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Full text of "Geschichte des Militär-erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen"

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Geschichte 



litär-Erziehungs- und Bildungswesens 



Sach 



sen 



B. Polen 

Künigl. jireufHigclieia Oberst u. D. 



BERLIN 
A. HofmanD & Comp. 



ZsRtralbIbliothjk 

der 
Hohen Schule 



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Geschichte 



des 



Militär-Erziehongs- und ßildungsf esens 



m 



Sachsen 



Von 



B. Polen 

Königl. preurnBchem Oberst a. D. 



BERLIN 

A. Hof mann & Comp. 



■^ fi 1897 



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ZdRtralbibllothek 

der 

Hohen Schule 



Vorwort 



Xn der von mir bearbeiteten .Geschiebte des Militär-Erziebungs- 
und Bildangswesens in den Landen deutscher Zunge' S aus welcher 
hier ein Abschnitt als Sonderabdruck geboten wird, nimmt das König- 
reich Sachsen eine hervorragende Stelle ein. Ist doch das Dresdener 
Kadetten-Korps die älteste, gegenwärtig noch bestehende und blühende 
unter den vielen der Vorbereitung auf den Offizierstand gewidmeten 
Anstalten, älter als die gleichnamigen in Preufsen und in Bayern, älter 
als die Militär-Akademieen des österreichisch-ungarischen Kaiserstaates 
und länger als zwei Jahrhunderte hindurch hoch angesehen. 

Neben dem Kadetten -Korps, welches im Jahre 1692 errichtet 
wurde, entstanden in dem damaligen Kurfärstentume um die Mitte des 
18. Jahrhunderts Schulen zur Heranbildung von Artillerie- und In- 
genieuroffizieren, welche, später mit einander verschmolzen, demnächst 
mit jenem vereinigt und darauf von demselben wieder getrennt, in 
Wirksamkeit gewesen sind, bis sie infolge der Ereignisse von 1866 zu 
bestehen aufgehört haben. Nur das Kadetten -Korps blieb erhalten. 
Die Schilderung seiner Vergangenheit ist daher hier zur Grundlage fSr 
die Darstellung der gesammten zum Zwecke der Erziehung zu Offizieren 

' Geschichte des Militär-Erzlehungs- und Bildungswesens 
in den Landen deutscher Zunge von B. Poten, Kgl. preuTsischem 
Oberst a. D. — Berlin, A. Hofmann & Comp. 

I. Band: 1889 (Baden, Bayern, Braunschweig, Colmar). 
II. Band: 1891 (Hannover, Hessen-Kassel, Hessen-Darmstadt, Hessen- 
Hanau, Mecklenburg-Schwerin, Münster, Nassau, Olden- 
burg). 
HI. Band: 1893 (österreich-üngam). 
IV. Band: 1896 (Preufsen). 

V. (Schluft-) Band: 1897 (Sachsen, Schaumburg-Lippe, Schleswig-Holstein, 

Schweiz, Königreich Westfalen, Württemberg, 
und als Anhang: Die Militär -Vorbereitungs- 
anstalten). 



IV Vorwort 



bestimmt gewesenen Einrichtungen gemacht worden. Auch die wenigen 
Anordnungen, welche zum Zwecke der wissenschaftlichen Fortbildung 
der Offiziere bestanden haben, konnten zweckmäfsig in jene Darstellung 
einbegriffen werden. 

Ein besonderer Abschnitt ist dagegen einer Anstalt jüngeren Datums 
gewidmet. Es ist die, in welcher die Vorbereitung auf den Beruf des 
Unteroffiziers erfolgt. Erst nach der Begründung des Norddeutschen 
Bundes ins Leben gerufen und preufsischem Muster folgend, hat sie 
ihre Vorbilder, was die einheitliche Gestaltung des zum Ziele führenden 
Bildungsganges und den ümfong des den Schülern erteilten Unterrichtes 
angeht, bereits überflügelt. 

Über alle diese Anstalten und Einrichtungen ist bisher, auTser den 
im Drucke erschienenen Dienstvorschriften, fiäst garnichts veröffentlicht 
Kurze Erwähnung in den die Geschichte des sächsischen Heeres oder 
einzelner Truppentheile behandelnden Werken, gelegentliche Mitteilungen 
über stattgehabte Neuerungen oder Festlichkeiten in Zeitschriften, 
waren die einzigen durch den Druck veröffentlichten Quellen, welche zu 
Gebote standen. Um so reichlicher war handschriftliches Material in 
den Beständen des Eriegsministeriums und des Kadetten-Korps, sowie 
des Staatsarchives vorhanden, welches alles durch das überaus freund- 
liche Entgegenkommen des verstorbenen Staats- und Kriegsministers, 
Generals der Kavallerie Graf von Fabrice, sowie seines Nachfolgers 
als Kriegsminister, des General-Lieutenants von der Planitz, und die 
Bereitwilligkeit der betreffenden Behörden und Beamten ffir die Her- 
stellung der Arbeit zur Verfügung gestellt wurde. Trotzdem finden sich 
in der Darstellung der Artillerie-Schule und der Ingenieur-Akademie 
um die Wende des 18. und 19. Jahrhunderts Lücken, deren Ausfüllung 
auch der Beistand des in jüngster Zeit, als die gegenwärtige Arbeit fästi 
vollendet vorlag, errichteten Kriegsarchives auszufüllen nicht vermocbi 
hat; ich habe mich darauf beschränken müssen, mitzuteilen, was in dei 
damals erschienenen Büchern zu finden war. Näherer Nachweis über alli 
benutzten Quellen ist an den betreffenden Stellen der Schrift gegebe 

Berlin, Sommer 1897. 

B. Poten. 



Inhaltsverzeiclmis 



Seite 

■ orwort HI 

nhaltßverzeichnis V 

Ü>kürzuDgen • VI 

Übersicht 3 

1. Daö Kadettenkorps 4 

1692—1725 4 

1726-1756 22 

1763—1781 34 

1781—1798 40 

1798-1811 44 

1811—1814 60 

1814—1820 68 

1820—1822 72 

1822—1831 78 

1831—1835 89 

2. Die Militär. Bildungs-Anstalt 92 

1835—1851 92 

Die Unt^roMzier-Abteilung •. . . 102 

1841—1851 104 

3. Die Kriegsschule, 1851—1869 109 

Die Portepeejunker der Reiterei 117 

4. Das Kadettenkorps 118 

1859—1867 118 

1867—1868 136 

' 1868—1869 137 

1869-1872 147 

1872-1879 151 

1879—1896 155 

5. Die Artillerieschule und deren Fortsetzungen . . . 165 

Die Artillerieschule, 1766—1811 166 

Die Artillerieakademie, 1811—1816 170 

Die Militärakademie, 1816-1828 171 

1828—1831 188 

1831—1835 196 

Die Artillerieschule, 1869—1866 209 

6. Die Ingenieurakademie 220 

Vorgänge in den Jahren 1734—1742 220 

1743—1756 222 

1763—1816 226 

7. Die Unteroffizierschule und die ünteroffiziervor- 
schule, 1868—1891 226 

1891-1895 229 

1896 230 



Abkürsungen 

Arch.: Archiv; Kr.-Arch.: Kriegsarchiv. 

Kr.-M.: KriegsminiBterium, Kriegsminister. 

K.K.: Kadettenkorps. 

Gen.'Insp.: General-Inspektion, General-Inspekteur. 

Ob.-M.Ez.-Kom. : Ober-Militär-Examinations-Kommission zu Berlin. 

Mil.-Erz.- u. B.-W.: Militär-Erziehongs- und Bildungs- Wesen. 

Gen.Qm.: General Quartiermeister. 

Gen.Qm.-St. : General-Quartiermeister-Stab. 

Art.: Artillerie. 

Inf.: Inüanterie. 

Ing.: Ingenieur. 

Kav.: Kavallerie. 

FM.: Feldmarschall. 

FML. : Feldmarschall-Lieutenant, 

FZM.: Feldzeugmeister. 

.Gen.: General. 

GL.: Grenerallieutenant. 

GM.: Generalmajor. 

Ob.: Oberst. 

Ob.-I^t. : Oberstlieutenant. 

Maj.: Major. 

Kap.: Kapitän. 

Hptm.: Hauptmann. 

Bttm.: Rittmeister. 

Pr.-Lt. : Premierlieutenant. 

Ober-Lt. : Oberlieutenant. 

Sek -Lt. : Sekondlieutenant. 

Ünt-Off.-Sch. : UnterofBzierschule. 

Prof.: Professor. 

Adj.: Adjutant. 



Das Königreich Sachsen 

(Abgeschlossen am 30. September 1896). 



GcsctUchto dos MiUtär-Exxiohuiigs- und BUdanftweMU in BacbMO 



Von allen in den Landen deutscher Zunge gegenwärtig bestehenden 
Militär-Erziehungs- und Bildungsanstalten ist das Dresdener Kadetten- 
korps die älteste. Es ist zugleich diejenige Anstalt, in welcher zwei 
jetzt verschwundene, eine Artillerie- und eine Ingenieur-Schule, zeit- 
weilig aufgegangen sind. 

Mit Bücksicht auf diese Verhältnisse ist die Schilderung der 
übrigen zur Heranbildung von Offizieren bestimmt gewesenen Einrich- 
tungen in die Geschichte des Kadettenkorps mit verflochten und die 
genannten Schulen sind nur für diejenigen Zeiträume abgesondert be- 
handelt, während deren sie selbständig waren. 

Der Werdegang jener drei Anstalten gestaltete sich in nachstehender 
Weise: Bis zum Jahre 1743 war nur das 1692 errichtete «Kadetten- 
korps*" (9K.-K.') vorhanden. Dann wurde zuerst eine «Ingenieur- 
Akademie* und darauf 1796 eine «Artillerie-Schule* geschaffen, welche 
1816 zu einer anfangs «Militär- Akademie*, seit 1831 «Artillerie-Schule* 
genannten Anstalt und diese 1835 mit dem unter verschiedenen Be- 
zeichnungen erscheinenden K.-K. zu einer « Militär-Bildungsanstalt' ver- 
einigt wurden. Es fand dabei jedoch keine vollständige Verschmelzung statt, 
und 1851, als die «Militär-Bildungsanstalt* einer Umgestaltung unter- 
worfen ward und den Namen «Kriegsschule* erhielt, wurden die 
Bestandteile derselben nicht nur änfserlich als «Kadetten-Schule* und 
als „Artillerie -Schule* unterschieden, sondern es wurde auch die 
bestehende innere Trennung dergestalt verschärft, dafs, als 1859 der 
Uame «Kriegsschule* aufhörte und nur die beiden anderen Bezeich- 
nungen in Geltung blieben, in den Verhältnissen und Beziehungen 
5er Anstalten wenig geändert wurde. Infolge der durch den Krieg 
^om Jahre 1866 hervorgebrachten Umgestaltung der politischen Lage 
n Deutschland ist alsdann die Artillerie-Schule eingegangen und das 

E.-K. allmählich ganz nach preufsischem Muster umgeformt. 

1* 



Geschichte des MilitärEradehungs- und Bildungswesens in Sachsen 



Neben diesen Anstalten und im Bahmen der ihnen gewidmeten 
Darstellung werden wir ferner zwei Einrichtungen kennen lernen, von 
denen die eine zur Heranbildung von Unteroffizieren zu Offizieren 
diente, die andere die Fortbildung von Offizieren bezweckte; wir werden 
der Sonderstellung zu gedenken haben, welche eine Zeitlang die Ofifizier^ 
Anwärter der Beiterei einnahmen, und schliefslich werden uns eine 
noch jetzt bestehende Unteroffizier- Schule und Unteroffizier -Yorschnle 
beschäftigen. 



1. Das Kadetten-Korps 



1602—1725 

Der erste unter den sächsischen Fürsten, welcher die wissenschaft- 
liche Ausbildung seiner Truppen zum Gegenstande seiner landesherr- 
lichen Fürsorge machte, war Kurfürst Johann Georg II., ein im all- 
gemeinen wenig kriegerischer Herrscher, aber ein Freund des Gescbütz- 
wesens und ein Liebhaber der Feuerwerks- und der Befestigungskunst ^ 
Er erliefs am 6. November 1674 eine «Artillerie-Ordnung*, welche 
eingehende Vorschriften darüber enthielt, wie es mit den Lehren der 
Artillerie kfinfljg gehalten werden sollte. Zweck der Veröffentlichung 
war, diese Lehren, welche bisher als Dienstgeheimnis behandelt und 
nur durch mündliche Überlieferung den in das Korps Eintretenden 
zugänglich gewesen waren, festzustellen und das Bekanntwerden mit 
denselben zu erleichtem. Sie bezeichnete die Gegenstände, in denen 
die Lernenden behufe Bestehens der sogenannten Feuerwerksproben zu 
unterrichten waren, setzte die Lehrgelder fest pp. — Über diese 
Proben vgl. A. v. Eretzschmar, Geschichte der sächsischen Feld- 
Artillerie von 1620-1820, Berlin 1876, S. 140. 

Ihm folgte im Jahre 1680 in der Begierung sein Sohn Johann 
Georg III., der eigentliche Begründer des sächsischen Heerwesens. 
Wie sein Zeitgenosse, der Grofse Eurforst Friedrich Wilhelm von 
Brandenburg, schuf er einen eigentlichen, mit der Person des Herrschers 
in enger Beziehung stehenden und nur von letzterem abhängigen 
Offizierstand, in welchem die Überlieferungen der Lehenstreue und der 
Vasallenpflicht fortlebten; 1687 be&hl er, daTs die Offizierstellen, 

* Geschichte der sächsischen Armee von Oherst-Lieutenant Schuster und 
Dr. Francke, I, 89, Leipzig 1885. 



1. Bas Kadetten-Korps 



welche bis dabin zur Verfügung der Obersten gestanden hatten und 
von diesen häufig an unfähige Leute vergeben oder gar verkauft waren, 
in Zukunft nur durch ihn selbst besetzt werden sollten.^ Gleichzeitig 
war er auf die Heranbildung eines geeigneten Ersatzes für das Offizier- 
korps bedacht, indem er die «Aufrichtung einer Academie zu aller- 
hand adelichen Exercitien' plante. König Ludwig XIY., welcher kurz 
vorher in Frankreich Eadettenkompagnieen aufgestellt hatte, deren Mit- 
glieder, junge Edelleute im Alter von 14 bis 25 Jahren, in allen 
militärischen Übungen und in der Befestigungskunst unterrichtet und 
vorbereitet wurden demnächst als Offiziere in das Heer zu treten, gab 
ihm das Vorbild. Seit 1684 ward der Plan im Geheimen Eriegsrats- 
KoUegium beraten. 1687 ward nachstehender Entwurf fertiggestellt:^ 

«Gefertiget Mens. Decbr. 1687. 
Obngefährlicher Vorschlag des Herrn Obristen Elengels 

wegen Aufrichtung einer Academie zu allerhand adelichen 

Exercitien/ 
Es ist bekannt mit was sonderbarem Nutzen unterschiedene Poten- 
taten, insonderheit die ESnige von Frankreich und Dänemark, Se. 
Churfstl. Durchl. von Brandenburg, der Prinz von Oranien gewisse 
Academien aufgerichtet, gestalt der Adel darinnen informiret und dis- 
cipliniret worden, dafs sie gleich anfangs wenn sie dieses noble metier 
angetreten, den ersten Grad der Ober-OfQcier-Charge bedienet und zu 
ihrer grofsen avantage sich bald in höhere Functiones poussiren können, 
hingegen lieget am Tage, dafs wenn dergleichen in einem Lande, wo 
ein weitläuftiger und zum Eriege inclinirter Adel mangelt« 
wie schwer es dann fället die fundamenta dieses gefährlichen Hand- 
werks zu erlernen und wie wenig gute Officiers ein Landesfärst Anfangs 
des Erieges unter seinen Landeskindem findet, denn wenn einer von 
Adel unter der Mousqueten gleich anderen Gemeinen das Exercitium 
nebst ihnen wie auch alle Functiones vom Gefreiten bis zum Ober- 
officier erlernen soll, so gehet nicht nur eine grolse Zeit als das edelste 
Eleynodt dieses Lebens vorbey, sondern es ist zu befürchten, weil sie 
noch jung und mehr zum Böfsen als zum Guten von Natur incliniren, 

* Schuster und Francke, a. a. 0. I, 113. 

' Arch. d. Kr.-M.: Acta, die Errichtung der Adelichen Compagnic- 
Cadets und was dem anhängig, betr. Anno 1692 pp. bis mit 1787. No. 1 
(Nebentitel: Geheime Kriegs-Canzley, Rep. J, Loc. 40). 

3 Die benutzte Abschrift (Arch. d. Kr.-M.) trägt auf der ersten Seite 
den Vermerk: Aus denen Landtags- Acten de ao. 1687. Vol. I, fol. 874.^ 



rMi *t *M m^m bolitrlKhea Cofspagmen TcrfEhret asi i 
Ti»l»ywn M kÜtm lH(«rluft«ii BegiinMO Terieydet wevd 
kif 4mm «ta*«« Mm ■MJwKfhB AnUcU gebslteo w« 
'Mm|M « *M* «MSdh a ciaM b&berai Ch&rge, m aeyca 
Af^Mill» H mMta m, m fa Fdde vorgebeo, gaai nobdamit. 
m IM Imm Blflte vW riM ApprocLe zu föhreD, ein Logiain 
4t» fitttn ChHqß m mkktn, eiMii Graben sappiren, eine € 
AnwmmIEh, fMC )mr, wtrdm auch mit langer Zeit und 
aa er in der Theorie das setoe 



m4 M» itnm4 Itayfai f*U|«t, ao (ället ee nicht sonderlich sd 
t'fH^im. Ml «41 lim '.liurfrt. Durchl. in Betrachtung des 
b((Mli «*l iiMi Khap««« gleichsam geschaffenen Adels in 
4«« M tfffiil M tm Klt«|H Schill« im Fall deroselben die bedfl 
> fftrim, anzuordnen, so würde solche fa 

I ttfB'. 

t WiiSm 4»trM Wi Junge von Adel, su Lust zum Krieg 
k4 »*• nitmot Olifif OfBcierd bo gleichfalls aus adi 
«MMMw4(r«t, ftiu Ilirnr Zahl auch die Unter O 
«MW ^ d^ 4itrrM UMn Kirrjiurlil, gouommen. 

¥, NtafM ri« '/ »'*IU JKlirn itchuu, nncli Verfiiersung d< 
WM4mi (*• fcwl »U (»(»((r (Xirult). Truppen wenn einige Chai^a 
tm^Mtlt, <rt* 4««t Iwtww. (l«r nicht vorher 2 Jahr in dieser 

N: Ib» (jMMMw »«hHiMt ilH In Altilmden und wäre keine! 
(fAlllHi *«f '*•• 'l'»"" "I*' 1" Ni.inln«dim ohiio ihres Ober C 
lllirlNUlf wi K*l«*«, 'lühw ilttiiii k><liii>r durch die Wachai f 
««rdwi HiitaM. <«' 'ilt'tl "I« »(riilurlluliim Zwuhen von ihnoi 
wdIwii. 

4, Nur Umt I»"" '"Ui 4*?' Tun »nuMu hIh uuf und verri 
Ihraii Kli|| uiiil Wii'ihUi) ifUUh Minlnni 

r», I»« (IIwIb» /'»ll WM(]«ii «tii lnr<irinli»l, In aor ileömetrici 
llitiilhiM, M|ii««hnn, T<mii.i'M, VH-thU» iitid l'|(|iu.. mwii ihre ji—io, 
Ulli KBiiOiliilill''hiliiii #111» H»ll*», iIIm iilii (liuiiiyp, (|ym jj^^, 
lliiNlnti, tiiDimIhllidi muiUfH mllMm 

II, ICliixHi Ji")<'ii k'tNlitHii ItiiNlkt lu Himin tu den 

inm»wl.wi«ii w«r'li"i. «•"» "' »'»I^öt ItKtt« d« 

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lttipt>iUiitt'(i(uiii 



Vi>ttli>itt>UiM>, «•'ll-lumi 






1. Das Kadetten-Korps 



7. Wenn sie anf die Wache zogen, müssen sie in der bey der 
(jamison übrigen Liverey gekleidet seyn, die übrigen Tage könnten sie 
andere Kleider, als etwa blaue Böcke tragen, sie desto besser za 
erkennen. 

8. Bleiben sie allezeit auf der Haupt* Wache und würden ihnen 
die postes d*honneur als die Schildwache vor des Generallieutnant, 
Oberbofinarschalls ,und Begimentshause gegeben werden. 

9. Zu ihrem Unterhalte könnte ihnen monatl. 4 Thlr., darvor 
sie auch das Quartier sich zu schaffen hätten, gegeben werden und 
würden die jährlichen Unkosten folgende seyn, als 

Einem Gapitaine 40 Thlr. 

Einem Lieutenant 18 « 

Einem Sergeanten . . • * 7 « 

Zwei Corporals 11 . 

Zehn Gefreyeten ä 7 Thlr. 11 Or. thut insgesamt 77 . 11 Or. 
Fünfsig Schildergäste, jedem ä 4 Thlr. ... 200 . 
Thut monatlich .... 323 Thlr. 12 Gr. 

Jährlich 3842 Thaler. 
Hierüber : 
600 Thlr. dem Bereuter 
500 . V Ingenieur 
500 « « Sprachmeister 
500 « « Fechtmeister, so zugleich Voltigiren und Piquen- 

spielen lehret 
500 « . Tanzmeister. 

Thut 2600 Thaler 
Summa 6481^ Thaler. 
Nota. Von diesem Projet in denen bey der Geh. Eriegs-Canzley 
gehaltenen Landtags- Acten sub Lit. Q, 5, und zwar mit der Bemer- 
kung, dafs im Decbr. 1687 des Herrn Geheimen Kriegsraths Bosens^ 
Ex(*.ellenz dieses aufgesetzet haben und darvon verschiedene Abschriften 
gefertiget worden wären.' 

Der vorstehend abgedruckte «Vorschlag* kam nicht zur Aus- 
führung, weil die Stände die Geldmittel verweigerten; er ist aber 
nichtsdestoweniger von Interesse, weil er bei der wenige Jahre später 
erfolgten Errichtung einer Eadettenkompagnie verwirklicht ward. 

* Christoph Dittrich v. Böse. Der obengenannte Kiengel, Oberster der 
gesamten Artillerie und Oberkommandant von Dresden (vgl. v. Kretzschmar, 
a. a. 0., S. 136), überreichte den Vorschlag den Landst&nden. 



8 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Johann Georg III. starb am 12. September 1691, sein Sohn 
und Nachfolger Eorffirst Johann Georg IV., weniger bedenklich als 
der Vater, fragte nicht erst bei den Ständen nach dem Gelde, sondern 
erliefs am 9. Januar 1692 durch den FM. y. SchSning^ den Befehl 
zur Aufstellung von zwei Eompagnieen adelicher Eadets. 

Die eine derselben war die berittene E^ompagnie Grands Mous- 
quetaires, von Ob. v. Meusebach errichtet, welche eine Pflanzschule 
für Beiterof&ziere werden sollte, in Wirklichkeit aber eine Gardetruppe 
war und den Dienst bei Hofe versah; die andere war die Eompagnie 
Cadets, deren Einrichtungen dem oben mitgeteilten Entwürfe ent- 
sprachen. 

Der An&ng mit der Aufstellung der letzteren oder wenigstens die 
Vorbereitungen dazu müssen aber schön früher getroffen sein, denn 
bereits am 9. Januar 1692 erging von Leipzig ans ein sehr ungnädiger 
Erlafs des Eurfürsten an den Bat zu Dresden in betreff der Unter- 
bringung der Eadetten.' ^Es sei dem Bathe unverborgen,' heifst es 
in demselben, «dafs der Eurfärst resolviret, eine gevrisse Anzahl 
Cadets aufzurichten und zu Altdrefsden logiren und exerciren zu lassen. 
Zu seinem Mifsfallen habe der Eurfurst erfahren müssen, dafs Offizieren 
wie Gemeinen dort die Miete schwer gemacht und, gegen frühere Zeit, 
ein übermäTsiger Zins von ihnen gefordert würde. Er sei aber keines- 
wegs gemeint hierin nachzusehen, sondern begehre, dafs der Bath den 
Eingesessenen sofort mit Nachdruck andeute, dafs sie sich desfalls der 
Gebühr bezeigen und Niemand wider die Billigkeit und höher als 
anfangs die Vermietung ansetzen, widrigenfalls die Eadetten frei und 
ohne Entgelt einquartiert werden würden.* 

* Hans Adam v. Schöning, am 1. Oktober 1641 zu Tamsel bei Cüstriu 
geboren, trat am 9. April 1691 aus brandenburgischen Diensten, in denen er 
sich einen glänzenden Kriegsnamen gemacht hatte, in sächsische, wurde 
aber seinem dortigen Wirkungskreise und somit auch dem IC-K. sehr bald 
dadurch entrissen, dafs Österreich ihn aus politischen Gründen in der Nacht 
zum 23. Juni 1692 im Bade Teplitz verhaftete und bis 1694 gefangen hielt. 
Er starb am 28. August 1696 zu Dresden. — Sein Leben beschrieb K. W. 
V. Schöning, Berlin 1837. 

' Arch. d. Kr.-M.: Acta, die Errichtung pp. 1692 bis 1787, No. 1. — 
Nach Schuster und Francke a. a. 0., I, 113, hätte der Kurfürst an diesem 
Tage dem Rate zu Dresden eröfl[het, „dafs er ein Korps Kadetten errichten 
und dasselbe nach Alt-Dresden (der jetzigen Neustadt) verlegen wolle, um 
diesen Teil der Stadt, welcher 1685 durch Brand schwer gelitten hatte, mehr 
in Aufnahme zu bringen*^ 



1. Das Kadetten-Korps 



Den oben angefahrten, durch Sch5ning erlassenen Befehl vom 
K Januar zur Errichtung der Eadettenkompagnie habe ich nirgends 
[efunden; es enthalten vielmehr die Akten des Eriegsministeriums in 
lern oben näher bezeichneten Heft No. 1 auf der Abschrift eines 
^erpflegungsnachweises d. d. 5. August 1692 eine «Nota*, welche 
)ehauptet, ,dafs diese vorstehende Verordnung vom 5. August 1692 die 
linzige Nachricht von der Errichtung der Adelichen Gompagnie Cadets 
md dafs weder ein Special-Bescript noch Bestallungs-Brief oder sonstige 
gründliche Nachricht über deren Einrichtung vorhanden sei". 

Jedenfalls ist die Errichtung des , Adelichen Gadetten-Corps* im 
Januar 1692 erfolgt; es sind unwiderlegliche Zeugen dafür in den 
ITerpfl^ungsnachweisen vorhanden. Auch die Stände fügten sich. Als 
lie Begierung mit der vollendeten Thatsache vor sie hintrat und von 
leuem Qeld, und zwar dieses Mal für die beiden Eompagnieen behufs 
Bezahlung von Unterhalt, Exerdtienmeistem und Wohnung jährlich 
iOOOO Thaler forderte, erkannten sie laut Bewilligungsschrift vom 
18. März die Eriegsschule als zu Becht bestehend an. Sie überliefsen 
lamals dem Eurfürsten, die Anstalt aus der ihm zur Verfügung gestellten 
'auscbsumme zu unterhalten; es findet sich aber in den Landtags- 
kten durchgängig der Vermerk, dafs ein auf die drei Jahre 1692 bis 
694 be¥rilligter Posten von je 25000 meifsnischen Gulden gleich 
S1875 Thaler .für die Cadets gehöre*. Im Landtagsabschiede vom 
L April 1692 erklärte der Eurfürst sich einverstanden. Die genannten 
S5000 Gulden werden bis zum Jahre 1699 in den Bewilligungen der 
Stände besonders aufgeführt, später wurden die für die Eadetten 
irforderlichen Gelder allgemein ad militaria gegeben. 

Der älteste der erwähnten Verpflegungsnachweise ist der «Etat* 
ur den Monat Januar 1692. Derselbe weist 31 Eadetten auf; ihre 
iahl stieg rasch; am letzten Tage des Jahres waren 98 vorhanden, 
)in Bestand, welcher mehrere Jahre lang ziemlich der nämliche blieb. 

Der Etat war der nachstehende: 
1 Eapitän erhielt monatlich 60 Thaler, 

1 Eapitän-Lieutenant 40 

2 Lieutenants, ein jeder 30 



1 Fähnrich 

1 Feldwebel 

3 Sergeanten, ein jeder 

1 Qefreiter-Eorporal 

1 Fourier, seit November 1693 Unteroffizier^ 



... 25 

... 12 

Eadetten 10 

... 9 

... «7 



11 
n 



10 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

1 Musterschreiber Irr^ise. 9 Thaler, 

. x^ .. ,,A \ Unteroffiziere 

1 Kapitän d Armes J 9 » 

3 Korporale } Kadetten, ein jeder 8 

1 Feldscheer 9 

5 Pfeifer, ein jeder 6 

3 Tambours, ein jeder 4 , 

125 Kadetten, ein jeder 5 « 

Hierfiber: 1 Fecht-, 1 Tanz-, 1 Sprachmeister mit bezw. 33 Thaler 

8 Groschen, 35 und 20 Thaler. 

Die Stelle des Kapitäns war zunächst nicht besetzt; seit dem 
1. Februar 1693 bezog FM. v. Schöning «als nunmehriger Comman- 
dant derer Gadets" das betreffende Traktament; Kapitän-Lieutenant 
also der eigentliche Vorgesetzte der Kadetten, war Adam Heinricl 
y. Böse. Im April 1693 kamen hinzu: 2 Dragoner, welche bis zun 
März 1725 vorhanden waren, und ein Steckenknecht mit monatlich 6 
bezw. 4, im November des nämlichen Jahres ein Ingenieur mit 30 
im April 1695 ein zweiter mit 20, ein Rechenmeister und ein Vor 
fechter mit 10, im April 1697 6 Hautbois mit je ß Thaler, wogegei 
4 Pfeifer fortfielen. Die Anzahl der Kadetten war inzwischen aal 
durchschnittlich 120 gestiegen. Die Bestimmung der Dragoner wat 
für die damaligen Zustände kennzeichnend: die Kadettenkompagnie 
erhielt zur Bestreitung ihrer Geldbedürfnisse vielfach Anweisungen aul 
Amter und Städte, wodurch nicht selten zwangsweise Beitreibungen 
erfordert wurden. Diese vorzunehmen lag der Kompagnie ob. Um 
nun die Kadetten damit zu verschonen, .welche ihre Zeit zu etwas 
Anderem employiren könnten*, wurden die beiden «Landdragoner' 
angestellt.^ Der volle Stand von 125 Kadetten war nur wenige 
Monate vorhanden; das Traktament für die fehlenden bezog dei 
Kapitän. 

Die obigen Verpflegungssätze erlitten im November 1699 einige 
Abänderungen, von denen die wichtigste war, dafs das Gehalt dei 
Kadetten auf 6 Thaler monatlich erhöht ward. Ferner wurden eii 
zweiter Sprachmeister, ein Geographicus und ein Vortänzer (mit j( 
15 Thaler) angestellt und 1873 Thaler zur Erhaltung von 24 Schul- 
pferden ausgesetzt; seit Januar 1704 erhielten zwei Bereiter je 8 Thalei 
8 Groschen för den Unterricht. Im Januar 1716 trat zu den Lehren 
ein Theologus mit 12 Thaler. 

* Archiv des Kr.-M.: Rep. G.loc. 26. Nr. 3. 



1. Das Kadetten -Korps H 



Die grundlegenden Bestimmungen über die innere Verfassung der 
lompagnie Adelicher Gadets", den Unterricht und die Ausbildung waren 
einer Vorschrift niedergelegt, welche nach dem fflr die französischen 
idettenkompagnieen gftltigen Reglement des Herrn v. Monsans, wahr- 
beinlich durch Jean de Bodt, von welchem bei der Ingenieur- 
kademie die Bede sein wird, ausgearbeitet wurde. Sie ward bei 
rrichtung der Anstalt erlassen und lautet: 

«Etablissement et B^glements des Gompagnies de Gadets.^ 

1. Que les Gadets qui seront re9us dans les dites compagnies 
iront comms 6tre nobles d'extraction, tous Boturiers en etant exclus 
Sn d'^viter les querelles qui surviendraient d'un tel mäange. 

2. Que les compagnies seront pourvues de bons officiers pour les 
resser et leur enseigner tout ce qui dopend de Tart militaire. 

3. Que pour cet effet on pourra choisir quelques vieux officiers 
)nt rexpärience et les Services seront connus afin que par leur sagesse 
s puissent r^tenir les empressements oü la jeunesse ne se laisse aller 
16 trop souvent et par leurs examples, bons conseils et chätiments 
Scessaires ils la remontent dans son devoir. 

4. Qu'aucun cadet ne pourra obtenir son cong^ n*7 sortir de la 
impagnie qu'au pr^able il n'y ait d^meur^ trois ans pour se per- 
ctionner et profiter des exercices qui leur seront enseign^. 

5. Qu'ils auront un appointement fixe pour les entretenir des 
lOses n^essaireSf dont ils seront pourrus selon la disposition de leurs 
fiders, qui auront soin de les fidre tenir aussi propres que le requiert 
ir condition. 

6« Que le dit appointement sera distribu^ et pai^ aux cadets toutes 
3 semaines pour ^viter la n^ssit^ oü pourraient tomber ceux qui 
anquent de conduite quand ils refoivent de plus grosses sommes. 

^ Die Abschrift ist Vorarbeiten zu einer Geschichte des K.-K. entnommen, 
siehe sich im Besitze des letzteren befindet Verfasser ist der in der Nacht 
an 29./30. November 1870 beim Ueberfall von Etr^pagny als Kompagniechef 
1 Leib-Grenadier-Regimente gebliebene Hptm. v. Einsiedel, welcher die Auf- 
idmungen in den Jahren 1865/66 während seines Kommandos zum K.-K. 
macht hat. Dieselben sind zum großen Teile stenographiert Daher konnte 
ti sie nicht lesen. Leider ist es, wie mir gesagt wurde, den dieser Kunst 
ftchtigen, welche sich bisher daran versucht haben, ebenso gegangen. Die 
Urschrift ist in gewöhnlicher Schrift niedergeschrieben. 






12 Geschichte des MilitÄr-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

7. Qa*ils seront somm^ et engag§s d'ob^ir ä toates les regles, 
d^crets, ordonDances et Services du droit militaire, selon qu'il sera stabil 
par le Frince, aossi bien qae les autres soldats. 

8. Qae les of&ciers leur feront faire d'exercice militaire 3 fois la 
semaine pendant 2 heures et ce le landi, le mercredi et le samedi, 
commen9ant en ^t^ ä 4 heures du matin et en hyver ä 2 heures apres 
midi afiu de n'empecher pas les autres Services. 

9. Et pour cet effet ils s'assembleront devaut la parole de leur 
principal officier et aiant fait Texercice militaire ils y retourneront tous 
pour de lä etre coaduis par leurs bas-officiers aux autres exercices. 

10. Que leur officiers seront tenus de visiter iucessament les sales 
des exercices pour prendre garde si les maitres aussi bien que les cadets 
s'acquittent de leur devoir. 

11. Que tous les ans on choisira ceux qui auront le mieux profite' 
dans leurs exercices pour leur donner de Temploi, les avancer selon 
leur capacit^ et que le besoin le requerra. 

12. Que ceux qui auront obtenu cong^ de faire quelque voyage 
pour leurs affaires et qui resteront plus longtems que le dit cong^ m 
portera, ne pourront pr^tendre aucun appointement pendant le tems, 
quHls seront r^mis les demiers en liste, le tout pour ^viter la 
n^gligence des exercices. 

13. Que si queque cadet venait ä commettre une action qui fot 
indigne d'un gentilhomme et qui derrogeät ä sa noblesse, il sera dd- 
pouill^ de son Equipage et chass^ ä la tete de la compagnie pour 
donner eiample aux autres. 

14. Que la compagnie sera foomie et pourveu^ de bons et ex- 
perimentd maitres pour leur enseigner les exercices convenables et 
necessaires ä un gentilhomme qui souhait de parvenir aux emplois et 
rendre service ä sa patrie. 

15. Que chaque maitre d'exercice sera tenu ä son reception de 
preter serment quHl s*acquittera de son devoir selon Dieu et la fidelit^ 
qu'il doit au Prince. 

16. Que les ma!tres d^exercice auront droit et autorit^ de corriger 
et r^prendre les cadets oü il en sera besoin comme les autres officiers. 

17. Que la compagnie sera divisde en escouadeSf ä la tete de 
chacune desquelles il doit y avoir un bas-officier pour les conduirefi 
daos les sales des exercices et y demeurer pr&ens jusqu'ä la fin sam 
les abbandonner n'y permettre qu'aucun ne quittent sans un juste sujet^lj 
comme aussi pour prendre garde sur leur deportements. ä 



1. Das Kadetten -Korps 13 



18. Qa*apres qae les exercices seront finis chaqoe bas-officier 
viendra fiaire son raport au Principal offider de ce qui se sera pass^ 
dans son escouade pendant le dit tems, de toat enfin de tenir bon ordre. 

19. Qoe les cadets en entrant dans la compagnie se fourniront 
des choses necessaires pour leurs exercices, savoir de livres pour la 
langne, d^instramens pour la fortification, de fleuret et chaussons pour 
faire des armes et de souliers propre pour la dance. 

20. Que comme les fleurets sont sujet ä se casser et que fieiult 
d*en avoir d'autres, Texercice des armes pourroit Stre neglig^, il sera 
foumi pour la compagnie une provision ndsonnable an Mattre d*artaes 
pour remplacer les lames qui se casseron. Mais en cas que quelqu*un 
caȊt son fleuret par malice, il sera Obligo de le paier. 

21. Qu'il sera aussi foumi au Maltre de langue et au Ingenieur 
une Provision raisonnable pour entretenir la compagnie de plumes, 
d'encre et de papier pour leurs exercices et de bois en hiver pour 
cbauffer les poeles oü ils enseignent Mrs. les cadets. 

22. Et comme il n'est possible que les Maitres puissent chacun 
donner lecon tous les jours ä la compagnie entiöre, eile sera divis^e en 
2 parties dont Tune ira un jour chez le maitre de langue et chez le 
mattre d'armes et Tautre chez Tingänieur et chez le mattre de dance 
et cela alternativement pour eviter la confusion. 

23. Que tous les exercices se feront le matin et ce pendant 
4 heures, savoir depuis 1. jour d'Avril jusqu^au 1. Octobre ils commen- 
ceront ä 6 heures jusqu'ä 10 et dös le 1. Octobre ä 8 heures 
jusqu'ä 12. 

24. Que les cadets se comporteront avec respect envers leurs 
mattres d'exercice, seit pendant le tems des dits exercices ou ailleurs, 
afin qu'on ne puisse pas les accuser qu'ils paient d*ingratitude et de 
manque de respect ceux qui prennent soin de leur ^ucation. 

25. Que Ton foumira aux Mattres d'exercice les sales et autres 
choses necessaires pour enseigner Mrs. les cadets. 

26. Que les cadets s'abstiendront de toutes paroles inciviles les 
ans envers les autres et se porteront un respect mutuel, selon que la 
qualitd de gentilshommes le requiert et la bienseance le commande 
sous peine de punition rigourense ä ceux qui contreviendront ä ces 
articles et ce pour les accoutumer ä 6tre civil envers un chacun." 

