſten von dem ſei⸗ 
igen eee und ſo weit entfernt war, 


„ 


1 zu 


94 Viertes Buch. 


zu erobern. Um ſich den erhaltenen Vor⸗ 
theil zu nuzze zu machen, brachte er, nachdem 
er genauere Kundſchaft von jenem Lande ein⸗ 
gezogen, noch zehntauſend Mann zuſammen, 
welche er den vorhergehenden Armeen zu Huͤl⸗ 
fe ſchickte. Auch dieſe verſahe er mit allem 
Uiberfluſſe und ließ dem Feldherrn zu wiſſen 


thun, feine Eroberung fortzuſezzen, und al 


les, was er fuͤr noͤthig hielte, von ihm zu 
fodern. Nach Erhaltung dieſes Beyſtandes 
und dieſes Befehls, ruͤckten die Feldherren noch 
achtzig Meilen, mit Uiberſteigung ungemei⸗ 
ner Schwierigkeiten fort, und kamen in ein 
Thal, Namens Cuquimpu, welches ſich ih⸗ 
nen alsbald unterwarf. Hier lieſſen ſie ihre 
Truppen ein wenig ausruhen, worauf fie ih— 
ren Zug weiter fortſezten, und alle Voͤlker, 
bis an das Thal Chili, von welchem das 
ganze Land den Namen hat, bezwangen. Die 
Meiſten erzaͤhlen, daß die Ynkas ſechs Jahr 
mit der Eroberung dieſes Landes zugebracht. 
Waͤhrend dieſer ganzen Zeit trug der Koͤnig 
Sorge, daß es feiner Armee an nichts fehl—⸗ 
te und daß ſie von Zeit zu Zeit mit neuen 


Voͤl⸗ 


Viertes Buch. 95 


Völkern verſtärkt wurde; wodurch fie endlich 
zu einer Anzahl von funfzigtauſend Mann 


anwuchs, welche auf ihrem Feldzuge beſtaͤn⸗ 


dig eben ſo gut verſehen waren, als ob ſie 
in Cusko waͤren. 

Als der Feldherr das Thal Chili dem 
Onka auch unterworfen hatte, gab er ihm 


von dieſer Vollſtreckung ſeines Befehls Nach⸗ 


richt und ruͤckte, nachdem er die gehörigen 


Anſtalten zu Behauptung des eroberten Sans 


des gemacht, immer weiter gegen Suͤden. 
Alle Volker mußten dieſem reiſſenden Stro⸗ 
me nachgeben, bis an den Fluß Mauli, 
welcher ohngefehr funfzig Meilen vom Tha⸗ 
le Chili iſt. Die Laͤnge dieſes eroberten Lan⸗ 


des von Atakama bis an den Fluß Mauli 


betraͤgt zweyhundert und ſechzig Meilen. 
Mit dieſer betraͤchtlichen Erweiterung der 
Graͤnzen des Reichs nicht zufrieden „ wolten 
die Ynkas ihre Herrſchaft noch weiter aus⸗ 
breiten und gingen mit zwanzigtauſend Mann 
über den Fluß Mauli. Sobald ſie an dem 
jenſeitigen Ufer ſtanden, ſchickten fie Bot⸗ 
Pr an Dun Volk der Purumaukas und 
lieſſen 


E ̃ — — - 
* 


96 Viertes Buch. 


lieſſen ſie auffodern, ſich ihrem groſſen Köoͤ⸗ 
nige zu unterwerfen, oder ſich zum Kriege 
gefaßt zu machen. Die Purumaukas hatten 
ſchon von den Ynkas gehoͤrt und waren 


nebſt ihren Nachbarn, den Antullis, Pinkus 


und Cauquis, die ſich mit ihnen vereinigt 
hatten, entſchloſſen, ſich tapfer zu vertheidi— 
gen, und lieber zu ſterben, als ihre Freyheit 
zu verlieren. Sie gaben alſo einſtimmig zur 
Antwort: Die Sieger wuͤrden Herren der 
Uiberwundenen ſeyn. | 
Drey oder vier Tage darnach wiederhol⸗ 
ten die Inkas die Auffoderung; allein die 
Feinde, deren Anzahl ſich ohngefehr auf 
zwanzigtauſend Mann belaufen mochte, tha⸗ 
ten hierauf nichts, als daß. fie ſich im Anger 
ſicht der Ynkas lagerten. Als dieſe ihre 
Auffoderung zum dritten Male wiederholten 
und bey Sonne und Mond ſchwuren, daß 
fie nicht kaͤnen, die Purumaukas ihres Lan⸗ 
des und ihrer Güter zu berauben; ſondern 
ſie eine beſſere Religion und beſſere Sitten 
zu lehren, wenn fie den Ynka für ihren Koͤ⸗ 
nig wuͤrden erkannt haben; ſo gaben die Pu⸗ 
rumaukas 


Viertes Buch. 97 


rumaukas unerſchrocken zur Antwort: Sie 
haͤtten ſich hier nicht mit andern tapfern Voͤl⸗ 
kern vereinigt, um die Zeit mit vergeblichen 
Geſpraͤchen zuzubringen, ſondern um zu ſchla⸗ 
gen; die Ynkas möchten alſo keine Botſchaf⸗ 
ter ferner an ſie ſchicken, welchen ſie auch 
hnedem kein Gehör geben wuͤrden; ſondern 
ich auf den folgenden Tag zu einem Treffen 
jereit machen. | | 

us. ig I». 8 Fi 
Siebenzehntes Kapitel. | 
Blutiges Treffen zwiſchen den Ynkas und 
den Voͤlkern jenſeit dem Fluſſe 

196 r Mauli. 8 N 5 
Die beyden Armeen ruͤckten am folgenden 
Tage aus ihren Lagern, und Buben ei— 
e Schlacht an, bey welcher ſich wenigſtens 
en fo viel Hartnaͤckigkeit als Tapferkeit 
igte. Sie dauerte den ganzen Tag; auf 
yden Seiten wurden viele getöͤdtet und vers 
undet, ohne daß Jemand nur Einen Fuß 
ruͤck wich. Die folgende Nacht brachte 
des Heer in feinem Lager zu „ aber den 
ig darnach, ſtritten ſie wieder mit eben fo 
II. Theil. Sr. vieler 


98 Viertes Buch. 


vieler Hartnaͤckigkeit, als den Erſten. Das 
Treffen wurde den dritten Tag ſogar erneuert; 
man focht wieder bis in die Nacht; die 
Haͤlfte beyder Armeen blieb; die Uibriger 
waren verwundet, aber kein Theil konnte fid 
eines Vortheils ruhmen. Den vierten Tay 
brachten ſie damit zu, daß ſie ihre Lage 
beſſer verwahrten, worauf ſie ſich noch zweein 
Tage darinne ftille hielten. Endlich gerie 
then die Purumaukas nebſt ihren Verbun 
denen in Furcht, ihre Feinde moͤchten neu 
Hülfsvoͤlker bekommen: Zufrieden den Wal 
fen der Ynkas, die man bisher fir unuͤben 
windlich gehalten, widerſtanden zu haben 
zogen fie ſich zurück in ihr Land, und ſchrie 
ben ſich, weil ſie nicht waren uͤberwunde 
worden, einen völligen Sieg zu. 

Der Feldherr und die andern Puka 
welche die Armee anführten, hielten hieran 
einen Kriegsrath und uͤberlegten, ob fie fi 
ſche Voͤlker vom Könige verlangen und de 
Krieg fortſezzen ſolten, bis die Feinde en 
weder bezwungen, oder gaͤnzlich vertilgt w 
ren? Die Meinungen waren verſchiedes 

| 556 endli 


nblich aber entſchied die angefuͤhrte Maxime 
er alten Ynkas; Daß man die Bezwingung 
ines Volks, welches man nicht anders, als 
urch feine gaͤnzliche Ausrottung beſiegen koͤnn⸗ 
„aufgeben muͤſſe. Es wurde alſo beſchloſ⸗ 
n: Es dabey bewenden zu laſſen, daß der 
luß Mauli die ſüdliche Graͤnze des Reichs 
r Pnkas wäre, bis man deßwegen vom 
nka Yupanqui, welchem man von allem 
achricht geben wolle, neue Befehle erhielte. 
ieſe erfolgten und lauteten fo, daß; man 
r izt nicht ſowohl neue Laͤnder zu erobern, 
vielmehr die bezwungenen, nach den Geſez⸗ 
und Gewohnheiten der Ynkas einzurich⸗ 
ſuchen muͤſſe. Der Ynka empfahl ihnen 
vorzuͤglich, den Wohlſtand der neuen Un⸗ 
thanen zu befördern; damit die angraͤn⸗ 
den wilden Voͤlker, wenn fie das gluͤckli⸗ 
re Leben ihrer Nachbarn ſaͤhen, bewogen 
rden, ſich auch der wohlthaͤtigen Aalen 
ig der Ynkas zu unterwerfen. 

Auf dieſe Art ſezten die Ynkas, on 

bey der Armee in Chili befanden, ihren 

aberungen Graͤnzen. Sie beſtellten die 

0 RN EN Regie⸗ 


beträgt. Dieſer groſſe König beſchaͤftigte fi 


100 Viertes Buch. 


Regierung des Landes und die Verwaltung 
der Gerechtigkeit; ſorgten fuͤr die Einkuͤnft 
der Sonne und des Königs, und lieſſen di 
Voͤlker in der Religion und Sittenlehre un 
terrichten, welche fie mit vieler Begierd 
annahmen. 


Achtzehntes Kapitel. 

Die lezten Lebensjahre des Bnka Yı 
pan qui, bis an feinen Tod. 
Des Drka Yupanqui Reich erſtreckte fü 
— nunmehr an der Seekuͤſte hin auf tan 
ſend Meilen. Er glaubte in der Cultiv 
rung der neuerworbenen Provinzen Befchäft 
gung gnug zu finden, um an keine ferner 
Eroberungen zu denken. Denn von Atakam 
bis an den Fluß Mauli, welches die Grän 
der neuen Beſizzungen in Süden iſt, rechn 
man tiber drittehalbhundert Meilen, und 
den noͤrdlichen Gegenden des Reichs hatte 
die Heere der Ynkas die Thaͤler an der Ki 
ſte von Chenku bis Chimu bezwungen; we 
ches auch über hundert und funfzig Meilt 


vo 


on nun an gänzlich damit, fein Reich blu⸗ 
end und gluͤcklich und ſeinen Namen un⸗ 
erblich zu machen. Er ließ zu dem Ende 
erſchiedene Veſtungen, Sonnentempel, Haͤu⸗ 
r für auserwaͤhlte Jungfrauen und oͤffent⸗ 


che Vorrathshaͤuſer bauen: Er ließ viele 
zegenden zum Ackerbau geſchickt machen, und 


Baffer in Kanaͤlen auf allzutrockene Sand: 
riche leiten; und obgleich der Sonnentem⸗ 
zu Cusko gar keiner Verſchoͤnerungen 


ehr bedurfte; ſo machte er ihn doch durch 


is daran verſchwendete Gold und andere 
oſtbarkeiten noch glaͤnzender. Sein wich⸗ 
zſtes Werk aber war das Schloß, oder 
e beſondere Veſtung, welche er zu Cusko 
uen ließ: Sein Vater hatte dieſen Vor⸗ 
ſchon gehabt, und deßwegen eine Menge 
geheuer groſſer Steine zuſammen bringen 
ſſen unter dieſer Regierung aber ward die⸗ 

Vorhaben ausgefuͤhrt. Allein ich behalte 
ir vor an einem andern Orte ausfuͤhrlich 
n dieſem bewundernswuͤrdigen Gebaͤude zu 
den. Alle dieſe Beſchaͤftigungen hielten den 
ka EN ab, für das Beſte feiner Völker 
RER: G 3 eeine 


Viertes Buch. 101 


102 Viertes Buch. 


eine fo beſondere Sorge zu tragen, daß man 
ihm den Zunamen, der Wohlthaͤtige 
gab. Er durchreiſete alle ſeine Laͤnder vo 
ſeinem Tode noch einmal; er ſorgte fuͤr di 
Armen, und nahm ſich der Unglüdlichen an 
und erwarb ſich die Liebe und Ehrfurcht a 
ler ſeiner Unterthanen. In ſeiner lezte 
Krankheit empfahl er nochmals feinen Kir 
dern die Eintracht; und ſeinem Erbprinze 
die Wohlfarth feiner Unterthanen, die Ef 
haltung der Religion, und die Handhabun 
der Gerechtigkeit. So ſtarb dieſer gute Fuͤrſ 
mit Ruhm und Ehre überhaͤuft, und vo 
jedermann aufrichtig betrauert. Zum Erbe 
ſeines Thrones hinterließ er ſeinen aͤlteſte 
Sohn Tupak Ynka Pupanqui, welchen 
mit ſeiner Gemalin und Schweſter Coy 
Chimpu Oello gezeugt hatte. Er war übe 
haupt Vater von zweyhundert und funfz 
Kindern, woruͤber man ſich nicht wunder 
wird, wenn man die Menge der Weiber betrat 
tet, welche die Ynkas in allen Provinzen hatte 


Ende des Vierten Buchs. | 
| Geſchich 


K on ige von Peru. 
* n ae e g Yes 


Theil. 


Zweyter 


Fünftes Buch. 


ur. 


Srrbelt 
des 


ziuſten dude 


1 


Rags des Nnka Tupak Yupangui, „des Inka 
Zuayma Capak, des Anka Suaskar und donn 
ney des Anka Atahuallpa. 


Sünftes Buch. 105 
e ure ee 


1 | Erſtes Kapitel. 0 
En echt, eilfter ra aus i 1 
„ . Geſchlechte der Ynkas erobert deu 
An er Be Duatradutu 8 
| an 
Ce Antrit der Regierung een gel 
K. Tupak Yupanqui geſchahe mit den 
eee Gebraͤuchen: Er nahm nach 
dem Tode ſeines Vaters, durch Umlegung der 
rothen Kopfbinde, als des gewoͤhnlichen Dia⸗ 
dems der Ynkas, feyerlich Beſiz von der 
Regierung, hielt dem verſtorbenen Koͤnige 
ein praͤchtiges Leichenbegaͤngnis, „ und brachte 
vier Jahre damit zu, ſein Reich zu durch⸗ 
eifen, „ und ſich die Herzen aller ſeiner Un⸗ 
terthanen geneigt zu machen. Nach ſeiner 
Zuruͤckkunft in Cusko gab er Befehl, daß 
ich. vierzigtauſend Mann auf das folgende 
Jahr bereit halten ſolten mit ihm zu Felde 
u gehen, weil er geſonnen fen nach dem 
Benfpiele feiner Vorfahren, mehrere von den 
eo Voͤlkern mit ſeinem Reiche zu 
NR G 5 verei⸗ 


LL — — 


408 Fünftes Buch. 


vereinigen, und zu einer vernünftigen Lebens 


art zu noͤthigen. 

Als dieſes Heer in Bereitſchaft ſtund, 
ernennte der Koͤnig einen Statthalter, weh 
cher in ‚feiner Abweſenheit die Regierung zu 
Cusko verſehen ſolte, und trat ſeinen Marſch 
nach Caxamalka an: feine Abſicht ging auf 
die beyden groſſen Landſchaften Chachapuya 
und Huakrachuku, welche Oſtwarts von 
Caramalka liegen. Chachapuya iſt ein grof⸗ 
ſes Land; es hat funfzig Meilen in die Länge 
und mehr als zwanzig in die Breite, das 
Land Muyupampa ungerechnet, welches auch 
dazu gehort, und beynahe dreyßig Meilen 
lang iſt. Man glaubt, daß in Chachapu⸗ 
ya die fehönften Weiber von ganz Peru fi nd, 
und die Männer werden für ſehr tapfer ge— 
halten. Sie banden anſtatt des Kopfpuzzes 
eine Schleuder um den Kopf: dieſe war nach 
Beſchaffenheit des Standes auch von ver⸗ 
ſchiedener Geſtalt; es war dasjenige Gewehr, 


deſſen ſie ſich im Kriege am beſten zu bedie⸗ 


nen wußten. Die Einwohner dieſes Landes 
verehrten den Vogel Cuntut als ihre vor⸗ 
nehmſte 


Fuͤnftes Buch. 107 


nehmſte Gottheit, naͤchſt dieſem auch die 
groſſen Schlangen des-Gebuͤrges. Die Land⸗ 
ſchaft Huakrachuku iſt Caxamalka näher, 
als die vorhin erwähnte. Ihre Lage ift ſehr 
veſt, ſie iſt groß, und ihre Einwohner waren 
kriegeriſch. Sie trugen ehmals anſtatt eines 
Ehrenzeichens, eine ſchwarze weißgefleckte 
Schnur um den Kopf, und anſtatt der Fe⸗ 


dern, ſteckten fie die Spizze eines Horns von 


einem Rehbocke, einem Hirſche, oder einem 
Gems hinein; auch ſoll das Wort Huakra⸗ 
chuku einen ſolchen Kopfpuz bedeuten. Ehe 
dieſes Volk dem Pnkas zinßbar wurde, ‚be 
tete es die groſſen Schlangen ia 7 man 
im Lande findet. 

Der Inka Tupak Papa ruͤckte ger 
gen dieſe leztere Landſchaft mit ſeinem Heere 
an, weil er ſie nothwendig erobern mußte, 
wenn er zu dem Lande der Chachapuyas ge⸗ 
langen wolte. Sobald die Huakrachukus 
hiervon Nachricht bekommen, ruͤſteten ſie ſich 
und waren entſchloſſen, ſich tapfer zu verthei⸗ 
digen; weil ſie glaubten, daß ihr Land, we⸗ 
gen fler veſten Lage nicht zu erobern ſey. 


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108 Fuͤnftes Buch. 


In dieſer Zuverſicht beſezten ſie die vornehm⸗ 
ſten Paͤſſe, durch welche man in ihr Land 
gelangen konnte, wo ſie ſich in der That ſo 
tapfer wehrten, daß in verſchiedenen Gefech⸗ 
ten auf beyden Seiten viele blieben. Der 
Ynka verſammelte hierauf feinen Kriegsrath, 
um zu überlegen, was zu thun ſey; Hier 
wurde beſchloſſen, nochmals gelinde Mittel 
bey den Huakrachukus zu verſuchen und ih⸗ 
nen vorzuſtellen, daß der Ynka nicht geſon⸗ 
nen ſey, ihre Curakas zu vertreiben „oder 


ihnen ihr Land zu nehmen; ſondern ſie nur 


zu einer beſſern Religion und beſſern Sitten 


zu bewegen, und uͤbrigens ihnen, wie allen 


Voͤlkern, welche unter ſeiner Herrſchaft ſtuͤn⸗ 


den, viel Gutes zu erweiſen. Als dieſe Bor 


ſchaft an die Huakrachukus gelangete, und 


in Uiberlegung genommen wurde, waren die 


Alten der Meinung, man muͤſſe ſich dem 


Ynka unterwerfen; die Jungen aber, deren 
Anzahl weit ſtaͤrker war, ſezten es durch, daß 
man ſich dem Eindringen der Feinde ferner 


widerſezzen muͤſſe. Da ſie mit fo vieler Hef⸗ 
tigkeit auf dieſen Entſchluß gedrungen, ſo 


glaub⸗ 


Fuͤnftes Buch. 109 


glaubten fie auch, daß fie nunmehr ſiegen 
oder ſterben muͤßten und fochten mit aller 
Entſchloſſenheit, die man von tapfern Leuten 
erwarten kann. Der Ynka, welcher glaub: 
te, daß es nunmehr Zeit ſey ſeinen Ernſt und 
ſeine Macht zu zeigen, verſtaͤrkte ſeine Armee 
und ließ die Feinde an verſchiedenen Orten 
angreifen; es erfolgte ein Haupttreffen in wel⸗ 


chem die Feinde fo geſchwaͤcht wurden, daß 


es den Ynkas nicht ſchwer ward, einige der 


veſteſten Plaͤzze in ihre walk zu bekom⸗ 
men. Die Huakrachukus ſahen ſich hierdurch 


fo ſehr in die Enge getrieben, daß fie beſchloſ⸗ 
fen ſich dem Ynka zu unterwerfen und um 
Vergebung zu bitten. Der Pnka ertheilte 
ihnen dieſe, nach dem Beyſpiele ſeiner Vor⸗ 
fahren, alsbald und befahl den Seinigen, 
den Huakrachukus als Brüdern zu begegnen. 
Er beſchenkte die Curakas mit einer Menge 
Kleidern von feiner Wolle, unter das Volk 
aber ließ er Kleider von grsbertr Wolle aus⸗ 
theilen; und da der Krieg die ganze Sands 
ſchaft erſchoͤpft hatte, verſorgte er fie mit Le⸗ 
bensmitteln im Uiberfluß. Dieſe gute Be⸗ 


ee 


per . gegnung 


110 Fuͤnftes Buch. 


gegnung verſezte die neuen Unterthanen in 
groſſe Freude, und machte, daß ſie alle Furcht 
vor der Strafe ihrer Hartnaͤckigkeit verloren. 


Der Ynka beſchloß dieſes Jahr nicht 
weiter zu gehen: er verlegte ſeine Armee an 
den Graͤnzen dieſes Landes an verſchiedenen 
Orten in die Quartiere und gab Befehl, daß 
ſich noch zwanzigtauſend Mann, auf den 
kuͤnftigen Feldzug bereit halten und zu ihm 
ſtoſſen ſolten. Nach dieſer Einrichtung bes 
ſchaͤftigte ſich dieſer Prinz damit, die Hua⸗ 
krachukus in ſeiner Religion und in ſeinen 
Sitten unterrichten zu laſſen: Er ließ ihnen 
Anweiſung geben, Waſſerleitungen zu machen, 
ungleiche Gegenden zu ebenen und neue Ae⸗ 
cker anzulegen. Alle dieſe nuͤzlichen Anſtal⸗ 
ten gaben dem Volke zu erkennen, wie groß 
der Vortheil ſey unter der Herrſchaft eines 
mächtigen und weiſen Koͤniges zu leben. 


Fünftes Buch. a8 


rn Bmweyted Kapitel. 
Eroberung. der Landſchaften C 0 u. puya 
und Huanka⸗ Pampa. 
Sead im folgenden Jahre die zwanzig⸗ 

tauſend Mann, welche der groſſe Tu⸗ 
bak Pupanqui verlangt hatte, zuſammen ge⸗ 
kommen waren, ging dieſer Fuͤrſt mit ſei⸗ 
nem Heere zu Felde, und ließ es, bis an 
die Landſchaft Chachapuya vorruͤcken. Die⸗ 
es Volk antwortete ihm auf ſeine Auffode⸗ 
ung, daß es ſich auf das Aeußerſte verthei⸗ 
igen wuͤrde, ehe es ſich ihm unterwuͤrfe. 
In dem Kriege, welcher dieſer Erklaͤrung 
olgte, blieben auf beyden Seiten viele Leute. 
Die Chachas, ſo nennte man die Einwoh⸗ 
zer dieſer Landſchaft, hatten ſich ſchon lan⸗ 
ze, als ſie gemerkt, daß ſich das Reich 
der Ynkas bald bis zu ihnen erſtrecken wuͤr⸗ 
de, auf dieſen Krieg gefaßt gemacht: Sie 


hatten verſchiedene Schloͤſſer, an ſolchen Oer⸗ 


tern erbauet, die von Natur ſehr unzugaͤng⸗ 
ich find; fie hatten auch verſchiedene Paͤſſe, 
durch welche man in ihr Land dringen konn⸗ 
te, beveſtigt, und ſich mit Waffen und an⸗ 
Nellie dern 


112 Fuͤnftes Buch. 


dern Nothwendigkeiten im Uiberfluß verſe⸗ 
hen. Alles dieſes zeigte gnugſam, wie hart⸗ 
naͤckig ſie ſich zu vertheidigen willens waͤren. 
Der Ynka mußte ſich nothwendig entſchlieſ⸗ 
ſen, einige dieſer beveſtigten Zugaͤnge zu er⸗ 
obern. Es gelang ihm in der That mit 
Einigen, aber nicht ohne groſſen Verluſt 
am Volke. Die Erſten von dieſen Plaͤzzen 
lagen auf einem Gebuͤrge, wo man ohnge 
fehr drittehalb Meilen aufwaͤrts ſteigt. Man 
nennt es die Seite der Pias, weil man ein 
Volk dieſes Namens antrifft, wenn man über 
dieſes Gebuͤrge hinuͤber iſt. Dieſe Landſchaft, 
welche auf dieſer Seite achtzehn Meilen in 
die Laͤnge hat, iſt eine der vornehmſten. 
Der Ynka machte ſich mit vieler Schwierige 
keit Meiſter davon, und fand, daß die Ein⸗ 
wohner die Hauptſtadt verlaſſen hatten, um 
ſich in veſtere Oerter zuruͤck zu ziehen; es 
waren nichts, als alte Greiſe und Kinder 
darinne geblieben, die man nicht hatte mit⸗ 
nehmen können. Der groſſe Ynka Tupak 
Yupanqui befahl, daß man ihnen alle gute 
Begegnung ſolte angedeihen laſſen. Er 
verließ 


Fuͤnftes Buch. 113 


erließ hierauf die Stadt der Pias und 

te mit ſeinem Heere weiter: Er ſchickte 
zer Mann, lauter auserlefene Leute 
b, um das Land weiter zu entdecken; alen a 
um Unglück kamen fie in einem engen Paſſe 
8 Schneegebuͤrges, welchen man Chirmak⸗ 
aka, oder das unglückliche Thor nennet, 
sgeſamt im Schnee um. Dieſer Unfall 
ar Schuld, daß der Ynka einige Tage an⸗ 
und, durch dieſen Paß zu dringen. Die 
hakas, welche ſich einbildeten, daß ihn 
Furcht abhielte, ſtreueten das Gerüuͤcht 
s; er habe ſich ſchimpflicher Weiſe zuruͤck 
zogen, und die Flucht genommen. Allein 
der Schnee aufgehoͤrt hatte, auf dieſem 
ebürge fo häufig zu fallen, ſezte der Ynka 
ten Marſch fort, und eroberte nach und 
h alles Land bis an Cuntur-Marka, 
ches auch eine ihrer vornehmſten Staͤdte 

Aber dieſe Eroberung geſchahe nur mit 
ler Mühe, weil die Einwohner die, ohne⸗ 
ſehr beſchwerlichen Zugaͤnge, mit vieler 
nft beveſtiget hatten. Die Einwohner der 
adt Cuntur⸗Marka, welche ſehr zahlreich 
I. Theil. | H wa⸗ 


en Fünftes Buch. 


waren, thaten einige Tage lang tapfern Wi 
derſtand: Der Ynka aber ließ ſo viel Mann 
ſchaft gegen fie anruͤcken, daß fie endlic 
zum Weichen gezwungen wurden. Sie en 
gaben ſich alſo dem Puka, der fie mit ſe 
ner gewöhnlichen Güte aufnahm. Er erwie 
ihnen viele Wohlthaten, um ihre Gemuͤthe 
völlig zu beſaͤnftigen, und ihre Nachbarn z 
reizen, ihnen nachzuahmen. Nach gemach 
ten noͤthigen Einrichtungen ging er weiten 
und bemaͤchtigte ſich aller Staͤdte und veſte 
Plaͤzze, die er antraf, ohne viel Blut f 
vergieſſen; weil ſie die Begegnung, welch 
den Einwohnern von Cuntur-Marka wi 
derfahren war, geneigter gegen den Yul 
gemacht hatte. Der König gelangete endli 
nach Caſſamarquilla, eine anſehnliche Sta 
die acht Meilen von Cuntur-Marka in 
nem ſehr gebürgichtem Lande, liegt. D 
Einwohner von Caſſamarquilla, welche zal 
reich und ſehr kriegeriſch waren, widerſezt 
ſich anfangs, und ſtritten ſehr tapfer. En 
lich aber, da ſie in einigen Gefechten ſe 
eingebüßt, und die Tapferkeit der Soldat 
d 


Fünftes Buch, 135 


5 Vnka empfunden hatten, nahmen ſte 


moch zu ſeiner Gnade Zuflucht, und wur⸗ 
ihm zinebar. 
Der Pnka Tupok Yupanqui bemaͤchtig⸗ 
ſich auf dieſem Feldzuge ferner der Staͤd⸗ 


und Provinz Papamarka und Raymi⸗ 


ampa. Welcher lezten er dieſen Namen 
ib, weil er an dieſem Orte das Sonnen— 
ſt, Raymi, beging. Wir werden von 
eſem Feſte in der Folge ausfuͤhrlicher re⸗ 


n. Von Raymipampa ging der Ds 


nach Suta und von da nach Llavan⸗ 
„welches die lezte und vornehmſte Stadt 
der Landſchaft Chachapuyas iſt. Alle 
fe Hauptſtaͤdte und eine groffe Anzahl klei⸗ 
re unterwarfen ſich ihm ohne Widerſtand. 
ie Landſchaft Caskayunka und viele Ans 
re unter dieſem Himmelsſtriche hielten ſich 
weniger für vermoͤgend den Ynka Wi⸗ 
rſtand thun zu Finnen, als die Chakas 
d verſprachen ihm Gehorſam. Hier ſezte 
r Ynka I Tupak Yupanqui für dieſes Jahr 
nen Eroberungen Graͤnzen, verlegte ſeine 
mee in verſchiedenen Gegenden in die 
. SAGEN 339 3 „Tuc 


116 Fuͤnftes Buch. 


Quartiere, und ließ aus den benachtbarte 


Provinzen ſeines Reichs Vorrath und L 


bensmittel ſowohl fuͤr ſeine Soldaten, al 
auch für feine neuen Unterthanen herbe 
bringen. 

Im folgenden Jahre ging der Ynka m 
einem Heere von vierzigtauſend Mann z 
Felde, und drung in die Landſchaft Huanke 
Pampa ein. Sie iſt groß, und war de 
mals von vielen Voͤlkern, verſchiedener He 
kunft und Sprache bewohnt. Dieſe Volk 
hatten weder Krieg noch Frieden mit einaı 
der. Jedes Volk lebte für ſich, ohne beſtaͤl 
dige Obrigkeit. Wenn fie Krieg führten, | 
thaten fie es nicht, um Eroberungen zu me 
chen, oder einander zu unterjochen, denn f 
wußten nichts von Oberherrſchaft und Re 
che; auch nicht, um einander ihre Guͤter z 
rauben, denn ſie hatten keine und ginge 
ganz nackend: Ihre Beute waren die We 
ber und Maͤdchen der Uiberwundenen, vo 
welchen ſie keine entkommen lieſſen. Wo 


die Männer betrifft, die wurden von dieſe 


Wilden gefreſſen. Ihre Religion war di 
gewoͤhr 


Fuͤnſtes Buch. 117 


wöhnliche diefer alten Völker; jede Fami⸗ 
> hatte ihren eigenen Goͤzzen. Oefters 
beten fie hartnaͤckige Kriege mit einander 
n ihrer Goͤzzen willen. | 
Es koſtete keine groſſe Muͤhe, ein Land, 
ffen Einwohner in folcher Verwirrung leb⸗ 
1, zu erobern. Aller Widerſtand, welchen 
thaten beſtand darinne, daß fie, wie wil⸗ 
Thiere, auf hohe Berge flohen, oder ſich 
nahgelegenen Thaͤlern und Felſenhoͤhlen 
eſteckten. Der Hunger zog die mehreſten 
vor, und brachte ſie zu den Fuͤſſen des 
a: Viele aber verhungerten auch in ih⸗ 
Zufluchtsörtern, wo ihre Körper zuwei⸗ 
gefunden wurden. Der König Tupak 
wanqui trug Sorge, alle dieſe Volker zu 
ameln; fie zu lehren, Städte anzulegen, 
Acker zu bauen, und ſich Kleider von 
olle zu machen. Dieſe Provinz iſt in der 
[ge eine der fruchtbarſten im ganzen Rei⸗ 
geworden. Man wird leicht vermuthen; 
der Pnka den Gözzendienſt und die wil⸗ 
Sitten abgeſchafft und dafür die Vereh⸗ 
g der Sonne und die menſchliche Lebens 
1 H 3 art 


118 Fuͤnftes Buch. 


f art der Ynkas eingeführt habe. In dieſeſ 
Allen bewieſen ſich die armen Wilden ſeh 
| gelehrig; weßwegen der Ynka auch einen de 
ſchoͤnſten Sonnentempel und ein Hauß fü 
auserwaͤhlte oder geheiligte Jungfrauen hie 
erbauen ließ, welches als eine befondere Ge 

wogenheit angeſehen wurde. 


in Drittes Kapitel. 
Noel 0 Eroberung dreyer andern Laͤnder. 
40 N | Nach Bezwingung der Provinz Huanke 
1 pampa wendete ſich der Ynka Tupa 
Vupanqui gegen die drey Sander Caſſt 
Ayahuaka und Callua. Es wohnten verſchi 
N. ö dene Voͤlker darinne, die alle gut polizie 
0 waren. Sie hatten Städte, veſte Schlö 
Ui ſer und Oerter, wo ſie zu gewiſſen Zeite 


1 zuſammen kamen, um ſich über ihr gemein 
1 175 | * ſchaftliches Beſte mit einander zu berathſchl⸗ 
I N gen. Sie erkannten weder einen König 
N | noch einen andern unumſchraͤnkten Beben 
1 ſcher; ſondern fie erwaͤhlten einhellig obri 
keitliche Perſonen, zu Beſorgung der bürge 
lichen Sachen, und Hauptleute zur Anfül 
| run 


Fiuͤnftes Buch. 119 


ung ihrer Heere. Sie verehrten beyde ſehr 
nd gehorchten ihnen auf das genaueſte 0 ſo 
inge fie ihre Aemter verwalteten. 

Der HYnka ließ dieſe Volker auf die ge⸗ 
öhnliche Weiſe auffodern und verſprach ih⸗ 


en, wenn fie ihn für ihren Beherrſcher ers 


enten, alle Vortheile und Gunſtbezeigun⸗ 
en, die er andern habe angedeihen laſſen. 
hre Antwort war; Sie hätten niemals eis 
en Herrn über ſich erkannt, fie würden al 
auch izt lieber ihr Leben laſſen, als ſich 
Fr Freyheit begeben, vielweniger wuͤrden 

e ſich einem Manne unterwerfen, „der ſie 
An machen wolle; ſie verlangten auch kei⸗ 
e andere Gunſtbezeigung von ihm, als dies 
daß er mit feinem Heere zurück kehrte, 


nd nicht weiter daran daͤchte, ſie zu ine 


merehanen zu machen. Er 


Der Krieg, welchen dieſe Erklaͤrung nach 


ich zog, war heftig. In der erſten Schlacht 
lieben von Seiten der Ynkas achttauſend 


Mann. Um ſich zu rächen, und die Fein⸗ 


e in Furcht zu jagen, verheerten fie alles 
nit Feuer und Schwerd. Allein die tapfern 
N) 3 H 4 Ein⸗ 


120 | Fünftes Buch. 


Einwohner dieſer Länder erſchracken daruber 
gar nicht, ſondern duldeten alles Ungluͤck 
des Kriegs mit einer unüberwindlichen Stand⸗ 
haftigkeit; fo ſehr wuͤnſchten fie ihre Frey: 
heit zu erhalten. Sobald die Ynkas irgend 
einen veſten Ort erobert hatten, ſo verlieſſen 
die Entflohenen ihre Wohnungen, und ver: 
ſchanzten ſich an einem andern bequemen 
Orte, ohne ſich um ihre Weiber und Kin— 
der zu bekuͤmmern; wo ſie ſich von neuem 
verzweifelt wehrten. 

Nach und nach eroberten dennoch die 
Ynkas beynahe das ganze Land, und es 
blieb den Feinden nur noch ein kleiner Win— 
kel uͤbrig. Hier verſchanzten fie ſich, und 
beſchloſſen, es auf das Aeußerſte ankommen 
zu laſſen. Sie erduldeten auch in der That 
alles nur erdenkliche Uibel, um dem Ynkg 
nicht zinsbar zu werden. Endlich ſahen ih— 
re Hauptleute deutlich ein, daß es ohnmoͤg⸗ 
lich ſey, den Ynkas zu widerſtehen; ſie be⸗ 
griffen, daß ſie insgeſamt ihr Leben ohne 
Nuzzen aufopfern würden, und beſchloſſen; 
die Waffen niederzulegen, den Pnka für ih j 
ren 


N 


Sünftes Buch, 4385 


ren Herrn zu erkennen, und ihm alle, welche 


unter ihrem Befehle ſtanden, zu uͤberant⸗ 
worten. Sie konnten ihr Vorhaben nicht 
ausführen, ohne daß unter ihren Soldaten 
Unruhen entſtanden; zulezt aber gaben auch 
dieſe ſtuͤrmiſchen Gemüͤther nach. Der Ynka 


empfieng ſie ſehr gnaͤdig und befahl, daß 
man ihnen, wie ſeinen eigenen Kindern be⸗ 


gegnen ſolte. Er ließ auch Leute aus den 


benachtbarten Landern kommen, um dieſe, 


durch den Krieg fo ſehr verheerten Provin⸗ 
zen wieder zu bevoͤlkern. Nachdem er die 


gehörigen und gewöhnlichen Anordnungen 


auch in dieſen Laͤndern gemacht, kehrte er 


. Cusko zurück, 


Die groſſe Hartnaͤckigkeit dart zulezt be⸗ 


wungenen Völker, und der Verluſt vieler 
alten, getreuen Unterthanen brachte dem Yn⸗ 
ka einen Widerwillen gegen den Krieg bey. 
Er gab auch zu erkennen, daß er dieſe Voͤl⸗ 
ker ihrem eigenen Schickſale wurde uͤberlaſſen 
haben, wenn er nicht haͤtte befürchten müß 
fen; andere Volker würden ihrem Beyſpiele 
folgen, und ſich eben ſo halsſtarrig gegen ihn 
r H 5 bezei⸗ 


— EEE x 


122 Fünftes Buch. * 


| 
bezeigen. Dieſes war Urſache, daß der Yn⸗ 
ka verſchiedene Jahre lang auf keinen neuen 
Feldzug dachte, ſondern ſich gänzlich mit dem 
Innern feines Reichs beſchaͤftigte, und infons 
derheit das bewundernswuͤrdige Schloß zu 
Cusko, welches fein Vater Ynka NYupanqui 
zu bauen angefangen hatte, vollendete. 
Nachdem endlich die Wunden des vorigen 
Krieges gleichſam verharrſcht waren, beſchloß 
er dennoch mit einem ſtarken Heere noch eis 
nen Verſuch zu machen, ob er die noͤrdlichen 
Laͤnder vollends unter ſeine Botmaͤßigkeit brin⸗ 
gen könne. Er machte bey der Landſchaft 
Huanuku den Anfang. Sie war von vers 
ſchiedenen wilden, mit einander im beſtaͤndi⸗ 
gen Streit lebenden, Voͤlkern bewohnt. Je⸗ 
de dieſer Voͤlkerſchaften hatte in den Gebuͤr⸗ 
gen einige Schloͤſſer, wohin die Uiberwunde⸗ j 
nen, in ihren beſtaͤndigen Kriegen flohen. 
Dem Ynka koſtete es nicht viele Mühe, die⸗ 
fe uneinigen Völker zu bezwingen. Es iſt 
wahr, ſie wehrten ſich im Anfange mit einer 
außerordentlichen Entſchloſſenheit und Wild⸗ 
heit. Die Peruaniſchen Befehlshaber ver- 
fuh⸗ 


Fünſtes Buch, 97 


fuhren hierauf ſehr ſtrenge mit ihnen, allein 
der Pnka befahl ihnen, ſich zu maͤßigen und 
die Vorſchriften des Stifters ihres Reichs, 
des Manko Capak nicht zu vergeſſen, wel: 
cher gewolt, daß man die Volker mehr durch 
Gute und Uiberredung, als durch die Gewalt 
der Waffen unter die Herrſchaft der Ynkas N 
zu bringen ſuchen ſolle. Die Furcht, welche | Mn 
jene Härte den Huanakus beygebracht und / 1 
das guͤtige Bezeigen, welches ihnen izt vom I 
Onka wiederfuhr, machte daß ſie ſich ihrem 
Uiberwinder unterwarfen, Staͤdte baueten, 
ſeine Religion annahmen und ruhig unter 
ſeiner Regierung lebten. Dieſe Provinz, wel⸗ 
che wegen der Fruchtbarkeit ihres Bodens 
und der Güte der Luft viel Vorzug hatte, 
kam gar bald in einen bluͤhenden Zuſtand. 
Auch hier ward ein praͤchtiger Sonnentempel 
und ein Hauß fuͤr geheiligte Jungfrauen er⸗ 
baut und zwanzigtauſend Einwohner des Sans 
des mußten vierteljaͤhrig kommen und die 
Dienſte dabey verrichten. Der Koͤnig ließ 
bey dieſem Tempel auch für ſich einen Pal⸗ Ian 
laſt erbauen, welcher nach der Landesart ſehr e 
. praͤch⸗ I. 


124 Fuͤnftes Buch. 


prächtig und wegen der Gröffe der Steine, 
daraus er aufgeführt war, Bewunderung er⸗ 
wecken mußte. Es kam ihm auch keiner in 
allen den Provinzen, welche an die eee 
gebürge graͤnzen, gleich. 5 


Viertes Kapitel. 
Eroberung der Landſchaft der Canarinen, 
und Beſchreibung des Reichthums ih⸗ 
res Tempels. | 


Der Inka Tupak Yupanqui machte im 

folgenden Jahre groͤſſere Zuruͤſtungen, 
als vorher, und nachdem er eine maͤchtige 
Armee auf die Beine gebracht, zog er von 
Cusko aus, um ſeinen Vorſaz, die Land⸗ 
ſchaft der Canarinen zu erobern, auszuführen. 
Dieſes Land war groß, und die Einwohner 
tapfer. Die Völker, von welchen es bewohnt 
war, trugen ſehr lange Haare, welche ſie 
auf dem Wirbel zuſammen banden, und ei⸗ 


nen Schopf daraus machten. Die Edeln, 
und wer ſonſt auf den Puz hielt, trugen 


anſtatt der Münze, ein rundes, Siebförmiges 
Nez, das ohngefehr drey Finger breit war; 
in 


| Fünftes Buch. | 125 


in der Mitke deſſelben hatten fi ſie, um galant 
zu ſeyn, eine Menge mancherley Flechten 
und Locken. Das gemeine Volk aber Bes . 
deckte ſich den Kopf mit runden halben Kuͤr⸗ 
biſſen und glaubten „daß ihnen dieſes recht 
wohl ſtüͤnde. Um deßwillen nennten die an⸗ 
dern Voͤlker dieſer Gegend, die Canarinen 
gewohnlich Mathiuma, das iſt Kürbisköpfe. 
Es gab bey den Völkern, die unter dem all⸗ 
gemeinen Namen Canarinen begriffen wa⸗ 
ren, eine groſſe Anzahl Herren: Sie waren 
nicht alle gleich maͤchtig, daher verbanden ſich 
die Schwaͤchern mit einander um ſich gegen 
die Maͤchtigern, welche Andere öfters unter⸗ 
ac zu vertheidigen. 

Dieſes Land war der Gegenſtand der 
mene des Ynka Tupak Dupanqui. 
Er bezwang auf dem Wege dahin die Land⸗ 
ſchaft Palta, aus welcher die vortreffliche 
und ſchmackhafte Frucht, welche eben den 
Namen fuͤhret, nach Cusko gebracht ward. 
Die Einwohner dieſes Landes unterſchieden 
ſich von andern Voͤlkern dadurch, daß fie 
ſehr ungeſtaltete Koͤpfe hatten. Dieſe Haͤß⸗ 
un} f lichkeit 


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126 Fuͤnftes Buch. 


lichkeit gefiel ihnen; fie hielten fie ſogar für 
eine groſſe Schoͤnheit. Sobald ein Kind 
auf die Welt gekommen war, legten ſie ihm 
zwey kleine viereckigte Breter, Eins vor die 
Stirn, und das Andere an das Hintertheil 
des Kopfes. Dieſe kleinen Breter zogen ſie 
alsdann durch Baͤnder veſt zuſammen, und 
nahmen ſie dem Kinde nicht eher ab, bis 
es drey Jahre alt war. Durch dieſes Mit⸗ 
tel bekamen ſie insgeſamt ſo mißgeſtaltete 
Koͤpfe, daß ſie bey den benachtbarten Voͤl⸗ 
kern zum Spruͤchworte wurden. Wenn man 
bey dieſen Jemanden vorwerfen wolte, daß 
er eine ungeſtaltete Stirn, oder platten Kopf 
habe; nennte man ihn Paltahuma, das iſt 
einen Paltakopf. Der Koͤnig machte in die⸗ 
ſer Provinz die gewoͤhnlichen Einrichtungen, 
und ruͤckte nun an die Graͤnzen des Landes 
der Canarinen. | 
Als dieſe Völker von dem Ynka was 
ren aufgefodert worden „ überlegten fie, 
daß es ihnen, bey ihrer allgemeinen Uneinige 
keit unmoͤglich ſeyn wuͤrde, ſeiner Macht au 
widerſtehen. Sie erboten ſich alſo einhellig, 
ihm 


* 


Fuͤnftes Buch. 1327 


ihm zu gehorchen, und fuͤr ihren Koͤnig 
zu erkennen. Sie gingen ihm mit groſſen 
Freudensbezeigungen entgegen, um ihn ein⸗ 
zuholen, und ihre Curakas begleiteten fie. 


Der Ynka empfing fie mit den geößten Lob⸗ 


ſpruͤchen, erwieß ihnen viele Gnade, und 
ließ Kleider unter ſie austheilen; worauf er 
auch bald die noͤthigen Anſtalten zu ihrem 
Unterricht in der Religion und zu der Lan⸗ 
desregierung machte. Ehe die Canarinen un⸗ 
ter die Herrſchaft der Inkas kamen, ver⸗ 
ehrten ſie den Mond, als ihre vornehmſte 


Gottheit; naͤchſt dieſem, die groſſen Baͤume 
und dann auch außerordentliche Steine, vor⸗ 


zuͤglich die Jaspisartigen. Durch den Une 
terricht aber, welchen ihnen die Ynkas ger 
ben lieſſen, lernten ſie die Sonne anbeten. 

Die Ynkas erbaueten in dieſer Provinz 
der Sonne einen ſehr praͤchtigen Tempel, wel⸗ 
cher ganz mit Platten von Gold oder Sil⸗ 
ber bedeckt war. Sie baueten auch ein Hauß 
fuͤr geheiligte Jungfrauen, und verſchiedene 
koͤnigliche Pallaͤſte, wo man in den Zimmern, 
anſtatt der Tapeten, Pflanzen, Blumen 
0 8 und 


Sa Zei 


128 Fuͤnftes Buch. 


und Thiere, von Golde oder von Silber 
in ihrer naturlichen Geſtalt und Groͤſſe nach⸗ 
geahmt, und vorgeſtellt ſahe. Auch die Thir 
ren waren mit Gold uͤberzogen, und mit Edel⸗ 
A gefteinen, inſonderheit Tuͤrkiſſen und Schma⸗ 
5 ragden beſaͤet. Denn dieſe Volker liebten 
N h | die Ynkas ſo ſehr, daß fie ihre Haͤuſer und 
N Tempel mit allen Schaͤzzen und Koſtbarkei⸗ 
Al. | ten, die fie nur finden konnten, ausſchmuͤckten. 


A 1 Unter den Völkern, welche ſich der Yn⸗ 
5 ka in dieſer Gegend unterwuͤrfig machte, wa⸗ 
ren auch die Quillakus, welche man fuͤr die 
niedertraͤchtigſten und kleinmuͤthigſten unter 
allen Menſchen hielt: ſie waren ſo furchtſam 
und geizig, daß ſie beſorgten, ſelbſt an Luft 
17 und Waſſer Mangel zu leiden. Dieſe wa⸗ 
N ren es, denen die Ynkas den ſeltſamen Tri⸗ 
but an Laͤuſen und Floͤhen auflegten. Ihr 
Name ward ein Spruͤchwort; wenn man eis 
nen recht niedertraͤchtigen Menſchen nennen 
wolte; ſo ſagte man; Es iſt ein wahrer 
Quillaku. | ie 

} 


Fünf⸗ 


Fuͤnftes Buch. 129 


Fauͤnftes Kapitel. 
Der Ynka erobert verſchiedene andere 
Laͤnder, bis an die Graͤnzen von 
Quito. 
nka Tupak Pupanqui wendete, nach der 
) Gewohnheit dieſer Könige, verſchiedene 


jahre auf die Civiliſirung der zulezt be- 


vungenen Volker und die innern Angele⸗ 
enheiten ſeines Reichs, ehe er wieder auf 
ue Eroberungen dachte. Als er es aber 


eit zu ſeyn glaubte, verſammelte er ein an⸗ 


hnliches Heer, und ging damit bis an die 
raͤnzen von Tumipampa. Da ſich die 
inwohner dieſes reichen Landes ſeiner Herr⸗ 
aft freywillig unterwarfen, fo ertheilte er 
nen alle Gunſtbezeigungen, welche die Yn⸗ 
8 den Voͤlkern, welche fie vorzüglich ehren 

en, nur zuzugeſtehen pflegen. Er ließ 

ieſer Provinz nicht nur einen Sonnen: 
npel und ein Hauß für geheiligte Jung⸗ 
en bauen, welches an ſich ſelbſt ſchon 

Einwohnern das Bürgerrecht von Cusko 
pr ſondern er erlaubte ihnen ſogar, die 
teine dazu, aus dem Gebiete von Cusko 
U. Theil. 3 zu 


11 —————————K———K——— — — 


130 Fuͤnftes Buch. 


zu holen. Da Cusko vierhundert Meile 
von Tumipampa, und der Weg unglaublic 
beſchwerlich iſt; ſo kann man ſich vorſtellen 
wie hoch die Einwohner von Zumipamp 
dieſe Gunſt muͤſſen geſchaͤzt haben, da f 
alles dieſes gleichwohl mit Freuden gerhai 
Dieſer Tempel ward eben ſo praͤchtig, w 
der bey den Canarinen mit Gold und Gilb: 
ausgeſchmuͤckt. Außerdem befand ſich darii 
ne, nach der Erzählung des Pedro de Cieke 
eines ſpaniſchen Geſchichtſchreibers ein ung 
mein groſſer Schaz, welcher aus Vaſel 
Töpfen und anderm Geraͤthe von Gold un 
Silber, wie auch aus koſtbaren Kleider 
die mit ganz kleinen Goldkoͤrnern beſezt w 
ren, beſtund. Die Peruaner allein konnt 
dieſe ungemein kleinen Koͤrner verfertige 
und nennten fie Chaquira; die Spanier abe 
denen es nicht moͤglich war, ſie nachzum 
chen, nennten ſie Goldarbeit. So klein 
waren; fo hatten fie doch insgeſamt Loch 
wodurch ſie konnten angereihet werden. 

Der Ynka ſezte feine Eroberungen fot 
und machte ſich einen Strich Landes r 


Fuͤnftes Buch. 131 


at, welcher ſich ohngefehr auf funfzig Mei⸗ 
en in die Breite erſtreckte, und bis an die 
Franzen von Quito reichte. Die bekannte⸗ 
'en unter dieſen Provinzen ſind Chanchan, 
Noka, Quesna und Pumalakta, oder Lö⸗ 
jenland. Der Name dieſer lezten Provinz 
ihre daher, weil es in dieſer Landſchaft 
iehr Löwen, als in andern Gegenden giebt, 
nd weil dieſe Thiere von den Einwohnern 
gebetet werden. Die minder beträchtlichen 
rovinzen in dieſem Landſtriche find, Tixam⸗ 
„ Dinkaſſa, Cayampi, Urkollaſſu, Ti⸗ 
ouraku und Andere. Dieſe waren größten 
eils ſehr unfruchtbar und ſchlecht bewohnt, 
id ihre Einwohner entweder die duͤmm⸗ 
n Goͤzzendiener, oder fo wild, daß fie 
ir nicht wußten, was Verehrung oder An⸗ 
tung ſey. Uibrigens lebten ſie ohne Ge⸗ 
ze und Obrigkeit in dem Lande zerſtreut. 
s gehörte alſo wenig dazu, fie unter das 
och zu bringen; deſtomehr aber, ſie zu un⸗ 
richten und zu einer bürgerlichen Ordnung 

gewöhnen. Die Ynkas thaten alles, was 

oglich war zu dieſem Zweck zu gelangen; 

* . es 


— — — —— öWV⁴́— . — — 


132 Fuͤnftes Buch. 


es wurden auch koͤnigliche Pallaͤſte und Vor 
rathshaͤuſer, aber keine Sonnentempel noch 


| Haͤuſer für geheiligte Jungfrauen, in * 


\ 


Lande gebaut. 

Indem der Inka Tupak Pupanqui da 
mit beſchaͤftiget war, dieſe Länder zu erobert 
und ihre Einwohner unterrichten zu laffen, 
ſchickten andere Voͤlker, welche dieſen geger 
Weſten, nemlich an den Graͤnzen der vor 
den Spaniern hernach Puerto Vieyo ge 
nannten Provinz wohnten, Abgeſandte an ihn, 
welche ihm Geſchenke brachten, und ihn bit 
ten mußten, Er moͤchte ſie zu ſeinen Unter 
thanen aufnehmen und ihnen Hauptleute unk 
andere Perſonen ſchicken, welche faͤhig waͤrer 
ſie zu unterrichten, wie ſie Staͤdte bauen und 
den Ackerbau treiben mußten; damit ſie auc 
ſo vernuͤnftig und gluͤcklich, wie ſeine andert 
Unterthanen leben mochten. Sie verſpra 
chen ihm, ſich gegen ihn als gute und ge 
treue Unterthanen aufzuführen. 90 

Der Ynka nahm dieſe Geſandten fef 
wohl auf, und befahl, ihnen nichts, was 
foderten, zu verſagen. Sie nahmen 


Fuͤnftes Buch. 133 


Derfonen mit, welche fie in der Religion und 
uten Sitten unterrichten konnten. Der Yn⸗ 


a gab ihnen auch Leute mit, welche ihnen 


Vaſſerleitungen anlegen und fie den Acker⸗ 
au lehren mußten. Aber nachdem ſie alle 
ieſe Wohlthaten empfangen hatten, waren 
e ſo undankbar, und vergaſſen ihre Zuſage 
leichtſinnig, daß fie alle dieſe Befehlshaber 
nd Lehrer, welche ihnen der Puka geſchickt 
atte, umbrachten. Dieſe Geſchichte wird von 
m ſpaniſchen Geſchichtſchreiber Pedro de Cie; 
de Leon eben ſo erzähle. Aber ſchon ehe fie 
h zutrug, kehrte der Ynka, nach vollendeter 
roberung dieſer Lander, nach Cusko zuruck 


| Seccſtes Kapitel. 
roberung des Reichs Quito, bey wel— 
cher ſich auch der Prinz Huaͤyna 
Capak befand. 

