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GESCHICHTE
DES
DEUTSCHEN KIRCHENLIEDES.
GESCHICHTE
DES
DEUTSCHEN KIRCHENLIEDES
BIS AUF LUTHERS ZEIT.
VON
HOFFMANN VON FALLERSLEBEN.
ZWEITE AUSaAUK.
HANNOVER.
CARL RUMPLE R.
1854.
Schrift und Druck von Fr. Cul«mann.
77X^/7
SEINER KÖNiaLICHEN HOHEIT
Carl Alexander
GROSSHERZOGE ZU SACHSEN
DEM HOCHHEBZIOEN FORDERER
DEUTSCHER KUNST UND WISSENSCHAFl'
DANKBAR GEWIDMET.
VORREDR
JL/ie Geschichte des deutschen Kircheidiedes ist in man-
cher Beziehung von hoher Bedeutung: in liturgischer,
kirchen-, litterar -historischer, sprachlicher und musika-
lischer«
Sie lehrt, wie auf dem G^ebiete der Liturgie die deut-
sche Sprache frühe schon sich gegen die lateinische
Liturgie *), den Ordo romanus geltend zu machen suchte
und wenn auch nie zur vollen Geltung gelangte, doch in
und neben dem lateinischen Cultus geduldet wurde **)•
*) Die Alleingültigkeit der lateinischen Sprache im litargischen Qottea-
dienste der abendländischen Kirche hat sich im Lanfe der Zeit von selbst
gemacht. Pftpste nnd KirchenyerBammlnngen beziehen rieh deshalb nie auf
einen früheren Beschluss, wonach das Latein axr Kirchensprache eridXrt wird,
sondern sie gehen von der Yoraossetzong ans, dass sich das Latein in kirch-
lichen Dingen Ton selbst verstände. So denkt denn heutiges Tages die ganae
katholische Qeistlichkeit wie Herr Parasis, Bischof Ton Langres, der sich in
seiner Instruction pastorale sur le ehant de T^glise (Bmxelles
1846) also ausspricht: La langue latine ^tant la seule quel'^glise alt adopttfe
en Occident pour son culte public, il n*est Jamals permis d*en remplacer les
paroles par des chants en une autre langue, quelque pieux, quelque parfaits
qu'ils soient d^aillenrs.
**} Darum sind auf mehreren Synoden die deutschen Lieder des
Volks erlaubt worden. So bestimmt s. B. die Augsburger vom Jahre 1567
(Hanheim Concil. YII, 164.): antiquas yero et catholicas cantilenas praeser-
tim quas pii maiores nostri germani maioribus ecclesiae festis adhibuerunt
▼ulgo permittimus et in ecclesiis yel in processionibus retineri probamus.
— Vgl. die Beschlüsse der Breslauer Synode vom J. 1692, Haraheim VUI,
391. Gerbert de cantu et musica sacra II, 199.
Sie bestätigt dem Kirchenhistoriker, dass das deut-
sche Kirchenhed von jeher der Träger und Verbreiter
neuer Lehren war und deshalb von der Kirche überwacht,
als gefährlich betrachtet und oft als ketzerisch verboten
und verpönt war*)
Sie beweist dem Litterarhistoriker , dass an den bei-
den Hauptrichtungen der deutschen Poesie, an der Kunst -
und Volksdichtung, auch das geistliche Lied von den
fiühesten Zeiten her großen Antheil nahm **), einen An-
theil, der noch über die Reformation hinaus sich erhielt.
Sie zeigt dem Sprachforscher, wie eigenthümUch sich
früh schon die deutsche Sprache zu kirchlichen und reU-
giösen Zwecken entwickelte, und leitet den Forscher der
alten Musik zur Kenntniss des Ursprungs vieler jener
schönen erhabenen Choralmelodien , welche zunächst aus
den Umdichtungen weltlicher Volkslieder entsprangen.
Die Greschichte des deutschen Kirchenliedes bietet
somit eine große Mannigfaltigkeit der Erscheinungen dar,
und es kommt in ihr öfter eine Frage zur Sprache , die
immer noch unerledigt ist und wie früher so auch filr die
*) Damm sagt Corner in der Vorrede zu seinem Großen Cntholischen
Gesangbnche 1625: 'Und ist mir anch unverborgen, dass noch auf heut
viel fromme andächtige eiferige Catholischo vorhanden, denen das deutsche
Singen nit fast lieb, oder auch (wegen der Ketzer Missbraucb) wol verdächtig
ist, die auch derentwegen die Arbeit, ein recht catholisch Gesangbuch zu
fertigen, nicht zum Besten angewendt zu sein vermeinen.*
**) Schon Hugo von Trimberg sagt in seinem Kenner 11080 ff.
der leien lebe durch tiutschiu lant
sit.t einveltic unde ba:;^ bckant
danne manec kunst, üf die geleit
ist gr6:;iu kost und a>beit.
Weinhold, Weihnacht- Spiele 8. 382 fügt sehr treffend hinzu: „Worte,
die zugleich für das deutsche geistliche Lied an der Scheide des 13. und
14. Jahrh. Zeugniss geben. Einfachheit und warmes Gefühl, inniges Durch-
drungensein von dem Glauben an die heilige Geschichte und die Wahrheit
des Evangeliums, der frische. Klang der Volksweise — das waren
und sind in Ewigkeit die Mächte des geistlichen Liedes.^
Gegenwart eine hohe practische Bedeutung hat, die Frage :
soll und muss der Cultus der katholischen Kirche Deutsch-
lands nach wie vor in einer fremden und todten Sprache,
der lateinischen gehalten werden?
ö'^
Alles das bewog mich im Sommer 1830, an der Uni-
versität Breslau eine öffentliche Vorlesung zu halten , die
ich dann fiir den Druck ausarbeitete und im Frühjahr
1832 erscheinen ließ.
Für meine Arbeit hatte ich nichts vorgefunden , was
ich hätte zu Grunde legen können. Ich musste also ge-
wissermaßen den Gegenstand neu schaffen und den Stoff,
der mir nur bruchstücklich zu Händen kam, zu einem
Ganzen verbinden. So lückenhaft einige Abschnitte bei
der Ausfiihrung ausfielen , so war doch das Ganze beleh-
rend und anregend und fand mehr Anerkennung und
Theilnahme als ich erwartet hatte. Beinahe alle kriti-
schen Blätter jener Zeit, sowol die allgemein wissenschaft-
lichen als die theologischen , sprachen sich darüber bei-
fällig aus. Die Schwierigkeit meiner Arbeit bestand
hauptsächhch darin, dass der Stoff sehr zerstreut war und
nicht immer zu Tage lag. Durch Aufschieben hätte ich
deshalb nicht viel gewinnen können,, denn, wie ich damals
schon in der Vorrede sagte , „ich überzeugte mich end-
lich nach mancher vergeblichen Mühe, dass man bei For-
schungen dieser Art nicht eigentlich suchen, sondern
nur gelegentlich finden kann." Ich hatte deshalb meine
gelehrten Freunde und Bekannte aufgefordert , mich mit
Beiträgen zu unterstützen: „möge das Mangelliafte von
Anderen ergänzt, das Irrthümhche freundlichst berichti-
get werden." Auf meine Bitte erfolgten nur hie und da
einzelne Beiträge. So blieb denn mein Buch in seiner
alten Gestalt, viel citiert, benutzt und ausgeschrieben.
Wie ich meine Arbeit dem Publicum übergeben hatte.
VI
empfing ich sie vor drittehalb Jahren zurück, als ich die
neue Auflage in Angriff nahm.
In dem langen Zeiträume von einundzwanzig Jahren
(seit 1832) hatte Niemand die Geschichte des deutschen
KirchenUedes als solche weiter gefordert, wenn auch Man-
cher sich damit befasst hatte. Nur zwei, in mancher Be-
ziehung ungleiche Männer, Philipp Wackemagel und Lud-
wig ühland, griffen wirklich fördernd ein.
Ph. Wackernagel Ueferte in seinem 117 Bogen
starken Buche: „Das Deutsche Kirchenlied" (Stuttgart,
S. G. Liesching 1848. 4**.) eine Sammlung urkundlich ge-
treuer Texte nach Handschriften , alten Drucken und den
ältesten Gesangbüchern. Obschon das Ganze wol nur
ein Codex diplomaticus flir das protestantische Kir-
chenlied seit Luther bis N. Hermann sein soll, so ist doch
darin die vorlutherische Zeit mitberUcksichtiget worden:
es sind darin, freilich mit manchem gar nicht Dahinge-
hörigen, viele alte Lieder mitgetheilt. Das Werk mit sei-
nen 5 Anhängen und Verbesserungen ist ein bleibendes
Denkmal deutschen Fleißes und großer Liebe für den
Gegenstand, und wird, obschon wir nach den wenigen
Jahren, die darüber vergangen sind. Manches besser wis-
sen, noch lange unübertroflFen bleiben, und wir wollen
deshalb gerne dem Sammler bei seinem redlichen Eifer
für eine edle Sache die hochfahrende*) absprechende
•) Die Vorrede begannt also:
n Nicht Leyer! — noch Pinsel! — eine Warfschaufel für meine Mose,
die Tenne heiliger Litteratur zu fegen! — — Heil dem Erzengel über die
Reliquien der Sprache Kanaans! — auf schönen Eselinnen
(Buch der Richter v, 10.) siegt er im Wettlauf; — aber der weise Idiot
Griechenlands borgt Entyphrons (Siehe Piatons Kratjlus) stolze Hengste zum
philologischen Wortwechsel.**
„Wacht kein Engel über das Leben der Sprache Japhets? Der
Herr hört den Lobgesang derer, die auf schönen Eselinnen reiten, wie derer,
die auf dem Wege gehen. Er siebet herab auf die Sprachen der Men-
VII
Sprache zu gate halten , und seine peinliche Sorgfieklt in
Wiedergabe schlechter Texte, offenbarer Druck- und Le-
sefehler, verwilderter Schreibungen, seine Kleinigkeits-
krämerei in Beschreibung alter Druckwerke und seine
wunderliche Renonunisterei , wie sie selbst Utterarische
Neulinge schlecht kleidet, in Hererzählung und Auspo-
saunung seiner Funde und Schätze gern mit in den Kauf
nehmen.
Uhland hat seinen „Deutschen Volksliedern" auch
das geistliche Volkslied mit einverleibt. Die von ihm aus
Handschriften und alten Drucken entlehnte Sammlung
ist sehr schätzenswerth und bildet zu dem weltlichen
Ldede einen lehrreichen Anhang. Während Ph. Wacker-
nagel seine Texte wie er sie vorfand wiedergiebt mit allen
Schreib- und Druckfehlem, hat Uhland bei den seinigen
immer Kritik angewendet, wenn auch mitunter eine zu
zarte.
Beiden Werken bin ich zu großem Danke verpflichtet
Ich habe nun noch von meinen Hilfsmitteln und den
mir zu Theil gewordenen Unterstützungen zu berichten.
Es standen mir dies Mal mehr Hilfsmittel zu Gebote
als im J. 1832« Da sie gewöhnlich nur abgekürzt in mei-
nem Buche vorkommen, so will ich ihre Titel hier etwas
vollständiger mittheilen.
Ein New Gesangbüchlin Geystlicher Lieder. Leiptzigk
durch Nickel Wolrab 1537. 8". — Neue von mir be-
sorgte Ausgabe: Michael Vehe's Gesangbüchlin vom
J. 1537. Das älteste katholische Gesangbuch. Her-
ausgegeben von H. V. F. Hannover, Carl Rümpler,
1853. B\
sehen: da ist keine rein, anch nicht eine. Aber er heiliget sie
alle. Den Erzengel, der vor dem Garten Edens lagert, bestechen die Re-
liquien der Sprache Kanaans nicht." Und so geht das noch eine Weilo
fort, bis der nunmehrige Director der Gewerbeschule im Wnpperthale mit
seinem Phaeton in das gewöhnliche Fahrgleis wieder einlenkt.
vm
Psaltes ecclesiasticuö. Chorbuch der Heiligen Catholi-
sehen Kirchen, Deudsch, jtzundt new ausgangen.
Durch Georgium Vuicelium (Witzel). Cölen, In verlag
Joh. Quentels. 1550. 4*.
GeistUche Lieder vnd Psahnen ff. Durch Johann: Lei-
sentrit von Ohnutz, Thumdechant zu Budissin. 1. 11.
TheiL Budissin durch Hans Woh-ab 1567. 8*.
Obsequiale, üel liber Agendorum secundum antiquum
vsum, et ritum Eccl. Ratisbonensis. Ingolstadii 1570.
4®. Anhang mit deutschen Liedern. Spätere Ausgabe
unter dem Titel : Pastorale ad usum romanum acco-
modatum. Ligolst. 1629. 4®.
(Mtinchener GB.) Gesang vnd Psahnenbuch. München,
bey Adam Berg. 1586. 8^
(Beuttner GB.) Catholisch GesangBuch. Durch Nico-
laum Beuttner, von Geroltzhoven. Grätz, In Ver-
legung Sebastian Haupt 1660. 8®. — Erste Ausgabe
1602, nach dem Frankf. Messkataloge von 1604.
„Gxätz, Georg WüUer."
(Andemacher GB.) Catholische Geistliche Gesänge ff.
Von der Fratemitet S. Ceciliae Zu Andernach in La-
teinisch vnd Teutsche verß Componirt vnnd Colle-
girt. Gedruckt zu Colin, Durch Gerhart Gxeuenbruch.
1608. 12«.
(Kölner GB.) Alte Catholische Kirchengesäng ff. Auß
Beuelch Des Hochw. Fürsten vnd Herrn, Herrn Eber-
harten Bischoffen zu Speir. Gedruckt zu CöUn, Durch
Amoldt Quentel. 1610. 12^ — Spätere Ausg. mit
einem Anhang: CöUn 1619. 12«. — Femer: CöUn
1625. 12^
(Paderbomer GB.) Catholische, Geistliche Kirchen
Gesang ff. Paderborn, durch Matth. Pontanum 1616.
12«.
IZ
(Corner G-B.) Groß CathoKsch Gesangbuch S. Durch
Dauid Gregorium Comerum, Fürth 1625- 8^. —
Geistliche Nachtigal- Wien 1649. S\ und 1658. S\
(Neißer GB.) Geistlicher ParadeißVogel. Neyß 1663. 8«.
Erste Ausg. wahrscheinlich 1625.
(Mainzer GB.) Himmlische Harmony ff. New Mayntzisch
Gesangbuch ff. Aus sonderm Befelch — G«orgii
Friderici, Ertzbischoffen zuMayntz. Meyntz 1628. 12®.
(Köhler GB.) Catholische KirchenGesäng. CöUn, Peter
von Brachel 1628. 12«.
(Heidelberger GB.) Catholische Alt vnd newe Gesang.
Heydelberg 1629. 12».
Dies sind die Werke, woraus ich am meisten geschöpft
habe und worauf ich mich oft beziehe, die übrigen sind in
meinem Buche gehörigen Orts näher angegeben. Ich ver-
danke die meisten der gefälligen Unterstützimg, die mir
von Seiten mehrerer öffentlichen Bibliotheken zu Theil
wurde, und so muss ich denn rühmend gedenken der
Königlichen BibUotheken zu Berlin und Hannover, der
üniversitäts-BibHotheken zu Bonn, Breslau und Göttingen
und der Gymnasial-Bibliotheken zu Coblenz und Köfn.
Zugleich fühle ich mich auch zu innigem Danke ver-
pflichtet vielen Freunden und Bekannten, die mit der
größten Bereitwilligkeit mein lange gehegtes und gepfleg-
tes Unternehmen förderten — ich nenne hier besonders
die Herren : Senator Friedrich Culemannin Hannover,
Dr. Heinrich Düntzer in Köln, Dr. Adolf Ellissen in
Göttingen, Ludwig Erk in Berlin, Prof. Flock in Coblenz,
Prof. Dr. Emanuel Geibel in München, Consist-Ratli
Prof. Dr. Gieseler in Göttingen, Dr. Karl Gödeke in
Hannover, Prof. Dr. Hock in Göttingen, Heinrich Lem-
pertz in Köln, Prof. Dr. Wilhelm Müller in Göttingen,
Prof. Dr. Franz Pfeiffer in Stuttgart, Dr. Oscar S chade
in Bonn, Dr. Georg Seh er er in München, Bibliothecar
:^«
Dr. Schweiger in Göttingen, Ludwig Uhland in Tü-
bingen, Prof. Dr. Wilhelm Waekerna gel in Basel, Prof.
Dr. Weigand in Gießen, Prof. Dr. Karl Weinhold in
Gräa, Dr. Ferdinand Wolf m Wien und Dr. Friedrich
Z a r n ck e in Leipzig.
SchließUch noch ein Wunsch. Ich wünsche von Her-
ren , dass mein Buch fleißig gelesen und benutzt werde,
belehrend und anregend wirke ; ich wünsche aber nicht,
dass es diejenigen , die sich mit demselben Gegenstände
ausschließUch befassen, vom Selbstforschen zurückhalte.
Es ist freiUch nicht Jedermanns Sache, eigene Forschun-
gen anzustellen, nach eigenen Ansichten und eigenen Er-
gebnissen zu ringen und dieselben durch sichere Zeug-
nisse zu bestätigen. Noch weniger wünsche ich, dass
mein Buch nur dazu dient, guten Baustoff zu schlechten
Bauten zu hefem , oder gar unter Pfuscherhänden umge-
staltet als fremdes Machwerk hingestellt zu werden. Frei-
lich steht von unseren meisten Litterarhistorikem Alles
zu erwarten. Sie sind Drohnen: sie lassen andere ar-
beiten, andere suchen, forschen und finden, und verzeh-
ren dann die Früchte emsigen Fleißes und mühseligen
Forschens, ohne auch nur die leiseste Regung eines Dank-
gefUhls blicken zu lassen. Ja , sie sind die Raubbienen,
denen Alles dermaßen Gemeingut ist, dass sie die im ge-
meinen Leben übUchen Begriffe von Mein und Dein ganz
und gar missachten. So haben es katholische und prote-
stantische Drohnen und Raubbienen zwanzig Jahre lang
mit der ersten Auflage meines Buches gemacht, ich
möchte nicht gerne, dass es in dem Maße der zweiten
Auflage widerführe. Quos ego !
Neuwied, 2. April 1854.
H. V. F.
INHALT.
Seite
§. 1. Einleitung 3
§. 2. Früheste Zeit bia nun elften Jahrlinndert (Nr. 1. 2.) 8
§. 3. Zwölftes Jahrhundert (Nr. 8—7.) 30
§. 4. Dreizehntes Jahrhundert (Nr. 8—12.) 48
§. 6. Vienehntes Jahrhundert (Nr. 13—16.) 78
§. 6. Lieder der Mystiker (Nr. 17—56.) 86
§. 7. Ueder der Geifller (Nr. 66—62.) 130
§. 8. Fünfzehntes Jahrhundert bis mm J. 1528.
Fünftehntes Jahrhundert (Nr. 63—89.) 160
Vom Jahre 1500-1623. (Nr. 90—116.) 198
§. 9. ÜbersetEungen und Nachbildungen lateinischer Kirchenlieder im
XIV. und XV. Jahrhundert (Nr. 117—218.) 287
§. 10. ümdichtungen (Nr. 219—246.) 371
§. 11. 1. Weihnachtslieder beim Eindelwiegen (Nr. 246—256.) 416
2. DreikünigsUeder (Nr. 267—268.) 441
§. 12. Meisterlieder gegen Ende des XV. und zu Anfuige des XVI.
Jahrhunderts (Nr. 264 — 300.) .* . 469
§. 13. Gedruckte Sammlungen bis cum Jahre 1524. (Nr. 301—303.) 480
§. 14. Alte Lieder aus späterer Zeh (Nr. 304—830.) 486
Begister 627
GESCHICHTE DES DEUTSCHEN KIRCHENLIEDES
BIS AUF LÜTHER'S ZEIT.
§. 1.
Einleitung.
Durch die Einführung des Chrietenthums in Deutschland
wurde die lateinische Spcache zur Kirchensprache — ein Ereig-
niss, das auf das geistige Leben der Deutschen und die Ent-
Wickelung ihrer Sprache und Literatur den nachtheiligsten Ein-
fluss ausübte, der nie ganz verwunden ward. Der ganze Gottes-
dienst war durch die römische Liturgie, den ordo Ronianus ')
geregelt und dieser überall im Abendlandc eingeführt. *)
Seit sich der römische Bischof zum Statthalter Christi auf
Erden gemacht hatte, war die römische oder lateinische Sprache
im ganzen Abendlande der alleinige Ausdruck des christ-
lichen Glaubens ^), die heilige Sprache, die einzig würdige,
worin der Mensch sich dem Höchsten nahen sollte.
{.1. 1) Über die abendlündUchen Liturgien Tgl. AuguMii, Denkwürdigkeiten
aiu der christlichen Archäologie 4, 256 — 807. Gieeeler, Kirchenget eh. 4. Aafl.
U, 1, 152 ff.
2) WalafridoB Strabus (f 849) de rebus ecclesiasticis cap. 25 (apud Hit-
torp p. 413. a.) sagt schon: Omittam igitnr, qnae infinita sunt, hoc tantum
'affirmans, qnod plenarins officiorum ordo, qni nunc per Romanum orbem ser-
vator, post antiquitatem mnltis temporibus evolutam, institatus et ad omnem
eminentiam sanctae religionis est dilatatns.
3) Jede vemünltige Stimme im SchoQe der Kirche selbst wurde entweder
Überhort oder für ketzerisch verdammt Das Widersinnige in dem Gebrauche
einer fremden Sprache, was spKter aus Gewohnheit niemand mehr fühlte, wurde
früh genug schon erkannt und getadelt. Hilarius Romanus Diaconus (ums
J. 370) sagt in seinen Comment. in Pauli epistolas: Manifestum est ignorare
animum nostrum, si lingua loquatur quam nescit, sicut assolent, non autem in
ecclesia, latini homines graece cantare, oblectati sono verborum, nescientes
tarnen quid dicant. At quem potest habere frnctum qui ignorat quod loquatur?
1*
Wie dio römische Sprache schon unter den heidnischen
Römern den absolut monarchischen^ ausschließenden Charakter
gezeigt hatte ^), so bewahrte sie denselben auch tmter den christ-
lichen Römern. Die römische Liturgie gestattete durchaus nicht
den Gebrauch einer anderen Sprache als den der lateinischen.
Das deutsche Volk ließ sich dio fremde Sprache beim
Gottesdienste ruhig gefallen^ als ob sich das alles so von selbst
verstände. Weder unter den Karolingern noch unter den Hohen-
staufen wurde ein Versuch gemacht, die Mutteilsprache zum
christlichen Cultus zu verlangen oder einzuführen '), ja bei allen
Kämpfen der deutschen weltlichen Herrschaft mit der römischen
geistlichen tauchte nicht einmal der Gedanke an dergleichen
immer zeitgemäße Änderungen auf.
Es wäre übrigens auch wol vergeblich gewesen, wenn in
den ersten Jahrhunderten das deutsche Volk seine Sprache zur
Kirchensprache hätte erheben wollen. Seine Bemühungen wären
eben so an der Allmacht des päpstlichen Stuhles gescheitert wie
die der slavischen Völker. Dass der päpstliche Stuhl bald sich
bewusst wurde, wie sehr eine allgemeine Kirchensprache die
Einheit des Glaubens imd der geistlichen Oberherrschaft förderte
und aufrecht hielt, lehrt der früh schon beginnende Kampf der
Slaven zur Erlangung eines slavischen Ritus. Da hieraus das
Verhalten der Päpste bei ähnlichen Bestrebungen späterer Zeit
von Seiten deutscher imd romanischer Gegenden erklärlich wird,
so mag hier eine kurze Geschichte der slavischen Liturgie folgen.
Methodius, Erzbischof der pannonischen Kirche, hatte in
slavischer Sprache gelehrt und gepredigt und Messe gelesen.
Johann VHI. hatte das missfällig vernommen, und beschied ihn
{.1. 4) Der heil. Aus^tiniu sagt deshalb in seinem Gottesstaate : Opera data
est, nt imperiosa civitas non solum ingiim, yemm etiam lingnam snam domitis
gentibus imponeret. Vgl. den trefflichen An&ats von Friedrich Gramer: Über
das Studium fremder Sprachen und den Einflnss, welchen das Christenthum
im Abendlande aof dasselbe gehabt hat, in der Zeitschrift fUr die histor. Theo-
logie 18, 477—498. (Jahrg. 1848.)
5) Einer der allemeuesten Schriftsteller, Luft in seiner Liturgik 1, 498
sagt zwar: » — wie denn Leo X. den Mainzer Diaconns Hnnibert im J. 1062
degradirte, weil er in der Kirche zu Worms in einzelnen Theilen der Messe
die deutsche Sprache einzuführen suchte.^ Dies ist nur ein Irrthum, der
sich schon lange in der Kirchengeschichte fortschleppt, er beruht auf einem
roinen Missverständnisse einer Stolle des Chronicon Urspcigense ad a. 1052.
in einem Briefe vom 14. Juni 879 nach Rom •). Methodius recht-
fertigte sich und der Papst erlaubte ihm den Gebrauch der sla-
vischen Sprache bei kirchlichen Handlungen, wie aus dem Briefe
an Suatofduk 880 deutlich erhellt »). Ums Jahr 920 verbot Jo-
hann X« in einem Schreiben an den Erzbischof Johann von Spa-
latro die slavische Liturgie *). Dasselbe that er auch um die-
selbe Zeit in einem Briefe anTamislaw, Herzog der Croaten»).
Päpstliche Legaten überbrachten die Befehle des Papstes nach
Spalatro und hielten dort ein Concil. Nach dem 10. Canon des-
selben sollte Niemand die Messe slavisch singen. Johann bestä-
tigte die Beschlüsse des Concils >o). Im Jahr 1069 kam Mainard
{. 1. 6) Boczek, Codex diplom. et epiat. Moraviae 1, 39. Farlati lUyrici sacri
3, 88. Aadivirniu etiam, qnod missas cantes in barbara, hoc est in sdavina
lingna, mide iam literis nostris per Paulum episcopum Anconitanum tibi di-
rectifl prohibrnmiis, no in ea lingna sacra missamm solemnia celebrares, sed
▼el in latina, vel in graeca lingna, sicnt eoclesia Dei toto terrarum
orbe diffusa et in omnibns gentibns dilatata cantat.
7) Boczek 1, 44. Nee sanae fidei vel doctrinae aliquid obstat sive mis-
sas in eadem slayonica lingua canere, siye sanctum evaugelium vel lectiones
divinas novi ot veteris testamenti bene translatas et interpretataa legere aut
alia horamm officia omnia psallere, quoniam qui fecit tres lingaas principales,
hebraeam scilicet, graecam et latinam, ipse creavit et alias omnes ad laudem
et gloriam suam. Jubemus tarnen, ut in onmibus occlesiis terrae vestrae
propter maiorem bonorificentiam erangelium latine legatur et postmodnm sla-
▼onica lingua translatum in auribus populi, latina verba non intelligentis, an-
nuncietur, sicnt in qoibusdam ecclesüs fieri videtnr. Vgl. Wilh. Wattenbach,
Beitrüge zur Geschichte der christlichen Kirche in Mähren und Böhmen.
Wien 1849.
8) Farlati 3, 93. Ita ut secundum mores Bomanae Eccleslae Sclayinomm
terra ministerium sbcrificii peragaut, in Latina scilicet lingua, non autem in
oxtranea, qnia ntülus filius aliquid loqui debet vel sapere nisi ut mater
(ßod, pater) ei insinuarerit, et quia Bclavi (, qui) speeialissimi filü sanotae
Bomanae Eccleslae sunt, in dootrina matris permanere debent
9) Farlati 3, 95. Quis enim ambigit SclaTinorum regna in primitüs Apo-
stolomm et universalis Ecclesiae esse commemorata, cum a cunabulis escam
praedicationis ApostoHcae Ecclesiae perceperunt cum lacte camis, sicut Ssxo-
nes novo tempore a nostro antecessore piae memoriae Gregorio Papa doctri*
nam pariter et literarum studia in ea videlicet lingua, in qua illorum mater
Apostolica Ecclesia infulata manebat. — Quis etenim specialis filius sanctae
Bomanae Ecclesiae, sicut vos estis, in barbara seu slaviniea lingna Deo sacri-
ficium offerre delectatur?
10) Farlati 3, 97.
6
als päpstlicher Legat nach Dalmatien and Croatiem» -Sin Concil
unter seinem Vorsitze erneuerte das Verbot des slavischen Ritus,
und die Päpste Nicolaus 11. und Alexander ü. bestätigten das-
selbe"). Im Jahre 1080 verweigerte Papst Gregorius VEI. den
von Wratislaw, Herzog von Böhmen, erbetenen slavischen Ritus ' *).
Im Jahre 1248 genehmigte jedoch Innocentius IV. den niyriem
den ritus slavo -latinus in glagolitischer Schrift >*).
Während so die Slaven mehrmals doch wenigstens versucht
hatten, die lateinische Sprache aus dem Gottesdienste zu ver-
drängen und die Muttersprache in die ihr gebührenden Rechte
einzusetzen, war die lateinische Sprache beim deutschen Volke
in ilirem verjährten Ansehn und unangefochtenen Besitze, sie
war und blieb die alleinige Kirchensprache ^*). Der Gebrauch
S. 1. 11) Farlati 3, 128. 137.
12) Boczek 1, 166 — 168. Quia vero nobilitas toa postulavit, qao secnn*
dam sclayonieam linguam apad voi divinum celebrari ammeremoB of&ciam,
Bcias DOS hoic potitioni tae neqnaquam posse favere. Vgl. Gieseler Kirchen-
geach. 4. Aufl. II, 1, 360.
13) Kopitar, Qlagolita CloziannB p. XIII. XYII. Eine korze Geschichte
der Blayischen Liturgie auch in dem facsimilierten slavischen Codex Bemen-
sis: Evangelia slavice qoibns olim in Regam Franconun oleo saero inungen-
donim solehat ecdesia Remenris vnlgo Texte du Saere ad exemplaris simili-
tadinem descripsit et edidit J. B. Silvestre. Evangella latine rertit eandem-
qae interpr. lat e regione adiecit B. Kopitar. Paris. 1848. 4to. (Gott Biblioth.)
14)* Darum konnte auch Martin Gerbert, der fleißige Abt von St Blasius,
sagen in seiner Vetos Litnigia Alemannica T. 1. (1776) p. 159. »Quid vero?
Nolli nos operae pepercimns, quo ex antiquissimis, quae conquirere multo
labore potuimus documentis, undique collectis, ac in Incem protractis, litor-
giam veterem Alemannicam illustraremus, nee ullum vero alterius quam
latinae linguae in sacris christianis invenimus nsum. Omnia, quae edimus,
a mille annis monnmenta, quae quidem ad officium, cerimoniasque solemnes
pertinnemnt, hac sunt coneepta lingua: quaedam enim, et quidem recentiora
paucorum saecnlomm, ad privatam tantum commoditatem devotionemque aecom-
modata fnisse palam fecimus. Alia antem veluti catecheses, oratio dominica,
symbolum et bis simUia — etiamnum usu vemaculo teruntur. Facit ipsa linguae
latinae dignitas non modicum ad splendorem et maiestatem litnrgiae, atque
illius conformitatem rite ae congme senrandam. Incommodo autem, quod mi-
nus est, ut promiscue a plebe non intelÜgantnr, libris ac instructione pastomm
obviatnr.^ — Es ist ein alter Irrthum, der sich auch jetst noch in kirehen-
geschichtlichen und liturgischen Werken findet, wenn man aus Wala^d Sira-
bus (t 849) beweisen will, dass schon im IX. Jahrhundert die deutsche
Sprache bei der Liturgie verwendet worden sei. Walafirid handelt in seinem
der Volkßsprache beschränkte sich nur auf die Predigt und
Beichtabhörung; die Kirchengesänge waren lateinische Hymnen
und Psalme und sonstige der Messe eingewebte lateinische Lie-
der, und alle diese ließen keinen deuts.chen geistlichen Gesang
zu, sie waren einmal vorgeschrieben und mussten streng beob-
achtet werden. Ein eigentlich deutsches Kirchenlied, ein sol-
ches was mit zum Rituale gehörte, läßt sich also weder nach-
weisen noch voraussetzen, so lange nämlich nichts als die
römische Liturgie in ihrer alten ursprünglichen Form galt. Den-
noch aber erhob das Bedürfniss, in der Muttersprache Gott zu
verehren, und in ihr die Gefühle der Liebe und des Dankos an
den Tag zu legen, schon frühe die deutsche Sprache zu dem-
selben Rechte, dessen die lateinische genoss, dem Volke genügte
nicht der alleinige Gebrauch einer fremden Sprache zum Lobe
und Preise der heiligsten und höchsten Güter, die ihnen durch
das Christenthum zu Theil geworden waren; es gab zu viele
Feierlichkeiten, die bald aUgemeine große christliche Volksfeste
wurden, wobei die römische Liturgie nicht auszureichen schien;
es entstanden nach und nach heilige Gebräuche im Volke, zu
deren Zwecke die Volkssprache angemessener war; überdem war
ja auch diese bei örtlichen Festlichkeiten wie bei der häuslichen
Andacht durch keinen Beschluss einer Synode noch durch päpst-
liche Bullen verboten worden. Zu diesen heiligen Gebräuchen
gehören namentlich alle Kirchweihen, Bittgänge, Wallfahrten,
Jahresfeste der Schutzheiligen, Erinnerungsfeiem bedeutender
politischer oder Naturereignisse u. dergl. Eine Geschichte des
deutschen Kirchenliedes bis auf Luthers Zeit kann also nur eine
Geschichte derjenigen geistlichen Lieder enthalten, welche bei
jenen Gelegenheiten wirklich öffentlich gesungen worden sind.
Sie wird leider sehr bruchstücklich erscheinen, doch liegt das
über de rebus ecclesiaflticin cap. VIII (apud Hittorpium p. 305) quomodo theo-
iiaee domu» Dti dicatur nur von einigen deutschen Ausdrücken im damaU-
gen Cultos. Ebenso ist es dagegen auch ein Irrtham, wenn man aus den
Worten des Ermoldus Nigellns (um 830) in seinem Qedichte an Pippin 1, 155
Bathara üngua Mi $€Tiptur<M netcia tacr<ie beweist, dass zu Walafirids Zeit
in deutscher Sprache noch nichts von der Bibel vorhanden gewesen sei. Ni-
gellas kann doch nur gemeint haben, eine vollständige Ubenetzung der
Bibel in deutscher Sprache gebe es noch nicht oder — er wnsste es nicht
besser. Die von mir und Endlicher herausgegebenen Fragmenta thcotisca und
die Evangelionharmonio des Tatian sind älter als Nigcllus.
8
lediglich im Gegenstände selbst: man betrachtete den deutschen
Kirchengesang meist immer als etwas Unwesentliches, lieber-
flüssiges, Ungehöriges, ja sogar auch als etwas Verwerfliches;
die frühesten Ueberreste sind nur aus zufUliger Aufzeichnimg,
viele Bruchstücke nur in gelegentlicher Anführung erhalten wor-
den; die Bestrebungen mehrerer frommen Männer unter der
Geistlichkeit sowol als unter den Laien waren zu vereinzelt und
blieben in ihren Wirkimgen zu erfolglos. Dennoch gewährt diese
bruchstückliche Geschichte das erfreuliche Ergebxdss, dass es
alle Jahrhimderte hindurch deutschen Kirchengesang, wenn auch
nur in jenem beschränkten, zuvor bemerkten Sione gegeben hat,
imd dass die Reformatoren in dieser Hinsicht nicht etwas ganz
Neues schufen, sondern, wie Luther, an das Altherkömmliche
anknüpften, aus eigener Begeisterung geleitet durch Dichtung
religiöser Gesänge auch hier den vielfachen Bedürfiussen des
Volks abhalfen und der Muttersprache ihr natürliches Recht voll-
ständig erkämpften.
§. 2.
Früheste Zeit bis zum elften Jahrhundert-
Der religiöse Volks- oder Kirchengesang der Deutschen in
den ersten Jahrhunderten der christliehen Zeit bis zum zehnten
beschränkte sich lediglich auf das Rufen der Worte Kyrie elei-
son, Herr erbarme dich. Diesen uralten, einfachen, bedeutungs-
vollen Ruf hatten römische Mönche aus Italien, woliin er durch
griechische Christen verpflanzt worden war, nach Deutschland
mitgebracht; sie wussten den heidnischen Deutschen und den
unter ihnen ansässigen Slaven nichts Beziehungsreicheres, Be-
deutungsvolleres fiir ihre heidnischen Lieder ') und bei dem
Widerwillen und Abscheu dieser Völker gegen die lateinische
Sprache nichts Einfacheres zu geben. Die Geistlichkeit, die
sich bald aus den neuen deutschen Christen bildete, ließ es lange
g. 2. 1) Sie kommen noch nnter vielerlei Namen vor : winileot, eiswft, sisesanc,
lotirsprftclia, posa, gipdsi, scdfleot. Otfrid meint wol diese Lieder, wenn er
in der Vorrede an Liutbert von einem laicorum cantus obscoenns spricht.
Noch lange nachher erhielt sich der heidnische Klagegesan^^ bei den Gräbeni.
Vgl. Koberstein Gnindriss 4. Aufl. §. 3t. 37. W. Wachemagcl, Geschichte der
deutschen Litteratur §. 22.
9
Zeit dabei bewenden, sie hatte ja selbst schon Mühe und Noth,
sich an die allgemeine Kirchensprache zu gewöhnen; hiezu war
nämlich die lateinische Sprache durch päpstliche BuUen, durch
Beschtttsse der Kirchenversammlungen und kaiserliche Capitu*
larien gleichsam bestätigt und angenommen worden.
Das Volk war ausgeschlossen von aller eigentlichen Bethei-
ligung beim Qottesdienste. Schweigende Anwesenheit ist die
einzige Anforderung an dasselbe: es sollte, wie es Abt Pirmi-
nius *) will, schweigend beten imd nur im Herzen singen; den
Geistlichen allein kommt es zu, heilige Gesänge anzustimmen
und so die Herzen des umherstehenden Volkes zu erheben ').
Wol dachte man daran, das Volk zur Betheiligung am Ge-
sänge heranzuziehen: so sollte es nach den Capitularien Karls
des Großen vom Jahre 789 *) gemeinschaftlich mit den Geist-
lichen das Gloria Patri und Sanctus singen, imd nach den Ca-
pitnl. Ludwigs H. vom Jahre 856 *) andächtig und gleichstim-
mig mitwirken. Von einem Erfolge ist weiter nichts bekannt
Das Volk musste sich also Jahrhunderte lang mit diesem
Kyrie eleison begnügen. Mönche und Weltgeistliche bemühten
§.2. 2) PirminiiiB Abbas bei Mabillon, Yet. Analecta (Paru. 1723. fol.) p. 72.
Omnia phylaeteria diabolica, praecantatioiiea, sortüegos, karagios nolite
credere neo adorare, nee vota illia reddere, nee nlluni honorem impendere,
aed ad sanctam eeclesiam conyenite et in ipsa ecclesia cum silentio
orantes et psallentes in cordibus vestris, rerbum Dei et sacram
scriptnram diligenter attendite. — F. W. Rettberg in seiner Kirchengeschichte
Deutschlands 2. Bd. 9. 779 deutet eine andere BteUe ebenso, doch ist da nur
die Bede davon, dass man während des Gottesdienstes nicht schwatsen soll.
Pirminius ib. p. 69. Et nullus in ipsa ecclesia vel ubi lectio divlna recitatnr
veibosare praesumat, sed lectioues sacras Ubenter audite, quia per Moysen
dominus ait: Audi, Israel, et tacel
8) Concilium Aquisgranense vom J. 816 c. 137 (Harzheim I. p. 610)
q[uonim melodia animos popnli circumstantis ad memoriam amoremque cae-
lestium non solum sublimitate yerborum, sed etiam suavitate tonomm, quae
dicuntur, erigat.
4) Perus m. p. 64. et nt Gloria Patri cum omni honore apud omnes
cantetur; et ipse sacerdos cum sanctis angelis et popnlo Dei communi voce
Sanctus Sanctus Sanctus decantet.
5) Pertz III. p. 489. Tertio intimandum, ut ad salutationes sacerdo-
tales congrue responsiones discantur, ubi non solum clerici et Deo dicatae
sacerdoti responsionem offerant, sed omnis plebs devota consona voco respon-
dere debet.
10
sich zwar in solchem langen Zeiträume durch Predigten') und
Beichtabhören ^) in der Volkssprache ihren Wirkungskreis se-
gensreich zu machen, der ihnen durch die römische Liturgie
beschränkt und beeinträchtigt war; beides wurde sogar den Pfar-
§.2. 6) Jeder €tolitliche sollte nAch den Bestimmai^ren der Synode zu
Tours im Jahre 813 die Homilien in die romAnische Bauerasprache und ins
Deutsche übersetzen, » damit alle um so leichter verstehen was gesagt wird.*^
Das Mainzer Concil unter Hrabanus Maurus im Jahre 847 wiederholte wört-
lich diese Bestimmungen. Ein früheres von 813 hatte bereits beschlossen:
„Wenn etwa der Bischof nicht zu Hause oder krank oder sonst verhindert ist,
so soll doch niemals einer fehlen, der das Wort Gottes predige, so wie es
das Volk verstehen kann.^ Viele Geistliche sind gewiss diesen Bestimmungen
nachgekommen; doch wenn auch nur wenige ihre Predigten aofBeichneten, es
haben sich Denkmiller genug erhalten, woraus wir auf eine fleißige Erfül-
lung jener Bestimmungen schließen können. Ein voUst&ndiges Yerseichniss
der homilet. Denkmäler bis zum Anfange des 12. Jahrhunderts in B. von Bau-
mor, Einwirkung des Cliristenthums auf die ahd. Sprache S. 64—67.
7) Es lag im Wesen der Beichte, dass sie nur deutsch sein konnte.
Die lateinischen Beichtformulare mit den Fragen und Antworten, Sündenver-
zeichnissen, Glaubensbekenntnissen und Gebeten wurden gewiss schon in frü-
her Zeit deutsch übersetzt und bearbeitet. Es haben sich viele derartige ahd.
Denkmäler erhalten, s. das Yerzeichniss in S. von Baumer, Einwirkung des
Christenth. eto. S. 60 — 64; vgl. 8.261. 262. — Dagegen kam das Deutsehe,
wo man es noch mehr erwarten sollte, gar nicht in Betracht, nämlich bei dem
religiösen Jugendunterrichte, wozu die Geistlichkeit verpflichtet war. Wir
dürfen uns darunter« keinen katechetischen Unterricht der späteren Zeit den-
ken ; der Geistliche ließ seine Gemeindekinder nach der Firmung das Vater-
unser und das apostolische Symbolum lateinisch auswendig lernen. Das
Mainzer Concil von 813, can. 46 bestimmte nur nachträglich : y,Vnd wer nicht
anders kann, lerne es wenigstens in seiner Muttersprache.'' (Et qui aliter non
potuerit, vel in sua Hngua hoc discat.) Dennoch finden sich einige ahd.
Übersetzungen des Glaubens und Vaterunsers, sogar des letzteren mit Erklä-
rungen, die uns berechtigen, hier auch eine freiere volksthümlichere Thätig-
keit der Geistlichen anzunehmen. Siehe das Verzeichniss bei B. v. Baumer
S. 49 — 58. (Die meisten der hieher gehörigen Denkmäler hat Massmann unter
4em Titel herausgegeben:
Die deutschen Abschwörungs-, Glaubens-, Beicht- und Betformeln vom
achten bis zum zwölften Jahrhundert. Quedlinburg u. Leipz. 1839.
Schade, dass auch bei diesem Buche Herr Hans Ferdinand Massmaan sein
merkwürdiges Geschick bewährt hat, alles, Einleitung, Nachweisung der Quel-
len und die Text<^ selbst mit Druckfehlem zu dnrchspicken. Eine bessere und
yoUständigere Sammlung und ohne Massmann^sche Zuthaten möge von glück-
licheren Händen besorgt werden!)
11^
rern durch KirchenverBammlungen anempfohlen und geboten.
Dennoch geschah für einen wesentlichen Theil der öffentlichen
Gottesverehrung, für den Gesang, gar nichts dieser Art So
blieb denn natürlich das Singen lateinischer Hymnen und Psalme
aUein den Geistlichen überlassen, und die Laien konnten, wenn
sie nicht wörtlich alles auswendig gelernt hatten, niemals daran
theilnehmen, und auch dann verstanden sie nichts davon, und
niemand kümmerte sich darum, ihnen ein Verständniss beizu-
bringen.
Damit aber diese Ansicht von der gänzlichen Untheilnahme
des Volks an allem eigentlichen Kirchengesange dieser Zeit
als die einzig richtige begründet wird, bedarf es zunächst einer
Erörterung des Kyrie eleison und femer einer Reihe von Zeug-
nissen in chronologischer Folge, worin das Kyrie eleison als
einziger öffentlicher religiöser Volksgesang angeführt wird«
Man könnte leicht glauben, das Kyrie eleison ist ja die
römische Litanei, und diese darf doch wol als eigentlicher Kir-
chengesang gelten? Allerdings; aber unter Kyrie eleison in
dieser frühen Zeit wird nur der Anfang der Litanei, werden
nur immer die bloßen Worte: Kyrie eleison, verstanden. In
dieser Bedeutung kommt es bereits in der Ordensregel des hei-
ligen Benedictus öfter vor '); so auch im 12. §. jener alten, auf
diese Kegel bezüglichen Bestimmungen, welche die Mönche von
St. Gallen mns Jahr 817 entwarfen: sie sollen im Ordenshause
Kyrie eleison mit Eaiiebettgung einstimmig nur dreimal nach
einander beten, und zwar idso: Kyrie eleison, Christe eleison,
Kyrie eleison; auf gleiche Weise im Refectorium, aber ohne
Kniebeugung *). Am deutlichsten erheUt die von uns angenom-
mene Bedeutung aus einer Urkunde vom Jahre 910 "<>). Papst
§.2. 8) MabilloD, Comment. in ordinem Roman, p. XZXIX.
9) Cspitola monachorum Sangallensium circa a. 817 in Baltuü Capi-
tal. Regam Franc. T. II. col. 1383. §. 12. Ut Kyrie eleison oratnri in capi-
tulOy utnunque genu flectentea, consona voce tribos tantum vicibna dicant, id
est, Kyrie eleison, Christe eleison, Kyrie eleison. Similiter in refectorio, sed
sioe gennflectione.
10) Ugbelli Italia sacra T. I. (ed. 2.) col. 91—93. Die hieher gebörige
Stelle lautet: donamns, largimur, concedimns et stabilimos perenniter in nsu
et ntUitate ipsius venerabilis Episcopi et Episcopomm, qoi pro tempore foerint,
ita tarnen ut qnotidianis diebus sacerdotes et clerici ipsius ecclesiae pro reme-
dio animao nostrae clament in eadem occlcsia ceutum Kyrie eleison et ccn-
tum Christe eleison.
14
Obschon das Kyrie eleison nur zwei Worte sind, so waren
sie doch dem Volke fremd nnd unverständlich und es hat gewiss
lange Zeit schwer gehalten^ ihm das Singen oder vielmehr Rufen
derselben beizubringen. Die Salzburger Beschlüsse vom J. 799
verlangen ausdrücklich, das Volk soUe Kyrie eleison rufen ler-
nen und nicht mehr so ungeschlacht (dörperlich, rustice) schreien
wie bisher, sondern es besser lernen").
In den Capitularien Karls des Großen und Ludwigs des
Frommen, gesammelt von Ansegisus und Benedictus Levita, be-
stimmt das 205. Kapitel des VI. Buches: wie die Christen den
Sonntag feiern sollen; da heißt es denn auch: sie sollen nicht
auf den Kreuzwegen nnd Gassen stehen und sich mit Erzählun-
gen, Tanzen und weltlichem Singen die Zeit vertreiben, sondern
zu einem weisen und fronunen Priester gehen, der Predigt bei-
wohnen und allem was auf das Heil ihrer Seele Bezug hat; sie
sollen zur Vesper und zu den Metten kommen und alle ihr Kyrie
eleison sowol beim Her- als Heimgange singen; auch bei den
Geschäften des Lebens, beim Aus- und Eintreiben des Viehes
wird ihnen das Kyrie eleison empfohlen zum Zeichen eines
christlichen Volkes ").
Dasselbe wiederholen auch, wiewol kürzer, die Capitularien
Herards vom Jahre 858 im 16. E^apitel *<>). Jene Capitularien
nendo crepitabaat eleganter dangentes, clamabant multis Toeiboa, quasi uno
ore psallentea glorificabant Deoin. Tone omiiis plebs com magno honore sm-
bnlantea portabant S. Wnnebaldom, et posneront enm in monomento novo, in
illo portico, de quo aupra dizimoa, et statlm poatea MiBBam cantayit episcopns
ad aunm capnt. Beiläufig bemerke ich, dasa die hier mitgetheilte Stelle nach
Art vieler latein. Geachichtswerke gereimt iat.
§. 2. 18) Statuta Saliabnrg. §. 3. Pertz m. p. 80. Ut omni« popnloa hono-
rifice cmn omni« aupplicationibiiB devotione, hnmiliter et cnm reverentia aba-
qne praetiosaram vestiom omata Tel etiam inlecebroao eantico et loaa aaecn-
lari com laetanüs procedant Kyrieleyson clamare, nt non tarn rnatice nt uonc
nsque, aed melina diBcant.
19) Capit Karoli Magni et Ludoviei Pii apnd Baluzinm T. I. col. 958:
Et illo die aen sabbato ad veaperaa et ad matntinaa sive ad miaaam cum
eorum oblationiboa, ai fieri poteat, omnea canendo Kjrie eleison veniant et
enndo et redeundo Kyrie eleison decantent. Similiter et pastorea pecorum
eundo et redeundo in campum et ad domum fticiant, nt omnea eos veraciter
Chriatianos et devotes esae cognoacant.
20) Capit. Herardi apud Baluzinm T. I. col. 1288: Et Kyrie eleison
a cnnctis reverenter canatur.
15
Karls und Ludwigs bestimmen auch im 197. Kapitel des VI. Buches,
dasB bei den Leichenbegängnissen alle heidnischen, höchst un-
christlichen Gebräuche aufhören sollen; jeder solle hingegen,
wie es sich für einen Christen zieme, mit andächtigem Sinne
und tranrendem Hersen für die Seele des Entschlafenen die
Barmherzigkeit Gottes anflehen; werkeine Psalmen wisse, solle
mit lauter Stimme Kyrie eleison, Christe eleison anstimmen,
wobei die Ifänner beginnen und die Weiber erwiedem können»).
Dasselbe wird wiederholt in Herards Capitularien im 58. Kapitel
mit dem Zusatse: solches sollten die Freunde und Eltern der
Verstorbenen dreißig Tage hindurch thun ••).
Burchard und Regino haben dasselbe, wiewol mit anderen
Worten, ebenfalls in ihre Sammlungen aufgenommen, sie schließen
jedoch also: wer aber zu singen wünscht, singe Kyrie eleison,
sonst schweige er gänzlich *<).
§.2. 21) Ap. Baloc. T. I. col. 967: Admoneantor fideles, nt ad saoa mor-
taoB non a^ant ca, qaae de paganoram ritn remansenmt. 8ed unuaquiaqae
devota mente et compunctione cordis pro eiun anima Dei misericordiam im-
ploret. Et qiiando eos ad sepalturam portaverint, iUnm ololatam excelsum
non faciant, sed, sicnt sopra diximna, devota mente et companctione cordis,
in qnantnm aensum habtierint, pro eitur anima implonire Dei misericordiam
faeiant. Et Uli qni psalmos non tenent, excelsa voee Kyrie eleison, CThriste
eleison, viris inchoantibiis, mnlieribosqne respondentibns, alta Yoce eanere sta-
deant pro eins anima. Et super eonim tumnlos nee manducare nee bibere
praesamant Qnodsi fecerint, eanonieam sententiam accipiant.
22) Capit. Herardi apnd Balns. T. I. eol. 1291 : Ut exeqnxae mortuo-
mm com hieta seereto et eordis gemita fiant. Et psalmos ignorantes, Kyrie
eleison ibi canant; et ut triginta diebos amici et parentes pro eis agaat
28) Apud Hanheim, Concil. Oerm. T. II. p. 500: Laici, qui ezenbias
fimens observant, cum timore et tremore et reyerentia haee faeiant. Nnllus
ibi praesmnat diabolica earmina cantare, non ioea et saltationes facere, qnao
pagani diabolo docente adinyenerunt. Quis enim nesciat, diabolicum esse, et
non solnm a religione christiana aliennm, sed etiam faumanae natnrae esse
contrarium, ibi cantari, laetari, inebriari, et cachinnis ora dissolvi; et omni
pietate et affectu caritatis postposito, quasi de fratema morte exultare, nbi
Inctns et planctos flebüibos Toclbns debuerat resonare pro amissione chari
frstris? cet. "Et ideo talis inepta laetitia et pestifera cantica ex auetoritate
Dei penitos interdicenda sunt. 8i quis autem cantare desiderat, Kyrie eleison
^fntet Sin aliter, omnino taceat.
BegUio (er staib als Abt von Prüm 908) hat diesen Canon aus einem
Coneilium Arelatense entlehnt; aber ans welchem? vielleicht ans dem, wovon
im Coneilium Mognnt. vom J. 888 gesagt wird, dass e$ ku den Zeiten Karls
16
Am Charfreitage pflegte Ludwig der Fronuae (813 bis 840)
in seinem Palaste zu Aachen seine ganze Hofhaltung mit neuen
Kleidern zu beschenken, vom Vornehmsten an bis auf den G-e-
ringsten, bis auf die Stallknechte, Bäcker und Köche; wann
nun jeder hatte was er bedurfte und endlich auch noch die
Armen gekleidet waren, dann riefen sie ihm durch die weiten
Hallen zu: Kyrie eleison**).
Als die Gebeine des heil. Bonifacius von Mainz nach Fulda
übertragen wurden, im J. 819, sang das Volk Kyrie eleison **).
Auch bei der Uberbringung der Überreste des heil. Liborius
von Maus in Frankreich nach Paderborn im J. 836 wusste das
Volk ebenfalls nur Kyrie eleison, während die Geistlichkeit
allerlei lateinische Hymnen zum Preise Gottes und der Heiligen
sang *•).
Im J. 836 waren die Gebeine des heiligen Vitus nach Covvei
gebracht und feierlich beigesetzt worden. Kurze Zeit nachher
strömten aus dem ganzen Sachsenlande Männer und Frauen
herbei, um dort ihre Andacht zu verrichten; Tag und^acht
sangen sie chorweise Kyrie eleison *'').
des Qrowen gehalten sei; s. Acta Concil. T. VI. P. 1. (Paris. 1714. fol.) p. 408.
In den bis jetit gedrockten Kirchenyersammliingen sn Arles, auch in denen
bei Mansi, finde ich obige Stelle nicht Mansi schaltet sie jedoch ein nebst
andern in spfttere Sammlongen au%enonimenen Canones, die als Arelatenses
beseichnet werden, hinter dem Concilinm Arelatense IV. vom J. 524, wanim?
ist mir unklar. Man sehe fibrigens Cpncil. coli. Mansi T. VIII. col. 629.
§. 2. 24) Monachi Sangall. gesta Karoli in Ports Monum. T. II. p. 763 :
Cumqoe iam nullo indigente, seoundom actos et dicta apostolica esset in Om-
nibus gratia magna, quando et panperes pannosi jocimdissime dealbati Kyrie
eleison Hludowico beato per latissimam curtem et curticulas Aquanungranl,
qnas Latini usitatins porticuum nomine vocant, usque ad coelos voces effer-
rent cet. Steht auch in Canisii lect. ant. ed. Basn. T. IL P. IIL p. 84.
25) Vita Eigilis abb. Fuldensis auct. Candido, Acta Sanctorum O. S.
Bened. T. IV. P. 1. (ed. Paris.) p. 255. cf. p. 23. Elevat interea populari
voce repente Advena plebs kjrie eleison; fit damor ad astra.
26). Acta Sanct. Jol. T. V. pl 424 : Cumque clems in hynmis et con-
fessionibus Deum benediceret et spiritoaÜum carminum melodiam Sanctorum
laudi congmam (al. propriam) concineret, populus vero Kyrie eleison ingemi-
naret, cum ineffablli iubilo erectis ad Deum mentibus singolonun, nihil eins
laude dnlcius videbatur (al. foit). Cf. Surii Acta Set. T. IV. p. 351.
27) Historia Translationis S. .Viti apud Porta 11. p. 584. Inter ipsam
denique multitudinem tarn devote concurrentium, nullum verbum tnrpo auditnr.
17
Auch als Schlachtruf war das Kyrie eleison schon sehr früh
üblich.
König Ludwig m. sang während der Schlacht bei Saucourt
im J. 881, worin er die Nonnannen besiegte, ein heiliges Lied
und seine Krieger zusammen sangen Kyrie eleison:
Ther cuninc reit cuono, sanc liot irdno,
loh all6 saman sungun kyrie eleison **).
In der Schlacht gegen die Ungarn im J. 934 stimmte Hein-
richs Heer das heilige und wunderbare Wort xvQis an, während
sich im Heere der Feinde nur das hässUche und teuflische hui!
hui! häufig vernehmen ließ *»).
Thietmar erzählt von seinem Vorgänger Boso, der als Bischof
von Merseburg im J. 970 starb, dass derselbe sehr thätig ge-
wesen sei in Bekehrung der heidnischen Bewohner seines Bis-
thums; so habe er ihnen auch den Nutzen des Kyrie eleison
erklärt und sie gebeten, sie möchten es doch singen; die ver-
stockten Slaven aber hätten Ukrivolsa spöttisch daraus gemacht,
was '^hietmar durch y^eine Erle steht im Busche" übersetzt '<>).
Der heilige Ulrich, in den Jahren 923 — 973 Bischof von
Augsburg, schickte den Mönchen von St. Gallen ein Fuder Bo-
zener Wein. Der schwere Wagen, von Ochsen gezogen, kam
mülns iocuB ant seimilitM inyemtor: sed dia noctaque Deo laudes et grates
rependuntnr, semper in ore ipBomm Kyrie eleison conclamstnr : choros seorsim
Yin, seonim feminae ducentes, per totam noctem in circiüta ecclesiae sine
inteimjssione rigilias agentes, semper Kyrie eleison freqnentant.
§. 2. 28) 46. und 47. im Rithmus tentonicns de piae memoriae Hluduico
rege filio Hlndtdci aeqae regis, den ich im J. 1887 in einer Hs. der Biblio-
thek SU Yalendennes wiederfand. S. Elnonensia. Monuments de la langne
Komane et de la langne Tudesque du IXß siSde, d^covyerts par'Hofimann
de Fallersleben et pnbli^s par J. F. Willems. 2. itd. Gand 1846.
29) liidtprandi de rebus imperat. et regnm IIb. II. o. 9. (opp* Antv.
1640. p. 35): Hand mora, bellnm incipitor, atqne ex Cbristianoram parte
sancta mirabilisque vox icvQis, ex eomm tnrpis et diaboliea hol hui frequenter
anditor. Vgl. Chronicon Engelhns. in Leibnitii Scriptt Rer. Brunsvic. T. II.
p. 1078.
30) Thietmari Chronicon, Pertip Mon. Y. Script IIL p. 765. ed. Wagner
p. 40 : Hie nt sibi commissos eo facilios instmeret, sclayonica scripserat verba,
et eos Kyrie eleison caatare rogayit, exponens eis eins ntUitatem. Qni vecor-
dem hoc in malun irrisorie mntabant Vkrivolsa (al. kriolosso), quod nostra
lingna dlcitor: Aeleri stat in frntectom (fratectis), dicentes: Sie locntns est
Boso, cum ille aliter dixerit. — Polnisch olaoy böhmisch volsa, die Erle.
2
18 _
aus dem Gleise und stürzte dicht vor St. Gallen die Brücke
hinab. Landleute halfen dein Wagen wieder auf und sangen
dabei Kyrie eleison »>).
Boleslaus 11.^ Herzog von Böhmen, wünschte im J. 973 mit
den Großen des Landes den Mönch Dethmar, einen Sachsen von
Geburt, zum Prager Bischof. Er sendete ihn zum Kaiser Otto
und bat diesen schriftlich, Dethmam das Bisthum zu verleihen.
Des Herzogs Bitte ging in Erfüllung, Dethmar kehrte als Bischof
heim. Als nun seine feierliche Einsetzung erfolgte, sang die
Geistlichkeit Te Deum laudamus, der Herzog aber mit den
Großen des Landes:
Christe kinMo!
Kyrie eleison,
unde die heiligen all§ helfant uns!
Kyrie eleison,
die Einfältigeren aber und Unwissenden riefen Kyrie eleison '>).
Auch bei einer ähnlichen Veranlassung, wie die obige zu
Paderborn war, als nämlich der Trierer Bischof Egbert im J. 979
die Reliquien des heiligen Celsus nach Trier brachte, sang das
Volk nur die Worte Kyrie eleison und Gloria tibi Domine «*).
§. 2. 81) Ekkehardi IV. Casus S. Galli cap. 3. apud Pertz 11. p. 108. Kyrie
eleison vero cantantes pancaqae iumentis {hier fehU vielleicht imponentes),
quia percalsa erant, ad imnenta nectentes (leg, iomenta adnectentes), episcopo
(leg. abbat!) bosanarinm snum exspectanti defenmt, et integra omnia et sana
ostendont. — Eine sehr verdorbene Stelle I
32) So en&hlt Cosmas Pragensis (geb. um 1045. f 1125), Perta Mon.
XI. Script. IX. p. 50. beim J. 967. Diesen Irrthüm und sonstige in der £r-
aählung des Cosmas sind in den Anmerkmigen bei Pertz nachgewiesen und be-
richtigt. Die hieher gehörige SteUe, wozu sich übrigens viele Varianten vor-
finden, lantet: Tuno praesul mitra redimitos novus novam redit laetns totius
Boemiae in parrochiam, atqne ut ventom est metropolim Pragam, ioxta altare
sancti Viti intronizatnr ab omnibos, dero modnlante: Te Deum laudamus.
Dux autem et primates resonabant: Christe keinado, kirie eleison, und di
hallicgen alle h^nent unse, kyrie eleison et caetera; simpliciores autem et
idiotae clamabant Kyrieleyson : et sie secundum morem suum totam illam diem
hylarem sumnnt.
33) Snrii Acta Sanct. T. VII. p. 89: Toto interim coUegio altissimis
vocibus Deum collaudante cet audiebantur autem etiam commixtim vulgi voces
hoc solum crebro iterantis: Kyrie eleison, et Gloria tibi Domine. Ubi autem
ad monasterium iUud ventum est, ipse reverendissimus praesul Egbertus alta
voce inchoavit canticum Te Deum laudamus caeteris ad finem usque cum iUo
19
Auch bei einer WundergeBchichte am Grabe des heiligen
Ukichy Ende des X. Jahrb., sang das Volk sein Kyrie eleison,
während die Geistlichkeit ihrTe Deum laudamus anstinunte'«).
Thietmar erzählt in der Geschichte der Begebenheiten unter
Otto m. : als der Kaiser im J. 992 das von den Slaven belagerte
Brandenburg entsetzte, sangen die Krieger fröhlich über ihre
Rettung Kyrie eleison, was von den herbeieilenden einstimmig
erwiedert ward»*).
Kyrie eleison war auch das Feldgeschrei, als ein Theil des
Heeres, womit Kaiser Heinrich ü. im J. 1003 Crusni (Kjreußen
in Franken?) belagerte, die Anhänger seiaes Feindes, des Gra-
fen Heinrich überfiel**).
Als zu Anfange des XI. Jahrhunderts, wahrscheinlich im
J. 1007 eine große Dürre, Hungersnoth und Pest auch das Bis-
thum Köln heimsuchte, ließ der damalige Erzbischof, der heilige
Heribert, feierliche Bittgänge anstellen, bei denen Volk und
Geistlichkeit einstimmig sangen: Kyrie eleison'*).
id proseqaentibiu. Cf. Gretser de process. p. 84. 85. — Acta Sanct. Febr.
T. m. p. 899. HistoriA inventiomB 8. Cebi Episc. Trev. anctore Theodoro
monacho: Inier laeta rero monachomm carmina atqne resnltaniia clericomm
inbila permtrti nndique wlgi voz pentrepoit canora et in tanto fidelinm coetu
niliil aliud andiebator nin tantum Kyrie eleison et Gloria tibi Domine.
§.2. 34) GerharduB preabjter in der Vita S. Uodalrici episcopi, verfasst
983—993. Pertz Mon. VI. p. 424. Von dem Heiligen selbst erzählt Gerhard
anter anderm (p. 892): caeteromqne popolnm Pater noster cum magna
hnmilitate decantare rogavit. — Ich führe diese Stelle nur beiläufig an, denn
es könnte leicht jemand versucht werden, darin auf ein deutsches Lied zu
schlieBen. An ein Lied ist wol schwerlich zu denken, wahrscheinlich nicht
einmal an ein deutsches Vaterunser.
86) Thietmari Chronicon, Pertz Mon. V. p. 774. ed. Wagner p. 78:
Nostri autem in ereptione interius gaudentes Kyrieleison canunt et adyenientes
unanimiter respondent Vgl. Annalista Saxo in Eecardi Corpus bist, medii
aevi T. I. col. 354. bei dem J. 992.
36) Thietmari Chron., Pertz Mon. V. p. 800. ed. Wagner p. 128: Hi
antem (milites regia) medii fervore diel illo latentibus tendentes insidiis, ut
primum castra visis agnoyere tentoriis, alta voce per Kyrieleison socios con-
vocantes, hostes, relictis ibidem omnibns suis, capto solnm Emasto, effugamnt.
37) Heribert ward 999 Erzbischof ron Köln und starb 16. März 1021.
Obiges erzählt Bnpertos Tnitiensis, Acto Sanct. Mart. T. II. p. 480 : Erat autem
pnblicus cleri et popuH, monachomm quoqne atqne sanctimonialium processus,
et ex omni genere (Boll. ordine) ntripsqne sezus, lingua quidem diversa, sed
2*
20
Aus der Diöcese Köln noch ein anderes Zeugniss, das in
den Ausgang des XI. Jahrhunderts fällt: eine Wundergeschiehte,
die bald nach dem Tode des Erzbischofs Anno (f 1075) vorfiel
und unter den vielen Wundem, die zu Siegburg an seinem Grabe
und in der dortigen Gregend geschahen, mit verzeichnet ist »•).
Velbert, ein frecher Mensch, hatte die Heiligen geschmäht und
glaubte nicht an ihre Wunderthaten und so auch nicht an die
des heil. Anno. Wenn jener jemals einen Blinden geheilt hat,
sagte er unter anderm, so mögen mir beide Augen ganz und
gar ausfallen! Sofort floss sein linkes Auge aus. Alle ermahn-
ten ihn, er möchte den Heiligen anrufen. Da meinte er, es sei
ein Irrthum, ihn einen Heiligen zu nennen; wenn der Heilige
ihm auch das andere Auge raube, so wurde er an ihn glauben.
Sofort floss ihm auch das andere Auge aus, sein Pferd wurde
flüchtig, warf ihn ab und schleifte ihn eine Strecke auf der Erde.
Von Angst und Staunen ergriffen flehten alle den heil. Anno an,
fielen nieder und riefen: Kyrie eleeson. Endlich bekehrte sich
Velbert und flehte zum heil. Anno. Der Richter Arnold und
sein Gefolge vereinten ihre Bitten mit den seinigen, hoben die
Hände gen Himmel empor und riefen Kyrie eleeson. Der Heilige
ließ sich erweichen und Velbert erhielt beide Augen wieder.
In einer Lebensbeschreibung der heil. Verena aus dem X.
oder XI. Jahrhundert wird erzählt: Als zu einer Zeit ein Theil
der Kirche dieser Heiligen zu Zurzach einfiel, befahl der Propst
sie wieder herzustellen; da wollten die Bürger die ins Wasser
gestürzte Steinmasse hervorschaffen, um sie von neuem zu be-
nutzen; und obschon sie es nicht vermochten, so versuchten sie
es doch und unter dem Gesänge von Kyrie eleison, nach Art
frommer Krieger, wenn sie ins Treffen eilen, sprangen sie in
den Ehein«»).
Qua intentione et eodem seium concrepando Kyrie eleiAon altitado coeli pcd-
sabator.
§. 2. 88} Snrios de probatis Sanctomm bistorüa T. VI. (Colon. 1676) p. 762.
Tom omnes parore et stapore correpti appellabant sanctam Annonem, seae in
terram prostementes, identidem damabant Kyrie eleeson. — Haee cum ille
dioeret et omnea miaeratione affieerentiir, Araoldus index bortabatnr eos, ut
eommmiibiis votia et precibos homini miaero divinam misericordiam concilia-
rent aablatiaqae manibiui Kyrie eleeaon ana Toce damitarent.
39) Acta Sanct. Sept. T. I. p. 170: Statim ae congreg^nrunt ciyea, ubi
sciebant eaae camnlnm lapidum aubmenornm in locam, qiü dicitnr Conflnen-
21
Im Jahre 1105 gelobte Kaiser Heinrich V. zu Nordhausen
Tor der versammelten Geistlichkeit^ die Reichssatzimgen treu zu
halten und gehorsam dem Papste zu sein. Beifällig vernahm es
das Volk und unter Thränen und Gebeten rief es mit lauter
Stimme Kyrie eleison^).
Auch bei der Einsetzung eines Abtes oder einer Äbtissin
war es noch im XIL Jahrhundert herkömmlich, dass das Volk
sein Kyrie eleison rief; wie eine Stelle aus einer Handschrift
liturgischen Inhalts darthut«').
Ein solcher religiöser Volksgesang, der, wie eben gezeigt
ist) nur aus dem bloßen oft wiederholten Rufe zweier Wörter
bestand, artete gewiss bald aus in einen unverständlichen Jubel.
Dies beweisen denn auch die früh bereits vorkommenden For-
men Kyrieles und Kyrieleis, so wie spätere noch verderbtere in
andern Ländern, z. B. das böhmische Elrles und das französische
Kyrielle ♦»).
Wie aber schon Notker Balbulus die sogenannten Neumen
oder Jubili, diese textlosen Jubeltöne, welche auf das AUeluju
in der Messe folgten, mit beziehimgsreichen Texten versah, so
da, abi Araiis fluviiui Rheno consociatiu deourril; et bonum consiliam inierimt,
aty quamyls ereUere non poasent, ' tarnen incipere staderent: Kyrie eleiaon,
cantanteB more fidelium militam, properantium ad bellum, saliendo ingressi
aaiit RheniuD.
§. 2. 40) Ad quod oumis multitudo landans, laciymas simul et preces, tarn
pro patrifl (Henrici IV.) converaione quam et filii prosperitate, fandens, coepit
exclamare voce magna Kjrio eleison. Ein gleichseitiger Schriftsteller bei
Harzheim, Concilia Germ. in. p. 249.
41) M. Gerbert de cantu et mnsica sacra T. I. p. 650 : Peracta bene-
dictione seqnitur Te Deum laadamns, popnlo acclamante Kyrie eleison. In
Bezog anf die Äbtissin : Quodsi ordinatio in domo sna facta fuerit, imponatur
Te Deum landamns, popnlo acclamante Kyrie eleison cet. Item si alibi con-
secrata fherit, regressae ad monasterinm omnis ohoras Tirginnm honorifice
procedat ei obviam cum crudbus et aqua benedicta, incenso, et evangelio, et
in ipso ecclesiae introitu imponant Te Deum laudamus, torba acclamante
Kyrie eleison.
42) Krle* s. B. in dem Laede Hospodyno pomiluy ny; KriUuu bei
Coaroas 10d7. Porta Mon. XI. p. 66. Auch Quirielle, JQsieUe, Belege dafür
aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts in Du Gange Glossarium ed.
Henschel III, 969. Die ältere Form Kfriole in dos FlamlünderB Nivardua
Beinardns, 2. Hlllfte des 12. Jahrh. bei Mone I, 746. „Salve festa dies'' can-
tabat ut usque solebat in primis feriis et %n yulgus ole.
22
dachte man zu gleicher Zeit, nach der Mitte des IX. Jahrhun-
dertfi nämlich daran, die zu einem bloßen festlichen Schrei und
Jubel gewordenen Töne des Kyrie eleison ebenfalls mit neuen
geistlichen deutschen Worten zu bekleiden und sie so bedeu-
tungsvoll und gleichsam lebendig zu machen. Noch Jahrhun-
derte hindurch scheint der Schlussvers (Refrain) der meisten
geistlichen Lieder , das Kyrie und Christe eleison fbr diesen
Ursprung des. deutschen Kirchenliedes zu bürgen imd bestätigt
die nach unserer Ansicht fiir richtig erachtete £ntwickelung
desselben.
Am deutlichsten lehrt dies folgender althochdeutscher Ge-
sang auf den Apostel Petrus «'):
f Nr. 1.
Unsar trohtin hUt farsalt
sancte PStre giwalt,
da; er mac g^erian
ze imo dingSnten man.
Kyrie eleison , christe eleison!
Er hapöt euch mit wortun
himilrtches portün,
dar in mac er skerian
den er wili nerian.
Kyrie eleison, christe eleison!
Pittdm^s den gotes trüt
all& samant upar lüt,
da; er uns firtlbi^n
jgiwerdö ginMSn.
Kyrie eleifon, chrifte eleifon!
Leider hat sich kein zweites Lied der Art erhalten; seine
einfache singbare Strophenform aber, die Jahrhunderte lang volks-
thümlich blieb, berechtigt zu der Annahme, dass es dergleichen
§. 2, 48) Docen entdeckte Um in einer Freisingrer HS. des IX. Jahrh. und
machte ihn bekannt in seinen Miecell. I. Bd. 8. 4. Hienach ward er aber-
mals g^drackt in Hoffmann, Fnndgroben I. Th. 8. 1. Bocen bemerkte bereits
in seinen ZnsKtzen zu den Miseell. 1809, 8. 21, dass die Stelle: „da:; er uns
firtanen giwerdo ginaden«' bei OtMd Toikommt I, 7, 55. 56. Ich möchte
deshalb jedoch noch nicht mit dem Bec. meiner Fondgr. (Hall. Litter. Zeitongr
1882, I. Bd. Sp. 154) Otfrid für den Verfasser des Liedes halten.
23
Lieder schon damalB noch manche gegeben hat. DasB wenig-
stens zum Singen für das Volk gedichtet wurde, beweist ein
Zeugniss.
Der St. Galler Mönch Ratpert **) verfasste ein deutsches
Lied zum Lobe Gottes und zwar für das Volk. Leider findet
es sich nur noch in einer lateinischen Übersetzung EkkehardsIV.
(f um 1036). Es gehört schon mehr der erzählenden Dichtung
an. Obschon es ebenfalls auch aus Langzeilen besteht, die ganz
nach ahd. Art gebaut sind (jede reimt in sich uiid jede Halb-
zeile hat vier Hebungen), so sind doch solcher Langzeilen immer
fünf zu einer Strophe verbunden und die Kehrzeile : Kyrie eleV
8on fehlt *»).
Dass man aber nicht allein in St Gallen, sondern auch in
den benachbarten Klöstern der Schweiz und des südlichen Deutsch-
lands ähnliche Versuche in der Volkssprache machte, lässt sich
bei den wirklich vaterländischen Bestrebungen der deutschen
Benedictiner voraussetzen. Sie waren ja lange Zeit die ersten
und einzigen Mönche, die sich der Kultur des Bodens wie der
Menschen mit reinem, wahrhaft christlichem Eifer annahmen;
sie waren die ersten, die auf den Kirchenversammlungen der
deutschen Sprache das Wort redeten, die in der friedlichen, jeder
edlen und würdigen Beschäftigung günstigen Einsamkeit, zuerst
deutsch dichteten und ins Deutsche übersetzten, wie Otfirid**),
Kero, Notker u. a.
§. 2. 44) Batpert starb um 900. Mehr über ihn Ildefons von Arz, Geschich-
ten von 8t. Gallen I, 96—97. und Pertz I. p. 4. 69. 60.
46) Eckehard'8 Übenetxang, 17 Strophen, steht gedruckt in Heinrich
Hattemer, Denkmahle des Mittelalters. St. Gallens alttentsche Sprachschätze
I. Bd. (St. Gallen 1844.) S. 840 — 844 nach den Hss. 393, 174 und 168.
Ekkehard selbst leitet das Gedicht mit folgenden Worten ein: Batpertns mo-
nachns, Notkeri (BalbnU) qnem in Seqnentiis miramnr condiscipnlus, fecit Car-
men barbaricnm populo in lande Sancti Galli canendum, qnod nos mnlto im-
pares homini, ut tarn dulcis melodia latine luderet, quam proxime potuimus,
in latinnm transtnlimus. — Vorher ^chon hatte es Jacob Grimm in den von
ihm und Schmeller herausgegebenen i, Lateinischen Gedichten des X. und
XI. Jahrh.<< (Göttingen 1838) S. XXXI ff. drucken lassen und mit lehrreichen
Bemerkungen über ahd. Yerskunst begleitet.
46) Otfiid (um 865) hat gewiss sein ETangelienbuch (evangeliono deil)
sum Singen, wenn auch außerhalb der Kirche, bestimmt, dafür spricht sunftchst
die lateinische Vorrede an den Ensbischof Lintbert von Mainz: Dum reram
24
Reginbert (er starb 846) fand im Jahre 821 als Bibliothecar
der Abtei Beichenau unter den Bücliem, die er damals verzeich-
nete, einen ganzen Band deutscher Gedichte vor, worunter doch
qnondam soniia innttlinm pulsaret aores qaonmdam probätLsBimomm viromm
eonimqae sanctitatem laicornm cantus inquietaret obtcoenna, a qnibna-
dam memoriae dl^is fratrlbus rogatoa mazimeque ciÜTisdam renerandae matronae
verbia nimium flagitanti« nomine ludith, partem eTangeliomin eia theotiace
conscriberem, ut aliquantalum hnios cantus lectionis Indum Bocalarinm
vocum deleret et in evangeliorom propria lingoa occnpatt dolcedine sonnm
inutilium rerum noverint declinare. Dann I, 1, 123 — 126.
9 Nn freuuen üh es Alle,
so uuer so un61a unulle
loh so nn^r si hold in müate
fränkono thiote,
Tba:^ uuir Krfste sungnn
in ünsera snngnn,
ioh uuir ouh tha:; gil^beton,
in fr^nkiagon nan löboton.
Ja, in einer Stelle scheint ihm der Kirchengesang* vorgeschwebt zu haben,
I, 6, 16—18:
Nn singemes ille
männolih bi bAme:
nnola kind diori,
förasago mdbi.
Uuola kind diuri,
förasago miri.
ia kt&ndt er nns thia h^ili,
er er gib6ran nnari.
Aber schwerlich ist je etwas ron seiner Dichtung in den Yolksgesang oder
gar in den Kirchengesang der Li^en übergegangen, auch IXast sich durchaus
nicht nachweisen, dass die Absicht Otfrids auf diese VT'eise den weltlichen
Gesang, den cantus obscoenns laicorum, diesen sonus inutilium
rerum zu yerdrSngen, irgendwie erreicht ist
Trotzdem hat Philipp Wackemagel in seinem Kirche nliede unter
Nr. 78—83. 141 vierzeilige Strophen, also 564 Yerszeilen aua OtMd mitge-
theilt; er konnte mit demselben Rechte den ganzen Otfrid abdrucken las-
sen, zumal er nach Von*. XXVHI die eiszelnen Gedichte Otfrids für Lieder
hält, „die in den Klöstern seines Ordens wirklich gesungen worden sind,** als
ob jemals so etwas die strenge Ordensregel geduldet hStte 1 Bischof Anaelm
▼on Havelberg (f 1168) wollte nicht einmal, dass die Mönche deutseh spra-
chen (de ordine eanonicomm regfularium: In quo opere hoc ad honestatem
simul et exercitii rationem spectare credimus, ut non vulgari lingua, sed
latina sermoiies necessitatis ofr utilitatis conserant). — Über Otfrid in poeti-
25
wol auch geistliche Lieder waren ^*). Zu seiner Zeit, noch vor
dem J. 842 ward die dortige Büchersammlung mit einem Bande
vennehrt, der zwölf deutsche Gedichte enthielt; in einem andern
Bande waren ebenfalls verschiedene, wie er hinzufügt, um die
deutsche Sprache zu lehren ^s).
Viele Lieder lebten auch im Munde des Volks, sie wurden
jedoch nicht aufgezeichnet und waren mif der Zeit vergessen
worden. So sang das Volk von den Wunderthaten des heiligen
Ulrich; das wusste Ekkehard der IV. noch im XI. Jahrhundert,
aber er beklagt sich: es nimmt besonders wunder, dass seine
Zeitgenossen mehrere Volkslieder über ihn verschwiegen haben,
während sie doch Geringfügiges hoch anschlagen **).
Doch mag auch Manches aufgezeichnet sein, was aber jetzt
fldier und eprsclilicher Besiehung s. Wilhelm Wackeniagel Litteratorgesch.
§. 31. 32, In theologischer G. Y. Lechler in den Theologischen Stadien und
Kritiken 1849. 1. Heft S. 64—90. 2. Heft S. 308—332. Über sein Leben
Lachmann an der Ench-Gmberschen Encycl. HI. Sect. YH, 278-- 282; über
sein Werk meine Fnndgr. I, 38—47.
§. 2. 47) Breyis librorom, qui sunt in Coenobio Sindleozes-Amia, facta anno
Vin. Hladoyici Imperatoris, in Trad. Kengart, Episcopatns Conatantiensis T. I,
p. 536 sqq. — p. 639: De carminibns Theodiscae vol. I.
48) Indpit breyis Ubrorum qnos ego Reginbertos indignns monachns
cet scripsi ant scribere feci, Tel donatione amicomm snscepi, bei Keugart
&• a. O. p. 547 sqq. — p. 550 : In XX. primo libello continentnr XTT. car-
mina Theodiscae lingoae formata. In XX. secnndo libeUo habentor cet. et
cannina diTexsa ad doeendnm Theodiscam lingnam. — Was das ftir oannma I
theodisea warän, lässt sieh schwer bestimmen. Ans dem Eifer der Mönche, i
alles was nnr an das Heidenthnm erinnerte zn vertilgen, möchte ich eher anf
christliche Gedichte schlie3en, als mit Jac. Grimm (Lat. Gedichte des X. nnd
XL Jahrh. Vorrede 8. YII) heidnische annehmen.
49) Casus 8. Galli ap. Pertz II, 108. Neqne enim miramnr, eos com
qnibns in seenlo versatos est, ea qnae com spiritalibus gessit, qnia minns
•dverant, non scripsisse. Sed plnra eos, qnae de eo concinnantnr
▼nlgo et cannntnr, tacnisse, cum infima qoaedam eins magna fecerinti
etiam miramnr. — Die Yita 8. Udalrici von Bemo, Abt von Beichenau nm
1080, wei6 nichts von diesen Yolksliedem, nnd die Bearbeitung derselben in
deutschen Reimen von Albertos kann nicht gemeint sein, da sie ent gegen
Ende des 12. Jahrhunderts verfosst wurde. Den Albertus mit d^ lat. Yita
dem Texte hat Joh. Andreas Schmeller herausgegeben u. d. T. : !
8t. Ulrichs Leben, lateinisch beschrieben durch Bemo v. Beichenau, !
und um das Jahr 1200 in deutsche Reime gebracht von Albertos, j
München 1844.
26
unwiederbringlich verloren ist, denn leider haben späterhin Ver-
wüstungen von Feindes Hand und andere Unglücksfälle uns viele
Schätze der Art zerstört. Die übrig gebliebenen Interlinear-
Versionen lateinischer Hymnen können uns daför nicht schadlos
halten w).
Das ist aber auch nun alles , was sich för das Vorhanden-
sein deutscher KircKenlieder im IX. und X. Jahrhundert bei-
bringen lässt. Das folgende Jahrhundert ist gewiss ergiebiger
gewesen, wir können jedoch nur deutsche Predigten*') und
Übersetzungen aus dem Lateinischen '*) aufweisen.
Dass das Volk jedoch bei feierlichen Anlässen sang und zwar
deutsch, dafEbr findet sich noch ein Zeugniss in Wippo's Leben
Konrads des Saliers »<). Nach vollendeter Wahl (im J. 1024),
heißt es dort, beeilten sich alle dem Könige nach Mainz zu seiner
feierlichsten Salbung zu folgen. Fröhlich zogen sie einher, die
§. 2. 60) Eine prosaische Interlinear-Yersion (zwischenzeilige Woiterverdeat-
schnng^) von 26 lateiniscben Hymnen des Ambrosins und seiner Nachfolger.
Ans der Jnnins*schen Handschrift zn Oxford zum ersten Male vollstllndig her-
ansg^egeben von Jacob Grimm: Ad anspicia profossionis philosophiae ordlna-
riae in aeademia Georgia Aagosta rite capienda invitat Jacobus Grimm. Inest
hymnomm yeteris ecclesiae XXVI interpretatio Theotisca nunc primnm edita.
Gottingae 1880. 4? — Der Übersetzer, wahrscheinlich ein Landsmann des
Kero, folgt ebenfalls wie dieser in seiner Interlinear-Yersion der Regel des
heil. Benedictos (8. Jahrb.) Wort für Wort dem lat. Original und ist fast
eben so sklavisch. Es mnss völlig unbegreiflich erscheinen, dass solch eine
Übersetzung, die in ihrer Prosa nicht einmal immer richtig ausfiel, für einen
Beleg des deutschen Kirchenliedes angesehen werden konnte ! Ph. Wacker-
nagel hat daraus in sein Deutsches Kirchenlied unter „die deutschen Lieder
und Leiche*' zwölf Stücke aufgenommen, die er übrigens noch dazu ffilsch-
lich in die zweite ffilfte des 8. Jahrhunderts setzt, der Übersetzer oder eigent-
lich Glossator gehört der ersten H&lfte des 9. an. Kein Wunder, dass alle
Pfkrrer, Organisten und Schulmeister, die einen absonderlichen Beruf in sich
verspürten, auch über das deutsche Kirchenlied zu schreiben, im kindlichen
Vertrauen auf ihren Meister Phüipp W. seitdem ebenfalls die Litteratnr mit
deutschen Kirchenliedern des 8. Jahrhunderts bereichert haben!
61) Meine Fundgruben I, 69 — 66.
62) Von Notker Labeo (f 1022) und Williram (t 1086). Vgl. K. v.
Raumer, Einwirkung des Christenthums S. 88-^41, 68 — 71.
63) Wippo de vita Ohunradi Salici in Pistorii Remm germ. scriptt.
ed. Stmvii p. 466. Peraeta electione Regem sequi Maguntiam, ut ibi sacra-
tissimam unctionem acciperet, cum elaritate mazima omnes properabant. Ibant
gaudentcs, clerici psallebant, laici canebant, utrique suo modo. — Psallere
27
QeiBtlichen sangen lateinisch, die Laien devteeh, jeder auf seine
Weise. — Von dem einzigen ^Bvtschen geistlichen Liede, was aus
dem XI. Jahrhundert hieher gehören würde, weil es wahrschein-
lich ein Volkslied der Pilger nach Jerusalem war, wissen wir
nur die Veranlassung und den Inhalt.
Im Jahre 1065, zur Zeit als Engilbert Bischof von Passau
war und viele wegen des vermeintlich damals bevorstehenden
Weltendes nach Jerusalem zum heiligen Grabe pilgerten, fanden
unter ihnen sich viel der Edlen, welche Weib und Kind und
alle Güter der Welt verließen und Christo nachfolgten. So auch
der Bischof Günther von Bamberg, und mit ihm zogen viele
Geistliche und Laien; unter denen war denn auch der Scholasti-
cns Ezzo, ein Mann mit aller Weisheit und Beredtsamkeit be-
gabt, der auf der Pilgerfahrt . ein vortreffliches Lied dichtete von
den Wundem Christi in vaterländischer Sprache *••).
und canere, beide AnBdrUcke sind hier sehr bexeiclmend : psallere ist der
Oesang der GeiBtUchen, das Singen lateinischer Psalme nnd Hymnen, da-
gegen canere der Gesang des Volkes, das Singen deutscher Leisen.
§. 2. 54) Yita beati Altmanni, Episcopi PatavieDsis, f c. 1091, geschrieben
1125—1141, in Pezii Scriptt. Ber. Anstr. T. I. p. 117: Inter qnos praecipni
dno Canonici extitenmt, videUcet Euo Scholasticas, vir omni sapientia et
Bcientia praeditns, qni in eodem itinere eantilenam de miracnlis Christi patria
lingna nobSUter composnit. Ygl. Docen in y. Hormayr*s Archiv Xm. Jahrg.
(1823) 8. 262. — Dieses Liedes gedenkt auch der Dichter der vier Evange-
lien in der Yoraner Handschrift (Diemer, Deutsche Gedichte des XI. und
XU. Jahrh. 8. 819—830). Der Bischof Günther von Bamberg, hei^t es dort,
hied seine Pfaffen ein gutes Lied machen, Es so machte das Lied und Wille
erfand die Weise, die Melodie dasu« Die Erwähnung des Bischofs Günther
und Ebzos hat Hm. Diemer verführt, Eszos Lied in den vier Evangelien
wieder an finden (Diemer, Kleine Beitri^pe L Th. 8. 10), nnur dass es von
Hartmann etwas erneuert wurde,^ und die Anfaogsworte der vier Evangelien
auf ein früheres Gedicht Euos (vom J. 1063) au beziehen, und swar die
Schdpfung (Diemer, Gedichte 8. 98 — 103). Herr Diemer hat sich um hun-
dert Jahre geirrt: die Gedichte der Yorauer Handschrift gehören bis auf
wonige dem Xu. Jahrb. an, einige mögen sehr nahe der Zeit stehen als Yorau
gestiftet (1163) und unter Leitung seines Abts Leopold (f 1185) „waser Schatz
altdeutscher Dichtungen zusammengetragen*' wurde (Diemer, Ged. Yorrede
8. XI). Dass Eszo nicht der Yerfasser der Evangelien sein kann, beweist
zur Genüge der Anfang derselben:
Der gute biscoph Guntdre vone Babenberch,
der hiei; machen ein vü g8t werch:
28
Es ließe sich am Ende noch ein Zeugniss Air ein ahd. Lied
hier anreihen^ wenn es nämlich ersichtlich wäre, ob die mitge-
theilten Worte für den Anfang eines Liedes angesehen werden
müssten. Benzo, Bischof von Albi, beschreibt ausführlich, wie
er hiei^ di stne phaphen
ein g&k liet machen,
eines liedes si befanden,
want si di buch chonden.
Ezzo begnnde scriben,
Willo vant die wise.
d& er die wise dd gewan,
da ilten si sich alle mtmechen.
von dwen cfi den dwen
go% gnkäe ir aller s^e!
Ich wü in eben allen
eine vil w&re rede vor tän
von dem minem sinne
von dem rehten anegenge,
von den genftden alsd manechvalt,
di ans t!^ den bfichen sint geaalt:
üi^er genesi mit ü;; libro regum
der werlt al ae genAden.
die rede di ich nü sol t&n
dai; sint die vier ewangelia.
Von den Wandern Christi kommen nar awei Strophen vor, S. 824 and 325.
8ä dfi nfth der toafe
diu gotheit sih ougta.
dai; was da:; driste zeichen (sin):
von dem wa^er machdt er den wtn.
drin t6ten gab er den lib.
von dem bifite nert er ein wlb.
di chrnmben ont di halsen
di machet er alle ganse.
den blinten er da:; lieht gab.
neheiner miete er ne phlach:
er Idste mangen behauen man,
den tiefel hie:; er dane varen.
Mit finf pr6ten satte er
vinf tüsent ante m^re,
da; si alle habeten gnfic,
pwelf chorbo man danno trfic.
mit ^^Qn wut er aber flftt.
zu den winten chod er rfiwet!
29
Papst Clemens m. am Osterfeste 1084 zu Rom den deutschen
Kaiser Heinrich IV. und seine Gemahlin feierlich krönt: da
heben die Geistlichen an: lam hone pastor, und die Deutschen:
kyrieleison, helfe sancte Petre! Die einzelnen Völker
nämlich brechen nach ihres Landes Brauch in ihre Rufe aus *').
Der hier erwähnte Ruf könnte aber doch ein Lied gewesen
sein und zwar dasselbe, welches in einer Fabel des Xm. Jahrhun-
derts der Wolf singt:
der wolf sä von dam[ien spranc,
sin chirleis er vil lüte sanc:
helfe um sani Fiter heiügof
darnach wart er schiere unfrö *•).
Schließlich noch ein Weihnachtslied, das die Schöffen im
Münster zu Aachen anstimmten.
f Nr. 2.
1. Nu sts uns willekomen hdrro Crist^
du unser aller h§rro bisti
nu sis uns willekomen lieber herro,
der du in den kirchen st&st scdnol
Kyrieleison.
di gebunden znngen
di löst er dem Btonunen.
er ein wArer gotea pnumo,
dei hel^i^eu vieber lascht er dd.
diu touben 6ren er intsld)^:
saht von imo fld;;.
den siechen hie;^ er üf stftn«
mit sinem bette dane gftn.
§. 2. 55) Benzonis Panegyricns in Henriciun lY. in Moncken's Script rerum
Germ. I, 966. Imperatore gressnm movente tollitar clamor omnium ad sidera,
clerici incipinnt: lam bone pastor, helf o aanete Petrt^ hehyson! singulae
qoidem nationes secundum ritom patriae prorumpunt in suas vociferationes.
Tot igitor irnmmerabilinm vocum clamoribus ezterrita tellus tremit cet. Die
Hs., die Ludwig in seinen Reliqniae manuscr. T. IX abdrucken lie|3) hat hier
folgende Lesart, p. 231 xij^te Bh\aov Belfo, Sanete pater üdr\(Sov. Über Benzo
vgl. Stenzel, Frank. Kaiser 2, 80—90.
56) Grimmas Reinhart S. 304 (357 — 360). Schon in den Göttinger
gel. Anzeigen 1832, S. 1380 bemerkte Jac. Grimm: „Aus der im Reim be-
glaubigten alten Nominativform heiligo ISsst sich entnehmen, "wie die Formel
schon ein paar Jahrhunderte früher gelautet hat.*^ Das heiligo reicht wc*
nigstens ins 11. Jahrhundert zurück.
30
2« Nu ist got gebom unser aller tröst,
der die hellischen porten mit stm kriuze üfsld;.
diu muter ist geheimen Marj^
also in allen kristen bAchen st&t
Kyrieleison.
Seine wiederhergestellte Gestalt deutet auf den Schluss des
XL Jahrhunderts »*).
§. 3.
Zwölftes Jahrhundert.
Mit dem Xu. Jahrhundert beginnt eine neue Zeit für unsere
Poesie, besonders fUr die religiöse. Die christliche Lehre war
nicht mehr ein so alleiniges Eigenthum der Geistlichkeit und
des Mönchsstandes; sie hatte inniger alle Lebensverhältnisse
durchdrungen; sie erfüllte mit dem Geiste der Liebe und Demuth
Eltern und Kinder, Freie und Knechte, Ritter und Bauer, Reich
und Arm, jedes Alter, jeden Stand; sie entwöhnte den Menschen
von dem alleinigen Sichgenügen an den irdischen Gütern und
§. 2. 57) Leider kann ich über das Lied nichts K&heres mittheilen als was
Quix darüber sagt Dass es sich in einer alten handschriftlichen Aofoeichnnng
vorfand, scheint mir anfier Zweifel. Der fleißige Quix ist todt, ich hKtte mich
sonst brieflich an ihn gewendet; jetzt müssen wir uns mit seiner Mittheilung
so lange begnügen, bis Jemand die QueUe wieder auffindet. — Christian Quix,
Historische Beschreibung der Münsterkirche und der Heiligthums • Fahrt in
Aachen (Aachen 1S25. 8?) Seite 119: »In der Christnacht versammelten
sich die Herren Schöffen auf ihrer Gerichtsstnbe, giengen dann in die Mün-
sterkirche, wo sie die Chorstühle der rechten Seite einnahmen. Nach dem
Evangelium stimmte der Scheffen-Meister folgendes alte Lied an, welches vom
Chor fortgesungen wurde:
Nun siet uns willekomen, hero kerst,
Die ihr unser aller hero siet.
Nun siet uns willekomen Ueber hero
Die ihr in den kirchen schöne siet.
Kyrie - leyson.
Nun ist gott geboren unser aller trost,
Der die hölsche phorten mit seinen ereuti anfisthoes.
Die mutter hat geheischen maria
Wi in allen kersten bucheren geschriben steht.
Kyrie -leyson."
31
erschlosB ihm die himmlischen; sie machte den menschlichen
Willen frei, indem sie ihn dem Willen Gottes unterwarf; Gott
zu folgen y Gott ähnlich zu werden , dahin sollte jeder streben
und ringen, das sollte sein nächstes Bedürfioiss, sein wahres Leben
und letztes Ziel sein. Eben darum ward dann auch eine reli-
giöse Stimmung die vorherrschende Richtung in den deutschen
Gemüthem, und eben diese Stimmung fand in den großen welt-
geschichtliche^ Unternehmungen, den Kreuzzügen, zur Wieder-
erobemng des heiligen Grabes, das ganze Jahrhundert hindurch,
nach innen zu stUlbeseelende Nahrung und begeisterndes Feuer,
nach auBen hin aber erwarb sie sich durch Anerkennung und
Achtung liebende Theilnahme und verbreitete sich so über alle
Stände des deutschen Volkes *).
Aber auf gleiche Weise war auch das Wissen und Können
nicht mehr so alleiniges Gut der Klöster und geistlichen Amter.
Blieb auch die lateinische Sprache durch Herkommen und Ge-
wohnheit die Geschäfts- imd Umgangssprache des Clerus, die
Sprache aller Verträge, aller öffentlichen Verhandlungen, behaup-
tete sie auch noch immer ihre vornehme Stellung gegen die
Laienwelt, so konnte und sollte sie doch auch hier bei der Geist-
lichkeit nicht länger die einzige Empfängerin und Verkünderin
der erhabensten Gefühle sein, die eine Menschenbrust beseelen.
Religiöse Begeisterung und ein heiliger Trieb, erbauend zu wir-
ken, fühlten, dass sie beide nie ein äußeres Ziel erreichten,
weim sie das natürlichere Mittel ihrer Mittheilung, die Muttei*-
spräche nämlich, länger verschmähten. Die deutsche Sprache
aber schien ihre neue Bestimmung zu erkennen, sie opferte ihre
schöne äußere Gestalt, ihren Reichthum wohlklingender Formen,
gleichsam die Poesie des Worts auf, um von innen, um durch
§. 3. 1) Während sich schon viele Gegenden in Franloreich zum Kreozzuge
gerüstet hatten und mehrere Schaaren von Krenzfahrem durch die Nachbar-
länder zogen, blieb das innere und östliche Deutschland ziemlich unempfäng-
lich. Vgl. Annalista Saxo beim J. 1096. Deutschland ward später entflammt
als Frankreich, nahm aber ein reineres Interesse an diesem heiligen Kriege.
Schon im J. 1098 ward ein Heer deutscher Kreuzfahrer von 1500 Mann vor
Antiochien von der Seuche vertilgt, sie waren aus der Gegend von Regens-
bnig und den Bheinlanden; s. Wilken, Gesch. der Kreuzzüge, I. Th. S. 240.
Die Ursachen, welche in Frankreich so empfänglich für den Kreuzzug mach-
ten, waren andere als bei uns; jene hat Wilken a. a. O. S. 69—63 vortreff-
lich entwickelt.
32
den bloßen Inhalt ihren Verlast reicher zu ersetzen. Das Ge-
biet der Dichtung gewann bald an Mannigfaltigkeit des Stoffs
und erwarb sich durch die Lebensvefhältnisse der Dichter selbst,
durch ihre Beziehungen zur Welt, und durch die Bestrebungen
aller Freunde der Kunst vielfache Theilnahme im Volke, Klo-
ster- und Weltgeistliche und Laien jedes Standes, die Beruf zur
Kunst iuhlten, dichteten und sangen, und obsehon sie zu ihren
Poesieen auch weltliche Stoffe wählten, fremde und einheimische
Sagen, bedeutende weltgeschichtliche Ereignisse aus Büchern
oder aus dem Munde des Volkes dazu entlehnten, so blieb doch
das Geistliche ihr Hauptaugenmerk *). Das alte und neue Testa-
ment, besonders das Leben und Leiden Jesu und der heiligen
Familie, das jüngste Gericht,' die Lebensgeschichte frommer
heiliger Männer *), die Glaubenslehren des Christenthums und
seine gottesdienstlichen Gebräuche, alles das gab einen reichen
Stoff, die Neigung der Zeitgenossen zu großen wimderbaren
Begebenheiten zu befriedigen und ihre Liebe für auferbauende
Betrachtungen zu nähren und zu fesseln. Bei solcher Gesinnung
der Dichter und solchem Entgegenkommen des Volkes lässt
sich voraussetzen, dass neben der häuslichen Andacht auch die
öffentliche eine würdige Berücksichtigung gefunden habe; es
lässt sich aber sogar auch nachweisen, dass sie sie wirklich fand.
§.3. 2) Man yei^^leiche die kurze Charakteristik der deutschen poetinchen
liitteratur des XII. Jahrhunderts in meinen Fundgruben I. Th. S. 206, und
dazu die litter. Übersicht der poetischen Erzeugnisse dieses ganzen Zeitraums
das. S. 207—268 und Nachtrüge S. 342—344.
3) Mit der größeren Zahl der Heiligen, ihrer Reliquien und Wunder
vermehrte sich auch die Anregung zum Dichten und Singen. Das Volk, für
alles Wunderbare so empfänglich, machte sich selbst seine Heiligen und lieh
ihnen übernatürliche Gaben und Kräfte, und die Geistlichkeit vermochte nichts
gegen diese christlichen Mythen. Guibert, Abt zu Nogent (f 1124) lässt sich
oft darüber aus in seinen Ubri tre$ de piffnoribus $anctorum; s. Gieseler Kir-
chengesch. 4. Aufl. H, 2. 462. 463. — quid de eis proferam, quos praefiato-
rum aemulum per villas ac oppida quotidie vulgns creat? Cum enim aiii alios
summos copspicerent habere patronos, voluerunt et ipsi quales potuerunt et
facere suos. — Dicant ergo mihi, quomodo sibi illum patrocinari aestimant,
de quo quicquid est sciendum Ignorant? Nusquam de eo scriptum praeter
nomen invenies. Caeterum tacente clero anus et mulierculamm vilium greges
talium patronorum commentatas histonas post insubulos ffrz. ensaupU) et
liciatoria cantitant, et si quis earum dicta refellat, pro defiensione ipsorum non
modo convitiis, sed telarum radiis instant.
33_
Unter den lyrischen Dichtungen dieses Jahrhunderts^ so wenig
auch deren im Verhältnisse zu denen des folgenden vorhanden
sindy haben sich doch einige geistliche Lieder erhalten, die aller
Wahrscheinlichkeit nach religiöse Volksgesänge oder Kirchen-
lieder jener Zeit waren. Sie konnten es aber auch leichter
werden; sie sind ein unmittelbarer , freier Ergass des Geinhls,
das noch nicht wie in dem folgenden , dem dreizehnten Jahr-
hundert, durch eine künstliche Versform und strenge Beobach-
tung des Reims bedingt ward, das durch den großem Einfiuss
ausländischer Poesie und das Eindringen gelehrter Kenntnisse
später an Frische und Einfachheit verlieren musste und deshalb
wiederum das Gemüth des Volks und seine Fassungsgabe nur
weniger ansprechen konnte.
Wir wollen jetzt diese noch übrig gebliebenen geistlichen
Lieder dieses Zeitraums, die wir fär Kirchenlieder in dem oben
angegebenen Sinne halten, folgen lassen. Das erste und älteste
ist ein Lobgesang auf die heilige Jung&au Maria; er stammt
aus einer Handschrift des Benedictiner-Klosters Molk. Dass er
dort in der Gegend und noch wol anderswo Und überhaupt wirt-
lich gesungen worden ist, scheint der dem Kyrie eleison ähn-
liche Kehrvers zu bestätigen.
f Nr.. 3.
Lobgesang
anf die heilige Jungfrau Maria -»),
1. Aaron inin erde
leit eine gerte,
diu gebar mandalon
nu^c also edile:
die sües^e hast du furebrAht
muotcr kne mannes rät,
Sancta Maria!
f. 8. 4) Zaenrt abgedruckt in Pezii Thes. Anecd. noviss. T. I. P. I. col.
415, 416; dann nach der Handschrift in meinen Fundgruben 2, 142 — 144
und in Wackemagers altd. Leseb. 2. Aufl. Sp. 195—198. Er gehört wahr-
scheinlich in die Zeit 1120—1130. — Die Hs. 1, 1. Ju in erde — 1, 2. leit
aaron eine gerta — 2, 1. /u tn — 8, 2. lamphel — 4, 6. anderen — 4, 6.
undem — 6, 2. getoage — 6, 6. varen — 12, 1. zwi^sen,
3
34
2. luin deme gespreidach
Moyses ein fiur geeacli,
da^ holz niene bran,
den loucli sah er obenan,
der was lanc unde breit:
da^ bezeichint dine magetlieit,
Saneta Maria!
3. Gedeon dux Israel
nider spreit er ein lampvel,
da; himeltoii die wolle
betouwete almitalle:
also chom dir diu niagenchraft,
da; du wurde berehaft,
äaneta Maria!
4. Mersteme, morgenröt,
anger ungebrächöt,
dar ane stät ein bluome,
diu liuhtet also scone:
si ist under den andern
so lilium undem dornen,
Saneta Maria!
5. Ein angelsnuor geflohtin ist,
dannen du gebom bist:
da; was diu din ekunneseaft,
der angel was diu gotes ehraft,
da der tot wart ane irworgen,
der von dir wart verborgen,
Saneta Maria!
6. Isaias der wissage
der habet din gewagen,
der quot wie von Jesses stamme
wuohse ein gerten gimme,
df\ vone scol ein bluome vam,
diu bezeichint dich imde din barn,
Saneta Maria!
7. Do gehit ime so werde
der himel zuo der erde,
d& der esil unde da; rint
wole irchanten da; vrone chint:
35
. (lo was diu din wambo
ein chrippe deme lambe,
Sancta Maria!
H. Do gebaere du da^ gotes chint,
der unsih alle irlöste sint
mit ßinem heiligen bluote
von der ewigen noete:
des scol er iemmer gelobet sin!
vile wole gnie^e wir din,
Sancta Maria!
1>. Du bist ein beslo^a^eniu borte,
ent&niu deme gotes worto,
du waba triefendiu,
pigmenten so voUiu,
du bist äne gallen
glich der turtiltüben,
Sancta Maria!
10. Brunne besigelter,
garte beslo^^ener,
dar innc fliujet balsamum,
der wieajit so cinnamomum,
du bist sam der cederboum,
den dil fliuhet der wurm,
Sancta Maria!
11. Cedrus in Libano,
rosa in lericho,
du irwelte mirre,
du der wagtest also verre,
dCl bist hSr über engil al,
du besuontest den Even val,
Sancta Maria!
12. Eva bräht uns zwisken tot,
der eine ienoch richsenöt.
du bist daj ander wib,
diu uns brähte den lib.
der tiufel geriet daj mort:
Gabrihel chunte dir da; gotes wort^
Sancta Maria!
13. Chint gebsere d& magedin
aller werlte edilin.
3*
36
du bist glich deme sonnen^
von Nazareth imiimen,
Hierusalem gloria,
Israhel laetitia,
Sancta Maria!
14. Chunigixme des himeles,
porte des paradtses,
du irwelte; gotes hüs,
sacrarium sancti spirituS;
du wis uns allen wegente
ze jnngiste an dem ente,
Sancta Maria I
Die beiden folgenden, ein Weihnachts- und ein OsterUedy
sowie das Bruchstück; sind zwar jünger als jener Lobgesang,
aber poetischer und volksmäßiger. Sie sind uns in der Heidel-
berger Liederhandschrift und in der sogenannten Manessischen
Sammlung aufbewahrt und werden dort dem Spervogel zuge-
schrieben »).
f Nr. 4.
Weihnachtslied •).
1. Er ist gewaltic unde starc,
der ze wtnnaht gebom wart:
Da^ ist der heilige Erist.
jk lobt in alle; da; dir ist
Niewan der tievel eine:
dur stnen großen ubermuot
fö wart ime diu helle ze teile.
2. In der helle ift michel imr&t:
swer da heimuote hat,
Diu sunne schinet nie so lieht,
der mäne hilfet in niht,
{. 3. 6) Spervogel, ein Zeitgenosse Friedrichs Ton Hasen (f 1190), dessen
Tod er beklagt; s. Haupt, Hartmanns von Ane Lieder, Vorrede S. XVII.
6) Cod. palat. 357 : Die alte Heidelberger Liederhandschrift. Heraas-
gegeben von Franz Pfeiffer. Stuttgart, literarischer Verein 1844. S. 161. 162.
„DER IVNGE • SPERVOGEL.« Hs. 2, 5. fehlt der lieJUe steme — 2, 7. ta
were da — 3, 4. vn trehim — 3, 7. em ensi — 4, 2. fehlt da — 6, 1. ge-
dienen — 5, 2. leider also lange — 5, 7. vancniseh erlose. Vgl. Samml. von
Minnesingern 2, 229*.
37
Noh der liehte steme,
j& müet in alle; da; er eiht,
j& wffir er d& ze himel als$ gerne.
3. In himelrtch ein hfis stät,
ein guldtn wec dar tn g&t.
Die siole die sint mermelhi,
die zieret unser trehttn
Mit edelem gesteine:
d& enknmt nieman tn,
er ensi vor allen Bünden also reine.
4. Swer gerne zno der kilchen g&t
und &ne ntt d& st&t,
Der mac wol vrölichen leben,
dem wirt ze jungest gegeben
Der engel gemeine.
wol im da; er ie wart:
ze himel ist da; leben als6 reine.
5. Ich h&n gedienet lange
leider einem manne
Der in der helle umbe gät,
der brüevet m!ne misset&t,
Sin 16n der ist boBse.
hilf mich heiliger geist,
da; ich mich von siner vancnisse loese.
f Nr. 5.
O s t e r 1 i e d ').
1. Krist sich ze marterenne gap,
er lie sich legen in ein grap,
Da; tet er dur die goteheit,
d& mite löste er die kristenheit
Von der hei;en helle.
er getuot es niemer mdr:
dar an gedenke swer sd der welle.
2. An dem österlichem tage
dö stuont sich Krist ü; dem grabe,
§. 3. 7) Heidelb. Hb. bei Pfeiffer S. 163. Hs. 1, 6. hei»en Heizen — 2, 7.
trösten. Vgl. Samml. von Miones. 2, 229'*.
Künec aller keiner,
vater aller weiaen,
Sine hantgetat er loste.
in die helle ßchein ein lieht,
do kom er siuen kinden ze tröste.
f Nr. G.
B r u ch s t ü ck *).
Würze des waldes
und erze des goldes
Und elUii apgrimde
diu sint dir, herre, künde,
Diu ßtent in diner hende.
alle^ himeleschej her
da^ enmolite dich niht vol loben an ein ende.
Auch noch em anderes Oßterlied gehört wol noch dem
Xn. Jahrhundert an; seine alten Formen und einfachen volks-
mäßigen Wendungen deuten wenigstens auf ein höheres Alter
als wir der Hs. zuschreiben müssen, worin es sich erhalten hat •):
§. 3. 8) Heidelb. Hs. bei Pfeiffer S. 164. Ha. 2. criz — 5. ülnt — 7. voUe-
loben. Vgl. Samml. von Minnes. 2, 230". Dies schone Bnicbstück ist eben
so schön ergänzt von W. Wackemagel:
Die Blum' in Waldesschlüften,
Das Gold in Erdenklüften,
Des Himmels Dach, des Meeres Grund,
Das alles ist dir, Herre, knnd
Und hUten's deine Hände,
Und alles himmeHsche Heer
Spricht deine Iren und Güte nicht zu Ende.
Die Läuber an den Zweigen,
Die Halme, die sich neigen,
Des Meeres Sand, der Sterne Schaar,
Die bleiben unermesson gar
Mit Augen und mit Sinnen:
So mag auch, Herre, deinen Preis
Nie Menschen-Mund vollenden noch beginnen.
9) Hs. XrV. Jahrh. in der Nürnberger StadtbibUothek (cent VI. 82.
8vo. Bl. 33l>) bei Ph. Wackemagel Nr. 108. Uhland Volksl. Nr. 322. — Hs.
2, 2. Den da suchet da^ vil 8, w. — 8, 8. iren — 3, 4. gartner.
no
f Nr. 7.
O s t e r 1 1 e d.
1. An dem cestorlichen tage
Jlaria Magdalena gienc ze dem grabe.
wa5 vant si in dem grabe stan?
einen engel wol getan.
2. Der engel gru^t sie in der zit:
den du sucliest vil Kaelige^ wtp,
er ist erstanden von dem tot,
den du salben woltost.
3. Maria! ruft er ir zehant.
da kante si ir heilant,
si sah in in aller der gepa>re
sam er ein gartenare wa^re.
Das bekannte uralte: Christ ist erstanden, gehört höchst
wahrscheinlich schon eben dieser Zeit, der Mitte des Xu. Jahr-
hunderts an, ich kann es al)er erst im folgenden nachweisen;
siehe §. 4.
Wollte Jemand bei den mitgetheilten Liedeni zweifeln, dass
sie jemals öflFontlich gesungen wären, und hinterdrein den deut-
schen geistlichen Volksgesang des XII. Jahrhundeiis überhaupt
leugnen, auch ein Herüberwirken der frühem Jahrhunderte auf
dieses keineswegs zugeben, so dürften ihn doch folgende glaub-
hafte geschichtliche Zeugnisse in seinen Ansichten bedenklich
und wankend machen.
Der heilige Bernhard, Abt von Clairvaux, predigte zu Ende
des Jahres 1146 auch an den Ufern des Rheins das Kreuz; im
Laufe des Januars 1147 kehrte er über Köln, Aachen, Maestricht,
Lüttich nach Frankreich zurück. Seine Reisegefährten, einige
Mönche seines Ordens und drei andere Geistliche haben uns
einen ausführlichen Reisebericht darüber hinterlassen ; sie geben
alle Orte an, wo sie sich aufhielten und erzählen alle Wunder
des Heiligen, deren Augenzeugen sie waren 'o).
§. 3. 10) Dieser Bericht steht in S. Bemardi opera omnia tertiis curia
Domni Johannis Mabillon, Vol. II. (Paris. 1719. fol.) col. 1180—1211. Das
Nachfolgende col. 1194. Ad sing^nla populus acdamabat, et in laudes Dei
Toces tonaat per nnbila : „Ohrist uns genade! Kyrie eleison! die heiligen alle
helfen uns.«* Col. 1197: reliq^aa describere et Sanctitati vestrae dirigere non
neglexl. Multa quidom nos et ex prioribus ignorasse certissimum est. Biazime
40
So wird von Köln erzählt: Bei jedem einzelnen Wunder
rief das Volk und ließ seine Stimmen zum Lobe Gottes durch
die Wolken erschallen:
Christ uns gen&de,
Kyrie eleison,
Die heiligen alle lielfen uns!
Etwas weiter folgt ein langer Brief des Mönchs Gottfried
an den Bischof Hermann von Gonstanz: Von den Wundem,
welche wir auf dem Wege von Speier bis Löwen erlebten, haben
wir der Kölner Geistlichkeit eine Beschreibung gemacht Das
Übrige zu" beschreiben und Euer Heiligkeit zu senden, habe ich
nicht versäumt. Vieles jedoch von dem Frühem haben wir nicht
gewusst, das ist ausgemacht. Niemand kann aber auch auf der
Keise alles verfolgen. Am meisten schadete jedoch, als wir die
deutschen Gegenden verlassen hatten, dass euer Christ uns
genäde, aufhörte, und niemand da war, der zu Gott
gesungen hätte. Das romanische Volk nämlich hat
keine eigenen Lieder nach Art eurer Landsleute,
worin es für jedes einzelne Wunder Gott danksagte. Vieles
demnach, was mit Schweigen übergangen wurde, ist nicht zu
unserer Kunde gelangt.
Gleich darauf erzählt Gottfried, dass der heilige Bernhard
zu Lüttich einen Knaben, der von Mutterleibe an lahm gewesen
war, in der Kirche heilte. Sogleich stimmte die Geistlichkeit:
Te Deum laudamus an, das Seufzen aber und Schluchzen über-
tönte den Lobesgesang, für Gesang gab das Volk, des Singens
unkundig, Thränen.
Aus der Äußerung Gottfrieds, dass das romanische Volk
nicht so wie das deutsche eigene Lieder habe, erhellt, dass da-
mals in Deutschland deutsche geistliche Lieder gesungen wur-
den. Und dies wird denn auch von anderer Seite vollkommen
bestätigt.
tarnen nocuit, nbi Teutonicoram exivirnos regionem, qnod cessaTemt yestram
illud: Christ uns genade, et non erat qui vociferaretar. Neque enim secon-
dom vestrates propria habet cantica popvliu romanae lingnae, quibiu ad sin-
gula qaaeqne miracola referrent gratias Deo. Malta proinde tecta BÜeotto ad
oostram non pervenere notitiam.
Conclamatnm est statim a Clero: Te Deum laudamos, sed mngitiui fl6-
tuum et singnltns vociferationem laudis eyicit. Dabat pro canta lacrymafl
plebs ignara canendi.
41
Gerhoh, seit 1132 Propst zu Reichersberg (f 1169), bemerkt
iB seiner Erklärung der Psalmen beiläufig vom J. 1148: Und
im Munde der weltlichen Gottesstreiter wird Gottes Lob allge-
meiner, denn da ist keiner im ganzen christlichen Reiche, der
die hässlichen weltlichen Lieder öffentlich zu singen wage, son-
dern, wie gesagt, die ganze Welt jubelt Christus Lob auch
in Liedern der Volkssprache, am meisten unter den
Deutschen, deren Sprache zu wohlklingenden Lie-
dern geeigneter ist**).
Das deutsche Volk sang also damals bei allerlei feierlichen
Gelegenheiten. Auch bei den Wallfahrten stimmte es seine Lie-
der an zum Lobe des Heiligen, bei dessen Gebeinen es seine
Andacht verrichten wollte. Ein Trierer Mönch **) erzählt in den
Wundergeschichten des heil. Apostels Matthias auch folgende:
Während Einige auf den heiligen Matthias Loblieder, die das
Volk Leisen nennt, sangen, begann einer imter ihnen aus
§.3. 11) Gerhohi Reicherspergeiuis commentariuB aureus in Psalmos ed.
Bern. Pez (Ang. Tindel. 1728. fol.) col. 794. in Pb. XXXIX. Nam et in
Coenobiia cantlcam novnm celebratur, com a tempore praedicti Papae septimi
Gregorii cnrsns beatae Mariae freqnentator, nt Dei servitio dnplicato qnad
daplnm manna iam proximante sabbatho magno et ultimo festivitati« die fide-
libnj abnndet. Atqne in ore Cbristo militantinm Laicomm lauB Dei crebreseit^
quia non est in toto regno Christiano qui torpes cantiienaa cantare in publico
andeat, sed nt diximns, tota terra inbilat in Christi landibns etiam per canti-
lenas linguae yolgaiis, maxime in Tentonicis, quorom lingua magis apta est
concinnis canticis. — Die Christo militantes laici sind die Kreuzfahrer: im
J. 1147 unternahm Kaiser Conrad III. an der Spitze eines gewaltigen Heeres
in Verbindung mit König Ludwig YII. von Frankreich einen Kreuzzug.
12) Supplementum historiae miraculomm S. Mathiae apostoli, ex cod.
. MelBcensi, in Pezii Thesaurus anecdotorum noyissimus T. U. P. DI. col. 8.
Est autem lY. kalendas lulii solemnis consuetudo Gallorum, ut in unum dioe-
cesi qualibet coadunata cum reliquüs et letaniis ad urbem Trevericam pro-
perent, ut communi laetitia beatorum Apostolorum Petri et Pauli natalitia
eelebrent. Ab inventione (1126. vgl. Acta Sanei. 24. Fehr,) Sancti tarnen
Mathiae maxii^e hie mos inolerit, unde et ipse saepius in cantu vulgari repli-
catnr. Qua specie dum quidam laudes S. Mathiae, quas vulgo Leisos yocaut,
canerent, unus eorum levitate vivendi actus, coepit iocari temere et pro lande
simillima laudi decantare, ut risum sui similibus exeitaret: quod dum tota via
faceret, et saepius licet admonitus nullo modo desisteret, ultio divina subse-
cnta est (Dieselbe Stelle aus einer Erlanger Hs. bei Pertz, Mon. X. Script.
Vin. p. 231 mit der besseren Lesart iocari für vocare.)
42
Leichtsinn verwegen zu schreien und statt des Lobliedes etwas
dem ähnliches abzusingen, um seine Genossen ins Lachen zu
bringen "). Als er damit nun auf dem ganzen Wege fortfuhr
und oft ermahnt doch durchaus nicht abhissen wollte, ereilte ihn
die göttliche Rache.
Wie früher war es auch jetzt, imd wie es scheint wol noch
allgemeinerer Brauch, während des Kampfes ein geistliches Lied
anzustimmen.
Morena erzählt: In der Schlacht vor Tusculmn im Jalu*c
1167 entriss der Erzbischof Clu^istian einem Bannerträger das
Feldzeichen und stimmte laut den deutscheu Gesang an, den die
Deutschen im Ki'icge zu singen pflegen: Christ der du ge-
boren bist. Alle stürzten heftig in den Feind, die Schlacht
ward gewonnen, 2000 Deutsche siegten über 30,000 Römer «*).
In der Schlacht am Berge Turon (4. October 1189) eilten
die Deutschen imd Franzosen unter dem Gesänge des Kyrie
eleison und ihrer Leisen in die Schlacht »*).
§. 8. 13) Schon im 12. und 13. Jahrhundert erscheinen auch in Deutsch-
land die fahrenden Cleriker (Goliardi, Trutanni). Vor ihrem Scherze und
Spotte war nichts sicher, weder das Heilige noch die Heiligen. Sie waren
sogar so frech, das Sanctns und Agnus Dci zu parodieren. So verfuhren sie
auch mit den Leisen. Thomas Cantipratanus in seinem Bonum universale de
apibus (ed. Colvener, Duaci 1627. p. 456. 457) gedenkt eines ,,cantus turpis-
simus de beato Martino plenus luxuriosis plausibus per diversas terras Galliae
et Teutoniae promulgatus/ wahrscheinlich halb lateinisch, halb in der Vulgar-
sprache.
14) Morena apud Muratori, Rer. Ital. Scriptt. T. VI. col. 1147: ipsemet
Archiepiscopus et Cancellarius (Christianns) vexillum in manum accipiens,
signoque dato, roaxlmis vocibus cantum Teutonicum, quem in hello Teutonici
dicunt, videlicet: Christus qui natus et cetera, omnes laetantes acriter super
Romanos irruenint. Vgl. v. Bünau, Leben und Thaten Friedrichs I. S. 194.
196. F. Kortiim, Kaiser Friedrich der Erste (Aarau 1818. 8?) S. 131—133.
15) Ein ungenannter in Schlesien lebender Dichter (nach 1302) erz&hlt
dies in seiner Beschreibung der Kreuzfahrt Ludwig des Milden, Landgrafen
von Thiiringen (1187 — 1190), gedichtet auf Antrieb des Herzogs Bolko von
Mänsterberg, welcher von 1302—1341 regierte. Auszüge daraus in Wilken,
(Geschichte der Kreuzz. IV. Th. Anh. S. 7—69. Vers 1897 (bei Wilken S. 85):
als er den trost in gegap:
des helf uns da^ heilige ffrap,
nAch dem Kjrieleis6n
si snngen gotc den sUei^en ddn.
4i\
Als Friedrich der erste mit seinem Heere zu Philippopolis
hielt, ritten 3000 der ausgewähltesten Krieger mit Lanzen und
Schilden den deutschen Gesandten entgegen ^ die von Constan-
tinopel zurückkehrten. Es war am Tage Simon Juda, 28. Octo-
ber 1189. Als nachher die Gesandten mit Frohlocken zum Kaiser
geführt wurden, sangen einige: Advenistis dcsiderabiles, imd
andere riefen: Hiuie isU hirre^ din tac^*).
Der Schlachtgesang war also noch immer wie früher reli-
giösen Inhalts und deutsch. Das bekannte Media vita in morte
sumus, kam erst später auf und ward gewiss meist nur von der
Geistlichkeit, welche sich im Gefolge der HeerfJilirer befand,
angestimmt. Dass das ganze Heer beim Angriffe, Überfalle- imd
die Walhe oach mit dem künige fird
ir leisen sungen. d6
mit sie aUe zugen ir swert
in beiden hem die Kristen wert.
In einer apfitem Stelle, Vers 6676 (bei Wilken S. 54) sieht es zwar ans,
als ob unter Leise nur der Schlachtruf gemeint sei; helf uns Gott und das
heilige Grab (adiuva nos Dens et Sanctum Sepulchrum):
die Kristen in got frd
ir leisen si sungen dd :
helf uns da^ gotea grap!
Beim Überfalle des Lagers bei Acre (so erzählt Caesarius Hcisterb. de
mirac. lib. X. cap. 12) lie^ sich ein Kranker bewaffnen, auf sein Boss heben
und stürzte fechtend mit dem Rufe (wie er damals lautete) : semmir got unde
daT, heilige grap! — Im Lager Richards wiu-de jeden Abend der Ruf : Adiuva
nos Deu9 et sanctum sepulchrum I angestimmt. Wilken Kreuzz. IV. Beil. 34. —
Bei der Übergabe der Stadt Berytus 1197 riefen die Christensklayen : Dex
aide et S, Sepulcrel Wilken V, 37.
§. 3. 16) Tagenonis descriptio expeditionis asiaticae in Freheri Rerum ger-
man. Scriptt., ed. StruTii 3, T. I. p. 408 : Quantum vero gaudium ea die, qua
nuncios nostros recepimus, apud nos fuerit, vobis tul explicare possumus. Plus
quam 3000 electissimomm militum cum lanceis et scutis, equos in gyrum yer>
tentes crebro, sex pene milliaria nostris nunciis oceurrerunt, ita ut Cancella-
rius Graecorum et alii Graecorum optimates multum terrerentur, timebant in-
sidias sibi paratas fuisse. Quod cum audisset Dux Sueviae et alii proceres,
statim depositis scutis Graecos benigne exceperunt, dicebant talem esse con-
suetudinem Teutonicomm, et factum fuisse ad laetitiam et honorem excipien-
dorum, et gloriam Graecorum. Deinde nunciis Graecorum in hospitiis collo-
catis nuncii nostri ad Imperatorem usqne magno tripudio deducuntur, quibusdam
cantantibus: Advenistis desiderabiles, et etiam quibusdam clamantibus: HiiUe
»V hcrre din tar. Vgl. Wilken, Gcschiclite der Kreuze. IV. Th. S. Hl.
44
Stiirmlaufen niemals einstimmig lateinisch gesnngen habe, ist
zu einleuchtend. Darum muss auch die Stelle des Anonymus
Canisü zum Besten des deutschen religiösen Volksliedes gedeu-
tet werden. Dieser berichtet: Als Kaiser Friedrich am ersten
Pfingsttage (13. Mai 1190) einen Kriegsrath in seinem Zelte hielt,
und der Bischof Gottfried von Würzburg das Heer der Kreuz-
fahrer ermahnte, das sich eben damals in einer höchst traurigen
Lage befand, und der Kaiser diese Ermahnimgen unterstützte,
da erhoben alle einstimmig einen Kriegsgesang nach deutscher
Sitte ").
Eben deshalb nehmen auch gleichzeitige Dichter so häufig
Bezug auf diese G-ewohnheit. Der Pfaff Konrad, der das Lied
von Roland zwischen 1173 — 1177 dichtete, lässt das christliche
Heer nach einer Ermahnungsrede des Bischofs Turpin Gloria in
excelsis Deo singen; ein Dichter aus dem Laienstande hätte wahr-
scheinlich den Anfang eines deutschen Liedes dafür gewählt i>).
§.3. 17) Anon. CaniBÜ p. 521 : Mox omnes simnl ima voce cantnm belli-
cnm eztalemnt de more alemannico. Vgl. Wilken*8 Geschichte der Krenzzüge
IV. Th. S. 120.
18) Bei Schilter S. 37, Vers 3280 ff.
thd sprah ther biscof Tnrptn:
nü vlehet alle mtnen trehtin,
wände er thnrh mis tholete then dot,
tha;; er bethenke unser aUer n6t,
tha;; wir reine vor ine cdmen cet.
hiute gesehe wir unseren harren,
th& st wir iemer mdr vrd.
sie sungen Gloria in excelsis Ded.
Bei W. Grimm 204, 24.
di helde üf sprangen,
da;; gotes lop si songen,
si slnffen in wtges gewäte,
294, 24. Brehmnndan flrten si dan,
got si lop sungen,
si heten gewdchert nnt gewannen
vil manige heilige sdle.
28, 14. ^ der bnrc si drangen,
ir wlcliet si sangen,
136, 17. siben tüsint hom dA vore klangen,
ir wlcliet si sangen.
208, 16. ir wtcliet si sangen,
ir herhom klangen.
46
Ähnliche Erwähnungen des Schlachtgesanges^ wtcliet, in der
KiUBeTchronik >*).
Auch auf der See, vor, während und nach der Fahrt^ war
es üblich^ einen Sang anzustinunen *<>)•
Der bloße Ruf des Kyrie eleison hatte sich also schon längst
in einen religiösen Volksgesang verwandelt, der aus einer Reihe
von Versen bestand, welche unter sich wieder Strophen bilde-
§. 3. 19) Kaiserchronik, Codex palat 361 :
12. a. ir wicliet sie simgen,
sam dA ein burc ist gewunnen.
31. b. die bore sie gewiumen,
ir wicliet sie sungeiu
42. b. ingegen dem kunige sie drangen,
ir wicliet sie sungen.
20) Ernst bei v. d. Hagen und BUsching :
3145. dd si die kiele errangen,
gotes lop si sangen.
2286. dd hüben sie alle
gegen got mit schalle:
nü helfe ans da;^ heilige grap
nnd der sich durch ans dar in gap
mit sinen hdren wanden,
da;; wir se Jerasalem vonden
werden vröliche
and in dem himelriche
(got gebe uns den werden lön!)
und singen kyrieleison.
damit giengen sie herabe
von der barg üf die habe.
3164. dd man den kiel abstie:^
selber hflp an der jungelinc :
wir U^^en alle unser dinc
an da:; heilige kint,
des himel und erde alle sint,
den diu unrollobte klAr
sin mftter Maria gebar.
nft helfe uns der heilant,
da:; wir komen in sin lant.
wir vam, Crist, in dinem namen:
nü hilf uns in din rieh ! amen.
4<i
ten, und dieae Strophen pflegten dann meist mit Kyrie eleison
zu schließen oder mit einem ähnlichen Kehrvers (Refrain) »«)•
Daher kam's denn, dass man den Namen beibehielt , wäh-
rend sich schon längst die Sache geändert hatte , während es
sogar Lieder ohne einen Kehrvers gab; man nannte nämlich
alle geistlichen Lieder , die gesungen werden sollten oder ge-
sungen wurden, Leisen *>).
Die Benennung leise, und noch mehr die daneben gleich-
§.3. 21) Auch iiaOcr Deatschland war es damals üblich, ein geistliches
Lied mit der Kehrzeile: K^'rie eleison zu versehen. Der heil. Godric (f 1170)
horte den Geist seiner Schwester singen und sah, wie zwei Männer, mit Büch-
lein in den Händen, der eine an der rechten, der andere an der Unken Seite
des Altars standen und mit jubelnder Stimme das Kyrie eleison, Christe elei-
son dazu sangen, und als sie schwiegen, begann der Schwester Stimme wieder
das Lied und sie fügten wieder das Kyrie eleison und ChriBte eleison hinzu.
S. Acta Sanctorum Maii T. V. p. 77. — Das Lied selbst, eins der ältesten
Denkmäler der englischen Sprache, hat Hitson in seiner Bibliographia poetica
(London 1802) p. 4 nach einer alten Hs. mitgetheilt.
22) Reichliche Belege gewährt
Herzog Ernst (v. d. Hagen und Büsching, Deutsche Gedichte des
Mittelalters Th. I.)
1922. dd sie von dem stade stiegen
die edelen ritter jungen
unde ir leisen sungen.
2157. dd sie in die burc dmngen,
ir leiten sie snngen.
3069. gegen dem tor die zwene liefen,
ir leise sie lüte riefen.
3679. dd sie sAi^en darüf (auf dem Flo^e),
gSn gote was fli^ec ir ruf,
mit ir leisen sie gäben stte:;en dön
und sungen kyrieleison.
4536. Ernst begunde loben got.
mit den sinen was er fird,
sinen leisen hSp er dö:
Crist hdrre du bist gAt,
nü hilf uns durch dtn reine^ blut,
durch dine heren wunden,
daj; wir vrdlichen werden funden
d4 süe^e ist der engel ddn
in dime rtche, kyrieleison!
zem Stade sie stiegen.
47
zeitig vorkommende vollere Form kirleise, kirleis ") ist für die
Geschichte der Entwickelung des Kirchenliedes von großer Be-
deutmig**): sie bestätigt, dass der frühere religiöse Volksgesaiig
der Deutschen nur in dem Kehrverse Kyrie eleison bestand und
dass sich mit Verwendung desselben endlich die Dreitheiligkeit
des Liedes gestaltete **).
Diese Benennung erhielt sich noch im XVI. Jahrhundert *•)
uiid ist auch nie ganz spurlos versch\\Tmden "').
4758. alle zugeu ir swert.
der kriBten schar ir leisen rangen,
die beiden gegen in drangen.
Ob diese Stellen sieb bereits in dem älteren verloren gegangenen Ge-
dichte von Herzog Einst vorfanden, also nocb dem XII. Jahrhunderte ange-
hören, oder nur Zusätze des späteren Bearbeiters in der ersten Hälfte des
Xin. Jahrhunderts sind, lässt sich nicht ermitteln. Vgl. Koberstein Grund-
riss 4. Aufl. S. 194. Anm. e. und W. Wackemagel Litteraturg. S. 182. 183.