Diese Grundvorschrift gelangte nur in beschränktem Mafse zur 
Ausfuhrung. Zum grofsen Teile lag es daran, dafs die Kadetten zum 
dienstthuenden Mannschaftsstande gehörten und zum Oarnisondienste her- 



14 Geschichte des Militär Erzieh ungs- und Bildungswesens in Sachsen 

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angezogen wurden. Täglich zogen ihrer zehn bis zwölf auf Wache; 
wenn Hoffestlichkeiten 8tatt£anden — und das war an dem glänzenden 
Dresdener Hofe häufig der Fall — , hatten stets Kommandos ^er 
Eadettenkompagnie den Ehrendienst mitzuverrichten , bei allen Auf- 
zfigen, Schaustellungen, Bitterspielen und ähnlichen . Veranlassungen 
waren sie zur Stelle. In der Bangordnung der Truppen nahmen sie 
den vierten Platz ein; die Trabantenleibgarde zu Bofs, die Grands- 
Mousquetaires, die Trabantenleibgarde zu Fufs gingen ihnen vor. Sie 
gehorten zu den Garden und hatten sich nach dem Beglement von 
1692 über die Honneurs der von den Garden zu gebenden Wachen ^ zu 
richten. Ihr Kapitän erhielt 1702 Oberst-Lieutenants-, der Lieutenant 
Kapitäns- f der Fähndrich Lieutenants -Bang. AuTserdem wurden die 
Kadetten als Ordonnanzen und zu Kourierreisen , namentlich zwischen 
Dresden und Warschau, gebraucht; selbst als Exekutionstruppen mufsten 
sie Dienste leisten, um die von den einzelnen Ortschaften für den Unter- 
halt der Kompagnie zu zahlenden Gelder einzutreiben, bis dazu die 
Dragoner bestimmt wurden. Selbstverständlich durften sie bei Cam- 
pements- und Lustlagem nicht fehlen. 

Längere Unterbrechungen im regelmäfsigen Gange der Ausbildung 
wurden durch die Teilnahme der Kadetten an den Feldzügen der 
Jahre 1693 und 1694 gegen die Franzosen am Bhein hervorgerufen. 
Das erste Mal marschierten im Mai 100 Mann, darunter 27 prima 
plana und 73 Kadetten aus, welche im September sämtlich wohl- 
behalten zurückkehrten. Ebensowenig Opfer forderte der thatenlose 
Feldzug des folgenden Jahres, wo die Kompagnie nicht ganz so stark 
ausrückte, da 39 Kadetten gegen 22 im Vorjahre zurückblieben; die 
Abwesenheit dauerte vom Juni bis zum Oktober. Aus Anlafs des 
Nordischen Krieges befahl der König -Kurfürst am 7. Juni 1702 von 
Warschau aus, die Kadetten sobald als möglich nach Polen in Marsch 
zu setzen. Alle sollten beritten sein. Womöglich sollten sie die Pferde 
und sonstiges Zubehör selbst beschaffen; den weniger Bemittelten solle 
mit einem Zulänglichen an die Hand gegangen oder es solle ihnen das 
Pferd pp. gestellt werden. Der vorgeschriebene St^nd (152 Mann, 
73 Knechte) wies Feldprediger, Fahnenschmied, Sattler und Packwagen 
auf. In Breslau sollten Pistolen emp&ngen werden, die Offiziere Flinten 
mit Bajonett fahren, wenn sie aber zu Pferde wären, den Degen ge- 
brauchen. Die Ausrüstung eines Kadetten kostete 103 Thaler 7 Groschen, 

* Abgedruckt bei Schuster und Francke a. a. 0., HI. 362. 



1. Das Kadetten-Korps 15 



Oroacheo, den Preis des Pferdes mit 60 Thaler inbegriffen. Mit Rfick- 
ächt auf die Kosten and auf die körperliche ünfthigkeit einer Zahl 
Ton Kadetten wurden dann 45 von der Teilnahme ausgeschlossen , so 
dab der ausrflckende Stand 102 Köpfe, darunter 68 Kadetten, unter dem 
Kap. Gottlob Rudolf v. Heynitz, betrug.^ Unbekannt ist die Ver- 
anlassung, welche im Winter 1709/10 eine Abteilung Kadetten nach 
Leipzig führte, wo jeder tSglich 4 Groschen Zulage erhielt. Im 
Jahre 1711 begleiteten 1 Lieutenant, 1 Fähndrich, 1 Gefreiter-Korporal, 
2 Korporale und 21 Kadetten die Kurs&chsische Gesandschaft zur Kaiser- 
wahl nach Frankfurt a. M. 

Der Nordische Krieg wird noch andere Störungen herbeigeführt 
haben. Wir wissen freilich nur, dafs die wirtschaftlichen Verhältnisse 
der Kompagnie litten. Bereits im Jahre 1702 gerieten die Zahlungen 
ins Stocken, das nämliche wiederholte sich in den nächsten Jahren, und als 
1706 die Schweden ins Land gekommen waren, wurde es so arg, dafs 
der Kapitän-General der Kadetten Graf Zinzendorf aus eigenen Mitteln 
die f&r den Unterhalt der Kompagnie notwendigen bar vorstreckte. 
Anfang 1707 waren die Kassen so leer, dafs die fällige Neubekleidung 
nicht geschafft werden konnte, die Kadetten gingen daher «ziemlich 
zerrissen" einher. Ffir die Bezahlung des Tisches hatte Ob. -Lt. 
T. Heynitz gutgesagt und die Wirte forderten jetzt ihr Geld «mit 
Force' ; die Unterrichtsstuben waren anderweit vermietet, weil der Zins 
nicht bezahlt war. 

In wissenschaftlicher Beziehung wurde unter diesen Verhältnissen 
nicht viel geleistet, das Lernen war Nebensache, zumal es auch nicht 
im Geiste der Zeit lag; die körperliche Ausbildung und die Erziehung 
zum Kavalier standen im Vordergrunde. Es geht dies schon aus dem 
späten und allmählichen Erscheinen der wissenschaftlichen Lehrer in den 
Verpflegungslisten und ans ihrer verhältnismäfsig geringen Bezahlung 
hervor. Die französische Sprache, Befestigungskunst und fortifika- 
torisches Zeichnen wurden als die wichtigsten Lehrgegenstände an- 
gesehen. Ein Nachweis über Beschaffung von Unterrichtsmitteln vom 
November 1695 zeigt, dals ein Voltigierpferd für 32 Thaler 7 Groschen, 
6 Paar Fleuretten zu je 30 Groschen, 4 Paar Fechthandschuhe zu je 
1 Thaler und 6 Bestecke fär die Fortifikation zu je 8 Thaler angeschafft 

* Nach einem Aktenvermerke auf tlem Originalerlasse zum Ausraarsche 
wäre der letztere unterblieben. Die Rechnungen geben darüber keine Aus- 
kunft, da „keine Listen eingegeben worden, indem die Bezahlung rückständig 
verblieben". 



16 Geschichte des Militär-ErziehuDgs und Bildungswesens in Sachsen 

waren. Für die Unterricbtsräume hatten zuerst die Lehrer gesorgt, 
seit 1695 wurde indefs fOr den Fechtboden, die Tanz-, Ingenieur- und 
Sprachstuben Miete gezahlt und zwar an&ngs 6 Thaler 15 Groschen 
monatlich, wozu im Winter je 3 Thaler fiSr Heizung kamen. Im 
Jahre 1700 befanden sie sich im Hause der Witwe des Landrentmeisters 
Zschau in Altdresden. Der Beitunterricht hatte aus Geldmangel schon 
im September 1706 ganz angehört, 1710 baten die Kadetten, man 
möge sie wieder reiten lehren; auch erboten sie sich einen Maler za 
bezahlen, wenn ihnen erlaubt wörde sich in dessen Kunst zu unter- 
richten. 

Der Kadett erhielt, wie wir gesehen haben, an&ngs monatlich 

5 Thaler, wovon aber die General -Kriegskasse 1 Thaler für die Mon- 
dierung behielt; von jedem der fibrigen 4 Thaler erlitt er einen Abzug 
von 6 Pfennig für die Invalidenkasse; vom Beste hatte er Wohnung 
und Beköstigung zu bestreiten. Im Jahre 1695 fiel der Abzug ffir 
Mondierung fort, ferner mufsten die Burger von Altdresden einem jeden 
monatlich 12 Groschen für das Quartier und der prima plana ein höheres 
Quartiergeld zahlen. Die Wohnung hatte in natura gegeben werden 
sollen, da dies aber ünzutrSglichkeiten hervorrief, so wurde die Ab- 
findung in Gelde eingeführt. Seit November 1699 wurde das Ein- 
kommen auf 6 Thaler erhöht; gleichzeitig aber ein Abzug von monatlich 
2 Groschen far Schreib- und Zeichenmaterialien, Aurbosserungen an 
Focht- und anderem Geräte, Miete von Mondierungskammem und fir 
Zeitungen gemacht. 

Uniform ^ und Ausrüstung der Kadetten bestanden bei ihrer ersten 
Einkleidung in einem scharlachroten silberbetrefsten Bocke mit gelbem 
Kragen und hohen schwedischen Au&chlägen, versilberten Knöpfen, Hat 
mit silbernen Tressen, bockfellenen Hosen, Schuhen und weißen 
Strumpfen, rotem Mantel mit gelbseidener Doublure, hirschledemen 
Handschuhen, einem vier Ellen langen schwarzen Halsflore, Degen, 
rotsammtener, mit Silber besetzter Fatrontasche und Bajonettfiinte, das 
Lederzeug hatte eine gelbliche Farbe. Der Kleiderschnitt war der f3r 
die Haustruppen des Königs von Frankreich eingefahrte. Die Be> 
Schaffung kostete, abgesehen vom Gewehre, 57 Thaler 7 Groschen 

6 Pfennig, far die Unteroffiziere 70 Thaler 17 Groschen 9 Pfennig. 
Alle drei Jahre sollten die Kadetten neu gekleidet werden. 1697 be- 

* Ein anschauliches Bild von den Veränderungen in der Tracht giebt: 
M. Seiffert, das Sächsische Kadettenkorps, eine bildliche Darstellung der ver. 
schiedenen Uniforinierungsepochen von 1692 bis zur Gegenwart, 1885. 



1. Das Kadetten-Korps 17 



stand die Eleidang aus Surtout, Langkamisol und Brusttuch; sie war 
billiger geworden, denn sie kostete für den UnterofSzier nur 48 Thaler 
17 Groschen 9 Pfennig, für den Kadett 34 Thaler 1 Qroschen G Pfennig; 
das Auszeiohnungstuch war jetzt weifs statt gelb, an Stelle der Hals- 
flore war ein Halstuch von Crepon getreten. Damals ward die ganze 
Kompagnie zum erstenmale mit «egalen Bichtschuhen * versehen und 
erhielt Beingürtel mit Sohnallen. Die Montierung des Steckenknechts 
war weifs mit roten Aufschlägen und einigen Schnüren. 1 708 ward 

^ das Scharlach durch Karmoisin ersetzt. 1714 erhielt die Kompagnie 
eine Fahne, dieselbe kostete 257 Thaler 7 Groschen 4 Pfennig und war 

. ^ auf weifsem ostindischen Taflfet gestickt, wovon die Elle mit 11 Thaler 
4 Groschen bezahlt ward. Die dreijährige Montierungsperiode wurde 

"^"'1722 auf 2V2 herabgesetzt. 

-- Von der Auff&hrung der Kadetten, von Ordnung und guter Sitte, 

£ welche unter ihnen geherrscht hätte, und von ihrem moralischen Lebens- 
i^ waadel ist nicht viel Günstiges zu berichten. Von der Zuchtlosigkeit 
f* der ganzen damaligen Zeit machten die Verhältnisse in der Kadett^n- 
ir: kompagnie keine Ausnahme und, wie in den Heeren überhaupt, waren 
r Unfug und Ausschreitungen aller Art, Roheit und Liederlichkeit an der 
-^ Tagesordnung. FM. v. Flemming sagt freilich in einem Reglement, 
r. welches er am 8. Mai 1710 von Warschau aus erliefs : « Ich habe aus 
^ den bisherigen Berichten wahrgenommen, dafs die bei der Kompagnie 
{^ adelicber Kadetts anfangs eingeführte gute Disziplin so in Abgang geraten 
ist, dafs man sich verwundern mufs*; aber schon am 14. August 1693 
^ liatte der Kurfürst den Rat in Dresden anweisen müssen, «dafs er ein 
^ liederliches Weibsbild entfernen möge, welches seine meiste Zeit bei 
l^ den Kadetts zubringe und schon einen derselben infiziert habe.' Zwei- 
^ kämpfe fanden häufig statt, sie wurden mit dem Degen oder mit dem 
^- Fleuret ausgefochten und nahmen nicht selten einen tötlichen Ausgang; 
.^ die Duellanten flüchteten häufig. Die Strafen, welche für die Vergehen 
^ in Aussicht standen, waren hart und nach heutiger Anschauung teil- 
^ weise entehrend; es gehörten dazu das barfufs, mit umgehängter Esels- 
ß^ tafel am Pfahle Stehen, Fuchteln, Degradation, Arrest aller Art, auch 
k.^ mit Kmmmschliefsen; bei Desertion wurde der Name in contumaciam 
•an den Galgen geschlagen. Die Vorgesetzten waren häufig nicht besser 
w als die Untergebenen; ihre Strafverzeichnisse nennen Geldborgen und 
Oelderpressen, Wucher, Trinken mit Kadetten unter den Vergehen, 
^^ ' wegen deren sie bestraft wurden. 

GMchiohte das MUitiir-Eniehiuigii- irnd Bildungsweseiu in Sachson 2 



II 




18 GeBchichUt des MilitärEnieliuugB- und BilduuKBwesenR i 

Ein StraQournal der Kadetten vom Jahre 1716 führt ai 
eines anderen Kadetten, Trunkenheit auf der Parade, Tn 
Hofe, Manlacbellengeben und Ohrfeigen in der Kirche, Nast 
auf der Parade, Verkleiden als Franenzimmer, Jagen in 
Qea. V. Flemming. An einer anderen Stelle wird Piai 
Kirche, Vers&nmen derselben pp. beim erstenmale mit i 
am Pfahle Stehen an einem, beim zweitenmale an drei 
drittenmale mit Kassation tot der Kompagnie bedroht, 
sollte ein Dritteil oder 12 Groschen von seinem Traktam' 
wer sakramentierte, drei Tage je vier Stunden am Pfahle 
Qotteslästemng und Teufelskfinstelei triebe oder wer den 
schuldigen Respekt und Gehorsam nicht leiste, nach A 
3. KriegsartikelB nach Befinden an Ehre, Leib nnd Li 
werden. 

In betreff der Herkunft richteten die Stände schon 1 
Kurfürsten das Ersuchen, keine andere als Landeskinder 
p^nie aufzunehmen; es werde ihnen zugesagt aber nicht 
Kl^en, dafi) es immerfort geschähe, erneuten sich sehr 
30. Februar 1701 beMl der König -Kurfürst von Warscl 
die polnischen Edelleute an Gen. Graf Dönhoff abgegeben w 
um in ihrer Heimat in eine ähnliche Anstalt einzutreten; 
befinden sich wiedernm Polen unter den Kadetten, nnd 17] 
die Stände ihren Widerspruch gegen die Aufnahme von Av 
auf den Umstand, dafs ehemalige Kadetten polnischer NaI 
reohtmäfsigerweise gegen ihren Landeaherm hätten gebrai 
1723/24 waren neben 99 Landeakindem 32 Ausländer, dar 
und 1 Livländer, Torhanden. 

Kommandeure der Kompagnie waren: 1692 — 9( 
T. Schöning; 1696—1701 Gen. v. Birkholz; 1701—08 
Graf Zinzendorf; 1708—12 Gen. Graf Flemming; 17] 
Jahnns v. Eberstädt und seit 1718 Gen.-FM. Graf Wack 

Die Wirksamkeit, welche diese Kommandeure ansfibt 
in der Hauptsache nominell; ihr Bang war zu hoch, ihre S< 
haben und ihrer anderweiten dienstlichen Obliegenheiten w: 
als dafs sie sich um die jungen Leute grofs hätten' kümi 
Sie bezogen das Einkommen der Dienststelle, genossen die 

' Geb. 1663 auf 8cblorB Kogel im Herzogtume f^aclieenJ^ 
H. August 1734 zu Dresdeu (Allg. Deutsche Bic^raphie. 40. Bd. 



1. Das Kadetten Korps 19 



aufserdem verbundenen Vorteile und überliefsen die Arbeit zumeist dem 
Eapit&n- Lieutenant Der erste der letzteren war Adam Heinrich 
y. Böse, ein Sohn des Geheimen Bats Christof Dittrich v. Böse, bis dahin 
in SchSnings Begimente. Als er 1694 Major bei der Leibgarde wurde, 
trat ein Schoning an seine Stelle; unter dem Oen. v. Birkholz be- 
kleidete ein Birkholz dieselbe, später der schon genannte Hey nitz. 
Die erwähnten Vorteile bestanden hauptsächlich in dem Traktament von 
Kadetten, welche beurlaubt waren, stets wenigstens acht bis zehn, ofk 
noch mehr und auf ein halbes Jahr oder länger. Es war ein all- 
gemein üblicher Brauch und niemand fiel ein irgendwem einen Vorwurf 
daraus zu machen; der Obergang des Kommandos von Flemming auf 
Zinzendorf, welcher gleichzeitig mit dem Ersätze des ersteren durch 
letzteren als Gouverneur von Dresden am 1. Februar 1708 erfolgte, ge- 
schah auf Grund eines von beiden abgeschlossenen, vom Kriegsherrn 
- gebilligten Üebereinkommens. 

^ ümsomehr verdient anerkannt zu werden, daTs FM. Graf 

I. 

^' Wackerbarth sich seines Dienstes mit Sorgfalt und Verständnis selbst 
^^ annahm. Er führte Zucht und Ordnung ein und wurde der eigentliche 
^ Begründer des wissenschaftlichen Unterrichts. Freilich würden die 
' kriegerischen Verhältnisse der Zeit und die damit verbundenen Not- 
' stände seinen Vorgängern die Erreichung eines gleichen Zieles kaum 
ermöglicht haben. 

Schon ehe Wackerbarth sein Amt antrat, war die Errichtung einer 
für die Söhne des Adels bestimmten .Akademie' der Gegenstand von 
Verhandlungen gewesen. Wir thun zunächst des Planes zur Errichtung 
einer solchen Erwähnung, welche nicht ausschliefslich die Heranbildung 
für den Offizierstand bezweckte, hier aber genannt werden mag, weil 
' der Plan die Anschauungen gebildeter Zeitgenossen über adelige Er- 
ziehung und Unterricht überhaupt zum Ausdrucke bringt. Der Plan^ 
ging von dem Kammerrate Hans Kasper Graf Lesgewang aus, welcher 
vorausschickt, dafs er .verschiedene adeliche junge Landeskinder unter 
*" Inspection gewisser Informatorum' in sein Haus aufgenommen habe; 
^ «der gute Effect, so deren Eltern und Freunde davon verspüret', er- 
'^' mutige ihn zu dem Wunsche seinem Untornehmen eine grofsere Aus- 
^. dehnung zu geben, indem er eine formliche Akademie errichte, in welche 
>^ «Standes- und Adeliche Personen hiesigen Landes von 6 bis ins 20. Jahr 
vor allen anderen' gegen Zahlung von jährlich 200 Thalern auf- 

C* > Arch. d. Kr.-M.: Acta, die Erriclitung pp. No. 1, S. 98. 

2* 



20 Geschichte des Militär-Frziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

genommen werden sollten; wolle der eine oder der andere 20 Tbaler 
mehr geben, so sollen je vier und vier einen eigenen Bedienten haben, 
welchen übrigens auch jeder h part halten könne. Dafär solle gegeben 
werden : Tisch, Stube, Licht, Holz, Wäsche und Information. Der Tisch 
sollte in vier guten Speisen bestehen; zwei Akademisten sollten allezeit 
mit Lesgewang speisen, .um zu sehen, ob sich dieselben in Sitten, 
Manieren und gehöriger Modestie ihrem Stande und Alter gemäfs auf- 
zuführen wissen'; die übrigen hatten ihre Mahlzeit unter Aufsicht eines 
dazu capablen Hofmeisters zu nehmen. Je zwei sollten ein Zimmer 
bewohnen. Der Lehrplan sollte umfassen : Christentum, in welchem ein 
im Einvernehmen mit dem Dresdener geistlichen Ministerio zu wählender 
Geistlicher zu unterrichten haben würde, Rechnen, Latinität, Geographie, 
Historie, Genealogie, Heraldice, Grutoria, Philosophie, Moral, Juris- 
prudenz, Mathesis, in specie die Civil- und Militär-Architektur, franzo- 
sische Sprache, Musik, Tanzen, Beifsen und Malen, Beiten; letzteres 
unter der Voraussetzung, dafs wenigstens sechs der Akademisten jeder- 
zeit die Königliche Beitbahn «gegen die gewöhnliche Discretion* fre- 
quentieren dürften. Das Ziel der Anstalt sollte .studiis altioribus und 
humanioribus, insonderheit aber politicibus und elegantioribus ' dienen. 
Lesgewang verlangte ein Haus an der Pirnaischen Gasse, 1000 Thaler 
zur Einrichtung und jährlich ein nicht Unbeträchtliches an Naturalien. 

Die .Stände von der Bitterschaft'' hiefsen den Plan gut, hüteten 
sich aber wohl ihre finanzielle Unterstützung zuzusichern, sondern über- 
liefsen die Sorge um den Geldpunkt dem Kurfürsten, der auf die am 
13. März geschehene Vorlage am 17. April erwiderte, dafs er die Sache 
erwägen und nach Befinden Besolution erteilen werde. Die Ein- 
richtung ist nicht ins Leben getreten, wir werden aber Lesgewangs 
Vorschlage noch begegnen. 

Ein zweiter Vorschlag stammte aus der Kadettenkompagnie selbst 
Er ging von dem Kap.-Lt., dem Ob.-Lt. Christof Friedrich v. Pflugk, 
aus. Derselbe hatte erkannt, dafs die Zuchtlosigkeit, welche unter 
seinen Pflegebefohlenen herrschte, und deren mangelhafte Lernerfolge 
zum grofsen Teile ihren Grund darin hatten, dafs ihre Unterbringung 
die aufserdienstliche Beaufsichtigung in hohem Grade erschwerte. Er erbot 
sich daher, gegen gewisse Zugeständnisse, ein geeignetes Haus auf seine 
Kosten zu erbauen; sein Vorschlag ^ ward allerhöchsten Ortes am 11. Fe- 
bruar 1718 dem Geheimen Kriegsrats-Kollegium zur Prüfung überwiesen. 

* Arch. d. Kr.-M. : Acta, die ErrichtuDg pp. No. 1, Ö 98. 




1. Das Kadetten-Korps 21 



Der Grundgedanke ward durch Wackerbarth verwirklicht. Als- 
bald nach seinem am 1. Angust 1718 erfolgten Amtsantritte begann 
dieser ebenso verständige wie thätige und uneigennützige Mann seine 
umgestaltende Wirksamkeit. Die hohe Stellung, welche er als Eabinets- 
minister, General der Infanterie und Gouverneur von Dresden innehatte, 
erleichterte ihm sein Vorhaben. Schon ein Reglement, welches er am 
26. November 1718 erliefs,^ bringt sein Streben zum Ausdruck. Den 
Inhalt bilden zwar zum grofsen Teile Kriegsartikel und die Handhabung 
der Waffen nebst zugehörigen Übungen, daneben aber werden auch die 
.Studien'' erwähnt, als welche Sprachen, Arithmetik, Geographie, 
Mathematik, Fortifikation , Architektur und moralische Wissenschaften 
genannt sind. Dafs er sich um den wissenschaftlichen Unterricht be- 
kümmerte, geht auch aus einem Erlasse vom 1. November 1720 hervor, 
durch welchen er eine Kommission zur Prüfung eines Lehrers im 
Schreiben, Rechnen und in Mathematik einschliefslich Trigonometrie 
und Stereometrie bestellte. Es fanden sich sieben Bewerber ein, von 
denen aber nur zwei die sehr ein&chen Aufgaben lösten. 

Wie solche Lehrer ihren Vertragsgegenstand behandelten, zeigt 
eine umständliche Schrift über Problemata arithmetica aus der Regula 
societatis. Es kam nicht darauf an dem Schüler ein Verständnis zu 
schaffen, sondern ihm ein Schema zu bieten, in welches er mit mög- 
lichst geringem Aufwände von Nachdenken Ziffern einfügen könnte. 
Übrigens wird auch das Ausziehen von Quadrat- und von Kubikwurzeln 
erwähnt. 

Wackerbarth war es ernstlich darum zu thun, dafs die Kadetten 
etwas lernten. Im September 1725 liefs er sich namentliche Ver- 
zeichnisse derselben vorlegen, welche darthun, dafs der Maitre de moral, 
der Architekt, der Ingenieur, die Mattres d*armes, ä danser, de dessein, 
de g^graphie, de langue und der Schreibmeister Unterricht erteilt 
hatten. Über die Leistungen waren Zeugnisse gegeben. Der französische 
Sprachmeister war der wenigst Zufriedene; er schreibt am häufigsten 
»sehr faul* pp.; auf das Zeichnen ward grofser Wert gelegt; die Proben 
waren selbstentworfen, nicht abgezeichnet, sehr sauber, getuscht und 
ferbig, Karten und Pläne; im Geiste der Zeit ward auf den Titel, auf 
die Darstellung von Schiffen, welche auf den Flüssen schwammen und 
dergleichen Nebendinge viel Fleifs und Zeit verwendet. 

* Auf den Abdruck <les Reglements ißt hier verzichtet, weil solcher sich 
in dem nicht seltenen Buche „Der vollkommene deutsche Soldat, beschrieben 
von Hanute Frietlrich von Flemming", Leipzig 1726, S. 134 ff., findet. 



22 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 



Die Schüler wurden in acht Klassen («Stunden') unterrichtet, 
welche weniger nach dem wissenschaftlichen Standpunkte der Schüler 
als nach der militärischen Einteilung der Kompagnie zusammengesetzt 
waren. 

Sehr umfassend war der Tanzunterricht. Es wurden Courante, 
Menuet, le 1. et le 2. Passepied, la Forlane, Mod^ne, Lorraine, Corsini, 
Justiniani, Chamberi gelehrt; aber nur wenige Schüler vermochten alle 
diese Tänze auszuführen. 

Ein aus dieser Zeit stammender Nachweis zeigt, dafs Montag, 
Dienstag, Donnerstag und Freitag theoretischer und täglich Sprach- 
unterricht statt&nd, dafis am Montage und am Donnerstage der Ingenieur, 
der Tanz- und der Zeichenlehrer unterwiesen und dafs am Dienstage 
und am Freitage Rechnen, Geographie und Fechten gelehrt wurden. 

Das wichtigste aber, was Wackerbarth in diesem ersten Abschnitte 
seiner Wirksamkeit bei den Kadetten that, war, dafs er aus eigenen 
Mitteln ein Haus für sie erbaute. Im Jahre 1723 erhielt er vom 
König- Kurfürst die längst ersehnte Genehmigung zu seinem Vorhaben. 
Es ward ihm ein Platz in der Neustadt (Alt -Dresden) an der Bitter- 
strafse nahe beim Jägerhofe angewiesen und 1725 war der Bau, welchen 
Ober- Landbaumeister Knofel und Landesbaumeister Weinlig ausgeführt 
hatten, vollendet. 

1725-1756 

Am 1. Oktober 1725 wurden in dem neuen Heime die ersten 
Lehrstunden abgehalten. Die Anstalt trat damit in einen neuen Ab- 
schnitt ihres Daseins, ein Fortschritt, welcher äufserlich auch dadurch 
gekennzeichnet ward, dafs sie, obgleich ihre dienstliche Benennung 
«Kompagnie adelicher Kadets' blieb, vielfach, auch amtlich, .Bitter- 
und Militär- Akademie* genannt wurde. In das Wesen einer solchen 
Anstalt wuchs sie erst allmählich hinein. Wackerbarths Ziele wurden 
freilich nicht erreicht; sie gingen weiter, seine Pläne waren auf einer 
grofsartigeren Grundlage aufgebaut und sein Standpunkt war ein höherer 
als der, welchen ein Erlafs vom Jahre 1719 atmet, wenn er für die 
Teilnahme der Kadetten an einem FuTsturnier den Nachweis von 
1 6 Ahnen fordert. 

Die Einrichtung der Akademie, wie er sie beabsichtigte, geht aus 
einer .Umständlichen Benachrichtigung von der Königlich 
Pohlnischen und Churfürstlich Sächsischen neu zu etabli- 



1. Das Kadetten-Korps 23 



renden Ritter- uad Militär- Akademie"^ hervor, welche den 
Ständen unterbreitet wurde, als es sich um die Bewilligung von Mitteln 
für die fertiggestellte, aber noch nicht bewohnte Anstalt handelte. 
Die Überreichung geschah mittelst eines aus Warschau vom 20. Ok- 
tober 1725 datierten Schreibens des König - Kurfürsten. 

Wackerbarth wollte in der Anstalt drei Arten von Zöglingen ver- 
einigen und zu diesem Ende drei Abteilungen bilden. Die 1. sollte aus 
unbemittelten Landeskindern bestehen und für den Beruf des Offiziers 
vorbereiten; der nämliche Zweck lag auch für die Zöglinge der 
2. Abteilung vor, sie mnfsten aber mehr Geld aufwenden, denn während 
jene für ihren gesamten Unterhalt und Unterricht, Artillerie und Beiten 
ausgenommen, nur ein Eintrittsgeld von 24 und für ein jedes der vier 
Jahre, welche ihr Aufenthalt dauern sollte, 12 Thaler zahlten, hatten 
die Kadetts der 2. Abteilung, welche denen der 1. in allem übrigen 
ganz gleich gehalten werden sollten, aufser dem Eintrittsgelde, für die 
Montur alle zwei Jahre 40 Thaler und für den Unterricht jährlich 
162 Thaler zu zahlen ; aufserdem sollten sie, während jene im Anstalts- 
gebäude lebten, aufserhalb wohnen und sich selbst beköstigen. Wer 
sich für die Artillerie ausbilden wollte, hatte dafür die Lehr- und 
Spesengelder, wie sie durch die Artillerie-Ordnung vom Jahre 1674 vor- 
geschrieben waren, zu entrichten. Dieselben betrugen für den Kadett 
der ersten Abteilung im ganzen 334, für den der zweiten 443 Thaler. 
Der Reitunterricht kostete für die 1. Abteilung .beim ersten Aufsatz* 
4 und monatlich 2 Thaler, für die 2. das doppelte. In die 1. Ab- 
teilung sollten junge Leute aufgenommen werden, deren Eltern oder 
Familie sich um Fürst und Land verdient gemacht hätten, in die 2. 
nicht allein Einheimische, sondern auch Auswärtige und nicht allein 
Adeliche, sondern auch guten bürgerlichen Standes. 

Wenn es schon Bedenken erregen mufs, dafs in demselben Augen- 
blicke, in welchem die Kadetten der besseren Aufsicht und Überwachung 
wegen kaserniert wurden, eine neue Art derselben, und noch dazu eine 
mehr bemittelte, geschaffen ward, welche aufserhalb der Unterrichts- 
zeit wiederum sich selbst überlassen bleiben sollten, so verträgt sich 
mit jenem Endzwecke noch weniger die Eigenart der 3. Abteilung, bei 
welcher «die Absicht auf Standespersonen und solche junge Leute ge- 
richtet war, welche sich sowohl in Kriegs- und anderen Exerzitiis, als 
gelehrten Wissenschaften habil und ihre Menage mit oder ohne einen 

' Arch. d. Kr.-M. : Acta, die ErrichtuDg pp. No. 1, S. 114. 



24 Geschichte des Militär-Erziehungs- and Bildimgswesens in Sachsen 

besoDcIeren Hofmeister für sich machen, auch den Hof zugleich mit 
frequentieren und, was zu dem allen erfordert wird, aufwenden können. 
E>iese kleiden sich nach ihrem Gefallen, logieren nach ihrem Qefolleii, 
speisen nach ihrem Gefallen, '^ bezahlen aber auch an Eintritts- und 
ünterrichtsgeldern mehr als ihre mit Glücksgütern weniger gesegneten 
Kameraden. Auf dem letzteren Verhältnisse beruhte der Wunsch sie 
heranzuziehen. Man wollte an ihnen verdienen. Daneben sollten sie 
den Glanz des Hofes mehren. 

Die Verschiedenheit der Ziele, welche die Zöglinge verfolgen 
konnten, erforderte eine breite Anlage des Lehrplanes. Derselbe 
erstreckte sich daher auf: 1. die eigentlichen sogenannten Eriegs- 
Exerzitia; 2. das Seiten, Bing- und Quintan - Kennen samt allem, was 
zur Reitkunst gehörig ist; 3. Fechten; 4. Tanzen; 5. Voltigieren; 
6. die Artilleriekunst; 7. Sprachen und zwar deutsch, französisch, 
italienisch und lateinisch, letzteres ohne Verpflichtung zur Teilnahme; 
8. Logik oder Vernunftlehre; 9. die Grundlagen der Bhetorik und 
Redekunst; 10. Mathesis, wobei auf Arithmetik und Geometrie, sowie 
auf Zivil- und Militärbaukunst der meiste Fleifs verwandt werden sollte; 
10. die Moral, und im Anschlufs daran 11. die Lehre vom decoro 
oder vom Wohlstande, .um darzustellen, was grob oder Singulair oder 
ridicul und folglich unanständig, dargegen aber höflich, sittlich, 
manierlich, und sonderlich einer Standesperson, Cavallier und Kriegs- 
mann, anständig sei*; 12. Politik; 13. Jus naturae; 14. Jus gentium; 
15. Historie; 16. Genealogie; 17. Chronologie; 18. Geographie; 
19. Heraldik; 20. Jus publicum oder Staatsrecht des Heilige 
Römischen Reiches; 21. Phjsik; 22. Ökonomie und Wirtschaftskunst 

Auf die Vorlage der «umständlichen Benachrichtigung '^ und das 
daran geknüpfte Ersuchen um Bewilligung der erforderlichen Geldmittel 
antworteten die getreuen Stände am 11. Januar 1726 zunächst mit 
einer Anerkennung des guten Willens und der gemeinnützigen Absichten 
des Grafen, beklagten dann, dafs eine so kostspielige und die aus 
Anlafs der Lesgewangschen Entwürfe geforderte und angebotene Be- 
willigung bedeutend übersteigende Forderung nachträglich an sie 
gerichtet würde, erklärten, dafs sie kein Geld hätten und daher die 
letztere fallen zu lassen bäten und wiederholten schliefslich das schon 
so oft vorgebrachte Begehren, die Wohlthat der Aufnahme unter die 
Kadetten nur den Landeskindern zu gute kommen zu lassen. Hierin 
stimmte Wackerbarth ganz mit ihnen überein; kurz vorher, am 



1. Das Kadetten-Korps 25 



4. März 1724, hatte er gerügt, dafs der Kap.-Lt. Ob. Freiherr 
V. Bothmer wider seia Wissen and Wollen Ausländer aufgenommen 
habe; das Beneficium sollte den Landeskindern vorbehalten bleiben. 
Die königliche Replik d. d. Warschau, 1. Februar 1726, bat, dem 
Grafen Wackerbarth, wenn man zur Zeit aufser Stande sei, das Kapital 
zurückzuzahlen, dasselbe mit 6 7o zu verzinsen, und versprach, dafs, 
wenn die Akademie in der vorgeschlagenen Weise eingerichtet würde, 
in die aus Landesmitteln zu unterhaltende Abteilung nur Inländer auf- 
genommen werden sollten; die Landschaft möge «aus ihrem Mittel 
einige Deputirte ernennen, welche formal die Conspection über ernantes 
Gebäude führen, als auch zugleich dahinsehen können, dafs bei an- 
geregter ersterer und allein in faveur der Landeskinder gemachten 
Abteilung nichts Widriges verhänget werden möge*. 

Auch die Viertelsmeister und Bürgerschaft zu .Alt- Dresden führten 
ihre Interessen gegen die neue Einrichtung ins Feld, indem sie in 
einer unter dem 7. Dezember 1725 an die Landschaft gerichteten Ein- 
gabe sich beklagten, dafs sie nach dem Beziehen des Gebäudes durch 
die Kadetten, statt des bisherigen Quartiergeldes, «so im Anfange nicht 
höher als 12 Groschen monatlich für jeden Kadet gewesen sei, der für 
sein Unterkommen selbst gesorgt habe,* 1 Thaler zahlen sollten; sie 
würden ohnehin genugsam dadurch geschädigt, dafs ihnen die bisherigen 
Mieter und der Verdienst, den sie durch Bierschänken , Speisen etc. 
gehabt hätten, entgingen. Die erhobenen Einwendungen fruchteten 
aber nicht, der Bat mufste jährlich 927 Thaler an die General-Kriegs- 
kasse zahlen. Erst 1765 hörte dies auf. Die Stadt hatte dann nur 
noch das im Jahre 1763 auf 1 Thaler 8 Groschen erhöhte Quartiergeld 
für jeden bürgerlichen Unteroffizier (Nichtkadetten), Hautboisten, Tam- 
bour, Pfeifer und Profos zu geben. 

Da die Stände sich auf nichts einliefsen, wurde Wackerbarth, wie 
aus einer neuen unter dem 15. Februar 1728 an die Stände gerichteten 
Schrift hervorgeht, durch Zahlung von 150000 Thaler aus der General- 
Kriegskasse befriedigt; den Ersatz dieser Summe durch eine aufser- 
ordentliche Bewilligung lehnten die Stände beharrlich ab. 

Die Herstellungskosten der Anstalt beziffert die «umständliche 
Benachrichtigung* mit 145 776 Thaler 6 Groschen 4V5 Pfennig; was 
mehr erstellet wurde, wird für aufgelaufene Zinsen gerechnet sein. 
Behufe Instanderhaltung des Inventars, Feuerung, Beleuchtung, Haus- 
manns-, Stubenheizer- und Aufwärterbesoldung pp. erhielt die Anstalt 
jährlich 3037 Thaler, wovon 100 für die Ausbesserung kleiner Schäden 



26 Geschichte des Militär-Erziehnngs- und Bildungswesens in Sachsen 

an Oebäuden und Geräten bestimmt waren. Die Summe ward aber 
bald auf 2000 Thaler herabgesetzt. 

Es verging indes noch längere Zeit, bis die Kompagnie ganz io 
das neue Gebäude übersiedelte. Laut Verfügung vom 16. November 
1729 wurden den Stabsoffizieren, Kapitäns und je einem Lieutenant 
von jeder Kompagnie der Rutowskjschen Grenadier-Garde die .noch 
nicht okkupierten Räume in der Militär-Akademie überwiesen und vom 
11. Januar bis zum 30. November 1730 waren die Grands-Mousque- 
taires in derselben untergebracht*.^ 

Am 1. März 1 731 ergriffen endlich die Kadetten von ihrem neuen 
Heim vollständigen Besitz; feierlich zogen sie in dasselbe ein. 