Nachdem der Ynka Capak Pupanqui das 

Vergnuͤgen des Friedens einige Jahre 
ig genoſſen hatte, beſchloß er das beruͤhm— 
Koͤnigreich Quito zu erobern. Die Grdf 
deſſelben war anſehnlich; denn es hatte 
| J 3 ſieben⸗ 


— 7 —————————— —N!JN ' oem x 


134 Fünftes Buch. 


ſiebenzig Meilen in die Länge und dreyßig in 
die Breite; und war eben ſo volkreich, ale 
fruchtbar. Er zog alſo ein Heer von vier: 
zigtauſend Mann zuſammen und nahm mi 
ſelbigem den Weg nach Tumipampa, wel 
ches an den Graͤnzen dieſes Reichs liegt 
Von hieraus foderte er den König von Qui 
to auf, ſich ihm zu unterwerfen, und fein 
Religion und Geſezze anzunehmen. Dieſe 
Fuͤrſt, welcher ſtolz und maͤchtig war, ant 
wortete ſo, wie man es vermuthen konnte 
Er ſagte zu den Abgeordneten: „Er fe 
ſelbſt ein unumſchraͤnkter Beherrſcher eine 


Königreichs, fo gut, als der Inka: Er be 


foͤhle ſeinen Unterthanen was ihm gut duͤnk 
te; er ſelbſt aber nahme von Niemanden Be 
fehle oder Geſezze an, und befaͤnde ſich übri 
gens bey den Göttern feiner Vorfahren fi 
wohl, daß er nie Andere zu verehren gefon 
nen ſey. Der Ynka verſchob den Ausbrud 
des Krieges noch eine Zeitlang, um zu ſehen 
was er durch Guͤte auszurichten vermögen! 
ſey; allein die Unterthanen des Koͤniges 
Quito wurden deſto uͤbermuͤthiger, je 1 
el 


Fuͤnftes Buch. 135 


er den feindlichen Angrif auf dieſelben ver⸗ 
zögerte. Es kam alſo zu verſchiedenen Ge⸗ | 
fechten und Treffen, in welchen von beyden N 
Seiten viel Volk blieb. Auf dieſe Art dau⸗ I 
rte der Krieg verſchiedene Jahre; woben 
doch der Ynka immer weiter in das feindli⸗ 
he Land eindrung. Da er indeſſen ſahe, daß 
ich die gaͤnzliche Eroberung dieſes Königs 
eichs in die Laͤnge ziehen würde, fo ließ er 
einen Erbprinzen Huaͤyna Capak, welcher . 
damals ſein zwanzigſtes Jahr zuruͤckgelegt | . . 
hatte, mit einer Verſtaͤrkung von zwoͤlftau⸗ N 
end Mann kommen, damit derſelbe, bey dieſer 
Gelegenheit, die Kriegskunſt lernen moͤchte. 
Der Name Huaͤyna Capak, welcher ei⸗ 
nen Mann anzeigt, der ſchon von feiner Ju— 
gend an reich an guten Eigenſchaften gewe⸗ 
en iſt, ward dieſem Prinzen gegeben, weil 
er ſich von Jugend auf außerordentlich gnaͤ⸗ 
dig gegen die Unterthanen ſeines Vaters be⸗ 
zeigt und Jedermann, auch dem a 
Be Gehör gegeben hatte. 25 
Sobald dieſer Prinz in Quito ingetomd | 
en wee uͤbertrug ihm der Pnka Tupak N | 
ie 34 Yupanz ie 


—— —̃ —̃——ͤ—ͤ — = 
% 


136. Sünftes Buch. | 


Yupanqui die Anführung der Armee. Der 
junge Prinz bemaͤchtigte ſich nach und nach 
des groͤßten Theils dieſes Koͤnigreichs, indem 
er zugleich dem Koͤnige deſſelben, und dem 
Volke von Zeit zu Zeit Frieden und Freund⸗ 
ſchaft anbot. Als der Ynka ſahe, daß die 
ſer Krieg von ſeinem Sohne ſo gluͤcklich ge— 
führe wurde; ging er nach Cusko zuruck, 
beſchaͤftigte ſich bloß mit der Regierung ſei— 
ner Laͤnder und überließ dem Huaͤyna Ca⸗ 
pak vollkommene Gewalt, dasjenige zu en⸗ 
den, was er ſo gluͤcklich angefangen hatte. 
Als er die Anfuͤhrung der Armee drey Jah⸗ 
re gehabt; und den Koͤnig von Quito im⸗ 
mer mehr in die Enge getrieben hatte, ſtarb 
dieſer endlich vor Verdruß, da er ſahe, daß 
er ſein Reich gegen die Macht der Ynkas 
nicht behaupten konnte. Das ganze Land uns 
terwarf ſich nunmehr dem Huaͤyna Capak, 
und dieſer empfing die Curakas, welche ſich 
an ihn ergaben, auf das freundlichſte, und 
beſchenkte ſie mit ſchoͤnen Kleidern und an⸗ 
dern koſtbaren Sachen; eben ſo gnaͤdig b 
zeigte e er ſich auch gegen die Geringern | | 


Fuͤnftes Buch. 137 


Volks. Um einen noch ſtaͤrkern Beweis zu 
geben „wie ſehr er dieſes Land, welches ſei⸗ 
ne erſte Eroberung war, liebte; ließ er hier 


inen Sonnentempel, und ein Hauß für ge 


veyhete Jungfrauen erbauen, und ſchmuͤckte 
te mit eben den Koſtbarkeiten aus, welche 
nan an andern Gebäuden dieſer Art ſahe. 
Er ließ auch Waſſerleitungen anlegen, und 
eranftaltete alles, wodurch der Reichthum 
ind die Fruchtbarkeit dieſes Landes vermehret 
berden konnte. Endlich ward die Zuneigung 
es Huaͤyna Capak zu dieſem Lande fo groß, 


aß fie ihn verleitete, zu deſſelben Vortheile 


Dinge zu thun, welche die Ynkas niemals 


ethan hatten, und welche Urſache an dem 
Zerfalle feines Reichs, und dem Untergan⸗ 
e des königlichen Stammes waren. Dieſes 


erden wir an feinem Orte erzählen, izt 


ollen wir ihm, bey feinen ir Erobe⸗ 


ge , re 


it Aus Quito rückte cp Cavak in 
ne Landſchaft, welche man Qulllazenka, 
it Naſe von Erz, nannte; weil fich die 
ER J Ein⸗ 


138 Fuͤnftes Buch. 


Einwohner derſelben den Knorpel, welche 
zwiſchen den beyden Naſenloͤchern iſt, zu 
durchbohren, und ein Stuͤckchen von irgend 
einem Metall, Gold, oder Silber, oder 
Kupfer hinein zu haͤngen pflegten. Dieſe 
Leute lebten in dem elendeſten Zuſtande; 10 
ne Religion, ohne Sitten und ohne Klei⸗ 
der. Sie waren ſo begierig Fleiſch zu eſſen, 
daß ſie ſogar kein todtes Aas liegen lieſſen; 
hierbey hielten fie fo wenig auf Reinlichkeit, 
daß fie hinwiederum vom Ungeziefer beynah 
aufgefreſſen wurden. Der Prinz unterwa 
ſich dieſe Leute ohne Schwierigkeit, und gin 
aus dieſer Provinz weiter in die — 
Paſto, welche von eben ſolchen Elenden ber 
wohnt war; nur daß dieſe Jenen in der Art 
ihrer Nahrung gar nicht glichen: Denn ſo 
wie Jene beynahe nichts als Fleiſch affen, fe 
genoſſen dieſe hingegen gar keines; und wenn 
fie von andern dazu genöthiget wurden, ſo 
ſagten ſie; Sie waͤren keine wilden Thiere. 
Beyden Voͤlkern gab der Prinz Leute, e 
fie unterrichten ſolten; anſtatt aller Abgaben 
aber, mußten ſie einen Tribut von dem 


Fünftes Buch. 139 


Ungeziefer, welches fie von ihrem Körper 
ablaſen, bringen. Die Provinz Otavallu, 
deren Einwohner mehr poliziert und kriege⸗ 
riſch waren, that zwar einigen Widerſtand, 
allein ſie mußte ſich ihm dennoch bald un⸗ 
terwerfen; eben fo ging es mit der Landſchaft 
eee ſehr wilde Einwohner hat⸗ 

Sie beteten Löwen, Tiger und groſſe 
Sagen an, und opferten dieſen Goͤzzen 
das Herz und das Blut ihrer Feinde „ das 
Fleiſch derſelben aber aſſen ſie ſelbſt. Huaͤy⸗ 
na Capak ſorgte für ihren Unterricht, und 
verbot ihnen Menſchen zu opfern, und ihr 
Fleiſch zu eſſen. Dieſes waren die lezten 
Eroberungen, welche die Ynkas an den Graͤn⸗ 
zen von Quito, auf dieſer Seite machten. 


Siebentes Kapitel. 

Die drey Vermaͤlungen des Huaͤyna Ca⸗ 
pak; Tod des Koͤniges ſeines Va⸗ 
lers, nebſt einigen denkwuͤrdigen 
Spruͤchen deſſelben. 

5 DYnka Tupak Pupanqui uberließ, wie All 

wir geſagt haben, die Fuͤhrung der | U 
Kriege | . 


Kriege gänzlich feinem Sohne, und beſchaͤf⸗ 
tigte ſich bloß mit den innern Angelegenhei⸗ 
ten ſeines Reichs, welches er aus Liebe zu 
ſeinen Unterthanen zu verſchiedenen Malen 
durchreiſete. Er ſezte auch den Bau des 
Schloſſes zu Cusko, welchen fein Vater an- 
gefangen hatte, fort. Dieſes war ein ſo 
ungeheuer groſſer Bau, daß er ohne Unter⸗ 


laß zwanzigtauſend Mann beſchaͤftigte. Je⸗ 


des Volk und jede Landſchaft mußte nach 
der Reihe Arbeiter dazu hergeben. Tupak 
Nupanqui ſchickte auch alle drey Jahre neue 
Statthalter in das Reich Chili, welche alle— 
zeit für die, ſich daſelbſt aufhaltenden, Inkas 
und für die Curakas des Landes eine Men⸗ 
ge Kleider mitnahmen, wogegen dieſe dem 
Vnka Gold, fchöne Federn und andere Sel⸗ 
tenheiten ihres Landes zurück ſchickten. 

Der Prinz Huaͤyna Capak kehrte nach 
der Eroberung des Königreichs Quito und 
der Landſchaften Quillaneika, Paſto, Ota⸗ 
vallu und Caranque nach Cusko zuruͤck, wo 
er mit groſſen Lobeserhebungen empfangen 
wurde. Er vermaͤlte ſich einige Zeit a 
nach 


Fuͤnftes Buch. | 141 


tach zum zweytenmale mit feiner zweyten 
Schweſter, Rava Oello, weil er mit ſeiner 
ilteſten Schweſter Pileu Huako keine Kin⸗ 
der zeugen konnte. Seine dritte rechtsvolle 
Vermaͤlung geſchahe mit Mama Runtu, 
her Tochter feines Onkels Auqui Amaru 
Tupak Pnka. Dieſe drey Weiber von dem 
Bebluͤte der Ynkas nahm er, weil er recht— 
naͤßige Prinzen, welche einſt Erben des 
throns ſeyn koͤnnten, zu erzeugen wuͤnſchte. 
Ich habe ſchon erwaͤhnt, daß der Tittel Au⸗ 
ui, welchen fein Onkel führte, bey den 
ynkas fo viel bedeute, als bey den Spani⸗ 
en Infant; Amaru aber nennet man in 
Peru die größte Art der Schlangen, im Lan⸗ 
e der Antis. Die Pnkas nahmen derglei⸗ 
hen Namen von Thieren und Pflanzen an, 
im dadurch zu verſtehen zu geben; Daß fie 
ich einen eben ſo groſſen Vorzug unter den 
Nenſchen zu erwerben ſuchten, wie dieſe Din⸗ 
e alle Andere in ihrer Art uͤbertraͤfen. 

Der König Tupak Ynka Pupanqui und 
ein ganzer Rath gaben den Befehl, daß die 
enden lezten Gemalinnen des Huaͤyna Ca⸗ 
. pat 


142 Fuͤnftes Buch. 


pak fuͤr eben ſo rechtmaͤßig als die Erſte, 
und auch mit dem Tittel Coya, oder Koͤni⸗ 
gin, beehret werden, die Soͤhne aber, welche 
mit ihnen wuͤrden erzeugt werden, des a 
nes faͤhig ſeyn ſolten. 

Huaͤyna Capak zeugte mit feiner en 
Gemalin, Rava Oello, den Ynka Inti 
Cuſi Huallpa mit dem Zunamen Huaskar, 
mit ſeiner dritten Gemalin aber den Man⸗ 
ko Puka. b f N 

Tupak Ynka Yupanqui merkte nunmehr 
daß ſein Ende heran nahe; Er ließ alſo nebſt 
ſeinem Erbprinzen, alle ſeine Kinder, deren 
er zweyhundert hatte, zu ſich kommen; und 
nachdem er ſie ermahnt, fuͤr das Beſte des 
Volks zu ſorgen, und ſich als wahre Kin⸗ 
der der Sonne zu zeigen, befahl er ſeine 
aͤlteſten Sohne, Huaͤyna Capak ausdruͤck— 
lich; die wilden Voͤlker zu dem Reiche der 
YVnkas zu bringen, und fie zu Anbetern de 
Sonne und zu geſitteten Menſchen zu m 
chen. Vornemlich aber trug er ihm auf, di 
Verraͤtherey der Huanka-Villas und ihr 
Nachbarn zu beſtrafen; welche die Hau 


Fuͤnftes Buch. 143 


eure und königlichen Diener, welche er ih⸗ 
ten, auf ihr Bitten zugeſchickt, auf eine fo 
zrauſame Art ermordet haͤtten. Er ſezte 
hinzu; wenn eine fo ſchwarze Undankbarkeit 
ingeftraft bliebe; fo konnte dieſes feine eige⸗ 
ien Unterthanen verleiten, einem ſo ſchaͤdli⸗ 
hen Beyſpiele zu folgen. Tupak Yupanqui 
chloß ſeine lezte Rede mit einer Ermahnung 
in feine Kinder, in Friede und Freundſchaft 


nit einander zu leben; worauf er nach weni⸗ 


zer Zeit verſchied. So ſtarb dieſer groffe Koͤ⸗ 


lig und hinterließ in den Herzen feiner Unter- 


hanen, ein immerwaͤhrendes Gedaͤchtnis ſei⸗ 
ier Gnade, Güte und der groſſen Vorthei⸗ 
e, welche er ſeinem Reiche verſchafft hatte. 
Sie gaben ihm daher nicht nur die Ehren⸗ 
ollen Tittel, welche feine Vorfahren von ih⸗ 


gen erhalten hatten; ſondern fie nennten ihn 


auch vorzüglich Tupak Haya; welches fo 
viel heiſſet, als der glaͤnzende Vater. Er 
hatte mit ſeiner Gemalin und Schweſter 
Mama Oello, außer ſeinem Erbprinzen, noch 
fünf Kinder maͤnnlichen Geſchlechts. Der 
Erſte von dieſen hieß Auqui Amaru Tupak 
„ Ynka; 


144 Fünftes Buch. 


YInka; der Zweyte Quehuar Tupak; det 
Dritte Huallpa Tupak Ynka Pupanqui; 
dieſer war der Urgroßvater des Verfaſſers 


| dieſer Geſchichte, von der muͤtterlichen Seite. 


Der Fuͤnfte wurde Auqui Mayta genennt. 
Ich muß noch einige merkwuͤrdige Ne: 
den anführen, welche der ehrwuͤrdige Pater 
Blas Valera von dem groſſen Tupak Ynka 
Hupanqui in feiner Geſchichte von Peru, 
welche in lateiniſcher Sprache geſchrieben war, 
aufgezeichnet hat; aus welchen man die daͤm⸗ 
mernde Erkenntniß dieſes Ynka ſiehet. 
Tupak Pupanqui pflegte zu ſagen: Man 
glaubt daß die Sonne lebendig und der Schoͤ⸗ 
pfer alles desjenigen ſey, was in der Welt 
hervorgebracht wird; allein mir duͤnkt, daß 
der, welcher Etwas macht, dabey gegenwaͤr⸗ 
tig ſeyn muß. Aber es entſtehen doch vie 
le Dinge, zu der Zeit, wenn die Sonne abs, 
weſend iſt; Sie macht alſo nicht alles. Man 
kann auch ſchlieſſen, daß ſie kein Leben hat, 
weil ſie niemals aufhoͤrt, ihren Lauf durch 
den Himmel fortzuſezzen, ohne jemals muͤde 
werden; da fie hingegen eben fo wie wir 
ermü⸗ 


Fuͤnftes Buch. 145 


emuͤden würde, wenn fie ein Leben haͤtte. 
geſaͤſſe fie ferner eine vollkommene Freyheit, 
wuͤrde fie auch die Gegenden des Him— 
els beſuchen, wo ſie niemals hinkoͤmmt. 
Nan kann ſie alſo einem Thiere vergleichen, 
elches angebunden iſt, welches beſtaͤndig in 
en demſelben Kreiſe herum laͤuft; oder mit 
nem Pfeile, welches nur den Strich durch— 
egt, in welchem es abgeſchoſſen wird; ohne 
ß es ihm möglich iſt, aus eigenem Vers 
oͤgen dahin zu gehen.“ Eben derſelbe 
chriftſteller berichtet, daß er dieſe Worte 
s Puka Roka oft habe pflegen zu wieder⸗ 
len, weil fie ihm für das Beſte des ge⸗ 
einen Weſens ſehr wichtig geſchienen haͤt— 
1: “Man muß die gemeinen Leute nicht 
den Dingen unterrichten, welche nur die 
deln lernen ſolten; ſolche hohe Wiſſenſchaf⸗ 
ı möchten ſonſt verurſachen, daß fie ſich 
bſt verkenneten, und Ungluͤck im Staate 
fingen: Solche Leute muͤſſen ſich darauf 
ſchraͤnken, die Kunſt ihrer Vaͤter zu ler⸗ 
n; denn es koͤmmt ihnen nicht zu, Andern 
befehlen; und ihnen die Regierung des 
u, Theil. K Staats 


835 Fünftes Buch. 


IH ' Staats anvertrauen, heißt dem gemeinen 
“ill Beſten ſchaden. Auch folgende Lebensre⸗ 
geln des Tupak Yupanqui hat uns der Par 

ter Blas Valera aufbehalten: „Geiz und 
Ehrgeiz koͤnnen fi fo wenig als andere Lei— 
3% denſchaften maͤßigen: der Geiz wendet das 
N | Herz des Menſchen vom gemeinen Beſten 

i ab und es ift die vornehmſte Eigenſchaft des 
Ehrgeizes, daß er den Verſtand des Stol— 
zen hindert, den guten Rath weiſer und tu— 

gendhafter Leute anzunehmen. 5 


Win Achtes Kapitel, ' 
A Huaͤyna Capak, zwölfter König aus 
dem Geſchlechte der Inkas laͤßt eine 

groſſe goldene Kette machen. 

Als Huaͤyna Capak Beherrſcher we 

weitläuftigen Reichs geworden war; wen 
dete er das erſte Jahr ſeiner Regierung auf 
die Trauer um ſeinen Vater und die Balfas 
mirung des Leichnams deſſelben. Er durch 
reiſete hierauf ſein ganzes Reich und ward 
allenthalben mit groſſen Freuden aufgenoms 

men. Wo er nur durchzog, kamen ihm di 


Cura⸗ 


Fuͤnftes Buch. 147 


urakas mit ihren Unterthanen entgegen, 
eſtreueten den Weg mit Blumen und rich⸗ 
ten ihm Triumphbogen auf: an allen En⸗ 
n erſchallte der Name Huaͤyna Capak. 
r hatte ſich auf dieſer Reiſe noch nicht weit 
'n Cusko entfernt, als er die Nachricht bez 
im, daß ihm ſeine zweyte Gemalin einen 
rbprinzen gebohren habe, welchen man in 
r Folge Huaskar Ynka nennte. Er hatte 
eſes ſo ſehr gewuͤnſcht, daß er alsbald wie⸗ 


r umkehrete, um bey dem Feſte zu ſeyn, 


elches bey ſolcher Gelegenheit gefeyert ward. 
ieſe Feyer dauerte zwanzig Tage: Der Koͤ⸗ 
g wendete hierauf alle feine Gedanken dar⸗ 
f, Etwas außerordentliches zur Ehre des⸗ 
nigen Tages zu erfinden, an welchem man 
nen Prinzen gewoͤhnen, ihm die erſten Haa⸗ 
abſchneiden und ihm einen Namen geben 
wde Um der Fenyerlichkeit dieſes Tages 
zen beſondern Glanz zu geben, ließ Huaͤy⸗ 
| Capak eine goldene Kette machen, wel⸗ 
fo ſtark, als die Fauſt eines Mannes, 
d dreyhundert und funfzig Schritte, oder 
benhundert Fuß lang war. Der Gebrauch, 
1 8 2 zu 


148 Fuͤnftes Buch. 


zu welchem dieſe Kette gemacht war, wan 


folgender: Eine jede Provinz in Peru hatte 
ihren beſondern Tanz, ſo wie ſich auch din 
Einwohner derſelben durch die Verſchieden 
heit ihrer Muͤzzen, oder Huͤte unterſchieden 
Nie ward in dieſen Taͤnzen die Muſik ver 
ändert, noch auch die Schritte, oder der Takt 
wie ſie es von ihren Vaͤtern gelernt hatten 
Von dieſen allen war der Tanz der Ynkat 
unterſchieden: dieſer war voller Ernſt unt 
Anſtand; Die Tänzer machten dabey weder 
Spruͤnge noch Kapriolen: Es waren auch 
keine Frauenzimmer dabey, ſondern es wur 
den nur Mannsperſonen dabey zugelaſſen 
ſie gaben dabey einander die Haͤnde und ſchie 
nen eine Kette zu machen. Zuweilen belie 
ſich die Anzahl der Tanzenden auf dreyhun 
dert Perſonen; nachdem nemlich das Feſt ſeh 
groß und feyerlich war. Aus Ehrerbietung 


gegen ihren Fuͤrſten, tanzten fie in eine 


ziemlichen Entfernung von ihm. Der Erſtz 
oder der Vortaͤnzer, welcher den Reihen führ 
te, ging nach dem Takte und nach mi 
folgten ihm auch die Andern; fo tanzten fi 

immer 


Fuͤnſtes Buch. 149 


mmer fort, bis fie mitten auf den Plaz ka⸗ 
nen, wo ſich der Ynka befand. Hierauf 
ang Einer nach dem Andern, und ihre Ge 
inge, welche mit dem Takte des Tanzes 


berein kamen, hatten den Ruhm des Ynka, 


der ſeiner Vorgaͤnger, oder auch anderer 
dringen aus dieſem Geſchlechte, und ihre 
roſſen Thaten zum Innhalte. An den vor⸗ 
ehmſten Feſten tanzte zuweilen der Koͤnig 
lbſt mit, um fie deſto feyerlicher zu machen. 
Dieſe Art von Reihentanze, brachte den 
nka Huaͤyna Capak auf die Gedanken; 
aß es majeſtaͤtiſcher und praͤchtiger anzuſe⸗ 
en ſeyn würde, wenn die Taͤnzer, anſtatt 
nander mit den Haͤnden anzufaſſen, eine 
dene Kette hielten; aus dieſer Urſache ließ 
bey Gelegenheit des Feſtes, da ſein erſter 
oh einen Namen bekam, dieſe berühmte 
ette machen. Sie erſtreckte ſich, nach 
m Zeugniß des Onkels meiner Mutter, 
sjenigen alten Ynka, von welchem ich im 
fange dieſer Geſchichte geſprochen habe, 
n einem Ende des groſſen Plazzes in Cus⸗ 
„bis zu dem Andern. Dieſer Plaz, wel— 


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150 Fuͤnftes Buch. 


cher zu ſolchen feſtlichen Aufzügen beſtimmt 
war, und von den Einwohnern Haußaypa⸗ 
ta genennt wurde, mochte ohngefehr zwey 
hundert Schritt, von Süden gegen Norder 
lang, und hundert und funfzig, von — 
gegen Weſten breit ſeyn. 

Sobald die Peruaner erfuhren, daß di 
Spanier in das Reich der Pnkas eingedrun 
gen waͤren, und ſich feindſeelig darinne be 
zeigten, verſteckten ſie dieſe koſtbare Kette 
nebſt vielen andern Schaͤzzen, und es iſt dei 
Spaniern niemals gelungen, ſie wieder 5 
finden. 

Der junge Prinz erhielt die Namen In 
ti Cuſi Huallpa und den Beynamen Huas 
Far. Dnti bedeutet die Sonne; Cuſi abe 
heiſſet muntere Zufriedenheit; den Beyname 
Huaskar gab man ihm, weil bey Geleger 
heit feines Feſtes, jene außerordentliche Ke 
te war verfertigt worden. Denn Huask 
heiſſet in der Sprache der pen eine Ke 
te oder ein Seil. 10 

Nachdem der Ynka Huaͤyna Capak de 
Befehl gegeben, dieſe Kette zu verfertigen 
und 


Fuͤnftes Buch. ‚151 4 


ind nachdem er alle Ceremonien zu dem Fe⸗ ö 
te der Entwehnung und Benennung feines 11 
Sohnes angeordnet, trat er ſeine Reiſe, zur | 
Beſichtigung feines Reichs wieder an, welche 
r in zwey Jahren endigte. Nach ſeiner Zu⸗ 
uͤckkunft zu Cusko, feyerte man dieſes dest 
nit aller Magen DAR, 


Neuntes Kapitel. N 


Die ne der zehn Thaͤler an der N | 
Kuüſte unterwerfen ſich dem Pnka frey⸗ ö 1 
willig, wie auch Tumpiz. N 


Din Jahr nach dieſer Feyerlichkeit, brachte 5 RL 
der Ynka ein Heer von vierzigtauſend If 

Mann zuſammen, und ging damit in das 

Königreich Quito. Auf dieſer Reife nahm 

r die aͤlteſte Tochter des verſtorbenen Koͤni⸗ 

es von Quito zur Gemalin vom zweyten 

Range, und zeugte mit ihr in der Folge den 

Atahuallpa nebſt einigen andern Prinzen. 

Von Quito ging der Ynka mit feiner Ar 

nee hinab in die niedrigen Gegenden an dern 919 

Seekuͤſte. Als er im Thale Chimu, wo fein Um | 

e der Ynka Yupanqui feinen Er 0 

K 4 oberun⸗ 


152 Fuͤnftes Buch. 


oberungen ein Ziel geſezt hatte, angekomme 
war; ſo ließ er die Einwohner der Thaͤl 
Chakma und Pakasmayu durch ſeine Be 
ſchafter auffodern. Dieſe hatten immer vi 
len Umgang mit den Unterthanen der Y. 


1 4 kas gehabt, und von ihnen erfahren, de 
| 3 ihre Regierung ſehr gerecht und gelint 
a } | ſey; fie gaben alfo zur Antwort; daß f 


ſchon lange gewuͤnſcht haͤtten, dem Ynka zi 
zugehoͤren, ſeinen Geſezzen zu gehorcher 
und ſeine Religion anzunehmen. Ihre 
Beyſpiele folgten die acht andern Thaͤlen 
welche zwiſchen Pakasmayn und Tump 
liegen: ihre Namen ſind, Ganna, Colqu 
Quintu, Tukmi, Sapanka, Mutupi, Pu 
chive und Sullana. Man brachte zwey Jahr 
damit zu, den Ackerbau in dieſen Provinze 
in gehoͤrige Ordnung zu bringen, und Wa 
ſerleitungen anzulegen, welche in ganz Pert 
ſehr noͤthig find, wenn man das Land fi 
gut als moͤglich iſt nuzzen will. Der Ynke 
war indeſſen genoͤthiget, feine Armee drey 
mal mit friſchen Truppen zu ergaͤnzen; ol 
er gleich feine Soldaten an die geſundeſter 
Oerter 


Fuͤnftes Buch. 153 


Oerter verlegt hatte. Day die Luft dieſer 
niedrigen Gegenden u den Fremden ſehr 
unguͤnſtig. 

Sobald der Pnka die Thaͤler an dieſer 
Kuͤſte erobert hatte, begab er ſich nach Qui⸗ 
0 wo er ſich ſehr gnaͤdig gegen alle Ein⸗ 
wohner des Landes bezeigte, und die Stadt 
und das Land mit vielen ſchoͤnen Gebaͤuden 


ierte. Zwey Jahre brachte er mit dieſen 


Beſchaͤftigungen zu, worauf er funfzigtauſend 
Mann zuſammen zog, und mit dieſer Macht 
aͤngſt der Kuͤſte, bis in das Thal Sullana 
zing. Dieſer Ort iſt nahe bey Tumpiz. 
Die Einwohner des Thales Tumpiz, welche 
ehr zahlreich und mächtig waren, lebten un: 
jemein wolluͤſtig. Ihre Curakas hatten ge 
voͤhnlich Poſſenreiſſer, Hofnarren, Taͤnzer 
ind Muſikanten um ſich herum, und auch 
ie Gemeinen dachten auf nichts, als ſich 
uſtig zu machen. Sie trugen eine Art eckig⸗ 
er Muͤzzen auf dem Kopfe, welche ſie Pil⸗ 
E nennten, beteten Tiger und Löwen an, 

opferten ihnen Menſchen. Die Cura⸗ 
E wurden eben fo ſehr von ihren Unter⸗ 
* 8 15 5 thanen 


154 Fuͤnftes Buch. 


thanen geehrt, als von ihren Nachbarn ger 
fuͤrchtet; demungeachtet hatten ſie nicht Muth 
genug, als fie vom Puka aufgefodert wur 
den, ihm zu widerſtehen; weil ſie ſich vor 
ſeiner groſſen Macht allzuſehr fuͤrchteten. Sie 
4 | | antworteten ihm alſo, daß fie keinen andern 

Willen hätten, als den, ihm zu gehorchen, 

5 ) und ihn für ihren Herrn zu erkennen. Die 
Einwohner der andern Thaler an der Küfte, 
wie auch die Chuvana Ciniu, die Callonche 
und die Jaqual, gaben dem Ynka eben die 
ſe Antwort. 


Zehntes Kapitel. 
Beſtrafung derer, welche uͤberzeugt wurden, 
daß fie die Diener des Inka Tu⸗ 
pak hupanqui ermordet hatten. 
Der YVnka Hudyna Capak verſchoͤnerte bie 
Provinz Tumpiz durch viele ſchoͤne Ge 

10 bäude, unter welchen ein veſtes Schloß, 
. ein Tempel der Sonne, und ein Hauß fin 
1 geweyhete Jungfrauen die vornehmſten wa 
ren. Nunmehr ruͤckte er mit ſeinem Hee 
in diejenigen Laͤnder ein, deren Einwohn r 
1 


* 


„ 
P - 


Fuͤnftes Buch. 155 


ie Treuloſigkeit an den Hauptleuten, Leh⸗ 
ern und Dienern, welche ihnen der Ynka 


Tupak Pupanqui, zugeſchickt, begangen und 


ie ermordet hatten. Dieſe Ungluͤcklichen ge⸗ 
iethen in das groͤßte Schrecken, als ſie die 
Ankunft des Ynka vernahmen, und aufge 
odert wurden vor ihm zu erſcheinen, um von 
hrer boͤſen That Rechenſchaft zu geben. In 
ich ſelbſt von ihrer Undankbarkeit und Un⸗ 
reue uͤberzeugt und ſich bewußt, daß fie viel 
u ſchwach waͤren, dem Ynka zu widerſte⸗ 
)en, nahmen fie zu den demuͤthigſten Bit⸗ 
en und der ee des Ynka ihre 
ee 

4. Hieruuf ließ der Ynka alle e Curakas, 
ie Haͤupter ihres Raths, alle ihre Haupt⸗ 
eute, und diejenigen, welche die Geſandſchaft 
in feinen Vater verrichtet hatten, zuſam⸗ 
nen fodern. Alsdann hielt Einer ſeiner Un⸗ 
. auf ſeinen Befehl, eine Rede 
m fie, und ſagte ihnen; daß fie die undank⸗ 


jarften und treuloſeſten Leute von der Welt 


vaͤren; man koͤnne ſich in der That keine 
röſſere Untreue vorſtellen, als die, welche 
Ne ſie 


156 Fuͤnftes Buch. 


fie begangen hätten; denn anſtatt den Ynke 
und feine Diener, die er zu ihrem Beſten zi 
Ihnen geſchickt, anzubeten, haͤtten fie die 
Grauſamkeit begangen, ſie zu ermorden, wo 
durch fie zugleich gegen den Ynka die groß: 
te Verachtung bezeigt haͤtten: Dieſes ſey eit 
fo ſchwarzes Verbrechen, daß es nach dei 
Strenge nicht anders, als durch die Ausrot 
tung des ganzen Volks, bey welchem et 
waͤre begangen worden, gebuͤſſet werden könn 
te. Allein die Gnade des Inka Huaäyne 
Capak, welcher ſich einen Ruhm daraus 
machte, den Tittel, eines Freundes der Ar 
men mit Recht zu führen, braͤchte ihn da 
hin, ihnen allen in ſo ferne zu verzeihen, daß 
er nur den Zehnten Mann, welcher durch 
das Looß dazu wuͤrde beſtimmt werden, am 
Leben ſtrafen ließ. Der Ynka verfuhr alſe 
gegen ſie, damit man ihm nicht nachſagen 
möchte, er habe nur die, welche er gehaſſet, 
ſeiner Rache aufgeopfert. Auf der andern 
Se ite gab er den Befehl, daß in der Pro; 
vinz Huankavillka, wo man zuerſt die Ge 
ſandſchaft an den Pnka und auch die 5 


dung 


Fünftes Buch. 157 


ung ſeiner Diener auf die Bahn gebracht, 
en Curakas und den Edelſten des Volks, 
ie vier vorderſten Zaͤhne ausgeriſſen werden 
aten: dieſes ſolte auch allen ihren Nach⸗ 
omen, zum immerwaͤhrenden Zeichen ihrer 
reuloſigkeit wiederfahren; deren fie ſich ges 
en den Pnka Tupak Yupanqui ſchuldig 
emacht. 

Die Einwöhner dieſer Laͤnder, welchen 
ekannt war, daß die Untreue der Unter⸗ 
Janen gegen ihren Koͤnig dasjenige Ver⸗ 
rechen fen, welches die Ynkas unter allen 
m haͤrteſten zu beſtrafen pflegten, und ge⸗ 
irchtet hatten, daß ſie insgeſamt wuͤrden 
erben muͤſſen; achteten ſich höchſt glücklich, 
aß es ihnen nicht ſchlimmer ergangen war. 
deine aber erduldeten ihre Strafe mit einer 
illigern Unterwerfung, als die Einwohner 
on Huankavillka. Als ſie ſahen, daß nur 
er zehnte Mann zum Tode verdammt war, 
nd daß nur die Curakas und Edeln die 
er vorderſten Zähne verlieren ſolten, hielten 
e dieſes fuͤr eine ſo groſſe Gnade, daß ſie 
0 insgeſamt, Maͤnner, Weiber und Kin⸗ 

\ der, 


158 Fuͤnftes Buch. 


der, freywillig derſelbigen Strafe unterwar⸗ 
fen; und ſeit der Zeit haben ſie auch allezeit 
dieſes Zeichen an ſich getragen: Außerdem 
durchſtachen fie ſich auch den Knorpel zwi— 
ſchen den beyden Naſenloͤchern, um ein klein 
Kleinod darinne zu tragen. 


Eilftes Kapitel. 

Der Ynka thut eine Reiſe durch fein Reich; 

befragt die Orakel und erobert die 
Inſel Puna. 

Der Ynka Huaͤyna Capak legte in Se 

Provinzen die noͤthigen Beſazzunger 

und begab ſich hierauf in das Reich N 

wozu er immer eine vorzuͤgliche Neigung 

hatte. Er wendete ſich hierauf gegen Mit⸗ 


tag, und beſuchte alle Provinzen feines weiß 


laͤuftigen Reichs: Er ſezte ſeine Reiſe fort, 
bis in die Landſchaft Charkas, welche ſieben— 
hundert Meilen von Cusko entfernet iſt 
Er ſchickte auch Abgeordnete in das Rei 
Chili, aus welchem ſein Vater und Er vie 
les Gold erhalten hatten, und ließ unterſt 
chen, ob daſelbſt alles in gehoͤriger Ordnun 
ſe 


8 


Fünftes Buch, 159 


h. Er endigte dieſe Reiſe durch feine Säne 
er in vier Jahren, worauf er die folgenden 
wey in Cusko zubrachte. Nach Verlauf 
ieſer Zeit zog er in den Provinzen von 


hinkaſuyu funfzigtauſend Mann zuſammen, 


elchen er an den Graͤnzen von Tumpiz ih⸗ 
n Sammelplaz anwies. Er ſelbſt durchs 
iſete indeſſen die niedrigen Gegenden an der 
üfte, wo er alle Sonnentempel, welche in 
en vorzuͤglichſten Städten erbauet waren, 
fuchte. Er begab ſich auch in den reichen 
empel des Pachakamak, welchen die Pe⸗ 
janer unter dem Namen des unbekannten 
zottes verehrten. Hier ließ er das Ora⸗ 
U wegen dem Erfolge feines Feldzuges bes 
agen. Die Priefter brachten ihm die Ant⸗ 
ort zuruck; Er möge ſich mit feinen Waf⸗ 
n wenden, in welches Land er wolle; es 
uͤrde fie allezeit ein gluͤcklicher Erfolg be⸗ 
leiten, und er ſey beſtimmt, Herr von den 
er Theilen der Welt zu werden. Nach eis 
em ſo guͤnſtigen Ausſpruche, ging er in 
as Thal Rimak, wo ſich der berühmte Goͤz⸗ 
befand, welchen man die redende Bildſaͤu⸗ 
le 


160 Fuͤnftes Buch. 


le nennte. Von dieſem erhielt er einen eben 
fo vortheilhaften Ausſpruch, voller ſchmei— 
chelhafter Verſicherungen; worauf er ſeine 
Reiſe durch die Thaͤler an der Seekuͤſte fort— 
ſezte und in Tumpiz ankam. Von hieraus 
ſchickte er Abgeordnete in die Inſel Puna, 
um ſelbige aufzufodern, ſeine Herrſchaft zu 
erkennen. 

Dieſe Inſel liegt nicht weit vom veſten 
Lande, und iſt ſehr fruchtbar. Sie hat ohn, 
gefehr zwoͤlf Meilen im Umfange, und der 
ſtolze Curaka Tumpalla herrſchete darinne 
unumſchraͤnkt. Seine Vorfahren hatten nie 
einen Oberherrn erkannt, und er war ſo weil 
davon entfernt dieſes zu thun, daß er viel— 


mehr verlangte, die benachtbarten Völker 


auf dem veſten Lande ſolten ihm gehorchen. 
Die Götter dieſes Landes waren das Meer, 
die groſſen Fiſche darinne, und die wilde— 


ſten Thiere dieſer Gegend: die Opfer, welche 


man ihnen brachte, waren das Herz, und 
das Blut der Gefangenen, welche ſie i 
Kriege machten. Die ungemeine Fruchtbar 
keit des Landes machte, daß ſich der Euraf 
un 


Fuͤnftes Buch. 161 


ind ſeine Unterthanen der rt und allen | 
aftern uͤberlieſſen. | | (| 
Taumpalla erſchrack von ganzem En ; | 
ber die Botſchaft „ welche man ihm im Nas 
ten des Ynka brachte. Er ließ die Vor⸗ 
ehmſten ſeiner Inſel zuſammen berufen, und 
elt, wie man mir erzähle hat, eine Rede 
gendes Innhalts an fie: 

„Meine Freunde, Ihr ſehet nunmehr 
e Tyranney der Fremden vor unſerer Thuͤr; 
drohen uns, unſere Güter und unſer Le⸗ 
n zu nehmen, wenn wir uns weigern, ihr 
och zu tragen. Nehmen wir aber dieſe 
gerechten Beherrſcher zu unſern Herren an, 
muͤſſen wir unſerer alten Freyheit entſa⸗ 
n, und die Herrſchaft aufgeben, welche 
fere Voreltern fo lange behauplet haben. 
tellet Euch, ich bitte Euch, unſern Zu⸗ 
nd vor, in welchem wir uns befinden wer⸗ 
n; wenn veſte Schlöffer und Thuͤrme, in 
lchen man, auf unſere Unkoſten, Beſaz⸗ 
ngen haͤlt, uns die Ketten der Knechtſchaft 
legen werden; wenn unſere Treue beſtaͤn⸗ 
verdaͤchtig ſeyn, und es uns doch unmoͤg⸗ 
II. Theil. N. lich 


lich werden wird, uns in Freyheit zu ſezzen. 
Unſere Feinde werden es in ihrer Gewalt 
haben, uns den beſten Theil unſerer Guͤter, 
ja ſogar unfere Weiber und Töchter zu neh— 
men; ihre Schönheit wird ihr Verderben be; 
fordern. Was uns aber am empfindlichſten 
ſeyn muß, das wird dieſes ſeyn: Man wirt 
uns zwingen, unfere Gebräuche und Gewohn 
heiten fahren zu laſſen, und wird uns neu 
Geſezze vorſchreiben; wir werden nicht ein 
mal unſere Goͤtter behalten, ſondern fremde 
Goͤtter anbeten muͤſſen; mit einem Worte, 
wir werden in eine ewige Knechtſchaft fal 
len; ein Leben, welches ich fuͤr hundertma 
ſchlimmer als den Tod halte. Dieſer wie 


derfaͤhrt dem Menſchen nur einmal; von Je 


nem aber ſiehet man das Ende nicht ab 
Stellet Euch dieſes alles vor Augen, und er 
waͤget ſorgfaͤltig, was zu thun ſey; und dam 
ſagt mir frey Eure Meinung, was Ihr fi 
das Beſte haltet. 9 

Dieſe Inſulaner, voller Verzweiflung 
daß ſie es mit ihrem maͤchtigen Feinde nich 
aufnehmen konnten, vergoſſen Thraͤnen bey die 


Fünftes Buch. 163 


er Vorſtellung. Da ſie ſich nun außer Stand 
ahen, fü ch ſelbſt zu vertheidigen, und von 
ußen keinen Beyſtand zu gewarten hatten; 
5 bielten ſie es fuͤr das Beſte, ſich der Liſt 
u bedienen, und unter zwey Uibeln das 
hlimmſte zu vermeiden. Es ward alſo bes 
hloſſen; dem Pnka einen verſtellten Ge 
orſam zu leiſten, und alsdann eine guͤnſti⸗ 
e Gelegenheit zur Abſchuͤttelung des Jochs 
I erwarten. Der Curaka Tumpalla ließ 
erauf die Abgeordneten des Ynka wieder 
'r ſich kommen, und ertheilte ihnen nicht 
ir eine Antwort, in welcher er viel Hochs 
htung und Unterwerfung zeigte; ſondern 
ſchickte auch ſelbſt Abgeſandte, mit vie⸗ 
n Geſchenken, an den Ynka, und befahl 
nen ausdruͤcklich ihm alle Ehrenbezeigungen 
erweiſen, die er nur verlangen wuͤrde, 
id ihn unterthaͤnig zu bitten, feine neuen 
nterthanen mit feiner koͤniglichen Gegen⸗ 
rt zu beehren; dieſes wuͤrde die groͤßte 
nade ſeyn, die ſie ſich jemals Machen 
irden. 


3 ‘a Der 


164 Fuͤnftes Buch. 


Der Ynka, ſehr zufrieden mit dieſem 
Betragen des Curaka Tumpalla, ſchickte 
Leute ab, um von dieſer Inſel Beſtz zu neb: 
men, und richtete alles ſo gut, als möglich 
dazu ein, daß feine Armee auf felbiger ein, 
rücken koͤnne; wiewohl dieſes nicht mit dei 


Pracht geſchahe, wie Tumpalla und die Sei 


nigen es wuͤnſchten. Der Ynka begab fid 
hierauf ebenfalls dahin, und ward mit groſſet 
Feyerlichkeiten, welche von Taͤnzen und Ge 
fängen begleitet wurden, empfangen. Di 
Lezten waren ausdrücklich zum Lobe des grof 
fen Huaͤyna Capak verfertigt. Sie gabe 
ihm einen Pallaſt zur Wohnung ein, wel 


cher ſeit kurzem erſt erbaut war; wenigften 


waren die, für ſeine Perſon beſtimmten Zim 
mer ganz neue; weil fie glaubten, daß e 
wider den Wohlſtand ſey, wenn ein Koͤni 
in einem Hauſe wohnte, welches ein Andere 
ſchon beſeſſen haͤtte. Huaͤyna Capak lie 
es ſeine erſte Sorge ſeyn, die Landesre 
rung nach feinen eigenen Geſezzen einzuri 
ten. Er befahl ferner dieſen Inſulanern 
ihren falſchen Goͤzzen nicht mehr zu 7 
kei 


ö 
, 
El 


Fuͤnſtes Buch. 165 


Peine Menſchen mehr zu opfern, noch ſich 
mit ihrem Fleiſche zu naͤhren, die Sonne 
anzubeten, und als vernuͤnftige Menſchen 
tach den Regeln der Billigkeit zu leben. 
Der Schluß von dieſem allen war, daß er 
hnen, als Sohn der Sonne und Geſezge— 
er des größten Reichs, alles dieſes bey Tv 
esſtrafe, im Falle des Ungehorſams, gebot. 
Tumpalla und ſeine Unterthanen unterwar⸗ 
en ſich dieſen Befehlen, und verſprachen 
en genaueſten Gehorſam gegen den Willen 
es Ynka. 55 

Einige Zeit darnach fanden die Vorneh⸗ 
nen dieſer Inſel, daß dieſe Geſezze ſehr 
trenge, und den alten Gewohnheiten ihres 
Bolks, gänzlich zuwider wären; nach wel 
hen ſie ſich alle Vergnuͤgungen des Lebens 
rlaubten. Die neue Regierung, die ihnen 
en Genuß derſelben verbot, konnte ihnen 
lſo nicht anders, als unertraͤglich ſeyn. 
Sie beſchloſſen demnach, ſobald ſich ihnen eis 
e Gelegenheit zeigen wuͤrde, den Ynka mit 
inem ganzen Gefolge zu toͤdten. Ehe fie 
ber zu dieſer boshaften That ſchritten, hiel⸗ 
Nane L 3 ten 


166 Fuͤnftes Buch. 


ten fie es für noͤthig, ihre Götter zu fragen, 
um zu erfahren, ob der Erfolg mit ihrer 
Erwartung uͤbereinkommen wuͤrde; und weil 
ſie ſie zeither verlaſſen hatten; ſo thaten ſie 
alles, um bey ihnen wieder in Gnade zu 
kommen. Sie ſezten ihre Bildſaͤulen an die 
ehrenvolleſten Oerter, brachten ihnen viele 
Opfer und uͤberhaͤuften ſie mit den ſchoͤnſten 
Verſprechen; wiewohl alles insgeheim. End⸗ 
lich erhielten ſie die Antwort; ſie ſolten nur 
bey ihrem Vorhaben verharren; ſie wuͤrden 
es zu Stande bringen, und die Goͤtter ih— 
res Landes würden ihnen guͤnſtig ſeyn. Die 
fe Antwort feuerte den Muth dieſer Barba— 
ren ſo an, daß ſie entſchloſſen waren, ihre 
Unternehmung alsbald auszufuͤhren; und 
man weiß nicht, ob es ihnen nicht gelungen 
waͤre, wenn ſie von ihren Zauberern und 
Wahrſagern nicht unter dem Vorwande waͤ— 
ren abgehalten worden; daß man eine beſſe . 


re Gelegenheit abwarten muͤſſe, bey welcher 


weniger Gefahr zu beſorgen ſtuͤnde; Dieſes 
ſey der Rath, W ihnen ihre Goͤtter 30 f 
ben. ur 


Zwölf 


Fünftes Buch. 167 


0 qoͤlftes Kapitel. 
Die Einwohner der Inſel Puna bringen 
5 die Hauptleute des Hnka ums 
Leben. 
er Ynka Huaͤyng Capak war während 
dieſer Zeit damit beſchaͤftiget, dieſes 
Volk zu einer ordentlichen Lebensart und zu 
juten Sitten zu gewöhnen. Er beſchloß 
uch einige Hauptleute aus dem Geſchlechte 
er Inkas nach demjenigen Theile des ve 
ten Landes zu ſchicken, welcher dem Beherr⸗ 
cher dieſer Inſel unterworfen war; um auch 


ieſes Volk in der Religion der Ynkas und 


hren Geſezzen und Gebraͤuchen zu unfers 
ichten. Er befahl dieſen Offizieren, Trup⸗ 
en mit ſich zu nehmen, fie in Beſazzungen 
u legen, und ſich ihrer im Fall der Noth 
u bedienen. Die Einwohner der Inſel ver⸗ 
drachen, Fahrzeuge herbey zu ſchaffen, und 
iefe Truppen, bis an die Mündung eines 
ewiſſen Fluſſes zu bringen, wo fie anlaͤnden 
olten. Nachdem der Pnka dieſe Befehle ge 


jeben hatte, ging er wieder nach Tumpiz zus 


üͤck, um daſelbſt einige wichtige Sachen in 
2 4. Ord⸗ 


168 Fuͤnftes Buch. 


Ordnung zu bringen, welche die Regierung 
dieſes Volks betrafen. Man muß in 
That geſtehen, daß ſich dieſe Fuͤrſten via 
Wohlfahrt ihrer Unterthanen ſo angelegen 
ſeyn lieſſen, daß dieſe ihnen mit Recht den 
Tittel Freunde und Wohlthaͤter der Armer 
gaben; Der ehrwürdige Pater Blas Valera 
nennet fie gute Hausvaͤter und Vormuͤndei 
der Mündel. | | i 
Sobald der König die Inſel verlaſſer 
hatte, machten ſeine Hauptleute Anſtalten, 
ſich an den Ort zu begeben, wohin ſie zu ge⸗ 
hen Befehl hatten. Sie lieſſen demnach 
Fahrzeuge herbeykommen, um uͤber den Arm 
der See hinuͤber zu gehen, welcher das vefte 
Land von der Inſel trennte. Dieſe Gelegen⸗ 
heit ſchien den Curakas zu gut, als daß fie 
dieſelbe ungenuzt ſolten vorbey gehen laſſa 
Um ihren Zweck deſto beffer zu erreichen, bez 
ſchloſſen ſie nur ſo viele Fahrzeuge herzuge— 
ben, als zur Uiberſchiffung der Haͤlfte der 
Truppen zureichend waren. Man ſchiffte alſo 
nur einen Theil der Soldaten und Haupt— 
leute ein, aber es waren lauter auserleſene 


Fünftes Buch. 169 


und im Kriegsweſen ſehr erfahrne Leute. Sie 


waren auch als Pnkas ungemein koſtbar ges 
kleidet und bewaffnet. Sobald man das 
Ufer aus dem Geſichte verloren hatte, uͤber⸗ 
fielen die Barbaren die Pnkas auf einmal 
und warfen ſie in das Meer; es war Jenen 
leicht das zu thun, weil ſich dieſe gar nichts 


Böſes vermutheten. Die Ynukas ſuchten ihr | 


Leben durch das Schwimmen zu retten, al⸗ 
lein die grauſamen Inſulaner lieſſen fie nicht 
dazu kommen, ſondern toͤdteten fie entweder 
mit ihren eigenen Waffen, oder ſchlugen ſie 
mit den Rudern todt; ſo daß kein einziger 
von ihnen dieſem Mordſpiele entging. Als 
fie dieſen Sieg erhalten und ſi ich mit der 
Beute der Erſchlagenen bereichert hatten, er: 
hoben ſie ein groſſes Freudengeſchrey, und 
chmeichelten ſich mit der Hoffnung, fi ſie wuͤr⸗ 
den das Joch des Huaͤyna Capak abwerfen 
oͤnnen: Sie kehrten nach der Inſel zuruͤck 
um die andern Hauptleute und Soldaten ein⸗ 
zunehmen; dieſe, welche von dem Schickſale 
hrer Mitbruͤder nichts argwohnten, ſtiegen 
Pr Furcht in die Fahrzeuge und erlitten 
85 gar 


170 Fuͤnftes Buch. 


gar bald eben dieſelbe Begegnung. Auf die⸗ 
ſen gluͤcklichen Erfolg trugen dieſe Barbaren 
kein Bedenken mehr, alle Statthalter, Rich⸗ 
ter und Einnehmer der Einkünfte des Koͤni⸗ 
ges und des Sonnentempels, welche der Is 
ka geſezt hatte niederzumachen. Auch hier⸗ 
bey ließ es ihre Wuth nicht bewenden: Sie 
hieben dieſen Schlachtopfern die Koͤpfe ab, 
ſteckten ſie auf Pfaͤhlen vor ihre Tempel, 
und opferten ihre Herzen und ihr Blut den 
Goͤzzen; um das Verſprechen zu erfüllen, 
welches ſie ihnen gleich zu einfanen des . 
ruhrs Be hatten. I 


Dreyzehntes Kapitel. ö 
Beſtrafung der Aufruͤhrer. 