Das tbut aber auch zur Sache nichts, das Wort leise ist aus dem Ende des
XII. und dem Anfange des XIII. Jahrhunderts auch anderswo unwiderleglich
nachzuweisen.
§. 3. 23) Z. B. bei Bruder Berthold.
24) Auch W. Wackernagel, der in den Altfranz. Liedern und Leichen
S. 231 noch zweifelnd fragte, bekennt sich jetzt zu meiner Ansicht, Lit-
teraturg. S. 265.
26) W. Wackemagel, Altfranz. Lieder S. 223 und S. 208. „Der
Refrain ist national und kirchlich zugleich.'^
26) Christlike Kercken Ordeninge Hertogen Ericks (Hannover 1544)
Bl. 71. Praefatio am Pfingsttage: DarUmme is de ganze werlt vul froude
im ganzen ummekreis der erden. DArto singet alle hemmelische schftr eine
leisen djnem pryse &n ende seggende. — In Job. Spangenberg*s Auslegung
swolf christlicher Lobgesänge (Wittenb. 1546. 80.) heißt das Lied : Also heilig
ist der Tag, 'der alten christlichen Leisen und Lobgesänge einer.* — In den
Niederlanden kommt Leyssen in der Bedeutung: geistliche Lieder, auf den
Titeln vieler Liederbücher vor. Kilianus DufFI. kennt es noch, in seinem
Wörterbuche erklärt er es richtig, übersetzt es aber fälschlich durch cantio
natalitia.
27) So gebraucht Zuccalmaglio in dem von ihm herausg. 11. Theile
^er Kretzscbmer'scben Deutschen Volkslieder (Berlin 1840) für eine besondere
Abtheüung Lieder den Ausdruck OavUeusehen^ den er wol aus der bergischen
Volkssprache entlehnte. — Die Herausgeber des Bremisch-nieders. Wörterb.
V, 419 erklären „leusken, laut singen, sich das Singen angelegen sein lassen.
De Junge kann verwegen leusken, der Knabe läßt eine starke und helle
Stimme im Singen h5ren. Man sagt es in unserer Nachbarschaft.^
48
Hier ein Zeugnis» fiir Leise aus den Jahren 1217 bis 1220,
das ich in das XTT. Jahrhundert noch herüberziehe; es steht in
Heinrich Wolter's bremischer Chronik**): Ln Bremischen lebte
ein Bauer, Namens Otbert, der gab vor, er könne, kraft seiner
Tugend, Wunder thun. Das Volk hielt ihn für einen Heiligen,
und mit seiner teuflischen Tugend betrog er viele; er heilte die
Kranken durch Beschwörungs- und Segensformeln**). Viele
kamen zu ihm, und sein Ruhm scholl durch das ganze Land.
Loblieder, das Volk nennt sie Leisen, wurden auf ihn gedich-
tet und an den Wegen gesungen, um Gaben für ihn zu heischen.
Der Vogt des Herzogs von Braunschweig zog den meisten Ge-
winn davon, drum naimi er auch die Betrügerei in Schutz.
Dreizehntes Jahrhundert.
Hatte jene vorherrschende religiöse Stimmung der deutschen
Gemüther bisher das geistliche Lied begünstigt und hin und
wieder in den Kreis der öffentlichen Gottes Verehrung gezogen,
hatten Geistliche und Laien aus frommer Begeisterung bisher
durch Dichtung neuer Lieder dem allzeit gleich fühlbaren Be-
§. 3. 28) Henrici Wolteri Chronica BremenBÜ apud Meib. T. I. p. 57 :
Infra idem tempuB lucrati sunt mixusteriales bremenses castmm Yorde a dace
BmiiBTiceiwi et taliter. Fnit qaidam villicus in dioecesi cum Boa domo intra
Stadinm, cui nomen Otbertos, qni virtnte Bua dixit se facere mirabilia, et
Yiü^iia credidit enm sanctnm, et decepit mnltos virtute diabolioa, et curavit
per incantationes et verba deceptoria sanctificaTit aegrotos, et mnlti veniebant
ad eom, et fama ejus in omni terrftpersonuit, carmina elogica yolgo loisen
fiienmt de eo facta et cantata in viU pro eo qoaerendo offerenda dedacta non
modica. Et inde lucrom maximnm haboit adyocatiu Henrici Dada Bninflvi-
censis, cujua nomen Henricus de Ostmckbosen , et Ule defendebat istam de-
ceptionem.
29) Über Sprüche und Segen s. Qrimm Mythol. 2. Auag. 8. 1173 ff.
W. Müller, Geschichte und System der altd. Religion S. 21 ff. Zwei deutsche
Zaubersprüche ) wol erst im X. Jahrhundert aufgezeichnet, aber viel früherer
Zeit angehörend, als das Heidenthum noch unberührt oder die Bekehrung cum
Chriatenthum eben eingetreten war, sind erst vor einigen Jahren bekannt ge-
worden : Jac. Qrimm, Über zwei entdeckte Gedichte aus der Zeit des Heiden-
thums. Berlin 1842. 4? Grimm Myth. 1180. — W. Waokemagel Altd. Lese-
buch, N. A. der 2. Aufl. Vorrede S. IX. und X. Abdruck und Erklärung.
49
dürfnisse eines deutschen öffentlichen religiösen Gesanges ab-
zuhelfen gesucht, so traten jetzt mit dem XIII. Jahrhundert
andere Neigungen, Bestrebungen und Interessen ein, die gera-
dezu, wenn auch meist absichtslos, in Bezug auf Entwickelung
des religiösen Volksgesanges das Gegentheil bewirkten.
Der Eifer für Kunst und Wissenschaft war in den Klöstern
erkaltet»«); von den früher so wohlthätig wirkenden Kloster-
schulen bestanden nur noch wenige in ihrer alten Wirksamkeit.
Die Geistlichkeit im sicheren Besitze ihrer Zehnten imd Pfrün-
den begnügte sich mit dem bloßen Ablesen lateinischer Mess-
bücher und Breviere; sie sah, dass sie mit ihrem armseligen
Wissen überall ausreichte, und dass ein gottesfurchtiger Wandel
nicht eben nothwendig zum Priesterthumc gehöre. Dennoch
hatte sie bei großer Scheu vor eigenem frommen Denken und
Handeln eine noch größere vor allen Regungen edler geistiger
Selbstthätigkeit und gewissenhaften Wandels; überall witterte
sie Ketzer, überall glaubte sie durch Besserwissen, ja sogar
durch Anderswissen sich gefährdet. Ums Jähr 1170 entstand
im südlichen Frankreich die Partei der Waldenser, welche ohne
alle speculative Schwärmerei nur dahin strebte, das apostolische
Christenthum in seiner Einfalt und Innigkeit zu verwirklichen,
oder wie es eins ihrer ältesten Denkmäler ausspricht: Ein an-
deres Gesetz sollen wir fortan nicht haben, als Jesu Christo
nachzufolgen, zu thun was ihm gefUIlt und fest an dem zu halten
was er befohlen hat *"). Waldus »») aus Lyon, ihr Stifter, be-
gann um diese Zeit, auf apostolische Weise in der Landessprache
§. 4. 80) So war %, B. das einst so berühmte St. Gallen allmälig so nnwis-
send geworden, dass im Jahr 1291 das ganze Kapitel mit seinem Abte nicht
schreiben konnte. Ildefons Ton An, Gesch. von St. Gallen I. Bd. S. 470 und
471. Anm. a.
31) Nobla Leycson 454—456.
Antra ley d* ayci enant
non deven plus aver,
Sinon ensegre Yeshn Xrist,
e far lo seo bon placer,
E garder fermament
cso qn'el ha comanda.
82) Romanisch wahrscheinlich Valdes oderValdez; der Vorname Petras
findet rieh erst im Jahr 1404 dazu; s. Herzog, Die romanischen Waldenser
S. 112. 118.
4
50
das Evangelium zu yerkünden. Mit ihm verbanden sich bald
mehrere Gleichgesinnte (Pauperes de LugdxmO; Leonistae^ Sa-
batati). Sie hatten anfangs so wenig die Absicht, sich von der
Kirche zu trennen, dass sie, als ihnen der Erzbischof von Lyon
das Predigen verbot, bei dem Papst Alexander HE. (1179) um
Erlaubniss nachsuchten >'). Als aber Lucius DI. (1184) den Bann
über sie aussprach, da glaubten sie Gott mehr gehorchen zu
müssen als den Menschen, und schieden von einer Elirche aus,
welche das, was ihnen heiliger Beruf schien, verfluchte '^). Sie
hatten sich, gleich anfangs angelegen sein lassen, viele biblische
Bücher ins Romanische zu übersetzen '^) und allerlei Erbauungs-
schriften in der Landessprache zu verfassen '^). Wie unschul-
§. 4. 33) Gnalteros Mapes ex Hb. apud Usaerium de chriart. Eccleaiae snc-
cessione et statu ed. II. (Lond. 1682. fol.) p. 112: Vidimus in condUo Bo-
mano snb Alexandre HE. celebrato ValdesioSi homines idiotas illiteratoB, a
primate ipsorum Valde dictos, qoi faerat civis Lugdoni super Rhodanum, qui
librum domino Papae praesentaverunt lingua conscriptum gallica, in
quo textns et glossa Psalterii plurimorumque legis utriusque librorum conti-
nebatur. Hi multa petebant instantia, praedicationis auctoritatem sibi confir-
mari. Gieseler Kirchengeseh. 4. Aufl. n, 2, 570.
84) Gieseler Kirchengeseh. 4. Aufl. n, 2, 664 ff.
85) Stephanus de Borbone (Dpminicaner in Lyon um 1225) bei d*Ar-
gentr^ I, 87 und Gieseler Kirchengeseh. 4. Aufl. II, 2, 568. Incepit autem
illa secta per hunc modum, secundum quod ego a pluribus, qui priores eonun
viderunt, audivi, et a sacerdote iUo, — qui dictus fuit Bemardus Ydros, qui,
cum esset iuyenis et scriptor, scripsit dicto Waldensi priores libros pro pecu-
nia in Bomano, quos ipsi habuerunt, transferente et dictante ei quodam Gram-
matico, dicto Stephane de Ansa, quem ego saepe Tidi. Quidam dives rebus
in dicta urbe, dictus Waldensis, audiens EvangeUa, cum non esset multom
Uteratus, curiosus intelligere quid dicerent, fecit pactum cum dictis sacerdoti-
bus, altero sie ut transferret ei in Tulgari, altero ut scriberet qoae iUe dicta-
ret: quod fecerunt, similiter multos libros Bibliae et auctoritates Sanctorom
mnltas per titulos congregatas, quas sententias appellabant. Quae cum dictus
ciyis saepe legeret et corde tenus firmaret, proposuit serrare perfectionem
evangelicam, ut Apostoli servaverant. Qui rebus suis omnibns venditis in con-
temptum mundi per lutum pauperibus peeuniam suam pioüciebat et officium
Apostolorum usurpavit et praesumpsit cet«
36) Es haben sich viele höchst merkwürdige Denkmale, darunter auch
Dichtungen erhalten, letzteren ist ein viel zu hohes Alter zugeschrieben wor-
den, die Xltesten gehören wol erst dem zweiten Viertel des XIII« Jahrb. an.
Dem widerspricht auch wenigstens nicht Diez, Grammatik der roman. Sprachen
I, 77. Die beste Übersicht giebt Herzog, Die roman. Waldenser, S. 25 — 108.
51
dig waren gewiss die vermeintlichen Verbrechen vieler Ketzer,
wenn schon das Lesen religiöser Bücher in der Landessprache,
oder der heiligen Schrift in den Verdacht und die Strafirürdig-
keit der Ketzerei bringen konnte ! Im Jahr 1199 schreibt Papst
Lmocentias m. an die Einwohner der Stadt Metz und des dazu
gehörigen Kirchsprengeis »'), er habe von ihrem Bischof erfah-
ren, dass unter ihnen viele Laien und Weiber, aus starker Be-
gierde nach der heiligen Schrift, sich die Evangelien, die Briefe
Pauli, die Psalmen, die Sittenlehren Hiobs (Gregors des Großen
sogenannten Commentar über dieses Buch) und mehrere andere
Bücher ins Französische hätten übersetzen lassen, und nach die-
sen Übersetzungen in ihren geheimen Versammlungen zu lehren
sich unterstünden; auch, wenn ihre Pfarrer ihnen solches ver-
weisen wollten, sich widersetzten, und aus der Schrift Gründe
beizubringen suchten, nach welchen ihnen dieses nicht verboten
werden dürfte. Der Papst sucht sie dann in demselben Schrei-
ben eines Besseren zu belehren, ermahnt sie schließlich und
befiehlt ihnen zur Vergebung ihrer Sünden ihr Betragen zu
ändern imd dem katholischen Glauben getreu zu bleiben, indem
er sie sonst .zum Gehorsam zwingen werde. Zugleich aber
schreibt er an den Bischof von Metz, er möchte, damit weder
die Ketzer kühner, noch die Einfältigen verworren und endlich
ganz in Ketzer verwandelt würden, jene Leute auf den rechten
Weg zurückführen, den Urheber der gedachten Übersetzung
und seine Absicht ausforschen, auch sich erkundigen, ob die-
jenigen, welche sich ihrer bedienten, der apostolischen und ka-
tholischen Kirche ergeben wären «•). Dass es hier weniger auf
§• 4. 37) Epütola 141 (Eputolamm Innocentü III., ed. Steph. BalnuuB,
Pmris. 1C82. T. X. p. 432): Umyenifl Christi tarn in nrbe Metensi quam eins
dlocen constitis. — Sane sigiiificaYit nobis venerabilis firater noster Metenas
EpiseopuB per litteras suae, quod tarn in diocesi quam urbe Hetensi laicornm
et mulieram multitado non modlca tracta qnodammodo deoiderio scripturarum,
evangelia, epistolas Pauli, psalterium, moraUa lob et plures alioB libroB sibi
fedt in gallico sermone transferri, tnuislationi huiaamodi adeo libenter, nünam
autem et prndenter, intendens, ut secretis conventionibufl talia inter se laici
et mnliereB eructare praesumant, et sibi iavicem praedieare cet. Vgl. Tobiaa
Gottfried Hegelmaier, OeBchlcbte des BibelverbotB (Ulm 1783. 8?) S. 100—
134 und Schröckh, KirchengeBch. XXYIII. Th. S. 9—11.
38) EpiBtola 142 (Epistel. Innocentü III. T. I. p. 436): Inquiratis
etiam soUicite veritatem, quis fuerit auctor translationis iUius, quae intentio
4*
die Ketzer als auf die Bibel abgesehen war, lehrt der Erfolg.
Im J. 1200 schickte derselbe Papst einige Abte nach Metz, auf
deren Befehl nicht die Bibelleser, sondern die Bibelübersetzun-
gen verbrannt wurden *•).
Nicht etwa bloß der französischen Sprache widerfuhr dies
traurige Geschick, sondern überhaupt jeder nicht-lateinischen.
Der päpstliche Gesandte, Bischof Guido von Präneste, erließ
1202 bei einer Visitation der Hauptkirche zum heil. Lambert in
Löwen mehrere Bestimmungen, worunter denn auch folgende:
Alle Bücher in romanischer und deutscher Sprache, welche die
heil. Schrift betreffen, sollen dem Bischof eingehändigt werden,
und nur er mag nach seinem Gutdünken zurückgeben, was er
will «).
Im Jahre 1210, nachdem das Concil zu Paris die Lehren
des Amalrich von Bena (f 1205) verdanmit hatte, erließ der
Erzbischof von Sens, Petrus de Corbolio *"), ein Beeret, worin
befohlen wurde, alle theologischen Schriften in romanischer
Sprache, nur mit Ausnahme der Heiligenlegenden, den Diöce-
sanbischöfen einzuliefern.
traDsferentiB, quae fides utentium, qnae causa docendi, si sedem apostolicam
et catholicam ecciesiam venerentar, ut super his et aliis quae necessaiia sunt
ad indagandam plenius veritatem per litteras vestras sufficienter instructi, quid
statui debeat melius intelligere debeamus.
§. 4. 39) Alberici Monachi Trium Fontium Chronicon (ed. a G. G. Leibni-
tio, Hanov. 1698. 4? und in dessen Accessiones Eist T. II.) p. 420. 421 ad
a. 1200: Item in nrbe Metensi puUulante secta qnae dicitur Waldensinm di-
recti sunt quidam Abbates ad praedicandum, qui quosdam libros de Latino in
Bomanum versos combusserunt et praedictam sectam ezstiipaverunt. Aucb in
Bouquet, Recueil XVIII, 763. Schröckh, Kirchengescb. XXYIII. Tb. S. 11
belegt dies Ereigniss nur durch Jac. Usserii Historia dogmatica controversiae
inter Orthodoxos et Pontificios de Scripturis et Sacris vemaculis (Lond. 1690. 4?)
p. 161.
40) Guido Praenestinus Episcopus et Sedis Apostolicae Legatus visitat
et reformat Cathedralem Ecciesiam 8. Lamberti Leodii anno 1202. Miraei
opera diplomatica et historica, ed. II. T. I. p. 565 : Omnes libri Romane vel
Teuthonice scripti de divinis scripturis in manus tradantur Episcopi et xpse
quos reddendos Tiderit reddat.
41) Martene, Thesaurus novus anecdotorum IV, 165. De libris theo-
logicis scriptis in Romano praecipimus, quod episcopis dioecesanis tradantur,
et Credo in Deum et Pater noster in Romano praeter vitas sanctorum. Et
hoc infra Purificationem, quia apud quem inveniuntur pro haeretico habebitur.
Vgl. Ch. U. Hahn, Geschichte der Ketzer im Mittelalter III, 176. 351.
63
Und dennoch konnte unter dem Vorsitze desselben Lmocen-
tins m. in der vierten Kirchenversammlnng im Lateran im J. 1215
ein Beschluss gefasst werden, als ob der Gebrauch der Mutter-
sprache bei den kirchlichen Handlungen so etwas ganz natür-
liches wäre, was sich so eigentlich von selbst verstünde: Weil
in mehreren Bezirken innerhalb einer Stadt oder eines Kirch-
sprengelsy heißt es im 9. Canon , gemischte Einwohner leben,
welche bei der Verschiedenheit der Sprache einerlei fieligion,
aber verschiedene Gebräuche imd Sitten haben, so befehlen wir,
dass die geistlichen Vorsteher solcher Städte und Elirchsprengel
für geschickte Leute sorgen, die nach der Verschiedenheit der
Gebräuche und Sprachen das heilige Amt verrichten und die
Sacramente versehen, und so durch Wort und Beispiel zugleich
unterrichten **).
Durch die päpstlichen Verbote waren jedoch die religiösen
Bestrebungen der Waldenser nicht erstickt worden; sie fanden
nur noch mehr Anhänger, welche sich nun innner weiter von
den Satzimgen imd Bräuchen der herrschenden Kirche entfern-
ten. So entstand denn im Süden Frankreichs jene Secte der
Catharer oder, wie sie jetzt noch häufiger heißen, Albigenser.
Im Jahre 1208 ließ Innocentius IH. gegen sie durch Arnold von
Citeaux einen Kreuzzug predigen, und es begann schon im fol-
genden Jahre der grausame blutige Albigenserkrieg. Der päpst-
liche Stuhl, immer erfindungsreich, wo es sich um Erhaltung
seines Ansehns und Ausbreitung seiner Macht und Bechte han-
delte, hatte eine Anstalt ins Leben gerufen, welche alle Ketze-
reien ausrotten sollte, und bald auch mit den scheußlichsten
Mitteln, mit Feuer und Schwert dazu bereit war: die Inquisition.
Aus den Schriften der Inquisitionen erfahren wir alles Verdam-
menswerthe der ketzerischen Lehren. Auch hier begegnen wir
wieder jener Angst vor dem Gebrauche der Landessprache zu
§. 4. 42) Concilium Latenmease IV. ab a. 1215. (Concil. Maui T. XXII.
p. 998) can. 9 de diverais ritibiu in eadem fide: Qaoniaiu in plerisqne par-
taboB intra eamdem ciTitatem atqne dioecesim pennixti sunt popnfi direnanim
lingnaram» habentos snb nna fide yario« ritiu et mores: disüicte praeoipiinng,
ut ponÜficea hmnamodi civitatam siye dioecesom prorideant vires idoneos, qai
secnndom diversitates ritanm et Ungnamm divina officia Ulis celebreat, et
ecclesiaBtica sacrame&ta ministrent, instniendo eos verbo paiiter et exemplo.
Prohibemus antem omnino, ne nna eademqne civitas sive dioecesis diverses
pontifices habeat, tanqnam onnm corpus diversa capita, quasi monstrum.
64
kirchlichen und religiösen Zwecken: es ward für ketzerisch und
somit strafwürdig gehalten, in nicht-lateinischer Sprache zu pre-
digen, kirchliche Handlungen zu verrichten, nicht-lateinische
religiöse Bücher zu lesen, ja sogar nur zu besitzen. Der Pseudo-
Reinerius ^') berichtet von den Ketzern: Femer, dass ein latei-
nisches Gebet nichts nütze. Femer was irgend gepredigt wird,
und sich durch die Bibel nicht beweisen lasse, halten sie f&r
Märchen. Femer sagen sie, die heilige Schrift habe dieselbe
Wirkung in der Landessprache als im Lateinischen. Weshalb
sie auch die Landessprache zu kirchlichen Handlungen gebrau-
chen. Femer wissen sie den Text des neuen Testamentes und
einen großen Theil des alten in der Landessprache auswendig.
Aber so wenig die Beschlüsse von Tours und Mainz ^) und
andere des IX. Jahrhunderts in Betreff der Muttersprache später
befolgt wurden, so brauchten ja auch die Beschlüsse des Late-
ranconcils vom Jahre 1215 nicht ausgeföhrt zu werden, wenn
sie nun einmal sich nicht practisch für die Absichten des päpst-
lichen Stuhles bewährten.
Die Bibel war und blieb verboten ; die lateinische Sprache
war und blieb im vollen Besitze ihrer verjährten Rechte, und
der Clerus stand sich bei beiden Dingen gut. Was helfen über-
haupt Befehle, wo man von einer andern Gesinnung des Befehl-,
gebers sich überzeugt halten darf? Bald nach dem Tode jenes
Papstes, zur Zeit seines zweiten Nachfolgers, Gregorius des IX.
im Jahre 1229 beschloss die Synode zu Toulouse, Laien sollten
weder das alte noch das neue Testament haben, es sei denn,
dass sie aus Andacht das Psalmenbuch, oder einen Auszug der
öffentlichen Liturgie, oder die Gesänge und Gebete an die hei-
lige Jungfrau besitzen wollten; aber sie untersagte auf das
§.4. 43) Die vielfttch erweiterte Samma Reinerii de Oatharis et Leonistis
sea Paaperibxu de Lugduno in Maxima Bibl. Patram XXV, 262 sqq. Vgl.
Oieselor KirchengeBch. 4. Aufl. II, 2, 613. Item, quod latina oratio laicis non
prosit. — Item quidqoid praedicatur, quod per textam Bibtiae non probatnr,
pro fabali« habont« Item dicuut, quod sacra scriptura eondem effectam habeat
in vulgari quem in latino. Unde etiam conficiunt In vnlgari et dant eacra-
menta. Item Testamenti novi teztum et magnam partem veteris vnlgariter
sciunt corde.
44) Z. B. Concil. Mog. 813. can. 26. 46. ap. Mansi T. XIV. col. 72.
74. — Conc. Tnron. 813. can. 17. ap. Maosi ib. col. 86, wiederholt Conc.
Mog. 847. can. 2. ib. 903.
55
Strengste y dasa selbst diese Bücher jemandem in die Landes-
sprache übersetzt verstattet werden sollten«^).
Die Synode von Beziers 1246 nahm diesen Canon in ihre
Beschlüsse mit auf««); die aber von Tarragona im Jahr 1234
wiederholte ihn mit dem Zusätze: wenn Jemand diese Bücher,
Übersetzungen des alten und neuen Testaments hat, so soll er
sie binnen 8 Tagen, von der Zeit der Bekanntmachung dieses
Beschlusses an, dem Bischof des Ortes ausliefern zum Verbren-
nen; thut er das nicht, sei er Geistlicher oder Laie, so soll er
für verdächtig der Ketzerei, bis er sich reinigt, betrachtet wer-
den «'). Zu derselben Zeit des Papstes Gregorius IX. im Jahr
1231 hielt Theodorich 11., Erzbischof von Trier, eine Diöcesan-
Synode gegen vermeintliche Ketzer; gleich zu Anfange des
Actenstückes heißt es: Und mehrere gehörten jener Secte an
und viele unter ihnen waren unterrichtet aus der heiligen Schrift,
die sie ins Deutsche übersetzt besaßen ^>).
§. 4. 45) Conciliom ToloBanmii 1229. (Concil. Manfii T. XXIII. col. 197)
can. 14: Ne laici habeant libros scripturae, praeter psalteriom, et divinum
officium, at eos libros ne habeant in vulg^ari lingna. Prohibemus etiam, ne
libros yeteris testamenti aut novi, laici permittantur habere, nisi forte psalte-
rium Tel breviarium pro divinis officiis aut horas beatae Mariae aliquis ex
devotione habere velit. Sed ne praemissos libros habeant in rul^ari transla-
tos, arctissime inhibemus. — Schröckh, Kirchengesch. XXVIII. Th. S. 9 führt
ein falsches Jahr an, n&mlich 1129 statt 1229. Hegelmaier, Gesch. des Bibel-
▼erbots S. 136 lässt irrig diesen Canon auf der Kirchenversammlung 2U Beziers
im Jahre 1233 wiederholen und bestätigen; andere Canones von Toulouse
kommen freilich abermals vor, nur nicht dieser.
46) Concilium Biterrense 1246 (Concil. Mansi T. XXIII. ool. 724):
— et de libris theologicis non tenendis etiam a laids in Latino, et neque ab
ipsis neque a clericis in vulgari, et de poenis contra praedictos cet.
47) Conventus Tarraconensis 1234. (Concil. Mansi T. XXIII. col. 329)
can. 2 : Item, statuitnr, ne aliquis libros veteres vel novi testamenti in Roma-
nico habeat Et si aliquis habeat, infra octo dies post publicationem huius-
modi constitutionis a tempore sententiae, tradat eos loci episeopo comburen-
dos; quod nisi fecerit, sive dericus fuerit sive laicus, tamquam suspectus de
baeresi, quousque se purgaverit, habeatur.
48) Synodus Dioecesana Trevirensis 1231 (Harsheim, Conc« Oerm.
T. III. p. 639) : Adversus enascentes undique haereses. Anno Domini MCCXXXI
in ipsa dvitate Treviri tres esse scholas haereticorum deprehensum. Et plu-
res erant eomm sectae, et multi eorum instructi erant scripturis sanctiis, quas
habebant in Theutonicum translatas. Cf. Hontheim, Prodr. T. II. p. 796. Oesta
TreTiForom, ed. Wyttenbach et Miiller I. (1836.) p. 319. Auf diese deutschen
5(3
Was yermochten dagegen einzelne Stimmen frommer erleucii-
teter Männer? Gewiss Mancher war von dem hohen Werthe
der Bibel imd ihrem segensreichen Wirken auf das Leben über-
zeugt^ wenn er auch nicht so rein und imbefangen darüber
dachte y wie der Abt Ruprecht von Deuz (f 1135). Ruprecht
sagt: Mit der heiligen Schrift unbekannt sein^ heißt eben so
viel als Christum nicht kennen ^ ohne sie hat die menschliche
Seele keinen festen Stand, und wird von jedem Winde der Lehre
herumgetrieben *•)• Und an einer andern Stelle nennt er sie
eine Volksschrift, weil sie nicht wie die Werke des Plato hoch-
trabend an Worten, aber arm an Verstände, weniger verständ-
lich ist, oder in Winkeln leise spricht, sondern allen Völkern
vorgelegt ward und zu der ganzen Welt laut von dem Heile
aller Völker redet*«).
Was half's, dass einige Ordens- und Weltgeistliche durch
ihr eigenes Beispiel die hohe Bedeutung der Muttersprache ihren
Zeitgenossen darthaten? indem sie, wie Bruder Berthold *>),
Kotier scheint der Pseado-BeineriuB (Mazima Bibl. Patnun XXV, 262 ff.) hin-
zudeaten, wenn er p. 264 sagt: qnia novam et vettis testamentom transtale-
runt, et sie docent et discnnt. Audivi et vidi quendam msticnm idiotam,
qui lob recitavit de verbo ad verbiini, et plures qni totam novnm testamen-
tarn perfecte scivemnt. Femer (p. 273) ISsst er sie selbst reden: Bei uns
lehren Männer und Weiber, und wer nur sieben Tage ScbtUer ist, lehrt schon
den Andern; bei den Katholischen ist selten ein Lehrer, der drei Kapitel der
Bibel bnchstäblich aaswendig weiB- Bei uns aber ist selten ein Mann oder
eine Frau, welche das neue Testament nicht in der Landessprache herzusagen
vreiQ (qui teztum non sciat vulgariter recitaro).
§. 4. 49) Bupertus Tuitiensis in Joann. Üb. Y. cap. 6. (opp. Col. 1602. T. ü.
p. 276): Proinde recte dicimus, ignorationem Christi esse, quia videlicet abs-
que Scripturis, novi pariter ac veteris Testament!, impossibile est, hominis
aniinam stare, ut nullo circumferatnr vento doctrinae.
50) Bupertus Tuit. de operibus spiiitos sancti IIb. I. cap. 9 (opp. T. I.
p. 684): Dicuntur autem in illo psalmo scriptnrae populomm, quia non nt
Piatonis literae verbis grandisonae, sensibus pauperculae, paucis intelligibiles
sunt, vel in angulis susurrant, sed cunctis populis propositae sunt, et palam
omni mundo loquuntur de salute omnium gentium, quae in una gente condi-
tae sunt, in qua et prius absconditae fuerunt.
61) Bruder Berthold, der berühmteste Prediger seiner Zeit, wird seit
1260 oft von den damaligen Geschichtschreibem erwähnt; er starb zu Regens-
buig im Jahre 1272. Mehr über ihn die vortreffliche Rec. der Kling'schen
Ausg. seiner Predigten von Jac. Grimm, Wiener Jahrb. XXXII. Bd. (1825.)
57
durch ihre Predigten '*) unter freiem Himmel, auf Bergen und
aufwiesen, aller Orten das Volk begeisterten und erbauten;
sie fanden keine Nachahmer unter ihren Amtsbrüdem, und Bert-
holds Wunsch, den eindringlichen ketzerischen Liedern recht-
gläubige in der Landessprache entgegen zu dichten, blieb ohne
Eh*fuUung. Es war ein schändlicher Ketzer, sagt Berthold in
einer Predigt, der machte Lieder von Ketzerei und lehrte sie
die Kinder an der Straße, damit desto mehr Leute in Ketzerei
verfielen. Ich wollte halt gerne, dass man Lieder davon (von
den Irrthiimem der Ketzerei) sänge. Sind gute Meister hier,
die einen neuen Sang davon singen wollen, die mögen sich diese
sieben Worte (die von ihm angegebenen Kennzeichen der Ketze-
rei) gar wol merken; imd machet sie kurz und leicht verständ-
lich, dass sie jedes Kind wol lernen könne ^). Was halfen
S. 194^257. Oieseler Kirchengeecli. 4. Aufl. II, 2, 48Ö. Koberstein Gnind-
rios 4. Aafl. S. 286. 287. W. Wackerna^l Littentorg^esch. S. 824. 325.
§. 4. 52) S. die NachweisoDg^en in Kobentein Grundriss 4. Aufl. .8. 285.
W. Wackemagel Litteratnrgescfa. S. 323. Anm. 7.
53) Berthold, des Franciskaners deutsche Predigten, herausg'egeben
Ton Christian Friedrich Kling (Berlin 1824. 8?) S. 308: Ich wolte halt gerne,
da:; man lieder dftvon sünge. Ist iht gnoter melster hie, da:; sie niuwen sanc
dAron singen, die merken mir disin siben wort gar eben nnde machen lieder
dAvon; dft tnot ir an, nnde machet sie korze nnde ringe, dai; sie kinderlieb
(jedes Kind) wol gelemen mäge. wan 86 gelement sie die litite algemeine
din selben dinc nnde verge:;;;ent ir dester minner. K; was ein yerworhter
ketzer, der mähte lieder von ketzerte nnde lörte sie din kint an der strA:;e,
da:; der Hute dester m^r in ketzerie vielen. Unde darumbe saehe ich gerne,
da:; man diu lieder von in sünge. — Berthold hatte hier wol den Tractatos
de haeresi panpemm de Lugduno im Sinne. Dieser Tractat ist nach Franz
Pfeiffer (Haupt Zeitschr. IX, 55 ff.) wahrscheinlich von seinem Geführten,
Bmder David (f zu Angsbnrg 1271). Da hei8t es bei Bfartene (Thesanros
novQs anecd. T. Y.) col. 1781. Dociles inter aliquos complices et focnndos
docent verba evangelii et dieta apostolomm et sanctonim aliomm in rulgari
lingna eorde firmare, nt seiant et alios informare cet. Col. 1782. Omne
Stadium adhibent, ut multos seeum in errorem dedacaat. Puellas parvnlas
docent evangelia et epistolas, ut a pueritia consuescant errorem amplectL —
Bmder Berthold eiferte sehr gegen die Ketzer. Zu den Sünden des Mundes
(da:; sint die sunde von dem munde, Klostemenburger Hs., Altd. Bl&tter n,
120) rechnet er auch singen werltlichiu lieder, lesen tiutsche b&oh din
valsch sint unde unnüz, die stimm« trillieren sd man singen sol gotes
lop. Trotcdem aber erkannte er die Gebrechen der Kirche und seines Stan-
des, er woUte im Volke allgemeineren und bessern Unterricht in der christ-
58
femer die manchertei Bemühungen einzelner E^öster^ besonders
vom Orden des heiligen Benedictus, durch den mündlichen und
schriftlichen Gebrauch der deutschen Sprache nach wie vor zu
belehren und zu erbauen? Die Muttersprache ei*warb sich auch
durch diese einzelne Pflege keinen näheren Antheil an den got-
tesdienstlichen Handlungen, uiid blieb sogar da ausgeschlossen,
wo weder Priester noch Laie em lateinisches Wort verstanden.
Während nun so die Geistlichkeit durch eigene unverant-
wortliche Schuld sich alles Einflusses auf die Bildung des Vol-
kes beraubte, selbst zu sittenlos und geistig verwahrlost war,
als dass sie noch femer der Erziehung für die Kirche und den
Staat hätte vorstehen können, während sie aller Weltlust nach-
hing, [^ch nichts versagen zu dürfen glaubte, was den Laien
erlaubt war oder nachgesehen ward, während sie selbst uner-
leuchtet nur Nacht und Finstemiss verbreiten konnte und wollte,
sich für nichts thätig und regsam zeigte als für ihr ruchloses
Wohlleben, ihre verwünschte Ruhe und Bequemlichkeit, — da
setzte sich der lang bevormundete, verachtete, unterdrückte
Laienstand in vollen Besitz aller Cultur und Bildung, imd eine
allgemeine weltliche Stimmung ward die vorherrschende Rich-
tung aller Gemüther. Die vielen Kämpfe der weltlichen Macht
unter den beiden Heinrichen, dem IV. imd V., gegen die geist-
liche hatten das Ansehen der Geistlichkeit geschwächt und die
Selbstständigkeit des deutschen Reichs und seiner Herrscher
aus schnöder Unterdrückung gerettet; diese Kämpfe erneuten
sich unter den Hohenstaufen und reizten mehr zur Partei gegen
als für den Papst und die Klerisei. Wie auf solche Weise das
lichien Religion. In einer seiner Predigten (Cod. pal. 24. Musmann, AbschwÖ-
mngsformeln S. 10. 11) sagt er deshalb: Dft soltü von kintlicher jogent den
glonben cristenliclies lebens gar nnde gar wol bevesten onde besteten in di-
nem berzen. Du solt in üzen lernen se tintscbe; die nngelSrten linte die
solnt den glouben in tiutsche lernen nnde die geldrten in bdchischem. E;^
selten des kindes toten da:^ kint den glouben unde da:; pater noster Idren, s6
c^ siben jfir alt würde, wan sie sints im schnldic, wan sie sin geistliche vater
unde m&ter. Sie sulnt sprechen ze stnem vater oder muter : Gerater, ir sult
mir minen toten da:; pater noster unde den glouben Idren, oder ir l&t in s&
mir gdn, sd löre ich e:;. Kunnent sie da^ Ave Maria darzft, da:; ist tu won-
dergflt. Ist aber da:; da:; kint sin tote niht Idret, sd soltft e:; selber Idren,
wan welih mensche viersehen jftr alt wirt unde kan e:; des pater noster niht,
man so! e^ an ein velt legen.'
59
politische Interesse erwachte und genährt ward, so verbreitete
sich durch die lebhaftere Theilnidime der Deutschen an den
Kreuzzügen ein kriegerischer, ritterlicher Sinn unter allen Stän-
den; die Lust an Abenteuern und das Schicksal manches glück-
lich heimkehrenden Kreuzfahrers lockte Ritter und Knechte in
das wunderbare Morgenland hinaus, und yermochte jetzt mehr,
als früher die päpstliche Verheißung von Vergebung der Sün-
den. Die mehrmaligen Römerzüge der Hohenstaufcn, das Glück
und Unglück der deutschen Heere in einem fremden fernen
Lande, ihr Leben unter einem milderen Himmel, in einer Natur
voll anderer Erscheinungen und Genüsse, alles das that auch
das Seinige, die Lust an weltlichen Dingen zu befriedigen und
zu nähren. Noch mehr aber wirkte daftir das Aufblühen des
deutschen Handels und Städtewesens. Die Höfe der Fürsten
und die Burgen der Ritter waren jetzt nicht mehr die einzigen
Sammelplätze aller Freuden und Genüsse, woran edle Geburt
und höhere Stellung in der Gesellschaft ein Vorrecht zu haben
glaubte; in den Ringmauern der Städte bildete sich bald ein
Stajad, der kräftig genug war, sich gegen Fürsten und Herren
zu behaupten, aber auch so empfanglich wie jene, für die Fülle
der mannigfaltigsten irdischen Güter.
Diese allgemeine Genusslust konnte der Kunst nicht ent-
behren. Die Poesie sollte das Leben verherrlichen, seine Freuden
erhöhen und die freundliche Begleiterin der Geselligkeit sein und
des öffentlichen Verkehrs. Dichten und singen ward bald die
edelste und würdigste Kunstübung des Laienstandes; ihr unter-
zogen sich Fürsten und Ritter, wie die Bürger in den Städten
und die überall Gabe begehrenden fahrenden Leute mit gleicher
Begeisterung, und obschon emige Dichter, die abhängiger von
der Gunst und dem Beifalle ihrer Zeitgenossen sein oder anderen
Beruf und andere Neigungen in sich fühlen mochten, poetische
Erzählungen verfassten, Lehrgedichte schrieben und Reimüber-
setzimgen des alten und neuen Testaments und lateinischer Ge^
Schichtswerke, so fand doch die Lyrik größere Pflege und Theil-
nahme; das weltliche Lied erfreute sich bald einer Höhe der
Vollendung, die für immer bewundert und nachempfunden wird.
Aber wie die meisten Dichter mit Vorliebe das eigentliche Lied
anbauten, so beseelte auch die meisten wiederum nur Eine Idee
über Alles, die weltliche Liebe, diese zarteste Blüthe des Bitter-
wesens und des ritterlichen Bürgerthums. Das geistliche Lied
60 _
wäre vielleicht ganz leer ausgegangen^ hätte sich nicht in dem
damaligen Christenglauben gleichzeitig eine religiöse Idee, ganz
parallel jener weltlichen, entwickelt: es war die alles auf Erden
und im Himmel ausschließende, zur schwärmerischen Liebe ge-
steigerte Verehrung der heil. Jungfrau Maria ^^). Die Phantasie,
die in weltlicher Eichtung unerschöpflich war im Loben und
Preisen des geliebten Gegenstandes, wusste sich in religiöser
Richtung gar nicht zu erschöpfen'^); sie schuf aus dem kirch-
lichen Begriffe von der ewigen Jungfräulichkeit und von einer
stets erfolgreichen Fürsprache bei Gott und Christo <•), ein Ideal
§.4. 54) Wie Frauenlob (▼. d. Hagen Bfiiines. lU, 158) singt: dd gotes
m2ter unde magt, din lop wirt nimmer mdr yoI simgen noch toI sagt —
Eine Oeacbickte dea Hariendienates, der Yerehmng der heiligen Jongfraii ist
nocli nicht vorhanden. Mancherlei Beiträge und Nachweisongen dazu finden
sich bereits in Schröckh Kirchengeschichte XXIII, 152 ff. XXYIH, 235—268.
Gieseler Kircheng. 4. Aufl. 11, 2, 467—478. » Sehr beachtenswerth ist auch
Bibliotheca Mariana ordine digesta, QoA Auetores, qui de Maria Deiparente
Yirg^ne scripsere, Cum recensione Operum, continentur. Auetore P. Hippoljto
Marraceio Lucensi. P. 1. 11. Romae 1648. 8? {Göttinger Bibl.) — Die Bilder
und Gleichnisse der deutschen Dichter des Mittelalters in Besug auf Maria
hat am besten susammengestellt Wilh. Grimm in seiner Ausgabe von Konrads
goldener Schmiede Vorr. S. XXII— LIII.
55) So singt Meister Baumeland (bei ▼. d. Hagen Minnes. II, 868):
Got, der aller wunder wunder wundert, der hAt sunderiich beeunder wunder
üii^gesundert, da;^ vor allem wunder michel vnmder ist. Sunder sünden schimele,
wundenere, got ob aller himel himele, du bist wunderbare, mitten, oben und
under, umbe unt durch dinen list, mit listen aller liste list verüste, dft nch
got reine in menschen yleisch vleischete, dA er mit listen sich vierzec wochen
rriste: s6 größer wunderliste ich nie gevreischete, da:; ein meit gebaere sünden
Tiie em kintj dcc^ ir vater wccre: sue;^u meit Marie, gotes flammen zunder
du mit wunder bist!
56) Darum singt Walther (Lachm. Ausg. S. 78, 82) von ihr:
Nu loben wir die stielten maget,
der ir sun niemer niht versaget.
si ist des muoter, der von helle uns Idste;
dai^ ist uns ein tr6st vor allem tröste,
dai; man dft ae himel ir willen tuet,
und (daselbst S. 6, 8):
wan Ane si kan niemen
hie noch dort genesen.
Wi4^ Walther dachte und sang, so in dieser Zeit auch andere ; vgl. Uhland
Waliher von der Vogelweide (Stuttg. a. Ttib. 1822. 8?) S. 147—149 und
61
aller weiblichen , menschlichen und englischen Tugenden und
Vollkommenheiten >*)y ein göttliches , ja übergöttUches Wesen,
ja den Inbegriff der heil. Dreifaltigkeit
Die Liebe der heil. Jungfrau zu allen denen, die eine reine
himmlische Liebe gegen sie hegen, die sich inbrünstig bittend
und flehend zu ihr wenden, Maria's Hülfe in Leiden und Ge-
fahren, ihre Erlösung der reuigen Sünder aus den Klauen des
Teufels xmd den Martern des Fegefeuers, das ganze Leben der
heil. Mutter imd ihre Wunder waren der Gegenstand poetischer
Andacht und Darstellung; die Mariendichtungen wurden bald
ein großes Feld der schönen Litteratur*«).
Diese Übereinstimmung geistlicher Poesie mit der welt-
lichen, so einladend sie für die Geistlichkeit auch war, konnte
jedoch die poetische Thätigkeit des Laien- und geistlichen Stan-
des nicht ausgleichen, es nahmen nur wenige Geistliche an dem
Peecheck in St&ndlia und Tzschlmer, Archiv für alte und neue Kirchen-
geschichte IV. Bd. S. 512—519.
§.4. 57) Z. B. Waliher (das. S. 36, 23):
du fiüetic flnot barmunge, tagende und aller güete.
Und 80 auch vielfältig in Prt>8a. Der Zeitgenosse Berthold's in Hoff-
mann, Fundgruben I. Th. S. 83, 21 ISsst sich also vernehmen :
8i ist diu, der wir alle unser ndt klagen sculen, wan von ir ist uns aUei;
unser heil komen, von ir bir wir alle geaalt under diu gotes kint; mit ir
helfe seul wir alle Tmser n6t überwinden, mit ir helfe müe^e wir alle komen
se der gnist des dwigen llbes. Swelech mennische ir in dirre werlde dienet
mit fli^e, dem ne mac niemer missegdn, wan des vorspreche ist si tegelich
vor ir trfttsun, unserm harren dem almeehtigen got.
58) Die bedeutendsten Mariendichtungen des Xm. Jahrhunderts sind:
Gottfrieds von Strasburg (Anfang des Xm. Jahrhunderts) Lobgesang, nur
unvollständig erhalten : wie ihn die Weingartener Hs. v. d. Hagen lüünnes. lU,
454-.459 enthält nur theilweise in der Pariser daselbst H, 266—276; der
Vollständigkeit näher gebracht tmd neu geordnet durch Haupt (94 Strophen!)
in dessen Zeitschrift lY, 514 — 548. — K9nr€ids von Würzburg (Basler von
Geburt, f 1287, s. W. Wackemagel Litteratorgesch. S. 110) Goldene Schmiede
(von Wilh. Grimm. Berlin, Kiemann 1840). — Eberhard von Saz, Dominicaner
(Ende des XTTT. Jahrhunderts), 20 zwölfzeilige Strophen bei v. d. Hagen
Ifinnes. I, 68—71. — Ein Ave Maria (fälschlich dem Konrad v. W. zuge-
schrieben, s. Koberstein Grondriss 4. Aufl. S. 265), 40 Strophen bei v. d. Hagen
lünnes. HI, 337—344. — Vgl. über die Mariendichttmgen des XU. und Xm.
Jahrhunderts W. Wackemagel, Ldtteratiirg. S. 161. 162 und Gödeke Mittel-
alter S. 112—156.
62
neuen Aufschwünge der lyrischen Poesie Theil^ und da auch
diese wenigen, wie Bruder Werner, Br, Philipp, Br. Eberhard
von Sax, Br. Johann Cruciger, und andere die Bedürfiiisse eines
deutschen religiösen Volksgesanges nicht fiihlen mochten oder
durften^'), so gingen weder ihre Lieder noch jene der weltlichen
Dichter in die öffentliche und häusliche Gottesverehrung über.
Alle ihre Lieder, so vollendet Form und Darstellung darin ist,
so genau sie den damaligen kirchlichen Begriffen entsprechen,
sind zu wenig volksmäßig, beinahe alle zu lang und weitschwei-
fig, zur erzählenden Gattung sich hinneigend^ meist wenig zum
musikalischen Vortrage geeignet und oft zu sehr Ergüsse sub-
jectiver frommer Stimmung und individueller Ansichten, dass sie
abo schon deshalb zu keinem allgemeinen kirchlichen Zwecke
benutzt werden keimten, wenn auch die Vorsteher der deutschen
Kirche darauf hätten Rücksicht nehmen wollen. Ein neuer Kir-
chengesang konnte sich also nicht gestalten, und das, was dafür
zu betrachten ist, stammte gewiss aus einer frühem Zeit her,
obschon es sich erst jetzt nachweisen lässt.
Als Ausnahme erscheint mir ein Marienlied, das wiewol
künstlich gebaut, doch sehr volksthümlich ist und deshalb früher
59) Überdem hatten sich unter diesen wenigen Dichtem der Klerisei
viele den weltlichen angeschlossen. Bost, Eirchherr (d. h. Pfarrer) an Barnen
sang Minnelieder (Minnesinger ▼. d. Hagen II, 131). In St. GaUen sang der
Abt selbst TagUeder und seine Umgebong war gewiss eben so weltlich siog-
lustig wie er. Hugo von Trimberg im Renner 68* (gedichtet 1300):
wem solte da:; niht wol gevallen,
d&; ein apte von Sant GaUen
tacUet machte sd rechte schoene,
da;; Sant GaUe sd hoch gedoene
durch werlüich Sre. nie gesanc?
des hab sin apt iemer danc,
da:; man d4bi gedenke sin.
Abt Berthold von Falkenstein wird hier gewöhnlich gemeint; er kam
nach dem Schweiz. Goschichtforscher V. Bd. (1825) S. 48 im J. 1246 zur
Begierung imd starb 1271. W. Wackemagel Litteraturg. S. 240 nennt ihn
Wilhelm, Graf von Montfort. Docen erklärt in seinen Zusätzen zu den MisceU.
S. 22 die obigen letzten Worte also: d. h. dass man dabei an den heil.
Gallus sich erinnert, dessen Weise von der des Minnelieder dichtenden Prä-
laten so gar verschieden war. — Warum aber nicht ganz ernst zu nehmen?
St. Gallen, das Kloster, hat nie solchen welüicheu Gesang gesungen; dem
Abte gebührt der Dank, und seiner wollen wir uns dabei erinnern.
63
wol verbreiteter war und auch gesungen wurde. Es ist zwar
nur in einer spätem Aufzeichnung vorhanden^ stammt aber ge-
wiss aus diesem Zeiträume ^<^).
f Nr. 8.
Ave Maria.
1. Ave Maria, ein rose äne dorn!
mit misset&t hau ich verlorn
din kint daa^ von dir ist gebom:
Maria, versüen mich vor sinem zom!
2. Ave Maria! durch dines kindes tot,
da; vor dir hienc von blflte rdt:
hilf daa; ich der engel bröt
mit riuwen empfäch in tödes ndt!
3. Ave Maria! durch dines kindes blut,
des smerze dir durch din s^Ie w&t
als ein tiefe wäges vl&t:
hilf da; mir min ende werde g&t!
4. Ave Maria, vrowe unwandelbar!
sende mir den engel dar,
swenn ich von der weite var,
Maria, vor den boBsen vienden mich bewar !
Doch es ist schon erfreulich genug, dass in diesem sinnlich
gestimmten Jahrhundert der deutsche religiöse Volksgesang nie
aufgehört hat, und bei vielen kirchlichen Festen und gewissen
äußern wichtigen Veranlassungen zmr Volkssitte geworden zu
sein scheint; so finden sich denn in diesem Zeiträume Oster-
lieder, Pfingstlieder, Wallfahrts-, Schlacht- und SchiflFerlieder.
Das Osterlied: Christ ist erstanden, was noch heutiges Tages
in unsem Kirchen gesungen wird, war schon damab im XIII.
Jahrhundert ein wohlbekanntes Elirchenlied; gewiss ward es
schon damals hin und wieder der Liturgie einzelner EJrchen
einverleibt: so wird es ganz ausdrücklich erwähnt in einer gleich-
zeitigen Erläuterung der OsterfeierUchkeiten, handschriftlich zu
60) PgHs. 1476. kl. 4? Stuttgarter Bibliothek» sign. Brev. Nr. 12.
(Bl. UK) Bei Ph. Wckn. Nr. 121. Uhland Nr. 315.
64
Wien •'). Es scheint auch in den Osterspielen ein üblicher
Gesang gewesen zu sein, wie es eine ebenfalls gleichzeitige
Handschrift, ein Ludus paschalis, zu Kloster Neuburg darthut**).
Dies uralte y weit verbreitete: Christ ist erstanden , blieb
nicht ohne Nachbildungen; eine der Art, die ebenfalls durch
Einfachheit der Darstellung und durch minder streng beobachtete
Form dem Volksliede nahe steht, hat sich, wiewol in verderb-
tem Texte, erhalten. Reime, Wörter imd Wendungen lehren,
dass auch dies Lied noch dem XTTT. Jahrhundert angehört; ja,
man sollte fast glauben, es stamme aus noch früherer Zeit «>).
f Nr. 9.
Osterlied.
1. Christ ist erstanden
gewffirliche von dem tot,
von allen sinen banden
ist er erledigöt
Maria MagdalSnen
erschein er waarliche d6,
des geloupt siu du allea^ warnen
unde was der maere frö.
§. 4. 61) Im Wiener Codex Bec. 2287, fl. Denis, Codd. MSS. Theo!. Vol. II.
P. m. col. 2102.
62) Der Schlnss dieser HS. lautet: Et popolus nniversos iam certifi-
catos de Domino, cantor sie imponit: Christ der ist erstanden. Pez, Thes.
Anecd. noviss. Diss. isag. in Tom. IE. p. LIII. In einer spätem HS. über die
Osterfeierlichkeiten sn Kloster Nenborg, abgednxckt in Franz Kurz, Österreich
unter Albrecht IV. (II. Th. S. 425^-427) sind diese deutschen Worte wegge-
lassen, woraus jedoch nicht folgt, dass sie nicht gesungen worden sind, weil
diese handschr. Bestimmungen sich nur auf die Klostergeistlichen beziehen.
68) Es steht als ein „Altes Osterlied^ hinter der Ers&hlung vom ver-
liebten Pfaffen S. 23. 24, aus einer Handschr. des XY. Jahrhunderts; die sehr
schlechte Schreibung ginge noch an, wenn nur nicht der Text so sehr ver-
derbt wäre. Ich habe mit gro6er Vorsicht die ersten zehn Strophe;i herzu-
stellen gesucht, ohne nur irgend jemandem damit Torzugreifen,
der es besser machen kann. Der ▼erliebte Pfaff bildet einen Anhang
SU der seltenen Sdirift: Der Undeutsche Catholik oder Historischer Bericht
▼on der allzu großen Nachlässigkeit der Römisch - Catholischen, insonderheit
unter der Clerisey der Jesuiten, in Verbesserung der deutschen Sprache und
Poesie von Megalissus (Georg Litzel, geb. 1694, f 1761). Jena 1781. 8«.
Die meisten der nachfolgenden Strophen sind minder poetisch, einige zu sehr
▼erderbt, und die beiden letzten, die 18. und 19., offenbar aus späterer Zeit.
2. Fruo an idmem morgen
an dem dstertac
sin wolte niemanne bergen
der gewonheit der man pflac:
Maria reine unde guote
llet zuo üf die vart,
ir herze unde ir gemuote
was n&ch dem harren zart.
3. Von aromatön ein salbe
bereitte siu ze hant,
sie wolten allenthalben
salben den heilant,
als man dö dete
in der alten 3,
sie suochten in genöte,
nach im was in gar w@.
4. Dö sie nü ftf der vart wÄren,
dö sprächen sie also:
wie Süllen wir gebären?
sie sprächen aber dö:
wer sol uns danne legen
den stein von deme grap?
wir mtigen in niht erwogen.
grÖ5 was ir migemach.
5. Dö sie begunden nähen
ze dem grabe hin dan,
mit ir ougen sie sähen
einen jungen man,
in wtjen kleidem ein bilde
stolz unde minneklich,
diu varwe dAhte sie wilde,
sie träten hinder sich.
6. Von schricke unde von verebten
den frouwen da; geschach,
mit senften süe^en werten
der engel zuo zin sprach:
lät iuwer vorcht under wegen,
ir lieben frouwen zart,
Jesus der küene degen
der ist erstanden zart.
5
66
7. Nu gßt her zuo, ir frouwen,
gar äne alle schäm,
ich wil iuch l&^en schouwen
da; tuoch d& sin lichnam
zärtliche in wart gewunden
und in da; grap geleit.
zuo den selben stunden
huop er üf da; kleit.
8. Sehet, ir lieben frouwen,
diu kleider hie unde dft,
er wil sich lä;en schouwen
ze Galileä.
des sült ir niht gedagen,
sprach der engel do,
sin urstende froeliche sagen
den jungem unde Petrd.
9. Von inbrünstiger minnen
ir herze dd enbran,
ü;an unde innen
weinen siu began
n&ch Jeßus ir drüte,
der ir enzücket was,
dicke stille und überl&te,
ir ougen wurden na;.
10. Recht als ein garten«re
begegenet ir ein man,
siu frftget in der msere :
war h&st& in get&n?
da; soM mir nü sagen,
yil lieber hdrre min,
war hästA in getragen?
da; dd sselic müe;est sin.
Des alten Pfingstliedes : Nun bitten wir den heiligen Geist,
das auch noch bis auf den heutigen Tag gesungen wird, ge-
denkt schon Bruder Berthold in einer seiner Predigten") als
§.4. 64) Berthold von Kling 8. 229: Waent ir htochaft, da^ der kyrlewe
doroh gestüppe erd&ht al, der dA spricbet?
f Ar. 10. Nü bUen toir den heiligen geist
umbe den rehten glottben aüermeitt,
67
eines damals^ in der Mitte des XUI. Jalirhunderts gangbaren
geistlichen Liedes: Glaubt, ihr Vornehmen, dass dies Kirchen-
lied so um Nichts willen erdacht sei, das da sprichet:
f Nr. 10.
Nun bitten wir den heiligen Geist
um den rechten Glauben allermeist,
dass er uns behüte an unserm Ende,
wenn wir heim sollen fahren aus diesem Elende.
Kyrieleis •*).
Es ist sehr ein nützlicher Sang; ihr sollt ihn je länger je lieber
singen und sollt ihn alle mit ganzer Andacht und mit innigem
Herzen zu Gott empor singen und rufen. Es war sehr ein guter
Fund und ein nützlicher Fund, und es war ein weiser Mann,
der das Lied gedichtet hat.
Außer diesen Oster- und Pfingstliedeni und anderen, die
regelmäßig an bestimmten hohen Festtagen gesungen wurden,
wusste das Volk gewiss noch manche, die es auf Bittgängen ••)
und Wallfahrten zu singen pflegte. Die Lieder der Kreuzfah-
rer ins gelobte Land (gewöhnlich kriuzeliet genannt) gehören
wol nicht hieher; sie sind mehr Herzenserguss einzelner pil-
genxder Dichter«'). Die Lieder der Wallfahrer nach Rom schei-
dtti^ er uns behüete an wuerm ende,
86 wir heim eubi vom ü^ disem eilende.
Kyrieleis.
E;^ ut gar ein nüx satio, ir snlt e:^ iemer dester gemer singfen imde snlt
e;; aUe mit g^anser andAht iinde mit innigem herzen hin ze gote singen nnde
Wlfen. E2^ was gar ein gftt fünt nnde ein näzer fnnt, nnde er was ein wiser
man der da:; selbe liet von drste vant
§. 4. 65) Es kommt aoch als selbständiger Ausruf vor. In der Erzählung
von eime trunken bfiben (Altdeutsche Dichtungen von Meyer und Moojer S. 78)
heißt es :
s6 klagt er ie sin ungemach,
er sprach: kyrieleis, chxiste leise I
ach ich anner weise!
66) Ob schon im XIII. Jahrhundert ruof in der Bedeutung Bittlied zu
den Heiligen vorkommt? Die Commemoratio vivonim schließt mit den Wor-
ten: unde hebet iuwem ruof: H. ih hAn alle mine ndt, und die Commem.
deAmctorum mit den Worten: unde hebet iowem ruof: Nu empfelhen wir
die s.; s. Fundgr. I. Th. 8. 113. 114.
67) Wie diese darüber dachten und was sie dabei empfanden, sucht
Pescheck durch Auszüge aus derMane88.SammL zu zeigen in Stäudlinu. Tzschir*
5*
68
nen dagegen wirkliche Volkslieder gewesen zu sein. Diese
Wallfahrten wiederholten sich jährlich und waren besonders im
Xm. Jahrhundert in Deutschland sehr beliebt. Als der heil.
Franciscus im Jahr 1221 zur Ausbreitung seines Ordens den
zweiten Versuch einer Mission nach Deutschland machte , ließ
er durch den Bruder Elias auf dem Ordenscapitel die versam-
melten Mönche also anreden: Meine Brüder, es giebt eine ge-
wisse Gegend, Deutschland genannt, worin Christen wohnen,
und recht fromme, welche, wie ihr wisst, oft in unser Land mit
langen Stäben und großen Stiefeln bei der heftigsten Sonnenhitze
im Schweiße badend pilgern und die Schwellen der Heiligen
besuchen und Loblieder Gott und seinen Heiligen singen *^).
Die Sitte vor, während und nach der Schlacht geistliche
Lieder zu singen, erhielt sich noch dies ganze Jahrhundert hin-
durch. In der Schlacht auf dem Marsfelde zwischen Ottocar
und Rudolf, den 26. August 1278, sang, wie Ottocar erzählt,
das deutsche Heer:
f Nr. 11.
SarU Mari, muoter unde meit,
al umriu not si dir gekleit.
ner, Archiv für Kirchengesch. V. Bd. S. 386—399. So ist s. B. Walthen Lied :
Vil sUezjB wäre mttine, (Lacliinaim 76, 22) fttr Kreuzfahrer, die eben auf-
brechen, gewiss bestimmt gewesen, wol aber schwerlich von ihnen gesangen
worden. Bei 77, 22 manc lop dem krinze erschillet: erloesen wir da; grapi
sollte man fast den Anfang eines wirklichen Krenzfahrerliedes Yermnihen.
Einen solchen hat ans Hugo von Trimbeig in seinem Renner, Ansg. des
Bamberger Vereins 10208 aufbewahrt. Hngo erzählt: Baiem hatten stark
gezecht nnd waren dann eingeschlafen:
Ein ander^ hftn ich euch vemomen,
da:; beir in ein stat w&ren komen
und lAgen in grdJ^er koste
bi einem starken süei^en moste.
dd die eins nahtes swinde sliefen,
in dem tronme ir zwdne riefen:
wol dan helde aber mer!
der küne kamt onch mit sinem her.
§.4. 68) L. Wadding, Annales Minorum T. II. (Romae 1732. fol.) p. 8:
Fratres, est quaedam regio Teatonia, in qua sunt homines Christiani et devoti,
qai, at scitis, saepe terram nostram cnm longis bacalis et largis ocreis sab
rapidissimo sole sadoribas aestoantes pertranseont ac limina Sanctoram visi-
tant, laades Deo et Sanctis eias decantando.
69
und das böhmische Heer:
Hospodync pomiluy ny*«).
§.4. 0)9) Ottocar (Pez, Scriptt. T. III. col. 149):
mit einer stiinmo großen
der biflchof von Basel begau
disen rfif heben an:
8ant Mari müter unde nieit^
al unsriu not si dir gekUit.
die beheim onch riefen so:
gospodina pomiloido.
dA mite die pfaffen fdrder riten,
rufes wart dA niht vermiten :
heim üf! heim üf!
dft mite k6men sie se hüf.
Anders berichtet Albertos Argentin. in seinem Chronicon (in Urstisii
Script. IX, 102) : Appropinquantibus autem timorose et paulatim exercitibns ad
conflictum, Rudolfos de Rheno miles Basiliensis sonora voce cantavit quod
per ambos exercitus audiebator: domina sancta Maria, domina aaneta, quod
tempore litaniae mstici cantant. — Es ist aber doch nur dasselbe Lied ge-
meint, ein deutsches, das die Landlente ssur Zeit der Bittfahrten in der
Krenzwoche sangen.
Noch Jahrhunderte später war dies Lied in Deutschland bekannt. Fürst
Georg zu Anhalt erwähnt es in seinen Predigten (Wittenberg 1555. fol.)
Bl. 291 b. unter den ganz abgöttischen Liedern; vgl. Rambach, Anthol. I. Bd.
S. 411. Das böhmische Lied stammt schon aus dem X. Jahrhundert und wird
gewöhnlich dem heil. Adalbert, zweiten Bischof von Prag, zugeschrieben;
8. Rosa boemica sive vita S. Woytiechi agnomine Adalberti labore Matth.
Boleluczky. Pragae 1668. 8"^ Nach einer Handschrift vom Jahre 1397
lautet es vollständig also:
Hospodyne pomiluy ny
Ihn Xpe pomyluy ny.
Ty spase wsseho mira
Spasyz ny y uslyss
Hospodyne hlassy nassye.
Day nam wssyem hospodyne
Zzizn a mir wzemi.
Krles Krles Krles.
Domine, miserere nostri,
Jesu Christe, miserere no.slri.
Tu Salvator totius mundi
Salva nos, et exaudi,
Dom ine, voces nostrns.
70
Dasselbe Lied wurde nach Ottoear von den deutschen Kreuz-
fahrern vor der Schlacht bei Acca 1291 gesungen '®) und bei
der Schlacht am Hasenbühel 2. Juli 1298 angestimmt '»). Nach
einem anderen Dichter sang man bei der letzten Schlacht:
In gotet namen varen wir '*).
Da nobifl Omnibus, Domine,
Saturitatem et pacem in terra.
Kyrie clciflon cet.
So in J. Dobrowsky, Gesch. der Böhmischen Sprache 2. Ausg. (Prag
1818. 8?) S. 77. Vgl. Bakowiecki prawda mska II, 211. 212. — Dies Lied
wurde SU aUen Zeiten häufig gesungen vom böhmischen Volke. Daneben gab
es noch andere Lieder, die bald eben so gut ein kirchliches Ansehen erlangten,
z. B. seit dem XIV. Jahrhundert das Lied auf den heil. Wenzel. Vgl. Hanka,
Starobyla skladanie, djl opozdeny p. 238. Möchte doch ein böhmischer Ge-
lehrte den vielfach zerstreuten Stoff zu einer Geschichte des böhmischen
Kirchenliedes sammeln und ausarbeiten! Adauct Voigt (Abhdl. einer Privat-
gesellschaft in Böhmen I. Bd. 1775. S. 200—221) behandelt mehr den Ge-
sang überhaupt, als das böhm. Lied. Ich mache bei dieser Gelegenheit auf-
merksam auf die von mir herausgeg. 4 böhm. Kirchenlieder aus dem Anfange
des Xy. Jahrhunderts in meiner Monatschrift von und für Schlesien 1829.
S. 742—749.
§ 4. 70) Ottoear 435 1".
die porten man entslö:;,
ein stimme lüte erd6^.
mit andAht sungen sie do
ein liet, da:; sprichet als6:
9€mt Mari m&^er tmde meity
unser n&t H dir gekleii,
71) dd hup der gotes capeUn
ein r&f mit lüter stimme an:
tant Mari müterl
diser rAf gftter
wirt selten geswigen von den heren,
swenne sie zesamene k^ren
mit heim verbunden.
72) S. die Bruchstücke in HaupVs Zeitschrift III, 7—27. Vers 176 ff.
die schar unt die banieren
begunden sich rottieren,
tambüren slach, basünen schal,
da:; her sich wegede über al
des il^zogens &ne wanc.
den leisen man zS velde sanc:
in gotes namen varen mr.
71
Einen Eriegflleis anzustunmen^ war also im XIII. Jahrhmi'
dert wol allgemein. Ottocar erwähnt dieser Sitte noch zweimal *^),
jedesmal aber gebraucht er för das sonst übliche wicliot ruf.
Minder klar ist, bei welchem Anlasse das Lied: tool üfir
töten alle! gesungen wurde. Es findet sich sein Anfang zuerst
im jungem Titurel '*) und dann in der zweiten Hälfte des XIV.
Jahrhunderts in Suchenwirt's Gedichte vom jüngsten Tage ").
So scheint es auch um diese Z§it Sitte geworden zu sein,
zu Schiffe das Lied:
Li gotes namen raren wir ^^)
zu singen, was später besonders bei Pilgerfahrten und Bittgän-
gen ebenfalls häufig angewendet wurde; es ließ sich früher nur
§.4. 73) 537*>*. ein sendleicli (nc, ob sonelich?) gesanc
hfibeiu mit dem kirieleis. cet.
d sie den r&f volle sangen,
dö k6men sie gednmgen
seinander mit einem std:;.
495^. die schätzen man für scbfif,
ir ietweder den ruf
hüben an xmd sangen.
Das Wort leite war übrigens doch wol fortwährend noch im Gebrauch, z. B.
Berthold von Kling S. 229. Reinhart von Grimm S. 304. Daneben kommen
auch folgende Znsammensetzangen vor: ir kiinic den jdmerleU rief, LivlEndische
Chronik von Franz Pfeiffer (Stuttg. 1844.) Vers 1603. — er singet dir ein
heierlea ( : des), Laßberg Liedersaal III, 643. — die (meit) sach ich den hei-
gerleU schdne springen, Minnesinger von v. d. Hagen III, 189^.
74) 434, alter Drack 1477. Bl. 22«. Sp. 1.
Vier engel üf den esten
il^en an dem ende
dft standen &n gebresten.
von golt ein hom iegelicher in einer hende
beten unde bliesen dA mit schalle
nnde winkten mit der andern hant
recht in der wise : wol üf ir t&ten alle !
75) Primisser's Ansg. XLII, 96.
plftsent auf die hom:
wol auf ir tSten^ des ist zeit!
76) Tristan von Gottfried von Straßbarg 1 1536 (v. d. Hagen I. Th. S. 1 59) :
mit höher stimme haobens an
ande sangen eine^ nnt zwir:
in gotes namen varen leir.
72
dieser Anfimg nachweisen. Das im XV. Jahrhundert viel gesun-
gene Lied gleiches Anfanges hat mit diesem wol weiter nichts
als den Anfang gemein. In der Wiener Meerfahrt singen die
trunkenen Bürger auf ihrer Laube^ die sie für ein Seeschiff an-
sehen, plötzlich ihren Schifferleis:
In gotes namen vare wir").
Dieser alte Leis, oder richtiger: Leich, ist uns in einer alten
Handschrift noch erhalten worden.
f Nr. 12.
In gotes namen vare wii*,
siner gnaden gere wir.
nü helfe uns diu gotes kraft
und da; heilige grap,
dk got selber inne lac.
Kyrieleis.
Sanctus Petrus der ist gAt,
der uns vil siner gn&den tat:
da; gebiutet im diu gotes stimme.
froelichen vare wir:
nü hilf uns edle Marjä zä dir. Etc.
froelichen unverzeit,
nü hilf uns Marjä reine meit
Sanctus PStrus won uns bi
swenne wir sullen sterben,
mache uns aller Sünden frt
und lä;e uns niht verderben.
§. 4. 77) Wiener mervart 273 ff. (Colocz. Codex S. 62) :
von des wines süei^ekeit
worden sie sd gar gemeit,
ande des mnotes alsd yrd,
daij; sie w&nden alle dd,
sie waeren iezno an dem mer.
sie liei^en allen herzen sSr,
nnde sungen vil schöne
in einem lüten done
üf der lonben offenbar
ir leisen da; ist w&r:
in gotes namen vare tcir.
73
vor dem tiavel uns bewar,
reiniu meit Marj^
und Tüer uns an der engel schar I
so singe wir alleluia.
Alleluia singe wir
dem werden got von himelrieh,
da; er uns mit sinen engein kroene.
Kyrieleis christeleis.
so helfe uns der heilige geist
und der heilige Crist,
der aller werlte ein vater ist. Etc.
Münchener Cod. germ. Nr. 44i. Pp. 4? vom Jahre 1422. (Mittheil, von
Dr. Georg Bcherer und Dr. F. Zamcke).
§. 5.
Vierzehntes Jahrhundert.
Die fröhliche sangreiche Zeit verlor sich allmählig in Deutsch-
land. Schon das lange Zwischenreich und die vielen Kämpfe
Rudolfs mit seinen Gegnern hatten das ruhige genussvolle Leben
erschüttert. Die darauf folgenden Ereignisse, die Uneinigkeit
im deutschen Reiche und in der Kirche, die wiederholten päpst-
lichen BannbuUen gegen Ludwig den Baiem brachten noch mehr
Ernst imd Trauer in alle Lebensverhältnisse. Deutschland stand
unter dem Literdict, die Geistlichkeit stritt theils für den Kai-
ser, theils für den Papst: in Rohheit und Sittenlosigkeit schien
ein Stand den andern übertreflFen zu wollen. Im Süden bildeten
sich Bündnisse unter dem Adel gegen die wachsende Macht der
Städte, und diese vereinten sich wiederum gegen die Bedrückung
imd Anmaßung des Adels. Die Poesie, die sich vorher einer
so allgemeinen Pflege und Theilnahme zu erfreuen hatte, ward
nur meist noch zunftartig geübt, von Handwerkern in den Städ-
ten und dem armen fahrenden Volke *) ; der Adel und die Für-
sten bedurften ihrer nur höchstens zum Lobe und zur Verherr-
lichimg ihrer Thaten und ihres Namens*); Turniere und Jagden,
§. 6. 1) Vgl. W. Wackemagel Litteratorgesch. §. 74.
2) Docen in y. Hormayr^s Archiv 1821. 8. 214: In einer Reihe alfe-
deutscher Predigten ans dem XIY. Jahrhundert kommt bei der Analegimg dea
Baoma in dem Traume Daniela f. 78 unter andern vor: welche^ iat dia fracht
74
Fehden und Wegelagem waren ihnen viel edlere Beschäftigim'
gen. Im Norden Deutschlands aber, wo die Hansa alle übrigen
Interessen verschlang, zeigen sich nicht einmal Spuren von
Meistersängerschulen oder sonst gemeinschaftlicher Übung der
Poesie •).
Trauriger aber und wirklich schrecklich wurde der Zustand
Deutschlands um die ]tfjtte des XIV. Jahrhunderts. Die viel-
fachen Regengüsse und Überschwemmungen seit 1345 hatten an
vielen Orten Misswachs herbeigeführt, es folgte Theurung und
Hungersnoth und im Jahre 1348 gesellte sich zu diesen Leiden
die morgenländische Pest, welche sich vom Süden Deutschlands
bis in den Norden erstreckte und die volkreichsten Städte und
Gegenden menschenleer machte. Um dieselbe Zeit zogen Schaa-
ren von Laien umher als Büßende, geißelten sich, sangen geist-
liche Lieder, hörten unter sich Beichte ab und absolvierten sich
wechselseitig. Überall fanden diese Büßenden, die unter dem
Namen der Oeißler oder Flagellanten in der Kirchengeschichte
als eine besondere Secte aufgeführt werden, freimdliche Auf-
nahme, wo sie sich keine Ausschweifungen zu Schulden kom-
men ließen; die allgemeine ernste, oft fromme Stimmung der
Gemüther begünstigte ihre Verbreitung, und der Gebrauch deut-
scher religiöser Lieder erwarb ihnen Anhänger und Freunde
unter dem Volke. Ob das letztere nun auch die Geistlichkeit
bewog, Lieder in der Landessprache zu religiösem Gebrauche
für das Volk zu dichten? Durchaus nicht. Kein Geistlicher
dachte daran, den Ketzern entgegen rechtgläubige Lieder, wie
es einst Berthold wünschte, zu verfassen. Übrigens hörten die
Verketzerungs-Umtriebe der Geistlichen auch bald von selbst auf.
Wie viel hätte jetzt bei der wach gewordenen religiösen Stim-
mung des Volks die Geistlichkeit leisten können, wenn sie sich
eines so sehr vernachlässigten Theiles des Gottesdienstes, des
Kirchengesanges angenommen hätte ! Was würden sie nicht für
den deutschen Elirchengesang vermocht haben, die durch ihre
deutschen Predigten und Erbautmgsschriften so imgemein viel
wirkten! Männer wie Meister Eckard, Johannes Tauler, Hein-
rich Suso, Nicolaus von Straßburg, Nicolaus von Basel, Rudolf
auf dem pamn? Sich, da:; ist der sünder, der den spiUeuten gibt e;;:;en und
trinchen durch vreltleichen ruom, und da:; sie in dar umb lobent vor der weit.
§. 6. .H) Vgl. Jac. Grimm, Über den altdeutschen Meistergesang S. 129. 130.
75
Meerschwein u. a. Aber die hellste Einsicht von den M&ngehi
und Gebrechen der Kirche schien auch hier an dem Herkömm-
lichen zu scheitern; man predigte deutsch, man sang aber fort-
während lateinisch, und die Vulgata und die römische Liturgie
blieben in ihren verjährten von der Kirche geheiligten Vorrech-
ten trotz allem Nachtheile, den die religiöse Belehrung und Er-
ziehung des Volks dabei nehmen musste. Obschon in Baiem
u'gendwo laut einer Urkunde vom Jahre 1323 beim Gottesdienste
deutsch (?) gesungen wurde *), blieb doch ein so einzelnes Bei-
spiel ohne Nachahmung. Auch stand von der Geistlichkeit im
Allgemeinen nicht zu viel zu erwarten, da sie bei dem großen
Elende und Jammer doch sich zu sichern und ihren weltlichen
Sinn zu befiiedigen wusste. Wie im XTTT. Jahrhundert so san-
gen auch noch jetzt im XTV. Geistliche oft lieber weltliche Lie-
der als die Tagzeiten; sehr charakteristisch ist die Stelle, welche
Docen aus dem Buch der Natur 1349 mittheilt : Sie singen ihre
Tagzeiten nicht; wollte Gott, dass sie sie sprächen mit Andacht
und nicht weltliche Lieder sängen! So aber singt der eine den
Frauenlob, der andere den Mamer, der dritte den starken Poppe.
Der Poppen ist soviel worden, dass sie der Gotteshäuser Gut
und Ehre verpoppeln *).
§.5. 4) Ich habe diese Urkunde zwar nirgend finden können; Bambach
(Anthol. I. Bd. S. 381) führt sie nur an ans der Vorrede eines eu München
1782 erschienenen Buches: Betrachtung bei der Messe. — Das Buch selbst
findet sich, wie mir Herr Dr. Klose meldet, nicht in dem Rambach*schen
Kachlasse zu Hamburg und ist auch nach einer brieflichen Mittheilung des
Herrn Dr. Scherer nicht in der Münchener Bibliothek vorhanden. Die Sache
wird mir nach gerade sehr verdächtig.
6) Im Buch der Natur, handschriftlich zu München, Bl. 78. b. (Capitel
von dem Kapaun) : Die cappan sint ze nichtü nüz dann in die chuchein . . .
Dftvon sprach meister JordAn prediger ordens, sd got sein ie gedenk, in einer
pfaffenpredig, d& er rett ze den chdrhdrren und ze andern pfaffen : Sohne der
Schreiber wirt übergevnort als ein cappan, eift wühin? Triun an chein ander
stat danne in des tiufels chuchein. eik warumb ? triun dk singt er nicht und
ist unperhaft und ist unwercleich. Poi dem Schreiber verstd wir unser prae-
Uten und ander pfafiien, die sint unperhaft in geistleichen werchen, wan sie
machent nicht geistleichen chint (wolt got da:; sie der leipleichen auch nicht
machten!); sie singent ir tagzeit nicht; wolt got da;; sie sie spraechen mit
andAcht und süngen nicht werltleicher lieder! So singt der ein den Frauen-
lop, der ein den Mamer, der ein den starken Po]5pen. Der Poppen ist sd vil
worden, da; sie der gotsheuser guot und er verpoppelnt. Docen in v. Hör-
76
Zunächst begegnen wir wieder dem alten Piingstliede : Nun
bitten wir den heiligen Geist. In dem Spiele von der heiligen
Dorothea •), geschrieben 1340, kommt es gleich zu Anfange vor:
Nu singe wir alle disen leis:
Nu bite wir den heiligen geist etc.
et cantat omnis populus.
So auch in dem Spiel von der Himmelfahrt Maria '), ebenfalls
aus der Mitte des XIV. Jahrhunderts, geschrieben 1391.
unde singet: nü bit wir den heiligen geisl
umbe den rechten glauben aller meist.
Deinde pagani recedunt cantantes:
nü bit wir den heiligen geist,
ut supra.
In demselben Stücke singen die Heiden noch zwei andere
Lieder, die wahrscheinlich ursprünglich deutsche sind, denn die
Heiden werden von Laien dargestellt und diese singen immer
nur deutsche Lieder.
766. unde singet iuwer leise [also].
Deinde pagani recedunt cantantes:
nu ist diu werlt zu gote vil trö.
mayr's Archiv 1821. S. 214. Eiu anderer Text in Mone Anzeiger VIIT, 613.
lindert Poppen in hüben und verpoppehii in verbtiben. Vgl. W. Wackernagol
in Haupfs Zeitachrift VIII, 347. 348. — Dies Buch der Natur Oiber rerum)
ward aus dem Lateinischen des Thomas Cantipratensis im Jahre 1349 von
Konrad von Megenberg übersetzt, s. Hoffmann, Horae belg. P. I. p. 37 und
W. Wackemagel Litteraturgesch. S. 341. Anm. 86 — 90. und im XV. Jahrh.
mehrmals gedruckt, s. Hain, Bepert. Nr. 4040 — 4046. Konrad (geb. 1309)
war Domherr zu Regensburg und schrieb zwischen 1337 bis 1372 auch meh-
rere lateinische Werke; vgl. Fabricii Bibl. latina med. aet. Vol. I. p. 1172
— 1174, und Kobolt, Ergänz, und Bericht, zum Baier. Gel.-Lex. S. 56—59. —
Aus einer Ausgabe seines Buchs der Natur von 1499 auf der Breslauer Bibl.
fuge ich noch folgende hieher gehörige Stelle hinzu:
Ich sprich ouch, da;; der esel yomen d& er kranc ist ein kriuze treit üf
dem rücken j unde binden dft er die nieren treit, dk ist er starc; also tuon
wir üppigen pfaffen: dft wir da;; kriuze süllen tragen mit rasten unde mit
beten unde anderen götlichen dingen, dÄ sin wir leider kranc; aber dft wir
unkiusche und alle unvuor tragen dA sin wir starc.
§. 5. 6) Oedmckt in meinen Fundgruben 2, 284 ff.
7) Mone, Altteütsche Schauspiele, Quedlinb. 1841. S. 32. Vers 381 ff.
77
500. singet alle unde weset wol gemät:
Crist du bist milde unde gut ').
Et sie pagani recedunt cantantes:
Crisl du bist etc.
In einem Spiele von der Auferstehung Christi bei Mone •), ge-
sehrieben 1391, kommt am Schlüsse also vor:
unde singet alle geliche:
Crisl ist enstanden von himelriche etc.
Dennoch erhielten sich unter dem Volke durch Überlieferung
gewiss manche geistliche Lieder, die bei der häuslichen und
kirchlichen Andacht gesungen wurden. In Jeroschin's Chronik
des deutschen Ordens heißt es:
die leigin ir leise
sungen die wegereise '®) ;
und Hermann von Fritzlar in dem Leben der Heiligen, 1343 —
49, erzählt: Von des heiligen Nicolaus Zeichen will ich nicht
mehr sagen, denn es sind die Wände damit vollgemalt, und die
Blinden singen davon auf der Straße ").
Selbst das Wort Leise, was um diese Zeit sogar in den
nördlichsten Gegenden Deutschlands heimisch erscheint, spricht
für allgemeine Kenntniss und Verbreitung des deutschen geist-
lichen Volksgesanges. In den Gesetzen der Friesen, wahrschein-
lich erst um die Mitte des XTV. Jahrhundert niedergeschrieben,
heißt es : Sobald ihm der Brief in die Hand kam, da hub Mag-
nus einen Leisen an und sang: Christus ons nade, Kyrioleys ^^).
§. 5. 8) Mone hält dies Lied für Bearbeitung des Chrlste, qui lux es et dies.
9) Altteütsche Schauspiele S. 144. Vers 1187.
10) Nicolaus von Jereschin, Kapellan des Hochmeisters Dieterich von
Aldenburg, 1335—1341, schrieb eine Reimchronik des deutschen Ordens in
Preußen nach dem Peter von Dusburg; sie ward begonnen 1335 und ist über
26,000 Verse stark; s. Georg Christoph Pisanski, Entwurf der Preußischen
LitterSrgesch. S. 76-80.
Die obige Stelle steht in Frisch, Wörterb. I. Th. S. 224. c.
11) Cod. pal. 113. fol. 17. b.: Von stnen (Sancti Nicolai) zeichen wil
ich nicht md sagen, wan i; sin die wende vol gem< und die blinden Bin-
gens tf der strA2;en. Vgl. W. Qrimm, Heldensage S. 173.
12) Oude friesche wetten 1. stuk (Te Campen en Leeuwarden 1782. 4?)
bl. 120 : Aller aerst dae him dat breef in da band coem, dae hoef op Magnus
een leysa ende sangh : CTurütus onse nadey Kyrioleya,
78
Noch immer ward auch gesungen: Christ ist erstanden; in
Konrads Osterliede enthält die fünfte Strophe den Anfang also:
nü singet: Christus ist erstanden
wol Mute von des tödes banden.
Von neuen geistlichen Liedern, woran das XIV. Jahrhundert
vielleicht reicher war, als die beiden vorhergehenden, sind nur
einige in den Mund des Volkes übergegangen, und nur eins und
das andere hat sich als Kirchenlied die spätere Zeit hindurch
erhalten. Das merkwürdigste derselben ist das bekannte, du
Lenze gut etc., was ich liier vollständig nach dem besten
Texte und in hergestellter alter Schreibung folgen lasse.
f Nr. 13.
0 s t e r 1 i e d ").
1. Du lenze guot, des järes tiurste quarte,
zwar du bist manger lüste vol;
swa; creatär den winter fröuden sparte,
des h&st du sie ergezzet wol.
wan du bist linde und niht zA küele,
als ich wol an den winden vüele,
die jftrlanc also süe^ich wSn.
Swa; kelte hielt in ir getwanges zügele,
da^ ist nü ledig unde fri.
e; klimm, e; swimm, e; gS od habe flügele,
üa; swelher schepftmg da; e; si,
im luft, im wäg od euch üf erden,
da; selb bewiset mit geberden,
wie im so liebe si gesehen.
Diu sunne spilt in liechtem schin.
nü singet lieben vogellin,
ir sult dem schepfer lobes jSn.
§.5. 13) Hier nach HandBchriften mit Benatznng von Comer*8 Text. Eine
Leipziger Hs. (Uniyersitäts-Bibl. 1305. 4^ Pp.) ans der ersten Hälfte des XV.
Jahrhnnderts gewährt folgende Lesarten (nach Zamcke^s Mitth.): l, 2. aller
UUte — 2, 14. er n. in — 2, 17. der osHrliche tac — 3, 4. osterlampUn o.
— 8, 6. kan sterben — 6, 2, vnd singet manehir kelen clang — 5, 10. den
tooren got — 6, 13. frouden yar — 6, 14. der JmeeTU sal vorhiu fryheit han
— 5, 16. ricJies lehen. — Bemerkenswerth noch anderswo: 5, 4. zem wider-
geU — 5, 9. und nemi gtn heilig fleisch tvnd blut, — Ein schlechter Text nach
einem hdschr. Blatte in Idonna und Hermode 1813. S. 77. 78.
79
Vil h&t der lenze lost, swann wir; betrachten;
darzuo hat er euch einen tac^
wir alle mugen niht ȟx lop volachten,
der kristentuom sich fröuwen mac;
des Unterwelten tages wirde
suUe wir mit lobes girde
hoch heben tinde froelich stn.
Da; ist der tac, den uns got hat geschaffen,
an im sd sul wir fröude hto.
die leien sulen lernen von den pfaffen,
wie er sich wolte nennen län:
der krieche paschä in beschrtbet,
der Jude bi dem phäse blibet,
er nennt sich transitus latin;
Sd ist er in dem tiutschen lant
der heilig östertac genant,
an im so wante Adams pin«
Bis hochgelebter fröudentac gegrüejet,
gelobet st der iemermSr,
der dich mit siner dferstantniss süe;et:
Krist, österlemblin, opfer hSr,
sin tdt den unsem tdt tet sterben,
dann uns kumt, da; wir mugen erben
mit dir in dtnes yater rieh.
Walt, loup, sät, klS, gras unde bluomen
die wellent lieben sich zuo dir,
in fröuden siht man sie sich hiute ruomen,
Krist, üf din lop stSt al ir gir.
ich W£ßne ob sie künden sprechen,
an in en würd es niht gebrechen,
sie lobten dich, herre, alle gltch.
Du h&st gesiget in dem strtt,
der tödes vtlrst damider Itt,
stn grö; gewalt muo; geben wich.
Der an dem holz den menschen überliste,
am holz er überwunden wart,
des suln wir alle froeltch loben Kriste,
da; er uns buo;te valles schart.
80
dö S&thanas, schiu^licher scherge,
Christus gezemet hat dtn erge,
dö dir diu nacht roup großen nam.
Diu nacht erschein an künig Pharaonen,
dö in verslant da^ röte mer,
der Israölen er niht wolte schönen.
Krist löste da; gefangen her:
dö er der helle begunde nähen,
froelichen die altveter sahen,
daa^ er also gewaltic kam;
Des sie begerten, da; geschach:
der helle rigel er zerbrach,
und löste mangen mit Adam.
5. In fröuden grö; lät ir iuch hiute hoeren,
lät hellen mangen süe;en klanc,
ir lein in kirchen, ir pfaffen in den koeren,
en widerstrit si iur gesanc.
nü singet: Christus ist erstanden
wol hiute von des tödes banden,
darnach sult ir mit fli;e gän,
Ir sult iuch mit dem österlemblin sptsen
und trenket iuch mit s!me bluot,
den w&ren Krist sult ir mit lobe prisen,
da; er iu solhe güete tuot.
nü lobt den heilant, der iuch friet,
da; jubelj4r gar wit beschrtet,
wir suln vort möre frlheit hän.
Du lenze hast ein tiure; lön,
dich tiuret Elristes üferstön^
der uns entslfig den swaeren ban.
David Gregorius Corner, Abt des Benedictmerstifts Göttweig, theilte Text
nnd Melodie mit in seinem Gesangbuche von 1631, und fügte die Nachricht
hinzu, dass Eourad von Queinfixrt, Pfarrer zu Steinkirch am Qneü3, diesen alten
Ostergesang yerfasst habe und 1382 zu Löwenberg gestorben und daselbst in
der Kapelle des Franciscanerklosters begraben sei i^). Schon lange vor D. G.
§. 6. 14) Groß Catolisch Gesangbuch — Nürmberg 1631. S". (S. darüber
meine Nachrede zu Mich. Vehe's Gesangbüchlin S. 126) V. Th. Nr. 152.
S. 264: i,Ein altes Ostergesang, der Lentz oder Frühling genannt, welchen
Herr Conrad von Queinfurt, Pfarrer zn Stein-Kirchen am Queiß gemacht,
81
Corner, der übrigexu ein gebomer Schlesier war >&), wurde es hier anter dem
Volke gesnngen >*); Valentin Triller nahm es schon 1559 in sein christlich
so yerschieden zn Löwenberg in Schlesien anno 1382 liegt daselbst in der
Capeli des Klosters 8. Francisci begraben, nnd hat ihme selbst dieses Epita-
phium gemacht:
Christe, tnum mimum salvum facias et opimuni,
Condidit hie odas has voce lyraqao melodas.*'
(Flögel, Geschichte der Hofharren S. 55 beweist mit aus dieser Stelle, dass
sich manche Leute eine Ehre und ein Verdienst daraus gemacht haben, sich
Gottes und Christi Narren zu nennen.) In der dritten Ausgabe, deren Titel
also lautet:
Geistliche Nachtigal, Der Catholischen Teutschen. Das ist Auserlesene
CathoUsche Gesänge etc. Jetzo zum drittenmale Corrigiert, und ver-
bessert Durch David Gregorium Corner um. Wien 1649. 8?
findet sich unter Nr. CXXV. dasselbe Lied wieder S. 212, aber nur mit die-
ser Nachricht:
„Ein bekandtes Ostergesang der Lentz oder Früling genandt, welches
Herr Conrad von Queinfurt Pfanrherr zu Steiukirchen in Schlesien Anno
1283 gemacht, '^ wo die Jahreszahl doch nur ein Druckfehler ist.
Ich habe mich bemüht, von Löwenberg aus über Conrad's Leichenstein
Kunde zu erhalten. Ein achtbarer Gelehrter, der friiher lange dort lebte,
schreibt mir aber: „Es giebt in Löwenberg nur eine geschriebene Chronik
von Pätzold, die in der evangel. Schulbibliothek bewahrt wird; diese erwähnt
nichts vom Tode und Begräbniss des C. v. Q., als ehemaligen Pfarrers zu
Steinkirchen, in der St. Francisci Kapelle des dasigen Klosters. Die Kirche
selbst nebst ihren beiden Kapellen sind dem dritten Bataillon des 6ten Land-
wehr-Begiments zum Arsenal eingeräumt; daher wurde der feuchte Fußboden
ausgeschüttet und mit Quadern belegt, drei Denkmäler wurden abgebrochen
und an der Kirchhofmauer und an der dasigen Kirchenmauer von außen auf-
gestellt und befestiget; die Kirche selbst mit Kalk übertüncht, und alles Klö-
sterliche verwischt und vertilgt, so dass nichts Lesbares mehr aufzufinden ist**
Schon zur Zeit des 30jährigen Krieges hatte die Kirche viel gelitten, wie B.
G. Sutorius, Die Gesch. von Löwenberg II. Th. S. 310. 311, erzählt. Wir
müssen uns also wol für immer mit Comer^s Nachricht begnügen«
§.5. 15) S. meine Nachrede zu Vehe's Gesangbüchlin (Hannover, Carl
Bümpler 1853.) S. 126.
16) Es findet sich, wenig verschieden von dem mitgetheilten Texte,
in zwei Handschriften der Kön. und Univers.-Bibliothek zu Breslau: I. 8? 32.
Bl. 96<^ — 98l>. und I. 8? 113. Bl. 74« — 76K Die letztere enthält noch
mehrere lateinische und deutsche Lieder mit Musik, die Mher im Jungfrauen-
Stifte zu Liegnitz gesungen und gegen Ende des XV. Jahrhunderts gesammelt
wurden. Die andere Hs. ist gröBtentheils 1478 geschrieben und unser Lied
dürfte wol nicht später aufgezeichnet sein.
6
82
Bingebnch aof, jedoch hat er den Text gänzlich uingeftrbeitet nnd vielleicht
nnr die Melodie treu beibehalten i^).
Wie sich der Meistergesang mit seiner breiten künstliehen
Form in dem Liede: Du Lenze gut, zeigt , so machte er sich
auch seit der Mitte des XIV. Jahrhunderts in der geistlichen
Dichtung bald überall geltend. Mit der neuen Art zu dichten^
mit diesem zünftigen, bürgerlichen Meistergesänge erfolgte auch
ein Umschwung in der Tonkunst "). Die künstlichen Formen
des Liedes, wie sie in den Meistersingerschulen erfunden und
angewendet wurden, brauchten jedoch lange Zeit, bis sie eine
gewisse Volksthündichkeit erlangten. Erst im XV. Jahrhundert
waren sie ins Volk gedrungen und bestanden nun neben den ein-
fachen kurzstrophigen Leisen, die sich aus alter Zeit erhalten
hatten.
§.5. 17) Valentin TriUer, geb. zu Gnrao, war von 1659 bis 1578 Pfarrer
SU Panthenan, nnd ward wahrscheinlich im Jahre 1573 nebst andern Anhän-
gern der Schwenckfeldschen Lehren ans Schlesien vertrieben; vgl. EhrhardVs
Presbyterologie II. Th. Brieg S. 414. Sein Gesangbuch ist das sweite» was
in Schlesien erschien; es fahrt den Titel:
„Ein Christlieh Singebach, fnr Layen vnd Gelerten, Kinder vnd alten,
daheim vnd in Kirchen zu singen, Mit einer, zweien ynd dreien stim-
men, von den fämomsten Festen des gantzen jares, anff viel alte ge-
wonliche Melodien, so den alten bekant, vnd doch von wegen etlicher
Abgöttischen Texten sind abgethan, Znm teil auch ans reinem Latini-
schen Coral, newlich zngericht, Darch Valentinam Triller von Gora,
Pfarherm zn Pantenaw, im Kimpschisehen Weichbilde. Psalm. GL.
Alles was ödem hat lobe den Herrn. Gedrnckt zn Breßlaw, durch
Chrispinnm Scharffenberg. 1559.'< kl. qn. 4? 150 B1. mit eingedrnck-
ten Mnsiknoten.
Erschien orsprOnglich anter dem Titel: „Ein Schlesich singebüchlein — 1555,''
Spftter wurde der Titel wie oben angegeben geKndert, und nur die ersten Bo-
gen wurden umgedmckt Ein Exemplar in der Bibliothek des akademischen
Instituts für Kirchenmusik zu Breslau.
Nach Triller's Umarbeitung lautet der Anfang: ^
Der lents ist vns des jares erste quartir
Er ist auch mancher lusten vol
auff jhn wartet £sst aller weit Creator,
Die sich in jhm vemewren sol,
Do tfaut sich aUes frölich zeigen etc.
18) Petras Herp in Chron« dominie. Fraacof. ad a. ISOO. Hnaiea
ampliata est, nam novi eaatores suirexere, et componistae et figorivtae ince-
pemnt alios modos assnere.
83
Schwerlich hat ein einziges Lied von so künstlichem Baue
und so langer Ausdehnung^ wie das Osterlied: Du Lenze gut,
so allgemeine Verbreitung gefunden.
In diese Zeit gehört auch eine Tageweise. So beliebt die
Tageweisen ") waren, so ist doch diese geistliche, obschon gleich-
zeitig mit jenem Liede Konrads, gewiss schwerlich volksthüm-
lieh geworden. In 36 Strophen wird die Geschichte der heiligen
Familie besungen, von der Geburt Christi bis zur Flucht nach
Egypten «®).
f Nr. 14.
Marien wart ein bot gesant
von himelrich in kurzer stunt.
. her Gabriel was er genant,
er grfi^te sie Ü5 reinem munt:
ave Maria künegin,
von got soltü gegrtie^et sin!
daj was ein saeliclicher vunt.
Auch eine andere Tageweise hat sich wol keiner langen
Lebensdauer zu erfreuen gehabt, obschon die Limburger Chro-
nik ihrer ausdrücklich gedenkt ^>). Sie ist noch viel künstlicher
gebaut als die vorige und als Volkslied viel äu lang-»«). Eine
einzige Strophe mag genügen, es sind solcher fünf.
f Nr. 15.
O starker got, al unser not
bevilhe ich, hörre, in din gebot:
Ifij ims den tac mit gnaden überschtnen!
din namen dr! die sin uns bi,
hörre, in allen nceten w6 wir st,
des kriuzes krei^ ste uns vor allen ptnen.
Da^ swert, dÄ her Symeon von sprach,
§. 5. 19) W. Wackemagel Litteraturgesch. S. 234.
20) Heidelberger Hs. 372 vom Jahre 1382, gedmekt in v. d. Hagon
Minnesinger III, 468. cc. ff.
21) Erste Ausgabe bei Yögelin 1617. 8? S. 31. „In dieser Zeit sang
man dies Tagelied von der heiligen Passion und war neu, nnd machte es ein
Ritter: O starker got u. s. w.**
22) Zuerst in Aufsess Anzeiger I, 25—27, dann in Ph. Wackemagel
Kirchenlied Kr. 118 mit Berichtigungen das. S. 864. Es steht in der StrajJ-
burger Hs. Joh. Bibl. A. 82. fol. Blatt 42*.
6*
84
da^ Marien durch ir rein; herze stach,
dd sin ansach
da; Christus stfint versSret,
da; std noch hiute in minre hant
zfi schirm für houpthaftiger sundcn baut.
gar ungeschant
m!n l!p sie, war ich kere.
Maria, wünschelgerte
des Stammes von Jesse,
Theophilum emerte
din juncfrowelich 6re :
trit har für unser schulde,
hilf uns in gotes hulde,
o mater gratie!
So scheint auch ein anderes Volkslied eben dieser Zeit an-
zugehören ; die dreizehnte Strophe wurde noch im XVT. Jahrh.
als ein gemeiner Laiengesang am Himmelfahrtstage gesungen.
f Nr. 16.
Osterlied.
1. E; giengen dri früulin also fruo,
sie giengen dem heiligen grabe zuo,
sie weiten den herren gesalbet hän,
als Maria Magdalena hat getan.
Alleluju!
2. Die fröulin redten all gemein:
wer welzt uns ab dem grab den stein?
da; wir den herren salben,
an lib und allenthalben.
Alleluja!
3. D6 sie k&men ze dem grab,
TOn salben brächten sie köstlich gab:
da; grap vunden sie offen stän,
zwSn engel die wäsen wol getan.
Alleluja!
4. Ir fröulin ir solt erschrecken nit!
den ir suochet den vindet ir nit.
Bchowent an da; wi;e kleit,
da; dem herren wart zuobereit.
Alleluja!
85
5. Ir fröulin solt nit abelän,
ir solt gSn Galilea gän!
gdn Galilea solt ir gän,
da wil er sich (ich schowen län.
Alleluja!
6. Maria Magdalena weit nit abelän,
sie wolt den Herren suochen gän,
wa; begegnet ir in kurzer frist?
was unser herre Jesus Crist.
Alleluja !
7. In aller wis un^ aller baere,
als ob er ein gertner w«ere;
er truoc ein graben in siner hant,
als ob er well büwen ein ganze; lant.
Alleluja!
8. Sage du mir gertner fin,
wä hästü geladen den herren min?
sage mir, war hästü in getan?
da; mir mtn herz an kummer müg stan.
Alleluja!
9. Bald er da; wort wol ü^sprach,
da; e; Jesus waer den sie ersach;
sie kniet nidcr üf einen stein,
sie het got den herren runden allein.
Alleluja!
10. Maria Magdalena, berüer mich nit!
wan e; ist an der zit noch nit.
berüer mich nit mit diner hant,
bi; da; ich kom in mins vater lant.
Alleluja !
11. Behüete uns da; heilige crüzc,
und aUe kristenltite!
bekere die valschen Juden mit,
sie glouben an imscm glouben nit.
Alleluja!
12. Und heten sie unsem glouben,
sie gloubten an imser frowen
und an unsem herren Jesu Crist,
der von den Juden gecrüzet ist.
Alleluja!
86
13. Crist vuor gen himel.
wa; sant er uns wider?
dannc sant er uns den heiligen geist.
got troest uns arme kristenheit.
Alleluja!
Görres, Altieatsche Volks* und Meisterlieder aus den Handschriften der
Heidelberger Bibliothek S. 817 — 319. Aus welcher Nummer, giebt Mone An-
zeiger YII, 886 nicht an. Ein davon abweichender Text (oder sollte er am
Ende gar derselbe sein!) bei Uhland, Volksl. Nr. 323 aus der Heidelb. Hs.
Nr. 109. Bl. 112. Bei Uhland 1, 1. trew frewlach — 1, 3. herrun salbun —
2, 1. frewlach — 3, 2. ko9tperlieh gah — 4, 3. ward heraitt — 5, 4. will sieh
Jesus seh. — 6, 2. suchen tan — 6, 4. wen unser — 7, 1. und härde —
7, 2. als ob er war ein gertner — 8, 3. in gelon — 9, 1. ußer sprach —
9, 2. si sach das es Jesus was — 11 — 13. fehlen.
Solehe volksthümliche geistliche Lieder wurden wol selten
aufgezeichnet^ sie lebten im Munde des Volkes fort und wurden
bei allerlei Anlässen, an hohen Festen , zur Fastenzeit und an
beliebten Heiligentagen gesungen. Im XIV. Jahrhundert moch-
ten sie auch dann wol mit weltlichen Liedern vermischt oder
gar von ihnen verdrängt worden sein. So nur erklärt sich ein
polizeiliches Verbot des Singens aus dieser Zeit. „Freitags vor
Invocavit 1389 ward den Brauern, Ackerknechten und Dienst-
mägden das zu Weihnachten und Fastnachten gewöhnliche Sin-
gen in den Häusern verboten." «»)
Das XrV. Jahrhundert war bei allen traurigen Erscheinun-
gen ini kirchlichen und politischen Leben fiir die Entwickelung
des deutschen Kirchenliedes bedeutend genug. Zu dem in die-
sem Jahrhundert ermittelten Liederbestande gehören nämlich
noch die vielen Übersetzungen lateinischer Hymnen und die
Lieder der Mystiker und Geißler j die in den folgenden Ab-
schnitten mitgetheilt und besprochen werden.
§. 6.
Lieder der Mystiker.
Während die Kirche jedes freie Forschen in der Bibel ver-
dammte, jeden Versuch, durch Ubersetzimg die Bibel dem Volke
zugänglich zu machen und die Landessprache auch zum Qottes-
§.5. 23) Aufi dem ültcsten Oschatzcr Stadtbnche in Carl Samuel Hoffmann,
nistorische Beschreibung- dnr Stadt Oschatz I, 380.
87
dicnste zu verwenden unterdrückte, während sie sich durch In-
quisition und Ketzergerichte um ihr Ansehn, durch Interdiete
um ihre Wirksamkeit brachte, entstand in ihrem Schöße eine
Richtung, welche für £ntwickelung des religiösen Lebens und
der deutschen Sprache und Litteratur von den größten Folgen war.
Zu Ausgang des XTTT. Jahrhunderts ging in Deutschland
aus Überlieferung waldensischer Lehren eine neue Secte hervor.
Ihre Anhänger nannten sich Begharden, Brüder des freien Gei-
stes >). Sie begnügten sich nicht mit den Lehren der Kirche
und der von ihr vorgeschriebenen Deutung und Anwendung, sie
wagten es, frei von aller Überlieferung zu forschen und die so
gewonnenen Ergebnisse durch Lehre und Leben kundzuthun und
alle Welt dafür zu gewinnen. Ihre Richtungen und Bestrebun-
gen fanden Anhänger bei Laien und Pfaffen, zumal sie selbst
sich nicht von der Kirche getrennt hatten. Die Kirche aber
verdammte ihre Lehren als ketzerisch '). So waren denn die
Brüder des freien Geistes unterdrückt, die Nachwirkung ihrer
Richtung lebte fort.
In Beziehung zu ihnen stand Meister Eckard aus dem Orden
der Dominicaner. Er lebte meist in Straßburg und zuletzt in
Köln. Im Jahre 1324 wurde er, damals Prior in Frankfurt a.M.,
auf Befehl des Dominicanergenerals zur Untersuchung gezogen,
dann 1327 in Köln von dem dortigen Erzbischof. Er appellierte
an den Papst. Im Jahre 1329 erschien jedoch, als er schon
todt war, die Verdammungsbulle Johannes XXII. *)
Trotz der päpstlichen Verdammung lebte Eckard in seinen
Schülern und Anhängern fort *), und so wurde er denn der
Vater der deutschen Mystik •), der Schöpfer des deutschen phi-
losophischen Ausdrucks und einer der bedeutendsten Vorläufer
der Reformation.
§.6. 1) Sie heißen auch die freien Geister, die hohen Geister, die neuen
Geister, Brüder des hohen Geistes, Brüder des nenen Geistes. Carl Schmidt,
Joh. Tanler S. 140. — 2) Ch. U. Hahn, Geschichte der Ketzer im Mittelalter
II, 472 ff. ^ 8) Gieseler, Kirehengesch. 4. Anfl. II, 3, 247. — 4) Viele
Namen mit Nachweis ihrer Schriften bei W. Wackemagel Litteratnrgesch.
8. 833. Anm. 22. — 6) Carl Schmidt in den Theol. Stadien nnd Kritiken 1839.
668 ff. H. Martensen, Meister Eckart. Hamb. 1842. — tTUmann, Das Wesen
des Christenthoms nnd die Mystik, in den Theologischen Studien und Kritiken,
Jahrg. 1852. S. 635— 612 fasst den Begriff der Mystik also (S. 569): „Mystik
gans allgemein ist die Richtung im christlichen Leben nnd in der Theo-
88_
Bald nachher bildete sich der Bund der Gottesfireunde •).
An Beiner Spitze stand lange Zeit Nieolaus von Basels); mit
ihm wirkte Rudolf Meerschwein »). Ihnen schlössen sich an
die Dominicaner Johannes Taulcr ») von Straßburg, Heinrich
der Seuse (mit seinem Geheimnamen Amandus) i<>), Nicolaus
von Straßburg"), femer noch andere Geistliche: der Verfasser
der deutschen Theologie >»), Otto von Passau"), zu denen auch
Heinrich Ruysbroek'*) gehört. Allen diesen Männern genügte
die Kirche in ihrer damaligen Beschaffenheit als Heils- und Lehr-
anstalt durchaus nicht. Im Schöße der Kirche selbst wollten
sie für die Kirche, im Volke für das Volk wirken; statt der
Kirchensprache bedienten sie sich der Volkssprache: ihre Pre-
digten, Gebete, geistlichen Übungen waren deutsch, deutsch
waren ihre erbaulichen und mystischen Schriften '*).
Vor allen wirkte im Sinne der Gottesfreunde Johannes Tau-
ler. Die Lehren des Meisters Eckard '•), denen er seine reli-
logie, welche dem falschen Objectivismus gegenüber die gesunde Sabjectivität,
dem Intellectunlismas und Nomismns, dem Satzungs- und Buchstabenwesen
gegenüber die Bedürfnisse des Gemüthes, die Kothwendigkeit der Erfahrung und
des Selbsterlebens vertritt, überhaupt aber diejenigen tieferen Bestandtheile des
Christenthums anerkennend pflegt, die nicht vollkommen in den Begriff aufgehen
und für alle Stufen der Erkenntniss einen Zug des GeheimuissvoUen behalten.^
§. 5. 6) Carl Schmidt Tauler S. 163 ff. — 7) W. Wackeruagel, Die Gottes-
freunde in Basel: Beiträge zur vaterl. Geschichte von der histor. Gesellschaft
zu Basel II, 111 ff. Carl Schmidt Tanler S. 191 ff. — 8) Bälman Merswin,
geb. zu Straßburg 1308, f daselbst 1382. Carl Schmidt in Illgen's Zeitschrift
IX, 2, 61—66. — 9) geb. zu Straßburg 1290, f daselbst 1361. Carl Schmidt,
Johannes Tauler. Hamb. 1841. — 10) Heinrich Susos Leben und Schriften von
Diepenbrock. Regensburg 1829. Weyermann, Nachrichten von Gelehrten aus
Ulm S. 499—508. Suso war geb. 1295 und storb zu Ulm 1365. — 11) Seine
Predigt^en in Franz Pfeiffer, Die deutschen Mystiker I. Bd. Leipz. 1845. —
12) Erste Aasgabe von Luther 1516, letzte von Franz Pfeiffer: Theologia
deutsch. Stuttgart 1851. nach der einzigen noch vorhandenen Handschrift. —
13) Vf. der 24 Alten v. J. 1886, — 14) f 1381. Obschon ein NiederlÄnder,
so st^md er doch mit Deutschland in Beziehung! seine Schriften wurden dorcb
ihn selbst im Oberlande bekannt, s. Engelhardt, Richard von St. Victor und
Johannes Ruysbroek (Erlangen 1838) S. 345. — 15) Vgl. was Nicolaus von
Basel 1856 an Job. Tauler schreibt, C. Schmidt S. 281, dieselbe Stelle bei
Gieseler Kirchengesch. 4. Aufl. II, 3, 251. W. Wackemagel Litteratorgesch.
S. 334. Anm. 27. — 16) Eckards Lehren nach Gieseler Kircheng. 4. Aufl.
II, 3, 245 : „Gott ist ihm das einzige Wesen, das ewige GebÜren des Sohnes
80
giöse Richtung verdankte, hatten ihn nicht dem Leben entfrem-
det; seine Mystik war eine practische, er lehrte sie als Prediger
und übte sie im Leben. Der Inbegriff aller Tugenden ist bei
ihm die Liebe *'). «Diese bezieht sich zunächst auf Gott. Da
Gott die Liebe ist, so ist die Liebe das Höchste, und in der
Vereinung mit Gott wird der Mensch eine Liebe mit ihm, in
welcher er dann alle Dinge und alle Menschen gleich liebt. Li
der Liebe geht alles andere auf; bei dem Menschen ist sie nichts
anders als völliges Verläugnen seiner Selbst, um sich nur dem
Geliebten hinzugeben, so dass sie einem Feuer gleicht, welches
alles Eigne, Persönliche, Unvollkommene an dem Menschen ver-
zehrt. Sie ist daher sowol ein Mittel um zur Vereinung mit
Gott zu gelangen, als auch das sicherste Zeichen, dass man
dieselbe erreicht hat. Sie ist höher und edler als alle Erkennt-
niss ; sie bedarf keiner subtilen Unterschiede, sondern nur eines
einfachen, lautem Glaubens, und während die Vemimft die Tie-
fen der göttlichen Natur vergebens zu begreifen strebt, so ver-
süenkt sich die Liebe unmittelbar in dieselben.« ")
Diese Lehre von der Liebe war es hauptsächlich, die überall
großen Anklang fand, besonders in der Nonnenwelt. Die welt-
liche Liebe verwandelte sich in eine geistliche. Abgeschieden
von der Welt und erstorben ihren Freuden suchte das sehnsüch-
tige Gemüth der Nonnen in der stillen Zelle des einsamen Klo-
ist die Hervorbringong der wesenhaften Ideen : diese sind das Göttliche, was
in allen Creatoren ist, alles Endliche ist nnr Schein. Das Göttliche in der
Seele soll sich nach Christi Vorbilde von dem Endlichen scheiden, um durch
Anschauung Gottes Sohn Gottes zn werden wie Christus.'* Vgl. damit die
Darstellung der Eckardschen Lehren bei Gervinus, Geschichte der deutschen
Dichtung 4. Ausg. II, 117—120. in Auszügen aus zwei Handschriften.
§. 6. 17) C. Schmidt Tauler S. 143.
18) Tauler in einer Predigt auf den 22. Sonntag nach Trinit. (bei
Schmidt S. 146) : Da;; edelste und da^ wunnenclicbeste, dft man abc gespre-
chen mac, da^ ist minne; man enmac niut nüzers gel6ren. Got enheischct
niht gro:;e yemunft noch tiefe sinne noch grö^e ücbunge, allcine man gute
iiebungcn niemer ensülle verU^^en, doch allen üebungen git minne ir würdikeit.
Got heischet alleine minne, wanne sie ist ein bant aller vollckomenheit, n&ch
sant Paulus Idre. Gro^e vemimft und behendekeit, diz ist gemeine den hol-
den, den Juden; grö^^e werc sint gemeine dem gerechten und dem ungerech-
ten; die minne ist alleine teilende den valschen tou dem guten, wanne got
ist die minne, und die in der minne wonent, die wonent in gote und got
wonet in in. Und dAron, vor allen künsten Idrent die wÄre minne!
90
Biers Ersatz und fand ihn in der höheren Liebe. Ihr Bräutigam
wurde Christus, das Ziel der minnenden Seele war Christus,
der schon hienieden seiner Braut die Wonne des himmlischen
Jerusalems >•) erschloss, die allen gläubigen reinen Seelen erst
dort zu Theil wird.
Diese Liebe, genährt durch das Lesen mystischer Schriften
und den Verkehr mit Mystikern ■•), ergoss sich dann in Lieder.
Solcher Lieder wurden gewiss viele von Nonnen gedichtet
und gesungen. Sie wurden in den Frauenklöstem durch Auf-
zeichnungen erhalten und fanden von dort aus wieder ihre Ver-
breitung. An einigen noch vorhandenen Liedern ist es ersicht-
lich, dass sie von Frauen gedichtet sind; zu einigen wurden
weltliche Weisen benutzt, andere sind nur Umdichtungen welt-
licher Texte (s. §. 10).
Den Nonnen, welche täglich lateinisch beten und singen
mussten, ohne nur etwas zu verstehen, war es ein Bedürfoiss,
sich durch deutsche Bücher und Lieder zu erbauen und zu be-
lehren. Darum dichteten denn auch wol Mönche und Weltgeist-
liche für die frommen Frauengemüther: von Bruder Heinrich,
dem Prior des Predigerordens zu Basel, wird dies ausdrücklich
bemerkt ") und von dem späteren Heinrich von Laufenberg
(1415 — 1458) ist es allem Anscheine nach auch geschehen.
Die mystische Liederpoesie währte bis in die Mitte des
XV. Jahrhunderts und wol noch darüber hinaus. Auffallend,
dass sie auf das Kirchenlied weniger einwirkte als sich erwar-
ten ließ: es erhielt sich wol mancher Nachklang, in den Ge-
sangbüchern jedoch nur ein einziges Lied: Wer sich des Malens
wolle.
§. G. 19) Spieg^el der Seele, PgHs. des 13. Jahrh. aus St. Georgen in Karls-
ruhe (Mone Anzeiger 1835. Sp. 366): Wir mngin uns vröwen üf die hein-
▼art, wan wir varin il; dem eilende dirre zerganclichun weite in die vater-
heimi. E:^ sprichit ein wissage: ir sunt yarin als ein brüt ze heinleiti: so
man eine brüt hoinleitet, sd sieht man den sumber vor ir unde gtgot unde
sweglot unde vidlot engegin ir unde mit mangirhande seitspil enphfthet man
sie. also sun 'wir enphangin werdin zer himilischun lerusalem!
20) W. Wackeraagel Litteratui^esch. S. 333. Anm. 23.
21) In den Anhängen des Chronicon Colmariense 1218 — 1303. (Böh-
mer Fontes II. Bd. S. XII.): Frater Hoinricus prior Basiliensis ordinis fra-
tram Prcdicatorum fecit rithmos Thentonicos bonis mulierculis ac derotis.
91
f Nr. 17.
1. Jesu dulcis memoria,
dans Vera eordis gaudia.
dulcis JesUy pie Jesu, bone Jesu.
2. Her Jesu g&t in paradis,
er gtt den kiuschen liuten pris.
Büejer Jesu, mUter Jesu, gfiter Jesu.
3. Her Jesu in der kripfen lit,
nü wfieres jubeliemde zit.
8üea;er Jesu, milter Jesu, gfiter Jesu.
4. Hern Jesu ist n&ch minnen w6,
er gert der kiuscKen briute m6.
süe^er Jesu, milter Jesu, gfiter Jesu.
5. H^ Jesu klopfet amme tor,
er gert der kiuschen briute kor.
süejer Jesu, milter Jesu, guter Jesu,
6. Her Jesus machet fröuden vil,
er ist der s61n ein seitenspil.
sües^er Jesu, milter Jesu, gfiter Jesu.
PgHs. der Basler Unir.-Bibl. B. XI. 8. aus dem XIV. Jahrb., urkundlich
Altd. Blätter 2, 124. 126. — Hs. 8, 2. werea.
f Nr. 18.
Crist, dtnes geistes süe;ekeit
gip mir gereit
durch willen diner mfiter,
dtn gewalt ist hie üf erden breit:
des si geseit
dir lop, vil h§rre gfiter.
hilf mir durch diner namen dri,
da; ich hie niht vervalle,
der kranken weite unstseticheit
diu bringet leit
alsam ein biter galle.
Nu sule wir alle
gar mit schalle
loben den vil suchen Crist,
92
da:^ der gfite
mit Binem bl&to
uns ze helfe komen ist.
PgHs. der Basler Uniy.-Bibl. B. XI. 8. aus dem XIV. Jahrh., urkundlich
in Wackemagels Leseb. I. Th. 2. A. Sp. 895. •— Hs. 11. als amme,
f Nr. 19.
1. Crist, dines geistcs süea^ekeit
machet die s^le vil gemeit,
ir wirt alliu fröude breit,
der weite leit
hat bi ir keine quäle niht,
swa^ ieman seit.
2. Jesus minne die sint gut,
si gent der sele hohen nifit, ^
und dar zu sin reines^ blut
daj durch in wut.
des si lop der minnen kraft,
diu e; alle; t&t.
Ebendaher v. d. Hag-en'» Minnes. 3, 468 «c.
f Nr. 20.
1. An Jesum gedenken ist süo^okoit,
diu sele da von wirt gcmeit,
so an ir der blic
nint gar den sie
von der minnen stric.
2. Der lip der wirt betoeret gar,
swenne diu s61e reichet dar
da der heiligen schar
ist in vi'öuden gar
mit maniger par.
PgHs. der Basler Univ.-Bibl. B. XL 8. aus dem XIV. Jahrb., urkundlich
Altd. Blätter 2, 125.
f Nr. 21.
1. Wer hilft mir, da; ich den begrife,
nach dem min herze sich versent,
da; er mir nimmer me entwiche?
ich h4n sin leider nit gewent,
da; ich in nit behalten hän.
wie dik er sich mim herzen erbintet,
iedoch trlb ich in als hin dan.-
Wer die wärheit welle minnen,
der volge Jesu Christi löre,
so wirt er des vrides innen.
2. Jesus, din vil süe^iu minne
diu hat verwunt da; herze min.
nach dir florierent all min sinne,
da; herze min nim z& dir hin,
und ziuh mich ü; min selbes grünt!
wenn sich da geist mit geist vereinet,
allSrst ist mir diu friuntschafl kunt.
Wer die wärheit welle minnen,
der volge Jesu Christi lere,
so wirt er des vrides ionen.
3. Jesus, ist din minne iht süe;e,
die 1&; du, herre, wi;;en mich,
da; ich ir noch enpfinden müe;e,
sd kan ich, schepfer, loben dich,
du bist ein gnidenriche; va;:
wem du dich, herre, selber schenkest,
wie künd dem immer werden ba;?
Wer die wärheit welle minnen,
der volge Jesu Christi 16re,
sd wirt er des vrides innen.
4. y^Dü sümest dich ein teil ze lange,
des wirst du selber wol gewar,
nü kum her zu der engel gesange
und zA der reinen meide schar!
wenn mich diu s81e d& ersiht,
wie klär ich bin in drfveltigem (?) schine,
sd sümet si sich lenger niht«
Wer die wärheit welle minnen,
der volge Jesu Christi löre,
sd wirt er des vrides innen.
Mfincliener PpHs. Cod. germ. 717. vom Jalure 1347. bei Wckn. Nr. 116.
Hfl. 2, 6. selber» — 2, 7. aUerent — 4, 1. »ämest — 4, 3. dv kum —
4, 4. mctede schar — 4, 7. sdmet.
94
f Nro. 22.
1. Weine herze, weinent ougen,
weinest bifites trehene röt,
weinent offenbar und tougen,
weinent vil, es tSt iu not.
wände ich h&n min liep verlorn
da; mir was vor alme liebe
har an dise weit erkom.
2. Ich gän umbe alsam ein weise
und s&che mines herzen trdst,
der mich von der helle freise
an dem kriuze hat erlöst.
nu en wei; ich war ich kören sol
dA ich vinde den herzelieben,
nach deme ich bin leides vol.
3. Ich was liebes wol geweide
dd ich stner minnen pflac.
nü gftn ich in herzeleide,
Sit da^ ich mich sin verwac.
owÄ reine süe^ekeit!
Jesu Kep, 1& mich dich vinden,
so wirt noch min fröude breit.
PgHB. der Basler TJniv.-Biblioihek B. XI. 8. aas dem XIV. Jahrhundert,
urkundlich in W. Wackemagers Leseb. 1. Th. 2. A. Sp. 894. — 1, 1. wene
(n. so immer für et) — 1, 4. vch no< — 1, 7. A«r an an — 2, 1, alae am
ein — 2, 2. svoze — 2, 4. crvce — 8, 8. inherzeme lei — 8, 7. freide.
f Nr. 23.
1. Freu dich, tochter von Syon!
schoene botschaft chumet dir:
du solt singen suchen dön
wol n&ch dines herzen gir;
du bist worden gotes schrin,
davon soM frcelich sin
imd solt nicht liden herzenpin.
Ina ju ju ju jubilieren,
meditieren;
ju ju ju ju jubilieren,
contempUeren ;
ju ju ju jubilieren,
ju ju ju jubilieren,
speculieren ;
ju ju ju jubilieren,
concordieren.
2. Meditieren da; ist gut,
swer an got gedenehen wil.
jubilieren wunder tat
und ist der sei ein seitenspil, .
speculieren da; ist glänz,
contemplieren git den chranz,
concordieren leit den tanz.
Ima ju ju jubilieren,
concordiem ist jubiliem
von dem süe;en contempliem.
PgBlatt in Eloster-Nenbnrg, nach meiner Bfittheünng zuerst in W. Wacker-
nagers Leaebuch 1. Th. 2. A. Sp. 896.
f Nr. 24.
1. Ich wil järlanc nimme sunden,
sprach ein frouwelin gemeit.
ich habe einen harren funden,
von des Idne ist mir geseit.
juncfroulin, mit die sundo gerne!
der von riehen landen gibt:
swer die sunde niht wil mlden,
der kome in sin rtche niht.
2. Ist e; der von riehen landen
der die sunde vergeben mac,
alsd tfit er mir noch hiure^
er nint mir al min ungemach.
8W& die wtsen engele fliegent
nnde werbent lunbe mich,
und d& man reine megede kroßnet,
sehent! dft wil er trotten mich.
3. War ftür hAnt ir die gewiime
d& man got ze Idne gtt?
dar nAch stAnden mir ie die sinne,
dft man solicher loBne pfltt.
_ 96
ich trftwe wol da^ mich min herre
niemer mö verderben lät. —
alsus f&r diu magct ze kloster
froelich äne ir m&ter rät.
PgHs. der Basler Univ.-Bibl. XI. 8. aus dem XIY. Jahrhundert, ur-
kundUch Altd. Blätter 2, 126. und W. Wackemagers Leseb. 1. Th. 2. A.
Sp. 894. (auch bei Uhland Volkslieder Nr. 326.) 1,1. iorlvnc nvme —
2, 4. alle:^ — 2, 6. so die — (v. d. Hagren liest hier: So die toisen enge vlie-
gent — ?) 2, 7. crünet — 2, 8. trüsten — 3, 4. phliget — 3, 7. assus —
mage — 3, 8. freUch. Kach W. Wckn. Umdichtung eines weltlichen Liedes.
f Nr. 25-
Got der ist so wimneclich:
80 wer in liebt der ist freudenrich,
der fint in zallen stunden.
1. Ö edel sele, halt dich fri,
bezwinc din üjer sinne^
und nim din selbs mit Qj^e war,
wa^ dir allermeist si inne
da; tribe ü; mit aller macht,
als liep als dir din got ie wart,
ob du in begerst befinden.
Got der ist so wunneclich;
so wer in liebt der ist freudenrich,
der fint in zallen stunden.
2. O edel sSle, won in dir
und halt dich &t mit fli^e,
wan friheit ist so tiur ein schaz,
sie macht den geist s6 riebe,
sd wer den schaz nü sol erheben,
mfi; fremder minnen urloup geben,
so mac im wol gelingen.
Got der ist so wimneclich:
so wer in liebt der ist freudenrich,
der fint in zallen stimden.
3. Gotes minne die ist so zart,
sie l&t sich den niht finden,
den fremde minne bese^^jen h&t,
der gewint ir nimmer künde.
97-
got wil die sSl alleine hän,
der wil er euch sich selber g^n,
da; sie in sol befinden.
Got der ist so wunneelich:
s6 wer in liebt der ist freudenricli,
der fint in zallen stunden.
4. Eia, kört iuch in den spigel klär
und seht wie er iuch meinet !
da solt ir finden offenbar,
wie ir im sit vereinet.
ach senkt iuch in den tiefen grünt
des tages mS dan tüsent stunt,
sd wirt iu siner künde.
Got der ist so wunneelich :
sd wer in liebt der ist freudenricli,
der fint in zallen stunden.
5. So wer den spigel die ansiht,
der fint da herzen wünne
und wirt euch menger sorgen quit,
da gebirt sich wäre minne.
die wunneelich drifelticheit
die liuhtet in der inw^endikeit
und senkt sich in z& gründe.
Got der ist so wunneelich:
so wer in liebt der ist freudenrich,
der fint in zallen stunden.
6. Der grünt der da ist namelös
und ist euch blö; von bilden.
d& wirt der geist ouch formelos,
ob in der gotheit wilde.
och der minnecliche blic,
da wirt der geist sd inne gestict,
da; er sin selb gSt imden.
Got der ist sd wunneelich:
so wer in liebt der ist freudenrich,
der fint in zallen stunden. Amen.
Tanlers Werke, Kola 1543. fol. Blatt CCCXXXI. mit der Überschrift:
üyn eantilene der seien, die von lieben gemmi tat. Schwerlich von Tanler,
aber gewiss aus seiner Zeit. Der Text ist sehr yerdorben; ich habe versncht,
ihn lesbar in machen; am aber Jedem das Vergnügen zu lassen, sich selbst ^
7
98
einen besseren Text hersnstellen, fiige ich die Lesarten des Kölner Druckes
bei : 2, 3. thewr Bchwiz — 2, 6. 9chaiz toi befinden — 2, 7. eo mag er$ wol
erlifngen — 8, 2. dem — 3, 3. dem — 6» 4. mir onTerständlich, ob vielleicht:
oh ein die gotheit melde, wenn die Qottheit für ihn wttre?
Die Texte der vier anderen Lieder, die auch dem Tauler zugeschrieben
werden, wol nur weil sie Taulera Werken beigedruckt sind, sind noch ver-
dorbener; es genügt, dass sie bei Wckn. Nr. 72t. 725. 726. 728 abgedruckt
sind.
f Nr. 26.
1. Es stot ein lind in liimelrich,
do blüejent alle cste,
ganc Jesu nach!
do schrient alle engel glich,
daß Jesus si der beste.
2. Es kam ein bot von himel fin
har uf dise erden,
denk Jesu nach!
er gienc z& bsehlossen türen in
und graste die vil werden.
3. Grüeßet siest, Maria,
ein krön ob allen wiben!
denk Jesu nach!
du solt ein kint geboren ja
und solt doch magt beliben.
4. Wie kan ich gbem ein kindelin
und sin ein magct lise?
denk Jesu nach!
nie maus begert das herze min —
des soltu mich bewisen!
5. Des wil ich dich bewisen wol,
du edle küniginne!
denk Jesu nach!
der heilig geiste kernen sol,
der mag das wol volbringen.
G. Gabriel, ker wider hin
z& der himelporten,
denk Jesu nach!
ich bin ein diem des herren min,
mir gscheh nach dinen werten!
99
7. Gabriel kam wider in,
er seit gar gftte märe,
denk Jesu nach!
daß Maria, maget fin,
gotes mftter wäre.
8. Qabriel kam wider ab
und bhfits vor allem schmerzen,
denk Jesu nach!
Maria, die vil reine magt,
trag got in ihrem herzen.
Unter den Liedern Heinrichs von Laufenberg in der Straßb. Hb. B. 121,
XV. Jahrh. Wackemagel Nr. 771. Uhland Volksl. Nr. 336. Hs. 4, 4. nie
anders,
f Nr. 27.
1. Jesus, du süeßer name,
götlicher minne flamme,
du gnadenricher stamme,
du ganzer himelhort,
du honig übr alle süeßc,
von herzen ich dich grüeße,
min sei dich minnen müeße,
du veterliches wort!
2. Jesus, mins herzen wunnc,
du säldenriohe sunne,
mins herzen küeler brunne,
du edel gilge wiß,
des lustes meiengarte,
des Tcldes blume zarte,
din smac mich wol emarto,
der fr6iden paradis!
3. Jesus, der engel froide,
der himel ougenweide,
der megde tugentkleide,
der reinen herzen Ion,
der seien ganzes leben,
ein trüb der ciperreben,
min herz sei an dir kleben,
du bist der eren krön!
7*
100
4. Jesus, du edler frie,
min wundenarzenie,
ein harpf der hierarchie,
der engel lopgesanc,
du aller stemen glaste,
du reiner seien raste,
du aller richeit käste,
du ewigs Hechtes tranc!
5. Jesus, der seien bfile,
der müeden rfiw und stfile,
der waren wißheit schäle,
der künsten meister rieh,
du höchstes jubilieren,
fr6id über alles hofieren,
den weg rfich uns zu füeren,
daß wir ouch finden dich!
6. Jesus, ein kintli kleine,
der maget xnfiter reine,
des vaters wort alleine
zft Bethlehem bekant!
füer uns hin über mere
mit diner waren lere
durch diner mfiter ere
hoch in der engel laut!
Pftdlinger Hs. zu Stattgart, XY. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 737) mit der
Übenchrifk: Mn Ued von dem Nüven Jor vnd namen JheauB, Hs. 2, 7.
gumach — 8, 7. dm weng,
f Nr. 28.
1. Wol ufy gon Bethlehem behend
mit herze, mflt und sinnen!
da finden wir alles dajs wir went:
wol uf, wol uf von hinnen!
das weizenkom ist kusch gebom.
Jesus den sönt ir minnen!
2. Wilkomen, edler gilge wiß,
von rosen one dorne!
du kunst US hohem paradis
von einer magt gebome.
101
din smac ist sueß, daß ich dich grueß^
von ewikeit erkorne!
3. Woffa^ min sei, bis fröidenrich!
got ist geborn ein kinde!
sing lop und er nu ewiclich!
din br&der und din fründe,
der het in sich gekleidet dich
für alle unser sünde.
Pftillinger Hs. zu Stattgart, XV. Jahrb. (bei Wckn. Nr. 733) mit der
Überschrift: Em mnaelU Lied.
f Nr. 29.
1. Aus gotes herzen ein wort entsprang,
es was und ist on anefang,
was uns fremd und unbekant,
bis in sein liebi zu uns zwang.
2. Sein leip ist worden ein gesegnet brot,
der Weisheit schrein, des vaters hört,
der engel brot in hungers not,
das ewig leben trat in den tot.
3. Da kam er in der engel schar,
durch uns wart er vernichtet gar,
er was der weit gar unerkant
und ist ein fürst über alle lant.
4. Tochter von Syon trit herjFür,
dein herr klopft an, schleuß uf die tür,
daß er nit gang hin für baß,
er ist von roten rosen naß.
5. Jesus du bisi ein ziperwein
und ich dein irdisch häfelein.
die weil du schenkst, so muß ich leben,
wol uf, herzl wann du mußt streben!
6. Balsamwein, gemischter wein,
musgat sol dein bettlin sein,
mein inner sein bereit ich dir:
kum herzeliep und nie bei mir!
102
7. Jesus du bist ein edler künig,
zu wem du kumst^ du kumst nit einig:
mit dir so bringst du gnaden vil,
wer sich mit dir vereinigen wil.
Am Scblutfse einer Ha. yom J. 1474 in der ehemaligen Brentanoschen
Bibliothek« 7, 4. besser wol: vereinen,
f Nr. 30.
1. Ein bliim stet auf der beiden,
CS mag wol Jesus sin,
darumb trag ich groß leiden,
daß ich nit bei im bin;
darumb da wil ich meiden
alle dise weit,
mein eigen wil ich laßen,
wol durch die enge Straßen,
wol auf die beiden groß.
2. Die beiden die ich doch meine
die ist keiner andern gleich,
sie ist nit hie auf erden,
sie ist im himelreieh:
darin da blüet ein blüemleiu,
das gibt ein liechten schein,
ach got! möcht es mir werden,
darumb da wolt ich geben
das junge leben mein.
3. Gab ich mein junges leben
umb got, den schepfer mein,
sein reich wolt er mir geben,
wie möcht mir baß gesein!
er hat umb ims erlitten
ein scharpfen bittem tot,
imd ritterlich gestritten,
sein reich hat er vermitten,
daß er uns brächt aus not.