Der Umfang des Unterrichtes scheint unter Wackerbarths Befebls- 
führung eine Änderung nicht erlitten zu haben; wenigstens waren die 
Lehrkräfte bei seinem Tode im September 1734 die nämlichen wie bei 
seinem Amtsantritte, nämlich 1 Ingenieur mit 40, 2 Kondukteurs ein 
jeder mit 20, 2 Sprachmeister ebenfalls mit 20, 1 Tanzmeister mit 
35, 1 Geographus mit 15, 1 Theologus mit 12, 1 Unterfechter mit 
20, 1 Verfechter mit 16, 1 Rechenmeister mit 12 Thaler monatlicher 
Besoldung. Auch die Teilnahme an Truppenübungen wurde beibehalten, 
so nahmen die Kadetten 1730 an dem bekannten Lustlager bei Zeit- 
bayn teil. 

Als eine unerläfsliche Bedingung für die Handhabung von Zucht 
und Ordnung im auTserdienstlichen Leben der Kadetten betrachtete 
Wackerbarth mit Recht ein gemeinsames Speisen derselben im Anstalts- 
gebäude. Er hatte daher für einen Speisesaal und die notigen Küchen- 
einrichtungen gesorgt; auch ward ein Abkommen mit einem Unter- 
nehmer getroffen, welcher für die Überlassung der Wirtschaft 100 Thaler 
Jahrespacht zahlen und als Mittagessen Suppe, ein Stück Fleisch und 
zwar wöchentlich zweimal Braten und dazu ein Mafs Bier geben sollte. 
Ob diese Abmachung in Kraft getreten ist, geht aus den Akten nicht 
hervor; keinenfalls hat die Einrichtung lange bestanden. 

Der grofse Ruf, dessen sich die damals in Deutschland ziemlich 
vereinzelt dastehende Anstalt erfreute, verbunden mit der Anzieh ungs- 

* Mit diesen Angaben ist nicht ganz in Einklang zu bringen eine in 
einer Festschrift „Das erste hundertjährige Jubelfest des Königlich Sächsischen 
Cadettenhauses, gefeiert zu Dresden den 3. Oktober 1825"^ S. 36 (gedruckt bei 
Carl Gottlob Gärtner), enthaltene Behauptung, dafs die Kadetten unter 
Wackerbarths Führung in Gegenwart der Landstände am 18. Februar 1726 
eingezogen seien. 



1. Das Kadetten- Korps 27 



kraft, welche Dresden mit seinen mannigfachen Genüssen auf die vor- 
nehme Welt überhaupt ausübte, führte der Akademie vielfachen höchsten 
und hohen Besuch zu. Der wichtigste darunter war wohl der König 
Friedrich Wilhelms I. von Preufsen am 19. Januar 1728.^ £3 
wurde vor ihm exerziert, geritten, gefochten und getanzt; auch besuchte 
der König einige Unterrichtsstunden und speiste im Kadettenhause. 
Nach der Tafel wurden Zeichnungen und Risse der Zöglinge, sowie eine 
von ihnen erbaute Redoute besichtigt. 

Nach Wackerbarths am 14. August 1734 erfolgten Tode ward die 
Stelle eines Kommandanten der Kompagnie zunächst nicht wieder be- 
setzt, sondern die Leitung dem ältesten Offizier, Ob. Hans Christof 
V. Minckwitz übertragen, welcher, nachdem er der Anstalt schon seit 
1727 angehört hatte, am 15. April jenes Jahres anstatt des zum 
Kommandeur eines Kürassier -Regiments ernannten Ob. v. Arnim die 
Stelle erhalten hatte. Arnim war gerade zwei Jahre vorher bei der 
Kompagnie angestellt worden; er hatte den Ob. v. Rochow ersetzt, 
Wackerbarths langjährigen Mitarbeiter. Um diese Zeit ward das oben- 
erwähnte Verfahren, das Gehalt der Offiziere durch Offenhalten von 
Kadettenplätzen aufzubessern, durch eine Verfügung d. d. 15. April 1733 
geordnet, in welcher es hiefs, dafs 8 Vakanzen unter den Kadetten ge- 
halten werden sollten; je 3 Kadetten sollten dem Oberst und dem 
Oberst-Lieutenant «passieren* und diese .das darauf geordnete Trak- 
tament als eine Zulage zu ihrem Gehalt ziehen'; aus den ersparten 
Montierungsgeldern sollte zunächst die für die Montur der Hautboisten 
pp. rückständige Schuld bezahlt werden, demnächst aber wäre jenes 
Montierungsgeld fQr aufsergewöhnliche Fälle zurückzulegen. 

Als Minckwitz am 30. März 1744 unter Beibehalt des von ihm 
bisher geführten Kommandos General wurde, erhielt er sein Traktament 
nicht mehr von der Kompagnie, sondern 58 Thaler 6 Groschen .Kopf- 
geld* und 38 Thaler 12 Groschen ,an 7Vacanten*; der neuemannte 
Kap.-Lt., Ob. Otto Ludwig v. Sternstein, empfing von des p. 
V. Minckwitz früher empfangenen Traktament, welches 58 Thaler 
16 Groschen betragen hatte, 40 Thaler 4 Groschen als Zulage zu seinem 
eigenen von 45 Thaler 20 Groschen und .ohngefähr von denen Be- 
urlaubten* 60, im ganzen also 146 Thaler. Den Rest von Minckwitz* 

' Die geschichtliche Entwickelung des sächsischen Militär -Erziehungs- 
Wesens. Vortrag, gehalten zu Dresden von Ob.- Lt. Schuster am 6. Februar 1886 
(Handschrift im Besitze des K.-K. zu Dresden). ^' 



28 Geschichte des Militär- Erzieh ungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Traktament erhielt der an SterDsteios Platz tretende Ob.-Lt. Maximilian 
y. der Fahlen, welchem dagegen ihm bis dahin gezahlte 11 Thaler 
«an den Yacanten" gestrichen wurden. Infolge des Verlustes der 
Schlacht bei Kesselsdorf, 15. Dezember 1745, gerieten 26 Kadetten in 
preufsische Gefangenschaft, sie wurden nach Berlin gebracht und in das 
Heer eingereiht; das an ihnen ersparte Traktament diente zur An- 
schaffung von Musikinstrumenten. 

Am 15. Juni 1746 erhielt, weil Minckwitz «wegen seiner bei der 
Armee aufhabenden Generalmajors-Funktion' genötigt war von Dresden 
abwesend zu sein, Sternstein das Kommando über «das adeliche Corps 
derer Cadets*. Derselbe scheint sich seines Amtes zunächst mit Eifer 
angenommen zu haben, indem er alsbald ein Reglement^ erliefs, welches 
das dienstliche und aufserdienstliche Verhalten des Kadetten in nach- 
stehender Weise regelte: 

«1. Fleifsig in die Kirche zu gehen und den Gottesdienst gehörig 
abzuwarten; wer unnütze Geschwäze darinnen treibet oder herauslauft, 
soll das 1. Mal mit 4tägigem Arrest bei Wasser und Brod, das 
2. Mal 8 Tage, das S.Mal aber mit 1 Monat bestraft werden und das 
4. Mal cassiret werden. 

2. Den Dienst gehörig beobachten, bei Vermeidung der in denen 
Kriegsartikeln darauf gesetzten Strafe. 

3. Den Commandanten und OfGciers den gehörigen Respect und 
Gehorsam beweisen oder nach dem 3. Kriegs -Articul an Ehre, Leib 
und Leben gestraft werden. 

4. Ehre und Liebe gegen die Mattres bey arrest oder Gefängnifs 
oder gar Cassation. 

5. Die Unterofficiers sollen denen Gemeinen mit Bescheidenheit 
begegnen bey Degradation oder Arrest. 

6. Sind die Stunden ordentlich abzuwarten; wer das 1. Mal ver- 
säumet hat 2 Tage arrest bey Wasser und Brod, das 2. und 3. Mal 
4 Tage, das 4. Mal cassiret werden. 

7. Hat sich allen liederlichen Lebenswandels zu enthalten. 

8. Und jedermann, besonders denen neu Ankommenden, bescheiden 
zu begegnen und nichts von ihnen zu erpressen bey arrest, Gefängnifs 
unter der Erde und Cassation. 

9. Nicht ohne Urlaub vors Thor oder in die Stadt zu gehen, bej 
4 Tage Arrest. 

* Arch. d. Kr.-M.: Acta, die Errichtung pp. No. 1, S. 206. 



1. Das Kadetten-Korps 29 

10. Soll keiner über 10 Uhr aufsenbleiben und nicht mehr als 
äuf eine Stube zusammenkommen. 

11. Alles Duellirens bej Strafe nach dem Duell -Mandat^ sich 
halten. 

12. Alle militärische Verbrechen werden nach den Kriegsarticulis 
)trait. 

13. Die Delicta aber nach denen Landesgesetzen. 

14. Dieses Reglement soll sich jeder Cadet abschreiben und soll 
biges nebst dem Duell-Mandat alle 14 Tage, die Kriegsarticul aber 
e 3 Monat vorgelesen werden. ' 

Am 19. August 1746 richtete Sternstein ein Pro memoria an 
1 König-Eurfürsten, in welchem er sagt, dafs .wenn Seine Majestät 
olvirten die Cadets in der Akademie speisen zu lassen*, was dem- 
3h wieder aufgehört hatte, zuvörderst mit einem Koch zu kontrahieren 
n wurde, und darum bittet, dafs, da die Kompagnie Invalidengeld 
ile, den dienstunfähig gewordenen Maitres Pension aus der Invaliden- 
sse gewährt werden möge. Dann legt er den Entwurf zu einer 
enstanweisung für den Kommandanten vor, welche dem 
zteren aufgeben soll: 

« 1 . Der Cadets Bestes zu beachten und dieselben zu ihren exercitiis 
tiörig durch die Of&ciers und die Unterofficiers anzuhalten. 

2. Dahin zu sehen, das die maitres ihre Stunden zu gesetzter Zeit 
fangen. 

3. Den Militärdienst thut die Kompagnie bei dem Churprinz; 
es übrige aber wird an Ihre Königliche Majestät unmittelbar rap- 
rtiret, wo der Kommandant seine resolution erhält und selbige sofort 

den Churprinz meldet. 

4. Die Fahne bleibt bei dem Gouverneur wie allemal geschehen. 
Icher auch eine ordonnance bekommt. 

5. Alle Jahr giebt der Commandant 6 Unterofficiers und Cadets 
den General en chef, um selbige in die Armee zu placiren. 

6. Alles was von der Compagnie dependiret, kann der Com- 
mdant nach Gefallen verändern, als Hausmann, Wäscher, Stnben- 
izer pp. 

7. Soll ohne hohen Befehl keine Ausländer annehmen und keinen 
det ohne Yorbewust seiner Eltern beurlauben. 

* ^landat vom 1. Juli 1787: Schuster und Franke a. a. 0. I, 211. 



30 Gescliichte des MilitÄr-Erziehuugs- und Bildungswesens in Sachsen 

_ . — 1 T- 

8. Wegen abgehender Mailres, Pfeifer und bürgerlicher Unter- 
ofßciers hat sich der Commandant beim Geheimen Eriegsraths-Collegio 
zu melden. 

9. Wenn die Gadets in der Academie zusammen speisen, soll alle- 
mal der capitaine de jour mit ihnen essen, damit der Koch solch Essen 
giebt wie es der Chef veraccordiret. ■ 

Hiernach hat der Kurprinz Friedrich Christian schon damals 
in Beziehungen zum K.-E. gestanden, deren Art indessen aus den 
Akten nicht hervorgeht; 1748 wurde er zum Chef der Kompagnie er- 
nannt, ohne indessen in den Verpflegungslisten geführt zu werden odei 
ein Traktament zu beziehen. Am 6. Jali 1754 hielten in seiner Ge- 
genwart drei Bewerber um die Stelle eines Lehrers der Moral Probe- 
vorträge. 

Die Berufung des Kurprinzen stand mit mancherlei Unordnungei 
im Zusammenhange, die in der Anstalt vorgekommen waren. Aa 
26. Mai 1748 ward eine Revision befohlen, mit welcher der Geheime 
Kriegsrat v. Leipziger und der obengenannte 1746 zur Infanterie 
übergetretene Ob. y. der Fahlen beauftragt wurden.^ Sie hatten nicht 
nur eine ökonomische Musterung vorzunehmen, sondern auch «genau zu 
untersuchen auf was Art die zur Erlernung derer Exerzitien angesetzte 
Zeit sowohl von Seiten derer Maitres als auch von denen Cadets 
employiret, nicht minder ob die Einteilung der Mannschaft in denen 
Übungsstunden nach denen Profectis der Lernenden geschiehet, auch ob 
von denen Oberoffizieren die notige Aufsicht allenthalben gepflogen und 
überhaupt dergestalt procediret wird, dafs der vorgesetzte Endzweck 
erreichet zu werden vermag'. Daneben war den Kommissarien aus- 
drücklich aufgegeben Vorschläge zu machen, wie dem Duellieren, Balgen 
und Schlagen, was, wie der König - Kurfürst zu seinem grofsen Mifs- 
fallen erfahren, sehr hoffnungsvolle junge Leute um Leben und Ge- 
sundheit gebracht habe, abzuhelfen sei. 

Der Bericht der Kommission spricht sich über den Zustand der 
Anstalt nicht ungünstig aus und findet an der Ordnung in derselben 
wenig auszusetzen; die Kadetten seien den ganzen Tag unter Aufsicht, 
aber, wie aus der ganzen Darstellung hervorgeht, waren sie es mehr 
unter der der Unteroffiziere als der der Offiziere, also unter ihres 
Gleichen, und nicht unter der von eigentlichen Vorgesetzten; sie speisten 

« Haupt-Staats- Archiv 1069. Vol. III. — Arch. d. Kr.-M.: Acta, die Er- 
richtuDg pp. No. 1, S. 163. 



1. Das Kadetten Korps 31 






nach wie vor in Gasthäusern. Das wesentlichste Ergebnis der Unter- 
saohong war, dafs Sternstein ein Ereisregiment erhielt und dafs am 
25. Oktober 1748 der Ob. v. der Fahlen zum Eapitftn der Kom- 
pagnie .deklariret" wurde. 

Die eingerissenen Mifsbräuche und üblen Gewohnheiten machten 
ihm viel zu schaffen; am 18. März 1753 murste das Führen geschliffener 
Degen bei harter Strafe untersagt werden; ihr Vorhandensein hatte zu 
einer blutigen Rauferei zwischen zwei Kadetten, v. Yietinghoff und 
Y. Kracht, geführt. 

Eine andere Schwierigkeit erwuchs der Anstalt aus der Abneigung 
der Regimentskommandeure die Offizierstellen durch Kadetten zu be- 
setzen, sie wollten lieber ihre eigenen Offizieranwärter befSrdert sehen. 
Der obenerwähnte Vorschlag, alljährlich 6 Kadetten durch den General 
en chef in der Armee anzustellen, war ganz ungenügend; wenn keine 
weitere BefSrderung erfolgte, so mufsten die Kadetten in der Akademie 
alt werden. Fahlen erwirkte am 16. März 1752 eine Verfügung, laut 
deren die freiwerdenden Oberoffizierstellen mit Kadetten und aus der 
Armee abwechselnd besetzt werden sollten, , falls unter jenen ein ge- 
schicktes Subjekt vorhanden sei'. 

Über die wirtschaftlichen Verhältnisse geben die erwähnte, 
am 26. Mai 1748 erlassene Anweisung für die Bevisions- 
kommission und die von dieser erstatteten Berichte mancherlei Auf- 
scUofs. Beide beschäftigen sich zunächst mit dem «Entreegelde*, 
einer unter Wackerbarth mit allerhöchster Genehmigung eingeführten 
Zahlung von 15 Tbaler 5 Groschen, welche im Falle der Bedürftigkeit 
xQweilen von der Anstalt geleistet wurde. Von diesem Gelde wurden 
für ein aus zwei Zirkeln, einer Keifsfeder und einem Farallellineale be- 
stehendes Ingenieurbesteck 3 Thaler 12 Groschen, für eine gedruckte 
Oeometrie 1 Thaler 7 Groschen, für ein mathematisches Buch 1 Thaler 
2 Groschen, fQr ein Faar Fechthandschuhe 1 Tbaler 3 Groschen, für ein 
ordinäres kleines Beifsbrett 10 Groschen bezahlt; 2 Thaler erhielt die 
Bibliothek, über welche der Geographus die Aufsicht hatte; das übrige 
wurde unter die Zivillehrer, die bürgerlichen Unteroffiziere und den 
V. Oberfeldscheer, als welcher seit dem 31. Januar 1753 immer der Dozent 
der Chirurgie an der Academia medico-chirurgica amtete, verteilt; und 
zwar erhielten der Professor moralinm 1 Thaler 8 Groschen, der Sprach- 
mdster 1 Tbaler 2 Groschen, der capitaine d'armes 21, der Zeichen- 
ond Fechtmeister je 18, der Fourier 16, der Oberfeldscheer 8 Groschen. 
«Woher diese Douceurs entstanden, hat niemand anzugeben vermocht* 



32 Gescliichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswcsens in Sachsen 

Aach an sonstigen Abzügen fehlte es nicht; des Invalidengeldes 
ist schon gedacht worden; ein Kopfgeld, von welchem es einmal heir8t% 
,so dem Herrn Generalmajor v. Fahlen mitzugerechnet wird", 
9 Groschen; an Materialiengeld: Klingengeld 1, dem Ingenieur 3, dem 
Geographus, dem Sprach- und dem Rechenmeister je 1 Groschen; an 
Traktament: dem Zivilarchitekten 4, dem Zeichenmeister 3, Becken- 
geld ^ 3, vors Haarschneiden 1 Groschen. Es erhielten aus diesen Ab- 
zügen monatlich: der Fechtmeister als Klingengeld 16Tbaler 12 Groschen, 
der Ingenieur 5 Thaler 12 Groschen, der Zivilarchitekt 18 Thaler 
16 Groschen, der Geographus, Sprach- und Bechenmeister je 5 Thaler 
12 Groschen, der Zeichenmeister 14 Thaler, der Feldscheerer als Becken- 
geld 11 Thaler 12 Groschen, der Ferruquier .Haar zu verschneiden'' 
5, der Auditor 8, die Hautboisten 10 Thaler, die beiden Geistlichen 
zusammen 1 Thaler 12 Groschen monatlich. Auf die Frage nach der 
rechtlichen Begründung dieser Abzüge bezw. Zuwendungen hiefs es, 
dieselben seien schon seit 1714, wo ein neues Verpflegungsreglement 
gegeben wurde, in welchem kein Wort davon gestanden, bekannt ge- 
wesen, mit Ausnahme des Haarschneidegeldes, welches unter Ob. 
V. Bochow eingeführt worden. Zu seiner «würklichen Subsistenz' ver- 
blieben dem Sergeanten 10 Thaler 7 Groschen, dem Gefreiten-Korporal 
wie dem Korporal 6 Thaler 15 Groschen, dem Kadett 4 Thaler 
19 Groschen monatlich, wovon 4 Thaler für die Beköstigung verwendet 
wurden. Die Bevisionskommissarien wurden beauftragt, sich zu unter- 
richten, ob die Kadetten dafür eine hinlängliche Kost erhielten und in 
welcher Weise in dieser Beziehung gesorgt sei; sie hatten ferner ,zu 
erörtern', ob etwa von dem verbleibenden Beste noch andere Abzüge, 
etwa für .Beymondirung', gemacht würden. Die Bevisionsprotokolle 
vom Juni 1748 ergaben ferner, dafs .am kompleten Stande '^ 20 Mann 
ermangelten. Über die Mafsregeln, welche die Aufdeckung der vor- 
handenen Schäden veranlafst haben wird, enthalten die Akten nichts. 

Die häusliche Wirtschaft hatte von 1750 bis 1756 einen .Jahres- 
aufwand von durchschnittlich 21981 Thaler 2 Groschen 6 Pfennig 
erfordert.» 

Bei aufserordentlichen Veranlassungen erhielten die Kadetten be- 
sondere Montur. Für das Kampement vom Jahre 1730 wurden sie 

» Haupt-Staats- Archiv 1069, No. 1. 

* Das Beckengeld erhielt der Feldscheerer, welcher dafür durch seine 
Gesellen oder selbst das Frisieren und Rasieren besorgte. 
» Haupt-Staats-Archiv 1070, conv. IVb. 




1. Das Kadetten-Korps 33 



neugekleidet, bei der Hochzeit des Kurprinzen August und bei der An* 
Wesenheit des Königs von Preufsen ward die «gute Mondirung* kost- 
barer als gewöhnlich gemacht, so dafs sie z. B. bei ersterem Anlasse für 
den Unteroffizier 78 Thaler 2 Groschen, für den Kadett 60 Thaler 
3 Groschen, fSr den Tambour und Pfeifer 96 Thaler 3 Groschen 
9 Pfennig kostete, und 1738 bei der Siciliaidschen Vermählung, sowie 
1747 bei der des Kurprinzen Friedrich Christian, wurde eine .chamerirte 
Paradeuniform' gegeben. Letztere liefs der Kurprinz 1756 verkaufen. 

Ffir die Neubekleidung mit der gewöhnlichen Uniform standen 
jedesmal 7032 Thaler 21 Groschen zur Verfügung, wovon regelmäßig 
Ersparnisse gemacht wurden, welche beliebig, namentlich aber für die 
Montierung der Hautboisten, verwandt wurden, fOr die das Beglement 
nichts auswarf. Die ausgetragenen Uniformstücke gingen in das 
Eigentum der Kadetten über; wenn diese beurlaubt wurden, mufsten 
sie die Montierung dem Kapitän d*Armes abliefern. 

Viermal in diesem Zeiträume erhielt die Kompagnie neue Gewehre: 
1730 aus Anlafs des Lagers bei Zeithain; 1746 durch Ob. v. Sternstein; 
1748, wo der Kurprinz 132 Stück durch den Fabrikanten Jung in 
Olbemhau ffir je 6 Thaler 12 Groschen einschliefslich Krätzer und Kugel» 
form anfertigen Hefa, und 1752, wo der Zeughausbüchsenmacher 124 
sogenannte , russische Gewehre*, das Stück für 5 Thaler, umänderte; 
die in Gebrauche befindlichen werden b^i dieser Gelegenheit .untauglich' 
genannt. 

Auch eine neue Fahne erhielt die Kompagnie; sie ward 1744 an- 
geschafR; die Stickerei kostete 450 Thaler. 

Den geschilderten Verhältnissen bereiteten die Ereignisse des 
Jahres 1756 ein vorläufiges Ende. Der letzte Verpflegungsrapport ^ der 
Adelichen Kompagnie Kadetts vom September jenes Jahres lautet: 

Gapitaine: GM. v. der Fahlen 58 Thaler 16 Groschen 

Capitaine-Lieutenant: Ob.-Lt. v. Bennigsen . 
Premier-Lieutenant: Maj. v. Ploetz . . . 
Sous-Lieutenant: Kap. v. Bojanowsky . . . 
a Fr. -Lt. V. Schierbrand . . 

Fähndrich: S.-Lt. v. Kückbusch .... 

Feldwebel: v. Döring 11 

Gefreiter-Korporal: v. Tettau 

* Arch. d. Kr.-M. : Acta, die Errichtung pp. No. 1, S. 295. 
GMoliiehte dM MUitXr-Ersielian^- und BildangiweMoi In SmIimii 3 



45 , 


, 20 


45 , 


, 20 


27 , 


. 12 


22 , 


, 22 


18 , 


8 


11 , 


, 18 


7 , 


, 20 



34 Geschichte des Militär-Erziehangs- und Bildungswesens in Sachsen 



Pourier : Muller 7 Thaler 20 Groschen 

Mnsterschreiber: Abels 7 « 20 » 

Capitaine d'Armes: Harttung ..... 7 « 20 , 

Feldscheerer: Montanus 7 « 20 » 

10 Corporale (namentlich aufgeführt) ein jeder 7 « 20 , 

8 Hautbois 6 Thaler 20 Groschen 6 Pfennig 

1 Querpfeifer 4 

3 Tambours & 4 

120 Cadets ä ö 

1 Gompagnieknecht 3 

Ingenieur: Gapitaine Eriegsrath Glaser 36 

2 Ingenieurs k 18 Tbl. 8 Gr. . . 36 

1 Fechtmeister 30 

2 Sprachmeister ä 18 Thi. 8 Gr. . 36 

1 Tanzmeister 32 

1 Informator in der Geographie . 13 
1 . „ « « Gottesfurcht . 11 

1 ünterfechter 18 

1 Vortänzer 13 

1 Rechenmeister 11 

Zur Mondirung 293 

Dann heifst es weiter:^ «Blense Octobr. 1756 fiel das Corps anf 
der Ebenheit beim Lilienstein samt der Armee in Freufsische Ge- 
fangenschaft, daher vom Novbr. an dessen Verpflegung cessiret.' 
Einige Kadetten, welche nicht mit ausgeruckt waren, wurden auf Kosten 
des Kurprinzen im Violi*schen Hause in Dresden-Neustadt untergebracht^ 
und sind dort weiter unterrichtet Unter welchen Umständen und wie 
lange es geschehen ist, lassen die Akten nicht erkennen. Bennigsen er- 
wähnt später, dafs seit 1760 kein Maitre der Zivilarchitektur vorhanden 
gewesen sei.' 

1763—1781 

Als nach dem am 15. Februar 1763 zu Hubertusburg erfolgten 
Friedensschlüsse der Chevalier de Saxe mit Einsicht und Geschick die 
Herstellung des sächsischen Heerwesens unternahm, rief er auch das 
Kadettenkorps von neuem ins Leben. Mit dem 1. Mai trat dasselbe 
wieder in Verpflegung. In dem betreffenden Rapporte heifst es: 

< Arch. d. Kr.M.: Acta, die Errichtung pp. No. 1, 8. $28. 
• Haupt-StaatB-Archiv 1070, conv. IV b. 



. 21 


6 


m 


. 21 . 
. 21 


6 

• 


» 


. 22 






. 16 







. 16 






. 13 


4 


« 


. 16 







2 




— 


» 18 






8 






. 18 






. 10 , 







1. Das Kadetten-Korps 35 



May 1763 ward der Anfang zur Herstellung des Corps gemacht und 
ugleich von Ihre Egl. Hoheit dem Chur-Frinz anbefohlen, dafs zwar 
1<?<^ May bis ult. Decbr. 1763 das volle Quantum an Monatl. 
628 Thaler 8 Grosehen 2 Pfennig ans Corps bezahlt, dann aber 
lonatL 200 Thaler inne behalten und zu denen nöthigsten Reparaturen 
ngewendet werden sollen*. 

Und eine gründliche Instandsetzung des Gebäudes, «welches zur 
^ufiiahme von Kriegsgefangenen, Kranken und Verwundeten gedient 
latte, war hochnötig, zumal auch von dem Hausrath das meiste zu 
ärunde gerichtet, verlorengegangen oder anderweit gebraucht war*. 
Sie erforderte, abgesehen von dem oben erwähnten Betrage, noch 
13700 Thaler; der Verlust an Inventar wurde auf 2425 Thaler geschätzt. 
Die Kadetten wurden daher zunächst in dem Violi'schen Hause 
untergebracht.^ Es waren anfangs 21 und 3 Korporale; im Dezember 
[ Sergeant, 1 Gefreiter -Korporal, 1 Korporal und 40 Kadetten; im 
September 1766 war der seit Januar 1764 vorgeschriebene Etat von 
Korporalen und 96 Kadetten vollzählig. Damit ward auch den 
Vakanzen ein Ende gemacht, von denen zuletzt der Kapitän 2, der 
Kapitän -Lieutenant 3, der Premier -Lieutenant 2 und der 1. Sous- 
jientenant 1 zu geniefsen gehabt hatte. Dagegen ward das Traktament 
»rhöht; dasselbe betrug fortan ffir den Kapitän^ 125 (70 Traktament, 
>5 Kopfgeld), Kapitän-Lieutenant 63, Premier-Lieutenant 55, 1. Sous- 
[iientenant 33, 2. 24, Auditeur 8 Thaler, Sergeant 10 Thaler 
15 Groschen, Gefreiter-Korporal 6 Thaler 15 Groschen, Fourier 8 Thaler 
L6 Groschen, Musterschreiber und Kapitän d* Armes je 7 Thaler 
} Groschen, Feldscheerer 18 Thaler 20 Groschen, Korporal 6 Thaler 
15 Groschen, 1 Hautbois 6 Thaler 9 Groschen, Querpfeifer und Tambour 
e 4 Thaler 13 Groschen, Kadett 4 Thaler 19 Groschen, Profos 3 Thaler 
L6 Groschen, Friseur 5 Thaler. Die 8 Hautbois des K.-K. bildeten in 
1er Zeit von 1778 bis 1810 einen Teil des Musikchors, welcher im Hof- 
^lieater beim rezitierenden Schauspiele die Zwischenaktsmusik ausführte. ' 

' ^Geschichtliche Übersicht der verschiedenen Bildongsperioden des 
iDadetten-Corps am 9. Oktober ISSSb^ vom GL. und Kommandeur v. Gersdorff, 
3. IZ (Bibliothek des K.-E:). 

' Alle hatten auch jetzt noch höheren Armeerang als ihre Stellung im 
K.-K. ihnen anwies, so der Kapitän vom Generalmajor, der 2. Sous-Lieutenant 
vom Premier-Lieutenant. 

' Dr. Francke, Über die allmähliche Entwickelung der deutschen Militär- 

mnsik, in ,,Jahrbücher für die deutsche Armee und Marine**, Berlin, 

Februar 1888, S. 198. 

3* 



36 GreBchichte des Militär-Erziehungs- und Bildongswesens in Sachsen 

Für die Maitres warden die Zulagen in Traktament umgewandelt 
und es bezogen: Prof. Matbeseos und Direktor von der Fortifikation 
Eriegsrat Olaser 46 Thaler 18 Groschen, Ing.-Lt. Kap. Bhenitz 18 Thaler 
8 Groschen, der Fechtmeister 17 Thaler 8 Groschen 1 Pfennig, zwei 
Sprachmeister je 21 Thaler 2 Groschen, zwei Tanzmeister je 22 Thaler 
22 Groschen, der Geographus Dietrich als solcher 19 Thaler 2 Groschen 
und als Maitre de Moral 11 Thaler, der Unterfechtmeister 18 Thaler 
8 Groschen, der Schreibmeister ^ 16 Thaler 12 Groschen, der Zeichen- 
meister 18 Thaler 22 Groschen. Seit Oktober 1768 war der Stand an 
Kadetten um 14 vermehrt, auTser 10 Korporalen waren 110 vor« 
banden. 

Der Vergleich des Bestandes an Lehrern mit dem vor dem Kriege 
vorhanden gewesenen läfst darauf schliefsen, dafs beim Unterrichte 
Neuerungen nicht eingeführt sein werden. Wie derselbe sich gestaltete, 
läfst sich einigermafsen aus den Akten* fiber Änderungen erseheo, 
welche später unter Gen. v. Schiebeil vorgenommen wurden. Danach 
wäre unterrichtet in: Beligion, Sittenlehre, Geschichte und Geographie, 
Bechnen und Geometrie, Befestigungskunst, Französisch, Zeichnen ond 
Schreiben; femer im Tanzen, Fechten und Exerzieren. Die Vorträge 
fanden an den ersten fOnf Wochentagen von 7 bis 1 Uhr statt; die 
Kadetten waren für dieselben ohne Bäcksicht auf ihren wissenschaftlicben 
Standpunkt in 8 Korporalschaften geteilt. Jeder Lehrer erteilte täglich 
vier Lektionen, aufserdem fanden wöchentlich 4 Moralstunden statt, und 
1 Stunde unterrichtete der Pastor der Neustadt in Beligion; ffinfmal 
wöchentlich ward 2 Stunden exerziert; Fechten und Tanzen spielten 
eine grofse Bolle. 

Der damalige Kommandant, GM. Gustav v. Bennigsen, welcher 
seit März 1752 der Kompagnie als Kap.-Lt. angehört hatte, wahrend 
des Siebenjährigen Krieges die laufenden Geschäfte wahrgenommen nf' 
haben scheint und seit 1760 als Kapitän der Kadetten bezeichnet wird, 
war ein tfichtiger und thätiger Mann, aber ohne Verständnis für dii 
wissenschaftliche Seite der ihm gestellten Aufgabe. Sein Hauptstrebeal^ 
richtete sich auf die Heranbildung eines anständig denkenden und ehren- 
wert handelnden Offizierersatzes. Zu diesem Zwecke etliefs er unter 

* Derselbe hatte bis zum 27. Mai 1751 mit Auditorscharakter bei ds 
Kompagnie gestanden und damals den Kapitttnscharakter erhalten (Haupt- 
Staats-Archiv 1069, Vol. II). 

' HauptStaats-Archiv 1070, conv. VI. 



1 



1. Das Kadetten-Korps 37 



dem 12. Februar 1765 ein vBeglement, wonach sich ein jeder 
Cadet bei dem Adelichen Corps zu richten hat'.^ 

Dasselbe beginnt mit dem Hinweise auf die dem Adel darch seine 
beTorsngte Stellung erwachsende Pflicht mehr zu wissen und zum Dienste 
des SouverSns brauchbarer und nfltzlicher zu sein als der gemeine Mann; 
Wissenschaft, Tugend und edehnfitige Denkungsart sollen den jungen 
CSafalier in den Stand setzen jene Stellung zu behaupten. Da un- 
geheachelte Oottesftircht die einzig wahre Grundlage ist, auf welcher 
die Tugend beruht, die in allen Stücken Probe hält, so soll der Kadett 
den öffentlichen Gottesdienst ordentlich, mit Ehrerbietung und Andacht 
abwarten, sich aller Spöttereien aber die Beligion, aller Beligions- 
zftnkereien, alles gottlosen und nach pöbelhaftem Umgänge schmeckenden 
Fluchens und Schwörens enthalten und durch seine ganze Aufßlhrung 
SU erkennen geben, dafs es ihm ein rechter Ernst sei Gott zu f&rchten 
und seinen höchsten Souverän zu ehren. Wie die Gottesfurcht die 
Quelle der Tugend, so ist die Subordination die Seele des Militär-Etat; 
ihre Beachtung wird daher dem Kadett mit der Erinnerung auferlegt, 
dafs Verstöfse gegen ihre Begeln Zurficksetzung beim Avancement zur 
Folge haben wfirden und es wird ihm eingeschärft, dafs er auch dem 
Gefreiten, welcher mit ihm auf Wache ist, Gehorsam schuldet. Diese 
Gefreiten waren ebenfalls Kadetten, also seine Kameraden; das Fehlen 
von Vorgesetzten, deren Alter und dienstliche Stellung sie über die 
Kadetten erhoben hätte, hatte von je her den Mangel an Zucht und 
vielfache Ausschreitungen unter den Zöglingen veranlafst und gefSrdert 

Wie den militärischen Vorgesetzten Respekt und Folgsamkeit, so 
sollte den Maitres in und aufser den Lektionen derjenige Egard bezeigt 
werden j der Männern gebühre, welche helfen den Grund zu dem 
kfinftigen GIficke des Kadett zu legen ; en general aber hatte jeder sich 
so einzurichten, dafs er das Lob eines vernfinftigen und polien Cavaliers 
verdiene. Fleifs und Applikation nebst einer regulären Conduite seien 
der einzig sichere Weg zum baldigen Avancement, auf welches die 
blofse Anciennet^ nicht berechtige. Aus diesem Grunde wird das häufig 
vorgekommene Hinauslaufen aus den Lektionsstunden und ümhertreiben 
im Hanse oder auf den Stuben während derselben ausdrücklich unter- 
sagt Wiederum sind es die ünterofBziers und die «Ältesten in denen 

* Nicht im Druck erschienen. Urschrift im Archiv des K.-K. mit dem 
Vermerke des Anditeurs, dafs das Reglement am selben Tage im Auditorinm 
der Moral publiciret sei. 



38 Greschichte des Militär-Ersiehunge- and Bildongswesens in Sachsen 

Stunden*, welche beauftragt werden solchem ünfnge entgegenzutreten. 
Mit Strafe wird bedroht wer unter dem Vorgeben von Kranksein sich 
dem Unterrichte entzieht. Liederliches, rohes und den Lastern er- 
gebenes Leben würde von der Beförderung ausschliefsen, daher .mufs 
kein Gadet sich gelfisten lassen Abel beschriene oder solche örter zu 
besuchen, wo verdächtige und übel berächtigte Leute angetroffen werden, 
wie denn auch keinem Cadet erlaubt ist die Gaffee- Häuser zu fre- 
quentiren, und deijenige, der sich auf solchen betreten läfst, soll das 
erste Mal mit 14tägigem Arrest, das zweite Mal mit 4 wöchentlichem 
Arrest bei Wasser und Brod unausbleiblich bestraft werden, in noch- 
maligen Betretungsfalle aber wird ein solcher als ein Mensch, an 
welchem weder Vermahnungen nach Strafen fruchten und der dem 
Gorps nur Schande machet, cassiret werden, wie denn ein solcher Gadet, 
der ohne Abschied vom Gorps weggethan wird, niemahlen eine Flacirung 
in der kxmie zu hoffen haben soll*. 

In Beziehung auf das Verhalten gegen die Kameraden ward jedem 
eingeschärft, dafs er sich nicht gelästen lasse, andere durch höhnische 
Mienen, schimpfliche und ehrenrührige Worte und Bejnahmen oder gar 
durch malicieuses Stolsen zu aj&ontiren und dadurch zu Zänkereien und 
unfertigen Händeln Anlafs zu geben, viel weniger gar durch nieder- 
trächtiges sogenanntes Beschildern, andere, vornehmlich die, so erst 
neuerlich zur Gompagnie gekommen, um das ihrige zu bringen. 

Die leidige Duellwut jener Zeit gab Veranlassung auf diesen Gegen- 
stand näher einzugehen; es ward daher gewarnt, .sich vor allen 
Zänkereien und Balgen, auch was dazu Anlafs geben könne, auf das 
sorgfiUtigste zu hüten, auch sich nicht gelüsten zu lassen, andere zu- 
sammen zu hetzen, complots zu machen oder Factiones zu stiften*; die 
wahre Bravour bestehe darin, dafs man seine Schuldigkeit im Herren- 
dienste ohnerachtet aller Gefahr aufs genaueste beobachte und bei den 
gröfsten Gefährlichkeiten die Stille des Gemütes und das gesetzte Wesen 
beibehielte, welche einem tapferen und gesetzten Soldaten anständig 
seien, die ärgsten Balger und Bretteurs wären oft die gröfsten Foltrons 
im Herrendienste. 