Der Ynka Huaͤyna Capak hatte kaum 
erfahren, was vorgegangen war, als 

er einen toͤdtlichen Verdruß Darüber empfand. 
Der Verluſt ſo vieler Perſonen, die zum 
Theil mit ihm verwandt, insgeſamt aber im 
Kriegsweſen, und in der Staatskunſt ſehr 
erfahren waren, mußte ihm nothwendig ſehr 
nahe gehen. Er legte Trauerkleider an, wel⸗ 


che 


Fuͤnftes Buch. 171 


che nach der Gewohnheit der alten Könige 
ſeiner Vorfahren eine Mauſefahle Farbe ha⸗ 
ben; er brachte eine ziemliche Zeit mit Kla⸗ 
gen und Seufzen zu, und beſchloß endlich 
an dieſen meineidigen Aufruͤhrern eine grau⸗ 


ſame Rache auszuuͤben. Er zog zu dem 


Ende eine groſſe Armee zuſammen, und über: 


fiel die Provinzen auf dem veſten Lande plöͤz⸗ 


lich. Dieſe hatten weder die Klugheit ge— 
habt, ſich in Bereitſchaft zu ſezzen, noch 
auch izt Macht und Muth genug, ſich zu 
wehren; ſie wurden t in kurzer Zeit 1 
waͤltigt. 0 


Er ging hierauf unter Seegel, um die 


Inſulaner anzugreifen; ihr Widerſtand war 
ſo ſchwach, daß fie ſich gar bald genoͤthigt 
ſahen, die Waffen niederzulegen. Der Pnka 
ließ alsbald die vornehmſten Urheber des 
Aufſtandes, die Hauptleute „ und die verwe⸗ 
genſten Soldaten, welche ſich bey der Er: 
mordung ſeiner Leute befunden hatten, ge⸗ 
fangen nehmen. Hierauf mußte Einer von 
feinen Unterfeldherren eine Rede an fie hal⸗ 
ten, und ihnen ihre Verraͤtherey und Grau⸗ 
ein}: ſamkeit 


172 Fuͤnftes Buch. 


ſamkeit gegen die, welche ſie unterrichten, und 
ihnen Gutes hätten thun ſollen, vorſtellen. 
Er ſezte hinzu, daß die Gröffe ihres Ver 
brechens, und die Gerechtigkeit es nicht zus 
lieſſe, ihnen Gnade wiederfahren zu laſſen; 
Der Puka ſey alſo gezwungen, fie insge⸗ 
ſamt zum Tode zu verdammen. Der Ur 
theilsſpruch wurde augenblicklich vollzogen, 
und die Verbrecher mußten eben die Arten 
des Todes ausſtehen, welche ſie den Dienern 
des Huaͤyng Capak angethan hatten. Ei⸗ 
nige wurden gehangen; Einige mit ihren ei 
genen Waffen getoͤdtet; Einige geviertheilt 
und Einigen wurden die Koͤpfe abgeſchlagen: 
Viele wurden auch in das Meer geworfen, 
und verſchiedene wurden geſpießt; weil ſie 
die Köpfe der Ynkas auf Pfaͤhle geſteckt 
hatten. Der ſpaniſche Geſchichtſchreiber Pe 
dro de Cieka de Leon redet im fünf und drey⸗ 
ßigſten Kapitel ſeines Buchs, von dieſer groß 
fen und öffentlichen Beſtrafung des Volke 
auf der Inſel Puna faſt eben fo, und feg 
hinzu; daß Huaͤynga Capak, um dieſe Stra 
fen den Voͤlkern deſto ſchrecklicher zu machen, 

g befoh⸗ 


\ 


Fünftes Buch. 173 


zefohlen habe; daß feine Unterthanen dieſe 
Begebenheit mit in die offentlichen Trauerge⸗ 
aͤnge ſezzen ſolten, welche man bey allge 
neinen Ungluͤcksfaͤllen abzuſingen pflegte: Er 
bezeugt auch daß man dieſe Lieder noch zu 
einer Zeit geſungen habe. an 


f Vierzehntes Kapitel. | 
Aufruhr der Chachapuyas und Groß⸗ 
muth des Huaͤyng Capaks. 

Als der Ynka Huaͤyna Capak nach Cusko 

zuruͤckkehrte, fanden ſich viele Curakas, 
don Landſchaften auf dieſer Kuͤſte, die erſt 
dor kurzem waren bezwungen worden, wel⸗ 
che ihm entgegen kamen, und ihm Geſchen⸗ 
de an ſolchen Dingen, die in ihrem Lande 
am beſten und ſeltenſten waren, darbrachten. 
Unter Andern brachten fie ihm einen dowen 
und einen Tiger, welche dem Ynka ſo ſchoͤn 
vorkamen, daß er ihnen befahl, fie mie groß 
ſer Sorgfalt aufzubehalten. Huaͤyna Ca⸗ 
pak verließ Tumpiz, nachdem er alle noͤthi⸗ 
gen Anordnungen gemacht hatte, und ging 
bis in die Landſchaft der Chichas; von hier⸗ 
. aus 


174 Fuͤnftes Buch. 


aus ſendete er Bevollmaͤchtigte in die Königrei⸗ 
che Tukma und Chili, um zu erfahren, o 
auch hier alles ruhig und gluͤcklich fey. Er ga ö 
ihnen eine groſſe Menge der beſten Kleider 
mit, wie er ſelbſt zu tragen pflegte, um da⸗ 
mit den Statthaltern, den Hauptleuten, = 
Curakas und andern hohen koͤniglichen Bez 
dienten Geſchenke zu machen, damit I deſto 
willkommener waͤren. N 

Als er nach Cusko zurückgekehrt war, 
beſahe er das veſte Schloß daſelbſt, welches 
beynahe fertig war: Er legte ſelbſt bey ge⸗ 
wiſſen Dingen Hand an das Werk, um die 
Arbeiter deſtomehr aufzumuntern. Vier Jah⸗ 
re hatte er mit dieſen friedlichen Geſchaͤften 
zugebracht, als er eine friſche Armee zuſam⸗ 
men zog, um damit die Landſchaften, welch 
uber Tumpiz gegen Norden hinauf liegen, 
zu erobern. Allein kaum war er in das 
Land der Canarinen gekommen, als er die 
Nachricht bekam, daß die Einwohner der 
groſſen Landſchaft Chachapuya einen Auf 
ſtand gemacht hätten. Ihr kriegeriſcher Geiſt, 
die vortheilhafte Sage ihres Landes und der 
Felb⸗ 


Fuͤnftes Buch. 175 


Feldzug, womit fie den PYnka beſchaͤftiget 
ſahen, hatte ihnen dieſe Kuͤhnheit eingege⸗ 
ben. Sie hatten die Statthalter, die Haupt⸗ 
leute und die Solbaten des Ynka groͤßten⸗ 
theils getoͤdtet, die Andern aber zu Gefange⸗ 


nen gemacht, und molten fie zu Sklaven 


behalten. Der Ynka ward uͤber dieſe Nach⸗ 
richt ſehr betruͤbt, und ſchickte an alle Orten 
Befehle, daß ſeine Soldaten nicht nach den 
beſtimmten Sammelplazze ſondern nach den 


Graͤnzen der Chachapuyas marſchieren ſol⸗ 


en. Waͤhrend der Zeit, daß dieſe zuſam⸗ 
men kamen, ſchickte er Abgeordnete an die 
Chachapuyas, und ließ ihnen Verzeihung 
anbieten, wenn fie alsbald zu ihrer Pflicht 
zurückkehren würden. Allein anſtatt dieſe 
Gnade zu erkennen, begegneten fie diefen Ab⸗ 
geſchickten vielmehr uͤbermuͤthig und drohe⸗ 
ten, ihnen das Leben zu nehmen. Der auf⸗ 
gebrachte König verſammelte feine Truppen 
auf das Geſchwindeſte, und ruͤckte bis an 
einen groſſen Fluß, wo man auf ſeinen Be⸗ 


fehl eine groſſe Menge Barken zuſammen 


gebracht hatte. Von dieſen ließ er in Einem 
R | Tage 


176 Fuͤnftes Buch. 


Tage eine Brucke über den Fluß ſchlagen, 
ging mit feiner ganzen Armee hinüber unk 
ruͤckte vor, bis Caſſamarquilla, welches ein 
Stadt in dieſer Provinz iſt; mit dem Vor 
ſazze, alles mit Feuer und Schwerd zu ver 
wüſten. Eine von den Staatsregeln dieſes 
Koͤniges, welche er allezeit beobachtet hatte 
war dieſe: die Widerſpenſtigen auf das ſtreng 
fie zu ſtrafen, und hingegen, in Anfehung 
derer, welche ihre Fehler erkennten, ſehr ge 
linde und gnaͤdig zu ſeyn. 

Die Aufruͤhrer bekamen indeſſen Nach— 
richt, daß der Ynka eine mächtige Armee zu: 
ſammen gezogen habe, und ſich hoͤchſt zornig 
ihren Graͤnzen naͤhere. Nun fingen ſie an 
vor dem Ungewitter zu erſchrecken, das ihnen 
drohete, und glaubten es wuͤrde unmoͤglich 
ſeyn, Gnade zu erlangen. In dieſer Vers 
zweifelung, da ſie nicht wußten, wohin ſie 
ſich wenden ſolten, faßten ſie den Entſchluß, 
ihre Wohnungen zu verlaſſen, und ſich auf 
das Gebirge zu begeben. Nur alte unver⸗ 
mögende Leute und Kinder blieben in der 
Städten und Dörfern. Allein eben dieſt 


Fünftes Buch, 177 


llten, welche mehr Erfahrung Hatten und 
ußerdem wußten, daß Huaͤyna Capak ſehr 
naͤdig waͤre, und nicht leicht Jemanden, be⸗ 
onders dem Frauenzimmer, „Etwas abſchluͤ⸗ 


e; kamen auf den Einfall, zu einer Dame 


us Caſſamarquilla, welche von dem Tu⸗ 
ak Inka Pupanqui war geliebt worden, 
re Zuflucht zu nehmen. Sie begaben ſich 
ſo mit Augen voller Thraͤnen zu dieſer 


ame und ſagten zu ihr; daß fie mit ihren 


zoͤhnen und Toͤchtern und ihrem ganzen Ge; 
echte verloren wären; daß ihre Staͤdte 
d Länder zerſtoͤrt und verwuͤſtet werden 


irden, wenn fie nicht die Guͤte haͤtte, eine 


irbitte für fie einzulegen. 

Dieſe Dame, welche ohnedem 1 
ß ſie ſelbſt und ihre Anverwandten , mit 
das allgemeine Verderben verwickelt wer 
n koͤnnten, wurde durch dieſe Rede ſehr be⸗ 
gt. Sie ging alſo aus der Stadt in Be⸗ 
itung vieler andern Frauen, hinaus, ohne 
end eine Mannsperſon bey ſich zu haben. 
it dieſer traurigen Geſellſchaft ging ſie dem 
nige bis zwo Meilen von Vaſſamarquil 
II. Theil. M la 


178 Fuͤnftes Buch. 


la entgegen. Sobald ſie ihn anſichtig ward, 
warf ſie ſich ihm zum Fuͤſſen und redete ihn 


ſo an: „Einiger Beherrſcher! wenn Du noch 


wahrhaftig der Freund und Beſchuͤzzer der 


Armen biſt, welchen Tittel Du ſtets für den 


rühmlichſten gehalten haſt; fo habe Mitl | 
den mit den unglücklichen Einwohnern dieſes 
Landes, die fo arm am Verſtande find. Er⸗ 


innere Dich, daß dein groſſer Vater dief 


Provinz eingenommen, und fie feiner Gna⸗ 
de gewürdiget hat. Verdienen die Einwoh⸗ 
ner derſelben nicht, daß Du ihnen verzeiheſt 
ſo wird das Lob deiner Barmherzigkeit de 0 
geöffer ſeyn, wenn Du es dennoch * 
Thue alfo deinem zu Gnade und Wohlthus 
geneigtem Herzen keine Gewalt an, ſonder 
folge ihm, es wird Dich zu dem ſchoͤnſt 
Ruhme führen. Du haſt das Gluͤck, ein 
Sohn der Sonne zu ſeyn; Du darfſt alf 
den Glanz deiner ſchoͤnen Thaten nicht n 
dem Blute dieſer Elenden beflecken, we c 
die Waffen ſchon niedergelegt haben. D 
fe Heldenguͤte, auf welche deine Vorfah 
ren allezeit ſo viel gehalten haben, wel h 


Fünftes Buch. 179 


nen in der ganzen Welt einen ſo groſſen 
damen verſchafft hat, wird alle deine an⸗ 
ern Tugenden kroͤnen. Ich bitte Dich alſo 
aßfaͤllig, bey dem Throne, auf welchen Dich 
e Sonne, dein Vater erhoben hat, dieſen 


glücklichen Gnade wiederfahren zu laſſen; 


ft Du aber veſt entſchloſſen, mir dieſe Bit⸗ 
nicht zu gewaͤhren; ſo laß wenigſtens dei⸗ 
Rache zuerſt auf mich fallen, damit ich 
n Schmerz nicht empfinde, die Verwuͤſtung 
d Zerſtörung meines Vaterlandes zu erle⸗ 
n. Sobald fie aufgehoͤrt hatte zu reden, 
arfen fi ch alle Frauen, die ihr gefolgt wa⸗ 
n mie Thraͤnenvollen Augen vor dem Köͤ⸗ 
ge nieder und ſchrien: „Einziger Beherr⸗ 
er! Liebhaber der Armen! Groſſer Huaͤy⸗ 

Capak! Habe Mitleiden mit uns, mit 
fern Vaͤtern, mit unfern Brüdern und mit 
ſern Kindern!“ ö 

Der Pnka antwortete nicht gleich; aber 
hrt durch die Vorſtellungen der Mama 
ma und durch die Thraͤnen ihrer Begleite⸗ 
nen, naͤherte er fi) ihr, hob fie auf und 
efe fie endlich alſo an: „Du verdienſt mit 
6 5 M 2 Recht 


E.... ͤ—1—1 111 111]1]101¾¹¹sꝛůů —öv—ô—U——8— U — — 5 


mehr auf mein Wort verlaſſen, fo gebe i | 


180 Fuͤnftes Buch. 


Recht die allgemeine Mutter (Mamachiku! 
oder vielmehr Meine Mutter genennt 51 
werden; weil Du ſo viel Sorge fuͤr mein 
und meines Vaters Ehre traͤgſt. Ich dank 
Dir dafür von Herzen. Du erfuͤllſt di 
Pflicht einer Mutter in Anſehung deiner Lan 
desleute; deine Klugheit iſt es, die ihnen ih 
Leben und ihre Guter erhalten hat. Ich ge 
waͤhre Dir deine Bitte, und ſogar noch mehr 
als was Du gebeten haft, wenn Du e 
wuͤnſcheſt. Gehe alſo hin zu deinen Landes 
leuten; kuͤndige ihnen in meinem Nar e 
Verzeihung an; verſprich ihnen noch daz 
eine jede andere Gnade, nur daß fie fie z 
erkennen wiſſen. Damit ſie ſich aber deſte 


Dir vier andere Ynkas, welche meine Bruͤder 
und deine Kinder ſind, mit. Mein Will 
iſt daß ſie Dich ohne Truppen begleiten, un 
nur diejenigen Diener mit ſich nehmen, wel 
che noͤthig ſind um in dieſen Provinzen d 
Frieden und die gute Den wieder h 
zuſtellen.“ 


atte, kehrte er mit ſeiner ganzen Armee 
ieder zuruͤck zu der Eroberung der Laͤnder, 
elche er im Sinne hatte. Die Chachapuy⸗ 
s, welche die Groͤſſe ihres begangenen Ver⸗ 
chens einſahen, waren durch die Gnade 
3 Pnka fo geruͤhrt, daß fie niemals wieder 
e Treue, welche ſie ihm gelobet hatten, bra⸗ 
en. Ja, um das Andenken einer fo groß- 
üthigen That zu verewigen, umgaben fie 
n Ort, wo Huaͤyna Capak mit ſeiner 
tiefmutter geredet hatte, mit einer dreyfa⸗ 
en Mauer; damit dieſer Ort heilig gehal— 


t würde, und niemand ihn betraͤte. Die 


ſte Mauer beſtand aus ſchoͤnen gehauenen 
teinen und hatte oben rundherum einen 
ims: Die zweyte war von ſchlechtern Stei— 
n, und die dritte von gebackenen Steinen. 
h habe noch einige Uiberbleibſel dieſes Denk⸗ 
ils geſehen, welches der m der Frem⸗ 
1 er hat. 


Fuͤnftes Buch. 181 
Als der Ynka dieſe Anſtalten gemacht 


182 Fuͤnftes Buch. 


Funfzehntes Kapitel. 
Vom Goöͤzzendienſte und der Lebensart de 
Mantas; Der Pnka vereinigt die⸗ 
ſes Volk mit ſeinem Reiche. | 
1 Capak ruͤckte gegen die Kuͤſte fort 
bis an die Graͤnzen der Landſchaft Man 
ta; wo die Spanier izt den berühmten 5 
fen Puerto Viejo beſizzen. . 
Die Einwohner auf dieſer Kuͤſte bis we 
gegen Norden beten das Meer und die F 
ſche an, ob ſie ſich gleich davon naͤhrten 
Sie erwieſen eben dieſen Dienſt den wilde 
Thieren, den groſſen Schlangen; ja ſoge 
einigen Inſekten: Allein in Manta, welche 
die Hauptſtadt dieſes ganzen Striches war 
beteten fie einen Schmaragd an, welcher a 
Groͤſſe beynahe einem Strauſſeneye glei 
kam. An ihren groſſen Feſttagen ſtellten fi 
ihn vor den Augen des ganzen Volks a 
und die Amerikaner kamen aus weit entfer 
ten Gegenden, um ihn anzubeten, und Op 
MN zu bringen. Vornemlich brachten fie i 
A 0 andere kleine Schmaragde zum Geſchen 
64 weil die Curakas und Prieſter den Leute 


Fuͤnftes Buch. 183 


u verſtehen gaben, daß der Gott Schma⸗ 
agd feine Söhne mit Vergnügen annaͤhme. 
Allein dieſe Lehre gruͤndete ſich auf den Geiz, 
denn fie behielten fie ſelbſt. Dieſe Schma⸗ 
agden fielen endlich in groſſer Anzahl in die 
Haͤnde des Dom Pedro de Alvarado, und 
neines Vaters des Garzillaſſo de la Vega. 
Allein ungluͤcklicher Weiſe hatten fie die Mei⸗ 
tung, daß ein guter Schmaragd durch kei⸗ 
ze Schläge eines Hammers muͤſſe koͤnnen 
erbrochen werden. Sie machten dieſe Pro 
be an den in Manta gefundenen Schmarag⸗ 
den, und zerſchlugen ſie beynahe insgeſamt 


zuf einem Amboße. Was den groſſen Schma⸗ 


agb betrifft; der verſchwand, ſobald die 
Spanier in das Land kamen. Die Einwoh⸗ 
ier verſteckten ihn ſo liſtig, daß ihn die Spa⸗ 
ner niemals haben finden, auch weder durch 


Drohungen, noch durch Verſprechungen has 


en heraus bringen koͤnnen wo er . 
en ſey. | 

Die Sitten der Mantas und Sie Rach⸗ 
jarın waren übrigens ſehr verdorben; Sie 
baren dem widernatuͤrlichen Laſter mehr, als 
f M 4 irgend 


1 | 184 | Fuͤnftes Buch. 


irgend ein anderes Volk ergeben: Bey einen 
Heyrath mußte der Bräutigam feinen gutei 
Freunden, und Verwandten ſeine Brau 
eher uͤberlaſſen, als er fie ſelbſt umarmen 
durfte. Den Kriegsgefangenen zogen ſie di 
Haut ab, fuͤllten ſie mit Aſche, und binger 
fie hernach als Siegeszeichen, vor den Thuͤ 
ren ihrer Tempel, oder an öffentlichen Pr 
zen auf. 

Sobald der pnka an die Graͤnzen die 
ſes Landes gekommen war, ließ er die Man: 
tas auffodern, fih ihm zu unterwerfen. 
gerne ſie ſich mit ihren Nachbarn verbu r 
den, und dem Ynka widerſezt haͤtten; fü 
ſahen fie doch, daß fie viel zu ſchwach war 
40 ren, ſie nahmen alſo das Joch an, und ih 

ö Beyſpiel bewog viele andere Voͤlker, ein Gl ir 
ches zu thun. 1 

Von hier wendete ſich der Ynfa m 
feinem Heere gegen die Carankas. Die 
fuͤhreten ein ganz thieriſches Leben; deſtowe 
niger waren ſie vermoͤgend dem Pnka z 
widerſtehen. Er gab ihnen alſo Statthal 
und Maͤnner, die ſie unterrichten konnte 


wo 


Fuͤnftes Buch. 185 


worauf er mit ſeinem Heere immer weiter 
orruͤckte. Er kam endlich in ſolchen Laͤndern 
in, deren Einwohner an Wildheit alle vor⸗ 
ergebende uͤbertrafen. Männer und Wei⸗ 
er ſchnitten ſich mit ſpizzigen Kieſeln aller, 
and Linien in das Geſichte, und verunſtal⸗ 
eten ſich den Kopf mit zwey kleinen Bre⸗ 
ern eben ſo, wie die Paltas, welche der 
Inka. Tupak Yupanqui bezwungen hatte. 
die Haare ſchnitten fie ſich auf dem Wirbel 
b, und fieffen fie nur ‚auf den Seiten wach⸗ 
en, kaͤmmten ſie aber niemals. Sie lebten 
on Wurzeln, Kräutern, wilden Früchten, 


ind vorzuͤglich von Fiſchen, in deren Fange 
ie ſehr geſchickt waren. Die Namen dieſer 


Voͤlker waren Apichiqui, Pichunſi, Sava, 
Vekllamfimiqui, Pampahuaqui u. ſ. w. Nach⸗ 
em Huaͤyna Capak auch zum Unterrichte 
ieſer Volker Anſtalten gemacht hatte, ſezte 
r ſeinen Marſch weiter bis Saramiſſu und 
Paſſau fort; beydes Länder, welche unter 
er Aequinokziallinie liegen. Dieſe Volker 
atten weder einen Gott, noch Geſezze, noch 
Städte, Sie wußten nichts von Heyrathen, 
} M 5 nichts 


186 Fuͤnftes Buch. 


nichts von Kleidern, oder Bedeckung einiger 
Theile des Leibes, noch vom Ackerbau. Sie 


malten ſich die Geſi chter mit mancherley For⸗ 


ben, durchſtachen ſi ſi ch die Lippen, „ weil fie 
glaubten, daß es ſchoͤn tiefe, 4 trugen langes 
Haar, und bedeckten es mit Gras oder 
Staub. Als der Puka Huaͤyna Capak die 
ſchlechte Beſchaffenheit der Luft und des Wet⸗ 
ters in dieſem Landſtriche „ und die außerſt 3 
Wildheit der Einwohner, „ welche fie beynahe 
dem Vie he gleich machte, bemerkte; ſo ur⸗ 
theilte er, daß er an den Einwohnern ver 
gebens arbeiten wuͤrde, wenn er ſie ele 
machen wolte; und daß das Land nicht werth 
fen, es zu beſizzen. Er fol alſo zu ſeinen 
Offizieren geſagt haben: „ gaſſet uns zurück 
gehen; dieſe Leute ſind ſo wild und rohe, daß 
fie nicht verdienen uns zu Regenten zu ha⸗ 
ben. Er verließ ſie auch in der That, als 
ganz unvermoͤgend gebeſſert zu werden 2 und 
ging mit ſeinem Heere weiter. 

Ich ſelbſt war Augenzeuge der Weiher 
dieſer Voͤlker; Als ich im Jahre 1560 nach 
Spanien abreiſete, berührte unſer Schiff die 


Fünftes Buch. 197 


fe Küfte, um Holz und Waſſer einzunehmen. 
Waͤhrend den drey Tagen, die wir hier vor 
Anker lagen, kamen viele dieſer Barbaren 
in Barken von Weiden, an das Schiff um 
uns Fiſche zu verkaufen, welche ſie in unſe⸗ 
rer Gegenwart mit Spieſſen mit Widerhacken 
toͤdteten. Sie waren hierinne ſo geſchickt, 
daß ſie ihren Fiſch niemals verfehlten. Die 
Spanier gaben ihnen Bisquit und Fleiſch 
dafuͤr, denn Geld wolten ſie nicht anneh⸗ 
men. Wenn ſie zu den Spaniern gehen 
wolten, bedeckten fie ihre Bloͤſſe, außerdem 
aber gingen ſie ganz nackend. Sie waren 
übrigens noch die roheſten und wildeſten Leu⸗ 
5 die ich geſehen habe. 0 


| Sechzehntes Kapitel. 
. Erzaͤhlung von den Rieſen, wel⸗ 
he ehedem in dieſes Land e 
waren. 
he wir dieſe Gegend verlaſſen, muß 10 
einer uͤberlieferten Erzaͤhlung erwaͤhnen, 
welche zwar hoͤchſt fabelhaft klingt, aber den⸗ 


noch in Peru vielen Glauben gefunden hat. 


nn | Es 


188 Fuͤnftes Buch. 


Es iſt eine Sage, von welcher die Einwoh⸗ 
ner behaupten, daß ſie immer vom Vater 
auf den Sohn ſey fortgepflanzt worden, und 
die ernſthafteſten ſpaniſchen Geſchichtſchreiber; 
der ehrwuͤrdige Pater Joſeph Akoſta, der Ge⸗ 
neralintendant Auguſtin de Carate, und Pe⸗ 
dro de Cieka de Leon ſcheinen ſie geglaubt 
zu haben. Da dieſer Leztere am ausfuͤhrlich⸗ 
ſten davon ſpricht, ſo will ich ſeine Worte 
aus dem zwey und funfzigſten Kapitel feiner 
Geſchichte anführen. * 
»Man behauptet in ganz Peru,” ſchreibt 
er, „daß einige hundert Jahr vor der Anz 
kunft der Spanier in dieſem Reiche eine An⸗ 
zahl groſſer Rieſen, beym Vorgebuͤrge St. 
Helena, welches nicht weit von Puerto Vie 
jo liegt, angelandet waͤren. Sie kamen, ſagt 
man, auf gewiſſen Fahrzeugen von dicken 
Binſen, in Geſtalt groſſer Barken gemacht, 
über das Meer; ohne daß man weiß, aus 
welchem Lande, oder welchen Weg? Ihre 
Groͤſſe war ſo ungeheuer, daß ein gewoͤhnli⸗ 
cher Menſch ihnen nur bis an das Knie 
reichte: Sie hatten lange Haare, welche i 


Fuͤnftes Buch. 1489 


nen zerſtreut uͤber die Schultern hingen; 
aber keinen Bart: Ihre Augen waren ſo 
zroß, als Teller, und die andern Glieder 
nach Verhaͤltnis: Einige von ihnen gingen 
nackend, andere bedeckten ihre Blöffe mit den 
Haͤuten wilder Thiere: Weiber batten ſie 
nicht mitgebracht“ : 

Nachdem diefe Rieſen auf dere 


em Vorgebuͤrge ans Land geftiegen waren, 


ieſſen ſie ſich in einer gewiſſen Gegend nie⸗ 
der, welche die Einwohner des Landes noch 
eigen; wo fie, um gutes Waſſer zu bekom⸗ 
nen, tiefe und weite Brunnen in die Tele 
en gruben. Sie lebten vom Raube, und 
yerheerten die ganze Gegend Ein Einziger 
von ihnen verzehrte auf eine Malzeit mehr 


Fleiſch, als funfzig andere Menſchen: Sie 


ingen auch viele Fiſche in groſſen Nezzen. 

„Dieſe Ungeheuer toͤdteten die Manns⸗ 
derſonen in der Nachbarſchaft, brachten die 
Weiber um, indem fie fie mißbrauchen wol 


en, und richteten alles Ungluͤck an, welches ö 


hnen nur einfiel: die armen Einwohner des 
andes, hatten weder Muth noch Kräfte, 


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ur 190 Fuͤnftes Buch. 


. ſich dieſe Unmenſchen vom Halſe zu ſchaffen; 
IN A fie durften fih nicht einmal einfallen laſſen, 
1 a Ä fie anzugreifen. Auf dieſe Art blieben dieſe 

| Tyrannen lange Zeit, ohne das Geringſte 
zu fuͤrchten zu haben, in dem Beſizze dieſer 

Küſte. Endlich,“ ſezzen die Peruaner hin⸗ 

zu, “fielen dieſe Abſcheulichen, weil fie keine 

Weibesperſonen hatten, in die entſezliche 

Suͤnde der widernatuͤrlichen Wolluſt; der 

Himmel konnte ihre Verbrechen nicht laͤnger 

mehr anſehen; er ließ mit groſſem Krachen 

Feuer auf ſie herabfallen und Einer der Gei⸗ 

ſter deſſelben toͤdtete dieſe Ungeheuer insge⸗ 

ſamt mit einem flammenden Schwerdte. ö 
1 „Man erzaͤhlt, daß dieſes himmliſche Feu⸗ 
4 0 erer ihre Gebeine nicht verzehrt habe, damit 
“ von dieſem verbrecheriſchen Geſchlechte ein 

1 Denkmal übrig bliebe. Man hat in der 
AT | That in dieſer Gegend Knochen von wun⸗ 
| derbarer Groͤſſe gefunden und ich habe von 
einigen Spaniern gehoͤrt, daß ſie Stücke 
1 von Zaͤhnen geſehen haͤtten, aus welchen ſi 
1 1 ſchlieſſen lieſſe, daß ein ganzer Zahn ein hal 1 
Sieh bes Pfund muͤſſe gewogen haben. ME 
c. In | 


Fuͤnftes Buch. 191 


In dieſem 15 Soſten Jahre hat man mir 
u Lima erzählt: daß, da Dom Antonio de 
Mendoza Vizekönig in Mexiko geweſen iſt, 
nan daſelbſt noch viel groͤſſere Knochen, als 
ie, wovon ich geredet, ausgegraben habe. 
Ja, in der Hauptſtadt ſelbſt, habe man Ei⸗ 
ige in alten Gräbern gefunden.” So weit 
EN de Cieka de Leon. er 


N Kapitel. 
boden, Capak gehet nach Cusko zu⸗ 
ruck; ſeine Meinung von der Sonne. 

Jer Inka befahl alſo feiner Armee, „ ſich 
> zuruck zu ziehen, und die Landſchaft Paſ⸗ 
au zu verlaſſen. Er durchreiſete hierauf in 
Einem Jahre fein ganzes weitlaͤuftiges Reich, 
ind begab ſich alsdann nach Cusko, um 
as groſſe Feſt der Sonne, Raͤymi genannt 
u feyern, welches jederzeit neun Tage dauerte. 
Bey Gelegenheit dieſes Feſtes erzaͤhlen 
ie Peruaner folgendes Geſpraͤch des Huaͤy⸗ 
ja Capak mit dem Großprieſter der Son⸗ 
te: An Einem dieſer feyerlichen Tage, nahm 
ich der Vnka, waͤhrend der Ceremonie, die 
kt - Frey⸗ 


wuͤrdig find: Wenn Du es aber heute thuſt 


192 Fuͤnſtes Buch. 


Freyheit die Sonne anzuſehen, welches ſo 
wohl ihm, als jedem Andern, als eine Han 

lung, welche wider die Hochachtung, die 4 
dieſer vermeinten Gottheit ſchuldig zu ſeyn 
glaubten, verboten war. Da er ſeine Au⸗ 
gen eine Zeitlang nach dem Orte des Him— 
mels, wo dieſes Geſtirne ſtand, richtete; 
ſagte der Großprieſter, ſein Onkel, zu ihm: 
„Was denkſt Du, Pnka? weiſt Du nicht, 
daß Du eine Sache thuſt, die verboten in?” 
Der König fehlug hierauf die Augen niede 

aber bald darauf wendete er ſie, mit 9 
der Freyheit gegen den Himmel. Der Groß 
prieſter gab ihm von neuem einen De 
mit dieſen Worten: “Einiger Beherrſcher! 
gib wohl acht, was Du thuſt! denn eı 
kömmt hier auf eine Sache von der groͤßten 
Wichtigkeit an. Du weiſt, daß es uns ins 
geſamt verboten iſt, die Kuͤhnheit zu h 
ben, und die Sonne, unſern Vater anzuſe 
hen, weil wir dieſes hohen Anblicks ni 


ſo giebſt Du deinem ganzen Hofe, und 
len vornehmen Herren deines groſſen Reichs, 


Fünſtes Buch. 193 


n boͤſes Beyſpiel; da fie hier verſammelt 
id, um deinem Vater die Verehrung zu 
weiſen, die ſie ihm, als ihrem Beherrſcher 
id einzigen Herrn, ſchuldig find.” Der 
oͤnig wendete ſich, ohne aufgebracht zu 
erden, gegen den Großprieſter und ſagte: 
Ich will Dich nur zwey Dinge fragen, wel— 
e Dir anſtatt der Antwort dienen koͤnnen; 
icht wahr, Ihr erkennet mich alle fuͤr eu⸗ 


1 König? dieſes vorausgeſezt, iſt wohl Je⸗ 


ind unter Euch vermögend, zu machen, daß 


von meinem Throne aufſtuͤnde und eine 


ige Reiſe unternaͤhme, wobey ich, ohne 
te zu halten, beſtaͤndig laufen müßte?” 
Wahrhaftig; antwortete ihm der Groß 
eſter, derjenige, welcher fo Etwas behau⸗ 


n wolte, wuͤrde fuͤr einen Unſinnigen ge⸗ 


(ten werden.“ Der Ynka fuhr fort: „Ich 
Dich noch Eins fragen: Iſt wohl Je⸗ 
ind unter meinen Vaſallen, er ſey auch 


h fo reich und mächtig, welcher kuͤhn gnug 


re, mir nicht zu gehorchen, wenn ich ihm 
öhle, in größter Eil nach Chili zu gehen?“ 
s iſt kein Zweifel, erwiderte der Groß⸗ 
II. Theil. N prieſter, 


zaͤhlt haben, ſehr uͤbereinſtimmen. 


194 Fuͤnftes Buch. 


prieſter, “ daß Dir deine Unterthanen bis in 
den Tod gehorchen werden, wie es ihre Schul 
digkeit erfodert. Wenn dieſes iſt, ſchlof 
der König, “fo iſt auch kein Zweifel, daf 
die Sonne, unſer Vater, noch unter einen 
andern Herrn ſtehet, der maͤchtiger iſt; au 
deſſen Befehl ſie die Bahn zurück legt, wel 
che wir fie täglich durchlaufen ſehen. Dent 
wäre die Sonne, unſer Vater, der böchfkı 
Herr von allen Dingen hiernieden, fo iſt er 
wahrſcheinlich, daß ſie zuweilen ausruhen, 
oder ſich zum Vergnuͤgen aufhalten a 
weil fie alsdann keine Nothwendigkeit zwaͤn 
ge, immer zu laufen. 4 

Man ſiehet leicht, daß dieſe Geſinnun 
gen des Huaͤyna Capaks mit dem, was 
wir von feinem Vater Tupak Pupanqui er 


Aberglaube der Prieſter und anderer Perf 
nen, welche bey dieſer Unterredung zugeg 
waren, hielt es für ein ſehr boͤſes Zeiche 
daß der Koͤnig ſich unterſtanden hatte, d 
Sonne anzuſehen und ihre thoͤrichte Furcht 
ward durch das, was bald darauf nach ſei 


Fünftes Buch. 195 


em Tode geſchahe, gerechtfertiget. So ber 
uͤnſtiget oft der Zufall den Aberglauben und 
erwirret den Verſtand der Klugen. 


Aahktzehntes Kapitel. 
Aufſtand der Carankas und ihre 
Beſtrafung. 

Jer YPnka war eben auf feiner lezten Rei⸗ 
ſe, die er zu Beſichtigung ſeines Reichs 
at, als er die Nachricht bekam, daß die 
arankas in einem allgemeinen Aufſtande 
griffen waͤren. Dieſe ehemals ſo grauſa⸗ 
en und wilden Voͤlker, waren das Joch des 
nka, welches fie im Zaume hielt, uͤberdruͤ⸗ 
g und wolten wieder zu ihrer vorigen Le⸗ 
nsart zurück kehren. Verſchiedene benacht⸗ 
rte Voͤlker, welche ſich vor der Macht und 
engen Zucht der Pnkas fuͤrchteten, hatten 
h mit ihnen vereiniget und brachten heim⸗ 
h eine groſſe Anzahl Truppen zuſammen. 
m ihr boͤſes Vorhaben deſto beſſer zu ver⸗ 
rgen, ſtellten ſie ſich, als ob ſie die Befeh⸗ 
des Ynka und ſeiner Staatsdiener mit 
oͤſſerer Bereitwilligkeit, als jemals annaͤh⸗ 
. | N 2 men, 


u 


196 Fuͤnftes Buch. 


men, und bezeigten ſich ſehr eifrig, ſie zi 
vollziehen. Allein ſobald der Tag der Aus 
führung ihrer Abſichten angebrochen war 
erwuͤrgten fie alle Vnkas und Diener dei 
Koͤniges, ſowohl als die Soldaten, welch 
die Beſazzungen dieſes Landes ausmachten 
Sie opferten ihre Koͤpfe, ihre Herzen un 
ihr Blut ihren falſchen Goͤzzen zur Dank 
barkeit, daß ſie ſie von der Herrſchaft de 
Ynkas befreyet und ihnen Gelegenheit ver 
ſchafft haͤtten, zu ihren alten Gebraͤuchen un 
Sitten zuruck zu kehren. Um ſich an den 
Ynka dafür zu rächen, daß er ihnen unter 
ſagt hatte Menſchenfleiſch zu eſſen, fraſſe 
ſie das Fleiſch ſeiner Verwandten und Die 
ner begierig auf. Kurz fie übten an dieſe 
Unglüclichen alle die Grauſamkeiten aus 
welche ihnen die Rache eingab. Der Koͤnig 
durch dieſe blutduͤrſtige Beleidigung hoch: 
aufgebracht, zog eine groſſe Armee zuſammen 
und ruͤckte damit aus, um die Aufrührer z 
beſtrafen. Sobald er an der Graͤnze ihre 
Landes angekommen war, blieb er dennot 
den Staatsregeln ſeiner Vorfahren, welch 
allezei 


Fuͤnftes Buch. 197 
allezeit die Gelindigkeit anriethen, ſo getreu, 


daß er Abgeordnete an die Rebellen ſchickte, 


welche ihnen Verzeihung anbieten mußten, 
wenn ſie um Vergebung bitten, und ſeine 
Gnade ſuchen wolten. Allein ſie antworte⸗ 
ten dieſen Abgeordneten mit dem groͤßten 
Stolze, behandelten ſie uͤbel und haͤtten ſie 
bdeynahe umgebracht. Auf dieſe Nachricht 
ließ Huaͤyng Capak feine Armee wider fie 


anruͤcken und gab feinen Hauptleuten aus | 
ruͤcklich Befehl, nichts zu verſchonen, und 


les mit Feuer und Schwerd zu verheeren. 


Es kam alſo zu einem Treffen, in welchem 


zuf beyden Seiten viel Blut vergoſſen wur⸗ 
de. Die Furcht vor der Strafe, welche die 
Carankas belebte, und die Begierde, die Bes 
eidigung, welche man ihrem Koͤnige ange⸗ 
han hatte, wovon die Truppen des Ynka 
jefeelt wurden, machte, daß man mit einer 
unglaublichen Hartnaͤckigkeit fochte. Endlich 
nußten dennoch die Feinde weichen. Uiber⸗ 
eugt daß fie den Angrif des Heeres des Yin 
a im Felde nicht aushalten koͤnnten, nah⸗ 
nen ſie ihre Zuflucht zu Kriegsliſten und 
\ ü N 3 klei⸗ 


198 Fünftes Buch. 


kleinen Uiberfaͤllen: Sie dachten auf nichts, 
als wie ſie die Zugaͤnge, die engen Paͤſſe 
und andere, von der Natur beveſtigte Oerter 
vertheidigen wolten. Alles dieſes aber half ih: 
nen zu nichts, ſie verloren Einen Poſten nach 
dem Andern und mußten ſich endlich insge⸗ 
ſamt zu Gefangenen ergeben. Der vornehm; 
ſten Urheber des Aufruhrs waren ohngefehr 
zweytauſend, theils Carankas, theils von 
den mit ihnen verbundenen Völkern, wel 

von den Ynkas noch nicht waren bezwungen 

worden. Um einmal ein Beyſpiel der Stren⸗ 
ge zu geben, welches nie vergeſſen würde, 
befahl der König, daß dieſe Haͤupter der Ver⸗ 
ſchwoͤrung insgeſamt am Leben ſolten geſtraft 
werden. Ihre Leiber ließ er in einen groß 
ſen See, welcher auf der Graͤnze beyder Voͤ 
ker liegt, werfen, welcher um deßwillen, zun 
ewigen Andenken, Pahuarkocha, das il 
Blut⸗ Meer, genennet ward. Pedro d 
Cieka, welcher dieſer Begebenheit in ſein 
Geſchichte auch erwaͤhnt, ſagt zwar da 
zwanzigtauſend Mann waͤren getoͤdtet wo 
den; allein das iſt von allen denen zu vor 


fee 


Fuͤnftes Buch. 199 


ehen, welche im ganzen Kriege angetan 
1 ſind. 

Der data Huaͤyna Capak kehrte nn. 
ir Beſtrafung der Schuldigen nach Qul⸗ 

zuruck; ſehr betruͤbt, daß während feiner 
eren ſo abſcheuliche Verbrechen waren 
gangen worden, welche ihm zu einer fol 
en Strenge, die feinen natuͤrlichen Geſin⸗ 
ungen ſo entgegen war, gezwungen hatten. 
r beklagte ſich, daß es ihm nicht erlaubt 
weſen waͤre, die Guͤte und Gelindigkeit ſei⸗ 
er Vorfahren nachzuahmen, und daß er 
einer Zeit gelebt, die fo reich an Aufruhr 
nd Empoͤrungen geweſen; da man doch vor⸗ 
er nur von dem einzigen Aufſtande der 
hankas unter der Regierung des Ynka Dir 
Pr im Wage der Pakas gehört De 


Neunzehntes Kapitel. 3 { 

Juäyna Capak macht ſeinen Se 
FERN zum Könige: on 
Quito. 80 

Der Ynka Huaͤyna Capak hatte, wie wir 

geſagt haben, mit der Tochter des lez⸗ 

N 4 ten 


Sohn, daß nach der alten Gewohnheit 


200 Fuͤnftes Buch. 


ten Koͤniges von Quito einen Sohn gezeug 
welcher den Namen Atahuallpa führte. Di 
fer Prinz war ſchön von Geſicht, wohl ge 
wachſen, geſchickt, tapfer, klug und hatt 
vielen Scharfſinn. Dieſe Eigenſchaften mach 
ten ihn zum größten Vergnügen ſeines Ve 
ters; er fuͤhrete ihn allenthalben mit ſich hei 
um, und haͤtte ihn gern zum einzigen Ei 
ben ſeines ganzen Reichs gemacht. Da e 
aber nicht in ſeinem Vermögen ſtund, fei 
nem aͤlteſten Sohne, Huaskar Ynka, die 
ſes Recht zu rauben, ſo beſchloß er, wi 
der die Gewohnheit und Anordnung ſeine 
weiſen Vorfahren, ihm wenigſtens das Reid 
Quito zu entziehen, und es, unter einen 
ſcheinbar gerechten Vorwande, ſeinem Lieb 
linge zu geben. Er ließ zu dem Ende ki 
nen Erbprinz Huaskar von Cusko holen, 
und redete ihn alsdann in Gegenwart ſeiner 
andern Söhne, feiner Hauptleute und Eu 
rakas alſo an: „Ich weiß gar wohl, mein 


welche der Ynka Manko Capak unſe 
Stammvater, eingeführt hat, dieſes Reich 
| Quito 


Fuͤnftes Buch. 201 e 


Quito einſt mit unter deine Herrſchaft kom⸗ 
nen ſolte. Es iſt gewiß „daß bis bierher, | | 
lle Provinzen und Reiche, die wir erobert ni: 
haben, mit dem, was wir vorher beſaſſen, CH 
ind vereiniget, und der Gerichtsbarkeit, und | 
er Herrſchaft unſerer Hauptſtadt Cusko un⸗ ö 
erworfen worden. Aber es wuͤrde mich ver; N 11 
ruͤſſen; wenn ich ſehen ſolte, daß dein Bru⸗ N \ 

er Atahualpa nicht fo verſorgt würde, wie 

r es verdient. Ich wuͤnſchte alſo, daß, von 
en vielen Laͤndern, welche ich dieſer Krone % 
nterworfen habe „das Reich Quito, wel⸗ 79 

hes den Vorfahren ſeiner noch lebenden | 
Mutter gehört hat, ihm auf beſtaͤndig zu e 
Theil werden möge; und daß Du dieſe Vers l 
henkung billigeſt. Du darfſt übrigens nicht . 
üͤrchten, daß ein fo guter Bruder, wie er, N 
mals feine Gewalt mißbrauchen, oder Dir 
n dieſem Zuſtande nicht beſſer und getreuer 
ienen werde, als wenn er nicht ſo reichlich 
erſorgt waͤre. Ich habe für izt nichts wei⸗ 
er von Dir zu fodern, und Du wirſt fin⸗ 
en, daß das, was ich für deinen Bruder 
erlangt habe, nicht ſehr betraͤchtlich if, g 
* N 5 wenn 


202 Fünftes Buch, 


wenn Du die Provinzen und groffen Reiche, 
welche Du behaͤltſt, in Betrachtung zieheſt; 
ich will die nicht einmal erwaͤhnen, welche 
Du noch mit Huͤlfe deines guten Bruders 
erobern kannſt; der Dir als Feldherr, und als 
Soldat, wenn es die Noth erfodert, nuͤzli⸗ 
che Dienſte leiſten wird. Wenn Du ihm 
dieſe Verſorgung zugeſteheſt, ſo ſind meine 
Wünſche erfüllt, „ und ich werde mit Ver⸗ 
gnuͤgen aus dieſer Welt in eine Andere ge⸗ 
hen, um bey meinem Vater, der Sonne, 
die mir beſtimmte Ruhe zu genieſſenn 

Der Prinz Huaskar Pnka antwortet 
mit der größten Folgſamkeit: „Nichts liege 
ihm ſo ſehr am Herzen, als dem "Könige 
feinem Vater, ſowohl in dieſem Stuͤcke, als 
in allem Andern zu gehorchen, was er ihm 
nur befehlen wuͤrde. Er ſey ſogar bereit, 
ſeinem Bruder Atahuallpa noch jede andere 
Provinz abzutreten, um ſeinem Vater ein 
Vergnuͤgen zu machen, die er fuͤr ihn ver⸗ 
langen wuͤrde. Ä vg 

Huaͤyna Capak war mit dieſer Wien 
ſehr zufrieden, und fand für gut, daß Hu⸗ 
askar 


Fuͤͤnftes Buch. 203 1 
ear nach Cusko zurück kehrete, während 

aß er den Atahuallpa im Beſtz des Koͤnig⸗ 

eichs Quito ſezte. Er vereinigte verſchiede⸗ 5 
e andere Provinzen damit, die ihm bequem 1 
agen, und gab ihm einen guten Theil ſeiner | 

lemee nebſt ſehr erfahrnen und tapfern | 

daupeleuten. Kurz er verſchaffte ihm alle \ 
Bortheile, die er nur konnte, wovon Eini⸗ 1 

e dem rechtmäßigen Erben feiner Krone 
achtheilig ſeyn mußten. Dieſes war noch IN 
icht alles; aus allzugroſſer Zaͤrtlichkeit ge⸗ | 1 > 
en dieſen jungen Prinzen, beſchloß er ſogar, 

ine übrige Lebenszeit bey ihm in Quito zuzu⸗ 
ringen. Vielleicht that er es, um ihn auf ſei⸗ 5 b 
em Throne zu beveſtigen, und die am Meere TA 
elegenen Provinzen, welche er bezwungen | 68 
atte, durch die Furcht vor ihm im Zaume 
u halten. Den Einwohnern derſelben, fehl⸗ 
des weder an Muth, noch an böfen Wil 
en, die Herrſchaft der Ynkas von ſich ab⸗ 
uwaͤlzen. Um allen übeln Folgen vorzubeu⸗ 
en, ließ ſie der Koͤnig in andere entfernte 
Jeopinzen verſezzen, und an ihre Stelle 
rachte man friedlichere Völker. Dieſes Mit⸗ 
oe tels 


204 Fuͤnftes Buch. 


tels bedienten ſich die Koͤnige von Peru ge 
woͤhnlich i in dergleichen Faͤllen, und befand 
ſich wohl dabey. “ 


Zwanzigſtes Kapitel. | 
Von zwo groſſen Landſtraſſen, welche dure 
das Reich der Ynkas gingen. 3 


us der Regierung des Ynka Huaͤyne 
Capak legten ſeine Unterthanen, ihn 

zu Liebe, zwo breite Landſtraſſen an, wel 
von Cusko aus gegen Norden, bis 2 
Quito gingen. Eine davon lief längft d 
Seekuͤſte, auf dem platten Lande hin; Di 
Andere aber war weiter gegen Morgen üb: 
die Gebürge geführt: Von Beyden bebauı 
pten die Geſchichtſchreiber, daß ſie fünfhunden 
Meilen lang, und an einigen Orten funfzehm 
an Andern aber fuͤnf und zwanzig Schritte 
breit geweſen ſind. N 
Der Weg über die Gebuͤrge war der 0 
jenige, welchen man am meiſten bewunder 
muß. Um ihn gleich zu machen, waren A 
vielen Orten hohe Felſen hinweg geſchafft 
und an noch mehrere Thaler, zwanzig Klaf⸗ 
i tern 


Fünftes Buch. 205 


en tief, ausgefüllt: Dennoch war er ſo eben, 


iß man mit einem europaͤiſchen Wagen dar 


if hätte fahren können. An einigen Orten 
ng er über ſolche Höhen, daß man eine 
usſicht von hundert Meilen um ſich herum 
itte. An ſolchen Stellen waren auf bey⸗ 
n Seiten des Weges platte Erhoͤhungen 
n gehauenen Steinen, mit Treppen er⸗ 
net, damit die, welche den König auf ſei⸗ 
m Armſtuhle trugen, bequem hinauf ſtei⸗ 


n, und ausruhen koͤnnten, indeß der Koͤ⸗ 
9 das Vergnügen der ſchoͤnen Ausſicht ges 


fie, welche ihm oft auf Einer Seite die 
ſchneyeten Spizzen der Berge, und auf 
r Andern, die ſchoͤn grünenden Thaͤler vor⸗ 
llete. 

Der andere Weg an der Seekuͤſte hin, 
ng groͤßtentheils durch ſandichte Ebenen, 
ifchen welchen doch auch verſchiedene Ber⸗ 
und Thaͤler waren. Dieſe Thaͤler, von 


elchen ich ſchon mehr geredet habe, waren 


woͤhnlich eine Meile, oder etwas daruͤber 
eit, und durch kleine Gehölze und Fluͤſſe 
* erfriſcht. Durch dieſe Thaͤler fuͤhr⸗ 
ten 


206 Fuͤnftes Buch. 


ten die Peruaner Daͤmme, oder erbten 
gen, und durch die ſandichten Ebenen pflanz 
ten fie. auf beyden Seiten groſſe hoͤlzern 
Pfaͤhle, und machten Schranken, daß mar 
den Weg nicht verlieren konnte. fi 

Laͤngſt dieſen Wegen, waren auf beyder 
Seiten, wo Etwas wuchs, Baͤume gepflanzt 
auch waren in gewiſſen Weiten, Haͤuſer zun 
Aufnahme der Reiſenden, und Magazin 
fuͤr die Armeen erbaut, wo ſich beſtaͤndig eir 
Vorrath an Lebensmitteln, Waffen, Kriegs 
vorrath und Kleidern befand. Beyde Wege 
wurden mit der größten Sorgfalt unterhal⸗ 
ten, bis die Spanier das Land eroberten, 
In den buͤrgerlichen Kriegen, welche darauf 
erfolgten, wurden ſie von den feindlichen 
Partheyen, welche einander das Been 
men erſchweren wolten, mit Fleiß verdorbe 1, 
und an fo vielen Orten unterbrochen, daß 
man izt nur noch einige Uiberreſte davon 
wahrnimmt. 4 

Wie ich hier dieſe e koͤniglichen 
Straſſen beſchrieben habe, ſo bilden fr, ie aue 
die beſten ſpaniſchen Schriftſteler, welche 


Fuͤnftes Buch. 207 


on Peru ſchreiben, ab. Auguſtin de Ca⸗ 
ata redet davon in den praͤchtigſten Aus⸗ 
rücken in feinem Buche von dem Urſprun⸗ 
e der Dnkas. Eben dieſes thut Pedro de 
ieka de Leon, und Juan Batero Benes, de⸗ 
en Worte ich anführen koͤnnte, wenn mein 


eugnis verdächtig wäre 


80 Ein und zwanzi gſtes Kapitel: 
Bere hiedene ſeltſame 2 Begebenheiten, ſezzen 
ie abergläubifchen Vnkas in groſſe Furcht: 
c Erſcheinung der Spanier, an 
der Peruaniſchen Kuͤſte. win 


ein Capak hatte ſein Reich ohngefehr 


Ein und dreyßig Jahre beherrſchet, als 


0 zu Cusko ein verdrießlicher Vorfall zu⸗ 
ug, welcher den Vnka und ſeine Untertha⸗ 


en ſehr in Furcht ſezte. An Einem von 


n Tagen, an welchen man das groſſe Feſt 
er Sonne feyerte, ſahe man in der Luft 
nen groſſen Adler, von derjenigen Art, wel⸗ 
je Anka genennt werden „ der von ſechs 
Vaſſervögeln „und eben ſo viel kleinen Fal⸗ 
en, welche die Peruaner Huaman nennen, 
i ver⸗ 


1 0 208 Fuͤnftes Buch. 