4. Sol ich die weit verlaßon,
das acht ich sicher kloin,
ich wil mich fürbaß keren
zu Jesu Crist allein:
103
er kan die sei erfreuen
und ist ir höchster trost
tmd wil ir wenden kummer
und grüenet winter und summer,
das sust kein blum nit t&t.
5. Darumb, ir junge herzen,
halt euch in großer hüt!
daß ir nit leicht verscherzen
das edel blüemlein gut;
wan er doch nichts begeret
wan unser sei allein:
daran solt ir gedenken
und unser jugent schenken
dem edlen blüemelein!
PpHs. der Siadibibl. m Eegensbnrg. Anf. des XVI. Jahrb. Bei Ubland
Nr. 334. A. Hs. 6, 9 blüemlein gut. Die Hs. enthält noch Ewei Strophen
mehr. Ein späterer Text nach einem Fl. Bl. Bern „by Vincentz im Hof^ um
1590, bei Uhland Nr. 334. B., lautet:
f Nr. 31.
1. Ein bl&men uf der beide,
es mag wol Jesus sin,
darumb trag ich groß leide,
daß ich nit bi im bin;
ach got! möcht er mir werden,
wölt alle weit lan stan,
min eigen willen laßen,
wölt uf die enge straßen
und uf die beide gan.
2. Die heid und die ich meinen
der ist doch keine glich,
sie ist nit hie uf erden,
sie ist im himelrich:
daruf entspringt ein bl&men,
gibt uns ein heitern schin,
darumb so wolt ich geben,
wagen min junges leben
für got den herren min. —
3. Wilt du din leben laßen
für got den herren din:
^ 104
sin rieh wil er uns sclienken,
wie mag uns baß gesin?
darumb Boltu in loben,
het uns erlöst us pin,
sin rieh wil er uns schenken^
der Sünden ninuner denken,
sag lop dem herren din!
4. Er ist von himel gangen
US siner majestat,
groß liden het er empfangoii
wol drü und drißig jar,
darnach het er erlitten
für uns den bittem tot,
gar ritterlich gestritten,
kein schmerzen het er vermitten,
daß er uns hulf us not.
5. Sin liden tet sich enden
an einem crüz so hoch,
zum vater tet er lenden,
gen himel was im gach:
da het er wonung fundeu
vor got dem herren mm
den userweiten kinden,
da werden wir in finden
imd ewig bi im sin.
f Nr. 32.
1. Ich han mir ußerkoren
ein minnecliche meit:
die ist gar hoch geboren,
mins herzen ougenweid,
jo vor vil tusent joren
ist vil von ir geseit.
2L Sie ist von hoher arte,
von edlem stammen har,
sie ist der fröiden garte
vol bltiemli wimnenbar,
min truren sie emarte
würd ich ir schier gewar.
105
3. Sie kau von herzen grüeßen
US röselechtem mnnd,
bi ir ist kein verdrießen,
des tages tusent stund
lot sie ir öugli schießen
tief in des herzen grünt.
4. Sie hat des falken blicke,
sie hat des adlers fluc,
in süeßer minne stricke
tat sie der herzen zuc,
ach . « sie nu dicke
mit diser minne tue!
5. Sie ist der frowen kröne,
sie ist der megde kränz,
sie ist der engel lone,
sie ist der himel glänz,
weder sunne noch der monc
mag ir geliehen ganz.
C. Ir vater ist ir kinde,
ir mftter ist ir amm,
den einhüm und die binde
hat sie gemachet zam,
wer es nu raten künde
der sag, was ist ir nam?
Pfulliiiger Hb. bu Stattgart^ XY. Jahrb.; danach bei Ubland Nr. 320 und
Pb. Wckn. Nr. 741.
f Nr. 33.
1. Ich var zä dir, Maria rein,
und bit dich umb din kintli klein.
z& dir ker ich min hoffen ein,
du bist der sünder trost alleiii.
ich var z& dir, Maria rein.
2. Sit ich von diner erbermd h8r sagen,
so wil ich Sünder nit verzagen.
ich wil dir, frau, min sünde klagen,
die hilf mir für din kintli tragen,
ich var zfi dir, Maria rein.
106
3. Ich bit dich, edle maget rein,
gip mir Jesum^ din kintli klein!
was ich dich bit, da sprich nit nein,
hilf mir daß ich min sünd bewein !
ich var zfi dir, Maria rein.
4. Ich klag dir, magt, mins herzen we
und man dich an das süeß ave,
do du gebom hast one we,
du edler gilg, du meien kle!
ich var z& dir, Maria rein.
5. Ich var gon Bethlehem da hin
in der begird des herzen min.
ich s&ch Jesus das kindelin
und euch die liebe muter sin.
ich var gon Bethlehem da hin.
6. Sit ich mich des verwegen han,
das edle kintlin ruf ich an
US mim gemüet als verr ich kan,
daß es min geferte wolle sin.
ich var gon Bethlehem da hin.
7. Ich bit dich, edle mfiter gut,
so hab mich euch in diner hfit
durch dines kindes fleisch und blut,
daß ich vinde sines stemens schin.
ich var gon Bethlehem da hin.
8. Ich klag dir, Joseph, alls min we,
hilf mir gon Bethlehem dest e,
daß ich das laut lob iemer me.
ich mag nit me on es gesin!
ich var gon Bethlehem da hin.
9. Nu halt mir treu, herr Jesu Crist,
sit du durch mich besnitten bist!
in diner gnade uns nu frist,
gip uns dis jar den sogen din!
ich var gon Bethlehem da hin.
PfuUingror Hs. zu Stuttgart, XV. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 732), mit der
Überschrift: Vom Nitcen Jar, Ich var do hin, wennd es muß sin. Contra-
factum, — Hs. 3, 3. ttprithi — 5, 9. fehlt liehe — 7, 2. in din hut —
107
7, 3. dtiM kinda — 7, 4. vind iim — 9, 8« ^tUNi ww — Mit der vierten
Strophe war wahrBcheinlich das erste Lied la Ende, das Folgende scheint
Znsats zn sein.
f Nr. 34.
1. Es kumt ein schif geladen
recht uf sin h&chstes bort,
es bringt uns den stin des vaters,
bringt uns das ewig wort.
2. Uf einem stillen wage
kumt uns das schiffelin,
es bringt uns riebe gäbe,
die beren künegin.
3. Maria du edler rose,
aller Bälden ein zwi,
du schöner zitelose,
mach uns von Sünden fri.
4. Das schiflin das gat stille
und biingt uns riehen last,
der segel ist die minne,
der heilig geist der mast.
Hs. des Jnngfranenklosters zu Inzkofen um 1470—1480. 1, 4. fehlt in
der Hs. bringt um — 4, 4. sehatz.
Wahrscheinlich liegt diesem Liede ein älteres von Johannes Tanler zu
Grunde, schwerlich aber dürfte es das sein, welches unter dessen Namen
Daniel Sudermann zu Anfange des Xvll. Jahrhunderts in seiner Sammlung
ff hoher geistlicher GesiLnge'' mittheilt:
Ein altes Gesang, so unter des Herrn Tauleri Schriften fiinden,
etwas yerständlicher gemacht, im Ton: Es woUt ein Jäger jagen wol
in des Himmels Thron. Rambach Anthol. 1, 405.
f Nr. 35.
1. Es kommt oin Schiff geladen
bis an sein höchsten Bord.
es trägt Gotts Sohn vollr Gnaden,
des Vaters owigs Wort.
2. Das Schiff geht still im Triebe,
CS trägt ein theure Last.
der Segel ist die Liebe,
der heiVge Geist der Mast.
110
2. Der herbst und oach der meie
hant hie kraft mangerleie
U8 gotes gnadenrich.
wer sieh purgiert mit rüwen
und hat in got getruwen,
wil er sin leben rüwen,
der lebet ewiclich.
3. Min sei, du solt dich hüeten
und dich in togent güeten
und bade nit ze heiß.
das Wasser discr lüsten
mag dich gar bald entrüsten;
trag zwischen dinen brüsten
götlicher minne sweiß.
4. Gar edel si din spise,
subtil und dar zu lise,
wilt du ein bader sin.
das grobe diner Sünden
sol tugent überwinden,
wer wil gesuntheit vinden,
der volg der lere min.
5. Lüstlich solt du spazieren
mit fröid und jubilieren
in grüener himels ow;
in gilgen und in rosen
solt du mit gote kosen^
on aller sünde mosen,
daß er dich Gründlich schow.
6. Qar warm seit du dich halten
und dich nit Ion erkalten
nach diser minne bad.
din badeb&le sie
die allerschönst Marie,
ein got und namen drie
mit andacht z& dir lad.
7. Ir Mwlin all gemeine,
dis badelietli reine
wünsch ich uch alle stund,
111
daß uch goto gnad erwärme^
geb JesuB an den arme,
daß er sich Bchier erbarme
und mach die bcI gesunt.
Pfiülinger Hs. zu Stxittgart, XY. Jahrh. (bei Wackernagel Nr. 742) mit
der XJberschrifk : Bin ander Baden lief.
f Nr. 39.
1. Woi uf im geist gon baden,
ir zarten frSwelin,
da hin hat uns geladen
Jesus der herre min.
2. B[ie quilt der gnaden brunne,
der fr&iden morgcnrot,
da glenzt der ewige simimer,
da alles leit zergot.
3. Da h5rt man süeß erklingen
der vögeli getdn,
imd euch die engel singen
ir melodie gar schön.
4. Da fiie^ Jesus den tanze
mit aller megde schar,
da ist die liebi ganze
on alles ende gar.
5. Da ist ein lieplich smieren
und lachen iemer me,
da kan die sei hofieren
mit frSiden on alles we.
6. Hie wurkt das wasser sere,
das rüwig oug vergüßt,
das grundelose mere,
das von den wunden flüßt.
7. Wer da wöU jubilieren
nach diser winterzit,
der sol sich vor purgieren
von aller Sünden nit.
8. Er sol zfi adren laßen
der creaturen lust
und Überfluß sich maßen
bis an der megde brüst.
114
13. Des si gelopt der herre min,
den ich also erbarmen,
daß ich von im erlöset bin
von großer pin
am kruz mit sinen armen.
Unter den Liedern Heinrichs yon Lanfenberg in der StraCb. Hs. B. 121.
XV. Jahrh. Wckn. Nr. 781. Hb. 9, 5. fehlt dir —
f Nr. 41.
1. Kmn, heiiger geist, erfüll min herz,
entzünd in mir din minne!
din süeßikeit vertrib mir smerz,
erlücht minr seien sinne!
2. Ach edler baisam, gotes geist,
salb mir min sei von innen!
sit du minr sele wmiden weist,
so hilf mir rftw gewinnen!
3. In dir allein ist frid und sän,
in dir r&wt das gemüete.
in mir so wellest fride tun
durch din götliche güete.
4. Ach süeßes geistes symphoni,
du vater aller armen,
du bant der heiigen drivalti,
laß dich min sei erbannen.
5. Ach reiner herzen liechter schin,
glenz in miner vinstren kluse!
ach edler trost, güß dich dar in!
min sei werd hüt din huse.
6. Ach edler geist mit siben geben,
nun bis noch hüt min gaste,
daß ich dir leb und dich mög loben,
nim bi mir ruw und raste!
7. Kum, min heil, min sälikeit,
durch dinen heiigen namen
von mir dich niemer me gescheit
hie und dort iemer, amen!
StTttßb. Hb. B. 121. 4V XV. Jahrh., bei Wckn. Nr. 782.
115
f Nr, 42.
1. Ich solt mich leren laßen,
es wäre an der zit.
got fürkomt mir all straßen,
daß ich bin trostes fri.
ich Bolt mich leren liden
und haben für das best,
zitlichen trost vermiden,
got het michs schier ergezt.
2. Laß alle ding gewerden
und loufen zfi irem zil
imd 1er dir selbs absterben
und wollest was got wil.
wo ich min herz hin kere
und alle sinne min,
so find ich als die lere,
daß ich solt ledig sin.
3. Das kan ich nit bekomen,
ich fall als wider in.
war ich mir selbs benomen,
so möcht ich ledig sin.
wie solt ich mich nu laßen?
ich bin doch selber ich,
in strafen und in hassen
so find ich selber mich.
4. Das dunkt mich alles rechte,
das ich mir selber gib.
min sach wirt niender siechte,
bis ich mich des verwig,
dos ich nu iemer meine
mit fürsatz werden gut,
so trüg ich mich alleine
und krenke mir den mut.
5. Ein grundelos vernichten,
das sont wir an uns han
und sont nieman berichten
und one mmmel stan.
8*
116
ach kinder, lerent sterben
und eignen willen Ion,
80 mögen ir erwerben
Christum, der heiigen krön.
Pfallingcr Hs. zu Stattgart, XV. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 738), mit der
Überschrift: Van Oeloßenheit vnd ledikeit, Hs. 3, 1. bekennen — 5, 1. vemüten.
f Nr, 43.
1. Blinder, lement sterben
und üwem eigen willen Ion,
so mugent ir erwerben,
daß Jesus in üch mag rfiwe han.
verlierent üwem willen,
dar an liget eigenschaft,
so kumt got und gewinnet
in üch aber rast.
R. Nun laßent üch im gerne,
dem ußerwelten lutem gut:
Jesus ist die wäre minne
und tut üch kinder wol behfit.
2. Ein grundeloses vernichten
sont ir sterclichen an üch han.
ir süllent nieman berichten
imd genzlich ^n murmlen stan.
laßent üch got ze gnmde
in warer lutren armfit.
wen Christus dar in vindet,
dem koment alle ding zfi gät.
R. Nun laßent cet.
3. Qot ist in allen herzen
minnenclich ein süeßer pfingstag.
sie nüßent tugentlichen
alles das sin ding geleisten mag.
sie Icbent in der minne,
ir seien die sint gnaden vol.
sie sint sin worden innen
von got, der gans in selber wol.
R. Nun laßent cet.
Cod. theol. 8? Nr. 10. Bl. 163.ii.b. Pp. XV. Jahrb., auf der k. öffentl.
Bibl. zu Statigart (Mittheil. Franz Pfciffcr^s.)
117
f Nr. 44.
1. Wer liden kan und dultig sin
und tugentlich geboren^
der kumt nit in der helle pin:
durch sünd ist vil verloren,
liden ist ein hoher hort^
den mag got wol vergelten,
gar große sünde bringent wort,
durch ungedult wirt gäts zerstört,
BUS lobt man got gar selten.
Lid, trat gesell, und acht sin nut
und hab z& got din gemuete,
behabs durch got, lidest du üt,
gar lützel hoff hie uf die liit,
vor Sünden dich ser huete.
2. Mit liden überkumt man vil,
seit uns herr Jesus bilde,
gar untruw ist der weite spil,
der menschen sünd ist wilde,
verbirg Jesum tief in din herz,
ob dich sin minne frSwe,
hab mit im selber schimpf und scherz,
sag im die sünd und hab ir smerz,
mit ruw dem tnfel trSwe.
Lid, trut gesell, etc.
3. Wer welle mit got haben müt,
der sol gedultlich liden,
es wirt im lieb, wer also t&t,
er kumt in ewig fnden.
wenn es het zit und stat und stund,
so h6rt got dine werte,
bis dultig, dast der sei gesunt,
getruw euch nit dem heischen hund,
seit uns der weite horte.
Lid, trut gesell, etc.
Straßb. Hs. B. 121. Wckn. Nr. 775. — Hb. 1, 9. lob —
f Nr. 45.
1. Wer da wöU warlich geisten,
der sol vor an volleisten
die geburt des herren min;
118
der laße sich nit duren
sterbzit und creaturen,
und t6t nature sin.
Kcr sin gemüet z& himel,
lob got uß herzen zimbel.
vor allem Bünden sehimel
bewar die sele din!
2. Acht nit, ob man dich schelte,
huet dich vor minn der weite
und ler got heimlich sin,
fluch trost der creaturen
imd klfigheit der naturen
und allen falschen schin.
Gedultig bis in liden,
hab alzit herzenfridcn,
rum und er solt du midcn
uß ganzer dem&t din.
3. Die notturft solt du suchen
und fürbaß nit geruchen
durch alles leben din.
das leben Jesu Christe,
sin tot dich ouch gefriste
und sol din bildner sin.
Hab ein gemeine miime,
hüet diner wort und shuic,
brich willen ouch dar inne:
dis ist die lere min.
Pfullinger Hs. zu Stuttgart, ZV. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 739) mit der
Überschrift t Von fftcorem geUten. Wckn. macht dazu die Bemerkung: Dieß
Lied und das rarige *J vielleicht von Joh. Tauler 1 — Hs. 1, 4. den — 1, 9.
vor allen — 3, 6. friste —
f Nr, 46.
1. Ein nüw gehurt wünsch ich zwar
in sei des inren menschen rein:
das kintli imd vil guter jar,
dis wcrd (ich alle samen war,
das gware liecht sich üch erschein.
*) Ich 9oU mich leren laßen. Wckn. Nr. 738.
119
2. Wol uf gon Bethlehem za haut
in üwers herzen reini klus.
da tAt sich Jesus üch bekant,
da ist des geistes vateriant
und wonet er in sinem hns.
3. In der vemunft da brent der stem,
der üch ftiert zfi dem kindelin.
die m&ter gots ist die Incem,
sie ist die schal, Jesus der kern:
wol uf, min sei, und far da hin!
PfaUxiiger Hs. m Stattgart, XY. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 734), mit der
UbefBchrift: Bin ander wintieht Lied. Wackemagel sagt zu Nr. 784. »Str.
1, 2. moB es heiBen ein sel^ und in den Verbeasemngen „Nr. 734. 1, 2.
lies in sel.^ Schon ans dem Mangel der Interpnnction sieht man, dass er
das Ganze nicht verstanden hat. Hs. 1, 3, gut jar.
f Nr. 47.
1. Gen diser yasnacht wönt wir sin
vol andacht und vol minne.
nu treten har, gespilen min,
und hüeten üwer sinne!
he! daß nieman sich versünde,
ir lieben gotcs fründe!
nu laiit der weit ir üppikeit
und sient ir Jesus Idnde!
2. Jesus ist der jungeling,
der uns git hohen mfite,
der fröwet ims für alle ding,
er ist daa luter gute,
he! der uns git fröid in herzen
und wendet allen smerzen:
ach herzelieber Jesus min,
nu laß uns mit dir scherzen!
3. Jesus ist unser vasenacht,
ist unser tanz und springen,
do imser herz an in gedacht,
do viengon wir an singen.
he! nu laße nieman abc,
wer minne im herzen habe,
wenn Jesus ist der sponse min,
der allerschönste knabe.
120
4. Jesus der sol den vortanz han
und die jungfrou Marie,
darnach treten all heran
wer gotes kint sie!
he ! und sunder ir jungfrowen,
die got woUent schowen,
der sei und libe luter sint,
die sont sich billich frowen!
5. Da git Jesus vil süeßer blick
allen sinen fründen.
ach jo, wie küsst er sie so dick
an ire rote münde!
he! so wirt die sei verzucket
und ganz in got gedrucket;
hie ist die crcatur in got
und geist in geist gesmucket.
6. Von diser fröide nieman kan
gesagen noch gesingen,
nieman mag die sinne han
noch ze werten bringen.
he! wol uf mins herzen fröide,
von aller zit dich scheide,
und laß der creaturen lust
urab diso ougenweide!
7. Hie tönet süeße simphoni
von allen hierarchien;
hie ist der geist in gote fri
durch engelsch melodien.
he! die fröid ist ungemessen,
die sie da hant besessen:
die ußerwelten goteskint
hant alles leits vergessen.
Pfullinger Hs, zu 8taf%art, XV. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 731) mit der
l'berschrift: Mn ander Vastnaekt lied. He. 3, 2. rnser trang. Ut fehlt. —
4, 7. toennd. üt fehlt.
f Nr. 48.
1. Wir wönt gegen diser vaficnacht
frisch und fro beliben.
ich han an gotes sun gedacht,
der wil alle sünd vertriben.
121
liel in diser heiigen yasten
80 wil er bi uns raaten.
ach lieben zarten kint,
nun empfSaJbien disen gaste!
2. Lant alle fröid der weite sin;
wand Jesus ist alle fröide.
wol zfiy ir lieben kinde min,
lerent den unterscheide.
he! was fröid er wil geben
und dar zft ewig leben!
ach lieben ußerwelten kint^
dem sont ir üch ganz geben.
3. Wol har, wer frSlich wolle sin
in got mit ganzer minne,
der kere sich z& himel hin
und mfit und alle sinne!
he! da fuert Jesus den reien
in minnedichem meien^
da ist es alzit vasenacht
mit fröiden manigerleie.
4. Wie möchten wir nu trurig sin,
so wir der fröiden warten?
Jesus muß unsere fix)ide sin,
dem wir nu alle zarten.
he! in unsers herzen springen
so wollen wir im singen,
daß er durch sine muter rein
uns allen gnad wöll bringen.
5. Jesus ist alles seitenspil
und aller orgel t6ne;
Jesus der git uns kurzwil vil,
er ist der wunderschöne,
he! der alzit lieplich lachet,
der alle fröide machet,
sin ougenblic der ist so sücß,
das herz in fröiden krachet.
Pfiillingor Hs. bu Stattgart, XV. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 730), mit der
ilberschrift: Bin vastnaehi lied, 4, 4. rarten, — Wol nur ein Lcsofeliler Phil.
WackcmagcrB! 5, 1. vielleicht aller —
122
f Nr. 49.
1. Der nun meigen welle
der neme Cristus war!
dem zeig ich einen meigen
den die minne gebar.
2. Den meigen den ich meine
das ist der süeße got,
do er gieng uf ertriche
do leit er mengen spot.
3. Nun gan wir zu dem crüze
und nemen des meigen war!
er stat in minnender blüete
den uns die maget gebar.
4. Nun sehen wir in an dem crüze
Btan nackend unde bloß,
mit blite wol berunnen
das er durch uns vergoß!
5. Nun sehen wir im an die hendc!
die sint mit nageln durchbort:
darus ist uns gefloßen
der himelische hört.
6. Nun sehen wir im an die füeße!
da wart ein nagel durchgeschlagen:
wir Süllen gotes liden
in unsem herzen tragen.
7. Nun sehen wir im an die füeße!
die sint von wimden ser:
wir süUen gotes minne
vergeßen nimmermer.
S. Nun sehen wir im an die arme!
die hat er wit zertan:
er wil den armen sünder
zft sinen gnaden lan.
1). Nun sehen wir im an sin haupt!
das ist von dornen wunt;
es beleip an sinem reinen üb
niene nüts gesunt.
123
10. Nun sehen wir an die sitenf
sin herz ist im nfgetan:
da sont die edlen seien
des morgens meigen gan.
11. Wer durch gotes willen
des morgens ze meigen gat,
des sele wirt gespiset
nach des heiligen geistes rat.
12. Nun sehen wir den meigen
allenthalben an!
so sehen wir nüts das ganz si
als ieman kan verstan.
13. Nun sehen wir sinen edlen lip!
der ist allenthalben wunt,
von haupt unz uf die solen
ist nicne nüts gesunt.
14. An des crüzes esten
da blüet roter win,
den git man lieben gesten,
die müeßent luter sin.
15. Als in dem himelriche
da schenkt man Ciperwin,
da sont die edlen seien
von rainne trunken sin.
16. Da schowet man den vater,
den sun und heiligen geist,
in götlicher niinne
mit fröiden allermeist.
17. Die megde da ze tische gant,
die engcl da schone singent,
der heilig geist ist schenker,
Maria kellerin.
18. Wir Süllen Cristes mai*ter
mit sünfzen rüefen an,
so werden wir gefüeret
mit der engel schar
19. Als in das himelriche,
da ist vil gAte sin,
124
da müeß uns in auch helfen
Maria künegin.
PpHs. XV. Jalurh. der Stattg. Bibl. Theol. Nr. 19. 12? Pp. Bei Uliland
Nr. 341. A. Überschrift: Von dem gastlichen maygen, — Hs. 1, 4. nwime
zwang — 9, 4. niena — 10, 4. began — 18, 4. nienan — 14, 1. eete —
16, 2. und och den vü h. g. — 17, 1. die m. die — 17, 2. singent echone —
17, 4. da ist M.
f Nr. 50.
1. Wer nu wolle meien gen
in diser lieben zeit,
dem zeig ich einen meien
der uns freuden geit.
2. Den meien den ich meine
das ist der zarte got^
do er gieng auf erden
do leit er manchen spot
3. Menschliches wesen
in doch nie verdroß,
die marter was nit süeße,
die minne im das gebot.
4. Ge wir zu dem kreuze
und nemen des meien wai*!
er stet in roter blüete
den uns die meit gebar.
5. Seh wir an sein haupte!
das ist von dornen wimt:
wer daran dick gedenket,
des sele wirt gesunt.
6. Sehe wir an sein hende!
die sint mit nageln durchslagen:
wir sullen das sein leiden
in unserm herzen tragen.
7. Sehe wir au sein selten!
die ist (weit) aufgetan:
da sullen die Ueben sele
des morgens meien gan.
8. Sehe wir an sein fueßo!
die sint mit nageln durchbort:
daraus ist uns gefioßen
des himelreiches hört.
126
9. An des kreuzes esten
da blüet roter wein,
den schenket man lieben gesten,
die müeßen lauter sein.
10. In den ewigen frenden
da schenket man kipperwein,
da müeßen die lieben sele
von minnen trunken sein.
PpHs. XV. Jfthrh. in der Nümb. Stadtbibl. Cent VI. 82. 8? Dl. 32.
Uhland Nr. 341. B. Ph, Wckn. Nr. 109.
f Nr, 51.
1. Ich weiß mir einen meien
in diser heiigen zit,
den meien den ich meine
der ewige fröide git;
den meien den ich meine
das ist der süeße got,
der hie nf diser erden
leit vil menigen spot.
2. Do gangen wir zu dem crüzo
und nement des meien war!
der hat gar rote blüeste,
den uns die magt gebar;
sehen im an sin houbet!
das ist von dornen wunt:
wer Jesum Cristum liep hat,
fiirwar der wirt gesimt.
3. Nu sehen im an sin hende!
die sint mit naglen durchslagen:
wir sollen sin würdiges liden
in unsrem herzen tragen;
sehen im an sin sitel
sin herz ist ufgetan:
da sollen die reinen herzen
des morgens in meien gan.
4. Nu sehen im an sin fließe I
die sint mit naglen durchbort:
dadurch ist uns gefioßen
des himels höchster hört;
126
unter des crüzes aste
da schenkt man cipperwin,
des sollen die lieben seien
von minne trunken sin.
PMIinger PpUs. XV. Jahrh. in der Stattgarter Bibliothek, Theol. et
PhiloB. Nr. 190. 4P Alte Überschrift: Tanua et Carmen. Verwircht on allen
Wandel hat sieh etc. Ein Meyg. Von späterer Hand : Im thon — Wer in
den mayen wiüe zu dieser h. zeydt. Bei Uhland Nr. 341. C. — Zwischen
4, 6. und 4, 7. hat die Hs. noch diese ZeUen: Maria ist die kellerin, die
enge! schenken in.
Unmittelbar dahinter in der Hs. das folgende Lied, bei Wckn. Nr. 736
mit dem vorigen als ein Lied abgedruckt, bei Uhland davon getrennt unter
Nr. 342, wovon auch noch U. einen besonderen Abdruck „Fl. Bl. Inspr. bei
Joh. GKchen^ vor sich hatte.
f Nr. 52.
1. Ich weiß mir einen garten,
dar in da ist gflt wesen,
dar in wachst win so zarte,
den wollen wir ablesen,
und wollen balde ilen
und kumen bi der zit,
daß wir uns nit versumen
die wil man winber git.
2. Wart uns der edel winstok
von bimel gesant herab,
den minnesamen herzen
zu einem süeßen lab;
der winstok wart gezogen
vier und drißig jar
bis an den carfritag,
do wart er zitig gar.
3. Die Juden komen zusamen,
der was ein michel schar,
sie weiten abbrechen die edel
winber also gar;
do wart ein trotbaum bereit,
als wir noch hören sagen,
den wolt der edel winstok
uf sim rücken selber tragen.
127
4. Er trftg in also verre
an ein versmächtes feit,
daran da sch&f der herre
vil gfiter nützer werk,
des si er ewiklieh gelobet,
daß er es ie het gedacht,
daß er mit sinem liden
unser sünd hat widerbracht.
In der Hs. von späterer Hand neben 3, 5. pres$bauin. Hs. 1, 2. fehlt da
2, 2. herab ffesarU.
f Nr. 53.
1. Wer sich des Malens wolle
Zu dieser heiigen Zeit,
Der geh sn Jesu Christo,
Da der Maien leit,
So findt er wahre Freud.
2. Den Maien den ich meine,
Das ist der liebe Gott,
Er hat um unsertwillen
Gelitten Schimpf und Spott,
Darzu den bittem Tod.
3. So gehn wir zu dem Kreuze
Und^ sehn den Maien an :
Er steht in voller Blüthe,
Den uns Maria gebar
Ohn allen Wandel zwar.
4. So gehn wir zu den Füßen,
Die Nägl sein drein geschlagn:
Wir solln das Leiden Christi
In unsem Herzen tragn.
Wie uns die Priester sagn.
5. So gehn wir zu der Seiten,
Die ist weit aufgethan:
Des sollen die lieben Seelen
Des Morgens beten gähn,
Den heiligen Geist empfahn.
6. So gehn wir zu den Händen,
Die seind gar sehr verwundt:
Wir sollen das Leiden Christi
Schlie|}eu ins Herzen Grund,
So wird die Seel gesund.
128
7. So gehii wir zu dem Uaupte,
Die Krön gedruckt darein:
Wir sollen dem lieben Gott danken
Vor seine Marter und Pein
Und griUJen die Mutter sein.
8. Maria ging in den Garten,
Sie sucht ihm lieben Sohn,
Sie fand ihn unter den Juden,
Wol unter den Juden stahn,
Hoch an das Kreus geschlahn.
9. Das Kreuz das war sehr lange,
Das KreuB das war sehr breit.
Da Christ der edle Herre
Seine Marter drane leit
Für alle Christenheit.
10. Sie nahmen ihn von dem Krcnzo,
Legtn ihn auf Marie Schoß,
Da lag der edle Herre
Gar naeket und gar bloB,
Der Jammer der war groß.
11. Wol an dem dritten Tage,
Da Christas auferstund,
Erlöst er die lieben Seelen,
Aus der Vorhöllen Grund
Und macht sie all gesund.
12. Wir soUn dem lieben Gott danken
Seiner Marter mit Innigkeit,
Ihm dienen ohn allen Wanken,
So erlangen wir Barmherzigkeit, keit,
Seind uns die Sünde leid.
13. Mit diesem Lobgesange
Soll Gott gelobet sein,
Maria Gottes Mutter
Die Himmelkönigin, gin,
Die liebste Mutter sein.
14. All die dies Irobgesange
Mit Freuden gesungen han.
Den will Gott selber lohnen
Zur letzten Himmelfahrt,
Der alle Ding vermag.
Corners GB. 1626. Nr. 191 mit der Überschrift: „Das alte Lied, der
geistliche Maien genannt.*' Es wurde damab noch gesungen, Corner giebt
J29_
die Melodie. Das Würzburger OB. 1627 (bei Aurbacher Anthologie 1831.
Nr. 92) hat denselben Text, nur fehlt Str. 12, dafür aber finden sich zwei
Strophen mehr, nach 7.
Wir sollen dem Herren danken
Seiner Marter mit Innigkeit,
Er will uns gern mittheileu
Seine Barmherzigkeit,
Wenn uns die Sund ist leid,
und nach 10.
Sic nahmen ihn von Marien Schoß
Und legten ihn in ein Ghrab.
Da lag der edle Herre
Bis an den dritten Tag,
Der alle Ding vermag.
Aurbacher macht S. 238 hiezu die Bemerkung: „Ohne Zweifel wurde
dieses Volkslied gesungen, wann nach alter Sitte der Maienbaum aufgerichtet
wurde. Noch heutzutage sind in mancher süddeutschen Dorfgemeinde die
MaionbSume mit den Leidens- Werkzeugen geschmückt."
f Nr. 54.
1. Ich wölt daß ich da heime war
und aller weite trost enbär.
2. Ich mein da heim in himelrich,
da ich got schauet ewenclich.
3. Wol uf, min sei, und rieht dich dar!
da wartet din der engel schar.
4. Wan alle weit ist dir ze klein,
du kumest denn e wider hein.
5. Da heim ist leben one tot,
und ganzi freud on alle not.
6. Da ist gesuntheit one we
und wer et hüt und iemer me.
7. Da sint doch tusent jar als hüt
und ist auch kein verdrießen nüt.
8. Wol uf, min herz und al min mut
und such das gut ob allem gut!
9. Was das nüt ist, das sehetz gar klein
und jamer alzit wider hein 1
10. Du hast doch hie kein bliben nüt,
es si mom oder es si hüt.
9
130
11. Sit es denn anders nüt mag sin,
so fluch der weite valschen schin!
12. Und rüw din sünd und besser dich,
als wellest mom gen himelrich!
13. Aide, weit, got gesegen dich!
ich yar da hin gen himelrich.
Unter den Liedern Heinrichs von Laufenberg in der Straßbnrger Hand-
schrift B. 121, gegen Mitte des XV. Jahrh. — Wackemagel Nr. 758. Uhland
Volksl. Nr. 335.
f Nr. 55.
1. Got wölt daß ich da heirae war
und al der weite trost enbär.
2. Ich mein da heim im himelrich,
da ich got säch immer und eweclich.
3. Da ist gesuntheit ane we
und weret hüt und immer me.
4. Da ist tuscnt jar als hüt,
da ist auch kein verdrießen nit.
5. Da ist das leben ane tot,
da ist groß freud an alle not.
6. Got gesegen dich weit, ich ftir dahin,
ich far dahin gen himelrich.
7. Got gesegen dich, sunn! got gesegen dich, mtUi!
ich wil zfl got mim schopfer gän.
8. Wol uf min sei und bereit dich dar!
da wartet din der engel schar.
9. Wol uf min herz und al min mut
und s&ch das gfit ob allem gut!
Ans einer Handschrift des Jungfrauenklosters Angnstiner Ordens bu Inz-
kofen bei Sigmaringen, am 1470 — 1480. — Hs. 5, 1. dn den tot,
§.7.
Lieder der Geißler.
Am Ende des J. 1260 und zu Anfange des folgenden Jahres
verbreitete sich die Büß- und Geißelschwärmerei zuerst in Deutsch-
land. Sie kam aus dem benachbarten Italien, wo sie viele Freunde
und Anhänger gefunden hatte, zumal in den Städten und Gegen-
den der weifischen Partei, welche sich diese {ronmie Volks-
131
bewegong aus politischen Zwecken zu Nutze zu maeKen schien.
Diesseit der Alpen fand sie aber nur geringe und kurze Theil-
nahme, besonders weil sie vom päpstlichen Stuhle nicht geneh-
migt war, sie ging über das süd-östliche Deutschland nicht weit
hinaus und dauerte nach Ottocar von Homeck auch nur acht
Wochen. Nach den kurzen Berichten der Zeitgenossen haben
diese Geißler große Ähnlichkeit mit den späteren des J. 1349.
Heinrich Stero, Mönch von Altaich, welcher gegen Ende des
Xm. Jahrh. lebte, schildert sie also ^) : Ihre Bußübung war hart
zu erleiden, schrecklich und erbärmlich anzusehen, denn sie
entblößten ihren Leib vom Nabel an aufwärts und hatten ein
gewisses Kleid an, womit sie den untern Theil des Körpers bis
auf die Füße bedeckten, und damit niemand von ihnen erkannt
würde, gingen sie mit verhülltem Kopfe und Gesichte einher.
Sie zogen je zwei und zwei oder je drei imd drei, wie die Geist-
lichen, hinter einer Fahne oder einem Kreuze, und schlugen
sich selbst mit Geißeln drei und dreißig Tage hindurch und einen
halben, zum Andenken an die Zeit der Menschheit unsers Herrn
Jesu Christi auf Erden, zweimal täglich so lange, bis sie gewisse
§.7. 1) Annales Heinrici Steronis, Monachi AJtahae inferioris, ibiqne Capel-
lani (1152—1300). Ad a. 1260. Canisii Lectiones, ed. Basnagii s. t. The-
gaunu Monument ecd. et hüt. T. IV. p. 195. In Böhmer Fontes rerum
germ. II, 516 als Annalen Hermanns Abts zu Nieder- Altaich (f 1275): Erat
enim modus ipsius poenitentiae ad patiendum dnms, horribilis et miserabilis
ad Yidendum ; nam ab umbilico sursnm corpora denudantes, quandam vestem,
partem corporis inferiorem usque ad talos tegentem, habebant, et ne quis
eorum agnosceretur, eooperto capite et facie incedebant. Procodebant etiam
bini, temi, tanquam derici, vexillo praevio vel cruce, flagellis semetipsos bis
in die per XXXIH. dies et dimidium in memoriam temporis humanitatis Do-
mini nostri Jesu Christi super terram apparentis, tamdiu cruciantes, quousque
ad quasdam cantilenas, quas de passione ac morte Domini
dictaverant, duobus yel tribus praecinentibus circa Ecclesiam
yel in Ecciesia compleverunt, nunc in terram cormentes, nunc ad
coelum nuda brachia erigentesi non obstante luto vel nive, frigore vel calore.
Miserabiles itaque gestus ipsorum et dira verbera multos ad lacrimas et ad
suscipiendam eandem poenitentiam provocabant. Sed quia origo ejnsdem
poenitentiae nee a sede Romana, nee ab aliqua persona anctorabili fulcieba-
tur, a quibusdam Episcopis et Domino Heinrico Duce Bavariae coepit haberi
contemptui, unde tepescere in brevi coepit, sicut res immoderate concepta.
Im Chronicon Anonymi Mellicensis (Pes, Scriptt. T. I. col. 241): et cantus
ad suum libitum pro numero plagamm compositos decantantes.
9*
132
Gesänge, Jlie sie vom Leiden und Tode des Herrn gedichtet,
um die Kirche herum oder in der Kirche vollendet hatten, indem
zwei oder drei die Vorsänger machten; dabei stürzten sie bald
zur Erde nieder, bald streckten sie die nackten Arme gen Himmel
empor, trotz Schmutz oder Schnee, Kälte oder Hitze. Dies ilir
erbärmliches Gebärden und die harten Geißelungen bewogen
nun viele zu Thränen und zur Annahme derselben Buße. Weil
aber diese Bußübung weder vom römischen Stuhle noch von
irgend einer Person von Ansehn ausging, so gerieth sie bald
bei einigen Bischöfen und dem Herrn Herzog Heinrich von
Baiem in Verachtung, und ließ in kurzem nach, so wie jede
Sache, die Anfangs zu sehr übertrieben wird. — Ottocar von
Homeck*) imd ein Ungenannter aus dem Anfange des XIV.
Jahrh. ') stimmen damit überein ; auch sie sagen, dass die Geißler
Lieder sangen.
Ottocar: L* puozliet sie sungen, und
Anon.: et cantabant devotos cantus.
Diese Lieder waren in der Landessprache abgefasst ; wenn Pul-
kawa, der seine Chronik auf Befehl Karls IV. aus alten Nachrichten
zusammenschrieb, von verschiedenen Sprachen spricht*), so
§. 7. 2) Ottocar v. H. bei Fez, Scr. T. III. col. 92. 93, danach bei Mass-
xnann, Erlänter. zum Wessobronner Gebet S. 94 — 96 und Förstemann , Die
Christi. Geißlergesellschaften S. 39—41.
3) Anonymi Chron. Austr. (Rauch, Rerum Austr. Scriptt T. II. p. 251) :
M. cc. Ixj. Hoc anno orta est publica poenitentia per multas provincias,
quae pro magno oraculo habebatur. Multi homines, pauperea et divites, mi-
nisteriales, milites, rustici, senes et juvenes ibant nudi a cingulo et supra, et
Caput contezerant cum lineo panno, portantes socum vexilla et ardentes can*
delas, et flagella in manibus, quibos se quidam percutiebant usquc ad effusio-
nem sanguinis, et cantabant devotos cantus, et ibant de provincia in proyin-
ciam, de civitate in civitatem et de ecclesia ad ecclesiam, quod videntes
multi conpuncti sunt et flebant. Ponebaut etiam se prostrati toto corpore ad
terram nudi, vel in nivem vel in lutum. In hac poenitentia comparuit quis*
que xxxiij. diebus bis in die mane et vespere. — Anon. Leobiensia stimmt
damit übercin bis auf den Anfang, der bei ihm also lautet (Pez, Scriptt T. I.
col. 829): Hoc anno (er liest fälschlich 1267) fuit publica poenitentia, quao
orta est in Sicüia, et transiit Longobardiam , Karinthiam, Camiolam, Stiriam,
Anstriam, Bohemiam, Moraviam, cum flagellationibus et canticis poenitentia-
libus, quae pro magno miraculo habebatur.
4) Chronicon Pulkavao (Dobner, Monum. bist. Boem. T. UI. p. 232) :
Kodcm anno flagellatorum qnaedam secta suboritur, qui velantcs capita more
133_
meint er die deutsche und slavische , denn die Lieder der Geißler
gingen in alle Sprachen der Länder über, wo sie sich selbst
zeigten. Ob nun diese Lieder, die damals 1260 erst gedichtet
wurden, verwandt sind mit denen der spiiteren Flagellanten,
müsste gänzlich unerörtert bleiben, hätte sich nicht ein Bruch-
stück von jenem Jahre erhalten, was in einer österr. Chronik
von 1025 — 1282, also gleichzeitig, vorkommt*):
Ir slaht lieh s6re
in cristes Are :
durch got so lät die sünde möre!
Dies sind aber eben dieselben Zeilen, welche auch von
den späteren Geißlem gesungen wurden; es müssen also thcils
durch Überlieferungen, theils durch Bußübimgen in einzelnen
Gegenden sich manche Anklänge, auch wol ganze Lieder der
früheren Geißler bis 1349 erhalten haben.
Noch während der Verheerungen jener furchtbaren Pest«),
welche seit 1348 auch Deutschland heimsuchte und Millionen
clanstralium ad cingulum denudati flagellis in extremitatibas nodos habentibus,
fortissime se caedebant, quornm etiam quidam processiones , stationeSi venias
et gennflexiones fecenint znirabiles, secundum distinctiones linguarum
cantantes.
§. 7. 5) Oesterr. Chronik 1025—1282. S. darüber v. Hormayr's Archiv
1821. S. 467, später daselbst 1827. ß. 430 ff. von Docen herausgegeben,
unter dem Titel: Die goldene Chronik der Miinchener Hofbibliothek. Archiv
1827. 8. 440: MCCLX. Ordo flagellantium oritur, quac dicebatur penitentia
layconim, cuins exordinm soli deo et suae matri ascribitur. Quam et divites
nobiles, hnmiles pauperes, senes, adolescentes et pneri manifeste circnmeundo
ecclosias nudi psaUendo, passionem Christi pronuntiando, se unnsqnisquo flagel-
lando. Mnlieres qnoque in domibns simili modo faciendo, et illum cantum
psallebant: Ir slacht evch sere in Christes ere, durch got so lat die svndc
mere. Docen bemerkt in der Einleitung: versus teutonici| quos ex Flagel-
lantium neniis auctor ad an. 1260 servavit, aperte eidem huic anno iutegram
illam cantilenam, rhjthmi legibus adstrictam, vindicant, quam,
aliquot abhinc annis in dioecesi Osnabruggensi repertam, cditor ad annum
demum 1349 referendam esse censuit. Loguntur ibi, dialecto solummodo im-
mutata, a vers. 88—40.
6) Über die Pest der J. 1348—1350 s. Kurt Sprengel, Beiträge zur
Geschichte der Medicin I. Bdes 1. Stück (Haft 1794. 8.*») S. 36—116). B. de
Zach, Corrospondance astronomique , g^ogr., hydrogr. et statistique Vol. XII.
(1825) Nr. 1. p. 90—120. — Der schwarze Tod im vierzehnten Jahrhundert.
Nach den Quellen von J. F. C. Hecker. Berlin 1832.
134
Menschen wegraffte, bildeten sich eigene Gesellschaften von
öffentlich Büßenden, die bald unter dem Namen der Geißler,
Kreuzbrüder, Flagellanten u. s. w. Deutschland von einem Ende
bis zum andern durchzogen. Ihr erstes Auftreten fällt in den
Frühling des Jahres 1349, ihr allmäliges Kachlassen in den
Herbst desselben Jahres und ihr gänzliches Aufhören in das
J. 1350. Da sie, wie die früheren Geißler, meist nur deutsche
geistliche Lieder sangen, so mag hier zunächst der Bericht eines
Zeitgenossen, des Friedrich Closener zu Straßburg folgen; er
enthält diese Lieder am vollständigsten f).
Die große Geißelfahrt.
Da man zählte 1349, vierzehn Tage nach St. Johannstag,
da kamen gen Straßburg wol 200 Geißler, die hatten Leben
und Weise an sich, als ich hier ein Theil beschreibe. Zum
ersten, sie hatten die kostbarsten Fahnen von Sammcttüchem,
rauh und glatt, und von Baldachin, die besten die man haben
mochte; derer hatten sie vielleicht zehn oder acht oder sechs
und vielleicht eben so manche gewundene Kerzen, die trug man
ihnen vor, wo sie in die Städte oder Dörfer gingen, und stürmte
mit allen Glocken ihnen entgegen, und gingen den Fahnen nach
je zween und zween mit einander und hatten alle Mäntel an
und Hüdein auf mit rothen Kreuzen, und sangen zween oder
vier einen Leis vor und sangen ihn die anderen nach. Der
Leis war also :
7) Fritsche (Friedrich) CloBener endi^ seine StraBb. Chronik mit
dem 8. Jnli 1862. Er starb za StraObnrg gegen Ende des XTV, Jahrh. als
Vicarios an dem ^o^en Chor der Domkirche. Closener's Chronik wurde mit
A. W. StrobeVs Vorrede von Albert Schott heraosgegeben in der |,Bibliothek
des literarischen Vereins in Stattgart I. (1842)*', dann auf Kosten der Stadt
Straßbnrg, prachtvoll aasgestattet, von Strobel und Ludwig Schneegans im
Code historiqne et diplomatique de la ville de Strasbourg. T. I. (Strasb.
1843. 4^) 1. F. p. 1 — 158. Früher kannte man nur diesen Bericht über
die große Geißelfahrt sehr unvollständig aus Closener^s Fortsetzer, Jacob
Twinger von Königshofen (geb. zu Straßburg 1346. f^ 27. Dec. 1420 als
Canonicus an der St. Thomas-Kirche daselbst) ; vgl. Code bist. T. 1. — Ich
theile Closener*s Bericht jetzt treu übersetzt mit, da er urkundlich bereits
anderswo gedruckt ist, z. B. von Schmidt in den Theologischen Studien und
Kritiken 1837. S. 889 ff., danach bei Ph. Wackemagel Kirchenl. S. 605-608.
Die Lieder stehen auch in: Die Geißler, namentlich die große Geißelfahrt
nach Straßburg im J. 1349. Frei nach dem Franz. des L. Schneogans von
Const. Tischendorf. Lpz. 1840. S. 20—27.
135
f Nr. 56.
Kü ist die betevart s6 her.
Crist reit selber gSn Jerusalem,
er vüert ein crüze an stner hant.
nü helfe uns der heilant.
NA ist die betevart so guot.
hilf uns hdrre durch din heilige^ bluot,
daa^ dil am crüze vergoren h&st^
und uns in dem eilende gel&^en hast.
Kü ist die strafe also breit,
die uns zft unser frowen treit,
in unser lieben frowen lant.
nü helfe uns der heilant!
Wir sullent die buo^e an uns nemen,
daa^ wir gote deste ba; gezemen
al dort in sines vater rieh,
des biten wir sünder alle glich.
So biten wir den heiligen Crist,
der aller weite gewaltic ist •).
Wenn sie so in die Kirche kamen, so knieten sie nieder und
sangen :
Jesus wart gelabet mit gallen,
des suUen wir an ein crüze Valien.
Bei dem Worte fielen sie alle kreuzweis auf die Erde, dass es
klapperte. Wenn sie eine Weile also lagen, so hub ihr Vorsän-
ger an und sang:
Nd hebent &f die üwem hende,
daa^ got diz grds^e sterben wende 1
(nü hebent üf üwere arme,
daj sich got über uns erbarme!) •)
Dann standen sie auf. Das thaten sie dreimal. Wenn sie zum
dritten Male aufstanden, so luden die Leute die Brüder, eins lud
zwanzig, eins zwölf oder zehen, jegliches nach seinen Verhält-
§.7. 8) In den drei letzten Zeilen hat die Hs.
dick Sünder — den vü heiligen — der cMe der.
In der Klage 1881. (3. Ansg. von Lachmann 8. 361)
si sprach: nü 16ne in Krist,
der aller dinge gewaltic ist.
9) Zusatz bei Königshofen ( ).
136
nissen, imd führten sie heim und boten es ihnen wolil (bewir-
theten sie gut).
Nun war die» ihre Regel:
Wer in die Brüderschaft wollte und an die Buße treten, der
musste 34 Tage drinnen sein und bleiben und darum so musste er
haben also viel Pfennige, dass ihm alle Tage 4 Pfennige zukamen,
so lange er in der Buße war, das waren 11 Schillinge und 4 Pfen-
nige, darum dui*ften sie niemand ansprechen, noch fordern, noch
in ein Haus kommen, wenn sie zum ersten Male in eine Stadt
oder ein Dorf kamen, man lüde sie dann und föhrte sie ohne
ihre Ansprache drein, danach mochten sie wol in die Häuser
gehen, während sie in der Stadt waren. Sie durften auch mit
keiner Frau reden. Wer aber das brach, dass er mit einer Frau
redete, der kniete vor ihren Meister und beichtete es ihm, so
setzte ihm der Meister eine Buße und schlug ihn mit der Geißel
auf den Rücken und sprach:
Stant üf durch der reinen martel ^re
und hüete dich vor den sündcn möre!
Sie hatten auch ein Gesetze, dass sie Pfaffen mochten
unter sich haben, aber keiner von ihnen sollte Meister unter
ihnen sein noch an ihren heimlichen Rath gehu. Wenn sie nun
wollten büßen, also nannten sie das Geißeln, das war mindestens
zweimal des Tages, früh und spat, so zogen sie ins Feld hin-
aus, und läutete man die Glocken und sammelten sich imd gin-
gen je zween und zween, iliren Leich singend, also vorher
gesagt ist, und wenn sie kamen an die Geißelstatt, so zogen
sie sich aus barfuß bis auf die Beinkleider, und thaten Kittel
oder andere weiße Tücher um sich, die reichten von dem Gür-
tel bis auf die Füße, und wenn sie wollten anfangen zu büßen,
so legten sie sich nieder in einen weiten Kreis, und wie jeg-
licher gesündigt hatte, darnach legte er sich: war er ein mein-
eidiger Bösewicht, so legte er sich auf eine Seite und reckte
seine drei Finger über das Haupt hervor; war er ein Ehebre-
cher, so legte er sich auf den Bauch. So legten sie sich in
mancherlei Weise nach mancherlei Sünde, die sie gethan hatten ;
dabei erkannte man wol, was Sünde jeglicher von ihnen began-
gen hatte. Wenn sie sich so hatten gelegt, so fing ihr Meister
an, wo er wollte und schritt über einen und berülirte den mit
seiner Geißel auf den Leib und sprach:
_I37 _
Staut üf durch der reinen martel 6re
und hücte dich vor den sünden mdre!
So schritt er über sie alle, und über welchen er schritt, der
stand auf und schritt dem Meister nach über die vor ihm lagen.
Wenn ihrer zwei über den dritten schritten, der stand dann auf
und schritt mit ihnen über den vierten, und der vierte über den
fünften vor ihm. So thaten sie's dem Meister nach mit der
Geißel imd mit den Worten bis dass alle aufstanden und über
einander schritten. Wenn sie auf diese Weise waren aufgestan-
den zu einem Kreise, so stellten sich ihrer etwelche hin, die
die besten Sänger waren und fingen einen Leis an zu singen.
Den sangen die Brüder nach, so wie man zum Tanze noch sin-
get '®). Unterdessen gingen die Brüder um den Kreis je zween
und zween und geißelten sich mit Geißeln und Riemen, die
hatten Knöpfe vornen, darein waren Nadeln gesteckt, und schlu-
gen sich über ihre Rücken, dass mancher sehr blutete. Nun
ist der Leis oder Leich, den sie sangen:
f Nr. 57.
Nu tretent her zu die bücken wellen!
fliehen wir die heilen hellen:
Lucifcr ist ein boese geselle,
sin mit ist wie er uns vervell"
wände er hette da^ bech zei .,
des Süllen wir von den Sünden gän.
Der unsere bfije welle pflegen,
der sol bihten und wider wegen,
der bihte rchte, lä sünde vam,
so wil sich got über in erbam.
der bihte rehtc, 1& sünde rüwen,
so wil sich got selber im emüwen.
Jesus Crist der wart gevangen,
an ein crüze wart er erhangen,
daj crüze wart von bl&te rot:
wir klagen gots martel und sinen tot.
§. 7. 10) Vgl. den Aufsatz : Was Schaden Tanzon bringet, aus einer IIs. de«
XV. Jahrh. in den Altd. Blftttem I, 52, wo 9. ö3. 55. gegen die beim Tanzo
gesungenen Schamperlieder und gegen die, welche sie dichten und vorsin-
gen, besonders geeifert wird.
138
durch got vergießen wir unser bl&t,
da$ 81 uns für die sünde g&t
des hilf uns, lieber herre got!
des biten wir dich durch dtnen tot.
Sünder, w6 mit wilt du mir lönen?
dri nagel und ein dümin krönen,
daj crüze firdn, eins speres stich:
Sünder, daj leit ich alle? durch dich,
waj wilt du liden nü durch mich? ")
S6 rÄfen wir Ü5 lütem döne:
unsem dienest gdn wir dir zA löne,
durch dich vergiejen wir unser blAt,
da; st uns fiir die sünde gftt.
des hilf uns, lieber herre got,
des biten wir dich durch dlnen t6t.
Ir lügener, ir meinswersere,
dem höhesten got sint ir unmsBre!
ir bihtent keine sünde gar,
des müe^ent ir in die helle dar.
dft vor behüet uns herre gotl
des biten wir dich durch dinen tdt.
Nun knieten sie alle nieder und spannten ihre Arme kreuzweis
und sangen:
Jesus der wart gelabet mit gallen,
des suUen wir an ein crüze Valien.
I^un fielen sie alle kreuzweis auf die Erde nieder und lagen
eine Weile da, bis dass die Sänger abermals anhüben zu singen,
dann knieten sie auf die Kniee und hüben ihre Hände auf und
sangen den Sängen nach knieend also:
Nü hebent üf die üwem hende,
'da; got diz grö;e sterben wende!
nü hebent üf die üwem arme,
da; sich got über uns erbarme!
Jesus durch dine namen dri
du mach uns herre vor sünden fri!
Jesus durch dine wunden rot,
behüet xms vor dem g»hen tot!
§.7. 11) Schmidt liest: mi durch mich.
139
Nun standen sie alle auf und gingen um den Kreis und geißel-
ten Bichy wie sie zuvor hatten gethan und sangen also:
f Nr. 58.
Maria st&nt in grölen n<Bten,
dd sie ir liebes^ kiut sach toBten,
ein swert ir durch die sele sneit:
da; 14 dir sünder wesen leit.
Des hilf uns lieber herre got,
des biten wir dich durch dinen tdt.
Jesus rief in himelHche
sinen engein alle geliche,
er sprach zA in vil senedeclichen :
die cristenheit wil mir entwichen,
des wil ich l&n die weit zerg&n,
des wi^ent sicher &ne wän!
D& vor behüet uns herre got,
des biten wir dich durch dinen tot.
Maria bat im sun den süejen:
liebe; kint^ 14 sie dir blieben,
sd wil ich schicken da; sie müe;en
bek6ren sich, des bit ich dich,
vil liebe; kint, des gewer du mich.
• • ")
des biten wir sünder euch alle glich.
Welich frow oder man ir 3 nü brechen,
da; wil got selber an sie rechen.
SWebel, bech unde ouch die gallen
gie;et der tiefel in sie alle:
förw&r sie sint des tiefeis bot.
D& vor behüet uns herre got,
des biten wir dich durch dinen tot.
Ir mordsere, ir str&;roubaBre,
üch ist die rede enteil zA sweere.
ir wellent üch über nieman erbam,
des müe;ent ir in die heUe vam.
D& vor behüet
§. 7. 12) Vielleicht fehlt hier: Des hilf nns in din himelrichl
140
Nim knieten sie und iiclen dann nieder und sangen, imd stan-
den dann wieder auf und benahmen sich wie vorher von dem
Sänge an: Jesus der wart gelabet mit gallen, bis an den
Sang: Maria stAnt in grölen noeten. So sümden sie dann
abermals auf und sangen diesen Leich sich geißelnd:
f Nr. 59.
O we ir armen -vvdcheraere,
dem lieben got sint ir unma^re.
da lihest ein marc al umbe ein pfuiit,
daj ziehet dich in der helle giimt;
des bistd iemer me verlorn,
dar z& so bringet dich gotes zoni.
Da vor behüet ....
Die erde bidemet, euch kliebent die steine: "^j
ir horten herzen ir sullent weinen,
weinent tougen mit den ougen,
slahent üch sere durch Cristes ere!
durch in vergie;en wir unser blüt,
da^ si uns für die sünde gftt.
Des hilf uns lieber herre got,
des biten ....
Der den fritag nüt envastet
imde den suntag nüt enrastet,
zwar der mücje in der helle piu
eweclich verloren sin.
Dft vor behttet ....
Die 6 die ist ein reine^ leben,
die hat got selber uns gegeben,
ich rät frowen und ir maimen,
da; ir die hochfart M-^et dannen;
durch got so Idnt die hochfart varn,
s9 wil sich got über uns erbam.
Des liilf uns lieber herre got,
des biten wir dich durch dinen tot.
Nun knieten sie abermals und fielen nieder und sange'/i, und
standen dann wieder auf und benahmen sich wie vorher von
dem Sango an: Jesus der wart gelabet mit gallen, bis
§.7. 13) Hs. die erhidemet erklunget die steine.
141
an den Sang: Maria stAnt in grölen noeten. Auf diese
Weise war das Geißeln vorbei. So legten sie sich dann nieder,
wie sie hatten gethan als sie anfingen, und schritten über ein-
ander und hießen einander aufstehen wie zuvor, und gingen
dann an den Kreis und thaten sich wieder an. Während sie
sich aus- und anthaten, so gingen brave Männer umher und be-
gehrten an dem Kreise von den Leuten, dass sie den Brüdern
beisteuerten zu Kerzen und Fahnen : auf die Weise ward ihnen
viel Geld. Wenn sie dies alles gethan hatten und wieder an-
gekleidet waren, so trat einer von ihnen, der ein Laie war und
lesen konnte, auf einen Berchfiied (Warte) und las diesen nach-
stehenden Brief. ")
Hie hatte der Brief ein Ende. Wenn der gelesen war, so
zogen sie wieder in die Stadt zween und zween ihren Fahnen
und ihren Kerzen nach imd sangen den ersten Leich: Nu ist
die betevart sd hSre und läutete man die großen Glocken
ihnen entgegen, und wenn sie in den Münster kamen, so fielen
sie kreuzweis nieder dreimal, wie vorher geschrieben ist. Wenn
sie aufstanden, so gingen sie in ihre Herbergen oder wohin sie
wollten. Man will wissen, dass die erste Bruderschaft, die nach
Straßburg kam, die kamen eines Morgens auf Metzgeraue und
geißelten sich da, danach gingen sie erst in die Stadt. Aber
die Bruderschaft, die danach herkamen, die gingen gemeinig-
lich alle zuvor in die Stadt ehe sie sich geißelten und hielten
auch alle die Weise, die da vorher geschrieben steht, doch
hatten etliche mancherlei andere Leise während sie einherzogen
(doch betten etliche maniger hande andere leiee die
wil sie zogeten), aber zu der Buße hielten sie alle densel-
ben Leis (%inen leis). —
Eben so wichtig sind die Nachrichten aus einer andern
Gegend Deutschlands, aus dem Nassauischen; der Stadtschrei-
ber Johann zu Limburg, der im Jahre 1336 seine Chronik ")
§. 7. 14) Diesen Brief der geucheler bredie giebt dann Closener noch und
erzälüt den ganzen Verlauf der Gei^elfahrt, Code dipl. p. 140 — 148.
15) Die erste Ansgabe der Limburger Chronik erschien unter dem
Titel: Fasti Limpurgenses cet. bei Gotthard Vögelin 1617. 8? G. Vögelin
war Bnchdrucker zu Worms; es ist derselbe, welcher aus Freher's Nachlass
den Williram und die Anmerkungen zum Otfrid herausgab; s. Hoff mann,
Pnndgr. I. Th. S. 41. Mehr über die Chronik Eschenburg in GrSter's Bragur
VI. Bd. I. Abthei]. S. 82— lOS und Ebert, Bibliogr. Lexicon Nr. 7368.
142
begann und 1402, 85 Jahre alt war, muss 1349 alles selbst ge-
sehen oder doch von Augenzeugen gehört haben. Hier sein
Bericht nach der Ausgabe von 1617 durch Joh. Fr. Faust von
Aschaffenburg (8. 9—15) : Anno 1349 da kam ein großes Ster-
ben in Deutschland, das ist genannt das große Sterben und das
erste, und stürben an der Drüsen, und wen das anging, der
starb an dem dritten Tag, imd in der Maßen stürben die Leut
in den großen Städten, zu Köln, zu Mainz etc. und also meist-
lich alle Tage mehr denn 100 Menschen oder in der Maßen,
in den kleinen Städten stürben täglich 20, 24 oder 30, also in
der Weise. Das währte in jeglicher Stadt und Land mehr denn
ein Viertel Jahrs, und stürben zu Limburg mehr denn 2400 Men-
schen, ausgenommen die Kind.
Da das Volk den großen Jammer sähe vom Sterben, das
auf Erdreich was, da fielen die Leute gemeinlich in eine große
Reue ihrer Sünden und suchten Pönitentien, und thäten das mit
eigenem Willen, und nahmen den Papst und die H. Kirche nicht
zu Hülf und zu Rath, das große Thorheit was und große Un-
vorsichtigkeit und Versäumniss und Verstopfung ihrer Seelen.
Und verhaften (verbanden) sich die Mannen in den Städten und
im Land und gingen mit den Geißeln, hundert, zwei oder drei
hundert, oder in der Maßen. Und was ihr Leben also, dass
etlich Partei gingen 30 Tag mit den Geißeln von einer Stadt
zu der andern, und fährten Kreuz imd Fahnen, also in den
Kirchen, und mit Kerzen und mit der Procession; und wo sie
kamen vor eine Stadt, da gingen sie mit einer Procession zwei
bei einander bis in die Kirchen, und hatten Hüte auf, daran
stund vomen ein roth Kreuz, und jeglicher trug seine Geißel
vor ihm, und sangen ihren Leisen also: ^
Ist diso betevart so hdre.
Krist vuor selb ze JerusalSme,
mid vüert ein crüze in siner hant.
nü helf uns der heilant!
Der Leise war da gemacht, imd singet man den noch,
wann man Heilige trägt. Und hatten sie ihre Vorsänger zween
oder drei, und sangen sie ihnen nach. Und wann sie in die
Kirch kamen, thäten sie die Thür zu, und thäten all ihre Klei-
der aus bis auf ihre Niederkleider und hatten von ihren Enkeln
bis auf ihre Lenden EJeider von Leinentuch, und gingen um
den Kirchhof zween und zween bei einander in einer Proces-
143
siony als man pflegt um die Kirche zu gehen und zu singen;
und ihr jeglicher sehlug sich selber mit seiner Geißel zu beiden
Seiten über die Achsel^ dass ihnen das Blut über die Enkel
floss, und trugen Kreuz^ Kerzen und Fahnen vor; imd ihr Ge-
sang war also, wann sie umgingen:
Tretent herzfi swer büejen welle!
s6 vliehen wir die heije helle.
Lucifer ist ein boeser geselle.
swen er habet,
mit bech er in labet.
Des war noch mehr "). Und in der Final des Gesangs
oder Lieds sangen sie :
Jesus wart gelabet mit gallen,
des süln wir an ein crüze vallenl
So knieten sie alle nieder und schlugen alle kreuzweis mit
aufgereckten Armen und Händen auf die Erden imd lagen allda.
Und hatten unter sich gemacht eine große verderbliche Thor-
heit, imd wähneten, das wäre gut, mit Namen (vomämlich) wann
sie gefallen waren, wer da unter ihnen was, der seine Ehe ge-
brochen hatte, der legte sich auf seine Seiten, dass man sollte
sehen, dass er ein Ehebrecher wäre; und wer einen Mord ge-
than hatte, er wäre heimlich oder offenbar, der wandte sich um
und wandte sich auf den Rücken; sodann der meineidig war,
der reckete zween Finger neben dem Daumen aus in die Höhe,
dass man sähe, dass er ein meineidiger Schalk war, und also.
Wiewol dass Bitter und Knechte, Bürger und Gebauren alle in
einem einfältigen Sinne gingen mit der Geißel, verloren sie alle-
sammen ihren geistlichen Sinn, um dass sie ohne Laub (Urlaub)
der H. Kirchen selbsten Buße setzeten, und machten sich sel-
ber zu Schälken imd Böswichten. Denn wen man hatte gehal-
ten in Contract und Kundschaft vor einen ehrbaren Mann, der
machte sich selber zu einem Schalk, also dass er nimmer taugte
auf Erdreich an Ehren und an Seligkeit. Und ward deren
mancher verderbt und gehangen in Westphalen und anderswo,
und wurden verweiset von dem Rathe, da sie in gesessen hat-
ten, nachdem als (wie) das vorging in Westphalen und anderswo.
Auch wann die vorgenannten Geißelbrüder aus den Städten
§. 7. 16) Dieser Gesang hat sich vollständig auf einigen einzelnen in West-
phalen entdeckten Pergamentblftttern yorgefanden. 8. nachher.
144
gingen und hatten ihre Buße gethan, so gingen sie aus mit
Ereuzfahnen und Kerzen mit ihren Processen^ und leiseten ihnen
ihre Vorsänger ihre Leisen. Der Gesang war also:
f Nr. 60.
O h^n' vater Jesu Crist,
wan du allein ein h^rre bist,
du hast uns die sünde macht ze vergeben,
nü gefrist ims hie unser leben;
da; wir beweinen dinen tot,
wir klagen dir herre al unser not.
Des war noch mehr. Auch singen sie einen andern Lei-
sen, der was also:
f Nr. 6L
Ej gicnc sich unser frowe, Kyrieleison!
des morgens in dem towe, Halleluja!
da begegnet ir ejjn junge, Kyrieleison!
sin hart was im entsprungen. Halleluja!
Gelobet sistil Maria!
Du sollt wissen, dass diese vorgenannten Leisen alle wurden
gemacht imd gedichtet in der Geißelfahrt und war der Weisen
keine mehr zuvor gehört worden "). Auch hatten die Geißler
den Sitten, dass sie keinen Weibern zusprachen in der Geißel-
fahrt. Also gingen sie um mit Thorheit und wussten nicht das
Ende, das davon kommen sollte oder möchte, als da spricht der
weise Meister also:
Quiequid agis, prudenter agas et respice finem.
Fortan wann die Geißler also gefallen hatten, als vor ge-
schrieben steht, so lagen sie auf der Erden also lange, dass
man fünf pater noster mochte gesprochen haben; dann kommen
zween, die sie zu Meistern haben gekoren, und geben jeglichem
einen Streich mit der Geißel und sprechen also : Stand auf, dass
dir Gott alle Sünde vergebe ! So stunden sie auf ihre Knie ; die
Meister und die Sänger sungen vor:
Nu reckent üf üwere hendo,
da^ got da; grö;e sterben wende!
nft reckent itf üwere arme,
da; sich got über uns erbarme!
§. 7. 17) Vorgl. jedoch vorher Anm. 5.
145
^nd da reckten sie alle ihre Arme auf kreuzweis und jeder
sehlug sieh an die Brust drei Schläge oder viere , und hüben
alle an zu singen:
Nu slagt üch sdre
durch Christus drei
durch got sd Uit die hövart varen!
sd wil sich got über uns erbamißn«
So stunden sie auf und gingen wiederum und schlugen sich
mit den Geißeln^ dass man Jammer an ihnen sähe.
Da das geschehen was, da gingen die ehrbaren Leute dar
und luden die Geißler heim, einer vier, sechs oder sieben, und
thaten ihnen gütlich über Nacht. Auf den Morgen so gingen
sie wieder hinweg in einer Procession und Ejeuzen in eine
andere Stadt oder Land.
Von diesen Liedern, welche Closener und der Stadtschrei-
ber Johann zu Limburg ihren Berichten eiHTcrleibten, hat sich
nur ein einziges vollständiges erhalten »):
f Nr. 62.
Swer siner sele welle pflegen,
der sol gelten und widergeben,
S. 7. 18) „Dorow entdeckte es im OsDAbi^ckBchen, es steht auf den Deckeln
einer PgHs. medidnlschen Inhalts ans dem XFV. Jahrh. in 4? , die jetzt der
Herr y. Mensebach besitit. Massmann gah es mit einer Übersetzung heraus
in seinen Erläntemngen zum Wessobr. Gebet S. 44 — 62. Das Lied, wie es
dort erscheint, ist mittelniederländisch und zwar in der Mundart der östlichen
Gegenden Hollands nach Westphalen zu; diese Ansicht habe ich in der Re-
cension des Massm. Buches (Seebode, Krit. Bibl. 1825. I. Bd. Heft 6. 8. 549
— 551) zu begründen gesucht. Förstemann hat in seinen Christlichen Geiß-
lergesellschalten S. 270 — 277 Massmann's Text und Übersetzung, doch beides
etwas berichtigt, wiederholt. Da es jetzt nicht mehr darauf ankommt, einen
wörtliohen Abdruck zu haben, das Lied aber viele jener obenerwähnten Bruch-
stücke der Flagellanten-Gesänge enthält, so will ich einen hergestellten hoch-
deutschen Text, wie er doch nach den Mittheilungen bei Königshofen u.a.
angenommen werden muss, folgen lassen. ** So schrieb ich im Jahre 183^.
Seitdem wurden die Lieder der Flagellanten aus dem Closener bekannt. Da-
durch wird nun mein hochdeutscher Text bestätigt, und Herr Philipp
Wackemagel hätte also, wenn er den Closener verglichen, gar nicht nöthig
gehabt, nachträglich noch den schlecht vemiederdentschten Text (Kirchenlied
Nr. 728) zu dem von mir entlehnten (Kirchenl. Nr. 117) wieder abdrucken
zu lassen.
10
146
sd wirt Biner sfile r&t:
des hilf ans lieber lierre got<*)!
5. Nd tretent her swer büejen welle!
vlühe wir jft die heije heUe:
Lueifer ist ein boeser geselle;
swen er habet^
mit bech er in labet.
10. da; ylühe wir ob wir haben sinne :
des hilf uns Maria küniginne,
da^ wir dtnes kindes hulde gewinnen.
Jesus Crist der wart gevangen^
an ein crüze wart er gehangen^
16. daj crüze wart des bluotes r6t.
wir klagen sin marter und stnen tot.
Sünder^ war mite wiltü mich lönen?
drt nagel und eine dümln kröne,
da; crüze vrdn, ein sper, ein stich:
20. Sünder, da; leit ich durch dich,
wa; wiltü nö Itden durch mich?
So rüefe wir herre mit lütem tone:
unsem dienst den nim ze löne!
behüete uns vor der helle not!
26. des bite wir dich durch dinen tdt.
durch got vergieße wir unser blÄt,
da; ist uns zA den Sünden gAt.
Maria mftter küniginne,
durch dines lieben kindes minne
§.7. 19) Die Schweizer haben diese ersten Zeilen parodiert. Conrad
Jnstingers Bemer Chronik von Anfang der Stadt Bern bis 1421, heransg.
von Stierlin (Bern 1819. 8?) S. 142: Damach an Sant Ste&ns Tag (1350)
engen die Ton Bern ns nnd singen sich für Lonbeck nnd f&r Mannenberg,
nnd waren bi inen die von Fmtigen nnd von Thnn, nnd wan es glich nach
dem großen tode war, die dan davon kommen, die waren firolich nnd sungen
nnd tanzten. Also waren meh dan tnsent gewapneter mannen an einem tanz.
Die snngen also nnd spotteten der geißler, die vor nnlangem after lant gan-
gen waren.
Der unser baß well pflegen,
der sol ross nnd rinder nemcn,
gens nnd feiste swin!
damit so gelten wir den win.
Vgl. Joh. Müller, Gesch. der Eidgen. 2. Aufl. II. Th. S. 20.8.
147
30. al unser not si dir geklagct,
des hilf uns m&ter reine maget «»).
die erde bibent, euch kliebent die stoino:
liebe; herze, dft solt weinen!
wir weinen trehene mit den ougen
35. und haben des so gfiten glouben
mit unscm sinnen und mit herzen:
durch ims leit Crist vil manigen smerzo».
Nu slahet üeh sdre
durch Oristes ere!
40. durch got nft 14t die sünde more,
durch got nü IM die sünde varen,
so wil sich got über uns erbarmen.
Maria stunt in grölen noeten,
d6 sie ir liebe; kint sach tceten.
45. ein swert durch ir sele sneit:
Sünder, da; 1& dir wesen leit.
in kurzer vrist
got, zomic ist.
Jesus wart gelabet mit gallen,
50. des suln wir an ein crüze vallen.
crhebent üch mit üwem armen,
da; sich got über uns erbarme,
da; er sende sinen geist
und uns da; kurzlichen leist.
55. Jesus durch dine namen dri
nft mache uns hie von Sünden fri!
Jesus durch dine wunden rot
behüete uns vor dem gsehen tot!
. Die frowen und man ir 6 zebrechen,
60. da; wil got selbe an in rechen.
swebel, bech und euch die gallo,
da; giezet der tievel in sie alle.
vürwär sint sie des tievels spot:
dÄ vor behüete uns herre got.
65. die 6 die ist ein reine; leben,
die hat ims got selbe geben.
ich rate üch frowen unde mannen,
, 7. 20) Erinnert an den Anfangs einen älteren Liedep, siehe §. 4,
10*
148
durch got ir sullet hohvart anden!
des bitet üch' die arme sdle,
70. durch got nA lft;et hdhvart mdre,
durch got nü lä;et höhvart varen^
so wil sich got über üch erbarmen.
Christus rief in himehriche
stnen engehi al geliche:
76. die kristenheit wil mir entwichen,
des wil ich Iftn ouch sie vergän.
Maria bat ir kint sd s^re:
liebe; kint, 1& sie dir büe^en,
da; wil ich schaffen, da; sie mtte;en
80. bekören sich,
des bite ich dich.
Ir lügensere,
ir meinen eitswersere,
ir bichtet reine und lAt die Bünde üch rüwen,
86. s6 wil sich got in üch vemüwen.
ö wd du arme wAchersere,
du bringest ein löt üf ein pfunt,
da; senket dich an der helle gnmt.
ir morder und ir strft;enroub86re,
90. ir sint dem lieben got unmaere;
ir ne weit üch über niemen erbarmen,
des stt ir ^weclfchen verloren.
Wsere dise buo;e niht geworden,
die kristenheit wsere gar verswunden.
96. der leide tüvel hatte sie gebunden,
Maria hat geloeset unser bant.
Sünder, ich sage dir liebe maere:
sant Peter ist portenaere;
wende dich an in, er 14t dich in,
100. er bringet dich für die künigtn.
Ha. 93—96 Tielleicbt:
wäre dise huozfi niht geworden,
die kristenheit w(er gar vertüorden.
der leide tievel sie gehcmt,
MoTJd ISste unser bant,
69, 64. folgren in der Hs. erst nach 68.
149
Lieber herre sant Michaile,
du bist ein pfleger aller s61e,
behüete una vor der helle n6t!
da; t& durch dines schepfseres tot!
Schließlich noch ein Bericht aus dem XYI. Jahrhundert^ der
für das Wort Leise sehr wichtig ist.
Thomas Kantzow (f 1542) erzählt beim Jahre 1349."): Um
dieselbe Zeit war auch fast allenthalben ein groß Sterben, wel-
ches lange Jahre währete und seind damals die Loitzkenbrü-
der gewest So stunden nämlich etliche simpele Leute auf
und sammelten sich in Städten und Dörfern und sungen yiel
Loitzken, und macheten darnach eine sonderliche Heiligkeit
und Gottesdienst daraus, damit sie unserm Hermgotte solche
Strafe wollten abbitten. Und gingen bei großen Haufen von
einer Kirchen zur andern und ein jeglicher hätte eine Fahne in
der Hand und gingen stets zween bei einander und hätten sich
bei den Händen; und wann sie in Kirchen und Kirchhöfe oder
in andere räume Plätze kämen, so zogen sie ihre Kleider aus
und thäten ein Tuch vor um die Lenden und geißelten sich.
So sang denn hier in Pommern ihr Meister:
Hoch holdet up jue hende,
dat god dit sterven wende!
strecket üt jue arme,
dat sik god jue erbarme !
Und an anderen £nden sungen sie vielleicht auf dieselbe Mei-
nung. Und wurden dieselben von vielen Loitzken, die sie
sungen, die Loitzkenbrüder genennet.— Kantzow hat dies
Wort nicht aus der Luft gegriffen, sondern in älteren Chroniken
vorgefunden, und wirklich findet es sich denn auch in Auszügen
aus älteren Stralsundischen Chroniken in der Ausgabe von Joh.
Berckmann's Chronik (S. 161), da heißt es:
Anno 1349 do gingen de Loißkenbröder van einer stat
to der anderen mit einer procession. Dat deden se umme de
leve unses heren Jesu Christi. >>)
§. 7. 21) Pomerauia, herausgegeben von H. Q. L. Kosegarten I. Bd. (Greifs-
wald 1816) S. 870. 371.
22) Mohnike, der zuerst auf jene Stellen aufmerksam machte in Illgen*8
Zeitschrift III. Bd. 2. St. (1833), bemerkt S. 264, dass man noch jetzt in
Pommern Löschen, Lösiken, Löiscben für Märchen (?) sagt.
irx)
§. 8.
Fünfzehntes Jahrhundert bis zimi Jahre 1523.
Fünfzehntes Jahrhundert.
Bei weitem günstiger als das XIV. Jahrhundert für die Ent-
wiekelung und Aufnahme des deutschen Kirchenliedes zeigt sich
das XV. Jahrhundert. Die religiöse Richtung der Gemüther
war jetzt nicht mehr so lediglich hervorgerufen und bedingt
durch die schrecklichen Ereignisse der Zeit, Hunger und Pest,
sondern fand einen tieferen Halt in den religiösen Streitigkeiten
und den geistigen Regungen der gebildeten Stände, sie dauerte
auch länger und konnte sich demnach allgemeiner verbreiten.
Es war ganz natürlich, dass ein Jahrhundert, dessen eine Hälfte
beinahe ganz die beiden Kirchenversammlungen zu Kostnitz und
Basel ausfüllten, vielfachen Stoff zimi Nachdenken über religiöse
und kirchliche Q-egenstände gewährte; die Kirchenversammlung
zu Kostnitz begann 1414 und endigte erst 1418, während die
zu Basel von 1431 erst im Jahre 1443 mit ihrer 45. Sitzung
schloss und eigentlich noch später im StiUen fortwirkte. Die
Lehren und Meinungen der Hussiten erhielten sich eigentlich
das ganze Jahrhundert hindurch und fanden vielfache Anhänger
und Vertheidiger. Seit J. Hubs zu Anfange des Jahrhimderts
Wicliffe's Lehren und Grundsätze empfohlen und vertheidigt,
wider den Ablass und das Schisma der Päpste, wider die Sit-
tenlosigkeit des Clerus und manchen kirchlichen UnAig gepre-
digt hatte, standen auch andere erleuchtete und fromme Männer
auf, die gleiche und ähnliche Gesinnungen theilten, und von der
Nothwendigkeit einer Verbesserung des geistlichen Standes und
des Kirchenthums durchdrungen und beseelt waren. Die alten
Versuche, die heilige Schrift in der Landessprache dem Volke
zugänglich zu machen, wurden von neuem wieder aufgenommen
und eifriger als früher ausgeführt Es gab aber auch jetzt der
alten Schwierigkeiten bei Übersetzung der biblischen Bücher
bei weitem weniger als früher, seitdem das Studium der alten
Sprachen, was auf den neubegründeten Universitäten mit Liebe
betrieben wurde, ein leichteres und richtigeres Verständniss der
Bibel veranlasst hatte. Aber auch die größten Schwierigkeiten,
womit die Verbreitung der Bibelübersetzungen unabänderlich
begleitet zu sein schien, weil alle Exemplare nur handschriftlich
161
waren y nur in geringer Anzahl gefertigt werden konnten und
überdem sehr kostspielig sein mussten, diese Schwierigkeiten
schwanden sogleich mit der Erfindung der Buchdrackerkunst;
noch im XV. Jahrhundert wurden 14 ') deutsche Bibeln gedruckt
und eine Menge deutscher Erbauungsbüchen Diese deutschen
Schriften wirkten wohlthätiger auf das deutsche Leben als alle
die vielen Beschlüsse der Kirchenversammlungen, worin sich
die ehrwürdigen Väter mit einzelnen Qlaubenslehren und mit
Bestimmungen der Verhältnisse des Papstes zur übrigen Geist-
lichkeity und der Geistlichen zu einander Jahrelang nutzlos be-
schäftigen konnten, während sie die Unwissenheit der Welt- und
Elostergeistlichen nicht zu beseitigen wussten >), und ihre Aus-
schweifungen wol zu beschränken, keinesweges aber ihnen Ein-
halt zu thun vermochten. Wie traurig es fortwährend um die
Klöster stand '), lehrt die Geschichte der Bursfelder Reformation
der Beuedictiner-Klöster, die schon 1429 begann und die Refor-
mation anderer, besonders niederländischer und norddeutscher
um die Mitte dieses Jahrhunderts herbeiführte. Weder von allen
§. 8. 1) Hain, Repertorium bibliogr. Vol. I. P. I. p. 416—422 kennt noch
eine mehr, 16. Ebert Bibliogr. Lexicon Nr. 2162 ff. Ygl. Gieeeler Kirchen-
geech. n, 4, 349.
2) In der Schrifl De mina Ecclesiae, geschrieben 1401, in von der
Hardt Conciliam CoDstantiense (vgl. Gieeeler Kirchengesch. 2. Anfl. U, 8,
108) heiOt es cap. 7. Non tantum a studiis ant schola, sed ab aratro etiam
et servilibuA artibus ad porochiaa regendas ceteraqae beneficia passim profi-
ciscebantiir, qni paulo plus latinae ling^ae quam arabicae intelligerent, imo
qni et nihil legere, et quod referre pudor, alpha vix nossent a betha discer-
nere. c. 24. De literis vero et doctrina qnid loqni attinet? Cum omnes
fere Fresbyteroe, sine aliquo capta ant renim ant yooabaloram, morose sylia-
batimqne vis legere videamus.
3) Der letzte Abt vor der Bnrsfelder Reformation im Kloster St. Gott-
hard in Hildesheim konnte kein Wort Latein. Die Klosterohromk in Leibnitii
Scriptt. II, 412 berichtet von ihm: homo msticior ac sine literis, pronum
ignams latini sermonis, non yalens proferre orationem ne unam qnidem latine.
— Hundert Jahre früher wird dasselbe sogar yon einem Enbischofe en&hlt.
Graf Heinrich von Anhalt konnte ebenfalls kein Wort Latein. Als er sum
Erzbisehof gewählt war, wollte der Papst ihn nicht bestätigen. Heinrich reiste
nach Rom und erlangte dort doch noch seinen Zweck: er wnrde Erzbischof«
Botho (Leibnitii Soriptt. III, 372) erzählt beim J. 1304: wann 6n de Pawes
vragede np latyn, dftr konde he nicht np antwdrden. Vgl. Bertrams Gesch.
des Hauses Anhalt (Halle 1780) I. Th. S. 646.
152
diesen allgemeinen Concilien, noch vom päpstlichen Stahle, um
dessen dreifache Krone zuweilen drei Päpste auf Einmal stritten,
noch von sonst einer geistlichen Macht geschah etwas für den
Cultus in der Landessprache. Die Geistlichkeit hatte kein Ver-
langen, von dem einmal Herkömmlichen abzuweichen; es war
ihr zu bequem geworden, die vorgeschriebenen überlieferten
Satzimgen der Kirche in lateinischer Sprache zu halten, unbe-
kümmert ob das Volk dabei christlich erbaut und belehrt wer-
den könne. Nur in einzelnen Gregenden zeigen sich Anflüige,
dem Bedürfhisse des Volkes den Gottesdienst zu nähern. Im
J. 1410 beschloss eine schlesischc Synode imter Bischof Wenzel
von Breslau: Can. 17. Femer wollen wir und bestimmen, dass
in den einzelnen Predigten an das Volk die Prediger des Wor-
tes Gottes das Vater unser und den Glauben auslegen und
ihnen in der Laudessprache hergesagt werden, samt dem
englischen Gruße, zu gelegener Zeit und wie folgt ^).
Man war also in dieser Beziehung nicht weiter vorgeschrit-
ten als vor fast 600 Jahren. Seitdem hatte sich aber zu allen
Zeiten das Bedürfhiss des Gottesdienstes in der Muttersprache
lebendig im Volke erhalten und überall kund gethan. Auch zu
Ende des XTV. Jahrhunderts und zu Anfange des XV. zeigte
sich dies ebenso sehr wie im XHI. bei Bruder Bertholds Auf-
treten. Als Gerhard Groot in der Muttersprache (sermone teu-
tonico d. L niederländisch) zu predigen begann, war die Theil-
nahme des Volkes unbeschreiblich groß. Thomas von Kempen
erzählt in dem Leben Groots *): So groß war im Volke die
Begierde Gottes Wort zu hören, dass die Kirche die herbei-
§. 8. 4) Statata Synodalia a Weneeslao Episc. Wratul. a. 1410 pnblicata.
Edita a J. Chr. Friedrich. Hannoverae 1827. Can. 17. Item Tolnmas et
statnimoB, qaod in singulis praedicationibus ad popnlam per praedicatores
rerbi Dei Oratio dominica cnm Sjmbolo ezponaatur et verbis yalgaribus eia
prononoientar, com Salutattone angelioa, tempore oportuno et patent in forma
seqnentl (deutsch und polnisch). — Aach in den spKteren Synodalstataten Ton
1446 — 1471, gedmckt zu Breslau dnrch den Snceentor Eljaa 1475 kommen
dieselben Stucke deutsch und polnisch vor. 8. mehr über diesen ersten
Breslauer Druck meine „BeitrVge zur Breslauer Buchdrucker- Geschichte*' in
der Sohlesischen Zeitm« 1840. Nr. 146 ff.
5) Thomas a Kempis in vita Qerardi Magni c. 15. — Praedicavit autem
in principalibus civitatibuB dioecesis Trajectensis — primum sermonem teu-
th<ftiicum.
163
strömende Menge kaum zu fassen vermochte. Denn viele ließen
ihr Essen im Stich, schoben nothwendige Geschäfte auf und
eilten nur von frommem Drange getrieben zu seiner Predigt
Oft hielt er an einem Tage zwei Predigten , und zuweilen von
Feuereifer hingerissen setzte er drei Stunden lang und darüber
seine Predigt fort. Er predigte aber in den vornehmsten Städ-
ten der Dioeoese Utrecht zuerst deutsch.
Leider findet sich aber auch ein Zeugniss, dass das Volk
dermaßen verwöhnt war, dass es sich durch den lateinischen
Gottesdienst völlig befriedigt fühlte. Bruder Nicolaus de Fara
erzählt im Leben Capstranos, wie derselbe 1454 zu Breslau
lateinisch predigte: Ȇberall wo Capistran predigte, kamen die
Zuhörer von allen Enden herzu und wenn auch die Witterung
noch so imgestüm war^ es mochte regnen, schneien und noch
so kalt sein, so hörten sie ihm doch andächtig bis drei Stunden
und länger zu, ob sie gleich von seiner lateinischen Predigt
kein Wort verstanden. Sobald aber der Dolmetscher die
nämliche Predigt anfing zu wiederholen, so ging das Volk
haufenweise nach Hause.^ *)
Das Widernatürliche in dem deutschen Gottesdienste, dieses
Messelesen, Beten und Singen in einer fremden Sprache,
wurde jedoch immer mehr erkannt imd sogar zu beseitigen ge-
strebt 7). Was früher als ketzerisch verdammt war und für straf-
bar galt, wurde von der Kirche jetzt wenigstens geduldet Der
Gebrauch der Muttersprache beim Gottesdienste fand jetzt in
einem geistlichen Vereine, also gewissermaßen im Schöße der
Kirche selbst Vertheidiger und Beförderer. Die von Gerhard
Groot *) gestiftete freie Genossenschaft: Brüder des gemeinsamen
§. 8. 6) So Klose in der Dokument. Geschichte von Breslau II, 2, 43. nach
Fr. Nieol. de Fara Tita Capistr. p. 103.
7) Freilich lassen sich auch noch in dieser Zeit Gegner vernehmen.
Will doch seihst ein Gerson, Lectio altera contra vanam curiositatem Con*
sider. IX. (Opp. ed. Du Pin T. I. P. 1. pag. 105) : prohibendam esse vulgarem
translationem lihrorum sacrorum nostrae Bibliae. . Claras rationes ad hoc plu-
rimas invenire fädle est Vgl. noch besonders T. IV. P. n. pag. 623. Gon-
ader. y. Dazu passt denn vortrefflich das erste deutsche Censuredict vom
Enbischof Berthold von Mainz vom J. 1486 und Leo X. Bulle vom 4. Mai
1616! 8. §. 13.
8) Gerhard Groot (Geiardus Magnus) war geb. zu Deventer 1340 und
starb daselbst 1384. Schriften über ihn und seine Stiftungen verzeichnet UIU
154
Lebens *), betrachtete als ein Hauptmittel zur Erreichung ihrer
edelen Zwecke den religiösen Gebrauch der Landessprache und
die Verbreitung der heil. Schrift in derselben; die einzelnen
Mitglieder suchten das Volk durch Predigten und Privatvorträge
in der Muttersprache religiös zu belehren und zu beleben.
Dies Bestreben, dem Volke eine bewusste Theilnahme am
Gottesdienste zu verschaffen und seinen religiösen BedürfiuBsen
mehr zu genügen, ist für alle Theile des Cultus von der größ-
ten Bedeutung, und so auch für das Kirchenlied. So lange die
Landessprache vom Gt)ttesdienste ausgeschlossen war, konnte
auch das deutsche Elirchenlied nicht zur vollen Geltung gelan-
gen. Darum muss denn auch hier wieder der Bestrebungen ge-
dacht werden, welche die Einfuhrung der deutschen Sprache
als Eirchensprache bezweckten.
Gerhard Z erholt (geb. zu Zutphen ums J. 1367, weshalb
er auch Gerhard von Zutphen heißt, f 1398), einer der tüchtig-
sten Nachfolger Gerhard Groofs, verfasste ein Buch: de Ubris
teutonicalibus, worin er auch den Nutzen des Bibellesens in der
Landessprache bespricht »<>).
T^Der Tractat des Gerhard Zerbolt über den Nutzen des
Bibellesens in der Landessprache, welcher, weil für Ge-
lehrte bestimmt, lateinisch, aber in einem recht guten Latein,
abgefasst ist, dringt mit einem von aller Schwärmerei freien,
reinen und practischen Sinn ebenso kräftig darauf, dass alle
Laien sich selbst aus der heiligen Schrift belehren und erbauen
sollen, als er auf der andern Seite mit Ernst vor der religiösen
mann, Reformat. ff. 2, 64. 65. — In Gerhards Sinne wirkten Florentius Kade-
wins (t 1400), Gerhard Zerbolt, Thomas von Kempen (f 1471).
§. 8. 9) Sie nannten sich anch broeders van goeden wil, CoUaetsiebroeders,
Fraterheren. — Die Brüderschaft des gemeinsamen Lebens. Von G. H. M.
Delprat. Deutsch bearbeitet von Gottlieb Mohnike. Leipsig 1840. 8? Die
meisten BraderhUaser wurden g-estiftet zwischen 1426 und 1461, sie dehnten
ihre Wirksamkeit anch über einen großen Theil Deutschlands aus, nördlich
bis Kulm, Im mittleren Deutschland bis nach Merseburg und den Rhein hin-
auf bis nach Schwaben.
10) Dieser Abschnitt de utilitate lectionis sncrarum literamm in lingoa
vulgari, ist gedruckt in der Davcntria illustrata pag. 41 — 46. Einen Aussog
daraus giebt Ullmann, Reformatoren vor der Reformation 2, 118 — 122, den
ich liier wiedergebe. Ullmann hat die 16 Gründe Zerbolt's nicht alle, auch
nicht in der Reihenfolge, sondern nur die wichtigsten in einer zweckdienlich
scheinenden Ordnung zusammengestellt.
155
Grübelei und vor jener krankhaften Neigung wamt^ sich am
liehstcn mit den Theilen der Schrift zu beschäftigen, die etwas .
Dunkles imd Geheimnissvolles haben. Es ist, sagt er, in der
Schrift eine schlichte, einfache und jedem zugängliche Lehre,
zu deren Verständniss kein tiefes Forschen oder Disputieren
nothwendig, die vielmehr ohne große Mühe und gelehrten Streit
einem jeden, der sie liest, durch sich selbst klar ist; dagegen
findet sich auch eine andere Lehre: erhaben, tief und dunkel,
zu deren Verständniss ein fleißiges Forschen und tieferes Ein-
dringen erforderlich ist; die Lehre der ersten Art kann Milch,
Trank oder Wasser, die der zweiten Art feste Speise oder Brot
genamit werden. Den einfachen ungelehrten Leuten oder Laien,
die gleichsam Kinder in der Erkenntniss sind, ist es nun nützlich
und auf keine Weise verboten oder unerlaubt, sondern von hei-
ligen Männern empfohlen, dass sie in der ihnen bekannten
Sprache diejenigen Bücher der Schrift lesen oder lesen hören,
welche jene einfache und offenkundige Lehre enthalten ; dagegen
ist es ihnen nicht heilsam, sich mit jenen Büchern der Schrift
oder heiliger Lehrer viel zu beschäftigen, welche die eben be-
zeichnete tiefe, schwierige und dunkle Lehre enthalten, mögen
dieselben nun in der Landessprache oder irgend einer anderen
herausgegeben und übersetzt sein. Dass aber das Lesen der
Schrift in der Landessprache den Laien durchaus nicht unerlaubt,
sondern wohlthätig und nothwendig sei, daftir spricht Folgendes:
,,Die heUigc Schrift bildet und belehrt nicht bloß einen beson-
deren Stand, sondern sie unterweist jeden in seinem Stande;
denn bisweilen schreibt sie allen im Allgemeinen Lebens- und
Glaubensregeln vor, an den meisten Orten aber wendet sie sich
mit ihrer Lehre an diesen oder jenen besonderen Stand. Bald
belehrt sie die -Anfänger, bald unterrichtet sie die schon weiter
Fortgeschrittenen, bald bildet sie das Leben der Vollkommenen,
und so entspricht sie einem jeden nach seinem sittlichen Zu-
stande. Mithin ist die Schrift allen Menschen in allen Ständen
gegeben, imd zwar dazu, damit die welche gleichsam aus sich
selbst entflohen und ihrem eigenen Herzen entfremdet waren,
welche ihre Sünden innerlich nicht erkennen komiten, dieselben
wenigstens von außen erkennen lernten durch das in der heili-
gen Schrift vorgehaltene Bild. Welcher Vernünftige möchte
nun sagen, die Laien sündigten, wenn sie die Schrift dazu ge*
brauchen, wozu sie von Gott gegeben ist, dass sie nämlich ihre
156
Sünden erkennen , schmerzlich bereuen und meiden lernen?
Warum sollen sie nicht auch des göttlichen G^esetzes^ wie ande-
rer allgemeiner Wohlthaten Gottes, theilhaftig sein, da das G-e-
setz Gottes und die heilige Schrift unter allen göttlichen Wohl-
thaten als etwas ganz Einziges obenan stehen? Es dürfen abo
die Laien von dieser Wohlthat, von diesem göttlichen Trost,
durch welchen die Seele Leben imd Nahrung hat, mit Recht
nicht ausgeschlossen werden.^ Überhaupt ist es der wesentliche
Zweck der heiligen Schrift, die Wirkungen des natürlichen Ge-
setzes zu unterstützen und zu verstärken, damit der Mensch,
was er durch das verdunkelte oder minder lichtvolle Naturgesetz
innerlich nicht sehen konnte, durch die äußere Unterstütztmg
der Schrift sehe und erkenne; dies gilt von allen Menschen,
von den Laien aber um so mehr, da sie fortwährend in welt-
liche Geschäfte und Sorgen verwickelt sind, wodurch ihr inne-
res Auge, ihre Unterscheidungsgabe und Vernunft oder das
Naturgesetz in ihnen wie mit Staub überzogen wird; ihnen ist
es>or AUem wohlthätig, zu gewissen Zeiten von solchen Ge-
schäften zu rasten, in sich selbst einzukehren und sich im Spie-
gel des göttlichen Wortes zu betrachten. Die Laien sollen ja
auch gesetzlich zu gewissen Zeiten in die Kirche kommen, um
das Wort Gottes zu hören; wenn sie nun die heilige Schrift
nicht wissen sollen, warum wird sie ihnen gepredigt? Und
warum können sie dasselbe oder Ahnliches nicht auch in Büchern
lesen? Wahrlich die Laien lernen und behalten wenig von dem,
was sie in einer Viertelstunde oder in noch kürzerer Zeit hören
und nicht einmal verstehen. Wenn die Laien, ohne dass man
es ihnen verbietet oder sie nur tadelt, weltliche Bücher und
Gedichte, oft sehr schlüpfirige und verführerische, lesen, wenn
sie mit unnützen Duigen sich beschäftigen, wie mit dem troja-
nischen Elrieg, dem rasenden Roland, der schönen Diana, so
wäre es doch höchst unvernünftig, wenn man sie von der Schrift
abhalten wollte, wodurch sie zur Liebe Gottes und zur Sehn-
sucht nach dem himmlischen Vaterlande entflammt werden. Ha-
ben doch auch die größten Barchenlehrer, ein Hieronymus,
Augustinus, Gregorius, Chrysostomus die Laien stets zum Stu-
dium der heiligen Schriften ermahnt; das würden sie aber nicht
gethan haben, wenn sie es für schädlich oder imerlaubt gehalten
hätten. Dass aber die Laien die Schrift in der Landessprache
lesen, bringt die Natur der Sache mit sich. Ursprünglich ist ja
157
die ganze Bibel in der Sprache geschrieben^ in welcher sie von
denen; {är die sie bestimmt war und überhaupt von AUen am
besten verstanden werden konnte; das alte Testament für die
Juden hebräisch, das neue Testament griechisch mit Ausnahme
des Evangeliums Matthäi und des Briefs an die Hebräer, welche
hebräisch geschrieben sind, nach Einigen auch des Briefs an die
Kömer, welcher lateinisch abgefasst sein soll"). Wenn es nun
nicht erlaubt sein sollte, die Bibel in der gangbaren Sprache zu
lesen, warum hätten sie die Propheten und die Apostel in der-
selben geschrieben, und Paulus und Matthäus sich nicht lieber
bei den Juden der griechischen oder lateinischen oder irgend
einer bei ihnen nicht gewöhnlichen Sprache bedient, und bei
den Griechen der hebräischen? Auch wurden ja von der frü-
hesten Zeit an entweder von ausgezeichneten Kirchenlehrern
selbst oder doch mit Billigung derselben Übersetzungen der Bibel
in die verschiedenen Landessprachen gemacht, besonders in die
über die ganze Welt verbreitete lateinische Sprache. Die ägyp-
tischen Mönche studierten nach Cassian Tag und Nacht die
Schrift, und verstanden weder griechisch noch lateinisch; sie
lasen dieselbe also in der ägyptischen oder einer verwandten
Sprache. Die Juden haben die Bibel hebräisch, die Chaldäer
chaldäisch, die Griechen griechisch, die Araber arabisch, die
Syrer syrisch, die Gothen gothiscb, die Ägypter, Indier, Russen,
Slaven, Gallier, alle Völker haben sie in ihrer Sprache; wenn
nun die Schrift beinahe in allen Sprachen gelesen wird, die
unter dem Himmel sind, warum sollte sie nicht eben so gut im
Deutschen gelesen werden, wie im Arabischen und Slavischen?
Das Bibellesen kann nie unerlaubt sein, denn sonst müsste es
entweder etwas für sich Verwerfliches oder etwas förmlich Ver-
botenes sein. Keines ist aber der Fall: das Lesen der Schrift
kann nicht an sich schlimm sein, denn es ist ein Hauptmittel,
§.8. 11) UUmaiin bemerkt dazu: »Sehr bemerkenawerth ist aber nocb daa
Urtbeil Zerbolts über daa Verhültiiisfl der Vulgata anm biblischen Grand-
text und man sollte fast meinen, er habe dabei in prophetischem Geiste anf
die vierte Session des tridentinischen Concils Bttcksicht genommen; denn er
sagt wörtlich so: ,,In der hebr&ischen und griechischen Sprache ist die heil.
Schrift weit mehr anthen tisch als in der lateinischen. Denn die lateinische
Übersetsnng ist stets ans dem hebritischen nnd griechischen Text ra berichti-
gen nnd an verbessern, wenn etwa eine Zweidevtigkeit in der latein. Sprache
vorkommt.« Daventria iUostrata p. 68.^
158
den Menschen im Guten und in der Überwindung des Bösen
sm fördern; es ist aber auch nicht untersagt, denn weder in der
Theologie noch im Rechte wird ein wirkliches Verbot des Bibel-
lesens gefunden, sondern überall wird es empfohlen. Statt also
die Laien am Lesen guter deutscher Bücher und der deutschen
Bibel zu hindern, sollte man sie unterstützen, denn es wäre viel
wohlihätiger, wenn sie damit ihre Zeit zubrächten, als mit un-
nützen Fabeln und Geschichten oder mit Trinken in den Schenken.^
Zerbolt bespricht dann auch noch einen verwandten Gegen-
stand: das Gebet in der Muttersprache '*). Er gelangt auch
hier zu dem Ergebnisse, dass bei den vierfsu^hen Arten der
Aufmerksamkeit oder Hinwendung des Gemüths das Gebet in
der Muttersprache auf jeden Fall fruchtbarer sei als in der la-
teinischen 1^).
§. 8. 13) Ezcerptum alteram de PrecibuB vemacalis, Daventria illustr.
p. 66—58.
13) Mit Recht bemerkt hiesu Ullmann S. 123 : ^Eb ist nicht zu be-
zweifebi, dass solche Grundsätze und das Beispiel der Brüder sehr viel thatcn,
um das Bibelleson der Laien und den Gebrauch der Muttersprache auf dem
religiösen Gebiete immer allgemeiner zu machen (vgl. Delprat S. 128), und
kaum ist es nöthig, die Wichtigkeit hiervon für die Reformation ins Licht
sti steUen ; das Beispiel Luther*« steht als weltgeschichtlicher Beweis da. Nitr
ilber den Gebrauch der Mattersprache ein Wort. Dieser diente schon bei der
Predigt daio, sie lebenskräftiger, bei dem Gebete, es aufrichtiger und inniger,
bei der Frömmigkeit überhaupt, sie gemüthyoller, tiefer, wärmer zu machen;
er wirkte, wie die Mystik, die Verinnerlichung des Christenthums, und aiis
dieser wuchs ja die Reformation heraus. Aber auch objectiv hatte die Sache
ihre große Bedeutung. Die Reformation war die Emancipation der Na-
tionalitäten von der Alles umschlingenden mittelalterlich - römischen Ein-
heit; sie hatte wesentlich ein volksthilmliches Element. Die Nationalität aber
haftet an der Sprache; sobald die europäischen Völker eine National-Littera>
tor bekamen, reiften sie der Befreiung yon dem lateinischen nnd AUea zu
latinisieren strebenden Rom entgegen, vollends aber, als auch das Christen-
thum und die christliche Frömmigkeit die Form des Nationalen annahm.
Sobald der Deutsche deutsche Predigten hielt und hörte, eine deutsche Bibel
las, eine deutsche Theologie hatte, deutsch betete (nnd — füge ich hinan —
deutsche Hymnen sang), war er von Rom innerlich abgelöst nnd auf die inner«
Ablösung mosste anch die äuSere folgen. Vollendet wurde dieses nationale
Selbatindigwerden durch Lather, der nimmermehr der deotsche und enropüsche
Saibrmator geworden wäre, wenn er nicht deutsch geredet wnA gesehrieben,
deatach gedicktet und gedonnert hatte. Aber wir sehen an dem TOiiiegen-
den Beispiel, — wie die Sache der nationalen Boiancipatiott in der BeUgton,
159
Ob Zerbolt auch in seinem Werke sich über die geistliche
Dichtnng und namentlich das Kirchenlied in der Muttersprache
äuBert^ weiB ich nicht^ da ich nur jene Bruchstücke seines grö-
ßeren Werkes kenne. Es ist wol kaum zweifelhaft, dass er
sich für das deutsche Kirchenlied entscheidet.
Gleichartige Bestrebungen wie die eben besprochenen waren
gleichzeitig auch in andern Ländern vorhanden. Da sie nicht
ohne Einfluß auf Deutschland blieben, so verdienen auch sie
hier miterwähnt zu werden.
Im Jahre 1380 begann John Wicliffe >«) die Bibel ins Eng-
lische zu übersetzen. Sein Unternehmen wurde bald als ketze-
risch angegriffen "). Da vertheidigte er das allen Christen ge-
meinsame Recht, die Bibel zu lesen »•). Wie er über diese
Verketzerung dachte, erfahren wir auch noch aus einer Stelle
einer anderen seiner Schriften, die Joh. Huss anfährt "). Wicliffe
ehe ne nun Inther^schen Durchbräche kam, seit Jahrhunderten heranwnchn,
und wie namentlich musem Brüdern vom gemeinsamen Leben davon ein gater
Antheil gebührt.^
§. 8. 14) Gieseler Kirchengesch. 2. Anfl. U, 3, 834 ff.
15) Henricns de Knyghton, ein Zeitgenosse Wieliffe's, spricht sich über
die Bibelübersetznng seines Landsmannes also ans : Dieser Magister Wicliffe
hat das Eyangeliam, welches Christas den Clerikem nnd Kirchenlehrern ge>
geben hat, damit sie es den danach hnngemden Laien and schwäcbBren Per-
sonen, je nach dem Erfordernisse der Zeit and dem Bedürfhisse der Personen,
lieblich mittheilten, ans dem Lateinischen in die englische, nicht die en-
gelische Sprache übersetzt. So wird es non durch ihn gemein und von
Laien und des Lesens kandigen Weibern besser verstanden als selbst von
Geistlichen, die da gar gelehrt nnd einsichtsvoll sind. So wird die evange-
lische Perle weggeworfen und von den Säuen zertreten, und was Geistlichen
nnd Laien thener zn sein pflegt, wird non beiden gleichsam znm Gespött,
nnd die Perle der Geistlichen wandelt sich am in einen Spott der Laien, ao
dass den Laien ein Gemeingnt wird, was bisher der Geistlichen and Kirchen-
lehrer hohes Eigenthum war. Und so klaget denn der Bräutigam und kann
mit dem Propheten ausrufen: Die Ehre der Kirche wird verlassen sein, weil
er sich über sie erhoben hat. Cf. Ruever Groneman Diatribe in Wiclifii vitam
P. I. p. 162.
16) Vgl. Lewald, Die theologische Doctrin des Joh. Wicliffe in der
Zeitschrift für die bist. Theologie 16. Bd. (1846) S. 171 ff.
17) Jo. Widefus in libello de triplici vinculo amoris (dtante lo. Hosso
in Beplica contra lo. Stokes): Ex eodem (inquit) patet eoram stultitia, qui
volunt. damnare scripta tamquam haeretica, propter hoc quod scribunt in An-
glieo, et acuta tangunt peecata, quae contarbant illam provinciam. Nam pos-
160
meint, die Königm von England, Schwester des dentsclien Kai-
sers, besitze ein Evangelium in drei Sprachen, böhmisch, deatsch
und lateinisch, und sie deshalb verketzern, würde eine teuflische
Tollheit sein, und so gut die Deutschen in dieser Beziehung
ihre Sprache vertheidigen wollten, ebenso müssten auch die
Engländer die ihrige vertheidigen. Trotzdem wurde 1407 auf
dem Oxforder Concil unter dem Vorsitze des Erzbischofe Tho-
mas Arundel Wicliffe's und jede sonstige Bibelübersetzung ver-
boten ").
Wicliffe's reformatorische Bestrebungen fanden Anklang und
Nachahmung in andern Ländern,, namentlich in Böhmen. Von
Johannes Huss ist es bekannt, dass er für den Gebrauch der
Muttersprache zu kirchlichen Zwecken sehr thätig war; er dich-
tete selbst einige Lieder >*)' zum Singen in der Kirche, die
nachher in die Gesangbücher der mährischen Brüder übergingen.
Jacobus von Misa folgte ihm in diesen Bestrebungen; seine
Gegner gaben ihm Schuld, dass er eine neue Art zu singen
eingeführt habe *•). Auch dem Hieronymus von Prag legte man
sibile est qnod nobilU Regina Ang^liae, soror CaeMiis, babeat Eyaogelimn in
ling^a triplici exaratnm, sc. in lin^pia bohemica, tentonica et latina, et haere-
ticare eam propterea foret Luciferina staltitia. Et ncut Tentonici volont iu
isto rationabiliter defendere lingnam propriam, sie et AngUci debent de ratione
defendere lingnam snam. — So in lac. Usserii historia dogm. eontroTeniao
de seriptnris et eaciiB vernacnlis (Londini 1690) p. ,161. Anna, Gemahlin
König Kchards II. seit 1881, war die Schwester Kaiser Wenxels.
§.8. 18) Pericnlosa res est (testante b. Hieronymo) textnm sacrae Scriptu-
rae de nno in alind idioma transferre, eo qnod in ipsis translationibns non de
faeili idem sensns in omnibus retinetur, pront idem b. Hieronjmns, etsi in-
spiratns fnisset, se in hoc saepins fiitetnr eirasse. Statnimus igitor et ordina-
mns, nt nemo deineeps teztom aliquem sacrae Scriptnrae auctoritate saa in
lingnam Anglicanam yel aliam traosferat, per viam Ubri yel Ubelll ant tracta-
tns, neo legatnr aliqnis hnlusmodi Über, libeUns aut tractatns, iam noviter
tempore lohannis Wickliff, sive citra, compositns, ant in posteram componen-
dus, in parte vel in toto, publice vel occulte, sub poena maioris excommuni-
caüonis, qnonsqne per loci Dioecesanum seu (si res exegerit) per Concilinm
provinciale, ipsa translatio fnerit approbata. Qni yero contra hoc fecerit, nt
fantor haeresis et enoris similis pnniatnr. Cf. lac. Usserii historia . controv.
de scriptnris et sacris vemacnlis (Londini 1690) p. 168. Vgl. Qieseler Kir-
ehengesch. 2. Anfl. n, 8, 868.
19) Jos. Jung^ann Historie literatory cesk^. N. A. Prag 1849. ff.
20) Epistola ad Jacobum de Misa Bohemnm Theologum et Pastorem
Pragensem 1415. (▼. d. Hardt Concilinm Constant. T. III. p. 887): Et sitamen
161
auf dem Kostnitzer Concil zur Last, dass er aus den Worten
der Bibel verschiedene Lieder in böhmischer Sprache verfasst
habe, wodurch denn seine Anhänger unter den Laien zu dem
Wahne verleitet worden wären, dass sie die heU. Schrift besser
verständen als andere Christen >i).
Im böhmischen Volke war noch immer nicht die Erinnerung
gestorben, dass es vor Zeiten eine slavische Liturgie hatte, wie
selbige damals noch im Kloster Emmaus, von Karl IV. in der
Neustadt Prag 1346 gestiftet, bestand. Es darf also nicht wun-
dem, dass im Jahre 1438 die Böhmen das Baseler Concil um
Bewilligung des slavischen Cuitus baten **).
Im Jahre 1493 erschien ein zu Prag gedruckter Tractat:
Mistra Viclava cet., worin auch ein Abschnitt über das Singen
und Lesen in böhmischer Sprache ^s). (Aus dem Taborer Klo-
rter von Hanka erworben und dem bölmiischen Museum zu
Prag abgetreten.)
Im Jahre 1501 besaßen die Böhmen schon ein gedrucktes
Gesangbuch mit 92 Liedern: Pijcsnicky duchovnl. Prag 1501.
kl. 89 Bogen a — p zu 8 Blatt. (Das einzige noch vorhandene
Exemplar im böhm. Museum zu Prag.) **)
diceres, quod laadare Deoin bonnm est, qnando qnis seit, orando vel can-
tando, ▼emm est, sed tantam ab Ecclesia confinnatum et non ab alio cantam,
propter miilta mala quae exinde proyeniaiit audientibus , sicut nautis per Sy-
renes in mari. Et non canta exquisito et novo debent Deum laadare pro suo
placito et lande hnmana et aliis confdsionem in illo canta inferendo, qoia
tales omnes in oppositam facientes Ecclesiae et bonae consuetadini, incidont
in canones et ezcommnnicationem Sanctoram patram. — Über Jacob von Misa
s. Flathe Geschichte der Vorläufer der Beformation II, 286 ff.
§. 8. 21) Dobrowsky, Geschichte der Böhmischen Sprache and altem Lite-
ratur. 2. Aasg. (Prag 1818. 8?) S. 189, nach Cochlaeus Artic. XII. p. 124.
22) Petitiones Bohemoram postremo propositae in sacrosancta sjnodo
Basiliensi a. 1438. mense Kovembri. 7. Item sapplicamos, ut sapra quatenos
ex eisdem causis Vestrae Patemitates dignentur permittere ad minus evange-
lia, epistolas et symbolum in vuigari in miBsis et ecclesüs ooram populo ad
excitandam devotionem libertari, legi et decantari. Nam in nostro linguagio
Slavico, ex iudulto ecclesiae olim ab antiquo in volgari suo exercetor etiam
in nostro regno. S. Orthuini Gratii Fasciculos rerum expetendarum et fngien-
darom, edit. Edw. Brown (Londini 1690. fol.) T. I. p. 820. Die heiligen
Väter beschlossen zwar eine Antwort, ertheilten sie aber nicht.
23) S. Hanka, Bibliographie böhmischer Incunabeln, Facsimile Tab. III.
Nr. 12. (nach Hanka's briefl. Mitth.)
24) Facsimile in Hanka's böhm. Incunabeln Tab. III. Nr. 10.
11
f Nr. 63.
Lobge sang
aaf die heil. Jangfran Maria.
1. Ave morgensteme,
erleuchte uns mildiclich!
wir dienen dir so gerne,
erhöre uns genädiclich! Rep.
Unser herze dich loben begert,
du bist auch alles lobes wert
in himel und auch auf erd. Rep.
Wir singen dir vil süßen ton,
dich loben alle engel schon
in des himels tron.
2. Muter und mait alleinc
aus weiplicher schar,
Maria du vil reine,
golden, vein und dar,
Salomonis reicher sal,
kom uns zu tröste uberal
in disem iamertall Rep.
Du bist aller juncfrauen zir,
hilf uns Maria und tu es schir,
daß wir gehöm zu dir!
3. Gnadenreiche sonne,
vil schöner wenn ie kein mfin,
zwar aller gute brenne,
sich uns lieplich an!
Bit vor uns dein liebes kint!
der dir dient, er genade vint,
sorgen er uberwint!
Frid und gnade gip, reine mait,
wenn dir dein kint auch nicht versait,
treip weg alles lait!
4. Durch alle deine gute
unser hoffenung an dir leit,
vor Sünden uns behüte
an unser lezten zeit!
163
Ach liligen zweig, du rose rot,
aus dir quam uns das himelbrot:
Maria hilf uns aus not!
Du brücke zu dem paradeis,
hilf daß wir mit allem vleis
essen die himelspeis!
5. Ach müterliche treue,
unser hoffenung an dir leit,
hilf uns umb wäre reue !
zu unser lezten zeit
Jesum deinen son uns sende!
kom Maria zu unserm ende,
alles leit abwende!
Und hilf uns, daß wir ewiclich
mit dir müssen werden rieh
hie imd in himelrich!
Amen.
Hs. 5, 3. fehlt umb. — Ein jüngerer, schlechterer und an vollständiger
Text in der Bresl. Hb. U. 4f 32. Bl. 231>».
Das erste Denkmal deutschen Kirchengesanges aus diesem Jahrhundert
fllllt in die Jahre 1414 — 1423, es ist uns aufbewahrt in einer PpHs. der
KÖnigl. und Universitäts-Bibliothek zu Breslau, geschrieben um diese Zeit von
Nicolaus von Kosel ^^). Ob Nicolaus der Verfasser dieses Liedes selbst ist
oder ob er es nur gelegentlich aufgezeichnet hat, lllsst sich schwer bestimmen.
Daas es ein wirkliches Kirchenlied war, dafür spricht nicht allein der ein-
fache volksmä^ige Charakter des Liedes selbst, sondern auch die Angabe der
Wiederholungszeichen, das Lied hat also eine bestimmte Melodie gehabt.
In derselben Handschrift findet sich auch noch folgendes
Weihnachtslied.
f Nr. 64.
Der himelkönig ist gebom von einer mait,
als uns der prophete warheit sait:
bis gelobet, werter Christ,
daß du uns geboren bist
und du durch unser not
bist gestorben tot.
§. 8. 25) Über Nicolaus von Koscl s. meine Monatschrift von und fiir Schle-
sien 1829. S. 738—751.
11*
164
f Nr. 65.
Weihnachtslied. *
1. Nu frön dichy christenliche schar!
der himelische konig dar
nam die menscheit oflFenbar,
den uns gebar
die reine malt Maria.
2. Es siillen alle menschen zwar
mit ganzen fröuden komcn dar
da man vint der seien nar,
die uns gebar
die reine mait Maria.
3. Uns ist gebom Emanuel^
als uns verkündigt Qabriel^
des ist gezeug Ezechiel.
o vromes el!
dich hat gebom Maria.
4. 0 ewiges vaters ewiges wort,
war got, war mensche, der tagenden ort,
in himel, in erde, hie und dort
der Salden pfort,
die uns gebar Maria.
5. O süßer Jesu ußerkom,
du weist wol daß wir warn verlorn,
stille uns deines vaters zom!
dich hat gebom
die reine mait Maria.
6. O kleines kint, o großer got,
du leidest in der krippen not.
der sunder hie vorhanden hot
der engel brot,
das uns gebar Maria.
PpHs. der Leipziger Universitäts-Bibl. Nr. 1305. 4? aus der ersten H&lftc
des XY. Jahrhnnderts. Mone Anzeiger IV, 46. Hs. 3, 3. das ist — 4, 4. der
sulden ^— 5, 2. tcir worlom.
165
f Nr. 66.
Weihnachtslied.
1. Ein kintlein ist geboren
von einer reinen meit:
got hat ims auBerkoren
in hoher wirdigkeit.
ein 8un wart uns gegeben
zu troBt &n alles meil,
das sult ir merken eben,
er bracht uns alles heil.
2. Ave du gotes minne,
wie wol ir mit im was!
heil werde trosterinne!
und do sie sein genas,
groß freud wart uns gekündet
von einem engel klar,
wirt nimmer mer durchgrundct,
sagt uns die schrifb furwar.
3. Freut euch der Salden märe,
Messias der ist kumen,
er hat 6n alls gefäre
die menscheit an sich gnumen,
für uns mit ganzen treuen
volbracht er alle ding,
der greis weit sich vemeucn,
er wart ein jungeling.
4. Altissimus wart kosen
mit menschlicher natur:
wie wol tet das der rosen !
sie sach in der figur
die gotheit unverborgen,
Joseph ir schone pflag:
an einem weihnachtsmorgen
Christ bei der keuschen lag.
f). Got vater in dem trone
was mit der zarten weis,
die tochter von Syone
hat wol den höchsten preis.
166
drei edel kunig milde
die brachten reichen Bolt,
zugen über gefilde
nicht anders als got wolt.
G. Eilend wart in bekande:
die Bald must ferre baß^
ferr in Egypten lande,
Herodes trug in haß,
er zog in nach mit listen,
manch kint vergoß sein blut,
got Avolt>sich lenger fristen:
das was uns allen gut.
7. Wol dreißig jar und mere
trug er für uns die not,
wol umb sein rechte Icro
leit er für uns den tot;
dank wir im zu den stunden^
liilf edler kmiig rein!
sein heiliglich fünf wimden
soln uns genädig sein,
liocen, Miflcellaneen 2, 246. 247. — Wckn. Nr. 126 mit der Bemer-
kung S. 866. »Daa Lied steht Cod. Monac. germ. 851. PpHs. XV. Jahrh.
4f Bl. 209. Ich habe die Handschrift nicht selbst einsehen können, doch
glaube ich, dass der Text, wie ihn Doeen mittheilt, aus derselben einige Be-
richtigungen erfahren würde," — Str. 4 ist in der Hs. die 7. Str., Wckn.
macht minder gut sie ztir 2.
f Nr. 67.
Abendmalslied.
1. Der heilig fronleichnam der ist gut,
geit uns ein frais gemüte,
und der ist aller gnaden vol
wol durch sein werte gute,
der heilig geist was uns gesant,
bracht uns der sorgen ein ende :
also sol sich das herze mein
von got niemer wenden.
2. Maria^ muter, reine mait,
du himelische fraue,
hilf ims zu dir ein dein reich,
daß wir dich selber schauen.
167
dich und deinen alierliebBten son,
Schaft unscrs trauenis ein ende :
also 8ol sich das herze mein
von got niemer wenden.
AU handschr. Lied ans der Zeit vor der Reformation mltgetlieilt von
Veesenmeyer in seinem ^Yersach einer Geschichte des deutscheu Kirchen-
gesangs in der Ulmischen Kirche^ (Ulm 1798. 4? ) S. 3. Es sind 3 Stro-
phen, deren mittelste aber gar nicht daza gehört; vgl. Wckn. zu seiner
Nr. 162. S. 8C9. Das Lied war allgemein bekannt, es erhielt sich lange Zeit
in der katholischen Kirche. Bei Corner GB. 1626. Nr. 215 steht es als
„alles Lied vom zarten Fronleichnam des Herrn", 10 Strophen, und in dessen
Nachtigall 1649. S. 297—300, 15 Strophen lang. Mele dieser Strophen sind
gewiss spftter hinzugedichtet, einige aber mögen sehr alt sein , z. B.
Wir bitten dich gar herziglich,
da6 wir dich mögn anschauen
in deiner glorie ewiglich
mit Maria der Jungfrauen.
wir loben deine menscheit fron,
bitten du wolst uns geben
dis sacrament der gnaden vol,
ein speis zum ewigen leben.
Gesegne uns der fronleichnam zart,
das rosenfarben blute!
wann unser seel von hinneu fart,
schick uns dein engel zu hüte,
als du selber gesprochen hast,
wir haben gnade funden!
nu hilf uns aus dem jamortal,
herr, durch dein heilig fünf wunden!
f Nr. 68.
Dich Frau von Himmel ruf ich an.
1. Dich frau von himel ruf ich an
in disen großen nöten mein;
Gen got ich mich verschuldet han;
bitt daß ich wcrd ein diener dein
Gen deinem kint! Maria, lint
sein zom gen mir!
mein Zuflucht ist allein zu dir.
hilf bald, ich furcht der tot kum scliir !
2. Maria mein beschirmerin,
du mutor gots und Jungfrau zart !
_168_
Betrübt so Bint mir al mein sin,
so ich gedenk an todes vart
Und stirb aus angst, auch daß mir langst
het zugebürt
zu bedenken was mein sei anrürt,
noch hat mich freier will verfürt.
3. Darumb halt fär, du reine magt!
ablaß der Sünden mir erwirb!
Die weil dein sun dir nicht versagt,
und ich nit weiß auch wann ich stirb,
So trag ich doch der reu ein joch
und bger auch gnad,
aus rechtem fürsatz auf mich lad **),
hilf daß der leip der sei nit Siihad!
Diese drei Gesätze scheinen die ursprünglichen za sein: sie finden sich
so anf einem handschriftlichen Vorsetzblatte des XY. Jahrh. zum Parcival
von 1477 in Seitenstetten, und in den ftlteren Qesangbüchem, bei Vehe 1537
Nr. 23 (Wckn. Nr. 147), Leisentrit GB. 11. Th. Bl. 12, im Mainzer GB. 1567
(Kömer S. 37. 38). Den hdschr. Text habe ich zu Grunde gelegt, doch
reichte er nicht überall aus : so fehlte 1, 7, was sich jedoch aus einem andern
hdschr. Texte um 1524 (Liederhs. der Bruder Brentano) ergänzen ließ.
In späterer Zeit erfuhr auch dies Lied, wie die meisten der beUebteren
des XV. Jahrb., allerlei Zusätze. So findet es sich um 4 Strophen erweitert
auf einem offenen Druckblatte mit Singnoten vom J. 1516 bei Uhland Nr. 317.
Auch in dem Texte der Brentanoschen Hs. um 1524 kommen diese 4 Gesfttze
vor, und zwar in dieser Folge 6. 4. 7. 5, zugleich aber in besserer Lesart:
so lautet Uhland's 6. Strophe hier:
Maria ein ros von Jericho,
ein Stern des mers und Jungfrau klar,
deins namens sein wir aUe fro.
got sant dir einen engel dar
aus dem höchsten tron, sant Gabriel schon:
ave Jungfrau zart,
du hast geboren von hoher art
das von propheten verkündet wart.
Handschriftlich auch noch zu Heidelberg mit der Jahrssafal 1516, 7 Stro-
phen, s. Mone in Aufsess Anzeiger H, 232. Femer zu Würzburg: Papier-
folioblatt mit Choralnoten für 4 Stimmen, XVI. Jahrh., ebenfalls 7 Strophen
Text. Serapeum VH, 60.
§. 8. 26) Hs. von 1524. rechi^ büß und fürseUz auf mich lad.
Schon lange Zeit vor der Beformation wurde dies Lied sehr viel gesun-
gen. Die große Beliebtheit des Textes und der Melodie noch in splUerer
Zeit mochte lunXchst Hans Sachs veranlassen, das Lied nnumdichten, nnd so
erscheint es denn schon im J. 1526 von ihm ^ christlich verändert nnd cor-
rigiert'' in den Nürnberger Enchiridien (bei Wckn. Nr. 239): Ckriiiwn von
himel rUf ich an, 6 Str. Luther scheint auch mit auf dies Lied anzuspielen,
wenn er in den Tischreden (Walch 22, 2253) sagt: Die liebe Mutter Gottes,
Maria, hat viel schönem Gesang und mehr gehabt denn ihr Kind Jesus. —
Auch Hermann*^ gedenkt dieses Meistergesangs (denn das ist das Lied seiner
Form nach) als eines altkatholischen.
f Nr. 69.
Weihnachtslied,
1. Ich habe vemomen, daß Jesus sei
ein yil süßes kindelein.
nemt sein war, so mag euch gelingen.
Herze, du solt trauren lau,
sieh den außerweiten an,
er ist weiß und rosenfar,
du solt in innicliehen zu dir zwingen.
Er ist gebom aus liebes kraft,
aus des geistes meisterschaft,
wol dem herzen, das in kan gewinnen!
2. Im gehet vor Cherubim
und die bernende Seraphim,
§. 8. 27) Nicolaos Hermann, Frennd des Joh. Matthesins, f in hohem Alter
1561, Cantor im Joachimsthale , in der Dedication seiner Historien von der
Sindflut ff. (Wittenberg 1560. Leipz. 1569. 8?) sagt von den alten Gesungen
überhaupt: Dieselbigen waren znm mehren Theil dahin gericht, dass man
darin die hochgelobte Jungfrau Maria und die verstorbenen Heiligen anrief;
vom Herrn Christo wusste niemand zu singen oder zu sagen ; er ward schlechte
für einen gestrengen Richter, bei dem man sich keiner Gnade, sondern eitel
Zorn nnd Strafe zu versehen, gehalten und ausgegeben. Darum musste man
die Jungfrau Maria und lieben Heiligen zu Vorbittem haben. Es werden die
Alten noch eines Theils die Gesänge kennen:
Maria zart von edler Art,
Item, Die Frau vom Himmel ruf ich an.
Item, Sanct Christoph, du viel heiiger Mann,
Item, Du lieber Herr Sanct Nidas, wohn uns bei,
und dergleichen Lieder, die dazumal heftig im Schwang gingen in deutscher
Sprach.
170
unsers heiles ein begin,
er ist genant Emonuel der weise.
Ir töchter von Jerusalem,
sehet den könig von Bethlehem,
wie er komt in eines kindeleins weise!
Er leit in einem krippelein,
er sol könig reicher sein,
er ist der engel und der seien speise.
Breslauer Hs. I. 8"» 113. Blatt IK Aus dem XY. Jahrhundert.
f Nr. 70.
Weihnachtslied.
1. £s ist ein kindelln gebom
z& Bethlehem,
es hat versücnt sins vaters zorn,
Jeinisalem
In hoc, in hoc anno.
2. In hat gebom ein juncfrau schou,
küng Sabaoth,
den höchsten Tetragrammaton,
war mensch und got
In hoc, in hoc anno.
3. Jesus sol sin des kinde^ nam,
sprach Gabriel,
sie hat in gebom one schaui,
Emanucl
In hoc, in hoc anno.
4. Ist es denn nit ein wunder groß?
got alt und gris
lit hie so nackent undc bloß
in kindes wis
In hoc, in hoc anno !
5. Das kint das kumt von obcrlaut
umb unser heil,
got vater der hat uns gesaut
den höchsten teil
In hoc, in hoc anno.
171
6. Das wart ist worden mensch und got
vom groß ave^
als in des priesters bände tut
gebem on we
In boc, in boc anno.
7. Maria wart im herzen fro,
sie nam das kint.
du edler ros von Jericho,
kalt wAgt der wint
In hoc, in boc anno.
8. Sie leit in in ein krippelin,
den fursten zart,
den alierb6chsten fiirsten zart,
in fror so hart
In boc, in boc anno.
9. Da was ein esel und ein rint
in einem stal,
das was des fürsten hofgesind
für Adams val
In boc, in boc anno.
10. Er ist des man gewartet hat
fünf tusent jar,
wann got den sincn nit verlat,
ist offenbar
In boc, in boc anno.
H8. des Jungfraaenklosters su Inzkofen bei Sigmariugen um 1470-1480.
f Nr. 71,
Osterlied.
1. Christus hat gesprochen
in der osterwochen :
kere dich sünder her zu mir,
al deine sünde vergebe ich dir.
Kyrieleison.
2. Christ, beiliges kreuze,
hilf uns cbristenleuten !
hilf den falschen Juden nicht,
sie haben den rechten glauben nicht.
Kyrieleison.
172
3. Mai*ia die vil reine^
sie hat gar heiß geweinet
umb unsern herren Jesum Christ,
der vom tod auferstanden ist.
Kyrieieison.
4. Maria die vil zarte,
sie saß im rosengarten,
den got selber gezieret hat
init seiner götlichen majestat.
Kyrieieison.
Breslauer Hs. I. Bf 118. Bl. 76 b. Ans dem XY. Jahrh.
f Nr. 72.
Osterlied.
1. Freu dich alle Christenheit,
got hat überwunden;
die bitter marter die er leit,
davon ist er entbunden.
Das jamer das was uns bereit,
das zumal an in geleit^
entstanden ist uns die Seligkeit.
2. Entstanden ist uns der österliche tag,
niemant mag in (genug) vereren;
got der alle ding vermag,
der kan sein lop wol meren.
Nemet des tages heute war,
sich freut der heiigen engel schar,
aufgehet die spunde sonne klar.
3. Ei du süßer Jesu Christ,
ich freu mich mit dir heute
und alles was da gleubig ist
das sein wir christenleute ;
Mit dir so wollen wir wesen fro,
frölich wollen wir singen also :
benedicamus domino.
Breslauer Hs. I. 8<! 32. Blatt 98 a. b. Um 1478. Dies ist wol der
älteste und vielleicht auch ursprüngliche Text. So findet sich dies Lied auch
noch handschriftlich auf dem Deckel des Brüdergesangbuchs von 1566 im
Besitz des Hm. v. Winterfeld, gedr. bei Ph. Wackemagel Nr. 188 mit der
178
Übenehrift »Ein ald Osterlied.'' Es verdienen daraus einige Lesarten bemerkt
2U werden:
1, 1. 2. Nu freu dithy liebe C%rigtenhnt, denn Chriet hat iÜ>erwwiden. —
1, 5. 6. Die marter grqfl tDor uns bereit, die i$t nu eUl dahin gekit. —
2, 1. 2. Disen oeterUehen tag kan niemani gnug vereren, — 3, 1. 2. Bi du
hochgelohter J, Ch., mit dir freuen wir uns heute, — 3, 7. gelobet eeittu Jeeu
ChriM,
f Nr, 73.
Osterlied.
1. Freuet euch, alle chrißtenlieit!
got hat nu überwunden,
die große marter die er leit,
die hat uns nu entbunden,
große Borge war uns bereit,
welch ist nu alle gar hingeleit,
erstanden ist uns groß Seligkeit
2. Es ist ein österlicher tag,
den mag kein man gnug eren.
got der alle ding vermag,
sein lop sol man gemeren.
Christen nemen des tages war
und gehen samt zu der engel schar,
da scheinet die liebe sonne klar.
3. Hochgelobter herre Christ,
wir freuen uns allesamt heute,
alles was lebendig ist,
ich meine die christenleute,
nu singt, ir kinder, und werdet fro!
es ist alles geschehen also:
gelobet seist du auch, Maria!
4. Magdalena zu dem grabe ging,
sie wolt den herren suchen,
und fant den engel, treflich ding!
sie grüßt in tugentlichen:
o engel, liebster engel mein,
wo ist doch nu der meister mein
und wo sol ich in finden?
5. Dein herr und meister ist nicht hie,
denn er ist auferstanden;
174
er ist gen Galilea früh,
da ist er hingegangen;
aufstieß er auch der hellen tür
und füret die seien all herfür
wol aus den schweren banden.