Die Hausordnung anlangend, ward befohlen, dafs jeder gleich nach 
dem Zapfenstreiche auf seiner Stube sein und sich nicht nach dem- 
selben auf der Strafse betreten lassen solle, wofür auch der visitierende 
Unteroffizier responsable gemacht wurde; dafs keiner, ohne Urlaub von 
dem Offizier erhaltea zu haben, vor die Thore oder in die Stadt gehen 
und dafs es nicht erlaubt sein solle aufser dem Hause andere Kleider 



1. Das Eadetten-Eorps 39 



als dia Hondienuig zu tragen. Zosammenkfinfte auf den Stuben und 
Spielgesellsohafken waren untersagt; .der Uteste von der Stuben, wo 
man Spielende beysammen findet, wird zur Beohenacbaft und Strafe ge- 
zogen*, flberhaupt hatte der Stubenälteste die Jfingeren und etwa neu 
Angekommenen in ihrer C!onduite, soviel ihm möglich, zu unterrichten. 
Einen Stubenarrestanten durfte niemand besuchen; Beurlaubte hatt^ 
sich rechtzeitig wieder einzufinden und sich gleich nach ihrer Bflckkehr 
zu melden; sie durften solche nicht verschieben, weil sie durch der* 
gleichen unordentliches und irrespectueuses Bezeigen sich Verantwortung 
und Strafe zuziehen würden, .wie denn fiberhaupt kein Cadet ohne 
wichtige Ursachen befugt seyn soll um Urlaub anzuhalten, weil es eine 
ausgemachte Sache, dafs er zu Hause mehr vergilst als er in langer 
Zeit wiederum zu erlernen im Stande ist*. Von Ferien war nicht 
die Bede. 

Charakteristisch ist der 17. Punkt: «Da man es vor bekannt an- 
nimmt, dafs die ältesten Gefreyten bei der Compagnie wegen ihrer 
mehreren Er&hrung, Einsicht und gesetzten Wesens bey den Cadets in 
einer gewissen vonflglichen Achtung stehen, so werden dieselben hier- 
durch erinnert, diesen Umstand nicht etwa zur Erreichung gewisser 
unerlaubter privat Absichten zu mifsbrauchen und sich nicht gelfisten 
zu lassen vor der Abrechnung Ausspielen anzustellen, welche keine 
andere Absicht haben, als die Cadets, welche aus GeftUigkeit vor den 
Gefreyten sich mit engagiren, um das Geld zu bringen; derjenige Ge- 
fireyte, welcher dergleichen unternimmt, wird nicht allein degradiret, 
sondern auch noch flberdies empfindlich gestrafet werden*. Und femer 
Punkt 18: «Desgleichen wird auch hiemit ernstlich untersaget, dafs die 
Cadets, die in einer Lections-Stnnde beysammen sind, sich nicht unter- 
stehen sollen einen neuen Cadet, welcher das erste Mal die Lectiones 
mit besuchet, zuzumuthen, dafs er die sftmmtlichen Cadets von der- 
selben Stunde tractiren solle.* 

Auch der Mangel eines gemeinsamen Tisches in der Anstalt wird 
wieder berflhrt, indem die Kadetten ermahnt werden, sich nicht mit 
den Speisewirten in Streitigkeiten einzulassen, denn bei solehen Ge* 
legenheiten wfirden in der Begel von beiden Seiten Grobheiten gesagt, 
bei denen der Kadett allemal einbflfse, weil ihm derjenige Egard ent- 
zogen würde, den er sonst von dieser Art von Leuten zu erwarten aller- 
dings berechtigt sei. Erforderlichen Falles habe der Kadett zu melden, 
aWie denn die Unterof&ciers hauptsächlich Ordnung in denen Speise- 
bäusern zu erhalten haben*. 



40 €reschichte des Militär-Erziehungs- und Bildnngswesens ia Sachsen 

Von dem Reglement wie von den Eriegsartikeln and von dem 
Daellmandate hatte jeder Kadett sich eine Abschrift zu machen; auch 
sollten ihm diese Vorschriften allmonatlich vorgelesen werden. 

Bennigsen erliefs anfserdem ein Reglement f8r die Unteroffiziere, 
welches diese aufforderte, den Kadetten, deren Vorgesetzte sie seien, 
deren Unterrichte sie aber beizuwohnen hatten, mit gutem Beispiele 
voranzugehen, sowie «Un vorgreif liehe Bemerkungen*, aus denen hervor- 
geht, dafs fdr sie die neudn österreichischen Einrichtungen gleicher Art 
zum Vorbilde gedient hatten. ^ Dafs Zucht und Ordnung nicht immer vor- 
handen waren, zeigt die Bestrafung und Entlassung von zwei Kadetten 
V. Schrader, deren Vater als Major a. D. zu Sorau lebte und die 1 777 
bestraft und entlassen wurden, weil sie Kassenbillets im Werte von 
27 Thaler nachgemacht und ausgegeben hatten.^ 

1781—1798 

Am 24. Oktober 1781 erhielt GL. v. Bennigsen ein Regiment und 
an seine Stelle trat der GL. Adam Burckhardt Christoph v. Schiebeil, 
daneben Kabinetsminister und Staatssekretär der Militär -Kommando- 
AngelegenheiteUi ein Mann, welcher sowohl Verständnis für die wissen- 
schaftliche Seite seiner Aul^abe, wie die Macht besafs, den von ihm 
bemerkten Mängeln und Gebrechen der Anstalt abzuhelfen. Einen 
tüchtigen Gehilfen fand er gleich bei Beginn seiner Wirksamkeit ' io 
dem am 4. Januar 1782 als Professor der Sittenlehre und Geschichte 
an die Anstalt berufenen Magister Wilhelm Gottlieb Becker, einem 
tflchtigen Schulmanne, dessen Ratschläge ihm bei der alsbald in An- 
griff genommenen gänzlichen Umgestaltung des Unterrichtes trefflich 
zu statten kamen. Schon am 9. Mai unterbreitete Schieben seine Vor- 
schläge dem Konig-KurfQrsten. ' 

Den Grundfehler der bestehenden Einrichtungen erblickte er darin, 
dab die Verteilung der Schäler auf die Unterrichtsklassen korporal- 
schaftsweise und nicht nach der Bildungsstufe erfolgte, erst ganz 
neuerlich seien die in der Mathematik weiter Fortgeschrittenen von den 
mehr Znrflckgebliebenen getrennt worden; dann in einem unzweck- 
mäfsigen Stundenplane, welcher bewirke, dafs. oft acht Tage oder mehr 
vergingen, während deren eine Klasse in einem bestimmten Vortrags- 

' Haupt -Staats Archiv 1070, conv. V. 
' Haupt -Staats -Archiv 1070, conv. V. 
• Haupt -Staats -Archiv 1070, conv. VI. 



1. Das Kadetten-Korps 41 



gegenstände gar keinen Unterricht erhielte, weshalb die zweistfindigen 
Lektionen abzuschaffen seien; in dem fibertriebenen Werte, welcher auf 
das Franzosische gelegt werde, so dafs die eigentlichen Wissenschaften 
ganz in den Hintergrund gedrängt würden ; Geschichte und Geographie 
würden gemeinsam gelehrt, womit er nicht einverstanden war; der 
Zeichenunterricht fimge zu spät an ; wer voltigieren lerne, müsse andere 
Lehrstunden versäumen; 42 wöchentliche Unterrichtsstunden seien zu 
viel, dazu konmie noch das Exerzieren. 

Schieben schlug daher vor, die Kadetten in drei Klassen und 
jede derselben in zwei Hälften zu teilen; für Mathematik, Tanzen und 
Fechten sollte jede der letzteren wieder in zwei Hälften zerfallen. Der 
Neuaufgenommene sollte in der Kegel in die unterste Klasse treten und 
in jeder zwei Jahr bleiben; Lehrgegenstände sollten sein: In der 1. 
(untersten) Moral, Französisch, Schreiben, Rechnen, Tanzen; in der 2. 
Moral, Geometrie, Franzosisch, Schreiben, Zeichnen, Fechten und 
Tanzen, letzteres hier indessen als Übung, nicht mehr als Unterricht 
getrieben werden; in der 3. Moral, Geometrie, Fortifikation, Französisch, 
Geschichte, Geographie, Zeichnen, dazu als Übung Tanzen und Fechten. 
In Moral sollte die Kompagnie, in Geschichte und Geographie die 
3. Klasse gemeinsam unterrichtet werden; ebenso hatte ein Geistlicher 
sämtliche Kadetten wöchentlich 1 Stunde gemeinsam in der Religion zu 
unterrichten. Am Zeichnen, welches wöchentlich in 4 Vormittagsstunden 
gelehrt wurde, sollte nur teilnehmen wer Lust und Genie hatte ; während 
dieser Zeit rechneten die übrigen; die körperlichen Übungen sollten am 
Nachmittage vorgenommen werden. 

Wöchentliche Unterrichtsstunden würden erteilen: der Professor für 
Moral und Geschichte 12, der Direkteur für Fortifikation und der 
1. Kondukteur je 16, der 2. Kondukteur 20, der 1. französische Sprach- 
meister 16, der 2. 20, jeder Tanzmeister 18, jeder Fechtmeister 19, 
der Zeichenlehrer 12, der Schreiblehrer 20. Zum erstenmale werden 
Arbeitsstunden erwähnt; je zwei Nachmittagsstunden waren täglich für 
die Bepetition bestimmt. 

Bei der Begründung der Vorschläge, in welcher sich Beckers 
Sinnesart ausspricht, wird die Wichtigkeit des Unterrichtes in Moral 
und Geschichte, sowohl wegen ihres Einflusses auf den sittlichen 
Charakter als wegen ihrer Bedeutung für die Verstandesbildung, her- 
?orgehoben und es wird beklagt, dafs in dieser Beziehung in letzterer 
Zeit sehr wenig geschehen sei. Beckers Vorgänger, ein Professor 



42 Gt38chichte des Militär-ErziehongB- und Bildungswesens in Sachsen 

Dietrich^ (S. 36), in Mheren Jahren ein sehr geschickter Mann, sei be- 
kanntermafsen zuletzt in der neueren Literatur um 30 Jahre zuruck- 
gewesen und seit dem Abgange des verdienten Glaser zur Universität 
Halle habe man eine Unterweisung, welche mehrere gelehrte Kenntnisse 
voraussetzte, überhaupt vermifst 

Zur Verwirklichung seiner Vorschläge verlangte Schiebeil auch 
Geld. Er meinte aber, einige tausend Thaler würden genügen, um die 
Akademie auf die Höhe anderer Anstalten zu bringen und, wenn man 
dies den Ständen ordentlich vorstellte, würden sie die nötige Summe 
schon bewilligen. Darin täuschte er sich. Unter dem 20. Juni ward 
ihm die Antwort, sein Plan sei gut, er möge ihn ausführen, von Geld 
war nicht die Bede. Es kostete sogar Kämpfe, Becker der Anstalt 
zu erhalten; derselbe war zwar ernannt, sollte aber nur 30 Thaler mo- 
natlich, weniger als Schreib-, Tanz- und Fechtmeister empfingen, erhalten 
und davon noch Abzüge erleiden, während Schiebeil 20 Thaler Zulage 
für ihn verlangte, damit er seine Kräfte ganz der Anstalt widmen 
könne. Erst als Becker am 7. Juni schrieb, dafs der Prinz von Preufsen 
ihm angetragen habe, die Erziehung eines seiner Söhne zu übernehmen, 
wofür er jährlich 400 Thaler und alles frei haben solle, und dafs er 
«für sein Glück sorgen müsse*, ward Schiebells Forderung bewilligt. 
Auch erhielt dieser 300 Thaler für die Bibliothek, welche meist für 
mathematische Instrumente und Karten verausgabt wurden; für die 
Büchersammlung stand nur ein Anteil an den Entreegeldern (je 2 Thaler) 
zur Verfügung. Auch dem Wunsche, einen Speisesaal zu erhalten, 
welcher unter Hinweis auf die Vorteile des gemeinsamen Tisches, wie 
er auswärts und bei den Pagen erprobt sei, vorgetragen war, ward nicht 
entsprochen. Ein anderer Wunsch ging dahin, dafs im Interesse der 
bedürftigeren Kadetts und zum Zwecke der Belehrung der Theater- 
besuch erleichtert werden möge. 

Schieben erlangte ferner, dafs seit April 1782 eine «aufser- 
ordentliche Beihilfe zur Bestreitung derer Zulagen für einige arme 
durch Fleifs und gute Sitten sich auszeichnende UnterofKciers und 
Gadeta* im Betrage von 75 Thaler monatlich gegeben wurde. Es 
wurde freilich verlangt, dafs die Angehörigen der Kadetten, welche für 
dieselben aufser den Entreegeldern nichts zu zahlen hatten, ihnen 
monatlich 2 Thaler Zulage geben sollten, sie waren aber dazu nicht 

* Dietrich war im Mai 1781 gestorben ; Beckers unmittelbarer Vorgänger 
war nach den Verpflegungslieten Christian Gottlieb Walcker. 



1. Das Kadetten-Korps 43 



immer imstande. Auch für Kadetten, welche ihren Beruf verfehlt 
hatten und nicht zu Offizieren befordert werden konnten, geschah 
manches. Mehrfach wurde ihnen eine Pension von monatlich 5 Thalem 
bewilligt, auch fanden sie später bei den Halbinvaliden oder den 
Invaliden Unterkommen. Der Beitrag zu den wirtschaftlichen Be- 
dürfiiissen der Anstalt (Instanderhaltung des Gerätes, Feuerung, Be- 
leuchtung pp.) wurde laut Verfügung vom 17. Juli 1784 von 2000 
auf 2200 Thaler jährlich erhöht 

Viel Yerdrufs und Weiterungen erwuchsen Schiebeil wie seinen 
Vorgängern aus der Abneigung der Begimentschefs, die OfSzierstellen 
mit Kadetten zu besetzen, unter ausdrücklicher Bestätigung der unter 
dem 16. März 1752 an den Ob. v. der Fahlen ergangenen Verfügung 
war am 2. April 1778, als die Fähnrichscharge (unterster Offiziersgrad) 
bei der Infanterie eingerichtet ward, befohlen worden, dafs «ein Cadet- 
Sergeant, welcher schon geraume Zeit bei sothanen Corps gestanden 
als Premier -Lieutenant und ein Cadet-Corporal nach 7 bis 8 jährigem 
Aufenthalte bei der Cadetten - Gompagnie als Sous- Lieutenant in die 
InÜEmterie versorget werden möge*, jedoch sollte nicht öfter als bei der 
6. Sous -Lieutenants -Vakanz ein Kadett als solcher einrücken. Die 
Plazierung der übrigen Kadetten hatte als Fähnriche und .in Ansehung 
der Anzahl nach dem bisherigen Verhältnifs* zu geschehen; gleichzeitig 
ward die Aggregierung von Offizieren, wie solche bei der Neuformation 
der Armee vom Jahre 1771 für jährlich 6 Kadetten «mit Interims- 
gehalt* befohlen war, allgemein aufgehoben. Es sollte also die Hälfte 
der fireiwerdenden Fäbnrichsstellen mit Kadetten besetzt werden, diese 
sollten aufserdem jede sechste Sous-Lieutenants- Vakanz und ab und zu 
eine fireiwerdende Premier-Lieutenants-Stelle erhalten. Ein regelmäfsiger 
Ersatz durch Kadetten war aber nur für die Infanterie vorgesehen. Am 
' 28. Juni 1783 bewirkte Schiebeil von neuem die Bekanntmachung 
3^. der Bestimmung, dafs jede zweite Stelle einem Kadett gegeben werden 
^j3 solle und 1784 ward befohlen, dafs kein Kadett länger als sechs Jahr 
^ im Korps bleiben solle, 1795 aber klagte er trotzdem, dafs in den 
{ totsten zwölf Jahren von 216 Sous- Lieutenants-Vakanzen nur 27 den 
e t Kadetten zu Oute gekommen seien; dieselben hätten mithin die achte 
\ja» vod nicht die sechste Stelle erhalten. 

^ Schieben starb 1796; Becker war 1795 seiner Kränklichkeit 
wegen bei den Sammlungen angestellt und am 1. Februar 1796 
durch Karl Heinrich Ludwig Pölitz ersetzt, welcher in einer Denk- 



44 Geschichte des Militär-Erziehungs* und Bildungswesens in Sachsen 



Schrift^ die Grundsfttze entwickelte, nach denen er in Philosophie, Ge- 
schichte, Geographie und deutschem Stil unterrichten wollte; Schiebeil 
ward vorläufig durch den Eap.-Lt. der Kompagnie, Ob. v. Minckwitz, 
am 1. Mai 1798 aber durch den zum Kommandanten ernannten Ob. 
und Gen.-Adj. George v. Ghristiani ersetzt. 



1798—1811 

Ob. V. Ghristiani hat das K.-K. zu einer hohen Blüte gefördert. 
Hochgebildet und thatkrftfUg erkannte er nicht nur die Mängel und 
Gebrechen der Anstalt, sondern fand auch die Mittel sie zu bessern. 
Es kam ihm dabei zu statten, dafs er uneigennützig war und auf die 
Erträgnisse verzichtetOi welche die Bewirtschaftung der Kompagnie 
seinen Vorgängern eingebracht hatte; dadurch fielen nicht nur die 
häufigen und langen Beurlaubungen von Kadetten fort, sondern er ge- 
wann auch Mittel, deren er zur Vermehrung der Lehrkräfte und zur 
Erweiterung des Unterrichtes bedurfte, indem ihm gestattet wurde die 
Erisparnisse an Vakanzenlohnung für solche Zwecke zu verwenden. 
Aufserdem wurden Gelder bewilligt, welche ihm gestatteten einen 
3. Kondukteur far den Zeichenunterricht und einen ünterlehrer an- 
zustellen, welcher dem Professor der Moral und der Geschichte an die 
Hand ging und in diesen Fächern auf den unteren Stufen unterrichtete. 
Jener Kondukteur war der damalige Strafsenbauaufseher Lehmann, 
der Erfinder der nach ihm benannten Methode des Bergzeichnens. 

Christianis Einführung geschah in feierlicher Weise am 9. Mai 1798; 
er wurde im Namen sämtlicher Lehrer in einer langen Rede begrüß 
welche von dem Einflüsse handelte, den der fortschreitende Geist des 
Zeitalters auf die höhere Kultur des Offiziers haben kann und soll, und 
antwortete mit einer Ansprache ap die Kadetten. Beide Beden wurden 
«au{ Verlangen des Korps" in Druck gegeben.^ Am 21. Juli unter- 
breitete Ghristiani seine Umgestaltungsvorschläge dem Kurfürsten; am 
15. August wurden sie genehmigt. 

Die Kadetten waren damals für den Unterricht in fünf Divisionen 
geteilt; die Lehrstunden fiinden vormittags von 7 bis 12, nachmittags 
von 2 bis 4, bisweilen auch von 1 Uhr an statt; von 4 bis 5 ward, 
exerziert, von körperlichen Übungen wurden aufserdem Fechten, Tanzexi 



» Haupt-Slaats-Archiv 1071. 

* Königliche Bibliothek zu Dresden. 



1. Das Kadetten-Korps 45 



und Voltigieren betrieben; grofser Wert ward auf das FranzSsiaohe 
gelegt ^ 

Nachricht ober die Fächer, welche vorgetragen wurden und über 
die einem jeden gewidmete Zeit giebt ein aus dem Jahre 1798 
röhrender «Im Versuche begriffener Lektions- oder Stundenplan 
durch Stellvertreter der hierzu erforderlichen Unterlehrer*; derselbe 
läfst allerdings nicht überall klar sehen, weil er bei der 1. und 2. Di- 
vision je 2, bei der 3. 6, bei der 4. 8, bei der 5. 16 Wochenstunden 
nicht mit dem Lehr&ohe, sondern nur mit dem Namen des Lehrers 
und zwar bei der 1. und 2. mit dem eines Lieutenants, bei der 3. 
und 4. mit solchen von Kadett -Korporalen, bei der 5. mit beiden 
Art^ von Namen bezeichnet. Er weist an Wochenstunden nach 

für die 1. Division: Französisch 6, Fortifikation oder Taktik 4, 
Militärstil 4, Lehre vom Dienst 2, mathematische Bepetition (für die, 
welche deren bedurften) 4, Philosophie, Geschichte, Geographie je 2, 
Beligion 1, Feldmessen oder Zeichnen 4, Lektüre 1, Voltigieren und 
Tanzen je 2, Fechten 4; 

fär die 2. Division: Französisch 8, Theorie des Aufnehmens 
and Fortifikation 4, Feldmessen oder Zeichnen 4, Stil, Philosophie, 
Qeschichte, Geographie je 2, mathematische Bepetition 4, Beligion und 
Lektüre je 1, Schreiben 4, Voltigieren und Tanzen je 2, Fechten 4; 

für die 3. Division: Französisch 8, Geometrie und geometrisches 
Zeichnen je 6, Stil, Geschichte, Geographie je 2, Schreiben 6, Beligion 1, 
Exerzieren, Tanzen, Fechten und Voltigieren je 2; 

für die 4. Division: Französisch, Arithmetik, Zeichnen und 
Schreiben je 6, Stil und Geographie je 2, Beligion und Lektüre je 1, 
Tanzen 2, Exerzieren 4; 

für die 5. Division: Französisch, Bechnen, Schreiben und 
Zeichnen je 6, Beligion, .Stil, Geographie und Lektüre je 1, Tanzen 4. 

AuXserdem exerzierte die ganze Kompagnie täglich von 4 bis 5 Uhr 
nachmittags. 

Chris tianis Vorschläge erhielten ihre gesetzliche Grundlage durch 
ein unter dem 31. Mai 1799 ergangenes 

sBeglement für das churfürstl. sächs. adliche 

Kadettenkorps*, 
welches vom KurfSrsten selbst unterzeichnet wurde. Dasselbe schliefst 
sich den früheren Vorschriften an und enthält im wesentlichen die 



» Haupt-Staata-Archiv 1071, conv. VIII. 



46 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

i . 

Dämlichen Bestimmungen für das dienstliche and aufserdienstliche Ver- 
halten wie jene. Es will die gesamte Erziehung auf der Grundlage 
des christlichen Glaubens aufbauen; nächst der religiösen Veredlung 
soll die sittliche Kultur gepflegt werden, welche in der Erfüllung der 
Pflichten gegen Vorgesetzte, Lehrer, Eltern und Verwandte, in der Be- 
thätigung eines richtigen Ehrgefühls und gegenseitiger Achtung der 
Kadetten und in der Bewahrung vor Eitelkeit, in strenger Wahrheits- 
liebe, Höflichkeit gegen jedermann, Wohlthätigkeit, dem Vermeiden von 
Tadelsucht, in Verschwiegenheit, Wirtschaftlichkeit, Fernhalten von 
Spiel und Leckerhaftigkeit, Achtung vor fremdem Eigentume, Scheu 
vor Selbsthilfe und Duellieren, sowie in richtiger Wahl des Umganges 
ihren Ausdruck findet. Zu den vor Beginn der Lehrstunden statt- 
findenden Paraden sollte der Kadett pfinktlich, reinlich gewaschen, vor- 
schriftsmäfsig gekleidet und mit allen für den Unterricht erforderlichen 
Büchern pp. versehen, sich dem ünterofSzier zur Visitation vorstellen, 
auch vorher gefirühstückt haben, «weil das Essen in den Stunden durch- 
aus unterbleiben mufs*; beim Unterrichte darf er nicht nach seinem 
persönlichen Geschmack das eine oder das andere Lehrfach bevorzugen, 
um so weniger als von seiner «gänzlichen Bemächtigung" des Vortrags- 
stoffes das Aufrücken in eine höhere Division und damit seine ganze 
Dienstlaufbahn abhängt; über das Verhalten in den Lehrstunden war 
in jedem Hörsaale eine Vorschrift aufgehängt, welche aufserdem all- 
monatlich vorgelesen wurde, aber nichts besonderes enthält. Fremde 
Bücher in das Haus zu bringen sowie Privatunterricht zu nehmen, war 
nur mit Vorwissen des Kommandanten gestattet. Leistungen und Fort- 
schritte wurden durch monatliche Wiederholungen und jährliche 
Prüfungen festgestellt. 

Aufserhalb der Lehrstunden ward den Kadetten gestattet, länger, 
als ehemals erlaubt gewesen, aufzubleiben, um zu arbeiten; es hing dies 
mit den erhöhten wissenschaftlichen Anforderungen zusammen, dabei 
ward aber ausdrücklich verboten bei Licht zu zeichnen. Vorhänge vor 
den Fenstern zu haben oder eine Sackuhr zu tragen, bedurfte es der 
Genehmigung des Kommandanten; wer seine Uhr verlor, bekam die 
Erlaubnis eine solche zu führen nicht zum zweitenmale. Zur Auf- 
bewahrung seiner Sachen hatte ein jeder Kadett einen KofiTer, einen 
Schrank und eine Kommode. Tabak zu rauchen war ihm weder im 
Hause noch aufserhalb desselben gestattet. Das frühere Verbot des 
Besuches öffentlicher Orte ward nicht wiederholt; das Verhalten in dem 
angewiesenen Speisehause war Gegenstand mannigfiMsher Vorschriften 



1. Das Kadetten-Korps 47 



und Ermahnungen; man sieht, dafs es ein wunder Punkt war. „Er 
6886 ohne Gierigkeit und ekelhafte ünreinlichkeit'', heifst es. 

Wie die Teilnahme an gröfseren militärischen Übungen schon seit 
dem Siebenjährigen Kriege fortgefallen war, so hatte auch der Garnison« 
Wachdienst för die Kadetten aufgehört; nur auf den Gängen des Hauses 
standen sie noch Posten. Um als Offiziere in die Armee zu gelangen, 
war der Weg durch Vettern und gute Freunde ein sehr beliebter; es 
ward daher befohlen, dafs niemand sich um Anstellung bei einem 
Infianterie- oder Kavallerie -Begimente bewerben dürfe, der nicht vom 
Kommandanten einer solchen würdig erachtet wäre. Ebensowenig war 
gestattet, ohne Yorwissen des letzteren sich um auswärtige Dienste zu 
bemuhen oder um den Abschied zu bitten, ohne beim Korps anwesend 
zu sein. 

Der Aufenthalt in der Anstalt fand far Inländer unter den bis- 
herigen Bedingungen statt, der Zuschufs der Angehörigen war jedoch 
auf 3 Thaler monatlich erhöht; das Entreegeld betrug 18 Thaler 
4 Groschen; ein verschärfter Bevers legte die Verpflichtung auf, die 
Ausbildung ohne erhaltene Erlaubnis nur fär Sachsen und nie gegen 
dasselbe zu verwerten. Ausländer zahlten laut Verfügung vom 
^j 17. Mai 1799 S aufser dem Entreegelde von 36 Thaler, jährlich 
' ! 100 Thaler. 

kl 1 

^. I Von dem Entreegelde wurden ein mathematisches Besteck (6 Thaler 
1^ j 8 Groschen), 1 Paar Fechthandschuh (1 Thaler 3 Groschen), 1 Reifsbrett 
^j nebst Schiene (20 Groschen), Zeichenfedern (16 Groschen), 1 Karton 
(Bachermappe; 12 Groschen) beschafft; 1 Thaler 22 Groschen waren 
für die Bibliothek bestimmt; 1 Thaler 8 Groschen erhielt der Professor, 
12 Groschen der Direkteur der Fortifikation, 18 die drei Kondukteurs, 
12 der aufserordentliche Professor, 18 der Focht-, 1 Thaler 2 Groschen 



• I 



t-f 



^\ der Sprachmeister, 16 der Fourier, 21 der Kapitän d* Armes, 8 der 
^ Feldscheerer. Ferner waren dem Sergeanten 5 Thaler, dem Stuben- 
3^ : kommandanten 2 Thaler 20 Groschen, fär Lehrbücher 4 Thaler 4 Groschen, 
g^ ; für 1 Paar weifstuchene Beinkleider, 1 Paar weifse und 1 Paar schwarze 
j^J Kamaschen, 1 Paar Kamaschenschuhe, 2 Paar lederne Handschuhe, 2 
f. lederne Halsbinden, 1 Degenkoppel, 1 Garnitur Probeschnallen 
^ , 11 Thaler 4 Groschen 6 Pfennig und 2 Thaler 2 Groschen für ver- 
Q . whiedene Kleinigkeiten zu zahlen; aufserdem mufste der Eintretende 
^ . Geld zur Beschaffung eines Surtout von hellgrauem Düffel zur Schonung 

m 

» Haupt-StaataArchiy 1071, conv. VIII. 



20 



48 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

der Montur and für die Lehrstunden und an WäSQhe 12 Ober- und 
4 Unterhemden, 12 Paar Strumpfe, 12 Schnupftücher, 6 Nachtmützen, 
1 Paar seidene Strümpfe, 12 Halsbind^nstreifen (2 Zoll breit, von Battist) 
und 6 zwillichene Servietten mitbringen. 

Christiani starb 1804. Sein Reglement erfuhr alsdann durch 
den an seine Stelle tretenden Gen. d. Kav. Karl Wilhelm v. Emerich 
einige Abänderungen, welche in einer Druckschrift^ als 

„Erläuterungen zum Eadetsreglement 
d. d. Bitterakademie zu Dresden -Neustadt am 13. Juni 1806^, ver- 
öffentlicht worden sind. 

Da sie sich auf allerhöchste Anordnungen beziehen, so konnten 
grundsätzliche Änderungen und tiefeinschneidende Neuerungen durch 
dieselben natürlich nicht verfugt werden; sie bieten aber trotzdem 
manches Interessante und kennzeichnen durch ihr Eingehen aof 
Kleinigkeiten das innere Wesen der Anstalt. 

Zunächst lassen sie erkennen, dafs eine Morgenandacht stattflEuid, 
— da sie bestimmen, dafs während des Frühstückens das Gebet vor- 
gelesen werden solle — , und dafs das willkürliche Verlassen der Hörsäle 
während des Unterrichtes, ein altes Übel, nicht beseitigt war, denn es 
erschien nötig, das Verbot einzuschärfen und die Erlaubnis von der 
Genehmigung des DivisionsunterofQziers abhängig zu machen, welcher 
dieselbe nur während der Pausen erteilen durfte. Das umherlaufen 
während der Schulzeit wurde ferner dadurch beschränkt, dafs jeder 
Division ihr eigener Hörsaal angewiesen wurde; bis dahin hatte der 
Vortrag bestimmter Lehrgegenstände für alle £[lassen in dem nämlichen 
Baume stattgefunden. Auch ward das umherlaufen auf den Gängen in 
blofsen Fufsen allgemein untersagt. 

Von gröfserer Bedeutung war der Wegfall der jährlichen Prüfaogen; 
die Leistungen sollten lediglich nach den monatlichen Bepetionsstunden 
beurteilt werden, „welche die Klassifikation eines jeden Eadets und 
seine Beförderung in die Armee bestimmen". Es hing dies mit der 
Einrichtung zusammen, dafs der Austritt aus der Anstalt nicht mit dem 
Schlüsse des Schuljahres, sondern nach dem Bedarfe des Heeres er- 
folgte. Wenn eine Vakanz durch einen Kadett besetzt werden solltn, 
so verliefs dieser die Anstalt ohne weiteres. Es wurden jedoch allemal 

* Verfasser hat die „Erläuterungen^ nur in der Bibliothek der Königlich 
Sächsischen Artillerie-Brigade gefunden. 



1. Das Kadetten-Korps 49 



die drei ältesten Unteroffiziere, Gefreiten und Kadetten von den Ober- 
lehrern besonders geprüft und nach dem Ausfälle bestimmte der Kom- 
mandant, welcher derselben beiwohnte, die Rangordnung der Anwärter. 
In der Profung war nachzuweisen, dafs auch das in den niederen 
Klassen Erlernte nicht vergessen war. Die Arbeiten, Hefte und 
Zeichnungen der austretenden Kadetten wurden den Regimentern 

: übersandt. 

In Beziehung auf die Haus- und Zimmerorduung wurden nicht 
nur einzelne, den eigenen Willen der Zöglinge in Kleinigkeiten zu sehr 
beschränkende Vorschriften und Verbote, wie z. B. das der Fenster- 
vorhänge, aufgehoben, sondern es wurden auch Zugeständnisse gemacht, 
welche die Gegenwart nicht kennt, so heifst es „Vögel und Blumen- 
töpfe kann der Kadet wohl haben; nur mfissen über dieser Liebhaberei 
die übrigen Geschäfte nicht vernachlässigt werden". 

Zum erstenmale geschieht der n Charge der Ausgezeichneten'' Er- 
wähnung, von welcher im Reglement selbst noch nicht die Rede ist. 
Es ward nach Abschaffung der Thor- und Stadtzeichen, durch welche 
die Kadetten bisher nachweisen mufsten, dafs sie die Anstalt mit 
Wissen ihrer Vorgesetzten verlassen hatten, und nach Aufhebung ihrer 
Verpflichtung zur Meldung beim Kommandanten der Thor- oder der 
Brückenwache, bestimmt, dafs die „Gefreiten und ausgezeichneten Kadets'' 
sich bei dem Offizier du jour „um Urlaub zu melden'' hätten, welcher 
ihnen „ohne besondere Ursache nicht so leicht abgeschlagen werden 
würde", während die übrigen Kadetten um Urlaub „bitten" mufsten. 
Da jene erst beim „zweiten Visitiren " zu Hause zu sein brauchten, 
so behielten die „Ausgezeichneten" vor ihren Kameraden zwei Vorzüge, 

~; was aosdrüoklich hervorgehoben wurde, um ihnen zu beweisen, dafs 

'" durch die sämtlichen Kadetten abgenommene Beschränkung ihre eigene 

' Aasnahmestellung nicht beeinträchtigt worden sei. 

Femer wurde befohlen, dafs die Katholiken an Feiertagen ihres 

' Glaubensbekenntnisses nach Beendigung des Gottesdienstes die Lehr- 

*" stunden zu besuchen hätten; dafs niemand sich im Bette frisieren lassen 
^ dürfe, weil dies eine zu weit getriebene Bequemlichkeit und mit den 

^ S^eln der Reinlichkeit unvereinbar sei; dafs diejenigen, welche sonn- 
\ tigs medizinieren wollten, sich am Freitage beim Gefreiten -Korporal, 

'^^ welchem die Beau&ichtigung der Kranken oblag, melden und an jenem 

V<^ f[gg0 xiv^i aus dem Hause gehen sollten; dafs das Baden nicht eher 
I ab bis der Generalstabschirurgus es gestattete und nur an dem dazu 

^ bestimmten Orte, das Betreten der Eisbahn, der damit verbundenen 

QweUditc des MlUtlr-Eniehniiffi- and BUdnngtweMni In SaohMn 4 



50 Geschichte des Militär-ErziehungB und Bildungswesens in Sachsen 



Gefahr wegeu, nur in Begleitung eines Lehrers oder eines Unteroffiziers 
geschehen dürfe; dafs niemand im Bette lesen und nipmand^ die Unter- 
ofßziere und Gefreiten ausgenommen, denen das Recht als Auszeichnung 
zukam, in den Lehrslunden den Degen tragen dürfe; dafs das „Kochen 
der Kadets gänzlich unterbleiben solle, weil sie das gehörige Verhältnifs 
der Bestandtheile, die bei Zubereitung der Speisen nötbig sind, nicht 
genau wissen können und sich daher den Magen verderben". 

Allgemein ward den Kadetten anempfohlen sich gröfserer Rein- 
lichkeit in ihren Stuben, und überhaupt im Hause, und eines an- 
ständigeren Umgangstones untereinander zu befleifsigen, bei vorgeblichen 
oder wirklichen Beleidigungen aber ihre Oenugthuung auf dem vor- 
geschriebenen Wege des Dienstes zu suchen hätten ; des heftigen Zuwerfens 
der Thüren hatten sie sich zu enthalten; im Schauspiel- und im Opem- 
hause sollten sie „nicht anders als mit unbedecktem Kopfe erscheinen, 
weil es unanständig ist" und „in vorfallenden Delogirungen die Kom- 
moden und Koflfer nicht selbst tragen; dies ist der Dienst der Stuben- 
heizer'. Ferner hiefs es .die Schildwachen auf den Gängen des Hauses 
müssen einen gröfseren Anstand zeigen und ihren Posten mit mehr 
Würde zu behaupten wissen*. „Dafs es im Corps Subjecte giebt, die 
die Unverschämtheit besitzen bei Offiziers vorbeizugehen ohne sie zu 
grüfsen**, war «mit wahrer Unzufriedenheit bemerkt worden*. 

Um die Benutzung der Bibliothek zu befördern und das Lesen der 
entliehenen Bücher möglichst nutzbringend zu machen, hatte ein jeder 
Kadett alle zwei Monate einen Büchcrauszug einzureichen und zwar in 
jedem Halbjahre einen militärischen, einen geschichtlichen und einen 
belletristischen. Die beiden oberen Klassen wählten die betreffenden 
Werke selbst, die anderen erhielten sie nach der Bestimmung des 
Bibliothekars. Wer mehr lesen wollte, erhielt mehr Bücher, jedoch 
nur gegen Rückgabe der in Händen habenden; lieferte er auch aus 
diesen Auszüge, so ward darin ein Beweis seines Fleifses gefunden. 

Ausgehen und Teilnahme an öffentlichen Vergnügungen waren 
nicht knapp bemessen. Die Bestimmungen der Hausordnung lassen es 
erkennen. An Gasinotagen ward erst um V2II, statt um 10 Uhr, zum 
zweitenmale visitiert, wozu jeder auf seinem Zimmer sein mufste, und 
dann das Licht ausgelöscht; wer an anderen Tagen bis 10 beurlaubt 
war, mufste lernen sich im Dunkeln auszukleiden; wem erlaubt war 
auf das Casino oder sonstigen Ball zu gehen, durfte die Nachmittags- 
stunden nicht vor 3, die Operngänger durften dieselben nicht vor 4 Uhr 
verlassen. 



1. Das Kadetten-Korps 51 



Ein Gesamtbild von dem Zustande der Anstalt auf Grund der 
durch Cbristiani und Emericb getroffenen Einrichtungen giebt uns eine 
von. Friedrich Christian August Hasse, welcher and 3. November 1803 
den als Professor nach Leipzig gegangenen Pölitz in der wissenschaft- 
lichen Leitung der Anstalt ersetzt hatte, bei' Carl Gottlob Gärtner in 
Dresden gedruckte Schrift: 

Plan des öffentlichen Unterrichts auf der konigl. sächs. 
Bitierakademie zu Dresden vom 7. Januar 1807 bis zum 

Ende des Mais 1808. 

Nach der Schlacht bei Jena war die Anstalt eine Zeitlang ge- 
schlossen gewesen. Knrffirst Friedrich August hatte das Gebäude am 
12. November 1806| «um dem Kaiser der Franzosen seine Bereit- 
willigkeit zu zeigen' zur Unterbringung von Truppen zur Verfügung 
gestellt und die Kadetten auf Urlaub geschickt. Die Veröffentlichung 
des Planes sollte nicht nur Kenntnis davon geben, dafs diese Mafsregel 
rückgängig gemacht sei, sondern der Plan sollte sich daneben über die 
Ziele der Anstalt und über die zur Erreichung derselben angewendeten 
Mittel aussprechen. Die Art und Weise, in welcher dies geschehen ist, 
verleiht der Schrift eine hohe Bedeutung. Wir gehen daher näher auf 
dieselbe ein und entnehmen ihr die nachstehenden Einzelheiten: 

Zweck des Unterrichtes sind Menschenbildung, deren Charakter 
Sittlichkeit, und Bnrgerbildung, deren Charakter Brauchbarkeit für den 
Staat ist. Die Zeit zu seiner Erreichung ist durch sechsjährigen Auf- 
enthalt in der Anstalt geboten. Fünf Klassen, „Divisionen*, die 3. mit 
zwei «Subdi Visionen', bilden die Stufen auf dem zurückzulegenden Wege. 
Die Lehrmethode ist einheitlich, nicht akademisch, sondern pädagogisch. 