N verfolgt ward. Dieſe Voͤgel ſtieſſen wech 

1 ſelsweiſe, mit ſolcher Geſchwindigkeit auf 

50 den Adler, daß fie ihn verhinderten fort zu 
| fliegen, und an vielen Orten mit ihrer 
Schnaͤbeln verwundeten. Als der Adler nich! 
mehr im Stande war, ſich zu vertheidigen, 
fiel er auf dem groſſen Plazze in Cusko 
mitten zwiſchen den Ynkas zur Erde, als of 
er fie um Beyſtand anflehen wolte. Sie er: 
griffen ihn gleich, und glaubten Anfangs, 
er ſey krank; denn er war unrein, ſein gan— 
zer Koͤrper war mit Blattern oder Schwaͤ⸗ 
ren bedeckt, und ihm alle Federn, außer an 
den Fluͤgeln, ausgerupft. Sie warfen ihm 
zu freſſen hin, und thaten ihr möglichſtes, 


| um ihn zurechte zu bringen; aber aller ihrer 
N Sorgfalt ohngeachtet, ftarb er in wenig Ta: 
| gen. Die, wegen dieſes Vorfalles zu Na 
| the gezogenen Wahrſager verficherten insge⸗ 

| ſamt, daß dieſes eine offenbare Worbedeus 


J | tung des gaͤnzlichen Umſturzes des Staats, 

' und der Vertilgung des Gottesdienſtes fe 
Bald nach dieſer Begebenheit ereignete 
ſich einige Erdbeben, die ſo heftig waren, 
| daß 


aß die Einwohner des Landes, obgleich Per 
1 diefem Uibel ſehr unterworfen iſt, ſich 
ch nicht erinnern konnten, jemals derglei⸗ 
en erlebt zu haben; denn es wurden ſogar 
nige der hoͤchſten Berge zerſpaltet, daß ih⸗ 
Gipfel herab fielen. Dieſer Vorfall, der 
ſich ſelbſt ſchon ein groſſes Uibel war, 
urde dennoch nur fuͤr den Vorboten eines 
l groͤſſern gehalten. Dazu kam noch, daß 
Einwohner an der Seekuͤſte meldeten, 
ß das Meer bey der Ebbe und Fluth ſei⸗ 


gewoͤhnlichen Graͤnzen uͤberſchritten, und 


ige Gegenden uͤberſchwemmet, wohin es 
cher niemals gekommen wäre. Da fie nicht 
ißten, daß dieſes eine gewoͤhnliche Wirz 
ig des Erdbebens ſey; ſo nahmen ſie es 
ch fuͤr eine ſehr ſchlimme Vorbedeutung an. 
lein kaum hatten die armen Ynkas Zeit 
habt, hieruͤber zu erſchrecken, als fie ein 
eteorum, oder Luftzeichen ſahen, das ſie 
viel groͤſſere Unruhe ſezte. Sie wurden 
nlich in einer ſehr hellen und heitern Nacht, 
y groſſe Ringe um den Mond gewahr; 
Erſte davon war Blutroth; der Zweyte 
II. Theil. O ſchwarz⸗ 


Fuͤnftes Buch. 209 


210 Fuͤnftes Buch. 


ſchwarzgruͤnlich; der Dritte ſahe einem Rau 
che aͤhnlich. Ein Wahrſager oder Zauberer 
welche Leute man in Peru Llayka zu ner 
nen pflegt, ſahe dieſe Ringe mit der groͤßte 
Aufmerkſamkeit an, worauf er mit meine 
den Augen zum Hudyna Capak ging, un 
ihn mit ſchwacher und trauriger Stimme a 
fo anredete: “Einziger Beherrſcher (Cape 
Vnka) Du ſolſt wiſſen, daß der Mond, de 
ne Mutter, welche Dich ſehr liebt, D 
durch meinen Mund zu wiſſen thut, daß Pe 
chakamak, deſſen Vorſehung alles regier 
was er gemacht hat, dein Hauß, dei 
Reich, und deine Unterthanen mit viele 
groſſen Unfaͤllen bedrohet, die er uͤber f 
wird ergehen laſſen. Denn jener erſte Rin 
von Blut, welcher den Mond umgiebt, b 
deutet, daß, nachdem Du dieſe Erde wir 
verlaſſen haben, deine Nachkommen eine 
grauſamen Krieg mit einander fuͤhren we 
den, worinne man fo viel koͤnigliches Bl 
vergieſſen wird, daß ſeine Quelle bis auf d 
lezten Tropfen vertrocknen wird. Der z ei 
te Kreis zeigt an, daß nach den Ba 

de 


Fuͤnftes Buch. 211 


er Vertilgung deiner Nachkommenſchaft un⸗ 
re Religion wird abgeſchafft werden und 
ann wird dieſes Reich wie ein Rauch ver— 
ehen, wie der dritte Ring zeiget, welcher 
us Rauch zu beſtehen ſcheinet. Es geſchie⸗ 
et mit der größten Bekuͤmmerniß, daß ich 
zr dieſe Unglüͤcksfaͤlle verkuͤndige.“ 

Ob der Pnka gleich durch die Worte die⸗ 
s Wahrſagers ſehr geruͤhrt ward, ſo ließ 
es ſich doch nicht merken, damit es nicht 
biene, als ob es ihm an Herzhaftigkeit man⸗ 
le. „Gehe und entferne Dich,“ ſagte er 
m Wahrſager, ich ſehe wohl, daß Du 


le dieſe Thorheiten in dieſer Nacht getraͤu⸗ 


et haſt, und nun nenneſt Du ſie Offenba⸗ 
ngen meiner Mutter.“ Ich wuͤrde zu ta⸗ 


ln ſeyn, antwortete der Wahrſager, wenn 


das, was ich ſage, nicht beweiſen koͤnnte. 
imm Dir die Muͤhe, und komm mit mir 
raus, ſo wirſt Du die traurigen Zeichen 


iner Mutter mit deinen eigenen Augen ſehenz 


sdann kannſt Du, wenn Du es gut findeſt, 
e andere Wahrfäger laſſen zuſammen kom⸗ 
en und ſie fragen, was dieſes bedeute. 
Be: O 2 Dieſe 


212 Fuͤnftes Buch. 


Dieſe lezten Worte erſchreckten den Ynk 
noch mehr, und bewogen ihn, aus dem Har 
fe zu gehen um ſich von dem, was er gehoͤl 
hatte, zu uͤberzeugen. Als er es wahr fand 
ließ er alle Zeichendeuter ſeines Hofes zuſan 
men kommen. Der Geſchickteſte unter aller 
welcher aus dem Volke der Yaviner war 
und die drey Ringe um den Mond ſchon be 
trachtet hatte, behauptete eben das, was de 
Erſte Wahrſager verſichert hatte. Allein ol 
gleich Huaͤyna Capak von dem, was er ge 
hoͤrt hatte, überzeugt war, fo ſtellte er fic 
doch, als ob er es nicht glaubte, um feiner 
Volke den Muth nicht zu nehmen, und ſag 
te zu den Zeichendeutern indem er fie vo 
ſich ließ: »Ich werde euern Worten niemal 
Glauben beymeſſen, wenn mich der grof 
Pachakamak nicht ſelbſt von der Wahrhei 
derſelben verſichert. Denn ich kann mir nich 
einbilden, daß die Sonne, mein Vater, fei 
eigenes Geſchlecht ſo ſehr haſſe, daß er de 
gaͤnzlichen Untergang feiner Kinder geſtatte 
folte” Er brachte hierauf der Sonne viel 
groſſe Opfer, und befahl, das Orakel de 
Pacha, 


Fuͤnftes Buch. 213 


hachakamak und des Rimak um die Be⸗ 
ufung dieſer Wunderzeichen zu befragen. 
llein die Antworten, die er an dieſen bey⸗ 
in Orten empfing, waren zweydeutig und 
rworren, und die Zeichendeuter behaupteten 
immerfort ihre vorige Meinung. Um dieſe 
igedroheten Uibel, wenn es möglich waͤre, 
zuwenden, brachte der Ynka eine gute 


rmee von lauter alten wohlgeuͤbten Solda 


u zuſammen, und verlegte fie an den Or: 
, wo es ihm am nuͤzlichſten ſchien, in 
eſazzung. 

Ich habe uͤbrigens von dieſen Wunder⸗ 
chen, zu welchen noch einige ſchreckliche 
ymeten kamen, nichts geſagt, was nicht im 
nzen Reiche waͤre bekannt geweſen. Mir 
es von zween Hauptleuten der Leibwache 
Huaͤyna Capak erzähle worden, welche 
de in einem Alter von achtzig Jahren das 
uͤck hatten, getauft zu werden; der aͤlte⸗ 
hieß Dom Juan Pachuta, der Andere, 
ſen Taufnamen ich vergeſſen babe, nennte 
Be: 


. Ei O 3 Ohn⸗ 


214 Fuͤnftes Buch. 


Ohngefehr drey Jahr, nach dieſen, fi 
die Ynkas fo fürchterlihen Begebenheiten 


als ſich Huaͤyng Capak in feinem Pallaſt 


zu Pumipampa, einem der praͤchtigſten i 
Peru, befand, bekam er Nachricht, da 
man gewiſſe außerordentliche Menſchen, de 
gleichen man in dieſer Weltgegend noch nich 
geſehen, wahrgenommen, welche in eine 
ungewöhnlichen Fahrzeuge an der Kuͤſte he 
um fuͤhren. Es war dieſes das Schiff de 
Vasko Nugnez de Valboa, welcher da 
Suͤdmeer zuerſt entdeckte; und feine Leu 
waren es, die, wie ich im Anfange mein 
Geſchichte geſagt habe, dieſem Lande zuer 
den Namen Peru beylegten. Dieſe Beg 
benheit trug ſich im Jahre 1515, acht Jah 
vor dem Tode des Ynka Huaͤyna Capo 
zu. Dieſer Fuͤrſt wendete alle Mittel ar 
um zu erfahren, was dieſes fuͤr Leute we 
ren, und wo ſie wohl herkaͤmen; ohne da 
er eine befriedigende Nachricht erhalten ko 
te. Er wendete die acht übrigen Jahre, m 
che er noch lebte, nachdem man dieſe Fre 
den geſehen hatte, an ſein Reich weißlich 

a 9 8 regie 


Fuͤnftes Buch, 215 


egieren, und den Frieden zu erhalten. Die 


euen Ankoͤmmlinge machten ihm zu ſorgſa⸗ 


ne Gedanken, als daß er auf neue Erobe⸗ 


ungen haͤtte ſollen Anſchlaͤge machen. Außer⸗ 


em beunruhigte ihn das, was man ihm von 
hrem Schiffe geſagt, deſtomehr, weil ihm 


ie alte Weiſſagung, welche ſich bey den Pe⸗ 


uaniſchen Koͤnigen vom Vater auf den 


Sohn fortgepflanzt, unvergeſſen war; „daß 


ach einer gewiſſen Anzahl von Königen von 
beru, fremde Menſchen, dergleichen man 
och nie geſehen „ an ihren Kuͤſten ausſtei⸗ 
en, ſie ihres Reichs entſezzen, und ihrer 
Religion ein Ende machen wuͤrden. 


Zwey und zwanzigſtes Kapitel. 
Teſtament des Huaͤyna Capak; feine 
Vorherſagung der Ankunft der Spa⸗ 
nier, und ſein Tod. 

uaͤyna Capak befand ſich im Koͤnigreiche 
Quito bey ſeinem liebſten Sohne Ata⸗ 
uallpa, als er eines Tages Luſt bekam, ſich, 
um Vergnuͤgen, in einem See zu baden. 
ber kaum war er wieder aus dem Waſſer, 
* 5 O 4 als 


che nicht allein den Tod des Hudyna Ca⸗ 


216 Fuͤnftes Buch. 


als ihn ein Froſt, und dann eine far 
Hizze uͤberfiel; kurz der Koͤnig bekam ei 
heftiges Fieber. Es blieb in den folgende 
Tagen nicht außen, ſondern wurde vielmel 
mit jedem Anfalle heftiger; hieraus urtheili 
er, daß feine Krankheit toͤdtlich ſey. Er wu: 
de in dieſer Meinung durch Weiſſagungen 
die feine Perſon betrafen, welche die Ynka 
von der Sonne ſelbſt zu haben glaubten 
durch zauberiſche Wahrſagungen, und dure 
die Auslegungen, welche man über einig 
wunderbare Begebenheiten machte, geftärfi 
Es lieſſen ſich nemlich gegen das Ende de 
Regierung dieſes Fuͤrſten, wie ich ſchon er 
waͤhnt habe, einige Kometen ſehen; unte 
Andern Einer, deſſen Licht gruͤn ſpielte, wel 
cher die Weiſen unter den Peruanern unge 
mein in Furcht ſezte. Uiberdieſes hatte auch 
der Bliz in das Haus der nkas eingefchla 
gen; welches die Amautas, die Wahrfager, 
und die Prieſter ſehr betruͤbte, weil ie 
dieſes alles für Wunderzeichen hielten, wel⸗ 


pak, fondern auch den Untergang feines Hau⸗ 
ſes, 


Fuͤnftes Buch. 217 


es, und den Verluſt feines Königreichs vers 
pas. 

Als Huaͤyna Capak keine Hoffnung zur 
n mehr vor ſich ſahe, ſo ließ er 
eine Kinder und andern Anverwandten, nebſt 
den Statthaltern und Hauptleuten der naͤch— 
ſten Provinzen zu ſich rufen; worauf er ſie 
mit folgenden Worten anredete: „Meine 
Freunde, ich gehe hin im Himmel, die mir 
beſtimmte Ruhe zu genieſſen; denn die Sons 
ne hat mir ſeit einiger Zeit offenbaret, daß 
ie mich aus einem See zu ſich rufen wuͤr⸗ 
he. Da ich nun mit dieſer Krankheit aus 
dem Waſſer gekommen bin, ſo iſt es ein 
icheres Zeichen, daß mich mein Vater zu 
ich ruft. Ich empfehle Euch alſo, daß Ihr 
dach meinem Tode, mein Herz und Einge— 
veide nach Quito bringet; als einen Be⸗ 
weiß der groſſen Liebe, welche ich allezeit ge⸗ 


gen dieſes Land gehegt habe. Meinen Koͤr⸗ 


der bringet nach Cusko, wo die Leichname 
neiner Vorfahren ruhen. Vornemlich aber 
raget Sorge fuͤr meinen Sohn Atahuallpa; 
Er iſt dasjenige, was ich auf der Welt am 
4 25 meiſten 


218 Fuͤnftes Buch. 


meiſten liebe. Ich hinterlaſſe ihn an meine 
Statt als Ynka in dieſem Koͤnigreiche Qui 
to, und ich befehle Euch allen, ihm mit al 
ler Treue und aller Zuneigung, die ihr eue 
rem Koͤnige ſchuldig ſeyd, zu dienen, und it 
allem zu gehorchen; denn er wird Euch nichtt 
befehlen, was ich ihm nicht, nach dem Willer 
der Sonne, meines Vaters offenbare. Libri: 
gens empfehle ich Euch die Gerechtigkeit und 
Gelindigkeit gegen die Unterthanen. Damit 
ihr Euch den ruͤhmlichen Namen, der Freun⸗ 
de der Armen, erhaltet. Mit Einem Wor⸗ 
te betraget Euch in allen Dingen, als wah— 
re Ynkas, oder Kinder der Sonne.“ 
Nachdem Huaͤyna Capak dieſes zu ſei⸗ 
nen Söhnen und Verwandten geſagt hatte, 
redete er auch mit den Curakas und Haupt⸗ 
leuten, die nicht von koͤniglichem Gebluͤte wa 
ren, und empfahl ihnen, ihrem Koͤnige gut 
zu dienen, und ihm getreu zu ſeyn. 
Zulezt ſchuͤttete er noch fein ganzes Her 
aus, und ſagte: “Es find ſchon viel Jahr 
daß wir es, vermoͤge einer Offenbarung un⸗ 
m Vaters der Sonne, für gewiß baren g 


Fuͤnftes Buch. 2119 


daß, nachdem zwoͤlf Ynkas, von feinem Ge 
. haben, eine Art, uns 
ganz neuer und unbekannter Menſchen in 
dieſes Land kommen und ſowohl unſer Reich, 
als verſchiedene andere Laͤnder unter ihre 
Gewalt bringen wuͤrde. Ich ſtelle mir vor, 
daß ſie von dem Geſchlechte derer ſeyn wer— 
den, die an unſern Kuͤſten herum fahren. 
Sie werden uns an Tapferkeit und jeder 
Kunſt übertreffen. Außerdem wiſſen wir, 
daß ich der zwoͤlfte König von dem Geſchlech— 
te der Ynkas bin. Glaubet alſo gewiß, daß 
dieſe Fremden nach einigen Jahren in dieſes 
Land kommen, die Worte meines Vaters in 
Erfüllung bringen und ſich dieſes Reichs ber 
maͤchtigen werden. Ich befehle Euch ihnen 
zu dienen und zu gehorchen, als Leuten, wel— 
che Euch in allem uͤbertreffen und maͤchtigere 
Waffen haben werden, als die unſrigen ſind. 
Widerſezzet Euch ihnen nicht, es wuͤrde verge⸗ 
bens ſeyn. Lebet mit einander in Frieden; 
denn ich gehe nun zu meinem Vater, der 
Sonne, welcher mich zu ſich ruft 


v * 1 
rt y - 12 Je g r . 
* un wodes * 1 W 


Wo Dieſe 


220 Fuͤnftes Buch. 


Dieſe Weiſſagung erzählt auch Pedre 
de Cieka de Leon, und Francisko Lopez de 
Gomera hat uns ein Geſpraͤch aufbehalten, 
welches Ferdinand von Soto und Pedro 
von Barko, auf ihrer Reiſe nach Cusko, 
einige Tagereiſen von Caxamalka, mit dem 
dnfa Huaskar, welcher von den Truppen 
des Atahuallpa war gefangengenommen wor 
den, gehabt hatten. „Huaskar erklaͤrte ges 
gen dieſe beyden tapfern Spanier, daß alle 
dieſe Koͤnigreiche von Rechtswegen ihm zuge⸗ 
hörten, und daß Atahuallpa nur ein unbe⸗ 
fugter Beſizzer davon ſey. Er wolle ſich a 
den Anfuͤhrer der Chriſten wenden, welcher 
ihm ohne Zweifel Gerechtigkeit wiederfahren 
laſſen; und ihn in Freyheit und in dem Be 
ſiz feiner Koͤnigreiche ſezjen werde. Uibri— 
gens habe ihm Huaͤyna Capak, fein Vate 
vor feinem Ende ausdruͤcklich befohlen, | 
die fremden, baͤrtigen Leute zu Freunden zu 
machen; weil fi ie die Welt zu erobern b 
ſtimmt waͤren.“ 5 
Um zu dieſen Zeugniſſen noch Eines Bü 
zu zu thun, das vielleicht mehr Gewi 


ö hat, 


= 


Fuͤnftes Buch. 22 


at, als jene alle, muß ich noch erzaͤhlen, 
as mir der alte Ynka ſagte, welchen ich 
n Anfange meiner Geſchichte habe auftre⸗ 
n laſſen. Einſt als er der Eroberung der 
Spanier von Peru erwähnte, fragte ich ihn: 
Wie war es moͤglich Vnka, daß da der 
ingang in dieſes Land ſo ſchwer iſt, und 
ihr Ynkas ſo geuͤbte, und zu Eroberun⸗ 
n von Königreichen und Provinzen fo ge— 
öͤhnte Soldaten waret; Ihr dennoch euer 
eich in fo kurzer Zeit verloren „und Euch 


ner ſo kleinen Anzahl Spanier ergeben 


bt?“ der Ynka antwortete: Ihr König 
männa Capak habe ihnen befohlen, den 
paniern zu gehorchen, und ihnen zu dienen, 
s Leuten, die beſſer wären, als fie. Dies 
Worte unſers PYnka' ſezte er hinzu, „die 
zten in ſeinem Leben, waren maͤchtiger 
is zur Unterwerfung zu bringen, als ale 
Waffen, womit dein Vater und ſeine 
jefährten in dieſes Land gekommen find.” 
ch habe die Zeugniſſe für dieſe Vorherſa⸗ 
ing um deßwillen angefuͤhrt, weil es vie 
n unglaublich vorkommen möchte, daß 


ſich 


222 Fuͤnftes Buch. 


N ſich Huaͤyna Capak dieſes ſo gewiß vorge 
1 1 ' ſtellt, oder daß er feinen Unterthanen befoh 
| len haben folte, den Fremden zu gehorchen 

Huaͤyng Capak ſtarb als er zwey uni 
vierzig Jahr regieret, und beynahe dreyhun 
‘ dert Kinder gezeugt hatte, von denen noch 
zweyhundert am Leben waren. 


Drey und zwanzigſtes Kapitel. 

Huaskar Ynka verlangt von feinen 
Bruder, daß er ihn huldigen, und 
fuͤr ſeinen Herrn erkennen ſoll. a 
9 ls der Ynka Huaͤyng Capak geſtorber 
war, lebten ſeine beyden Soͤhne in den 
erſten vier bis fünf Jahren, in einem ziem— 
lich guten Verſtaͤndniſſe, und jeder begnuͤgte 
ſich mit ſeinen Laͤndern, ohne an neue 9 
oberungen zu denken. Da es unmoͤglich war, 
die Graͤnzen des Reiches der Ynkas gegen 
Morgen, wo es von den hohen Schne . 
gebuͤrgen Antis, oder gegen Abend, wo e 
vom Suͤdmeere eingeſchloſſen war, zu e 
weitern: Da die Ynkas ihre Herrſchaft g 
gen Mittag bis an den u Mauly ausge 
breitet 


/ — 


Fuͤnftes Buch. 223 


reitet hatten, jenſeit welchem armſeelige 
Bölferfchaften wohnten, die fo wild waren, 
aß der Puka welcher Chili erobert, ſchon 
amals beſchloſſen, nicht weiter zu gehen; 
ind da Atahuallpa Quito beſaß, welches 
peru gegen Norden lag; ſo konnte Huas⸗ 
ar PYnka auf keine neuen Eroberungen aus⸗ 


iehen, ohne ſeinen Weg durch das Gebiete 


ines Bruders zu nehmen; denn weiter ger 
en Mitternacht vermuthete man noch "Kos 
igreiche und Voͤlker, die ſich der Koͤnig 
aͤtte unterwerfen koͤnnen. Der Ynka Ata⸗ 
Uallpa, welcher nicht wußte, ob es ſein 
Bruder gelaſſen anſehen wuͤrde, wenn er 
eue Eroberungen machte, ſchien auch mit 
en Provinzen und Vaſallen, die ihm ſein 
Safer, wider Hoffen, gelaſſen hatte, zu⸗ 
rieden zu ſeyn. 

Allein, entweder iſt es nur zu ie 
aß der königliche Thron keinen Mitgenoſſen 


raͤgt, und Huaskar Ynka fuͤrchtete ſich 


nit der Zeit an feinem Bruder Einen zu 
kommen: oder der Gedanke, daß er, ohne 
leichſam die Erlaubnis ſeines Bruders zu 
5 | haben, 


224 Fuͤnftes Buch. 


haben, keine Eroberungen, wie alle ſein 
7 Vorfahren, machen koͤnne, wurde in ihn 
% zu lebhaft; mit einem Worte Huaskar fing 

40 an, es als eine groſſe Thorheit anzuſehen 
daß er den Willen ſeines Vaters genehmiget, 

und zugegeben haͤtte, daß ein fo wichtiger 

Königreich wie Quito von feinem Reich, 
ſolte getrennt werden. Er fuͤrchtete; ſeit 
Bruder werde ſich der Gelegenheit, neue Laͤn 

der zu erobern, die ihm abgeſchnitten waͤte, 

zu Nuzze machen und vielleicht einmal da: 

durch fo mächtig werden, daß er ihn ſelbſt 

vom Throne ſtieſſe: Und endlich glaubte er, 

es fen eine Schande, den Tittel Capak Yn— 

N ka, (das iſt Einziger Beherrſcher,) zu 
10 führen und feine Herrſchaft dennoch mit N 


1 nem Andern theilen zu muͤſſen. 

1 Alle dieſe Betrachtungen beunruhigten d 
161 | Herz des Huaskar Inka fo ſehr, daß er, un 
157 ſich zu beruhigen, Einen ſeiner Anverwan 
ten an ſeinen Bruder Atahuallpa abſchickte 
welcher zu ihm ſagen mußte: „Es ſey ihr 
bekannt, daß, nach der alten Verordnu 
des erſten Inka, Manko Capak, welche vo 


u 


Fünftes Buch. 225 


fen feinen Nachfolgern waͤre beobachtet 
orden, das Koͤnigreich Quito, und alle 
rovinzen, die er beſaͤſſe, der Krone und 
m Reiche von Cusko zugehoͤrten; Die Ab: 
tung dieſer Sander, auf das Verlangen 
nes verſtorbenen Vaters, ſey vielmehr ein 
wungener Gehorſam, als eine gerechte 
indlung: Da fie zum Nachtheil des Reichs, 
d feiner kuͤnftigen Beſizzer geſchehen ſey, 
hätte weder fein Vater fie begehren, noch 
fie thun ſollen: Jedoch da es einmal ges 
ehen, fo willige er darein, daß es fo blies 
wenn ſich Atahuallpa zwo Bedingun⸗ 
gefallen lieſſe; Erſtlich, daß er mit kei⸗ 
n Fußbreit Landes fein Reich erweitere; 
l alle noch zu erobernden Sander, zum 
iche von Cusko gehoͤrten: Zweytens, daß 
ihn fuͤr ſeinen Herrn erkenne, aa ihm 
dige.“ 


t, ſich noch zur Zeit in einen öffentlichen 
eg mit feinem Bruder einzulaſſen, be 
ite ſich der Verſtellung. Er empfing die⸗ 
Beſandſchaft mit allem Anſcheine der Ehr⸗ 
I, Theil. P erbie⸗ 


Atahualpa, der es nicht fuͤr rathſam 


226 Fünftes Buch. 


erbietung und Unterthaͤnigkeit; und nachden 
5 er drey Tage lang wohl uͤberlegt hatte, was e 
thun muͤſſe, ließ er den Geſandten vor fic 
fodern, und ſagte mit dem groͤßten Sche 
ne der Aufrichtigkeit zu ihm: “Daß er de 
Capak Ynka allezeit für feinen Herrn geha 
ten, und ihn noch in feinem Herzen dafür en 
kenne; Er ſey ſo weit von dem Gedanken en 
fernt, fein Königreich zu vergroͤſſern, daß 
vielmehr bereit ſey, es dem Könige, feine 
Bruder wieder zu geben, ſobald er es vel 
lange: ihm endlich allen Verdacht zu b 
nehmen; erbiete er ſich, zu ihm an ſeine 
Hof zu kommen, und als eine Privatpe 
ſon, wie ſeine andern Anverwandten, be 
ihm zu leben; auch werde er ihm, bey alle 
vorfallenden Gelegenheiten, als ſeinen Fu 
ſten und rechtmaͤßigen Herrn, Dienſte le 
ſten.“ Der Abgeſandte that dieſe Antw } 
dem Huaskar Ynuka, durch einen geſchwin 
Boten zu wiſſen, er ſelbſt aber blieb an d 
Hofe des Ynka Atahuallpa, ihm den E 
ſchluß, welchen Huaskar Ynka auf d 
Antwort faſſen wuͤrde, zu wiſſen zu thun. 
907 


0 


Fuͤnftes Buch. 227 


zar war mit dieſer Erklärung feines Bru— 
s hoͤchſt zufrieden, und ließ ihm ſagen: 
er ſey es zufrieden, daß ſein Bruder 
Reich beſaͤſſe, welches ihm ſein Vater 
aſſen haͤtte, und er beſtaͤtige ihm hiermit 
es Geſchenke, mit der Bedingung, daß 
in einer gewiſſen Zeit nach Cusko kaͤme, 
ihn zu huldigen, und den Eyd der Treue 

leiſten. Atahuallpa gab zur Antwort: 
18 er ſich ſehr glücklich ſchaͤzze, den Wil⸗ 
feines Bruders zu wiſſen, ihm in als 
Stuͤcken Folge zu leiſten; er werde nicht 
angeln, ſich zu der beſtimmten Zeit auf 
Weg zu machen, ihm den Gehor⸗ 

zu leiſten, den er ihm ſchuldig ſey; und 
ait dieſe Huldigung deſto feyerlicher ſey, 
> er den König, daß ihn die Vornehm⸗ 
ſeiner Provinzen begleiten duͤrften; ſo 
le um das Trauergepraͤnge feines Vaters 
äyna Capak, nach der alten Gewohn⸗ 
des Reiches Quito und der benachtbar⸗ 
Länder nebſt ihm zu begehen; als auch, 
h Endigung dieſer Ceremonie, ihm als 
pat Pnka den End der Treue zu lei⸗ 
Ä P2 fin.” 


228 Fünftes Buch. 


ſten.“ Huaskar willigte in alles, was fei 
Bruder begehrte, und ließ ihm ſagen; 0 
möchte alles, was er zu dem Trauerg 
praͤnge, welches er feinem Vater halten we 
le, alles fo, wie es ihm beliebte veranſte 
ten, und er koͤnne zu dem Ende, wenn 
Zeit ſey, nach Cusko kommen. Dieſe Vi. 


abredung war beyden Brüdern angenehr 


denn Huaskar ſahe alle Schritte, die ſe 
Bruder that für Beweiſe an, daß er v 
ihm nichts zu fürchten habe; und da At 
huallpa bemerkte, daß ſein Bruder nich 


von den Fallſtricken argwohnte, welche 


ihm ſtellte, ihm des Reichs zu beraube 
ſo zweifelte er nicht, daß er ihn unverm 
thet überfallen, und feine Abſichten ef 
ren würde. x 

A 


4 
* 


Vier und zwanzigſtes Kapitel. 
Kunſtgriffe des Atahuallpa, durch 
che er ſeinen Bruder hintergehet. 
Atahualpa ließ nun in ſeinem ganzen 
nigreiche, und in allen, damit ver 
denen Provinzen bekannt machen; Es fl 


fü 


Fuͤnftes Buch. 229 


h alle im Dienſte ſtehende Mannſchaft fer⸗ 
halten, auf einen gewiſſen Tag nach Cus— 


abzugeben, um, nach der alten Gewohn⸗ 


it eines jeden Volkes, das Trauergepraͤnge 
nem Vater Huaͤyna Capak zu halten, und 
dann den groſſen Monarchen Huaskar 
nka zu huldigen, und ihm den Eyd der 
eue zu leiſten. Er gab auch Befehl, daß 
h ein Jeder prächtig kleiden ſolle, damit 
r Aufzug deſto feyerlicher würde. Insge— 
im aber befahl er den Hauptleuten, in ih— 
n Diſtrikte die beſten Soldaten auszuſu⸗ 
n und fie insgeheim zu bewaffnen; denn 
habe fie vielmehr zum Streite, als zu eis 
m Leichengepraͤnge, noͤthig. Er machte fer⸗ 
r die Anordnung, daß ſie in Haufen zu 
f bis ſechshundert Mann marſchieren, und 
ſo kleiden ſolten, daß ſie eher fuͤr Buͤr⸗ 
, als für Soldaten angeſehen würden und 
ß Ein Haufen ſich immer drey Meilen von 
m Andern entfernt halten ſolte. Endlich 
ten die Erſten Hauptleute, wenn ſie noch 
'n bis zwölf Tagereiſen von Cusko ent⸗ 
nt waͤren, Halte machen, damit ſie die 


P 3 Nach⸗ 


230 Fuͤnftes Buch. 


Nachfolgenden deſto beſſer einholen koͤnnten 
die Hinterſten aber ſolten, wenn fie an ö ö 
wiſſe beſtimmte Oerter kaͤmen, ihre Tagere 
ſen verdoppeln, um ſich mit den Vorde te 
deſto geſchwinder vereinigen zu konnen. A 
dieſe Art ſezte Atahuallpa liſtiger Weiſe mel 
als dreyßigtauſend Mann in Bewegung, vi 
denen die Meiſten auserleſene, alte Sold 
ten, unter der Anführung der erfahrenfk 
Hauptleute des Landes waren, welche i 
fein Vater noch übergeben, und die ihn ze 
her nie verlaſſen hatten. Alle dieſe Truppe 
wurden von zween Feldherren ac 
von welchen der Eine ſich Challkuchima, d 
Andere aber Quiezquiez nennte, denen d 
YVnka zu erkennen gab, und es auch oͤff 
lich bekannt machte, daß er mit dem Lez 
ſich auf den Weg machen wuͤrde. 

Indeſſen dachte Huaskar Ynka gar ni 
daran, auf ſeiner Hut zu ſeyn. Denn 
trauete den Worten feines Bruders vollk 
men; nochmehr aber verließ er ſich auf 
lange Erfahrung ſeiner Vorfahren, w 
ſie von der Treue ihrer Unterthanen h 
verme 


ermoͤge welcher, wie der Pater Akoſta in 
iner Geſchichte ſagt, die Peruaner ihre 
doͤnige fo ſehr liebten, daß man ihnen 
in einziges Beyſpiel der Verraͤtherey 
orwerfen koͤnne. Huaskar befahl alſo, 
aß man reichlich für die Leute ſeines Bru⸗ 
ers ſorgen, und ihnen alles geben ſolte, was 
e noͤthig haͤtten. Er wolte, ſagte er, daß 


zan fie allenthalben als feine eigenen Brir 


er aufnehmen folte, welche kaͤmen, feinem 


zater ein Trauergepraͤnge zu halten, und 


im den Eyd der Treue abzulegen. 


h 
Fuͤnf und zwanzigſtes Kapitel. 
duaskar bekommt einige Nachrichten, 
welche ihn bewegen, ein Mißtrauen in 
ſeinen Bruder zu ſezzen und ſich 
zu ruͤſten. 

Die e des Atahuallpa legten von Qui⸗ 

to aus beynahe vierhundert Meilen in 
er vorbeſchriebenen Ordnung zuruͤck, bis ſie 
och ohngefehr achtzig Meilen von Cusko 
ntfernt waren. Einige alte Ynkas, welche 


Statthalter in den noͤrdlichen Provinzen, und 


P 4 ſowohl 


Fuͤnftes Buch. 231 


232 Fuͤnftes Buch. 


ſowohl in den Kuͤnſten des Krieges als der 
Friedens wohl erfahren und geuͤbt waren 
ſahen mit Verwunderung ſo viele Leute durch 
ihre Statthalterſchaften gehen, und bekamer 
davon uͤbele Meinung. Sie urtheilten mi 
Recht, daß fünf bis ſechs⸗, auf das höoͤchſt 
zehntauſend Mann gnug ſeyn muͤßten, un 
das Trauergepraͤnge wegen dem Tode det 
Huaͤynga Capak aufzuführen; und was den 
Eyd der Treue betraͤfe, ſo ſey es nicht nd 
thig, daß ihn andere Perſonen leiſteten „ als 
Atahuallpa, die Curakas, die Statthalter 
und die Hauptleute. Uiberdieſes wurde auch 
Atahuallpa nicht allein fuͤr einen tapfern, 
ſondern auch fuͤr einen unruhigen und ehr⸗ 
geizigen Herrn gehalten. Dieſe Ynkas ga 
ben alſo dem Huaskar Ynka insgeheim Nach 
richt, daß er auf ſeiner Hut ſeyn möchte. 
Dieſe Nachricht weckte den Ynka Huas⸗ 
kar aus ſeinem Schlafe, in welchen ihn fein 
allzugroſſes Zutrauen eingewiegt hatte. E 
ſchickte in Eil Boten in die Bezirke von Al | 
tiſuyu, Collaſuyu und Cuntiſuyu an all 
Statthalter, daß ſie mit ſo vielen Kriegsleu⸗ 


Fuͤnftes Buch. 233 


n, als fie nur zuſammen bringen könnten, 
er Hauptſtadt zueilen ſolten: Allein in dem 
Zezirk von Chinkaſuyu, welcher der größte 
nd volkreichſte iſt, ließ er dieſen Befehl 
icht ergehen, weil er glaubte, daß die Pro: 
inzen, welche dazu gehoͤren, ihre Leute ſelbſt 
othig haben würden, um den Feinden, wel- 111 
e ihren Zug hierdurch nehmen mußten, zu 1 
iderſtehen. Die Einwohner von Collaſu⸗ e * 
1 konnten nicht zeitig gnug kommen, weil IN 
efer Theil des Reichs zu weitlaͤuftig , | 1 0 
ad ſich über zweyhundert Meilen gegen Suͤ⸗ 
n erſtreckt: Antiſuyu, welches voller Ber⸗ 
und alſo nicht ſehr bewohnt iſt, ſchickte 
enig Mannſchaft: aus Cuntiſuyu, welches | 19 
cht fo gar groß und ſtark bewohnt iſt, eil⸗ 6 
n alle Curakas, mit ohngefehr dreyßigtau⸗ m 
ad Mann herbey; allein die Einwohner die— EB 
s Landes find von Natur nicht fehr herz | 
ft; und da fie einen langen Frieden genoſ⸗ 
n, waren fie auch nicht ſehr geübt in den 
affen. | 
Huaskars und feiner Leute Nachlaͤßigkeit 
rmehrte den Muth von Atahuallpas Trup⸗ 
3 P 5 pen: 


auch weil er wußte, daß die Feinde gar nich 


234 Fünftes Buch. 


pen: In kurzer Zeit ſtanden zwanzigtauſend 
Mann von ihnen am Fluſſe Apurimak. Se 
bald fie hinüber gegangen waren, gaben 
ihre Geſinnung öffentlih zu erkennen, u | 
rückten, gewaffnet, mit groͤſſerer Gefchroim 
digkeit der Hauptſtadt naͤher. Das Vorder 
treffen marſchierte auf dieſe Art, wie it 
Schlachtordnung fort, bis der Nachzug, wel 
cher noch aus zehntauſend Mann beſtan ö 
dazu geſtoſſen war; worauf ſich das ganz 
Heer auf dem Hügel Villakunha, ſechs Mei 
len von der Stadt lagerte. Atahuallpa, | 
es nicht wagte, fo nahe zu kommen, bliel 
an der Graͤnze feines Koͤnigreichs, und wol 
te den Erfolg des erſten Treſſens erwart n 
worauf er ſeine ganze Hoffnung geſezt hatt 
Theils weil er ſich von der Erfahrenheit ei 
ner alten Hauptleute und der Tapferkeit ſt 
ner verſuchten Soldaten alles verſprach; Theils 


zu einem Kriege gefaßt waren. Huask 
Ynka mit allen feinen Verwandten und d 
Truppen, die er zuſammengerafft hatte, ur 
die ſich ohngefehr auf zehntauſend Mann be 


liefen, vereinigte ſich mit dem Heere, wel: 
ches Cusko gegen Weſten ſtand, um daſelbſt 
die, welche noch aus den entferntern Pro— 
vinzen kommen wuͤrden, an ſich zu ziehen. 


Sechs und zwanzigſtes Kapitel. 
Treffen zwiſchen den Heeren der beyden 
Ynkas: Atahuallpa ſiegt. 

Die Pflicht eines Geſchichtſchreibers, der 

ich mich unterzogen habe, zwinget mich 
hier am Ende der Regierung der Ynkas eis 
ne Erzaͤhlung zu unternehmen, welche die 
Menſchlichkeit empoͤrt. So, wie man nie 
wird geleſen haben, daß ein Reich nach men⸗ 
ſchenfreundlicheren Grundſaͤzzen errichtet, von 


guͤtigern Eroberern vergroͤſſert, und nach ge- 


rechtern und liebenswuͤrdigern Geſezzen regie⸗ 
ret worden iſt, als das Reich der Ynkas; 
fo wird man auch ſchwerlich in den Geſchich⸗ 
ten der Welt ein Beyſpiel von einem ploͤzli⸗ 
chern Umſturze einer ſo groſſen Macht, von 
naͤher auf einander folgenden Ungluͤcksfaͤllen, 
und von einer unmenſchlichern Grauſamkeit 
finden, als die, wodurch das weitlaͤuftige Ge⸗ 
br ſchlecht 


fl 


Fünftes Buch, 235 


236 Fuͤnftes Buch. 


ſchlecht der Ynkas, der guͤtigſten Könige auf 
Erden, ausgerottet worden iſt. So fonders 
bar, das Reich der Ynkas in feinem Urſprun⸗ 
ge; ſo einzig die Art und der Geiſt ſeiner 
Eroberer iſt; ſo ungewoͤhnlich iſt auch ſein 
Ende. Es ſolte mit Blut und nicht mit 
Tinte beſchrieben werden; allein ich fange 
meine traurige Arbeit an. 

Die Feldherren des Atahuallpa, wel— 
ches alte erfahrne Krieger waren, beſchloſſen 
den Huaskar Ynka ohne Verzug aufzuſu— 
chen, und alsbald, ehe er Zeit haͤtte, eine 
groͤſſere Macht zuſammen zu ziehen, ein Tref⸗ 


fen mit ihm zu wagen. Sie fanden ihn, 


drittehalb Meilen, von der Stadt gegen 
Weſten, auf der weiten Ebene ſtehen, wels 
che ſonſt Quepaypa, ſeit der blutigen Nies 
derlage der Chankas aber, Vahuar-Pampa 
genennt ward. Hier griffen fie, ohne Kriegsz 
erklaͤrung, das Heer des Huaskar Ynka 
mit der groͤßten Wuth an, welches ihnen ei⸗ 
ne gleiche Hartnaͤckigkeit entgegen ſezte. Da 
Treffen dauerte den ganzen Tag, und es 
wurden auf beyden Seiten Ströme von Blut 

ver⸗ 


Fuͤnftes Buch. 237 


vergoſſen. Die Armee des Atahuallpa muß⸗ 
fe entweder fiegen, oder unter dem ſchimpfli⸗ 
hen Namen der Auqui, das iſt der Verraͤ⸗ 
her des Vaterlandes, und der Aufruͤhrer 
vider den groſſen Ynka Capak der haͤrte⸗ 


ten Todesſtrafen gewaͤrtig ſeyn; das Heer | 


es Huaskar Ynka hingegen ward durch 
die Gegenwart feines Beherrſchers belebt, 
ind wolte lieber umkommen, als die gehei— 
igte Perſon feines Pnka beſchaͤdigen, oder 


n die Gewalt der Feinde kommen laſſen. 
Da aber die Leute des Huaskar weniger 


Muth und Geſchick im Kriege hatten; die 
Soldaten des Atahuallpa hingegen ſo tapfer 
varen, daß tauſend von ihnen, zehntauſend 
us den ſuͤdlichen Provinzen geſchlagen hät 
en, und da ihre Feldherren an Erfahrung 
ind Geſchick zum Kriege nicht ihres gleichen 
hatten; fo ward Huaskar überwunden. Die 


er Fürft flohe mit ohngefehr tauſend der 


Seinigen, welche ihn der Wuth der Schlacht 
ntriſſen hatten; allein die Sieger, welche 
jlaubten, fie hätten nichts gewonnen „wenn 
r n Haͤnden entginge, verfolgten ihn 


fo 


238 Fuͤnftes Buch. 


ſo hizzig, daß ſie ihm zum Gefangenen 
machten. Alle, die ihn begleiteten, ſturben 
in ſeiner Gegenwart, entweder durch das 
Schwerd der Feinde, oder durch ihr eige⸗ 
nes, weil ſie die Freyheit ihres Koͤniges 
nicht uͤberleben wolten. In den folgenden 


Tagen, ergaben ſich eine groſſe Anzahl Cu⸗ 


rakas, Hauptleute und andere vornehme Per⸗ 
ſonen, als arme Schaafe, welche nicht wife 
ſen, wo ſie eine Zuflucht ſuchen ſollen. Ver⸗ 
ſchiedene Hätten entfliehen koͤnnen; allein fie 
wolten lieber mit ihrem Koͤnige Gefangene 
ſeyn, ihm ihre Treue bis in den Tod zu bes 
zeigen, als ohne ihn die Freyheit genieſſen. 
Die Feldherren des Akahuallpa, welche 
die Perſon des Huaskar als die reichſte 
Beute betrachteten, lieſſen ihn beſtaͤndig durch 
vier Hauptleute und etliche der getreueſten 
Soldaten bewachen, welche einander von Zeit 
zu Zeit ablöſeten. Hierauf lieſſen ſie oͤffent 
lich bekannt machen, daß der König Huas— 
kar ihr Kriegsgefangener ſey; in der Abſicht 
daß die, welche etwa Willens waͤren, i 
zu Huͤlfe zu kommen, ihren Vorſaz, auf 
dieſe 


ieſe Nachricht fahren lieſſen. Vornemlich 
ber lieſſen ſie dieſe groſſe Neuigkeit alsbald 
em Atahuallpa zu wiſſen thun. Nunmehr 
rungen fie in Cusko ein, wo fie Alle, die 
ynen aufſtieſſen, niedermachten. 

Dieſes war der entſcheidende Zeitpunkt 
es Krieges; denn einige Gefechte, welche 
uf den Graͤnzen zwiſchen den Beſazzungen 
es Huaskar und einigen Hauptleuten des 
ltahuallpa vorfielen, waren ſehr unbetraͤcht⸗ 
ch. Die Geſchichtſchreiber, welche behau⸗ 
ten, Atahuallpa ſey auch in die Gefangen- 
haft der Truppen feines Bruders gerathen, 
eren ſich. Die Veranlaſſung dazu mag Dies 
> geiwefen ſeyn, daß Atahuallpa, um ſei⸗ 
en Bruder deſto ſicherer zu machen, aus⸗ 
prengen ließ; er ſey gefangen; und um her⸗ 
ach das Volk glaubend zu machen, daß 
hn die Götter eines beſondern Schuzzes 
vuͤrdigten, ließ er die Fabel ausbreiten; die 
Sonne habe ihn in eine groſſe Schlange ver⸗ 
vandelt, damit er ſich durch ein Loch aus 
hem Gefaͤngniſſe retten konne. Dieſes Volk 


dr 


dieſe 


ſo unwiſſend und leichtglaͤubig, daß es 


240 Fuͤnftes Buch. 


1 dieſe Erdichtung, fo handgreiflich fie aue 
| N war, für eine Wahrheit annahmen. 


MR Sieben und zwanzigſtes Kapitel. 
1 Unmenſchliche Grauſamkeit des Vn ka 
Atahuallpa. 
Als der Ynka Atahuallpa ſahe, daß e 
Herr des Reichs ſey, faßte er den ur 
menſchlichſten Entſchluß, der nur je einen 
Tyrannen in den Sinn gekommen iſt. Un 
ter dem ſcheinbaren Vorwande, er wolle fei 
nen Bruder wieder auf den Thron ſezzen 
ließ er allenthalben bekannt machen, daß fid 
| alle Ynkas, alle Statthalter, Hauptleute 
4 Curakas, und alle Staatsdiener, oder we 
| nur ſonſt ein öffentliches Amt hätte, in eine 
Na) gewiſſen Zeit nach Cusko begeben ſolten; w 
il er eine Verſammlung der Landſtaͤnde halten 
| | und mit feinem Bruder wegen gewiſſer Ar 
NEN) tickel uͤberein kommen wolte, durch derer 
Beobachtung ſie forthin in dem beſten Ver 
ſtaͤndniſſe mit einander leben wuͤrden. Di 
HDnukas vom königlichen Geblüte eilten zuerft 
dieſem Rufe zu folgen; nur wenige, die du 


Fuͤnftes Buch. 241 


lter oder Krankheit abgehalten wurden, 
ͤlten; dennoch blieben auch einige um deß— 


illen zurück, weil fie den Worten eines fies 


nden Tyrannen nicht trauen wolten. Die 
nigen aber, welche ſich einfanden ) wurden 
„ wie fie kamen, nach dem, vom Atahu— 
lpa gegebenen Befehle, hingerichtet. 

Allein ehe ich in der traurigen Erzaͤhlung 
r Grauſamkeiten des Atahuallpa fortfahre, 
uß ich die Bewegungsgruͤnde, welche fein 
erz vermuthlich getrieben haben, anführen; 
il dieſer Theil meiner Geſchichte, ſo wahr 
iſt, ſonſt ohnmoͤglich Glauben finden wuͤr— 
denn ohne allem Nuzzen wuͤrde auch der 
ste Unmenſch ſolche Abſcheulichkeiten nicht 
sgeuͤbet haben: Es war ein Grundgeſez 
dieſem groſſen Reiche, welches ſeit dem 
en Ynka Manko Capak unverbrüchlich 
r gehalten worden, daß kein Sohn ſeinem 
ater auf dem Throne folgen konnte, wenn 
nicht mit der rechtmaͤßigen Gemalin des 
ka, das iſt, mit ſeiner Schweſter, war 
zuge worden. Hätte der Capak Ynka kei⸗ 
Sohn mit der Koͤnigin, ſeiner Gemalin 
I. Theil. Q erzeugt 


242 Fuͤnftes Buch. 


erzeugt gehabt, fo hätte der Sohn des naͤch 
ſten Anverwandten, der rechtmaͤßig von ei 
nem Ynka und einer Palla, in deren Ab 
kunft kein fremdes Blut waͤre gemiſcht ge 
weſen, abſtammte, die Krone nach dem Te 
de des Koͤniges bekommen. Haͤtte auch die 
fer keinen rechtmäßigen Sohn gehabt, fo hä 
te der Naͤchſtfolgende, welcher von der, i 
den Geſezzen beſtimmten Abkunft geweſe 
waͤre, den Thron beſtiegen, und ſo for 
Dieſe Beſchaffenheit fehlte der Geburt de 
Atahuallpa; ſeine Mutter war eine Fremd 
eine Tochter des ehemaligen Koͤniges ve 
Quito; alſo konnte er den Thron der . 
kas nicht beſteigen: Da ferner ein andere 
Geſez des Manko Capak befahl, alle e 
oberten Laͤnder mit der Krone zu vereinige 
und nichts davon abzuſondern; fo konnte Al 
huallpa nicht einmal mit Recht das Koni 
reich Quito beſizzen. Vor dieſen Geſezz 
welche ſeit einigen Jahrhunderten unter z 
Koͤnigen unverbrüchlich waren beobachtet wi 
den, die alſo den Unterthanen der Yn 
als Vorſchriften der Natur ſelbſt vorkon 


Fuͤnftes Buch. 243 


zen mußten, fürchtete ſich Atahuallpa. Er 
rgwohnte, die Peruaner, welche ihre alten 
Heſezze und Gebräuche ohnedem übermäßig 
ieben, möchten alsdann, wenn alles wieder 
ubig wäre, und er fein Heer haͤtte ausein⸗ 
nder gehen laſſen, einhellig einen Ynka, 
eſſen Geburt die gehoͤrige Rechtmaͤßigkeit 
aͤtte, verlangen, oder ſich ſelbſt einen er⸗ 
yählen. 