6. Qot der uns geschaffen hat,
der laß uns nicht verderben;
sein bluty das er vergossen hat,
wolle uns gnad erwerben.
wir loben dich, o reine magt,
hast keinem sein fiirbitt versagt,
wolst unser bestes werben.
7. f^e sei dem vater imd dem son,
darzu dem heiligen geiste!
o herr got, unserer sünde verschon
zu diser zeit am meiste!
gip deinen frid und einigkeit,
von nu an bis in ewigkeit,
so singen wir alleluia!
Wicelii Psaltes ecdesiasticiu 1550. 61. 100 b. mit der Bemerkong:
Item uiBere lieben Vorfahren haben auch anf Ostern deutsch also gesnngen.
— Einige bessere Lesarten habe ich meist jüngeren Gesangbüchern entlehnt
Witiel hat 2, 2. gnug lohen — 8, S. alle* was das leben hat — 4, 1. Maria
Magd> — 4, 6. meuter hin — 5, 1. I>er herr — 5, 3. et* iei $o früe gen
Galüe — 5, 5. aufstieß er die helle tür, V^itsels Text auch bei Leisentrit
OB. 1567. I. Th. Bl. 192 mit der Bemerkung: Ein andftchtig Lied, welchs
unser liebe Vorfahren, wann und so oft sie um diese Zeit von einer Kirchen
cur andern gangen, aus brünstiger Liebe und Andacht Gott zu Lobe mit
Freuden gesungen.
Nach Str. 5, 6. hat das Tegemseer GB. 1577 tmd danach das Münchener
GB. 1586 tmd fürt die altveter hetfür, und dann noch folgende 4 Strophen:
Darin lagens vil tausent jar
gar ellendlich gefangen,
und habens herren urstend gwart,
darnach stunt ir verlangen,
verkert hat sich ir pein und schult,
erlangt habens die ewig hult,
des dankens got von herzen.
Er nam sie bei der rechten hant
und fürt sie also weite,
er nams dem teufel aus seim gwalt,
furts mit ins paradeise,
175
er fürt sio wunnig^licben schon
gen himmel in den hohen tron,
da Sinkens alleluia.
Da unser herr gen himmel fiir
so gar mit großem schalle,
was Heß er uns zur letze hie?
seine zwelf boten alle;
auch sandte er den heiigen geist
zu trost der armen Christenheit,
des danken wir got allezeit.
SüBer yater, herr Jesu Christ,
wir loben dich mit schallen,
wer deines reichs begerer ist,
das seint wir Christen alle,
wir singen alle und seint so fro,
wir singen wunniglich also:
gelobt seist mit Maria!
Von diesen Zusatcstrophen fehlt in Corners GB* 1626 die dritte.
Himmelfahrtslieder.
f Nr. 74.
Christ für gen himel,
da sant er uns hemider
den tröster den heiligen geist
zu trost der armen Christenheit.
ETTioleis.
Babst GB. 1546. 1. Th. Nr. 62 unier den «alten Liedern. <<
f Nr. 75.
Christ färe zu himel.
was sendet er uns herwider?
er sendet uns den heiUgen geist,
darmit erleucht der herr die Christenheit.
Kyrie eleison.
Wicelii Psaltes eed. 1660. Bl. 108 a. » Gemeiner LSygesang auff dis
here Fest.«*
f Nr. 76.
1. Christ für gen himel.
was sant er uns wider?
er sendet uns den heilign geist
zu trost der armen Christenheit.
Kyrie eleison.
176
2. Christ für mit schalle
von seinen jüngm alle,
macht ein kreuz mit seiner hant
und tet den segn übr all lant.
Kyrie eleison.
3. Älleluiay alleluia,
alleluia. *
des soUen wir alle fro sein,
Christ sei unser trost sein.
Kyrie eleison.
Leiaentrit GB. 1567. I. Th, Bl. 168 b.
f Nr. 77.
Im Ton: ChriBt ist erstanden.
1. Christ fuhr gen Himmel.
Was sandt er uns herwieder?
Er sendet uns den heiligen Geist
Zu Trost der ganzen Christenheit.
Kyrie eleison.
2. Christ fuhr mit Schallen
Von seinen Jüngern allen,
Gesegnet sie mit seiner Hand
Und benedeiet alle Land.
Kyrie eleison.
3. Er befahl ihnen gar eben,
Sagt ihnen yöm ewigen Leben,
Und: taufet alle Völker gmein,
Auch Evangeli lehret rein!
Kyrie eleison.
4. Hilf uns lieber Herre
Durch deiner Auflfahrt Ehre,
Und fuhr uns in das Himmelreich
Dich zu loben ewigleich?
Kyrie eleison.
5. Alleluia, alleluia,
Alleluia!
Des sollen wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
Kyrie eleison.
111
Kölner GB. 1610. Bl. 115 b. — Ebenso Conieri GB. 1625 Nr. .155,
nur Str. 2, 3 und 4: £r macht ein Kreuz mit seiner Hand Und ff ab den
Hegen über alle Land.
Noch zu Anfange des XYIII. Jahrh. pflegte man am Himmelfahrtstage
in den Stiftskirchen, aucli wol in andern, um die Auffahrt Christi dem Volke
desto anschaulicher zu machen, eine Bildsäule des Heilands in die Höhe zu
ziehen und dabei zu singen: Christ fuhr gen Himmel.
Manuale ecclesiast. Pro Archidioeccsi Moguntina jus.su et auctor. Lotharii
Francisci Archi-Episcopi (Mogunt. 1701. 4? ) p. 138.
Post cantatam Nonara proccditur cum vcxillis et Scholari luventnte ad
locum, ubi in mensa deccnter coopertft posita est Statna Christi, quae paula-
tim dum trahitur in altum, cantatur a duobus tertio, scmper uno Tone ele-
vando :
Scando ad Patrem meum, et Patrem vestrum, Dcum meum et Deum
vestmm, alleluia.
His peractis reditur ad Chorum cantondo :
1. Christ fahr gen Himmel, etc.
(Ganz wie der yorhergehende Text, nur 3, 4. 5. Gelit, laufet alles ingemein,
Halt ihn vor meine Lehre rein! — Und ohne Str. 5.)
Laudabilis est haec consuetudo, si absque tumultu et discursu juventutis fiat.
Ein anderer katholischer Text mit alten Bestand theilen. Str. 2 findet sich
auch in protest. Gesangbüchern, z. B. Wckn. Nr. 541. Nümb. GB. 1599
S. 330. Crügers Praxis piet. melica 5. Aufl. 1680, Nr. 270.
f Nr. 78.
Im Ton : Cliristas ist erstanden.
1. Christ der fuhr gen Himmel.
Da sendt er uns hernieder
Den Tröster den heiligen Geist
Zu Trost der ganzen Christenheit.
Alleluia.
2. Und war' er nicht hingangen,
So war der Tröster nit kommen.
Nun seit daß er hingangen ist.
So loben wir den Herren Jesum Christ.
3. Christ fuhr auf mit Schalle
Vor seinen Jüngern alle.
Er führt ein Kreuz in seiner Hand,
Kr gab den Segen über alle Land.
4. Christ fuhr auf durch die Wolken
Mit himmelischem Volke.
Er gab den Segn über Wein nnd Traid,
Er segnet die ganze Christenheit.
12
178
5. AUeluia, A., A.
D«s sollen wir lille froh sein,
Christ will QDSor Trost sein.
Nie. Benttner GB. 1602. I. Th. Nr. 30.
Noch ein anderer:
f Nr. 79.
Im Ton: Josufl ist ein ntlfEer Naro.
1. Christus fuhr mit Schallen
Mit seinen Engeln allen.
Was ließ er uns zu Letze hie?
Die heiligen zwölf Jünger alle.
Kyrie eleison.
2. Christas ftihr durch die Wolken
Mit engelischem Volke.
Er führt ein Kreuz in seiner Hand,
Er gab den Segen über alle Land.
3. Christus fuhr gen Himmel.
Was ließ er uns hernieder?
Da sandt er uns den heil. Geist,
Wol mit dem Himmelbrot uns speist.
4. AUeluia, alleluia,
alleluia 1
Des soUen wir alle froh sein,
Christ soll unser Trost sein.
Pastorale. Ingolstadii 1629. 4? p. 631.
Es mögen nun noch die Zeugnisse einiger Zeitgenossen
folgen^ welche die Allgemeinheit deutscher Lieder bei kirch-
lichen Feierlichkeiten und sonstigen zur Andacht stinmienden
Veranlassungen bestätigen.
Einen nicht unwichtigen Beitrag zur Geschichte dieses
Zweiges des öffentlichen Gottesdienstes liefert zunächst Johan-
nes Busch. Er war 1400 geboren, seit 1419 Augustiner-Mönch
und schrieb, nachdem er sich schon viele Jahre mit der Refor-
mation der Klöster nach der Regel des heiligen Augustinus in
Norddeutschland beschäftigt hatte, als Prior zu Sulta bei Hil-
desheim im J. 1473 die Denkwürdigkeiten seines Lebens unter
dem Titel: liber reformationis monasteriorum Saxoniae*^).
§.8. 28) Gedruckt in Loibnitii Scriptt. Rer. Bmnsr. T. II. p. 476—606;
806—972.
179
Markgraf Friedrich von Brandenburg hatte den Johann
BuBchy der damals im Kloster Neuwerk bei Halle lebte ^ zur
Osterfeier nach Giebichenstein eingeladen: Als wir nun ins
SchlosB zum Hofe gelangt waren j erzählt Busch , rief mir der
Markgraf von Brandenburg zu und sprach: Herr Propst^ seid
willkommen! kommt zum Wasser und lasst euch waschen auf
das Mittagsmahl. Als wir alle gewaschen waren, sangen sie
sftmmtlich im ganzen Hofe das deutsche Osterlied mit lauter
Stimme :
Christu$ ist uferstanden
von des todes banden;
des sollen wir aUe fro sein,
got wil unser trost sein.
Kyrieleison.
Nachdem man das dreimal gesungen hatte , schickte man
sich an zu Tische zu gehen**).
Schon fiiiher im 17. Kapitel des HI. Buches beschreibt er
eine Bittfahrt, wie sie jährlich in derselben Gegend gehalten
wurde, wobei das Volk deutsche Lieder sang: Das Kloster
der seligen Maria und des heiligen Alexander in Neuwerk bei
Halle ist berühmt genug, es hat ein Archidiaconat von beinahe
11 Meilen im Umfange, 8 Städte, mehrere Dörfer, bis auf
20,000 Seelen. Daselbst pflegt der Propst mit dem Convente
und den Brüdern feierliche Kirchfahrten und Bittgänge anzu-
stellen. Am Psalmsonntage geht er selbst mit seinem Convente
außerhalb des Kirchhofs ins Feld zwischen der Stadt und dem
Erlöster; dann kommt ihm das Volk aus drei Pfarrkirchen,
Männer und Weiber, entgegen, und er darf ihnen nur an diesem
Orte die Palmen weihen und die Kirchfahrt halten. Der Erz-
§.8. 29) Crnnque in ciwtram ftd aolwn penreniMemiu, enfthlt Bosch (de
refonn. monast. lib. III. cap. 41 apnd Leibait. 1. c. p. 941), clamavit ad
me Marchio Brandenbnrgensis , dlceiui: Domiiie • Praeposite , beneyeniatis ;
▼enite ad aquas et layamini ad coenandom. Cum omnea loti fdisseaius, can-
tayennit omnea totA cnrift Carmen paschale in Teutonieo alta voce:
ChiiBtus ist iiferetanden
^ von des todes banden;
des soUen wir alle fro sein,
g^t wil unser trost sein.
Kyrieleison.
Postqnam trina vice id decAntassent , ad mcnsa-s ascendero se parabant.
12*
180
bischof von Magdeburg wohnte einmal zu meiner Zeit dieser
KirchfjEdirt mit bei und ich, der damals Propst daselbst war,
geißelte den kreuztragenden Pfarrer und hielt daselbst das Amt.
Femer an unsers Herrn Himmelfahrt, dann geht der Propst mit
dem Convente in dasselbe Feld hinaus, alle in seidene Kutten
gehüllt und den Leib in Gold- und Silberwerk; vor sich her
lässt er einen seidenen Sessel tragen mit seidenem Teppich und
seidenem Küssen gedeckt, den die Träger während des Tragens
hoch empor über ihr Haupt halten. Wenn sie nun an den be-
stimmten Ort gelangt sind, so setzt er selbst, der Propst, sich
darauf, und alle Brüder stehen zu den Seiten vor ihm mit
Kreuzen und Fahnen, während die Ministri das Plenarium und
die Reliquien vor sich hertragen. Dann kommt ihm in jenes
Feld die ganze Stadt entgegen, und die Bruder und Geistlichen
singen: Salve festa dies, Victimae paschali, und ähnliches,
worauf das Volk immer nach jeder einzelnen Strophe durch
Absingung passender Gesänge und deui$cher Ueder antwortet.
Dann erhebt sich der Propst und folgt der Procession und hinter
ihm alles Volk bis in die Kirche '<>).
§. 8. 80) Joh, Bosch de reform, monastcriorum lib. L cap. 14 (ap. Leibn.
II, 500): Monasterium B. Mariae et S. Alexandri in Novo opere prope Hallis,
dioccesis Magdeborgcnsifl , solempne satis est, h&bens Archidiaconatam per
XI. peno milliaria, civitates octo, villas plurimas, XX. pene milliam animamm,
in qno Praepoaitos com eonventa et fratribos solempnes aolet certis tempori-
bos facere processionea sen stationes. In die Palmanim ezit ipse com con-
ventu sno extra coemiterinm in campum intra oivitatem et monaateriom , nbi
obviant tone sibi trium parochialiom Ecclesiarom popnli ntrinsque sexna:
quibns tone palmas benedicere processionesque facere non licet nisi ibi.
Archicpiscopns Magdeburgensis aliqnando tempore meo huic processioni inter-
foit, et ego tone ibi Praepositoa pastorem cmcifixum percnasi, et feci ibidem
agenda. Itenim in die Ascensionis Domini; tnnc ctun eonventa in enndem
campnm exiens Praepomtos, omnea cappia sericis, corpus anreia et argenteis
indati. Sedem ferream ante se fiacit deferri, sorico tapeto, cnssino serico
coopertam, super capnt deferentiam elevatam: comqae ad locnm perrenerint
destinatom, ipse solns sedet snper eam, cunctis fratribos coUateratiter coram
se stantibus cum crucibus et yexillis; ministris plenarium et reliquias coram
se deferentibus. übi tunc tota civitas in campum iUnm sibi occurrit, fratribua
et clericis salve festa dies, victimae paschali, et simillbns concinentibua;
populusque omnis utriusque sexus cantÜenas (et cantica tentonicalia BIS. Kilon.),
tali cantico convenientes , ad singnlos versus cantando respondent; donec
Praepositus surgens seqnitnr processiouem , et omnis populus eum sequitnr
usque in Eccledam.
181
In der blutigen Schlacht bei Tannenberg in Preußen, 14. Juli
1410y sang das deutsche Ordensheer, nachdem es lange gekämpft
hatte und der König von Polen mit seinen Heiden wich:
Christ ist entstanden s«).
In den Osterspielen, die häufiger in diesem Jahrhunderte
als in früheren waren, wurde gewiss das Christ ist erstanden,
vom ganzen Volke gesungen. In der Klage der Maria (Hs. aus
dem XV. Jahrhundert zu Trier) ist es also eingewebt: Die bei-
den Marien singen:
Wir waren gegangen zA dem grabe,
da was der stein gehaben herabe.
do sprachen zwene engel klar
genzlichen vorwar:
Jesus ist erstanden
von des iodes banden!
und sprachen: saget Petro imd den jungem sin,
daß er von dem tode erstanden si >*).
Die alte Hs., welche eine Ordnung des Passionsspiels **)
der St Bartholomäistiftsschule zu Frankfurt am Main enthält,
scldießt mit den Worten: Hie. Augustinus incipiat populo et
liortetur homines cantare: Christ ist erstanden (die letzten Worte
in der Hs. verwischt). Sic ludo fiat finis.
Auch das Friedbcrger Passionsspiel hat in seiner processio
ludi (s. Haupt's Zeitschr. 7, 546) Bl. 8"» : Duo Angeli canentes
ante resurrectionem
Crist ist enstauden;
dann in der Wiederholung dieser processio mit Beifügung der
Namen der Spielenden steht Bl. 12 ^ eben dasselbe (Mittheil.
Weigand's).
So schließt auch das niederdeutsche Spiel von der Aufer-
stehung Christi '^), geschrieben 1464 zu Redentin bei Wismar:
§. 8. 81) S. Jahrbücher JohanncB Lindcnblatts von Voigt und Schubert S. 217 :
onde wart ein groCcr stidt, undo der Meister mit den sinen slugen
sich dri stunt durch mit macht, unde der koning was gewichen,
abio do^ dcse sangen: Christ ist entstanden.
32} Fundgruben 2, 275.
33) y. Fichard, Frankfurtisches Archiv III. Th. 8. 131—158.
34) Gedruckt in Monc, Schauspiele des Mittelalters, I. Bd. (1846)
S. 33 — 106 und von Ettmüller herausg. in der Bibl. der gesammten deutschen
National-Literatnr 31. Bd.
182
des wille wy uns vrouwen in allen landen
unde singen: Chri$Uu i$ upgesianden.
und das üsterspiel der Wiener Hs. 3007 «»), geschrieben 1472:
mit gesange lobeleich
singe wir alle gleich:
Christ ist erstanden.
Etwas jünger ist ein niederdeutsches Bruchstück in dem Spegel
der samitticheit 1507. Bl. 128 ") :
des schale wy also vro syn,
god wil unse tröst syn.
wilkame systu vrolike osterdach!
wilkame systu uterw^lde sondach!
du bist aller dage ere
und alle des järs ein weldich lierc.
Wol in allen Osterspielen des XV. Jahrh. wurde dies Lied
gesungen. So schließt jede Hälfte des in Tyrol aufgefundenen
Osterspiels •'), geschrieben 1Ö20, damit^ die zweite Hälfte also :
Nun singt den bösen Juden zu schänden :
Christ ist erstanden.
Noch ein Zeugniss ftlr die allgemeine Verbreitung des alten
Leisen: Christ ist erstanden.
Als im April 1474 der Erzherzog Sigmund von Österreich
mit den Eidgenossen die ewige Richtung beschworen, kam er
wgen Einsheim (Ensisheim), Breisach imd Freiburg, und freute
sich alle Welt seiner Zukunft. Die Kinder auf der Gassen fin-
gen an zu singen:
Christ ist erstanden,
der lantvogt ist gefangen;
des sollen wir alle fro sein,
Sigmunt sol imser trost sein.
Kyrie eleison!
War er nicht gefangen,
so war es übel gangen.
Gleit daß er nun gefangen ist,
so hilft in nichts sein böser list.^
§.8. 86) Gedruckt in meinen Fandgraben I, 296 ff. Die SteUe steht 336, .7.
36) Mone, Schauspiele des Mittelalters I, 117.
37) Hs. des Insbracker Museums, s. Adolph Pichler Über das Drama
des Mittelalters in Tirol S. 48. 49.
183
So berichtet Sebastian Münster in seiner Cosmographey S. 624.
Nach Adam Walther Strobel »•) geschah dies, als der Erzherzog
am 20. April seinen Einzug in Basel hielt Zum Verständniss
gehört noch: der Landvogt Joh. Wemher von Pforr wurde unter
Absingung des Liedes: Christ ist erstanden, in Haft gebracht
Es war nämlich am Ostermontag 11. April 1474.
Es wäre der Geistlichkeit leicht gewesen, um diese Zeit,
wo das Volk im Besitze alter ihm lieb und werth gewordener
geistlicher Gesänge war, für Einführung des deutschen Kirchen-
gesanges thätig zu wirken. Aber sie war viel zu bequem dazu,
auch wol zu ungeschickt, und fand am Ende wie immer eine
solche wohlthätige Neuerung zu wenig in ihrem Interesse. Darum
herrschen denn auch noch zu dieser Zeit, selbst bei helldenken-
den Geistlichen, höchst wunderliche Ansichten über deutsche
Bücher. Joh. Busch, der so viel Merkwürdiges zur Cultur-
und Sittengeschichte erzählt, hat uns ein Gespräch aufbewahrt,
das in dieser Beziehung ganz gekannt zu werden verdient
Ein Lector des Prediger- Ordens zu Zutphen hatte gepre-
digt, die Laien dürfen keine deutschen Bücher haben. Bru-
der Johannes Busch, der in Angelegenheiten seines Ordens zu
Zutphen war, erfuhr dies und widersprach dem standhaft; er
wusste nämlich sehr wol, dass allein im Utrechtschen mehr als
hundert Nonnen- und Beginen-CongregatioBen deutsche Bücher ,
hatten und täglich darin lasen. Er wendete sich daher an den
Prior jenes Klosters, um den Lector zum Widerruf zu zwingen:
Er muss das widerrufen! Denn die Vornehmen des Landes, das
gemeine Volk, Männer und Frauen, haben hier in unserer gan-
zen Gegend Bücher in deutscher Sprache, worin sie lesen und
studieren. Ihr und eure Brüder predigt ja oft dem Volke in
der Muttersprache, ihr wollt doch auch, dass sie eure Predigten
im Gedächtnisse behalten? Jener antwortete: allerdings. Dann
sprach ich: wenn sie die Predigten nun in einem Buche hätten,
dann würden sie sie doch besser behalten, warum dürfen sie
also keine deutschen Bücher haben? Er antwortete: gewisse
Leute besitzen tiefsinnige Bücher in deutscher Sprache, als näm-
lich die Sententiae und den Canon, darum taugt nichts, dass die
Laien Bücher in deutscher Sprache lesen. Ich erwiederte ihm:
das billige ich zwar nicht, dass einfältige Laien ^ Männer und
§.8. 88) Vatermnd. Geschichte des Klsasses III. Th. 8. 312.
184
Frauen so tiefsinnige und göttliche Bücher iin Deutschen haben,
ja ich habe sogar den Canon, wo ich ihn bei den Nonnen ver-
deutscht fand, verbrannt; aber es ist doch sehr nützlich allen
Gelehrten und Ungelehrten, dass sie besitzen und täglich lesen
deutsche Erbauungsbücher über Laster iind Tugenden, über die
Menschwerdung, das Leben und Leiden Christi, über das Leben
und den heiligen Wandel und die Martern der heiligen Apostel,
Märtyrer, Beichtiger und Jungfrauen, auch Predigten und Ser-
monen der Heiligen, die zur Besserung des Lebens, zur Sitten-
zucht, zur Furcht vor der Hölle und zur Liebe des himmlischen
Vaterlandes anreizen. — Als Bruder Johannes später von De-
venter zu Schiffe nach Zutphen zurückkehrte, erfuhr er von
seinen Schiffsgenossen, dass jener Lector widerrufen habe, doch:
Ich habe gesagt u. s. w., damit habe ich das gemeint: einige
Weiber, wol auch Männer, legen zuweilen unter eine Decke
des Altars Schriften, damit darüber Messe gelesen werde. Wenn
die Messe dann beendigt ist, nehmen sie solche Schriften wieder
weg, und treiben mit ihnen verschiedene Weißagujigen, Zaube-
reien und Wahrsagereien. Jene Schriften • habe ich euch ver-
boten zu besitzen und zu lesen, oder auch bei euch aufzube-
wahren. Aber deutsche Bücher, die gut und erbauimgsreicU
sind, dürft ihr wol haben und lesen '®).
§. 8. 89) Joh. Bosch de reform. monast. IIb. III. cap. 17. (apud Leibn. II,
926) : Oportet qiiod iUud revocet. Principes cnini terrae, communis populus,
viri et foeminae, per totnm mundam nostrum libros multos habent in Tcuto-
nlco eonscriptoB, legentes in eis et studentes. Vos et Fratres vestri sacpe
populo in vulgari paodicatis; velletis etiami ut scrmones vestros memontcr
retinerent? Bespondit: etiam. Tunc dm: si in scriptis eam habcrent, tunc
utique cum melius retinerent; quare ergo habere non debent libros Teutoni-
cales? Kespondit: laici quidara altos habent in Teutonico libros, videlicet
Sententianim et similes, quos quidam ordinis nostri transtulit in Teutonicum
ex Latino, valens doctor ; alii Missale etiam cum Canone habent in Teutonico ;
ergo non valet, quod laici libros legant in Teutonico. Cai dixi: hoc non
approbo, quod simplices laici, viri vcl foemiuae, tarn altos et divinos libros
habent Teutonicalos ; imo et Canonem, in Teutonico apud Moniales inrentmn,
ego combussi. Veruntamen libros morales de vitiis et virtutibus, de incar-
uatione, vita et passione Christi, de vita et sancta conversatione et martjrio
sanctorum Apostolornm, Martyrum, Confcssorum et Virginum; homilias quoquc
et scrmones Sanctorum, ad emcndationem vitac, momm disciplinara, iufcrni
timorem patriaeque coelcstis amorem provocantcs, habere et quotidio legere
cunctis doctis et indoctis utilissimum est etc. Als Frater Johannes spftter
Bei den Bittfahrten im J. 1457 und 1475^ woran sich viele
Gegenden Deutschlands betheiligten, wurden nach den Zeug-
nissen der Zeitgenossen deutsche Leisen gesungen.
Der Franciscaner Lesemeister Detmar *®) erzählt beim J.
1457: Item in diesem Jahre in dem Sommer zu der Tanne bei
St Enwolde versanmielten sich viele Kinder von zehn Jahren
und darüber bis zu achtzehn Jahren , und ließen machen ein
Banner und ließen darin malen auf einer Seite unsere liebe Frau
und auf der andern Seite St Michael, der hatte eine Wage in
der Hand. Diese Kinder wurden des eins, dass sie mit dem
Banner zuhauf wollten wandern in Frankreich zu dem Nonnen-
kloster, das da ist geheißen St Michaelisberg auf jenscit Paris,
da St. Michael gnädig ist; und machten alle weiße Kreuze hin-
ten und vom auf ihre Kleider, und eins trug das Banner und
ging voran, und da folgten die anderen nach und sangen die
Leise: In GoUe$ Namen fahren wir ff., und unterwegs baten sie
imi Brot und Speise und auch um Herberge zur Ehre Gottes
und St. Michaels. —
Von dieser großen Kinderwallfahrt meldet auch der Bericht
über die Botschaft von König Lasla aus Böhmen gesandt um
ein Gemahel zu dem König von Frankreich nach Paris im Jalire
1457 **)• Darin heißt es: Item darnach zogen die Herren durch
das Land Champagne, darinnen man mit Kreide mauret. Item
daselbst kamen auch gegen uns gegangen die Kindlein oder
Knaben, die gen St Michael laufen hinter Paris von Vater und
]^[utter und sagen niemand davon, und kommen aus deutschen
Landen, von Schwaben und vom Rhein je ein großer Haufen
von Deventer zu Schiffe nach Zutplien zurückkehrte, erfuhr er von seinen
ächiffsgenossen, dass jener Lector widerrufen habe, doch: Dixi cet. hoc ita
uotavi. Focminae quaedam vel etiam viri scripta interdum aliqua sub mappa
ponunt altarium, ut super ea missa leg^atur. Missa finita recipiunt ea, et tunc
cum iliis divinationes plurcs facinnt et incantationes et augnria. lila scripta
vos habere et legere prohibui, scu etiam npud vos reponere. Libros vero
Teutonicales bonos et morales beno habere et legere potestis.
§.8. 40) Chronik des Franc. Leseroeisters Detmar, herausg. von F. II.
Grautoff, II. Th. (Hamburg 1830) S. 205. Diese niederdeutsche Chronik be-
ginnt 1401 und geht bis z. J. 1482. — unde sungcn de loysche: an godes
namen vare toy etc.
41) PpHs. vom J. 1462 in Ilerzogenburg : und wo sie an den heuscrn
»ingent, da singent sie nur: KrUl ist erstanden imd kein ander gesang.
186
bei ein- und zweihundert mit einander und haben auch ihre
eigenen Banner und man gibt ihnen gar gern um Gottes willen,
und wo sie an den Häusern singen , da singen sie nur: ChrUt
ist erstanden, und kein ander Gesang.
Auch Eikhart von Weißenburg berichtet in seiner Zeitge-
schichte beim J. 1457 *') von diesen Kinderwallfahrten und er-
wähnt ausdrücklich, dass die Laien Leisen gesungen haben:
und darnach aber und aber mit hunderten und dreihunderten
von den Städten, und hat jeglich Partei ein Banner, da der Stadt
Wappen an gemalet war, da sie dann her waren, und sant Michel
zu der andern Seiten. Und sungen die Laienknaben, das
nit Schüler waren, ihre Leisen, und giengen je zwen mit
einander. Und wo Schüler under waren, die sungen ihr Salve
regina, das Schülern zugehöret.
Ln Jahre 1475 wiederholte sich dieselbe Erscheinung, das
Wallfahren artete aber in eine wahre Wuth aus, so dass ein
Zeitgenosse, der Vicarius Konrad Stolle zu Erfurt*»), der es
miterlebte, nicht genug davon zu erzählen weiß; ein ganzer
Abschnitt seines Gedenkbuches handelt davon. Auch damals
wurden deutsche Leisen gesungen. Als man schrieb nach Chri-
stus Geburt, beginnt Stolle, da hub sich eine wunderliche Ge-
schichte in der Woche nach St. Johanns Tage Baptistae im
Lande zu Thüringen, Franken, Hessen, Meißen und andern
Landen, dass die jungen Leute, Knaben und Jungfrauen zwi-
schen zwanzig und acht Jahren, zumal kleine Kinder zu dem
heiligen Blute (nach Wilsnack **) liefen, ohne Geld, ohne Wis-
sen der Eltern, die sonst nicht aus dem Hause hätten gegangen
§. 8. 42) Mone, Badisches Arcliiv 2. Bd. S. 243. 244.
48) Konrad Stolle, geb. 1430, Vicarius zu St. Severns in Erfurt,
schrieb eine Erfurter Chronik, die er 1493 geschlossen zu haben scheint.
Nähere Nachrichten über ihn und sein Werk ertheilt L. F. Hesse in Haupt's
Zeitschrift 8. Bd. S. 302—347; daselbst S. 808 ff. vollstlLndig der erwähnte
Abschnitt: »Wie das junge volk lieff zu deme heiligen bluete zu der Welss-
nacht da gensit Meideburgk. — vnnd sungen lejssen, vnnd hatten banir.^
44) Vgl. Van der Vyndinge vnnde Wnnderwercken des hilligen Sacra-
mentes to der Wilsnagk. (Holzschnitt mit der Jahrsz. 1521.) Am Ende:
Gedruckot tho Rostock dorch Ludouicum Dietz. — Dies Büchlein ist yoll-
•tändig abgedruckt in : Historia Von der erfindung, Wnnderwercken vnd zer-
atörung des yermeinten heiligen Blutes zur Wilssnagk cet. znsamen getragen,
Durch Matheum Ludecum. Wittenberg 1586. 4^ Eiij — Giiij.
187
ohne Geheiß der £ltem, frommer Leute Kinder und wohlgezo-
gen, Dienstboten; Mägde und Knechte, ließen ihre Kleider und
was sie hatten unbewahrt und konnten des nicht zuhaufe brin-
gen und ließen stehn und liegen was da war und Uefen ihre
Straße, also dass ihrer dick (oft) und viel zwei- oder dreihundert
an einem Haufen giengen und sangen Leisen und hatten
Banner.
Noch ein anderes gleichzeitiges Zeugniss fiir das Singen
der Leisen findet sich bei demselben Konrad Stolle. Er erzählt
beim J. 1476 **) von einem großartigen Betrüge, den sich drei
Edelleute und ein Pfarrer zu Schulden kommen ließen. Um
Geld zu gewinnen hatten sie einen einfältigen Mann, Hans Bo-
heme, verleitet, er möchte öffentlich auftreten imd predigen, die
Mutter Gottes sei ihm persönlich erschienen imd wolle, dass
alles Volk in ihre Kapelle nach Nickelshausen im Tauberthal
bei Werthheim pilgrimsweise komme, da würde sie allen gnädig
sein. Das geschah imd unendlich viel Volks (eines Samstags
an die 70000) strömte nach Nickelshausen, die Jungfrauen liefen
mit fliegenden Haaren, die Sechswochenfrauen, junge Knaben,
junge und alte Männer schrieen und sangen Leisen durch
Städte und Dörfer.
Das schon seit Jahrhunderten vom Volke gesungene: Christ
ist erstanden, erhielt sich also das ganze XV. Jahrhundert hin-
durch. Ursprünglich bestand es nur aus einer oder wenigen
Strophen. Eine Münchener Handschrift hat folgenden Text:
f Nr. 80.
Christ ist erstanden
von der marter aller,
des soll wir alle fro sein,
Christ sol unser trost sein.
Kyrioleis.
Alleluia alleluia alleluia.
des soll wir alle fro sein,
Christ sol unser trost sein.
Kyrioleis.
§.8. 45) Der ganze Hergang acu der Hs. mitgetheilt bei Haupt 8. Bd.
8. 812 — 816. i^die juncfrowen lieffen mit siulagenden hären, die sechs wochen
frowen, junge knaben, jung vnnd aide menre, schrogen vnnd anngen leysCon
durch Btete ynnd dorSere.''
190
er nam sie im gar rechtlich
nnd fürt sie in aeins vaterB reich.
Kyrioleifl.
Allelaia, allelnia, alleluial
des sollen wir alle fro sein,
Christ sol unser trost sein.
Kyrioleis.
4. Christ, g^ot des vaters son,
hat vor uns genug geton,
unsere sund beealt allein,
des sollen wir im dankbar sein.
Kyrioleis.
Alleluia, alleluia, allelnia!
des sollen wir alle fro sein,
Christ sol unser trost sein.
Kyrioleis.
5. Christ hat erlöset uns
und widerbracht ins yaters gunst,
durch sein sartes blut so rot
gefreiet von dem ewigen tod.
Kyrioleis.
Alleluia, allelnia, alleluia!
des sollen wir alle fro sein,
Christ sol unser trost sein.
Kyrioleis.
Vehe GB. 1587. Nr. 20.
f Nr. 85.
1. Christ ist erstanden
von der marter allen.
des sölln wir alle fro sein,
Christ wil unser trost sein.
Kyrieleison.
2. WSr er nicht erstanden,
so war die weit vergangen;
sint daß er erstanden ist,
so lohn wir den herren Jesum Christ.
Kyrieleison.
3. Es giengn drei heiige frauen
zu moiigens in dem taue,
sie suchten den herren Jesum Christ,
der von dem tod erstanden ist.
Kyrieleison.
_191_
4. Maria da reine,
du haat gar heiB geweinot
nmb aiisem herren Jesom Christ,
der von dem tod auferstanden ist.
KjrieleiBon.
5. Maria du zarte,
dn bist ein rosengarte,
den got selber gezieret hat
mit seiner götlichen majestat.
Kyrieleison.
G. Christus lag im grabe
bis an den dritten tage,
verwandt an hend und fU6en:
o Sünder, du solt büßen!
Kyrieleison.
7. Christe, lieber herre,
durch deiner nuurter ere
verleih uns ein gut ende,
ein frölich auferstende!
Kyrieleison.
8. AUeluia, aileluia,
alleluia I
des söUn wir alle fro sein,
Christ wil unser trost sein.
Kyrieleison.
Leifientrit OB. 15C7. I. Th. Bl. 119 ^ mit der Überschrift: Ein gar altes
Lobgesang auf Ostern. — Corner OB. 1625. Nr. 129. für Str. 6 und 7 eine
andere.
Ein anderes Zeugniss für den Gebrauch deutscher religiöser
Volkslieder finden wir in der Beise: Wie ich, Jost Artus gezo-
gen bin, mit Anderen, ins heilige Land, und was ich sah und
erfuhr auf dieser Pilgerfahrt *'). Jost Artus, der Bartscherer
und Lautenspieler erzählt nämlich auch, wo und was er auf seiner
Pilgerfahrt, die er 1483 nach Jerusalem machte, nebst seinen
Gefährten gesungen habe. Wie sie sich der Stadt Venedig
näherten: Aber wir waren alle heiter und froh, und sangen:
In gotes namen varen trir
und 9ind in disem Bchiffe hier, u. s. w.
und später an der Küste Palästina's:
Da segelten wir weiter mit frohem Herzen und erblickten
§. 8. 47) Gedruckt (Vulpias) Cnriositäten 2, 405-422.
192
endlich das heilige Land. Da sangen wir mit frohem Muthc
und heller Stimme:
Sei vns gegrüßt
du heiiges lant,
wo unser Christ
sein leiden vant.
Da wü" nun dem Lande nahe waren und demsell/bn zusteuer-
ten und fröhlich sangen:
in gotes namen varcn wir
und nahen uns dem hafen u. s. w.
Dennoch schließt dies Jahrhundert mit höchst günstigen
Erscheinungen. Die Provinzialsynoden hätten längst die Noth-
wendigkeit des deutschen Cultus einsehen sollen, aber sie fühl-
ten sich vielleicht nie unabhängig genug vom römischen Ein-
flüsse, scheuten sich auch wol gar den Bedürfiiissen der Seelen,
die zunächst ihrer Pflege anvertraut waren, abzuhelfen, sobald
sie die herrschenden Ansichten und Grundsätze der Kirche dabei
gefährdet sahen. Aber keine einzige Provinzialsynode in Deutsch-
land, obschon deren bis zum Schlüsse des XV. Jahrhunderts
gegen 80 gehalten wurden, hatte in dieser Beziehung etwas
gethan. Endlich im letzten Jahrzehend, im J. 1492 beschloss
die Synode zu Schwerin: Auch setzen wir fest und befehlen,
dasß jeder Priester unseres Sprengeis, wenn er mit der Gnade
Gottes ausgerüstet das Amt der Messe gesungen hat, Gloria in
excelsis, das Credo, das Offertorium, die Praefatio nebst dem
Vater-Unser nach den Beschlüssen der heiligen Canones singen
soll, ohne etwas wegzulassen, zu mindern oder abzuschneiden;
oder es soUen die Geistlichen, die eben gegenwärtig sind, ein
anderes Responsorium oder ein deutsches Lied statt der oben
angeführten auf der Orgel oder im Chore singen **).
Wahrscheinlich hatte diese Bestimmung ihren Grund in einer
längst verjährten Gewohnheit, dass nämlich das Volk an Fest-
tagen und sonstigen Feiern deutsche Lieder anstimmte. Konnte
§.8. 48) Swerinenais Synodua 1492 (Harzheim T. V. p. 655): Item statui-
miu et mandamus, ut quilibet Sacerdos nostrao Diocesis, cum gratia Dei
dispositns, Missanim solemnia decantaverit, Gloria in excelsis, Credo, OfFerto-
rium, Praefationem cum Pater, juxta Sacromm Canonum sanctiones a prinoipio
nsqne ad finem decaatet, nnllo abstracto, diminnto vel resecto: ant aliud
responsorium, vel Carmen vulgare loco praemissomm in organis aut choro qui
praesentes fucrint Clerici resonent.
193
man doch nicht umhin, das: Christ ist erstanden, in die Agende
als ein zur Liturgie gehöriges Lied aufzunehmen. Wol in allen
in Deutschland, wenigstens in den meisten, gedruckten lateini-
schen Agenden ^*) von 1480 an bis in die zwanziger Jahre des
nachfolgenden Jahrhunderts ist der Anfang dieses Liedes abge-
druckt. In der Würzburger von 1482 heißt es: Wenn das
voUendet ist, werde begonnen Victimae paschali laudes immo-
lent christiani, nebst dem deutschen Liede: Chriii ist erstanden.
Darauf werde die Prosa begonnen: In die paschae, Benedictio
agni *ö)^ und in der Breslauer vom J, 1496, gedruckt 1499, wie-
derholt 1510, heißt es ebenfalls am Schlüsse der Osterfeierlich-
keiten: Darauf wird hinzugefügt die Antiphone: Surrexit domi-
nus de sepultura, welche dreimal gesungen wird und immer
lauter; darauf wird gesungen die Prosa Victimae paschali, ganz
aus, und Christ ist erstanden^ nach jedem Verse, wenn's beliebt,
Salve festa dies; endlich: Regina coeli u. s. w. '*).
§.8. 49) Bamberg 1491 and 1514. Panzer IX, 211. 8. b., und IX, 387.
4. b. — Breslau 1499 und 1510. Beide in mehreren Exempl. auf der Königl.
und UmyeTB.-BibUoth. ku Breslau. — Magdeburg 1497. Panzer II, 2. 11. IV,
852. 12. Hain Nr. 868. — Mainz 1480. Hain Nr. 869. — Minden 1522.
Panzer VII, 220. 819. — Naumburg 1502. Panzer YU, 441. 14. — Olmütz
1486. Hain Nr. 371. — Passau 1490. Hain Nr. 372. 1495. ib. Nr. 373. 1498.
ib. Nr. 374. 1614. ;Panzer IX, 394. 121 b. IX, 19. 105. — Salzburg o. J.
Panzer IV, 78. 2. Hain Nr. 875. — Schleswig 1512 und 1522. Panzer VH,
660. 518. Vin, 282. 22. — Schwerin 1521. Panzer VIII, 441. 14. — Würz-
burg 1482. Panzer I, 460. 8. Hain Nr. 867.
50) Agenda Ecdesiastica Episcopatus Herbipolensis (cf. Hain, Kcpert.
Kr. 367), am Ostertage : Quibus finitis incipiatur sequentia : Victimae paschali
laudes Immoleut Christiani cum vulgari Christ ist erstanden. Postea incipien-
dum est matutinum In die paschae Benedictio agni. In der Bamberger Agende
vom Bischof Rudolf (reg. 1466—1495) dasselbe; s. Litt des kathol. Dcutschl.
I. Bandes 1. St S. 67.
51) Liber agendarum rubricae Wratisl. coUectus 1496, am Schlüsse
der Osterfeierlichkeiten : Deinde subinngitur antiphona : Surrexit dominus
de sepulcro etc. quae trina vice canitur, et semper altius; postea canitur
prosa: Victimae paschali laudes, ex toto etc. Christ ist erstanden, post
quemlibet Tersum si placet canitur: Salve festa dies etc. ultimo canitur:
Begina coeli cet So auch in der Ausgabe von 1510. fol. cxxxiij. b.
Christ ist erstanden, erhielt sich auch in den Osterprocessionen des Breslauer
Bisthums; im Rituale Vratislaviense (Nisaae 1682. 4? und öfter) heiBt es S. 856 :
Finaliter canitur sequentia seu prosa: Victimae paschali laudes etc. Post
13
194
Nur in einigen Agenden dieser Art steht statt Christ ist
erstanden: Surrexit Christas hodie. Das ist der Anfang eines
spätem lateinischen Liedes, das sich (kaum erst) im XIV. Jahr-
hundert nachweisen lässt. Da der Anfang mit jenem deutschen
Liede stimmt ^*\ so mag es so für das Deutsche um so leichter
seine Stelle in der Agende gefunden haben. Es scheinen jedoch
nur solche Bisthümer das Lateinische vorgezogen zu haben,
deren Einwohner meist slavisch sprachen. Das Alles that aber
dem Fortleben des schönen deutschen Osterlicdes keinen Abbruch ;
noch bis diesen Augenblick erhielt sich auch in der katholischen
Kirche das: Christ ist erstanden. Das Lied ist wie wir gesehen
haben zu alt und war von jeher zu allgemein verbreitet, als
dass man es zu irgend einer Zeit hätte verdrängen können. Wie
es mm zunächst am Ostertage in der Kirche gesungen wurde,
so ward es auch sonst bei festlichen Anlässen angestimmt; in
Nürnberg sang man es hundert Jahre hinter einander bei der
im Jahre 1424 zuerst stattgeAindenen und bis zum Jahre 1524
beibehaltenen jährlichen Vorzeigung der kaiserlichen Heilig-
thümer *').
In Folge der Beschlüsse der Schweriner Synode vom Jahre
1492 wurden gewiss in jenen Gegenden von der Zeit an öfter
deutsche Lieder während des öffentlichen Gottesdienstes gesun-
gen. In dem Ordinarium inclitac ecclesiae Swerinensis, was im
Jahre 1519 erschien, heißt es bei dem Officium am Christfeste :
Populus vero Canticum vulgare: Gelavet systu Jesu Christ, tribus
vicibus subjunget **). Witzel, Psaltes eccles. 1550 (Bl. 56- a.)
kennt nur eine Strophe, und länger war auch gewiss ursprüng-
lich das Lied nicht:
qnemlibet yennin popaliu in vulgari sao canit canticnm laetitiae do resur-
rectione Domini: Christ Ut erstanden etc. yel polonice: Chiystas zmartwych
wstal iest etc. Vgl. das. p. 355 nnd 365.
52) Siirre»t Christus hodie
humano pro solamine. Alleloia.
Mortem qoi passos corpore
miserrimo pro hotnine. Alleluia.
S. Mone, Lateinische Hymnen I. Bd. Nr. 143. Mehr darüber §. 9.
53) J. C. Wagenseil de civit. Norib. Comment. (Altd. 1697. 4?) p. 233.
54) Bambach, Lnther's Verdienst S. 123 beruft sich hiebei anf G. J.
Markos Erklibmng des in Schwerin gepflanzten Gottesdienstes (Schwerin 1765)
S. 13.
195
f Nr. 87.
Weihnachtslied.
1. Gelobet seistu, Jesu Christ,
daß du mensch geboren bist
von einer jimgfratin, das ist war,
des freuet sich aller engel schar.
Kyrieleison.
Zu Anfange des XVI. JahrhondertB mögen die meinten in alten katholi-
schen Gesangbüchern befindlichen Strophen hinzugedichtet worden sein; in
Vehe OB. 1537. Nr. 17. und daraas Leisentrit QB. 1567. I. Th. BI. 18 lauten
die übrigen:
2. Gelobet sei die jung&au zart,
von der Christus geboren wart
uns armen sündem all zu trost,
daß wir durch in würden erlost.
Kyrieleison.
3. Gelobet sei der engel schar,
die auch bei der geburte war,
und sang dem kleinen kindlein lop
auf erd und auch im himmel drob.
Kyrieleison.
4. Des freu sich alle Christenheit
in der weit ganz weit und breit
und sage got dem herren dank
vom aufgang bis zum nidergang.
Kyrieleison.
5. Dann so das kindlein nit gebom,
wäm wir alzymal verlorn;
dieweil es nu geboren ist,
so danken wir dir Jesu Christ.
Kyrieleison.
6. Dich bitten wir auch herziglich,
daß du uns weist genediglich
itzunt deine gnade geben
imd darnach das ewig leben.
Kyrieleison.
Spiltere katholische Gesangbücher haben dafür Lather*8 Lied von 1524
und fugen dessen 7 Strophen noch zwei hiniu. Im Münchener GB. 1586
heißt das Lied also:
13*
196
f Nr, 88-
Weihnachtßlied.
1. Gelobet seista Jesa Christ,
daß du mensch geboren bist
von einer Jungfrau rein und klar,
des freuet sich der engcl schar.
Kyrie eleison.
2. Des ewigen vaters einzig kint
jetzt man in der krippen findt.
in unser armes fleisch und bltit
verkleidet sich das ewig gut.
Kyrie eleison.
3. Den aller weit kreis nie beschloß,
der liegt Mariae in der schoß.
er ist ein kindlin worden klein,
der alle ding erhelt allein.
Kyrie eleison.
4. Das ewig liecht scheint da herein
und gibt der weit ein neuen schein;
er leucht wol mitten in der nacht:
dis liecht hat uns das kindlin bracht.
Kyrie eleison.
5. Auf erden ist er kommen arm,
damit er sich unser erbarm,
und in dem himmel machet reich
und seinen lieben englen gleich.
Kyrie eleison.
6. Das hat er alles uns getan,
sein große lieb su zeigen an.
des freut sich alle Christenheit
und dank im das in ewigkeit.
Kyrie eleison.
7. Oelobet sei die Jungfrau zart,
von der Christus geboren wart
uns armen sündern all zu trost,
daß wir durch in würden erlost.
Kyrie eleison.
8. Gelobet sei der engel schar,
die auch bei der geburte war
und sang dem kleinen kindlein lop
auf erd und auch im himmel drob.
KjTie eleison.
197
9. Nun bitten wir gar herziglich,
daO da uns wollest gnediglich
an leib und gel gar wol bewarn,
wann wir aus disem eilend fam.
Kjrie eleison.
Ebenso Kölner OB. 1610, nur sind Str. 7 und 8 dort Str. 2 und 3. Das
Tegemseer GB. schiebt nach Str. 5 noch zwei neue Strophen ein, ygl. Ph.
Wckn. S. 866 zu Nr. 132.
f Nr. 89.
Weihnaclitslied.
Ein kindelein so löbelicli
ist uns geboren heute
von einer Jungfrau seuberlicli
zu trost uns armen leuten.
war uns das kintlein nicht geborn,
so wäm wir alzumal verlorn:
das heil ist unser alier.
eia süßer Jesu Christ,
der du mensch geboren bist,
behüt ims für der helle.
So bis auf die drei letzten Zeüen in Johannes Toltz n^yn kurtzer vud
fast nutzbarlichor bescheidener Sermon vber das Christliche lobgesang Ein
kindelejn so lobiglich ist vns geboren hewte etc. 1526." 4f Am Ende:
„Gedruckt zu Leypßgk durch Michel Blum.*» (Wolfenbütt. Bibl.)
Urban Rcgius, „Dialogus von der Herrlichen, trostreichen Predigt, die
Christus Luce. xxiiij. gethan hat" (ed. Wittemberg 1545. 4^) Bl. 111: Denn
die Christenheit von Alters her allezeit auf die Weihennachten fröhlich ge-
sungen hat: Ein Kindelein so löbelich. — Niederdeutsch die 6 ersten Zeilen
in Erasmus Alberus Yam Wintervagel Ualcyon 1552.
Eingeschoben als zweite Strophe in das Lied: Der tag der ist so freu-
denreich: Wittenb. GB. durch Joseph Klug 1535 bei Wckn. Nr. 793. Vehe
GB. 1537 Nr. 16 (daraus bei Leisentrit GB. 1567. I. Th. Bl. 19). Wicelius
Psaltes eed. 1550 Bl. 59 b. bei Wckn. Nr. 134.
Als selbständiges Lied, aber mit 3 Strophen vermelirt: Straßb. GB. bei
Wolff Köphl 1539 Wckn. Nr. 666.
Lesarten: 1. Toltz lobiglich. Vehe lohentlieh, 7. Vehe und Witiel tm^er
alle. Kophl vnaer aUen, 9. Vehe dweyl du, Witzel weil du. Eöpbl da$ du,
10. Köphl von der heUen,
Des Liedes wird oft gedacht von Luther und seinen Zeitgenossen. Luther
in der 3. Predigt am heil. Christtage 1533 (bei Walch XUI» 175): Man hat
diese Engelpredigt im Papstthum auch gehabt, man hat auch jfthrlich durch-
aus in Deutschland dieses schöue christliche Lied : Ein Kindelein so löbelich.
198
alleDthalben gesongeu und singeta noch ; aber niemand hats verstanden :
UrBach, es hat an trenen Predigern gefehlet. — Cyriacns SpangenbArg, Cithara
Lnthen (Erfurt 1581. 4?) I. Th. Bl. 19: Dieses Liedlein ist eins ans den
alten Gesängen unserer lieben alten Vorfahren, welches sie vielleicht etlich
hundert Jahr her gesungen, auch ehe denn des Papsts falsche Lehre und
Abgotterei so grob überhand genommen, und obwol der Teufel durch seine
Listigkeit das Evangelium und die rechtschaffene Lehr im Papstthum vom
Predigstuhl und aus dem Öffentlichen Brauch hinwegbracht hat, so hat er
doch wider seinen Dank leiden und zugeben müssen, dass fromme Henen
den Artikel von der Rechtfertigung rein bekannt und gesungen haben in die-
sem Liedlein, da also stehet:
Wtre uns das Kiudlein nicht gebom,
so wttm wir allzumal verlorn:
das Heil ist unser aller. —
Vgl. femer Simon Pauli, Ansleg. der deutschen geistl. Lieder. Magdeb.
1688. 4?
Vom Jahre 1500 — 1523.
Auch in Friesland war der Lobgesang : Christus ist erstanden,
ein allgemein bekanntes Lied. Als im J. 1506 Graf Edzard in
die Stadt Groningen einzog, ward er feierlich empfangen mit
Glockengeläute und Geschützesdonner, und die Kinder auf der
Straße sangen den Lobgesang von der Auferstehung Christi
also verändert:
Christus is upgestande,
her Vyt mot nu üt dissem lande,
des willen wy alle vro syn,
grave Edzard wil unse trdst syn.
Kyrie eleison**).
Wie allgemein das: Christ ist erstanden, verbreitet war, er-
heUt auch aus den Schwänken des Heinrich Bebel **). Er erzählt :
§.8. 65) Cbronyck oft Historie ran Oost-Frieslant , Beschreren door Eggeric
Beningha, int licht gebracht door Ant. Matthaeos (Leyden 1706. S? ) bl. 481.
Vgl. Wiarda, Ostfries. Geschichte 2. Bd. S. 199. 200.
56) Facetianim Heiurici Bebelii libri tres. Tubingae 1561. fol. 5 b.
Facetia de dominatione mnliemm. In die Besnrrectionis dominicae concio-
nator qnidam Waiblingensis (nt pleromqne eo die aliqnid loci et facetiaram
inter coneionandcun affenri solet) carmen triumphale Salvatoris nostri, ndas
Christ ist erstanden^, Uli viro demandabat inchoandom, qoi domi snae impe*
ritarety non nxor. Sed cnin diu neminem invenirety exclamavit: Prbh deüm
atqne hominum fidera I refrixitne adeo animns yirilis in vobis omnibns, nt nemo
199
Ein Waiblinger Geistlicher verlangte einmal am Ostertage, wo
es denn üblich sei ein sogenanntes Ostennäriein (Schmeller
Wb. 2y 606) in die Predigt einzumischen, dass derjenige Mann,
der die Herrschaft in seinem Hause führte, das Christ ist er-
standen anstimmen solle. Alles schwieg. Als nun aber der
Prediger die Männer schmähete, da fand sich denn doch Einer,
der solche Sehmach nicht dulden wollte : er hub den Lobgesang
an, und alle Männer führten ihn zum Gastmale und wussten
nicht, was sie ihm alles Liebes und Gutes erweisen sollten. Im
J. 1506, fügt Bebel hinzu, machte es ein Predigermönch in
Marehtell ebenso. Da verlief sich aber die Sache anders. Als
kein Mann anhub zu singen, da ließen die Weiber nicht lange
auf sich warten und zeigten, daß sie die Herren im Hause
seien.
In der Zerbster Procession vom J. 1507*') sprechen die
klugen und thörichten Jungfrauen, hier nur zehn an der Zahl:
Billich gebürt uns in zu loben:
Singet mit andechtiger stimme
zu gote erhoben,
Incipiatis : Christ du bist mild und gut.
Zu den älteren deutschen Earchenliedern muss auch mit
▼iriliter imperet? Tandem uuus rei indi^nitato motu» incoeptavit , quem tum
omncs commanitcr viri, tauqaam virilii) honoris viudicatorem , ad conviviuni
deduxerunt et «umma liberalitate ac reverentia tractaruut, quoniam omuibus
viris decori et honestati fuisset. Uoc autem auu<», scilicet 1506, iu mouaflte-
rio Marchtello in ripa Danabii sito, hoc item fecit quldam fniter ordinis
Praedicatonun. Sed cum nullus virornm incipero vcllet, iuaait incipcre mu-
Ueres, qnae imperium domus agerent, ibi protinus omnes de principatu cou-
tendentes incoepernnt. —
In einer alten Ausgabe der Gott. Bibl., aus 'dem Auf. des XVI. Jahrb.,
beginnend :
In hoc libru continentur Hfec Bebeliana opuscula noua. O. O. u. J. 4°
fehlt jedoch: das Christ ist erstanden. Das beweist eigentlich nur noch mehr
für die Volksthümlichkeit des Liedes : Bebel hielt es gar nicht für nöthig, es
näher vat beeeichnen.
§. 8. 57) Aus einer Hs. des geheimen Archivs der Stadt Zerbst von Friedr.
Bintenis mitgetheilt in Haupt's Zeitschrift 2. Bd. S. 276—297. Dies geist-
liche Straßenschauspiol wurde am Ausgange des XV. und im Anfange des
XYI. Jahrb., wahrscheinlich bis zum J. 1522, in welchem Jahre sich die
Stadt Zerbst für Luther erklftrte, jährlich aufgeführt. Die Worte und somit
auch der Anfang des Liedes gehören also der vorreformatorischen Zeit an.
200
vollem Rechte das Pfingstlied: Kum heibger geitt, herre goi, ge-
zählt werden*»).
f Nr. 90.
Pfingstlied.
Chum, heiliger geist, herre got,
erfüll uns deiner genaden bot
der deinen gelaubigen herz und sin,
dein brünstige lieb erzünd in in,
der durch deines liechtes glast
in einen gelauben gesammct hast
das volk aus aller weite zungen:
des sei dir lop und er gesungen.
Alleluia, alleluia.
Müncheuer Hs., Cg^m. 716. BI. 177 b.
Schon im Jahre 1514 ward es im Baseler Plenarium ge-
druckt**); es steht auf dem achten Blatte unter einem Scheuffe-
§. 8. 68) Bambacli bezweifelt dies zwar. lu seiner Anthologie I. Bd. S. 420
sagt er darüber: „Kirchengesang war es znm wenigsten gewiss nicht vor der
Reformation, da die Pfingst- Antiphone Yen! sancte Spiritus, aus welcher es
übersetzt ist, nach dem Kirchenritaal nicht anders als lateinisch gesungen
werden durfte.^ — Schwerlich wird sich dies beweisen lassen. Das deutsche
Lied mnss wol vor und zu Luthers Zeit oft genug gesungen worden sein;
Luther selbst nennt es unter den feinen schönen Gesängen und sagt von ihm
in den Tischreden (Walch XXn. Th. Sp. 1603), der heilige Geist habe ihn
selber von sich gemacht, beide Worte und Melodei. Auch muss es als ein
ursprüngliches deutsches Lied betrachtet worden, da es ja doch nur dem
Inhalte nach mit der lateinischen Antiphone übereinstimmt:
Veni sancte spiritus,
Beple tuorum corda fidelium,
Et tui amoris in eis ignem accendc,
Qui per diversitatem linguarnm cnnctarum
Gentes in unitatem fidei congregasti.
Alleluja, allelnja!
Auch hatte es von jeher seine ihm eigenthümliche Melodie, und ward
danach nebon dem Veni s. spir. in der kathol. Kirche noch im XVI. und
XVII. Jahrh. gesungen, z. B. in der Regensburger, s. Obsequiale Eccl. Ratis-
bonensis (Ingolstadii 1670. 4?).
69) Die Breslauer Bibliothek besitzt eine spätere, übrigens mit der
früheren ganz übereinstimmende Ausgabe : Das Plenarium oder Evangely bnoefa.
Basel 1616. fol. Vgl. Panzer^s Annalen L Bd. S. 386. Die von 1614 wird
201
linschen Holzschnitte ^ die Auagießung dee heil. Geistes dar-
stellend, und lautet also:
f Nr. 91.
Kum heiliger geist; herre got,
erfüll uns mit deinen gnaden gut,
deiner glaubigen herz, mut und sin,
inbrünstige lieb entzünd in in,
der du durch deines Hechtes glast
in einen glauben gesamlet hast
das volk aus aller weit und zungen.
das sei dir, lieber herr, zu lob und er gesungen.
Alleluia, alleluia!
Luther nahm es mit auf in sein Gesangbuch 1524 nebst
zwei anderen Strophen, die er sehr wahrscheinlich hinzugedich-
tet, oder im Fall er sie vorfand, nur umgedichtet (oder, wie er
es nannte, verbessert) hat
Auch in dem ältesten katholischen Gesangbuche, dem
Veheschen 1537 Nr. 37 kommen zwei Strophen vor^o), die noch
jünger als die Lutherschen sind, ja mir durch diese hervorge-
rufen zu sein scheinen, denn offenbar wird darin durch „die
Propheten, die Gottes Wort unrecht deuten«, auf die Reforma-
toren angespielt. Vgl. Luthers geistl. Lieder von Ph. Wacker-
nagel (Stuttg. 1848) S. 144.
Johann Herold erzählt in seiner Chronik von Schwäbisch
Hall (1541)«') im 124. Capitel, was sich vor und während der
Schlacht bei Frankenhausen, 15. Mai 1525, zugetragen. Nach-
dem Münzer zu seinen Haufen geredet hatte und nun eben die
Fürsten anrückten, heißt es: „aber es waren etliche mutwillige
buben, die Müntzers geist hatten, fielen dem Müntzer zu, schrien.
beschrieben daselbst S. 361. 362, in Banmg^arten's Nachrichten von merk-
würdigen Büchern I. Bd. (1752) S. 452—457. Ph. Vackemagel KL. S. 720.
Eine Ausgabe, Basel 1518. fol., ebenfalls auf der Bresl. Bibl., stimmt mit
jenen überein bis Bl. CCXLVII, der Schloss lautet anders.
§. 8. 60) Bei Wckn. Nr. 823. Sie finden sich auch in späteren GB. wieder,
2. B. bei Leisentrit I. Th. Bl. 185; in dem Paderbomer 1616. S. 127;
Kölner 1610. Bl. 120; Comeri GB. 1625. Nr. 163; Corners Nachtig. 1649,
8. 265. Im Obseqniale Eccles. Batisb. 1670 steht jedoch nur die erste ur*
aprungUche Strophe.
61) Mone, Anzeiger 8, 144. 145.
202
man seit sich zu der wer rüsten und stellen, und waren ir bei
8000, meinten sie weiten den fiirsten wol vorstehn, und hüben
an zu singen:
Korn, heiliger geist!^
Als die Bauern auf die Abmahnungen, der Fürsten keine Ant-
wort gaben, schritten diese zum Angriff. Der Landgraf von
Hessen ermahnte die Reisigen. ;,Da nun der Graf ausgeredt,
ruckt man hinzu an die bauren, ließ das geschütz abgehen. Die
armen leut stunden da imd sungen:
Nun bitten wir den heiligen geist,
gleich als wan sie wansichtig wären, schickten sich weder zur
wer noch zur flucht."
Bei der Ankunft des Bischofs von Padua in den deutschen
Gemeinden bei Verona im J. 1519 sang das Volk den uralten
Ostergesang ••):
f Nr. 92.
1. Christ ist erstanden
wol von der marter allen,
des sollen wir alle fro sein,
und Christ sol unser trost sein.
Kyrie eleison.
2. Und war er nit erstanden,
so war die weit zergangen,
und seit daß er erstanden ist,
so loben wir den herm Jesum Christ.
Kyrie eleison.
3. Maria die vil zarte
sie ist ein rosengarte
und den got selber gezierat
mit seiner götlichen majestat.
Kyrie eleison.
4. Maria die vil reine
sie hett ein große peine
umb unsem herren Jesum Christ,
der aller weit ein tröster ist.
Kyrie eleisoa.
§. 8. 62) Presbyter FranciscnB Lnppati mann sua propiia. Ex Toluminc
XXXin. yisitationain Ann. 1519. XI. Jul. Ans des Grafen Caspar von Stern-
berg Reise durch llrol (Begensb. 1806. 8?) S. 1^1 in Radlofs Mastorsaal
I. Bd. S. 23. 24.
2oa
5. Du heilig«« chreuze^
Miüet uns Cbristenleute,
und daß die ungläubigen werden bekert,
BO wirt der christlich glaub vil gemert.
Kyrie eleison.
6. Es giengen drei heiUge frauen,
die weiten das grab beschauen,
sie suchten den herren Jesum Christ,
der aller weit ein helfer ist
Kyrie eleison.
7. Alleluja, alleluja, alleluja!
des sollen wir alle fro sein
und Christ sol unser trost sein.
Kyrie eleison").
§.8. 63) Radlof das. S. 26. 26 theilt denselben Gesang mit (die Btrophen
in etwas anderer Folge nnd om eine Termehrt), wie derselbe in dem alten
OfEciale der dreisehn Gemeinden abgedruckt war, ganz übereinstinunend mit
dem Texte in Leisentrit's GB. 1567. I. Th. Bl. 119. 120. — Wie sehr dies
Lied ein wirkliches Volkslied war, lehrt die Verschiedenheit der Texte; in
den meisten sind alte nnd neue Strophen gemischt, oft ist anch alles bis anf
die erste Strophe mngedichtet: das Mainzer GB. 1628 liefert allein 6 yer-
schiedene Texte S. 282—291. — Christ ist erstanden, war ein wirkliches
Volkslied, Jahrhunderte lang lebte es im Munde des Volkes nnd wurde bei
allerlei feierlichen AnlMssen gesungen, oft gewiss da wo in früheren Zeiten
heidnische Lieder üblich waren. Vgl. Grimm Mjth. 348. So erzählt Faustin
Ens, Pas Oppaland 3. Bd. (Wien 1836) S. 48.
„Das Sonnenhuppen yerdient bloß seiner Eigenthümlichkeit wegen
einer Erwähnung. In der Kacht vor Ostern wandern Menschen, verschieden
an Geschlecht und Alter, nach den Anhöhen hin, von wo der Sonne Aufgang
zu sehen ist. Hier zünden sie ein Feuer an, lagern um dasselbe, und unter-
halten sich abwechselnd mit Essen und Trinken, mit Gesprilchen und Gesang,
bis das Morgenroth die Kähe der Sonne yerkündet. Nun wenden sie sich
alle nach der Bahn hin, auf der das Taggestim zu wandeln pflegt, und sehen
es in frommer Einfalt vor Freuden über die Auferstehung des Weltheilands
huppen d. i. hüpfen, und singen: Christus ist erstanden, halleluja.''
— Anch in der Liturgie des XVI. Jahrh. erhielt es sich: Agenda ecclesiastica
durch Michael Bhommeysen in Rastorf 1579. Cod. Dusseld. C. 61. Bl. 264.
Vietimae paschali laudes immolent Christiani.
Et populus ad quemlibet versum semper eam vulgarem cantilenam sub-
iungat cantando
Christ ist erstanden.
204
Auch Luther hielt das Lied in hohen Ehren; er hat selbst
zu den vielen zu seiner Zeit bereits vorhandenen Umdichtungen
eine neue geliefert: Christ lag in Todesbanden. Er gedenkt
dieses Liedes in der flauspostill (Nürnberg 1554. fol.) Sommer-
theil Bl. 3 b. und Tischreden (Franckf. 1567. fol.) Bl. 549 b.;
in der letzten Stelle spricht er sich also darüber aus :
Es kamen etwa zween Juden Rabini, Schamaria und Jacob
zu mir, sprach Doctor Martinus Luther, beredeten sich mit mir
und baten, ich wollte ihnen Gleitsbriefe geben. Dieselben ge-
fielen ihnen wohl, wenn ich nur nicht den Tola, das ist, Jesum
den gekreuzigten hätte hineingesetzt. Denn sie können's nicht
lassen, sie müssen den Namen Jesus lästern, und dem Liedlein :
Christ ist erstanden, sind sie überaus feind. Aller Lieder singt
man sich mit der Zeit müde, aber das Cliristus ist erstanden
muss man alle Jahr wieder singen.
Des Liedes: Gott sei gelobet und gebenedeiet, gedenkt Luther
an zwei Stellen:
TjEin wejse Christlich Mess zuhalten vn zum tisch Gottis zu
gehen. Martinus Luther. Wyttemberg. M.D.xxiiii." 4":
Auch wollt ich, dass wir viel deutscher Gesang hätten, die
das Volk unter der Mess sünge, entweder bei dem Gradual,
oder bei dem Sanctus, oder Agnus Dei. Denn welcher will
daran zweifeln, dass vorzeiten gewesen sind des ganzen Volks
Gesänge, was jetzt allein der Chor der Pfaffen und Schüler
singt und antwort, wenn der Bischof das Brot segnet oder Messe
hält? Es möchten aber diese Gesang also durch den Bischof
geordnet werden, dass sie entweder auf ein Zeit mit einander
einswegs nach dem Lateinischen gesimgen würden, oder aber
ein Tag um den andern, dass man heut lateinisch sünge, ein
andermal deutsch, bis die ganze Mess alle deutsch würd. Wir
haben aber noch nicht deutsch Poeten oder Dichter oder sie
sind uns noch nicht bekannt worden, die ims andächtige und
geistliche Gesänge, als sie Paulus nennet, möchten setzen und
anrichten, wie da würdig wären, dass man sie in der Kirchen
in gemeinem Gebrauch haben sollt. Doch in der Weil bis wir
sie überkonmien, gefällt uns, dass gesungen werde nach der
Wandlung:
Got sei gelobet und gebenedeiet,
Der uns selber hat gespeiset.
2(>5
Doch soll man darin ausIasBen das ätücklein:
Und das heilig sacramente
an unserm letsten ende
aus des geweihten priesters hände •*).
Denn das mag wol hinzugesetzt worden sein von eim, der
sonst Barbara geehrt hat, und all sein Leben lang nicht viel
geacht dies Sacraments, allein gehofft, er wollt, so er sterben
sollt, durch das einig gut Werk ohn Glauben eingehen zum
Leben. Auch die Weis an dem Lied und alle Art der Musica
zeigen an, dass das ein übriger Vers ist imd nicht da hergehört.
Das Lied ist auch ein gut Gesang:
Nun bitten wir den heiligen geist;
Item: Ein kindelein so löbelich.
Sonst wirst du ihr nicht bald viel mehr finden , die einen
Schmack etwa nach einem tapfem Geist hätten •*). —
«Von der winckelmesse vnd Pfaffen Weihe. D. Mart. Luther.
Wittemberg MDXXXÜI.« 4? :
Denn bei vielen der Brauch ist blieben, dass man den Ster-
benden das Crucifix furgehalten und sie erinnert des Leidens
Christi ff. Zuletzt auch das Gebet, als. Psalter, Vater unser,
der Glaube und zehen Gebot, item viel guter Lieder und Ge-
sang, beide lateinisch und deutsch. Wo nu solche Stücke noch
blieben sind, da ist gewisslich die Kirche und etliche Heiligen
blieben.
Und weiterhin: Denn es ist gleichwol der Glaube fest und
rein blieben in der Kirchen, dass* Christus im Sacrament einge-
§. 8. 64) Diese Strophe finde ich nur noch in Comer's GB. 1625 Kr. 217
und NachtigaU 1649. 8. 20:
Das sacrament vor unserm letzten ende
ans eins geweichten priesters hKnde
weil uns got geben, die sünd su beichten eben,
so kommen wir ins ewige leben. Kyrieleison.
o heiliger geist, da tröster won uns bei,
daß wir werden aller sünden freil
Maria du reine mait,
hilf uns zu der Seligkeit! Eyrieleison.
65) In der Formula missae et communionis pro Ecclesia Vuittember-
gensi. Martini Luther. YYittembergae. MDXXIII (abgedruckt in A. L. Richter,
Die evangelischeu Kirchenordnungen des XVI. Jahrh. 1, 2 — 7) wird nur die
erste Zeile unsers Liedes angeführt.
206
setzt und befohlen habe, seinen Leib und Blut zu empfahen
allen Christen, wie das alles viel Lieder und Reimen überzeu-
gen, sonderlich das gemein Lied:
Got sei gelobet und gebenedeiet,
der ims selber hat gespeiset
mit seinem fleische und mit seinem blute!
(das gib uns, herr got, zu gute.)
Und darnach:
Herr, durch deinen heiligen war leichnam,
der von deiner muter Maria kam,
und das heilige blut
hilf uns, herr, aus aller not**) ff.
Mit diesem und dergleichen Liede, so man beim Sacrament,
ja in Procession und Kirchen gesungen, hat die Kirche öffent-
lich Zeter imd Mördio über den Endchrist und räubische Win-
kelpfaffen geschrieen. Und weiter: Siehe aber das genannt Lied
an, ob's nicht ein christlich rein fein Bekenntniss und von einem
rechten Geist gemacht sei. Es zeuget, dass die Laien haben
zur selbigen Zeit, da es gemacht ist, beider Gestalt empfangen,
und spricht: der uns hat selber gespeiset Mit seinem Fleisch
und mit seinem Blute. Wer sind sie, die Uns sagen? Es sind
Laien, die es zu deutsch gesungen haben und noch singen. —
Aber ich muss aufhören, dies Lied zu preisen; es sollten sonst
die gräulichen, verstockten Gottes Lästerer, wo sie es erfiihren,
wol hinfort das Lied auch verbieten, das sie doch selbst und
alle ihre Vorfahren gesungen haben und gewisslich viel Jahr
vor dem Luther gemacht ist, wie sie sonst viel Lieder verbie-
ten, da doch eitel Gottes Wort und unser Glaube in gesungen
wird. —
§. 8. 66) Urgprünglich mag dies Lied wol nur aus dieser einen Strophe
bestanden haben; ich möchte jedoch nicht für einen Zusatz nach dem J. 1623
die übrigen Strophen erklären, welche in alten katholischen Gesangbüchern
auf jene erste folgen ; kannte doch Luther selbst im J. 1524 die Schluss-
strophe (s. die vorhergehende Anmerk.), die ihm so sehr anstößig war. Ram-
bach geht zu weit, wenn er die vier im Vehe*schen OB. 1537 Nr. 40 befind-
lichen Strophen dieses Liedes für gleichzeitig hält mit Luthers zwei hinzu-
gedichteten; s. Luther^s Verdienst um den Kirchengesang S. 115 — 119.
207
f Nr. 93.
Frohnleichnamslied.
1. Got sei gelobet und gebenedeict,
der uns selber hat gespeiset
mit seinem fleische imd mit seinem blute,
das gip tms, herr, zu gute!
Kyrie eleison.
Herr, durch deinen heiligen leichnam,
der von deiner muter Maria kam,
und das beilige blut
hilf uns, herr, aus aller not!
Kyrie eleison.
2. Got sei gelobet und gebenedeiet,
der uns große gnad verleihet
durch dises heilig hochwirdig sacrament
in seinem neuen testament,
Kyrie eleison,
Wider allen hunger und auch durst,
wie du in dir selbs erfahm wurst,
so du die heiige speis
gebrauchen würst auf geistlich weis.
Kyrie eleison.
3. Got soln wir loben und gebenedeien
und zu im aus herzen schreien,
daß er uns woll durch sein große gütigkeit
verleihen christliche einigkeit,
Kyrie eleison,
Welche durch des brots und weins gestalt
bedeut wirt uns Christen manigfalt,
und das ewig leben
uns durch die speis auch geben.
Kyrie eleison.
4. Got sei gelobet und gebenedeiet,
der uns alle hat befreiet
vons teufeis banden und der hellen glute
durch sein gnad und große gute.
Kyrie eleison.
20S
Herr, durch dein große barmherzigkeit
gip uns vor unser sünd reu und leit
und zu tun büß und beieht,
die zu deinem lob gereicht
Kyrie eleison.
fv
Got sei gelobet und gebenedeiet,
der uns nicht vermaledeiet
umb unser sünde und das böse leben,
welches er uns wil vergeben.
Kyrie eleison.
Herr, durch deine heiige marter groß,
da du hingst am kreuz nacket und bloß,
vor übel uns bewar!
hilf uns zu der engel schar!
Kyrie eleison.
Vebe GB. 1537. Nr. 40 (danach bei LeUentrit GB. 1667. I.Th. Bl. 216l>).
Ebenso noch im Kölner GB. 1610. Bl. 143. 144 mit Mel. Bei Corner GB.
1625. Nr. 216 mit einer 6. Str.
f Nr. 94.
Pfingstlied.
1. Nu bitten wir den heiligen geist
umb den rechten glauben allermeist,
daß er uns behüte an unserm ende,
wenn wir heimfam aus disem eilende.
Kyrioleis.
2. Erleucht du uns, o ewiges licht!
hilf daß alles, so von uns geschieht,
got sei gefellig durch Jesum Christum,
der uns macht heilig durch sein priestertum.
Kyrioleis.
3. O heiligste lieb und gütigkeit,
durch deine gnad unser herz bereit,
daß wir unsem nechstcn christlich lieben
und ewig bleiben in deinem friden!
Kyrioleis.
4. O höchster tröster und warer got,
hilf uns getreulich in aller not!
209
mach rein unser leben, schenk uns dein gaben,
laß uns nit weichen vom rechten glauben!
Kyrioleis.
Vehe GB. 1537. Nr. 86 und daraus b«i Leisentrit I. Th. Bl. 58 und
Corner GB. 1625. Nr. 169 (1, 2. in dem reohten Glavhm). Ob dies Lied
vor der Reformation schon in dieser Gestalt vorhanden war, ist bisher noch
nicht ermittelt; anf&llend, dass Wicelins in seinem Psaltes ecclesiasticus
1650. Bl. 112 nur die erste Strophe anfährt.
Das Lied: Got der vater won uns bei, gehört auch noch der
vorlutherischen Zeit an; es ward als Litanei in der Kreuzwoche
und zu den Bittfahrtzeiten vor dem Himmelfahrtsfeste oft ge-
sungen. Es kommt gedruckt bereits in dem Nürnberger, Erfurter
und Breslauer GB. von 1525 vor, und hat dort wie in den Er-
fiirter Enchiridien von 1526 und 1527 die Überschrift: «gebes-
sert und christlich corrigiert« •'). In dem ältesten katholischen
Qesangbuche, Vehe 1537. Nr. 32, lautet es also:
f Nr. 95.
Got der vater won uns bei
und laß uns nit verderben,
mach uns aller sünden frei
und helf mis selig sterben.
§. 8. 67) Der Znsatz ist sehr erklftriich. Zu großen Anstoß erregte die
Strophe von Maria. Mit wahrem Ingrimm ergießt sich darüber der Fürst
Georg zu Anhalt, in seinen Predigten (Wittenb. 1565, fol.) Bl. 191 b: lieber
die wenigen alten christlichen Lieder hat das gemeine Volk hie vor keine
Ges&nge gehabt, damit es sieh hätte bessern mögen. Ich will geschweigen
der ganz abgöttischen Lieder, als:
Sanct Maria (Sanct Petre), won uns bei
und laB uns nicht vorderben,
mach uns von allen sünden frei,
und wenn wir sollen sterben,
für dem teufel uns bewar!
hilf reine magt Maria,
hilf uns zu der engel schar I
so singen wir halleli^a!
Item:
Maria muter, reine magt,
all unsre not sei dir geklagt,
und dergleichen andre öffentliche abgöttische Gesänge mehr, welche da sie
gesungen, nicht Wunder wäre, dass Gott alsobald solche Processiones und
Singer mit Feuer, Donner und Blitz zwanzig Ellen ^ tief tn die Erde, ja in
den Abgrund der Hölle hineingeschlagen hätte.
14
210
vor dem teufel uns behut
durch einen rechten Rauben,
bewar uns vor der hellen glut
durch ein herzlichs vertrauen,
wir befelhen uns dir gar
in aller unser note,
daß du uns behüten weist
vor dem ewigen tode.
Kyrie eleison, Christe eleison!
gelobet seist du ewiglich.
2. Jesus Christus won uns bei
und laß uns nit verderben etc.
3. Heilig geist der won uns bei
und laß uns nit verderben etc.
4. Maria gottes mutter won uns bei
und hilf uns gnad erwerben,
daß wir der Sünden werden frei
und endlich selig sterben,
deine vorbitt ims mitteil,
reine magt Maria,
zu erlangen ewigs heil,
^ so singen wir alleluia.
allelyia singen wir
got und dir zu lobe,
daß er uns erzeigen woU
seine götliche hulde.
Kyrie eleison, Christe eleison!
gelobet sei er ewiglich.
5. O heilige engel, wont uns bei
und helft uns gnad erwerben,
daß wir von Sünden werden frei
und endlich selig sterben.
euer vorbitt uns mitteilt,
wie auch tut Maria,
zu erlangen ewigs heil,
so singen wir alleluia.
alleluia singen wir
got und euch^u lobe.
211
daß er uns erzeigen woU
seine götUche hulde.
Kyrie eleison, Christe eleison!
gelobet sei er ewiglich.
Aiu Vehe in LeiBentrit GB. 1567; II. Th. BL 56. Corner GB. 1626.
Nr. 256. Nach Vehe: Eine Litanei sor Zeit der Bittfahiien auf den Tag
Marci und in der Krenswochen. — So konnten auch nach Yehe noch andere
Heiligen angerofen werden: heilige Patriarchen, heilige Propheten, heilige
Apostel cet.
Einen, zum Theil wenigstens, noch älteren Text, enthält
Nie. Beuttner's GB. 1602. L Th. Nr. 66.
f Nr. 96.
,yln seinem alten Ton.**
1. Gott der Vater wohn uns bei
Und wann wir sollen sterben,
Mach uns aller Sünden frei,
Dass wir nicht drin verderben,
Speis uns mit dem Himmelbrot,
Das Gott sein heilig Jüngern gab
Wol an der heilign AnÜaßnaeht.
Gelobt sei Gott und Maria!
An dem heilign Charfreitag
Der Herr litt Marter den halben Tag,
Den anderthalben Tag im Grab er Ii^
Bis auf den heiligen Ostertag,
Stund er selbst auf von dem Grab :
So singen wir AUeluia.
2. Jesus Christus wohn uns bei
Und laß uns nit verderben,
Mach uns aller Sorgen frei,
Auf dass wir selig sterben,
Dass er uns beweis sein Genad
Durch sein viel heilign Tode,
Den er filr uns gelitten hat
Am Stamm des heiligen Kreuze.
An dem Kreuz da litt er Pein
Und Christus starb viel werthe.
Des soUn wir ihm alle dankbar sein,
Dieweil wir leben auf Erden,
Dass er uns erlöset hat:
So singen wir Allelnia.
14*
212
3. Heiliger Geist nun wohn miB bei
Und wann wir sollen sterben,
Wann nnsers Lebens nimmer sei;
So lass uns nicht verderben!
Vor dem Teufel uns bewahr,
O reine Magd Maria
Und fuhr uns zu der Engel Schaar
Wol in des Himmels Throne!
Da du Maria selber bist,
Scheinst wie die klare Sonne,
Und unser Vater Jesu Christ
Und all Heilign Gottes schone.
Kyrieleis, Christeleis!
Gott helf uns all ins Paradeis !
Aus der uralten Sequenz ^ Nr. 12 ^^In gotes namen vare
wir^, scheint sich später ein Leis gebildet zu haben, der noch
mehrere Bestandtheile des alten Leiches enthält. Dieser jüngere
Leis wurde dann später zu einem Rufe, dessen einzelne Strophen
alle gleichmäßig beginnen.
f Nr. 97.
Wallfahrtslied.
1. In gotes namen faren wir,
seiner genaden begeren wir:
das helf uns die gotes kraft
und das heilige grap,
da got selber inne lag!
Kyrieleison.
2. Kyrieleis, Christeleis!
das helf uns der heilig geist
und die wäre gotes stimm,
daß wir frölich fam von hinn !
Kyrieleison !
Lieder Heinr. Finckens, Nümb. 1586. Nr. 2. Uhland Yolksl. Nr. 301. A.
f Nr. 98.
Bittfahrtslied.
1. In gottes namen faren wir,
seiner gnaden begeren wir.
213
nu helf uns allen gottes kraft,
verleihe ubb allzeit große macht!
Kylie eleison.
Und das heilige kreuze
werd uns allzeit nütze;
das kreuze da got sein marter an leit^
dasselbig sei unser freud.
Kyrie eleison.
Auch das heilige grap,
da got seihest inne lag
mit seinen fünf wunden also her:
frölich fam wir daher.
Kyrie eleison.
Kyrie eleison, Christo eleison!
nu helf uns der heilige geist
und die werte gottes stimm,
daß wir frölich fam dahin.
Kyrie eleison •»)
f Nr. 99.
Bittfahrtslied.
In gottes namen faren wir,
seiner gnaden begeren wir;
verleih uns die aus gütigkeit,
o heilige dreifaltigkeit!
Kyrie eleison.
§. 8. 68) Witsel, der im Psaltes eccles. 1550. Bl. 107 a. diesen Text giebt,
bemerkt dasn 103 b. : Es werden in dieser Krenifahrt auch die schönen
OstergesSnge , lateinisch nnd deutsch, übers Feld gesungen. Zudem haben
unsere Voreltern mancherlei besondere andächtige Gesänge zu singen gewisset*
dero freilich über die 50 in aller Christen Landen und Städten zuhauf zu
lesen wären. . Zwei oder drei will ich hernach zur kleinen Litanei erzählen«
Leisentrit GB. 1667. L Th. Bl. 154. giebt denselben Text — 3, 4. Bei
Witzel noch: gen Jerustdem — das erinnert an die alte Bestimmung dieses
Liedes: es wurde hauptsächlich auf den Wallfahrten zum heiligen Grabe an-
gestimmt. Das Kolner GB. 1625. Bl. 195 liest 3, 3. 4.:
Mit $em heiUg fünf wunden rot
hehütt nnt kerre vorm schneiten tot.
214
2. In gottes namen faren wir,
zu got dem vater Bchreien wir:
behüt uns, herr, vonn ewigen tod
und tu uns hilf in unser not!
Kyrie eleison«
3. In gottes namen faren wir,
zu unserm heiiand rufen wir,
daß er uns durch die marter sein
machen woU von den sunden rein.
Kyrie eleison.
4. In gottes namen £u*en wir,
vom heiigen geist begeren wir,
daß er woll erleuchten uns
durch die rechte götliche kunst.
Kyrie eleison.
5. In gottes namen faren wir,
Maria, zu dir kommen wir,
dein vorbitt weist mitteilen uns
und erlangen die gnad deins suns.
Kyrie eleison.
6. In gottes namen faren wir,
alle heiligen bitte>n wir,
daß sie durch Christum unsem herm
des yaters hult für uns begem«
Kyrie eleison.
7. In gottes namen faren wir,
in dich allein, herr, glauben wir:
behüt uns vor des teufeis list,
der uns allzeit nachstellen ist!
Kyrie eleison.
8« In gottes namen faren wir,
auf dein tröstung, herr, hoffen wir:
gip uns friden in diser zeit,
wend von uns alles herzenleit!
Kyrie eleison.
215
i). In gottet» uameu fareu wir,
seiner verbeißung warten wir.
die fhicht der erden uns bewar,
davon vrir leben das ganze jar!
Kyrie eleison.
10. In gottes namen faren wii*,
kein belfer on in wissen wir:
vor pestilenz und hungers not
behüt uns, lieber herre got!
Kyrie eleison.
11. In gottes namen faren wir,
allzeit dir^ berr, vertrauen wir:
mach rein dein kirch von falscher 1er
und unser herz zur warheit kcr!
Kyrie eleison.
12. In gottes namen faren wir,
welchen allein anbeten wir;
vor allem übel uns bewar!
- herr, hilf uns an der engel schar!
Kyrie eleison.
Vehe GB. 1587. Nr. 30. Doraiu bei Leisentrit GB. I. Th. Bl. löl.
9y 3. von dem wir leben — Bei Yehe die Überachrift: Ein Bittlied tu nn^n
nir Zeit der Bittfisüirten im Anfang der Procesaion. — Derselbe Text mit
wenigen Abweichongen in späteren GtosangbUchem : Comeri GB. 1625. Nr. 301,
und 1658. Nr. 187: In QoUee Namen wallen wir, und noch eine 18. Strophe.
Im XVI. Jahrh. war das Lied gewiss noch allgemein bekannt. In
Valentin Bolts von Boffaeh, Der weit Spiegel (Basel 1551), findet sich fol-
gende Parodie:
Ins t&fels namen faren wir,
bym wyn da machen mir g&t gschirr,
mir sufen ganze becher u|),
daß unser keinr kumpt lär ins huß.
Heienhoschenho.
Die Melodie mag anch sehr beliebt gewesen sein und veranlnsste deshalb
manche Nachbildungen. Nicolaus Hermann dichtete darauf ein Lied für
christliche Wanderleute (Wckn. Nr. 505). Es hat sich auch ein alter Berg-
reihen von Annaberg erhalten, Fl. Bl. o. O. und J. (um 1545), unterzeichnet W. R.
In gottes namen faren wir ein,
sein hülf und trost wolte bei uns sein,
daß wir wider kommen auf das ort:
vor allem schaden behüt uns got!
Kyrioleis.
216
f Nr- 100.
Das Jacobslied.
1. Welcher das eilend buwen well,
der mach sich uf und rüst sich sclmell
wol uf die rechten Straßen!
dann wer das ewig leben wil han,
der miß die weit verlaßen.
2. Den weg den er nim wandeln sol,
der ist eilend und trübsal vol:
das nement wol zÄ. herzen.
freud und lust fart gar daliin,
blibt nüt dan liden und schmerzen.
3. Dem vater sig mm lop und er,
der da was und ist immer herr
und ewig bhalt siu namen.
Christus ist unser got und herr,
des wir ims gar nit schämen,
nDer Jacobs bruder mit synem wyb, liebend an ze singen das Jacobs
lied'' in n^<^r weit Spiegel Gespilt von einer Dnrgerschafft der wytberSmpten
fiyhstatt Basel, im Jor M. D. L. Vnd wideramb gebessert vnd gemehrt cet.
Darch Valentinnm Boltz von Rnffach. Gedrackt zA Basel, vff dem Nüwen
platz hj Jacob Kündig, im Jor M.D.LI.« mitMel. Ebendaher in W. Waeker-
nagel Lesebnch 2, 67. Wahrscheinlich der ursprüngliche Text des Jacobs-
liedes, der später anf mannigfache Weise erweitert warde ; s. die drei Jacoba-
lieder eines alten Züricher Druckes y,hj Angnstin Faeß'' (nms J. 1540) bei
Wckn. Nr. 448—450, in Nr. 449 ist unser Lied Str. 1. 2. nnd 19.
Unter dem Namen Jacobslieder hat Uhland Yolksl. Nr. 302 und 303
noch zwei Lieder, ein hochdeutsches und ein niederländisches; beide müssen
hier erwähnt werden : sie sind im Ton des Jacobsliedes gedichtet und beziehen
sich beide auf die Pilgerfahrt nach St. Jacob. Das erste zählt alle Orte
auf, welche der Pilger auf seiner Fahrt berührt; das zweite berichtet yon
den Wundem des heil. Jacob: ein Gehängter wird lebendig und gebratene
Huhner fliegen vom Spieße zur ThUr hinaus. Das deutsche Lied ist aus dem
Münchener Cgm. 809. 8? und nach Uhland vom Endo des XV. Jahrh.» nach
Wckn. KL. S. 846 aus dem Anf. des XYl. Nach beiden Angaben dürfen
wir also für das geistl. Jacobslied die Zeit vor der Reformation annehmen.
Damit stimmt denn auch, dass ein Lied von Hnns Hut, der 1528 verbrannt
wurde, in der ITberschrift unter den Melodien, wonach es zu singen, schon
den Jacobs Ton hat, s. Wckn. Nr. 621.
217
f Nr. 101.
Die sieben Worte..
Ein gaiitlick lied von den $yben wortten die got der Herr
eprack an dem etammen des heylige» creüiz.
Offene« Blatt in 4? auf der K6n. Bibl. zu Berlin. Anf. des XVI. Jahrb.
Neben den beiden enten Strophen links ein Holzschnitt: Krenzig^g Christi.
Wckn. Nr. 166.
1. Do Jesus an dem kreuze stunt
und im sein leichnam was verwunt
so gar mit bitterm schmerzen,
die siben wort, die der herr da sprach,
die betracht in deinem herzen.
2. Zum ersten sprach er gar süßigleich
zu seinem vater von himelreich
mit kreften und mit sinnen:
vergip in, vater, sie wissen nit,
was sie an mir verbringen.
3. Zum andern gedenk seinr barmherzigkeit,
die got an den Schacher hat geleit,
sprach got gar gnedigleiche :
fürwar, du wirst heut bei mir sein
in meines vaters reiche!
4r. Zum dritten gedenk seiner großen not,
laß dir die wort nit sein ein spot:
weip, schau dein sim gar eben! .
Johannes, nim deiner muter war,
du solt ir gar eben pflegen.
5. Nu merkent, was das viert wort was:
mich dürst so hart on unterlaß,
schrie got mit lauter stimme.
das menschlich heil tet er begem,
seiner nagel wart er empfinden.
6. Zum fünften gedenk seinr barmherzigkclt,
die got am heiligen kreuz ausschrei:
mein got, wie hastu mich verlaßen!
das eilend, das ich da leiden muß,
das ist ganz über die maßen.
218
7. Das sechst^ das was gar din kxeftig wort,
das mancher Sünder auch erhört
aus seinem götlichen munde:
es ist verbracht mein leiden groß
wol hie zu diser stunde.
8. Zum sibenden: empfilch ich mich, vater, in dein hcnd,
dein heiligen geist du zu mir send
an meinen lezten zelten,
wenn sich mein sei von mir wil scheiden
imd mag nit lenger beiten.
0. Wer gotes marter in eren hot
und oft gedenkt der siben wort,
des wil got eben pflegen
wol hie auf erd mit seiner gnad
und dort im ewigen leben.
So oach in: nOeistliche lieder ynd Ftolmen, durch D. Hart. Luth.
Qednickt m Magr^ebnrg, durch Michel Lotiher. M. D. XL.<* BL 95. Es finden
sich nur folgende kleine Abweichungen : X, 4k. die Jestu sprach — 2, 6. vol-
bringen — 6, 8. sekrei — 7, 1. I>a$ »eeh$t war gor — 6, 4. volbraeht —
8, 1. b^fUh ich mich —
£■ ist noch ein anderer. Druck ▼. J. 1616 vorhanden, worin das Lied
nebst dem also beginnenden; Wölt ir mich mericen eben, dorn Johann Böschen-
stein Bugeschrieben wird. 8. die Untersuchung darüber yon Rambach, Anthol.
I. Bd. 8. 480-— 432. Job. Böschenstein, ein za seiner Zeit wohlbekannter
Orientalist, war su EBlingen 1472 geboren und starb nach dem J. 1536.
VgL über ihn Will*s Nümb. Gelehrten-Lezicon , fortgesetat von Nopitsch
5. Th. 8. 108 «.«•).
Den BSschensteinsehen Text: Da Jesus an dem krense stunt, hat später
Georg Wicelins umgearbeitet, s. Yehe GB. 1587 Nr. 62 nnd Wicelii Odae
christiaaae 1541. (Wckn. Nr. 166.) Beide Texte, der ältere and jüngere
erhielten sich lange in der kathol. Kirche; beide bei Leisentrit GB. 1567.
I. Th. 8. 91 — 94; in späteren kathol. GB. ein aus beiden Lesarten entstan-
dener Text, a. B. Corner GB. 1626. Nr. 107.
§.8. 69) Gegen den Vorwurf, dass er ein Jude sei, rechtfertigt er sich
selbst in einer kleinen Schrift:
„Ain Diemietige Uersprechung : durch Johann Böschenstain , gebom
von Christlichen öltem, auO der stat Eßlingen, wider etlich die
von jm sagen, Er seye von Jüdischem stammen etc.** an Andreas
Oslander, Prediger an Nürnberg. 6 Bl. 4^ (Mainaer Bibl.)
219
f Nr. 102.
Von dem heiligen Namen Jesu.
1. JeBUB ist ein süßer nam^
den rofen wir armen sünder an,
dardnrch wir hold erlangen
durch unser sünd vergangen.
Genady herr, genad
nmb all nnser missetat.
2. JesoBy wer dich suchen wil,
der findt bei dir genaden vil.
heilig, selig ist der mensch,
der Jesus tag und nacht bedenkt;
Der wirt getrost,
von allen Sünden erlöst
3* Jesus, wir fallen dir zu fußen,
wir wollen dich so lang anrufen
mit klagen und mit weinen
mit Maria Magdalenen,
Bis wir finden
Vergebung unser Bünden.
4. Jesus, du bist mein höchster trost,
den mir got selb hat außerkost;
in rechter lieb und ganzer begier
hoff ich deiner genaden schier,
Hilf, herre, mir,
daß ich nimmer scheid von dir.
5. Jesus, mit deinem rosenfarben blut
hast uns erworben das ewig gut,
daß du von himmel kommen bist,
hast uns erlöst von des teufeis list.
Lop und er
sei dir im himmel und auf erd.
6. Jesus, lieber herre,
durch deiner marter ere
verleich uns hie ein seligs end
und dort ein frölich auferstend;
Das ist die fireud,
die got seinen dienern geit.
220
7. Lop und er in der ewigkeit^
sei grüßt, du heilige dreifaltigkeit,
got rater, son, heiliger geist,
und das sacrament sei hoch gepreist;
Wer das sucht,
der findt das ewig liecht.
8. Älleluia singen wir,
Jesum Christum loben wir
in diser gnadenreichen zeit,
die uns vil freud und wunne geit.
Alleluia!
gegrüßt seist du Maria!
Einzelner Drack, wahnclieinlich ans dem Anf. des XVI. Jalurh. Bei
Pli. Wackernagel Nr. 18S. — Ohne die 8. Str. und mit kleinen Abweiclinn-
g^n im Münchener GB. 1586. Bl. 8 — 10. mit Mel. 1, 4. um vnBer sünd
begangen — 4, 8. den ich mir selffa hab außerkost — 6, 4. den heilign geUt
aledann. hersend — 7, 2. der aäerheiligsten dreifaUigheit. — Comeri GB.
1625. riemlich mit deoMAben Abweichungen, und nach Str. 4. noch diese:
Jesu nnser aUer Heil,
dein göttliche Gnade nns mittheil I
genad uns, Herre, zu aller Stand,
da6 wir nicht kommen zur Höllen Grand I
behüt uns, Herr, vor Pein,
daß unsere Seel nicht komme drein!
In der He78e*8chen Bibl., woraus Wckn. jenen Einzeldruck mittheilt, ist
noch ein anderer yorhanden: „Gedruckt zu Niümberg, durch Friderich Gut-
knecht ^ Daraus entnehme ich die Lesart 4, 6. daß iek für daß sie, —
Nach Mone, Anzeiger 8, 852. auch in der Kloster-Neuburger Hs. Nr. 1228.
aus der Mitte des XVI. Jahrhunderts.
f Nr. 103.
Marienlied.
1. Dich m&ter gotes ruf wir an,
bitt filr uns, Maria!
t& uns in angsten nit verlan,
Jesum dein sun der not erman,
die er umb menschlich gschlecht wolt han,
bitt für unsy Maria!
2. Daß wir volkumen werden gar,
bitt für ims, Maria!
leip, er und g&t auf erd bewar, •
221
daß wir im zeit vil g&ter jai*,
dort leben mit der engel schar^
bitt f&r uns, Maria!
3. Du bist der brumi der nit verseicht,
bitt für uns, Maria!
daß uns der heilig geist erleucht
2Ä warer reu und ganzer beieht!
Jesus dein sun dir nicht verzeicht,
bitt für uns, Maria!
Ans einem Gesangbache mit 49 Liedern für 4 Stimmen (Tenor, Discant,
Basfl mid Alt). Am Ende des Tenors: jn Augtpurg, im durch Erhart dgUn
getrueht vnd volendt, am newzeJienden tag des Monats Jülij von der geburt
7^ tmnaers liein herm, jn dem XV hunndertesten vnnd sswefften jare. —
Körner, Karianisclier Liederkranz 8. 256. Uliland, Volkslieder Nr. 316. —
Ebenso noch in Comeri GB. 1626. Nr. 240, war 1, 6. die er tmu meneehen
wiUen tet ausstan^ und 3, 3. geiMch du uns al&ie erieucht.
f Nr. 104.
Marienlied.
1. O Maria! du bist von eim edlen stamme:
du bist gebom von der edlen frauen sant Anna,
Joachim der liepste vater dein;
o Maria^ ein Jungfrau fein^
nun bitt für uns dein liebes kindelein!
2. O Maria! du bist ein edler steme,
du leuchtest in disem jamertal also ferne,
du leuchtest in disem jamertal so weit:
wann leip und sei sich scheiden sol,
80 mach uns aller sünden queit!
3. O Maria! wie gar wären wir verdorben,
war dein herzeliebes kint für uns nit gestorben,
geschlagen an ein kreuz, was breit!
das was Marie gotes muter leit,
sie weinet von herzensere.
4. O Maria! wie we was deinem herzen,
da du dein herzeliebes kint sähest in schmerzen
hangen in des todes pein!
ach wie was Marie da so we!
vor leid want sie ir hende.
222
5. O Maria, du himeÜBche keiserinney
schleuß auf unser herz und unser sinne ;
beweis uns die müterliche treue dein!
daß unser leben und letstes ende
mit deiner hiUf müg gut gesein.
6. 0 Maria! warmit sollen wir dich loben?
den rosenkranz sprechen wir dir zu lobe,
zu lob und zu einer Würdigkeit;
o Maria, bis uns bereit
und bring uns zu der ewigen Seligkeit!
7. O Maria, was söUen wir dir nun schenken?
den allerbesten rosenkranz den wir mügen erdenken:
gegrüßet seiestu, Jungfrau fein!
ir zwei seit aller gnaden vol,
Maria mit Jesu deinem kindelein.
8. O herr got, wie hoch sollen wir dich loben?
wir bekennen dich, herr, mit dem allerhöchsten glauben,
wir loben dich, herr, allermeist,
got vater, sun, heiliger geist,
daß wir erlöst seint worden!
9. O ewiger got, wie hoch sollen wir dir danken?
verleich uns kraft, daß wir von dir nimmer wanken,
von deiner hohen gotheit klar!
o Maria, nim unser sei war
und für sie an der heiligen engel schar!
10. Nun bitt ich dich, o du heilige muter Anna,
mit Joachim deinem hochgelopten manne
und mit allem heiligen geschlechte dein:
wann ich von hinnen scheiden sol,
so behüt mich vor der bittem helle pein!
Ans Yolentin HoU*s Liederbuche, 1524—26. Bl. 166; bei Uhland Yolksl.
Nr. 818.
f Nr. 105.
Von den zehen Geboten.
Ain kübich lied von den zehen geboten Jn der tagtceyez,
E$ wonet lieb bey lieb das bringt grotz hertzenlayd.
Offenes Dmckblatt in fol. Bibl. Meusebach.
1. Wölt ir mich merken eben
und wplt mich recht verstan,
223
80 wil ich euch gern singen
das beste so ich kan.
ich erkenn, es sei der wille got,
daß wir mit fleiß solten halten
die heiigen zehn gebot
2. Das erst wil ich euch nennen,
merk auf zu diser stunt,
hab got liep vor allen dingen
aus deines herzen grünt!
kein andern seit du beten an,
er ist nit in himel noch auf erden
der dir baß ghelfen kan.
3. Das ander solt du auch merken,
ist leip und sei gesunt,
nit nim den namen gotes
eitel in deinen munt!
wenn got hat groß missfallen dran:
wiltu dich des nit maßen,
es Wirt dir nit wol ergan.
4. Die feirtag solt du auch halten
und haben in großer acht,
dan got hat in sechs tagen
liimel imd erd gemacht,
den sibenden hat er geheiligct ser,
und wer die feiren brichet,
bringt seiner sei groß schwer.
5. Das viert wil ich dich leren,
merk auf was ich dir sag,
hab vater und muter in eren,
so erlengt dir got dein tag,
und habs alzeit in großer hut!
ob du das bot verachtest,
es tut dir nimmer gut
6. Das fänft: du solt nicht töten,
weder leip, er oder gut!
deim nächsten hilf aus nötcn,
ob er schon wider dich tut.
du solt nit räch über in begem,
so wirt dir got dein herre
dein träum in fireud verkern.
224
7. Dein e solt da nit brechen,
ist dir von got verkünt^
Bolt deinen leip bezwingen
vor der nnkeuschen sttnd.
o armer mensch, daran gedenk,
daß got umb dise missetat
hat die fünf stet versenkt.
8. Das sibent: du solt nit stelen
weder gut noch er,
und war es nun ein halbes lot,
es wirt eins Zentners schwer,
wami es komt zu der letsten zeit,
es stet in gotes willen,
ob er dir so lang beit.
9. Kein falsche zeugniss geben
hüt dich bei ewiger pein!
der warheit solt du leben,
beut dir der Schöpfer dein,
hüt dich vor falscheit allezeit,
den Ion kan niemant vergelten,
den dir got darumb geit
10. Keins andern gmahel begeren,
es sei man oder weip,
du würdest sonst verseren
die sei in deinem leip,
dise sünd bracht David in große not,
daß in drein tagen
sibenzig tausent man lagen tot.
11. Das zehent solt du auch merken,
das beut uns got gar schlecht:
keins andern gut solt du begeren,
es sei dan dein mit recht.
laß dich den geiz nit übergon,
darumb wirst du verdienen
von got ewigen Ion.
12. Das gedieht solt ir merken,
es seint gotes geschieht.
es tut den glauben Sterken,
als uns die gschrift bericht.
225 ,
got gabö Moysi dort auf dem bergo,
die Juden habens zerbroehen,
des sein Mrir worden erben.
In einem andern alten Drucke von 1615 (erw&hnt unter f Nr. 101) wird
das Lied dem Johann Bösekenstein su^eBchrieben.
f Nr. 106.
Die zehen gebot unseres Herren.
1. Einen got den sol wir eren,
bei seinem namen nummere swercn,
got haben liep von herzen grünt,
sein namen nicht eitel nemen in munt.
Got genade uns.
2. Den heiligen tag halten feier und hcrc,
vater und muter die sol wir eren,
niemant morden ist gotes bevclen,
auch niemant das seine steten.
Got genado uns.
3. In unkeuscheit mit nichte leben,
falsch gezcugniß auch nicht geben,
eines anderen egenoß in nicht begcrcn,
fremdes gutes und ere entberen.
Got genade uns.
4. Das sein al die zehen gebot^
daß wir sie halten, das helfe uns got,
so sein wir freilich unvorlorcn.
halte wir sie, got Ict sein zoren.
Got genade uns.
5. Eher wir von hinne scheiden,
verleih uns allen reu und leide,
durch dein marter und sterben am kreuze
gnade herre und derbarm dich heute!
Got genade uns.
Aus einer Breslauer Hs. Anfang des XVI. Jahrhunderts.
Die zehn Gebote sind vor und während der Bcfomiation oft in poetische
Form gefasst worden. Sie wurden besonders bei der Catechismuslehre von
den Kindern hergesagt oder gesungen. Auch Luther verfasste swei Lieder
SU diesem Behufe 1524, ein längeres von 12, ein kürzeres von 5 Strophen.
Alter oder wenigstens gleichseitig sind folgende:
15
220
f Nr. 107.
Dio zelien gebot soHu leren,
wiltii die freud im liimel mcren.
die uns got selbs geboten hat,
dio Boltu halten als geschriben stat.
11 »Strophen in der Brentano*8chen Liederhandscbriil 1528.
Ebendaselbst mit der Jahrszahl 1529:
f Nr. 108.
O süßer vater herro got,
verleich daß wir erkennen die zohen gebot,
daß wini mit Worten und mit werken *
alzeit leisten in rechter lieb nach gotes begir,
so werden wir selig nnd reich.
5 Strophen. Hdschriftl. auch in Mfinchen, Cgm. 716. BL 178*. Das
Ijiüd erhielt sich lange in der katholischen Kirche: Obseqniale secundum
antlquum nsum et ritum cccl. Satisponensis 1570. Anhang, Münchener QB.
158G. Bl. 11. Auch bei Corner GB. 1625. Nr. 337, aber 7 Strophen.
f Nr. 109.
Oot der herr, ein ewiger ^ot,
hat uns geben zehen gebot
durch die band des Moysi
hoch auf dem berge Sinai.
Kyrie eleison.
PsaltOB ecdesiasticus durch Wicelium 1550. Bl. 106. (12. Str.): Die
kleine Litanei, genent die Crenzwochen. Unsere lieben Vorfahren sungen in
dieser Bittfahrt unter anderen diese GesXnge. Entlich die sehen Gebot Gottes.
•—• Ebenso bei Leisentrit GB. 1667. I. Th. Bl. 149. Wckn. Nr. 139.
In der katholischen Kirche gab es zu Anfang des XVII. Jahrhunderts
noch mehrere Lieder über die 10 Gebote, die vielleicht zum Theil in einer
viel früheren Zeit entstanden sind. Corner GB. hat außer dem bereits er-
wKhnten: Süßer Vater, Herre Gott, noch folgende vier:
1. Nr. SS8. im Ton: Ach Vater unser Im Himmelreich.
Nun merket auf vor allen Dingen :
Kyrie eleison
Die zehen Gebot wollen wir singen.
Alleluia alleluia
Gelobt sei Gott und Maria! 31 Strophen. —
2. Nr. 334. im Ton ; D« Gott der Herr sur Marter trat.
Das seind dio heiligen zehn Gebot:
Dn sollt glauben an einen Gott,
227
laicht eitel schwören bei seinem Nam,
Die Fest und Feiertag halten schon.
Kyrie eleison.
5 Strophen, die drei ersten davon schon in Georg Bhaw GB. Wittoub.
1544, s. Lnther's geistl. Lieder von Ph. Waekemagel 8. 187. —
8. Nr. 385. Im Ton : So fallen wir nloder auf untre Knie.
Wir sagen Gott viel Lob und Ehr
Um seine Gebot und heilige Lehr.
Kyrie eleison. 21 Strophen. —
4. Nr. 886. in gleicher Melodie.
Dies sind die heiligen sehen Gebot,
Die Gott der Herr uns geben hat,
Auf dass wir wissen, seine Knecht,
Wie wir vor ihm solln leben recht.
Kyrie eleison. 12 Strophen.
f Nr. 110.
Der kempfer geistlich.
1. Groß lieb tfit mich bezwingen^
daß ich muß heben an
von einem kempfer singen,
der was so wolgetan,
von einem kempfer singen »*>).
2. Den kempfer wil ich nennen,
daß ir künt merken wie
und eigentlich erkennen,
er ist gots sune ie.
3. Der kempfer tugentleiche
nam im für einen sin,
aus seines vaters reiche
schickt er sein boten hin *
4. Z& einer schön Jungfrauen
wol in dem niderlant,
die wolt er geren schauen,
der er sein boten sant.
5. Wollen ir sie auch kennen
die jungirau minnigleich,
Gabriel tfit sie nennen
und spricht gar tugentleich.
§. 8. 70) So wird je die dritte Zeüe wiederholt
228
6. Do er sie grdst geschwind e,
sprach ave Maria!
mit Worten also linde,
plcna gratia!
7. Er pflag auch süßer worte
bei der Jungfrauen rein,
daß im aufschluß die pforte
mid ließ in z& ir ein.
8. Die Jungfrau grif an ir herze
und sprach: ach wer ist der,
der in frölichem scherze
begeret z4 mir her?
9. Der bot der'antwurt schiere:
er ist so gwaltigleich,
er kuint herab zA dire,
er macht euch alle reich.
10. Maria sprach mit züchten:
ich t& keins maus begem. —
solt mit megtlichen fruchten
ein kint on man gebem.
11. öots sun von ewigkeite,
der kumt herab zft dir.
sie sprach: ich bin bereite,
nach deim wort gschehe mir!
12. Die weit die stunt in sorgen
mer dan fönftausent jar
in hellegrunt verborgen,
bis kam der kempfer klar.
13. Das wolt er widerkeren
der edel kempfer wert,
sein schweiß umb uns verreren
und kam herab auf erd.
14. Durch uns so wart er junge
wol bei der reinen meit,
vom höchsten tron entsprungen
aus gotes ewigkeit.
15. Bei ir was er ein zeite
wol drei und dreißig jar
229
e daß er gieng zft streite
der edel kempfer klar.
16. Damacli wart man in spüren
bei der Jungfrauen klar,
darumb tet sich aufrüren
so gar* ein große schar.
17. Sie teten in auch fahen
so gar mit scharpfer wer,
er wart auch hart geschlahen
der edel kempfer her
18. Mit geißeln imd mit r&ten,
ein krön mit scharpfem dorn:
das leit er durch sein gAte
und sAnt da mit den zom.
19. Ein urteil wart gesprochen
wol z& der selben zeit:
sein seit wart im durchstochen,
geschlagn an kreuz so breit.
20. Do stAnt Marie eilende
und sach den kempfer an,
sie want ir schneweiß hende,
sprach: wem wilt mich hie lan?
21. Er sprach zu ir mit schmerze:
sich weip, das ist dein sim!
dar mit brach im das herze. —
den kempfer bit ich nun,
22. Daß er uns wöll behüten
wol vor ewiger pein.
Maria durch dein gute
so t& uns hilfe schein!
23. Das sei z& lob gesungen
Maria der reinen meit
von ir ist uns gelungen,
des sei ir lop geseit.
Liederhs. der Brüder Brentano Bl. 10. b.— 12. a., um 1524. — Fl. Blatt
in fol. o. O. n. J., in der Meoseb. Bibl. zu Berlin. • Beide Texte sind aus
einer Quelle geflossen, so steht z. B. in beiden 18, 4. aent ($unt oder senfij, —
ITach der Hs. erfolgte schon früher ein Abdruck im Wnnderhom 1, 277—281.
Ans Unkenntniss der alten Sprache sind verschiedene falsche Lesarten hin-
230
eingerathen, die aach in der neuen AoBgabe 1, 248 — 262 stehen geblieben:
2, 4. Christ, Gottes Sohn aUhie {C^urist fjir Er ist steht freilich in der Hs.) —
18, 3. Sein BhU um uns verehren. — 21, 4. Den Kämpfer bei ich an. —
22, 4. So thu uns Hü^e- Sehein. 4, 2. ist Niederland in Morgenland geändert.
f Nr. 111.
Das Mühlenlied.
Ein möle ik buwen wil,
ach gody wüste ik wor medc!
haddik hantgerede
und wüste wor van,
to hant woldik hf ^en an.
Offenes Dmckblatt in folio: »Dat moelen leeth.'' Nach Lisch, Gesch.
der Bachdruckerknnst in Mecklenburg (Schwerin 1839) S. 161 ein Druck von
Ludw. Dietz zu Rostock um 1520. Ursprünglich niederdeutsch, 24 Strophen,
bei Uhland Yolksl. Nr. 344. Dass dies Läed schon lange vor der Reforma-
tion yerfasst und gesungen wurde, beweist der Umstand, dass es auch einen
niederländischen Text, ebenfalls 24 Strophen, worunter aber einige gans
andere, und einige abweichende, davon giebt: in meiner ehemal. Liederhs.
des XV. Jahrb., jetst Cod. Berol. germ. 185. S. 257—265. — Hochdeutsch
in der Samml. der Bergreihen eu Weimar, Mone Anseiger 8, 359. vgl. Wolff,
Samml. bist. Yolksl. S. 75 — 78. Die Allegorie von einer Mühle, su deren
Bau die Patriarchen, Propheten, Apostel, Kirchenyilter thKtig waren, damit sie
das Wort Gottes rein male, ist gewiss recht gut gemeint, aber wenig poe-
tisch '*^), Das Lied erhielt sich denn auch nicht lange, und war in der Mitte
des XYI. Jahrb. wol schon vergessen, weshalb denn auch im Jahre 1552 der
Pfarrer Job. Winnigstedte su Quedlinburg einen Abdruck davon veranstaltete
aus einer su Corvei vorgefundenen alten Abschrift, s. Jac. Grimm OÖtt An-
seigen 1832. S. 1382.
f Nr. 112.
Das Judaslied.
O du armer Judas,
was hasta getan,
daß du deinen Herren
also verraten hast?
darumb so mustu leiden
hellische pein,
Lucifers geselle
mustu ewig sein.
Kyrie eleison.
§. 8. 71) Schon Muscatplftt (Auf. des XV. Jahrh.) hat ein iihnliclics langc^
und langw^liges Mühlenlied gemacht, s. Lied 29. in : Lieder Muskatbluts von
£. V. Groote S. 82—84.
231
Jobann Ott*8 Liederbueb, Nörnb. 1544. Dann findet es sieb als letzte
(7.) Stropbe in dem Liede :
Wir danken dir, lieber berre —
bei Leisentrit 1667. I. Tb. Bl. 96, und als letzte (3.) Stropbe in dem Liede :
Lob sollen wir singen
dir, viel beilger Cbrist —
Kölner OB. 1608. S. 203.
Wackemagel (S. 868 zu seiner Nr. 155) bemerkt: „Es entsteht dieselbe
Frage (wie oben bei ^r. 134. Der tag der ist so frendenreicb), nSmlich wel-
ches Vorkommen, das einzelne oder das verbundene, als das orspriingliche
anzunehmen sei.^ Nach meiner Ansicht ist dies Lied ein Überrest aus einem
alten Osterspiele, der sich im Munde des Volks erhielt. Das Volk wirkte bei
dergleichen Spielen mit, es musste als Chor Manches singen. Sp&ter wurde
dann diese Strophe wieder neueren Liedern als Scbluss angehilngt.
Die Melodie erhielt sich das ganze XVI. Jahrhundert hindurch. Sie war
sehr beliebt und wurde zu geistlichen und weltlichen Liedern verwendet.
Hermann Bonnus dichtete ein nd. Lied von der SQnde und dem Leiden Christi :
Och wy' arme sUnders up de wyse : Och du arme Judas, s. Magdeb. OB. 1543.
(bei Wckn. Nr. 451). So wurde denn auch um diese Zeit das ursprüngliche
Lied umgedichtet. Ein solcher Text steht in den Lutherischen Tischreden
(Walch 22. Tb. S. 1653), der dann etwas verändert mit einer zweiten Stropbe
versehen wieder vorkommt in dem Wittenb. OB. bei Georg Rhau 1544:
Unser große sunde
und schwere missetat
Josum den waren gotes son
ans kreuz geschlagen bat.
drum wir dich, armer Juda,
dazu der jüden schar
nicht feintlich dfirfen schelten,
die schult ist unser zwar.
Kyrieleison.
Gelobet seisto Christe,
der du am kreuze hiengst
und für unser sünde
Schmach und streich empfiengst.
jetzt herschst mit deinem vater
in dem himelreich:
mach uns alle selig
auf disem ertreich.
Kyrieleison.
Rambach (Luthers Verdienst S. 114) möchte diese aweite Strophe Luthem
zuschreiben.
Luther kannte das Lied recht gut. Er machte wie es scheint selbst eine
Parodie darauf. In der Schrift wider Hans Wurst (den Herzog Heinrieh von
Braunschweig, s. bei Walch 17. Tb. S. 2732) lautet der Anfang:
232
Ach du arger Heituei
was hast du getan,
daß da vU frommer menachen
durchs feur hast morden lan?
Solcher Parodien gab es gewiss damals manche. In der Flugschrift : Defensio
Christianorum de Cmce. id est, Lutheranomm, Yom Jahre 1520 ^*), heißt es
Bi. eij von Mumer:
Ach du armer MUBNarr,
was hasta getan,
daß da also blint
in der heiigen schrift bist gan?
des mosta in der hotten
liden pin,
aller gelerten BfURR NABR
mosta sin!
Ohe ho lieber Momarl
Aach die Gegner der Reformation benotsten die sehr volksthümliehe Weise.
Ein 24 Strophen langes, mit sehr großen^ Bachstaben gedrucktes Lied o. O.
u. J. 4? , in der l^ibl. des kath. Gym^as. so K5ln führt den Titel:
„Von den Reichstetten Ein newes Lied, Im Thon, Ach du armer Judas.'' «')
Das ganse XVI. Jahrhundert hindurch war das Lied noch nicht Yorges-
sen. In der „Historia Von D. Johan Fausten << Frckf. 1687. (bei Scheible
S. 1061) heißt es: Als no der Geist Fausto den armen Judas genugsam
gesungen, ist er wiederum verschwunden, und den Faustum allein ganz me-
lancholisch und verwirrt gelassen.
f Nr. 113.'
1. Wir danken dir, lieber herre
der bitter marter dein
heut und immer mere,
daß du uns hast aus pein
erlöst gar mildiglichen :
wir'weren verlorn,
got vater hat entwichen
sein ewigen zom.
Kyrie eleison.
2. Christ, könig, schöpfer lobesam,
der reinen Jungfrau kint,
wie bitter die jaden gram
auf dich gefallen sint,
§. 8. 72) Im Besitze des Hrn. Seminailehrers Sehneider zu Berlin. Mitth.
Ludwig Erk*8.
73) Von Jörg Lang von Stomburg. Anfang : We euch, ir armen reich-
Htctt, wie groß vermessenheit.
233
daß sie dich haben gefangen
als einen bösen man
mit Schwertern und mit stangen:
du woltests also han.
Kyrie eleison.
3. £ia der großen liebe,
die dich gebunden hot
gaf hvt als einen diebe,
menieh nnd warer gott
dn hast uns, heir, gogebei^
mit deinem blnt so rot
das himellsehe leben:
dank sei dir, warer got!
Kyrie eleison.
4. Bon ggtes in der ewigkeit,
aller w^U ein trost,
von deines todes bitteriieit
du blnt geschwiteet ho4t,
das dir gar kreltiglicheii
drang durch dein gewant;
du kamst gar mildigUchen
in deiner feinde hant.
Kyrie eleison.
5. £ia dar groBen antat!
dein angsioht, herre, aart
mit speichlen und mit nnflat
gar fast gounert wart,
da du für gerichte
gebunden wardest bracht,
da wart vil falsch gediohte
auf dich, herr, erdacht.
Kyrie eleison.
6. Der arge bischof Annas
der erste richter was,
und der schentlich Caiphas,
der auch eu richten sa^,
von dem du, lieber herre,
geschlagen wardest ser,
des selten wir dir danken
heut und immer mer.
Kyrie eleison.
7. O du armer Judas,
was hastu getan,
daß dn unsem herren
also verraten hast!
16
234
darum mustu leiden
hellische pein,
Lucifera geselle
musta ewig flein!
Kyrie eleison.
Leisentrit OB. 1567. I. Th. Bl. 96. — Ebenso noch in Comeri OB. 1625.
Nr. 111, nur mit einigen abweichenden Lesarten und swei Strophen mehr.
1, 6. sonst verlorn, — 2, 3. wie biUerUeh die Juden — 4, 2. der ganzen weU
etn troet, — 4, 6. durchdrang dem hnlige gewatU^ — 6, b. da du für da$
geriehte — 6, 3. und der faUche Caipha» — 6, 7. des eei dir preis und ere
— 7, 6. 6. des musiu in der helle immerzu leiden pem. Nach Str. 6.
Pilatus und sein kneehte,
Judas der falsche man,
die haben gar unrechte,
o herr, an dir getan.
got ließ nicht nngerochen,
jeder sein straf empfleng,
Pilatus hat sich erstochen,
Judas sich auch erhieog.
Nach Str. 7.:
Gelobet seist do, Christe,
in deiner marter groß,
gehangen an dem kreuse
ganz nacket und anoh bloß,
der du regierest herlich
in deines yaters reich,
mach uns alle selig
hie und im himelreichl
Dies Lied stammt noch aus der yorreformatorischen Zeit, s. §.9; das
erhellt auch aus der Überschrift bei Leisentrit : ein geistlich Lied und Dank-
sagung vor das Leiden Christi, welchs die Kirch in der Charwochen sonst
pflegt an singen.
f No. 114.
Osterlied.
Also heilig ist der tag,
daß ihn kein mensch mit lobe erfüllen mag:
denn der heilige gottes son,
der die hell überwant
mid den leidigen teufel darin bant,
damit erlöst der herr die Christenheit
lind war Christ selber.
Kyrie eleison.
235
Wicelii Psaltes ecclesiastieiiB 1650. Bl. 99*. mit der Übencbrift: »Gemei-
nen manB processgesang.^ Ebenso bei Leiaentrit QB. L Th. Bl. 120. Im
Munchener GB. 1686 fehlen die 6. und 7. Zeile, 00 auch in den späteren
Gesangbüchern, die aber Boch swei Strophen mehr haben, die wol späteren
Ursprungs sind.
Das Lied stammt wol noch ans dem XV. Jahrb. In Joh. Spangenberg's
Anslegnng zwölf christlicher Lobgesftnge (Wittenb. 1646) heiBt es : der alten
christlichen Leisen und LobgesSage einer. — Es erinnert an des Venantios
Fortnnatos Salve festa die«, toto TenentbiBs aero, qua Dens infemnm vicit et
astra tenet.
Comeri GB^ 1625. Nr. 127 hat f(rfgeoden Text:
f Nr. 115.
1. Also heilig ist der Tag,
Daß ihn niemand mit Loben erfüllen mag:
Denn der einige Gottes Sohn,
Der die Hölle Überwand,
Und den leidigen Teufel darein band.
Kyrie eleison.
2. Solchen Tag hat Gott gemacht,
An dem er uns das Leben herwieder bracht.
Als die Sund uns gefangen führt,
Und die Hölle uns gebührt.
Da der leidige Teufel uns yexfiihrt.
Kyrie eleison.
3. Den Tag wir sollen fröhlich sein.
Weil uns Christus erlöst von der Höllen Pein.
Laßt uns ihn essen mit Dank und Preis,
Denn er ist unser Speis,
Das rein OsterlSmmlein geistlicher Weis.
Kyrie eleison.
Damit stimmt bis auf kleine Abweiehungen das Kölner GB. 1610. Bl. 78. b.
79. a. — Beuttner GB. 1602. I. Th. Nr. 24. altes Ottergesang. 1, 8. der
wahre G. — 1, 4. zerbrach — 3, 1. soü man — 3, 4. Denn er ist der Seelen
Speis — 3« 6. Und d<u reine Osterlamm,
f Nr. 116.
Eyn lydt von dem Heyligen Benno Bischoff
zcu Meyßen.
1. Benno du yil heiliger man,
durch dich hat got vil wunder getan
bei manchem menschen uf erden,
denn da keinem erbeten hast,
daß er nicht entledigt ist von last,
von trübeal und geferde.
236
2. Got seine heiligen da mit ert,
dai) er sie gnediglichn erhört
was sie von im begeren,
das uns nur dient zur Seligkeit
seint sie zu bittcm ganz bereit,
got wil sie das geweren.
3. Denn sie an gotes angesicht
erkennen wol was uns gebriebt
an sele und auch am leibe,
erwirb uns, Benno heiliger man,
daß uns der glaub auf reehter ban
und ungefelschet bleibe.
4. Ach Luther du vil böser man,
was hat dir bischof Benno getan,
daß du in so magst sehenden?
du tust im wie den aq^^rn mer,
wilt in berauben seiner er:
du wirst es nicht vol enden.
5. Er bleibet wol heiling und frum,
solstu dich auch zureißen drum,
du und all deine gesellen.
du meinst villeicht, es sei wol getan,
wirst aber nemen deinen Ion
vom teufel in der hellen.
6. Wie gar hat dich der neit verblendt,
daß auch im himel ungeschendt
kein heiige vor dir mag bleiben I
groß wunder ist, daß got nicht riebt,
deiner loterei so lang zusieht:
du wirsts nicht ewig treiben.
Hdsehriftl. in der Bresl. Bibliothek yom J. 1624. Urkandlieh mit der
Uel. und einigen Dmckfeblem saerst in Anfsess Anzeiger n, 78. 79. Hs. 1,
8. beyn — 1, 5. fehlt nicht — 4, 4. fehlt im — 4, 6. fehlt vol — 6, 2.
dach ouch.
Das Lied verdankt seine Entstehung der Heiligsprechung Bennos, Bischofs
SU Meißen (f 1107) und ihrem Gegner M. Luther, Noch ehe zu Meißen die
Canonisationsfeierlichkeit am 16. Juni 1524 begangen ward, schrieb Luther
sein bekanntes Büchlein: Wider den neuen Abgott und alten Teufel, der zu
MeiBen soU erhoben werden (Panzers Annalen II, 268. 259). Mehr über Benno
Acta Bauet lun. T. III. p. 145—281 und die Emsersche Legende bei Uen-
cken Scriptt.T. II. col. 1823—1986.
237
§. 9.
Übersetzungen und Nachbildungen lateinischer
Kirchenlieder im XIV. und XV. Jahrhundert.
Über den Ursprung des lateinischen Hymnarioms sind die
Meinungen sehr getheilt Soviel ist aber wol gewiss^ dass schon
seit dem X. Jahrhundert lateinische Hymnen, und die soge-
nannten Prosen oder Sequenzen in verschiedenen Kirchen
Deutschlands üblich waren. Erst nachdem die römische Kirche
unter Gregorius IX. (1241) und Nicolaus DI. (1280) eine be-
stimmte Anzahl lateinischer Hymnen in das Breviarium Eoma-
num aufgenommen hatte, wurde auch in Deutschland ihr Ge*
brauch allgemeiner; dennoch beschränkte man sich niemals auf
das Breviarium, sondern viele Hauptkirchen und Kirchsprengel
zeigten von jeher eine gewisse Selbständigkeit und Freiheit in
Beibehaltung ihrer alten Hymnen und in Aufnahme neu sanctio-
nierter. Besonders war wieder das XIV. Jahrhundert ein sehr
fruchtbares für die heilige Poesie ; von den in Deutschland ent-
standenen Sequenzen wurden immer mehr gebräuchlich und
manche neu gedichtete erfreuten sich der Au&ahme in den
Kirchengesang.
Aus den beiden in Deutschland am Ende des XV% Jahr-
hunderts entstandeneu und oft gedruckten Büchern: Expositio
hymnorum cum notabili commento imd Textus sequentiarum
cum optimo commento, erfahren wir am besten, wie viel und
was fiir Hymnen und Sequenzen damals allgemein üblich waren;
der Hymnen lagsen sich 123 zählen. Zu Anfange des XVL
Jahrhunderts mochte die Zahl beider, der Hymnen und Sequen-
zen sich etwa auf 360—400 belaufen, doch waren nicht alle in
jeder einzelnen Provinz und Elirche eingeführt. Später, bald
vor 1629 enthielt das Breviarium Romanum nur 96 Hymnen
und seit 1629 kamen zu diesen noch 20 hinzu, jedoch waren
1568 bereits die Sequenzen auf 4 beschränkt.
Vielfache Untersuchungen sind hierüber angestellt worden,
deren vollständige Ergebnisse wir aber hier übergehen müssen,
weil das Obige zu unserm Zwecke hinlänglich genügt« Wir
wollen nändich jetzt zeigen, wie man mit demselben Eifer, mit
dem man die Erweiterung, Vervollständigung und Berichtigang
17
238
des lateinischen Hymnariiims betrieb, sich auch im XTV. und
XV. Jahrhundert das Übersetzen dieser biteinischen Hymnen
angelegen sein ließ.
Aus dem XTT. Jahrhundert lassen sich keine Übersetzun-
gen lateinischer Hymnen nachweisen. Deutsche Interlinearver-
sionen dürfen hier nicht weiter in Betracht kommen; sie soll-
ten nur den jungen Geistlichen, die des Lateinischen noch nicht
recht kundig waren, das Verständniss dessen was sie singen
xmd beten mussten, erleichtem. Eine solche Interlinearversion
hat sich in der Wiener Hs. 2682 erhalten i).
Erst im XIH. Jahrh. fing man an, Kirchenhymnen in deut-
sche Verse zu tibersetzen, z. B. Veni creator spiritus ^ Nr. 208,
Jesu dulcis memoria ^ Nr. 167, Hymnum dicamus domino
f Nr. 166. «)
§.9. 1) Jetst ^druckt unter dem Titel: „Kirchen- nnd religiöse Lieder
ans dem swölften bis fünfzehnten Jahrhundert. Theils Übersetzungen latei-
nischer Kirchenhymnen (mit dem lat. Text), theils Originallieder, aus Hss.
der k. k. Hofbibliothek zu Wien zum ersten Male herausgegeben von Jos.
Kehrein. Paderborn 1853.« 113 Hymnen, Wort für Wort deutsch glos-
siert, also für das deutsche Kirchenlied ohne allen Werth. Aber auch
der'Werth, den Herrn K.s Arbeit für die lateinische Hymnologie haben
konnte, fehlt ihr. Der lat. Text ist aus Daniel und einigen ftlteren Samm-
lungen entlehnt und nur wo diese nicht ausreichten und Zweifel entstanden,
die Lesart der Hs. aus Wien verschrieben worden. Den deutschsprach-
lichen Werth wird Niemand in Abrede stellen. Hatte der Heransgeber nur
diesen im Auge, wozu jener verführerische Titel ? Es sollte mich sehr wun-
dem, wenn nicht nächstens irgend ein hymnologischer Pastor, Oberlehrer oder
Cantor schriebe: „Deutsche Kirchenlieder im XII. Jahrh. bereits in großer
Anzahl vorhanden, s. Jos. Kehrein*s vortreffliches Werk: Kirchen- und relig.
Lieder« ff.
2) Bruder Dietrich gehört nicht hieher. Sein Gedicht
lesn nostra redemptio
got yater herre Jesu Christ
(gedruckt Hoffionann Vers, der altd. Hss. der Hofbibl. zu Wien S. 164. 165)
ist weiter nichts als eine Art von Glosse über die AnfXnge der einzelnen
Strophen des lat. Hymnus, womit es anhebt. Wie gelegentlich das alles ist,
ersieht man aus dem Schlüsse der ersten Seite der Hj. Auf
Tu esto nostrum gaudium
(den Anfang der letzten Strophe des Hymnus) reimt er:
Seorsum verte folium
und dann ffthrt er auf der Rückseite desselben Blattes deutsch fort.
239
Gegen Ende des XIV. Jahrhunderts und zu Anfange des
XV. sind Übersetzungen keine Seltenheit mehr. Der erste
namhafte Übersetzer ist der unter dem Namen des Mönchs
von Salzburg vorkommende Mönch Hermann oder (wie er
auch in zwei anderen Hss.') heißt) Johann. Aus der Bezie-
hungy in welcher er zu dem Erzbischof von Salzburg, Pilgrim
von Puchain (f 1396*)) stand, ergiebt sich die Zeit, wann er
seine Übersetzungen verfasste ; diesem zu Ehren dichtete er ein
24 Strophen langes Lied; die Anfangsbuchstaben jeder Strophe
büden den Namen: PYLGKEIM ERCZPISCHOF LEGAT.
Handschriften mit Liedern des Mönchs von Salzburg sind:
1. der Münchener Cod. germ. 715. Pp. XV. Jahrh. 182 Blät-
ter 4». S. Franz Pfeiflfer in den Altd. Blättern 2, 325.
2. Wiener Hs. 2856, früher in Monsee, s. mein Verzeichniss
CLXXI.
3. Wiener Hs. 4696, früher in Lambach, s. mein Verzeichniss
LXXXVI.