Die Bildung des Offiziers sollte in der Erziehung für seine natür- 
lichen nnd seine sozialen Verhältnisse bestehen. Beide hatte der Unter- 
richt in Religion, Moral, Geschichte und Sprachen zu begründen; für 
den Dienst im Heere sollten der Unterricht in Mathematik und Militär- 
wissenschaften die notige Brauchbarkeit geben, ritterliche Übungen die 
körperliche Geeignetheit schaffen. 

Der Beligionsunterricht wurde für die beiden Bekenntnisse getrennt 
erteilt, Nichtkonfirmierte erhielten besonderen Unterricht; die Unter- 
weisung in der Sittenlehre hatte auf die Grundwahrheiten der Beligion 
hinzuweisen. 

Der gesamte übrige Unterricht war nach den Divisionen ab- 
gestuft und auf drei Lehrfächer, das moralisch -historisch -stilistische, 
das mathematisch-militärische und das französische, verteilt: 



Am 



62 Geschichte des Militär- Erziehungs- und Bildungewesens in Sachsen 

1. Moralisch -historisch - stilistisches Lehrfach, 

in welchem Deutsch, Moral, Geographie und Geschichte, „überhaupt 
alles was der Mensch, Bürger und Theilnehmer an gebildeten Gesell- 
schaften braucht**, gelehrt werden sollte. Wer als Offizier in der 
Infanterie — und von dieser ist hier allein die Rede, da vom Artilleristen 
und Ingenieur anderweite Kenntnisse und vom Kavalleristen anscheinend 
nur Geld, Geld und abermals Geld gefordert wurden — angestellt zu werden 
hoffte, musste deutsch gut sprechen und lesen und seine Gedanken 
richtig, kurz und deutlich ausdrücken können, die Grundwahrheiten der 
Religion und Moral verstehen, die Epochen der allgemeinen Geschichte 
und die wichtigsten politischen Veränderungen der drei letzten Jahr- 
hunderte anzugeben wissen, die Geographie von Sachsen, Deutschland 
und Europa, überhaupt aber die statistischen Verhältnisse seines Vater- 
landes und der Hauptstaaten von Europa kennen. — Die einzelnen 
ünterrichtsgegenstände dieses Lehr&ches waren: 

1. Für die 5. Division: 

Lehr- und Sprechübungen unter Zugrundelegung von Jagend- 
schriften encyklopädischen und ähnlichen Inhalts, z. B. Campes Seelen- 
lehre, Salzmanns Elementarbuch, Junkers Handbuch der gemeinnützigen 
Kenntnisse, und solcher Bücher, welche die Naturgeschichte, alte und 
neue Länder- und Völkerkunde und Sittenlehre betreffen. Mit der Er- 
klärung wurden mündliche Vorübungen zur Abfassung schriftlicher Auf- 
sätze verbunden. 

Sittenlehre unter Benutzung von Salzmanns und Campes Schriften 
iind Wagnitz* Moral in Beispielen ; dabei Bekanntmachung mit dem 
Kadetten -Reglement von 1799. 

Schönschreiben nach Vorschriften nebst Obnng des Auges ftr 
die Grundstriche durch Vorzeichnen an der Tafel. 

Rechtschreibung nebst den Anfangsgründen der deutschen 
Sprache, vorzüglich Korrigieren der Ausätze, „welche die Kadetten nach 
den in den Lehrstunden mündlich gemachten Auszügen auf ihrer Stube 
entworfen haben **, bessere wurden als Muster diktiert. „Der Kadet 
schreibt die gelungeneren Aufsätze richtig ab und reicht sie nach der 
Vorschrift des Reglements (N. 29. S. 14) als Auszüge ein.'* 

2. Für die 4. Division: 
Sittenlehre, wie in der 5. Division. 

Schreib- und Redeübungen, wobei Hand, Auge, Ohr und 
Verstand mit dem Sprachorgane zugleich geübt werden, um durch die 



]. Das Kadetten-Korps 53 



Aussprache uod den Ausdruck die schriftlichen Übungen zu begründen, 
wozu noch besonders Orthographie und Grammatik nach Adelungs 
Grundsätzen, Schramms Sprachlehre und Pölitz' Schemen gelehrt und 
Versuche im Brie&chreiben, im Beschreiben pp., besonders im Aufsetzen 
mündlich gemachter Auszüge aus Büchern wie in der 5. Division ge- 
macht wurden. 

Anfangsgründe der Erdbeschreibung und der Ge- 
schichte. Bei jenen wurden die Landcharten, bei dieser ward Pölitz' 
Elementarkursus erklärt; in den öffentlichen Wiederholungsstunden sollte 
dargethan werden, dafs beides verstanden sei. 

3. Für die 3. Division: 

Sittenlehre, um das sittliche und religiöse Geflhl durch Begriffe 
zum deutlichereu Bewnfstsein zu erheben und dasselbe durch Urteile 
zu bilden und zu schärfen. 

Fortsetzung der Schreib-, Bede- und orthographischen^ 
sowie der praktischen Übungen im Stil unter theoretischer, namentlich 
durch Unterricht in der Grammatik erfolgender Begründung. 

Lehre vom menschlichen Körper, welche anatomisch, physio- 
logisch und diätetisch vorgetragen werden sollte, um den Zusammen- 
hang des Moralischen und Physischen im Menschen zu zeigen. 

Geographie: Wiederholung und Ausfährung des vorhergegangenen 
Vortrages nach Gasparis Lehrbuche. 

Geschichte der Völker und Staaten, ethnographisch erzählt, 
die deutsche nebst der meifsnisch- thüringisch -sächsischen nach Pölitz* 
Rubriken vorgetragen. An den Unterricht schlofs sich die zum Lesen 
politischer Zeitungen bestimmte Lehrstunde. 

4. Für die 2. Division: 

Moral nach der in der 3. Division beobachteten Methode, jedoch 
mit tieferer Entwickelung des Grundbegriffes der Pflicht und der Freiheit 
aus der Natur unseres moralischen Bewufstseins, wo zugleich der sitt- 
liche Grund aller bürgerlichen Verhältnisse gezeigt wird. 

Stil: der Kadett sollte Orthographie und Grammatik hinreichend 
inne haben, damit vorzüglich das ästhetische GefQhl im Ausdrucke be- 
richtigt, der Sinn durch Bedeübungen gebildet und der Geist durch 
mythologische Erklärungen auf das Lesen der Dichter vorbereitet werden 
könne. Um die Denkkraft an Klarheit und Ordnung zu gewöhnen, 
ward mit dem Unterrichte im Stil der in der Logik verbunden. 

Geographie nach der vergleichenden Methode, wobei die er- 
worbenen Kenntnisse nach den neuesten Veränderungen berichtigt, nach 



54 Geschichte des Militär-ErsiehungS' und Bildungs wesens in Sachsen 

einer statistisch- politischen Parallele wiederholt und mit dem Lesen 
politischer Zeitungen verbunden wurden. 

Geschichte nach dem Synchronismus in Politz' Gnrsus, um da- 
durch den früheren ethnographischen Vortrag zu einem Qanzen zu ver- 
binden. Endlich sollte 

Ein encyklopädischer A1)rirs der Wissenschaft und 
Kunst geboten werden, um den reiferen Zögling mit dem humanen 
Zwecke derselben, als Bildungsmittel für das Wahre und Schöne, bekannt 
zu machen. 

5. Fär die 1. Division: 

Moral, womit die Hauptsätze des Natur-, Staats- und Völker- 
rechtes verbunden werden, durch die Erscheinungen im Leben erläutert 
und zum Beweise für die Übereinstimmung mit der^Beligion und der 
positiven Ordnung verwertet. 

Vaterländische Landes-, Staats- und Qesetzkunde, behul 
Bekanntmachens mit den bürgerlichen Hechts- und Pflichtverhältnissca, 
vorzüglich mit den wichtigsten Lehren des Zivil- und Militärrechtes. 

Geschichte der letzten drei Jahrhunderte, nach AncilloQs 
und Eichhorns Plane, „wo die ethnographisch gegründete und sya* 
chronistisch verbundene Eenntnifs erweitert und mit der Statistik in 
Verbindung gebracht werden soU^. 

Statistik oder die nach politischen Lehrsätzen geordnete Über- 
sicht der Staatskräfte der europäischen Staaten und Nordamerikas. 

Stil, mittelst praktischer Übungen nach Grundsätzen und Regeln 
zu lehren und mit dem Lesen deutscher Schriftsteller zu verbinden. 

Abrifs der Wissenschaft und Kunst, wie in der 2. Division, 
verbunden mit einer Anleitung zum Privatstudium und zur Vorbereitung 
auf den Umgang mit Oebildetem 

II. Mathematisch -militärisches Lehrfach. 

Das Ziel war darauf gerichtet, dafs der Kadett beim Eintritte in 
das Heer a) gut rechne und die Elemente der reinen Mathematik voll- 
kommen inne habe; b) in Taktik und Befestigungs Wissenschaft, mit 
Hinsicht auf Terrainkenntuis und Geschützwissenschaft, gehörig unter- 
richtet sei; c) Qeschicklicbkeit in der Situationszeichnung, im Auf- 
nehmen nach dem Augenmafse und im Militärstil besitze. — Die Lehr- 
gegenstäude waren: 

1. Für die 5. Division: 

Elementar- und Gedankenrechnung; 



1. Das Kadetten-Korps 55 

Nomenklatur oder Erklärung und Ausbildung der in den 
mathematisch -militärischen Wissenschaften vorkommenden Linien, Fi- 
gareo und Körper, mit Hinweis auf den Qebrauch mathematischer 
Instrumente; 

Rechtschreibung der in diesen Wissenschaften fiblichen, be- 
sonders der fremden Kunstwörter; 

Blementarzeichnung zar Ausbildung von Hand und Auge. 

2. Ffir die 4. Division: 
Arithmetik; 

Situationszeichnen (zwei Abteilungen), Anleitung zum Hand- 
zeichaen und Tuschen; 

3. Ffir die 3. Division: 
Geometrie; 
Wiederholung der Arithmetik; 

Situations- und Handzeichnen nebst Anleitung zur Kenntnis 
von Licht und Schatten; 

Vorbereitung zum Militärstil, vorzuglich iu Bezug auf Titu- 
latur, Courtoisie und den schriftstellerischen Wohlstand. 

4. Fflr die 2. Division: 

Blementartaktik und, nach Beendigung des Vortrages, 

Feldbefestigungskunst, beide mit den nötigen Zeichnungen 
begleitet; 

der erste Teil der Geschützwissenschaft, besonders Kenntnis 
der Feuergewehre und des Pulvers; 

praktische Anleitung zum Militärstil oder Ausarbeitung der 
Dienstschriften; 

Theorie des Aufnehmens nebst Übungen mit Instrumenten auf 
dem Felde; 

Situationszeichnen, besonders nach Modellen, als Vorbereitung 
zur Terrainlehre; 

Wiederholung der reinen Mathematik; 

Physik nach Schraders Lehrbuch von Gilbert; 

Handzeichnen nach gröfseren Mustern und Anleitung zur 
Perspektive. 

6. Ffir die 1. Division: 

Angewandte Taktik, verbunden mit der Lehre vom Dienst; 
Festungsbanknnst und Belagerungskrieg, als Hilfswissen- 
schaft, durch Zeichnungen erläutert; 



56 Greschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Militärstil: Entwerfen von Terrainbeschreibungen, Dispositionen, 
Belationen pp.; 

Militftrgeographie; 

Situationszeichnen nach Modellen, mit Abbildungen von 
Schlachten, Affairen, Stellangen pp; 

Aufnehmen mit dem Instrument and nach dem Augenmafse; 

praktische Übungen auf dem Felde in Bezug auf Stellung 
und Bewegung der Truppen, nebst den einschlägigen, schriftlichen Ent- 
warfen und topographischen Zeichnungen; 

Qeschützwissenschaft, besonders Schufsweiten und Qeschülz- 
wirkung, Anleitung zum Minenbau, begleitet mit den nötigeD 
Zeichnungen; 

Physik; 

Handzeichnen and Perspektive. 

Der militärisch-praktische Unterricht bestand im Exerzieren: 

a) für die Neueintretenden vom 1. April bis 16. Mai täglich 
eine Stunde; 

b) für die ganze Kompagnie: 16. Juli bis Anfang Oktober zweimal 
wöchentlich nachmittags von 5 — 6; anfser dieser Zeit monatlich zwei- 
mal Auf- und Abmärsche ohne Gewehr; 

c) für die mit dem Gewehr Exerzierenden zwei- bis dreimal 
monatlich auf dem Exerzierplatze vor dem Thore; die Älteren wurden 
auch im Feuern (Platzpatronen) geübt. 

III. Lehrfach der französischen Sprache. 

Für die 5. Division: Aussprache, Lesen, Deklinieren, Konjugieren 
der Hilfszeitwörter; mündlich und schriftlich; aufserhalb der Lehr- 
stunden methodische Beschäfligang darch Aufgabe von Wörtern und 
Redensarten, vorzüglich aus der Umgangssprache; 

für die 4. Division: Mündliches und schriftliches Übersetzen 
ans der einen Sprache in die andere unter grammatischer Erklärung 
der französischen; 

für die 3. Division: Fortsetzung des Übersetzens nebst Übungen 
im Sprechen nach den Gedächtnisaufgaben; 

für die 2. Division: Übungen in der Verbindung beider Sprachen, 
im Schreiben nach Diktaten und im Sprechen nach den Gedächtnis- 
aufgaben ; 



1. Das Kadetten-Korps 57 






ffir die 1. Division: Ähnliche Aufgaben aus der Umgangssprache 
md dem Briefstill Übersetzungen, Auszuge, eigene Aufsätze, Diktate 
fiber militäriaehe Q^enstände. 

LehrbQcher: Grammatik von Brüel als Elementarbuch; in der 
4. Division and in der 2. Subdivision der 3. Gahiers de lectnre par 
BrSel (militärische Anekdoten, biographische Züge); in der 1. Snb- 
difision der 3. und in der 2. Division Charles XII. par Voltaire; in 
der 1. Siftde de Louis XI Y. par Voltaire, Jonmal de Francfort und 
asdere Werke, welche mit dem Oeiste der Sprache bekannt machen 
können. 

Die Teilnahme am Unterrichte im Lateinischen war frei- 
willig. Derselbe beschränkte sich auf kursorisches Lesen eines leichteren 
Qesehichtaohreibers; wer dazu nicht vorbereitet war, mufste die nötigen 
Vorkenntnisse durch Privatstunden erwerben. 

Die ritterlichen Übungen bestanden in Fechten, Tanzen, Volti- 
gieren und Beiten; die beiden letzteren nur für Freiwillige. Mit den 
Geschickteren aus den drei oberen Divisionen wurden wöchentlich grofse 
Tua- bezw. Fechtfibungen angestellt, während deren die übrigen von 
einem anderen Tanz- bezw. Fechtmeister unterrichtet wurden. 

Znr Beförderung des Privatfleifses dienten: Strafarbeiten; 
wöchentliche häusliche Aufgaben, namentlich Gedächtnisäbungen in der 
französischen Sprache, orthographische und stilistische Ausarbeitungen; 
Lektüre, wozu die Bibliothek die Bächer (mathematische, geschichtliche, 
französische) lieferte, in der Begel erhielt der Kadett alle vierzehn Tage 
ein geschichtliches Werk; Auszüge aus diesen Büchern, welche jährlich 
sechsmal dem Bibliothekar (damals der 1. Adjunkt des moralisch- 
historisch-stilistischen Faches) eingeliefert und von diesem korrigiert 
weiter gereicht wurden; in der 4. und 5. Division ward in den Lehr- 
ond Spracbstunden Anleitung zur Verfertigung der Aufsätze gegeben; 
Aufgaben in den Ferien. 

Ferien waren während der Monate Juni und Dezember, zu Ostern 
ond ans Anlab der Mai- und Septemberjahrmärkte. Während der 
längeren Ferien erhielten die Beurlaubten Aufgaben ans allen drei Lehr- 
Bchem, die Zurückbleibenden erhielten zu Ostern Aufgaben aus dem 
mathematischen Fache, im Mai durch den Schreibmeister, im September 
französische, zu Weihnachten geschichtliche Au^ben. 

Als Aufmunternngsmittel zum Fleifs und sittlichen Ver- 
halten dienten: Censuren zum 8. Mai und 8. November; die öffentlichen 
Wiederholungen, alle ein bis zwei Monate; die Hauptprfifnngen am 



58 Oeecbiclite dta Militär EnieliuDKS- und B iManga w o aa iw IQ 

Schliuae des Lehrjahres in dea vierzehn Tagen vor dein '20. 
die wichtigsten Fächer mündlich, über praktische Qegensti 
praktisch ; Prämien; äufaere AuszeicbnuDg der Wflrdigkeit 
ehreDTollen Erwähnung derjenigen, welche sieb in deo Fröfi] 
gezeichnet und in den Censurlisten nie die 3. Censur erha^ 
längerer Urlaub; monatliche Geldzuscbüsse; Ernenauiigfl 
gezeichneten Kadet; Beförderung zum Gefreiten, Ge&eiten-lS 
Dnteroflizier; Aufrücken in eine höhere Division, wobei rofgi 
war, dafs niemand in die 2. Division versetzt werden solle, i 
deutschen Orthographie zurückgeblieben wäre, und dafs niemt 
verlassen solle, der nicht französisch lesen, aussprechea, di 
die Hilfszeitwörter konjugieren und die gelernten WSrtc 
schreiben könnte, es sei denn, dafs der Lehrer ihn organisch 
wegen für unfähig dazu erklärte; schliefslich der Eintritt in d 
wozu erforderlich war, dafs in der Prüfung die nach sech 
Aufenthalte auf Grund des vorstehenden Planes darzulegenden i 
nachgewiesen wurden. Es ward mithin die Beförderung zni 
vom Beatehen einer SchluisprüfuDg abhängig gemacht. ^ 

In grofsem Umfange erfolgte am Ende eines jeden G 
Verleihung von Prämien. Worin sie bestanden haben, 
sagt, es sind nur die Fächer aufgeführt, für welche sie g€f 
nämlich: 

Aus dem Bereiche des militärisch -matbematiacben L^ 
Oedankenrechunug, Arithmetik, Elementar-, Situations-, Hand: 
Geometrie, Theorie des Aufnebmens, Aufnehmen nach dem A: 
praktischem Aufnehmen, Artillerie, Feldbefestigungakuost, Fesi 
kunst, Taktik, Physik für die 1. Division, militärischem Stil 
besten Auszug ans einem militärisch -mathematischen Bucht 
Adjustierung, im Fechten, Voltigieren und im Tanzen (He 
Fran^aise). 

Aus dem moralisch -historisch -stilistischen und dem frai 
Lehrfache in der sittlichen Aufführung, Moral, den Anfangsgn 
Sittenlehre, in der kursächsischen Landes-, Staats- und Gesetzt 
süchsischeu und deutschen Geschichte, Elementargeschichte, böhi 
graphie, Elementargeographie, Litteratur und Wissenschaftskund 
besten Auszug aus einem geschichtlichen Buche, in der Erklärung 
Schriftsteller, Redeübung (zwei Preise), für die Geübteren in st 
Obungen, in der deutschen Sprachlehre, für Anfiiuger in den ati 
Übungen, Orthographie (zwei Preise), dentscher Kalligraphie, frai 



1. Das Kadetten-Korps 59 



lligraphie, Komposition, Konversation, Prononciation ; ferner in der 
einischen Sprache ffir die Teilnehmer am Unterrichte. 

An Lehrern waren vorhanden: Ein Professor der Moral und Ge- 
lichte (der schon erwähnte Hasse); ein Lehrer der Fortifikation and 
J[tik, welcher zugleich das militärisch -mathematische Lehrfach diri- 
erte (Hptm. Backenberg ^) ; vier Kondukteurs (sämtlich Lieutenants, 
lonter Lehmann) für reine Mathematik, Physik, Zeichnen; ein Ober- 
brer f^ Sittenlehre und Deutsch; zwei Adjunkten des moralisch- 
storisch-stilistischen Faches; zwei französische Sprachmeister (darunter 
roel, welcher das Fach dirigierte) und zwei Assistenten; drei Tanz-, 
rei Fechtlehrer. 

Von den Wochentagen gehörten drei dem militärisch -mathe- 
atischen, drei dem moralisch-historisch^stilistischen Fache; französischer 
oterricht, wie praktisch - militärischer und solcher in den ritterlichen 
bungen, ward an allen erteilt. Der Unterricht dauerte von 7 (No- 
mber bis Februar 8) bis 12 und von 2 bis 4 oder 5 Uhr; für die 
I Juni und Dezember zurückbleibenden Schüler wurden Wiederholungs- 
irse abgehalten; die katholischen Kadetten hatten wöchentlich eine 
onde Beligionsunterricht, die nicht konfirmierten Protestanten deren 
ei; die Beitbahn ward im Sommer zweimal wöchentlich von 6 bis 
Uhr früh besucht. Einmal wöchentlich wurden einstündige grofse 
)cht- und Tanzübungen vorgenommen (vgl. S. 57); im Sommer Waren 
rei Tage wöchentlich für das Aufnehmen und die praktischen Übungen 
ir beiden oberen Divisionen bestimmt. Die Kadetten, welche nicht 
if den Yoltigierboden gingen, wurden einer anderen Division zugeteilt 
ler mit Lektüre beschäftigt. 



' Backenberg schrieb „für die Bedürfnisse der Charfürstlichen Ritter- 
kademie*' ein Lehrbuch der Kriegswissenschaft ^ dessen Inhaltsangabe den 
mfang des Vortrages erkennen läf^t: 1. Teil: Arithmetik, Buchstaben- 
chnang, Geometrie, ebene Trigonometrie als Vorbereitangswissenschaften 
hmlen 1796); 

8. Teil: Lehre vom Aufnehmen, verbunden mit der I-.ehre vom Rekog- 
eueren und vom militärischen Beschreiben einer Gegend (Dresden 1797). 

3. Teil: Geschütz- und Verschanzungswissenschaft ; 

4. Teil: Bewegungs- und Lagerwissenschaft; 

6. Teil: Lehre von der Befestigimg, dem Angriff und der Verteidigung, 
' Offiziere der Infanterie und Kavallerie. — Anscheinend sind nur die 
den ersten Teile im Druck erschienen. 



60 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildnngswesens in Sachsen 

Im Jahre 1809 erlitt die Wirksamkeit der Anstalt dadurch eioe 
Unterbrechang, dafs mit Mcksioht auf die kriegerischen VerhUtnisse 
die Offiziere zur Dienstleistung bei den Truppen herangezogen and die 
Kadetten, soweit sie nicht in. die Armee traten, beurlaubt wurden 

OM. V. Em er ich ward 1810 pensioniert, an seine Stelle trat OM. 
Freiherr v. Ende. 

18U— 1814 

Ghristianis Werk hatte 13 Jahre bestanden, als im Anschlüsse 8D 
die Umgestaltung, welche die Armee im Jahre 1810 erfuhr, auch die 
Verhältnisse des «Adelichen Cadetten Corps', wie der im amtlichen 
Schriflverkehre am meisten gebrauchte und auch im Staatskalender der 
Anstalt beigelegte Name lautete, in mancher Hinsicht einer Neuordnung 
unterworfen ward. Die Anstalt trat damit in eine Kette von Ände* 
rungen und Schwankungen ein, welche sie 50 Jahre lang nicht za 
rechter Buhe und stetiger Entwickelung kommen liefsen. Die wesent- 
lichsten Neuerungen waren : Herabsetzung der Lernzeit von 6 auf 5 Jahre, 
Einflihrung der Erziehung und Beaufsichtigung durch Personen ans dem 
ünterofBzierstande, gemeinsames Speisen der Zöglinge in der Anstalt 

Christianis und seiner Batgeber Lehrplan wurde namentlich insofen 
geändert, als mehrere Vortragsgegenstände aus dem Oebiete der schSneo 
Wissenschaften ausgeschieden wurden und der Unterricht mehr auf die 
Ausbildung für das Leben und den soldatischen Beruf gerichtet ward; 
es sollte weniger ausgebreitetes und weniger gelehrtes, aber mehr ver-f 
tieftes und praktisches Wissen erzielt werden. Jeder Lehrer sollte wo- 
möglich seine Wissenschaft, und wenn es anging nur eine oder ver- 
wandte, durch alle Klassen der Anstalt vortragen. Eine kSniglicbe 
Ordre vom 9. August 1811 regelte die 



Verfassung der Königlich Sächsischen Bitterakademie.^ 

Zweck der Anstalt war 80 Kadetten und ungefähr 6 Volontärs vom 
13. Jahre an nach einem auf 5 Jahre berechneten Unterrichtsplane fir 
den Eintritt als Souslieutenants in die Armee vorzubereiteten; der jähr» 
liehe Ersatz, welchen die Anstalt letzterer liefern konnte, war di 
im Jahre 1806 aufser 1 Sergeanten, 1 Gefreiten - Korporal und 

* „Gegenwärtige Verfassung der Königl. Sachs. Ritterakademie, be- 
stimmt durch die königliche Ordre vom 9. August 1811". Dresden 1812, ge- 
druckt bei Carl Gottlob Gärtner (16 Seiten und Lehrplan). 






1. Das Kadetten-Korps 61 



. 10 Korporalen, 100 Kadetten vorhanden^ gewesen waren, ann&hernd 
der frühere. 

Aofiiahmeiähig sollten nur Söhne des sächsischen Adels sein, eine An- 
r Ordnung, welche von jeher beabsichtigt gewesen (vgl. S. 23) nnd seit 
längerer Zeit mit wenigen Ausnahmen beobachtet war. Dieselben mufsten 
konfirmiert sein, was früher nicht nötig gewesen war, und in einer Prüfung 
darthun, «dafs sie mechanisch richtig lesen und schreiben, lateinisch 
und womöglich französisch dekliniren und konjugiren, auch die vier 
Spezies rechnen können*. 

Zur ihrem Unterhalte bedurften sie eines von den Angehörigen 
bei der Anstalt einzuzahlenden Zuschusses von monatlich 3 Thaler; 
wenn die Mittel fehlten, um diesen zu leisten, so wurde er «aus einem 
von den Landständen eines jeden Kreises und der Lausitzen for arme 
Kadetten bewilligten Zuschufsfonds oder im Fall ausgezeichneten Be- 
tragens, vom König gegeben **. Die Kadetten erhielten ein Monats- 
traktament von 6 Thaler 12 Oroschen, wovon 6 Thaler fär die Kost 
zurückbehalten wurden, woneben aber das Frühstück mit monatlich 
16 Groschen sowie ein etwa gewünschtes Yesperbrod jedesmal mit 
3 6 Pfennig bezahlt wurde; Kleidung, mit Ausnahme der Wäsche; 
'j'^ Wohnnng nebst Bettmatratze und Decken, Heizung, Licht und Auf- 
' S Wartung. Femer sorgte die Anstalt für den Unterricht, die not- 
, , wendigsten Bücher und Lehrmittel. Vier oder „als Auszeichnung** 
zwei Kadetten wohnten auf einer Stube. Das „Entreegeld*" wiar nach 
wie vor zu entrichten. Der Volontär bezahlte fQr die Kost die obigen 
" Sätze, fär alles übrige jähriich 25 Thaler. 

Chef der Bitterakademie war der König. In seinem Namen fahrte 
«die allgemeine Direktion des Instituts, in militärischer und päd- 
s^ogisoher Hinsicht", ein Kommandant, welcher im Hause wohnte, 
monatlich 250 Thaler Traktament und jährlich 6 Schrägen Holz empfing. 
Die »spezielle Direktion** führte unter ihm ein Stabsoffizier, welcher 
100 Thaler und 3 Schrägen Holz erhielt. 

Die Führung der häuslichen Wirtschaft ward, entsprechend der fär 
das gesamte Heer getroffenen Einrichtung, welcher zufolge jene von den 
Kompagniechefs auf die Geheime Kriegskasse überging, einem «Muster- 
Inspekteur der Infanterie** übertragen; unter diesem führte ein Bau- 
sehreiber die Rechnungen. Zur Bestreitung der Wirtschaft war etwa 
der nämliche Betrag wie früher ausgeworfen, nämlich 200 Thaler 



r- 



I Schuster und Franke, a. a. 0. IL 230. 



62 Geschichte i]«e MiliUr-Erriehaogs- und Bildoiigsi 

tnonatlicb; die Moufierungsgeliler aber waren erheblich bei 
sie betrugen nur iiocb ^2'^ Tlalcr 1 GroBclien monaUicb, iii 
war die frühere. Die „bürgcrlicben UnieroffiKiero*. <ler Fut 
der Kapilän d'Arroea, mit 20 bezw. 10 Tbalcr Monatslraktamen 
beibehaltoii. 

Ziiiu Zweck der disziplinarischen Leitung und ökoiiomisd 
siebt beslAnd eine durch Cbrislinni eingefühile Eintfilong 
Brigadcu, deren Leitung je ein aus der Armee abkommandi«! 
aUernoffiKier führte, welcher monatlich 20 Thaler ZuInge nmt 
4 Klaftern Holz erhielt. Ihm standen zwei UnterofBziere als, 
oder GouvL'rneura" zur Suite, die eigentlichen Erzieher und aoji 
Lelirer der Kadollcn, deren militärische Unterweisung allerdisg 
Freislnnden statlünden und in praktischi-n Übungen, im Ei 
UbungBmärscben pp. bestehen eollle, aber dieselben doch in d 
setzen mufste den Wachtdienst im Hause r.u versehen. Die Goi 
wohnten „in der Linie der Kadeltenstuben" und erhielte 
Kleidung, Wohnung, Holz und Licht monatlich 13 Thaler. 
fügung dieser Klasse von Leute» in den Organismus des E.-K. 
als ein wenig glücklicher Qriff des Neabildners des Heeres nm 
Ijeiters der Anstalt, des Gen. v. GersdorfT; daTs er geschah uqi 
einer wesentlichen Mitwirkung bei der Erziehung der Kadettei 
lichkeiteu berufen wurden, deren Bildungsgrad, Ömgangsfoi 
Uenkungsart ganz andere waren nie die des Standes, in wel 
Zöglinge eintreten sollten, mufs um so mehr auffallen, a 
Dresdeuer Anstalt auf vornehme Gosinnuug und Feinbett der 
allen Zeiten grofser Wert gelegt worden ist. 

Der Unterricht, beliufs dessen die Zöglinge in vier Diviffl 
geteilt waren, welche den gesamten Vortragsstoff in vi( 
15 Monat« berechneten Lehrgängen zu erledigen hatten, 
sieb auf die deutsche und die lateinische Sprache, welche let 
zum erstenmale in der Reibe derjenigen Wissenschaften ersehe 
Kenntnis gefordert wurde, Moral, Geschichte, Geographie o 
recht, wofür drei Lehrer (früher vier), jeder mit einem ib 
Gehalte von 66 Thaler 16 Groschen angestellt waren; auf H 
und Kriegswissenschaften, worin wie früher vier Lehrer, der 
einem Monatsgebalte von 66 Thaler 16 Groschen, die anderen 
solchen von 50 Thaler unterrichteteu ; in der französisch«! 
welche von 2 Lehrern mit je 40 und 2 mit je 25 Thaler Ho 
gelehrt wurde. Aufserdem waren 1 Schreibmeister mit 30, 




1. Das Kadetten-Korps 63 



meisier mit je 25, 2 Fechtmeister mit 40 bezw. 30 und 1 Vorfechter 
mit 15 Thaler {iDgestellt. 

Neben den Lehrstunden faudeu für die oberen Klassen öflTentliche 
und Privatnbungen in schriftlichen Aufsätzen den Dienst betreffend, in 
Abfassung und Becitation kurzer, deutscher und französischer Reden 
über Stoffe, welche der Kommandant gab, und in der militärischen 
Gymnastik statt; in letzterer unterwiesen die älteren Kadetten die 
jängeren. 

Tanzen, Fechten, vierzehntägig auf dem grofsen Saale stattfindende 
gymnastische und andere Übungen gehörten in den regelmäfsigen Lehr- 
plan. Aufserdem sollten die Kadetten aber auch „unentgeltlich oder 
gegen ein mäfsiges Douceur" im Beiten, ferner die sechs ältesten im 
Hauen, alle aber im Schwimmen, Schlittschuhlaufen und Rudern unter- 
wiesen, sowie durch Übungsmärsche und militärische Exerzitien be- 
schäftigt werden. Für freiere körperliche Übungen war ein Spielplatz 
auf den niedergelegten Wällen angewiesen, dort fanden für die Er- 
wachsenen auch Übungen im Pistolenschiefsen statt. 

Mittag- und Abendessen (die „Kost") wurden gemeinsam mit 
einem Ofßzier, einem Lehrer und zwei Aufsehern an einer grofsen 
Tafel in einem Saale des Hauses eingenommen. Es gab mittags 
Suppe, Gemüse, Brod, „soviel sie verlangen*', und Fleisch oder Braten, 
überdies Butter und ein Glas Bier; abends Gemüse, Ragout oder Obst; 
zum Frühstück und zum Halb-Abendbrod (Vesper), wenn dieses ge- 
fordert ward, Butterbrod. 

Zur Erholung dienten aui'ser dem Spielen auf dem Übungsplatze 
im Freien, an dessen Stelle im Winter ein Zimmer fSr die gesellige 
Unterhaltung trat, Spaziergänge unter Aufsicht, Sonn- und Feiertags- 
besuche in Familien und ürlaubsreisen in den Ferien; für letztere 
blieben Christiauis Anordnungen in Kraft. 

Die Krankenpflege besorgten ein Oberchirurgus mit monatlich 
33 Thaler Traktament und 7 Thaler 8 Groschen Medizingeld, welchen 
2 Krankenwärter mit je 5 Thaler Gehalt unterstützten. Für die 
Kranken waren besondere Zimmer und Küche eingerichtet. Fürsorge 
für die Gesundheit sollte durch Reinlichkeit, Diät, körperliche Übungen 
und das Baden an einem abgesteckten Platze in der Elbe getragen 
werden. 

Die sittliche Bildung ward, aufser durch „Ermunterungsmittel' 
(Besuchen des Schauspiels, Urlaub, Befreiung von der Beaufsichtigung 
der Wirtschaftsführung), durch Ehrenzeichen und Strafen gefördert 



64 Geschichte des Militär-ErziehungB- und Bildungswesens in Sachsen 



Jene bestanden, als 3. Grad der Auszeichnung, in zwei silbernen Litzen 
am Kragen, als 2. in einer silbernen Degenquaste, als 1. in einem 
Ebrendegen; letzteren erhielt der, den beim Verlassen des Hauses die 
allgemeine Stimme für den Würdigsten erklärte. Aufserdem erhielt 
der sich Auszeichnende im Bedarfsfalle eine aufserordentliche königliche 
Unterstützung durch monatliche Zuschüsse oder zur Ausrüstung beim 
Verlassen der Anstalt. Die Zahlungen wurden aus einer Summe Fon 
83 Thaler 8 Groschen bestritten, welche allmonatlich für dergleichen 
Zwecke und für die Bibliothek der Anstalt verfügbar waren. 

Die Strafen bestanden im Ausschliefsen von der Beurlaubung und 
ähnlichen Vergünstigungen, in Arrest (auch bei Wasser und Brod) und 
in der Verabschiedung, welche nur mit Allerhöchster Genehmigung ein- 
treten durfte. 

Halbjährlich wurde einem jeden Kadett auf Grund der Censuren 
und der Prüfungen sein Platz angewiesen; am Ende eines jeden der 
vier Abschnitte des gesamten Lehrganges, also immer nach 15 Monaten, 
ward über die Versetzung entschieden. 

Der Austritt geschah auf Grund des Bestehens einer öfientlich ab- 
zulegenden Prüfung, in welcher verlangt wurde: richtiges Sprechen und 
Schreiben des Deutschen, Übersicht der wichtigsten Abschnitte der Welt- 
und der neueren Geschichte im Zusammenhange, ein geographisch ge- 
übter Blick in die Lage der Länder, Flüsse, Städte und allgemeine 
Staatenverhältnisse, fertiges Bechnen, völliges Innehaben der Elemente 
der reinen Mathematik, Besitz der nötigsten Begrifie von Taktik und 
Befestigungswissenschaft mit Hinsicht auf Terrainkenntnis und Geschütz- 
wissenschaft, Übung in der Situationszeichnung, im Aufoehmen und in 
Militärstil, Übersetzen, leidliches Sprechen und Schreiben des Franzö- 
sischen. Kenntnis des Lateinischen ward nur bei den Versetzungs- 
prüfungen gefordert, beim Austrittseiamen nicht mehr verlangt. 

Nach dem Ausfalle wurden die Vorzüglichsten, wenn Sous- 
Lieutenantsstellen frei waren, in Vorschlag gebracht, um mit den beiden 
bei einem jeden Begimente befindlichen Fahnenjunkern, den zum Militär- 
dienste geeigneten königlichen Pagen und den Zöglingen der Ingenieor- 
und der Artillerie - Akademie zu konkurrieren. In dem Abschiede, 
welchen der Kadett beim Verlassen der Akademie erhielt, hatte der 
Kommandant sich über sein Betragen und seine Kenntnisse aus- 
zusprechen. 



1. Das Eadetten-Eorps g5 



Einen weiteren Einblick in die Verbältnisse giebt der am 1. Sep- 
tember 1811 in Kraft getretene Lehrplan, welcher der Druckschrift 
«Gegenwärtige Verfassung pp.'' beigegeben ist. Wir lassen denselben» 
obgleich er einzelne Wiederholungen bringt, im Auszuge folgen. 

Im Sommer ward um 5, im Winter um 6 Uhr aufgestanden. Die 
Zeit bis 7 Vi war der Bearbeitung der Aufgaben gewidmet; an den 
Tagen des moralisch-historisch-stilistischen Lehrfaches galt sie der Vor- 
bereitung für den französischen Unterricht, in der ersten Viertelstunde 
ward laut gelesen. Um VU Uhr war Vormittagsstunden «Parade, von 
8 bis 12 Unterricht, dann ward gespeist und um VU zur Nachmittags- 
stunden-Parade angetreten. Der Unterricht dauerte alsdann von 2 bis 
5 Uhr; in diese Zeit fielen die körperlichen Übungen. Um 5 Uhr fiand 
ein gemeinsames Gebet statt, dann war bis zum Abendessen (im Sommer 
um 7, im Winter um 6 Uhr) in der.Begel frei, meist wurde unter 
Au&icht eines Gouverneurs oder eines Lehrers spazierengegangen, ein- 
mal wöchentlich unterwiesen die älteren Kadetten in der Gymnastik. 
Von 7Vs bis 8Vs Uhr war Arbeitsstunde behufs Vorbereitung auf den 
Unterricht des nächsten Tages, im Lehrplane als „mathematische 
Bepetition und Lektäre** bezw. „französische Bepetition und Lektflre^ 
bezeichnet. Um 9 Uhr war erlaubt zu Bett zu gehen; wer noch zu 
arbeiten hatte, durfte bis um 10 aufbleiben, dann fiberzeugte der den 
diensthabenden Kadetten nachvisitierende Gouverneur sich, dafs alle 
Lichter ausgelöscht seien. Die 6 ältesten Zöglinge hatten zweimal 
wöchentlich vor B^nn der Lehrstunden Beitubung, sowie Unterricht 
in Stallabwartung, Zäumung pp. ; Musikunterricht durfte mittags zwischen 
1 und 2 oder nachmittags zwischen 5 und 6 Uhr genommen werden. 
Im Sommer wurde wöchentlich einmal mit dem Gewehre exerziert; ge- 
legentlich der Stundenparaden wurden Auf- und Abmärsche gefibt; 
zwei Kadetten hatten die tägliche Parole bei der Vormittagsparade den 
anwesenden Offizieren in französischer und in deutscher Sprache „nebst 
der Erklärung** zu fiberbringen. Sonntags vormittags war Kirchen- 
parade; wurde der Witterung wegen der Gottesdienst nicht besucht, 
so war von 9 bis 11 Arbeitsstunde, abends gingen vier Kadetten „nach 
Hof**. Urlaub zum Besuche von Verwandten pp. wurde Sonntags und 
Mittwochs gegeben; die Neueingetreteuen und solche, welche „mehr Auf- 
sicht brauchen**, mufsten, schon wenn sie ihr Zimmer verlassen wollten, 
besondere Erlaubnis haben. 