Diefe en machten, y daß er 


eſchloß für das Erſte die Kinder des Hu⸗ 
skar, und dann auch alle ſeine Bruͤder, 
onkel, Vettern und alle Anverwandten von 
em Geſchlechte der Ynkas töͤdten zu laſſen. 
Seine Grauſamkeit erſtreckte ſich ſogar auf 


ie, welche, wie er, natürliche Söhne, und 
nit Fremden erzeugt waren; weil er ſich 


urchtete, fie möchten fein eigenes Beyſpiel 
zachahmen, und ſich einſt, bey einer guten 
Selegenheis, mit Gewalt auf den Thron 
chwingen. Alle dieſe Ungluͤcklichen wurden 
ehenft, oder mit groſſen Steinen am Halſe 
n Slüffe und Seesen geworfen. Die unbarm⸗ 
erzigen Diener der Grauſamkeit dieſes Ty⸗ 


Q 2 rannen 


N | 244 Fuͤnftes Buch, 


rannen mußten feine abfcheulichen Befeh 
1 mit der groͤßten Eilfertigkeit vollbringen, we 
| I er ſich nicht fuͤr ſicher hielt, fo lange noı 
N) | Ä Jemand von der Familie der Ynkas am L 
Am ben war. Er ſelbſt blieb, obgleich feir 
Feldherren einen ſo vollkommenen Sieg ei 
| halten hatten, zu Sauſſa, welches noch ach 
\ zig Meilen von Cusko entferne ift, und ge 
trauete ſich noch nicht, der Hauptſtadt ne 

her zu kommen. | 
Die Wuth, oder vielmehr die Furcht de 
ſchaͤndlichen Atahuallpa war durch ſo vie 
vergoſſenes Blut noch nicht befriediget: e 
beſchloß ſogar auch die kleinſten Kinder un! 
die Frauenzimmer vom koͤniglichen Geſchlech 
te von der Welt zu ſchaffen, denn auch die 
f fe machten ihm Sorgen. Er befahl alfı 
| den gewöhnlichen Dienern feiner Gewaltthaͤ 


9 tigkeiten, alle Kinder und Frauenzimmer vom 
1057 En der Ynkas, die geweyheten Jungfrau: 

1 | en zu Cusko ausgenommen, aufzuſucher 
und nachdem fie fie aus der Stadt hinaus 
wuͤrden geführt haben, nach und nach umzi 
bringen. Dieſe Henker vollzogen feine bl i 
e Ä eigen 


Fuͤnftes Buch. 245 


gen Befehle auf das genaueſte, und ſuch— 


n dieſe ungluͤcklichen Geſchoͤpfe im ganzen 
zoͤnigreiche mit der größten Sorgfalt auf. 
die Zahl der rechtmaͤßigen ſowohl, als der 


nrechtmaͤßigen Kinder der Ynkas, war aus 


rordentlich groß. Denn da jeder Ynka 
e Freyheit hatte, fo viele Weiber zu neh⸗ 
en, als es ihm beliebte, und da, durch die 
eiſen Geſezze dieſes Reichs, Niemand we⸗ 
en feinem oder der Seinigen Unterhalte in 
sorge ſeyn durfte; fo war wohl nie ein zahl— 
icheres Geſchlechte auf Erden geweſen. Nach⸗ 


m ſie ſich dieſer Unſchuldigen bemaͤchtiget N 


uten, brachten fie fie auf die weite Ebene, 
ren ich ſchon oft unter dem Namen Hahu— 
pampa, oder das Blutfeld, erwähnt ha 
„ zuſammen. Hier wurde dieſer unglückfees 
ze Haufen nicht nur von einigen tauſend 
kann beſtaͤndig bewacht, ſondern es waren 
ich in gewiſſen Entfernungen Schildwachten 
die Zugaͤnge zu dieſem traurigen Orte, 
ſtellt, welche niemanden weder heraus, noch 
nein gehen lieſſen. Bey jedem Mondes⸗ 
pi ward nunmehr ein Theil dieſer bekla⸗ 

Q. 3 gens⸗ 


246 Fünftes Buch. 


genswuͤrdigen Schlachtopfer, von den Hen— 


kersknechten des verfluchten Atahuallpa, der 


es fo befohlen hatte, auf die ſchmaͤligſte Wei⸗ 
ſe hingerichtet; da indeß die Andern, bis 
die Stunde ihres Todes kam, mit nichts, 
als Maiz und gruͤnen Kraͤutern, wie man 
bey den ſtrengſten Faſten zu eſſen co 
genähret wurden. Auf dieſe Art rotteten 
dieſe unmenſchlichen Werkzeuge der Grau— 
ſamkeit des Atahuallpa beynahe das ganze 
koͤnigliche Geſchlechte der Ynkas innerhalb 
drittehalb Jahren aus, bis auf Wenige, des 
ren wir im folgenden Kapitel gedenken wol 
len. | 


Acht und zwanzigſtes Kapitel. 
Einige Ynkas von koͤniglichem Blute enk 
gehen der Verfolgung des 

Atahuallpa. # 

Ber der groſſen Menge der Perſonen vom 
koͤniglichen Geſchlechte konnte es nich 
fehlen, daß nicht einige derſelben, auch de 
genaueſten Nachſuchen der blutigen Dien 
des Tyrannen von Quito haͤtten entgehen 


Fuͤnftes Buch. 247 


ollen: eben fo waren unter der groſſen Anz 
ahl dieſer Barbaren verſchiedene, welche die 
Nenſchlichkeit nicht ſo ganz verlaͤugnen konn⸗ | 
en , daß ſie nicht einiges Mitleid mit dem a | \ 
\edaurenswürdigen Geſchlechte der Dnkas, 2 Mi 
velches fie für goͤttlich hielten, ſolten gehabt a 1 
haben. Muͤde dieſe Unſchuldigen zu verfol— | | 
zen und zu quälen, und des Mordens über: | 
ruͤßig, erlaubten fie verſchiedenen fich heim: N 
ich zu retten, die gemeiniglich von einem 0 
Alter von zehn, bis zwölf Jahren und dar⸗ } N 
inter waren. Ehe fie aber zugaben, daß fie 

die Ebene Yahuarpampa verlieſſen, nahmen N 
ie ihnen ihre Ehrenzeichen und koͤniglichem 775 
Schmuck ab, zogen ihnen die Kleider aus, | 
welche den koͤniglichen Stand verrathen konn ?. 0 
ten, und gaben ihnen Kleider, wie Leute von 


gemeinem Stande trugen; damit ſie nicht | Dun 

verrathen würden und ſelbſt in die Gefahr N | ! 

kaͤmen, aus welcher fie. andere ziehen wolten. 94 il 
Unter der Anzahl dieſer geretteten Per * 


ſonen war auch meine Mutter, die eine i h 
Nichte des groſſen Huaͤyna Capak, ſowohl | 
von der muͤtterlichen, als von der väterlichen N 

= Seite, | 90 


nach fpanifcher Art zu reden „ Infanten, 


248 Fuͤnftes Buch. 


Seite, und Tochter des Huallpa Tupak 
Inka Pupanqui, eines rechtmäßigen Bru— 
ders dieſes Koͤniges war. Mit ihr ward 
auch ihr Bruder, Dom Franzisko Huallpg 
Tupak Ynka Hupanqui, gerettet. Mit die 
ſem habe ich viele Jahre den genaueften Um 
gang gehabt, und er iſt es, aus deſſen Er ö 
zaͤhlungen ich das Meiſte, was ich gefchries 
ben, gefchöpft habe. Die Vornehmſten u 

ter denen, welche der Grauſamkeit des Atahu⸗ 
allpa entgingen, waren zween Auquis, oder 


Söhne des Huaͤyng Capak. Einer hieß 
Paulu, er war ſchon, zu der Zeit diefer trans 
rigen Vorfaͤlle, ein erwachſener Mann „ wi 
man aus der Geſchichte der ſpaniſchen Er— 
oberung ſiehet, wo oft von ihm geredet wird 
der Andere, Prinz Titu, war nur noch eir 
Knabe. Des Prinzen Paulu Sohn, Don 
Carlos YVnka, war mein Schulkamerad. Er 
ward mit einer vornehmen Spanierin verhey⸗ 
rathet, und zeugte mit ihr den Dom Mel 
chior Carlos Inka. Er kam im Jah 
1602 nach Spanien, und befindet ſi ſich, in⸗ 
dem 


Fuͤnftes Buch. 249 


dem ich dieſes ſchreibe, am Hofe zu Valla⸗ 
lid, Prinz Ditu hatte zwo Töchter; weil 
e von Föniglichem Gebluͤte waren, führten 
ie den Tittel Nuſtas, das ift fo viel als 
Infantinnen: fie wurden auch mit vorneh— 
nen Spaniern verheyrathet. Außerdem ha— 
e ich noch zweyhundert YVnkas und Pallas 
n Peru gekannt; wie auch einen Sohn und 
wo Töchter des Tyrannen Akahuallpa. Der 


Sohn dieſes Moͤrders feiner Familie hieß 


Dom Franzisko; ob er gleich ſchoͤn und 
ohlgebildet war, wurde er doch von Allen, 
die das Andenken feines Vaters verabſcheu⸗ 
5 zu feinem Gluͤcke ſtarb er ſehr jung: von 
en beyden Töchtern, ließ ſich die aͤlteſte, 
Donna Angelina, mit dem Dom Franzis⸗ 
d Pjzzarro ein, welcher mit ihr einige Kin⸗ 


er zeugte, die aber auch bald ſtarben; die 


indere, deren Namen Beatrix oder Eliſabet 
ar, iſt auch mit einem Spanier verheyra⸗ 
et worden. Außerdem erzog der Marquis 
dom Franzisko Pizarro auch eine Tochter 
s Ynka Huaͤyna Capak, Namens Don⸗ 


N Pr Huaͤylla Nuſta. Huaͤyna Capak, 


55 hinter⸗ 


den. Da ſich fein Haß auf alle erſtreckte, 


fangenſchaft gerathen waren, wurden mi 


250 Fuͤnftes Buch. 


1 
hinterließ auch noch einen andern Sohn, 
Manko Ynka, welcher der Erbe des Reichs 
war: dieſen habe ich nie geſehen. 4 


1 

Neun und zwanzigſtes Kapitel. 
Fernere Grauſamkeiten, welche Ata hu— 
allpa bis zu der Zeit ſeiner Gefan⸗ 
genſchaft ausübte, | 

Och komme von meiner Ausſchweifung zus 
ruͤck, um das ſchaudervolle Gemälde der 
Unmenſchlichkeit des Atahuallpa zu vollen⸗ 


die ſeinem Bruder gedient und ihn gelie t 
hatten; weil er glaubte, er haͤtte Urſache, 
ſich vor dieſen allen zu fuͤrchten, ſo ließ er 
es nicht dabey bewenden, daß er alle Ynkas 
von koͤniglichem Gebluͤte, deren er habhaft 
werden konnte, umbringen ließ, ſondern e 
beſtimmte auch allen Curakas, Statthaltern, 
Hauptleuten und. Offizieren der koͤniglichen 
Armee, gleiches Schickſal. Dieſe Ungluͤck 
ſeeligen, welche, wie ich oben erwaͤhnt habe 
theils willig, theils durch Betrug in die Ge 


gebun⸗ 


| Fuͤnftes Buch. 251 


gebundenen Haͤnden, auf eine weite Ebene 
im Thale Saxahuanam gefuhrt, und hier in 
zwo Reihen geſtellt. Hierauf ward der wink, 
lich beklagenswerthe Huaskar Ynka; wel: 
chen der liſtige Tyranne zum lezten Opfer 
ſeiner Wuth aufſparte, weil er, im Falle 
eines Aufſtandes, durch das Verſprechen ſei— 
ner Freyheit, den wildeſten Aufruhr ſtillen 
zu konnen glaubte; Der ungluͤckliche Huas⸗ 
kar, ſage ich, der wahre Erbe des Throns 
der YUnkas, wurde mit einem Stricke um 
den Hals, mit auf den Ruͤcken gebundenen 
Haͤnden beſchimpft, und mit Koth bedeckt, 
mitten durch die Reihen ſeiner ehemaligen 


Vaſallen hingefuͤhrt. Als dieſe armen Ge⸗ 


fangenen, ihren rechtmäßigen Fuͤrſten, in 


einem ſo traurigen Zuſtande, vor ihren Au⸗ 
gen vorbey fuͤhren ſahen, ſtieſſen ſie ein trau⸗ 


riges Klagegeſchrey aus, und warfen ſich 
alle vor ihm nieder, wie fie in feinem gluͤck⸗ 
ſeeligſten Zuſtande zu thun gewohnt waren, 
wenn ſie ihm, als dem Sohne der Sonne, 
ihre Ehrerbietung bezeigten. Allein in dem⸗ 
ſelben Augenblick wurden ſie von den Leuten 
5 t des 


252 Fuͤnftes Buch. 


des Atahuallpa, auf ein gegebenes Zeichen, 
mit Aexten und Kaͤulen, welche die Perug: 
ner Champi nennen, auf das grauſamſte er 
ſchlagen. Huaskar aber ward wieder hinweg 
gefuͤhrt, um vor feinem Tode, noch mehrer: 
77 Beyſpiele von der Grauſamkeit ſeines Bru⸗ 
* ii g ders zu hoͤren. 


A: Nach dieſem ſchrecklichen Bepfpiele ı der 

| U \ Unmenſchlichkeit, wodurch Atahuallpa allen 
A Vornehmen des Reichs, eine Furcht einzuja⸗ 
‚N gen ſuchte; ließ er auch alle Diener des Fi 


Der Tittel Inka, welchen ihnen Manko Ca⸗ 
pak gegeben hatte; und die Ehre, ihren Kis 
nig bedient zu haben, waren gnug, fie dem 


| niglihen Hauſes um das Leben bringen: 
1 14 
f 


19 Zerſtoͤrer des Reichs verhaßt zu machen. Je 
N; näher ihr Amt fie der Perſon des Koͤnigs 
N ehemals gebracht hatte, deſto grauſamer wur— 
144 den fie behandelt. Die, welche den König 


UN bey der Tafel bedient hatten, die Thuͤrhuͤter, 
J die Schazmeiſter, die Mundſchenken und die 
gleiches Anſehens waren, mußten dieſe Ehre 
7 mit dem Leben Webb Ihre Anverwand— 
1 1 ten wurden eben fo wenig, als fie ſelbſt ver⸗ 


ſchont; | 


Sünftes Buch. 253 


hont; ja ſogar die Städte, aus welchen 
waren, wurden mit den, fich daſelbſt be⸗ 
idlichen koͤniglichen ei ‚in die Aſche 
legt. 


Die geringern Hoſpedienten wurden zwar 


der That nicht ſo ſchlimm behandelt, als 
ne, dennoch aber wurden ſie nicht ganz 
rſchont. Denn die grauſamen Soldaten 
> Atahuallpa tödteten in einigen der Staͤd⸗ 
die ihnen zur Wohnung angewieſen wa— 


„ den zehnten, in Andern den fünften, und 


der in Andern den dritten Theil der Ein; 
hner. Auf dieſe Art war keine Stadt in 
n Umkreiſe von ſechs bis ſteben Meilen 
t Cusko, welche nicht ihren Antheil an 
Grauſamkeit des Tyrannen empfand. 
in dem ganzen Reiche, wo nur dieſe 
elloſen Uiberwinder, welchen ihr abſcheu— 
er Herr alles erlaubte, hinkamen, ſahe 
n nichts, als Rauben, Brennen und 
utvergieſſen. Am ungluͤcklichſten war un⸗ 


den entfernten Ländern die Provinz der 


narinen, weil ſie ſich dem unrechtmaͤßigen 
nige widerſezt hatte. Als Atahuallpa, 
ſchreibt 


12 


— 


254 Fünftes Buch. 


ſchreibt Pedro de Cieka, den Feldherrn An: 
toko, welcher eine Armee ſeines Bruders an 
führte, bey der Stadt Ambato geſchlager 
batte, ließ er ihn auf eine grauſame Wei 
umbringen; und als ihm die Einwohner 
Maͤnner und Kinder, mit Palmenzweigen 
in den Händen, entgegen kamen, um fein 
Barmherzigkeit anzuflehen, befahl er feine 
Hauptleuten, ſie insgeſamt niederzumachen 
Daher die Spanier in dieſer Provinz zehn 
mal mehr Weiber als Maͤnner fanden. Di 
Stadt Tumipampa ließ er verbrennen um 
gänzlich zerfiören. So fuhr der na 
Atahualipa fort, wo er nur hinkam, Str 
me von Blut zu vergieſſen; bis er endlich 
da er ſchon in den raͤchenden Haͤnden de 
Spanier war, das größte Verbrechen beging 
und ſeinen unſchuldigen Bruder Huaska 
auf eine unmenſchliche Weiſe hinrichten ließ 
Aber Atahuallpa, dieſer blutduͤrſtige Tyran 
ne, der jedoch in Anſehung der Spanier ebe 
ſo unſchuldig, und eben ſowohl ein ung 
haͤngiger König war, als fein Bruder, 
dem Verhaͤltnis gegen ihn, wurde ſelbſt we 


nig Tage darnach auf Befehl des fpanifihen 
Anführers, Dom Franzisko Pizarro, zum 
Tode verurtheilt und als ein Miſſethaͤter bins 
gerichtet, und das Reich, deſſen Beſiz er 
durch ſo viele unnatuͤrliche Grauſamkeiten ge⸗ 
ſucht, ward von den Spaniern erobert. 


Dreyßigſtes Kapitel. 
Von den, aus dem koͤniglichen Geſchlechte 
hoch uͤbriggebliebenen Familien, 
Nech muß ich eine kurze Nachricht von 


dem elenden Uiberreſte des zahlreichen, 


und ehemals fo glücklichen Geſchlechts der 1 
Ynkas geben; um meine Erzählung fo voll 


taͤndig zu machen, als mir es möglich iſt. 
Es haben ſich von den wenigen Ynkas, wel⸗ 


he der Grauſamkeit des Atahuallpa und der 


temden Tyrannen entkommen find, mehrere 


Nachkommen gefunden, als man ſich vor⸗ 


zeſtellt hatte. Alle dieſe Ungluͤcklichen ſchrie⸗ 
den im Jahre 1603 an den Dom Melchior 
Carlos Inka, an Dom Alonſo de Meza 
ind an mich, und baten uns, bey Ihro Ka⸗ 
holiſchen Majeſtaͤt die Gnade für fie auszu⸗ 
’ wirken, 


* 


Fünftes Buch. 255 


256 Fuͤnftes Buch. 


wirken, daß fie von der Abtragung dei 
Steuern und Gaben freygeſprochen wuͤrden, 
welche man von ihnen, wie von andern Pe 
ruanern foderte. Sie ſchickten uns zugleich 
eine Vollmacht zu, an dem Hofe alles das 
zu thun und zu verſprechen, was wir für gu 
befinden würden. Sie fügten zu dem Ende au 
thentiſche Beweiſe ihres Geſchlechtregiſters unk 
von welchen Koͤnigen ſie abſtammten, bey. Un 
die Wahrheit deſſelben in ein deſto helleres 
Licht zu ſezzen, hatten fie auf anderthalb EI: 
len weiſſen chineſiſchen Taffet, den koͤniglichen 
Stammbaum vom Manko Capak bis auf Hu— 
aͤyna Capak und feinen Sohn Paulu, malen 
laſſen. Auf dieſem, nach der alten Art verfer 
tigten Gemälde, find die Ynkas bis an den 
halben Leib, mit der Binde um den Kopf, mit 
den groſſen Ohrgehenken in den Ohren und ei— 
ner Hellebarde, anſtatt des Zepters, in der 
Hand, abgebildet. Man ſiehet neben der Fi— 
gur eines jeden Koͤniges ſeinen Stammbaum. 
Der Tittel iſt: Capak Ayllu, das iſt koͤnigli 
ches Geſchlechtsregiſter. Nebſt dieſer allgemei 
nen Uiberſchrift findet man allezeit noch ein 
beſon⸗ 


Fuͤnftes Buch. 257 


ſondere, von einem jeden Koͤnige, mit einem 
3 Namen, welcher anzeigt; daß dieſes 
die Nachkommen dieſes oder jenes Koͤniges ſind. 
Die Nachkommenſchaft des Manko Capak 
nennen fie Chima Panaka; fie beſtehet aus 
0 Ynkas: Die, vom Chinchi Roka, Raura 
Panaka; zu dieſer gehören 64 Ynkas: Die 
Tachkommenſchaft des Lloqui Pupanqui be: 
and aus 63 Haͤuptern und war Huaynana 


lyllu benennt: Capak Yupanqui hinterließ 


6 Ynukas, dieſer Stamm war Aumata be⸗ 
ennt. Uska Maͤyta hieß die Nachkommen⸗ 
haft des Maͤyta Capak und beſtand aus 35 
nkas: Des Ynka Roka ſeine beſtand aus 
> und hieß Vipaquiraus: Die, des Ynka 
ahuarhuakak beſtand aus 51, und war Ayl— 
Panaka benennt: Coczo Panaka war der 
ame der Nachkommenſchaft des Ynka Dir 
kocha, welche aus 69 Ynkas beſtand: Yn⸗ 
Panaka war die Nachkommenſchaft des 
nka Pachakutek und des Ynka Yupanqui 
nennt, welche beyde in ein Stammregiſter 
bracht waren; man fand darinne 69 Ynkas: 


as Stammregiſter des Tupak Ynka Yu 


II. Theil. R panqui 


258 Fünftes Buch. 


2 
panqui war Capak Ayllu benennt und hatt. 
nur 18 Ynkas: Der Stammbaum des Hu: 
aͤyna Capak führte den Tittel Tumi-Pam. 
pa, die Anzahl der Ynkas welche dazu ge 
hoͤrten war 22. Vor dem grauſamen Blut 
bade, in welchem Atahuallpa die dem Thro 
ne am nächften ſtehenden Inkas auszurotten 
ſuchte; waren die Abkömmlinge von den ber 
den lezten Königen, Huaͤyng Capak un 
Tupak Ynka Pupanqui, 567 an der Zah) 
Sie ſtammten alle in maͤnnlicher Linie vol 
beſagten Koͤnigen ab; denn die Unkas rech 
neten die von der weiblichen Seite nicht, wen 
ſich die Pallas nicht mit Ynkas, oder m 
ſpaniſchen Eroberern, welche ſie auch Juka 
nennten, verbunden hatten. Denn von de 
Spaniern glaubten fie eben ſowohl, daß fi 
von der Sonne abſtammten, als die Inka 
von des Manko Capak Blute. 

Der Brief, welchen uns dieſe Unterdruͤc 
ten, mit dieſem Stammbaume zuſchickten, we 
von Einem unter ihnen aufgeſezt, und 
eilf Ynkas, nach der Zahl der Stammbäu: 
unterſchrieben. Ein Amt welches ich begleite 


Fuͤnftes Buch. 259 


wodurch ich zu meinem groſſen Kummer abge: 
halten werde, die Sache meiner bedauernsmürs 
digen Blutsverwandten zu betreiben, noͤthigte 
nich, dieſes Geſchaͤfte dem Dom Melchior 
Carlos Pnka, welcher ſich am Hofe zu Valla⸗ 
zolid befand, zu uͤberlaſſen. Dieſer wuͤrdige 
Enkel des Ynka Paulu hielt um die Beloh— 
tung der Dienſte an, welche fein Großvater 


der Krone Spanien bey der Eroberung von 


Peru und in den darauf folgenden buͤrgerlichen 
Kriegen, geleiſtet hatte. Der König ertheilte 
hm eine Anweiſung, vermoͤge welcher er jaͤhr⸗ 
ich 7500 Dukaten, als eine Penſton aus der 
ffentlichen Kaſſe zu Lima zu heben hatte. Er 
ieß ihm auch die noͤthigen Koſten auszahlen, 
im ſeine Gemalin und ganzes Gefolge aus 
Amerika nach Spanien kommen zu laſſen: Er 
nachte ihn ferner zum Ritter von San Jago, 
ind gab ihm Hoffnung, eine von den hohen 
Bedienungen des koͤniglichen Hauſes zu bekom⸗ 
nen: doch alles dieſes mit der Bedingung, 
aß er allen Erbſchaften und Rechten, wel⸗ 


he ihm ſein Vater und Großvater in Cus⸗ 


o hinterlaſſen hätten, entſagte; daß dieſe 
| | 2, mit 


260 Fuͤnftes Buch. | 


mit der Krone von Spanien verbunden win 
den, und daß er nie wieder nach Amerika 


1 


So gänzlich ward der groſſe königliche 
Baum, unter welchem fo viele Völker wohl 
thaͤtigen Schatten und Schuz gefunden hat⸗ 
ten, mit der Wurzel ausgeriſſen, ſeine Krone 
abgehauen, und ſeine Zweige in den Staub 
gelegt; daß es unmöglich ſcheint, daß fie jez 
mals wieder gruͤnen und Fruͤchte tragen 
werden. 4 


Ende des Fuͤnften Buchs. 


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Innhalt 
des 


Sechſten Buchs. 


Ven der Religion, den Tempeln, den Gebraͤuchen 
den Feſten, der Pracht, der Regierungsart, den Ge 
ſezzen, der Polizey und der Lebensart der Nuka 
und der Glückſeeligkeit ihrer Unterthanen. 


Sechſtes Buch. 263 


e -SO el M Re 
. | 
Erſtes Kapitel. 


Von der Religion der Peruaner 
überhaupt, 


©: ift nothwendig, ehe ich von der Re⸗ 


ligion der Einwohner desjenigen Lan— 


desſtriches rede, welchem die Spanier den 
Namen Peru beygelegt haben, vorher zu 


erinnern, daß man zwey Zeiträume wohl zu 
unterſcheiden hat. Denn ganz anders war 
der Goͤzzendienſt dieſer Voͤlker beſchaffen, ehe 
ie von den Ynkas unterrichtet wurden; und 
anders war ihre Religion, nachdem dieſes 
Geſchlecht ſich zum Herrn dieſes Erdſtrichs 
gemacht hatte. 

Ehe Manko Capak in der Gegend des 
Sees Titikaka erſchien, war dieſe ganze Ge 
gend von unzaͤhlichen kleinen Voͤlkern bewohnt, 
und dieſe Voͤlker waren insgeſamt die ab⸗ 
ſcheulichſten Goͤzzendiener, fo wie fie auch 
die ungeſchlachteſten Sitten hatten. Sie ver⸗ 
* Todtengerippe von geſchlachteten Fein⸗ 
R 4 den, 


— 


269 Sechſtes Buch. 


den, das Meer, die Fluͤſſe, groſſe Berge 
groſſe Schlangen, groſſe Voͤgel, Fiſche, wil 
de Thiere, ſchaͤdliches Gewuͤrme und nuͤzlich 
Fruͤchte der Erde: mit einem Worte, alles 
wovon fie ſich naͤhrten, und wofür fie fid 
fuͤrchteten. Da ich aber hiervon im erfter 
Theile dieſer Geſchichte hinlaͤngliche Nach 
richt gegeben zu haben glaube; ſo will ich 
von dieſen Abſcheulichkeiten nichts weiter ſchrei 
ben, um mich nicht zu widerholen, oder ber 
unangenehmen Dingen zu lange aufzuhalten. 
Manko Capak, oder der Erſte Ynka 
trat auf und machte die zweyte Epoche in 
der Religion dieſer Völker. Er unterrichtete 
ſie in einer Lebensart, durch welche ſie ſo 
offenbar gluͤcklicher wurden, als ſie vorher 
geweſen waren; daß er ſie geneigt machte 
alles, was er ihnen ſagen wolte, zu glauben. 
Durch dieſe Wohlthat und dann auch durch 
eine einnehmende Beredſamkeit, vielleicht au 
durch den Beyſtand ſeiner Gemalin Mam 
Oello, brachte er es dahin, daß er den dum⸗ 
men Göͤzzendienſt eben ſowohl, als die thi 
riſchen Sitten, bey dieſen Menſchen gaͤnzlic 


Sechſtes Buch. 265 


ſchaffte „und ſie eine Religion lehrte, die 
zwar mit Abgötterey vermiſcht, aber doch 
viel menſchlicher und von einem Begriffe des | 
wahren Gottes nicht ganz leer war. 4 

Alle Geſezze, alle Glaubenslehren, alle 
Opfer, Einrichtungen, Anordnungen und 
Rechte, ſowohl in geiſtlichen, als in weltli— 
chen Dingen, in Religions- und in Regierungs⸗ N 
ſachen, ſchrieben die Ynkas und ihre Unter 1 
hanen, in den folgenden Zeiten, dem erſten ö 
Ynka Manko Capak zu. Auch wenn fie 1 
zor gut hielten, neue Geſezze oder Gebraͤu⸗ ) 
he einzuführen; fo gaben fie vor, Manko \ un 
Capak habe fie ſchon feinen Kindern gefagt, | 
ind fie wären durch mündliche Uiberlieferung⸗ | | 
ortgepflanzt, aber bisher nicht in Ausübung — \ x 
jebrac)e worden, bis die Vergroͤſſerung des ei 0 
Reichs es nunmehr noͤthig machte. Da die 9 
es Volk die Schreibekunſt nicht kannte, und 


fo kein ſicheres Mittel hatte, eine genaue N h 
Nachricht von den einzelnen Vorfaͤllen auf Ya 
ie Nachkommenſchaft fortzupflanzen; fo war I 


s auch unmöglich in den fpätern Zeiten aus⸗ 
indig zu machen, von welchem ihrer Könige i 
ft R 5 jedes 83 


266 Sechſtes Buch. 


jedes Geſez, oder Anordnung berrühre. Das 
ſicherſte Mittel alſo war; ſie insgeſamt dem 
Erſten Stifter zuzuſchreiben; ſo wie etwa 
die Römer beynahe alle ihre gottes dienſtli⸗ 
chen Gebraͤuche vom Numa herleiteten. Ge⸗ 
wiß iſt es daß Manko Capak dieſem Volke 
die erſte Idee zur Religion der Pnkas ans 


gegeben hat. 5 
; 

Zweytes Kapitel. 4 

Die Ynkas hatten einen Begrif, von 
dem einigen wahren Gotte. 1 


Die Betrachtung der Natur, durch die er⸗ 

heiterte Vernunft geleitet, war allem 
Vermuthen nach die Quelle, aus welcher die 
Ynkas und ihre Amautas, ihre Weltweifen, 
den Begrif von der höchften Gottheit ſchöoͤpf— 
ten. Sie erkannten nemlich einen Gott, 
welcher auch ſelbſt die Sonne, und alles, 
was da iſt, geſchaffen habe, und dieſen Gott 
nennten ſie Pachakamak. Dieſer Name 
iſt zuſammengeſezt aus Paſcha, welches Wort 
die Welt bedeutet und Kamak, welches das 
Mittelwort der gegenwaͤrtigen Zeit (Partici- 
pium 


Sechſtes Buch. 267 


pium praeſentis temporis) iſt, vom Zeit⸗ 

worte (Verbo) Kamar, beleben. Kamar 

aber iſt abgeleitet von Kama, die Seele. 

Man fi iehet alfo leicht, daß der Name Pas | 
chakamak denjenigen bezeichnet, der die 0 
Welt belebet; oder welcher alles traͤgt mit 

ſeiner Kraft; oder wie es Einige auslegen, 

der fuͤr die Welt das iſt, was die Seele 

für den Körper iſt. Sie hatten von dieſer . 
Gottheit den hoͤchſten Begrif; Wir Chriſten 
ſelbſten haben keinen vollkommenern vom wah 1 
ren Gotte. Wenn man die Ynkas fragte, 8 ö 
wer Pachakamak ſey? ſo antworteten ſie: l 
Es iſt derjenige, welcher allein der ganzen 
Welt das Leben giebt, und ſie erhaͤlt. Wir 14 
haben ihn nicht geſehen, um deßwillen bau⸗ | vd 
en wir ihm keine Tempel, aber wir beten | 
ihn im Grunde des Herzens an, und nennen 
ihn in unſern Gedanken: den unbegreiflichen ' 
Gott. Der ſpaniſche Geſchichtſchreiber, Au⸗ | 4 


guſtin von Carate erzaͤhlt in feiner Gefchichs 160 
te von Peru: Als der Pater Vincent von 10 0 
Valverde zu dem Koͤnige Atahuallpa geſagt u 1 


Er “Ynfer Herr Jeſus Chriſtus habe die 4 


268 Sechſtes Buch. 


Welt geſchaffen;' fo habe der Ynka gean 
wortet: Ich weiß davon nichts; ich glaul 
auch nicht, daß irgend ein Weſen, außer di 
Sonne, Etwas ſchaffen kann: Dieſe halt 
ich für einen Gott, und die Erde für ein 
Mutter. Uibrigens hat Pachakamak di 
Welt aus dem Nichts gezogen ꝛc. ꝛc. Hier 
aus ſiehet man, daß dieſes Volk den Pa 
chakamak für den hoͤchſten Gott und der 
Schöpfer alles deſſen, was vorhanden ift 
anſahen. 

Die Pnkas hielten dieſen Namen für fü 
heilig, daß fie es nicht leicht wagten, ihn 
auszuſprechen; und wenn es ja die Nothwen— 
digkeit erfoderte, fo ſprachen fie ihn mit al 
len Zeichen der groͤßten Demuth und Ehrer— 
bietung aus: Sie zogen alsdann die Schul— 
tern zuſammen, buͤckten ſich mit dem Kopfe 
und dem ganzen Leibe, hoben die Augen auf 
zum Himmel, ſchlugen ſie alsdann auf ein⸗ 
mal wieder nieder zur Erde, legten die flas 
che linke Hand auf die rechte Schulter, und 
kuͤßten die Luft. Alle dieſe Ceremonien waren 
bey den Pnkas und ihren Vaſallen, Zeichen 

| der 


Sechſtes Buch. 269 


e hoͤchſten Anbetung und einer außerordent— 
chen Ehrfurcht; ſie bedienten ſich derſelben, 
enn fie den Namen Pachakamak ausfpra: 
en, wenn fie die Sonne anbeteten, und 
venn ſie ihren Koͤnigen ihre Ehrerbietung 
ezeigten. Allein fie thaten diefes, fo zu ſagen 
Stufenweiſe; fie verrichteten mehr, oder we⸗ 
iger dieſer Ceremonien, nach dem Range 
er Perſonen. Einige davon gebrauchten fie 
uch gegen die Prinzen vom koͤniglichen Ge 
luͤte; die wenigſten aber gegen die Cura— 
as. Man ſahe auch daraus deutlich, daß 
e den Gott, welchen ſie Pachakamak nenn⸗ 


en, viel höher verehrten, als die Sonne; 
deil fie jenen Namen nicht eher über ihre 


ippen gehen lieſſen, als bey der höchften 


ſtothwendigkeit, da ſie hingegen die Sonne 


ey jeder Gelegenheit nennten. Dieſen Pa⸗ 
hakamak baueten ſie alſo keine Tempel, 
rachten ihm keine Opfer und ſagten auch 
icht, daß fie ihn jemals geſehen haͤtten. 

Allein, als die Ynkas das Thal Pacha⸗ 


amak, welches nach dem Meere zu, neben 


en Thaͤlern der Chinkas liegt, eroberten; 
17 a ſo 


— a ie 


270 Sechſtes Buch. 


ſo fanden ſie da einen Goͤzzentempel, welch 
dem Pachakamaͤk geweyht war; wo man 
ſowohl, als im Tempel des Goͤzzen Ruraf 
das Drafel fragte. Diefes war aber nicht! der 
Pachakamak der Ynkas; ob ihn diek 
gleich unbeſchaͤdigt ſtehen lieſſen, und viel 
von ihren Unterthanen dieſen Aberglauben, 
das Orakel zu fragen, auch annahmen. 

Viraͤkocha endlich war eigentlich kein 
Gott, ſondern eine Art von Geſpenſt, wel 
ches dem Ynka Virakocha, da er noch 
Prinz war, ſolte erſchienen ſeyn. Nunmehr 
wende ich mich zu der ſichtbaren Gottheit der 
YVnkas, der Sonne. 4 


Drittes Kapitel. F 

Die Untertanen der Ynkas thun 
Sonne allein goͤttliche Ehre an und 
bauen ihr Tempel. | 
Als Manko Capak die erſten Einwohne 
des Landes, welches wir izt Peru nen— 
nen, von ihrer verabſcheuungswuͤrdigen A 
goͤtterey abbringen, und ſie zur Anbetun 
der Sonne überreden wolte, ſoll er ihne 
ohnge⸗ 


Sechſtes Buch. 271 


ohngefehr folgende Vorſtellungen gethan ha⸗ 
ben: 

Pachakamak hat jene hellleuchtende Son- 
ne gemacht, welche taͤglich über die Mitte 
des Himmels wandelt und die ganze Welt 


erleuchtet, erwaͤrmt und durchſchauet, damit | 


Ihr fie für euern Gott erkennen und ſie an⸗ 
beten ſollet. Sie ſelbſt uͤberhaͤuft Euch täge 


lich mit ihren Wohlthaten und hat Euch eben 


zt die groͤßte erwieſen, indem ſie Euch ihre 
Kinder zugeſandt hat, um Euch von euerer 
hieriſchen Lebensart zu entwoͤhnen und Euch 
zu lehren, als Menſchen zu leben. Verge— 
bens hoffet Ihr von lebloſen Dingen, von 
unvernuͤnftigen Thieren, oder von kriechenden 
Gewürmen Hülfe: alle dieſe eure ehemaligen 
Götter find ſelbſt Geſchoͤpfe jenes hellglaͤnzen⸗ 
den Sterns, welcher den ganzen Tag uͤber 
allein den Himmel beherrſchet und auf die 
Erde herabſiehet; Er hat fie geſchaffen, daß 
ſie den Menſchen zur Nahrung und en 
lichkeit gereichen ſollen.“ 

Durch dieſe und aͤhnliche Vorſtellungen 
5 Manko Capak ſeine Unterthanen zu 
uͤber⸗ 


272 Sechſtes Buch. | 


überreden, die Sonne fur ihren Gott zu er 
kennen und ſie anzubeten. Uiberzeugt durch 
ſeine Gruͤnde, oder vielmehr geruͤhrt durck 
die Klugheit und den Unterricht, welchen ih 
nen ihr neuer Lehrer in allen Dingen gab, 
die zu einem bequemern und menſchlicherr 
Leben nuͤzlich find; entſchloſſen fie ſich di 
Sonne allein anzubeten, ohne ihr einen Va— 
ter, oder einen Bruder an die Seite zu ſez— 
zen. Vermoͤge eben dieſer Beweiſe glaubten 
fie, daß ihr König und ihre Königin Kinder 
der Sonne waͤren und daß dieſe beyden Men— 
ſchen, welche ihnen ſo vielen Nuzzen geſchafft, 
eben um deßwillen vom Himmel geſandt waͤs— 
ren. In dieſem Glauben erwieſen ſie ihnen 
goͤttliche Ehre: welchen Vorzug auch nach 
der Zeit alle ihre Nachkommen genoſſen. 
Auch nennen ſie noch, ſeit ihrer Bekehrung 
zum Chriſtenthum, nie den Namen Eines, 
ihrer ehemaligen Ynkas, ohne ſich durch groſſe 
Zeichen der Verehrung dazu vorzubereiten. 
Sie ſagen; fie wären dieſes ihrem Gedaͤcht— 
niſſe, wegen der vielen und groſſen Wohlthate 
ſchuldig, die ſie von ihnen empfangen haͤrten 
Obgleich 


Sechſtes Buch. 99 


Obgleich dieſes Volk mancherley Aber⸗ 
auben unterhielt und Wahrſager, Traum⸗ 
d Zeichendeuter hatte, ſo verehrte es doch 
ur allein die Sonne als ſeinen Gott, baue⸗ 


e ihr in der Folge der Zeit Tempel und N 1 
lltaͤre und brachte ihr Opfer. Dieſe . | | 
iederfuhr weder dem Monde „ob es ihn 1 Wr 
leich die Schweſter der Sonne und die 5 11 
Nutter der Ynkas nennte; noch den Geſtir⸗ - 4 
n, welche es für die Diener der Beyden 10 | 
rigen hielte; noch auch dem Donner, Bliz 1 
d Hagel, die es für die Ausrichter der | ' 
erechtigkeit der Sonne anſahe. Dieſe Ge⸗ | * 


ne und Meteoren hatten zwar im Hofe 
Sonnentempels zu Cusko ihre Wohnun⸗ 
1, wie wir in der Folge ſehen werden, aber . 1 
wurden nicht angerufen und es wurden 0 il 
en auch Feine Opfer ante) ett 

Die Spanier, ſonderlich ihre Geiſtlichen, 


b 1 
en den Peruanern Schuld, daß fie noch 1 
groſſe Anzahl andere Götter, außer der | | u 
nne verehrten. Dieſes ruͤhrte theils von | 1 
Begierde her, dieſes Volk in der Mei⸗ an 
g anderer Europaͤer herunter zu ſezzen, 9 
. Theil. S und l 


5 Sechſtes Buch. 


und die Grauſamkeiten, welche ſie an ihnen, 
unter dem Vorwande, ſie zu bekehren, aus⸗ 
übten, deſto nothwendiger und erlaubter vor— 
zuſtellen: theils, weil ſie die Unterthanen der 
Inkas nicht allezeit von den noch wilden 
Völkerſchaften unterſchieden: zum Theil abel 
auch, weil ſie ihre Sprache nicht recht ver 
ſtanden. 2 493 money Sl e 


Viertes Kapitel. 
Von der Unſterblichkeit der Seele, der a 
gemeinen Auferſtehung und andern 
Glaubensmeinungen der Pe⸗ 
. ruaner. | 
Die Inkas Amautas, oder die Welt 
fen unter den Pnkas, glaubten daß 
Menſch aus Leib und Seele beſtehe: deß 
gen nennten ſie ihn Alpakamaska, das hei 
Beſeelte Erde. Einen Menſchen nennten 
auch Runa, das iſt Ein mit Verſtand be | 
tes Geſchoͤpfe; ein Thier aber Llama, oder 
Vieh ohne Verſtand. Sie glaubten fer 
um der Belohnung und Beſtrafung w 
daß nach dieſem Leben ein anderes Leben, 


n welchem es den Guten beſſer „ als in die⸗ 
m erſten Leben; den Böſen aber ſchlech ter 
ehen wuͤrde: dennoch hielten ſie dafür „daß 
nes andere Leben auch ein koͤrperliches, und 
on dieſem hier nicht ſehr unterſchieden 


yn würde. Man ſiehet wohl, daß ſie die⸗ 


n Verſtorbenen, Guten und Boͤſen, auch 
Vohnungen ſchaffen mußten: fie theilten 
ſo das ganze Univerſum in drey Welten 
1: Hanan⸗ Paſcha, oder die Oberwelt 
ar das, was wir den Himmel nennen; die 
zohnung der Seeligen: Hurin⸗Paſcha, die 
iederwelt, nennten fie den Ort dieſes Le⸗ 
18, wo alle lebende Gefchöpfe gebohren 
rden, und ſterben: Veu⸗Paſcha, die Un⸗ 
welt, war in ihren Gedanken der Ort, 
die Böfen in jenem Leben wohnen ſolten. 
e nennten dieſe lezte auch Cupaypa⸗Hua⸗ 
„oder das Hauß des Teufels. Denn die 
kas hatten, gleich vielen andern Voͤlkern, 
h die Idee von einem Weſen „das Got⸗ 
und der Menſchen Feind ſey. Sie ga⸗ 
ihm den Namen Cupay, aber fie ſpra⸗ 
3. dieſen Namen niemals aus, ohne auf 
Gr die 


Sechſtes Buch. 275 


2 


276 Sechſtes Buch. 
die Erde zu ſpucken, und ihren Abſcheu da: 
gegen zu bezeigen. Ihre Seeligkeit ſezten fi 
darinne; daß man in dem Himmel ein ruhi 
ges und von allen Beſchwerden vollkommen 
freyes Leben führe; doch zaͤhlten ſie zu dei 
Vergnügen jenes Lebens, weder die Eörperli 
chen Wolluͤſte, noch die 1 andere 
Laſter. | 

Die Ynkas bitch zwar e fte, y daß si 
Seelen für ſich, ohne Körper, empfinden 
und denken koͤnnten; daher behaupteten fi 
auch; wenn der Menſch ſchliefe, ſo verlieſſ 
die Seele, welche keines Schlafes fähig wo 
re, den Koͤrper, und wanderte in der Wel 
herum; da ſaͤhe ſie denn die Dinge, die de 
Menſch zu traͤumen glaubte: Dennoch abe 
war die allgemeine Auferſtehung der Todtet 
auch Einer von ihren Glaubensartikeln. 2 
dieſer Auferſtehung, verſicherten ſie, bekaͤ 
die Seele den ganzen Koͤrper wieder, den 
im vorigen Leben gehabt haͤtte. Daher 
ben ſie auch alles, was ſie von ihren K 
pern abſchnitten, zum Beyſpiel Haare 
Nägel, an verborgenen Oertern, forgf 


2 


RA. 


auf; und als die Spanier, aus Geiz, die 
Graͤber der Pnkas öffneten, ausplünderten, 
und die Todtenknochen unachtſam hinweg 
warfen; fo wurden fie von den gegenwaͤrti⸗ 
zen Peruanern auf das angelegentlichſte ge⸗ 
deten, dieſes nicht zu thun, damit die Seelen 
der Pnkas fie bey einander fänden, wenn fie 
vieder aufleben ſolten. Dieſes Wort ge⸗ 
rauchten fie, weil fie kein gleichbedeutendes, 
nit auferſtehen, hatten. Dieſes Lezte wird 
elbſt von den ſpaniſchen Schriftſtellern beſtaͤ⸗ 
iget; Zum Beyſpiel „ von Franzisko Lopez 
e Gomara, von ee on und von 
zn de Mr | 


— 


u Fuünſtes Kapitel. 


Von den Opfern die man der e 


brachte, und ihren Prieſtern. 


Das vornehmſte Opfer, welches man der 

Sonne brachte, war wohl dieſes, daß man 
r, bey jeder Eroberung, den dritten Theil 
es eroberten Landes, mit allen Fruͤchten und 
erden widmete, welche darauf waren. Dies 


Grundstücke wurden hernach beftändig von 


S 3 daruͤber⸗ 


Sechſtes Buch. 277 


278 Sechſtes Buch. 


daruͤbergeſezten Leuten verwaltet, und * 
Ertrag davon den Vorſtehern der Tempel 
der Sonne, und der Haͤuſer, wo die aus⸗ 
erwaͤhlten Jungfrauen der Sonne wohnten, 
uͤberliefert. 1 
Was aber die eigentlichen Opfer betriff 
ſo glaubte man, daß die Sonne veel 
Lammer, Schaafe, und Widder liebte. Man 
opferte ihr auch zahme Kaninchen, und alle 
Arten von eßbaren Voͤgeln. Außerdem wur⸗ 
den ihr Aehren, Huͤlſenfruͤchte, Schwe 
und Buͤſchel von dem Kraute Kuka darge⸗ 
bracht. Der Sonne zu Ehren verbrannte 
man auch ſonſt allerhand Dinge, und dank⸗ 
te ihr dabey, daß ſie ſie zum Nuzzen der 
Menſchen hervorgebracht habe. Die Perua⸗ 
ner brachten ihr auch Trankopfer von einem 
Getränke, welches aus Waſſer und May; 
gemacht war. Bey einem Trinkgelag tunk— 
ten ſie, wenn ſie ſich vorher ſatt gegeffer 
hatten, die Spizze des Vorderfingers in das 
Gefäß, worinne dieſer Trank war, wendete 
die Augen gegen den Himmel, ſchüttelten 
den Tropfen e welcher ſich an den 


| Sechſtes Buch. 279 


Finger gehangen hatte, davon ab, warfen 
drey Kuͤſſe in die Luft, und alstann han 
4 an mit einander zu trinken. 

Ihre Opfer wurden von ie vers 
ne Der Oberprieſter in Cusko war al 
ezeit ein Onkel, oder ein Bruber des Koͤ⸗ 
nigs. Er wurde Villak-Umu genennt, die⸗ 
es heißt: der Prophet, welcher redet. Die⸗ 
er Name gab zu verſtehen, daß er es ſey/ 
velcher dem Volke den Willen der Sonne, 
hres Gottes ankuͤndige. Die andern Prie— 
ter im Sonnentempel der Hauptſtadt muß⸗ 
en insgeſamt Ynkas vom Stamme des 
Manko Capak ſeyn. Die Diener dieſes 
Tempels aber durften auch aus den gemach⸗ 
en Ynkas genommen werden. In den Pro 
inzen wurden die Prieſter von den Ver⸗ 
vandten des Curaka, oder Herrn der Pro⸗ 
yinz genommen; der Superior, oder Ober- 
zufſeher aber mußte ein gebohrner Ynka ſeyn. 
In der Kleidung unterſchieden ſich die Prie⸗ 
ter nicht von den andern Einwohnern des 


andes. Die für die Sonne auserwaͤhlten 


Sungfeauen wohnten in beſondern Haͤuſern, 
S 4 welche 


230 Sechſtes Buch. 


welche nicht weit von den Tempeln der Sor 
ne erbauet waren. Sie waren von zweyerle 
Art: Einige dieſer heiligen Jungfrauen wid 
meten ſich einer ewigen Keuſchheit und muß 
ten, wenn ſie ihr Geluͤbde brachen, mi 
dem Tode buͤſſen; Andere aber kamen unte 
die Kebsweiber des Koͤniges. 


Sechſtes Kapitel. 

Von dem Tempel der Sonne 
ane ge Cn ene 1 
De 55 in der Hauptſtadt Ri 
Reichs, war ein bewundernswuͤrdiges 
Gebäude, wenn man einerſeits den Reich— 
thum und die Pracht deſſelben, und ande— 
rerſeits den Mangel der alten Peruaner, 
den fie an Eiſen⸗ Baus und Zimmerwerkzeu⸗ 
gen litten, in Erwaͤgung ziehet. Er war 
viereckigt; feine Mauern waren von gebacke⸗ 
nen Steinen, aus einer ungemein ſchoͤnen 
Erde oder Thon aufgefuͤhret, und fein Dach 
von einem koſtbaren Holze gemacht. Er hatz 
te verſchiedene Thuͤren, der eee, 
aber befand ſich auf der Nordſeite; gege 
Mor⸗ 


Sechſtes Buch. 281 iu 


Morgen zu ſtand der groſſe Altar, und auf ö 
dieſem zeigte ſich in ungemeiner Pracht, das N 
Bild der Sonne vom reinſten Golde auf eis 

ner ſehr ſtarken goldenen Platte. Dieſes 

Bild der Sonne ſtellte ein Mannsgeſichte, 

mit Flammen und Strahlen umgeben, vor. 

Es war ſo groß, daß es von einer Seiten⸗ 

vand des Tempels bis zur Andern reichte. 

Die vier Waͤnde dieſes Tempels waren von 

ben bis unten mit Goldblechen uͤberzogen. ö 
In den Wänden herum ſtunden auf golde⸗ 7 
en Platten goldne Throne, auf welchen die 

alſamirten Koͤrper der verſtorbenen Könige 

fen," als wenn fie noch lebten. Die Ge 


hter dieſer Könige waren gegen den untern (| 
heil des Tempels gekehrt; nur Hudyna | | 
apak, der liebſte unter den Kindern der 


Sonne, hatte den Vorzug, daß fein Köͤr— 
er dem Sonnenbilde gerade gegenüber ſtand. 
die Thuͤren des Tempels waren auch mit Bin 
zolde überzogen, und um die Mauern deſ⸗ A 
Iben, lief auswendig eine goldene Platte, | . | 
ner Elle breit, gleich einem Blumengehaͤnge. a | | ö 


* 3 x 0 u 0 f ö N | } 
10 8 Sie⸗ | 1 


282 Sechſtes Buch. 


Siebentes Kapitel. 
Von dem Hofe des Tempels und den klei 
nern Gebaͤuden, welche dem Monde, der 
Sternen, dem Donner und dem Re⸗ 
| genbogen gewidmet waren. 
2 S herrliche Tempel ſtand mitten au 
einem weitlaͤuftigen Plazze, der vo 
einer Mauer eingeſchloſſen war, und ei 
Viereck vorſtellte. Um den oberſten The 
dieſer Mauer ging ein goldner Kranz eine 
Elle breit. Innerhalb dieſes Einſchluſſes un 
den Sonnentempel herum ſtunden fünf grofl 
Pavillons die viereckigt waren, deren Daͤche 
N aber in Pyramidengeſtalt ſpiz zu liefen. De 
| Erſte war beſtimmt, dem Monde zur Woh 


nung zu dienen. Die Thuͤren und Waͤnd 
. davon waren mit Silberblech überzogen 
U um durch die Farbe anzuzeigen, daß € 
Al | für den Mond beſtimmt ſey. Die Figur da 
5 von ſtand auf einem Altar in dieſer Kapelle 
' fie war von einer filbernen Platte gemacht 
und ſtellte ein Frauenzimmergeſicht v r 
0 Denn dieſes Volk glaubte, daß der Mo 
0 | die Schwefter und Gemalin der Sonne unk 


Sechſtes Buch. 283 


die Mutter der Ynkas ſey: um deßwillen f 
nennten fie ihn Mama Quilla, oder Mur: N 
termond; fie beteten ihn hier an, aber fie | 
brachten ihm keine Opfer, wie der Sonne. 10 1 
Auf beyden Seiten neben dieſem Altare ſahe Ih 
nan die Leiber der verſtorbenen Königinnen, ö f 
nach ihrem Alter geordnet. Mama Oello, 
die Mutter des Huaͤyna Capak, ſtund dem 
ilbernen Bilde des Mondes gerade gegen 
iber, weil ſie dieſen vortrefflichen en sur 1 5 
Pal gebracht hatte. A 
Scwohl die Körper der Könige im Sum 
3 als auch die, der Königinnen, in 
der Kapelle des Mondes, fi nd von den Pe⸗ 
uanern, ſobald fie von dem Einfalle der 
Spanier hoͤrten, nebſt den goldenen und ſil⸗ | | 7 
ernen Thronen hinweg gebracht und ver | eh 
orgen worden; und es iſt nicht moͤglich ge⸗ 0 
beſen mehr, als drey Körper von Koͤnigen N N 
nd zwey von Koͤniginnen eher 1 entde⸗ e 
en. N 
Nicht weit von dem Pavillon des Mon⸗ WM \ 
es, ſtand die Wohnung des Morgenſterns, 1 [ N 
es Siebengeſtirns und aller Sterne über: | 
995 haupt. | hf 


284 - Sechſtes Buch. 


haupt. Sie nennten den Morgenſtern Ei 
ka, weil fie ſich vorſtellten, daß feine Straß: 
len langen und krauſen Haaren aͤhnlich waͤ⸗ 
ren; außerdem hielten ſie ihn in gar groſſen 
Ehren, und nennten ihn den Pagen der Son— 
ne; weil er bald vor dieſer hergehet und bald 
ihr folget: das heißt nach unſerer Art zu re 
den, weil er bald der Morgen- und bald 4 
Abendſiern iſt. Die übrigen Sterne nennte 
man die Dienerinnen des Mondes und nie 
der Sonne, weil ſie nur des Nachts zu . 
hen ſind. Dieſe Wohnung der Sterne ſo— 
wohl, als ihr groſſes Portal waren mit Sil— 
berplatten bedeckt. Das Dach ſtellte den 
Himmel vor, weil es ganz mit Sternen von 
verſchiedener Groͤſſe beſaͤet war. 4 
Der dritte Pavillon war dem Bliz unk 
dem Donner geheiliget, beydes begrif mat 
unter dem Worte Yllapa. Man erwies bie 
ſem Phänomen: keine görtliche Ehre, abe 
man ſahe es fuͤr den Diener der Sonne un 
Ausrichter ihrer ſtrafenden Gerechtigkeit ar 
Man verabſcheuete die Oerter, wo der Bli 
eingeſchlagen hatte und wenn es Haͤuſer, 
oder 


Sechſtes Buch. 285 


der Gemaͤcher waren, fo bewohnte man fie . 

ie wieder. Auch die Wohnung des 9 5 

ar mit Gold uͤberzogen. 