4. Wiener Hs. 2975., s. mein Verzeichniss LXXXVH.
5. Münchener Cod. germ. 628. Pp. 1468. fol. Pfeiffer in den
Altd. Blättern 2, 325.
6. Prager Hs. der Clara Hätzlerin, Pp. 1471. 353 Bl. fol^ s.
darüber Altd. Blätter 2, 57. ff. *)
Pfeiffer hat in den Altdeutschen Blättern nach Hs. 1., der
vollständigsten, eine Zusammenstellung der Lieder gemacht und
jedesmal nachgewiesen, in welcher andern Hs. und wo gedruckt
das Lied sonst noch zu finden. Hs. 4 kannte er nicht und aus
2 hat seitdem Jos. Kehrein in seinen ^Kirchen- und religiösen
Liedern aus dem zwölften bis fünfzehnten Jahrhundert^ (Pader-
born 1853.) S. 128-192. 24 mitgetheüt.
Nach dem Vorworte des Registers in der Münchener Hs.
(Cod. germ. 715. Altd. Blätter 2, 326) sollte man annehmen, dass
dem Weltpriester Martin an diesen Übersetzungen gleicher
Antheil zukäme: Ein register mit deutschen Sequenzen von
§. 9. 3) Die Mtincheoer Hs. Cod. genn. 628. Bl. 253^. mayster hanm pre-
digers ordens; Wiener Hs. 4696. Johannes.
4) Chronicon Salisbnrg. in Pez, Scriptt. T. I. col. 431.
5) Gedrnckt unter dem Titel: Liederbuch der Clara Hätslerin. Her-
ausgegeben von Carl Haltaus. Qnedlinb. u. Leipz. 1840. (8. Bd. der Bibl.
der Basseschen gesammten deutschen National - Literatur.)
17*
240
unser lieben vrawen, auch Sequenzen von etleichen heiligen und
auch ympnus, auch geistliche und werltliche liet, so ein wolge-
lerter herr her Herman, ein münich Benedictiner ordens 2U
Salzburg zu den selben Zeiten mit samt einem laypriester herm
Martein gemacht haben imd zu deutsch bracht durch begrüeBen
und an begeren des hochwirdigen fürsten und herm herm
Pylgreim Erzbischof Legat ze Rom, ze Salzburg Erzbischof
und es hat jeder puechstab seins namens einen vers .... dar-
umb in der bemelt herr ze den selben Zeiten ein ritterpfruent
geben hat. — Der Name Martin kommt jedoch nirgend als
Überschrift vor, wol aber immer ;,der münch«<, und darum wol-
len wir auch den Mönch von Salzburg als Hauptverfasser gel-
ten lassen.
Vielleicht gehören nicht alle dem Johannes an, doch stam-
men sie auch in dem Falle gewiss aus dem Anfange des XV.
Jahrhunderts; sie sind meist alle mit Musiknoten versehen, ei-
nige sogar ganz durch componiert, und gewähren also auch in
dieser Hinsicht einen nicht unwichtigen Beitrag zur Litteratur-
und Kimstgeschichte.
Der poetische Werth dieser Dichtimgen ist nicht bedeutend.
Der Mönch giebt sich Mühe, die künstlichen Formen der alten
Hymnen und Sequenzen im Deutschen darzustellen, wird aber
dadurch oft sehr dunkel; er scheint jedoch daran Gefallen zu
finden und überbietet die meistersingerischen Spielereien jener
Zeit, wenn er z.B. in Einer Strophe jedes Wort mit dem Buch-
staben des Alphabets in seiner Reihenfolge beginnt:
Ave, Balsams Creatur,
Du Englische Figur,
Got Hat In Keuschleichem Lob
Mariam Naturen Ob,
Prich Qual, Ruef Süntleicher Toren
Vnd Wend Xristo Ymmer Zoren«).
oder wenn er von ^unser vrawen schiedung« singt:
Mueter gueter sach die best,
Christen fristen solt du fest
vor des tiefeis listen brait.
§.9. 6) Dies „gnldein ABC mit vil subtiliteten^ scheint späterhin noch
sehr beUebt gewesen zu sein, es findet sich in mehreren Hss., s. Altd. B13lt-
ter 2, 335. Gedruckt Wcfcn. Nr. 769. vgl. Anm. dozn 8. 878.
241
anger swanger mit dem wort,
züchtig firüchtig edler hört,
du hast Even flaech verjait
Zuweilen wird er auch höchst langweilig: so spinnt er das
Veni sancte spiritus in fünf 26zeilige Strophen aus. Er hat alle
Fehler mit den damaligen Meistersingern gemein und ist zu-
weilen dann auch wie sie besseren Vorbildern früherer Zeit
und der einfachen volksthümlichen Dichtungsweise gefolgt. Da-
hin gehört z, B. folgendes Lied.
f Nr. 117-
Tagweis von den heiligen drein kunigen, wie
sie gein Jerusalem kamen*
1. Eia herre got^ was mag das gesein!
zu Jerusalem ein wachter sang:
ich sich so rechten klaren schein,
aus feures röt ein anefang,
K wie Bethlehem entzündet sei,
der frid der wont uns nahent bei:
also redt mein sin und mein gedank.
2. Ein alter jud mich fragen began
der selben märe sa zuhaut:
sag mir, wachter traut, selig man,
wer hat uns Bethlehem verbrant?
Bt was singest du, was hast du gesehen?
das tue mir durch die warheit jehen,
mach mir die rede baß bekant!
3. Entreuen, des en weiß ich nicht,
redt der wachter tugenüeich,
mich hat betrogen das mein gesicht,
es sei ein steren wunnicleich,
B der leucht so schon nach gotes er,
ein werder engel fuert in her,
es wart nie kein stem sein geleich.
4. Sag mir, wachter, auf dein treu,
wo keret sich der steren hin?
der wachter sprach: die fart ist mir neu,
daran ich unbetrogen bin
242
K auf der mauer zu Jerusalem^
er kert sieh hin gein Bethlehem
zu Maria kindelin.
5. Auf diser fart so ist im gaeh,
das spür ich wol an seiner eil.
im ziehen schon drei künig nach
aus fremden landen gar manig meil,
Bf mich bedanket wol, sie suechen Blrist,
der von der mait geboren ist,
sie finden in in kurzer weil.
6. Sag, Wächter, auf dein treu zuhant,
wie sint sie komen in die laut?
der Wächter tugentleichen sprach:
ir namen sint mir wol bekant.
K ja sach ich an dem steren klar
Caspar, Melchior, Balthasar,
also sint sie all drei genant.
7. Der alte jud schrei laut o we
der meinen swär und großen klag!
das kint zustoret unser e
und den gelauben alle tag.
B( als ich es nu han vemomen,
es mag halt niemant underkomen,
es get nach der propheten sag.
Münchener Cod. germ. 716. Bl. 131«— 132^ gedr. Altd. Blätter 2, 342.
Von seinen vielen Liedern ist nur ein einziges in den Mund
des Volks übergegangen, aber -auch dies nur in einigen Stro-
phen, die einem andern Liede einverleibt wurden, vgl. i[Nr. 113.
Str. 3. 4. 5. 6. Darum mag hier der vollständige TesÄ, so gut
ich ihn zu geben vermag, mitgetheilt werden.
f Nr. 118.
Zue dem Laus tibi Christe, in der
vinstermetten.
1. Eia der großen liebe,
die dich gebunden hat
gar hart gleich einem diebe,
warer mensch und warer got!
du hast, herr, gegeben
243
mit deinem bluete rot
uns das ewig leben^
dank sei dir, milder got!
Kyrie lejson, Christe lejson. (dreimal)
2. Sun vater in der ewikeit,
aller weite trost,
von deines todes bittrikeit
du bluet geswitzet host,
daß es gar krefticleicben
floB durch dein gewant
du kamst willicleicben
in deiner veinde haut
Kyrie leyson ff,
3. Sie haben gar ungenoßen
dich gegriffen an.
eia des großen stoßen,
das sie dir haben getan I
die hend und auch dein arme,
dar zue dein zartes har
haben sie an alles erbarmen
geunreint als enbor.
Kyrie leyson ff.
4. Eia wie große xmgenad
deim anlitz, herre zart,
mit speicheln und mit unflat
dir angeleget wart
do du für gerichte
gefangen wurdest bracht,
do wart falsch getichte,
herr, wider dich erdacht
Kyrie leyson ff.
b, Eia der backen slage,
die sie dir sluegen dol
vergip, daß ich dich frage,
warumb litest du also?
und liest dich also handeln,
warer mensch und got?
du woldest also wandeln
unser sele tot
Kyrie leyson ff.
244
6. Der arge bischof Asmaa
dein erster richter was,
und der valsche Caiphas
auch an dem rechte saß,
vor dem du, lieber herrc,
bist geslagen ser,
der sich billikleicher
ließ slahen immer mer.
Kyrie leyson ff.
7. Pilatus het groß unrecht,
herr, an dir getan;
Herodes und auch sein knccht
die dich verspottet han
mit einem weißen kleide,
das dir wart angetan,
eia des großen leide,
das sie dich legten an!
Kyrie leyson ff.
8. Eia der großen menscheit,
wie sie gegeißelt ist!
du hast an der gotheit
nicht gellten, Krist.
ein urteil wart gesprochen,
des was den Juden goch:
nu haben sie dich gestochen
an einem galgen hoch.
Kyrie leyson /f.
9. Des suUe wir alle danken
der bittem marter dein,
den nageln und den zangen,
der krönen dümein,
dem sper und auch der wimden,
die dir gestochen wart:
die haben uns entbunden
von der helle vart.
Kyrie leyson ff.
10. Das reine wasser, das teuer bluet
aus deinem leibe floß,
und sich mit genaden guet
auf unser sei ergoß.
246
eia der edeln salben,
die, uns gegeben ist,
sie heilet allenthalben:
dank sei dir^ milder Krist!
Kyrie leyson ff.
Nach der Wiener Hb. 2856 gednickt in Kehrein, Kirchen- nnd relig^.
Lieder 8. 168^156. nnd der Wiener Hs. 2975. Bl. 160S deren Vergleichnng
ich Ferd. Wolf verdanke. —- Kehrein's Text: 8, 4. dich (d^r) — 4, 2. dein
antUc» — 4, 5. auf (wider) — 5, 1. £^a der pahehen »lege — 5, 2. dieh
(dir) — 5, 5. aiao fehlt — 6, 4. an dem rechten — 6, 7. hiUikleich — 7, 4.
hohen — 7, 6. htnd (wart) — 8, 7. erstochen — 9, 6. den bunden- —• 9, 6,
die dir gestochen worden — 9, 8. vor der h. v. Auch in der Münchener
Hs. Cod. germ. 715. BI. HO*— 112>. Nach Yergleichnng anch dieser Hs.,
die mir nicht sngänglich war, iSsst sich rielleicht ein noch besserer Text
herstellen.
Verzeichniss
der eigenen Lieder und der Übersetzungen und Nachbildungen
lateinischer Hymnen und Sequenzen, welche dem Mönch von
Salzburg zugeschrieben werden.
Aller werlde gelegenheit Altd. Bl. 2, 338. Kehrein 173.
Almechtiger got, herr lesus Christ 348. Haltaus 81.
Ave balsams creatur 335. Wckn. Nr. 769.
Ave gniest magtleich forme, gedr. 332.
Ave lebentigs oblat 349.
Ave meres steme 345.
Christo, du bist liecht und der tag 339. Kehrein 151 und 186.
Christus erstuent mit siges van 338.
Das hell aufklimmen 339. Kehrein 183.
Der werlte vemeuung lauter klar 345.
Des menschen liephaber 335. Kehrein 169.
Die nacht wirt schier des himels gast 349. Haltaus 302. Kehr-
ein 156.
Do got in dem trone saß 345.
Eia der großen liebe 340. Kehrein 153.
Eia herre got, was mag das gesein, gedr. 342.
Freu dich, Syon, daß ausgangen 340.
Got grüeß dich, mueter unsers herren 332.
Got in dreifaltikeit einfalt 346. Haltaus 254. Kehrein 144.
Grüest seist heiliger tag 344.
Heiligs kreuze, ein paum gar eine 340.
246
Herr herr got almechtig drei person 347. Haltaus 256. Kehrein
148.
Ich grüeß dich gerne, meres steme 332. Eehrein 160.
In gotes namen wil ich hie vahen an 347. Eehrein 189.
Joseph, lieber neve mein, gedr. 341.
Kum, heiliger geist, send aus den him. schein 348.
Kum, hochfeierleiche zeit 338.
Eum, schepfer, heiliger geist 348.
Kum, senfter trost, heiliger geist 346. Haltaus 253. Wckn.
Nr. 768. Kehrein 140.
Kunig Christe, macher aller ding 339. Kehrein 152.
Lob o Syon deinen heiler 339. Kehrein 179.
Lobt all Zungen des erenreichen 339. Kehrein 176.
Magt hochgeboren von dem gesiecht Yesse 347. Kehrein 187.
Maitleich pluem, der jungfraun krön 334.
Maria, bis gegrüeßet 343. Kehrein 129.
Maria, keusche mueter zart 346. Haltaus 257. Wckn. Nr. 776.
Kehrein 136.
Maria stuent in swindem smerzen, gedr. 336.
Mein trost Maria, reine mait 347. Kehrein 131.
Mueter gueter sach die best 335. Kehrein 128.
O du säiige dreifaltikeit 349.
Pluem, gezartet ros on deren 331.
Reicher schaz der höchsten freuden 331.
Sälig sei der Salden zeit 344. Kehrein 175.
Salve, grüest bist mueter heiles 331. Kehrein 164.
Schepfer und weiser bist 344.
Sig und Said ist zu bedeuten 338.
Uns künden all zweifboten gar 340.
Von anegeng der sunne klar, gedr. 340. Kehrein 185.
Von got 80 wart gesant 345.
Wir süUen loben all die reine 336. Kehrein 172.
A solis ortus cardine 340.
Ave maris Stella 345.
Ave praeclara maris Stella 332.
Ave virginalis forma 332.
Ave vivens hostia 349.
Christe qui lux es et dies 339.
Crux fidelis 340.
247
Festom ntmc celebre 338.
Gaude Syon quod egressus 340.
Jnventor rutili dux baue laminis 344.
Lauda Syon sahvtorem 339.
Mittit ad Tirginem 335. 345.
Mundi renovatio 345.
Mundi renovatio nova 338.
O lux beata trinitas 349.
Fange lingua gloriosi 339.
Rex Cbriste factor omnium 339.
Salve festa dies 344.
Salve mater 332.
Salve mater salvatoris 331.
Stabat mater dolorosa 336.
Surgit Christus cum tropheo 338.
Ut queant laxis 339.
Uterus virgineus 334.
Veni Creator spiritus 348.
Veni sancte spiritus 348.
Victimae paschali 338.
Gewiss hat mancher Mönch und Geistlicher einen Versuch
gemacht im Übersetzen alter Hymnen. Genaueres Durchsuchen
alter Handschriften wird wol noch Manches der Art ans Licht
bringen. Von namhaften Dichtem ist außer dem Mönch von
Salzburg nur noch Heinrich von Laufenberg bekannt, der aber
wie im Dichten so auch im Übersetzen seinen Vorgänger
übertrifft.
Heinrich von Laufenberg, wie er sich selbst nennt,
war Priester zu Freiburg im Breisgau (1437) und später De-
chant daselbst. Im Jahre 1445 rging er von der Welt«^ und
trat in den St. Johannis- Orden zu Straßburg. Die aus diesem
Kloster herrührenden Handschriften seiner Werke sind wahr-
scheinlich von ihm selbst geschrieben.
Heinrich war ein fleißiger Dichter. In dem langen Zeit-
räume von 1415 — 1458 dichtete er viele geistliche Lieder, meist
zu Ehren der heiligen Jungfrau'). Er benutzte dazu die Wei-
§. 9. 7) So ist das Lied: Glich aia ein grücni wis ist gziert (Wckn. Nr.
768), ein Marienlob von 16 Strophen, worin lauter Namen der heil. Jung-
frau angebracht sind. Auch das Lied von der Geburt Christi (Wckn. Nr. 757)
248
sen weltlicher Volkslieder, dichtete diese selbst auch wol um *)•
Wenn auch nicht alle ihm zugeschriebenen Lieder ihm ange-
hören, so muss man ihm doch nach den mit seinem Namen oder
mit H bezeichneten für einen Dichter halten, dessen tiefes gott-
ergebenes, nach dem Himmel sich sehnendes Gemüth rein und
schön sich auszusprechen wusste.
Außerdem verfasste er 1425 eine Sammlung Predigten, 1429
den Spiegel der Gesundheit, 1437 den Spiegel menschlichen
Heils, 15000 Verse, und 1441 das Buch von den Figuren, zu
Ehren der heiligen Jungfrau, 25370 Verse 1
Eine genauere Untersuchung der Straßburger Hss. A. 80
und B. 121 und des Münchener Cod. germ. 377 wäre sehr
wünschenswerth.
Vgl. Maßmann in Aufseß, Anzeiger 1, 41 — 48. Banga da-
selbst 2, 269—271 und Engelhardt, Ritter von Stauffenberg
S. 16 ff.
Lieder Heinrichs von Laufenb^rg.
Bei Ph. Wackemagel Kirchenlied S. 624—663. — Nr. 746—767 sind in
der Hfl. als Lanfenbergsche Lieder bezeichnet (hier mit einem * versehen),
bei den übrigen (Nr. 770—786) ist es nmr wahrscheinlich, dass auch sie von
ihm rerfasst sind. Die eingeklammerten schreibt ihm Banga eq.
Ach arme weit, du trügest mich Wckn. Nr. 780.
Ach lieber herre Jesu Christ 752.*
Ach töchterlin, min sei gemeit 761.*
(Aller weite reinigkeit. Mundi renovatio)
(Amen und amen, lop und er)
Ave, bis grüest, du edler stam 762.*
Ave maris Stella, bis grüest ff. 767.*
Bekenn nu alle weite schon 756.*
Bis grüest, maget reine •).
Ein adler hoch han ich gehört 766.*
Ein kint ist gbom ze Bethlehem 764.*
ist eine Verherrlichung der Jungfrau Maria, 24 Strophen, sehr künstlich, jede
hat nur einen und denselben Reim, nur die letzte Zeile reimt in allen Stro-
phen auf -inde oder -Unde.
§. 9. 8) Viele Lieder sind freilich in künstlicher Meistersingerform : Wckn.
Nr. 746. 747. 748. 766. 757. Zu seinen Künsteleien gehören auch noch die
halb lateinisch halb deutschen Lieder: Wckn. Nr. 763. 766. 767. 774. 784.
9) Gedruckt in Ferd. Wolf Über die Lais S. 491.
249
Ein lerer rAft vil lut us hohen sinnen 749."^
Ein yerbum bonum und Buaye 784.
Eilend der zit, nntrüw der weit 772.
Es saß ein edli maget schon 750.*
Es stot ein lind im himelrich 771.
Es taget minnencliche 783.
Glich als ein grüeni wis ist gziert 758.*
(Got geb uns allen ein glükhaft jar)
Got ist gebom ze Bethlehem 748. *
(Got schepfer aller creatur)
(Got vater herr in himelreich)
Got vater in der trinitat 746.*
Ich weiß ein lieplich engelspil 781.
Ich weiß ein stolze maget vin 755.*
Ich weiß ein vesti groß und klein 777.
Ich wölt aller weit erwünschet han 778.
Ich wölt daß ich do heime war 753.*
(Jesu, weg der warheit ein)
In einem kripfli lag ein kint 751.* 743.*
Kum, heiiger geist, erfüll min herz 782.
Kum her, erlöser Volkes schar 759.*
Maria, höchste creatur 785.
Maria, küschi m&ter zart 776.
(Mich lust von herzen prisen)
(Min richer got, min herre Christ)
Mir ist in disen tagen 779.
(0 Jesu, süeßer brunne)
Puer natus ist uns gar schon 765.*
Salve, bis grüest, sancta parens 763.*
Sich hat gebildet in min herz 754.*
Stant uf, du sunder, laß din klag 747.*
Staut uf und sih Jesum vil rein 770.*
Us dem veterlichen herzen 773.
Us hohem rat, us vaters schoß 757.*
Verr von der sunne ufegang 760.*
Wer liden kan und dultig sin 775.
Heinrichs von Laufenberg Übersetzungen sind zu Ende die-
ses Abschnitts in der alphabetischen Beihenfolge mitgetheilt.
Von seinen übrigen Liedern gehören zwar mehrere den frühe-
250
ren Abschnitten §, 6 und 8 an, ich habe es aber vorgezogen,
sie beisammen zu lassen, weil so seine religiöse Richtung und
das Wesen seiner Poesie besser erkannt werden kann.
f Nr. 119.
1430.
1. Es saß ein edli maget schon
in hoher contemplation,
in tiefer andacht sie betracht,
wie got der menschen heil volbracht.
ein edli kunigin
die was das megedin.
2. Do sant ir got dar sinen grftß, *
durch den uns wart der sünde büß.
ein engel sprach zi ir ave!
bis grüest, ein maget one we!
ein edli kunigin
die was das megedin.
3. Du bist aUer genaden vol,
bi dir got iemer wonen sol;
gesegnet bist über alle wip,
gesegnet ist din küscher lip!
ein edli kunigin
die was das megedin.
4. Betrüebet wart die maget vin,
sie gdacht: was grjißes mag das sin,
den dir verkünt des engeis munt?
kein semlich grAß wart dir nie kunt.
ein edli kunigin
die was das megedin.
5. Der engel sprach: Maria gfit,
nit bis betrüebt in dinem m&t!
du best genade fänden vil
vor got als ich dir sagen wil.
ein edli kunigin
die was das megedin.
6. Nim war: du solt empfahen schier
und auch gebem in küscher zier
ein kint, sol Jesus sin genant,
des Vaters sun^ von engellant.
261
ein edli kunigin
die was das megedin.
7. Her Davids stSl ist im bereit,
sin rieh weret in ewikeit,
in Jacobs hus da wont sin rieh,
sinr größi mag nit sin gelich.
ein edli kunigin
die was das megedin.
8. Die magt sprach zA dem engel hie:
ach edeler, nmi sag mir^ wie
mag es gesin? ich hau doch nie
keins mans begeret ie und ie.
ein edli kunigin
die was das megedin.
9. Der engel sprach: nun wunder nicht!
Tom heiigen geiste das beschicht;
von kraft gotes almechtikeit
so wirt das heilig kint bereit,
ein edli kunigin
die was das megedin.
10. Elisabeth die mAme din
empfangen het ein kindelin
im sechsten manot, wis ich dich:
vor got ist nüt immügelich.
ein edli kunigin
die was das megedin.
11. Maria sprach: ach böte her,
got si gesaget lop und er!
ich bin des herren dienerin,
mir gscheh recht nach den werten din!
ein edli kunigin
die was das megedin.
12. Ze stunt als sie dis wort gesprach,
in einem augenbUk geschach:
das götlich wort des vaters gAt
was in ir worden fleisch und blAt.
ein edli kunigin
die was das megedin.
Wckn. Nr. 750.
262
f Nr. 120.
1. In einem kripfli lit ein kint,
da stot ein esel und ein rint,
da bi ist auch die maget klar
Maria die das kint gebar.
Jesus der herre min
der was das kindelin.
2. Da singen im der engel kor
mit süeßer stim gar hoch empor:
gloria, lop und wirdikeit
si got im himebich geseit!
Jesus der herre min
der was das kindelin.
3. Dis wart den hirten schier verkunt,
darumb so liefen sie zestunt
gen Bethlehem und funden do
das edel kint und wurden fro.
Jesus der herre min
der was das kindelin.
4. Zestunt entbran eins stemen schin,
daß es wart kunt den klingen drin
in verrem land ze Orient,
die komen mit ir gob gerent.
Jesus der herre min
der was das kindelin.
5. Sie fielen nider uf die erd,
sie gebeten dem kinde wert
gar edel mirren, wirauch, golt:
dem kindli wurden sie gar holt.
Jesus der herre min
der was das kindelin.
6. Do dis vemam Herodes mAt,
er dochty wie er vergüß sin blfit:
vil tusent kint tot er zehant,
Jesus floch in Egiptenlant.
Jesus der herre min
der was das kindelin.
7. Hienach' wol über drißig jar
do wart dis kindelia iurwar
253
durch unser ewig sälikeit
ertöt und in ein grap geleit.
Jesus der herre min
der was das kindelin. l - '»
8. Damach zehant am dritten tag
erstfint es nach der lerer sag
und f%r uf in sins vater lant,
da sizt es zA der rechten hant.
Jesus der herre min
der was das kindelin.
8tra6burger H». Bl. 121. 4«. Bl. 51. b. mit der Überschrift: Aliud eiaa-
«rni (1480). Wckn. Nr. 761. Pfollinger Hb. zu Stuttgart, Wckn. Nr. 743.
f Nr. 121.
1. Ich weiß ein stolze maget vin,
ein edli künigin.
ich weiß in himels landen
kein höher keiserin.
sölt ich ir lop nun sagen
und all geschrift erfragen,
das war der wille min.
2. Got grües üch, edli keiserin!
got het üch ußerwelt
ein mAter, maget reine,
ir zucht im wol gevelt,
ir edler magetftme,
ein wißer gilgenblÄmc,
zA dem sich got geselt.
3. Das wort des vaters eine
vom himel uße trang
in dich, du maget reine,
din kusch in dar z& zwang,
daß er us vaters schoße
wolt werden min genoße,
ich hats begeret lang.
4. Got nam sie gar behende
bi siner gnaden hant,
er fftrt sie an ein ende,
da sie all tugent vant.
18
254
herr Gabriel sie priaet,
der heilig geiat sie wiset
mit siner miime bant
5. Das edel weiBenkome
het sie gemalen woL
die maget hoch gebome
ist aller gnaden vol:
sie kajd den stein wol billen
nach irem liepsten willeUi
der uns behalten sol.
6» Sie kaa die müli richteni
da got sin gnade malt^
nnd unser sünd vernichten,
wan sie het sfai gewalt.
ach edli maget gAte,
güß über uns sin blAte,
wesch was im nuasevaltl
7. Laß ab das wasser fließen
der edlen gnaden din,
zA Jesum dem vil stießen^
wan ich ein sünder bin.
ach keiserin gar stolze,
der für mich hieng am holzci
den bitt mir gnädig sin.
8. Das kömli wart gemalen
ze reinem simelmel
al in der menscheit schalen,
da es wart bleich und gel.
uf mittentag ze none
das weißenkömli frone
gap für ims hut imd vel.
9. Dar us so wart gebachen
das edel himelbrot.
min sei, des soltu lachen,
wan es was dir gar not.
das sol dir spise geben
bis in das ewig leben,
da al din leit zcrgot.
Wckn. Nr. 756. Auch in der Karlsruher Hi. Nr. 74. kl. 40. Bl. 13«.
(Mittheilong Uhland*«) Der Text iat im Ganzen sehr schlecht, doch folge
256
ich ihm 7, 1—3. wo der Btrmftb. bei Wckn. hat:
Loß ot» 4m w^uer ßiuten
der edien gnadeu din
Jkeium den vü 9ܧ9en —
Andere LeMurten der KarUr. Hb. 1, 4. kein »toUer — 8, 6. <2m genesen
— 6, 4. lugend vcl — 5, 6. nach «wMm l, w. — 6, 3. tUnde $ehUckten —
6, 7. wa$ek vnäer mUsetäit — 7, 7. der wü vn4 gnedig Bvn — 9, 6. Atnci in d.
Ein alter weltlicher Text, wom diese Umdichtnng gehört, ist bia jetzt
noch nicht an^efonden worden. Die Überscfarill in der Karlar. Hb.: In der
wiae der atolsen mülledn, macht ea aiemlich gewiaa, daaa damit daa yon
ÜBchart in der eeaehichtekUtlemif enHAnte:
Ich weift mir ein atolse miUlnin
und Bolt ich bei ir malen
gemeint ist, nnaer jetxigefl:
Eb war einmal eine Müllerin ff.
B. Erk VolkaUeder 8. Bd. 1. Heft Kr. 6«.
f Nr. 122.
1. Ein adler hoch han ieh gehört,
der Bpricht: im anvang was das wort
und das wort was vor got behAt
nnd got der was das worte g&t
2. Im anvang was das wort vor got,
durch es got als geschaffen hot,
nnd on es ist geschaffen niht
das ie wart und auch noch beschiht
3. Was worden ist, des leben was
in im, der menschen liecht ist das;
das liecht lücht in der vinstemis
imd mögent nit ergrifen dis.
4. Ein mensch was us von got gesant^
des nam der was Johans genant,
der kam ze einem zügen har,
daß er vom liecht gab ziiguis gar,
5. Daß durch in glaubten alle iüt,
doch was Johans das liechte nät,
er solt doch sin gezüge sin,
daß es wärs liecht und warer schin.
6. Dis was das luter liecht ftlrwar,
das hat erlücht der menschen schar^
die in dis weit ie komen sint,
die ußerwelten gotes kint.
18*
256
7. Dis wort was in der weite hie
und was durch es geschaffen ie,
und hat die weit sin nit bekant,
do er was in sim eigen lant.
8. Sin eigen volk in nit empfieng,
doch wer im glauben in umbviengy
den gap er gwalt in gnaden schin,
daß sie gots kinde selten sin.
9. Die selben kint sint nit gebom
US blAt noch fleisch noch man erkom;
US got sint sie geboren har,
US gnad und geist ganz luter gar.
10. Das wort ist fleisch nun worden hie
und het in uns gewonet ie,
und hant gesehen all sin er,
vom vater eingiebomer her.
11. Das wort was vol der gnaden gut
imd aller warheit wol behAt:
dis seit Johannes uns also
in sinem evangelio.
Wckn. Nr. 766.
f Nr. 123.
1. Sich hat gebildet in mim herz
ein lieplich nam in hoher kur.
ach daß er mir geh üt im scherz
und tot min fleisch und min natur!
2. Ich slaf, ich wach in traumes zil:
ach edler nam, so kum mir für!
Sit doch min herz nit anders wil,
slüß uf, Jesus, dinr gnaden tür!
3. So freu ich mich der meigen zit,
die got den ußerwelten git,
sit al min hofhung dar an lit,
des winters sünd hat mich vcrsnit
4. Ich wüst nie recht, wie süeß er was
und was Jesus gAts bringen mag:
min höchster Jesus, du bist das,
der nam den ich im herzen trag.
267
5. Gedenken ist min ufenthalt
on ewig fireuden underscheit.
ach Jesus ; hab min ganz gewalt
nach dinem lob in lieb und leit!
6. Es mftß natürlich güeti sin,
die mir von im in herzen lit.
war ich der sin und er der min,
so glebt nun herz nie lieber zit!
7. On sinen trost mag ich nit leben,
wan er durch mich ist mensch gebom;
ich han im lip und sele geben,
ze himel het er mich erkom.
Wckn. Kr. 764. H«. 1, 3. nüt.
f Nr. 124.
1. Ach töchterlin, min sei gemeit,
wiltu der hell entrinnen
und schauen got in ewikeit,
so ker din uAt von hinnen.
2. Nein, fründ, vater und mfiter din,
gewalt der zit und eren,
das mAstu alles laßen sin,
wiltu ze got dich keren.
3. Die weit gat in der sänden nacht
und irret in den sinnen:
ach edle sele, das betracht
und ker din herz von hinnen!
4. Halt uf mit rüwens bitterkeit,
din herz soltu verbinden,
und war es aller weite leit,
so hüet dich vor den sünden.
5. Got fiiert dich z& der rechten hant
US diser weit eilende
imd setzt dich in das vaterlant,
da freud het niemer ende.
6. Da blibst du tag und auch die nacht
mit gotes minn umbvangen.
was herzen freuden ie erdacht,
die hest on als belangen.
258
7. Stant uf , stant af dn sele min,
ker dich se gotes mftter
und bitt die edle künigin,
daß sie dich hab in hAtel
8. Sprich wilkom, edli künigin,
die gnad vor got het fanden,
empfah mich in die gnade din
an mines todes Bttmdenl
9. Es ist mir dik und vil geseit,
ich wolt es nie gelauben,
der valschen weite tragenheit:
nun sich ichs mit den äugen.
10. Slah mirs nit unter dangen min,
laß mich dich, herr, erbarmen I
ach durch die edle mAter din
empfah mich in din armen!
Wckn. Nr. 761. 6, 3. steht in der Zeile: der m^fnne handf u. dninter
geichiieben : d; vaiter fand —
f Nr. 125.
1. Ach lieber herre Jesu Christ,
sit du ein kint gewesen bist,
so gip auch disem kindelin
din gnad und auch den segen din!
Ach Jesus, herre min,
behüet dis kindelin!
2. Maria, m&ter Jesu Christ,
sit du dins *kints gewaltig bist^
so t& din hilf und stür dazA,
behüet dis kintli spat und fru!
Ach Jesus, herre min,
behüet dis kindelin!
3. Dinr engel schar die won im bi,
es slaf, es wach und wo es si,
das heilig krüz behüet es schon,
daß es besitz der heiigen krön.
Ach Jesus, herre min,
behüet dis kindelin!
4. Nun slaf, nun slaf, min kindelin,
Jesus der sol din bAli sin.
259
der well daß dir g^traome wo!
und werdest aller tagent vol!
JesuBy der herre min^
behüet dis kindelin!
5. Ein gftte nacht und guten tag
geh dir der alle ding vermag,
bie mit Boltu gesegnet sin,
min herzeliebes kindelin!
Jesus, der herre min,
behüet dis kindelin I
Wckn. Nr. 752. mit der Übenehrift: B^iMdieiio pfuerily onfu».
In den Anfang des XV. Jahrhunderts gehOrt noch eine
Nachbildung des Credo in deum patrem omnipotentem von Nico-
laus von Kosel:
f Nr. 126.
Wir glauben in einen got,
fchepfer himels und der erden,
mit Worten er ließ werden
alle ding gar in feinem gebot
von der zarten wart er gebom
Marian der reinen außerkom
uns zu troft und aller chriftenheit;
vor uns er wolte leiden
fwere pein, den tot der ewigkeit
ob wir möchten meiden.
Die hinragefügte Melodie Btimmt überein mit der noch jetst fiblichen Yon :
Wir glauben all an Einen Gott.
Bredauer Hb. I. 4». 466. Bl. 27«. Vom Jahre 1417. Über Nicolaus von
Kosel 8. meine Monatschrift von nnd für Schlesien 1829. 8. 788. ff.
Dom büchUn halt Jn von erst |
Die siben zyt von vnser liebB \ frowen. \
Ain loblich ampt der messz vö \ vnser frowen. \
Die siben zyt von vnsers her- \ ren leiden. \
Die sibd zyt von dem heiligen \ geist. |
Die siben büß psalmen vnd le \ tanij. \
Der todten vesper. \ Die tigibj der todfen. |.
^ Alles geiützet durch ainen \ hochgelerten doctor nach ord" \
260
fiSig Uli tnainUji der kristelicl^ \ kirchen vnd wie ty gesprochen \ nut
gebettet werden Jn allen \ geistlichen statten,
Drack aus dem Ende des XV. Jahrfa., 192 aabez. Bltttter 8*. MeoM-
bachsche Bibl.
f Nr. 127.
Bl. 37* in dem Abschnitte Hie hebt tich an das lobUch ampt der
von vnser lieben frotoen.
Das ist. das Gloria in excelsis*^).
Got loben wir in aller wirdekeit
lop sei dir in der höhe geseit,
und fride nf disem ertreich
den lüten g&tes willens geleich. .
wir loben dich von herzen gar,
Maria und die himelische schar.
wir sprechen wol dem namen din,
das lop sol dir von uns stäte sin.
wir beten dich an einiger got,
damit erfüllen wir din gebot.
wir eren dich mit gesanges lob,
dinen eren ist niemant ob,
und dine große ere do.
du bist genant alpha et o,
got herre künig himelscher,
got vater almechtiger,
du einiges kint diner mftter,
Jesu herre, herre g&ter,
du machest di6 werlt Sünden bar.
mit diner bermde nim unser war
durch ere der lieben muter din,
Marien der heren künigin.
du sitzest zu der rechten haut dem vater bi,
mache uns herre von Sünden fri,
wanne du heilig bist allein.
du bist der hast on alle pfat
der Mariam geboren hat.
O Jesu Christ aller meist
§. 9. 10) Daniel TLes. 2, 267.
261
mit samt dem heiligen geist
in den eren des vaters rieb
hüt und immer ewiklich.
Amen.
Got unser herre mit üch si
und sin gnad si uns bil
f Nr, 128,
Bl. 40«.— 42«.
Das ist der sequenz^^).
Ich grüß gern meres stem, lucem
aller kristenheit, zu geleit
uns Maria.
Freu dich gotes pforte
dines vaters werte
die offen und beslossen sein
bracht der wäre gotes schein
der hat einen kuschen schreiu
so lieplich beslossen.
Maria din ere
zieret den himel sere.
erweite schöne und klar
die dich lieben die bewar.
diner gnaden güune
stimmt merkwürdiger Weise im Wesentlichsten überein mit dem Texte des
Mönchs von Salsbarg^ (bei Kehrein S. 160-— 164.). Beide Texte sind aber
dormaOen yerdorben, das« eine Wiederherstellung, anoh wenn man ans bei-
den Einen Text machen wollte, vergebliche Mühe sein würde.
f Nr. 129.
In dem Abschnitte die $iben zyt von dem heihgen geist
Bl. 107«. Der ymmts'*).
Qui paracliUiS diceris donum dei aiiiisimi
Seit du ain tröster bist genant,
des obersten goites erkant
§.9.11) Ave praeclara maris Stella, von Hermannns Contractus, Daniel
Thes. 2, 82.
12) Ans dem Hynmns: Yeni creator spiritos — eine merkwürdige
Übereinstimmang mit einer andern alten Übersetanng t
Bl. 109*. Der ymm.
Tu iepHformi$ muntre dsxtre
DV iihemuilHge gaie,
du finger der gereckten gotei hande
BL 1111». J)^ y„,^^^
Accende lumen setmkn infunde amo
Entzünde erleudUe vneer itfnne,
vnße hertzen hegeuß mit diner mynne
Bl. 115*». Der ymnm.
Da gaudiarum premia da gradarwm
Gib vn$ der fr&dem hn,
gib vns der gnade gäbe echon
BL 118>». Der ymnue.
Per te eciamue da pairem naeeamue
DA» wir in den drijen genennen,
den vatier vnd den eun erkennen.
Uierume stand eitUck tewteck gwmi oder lebgesange mit versen.
stüdcen vnd geeatzen von ettUchen dingen die do zu bereUung vnd be^
trachtung der beickt ainem yeden. not eynd DamaA eäUcke kwrtz vnd
va$t nütze vermanungen. (fol. 17».) Getruckt von Heinrgco. knöblötzer
zu Haidelberg Anno xcinj. 4P. Hain, Repert. bibl. Nr. 9069.
(22 Blätter)
Joh. Bartholomäus Biederer, der dies Buch selbst besaß,
liefert eine Beschreibimg davon in der Vorrede zu seiner ^Ab-
handlung von Einführung des teutschen Gesangs.^ Kachwei*
sungen früherer Beschreibungen giebt Panzer, Zusäüse xu den
Annalen der altem deutschen Litteratur S. 76. Der unbekannte
Herausgeber hat mehrere lateinische Hymnen übersetzt und zwar
der Melodie und des Sinnes wegen in Prosa, aber immer mit
80 viel Silben als das Original enthält, und er entschuldigt sich
also darüber: *Item oft wird der recht Sinn der Wort zerstört,
wann man es allenthalben untersteht zu reimen, und darum das
zu vermeiden, sind diese Gesänge nicht allenthalb mit Reimen
gesetzt'. Die übersetzten lateinischen Gesänge giebt er selbst
an: das Veni sancte, Regina coeli, Recordare, Salve, Magnificat
und einige andere, im Ganzen zwölf.
Bei solcher Art zu übersetzen, wo man nur darauf bedacht
ist, der Melodie und dem Sinuc zu Liebe in jedem Verse die
Silbenzahl des Originals, wenn auch ohne Reim, darzustellen,
lasflen sieh keine Lieder hervorbringen, die neben ihrem Inhalte
sach sonst noch ansprechen und xu derselben Bedeutung ge-
langen könnten, wie die alten wohlklingenden lateinischen
Hymnen. Und doch konnte sich der Verf. yon seinen stümper-
haften Übersetzungen noch große Erwartungen machen; gleich
zu Anfange seiner Vorrede empfiehlt ex sie also >*) : 'Nuts wire
es und dienet fast (sehr) zu Gottes Lobe, da« die reichen
Leute, die da Almosen geben, die Schüler danm hielten, dass
sie söliche Hynmos uad Gbaange tint ihren Häusern tibeten
und Bungen in einem BCIchlin, Brief oder auswendig, auf dass
diese nütz Materie auch in Gewohnheit der liaien käme, damit
sie also von Jungen geübet und darnach fiir andere schampere
oder weltliche Lieder gesungen würden. — Item ob man diese
Materie nit wollte lassen öffentlich singen auf der Gassen oder
sunst, so magst du dock dein Gesinde das da heimen lehren
und sonderlich die Elosterfirauen und ander geistlich Schwe-
stern'. — Aufter den Übersetzungen aus dem Latein enthält
die Sammlung noch vierzehen vom Herausgeber, wie es scheint,
neu verfertigte Lieder. Riederer theilt eins davon, ein acht
Strophen langes volbtändi^ mit:
f Nr. 130.
Der vierd hymnus ze singen als der hymnus zu weihenacht,
nemlich :
A solis ortus cardine.
1. Das pater noster also merk:
0 got yater, son, heiiger geist,
ein yater Schöpfung halb aller^
doch unser kristen durch gut mer,
2. Die er hat durch den tauf wider
geboren zugewünst kinder.
er ist weslich allenthalben,
sein groß werk in liimeln me schein.
3. Verleih uns gnad, daß derselb nam
deiner gnadreichen Vaterschaft
in uns haft als heiigen kindcn:
das ist die erst bet der siben.
§. 9. 13) Er hat aber doch selbst g^eftihlt, dass sie wol wemg sin^bar sein
möchten, denn in seiner Vonede mnss er es doch endlich salbst gesieban:
'Ob sich auch diese Materi (als vielleicht nicht allenthalb recht geniatti)
264
4. Die ander: auf daß wir entlich
zu der kintschaft dort kommen gleich,
gib gnad herab, des beharren
solch reich hie vor zu verdienen,
5. Und auf daß wir also harren,
verleih gnad auf erd volbringen
deinen vorgendigen willen,
als tunt im himel die heiigen.
6. Und solches hie zu volstrecken
reich teglich narung ze leben,
bereit uns gnad zu empfahen
mit Vergebung der misstaten,
7. Durch die wir heten verschult pein,
als wir vergeben unsem feind.
ach wie schwer wir das tunt schetzen,
so doch von Christo gehalten.
8. Die sechst bet: wan uns sünd anficht,
laß ims dar in gehellen nicht.
erlös uns vom übel der pein,
auf daß wir entlich werden dein. Amen.
Da kann man leicht in Riederer's Urtheil einstimmen: ^Sie
sind zum Theil ziemlich lang, und darf man nichts poetisches
darinnen suchen. Ja, es fallt einem schwer, nur ein einziges
durchzulesen, ohne durch die rauhe und harte Beschaffenheit
verdrüßlich gemacht zu werden." Der gute Wille, dem deutschen
Kirchengesange aufzuhelfen, ist am Ende das einzig Lobenswerthe
an dieser Arbeit. Das Buch war auch bald verschollen und
der Literator muss es nur anfuhren als ein günstiges Zeichen
der Zeit. Noch in demselben Jahre erschien bei demselben
Drucker mit darin übersetzten lateinischen Hymnen:
Ein vast notdurffiige malert ^ einem yeden menschen, der $ich
gern durch ein wäre grüntlich bycht. flyssiglich zu dem hochwirdigen
iacrameni deß fronlychnams vnsers herren, ze ichicken hegeret, (64
Blätter 4».)
Ich weiß weiter nichts darüber zu sagen, als was Riederer
in seiner oben erwähnten Vorrede sagt — er besaß auch die-
ses Buch: — „Ich führe es darum sonderlich an, weil unter
übel schicket se sing^en, so ist sie doch nütz als für eiu Pros and schlechte
lesende Materi se lesen'.
266
andern auch wieder eine Übersetzung lateinischer Kirchen-
gesänge, die oben schon namhaft gemacht worden, und eine
weitere Erklärung derselben, darinnen befindlich ist^
9 Der Curß vom sacramenl,
ff Vßlegung des Gloria patri.
C Sant BemartM Rosenkranlz.
(Basel 1497.) 42 unbes. Blfttter in 8«. Meoseb. Bibl. sn Berlin.
Der erste Abschnitt ist eine Übersetzung der bei der Messe
gewöhnlichen Psalme, Hymnen und Gebete:
BI. 4^. Der ymps. Verhum supemum,
dAs öbriit wort ist gangen vß,
BL 13^ Der ymps.
aVe heiUgs kgmel brat,
BL 15*. Der ymps.
aVe aller fröiden vol.
Bl. 17*. hie ist in der warheit gantz.
Bl. 2P. Der ymps.
mltt sölicher liebe fhür.
Bl. 23»>. Der ymps.
iEsu süßer herre myn.
und außerdem noch drei Hymnen, die hier vollständig mitge-
theilt werden. Wie stümperhaft die Übersetzung ist und gleich-
zeitigen und älteren nachsteht, davon kann sich Jeder durch
Vergleichung überzeugen. Der XJbersetzer ist wol ziemlich ge-
wiss Ludwig Moser, Karthäuser des Convents St. Margarethen-
thal zu mindern Basel, denn dies Büchlein bildet nur einen
Anhang zu: Der guldin Spiegel des Sunders (Basel 1497), der
von demselben aus lateinischen Büchlein etlicher Brüder seines
Ordens zusammengestellt und übersetzt wurde. S. Panzer's
Annalen der altem deutschen Literatur I, 224.
f Nr 131.
Der ymps. Bl. ii^ -^ £2^.
i. AVe lebende hosHa^%
die warheit und das leben,
in der alle opffer da,
vollendt sind hyn gegeben,
§.9.14) Der ganze Hjraniu, der bei Daniel fehlt, in Comer GB. 1625
Nr. 205 mit der Bemerkung: Hjmjma siTe canticam de ren. EucharifltiA, ple-
!
266 1
I
darck diA den tatter wirt ge$eit,
loh 9nd ere on ende^ I
dmrdi dick 9iäi die ditUtenkeit,
bewart m dem eilende.
2. Aue vai der mütikeitj
ichryn der eüßen gnaden^
in dir $ind die lueüikeit,
h/mehiker süßen woben,
da ist gantz warlich gotts substantz,
tmsers seligmackers,
sacrament der gnaden ganU,
bebe spis des behalters.
3. Gloria sy dir herre g&t,
der vns spisest teglich^
mit dym Igb cnd heiligen blut,
milter küng mach lebhch,
mit dem vatter tnd dem geist,
richsnest vnüberwintlicK
mach vns lobeti aller meist,
dich nu tnd ewiglich^
Amen.
iiBqae ia ecolesiu parochialibiu cantari aolitam post elevationem, praeaertim
tempore paachali, com est mnltitado commiiiucaiitimiii. — Unter den 18 Stro-
phen finden sich nur die 1 u. 8. anserm deutschen Liede entsprechend:
1. Aye yi^ens hostia,
▼eritas et vita,
per te saerifida
cuncta svnt finita,
per te patri i^loria
dator inaodita,
per te nobis mnnera
dantor infinita.
2. Ave vas clementiae,
scrinium dnlcoris,
in quo sunt deliciae
coelici saporisi
reritas substantlae
tota salvatoris,
sacramentom gratiaei
pabnlom amoris.
267 ^
f Nr, 132-
Der ymp$ Fange limgua^^)^ $o man zur vesper zitt iingi
vom heiligen eacrament glich mit icorten vnd mit der
melodig, Bl. ^k_26«.
NVn iing zung dee hechwirdigen,
gotie fronlichnams heymlikeit,
vnd sine blute köstlichen,
der weit hezalung boßheit,
die fntcht des iungfrowlichen lihsj
der weit küng hat üßgespreit
Vns gegeben wu geboren]
von der vnber&rten magf,
in der weit ist vßerkoren,
hat das gottUch wort gesagt,
die mitblgbung syner wonung,
wunderlichen schick bedagt
An dem tisch des testen nachtmals,
da er by den brudem saß,
die gesetzt er begieng des grals,
des lambs als gebafteti was,
den zwölff' iüngern mit syn henden,
sich sMs gab er in tu mos.
Das wort gotts fleisch das warlich brot,
machet da fleisch mit dem wort,
vnd vß wyn mrt blkt so sdi&n rot,
ob empfytuhmg nit behort,
das hiter hertz zu vester not,
aUeyn der ghub gn^ embort.
Berumb diß heäig sacrament,
erend ser dem&tigliok,
der alten ewys enberend,
halttend diß mnv andechtUch,
der vest gloub sy vns bewerend,
den synen er gnad verlieh.
Dem geberer rnd dem gebornen,
syg lob vnd sueß iuflikeity
heil, er, tagend vßerkomen,
§.9. 15) Vgl. K Nr. 183—186.
268
vnd ge$egnung Mckon bereit,
ir heider geist nach als vamen,
egg Miit glich wirdikeU,
Amen.
f Nr. 133.
Der gmps. Veni creator ipiritus^*) BL 26^ — 27^,
Vom heiligen geist.
KVm ichöpffer goU heiliger geist,
gem&t der dynen heynäfeleist,
mit gnad vom hymel überlast^
die brüst so du geschaffen hast.
Du der eyn tröster bist genant,
die gab vom höchsten gott gesant^
der lebend brunn liebe das fhür,
die geistlich salbung ser gehür.
Du bist die sibenformig gnad,
der rechten hand gotz fynger trad,
des vatters glüpt ton hymelrich,
die Helen machest reden rieh.
Zünd vns das liecht der sgnnen an,
ingüß liebe den hert&en wan^
vnsers libs sweren bloidikeit,
mit lügenden sterck zu ewikeit.
Den fyndt vertrib von vns ferr,
vnd gib vns dynen fryden herr,
das wir durch Vorbereitung din,
alle Schadens mögend einig syn.
Durch dich gib vns dem vatter kunt,
den sun bekennen alle stund,
vnd dich ir beider waren geist,
dz wir dir gloubend allermeyst.
Lob sy dem vatter mit dem sun,
dem heiligen tröster im cammun,
dz vns der sun gotz schick die gab,
des keiligen geists von hymel ab,
Amen.
.9. t6) Vgl. H Nr. 208.
269
Um diese Zeit nahm man in die verdeutschten Andachts-
mid Erbauungsbücher bereits vorhandene Reimübersetzungen
auf, oder versnehte neue dem Original entsprechende. Dies
geschah besonders bei dem deutschen Hortulus animae:
Ortulu$ Amme
Djftet büchUn ein wurtz gart iit
Der iel, die sich dar in erfriet
In einem echowenden leben
Dar durch ir äwigs würt gebe
Am Ende (BL 264):
Getruckt rfi eeUcUch tolendt durch Hans grüningem vff tneer Ueb^
frawen abeni <f verhündxxg in de iar ale ma zalt fiinffzehenhundert
vü ein iar. Straßburg 8». (12 BL Verst., 264 bez. Bl)
In dieser bisher noch völlig unbekannten üebersetzungi?)
des lateinischen Hortulus Animae , der erst 1500 erschien i*),
stehen mehrere Übersetzungen alter Hymnen, z. B. :
f Nr, 134.
Bl. 10. Quem terra, pontus, aethera cet
Den erde, mer und himmel all
eren, anbeten, verkünden,
der die dri beu regiert mit schall,
ließ sich in der arch finden. U. s. w.
f Nr. 135.
Bl. 33. Ave maris Stella cet**)
Gegrüßt syst mores stem,
gottes muter mit hört,
auch alweg Jungfrau gern,
selige himmelport. U. s. w.
f Nr. 136.
Bl. 45. Stabat mater dolorosa *^).
Fac me plagis vulnerari cet.
§.9. 17) PaiiKer (Annalen der lÜtern dentschen Litt.) kennt nnr: ßtrassb.
bei Griininger 1508. I. Bd. S. 452. — Strassb. bei Knoblonch 1507. 8. 277.
— Strawb. 1508. 8. 289.— 8tnuwb. 1509. ZnsXtte 8. 111. — Strassb. 1518.
I. Bd. 8. 852. — NOmb. 1516. 8. 887. — Paris 1518. 8. 412. — Nürnb.
1518. S. 412. - Basel 1528. H. Bd. 8. 187.
18) 8. darilber Panier, Annalen I. Bd. 8. 277. 278.
19) Daniel Thes. I, 204.
20) Leider ist in diesem Exemplare ans der Bibliotbek des Herrn
19
270
Mach mich mit streichen verwundt^
in dem kreuz selig von stund
von deines suns lieb und pflicht.
daß ich nit von flammen werd brent,
o jungfraU; deinen schirm färwend
an dem tag des jüngsten gericht.
f Nr. 137.
Bl. 263. Christe qui lux es et dies cet.
Christe, der bist das liecht und tag,
der nacht vinsterin endecken mag,
des Hechts liecht wirst glöblich geacht,
verkundst das selig liecht mit macht.
Im Jahre 1507 erschien eine andere Übersetzung des Hor-
tuluS; als deren Verfasser sich erst bei der 2. Auflage von 1508, '*)
Sebastian Brandt auf dem Titel nannte.
Li welchem Verhältnisse diese Ubersetzimg Brandt's **) zu
der Nürnberger von 1503 (Riederer, Nachrichten 11. Bd. 159—
168) steht, kann ich nicht ermitteln ; nur so viel weiß ich, dass
die XJbersetzungen einiger Hymnen des Nürnberger Druckes
mit denen in einem mangelhaften Exemplar eines muthmaßli-
chen Hortulus Animae auf der Breslauer Bibliothek überein-
stimmen, so wie auch mit denen in dem niederdeutschen *«).
Hortu I lus anime zu \ Teutsch mit \ auszlegung \
der heiligen \ Mesz. \ In der lobli- \ chen stat
Basel. \ Am Ende : Gedruckt z& Basel durch
Thomam \ Wolff im iar nach der gehurt
chrisH I M . ccccc . xx . au ff den . xxviij . | tag
des Uomungs: selig \ klichen vollendet.
von Meusebach gerade Bl. 46, worauf der Anfang steht, ansgeriBsen. Übri-
gens mag ein Vers daraus geniigen zu zeigen, wie ganz anders und viel
schlechter diese Übersetzung ist als die nachher mitgetheilte.
§•9. 21) Siehe Weislinger, Armamentarium catholicum p. 768. 764.
28) In den Nachrichten über ihn und seine Schriften in Adam Wal-
ther Strobers Beitrügen zur deutscheu Litteratnr (Paris 1827. 8^.) S. 1—35
sucht man vergebens danach; 8. 25 wird nur der Titel dieser Übersetsnng
aus Panzer angeführt
2S) Ortului anime to dude li Gkeprmtet tho Lyptieh 1618. 8^. Schel-
ler, Bücherkunde der Sassisch- Niederd. Sprache S. 141 kennt nur die Aus-
gabe vom J. 1616.
In der Bibliothek des protestantiBchen Seminars zu Straß-
burg. Enthält nach Wckn. KL* S. 722 Nr. XX. die von Bie-
derer aus dem Salus animc von 1503 mitgetheilten Lieder
(Wckn. Nr. 12L 158. 159.), femer die Lieder Wckn. Nr. 786—
789. Dadurch bestätigt sich abermals, dass Riederer's Salus
anime nur der Hortulus anime ist; vgl. die Bemerkung zu
f Nr. 199.
Hymnarius: durch \ dm ganntz Jar ver \ teutscht,
nach ge^ | wbdlicker weyß \ vnnd Art zw \
synngen, io \ yedlicher | llymmis, \ Gemacht ist, \
. Got zu loh, eer, \ vnd preyß, Vnnd j
vT\8 Crista zu trost. \
Der Titel in einer arabeskenartigen Einfassung. (Voran
sechs Blätter: Register. Das Register, des Hymnuspüehls zaigt erst-'
lieh an dye Zeyt, vnnd tag, deß Jars u. s. w.) Dann folgen 268
gezählte Seiten mit den deutschen Übersetzungen in Versen.
Über jeder die Anfangsworte des lat. Hymnus und vier Linien
zu Noten, die nachher eingeschrieben werden sollten, was in
diesem Exemplare aber nicht geschehen ist. S. 267 steht Druck-
ort und Jahreszahl:
Gedruckht zw Sygmundslust , durch \ Josephn
Piemsyeder: in Verlegung \ des Edln, vnnd
Vestn, Görgen \ Stökhls An Sannd Andreas \
abent nach d' geburt Christi \ vnsers Sälyg^
machers. I ym: d524 Jar, \ sahjgkhlichen, \
volendt. \ ")
Nach einem weißen Blatte in einer Arabeskenverzierung
wieder ein Titel:
NachuolgetU etlich \ schöne gepet | vnnd \ Lobgsanng \
zw Got vnd Maria
deutsch und lateinisch.
Dieser Anhang enthält 26 Blätter. Auf der Vorderseite
des 22. steht:
% Jmpssum Äpricis Sigismundi . Anno jc 24.
In diesem Anhange Bl. 9'^.
%, 9. 24) Das Schlosci SigmoncUlust besteht noch : es liegt im Kreise Unter-
innthal im Bezirk Schwaz, s. Staffler's Tirol und Vorarlbei^ (Innsbr. 1842)
1. Bd. Heft 2. S. 669.
19*
272
f Nr, 138,
Ain lobgsanng zun Ostern,
i. Christus ist erstanden
Von des todes fanden
Ein enndt hat nun sein leiden,
Des sol wir leben in freyden. Allehäa.
2. Wer er nit erstanden,
So wer mer pliben in fanden:
Des Te&fls vnd des ewigen todt,
Nit kumen auß der selben not. AUe.
3. Wir sollen alle frölich sein,
Das er nUt leyden vnd mit peyn :
Mit tod und seiner matter groß,
Hai gmadii vns aUer s&nden loß. Alle.
4. So wier mit im erstanden sind,
Vnd worden seines vaters khind:
WöU wir seiner vrstendt gniessen,
Seins diensts sol vüs nit verdriessü. Alle.
5. Last vfks die sind vermeiden^
So m&eg wier leben mit freyden:
Der sich wider der sändt verpflicht,
Dem ist sein vrstent gar ßr nicht. Alle.
6. Seid er frölich erstanden ist,
Soll in ain yeder frommer Christ:
Mit barmhertzikhayt salben.
In den armen allenthalben. AUeluia.
7. Dan er selber gesprochen hat,
Ein gede barmhertzige that!
So yer mein wenigistn leget an,
Dl habt ir mir selber gethan. Allebna.
8. Wier sagen dir lob herr Jesu Christ,
Der da vom tod erstanden pist:
Vnd onns mit deiner marter erlöst,
Vnnd mit deiner vrstend hast getrost. Alleluia.
Wie groß der Abstand ist zwischen Luther und seinen
dichtenden Widersachern, lernen wir immer mehr kennen, seit
uns ihre Schriften zugänglicher werden. Nur in dieser Bezie-
hung hat dieser Hymnarius *^) einige Bedeutung. In dem vor-
§. 9. 25) Ph. Wackemagel hat ihn nicht gekannt. Ich habe seiner bereits
273
stehenden Liede hat der Verfasser eine selbständige Bearbei-
tung des bekannten Christ ist erstanden geliefert^ die noch
leidlich ist, nur darf man sie mit der Lutherschen (bei Ph. Wckn.
Nr. 197) von demselben Jahre nicht vergleichen. Gehen wir
nun aber zu seinen Übersetzungen über, so hört eigentlich jede
Vergleichung auf, und doch sind die beiden Lutherschen schon
in demselben Jahre erschienen (bei Ph. Wckn. Nr. 198 u. 201)!
f Nr. 139.
Veni Creator Spiritus, S. 86 — 88.
f. Khum schöpffer, 0 keyliger Geyst;
Dye gm&et deiner, haymsuechen seyst,
ErftUl, mit hohen gnaden fast:
dye hertz, dye dw heschafjen hast,
2> Der du ein trbster gnennet pist:
Ein gab des^ der, der höchste ist,
Ain gbtUch feur, lieb, leben, prunn:
Ein wäre, geystliche, Salbung.
3. Dw sibenfomäg gnad genand:
Finger der grechten gottes handt,
durchs Vaters terhayß, machst warleich:
der glaubing khelen, reden reich.
4. Entzundt das liecht, der synnen schier:
Ge&ß dye lieb, in der hertzen gier.
Dye swacheit tmsers leibs, berait:
Sterckh, durch dein krafft, in ewigkail,
5. Den veindt verre, von vns abwendt:
den waren frid, vns gib behendt
So dw vns vor beraitten pist:
das wir meiden, was schhdlich ist,
6. Durch dich wissen^ den vater schier:
das auch den sun, erkhennen wier,
Vnd dichy den geisl der baider zwar:
Stkt, altzeit, glauben on gefar,
gedacht in meiner Qeschichte des deutschen Kirchenliedes Anm. 184. Ich
kannte ihn übrigens nur aus einer Schrift des Peter Busch: Theologische
Betrachtung der Evangelischen Wahrheit, von der Communion unter beider-
lej Gestalt, in einigen vor der Reformat. Lutheri schon bekandten Liedern
(Hannover 1782. 8«.) S. 88—85. Außer dem von mir benutzten Exemplare
der Göttinger Universitätsbibliothek kenne ich kcins.
274
7. Lob $ey dem herren vater hhlar:
detn 8on, der von der todten schar
Aufferstuend^ vnd dir trosler reich'
Von weit zw weit, vnd ewigkUeich.
f Nr. 140.
A solin Ortus cardine. S. 13—15.
i. VOm auf vnd nid'gaüg der Suü:
Biß zw dem endt der Erdt, mit wun.
Sing wir ßrstlich cristum, ain hart:
Der von Maria, gepom wardt.
2. Der heylig merer diser weit:
In schwiirem Corper, sich selbs helt.
Das er dmenschhait leiplichen frosi:
Vnd nit verdarb, das er erlbst.
3. Der mueter leib, plib vnuerruckht:
Vnd die ghtlich gnad, in sich truckt.
Tregt der zartten Junckfrawen schoß:
Haymligkait, des nit westy so groß.
4. Alis zartem gschiimign, leibes hawß:
Wirt zhandt, ain templ gottes auß.
Die vnuerruckt, kain man Erkhent:
Emphieng ain Sun, war Got genet.
5. Die heylig Mueter, gporevi hat:
den Gabriel verkhunJen that.
Vnd noch, in ierem leibe trueg:
^ das Johannes, empfant der klueg.
6. Im hey zu Ugen, Er do lidt:
das kripplein dar zue^ nit vermidt.
Er war ernert, mit wenig speyß:
der aUe Thier, ersatt mit vleyß.
7. Uymlisches hbr, erfreidt sich paldt:
die Engin singen, Got mit gwalt.
Den hertlern, war auch offenwar:
der hertter, pschaffer, aller zwar.
8. Dem höchsten Vätern gloria:
seinem Sun, sinng wir groß lob da.
Darlzue des Trhsters m^chtigkait:
sey eer, vnnd danckh in, ewigkait.
276
Merkwürdig, dass sich der alte Hymnussänger so wenig
um ältere deutsche Nachbildungen der lateinischen Hymnen,
die doch damals schon vorhanden waren, gekümmert hat, und
doch scheinen sie ihm nicht fremd gewesen zu sein; er hat es
aber vorgezogen, seinen eigenen Weg zu wandeln. Man vgl.
seine Übersetzung mit der älteren bei Biederer (Nachrichten
zur Elirchen-, Gelehrten- und Bücher-Geschichte 11. Bd. S. 160),
aus dem Hortulus animae von 1503.'^)
f Nr. 141.
Chrisle gui lux es et dies. S. 42—44.
i. Der du d^ liecht pist, vnd der tag
Christe die cinster nacht veryag
tcir glawhen dich, des Uechtes schein:
das dw dich verkh&ndt hast zw sein.
2. Wir bitten dich heyüger herr:
Behiiet vfis all, die nacht vinster.
Sey vnnser rwe, in deiner macht.
Verleich rü«» ain rwesdme nacht:
3. Das vns der schlaff nit über fall:
Noch der veindt, haymliche erkralL
Vnd vnser fleisch, dem selbm verhenng:
Vns mach gegn dir, mit schuld so enng,
4. Vnser awgen, der schlaff begreiff:
das hertz wacht zu dir^ alltzeit steyff,
dein g rechte, bscUrm all diener dein:
So dich lieben, auß hertzen schreyn.
5. Herr vnnser bschirmer sey, vnnd pleyb:
All tvidersaclier, von vnns treib.
Laytt vnns diener, vnnd deine khind:
So mit deim pluet erhhavffet sind,
6. Gedenckh vnnser, 0 herre got:
In schwerem cbiyper, vnnd in not.
Der du, der seien helffer pyst:
Stee vnns alln bey, 0 Jesu Christ.
7. Groß glori sey dem vater nun:
Dartzue seitn aingebornen sun.
Mit sambt des trosters mtxcktigkait:
Yetz vnnd ewig mit frblickait.
§. 9. 26) S. H Nr. 155.
276
Zum Schlüsse noch eine Probe, woraus man sehen kann,
wie die kurzzeiligen Hymnen übersetzt sind.
f Nr. 142.
Aue Catarina. S. 152. 153.
i. Grhe$t seyst Catarina,
Martrerin kh&nigm:
Ein Junckhfraw gott wy erdig:
Mitsamb , tnnd gar gnetig.
2. Kk&nigs Co$H tochter:
Vnd Christo, gar woU nAr:
Ware sponß des Herren :
Dye zw im thet kheren,
3. Dye dich hast verhayssen
Ein sponß gots zw werden:
Mach tns, dem herren werd:
Vnd angn&mh, hye auff erd.
4. Sy gerin der gierten:
da du leydst, dye penen:
Fleusset von dier, mihch:
Lygst zw Syna, leipUch.
5. Erwirb, vmb den herren:
daß wier, den anschawen:
Dartzue, mit dier eingeen
dhyml, zw den engten.
6. Dem höchsten vaitem lob:
Sun, tmnd heyling Geyst, drob
In den hymeln, sey khundt:
Ewig, zw aller stundt. Amen.
Verzeichniss
der im Hymnarius (Sigmundslust 1524) übersetzten Hymnen.
A patre unigenitus Seite 27.
A solis ortus cardine 13.
Ad cenam agni 73.
Agnoscat omne seculum 9.
Ales diei nuncius 238.
Assunt festa iubilea 104
277
Audi benigne conditor 44.
Aurea luce et decore roseo 102.
Aurora iam spargit polum 260.
Ave Catarina 152.
Ave maris Stella 34.
Ave vite vitis 174.
Beata nobis gaudia 88.
Cedat trifititia 167.
Celi decus sanctissime 245.
Chorus nove lerusalem 75.
Christe qui lux es et dies 42.
Christe redemtor omnium 11.
Christe Sanctorum 137.
Clara diei gaudia 112.
Ciarum decus ieiunii 46.
Conditor ahne syderum 1.
Conscendat usque sidera 125.
Consors patemi luminis 237.
Corde natus 16.
De patre verbum prodiens 20.
Dens Creator omnium 219.
DeuB tuorum militum 191.
Dies absoluti pretereunt 38.
Ecce iam noctis 211.
£n miranda prodigia 108.
Etema celi gloria 255.
Etema Christi munera 182. 188.»')
Eteme rerum conditor 226.
Etemi patris ordine 150.
Ex more docti mistico 40.
Exorta a Bethsayda 155.
Exultet celimi laudibus 180.
Eya carissimi laudes 158.
Eya fraterculi 154.
Eya nos socii fide 159.
Festum nunc celebre 82.
Fit porta Christi 36.
G-aude civitas Augusta 122.
§. 9. 27) beide verschieden , nur die letzte Strophe in beiden gleich.
278
Gaude virgo gloriosa Seite 161.
Oaude yisceribus 134.
Gloria laus et honor 55.
Gratuletur omni« caro 28.
Hie est verus Christicola 196.
Hostls Herodes impie 25.
lam lucis orto sydere 213.
lesu Cfariste auetor vite 118.
lesu Corona virginum 199.
lesu tiostra redemptio 84.
lesu quadragenarie 47.
lesu redemptor omnium 198.
lesu redemptor seculi 114. 221. *•)
lesu salvator seculi 142.
In Maria vite via 172.
Lunense coli conditor 235.
tiventor rutili 62.
Iste confessor domini 195.
Lucis Creator optime 228.
Lucis huius festa 110.
Lux ecce surgit aurea 249.
Lux maris gaude 33.
Magno deus potentie 251.
Magno pater Augustine 132.
Martine confessor dei 144.
Martyr Dei qui uni 193.
Martyr egregie 77.
Martiris Christi colimus 127.
Martiris sanctum celebrandum 265.
Kocte surgentes 210.
Nox atra rerum contegit 247.
Nox et tenebre et nubila 244.
Nunc sancte nobis Spiritus 215.
O Christi mater fulgida 107.
O dei sapientia 146.
O lux beata trinitas 207.
O nata lux de lumine 120.
§.9. 28) Seite 114 4 Strophen, Seite 221 5 Strophen, uichts Übereinstim-
mendes. '
279 ,
O Thoma Christi periustra Seite 163.
Onmes fideles plaudite 148.
Omnes supemi ordines 140.
Ortu Phebi iam proximo 184.
Pangat turba clericoruin 116.
Fange lingua gloriosi corpo. 90.
Fange lingua gloriosi
prelium certaminis (11 Str.) 57.
Plasmator hominis 257.
Flaudat letitia lux hodiema 178.
Primo dierum omnium 223.
Quem terra ponthus 129.
Quod chorus vatum 31.
Kector potens verax deus 216.
Rerum creator optime 242.
Rerum deus tenax 217.
Rex Christo faetor omnium 53.
Rex gloriose martyr 190.
Rex sanctorum angelorum 66.
Sacris solennibus 93.
Salutis reddunt gaudia 169.
Salve crux sancta, salve mimdi gloria 79.
Salve festa dies 69.
Salvete flores Martyrum 165.
Sancte Dei pretiose 18.
Sanctorum meritis 186.
Sepe fidem quatiens 176.
Somno refectis artubus 230.
Solennis dies advenit 23.
Splendor pateme glorie 232.
Summe deus elementie 258.
Summi largitor premii 49.
Te lueis ante terminum 208.
Telluris ingens conditor 240.
Tibi Christo splendor patris 139.
Tu trinitatis unitas 253.
Urbs beata Hyerusalem 204.
Ut queant laxis resonare 98.
Vana iudicasti gaudia 202.
Veni creator spiritus 86.
280
Vcni redemptor gentium Seite 3.
Verbum supernum prodiens 5. 96. *•)
Vexilla regis 51.
Virgini» proles opifexque 201.
Vita sanctorum 71.
Vita sanctorum via spes 262.
Votiva cunctis orbita 117.
Vox clara ecce 7.
f Nr. 143.
A solis ortus cardine^^).
1. Von anegeng der sunne klar
bis an ein ende der werlde gar
wir loben den fürsten Jesum Crist,
der von der meit geboren ist.
2. Ein merer aller werlde breit
der legt an sich des knechtes kleit.
er nam an sich menschleiche wat,
daß icht verdurb sein hantgetat.
3. Ein Bloßy der keusche herzen schrein,
dar kam des heiligen geistes schein,
daß sie empfieng ein kindelein,
das trfig verholn die maget rein.
4. Ein haus der schäm irs leibes fein,
das must ein tempel gotes sein,
das nie umbrüert keins mannes art,
von einem wort sie swanger wart.
5. Dar nach gebar sie in vil schir,
sant Gabriel das kündet ir,
imd Johannes das kindelein
erkant in in der muter sein.
6. Do auf ein heu wart er geleit
in ein kripp die was nicht breit:
das scheuet nicht das kindelein.
mit kleiner milch speist in die mäter sein.
§. 9. 29) Seite 5 5 Strophen ganz anders als Seite 96 mit 6 Strophen.
§.9. 30) Von Coelius Sedalius. Daniel Thes. I, 143. Brev. Roman. 3, 1.
Coitae parenHs vUcera für Clausa parentis viscera; 5, 3. 4. quem venire ma-
trii geetiens BapHeta clatuum senserat.
281
7. Sich freunt die kor von himelreicli
und singent die engel all geleich,
den hirten es gekündet wart,
der hirten schepfer von hoher art.
8. Dem höchsten got sei lop geseit,
dem kind und auch der meit
und des heiligen geistes nar
von werlt zu werlt an ende gar.
Vom MSnch von Salsbnrg. Münchener Hs. Cod. germ. 716. BI. 127*^ —
131>, gedr. Altd. BlStter 2, 340. Wiener Hb. 2856, gedr. Kehrein, Kirchen -
und relig. Lieder ff. S. 185. Steht aach in den Wiener Hss. 4494 und 2975.
— In der Wiener 2856 fehlt Str. 6. — Die MGnchener Hb. hat 5, 4. erhmU
an in '-' Die Wiener Hs. 4494. Bl. 62, woTon ich eine Abschrift dem Dr.
AngOBtin Theiner sn Born yerdanke, gew&brt einige besBere Lesarten ala die
fibrigen Hbb., die ich denn aach anfgenommen habe: 1, 8. försten fOr 9üeßen
— 2, 1. merer für füwer — 4, 1. ein haus der eeham für ereeham.
f Nr. 144.
A Boliß ortuB cardine.
1. Verr von der sunne ufegang
nnz zA der erden umbevang
Christum den fdrsten dankent ser,
den gboren hat Maria her.
2. Der Schöpfer diser weite breit
knechtlichen lip hat an sich gleit,
daß er mit lib den lip erret
und nüt verlür das er gschaffen het
3. Der mfiter ader beslossen sint,
die himelsch gnad doch inhin tringt
der lip der megde treit da har
heimlichen schaz verborgen gar.
4. Das hus des kuschen herzen rein
ein tempel wirt schier gots allein;
gar unberürt weiß sie kein man:
mit einem wort ein kint sie nan.
5. Geboren hat die schöne meit
den Gabriel hat vor geseit
den mAter lip treit als ein kint
bsloBsen, Johannes wol empfint.
282
6. In höwe lit das kintlm hüt,
ein kripfiin klein versmaht es nüt.
mit wening milch es gspiset ist,
durch das der mfiter nüt ge brist.
7. Sich fröwet alles himelsch her,
die engel singent got nun er,
den hirten wirt hüt offenbar
ein hirt und Schöpfer aller zwar.
8. Dem obem vater si nun er,
dem sun si gseit ouch lop vil mer,
dar zu dem heiigen geiste rein
nun und durch alle weit gemein.
Von Heinrieli Ton Laofenberg. StraObnrg. Hb. B. 121, Wckn. Nr. 760.
Hj. 2, 3. errat: hat —
Lnther^s Übenetznng yom Jahre 1524. Wckn. Nr. 201., eine spätere:
Lasst uns von henen singen all, in: Form vnd ordnnng Gajstlicher Gesang
Tnd Psalmen, Angsb. 1633, bei Wckn. Nr. 661.
f Nr. 145.
Ad cenam agni providi^O-
1. Zu essen das osterlemmelin
suUen wir wiß gekleidet sin.
nach des roten meres gang
singen wir Christo den lobesang.
2. Sin heiliger lip am cruze stunt
dürr imd in den tot verwunt.
sin fleisch, sin blut ist unser trost:
des loben wir got nach herzenlost.
3. Der engel der Egypten slug
der hat uns geschonet genug:
wir sin Pharaon entgangen,
der uns hielt vil hart geyangen.
4. Crist ist unser oster worden:
wie ein lam ließ er sich morden.
er ist uns fleisch und ein süßes brot
wider ewigen hunger in aller not.
5. Wirdiger hostien nie man gesach
wan dise die die helle zubrach:
§.9. 31) Daniel Thes. hymnol. T. I. p. 88 ohne unsere letzte Strophe.
283
sie hat erlöst der werlden gerangen I
und ist mder zu himel gegangen.
6. Crist ist us dem grabe erstanden,
fii worden von des todes banden.
den vient in der hellen hat er gebunden,
das paradis ist uns wider fanden.
7. Herre, mach uns von sunden quit
in diser österlichen zit!
beschirme uns armen kristeniute
und laß uns freuen mit dir hüte!
8. Lop si dir, herre Jesu Crist,
der von dem tode erstanden bist!
dem yater, dem' heiligen geiste imd dir
danken wir nu und immermer.
Pp. Hs. 1460 fol. Nr. 47. Bl. 90 in der Bibl. des kathol. GymnuAituns
sn Köln. — Hb. 2, S. iß — 4, 1 . im« otter — 7, 4. fratten.
f Nr. 146.
Agnoscat omne seculum^^).
1. Bekenn nun alle weite schon,
daß komen ist des lebens Ion.
nach scharpfes vients grimikeit
ist uns erlösung nun bereit.
2. Isaias het vor gedacht
das in der maget ist volbracht,
und was der engel het verkunt
das würkt der heilig geist zestunt.
8. Marien lip empfangt vil zart
ein wort von hohes samen art
den alle weit nit tragen mocht,
den het der megde Üp gebrocht.
4. Die würz von Josse het geblügt
und uf der rAten fruchte trügt,
gar finchtbar gbirt die maget ein
und blibt doch magt und mfiter rein.
5. In einer kripfen lit er hie
der tag und nacht het gschaffen ie.
§.9. 82) Daniel Thes. I, 159. Für die Schlnssstrophe im Dentachen fehlt
die entsprechende lateiniflchp. Vf. Venantlaa Fortnnatnii.
284
mit yaterB kraft er dhimel macht,
den dmfiter hie in tfich verdacht.
6. Von dem die weit gesatze nint,
des auch die zehen gebot sint,
ein demüetiger mensch der wart
imter gesatzes banden hart.
7. Adam der alt was der versert,
Adam der nüw das widerkert;
was der mit hoffart het yemicht,
das het diss dem&t ufgericht.
8. Nun ist gebom liecht und auch heil,
vertriben nacht und todes teil:
kument, ir beiden, glaubent gar,
got het Maria gboren zwar!
9. Lop si dir, lieber herre Crist,
der von der magt geboren bist,
mit vater und dem geiste rein
nun und durch alle weit gemein!
Heinrich von Laafenberg, 8tra6b. Hs. Bl. 121 mit der Jahrssuhl 1418.
Wckn. Nr. 766.
f Nr. 147.
Ave maris stella^^).
1. Got grüße dich, lichter meres stem,
alleine wirdig got zu gebem !
ewige jimgfraue tugentrich,
selige porta des himehich!
2. Der engel hat dich Ave genant,
den namen Eva umbgewant.
mit gotlichem fride vor uns steh,
daß uns kein übel anegeh!
3. Die bände der sunden frau entbint!
erluchte uns annen, wir sin blint!
von allem arge mache uns fril
alleine gutes mit uns si!
4. Erzeige daß du unser muter bist
imd bitte den herren Jesum Crist,
der von dir geboren ist,
daß er uns verlihe gnaden frist!
§. 9. 38) Daniel Thes. hymnol. T. I. p. 204.
285 _
ö. Einige Jungfrau der niemant glich,
über alle sanftmütig, tugentrich,
mache uns sanftmutig, kusch und rein,
lose uns von sunden alle gemein!
6. Maria, verlihe uns luter leben!
sichern weg bereite uns eben!
so daß wir Jesum mit dir scbauwen
und uns ewig mit dir frauwen.
7. Lop si dem yater und dem sone
Christo hohe zicrde schone,
dem heiligen geiste dank und ere
vor und nu und immermere!
PpHs. 1460 fol. Nr. 47. Bl. 66^' and 90>» in der Bibl. des kathol.
Gymnasioms su Köln.
Hs. A. 3, 2. alle (armen) — 5, 2. hoben allen eachimudige — 5, 3.
tachimutig — 6, 3. Christum (mit dir) — 6, 4. uch (dir) — 7, 2. Jesu
Christo Zierde schone,
Hs. B. 5, 2. hohen allen sachmudig.
f Nr. 148.
Ave praeclara maris Stella.
Ich grüeß dich gerne, mores steme,
luceme
aller kristenheite, zu got uns beleite. ff.
Vom Mönch von Salzburg. Ans der Wiener Hs. 2866 in Kehrein, Kir-
chen- and rel. Lieder 8. 160 (nebst lat Texte).
Im Serapenm XI, 107. ist eine Kloster - Nenbnrger Hs. yerzeichnet:
y^Hymnns: Landa Sjon nnd Ave praeclara. Deutsch. 1418. Cod. 533 *<,
enthSlt wol dieselbe Übersetzung.
f Nr. 149.
Ave praeclara maris stella^^).
Ave durchleuchte
stem des mores, on feuchte
entpfangen, ufgangen
den beiden zu freuden. ff.
1. Fl. Bl. in folio Aue preclara getutet durch Sebastianum Brant. Am
Ende: Gedruckt zu Tübingen, Mit Choralnoten wie auch im Kölner GB.
1619. Bl. 16ll> (Mensebachsche Bibl. Mittheilnng Lud^¥. Erk*s).
§.9. 34) Von Herniannus Contrnotos, s. Daniel Thes. 2, 82.
20
_286_
2. In Vehe's OB. 1537. Nr. 47 (bei Wckn. Nr. 181). Nach obigem
alten Drucke habe ich den Vehe'schen Text in meiner Ausgabe des Vehe
berichtigt und dazu Seite 129 einige der wichtigeren Lesarten mitgetheilt.
Die Bearbeitung des Sebastian Brant ist ein Machwerk, das sich ilngstlich
an das Lateinische hSIt und nicht allein für eine schlechte Übersetsung, son-
dern auch für ein schlechtes Gedicht betrachtet werden muss; sie ist wenig-
stens nicht geeignet, daraus den poetischen Beruf des vielgepriesenen Man-
nes abzuleiten. Brant*s Deutschung muss übrigens sehr verbreitet und be-
liebt, gesungen, geschrieben und gedruckt worden sein, sonst würde wol
schwerlich Yehe sie aufgenommen haben *^). Übrigens ging sie weder in
Leisentrit noch Corner über.
f Nr. 150.
Ave vivens hostia^^).
1. Ave lebendigs oblat^
warheit und das leben^
in dir allen opfern hat
got ein end gegeben,
durch dich wirt der majestat
lop und preis gegeben,
durch dich auch die kirchen stat
schön bewart und eben.
2. Ave vas der senftikeit,
Schrein durchsüßer sinnen,
§.9. 36) So meine Bemerkung zu Vehe S. 128.
36) Ave yivens hostia
Teritas et vita,
in qua sacrificia
cuncta sunt finita,
per te patri gloria
datur iniinita,
per te stat ecclesia
iugiter unita.
Ave vas clemencie,
scrinium dulcoris,
in quo sunt delicie
eoelici saporis,
veritas snbstancia
tota salvatoris,
sacramentum gracie,
pabulum amoris.
Hs. 2, 3. 4. in qua s. d. celicis saporis.
287
dar innen wünn und luBtes weid
himels smack beginnen,
wärlikeit der «enlikeit
heilandes außen und innen,
sacrament genaden breit
mit götlicher minnen.
Münchener Cod. germ. 444. Bl. 14*, vom Jahre 1422 zagleich mit dem
lat Texte. (Mittfaeil. Dr. G. Scherer's). — Hs. 1, 3. oppher ~ 1, 5. dich tod
anderer Hand — 2, 8. mynne,
f Nr. 151.
Ave vivens hostia.
1. Ich grüß dich, lemtigs hostia,
du warheit und das leben!
in dir sint alle opfer verbracht
und all^ sund vergeben.
große glori wirt dem vater durch dicA
auf ertreich hie gegeben,
und die salig Christenheit
ist sicher des ewigen leben.
2. Ich grüß dich, vas der senftikeit,
der mildikeit ein schreine!
in dir ist alle woUustikeit
der Atmelischen freuden.
ich lob dein wäre menschlicA^'t
hie mit meinem singen^
du sacrament der barmA^zikeit,
du speis der gotlichen minne!
3. Ich grüß dich, lemtigs himelbrot,
du wäre ^eis der sele!
ein sicher gevert bis uns in tod,
so wir müßen sterben!
ein wäre erznat du uns bist
für all totleich sunde,
wer im Christen gelauben ist
imd darin wirt . erfitmien.
4. Ich grüß dich aller freuden vol,
der saligen em leben,
und armen sundem ze hilf und ze trost
h(wf dich selber gegeben.
20*
288
ein große freiheit hat der man
hie auf diser erden,
daß er dich selber nießen kan
sein got und seinen herren.
5. /eh grüß dich, war fronleichnam zart,
du ro^envarbes bluetel
wen mein sei muß an die fart,
schick mir dein werde mueter,
als du um gesprochen hast,
du hast genaden Amden.
iehüt mich vor des teufeis has
durch dein heäig fünf wunden!
6. Ich schrei zu dir in großem schal,
Maria, du liebe mueter!
behüt mich vor dem jamer al
der hellischen gluete!
ich trau dir wol, daß du last mich nicht
zu gewalt den helliscA^ hunden:
du bist mein höchste zuversichf,
nim mein sei aus meinem munde!
MOnchener Cod. lat. 6034 (Ebenb. 234.). Bl. 83•~84^ XV. Jahrh.
(Mitth. Dr. G. Scherer^s.) — Die Hb. ist sehr beschnitten, die fehlenden Bach-
Stäben sind hier ergänzt und durch Cursivschrift angedeutet. — Hs. 4, 3.
9und* — 4, 6. erde — 6, 7. von (vor) — 6, 6. nit (nicht),
f Nr. 152.
Ave vivens hostia.
In späteren OB. 18 Strophen: Kölner GB. 1619. BI. 1341». Corner GB.
1625. Nr. 205. lat. und deutsch; im Heidelb. GB. 1629. S. 226 nur deutsch,
mit der Überschrift: „Ein altes Gesang bej der H. Me3 zu singen.**
Gegrüßt seist du, heiligs Opfer rein,
Du Wahrheit und das Leben!
Durch dich ist alln Opfern ingemein
Ihr billig Endschaft geben.
Dui'ch dich dem Vater in Ewigkeit
Wird Lob und Preis verjehen,
Durch dich wird gemeine Christenheit
Bewahrt und wohl versehen.
Kyrie eleison, Christe eleison,
Gelobet seist du ewiglich!
289
Spftter sehr ab^ekttnt: das NeiBer GB. 1663. Nr. 129. hat nur yom
alten Texte Strophe 1. 8. 4. 5. 7. 8. 13. 14.
f Nr. 153.
Christe, qui lux es et dies^'').
1. Christa, du bist Hecht und der tag,
du deckest ab die vinstem nacht,
des Hechtes liecht ie in dir lag,
der Bälden Hecht hat aus dir bracht.
2. Wir biten dich, heiHger herr,
bewar uns heint in diser nacht!
gip nie in dir daß uns icht ferr
ein ruesam nacht in unser acht!
3. Uns won kein sweres slafen zue
noch daß der veint uns icht bekor,
das fleisch im kein yerhengen tue,
davon wir dir sten schuldig vor.
4. Die äugen slafens sein begreif,
das herz dir wach zu aller stunt,
dein zesem ze schernien icht entsleif
die dich Hep haben in herzen grünt.
5. AnbHck uns, unsers heiles kempf,
und wider wirp der sunder gluet!
hilf uns daß er die icht vertempf
die da erlöset hat dein pluet!
6. Gedachtig bis, o herre milt,
an uns in disem sweren leib!
du bist aUein der sele schilt:
nu won uns bei, von dir nicht treib!
7. Got vater immer glori sei
imd auch seim eingeboren sun,
dar zue dem geist, des trost ims bei
sei ewigleichen in aUem tun.
Vom Mönch von Salzburg. Gedruckt nach der Wiener Hs. 2866. Bl.
228«*^. und Bl. 242«* >> (hier nur die 4 ersten Strophen) in Kehrein, Kirchen-
§. 9. 36) Wol nicht älter als das VII. Jahrh. Die Texte weichen nur wenig
Ton einander »b: Mone Hymnen I, 92. Nr. 70. Daniel The». 1, 33. Wckn.
Nr. 21.
_ 290
und relig. Lieder ff. S. 161 und 186 and danach hier. Steht auch in der
Wiener Hb. 2976. und dem Münchener Cod. germ. 715. Öl. 106«— 108*»)
Eine andere Übersetznng, ebenfalU ans dem XV. Jahrh., in Cod. theol.
80. Nr. 19. auf der öffentl. Bibl. su Stuttgart. (Mittheil. Fr. Pfeiffer'».) Die
erste Strophe mag genügen:
% Nr. 153. A.
Christe, der du bist liecht und tag,
der nacht finstrin bedecken mag,
des liechtes liecht geloben wir dich,
das selb liecht kündet offenlich.
f Nr. 154.
Christe, qui lux es et dies.
Christe, der bist das liecht und tag,
der nacht vinsterin endecken mag,
des liechts liecht wirst glöbüch geacht,
verkündet das selig liecht mit macht, ff.
BI. 263. im uOrtulus Anime — Getmckt — durch Hans grüningem'^
Strasburg 1501. 8». (Meusebachsche Bibl.)
Eine andere Übersetasung in einer andern Ausgabe des Hortulus Animae
nNüremberg durch Hieronymum Höltzel^ 1603. *•)
f Nr. 155.
Christe, qui lux es et dies.
1. Christ, der du bist das liecht und tag,
die vinstemuß der nacht verjag.
wir glauben dich des liechtes schein,
das du dich verkündet hast zu sein.
2. Wir bitten, herre, dein heilige gut,
daß sie uns dise nacht behüt.
sei uns ru in deiner macht,
verleih uns ein r&ige nacht.
§. 9. 87) Im Register hei8t es von diesem Hymnus also : den ympnum
singt und list man ze den completen. wer den mit andacht bei der nacht
spricht, den mag der tiefel nicht angeweigen noch kein swerer träum zuge-
fallen. Altd. Blätter 2, 828.
88) Das scheint mir nämlich das von Riederer unter dem Titel: Sa-
lus anime, beschriebene Erbauungsbuch zu sein, auch wenn der von ihm
aus Bl. 1 seines unvoUstfindigen Ezemplares gefolgerte Titel richtig ist; s.
J. B. Biederers Nachrichten zur Kirchen-, Qel ehrten - und Bücher-Geschichte
II. Th. S. 169 ff.
201
3. Daß nit ein schwerer träum zAfal,
noch lins begreif des veindes schal,
daß nit das fleisch verwillig im
und uns schuldigen schaff dein grim.
4. Unser äugen der schlaf begreif,
das herz wach zu dir allezeit steif;
dein recht hant wöU beschirmen, herr,
dein diener, die dich lieben ser.
5. Herr, unser schirmer sei und bleib,
all Widersacher von uns treib;
dein diener, herr, regier und tröst,
die du hast mit deim blAt erlöst.
6. Gedenk an ims, o got und herr,
in disem leib, der uns ist schwer;
du der der seien schirmer bist,
o herr uns beiwon Jesu Christ.
7. Wir schreien zft dir, rAfen an,
nit wollest uns in nöten lan.
eil bald und nit zu lang verzeih,
dein hilf die wone uns armen bei !
8. Got vater, dir sei lop und er,
Ohrist eingebomer son und herr,.
und dem tröster geist damit
nun und zu ewiger zit!
Dieser Text erhielt sich sehr lange in der kathol. Kirche. Leisentrit
OB. 1567. 1. Th. Bl. 346 hat ihn mit wenigen Abweichungen; die bedeatend-
Sien sind etwa: 1, 4. dich hott verkündt — 2, 2. unser für uns — 8, 4. und
erweck vrider uns dein grim — 6, 4. o steh uns hei, herr Jesu Christ. Str. 7
fehlt und Str. 8 lautet also:
Got dem vater im höchsten tron
sei lop und ehr samt seinem son,
desselben gleich dem heiigen geist
von nu au bis in ewigkeit.
Spatere OB. haben den Leisentr. Text, z. B. die Kölner 1610 und 1619
Bl. 57. Conier GB. 1625. Nr. 26.
Eine vemiederdeutschte Übersetzung hie von steht Bl. Ixx im Ortulus
anime to dude. Lypsick 1513. 8<*.
292_
f Nr. 156.
Christe, qui lux es et dies.
1. Christe, der du bist tag und licht,
vor dir ist verborgen nicht.
du veterliches lichtes glänz,
ler uns den weg der warheit ganz!
2. Wir bitten dein götliche kraft:
uns behüt, herr, m diser nacht,
bewar uns, herr, vor allem leit,
got vater der barmherzigkeit!
3. Vertreip des schweren Schlafens frist,
daß uns nit schad des feindes list,
das fleisch in züchten reine sei,
so sein wir mancher sorgen frei,
4« So unser äugen schlafen schir,
laß unser herze wachen dir,
beschirm uns gotes rechte hant
und lös uns von der sünden bant!
5. Beschirmer, herr, der Christenheit!
dein hilfe stark sei ims bereit,
hilf ims, herr got, aus aller not
durch dein heilige fiinf wimden rot!
6. Gedenk, herre, der schweren zeit,
damit der leip gefangen leit!
die sele die du hast erlost,
der gip, herr Jesu, deinen trost!
7. Got vater sei lop, er und preis,
darzfi seinem sune weis,
des heiigen geistes gütigkeit
von nun an bis in ewigkeit!
Aus dem Enchiridion von 1527, bei Wckn. Nr. 270. Erst im Joh.
Zwickschen GB. von 1640 unter des Dichters Kamen: Wolfgang Menßlin.
Spätere GB; haben kleine Abweichongen ; vgl. Wckn. zu Nr. 270.
In einem Lutherschen GB. 1524 steht eine andere ITbersetsong ; die erste
Strophe lautet:
Christ der da bist das licht und tag
das die vinstemiß der nacht verjagt,
des lichtes glänz dich gleubet man,
das heilig licht hast kunt getan.
293
f Nr. 157.
Conditor alme siderum^*).
1. O heiliger schepfer aller steme,
o ewiges licht, dir glauben wir gerne;
Crist, erloser unser allen,
laß dir unser gebete gevallen!
2. Von miteliden du wol wüst
der werlden totliche verlust:
dar umb hast du sie getrost
und von sunden nu erlost.
3. Do uf den abent die werlde gienc,
ein reine Jungfrau dich entpfienc,
durch die du quamest in disen tal,
wie ein breutegam us sinem sal.
4. Dir werden gebeuget alle knie
in himel und uf erden hie«
wir sin zu dienen alle gereit
diner starken almechtigkeit.
5. Wir biten dich, herre Jesu Crist,
der ein zukunftiger richter ist,
behüte uns in diser kurzen frist
vor al unser viende argelist!
6. Lop und kraft in ewiger eren
si dir gote unserm heren,
dem wir dienen als du wol weist,
0 vater, son und heiliger geist!
PpHB. 1460. fol. Nr. 47. Bl. 91« in der Bibl. des kath. Gymnasiums
flsn Köln. — Hs. 1, 2. dir sehen wir — 1, 4. vf\ße geberde — 2, 1. too9t —
4, 1. geboget alle hney — 6, 2. dor C^^)'
§. 9. 39) Daniel Thes. hymnol. T. I. p. 74.
294
f Nr. 158.
Conditor alme siderum^®).
Got, heiiger Schöpfer aller stem,
erleueht una die wir sein so fern,
daß wir erkennen Jesum Christ,
der für uns mensch geworden ist.
Leisentrit GB. 1567. I. Th. Bl. 1. 3^ 6 Strophen. Die Übersetzung ist
viel ülter, sie gehört wol noch in die zwanziger Jahre des XVI. Jahrh. Sie
ist bereits niederdeutsch vorhanden in: „Geystlike leder vnd Psalmen ff.
Gedruckt tho Magdeborch dorch Hans Walther. 154d.<< Wckn. Nr. 807.
Diesem niederd. Texte liegt aber ein hochdeutscher su Grande, wie die Reime
deutlich darthun, z. B. kemmerlyn: rem, knee: hyr^ u: frUt.
f Nr. .159.
Corde natus ex parentis*^).
1. Us dem väterlichen herzen
ist er geboren ewenclich,
anfange end heist er on scherzen
und ein brunn der gnaden rieh,
aller ding die ie sint worden
und auch werdent künfteclich
nun und iemer ewenclich.
2. O geburt in lob erkoren,
0 magt und gebärerin!
unser heil hat sie geboren
von dem heiigen geiste fin,
und das kint, der weit erlöser
ist gar selig kernen her
nun und iemer ewenclich.
3. Himels hohi sol nun singen
und auch alle engel sin,
alle kraft sol hoch erklingen
got ze lob dem kindelin,
und kein zung sol nit geswigcn,
alle stimm sol tönen sich
nun und iemer ewenclich.
§. 9. 40) Mone Hymnen 1. Th. S. 47, damit stimmen alle deutschen Stro-
phen; nur für die 5. deutsche findet sich keine lat.
41) Von PrudentiuÄ, Daniel Thes. 1, 122.
295 _
4. Den die wisen hant verjehen
aller weit von alter har,
den Propheten hant gesehen
in aller geschrift fürwar,
der gat us in heiigem schin,
alle ding sont loben in
nun und iemer ewenclich.
5. Alt und junge sagt im ere
und der kleinen kindli schar!
all mfitren und megde here,
reinen döchtem, kument har!
singent im mit küscher stimme,
mit getöne süßeclich
nun und iemer ewenclich!
6. Jesu Ciifit und vater riche
und dir, heiiger geiste fin,
sig lop und 6r ewencliche
und dank aller gnaden din!
kraft und macht und überwinden
sing ich dir in dinem rieh
nun und iemer ewenclich.
Straßb. Hs. B. 121. 4«. XV. Jahrh. Wckn. Nr. 778. — Hs. 4, 5. in
sinem h. Diese Übersetzung blieb unbekannt. Im XYI. Jahrh. sang man
andere, bei den Reformierten die von Job. Zwick 1640 (Wckn. Nr. 562.),
bei den Katholiken die von Georg Wicelius 1541 (Wckn. Nr. 837.) , bekann
ter geworden durch Leisentrit GB. 1567 I. Th. Bl. 2ß^.
f Nr. 160.
Dies est laetitiae*^).
1. Der tag der ist so freudenreich
aller creature,
wan gotes sun von himelreich
über die nature
§. 9. 42) Bei Mone Lat Hymnen 1, 62. Nr. 47. 9 Strophen nach Ab-
drücken und einer Hs. des XY. Jahrhunderts. Sehr richtig bemerkt Mone:
„Das Lied ist überarbeitet und erweitert worden, es sind aber mehr Hss.
nöthig, tun die ursprüngliche Gestalt wieder zu erkennen, denn bei den Ab-
drücken weiB man das Alter und die Beschaffenheit ihrer Quellen nicht.'* -«-
Daniel Thes. 1, 330. hat nur 4 Strophen, die gewöhnliehen: Dies — Orto
— Ut vitrum — Angelus.
J
2or>
von einer mait wart er geboren.
Maria du bist außerkoren
aus der engel schare,
wer gesach so wunder gleich?
wan gotes sun von himelreich
der ist mensch geboren.
2. Ein kindelein so löbiglich
ist uns geboren heute
von einer jung&aun inniglich
zu trost uns armen leute.
war uns das kintlein nicht geboren,
80 war wir all zu mal verloren,
das heil ist unser aller.
o du süßer Jesu Christ,
seit du mensch geboren bist,
behüt uns vor der helle 1
3. Als die sunn durchscheint das glas
mit irem klaren scheine
und dennoch nicht verseret das,
das merket all gemeine I
zu gleicher weis wart er geboren
von einer jungfraun außerkoren
gotes sun der werde,
in ein kripp wart er geleit,
große marter er für uns leit
hie auf diser erde.
4. Drei kunig fein und löbelich
die zugen nach dem steme:
es war ein junger kunig gebom,
sie weiten in sehen gerne.
sie namen mit in wol reichen solt:
weirauch, mirren und das golt,
sie zugen all gemeine.
sie vielen nider auf ire knie,
das kint empfieng das opfer schier
und die muter seine.
5. Do das opfer wart volbracht
wol von den kunigen dreien,
sie namen wider urlaup drat
und zugen all gemeine.
297
der steren fiirts in Bolcher frist,
daß sie zu Heroden kamen nicht.
er begnnt ze fragen
auf dem velde nach der zal,
nach dem kintlein überaU,
die kintlein ließ er töten.
6. Die herter auf dem velde waren,
sie sagten die neuen märe^
es war ein junger kunig geboren,
den würd man sehen gerne,
ein kunig über alle kunig so groß:
das Herodem ser verdroß,
er ließ es suchen mit Beiße
auf dem veld wol nach der zal
umb das kintlein überall,
die kintlein ließ er töten.
7. Joseph nam das kindelein
gar lieplich in sein hande:
Maria, liepste fraue mein,
nun ziech wir aus dem lande.
ich furcht, wir sein in großer not
durch deines lieben kintleins tot,
da mit umbfach das selber,
ziech wir in Egyptenlant,
das ist Herodi unerkant,
tmd volg nach meiner lere !
Am Endo einer Ha. der Gräzer Univ.-Bibl., Mg. || fol. XV. Jahrhundert
(Mittheil. Prof. Weinhold's.) Das Lateinische wechselt mit dem Deutschen,
stimmt aber nicht immer znm letzten. Die lat. Strophen folgen nach Mone's
Text also 1. 3. 6. 2. 6. 4, bei der letzten deutschen Strophe fehlt die latei-
msche. Den deutschen Strophen 4. 6. 7. findet sich überhaupt kein ent-
sprechender lat. Text. In Comer's GB. 1626. Nr. 56. kommt filr unsere 4.
und 7. Strophe eine tthnliche vor, und für 5. folgende (dort die 7.):
Und da das Opfer war vollnbracht
Dem Kind als Gott dem Herren,
Da nahmens Urlaub mit Andacht
Und zogen wieder ferre.
Der Stern weist sie in solcher Gschicht,
Dass sie zu Herodes kommen nicht.
298 _
Da sandt er seine Boten
In die Häuser ohne Zahl
Nach dem Kindiein überall:
Herodes ward betrogen.
Merkwürdiger Weise findet sich der Qi^zer Text in dem Müncheuer
Cod. germ. 444. Bl. 20« - 2lh vom J. 1422. (Mittheil. Dr. G. Scherer^s)
ebenso, nur sum Theil minder gut, lateinisch und deutsch, das Lateinische
in dieser Folge: Dies — Orto — Mater — Angelas — In obscnro — Ut
Yitrum und entspricht eben so wenig dem folgenden deutschen Texte wie in
der Qräzer Hs. Die Hauptabweichungen des Münchener Textes: 1, 3. wann
auch got v(M Ä. — 1, 6. Ut (wart) — 1, 7. throne (ichare) — 1, 8. wun-
derleich — 2, 3. aewberleich (inniglich) — 2, 9. wann (seit) — 3, 1. Recht
als die eünn durch get das glaß — 8, 3. vnd sie sieht (sie) nicht verseret
hat — 3, 6. Gleicher weiß gepom wart — 3, 6. Von eyner iunekfrawn 2art
— 3f 9. Oroß not er durch vns leyt — 4, 1. Drey edel hünig hochg^om —
4, 2. erkanten in an dem atem — 4, 3. es wer ein künig hochgepom — 4, 4.
aehawen (aehen) — 4, 5. großen (reichen) — 4, 6. vnd auch daa goU — 4,
7. eiUen (zugen) — 4, 8. 8y knyten (vielen) — 4, 9. Daa opfer enpfing der
künig achir — 4, 10, reyne (aevne) — 6, 1. Becht ala daa oppffer wart getan
— 6, 2. reynen (dreien) — 6, 3. von dann (drat) — 5, 5. 2to adlcher ge-
eicht (in aolcher friat) — 6, 7. Sy begunden aer zw fragen — 6, 8. In dem
lande ane tzal — 5, 9. nach den künigkleichen Über al — 5, 10. 8y Tiaben
m betrogen — Str. 6 besser:
Die hirten auf dem felde warn, (Hs. hüten)
erforen neue märe
Ton der engelischen schäm,
wie Crist geboren wäre,
künig über alle künig groß.
der rede Herode ser verdroß,
er sant aus seinen boten.
eia wol ein bösen list (Hs. böser)
gedacht er über Jesum Crist!
er lieB die kintlein toten.
7, 2. gar tzart auff aeinen arm — 7, 3. Mtaria müter reyne meyd — 7, 4.
fehlt — 7, 5. Wir kümen in große not — 7, 6. fehlt — 7, 9. Do iat rna
große frewd erkant.
Ein dritter alter Text im Münchener Cod. Iat. 2992. (Amb. Franc. 12.)
Bl. 240> — 2421*, aus ^em XV. Jahrh. , enthält nur 5 Strophen und zwar in
dieser Folge: 1. 2. 6. 3. 4, stimmt mit dem Münchener Cod. germ. 444,
namentlich Strophe 6.
In der Rloster-Neuburger Hs. 1228. ein Text von 4 Strophen, s. Mone
Anzeiger 8, 352.
299_
f Nr. 161.
Dies est laetitiae.
1. Der tag der ist so freudenreich
aller ereature,
denn gottes son von himelreich
über die nature
von einer Jungfrau ist geboni.
Maria, du bist außerkom,
daß du muter wärest.
was geschach so wunderleich?
gotes son von himelreich
der ist mensch geboren.
2. Ein kindelein so löbelich
ist uns geboren heute
von einer Jungfrau seuberlich
zu trost uns armen leuten.
war uns das kintlein nicht gebom,
so war wir all zumal verlorn,
das heil ist unser alle,
ei du süßer Jesu Christ,
daß du mensch geboren bist,
behüt uns für der helle!
3. Als die sonn durchscheint das glas
mit irem klaren scheine,
und doch nicht verseret das,
so merket all gemeine:
gleicher weis geboren wart
von einer Jungfrau rein und zart
gotes son der werde,
in ein kripp wart er geleit,
große marter für uns leit
hie auf diser erde.
4. Die hirten auf dem felde warn,
erfuren neue märe
von den engelischen schäm,
wie Christ geboren wäre,
ein köng über alle könig groß.
Herod die red gar ser verdroß:
300
aufi sant er seine boten,
ei wie ein gar falsche list
erdacht er wider Jesum Christ!
die kinüein ließ er töten.
Wittonb. GB. 1686. (Wckn. Nr. 793.) — Witsel« Psaltes eccles. 1660.
Bl. 69« (Wckn. Kr. 134.) etwas abweichend: 1, 7. 8. au$ der enget tronen.
wer $ahe je eolcha wunderleichf — 2, 8. 9. eia $. J, Chr,, weil du — 4, 4.
wie das geh. — Dagegen stimmt Vehe's GB. 1587. Nr. 16. mit dem Wittenb.
Texte gans überein, nur hat es eine Strophe mehr, eine 6:
Die edle könig hocbgebom
erkanten an dem steme,
wie das ein kintlein war gebonii
das wolten sie schauen gerne,
sie namen mit sich reichen solt,
Weihrauch, myrr und auch das golt,
sie eilten all gemeine,
sie fielen nieder auf ire knie,
das Opfer empfieng der herr von in
mit seiner muter reine.
Auch bei Leisentrit GB. 1667. I. Th. Bl. 19 und im Münchener GB.
1686. BL 4l> diese Strophe. 8p&tere kath. GB. folgen dem Wittenb. Texte.
Das Kölner GB. 1628 hat für die 3. Strophe diese :
In dem Stall ward heut gebom
Die Klarheit der Sonnen.
In ein Kripp ward heut gelegt
Unsers Herzen Wonne.
Sie binden ihm die Ärmelein,
Der erschaffen Sternen fein
In dem Himmel droben.
Selig seind die Brüste fein,
So dies kleines Kindelein
Lieblich hat gesogen!
Wie der deutsche Text erfuhr auch der lateinische in späterer Zeit
manche Erweiterung: in dem Münchener GB. 1686. Bl. 8. 4. ist er zu 9
Strophen ausgesponnen, darin auch die der eben angeführten deutschen ent-
sprechende lateinische:
In obscuris nascitur
Illustrator solis,
stabulo reponitur
princeps terrae molis cet.
Das Kölner GB. 1608 hat unsere Strophen in dieser Reihe: 1. 3. 2,
und vor 2 noch eine eigene (s. Wckn. Seite 867).
O Maria, Rosenblttth.
sm _
In Comer*8 OB. 1625 Nr. 55. 9 lat. und Nr. 56. 9 deutache Strophen;
die lat. dieselben wie bei Mone Hymnen 1, 62. und im Münchener GB. 1586,
nur in anderer Folge.
Das Lied: Ein Kindelein so löbelich, kommt zwar als sweite
Strophe unseres Liedes vor, es scheint mir aber außer allem Zweifel, dass
es ursprünglich ein selbständiges Lied war, weshalb ich es denn auch als
solches unter Nr. 89. aufgeführt habe. Luther und seine Zeitgenossen er-
wähnen nur immer: Ein Kindelein so löbelich, nie aber: Der Tag der ist so
freudenreich. Keine einzige lateinische Strophe findet sich vor, welche ihm
entspräche. Die zweite lat. Strophe, wonach es übersetzt sein sollte, lautet:
Orto dei filio
virgine de pnrn,
ut rosa de lilio,
stupeseit natura,
quem parit luveneulH^
iiatum ante secula
creatorem rerum,
quod über munditiae
dat lac pudicitiae
nntiquo dierum.
Die Aufzeichner der beiden ältesten lat. - deutschen Texte des Dies est
lactitiae, mögen deshalb auch nicht recht gewusst haben, welche deutsche
Strophe sie jedesmal der lateinischen folgen lassen sollten. Meine Ansicht
von der Selbständigkeit findet noch Bestätigung durch eine Breslauer Hs. des
XV. Jahrhunderts, darin sind Dies est laetitiae und Ein Kindelein
mit einander verbunden, aber passen den Worten nach und auch metrisch
gar nicht zusammen.
f Nr. 162.
Dies oc^est cclrbrls
decoris et leticie
in ortu rogali,
nam regum rex otunium
nitre processit hodiu
de ventre virginali,
puer admirabilis,
dei pcUria qui creatit omnia Jil'uui
unigenitusj
totus delectabilis
in humanitate,
qui inestimabilis
est Qt ineffabilid
in divinitate.
Ein kindelein der ewigkeit
Jesus Christus gar löbelich,
21
daa ist geboren heute
Ton einer Jungfrau tngentlich
Maria sart nnd seaberlich
an tQoete uns armen lenten.
wXr uoB das kinüein nicht gebom,
Jesus Christns der uns hat erlost aus not
mit seinem bittem tot,
ja Yorwar so war wir alcumal Terlom,
das heil ist unser alle,
eia du sUfier Jesu Christ,
wenn du mensch geboren bist,
behüte uns vor der helle!
Breslaner Hs. I. 8o. 113. BL 6>>. 7«.
f Nr. 163.
En trinitatis speculum.
Der spigel der dreifaltigkcit
erleuchtet der weit finsterkeit.
Eia, liebe Christenheit!
mit lopgesang bistu bereit
mit innigkeit, mit £r61ichkeit
dem kintlein in der ewigkeit.
snssa liebe nenna!
sussa liebe nenna!
Nur diese eine Strophe in Witzeis Psaltes ecclesiasticus 1550 Bl. 61>»
mit dem Zusatse: „Itzt so vil.** Es waren also damals noch mehrere Stro-
phen vorhanden. Spätere Gesangbücher haben die übrigen: Corner GB.
1625 Nr. 71.
2. Gottes Mutter sonder Pein
Hat gebom ein Kindelein.
Eia^ liebe Christenheit,
Mit Lob und Gsang sei bereit
Mit Fröhlichkeit, mit Innigkeit
Dem Kindelein in Ewigkeit,
Lasst uns dem Kindlein singen,
Lasst uns dem Kindlein singen!
3. Hie liegt es in dem Elrippelein
Das wunderschöne Kindelein. ff,
4. Die Engel singen Ehr und Preis
Dem Kindelein vom Himmelreich, ff.
Wenig abweichend Kölner GB. 1610, 1619; minder gut Kölner GB. 1608
(bei Wckn. Nr. 841.).
303
f Nr. 164.
Homo tristis esto*^).
Sich mensch und leit smerzen
und beweine in deime herzen
mit reuerlicher gere
die bitter marter swere,
die dein got gelitten bot
von unschult gedultiglichen
und williglichen
von den snoden
ungetanen falschen Juden.
Sich mensch! der dich erloste
von der bittem helle roste,
der leit swerlich gebunden,
mit stricken wol bewunden,
vor liebe gleich eime diebe;
danach mit scharfen raten
sie sein fleisch durchwuten
und gar durchforen
seines selbes creaturen.
§. 9. 48) 1. Homo tristis esto
deplorans corde mesto
grandes afflictiones
et magnas passiones,
qoas dens nxunqaam rens
snstintlit pacienter
atque gratanter
ab iniqnis
in hac nocte heu Judeis.
2. Ecce qni redemit
hominem et exemit,
hie modo captivatnr
et Ame vincnlatnr,
tractatnr heu quasi für,
hie tandem virnine conlesus
et virgia cesns
a propriis
sine culpa creaturis.
3. Creatori mnndi
precaeiones inmundi,
21*
304
Aller werlde schepfer
haben die snoden bösen sunder
verspeiet sein antlitze
in solcher tummer witze
vil drate mit unflate,
an seinen hals sie in slugen
mit gar unfngen.
sie schrien gemeine:
er sol sterben der unreine!
Nu zu disen stunden
ist got der starke überwunden;
der tot ist im geteilet
der uns allen hat geheilet
die swere unser sele
mit seinem fronen blute teure,
uns me zu steure
macht er heile
alle kranken werlt gemeine.
heu flegma proiecerunt,
et omnes conspuerant
in vultum . eius multum,
ad Collum percutientes
atque dicentes :
hie est reuB,
nam vult esse noster deus!
4. Fortis invictos
deus est nunc devictus,
ad mortem iudicatus
est et sentenciatOB,
qui lavit et creavit
sni sacri cordis rore
atque cruore
hunc languidum
abiecto dolore mundum.
5. Heu innocens perit
et iustns reus erit,
reus mortificatur,
et iniquus salvatur:
mors probo, sors improbo.
cednnt inequali mensura
heu contra iura.
305
5. Nu tötet man den gerechten
und fiistet den ungerechten;
der schuldige in bosheit wirbet^
der unschuldige verdirbet
sust leider wirt ir Ion beider
ungetreulich gewegen:
dem bösen wirt der segen
und nicht dem reinen:
das solle wir alle heute beweinen.
6. Gotes son der weise,
der mit des todes reise
den tot gerucht zu toten
und uns hat bracht aus noten,
den lobe wir mit ganzer gir,
daß er uns mit seinem sterben
heil wolte erwerben.
freut euch der stunden,
ir seit von dem ewigen tod entbunden!
7. Nu ist gar zubrechen
und sein herze gar zustechen
ergo flendam,
in hac nocte est dotondtun.
6. Prolem patris almam,
qnae nunc per mortu palmam
tristem necem necavit
et hostem Buperayit,
laademus et adoremus,
quod ita no8 moriendo
et patiendo
liberavit
et a morte snscitavit.
7. Nunc est transfixus,
per quem munduB stat, infixos
perit sui cordis,
hoc purgat labern sordis.
pro eo ipsi deo
cojnpati digne debemus,
quantam valemus,
piagas duras
recolendoque fixuras.
Hs. 3, 1. en feiorem mundi. —
306
an dem die w«rlt gemeine
ist gestiftet alleine.
seine list der Bünden mist,
der an uns ewiglich was bekliben,
er hat vertriben.
das sint stiche swere,
seiner wunden klagere.
Aas einem PBalterium per hebdomadem , FgHs. der Breslaner Univers. -
BibUothek (I. 40. 233.) Bl. 174«' >>, früher in der Bibl. des ClarenstifU zn
Breslan. Ebendalier der lat. Text. Mit Mnsiknoten.
f Nr. 165.
Hostis Herodes impie^).
1. Herodes du gotloser veint,
was fiirchtstu Christum scheint?
zergenglich gut er sich nit acht,
der gotes reich hat in seinr macht
2. Die weisen volgten nach dem stem
den sie vorgehn besahen gern,
mit liecht das liecht sie suechtn ebn,
got mit irm opfer, tetens redn.
3. Die brünn so rein der wasser al
das lemlin rüert durch allen schwal,
die sünd die Christus nit her tregt,
so ims abwescht, al niderlegt.
4. Ein neuer sit der mechtigkeit:
das wasser roter wein wirt breit,
wann das wasser in krüegen zwar
verkert sich so eingössen war.
5. Dem h&chsten vatem gloria,
seinem sun sing wir groß lop da,
darzue des trSsters mechtigkeit
sei eer und dank in ewigkeit.
Hymnarins, Sigmundslnst 1624, 8. 26. 26. — Luther's Übersetzung
Wckn. Luthers Lieder Nr. 33. und Job. Spangenberg^s Wckn. Nr. 424:
Herodes, höchster Gottesfeind,
Was förchst das neugeboren Kind?
Er sucht nicht hie ein jttdisch Reich,
Der im Himmel herrscht ewiglich.
§.9. 44) Daniel Thes. 1, 147.
307
f Nr. 166.
Hymnum dicamus domino^*).
1. Qote sage wir gnftde unde ören danc,
den harren höhe wir mit lobesanc,
der uns mit sin selbes blAte
hat wider bräht ze gotes gAte.
2. Wir biten die gen&de dhi
und euch der barmunge schin,
da^ wir immer öwiclich
d!n lop singen wirdicileh.
3. Des verlihe uns yater mit dem sun,
mit dem heiligen geist dar zA
und mit der barmunge raÄter,
erhör uns, der ören kunic gÄter. amen.
PgHB. Xm. Jahrh. Nr. 878. der Gießener Üniversitfttfl-Bibliothek. Mit-
theiliiDg des Hm. Prof. Weigand. — Hb. 1, 4. ze gotes gute hat wider braht.-—
f Nr. 167.
Jesu dulcis memoria*®).
CarUicum sancH Bernhardt,
1. Nie wart gesungen süe^er gesanc,
nie wart süe^er Seiten klanc,
nie wart süe^er herzen gedanc
denn nach dem ie min herze ranc.
§.9. 46) Zn dieser Überschrift findet sich ein Hymnns von 8 Strophen
(Mone Lat. Hymnen 1. Bd. S. 99. Nr. 78. Daniel Thes. 1, 81.)» aber nur
die erste Strophe stimmt zu unserm Liede:
Hymnum dicamns domino,
laudes deo cum cantico,
qui nos crucis patibulo
suo redemit sanguine.
§.9. 46) Die elf Stropheti, die dem deutschen Liede entsprechen, finden
sich bis auf eine unter den 48 des Textes, wie ihn Daniel Thes. 1, 227—
230 mittheilt; die dort fehlende 6. giebt Mone aus einer Mainzer Hs. In
Mone's Text (Lat. Hymnen 1, 329.) sind nur Str. 1. 3. 4. 5. 7. und 10 ent-
halten.
1. Nil canitur suavius,
anditur nil iocundius,
nil cogitatur dnlcius
quam Jesus dei filius.
308_
2. Herr, geruch bl uns beliben,
des herzen tunkel von uns triben,
da^ din lieht bi uns belibe
und din süeje an s^l und libe.
3. Swer dich ii^ct den hungert noch,
Bwer dich trinket den dürstet noch,
der tÄt swa^ dir gevcllet wol
und midet swaj er miden sol.
4. Ich beger din, herre, tdsentstunt:
Jesus, wenn wirst du mir kunt?
kum und gefröu mins herzen grünt!
din anüüz machet mich gesunt.
5. Mir ist g&t da; ich minne dich,
durch dich wil ich verkiesen mich
und wil mich selben gar üf geben
und gar n&ch dinem willen leben.
6. Min fleisch het mir gesiget an,
da; man e; niht geschriben kan.
gön dir, Jesus, gebiistet mir
der kraft, so sih ich doch z4 dir.
7. Wan swft ich immer kume hin,
8Ö strebet nach dir gar min sin:
wie fro ich bin und vind ich in!
begrif ich in, wie swlig ich bin!
2. Mane nobiscum, domine,
et nos illnstra Inmine^
pulsa mentis caligine
mnndam replens dnlcedinc.
3. Qui te gustant esariunt,
qui bibunt adhuc sitiunt,
desiderare nesciant
nUi Jesuin quem diliguiit.
4. Deüdero te millies:
Uli Jesu, quando venies,
me laetum quando facies,
me de te quando saties?
5. Bonnm mihi diligere
Jesuin, nil ultra qnaerero,
mihi prorsus deficere,
ut illi queam vivere.
i
309
8. Swä du g^st, so volg ich dir.
niemen kan dich verstecken mir,
swemi du mir minnest da; herze min,
Jesu, mins künncs lop und schrin.
9. Ir himel burger, gilnt her für,
tÄnt froelich üf die himeltür!
sprechent al zii dem signunfter:
wis willekomen, Jesu, her!
10. Jesus z& sinem vater quam,
da; himehrlch er wider nam.
min herze f&r von mir zehant
n&ch im da hin da e; in vant.
11. Mit gebet, mit lob süln wir nü gAn,
Jesu, bi; wir da bestän,
d& lip unde söle immer wert:
gip, herr, daj wir des werden gewert!
Münchener PpHs. Cod. germ. 717, 4o. vom J. 1347. Wckn. Nr. 114.
Us. 9, 4. kum her — 11, 1. mtn gebet y min lob süln wir nv gdn (Unainn!)
— Bei Wckn. 7, 4. begreif — 9, 3. eignufter —
I 6. Tniun dnlcorem sitio,
quo solo me reficio;
I in me qnia deflcio,
l ad te Jesu respicio.
7. Quoeunque loco fuero,
mecum Jesum desidero,
quam laetus quum invenero!
quam felix quum tenuero!
8. Seqnar te qnoqne ieris,
mihi toUi non poteris,
quum meum cor abstnleriSf
Jesu, lana nostri generis!
9. Coeli cives occurrite!
portas vestras attoUite!
^ triomphatori dicite:
ave Jean rex incljte!
10. JesuB ad patrem rediit,
coeleste reg^num subiit,
^ cor meum a me transiit,
post Jesum simul abiit.
11. Jesum sequamur laudibus,
votis, hymnis et precibns,
ut nos donet coelestibus
secum perfrni sedibas.
310
f Nr. 168.
Jeflu dulcis memoria ^^).
1. Jesu, wan ich gedenke an dich,
alle min herze erfreuwet sich.
waa wirt mir heiles denne geschelien,
so ich dich gewertig sehen?
wer gehört ie süßem sang?
frolicher stimme nie erklang,
so süßes wort man niergen fint
als Jesus Christus gotes kint!
2. Jesu Christ, der büßer trost,
wer dich suchet der wirt erlost,
wer dich bit der wirt gewert,
der anders nicht wan dich begert.
o Jesu, süßer herzen bronn,
din schin ist klarer wan die sonn,
din gute vertribt alles leit
und aller werlde gerlicheit.
3. Kein zunge sagen kan,
kein schrift es nie durchsan,
es weiß allein ein versuchter man,
was da ist Jesum liep zu han.
Jesum in minem bettelin
suche ich, in mins herzen schrin
heimlich beide und oiSenbar:
das komt von steter minne dar.
4. Mit Mariam morgens fru
lauf ich zu dem grabe zu
mer mit herzens innekeit
wan mit ußer lieplichkeit.
in dem grabe ich rufe und schrie:
finde ich Jesum iem dar bi,
ich halte und küsse als lange sin fuße,
bis ich min leit vil wol gebüße.
5. O Jesu, konig lobelich,
nicmant überwindet dich,
§.9. 47) Daniel Thes. hymnol. T. I. p. 227 — 230. Mone Lat. Hymnen
1. Bd. Nr. 258.
311
dich durchgrundet Dununer list,
wie edel, gut, wie süft du bist
herre Jesu, mit uns blip,
unser finstemiss vertrip,
kom mit einem nuwen schin,
geuß uns diner süßkeit in!
6. Jesu minn ist allersüsty
die iederman sin leit wol bttst,
vil genemer tusent stunt
wan volsagen mag kein munt.
al die ir sin liebe versucht^
den milden Jesum alzit sucht!
sucht und nummer müßig sitzt,
bis ir in siner minne erhitzt!
7. Jesu alle gute mert,
freuden vil und trost gebert^
gnadenrich ein süß gespring,
von im flüßt manch lustig ding.
Jesu, din liebe mich zwinget,
herzenfreude mich dar zu dringet,
daß ich muß von dir kallen,
wie wol dir es wenig mag gefallen.
8. Din minne mich hat bestricket,
min sele sie erquicket.
o unverdroßne himelsspise,
wer din nicht gert der ist nit wise.
wer dich isst den hungert ser,
wer dich trinkt den durstet mer.
kein ander ding begeren kan
der Jesum rechtlich liep wil han.
9. Was Jesus ist allein voldenkt
der der sich in im ertrenkt.
ei wie selig und wie sat
ist der Jesum gessen hat!
Jesu, din engel kanstu zieren,
süß den oren discantieren,
nummer honig so süß gesmeckt,
du bist ein himels confect.
10. Ich gere din mer dan tusent mol:
Jesu, kom, du tust so wol!
_312_
wan wiltu mich geistlich lachen,
sat und frolich von dir machen?
o Jesu, diner minne gezwang
macht mich dicke von herzen krank :
80 stürbe ich gerne in dich vergebens,
du süße frucht des ewigen lebens!
11. Jesu, hoheste senftekeit,
mins herzen wunder froUchkeit!
diner gute ich nie kein ende fant, .
din minn ist mir ein strenges baut,
dich Uep zu haben ist mir gut,
zu Jesum treit mich al min mut.
herre, ich wil verderben eben,
oder muß nach dinem willen leben.
12. Jesu, min vil süßter got,
min sele ganz zu dir hoffen hot.
es zeigen wol mm milden trene,
wie innig ich mich nach dir sene.
wo ich bin oder was ich tu,
vor Jesu han ich keine ru.
wan ich in finde so bin ich fro:
selig wan ich in entpfol
13. Sin küssen und sin umbefang
süßer ist wan honigtrank,
wer Jesum hat der selig ist,
doch weret die einung kurze frist.
nu sehe ich in und bin gewert:
Jesum den min sele begert,
in siner liebe bin ich entfenget enzunf,
min herze ist ganz in im verwunt.
14. Dise heiße minne hat süßen smack,
des iederman sich wimdem mag:
sie smecket lustlich und vil wol
dem der selig werden sol.
dise liebe komt von liimelrich
und durchget mich innerlich,
mich entfenget enzunt also Jesus,
daß sich min geist erfreuwcn muß.
15. O vil heiliges feuer heiß,
o begermss der dich weiß!
313
nicht süßer kurzwilen kan
der gotes kint mag liep gehan.
wen Jesus mit siner müme erfrischet,
die minne des menschen nicht erlischet,
sie stirbet nicht und hat kein ru,
sie brent wie feuer und nimt als zu.
16. Jesu, jungfrauwen blümelin,
süße liebe der muter din!
dir ist lop und ere bereit
im riche der ewigen Seligkeit.
Jesu, klarer sonnenschin,
baisam mag din glich nicht sin;
mich dunket zucker und zinemin
gein dir niergent süß sin.
17. Mich hat din lieplich smack bestrickt,
din edeler ruch hat mich erquickt;
min herze in dir mit al verswint,
Caritas mich zu dir bint.
mins herzen lust gar unverdrossen,
in dir ist alle liebe beslossen,
du bist min gloria, min teil,
Jesu Christ, der werlde heil!
18. Ich volge dir nach in allen Straßen,
von dir wil ich nummer laßen:
min sele ist mit dir wol bewart,
du bist min ere, lop und art.
min lieber herre, vare in din laut,
mechtig ist din veterlich haut!
du hast den fient verwunden glich,
nu hersche in dins vater rieh!
19. Ir himelburger lauft hervor,
sließet uf der himel tor!
Jesum der üch komt entpfat,
der alles überwunden hat!
er ist ein konig tugentsam,
sin glich ein konig üch nie kam.
Jesus ist ein milder herre,
al die himele haut sin ere.
20. Jesu, licht der ewigkeit,
ein voller bom bannherzigkeit,
314
gip uns vor diss lidens kleit
ein licht der ewigen Seligkeit!
der himel köre dich künden gar,
dich loben al der engel schar,
dins Vaters gunst hatten wir verlora,
du hast uns versünet den zom.
21. Din gotlich fiide mit uns si,
da kein fient mag komen bi
der diser werlde nicht in ist:
den gip uns, herre Jesu Christ!
nu verestu in din lant
und sitzst zu dines vaters haut
min herze sich scheidet auch von mir,
es wil alleine sin bi dir.
22. Nu sollen wir Jesum schon beleiten,
sin lop, sin ere aizit breiten,
daß wir der freude sicher beiten,
die er uns vor us wil bereiten,
daß wir mit der muter rein,
mit sin heiligen allen gemein
loben und eren als wir hie lesen
dri Personen in einem wesen.
PpHs. 1460 fbl. Nr. 47. BI. 92. 98. in der BibUothek de» katholischen
Gymnasiams su Köln. Hat die Überschrift: SancH hemhardi loheBongk, —
Hs. 1, 8. wart (wirtj — 8, 6. dem hungert eyvr — 8,6. mir fwerj — 11, 1.
hogieU — 11, 8. 12, 6. oder — 14, 2. mmder — 16, l./iier — 16, 7.
zoeker zynomi — 17, 6. al Hebe — 18, 2. ich fehlt — 18, 8. iet fehlt —
18, 6. ist din fehlt — 21, 3. diß — 22, 4. breyden (bereiten),
f Nr. 169.
In hoc anni circulo^).
1. In des jares zirclikeit
wirt leben gebom der werlte breit,
das geit uns alle Seligkeit
imd auch die meit Maria.
Gotes sun der mensche wart
von der jungfrawen zart Maria.
§.9. 48) Leisentrit GB. 1667. I. Th. BI. 49, danaoh bei Wckn. Nr. 64.
und Daniel Thes. 1, 331. 332.
815
2. Der braun von seinen Aussen rein,
er ist gebom dem volke sein,
der hat .gebrochen des todes pein,
und auch die meit Maria«
Gotes sun ff.
3. Was alte sünd hat underdrückt,
das ist zum leben wider erkückt,
daß wir in gnad sein wider gerückt:
das macht die meit Maria.
Gotes sun ff.
4. Ein Stern hat uns die snnne bracht,
die sunn hat unser heil gedacht,
das doch die reinigkeit nicht swacht
der reinen meit Maria.
Gotes sun ff.
5. On kantnus menlicher art
bracht uns die rut ein blümlein zaii;,
das do wart des bimels gart
mit der meit Maria.
Gotes sun ff.
6. O frawe der Salden tat,
dein leip die firucht gewagen hat,
die abwusch der werlt missetat
mit der meit Maria.
Gotes sun ff.
7. Do Jesus lag im krippelein,
in kant das rint und das eselein:
mit irem Schleier dekt in fein
die reine meit Maria.
Gotes sun ff.
8. Joseph des erfireuwet wart:
mit ir milch speist in die jimgfraw zart,
der gotheit sie do innen wart
die reine meit Maria.
Gotes sun ff.
9. Sein lop das sang der engel schar,
ör und frid weiset er ftlrwar,
des kamen auch die hirten dar
zu der reinen meit Maria.
Gotes sun ff.
_316
10. Ir hirten lauft, nicht lenger beit
und schaut die große wirdigkeit,
als euch die enge! han vorgeeeit,
mit der meit Maria.
Gotes sun ff,
11. Das kintlein wolt auch versniten wern,
sein erstes blut fiir uns verreni,
got wolt es ftlr Herodes emem
. und auch die meit Maria.
Gotes sun ff.
12. Drei kunig kamen dar mit raten
und gaben auch die sie wol heten,
kniend sie das kint anbeten
und auch die meit Maria.
Gotes sun ff.
13. Das golt bedeutet kunglich macht,
weirauch die priesterlich andacht,
myrren sterben das uns Seligkeit bracht
und auch die meit Maria.
Gotes sun ff.
14. O du süßer Jesu Christ,
der sei ein lebendig speise bist,
gip uns ru nach diser frist
durch die meit Maria!
Gotes sun ff.
15. Er, lop sag wir und wirdigkeit
der gnade gots mit dankbarkeit,
der hochgelobten dreivaltigkeit,
und auch der meit Maria.
Gotes sun der mensche wai*t
von der jungfrawen zart Mai^ia.
Aus einer Münchener Hs. vom J. 1421 in Docen's Miacellaneen 1, 286
— 288. — Docen: 2^ \, e9 ist — 7, 3. 4. mit jrem Schleyer deckt ßi die niaid
die muUer rein — 10, 3. ?iaben — 11, 3. Herodes blut emeren — 13, 2.
priesterliehen — 14, 2. der seel du ein lebendige speis.
Auch von diesem lateinischen Texte müssen verschiedene Lesarten vor-
handen gewesen sein. Im deutschen finden sich nicht die lat. Str. 3. 4. 5.
10, dorn lateinischen fehlen dagegen die deutschen Strophen 2. 10. 12. 13.
14. Das Vcrhältniss des deutschen Textes zum lat. ist folgendes: 1 entspricht
1,^=2, 4 = 6, 5 = 7, 6 = 9, 7 = 11, 8 = 13, 9 = 12, 11 = 8, 15 = 14.
317
q Nr. 170.
In hoc anni circulo.
1. Zu diBem neuen jare zart
ein kindelein geboren wart
uns zu trost, zu Seligkeit
der Jungfrau son,
uns zu troßt, zu Seligkeit
der Jungfrau son Mariae.
2. Adam von dem apfel aß,
das im ein großer schaden was,
den uns abgenomen hat
der Jungfrau son,
den uns abgenomen hat
der Jungfrau son Mariae.
3. Nu bitten wir das kindelein
und die liebe muter sein,
daß er uns genädig sei
der Jungfrau son,
daß er uns genädig sei
der Jungfrau son Mariae.
Breslauer Hs. I. 8». 113. Bl. 3» — 4*. Aus dem XY. Jahrh. Der lat.
Text mit dabei, von dem die bei Leisentrit gedruckten Strophen 1. 3 und 14,
8. Wekn. Nr. 54.
f Nr. 171.
In natali domini^^).
1. Nu zu diser feier klar
freuen sich die engel gar
und singen mit frölichkeit:
lop und ere sei gote bereit 1
Maria muter, Jungfrau schon,
du gebirest uns gotes son,
und bist Jungfrau ewiglich.