Der Stundenplan des moralisch -historisch -stilistischen LehrfiEudies 
umfafste: 

Otfchiehte dM lliUtlr-Eixiebiiiiga- and BUdoofswaMiii in BacIiMn 5 



Geschichte des Hilitür-Enriehungs nad BildaugewecetiE in SwImi 



Pur die 1. Division: FranzSaisch 5, ÄperfU de rbistoire modtm 
Völker- nnd Staatengescbicbte 2, ueuere Geschichte 1, Moral- 1 
Naturrecht 1, Logik 1, Lehre vom Stil 1, stilistische Übaogt 
Winter 2, Latein 2, geographische Relation über berühmte Feldifige 
Kalligraphie l, Tanzen 1, Fechten (nur Sommer) 1 Wochenstnud»; 

fflr die 2. Division: Französisch 5, Völker- und Staatengesoüi 
2, Moral' und Naturrecht. 1, deutsche Grammatik 1, deotscher 
Btilietücbe Übungen 1, Geographie (atatislisch) 2, Oec^rapbie and Kid 
zeichnen 1, Lateinisch 2, Kalligraphie 1, Fechten 1, Tanzen 1 Woot 
stunde; 

für die 3. Division; Französisch 5, Moral und Geschichte t, Wi 
gescbichto 1, historische Aufgaben 1, Deutsch 1, Übungen im deolsci 
Stil 1, Lateinisch 2, aursereuropäische Geographie 3, KalUgnphit. 
Schreiben mit der linken Hand 1, Tanzen 1 WochenstuDÜe: 

&ii die 4. Division : Französisch 5, Moral und Geachicbti 
deutsche Sprachlehre 1 , Orthographie 1 , stilistische Aufgaben (a 
Aufsicht eines Gouverneurs) 1, Lesen nnd Schreiben 1, Geographie 
Europa 2, Lektüre, europäische Geographie und Kartenzeicbnen, Kdl 
graphie je 1, Fechten und Voltigieren 1, Tanzen 1 Wochenstnode. 

Aufserdem für alle Klassen gemeinsam 1 Stunde ReligiM 
Unterricht. 

Das mathematisch-militärische Lehrfach begriff: 

Für die ]. Division: Terrainkunde, angewandte Taktik, FestiD| 
baukunat und Belagerungskrieg 3, Geschütz Wissenschaft und MeclBii| 

2, Arlillerie und Mechanik 1, stiliatiache Aufgaben 1, militärische Ä»! 
arbeitungen 1 {nur im Winter), Cours des mathömatiques 1, Hi 
zeichnen im Winter 3, im Sommer l, Militär- und Situationaiei 

3, Tanzen 2, Fechten und Voltigieren (für je 3 Kadetten im Sott 
statt dessen Rudern), 1 Wochenstunde und im Sommer, 
mit der 2. Division, einen Nachmittag Aufnehmen; 

für die 2. Division: Einleitung in die niedere Taktik, 
befestigunga- und Terrainkunde, militärische Situationszeichnnngen i 
Theorie des Aufnehmens, sowie matbematischer Kursus je 3 
zeichnen im Sommer 1, im Winter 2, Aufgaben im Zeichnen 1 
täriache Ausarbeitungen (nur im Winter) 3, historische Ausarbeiti 
Kalligraphie, Tanzen, Fechten je 1 Wochenatunde ; 

für die 3. Division: Kuraus der Mathematik, Arithmetik, G» 
metrie und Trigonometrie 6 und Repetition darin im Sommer 1, in 
Winter 2, stilistische Aufgaben 2, hiatoriache Aufgaben 1, Sitoat' 




laÜM 



1. Das Kadetten-Korps g7 



zeichoen 3, Handzeichnen im Sommer 2, im Winter 1, Tanzen 2, 
Fechten 1 Wochenstunde; 

fär die 4. Division: Elementarrechnen and niedere Arithmetik 5, 
Qedankenrechnen, lateinische Grammatik, historische Aufgaben, Militär- 
Terminologie, Konstruktion geometrischer Figuren je 1, Elementar- und 
Situationszeichnen 3, Handzeichnen und Kalligraphie je 2, Tanzen 
1 Wochenstunde. 

Jedem der beiden Lehrfächer gehörten drei von den sechs Wochen- 
tagen, zwischen je zwei Unterrichtsstunden lag eine Pause von fOnf 
Hioaten. 

Aufserdem hatte eine jede Klasse auch an den mathematisch- 
militärischen Schultagen täglich eine Stunde Unterricht im Französischen, 
80 dafs diesem Fache mit elf wöchentlichen Unterrichtsstunden die bei 
weitem gröfste Wichtigkeit beigelegt wurde; die Muttersprache kam 
schlecht weg, auch Geschichte und Geographie wurden vernachlässigt; 
die körperliche Ausbildung stand im Hintergrunde, doch wurden die 
beiden oberen Divisionen wöchentlich 6, die 3. 2, die unteren 4 Stunden 
im Exerzieren unterwiesen. 



Die Verhältnisse der Ritterakademie, wie sie auf Grund der Ordre 
vom 9. August 1811 sich gestaltet hatten, erfuhren kleine Änderungen 
durch ein „ Reglement für das Königl. Sachs, adeliche 
Kadetten- Korps** S unterzeichnet „ Ritterakademie zu Neustadt bei 
Dresden, den 1. Juli 1812** von «Christian Wilh. Freih. von Ende, 
Generalmajor** pp. Es stellt an die Vorbildung der Neueintretenden 
etwas höhere Forderungen, indem es verlangt, „dafs der Aufzunehmende 
wenigstens mechanisch richtig lese, leidlich orthographisch schreibe, 
die vier Spezies rechne und lateinisch — womöglich auch französisch 
— lese, deklinire und conjngire**, sowie, dafs er konfirmiert sei; der 
Eintritt sollte in der Regel nur mit dem Beginne eines neuen 
Kursus erfolgen, die Austrittsprüfungen in Gegenwart des Divisions- 
generals oder von Männern, denen der Generalstab dazu Auftrag 
erteilen würde, abgehalten werden. Im übrigen enthält das 
Beglement nur Regeln fax das sittliche und dienstliche Verhalten der 
Kadetten. 



* Dresden 1812, gedruckt bei Carl Gottlob Gärtner (Bbltbk. der KgL 

Sachs. [12.] Artillerie-Bngade). 

5* 



68 GeBchichte des Militär-Erziehongs- und Bildangswesens in Sachsen 

Durch die kriegerischen Ereignisse, deren Schauplatz im 
Jahre 1813 Dresden und das sächsische Land waren, erlitt die Wirk- 
samkeit der Ritterakademie erhebliche Störungen, so z. B. dadurch, 
dafs die zum Dienste tauglichen Kadetten bei der Besetzung vod 
Torgau verwendet wurden, aber keine vollständige Unterbrechung; det 
Thätigkeit ihres Kommandanten, des GM. Frhrn. v. Ende und dei 
Fürsorge des Geheimen Finanzrat Frhrn. Erich v. Manteuffel hattf 
sie ihren Fortbestand vornehmlich zu danken. Als Ende im Dezembe:] 
der herrschenden Ansteckungskrankheit erlegen war, trat GM. v. Vietl 
und Golsenau an seine Stelle. 

1814— 1820 

Bereits im März 1814 erfuhr die Einrichtung der Bitterakademie 
eine neue tiefgehende Umgestaltung. Die Mafsregel wurde durch den 
an sich sehr gerechtfertigten Wunsch, im Staatshaushalte ErsparungeD 
eintreten zu lassen, herbeigeführt; der, welcher sie befahl, war der 
Generalgouverneur Fürst Bepnin; ein Busse schaltete im deutschen 
Lande. 

Den äufseren Anlafs gab die Auflösung einer Schöpfung Augusts II, 
der .Silber -Pagen*', welche, 16 an der Zahl, im Hause No. 8 der 
Töpfergasse untergebracht waren und einen Unterricht genossen, welcher 
sie sowohl für den Offizierstand wie für andere ihrem Herkommen ent- 
sprechende bürgerliche Berufiszweige vorbereiten sollte.^ Ein Bericht 
d. d. 12. Juni 1815 (Haupt -Staats -Archiv 1072, conv. 1), welchen 
Ob. -Lt. V. Tettau an den später noch zu erwähnenden Gen. -Lt. 
V. Zeschau erstattete, nennt unter den Zielen ihres Unterrichtes auch 
die Vorbereitung zum Besuche der Universität. 

Die jährliche Unterhaltung der Silberpagen hatte nach diesem 
Berichte 14223 Thaler 10 Groschen, also für den Kopf rund 888 Thaler. 
die des K.-K. 30006 Thaler 12 Groschen, mithin für den Kopf rund 
375 Thaler gekostet: nach dem Voranschlage sollte das letztere ir 
Zukunft 35 118 Thaler 12 Groschen, also für den Kopf rund 216 Thalei 
kosten, dabei war auf 120 Freistellen gerechnet, deren aber nur 80 ge- 
schaffen wurden. 

* Näheres über die Verhältnisse dieser Pagen in Erüahrung zu bringen, 
ist dem Verfasser nicht gelungen. Die Namen der in den Staatskalendern 
bei den Pagen als Lehrer aufgeführten Personen lassen nicht erkennen ob 
die ersteren in den Militärwissenschaften unterrichtet sind. 



1. Das EadettenEorps 69 

Nach den für die Neugestaltang mafsgebenden Bestimmungen sollte 
die Anstalt, welche sowohl K.-E. wie Ritterakademie genannt wurde 
und deren Zöglinge sämtlich Kadetten hiefsen, für die höheren 
Stellangen im Staatsdienste, sowohl dem militärischen wie dem bfirger- 
licben, jedoch nnter wesentlicher Bevorzugung der Vorbereitung fSr den 
Beraf des Offiziers, ausbilden. Die Aufnahme ward, zum erstenmale, 
sieht auf den Adel beschränkt, doch sollte dieser allein Anwartschaft 
tof die Freistellen haben; Bflrgerliche konnten als „ Volontärs* entweder 
in „Koststellen** des Hauses eintreten oder lediglich zur Teilnahme am 
Unterrichte zugelassen werden. Man beabsichtigte dadurch den Wett- 
eifer zu spornen und dem Kastengeiste entgegenzuwirken. 

Die ganze Neuordnung ging aus Beratungen des zum ünter- 
kommandanten der Bitterakademie ernannten Ob. -Lt. v. Tettan, des 
Prof. Hasse und des Studiendirektors der Pagen, Hofrat Böttiger, 
hervor. Sie schlugen vor: 

Der in dem bisher gegoltenhabenden Alter von 13 Jahren Neu- 
aufgenommene tritt in die unterste der drei «Vorbereitungsklassen', in 
welchen im Deutschen, Lateinischen und Französischen, in den Anfangs- 
gründen von Moral, Geographie, Geschichte und Naturgeschichte, den 
Vorbegriffen der Mathematik, namentlich der Geometrie, im Rechnen 
und Zeichnen unterrichtet wird. Wer dieselben durchgemacht hat, tritt 
in die untere der beiden .Entscheidungsklasseü*, deren Hauptziel die 
Vorbereitung für den Offiziersberuf ist; neben demselben soll freilich 
der allgemeine Zweck humanistischer Bildung durch den Unterricht in 
Sprachen und geeigneten Wissenschaften nicht auTser Acht gelassen 
werden; das Vorwiegen jenes Hauptzieles ist aber so erheblich, daTs 
diejenigen Zöglinge, welche nicht Soldaten werden wollen, sich die für 
einen anderen Beruf erforderlichen Sonderkenntnisse durch Unterricht 
erwerben mtissen, welchen sie auf eigene Kosten nehmen; von der Teil- 
nahme an den Vorträgen über Kriegswissenschaften sind sie befreit. 
Ans der oberen Entscbeidungsklasse erfolgt der Eintritt in die Infanterie 
und Kavallerie als Souslieutenant oder der Übergang in die Artillerie- 
nnddie Ingenieur- Akademie oder das Ergreifen eines bürgerlichen Berufes; 
die meistbeAhigten Schüler aber werden in einer «Selekta*^ mittelst 
lingaistisch- humanistischen Unterrichtes für das .Universitätsstudium 
wntergebildet. Militärwissenschaften werden in der Selekta nicht ge- 
trieben; es wird jedoch im Aufnehmen mit Instrumenten und nach 
dem Augenmafse unterwiesen und das landwirtschaftliche Vermessen 
geübt. 



70 Geschichte des Militär-Erziehangs- und Bildungswesens in Sachsen 

Die Vorschläge gelangten zur Annahme. Ein gedruckt vorliegender 
.Stundenplan' vom 1. Mai 1815 giebt nachstehende nähere 
Aasknnft: 

Der Unterricht (vormittags im Sommer zwischen 7 und 11, im 
Winter zwischen 8 und 12, nachmittags zwischen 2 und 4 Uhr) er- 
streckte sich auf: 

In der unteren Vorbereitungsklasse: Lateinisch 6, Franzosisch 8 
Deutsch 4, Moral, Geschichte, Geographie je 1, Bechnen 5, Schreiber 
4, Zeichnen (Hand- und Situationszeichnen) 4 Wochenstunden; 

in der mittleren Vorbereitungsklasse : Lateinisch 6, Franzosisch 8 
Deutsch 4, Moral und Geschichte je 1, Geographie 2, Bechnen 4, 
Schreiben 4, Zeichnen (wie oben) 3 Wochenstunden; 

in der oberen Vorbereitungsklasse: Lateinisch 6, Franzosisch 8, 
Deutsch 2, Moral und Geschichte je 1, Geographie 2, Proportions- 
rechnung 6, Kopfrechnen 2, Schreiben 2, Zeichnen (wie oben) 4 Wochen- 
stunden; 

in der unteren Entscheidungsklasse: Lateinisch 6, Franzosisch 8, 
Deutsch 2, Moral 1, Geschichte und Geographie je 2, Arithmetik 7, 
Konstruktion geometrischer Figuren 1, Situationszeichnen 3, Hand- 
zeichnen 1 Wochenstunde; 

in der oberen Entscheidungsklasse: Lateinisch 6, Französisch 8, 
Deutsch 2, Moral 1, Geschichte 2, mathematische Geographie 2, Geo- 
metrie 6, Taktik und Lehre vom Dienst 2, Fortifikation und Mappierungs- 
kunst je 2, Militärstil und militärisches Zeichnen je 1, Situatious- 
zeichnen 2, Handzeichnen 1 Wochenstunde; 

in der Selekta: Lateinisch 10, Franzosisch 6, Encyklopädie 6, Ge- 
schichte 2, Geometrie 2, Wiederholung der Algebra, dann Trigono- 
metrie 2, Anleitung zum Stil und rhetorische Übung je 1, klassische 
Litteratur im Sommer und an Stelle derselben Altertumskunde im 
Winter 1 Wochenstunde. 

Die Vorbereitungs- und Entscheidungsklassen wurden gewohnlich 
«Divisionen* genannt, die unterste hiefs die 5., die oberste die 1. 

Aus den Anmerkungen zum Lehrplane ergiebt sich, dafs der 
Aufenthalt in der Selekta auf zwei Jahre berechnet war; der Lehrgang 
der Encyklopädie wird ausdrücklich als ein zweijähriger bezeichnet. 
Während desselben sollte Prof. Heusinger, ein Lehrer in betreff dessen 
bemerkt werden mag, dafs er sich im Juni 1815 gegen die Erteilung 
lateinischen Unterrichtes aussprach, nach seinen Tabellen ein Netz der 
Wissenschaft und eine Übersicht über die philosophischen Disziplinen 



1. Das Kadetten-Eorps 71 



geben, Prof. Förster die Theorie der schönen Wissensohaften, BSttiger 
imVorsaale des Antikenkabinets die Encyklop&die derEonst, Fischer 
eine Übersicht der mathematischen Wissenschaften, besonders der an- 
gewandten Mathematik, Hensinger femer die geographischen Dis- 
liplinen, Natar Wissenschaft and Technologie, Hasse die historischen 
and politischen Disziplinen vortragen. Eine Wiederholung des ency- 
Uopidischen Enrsns lag dem Prof. Hasse ebenfalls ob. Die politische 
Geographie ward im Anschlösse an die mathematische Geographie und 
die Ifappienngsknnst gelehrt. 

Wer von der Teilnahme an den Vorträgen über die Kriegs- 
Wissenschaften befreit war, mufste täglich eine Stunde lateinischen und 
zwei Stunden griechischen Unterricht nehmen. 

Erziehung und Unterricht hatten Hand in Hand zu gehen, die 
Erzieher sollten thunlichst zugleich Lehrer sein und es sollten daher 
drei der früheren Gouverneurstellen mit Persönlichkeiten besetzt werden, 
weldie far beides geeignet wären; sie standen als .Unterlehrer' in den 
nämlichen Dienstverhältnissen wie die Gouverneure und hatten nament- 
lich auch den Privatfleifs der Schüler zu überwachen. Es wurde damals 
der Versuch gemacht, die Teilnahme der Unteroffiziere an der Erziehung 
wieder zu beseitigen, derselbe glückte aber nicht, die Disziplin litt in 
solchem Grade, dafs man schon im Jahre 1820 zu dem früheren Ver- 
fithren zurückkehrte. Die älteren und besseren Zöglinge nahmen an 
der Beaufsichtigung und Überwachung ihrer Kameraden teil: die Aus- 
gezeichneten untersuchten die Ordnung der Hefte, welche die Zöglinge 
als Stundenhefte zum Eintragen der Hauptpunkte der Vorträge, als 
Übangshefte für Vorbereitung, Übersetzung und Ausarbeitung zu halten 
hatten; die Ältesten der Divisionen fahrten Stundenjournale, in welche 
der in einer jeden Unterrichtsstunde abgehandelte Vortragsgegenstand 
kurz eingetragen wurde, und monatliche Censurtabellen für jedes Lehr- 
M, in denen der Lehrer sich über Fleifs, Fortschritte und Betragen 
eines jeden Schülers aussprach; diese Tabellen verblieben in den 
Klassen. Auch befand sich in jeder der letzteren ein Strafbuch, in 
welches die Lehrer ihre Beschwerden eintrugen; der Kommandant be- 
merkte, was daraufhin verfügt war. 

Die Lehrbücher fär die Hauptvortragsgegenstände waren Heinsius* 
deutsche, BrSders lateinische, D^bonales franzosische Sprachlehre, Pölitz' 
Geschichte und Heusingers Geographie; im Französischen wurden 
Florian, Voltaire pp., im Lateinischen Phädrus, Eutrop, Florus, Ovid, 
Cäsar pp. gelesen, in der Selekta schwierigere Schriftsteller. Der 



72 Geschichte des Militär-Erziehongs- und Bildungswesens in Sachsen 

mathematisch-iDilitäriBohe Vortrag fa&te auf Leonhardis Lehrbncbe und 
auf eigenen Heften der Lehrer. 

Die Leibesübungen wie die militärischen Exerzitien traten immer 
mehr in den Hintergrund. Die Verpflegung der Zöglinge und die Be- 
soldungsverhältnisse der Lehrer blieben ungeändert. Dagegen erhielten 
die Kadetten eine von der früheren verschiedene Uniform. An Stelle dir 
roten, welche sie seit Errichtung der Kompagnie getragen und bei- 
behalten hatten, als durch Verordnung vom 23. Juli 1734 die gesamte 
Infanterie weifse Monturen erhielt, trat eine blaue Uniform mit 
rotem Kragen, dazu blaue Westen, weifse Beinkleider und Stiefeletten, 
die oberen Divisionen hatten silberne Achselsöhnüre, die Uniform der 
1. war aufserdem durch 8 silberne Brandebourgs (breite Litzen auf der 
Brust) verziert, beide fahrten den Degen; die Vorbereitungsklassen 
sowie Ungeübte und solche, welche sich vernachlässigten, trugen blane 
Fracks mit roten Kragen. 

Eine zur Feier des fanfzigjährigen Begierungsjubiläums König 
Friedrich Augusts am 15. September 1818 erschienene Festschrift^ 
fahrt sämtliche Kadetten seit dem Jahre 1763 namentlich auf; ihre 
Zahl beträgt 1268; wie viele in das Heer getreten sind ist nicht er- 
sichtlich, es sind nur das Jahr der Aufnahme und des Austrittes 
angegeben. Kommandant war damals der schon 1815 an des 
abgegangenen Vieth Stelle getretene GM. OotUieb Christian 
V. Tettenborn. 

1820— 1822 

Ein weit anschaulicheres und vollständigeres Bild von den Ein- 
richtungen und Verhältnissen des Dresdener Kadettenhauses, als die fiber 
die bisher der Betrachtung unterzogenen Zeiträume vorhandenen Nach- 
richten gaben, steht fOr die Neuordnung zu Gebote, welcher König 
Friedrich August im Jahre 1820 die Anstalt unterzog. Das zu 
diesem Zwecke am 3. März jenes Jahres erlassene 

Verfassungs- und Verwaltungs-Begulativ för das 
KSnigl. Sachs. Adeliche Cadetten-Corps^, 
an dessen Herstellung der Kriegsminister v. Zeschau, ein Zögling der 
Militärakademie des Grafen Wilhelm von Schaumburg-Lippe und Freund 

* y^Dem Vater des Vaterlandes" pp., Folio, Dresden, bei Carl Gottlob 
Gärtner, ein schwülstiges Gedicht und ein Namen sverzeichnifs enthaltend. 
' Im Besitze des K.-K. «u Dresden. — Nicht gedruckt. 



1. Das Kadetten-Korps 73 



icharnhorsts,^ hervorragenden Anteil hatte, bestätigte in allen wesent- 
chen Stücken die geltenden Vorschriften. Da es dieselben in amt- 
icher Form bringt, während die für den vorangegangenen Zeitraum 
oaTsgebenden Bestimmungen nur als ein Ergebnis der Dnrchsicbt der 
ufbewahrten Akten mitgeteilt werden konnten, ist es hier im Auszüge 
fiedei^egeben. 

Das Begulativ bestimmte, dafs die Anstalt, obgleich sie schon seit 
1814 nicht lediglich für den ' militärischen Beruf, sondern auch fQr 
andere akademische Lehranstalten und für das üniversitätsstudium vor- 
bereite, also eine «Ritterakademie** sei, die Benennung „Adeliches 
Cadetten-Corps* beizubehalten habe und dafs die Zöglinge auch femer 
iCadetten*' genannt werden sollten. 

Die Zahl der letzteren ward auf 80 festgesetzt, welche sämtlich 
dem inländischen Adel angehören mufsten und Freistellen hatten; da- 
neben konnten 40 junge Leute als „Volontärs^ oder als „Extraner* 
angenommen werden, von denen die ersteren im Hause wohnten, die 
letzteren nur am Unterrichte teibahmen, welche aber sämtlich die 
Eadettenuniform trugen; f3r jene war ein adeliger Name Bedingung 
1er Zulassung, diese durften bfirgerlichen Familien angehören. 

Unmittelbar unter dem Könige als Chef, welchem „auf dem 
gehörigen Wege**, d. h. in Kommandosachen durch den General- 
idjntanten, in Verwaltungsangelegenheiten durch den Kriegsminister, 
orzutragen war, stand an der Spitze der Anstalt ein General als Kom- 
aandant^; unter ihm handhabte ein erster Stabsoffizier die Polizei und 
berwachte den wissenschaftlichen Unterricht, während einem zweiten 
ie Fürsorge für die körperliche Ausbildung überhaupt und die mili- 
Irische insbesondere anvertraut war. Alle drei wohnten im Anstalts- 

' Heinrich Wilhelm von Zeschau, geh. am 22. Augnst 1760 zn Grarenchen bei 
.uckan, ein Pathkind der Gemahlin des Grafen, kehrte nach Auflösung der 
chule auf dem Wilhelmsteine in seine Heimat zurück, trat 1778 in die Säch- 
ische Inüanterie, hefehligte 1813 eine Division, hegleitete den König als 
lessen General- Adjutant in die Gefangenschaft, ward nach der Rückkehr 
Staatssekretär der Militär-Eommando-Angelegenheiten, trat 1830 in den Buhe- 
sUad und starh zu Dresden am 14. November 1832 (vgl. Erinnerungen an 
H. W. V. 2^8Chau pp., Dresden 1866, Ramming'sche Buchdruckerei). 

' Bechte und Pflichten desselben sind Gregenstand einer königlichen 

IJnstraction für den Commandanten des Adelichen Cadetten-Corps^ , d. d. 
Dresden, 12. März 1820 (urschriftlich im Besitze des K.-K.). Die Instruktion 
jiederholt und erläutert die Festsetzungen des Begulativs. 



74 Greschichte des Militär-Erziehongs- und Bildungswesens in Sachsen 

gebäude und erhielten neben freier Wohnung alljährlich bezw. 6, 4, 3 
Schrägen Vi elliges weiches Holz. 

Der Eintritt erfolgte vom 13. Lebensjahre an auf Grund einer 
Prüfung, in welcher „die nötigen Vorkenntnisse^' im Deutschen, Latei- 
nischen, Französischen und im Bechnen nachgewiesen werden mussten. 
Ober die Aufnahme entschied zunächst die Fähigkeit, dann die Hilfe- 
bedürftigkeit. Die Angehörigen von Ausländem mussten auf deren 
Anstellung als Offiziere in der sächsischen Armee durch einen Beyers 
ausdrücklicB verzichten. Wer zum Eintritte in eine Freistelle noch nicht 
reif war, „aber nicht zurückgewiesen werden konnte^, durfte zunächst 
als Volontär oder Extraner zugelassen werden. Die Aufnahme erfolgte 
der Regel nach nur beim Kursuswechsel. Der Vorschlag zu derselben 
wie auch zum Austritte unterlag der Allerhöchsten Entscheidung. 

Das Eintrittsgeld ward auf 16 Thaler festgesetzt und zu An- 
schaffungen für den Zögling verwendet, daneben hatte dieser für eine 
erste Ausrüstung mit Wäsche, Lehrmitteln pp. zu sorgen. 

Die Vorschriften über die Geldverpflegung der Kadetten, die ihnen 
zu gewährenden Zuschüsse, die Kost, die Zahlungen der Volontärs and 
Extraner blieben unverändert. Von den Vorgesetzten pp. erhielten: der 
Kommandant 3000, der 1. Stabsofüzier 1500, der 2. und der Studien- ' 
direkter, letzterer neben 4 Schrägen Holz, je 1200, der Professor für . 
Moral und Geschichte 1000, je einer fSr Deutsch und Geographie 800, 
der fax den Unterricht in der Selekta, im Griechischen und Lateinischen 
600, 5 Lehrer der Mathematik und der Kriegswissenschaften bezw. 700, 
600, 600, 500, 400, 3 französische Sprachmeister bezw. 480, 396, 
240, 2 Hilfslehrer fSr das Französische je 150, der Schreibmeister 360, 
2 Tanzmeister je 300, 2 Fechtmeister bezw. 480 und 360, 1 Vor- 
fechter 100, 6 Unterlehrer und Gouverneure je 240 Thaler jährlich. 
Von den Subaltemofflzieren , welche ebenfalls im Hause wohnten und 
je 3 Schrägen Holz erhielten, erhielten der eine monatlich 42, die beiden 
anderen je 20 Thaler Zulage. Für einen Auditeur und SekretarioB 
warf der Etat 200, für den Arzt 400 Thaler aus, letzterer, welcher 
stets ein chirurgischer Lehrer der medizinisch-chirurgischen Akademie 
sein sollte, empfing daneben für einen jeden der 80 Kadetten ein mo- 
natliches Medizingeld von 27» Groschen. Das Montierungsgeld flr 
einen Kadett, den Fourier, den Kapitän d'armes und drei Gonvemean 
betrug je 16 Thaler jährlich. Im ganzen erforderten Gehälter, Medizin« 
und Montierungsgeld, Lehrmittel und Wirtschaftsbedürfnisse nach dem 
Etat vom 19. November 1819 jährlich 31064 Thaler. 



\ 



1. Das Kadetten-Korps 75 

Dem ünterüchte lagen zwei Lehrpläne zu Grande, ein allgemeiner 
1 ein besonderer. Jener rnnfafste den f3r alle Stände nötigen ünter- 
bt in Sprachen, Wissenschaften und Übungen « verbunden mit dem 
Beligion und Moral, dieser den militärisch -mathematischen Sffent- 
ben und den für gewisse Klassen oder Zöglinge ausschliefslich he- 
mmten Beligions-9 Sprach- und wissenschaftlichen Unterricht nebst 
1 praktischen Übungen. 

Demgemäfs erstreckte sich der Unterricht in den drei unteren Di- 
ionen, welcher für alle Zöglinge der nämliche war, auf die deutsche, 
einische und französische Sprache, die christliche Sittenlehre, Arith- 
ük und Geometrie,, die Anfangsgründe von Geographie und Geschichte, 
chnen. Schreiben, die gymnastischen und die militärischen Übungen, 
rselbe hatte die Zöglinge, aufser für den Übergang in die 2. Division 
E.-E., für den Eintritt in die Königliche Berg- oder Forstakademie 
!r, wenn sie studieren wollten, für den höheren Sprachunterricht auf 
er Landesschule vorzubereiten. Gegenstände des Unterrichtes in den 
den oberen Divisionen waren hauptsächlich die eigentlichen Militär- 
senschaften nebst zugehörigen Übungen (Gebrauch der Waffen, tak- 
;he Übungen, Zielschiefsen pp.), wobei jedoch die Mathematik, 
Deutlich Trigonometrie und angewandte Mathematik, Sprachen, Geo- 
phie, Geschichte, Hand- und Planzeichnen, Aufnehmen, Gymnastik 
mzen, Fechten, Hauen, Voltigieren, Schwimmen, Budern, Schlittschuh- 
fen) weiter getrieben und anfserdem Moral und in der obersten 
ftsse Physik gelehrt wurden. 

Wer studieren wollte, erhielt neben dem allgemeinen Unterrichte 
Lateinischen (6 bis 8 Wochenstnnden) unentgeltlich noch besonderen in 
ser wie in der griechischen Sprache und nahm am militärischen 
terrichte nicht teil. In der Selekta ward «teils wissenschaftlicher, 
Is Gymnasial-Sprachunterricht im Lesen alter Autoren und im Latei- 
chschreiben erteilt, auch die encyklopädische Vorbereitung auf die 
iFersitätsstudien damit verbunden*. 

Besonderer Unterricht ward ferner erteilt der Selekta und der 1. 
rision in der Physik, den Zöglingen, welche Geschick und Neigung 
(ten, im Pianoforte-, Violin- und Flötespielen und den für den Ein- 
t in die 5. Division noch nicht reifen Volontärs und Extranern, 
che, weil die Familien für ihre Erziehung und Unterweisung nicht 
;en konnten, als solche zugelassen waren, in den Elementarsohul- 
itnissen. Letzteres geschah durch Hilfslehrer in einer 6. lateinischen 
7. französischen Elomentarklasse oder in Subdivisionen oder iu 



76 Oeschichte des Militär-ErziehungB- und BildungsweBens in Sachsen 

PriTatstnndeD. Besonderen Beligionsanterricht erhielten Nichtkonfirmierte, 
sowie solche Zöglinge, welche in dieser Beziehung vernachlässigt waren, 
dorch einen Lehrer der Anstalt. Den allgemeinen Beligionsonterridit 
erteilten Geistliche. 

Der gesammte vorstehend anfgefthrte Unterricht, den musikalischeB 
eingeschlossen, nebst den erforderlichen Lehrbächem pp. war fQr die 
eigentlichen Kadetten unentgeltlich. Volontäre und Extraner bezahlten 
dafar ein jährliches Fixum von 25 und ausserdem in der 6., 5., 4. 
Klasse 24, in der 3. und 2. 60, in der 1. 72, in der Selekta 96 Thal«. 
Diese Gelder flössen in eine HilMehrerkasse, aus welcher die Hil6^ 
besonders die Musik- und Zeichenlehrer, physikalische und andere 
Unterrichtsbedfirfhisse, die Prämien für die Schüler pp. bezahlt wurden. 
Der Kommandant war befugt, diese Schulgelder herabzusetzen bezw. wat 
erlassen. 

Als Hilfsmittel des Unterrichtes waren eine Bibliothek und Karten- 
Sammlung, physikalische Instrumente, Modelle pp., eine Mineralien- nnd 
eine Münzsammlung vorhanden. 

Sämtliche Zöglinge waren in 3 Brigaden geteilt. Jede stand unter 
einem Subalternofßzier, welcher von den Gouverneuren und den .Aue- 
gezeichneten* als .Etagen-', „Stuben-*^ und ^ Stundenälteste ^ unt6^ 
stützt ward. Die Brigade war der Bahmen, innerhalb dessen die 
militärisch-praktische Ausbildung zunächst erfolgte. Sie bestand im 
Exerzieren ohne und mit dem Gewehre, Übungsmärschen pp. Dieee 
Subalternoffiziere wurden zunächst den vielen überzähligen pp. Offi- 
zieren entnommen, später sollten sie von den Begimentem abkomman- 
diert und mit besonderer Bücksicht auf ihre Befähigung gewählt werd^ 
womöglich solche , welche im K.-K. erzogen waren. Die mit der Auf- 
sicht über die Kadetten zunächst betrauten Gouverneure waren wiedemm 
Unteroffiziere. 

Im Juni und im Dezember waren Ferien, während deren fQr die 
Zurückbleibenden Wiederholungskurse stattfänden, die Beurlaubten durdi 
Aufgaben beschäftigt wurden. 

Um den Unterricht nach dem Standpunkte der Zöglinge gleich- 
massig einrichten und methodisch fortführen zu können, fond eine vier- 
fache Einteilung nach den Lehrftchern statt, nämlich: 

a) eine für sich bestehende Einteilung in fünf deutsche oder 
stylistisch-geschichtliche Hauptklassen, in Verbindung mit 

b) einer solchen in 5 mathematische und in die beiden oberen 
militärischen Klassen, 



1. Das Kadetten-Korps 77 

c) eine für sich bestehende Einteilung in sechs lateinische und 

d) eine solche in sechs französische Klassen. 

Fär die Versetzung in den Hauptklassen a) und b) dienten die 
Fortschritte im Deutschen und in der Mathematik als Hauptanhalt; es 
ward aber beim Aufrücken aus der 5. in die 4. und aus der 3. in 
die 2. auch die allgemeine Bildung, soweit dieselbe nach Betragen, 
AHer und Beife des Zöglings sich beurteilen liess, berücksichtigt. 

Hit Backsicht auf das aus dieser Anordnung sich ergebende Ver- 
Utttois, dal» die Klassen für jeden der genannten Lehrgegenstände 
inderB zusammengesetzt waren, fand der Unterricht in allen denjenigen 
liohern, welche für sämtliche Divisionen oder für mehrere derselben 
gemeinsam waren, zur nämlichen Zeit statt; beispielsweise begann das 
T^^ewerk regeUnäfsig mit einer französischen Stunde, welcher eine latei- 
nische folgte. 

Die Beetimmungen über die körperlichen Übungen, über die Ver- 
pflegung der Zöglinge, welche letztere ein mit einer monatlichen Be- 
goldung von 6 Thaler im Verpflegungsetat stehender nBottmeister** zu 
besorgen hatte, sowie über die Krankenpflege, für welche ein Kranken- 
wärter angestellt war, blieben unverändert. Die Bedienung besorgten 
B „Stabenheizer^. 

Aach in betreff der sittlichen Bildung blieben die im Jahre 1814 

angestellten Grundsätze und Anordnungen mafsgebend. Die Zöglinge 

waren nach Betragen und Fleifs in drei Klassen, 1. die der »Aus- 

gezeichneten*', 2. die der nOeübten*", 3. die der «Ungeübten oder sich 

Temachl&Isigenden* eingeteilt; der ersteren konnten nur Zöglinge der 

1. Division und der Selekta angehören. Diese Klassen waren durch 

ihre Uniform onterschieden: die 3. hatte blaue Fracks oder Böcke 

liebet gleichfarbigen Westen, lange Beinkleider und runde Hüte 

ohne militärische Auszeichnung; die 2. zerfiel in vier Abteilungen, von 

denen die 4. oder unterste einen blauen, rot vorgestofsenen Bock mit 

lotem Kragen und silbernen Achselschnüren, blaue kurze Weste und 

weilse Beinkleider trug, die 3. dazu auf dem Kragen eine, die 2. zwei 

Nbmale, die 1. zwei breite Litzen hatte. Die 1. Klasse hatte acht 

dbeme Litzen über der Brust und auTserdem, je nach der Abteilung 

teicher der Einzelne angehörte, eine oder zwei breite Litzen auf dem 

tragen oder, in der 1. Abteilung, neben letzteren Hut-Kordons. Die 

S. Klasse that, wenn die Kompagnie in Beih und Glied stand, den 

QieDst der Unteroffiziere. Von der 2. Klasse an trugen die Zöglinge 

len Degen. 



78 Geschichte des Militär- Erziehungs* and Bildungswesens in Sachsen 

Eine fernere Auszeichnung bestand in der Heranziehung zum Dienst 
als Page, sowie im Zutritte bei Hofe, welcher, wenn Sonntags ,Hof. 
spiel* war, einigen Kadetten gestattet wurde. Bei besonderen Festlich- 
keiten nahm die Kompagnie als eximiertes Korps in den Paradesälen 
Aufstellung. 

Die fit die Beförderung zum Offizier verlangten Kenntnisse waren 
die 1811 geforderten; nur im Französischen musste mehr geleistet 
werden, nämlich .nicht nur übersetzen, sondern auch sprechen und 
schreiben^; der Zusatz «leidlich^ war fortgelassen. Fernere Bedingojig 
für die Bef5rderung war die Zugehörigkeit zu den Ausgezeichneten; 
waren zwei gleichberechtigt, so entschied der Zeitpunkt der Ernennung 
zu dieser Würde. 