Dem Regenbogen weyheten ſie den vier⸗ 

n Pavillon, weil er von der Sonne her⸗ 

orgebracht wird. Das ganze Innere deſſel- 

n war mit Gold überzogen und an Einer, 

r vier Wände, war der Regenbogen mit 

len feinen Farben vorgeſtellt; fein Bild | 

ar fo groß, daß es ſich von Einer Seiten⸗ 

and bis zu der Andern ausbreitete. Sie ne 

ennten dieſe Lufterſcheinung Cuychu und 

fen eine groſſe Ehrfurcht dafuͤn. Wenn 

einen Regenbogen erblickten, ſchloſſen fie | 

in Mund zu und hielten eine Hand davor; N 

eil fie glaubten, wenn fie ihn öffneten, fo | 

uͤrden ig Säge verderben und Fe | 99 5 

erden. ) | 
Der fünfte: Pavillon war für die Prie⸗ e 

er beſtimmt, welche dem Gottesdienſte im h 

empel beywohnten, und insgeſamt von dem / N 

sefchlechte des Manko Capak ſeyn mußten. 1 

ieſes Hauß war, wie die Andern, von | 

nten bis oben mit Golde uͤberzogen; Die I 

. 5 Prie⸗ | 


286 Sechſtes Buch. 


| Prieſter ſchliefen und aſſen aber nicht darin 
I" ne, fondern der Oberprieſter verſammelte dar 
inne die andern Prieſter, um ſich mit ihner 

uͤber alles, was den Dienſt im Tempel be 

traf, zu berathſchlagen. j 1% 

1 An den auswendigen Seiten der Mau: 
ern dieſer Pavillons, waren an jeden vier 

groſſe Blenden, wie Tabernakel, ebenfalls, 

wie das ganze Gebäude, von gebackenen Stei— 

nen aufgefuͤhrt. Dieſe Tabernakel waren 

ö inwendig ganz mit Goldblechen bedeckt, um 

ſie herum aber, waren auswendig vertiefte 
Linien zur Verzierung angebracht, welche in 
den Ecken, oder Winkeln mit Türkiſſen und 
Schmaragden auf kleine Goldplatten beveſti— 
get, geſchmuͤckt waren; auch die Ecken der 
Pavillons waren mit Goldplatten bekleidet, 
auf denen Edelſteine beveſtiget waren. | 
An den hohen Feſten pflegte fich der Ynka 
bald in dieſes, bald in jenes Tabernakel zu ſez— 
zen, nachdem es die Feyerlichkeit erfoderte. 
Die Mauern, welche den Hof des Som 
nentempels einſchloſſen, hatten zwoͤlf Thore, 
auch Sie, waren mit Goldblech überzogen, 
Außer 


Sechſtes Buch. 287 


Ki) Außer dieſen fünf Pavillons, welche um 


den Sonnentempel herum ſtunden, befan⸗ 
den ſich in dem Hofe des Tempels noch ver⸗ 
ſchiedene Wohnungen, ſowohl für die Pries 
ſter ſelbſt, als auch fuͤr ihre Diener, welche 
allezeit von der Zahl der gemachten Ynkas 
waren. Kein Peruaner, er mochte auch ein 
noch ſo groſſer Herr ſeyn, durfte in den 
Tempel kommen, wenn er nicht Ynka war. 
Auch die Damen, die Gemalin und die 
Töchter des Koͤniges waren davon ausge⸗ 
ſchloſſen. Die Prieſter verrichteten den Dienſt 
Wochenweiſe in dem Tempel; die Wochen 
aber rechneten fie nach den Mondsvierteln; 
waͤhrend der Zeit blieben ſie in den Woh⸗ 
nungen im Tempelhofe, und gingen nicht 
nach Hauſe, hielten ſich auch nicht au 008 
Weibern. b 
Die Peruaner, welche als Knechte am 
Tempel dienten; zum Beyſpiel, die Pfoͤrtner, 


Kehrer, Köche, Kellner, Holz- und Waſſer⸗ 


traͤger und ſo fort, waren von eben den 


Zoͤlkern, und aus eben den Staͤdten, als 
Bi, welche alle diefe Dienſte auch bey dem 


Koͤni⸗ 


288 Sechſtes Buch. 


Könige verrichteten. Denn verſchiedene Staͤd 
te waren verbunden, Bediente fuͤr das Hauf 
der Sonne und des Königes zu ſtellen. Ir 
beyden war kein anderer Unterſchied, als die 
fer; daß im Sonnentempel keine Weibsbil 
der Dienſte verrichteten, im Pallaſt des 


Vnka aber keine Opfer gebracht an . 9 


Achtes Kapitel. EWR 

Von den Oertern, wo man die Opfer 
verrichtete, und den Brunnen welche 
daſelbſt waren. Y e 

Die Oerter, wo man die Opfer brachte, 
waren der Feyerlichkeit jedes Feſtes ge⸗ 
maͤß. Einige verrichtete man auf gewiſſen 
Plaͤzzen in der Stadt; andere an mem 
ſchiedenen Oertern im Hauſe der Sonne, 
welche fuͤr die beſondern Feſte beſtimmt was 
ren. Die allgemeinen Opfer an dem vors 
nehmſten Feſte der Sonne, welches Raymi 
genennt wurde, verrichtete man auf dem 
groſſen Plazze der Stadt; die andern aber 
welche nicht ſo feyerlich waren, in den Vor⸗ 
hoͤfen des Tempels, wo die Einwohner ale 


Secchſtes Buch. 289 


Provinzen und Leute von allerley Völkern zu 
anzen und ſich zu beluſtigen pflegten. Die, 
> Derter durfte man nicht anders, als mit 

loſſen Fuͤſſen betreten: denn es waren ge⸗ 

viſſe Graͤnzen um den Tempel herum be; 
timmt, wo man die Schuhe ausziehen muß⸗ 

e, ehe man naͤher hinzu trat. Ich will 

nich deutlicher erklären, 


| Von dem groſſen Plazze in Cusko gin⸗ 
en drey Straſſen ſuͤdwaͤrts nach dem Haufe 
er Sonne zu, von welchen die mittelſte die 


ornehmſte war. Die Peruaner pflegten 


urch dieſe nach dem Tempel zu gehen, wenn 


> dort opfern, beten, oder der Sonne Ge⸗ 


henke bringen wolten. Queer durch dieſe 
straffen lief von Morgen gegen Abend eine 
dere Straſſe in einer Entfernung vom 
auſe der Sonne, die mehr als zweyhun— 
rt Schritte betrug. Hier war es, wo alle 
e, welche zum Tempel gehen wolten, ihre 
ſchuhe ausziehen mußten. Eben ſolche 
raͤnzen waren auch auf den andern drey 
eiten des Tempels beſtimmt. 


II. Theil. 5 In 


290 Sechſtes Buch. 


In dem Hauſe der Sonne, worunter ie 
allezeit den ganzen Bezirk, um den Sonnen 
tempel herum, verſtehe, waren fünf Brun 
nen an verſchiedenen Oertern; ihre Röhre 


waren aus Golde verfertiget, die Becke 


waren entweder von Steinen, oder von Go 
de, oder von Silber. In dieſen Brunne 
wuſchen ſie die Opfer; von dem Einen leite 
ten ſie auch das Waſſer in den Garten de 
Sonne. | . 


Neuntes Kapitel. 

Von dem Garten bey dem Tempel un 
den Reichthuͤmern deſſelben. Von den 
Schaͤzzen der Tempel in den ver⸗ 
ſchiedenen Provinzen. 1 

Der Garten des Sonnentempels war fi 
wohl, als die Gärten, welche man b 
den Pallaͤſten des Koͤniges ſahe, ganz ve 
Gold und Silber. Man fand darinne ei 
Menge Kräuter, Blumen, Pflanzen, Ba 
me verſchiedener Sorten, groſſe und klein 
wilde und zahme Thiere, Schlangen, C 
deren, Schnecken, Gewuͤrme, Schmetterli 


nd Voͤgel, welche alle aus Golde, nach der 
katur nachgeahmt und an den, ihnen zukom⸗ 
enden Plaͤzzen, angebracht waren. Außer⸗ 
em befand ſich auch da ein groſſes Stück 


eld, auf welchem tuͤrkiſcher Weizen, Qui⸗ 
la und andere Huͤlſenfruͤchte zu wachſen 
hienen; es war aber alles aus Gold verfers 


jet, 

In dem Pallaſte des Koͤniges ſowohl, 
s im Haufe der Sonne, waren ſogar groß 
Gold- und Silberbarren, wie Scheitholz 
er einander gelegt, auch groſſe goldene Fi⸗ 
ren von Männern, Weibern und Kindern; 
dlich fanden ſich in beyden auch verſchiede⸗ 

Schuͤttboͤden, wo allerhand Koͤrner von 


old aufgeſchuͤttet lagen, als ob fie von den 


dern, bey den goldenen Gärten, wären 
irndtet worden. Denn an allen den groſ⸗ 
» Feſten, welche das Jahr hindurch gefey⸗ 


wurden, brachte man der Sonne und 


n Pnka eine groſſe Menge Gold und Sil⸗ 
zum Geſchenke, welches zur Verfchönes 
ag des Pallaſtes des Inka und des Haus. 
wu Sonne angewendet wurde. Zu dies 
14 T 2 ſem 


Sechſtes Buch. 291 


155 ; 292 Sechſtes Buch. 


. ſem Ende erfand man täglich neue Arten vor 
nl Pracht. Alle Goldſchmiede, welche den 
vol ' Dienfte der Sonne gewidmet waren, arbei, 

3 teten hieran ohne Unterlaß und beeiferter 
ſich um die Wette alles, was man nur mi 
Augen ſahe, auf das natuͤrlichſte nachzuah 
men. Sie verfertigten auch eine unbeſchreib 
liche Menge Gefaͤſſe, Hausrath und Werk 
zeuge: denn im Hauſe der Sonne und in 
Pallaſte des Königes war alles uͤberein und 
auch das ſchlechteſte Geraͤthe, als Hacken 
und Schaufeln, von Golde, oder Silber 
Aus dieſer Urſache pflegte man auch dae 
Hauß der Sonne Carikancha, das Vorraths 
hauß des Goldes zu nennen. 4 


Alle andere Tempel, welche ſich in der 
verſchiedenen Provinzen des Königreichs bi 
fanden, hatten dieſen Tempel gleichſam zu 
Muſter. Jeder Curaka gab ſich Muͤhe de 
Tempel der Sonne in ſeiner Provinz ſo ſeh 
zu ſchmuͤcken, als er konnte; die Curake 
hatten darinne nicht nur zur Abſicht ih e 
Gott zu ehren, ſondern ſie glaubten au 
e 


Sechſtes Buch. 293 
urch dieſes Mittel ihren Koͤnigen zu ſchmei⸗ 
eln „ welche ſich Kinder der Sonne nenn— 
n. 

Nach dem Tempel zu Cusko war derje⸗ 
ige der beruͤhmteſte und reichſte, welcher auf 
er Inſel Titikaka ſtund, welches Wort ſo 
el als Bleyberg bedeutet. Der See, wor⸗ 
nen dieſe Inſel liegt hat von ihr eben den⸗ 
lben Namen angenommen. Die Inſel 
gt ohngefehr drey- bis vierhundert Schrit— 
vom veſten Lande und hat ſechstauſend 
chritte im Umfange; der See aber hat 
ohl achtzig Meilen im Umkreiſe und iſt an 
nigen Orten acht und vierzig Klaftern tief. 
ie Spanier ſchreiben ihm die beſondere Ei⸗ 
nſchaft zu, daß man mit keinem hoͤlzernen 
ihrzeuge darauf fahren koͤnne. 

Man glaubte von dieſem See und dieſer 
iſel, daß die Sonne, nach der allgemeinen 
berſchwemmung, ihre Strahlen zuerſt auf 
ſen Ort geworfen und alsdann auch ihre 
nder Manko Capak und Mama Oello 
ako vom Himmel hier nieder gelaſſen, 
ſie von da ausgehen und alle Einwohner 
* T 3 des 


294 Sechſtes Buch. 


des ganzen Landes im Guten unterrich en 
und zu einer menſchlichen Lebensart gewoͤh⸗ 
nen ſolten. 
Aus dieſem Grunde gaben die Pnkas 
dieſe Inſel für heilig aus und baueten darauf 
einen Tempel, oder ein Haus der Sonne, 
welches mit Golde überzogen, und mit um 
fehägbaren Reichthümern angefuͤllt war. 
Einwohner aller Länder, welche den YVnke 
unterworfen waren, reiſeten jährlich hierhet 
und brachten reiche Geſchenke, an Golde, Sil 
ber und Edelſteinen. Man ſaͤete in den Gaͤr⸗ 
ten des Tempels auf dieſer Inſel allerhand 
Hulſenfruͤchte und ſendete von den Fruͤchte 
die man hier aͤrndete an den Koͤnig unde 
alle Vornehme des Reichs. Der König ſchickf 
te einen Theil davon in den Tempel der Som 
ne und an die, der Sonne geheiligten, Jung 
frauen, mit dem Befehle ſie wieder allen 
Sonnentempeln und Haͤuſern der heiligen 
Jungfrauen mitzutheilen. Ein jeder Perug⸗ 
ner, der fo glücklich war, ein einziges ſolches 
Koͤrnchen zu befizzen, glaubte gewiß vor ab 
lem Mangel, fo lange er lebte, ſicher zu ſeyn, 


Sechſtes Buch. 295 


Der Pater Blas Valera erzaͤhlt, daß 
ie Prieſter dieſes Tempels nebſt den Be⸗ 
bohnern der Ufer dieſes Seees, ſobald fie 
on dem Einfalle der Spanier in dieſes Reich 
ind von ihrer Raubbegierde gehört, alle Dies 
e Reichthuͤmer in den See Titifafa gewor⸗ 


en haͤtten. Eben ſo ſollen die Einwohner 


on Cusko einen groſſen Theil der Schaͤzze 


m Tempel der Sonne, und im Pallaſte 


es Koͤniges, in einen kleinen, aber ſehr fies 


en See im Thale Orko ſechs Meilen von 


er Hauptſtadt verſenkt haben. Unter dieſen 
eztern war auch die groſſe goldene Kette, wel⸗ 
he Huaͤyna Capak bey der Geburt feines 
Sohnes Huaskar verfertigen ließ. Ich ha⸗ 
e fie n im fünften Buche e 5 


Zehntes Kapitel. 
Von den der Sonne geweyhten Jungfrauen, 
ihrer Wohnung und ihren Arbeiten. 
m Lande der Ynkas befanden ſich Haͤuſer 
für Jungfrauen, welche den europaͤiſchen 


Nonnenkloͤſtern ſehr ähnlich waren. Die pe⸗ 
ane Nonnen waren Frauenzimmer, die 


T 4 der 


\ 


4 IE 296 Sechſtes Buch. 


| der Sonne und ihrem Dienſte geheiliget wa 
3 ren, und wurden die auserwaͤhlten Jungfrau 
en genennet, weil man fie nach ihrer Schön: 
beit und nach ihrem Stande waͤhlte. Ehe 
ich aber von ihnen ſelbſt rede, muß ich ihre 
Wohnungen vorher beſchreiben; ich waͤhle 
dazu die, welche ſie in der Hauptſtadt bat; 
ten; denn die andern Haͤuſer der geweyhe— 
ten Jungfrauen in den verſchiedenen Pro⸗ 
vinzen, waren nach dieſem Muſter gebauet. 
Bey der kurzen Beſchreibung des Hauſes 

der Sonne habe ich dreyer Straſſen erwaͤhnt, 
welche von dieſem heiligen Hauſe nach dem 
groſſen Plazze in Cusko von Mittag gegen 
Mitternacht zu liefen. Dieſe drey Straſſen 
wurden von einer Andern durchſchnitten, wel⸗ 
che von Morgen gegen Abend zu ging, und 
ohngefehr zweyhundert Schritte vom Tem⸗ 
pel entfernt war. Unter den erſtbemeldeten 
drey Straſſen ſchnitten zwey, die zur lin⸗ 
ken Hand nemlich, und die Mittelſte nebft 
der queer durch fie laufenden, zwey Quarz 
tiere ab. Dasjenige Quartier, welches zwi 
ſchen dem groſſen Plazze, und der von Mor: 
ge 


Sechſes Buh. 29 


gen gegen Abend laufenden Straſſe lag, wur— 
de ganz von dem Hauſe der geweyheten Jung⸗ 
frauen eingenommen. Man ſiehet, daß es 
alſo ungemein groß muͤſſe geweſen ſeyn. Wei⸗ 
zer gegen Mittag war alſo die Queerſtraſſe, 


alsdann ein groß Quartier von andern Haͤu— 


ern, und endlich wieder ein geraͤumiger 
Plaz, welcher dem Hauſe der En gleich 
am zum Vorhofe diente. | 


Dieſes Hauß, oder Biere dieſer Pal: 
af „wurde von den Ynkas Acllahua, oder 


as Hauß der Sterne genennet: feine Vor⸗ 
erſeite war gegen den groſſen Plaz gerich— 
et, die andern drey Seiten wurden von 
en drey Straſſen umgeben. Mitten durch 
ieſes Gebäude, lief eine kleine Gaſſe, gleich 
iner Gallerie , fo breit daß zwey Perſonen 
eben einander gehen konnten. An der Vor⸗ 
erſeite, nach dem groſſen Plazze zu, war 
ie vornehmſte Thuͤr, deren Portal und Fluͤ⸗ 
el auch mit Gold uͤberzogen waren; aber 


tan öffnete dieſe Thuͤr niemals, als wenn 


ie Koͤnigin ſich zu den geweyheten Jung⸗ 


rauen ee oder dieſes heilige Hauß ei⸗ 


T 5 ne 


298 Sechſtes Buch. 


ne neue Veſtalin aufnehmen wolte. Geg 
Eine von den Straſſen zu, „war das Die 
thor, wodurch man in das sbentefcicbene 
enge Gaͤßchen kam. Wenn man durch d 
erſte Haͤlfte deſſelben gegangen war, kam 
man an ein zweytes Thor, durch welches 
aber nie eine Mannsperſon, oder eine ver⸗ 
heyrathete Frau, kurz niemand als die zum 
Dienſte der auserwaͤhlten Jungfrauen be 
ſtimmten Maͤdchen, weiter in das Gebaͤude 
hinein gehen durfte. 72 
An dem aͤußern Thore nach der Straſſe 
zu, befanden ſich allezeit zwanzig Pfoͤrtner, 
welche die Dinge, die in das Haus, ode 
heraus ſolten gebracht werden, hin und her 
trugen; fie durften aber bey Lebensſtrafe, ni 
weiter, als in der kleinen Gaſſe, bis an dat 
zweyte Thor gehen. Wenn man durch di 
erſte Haͤlfte dieſer Gallerie ging, ſahe ma 
auf beyden Seiten verſchiedene Wohnungen 
in welchen die zum Dienſte der auserwaͤhl 
ten Jungfrauen beſtimmten Mädchen lebte 
und arbeiteten; jedes, dieſer kleinern Haͤuſer, 
hatte feine Pfortnerin, welche ihres Amtes 


| Sechſtes Buch. 299 
genau wahrnahm. Am Ende der Gallerie, 


ſing ſich die Wohnung der auserwaͤhlten 


Jungfrauen, oder der en der Son⸗ 
ne an. 

Alles Gerathe in dieſem uss , (age 
der geringſte Keſſel oder Topf, war eben 
ſowohl, als im Hauſe der Sonne, von Gold 
oder Silber. Auch hatten dieſe Damen eis 


nen Garten, deſſen Baͤume, Pflanzen, Kraͤu⸗ 


ter, Blumen, Früchte, Vögel und andere 
Thiere aus Gold oder Silber waer 
waren. 

In dieſer groſſen Eon * ink 1 05 
der innerſten Abtheilung, befanden ſich ge⸗ 
wöhnlich funfzehnhundert auserwaͤhlte Jung⸗ 


frauen, doch war dieſe Zahl nicht eben ber 


ſtimmt. Dieſe mußten alle Toͤchter von wah⸗ 
ren Ynkas, rechtmaͤßig erzeugt ſeyn, und 


ſowohl von vaͤterlicher, als muͤtterlicher Sei⸗ 


te vom Manko Capak und Coya Mama 
Oello herſtammen. Die, welche zu einem 
gewiſſen Alter gelanget waren, nennte man 


Mama ⸗Cuna, welches fo viel, als eine Ma⸗ 


trone, oder eine Frau bedeutet, welche die 


Pflich⸗ 


1 
— — 
— x — —— 


300 Sechſtes Buch. 


Pflichten einer Mutter verrichtet. Sie ver⸗ 
walteten das Amt der Aebtißinnen, der Auf— 
ſeherinnen und Lehrerinnen; denn ſie muß⸗ 
ten die Novizen in ihren Pflichten unterwei— 
ſen, auf die Eingaͤnge und Thuͤren acht has 
ben, und Befehle wegen Verſorgung des 
Hauſes geben. Fr j 
Alle diefe Damen lebten beftändig einge, 
ſchloſſen, in einer ewigen Jungfrauſchaft. 
Sie hatten keine Sprachzimmer wie die eu⸗ 
ropaͤiſchen Nonnen, und ſelbſt der Koͤnig 
kam nicht zu ihnen; niemand als die Koͤ⸗ 
niginnen nebſt ihren Prinzeßinnen, durfte 
ſie beſuchen. 4 1 
Die vornehmſte Arbeit dieſer Gemalin⸗ 
nen der Sonne, naͤchſt ihren gottesdienſtli⸗ 
chen Verrichtungen, die nicht eigentlich außer 
ihrer Wohnung bekannt wurden, war ſpin⸗ 
nen, weben und die Kleider, welche der 
Ynka und die Coya trug, verfertigen. 
Auch machten ſie ſehr feine Kleider „welche 
ſie der Sonne als Opfer brachten. 4 
Der Inka trug auf dem Kopfe das Llau⸗ 
ta, oder die heilige Binde, welche ihm an⸗ 
| ſtatt 


Sechſtes Buch. 8 


ſtatt der Krone diente, und von mir oben 
beſchrieben worden. Seine Kleidung war 


ein Kamiſol, welches ihm bis an die Kniee | j 
ging; man nennte es Unku. Diefes Unter: | (N 
kleid guͤrtete er auf der Mitte des Leibes mit V 


einer schön gearbeiteten, zwey Finger breiten 0 
Schnur, woran ein viereckigter Beutel hing, 
welchen man Chuspa nennte, worinne er 
ein gewiſſes Kraut Cuka, bey ſich trug. 
Dieſes Kraut kauet man, wie in Oſtindi⸗ 
en das Betel. Aber nur der Ynka und e e 
wem er ein Geſchenk damit machte, durfte 
damals dieſes Kraut kauen. Uiber die We— 
fte trug der Ynka, anſtatt des Mantels, ei⸗ 
nen weiten Oberrock, der Vakolſ me 
er 

Sie verfertigten auch eine andere Art von 
8 „Paycha genennt. Dieſe aber 
trug nicht der Ynka, fondern 1 5 e | 
Anverwandten. N 
Alle dieſe Kleidungsſtuͤcke, a die, wel⸗ 
che fie für die Sonne verfertigten, mache 
ten fie in groſſer Menge, und uͤberſchickten 
je dem Pnka, welcher fie mit der größten 


302 Sechſtes Buch. 


Ehrerbietung annahm. Der Ynka, durfte 
kein Stück davon an jemanden verſchenken, 
welcher nicht ein wahrer Puka, oder von 
koͤniglichem Gebluͤte war. ng 

Außer dieſen helligen Kleidern mußten 
die auserwaͤhlten Jungfrauen auch zu be— 
ſtimmter Zeit das Brodt, welches man Can— 
ku nennte, backen. Es wurde bey den Opfern 
gebraucht, welche man der Sonne an ihren 
beyden groſſen Feſttagen, Raymi und Citua, 
brachte. Endlich machten ſie auch ein ge— 
wiſſes Getraͤnke, welches der Ynka nebſt feis 
nen Anverwandten an dieſen Feſten trank. 
Der Name deſſelben war Aka. 

Die Ynkas hatten ein Geſez gemach 
welches die Strafe uͤber diejenigen beſtimmte, 
welche das Geluͤbde der Keuſchheit in dieſem 
Hauſe verlezten. Dieſes Geſez war ſehr hart 
zum Gluͤck ift es nie noͤthig geweſen, es i 
Vollziehung zu bringen. Es befahl, daß die 
jenige der Sonne geweyhte Jungfrau, we 
che das Geluͤbde der Keuſchheit braͤche, leben 
dig ſolte begraben, ihr Liebhaber hingege 
gehangen werden. Allein nicht nur die bey 

f de 


ben Schuldigen ſolten ſterben, ſondern die 
ganze Familie des Verbrechers und alle Ein⸗ 
wohner der Stadt, worinnen er gebohren 
wäre, folten hingerichtet, die Stadt zerſtört 
und für unbewohnbar erklärt werden. Nies 
mals, wie ich geſagt habe, iſt es nöthig ge; 
weſen, dieſe Strafe zu vollziehen: entweder 
weil die Peruaner zu tugendhaft, oder das 
Geſez zu ſchrecklich, oder die Anſtalten zur 
Erhaltung der Tugend zu vortrefflich waren. 

Zum Dienſte dieſer auserwaͤhlten Jung⸗ 
frauen befanden ſich im Hauſe der Sterne 
fuͤnfhundert junge Mädchen, welche insge⸗ 
ſamt Jungfrauen und Tochter, nicht der ei⸗ 
gentlichen Ynkas, ſondern derjenigen Ynkas 
ſeyn mußten, welche Manko Capak mit die⸗ 
ſem Tittel, aus Gnaden, beehrt hatte. Sie 
wohnten in den kleinen Haͤuſern, welche man 
auf beyden Seiten der, durch das Gebaͤude 
laufenden, Gallerie erblickte. Sie hatten 
auch ihre Mamacunas, oder Aufſeherinnen, 
wie die auserwaͤhlten Jungfrauen und wur⸗ 
den von ihnen unterrichtet. Dieſes waren 
die rien „ Geſezze, Einrichtungen, 


Sechſtes Buch. 303 | 


Vor⸗ 


* 


304 Sechſtes Buch. 


Vorzuͤge und die Wohnungen der, 0 
Sonne geheiligten Jungfrauen in der Hau 

ſtadt. Dieſes geheiligte Hauß, oder Kloſter 
hatte den Vorzug vor allen in den Pros 


vinzen. „e 
7 4 ö N 1 

Eilftes Kapitel. Vie 

Von den auserwaͤhlten Jungfrauen in den 
Provinzen. 3 


Nach dem Muſter des Hauſes der Ster⸗ 
ne, oder des Jungfrauen Klofters in 
Cusko baueten die Yukas eben ſolche Haͤu⸗ 
fee in allen Provinzen ihres weitläuftigen 
Reichs. In dieſe Haͤuſer nahm man Maͤd⸗ 
chen von allerley Stand und Geburt auf, von 
den Töchtern der Ynkas an, bis zu den gez 
ringſten Buͤrgermaͤdchen, wenn fie nur Jungs 
frauen und ſchoͤn waren. Dieſe Nonnen wurs 
7 den aber nicht Gemalinnen, ſondern Töchter 
der Sonne genennt, und waren eigentlich 
nichts anders, als Kebsweiber des Koͤnigs. 
Sobald er ſie foderte, wurden ſie zu ihm 
gebracht, und wenn ſie ihm gefielen, behielt 
er ſie bey ſich. Die, welche er einmal ſei— 
ner 


Sechſtes Buch. 305 


er Liebe gewuͤrdiget hatte, mußten im Pal⸗ 
te, im Dienſte der Königin bleiben „ bis | 
tan ihnen erlaubte in ihre Vaterſtadt zurück 6 
kehren; auch hier wurden fie mit Guͤtern | | | 
berhaͤuft, und mit der größten Ehrfurcht bez 1 
ent, weil es alle Peruaner für eine groſſe Eh: | 1 
‚hielten, eine geweſene Gemalin des Capak 

Inka, oder Königs in ihrer Stadt zu haben. ih 
die andern Nonnen, welche der Koͤnig nicht 

ürdigte, ſie zu dem Range ſeiner Geliebten 

erheben, blieben in dem Kloſter, bis ſie ge⸗ 

ſſe Jahre erreicht hatten; alsdann war es 

nen erlaubt, ſich entweder zu entſchlieſſen, ſo 
nge fie lebten, da zu bleiben; oder auch in ih⸗ 
Vaterſtadt zurück zu kehren, wo fie fo, wie 
r geſagt haben, bedient wurden. 

Die ganze Lebensart dieſer Nebengema⸗ N 
nen des Ynka war der, welche die Ge 0 
alinnen der Sonne in Cusko fuͤhrten, voll⸗ 

nmen aͤhnlich. Auch fie hatten ihre Ma⸗ 

zcunas, ihre Dienerinnen, eben fo koſtba⸗ 

Hausgeraͤthe, verfertigten eben ſolche 

beit, womit aber der Koͤnig Geſchenke an 
Curakas, und an wem es ihm beliebte, 

II. Theil. u machen 


—— 
4. * 


306 Sechſtes Buch. 


machen konnte, und wurden auch nach eben 
ſo ſtrengen Geſezzen bewacht. Gleichwie aber 
die auserwaͤhlten Jungfrauen in der Haupt— 
ſtadt auf Unkoſten des Sonnenhauſes ernaͤhrt, 
möbliert und bedient wurden, weil ſie Ge— 
malinnen der Sonne waren; ſo machte bey 
denen in der Provinz der König den Auf— 
wand, denn dieſe waren Gemalinnen dee 
Sohnes der Sonne. 4 

Ein jedes dieſer Haͤuſer hatte ferner ſeinen 

Statthalter, welcher ein Inka ſeyn mußte, 
ſeinen Haushofmeiſter, ſeinen Intendanter 
und alle Hausbedienten, die zur Verpflegung 

und Bequemlichkeit der Gemalinnen des . 
nigs noͤthig waren. 

Wenn der regierende Koͤnig ſtarb, ſo be 
ehrte ſein Nachfolger dieſe Nebengemalinne 
ſeines Vorgaͤngers mit dem Tittel Mama 
cuna; fie wurden die Gouvernannten feine 
eigenen Nebengemalinnen und unterrichtete 
fie in allem, was fie ihrem Stande nac 
wiſſen mußten. Aber keine von Allen w 
je an Einem andern verheyrathet, weil ih 
Perſonen Für heilig geachtet wurden: 


Doch 


Sechſtes Buch. 307 


Töchter aber, welche er mit dieſen Nebenge⸗ 
malinnen zeugte, pflegte er zuweilen an Cu— 
Es, oder andere vornehme Herren, die ihm 
zroſſe Dienſte geleiſtet hatten zu vermaͤlen. 


Zwoͤlftes Kapitel. 
Von den Sonnenfeſten. 


as vornehmſte Feſt, welches die Vnkas 


und ihre Unterthanen der Sonne zu 
ehren anſtellten, wurde von ihnen Yntip⸗ 
Raymi, oder das feyerliche Sonnenfeſt ges 
ennt. Denn Pntip iſt das Wort, womit 
e die Sonne bezeichnen, und Raymi heiſſet 
in feyerliches, oder groſſes Feſt. Es wurde 
iefes Feſt, welches neun Tage lang dauer⸗ 


>, gleich nach der Sonnenwende, welche in 
en Monat Junius faͤllt, mit außerordentli⸗ 


her Pracht und Sorgfalt begangen. Nicht 
ur der Koͤnig nebſt dem groͤßten Theile der 
nfas vom Gebluͤte, ſondern auch die Cu⸗ 
akas, oder ihre Söhne, mit einer groſſen 
Nenge Diener und viele andere Leute, wel⸗ 
je um dieſe Zeit nach Cusko kamen, wohn⸗ 
m ihm bey. Zu dieſem groſſen Feſte mac): 

u 2 fen 


308 Sechſtes Buch. 


ten ſie auch ungemein groſſe Vorbereitun⸗ 
gen. | | 
Durch ein dreytaͤgiges Faſten, während 
welchem ſie nichts, als einige rohe Koͤrner 
weiſſen Mayz, nebſt einigen Blaͤttern vom 
Kraute Chukam aſſen und Waſſer tranken, 
ſich ihrer Weiber enthielten, und in der gan— 
zen Stadt kein Feuer anzuͤndeten, weyheten 
ſie ſich gleichſam dazu ein. In der Nacht 
vor dem erſten Feſttage beſchaͤſſtigten ſich die 
dazu befiellfen Prieſter damit, Schoͤpſe und 
Laͤmmer, welche geopfert werden ſolten, aus— 
zuſuchen und den Trank zuzubereiten, welcher 
der Sonne dargebracht und den Ynkas bey 
der Ceremonie gegeben wurde. Die Jung— 
frauen der Sonne aber machten indeſſen den 
Teig Canku, und aus demſelben eine Men— 
ge runder Brodte, von der Groͤſſe eines 
Apfels. Nur am Pntip-Raymi und an ei 
nem andern groſſen Feſte, Citua genannt 
bucken und aſſen die Peruaner Brodt; wäh: 
rend der uͤbrigen Zeit genoſſen ſie an deſſen 
Statt Zara, eine gewiſſe Art Mayz, feiner 
als die gewoͤhnliche, welche fie entweder kocht 

ten, 


Sechſtes Buch. 309 


ten, oder röſteten; wie auch andere Hilfen: 


fruͤchte. Niemand, als die Jungfrauen der 


Sonne durfte dieſes Brodt und alles Fleiſch, 
welches der Capak Ynka und die andern 
Ynkas an dieſem Feſte genoſſen, zubereiten. 
Die Curakas und andere Fremde (denn alle 


mußten während dieſen neun Tagen beföftis 


get werden,) wurden von einer Menge an— 


derer Frauen auf das reinlichſte und köſt- 


lichſte bewirthet. 


Wenn in der Nacht, ehe die Sonne zu 
dieſem feyerlichen Tage aufging, alle dieſe 


Zubereitungen gemacht waren, begab ſich der 
Koͤnig, nebſt allen gegenwärtigen Ynkas, 
velche ihm in der Ordnung nach Alter und 
Stande folgten, auf den groſſen Plaz Hauß⸗ 


zypata, wo ihm ſchon die Curakas und ei- 


ze groſſe Menge anderer Andaͤchtigen er 
varteten. Dieſe Curakas, nebſt ihren Leu⸗ 
en, waren, ihrer Meinung wenigſtens nach, 
lle auf das praͤchtigſte gepuzt; in der That 
dar ihr Aufzug ungemein ſeltſam. Einige 
atten ihre Kleider mit Gold- und Silber 
laͤttchen beſezt und Kraͤnze von eben der 

| W Mate⸗ 


310 Sechſtes Buch. 


Materie auf den Köpfen. Andere waren mit 
Lowen⸗ oder Tigerhaͤuten bekleidet: wieder 
Andere trugen Flügel von dem groſſen Bor 
gel Cuntur auf dem Ruͤcken. Man wird 
ſich noch aus dem erſten Theile dieſer Ge— 
ſchichte erinnern, daß die verſchiedenen Plei- 
nen Volker, welche dieſen Landſtrich, vor 
der Ankunft des Manko Capak, bewohnten, 
vorgaben, daß ſie von verſchiedenen Thieren 
abſtammten; alle dieſe Voͤlker hatten allezeit 
in ihrem Aufzuge ein Merkmal, oder Aehn— 
lichkeit von dem Thiere, oder der Sache, von 
welcher ſie ihren Urſprung herleiteten. Hier— 
bey trug zugleich eine jede Voͤlkerſchaft die 
Waffen, deren ſie ſich im Kriege bediente. 
Jedem Curaka und ſeinen Dienern folgte 
eine anſehnliche Zahl Leute mit Trompeten, 
kleinen Paucken und andern Juſtrumenten 
womit ſie ſich hoͤren lieſſen. ö 
Auf dieſem groſſen Plazze der Haupt 
ſtadt, wartete nun der Capak Ynka, und 
ſein Gefolge in groſſer Stille, mit bloſſen 
Fuͤſſen und gegen Morgen gerichtetem Ge— 
ſichte, bis die Sonne aufging; ſobald ſie den 
Bliz 


Sechſtes Buch. 311 


Bliz ihres Aufgangs erblickten, fielen ſie auf 
hre Kniee, um fie anzubeten. Sie breiteten 
alsdann ihre Arme aus, hielten ihre Haͤnde 
gerade gegen das Geſicht und warfen Kuͤſſe in 
die Luft; wobey fie dieſen herrlichen Lichtkoͤr⸗ 
per fuͤr ihren Vater und Gott erkennten. Da 
aber die Curakas nicht von koͤniglichem Ge⸗ 
bluͤte waren, fo begaben fie ſich, gleich nach 
der Erſcheinung des Koͤniges, auf einen ſehr 
nahen Plaz, der Cußypata genennt ward, 
und erwieſen der aufgehenden Sonne eben 
die Ehre, wie der Ynka. Nach dieſer Ber 


willkommung der Sonne ſtand der Koͤnig 


auf, alle andern aber blieben auf den Knie⸗ 
en, und nahm zwey groſſe goldene, mit ger 
woͤhnlichem Getraͤnke angefüllte, Trinkgefaͤſſe 
(Aquilla) in die Haͤnde, machte, als der 
Erſtgebohrne unter den Kindern der Sonne, 
ſeinem Anherrn die Ehrenbezeigung in ſeinem 
Namen und reichte ihm das Gefaͤſſe, welches 
er in der rechten Hand hatte, gleichſam zum 
Teinken dar. Die Peruaner glaubten daß 
die Sonne dieſe Einladung annaͤhme und 
n Capak Pnka, nebſt allen andern Ynkas 


1 4 auffo⸗ 


de 
x 


312 Sechſtes Buch. 


auffodere, ihr Beſcheid zu thun. Denn un 
ter dieſem Volke war das größte Zeichen dei 
Ehre und Freundſchaft, welches man jeman 
den erweiſen konnte, dieſes, daß man ihm 
zutrank. 4 

Nachdem der Ynka die Sonne alſo ein: 
geladen hatte, goß er das Getraͤnke, welches 
in dem Gefaͤſſe, das er in ſeiner rechter 
Hand hatte, enthalten war, in eine Kumme, 
aus welcher es in eine duͤnne goldene Roͤhre 
floß, welche bis an das Haus der Sonne 
reichte. Hierauf trank der Ynka ein went 
ges aus dem Gefaͤſſe in ſeiner linken Hand 
und vertheilte alsdann das Uibrige in die 
kleinen goldenen oder ſilbernen Taſſen, wel⸗ 
che die um ihn herumknieenden Pnkas in 
den Händen hatten. Die Pnukas tranken 
dieſen durch die Opferung geheiligten 20 
aus, die Curakas bekamen anderes Getraͤn⸗ 
ke, das aber doch von den Jungfrauen der 
Sonne verfertiget war. 

Nach Vollendung dieſer Sete ging 
der König, auf welchem die Pnkas, unk 
nach dieſen die Curakas in gehoͤriger Or 
nung 


Sechſtes Buch. 313 
nung folgten, nach dem Tempel der Sonne. 
Zweyhundert Schritt davon zogen ſie insge— 
ſamt außer dem Koͤnige, die Schuhe aus; 
der König und die Ynkas gingen in den 
Tempel, und warfen ſich vor dem Bilde der 
Sonne nieder. Der Erſte opferte die Scha— 
len, woraus er der Sonne das Trankopfer 
gebracht hatte ſelbſt; die Ynkas aber uͤber⸗ 
gaben die ihrigen den Prieſtern, ON fie 
der Sonne darbrachten. 

Nunmehr gingen ſie insgeſamt vor das 


Thor des Hauſes der Sonne, wo die Cura⸗ 
kas während dieſer Ceremonie geblieben wa- 


ren, um von dieſen die Geſchenke, welche ſie 


der Sonne brachten, anzunehmen. Sie be 


ſtanden, außer den Trinkgefaͤſſen, in aller 
hand goldenen Bildern, welche im Kleinen 
Thiere aller Art, auch Gewaͤchſe und Blu— 


men vorſtellten, und dann kehrten ſie in eben 


der Ordnung, wie ſie gekommen waren, auf 
die Plaͤzze zuruͤck. 
Dieſes war die Zeit, da die Prieſtr⸗ 


Ynkas zu dem vornehmſten Opfer des Ta⸗ 


ges ſchritten. Sie hatten eine groſſe Menge 


4 
1 


1 5 Laͤm⸗ 


314 Sechſtes Buch. 
Lämmer, Schöpfe und Schaafe, die nicht 


gebahren, beyſammen. Aus der ganzen Heer⸗ 
de, welche der Sonne gehoͤrte, nahmen ſie 
ein ſchwarzes Lamm heraus, welches nicht 
den geringſten, weiſſen Flecken hatte, (denn 
die Ynkas liebten die ſchwarze Farbe vorzüge 
lich.) Sie banden es nicht, ſondern vier 
Opferprieſter hielten es bey den Füffen, und 
dreheten ihm den Kopf gegen Morgen, der 
fünfte aber öffnete ihm die Seite, und zog 
Herz, Leber und Lunge nebſt dem Schlunde 
heraus. Dieſes Opfer enthielt, als das 
Hauptopfer, die guten Vorbedeutungen in 
ſich. Wenn das Lamm, während der Def 
nung der Seite ſeine Fuͤſſe nicht aus den 
veſthaltenden Haͤnden zog: Wenn der Schlund 
nicht von dem Gehaͤnge abriß, ſondern alles 
an einander haͤngend herausgeriſſen ward: 
Wenn die Theile des Gehaͤnges ganz unbe— 
ſchaͤdiget und geſund waren, und andere aͤhn 
liche Bemerkungen; ſo war es ein gutes Zei 
chen fuͤr das Feſt und das Volk. Waren 
die Zeichen bey der Opferung des Lamme 
nicht gut, ſo opferten ſie einen Schoͤps: zeigte 


Sechſtes Buch. 315 


hen auch dieſer nichts gluͤckliches an, fo bes 
ienten fie ſich eines unfruchtbaren Schaafes. 
donnten fie auch dadurch keine erwuͤnſchten 
Borbedeutungen erlangen, fo feyerten fie den— 
och das Feſt, aber mit einer allgemeinen 5 
Niedergeſchlagenheit. Nach der Opferung 1 
es Lammes, opferten fie noch eine groſſe An⸗ | 
ahl Schöpfe und Schaafe, die nicht mehr e 
ebähren konnten, aber fie oͤffneten ihnen die ö 
Seite nicht, und beobachteten auch die an⸗ 

ern Gebräuche nicht dabey; ſondern fie nah⸗ 

nen nur das Herz nebſt dem Blute, und 

raͤſentirten es der Sonne im Tempel, nebſt 

dem Eingeweide des erſten Lammes, als ein 

Ipfer, worauf fie alles dieſes verbrannten. 

Das Feuer, wodurch die Oyferſtuͤcke ver⸗ 

brannt wurden, mußte ihnen von der Son⸗ 

ie ſelbſt gegeben worden ſeyn; dieſes ging 

alſo zu. Die Ynkas trugen auf dem Ge 

lenke der Hand eine Art von goldenen Me⸗ ' 
dallion mit einem Armbande beveſtiget. Das | I 
Medallion des Oberprieſters übertraf an Gröſ⸗ N 
ſe die Andern; ſie nennten es Chipana, es r 
war ſo groß, als die Haͤlfte einer Citrone, | | 
1 inwen⸗ 


316 Sechſtes Buch. 


inwendig hol und ſehr poliert. Dieſes Biel 
er gleich einem Brennſpiegel gegen die Son 
ne, fing ihre Strahlen auf, und zuͤndete da 
mit einen Zunder von geſchabeten baumwol 
lenen Zeuge an. Vermittelſt dieſes Feuer: 
zuͤndete man das Holz zu den Opfern an 
und auch dasjenige, woran man alles Fleiſch 
der Thiere briet, die an dieſem Tage gegef 
ſen wurden. Von eben dieſer Flamme zuͤn 
dete man auch ein Feuer im Tempel det 
Sonne und im Hauſe der auserwaͤhlter 
Jungfrauen an, welches das ganze Jahr un— 
terhalten werden mußte, und man hielt es 
fur ein ſehr ungluͤckliches Zeichen, wenn es 
an einem von dieſen beyden Oertern verloͤſch— 
te. Eben fo traurig wurden die Ynkas, 
wenn an dem Tage vor dem Sonnenfeſte, 
an welchem dieſes Feuer angezuͤndet werden 
mußte, keine Sonne ſchien, und ſie ſich ge— 
zwungen ſahen, es ſich durch das Aneinan— 
derreiben zweyer Staͤbe von dem Holze Vya⸗ 
ka, welches dem Zimmetholze wan 10 
verſchaffen. 4 


Wenn das Fleiſch von den geopferten 
hieren auf den beyden Plaͤzzen Haußay⸗ 
ata und Cußypata, wohin ſich die Pros 
Kion vom Tempel der Sonne zuruͤck bege⸗ 
en hatte, gebraten war, ſo wurde es, nach 
em Range unter die Ynkas, Curakas und 
as uͤbrige Volk ausgetheilt, wozu ſie oben 
waͤhntes Brodt, Canku genannt, bekamen. 
dieſes war das erſte Gerichte bey der Ga— 


erey, welche auf das Opfer erfolgte. So 


inge fie aſſen, wurde nicht getrunken: denn 


ie Peruaner tranken niemals während dem 


ſſen. Wenn ſie ſich aber geſaͤttigt hatten, 
hard getrunken, und zwar im größten Uiber⸗ 
as. Das Getraͤnke, deſſen fie ſich bedien⸗ 
n, war eine Art von Bier, welches aus 
Nayz, oder m... Weizen ee 
ard. 


Waͤhrend dem Trinken ran Truppen 


on Saͤngern und maskierten Taͤnzern, wel⸗ 
hen die vornehmen Trinker zuſahen. | 
Dieſes Feſt dauerte, wie ich geſagt has 
e, neun Tage. Nur den erſten Tag ward 
Pee, die übrigen Tage aber wurden mit 


Sechſtes Buch. 317 


Schmau⸗ 


318 Sechſtes Buch. 


Schmauſereyen zugebracht. Waͤhrend — 
Zeit ſaß der König auf feinem maßiv-golde 
nen Stuhle und ließ die anweſenden Herren 
durch feine Verwandten zum Trinken auffo— 
dern. Wenn das Feſt geendiget war, ſo zog 
Jedermann, nachdem der Koͤnig die Erlaub— 
nis gegeben, mit groſſen Freuden nach Hau— 
ſe. Das zweyte Sonnenfeſt, zur Zeit der 
Sonnenwende, im December, war nicht ganz 
ſo feyerlich. Die Curakas und andere Frem— 
den fanden ſich nicht ſo haͤufig ein; man 
zog nicht ſolche Folgerungen aus den Vor— 
bedeutungen, und es wurden auch der Son— 
ne keine goldenen Schalen geopfert; eng 
aber war es dieſem aͤhnlich. 


Dreyzehntes Kapitel. 
Von dem dritten und vierten Feſte 
der Vnkas. 


a dritte Feſt nennten die Peruaner Cus⸗ 

kuy⸗Raymi, man hielt es, wenn die 
Saͤezeit vorbey war und der Mayz anfing 
aus der Erde hervor zu keimen. Der Mayz 
war ihre vornehmſte Speiſe und man darf 


ſich 


Sechſtes Buch. 319 


ſich nicht wundern, wenn die Peruaner an 
dieſem Tage viel Laͤmmer, Schoͤpſe und 
Schaafe ſchlachteten und die Sonne baten, 
ihre Saat vor Reif, Froſt und Hagel zu 
bewahren. Auch auf dieſem Feſte, tanzten, 


ſangen und tranken fie. Nur das erſte Lamm, 


nebſt dem Eingeweide und dem Blute der 
übrigen geopferten Thiere, ward an dieſem 
wie am Yntip⸗Raymi der Sonne dargebracht 
und verbrannt. | 

Das vierte Hauptfeſt, welches die Ynkas 
in Cusko feyerten, ward Citua genennt, und 
hatte eine groſſe Aehnlichkeit mit den Reini⸗ 
gungs- und Verſoͤhnungsfeſten der Alten. 
Am Tage des Neumondes nach der Tags 


und Nachtgleiche im September, fingen die 


Einwohner von Cusko das ſtrenge Faſten 
an, welches Hatunkaci genennt, und von 


uns ſchon beym vorigen Feſte iſt beſchrieben 


worden. Alle, welche ſich auf dieſe Art vor⸗ 
bereitet hatten, kamen in dem Hauſe des 
Aelteſten jeder Familie zuſammen; ſelbſt der 


‚König begab ſich in das Hauß feines aͤlteſten. 


Onkels. In der Nacht, welche auf dieſen 
4 N Tag 


320 Sechſtes Buch. 


Tag folgte, wuſchen ſie ſich und bereiteter 
das Brodt Canku, aber auf zweyerley Art; 
Die erſte Art wurde zubereitet, wie das Can⸗ 
ku am Yntip-Naymi; unter die zweyte Art 


aber knetete man ein wenig Blut, von fünf: 


bis ſechsjaͤhrigen Knaben, welchen man eine 
Ader zwiſchen den Augenbraunen, oder Na— 
ſenlöchern oͤffnete. Dieſe lezte Art Brodt 
ward nicht gegeſſen; ſondern, nachdem ſie 
ſich gewaſchen hatten, nahm jeder ein kleines 
Stück von dieſem, mit Blut vermiſchten 
Brodte und rieb ſich damit alle Glieder des 
Leibes, um ſie vor allen Arten von Krank— 
heiten zu verwahren: Der Haußherr nahm 
ein groͤſſeres Stuck und rieb damit die Haus⸗ 
thüͤr, welche nach der Straſſe zu ging, wor— 
auf er es an dieſe Thür heftete, zum Zei⸗ 
chen der geſchehenen Reinigung. Der Ho— 
heprieſter verrichtete eben dieſe Ceremonie in 
den Palläften der Ynkas und im Haufe der 
Sonne, worauf er andere Prieſter abſchickte, 
welche ſie am Hauſe der erwaͤhlten Jung: 
frauen beobachten mußten. h 


So⸗ 


Sechſtes Buch. 321 


Scobald die Sonne aufging, beteten ſie 
fie an und fleheten fie, alle Uibel von ihnen 
zu entfernen; worauf ſie ihr Faſten durch 
den Genuß des Brodtes Canku, welches 
nicht mit Blut vermiſcht war, brachen. Dies 
es Gebet wurde zu einer beſtimmten Stun: 
e verrichtet, worauf aus der Citadelle, 


ie gegen Nordoſten, auf der Anhoͤhe 


Sakſahuanam lag, und die Wohnung der 
Sonne genannt ward, ein Pnka von koͤnig⸗ 
chem Blute, in praͤchtiger Kleidung, als 
lbgeſandter der Sonne, gelaufen kam. Die 
ipfel feines Kleides waren zuruͤckgeſchla⸗ 


en, und in der Hand hielt er eine Lanze, 


belche von dem Handgriffe bis an die Spiz⸗ 
mit bunten Federn und vielen goldenen 
ingen geſchmuͤckt war. Er ſchuͤttelte feine 


anze, und lief bis auf den groſſen Plaz 
daußaypata. Hier traf er vier andere 


nkas mit ähnlichen Lanzen an. Er be 
ihrte alsdann mit der ſeinigen die Lanzen 
r vier andern Pnkas, und ſagte zu ihnen: 


ie Sonne beföhle ihnen, als ihren Boten 


nd Ausrichtern, alle Krankheiten und an⸗ 


II. Theil. * dere 


322 Sechſtes Buch. 


dere Uibel aus der Stadt und der umliegen⸗ 
den Gegend zu vertreiben. Nunmehr fingen 
dieſe vier Ynkas an, durch die vier groſſen 
Straſſen der Stadt, welche nach den vier 
Gegenden der Welt gingen, zu laufen. All 
Einwohner, Maͤnner und Weiber, Junge 
und Alte, welche dieſe Boten der Sonne 
wahrnahmen, traten vor ihre Thüren, ruf 
ten ihnen Beyfall zu, ſchüttelten ihre Klei 
der aus, als ob ſie den Staub abſchuͤttelt 
wolten, und berührten Kopf, Geſichte, Ar 
me und Beine mit ihren Händen, als ol 
fie das Boͤſe davon abwaſchen wolten. St 
glaubten fie alle Uibel aus ihren Haͤuſer z 
treiben, damit fie von den Lanzentraͤgern au 
der Stadt möchten gejagt werden. Die 
liefen durch die obbemeldeten vier Hauptſtra 
ſen bis auf eine viertel Meile vor der Stadt 
wo fie vier andere Pnkas, aber nicht vo 
königlichem Gebfüte, antrafen; dieſe nahme 
ihnen die Lanzen ab, und liefen weiter, bi 
auf eine gewiſſe Entfernung, wo ſie ihne 
wieder von Andern abgenommen wurde 
So ward dieſer Lauf abwechſelnd, fortgeſez 
16 1 bi 


\ 


Sechſtes Buch. 323 


bis ſechs Meilen von Cusko, wo ſie ihre 
Lanzen in die Erde pflanzten, um gleichſam 
die Graͤnzen anzuzeigen, außerhalb welchen 
die Uibel bleiben ſolten. 

In der folgenden Nacht gingen die Ein 
wohner mit Fackeln, die fie Pankunku nenn⸗ 
ten, aus ihren Haͤuſern. Dieſe Fackeln wa⸗ 
ren von ineinander geflochtenen Stroh ge⸗ 
macht, mit Faden umbunden, und brannten 
ziemlich lange. Sie zuͤndeten ſie an und lie⸗ 
fen damit durch die ganze Stadt. Endlich 
liefen ſie damit zu den Thoren hinaus und 
warfen ſie brennend in den Fluß, in welchem 
ſie ſich den Tag zuvor gebadet hatten. So 
glaubten fie auch die Unfälle der Nacht aus 
ihrer Stadt verjagt zu haben. 155 

Nach dieſer Verrichtung opferten ſie ber 
Sonne am folgenden Tage eine Menge 
Schoͤpſe, Schaafe und Laͤmmer; verbrannten 
die Eingeweide nebſt dem Blute; brieten das 
Fleiſch, ſchmauſten, tranken und überlieffen 
ſich, bis zum naͤchſten Viertel des 3 
* erdenklichen ele 
* 2 Außer 


320 Sechſtes Buch. 


Außer dieſen Hauptfeſten begingen, for 
wohl die Prieſter im Hauſe der Sonne, als 
auch die Koͤnige, noch manche andere Feſte, 
die ſich aber durch nichts e merkwuͤr⸗ 
diges auszeichneten. 


Vierzehntes Kapitel. 
Auf welche Art die Ynkas die Tag⸗ und 
Machtelerhen und die Sonnenwende⸗ h 
tage kannten. 


Dome f ſich der Leſer nicht ungläubig wun⸗ 

dere, wie Voͤlker, die fo wenig unter 
richtet waren, ihre Feſttage zur Zeit der Son⸗ 
nenwende oder der Tag- und Nachtgleichen 
haben feyern koͤnnen; ſo will ich hier mit 
wenigem die Art beſchreiben, wie f ie dieſe 
Zeiten erkannten. 

Die Pnkas rechneten ihre Jahre na 
dem Laufe des Mondes und zwoͤlf Monat 
waren bey ihnen ein Jahr: fie kannten alfe 
das Sonnenjahr nicht. Um aber zu * 
wenn ſie Tag und Nacht gleich haͤtten, 
ren zu Cusko ſechzehn Thuͤrme an ai 
te gegen Morgen und achte gegen Aben 
| ö 


zu. Viere und viere ſtunden allemal bey 
einander, die beyden mittelſten waren die 
kleinſten und ohngefehr nur drey Stockwerke 
hoch; fie dienten eigentlich zu Wachtthuͤrmen. 
Gegen die Zeit, wenn Tag und Nacht gleich 
ſeyn ſolte, begab ſich der Pnka an einen bes 
quemen Ort, wo er zwiſchen dieſen Thuͤrmen 
hindurch ſehen konnte. Wenn er nun ſahe, 
daß die Sonne bey ihrem Aufgehen und bey 
ihrem Untergehen gerade zwiſchen den kleinen 
Thuͤrmen hindurch ſchien, ſo ward dieſer Tag 
5 das Aequinoctium gehalten. 