§. 9. 49) Von dem lat. Texte sind verschiedene Lesarten vorhanden , die
Ulteste mir vorgekommene ist die im Ms. germ. 8<^. Nr. 190 zu Berlin aus
der Mitte des XV. Jahrh., 6 Strophen; die bekanntere ist die bei Leisentrit
GB. 1567. 1. Th. Bl. 47»» (wiederholt bei Wckn. Nr. 50. „XIV. Jahrh.?«
und Daniel Tlics. 1, 829); eine dritte in Corner GB. 1625. Nr. 68, 9 Strophen.-
22
318
2. Die hirten brachten neue mär,
wie got mensch geboren war.
des sollen wir alle frölich sein,
er wirt mis freien von aller pein.
Maria muter, Jungfrau schon,
du gebirest uns gotes son,
und bist Jungfrau ewiglich.
3. Die heiligen drei könig kamen dar
und brachten ir opfer klar:
golt, mirram, Weihrauch, solch opfer fein,
das solte got genäme sein.
Maria muter, Jungfrau schon,
du gebirest uns gotes son,
und bist Jungfrau ewiglich.
BreBlaner Hs. I. 8«. 118. Bl. bK 6". Ende des XY. Jahrhimderts. —
Diese drei Strophen, die zogleiclL mit den lateinischen sich vorfinden, ent-
sprechen den Ut 1. 2 und 6. bei Leisentrit GB. 1567. 1. Th. Bl. 47l>.
Wol noch ans Klterer Zeit stammen anch folgende ÜbersetKongen :
f Nr. 172.
Im Ton: Slag«ii wir ans Henens Orand.
1. Dem nengebomen Kindelein
Bingen alle Engelein,
Plreisen es mit heUer Stimm:
Lob nnd Ehr allein sei ihm.
Christ der Herr euch ist gebom,
Von Maria anserkom,
Ihr Jnngfirausohaft nicht hat verlorn.
2. Sie seigten solchs den Hirten an,
Die bei ihrer Heerde warn:
Lobet Gott und seid all froh!
Geht hint ihr werdts finden sot
Christ der Herr ench ist gebom,
Von Maria auserkom,
Bringt wieder was da. war verlorn.
3. Die Weisen fem im Morgenland
Des Kinds Stern haben erkannt
Gold, Weihranch, Myrrhen ihm zu £hm
Brachten sie Christo dem Herrn.
Christ der Herr ist uns gebom,
Von Maria auserkom,
Ihr Jnngfrauschaft nicht hat verlorn.
819
4. Dem nengebomen Kindeleiii
Sei Lob, Preu und Ehr allein!
Des neageborneu Königs Beich
Wachs und stttrk «ich gewaltigleichl
Christ der Herr uns ist gebom.
Von Maria aoserkom,
Bringt wieder was da war verlorn.
Leipziger OB. 1686 3. Th. Nr. 159. — Nürnberger OB. 1599 S. 288.
239. Im Register bez. mit C. K. (Christliche Kirche.)
In katholischen Gesangbüchern dagegen wieder eine andere, jüngere
Übersetzung, von 5 Strophen; die erste lautet:
Als Gott Mensch geboren war,
Da freuet sich der Engel Schaar,
Singet laut mit Fröhlichkeit:
Ehr sei Gott in Ewigkeit!
Gott gebar ein Jungfrau schon,
Gott gebar ein Jungfrau rein,
Ein Jungfrau mit Seel und Leib.
Kölner GB. 1619 Anh. Bl. 14. Corner GB. 1625 Nr. 69.
Eine dem Joh. Hom zugescluiebene steht im Brüdergesangbnch von
1544. bei Wckn. Nr. 395.
f Nr. 173.
Mel. : Singon wir ans Horsensgrand.
1. Da Christus geboren war,
Freuten sich der Engel Schaar
Und sungen mit Haufen schon:
Ehr sei Gott im höchsten Thron!
Gottes Sohn ist Mensch gebom,
Hat versöhnt seins Vaters Zorn.
Freu sich, dem sein Sund ist leid!
2. Die Hirten erschraken ganz
Für der Engel hellem Glanz,
Hörten fröhlich neue Mähr,
Daß Christus geboren wSr.
Gottes Sohn ist Mensch gebom,
Hat versöhnt seins Vaters Zorn.
Freu sich, dem sein Sund ist leid!
3. Sie suchten das Kindelein,
Eingewicklt in Windelein,
Wie der Engel hatt vermeldt.
Welches trügt die ganze Welt
Gottes Sohn ist Mensch gebom,
Hat versöhnt seins Vaters Zorn.
Freu sich, dem sein Sund ist leid!
22*
320
4. Sie funden das Kindlein MUt
Liegen in der Krippen hart
Bei dem Vieh im finstem Stall,
Welch« die Stein erschaffen all.
Gottes Sohn ist Mensch gebora.
Hat yersöhnt seins Vaters Zorn.
Fron sich, dem sein Sund ist leidt
5. Ans der Mntter Bmst so rein
N&hret sich das Kindelein,
Welches durch göttliche Kraft
Allem Vieh sein Fntter schafft.
Gottes Sohn ist Mensch gebom,
Hat yersöhnt seins Vaters Zorn.
Freu sich, dem sein Stind ist leid!
6. Solche groß Barmherzigkeit
Laßt uns preisen allezeit I
In Gottsfurcht und Glauben rein
Mit Geduld gehorsam sein!
Gottes Sohn ist Mensch gebom,
Hat versöhnt seins Vaters Zorn.
Freu sich, dem sein Sund ist leid!
Nr. 152. in Johann Crügers Praxis pietatis melica, vermehrt von Peter
Sohren (5. Aufl.) IfVankfürt a. M. 1680. —
f Nr. 174.
Lauda mater ecclesia*^).
1. Lob du mfiter der cristenheit,
lob du die Christi güetigkeity
der die siben laster hat begraben
durch seine sibnerlei gaben.
§. 9. 50) Das lat. Lied hat hier 10 Strophen, während es sonst nur aus 7
besteht; s. Liber ecclesiast carminum (Basil. 1538 8^.) und Bambach Authol.
1, 217 — 219, auch Daniel Thes. 1, 221. Die dort fehlenden Strophen
(Str. 5. Contriti cordis punctio, fehlt hier) sind:
Etemi patris unice
nos pro vnltu reipice,
qui Magdalenam hodie
vocas ad thronum glorie!
In thesauro reposita
regia est dragma perdita
gemmaqne lucet indita
de luto Inci reddita.
321
2. Maria die swester Lazari^
die 80 vil Übels het gedieht,
aus dem gumen der helliBehen ii»t
kert sie sieh zu des lebens frist.
3. Bis naeh des unreinen fleisches schand
aus dem tigl in ein gülden faß gewant,
in das faß der eren wol genoß
wirt sie verkert nach der smaeheit groß.
4. Eia die krank lauft zu dem arzt,
ein buchs trfig sie mit edlem harz,
und von mancherlei krankheit hart
wirt sie gesunt durch des arztes wort.
5. So er aufstet mit sig und sterk
Jesum siht sie von der hellischen schreck,
d^e erst empfeht sie der freuden Ion,
die vor den andern in liebe bran.
6. Unserm got sei gesprochen dank
für seiner siben genaden schank,
der die schult vergibt und auch die pein
und teilt uns mit seins liechtes schein.
7. Ewiges vaters eingebom,
beguad uns in den sunden verlorn,
der Magdalenam heut erhebst
in des himelischen trones rest.
8. Li des kunigs schaz hochgebom
legt man den pfennig, der do was verlorn,
do leucht der edelstein gar schon
recht als smaragt und topazion.
9. Jesu Zuflucht der fliehenden,
einige hofhung der büeßenden,
durch der sunderin verdienen
los auf von uns die baut der sunden !
Jesu dnlce reiiigiam,
spes vaxsL penitentiain,
per peccatricis meritum
peccati solve debitum!
Pia mater et humilis,
natore memor fragiUs,
in hoius vite iluctibiis
no8 rege tuU precibus!
322
10. Bistu auch güetig und diemüetig,
0 mfiter^ sei uns indechtig,
und in des lebens tünnen swer
uns mit deinem färsprechen gewer!
AuB einer Hs. des XV. Jahrh. in der MensebacliBehen Bibl. zu Berlin.
— 10, S. Hinnen f vielleicht ra lesen dUmjffenj dumpf ein f — Im deutschen
Texte ist jede, im lat. nnr die erste Strophe mit Mosik yersehen. In den
Noten bereits Tactstriche. — Auf die Strophe 10 folgt noch: Uni deo sit
gloria (£)inem got das ist der Anfang der letzten Strophe
des gewöhnlichen Textes.
f Nr, 175.
Laus tibi Christe qui pateria").
Lop und ere sei dir gesaget^
du himelischer got,
daß du vor uns gelitten host
den schemelichen tot.
bewar uns, lieber herre,
vor der hellen not
und teil uns heute mite
das himelische brot!
Kyrie eleison, Christe eleison.
In einem gedmckten Psalteriom des XY. Jahrhunderts in der Breslauer
Bibliothek hinten von gleichzeitiger Hand aufgezeichnet, nebst der lat. Strophe.
f Nr. 176.
Laus tibi Christe qui pateris.
1. Lob sollen wir singen
Dem viel werthen Christ,
§. 9. 51) In Corner OB. 1626 Nr. 108.
Lans tibi Christe, qni pateris
in cmce pendens pro nobis miseris,
com patre regnas in coelis,
nos reos salya in terris.
Kyrie eleison.
O Maria dei genitrix,
pium fer auxilinm pro nobis miseris,
ne nos damnemur onm impiis,
sed nt salvemnr cum beatis.
Kyrie eleison.
_m
Der um unser Sünde
Am Kreuz gestorben ist.
Über uns viel armen,
Barmherziger Gott,
Wollest dich erbarmen
Durch deinen bittem Tod!
Kyrie eleison.
2. O Herr Gott, großen Schmerzen
So sehr und auch so fast,
So williglich von Herzen
Für uns gelitten hast;
Ließt dich fttr uns gar tödten
Als einen schnöden Mann,
Wie solches die Propheten
Zuvor gezeiget an.
Kyrie eleison.
3. Nun danken wir von Herzen
Dem gütigen milden Gott,
Welcher der Hellen Schmerzen
Von uns genommen hat,
Für uns am Kreuz gelitten
Den Tod so jämmerlich:
Der schafft ims Heil und Frieden
Im Himmel ewiglich.
Kyrie eleison.
4. O heilige Maria,
Gottes Gebärerin,
Sei uns armen Sündern
Ein treue Fürsprecherin,
Auf dass wir nicht verderben
In der Hellen Pein,
Sondern selig werden
Durch die Fürbitt dein!
Kyrie eleison.
Kölner OB. 1610 Bl. 70. 1, 8. fehlt hittem — Corner GB. 1626. Nr. 109.
2, 5. U{ßt — 8, 7. ichaf ^ A, 6. in der hdlUßchen Pein.
324 .
f Nr. 177.
Media vita in morte sumus^^).
Enmitten in des lebens zeit
sei wir mit tod.umbfangeii.
wen suech wir, der ims hilfe geit,
von dem wir huld erlangen?
dan dich, herr, aleine,
der du umb unser missetat
rechtlichen zürnen tuest.
heiliger herre got,
heiliger starker got,
heiliger barmherziger heiler,
ewiger got,
laß uns nit gewalden des bittem todes bot!
Münchener Cod. lat. 6034 (Ebersberg. 234.), zweimal: Bl. 89l> und 90>,
aus dem XV. Jalirh., mit Singnoten. (Mittheil. Dr. G. Scherer's.)
Der Text in dieser Gestalt erhielt sieh lange, auch noch in der eyan-
gelischen Kirche, welche doch Lnther's Umarbeitung: Mitten wir im Leben
sind, schon seit 1524 besaß. In der Kirchenordnung der Marggrafen von
Brandenburg und der Stadt Nürnberg 1533 heißt es S. 1179 bei der Ord-
nung der Begräbnisse 'Damach eine Antiphonam, als: Media vita in morte
sumus cet. Oder Ego snm resurrectio et vita. Oder ein teutsch Gksang,
als: Mitten unsers Lebens Zeit sein wir mit Tod umfangen ff«
nachdem es an einem jeden Orte im Gebrauch ist oder angerichtet werden
mag.' A. L. Richter evangel. Kirchenordnungen 1. Bd. S. 210.
f Nr. 178.
Media vita in morte sumus.
In mittel unsers lebens zeit
im tod seint wir umbfangen.
wen sftchen wir der uns hilfe geit,
von dem wir huld erlangen?
dan dich herr alleine
der du umb unser missetat
§.9. 52) Für den Verfasser gilt Notker Balbulus, Mönch zu 6t. Gallen
(t 910), s. ndefons von Arx, Geschichten von St. Gallen 1. Bd. S. 94. Das
Lied wurde das ganze Mittelalter hindurch viel gesungen bei allerlei Anliis-
sen, auch als Schlacht-, Fluch- und Zaubergesang. Der Text hat sich in
vielen Hss., auch in alten Drucken erhalten; s. Mone Hymnen 1,397. Daniel
Thes. 2, 329. Wckn. Nr. 37.
325
rechtlichen zürnen t&st.
heiliger herre got,
heiliger starker got,
heiliger und barmherziger heiler,
ewiger got,
laß uns nit gewalt t&n des bitteren todes not!
Plcuarimn (Basel 1514. fol.), auf der Bückaeite .dea Titelblattes unter
einem Scheuffelinschen Holzschniite, duiatna am Kreoae darstellend.
In der ersten Ausgabe meines Buchs S. 186 hatte ich, freilich ohne es
weiter zu bemerken, die Lesart des Plenaiiums yon 1616: barmherziger heil-
maeher got für b. heüer^ ewiger got, mitgethellt. Ph. Wckn. S. 869 giebt
mir deshalb »einige unerklärliche Veränderungen*' schuld, die jeder beiVer-
gleichung der beiden Exemplare von 1514 n. 1516 auf der Qöttinger Biblio-
thek sehr erklftrlich finden wird. Etwas abweichend davon ist eine
andere Übersetzung im Gilgengart (Augsp. 1520. 8?) Bl. cij, gedruckt in J.
B. Biederer, Nachrichten zur Kirchen-, Gelehrten- und Bücher- Geschichte
n. Bd. 8. 419.
f Nr. 179.
Media vita in morte sumus.
1. Mitten wir im leben sint
mit dem tod umbfangen:
wen suchen wir der hilfe tu,
daß wir gnad erlangen?
das bist du, herr, alleine,
uns reuet unser missetat,
die dich, herr, erzürnet hat.
heiliger herre got,
heiliger starker got,
heiliger barmherziger heilant,
du ewiger got,
laß uns nit versinken
in des bittem todes not!
Kyrie eleison.
2. Mitten in dem bittem tod
schrecket uns dein urteil:
wer wil uns aus solcher not
helfen zu der seien heil?
o herr, du bists alleine,
der aus großer gütigkeit
uns beistant tut alle zeit.
heiliger herre got,
heiliger starker got,
heiliger barmherziger heilant,
du ewiger got,
laß uns nit verzagen,
80 uns die sünd tut nagen!
Kyrie eleison.
3. Mitten in der feinde hant
tut die furcht uns treiben:
wer hilft uns dan der heilant,
daß wir ganz sicher bleiben?
Christo, du bists alleine,
denn du der gut hirte bist,
der uns wol bewaren ist.
heiliger herre got,
heiliger starker got,
heiliger barmherziger heilant,
du ewiger got,
laß uns fridlich sterben,
mach uns deines reiches erben!
Kyrie eleison.
Yehe GB. 1537. Nr. 42, daraiu Leisentrit GB. 1667. 1. Th. Bl. 826.
So auch in späteren GB. z. B. dem Kölner 1610. Bl. 60. Corner GB. 1626. Nr. 399.
Das Münchener GB. 1586 Bl. 11. hat eine dem uvprüngiichen Texte
näher stehende Lesart, Strophe 1.
In mitten unsers lebens seit
seint wir mit tod umfangen:
wen Sachen wir der hilfe geit,
dardarch wir hilf erlangen,
als dich heir alleine?
der um nnser missetat
rechtlich geziimet hat.
heiliger herre got,
heiliger starker got,
heiliger bannherBiger heilant,
ewiger gotl
hilf daß wir nicht verderben
des bitterlichen tot,
laß ans dein hold erwerben,
hilf ans aas aller not!
Kyrie eleison.
Lather's Übersetsong vom Jahre 1524. s. Wckn. Luther^s Lieder Nr. 24.
327
f Nr. 180.
Omnis mundus iucundetur*^).
Alle werfet freuet sich
gein disem neuen jare.
der da himel und erde geschuf,
darzu die engel klare,
der ist nu mensch gebom;
er hat im außerkom
Marien die zarte und die vil reine;
reine, reine Jungfrau und muter ist sie bliben alleine.
BreslauerHs. 1.8». 118. Bl. 6«-^ Aus dem Ende des XV. Jfthrbmiderts.
Eine neuere Überaetziuig :
Alle Welt springe und lobsinge
Christ dem neugeboren.
Der um unsertwillen stieg vom Himmel
Zu versöhnen Gottes Zoren ß.
Paderborner GB. 1616. 8. 17. 18. Corner GB. 1625. Nr. 73.
f Nr, 181.
Omnis mundus iucundetur.
Seit frölich und jubilieret
Jesu dem Messiael
der die ganze weit regieret,
ist ein son Mariae,
und leit in dem krippelein
beim ochsen und eselein.
§.9. 53) In derselben Bresl. Hs. I. 8o. 118.
Omnis mundus iocundetur
nato salvatore,
casta mater quem concepit
Gabrielis ore.
sonoris vocibus,
sinceris mentibus
gaudeamus et letemur:
hodie hodie hodie
Christus natus est a Maria virgine,
Tirgine, vir- vir- vir- vir- vir- vir- vir- vir- virgine.
gaudete, gaudete! gaudeamus et letemur,
itaque, itaque, ita, ita, ita, ita, itaque.
Au8 dem Mainzer GB. 1631. bei Wokn. Nr. 49. (Daniel Thcs. 1, 329.)
328
sause , sause! sause, sause, kiadelein!
du bist mein, ich bin dein,
jauchst und springet,
klingt und singet:
hodie, hodie, hodie
ist gebom Christ das sönlein
Mariae, Mariae
und hat yon uns weggenommen
alles we, alles we, alles we.
hilf daß wir balde ku dir kommen,
o Christo!
Kicolaus Hermann, Euangelia auf alle Son- vnd Fest -Tage (Wittenb.
1660). Bei Wckn. Nr. 487. — Im Höfer GB. 1614 vgl. Schöber H, 103.
f Nr. 182.
Omnis mundus iuc idetur.
1. Seid fröhlich und jubilieret
Jesu dem Messiae!
Der die ganse Welt regieret
Ist ein Sohn Mariae,
Lieget in dem Krippelein
Beim Ochsen und Eseleia.
O du liebes hoch und zartes Kindeleiii,
Du bist mein , ich bin dein !
Jauchzet, springet,
Klinget, singet!
Hodie, hodie, hodie
Ist geboren Christ das Kindelein
Mariae, Mariae, Mariae,
Und hat von uns weggenommen
Alles Weh, alles Weh, alles Weh.
Hilf, daß wir bald zu dir kommen,
O Christel
2. Alle Welt die freuet sich
Zu diesem neuen Jahre.
Der Alles schafft mächtiglich,
Darzu die Engel klare,
Der ist heut wahrer Mensch gebom,
Hat ein Mutter auserkom.
Maria die reine keusche Jungfrau zart
Gottes Sohn geboren hat,
Der des Teufeis Reich zerstört
Durch sein Gewalt, sein Gewalt, sein Gewalt,
Ist bei uns allzeit hinfort
329
Ganz mannigfaU, mannigfalt^ manuigfalt.
Er wird bleiben
Und von una treiben
Bund und Tod, Bund and Tod, Sund und Tod.
Hilf Herr Christe, Davids 8ohn,
Ana aller Noth!
3. Lob sei dir, Herr Jean Christ,
Du Sohn Gk>tte8 alleine,
Der da unser Siegfürat bist,
Machat uns von Sünden reine.
Du bist Qottes Klarheit schon
Leuchtend ans des Himmels Thron,
Bist herkommen uns zu Frommen
In die Welt, in die Welt,
In die Welt, dir gefällt
Aufisuladen unseren Schaden
Mannigfelt, mannigfelt. Treuer Held,
Bist von Gott in aller Noth
Zum Heil bestellt, Heil bestellt alldr Welt
Laß uns dir befohlen sein,
Die Kinder dein, Kinder dein, Kinder dein,
Dad wir hie und dort bei dir
Ewiglich sein.
Kölner GB. 1610. Bl. 42»» — 43»». Corner GB. 1626. Nr. 74. Heidelb.
GB. 1629. S. 69. 70.
f Nr. 183.
Fange lingua gloriosi**).
Lobt all Zungen des erenreichen
gotes leichnams wirdikeit
und sein bl&t gar kostperleichen,
das zu trank uns ist bereit,
frncht des leibes adelleichen,
schenkt der kunig der werlde breit.
Vom Mönch von Salzburg. 6 Strophen. Gedruckt nach einer Hs. in
St. Florian im Anseige-Blatt mm XL. Bande der Wiener Jahrbücher (1827)
S. 17, und nach der Wiener Hs. 2856. in Kehrein, Kirchen- und relig. Lie-
der S. 176—178. Beide Texte sind schlecht und es müssen deshalb noch
zu Rathe gesogen werden die Münchener Hs. Cod. germ. 716, und die Wie-
ner Hss. 4696 und 2975.
§. 9. 54) Von Thomaa Aquinas zu dem vom Papst Urban lY. im J. 1264
angeordneten Frohnleichnamsfeste gedichtet. Daniel Thea. 1, 251. Wckn. Nr. 42.
_330_
% Nr. 184.
Fange lingua gloriosi.
1. Lobe, zunge, Christi leichnam
und sein kosperliches blut,
das die werlt z& letze von im nain.
got und mensch das ewig g&t
des keuschen leibes frucht so lobesam
der künig geit uns so gem&t.
2. Uns geboren, uns gegeben
aus der unvermeiligten meit
und hat gar wunderlich sein leben
umb uns gegeben , die süßen weid
besloßen schön und so eben
vertilgt das ewig leben.
3. An dem letzten abentessen
mit den zwelfen er do r&t,
und erfült gar wol vom essen
das alt gesetz Jesus der gftt,
seinen brüdem das zu essen
er gap sein fleisch und auch sein blAt.
4. Menschlich sinne die müßen weichen,
do sich wandelt brot und wein
in fleisch und in blAt von got dem reichen
und dem ewigen woxt so vein:
das müg ein reines herz begreifen,
lert uns den rechten glauben allein.
5. Dar umb wir billeich neigen schüllen
dem vil großen sacrament,
das er wöl an uns erfüllen
mit gnaden in disem eilend.
das alt gesetz dem neuen muß weichen,
der recht gelaub die sinne wend.
6. Lop und ere sei gesungen
got dem vater ewiclich,
heil und freude sei erklungen
seinem sime wunniclich,
jubilieren alle zungen
dem heiligen geist von himclrich!
Münchener Cod. genn, 444. Bl. 22^ vom Jahre 1422. Übersehrift: Das
331
thewtz pange lmgu>a (BCittheil. Dr. F. Zarneke's und Dr. G. Scherer's). —
Hb. 1, 3. am letzte — 1, 4. tm« (wnd) — 2, 1. gepom — 2, 6. fehlt das
Reimwort — 4, 4. etoig — 4, 6. fehlt aüein — 5, 3. fehlt an — 6, 1. Lohe
— 6, 2. ewickUchen — 6, 3. frewd — 6, 6. himelreich.
% Nr, 185.
Fange lingua gloriosi.
1. Min zung erkling und frölich sing
von dem zarten lichnam fron,
von dem bl&t und kostlichen ding,
das gössen hat der weit zu Ion
frucht des libes reinen wibes,
der künig aller volker schon.
2. Uns geboren ußerkoren
von der reinen Jungfrau fin,
bi uns dri und drißig joren
gebreitet us den samen sin,
do beslossen unverdrossen
sin zit in Wunderwerk und pin.
3. Uf des ietsten nachtmals essen,
als er bi den brudem saß,
des gesatz wart nicht vergessen,
ak er das osterlemlin aß,
wolt er senden mit sinen henden
den jungem sich zfi einem maß.
4. Fleisch us werten und wares brot
wart US wort z& fleisch gemacht,
win verwandelt sich in blut,
wie wol Vernunft das nit verstat.
uns z& Sterken ist zu merken:
allein ein guter glaube ist not.
5. Darumb lont uns flißlich eren
ein so großes sacrament,
das nüw ist unde macht ufhören
das gesatz des alten testament.
der glaube mag leren imde meren
was unser sin nit hat erkent.
6. Lop und freud si got dem vater,
got dem sun si heil und pris,
kraft zier ewig sogen hat er;
332
dem geist der von in beide entsprießt,
lop des glichen ewiglichen,
von im alle gnade und tugent fließt.
Ms. germ. 4o. 636. der königl. Bibl. zu Berlin, von gleicher Hand mit
einem Marienspicle, das mit den Worten schlieOt: anno dni. 1491. per mu
menBchin. (Mittheil. Ludw. Erk's.) 3, 6. in der Hs. hinter maß noch spei»
— 4, 4. wie tool da$ v, dm —
Für den ältesten Text galt bisher der El. xliiij. vorkommende in
Vslegunffe der hymba nach der zitt des ganczen iares, mit ieren herclerungen,
vnd exponienmffen, vaat nützliche von latin zutütsch 4». (78 Bl.) Am
Ende des Registers: Finis tabule huius. Et exoraii sunt hi hymni.
Anno domini, M ccec Lxxxxiiij. Kalendas denique februaHj doudenas.
Menseb. Bibl. Nr. 9001. .
der zugleich der einzige gereimte dieses Buches ist*^). Dieser gedruckte
Text stimmt mit dem mitgetheilten handschriftlichen überein. Der hand-
schriftliche scheint also sehr verbreitet gewesen zu sein, nur so IKsst sich
erklären, dass er in das Nürnberger Enchiridion 1525. Bl. 23 überging, bei
Wckn. Nr. 157. Die Abweichungen sind au6er der jungem Schreibung nur
2, 4. ausgeaprengt den samen «ein, und 5, 5. der glaub leren macht uns
meren —
Die katholische Kirche behielt diesen Text bis auf Kleinigkeiten bei:
Vehe GB. 1537. Nr. 38. (und daraus Leisentrlt 1567. 1. Th. Bl. 212.) Str.
4, 1. 2. Dm wort wart fleisch und hat das brot mit seim wort zu fleisch
gemilcht — 5, 5. 6. unser glauben^ den wir haben, sol erstatten unsem ver-
itant. Das Kölner GB. 1610. Bl. 127, so wie Corner GB. 1625. Nr. 202.
haben nur die 4. Strophe geändert und das ihnen unverständliche maß 3, 6.
in Speis* verwandelt. — Die 3. und 4. Strophe scheint bei den Evangeli-
schen bald Ansto6 gefunden zuhaben: das Erfurter GB. 1527 hat dafür
eine andere Strophe eingeschoben, s. Schöbers Zweiter Beytrag S. 134.
Doch finde ich noch den Text des Nürnberger Enchiridion im Lutherschen
GB. „Gedruckt zu Magdeburg, durch Michel Lotther . M.D.XL.<< Bl. 100l>.
d. i. 108»». (Gott. Bibl.)
§.9. 55) Vergl. darüber Biederer, Nüzliche und angeneme Abhandlungen
(Altdorf 1768. 8o.) S. 159—162.
338
f Nr. 186.
Fange lingua gloriosi.
An GotMleichnamiag.
1. Mein zung erkling und frölich sing
von dem zarten leichnam fron,
von dem bluet und köstlichem ding,
vergossen der weit zu Ion
die frucht des leibs eins reinen weibs,
der künig der Völker schon.
2. Uns geboren außerkoren
von der reinen Jungfrau fein,
bei ims dreiunddreißig jai*en
gsträt durch wort den samen sein,
do beschlossen unverdrossen
in Wunderwerk zeit und pein.
3. Auf des lotsten nachtmals essen,
als er bei sein jungem saß,
des gesetz wart nit vergessen,
do er das osterlam aß,
wolt er senden mit sein henden
sein jungem sich zu eim maß.
4. Das wort und fleisch und wares brot
mit wort brot zu fleisch gemacht,
wein in das bluet verwandlt got,
die schwach Vernunft nit betracht.
uns zu Sterken ist zu merken:
der guet glaub ist gnueg geacht.
5. Darumb lasst ims fleißig eren
ein so hohes sacrament,
das nun ist und macht aufhören
das gsatz des altn testament.
glaub tuet meren uns zu leren
was die sinn nit habn erkent.
ß. Dem gebärer und gebomen
den sei lop und frölichkeit,
heil, zier, kraft in außerkoren
23
884
und der segen in bereit;
dem geist auch gleich gar tugentleich
von weit zu weit in ewigkeit.
Hymnariiu, Sigmnndslnst 1524, S. 91—98. Der ÜbeneUer scheint den
Iftngfflt im Volke yerbreiteten Text gekannt und benatst sn haben.
f Nr. 187.
Patris sapientia, veritas divina.
1. Do Christus mit den jungem sin
was in den garten gegangen,
do betete er sinen vater an
und wart dar nach gevangen.
die Juden in viengen zu mettenzit,
bunden, treckten und stießen,
die jungem vlohen al von im
und alle die sinen in ließen.
2. Jesus wart zu primenzit
vor Pilato verklaget
von valschen gezugen wurden vil
lugen von im gesaget,
die buben, die in bunden hart,
hielten in gevangen
3. Zu der tertien wart Jesus
hart an eine sule gebunden,
dar an er ser gegeißelt wart
und entpiieng vil wunden.
ein dornen kröne wart in sin haupt
von bösen luten geslagen.
vor urteil zu schemelichem tod
muste er sin cruze tragen.
4. Jesus zu der sexten zit
wart an das cruze gehenket,
mit gallen gespiset bitterlich
und mit essig getrenket.
mit zweien schechem wart er glich
hose und arg geachtet
selig dem zu herzen get
sin liden und das betrachtet!
385
5. Zu der nonen ist Jesus
bittem todes gestorben
und hat uns ewige Seligkeit
mit sinem tode erworben,
sine Site ließ er tot
mit einem spere verwimden,
dar US wasser floß und blut
in Vergebung unser sundcn.
G. Nicodemus und Joseph
zu vesperzit dar quamcn,
unsem herren Jesum Crist
sie von dem cruze namen.
siner muter, als man glaubet,
wart er tot gegeben,
die lieber auch gestorben war
wan daß sie solte leben.
7. Jesus lip gesalbet wart,
begraben zu completen,
als die schrift bedutet hat
der heiligen propheten.
sin liden und sin bittem tot
und al siner wunden smerzen
wil ich tragen stetiglich
in gründe mines herzen.
PpHs. 1460. fol. Nr. 47. Bl. 89l». in der Bibl. des kathol. Gymnasiiuns
zu Köln. Hat die Überschrift: Dy vij geczyien von dem Uden w^ers her-
ren Jeau xi patrU sapientia. — Ha. 2, 6. dy bufen — 3, 6. vnd finj — 4, 8.
vnd V dae — 6, 2. büter,
f Nr. 188.
Patris sapieutia, veritas divina**).
1. O Weisheit, gotes vaters zart,
Christus gotes sone,
zu mettenzeit gefangen wart
die götlich warheit frone;
§. 9. 55) Hone Lat. Hymnen 1, 106. Nr. 82. „Horae canonicae salvatoriB''
Etwas verschieden in Daniel Thes. 1, 337. und noch verschiedener in Corner
GB. 1625. Nr. 105.
23 ♦
336
er war wol von den jungem gar
ellendiglich verlaßen,
verkaufet von der Juden sehar^
geschlagen und gestoßen.
2. Zu preimzeit wart er angeklagt,
vor Pilato gebunden,
vil falscher lug auf in gesagt,
wie sie es erdenken künden,
sie spien im unter die äugen sein
nach der propheten sage,
sie bunden in hart wol an ein seil
und gaben im manigen schlage.
3. Sie schriren zu der dritten stunt:
kreuzige in, Pilate!
sie legten im an ein spötlich gewant,
ein alte purpurwate;
ein dömene krön mit großer not
die teten sie im aufdrucken,
das kreuz umb unser missetat
trug er auf seinem rucken.
4. Zu sextzeit wart er nacket und bloß
an das kreuz gespannet.
man hieng zu im in smacheit groß
gar zwen schedlich manne.
♦ von bitter marter dürst in hart,
das lamp &n alle schulde
mit essig und gallen getrenket wart,
das leit er mit gedulde.
5. Mein got, mein got! ruft er laut
wol zu der neunten stunde,
er befalch sein geist in seins vaters hant,
erblichen wart im sein munde.
darumb verlor die sunn im schein,
das ertrich bidmet sere.
sie stachen im zu der Seiten ein
mit einem scharfen spere.
6. Zu vesperzeit mit großer klag
wart er vom kreuz genomen,
die krön der eren niderlag,
ist uns zu freuden komen.
337
erlitten hat an der menscheit er
der Schöpfer aller gute,
doch beleip die gotheit unversert
in menschlichem gemüte.
7. Zu completzeit begraben wart,
sagt ims die geschrift gar eben,
der edel leichnam Christi zart,
ein trost des künftigen leben;
mit kostlicher salben man in begoß,
da wart die geschrift volbrachte,
die tagzeit deines leidens groß
sei dir zu lob gedachte.
8. Wir bitten dich, herr, durch dein not
die du umb uns hast erlitten,
durch deinen schmechen bittem tot,
den du umb uns hast erstritten:
verleich uns dein barmherzigkeit
durch deinen heiligen namen!
verlaß uns nit an unserm end!
so sing wir frölich amen.
Aus der Münchener Hs. Cod. germ. 808, um 1505 geschrieben, bei
Ph. Wckn. Nr. 153.
f Nr. 189.
Patris sapientia, veritas divina.
1. Zur mettenzeit gefangen wart
des vaters Weisheit feine,
das ist der gotlich wäre Christ
in seiner menscheit reine;
verraten, verkauft er do wart
den Juden, die mit schalle
schlugen seinen leichnam zart,
sein jünger flohen alle.
2. Zur primzeit gefüret wart
Jesus vor Pilaten,
die große falscheit wart fiirgekart,
sie war auf in geraten ;
338
sie schlugen im halsschlege hart,
sein äugen sie im verbunden,
sie spien an sein antlitz zart,
sie schlugen im vil wunden.
3. Zur terciezeit spotlich gekleidt
in purpur und in seiden,
do rief zumal die judischeit:
am kreuze sol er leiden!
ein domekron sein heubt durehgrub,
gesehach [von unser schulde,
den tramen auf seiner achseln trug,
den tot den must er dulden].
4. Zur sechsten zeit genagelt wart
an das kreuze mit schalle;
so in von herzen dursten wart,
trenchten sie in mit galle.
zwen Schacher hingen sie neben in,
den wart er gleich geachtet^
das gap der muter traurigen sin,
versemert und verschmachtet
5. Zur none rief der süße Christ:
helil mit eilende,
vater nim in diser frist
mein geist in deine hende!
ein ritter in sein selten stach
mit einem scharfen spere;
darnach groB ertbeben gesehach,
die sonn wart Scheines lere.
6. Jesus vom kreuz genomen wart
zur vesperzeit in leide,
klegelich tet seine muter zart,
sie tet sam sie wolt verscheiden,
ein sulchen tot gelitten hat
unsers lobens erzteie,
der eren krön er niderlag
von Sünden also freie.
7. Zur completzeit begraben wart
in trüber handelunge
der heilige leichnam gotes zart,
des lebens hoffenonge,
339
mit salben gut bewart man in,
die Schrift die wart verendet,
den tot nim mensche in deinen sin,
so wirt dein leit verwendet.
Alter Druck, 3 Blfttter 4»., Anfang des XVI. Jahrh. in der Breslnner
Universitftts - Bibliothek. Das Eingeklammerte iBt hinzugeschrieben. — Hand-
schrift dahinter abermals die Biebenstandengeseit in Bezug auf Maria, 8
Strophen im selben Versmasse. — Derselbe Druck beginnt mit einem Liede
an Maria, das wahrscheinlich ein Wallfahrtslied war:
Maria muter au^erkom,
Alleluia,
Keine nie gewest in gotes eom,
gracia, ave gracia,
nu hilf uns Jungfrau Maria.
Andere Übersetaungen , 1. die bekannteste:
Gott des Vaters Weisheit schon,
Wahrheit, Weg und Leben,
Christns sein geliebter Sohn
In Tod fUr uns gegeben,
Zur Mettenceit gefangen ward,
Verkauft, in Tod yerrathen.
An ihm kein Schuld befunden ward:
Da wichen die Zwölfboten. 8 Str.
Tegemseer GB. 1577. Bl. 40. Münchener GB. 1586. Bl. 14. u. a.
Corner GB. 1625. Nr. 105.
2. Christus der uns selig macht.
Kein Bös hat begangen u. s. w.
von Michael Weiße, Wckn. Nr. 342. Steht auch in katholischen GB.: Cor-
ner 1625. Nr. 842. Nie. Beuttner GB. 1602. 1. Th. Nr. 20.
AuSerdem ist noch eine wiewol alte, aber stümperhafte Übersetrang vor-
handen in der. Wiener Hs. 8027 (s. Hoffmann Verzeichniss S. 188) , gedruckt
in Jos. Kehrein, Kirchen- und religiöse Lieder S. 200. 201:
Die wtyihayt vnd gotlich warhayt
goez «aiers von himel reiche
ehrietUB mefueh gefangen wardi
zw der metten zeyte ff.
340
f Nr. 190.
Puer natns in Bethlehem**).
Ein kint ist gbom ze Bethlehem
ze disem nüwen jar,
des freuet sieh Jerusalem.
Ze disem nüwen sint gemeit,
lobent der maget würdikeit
imd sint in herzen fro!
dem kindeli si lop geseit
hie in gesang also.
Dm*eh Gabriel den boten iin
ze disem nüwen jar
empfieng die magt das kindeiin.
Ze disem nüwen ff.
In blät und fleisch ist es bekleit
ze disem nüwen jar,
des vaters wort in ewikeit.
Ze disem nüwen ff,
Bekant hat esel und das rint
ze disem nüwen jar,
daß got der herre was das kint.
Ze disem nüwen ff.
Hier lit es in dem kripfelin
ze disem nüwen jar,
des rieh sol iemer ewig sin.
Ze disem nüwen ff.
%. 9. 66) Schon im XY. Jahrh. md^n verschiedene Texte Torhanden ge-
wesen sein; ein nnserm deutschen entsprechender findet sich i|icht, wol aber
kommen einsefaiei in dem anter ^ Nr. 192. nachgewiesenen nicht befind-
liche Strophen anderswo vor. Der Text in Corner GB. 1626. Nr. 62. enthält
die onsem dentsehen Strophen 2. 3. and 9. entsprechenden lateinischen:
Str. 8. Per Oabrielem noncinm
yirgo concepit filinm.
Str. 2. Assxmipsit camem filios,
▼erbnm patris altissimi.
Str. 6. üni trino sempitemo
benedicamos domino.
und Nr. 47. daselbst die der deutschen Strophe 7 entsprechende:
Intrantes domum inyicem
noTom salntant piincipem.
S41
6. Die liüng von Saba komen har
ze disem nüwen jar,
golty myrren, wirauch brachtens dar.
Ze disem nüwen ff.
7. Sie giengen in das hüsli fri
ze disem nüwen jar,
den nüwen menschen grfisten sie.
Ze disem nüwen ff
8. Mit stimm des herzen wolgemfit
ze disem nüwen jar
betent sie an den künig gAt.
Ze disem nüwen ff.
9. £im got und auch personen dri
ze disem nüwen jar
nun dank und dr gesungen si!
Ze disem nüwen ff.
10. Gelopt si got, die drivaltikeit
ze disem nüwen jar,
und si im iemer lop geseit!
Ze disem nüwen sint gemeiti
ze lob der maget sint bereit
in herzen jubilo
und dankent got in ewikeit
sftß mit gesange fro!
Unter den Liedern HeinrichB yon Laufenberg mit der Jahrszahl 1439,
der Strafib. Hb. B. 121. bei Wckn. Nr. 764.
f Nr. 191.
Puer natus in Bethlehem.
1. Ein kint gebom zu Bethlehem,
frolich mit den freuden fro —
des freuet sich Jerusalem
in cordis iubilo.
2. Hie leit es in dem krippelein:
&n ende wert die herschaft sein.
3. Der esel und das öchselein,
sie erkanten got den herren sein.
4. Die könig von iSaba komen dar,
golt weirach mirrach brachten sie dar.
342
5. Sie giengen in das haus hin ein,
sie suchten den himelfiirsten sein.
Hünchener Cod. lat 2992. (Amb. Franc. 12.) Bl. 236>», aus dem XV.
Jahrhundert, lat. nnd deutsch. (Mittheil. Dr. G. Scherer's.)
f Nr. 192.
Puer uatus in Bethlehem^^).
1. Ein kint geborn zu Bethlehem,
des freuet sieh Jerusalem.
2. Hie leit es in dem krippelein,
on ende ist die herschaft sein.
3. Das öchslein und das eselein
erkanten got den herren sein.
4. Die könig aus Saba kamen dar,
golt, weirauch, myrrhen brachten sie dar.
5. Sein muter ist die reine magt,
die on ein man geboren hat
6. Die schlang in nicht vergiften kunt,
ist worden unser blut on sund.
7. Er ist uns gar gleich nach dem fleisch,
der Sunden nach uns gar nicht gleich,
8. Damit er im uns machet gleich
und widerbrecht zu gotes reich.
9. Für solche gnadenreiche zeit
sei got gelopt in ewigkeit!
10. Gelopt sei die heilig dreifaltigkeit
von nun an bis in ewigkeit!
Val. Babst GB. 1645. — Str. 2. ebendaher aus dem Drucke von 1542
entlehnt, Str. 9. aas Corner GB. 1626. Nr. 47, worin auch nach Str. 4.
Sic giengen in das haus hinein,
sie grüßten got den herren fein,
und nach Str. 9.
Gelobt seist du, herr Jesu Christ,
daß du uns mensch geboren bist.
In Str. 7, bei Babst er ist gar uns gleich — 7, 2. rf. «. tiocÄ ist uns
nicht gleich.
§.9. 57) Der lat. Text, wie er ganz mit dem deutschen stimmt, bei Lei-
sentrit GB. 1567. 1. Th. Bl. 44l». Vgl. Daniel Thes. 1, 334. — Der Text
des Babstschen GB. bei Wokn. Nr. 62.
343_
f Nr. 193.
Quem pastores laudavere^®).
1. Den die hirten lobeten ser,
erboten die engel lop und er.
2. Fürchtet euch nimmer forthin mer:
gebom ist uns der könig und herr.
3. Zu dem die könige kamen dar,
golty myrren, weirauch brachtens zwar.
4. Sie fielen nider auf ire knie :
gelobet seiestu herr alhie!
5. Freuet euch heut mit Maria!
sie ist die himelische hierarchia.
6. Hat uns heut gebom auf erden,
dem sol lop und er werden,
7. Jesu Christ von himelreich,
niergent findet man seines gleich.
§. 9. 68) 1. Quem pMtorea laudavere,
quibus angeli dixere:
absit Yobis iam timere!
natus est rex gloriae.
2. Ad quem reges ambulabaht,
aunim, thus, myrrham portabant,
haec flincere immolabant
leoni victoriae.
3. £xttltemufl cum Maria
et coelesti Hierarchia
iubilando voce pia
dulciqne cum symplioiiia:
4. Christo regi humanato,
per Mariam nobis dato,
merito resonet vere
laus, honor et gloria.
Corner GB. 1C26. Nr. 81. Verschieden von Leisentrit GB. 1567. 1. Th.
Bl. 48, c. B. 4, 1—4. Decet laadem exhibere, quam supemi cantiivere, ex
quo Cliristus matrem vere cemitnr introire. — und von Rambadt Anthol.
1, 355. (Wckn. Nr. 51. Daniel Thes. 1, 330.)
344
8. Dem gebt heut und alzeit mer
lobgesaiig und alle er!
Wicelii Psaltes ecclesiasticiis 1650. Hl. 581». Wahrscheinlich ein alter
Text, und ein ebenso selbständiger als der lateinische, zu dessen Versmaße
er schlecht passt; deshalb hat auch Corner unter den lateinischen Text einen
jungem deutschen aufgenommen, OB. 1625. Nr. 81.
1. Oebom ist uns ein König der Ehren,
Den die Hirten lebeten sehre,
Als sie hörten diese Mähre
Von der lieben Engel Schaar.
2. Die heiigen drei König kamen von ferne,
Als sie sahen seinen Sterne,
Opferten ihm von Herzen gerne
Weihrauch, Myrrhen und rothes Qold.
3. Freuet euch all mit Maria
Und der himmlischen Hierarchia,
Singet alle fröhlich Eia
Jesu in dem Krippelein!
4. Der ohn Schmerzen ist geboren,
Von Maria auserkoren,
Und versöhnt seins Vaters Zoren,
Dem sei Preis in Ewigkeit I
f Nr. 194.
Regina coeli laetare^^).
Königin der himel,
freu dich Maria!
den du hast empfangen,
der ist vom tod auferstanden,
bitt got für uns!
alleluia.
Vehe GB. 1537. Seite 88 nach meiner Ausgabe. — Witsel Psaltes ecd.
1660. Bl. lOOl'. n^^<^ ^'o^^ ^^* Vnter diesem vntaddelichem gesange,
pflegt der L&y deudsch su antworten:"
Ein königin in dem himel,
des freue dich Maria!
den du hast empfangen,
der ist von dem tod auferstanden,
bitt got für uns!
alleluia.
Dies sind die ältesten mir vorgekommenen Übersetzungen.
§.9. 69) Daniel Thes. II, 319.
346
Das Obseqniale RatisbonenBe 1670 Im Anhang bemerkt dasn: Nota.
Nach der Himmelfahrt ChriBti biB anf Pfingsten mag man anstatt
den du hast empfangen,
der ist vom Tod auferstanden
singen :
den dn hast getragen,
der ist gen Himmel anfgefahretu
In Corner GB. 1625. Nr. 148. noch zwei Strophen (so anch Nie. Bentt-
ner OB. 1602. 1. Th. Nr. 28.):
2. Königin der Gnaden,
Freu dich Maria!
Den da hast getragen,
Der woU uns kein Bitt Tersagen.
Bitt Gott für nnst
AUelnia.
8. Königin der Barmherzigkeit,
Fren dich Maria!
Zar Stand ansers Sterben
WoUst ans Gtonad erwerben^).
Bitt Gott für ans!
AUelaia.
Zu der ersten orsprünglichen noch 5 andere Strophen Corner GB. Nr. 149.
und Mainzer GB. 1628. S. 295.
f Nr. 195.
Resonet in laudibus^^).
1. Es muss erklingen überall
Mit Lob und auch mit reichem Schall
Syon mit der Treuen Zahl:
Er ist erschienen den uns gebom Maria;
Es ist erfüllt das uns verkündt hat Gabriel
Eia^ eia!
Die Jungfrau Gott geboren hat,
Als die göttliche Weisheit sich verwilligt hat,
Es ist gebom auf diesen Tag, diesen Tag
in Israel,
Den verkündigt hat
der Engel Gabriel.
7 lat. und 7 dentsche Strophen, denen noch angehängt Bind swei deatsehe:
§. 9. 60} Bei Beattner:
Znr Stand wann wir müssen sterben,
wöllst ans bei deim Sohn Gnad erwerben.
61) Vgl. Wckn. Nr. 47. and danach Daniel Thes. hynmol. 1,827.
346 _
Singen wir mit Fröhlichkeit, und: Joseph, lieber Joseph mein, in Corner
OB. 1625. Mr. 68. ~ Im Kölner GB. 1610. sind diese beiden letzten 8tm.
phen als Ewei besondere Lieder angeführt.
f Nr. 196.
Rex Christe factor omnium**).
König Christe macher aller ding,
du hast erledigt mit guetem geling
den mensehen aus der helle quäl,
den Adam bracht mit seinem val.
Mönch von Salzburg'. 8 Strophen. Nach der Wiener Hs. 2856. gedruckt
in Kehrein, Kirchen- nnd relig. Lieder S. 152. Steht anch im Miinchener
Cod. genn. 715, und der Wiener Hb. 2975.
Das Gänse nnr Nachbüdnng des lat. Hjmnos, wie sich anch schon ann
der ersten Strophe ergiebt. Eine Ubersetsnng:
Schöpfer aller Ding, König Christi
im Kölner GB. 1610. Bl. 65. Corner GB. 1625. Nr. 116.
f Nr. 197.
Salve regina, mater misericordiae**).
Frau, von herzen wir dich grüeßen,
kunigin der barmherzikeit !
unser leben ^ unser süeße^
unser trost! der grueß ist dir bereit,
zu dir wir schreien eilende
kinder frauen Eve in jamers quäl,
zu dir wir seuften klagende
und weinend in disem zähertal.
eia darumb seit du bist
unser vorsprechlich Zuflucht^
dein barmherzig äugen zu uns wende,
und den heiler Jesum Christ,
deines leibs gesegnete frucht,
uns erzeig zu trost nach dem eilende!
O du senfte, o du güetige,
o du süeße Maria!
Münchener Cod. lat. 6034. (Ebersberg. 234.) Bl. 88, ans dem XV. Jahr-
hundert, mit Singnoten. (Mittheil. Dr. G. Scherer's.) -> Hs. 6. fehlt in,
§. 9. 61) Daniel Thes. 1, 180.
62) Daniel Thes. 2, 821.
847
f Nr. 198.
Stabat mater dolorosa*^). *
1. Maria stuent in swindem smerzen
bei dem kreuz und weint von herzen,
da ir werder sun an hieng.
ir geadelte zarte sele
ser betruebt in jamers quele
scharf ein sneident swert durehgieng.
2. O wie ser mit leid bestricket
was die mueter gebenedictet,
mueter des eingebom!
wie sie leit In jamer jaget,
wie sie weinet, wie sie klaget
pein irs snnes außerkomi
3. Welich mensch weinen versmähe,
das die mueter gotes sähe
in so swindem jamer stan?
wer möcht leides ane wesen,
der die mueter außerkesen
sah den sun mit leiden an?
4. Für der sünder sünd und schulde
sach sie Jesum mit gedulde
ser gegeißelt nemen ab.
sie sach iren süeßen tröste,
alles trostes selb erloste,
do er seinen geist aufgab.
5. Sie sach an der selben state
den trone der trinitate,
das ist Kriste brüst und herz
ein jud mit eim scharfen spere
swind durchstach, o we der sere
und des bittern großen smerz!
6. Wie daß smerz in smerzen drungen,
und biet ich hundert tausent zungen
§.9. 63) Jacopone dft Todi (Jac. de' Benedetti da Todi, Jaeobus do Bc-
nedictia f 1306). Rambach Antbol. 1, 348 ff. Mohnike, Stnaien iiud Mit-
th6iliiil|roi> 1* Bd* 3- ^0'^ ff* Fiiedr, Gostav Lisco, 8t»bat. Mater. Zweitor
Beitra^r zur Hymnologie. Berlin, Müller 1843.4». Daqiel Thes. 2,131*154.
und redt ich aller engel sprach,
80 kunt ich doch nicht vol sagen
soleich weinen, soleich klagen,
do geschach ach in ach.
7. O Ursprung reiner minne,
bring mich deines smerzen inne,
hilf daß ich dein leit bewein,
daß mein herze werd enzundet
und in Christi minn verwundet,
daß ich im gefall allein!
8. Hilf daß ich mit dir beweine
den gekreuzten, nicht klag seine
all die weil ich leb auf erd!
bei dem kreuz mit dir beleiben
hilf mir, krön ob allen weiben,
bis dein leit mein herz versert!
9. O magt aller magetkünne,
hilf daß ich deins smerzen werd inne,
daß ich immer mit dir klag!
daß ich deines sunes tode
marter, wimden, bluet so rote
hoch betracht und seine plag!
10. Daß sein wunden mich verwunden,
und sein kreuz mich heil von gründen
und sein rosenfarbes bluet
11. Starker got, als ich verscheide,
teil mit mir durch die werden meide
die palme der signunft dein,
wann der leip alhie ersterbe,
daß die sele dort erwerbe
des paradises klaren schein!
Mönch TonSalsbarg. Mttnchener Cod. germ, 716. (aiu Tegfemsee) Bl. 70*
— 75^ gednickt Altdeutsche BlHtter 2, 336—888. — Hb. 1, 6. meydtmi» —
8,2. uhen — 4, 1. $ckuld — 4, 2. geduld — 9, 1. mti^gunne — 9, 6. sein
plage — 10,2. vielleicht von stunden,
Die deutsche Übersetrang entspricht also dem kirchlichen Texte (im Ifis-
sale Bommmun b. Daniel 2, 188.): Str. l— 4 == 1^4, Str. 5 und 6 fehlen im
la*., Str. 7 = 6, 8 = 7, 9=8, 10=9, 11 = 10.
349
f Nr. 199.
Stabat mater dolorosa.
1. Die mAter stftnt vol leid und schmerzen
bei dem kreuz mit schwerem herzen,
da ir liebes kint ane hieng,
deren seufzende traurige sele
ganz vol kummers und großer quele
des mitleidens schwert durchgieng. *
2. O wie traurig, wie verseret
was die mftter hochgeeret,
gotes eingebomer sun,
do sie sach den zarten herren
sein so heilig blftt verreren
imd im soliche pein ant&n.
3. Welcher mensch wolt doch nit weinen,
wann er säch die m fiter reine
in so großer quel und pein?
wer möcht doch nit mit ir trauren,
der Mariam ftn alles dauren
sach in solichem jamer sein?
4. Sie sach in martern und peinen,
Jesum für die sünd der seinen
leiden so gedultiglieh,
sie sach Jesum gar verlaßen,
sterben mit den ungenoßen,
sein sei laßen bitterlich.
5. Eia mfiter, brunn des herzen,
mach empfinden mich dein schmerzen,
mach daß ich auch traur mit dir;
mach mein herz also entbrennen,
Christ liep haben und erkennen,
daß er hab gefall in mir.
6. Heilige m&ter, deins suns schmerzen
wollest eindrucken meinem herzen,
daß ich stets gedenk daran;
mach mich solich streich und wunden,
die Christ ftir mich hat empfunden,
all zeit in meim herzen han.
24
360
7. Mach mich warlich mit dir weinen,
dem kreuz ChriBti mich vereinen
als lang als mein leben wer,
daB ich bei dem kreuz werd fhnden,
mit dir wein zfl allen standen
herziglich ist mein beger.
8. Jungfrau aller jungfiraun kröne,
wollest meiner Sünden schonen
und mich mit dir weinen lan,
daß ich änderst nüt tfi achten
dan das leiden Christi betrachten,
das selb in meim herzen han.
9. Mach mich durch den tot deins kindes
sicher vor der hant des veindes,
vor seim grimmen zom und neit,
daß ich in der lieb gefirmet
durch dichy Jungfrau, werd beschirmet
auf den tag der letsten zeit.
10. Mach daß mich des kreuzes gute
und der tot Christi behüte
in genaden ewiglich;
wan der leip nit mer sol leben,
daß meinr armen sei werd geben
bei dir freud in seinem rieh.
Hortolof «mme (iiAch Biederer Salus anime) Kfirabeig 1603. 16^ BL 121.
Biederer Nachrichten ff. 8. Bd. S. 166, daaach bei Wckn. Nr. 169. und Kör-
ner Marian. Liederkranz 8. 177. — Niederdeutsch in: Ortalns anime to
dnde Ä Gheprentet tho Ljpsick. Am Ende : — dorch Conradt Kachelofen
cet 1618. 8<>. (Ein Exemplar in der Breslaner Bibliothek.) Aach in der Aus-
gabe 1616. Bl. IzxWÜ.
Obigen hochdeutschen Text finde ich nur mit einigen Verschiedenheiten
und dreiaeilig genommen wieder im KSfaier GB. 1608. unter Nr. 49.
Christi Mutter stund mit Schmersen.
Trotsdem seheint diese Übersetsung, wie sie das alte BHbauungsbuch von
1608 entfaXlt, das ganse XYI. Jahrh. und linger bekannt gewesen sn sein.
Nicht ohne Benutsung des alten Textes ist s. B. der in Cemer*s GB. 1626.
Nr. 120. befindliehe:
Christi Mutter stund Tor Schmersen
Bei dem Krens mit schwerem Hersen,
Da ihr lieber Sohn dran hieng,
351
Deren traarig seufsende Seele
Kummers voU und groQet Quele
Des Mitleidens Schwert durchgieo^.
Dieser Comcrache modernisierte Text wurde entweder nicht hakannt
oder mochte nicht genügen : es wurden kurz nachher neue Versuche gemacht,
das schöne Lied zu übersetzen. Das Mainzer GB. 1628. hat bereits zwei
Übersetzungen, 8. 239.
Beim Kreuz mit Lieb und Leid verwundt
Maria ToUer Sehmerzen stund,
Weil Jesus hat gelitten.
Ein seharpfes Sohwerft ihr Seel darehdnmg,
Viel Stich, rial Streich ihr Hern gewami,
Da er am Kreuz gestritten,
und S. 242.
Die Mutter stund herzlich verwundt
Nah bei dem Kreuz und weint von Grund,
Da sie ihm Sohn sah hangen
(Letzteres aus dem Gcistl. Himmel - Glöcklein , München 1685. in Kömer
Marian. Liederkranz 8. 185.)
Außer diesen für den kirchlichen Gebrauch bestimmten Übersetzungen
zu Anfang des XYII. Jahrb. sind noch andere vorhanden, die nicht in die
Gesangbücher übergingen, a. B. die dreiseilig sich reimende in Kömer's
Marian. Liederkranz S. 179 aus: Kosenkrantz, Oder Mariae Psalter, vorteut-
schet Durch Yalentinum Leuchtium. Ingolstatt M. DC. XII.
Ganz sehr betrübt die Mutter stund
Neben dem Kreuz, ihr Herz verwundt.
Als daran hieng ihr Sohn jetzund.
Zum Schlüsse noch eine nieder rheinische Übersetzung, die ichbuch-
stftblich mittheile, denn die zwischen Kiederdentsch , oft sogar NiederlSn-
disch, und Hochdeutsoh schwankende Sprache und die ungleiche Schreibung
sind Eigenthümlichkeiten des Niederrheinischen.
f Nr. 200.
IT Eyn tinnyge beclagung der moder goedes ak $y stände an dem
craytz tto latine geheUechen Stabai maier dolorosa.
i. Eyn moder etoend dr6uen&chen
am crvytz jnd weynde jemerUcken,
als yr son dmr an hangen was.
Der moder seel toi truricUieit, '
üol smertzens vnd dagUcheit
eyn swert seer sdiarp dorchsneden hat f.
2. Owe wie droeuich vnd verslagen
die moeder was, die had gedragen
24*
362
dai ejfnige geboren kpU.
Sg tr&grde seer nuft graUiem wei/nen,
8jf wtgrdide dat yr kynt aUeyne
myt pijnen seer vmbuangen was.
3. Wer y$ der mymchf der tiiet $old trüren,
wanneir he $ege die moder düren
so lang jn groisser droeuickeU?
Wer modU dair niet bedroeuei syn^
der myrckde, dai die moder syn
soe Irürick wkyt dem kynde weert
4. Der mynscken wunden handt bedreuen,
Maria dat sy sack myt betten
Jesum in swarer pijnen stain,
Sy sach, dat Jesus starff verlaissen
yn druck vnd pijnen bouen maisseny
als Hey den geyst vp geuen was.
5. Och alre Uefden eyn fonleyne,
vp dai idi myt dyr herczUch weyne,
lais voelen mich die groisse pyn.
Hylff dai myn herfz enifenget werde
yn duristus Uefden vp der erde,
vp dat ich jm behagen mach,
6. Och hylff maria, dat der smertzen
dyns kynds sy vast yn mynem hertzen,
der vur midi gern gecrudget ys»
Druck jn myn hertz die Uefde grhß
dyns soens^ der hau gehangen bloiß
am cruytz vmb vnsen wyl,
7. Och hi^ myr myt dyr weynen werUch
jnd myt dym kynde lijden swerlich,
soe lang als ich ym leuen byn.
Ich myt dyr an dem cruyce blijue
jnd nummer scheyden van dym lijue,
beger yn sukher droeuicheii.
8. 0 jonffrau bouen al jonffiratmen,
nu häjf myr doch vyß gansem truwen^
dat idi myt dyr bedroeuei sy.
Och hylff myr jn mym hertzen dragen
den doet dyns kyndes vnd beclagen
syn lijden vnd smertzen groiß.
363
9. Bfßlff dat ick mach $]fH wanden voelen
vnd ntjfi $jfm crw/U wtgn hmiz erkaelen
vmb Uefden, die du tzo ym hak.
Och nieder yn dem le$ien ordel
enoerff myr dock ahukken vordel,
dai ick durah dkk bachyrmet $y.
10. Hylff dat $yn cmyize mick beware
tmd ouch $yn doU van boesen $ckare
vnd $yn genade myt myr «y.
Hylff wan ich icheyd van diesem leuen,
dat mynre $den werd yeyeuen
die vreude groiß ym hemelrijdL Amen.
OffeoM Blatt in kl. folio, Kölner Druck atu dem Anfimga des 16. Jahr-
hnnderts, im Wallrafianom. Oben in der Mitte ein Holzschnitt: Chriatiu am
Krenze.
f Nr. 201.
Surrexit CIiriBtus hodie**).
1. Entstanden ist der heiige Christ ^ alleluia.
der aller werlde troster ist alleluia
2. Der nu den tot erlitten hat
umb aller menschen missetat
3. Die frauen kamen zu dem grabe,
sie brachten salbe und ire habe.
§.9. 66) Lat. Text der Bresl. Hm. I. 8«. 82 und I. 8«. 118.
1. Surrexit Chrietus hodie, alleluia
humano pro solamine. alleloia.
2. Mortem qui passoA pridie
miserrimo pro homine.
3. Mulieres ad tumnlum
dona femnt aromatum.
4. Album cementes angelum
annuneiantem gaudium.
5. Mnlieree o tremule
in Oalileam perlte 1
6. Piseipulis hoc dicite,
quod surrexit rex glorie!
7. In hoc paschali gaudio
benedicamus domino!
8. Laudetur sancta trinitas,
Deo dicamuB gracias!
4. Der engel in dem weißen kleit
verkundte in die freud An alles leit
5. Nu gehet frauen wolbekant
gein Galileam in das lant!
6. Den jungem saget zu diser frist,
daß Jesus Christus erstanden ist!
7. Zu diser österlichen zeit
80 sei der herre gebenedeit!
8. Der heiigen dreifaltigkeit anefang
sei nu und ewigliehen dank!
Breslauer Hs. I. 8o. 32. Bl. 98^. 99*, geschrieben um 1478 und I. 8o.
ua. Bl. 7d>. 74«.
f Nr. 202.
Surrexit Ghrißtus hodie.
1. Erstanden ist der heilige Ohrist,
Alleluia.
Der aller weit ein tröster ist
Alleluia.
2. Den tot er nu erlitten hat
umb aller menschen missetat.
3. Drei frauen namen specerei
und giengen hin zum grab ohn scheu.
4. Sie suchten den herren Jesum Christ,
der aller weit ein tröster ist.
5. Ein engel sahens weiß gekleidt,
der in vei'kündigt große freud.
Ist jedenfalls jünger als das deatsche Lied : Christ ist erstanden. Die älteste
Hs., die Mono (Hymnen 1. Th. 8.195. Nr. 143.) benutzte, ist aus dem XIV.
Jahrhundert. Sie stimmt mit nnserm Texte gans überein, nur Str. 6. fehlt
dort. Bei Leisentrit GB. 1567. 1. Th. Bl. 145 fehlen Str. 3 und 4, so auch
im Münchener GB. 1586; das Mainzer GB. 1631 (Wckn. Nr. 56.) hat dage-
gen 11 Strophen, und Corner GB. 1625 Nr. 128 15.
Wahrscheinlich gehörte das lateinische Lied m einem Osterspiele und
mag mit dem deutschen gleichzeitig sein, vgl. das Osterspiel Fundgruben
2, 274. 275.
Trotsdem dass es in die lat. Agenden an die Stelle des: Christ ist er-
Ktanden, überging, also als kirchlich anerkannt wurde, so hat es doch weder
jenes verdrüiigt noch das daneben bestehende Lied gleiches Inhalts.
356_
6. Entsetzet euch, ir firauen, iiit!
denn Christaa heut erstanden ist
7. Das solt ir sagen Petro bald
und andern jungem gleicher gstalt.
8. Denn in Galilea zumal
werden sie Christum sehen all.
9. O Jesu, lieber herre got,
behüt uns für der sünden not!
10. Gip daß wir vom tode entstehen
und mit dir ewiglich leben!
11. Zu diser österlichen zeit
sei got dem herren lop geseit
Leisentrit OB. 1567. 1. Th. Bl. 18ll». Münchener GB. 1586. Bl. 23.
9 Ein schön mite« Gesang.' — - Etwas Terschieden und um 4 Strophen erwei-
tert in Corner GB. 1685. Nr. 188.
f Nr. 203.
Surrexit Christus hodie.
1. Erstanden ist der herre Christ,
Alleluia
der aller weit ein tröster ist
AUeluia.
2. Der nn den tot erlitten hat
vor aller menschen missetat
3. Er nam auf sich der sünden solt
und hat bezalt all unser schult
4. Die weiber suchten in im grab,
der engel in die botschaft gap.
5. Ir weiber, solt eur weinen lan,
in Galileam solt ir gan.
6. Sagt Petro und den jungem sein,
daß er vom tod erstanden sei.
7. Der herr kam in entgegen dar
und sprach mit solchen wnrten klar;
8. G-et hin und sagt den brüdem OMin,
in G-alilea werd ich sein.
9. Da werden sie mich finden BWar,
wie ich in hab gesagt zuvor.
10. Und seit getrost, ir Christen all
und singet mit frölichem schal.
366
11. Zu diser österlichen zeit
da sei der herr gebenedeit.
12. Die heilige dreifaltigkeit
die sei gelobt in ewigkeit!
Leisentrit GB. 1567. 1. Th. Bl. 132>>.
f Nr. 204.
Surrexit Christus hodie.
1. Erstanden ist der heiige Christ,
der aller weit ein tröster ist.
2. Und war er nicht erstanden,
so war die weit vergangen.
3. Und seit daß er erstanden ist,
loben wir den herren Jesu Christ.
4. Es giengen drei heilige frauen
des morgeuB frü im tauen.
5. Sie suchten den herren Jesu Christ,
der von dem tod erstanden ist.
6. Sie funden da zwen engel schon,
die trösten die frauen lobesan.
7. Engel. Erschrecket nicht und seit all fro,
denn den ir sucht, der ist nicht do.
8. Maria. Engel, lieber engel fein,
wo find ich denn den herren mein?
9. E. Er ist erstanden aus dem grab
heut an dem heiligen ostertag,
10. Jf. Zeig uns den herren Jesu Christ,
der von dem tod erstanden ist!
11. E. So trett herzu und seht die stat,
da man in hin geleget hat!
12. Jf. Der herr ist hin, er ist nicht do:
wenn ich in hätt, so war ich fro!
13. E. Seht an das tuch, dar in er lag
gewickelt bis an den dritten tag.
14. M. Wir Sehens wol: zu diser frist
weis uns den herren Jesu Christ!
16. E. Get in das galileisch lant,
da findt ir in, sagt er zuhant
367
16. M, Habt dank, ir lieben engel fein!
nu wollen wir aUe frölich sein.
17. E. G-et hin, sagt das S. Petro an
und seinen jungem lobesan!
Maria zum volk.
18. Nun singet all zu diser frist:
erstanden ist der heilig Christi
CrMRtftfl.
19. Des sollen wir alle frölich sein
und Christ sol unser tröster sein.
Oeistliche Lieder vnd Psalmen, Nürnb. durch Nie. Enorm 1566. Wckn.
Nr. 687. In dieser Gestalt ein Überrest aus einem Osterspiel (ygl. Nr. 16.),
deshalb fehlt denn aach das Dialogische (Str. 8. 10. 12. 14. 16.) im Obseqoiale
Ratisbon. 1670 im Anh., nnd in „ Ertliche tentsche Oster geseng .... Qednickt
zft Nürnberg durch EÜnegÜnd Wachterin.^ Dagegen stimmt bis auf swei
Strophen mit unserm Texte Nie. Beuttner OB. 1602. 1. Th. Nr. 27.
f Nr. 205.
Te deum laudamus^^).
Der deutsche Ambrosianische Lobgesang kommt früh vor *^).
In der Stadt Braunschweig sang man, wie Rehtmeyer berich-
tet**), seit 1490 das deutsche Te Deum laudamus und zwar 24.
November y wegen der damals geschehenen göttlichen Beschir-
mung und Beschützung der Stadt.
Vor Luther*s Übersetzung in Versen, um 1529 sind nur prosaische Be-
arbeitungen bekannt. Lnther*s Herr Gott, dich loben wir, ist von der katho-
lischen Kirche nicht aufgenommen worden. Der Text im Ältesten kathol. QB.
(Vehe 1537. Nr. 7.) ist in Prosa. Leiaentrit OB. 1667. i. Th. Bl. 269.
(Wckn. Nr. 844.) hat eine Bearbeitung in Liedesform, wobei Luther's Text
benutst ist:
Dich Gott wir loben und ehren,
Bekennen dich einen Herren.
Dich Gott Vater in Ewigkeit
Ehrt die ganse Welt weit und breit.
§. 9. 66) Daniel The«. 8, 276.
67) Eine pros. Übersetnmg vom J. 1889 aus Cod. pal. 488. in Görres
Altt Volks- und Meisterliedem 8. 829.
68) Behtmeyer, Braunschw. Chronica S. 822. — ▼. Soltau theilt eine
prosaische niederdeutsche Übersetsung mit aus einer Hs. des XV. Jahrh.
und meint, diese kdnne die bei Behtmeyer erwähnte sein, Mone*s Anaeiger
1886. 8p. 829. 880.
368
Dieselbe in sweiieiligen Strophen mit Kehrvenen im TegWiBWt GB. 1677.
Münchener 6B. 1686. Bl. 82h. Kölner GB. 1619. Bl. 196*. Corner GB.
1626. Nr. 176.
Eine andere, vielleicht schon alte Bearbeitang enthält Comen GB. 1626.
Nr. 174.
Dich OoU wir loben and ehnf,
Bekennen dich ein Herrn.
Dich ewigen Vater gut
Die ganze Welt ehren thnt.
Die heiligen Engel mannigfialt,
Die Himmel und all himmlisch Gewalt,
Auch Chembim und Seraphim
Schreien mit onanfhörllchr Stimm:
Heilig, heilig ist nnser Gott,
Der Herr Sabaoth!
Der Himmel nnd die Erde weit
Seind voll deiner Ehr und Herrlichkeit.
f Nr. 206.
Terit mola farinola**).
Die mül die melt das mel so klar:
ein rein Jungfrau ein kint gebar,
es was der schepfer himels und der erden,
er wolte von einer Jungfrauen geboren werden.
machet eure herzen rein, machet eure herzen rein,
empfatdas himelische kint darein!
Breslaner Hs. I. 8o. 118. Bl. 2«. Ans dem Ende des XV. Jahrhunderts.
Eben daher auch der lat Text.
f Nr: 207.
Ut queant laxis resonare fibris^^).
Das hell auf klimmen
deiner diener stimmen
§. 9. 69) Terit mola faxinola,
dam virgo parit tenera,
fiiilanim crihratnm partiUB parit,
creatora creatorem parit.
tftratantariaatp ^ taratantariaatei
corda yestra deo pcaeparatel
70) Von Paulas Diaconas, in der ersten Strophe die bekawite 8pie<
lerei: ut re fa mi sol. Daniel Thes. 1, 209.
369
ie klenken sunder
deine werk und wunder.
vermeilet lebsen
salb aiiB genaden kebsen^
heiliger Johannes!
Mouch von Salsbnrg. 18 Strophen. Am der Wiener Hs. 2856. io
Kehrein, Kirchen- und rel. Lieder S. 183. Auch im Münchener Cod. germ,
715. und der Wiener Hs. 2975.
Der Mönch ist sehr frei m Werke gegangen, er mag die grollen Schwie-
rigkeiten in Wiedergabe seines Vorbildes erkannt haben tmd hat deshalb wol
selbst die Überschrift gemacht, wie sie in der Münchener Hs. steht: 'Von
sant Johannes, ein s wer er dentscher jrmpnns*.
% Nr. 208.
Veni Creator spiritus'^*).
1. Kum, schepfser, heiliger geist,
heimsAch der dtnen m&t als du weist!
erfülle mit der obristen gnftden glast
diu herze diu dfi geschepfet h&stt
2. Sit du ein trÖBtier bist genant,
des obristen gotes gäbe erkant,
ein lebendiger bmnne, ein fiurtn röst,
diu wäre minne, der s61e trdst.
3. Dö sibenfaltige g&be,
du vinger der gotes zesewe, her abe
du riebest der dinen mimt
unde machest in wort unt spräche kunt.
§.9. 71) Mone Hymnen 1, 241. »Vor allem, bemerkt Mone S. 242, muss
ich einen Irrthum über den Verfasser dieses Liedes berichtigen. — Bei To«
masi p. 375 wird bemerkt, dass im Leben des heil. Notker (Acta SS. Bol-
land. April. 1, 687.) Karl der Große als Verfiisser dieses Hymnus angegeben
ist, nnd auch Daniel 1,218. folgt unbedenklich dieser Versicherung, obgleich
die Hss. dieses Hymnus zum Theil iUter sind als Karl d. Qr., welcher kei-
neswegs die lateinische Sprache so gut verstaiid, dasa er einen solchen
Hymnus h&tte machen können. — Obiger Hymnus stimmt am meisten mit
den Liedern Gregors des Chr. oberein und ich halte ihn für den Verfiuser.
Die klassische Metrik mit theilweiser Zulassung des Reims sind den Liedern
Gregors eigen.' — Die 6 eraten deutschen Strophen entsprechen den 5 ersten
bei Moqe, Str. 6 (Da gaudiorum praemia) giebt Mone als Bruchstiick eines
besondem Liedes unter Nr. 186; die 7. deutsche Strophe stimmt wieder su
Mone's Strophe 6 in Nr. 184: Per te sciamus, da, patrem ff.
360
4. Enzüude, erliuhte unBer sinne;
unser herze begiu; mit dtner minne,
unsers libes krankheit
Sterke mit dtner tugent breit I
5. Vertrip den vlent von mis,
gip uns den vride gotes suns,
daa^ wir von dines geleites wtsheit
miden alle bdsheit!
6. Gip uns der vreuden lön,
gip uns der gnaden gäbe schon,
entsliu; uns des strites baut,
bestätige uns des vrides laut!
7. Da^ wir in den drin genennen
den vater imd den sim erkennen
imd dich, heiliger geist,
in ir bdder volleist
gelouben und loben sihticlich
immer ftn ende Swiclich.
Aus der Wiener Hs. 8745. Xm. Jahrh. in den Altdeutschen Blftttem
1, 879. und ans einer Stuttgarter Hs. (Öffentliche BibL Brey. Nr. 26.) bei
Wckn. Nr. 108. — Ist auch in der Oiefiener Hs. Nr. 878. Bl. 124*— 125».
— Wiener Hs. 5, 8. dines gewaltes w. — 7, 1. genenden — 7, 5. insich-
ticlich — Stattg. Hs. bei Wckn.: 8, 2. seswe her habe, — 7, 5. geloben.
Die ObersetEong eines unbekannten in „Form ynd Ordnung Gaystlicher
Gesang ynd Psalmen«* (Augsb. 1583) bei Wckn. Nr. 660.
Kum, heiliger geist, got schSpfer,
sftch heim die gmüt deiner diener,
erfüll mit deiner gnaden glast
die hersen, die geschaffen hast!
Luther*s Übersetaung: Kom, heiliger geist, got schSpfer, vom J. 1524, steht
auch in Leisentrit OB. 1567. 1. Th. Bl. 175». In spStem kathol. OB. an-
dere ÜbersetEungen: Corner OB. 1625. Nr. 164. Kölner OB. 1610. Bl. 118«.
% Nr. 209.
1. Komm, heiliger Geist, wahrer Trost I
Die Henen, die du gesohaffSsn hast.
Besuch in aller Angst und Noth,
Und erfiUl sie mit deiner Onad!
2. Der du der Tr6eter wirst genannt.
Ein Gab Gottes herabgesandt,
Ein lebendiger Brunn und Licht,
Ein Lieb die nun aufhöret nicht
361
3. Mit sieben Oftben bist bekannt,
Ein Finger Gottes rechter Hand,
Dn hast die Apostel g^elehrt
Und sie des ewigen Trosts gewXhrt.
4. Entzünd das Licht in nnsenn SinnI
Den Herzen geoß der Lieb Fenr in!
Stärk unser schwache Blödigkeit
Blit deiner Gnad in Ewigkeit!
5. Den bösen Feind treib von uns fem!
Des Friedens thn uns allzeit gwKhm!
Damit wir Ton dir nnterricht
Meiden das dir thnt gfallen nicht.
6. Gib dass wir all erkennen schon
Gutt den Vater und seinen Sohn
Und dich der du bist beider Geist,
Ein Gott gelobt in Ewigkeit.
7. Gott dem Vater sei Lob und Preis,
Seinem Sohn Jesu gleicher Weis,
Der wöU uns senden allermeist
Den Tröster, den heiligen Geist!
Noch eine andere im Kölner GB. 1628. S. 305.
Komm, heiliger Geist, Schöpfer mein,
Besuch das Herz der Kinder deinl
Mach alle Herzen gnadenvoU,
Die deine Hand erschaffen wol!
f Nr. 210.
Veni redemptor gentium*^*).
Knm her, erlöser volkes schar,
erzöig din gburt der megde klar;
das wundert alle weit gemein,
wan solich gbnrt zimt got allein.
Heinrich yon Laufenberg, 8 Strophen in der Straßb. Hs. B. 121, voU-
stSndig bei Wckn. Nr. 759.
Lnther's Übersetzung vom J. 1524. Nun kom der beiden heilant.
In der kath. Kirche war eine Bearbeitung des Lntherschen Textes üblich :
Leisentrit 1567. 1. Th. Bl. ^.
Kom der beiden treuer heilant,
der Jungfrau geburt mach bekant,
dass sich yerwunder alle weit:
got solch geburt im hat besteh.
§. 9. 72) Von Ambrosius. Daniel Thes. 1, 12.
362
Diese wurde bald durch eine andere flellwtäiidige Übersetxnng verdrfingt :
Der beiden beilaat kom her,
der jongfrau gebnrt ans 1er,
daas all weit siob wundem tat:
solch gebart allein simt got.
bei Leisentrit daselbst Bl. 6*, die sich nachher mit einselncn AbUndeningen
in den spätem GB. erhielt: Corner GB. 1625. Nr. 31.
f Nr. 211.
Veni redemptor gentium.
1. Kom erloser aller leute,
geburt der Jungfrauen uns bedeute !
alle werft verwundert sich,
daß eine mait geberet dich.
2. Nicht von einigem mannes somen,
sunder von gote ist es komen:
das fleisch ist worden gotes wort
in der reinen mait gebort.
3. Marien reiner lip der wuchs
nach des heiligen engeis gniß.
unversert wart er gemert,
mit kraft, mit heile, mit tugent gcert.
4. Durch ein zuchtig slossgemach
got und mensch ein kint usbrach,
wie ein helt stark und frisch,
zu laufen verren weg ser risch.
5. Von dem vater ist Crist gegangen
in dise werft, und vil gevangen
hat er us der hellen genomen
und ist zu himel widerkomen.
6. Dem vater glich in ewigkeit
gürte dich mit unser menschlicheit!
sint du war mensche worden bist,
so starke uns kranken, Jesu Crist!
7. Din krippe schinbar ist gemacht
in der heiligen klaren nacht,
in der die engel frolich sungen,
die hirten dich suchten und funden.
8. Lop si dir, herre Jesu ürist,
der von Marien geboren bist!
dem vater, dem heiligen geiste und dir
si nu nnd immer lop xmd 6r.
PpHs. 1460. fol. Nr. 47. Bl. 91. in der Bibl. des kath. Qymiiasiams zu
Köln. — Hb. 1, 1. «fler lüde — 1, 3. aUer werid — 8, 4. ire (Sri
f Nr. 212.
Veni sancte spiritua.
1. Kom, o heiliger geist, her in
mit dinem himelischen schin!
kom^ o vater der armen,
laß dich diner kinder erbarmen!
2. Geber der geben, gip uns geben,
erluchte unser herze dich zu loben!
aller bester troster, heiliger geist,
ein süßer gast der seien du heist
3. Heiße herzen du erfrischt,
der trost und allein du bist,
in der arbeit gibest du ru,
lust in hitze bläst du zu«
4. Li betrübnisse gibest du trost,
daß wir von arge werden erlost,
ane dine Vorsichtigkeit
han wir nicht dan we und leit.
5. War du nicht bist, dar müßen wir Uden
und kunnen sunden nicht vermiden.
wasche uns von unserm stank,
wand wir sin sundig, dürr und krank!
6. Mache uns rein, frisch und grün,
daß wir vermögen gutes zu tun!
beuge uns daß wir nicht sin stief,
in eigenem willen nicht fallen tief!
7. Werme uns, wir sin arm und kalt,
wand du hast unser ganz gewalt!
uns irrende menschen unterwis,
daß wir dir dienen ndt ganzem fliß!
364
8. O seliges lieht, o gotlicher schin,
erfülle die glaubigen herzen din!
gip uns dine geistliche siben geben,
daß wir dich nu und immer loben!
9. Wolle uns an unserem ende bewaren,
so daß wir sicher von hinne faren!
Nu biten wir den heiligen geist
umb den rechten glauben aller meist,
daß er uns behüte an unserm ende,
so wir heim faren us disem eilende.
Kyrieleyson |
Got 8i gelobet^ ^°^®'^"
Explicit sequentia Veni sancte Spiritus.
PpHs. 1460. fol. Nr. 47. BI. 91l» in der Bibl. des kathol. Gymnasiums
zu Köln.
Hs. 1, 1. kyr yn — 2, 1. ^ wm g<^ — 5, 3. vnsen — 6, 3.
7, 4. ffonzem fehlt — 9, 1. welle.
f Nr. 213.
Veni sancte spiritus^^).
1. Kum du tröster, heiiger geist,
aus deins liechtes brunn tms leist
einen durchleuchtigen stral!
kum ein vater der weisen,
hilf uns auf diser reisen
hie aus disem jamertal!
2. O du allerhöchster trost,
der seien ein süßer gast,
eine süße erzenei!
in der arbeit unser ruh,
im Sturmwetter guter fiig,
im eilend dich zu uns neig!
3. O allerseligstes licht,
der menschen herzen aufriebt,
die im rechten glauben sein!
§. 9. 73) Von König Robert von Frankreich, f 1031. Rambach Anthol. 1,
226. Mone Hymnen 1, 244. Nr. 186. Daniel Thes. 2, 85. Wckn. Nr. 33.
365
on dein hülf und hulde zwar
ist im menschen ganz und gar
anders nicht dan schult und pein.
4. Wasche das da unrein ist,
küle das da erhitzt ist,
heile das da verwundt ist,
beug zurecht was streit und strebt,
bedeck das von kelte webt,
bring zum weg was verirrt ist!
5. Gip den außerweiten dein
sibenmal gewertig sein
deiner gaben miltigleich!
gip der tugent iren Ion,
der du selber bist gar schon,
mach aus uns dein himelreich!
Bl. 37.^ in TctUseh \ Kirehenampt. \ So man jtzt (Oot «u loh) \ ynn der
Kirehen sin- \ gei, \ Zum andemmcU vhersehen, \ gebessert, vnnd mit vleps
cor- I rigiert, | ff. 1526. — Näher beschrieben Ton Mendorf im Serapeom 10,
204—208.
Dieser deatsche Text scheint in der evangelischen Kirche einiger Gegen-
den sehr heimisch gewesen zn sein, da er sich vemiederdeutscht sogar in
einer Kirchenordnnng findet.
f Nr. 214.
Veni sanete spiritus''*).
(am pingestdage)
1. Kum du tröster, billige geist,
üt dyns lichtes bom uns leist
einen dorchlüchtigen sträl!
2. Kum ein vader der weisen,
help uns up düsser reise
hier üt düssem janunerdäl!
3. O du alderhögeste trost,
der seien ein söte gast,
eine söte arstedyel
4. In der arbeit unse row,
im stormw^der guden föch,
im flende dik to uns wende!
§. 9. 74) Eine andere niederdeutsche Übersetzung in: Enchiridion Geistliker
Gesenge vnde Leder, Lübeck 1556. bei Wckn. Nr. 672.
25
366
5. O alder saligeste licht,
der minschen herte upricht,
de im rechten geloven sint!
6. An dyn hülp und hülde twär
is im minschen ganz und gär
anders nicht denn schult und pyn.
7. Wasche dat dar unreine is,
köle dat dar erhitt is,
hele dat dar yorwimt is!
8. Böge to recht wat »tryt und straft,
bedeck dat van kelde w^ft,
bring tom wech wat vorerret is!
9. Gif den uterw^lden dyn
Böven mal gewerdich syn
dyner gaven mildichlik!
10. Gif der döget ören Ion,
de du sülvest bist g&r schön!
mftk üt uns dyn hemelryk!
ChriBtlike Eercken Ordeninge, Ceremonien vnde Gesenge, Vor arme
vngeschickede Parheren yn dem 16fflikeii F6rstendome Hertogen Ericks (Han-
noner 1544.) Bl. 67—69.
In der katholiüchen Kirche findet sich erst in späterer Zeit eine Über-
setzung:
f Nr. 215.
1. Heilger Qeist, o Herre mein,
Send ans vom Himmel fein
Deines Liechies klaren Schein!
Alleluia, allelnia.
2. Komm Vater der Armen fron,
Komm Gabe der Genaden schon,
Komm, sei unserer Herzen Sonn!
3. Du TVöster des Herzen mein.
Kehr in unser Seelen ein,
Dass du sie erquickest fein!
4. In Arbeit sei ouBer Buh,
In Hitz uns erfrischen thul
Wenn wir weinen, so sprich zuJ
5. O du allerseligstes Licht,
EifcUl die Herzen innerlich
Derer die da glauben an dich!
8(^7
6. Ohn dein ^öttlielt On^d allein
Ist all tuuer Thnn unrein,
Kann gar nicht verdienstlich sein.
7. Wasch was in uns ist unrein!
Befeuchte das was dürr will sein!
Was wund ist, das heile fein!
8. Beug das was erstarret isti
Was erkaltet das erhitz!
Führ wieder das verirret ist!
9. Denen die bekennen dich
Und dir trauen herziglicfa,
Gieb dein Gnad siebenfältig!
10. Den Lohn für gute Werk bereit
Gieb uns, der ist die Seligkeit
Nach unserm End in Ewigkeit!
Corner GB. 1626. Nr. 166.
f Nr. 216.
Verbum bonum et suave'^*).
1. Das wort ave lont uns singen,
das g&t ist und sAß t&t klingen,
welches der engel gotes tet bringen
von höhe der magt küniglich.
durch welches ave gr&ß eingangen
hat die Jungfrau rein empfangen,
von dem stam David anfgangen,
lilg in dornen minniglich.
2. Ave des waren Salomon
m&ter und das fei Gedeon,
der drei künig mit gaben schon
geburt lobent erenrich.
§. 9. 75} Daniel Thes. 2, 93. ans einer Münchener Hs. des XIII. Jalurhnnderts.
Wurde schon im XIY. Jahrh. parodiert, 4 Strophen, die erste:
Yinum bonum et suave,
bonis bonum, pravis prave,
cunctis dulcis sapor, ave,
mundana laetitia!
aye felix creatnra,
quam produzit vitis pura,
omnis mensa fit secura
in tua praesentia.
Mone in AuisesB Anzeiger 1888. 8p. 189. 190.
368
ave, die sonn außerkoren
hast getragen, frucht geboren
der weit, die do was verloren,
geben leben ewiglich.
3. Ave gespons des höchsten worte,
busches zeichen, meres porte,
alles süßen geschmackes ein horte,
alle engel lobent dich!
unser bitten wölst erhören,
uns von allen Sünden keren,
zA gefallen got dem herren,
daß er uns gebe freud in seinem rieh.
„Hortalos anime zu Teutsch. Basel durch Thomam Wolff« 4620. Bl. CLiz.
Bei Wckn. Nr. 787. Da« Dentsche wird oft nur klar mit Hinznzielraiig des
lat. Originala, s. B. 2, 8. 4« cnina magi tribiiB doniB laudant pneiperinm. —
In der Stra6b. Hs. B. 121. ana dem 15. Jhrh. dasselbe Lied, Wckn. Nr. 784.
halb deutsch ond halb lateinisch, die sweite Hftlfte jeder Zeile enthttlt immer
den lat. Reim, eine Spielerei, der Daniel 1. c. 94. m viel Ehre anthnt, wenn
er sie nmlro consnta et consarcinata^ nennt.
f Nr. 217.
Vexilla regia prodeunt^^).
1. Des koniges vanen gan her vor,
heil des cruzes lucht offenbar,
der blut und fleisch geschaffen hot,
der henget an dem galgen in libes not.
2. Sine innen adem sint usgetreckt,
hende und föße von im gestreckt;
er hat sich in den tot gegeben,
daß er uns alle mache leben.
3. Mit einem spere ist er verwunt,
daß wir von sunden wurden gesunt.
US siner siten floß wasser und blut,
dar von uns bekomt ewigs gut.
4. War ist worden das David sprach
do er in dem geiste sach
Christum an einem holze sigen,
herschen und nicht Unterligen.
§, 9. 7ß) Wie in Daniel Thes. hymnol. T. I. p. 160. — In der Hs. gehen
die Anfangszeilen der lat. Strophen jeder dentsehen Str. vorher.
369
ö. O schöner bäum licht und klar,
gezieret mit koniges purpur gar,
ußerwelter werdiger stam,
anzurüren das gotislam!
6. An dir henget der werlde solt,
selig und teuer über alles golt,
des libes wage- unser seien trost,
die US der hellen du hast erlost.
7. O heiliges cruze, dich grüßen wir,
wir loben und eren und danken dir!
mere den milden ire gerechtigkeit!
den sundem tu barmherzigkeit!
8. O hohe drivaltigkeit, einiger got!
das cruze Christi, sin bitter tot
hat tms erlost, des danken wir dir
und loben dich nu und immer raer.
PpHs. 1460. fol. Nr. 47. Bl. 90«. in der Bibl. des kaihol. aymnasiums
zu Köln.
Hfl. 2, 4. dor her — 4, 3. »egen — 4, 4. vnder legen — 6, 4. godi$
godU lam — 6, 2. iuwer hohen (teuer üherj — 7, 2. 8, 8. danckten.
f Nr. 218.
Vexilla regis prodeunt^.
Des künges fanen züch her für,
des crüzes zeichen schinet nun,
dar an ein mensch erhangen ist,
der aller weit ein schÖpfer ist.
7 Strophen in Cod. theol. 8». Nr. 19. Bl. 164. Pp. XV. Jahrh. auf der
öffentl. Bibl. zu Stattgart (Mitih. F. Pfeiffer's).
Eine andere Übersetzung im Erfurter Enchiridion 1628. (niederd, 1548.
Wckn. Nr. 806.) findet sich in den späteren kath. Gesangbüchern: Kölner
OB. 1610. Bl. 62. Corner GB. 1625. Nr. 114, 7 Strophen:
Des Königs Fähnlein gehn hervor,
Die Fracht des Kreuzes schwebt empor,
An dem der Schöpfer alles Fleisch
Gehangen ist in schnöder Weis.
§. 9. 77) Daniel Thes. 1, 160. Str. 1. 3—8.
370
Viele der unter Nr. 126—218 mitgetheilten Lieder sind wol
hie und da lange Zeit hindurch vom Volke in den Kirchen und
bei religiösen Anlässen gesungen worden. Schwerlich hätten
sonst die heiligen Väter auf dem Baseler Concil in der 21. Sitzung
am 9. Juni 1435 daran gedacht^ die cantilenae seculares
d. i. vulgares während des Hochamts als Missbrauch einiger
Kirchen zu verbieten.''*) Trotzdem erhielt sich hie und da der
Gebrauch, während des Hochamts zu den lateinischen Hymnen
und Sequenzen deutsche Lieder ab Responsorien zu singen.
So sang z. B. das Volk zu den Zeiten des Johann Busch (f 1479)
zu Neuwerk abwechselnd mit der Geistlichkeit und zwar jedes-
mal die der lateinischen Strophe entsprechende deutsche.''*)
Darum finden sich auch in alten Handschriften die deutschen
Texte mit den lateinischen gepaart: jeder lateinischen Strophe
folgt die entsprechende deutsche , wie es erst wieder in den
katholischen Gesangbtichem des XVI. Jahrhunderts geschieht,
z. B. in den Köbem 1610. 1619. 1628., in Comer's 1625. ff.
§. 9. 7H) Der Canon heißt aUo: vel in ecdesÜB cantilenae seculares voce ad-
mlscentor. Dass anter diesen cantilenae seculares nur vulgares, also in der
Landessprache verfasste, verstanden sind, erhellt aus Augnstini Patricii Summa
Conciliorum Basil., Flor. cet. vom J. 1480, da heißt es (s. Harzheim Concil.
Germ. Y. p. 808.): Vetuitque inter Missarum solemnia cantilenas vulgari
sermone conditas cantari. Der geistliche Yolksgesang hatte sich allmftlich in
die Kirche gedrSngt, darum verbietet auch die Baseler Synode v. J. 1603
sogar die Melodie während des Hochamtes ansnstimmen, wie sie bei den
Jacobsbrüdem in Gebrauch war (Hansheim Conc. Germ. VI. p. 2.) omissa
prorsus illa melodia, quae more agrestis et secularis cantilenae psallitnr, qua
uti solent peregrini et trutanui ad sanctum Jacobum ambulantes. Vgl. Nr. 100.
79) Populusque omnis utriusque sexus cantilenas tali cautico conve-
nientes ad siiigulos versus cantando respondent. S. §. 8, 30.
371
§. 10.
Umdichtungen.
Die fahrenden OeisÜichen (Goliardi, Trutanni')) zeigen sich
seit dem Xu. Jahrhundert auch in Deutschland. Wohin sie
kamen ^ wollten sie nur belustigen und sich gute Tage ver-
schaffen. Sie fanden an den Höfen der Großen freundliche
Aufiiahme und selbst die Geistlichkeit verschmähte es nicht,
sie zu bewirthen oder gar sie zu beherbergen. Sie führten ein
echtes Bummlerleben mit unversiegbarem Humor und gehöriger
Frechheit, und um selbst Spaß in der Welt zu haben, machten
sie der Welt ihre Spaße vor und zogen Alles in den Kreis ihres
Scherzes und Spottes. Sie verfassten aus den kirchlichen Hym-
nen und Sequenzen lächerliche Parodien, z. B. aus dem Verbum
bonum et suave: Vinum bonum et suave (s. §. 9, 75.), und
drangen sogar in die Kirchen, um beim Gottesdienste dergleichen
freche Scherze abzusingen. Es muss allerdings mitunter arg
gewesen sein, besonders in den westlichen Gegenden Deutsch-
latids, welche an Frankreich gränzen. Die Trierer Synode vom
J. 1277 nahm deshalb einen eigenen Canon auf, der also lautet:
Femer befehlen wir, dass die Priester nicht zugeben, dass die
Trutannen und andere fahrende Schüler oder Goliarden Verse
singen über das Sanctus und Agnus Dei oder sonst bei der
Messe oder gottesdienstlichen Handlungen, weil dadurch der
Priester meist immer im Canon gestört wird und die Zuhörer
ein Argemiss daran nehmen.*)
Dies leichtfertige Parodieren geistlicher Lieder mag zunächst
Veranlassung gegeben haben, weltliche Lieder ernst zu paro-
§. 10. 1) Die Vaganten oder Goliarden und ihre Lieder. Von W. Giesebrecht,
in der Allgem. Monatsschrift für Wissenschaft n. Literatur (Braunschw.) 1863.
S. 10—43. 344—381.
2) Item praecipimus, ut omnes Sacerdotes non permittant Trutannos
et alios vag-os scholares aut goliardos cantare rersus super Sanctus et Agnus
Dei, aut alias in niissis vel in diyinis officiis: quia ex hoc 6 acerdos in canone
quam plurimum impeditnr, et scandalizantnr hominis audientes.
Statuta Synodalia cet Archidioec. Trevirensis coli. 1. 1. Blattau T. I. p. 25.
Das J. 1227 ist falsch.
372
dicrcn. Das älteste Beispiel einer geistlichen Umdichtung eines
weltlichen Liedes findet sich im XIV. Jahrhundert.«)
§. 10. 8) Das weltliche Lied ist von SieinmAr, gegen Ende des Xin. Jahrh. ;
der Vergleichnng wegen folgt es hier vollstSndig, s. Maness. Samml. 2, 107.
▼. d. Hagen Bfinnes. 2, 166.
1. Sumerzit, ich firüuwe mich din,
da;^ ich mac beschouwen
eine süei^e seldertn,
mtnes herzen frouwen:
eine dime diu nAch krüte
gAt, die hAn ich seinem trftte
mir erkom:
ich bin ir ze dienst erbom.
warte iinibe dich!
swer verholne miime, der hücte sich.
2. Si was mir den winter lanc
vor versperret leider;
nü nimt sie üf die beide ir ganc
in des meien kleider,
dA si blfimen zeinem kränze
brichet, den sie zft dem tanze
tragen wil:
dA gekdse ich mit ir vil.
warte umbe dichl
swer yerholne minne, der hüete sich.
3. Ich frönwe mich der Heben stnnt,
so si gAt zem garten
und ir rdseröter mnnt
mich ir heilet warten:
s5 wirt höhe mir ze m&te,
wan si ist üi; ir mftter hfite
danne wol,
vor der ich mich htieten sol.
warte ombe dich!
swer yerholne minne, der hüete sich.
4. Sit dai; ich mich hüeten sol
vor ir m&ter lAge,
heraeliep, dA tft s6 wol,
balde e:; mit mir wAge:
brich den truz und al die hüte,
wan mir ist des wol ze mute,
373
f Nr. 219.
Himelriche, ich firöuwe mich din,
da^ ich da mac schouwen
got und die liebe m&ter sin,
unser schcene frouwen
und die engele mit der kröne,
die da singent also schöne,
des fröuwent sie eich:
got der ist s6 minnenclich.
wart umbe dich!
hüetent iuch vor sunden, dat^t tugcutiich.
Lützel reden da; ist g&t
unt ze mft^e lachen,
twinc diu ougen und den rniit,
man sol lange wachen,
bete gerne und wis alleine,
fliuch die weit, siu ist gar unreine,
ir yalsche; leben:
got der wil sich selbe uns geben.
wart umbe dich!
hüetent iuch vor sunden, dast tugentlich.
Sit ich mich nü hüeten sol
vor des tiuvels l&ge,
herre got, nd tft sd wol,
verlieh mir dine gn&de.
und sol ich leben,
dir ist lip und gftt gegeben.
warte umbe dich!
swer verholne minne, der hüete sich.
Steimar, hoshe dinen mftt!
Wirt dir diu vil hdre,
si ist hübescb und b6 g&t,
dft hAst ir iemer dre.
du bist an dem besten teile:
der ser werlte frönde heile
hosren sol,
des wirstü gewert dft wol.
warte umbe dich!
Hwer verholne minne, der hüeto sich.
374
ich bit dich hörre durch dine güete,
da; der lip iht an mir wüete
und diu weit,
wände siu gilt so boese gelt,
wart umbe dich!
hüetent iuch vor sünden, dast tugentUch.
Peiigramenthfl. der Basier Unir.-Bibl. B. XL 8. aus dem XIV. Jahrb.,
urkundlich Altd. Bl&tter 2, 125 und W. Wackemagel, Leseb. 1. Th. 2. A.
Sp. 893. 1, 6. mit den eranen — 2, 3. qume, —
In der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts, als der Gesang
weltlicher Lieder so recht im Schwange war in allen Ständen
bei Jung und Alt, blieben auch die Geistlichen nicht tmberührt
von dieser allgemeinen Sangeslust; die schönen Singweisen
drangen sogar in die stillen Zellen der Klöster. Die Oeistlich-
keit fing nun auch an theilzunehmen, aber auf ihre Weise:
Weltgeistliche, Mönche und sogar Nonnen bemühten sich, die
weltlichen Texte umzudichten, oder nachzuahmen, oder nur ihre
Singweisen zu benutzen. Es scheint ursprünglich nur darauf
abgesehen gewesen zu sein, sich auf diese Weise selbst zu er-
freuen und zu erbauen, obwol auch hin und wieder mancher
Dichter die Absicht hegen mochte, dadurch dem Ueberhand-
nehmen der sogenannten Schamperlieder zu steuern und den
zu weltlichen Sinn des Volks in eine ernstere Richtung zu lenken,
und es an das Sittliche und Religiöse mehr zu gewöhnen.
Diese Bestrebungen sind für die Entwickelung des deutschen
Kirchenliedes zu bedeutend, ab dass sie nur flüchtig berührt
werden dürften; ihnen verdankt namentlich die evangelische
Kirche *) viele ihrer schönsten Choralmelodien und gewiss man-
§. 10. 4) Die Katholiken haben, seitdem sie anfingfen ihre Lieder zn sammeln,
die auch bei ihnen heimischen und beliebten Volkslieder so wie die Melodien
derselben nicht in dem Maße benutset wie die Plrotestanten. In den umfang-
reichsten Sammlungen, wie Comer's GB. 1626. und Kölner GB. 1628., ist
wenigstens keinem einzigen Liede die Anfangszeile eines weltlichen als
Melodie hinzugefügt. Bei den evangelischen Geistlichen dagegen war diese
Art, den kirchUchen Liederbestand zu vermehren, lange Zeit hindurch sehr
gewöhnlich, so dass Fischart in der Vorrede zur Geschichtklitterung 1582.
Bl. iij.l' sagen konnte:
'Solt ich nit ein geistlichen Text nnder ein weltliche weise singen können?
oder ein weltlichen danz aus der psalmenweis: der torecht spricht, geigen
können? Dichten doch unsere prcdicaiiten geistliche lieder von einer
375
dies treffliche Lied, das durch ein weltliches hervorgerufen
wurde.
Zunächst mögen also die eigentlichen Umdichtungen folgen.
8ie haben sich in Handschriften erhalten^ die aus Klöstern
stammen, und sind gewiss auch dort entstanden.
f Nr,220.
(Wie laut so sang der wechter auf der zinnen!)
1. Ein lerer rfift vil lut us hohen sinnen:
wer sich zfi got nun keren well,
der sol das schier beginnen!
daß er in zite das bestell,
e im der tot den weg vervell:
das rat ich im us minnen.
2. Die zit ist kurz, die weit git bösen lono,
die hell ist grim, der tot behend,
süeß ist der himel kröne,
sin sach ist g&t der das bekent
und sich in zit von Sünden went
dis ist min lere schone.
3. Dis hört ein stolzer jtingeling gar here,
er sprach: sag, edler lerer gfit,
wie ist so hert diu lere!
ich hau noch kraft und junges blAt,
wenn ich wird alt, so han ich mut,
daß ich ze got mich kere.
4. Der lerer sprach: din wort sint gar vermessen!
wo sint din vordem? frag ich dich.
sag, ist dir das vergessen?
sie waren all an gfite rieh
und lebten ftisch und wunnenclich:
nun haut sie die würme gössen.
n. Der Jüngling sprach: mir mag noch wol gelingen:
ich wil vertriben die tage min
mit tanzen und mit springen!
wilden «an, das geistlich wacker braun ineidlin, den peist-
M eh Oll felhinger fF/
378
niederl. Liederhaadachriften (jetst cu Berlin Cod. germ. 8o. 190 luid 185) vor:
Hoe lüde so 8ano die leraer al opter tumeu. Beiden Texten liegt ein hoch-
dentscbes Ori^al zu Gnmde, s. Horae belgicae P. X. Nr. 122. 123.
f Nr. 221.
(Aus hertem we klagt sich ein helt.)^)
1. Aus hertem we klagt mensehliehs geschleelit,
es stiint in großen sorgen:
wann komt der uns erlösen möcht?
wie lang ligt er verborgen?
0 herre got, sich an die not,
zerreiß des himels ringe!
laß dich wecken dein einigs volk
und laß in abher dringen,
den trost ob allen dingen!
2. Der vater hört die große klag,
tet sich nit lang besinnen:
des heiligen geistes rat er pflag:
wie tet wir disen dingen?
und solt das volk verloren sein,
leiden so groß eilende?
e wölt ich senden den sone mein,
der kan in kummer wenden. —
ein boten tet er senden.
3. Sant Gabriel ein engel fein
der stunt bei got dem vater,
er sprach: du solt der böte sein!
tu dich nit weiter beraten
und far mir zA der reinen mait,
die mir tut wolgefallen;
sie ist mit tugent wol bekleidt
und liebt mir ob in allen:
grüß mirs mit reichem schallen!
4. Alsbald der engel die red vemami
er neigt der Trinitate:
Schöpfer, was deiner gotheit zam,
darzä bin ich bereite!
was sol ich sagen der jungfirau rein?
§.10. 5) Ein Wttchterlied, volbtSndig bei Wckn. S. 840. 841. ans Georg
ForBter's Liedlein 1649.
379
im antwurt got der vater:
sie sol empfahen den sone mein,
der geist wirt sie umbschatten,
grüß mirs mit disen werten!
5. Durch welken trang der engel ze hant
in schnelliglicher eile;
da er Marien die Jungfrau fant
in einer kurzen weile,
er sprach: ave, genaden vol!
du seit gar nit erschricken;
der menschlichs gschlecht erlösen sei,
wil sich z& dir verstricken
in einem augenblicke.
6. Maria sach den engel an,
gar lieplich tet sie jehen:
ich hab erkant nie keinen man,
wie sol es dann beschehen?
der engel sprach: gelaup du mir!
der geist wirt dich umbschatten.
Maria sprach aus herzen gir:
mir gschech nach deinen werten!
die gotheit das erhörte.
7. Alsbald sie iren willen gap,
der vater das erhörte:
got ließ sich bald in menschheit herab,
in kindes weis er worchte.
der heilig geist sie auch umbgap,
da wart die Jungfrau schwanger:
es hat gewert fünftausent jar,
die (die) vorhell het umbfangen,
nach im stunt ir verlangen.
8. Also hat sie den gotes son
in keuschen leip emp&ngen,
hat in getragen keusch und rein
on ein vierzig wochen lange,
hat in gebom von hoher art
zu Bethlehem in der scheure.
der ewig got verjimget wart
als Fenix in dem feure,
ist uns ein große steure.
380
U. Daniinb fting ich das loj^esang
der mfiter Jesu CbiiMÜ,
daß sie uns wdll behüten lang
und nnser leben friste;
«ie wdll bei onsenn ende sein,
wenn wir müßen leiplich sterben,
wöU uns behüten vor hellepein,
irs kindes huld erwerben,
nns nit laßen verderben! 1528.
In der Liederlif. der Brfider Brentano. — Tegremseer OB. 1577. Bl. 1-
(Wckn. Nr. ISl m.) wenig abweichend: 1, 7. erntet wart. — A^ S. die guad
wird $ie u. (00 auch 6, 6.) — S, 4. neun monat also lange. Tier Tegenis.
Text wiederholt im Mfinchener OB. 1586. Bl. 1. 2; darin folgende Abweichnn-
gen bemerkenawerth : 1, 7. ewig$ toort — 2, S. der kan den Jammer wemden.
Str. 4. fehlt.
Anch in Val. HolVs Liederbach 1524—26. Bl. 131 nach dem'Begiater,
woYon mir Uhland eine Copia copiae mittheilte.
Hieran reihe ich noch einige geittliche Tage- oder WSchteriieder, sanXchst
zwei welche wol mehr Nachahmungen als Umdichtnngen sind ; doch ist anch
möglich, dasf sie einen bestimmten weltlichen Text parodieren.
f Nr. 222.
1. Stant uf und sih Jesuin vil rein
mit siner gnad uftringen!
er wekt uns alle sant gemein
in sincs vater rieh allein:
mit fröid uns da gelinge.
2. Schlafest ald hastu in gehört? ^
das soltu im verkünden.
er wil dir helfen hie und dort,
wenn er ist der die sünd zerstört
mit mangen argen fünden. —
8. Ach Wächter got, wie bist so munder I
sit es nun ist der gnaden tag,
so wirk an mir diu wunder,
ker mich zA dir besuuder!
nit lenger ichs erbeiten mag.
4. Die sei lieplich erlaehet: '
ach zarter got, min trüwer gesell,
warumb han ich nit gewachet,
381
daß ich mich selb besachet,
wie mich din gnad empfahen well?
5. Blas ufy blas uf, Jesu vil schon!
erzöig der gnaden morgen!
ach edle frucht, der heiigen krön,
gip uns der ußerwelten Ion,
t& uns behut vor sorgen!
6. Daß uns der tüfel nit erför
mit sinem valsehen brüwen;
ob uns sin konmg üt beswär,
hilf daß wir sien sünde lär
und uns din gnad ernüwe!
7. Das wünsch ich, got behalter here!
vertrip uns alle arge läge!
durch frou Marien ere
Z& dir uns all bckere,
ob unser herz üt arges trage!
8. Ich wil gegen Jesum zwar
min herz in rüw erschellen,
ze dienst im allein sunderbai:.
und auch sinr lieben muter zwar,
wölt es in wol gevellen.
9. So bit ich in der sele heil,
als verr ich kan erdenken^
daß er mir geb der heiigen teil,
verstrikt in siner mimie seil
gar iemer one wenken.
Straßb. Hb. B. 121 mit der Jahns. 1422. Wackemagel Nr. 770. Hb. bei
Wckn. 2, 6. Sünde — 4, 3. won vmb — 7, 2. v» aUe arge log — 7, 6. iht
(vgl. 6, 3) -
f Nr. 223.
Ich Wächter solt erwecken
den Sünder der reuset ser,
ob er sich ließ erschrecken
und von den sünden ker.
es nachent gen dem morgen
als got, der herre mein,
gieng schwitzen in den sorgen
uf seines todes pein.
2G
382
ach Sünder, daß du nit en macht
ein weil mit im gewachen,
der durch dich ein lange nacht
in angsten dik erkrachet,
do in seins Sterbens nit verdroß,
do er dich macht des todes los,
den Eva het gemachet
Prag^er Hs. der Clara Hätslerin v. Jahre 1471., bei Haltans 8. 81, 3 Strophen.
— In einem schlechten Texte in einer QriUer Hs. Hs. |^ fol. Pp. XV. Jahrh.
(Mittheil. K. Weiuhold's).
f Nr. 224.
(Ich stunt an einem morgen.)
Ein geistliches liet von der sei und dem leip.
1. Ich st&nt an einem morgen
heimlich auf einem ort,
da het ich mich verborgen,
ich hört klegHche wort,
wan sei und leip in großer pein;
die sei sprach zA dem leibe:
es miß gescheiden sein.
2. Des hab ich wol vemomen.
der leip der antwurt schier:
wan wiltu wider komen?
das soltu sagen mir.
die sei die antwurt aus großer klag:
auf mich soltu nit warten
bis an den jüngsten tag.
3. Der leip der sprach aus leide,
mit traurigUchem m&t:
mÄß ich mich von dir scheiden,
wa kumt mein großes gfit?
sol ichs ansehen nimmerme
und hie auf erden laßen?
tfit meinem herzen we.
4. Hoffart hast du getriben
und große geizigkeit,
darumb gots hult ist geschiden
von dir, es wirt dir leit.
3a3_
darüber gehört ein große b&ß,
daß eich die arme sele
dort durch dich leiden mi^ß.
5. Der leip kunt wider jechen :
ich bin gedenken der weit,
was Sünden sien geschechen,
das machet gut und gelt.
darnach stfint mir mein mAt mid sin.
ich bit auf langes leben,
daß ich nit sicher bin.
6. Die listiglichen Sünden,
die ich begangen hab,
sie teten mich überwinden,
ich kunt nit laßen ab.
also geschieht uns leider oft und dick,
daß wir den sünden folgen,
es ist nit unser gelück.
7. Nun solt ir merken eben:
das freuUn ist die sei,
die uns got hat gegeben,
die bringt der leip in quel,
wan er die bfilschaft unrecht helt,
dardurch die arme sele
in großen kummer feit.
8. Götliche furcht und liebe,
das war die bilschaft gar,
darin selten wir uns üeben,
so kämen wir frölichen dar
wol in das heilig himelreich,
t5t uns der priester leren
und manet uns alle geleich. 1528.
Liederha. der Brüder Brentano Bl. 27K 28«. — •) Dm weltliche Lied
hiersn (bei Uhlaad VolkBl. Nr* 70. nnd oft andensTro) war sehr verbreitet
und beliebt, 0. Uhland 8. 1005.
Das Zwieg^esprÜch in den Tage- oder Wächterliedem , dieser beliebten
§. 10. 6) In derselben Hs. noch swei geistUche Tageweisen :
Bl. 7*. Wach anf, mein hört so schöne,
du allerliebste mein ff. (1624) and
Bl. 7«. Was die weit ie versAchet
in woUust nnd in freud ff.
26*
384
Form der älteren KaiiBtlyrik, kam den geistlichen Liederdichtem sehr zu statten,
sie konnten gesprächsweise ihren Stoff leichter handhaben, nnd so giebt es
denn »christlich ▼eränderte'' 'Ich stftnt an einem morgen*, noch mehrere ans
dem XYI. Jahrhundert: Gespräch zwischen Gott und dem Menschen Wckn.
Nr. 676, zwischen Adam nnd £ya, niederdeutsch, Wckn. Nr. 677 und zwi-
schen Tod und jungem Mann, Wckn. Nr. 675, auch in der Kloster -Neubur-
ger Hs. Nr. 1228, s. Mone Anzeiger 8, 349.
f Nr. 225. A.
Es hat ein man sin wip verlorn,
contrafact uf einen geistlichen sin.
1. Es hat ein mensch gots huld verlorn,
das BchAf sin große sünde.
er gieng zft eim priester ußerkom,
er tets doch im verkünden.
der priester sprach: nu volg du mir
imd laß die sünd, das rat ich dir!
trip US, trip usl
Jesus besizt din hus.
2. Die Sünde wolt ich gerne lan,
dem lib ist es ze swäre.
in gotes dienst solt ich bestan,
so bin ich gnaden läre.
ich han keinen rüwen, das ist nit gAt,
betrüebt sint mir min sinn und mfit:
ich kan, ich kan
got ninune r&fen an.
3. Der priester sprach: so soltu dir
einen gAten willen fürsetzen.
verlaß die weit und ir gezir!
got mag dichs wol ergötzen,
veracht dich selber gar z4 grünt,
rfif an got zA aller stunt!
laß nit ab, nit ab,
bis gnad komt oben herab!
und noch 7 Strophen in der PfuUinger Hs. au Stuttgart. Wckn. Nr. 745.
Das weltliche Lied, welches hier »contrafact,^ umgedichtet ist, mag wol
dasselbe sein wie es sich in ältester Gestalt in einer Hs. des XV. Jahrh. in
Fichard's Frankf. Archiv 8, 279. vorfindet. In einer Lesart des XVI. Jahrh.
giebt es Uhland in seinen Volksliedern Nr. 282. Die erste Strophe lautet:
385
Es het ein bidennan ein weip,
ir duck wolt sie nit lan.
das schaffet nun ir stolzer leip,
ir man solt farn ins hea:
mein man, far hin ^en heul
ins heu, in das heul
nach gromat in das geu!
£s hat sich in verschiedenen neueren Bearbeitungen erhalten : Feyner kleyner
Almanach 1777. 108—111. Bragur 2, 212--216. Wunderhom 1, 345. 846.
Kretsschmer Volkslieder 2. Kr. 82.
Ein Ähnliches Lied nach einem ähnlichen weltlichen Liede: Es het ein
meitlin ein schftch verlorn , in Valentin Holl*s Liederbnche Bl. 165^ (naeh
Uhland^s Abschrift), 9 Strophen, die erste:
f Nr. 225. B.
Gotes huld ich verloren han,
wie sol ichs widerfinden?
hilf, Jungfrau, daß ichs müg bestan
gegen Jesu deinem kinde.
dein gnad sich vor niemonts verseucht,
und wer in nöten zS dir weicht:
o Jungfrau, hilf mir daß ich beicht!
o we o we! hilf mir, du reines Ave!
Ir jungen gesellen und ir meit,
ir man und auch ir weibe,
jetBunt 80 last euch werden leit,
was ir z& zeiten treiben!
ir secht wies jez in der werlte stot,
ich bsorg es komm der bitter tot,
darumb es uns ist allen not,
ist not, ist not: Jörg Graff gesungen hot.
f Nr. 226.
Graman, du vil dürrer gaul.
Geistlich.
Ich alter mensch bin trag und faul
mein fireud ist mir ergangen,
gleich wie eim alten dürren gaul,
ich bin verharret lange
Letzte Strophe:
in meinen Sünden manigfalt,
die sint mir alsam leide,
vor got bin ich ganz nngestalt,
von der weit maß ich mich scheiden.
5 Strophen im Münchener Cod. germ. 808. 4o. um 1505 geschrieben,
Yonstilndig bei Wckn. Nr. 150. Das weltliche Lied ist anbekannt.
f Nr. 227.
Den liepsten bulen den ich han,
cofUrirfactum,
1. Den liepsten herren den ich hon
der ist mit lieb gebunden,
er lüchtet in dem herzen min
und freut mich zailen stunden,
sin lieb ist sterker wenn der tot,
sin frOntschaft er mir bot^
durch in kum ich us not.
2. Do ich der sünd gefangen lag
und hat die gnad verloren,
und in des todes schatten saß,
do wart er mir geboren,
daß er mich brecht in sines vater lant,
daß ich da wurt erkant,
früntlich bot er mir sin hant.
3. Das erste faß, das ich da weiß,
das ist ims lang verkündet,
wer mit fröiden daran gedenkt,
dem wirt sin herz entzündet.
ein güldin faß, geziert mit edlem gcstein,
stark als das helfenbein,
was ein jungfrowe rein.
4. Das ander faß, das man da schenkt,
das ist Jesus der milde.
dsStvLß schenkt man uns allermeist
den edlen win von Cipren.
ein volles faß das ist gezepfet an,
heb wir die maß dar an,
wie wol man uns das gan!
3H7
5. Das dritte faß ist wines vol,
dar an sol man gedenken.
do wirt den reinen herzen wol
den man frölieh wil schenken.
der engel win wie frölieh er in springt,
die des vaters willen sint^
der herz and mAt durchdringt
6. Wenn dan die Wirtschaft trunken wirt,
das darf man ir nit verwißen,
wenn es ist nümen des wirts begird,
daß er die gest wil spisen.
frölieh ist er und alles husgesind,
so man im gest her bringt,
an den im wol gelingt.
7. Des Wirtes sun treit essen dar
und kan den tisch wol richten.
des nimt der gest ein jungfrou war,
die kan die sach wol suchten.
der heiige geist wie frölieh er entzünt
die des vaters willen sint,
sin gnad ist uns verkünt.
Pfullinger Hs. zu Stattgart, XV. Jahrh. (bei Wckn. Nr. 735.) Hs. 3, 6.
heb mir — 4, 3. wirt der r, h. — 5, 5. er entsprinffi — 6, 3. nümen (ni-
wan, numme, nur) — 7, 8. nimi sich der —
Von dem weltlichen Liede: Der Uebste Buhle, den ich wei3» müssen
andere Texte vorhanden gewesen sein als die nns aus dem Ende des 16.
Jahrhunderts erhalten sind (s. Uhland VolksUeder Nr. 214. A u. B, und meine
Gesellschafkslieder des XYI. und XVII. Jahrh. Nr. 96.). Die geistlichen
Umdichtungen, die doch viel älter sind als die nachgewiesenen weltlichen
Texte, wollen mit diesen in den Abgesängen nicht stimmen.
f Nr. 228.
Die wisung.
Den liepsten bülen den ich hau, der ist mit
reifen banden.
1. Den liepsten herren den ich han,
der wart an die sul gebunden.
Judas gap in in den tot
mit siner falscher zungen.
388
K Wir sint erlöst:
der herr ist für uns tot,
des hant wir einen g&ten trost.
2. Der herr wart gefueret für gericht,
er wart gar ser geschlagen
von mengem falschen bösen wicht,
das schwer krüz mfist er tragen.
K Wir sint erlost /f.
* 3. Das krüz wart uf gericht in die hifit
gar mit großem schalle,
sie stakten in in ein steinen kluft,
der herr leit für uns alle.
K Wir sint erlost ff.
4. Der herr so durstiglichen wwt
nach den sündem allen;
er wart so bitterlichen getrankt
mit essig und mit gallen.
K Wir sint erlost ff.
5. Do der herr versÄcht das trank,
er mocht sin nit getrinken:
der tot mit kreften umb in rang,
sin houpt das begund im sinken.
Bf Wir sint erlost ff.
Cod. theol. 80. Nr. 19. BI. 1681» Pp. Hs. XV. Jahrh., in der kön. öffentl.
Bibl. zu Stattgart (Mittheil. Franz Pfeiffer^s). Ob mit Str. 6 der Scblnss, ist
nicht ersichtlich, da das folg. Blatt in der Hb. fehlt '). Hs. 1,6. Wir Hgend
und so immer — 8, 8. «y $tackten8 jn ain $tamg elufft — 4, 1. durstenkU-
chen — 4, 8. getrenekt (vielleicht reimen 4, 1. dursHfflich: 4, 8. hüterUek)
— 6, 1. d€u tranck versucht —
§.10. 7) Es folgen nun noch 6 Strophen mit einer unvollständigen:
üch,
ir söUent üch mit mir fröwen.
K DaO ich erstanden bin wärlich von dem tod,
des sont ir haben einen trost.
Do sprach sich der herre gfit
efi den selben ziten:
Thoman, gip mir den vinger din,
leg mir in in die siten.
K Daß ich erstanden bin wärlich von dem tod,
des machstu wol haben einen trost.
Vielleicht gehören diese Strophen noch zn obigem Liede, vielleicht zu
einem andern » was mir wahrscheinlicher ist
389
f Nr. 229.
Den liepsten buelen den ich han.
Geistlich,
Den liepsten buelen den ich han,
der ist in des himels trone,
Maria heißet sie gar schon:
allerliepste mein,
erwirp uns fiid und sone.
Mänchener Cod. ^erm. 808. PpHs. vom Jahre 1506. Wckn. Nr. 152.
11 Strophen, die letzte:
Dies lietlein sei ku dienst gemacht
Maria und irem kinde:
o snnder, du dein end betracht,
ker dich zu got,
da tuest du gnade finden.
Nach einem andern Texte als die bisher bekannten beiden des weltli-
chen Liedes gleiches Anfanges, oder ~~ nach einem ganz andern weltlichen,
das verloren gegangen ist.
f Nr. 230.
(Es taget in dem osten.)
1. Es taget minnencliche
die sünn der gnaden vol:
Jesus von himelriche
miß uns behüeten woL
2. War wiltu mich nun wisen,
Jesus, min liep gemeit?
daß ich din lop mög prisen
mit ganzer stätikeit.
3. Nim mich an dine arme
in rüwes bitterkeit
und laß dich min erbarmen,
min sünd sint mir gar leit.
4. Das jar hab niemer ende,
bis ich din gnad erwerb.
Jesus, von mir nit wende,
daß ich niemer verderb!
5. Jesu, min trut geselle,
nun send din gnad zu mir!
S90
hüet min Tor grimmer helle!
min Bund die klag ich dir.
6. Hastu dich selb gegeben
für mich in lidens not,
so gip mir dinen segen
durch dinen heiigen tot.
7. Ach Jesu, herre gute,
sich mich in gnaden an!
daß ich in herz und mftte
dich alzit möge han.
8. Nach diner süeßen güeti
hilf mir, herr, werden gach!
daß ich in herz gemüeti
dir alzit frage nach.
9. Ker min herz umb und umme
recht nach dem willen din!
daß ich, herr, dahin kumme,
da ich bi dir sol sin;
10. Daß ich dich minnencliche
küss, herr, an dinen munt.
ach Jesu gnadenriche,
ich lob dich tusentstunt.
Straßbnrger Hs. B. 121 aus der ersten Hälfte des XY. Jahrb., Wckn.
Nr. 783. — Hb. Str. 8. . . dich an minem arme in riitoea bitierkeii vnd la$$ mich
dich erbarmen etc. — Eine Umdichtong des Liedes: Es taget in dem Osten,
hchd. Mone Anzeiger 4, 465. niederd. Uhland Nr. 96. A. niederl. Horae belg.
2, 101. Uhland Nr. 95. B. Willems oude ylaemsche llederen Nr. 48.
f Nr. 231.
Ich han den mantel min versezt.
1. Ich han die sele min versezt zA einem pfant.
daß ich die liebi gotes nit han, das t&t mir ant.
das schafit daß ich in sünden stan
und dar von nit lan,
dar umb hin ich verloren.
2. Hett ich die sele min erlöst , das ducht mich git.
Maria gotes mAter ist ein reines bl&t.
das schribent die evangelisten (in,
der herre min
si von ir geboren.
391
3. Du solt an dem morgen zfi dem priester M^
die wil du nit gebicktet hast^ so hast kein ruw,
und solt im klagen die sünde din
recht also fin
mit trähem übergössen.
4. Von dem liden Christi wirt dir gnad gegeben:
sünd du nümme^ so finstu gnad in ewigem leben,
der priester spricht: gang hin zim tisch,
z&m bereiten tisch,
da finstu gnad inn beschlossen.
5. Zft dem selben tisch kam ich gar unbekant,
da ich der gnad also vil beschlossen fant
do bat ich den allerliepsten herren min,
daß er mir sin
barmherzikeit wölt erzeigen.
6. Wölt ndch min allerliepster herr also erhdm,
so wölt ich vBne gAten werk also mem
und wölt sie machen also groß
recht &n underlaß
got z6 einem wolgefallen.
7. So bit ich dich Maria du hochgelopte küngin,
daß du bittest Jesum den liepsten sune din,
daß er mir wöU gnädig sin
an dem ende min,
wann min sele von mir scheide.
Cod. Theol. 8». Nr. 19. Pp. XV. Jahrh., auf der königl. öflfentl. Bibl.
EU Stuttg^art (Mittheil. Franz Pfeiffer*«). Hb. 4, 1. nymmy — 4, 4. tut —
— 5, 5. erzfigen. Das weltliche Lied dazu ist mir unbekannt.
f Nr. 232.
Ich weiß ein feines bauren magetlein.
Gmäick.
1. Ein Jungfrau schön und außerweit,
von ktinges stamm geboren,
die mir allzeit so wol gefeit, gefeit,
ich hab mirs außerkoren.
2. Das ist Maria, die keiserein,
die mir t&t wol gefallen,
bracht uns drei rosen also fein
so gar mit reichem schalle.
392
3. G^ot vater in dem höchsten tron
Bein boten tet er senden
z& Maria der maget fron,
sanct Gabriel behende.
4. Er grüest Maria, tet ir bekant,
wie daß sie solt entpfachen
ein sun, Emanuel genant,
den Bolt ir leip nmbfaehen.
5. Als Isaias hat gesagt
und t&t uns das bewären:
entpfachen wirt ein reine magt,
ein sun wirt sie gebären.
6. Das ist Maria, die Jungfrau zart,
ein sun hat sie geboren:
den edel ros von hocher art
hat sie uns außerkoren.
7. Der ander ros gebrochen ist,
der mir tAt wol gefallen,
am grüenen donrstag z& der frist
so gar mit reichem schalle.
8. Ob dem nachtmal aufgesetzet wart
von Christo unserm herren
das sacrament von hocher art,
das uns t&t gnaden meren.
9. Als Salomon gesprochen hat:
o herr! du hast uns geben
das brot der süeßigkeit mit rat,
dar in ist ewigs leben.
10. Christus das brot sein jungem bot:
nemt hin zft einer speise!
das ist mein fleisch und bl&t so rot
in sacramentes weise.
11. Maria, edle Jungfrau zart!
zwen rosen hast gebrochen,
der dritte ros gesechen wart:
am kreuz wart er durchstochen.
12. Als David auch gesprochen hat:
sie habent mir durchgraben
mein hend und füeß in großer not,
als ich gelesen haben.
393
13. Christus der herr am kreuze hieng,
sein geist tet er aufgeben:
dar mit der dritte ros aufgieng^
schloß auf das ewig leben.
Münchener Cod. germ. 808. 40. Bl. 10, geachrieben am 1506, Wckn.
Nr. 161, ühland Volksl. Nr. 821. — Ha. 6, 1. die edel j. z. — 7, 2. M —
Ebenso in der Liederhs. der Bruder Brentano Bl. 86^. 86* mit der Jahrs-
zahl 1528.
Drei Rosen kommen auch in einem andern Liede von Maria vor: Ein
8ch6n News geystlich Lied, von der holtseligen Juugkfrawen Maria, Im Thon,
wie man singt Ton dem wacker Mäjdelein. Fl. Bl. o. O. und J. (Würzbur-
ger Biblioth., Büttheü. Uhland^s) Wahrscheinlich gedruckt zu Augsburg bei
Michael Manger.
Anfang: Ich sah einmal ein wunderschöne magt,
die st&nt vorm hexren unverzagt ff.
19 Strophen. Str. 9. und 10.
Von dreien rosen ein krSnzelein
trug das wunderschöne mädelein
besser dan rotes golt.
wer wolt eim solchen mädelein
von herzen nicht sein holt?
Die erste rose war genant
der glaub im mädlein wol bekant,
demfit die ander heist,
die dritte war chrisüiehe liebe,
die ser das mädlein preist.
f Nr. 233.
(Es flog ein kleins waltvögelein.)
1. Es flog ein kleins waltvögelein
aus himelstrone,
es flog zu einer Jungfrau ein,
ein maget frone;
es ist mit im geflogen
ein schöner jüngeling,
er sprach: seit unbetrogen^
zart Jungfrau, merkent diso dingl
2. Er tet die Jungfrau grüße
mit schönen werten,
er sprach: ave, du süße,
des himels porten!
394
du wirst aufgeschlossen,
des freut sich ann und reich,
die weit hat lang verdrossen:
man möcht nit finden dein geleicli.
3. Ave gracia plene^
du voller gnadenschrein !
du wirst den zom versöne,
gebem ein kindelein.
sei ich dan werden ein weibe?
die edel Jungfrau sprach.
nein, du seit Jungfrau bleibe,
wan du geberest, vor und nach.
4. Dominus, got der herre
wil bei dir wonen sein,
die weit freut sich dein sere,
du gotsgebärerein !
du bist .gebenedeiet schone
hoch über alle weip,
bitt uns dein lieben sone,
daß sein genad bei uns beleih.
5. Do sprach die Jungfrau reine
aus ires herzen gir:
gehorsam wil ich seine,
sein will geschech an mir!
was er von mir begerte
got der Schöpfer mein
des sol er sein gewerte,
sein dienerin wil ich allweg sein!
6. So wil ich über die straßen,
sprach sich der jüngling fein,
den geist wil ich hie laßen
bei dir, du Jungfrau rein!
si sazt sich zu im nider
und schloß in in ir schoß,
beschneit im sein gefider:
ir beider freud ja die was groß.
7. Er sprach: an diser line
do wil ich singen,
mir liebt die keiserine
in allen dingen.
S95
er sang mit siben zangen
gar lieplich concordanz,
das merkent alt und junge :
wer das hie lemt^ sein fireud wirt ganz.
8. Do klang aus seinem munde
götlich diemütigkeit,
das tet der engel künde
Marie der reinen meit;
götlich Vernunft klang leise,
der künn wir nit entbem,
fürsiehtigkeit so weise
sollen wir alle cristen lern.
9. Gots Weisheit tet erklingen,
das was die vierte stimm,
was tet die fünft her bringen?
göüiche kunst vemim!
götlicher rat erhale
do bei der reinen meit:
sie erlöst uns sünder alle,
sie ist ein trost der cristenheit.
10. Die sibent concordanze
das ist die götlich forcht,
die do tet der geist pflanzen,
Maria eben horcht,
sie lernt mit hohem rate
das lobelich gesang:
wer diser gab nit hate,
der tfit gar manchen narrengang.
11. Was wir hie sünd beginnen,
die soll wir beichten schon,
wir müßen all von hiimen,
da ist kein zweifei an.
darumb so beicht von herzen,
halt fleißiglich dein b5ß!
es ist ein herter schmerzen,
der sich von got dort scheiden mAß.
12. Maria, edle Jungfrau schon!
schenk dir das liedelein,
bit dich, du wollest nit verlon
uns Sünder und sünderein!
396
wölst umb dein kint erwerben
behüt uns vor der pein,
daß wir nit ewig sterben
und bei dir in dem himel sein!
Aus Tal. Hoirs Liederbuche, g^eschrieben 1624 — 1526, Bl. 159 mit der
Überschrift: Ein ander gfut alt liet, bei UUand Nr. 387. — Damit stimmt
bis auf Kleinigkeiten der Münchener Cod. g^erm. 808. Pap. 4<>., um 1505 ge-
schrieben, bei Wckn. Nr. 149. 7, 1. er ttpraeh: an diur zmnen, — Auch in
der Kloster-Neuburger Hs. Nr. 1228, s. Mone Anzeiger 8, 350. Offenbar liegt
ein weltliches Lied eu Grunde, ich kann es aber nicht nachweisen.
Ähnliche Lieder \ Nr. 245 und 314.
f Nr. 234
Der Jäger geistlich.
1. Es weit gut jeger jagen^
er jagt vom himelstron.
was begegnet im auf der beiden?
. Maria die Jungfrau schon.
2. Der jeger den ich meine
der ist uns wol bekant,
er jagt mit einem engel,
Gabriel ist ers genant.
3. Der engel blies ein hömlein,
das lautet also wol:
gegrüßet seist du, Maria,
du bist aller gnaden voi!
4. Gegrüßet seist du, Maria,
du edle Jungfrau fein!
dein leip der sol geboren
ein kleines kindelein.