Gleichzeitig ward befohlen, dafs bei Besetzung von Offizierstellen 
der Infanterie das K.-K. zwei, die Militärakademie ein Avancement 
haben solle, und zwar in der ganzen Waffe, nicht in den einzelnen 
Begimentern. Wegen Mangels an Mitteln zur Beschaffung der Offiziers» 
ausrüstung sollte niemand ohne weiteres von der Beförderung aus- 
geschlossen, sondern zunächst beim König angefragt werden. Auf die 
Verhältnisse der Militärakademie werden wir später kommen. In betreff 
der Kavallerie ward angeordnet, dass bei Entstehen einer Vakanz d» 
K.-K. und die Akademie gefragt werden sollten, ob sich dort ^oin ver- 
mögendes und hinlänglich qualifiziertes Subjekt^ vorfinde; zwischen 
diesem und dem als Kadett oder Estandartjunker dienenden ältesten 
Offizieranwärter entschied dann die Zeit der Aufnahme in die Anstalt 
oder in das Begiment. Der Austritt behufs Überganges zur Berg- oder 
zur Forstakademie oder zur Universität beruhte auf dem Urteile der] 
Studiendirektion, doch stand derselbe jeglichem Zöglinge jederzeit firei,^ 
der Abschied enthielt ein Zeugnis über Fleifs und sittliches Verhalten. 
Charakterisierung als Offizier fir solche, welche nicht in den sächsischen 
Militärdienst traten, sollte nicht mehr erteilt werden. 

Die gesamte Verwaltung der Anstalt stand unter einer aus einem 
der Stabsoffiziere, noch einem Offizier und dem Auditeur zusammen- 
gesetzten Wirtschafts-Kommission, welcher der Fourier beigegeben war« 
Über den Dienstbetrieb derselben enthält das Begulativ eingehende 
Vorschriften. 

1822—1881 

Als in den Jahren 1821 und 1822 die sächsischen HeereseinridH 
tungen auf Qrund der vom Deutschen Bunde erlassenen Vorschriflet 



1. Das Kadetten-Korps 79 



eine Umgestaltung erlitten, ward auch die Organisation des K.-K. in 
mehrfacher Beziehung Änderungen unterzogen. Dieselben sind in einem 
Yerfassnngs- und Yerwaltungs-Begulativ für das 
ESnigl. Sachs. Adeliche Gadetten-Gorps^ 
enthalten, welches Eonig Friedrich August am 17. März 1822 zu 
Pfllnitz unterzeichnete, waren aber bereits am ersten Tage jenes Jahres 
und teilweise noch firflher in Kraft getreten. 

Bei dieser Neuordnung der Heeresverhältnisse bildete der sehr gerecht- 
fatigte Wunsch, Ersparungen eintreten zu lassen, wiederum den leitenden 
Gesichtspunkt. Er war bein^ E.-K. um so leichter zu verwirklichen, 
ab die Verminderung der Truppenstärke gleichzeitig eine Standesheräb« 
getzong bei demselben veranlafste. Im übrigen erfuhren die Verhältnisse 
i der Anstalt keine wesentliche Veränderungen; sie blieb eine Bitter- 
ihdemie mit der Mheren Verschwommenheit der Ziele. An ihre Spitze 
trat, ab Ersatz fillr Tettenborn, am 16. September 1822 der OL. und 
OeD.-Adj. V. Gersdorff.' 

' Nicht im Drucke erschienen. Urschrift im Besitze des K.-K. — * Da- 
f^n enthalten die „Militärischen Blätter", herausgegeben von F. W. y. Mau- 
TÜlon, 2. Band, Essen 1825, eine ausführliche auf das Kegulativ gestützte 
Sehüdemng der Anstalt. 

* Karl Friedrich Wilhelm von Gersdorff, geboren 16. Februar 1765, im 
Jahre 1808 vom Major zum Generalmajor befördert, dessen Werk die nach 
; fianiöslBchem Muster erfolgte Umgestaltung des sächsischen Heerwesens vom 
Jshre 1810 war und welcher auch bei der nach Beendigung der Befreiungs- 
kriege vorgenommenen Beorganisation eine hervorragende Rolle gespielt hat, 
ein eifiriger Förderer der napoleonischen Ziele, ein groCser Franzosenfreund 
ond einer der gläubigsten Verehrer des Kaisers in sächsischen Landen. £a 
ist viel&ch behauptet worden, dafe er das K.-K. zu hoher Blüte gefördert 
liabe. Was die weltmännische Erziehung der jungen Leute und ihre Ge- 
iK^ung an gewandte Umgangsformen betrififl, so inSt diese Behauptung zu» 
sieht aber in Beziehung auf den Zweck der Anstalt. Denn die wissenschaft- 
^ liehen Leistungen der Zöglinge waren gering, sie standen denen der Artillerie- 
[ Khüler bei weitem nach und in ihren militärischen Beruf brachten die 
Kadetten eine Geringschätzung ihrer künftigen täglichen Dienstgeschäfte mit, 
welche in Grersdorffs Verachtung der „Korporals Wissenschaft" wurzelte. Der 
Ton aber, welcher im K.-K. herrschte, verbunden mit dem Beize, welchen der 
Aaibnthalt in Dresden ausübte, und die Leichtigkeit auch als Ausländer, zu- 
omI, wenn man bemittelt war, trotz des Reverses im sächsischen Heere 
angestellt zu werden, führte der Anstalt eine Menge von Zöglingen zu, nicht 
fBnde zur Freude der Inländer, welche ihr eigenes Literesse dadurch geschädigt 
ttbeiL — Vgl. Zeitgenossen, 3. Reihe, 5. Band, Leipzig 1836; Neuer Nekrolog 
kr Deatachen für 1829. 



80 Geecbicbte des Militttr-Eniebungs- und BUduagsweseDB in SidiMD 

Die Zahl der Stabsoffiziere wurde auf einen beschrSnkt, wdt 
besonders bei der soldaÜBchen Ausbildung und bei der VerwaltDiu U 
sein sollte; den drei Subalternen l^en die disziplinare Leitung nnd 
Unterneisnog im Exerzieren ob; einer von ihnen hatte abwechsehid 
Tagesdienst zu Tersehen, einer war ständig der Wirtscbaftskommäs 
zugeteilt und dagegen von dem aulserhalb der Anstalt wahrznuelimeii 
Dienste befreit. Als Gouverneure wurden nur solche Uuteroffiiiere i 
wendet, welche in der Armee mit Auszeichnung gedient hatten. Es wv 
verlangt, dafs sie Bildung besäTsen und unverheiratet seien, da sie 
Hans in der Begal nnr verlassen durften, wenn sie selbst nicht 
Dienst« nnd die Kadetten in den Lehrstnnden waren; swei von ik 
hatten den Tagesdienst; ihr Bang war zwischen dem des Offiiiera i 
dem des Feldwebels. Es erscheint anter ihnen in dieser Zeit aber anek 
Sons-Lientenant, welcher früher Kanzlist gewesen war. 

Bei dieser Gelegenheit schieden der Ob. v. Tettan, welelw 
Unter-Eommandant die erste StabsofQziersstellfl innefiehabt und ti 
greisen nnd guten Binflufs geübt hatte, und der Prof. Böitiger, dn 
Stelle als Stadiendirektor einging, von der Anstalt. 

Die Zahl der Freistellen ward anf 60 heral^esetit, daneben dnfl 
30 Volontärs in das Hans aufgenommen werden, welche Kost und Ui 
form selbst bezahlten und anfserdem monatlich 8 sowie ein jftbrlid 
Fixum von 50 Thalern entrichteten; eine Uniform mit BeinUtidei 
Weste nnd Hut ward ihnen gegen Entriohtnng von jährlich 16 Tbtli 
geliefert. Unbemittelten YolontärB konnte der König diese Zahloa 
ganz oder teilweise erlassen. Die Volontftra hatten einen Asgpnuli t 
Anstellung als Offiziere, wie er den eigentlichen Kadetten nutand, ud 
Beide Klassen mussten dem inländischen Adel angeboren; ArnUd 
durften unter ihre Zahl, dos nämliche Herkommen foransgcäetzi, d 
auf Befehl des Königs aufgenommen werden, erwarben aber einen Ai 
spmch anf Beförderung zu Ot^zieren überhaupt nicht. An Stelle 4 
Volontärs konnten znweilea Söhne aus bürgerlichen Familien der pH 
deten Klassen als Extraner, ohne in der Anstalt zu wohnea und oi| 
Uniform zu tragen, am Unterrichte teilnehmen. Die Zahl der SctJl 
sollte aber 90 nicht Übersteigen. j 

An etatsmäTsigen Lehrern waren vorhanden: 3 ProEgaaNDa 
historischen Wissenschaften bezw. für Moral uud Gäguhiobte, Dei^ 
nnd Geographie, 1 für Lateinisch und Griechisch, 4 Lehrer d«r mtlM 
maÜBchen nnd militärischen Wissenschaften, 4 des FiantCefacb iiL, J ' 
Kalligraphie, 2 Tanz- und 3 Fechtmeiatec atixt 1 Vn 




1. uas Kadetten-Korps 



81 



im onterrichtete 1 Lehrer im LateiaiBCbeD, 1 im Handzeidmen, 1 in 
ir Mmik, 1 im Schwimmen, Rudern und Schlittachuhlaufen. Der 
Dterschied zwischen beiden Arten Ton Lehrern bestand nnr darin, daea 
stere auf dem Etat der Anstalt standen, letztere ihre Besoldung aas 
» Kasse der LehrbÜfsmittel empfingen, in welche die Beiträge der 
okntärs und Extraaer fiossen. Der Stand des übrigen Personals blieb 
iferftndert, nur ward die Zahl der Aofw&rter ron 8 auf 7 vermindert. 

Die Qeh&lter wurden groraenteils herabgesetzt, so das des Kom- 
udanteo Ton 3000 auf 2000 Thaler; der Stabsoffizier erhielt 1200, 
B 3 Professoren je 800, der Lehrer der Selekta 460, von den Militftr- 
krem empfingen einer 700, drei je 600, von den Oonvemearen die 
ei ältesten 840, die jfingereu je 144 Thaler. Insgeeamt erforderte 
» Anstatt «inen J^iresanfwand von 26439 Tbaler, wozu an Torüber- 
benden Ausgaben behnfö ErgUnzong herabgesetzter Besoldungen auf 
re frfihere HShe 2956 Thaler traten. — Dazu kamen zuweilen anfBer' 
denüiche Ausgaben, so bebhl der KSnig am IS. Oktober 1823, daTs 
IT Torafiglichen Kadetten zu akademischen Studien auf drei Jahre 
lirlich je 100 Thaler gegeben werden sollten, nnd im nämlichen Jahre 
Uelt ein frfiherer Silberpage, welcher zu schwach war, um Soldat zu 
irden, die gleiche Unterstützung zum Zwecke des Besuches der Aka- 
mie der Kfinste zu Dresden. 

Ffir den Eintritt warde verlangt, dafs der Aufzunehmende das 13. 
ibeuBJahr zurückgelegt habe, dafs er das Deutsche fertig lesen und 
IfeogTBphiscb wie kaUigraphisch wenigstens erträglich schreiben, die 
ir Spezies mit ganzen Zahlen rechnen nnd womöglich französisch 
MD, deklinieren und koi^ugieren könne; wenn er am Unterridite im 
tdniBohen teilnehmen wollte, so mnTste er einen leichten Schriftsteller, 
m den Eutrop oder den Anrelius Viotor, Übersetzen und ein so- 
uontee Ezercitium mit Vermeidung der Fehler gegen die bekann- 
Iten Regeln bearbeiten können. Die Prüfuiig ward in Gegenwart des 
nnmandaateu und der Offiziere durch die Professoren, einen Lehrer 



t Mathematik, einen französischoo Sj 
llee den ersten Lehrer im Lat^inisuhi 
« Eintretende Terptüd 
ncbriften pp.; wenn er du 
legto er den Soli 
tini Form«! ab. 

Das TOD 
r 28 Tbalur Ä. 



iter und betreffeni^cü 
»scheu vorgeDOinmö"- 




82 Geschichte des Militär Erziehungs und Bildungswesens in Sachsen 



gefügten gedruckten Verzeichnisse diente dasselbe, als „regelmäfsiges 
Entreegeld' im Betrage von 3 Thaler 10 Groschen, um für l Thaler 

3 Groschen ein Paar Fechthandschuh zu erhalten, mit 18 Groschen 
einen Beitrag zu den Hauklingen zu liefern und 16 Groschen dem 
Fourier, 21 Groschen dem Gapitain d'armes zu geben; femer um für 
8 Thaler 22 Groschen 8 Pfennig die erforderlichen Lehrbücher, näm« 
lieh Pölitz' Lehrbuch der Geschichte für Gymnasien, Fredaus Tabellen, 
Heinsius' deutsche Sprachlehre, Heusingers elementar-geographisches 
Lehrbuch und Atlas, die Grammaire de D^bonale, Fischers Geometria 
und desselben Verfassers Trigonometrie, Vegas Handbuch und Fischen 
Algebra zu beschaffen, wobei bemerkt wurde, dafs Schäler des Latei* 
nischen aufserdem Gierigs Chrestomathie aus Ovids Metamorphosen, 
den Curtius Bufus, Dörings Anleitung zum Übersetzen, 1. und 2. Kursus, 
Bröders kleine lateinische Grammatik und Eutropii breviarium historiae 
romanae besitzen mussten; alsdann um fOr 16 Thaler 17 Groschen 

4 Pfennig ein mathematisches Besteck^ ein Beiüshrett mit Schiene, 
einen Zeichenkarton, einen Stundenkarton nebst Oberzug, Federkasten, 
Federmesser und Schiefertafel, eine Degenkuppel, einen Hosenträger, 
2 Paar lederne Handschuhe, eine schwarzsammtene Halsbinde, ein Be- 
steck Messer und Gabel, einen Farbenkasten, eine Scheere, ein Paar 
Beingürtelschnallen , zwei Bärsten, Schreib- und Zeichenmateriil, 
einen Waschschwamm, einen Serviettengürtel zu erhalten. Überdies 
mufste der Eintretende soviel Geld mitbringen, um damit ein Paar 
dunkelblaue Tuchpantalons und einen Surtout von dunkelgraumeliertem 
Tuche, eine Tuchmütze und ein Paar Halbstiefeln bezahlen zu können. 
An Wäsche mufste er 6 Hemden, 3 Paar feine und 9 Paar gewöhn- 
liche weifse Strumpfe, 6 Taschentucher, 2 Nachtwesten, 6 zwillichna 
Servietten, 1 Paar Pantoffeln und, allerdings nur für Krankheiten^ 
2 Nachtmutzen haben. 

Der Monatsbedarf des Kadetten fär den unumgänglich nötigen 
Lebensunterhalt wurde wie früher auf 9 Thaler 12 Groschen ver« 
anschlagt; er bedurfte mithin zum Königlichen Traktamente eines elteN 
liehen Zuschusses von 3 Thaler, welcher ganz unbemittelten in der 
früher erwähnten Weise aus öffentlichen Kassen zu teil werden konnte. 

Zur Schlafstätte erhielt der Zögling einen Strohsack, eine BoMaar- 
matratze nebst desgleichen Kissen und eine Decke; es war ihm erlantt 
ein Federkopfkissen mitzubringen; allwöchentlich erhielt er ein reim 
Handtuch, allmonatlich frische Bettwäsche; jeder hatte einen Schrank 
und eine Kommode. 



1. Das Kadetten-Korps 83 



Der volle Lehrgang war jetzt auf 6 Jahre berechnet; die Schüler 
waren in 4 Divisionen geteilt; die Kurse waren daher anderthalbjährige 
statt der früheren fonfzehnmonatlichen; wer nicht studieren wollte, hatte 
täglich einschl. Tanzen nnd Fechten 6 Lehrstunden, welche von 8 bis 
11 und von 2 bis 5 Uhr erteilt wurden. Sämtliche Schüler waren für 
den historischen, mathematischen und militärischen Unterricht in vier 
Haoptklassen geteilt und zerfielen, ohne Bücksicht auf ihre Zugehörig- 
keit zu einer derselben, für den Unterricht im Franzosischen ebenfalls 
in rier Klassen; die Schüler, welche studieren wollten, bildeten je nach 
ihrer Kenntnis der alten Sprachen für den Unterricht in diesen zwei 
besondere Abteilungen, deren obere die Selekta war. Die Vorbereitungs- 
klasse fttr den Unterricht im Lateinischen sollte fortfallen, da der Ein- 
tretende die nötigen Vorkenntnisse mitbringen mufste. 

Die Verteilung des Unterrichtes auf die verfügbare Zeit blieb in 
der Weise geordnet, dafs drei Tage der Woche dem mathematisch- 
militärischen, drei dem moralisch-historisch-stylistischen Lehrfache ge- 
horten. Den Unterricht in den alten Sprachen erhielten die Selektaner 
und die übrigen an demselben teilnehmenden Kadetten während der 
Zeit, welche für die übrigen den militärischen Vorträgen gewidmet war, 
and zwar wöchentlich in 8 lateinischen und 6 griechischen Lehrstunden, 
sowie femer im Sommer von 7 bis 8, im Winter von 11 bis 12 Uhr 
Vormittags im Latemischen. Im übrigen nahmen die Selektaner am 
unterrichte der 1. Division teil; die anderen waren denjenigen Klassen 
fiberwiesen, für welche sie nach ihrem geistigen Standpunkte palsten. 

Der Stundenplan^ schrieb vor: 

Im moraliscb-historisch-stilistischen Lehrfache: 

Für Selekta und die 1. Division: Geschichte 3, Moral und Ge- 
schichte 1, Deutsch 4, Geographie 2, 

Für die 2. Division: Geschichte 2, Moral und Geschichte 1, 
Geographie und Handzeichnen je 2, 

Für die 3. Division : Geschichte 3, Deutsch 2, Moral und Deutsch 
1, Geographie 2, Kalligraphie 3, 

Für die 4. Division: Geschichte 1, Deutsch 4, Geographie 3, 
Kalligraphie 2 Wochenstunden. 

Im mathematisch-militärischen Lehrfache: 

Für die 1. Division: Festungsbaukunst und Belagerungskrieg 3, 
Taktik mit militärischen Aufsätzen 2, Mechanische Wissenschaften 3, 

' Fttr den 1. Januar 1822 im Druck erschienen. 



g4 GreBchichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Physik und Experimentalphysik je 1, im Sommer Aufnehmen ä coup 
d*oeil verbmiden mit dem Unterrichte in der Terrainbenutzung 3 and 
statt dessen im Winter 2 Wochenstunden Situationszeichnen , sowie 
1 Stunde Anfertigen von Auszügen aus militärischen Büchern. 

Für die 2. Di?ision: Waffenlehre und Feldbefestigungskunst 3, 
Taktik mit militärischen Aufsätzen, Trigonometrie und Situationszeichnen 
je 2, französische Kalligraphie 1, im Sonmier Abstecken und Au&ehmen 
mit der Mensel, verbunden mit einer Anleitung zur Terrainkenntnis 3, 
und statt dessen im Winter 1 Wochenstunde Theorie des Aufhehmens, 
während je 1 zum Fechten und zur Selbstbeschäftigung verwendet 
wurden. 

Für die 3. Division: Algebra und Geometrie 4, Tuschen geo- 
metrischer Körper 1, Situationszeichnen 3, Handzeichnen 2, französische 
Kalligraphie 1 Wochenstunde. 

Für die 4. Division: Zahlen- und Buchstabenrechnung 5, Zahlen- 
rechnung im Kopfe, Konstruktion geometrischer Figuren und Kalli- 
graphie je 1, Situationszeichnen 3, Handzeichnen 2 Wochenstunden. 

Ferner hatte jede Division täglich 1 Stunde Unterricht im Fran- 
zösischen und aufserdem hatten alle gemeinsam wöchentlich 2 Stunden 
Unterricht in der französischen Konversation und, durch einen Geist- 
lichen ihres Glaubensbekenntnisses, 1 in der Religion. Tanzstunden 
hatten wöchentlich die 1., 2. und 4. Division je 2, die 3. 3, Fecht- 
stunden die 1. und 3. 1, die 2. 2, die 3. 3, mit letzteren war Unter- 
weisung im Voltigieren verbunden. Im Sommer wurde tägtich 1 Stunde 
exerziert. Die Teilnahme am Beitunterrichte in der königlichen Beit- 
bahn ward auf 12 Kadetten ausgedehnt, welche dafür ein billiges Anf- 
sitzgeld zu entrichten hatten; seit 1831 erhielten solchen Unterricht 
18 Kadetten der 1. Division mit je 4 Wochenstunden. Von den Aus- 
zügen aus gelesenen Büchern, welche früher eine grofse Bolle gespielt 
hatten, ist nicht mehr die Bede. 

Die militärische Ausbildung wurde durch Übungen im Abstecken 
und Anlegen von Feldwerken pp. und durch den Besuch von Fabriken 
und Werkstätten, sowie der Plankammer, gefordert; mit dem Exerzieren 
waren Übungen im Zielschiefsen verbunden. Wer nicht Soldat werden 
wollte, war von seinem Eintritte in die erste Division an von der Teil- 
nahme an den militärischen Übungen befreit. 

Den Vorträgen sollten gedruckte Lehrbücher, am besten die voi 
den Lehrern selbst verfafsten, dienen; jeder der Letzteren hatte vo 
Beginn des Kursus dem Kommandanten einen Unterrichtsplan einzu 



1. Das Kadetten-Korps g5 



reichen, dessen Endziel die Schlofsprüfung war. Es hatten daher die 
einzelnen Lehrer sowohl das Übergreifen auf fremdes Gebiet zu ver- 
maden als auch dafSr zu sorgen, dafs sie sich gegenseitig ergänzten. 
Za diesem Zwecke ward noch angeordnet, dafs 

der mathematisch-militäriscbe Unterricht der 4. Klasse die Zahlen- 
Dod Bachstabenrechnnng, arithmetische Aufgaben gemischten Inhalts und 
zuletzt die einfachen Gleichungen zum Gegenstande haben; der der 3. 
die Gleichungen des 2. Grades, die Reihen und Progressionen, die Log- 
tfithmem und die Elemente der Geometrie begreifen; der der 2. die 
geradlinige Trigonometrie, mit der Erklärung der trigonometrischen 
Lioien beginnend, dann zu den Sinustafeln übergehend und mit der Be- 
rechnung aller Arten von Dreiecken abschliefsend, das Aufnehmen mit 
der Mensel, die Waffenlehre, die Feldbefestigungskunst und die Grund- 
gjLtze der Taktik behandeln; der der 1. das Aufnehmen ä coup d^oeil 
und die sogenannten mechanischen Wissenschaften, nämlich die be- 
ständige Befestigungskunst nebst dem Angriffe und der Verteidigung 
TOD Festungen lehren, sowie eine kurze systematisch geordnete Übersicht 
simtlicher Eriegswissenschaften geben solle; dafs der Unterricht im 
Sitnationszeichnen nach der Lehmann'schen Methode zu erteilen und mit 
demselben eine Unterweisung im Zeichnen taktischer Pläne und von 
ibrtifikatorischen Bissen zu verbinden sei; ferner dafs 

in der Kenntnis der lateinischen Sprache die Selektaner bis zur 
Fähigkeit den Florus, Virgilius und ähnliche Autoren zu fibersetzen und 
Sxtemporalia ohne Fehler gegen die Grammatik abzufassen, zu fordern 
seien, die Schüler der 2. Klasse den Cornelius Nepos, den Curtius pp. 
fiberaetzen und die höheren Abteilungen der Syntax betreiben 
wüten. 

Geradorff nahm später auch noch das Englische und das Italienische, 
jedoch nieht als allgemeine Lehrfächer, in den Stundenplan auf; am 
25. Mai 1826 wurde die Anstellung von zwei Lehrern mit je 
300 Thaler Gehalt angeordnet, welche geeigneten Kadetten wöchentlich 
je 1 Stande geben und zugleich bei der Militär- Akademie verwendet 
werden eoUten. Er erwies sich überhaupt als thätig und thatkräftig, 
idion 1823 entliefs er zwei Tanzlehrer, von denen der eine sein An- 
teilen nicht zu wahren verstand, der andere nichts leistete. Dagegen 
beorderte er 1825 den später als Militärschriitsteller hochangesehenen 
Kiri Eduard FSnitz («Pz.*), einen früheren Unterwachtmeister, 
weleher mit einem Monatsgehalte von 8Vs Thaler Yorfechter beim K.-K. 
war, mm Lehrer der Kriegswissenschaflen bei der Anstalt. 



86 Gesdiichte des Militär-Erziehungs- und Bildangswesens in Sachsen 

In den «Wissenschaften* fanden viertel-, in den Sprachen halb- 
jährlich, im Beisein des Kommandanten, Prüfungen statt; im mathe- 
matisch -militftrischen Fache wnrden im Laufe des anderthalbjährigen 
Kursus drei solche mündlich, die vierte schriftlich vorgenommen. Der 
Aus&ll bestimmte die Sitzordnung der Schüler. Vor Ablauf des Kursus 
traten die Lehrer zu einer Beratung über die Versetzungen zusammen, 
worauf ein jeder dem Komihandanten sein Gutachten schriftlich ein- 
reichte; nur aus ganz besonderen Gründen durfte dieser die Vorschläge 
unberücksichtigt lassen, in einem solchen Falle hatte er dem Lehrer 
die Ursache mitzuteilen. Über das Aufrücken in die 1. Division ward 
in einer unter Vorsitz des Kommandanten abzuhaltenden Konferenz ent- 
schieden, bei welcher sämtliche Offiziere und Lehrer stimmten ; in der- 
selben wurde zugleich die Bangordnung festgestellt, mit welcher der 
Eintritt in das Heer erfolgen sollte. Das Ergebnis ward der könig- 
lichen Genehmigung unterbreitet. Änderungen in dieser Bangordnong, 
welche sich später als wünschenswert herausstellten, mufsten auf Grund 
eines Konferenzbeschlusses an Allerhöchster Stelle beantragt werden. 

Die Austrittsprüfungen wurden in Gegenwart von Generaleo, 
Offizieren der Geheimen Kriegs -Kanzlei und des General-Kommando- 
Stabes, sowie der Offiziere und Lehrer des K.-K. vorgenommen. 

Am 15. Februar 1830 ward befohlen, dafs die AustrittsprüfuogeD 
aus dem K.-K. wie aus der Militär-Akademie vor einer, aus je einem 
Offizier der Geheimen Kriegs - Kanzlei, des General-Kommando-Stabes, 
der Seilerei I der Artillerie, des Ingenieurkorps und der In&nterie ge- 
bildeten Kommission abgelegt werden sollten; diese hatte den Lehrern 
die Gegenstände zu bezeichnen, über welche sie fragen und Aufgaben 
stellen sollte, weshalb ihr vorher mitgeteilt wurde, was vorgetragen 
war. Andere höhere Offiziere und Staatsbeamte, auch wohl die Väter 
der Zöglinge, konnten zu den Prüfungen eingeladen werden, da es 
wünschenswert erschien, denselben eine gröfsere Öffentlichkeit zu geben. 
Der Wortlaut des Befehles läfst erkennen, dafs bis dahin bei den 
Prüfungen oft zu weit gehende Nachsicht geübt worden war, und in No. 1 
der Allgemeinen Militär- Zeitung vom Jahre 1831 ist es offen aus- 
gesprochen. Es wird dort gesagt, duTs die Abgangsprüfungen nicht 
streng gewesen seien; «die jungen Leute traten als Portepeejunker ein« 
sie mochten gut oder schlecht bestanden haben und wurden gewöhnlich 
in 6 --8 Monaten zu Offizieren befSrdert. Diese Leichtigkeit des Auf-» 
rückens hatte wesentliche Nachteile. Sie tötete allmählich allen Wett- 
eifer und erzeugte eine Indolenz, welche sich auch hinsichtlich der 



1. Das Kadetten-Korps 87 

ernung der Dienstobliegenheiten in den Regimentern aussprach, wes- 
b von yielen Seiten Sber die ünbranchbarkeit der Zöglinge geklagt 
rde. Man beschuldigte bald die Lehrer, bald die Vorsteher; das 
andfibel lag aber in der Organisation selbst.* 

Die neae Bestimmung forderte für die Anstellung als Offizier in 
ssenschaftlicber Hinsicht: 

Militärische Kenntnisse: 

Sitoationszeichnung und Aufnehmen; Fertigkeit einen taktischen 
m und einen Bifs aus der Feldbefestigungskunst korrekt aufzutragen 
i auszuzeichnen; in der Mathematik, aufser den Anfangsgründen, vor- 
[Ijch Oeometrie und Trigonometrie, in bezug auf das Aufnehmen und 

Befestignngskunst; hinreichende Kenntnisse von der Artillerie, um 
t den Porten, der Placierung und dem zweckmäfsigen Gebrauche 

Geschütze und ihrer Wirkung, sowie mit der Konstruktion, dem 
brauche und der Wirkung des kleinen Feuergewehres aller Art be- 
mt zu sein; hinreichende Kenntnisse der Grundsätze der Feld- 
Bstigungskunst, auch das Nötige aus der beständigen Befestigungs- 
nst, vorzflglich in bezug auf die Angriffs- und Verteidigungslehre; 
nntnis der Terrain- und Rekognoszierungslehre; ein solcher Grund 
den taktischen und strategischen Wissenschaften, dafs deren Studium 
t Nutzen femer fortgesetzt werden kann; Fertigkeit im Abstecken 
er Arten von Feldschanzen. 

Historische Kenntnisse: 

Fertigkeit im mfindlichen Vortrage über die gewöhnlichen Gegen- 
nde des Lebens, im Erzählen u. dg]., sowie in der schriftlichen 
rstellung über die Gegenstände, in denen Unterricht erteilt worden 
, wobei Festigkeit in der Orthographie und Interpunktion nebst einer 
itlicben, geregelten Handschrift als unerläfslich gefordet wurden; 
Iständiger Überblick über die wichtigsten Abschnitte der Welt- 
ichichte, mithin Kenntnis der Geschichte der Griechen, Römer, 
atschen und aller gegenwärtigen Völker Europas, die neuere poli- 
;he Geschichte im Zusammenhange, vorzüglich auch die Kriegs- 
schichte und die politischen Ergebnisse derselben; Bekanntschaft mit 
r Lage aller fSr die Geschichte, die gebildete Geselligkeit, das 
itongslesen wichtigen Orte, Länder, Flüsse, Gebirge pp., insbesondere 
ch Kenntnb der statistischen Beschaffenheit des Vaterlandes und der 
iiopüscben Hauptländer, sowie der wichtigsten Kriegsschauplätze, 
estungen pp. 



gg Geschichte des Militär-Erziehangs- und Bildungswesens in Sachsen 

Franzosische Sprache: Der Austretende durfte weder im Sprechen 
noch im Schreiben gegen die Grammatik wesentlich verstofsen uad 
mufste sowohl im Sprechen wie im Schreiben der Sprache einige Ge- 
läufigkeit besitzen; auf die Aussprache wurde besonderer Wert gelegt 

Zum Zwecke des üniversitätsbesuches stellte der Lehrer der Selekta 
ein Zeugnis aus; der Besitz war ffir das Einschreiben zu Leipzig an- 
erläfslich. 

Alljährlich fand ferner eine Hauptprüfung, sowohl in den Wissen- 
schaften wie in den körperlichen Übungen, statt, zu denen der König 
in Person erschien; derselbe sandte aufserdem von Zeit zu Zeit einen 
Abgeordneten, welcher die gesamte Anstalt einer Besichtigung unter- 
warf, über die Verhältnisse derselben in einer Konferenz mit den 
Offizieren und Lehrern Beratung pflog und über das Ergebnis seines Be- 
suches an Allerhöchster Stelle Bericht erstattete. 

Die Uniform bestand in einem blauen rot vorgestofsenen Frack 
mit rotem Kn^en und zwei Beihen weifser Knöpfe, auf der linken 
Achsel war ein Dragoner von silberner, geketteter Schnur angebracht; 
dazu kurze blaue Westen und kurze weifse Paradeunterkleider nebst 
weifsen Strümpfen, Schuhe, schwarze Hüte mit silbernen Agraffen ohne 
Kordons; aufserdem hatten die Kadetten die schon erwähnte Nebeo- 
bekleidung, welche sie indessen nur in der Anstalt trugen. Die Zög- 
linge der 3. Division hatten auf jeder Kragenseite eine, die der 2. zwei, 
die der 3. drei silberne Litzen. 

Die evangelischen Kadetten gingen jährlich zweimal zum Abend- 
mahle. An den Mahlzeiten nahmen stets drei Gouverneure und ein 
Lehrer teil, ein Offizier fShrte die Aufeicht. Einheimische durften den 
Mittagstisch bei ihren Eltern haben. 

In Beziehung auf den Eintritt in das Heer ward bestimmt, dafs, 
wenn sich im K.-K. dazu reife junge Leute befänden, der Kommandant 
solches dem Könige zu melden und, wenn er eine zustimmende Ent- 
scheidung erhalten, dieselben sowohl dem Kriegsminister wie dem 
kommandierenden General vorzustellen habe. Bei der Infanterie sollte 
dann jede 1., 2. und 4. erledigte Sous- Lieutenants -Stelle ein Kadett, 
jede 3. und 5. ein Zögling der Militär -Akademie erhalten; letzterer 
sollten aber dabei diejenigen Stellen, welche sie bei der Artillerie mit 
ihren Schülern besetzen würde, angerechnet werden; die Vakanzen der 
InSemterie wurden mithin zum gröfsten Teile dem Kadettenkorps zu 
teil. Bevor aber die aus letzterem Hervorgehenden zu Offizieren er- 
nannt wurden, mufsten sie in einem Begimente als Portepeejunker den 



1. Das Kadetten-Korps 89 



Jnteroifiziersdienst erlernen. Bedärftige erhielten während dieser Zeit 
»iweilen ünterstfitzungen im Betrage von 6V31 seit 1823 von 
)Vs Thaler monatlidi und demnächst Beihfllfen znr Ansrfistung in der 
Höhe von 62Vs Thaler. 

Bei der Kavallerie gab es keine Portepeejanker. In der Art des 
Offizier-Ersatzes dieser Waffe trat eine Änderung nicht ein; die frühere 
Terordnnng ward wiederholt und es blieb beim alten. Gen. v. Gersdorff 
verrochte, bald nachdem er das Kommando übernommen hatte, Wandel 
za schaffen. Er trog vor, dafs die Beiterei ebensowohl wissenschaftlich 
gebildeter Offiziere bedürfe wie die anderen Waffen, dafs aber der 
Hangel an Mitteln manchen, der sonst sehr geeignet für sie sein würde, 
abhalte in dieselbe einzutreten. Es sei zu befürchten, dafs die Yer- 
mioderung der Truppenzahl und der geringer gewordene Glanz nicht 
wie vordem Ausländer zum Eintritte locken würde; der König möge 
daher jungen Leuten, welche Neigung und Geschick hätten und die 
Aosrfistung bezahlen könnten, einen Zuschufs geben so lange sie Sub- 
alterne sein würden. Er erzielte aber keinen Erfolg. 

Als Gersdorff am 15. September 1829 gestorben war, ersetzte 
ihn am 31. Oktober GM. v. Schreibershofen.^ 

1831—1835 

Unter dem Eindrucke der Julirevolntion und der durch dieselbe 
Teranlalsten Unruhen trat eine Kommission, deren Vorsitz Prinz 
Johann übernahm, zusammen, um die Frage der Vereinigung des 
K.-K. mit der Militär -Akademie, deren Hauptzweck die Heranbildnng 
les Offizierersatzes ffir Artillerie und Ingenieure war, welche aber auch 
m die anderen Waffen und namentlich an die Infanterie Zöglinge ab- 
j^b, zu erörtern. Man wünschte dadurch sowohl Ersparungen berbei- 
Luführen wie die Leistungen des K.-K. auf die Höhe der in der 
Akademie erzielten zu heben, kam aber zu der Überzeugung, dafs 
wegen der Verschiedenheit der Ziele eine Trennung, zumal die Kosten 
hierdurch nicht gesteigert würden, vorzuziehen sei. Es ward daher von 
einer Verschmelzung abgesehen, aber angeordnet, dafs die Akademie 

* Maximilian von Schreibershofen, am 7. August 1785 2U Neustadt an 
der Orla geboren, im Sächsischen K.-K. erzogen, trat 1803 in die Infanterie, 
nthm an den Feldzügen von 1806, 1809, 1812—15 teil, ward während und 
Dich denselben viel zu diplomatischen Gleschäfben verwandt, blieb bis zum 
B. Dezember 1850 an der Spitze des K.-K. und starb zu Dresden am 24. De- 
lember 1881 (Militär-Wochenblatt No. 88, Berlin, 29. Oktober 1879). 



90 Creschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

in Zukunft lediglich für die Artillerie und das Ingenieurkorps vor- 
bereiten, dem K.-E. die Beschaffung des Ersatzes für Infanterie and 
Beiterei verbleiben solle. Es wurden jedoch durch ein 

Regulativ über die Formierung der Institute zur 

Ausbildung der Offiziers-Subjekte und über die Beförderung 

* 

zum Offizier im allgemeinen, 
welches am 5. März 1831 zu Dresden von König Anton und dem 
Mitregenten Prinz Friedrich August vollzogen ward, zwei wichtige Be- 
stimmungen getroffen: Zu Jobannis 1831 ward die Anstalt wieder eine 
reinmilitärische und hörte auf eine lediglich dem Adel gewidmete 
Stiftung zu sein. Sie hiefs fortan einfach .Kadetten- Korps' und ge- 
währte nicht mehr die Vorbereitung für bürgerliche Berufszweige. Am 
1. August erfolgte der Eintritt der Won der Militärakademie zu fiber- 
weisenden Of&zieran Wärter fir die Infanterie; um die Anwärter anf 
Kadettenstellen nicht zu sehr zu benachteiligen, ward die Zahl der 
letzteren für 1831/32 auf 70 statt der standesmäTsigen 60 erhöht. 

Die Vorschriften über die Offiziersprüfhngen blieben in Kraft; fBr 
den Fall, dafs die vorhandenen 18 Portepeejunkerstellen fSr die Unter- 
bringung der Austretenden nicht hinreiohen wurden, sollten die nicht 
zu verwendenden bis zu ihrer Einrangierung im K.-K. fortgeführt 
werden und von diesem die Gebührnisse eines Zöglings empfangen. : 
Wenn dagegen das K.-K. nicht imstande wäre, den Bedarf zu decken, ~ 
so könnten andere geeignete junge Leute oder auch UnterofSziere, erstere 
als Portepeejnnker, letztere als Offiziere, angestellt werden. Übrigens 
sollte in Zukunft jeder, der Offizier werden wollte, sich über den Besib 
hinlänglicher Mittel, sowohl was die erste Ausrüstung als was den 
erforderlichen Zuschufs betraf, ausweisen; bei Söhnen von Offizieren 
und von Staatsdienern durfte dieser Punkt geringere Beachtung finden; 
es konnte ihnen einigermafsen durch die Mittel geholfen werden, welche 
dem Korps zur Verfügung standen. 

Die Zahl der bei der Anstalt Dienste leistenden Offiziere blieb 
unverändert; auch ihre Gehälter sollten die früheren sein; der Kom- 
mandant bezog indessen neben dem letzteren im Betn^e von 2000 
Thalem eine Stellenzulage von 500 und eine persönliche von 1000, der 
Stabsoffizier, damals Ob. v. Ehren stein, eine persöDliche von 700 Tht- 
lern; der erstere aufserdem ständig 3, der letztere als eine persönliche 
Zuwendung 1 Bation. Die Naturalempfänge an Holz sollten bei Neu- 
besetzung der Stellen, für welche sie bisher gewährt waren, fortfallen; 
die Subalternoffiziere sollten Lieutenants sein, welche beim Aufrücken 



1. Das Kadetten-Korps 91 

sa HanpÜeaten in die Trappe zurfickzutreten hätten nnd nicht wie 
bisber in ihrem Dienste einrosten konnten; ihre Oehälter von 500, 
450 nnd 450 Thalem waren die Gebflhmisse des Premier-Lieutenants 
mit einer Zulage. Es war der Fall vorgesehen, dals der eine oder der 
lodere dieser Offiziere nicht im Anstaltsgebäude wohnen wärde, indem 
ein Quartiergeld fBr einen solchen festgesetzt wurde, ein Beweis mehr 
ditBri dais die Erziehung hauptsächlich in den Händen der Oouver- 
neure lag. 