Den laͤngſten Tag beſtimmten ſie 190 
dane Mitten auf dem Plazze vor 
jedem Sonnentempel ſtund eine koͤſtliche, ſchoͤn 
gearbeitete Saͤule. Um ſie herum war ein 
Cirkel, davon ſie der Mittelpunkt war. Aus 
dieſem Mittelpunkte zogen fie eine gerade Li⸗ 
nie gegen Morgen und eine Andere, der vo: 
rigen gerade gegen uͤber, nach Abend zu. Ei⸗ 
ne lange Beobachtung und Erfahrung hatte 
ſie von der richtigen Lage dieſer Linie belehrt. 
Sobald ſich die Zeit des laͤngſten Tages naͤ⸗ 
herte; verſammelten ſich die Prieſter alle Ta⸗ 
a ge 


928 Sechſtes Buch. 


ge an dieſem Orte und gaben genau auf den 
Schatten dieſer Saͤule acht. Wenn vom 
Aufgange der Sonne bis zu ihrem Nieder- 
gange der Schatten um die Saͤule herum 
fiel, am Mittage aber die Saͤule gar — 
Schatten machte; ſo war Min: der geſuch⸗ 
te Tag. = 

In allen Provinzen, Narr von den Ps 
kas erobert wurden, errichtete man ſolche 
Saͤulen und ihre Amautas, oder Weiſen, 
zogen die Linien. Am hoͤchſten wurde die 
Saͤule vor dem Sonnentempel zu Quito 
geſchaͤht, weil hier zweymal im Jahre der 
Schatten die Linie niemals verließ und im 
Mittage die Saͤule von der Sams re 
berum befchienen wurde. | 

Sobald der erwartete Tag ſich zu faken 
nen gegeben hatte, wurden dieſe Saͤulen mit 
Kraͤnzen von Blumen und wohlriechenden 
Kraͤutern geſchmuͤckt und der goldene Thron 
der Sonne darauf geſezt, damit ſie ſich, mit 
ihrem ganzen Glanze darauf niederlaſſen 
koͤnne. 


An 


Sechſtes Buch. 327 


An dem Tage der Tags und Nachtglei⸗ 
he in unſerm Fruͤhjahre fingen die Einwoh—⸗ 
zer von Cusko mit groſſen Freudensbezeigun⸗ 
zen an, ihren Mayz einzuaͤrndten: Aber an 
der Tags und Nachtgleiche in unſerm Herbſt 
feyerten ſie das Feſt Citua. 

Uiſbrigens bielten fie die Serpenſaſter⸗ 
nie für ein Zeichen ihres Zorns und wenn 
der Mond verfinſtert ward, ſo glaubten ſie, er 
ſey krank. Sie erregten alsdann ein groſſes 
Geſchrey und Laͤrmen, um ihn zu ermuntern, 


Fiaunfzehntes Kapitel. 
Von den koͤniglichen Gebaͤuden in 
Cusko. 


N anf Capak, der Urheber des Geſchlech⸗ 

tes der Ynkas, war auch der Stifter 
der unvergleichlichen Stadt Cusko. Dieſe 
Stadt lag am Fuſſe eines Huͤgels, in einem 
weiten, ungemein fruchtbarem Thale, das 
allenthalben von hohen Bergen umgeben war, 
welche beſtaͤndig eine reine und fühle Luft in 
dieſem heiſſen Erdſtriche gewaͤhrten. Der er⸗ 
fie Ynka bauete fi ich, mit ſeinen neuen Un⸗ 
X 4 tertha⸗ 


* 


328 Sechſtes Buch. 


terthanen am Abhange des Huͤgels Sakſa⸗ 
huanam an, welcher der Stadt gegen Nord: 
oſt lag: ſeine Nachfolger erweiterten ſie nach 
und nach auf allen Seiten nach der Ebene 
zu. Wenn ſie eine neue Provinz eroberten, 
ſo zog gemeiniglich eine ziemliche Menge 
Volks aus derſelben nach Cusko, und das 
Oberhaupt des eroberten Landes, oder der 
Curaka bauete ſich in dieſer Reſidenz des 
Capak Pnka, oder regierenden Königes eis 
nen Pallaſt. Da nun die Ynkas vom Ans 
fange an die Hauptſtadt und ihr Reich in 
vier Gegenden eingetheilt hatten, welche ſie, 
wie ich ſchon erwaͤhnt habe, zuſammen Tas 
huantinſuyu, das iſt, die vier Gegenden der 
Welt; einzeln aber, Antifuyu, Collaſuyu, 
Chinkaſuyu und Cuntiſuyu nennten; ſo mach⸗ 
ten fie auch alsbald die Einrichtung, daß al 
le, die ſich in Cusko anbaueten, ihre Woh⸗ 
nungen nach der Himmelsgegend anlegen 
mußten, in welcher ihre Voͤlkerſchaft wohn 
te: die von Antifuyu her kamen, mußten ihre 
Haͤuſer nach der Morgenſeite zu, und die 
von Collaſuyu gegen Mittag bauen. Auf 

f dieſe 


Sechſtes Buch. 329 


dieſe Art, rühmten ſich die Ynkas, war ihre 
Hauptſtadt eine Vorſtellung ihres ganzen 
. im Kleinen. 

Mitten durch die Stadt feömee von Mor: 
* gegen Abend ein ziemlicher Fluß; die 
Hauptſtraſſe, welche laͤngſt dieſem Fluſſe hin 
ief, theilte die Stadt ſelbſt in Hanan-Cus⸗ 
o und Hurin⸗Cusko, oder in die Ober 
ind Unterſtadt. Die ganze Stadt war nach 


yeruanifcher Art beveſtiget, und mit einer 


Nauer umgeben. Gegen Nordoſt lag der 
benerwaͤhnte Hügel Sakſahuanam, auf 
velchem einige nachfolgende Ynkas die ſtaͤrk⸗ 
te, aller peruaniſchen Veſtungen anlegten. 
Sie baueten nemlich um dieſen Hügel ber: 


m drey Mauern in Geſtalt eines halben 


Mondes, Eine am Hügel weiter gegen die 
Spisze zu als die Andere „ ſo daß von Eis 
er zu der Andern ein Raum von ohnge⸗ 
ehr dreyßig Schritten blieb. Dieſe Mau⸗ 
en liefen um den Hügel herum, fo daß fie 


nit beyden Enden an die Stadtmauer ſtieſ⸗ 


n. Sie waren von fo ungeheuer groſſen 
Beinen; daß die Spanier, als fie fie ſahen 
X 5 nicht 


“ 
— 


— ——— ¶ ͤ—-nm— — 


330 Sechſtes Buch. 


nicht glauben wolten, daß ſie bloß mit Dtene 
ſchenhaͤnden, ohne Maſchienen und ohne Hül⸗ 
fe des Teufels hätten Fonnen an den Ort 
gebracht werden. Inwendig war der Raum, 
zwiſchen dem Abhange des Hügels und jeder 
Mauer mit Erde ausgefuͤttert; jo daß nur 
oben eine Bruſtwehr übrig blieb. Durch je— 
de Mauer gelangte man vermittelſt eines 


Thores, und wenn man durch das dritte 
den Hügel erſtiegen hatte; befand man ſich 


auf einer langen, aber nicht gar breiten 
Ebene, auf welcher, in Geſtalt eines Drey— 
ecks, drey ſtarke Thuͤrme ſtanden, davon der 
Eine rund, die beyden Andern aber vier— 
eckigt waren. In dem runden, Thurme, wel 
cher, wie andere koͤnigliche Wohnungen auf 
das praͤchtigſte moͤblirt war, hielten ſich die 
Könige auf, wenn fie in dieſe Veſtung ka⸗ 
men; in den beyden Andern aber wohnte die 
Beſazzung, welche allezeit aus Ynkas, meh 
chen Manko Capak dieſen Ehrentitel ge 
geben, beſtehen mußte. Es war aber alle 
zeit ein Ynka von koͤniglichem Gebluͤte Statt 
halter in dieſer Veſtung. Unter den Thun 
me 


Sechſtes Buch. 331 


nen waren eine Menge Wohnungen, und 
interirrdiſche Gänge, wodurch man aus eis | 
lem Thurme in den Andern kommen konn⸗ 
e. Allein dieſe liefen ſo verſchlungen durch | 
inander, daß niemand, als der das Gebaͤu— 
e recht genau kannte, ſich hinein wagte. 
Außerdem waren auch Vorraͤthe von aller; f 
and Lebensmitteln, Waffen und Kriegsnoth— vn 
dendigkeiten, nebſt einer vortrefflichen Quel⸗ 
e in dieſem Bezirk. Man nennte dieſe Ve⸗ 
tung die Wohnung der Sonne: denn gleich- 
die ihre Kinder, die Ynkas im Tempel opfer⸗ | 
en und beteten; ſo berathſchlagten fie fich 5 
n dieſer Wohnung is Feldzuͤge, Krieg f I. U 
nd Frieden. 19 
Auf der Ebene, vor dem Hügel Sak⸗ N 
en lag ein groſſes Felſenſtuͤcke, an 1 
velchem zwanzigtauſend Peruaner gearbeitet 60 
hatten, um es von Muyna, fünf Meilen j | 
von Cusko, auf dieſe Stelle zu bringen; wo 
s ohne Zweifel zur Grundlage eines koͤnig— 
ichen Gebaͤudes waͤre gebraucht worden, wenn | 
as Reich länger beftanden haͤtte. Dieſen 1 
Stein nennten die Einwohner Saykuska, | | 
8 den 


— —— ¶ w Äô — = 


332 Sechſtes Buch. 


den ermuͤdeten Stein; weil er auf wir 
Wege bis hierher geſeufzt und geſchwizt ha 
ben ſoll. TA Mr | 

Von dem Hügel Sakſahuanam kan 
auf der weſtlichen Seite ein Bach herab, 
welcher von Norden gegen Süden durch di 
Stadt floß. Von dieſem Bache gegen Mor 
gen war ein groſſes Viertel der Stadt, wor 
inne alle Prinzen vom Gebluͤte ihre Pallaͤſt 
hatten. Dieſes Viertel hatte den Namen 
Collkampata und reichte bis an die Straſſe 
wo Manko Capak ſein Haus erbauet hatte 
Gegen Weſten ſonderte oben erwaͤhnter Bach 
die Stadt von den Vorſtaͤdten ab, welch 
ſich in einer Entfernung von tauſend Schrit 
ten anfingen. An das Viertel Colfampa 
ta ſtieß gegen Suͤdweſt die groſſe Straff 
Huakapunku, oder das Thor des Hei 
ligthums, weil man durch dieſe 1 
ſe nach dem Tempel ging. Weiter geger 
Mittag lag ein groſſer Plaz von welchem 
nach Suͤden zu, ein anderes Viertel e 
fing. In dieſem waren die groſſen Haͤuſer des 
Unterrichts, oder die Schulen, welche die 
Ynkas 


Sechſtes Buch. 333 


)nkas Roka und Pachakutek erbauet hats 


n. Gegen Mittag von dieſen Schulen 
auete der Ynka Roka den Pallaſt Kokako⸗ 
u und der Ynka Pachakutek den Pallaſt 
afana. Beyde waren ungemein groß, und 
ſchoͤn gemauert, daß die Wände von eis 
em Stuͤck zu ſeyn ſchienen. Sie hatten im 
endig groſſe Säle, und auf zwey Seiten 
einere Gemaͤcher. Alle Wände waren ans 
att der Vertaͤfelung mit goldenen Platten 
elegt, und mit goldnen Figuren von Men⸗ 
hen, Thieren, Voͤgeln, Schlangen, krie⸗ 
henden Ungeziefer und Inſekten geziert. Im 


Bezirk dieſer koͤniglichen Haͤuſer, waren nicht 


llein Blumen- und Baumgaͤrten voll der 
hoͤnſten, natürlichen Gewaͤchſe; ſondern 
uch goldene Gaͤrten und Felder, wie ich ſie 
ben beſchrieben habe. Vor den Haͤuſern 


baren weite bedeckte Gänge, wo ſich das 


Bolk, im Angeſicht des Ynka mit Tanzen 
nd andern Luſtbarkeiten, an ihren Feſtta⸗ 
en ergoͤzte, wenn ſchlechtes Wetter war. 


Vor dieſen koͤniglichen Haͤuſern lagen die 


roſſen Plaͤzze Hauſſaypata und Cußypata, 
m dem 


334 Sechſtes Buch. 


dem Vorigen gegen Abend, von welchem 
ich ſchon geredet habe, und auf der Mit 
tagsſeite des Plazzes Hauſſaypata lag da 
Haus der auserwaͤhlten Jungfrauen. Gegen 
dem Pallaſte Caſana uͤber, am Fluſſe, lag 
der Pallaſt Amarukancha, welchen Huaͤyng 
Capak erbauete. Außer dieſen gab es noch 
verfchiedene königliche Pallaͤſte, ſowohl in 
Cusko, als auch in den verſchiedenen P 
vinzen. Sie waren zwar nicht alle von gl 
cher Groͤſſe, aber alle von gleicher Pracht, 
und alle voll Haußgeraͤthe von Gold oder 
Silber; fo daß man nie aus einem koͤnigli⸗ 
chen Hauſe das geringſte Gefaͤſſe, in das 
Andere zu bringen noͤthig hatte. Damit man 
es aber nicht fuͤr ganz unbegreiflich halte, 
wie in den Haͤuſern der Sonne, der auser 
wählten Jungfrauen und der Könige fo. vie 
Gold und Silber habe koͤnnen zuſammen ges 
bracht werden, ſo muß man wiſſen: daß in 
dieſem Koͤnigreiche, welches einen ſolchen 
Uiberfluß an den edlern Metallen hatte, daß 
die Spanier anfangs glaubten, der ganze 
Boden ſey unter der Erde Gold oder Sil 
ber 


Sechſtes Buch. 935 


ber, dennoch niemanden erlaubt war, ſich die⸗ 
ſer Metalle zu ſeinem Gebrauche zu bedienen, 
es ſey denn, daß ihm der Koͤnig Geſchenke | 
davon machte; außer daß ein jeder der Cu⸗ | 
rakas einen goldenen Becher von einer ges | 
wiſſen Groͤſſe haben durfte: das andere kam N | 
nach und nach alles in das Hauß der Son⸗ | | 
ne, oder des Ynka. Ich unterlaſſe es die ee N 5 
uͤbrigen Theile von Cusko zu beſchreiben. 
Dieſe Stadt war ſehr groß, regelmaͤßig und 
ar 1 \ | 1 
va 


Ich bene bier auch die chiglchen | I. 
Borrarhehäufe in den Provinzen; die bey⸗ N 
den groſſen Landſtraſſen, welche von Suͤden 2 
gegen Norden bis an das Ende des Reichs 1 
gingen; die Haͤuſer zur Aufnahme der Rei⸗ 
ſenden; die groſſen Waſſerleitungen und an⸗ N} 
dere prächtige Werke, welche die mächtigen ; 
Ynkas in ihrem Reiche angelegt hatten, weil 
ich ihrer im 5 1 erwaͤhnt 
Er a, | | 


Seh 


— || ———+˖—ö — — 


336 Sechſtes Buch. 


Sechzehntes Kapitel. 

Von dem Geiſte ihrer Geſezze und der Ein: 
richtung ihrer Regierung. 

Der Anfang der Regierung der Drag 
Rund wie fie es eingeleitet haben den, 
ihnen unterworfenen, Völkern Geſezze zu ges 
ben, iſt aus dem erſten Theile dieſer Ge 
ſchichte bekannt. Unſere Leſer werden dadurch 
an aͤhnlichen Beyſpielen auf unſerer Halbku— 
gel erinnert worden ſeyn: Allein Manko Ca⸗ 
pak zeigte ſich kluͤger, als Numa oder Mu⸗ 
hammed. Da er Voͤlker vor ſich fand, die 
ſich alles überreden lieſſen, fo bediente er fich 
ganz dieſes Vortheils. Er nahm gleichſam 
ihre Vernunft dadurch gefangen, daß er es 
ihnen zum erſten Glaubensartikel machte, 
die Sonne fuͤr ihre einzige Gottheit, die 
Ynkas aber für die Kinder derſelben anzu⸗ 
nehmen: Dadurch verſicherte er ſich eines 


göttlichen Anſehens. Nunmehr gab er ſei⸗ 


nen Völkern Geſezze, welche die Sicherheit, 
die Keuſchheit, das Vermoͤgen, den guten 
Namen und die guten Sitten feiner Unter 
thanen ſchuzten und zugleich den Gehorſam 
gegen 


Sechſtes Buch. 337 


gegen Obrigkeit und Eltern veſt ſtellten: und 
nun wurden alle Verbrechen nicht nur als 
Uibertretungen der Geſezze, ſondern auch als 
Verſuͤndigungen an der Gottheit, geahndet. 
Auch waren ihre Strafen ſehr hart. Kein 
Verbrecher wurde an feinem Vermoͤgen bes 
ſtraft; ſondern die geringſten mußten durch 
charfe Geiſſelungen und alle die von einiger 
Erheblichkeit waren, mit dem Tode gebüffee 
verden; wobey an keine Erlaſſung zu denken 
ar. | 

Jedoch der Geiſt der Geſezgebung der 
Infas war mehr die Vergehungen ihrer 
interthanen zu verhuͤten, als fie zu beftras 
en. Bey andern Voͤlkern ſchlafen die Ge; 
zze, bis ein Verbrechen begangen iſt; bey 
leſem wachten fie, damit ſich dieſer Fall 
icht ereignen möchte. Die Strafen waren 
art: aber fo ſehr die Unterthanen ſich fuͤrch 
ten darein zu verfallen; ſo ſehr ſchienen die 


zeherrſcher ſich zu ſcheuen, fie ausüben zu | 


uͤſſen. | Nine: 

In dieſem Geiſte machte ſchon Manko 
apak folgende weiſe Einrichtung: Er theil⸗ 
II. Theil. 9 te 


338 Sechſtes Buch. 


te fein Volk in Chunkas ein. Eine Chun⸗ 
ka bedeutet fo viel, als eine Zahl von zehen. 
Jede Chunka hatte ihren Chunka⸗Camayu, 
oder Zehnmann. Uiber zehn Chunkas war 
ein Vorſteher von hundert Mann geſezt 
Uiber fünfhundert Burger hatte wieder eit 
neues Haupt die Aufſicht; und tauſend Manr 
zuſammen hatten noch ein höheres Oberhaupt 
dieſe ſtunden unter der hoͤchſten Obrigkeit je 
der Provinz. A 

Obgleich das Reich in den folgenden Zei 
ten zu einer ungeheuern Gröſſe wuchs, f 
wurde dieſe Ordnung dennoch beftändig be 
obachtet. Alle Unterthanen in Dörfern, Ele 
nen und groſſen Städten wurden aufgeſchrie 
ben und in Chunkas eingetheilt. Der Chun 
ka⸗Camayu mußte für die neun ihm U 
tergebenen ſtehen. Das heißt: Er mußte 
Vermehrung und Verminderung ihrer d 
milien aufzeichnen, ſich nach ihrem haͤuß 
chen Zuſtande erkundigen, ihnen in iht 
Unfaͤllen beyſtehen, bey irgend einem Mar 
gel an Kleidung oder Unterhalt hoͤhern Ort 
für fie bitten, und wenn fie in Streitigke 


Sechſtes Buch. 339 


en verwickelt wurden, ſie vertheidigen. Hin⸗ 
gegen war er auch verbunden, jede Verge⸗ 
jung zu bemerken und den Verbrecher bey 
einem Vorſteher anzuzeigen, wenn er nicht 
elbſt eben fü hart wolte beſtraft ſeyn. Der 
Borſteher über hundert Mann mußte auf 
ben die Art über die zehn Vorſteher von 
en Chunkas wachen; die uͤber fünfhundert 
eſezt waren hatten ihre Augen uͤber die Hun⸗ 
ertmaͤnner offen; und die Oberhaͤupter von 
aufenden mußten ſich wieder um jene bekuͤm⸗ 
zern. Die Vorſteher von Hunderten konn⸗ 
n nur geringe Vergehungen beſtrafen und 
ber die gemeinſten Leute Urtheil ſprechen; 
wichtiger aber das Verbrechen, und je vor⸗ 
hmer der Verbrecher war, von einem deſto 
bern Vorſteher mußte die Gerechtigkeit 
rwaltet werden. Fuͤr Civilſachen aber war 
jeder Stadt ein Richter geſezt, vor wel⸗ 
em die Vorſteher den Prozeß bringen und 
itſcheiden laſſen mußten. Junge Leute wur⸗ 
n eben ſo genau beobachtet und beſtraft, 
s Alte; nur mit dem Unterſchied, daß Kin⸗ 
r nie die Miſſethat ihrer Eltern tragen 


9 2 durf⸗ 


— 


Ess sn — 


340 Gehftes Buch. 


durften; wenn aber ein junger Menſch ein 
Verbrechen beging, ſo ward zwar bey der 
Strafe auf die Jugend mit geſehen; der 
Vater aber ward auch mit vor den Richter 
gefodert, und wegen der Vergehung ſeines 
Sohnes deſto haͤrter angeſehen. 

Am Ende eines jeden Monates, mußte 
jeder Vorſteher und jeder Richter bey ſeinem 
Vorgeſezten, Rechenſchaft von ſeinen Unter⸗ 
gebenen, und auch von ſeinen Urtheilsſprü⸗ 
chen ablegen; und der, welcher nachlaͤßig, 
oder untreu befunden ward, wurde auf das 
haͤrteſte beſtraft. In der Hauptſtadt einer 
jeden Provinz, war ein Landrichter in peinli 
chen Sachen, welcher die groͤßten Verbre 
chen, ohne Appellation beſtrafte, und ein 
Anderer, welcher in wichtigen Civilſachen den 
Ausſpruch that; und da das ganze Reich in 
vier Hauptabtheilungen getheilt war, ſo be 
fand ſich wieder in jeder dieſer vier Hauptz 
abtheilungen ein Vizekönig von koͤniglichem 
Gebluͤte und drey Dikaſterien, Eins beſorgte 
die Kriegsfachen, das zweyte ſahe auf die 
Verwaltung der Gerechtigkeit, und das drit 
te 


Sechſtes Buch. 341 


te entſchied alle Graͤnzſtreitigkeiten. Die Vi⸗ 
ſekoͤnige hatten den Worfiz in dieſen Gerich— 


en, waren unumſchraͤnkt, legten nur beym 


Könige alle Vierteljahre Rechenſchaft ab, 
ind empfingen von ihm die noͤthigen Befeh— 
e, welche ſie den unter ihnen ſtehenden 
brigkeiten, Vorſtehern und Offizieren mit⸗ 
heilten. | 

Uiberdieſes hatte der König eine Art 
on Aufſehern, welche Cukuy-Rikok genennt 
urden. Der Name bedeutet Einen, der 
e Augen allenthalben hat: denn dieſe wur; 
n insgeheim in alle Provinzen abgeſchickt, 
n zu ſehen, ob die königlichen Befehle ge: 
u befolgt, und die Gerechtigkeit gehoͤrig 
rwaltet wuͤrde. 8 
N Durch alle dieſe Einrichtungen wußte der 
onig am Ende jedes Jahres genau, wie 
Unterthanen er im ganzen Reiche hatte; 
e ihre Vorraͤthe an allem, was zum Le⸗ 
isunterhalt gehöre, beſchaffen waren; wo 
d wem er zu Hülfe kommen mußte; wie 
dazu erfodert würde; wie viel er Sol— 


en zum Kriege, oder Arbeiter zu öffentli⸗ 


N 3 chen 


342 Sechſtes Buch. 


chen Werken, aus jeder Provinz beben 
konnte, und ſo fort. 

Uibrigens durfte keine Obrigkeit von dei 
Strafe, welche in den Geſezzen vorgeſchrie 
ben war, das Geringſte nachlaſſen, oder aͤn 
dern; kein Vorgeſezter durfte ſeinen Unter 
gebenen das Geringſte nachſehen; kein Sol 
dat durfte auf einem Marſche aus dem We 
ge weichen, und irgend Etwas befchädiger 
oder nehmen; Keine Armee durfte eine er 
oberte Stadt plündern, oder in einem be 
zwungenen Lande Etwas mit Gewalt neh 
men. Alles dieſes ward mit dem Tode be 
ſtraft. Daher hatte auch die Gerechtigke 
der Ynkas in ihrem Welttheile einen gro 
fern und gegründetern Ruhm, als fi ch irgen 
ein Volk in der Welt erworben hat. 


Siebenzehntes Kapitel. 
Von der Vorbereitung der jungen Inka 
zu hohen Ehrenftellen, oder von den i 
Rittern. | 
re dieſem, von den polizierten * 
nen der ſogenannten alten Welt ſo 


ib 


Sechſtes Buch. 343 


ernten, Volke war dennoch eine Art von 
Ritterſchaft, oder Einweyhung gewoͤhnlich. 

Alle Jahr, oder alle zwey Jahr, wenn 
ine gewiſſe Anzahl von ſechzehnjaͤhrigen 
Juͤnglingen, aus dem Geſchlechte der Ynkas 
denn Andere wurden nicht zugelaffen,) vor⸗ 
anden war; wurde zur groſſen Freude des 
anzen Volkes, auf einen Neumond, ein Feſt 


ingeſezt. Ein jeder Ynka, welcher einen 


Sohn von gehoͤrigem Alter und gebildeten 
Fraͤften hatte, brachte ihn in ein groſſes 


auß zu Cusko, welches in dem Viertel 


Lollkampata ausdruͤcklich zu dieſem Endzwecke 
rbauet war. 

Hier fanden dieſe jungen Leute etliche al⸗ 
e Yukas, welche wegen ihrer Erfahrenheit 
den Kuͤnſten des Krieges und des Frie— 
ens, zu Aufſehern der Prüfungen geſezt was 
en. Wenn der zu dieſen Proben veſtgeſezte 
dag erſchien; fo fing man damit an, daß 


tan die jungen Ritter ein ſtrenges, ſechstaͤ⸗ 


iges Faſten beobachten ließ. Jeder bekam 


uf einen Tag nicht mehr, als eine Hands 


oll Mayzkoͤrner, und ein Glaß Waſſer. 
Y 4 Wel⸗ 


344 Sechſtes Buch. 


Welcher ſich darüber beklagte und mehr zu 
eſſen foderte, der wurde alsbald wieder nach 
Hauſe geſchickt. Nach überftandenen Faſten 
bekamen fie wiederum ihre gewöhnliche Spei 
ſe, um ſich zu den abzulegenden Proben zi 
ſtaͤrken. 
Nunmehr machten die Eltern und An 
verwandten der jungen Ynkas zwey Reiher 
von dem Hügel Huanankary bis zu der Be 
ſtung Sakſahuanam, welches ohngefehr an 
derthalb kleine Meilen betrug. Am Ende die 
fer Laufbahn wurde ein breites Band mit Fran. 
gen an einem Spieſſe aufgehangen. Nach 
dieſem mußten die Neulinge, ohne inne zi 
halten, laufen, wobey ihre Anverwandten auf 
beyden Seiten fie auf das nachdruͤcklichſt 
zum Aushalten ermahnten. Die dritte Pro 
be beſtand darinne, daß fie in zwey kleine 
Heere getheilt wurden, und mit ſtumpfer 
Waffen gegen einander fechten mußten. Hier, 
auf folgte das Springen; dann das Werfen 
mit der Schleuder; der Gebrauch des Wurf 
ſpieſſes, und das Schieſſen mit Bogen und 
Pfeilen. Nach dieſen Uibungen mußten ſie 
| sehn 


Sechſtes Buch. 345 


zehn Naͤchte nach einander Schildwach ſte— 

hen. Welcher ſich ſchlafend antreffen ließ, 

wurde mit einer Gerte gepeitſcht, und wenn 

er das kleinſte Zeichen des Schmerzes blicken | 
ließ, abgewieſen. Endlich ſtellten die alten | 
Lehrer dieſe jungen Lehrlinge auf den oͤffent⸗ | 
lichen Plaz vor dem Haufe, und ein Fecht— 
meiſter mußte kommen und ſich ſtellen, als 
ob er bald dem Einen mit einem Spieſſe in 
die Augen rennen, bald einem Andern mit 
einer groſſen Streitaxt ein Glied vom Leibe 
herunterhauen wolte. Die angehenden Kits 
ter wußten, daß er keines von beyden thun 
würde, wenn fie aber dennoch fo ungluͤcklich 
waren, entweder mit den Augen zu zwinkern, 0 
oder ſonſt eine Bewegung zu machen, welche 3 
Furcht verrieth; ſo war das hinlaͤnglich, ſie N N 
fuͤr dieſes Jahr um die Ehre der Ritterſchaft 
zu bringen. Uiber dieſes alles mußten ſie 
auch ihre Waffen, diejenigen nemlich, die 
aus Holz gemacht wurden, und ihre Schu— 
he, die aus einer Sole von Leder und Rie⸗ 
men von Hanf oder Wolle beſtunden, ſelbſt 
zu verfertigen wiſſen. 
ö N 5 Waͤh⸗ 


— 


346 Sechſtes Buch. 


Waͤhrend der Zeit dieſer Pruͤfungen, 
mußten fie barfuß gehen, und auf der biof 
fen Erde ſchlafen; die alten Inkas, ihre 
Lehrmeiſter aber gaben ihnen taͤglich in ihrer 
Moral, in den Pflichten eines Jnka, eines 
Kriegers, und eines redlichen Staatsman⸗ 
nes und eines Beſchuͤzzers der Unschuldigen 
und der Armen, Unterricht. N 

Selbſt der vermuthliche Erbe des Reichs, 
war von allen dieſen harten Pruͤfungen nicht 
ausgenommen; ſie waͤhreten einen Monat, 
und dieſe ganze Zeit über mußte er alte, zer⸗ 
riſſene Kleider tragen, damit er lernte, die 
Armuth nie zu verachten. Der einzige Vor⸗ 
zug den er genoß, war dieſer: Wenn ein 
Anderer, als er, im Wettlauf das Band 
mit Frangen davon trug, ſo mußte er es 
ihm überreichen. 

Wenn alle dieſe Proben geendiget waren, 
wurde dem Koͤnige davon Nachricht gege⸗ 
ben, welchen man bald darauf von den al 
teſten unter ſeinen Anverwandten begleitet, 
ankommen ſahe. Sobald der Koͤnig erſchien, 
warfen ſich die Canditaten des Ritterſtandes 
vor { 


Sechſtes Buch. 347 


vor ihm auf die Erde. Er ermahnte ſie in 
einer kurzen Rede; Ihren Vorfahren in als 
len ritterlichen Tugenden aͤhnlich zu werden, 
und zu erkennen zu geben, daß ſie wahre 
Kinder der Sonne waͤren. Dieſer ruͤhmliche 
Tittel muͤſſe fie aufmuntern, ſezte er hinzu, 
ſich eben ſo wohlthaͤtig als dieſe zu zeigen, 
und ihre Handlungen eben ſo glaͤnzend zu 
machen, als die Strahlen dieſes ihres Anz 
herrns. Wenn der König feine Rede geens 
digt hatte, nahete ſich Einer nach dem An⸗ 
dern dem Throne, worauf der Koͤnig ſaß, 
und fiel vor ihm auf die Kniee, um das Er⸗ 
ſte und groͤßte Ehrenzeichen von ſeiner Hand 
zu empfangen. Dieſes beſtand darinne, daß 
der Koͤnig dem neuen Ritter durch jedes 
Ohrlaͤppchen, an dem Orte, wo man die Oh⸗ 
rengehaͤnge traͤgt, eine ſtarke goldene Nadel 
ſtach, welche in dem Loche ſtecken blieb. 
Dieſes war eine Bekraͤftigung, daß er ſie fuͤr 
Vnkas und Prinzen vom Gebluͤte erklaͤrte. 
Der neue Ritter kuͤßte dem Capak Ynka 
die Hand, und knieete vor einem andern 
Nnka der an Range der Zweyte im Könige 
reiche 


348 Sechſtes Buch. 


reiche war, nieder. Dieſer Ynka band ihn 
Schuhe mit Schnüren von Wolle an di 
Fuͤſſe, kuͤſſete ihn auf die Schulter, und ſag 
fe: Der Sohn der Sonne hat ſolche Be 
weiſe feiner Tugend abgelegt, daß er ver 
dient angebetet zu werden. Nunmehr trat 
der junge Puka in ein praͤchtiges Zimmer, 
wo die aͤlteſten Inkas ihm die männliche 
Scherpe umbanden. Dieſes war eine drey⸗ 
eckigte Schuͤrze, welche an einer Fingersdicken 
Schnur beveſtiget war. Die Schnur ward 
ihm um den Leib gebunden, der herabhangen⸗ 
de dritte Zipfel zwiſchen den Beinen hindurch 
gezogen, und hinten beveſtiget. Dieſe Scherz 
pe war das Zeichen der Mannheit, und gab 
zu erkennen, daß dieſer junge Herr nun faͤ⸗ 
hig ſey, alle Ehrenſtellen im Kriege und im 
Frieden zu verwalten. Sie ſezten ferner 
dem neuen Ritter einen Kranz von Immer— 
gruͤn auf, und beſteckten ihm den Kopf mit 
den Blumen Cautut und Chihuayhua, wel— 
che niemand anders, als die Ynkas, tragen 
durfte. Hierbey ſagten ſie ihnen: „Gleichwie 
die Sonne dieſe Blumen auf den Wieſen 
zum 


Sechſtes Buch. 349 


um Vergnuͤgen der Menſchen hervorbraͤchte, 
d muͤſſe auch ein Ynka die Tugenden zum 
Nuzzen des menſchlichen Geſchlechts naͤhren; 
damit ſein Ruhm, gleich dieſem Kranze, be⸗ 
tändig gruͤnte. 

War der Erbprinz mit unter den neuen 
Rittern, ſo wurde ihm an dieſem Feſte zu⸗ 
rſt die rothe Binde, das Vorzugszeichen 
es Kronerbens, um den Kopf gebunden; 
lsdann überreichte man ihm einen Wurf⸗ 
pieß und eine Streitart mit dem Worte 
Aukukanapak! das heißt: es die Gott⸗ 
* 

Nachdem dieſe guten Greiſe, alles Dee 
u dem Kronprinzen in Gegenwart des Koͤ⸗ 
tiges, feines Vaters, geſagt hatten; fo far 
nen feine Vettern, Brüder, und alle ande⸗ 
e vom koͤniglichen Geſchlechte, und fielen 
zor ihm nieder auf die Kniee; wodurch er 
öffentlich fuͤr den ungezweifelten Kronerben 
erkannt wurde. 

Dieſe Ritterproben, nebſt allen Ceremo⸗ 
nien die dabey vorgingen, wurden unter dem 
Nr Huaraka begriffen, welches ohnge⸗ 
fehr 


350 Sechſtes Buch. 


fehr fo viel bey ihnen bedeutete, als bey ung, 
Jemanden zum Ritter ſchlagen. Das gan 
ze Feſt endigte ſich mit einem groffen Schmau 
ſe, der neun Tage waͤhrete. y 


Achtzehntes Kapitel. 
Eintheilung der Laͤndereyen, und Behand— 
lung der eroberten Laͤnder. ; 

Da die Ynkas alle Laͤnder ihres groſſen 
Reichs nach und nach erobert hatten; 

ſo wird man ſich eine richtige Vorſtellung 
von der Art, ihre Unterthanen zu behandeln, 
machen koͤnnen, wenn ich, mit wenigen Wor— 
ten ſage, wie fie mit einem neu- eroberten 
Lande verführen, 0 
Wenn der Koͤnig, oder Einer von ſeinen 
Feldherren dem Reiche eine neue Provinz 
unterwuͤrfig gemacht hatte; ließ er alsbald 
das Volk, wovon ſie bewohnt war, nach 
den Familien, Haußhaltungen, Maͤnnern, 
Weibern und Kindern zaͤhlen, und dann auch 
ein genaues Verzeichniß von den Bergen, Wie⸗ 
ſen, fruchtbaren und unfruchtbaren Feldern 
und dem Viehe verfertigen. Wo es noͤthig 
und 


Sechſtes Buch. 351 


und möglich war, wurden Wege, Brücken und 
inſonderheit Waſſerleitungen angelegt, um ſo 
viel Ackerfeld zu erhalten, als man nur konn⸗ 
te. Die Felder wurden eingetheilt in ſolche, 
welche man waͤſſern und folglich mit Mayz, 
welcher ihnen unter den Feldfruͤchten das 
liebſte war, bepflanzen konnte; und in ſolche, 
die ſich allein auf den Regen, der ſelten hier 
iſt, und auf den Thau des Himmels verlaſ⸗ 
ſen mußten; wo man nur Quinua, eine Art 
von Hirſen, und andere e ſaͤen 
konnte. 

7 


— 


Alsdann wurde der Curaka, oder vorige 
Regent, des Landes beſtaͤtigt, jedoch ſo, daß 
er den Capak Ynka für feinen Oberherrn 
erkannte und es wurde ihm Einer von den 
Inkas, als Statthalter zugegeben. Auch 
die vorigen Geſezze des Landes, welche den 
Geſezzen der Ynkas nicht widerſprachen, wur⸗ 
den bekraͤftiget, und dieſe leztere eingefuhrt. 
Die Aufſeher über zehn, über hundert, über 
fuͤnfhundert „ uͤber tauſend, die Richter und 
* fort, wurden angeſtellt und überhaupt die 
Ord⸗ 


352 Sechſtes Buch. 


Ordnung der Landesregierung, wie in den an 
dern Provinzen des Reichs, eingerichtet. 
Wenn dem Capak Ynka von allen die 
ſem Bericht abgeſtattet, oder er ſelbſt zuge 
gen war; ſo gab er den Bergen, Thaͤlern, 
Gegenden, Quellen und Fluͤſſen beſtimmte 
Namen und theilte das Ackerland, die Wie— 
ſen, die Felder wo Baumwollenſtauden wuch— 
ſen und die Weiden an den Bergen, nach 
einem gewiſſen Ackergeſezze, unter die Ein⸗ 
wohner aus. Das Salz, welches man aus 
den Salzquellen, oder dem Meerwaſſer mach⸗ 
te; die Früchte, welche auf den Bäumen in 
den Wäldern und auf den Bergen wuchſen; 
die Fiſche in den Fluͤſſen und Seeen waren 
allen gemein; ein jeder konnte davon neh⸗ 
men, fo viel er brauchte, nur nicht um Han⸗ 
del damit zu treiben. Die Gold: Silber⸗ 
und Kupferminen blieben dem Curaka: Dies 
ſer nahm nebſt ſeinen Anverwandten daraus 
fo viel Metall er wolte, theils zu Gefaͤſſer 
fuͤr ſich; aber von dieſen war die Anzahl be 
ſtimmt; theils um die Tempel der Sonne 
damit zu ſchmuͤcken und dem Ynka Geſchen⸗ 
ke 


Sechſtes Buch. 353 


ke davon zu machen. Das Ackerland ward 
folgendermaaſſen vertheilt. 
1 Der Pnka machte aus allem Lande, wel⸗ 
ches bearbeitet werden mußte, drey Theile. 
Der Erſte war fuͤr die Einwohner; wenn 
dieſe gehoͤrig verſorgt waren, ſo wurde das 
Uibrige noch in zwey Theile getheilt; der 
Erſte war für den Sonnentempel, feine Prie⸗ 
ſter und ſeine Diener; der zweyte fuͤr den 
Pnka, fein Geſchlecht und alle, die im Dien⸗ 
fie des Koͤniges ſtunden, oder ein öffentli- 
hes Amt verwalteten. Was von den Feld: 
fruchten dieſer beyden lezten Theile übrig 
lieb, ward in die öffentlichen Magazine ge⸗ 
vracht, wovon ich bald reden werde. 
Derjenige Theil, welcher fuͤr die Ein⸗ 
vohner des Landes beſtimmt war, wurde 
olgendermaaſſen angewendet: Eine jede er⸗ 
vachſene Mannsperſon bekam zu ſeinem An⸗ 
heile, ſowohl an gewaͤſſerten, oder Mayz⸗ 
ande, als an ungewaͤſſerten, worauf man 
Huͤlſenfruͤchte ſaͤete, und an Wieſen, einen 
Tupu Land; welches die Benennung eines 
Maaſſes war, wovon ein Mann mit ſeiner 
II. Theil. 188808 Frau 


354 Sechſtes Buch. 


Frau leben konnte. Bekam er einen Sohn, 
ſo theilte man ihm noch einen Tupu zu, 
wenn ihm aber eine Tochter gebohren war, 
jederzeit einen halben Tupu. Starb ein 
Kind, fo gab der Vater den Antheil deſſel⸗ 
ben zurück: Heyrathete der Sohn, fo behielt 
er ſeinen Tupu: Heyrathete aber die Toch⸗ 
ter, fo bekam fie kein Land mit. Vermehrten 
ſich die Einwohner ſo, daß der Antheil des 
Volks nicht mehr zureichte, ſo nahm man, 
fo viel nͤthig war, vom Lande des Königs, 
Der Curaka erhielt fo viel, als er zu ſei— 
ner Haushaltung, fuͤr ſeine Weiber, Kin⸗ 
der und Dienerſchaft noͤthig hatte. Die Pn⸗ 
kas aber, die ſich in dem Lande niederlieſſen, 
bekamen noch einen groͤſſern Antheil, und 
zwar von dem beſten Lande. So war das 
Geſez von Vertheilung der Aecker. | 

Während daß dieſe Staatseinrichtungen 
gemacht wurden, gab der Ynka dem bezwun⸗ 
genen Volke Lehrer, welche es unterrichteten, 
ihm die Nichtigkeit feiner Göͤzzen zeigten, und 
es lehrten, die Sonne anzubeten, und die 
Pnkas, als ihre Kinder, zu verehren. Denn 


Sechſtes Buch. 355 


kein Menſch ward ununterrichtet, und mit 
Gewalt zu ihrer Religion gezwungen. Als⸗ 
dann ward ein Tempel der Sonne, und N: 
venn der König den neuen Unterthanen ſehr ud 
znaͤdig war, ein Hauß für geweyhete Jung⸗ 

rauen erbauet. Die Curakas und andere 

Bornehmen des Landes begleiteten den Vnka 

ach Cusko: man zeigte ihnen alle Pracht N 
iefer Hauptſtadt; man unterhielt ſie mit Fe⸗ 0 
en und Taͤnzen; man that ihnen groſſe Eh⸗ 
man, und endlich ließ man fie wohl ber 
henkt wieder in ihr Land ziehen, doch fo, a | 
aß fie alle Jahre, bey dem groſſen Son⸗ | 
nfofte Yntip⸗Raymi, wieder nach Cusko 
mmen mußten. Ihre Söhne wurden meh⸗ 
ntheils am Hofe des groſſen Koͤniges erzo⸗ 
n. So wußten dieſe Eroberer die Herzen 
r bezwungenen Völker an ſich zu ziehen. 


— — ͤ Ä— 


—— 8 
3 
— — 


2 Neunzehntes Kapitel. 5 
eſezze, die den Ackerbau in dem Reiche / \ 4 
der Pnkas betrafen. | N 
\ as erſte Ackergeſez, betraf die Einthei⸗ | 
lung der Laͤndereyen; das zweyte ihre 
. 3 2 Bear⸗ 


* —ů — Ben. in 2 8 — 
= — — — 


— 


356 Sechſtes Buch. 


Bearbeitung. Dieſes Geſez befahl, daß zu⸗ 
erſt die Aecker der Armen mußten gepflugt 
und beſaͤet werden; alsdann die Laͤndereyen 
der Curakas und übrigen Einwohner der 
Städte, oder Provinzen, und zulezt die } 
weiche der Sonne und dem Könige gehörten. 
Bey der Aerndte ward es eben fo gehalten, | 
Unter die Armen wurden gerechnet die 
Witben, die Wayſen, die Kranken, die Al⸗ 
ten und die Weiber, deren Männer bey der 
Armee waren, kurz alle die, welche ihr Land 
nicht ſelbſt bauen konnten. In jeber Stadt 
waren gewiſſe Kommiſſarien, Laktakamayn 
genannt, darüber zu Aufſehern beſtellt. Den 
Tag vorher, wenn man dieſe Arbeit vorneh⸗ 
men wolte, ſtieg ein ſolcher Kommiſſar na | 
Einbruch der Nacht, auf einen hierzu erbau 
ten Thurm, ſtieß in eine Poſaune, um Je 
dermann aufmerkſam zu machen, und ruft 
alsdann aus: Morgen gebet die Arbeit ar 
den Aeckern der Unvermoͤgenden an; ein © 
der, dem dieſes angehet, finde ſich an d 
gehörigen Orte ein!” Jeder, welcher in fd 
ner Verwandſchaft eine ſolche Perſon hatte 


Sechſtes Buch. 357 


oder nach der Muſterrolle wußte, daß er zu⸗ 
gegen ſeyn muͤſſe, fand ſich willig ein, und 
brachte auch ſeinen Mundvorrath mit, ſo, 


daß dem Armen, die Bearbeitung ſeines 


Ackers nichts koſten durfte. 

Nach Vollbringung dieſer heiligen Pflicht, 
wurde das Land der Curakas und andern 
Einwohner beſorgt. Auch dieſe Ordnung 
ward ſo unverbruͤchlich gehalten, daß Huaͤy⸗ 
na Capak Einen der Aufſeher, in Chacha⸗ 
puya, welcher die Aecker des Curaka, der 
fein Anverwandter war, eher, als die Laͤn— 
dereyen der Unvermoͤgenden hatte bauen laf 
ſen, auf eben dieſem Lande aufzuhenken be⸗ 
fahl. N 15 
Zulezt wurden die Aecker der Sonne 
ind des Koͤniges auch beſorgt. Alle Ein⸗ 
vohner jeder Stadt oder Provinz, welche 
nicht zu anderer Arbeit beſtimmt waren, gin⸗ 
zen zu dieſer Arbeit, als zu einem Feſte, 
zeſchmuͤckt und mit der größten Freudigkeit. 
Waͤhrend derſelben aber ſangen ſie gewiſſe 
ieder zu Ehren der Sonne und des Puka. 


33 Bey 


Bey dem Adern bedienten fie ſich einer 
Art Pfluges, woran der Pflugſchaar von 
hartem Holze, breit und abgeſchaͤrft war. 
Gemeiniglich ward dieſe Maſchiene von vier 
Perſonen gezogen, und von zweyen in die 
Erde gedruͤckt und gelenkt. Auch die ef 
ber halfen hier. 

In den vornehmſten Viertel zu Cusko, 
Collkampata, lag am Fuſſe des Hügelt 
Sakſahuanam ein ſchoͤnes, groſſes Stück 
Land, welches unter allem der Sonne zuerſt 
war geweyhet worden; dieſes durfte von nies 
manden, als den Ynkas und Pallas bear⸗ 
beitet werden; welches dieſe auch jaͤhrlich i 
ihrem ſchoͤnſten Schmucke, und mit der groͤf 
ten Feyerlichkeit verrichteten. 

Während die Aecker des Ynka und der 
Sonne vergattet wurden, bekamen die Arbei— 
ter ihren Unterhalt aus den koͤniglichen Vor⸗ 
rathshaͤuſern, aus welchen auch die Saa⸗ 
menforner genommen wurden. | 

Nach der Aerndte brachte man die Fruͤch— 
te von den Aeckern der Sonne und des Ki 
nigs in groſſe Kornhaͤuſer. Sie hatten in | 

wendig 


* 
sfr 


Sechſtes Buch. 359 


wendig einen Unterſchied; auf der einen Sei— 
te wurden die Fruͤchte des Koͤnigs, auf der 
Andern, die Einkünfte der Sonne verwahrt. 

Es waren eigentlich dreyerley Arten ſol⸗ 
cher Vorrathshaͤuſer: in jeder Stadt waren 
deren zwey; in dem erſten befand fi ich das 
Getraide des Königs und der Sonne, wie 
ich ſchon geſagt habe; im zweyten ein groſſer 
Vorrath, wenn etwa eine Hungersnoth oder 
ein Mangel bey den Unterthanen, welchen 
man alsbald abhalf, eintreten ſolte; und die 
dritte Art war auf den groſſen Landſtraſſen, 
wo man alle drey Meilen ein ſolches Hauß 
fand. Dieſe wurden von den Aeckern des 
Koͤnigs und der Sonne angefuͤllt. 

Alle Fruͤchte, welche funfzig Meilen um 
Cusko herum jedes Jahr übrig blieben, nach⸗ 
dem alle obrigkeitliche Perſonen und Diener 
des Koͤniges ihren beſcheidenen Theil erhal⸗ 
ten hatten, wurden nach dieſer Hauptſtadt 
gebracht; in groͤſſerer Entfernung wurden fie 
in die groſſen Vorrathshaͤuſer det ade 
geliefert. 


k Bi 


34 | Alle 


Kupfer in Menge, welches hoͤher geſchaͤzt 


360 Sechſtes Buch. 


Alle Armeen, alle Richter, alle Dien 
und alle, die fuͤr den Koͤnig arbeiteten, wur 
den auf Unkoſten des Koͤnigs, und alle Pri 
ſter, ſo oft ſie im Dienſte waren, nebſt den 
geweyheten Jungfrauen von den ee 
der Sonne unterhalten. 


u 
5 
MN‘ 
75 


Zwanzigſtes Kapitel. 
Von der Verfertigung der Kleider, ef, 
fen und anderer Arten von 
Arbeiten. e 
Se Provinzen eines ſo groſſen Reichs, als 
das, wovon wir reden, mußten noth⸗ 
wendig von ſehr verſchiedener Beſchaffenheil 
ſeyn. Die Thaͤler am Meere, ſonderlich in 
Cuntiſuyu brachten viel Mayz hervor, 5 
hingegen der ganze Strich von Collaſuyu 
dieſe Frucht gar nicht trug. In einigen Ge⸗ 
genden wuchſen viel Hülfenfrüchte, in ans 
dern viel Baumwolle; wieder Andere waren 
zur Weide geſchickt; in verſchiedenen wuchs 
Holz das ſich vorzuͤglich zu allerhand Geraͤ⸗ 
the oder Waffen ſchickte und viele 4 


wurde, 


Sechſtes Buch. 361 


wurde, als Gold, weil man ſich deſſelben in 
allen den Faͤllen bediente, wo wir das Eiſen 
gebrauchen. 
In den Provinzen wo die Baumwolle 
vorzuͤglich waͤchſt, ließ der Inka für die Son⸗ 
ne und für ſich eine groſſe Menge ſammeln 
um Kleider daraus verfertigen zu laſſen. | | ' 

Den Sonnentempeln und dem Ynka ge⸗ [ 15 
hoͤrten auch die groͤßten Heerden vom zah⸗ 
men, Wolletragendem Viehe; auch die Wolle 
ward ſorgfaͤltig zu vorbenanntem Endzwecke 
e | 

Die Peruaner pflegten alle ihr daher 
Wie Llamma zu nennen. Es gab nur zwey 1 
Arten deſſelben. Die groͤſſere, welcher ohn⸗ 1 
gefehr unſere Hirſche gleichen wuͤrden, wenn . 7 
fie keine Hörner und ſtaͤrkere Schenkel His 8 
ten, wurde von ihnen Huanaku genennt und NE 
hatte gröbere Wolle von allerley Farbe; die Fi 
wilden Huanaku ſahen allezeit grau aus. 
Die kleinere Art, welche ſie Paco nennten, 
hat viel feinere und laͤngere Wolle, aber viel 
ſchlechter Fleiſch, als die groͤſſere. Auch be m 
diente man ſich der Huanakus zum Laſttra⸗ 4 
3 5 gen. R 


———————— — 


362 Sechſtes Buch. 


gen. Die feinſte Wolle traͤgt das Vikun⸗ 
na, eine Art wilder Ziegen, welche den zah— 
men Pacos übrigens ſehr gleichen, aber aͤu— 
ßerſt ſchwer zu fangen find. Man ſonderte 
von beyden Arten von Thieren die Heerder 
nach den Farben ab, und vermiſchte nie 
ſchwarze, weiſſe und braune Wolle mit ein, 
ander. Die Wolle von jeder Farbe wart 
wiederum in grobe, feine und die feinſte ab- 
getheilt. Die erſte Art trugen die gemein 
ſten Leute: die zweyte, welche man auch zr 
färben pflegte, war für die Curakas, Offizie 
re und Unterobrigkeiten: die feinſte für die 
Ynkas. In den warmen Gegenden und ir 
der heiſſern Jahreszeit trug man Baumwol⸗ 
lene Kleider. Bey Beſchreibung der Opfen 
habe ich der Schaafe, Schoͤpſe und Laͤmmen 
erwaͤhnt: dieſes waren, wie man ſich leicht 
vorſtellen wird, keine europaͤiſchen, fondern 
Pacos, oder Huanakus. 