5. Dein leip der sol geboren
ein kintlein on alle man,
der himel und auch erden
eins mals bezwingen kan.
6. Maria die vil reine
fiel nider auf ire knie,
dann sie bat got von himel,
sein will geschehen sei*).
§. 10. 8) 6, 4. dein vnU gescheh aUhie — Corner GB. 1626 und Paderb.
GB. 1665.
397
7. Dein will der sol geschehen
on alle pein und schmerz!
do empfieng sie Jesum Christum
in ir jungfreulich herz.
8. Der uns das lieüein neu gcsang
alhie zu diser stunt:
Jesus gotes sone
mach uns an der sei gesiuit!
Verschiedene alte Drucke von fl. BL: Regeuspm^ durch Hannsen Khol
(danach bei Körner, Marian. Liederkranx S. 63. 64.), Ausgpurg durch Michael
Manger (danach bei Wckn. Nr. 183.), Basel bei 8am. Apiario 1569; noch
im 17. Jahrb.: Innsbruck bei Job. Gächen. — Bei Uhland Yolksl. Nr. 338.
nach einem offenen Dmckbl. in fol., Botenbncher's Bergkreyen, Nürnberg
1551 u. a.
In Corner GB. 1625 Nr. 42. für Str. 8 diese beiden:
O heilig Jungfrau Maria,
Nun bitt für uns dein Kind,
Da6 Er uns w6ll genftdig sein,
Verzeihen unsere Sund.
Drum singen wir das Lobgesang
Jetzund und su dieser Stund.
Herr Jesu Christo, Gottes Sohn,
Mach unser Seel gesund!
Bei Corner die Überschrift : j^Ein anders altes Advent - Gesang, der geist-
lich Jäger genannt''.
Eine andere Lesart, 14 Strophen, aus Beuttner's GB. (Graz 1718) in
Kömer's Marian. Liederkranz S. 84 — 87. Str. 2 — 6:
Den Jäger den ich meine.
Der ist uns wohl bekannt.
Er jagt ein edles Einhorn,
St. Gabriel ist er*s genannt.
Er führt in seinen Händen
Vier Windspiel schnell und leis;
Das erst grau, das ander leibfarb.
Das dritt war falb, das viert schneeweiß*
Das bedeut Gerechtigkeit, Wahrheit,
Barmherzigkeit und Fried;
Das Einhorn ist Herr Jesu Christ,
Der unser Heiland ist.
Er jagt das edle Einhorn
Mit seinem Windspiel groß»
Er jagt*s gar säuberlichen
Maria der Jungfrau in dSchoß.
27
Sp&ter hat Henrich Knaost in »einen GaMenhanern den geiitlichen Jftger
auch n christlich verändert.^ Statt der heil. Jnn^au sind ea drei Schwettem:
Frftolein Glaube, Liebe, Hoffiiung; s. Wckn. Nr. 718.
Der fromme Smn begnügte sich nicht, die alten schönen
einfachen und harmlosesten weltlichen Volkslieder umzudichten,
er wagte sich auch an die künstlichsten und schlüpfrigsten.
So finden sich Umdichtungen von den künstlichen Meisterlie-
dem: Zart schöne Frau, Von edler Art, Ich reu und klag u.s.w.,
was aber noch viel merkwürdiger ist, das sehr anstößige Lied
von der Fischerin, das hoch- und niederdeutsch vorhanden ist*),
erfuhr sogar zu Anfange des XVI. Jahrhunderts eine geistliche
ümdichtung: Wckn. Nr. 177. >•)
Dergleichen Künsteleien, Unziemlichkeiten und Verirrun-
gen muss man der redlichen Absicht, religiös zu belehren und
zu erbauen, zu gute halten. Die Begriffe von Schönheit und
Würde waren eben oft andere als unsere heutigen. Darum
darf es auch nicht wimdem, dass der Zwiespalt in der Kirche
auch im Kirchengesange zum Vorschein kam. Das Stärkste
der Art ist wol, wenn Hermann Vulpius, ein lutherischer Pre-
diger, das weltliche Lied: Der Kuckuck hat sich todt
gefallen"), zu einem geistlichen liede wider den Papst
umdichtet.
f Nr. 235.
De kuckuck heft sik döt gevallen ff.
Geistlik.
Van dem dötliken valle des allerhillichsten yaders,
des Römischen Pawestes.
1. De Pawest heft sik to dode gevallen
van synem bogen stole
unde mot nu mit dem düvel wallen
wol in dem vürigen pole.
2. Wat krenket doch den Antichrist,
dat he des dodes stervet?
§. 10. 9) Wckn. S. 888. Felilt bei Uhland, weil ea ihm m. meistersizigeriBch
and mxL anstößig war.
10) Maria iai die FiBcherin, die Fische sind die Sünder:
sie facht sie all gemeine,
jnng, alt, grofi und die kleine.
11) UhUnd Volkslieder Nr. 158. Wckn. 8. 858.
Bjn hoTirt des dn dnake is,
d&r in he gans vördervet.
8. Dat he bj h6r unde god der weit,
let sik de pawest ütschryyen,
▼ör d^n Bik 6k de Satan helt
nnd denkt it 6k to blyven.
4. De Satan im regemente Bit,
let sik de kröne nicht nemen^
den Pawest vam stole hfrunder rit,
des sik de pfwstler Bchfmen.
5. Sanct Peters navolger n6met he sik,
de Pawest des düvels egen,
dar mede den minschen lecht ein strik,
dat se sik to 6m negen.
6. Doch weidet he de schapeken nicht,
alse wy dat wol bevinden,
denn syn doent is d&rhen gericht,
dat he se d5de und schinde.
7. Wol weidet denn de sch&pken w6rt,
de Petro sint vortruwet?
dat deit Christus de rechte hdrt,
wol d^m de up 6m buweti
8. De heische wulf, de drake r6t
is mit gewalt gebunden,
her Jesu Christ, dörch dynen döt,
dörch dyne blodigen wimden.
9. D&rvör wille wy den waren god
ewich prysen und layen,
de uns erlAst üt aller not,
6m sy dank vor syne gaven!
Hermann Vespaaiiu, Nje ChristUke G«8enge 1571. Nr. 20. Wckn.
Nr. 704,
Hatte man sich vor der Reformation nur auf Umdichten
weltlicher Lieder beschränkt, so ging man beim Beginn der-
selben noch weiter: was man bisher an weltlichen Liedern aus-
geführt hatte, versuchte man nun sogar an geistlichen, deren
Inhalt zu der neuen evangelischen Lehre nicht stimmte.
Im Jahre 1524 richtete Luther das Lied Gott der Vater
wohn uns bei fiir den kirchlichen Gebrauch ein: er änderte
27*
400
die erste Strophe, die in dieser Gestalt denn auch für Christus
und den heil. Geist (Str. 2 und 3) >>) blieb; alle übrigen Stro-
phen, die über die Dreifaltigkeit hinausgingen, ließ er weg.
Die Gesangbüchlein von Nürnberg, Erfurt und Breslau des fol-
genden Jahrs, so wie die £rforter Enchiridien von 1526 und
1627 versahen deshalb das Lied mit dem Zusätze: »gebessert
und christlich corrigiert« *').
Nach diesem Vorgange Luthers unternahm es nun der für
die Reformation sehr beseelte und eifrig thätige Hans Sachs,
auch andere ältere geistliche Lieder umzuarbeiten oder, wie er
es nennt, »zu verändern und christlich zu corrigieren«:
Edkhe gey$t- \ Uche, in der Bchriffi \ gegrünie, Ueder \ für die
lagen \ zu singen. \ Hans Sache. | 1525.
8 Bl. in 4<*, ohne Angabe des Drackera, mit 8 Liedern. In der Bibl.
des Hrn. Ton Schenrl cn Nümberg. Wckn. S. 727. — 15S6 erschien eine
neue Ausgabe, 6 Bl. 4<>, ebenfaUs ohne Angabe des Druckers. In der Stadt-
bibliothek BU Ulm. Wckn. S. 738.
Von den 8 Liedern dieses Büchleins, säinmtlich gedruckt
bei Wckn. Nr. 238—245, gehören hieher:
Maria zart von edler Art,
Die Frau vom Himmel ruf ich an,
Sanct Christoph, du heiliger Mann,
Anna, du anfänglichen bist.
Die drei ersten Lieder sind uns in ihrer ursprünglichen
Gestalt erhalten, es mag daher genügen, von jedem nur die
erste Strophe mitzuthcflen.
f Nr. 236.
O Jesu zart, götlicher art,
ein ros on alle doren,
du hast aus macht herwider bracht
das vor lang was verloren
durch Adams fal. dir wart die wal
§.10. 12) Für diese beiden Strophen machte später Erasmus Albems neue,
und so erscheint denn das von Luther schon gebesserte Lied abermals y,mit
sweyen Gesetsen gebessert** im StraSb. GB. 1568, Wckn. Nr. 808.
18) Vgl. Lnther*s geistliche Lieder von Ph. Wackemagel (8tuttg.
1848.) 8. 147 — 149.
401
von got vater versprochen.
auf daß nicht wurt gerochen
mein sünd und schult, erwarbstu hult;
wann kein trost ist, wa du nit bist
barmherzigkeit erwerben:
wer dich nit hat und dein genad,
der muß ewiglich sterben.
f Nr. 237.
Christum von himel ruf ich an
in disen großen nöten mein.
im gsetz ich mich verschuldet hau,
zu leiden ewig hellepein,
gen deim vater: o Christe ker
sein zom von mir,
mein Zuflucht ist allein zu dir,
hilf, e daß ich verzweifel schir!
f Nr. 238.
Christe, warer sun gotes fron!
dein lop wir ewig preisen.
wer deinen namen rufet an,
dem tustu hilf beweisen,
wann du bist der einig mitler
gen got dem vater here;
dein bitter tot half uns aus not,
dir sei ewig lop, erel'*)
Von dem vierten Liede scheint das Original verloren ge-
gangen zu sein. Aus der Umdichtung Hans Sachsens können
wir einigermaßen schließen, wie es beschaffen war.
§. 10. 14) Auch in einem besondem Drucke vorhanden „durch Hans Gol-
denmnndt", in der Weimarer Bibliothek, s. Mone Anzeiger 8, 377.
402
f Nr. 239.
Das liet: Anna du anfenglichen bist, verendert und
cliristlich corrigiert.
1. Chriflte, du anfenglichen bist,
ein ¥nirzel imser Seligkeit!
aus deinem tod gewachsen ist
ein ewig werend Sicherheit
zu dem vater, gen dem wir ser
uns versünden teglichen:
o sun David, du für uns trit,
yersün uns mildiglichen!
2. Christe, du einiger tröster
aller betrübten herzen,
zu dir all Christen rufen ser,
daß du uns helfst aus schmerzen!
der feinde streit gen uns aus neid
all tag gar listiglichen :
o sun David, du für uns trit,
hilf kempfen ritterlichen!
3. Christe, du von götlichem stam,
von got vater geboren,
der zu uns her auf erden kam,
auf daß nicht wurd verloren
wer in dich glaubt, des bist ein haubt
aller christgelaubichen :
o sun David, du ftir uns trit!
dir sei lop ewiglichen!
Tgl. 5 Nr. 290.
Als man einmal angefangen hatte, weltliche Lieder umzu-
dichten, und eines guten Erfolges, wie es scheint, sich erfreute,
hielt man das volksthümliche Element fest Die Nachbildung
weltlicher Volkslieder wurde ebenfalls versucht, und so ent-
standen geistliche, die denn sehr beliebt und viel gesungen
wurden.
403
f Nr. 240.
Der meie, der meie bringt uns der blttmlein vil.
1. Der meie, der meie
bringt uns der bümlein yiL
ich trag ein frei gemüte;
got weiß wol wem ichs wil. :,:
2. Ich wils Christo dem herren,
der unser heilant ist;
er tregt das kreuz für unser sünd,
ja wie man von im list.
3. Wir waren all gefangen,
im tod warn wir verlorn,
die sünd die quelt' uns tag und nacht,
darin wir warn geborn,
4. Und niemant kan uns helfen,
dann diser herr allein,
ist uns zA gfit geboren
von einer Jungfrau rein,
5. Und ist för uns gestorben,
auferstanden vom tod,
hat uns das heil erworben,
geholfen aus der not
6. Er hat das gsetz erfüllet,
das ims so hart verklagt,
und hat das funklein gstillet,
das unser gwissen nagt.
7. Er ist der weg, das Hecht, die pfort,
die warheit und das leben,
er ist des vaters ewigs wort,
das er uns hat gegeben.
8. Hat den tot überwunden,
die hell gerissen ein,
die sünd hat er verschlungen,
geholfen aus der pein.
0. Er wil die nicht verlaßen,
die an in glauben seint:
das hat er uns versprochen,
denn wir sein kinder seint.
404
10. Drumb wer im kan vertrauen,
verlest er nimmer mer.
dem selben unserm herben
dem sei preis, lop und ehr
in ewigkeit bisher!
nVier geistliche Rejenlieder". Am Ende: »Gedruckt sfi Nürnberg durch
Knnegand Hergotin^ dmckte 1628 — 1538. (In der Menseb. Bibl., Afittheil.
Ludw. £rk*s) Darunter der Name des Dichters: Jacob Klieber. — Dr. 7, 4.
den fdaaj — 9, 4. denn (spätere Lesart: wenn). Auch in: nFtalmen ynnd
Gejstliche Lieder^ ff. Nürmberg 1557. Nr. 85. Gödeke bemerkt: ^Wackemagel
(Nr. 518.), der das Gedicht aus einem späteren Lutherschen GB. (Leips.
Berwald 1560) entnimmt, schreibt es, durch das irrige Register des
Nümb. GB. von 1607 verleitet, dem Johann Halbmeyr zu; im GB. selbst
hat es keinen Verfasser -Namen, aber gleich das dort folgende, ebenso an-
fangende Lied S. 908 hat die Überschrift : Joh. Halbmeyr; im Register fehlt
das Gedicht« —
Das weltliche Lied, wie es in einem Fastnachtspiele von Hans Sachs
1562 vorkommt, ist nur 3 Strophen lang, es kann abo von einer ümdich-
tung nicht die Rede sein. Gedruckt Wckn. S. 848. Uhland Volksl. Nr. 19,
vgl. S. 999. Erk VolksUeder 2. Bd. Vs- Heft Nr. 77.
f Nr, 241.
1. Ich hab mir außerwelet
Jesum das blümelein.
darzu hat sich gesellet
das junge herze mein.
2. Es grünt in meinem herzen,
sein bltien ist manigvalt,
es kan mir wenden kummer
und wendt mir all mein leit.
3. Seit ich das blümlein meiden,
Jesus das blümelein,
brecht meinem herzen groß leiden
und meiner sei ein pein.
4. Er hat bei uns gewonet
auf disem jamertal,
er ist von uns gescheiden
in großer bitterkeit.
5. Er ist von uns gescheiden
in großer wunsamkeit
406
zu seinem himliBchen vater,
da wont er ewigleich.
6. Ich kam auf einen anger,
auf einen weiten plan^
ich sach einen schönen engel
in hochen eren stan.
7. Sag mir, lieber engel,
wol durch den reichen got!
hastu mein liep nit gesechen
zu himel an dem hof ?
8. Ja ich , mein schöne jungfraue,
ich sach ir beder lieb
in seines vatem herzen
recht brinnen als ein Hecht.
9. Das liecht was uns verborgen,
verborgen fünf tausent jar.
nun ist got mensch geboren
und ist uns offenbar.
10. Sag mir meinem liebe,
ich sei im herzen wunt,
daß er mir kam zu hilfe,
mach mir mein herz gesunt.
11. Ich wil mir ein schiflein bauen,
ein schiflein der säligkeit,
darein ein rüder machen
mit ganzer stätigkeit.
12. Nun wer sol es sein der schifman?
Jesus der breutigam mein;
er sol es wol bewaren
recht nach dem willen sein.
13. Maria sol es leiten,
Maria die künigin,
sie fiirt ir hoches preise,
ir wertes lop darin.
14. Wer sol das schiflein fureu?
der liepste engel mein;
er sol es wol bewaren
bis an das ende mein.
406
15. Maria sol es leiten
bis an der engel schar,
da die heilig dreivaltigkeit
ir ewigs wesen hat.
Kloster -Nenburgfer Hs. Nr. 12S8. ans der Mitte des 16. Jafarh. Mone,
Anzeigers, 838. 384, danach Uhland, Yolksl. Nr. 832. — Ha. 2, 1. sein plitem-
lein — 8, 2. tn peder Heb — 9, 3. fehlt nun Ut. — Die fehlenden Reime
ließen sich leicht herstellen: 2, 2. es blüet <Ule zeü — 4, 4. «n großer not
und quäl.
f Nr. 242.
1. Ich weiß mir ein Blümlein hübsch und fein,
Es thut mir wohl gefallen;
Es geliebt mir in dem Herzen mein
Für die andern Röslein allen.
2. Das Röslein ist das göttlich Wort,
Das ims Gott hat gegeben;
Es leucht uns durch die enge Pfort
Wol in das ewige Leben.
3. Er ist der Weg, das Licht, die Pfort,
Die Wahrheit und das Leben.
Wer Reu für seine Sünde trägt,
Dem sind sie im Glauben vergeben.
4. Er spricht: tret alle her zu mir,
All die ihr seid beladen!
Ich will euch nach eures Herzen Begier,
Ich will heilen eueren Schaden.
5. Nehmt hin! esset! das ist mein Leib,
Den ich euch jetzt thu schenken.
Ich verschreib euch all mein Gut dabei.
Daß ihr mein sollt gedenken.
6. Nehmt hin! trinket! das ist mein Blut,
Das ich hab för euch vergossen.
Nehmt hin! solchs thut, so oft ihr's thut,
Wie ich's euch hab gelassen.
7. Wir bitten dich, Herr Jesu Christ,
Wol durch das bitter Leiden,
Daß du für uns gestorben bist,
Du wellst nicht von uns scheiden.
407
8. Nimm uns für deine Eünder an,
Daß wir dich allzeit loben t
Dein Wort bekenne ein jeder Mann
Durch Jesum Christum! Amen.
Fl. Bl. nZu Eiflleben drackts Andreas Petri.« Heyse's Bibl. (mttheil.
Karl Gödeke'8.)
f Nr. 243.
1. Ich weiß mir ein Blümlein ist hübsch und fein,
Das thut mir Wohlgefallen;
Es geliebt mir in dem Herzelein
das Blümelein
Für andern Blümlein allen.
2. Das Blümlein ist das göttliche Wort,
Das uns Gott hat gegeben;
Es leucht ims durch die enge Pfort^
das götlich Wort,
Wol in das ewig Leben.
3. Er ist der Weg, das Licht, die Pfort,
Die Wahrheit und das Leben.
Wer Reu für seine Sünde trägt,
sein Sünde trägt,
Dem sind sie im Glauben vergeben.
4. Er spricht: kommt alle her zu mir,
All die ihr seid beladen!
Ich will nach eures Herzen Begier,
das glaubet mir,
Will heilen euem Schaden.
5. Nehmt hin und esstl das ist mein Leib,
Den ich euch jetzt thu schenken.
Ich verschreib euch all mein Gut dabei,
das glaubet frei,
Daß ihr mein sollt gedenken«
6. Nehmt hin! trinket! das ist mein Blut,
Das hab ich für euch vergossen,
Welchs gnug für euer Sünde thut,
so oft ihr's thut,
Wie ich's euch hab gelassen.
408
7. Wir bitten dich, Herr Jesu Christ,
Wol durch dein bitter Leiden,
Weil du fELr uns gestorben bist,
Herr Jesu Christ,
Du wollst nicht von uns weichen.
8. Nimm uns für deine Kinder an.
Daß wir dich alle loben!
Dein Wort bekenn ein jedermann
auf rechter Bahn
Durch Jesum Christum! Amen.
Leipziger GB. 1686. 8. Th. Nr. 107. — Nümb. GB. 1691. S. 422.
f Nr. 244,
1. Ach Oott, wem soll ichs klagen,
Das groß Elende mein?
Mein Herz will mir verzagen,
Weil ich leid schwere Pein.
Von Freunden gar verlassen,
Der Feind der sind so viel:
So schwing ich mich über die Straßen,
Christum ich suchen will.
2. Wo soll ich ihn denn finden.
Den Herzallerliebsten mein?
Im Wald sind viel der Blumen,
So gar viel mancherlei,
Daß ich ihr nicht all kenne
Wol in dem tiefen Thal.
Ein Blum will ich dir nennen.
Der Lügen gleicht sie zwar.
3. Ihr G-eruch der geht so weite
Über Berg und tiefe Thal,
Der Südwind ihn fast treibet,
Wird gleich dem Segelbaum.
Unter allen hohen Bäumen
Hat er allein den Preis,
Kein Wind kann ihn nicht fällen:
Zu dem tret ich mit Fleiß.
4. Er ist der Morgensterne,
Den man erkennen soll;
409
Sein GlanB der leuchtet ferne
Wol in dem Jammerthal.
Kern FinBterkeit mag bleiben
Vor seinem Schein so klar;
Die Nacht mag er vertreiben,
Er leuchtet ganz und gar«
5. Gar süß war ich entschlafen
Vor der Hirten Hüttlein fein.
Mein schöns Lieb hub an zu klopfen.
Ich sollt ihn lassen ein,
Die Thür sollt ich aufschließen:
Sprang aus dem Bette mein.
Er war mir schon entwichen,
Das bracht mir schwere Pein.
6. Des Nachts bin ich aufgestanden,
Gesucht mit aller Weis,
Ob irgend war vorhanden
Meins Herzen Exon und Preis.
Ich thät ihn freundlich rufen.
Kein Antwort er mir gab.
Der Wächter an der Zinne
Zog mir mein Mantel ab.
7. Als ich mich zu ihm wendet
Wol in derselbigen Stund,
Mein schöns Lieb zu mir lendet
Und bot mir seinen Mund.
Den Finger hat er gestoßen
Wol zu dem Fenster ein.
Den Riegel aufgeschlossen
Und trat zu mir hinein.
8. Er redt mir zu mit IVenden:
Weil du geirret hast,
Gar schön will ich dich kleiden.
Komm her in meine Schoß!
Der Winter ist vergangen,
Die Blumen wachsen schon.
Die Turteltaub vorhanden.
Die Reben blühen voll.
9. O daß er bei mir bliebe.
Der Allerliebste mein!
410
Die Wolken von mir triebe^
Bis daß der Tag herschein!
Darin ioh stets mag wandeki.
Weil ich das Leben hab,
Mein Kurzweil möcht vertreiben,
Zu halten sein Gebot
10. Kein schöner nicht auf Erden
Denn dieser Absalon
In Gang und auch Geberden!
Er trägt Davidis Krön.
Mit Wahrheit ist umgeben,
Gerechtigkeit sein Thron,
Er gibt das ewige Leben,
Darzu den IVeudenlohn.
Fl. Bl. Ende des XVI. Jahrh. Prof. Heyse'e Bibl. (Mittiieil. Karl Gödeke^s).
f Nr. 245.
Im Ton: Es fleugt ein Vögelein leise.
1. Es fleugt ein Vögeleln leise
Zu einer Jungfrau fein,
Li eines Engels Weise
Wol in ein Kläuselein:
Grüß dich Gott, du mein auserwählte Maid!
Dein Seel ist w<^ gezieret.
Gesegnet ist dein Leib.
2. Gott hat dich wohl begnadet.
Der Herr der ist mit dir;
Gottes Kraft wird dich umfahen,
Du sollt gelauben mir!
Schleuß mir auf deins Herzen ein Fensterlein!
Jesus wird zu dir kommen.
Mit ihm wirst schwanger sein.
3. Der heilig Geist wird kommen.
Wird wirken durch sein Kraft,
Denn er wird an sich nehmen
Fleisch und Blut so gar.
Warum? darum thut er aber das,
Daß er wollt wiederbringen
Adam und Eva Fall.
4. Maria die sprach mit Züchten:
Was deutet dieser Gruß?
411
Mein Reinigkeit hau ich yersprochen,
Wiewol ich gebären muß.
Was deutet das? mein himmlischer Bot!
Mein Reinigkeit hab ich versprochen
Dem aUmächtigen Gott.
5. Nimm wahr, ich bin ein Dienerin
Des höchsten Herren mein;
Mir geschech nach deinen Worten,
Du seliger £ngel rein!
Bald Maria ihren Willen verhängen kunnt:
Jesus ward eingelassen
Wol zu derselbigen Stund.
6. Sie wohnten bei einander,
Jesus und auch die Maid,
Bis an den Weihnachtmorgen,
Sie gebar ihn ohn alles Leid,
Wahrer Gott und Mensch, Herr Jesus Christi
Deim sie ist Jungfrau blieben,
Bleibt immer und ewiglich.
7. Dem Herren Gott von Himmelreich
Lob, Ehr und Preis ich leiste,
Gott Vater, Gott dem Sohn zugleich
Und Gott dem heiligen Geiste.
Sein Herrlichkeit, Barmherzigkeit,
Großmächtigkeit und Heiligkeit
Seind ewig und ohn Ende.
Fl. Blatt „Nürnberg, durch Valentin Newber<<. Prof. Heyse's Biblloth.
(Mittheil. Gödeke's) Vgl. Wckn. S. 868. zu Nr. 149. — Fl. Bl. (mit Nr. 276.
bei Wckn.) „Gedruckt zä Angspnrg, durch Bfichael Manger ** (Mittheil. Uhland's).
Jüngere Texte, zum Theil sehr abweichend: And&chtige Vbung, Wfirts-
borg 1647. s. B.
Ea flog em EmgA in JBüe
Wol von des Hmmeh Tkron^
Von Oott geaandt viel Meile
Zu einer Jungfrau schon ff.
2, 6. 7. Zu dw will er sich neigen Wol unier das Herze dem — 8, 4. Fleieeh
und Blut so zart, — Himmelglöcklein, Dillingen 1667 bei Kömer, Marian.
läederkranz 8. ISO. z. B. 3, 3. 4. Dardurch Oott angenommen Fleieeh^ Blut
durch sein Allmacht.
Das weltliche Lied hiezu iflt wahrscheinlich: Es fleugt eiji klein« Wald-
Yögeleiiif bei Uhland Volkslieder Nr. 83.
412
Wio oft aber auch die weltlichen Volkslieder beides, Weise
und Inhalt zur Umdichtung und Nachbildung lieferten, öfter
noch wurden ihre Weisen allein benutzt. Da solche in Aller
Munde lebten und sehr singbar waren, so kam dieser Umstand
der Verbreitung neuer geistlicher Lieder sehr zu statten. Wie
man in den Niederlanden in der Mitte des XVI. Jahrhunderts
die Psalmen meist nach Melodien weltlicher Lieder gedichtet
hatte >^), so fing man bald nachher auch in Deutschland an, die
beliebtesten weltlichen Singweisen zu demselben Zwecke zu
verwenden. Gewöhnlich heißt es dann in der Überschrift: im
Ton, oder in der Weise; zuweilen auch: Wie man singt von
unsers Herren rock; Wie man singt die schlackt vor Pavia; Im ton
me man die tagreis (tagweis) singt; Im Ton toie könig Laslas lief;
Im Hildebrants ton; In bruder Veiten ton; Vom Danheuser; Vom
Grafen von Rom; Vom Benzenauer; Von einem ritter aus Steiermark;
Von dem könig aus Ungern; Vom huxbaum und vom felbinger; Das
Tolner liet, oder In Tolner melodei S.
In einigen späteren evangelischen Gesangbüchern sind
manche Lieder enthalten, deren Melodie auf diese Weise ange-
geben wird. Besonders reich an dergleichen Liedern mit welt-
lichen Liederanfängen ist ein GB., das unter dem Titel erschien:
Ein schon gesangbüchlein Geistlicher Üeder z&samen getragen^
Äuß dem Alten vnd Newen Testament^ Durch frome Christen vnd lieh-
haber Gottes, welcher hie für etliche getruckt seindt gewesen, aber noch
vU darz& gethan, welche nie im truck außgangen seindt ff 8®. O. O.
und J. (Ein Exemplar in der Stadtbibl. zu Trier, Mittheil.
P. Gh. Stemberg's).
und in einer neuen Auflage:
§. 10. 15) Der Titel dieses merkwürdigen, jetzt sehr seltenen Baches Untet:
8<nUer I4edekeiM Ohemaeet ter eeren Oods, op alle die Psalmen vä David :
tot BtichHnghe, m een gheeitelifcke vermakin^he van allen Chriatä meneehe.
Okeprent Thantwerpen By my Symon Cook, Anno. M. COCCC. ende A7. den
.0^'. in Junio.
190 Blfttter in 8o. (Mein ehemaliges EzempUr in der kön. Bibl. zu Berlin,
ein anderes in Göttingren). Vgl. Horae belg. 1, 114. 115.
Anfftnge älterer niederländischer weltlicher Lieder, ebenfEtUs zu geistlichen
Liedern benntst (Mitte des XY. Jahrh.) aus meinen ehemaligen Liederiiss.
(Bibllotheca Hoffmanni Fallerslebensis, Lips. 1846. p. 7 — 14.) stehen alpha-
betisch verzeichnet in meinen Horae belg. 2, 82—86. vgl. 1, 110-— 114.
_413
Ein schon gesangbücUein, darum begriffen werden vielevhandt
schöner GeistUcher Lieder auß dem Alten vnd Newen Testament, ff.
Jetzo von newem widerumb vbersehen, ff. (Ein Exemplar früher in
W. V. Haxthausen Besitz).
Da diese Anfange zugleich wichtig sind ftir die- Geschichte
des weltlichen Volksliedes, so will ich sie hier zusammenstellen
und diejenigen hinzufügen, wozu bei Wackemagel (hier mit W.
bezeichnet) die geistlichen Lieder abgedruckt sind.")
Ach megdelein, was hat dir der rocken misstan?
Auf diser erd mein herz begert W.
Aus fremden landen kom ich her W.
Aus hertem we klagt sich ein helt W.
Der kuckuck hat sich tot gefallen
Der mon der scheint so helle
Der morgenstem hat sich aufgeschwungen \V.
Der spiLnan aus der Wirtenberg
Der unfal reit mich ganz und gar W.
Der wechter der blies an den tag
Der winter ist uns vergangen
Die brünlen die tun fließen W.
Die not hat mich getrungen
Die weit die hat ein dumimen mut W.
Dort hoch auf einem berge W.
Ein blümlein stet auf der beide W.
Ein megtlein sprach nair freuntlich zu W.
Entlaubet ist der walde
Es get ein frischer sommer daher — u. W.
Es gieng ein freulein mit dem krug W.
Es giengen drei Jungfrauen
durch einen grünen walt
Es reit ein reuter durch den walt
Es solt ein megtlein frü aufstan
drei uren vor dem tage
§. 10. 16) Wckn. hat S. 893. im „Yerzeiclmiss der weltlichen Lieder** alpha-
betisch zusammengestellt diejenigen AnfSng'e weltlicher Lieder, deren Melodien
nicht allein zu geistlichen Liedern benutzt sind, sondern deren Inhalt anch
nmgedichtet worden ist. Dies iSsst sich nur insofern billigen, als wirklich
bei einiind denselben weltlichen Liedern diese doppelte Benutzung statt findet
z. B. Wckn, Nr. 676—677 nnd 650.
28
414
Eb wonet lieb bei liebe — u. W.
Euer herz dunkt mich ein taubhaus »ein
Freud über freud W.
Frölich bin ich aus herzengrund W.
Herzlich tut mich erfreuen W.
Hilf goty daß mir gelinge
Ich arm schäflein an grüner beiden,
wo sol ich hinne gan?
Ich armer boß W.
Ich habe den mei mit blämen
Ich habs gesteh so weit ins feit
Ich habs gewagt ganz unverzagt
Ich hatt ein stetigen bälen
Ich hatt mich unterwunden
Ich hört ein megdelein klagen
Ich reu und klag W.
Ich sach den herren von Falkenstein — u. W.
Ich sag ade, wir zwei wir mtißen scheiden
Ich schweig und mag gedenken
Ich stAnt an einem morgen W.
Ich wil ein neues singen W.
Insbruck, ich muß dich laßen W.
Kuntschaft mit dir W.
Last uns frölich singen
wol heute zu diser frist
Mag ich Unglück nit widerstan W.
Mein sinn seint mir durchzogen
Nach grüner färb mein herz verlangt
Nach willen dein mich dir allein W.
Nu hört mit fleiß und merket auf
O winter kalt, wie manigfalt
Rosina, wo was dein gestalt W.
Sie sagt, ich solt sie trauen
So weiß ich eins, das mich erfreut,
das blümlein auf breiter beiden W.
Von deinetwegen bin ich hie
Von erst so wöU wir singen W.
Von üppiglichen dingen W.
Vor jenem walde da hört ich
Wach auf, meins herzen schöne
415__
War ich ein wilder falke
Wo ßol ich hin, wo sol ich her,
wo sol ich mich hin keren
Wol auf, gut gesell, von hinnen W.
Wolt ilir hören ein neues liet,
was zu Münster ist geschiet
Zu Costenz was ein kaufinan
Zu mei als uns die vögel singen
Die Geschichte der Umdichtungen weiter zu verfolgen, geht
über den Bereich meines Buchs. So will ich denn in der Kürze
nur noch diejenigen Sammlungen anfuhren, die hier hauptsäch-
lich in Betracht kommen.
1. Gassenhawer, Reuter vnd Bergliedlin, Christlich, mora-
liter, vnnd sittlich verendert, da mit die bßse ergerliche weiß,
vnnütze vnd schampare Liedlin, auff den Gassen, Felde, Häusern,
vnnd anderßwo, zusingen, mit der zeit abgehen möchte, wann
mann Christliche, gfite nütze Texte vnd wort darunder haben
kondte. Durch Herrn Henrich Knausten der Rechten Doctor,
vnd Keyserlichen gekrönten Poeten, jc. Cum Priuilegio Imperiali.
Zu Franckfort am Meyn, 1571. Am Ende: Getruckt zu Franckfoii;
am Meyn, Bey Christian Egenolffs Erben, im Jar M. D. LXXI.
6 Bl. Verst., 64 bez. SS. 8^ (Ein Exemplar im Besitze
der PVau Bettina von Arnim, eins in Breslau, eins in Kassel.)
Näher beschrieben von Wckn. Karchenlied S. 786., woselbst
auch S. 833 die Vorrede und unter Nr. 708 -719 zwölf Lieder
abgedruckt sind.
2. Nye Christlike Gesenge vnde Lede, vp allerley ardt
Melodien, der besten, olden, Dudeschen Leder. Allen framen
Christen tho nutte, Nu erstlick gemaket, vnde in den Druck
gegeuen Dörch Hermannum Vespasium, Predyger tho Stade
P. K. 1571. Am Ende: Gedrücket tho Lübeck, dörch Assuerum
KrÖger. M. D. LXXI. (Ein Exemplar im Besitze des Prof.
von der Hagen und eins zu Kassel.) 21»/, Bogen in 8®. ohne
Blattzahlen. Beschrieben Wckn. S. 787, und daselbst S. 835.
die Vorrede und unter Nr. 693 — 707. fänfzelm Lieder. Vgl.
Kinderling in Bragur 5. Bd. 1. Abth. S. 20-27.
3. Christliche Reuter Lieder. Gestellet durch Herrn Phi-
lipsen den Jüngern Freiherm zu Winnenberg vnd Beihelstein,
jetz zum andern mahl mit viel Newen Gesängen vermehrt.
28*
416
Nicht spott mit Gott, mein reime ist. Wollt Gott solchs thet ein
jeder Christ.
Der reVter Weis VnD gVt gesang
Haben vor Gott ein anDem Klang,
(ein Ritter in Harnisch mit einer Fahne.)
Zu Straßburg, bei B. Jobin. 1586.
12«. 3 Bl. Verst., 105 bez. SS., dann noch 17 Bl. am Schlüsse.
(In Göttingen ein Exemplar mit der eigenhändigen Namensschrift
des Freiherm zu Winnenberg.)
4. Hundert Christliche Haußgesenge. Nürnberg durch
J. Köler o. J. 8». S. Koch Compendium 2, 47. 87. 88.
5. Geistliche Lieder und Gesänge, aufgesetzt von Franz
Siegfried Gottlieb Fischer, Fast. Jun. zu Osselse und Ingenheim.
Hildesheim 1757. 8®. S. darüber Neue Berlin. Monatsschrift
X. Bd. S. 18—41.
§. 11.
1. Weihnachtslieder beim Kindelwiegen.
Schon im IV. Jahrhimdert wurde von der abendländischen
Kirche das Weihnachtsfest eingeführt. In Deutschland fand es
erst später Eingang, da erst im IX. Jahrhundert das Kirchen-
jahr mit Weihnachten beginnt.')
Bildliche Darstellungen der Geburt Christi waren schon
frühzeitig in den Kirchen Frankreichs üblich. Zu ßouen wurde
nach dem Te deum am heiligen Weihnachttage die Anbetung
der Hirten also gefeiert. Hinter dem Altare ist eine Krippe
erbaut, darauf das Bildniss der heil. Jungfrau. Vor dem Chor
auf einer Erhöhung steht ein Knabe, welcher den Engel dar-
stellt, und verkündet die Geburt Christi. Durch die große
Thür des Chors treten die Hirten ein und gehen auf die Krippe
zu, unter dem Gesänge: Fax in terris ff.; sie. begrüßen die
Jungfrau und beten das Kind an. Vor dem Altare wird eine
§.11. 1) Retibergr Kirclienge8ehichte DentschlAnds 2, 790.
417
Messe gelesen; nachdem sie der Priester geendet, wendet er
sich zu den Hirten und fragt: Quem vidistis pastores? Die
Hirten antworten: Natum yidimus.*)
Diese kirchlichen Weflmachtsgebräuche haben sich nicht
auf die gallicanische Kirche beschränkt, sie finden sich auch
frühzeitig schon in Deutschland.
In einer aus Tegemsee stammenden Münchener Handschrift
(Cgm. 715.) mit den Liedern des Mönchs von Salzburg heißt
es Bl. 4*: Zu den Weihnachten der fröhliche Hymnus A solis
ortus cardine, und so man das Kindel wiegt über das Besonet
in laudibus, hebt unsere Frau an zu singen in einer Person:
Joseph, lieber NeflFe mein!
so antwortet in der andern Person Joseph:
Gerne, liebe Muhme mein!
Danach singet der Chor die andern Verse in einer Dienerweise,
danach den Chor. —
In der Kirche also war eine Wiege aufgestellt, an der
Maria saß. Sie fordert Joseph auf das Kind zu wiegen. Dieser
erklärt sich dazu bereit. Der Chor stimmt ein frommes Weih-
nachtslied an.
f Nr. 246,
1. Joseph, lieber neve mein,
hilf mir wigen mein kindelein,
daß got müeß dein loner sein
in himelreich,
die reine mait Maria.
2. Gerne, liebe mueme mein!
ich hilf dir wigen dein kindelein,
daß got müeß mein loner sein
in himelreich,
du reine mait Maria.
3. Es selten alle menschen zwar
mit ganzen freuden komen dar,
da man fint der seien nar,
die uns gebar
die reine mait Maria.
§. 11. 2) Edni. Martene de antiquis ecclesiae ritlbus lib. IV. cap. 12. §. ItL
Ygl. Weinhold Weihnacht-Spiele und Lieder S. 47.
418
4. Uns ist geborn Emanuel,
als vor gekünt hat G-abriel,
des ist gezeug Ezechiel,
0 frones el,
dich hat geborn Maria.
5. Ewiger vater, ewigs wort,
got vater mensch, der tugendo hört
in himel, in erde, hie und dort,
der Salden port,
den uns gebar Maria.
6. O süeßer Jesus außerkom,
du weißt wol daß wir wani verlorn,
süen uns deines vater zom,
dich hat geborn
die reine mait Maria.
7. Ü kleines kint, o großer got,
du leidest in der krippen not,
der sunder hie verhandelt hot
der himel brot,
das uns gebar Maria.
Unter den Liedern des Mönchs von Salsbarg im Cod. germ. Monac. 715,
Altd. Blätter 2, 341. Im Register dieser Hs. steht folgende Bemerkung,
woraus hervorgeht, dass das Ganze ein Zwiegesang mit Chor war:
'Za den Weihnachten der fröleich hymnus: A solis ortus cardine, und
80 man das kindel wigt tiber das Resonet in landibns hebt unser frau an ze
singen in einer person: Joseph, lieber neve mein. So antwort in der andern
person Joseph : Geren, liebe mueme mein. Damach singet der kor die andern
vers in einer diener weis, darnach den kor.*
Hs. 3, 3. der aklden nar — 3, 4. den tm«.
Ziemlich allgemein muss zu Ende des XIV. Jahrhunderts
das Kindelwiegen in den Kirchen Deutschlands üblich gewesen
sein. Der obige Text findet sich etwas abweichend noch in
einer andern Handschrift mit einigen Bemerkungen, wie der
Wechselgesang gehalten werden soll.«)
§•11. 3) Nach einer Mittheilung des Herrn Dr. F. Zamcke. Lejser hatte
in seiner Mittheilung desselben Liedes (Mone Anzeiger 4, 44.) Str. 1. 2.
weggehissco, so wie die lateinischen Sätze, und beginnt das Lied:
Nu freu dich, cristenliche schar.
419
f Nr. 247.
1. Joseph, lieber neve min,
hilf mir wigen das kindelin,
daß got müeße din loner sin
in himelrichy
der meide kint Maria.
2. Qeme, liebe mueme min,
ich hilfe dir wigen din kindelin
daß got müeße min loner sin
in himelrichy
der meide kint Maria.
3. Nu freu dich, cristenliche schar!
der himelische kunig klar
^ nam die menschheit offenbar,
den uns gebar
die reine mait Maria.
Tcme chorns: Sunt impleta. Tone iteram: Nobis rez apparmt, per ordi-
nem cum iBto versu: Quia viderant. Post boc: Magnum nomen. Tunc
nlterius: Christus natus hodie. Tone Maria: Joseph) lieber nere min.
Joseph respondit: Gerne, liebe mneme min. Servus Joseph:
Daum folgt 8tr. 3.
Tone choms: Sont impleta. Tone cantiones: Nobis rex appanüt. Tanc:
Qnod pasti. £t itemm: Magnnm nomen. Tunc soquitor: Natas est
Emanuel. Maria: Joseph, lieber neve min. Joseph: Gerne, liebe mueme
min. Senms Joseph:
Dcmn folgt die 4. Sir. 8o geht es fort. Der Wechsel der Gesänge bleibt
derselbe, nur statt der gesperrten werden andere gewähU und der Servus singt
immer eine neue Strophe.
So in derHs. 1305 der Leipziger Univ. -Bibliothek. Die übrigen Strophen
(mit Str. 8 dieser Nr. beginnend) sind bereits f Nr. 66. S. 164 als besonderes
Weümachtslied mltgetheilt, was es auch wol gewesen sein mag, obschon
ich durch Lejver sn dieser Annahme früher verführt worden bin.
Das Bandelwiegen in der Eorche war ein willkommener
Anlass zum Dichten und Singen. Eb sind gewiss im Anfange
des XV. Jahrhunderts viele Lieder der Art entstanden, die in
den Mimd des Volks übergingen, später nicht weiter aufge-
zeichnet wurden und sich dann verloren. Manche waren oder
wurden Bestandtheile der Weihnachtspiele und erhielten sich
länger. Dazu scheint mir der folgende Wechselgesang zu ge-
hören: Str. 2. 4. 6. 8. 12. wurde vom Chor gesungen.
420
f Nr. 248.
Do Gabriel der engel klar
von himelreich gesendet wart,
do er die mait alleine vant,
got sei mit dir! sprach er ze hant,
Maria.
Sausa minne,^) gotes minne!
nu Bweig und ru!
wenn du wilt, so wellen wir deinen willen tftn.
hochgelobter edler ftirst, nu sweig und wein auch nicht.
tuste das, so wiss wir daß uns wol geschieht
§.11. 4) Die Hymnologen haben sich von jeher viel mit diesem Snaoninne
zu schaffen gemacht, und bald Lnthem zu entschuldigen, bald eine Erklärung
zu geben versucht. D. Q. Schöber sagt in seinem Beytrag zur Lieder-Historie
1759. S. 122. „ — maßen sausen so viel als schlafen, schlummern, und
Ninna, Kindlein bedeute. Es heißet also so viel als Schlaf Eindlein;
dahero auch beym Einwiegen der Kinder und bey gemeinen Leuten an
einigen Orten : Schlaf Kindlein schlaf, oder: Sause liebe Ninne was ff. gesun-
gen wird. Die Spanier haben auch noch das Wort: Niäo, Ninos, Kind, Kinder
in ihrer Sprache." Ph. Wackeraagel folgt dieser Erklärung (Luthers Geist-
liche Lieder S. 162.) und führt zur Bestätigung (Kirchenlied S. 871.) das
niederdeutsche Wiegenlied an: Suse, lewe Ninne, wat raschelt im Stro.
Die Lesart: sausa minne in unserm alten Liede von 1422 führt zu
der einzig richtigen Erklärung. Minne ist in der Anrede mhd. und nml.
Liebchen, s. meine Anmerk. zu Floris ende Blancefloer 299. (Hör. belg.
III, 116.) In der tändelnden Sprache der Ammen, Kindermädchen und
Mütter wurde dies minne zu ninne. Sause ist Interjectiou, holländisch
noch jetzt «im, atts sus, niederd. ttbs tu», dän. tys^ beim Einwiegen der Kinder
unser jetziges susu; daher denn das Verbum emgaußen ein Kind, infantem
dormire facere sibilando, canendo Frisch Wb. 2, 1531^., holl. 9Usaen, Beim
Teuthonista 1475 — 77. jfßuysen. toeghen, Omiare, Susttrrctre, ModiUari.
Orepimdiare.^^ Ninne finde ich nur noch in der Aachener Kindersprache,
da heißt Nina die Wiege, und ninanen schlafen. Das Suse hat sich
lange erhalten: Witzel Psaltes ecclesiast. 1550. Bl. 62*. Sussa liebe Nenna.
Kölner GB. 1619. Anhang Bl. 11 und 1628. S. 55: Nun seuß, nun seuß,
mein liebes Kind! Corner GB. 1625. Nr. 88. hat dafür: Nu sauß, nu sauß,
mein liebes Kind ! Es war weiter nichts als ein Laut zum Schweigenmachen
und Einlullen des Kindes: stille stille! In meiner niederL Liederhs., jetzt
Cod. Berol. Ms. germ. 8». 190:
£n trinitatis speculum etc.
zuy wel lieue nynne.
421
Do sie die botschaft gar vemam,
des engels red sie ser erkam,
sie sprach: die red ist mir unkunt.
got sei mit dir an diser stunt,
Maria.
Uns ist gebom und außerkom
ein werdes kint
loben es alle menschen die hie gesament sint!
er ist gebom in Bethlehem und ligt alhie.
loben in alle menschen und vallen auf ire knie!
Der engel sprach: ich bins sein bot
von himelreich an allen spot:
ich sag dir daß du swanger wirst
eins kindes des die werlt ist,
Maria.
Jung und alt und wolgestalt
ist das kint,
elter denn sein muter und alle menschen sint.
er ist gewesen ie und ie und immer ist,
er ist geheißen Jesus der vil heilig Crist.
Do sie erhört die solchen mär,
daß ir do got so genädig war,
In einem Liedc des Andemachor 6B. (Köln 1608.) Nr. 26.
Quem nunc virgo peperit cet.
Verlazuzu verlazuze njnno
und im Deutschen:
Se 8e Soes Soes Soes
Schlaf, mein liebes Kindelein!
Ein früheres süsft muss vorhanden gewesen sein. Das süsft des ^r.
Wemher M8. 2, 164^. v. d. Hagen 2, 233l>. (süsft, wie wnnnecliche der von
.CBsterriche vert!) scheint aber eher hei&, unser jetziges sassa zu bedeuten.
Die jüngsten Spuren sind in unsem Volksliedern enthalten. Lausitzisch Pripe
ninne sause Erk Volksl. 2. Bd. 3. Heft Nr. 4., hessendarmst. Sause, Eingehe,
sause das. 3. Bd. 1. Heft Nr. 7., märkisch Suse, lewe suse das. 1. Bd. 2. Heft
Nr. 60. und Suse, Jusken, suse das. 1. Bd. 5. Heft Nr. 61., und westphftlisch
Suse, Kindken, suse 2. Bd. 3. I^eft Nr. 8.
Ein Wiegenlied hieß deshalb früher Sausaninna. Ein Breslauer Voca-
bularius ▼. J. 1422 hat ^^Festoninca eyn tDygenlü sc. zatosanifna.*^ Für
fesUminca hat ein anderer fe$eennia.
422
sie sprach: ich bins gots dimleiii,
an mir geschehe der wille dein.
Maria.
8. Von Maria kam der hoche nam
Emanuel,
als uns hat verkünt der engel Gabriel.
er ist uns erschinen heut in Israel:
wisst daß wir nit großers küngs kunten erweln.
9. Und do das kintlein wart gebom^
das im got hat selber außerkom,
do kamen dar der engel spil
und heten freud und kurzweil vil.
Maria.
10. Jung und alt und wolgestalt
ist das kint,
elter denn sein muter und alle menschen sint.
er ist gewesen ie und ie und immer ist,
er ist geheißen Jesus der vil heilig Crist.
11. Das kintlein in der krippen lag
die langen nacht unz den tag.
wer was die frau die da pflag sein?
das was die here künigein
Maria.
12. Sausa minne, gotes minne etc.
sicut prius.
Explicit
Cod. germ. Monac. 444. vom J. 1422. »Das ist das tewtz magniim
nomen*<.^) (Mittheil, der DD. F. Zarncke and Q. Scherer.)
§.11. 6) Das lateinische, welches ebendaselbst rorhergeht, lautet also:
1. Magnum nomen domini
Emanuel,
quod annunciatum est
per Gabriel.
hodie apparuit, apparuit
in Israel.
per Mariam yirginem
6st natos rez. etc.
2. Sunt impleta
quae praedixit Gabriel,
eia eia!
423
Der Gebrauch, auf Bolche Weise das Weihuachtsfest in
den Kirchen zu feiern, war zu Anfange des XVI. Jahrhunderts
in Deutschland wol ganz allgemein. Von den Franken erzählt
Johann Boemus im Jahre 1520: Wie freudig nicht nur die Geist-
lichkeit, sondern auch das ganze Volk den Geburtstag Jesu
Christi begeht, lässt sich daraus abnehmen, dass vor einer auf
vir^o 'de um genuit,
ut divina volait
clemencia. etc.
- 3. ReBonet in laadibus
cum iocondis plauaibus
Syon com fidelibus.
apparoit qaem genuit
Maria, etc.
4. Paeri concinite,
nato regi psallite,
▼oce pia dicite!
apparoit quem gennit
Maria.
5. NatoB est Emanuel,
quem praedixit Gabriel,
testis est Esechiel.
appantit qaem genuit
Maria, etc.
6. Inda cum cantoribus
trade te de foribos,
nuncia pastoribos:
apparuit quem genuit
Maria.
7. Genitori gloria,
lauB patri in yictoria
perpeti memoria!
apparuit quem genuit
Maria.
8. £t TOS onanimiter
praeclamamuB dulciter:
ipse piuB arbiter
apparuit quem genuit
Maria.
Hs. 1, 8. magmu (fUr n(xtUH) — 3, 2. plaudibus ~ 4, 2. spaUüe —
— 6, !J. tracCe de f. (Mittheil. Dr. G. Scherer's.)
424
dem Altare aufgestellten Puppe, welche den Neugebomen vor-
stellen soll, Jünglinge und Mägdlein Reigentänze springen,
während ältere Leute singen, aber freilich nicht viel anders als
wie einst die Corybanten in der Höhle des Berges Ida um den
schreienden Jupiter nach der Mythe getobt haben sollen«).
Mit diesem Zeugnisse des Boemus stimmt auch was Witzel
in seinem Psaltes ecclesiasticus (Köln 1550) Bl. 163* von den
Weihnachtsspielen berichtet. Unter exhibieren versteht er
bildliche Darstellung mit Gesang und so wurde die Geburt
Christi exhibiert.
'Erstlich wird am heiligen Christtage an etlichen Örtem
exhibiert, beide in der heiligen Nacht und des Abends zum
In Corner GB. 1625. Nr. 59, nnr:
Mftgnum nomdn domini
Emanael,
quod annnntiatam est
per Gabriel.
hodie apparoit, apparoit
in Israel
per Mariam virginem
in Bethlehem.
eia eial
vii^o denm genuit
sicnt diyina Toluit
dementia.
gaudete, gaudetol
Christas natus hodie,
gaudete, gandete!
ex Maria virgine.
Vgl. bei Wckn. Nr. 47 den späteren Text.
§. 11. 6) loannes Boemus de omniam gentium ritibus (Aug. Vind. 1520.
fol.) Bl. LVnib.
In triam quintarum feriarum noctibus, quae proxime domini nostri nata-
lem praecedimt, utriusqne sexus pueri domesticatim eunt iannas pulsitantes
cantantesque futurum salvatoris exortum annunciant et salnbrem annum, unde
ab bis qui in aedibus sunt pyra poma nuces et nummos etiam percipiunt.
Quo Christi Jesu natalem gaudio in templls non clems solum sed omnis po-
pulus excipiat, ex hoc attendi potest, quod pnerili statuncula in altare collo-
cata, quae nuper aeditum repraesentet, iuvenes cum puellis per circuitum
tripudiantes choreas agant, seniores cantent more haud multum ab eo quidem
diverse, quo Coiybantes olim in Ideae montis antro circa lovem vagientem
exultasse fabnlantur. (Exemplar der Göttinger Bibl.)
_425__
Vesperlobe; dardurch angezeigt wird die selige Geburt unsere
Seligmachers Christi, als mit der Repräsentation des Städtlins
Bethlehem y der Engel, der Hirten, der drei Königen etc. da
auch die Knäblin im Gesänge Resonet in öffentlicher Sammlung
auf und nieder springen und mit den Händen zusammen schla-
gen, die große Freude anzuzeigen, welche alles Volk von die-
ser Geburt hat und haben soll.'
Auch Sandys') £uhrt eine Stelle an, wonach es im XVI.
Jahrhundert auf dem Festlande allgemeiner Gebrauch war, dass
am Christtage eine Puppe auf den Altar gestellt wurde, vor
welcher die Kinder Weihnachtlieder sangen.
Die Kindelwiegen- Lieder waren sehr volksthümlich und
allgemein bekannt« So erklärt es sich denn auch, dass sie zu
Umdichtungen benutzt wurden. Ums Jahr 1523 erschien im
Elsass: ^Das Kindel Wiegen, oder Wyhenachten Lied, den ver-
meynten Geystlichen zu Lob zugericht. Zu einem guten Jor.<<
(3 Bl. 12«.) •)
Zu Luthers Zeit muss das Kindelwiegen in den Kirchen
noch ziemlich allgemein gewesen sein. In seinem Liede: Vom
Himmel hoch da komm ich her, vom Jahre 1535, welches er
tiberschrieben hat: Ein Kinderlied auf die Weihenachten vom
Kindelein Jesu, deutet die JL4. Strophe hin auf den alten Kir-
chenbrauch:
Davon ich allzeit fröhlich sei.
Zu springen, singen immer frei
Das rechte Susaninne schon.
Mit Herzenlust den süßen Ton.
Die beiden eifrigen Anbänger Luther's, der Pfarrer Johann
Mathesius in Joachimsthal und sein Cantor Nicolaus Hermann
suchten das ELindelwiegen aus der Eorche zu entfernen und den
kindlichen Gemüthem durch passende Lieder die hohe Bedeu-
tung des festlichen Tages, der Geburt Christi begreiflich und
heilsamer zu machen.
Johann Mathesius verfasste eine Umdichtung des alten:
Joseph, lieber Joseph mein, und gibt in der Überschrift
§.11. 7) In seinen Christmaa Carola p. CXX. nach Weinhold, Weihnacht
Spiele S. 49.
8) A. Jnng, Beiträge sn der Geschichte der Reformation (Straißbiu^
1830) 8. 78.
426
gleich den Zweck an, den er dabei beabsichtigt: Ein Kinder
Joseph, nicht in der Kirchen, sondern im Hause zu singen,
die Christenkinder mit zu schweigen oder einzuwiegen, im Ton :
Resonet in laudibus«).
f Nr. 249.
1. O Jesu, liebes herrlein mein,
hilf mir wigen mein kindelein!
es sol zu Ion dein diener sein
im himelreich
und in der lieben Christenheit.
Eia, eia!
schlaf du liebes kindelein!
der heilig Christ wil bei dir sein
mit seinen lieben engelein
in ewigkeit.
o mein liebes Jesulein,
du tröster mein,
erfreu mich fein
und mach uns arme würmelein-
zu dienern dein!
2. O Jesu, gotes sönelein
imd Marien kindelein,
laß dir mein kint befolhen sein
im himelreich
imd in seim kleinen wigelein!
Eia, eia!
schlaf mein herzes kindelein !
dein Christ bringt dir gut äpfelein,
baut dir ein schönes heuselein
im himelreich.
o du trautes Jesulein,
gots Icmmclein.
erbarm dich mein
und faß mich auf dein rückelein '
und trag mich fein!
§.11. 9) Nach einem Fr. Qntkncchtschen Drucke bei Wckn. Nr. 478. In
demselben Einzeldmcke noch ein anderes Wiegenlied für ^ttseligre Kinder-
meidlein, Wckn. Nr. 477.
427
3. 0 Jesu, liebes brüderlein,
du wolst Emanuelchen sein
und unser ewigs priesterlein
im himelreich
und in der lieben Christenheit!
Eia, eia!
schweig, du trautes kindelein,
es beißt dich sonst das eselein
xmd stößt dich Josephs öchselein
zu Bethlehem.
o du süßes Jesulein,
erhalt uns rein
im glauben dein,
bitt für uns arme sünderlein
den vater dein!
4. Jesus, das zarte kiudelein,
lag in eim harten krippelein,
gewindelt in die tüchelein
zu Bethlehem
im finstem stal beim öchselein.
Eia, eial
Joseph kocht ein müselein,
Maria streichts irem sönlein ein,
das küsslein wermet ein engelein
und singet fein.
o du liebes Jesulein,
die unschult dein
laß unser sein
und mach uns arme leutelein
heilig imd rein!
Dr. 3, 9. hiiß. Früher schon eu einem andern Zweck mitgetheilt Yon
Christiftn QotÜieb G5b in seinem Beitrag zur Geschichte der Kirchenlieder
(Stattg. 1784) 8. 61 ff. ans dem Frankf. GB. 1658. „Darin finde ich, nebst
den schönsten Kirchenliedern, yiele unschickliche und elende Reimen. Z. £.
gleich nach der Litaney kommt ein Wiegenlied, das der Verfasser, den ich
hier mit Bedacht verschweige, bloß für seine Kindswttrterin , aber gewiss
nicht für ein Kirchen -Gesangbuch bestimmt haben mag.^
428
Nicolaus Hermann dichtete drei geistliche Weihnachts-
lieder für die Kinder im Joachimsthal ><^), und übersetzte Nunc
angelorum gloria'>) und Omnis mundus iucundetur >*).
Nicht überall mag jedoch das Kindelwiegen aus der evan
gelischen Kirche verschwimden gewesen sein, wenigstens hat
noch Joh, Walthers Gesangbuch (Wittenb. 1544. Nr. 40.) das
alte: Joseph, lieber Joseph mein"), mit lateinischer Fortsetzung,
freilich nicht mehr für Kinder, denn es ist mehrstimmig ge>
setzt. Es lautet:
f Nr. 250.
Joseph, lieber Joseph mein,
hilf mir wigen mein kindelein !
got der wirt dein loner sein,
im himelreich der Jungfrau kint Maria.
Eia, virgo Deum genuit,
quem divina voluit
dementia.
nato regi psallite,
voce pia dicite!
sit gloria Christo
nostro infantulo.
hodie apparuit,
apparuit in Israel,
quem praedixit Gabriel,
est natus rex.
Schober Zweyter Beytrag cur Lieder - Historie S. 108.
Während sich das Kindelwiegen im XVII. Jahrhundert in
der katholischen Kirche behauptete, verlor es sich aus der
evangelischen immer mehr. Die dabei üblichen Lieder erhiel-
ten sich wol noch: so sang man in Hamburg noch das Joseph,
lieber Joseph mein, bis in den Anfang des XIX. Jahrhunderts >*)
ganz wie es im Waltherschen Gesangbuche steht (s. % Nr. 250.).
10) Wckn. Nr. 483 — 485.
11) Wckn. Nr. 486.
12) Wckn. Nr. 487.
13) Aach in der pommerschen Kirchenordnung von 1663 steht es
noch unter den Weihnachtsliedem, in späteren ist es weggelassen, s. Mohnike,
Hymnolog. Forschungen I. S. XCV.
14) Rambach über Luthers Verdienst um den Kirchengesang S. 146.
429
Die Wiege mit dem Chrietuakinde war ans der Kirche ver-
bamtit; evangeliscbe Geistliche eiferten, dasa in der katholischen
Kirche noch der alte Brauch der Ausstellung des Christkind-
leins in der Wiege bestände.
Johann Martin Hommer 8agt>'): ^ImPapstthum memet man,
man habe dem Christkindlein wohl hofiert, und seine Fröhlich-
keit zur Gnüge sehen lassen, wenn man eine Wiege mit einem
hölzern geschnitzten Kind auf einen Altar setzet, und hernach
jung und alt, als lebendige Götzen sich herum setzen, das Christ-
kindlein wiegen und den Götzen ansingen. Hiermit, meinen
sie, haben sie es wohl getroffen, und mit ihrem kindischen
Susaninne den rechten süßen Ton gesungen, aber es ist Tocken-
werk und Elinderspiel, ja im rechten Grund Götzen- imd Nar-
renwerk.'
Trotzdem erhielten sich in vielen evangelischen Gegenden
Deutschlands noch allerlei Überreste der früheren Weihnachts-
feierlichkeiten. Noch im Jahre 1739 erschien deshalb folgendes
kön. preuß. Rundschreiben an die Kircheninspectoren'«):
wVon Gottes Gnaden Friedrich Wilhelm König in Preußen,
Markgraf zu Brandenburg u. s. w.
Wir vernehmen missfäUig, wie bisher noch der Gebrauch
gewesen, dass am Christabend vor Weihnachten Kirche gehal-
ten, das Quem pastores gesungen worden, und die Leute mit
Kronen, oder auch Masken von Engel Gabriel, Knecht Kupprecht,
u. s. w. gegangen, auch dergleichen Ahlfanzereien mehr getrie-
ben werden. Wenn Wir aber solches Unwesen nicht mehr ge-
statten wissen wollen; so befehlen Wir auch hiermit allergnä-
digst: den Tag vor Weihnachten die sämmtlichen Kirchen des
Nachmittags schließen zu laßen und überall in Eurer Inspection
scharf zu verbieten, dass so wenig die sogenannten Christ-
abend- oder Christnachtspredigten weiter gehalten noch das
Quem pastores weiter gesungen, oder dergleichen bisher üblich
gewesene Ahlfanzereien mehr getrieben werden. Als wofür,
und dass solches nicht weiter in den Elirchen geschehe, Ihr
responsabel seyn sollet. Sind Euch mit Gnaden gewogen.
Gegeben Berlin, den 23. Dec. 1739.«
§.11. 15) In dem erklärten Weihnachtgesang D. M. Luthers: Vom Him-
mel hoch ff. (Leipzig 1608. 4<>.) nach Schobers Beytrag I, 125.
16) Gedruckt in den Sthlesischen Provinzial - Blättern 1796. 2. Bd.
S. 563.
29
430
Die letzte Spur vom Kindelwiegen in der evaagelischen
Kirche y die mir yorgekommen, ist der Tübinger Brauch , der
noch vor zwanzig Jahren bestand. In der Christnacht am zwölf
wurde nämlich auf dem Thurme der Tübinger. Hauptkirche in
einer kleinen mit Lichtem umstellten Wiege das Bild des Jesus-
kindes gewiegt, während die Musik den Choral: Ehre sei Gott
in der Höhe, blies. Das unten versammelte Volk sang darauf
ein weltliches Wiegenlied").
In der katholischen Kirche dagegen erhielt sich das Kin-
delwiegen. Joseph y lieber Joseph mein! wurde einzeln imd in
Verbindung mit andern Liedern gesungen; auch bei den neue-
ren Weihnachtspielen ist es mit eingewebt ■").
Daneben entstanden im XVI. und XVII. Jahrhundert neue
Wiegenlieder, die in verschiedene Gesangbücher tibergingen.
Dahin gehören z. B.
f Nr. 251. A.
Psallite unigenito,
Christo dei filio.
psallite redemptori
domino puerulo
iaccnti in pracsepio.
Singt imd klingt
Jesu Gottes Kind
Und Marien Söhnelein,
Unserm lieben Jesulcin
Im Krippelein
Beim Öchslein und beim Eselein!
Ein kleines Kindelein
Liegt in dem Krippelein.
Alle liebe Engelein
§.11. 17) £. Meier Sagen aus Schwaben 8. 464. — Bei dieser (belegen-
heit muss ich noch eines alten Brauches gedenken, wie das Christfest in dem
eTAngel. Crimmitschau gefeiert wurde. Daniel Thes. hymnol. 1, 146. Anmerk.
erzahlt Folgendes: Crimmitschaviae, oppidulo ad Pleissam sito, mos fuit ut
unus ex pueris, habitum cultumque imgclorum rcferens, coronatoque capite
fiine demitteretur de tecto ecclesiae, cantans illud Lutheri carmen: Vom
Himmel hoch da komm ich her. Neqne prius ab ea consuetudine recessum
est, quam aliqüando accideret, ut fünis rumperettv.
18) Weinhold Weihnacht - Spiele S. 106. 113.
431
Dienen dem Kindelein.
Singt und klingt
Jesu Gottes Kind
Und Marien Söhnelein!
Singt und klingt
Unserm lieben Jesulein
Im Elrippelein
Beim Oehslein und beim Eselein!
Corner GB. 1625. Nr. 80. mit der Übersehrüt: ^Eiii anders gar altes
Weyhnachtlied". — Schon Kölner GB. 1610. Bl. 47. 48. Sirifft dem neuen
Kindelein für Unserm lieben Jestdein.
% Nr. 251. B.
1. Kommt her, ihr Kinder, singet fein!
Nun wiegen, wiegen wir!
Dem allerliebsten Jesulein.
Nun singet all mit Schall
Dem Kindelein,
Dem lieben Jesulein,
Dem heiligen Christ,
Mariae, Mariae Sohn.
2. Das neugebome Kindelein,
Nun wiegen, wiegen wir!
Das liegt in einem Krippelein.
Nun singet all mit Schall etc.
3. Bis uns wiUkomm, du Kindelein zart!
Nim wiegen^ wiegen wir!
Wie liegst du hie so elend und hart!
Nxm singet all mit Schall etc.
4. O liebes Kindelein bloß und arm.
Nun wiegen, wiegen wir!
Dich unser aller heut erbarm!
Nun singet all mit Schall etc.
5. Wir wollen dir auch hulden gern.
Nun wiegen, wiegen wir!
Als unserm lieben Christ und Herrn.
Nun singet all mit Schall etc.
G. Mach mir dem Kind ein Wiegelein,
Nun wiegen, wiegen wir!
29'
432
In unser Herz und Glauben rein!
Nun singet all mit Schall etc.
7. In aller Welt kein Heiland ist,
Nun wiegen, wiegen wir!
Ohn dich, du Elindlein Jesu Christ.
Nun singet all mit Schall etc.
8. Hilf uns, du werthes Kindelein,
Nun wiegen, wiegen wir!
Dass wir dein Schwester und Brüder sein!
Nun singet all mit Schall etc.
9. Lob, Ehr und Preis, auch Herrlichkeit
Nun wiegen, wiegen wir!
Sei der heirgen Dreifaltigkeit!
Nun singet all mit Schall etc.
Andemacher GB. 1608. Nr. 8. Paderborner GB. 1616. S. 45->47. Cor-
ner GB. 1625. Nr. 103. Kölner GB. 1628. S. 72—74.
f Nr. 252.
1. Lobet und danket! dem Kindelein
Wollen wir singen und fröhlich sein,
Wiegen und tragen im Herzen fein,
Selig,
Gnadenreiche Maria.
2. Uns ist geboren ein Kindelein,
Ein Eündelein mit klarem Schein,
Das Israel erlösen soll
Von helscher Pein,
Gnadenreiche Maria.
3. Ihr jungen Kinder, singet her.
Dem neuen König bringet die Ehr,
Mit Andacht lobet und preiset Gott
In Ewigkeit,
Gnadenreiche Maria.
4. Singet und lobet den Herren schnell,
Der uns fähret aus der Höll .
Und theil uns mit sein Himmelreich
Barmherziglich,
Gnadenreiche Maria.
433
5. Joseph y lieber Joseph mein.
Hilf mir wiegen mein Kindelein,
Gott soll dein Belohner sein
Im Himmelreich:
Das bitten wir dich Maria.
Kölner GB. 1619 im Anbaii«r. Kölner GB. 1628.
f Nr. 253.
Ein neues andächtiges Kindelwiegen.
1. Ein Kindlein in der Wiegen,
Ein kleines Kindelein,
Das gleißet wie ein Spiegel
Nach adelichem Schein^
Das kleine Eindelein.
2. Das Kindlein das wir meinen.
Das heißt Herr Jesu Christ;
Das verleih uns Fried und Einigkeit
Wol hie zu dieser Frist^
Das geb uns Jesus Christ.
3« Und wer das Kindlein will küssen
An seinen rothen Mxmd,
Der muss zuvor beichten und büßen
Aus seines Herzens Grund
Wol hie zu dieser Stund.
4. Und wer das Kindlein will speisen,
Das kleine Kindelein,
Muss ihm alls Guts beweisen.
Er muss barmherzig sein
Mit Maria der Jungfrau rein.
6. Und wer das Kindlein will tränken,
Das kleine Kindelein,
Muss ihm seinen Willen schenken.
Er muss geduldig sein
Mit Maria der Mutter rein.
6. Und wer das Kindlein will baden.
Das kleine Kindelein,
Der muss ein keusches Herz haben,
Muss leben keusch und rein
Mit Maria der Jungfrau rein.
434
7. Und wer das Kindlein will wiegen.
Das kleine Kindelein,
Der mnss das nicht betrüben^
Er muss demüthig sein
Mit Maria der Jungfrau rein.
8. O Jesu liebstes Kindelein,
Du kleines Ejndelein!
Wie groß ist es die Liebe dein!
Sclüieß in das Herze mein
Die große Liebe dein!
9. O Maria, wir wollen dich bitten
Mit deinem lieben Kind,
Du wollest uns nicht verlassen,
Wollest allzeit bei uns sein
Mit deinem Eandelein!
Corneri GeiBtl. Nachtigal (Wieo 1658) Nr. 79.
Viele pflanzten sich mündlich fort, z. B.
f Nr. 254.
1. Laßt uns das Kindlein wiegen,
Das Herz zum Kripplein biegen.
Laßt uns im Geist erfreuen,
Das Kindlein benedeien!
O Jesulein süß, o Jesulein süß!
2. Laßt uns dem Kindlein singen,
Ihm unser Opfer bringen.
Laßt uns ihm Ehr beweisen.
Es loben imd hoch preisen! .
O Jesulein ff.
3. Laßt uns dem Kindlein neigen,
Ihm Lieb und Dienst erzeigen,
Laßt uns sein Bettlein zieren,
Also will sich's gebüren.
O Jesulein ff.
4. Laßt uns ein Feurlein stechen,
Dem Kindlein Breilein kochen,
Des Zuckers nicht vergessen.
Es wird mit Lüsten essen.
0 Jesulein ff.
435
5. Laßt UDS das Kindlein speisen.
Es wird uns. Gnad beweisen
Und zum Wolleben füliren.
Das Frommen thut gebären.
O Jesulein ff.
6. Laßt uns das Kindlein tränken,
Ihm Zuckermilch cinschcDken,
Es wird uns wol bedenken,
In seine Freud versenken!
O Jesulein ff,
7. Laßt uns das Kindlein grüßen
Und fallen ihm zun Füßen,
Laßt's uns demüthig ehren
Als unsem Gott und Herren!
0 Jesulein ff.
8. Laßt uns sein Mündlein küssen,
Die Händlein mit den Füßen!
Seht wie sein Auglein fließen
Und Pfeil der Lieb ausschießen!
O Jesulein ff.
9. Laßt uns zum Kindlein bücken.
Sein nasse Auglein trucken,
Laßt uns bei ihm erscheinen,
So wird es nit mehr weinen!
O Jesulein ff.
JO. Laßt ims das Kind umfangen!
Nach ihm steht all Verlangen.
Sein Auglein laßt anschauen
Im Schoß der edln Jungfrauen!
O Jesulein ff.
11. Laßt uns »ein Diener werden.
So lang wir seind auf Erden!
Es wird uns wol belohnen
Mit der himmlischen Cronen.
O Jesulein ff.
12. Laßt unser Stimm erschallen!
Es wird dem Kindlein gfallen.
Laßt ihm ein Freudlein machen!
Das Kindlein wird eins lachen.
O Jesulein ff.
436
13. Laßt uns doch thun zu £hi*en
Was wir können dem Herren!
Im Himmel wirds erschallen^
Vergelten wirds es allen.
O Jesulein ff,
Heidelbergrer GB. 1629. 8. 25-87. — Aus dem Monde des Volks in
der Qra£Bchaft Glatz in onsem Schlesischen Volksliedern Nr. 279. Ebendaher
nnd übereinstimmend in Weinhold, Weihnacht - Spiele und Lieder S. 114. —
Ebenfalls mit letzterem übereinstimmend aus »Neu auserlesene Liedlein (Mün-
chen 1604) und MAinzisch GB. von 1628<< in (A. v. Hoxtbansen) Geistliche
Volkslieder (Paderborn 1860) Nr. 60. — Anderer Text (9 Strophen) in den
Geistl. VolksUedem Nr. 57.
f Nr. 255.
Dormi Fili.
1. Schlaf, mein Kindlein! schlaf, mein äöhnlein!
Singt die Mutter Jungfrau rein.
Schlaf, mein Herzlein! schweig, mein Schätzlein!
Singt der Vater eben fein.
Singet und klinget, ihr Kindelein klein,
Dem süßen, süßen Jesulein I
Singet und klinget, ihr Engelein rein,
Mit tausend, tausend Herzelein I
2. Komm, mein Kindlein I schau dein Bettlein,
Das für dich bereitet ist!
Komm mein Söhnlein, in dies Elripplein,
Das mit Heu gestreuet ist!
Singet und klinget ff.
3. Schließ dein Auglein! deck dein Händlein!
Denn es saust ein scharpfer Wind.
Schlaf, mein Kindlein! dich dies Eslein
Wird erwärmen mit dem Rind.
Singet und klinget ff.
4. Schlaf, mein Ziere, mein Begiere!
Schweig, daß sich dein Leid nit mehr.
Schlaf, mein Sohne! von seim Throne
Schick dein Vater Engel her.
Singet und klinget ff.
b. Schlaf, mein Leben! will dir geben
Tausend keusche Backenküss
437
O mein Lüste, saug mein Brüste!
Saug, sie sein ganz zuckersüß!
Singet und klinget ff.
6. Schlaf, mein Hofinungl schlaf, mein Tröstung!
Schlaf, o Freud des Herzen mein!
Schlaf, mein Wonne! schlaf, mein Krone!
Schlaf und schließ dein Augelein!
Singet und klinget ff.
Psalterlein PP. Soc. lesu. Ed. 14. 1659. S. 74. 76.
Außerdem wurden später beim Kindelwiegen noch gesun-
gen zum Theil aus älterer Zeit stammende Übersetzungen la-
teinischer Lieder: En trinitatis speculum (ff Nr. 163.), Omnis
mundus iucimdetur (ff Nr. 180 — 182.) und Resonet in laudibus
(f Nr. 195.).
Schließlich noch ein Wechselgesang, der ursprünglich zu
einetai Weihnachtspiele gehört. Ich bin im Stande ihn vollstän-
diger mitzutheilen als Weinhold (Weihnacht-Spiele S. 114 — 116).
f Nr. 256.
Wechselgesang Marias und Josephs bei der
Geburt Jesu.
1.
Jf. Joseph, 0 lieber Joseph mein!
Nun soll ich gebären das Kindelein.
J. Was isfs, 0 Jungfrau rein!
So muß im Stall sein Herberg sein.
Jf. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So müssen wir in Stall hinein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jimgfrau rein!
So müssen wir in Stall hinein.
2.
Jf. Joseph, o lieber Joseph mein!
Nun hab' ich geboren mein liebes Eündelein.
J. Was isfs, o Jungfrau rein!
Das wird der Menschen Heiland sein.
Jf. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So wird dies unser Heiland sein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jimgfrau rein!
So wird dies unser Heiland sein.
438
3.
M. Joseph, 0 lieber Joseph mein!
Verschaffe deim Kindlein ein kleines Wiegelein !
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Dort steht im Stall ein Krippelein.
M. Nun so sers, nun so sei's, Joseph mein!
So legen wir das Kind darein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So legen wir das Kind darein.
4.
M. Joseph, o lieber Joseph mein!
Erbettle deim Kind zwei zarte Windelein!
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Nimm hin ein schlechtes Hemdelein!
M, Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein !
So wickeln wir das Kind dai*ein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So wickeln wir das Kind darein.
5.
M, Joseph, 0 lieber Joseph mein!
Bereite deim Kindlein ein weiches Bettelein!
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Das Unterbette das Stroh wird sein.
M, Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So sei das Stroh sein Bettelein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So sei das Stroh sein Bettelein.
6.
Jlf. Joseph, o lieber Joseph mein!
Erfinde deim EJndlein zum Haupt ein Küsselein!
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Das muß mit Heu gefuttert sein.
Jlf. Nun so sei's^ nun so sei's, Joseph mein!
So sei das Heu sein Küsselein.
J. Nun so sei's, mm so sei's, Jimgfrau rein!
So sei das Heu sein Küsselein.
7.
Jf. Joseph, o lieber Joseph mein!
Es frieii; das Kindlein an Hand' imd PüßeJcin.
439
J. Was isfB, o Jungfrau rein!
Da nimm das alte Deckelein!
M. Nun so sei's y nun so sers, Joseph mein!
So hüllen wir das Elind darein.
J. Nun so sei^Sy nun so sei's, Jungfrau rein!
So hüllen wir das Kind darein.
8.
Jf. Joseph, o lieber Joseph mein!
Das Kindlein zu tränken darf ich ein Stühlelcin.
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Da liegt ein grobes Ellötzelein.
Jf. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So sitzen wir aufs Ellötzelein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So sitzen wir aufs Klötzelein.
9.
Jf. Joseph, o lieber Joseph mein!
Das Eondlein zu speisen wollt' ich ein Breielein.
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Da wird ein Mehl und Wasser sein.
Jf. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So sei's ein Wasserbreielein.
J. Nim so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So sei's ein Wasserbreielein,
10.
Jf. Joseph, o lieber Joseph mein!
Das Breilein zu machen brauch' ich ein Tiegelein.
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Da liegt ein altes Scherbelein.
Jf. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So rühren wir den Brei darein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So rühren wir den Brei darein.
11.
Jf. Joseph, 0 lieber Joseph mein!
Das Breilein zu kochen soll sein ein Feuerlein.
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Da liegt der Stahl und Feuerstein.
Jf. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So machen wir ein Feuerlcin.
440
J. Nun BO sei'B, nun so sei's, Jungfrau rein!
So machen wir ein Feuerlein.
12.
M. Joseph, 0 lieber Joseph mein!
Was dienet deim Kindlein das grobe Ochselein?
J. Was ist's, o Jungfrau rein!
Es kennt im Kind sein Schöpferlein.
M. Nun so sers, nun so sei's, Joseph mein!
Es soll der Welt ein Spiegel sein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
Es soll der Welt ein Spiegel sein.
13.
if. Joseph, 0 lieber Joseph mein!
Was machet beim Klippel das tummo Eselein?
J. Was ist's, 0 Jungfrau rein!
Es kennt des Herren Krippelein.
M. Nun so sei's, mm so sei's, Joseph mein!
Dies soll der Menschen Lehrer sein.
«/. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
Dies soll der Menschen Lehrer sein.
14.
M, Joseph, o lieber Joseph mein!
Der Stall ist ganz offen, es soll ein Vorhang sein.
J. Was ist's, 0 Jungfrau rein!
Das Heil ist aller Welt gemein.
M. Nun so sei's, nun so sei's, Joseph mein!
So schau die ganze Welt herein.
J. Nun so sei's, nun so sei's, Jungfrau rein!
So schau die ganze Welt hinein.
Handschriftliche Aufzeichnung au« der Mitte des 18. Jahrhunderts, wahr-
scheinlich aus der Lausitz, in K. T. Heinzens handschr. Nachlass der Bonner
Univ.-BibUothek.
441
2. Dreikönigslieder.
An die Kindelwiegen- Lieder Bchließen sieh die des Drei-
königsumgangs. Ursprünglich waren auch diese wol nur Be-
standtheile der Weihnachtspiele >*), wie sie es noch sind indem
Dreikönigsspiele aus schles. Reichenbach (bei Weinhold S. 122
— 124.) nnd einem anderen ans Kämthen (ebendaselbst S. 129
— 131). Was anfangs nur auf einen bestimmten Ort und klei-
nen Kreis von Zuschauem und Zuhörern beschränkt war, wurde
bald von frommen Leuten, welche das Dreikönigsfest bildlich
darstellten und dazu sangen , weiter verbreitet. Der fromme
Zweck verlor sich mit der Zeit und der Dreikönigsumgang
diente endlich nur noch zur Quelle des Erwerbs, und so wur-
den denn die singenden Dreikönigsleute herumstreichende, oft
sehr lästige Bettler und Stromer.
Zu Anfange dieses Jahrhunderts zogen noch die Stemsän-
ger oder Stemdreher, wie man sie nannte, im Lande umher;
doch nicht mehr zu so allgemeiner Belustigung der Alten und
Jungen, wie früher. Ihre Scherze und Lieder waren plumper
und gemeiner*") geworden, die Welt aber feiner imd anständi-
ger; man ward also der Stemdreher allgemach überdrüssig,
imd da sie überhaupt nichts brachten, wie es die biblischen
heiligen drei Könige doch thaten, sondern nur Geschenke hol-
ten oder auch wol dies und das heimlich mitgehen hießen, so
hielt man ihre Umzüge fiir unnütz und gefährlich. Die Klagen
darüber wurden immer lauter, und die Behörden sahen sich
endlich veranlasst, alle Stemdreherei streng zu verbieten >i).
In Norddeutschland hat sich nichts mehr davon erhalten
als die Jugenderinnerung einiger alten Leute und etwa ein
Bruchstück jenes Liedes, welches die Stemdreher zu singen
§.11. 19) BrachstUcke finden uch sncli in Liedern, z. B. in einem Wech-
selgesange des Christkindes nnd des Engels, mündlich ans Schlesien in Erk,
VolksUeder 2. Bd. 2. Heft Nr. 40.
20) Bo heü^t es in einetn Liede im Wunderhom 3, 31.
Ei möagst er kiii Käs, so frässet e Dreck,
Und sch&rt i ins Teufels paar Daza a weg!
Und do mer sin komme ühers StädÜe hinaus,
Denke mer, blos es der Herodes da Hobel fein aus.
21) Denkwürdigkeiten der Mark Brandenburg VI. Bd. 1798. 8. 1368
—1873.
442
pflegten. In Süddeutschland hat der alte Brauch noch nicht
ganz aufgehört.
In Schwaben sind die drei Könige drei angeputzte Knaben,
der Mohrenkönig mit geschwärztem Gesicht, einer trägt den
Stern, welcher durch eine Haspel gedreht werden kann**). In
Tirol gehen drei Knaben umher in weißen Hemden und Gold-
papierkronen, der Mohrenkönig trägt den Stern»»). In Baiem
zeigen sich auf dem Lande in den zwölf sogenannten Gebnäch-
ten je drei Könige, ^die aber nicht geben, sondern empfangen
wollen^', imd singen unter Vortragung eines goldpapiemen Ster-
nes vor den Thüren»*). Auch in Oberkämthen ziehen noch
die Stemsinger, welches die Kirchensänger sind, herum und
daneben noch weltliche Sänger, die Tölggersinger»*).
Zur Erläuterung diene noch die Beschreibung, wie es die
Stemdreher in Thüringen machten: ^Drei junge Bursche, welche
sich auf gemeinschaftliches Verdienst vereinigt haben, sind mit
langen weißen Hemden bekleidet, die ein mit Goldpapier über-
zogener Gürtel zusammenhält; gleichfalls mit Goldpapier über-
zogene breite Wehrgehänge hangen über den Schultern und
tragen entweder hölzerne oder vom Militär geborgte Säbel.
Ihrer zwei fuhren vergoldete Spieße in den Händen, und der
dritte trägt den sogenannten Stern*"). Einer, welcher den
Mohrenkönig vorstellt, ist an Händen und im Gesicht geschwärzt,
hat einen auf allerlei Art gezierten Turban auf, und über die-
sem, um die königliche Würde besser zu behaupten, gewöhnlich
einen langen steifen Zopf (die beiden andern gleichfalls)
und zackigte ELronen von vergoldetem Papier.
Der sogenannte Stern besteht aus einer Stange und einem
darauf befestigten Brett. Auf dem Brett steht im Hintergrund
eine Art von Schloss, das mit Gold und Buchsbaum reichlich
verziert ist; auf der einen Seite ist eine buchsbaumene Laube,
in welcher die kleinen drei Könige so lange verborgen stehen,
§.11. 22) E. Meier in seinen Sagen, Sitten und Gebräuchen aus Schwaben
S. 469—471.
23) Adolph Pichler Über das Drama des Mittelalters in Tirol S. 8. 9.
24) Schmeller Wörterbuch 3, 658.
26) Weinhold Weihnacht -Spiele S. 128.
26) Journal von und für Deutschland VI. Jahrg. 1789. 1—6. Stück
8. 156 — 158 und danuch durch Vulpius in den CuriositHten VII. Bd.
S. 132—137.
448
bis das Lied ihre Erseheinimg verlangt; an der andern Seite
ist der Stall mit Joseph^ Maria und dem Kindlein in der Krippe
in Gesellschaft eines Ochs- und Eseleins. Im Schloss selbst
ist in der Mitte ein großes Fenster, hinter welchem Herodes,
gewöhnlich mit einem braunrothen fürchterlichen Gesicht, das
eine große schwarze Perücke ziert, steht. Alle Figuren sind
durch Schnüre etwas beweglich, und werden von denen auf
beiden Seiten postierten Königen zu seiner Zeit in Bewegung
gesetzt.
An der Stange ist ein großer vergoldeter mit Erbsen ge-
füllter Stern von Pappendeckel befestigt, den der Stemhalter
herumdreht, und das Ganze wird durch drei vier Lichterchen
erleuchtet.
Das Lied lautet folgendermaßen :
f Nr. 257.
Alle.
Wir kommen daher. aus fremdem Land. «
Einen guten Abend den geb euch Gott!
Einen guten Abend, eine fröhliche Zeit,
Die uns der Herr Christus mit Freuden bereit
Der Mohr allein.
Ich bin der König aus Mohrenland,
Jetzt komm ich aus Egyptenland.
AOe.
Caspar, Balzer, Melchor dar,
Wir treten zusammen auf einen Saal.
Jetst kommen die kleinen drei Könige nus ihrer Hütte bis unter Hero-
des Fenster spaziert.
Wir treten zusammen vor Herodes Haus,
Herodes schaut zum Fenster heraus.
Jetst streckt Herodes den Kopf heraus und nickt zuweilen.
Herodes sprach: wo wollt ihr hin? —
Nach Bethlehem steht unser Sinn,
Nach Bethlehem in Davids Stadt,
Wo das Kind Jesus geboren wai'd.
Der Mohr allein.
Herodes sprach: kommt rein zu mir!
Ich will euch geben Wein und Bier,
444
Ich will euch geben Heu und Streu,
Ich will euch geben die Zehrung frei.
Aüe.
Ach nein! ach nein! wir müssen fort,
Wir haben ein kleines Kindlein dort:
Ein kleines Kind, ein großer Gott,
Der Himmel und Erde erschaffen hat.
Der Mohr allein.
Herodes sprach mit trotzigem Sinn:
Wollt ihr nicht bleiben, geht immer hin!
Jetzt schüttelt Herodes den Kopf und zieht ihn wieder znriick.
Alle,
Wir gingen zu einem Berg hinan,
Jetzt rücken die drei kleinen Könige bis an den Stall.
Da musste der Stern wol stille stahn;
Nnn wird der Stern nicht weiter gedreht.
Der Stern stand stille, wir gingen hinein,
•Und fanden die Marie mit dem Christkindlein;
Wir knieten nieder und beteten's an.
Jetzt bücken sich die drei Beguti dreimal.
Und schenkten ihm Gold, Weihrauch u. Myrrhen."
Nachdem dieser Gesang, das eigentliche Dreikönigslied,
vollendet war, stimmten die Stemsänger ein anderes an, worin
sie für die Gaben, welche sie erhalten hatten oder zu erhalten
wünschten, alle Mitglieder des Hauses ansangen.
Es mögen mm die Lieder selbst folgen nach dem Alter
der Quelle, worin sie uns überliefert sind.
Aus einer Vergleichung aller ergibt sich, dass allen ein
gemeinsames Lied zu Grunde liegt, ^^das als Dreikönigslied
wahrscheinlich von dem Volke in der Kirche gesungen wurde
und von der Kirche sanctioniert war« *').
f Nr. 258.
1. Süm got so wellen wir loben imd cm
die heiligen drei künig mit irem stem,
2. Der sie do fiiert so sicherlich,
gen Jerusalem so wunderlich!
§.11. 27) Weinhold Weihnacht - Spiele S. 132.
445
3. Sie kamen daher mit großer macht,
sie kamen zu Herodes bei finster nacht
4. Herodes fragt die künig so frei:
sint euer nit zween oder drei? —
5. Herr Caspar im ein antwuii; gap:
wir ziechen dort über den berg herab. —
6. Herodes sprach aus einem tratz:
wie ist es nur der hinder so swarz? —
7. Er ist uns halt gar wol bekant,
er ist wol aus dem Moreniant. —
8. Herodes sprach: wo weit ir hin,
oder wo stet hin doch euer sin? —
9. Wir suechen herren Jesu Christ,
der an den enden geboren ist. —
10. Und do sprach es Herodes zu in:
kemts her wider und zeucht nit für! —
11. Do zugen die herm gen Wethlahem ein,
sie funden das kintlein im krippelein.
12. Sie funden ein esel und ein rint,
sie funden Maria und ir kint.
13. Sie brachten dem herm gar reichen solt,
gut Weihrauch, mirren und rotes golt.
14. Herr Joseph sprach aus großer eil:
Kloster-Nenburger Hs. Nr. 1228 bei Mone Anz. 8, 353. — Über die Hs.
sagt Weinhold Weihnacbt-Spiele S. 384. »sie ist zwar erst im XYI. Jahrb.
geschrieben, allein ihr Inhalt gehört anscheinend in das XV. hinauf.^ Letz-
teres möchte wol sehr theilweise der Fall sein nach dem zu urtheilen was
Mone darüber und daraus mittheilt, Anzeiger 8,347 — 354.70—77.331 — 334.
f Nr. 259.
1. Got so wollen wir loben und ernl
die heiligen drei könig mit irem stem,
2. Sie reiten daher in aller eil
in dreißig tagen vierhundert meil.
3. Sie kamen in Herodis haus,
Herodes sähe zum fenster raus:
30
446_
4. Ir meine liebe heim, wo wolt ihi* hin? —
nach Bethlehem stet^ unser sin.
5. Da ist geboren on alles leit
ein kintlein von einer reinen meit. —
6. Herodes sprach aus großem tratz:
ei warumb ist der hinder *•) so schwarz? —
7. O lieber herr, er ist uns wol bckant:
er ist ein könig im morenlant.
8. Und wöUent ir uns recht erkennen,
wir dürfent uns gar wol nennen.
9. Wir seint die könig vom finstem stem
und brächten dem kintlein ein opfer gern:
10. Mirren, weirauch und rotes golt:
wir seint dem kintlein ins herz nein holt. —
11. Herodes sprach aus Übermut:
bleibent bei mir und nemt für gut!
12. Ich wil euch geben heu und streu,
ich wil euch halten zerung frei. —
13. Die heiligen drei könig teten sich besinnen:
£urwar wir wollen jez von hinnen. —
14 Herodes sprach aus trutzigem sin:
wolt ir nicht bleiben, so farent hin! —
15. Sie zugen tlber den berg hinaus,
sie iunden den stern wol ob dem haus.
16. Sie traten in das haus hinein,
sie funden Jesum im krippelein*
17. Sie gaben im ein reichen solt:
mirren, weirauch und rotes golt
18. Joseph bei dem kripplein saß,
bis daß er schier erfroren was.
19. Joseph nam ein pfönnelein
und macht dem kind ein müselein.
20. Joseph der zog sein höslein aus
und macht dem kintlein zwei windelein draus.
21. Joseph, lieber Joseph mein,
hilf mir wigen mein kindelein! —
§.11. 28) V. Erlach, Volkslibder 3, 18. schaltet dahinter die webe Er-
klSrang ein: „der Hintere, der zuletzt gehende.**
447
22. Es waren da zwei unvemünfkige tier,
sie fielen nider auf ire knie.
23. Das öchslein und das eselein
die kanten got den herren rein.
Nach einem Fr. Gutknechtschen Dracke m Docen Miscellancen I. Bd.
S. 276—278. darsuB wiederholt im Ai^n^ aom Wonderhom S. 32. 33. und
in V. Erlach Volkßl. 3, 18. 19. — Dr. 16, 2 fehlt wol.
Mit dem deutschen Lied stimmt in einaelnen Versen überein ein hol-
ländisches, Horae belg. 2, 69.
Wij komen getreden met onze starrCi
Lauwerier de Cransio,
Wij zoeken heer Jesus, wij hadden hem gaame.
Lauwerier de knier
zijn Kareb konings kinderrn,
Pater bonne Franselijn,
Jeremie.
Vgl. auch das dUnische in Nyerup Udvalg L D. S. 278—282. und das
englische in William Sandys Christmastide (London 1862.) p. 172,
f Nr. 260.
Ein ander Stemlied von den heil, drei Königen,
1. Die heiligen drei König mit ihrem Stern,
Die kamen her aus Morgenland fem,
2. Dieweil sie dar gehöret zwar,
Daß Jesus zu Bethlehm geboren war,
3. Zu Bethlehem im jüdischen Land,
Zur Zeit Herodes wol bekannt.
4. Sie zogen gen Jerusalem fort
Und kamen an Herodis Ort.
5. Sie fragten Herodem mit großen Freuden:
Wo ist der geboren König der Juden?
6. Wir haben gesehen seinen Stern
Im Morgenland mit großem Begehm,
7. Und kommen ihn anzubeten an:
Herr König, thut uns recht v erstahn!
8. Da das der König Herodes hörte,
Sein Leib erschrecket ganz empörte,
9. Darzu das ganze Jerusalem.
Darum er ließ versammelen
10. All Hohepriester und Schriftgelehrten,
Fragend wo Jesus soll geboren werden.
30*
44«
11. Sie aber ihm sagten allzuhand:
Zu Bethlehem im jüdischen Land,
12. Wie solches all geschrieben steht
Durch den Propheten gar bereit.
13. Da berufet Herodes die Weisen sein
Oar heimlich und eriemet von ihn,
14. Zu welcher Zeit die Sterne zwar
Erschienen war gar hell und klar,
15. Und ließ sie gehn gen Bethlehem
Und sprach: nun ziehet samt dahin
16. Und forscht mit Fleiß nach dem Kindelein,
Das da soll all geboren sein.
17. Und wann ihr's findet, sagt mir's dann,
Daß ich auch komm und bete es an.
18. Wie sie nun solches hatten gehört
Vom König Herode, zogen sie fort,
19. Verließen Jerusalem den Plan
Und sahen den Stern vorhergahn,
20. Den sie bevor im Morgenland
Gesehen hatten und erkannt,
21. Gieng fiir ihn hin bis an den Ort,
Da das Kindlein geboren ward.
22. Wie er nun kam da auf den Plan,
Zu Bethlehem bleib er stille stahn.
23. Da sie mm thäten sehen den Stern
Von ihnen stehen gar nicht fem,
24. Thäten sie sich sehr alle zwar
Und hoch im Herzen erfreuen dar
25. Und gingen in das Häuselein,
Funden das zart schöne Kindelein
26. Mit Maria seiner Mutter rein.
Mit schlechten Tüchlein wickelt fein.
27. Sie fielen nieder, beteten es an,
Thäten ihr Schätze dar auf dem Plan,
28. Legten ihm Gold, Weihrauch, Myrrhen dar.
Und wurden im Traum gewamet zwar,
29. Daß sie nicht wieder zu Herode kehrten
Und setzten ihr Leben in Gefilrden.
30. Wie sie vom Engel solchs hatten verstanden,
Lenketen sie wieder zu ihren Landen,
449
31. Und zogen einen andern Weg heraus,
Vermeideten also Herodis Haas,
32. Denn Herodes gesinnet ganz und gar
Das Kindelein umzubringen dar.
33. Das Kindelein y das Jesulein
Woll allzeit in unserm Herzen sein,
34. Dasselb bewahr uns allezeit
Vor Bünden, Schanden und auch Leid!
35. Ehr sei, Preis und Herrlichkeit
Dem Kindlcin der heiigen Dreifaltigkeit!
3t5. Weil ihr uns eine Gab gegeben,
iSo lass euch das Kindlein lange leben
37. In Frieden, Freuden immerdar!
Das wünschen wir euch zum neuen Jahr.
38. Wir schreiben euch auf ein Lilienzweig:
Der liebe Gott geh euch das Himmelreich!
39. Wir haben gesungen in eurem Haus:
All Ungelücke fahr daraus!
40. Wir schreiben euch auf ein Lilienblatt:
Gott geh euch all eine gute Nacht!
Paderboraer GB. 1616. S. 93—96. 34, 1. Dasselb bewahren alle-
Eeit. — Hier liegt gewiss ein einfaches Volkslied zu Grande, wie es von
armen Kindern vor den Häusern um Neujahr gesungen wurde. Der Heraus-
geber des Paderbomer GB., Matthäus Pontanus scheint den kurzen Text so
in die Breite gezogen zu haben.
f Nr. 261.
1. Wir treten daher ohn allen Spott:
Ein guten Tag den geh euch Gott,
Ein guten Tag, eine fröhliche Zeit,
Die uns der Herr allen hat bereit!
2. Wir Caspar, Melcher, Balthasar
Sind kommen hieher durch manche Gefahr.
Wir zogen übers Gebirg herauf,
Ein Stern wol führte unsem Lauf.
3. Wir kamen vor Herodes Haus,
Herodes guckte zum Fenster heraus;
450
Herodes sprach in falschem Sinn:
Wo seid ihr gewesen, wo wollt ihr hin? —
4. Nach Betlilehem in Davids Stadt,
Die uns ein Stern gezeiget hat;
Denn Jesus dort geboren wai-d
Von einer Jungfrau rein und zart. —
5. Herodes sprach: bleibt heute bei mir!
Ich will euch geben gut Quartier,
Ich will euch geben Heu und Streu^
Ihr sollt auch haben die Zehrung frei. —
6. Ach nein! ach nein! wir müssen fort,
Um anzubeten das Kindlcin dort,
Das Kindelein so zart und fein
Muss unsere Freud und Wonne sein. —
7. Wenn ihr das Kindlein sehen thut,
So sagt mir's wieder wohlgemuth,
Dass ich auch reisen kann dazu
Und dort das Kindlein anbeten thu. —
8. Als wir gegangen zur Thür hinaus,
Stand schon der Stern dort überm Haus;
Wo Joseph an der Krippe saß.
Da sangen wir das Gratias.
Mündlich, ohne Angabe woher, in Gräter Idnnna nnd Hermode 1816.
Nr. 46. S. 184. — Znm Schluss wird noch gesangen:
Ihr habt mir eine Verehrung gegeben:
Qott lasse euch noch lange leben!
Wir können hier nicht lang verweilen,
Wir haben noch zu reisen hondert Meilen.
f Nr. 262.
1. Wir kommen hieher, von Gott gesandt
Mit diesem Stern aas Morgenland.
2. Mit diesem Stern in aller Eil,
Kaum dreißig Tag vierhundert Meil.
3. Kaum dreißig Tag für Herodes sein Haus^
Herodes schaut' oben zum Fenster heraus.
4. Herodes sprach aus falschem Sinn:
Dir lieben drei Weisen, wo wollt ilir hin?
5. Ihr lieben drei Weisen, bleibt heute bei mir,
Ich will euch geben Wein. und Bier,
451
6. Ich will euch geben Stroh und Heu,
Und will euch halten sicher und frei. —
7. Ach lieber Herodes, das kann nicht geschehn,
Wir müssen den Tag noch weiter gehn. —
8. Wir zogen mit einander den Berg hinaus,
Wir sahen, der Stern stand über dorn Haus.
9. Wir zogen mit einander das Thal hinein,
Und fanden das Kind im Elrippelein.
10. Wir fanden das Kind, war nackend und bloß,
Maria nahm's auf ihren Schoß.
11. St. Joseph, der sich seiner erbiirmt,
Er nahm das Kind auf seinen Aim.
12. St Joseph zog sein Ilemdlcin aus,
Gab's Maria, die machte Windeln draus.
MöndUch ana Oberliessen, Erk Volkslieder 2. Bd. 1. Heft Nr. 1.
f Nr. 263.
1. Die heiligen drei Könige mit ihrem Stern
Sie suchten den Herrn, sie hätten ihn gem.
Sie kamen vor Herodes Haus,
Herodes sprach zum Fenster heraus:
2. Ihr lieben drei Weisen, kommt rein zu mir,
Ich will euch geben Wein und Bier,
Ich will euch geben Heu und Streu,
Auch sollt ihr- haben die Zehrung frei. —
3. Ach nein! ach nein! wir müssen fort,
Wir haben ein kleines Kindlein dort,
Ein kleines Kind, ein großen Gott,
Der alle Ding erschaffen hat.
So in Sömmerda (drittehalb Meilen von Weimar) nach Weinhold Weih-
nacht-Spiele S. 132. — Die« Lied nnd Frankfurter Ju^enderinnerungen
mögen wol Gothen um 1781 den nftchaten AnlajBs zu seinem «Epiphanias-
fest^ gegeben haben.
452
§. 12.
Meisterlieder
gegen Ende des fünfzehnten und zu Anfange des sechs-
zehnten Jahrhunderts.
Die höfische Singekunst war in dem Munde der Ritter
verBtummt; Geistliche und Laien bürgerlichen Standes im XIV.
und XV. Jahrhundert fingen nun an,^ den Meistersang zu pflegen. »)
Die künstlichen Töne, worin Heinrich von Meißen (Fraüenlob)
und sein Gegner, Regenbogen der Schmied gesungen hatten,
fanden bald Liebhaber und Nachahmer. Man beschränkte sich
aber nicht auf die Form, auch dieselben Stoffe zog man in den
Kreis der Dichtung und verfolgte dieselben Zwecke: man
wollte erbauen und in religiösen Dingen belehren. So entstan-
den denn jene vielen geistlichen Lieder, besonders zu Ehren
der heiligen Jungfrau, wie sie der Mönch von Salzburg, Nico-
laus von Kosel, Heinrich von Laufenberg, Muscatblut u. a.
dichteten.
Bis gegen Ende des XV. Jahrhunderts wurde von Geist-
lichen und Laien die Singekunst weder zunft- noch schulmäßig
getrieben. Bald aber traten die Geistlichen und Gelehrten,
zurück und die Handwerker in den Städten verbanden sich zur
ausschließlichen zünftigen Gesangübung. Unter dem Namen
Meistersinger bildeten sie an verschiedenen Orten einen
von der Obrigkeit anerkannten imd geschützten Verein, der
seine Vorsteher, seine Kasse, seine Singeschxde und seine Ge-
setze hatte und den löblichen Zweck verfolgte, sich selbst und
den lieben Nächsten durch Gesang zu erfreuen, zu trösten und
zu erbauen. Eine der frühesten Urkunden von amtlicher Be-
stätigung eines solchen Vereins hat Freiburg im Breisgau auf-
zuweisen. Im Jahre 1513 kamen einige Bürger daselbst, voran
der Schuhmachermeister Michael Punt, vor den Rath und ließen
ihre Singerbrüderschaft und ihre Gesetze bestätigen, was denn
auch geschah , zumal sie den guten Grimd beibrachten : ^dass
Gott der allmächtige dadurch gelobt, die Seele getröstet, und
§.12. 1) Vgl. W. Waikcrnagel Litteraturgeschichte §. 74.
453
die Menschen au Zeiten, so sie dem Gesang zuhörten, von Got-
teslästerung, auch vom Spiel und anderer weltlicher Üppigkeit
gezogen würden'*).
Das Streben war löblich und der Zweck edel und gut, und
andere Männer, mit mehr geistigen Fähigkeiten und höherer
Bildung ausgerüstet, hätten für die Kirche und das religiöse
Leben im Volke viel wirken können. In der zunfhnäßigen
Übung der Poesie und bei der spießbürgerlichen Einseitigkeit
brachten diese mit sich und ihren Leistungen zufriedenen Hand-
werker zwar Lieder genug hervor, aber keine welche dem Sinne
des Volkes gemäß dieses nachhaltig zu erfreuen und zu er-
quicken vermochten: es sind fast lauter lange und langweilige
Reimereien, worin selbst gute Gedanken und wahrhaft poetische
Züge vor aller Reimkünstelei und sprachlichen Verwilderung
kaum zum Vorschein kommen können.
Die Singekunst war keine selbständige Kunst mehr, sie
wurde nur neben dem bürgerlichen Gewerbe, also nebenbei
getrieben und durch die Tabulatur und das Herkommen auf die
Singschule beschränkt. Die Erzeugnisse der Meistersinger wur-
den in Bücher eingetragen und so gesammelt und blieben
Eigenthum der Schule'). Nur was später als fliegendes Blatt
gedruckt wurde, gelangte in weitere Kreise, die Meistersingerei
konnte schon deshalb nie recht volksthümlich werden*). Nur
der einzige Hans Sachs, der durch reiche Phantasie, unerschöpf-
liche Gedankenfülle und lebendige Schöpferkraft alle seine Ge-
nossen weit überragte, bequemte sich, öfter den Schulzwang
§.12. 2) Mone Badisches Archiv IL Bd. S. 195-202.
3) So wollte Hans Sachs, als er am 1. Jannar 1567 die Samma
seiner Gedichte zog: in 52 Jahren 6048 Stück, darunter 4275 Meisterge-
sänge — die Meisterlieder nicht gedruckt sehen, sondern zurückbehalten
wissen, 'die Singschul damit zu sieren und zu erhalten.* Vgl. K.
Gödeke Elf Bücher deutscher Dichtung 1, 78.
4) Die Meistersinger schieden sich von allen, die sonst sich mit Dich-
ten und Singen befassten, und weil sie eben nur auf ihre Schulen und ihre
frommen und religiösen Zwecke sich beschränkten und außerhalb des Volkes
standen, so galten sie für ungefährlich. In der Polizeiordnnng Karls V.
(Augsburg 1548, wiederholt von Rudolf II. 1577) Blatt 25. 'gegen man-
cherlei leichtfertig Volk, so sich auf Singen und Sprüche geben*, werden 'die-
jenigen, so Meistergesang singen* ausdrücklich als solche bezeichnet, welche
von der Obrigkeit nicht zu verfolgen und zu bestrafen seien.
^ 454
abzustreifen and in einfachen Tönen sich dem geistlichen Volks-
liede zu nähern« Aber nur ihn vermochte eine so große be-
geisternde Idee wie die Reformation zu begeistern und er trug
als eifriger Anhänger der neuen Lehre zu deren Verbreitung
und Geltung sein Scherflein mit bei ').
Die Zahl der Meisterlieder in den letzten vierzig Jahren
vor 1524 ist nicht gering. Es kann sich aber hier nur um
solche handeln, die oft gedruckt und abgeschrieben wurden,
also bestimmt waren, beim Gottesdienste oder bei der häus-
lichen Andacht gesungen oder gelesen zu werden. Obschon
ich mich fleißig bemüht habe, eine Übersicht der gangbarsten
Meisterlieder zu liefern, so werde ich doch dem Vorwurfe der
UnVollständigkeit nicht entgehen. Dieser Vorwurf ist mir aber
doch noch lieber als wenn ich gezwungen wäre, mich mit einem
Theile der deutschen Litteratur gründlich zu befassen, der des
Unerquicklichen so viel, des Erfrexdichen so wenig verspricht.
f Nr. 264.
Maria zart von edler art,
ein ros on alle deren,
Du hast mit macht herwider bracht
das vor lang was verloren
Durch Adams fal, dir hat die wal
sent Gabriel versprochen,
hilf daß nit werd gerochen
Mein sünd und schult, erwirb mir hult!
dann kein trost ist, wo du nicht bist
barmherzikeit erwerben.
Am letzten end ich bit, nit wend
von mir in meinem sterben.
Vielleicht unter allen MeistergesHngen der einzige, der eine gewime
Volksthümlichkeit erlangte. Er mag gegen Ende des XV. Jahrh. entstanden
§. 13. 5) Koeh im XVn. Jabrh. hatte er deshalb seine Gegner. David
Gregoiios Corner, der gelehrte Abt von Göttweig, konnte es nicht nnterlas-
sen, des evangelischen poetischen Handwerkers also zn gedenken: 'da doch
sonsten dieselbigen (die Ketzerischen) so gar kützlich sein, dass sie nicht
leichtlich ein Gesang in ihre Büchlein inserieren, deme sie nicht ihren Na-
men ankleckcn, nnd sollte es gar der Hans Sachs selber sein, welcher ein
Schuster sn Nürnberg gewesen ist und seiner groben Comödiant- Zoten und
Possen ziemlich verschrieen ist\
455
sein, wurde bald nmfhher adten viel gemageu^ und eu Anfange des XVl.
Jahrhunderts einsein gedruckt und erhielt sich in den katholischen Gesang-
büchern das ganze XVII. Jahrh. hindurch, bald abgekürzt, wie bei Leisen-
trit OB. 1567. IL Th. Bl. 15. nur 5 Strophen, bald mit Tielen hinzugedich-
teten: so im Tegemseer GB. 1577. Bl. 203 ff. 23 Strophen, in Comer's Nach-
tigall 1649. S. 318 — 324 27 Strophen, und in einem besonderen Abdrucke,
2 Bogen in 4» aus der ersten Hftlfte des XYII. Jahrh. (nach Kömer S. 255)
sogar 83 Strophen.
Neuere Abdrücke
1. nach einer Münchener Hs. (Cod. germ. 808.) 11 Strophen bei Ph.
Wackemagel Nr. 148.
2. nach einem Drucke in fol. um 1505. in Idunna und Uermode 1816.
S. 81. 82. ebenfalls 11 Strophen.
3. nach einem Drucke (4 Bl. 8<^.) von Wolfgang Huber in Nürnberg bei
Körner, Marianischer Liederkranz S. 250 — 255.
Einzeldrücke waren gewiss in alter Zeit sehr viele vorhanden. So fand
ich zu Kremsmünster ein offenes Druckblatt in fol. ans dem Anfange des
XVL Jahrhunderts, 10 GesStze, mit der Überschrift:
nZu disem lied wer es singt oder list mit andacht hat geben der Bischoff
von Zeytz . xl. tag ablas.''
In dem alten Drucke bei Kömer S. 250 ist ebenfalls die Verheißung
eines 40täg]gen Ablasses, aber „von dem bisehoff zu der Newburgk.*'
Deswegen war das Lied sehr gesucht, musste oft gedmckt werden
und fand weite Verbreitung.
Die handschriftlichen Aufzeichnungen des Liedes scheinen nicht viel
älter zu sein als die Dracke. In einer Heidelberger Hs. (s. Mone in Aufsess '
Anzeiger 2, 232.) ist es mit der Jahrszahl 1513 versehen, in der Liederhs.
der Brüder Brentano, mit 1526. So verbreitet und beliebt dieser Meisterge-
sang seiner Zeit auch war, wozu wol die Melodie viel mit beitrug, so zeich-
net er sich doch vor den übrigen keinesweges dermaßen aus, dass sich ein
vollständiger Abdrack hier rechtfertigen ließe. Selbst den frömmsten Ge-
müihem scheint er schon im XVIL Jahrhundert zu lang gewesen zu sein
und man begnügte sich mit drei Strophen : die erste ist jedoch ganz umge-
arbeitet | die 2. entspricht der 8., die 3. der 9. des alten Textes bei Wckn.
Nr. 148.
f Nr. 265.
1. Maria zart von edler Art,
Du bist ein Eron der Ehren.
Ini Himmelreich ist nit deins gleich
Nach Gott dem höchsten Herren.
O edle Ros, o Tugend groß
Im Himmel und auf Erden
Deins gleich mag nimmer werden.*
4o<^
Der Sonnen Glanz umgiebt dich ganz.
Durch deine That erwirb mir Onad,
Rechtmäßig dich zu ehren
Mein Leben lang mit gut Gesang:
Dein Lob muß immer währen.
2. Maria fein, dein klarer Schein
Erleucht am höchsten Throne,
Da dir mit Ehm von zwölf Stern
Wird aufgesetzt ein Krone.
Dreifältigkeit hat dich bekleidt,
Mit Gnaden schon umgeben.
Erwirb du mir das Leben
So lang und viel bis auf das Ziel!
O Jungfrau süß, hilf daß ich büß
Mein Sund vor meinem Ende!
Wann mir zerbricht mein Herz und Geist,
Beut meiner Seel dein Hände!
ii. Maria Jungfrau, hilf daß ich schau
Dein Kind an meinem Ende!
Schick meiner Seel sanct Michael,
Daß er sie fähr behende
Ins Hinmielreich, da alle gleich
Die Engel fröhlich singen,
Ihr Stimm thut hell erklingen:
Heilig, heilig, heilig du bist! '
O starker Gott, Herr Sabaoth
Regierst gewaltiglichen.
So hat ein End all mein Elend,
Ich freu mich inniglichen.
Andemachcr OB. (Köln 1608.) Nr. 132. Aach das Heidelberger GB.
1629. S. 255—267 hat nur diese 3 Strophen.
Maria zart hat noch dadurch eine gro^e hymnologische Bedeutung,
dass es oft nachgebildet und unigedichtet und seine Melodie zu vielen
Liedern in der katholischen und evangelischen Kirche verwendet wurde.
Eine Nachbildung, 8 Gesätze, ist enthalten in der Kloster -Neuburger Hs.
1228, s. Moue Anzeiger 8, 350. Sie beginnt:
f Nr. 266.
Maria zart geheiligt wart
in mueter leib der jugent.
4o7
zu nutz der weit und widergelt
entsprang aus irer tugent
ein edler brunn schön als die sunn,
geziert mit hochen würden,
hinnemung großer bürden,
des ersten val der kam zumal
von Adam her, davon groß bschwer
auf menschleichs gschlecht ist gfallen
vil jar und tag mit we und klag :
bhüet mich vor sölichem allen!
Den Anb&ngern der neuen Lehre war nichts so anstöBig aU der Marien-
dienst (vgl. §. 8, 67.) : alle darauf bezüglichen Gebete, Lieder und Gebräuche
suchten sie eifrigst eu beseitigen. Ein so allgemein beliebtes viel gesungenes
Marienlied durfte nicht mehr die fSr die neue Lehre erst kaum gewonnenen
Gemüther irre machen oder gar von dem biblischbegründeten Gottesdienste
abziehen.
So unternahm denn Hans Sachs schon im Jahre 1525 eine Unidich-
tung oder, wie er es selbst nennt: Das liet Maria zart verendert und
christlich corrigiert*):
f Nr. 267. (s. vorher f Nr. 236.)
O Jesu zart, götlicher art,
ein ros on alle deren ff»
Gedruckt Wckn. Nr. 238. 7 GesKtze.
Später versuchte ein unbekannter Dichter eine ähnliche Umdichtnng von
10 Gesätzen, Anfang:
f Nr. 268.
O Jesu zart, götliche art,
geheiligt werd dein name ff.
„Gedruckt zu Nürnberg durch Valentin Newber.* In Prof. Heyse's
Sammlung zu Berlin, s. Wckn. S. 872 zu Nr. 238.
Eine Umdichtnng auf Gott lag eben so nahe: eine solche verfasste
Johann BÖschenstein:
f Nr. 269.
Dies liet ist nach kunst und art
in dem ton: Maria zart.
Got ewig ist on endes frist ff.
$. 12. 6) In den Nürnberger Enchiridien von 1526 und den übrigen GB.
dieses Jahrs. — 1526 gab er es mit mehreren Umdichtungen geistlicher und
weltlicher Lieder besonders heraus, s. Wckn. Nr. 238^245 u. S. 733.
468
Das 4. Oesfttx:
Got ist nit blau^ nit grün noch grau,
Unglück in nit betrübet,
nit laut noch stil, wenig noch vil,
on müde er sich übet.
wie zeig ich in menschlichem sin?
auf erd mocht nie verstane,
sein wissen hat kein wane,
auf erd nieman in kennen kan,
wie nach er ist, noch mag sein iist
grüntlich nieman erkennen.
er ist dabei der namen frei
und last sich dennoch nennen.
Dm 6. Gesätz:
got ist nit ausgeflossen,
also daß er vom Ursprung fer
sei außerhalb gleich wie ein salb,
die man nimt aus der bixe,
und was got ist das weist kein christ:
er ist etwas und nixe.
Liederhfl. der Brüder Brentano Bl. 81*— 33>, um 1528.
Ein offenes Blatt in folio, in der kön. Bibliothek zu Berlin, bei Wckn.
Nr. 796, entbftlt ein Lied mit der Überschrift: „Ain new gedieht, dnrch Jo-
hann BÖschenstain Kay. May. loblicher gedechtnuO gefreyter hebräischer
Eungen lerer aoßgangen, Im thon Maria sart^. Das Lied ist 8 Qesätse lang
und so abweichend von dem hdschr. Texte, dass sich schwer bestimmen Iftsst,
welcher Text der ursprüngliche ist und ob einer oder beide von Böschen-
stein yerfasst sind. Erste Strophe:
Got ewig ist, on endes frist,
sein wesen on zerissen,
und doch dabei was got selb sei,
das mag kein mensche wissen. •
got darf kein zeit als ander leut,
kein stat noch auch kein stunde,
z& seiner stim kein munde.
z& seinem gan, auch zu seim stan
darf er kein f&B, als ich han mfii).
er ist auch gar langsame
und doch nit treg, dabei alweg
süchtig, keusch, on all schäme.
Die 4. Strophe lautet hier so:
Got ist nit blau, nit grün noch grau.
469
Unglück in nit betrübet,
nit laat noeh stil, wenig noch vil,
on made er aicb übet
wie seig ich in menschlicheui sin?
niemant mag in erkennen,
sein.namen auch nit nennen,
und auch dabei allr teilnng frei,
nit zwen noch drei, noch was er sei,
das mag kein zung aussprechen.
wer bricht sein gbot, sag ich on spot,
an dem wirt sich got rechen!
Die 6. Strophe der Hs. fehlt im Drucke.
Eine vielleicht gleichzeitige Umdichtung auf Gott ist in der Kloster -
Neuburger Hs. 1228. s. Mone Anzeiger 8, 351., 14 GesStze mit der Über-
schrift: Ein rosenkranz in Maria zart weis:
f Nr. 270.
Got vater klar, du bist fiirwar
ein Schöpfer aller dinge:
in deinem gwalt wirt als behalt ff.
In der evangelischen Kirche waren die Marienlieder verschwunden, die
Melodie des Maria zart war aber unvergessen, sie muss sehr beliebt gewesen
sein, mehrere namhafte Dichter verfassten Lieder dazu: Adam Beniner,
Erasmus Alberus, Johann Spangenberg, Jacob Dachser (s. Wckn. Nr. 28^.
301. 428. 603.) und im Wittenberger GB..1Ö61. Kr. 68. noch ein Kinderlied
im Ton Maria zart:
O Jesu der du selig machst
die bußfertigen Sünder ff.
Sogar bei den mährischen Brüdern war die Melodie bekannt, in ihrem Ge-
sangbuche von 1544 findet sich ein Lied danach von Michael Weiße:
O Jesu zart, in neuer art —
s. Wckn. Nr. 357.
In den katholischen Gesangbiichem verschwindet daa Lied erst gegen
Ende des XYIL Jahrb., in Martin von Cochem GB. 1682 findet es sich
nicht mehr. Damals scheint auch die Melodie eine andere geworden cu sein,
die künstliche Meisterliedsform ist bereits sehr vereinfacht. Ein Marienlied
im Neißer GB. 1663. Nr. 147. hat swar in der Überschrift: Im Ton Maria
lart von edler Art, dieser Ton lautet aber in der ersten Strophe:
Maria rein, dein Klag allein •
Ist über alles Klagen,
Denn diese Klag, von der ich sag,^)
§. 12. 7) Str. 45. Die Sonn, ich sag, gieng in der Klag
In einem schwarzen Rocke.
4ßO
Hast du nllein getragen.
O Salomon, o Simeon,
Euch soll man beide boren:
Was ihr geredt und gscbrieben stebt,
Zwei Stück thut ibr uns Icbrei.,
Die diese Sacb erkliiren.
und gebt so nocb 51 durcb.
f Nr. 271.
Maria, höchste creatitr,
(lu edle küngin der natur^
aller wirdikeit figur,
götlicher hantgetat ein kur,
von dir beger ich dichten.
Maria gotes himel rein,
den er geschaffen het allein
am ersten tag in zirzels zein,
do gotes majestat erschein,
sin wort us einem nichte.
Stra^burger Hs. 4o. B. 121, mit der Jahrszabl 1443. 29 Gesätze, worin
die sieben Schöpfungstage * in Beziehung gebracht sind auf die Jungfrau Maria.
29 zehnzeüige Strophen sind auch Herrn Phil. Wckn. zuviel gewesen, er hat
Nr. 785. nur 30 Halb Strophen davon mitgetheilt.
f Nr. 272.
Maija, verleich mir sin und kraft,
daß ich zA lob der reinen meit
dein großes herzenleide hie versinge!
darzA hab ich nit meisterschaft
und bin an künsten unbereit:
0 reine meit, nu hilf daß mir gelinge!
Maria, künsche maget rein,
ich mane dich an das erst herzenleide,
da du Jesus, dein kintlin klein
in tempel trfigst, die fart wolst du nit meiden,
da in empfieng herr Simeon
und zu dir sprach: drut maget fron,
ein scharpfes sohwert wirt noch dein sei durchschneiden.
Alter Druck, 8 Blätter in kl. Format aus dem Anf. des XVI. Jahrb.
7 Gesätze, vollständig gedruckt bei Wckn. Nr. 180. „Di siben hertz lajd
von vnser Lieben frawen in dem guldin regenbogen don**. Im Druck 3 her-
tzen layd — 6. fehlt nu. Wie wenig Meisterschaft der Dichter hatte,
zeigt er schon am ersten Gesätze hinlänglich.
461
f Nr. 273.
Ir Bolt loben die reine meit
die got im fiirsehn hat^
e er beschuf in ewigkeit
und alle menschen drat,
do was sie vor der gotheit klar,
als uns Johannes hat beklert
im buch der taugenei:
do sach er in dem geist auf erd
auf Christus brüst so frei
wol in den neunden tron furwar.
kein höcher creatur nie wart
von got beschaffen her,
dan Maria die Jungfrau zart
so gar in gotes er^
als sie entpfangen was die rein
in muterleib so gut,
on all erbsund, da merk allein,
von got wart sie behut
on alle befleckunge gar.
nEin new lied von der entpfencknufi Marie. In des Nachügals senfften
thon.** Offenes Blatt in kl. folio, in der königl. Bibliothek sn Berlin. 6
Gestttse, vollst, gedmckt bei Wckn. Nr. 178; ich bin wohlwollender and
theile nur das erste Gesätz mit, hoffentlich verlangt niemand mehr von des
Nachtigals senftem Ton. Der Dichter nennt sich Martin Weiß, von ihm giebt
es auch ein 22strophiges Lied auf Karl Y. Er ist wol mit Martin von Reat-
lingen ein und dieselbe Person. Von letzterem theilt Wckn. Nr. 179. eine
geistliche Tagweise von imser Franen mit Dieser Martin ▼. B. hat mehrere
Marienlieder veiiSust, er sagt am Schlosse seiner Tagweise:
der wil jongfran dein lop nnd preis
die weil er lebt volbringen.
f Nr. 274.
O virgo vite via,
tu mundi spes Maria,
und in dem tron
gewaltig aller mechte,
der als himels geschlechte
ist underton ff,
»Das ist ein hüpsch lied ynd lobgesang von Maria der wirdigen vnd
hymmelischen keyserin. Vnd ist in dem Vnerkanten thon'< 4 Blätter 8o.
31
402
o. O. a. J. Anfang des XVI. Jahrhunderte. — 7 Gesätze) jedes von 30
Zeilen! gedruckt in Körner^s MarianiscUem Liederkranz S. 264 — 270.
f Nr. 275.
Es flog ein kleins waltvögelein ff,
12 Szeilige Strophen, s. vorher \ Nr. 233. A.
f Nr. 276.
Maria schon, du himelsch krön,
tÄ mir dein hilf beweisen,
daß ich mög dein entpfahung rein
mit warheit hie volpreisen ff,
Eyn schon lied von der vnbefleehten entpfencknüß Marie j in dem (hon
Maria sart. 10 Gesätze.
In: »Die war Histoiy von den vier kotier prediger Ordens, zd Bern in
der Eydgnosschafit verbrant.^ (Wolfenb. Bibliothek.)
Ein anderer Druck, dessen Rambach Anthologie 1, 427. gedenkt, ist
jetzt mit seiner Sammlung in die Hamburger Stadtbibliotliek übergegangen.
f Nr. 277.
1. Jesu muter des mer ein stem,
erwelteu sunn, man imd lucem,
bis grüest der gotheit cell mit ern,
Ezechielis porten.
Alle die aus dem mere schrein
der werlt hinz dir in angstes pein,
tue in hilf deiner gnaden schein
des himels gstat ze Worten.
2. Chum mit ze hilf den gevangen smt
in Sunden, leucht die äugen blint,
daß sie des gelauben werden kint
und sein dar(in) an ende.
O jimcfrau rein zeig ganzleich
vor got dem vater tugentleich,
daß du seist muter arm und reich,
des tüfels liste wende.
3. Werde magt, ein keusches leben
uns erwirp von got ze geben
imd mit hoff in gnaden leben
nach seiner schult so werde.
463
Uns weis den weg der selichkeit,
den Christus in des kreuzes leit
mit bitter .stim und gschrei bereit
den seinen hie auf erde.
4. Sich uns arme sünder an
und louch uns unter deinen van,
daß luis der helle pein und ban
icht leidig ewigleiche.
Amen sprechen all, do got
erledigt mit der marter hot
die tauf geflewt aus sünden not
mit schein des sterrcn reiche.
PpHs. XV. Jahrh. 4«. gez. D. 15. Blatt 282. a.b. in der Benedictiner-
Abtei Melk. Vgl. den lat. Hymnus: Ave maris Stella.
f Nr. 278.
Ein bittendes reis, der sälde hört,
geziert mit fleiß auf alle ort,
dein lop ich preis, du süßes wort,
Maria kunigin!
gar schon gesneit nach der genucht,
loplich gecleit mit zarter frucht,
mit wirdikeit, mit rechter zucht,
ein gotes gebärerin.
O Maria, ros on alle doni,
ob allen frawen hoch geborn,
got selber hat dich außerkorn.
behüt uns vor deines kindes zom,
daß sein marter icht an uns werd verlorn.
Wiener Hs. 2880. Bl. 148«— 149«, aus dem XV. Jahrb., s. mein Ver-
zeichniss S. 161. 7 Steopben, gedruckt in Jos. Kehrein, Kirchen- und reli-
giöse Lieder ff. (Paderborn 1853.) S. 205. 206. in aller schlechten Schrei-
bung der Hs.
f Nr. 279.
1. Hilf frau von Ach! wie schwach
on maß ich armer sünder bin,
und bald ist hin mein sin on gwin
zu verfuren, spüren
mag ich grüntlich,
31*
464 ^
daß got misfelt der weit
Undankbarkeit. o reine raeit,
Maria zart, wie hart
mir das zft herzen
wil dringen zwar! gnad mir nit spar
lind nim mein war,
fraii , diu'ch dein siben sehmerzen.
2. O jungfi-au rein, on nein
alzcit der sünder trösterin,
was ich begin, denk, sin, von liin
muß ich mich wenden, enden
sol sich umb mich
der weite lust, umsust
ist aller jrAi und hilft kein gfit,
ich muß daran und kan
den tot nit ilieehen,
dan daß ich bit, versag mir nit
und teil mir mit
dein gnad on als verziechenl
3. Der weite heil on meil
bistu Maria ewiglich,
und freu auch mich, der dich täglich
mit fleiß tut eren. geren
erzeigst und neigst
dich, gotes arch und sarch
dem Sünder zft. o frau, das tä
iez in der not, zum tot
vil krankheit schweben,
erwirb mir hult, daß ich mein schult
mit reu und dult
müg büßen hie in leben.
Ans dem Liederbache Erhart Öglin'8, Angsbnrg 1512. Kömer, Maria-
niBcher Liederkranz S. 257 — 259.
f Nr. 280.
Mer ein hüpsch geistliches liet von der muter gotes nnd von irem ge-
schlecht.
Ich sing euch hie ans freiem mfit
ein neues lietlin fein,
ein weiplichs bild mich freuen t&t,
ir diener wil ich sein.
465
sie ist mein trost hie und dort:
o weiplichs bild, bis mein gefört!
weip, ich dich bit, verlaß uns nit,
tu uns beistan an unser letzten hinnefarte !
Liederhandachrift der Brüder Brentano, mit der Jahrszahl 1528. 14 Ge-
sUtze EU Lob und Preise der heil. Jungfrau. Bei jedem Gesätz wiederholt
sich die obige Schlusszeile.
Nach einem offenen Blatt in fol. aus dem Anfange des XVI. Jubdi. ge-
druckt in Kömer*s Marianischem Liederkranz S. 269 — 263.
f Nr. 281.
Die geschrift geit uns weis und Icr
wie daß Maria psalter wer«),
darvon wil ich euch singen.
götliche Weisheit ruf ich an :
Maria wöll mir beiestan,
so mag mir nit mislingen.
Mana hat ir außerweit
die iren psalter beten,
hats in ir bruderschaft gezelt
und wils gegn got vertreten:
es sein recht frauen oder man,
wer sie darmit tut rufen an,
dem wil sie treulich beiestan.
Ein Bosenkranise j vö vnser \ lieben frawen. \ In Hertzog Ernst melodey.
Am Knde: Wo^gang Euber, (Holzschnitt: Maria Verkündigung.)
8 Bl. in klein 8o. Nürnberger Drack auB dem Anf. des 16. Jahrb. 21
Gesätze. Gedruckt in Kömer's Marian. Liederkranz 241 — 250.®)
Marift Psalter besteht aus drei Rosenkiilnzen : der erste ist weiß, der
zweite roth, der dritte golden. Der weiße bedeutet die Reinheit und Keusch-
heit der heil. Jungfrau, der rothe ihren Schmerz über das Leiden Christi,
der goldene ihre Freude über ihres Sohnes Auferstehung und Himmelfahrt.
Zu jedem dieser drei Rosenkränze gehören 5 Paternoster und 50 Ave
§. 12) 8) Deshalb auch in anderen Drucken: Unser lieben Frauen Psalter.
9) Es sind noch mehrere Einzeldrucke vorhanden, z. B. Augspurg
durch Mattheum Francken (s. Riederer, Nachrichten zur Kirchen-, Gelehr-
ten- und Bücher - Geschichte 8. Bd. S. 313), Straubing bei Andre Summer
(s. Kömer 8. 250). — Koch, Compendium II. Bd. S. 11 führt eine Ausgabe:
Erfurt von Hans Sporer 1498. 4®. (auf der Leipz. Univ.-Bibl.) an und nennt
das Jahr der Abfassung 1420 !
4GG
Maria. Wer alle diese jede Woche betet, der gehört zur Bruderschaft und
empfängt einst den allerbesten Lohn.
Am SchlnsHO nennt sich der Dichter selbst:
Nach Christi gbnrt, merkent furwar,
do man ssalt funfzehenhundert jar
Sixt Buchsbaum hat gesungen
in Herzog Ernsten melodei:
Maria wo» dem bruder bei,
so war im wol gelungen,
kumt mit den liebsten brüdera sein
ja vur der himel tore,
Hcin kleit wirt weiß, rot und guidein,
man Sprech: wer ist da vore?
Maria Sprech mit liechtem schein
aus irem rosenfarben munt:
laßt mir den liebsten gast herein!
Sixt Buchsbaum war wie es scheint ein MeistersHnger , der der Geist-
lichkeit angehörte und sich auf theologische Dinge besser verstand als auf
poetische: er weiß, dass die Knechte Jesu, als sie ihn geißelten, 6666 Wun-
den schlugen und das« 462 seiner Glieder (Beine) jedes sein besonderes Lei-
den empfing, femer weiß er die .Zahl der Schritte, die Jesus, als er sein
Kreuz trug, wandeln musste. Solchen Besonderheiten verdankt wol dieser
langweilige Meistergesang seine größere Verbreitung. Er erhielt sich über
anderthalb hundert Jahre: er steht im Tegeniseer GB. 1577. Bl. 218 ff. (da-
nach bei Wckn. Nr. 795.) und später noch in Comeri Geistlicher Nachtigall
1649. S. 335 — 889, aber hier schon 22 Strophen lang und „in etwas ver-
bessert.'*
f Nr. 282.
Marei, mein hört,
vemim mein wort,
merk auf was ich dir sage !
zu dir ich schrei,
Jungfrau Marei:
hilf daß ich nit verzage !
Seit ich dein kint
erzürnet vind
ja durch mein sünd,
darumb ich mich ser klage.
Mn ffeisUich tagweiß \ von \ fmser frawen, \ Im thon | wach avff mein
hört, jo. Am Ende: Oedritckt zu Regenapwg durch Hannsen Khol, 4 Bl.
in kl.. 80. Aus der ersten Hftlfte des 16. Jahrh. 9 Gesfttse.