Der Koͤnig ließ die Wolle und Baum⸗ 
wolle, in groſſer Menge, in den Provinzen 
ſpinnen und weben, wo wenig Ackerbau, und 
die Leute zu der Wollenarbeit vorzüglich ge: 
ſchickt 


Sechſtes Buch. 363 


ſchickt waren. Alsdann ließ er Kleider und 

Decken daraus verfertigen. 
An andern Oertern mußten die Einwoh⸗ 
ner Schuhe aus Huanaku⸗Leder und Hanf, 
welchen man von dem Baſte des Baumes 
Maguey erhielt, oder, fuͤr die Vornehmen, 
aus Baumwollenen Schnüren machen. 5 
Die Waffen verfertigte man in den Pro 5 (>. 
vinzen, wo fih die beſten Materialien dazu 
fanden: gewiſſe Gegenden lieferten alſo Bo⸗ 
gen und Pfeile; Andere Lanzen und Wurf⸗ 
ſpieſſe, die vorn zugeſpizt und gebrannt wa⸗ 
ren, wie auch Keulen von ſchweren Holze; 
wieder andere Streitaͤrte von Kupfer, und 
noch andere lederne Schilde und Schleudern. f 
Dieſes waren alle in Peru gewoͤhnliche Waffen. N W 7 
Ein jeder Unterthan des Dnfa war ein 0 
Ackermann; doch gab es viele, die auch zim⸗ | NE 
mern, mauern, ſchmieden, oder andere kuͤnſt⸗ Bi 
liche Arbeit verfertigen konnten. Wenn ein 
Curaka in feinem Lande ſolche Kuͤnſtler hat⸗ 
te, fo ward es von ihm dem Ynka gemel⸗ 
det; und dieſer bediente ſich ihrer, wenn er m 
fie nörhig hatte. | 4 
. i 


364 Sechſtes Buch. 


Aus dem Vorigen iſt bekannt, daß vor 
Cusko aus, nach den vier Abtheilungen de 
14 Reichs, vier Hauptſtraſſen gingen; von Cus 
Ä N ko gegen Norden aber waren dieſe Straffer 
7 gedoppelt: Eine über die Gebuͤrge, und bi 
A Andere durch das ebene Land am Meere. 


714 \ Auf allen diefen Straſſen hatten die Vn 
g kas in abgemeſſenen Weiten, gemeinigfid 
von Einer Tagereiſe zu der Andern, Pallaͤ 
fie mit Vorrathshaͤuſern erbauen laſſen. Je— 
der dieſer Pallaͤſte war ſo groß, daß der 
Inka mit feiner Hofſtatt und einem ganzer 
Heere feinen Aufenthalt darinne nehmen konn— 
| te; (denn nie wurden die Soldaten bey den 
2 Bürgern einquartiert,) und mit Lebensmit— 
40 teln, Kleidern und Waffen ſo reichlich verſe— 
Hi hen, daß ein Heer von dreyßigtauſend Mann 
\ | davon konnte ausgeruͤſtet und verſorgt werz 
| „ den. Doch befanden ſich nicht fo viele ſol⸗ 
1 che groſſe Herbergen auf dem Wege durch 
| die Ebenen, als auf dem über die Gebuͤrge. 


Ein 


Sechſtes Buch. 365 


Ein und zwanzigſtes Kapitel. 

befke von den Abgaben der Unterthanen 
| der Ynkas. 
Nove „ was ich im vorigen Kapitel ge⸗ 
ſagt habe, kann ich nunmehro einen 
Begrif von den Abgaben machen, welche die 
ynkas von ihren Unterthanen foderten. 


Das Wort Abgabe, oder Tribut, oder 
Contribution kann man hier nur im unei⸗ 
gentlichen Verſtande gebrauchen: Alles was 
die Unterthanen der Ynkas ihren Koͤnigen 
leiſten mußten, war, von jedem Manne zwey 
Monat Arbeit im Jahre. Dieſes war ſo 
zu ſagen, eine Art allgemeiner Abgabe, wel⸗ 
che in Europa ſo viel Schwierigkeiten fin⸗ 
det. Vom fuͤnf und zwanzigſten bis zum 
funfzigſten Jahre mußten ſich Alle, die nicht 
in öffentlichen Aemtern oder Dienſten ſtun⸗ 
den, fie mochten Arm oder Reich ſeyn, Dier 
ſem Geſezze unterwerfen. Reich waren hier 
diejenigen, welche viele Kinder, oder min⸗ 
derjaͤhrige Geſchwiſter hatten, die ihnen bey 
ihrer Arbeit helfen konnten. Denn jeder 
Haus⸗ 


— — 
—— 
———— 


366 Sechſtes Buch. 


Hausvater verrichtete, entweder allein, oder 
mit Huͤlfe feiner Hausgenoſſen, fein aufgeges 
benes Stuck Arbeit, und man machte als⸗ 
dann keine fernern Auffoderungen in demſel⸗ 
ben Jahre an ihn. 

Von dieſer Abgabe, wenn man es ſo 
nennen darf, waren frey: Alle von dem Ge⸗ 
ſchlechte des Manko Capak, alle Prieſter 
und Diener der Tempel, alle Offiziere, alle 
im Felde ſtehende Soldaten, alle Richter, 
obrigkeitliche Perſonen und Aufſeher bis auf 
die, welche uͤber hundert Mann geſezt waren; 
endlich alle Weibesleute und die Mannsper⸗ 
ſonen, uͤber funfzig oder unter ns * 
zwanzig Jahren. | 

Die Arbeit welche fie für den Pnka, 
oder eigentlich fuͤr den Staat verrichten muß⸗ 
ten, beſtand ohngefehr im folgenden. Jeder 
von den Tributmaͤßigen Unterthanen mußte, 
ſo wie er Befehl empfing, mit zu Felde zu 
gehen; an den Wegen und Waſſerleitungen, 
am Baue der Tempel, Magazine, koͤnigli⸗ 
chen Gebäude, Brücken und dergleichen zu 
e die Laͤndereyhen der Sonne und des 

g Koͤni⸗ 


Sechſtes Buch. 367 


Koͤniges zu ackern, und die Früchte einzu⸗ 
ärndten; die Heerden der Sonne und des Ks 
niges zu hüten, zu ſcheeren, und die Wolle in 
die Magazine zu liefern, das Amt eines Bo⸗ 
en, welchen man Chaqui nennte, auszurich⸗ 
en; Kleider, Schuhe, Waffen und Kunſtſachen 
on Gold und Silber für die Tempel der 
Sonne, und die Pallaͤſte des Ynka zu verfer⸗ 
355 ; bereit ſeyn, feinen Theil zu übernehmen. 

Hierbey muß ich aber nicht unterlaſſen, 
ochmals zu erinnern; daß ein jeder Haus⸗ 
jafer nur zwey Monate im Jahre arbeitete, 
ntweder nach einander, oder zu verſchiede⸗ 
ten Zeiten, nach feinem Gefallen; daß von g 
em, welcher die eine Art von Arbeit vers _ 
ichtete, die Andere nicht gefodert ward; daß 
in Jeder zu den Dingen, die er verfertigte, 
ie Materialien aus den Magazinen bekam, 
iemlich zu den Kleidern bekamen ſie die 
Wolle, zu den Schuhen das Leder und den 
hanf, zu den Dingen, womit man die 
tempel und Palläfte auszierte, das Gold 
ind das Silber, zu den Waffen mußten 
Andere das Holz und das Kupfer herbey⸗ 


ſchaffen, 


— ——— — — 


368 Sechſtes Buch. 


ſchaffen, und fo fort; fo daß er nichts a 
die Arbeit darzu that. 

Ein jeder der fir den Koͤnig oder fur 
den Staat arbeitete, ward ſo lange als bier 
ſes waͤhrete, aus den Magazinen unterhal; 
ten, wie auch die Soldaten, Aufſeher, Obrig⸗ 
keiten und Richter, daher ſie auch von den 
Unterthanen nichts nehmen durften. 1 

Auf dieſe Art gaben die Unterthanen der 
Ynkas ihren Königen gar keinen. eigentlichen 
Tribut von ihrem Vermoͤgen. 

Gold, Silber, Edelgeſteine, ſchoͤne de 
dern nebſt andern Seltenheiten foderte der 
König nie als einen Tribut; fo oft aber di 
Curakas vor ihm erſchienen, entweder wenn 
fie in die Hauptſtadt kamen, oder wenn ei 
die Provinzen feines Reichs durchreiſete; uber: 
reichten fie ihm alles, was fie an ſolchen 
Koſtbarkeiten das Jahr über geſammelt h 
ten, als ein Geſchenke, denn man e 
ganz Amerika vor der Ankunft der Spanier 
von keinem Gelde. Der König nahm als, 
dann davon, was ihm gut duͤnkte, das Libri, 
ge gab er ihnen zurück, oder beſchenkte die 
Offt⸗ 


Sechſtes Buch. 369 


Offiziere und Diener, denen er wohl wolte 
zamit; und alsdann war es ihnen erlaubt, 
s zum Schmuck ihrer Perſon oder ihres Hau— 
es anzuwenden. Doch ſezten fie keinen groſ— 
en Werth darauf. Ihr groͤßter Ehrgeiz ging 
Jabin, ihre Sonnentempel und Haͤuſer für die 
ſeheiligten Jungfrauen damit zu ſchmuͤcken. 


Zbwey und zwanzigſtes Kapitel. 
Beſezze wie die öffentlichen Dienſte und 
Einkuͤnfte ſolten verwaltet werden und 

bon den Quippus. 
Die Ynkas hatten ein Geſez gemacht, wor⸗ 
inne die Arbeiten und Verrichtungen ih⸗ 
er Unterthanen, die man anſtatt der Abga⸗ 
en, ſowohl fuͤr den Koͤnig, als fuͤr das gemei⸗ 
e Beſte foderte, veſtgeſezt waren: Wir haben 
e ſchon im vorigen Kapitel angegeben; ein 
nderes Geſez beſtimmte die Einrichtung Dies 
r öffentlichen Dienſte. Wir wollen hier 
inen Sinn darſtellen. 
Zu einer gewiſſen Zeit im Jahre kamen 
ie Richter, Einnehmer und Rechnungsführer 
der Provinz in der Hauptſtadt derſelben zu⸗ 
II. Theil. A a ſam⸗ 


— | ̃¶ —ͤͤ8ĩrnn. — 


dieſer Rechnungen ward hernach jedes dab 


370 Sechſtes Buch. 


ſammen, und legten ihre Rechnungen vor dem 
Ynka, welcher Statthalter war, in Gegen⸗ 
wart des Curaka, ab. Da ſie von der Kunſl 
zu ſchreiben keine Kenntniß hatten, ſo bedien⸗ 
ten ſie ſich anſtatt der Rechnungen und He: 
gifter der Quippus, einer Art von Schnüren, 
in welche man Knoten kruͤpfte „ und rechne: 
ten damit eben fo richtig und ficher, als wit 
mit geſchriebenen Zahlen. Ich werde von die: 
fen Quippus, damit man mich hier deſto leich 
ter verſteht, alsbald Nachricht geben. Ver 
mittelſt dieſer arithmetiſchen Zeichen legten die 
fe Rechnungsfuͤhrer dem Statthalter und Cu 
raka auf das deutlichſte vor Augen, ne 
Dienfte jeder Unterthan dem Könige ode 
dem Staate gethan, wie viel an Kleidung, 
Waffen, Geraͤthe, Gold, Silber, Kupfer 
Wolle, Feldfruͤchten und dergleichen, in di 
öffentlichen Magazine gekommen, wie viel mat 
daraus zum Gebrauch angewendet, und 5 
viel noch vorraͤthig ſeyx. Der Hauptinnhal 


von den Statthaltern wieder dem König 
1 * 


Na 0 


} 


Sechſtes Buch. 371 


Nach Abnahme dieſer Rechnung legte der 
Statthalter den Richtern und Einnehmern 
wiederum die Befehle des Königs vor, in wels 
chen angezeigt war, was fuͤr Dienſte er von 
ſelbiger Provinz verlange: dieſe wurden auf 
das gerechteſte und billigſte auf die Untertha⸗ 
nen vertheilt und die erwaͤhnten Unterbefehls⸗ a 
haber zeigten den Auffehern über tauſend, e 
über hundert und über zehn Mann an, wass 74 
dieſes Jahr geſchehen muͤſſe. Die Untertha⸗ 
nen, welche nach obenbeſchriebener Art nie a 
übernommen wurden, erfüllten die Befehle 
der Ynkas mit Freuden und behielten Zeit 
gnug übrig, nicht nur ihre eigenen Angeles | 4 
genheiten zu beſorgen, ſondern auch einen 1 109 
groſſen Theil des Jahres über, im Schooſſe 6 | 2 
ihrer Familien, der Ruhe zu genieſſen. Außer⸗ N 
dem waren fie gewiß verſichert, daß die Arbeit, 10 0 | 
die fie, wegen ferner Feldzuͤgen, nicht ſelbſt 5 | 
thun konnten, Andere für fie verrichten mußten. 
Endlich war noch ein Geſez, welches be⸗ 
fahl, daß alles, was nach den beſtrittenen 
Ausgaben des Koͤnigs, an Kleidern, Feld⸗ 1 
früchten und andern nuͤzlichen Dingen, in den Wr 1 
| A a Bora \ 


| ̃¶— l! — - 


37 Sechſtes Buch. 


Vorrathshaͤuſern des Koͤniges und der Son 
ne, welche in den Städten waren, noch übrig‘ 
blieb, in die groſſen Magazine gebracht und 
zur Unterſtuͤzzung der Unterthanen angewen⸗ 
det werden ſolte. 3 
Um das, was ich von dieſen Rechnungen 
ſage, ein wenig deutlicher zu machen, will ich 
hier, ſo gut es moͤglich iſt, die Quippus be⸗ 
ſchreiben. I 
Quippus find Bündel von woͤllnen Faden, 
die folgendergeſtalt verfertigt ſind: An einem 
ſtarken Faden von beliebiger Lange und bes 
ſtimmter Farbe, find eine Anzahl anderer Fa⸗ 
den von mancherley Farben angereihet, die 
ohngefehr die Staͤrke eines mittelmaͤßigen 
Bindfadens haben. Jeder von dieſen Fade 
iſt gemeiniglich aus drey duͤnnen Faden . 
ſammengedrehet, die entweder alle drey vo 
Einer, oder von verſchiedenen Farben fi nd; 
ihre Länge beträgt gewoͤhnlich drey viertel El⸗ 
len. Duippu heiſſet rechnen, oder auch eine 
Rechnung; man konnte auch durch dieſe 
Buͤndel Faden nichts anders, als Zahlen un 
Rechnungen ausdrucken. 6 4 
. Die 


Sechſtes Buch. 373 


Die Farbe des ſtarken Bindfadens, wor⸗ 
an die andern angereihet waren, druͤckte gleich⸗ 


ſam die Uiberſchrift der Rechnung aus; ob 


es nemlich die Rechnung der Einwohner einer 
Stadt, oder die Muſterrolle der Soldaten 
einer Provinz, oder der verrichteten Arbeit, 
oder der Vorraͤthe in einem Magazine u. ſ. f. 
war. Die Farbe der herabhangenden Faͤden, 
ſie mochte nun einfach, oder zwey- oder drey⸗ 
färbig ſeyn gab wieder beſondere Bedeutungen. 
In dieſe Faͤden wurden beym Gebrauch Kno— 
ten geknuͤpft, welche die Zahlen, die man an⸗ 
deuten wolte, ausdruͤckten. An die herabhan⸗ 
genden Faden knuͤpfte man zuweilen, wenn 
es nöthig war, kleinere in die Queere, welche 
den Mangel oder die Ausnahmen anzeigten. 
Die hoͤchſte Reihe Knoten, nahe am ſtarken 
Faden, bedeutete die groͤßten Zahlen, zum 
Beyſpiel 10,000. Die folgende herunterwaͤrts 


5000, weiter 1000, 500, 100, 50, 40, 30, 


20, 10 und dann die einzelnen Zahlen. In 


einem Regiſter, welches die Einwohner einer 


Stadt, oder Provinz enthielt, zeigte der vor⸗ 
derſte Faden die Greiſe an, welche keine Dien⸗ 
1 A a 3 ſte 


den Quippus machen konnte, überfehen, un | 


374 Sechſtes Buch. 


ſte mehr thaten, der zweyte, die Dienſtfaͤhige 

Maͤnner, der dritte die Weiber, der vierte die 
Jünglinge, der fünfte die Mädchen, der ſech⸗ 
ſte die Kinder des Einen und der ſiebente di 
Kinder des andern Geſchlechts und ſo for 
Aber ich hoffe, daß der Leſer nun mit einem | 
Blicke den ganzen Gebrauch, welchen man vo 


ſich leicht vorſtellen wird, daß man durch ſelbi⸗ 
ge weder artikulierte Worte, noch die Empfin⸗ N 
dungen feines Herzens, wie in Briefen, aus 
zudrücken vermögend war. Dennoch dienten 
ſie zwiſchen den Ynkas und ihren Feldherren, 
oder Statthaltern, als Chiffern; und die, wel⸗ 
che beſtellt waren, die Geſchichte des Reichs 
zu wiſſen und wenn es erfodert wurde, zue 2 
zählen, erſahen aus felbigen die Zahlen der 
Jahre, der Heereszuͤge, der Truppen, der 
Feinde, der Gebliebenen und ſo fort. Das 
Uibrige, was in der Geſchichte merkwürdig N 
war, mußten die Amautas in kurze Erzaͤhlun⸗ 
gen oder die Aravek, oder Dichter in Geſaͤn⸗ 
ge bringen, damit man es deſto leichter behal⸗ 
” koͤnnte und die, welche über das Archiv, 
| or 


| 


Sechſtes Buch. f 375 


der die königlichen Quippus in Cusko ge 
ezt waren, mußten die Erzählungen, oder 
Befänge auswendig lernen; fo wurden die 
bornehmſten Begebenheiten vom Vater auf 
en Sohn fortgepflanzt. } 

Alle Aufſeher über die Quippus wurden 
nit einem allgemeinen Namen Rechnungsfuͤh⸗ 

er oder Quippukamayun genennt. Wer dieſes 
Amt verwaltete, lebte auf königliche Unkoſten, 
und war frey von allen andern Verrichtun⸗ 
zen. In jeder kleinen Stadt waren wenig⸗ 
ſtens viere, in groͤſſern mehrere, und in Cus⸗ 
ko ſehr viele. Sie wurden unter den be⸗ 
Be ausgeſucht und ſehr hoch geſchaͤt. 


Drey und zwanzigſtes Kapitel. 
Getz von den wilden Thieren, und von 
den koͤniglichen Jagden. 

m Reiche der Ynkas wurde kein Muͤßig⸗ 
* gaͤnger geduldet; allein dieſe Könige hiel⸗ | 
ten nicht nur in fo ferne über dieſes Geſez, 
daß fie die Muͤßiggaͤnger ſtraften, ſondern fie 
hatten auch Geſezze, welche ſolche Beſchaͤfti— 
gungen verboten, die Gelegenheit zum Muͤßig⸗ 
Aa 4 gange 


376 Sechſtes Buch. 


gange geben. Zum Beyſpiel: Niemand durf⸗ 
te bloß zum Vergnuͤgen in den Provinzen de 
Reichs herum reiſen: Niemand durfte jager 
Es war im ganzen Reiche ausdruͤcklich 
verboten, irgend ein Wildpret, es mochter 
Voͤgel oder vierfuͤßige Thiere ſeyn, zu toͤd 
ten, außer Rebhuͤner und Tauben fir die 
Tafel der Statthalter und Curakas. Den 
noch durften nur wenige dieſer Thiere getöde 
tet werden, und man mußte Befehl von der 
Obrigkeit dazu haben. Niemand toͤdtete alſo 
ein Wild in dieſem Reiche, weil jedermann | 
wußte, daß die Geſezze der Ynkas nie un⸗ 
geſtraft verlezzet wuͤrden. = 
Nur der König und die Generafftasgal | 
ter ſtellten alle Jahre eine groſſe Jagd an, 
welche Chaku genennt wurde. Dieſe gefcha: | 
he folgendermaaſſen: Zu einer gewiſſen Jah⸗ 
reszeit ließ der Koͤnig bekannt machen, daß 
er an einem beſtimmten Tage, in einer ange- 
zeigten Provinz, eine allgemeine Jagd halten 
wurde. Alsdann gab er zwanzig bis drey⸗ 
ßigtauſend Mann Befehl, an einem gewiſſen 
Orte, im freyen Felde zu erſcheinen. Hierauf 
beſtimm⸗ 


Sechſtes Buch. 377 


beſtimmte der Ynka Berge und Fluͤſſe, die 
Jedermann bekannt waren, zu Graͤnzen 
der Jagd, und die verſammelte Mannſchaft 
fing an, ſich auf beyde Seiten auszubreiten, 
ſo daß der Kreis der Jaͤger einen Raum 
von ohngefehr funfzehn, bis zwanzig Meilen 
einſchloß. Wenn die beyden aͤußerſten Enden 
dieſes Kreiſes, an dem, ihnen angezeigten 
Orte zuſammen geſtoſſen waren, ſo ſing der 
Kreis an ſich zu verengen, und die wilden 
Thiere wurden nach und nach in eine von 
Wäldern und Gebüfchen freye, Gegend ge 
trieben. Die reiſſenden Thiere, Löwen, Bis 
ren, Füuͤchſe, Luchſe, welche man Ozkollo 
nennte, wurden fo, wie man fie antraf, todt⸗ 
geſchlagen; andere wilde Thiere, als Rehe, 
Damhirſche, Gemſe, Huanakus, Vikunnas 
und ſo fort, fingen ſie lebendig, und ihre 
Anzahl belief ſich zuweilen auf vierzigtauſend 
Stuͤck. Von den beyden leztern Arten tödte— 
ten ſie nur die Aelteſten, welche zur Zucht 
nichts mehr taugten, den Uibrigen ſchoren 
ſie die Wolle ab, und lieſſen ſie alsdann wie⸗ 
der laufen. Die Weibchen von den Neben 
Nan A und 


| | ̃— ⅛U—— — 


378 Sechſtes Buch. 


und Damhirſchen, nebſt den Maͤnnchen, d 
noch zur Zucht ſehr gut ſchienen, erhielten 
auch ihre Freyheit wieder. 
Wenn die Jagd geendiget war, ſo nahm 
man vermittelſt den Quippus ein genaues 
Verzeichnis von allem Wildpret, welches war 
gefällt worden, und der König ließ das Fleiſch, 
welches in Peru ſehr ſelten war, mit der 
größten Billigkeit unter alle, welche bey de j | 
Jagd geweſen waren, austheilen; auch die 
Wolle der Huanakus ward unter das Volk 
ausgetheilt, aber die Wolle von den Vikun⸗ 
nas behielt der König, und theilte davon den 
Prinzen vom Gebluͤte und den Curakas mit; 
denn es durfte niemand, als ſolche vorneh⸗ 
me Perſonen Kleider von dieſer außerordent-⸗ 
lich feinen Wolle tragen. | 
Die Provinzen um Cusko herum waren 
in vier Quartiere eingetheilt, und in jedem 
ward alle vier Jahr einmal koͤnigliche Jagd 
gehalten. Die wilden Thiere hatten alſo FR | 
gnug, ſich zu vermehren. I 
In den vier groffen Abtheilungen des 
Reichs, welche man Tahuantinſuyu zu nen⸗ | 
nen 


Sechſtes Buch. 379 


nen pflegte, hielt es jeder Vizekoͤnig und 
Ynka Statthalter eben fo. Auf dieſe Art 
wurde das Volk mit Wolle, zum täglichen 
Gebrauch verſehen; bekam wenigſtens einmal 
im Jahre einen Uiberfluß an gutem Fleiſche, 
welches ſie theils gleich mit den Ihrigen ver⸗ 
zehrten, theils doͤrreten und aufbewahrten; 
und die reiſſenden Thiere wurden verhindert 
im Lande ſich zu ſehr zu vermehren. Bey der 
königlichen Jagd um Cusko war allezeit der 
Konig, und bey der in den Provinzen der 
Vizekoͤnig, oder Ynka Statthalter zugegen. 


g Vier und zwanzigſtes Kapitel. | 
Von einigen merkwürdigen Thieren in die 
ſem Reihe Ä 
E. it meine. e Abſt cht nicht, von allen Thie⸗ 
ren, die vor der Ankunft der Spanier 
im Reiche der Ynkas gefunden wurden, zu 
handeln; dieſes wuͤrde meine Geſchichte ohne 
Nothwendigkeit vergröffern: ich will nur eine 
kurze Uiberſicht davon geben, und einige merk⸗ 
würdige darunter, die nähere Beziehung auf 
meinen Gegenſtand haben, beſchreiben. 5 


380 Sechſtes Buch. 


Ich habe ſchon geſagt, daß die Einwoh⸗ 
ner dieſes Reichs kein anderes zahmes Vieh 
hatten, als die Huanakus, Pacos und eine 
Art von Kaninchen, welche ſie Coy nennten. 
Von den wilden Thieren habe ich bey der 
Beſchreibung der allgemeinen Jagd auch ver⸗ 
ſchiedene genennt. Es giebt wen in dieſem 
Lande, aber ſie ſind weder ſo groß noch ſo 
grimmig, als die in Afrika. Es finden ſich 
auch Baͤren hier, aber in geringer Anzahl 
und nur auf den kalten Gebuͤrgen gegen Mit⸗ 
tag zu. Die Tiger, welche das Gebuͤrge An⸗ 
tis unſicher machen, ſind von der grauſamſten 
und boshafteſten Natur, wie in andern Lan⸗ 
dern. Luchſe finden ſich auch in ziemlicher 
Anzahl, ſo wie verſchiedene andere Arten von 
Fleiſchfreſſenden Thieren. Affen und Meer⸗ 
kazzen aber giebt es, ſonderlich in den Laͤndern 
nach der Linie zu, in unbeſchreiblicher Menge. 
Von Schlangen werden verſchiedene Arten 
gefunden: Auf dem Gebürge Antis laͤſſet ſich 
eine Gattung von Schlangen ſehn, welche 
die Ynkas Amaru nennten, deren Länge 30 
bis 32 Schuh beträgt. 

| on 


a 


Sechſtes Buch. 381 0 


Die Einwohner dieſes Landes hatten kein | | 
zahmes Fluͤgelwerk, außer gewiſſen kleinen 
Gaͤnſen. Die mancherley wilden Vögel find | 
unmöglich alle in einem fo kurzen Raume, ’ 
als ich mir vorgezeichnet habe, zu beſchreiben. N 
Es giebt allerley Arten von Adlern und Fal- | 
ken hier; auch findet man hier eine Gattung | 
von Raubvoͤgeln, welche fonft an keinem Orte 
in der Welt angetroffen wird. Die Einge⸗ 
bohrnen nennen einen ſolchen Vogel Cuntur, 
die Spanier aber Condor. Er iſt ſo groß, 
daß die, welche, um ihn genauer zu beſchrei⸗ 
ben, Einen davon gemeſſen, gefunden haben, 
daß von der Spizze Eines Fluͤgels bis zu 
der Spizze des Andern, wenn er ausgebreis 
tet auf der Erde liegt, eine Weite von ſech⸗ 
zehn Schuhen iſt. Was den Cuntur von 
allen andern Naubvögeln unterſcheidet, iſt Dies 
ſes, daß er keine Faͤnge oder Krallen an den 
Fuͤſſen hat, wie die Adler, oder Falken, ıc. 
ſondern feine Füffe find den Huͤnerfüſſen gleich; 
er wuͤrde ſonſt ohne Zweifel mehr Schaden 
thun. Sein Schnabel hingegen iſt ſo hart 
und ſtark, daß er eine Ochſenhaut damit 
N durch⸗ - 


382 Sechſtes Buch. 


durchſtoſſen kann. Zwey Cunturs ſind ver— 
mögend einen Stier, oder eine Kuh umzubrin 
gen. Sie pflegen ſich alsdann darauf zu ſez⸗ 
zen und das Thier, gleich hungrigen Woͤlfen, 
zu verzehren. Man hat Beyſpiele, daß fie 
Kinder von zehn bis zwoͤlf Jahren getödtet und 
zur Beute gemacht haben. Sie ſind ſchwarz 
und weiß geflecket, wie die Elſtern und 7 
auf dem Kopfe einen Kamm, wie ein Hahn, 
nur daß er nicht gezacket iſt. Sie machen 
im Fliegen ein ſolches Geraͤuſche, daß die, 
welche aͤn dem Orte ſtehen, wo ſie nieder⸗ 
ſchieſſen, ganz davon betaͤubet werden. Dieſe 
Voͤgel laſſen ſich in geringer Anzahl ſehen, 
wie alle Gattungen groſſer Raubvoͤgel. Eine 
groſſe Anzahl ſolcher Voͤgel, wuͤrde auch i | 
der That ein Land gar bald von kleinen Thie⸗ 
ren entbloͤſſen. b 

So wie man in dieſem Lande die groͤßte 
Art von Voͤgeln findet, ſo hegt es auch die 


| 
kleinſte Gattung. Die Eingebohrnen nenne j 
fie Quenti, die Spanier Tomineios; bey uns 


aber ſind ſie unter dem Namen des Colibri 


bekannt. Ich ſage nichts weiter von dieſem 


| 


klei⸗ 


Secchſtes Buch. 383 


kleinen Geſchoͤpfe, weil man feine Beſchrei⸗ 


bung ſchon in vielen Büchern findet; es iſt 
der kleinſte ſowohl als der ſchoͤnſte Vogel uns 
ter allen gefiederten Thieren, die man kennet. 

Derjenige Vogel aber, welcher vorzuͤglich 
eine Stelle hier verdient, iſt der Coraquenque. 
Ich habe in der Abſchilderung des Anzuges 
des Capak Ynka geſagt, daß er allezeit zwey 
Federn von dieſem Vogel auf beyden Seiten 
der Stirne, Eine von der Andern ein wenig 
entfernt in ſein Llauta ſteckte; ich muß alſo 


noch kuͤrzlich erwaͤhnen, was dieſes fuͤr eine 


Art von Vögeln iſt, und wo der Inka die⸗ 
ſe Federn herbekoͤmmt. 

Ohngefehr dreyßig Meilen von Cus ko 
gegen Morgen, am Fuſſe des groſſen Schnee⸗ 
gebuͤrges iſt eine wilde Einoͤde, welche man 
Villkanuta nennet. In dieſer wuͤſten und 
einſamen Gegend iſt ein Moraſt, bey wel⸗ 
chem ſich die Coraquenque aufhalten. Man 
verſichert insgemein, daß man nie mehr 
als zwey von dieſen Vögeln zugleich zu ſe⸗ 
hen bekommt; nemlich einen Hahn und eine 
Sie. Man weiß nicht wo ſie herkommen, 


noch 


384 Sechſtes Buch. 


noch wovon ſie ſich naͤhren, und die Aehnlich 1 
keit der Geſtalt und Farbe hat vermuthlich | 
gemacht, daß man geglaubet hat; es waͤren 
beftändig eben dieſelben. Eine Fabel, die 
der vom Phoͤnix ähnlich, nur ein wenig ver- 
nünftiger iſt. Der Coraquenque hat er 
fehr die gröffe eines Falken, aber hohe Bei⸗ 
ne und ſeine Federn ſind ſchwarz und weiß 
geſprengt 8 
Die Ynkas, welche zu glauben — 
daß dieſe beyden Voͤgel die einzigen ihrer 
Art in der Welt waͤren; hielten ſie fuͤr ein 
Sinnbild des Manko Capak und der Ma⸗ | 
ma Oello und beſtimmten ihre Federn zu 
dem heiligem Gebrauche, daß fie ein koͤnig⸗ 
licher Schmuck im Diadem des Capak Yn⸗ 
ka ſeyn ſolten, den er allein tragen durfte. 
So oft ein neuer Capak Pnka den 
Thron beſteigen wolte, wurden Jaͤger in die 
Wuͤſte Villkanuta geſchickt. Dieſe ſchlichen 
den heiligen Voͤgeln, ſo geſchickt und leiſe 
als fie konnten, fo lange nach, bis fie einen 
davon fingen. Sie nahmen ihm die erſten 
Federn in beyden Fluͤgeln, und gaben ihm 
als⸗ 


Sechfes Buch. 385 


alsdann ſeine Freyheit gewiſſenhaft wieder. 
Mit den beyden Federn, welche der vorher⸗ 
gehende Capak Pnka getragen hatte, wurde 
auch allemal ſein balſamirter Koͤrper ge⸗ 
ſchmuͤckt, ehe man ihn in den Sonnentem⸗ 
pel ſezte; ſein Nachfolger mußte ſich alſo 
nothwendig mit andern verſehen. 


Fuͤnf und zwanzigſtes Kapitel. 
Von den Verheyrathungen der Ynkas 
und ihrer Unterthanen. Wie ſie ihren 
Kindern Namen gegeben. 
De Geſchlecht der Ynkas war ungemein 
zahlreich, und konnte ſich in den lezten 
Jahren vielleicht auf zwanzigtauſend Seger 
belaufen. 

Alle Jahr pflegte der Koͤnig, zu einer ge⸗ 
wiſſen Jahreszeit alle unverheyrathete Juͤng⸗ 
linge und Maͤdchen von dem Geſchlechte der 
YVnkas, welche verheyrathet werden ſolten, 
in Cusko zuſammen kommen zu laſſen. Die 
ungen Mannsperſonen mußten fünf und 
zwanzig, und die Mädchen ſechzehn. Jahre 
ut ſeyn. 

II. Theil. Bb Wenn 


386 Seechſtes Buch. 


Wenn die Ceremonie vor ſich gehen ſol⸗ 
te, ſo wurden alle Candidaten des Eheſtan 
des von ihren Anverwandten auf einen groſ⸗ 
fon Plaz vor dem königlichen Pallaſte ges 
führt. Die jungen Leute ſtellten ſich in einen 
Kreiß, und der König trat in die Mitte def 
ſelben. Die zu Verheyrathenden ſtunden ſo, 
wie fie einander gefallen hatten, ſchon Paar- 
weiſe beyſammen, und der Koͤnig rufte Ei | 
Paar nach dem Andern zu ſich. Er ergrif 
ihre Hände, legte fie in einander, ließ fi e 
das eheliche Verſprechen thun, und führte ſie 
ihren Eltern, oder Anverwandten wieder zu. 
Hierauf verfuhr er mit dem folgenden Paare 
eben ſo, dann mit dem Dritten und ſo fort, 
bis ſie alle vereiniget waren. 

Ein jedes Brautpaar begab ſich nach 
vollbrachter Ceremonie in das Haus des Va⸗ 
ters vom Braͤutigam und die Hochzeit ward 
drey bis vier Tage lang gefeyert, 1 8 ſon⸗ 
derlich viel getrunken ward. 

Nachdem der Capak Ynka die Perſonen 
von feiner Verwandſchaft auf dieſe Art vers 
heyrathet hatte, verrichteten gewiſſe, dazu ab 


- 


Sechſtes Buch. 387 


geordnete Miniſter eben dieſes in den verſchie⸗ 
denen Vierteln der Stadt Cusko; die ges 
ſezten Obrigkeiten in den andern Staͤdten; die 
Statthalter in den Hauptſtaͤdten der Provin⸗ 
zen und die Curakas in ihren Landſchaften. 
Dabey durfte aber niemand aus feinem Vier- 
tel der Stadt in ein Anderes, noch aus Ei— 
ner Stadt in die Andere heyrathen: Mit ei⸗ 
nem Worte, das Brautpaar mußte aus Eis 
ner Familie ſeyn; faſt ſo wie in den alten 
Zeiten die Israeliten nicht aus ihren Staͤm⸗ 
men heyrathen durften. 

Jedes neuverheyrathete Paar, bekam ei⸗ 
ne neue Wohnung. War es aus der Fa⸗ 
milie der Ynkas, fo mußte ſie ihm durch die 
Einwohner derjenigen Provinz, der es zuge— 
theilt war, erbauet werden, welche um ſo 
viel Tage, als es dauerte, mit anderer Ar⸗ 
beit verſchont wurden. Fuͤr die andern neu⸗ 
en Ehepaare mußten die Gemeinheiten der 
Staͤdte die Haͤuſer beſorgen: die Kleider gab 
ihnen der König, und den andern Hausrath 
die Eltern und naͤheſten Anverwandten: Das 
Stück Feld aber, worauf ſie ihren Unterhalt 

Bb 2 bau 


388 Sechſtes Buch. | 


bauen konnten, erhielten fie, wie ich 0 
geſagt habe, von dem allgemeinen Antheile, 
oder wenn dieſes nicht hinreichte von dem 
Antheile des Königes, durch die Statthalter; 
ſie konnten es aber nie verkaufen, oder ur 
veräußern. Im ganzen Reiche der Ynkas 
gab es alſo keine eigentliche Armen. f 
Wenn der Erſtgebohrne Sohn in einer 
Familie gewohnt wurde, geſchahe es allezeit 
mit groſſen Ceremonien, und einem darauf 
folgenden Schmauſe. 

Sobald das Kind zwey Jahre alt war, 
mußte es gewöhnt werden, wobey ſich die 
ganze Verwandſchaft verſammelte. Die Mut⸗ 
ter hielt den Knaben auf dem Schooſſe, und 
derjenige unter den Anverwandten, welcher, 
nach unſerer Art zu reden, zum Pathen er⸗ 
waͤhlt war, ſchnitt ihm mit einem ungemein 
ſcharfen Feuerſteine eine Locke von den Haas 
ren ab, welche er mit auf die Welt gebracht 
hatte; denn vor dieſer Zeit durfte ihm kein 
Haar abgeſchnitten werden. Auf den Pathen, 
oder zweyten Vater, folgten die andern Ver- 
wandten, nach dem Alter, in der Reihe. 


War 


U 


| 
| 


Sechſtes Buch. 389 


War der ganze Kopf des Kindes, nach ih- 
rer Mode beſchoren, ſo legten ſie ihm, mit 
gemeinſchaftlicher Bewilligung einen Namen 
bey, denn eher hatte es keinen Namen, und 
beſchenkte es mit allerhand Dingen, die ihm 
einmal nuͤzlich ſeyn konnten; worauf ſich das 
Feſtin anfing. Sie tranken übermäßig, fie 
tanzten und ſangen die ganze Nacht hindurch, 
und ſezten dieſe Luſtbarkeiten verſchiedene Ta⸗ 
ge lang fort. 

Ben dieſer Gelegenheit will ich doch eine 
kleine Probe von dem Genie der allgemeinen 
Sprache von Peru geben, denn die Ynkas 
hatten ihre beſondere Sprache. Das Wort 
Sohn war. in dieſer Sprache durch zwey 
Wörter ausgedruͤckt: Churi und Uaug. Der 
Vater ſagte allezeit Churi, wenn er ſagen 
wolte: Sohn, und die Mutter Uaua. Wenn 
ein Bruder ſagen wolte: Bruder, ſo bediente 
er ſich des Wortes Uauque; eine Schweſter 
aber nennte ihn Tora. Wolte Eine Schweſter 
die Andere nennen, fo gebrauchte fie den Aus— 
druck: Nanna; ein Bruder aber mußte ſagen: 
91 Wer dieſes nicht beobachtete, verwech⸗ 
Bb 3 ſelte 


390 Sechſtes Buch. 


ſelte die Geſchlechter und redete unverſtaͤndlich. | 
In andern Dingen verhielt es ſich ebenfalls 
alſo. Die peruaniſche Sprache war ungemein 
ſchwer, und wenig Spanier haben ſie recht 
verſtanden. 5 


Sechs und zwanzigſtes Kapitel. 
Von den Familieneinrichtungen, und dem 
Hofſtaate der Ynkas. 

Wir haben in einem der vorhergehenden 

Kapitel, von den praͤchtigen Pallaͤſten, 
und Gaͤrten der Könige von Peru eine ger 
ringe Beſchreibung gemacht; wir haben ihre 
Hoheit, ihre Geſezze, ihre Einkünfte, ihre 
Reichthümer, ihre Macht im Kriege und im \ 
Frieden, und ihre ganze Regierungsart be⸗ 
ſchrieben; es bleibt alſo noch übrig, daß wir 
Etwas von ihren Familieneinrichtungen und 
von ihrem Hofſtaate melden. | 

Manko Capak machte die Einwohner von 
Peru glauben, er und feine Gemalin Coya 
Mama Oello wären Kinder der Sonne und 
des Mondes. Sonne und Mond waͤren Ge⸗ 
ſchwiſter, und haͤtten einander geheyrathet; 
und 


= 
#1 I 


Sechſtes Buch. 391 


und mit ihm und ſeiner Gemalin habe es eben 
die Beſchaffenheit: daraus floß nun das Geſez, 
welches er gab; daß der Erbe des Reichs 
allemal ſeine aͤlteſte Schweſter zur Gemalin 
nehmen mußte; bekam er mit dieſer keine 
männlichen Erben, fo heyrathete er die Zwey⸗ 
te; war keine vorhanden, ſo vermaͤlte er ſich 
mit der naͤchſten Prinzeßin vom Gebluͤte, wel⸗ 
che ſowohl von vaͤterlicher, als von muͤtterli— 
cher Seite vom Manko Capak abſtammte. 
Solche Gemalinnen bekamen allein den Tit⸗ 
tel Coya, oder regierende Koͤniginnen. Außer 
dieſer hatte der Capak Pnka noch unzaͤhli⸗ 
che andere Gemalinnen: Kinder, die er mit 
einer Tochter eines Ynka erzeugt hatte, wur⸗ 
den für rechtmäßig gehalten, und waren, 
wenn die Kinder der Coya vor der Zeit ges 
ſtorben waͤren, Regierungsfaͤhig. Die Soͤh⸗ 
ne aber, welche ihm eine Fremde gebohren 
hatte, waren unaͤcht, und konnten in keinem 
Falle den Thron beſteigen, ſo lange noch ein 
aͤchtgebohrner Ynka lebte. So hatte, zum 
Beyſpiel die Prinzeßin von Quito dem Hu⸗ 
W Capak den Atahuallpa gebohren, wel⸗ 

Bb 4 cher, 


392 Sechſtes Buch. 


cher, nach den im Reiche der Ynkas ge 
wohnlichen, Geſezzen den Thron von Cusko 
nie haͤtte beſizzen koͤnnen, weil viel tauſend 
Ynkas lebten, die ein näheres Recht dazu 
hatten, als er. Sobald dieſer Tyranne alſo | 
die Gewalt befam, ließ er nicht nur feinen 
Bruder Huaskar, den rechtmäßigen König, 
fondern auch alle Ynkas von koͤniglichem Ge⸗ 
blüte toͤdten, damit ihm niemand den Zepter 
moͤchte ſuchen zu entreiſſen. 1 
Die Geburt eines Kronerben ward alle 
zeit mit groſſen Feyerlichkeiten begangen, noch 
groͤſſere aber ſage man, wenn er gewohnt 
ward, und einen Namen bekam. Der Groß⸗ 
priefter vertrat allezeit Pathenſtelle, und ſchnitt 
ihm die erſte Locke ab; alle Prinzen und Cu⸗ 
rakas beſchenkten ihn mit Koſtbarkeiten von 
Gold, Silber und Edelgeſteinen; und das 
Feſt, welches gegeben wurde, waͤhrete zwan⸗ 
zig Tage. Taͤnze, Geſaͤnge und andere Luſt⸗ 
barkeiten wechſelten dabey Tag und Nacht 


mit einander ab. Huaͤyna Capak ließ bey 
der Gelegenheit der Gewoͤhnung ſeines aͤlte— 
ſten Prinzen Huaskar, die beruͤhmte goldene 

Kette 


I. 
1 
9 


Sechſtes Buch. 393 


Kette machen, um dieſes Feſt beſonders aus⸗ 
zuzeichnen, und der Name, welchen die An⸗ 
verwandten dieſem Prinzen gaben, hatte eine 
ee auf dieſe Kette. 

Im ſechzehnten Jahre ward ein Fr 
a zum Ritter gemacht, und für den Kron⸗ 
prinzen erklaͤrt; aber die Feierlichkeiten dieſes 
großen Feſtes, nebſt allen Ceremonien, welche 
dabei beobachtet wurden, habe ich ſchon be= 
ſchrieben. Nunmehr ſieng er an, ein Kom⸗ 
mando im Kriege zu fuͤhren, und im Frieden 
die Provinzen des Reichs zu durchreiſen, da⸗ 
mit er ſeine kuͤnftigen Unterthanen, und fi ie. 
ihn möchten kennen und lieben lernen. 
Inm fuͤnf und zwanzig ſten Jahre ward er 
mit feiner) erſten Gemalin und rechtmaͤßigen 
Koͤnigin verbunden; bei welcher Gelegenheit 
wieder allen Ynkas, Curakas und den Eins. 
wohnern von Cusko ein zwanzigtaͤgiges Fest ' 
gegeben ward. 

Sobald ſein Vater aufhörte zu leben, 
— Llauta, oder die königliche 
Stirnbinde nach unſerer Art zu reden, das, 
Diadem, an zuaſteckte zun beiden Seiten der 

Nouad Bb 5 Stir⸗ 


* 
* 
394 Sechſtes Buch. 
Stirne die zwei erſten Federn aus bei N 
Fluͤgel des feltenen Vogels Coraquenque, 
und zeigte ſich alsdann ſeinen Unterthanen 
als König. Er ließ den Leib feines Vaters, 
nach der Kunſt einbalſamiren, und ihn, mit 
den fchonften Kleidern angethan, und mit 
dem Llauta und den Federn des Coraquen⸗ 
que gefhmüct, auf einem goldenen Throne, 
in den Tempel der Sonne ſetzen. Einen gan⸗ 
zen Monat hindurch ward der verſtorbene Ca⸗ 
pak Ynka beweint; es wurden ihm zu Ehren 
in allen Vierteln der Stadt Cusko große Auf⸗ 
huge angeſtellt, und feine Thaten und große 
Eigenſchaften, wurden in Lobliedern beſungen. 
Allein hierdurch war die Trauer noch nicht ges 
endiget; ein ganzes Jahr hindurch wurden 
dieſe Ceremonien, in jedem Monate, acht Ta⸗ \ 
ge lang wiederholt. Ja viele von feinen liebs 
ſten Dienern toͤdteten ſich ſelbſt um nr nicht 
zu überleben, | 
Der neue Capak Pnka bezog nie das 
Zimmer, in welchem ſein Vater gewohnt hat⸗ 
te; er bediente ſich auch keines von allen den 
Geraͤthen, die jener gebraucht hatte. Oft 
bauete 


LEBER 


— 


4 


Sechſtes Buch. 395 


bauete er ſich fogar einen neuen Pallaſt, wel⸗ 
cher aber gemeiniglich praͤchtiger war, als der, 
ſeines Vorfahren. | 
In dieſem Pallaſte wurde er fo herrlich 
bedient, als irgend einem Könige in der als 
ten Welt wiederfahren iſt Von ſeinen Mi⸗ 
niſtern, Feldherren, Statthaltern, welche 
allemal Ynkas von Geburt waren, und an⸗ 
dern Staatsdienern habe ich ſchon im Vor⸗ 
hergehenden geredet; die Diener ſeines Hau⸗ 
ſes aber waren ins geſammt aus denen zunaͤchſt 
um Cusko herum gelegenen Staͤdten, welche 
don dem Ynka Manko Capak zuerſt ange⸗ 
legt, und mit dem Namen Pnkas waren ber 
gnadiget worden. Sie wechſelten mit jedem 
Mondesviertel mit einander ab, und hielten 
es ſich fuͤr die groͤßte Ehre, den Capak Inka 
zu bedienen, ſie mochten zu den hoͤchſten oder 
zu den niedrigſten Dienften bei der Hofſtatt 
des Koͤnigs gebraucht werden. Von dieſen 
Staͤdten wurden weiter keine Weh oder 
Dienſte gefod ert. 
Nie ließ ſich der Kdo zſſentlich fehen, dat 
* ic auf nem ganz güldmen, Stuhle, 
W weh 


— — 


396 Sechſtes Buch. 


welcher auf einer guͤldenen Platte ſtand, ge⸗ 
tragen wurde. Die Traͤger waren allezeit aus a 
den beiden Landſchaften Rukana und Hatun⸗ | 
Rukana, in welchen, wie man glaubte, die 
ſtaͤrkſten Männer geboren wurden. Dieſe deu⸗ 
te wurden von Jugend auf in der Geſchicklich! 
keit geübt eine Laſt, ohne zu ſtraucheln, oder 
zu fallen, auf ihren Gchultern zu tragen, und 


— 


der Großtraͤger mußte für ihre Treue und Fer⸗ 


tigkeit ſtehen. Sie thaten von ihrem fuͤnf und 
zwanzigſten abis zu ihrem vierzigſten Jahre 
wechſelsweiſe! Dienſt e. 
Bei der Hofhaltung des Koͤnigs gieng jaͤhr⸗ 
lich eine un gemeine Menge Getraͤnke auſz weil 


er die unumgäslichſte Ehrenbepetgung Jade 


man Jemanden anthun konnte, war, daß man 
ihm zutraul/ und weil uberhaupt die Peruaner 
den Trunk liebten Vom Fleiſche ward auch ſehr 


viel im Pallaſte verzehrt, und vertheilt weil 


alle Ynkas vom Geblüte zu Cusko ihr Fleiſch 


vom Könige bekamen; das Getraide aber baues⸗ 


ten fie ſich ſelbſt. Daß der Koͤnig auch das 
Jahr hindurch eine Menge; Kleider hat haben 
muͤſſen, kann man daraus ſehen / daß er kein 
an Kleid 


Sechſtes Buch. 397 
Kleid zweimal anzog; ſondern das, vom vori⸗ 
gen Tage, allezeit verſchenkte. b A 796 
Alle zwei Jahr wurde jedem Unterthanen 
des Reichs ſo viel Wolle gegeben, als er für 
ſich und ſeine Familie brauchte, die andere wur: 
de wieder in den Magazinen aufgehoben 
Allen Vorſtehern des Volks im ganzen 
Reiche war geboten darauf zu ſehen, daß nicht 
nur von ihren Untergebenen keiner ein Müßig⸗ 


gäanger oder Verſchwender war, ſoͤndern daß 


auch keiner an Getraide, Kleidern, oder irgend 
Etwas Mangel litte. Sobald fie dieſes wahr⸗ 
nahmen, mußten ſie es, bel Strafe anzeigen, 
und dem Durftigen wurde augenblicklich ge⸗ 
elend e ee eee Zu elch 


Niemand gab eine Steuer von feinem Vet; _ 


mogen: Jedermann mußte nur dem Staate, 
oder dem Könige eine gewiſſe Anzahl Tage 
„Dienſte thun, und waͤhrend der Zeit wurde er 
Lach aue dat Uffeadlinhen Okrorghafckmun⸗ 
erhalten. e n is: ent nendided 
Kein Einwohner des Reichs burfietgenb 
einen Verluſt, einen Aufwand, oder eine Laſt 
befürchten / wenn ein Kriegsherr des Roͤniges 


nen durch 


| 
| 


1 Sechſtes Buch. 
durch 905 Land zog; kein Soldat durfte a 
dem Wege weichen, und die ganze Armee ward 
beftändig aus den königlichen Vorrathshaͤuſern | 
die an den Landſtraſen lagen, verſorgt. 4 
* Aller dieſer Vortheile wegen, welche die 
Unterthanen der Pnkas genoſſen, fuhrten dieſe 
Könige den Tittel Vater der Voͤlker, und 
Freunde der Armen: ihre Fußtapfen, die 
Oerter wo ſie ſich aufgehalten, oder nur auf 
ihren Reiſen verweilt hatten, wurden heilig 
gehalten; und fie wurden von ihren Untertha⸗ 
nen angebetet. Nicht nur weil ſie von ihnen 
fuͤr Kinder der Sonne, ihrer Gottheit, gehal⸗ 
ten wurden, ſondern weil ſie auch alle ſchmei⸗ 
chelhaften und ehrerbietigen Namen 
die man Koͤnigen nur geben kann. ** 
Allein, warum habe ich mich doch bei bie 
fe ganzen reizenden Beſchreibung, welche nur 
durch die Schwäche meines Ausdrucks minder | 
einnehmend iſt, beſtaͤndig des Wortes, war, 
bedienen muͤſſen. Leider! iſt alle dieſe Herrliche 
keit ſchon vor verſchiedenen Jahrhunderten ver⸗ 
ſchwunden. Das wohlthaͤtige Geſchlecht der 
Sntas ward, bis auf wenige, von dem Tyran⸗ 


N nen 


1. 
A 


75 
y 


Scechſtes Buch. 399 
nen Atahualpa ausgerottet, und er ſelbſt ver⸗ 


lor bald darauf das Leben. Der fchöne; Tempel 


der Sonne iſt zerftöre; der nach Gold ſuchende 
Geiz der Spanier hat keinen Stein auf dem 


andern gelaſſen; die Pallaͤſte der Könige ſind 


entſtellt, oder niedergeriſſen; die großen Vor⸗ 
rathshaͤuſer find ausgeleert und verfallen; die 
mit ſo vieler Muͤhe angelegten Wege und 
Waſſerleitungen, ſind von den Spaniern in 


den, auf die Eroberung gefolgten, buͤrgerli⸗ 


chen Kriegen, mit Fleiß verderbt worden; die 
meiſten Einwohner ſind durch das Schwerd 
oder die harte Dienſtbarkeit der Europaͤer um⸗ 
gekommen, und der elende Ueberreſt ſchmach⸗ 
tet in einer ewigen Knechtſchafft. 

So gieng innerhalb drei Jahren ein Reich 
zu Grunde, deſſen Errichtung mehr als vier- 


hundert Jahr erfodert hatte; deſſen Thron auf 


die feſteſten Stutzen, die Gerechtigkeit , die 
Liebe der Unterthanen und die zahlreichſte kö⸗ 
nigliche Fawilie gegruͤndet war: Wo das 


Mein und Dein niemals die Eintracht der 


Bürger ſtoͤrte; wo Reichthum und Armuth 
niemanden erhob, oder herabſetzte, wo man 
| feine 


* 
— 
— 


| 
| 
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| 
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Sechſtes Buch. 
keine erdichteten Bedürfniſſe kannte; wo nie⸗ 
mand elend war, als wem die Natur dazu. ge⸗ 
macht hatte; und wo alle Unterthanen gewiſ⸗ 
ſermaſen eben ſo glücklich waren, als ihre Bes’ 
e Dieſes Reich, vielleicht das einzi⸗ 
ge, wo auf Erden Gluͤckſeeligkeit wohnen konn⸗ 
te, das ſeine Macht auf eine ſo wohlthaͤtige 
Art, indem es wilde Barbaren zu Menſchen 
umſchuf, uͤber ſiebenhundert Meilen von Suͤ. 
den gegen Norden, und hundert und funfzig 
Meilen von Oſten gegen Weſten ausgebreitet 
hatte, ward auf Einmal, ſogar bis auf ſeinen 
Namen, von der Oberflaͤche der Erde vertil⸗ 
get; und wo ehemals das große und glüctliheng 
Reich der Ynkas war, iſt izt die, von einzel- 
nen unterdruͤckten Eingebohrnen r 
niche nne Peru. %% e 
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