Abgedruckt in Körner's Marinnischem Lioderkranz 8. 271 — 274. Ein
467
Zwiegespräch M«riM mit dem Bünder , bei aller kflnstlichen Form recht les-
und singbar.
Auch in der Kloster - Neuburger Hq. 1228. s. Mone Anzeiger 8, 362.
f Nr. 283.
Mai'ia guet, won bei mir hüt
und tan mir hilf beweise,
daß ich kan dein entpfaung rein
gesing und lop gepreise.
aiQ ist fein klar, niemant das dar
in warheit widersprechen,
von anbegin in gotlich sehin
gesehn und ordinieret,
im willen sein formieret.
Von der | vherwirdigUten muter gotes \ vnd reinen | iunckfratpen Maria \
schöner entpfahv/ng \ Hieronymi Seheneh von Sumave | deutsches Carmen \
mit I hetcerung der heiligen geschr^, jc.
Am Ende : Impssum in nobili Vrhe herhipolmi . per me Ma^inü Schubart
Anno Dni 1503 Die 16 Septemhris M» S, PaHens terit oma virttis .
6 B1. 40. Ein Exemplar in der Baraberger Bibliothek: Q. X. 41, dem
aber das Titelblatt fehlte«).
, Ein Meistergesang von 25 GesHtzen, vollständig abgedruckt in Komer's
Marianischem Liederkranz S. 3 — 11.
Hieronymua Schenck^i) war gewiss ein sehr gelehrter Mann: er hat
in diesem Liede Alles ausgekramt, was die Kirchenväter Feines und Schönes
von der heil. Jungfrau gesagt haben und was sich im alten Testamente auf
sie beziehen lässt. Als Dichter aber ist er ein trauriger Beweis, wie tief
die Poesie zu jener Zeit gesunken war. Wenn er auch seine Verse mehr
misst als zählt und so gewissermaßen eine Ahnung von dem hat was ein
Jahrhundert später erst metrisches Gesetz wurde, so sucht er doch diesen
Vorzug vor seinen Zeitgenossen durch seine wirklich schauderhaften Reime,
die oft nicht einmal für schlechte Assonanzen gelten können, wieder aufzu-
heben: in dem künstlichen meistersängerischen Versbau mit den kurzen
Beinizeilen machen die vielen falschen Reime einen gar schlechten Eindruck.
Es lässt sich kaum denken, dass die Laien diese gelehrte Reimerei je ge-
sungen haben.
Im folgenden Jahre gab derselbe 8chenck noch einige deutsche Car-
§. 12. 10) Den Titel entnehme ich aus Kömer S. 3, den Bchluss aus dem
Serapeum 6, 313.
11) In einer Vorrede zu des Burckhard Homeck Compendium theo-
logiae nennt er sich Hieronymus Schcnc-k de Sunmaue 1515.
468
mina heraiu, ich kann aber nichts davon weiter mittheilen als den Titel des
Bamberger Exemplars nach dem Serapeum 6, 314:
Ein Salve regina von Hieronymo | Bchenck von Snmawe jn ein | Carmen
gemacht vnd | mit bewerten schrif- | ten gezirt Tnd | erlencht.
Am Ende: Impressom in Dncali Episcopaliq; Cinitate Herbipolen. per
Martina Schnbart Anno 1504. Die tertio Angost M. S. Patiens terit omnia
virtus. 1504. 12 Bl. in 4o.
% Nr. 284.
Ein nea geistlich liet von der jangfrau Maria in dem ton: Es wonet
lieb bei liebe (von anderer Hand: mit Inst so wil ich singen ein schöne
tag! weis).
Erstes Ges&ts:
Mit lust SO wil ich singen^
hört was ich singen wil,
von einer keiserinne,
die ich euch nennen wil.
ir nam der ist von hoher art,
darvon ist sie geboren
die edel Jungfrau zart.
Letztes :
Jesus, laß dich erbarmen
durch deinen bittem tot.
halt den in deiner hüte,
der das gedichtet") hot,
er sangs in seiner großen not,
und laß in nit ersterben
an einem gäben tot.
Liederhs. der Brüder Brentano, nm 1524, 12 Gesätze.
Ein Geystlich Lied \ von der \ Junekfrau Maria, \ In dem t/ion. Es wanet
4ieb beff liebe. (Holzschnitt: Maria Verkündigung.)
4 Bl. in kl. 8o. ans der ersten Hftlfte des 16. Jahrh. 12 Gesfttze. Danach
bei Körner^ Marian. Liederkranz 8. 65^67.
Nach einem anderen alten Dmcke ans derselben Zeit (offenes Blatt in
fol. in der königl. Bibliothek zu Berlin) bei Wackemagel Nr. 797.
Anch in der Kloster -Neuborger Hs. 1228, 16. Jahrh.
§. 12. 12) Über dem gedichtet steht mit kleinerer Schrift : gesungen.
469
f Nr. 285.
Uns sagt die gschrift gar offenbare,
wie lang Maria gotes muter und auch meit
auf diser erd gewonet hat,
nachdem ir kint am kreuze was gehangen.
Man schreibt furwar vierzehen jare
was Maria in Hierusalem in großem leit;
sie gieng auch altag an die stat,
da Jesxus Christ sein leiden het empfangen.
Und do die zeit vergangen was
daß got ir großes ellent gunt erbarmen,
auf einen tag sie einig saß,
sie gedacht, wie lang sol ich vil arme,
8ol in betrübtem leben sein, wenn wil es mich Verlan ?
sie sprach: mein kint, laß es ein ende han,
und sei das bet nit wider dich,
so laß mich, herr, sehen dein angesicht,
darnach so ser verlanget mich,
änderst han ich kein trost auf erden nicht
wan dich, mein herzenliebes kint.
dein leiden betracht ich also schon:
wie lang sol, herr, die marter dein
mit schmerzen vest in meinem herzen ston?
Die iehiedüg \ wuer \ Heben Frawen, \ In de$ Begenhogen langen t?ion. \
(Holuchnitt: Maria anf dem Sterbebette, amgeben von den Aposteln.)
Am Ende: Wolf gang Huher. 8 Bl. in kl. 8o. Wolfgang Hnber druckte
an Anfang des 16. Jahrb. eu Nürnberg.
Ein Meister gesan gl der aber eigentlich weiter nichts ist als eine lang
ansgesponnene Erzählung von den vielerlei Wundem**} bei der Himmel-
fahrt Maria. Merkt man im Lesen kaum die Reime der langen Zeilen mehr,
80 ist das gewiss beim Singen noch mehr der Fall gewesen. Es ist wirk-
lich ein langer Ton, wobei heutiges Tages nur die frömmste Langmuth
aushairen dürfte, und so fragt denn Kömer mit Becht: »Ob wol dieser Mei-
§,12. 13) Die mitunter ganx ergötzlich sind. So sagt der Engel zu Maria:
Johannes der wirt zu dir kummen,
der stet in Kriechenlant auf der canzel.
er wirt von wölken aufgenummen
und wirt für dich gfUrt also schnei
in aller seiner priesterwat
und vor der bar tregt er den palm fein.
470
»torgesang nicht VonmlaMung gab ssii Job. von Schoreer« beriihinteui Ge-
mSlde?« Die 16 Gesätze sind vollständig abgedruckt in Könior's Mariani-
schem Liederkranz S. 218—223. Das erste mag hier vollkommen genügen.
f Nr. 286.
O Jesu Christ sfi tentsch.
O Jesu Christ, dein nam der ist
80 gwaltiglich, darvor auch sich
ein iczlich knie tut neigen.
al creatur, himlisch figur,
irdisch ding, hellisch gesind
tot al dir eer erzeigen.
dem namen dein und auch tots pein,
die man dir an was legen,
gehorsamlich erzeigstu dich
am kreuz von unsemt wegen.
Licderlis. der Brüder Brentano , 1528. 9 Gesätze.
f Nr. 287.
Die sieben Tagzeiteu.
1. O Jesu Christ, dein leiden ist
gar groß und schwer mit aller ser
umb menschlich gschlecht ergangen,
zu mettinzeit gap sich der streit:
du wartst verkauft der judenschaft,
gepeinigt imd gefangen,
mit großem haß haut sie on maß
dich hin und hergezogen,
in solcher not dein jimger trot
seint von dir all geflohen.
Aus Ai-nt von Aich's Liederbache um 1519. Nr. 21. Es folgen noch 6
Strophen, die weiter kein Verdienst haben, als dass sie, wie es scheint, kei-
nem lateinischen Originale nachgedichtet sind.
f Nr. 288.
1. Mit got so wöln wirs hohen an
zu allen guten dingen,
daß er uns alzeit w()ll bei s tan,
so mag uns nit mißlingen.
471
weis uns den weg, den rechten steg
auf in des himels trone!
o hilf Maria frone !
teil uns auch mit gen got dein bitt.
80 mug wir nit irr werden!
Maria milt, dein bet das gilt
vor got auch unserm heiTen.
2. Wiss mensch, wiltu von sünden stan,
wil ich got fiir dich bitten.
sein angst laß dir zu herzen gan,
die er für dich hat glitten,
mit marter groß sein blut vergoß
für als menschlichs geschleehte.
o herr, wers recht gedechte
des leiden dein imd große pein,
dem wil ich gnad erwerben,
vor helle glut wöll sein behut
und nimmermer verderben.
3. Hilf, himelkungin, reine meit!
wir wöln von sunden keron.
teil uns doch mit barmherzigkeit,
du muter gotes herren!
der für uns hot den bittem tot
am heiigen kreuz gelitten,
filr al creatur gstritten.
das söln wir lan zu herzen gan,
wöln wir sein hult erwerben.
mit seufzen tuf, o herr, ich ruf
zu dir in meinem sterben.
Ana Amt von Aichas Liederbüchlein am 1519. Nr. 1. Mensebachschc
Bibl. Nr. 7329. za Berlin.
nin dissem bnechlyn fyntma . Lzxv. hübscher | lieder myt Discant .
Alt . Bas . vii Tenor . Instick zft syngen. Aach etlich zfi fleiten, schwege-
len, vnd an- | deren Mosicalisch Instnunenten artliehen zu ge- | branchen.''
quer 8<^. Am Ende: „Gedruckt yn der löblicher, Kcyserlicher, vnd des |
heyligen rijchs frey Stat Cöln, durch Amt von Aich."
472
f Nr. 289.
Ein 8ch6n geistlich liet in dem ton: Ich het mir fUrgenomen zft die-
nen stetigUch.
Wo sol ich mich hin keren,
seit ich auf erd nicht hanZ
weß sol ich mich erfreuen?
groß not ich vor mir han.
der tot hat mich umbfangen,
ich mag im nit entgan,
die krotten und die schlangen,
meinen leip den wellen sie hau.
Scbliua:
Der uns das liet gesungen,
Hans Brobst von Schwatz genant,
also hat ers besunnen,
er ist gar weit erkant.
das lant hat er gehauen,
got haben in seiner hAt,
nit lenger wil er trauren
wol umb das zeitlich gut.
Liederhs. der Brüder Brentano, nm 1524| 10 Qesätze.
f Nr. 290.
Sanct Anna.
Anna du anfenglichen bist —
mehr als dieser Anfang ist nicht vorhanden. Das Lied mnss seiner Zeit viel
gesungen sein, Hans Sachs hat es nmgedichtet auf Christus oder, wie er es
nennt, veri&ndert und chiistUch conigiert. Der Anfang dieser Umdichtung
lautet:
Christo, du anfenglichen bist,
ein Wurzel unser Seligkeit.
Etliche geystUche lieder, für die Layen kuo singen . Hans Sachs. M. D.
XXYI. 3 Qes&tse, gedr. Wckn. Nr. 243. und danach bei mir ^ Nr. 239.
Hans Sachsen's Lied findet sich noch im Nürnberger OB. 1591. S. 474
und abermals S. 494. Die Melodie scheint damals schon völlig unbekannt
gewesen zu sein, denn in der Überschrift heiQt es: im Ton Rosina, wo war
dein Gestolt (Wckn. S. 842.)
473
f Nr. 291.
Sanct Anna.
Ein schön Het von Sant Anna in dem ton: Maria zart.
Sant Anna preis merk hie mit fleiß
der künigin und ere,
die got alzeit von ewigkeit
erweit hat, wil ich leren,
got teil mir mit, darumb ich bit,
der Weisheit gnadn und sinne,
dardurch ich müg gewinnen
das heil der sei, die sunst on quel
nit leben mag, in mancher plag
darmit wir seint umbgeben
durch großer schult, auf daß sie hult
erwerbe hie im leben.
Liederhs. der Brüder Brentano, um 1524, 7 .Gesütze.
f Nr. 292.
St. Catharina.
Em hübsch üed von Mani kaiarmen leben. In dem muecai blüyten
den. Gedruckt z& Mhraßburg durch MarUn Flach, Al$ tnan
zali tu$eni fünff hundert acht jar.
Kön. Bibl. zu München nach Wckn. Kirchenlied S. 719. Nr. yi\j.
f Nr. 293.
St. Christoph.
1. Sant Christof, du vil heiliger man,
dein lop stet hoch zu preisen:
wer dein bild frä tut schauen an,
des tags ist er beweisen
das herze sein frölich on pein,
züchtig in allen eren.
dein bet gen got hilft hie und dort
umb deiner marter ere.
2. Du hast auch macht von got gewert
den gächen tot vertreiben,
des doners kraft wirt ganz yerhert
an keinem ort zu bleiben.
474
darumb aus bitt versag uns nit
dein hilf als wir begeren !
dein bet gen got hilft hie und dort
umb deiner marter ere,
i\. Du hast noch mer der tugent groß,
als uns die schrift erzelet:
got liebt dich ser on aUe moß
und hat dich außerwelet
zu seinem knecht, du trugst in recht
über waßer so geren.
dein bet gen got hilft hie und dort
umb deiner marter ere.
Aas Valentin HolVs Liederbnch, Hs. aus den Jahren 1524—26, in der
Morkelschon Familienbibliotfaek zu Nürnberg, B1. 164^. Bei Ubland Nr. 306.
— In einer Hb. aas derselben Zeit, früher im Besitz der Brüder Brentano,
lautet der Text ebenso: nur Str. 2. ist dort Str. 3, und 2, 1. Er hat noch
mer von got begert — 3, 6- so ferren über mere.
f Nr. 294.
Sanct Sebastian.
'£in hüpsch neu Uet, seit drat von Saat Sebastians leben und tod,
im ton: Es wonet lieb bei liebe, oder im ton: O da6 ich künt von
herzen siligen ein tageweis.*
O du götliche liebe,
dein feuer erzünd in mir,
dein geuad die mich tiebe
und daß ich müg mit gir
hie singen vor der weit behend
von Sant Sebastiani in kürze sein legend.
Der Dichter hat sich wirklich sehr kurz g^fasst : es sind nur 31 solcher
Strophen !
In der ' Liederhs. der Brüder Brentano, mit der Jahrszahl 1527.
f Nr. 295.
St. Ursula.
Ein zit hört ich vil g&ter mär
von einem schiflin sagen,
wie das mit tugenden also war
so kostliehen geladen.
475
zu dem schif kreich ich ein herz :
ich vant dar inne vil g&t gemerz
in maniger hande gaden.
„Das liede vber sant Vrsulen schyffliii gedichtet vö meister iohiinos
gosseler pfarher vn doctor zu sant iost zn Saffenspurg" 12 Strophen, die
erste mit Melodie in Holzschnitt, in ,,lJon sant Unnlen schifflin^ 4? Am
Ende: „Getruckt zft stral^burg yff gruneck von meister bartholomens kUstler.
Jn dem iar. M.CCCC.xcvij.'' Meuseb. Blbl. ; besaQ anch Veosenmeyer, Anfsess
Anzeiger 1, 68. 2, 55.
Nach zwei Kölner Drucken (1505. u. o. J.), 7 Strophen und ohne Namen
des Dichters gedruckt in O. Schade, Geist!. Gedichte dos XIV. u. XV. Jahrh.
vom Nidcrrhein 8. 169—171.
^ Nr. 296.
Sanct Veronica.
ü süßer got, nach dein gnaden stet mein begir,
send einen engel aus dem himel her zu mir,
daß ich ein buch mit innikeit gemache dir,
daß ich von deinem angesicht
mug sprechen unde singen,
wie daß von Jerusalem hin gen Rome kam
und auch dem kranken keiser schwere seuchen nam
Fronica^ also kund ich euch des buches stam.
an gotes hilf vermag ich nicht
das wirdig buch volbringen.
JEin lied von der Fronica \ wie sie von Jerusalem gen Born
ist kümen \ Jn dem brieff don des Begenbogens,
Alter Druck, Anf. des XVI. Jahrh. o. O. u. J. 8? 24 BlÄtter. Mone's
Anzeiger 1835. Sp. 46.
f Nr. 297.
Sanct Wolfgang.
1. Wer vil wunder wil schauen,
sol gen sant Wolfgang gan:
da im erschin unser fraue
auf dem berg, fach er an!
got wolt gnad mit im ieben,
die berg tet er zerkliebcn
und von einander schieben,
schlug mit seim häcklin dar,
macht ein brunnen, ist war.
476
2. Heiliger sant Wolfgange!
du bist ein heiliger man^
das ließ dich got genießen,
sant dir her aus dem tron
sein liepste muter schone,
sie sprach: du solt aufstone,
ein gotshaus bauen lone!
das tetstu williklich,
ließ got genießen dich.
3. Da fieng er an zu werfen
der edel bischof rein
sein häcklin über borg und tal,
da er das käppellein
wolt heben an zu bauen
in der eer unser frauen.
got helfy daß wir es schauen,
tu uns bhüten vor schand
auf wasser und auf land !
4« Sol ich ein gotshaus bauen,
die stein seint mir zu schwer,
so kan ich ir nit hauen,
der teufel der kam her:
ich hilf dir bauen schone,
den ersten pilger wil ich hone,
ein wolf der wart sein lone,
der kam gewallet dar,
trug ein walsack, ist war.
5. Nun last uns alsamt schauen
die zeichen in gemein,
ir man und auch ir frauen!
bei seinem käppellein
vindt ir hend, fiiß, bein hangen
und yil stuck von gefangen,
da er im stein ist gangen. *
get ir in segerär,
da zeigt man euch ir mer.
6. Ein man der ist gelegen
drei stund auf einer bar,
daß man sich het verwegen
ein jeder man sein gar ;
477
vil andrer großer wunder
list man ench da besnndery
wann vil brüder seint dar
auf der canzel, ist war.
7. Heiliger sant Wolfgange!
du bist ein heiliger man^
du tröstest die gefangen,
wer dieb tut rufen an,
krank, lam und schwanger frauen
und wer den seinen trauen
setzt genzliehen in dich,
sant Wolfgang, bitt fiir mich!
Ans Yal. HoU*8 Liederbaehe, 1524'-26, BL 131 , bei Ubland Nr. 807.
f Nr. 298.
Ruf gegen Ungewitter.
1. O süßer got, herr Jesu Christi
seint daß du unser sele
an unsrem ende speisen bist
dort ßlr der hello quele
mit deinem waren sacrament,
das unser dort tut warten
und unser sele frölich sendt
in paradeises garten:
2. So bitt wir dich umb leiplich nar
hie aller frücht auf erden,
daß den kein schaden widerfar
und ganz behütet werden
von dir zu felde überal
vor allem ungewitter,
daß hagel, schaur und feures stral
die frucht nit machen schitter.
3. Das wiltfeur fer hin von uns jag
in wilds gerör und hage,
darin es niemant schaden mag
beir nacht und auch beim tage!
0 reicher got, laß mildiglich
all frucht kecklich entsprießen,
daß arm eilende hie rätlich
durch gab sein wol genießen!
32
478
4. Den armen Belen in fegfeurs peiu
ta bitters leiden smeien
und sie durch das almusen rein
den seligen zuzelen!
got vater, sun, heiliger geist,
ein gotheit und drei namen,
ganz unser bet also voUeist!
so singen wir firölich: amen!
AuB einer P^Hs. der StadtbibK sn Segensborg, Auf. des XVI. Jahrli.,
bei Uhland Nr. 308.
f Nr. 299.
Ein neu geistiicb Het, gemacht in dem ton:
Wer essen wil der gee snm tisch.
Ich saneta Maria und sant Brigitta
wollen euch laden schon,
mein alle die getaufet sein
und Christenglauben hon.
dient ir got und der muter sein,
gnad wöU wir euch erwerben,
daß es euch hie zeitlich wol got
und dort nit sterbet ewig tot
mensch, du must f&r gericlity
darair hilft alles nicht.
7 Gesfttie. Über Brigitta klein geschrieben BarbaM. In der Liederhs.
der Brfider Brentano, nm lfr84.
f Nr. 300.
1. Frid gip mir, herr, auf erden
durch deinen bittem tot!
laß mich nit siglos, werden
in meiner letzten not,
daß mir der feint kein schmähe
beweis durch seinen list
und ich zu dir mich nahe,
den Ion und &eud empfahe
als mir versprochen ist.
2. Rieh herr mich nit zu schulden,
ob ich durch todes schmerz
verfiel in imgedulden,
so gat es nit von herz.
479
in festem glauben sterben
sol sein mein jungster will,
herr, laß mich nit verderben,
die sacrament erwerben,
dein gnad an mir erfüll!
3. Herr, von zoren nit feile
dein urteil über mich!
sanctus Andreas welle
mir gnad erbitten dich,
der auch am kreuz erlitten
hat umb den namen dein,
all zeitlich eer vermitten,
die ewig freud erstritten,
zwölfbot und f&rsprech mein.
4. Bischof sant Ulrich wende
dein lieb von mir nit ab!
wami ich mein leben ende
imd kein verstant mer hab,
auch daß nit kan mein munde
umb hilf rufen zu dir,
so bitt ich dich jetzunde
aus meines herzen gründe,
kum dan zu tröste mir!
5. Zu Äug spur g da begraben
die heilig Afra leit,
der ich mich auch wil haben
befolhen hie in zeit,
und ir gselschaft mit eine,
all mein patronen hie,
voran Maria reine,
daß sie uns ingemeine
genad erwerben tti.
Ans Amt von Aich Liederb. nm 1519. Nr. 77.^^) Ebenso in der Hs.
der Brüder Brentano, mit der Unterschrift „Anno domini 1528. 9. die Mensis
Decembris.'' nnd der Überschrift von anderer Hand: Im ton wie der graf
von Serin.
Friedrich Graf von Zollern, fir&her Domdechant zn Strasburg,
Freund Geileres von Keisersberg, war seit 1486 Bischof zu Augsborg nnd starb 1606.
§. 12. 14) Auf dem Titel nur 75 Lieder, es sind aber zwei mehr.
32*
_480_
§. 13.
Gedruckte Sammlungen
bis zum Jahre 1524.
Die Buchdruckerkunst hatte sich in den ersten Jahren ihres
Bestehens meist nur auf die kirchliche und zunftartig wissen-
schaftliche Thätigkeit der Geistlichen beschränkt. Bald aber
bemächtigte sie sich aller Richtungen und Bestrebungen des
menschlichen Geistes und wirkte wohlthätig belebend und an-
regend. So bekam endlich auch das Volk seinen Antheil an
dieser segensreichen Erfindung, und keine Macht der Welt ver-
mochte es je dieses Antheils wieder zu berauben. Freilich
musste das Volk früh schon erleben, dass ihm diese Wohlthat
nur unter Beschränkungen zu gut kommen sollte. Die Ver-
mittelung des Wissens und der Bildung durch die Mutter-
sprachen, auf diesem natürlicheren Wege, war von jeher den
lateinischen Geistlichen ein Gegenstand, der ihnen Furcht und
Gefahr einflößte für ihr Ansehn, ihr Leben und Wirken. Wie
von jeher das Volk Verlangen trug nach deutschen Büchern,
woraus es Erbauung, Trost und Belehrung schöpfen könnte, so
hegte es dies Verlangen auch noch jetzt zu Ausgange des XV*
Jahrhunderts. Wie aber die Geistlichkeit, Papst imd Kirchen-
ver^ammlungen das Lesen, ja sogar den Besitz deutscher Bücher
von jeher verboten hatten, so hätten sie es auch jetzt noch
gerne gethan, wenn sie es bei der neuen Art der VervielfUlti-
gung der Bücher noch vermocht hätten. Die Geistlichkeit ist
aber. zu allen Zeiten erfindungsreich gewesen: konnten sie die
Wirkungen der Buchdruckerkunst nicht unterdrücken, so woll-
ten sie dieselben doch wenigstens überwachen und beschrän-
ken, so weit es ihren Zwecken eben angemessen schien.
So entstand die Büchercensur. Schon im Jahre 1486 be-
fahl Erzbischof Berthold von Mainz, dass ohne Genehmigung
seiner Bevollmächtigten nichts ins Deutsche übersetzt, nichts
gedruckt noch verkauft werden dürfe').
§.18. 1) Gnden, Codex diplom. Mog. IV, 471. — mandamas, ne aUqna
op«ra cQiotcimqiie sdentie, aiüs vel notitie e graco, latiDo Tel aUo sermone
In Yiilgare g^rmanienm tradncant ant tradncta, qnoTia commatationis genere
▼el titalo distrahant vel comparenti publice yel occultef directe vel indirecte
481
Was hier för eine einzige Di(>ce8ey freilich aber in der
Nähe des bedeutendsten Stapelplatzes des deutsehen Buchhan-
dels geschah , erfolgte fiinfiindzwanzig Jahre später för die
ganze katholische Christenheit Der päpstliche Stuhl schien zu
ahnen die gewaltigen Wirkungen der entfesselten Mutter-
sprache, die sich als Verkünderin der christlichen Wahrheit,
als Spenderin des Trostes, als Pflegerin und Vermittlerin aller
Bildung dem deutschen Volke erwies. Am 4. Mai 1515 erließ
Papst Leo X. eine Bulle, worin er jeden mit Bann und hoher
Geldstrafe bedrohte, der irgend ein Buch ohne Prüfimg und
Genehmigung von Seiten der geistlichen Behörden druckte oder
drucken ließ*).
Wie erfolglos dergleichen Verordnungen waren, zeigte sich
bald: es erschienen sehr viele deutsche Bücher, wovon gewiss
nur wenige einem Censor zu Gesicht kamen. Die Geistlichkeit
war außer Stande, alle Erzeugnisse der Presse zu tiberwachen.
Bis zur Reformation hatte sie es auf unserm Gebiete, wo sich
noch keine neue volksthümliehe Thätigkeit offenbarte, auch
eben wenig nöthig. Die bis dahin erschienenen Sammlungen
übersetzter Lieder sind sehr unschuldiger Art, es müsste denn
sein, dass ein übersetztes Lied für imliturgisch und deshalb
verpönt angesehen wurde.
nisi ante impressiouem , et impressa ante distraotionem per ... ad hoc Ae-
pQtatofl ad imprimendam vel distrahendum admissa, yel si iu oppido Frank-
fordie libri yenalea expositi, per .... visi et approbati fuerint.
§. 13. 2) Cocqaelines, Bullaram amplissima colleciio T. III. P. III. p. 409.
410. — Qnia tarnen multornm querela nostrnm et Sedis Apostolicae pnlsa-
vit aaditom, qnod nonnalli hniiiB artis imprimendi ma^stri) in diversis mnndi
partibns, libros tarn Graeeae, Hebraicae, Arabicae et Chaldeae linguamm in
Latinnm tranalatos quam alios Latino acynlgari sermone editos, errores
eüam in flde ac perniciosa dog^ata, etiam religioni christianae contraria aut
contra famam personamm etiam dignitate fnlgentinm continentes imprimere
ac publice vendere praesnmnnt, ex quorom lectora uon solnm legentcs non
aedificantor, sed in maximos potins tarn in fide quam in vita et moribns pro-
labuntur errores, rnide varia saepe scandala (prout experientia remm magistra
doeuit) exorta fuenmt et niniora in dies exoriri fonnidantur. — Statuimus et
ordinamns, quod de cactero porpetuis futuris temporibus nullus libnini ali-
quem sen aliam quamcunque scripturam tarn in nrbe nostra quam aliis qui-
btwvis ciritatibas vel dioecesibus imprimere seu imprimi facere praesiimat,
nisi cet.
482
Das bückUn halt JA van erst ff.
192 Bl. 8^ Ende des XV. Jahrh. S. vorher §. 9. S. 259.
Hierinne stönd ettUck tewfstk ymm ff. Haidelberg 1494. 4^
S. vorher §, 9. S. 262.
Der Curß vom eacrament ff. Basel 1497. S^.
S. vorher §. 9. S. 265.
1517.
Faseio Christi Von Marti \ no MyUio in Wengen z& Vlm gaisdichen \
Chorherren y gebracht vnnd gemadU | nach der gerümpten Mu~
sica, I als man die Hymnus gewont \ zebrauchs, Vn hie hey an \
gezaigt vor yedem ge \ dicht, vnder waß \ Melodey z&sin | gen
werd, I (Viereckiger Holzschnitt: Christus am Kreuz, zu
seinen Seiten Maria und Johannes.)
Der verwundl Jesus, schreit zu dem Sünder \ 0 mensch sich an mich
deinen gott \ Hart/ich gemartert vnd verspolt \ Mein wunden tieff,
vnd rotes blut An meinem sterben hab fürgit \ Kmew mir nit
den bitlem schmertz \ Durch sind, mach rein dein malget hertz, |
Cum gratia ^ priuilegio. \
Am Ende:
Getruckt vnd vollend, in kosten des erbern \ Joannis Haselbergs
auß der reichen \ ow Costentzer bistumbs. Anno J M. D. XVij.
Kaien, April
4 Bogen und 1 Bl. in 4^, Auf der Rückseite des Titelblatts
steht ein kais. Privilegium gegen den Nachdruck auf 10 Jahre
bei 10 Mark Goldes Strafe. Ein Exemplar in der Stadtbibl.
zu Ulm; ein anderes war in Zwickau, s. Schöber, Zweyter Bey-
trag S. 93; ein drittes in der Bibliothek der Brüder Brentano;
ein viertes ist in der Meuseb. Bibl. Nr. 9002. 26 Lieder.
Ph. Wackemagel hat davon 10 vollständig mitgetheilt: Nr. 167
— 176. und von den übrigen die Anfange S. 722. Das genügt
vollkommen, um ein Urtheil darüber zu erlangen. Die Lieder
sind theils Übersetzungen alter lateinischer Hymnen, theils im
Versmaße solcher gedichtet. Sie betreffen nicht alle die Lei-
densgeschichte und der Titel: Passio, ist nicht recht passend.
Der poetische Gehalt ist sehr gering. Der Dichter, der gewiss
schon ohnedies keine große Sprachgewandtheit besaß, hat sich
nun noch durch Nachahmung der alten künstlichen Versmaße
große Fesseln angelegt. Sein Bestreben ist ganz erfolglos ge-
blieben: nicht ein einziges seiner Lieder taucht in den vielen
483
Liederbüchern oder sonstwo wieder auf. Heutiges Tages mag
es för uns höchstens nur von litterarhistorischem Interesse
sein, in diesen Versuchen das älteste Beispiel der sapphischen
Ode und die ersten Alexandriner zu finden, worauf Ph. Wekn.
iS. 870 mit Recht aufmerksam macht.
f Nr. 301.
Die christenlich verkündung von Gabriele Erzengel, au singen
unter dem ton: Ut queant laxis.
1. Nachdem den menschen Cherubin mit schaden
ausjagt von fröd des paradis, beladen
mit schwerer sünd, das er do solt beklagen
und sünd beweinen,
2. Do wurd gemeinlich gut und bös verloren,
es kern dann got, von reiner magt geboren,
die er von ewigkeit hat auBerkoren,
möcht uns vereinen.
3. Nun bsaß die höchst dreieinigkcit, mit namen
vater, — sein Weisheit, lieb bindt sie zesamen, —
ein rat und bschloß, daß solt menschlichen samen
got selb erlösen.
4. Bhend zu Mariam Gabriel wart gsendet,
der auch solch bschlussred gotes recht vollendet,
sprach: grüß dich, vol gnad, got hat dich gesegnet,
solt in genesen.
5. Maria sagt: genzlich in meinem herzen
bin ich so unwert, daß ich got on scherzen
sol darzu Jungfrau bleibend on al schmerzen
von mir geboren.
6. Ich bin des herren dienerin und maget,
mein will in got ist und mein gmüet behaget
in seiner lieb: bschäch mir in "kurzen tagen
nach deim begeren.
7. In disem punkt das ewig wort vereinet
wart mit der menschheit, drumb daß er bereinet
sunderlich makel, als es dann bescheinet
nach seinem sterben.
484
f Nr, 302.
Jesus gat an ölberg, su singen unter melodei des hymni:
Sanctomm meritis inolyta.
1. O Sünder, tracht mit fleiß, wie dein erlösung sei
angfangen nach der speis und hymnus melodei,
do Christus wolt den preis selb bhalten, machen frei
den menschen von Sathanas gwalt
2. Er sprach: mein seei betrübt das bitter sterben mein,
das dann von euer lieb nahet und kumt darein,
sitzt hie bei disem biet Gethsemani gemein!
ich gang zu beten alsobald.
3. Mit im nam er drei sün: Petrum, Jacob, Joan,
den er auch vor erschien am berg Thabor mit wan,
stig an ölberg mit in, sprach: sitzt, wacht, bett voran,
daß euch der veint nit ganz verfiir.
4. Er sich mit gspannen arm warf uf den feisen hart,
schry: got vater, erbarm dich meines trures gfert,
sich an mein schweiß so warm in blutig färb bekert:
nem disen kelch wiltu von mir.
5. Diß bet er drei mai tet mit bittrem herz und gmüet.
bald kam der engel, seti und sprach: got aller güet,
bis für den menschen stet und in durch leit behüet,
als du fUrsachst in ewigkeit.
6p Darumb, Jesu, erman ich dich mit trtibter seel,
des blutfam schweiß der ran von dir umb menschlich heil
am ölberg: laß mich han deins bets ein michel teil
und nach meim tod die Seligkeit.
f Nr. 303.
Jesus hangt am kreuz,
9U singen unterm hyms: Vexilla regis prodeunt,
der auch geteutscht.
1. Die künglich paner gent herfiir,
des kreuz opfer scheint nach gepür,
darmit des fleisches Schöpfer ist
mit fleisch ans kreuz gehenkt, Jesus Christ.
2. Sein hend und faß mit negeln gheft,
sein glider al gespant mit kreft,
daß er erlöst menschliche not,
hat sich geopfert durch den tot.
3. Darzu ist im sein herz als ser
darchBtochen mit eim Bcliarpfen sper,
von dem das blat mit wasser rint^
daß er uns wusch von aller sünd.
4« Die glaubwürdige Davids sag
ist nun erfölt und ligt am tag,
so er zu allen Völkern spricht:
got hat am holz die weit gericht.
5. O kreuzy ein bäum gleißent mit zierd,
mit künglich wat wirst du berüert,
du bist ein außerweiter ast,
der götlich glider anetast
6* Du seiger baum^ an armen schon
tregst du der weit zalung und Ion,
imd bist des leibs ein wag gemacht,
der den nom aus der helle bracht ').
7. O kreuz, mein ho£aung dise stunt,
grüß ich dich aus meins herzen grünt;
mer in den grechten götlich hult
und lösch aus aller sünder schult.
Von dem Verfasser wissen wir zufällig mehr als von andern
Liederdichtem jener Zeit. Er that Profess im Wengenkloster zu
Ulm, reiste 1511 nach Wien, wurde 1515 durch seinen Prälaten
nach Hause zurück berufen, kam aber nicht, soll nachher Prä-
positus im österreichischen Kloster Schratenthal, aber nur zwei
Jahr, gewesen sein und starb 1521. Er hieß mit seinem eigent-
lichen Namen Martin Miller. S. Bernhardts Vorr. XTiTT. ff. zu
Göz, Beitrag zur Geschichte derEjurchenlieder; Albrecht Weyer-
mann. Neue historisch -biographisch -artistische Nachrichten von
Gelehrten und KünsÜem aus Ulm Fortsetz. (Uhn 1829) S. 334.
Der ewigen wißheit betbuchlin. Basel 1518. 12®.
Bl. 93 —102. 6 Lieder, verzeichnet nach den Anfangen von
Mone in Aufsess Anzeiger 3, 373.
Hymnarhis: ff. Sjgmundslust 1524. 8\
S. vorher §. 9. S. 271.
§. 13. 8) Diese beiden letzten Zeilen im Lateinischen:
staterA facta est corporis
praedam tolitqae tartari.
486
§. 14.
Alte Lieder
aus späterer Zeit.
Im J. 1524 erschienen die ersten Lutherschen Gesangbücher.
Sie wurden in demselben und in dem folgenden Jahre mehrmals
nachgedruckt und vermehrt Luther hatte gleich anfangs einige
von den alten Liedern nach seiner Umarbeitung mitaufgenom-
men und fügte später noch andere dazu und zwar ganz in der
Gestalt, wie sie im Munde des Volkes lebten. Der Liedervor-
rath der neuen evangelischen Kirche vermehrte sich von Jahr
zu Jahr. Die Einführung des deutschen Gesanges wirkte sehr
ersprießlich für Abstellung vieler kirchlichen IvGssbräuche , för
Belebung des öffentlichen Gottesdienstes imd Beförderung der
häuslichen Andacht, und verbreitete die neue evangelische Lehre
mehr als alles Predigen, Schreiben und Lesen.
' Die Anhänger der alten Kirche sahen darum in dem deut-
schen Gesänge ihren allergefährlichsten Feind. Viele Jahre
ließen sie aber doch vergehen, ehe sie sich entschlossen, eben-
falls dem deutschen Gesänge eine größere Berücksichtigung zu
schenken. Freilich konnten sie nie dasselbe leisten, was ihren
Gegnern bereits so glänzend gelungen war: die lateinische Li-
turgie blieb in ihrer ausschließenden Geltung und der deutsche
Gesang hatte mit ihr keine Gleichberechtigung, er wurde in
der Ejrche nur hie imd da geduldet, und war dem Volke ver-
gönnt bei seinen Wallfahrten und Bittgängen und zur häusli-
chen Andacht. Trotzdem muss es als ein löbliches Unternehmen
betrachtet werden, dass endlich katholische Geistliche die alten
deutschen geistlichen Lieder aus der Volksüberlieferung sam-
melten und XJbersetzungen und Nachbildungen lateinischer
Hymnen imd neue, dem Bedürfhisse des Volks entsprechende
Lieder dazu fugten.
Die erste Sammlung veranstaltete Michael Vehe, Predigeir-
mönch, Doctor der Theologie und Propst an der Stiftskirche
zu Halle an der Saale :
487
„Ein New Gesangbüchlin Geystlicher Lieder ^ tot alle
gutthe Christen nach ordenung Christlicher kirchen. ff.
Gedruckt zu Leiptzigk durch Nickel Wolrab. löST.** 8«.
45 Lieder. ^)
Das schone Unternehmen blieb vorläufig vereinzelt. Erst
im J. 1560 lenkte wieder Georg Witzel in seinem i,Chorbuch
der Heiligen Caiholischen Ejrchen^ die Aufinerksamkeit auf den
deutschen Gesang und fügte zu seinen übersetzten Stücken der
lateinischen Liturgie , den Gebeten und Gesängen auch einige
nLäyische deudsche Cantilen« hinzu. Doch kann das Chorbuch
nicht als ein eigentliches deutsches Gesangbuch betrachtet
werden. *)
Dreißig Jahre mussten erst wieder vergehen, ehe Yehe's
Büchlein zur vollen Geltung gelangte.
Im J. 1567 veranstaltete der Domdechant Johannes Lei-
sentrit von Olmütz ein großes Gesangbuch unter dem Titel:
^Geistliche Lieder vnd Psalmen, der alten Apostolischer
recht vnd warglaubiger Christlicher ^Kirchen ff.<< (Bn-
dissin, durch Hans Wolrab. M. D. Lxvij.)
mit 199 deutschen und 22 lateinischen Liedern. In demselben
Jahre ließ er einen zweiten Theil ') nachfolgen mit 23 Liedern
zu Ehren der heil. Jungfrau , der Apostel , Märtyrer und Hei-
ligen. Leisentrit benutzte fleißig das Vehesche Gesangbüchlein,
ohne jedoch des Sammlers weiter zu gedenken. Er nahm fast
alle Lieder in sein Buch auf. Die alten Lieder im Vehe fan-
den durch Leisentrit weitere Verbreitung^ sie gingen in die zu
Ende des XVL und zu Anfange des XVH. Jahrhunderts von
§. 14. 1) Ein getreuer Abdnick dieses sehr selteuen Boches erschien nnter
dem Titel:
Michael Vehe*s Gesangbüchlin yom Jahre 1637. Das älteste katholische
Gesangbach, s Nach dem Exemplar der Königlichen Bibliothek zu Hannover
heraosgegeben (mit einer Nachrede) Yon Hoffmann ron Fallersleben. Hannover.
Carl Kümpler. 1853. 8^.
§. 14. 2) „PSALTES ECCLESIASTICVS. Chorbach der Heiligen Catho-
lischen Kirchen, Deadsch, jtEundt new aasgangen. Darch Georg^am Vaiee-
linm. In verlag Johan. Qaentels, Bürger vnd Bachdrücker sa C6len. Ge-
drackt dorch Frants Behem, sa S. Victor bey Menti. Im Jar M. D. L.** 40.
(Bonner o. Bresl. Bibliothek.)
§. 14. 9J Vgl. meine Aasgabe des Veheschen GB. 8. 128. Amn. 8.
488
einzelnen Bischöfen*) veranlassten und einzelnen Buchdruckern *)
veranstalteten Gesangbücher über und wurden hie und da durch
andere alte vermehrt
Die größte Sammlung veranstaltete endlich David (Jrego-
rius Corner, Abt zu Göttweig. Sie erschien zu Fürth bei
Georg Endter im J. 1626 unter dem Titel: ;,Groß Catholisch
Gesangbuch« •) und verdient diesen Namen mit vollem Rechte,
denn sie enthält 422 numerierte Lieder. Der gelehrte und flei-
ßige Abt hatte dabei die alten Lieder mit berücksichtigt, also
auch diejenigen Lieder, die aus älterer Zeit stammen und Ge-
meingut der ganzen deutschen christlichen Kirche sind, mitauf-
genommen. Er spricht sich darüber in seiner Vorrede also aus :
' — Aus dieser Ursach bin ich anfangs der Meinung gewesen,
gar kein einigs Gesang, so in ketzerischen Gesangbüchlein zu
finden, in dies katholische mit einzubringen. Aber diese Mei-
nung hat mir gar ein gottseliger Pater der Societät Jesu ge-
wendet, und mir zu Gemüth geführt, dass die Unkatholischen
ihre Gesangbüchlein mit nicht wenigen unsem uralten andäch-
tigen Gesängen gespickt, ja so gar vermessen gewesen, dass
sie auch deren etliche mit des Luthers Namen verunreiniget,
ab da sein:
Der Tag der ist so freudenreich,
Gelobet seist du Jesu Christ,
Christ ist erstanden,
Nu bitten wir den heiligen Geist,
Wir glauben all an Einen Gott,
Jesus ist ein süßer Nam ff.
§. 14. 4) Abt Qairin za Tegernsee vor 1577 besorgte das Tegernseer GR.,
Bischof Veit von Bamberg machte 1576 einen Auszug aus Leisentrit für
seine Diöcese; auf Befehl des Bischofs Eberhard zu Speier erschien ein GB.,
welches oft aufgelegt wurde, z. B. ,» Colin, Durch Arnold Qnentel. M. DO. X.**
und mit einem Anhange 1619, so v/ie „aus sonderm Befelch^ des Erzbischofs
Georg Friedrich von Mainz 1628 das Mainzische GB. unter dem Titel:
„Himmlische Harmony Von vielerley lieblich zusammenstimmenden Frewd-
Leid- Ttost- vnd Klagevögelein. "
§.14. 5) Adam Berg in München 1586, Johann Bauer in Insbruck 1587,
Joh. Meyer in Dillingen 1689, Peter vonBrachel in Köln 1628, David Fuchs
in Heidelberg 1629, Matthäus Pontanus in Paderborn 1616 u. a. Vgl. meine
Ausgabe von Yehe's GB. 8. 125. Anm. 8.
§. 14. 6) Den vollstKndigeu Titel dieser und der folgenden Ausgaben s. in
meiner Ausgabe dos Veheschen GB. S. 126. Anmerk. 10.
489
und dergleichen mehr, von welchen doch die ganze deutsche
Christenheit weiß, dass sie älter sein als Luther und sein neues
Evangelium. Nu wolle sich keineswegs gebühren, solche gute alte
Andachten, deren auch das gemeine Volk so lang gewohnt,
nur darum auszulassen, dass sie auch von Feinden des wahren
Glaubens gebraucht und ihnen ftischlich zugeschrieben wer-
den/ — »)
§. 14. 7) Allerdings hiatte man Luthern schon zu seinen Lebzeiten manches
Lied zugeschrieben, welches älter als er oder auch von anderen verfasst war.
Lnther hatte wie gegen so manches Andere auch dagegen protestiert.
Wenn es späterhin dennoch yorkam, geschah es ans Unwissenheit: die neue
eyangelisohe Kirche hatte wirklich nicht nöthig, sich fremdes Liedergat an-
zueignen. Die Herausgeber katholischer Gesangbücher aber kannten die
Lieder der Ketzer, kannten zum Theil die Verfasser dieser Lieder nnd
machten sie absichtlich zn Liedern der yorprotestantischen Zeit. Corner war
noch anständig: er hatte wenigstens »incerti auctoris^ über einige Lieder ge-
setzt, yon denen er die ketzerische Herkunft wissen mochte, ließ jedoch
den Qesangbestrebungen in der eyangelischen Kirche alle Gerechtigkeit wi-
derfahren. Andere Sammler waren nicht so gewissenhaft. Anf eine wirklich
über alle Begriffe schamlose Weise yerf&hrt der Herausgeber eines Wiener
Gesangbuches :
»Dayidische HARMONIA. Das ist, Christlich CathoUsche Gesänge,
mit yorgesetzten Melodeyen ff. Zusammen getragen Aufl ynterschid-
Uchen GesangBüchem ynd jetzo zum erstenmal in dise Form gebracht
Permissu eorum, ad quos pertinet. Gedruckt zu Wienn, bey Johann
Jacob Kürner, im Jahr 1659.^ 12o. (Göttinger Bibl.)
Viele unzweifelhaft von Luther, Joh. Mathesius, Nicolaus Hermann u. a.
yerfasste Lieder sind hier als altkatholische eingeschwärzt. Die Vorrede 8.
4 — 6 spricht sich also darüber aus:
'Darbei gleich wol der andächtige Singer zu beobachten hat, dass die
neuglaubig Uncatholische die meiste Gesang, so bei ihnen im Ge-
brauch seind, yon der BÖm. Catholischen Kirchen, ungeacht sie
in ihren Gesangbüchern ihre eigene Namen darüber geschrieben, entlehnet
haben, — gleichergestalt als wie nach Luthers Selbstbekanntnuss die heil.
Schrift, Abendmal, Absolution, die Glaubensbekanntnuss, Vater unser, Zehen
Gebot ff. an ihne und die seinigen yon der Rom. Catholischen Kirchen ge-
kommen. Gleichwie aber Luther und sein Anhang mit denen obgemeldten
Stücken umgangen, dass sie nämlich deren etliche unyerändert gelassen; et-
Uche aber gestümmelt und mit ihrem Gift beschmiert, also haben sie auch
mit denen alten Gesängem der Catholischen Kirchen gehandelt, deren et-
liche unyerändert yon ihnen gelassen, welche der Censur dessenthalben be-
freit sind, andere aber haben sie mit ihren Irrthumen yemnreiniget, welche
490
Corner kommt dami auf seine Sammlung selbst zu spre-
chen. Nachdem er die Stelle aus den Confessionen des heil.
Augustinus angeftihrt hat: Tarnen cum mihi accidit, ut me
amplius cantus, quam res quae canitur, moveat, poenaliter me
peccare confiteor, et tune mallem non audire cantantem —
fÜat er also fort. ^So viel Augustinus. Ja ich halte auch dar-
für, dies sei die einzige Ursach, dass so wenig katholische
Doctores ihre Bemühung dahin anwenden wollen, ein recht
wohlgeordnetes und corrigiertes deutsch Gesangbuch zu ver-
fassen, da hingegen die Unkatholischen mit ihren deutschen
Gesängen sowol in der Meng ab in der Ordnung den unsem
tiberlegen zu sein sich äußerst befleißen. Ich hab unter etlichen
und dreißigen katholischen Gesangbüchlein gar wenig gerechte
gefunden. Des Herrn Dr. Ulenbergers Psalter, Herrn Dr.
Leisentritts Gesangbuch, und sonderlich dasjenig, welchs auf
I. Fürstl. Gn. Herrn Eberhards Bischofs zu Speier gnädigen
Befelch zu Köln mehrmaln gedruckt worden, seind die besten,
so mir fürkommen, aber gleichwol gehet ihnen in der Meng
und Vollkommenheit aller der Materien und sonderlich in
andächtigen, von den alten deutschen Christen so
lang gebrauchten Rufen viel ab, die übrigen seind meh-
rertheils sehr schlecht, etwa von ungelehrten Schulmeistern oder
Buchdruckern, gemeiniglich ohne Namen des Authoris, nit ohne
sondern Nachtheil und Schaden der heiligen Religion in Druck
gegeben worden. Und ist mir auch unverborgen, dass noch
auf heut viel fromme andächtige eiferige Katholische vorhanden,
denen das deutsche Singen nit {aat lieb oder auch (wegen der
Ketzer Missbrauch) wol verdächtig ist, die auch derentwegen
die Arbeit, ein recht katholisch Gesangbuch zu fertigen, nicht
zum Besten angewendt zu sein vermeinen.'
Er kannte also gewiss die meisten damals vorhandenen
katholischen Gesangbücher und benutzte sie zu seinem Unter-
man jetzo darron gesKnbert und der Catholischen Lehre gleichförmig gemacht
hat. SchlieBliehen iat diese Arbeit ssn dem Ziel und End gerichtet, damit
samt denen Alt-Catholischen die nunmehr dnrch Gottes Barmherzigkeit
zum rechten Schafstall bekehrte Herzen darch die bewegliche Singe-
knnst €K>tt im Geist und in der Wahrheit andftchtig und eiferig loben,
preisen u. s. w.'
491
nehmen, *) doch schöpfte er auch «m HandBchriften imd yiel
aus n^dlicher UberUefenmg. So sammelte er viele alte Rufe,
wie sie das gemeine Volk in Osterreich zu seiner Zeit noch zu
singen pflegte. Wenn auch nicht Alles , was er als alt be-
zeichnet, durchweg alt ist, so sind doch in den meisten dieser
Rufe alte und volksthümliche Bestandtbeile. Fast alle sind
süddeutscher Herkimft und wie die Schnitterhüpfel *) achttactig,
zuweilen auch zwölftactig und voll volksthümKcher Züge und
Redeweisen. »•) Sie wurden natürlich nicht wie jene als Tanzlie-
der, sondern feierlich, in langsamem Tempo gesimgen. Sie
riad mitunter von unendlicher Länge. Das erklärt sich aus der
zu keiner Zeit erloschenen Neigung des Volkes zu dichten und
zu singen. Das Volk, dem die überlieferten einfachen Weisen
geläufig waren, wusste leicht Worte dazu zu finden, mochte
§. 14. 8) Auffallend, daa» in der Bibliothek des Benedictiner-Stiftes Gött-
weig nichts der Art mehr yorhanden ist Ich fimd nnr yenchiedene Ausga-
ben des GB. der mXhrischen Brfider, dagegen keine einzige Ton Comer's
GB., die Ton 1681 sah ich nur in der Bibl. der Angostiner Chorherren an
Klostemenbinrg.
$. 14. 9) Schmeller Bayerisches Wörterboch m. Hu 8. 499.
§. 14. 10) B. B. Corner GB. 1626. Nr. 190.
Was setxtens auf sein Hanpte?
Von Dom ein scharfe Cron.
Was legtens anf sein Backen ?
Ein Krens war lang and breit.
Was schlngens durch sein HSnde?
Zwen eiserne Nttgel gro6. ff.
Corner GB. 1626. Nr. 188. Btr. 23.
Was fand er an dem Wege stahn?
Bein liebste Mutter, die schaut er an.
liainser GB. 1628. 8. 208.
Es weineten die Engel einmüthiglich,
Die Himmel traureten bitterlich,
8ie weinten, sie traureten also sehr,
Das nie geh5ret noch gesehn.
Corner GB. 1626. Nr. 278. Str. 6 und 6.
Maria übers Gebirge gieng,
Elisabeth sie gar schön empfieng.
Johannes kniet nieder in Matterleib,
Er erkennet Gott den Herren sein.
492
auch hie und da an vorhandene Lieder neue Gesätase anhängen
und aus verschiedenen alten Liedern ein neues machen. >*)
Diese Rufe im Versmaße und nach der Weise der Schnit-
terhüpfel sind eine Eigenthümlichkeit des älteren katholischen
Kirchenliedes und zum Theil uralt wie die achttactigen Lieder:
Erstanden ist der heilige Christ, o. a. Ihre nächste Bestim-
mung war, bei Wallfahrten und Bittgängen, besonders zum
Lobe und Preise der heiligen Jungfrau imd aller Heiligen ge-
sungen zu werden.
Einige derselben wiU ich mit ihren Anfangsstrophen hier
folgen lassen und die als alt bezeichneten mit Wem f versehen^
Da der Herr Christus leiden sollt,
Herr Jesu Christ!
Ein Abendmal er stiften wollt
Nun liilf uns, lieber Herr Jesu Christ!
Corner GB. 1625. Nr. 126. 160 Strophen.
Da Jesu zu Bethania was,
Herr Jesu Christ!
In Simeons Haus da fägt sich das.
Jesum den soUen wir rufen an!
Obseqniale fleonndmn ritom eccl. Ratisb. 1570. im Anhange 151 Strophen.
t Den lieben St. Johannes loben wir,
Und seiner Gnaden begehren wir.
Kyrie eleison.
Corner GB. 1625. Nr. 278. 40 Strophen.
Der Fried unsers Herren Jesu Christ
Behüt uns all zu dieser Frist! :,:
Corner GB. 1625. Nr, 812. 82 Strophen.
Der heilig Herr St. Wolfgang,
Der ist ein heiliger Mann.
Er hub sich auf zu Regensburg,
Zog in das Baierland.
Nie. Beuttner GB. 1602. 2. Th. Nr. 81. 15 Strophen.
§.14. 11) So sind in Comer's Nachtigal 1658 unter Nr. 121. *Drei ge-
meine Osterges&ng, nämlich: AU Welt soll billig fröhlich sein; Am Sonntag
frühe Biariä drei, nnd Erstanden ist der H. Christ — zusammen gesogen,
weil sie gleiches Inhalts, können anch alle drei in gleicher Melodei gesun-
gen werden'
t £8 freuet sich billig Jung und Alt:
Zerschlagen ist jetzt des Teufels Gewalt.
Alleluia.
Corner GB. 1625. Nr. 142. 14 Strophen. — Kölner GB. 1610. Bl.
82«. 13 Str. — Münchener GB. 1586. Bl. 107. ff. 24. Str.
Es ist ein kindelein gebom,
es hat versünet gotes zom,
gutes zom von himelreich:
nie gebom wart desselben gleich.
Klostemeubnrger Hs. 1228. Mone Anzeiger 8, 852. Weinhold Weih-
nacht-Spiele S. 385. 26 Strophen (nach Mone 27.)
Es kam ein Engel schone
Vom Himmel hoch herab
Zur Jungfrau Maria frone,
Er grüßt sie tugendsam.
O Maria!
Dein Freud die hub sich an.
Corner GB. 1625. Nr. 190. Nachtigal 1658. Nr. 189. 24 Strophen.
f Es sungen drei Engel ein süßen Gesang,
Dass in dem hohen Himmel erklang.
Corner GB. 1625. Nr. 187. 15 Str. S. % Nr. 318.
Es war einmal ein reicher Mann
Mit Sammet und Seiden angethan»
Corner GB. 1625. Nr. 370. 45 Strophen.
Es wohnt ein wilder Drach im Land,
Hilf, hilf, Maria!
Verzehrt die Menschen, wie bekannt.
Hilf^ Maria!
Bitt Gott für uns, Maria!
J. M. SehameUoB, Besehreih, von dem Benedictiner-Kloster ra St. Geor-
gen Yor Nanmhurg 1728. S. 26. 7 Strophen.
Freu dich, du Himmelkönigin!
Freu dich, Maria!
Freu dich, Gottes Gebärerin!
Alleluia!
Bitt Gott für uns, o Maria!
Corner GB. 1625. Nr. 234. 92 Strophen. Ein anderer Ruf gleiches
Anfangs f Nr. 319.
33
494
t Uotte ztt Lobe so wollen wir singen
Von einer Rosen grün.
Ein edles Zweig hat uns getragen
Ein Jnngfrau wunderschön.
Corner QB. 16S5. Nr. 200. 27 Strophen.
t Jesus der gieng ein harten Gang,
O reicher Gott!
Zu seiner Marter, die währt lang.
Ü reicher Gott,
Hilf uns aus Nothl
Corner GB. 1625. Nr. 188. 84 Strophen. — Nie. Benttner GB. 1602.
?. Th. Nr. 15. 82 Strophen.
Ihr lieben Christen, singet her —
Freu dich St. Benno!
Zu Gottes und St. Benno Ehr!
Älleluia!
Bitt Gott für uns,
O St. Benno!
Corner GB. 1625. Nr. 286. 102 Strophen.
t In Gottes Kamen heben wir an,
Kyrie eleison!
Und rufen all Gottes Engel an.
Älleluia!
Gelobt sei Gott und Maria!
Corner GB. 1625. Nr. 259. Nachtigal 1668. Nr. 201. 86 Strophen.
Münchener GB. 1586. Bl. 50. ff. 49 Strophen.
t Maria Gottes Mutter,
Nun steh uns hilflich bei!
Wol an dem heiligen Weihnachttag
Hätt Maria groß Wonn und Freud.
Corner GB. 1625. Nr. 197. 24 Strophen.
t Mariam die Jungfrau werthe,
Maria!
Wollt Gott nehmen von der Erden.
Hilf uns, o heilig Jungfrau Maria!
Corner GB. 1625. Nr. 251. 28 Strophen.
496
t Nun bitten wir Gott den Vater,
Der aller Lieb voll ist,
Wol durcb den süßen Namen
Seins Sohnes Jesu Christ.
Corner OB. 1625. Nr. 408. Nachtigal 1658. Nr. 298. 16 Strophen.
Nun merket auf, ihr lieben Kind!
Kyrie eleison!
Die zehen Gebot die wollen wir singen«
Alleluia !
Gelobet sei Gott und Maria!
Obseqniale Batisbon. 1570. Anhang, 32 Strophen.
Nun singet all mit reichem Schall
Ein schönes Gesang, das Gott gefall!
Ostermf. Corner QB. 1625. Nr. 143. 88 Strophen.
f O Herre Gott, erbarme dich
Über ims Sünder gnädiglich!
Erbarm dich ü^er deine Eind,
Die wir so ferr im Elend sind.
Kyrie eleison.
Corner GB. 1625. Nr. 340. 12 Strophen.
t Sanct N., lieber Herre mein,
Alleluia!
Du wöllst unser treuer Vorbitter sein!
Alleluia!
Apostelmf. Corner GB. 1625. Nr. 266. Nachtigal 1658. Nr. 208.
17 Strophen.
t Singet zu Gott mit Lobesschall,
Alleluia I
Dass es der Dreifaltigkeit gefall!
Gelobt sei Gott und Maria!
Corner GB. 1625. Nr. 178. Nachtigal 1658. Nr. 164. 43 Strophen
— Mit anderem Anfang: Wol anf sn Gott mit Lobesschall im Monchener
GB. 1586. Bl. 29. ff.
So fallen wir nieder auf unsere Knie,
Den wahren Sohn Gottes bitten wir hie.
Kyrie eleison.
Corner GB. 1625. Nr. 316. 24 Strophen.
33^
49(5
t So hebn wir auch zu loben an
Kyrieleison
Den Ritter St. Görgen, den heiligen Mann.
AUeluia.
„Ex traditione yaldi IncertA.«' Corner GB. 1625. Nr. 281. 61 Stro-
phen. — Nachtigal 1668. Nr. 213. 140 Stropben mit der Bemerkung^:
i^Ex traditione partim scripta et certa, partim dubia. <*
Und unser lieben Frauen
Der träumet ihi' ein Traum,
Wie unter ihrem Herzen
Gewachsen war ein Baum.
Kyrie eleison.
Nico!. Beuttner GB. Gr&tz 1718. Danach in (Körner) Mariaiiischem
Liederkranz S. 382—385. 16 Strophen, und mit Hlnweglaaaung von 2 Str.
bei Uhland Volks!. Nr. 319. Die 7 letaten Strophen sind das Lied f Nr.
830. Zu Ehren unser Frauen.
t Wir sagen Gott viel Lob und Ehr
Um seine Gebot imd heilige Lehr.
Kyrie eleison.
Corner GB. 1625. Nr. 335. 21 Strophen.
Wir fallen nieder auf unsre Knie,
Mariam anzurufen hie.
Älleluia.
Münehener GB. 1586. Bl. 45. ff. 19 Strophen.
t Wir loben die heilig und die rein,
Die heilig Jungfrau Catharein.
Corner GB. 1625. Nr. 289. 48 Strophen. Vgl. f Nr. 829.
t Zu Ehren unser Frauen
Gehen wir in ihr Bethaus.
Wen seine Sund gereuen
Der geht ledig heraus.
Kyrieleison.
Corner GB. 1625. Nr. 306. S. ^ Nr. 330.
497
Zu Maria der Juugfraa zart —
Kyrieleifion !
Gottes Engel gesendet ward.
Alleluia alleluia!
Qelobt sei Gott und Maria!
Coruer GB. 1625. Nr. 201. 98 Strophen.
Neben den Rufen hatten sich auch viele andere Lieder
mündlich fortgepflanzt, welche während der Messe und an Fest-
tagen, bei Eirchfahrten und Bittgängen gesungen zu werden
pflegten. Zu Anfange des XVII. Jahrhunderts galten manche
der Art für alt und sie können es auch sein: die Einfachheit
ihres Versbaues und ihrer Melodie, so wie ihre zum Theil volks-
thümliche Sprache weisen auf eine frühere Zeit zurück.
Die Zahl solcher Lieder ist größer als die hier unter
% Nr. 305—330 mitgetheilten 26. Spätere Untersuchungen wer-
den ergeben, welche Lieder noch zu dieser Abtheilung gehö-
ren, und das frühere Alter der bereits als alt aufgeführten be-
stätigen.
f Nr. 304.
Oster lied.
1. All Welt soll billig fröhlich sein
Zu dieser österlichen Zeit.
Gott hat zerstört die VorhöUpein,
Da manche Seein gefangen sein.
2. Erstanden ist er von dem Tod
Und hilft der Welt aus aller Noth.
Daran man recht erkennen kann,
Was er war für ein göttlich Mann.
3. Er ist wahrhaftig Mensch und Gott
Der uns am Kreuz erlöset hat.
O Mensch sei dankbar jederzeit
Der großen Gottes Gütigkeit!
Andemacher GB. (Köln 1608.) Nr. 56. — SSmmtlichc Strophen finden
sich unter den 27 des Liedes gleiches Anfanges Nr. 79. im NeiOerGB. 1663.
— Die erste Strophe anch in Corner GB. 1626. Nr. 137, aber untor den
übrigen 29 Strophen fohlen unsere 2. u. 3.
498_
f Nr. 305.
Adventlied.
1. Ave Maria, gratia plena!
So grüßen die Engel die Jungfrau Maria
In ihrem Gebet und da sie saß.
2. I^Iaria, du sollt ein Sohn empfangen,
Damach steht Himmel und Erd verlangen,
Dass du ein Mutter des Herren sollt sein.
3. O Engel, wie sollte das geschehen?
Mein Herz kann keinen Mann erkennen
In dieser weiten Weite breit.'
4. Der heilig Geist soll über dich kommen
Gleich wie der Thau kommt über die Blumen:
Also muss Gott geboren sein.
5. Maria sie hört all solches gerne,
Sie sprach: ich bin ein Magd des Herren,
Nach deinem Wort geschehe mir!
C. Die Engel fieln all auf ihre Knie,
Sie sungen laut: -Sancte Sancte!
Den Lobgesang mit Maria.
7. Die Engel flogen alls hocher und hocher:
Seid Willkomm, ihr himmlischen Boten,
Dass euch Maria hat wol empfangen!
8. Maria hat uns gar wol empfangen,
Damach steht Himmel und Erd verlangen,
Sie ist ein auserkome Braut.
9. Maria, du magst fröhlich genesen,
Dass du allein bist auserlesen
Ein Mutter des Allerhöchsten zu sein.
10. Maria, du wellst Gott für uns bitten.
Auf dass wir kommen zur himmlischen Stätten,
Dass wir mit dir erfreut mögen sein.
11. Der Herr wird solches nit versagen,
Er wird anhören unsr Weinen und Klagen
Und föhren uns ins Himmelreich.
499
12. Nun woUen wir preisen^ danken und loben
Den Herrn im Hinunel hoch dort oben,
Dass uns der Herr erlöset hat.
Coraeii GB. 1625. Nr. 44. mit der Überschrift: »Ein schöner alter QnM)
an unser lieben Frauen, im Advent zu singen. ** 11, 2. das Wörtlein un§er
eingeschoben. — Derselbe Text Mainzer GB. 1631 (Kömer*s Marianischer
Liederkrans S. 76—78) mit kleinen Abweichungen: 4, 2. reUl über — 9, 1.
wol frohUch wesefi — 11, 2. uns weinen und klagen**),
f Nr. 306.
Osterlied.
1. Christus ist erstanden,
Kyrie eleison
Von des Todes Banden.
Alleluia,
Gelobt sei Gott und Maria.
2. Des sollen wir alle froh sein,
Christ will unser Trost sein.
3. War er nicht erstanden,
So war die Welt vergangen.
4. Dieweil er nun erstanden ist.
So loben wir den Herren Jesum Christ.
5. Christ lag in dem Grabe
Bis an dem dritten Tage,
6. Verwundt an Händen und Füßen,
Unsere Sund zu büßen.
7. Christ zerbrach die Hölle,
Erlöst gar manche Seele.
8. Da Jesus kam gegangen,
Da freuten sich alle Gefangnen.
9. Die seinen Willen hätten gethan,
Die thäten fröhlich vor ihm stahn.
10. Er nahm sie bei den Händen weiß,
Er fuhrt sie in das Paradeis.
§. 14. 12) Auch im Heidelberger GB. 1629 und im Kölner 1619. Anhang
Bl. 41b ff, Lesarten: 1, 2. grüßte der Engel — 2, 2. (htU (ntelU) — 3, 2.
mag (kann) •— 4, 2. fälU — rciai (kommt) — 4, 3. will (musa) — 8, 2. tfm
(%ieht) — 10, 2. zun h, HiiUen.
500
11. Was durch Evam verloren war.
Hat Christas wieder gestellet dar.
12. Christe, lieber Herre,
Durch deiner Marter Ehre
13. Verleih uns ein gut Ende,
Eine fröhliche Auferstände.
14. Das heilige frone Kreuze
Behüt uns Christenleute.
16. Wir danken dir, Heri' Jesu Christ,
Dass du unser Erlöser bist.
Mainzer GB. 1628. S. 289—291. — Metrisch zugestatst im Psalterlein
PP. Soc. Jes. Ed. 14. 1659. S. 136 und mit folgendem Schlnsse:
Vor ihm standen alle,
Lobten ihn mit Schalle.
Nahm sie bei die Hände,
Deren Lieb er kennte.
Führt sie mit sich droben.
Da sie ihne loben.
Gib uns auch am Ende,
Jesu, deine Hände!
f Nr. 307.
Osterlied.
1. Und Christ der ist erstanden
Von seiner Marter aller.
Des solln wir alle froh sein
Und Christ soll unser Trost sein.
Kyrie eleison.
2. Und war er nit erstanden^
So war die Welt zergangen.
Nun seit dass er erstanden ist,
So lohn wir den Herrn Jesum Christ.
K. e.
3. Und Christ der hat gesprochen
Wol in der AnÜaßwochen :
O Sünder, kehr dich her zu mir,
All deine Sund vergib ich dir.
K. e.
4. O du heiliges Kreuze,
Behüt uns Christenleute!
501
Den Ungläubigen hilf allen,
O Herr^ nach deinem Gefallen!
IL e.
5. Und Christ der lag im Grabe
Bis auf den dritten Tage^
Verwundt an Hand und Füßen:
Wir Sünder sollen büßen.
K. e.
6. Alleluia singen wir,
Jesum Christum loben wh-.
Zu dieser österlichen Zeit
Sei Gott gelobt in Ewigkeit!
K. e.
Nie. Benttner, GB. 1602. 1. Th. Nr. 26. — Str. 1. 2. in Corner OB.
1626. Nr. 180. Str. 1. 2. — Str. 4. cUselbst in Nr. 129. Str. 6. — Str. 6.
daaelbst in Nr. 180. Str. 8.
f Nr. 308.
Fastenlied.
1. Da Jesus in den Garten gieng .
Und sich sein bitteres Leiden anfieng,
Da trauret Alles was da was,
Es trauret alles Laub und Gras.
2. Da kamen die falschen Juden gegangen,
Sie nahmen Jesum im Garten gefangen,
Sie thäten ihn geißeln und verhöhnen,
Sein heiliges Haupt mit Domen krönen.
3. Sie führten ihn in des Richters Haus,
Mit scharfen Streichen wieder heraus;
Sie schlugen ihn an ein hohes Kreuz:
Maria war voll Herzeleids.
4. Maria unterm Kreuze stund,
Sie war betrübt von Herzensgrund,
Von Herzen war sie sehr betrübt
Um Jesum, den sie herzlich liebt.
5. Johannes, liebster Jünger mein,
Laß dir meine Mutter befohlen sein!
Nimm sie und föhr sie weit hindan,
Dass sie nicht schau meine Marter an!
502
G. Ach Herr, das will ich gerne thun^
Ich wUl sie fahren weit davon;
Ich will sie trösten also wol,
Wie ein Kind seine Mutter soll. —
7. Da kam ein blinder Jud gerannt,
Trug einen Speer in seiner Hand,
Kam mit demselben in vollem Lauf,
Stach Jesu seine Seite auf.
8. Nun bieg dich, Baum! nun bieg dich, Ast!
Mein Kind hat weder Ruh noch Rast
Nun bieg dich, Lhub und grünes Gras!
Laßt euch zu Herzen gehen das! —
9. Die hohen Bäume die bogen sich,
Die harten Felsen zerkloben sich.
Die Sonne verlor ihren klaren Schein,
Die Vöglein ließen ihr Singen sein.
16. Nun merket auf, ihr Frau'n und Mann,
Und wer das Liedlein singen kann.
Der sing's nur alle die Tag' einmal,
Sein' Seel' wird kommen in's Himmels Saal.
Im XVI. Jahrhunderte nachweislich, es mag aber viel älter sein. Es
wird noch jetst in vielen Gegenden gesungen nnd auch als Flieg. Blatt ge-
druckt« Verschiedene Fassungen sind davon bekannt.
Mündlich: Meine Schles. Volkslieder Nr. 283. Meinert, Volkslieder in
der Mundart des KuhlSndchens S. 266 — 268. £rk, deutsche Volkslieder 2.
Bd. 6. Heft Nr. 49. Mfinsterische Geschichten S. 228 — 225.
Fliegende BUtter: Wunderhom 1. Bd. S. 142—144. (Aurbacher's)
Anthologie deutscher kathol. Gesänge. Landshut 1831. S. 37—39.
Alter Druck: Ansing Lieder etc. Straubingen bey Andre Sommer 1690.
Daraus in (Ph. M. K8mer*s) Passionsblumen 1844. S. 118; vgl. ebd. S. 137.
Danach bei TJhland Nr. 343.
Handschriftlich aus dem Anfange des XVU. Jahrh. Weyden, Cöln*s
Vorzeit S. 269. 270. Findet sich in den alten Gesangbüchern in dieser
Gestalt:
f Nr, 309.
Fastenlied.
1. Da Jesus in den Garten gieng
Und sich sein bitter Leid anfieng.
Da traoret Alles was da was,
Da traiiret Laub und grünes Qrai^.
503
2. £r hat also gestritten hart^
Dass sein SchweiB wie Blnttropfen ward,
Vom Leib bis auf die Erden rann :
O Mensch y gedenk allzeit daran!
3. Damach er viel gelitten hat
Mit Streichen y Geißlen und mit Spott,
Bis er ans Kreuz geschlagen starb,
Den Himmel uns dadurch erwarb.-
4. Wer dies nit oftermal betracht
Und Christi Leiden so veracht,
Der wird zwar selig nimmermehr:
Undankbarkeit hasst Gott der Herr.
5. Derhalben sagn wir ewig Dank,
O Gott, dir unser Leben lang.
O lass dein bitter Leidenspein
An uns doch nit verloren sein!
AndeniAcher OB. 1608. Kr. 58. Corner OB. 1626. Kr. 113. 1, 2. und
ihm «em Leiden anefieng, Corner Nachtigall 1668. Nr. 89. „Ein sehr altes
Gesang. <* 1, 2. «ewi Ae»%« Leiden eieh anfing — 6, 3« o lai$ dtu bitter Lei-
den dein»
f Nr. 310.
Fronleiclinamslied.
Der wäre Fronleichnam etc. In der Melodei Ave yivens hostia s& singen.
1. Der zart fronleichnam der ist g&t,
bringt uns ein freis gomüte,
er macht uns aller gnaden vol
wol durch sein werte gute,
der heilig geist wirt uns gesant,
so hat unser trauren ein ende:
also sol sich das herze mein
von got meim herren nit wenden.
2. O du barmherziger got,
erbarme dich über die Christenheit
und tlber alle glaubige seien
und ringer in herr ir schwere pein!
des bitten wir dich gar imiiglich
von grund aus unserm herzen.
504
verleihe uns, herr^ dein himelreich
an unBerm letzten endel
3. Maria gotes m&ter, reine mait,
du himelische firaue^
nun hilf uns zfi dir in dein reich,
daß wir dich selber anschauen,
dich und deinen allerliepsten sun,
so hat unser trauren ein ende:
also sol sich das herze mein
von got meinem herren nit wenden.
4. Wir grüßen dich, dn lebendige hostia,
die warheit und das leben,
durch dich seint alle opfer verbracht,
hast uns die sünd z& vergeben,
wan deinem vater wirt große 6r
hie auf erd gegeben,
und die heilig Christenheit
ist sicher des ewigen lebens.
5. Wir bitten dich vater gar inniglich,
daß wir dich selber anschauen,
dan du bist aller nutzbarkeit vol,'
der himelischen freuden;
wir loben dein werte menschheit groß
hie mit unserm singen,
ein sacrament der barmherzigkeit,
ein speis z& dem ewigen leben.
6. Gesegne uns heut sein fronleichnam zart,
sein rosenfarbes bläte!
wan unser sei sol an die fart,
schick uns dein werte m&terl
als du selber gesprochen hast:
wir haben .gnad gefunden,
nun hilf uns aus dem jamertal
durch dein heilig fünf wunden!
7. Wir schreien zft dir mit reichem geschal:
hilf Maria, du werte mftter,
behüt uns vor der teuflischen schar
imd vor der hellischen glute!
506
wir vertrauen dir wol, du verlest una nit,
behüt uns vor den teuflischen hunden!
sei unsers herzen ein z&versicht^
so die sei gat aus unserm munde!
ObseqnUle BiitiBboxi. 1670. Anhang.
f Nr. 311-
Fronleichnamslied.
1. Der zart Fronleichnam der ist gut.
Bringt uns ein sanfts Oemüthe,
Und der uns all begnaden thut^
Das macht sein werthe Güte.
Der heilig Oelst ward ausgesandt,
Schaffk uns der Sorg ein Ende.
Darum soll sich das Herze mein
Von Gott meinem Herren nicht abwenden.
2. Gegrüßet seist du, Himmelbrot,
Die Wahrheit und das Leben!
Ein himmlisch Gab und ein StLßigkeit^
Das ist der Menschen Leben«
Gott hat sich vereinigt mit der Menschheit,
Aus Maria ward er geboren.
Gott helf uns zu der ewig Seligkeit,
Dass wir nicht werden verloren 1
3. Jesus Fleisch und auch sein Blut,
Nun Speis der Christenseelen.
Gott bhüt uns vor der Höllen Glut
Wol durch dein große Ehre!
Du hast dich selbst zu einer Speis gegeben
An deinem letzten Ende.
Gedenk an deinen bittem Tod!
Darum sei uns nit strenge!
4. Maria, Gottes Mutter, reine Maid,
Du himmelische Fraue,
Nun hilf uns zu der Himmelfreud,
Dass wir dich selber anschauen,
Ja dich und deinen allerliebsten Sohn!
Schaff unser Sorg ein Ende,
Komm uns zu Hilf mit deiner Gütigkeit
An unserm letzten Ende!
606
ö. So loben wir das Sacrament^
Ein Speis des ewigen Leben.
Das bescher uns Gott an nnserm letzten End,
Der Priester soll uns geben.
Der heilig Geist der wohn uns bei,
Der soll uns all behüten,
Er mach uns aller Sünden frei
Wol durch sein werthe Güte!
6. O du barmherziger Gott,
Erbarm dich über die Christenheit
Und über alle glaubige Seein,
Zu ringern ihre schwere Pein.
Drum loben wir dich stätiglich
Wol hie und dort in Ewigkeit.
Gott helf uns all ins ewig Himmelreich !
Nie. Beuttner, GB. 1602. 1. Th. Nr. 40. — Von diesem und dem vori-
gen Texte abweichend, 10 Strophen lang und sehr verdorben, wahrscheinlich
ans mündlicher Überlieferung in Corner GB. 1625. Nr. 215.
f Nr. 312.
Weihnachtslied.
1. Ein Kindelein ist uns geboren
zu Bethlehem^
Das bracht dem Herodes Zoren
und großen Grimm.
Drei König aus Morgenlande
Kamen gen Jerusalem,
Sie fragten: wo ist geboren
Der König der Juden?
Wir sahen in Orienten
den Sternen sein
Und kommen anzubeten
das süße Kindelein.
2. Ein Kindelein ist uns geboren
zu Bethlehem,
Das bracht dem Herodes Zoren
und großen Grimm.
Als nun Herodes höret
Die wundemeue Mähr,
Erschrak er über die Maßen
Mit seinem ganzen Heer,
607
Vermeint y er würd verlieren
das Reiche sein,
Drum tracht er zu tödten
das neue Kindelein.
3. EIp Kindelein ist uns geboren
zu Bethlehem,
Das bracht dem Herodes Zoren
imd großen Grimm.
Er fragt mit Argenlisten,
Wo das Kind geboren war,
Das da sollt sein ein König
Und aller Welt ein Herr.
Da sprachen aus den Propheten
die Gelehrten sein:
Zu Bethlehem in Judäa,
dem Städtlein klein.
4. Ein Kindelein ist uns geboren
zu Bethlehem,
Das bracht dem Herodes Zoren
und großen Grimm.
Herodes sagt zun Weisen:
Geht hin und sucht das Ejnd,
Und wenn ihrs werdet finden,
So thut mirs kund geschwind,
Auf dass ich auch erscheine
mit den Schätzen mein.
Und bete an von Herzen
das kleine Eündelein.
5. Ein Kindelein ist uns geboren
zu Bethlehem,
Das bracht dem Herodes Zoren
und großen Grimm.
Jerusalem verlassen
Die edle Weisen gut;
Der Stern sie hingeleiten
Wol zu der Krippen thut.
Allda sie lieblich finden
das Kindelein fein
In Tüchlein eingebunden
bei der Mutter sein.
506
6. Ein Kindelein ist uhb geboren
zu Bethlehem,
Das bracht dem Herodes Zoren
und großen Grimm.
Ihr Schätz sie all aufschließen,
Schenken dem Kindlein Sold:
Köstlich Weihrauch und Myrrhen,
Darzu auch rothes Gold.
Die Gaben thät empfangen
die Jungfrau rein,
Mit Andacht sie anbeten
das Wunderkindelein.
Kolner GB. 1619. Anhang Bl. 27. ff. — 1628. 8. 62—65. — 1, 11.
kamen. ~ 6, 6. €hld. — 6, 11. anboten. Ebenso Coraer GB. 1626. Nr.
84. nnr 6,12. d€U kleine JSndelemt nnd sn Anfange noch folgende 2 Strophen :
Ein Kindlein ist ans geboren
zu Bethlehem,
Des freuet sich auf Erden
Jerusalem.
Die Engelein die bringen den Hirten
Die Botschaft auf dem Feld,
Wie dass dies Kindelein kleine
Sei das Heil der ganaen Welt.
Damm die Hirten eilten
gen Bethlehem.
Da fnnden sie mit Freuden
das Kindelein
In Tüchlein eingewickelt
im Krippelein.
Das Öchslein erkannt seinen Herren
Und auch das Eselein.
Da dankten sie yon Hensen
Und lobten Gott allein,
Dieweil sie gegrnßet hätten
das Jesulein.
f Nr- 313.
Weihnachtslied.
1. Ein Kind ist uns geboren zu Bethlehem,
Ein König auserkoren der Himmelen.
Die Jungfrau nahm groß Wunder,
wie dass sie schwanger sei,
609
Wie das Wort Fleisch sei worden,
Gott und auch Mensch darbe!.
Gewicklet in gar schlechte klein Tüchelein,
Gelegt aufs Heu in Krippe bei's Eselein.
2. Ein Kind ist uns geboren zu Bethlehem,
Ein König auserkoren der Himmelen.
Den Hirten bei den Schafen,
des Nachts bei ihrer Wacht,
Aus der engelischen Schaaren
einer zu ihnen sagt:
Euer Schöpfer und Erlöser geboren ist.
Den thut mit Freud anbeten zu dieser Frist.
3. Ein Kind ist uns geboren zu Bethlehem,
Ein König ayserkoren der Himmelen.
Ein Ochs und ein Esel kannten
diesen Erschöpfer sein,
Erwärmten mit dem Athem
das liebe Jesulein.
Der Jungfrau seiner Mutter Brust sauget er,
Mit welchem Gott der Vater schuf aller Heer.
AnderaAcher OB. (Köln 1608.) Nr. 11.
f Nr. 314.
Adventlied.
Es flog ein Täublein weiße
Vom Himmel herab
Im engelischen Kleide
Zu einer Jungfrau zart:
Gegrüßet seist du, wunderschöne Maid,
Dein Seel ist hochgezieret,
Gesegnet ist dein Leib!
Kyrieleison.
9 Strophen, mit der Überschrift: *£in ander alteB Adventlied vom engli-
schen GnU3 und Menschwerdung Christi, genennt Tänblein weiO* — in Cor-
ner GB. 1626. Nr. 41.
Steht auch in der Klostemenburger Hs. 1228. (8 Str.), s. Mone Anzeiger
8, 350. Femer in Beuttner GB. 1602. 2. Tb. Nr. 14. (daraus nach der
sputen Ausgabe von 1718 in Kömer's Marianischcm Liederkranz. S. 134 —
136.) Eine ganz andere Lesart ist die bei den Umdichtungen unter ^ Nr.
246. mitgetheilte. Beide Texte haben nur wenige Zeilen mit einander ge-
mein: 1, 6. 7. 2, 2. 4. 6, 1. 3.
34
510
f Nr. 315.
Weihnachtslied.
1. Es ist ein kinüein uns geboni^
vor andern außerkom^
das stUlet gotes zoru. :,:
2. Solch kint ist uns gegeben heut,
wie uns die schrift bedeut,
des freuen sich die leut.
3. Sein edler nam gar herlich groß,
heilig über die maß,
uns macht. von sünden los.
4. Sein reich voller gerechtigkeit,
mit frid und Sicherheit
wäret in ewigkeit
5. Sein herschaft und sein frömmigkeit
dienet zur Seligkeit
der ganzen Christenheit.
6. Der schlangen köpf zutreten hat,
die uns durch list und rat
bracht zum ewigen tod.
7. Darumb lobet zu aller frist
den herren Jesum Christ,
daß er mensch worden ist.
8. Daß er also fireuntlicher weis
uns half mit allem fleiß:
dem sei lop, eer und preis!
Leiaentrit 1667. 1. Th. Bl. 34«. Corner GB. 1626. Nr. 76. — Heidel-
berger GB. 1629. 8. 62. 63. ohne die 8. Str.
Das Kölner GB. 1610 und 1619 hat zugleich folgenden lateinischen Text:
1. Natus est nobis hodie
de pura virgine
Christus rex gloriae. :,:
2. Coi 8ol, luna et terra,
cunctaque sidera
parent per secola.
3. Ideo nos terrigenae
landemos hodie
regem potentiae,
511
4. GratiAS agentes ei,
qnod DOS emeiit
de fauce tartari,
5. Ut dentur nobis praemia
magnaque gaudia
iD coeli curia.
6. Salus illi et gloria
atqtie victoria
per cnncta secala.
Auch bei Leisentrit, Strophe 4 fehlt. — Im Paderbonier GB. 1616.
SStrophen.
f Nr. 316.
Weihnachtslied.
1. Es ist ein Ros entsprungen
Aus einer Wurzel zart,
Als uns die Alten sungen,
Von Jesse kam die Art,
Und hat ein Blümlein bracht
Mitten im kalten Winter
Wol zu der halben Nacht.
2. Das Röslein das ich meine,
Darvon Esaias sagt,
Hat uns gebracht alleine
Marie die reine Magd;
Aus Gottes ewgem Rath
Hat sie ein Kind geboren
Wol zu der halben Nacht.
So bei Michael Prätorius (Musae Sion. VI. 1609. Cantus Nr. 63., 8.
Wckn. Nr. 160.) Es lässt sich noch nicht ermitteln, wie alt dies Lied sein
kann und ob es ursprünglich nur aus diesen 2 Strophen bestand. In dem
Andernach. GB. 1608 (also ein Jahr früher) hat es bereits 6 Strophen und in
den spätern kathol. Gesangbüchern, z. B. Kölner 1610. 1619. 1628, bei
Corner 1625 Nr. 86 und 1658 Nr. 74 ist es bereits sn 28 Strophen ansge«
spönnen worden. Bei Corner 1625 lautet die 2. Strophe:
Das Röslein das ich meine.
So uns dies Blümlein bracht,
Ist Maria die reine.
Davon Esaias sagt.
Ans Gottes ewigem .Rath
Hat sie ein Kindlein geboren
Bleibend ein reine Magd.
34*
512
and 1668 beginnt es in Übereinstimmung mit Jesaias 11, 1. 2.
Es ist ein Reis entsprungen.
Dass sich dies Lied in evangelischen Gesangbüchern nicht Yorfindet^
darf nicht weiter yerwundem: die Marienlieder wurden beseitigt oder umge-
dichtet, wol aber ist es auffallend, dass es in keinem kath. OB. des XVI.
Jahrh. steht. Die wundervolle Melodie ^*} lieB jedoch das Lied nicht un-
tergehn.
Die ftlteste Lesart, die bis jetzt bekannt geworden, ist die des Ander-
nacher OB. (Köln 1608) Nr. 20. >«) bei Wckn. Nr. 849.
f Nr. 317.
1. Es ist ein Kos entsprungen
Aus einer Wurzlen zart,
Als uns die Alten sungen,
Aus Josse kam die Art
Und hat ein Blümlein bracht
Wol mitten in dem Winter,
Wol zu der halber Nacht.
2. Den Hirten bei den Schafen
Erschien ein Engel klar:
Ihr sollt jetzund nit schlafen,
Das sag ich euch fürwahr
Von einem Kindelein,
Jetzund wird es geboren
Von einer Jung&au rein.
3. Die Wahrheit ich verkünden,
Zu Bethlem ziehet ein,
Ein Kindlein werdt ihr finden
Gelegt in Tüchelein,
Wol in ein Kripp gelagt.
Die Nacht die war so klare,
Als wärs der helle Tag.
4. Lob, Ehr sei Gott dem Vater,
Dem Sohn und heiigen Geist!
Maria, Gottes Mutter,
Dein Hülf an uns beweis
§.14. 13) Bei Tncher 1. Th. Nr. 66 aus Prätorius, der im Register die
Melodie „Catholisch** bezeichnet.
§. 15. 14) Die Iftt. ÜbersetsEong ist gewiss erst von dem Herausgeber, Bal-
thssAf Bolen verfssst worden.
513
Und bitt dein liebes Kind^
Dass er uns wöll behüten,
Verzeihen unser Sund.
5, Wir bitten dich von Herzen,
Du edle Königin,
Durch deines Sohnes Schmerzen,
Wann wir fahren dahin
Aus diesem Jammerthal,
Du wollest uns begleiten
Bis in der Engel Saal.
6. So singen wir all Amen,
Das heißt: nun werd es wahr.
Das wir begehm allsamen 1
O Jesu , hilf uns dar
In deines Vaters Reich,
Drin wollen wir dich loben:
O Gott, uns das verleih!
f Nr. 318.
Fastenlied.
1. Es sungen drei Engel ein süßen Oesang, ^
Dass in dem hohen Himmel erklang.
2. Sie sungen, sie sungen alles so wol:
Den lieben Gott wir loben solln.
3. Wir heben an, wir loben Gott,
Wir rufen ihn an, es |hut uns noth.
4. Er speis uns mit dem Himmelbrot,
Das Gott seinen zwölf Jüngern bot,
5. Wol über dem Tisch da Jesus saß.
Da er mit ihnen das Abendmal aß.
6. Judas der stund gar nah dabei,
Er wollt des Herren Verräther sein.
7. Er verrieth den Herrn bis in den Tod,
Dadurch der Herr das Leben verlor,
8. Wol an dem Kreuze da er stund.
Da er vergoss sein rosenfarbcs Blut.
9. Herr Jesu Christ, wir suchen dich,
Am heiligen Kreuz da finden wir dich.
10. Da stund der Herr ganz nacket und bloß,
Dass ihms Blut an seiner Seitn abfloss.
* 514
11. Die Seiten ward vom Blut so rotli:
Marien Kind leit große Noth.
12* Maria Gotts Mutter, reine Magd,
All unser Noth sei dir geklagt.
13. AU unser Noth und unser Pein
Wend uns Marias Kindelein.
14. Dein Fürbitt wend deins Kindes Zorn,
Dass unsere Seein nicht werdn verlorn.
15. Gott behüt uns für der Höllen Pein,
Dass wir arme Sünder nicht kommen drein!
Corner GB. 1625. Nr. 187. Überachrifk: „Ein ander vralter Enff von
Christo.« — Auch im Neißer GB. 1663. Nr. 141. — Im Paderbomer 1619
nur wenig abweichend.
Str. 1. ö. und 6. finden sich in Volksliedern wieder, Erlach 4, 166.
Wunderhom 3, 79.
Str. 12. stammt aus sehr alter Zeit, s. Nr. 11 §.4, 69 u. 70.
f Nr. 319.
Osterlied.
1. Freu dich, du Himmelkönigin,
Freu dich, Maria!
Freu dich! das Leid ist alles hin.
Alleluia !
Bitt Gott für uns Maria,
2. Den du zu tragen würdig gewest,
Der hat uns allesan^t erlöst.
3. Er ist erstanden von dem Tod,
Wie er gesagt, der wahre Gott.
4. Bitt Gott für uns, o Jungfi'au schon,
Dass wir mit ihm mögn auferstohn.
5. Des Morgens früh Marien drei
Nahmen mit köstlich Specerei, j
6. Giengen zu salben Jesum Christ, 1
Der unser aller Erlöser ist. '
7. Das Grab sie funden offen zwar,
Ein weißer Engel der war dar. '
8. Der sprach: forcht euch nicht, fromme Leut, !
Christus ist auferstanden heut.
9. Geht hin und sagts den Jüngern sein, j
Dass er mm lebt ohn alle Pein. '
515
10. Petro zu sagen es nicht vergesst,
Jesus der lebt^ und glaubt es fest!
11. In Oalileam ziehet hin,
Da werdt ihr lebend finden ihn.
12. Mariae Magdalene zwar
Macht er sich erstlich offenbar;
13. Damach den Jüngern allzumal,
Als sie beisanunen waren all.
•14. Wir freuen uns der Auferstend:
Christ sei uns gnädig an unserm £nd!
Corner GB. 1625. Nr. 150 und 1658 Nr. 126. „Ein gemeiner Osterruf
an unser liebe Frau.*' Ein Wallfahrtslled, das wahrscheinlich einer früheren
Zeit angehört, wenigstens enthält es alte Bestand theile, z. B. Str. 6 und 6.
— Kölner 6B. 1619. Anhang Bl. 84. Mainzer GB. 1628. 8, 2. vor (er).
Vgl. Nie. Hermann^s Lied: Am Sabbath früe Marien drei, Wckn. Nr.
489. So beginnt auch obiger Text im Neider GB. 1668. Nr. 98. Des Mor-
gens früh Marien drei.
f Nr. 320.
Fronleichnamslied.
1. Freut euch, ihr lieben Seelen,
Euch ist ein Freud geschelin:
Wir habn ohn alles Fehlen
Den lieben Gott gesehn,
In einer Hostie kleine
Sein wahres Fleisch und Blut.
Glaubt es im Herzen reine,
So ists der Seelen gut.
Kyrie eleison.
2. Denn wir gesehn mit Augen
Jesum der uns erlöst.
Dies fassen wir im Glauben
Und seind gar wol getrost.
Wenn wir von hinnen scheiden,
Empfahn dies Sacrament,.
Errett vom ewigen Leiden,
Kommen in Gottes Hand.
Kyrie nleison.
516
3. Es ist der Seelen Speise,
Dardurch sie ward ernährt
Unergründlicher Weise
Und bleibt doch unverzehrt.
Den Leib thut es auch laben:
Ob er gleich muss vergehn,
Wird wiederum erhaben,
Und zur Freud auferstehn.
Kyrie eleison.
4. Jesu du lieber Herre,
Du allerhöchstes Gut,
Dir sei Lob, Preis und Ehre,
Dass du dein Fleisch und Blut
Zu einer Speis hast geben.
Das Brot vom Himmelreich,
Dasselb giebt uns das Leben,
Wahrer Gott, Mensch zugleich.
5. O Herr, mach uns verlangen
Nach diesem Sacrament
Und wenn wir das empfangen
Aus eines Priesters Hand,
Lass uns im Frieden fahren,
Jesu im Namen dein
Wol zu der Engel Schaaren
Und ewig bei dir sein!
Anderaacher GB. (Köln 1608.) Nr. 102. — Auch Corner GB. 1625. Nr.
208. Mainzer 1628. S. 369—371. Neil^erGB. 1663. Nr. 132 mit der Über-
ichrift: »Ein anders altes gar andächtiges Gsang bey der H. Meß nach der
Elevation zn singen.** In diesen letzten 8 GB. folgende Lesarten: 1, 2.
Vha (Euch) — 1, 3. Wir hc^en mü untern Äugen — 1, 7. Wer das von
Herzen glaubet — 2, 4. fahren Ocheiden) — 2, 7. '• Bett uns — Löet uns
— 3, 2, wird C^ard) — 4, 8. Ist Gott und Mensch zugleich — 6, 3. er-
langen (empfangen) ~ 6, 4. Hand.
f Nr. 321.
Eastenlied.
1. Got wart an ein kreuz geschlan,
er hatt noch nie kein Übels tan;
er leits uns gleubigen zu trost,
darmit hat er uns erlost.
Kyrie eleison.
517
2. Herr, durch deinen bittem tot
hilf uns armen aus der not,
laß uns nicht zuletzt ersterben,
dein heiliger leichnam muß uns werden.
Kyrie eleison.
3. Herr, durch deine namen drei
mach uns aller Sünden frei,
bescher uns auch ein gutes end
und ein frölich auferstend!
Kyrie eleison.
Nor bei Witzel, Psaltes eccles. 1650. Bl. 106l>, sonst finde ich es nir-
g>end. Bei Witzel 2, 3. ersterb — 2, 4. müsse uns werd — Aach Wacker-
nagel setzt es unter die alten Lieder Nr. 140. Die große Einfachheit in
Form und Darstellnng berechtiget wol ca der Annahme eines höheren Alters,
schwerlich aber die Bemerkimg Witzeis, die Wckn. anfuhrt: „Nu ins new
Testament ward gesungen.^
f Nr. 322.
Fastenlied.
1. Hättn wir so wahr Gotts Hulde,
Als uns Christus vermeint,
Da er mit großer Gedulde
Unsr Sund hat abgeleint.
2. Gar sehr hat er gestritten,
Damit er uns versöhnt.
Groß Marter hat er gelitten
Dass er uns Genade verdient.
3. Schmerzlich ward er gegeißelt.
Der Herre auserkom,
Ein Krön ward ihm bereitet
Von Nägel und auch von Dom.
4. Sie setzten ihms auf sein Haupte,
Wol auf sein Haupt hinan,
Dass ihm sein heiligs Blute
Über beide Augen abrann.
5. Sie schlugen den Herrn ans Kreuze
Zwischen zweien Schachern an;
Der zu der rechten Seiten
Ruft Gott den Herren an.
518
U. Der zu der rechten Seiten
Bat Oott gar festiglich:
Gedenk mein, du lieber Herre,
Wenn d' kommst in deins Vaters Reich.
7. Der Herr der redet gar schone
Und redet also mit Fleiß:
Heut wirst du bei mir wohnen
Im lustigen Paradeis. —
8. Der zu der linken Seiten
Trieb aus dem Herrn sein Spott:
Mach mich und dich heilwärtig,
So glaub ich, dass du seist Oottl —
9. Der zu der linken Seiten
Wol zu dem Herren sprach:
Bist du des wahren Gotts Sohne,
So steig vom Kreuz herab I
10. Der Herr der redet mit Liebe
Wol von dem Kreuz herab:
Alls was von mir ist geschrieben,
Muss völlig werdn verbracht
11. Den Herrn den dürstet sehre
Wol nach der Menschheit bloß,
Wol nach den armen Seelen,
Die in der Vorhöll warn.
12. Da reicht man ihm zu trinken
So gar ein bitters Trank
Von Essig und von Gallen,
Sein Herz das war ihm krank.
13. Drauf neiget er sein Haupte
Wol an des Kreuzes Stamm,
Sein Geist hat er aufgeben
In seines Vaters Hand.
14. Da kam einr ausn Soldaten,
Den Herrn todt er ansacb.
Mit seinem scharfen Speere
Christo sein Seiten durchstach.
15. Sie nahmen den Herrn vom Kreuze,
Wol von dem Kreuz herab,
Sie legten der Jungfrau Maria
Gar traurig auf ihr Schoß.
• 519
lü. Sie nahmen ihn von Maria,
Legten ihn in ein weißes Tuch,
Darinnen man Gott den Herren
Wol zu dem Grabe trug.
17. Man trug ihn in ein Garten,
Legt ihn in ein neues Grab,
Darin ist er gelegen
Bis an den dritten Tag.
18. Damach ist er erstanden
Wol an dem dritten Tag
All diesen Juden zu Schanden,
Ist ihnen ein große Schmach.
19. Dank sei dir, lieber Herre,
Wol für dein Marter und Tod!
Hilf, dass wir uns bekehren,
So genießen wirs hie und dort.
Corner GB. 1625. Nr. 117. mit der Überschrift: »Ein alter andftchtiger
Raff, von der Krönangf, Creiitzigong vnd BegrXbmiO Christi. *<
f Nr. 323.
Adventlied.
Ich sähe mir den meien mit roten röslein umbher stan
darzA mit manchen blümelein, die sint klar,
wie daß die roten röslein selten stan,
die kleinen waltfögelein haben sich aufgetan.
Bergkreyen Nr. 20. 9 Strophen, bei Uhland Volksl. Nr. 339. nur 6 Str.
Offenbar in sehr verdorbener Lesart, dennoch vielleicht sehr alt.
f Nr. 324.
Fastenlied.
1. Jesu, du bist mild und gut:
Wir bittn dich Herr durch dein rosnfarbes Blut,
Wol durch deine heiigen fünf Wunden,
Auf dass wir Christen allzugleich
In eim rechten Glauben werdn erfunden.
2. Jesus der litt große Noth^
Wol an dem Kreuz den bittem Tod
So gar ohn alle Schulden.
Alle Gottes Heiligen rufen wir an,
Dass wir erwerbn sein Hulde.
520 .
3. Was Betztens ihm auf das Haupte sein?
Ein Eron die war scharpf von Dornen.
Oegeißelt und geschlagen,
Ein schweres Kreuz bereitet war,
Das musst er selber tragen.
4. Sie setzten das Ejreuz in einen Stein
Mit Christo dem Herrn, dem Schöpfer rein.
Ein blinder Jud der stach ihn also sehr
Wol an dem Kreuz mit seinem schai'pfen Speer,
Maria weinet also sehr.
5. Hilf Maria, Gottes Mutter, reine Maid,
Erbarm dich über die Christenheit,
Versöhn uns deines Kindlein Zorenl
An unserm Ende wohn uns bei,
Dass wir nicht werden verloren!
6. Und fuhr uns in das Himmelreich,
Darin seind wir immer und ewigleich
Bei Gott Vater, Sohn und heiligem Geist,
Wol bei der höchsten Dreifaltigkeit
Seind wir immer und ewig schön behalten.
Nie. Beuttner GB. 1602. 1. Th. Nr. 15. — Dies ist wol dasselbe Lied,
dessen Anfang (Christ, da bist milde und gdt) in dem Spiele ron Maria Him-
melfabit im XIV. Jahrb. und in der Zerbster P^cession vom J. 1607 vor-
kommt. S. vorher S. 77. and 199.
f Nr. 325.
Kirchfahrtlied.
Im Ton: Singet za Gott mit Lobesschall.
1. In Gottes Namen heben wir an,
O Maria!
Und wollen mit dem Kreuze gähn,
Unser liebe Frau die rufen wir an.
2. Maria sei heut unser Bot
Wol zu dem allmächtigen Gott,
3. Zu unserm Vater im Himmelreich,
Dass er ims Fried und Gesund verleih.
4. Sein Fried, Gnad und ewigs Leben,
Das woll ims Gott allsammen geben.
5. So heben wir die Kreuzfahrt an
Durch Jesum Christ den heiligen Mann.
521
6. Der an dem Kreuz gestorben ist,
, Am dritten Tag erstanden ist.
7. Er führt ein Kreuz in seiner Hand,
Er giebt den Segen über alle Land;
8. Wol über den Wein und über das Traid,
Wol über die ganze Christenheit.
9. Also hat dieser Ruf ein End.
Gott sei bei unserm letzten End!
Corner GB. 1626. Nr. 298. — 1668. Nr. 134. mit der Übergchrift : „Der
Krenzruf, mit welchem das gpemeine Volk die Procession - GesSnger pflegt
anzufangen. **
f Nr. 326.
Bittfahrtlied.
1. O ewiger vater, bis gnedig uns,
beweis uns dein barmherzigkeit allzeit und gnaden gunst!
mach uns armen sunder Christo gleich,
darzu auch sein miterben deines reichst
heUiger gotl
durch die marter, angst und not,
die er am kreuz gelitten hat,
da er starp eins bittem tods.
Kyrie eleison, Christo eleison.
2. O Christe, heiiger heilant, hilf in der not!
zu dir stet unser hofhung und trost.
o warer got, des vaters zom tu stillen ewiglich,
bis aller sunder mitler genediglich!
war mensch und" gotl
durch die marter, angst und spot,
die du am kreuz gelitten hast,
da du starbst eins bittem tods.
Kyrie eleison, Christe eleison,
und noch drei Strophen anf den heil. Geist, Maria und die Engel. Die 3.
nnd 6. Strophe haben in ihrer zweiten Hälfte nnr je zwei Reimzeilen. Vehe
GB. 1637. Nr. 33, danach bei Leisentrit 1667. 2. Th. Bl. 67. Corner GB.
1626. Nr. 366. Nachtigal 1668. Nr. 132. nnd hier mit der Überschrift:
„Ein andere Vhralte, dem gemeinen Volck ynd frommen Banren in Österreich
wolbekandte Litaney.**
52a
f Nr. 327.
P fi n g s tu e d.
0 heiliger Geist, der du mit großem Gwalt,
Und mit kräftiger Würkung ins Feuers Gestalt
Vom Himmel nach der Verheißung Jesu Christ
Auf die heilgn Apostel herabkommen bist.
Corner GB. 1626. Nr. 170. „Ein anders idtes Gesang zu Gott dem
HeiUgen Geist.« 8 Strophen. Finde ich sonst nirgend.
f Nr, 328.
Das Vater unser bei Kirchfahrten, auch in der Kirchen su singen.
1. Vater imser der du bist
Kyrieleison
Im Himmel, da ewig Freude ist,
O Vater mein,
Erbarm dich unser auf Erden,
Auf dass wir deine lieben Kinder werden !
2. Geheiliget werd der Namen dein,
Du wollest uns Sündern gnädig sein.
3. Verleih uns Herr das Himmelreich,
Dass wir dich loben ewigleich.
4. Dein Will geschech desselben gleich
Auf Erden wie im Himmelreich.
5. Gieb uns, o Herr, das täglich Brot,
Behüt uns vor dem ewigen Tod.
6. Vergieb uns Herr all unser Schuld,
Erhalt uns auch in deiner Huld.
7. Und führ uns in Versuchung nicht.
Hilf wann uns der böse Geist anficht.
8. Von allem Übel ims erlös.
Hilf dass wir ewig werden getrost.
9. O Gott, du edler Schöpfer mein,
Wir bitten dich als die Kinder dein.
10. Behüt uns vor dem gäben Tod,
Und stehe ims bei in aller Noth.
11. 0 Herr, wann wir dein Hilf nit han,
So seind wir hie und dort verlan.
12. Darum nimm unser eben wahr
Und fuhr uns zu der Engel' Schaar.
523
13. Daselbst Beind aller Freuden vil,
Die Gott den Frommen geben will,
14. Die glauben in deinen Namen
Durch Jesum Christum , amen.
Mtinchener GB. 1686. Bl. blK Kölner GB. 1610. Bl. 197«. Corner
GB. 1626. Nr. 321. Nachtigol 1668. Nr. 1.
Dem ursprünglichen Texte wol näher ist der von 10 Strophen in Nie.
Benttner GB. 1602. l.Th. Nr. 3. mit folgenden Abweichungen: 3,1. zuhomm
WM Herr doi £Kmmelreieh — 6, 1. Oib uns o Herr das täglich Brotj — 5, 2.
Beküt UM vor dem ewigen Tod — Nach 6. folgt:
Äh wir v/a$em Nächsten vergehen
Seine Schuld in diesem Leben —
Nach 9. folgt die Schlussatrophe :
Zu Ehren deinem Namen
Dwreh Jesum Christum y amen!
Das schöne neue Vater unser in Gesangweise, 9 Strophen, im Babstschen
GB. 1646. n. Nr. 40, Wckn. Nr. 647, ist nur eine neuere Bearbeitung jenes
altkatholischen Vaterunsers. Die Kehrverse sind beibehalten worden:
Vater unser, der du bist,
Kyrieleison
gip uns zurkennen Jesum Christi
Vater mein,
erbarm dich unser auf erden,
daß wir deine liebe kinder werden!
Steht schon in ,,Vier geistliche Bejenlieder — Nürnberg durch Kunegund
Hergotin« (1628—1638.) Vgl. Biederers Abhandl. von Einführung des teut-
schen Gesangs S. 269.
f Nr. 329.
St. Catharina.
1. Wir lohn die heilig und die rein,
Die heilig Jungfrau Catharein.
Sanet Cathrein war ein reine Magd,
Das war dem Heiden bald gesagt.
2. Der Heid schickt aus in alle Land,
Wo jemand St. Catharina fand.
Der Heid sprach St. Catharina zu:
Nun, willt du meinen Willen thun?
3. Ich gib dir Berg und alle Land,
Mach dich zu einer Kaiserin zuhand.
St. Catharina sprach: das thu ich nicht,
Kein heidnischen Mann den mag ich nicht —
524
4. Er ließ sie legn in ein tiefen Thum,
Darin lag mancher giftiger Wurinj
Sie lag bis auf den eilften Tag,
Dass sie weder Speis noch Trank empfang.
5. Wol auf den zwölften Morgen früh,
Da trat der Heid zum Thum hinzu,
Er stieß die Thür auf mit Gewalt
Und ruft Sanct Catharina bald.
6. Catharina, wer hat dich ernährt,
Dass dich die Wurm nicht haben verzehrt? —
Das hat gethan ein heiliger Mann,
Jesus Christus mein Bräutigam. —
7. Er ließ zurichten ein scharfes Rad,
Das war mit Eisen wol verwahrt.
Er ließ das Rädlein umhertreiben,
Dass es St. Catharina sollt zerschneiden.
8. Er ließ ein scharfes Schwert hertragen,
Dass man ihr soUte das Haupt abschlagen.
Und wo ihr heiliges Haupt hinsprang,
Da saß ein Engel unde sang.
9. Und wo ihr heiliges Blut hinrann.
Da stund ein helles Licht und glamm.
Wegen der Jungfrau Heiligkeit
Gott sei gelobt in Ewigkeit!
Nei^r OB. 166S. Nr. 200. 1, 1. Die Jieüige rein und auch die fein —
1, 2. Die heiUge Jungfrau Catharina rein — 2, 4. Sie aoUt nach seinem Wil-
len thvn — 8, 2. Daas man St. Catharina sollt ihr Haupt abtchlagen,
Eio ganz anderer nnd neaer Text im Andemacher GB. (Köln 1608.)
Nr. 145, 16 Strophen.
Ein geistliches Volkslied, das gewiss schon lange im Monde des Tolkes
lebte, ehe es aufgezeichnet wurde. Der Text des Neij)er GB. ist sehr bruch-
stücklich, er enthält aber doch einige Hauptzüge aus der Legende der heil.
Katharina und hat eine volksthümliche Färbung. Er steht jedenfalls d^r ur-
sprünglichen Abfiassung näher als der zu 48 zweizeiligen Strophen ausge-
sponnene in Corner GB. 1625. Nr. 289. Er heißt bei Corner schon „ein
alter Ruf." Aus dem Comerschen Texte sind die Lesarten 1, 1. 2. und 2, 4.
entlehnt.
Neuere Volkslieder von der beil. Catharina aus verschiedenen Gegenden,
ans Schlesien: Schlesische Volkslieder Nr. 291, andere Lesart Erk Volksl.
. 525
2. Bd. Heft */s Nr. 1. — aits Westphalen: Geistliche Volkslieder (von A. ▼.
Haxthansen) Nr. 123. — vom Niederrhein: Simrock Volkslieder Nr. 75. —
aiis dem Odenwald: Erk Liederhort Nr. 47.
Das schwedische Lied von klein Käthchen:
Och Uten Karin tjente
P( unga kangens g&rd,
Hon lyste som en stjema
Bland alla tämor 8m&
(Svenska Folkvisor 1» IL, bei Mohnike, Volkslieder der Schweden Nr. 22.)
scheint mir weiter nichts zn sein als die verweltlichte Leg'ende der heil.
Katharina.
f Nr. 330.
Wallfahrtlied.
1. Zu Ehren unser Frauen
Gehn wir in ihr Bethaus.
Wen seine Sund gereuen,
Der geht ledig heraus.
Kyrie eleison.
2. Wen seine Sund gereuen
Und will der kommen ab,
Geh oft zu unser Frauen
Und bitt Gott um Genad.
3. Und kommt er denn gen Kirchen,
Zu unser Frauen Haus,
Beicht er sein Sund, hab Reue,
So geht er ledig heraus.
4. Unser liebe Fraue,
Die hat der Kirchen vil,
Darein geht mancher Sünder,
Den sie begnaden will.
5. Für d' Sünder will sie bitten.
Für Frauen und für Mann;
Genad erlangen alln Pilgram,
Die sie recht rufen an.
6. Und unser liebe Fraue
Woll uns nicht verlaßen,
Uns arme Pilgr anschauen
Auf Wegen und auf Straßen.
35
52«
7. Zu Ehren unser Frauen
Singen wir dies Lobgesang.
Von nun an bis in Ewigkeit
Sei Gott im Himmel Dank!
Corner GB. 1626. Nr. 306. mit der Übergchrift: 'Ein alter Ruf, wann
man zu Unser Lieben Frauen kirchfahrten thnt.' — 1668. Nr. 141. 6, 4. auf
dieser FUgentr^ßen, — Bind die sieben letzten Strophen in dem Liede : Und
unser lieben Fraaen, der träumet ihr ein Traum. 8. vorher unter den Rufen.
LIEDERANTÄNGE.
Die tingeklammerUn Zdhlm vrweistn au/ dU Seiten, die Itbrigen a\»S die Nummern.
A.
Auron in die Erde 3«
Ach Gott^ wem soll ich*8 klagen 244.
Ach lieber Herre Jesu Christ 126.
Ach Töchterlein, mein Seel gemeit 124.
All Welt soll billig fröhlich sein 304.
Alle Welt freuet sich 180.
Alle Welt springe und lobsinge [327.]
Als Gott Mensch geboren war [319.]
Also heilig ist der Tag 114. 116.
An dem österlichen Tage 7.
An Jesum gedenken ist Süßigkeit 20.
Anna, du anfänglichen bist 290.
Aus dem väterlichen Herzen 159.
Aus Gottes Herzen ein Wort entspraug 29.
Aus hartem Weh klag{ menschlich Gscblecht 221.
Ave, Balsams Creatur [240.]
Ave durchleuchte Stern des Meeres 149.
Ave lebende Hostia 131.
Ave lebendigs Oblat 150.
Ave Maria, ein Rose ohne Dom 8.
Ave Maria gratia plena 305.
Ave Morgensterne 63.
B.
Bekenn nun alle Weite schon 146
Benno du viel heiliger Mann 116
c.
Christ, deines Geistes SüBigkeit 18. 19.
Christ, der du bist das Licht und Tag 155.
Christ, der du geboren bist [42.]
Christ, du bist milde und gut [77. 199.]
Christ fuhr gen Himmel 74—78.
Christ ist erstanden 9. 80-85. 92. [77. 181. 182. 185. 193. 198.]
Christ sich zu marteren gab 5.
530
Christ uns genade ! [77.]
Christe, der bist das Licht und Tag 137. 164.
Chiiste, der du bist Liecht und Tag 163. A.
Christe, der du bist Tag und Licht 166.
Christe, du anfänglichen bist 239. 290.
Christe, du bist Licht und der Tag 168.
Christe, wahrer Sohn Gottes fron 238.
Christum von Himmel ruf ich an 237.
Christus fuhr mit Schallen 79.
Christus hat gesprochen 71.
Christus ist auferstanden [179.]
Christus ist erstanden 138. 306.
D.
Da Christus geboren war 173.
Da Christus mit den Jüngern sein 187.
Da der Herr Christus leiden sollt [492.]
Da Gabriel der Engel klar 248.
Da Jesus an dem Kreuze stund 101.
Da Jesus in den Garten ging 308.- 309.
Da Jesus zu Bethania was [492.]
Das hell Aufklimmen deiner Diener Stimmen 207.
Das Pater noster also merk 130.
Das sind die heiligen zehn Gebot [226. 227.]
Das Wort Ave lasst uns singen • 216.
De Pawest heft sik to dode gevallen 236.
Dem neugebomen Kindelein 172.
Den die Hirten lebeten sehr 193.
Den Erde, Meer und Himmel all 134.
Den lieben St. Johannes loben wir [492.]
Den liebsten Buhlen den ich han 229.
Den liebsten Herren den ich han 227. 228.
Der du das Licht bist und der Tag 141.
Der Fried unsers Herren Jesu Christ [492.]
Der Heiden Heiland komm her [362.]
Der heilig Fronleichnam der ist gut 67.
Der heilig Herr St. Wolfgang [492.]
Der Himmelkönig ist gebom von einer Maid 64.
Der Lenz ist uns des Jahres erste Quarte [82.]
Der Maie, der Maie bringt uns der Blümlein viel 240.
Der nun maien wolle 49,
Der Spiegel der Dreifaltigkeit 168.
Der Tag der ist so freudenreich 160. 161.
Der zart Fronleichnam der ist gut 310. 311.
Des helf uns das heilige Grab [42.)
531
Des Königes Fahnen gehn henror 217.
Des Königes Fahnen zeuch herfär 218.
Dich Fran von Himmel rof ich an 68.
Dich Gott wir loben und ehren [857. 358.]
Dich Mutter Gottes ruf wir an 103.
Die Geschrift giebt uns Weis und Lehr 281.
Die heiligen drei König mit ihrem Stern 260. 263.
Die königlich Banner gehn herfür 303.
Die Mühl die malt das Mehl so rein 206.
Die Mntter stund voll Leid und Schmerzen 199.
Die zehn Gebot sollt du lehren 107.
Du Lenze gut, des Jahres theuerste Quarte 13.
• E.
Eia der großen Liebe 118. [233.]
£ia, Herre Gott, was mag das gesein 117.
Ein Adler hoch han ich gehört 122.
Ein blähendes Reis, der Saide Hort 278.
Ein Blum steht auf der Heiden 30.
Ein Blumen auf der Heide 31.
Ein Jungfrau schön und auserwählt 232.
Ein Kind geboren zu Bethlehem 191. 192.
Ein Kind ist geboren zu Bethlehem 190.
Ein Kind ist uns geboren zu Bethlehem 313.
Ein Kindelein der Ewigkeit 162.
Ein Kindelein in der Wiegen 253.
Ein Kindelein ist geboren 66.
Ein Kindelein ist uns geboren. zu Bethl 312.
Ein Kindelein so löbelich 89. [205. 301.)
Ein Mole ik buwen wil 111.
Ein Lehrer ruft viel laut aus hohen Sinnen 220.
Ein Mutter stund trauriglichen 200.
Ein neu Geburt wünsch ich zwar 46.
Ein Zeit hört ich viel guter Mähr 295.
Einen Gott den soll wir ehren 106.
Entstanden ist der heiige Christ 201.
Er ist gewaltig und stark 4.
Erstanden ist der heilige Christ 202. 204.
Erstanden ist der Herre Christ 203.
Es fleugt ein Vögelein leise 245.
Es flog ein Engel in Eile [411.]
Es flog ein kleine Waldvögelein r 233.
Es flog ein Täublein weiße 314.
Es freuet sich billig Jung und Alt [493.)
Es gieng sich unser Fraue 61 .
532
Es giengen drei FrÜuleüi also froh 16.
£fl hat ein Mensch Gotts Hold verlorn 225. A.
Es ist ein Kindelein gebom cn Bethlehem 70.
Es ist ein Kindelein gebom, es hat [493.]
Es ist ein Kindlein uns gebom 316,
Es ist ein Bos entsprungen 316. 317.
Es kam ein Engel schone '. . [493.]
Es kommt ein Schiff geladen 84. 36.
Es muss erklingen überall 196.
Es saO ein edle Maget schon 119.
Es steht ein Lind im Himmelreich 26.
Es sungen drei Engel ein süßen Gesang 318. [493.]
Es taget minnigliche 230.
\ Es war einmal ein reicher Mann [493.]
Es wohnt ein wilder Drach im Land [493.]
Es wollt ein Jäger jagen 234.
F.
Fern von der Sonne Aufegang 144.
Frau, von Herzen wir dich grüßen 197.
Freu dich alle Christenheit 72.
Freu dich, du Himmelkönigin 319. [493.]
Freu dich, Tochter von Syon 23.
Freuet euch, alle Christenheit 73.
Freut euch, ihr lieben Seelen 320.
Fried gieb mir, Herr, auf Erden ' 300.
G.
Geboren ist uns ein König der Ehren [344.]
Gegrüßt seist du, heiligs Opfer rein 152.
Gegrüßt seist, Meeresstern 135.
Gelobet seist du, Jesu Christ 87. 88.
Gen dieser Fastnacht wölln wir sein 47.
Gott der Herr, ein ewiger Gott 109.
Gott der ist so wonniglich 25.
Gott der Vater wohn uns bei 95. 96.
Gott ewig ist, ohn Endes Frist 269.
Gott grüße dich, lichter Meeresstera 147.
Gott, heiiger Schöpfer aller Stem 158.
Gott loben wir in aller Würdigkeit 127.
Gott sei gelobet und gebenedeiet 93. [204. 206.]
Gott so wollen wir loben und ehren 259.
Gott Vater klar, du bist fürwahr 270.
Gott ward an ein Kreuz geschlan 321.
Gott wollt, dass ich daheime w&r 55.
Gotte sagen wir Gnade und Ehren Dank 166.
683
Gotte zu Lobe so wollen wir singen [494.]
Gottes Huld ich verloren han 225. B.
Groß Lieb thut mich bezwingen 110.
Grüßt seist, Catharina 142.
H.
Hätten wir so wahr Gotts Hnlde 822.
Heilger Geist, o Herre mein 216.
Helf nns das Gottes Grab [43.J
Herodes, du gottloser Feind 166.
Heute ist, Herre, dein Tag [43.J
Herr Jesus geht in Paradies 17.
Hilf Frau Yon Ach I wie schwach 279.
Himmelreich, ich freue mich dein 219. '
L
Ich alter Mensch bin trilg und faul 226.
Ich fahr zu dir, Maria rein 33.
Ich grüß dich gerne, Meeressteme 148.
Ich grüß dich, lebntigs Hostia 151.
Ich grüß gern, Meeresstem 128.
Ich hab mir auserwShlet 241.
Ich habe vemommen, dass Jesus sei 69.
Ich han die Seele mein versetzt 231.
Ich han mir auserkoren 32.
Ich muss die Creaturen fliehen 37.
Ich sähe mir den Maien mit rothen Böslein 323.
Ich sancta Maria und sanct Brigitta 299.
Ich sing euch hie aus freiem Muth 280.
Ich sollt mich lehren lassen 42.
Ich stund an einem Morgen 224.
Ich Wächter sollt erwecken 223.
Ich weiß ein lieblich Engelspiel 40.
Ich weiß ein stolze Maget fein 121.
Ich weiß mir ein Blümlein hübsch und fein 242.
Ich weiß mir ein Blümlein ist hübsch 243.
Ich weiß mir einen Garten 52.
Ich weiß mir einen Maien 61«
loh will jahrlang nicht mehr sünden 24.
Ich wöUt, dass ich daheime war 54.
Ihr lieben Christen, singet her f494.J
Ihr sollt loben die reine Maid 273.
In einem Kripplein liegt ein Kind 120.
In Gottes Namen fahren wir 12. 97—99. [70. 71. 72. 186. 191. 192.|
In Gottes Namen heben wir an 325. [494.J
534
In Mitten in des Lebens Zeit 177.
In Mittel unsers Lebens Zeit 178.
J.
Jesu, du bist mild und gut 324.
Jesu Mutter des Meer ein fcJteni *. 277.
Jesu, wann ich gedenke an dich 168.
Jesus der gieng ein harten Qang [^9^-]
Jesus, du süi^er Name 27.
Jesus ist ein BÜQer Nam 102.
Joseph, lieber Joseph mein 260. 252. 256. 196.
Joseph, lieber Neffe mein 246. 247.
K.
Kiader, lernet sterben 43.
König Christo, Macher aller Ding 196.
Königin der Himmel 194.
Komm der Heiden treuer Heiland [361 .J
Komm, du Tröster, heiiger Geist 213.
Komm, Erlöser aller Leute 211.
Komm, heiiger Geist, erfüll mein Herz 41.
Komm, heiliger Geist, Gott Schöpfer [860.J
Komm, heiliger Geist, Herre Gott 90. 91. [202.]
Komm, heiliger Geist, Schöpfer mein [361.]
Komm, heiliger Geist, wahrer Trost 209.
Komm her, Erlöser Volkes Schaar 210.
Komm, o heiliger Geist, herein 212.
Komm, Schöpfer Gott, heiliger Geist 133
Komm, Schöpfer, heiliger Geist 208.
Komm, Schöpfer, o heiliger Geist 139.
Kommt her, ihr Kinder, singet fein 251 . B.
Kum, du Tröster, hillige Geist 214.
L.
Lasst uns das Kindlein wiegen 264.
Lob du Mutter der Christenheit 174.
Lob sollen wir singen 176.
Lob und Ehre sei dir gesaget 175.
Lobe, Zunge, Christi Leichnam 184.
Lobet und danket! dem Kindelein 252.
Lobt all Zungen des ehrenreichen 183.
M.
Marei mein Hort, vernimm mein Wort 282.
Maria, Gottes Mutter [494.]
536
Maria gat, wohn bei mir heut 288.
Maria, höchste Creator .' tll*
Maria, Mutter auserkom [339.]
Maria schon, du himmlisch Krön 276.
Maria stund in .großen Nöthen '. 58. [147.]
Maria stund in schwindem Schmerzen 198.
Maria, verleih mir Sinn und Kraft 272.
Maria aart geheiligt ward 266.
Maria zart von edler Art 264. 265.
Mariam die Jungfrau wertfae [494.]
Marien ward ein Bot gesandt 14.
Mein Zung erkling und fröhlich sing 185. 186.
Mit Qott so wöUn wir heben an 288.
Mit Lust so will ich singen 284.
Mitten wir im Leben sind 179.
N.
Nachdem den Menschen Cherubin mit Schaden 301.
Nie ward gesungen süßer Gesang 167.
Nun bitten wir den heiligen Geist 10. 94. [76. 202. 205.]
Nun bitten wir Gott den Vater [495.]
Nun freu dich, christenliche Schaar 65. 247.
Nun ist die Betefahrt so hehr 56.
Nun ist die Welt zu Gott viel froh [76.J
Nun lasst uns all Gott rufen au 291.
Nun merket auf, ihr lieben Kind [495.]
Nun merket auf vor allen Dingen 226.
Nun sei uns willekommen, Herre Christ 2.
Nun sing, Zung, des hochwürdigen 132.
Nun singet all mit reichem Schall [495.]
Nun tretet herzu die büßen wollen 57.
Nun zu dieser Feier klar 171.
0.
O du armer Judas 112.
O du göttliche Liebe 294.
O ewiger Vater, bis gnädig uns 326.
O heiliger Geist, der du mit großem Gwalt 327.
O heiliger Schöpfer aller Sterne • 157.
O Herr Vater, Jesu Christ 60.
O Herre Gott, erbarme dich [495.]
O Jesu Christ, dein Leiden ist 287.
O Jesu Christ, dein Nam der ist 286.
O Jesu, liebes Herrlein mein 249.
O Jesu zart, göttlicher Art 236. 267. 268.
536
O Maria, du bist von eim edlen Stamme 104.
O starker Gk>tt, all nnser Noth 15.
O Sünder, tracht mit FleUJ 302.
O süßer Gott, Herr Jesu Christ 298.
O süßer Gott, nach dein Gnaden 296.
O süßer Vater, Herre Gott 108.
O virgo vite via 274.
O weh ihr armen Wucherer 69.
O Weisheit, Gottes Vaters zart 188.
S.
Sanct Anna Preis merk hie mit Fleiß 291.
Sanct Christoph, du viel heiliger Manu 293.
Sanct Marie, Mutter und Maid [69.]
Sanct N., lieber Herre mein [496.]
Schlaf, mein Kindlein I schlaf, mein Söhnlein 265.
Sei uns gegprüßt, du heiliges Land 86.
Seid fröhlich und jubilieret ' 181. 182.
Sich hat gebildet in meim Herz 123.
Sich, Mensch, und leid Schmerzen 164.
Singen wir mit Fröhlichkeit 196.
Singet zu Gott nüt Lobesschall [495.]
Singt und klingt Jesu Gottes Kind 251 . A.
So fallen wir nieder auf unsere Knie [495.]
So heben wir auch zu loben an (St. Görgen) [496.]
Stand auf und sieh Jesum viel rein 222.
Summ Gott so wollen wir loben und ehm 258.
u.
Und Christ der ist erstanden 307.
Und unser lieben Frauen [496.]
Uns kommt ein Schiff gefahren 36.
Uns sagt die Geschriffc gar offenbar 285.
Unser Trochtin (Herre) hat versallt 1 .
V.
Vater unser der du bist 328.
Vom Auf- und Niedergang der Sonn 140.
Von Anegeng der Sonne klar 143.
w.
Wach auf, mein Hort so schöne [«^83.]
Was die Welt je versuchet [383.]
Weine, Herze, weinet Augen 22.
Welcher das Elend bauen wöU 100.
537
Wer. da wöll wahrlich geisten 45,
Wer hilft mir, dass ich den begreife 21.
Wer leiden kann und dnldig sein 44.
Wer nun wolle maien gehn 60.
Wer seiner Seele wolle pflegen 62.
Wer sich des Maien wolle 63.
Wer viel Wunder will schauen 297.
Wir danken dir, lieber Herre 113.
Wir fallen nieder auf unsere Knie [496.]
Wir glauben in einen Gott 126.
Wir kommen daher aus fremdem Land 267.
Wir kommen hieher, von Gott gesandt 262.
Wir loben die heilig und die rein 329. [496.J
Wir sagen Gott viel Lob und Ehr - [227. 496.]
Wir treten daher ohn allen Spott 261.
Wir wollen gegen dieser Fasenacht 48.
Wo soll ich mich hinkehren 289.
Wollt ihr mich merken eben 106.
Wol auf, gen Bethlehem behend 28.
Wol auf, ihr Todten alle [71. J
Wol auf im Geist gen Baden 38. 39.
Würze des Waldes 6.
z.
Zu diesem neuen Jahre zart 170.
Zu Ehren unser Frauen 880. [496.]
Zu essen das Osteriftmmelein 146.
Zu Maria der Jungfrau zart [^^7.]
Zur Mettenzeit gefangen ward 189.
Mittelhochdeutsche Lieder.
Aaron inin erde 3.
An dem oesterlichen tage 7.
An Jesum gedenken ist süei^ekeit 20.
Ave Maria, ein rdse ftne dorn 8.
Crist, dines geiste» süei^ekeit 18. 19.
Crist, dö bist milde unde gfit [77.]
Crist ist entstanden [77.]
Crist ist erstanden 9.
Crist sich ze marterenne gap 6.
Des helf uns da;^ heilige grap |42.J
Du lenze gfit, des jftres tinrste quarte 13.
588
Er ist gewaltic nnde starc 4.
E;; gienc »ich unser frowe 61 .
E5 giengen dri fröulin als6 fru 16.
Freu dich, tochter von Syon 28.
€k>t der ist sd wnnneclich 25.
Oote sage wir gnAde nnde dren danc 166.
Helf nns da;; gotes grap [43.]
[Helfe nns sant Pdter heilige [29,]
Her Jesu gAt in paradis 17.
Himehriche, ich frönwe mich dm 219.
Hiute ist, hdrre, din tac [43.J
Ich m&; die crdatüren fliehen 87.
Ich wil jArlanc nimme sunden 24.
In gotes namen vare wir 12. [70—72.]
Knm, schepfnr, heiliger geist 208.
Maria stänt in grfti^en nceten 58. [147.J
Marien wart ein bot gesant 14.
Nie wart gesungen süe:^er gesanc 167.
Nu biten wir den heiligen geist 10. [76.J
Nft ist die betevart sd hfir 56.
Nu ist diu werlt zft gote vil vrö [76.]
[Nu sts uns willekomen hdrro Crist 2.
Nu tretent her z& die büe;en wellen 57.
O hdnr vater Jesu Crist 60.
O starker got, al unser ndt 15.
O wd ir armen wftcheraere 59,
Sant Mari m&ter unde meit [69. 70.1
8wer siner sdle welle pflegen 62.
[Unsar trohtin hftt farsalt 1.
Weine herze, weinent ougen 22.
Wer hilft mir, da:; ich den begrife 21.
Wol dan helde über mer [68.]
Wol üf ir töten alle [71.]
Würze des waldes 6.
Lateinische Hjrmnen.
A solis ortus cardine 140. 143. 144.
Ad cenam agni proyidi 145.
Agnoscat omne seculum 146,
Ave Catharina 142.
Are maris Stella I35. 147.
Ave praeclara maris Stella 128. 148. 149.
Ave vivens hostia 131. 160—152. [266.]
639
Cbriste qui lux os et dies 1H7. 141. 153—166.
Conditor alme sideram 157. 158.
Corde natos ex parentis 159,
Dies adest celebris 162.
Dies eet laetitiae 160. 161.
So trinitatis specolmn 163.
Homo tristis esto 164.
Hostis Herodes impie 166.
Hyrnnum dicamns domino 166.
Jesa dnlcis memoria 167. 168.
In hoc anni circnlo 169. 170.
In natali domini 171^
Landa mater ecclesia 174.
Laus tibi Cbriste qui pateris 175. 176.
Magnum nomen domini 248.
Media vita in morte sumus 177—179.
Natns est nobis hodie 315.
Nil canitur suavius 167.
Omnis mnndus iucundettir 180 — 182.
Fange lingna gloriosi 132. 183—186.
Patris sapientia, veritas divina 187 — 189.
Psallite unigenito 251. A.
Puer natns in Bethlehem 190—192.
Quem pastores laudavere 193.
Quem terra, pontus, aethera 134.
Regina coeli laetare 194.
Resonet in landibus 195.
Rex Christo factor omnium 196.
Salve regina, mater miseric 197.
Btabat mater dolorosa 136. 198—200.
Snrrexit Christus hodie 201—204.
Te deum laudamus 206.
Terit mola farinola 206.
Ut queant laxis resonare fibris 207.
Veni Creator Spiritus 129. 133. 139. 208. 209.
Yeni redemptor gentium 210. 211.
Veni sancte spiritus 212 — 216.
Verbum bonum et suave 216.
Vexilla regis prodeunt 217. 218.
WeltKche Lieder.
Aus hartem Weh klagt sich ein Held . .^ 221.
De Kuckuck heft sik ddt gefallen 235.
540
lYen liebsten Bohlen den ich han 227. 228.
Der Maie, der Maie bringt nn« 240.
Es üog ein kleins Waldvögelein 233.
Es hat ein Biedermann ein Weib [385.]
Es hat ein Mädlein sein Schach verlorn 225. B.
Es hat ein Mann sein Weib verlorn 225. A.
Es taget in dem Osten 230.
Es wollt ein Jäger jagen 234.
Oramann, dn viel dürrer Gaul 226.
Ich han den Mantel mein versetzt 231.
Ich stund an einem Morgen 224.
Ich weiB ein feines Baurenmägetlein 232.
Sommerzeit, ich freue mich dein [372. |
Wie laut so sang der Wächter auf der Zinne 220.
HOFIMANN VON FALUBRSLEBBN.
Geschichte des deutschen
kirchenliedes.
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