Ersparnisse, auf welche die Stände gedrungen hatten, um die, wie 
1 regierungsseitig zugestanden ward, im Verhältnisse zu dem Aufwände 
für gleichartige Anstalten in anderen Ländern, ansehnlichen Kosten zu 
Tcrmindem, sollten auch dadurch herbeigefBhrt werden, dafs die Zahl 
der Lehrer vermindert wfirde und die Verbleibenden mehr Stunden 
ilbemähmen. Eä blieben von den sechs Zivillehrem nur drei, mit Ge- 
Ultem von 1000, 800, 500 und persönlichen Zulagen von 100, 200, 
20O Thalem; der erste darunter war Prof. Förster; von den fOnf mili- 
ttrischm Lehrern vier mit 600, 600, 500, 500 Thalem und der Aus- 
seht, nach ao jähriger Lehrthätigkeit eine Zulage von 200 Thaler 
la erhalten, «indem sie nicht mehr in die Armee einrflcken können*, 
inter ihnen war Pönitz, welcher später im PostfiEushe versorgt wurde. 

Um den Pensionsfonds zu entlasten, traten die übrigen Lehrer 
(2 framSsische, 1 englischer, 1 Schreib-, 2 Tanz-, 2 Focht- und Qym- 
MStik-Lehrar) in das Verhältnis von Privatlehrera mit vierteljähriger 
Ettndignng. Es standen für diese Lehrzweige bezw. 900, 300, 360, 
600 und 780 Thaler jährlich zur Verfügung. 

Zur Behandlung der Kranken waren zwei bürgerliche Aerzte mit 
Besoldungen von 400 und 360 Thaler jährlich angestellt, von denen 
der die letxtere beziehende im Hause wohnte; die Geschäfte derselben 
sollten bei eintretendem Wechsel einem Arzte der Oarnison gegen eine 
Hflhlohnung von 100 Thalern, und ebenso sollte die Wahrnehmung des 
gerichüichoi Dienstes einem Auditeur der Garnison übertragen werden, 
mksbßi ebenfiais 100 statt früher 300 Thaler bezöge. 

An ünterpersonal waren vorhanden : 4 Gouverneure mit 240, 4 mit 
180, 2 Fouriere mit 300, bezw. 216, 1 Bottmeister mit 92, 1 Pur- 
tier mit 120, 7 Stubenheizer und 2 Krankenwärter mit je 96, ein 
GirtenanfiMlter mit 48, der Bauschreiber zu Neustadt-Dresden, welcher 
die Bachnnngen führte, mit 72 Thalem jährlich. 

Aiifaer den 60 in Freistellen befindlichen Kadetten durften 45 bis 
60 Volontärs nnd Extraner vorhanden sein, welche jährlich 146 bezw. 



92 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildangswesens in Sachsen 

121 Thaler zahlten; für Vi derselben, welche unbemittelte Landes- 
kinder sein mufsten, durften diese Beträge auf die Hälfte ermäfsigt 
werden. Für den Beitunterricht von 18 Kadetten wurden jährlich 
900 Thaler «zur Unterhaltung des Schulstalls* an die Ober-Stallamts- 
Kasse gezahlt, den Unterricht erteilte der königliche Oberbereiter. 

Die Zahl der Divisionen betrug fünf mit einjährigem Lehrgange. 

Es ward darauf gerechnet, dafs die Beiträge der Volontärs und 
Eitraner sich auf 2000 Thaler belaufen würden; diese flössen in den 
Wirtschaftsstock, für welchen aufserdem 3000 Thaler angewiesen 
wurden. 

Trotz dieser Abstriche erforderte die Anstalt einen Jahresaufwand 
von 26 025 Thaler, welcher sich zunächst durch Zahlungen an einzelne 
Personen noch um 1752 Thaler erhöhte. 



2. Die HiUtär-Bildnngs-Anstalt 

1835—1851 

Die Verhältnisse, welche das Jahr 1831 geschaffen hatte, waren 
nicht von Bestand. Der Lehrplan der verbliebenen Klassen, welcher 
im wesentlichen zunächst beibehalten wurde, erführ alsbald Änderungen, j 
Sowohl die Vortragsgegenstände wie die Zeiteinteilung wurden davon l 
betroffen, der Übereifer des Kommandanten liefs jedoch die ausgestreuten - 
Samenkorner nie zu rechter Entfaltung kommen. Im inneren Leben 
der Anstalt war er hauptsächlich bemüht, alles dasjenige zu beseitigen 
oder umzugestalten, wegen dessen man seinen Vorgänger Gersdor ff an- 
gegriffen hatte. Während dieser das Kadettenhaus nach dem Vorbilde 
des Heims einer reichen und vornehmen Familie zu gestalten bemüht 
gewesen war, wandelte Schreibershofen dasselbe in eine Kaserne um, 
deren ganzes Leben nach des Dienstes gleichgestellter Uhr geregelt 
war — schreibt ein ehemaliger Kadett in der Augsburger Allgemeinen 
Zeitung (abgedruckt in der Allgemeinen Militär -Zeitung, Dannstadt 
1851, Nr. 28—31) in einem den Unterschied der von Gersdorff und 
von Schreibershofen geübten Thätigkeit vortrefflich kennzeichnenden 
längeren Au&atze. Schreibershofen erfuhr .vielfachen Widerspruch, seine 
zahlreichen Gegner drängten auf Änderung der bestehenden Verhält- 
nisse. Das Nämliche thaten die Stände. Sie forderten von der Heeres- 
verwaltung Ersparnisse und verlangten, dafs die Offizierslaufbabn allen 



^ 



S. Die Militär-Bildungs-AnBtalt 93 

Klassen der Gesellschaft gleichmäfsig zugänglich gemacht werde; ob- 
gleich Stellvertretung erlaubt war, sollte den Mannschaften die BefSr- 
demog nicht nur nicht verwehrt werden, sondern der Staat sollte sie 
J begünstigen. Die in der zweiten Kammer gegen das E.-E. und seinen 
Leiter gerichteten Angriffe mehrten sich und wurden immer heftiger. 
Letzterer dfirfe nicht ein Mann sein, der nur Disziplin und Verwaltung 
beaoMchtige, sondern er mflsse auch die Befähigung besitzen, selbst 
Unterricht zu erteilen. Schreibershofen antwortete darauf mit einer 
Denkschrift «Einiges aus den Verhandlungen über das königliche 
Kadettenkorps in der zweiten Kammer der Abgeordneten, beleuchtet 
TOD M. V. Schreibershofen '• Gelegentlich von Verhandlungen, welche 
vier die Neugestaltung der zur Heranbildung zu Offizieren bestimmten 
Unterrichtsanstalten geführt wurden, spricht er sich in einer anderen, 
am 10. März 1835 an den Kr.-M., Gen. v. Zezschwitz» ge- 
richteten Denkschrift^ über die wissenschaftliche Minderwertigkeit 
der von ihm geleiteten Anstalt gegenüber der Artillerie-Schule sehr 
offen aus, indem er schreibt: «Ich müfste durch Eigenliebe beSemgen 
sein, wenn ich mir nicht sagen wollte, dafs bisher die Zöglinge der 
Artillerie-Schule bei ihrem vierjährigen Aufenthalte im Institute mehr 
gdemt hätten als die des K.-K. in dem nämlichen Zeiträume. Wenn 
letztere unstreitig in Gegenständen der allgemeinen Bildung — in Geo- 
graphie, Gesohichte, Sprachen, durch körperliche Übung erlangter Ge- 
wandtheit und anständiger Haltung — die anderen übertrafen, so waren 
dagegen erstere in gründlichen mathematischen und militärisch -tech- 
nisdiea Kenntnissen den Kadetten mehr fiberlegen als diese den Eleven 
in allgemeinen Bildungsgegenständen und es befand sich unter den 
in die Armee tretenden Kadetten immer eine verhältnismäfsig bedeu- 
tende Anzahl, welche in wissenschaftlicher Hinsicht grofse Lücken 
zeigte. Weder der Eifer der Lehrer, die ich oft hierauf aufmerksam 
nachte, noch veränderte, auf Erfahrung, Nachdenken und Vergleichen 
Sit anderen Schulen begründete Einrichtungen, noch vermehrte Strenge 
kaben ein ganz befriedigendes Besultat oder nur ein dem der Artillerie 
l^diendes herbeiführen können.* Schreibershofen sucht die Ursachen 
ieeer Sreoheinung in der minder guten Vorbereitung der in das K.-K. 
tratenden jungen Leute, in der gröfseren Stärke der Klassen (22 bis 
2S Sdifiler gegen 8 bis 9) und an dem Mangel an Strenge seitens der 
friifeiideii Behörde beim Austritte. 

< Arch. d. Kr.-M.: Rep. G. Loc. 26. Nr. 3. 



94 Geschichte des MilitArErziebungs- und Bildungfiwesens in Sachsen 

Das Ergebnis der YerhandlaDgeD war die am 1. August 1835 
erfolgende Vereinigmig der beiden Anstalten za einer einzigen , über 
welche ein am 15. Oktober 1836 erlassenes 

Regulativ für die Königlich Sächsische 
Milit&r-Bilduags- Anstalt^ 
Auskunft giebt. Ihre Bestimmung war .zu Erlangung von Offizier- 
Subjectea junge Leute (Kadetten und Volontäre) zum Eintritt in die 
Armee als Portepeejunker fSr die Beiterei, Artillerie und InfiEioterie 
theoretisch heranzubilden und solche fSr das Ingenieur-Korps so vor- 
j^ubereiten, dafs sie mit Erfolg in die Ingenieur-Bildnngs- Anstalt ein- 
treten können*. Mit der Anstalt sollte eine .Unteroffiziers- Abteilung' 
verbunden werden, deren Bestimmung war «Ausgehobene als Unter- 
offiziere zur Anstellung als Portepeejunker für die Beiterei und die 
Infanterie auszubilden, um späterhin gleich den Kadetten zum Offizier 
zu gelangen.' Während der ersteren Gattung von Zöglingen vier Jahre 
zur Erreichung ihres Zieles zu Gebote standen, mufsten die letzteren 
dasselbe in einem zweijährigen Lehrgange erreichen. Die Zahl der 
Kadetten betrug 75, die der Volontärs 15, die der Unteroffiziere 12. 

Bei der Anstalt be&nden sich: 1 Kommandant (Gen. v. Schreibers- 
hofen), 1 Major, 1 Hauptmann 2. Klasse, 2 Subalternoffiziere, 3 Mi* 
litär-, 2 Zivillehrer, 1 Arzt, 1 Sekretär, 6 Gouverneure, 1 Portier, 
7 Stubenheizer, 2 Krankenwärter; aufserdem in Gemäfsheit der Be* 
Stimmungen vom 5. März 1831 Sonderlehrer. Die vorgesetzte Dienst^ 
behorde war das Kriegsministerium. 

Der Kommandant verlor immer mehr die erhabene Stellung, welche . 
er im 18. Jahrhundert eingenommen hatte, wozu wesentlich beitragi 
dafs der ihm zunächst stehende Stabsoffizier zugleich der erste MilitSr- . 
lehrer war. Derselbe gehorte der Begel nach der Artillerie an, stand 
seinem Vorgesetzten als Studiendirektor zur Seite und hatte auch bei 
der Wahl der Lehrer eine Stimme; sein Bucktritt zur Truppe war aa 
bestimmte Grundsätze nicht gebunden. Zunächst war es der von der 
Artillerieschule übergetretene, im Mai 1849 gefallene Gen. Homilius, 
ein sehr kenntnisreicher und verständiger Offizier, welcher in voller 
Übereinstimmung mit seinem Vorgesetzten wirkte, aber seinen Einfiob 
auch dahin äuTserte, dafs der praktisch-artilleristischen Ausbildung der 
Zöglinge zu viel Wert beigemessen wurde. Die drei anderen Offiziere 

* Dresden 1836, gedruckt in der K. Hof bachdruckerei Ton C. C. 
Meinhold und Söhnen. 



2. Die Militär-BildungsAnstalt 95 

mden an der Spitze der Brigaden, einer verwaltete Eagleich die wirt- 
liafUichen Angelegenheiten. Ihre Meldungen gingen an den Eom- 
mdanten, von dem Inhalte derselben setzten sie aber auch den Stabs- 
izier in Kenntnis. Sie nahmen abwechselnd den Tagesdienst wahr 
d unterwiesen in allen militärischen Dienstverrichtungen. Wenn der 
mptmann in die erste, der Lieutenant in die zweite Klasse der 
laptleute einräckte, so traten sie in die Waffe, welcher sie angehörten 
d deren Uniform sie beibehalten hatten, zuräck. 

Die Stellen der Lehrer, deren Unterricht stets auf den kfinftigen 
ruf ihrer Schäler hinzielen und letzteren zugleich den Weg vor- 
ebnen sollte, auf welchem sie später durch Selbststudium ihr Wissen 
f eitern könnten, sollten so viel als möglich mit Offizieren besetzt 
rden. Sie hatten ihren Vorträgen gedruckte Leitfäden, soweit zweck« 
ilsig abgefafste vorhanden waren, zu Grunde zu legen, sodafs mög- 
hst wenig diktiert zu werden brauchte; die Kadetten hatten die Haupt- 
lanken der von den Lehrern eingeschalteten Ergänzungen zu notieren 
d in den Stunden der Selbstbeschäftigung auszufahren. Nach dem 
»rtrage eines greiseren Abschnittes fiberzeugte sich der Lehrer von 
1 Ergebnissen seines Unterrichtes, über welchen er auch in und aufser- 
Ib der Lehrstunden schriftliche Ausarbeitungen anfertigen liefs. Die 
rträge wurden, wo es sich thun liefs, durch den Anschauungs- 
terricht und durch praktische Übungen unterstützt. Gröfste Unpartei- 
likeit und sorgfältige Beobachtung zum Zwecke richtiger Beurteilung 
: Schüler in den Censuren wurden den Lehrern zur strengsten Pflicht 
nacht. 

Die Militärlehrer waren vorzugsweise Artillerie- und Ingenieur- 
iziare; dieselben machten, wie auch für die fest angestellten Zivil- 
irer vorgeschrieben wir, zunächst eine sechsmonatliche Probedienst- 
t durch und traten in der Begel zurück, wenn sie im Ingenieurkorps 
n etatsmäürigen, in der Artillerie zum Hauptmann 2. Klasse auf- 
rückt waren. Auch sie trugen ihre bisherige Uniform. — Beit- 
terricht erhielten jetzt 22 Kadetten. 

Die Gouverneure S aus den befähigtesten unverheirateten Unter- 
izieren der Armee gewählt, wurden durch den Kommandanten dem 
i^sministerium vorgeschlagen. Jedem derselben war als «Inspektion* 
e Anzahl von Kadetten zugeteilt, über deren Betragen, häuslichen 

' Insimktion fOr die Gouvemenre pp. d. d. 1. September 1841, nebst 
shtrag vom 12. April 18i4 (Geschrieben; Arch. d. K.-K.). 



96 GeBcbichte des Militär- Erzieh ungB- nnd Bildungswesens in Sachsen 



Fleifs und wirtschaftliche Verhältnisse er zn wachen hatte. Einer yod 
ihnen war dem Wirtschaftsoffizier zugeteilt; ihr Aufrücken in das höhere 
Gehalt war nicht lediglich vom Dienstalter, sondern auch von Be- 
fähigung und von Diensteifer abhängig. Sie konnten gegen Bezahlung 
zur Erteilung von Unterricht herangezogen werden. Zwei von ihnen 
hatten den Tagesdienst; der 1. nahm denselben im, der 2. aufserhalb 
des Hauses wahr. 

Die Uniform bestand in einem blauen Leibrock (Frack) mit rotem 
Kragen, weifsen Litzen und zwei Reihen weifser Knöpfe, grauen Bein- 
kleidern und dreieckigem Hute; sie blieb so bis im Jahre 1850 an 
Stelle der blauen Farbe die grfine trat, 1846 war der dreieckige Hnt 
durch einen käppiartigen Czako, das weifse Lederzeng durch schwarzes 
ersetzt. 

Der Lehrgang dauerte vier Jahre; der Eintritt geschah am 
1. Januar; es üemd aber nur alle zwei Jahre eine Neuaufiiahme statt, 
so dafs dann allemal die Hälfte der Zöglinge wechselte. Der Juli war 
Ferienmonat. Sämtliche Kadetten waren in zwei Divisionen geteilt, 
jede Division zerfiel in zwei Abteilungen. Die Neuhinzugekommenen 
bildeten die 2. Division und genossen zunächst den nämlichen Unter* 
rieht, welcher sich hauptsächlich auf Mathematik, Zeichnen und auf 
Befestigung in den Schulwissenschaften erstreckte. Nach einem Jahre 
wurden zwei Abteilungen gebildet nnd in die erste diejenigen Ka- ? 
detten pp. gesetzt, welche Fähigkeit und Fleifs zum Studium höherer c 
militärischer Wissenschaften gezeigt hatten. Beide wurden nun ver- - 
schieden unterrichtet. Für die 1., aus welcher das Ingenieurkorps nnd i 
die Artillerie ihren Ersatz erhalten sollten, begannen die Vorträge über i 
die reinmilitärischen Wissenschaften , in der 2. ward der Unterricht in j 
der bisherigen Weise fortgesetzt. Nach Schlnlf des 2. Lehrjahres warii 
aus der 2. die 1. Division und es erhielt nun auch deren 2. Abteilnn; t 
Unterricht in den reinen Militärwissenschaften, welcher sich jedoch ji 
streng auf das Bedfirfhis des Subaltemoffiziers der Beiterei und der j 
Infanterie zu beschränken hatte. Demzufolge waren m 

Gegenstände des Unterrichtes: ^ 

Ffir die 1. (Artillerie- und Ingenieur-)Abteilnng: ^ 

Mathematik: Zahlenrechnung, Geometrie, Algebra, Oebraach des | 
Mefstisches, ebene und sphärische Trigonometrie, Theorie des BichteniJ 
der Geschfitze, Hauptbegriffe der mathematischen Geographie, AnCuigs- \ 
grfinde des Infinetisimal-Kalkfils; krummlinige Geometrie, Statik 
fester Körper, Dynamik mit besonderer Bficksicht auf die Flugbahn 



2. Die MilitärBildangB-Anstalt 



97 



goworftner Körper im luftleeren Baume und im widerstoheuden 
IGttel; Anfuigsgrände der HydrostAtik; kurze Übersicht der Hydro- 
jjDtmik. 

ArtiUeriewiBsenschaft: Kenntuis des Materiellen der Artillerie im 
weitesten Sinne mit besondererfBezugnahme auf Sachsen; Lehre vom 
praktischen Schiefsen und Werfen; Lehre vom Angriff und der Ver- 
taidigang von Festungen unter ausiQhrlicher Behandlung des Batterie- 
blies; Terrainlehre. 

Taktik: Hauptsächlich die Lehre von der Bewegung und dem 
Gebrauche der Truppen, wobei eine möglichst klare Vorstellung von 
im Zusuimenwirken aller Waffen im Kriege zu geben ist. 

Kriegsgeschichte: Allgemeine Umrisse durch Beispiele erläutert, 
spesieller Vortrag einzelner Feldzfige. 

Physik and CSiemie: Allgemeiner Abrifs mit besonderer Beachtung 
te dem Ingenieur und Artilleristen unentbehrlichen Zweige. 

Geschichte: Allgemeine Weltgeschichte, speziellere der europäisdien 
Siateo mit besonderer Bezugnahme auf Deutschland, von ihrer ersten 
Qfrtattang bis auf die neueste Zeit; vaterländische Greschichte, ganz 
ipeadl. 

Oeographie: Grundzfige der physischen; allgemeine nach Natur- 
(Muen, spendiere der Staaten Europas, besonders Deutschlands, ganz 
fendl Sachsens; Statistik der deutschen Staaten, so weit sie dem 
Miiier eu wissen notwendig ist 

Deatsche Sprache: Grammatischer Unterricht verbunden mit Lehr-, 
OsUamatioBB- and Interpretationsubungen, um das Verständnis des 6e- 
IswnoB sa ftrdern; später praktische Logik und Rhetorik; zuletzt 
Üboog im fineien Vortrage; stilistische Übungen, welche durch den 
Kursus laufen und sich im Verhältnis zu den Fortschritten 
wtmg&nu 

FnniBtische Sprache: Bis zum fertigen Lesen und Schreiben; Ver- 

-fltdieB und Übersetzen eines Schriftstellers in das Deutsche und um- 

fikehrtf ohne Wörterbuch, bis zur Fähigkeit einen leichten kurzen Auf- 

Mti ohne grobe Verstöfse gegen die Grammatik fertigen und endlich, 

la können; 

Zeichnen: Situations- und Linearzeichnen, Tuschen, Auftragen von 

and Fortifikationsrissen. 
BoMnadireiben: Deutliche, gut in das Auge fallende Handschrift. 
Dimllehre: Nach dem Dienstreglement. 
Seiten, Fechten, Tanzen, Schwimmen, Kahnfitbren, Gymnastik. 

dw MUliff-Bntohaiwt- und BUdangtwMent in Sachi« 7 



I 

98 Geschichte des Militftr-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Praktische Übungen: Aufnehmen mit dem Mefstische, sp&ter nach i 
dem Angenmafse; Schätzen ?on Entfernungen; Exerzieren mit den fer- ; 
schiedenen Geschutzgattungen , in Detail und in Batterie; Übung in 
der Oeschutzrichtung, SchieTsen und Werfen; Aufetellen des Geschfities 
in bezug auf den Zweck und das Terrato; Handhabung der gewöhnlichen 
Artilleriemaschinen; Lastenbewegung; Herstellung zerbrochener Lafetten 
und Wagen ; Abstecken und Defilieren von Batterien ; Batteriebau nebst 
Verfertigen des Materials dazu; Gewehrexerzieren und Zielschiefsen mil 
Flinte und Büchse; Felddienst. 

Für die 2. Abteilungen beider Divisionen: 

Mathematik: Zahlenrechnung; Algebra, Geometrie; Gebrauch im 
Mefstisches; ebene Trigonometrie; Elementarbegriffe der krummlimgen 
Geometrie, Statik und Dynamik. 

Waffenlehre: Allgemeine Kenntnis von allen Feuerwaffen, daren .' 
Gebrauch und Wirkung mit besonderer Bficksicht auf das kleine Feuere J 
gewehr. P 

Ingenieur Wissenschaft: Feldbefestigung; Weg- und Brfickenbauldire; 
Terrainlehre; von der bestftndigen Befestigungskunst, sowie von te 
Lehre des Angriffes und der Verteidigung der Festungen', so viel ib 
der Subaltemoffizier der Infanterie bedarf. 

Physik und Chemie: Ein übersichtlicher Kursus, wie er zur VeN 
vollständigung der allgemeinen Bildung erforderlich ist. 

Zeichnen: Situations- und Linearzeichnen, Auftragen von Foriifi« ^ 
kationsrissen. 

Kalligraphie, Deutsch, Französisch, Geschichte, Geographie, Dienst* 
lehre, Militärstil, Taktik, Kriegsgeschichte, desgleichen Seiten, Fechten, 
Tanzen, Schwimmen, Kahn&hren, Gymnastik wie bei der 1. Ab» 
teilung. 

Praktische Übungen: Gewehrexerzieren; Zielschiefsen mit Flinte 
und Büchse; Felddienst; Abstecken und Defilieren von Feldschanzen, 
sowie Anfertigung der dazu erforderlichen Verkleidungen; Schätzen von 
Entfernungen; Schiefsen und Werfen mit Geschütz. 

Unterricht im Englischen und in der Naturgeschichte sollte ertdt 
werden, wenn der Wirtschaftsfond die Kosten bestreiten könnte. 

Als Kadetten in Freistellen durften nur Inländer, als Volontlto 
auch Ausländer, aber erst dann angenommen werden, wenn In» 
länder nicht vorhanden waren. Anspruch auf Anstellung im Heere 
ward nur solchen Ausländern zugestanden, welche in die Beiterei treten 
wollten. Die Aufiiahmebedingungen waren: 



2. Die Militär-Bildungs-Anstalt 9g 



Der Bewerber mufste das 15. Lebeoejahr angetreten und darfte 
m 17. höchstens 2 Monate zarfickgelegt haben; er mufste konfirmiert 
d körperlich tfichtig sein, insbesondere scharfes Gesicht und OehSr 
sitzen und geimpft sein; es war anzuzeigen, ob er das Scharlachfieber 
d die Masern gehabt habe; er mufste Zeugnisse aber sein sittliches 
ohlverhalten, mindestens während^er letzten beiden Jahre, beibringen 
d an Vorkenntnissen nachweisen: Festigkeit in der hochdeutschen 
-ammatik und Orthographie, deutliche Handschrift, Fähigkeit zur Ab- 
»oDg leichter Aufefttze, besonders im beschreibenden, erzählenden 
d Briefstil; Fertigkeit in den vier Rechnungsarten mit unbenannten 
d benannten Zahlen, gemeinen und Dezimalbrächen; einfache und zu- 
mmengesetzte Regel de tri und ihre Anwendung bei der Kettenregel, 
r Gesellschaftsrechnung und der Vermischungsregel; allgemeine Geo- 
aphie und genauere von Deutschland; alte Geschichte; An&ngsgründe 
r französischen Sprache, namentlich Übersetzen in das Deutsche; 
lige Übung im Zeichnen. Ausländer mufsten genügend Deutsch 
Doen, um den Vorträgen ohne Schwierigkeit folgen und die schrift- 
hen Arbeiten fertigen zu können. 

Die Aufzunehmenden mufsten genugende Mittel besitzen, um so- 
hl die aus dem Aufenthalte in der Anstalt erwachsenden Ausgaben 
e auch die Kosten der Ausrüstung als Portepeejunker und als Offizier 
streiten zu können; fSr die Reiterei wurde eine .laufende Zulage* 
fordert. Jeder Kadett mufste sich verbindlich machen auch nach 
unter Militärpflicht nicht ohne königliche Eriaubnis in fremde Kriegs- 
3D8te zu treten. 

Bei der Aufnahme hatten Kadetten wie Volontäre zu zahlen: 
!Vs Thaler zur Anschaffung von Buchern pp., welcher Betrag ver- 
ßhnet wurde, 61 Thaler 23 Groschen 6 Pfennig für Bekleidung 
fniformshut mit Dekoration, 2 Uniformen, grautuchener Mantel, 2 Paar 
ine Tnchpantalons, 2 grauleinwandene Fechtwesten, blaue Tuchmütze, 
Paar Halbstiefel, 2 Paar Tanzschuhe, Schlafrock, Halsbinde, 2 Paar 
indschuhe, Degenkoppel, Hosenträger, Badehose), 1 Thaler 16 Groschen 
r Servietten, Tischroesser, Löffel, Serviettenring, 17 Groschen Entrce- 
ild für den Sekretär, im ganzen 86 Thaler 23 Groschen 6 Pfennig, 
iilserdem waren mitzubringen: 6 bis 18 Bemden, 1 Paar schwarze 
ine Halbgtrflmpfe, 1 bis 2 Dutzend desgl. weifse ordinäre, 12 bis 18 
ischeiitacher, 4 bis 8 Paar Unterhosen, 1 Paar Pantoffeln oder Hausschuhe. 

Die jährlichen Unterhaltungskosten betrugen: Für den Kadett: 
Thaler Tiachgelderzulage (der Juli fiel aus), 41 Thaler für Be- 



100 Geschichte des Militär-Erziehungs- und BildnngsweBens in Sachsen 

kleiduDg, 48 Thaler Zulage (für Frfibstfick, Yesper, Brodzuschulk, 
Taschen- und Waschgeld, Schreib- und Zeichengerät, Friseur, Qewehr- 
putzen pp.), also 100, im 1. Jahre, wo, weil alles neu war, fBr Be- 
kleidung nur 24 Thaler erforderlich waren, 83 Thaler. Ffir deo 
Volontär: als Inländer 144 Thaler für Tisch, Bekleidung und Zulage, 
1 Thaler 6 Groschen Medizingeld ^ 146 Thaler an die Staatskasse für 
Unterricht und häusliche Bedfirfoisse, also jährlich 291 Thaler 6 Groschea; 
als Ausländer 171 Thaler an die Staatskasse, sonst wie der Inländer, 
also jährlich 316 Thaler 16 Groschen. 

Die Eintrittsprfifung ward im Laufe des der Aufnahme vorher- 
gehenden Dezember in Gegenwart des Kommandanten und der Oflhiere 
durch Lehrer der Anstalt abgehalten; dem mündlichen Teile durften die 
Väter (Vormfinder) beiwohnen. Über das Ergebnis entschied, unter ; 
Zuziehung der Offiziere und Lehrer, der Kommandant und berichteb j 
darüber an den Kriegsminister. Aufnahmefähige, welche wegen Stellen* l 
mangels keine Freistellen erhalten konnten, durften als Volontäre äo- I 
treten; sie hatten darauf aber nicht mehr Anspruch als die angemeldetei 
Ausländer. 



Von den Volontärgeldem flössen zunächst 1600 Thaler in ^ ^ 
Hauswirtschaftskasse; verblieb dann ein Überschufs, so durfte dieser R 



auf Vorschlag des Kommandanten durch das Kriegsministerinm zur 
Unterstützung vaterloser und unbemittelter Kadetten verwendet werden. 

Der Angenommene hatte durch Handschlag die Beobachtung der 
ihm obliegenden, in besonderen dem Regulativ angehängten .Artikdn' 
näher bezeichneten Obliegenheiten und Pflichten zu geloben; bd dem 
Entwürfe derselben, sowie bei der Feststellung der Hausordnung hatte 
der Wunsch vorgelegen sowohl genügende Beobachtung und Einwirkong 
zu üben, als auch allzugrofse Abgeschlossenheit fernzuhalten und nidit 
die nötige Selbständigkeit zu rauben. 

Acht Kadetten der 1. Division konnten vom Kommandanten n 
Gefreiten ernannt werden, von denen jeder einem der Gouverneure zu- 
geteilt war; die Verhängung angemessener, auf das EhrgefShl ein- 
wirkender oder die Freiheit beschränkender Strafen blieb, wie früher, 
dem Kommandanten anheimgestellt, ohne dais dieser durch Vorschriften 
über Art und Dauer gebunden gewesen wäre. 

Die Austrittsprüfung ward vor einer Kommission abgelegt, welche 
aus einem Stabsoffizier des Kriegsministeriums, dem Chef oder einem 
Adjutanten des Generalkommandostabes, je einem Offizier der Beitera 
und des Ingenieurkorps, je zwei der Artillerie und der InfiEmterie be- 



Z. Die Militär-Bildnngs-Anstalt 101 

tand; die Mitglieder sollten mSgliobst wenig wechseln. Vor der 
>rfifaBg gingen iet Kommission genaue Nachweise Aber die Kadetten 
n; sie wnrde zwischen dem 16. November and 12. Dezember ab- 
gehalten nnd zerfiel in eine schriftliche und eine mfindliche; bei der 
ffsteren war anf jedes LehrfiEudi ein Vor- oder Nachmittag oder auch 
mi ganzer Tag zn yerwenden ; bei letzterer kamen auf einen Vormittag 
twei LeluAcher. Die schriftlichen Angaben ^durften nicht schon firflher 
arbeitet sein und nicht lediglich das Gedftchtnis in Anspruch nehmen; 
ler betreffende Lehrer yerbesserte die Arbeiten und beurteilte sie mit 
lan Ziffern 1 (fflr die vorzfiglichste Leistung) bis 5. Bei der mfind- 
iehen Prflftmgf welcher auch der Kommandant und die Offiziere der 
Lnstalt beiwohnten, bestimmte die Kommission die Oegenstftnde. Die 
risBenschaftliche Befähigung zur BefSrderung ward als nicht nach- 
ewiesen betrachtet, wenn die H&lfte aller Gensuren (wobei Beiten, 
'echten, Tanzen und Oymnastik fOr eine gerechnet wurden) in den 
[ummem 4 und 5 bestand, eine Vorschrift, von welcher abgewichen 
erden durfte, wenn der Betreffende in einzelnen wichtigen Ffichem 
orzfigliches leistete oder wenn er bei einem ausgezeichnet guten Be- 
igen zu ier Hoffnung besonderer' dienstlich-praktischer Brauchbarkeit 
arechtigte. Dagegen sollte ein entschiedener Mangel an Fähigkeiten 
Ir den praktischen Dienst und an Entschlossenheit von der Beförderung 
aflSchlieÜBen, auch wenn die Ernennung zum Portepeejunker bereits 
rfolgt wäre. Nachdem diese Verhältnisse festgestellt waren, wurden 
iejenigen Zöglinge angefordert sich zu melden, welche sich dem Dienste 
er Ingenieure oder der Artillerie zu widmen wfinschten. Diese hatten 
um noch eine besondere Prtifung in den Ingenieur- und Artillerie- 
iasenschaften, also auch in der höheren Mathematik zu bestehen, in 
'eldier höhere Forderungen als in der allgemeinen Prtifung gestellt 
nvden; wenn die Zahl der sich Meldenden den Bedarf fiberstieg, so wurden 
ie Meistgeeigneten ausgesucht. Hierauf bestimmte die Kommission 
ie Bmhenfolge, in welcher die Geprüften zur Beförderung vorzuschlagen 
rin würden; dabei sollte, im Falle annähernd gleicher Leistungen, der 
leidigere dem durch höhere Geisteskräfte begfinstigten vorgehen. Der 
[ommandant erhielt eine Abschrift der entworfenen Anciennetätsliste, 
riehe dem Kriegsministerium zuging, und durfte abweichende An- 
ckten bei letzterem zur Sprache bringen. Der Kriegsminister, der 
«nmandierende General-Lieutenant und der Kommandant bestimmten 
UJeAIkdi im Beisein der Offiziere und der Lehrer den dem Könige 
BMcbenden Vorschlag. 



102 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Wer zam Portepeejonker nicht empfohlen werden konnte, durfte, 
wenn er sich durch Sittlichkeit und praktische Brauchbarkeit der Be- 
rficksichtigung würdig gezeigt hatte, nach einjähriger Dienstzeit im 
Heere als Gemeiner pp., ebenso lange zum Besuche der mit der Milit&r- 
Bildungsanstalt verbundenen Unteroffizier -Abteilung zugelassen werden. 
Mit dem Eintritte in die Armee begann die Dienstzeit Volontäre 
konnten auf ihr Ansuchen jederzeit, Kadetten nur nach eingeholter Ent- 
scheidung des Kriegsministeriums entlassen werden. 

Die Bibliothek hatte vorzugsweise militärische, dann aber auch 
solche Schriften anzuschaffen, welche in die Yortragsfächer einschlugen 
oder zur Kenntnis der neueren Litteratur gehörten; mathematische, 
militärische, technische und kriegsgeschichtliche Werke durfl;en auch 
an die Offiziere der Dresdener Garnison verliehen werden. 

Die ersten anderthalb Jahre, welche der Errichtung der Militär- 
Bildungsanstalt folgten, waren eine Übergangszeit; vom 1. Januar 1837 
an trat jene in ihre volle durch das Regulativ ihr vorgeschriebene 
Wirksamkeit. 



Die aus dem Drängen der Stände hervorgegangene mit der Militär- 
Bildungsanstalt verbundene 

Unteroffizier- Abteilung 
war eine Einrichtung, deren Unzweckmäfsigkeit auf der Hand lag. Es 
war klar, dafs in einer Armee, in welcher Stellvertretung gestattet war, 
zumal zu einer Zeit und in einem Lande, in welchen der Soldatenstand 
einer besonderen Volksbeliebtheit sich nicht erfreute, in Beih und Glied 
nur ganz ausnahmsweise für den Ofßzierersatz geeignete Persönlichkeiten 
vorhanden sein würden. Es kam hinzu, dafs nur die durch die Bekra- 
tierung Ausgehobenen Anspruch auf Zulassung hatten; es konnte daher 
niemand als Freiwilliger eintreten mit der Absicht durch Hilfe der 
Unteroffizierabteilung wohlfeiler zu den Epauletten zu gelangen als auf 
dem Wege durch die Bildungsanstalt; nur wenn keine berechtigte Be- 
werber sich meldeten, wurden freiwillig in den Militärdienst Getretene 
berficksichtigt; auch dann aber erhielten diejenigen den Vorzug, deren 
Mittel ihnen gestatteten in der Beiterei zu dienen, zu welcher der 
Andrang* gering zu sein pflegte und der daher auf aufsergewöhnlicbem 
Wege Ersatz zugef&hrt werden mufste. 

Der bisher bei den Begimentem erteilte wissenschaftliche Unter- 
richt hatte sich darauf beschränkt, der für die Beförderung zu Unter- 



2. Die Militär-Bildongs-Anstalt 103 

S&«ren bestimmten Mamischaft Gelegenheit zum Erwerbe der in ihrem 
inftigen ^^kongskreise unentbehrlichen Elementarkenntnisse zu geben. 
18 Dienstreglement vom Jahre 1833 enthUt darüber einige ganz all- 
imein gehaltene Bestimmungen. Lesen, Schreiben und Rechnen der 
er Speiies waren die Lehranfj^be, nur bei den Obersappeuren ging 
» etwas weiter, diese sollten auch die fOr Erdarbeiten nötigen Be- 
dmungen machen können. 

Zur Besetzung der auf zwölf festgesetzten Stellen der zu bildenden 
bteilung durften jedes In&nterie- und jedes Reiterregiment, sowie die 
albbrigade leichter Infianterie und die Artillerie einen Anwärter vor-^ 
hlagen, der Artillerist konnte jedoch nur bei der In&nterie oder bei 
ir Reiterei Offizier werden. Die Gesuche um Zulassung mnfsten in 
Inester Frist nach der Aushebung vorgetragen werden. Die Meldungen 
Orden dann durch eine, unter dem Vorsitze des kommandierenden 
meral- Lieutenants, aus einem Stabsoffizier, einem Hauptmann oder 
Utmeister und einem Lieutenant bestehende Kommission begutachtet, 
orauf die Prflfnng der fttr geeignet Erklärten durch eine andere Eom- 
ission unter dem Vorsitze des Kommandanten der Militär -Bildungs- 
istalt erfolgte. In der Prüfong mufsten folgende dem Standpunkte 
»r aus der 2. in die 1. Division flbertretenden Kadetten entsprechende 
ienntnisse nachgewiesen werden: 

Deutsche Sprache: Richtiges Sprechen und Schreiben; Fertigung 
»ratändlicher, zusammenhängender Aufeätze nach gegebenem Thema; 

Französische Sprache: Richtiges und fertiges Lesen; Übersetzen 
ichter prosaischer Schriften; 

Mathematik: Zahlenrechnung; Algebra bis zur Reduktion einfacher 
leichungen; ziemliche Sicherheit in der Geometrie, einschliefslich 
^reometrie; 

Geographie: Allgemeine Kenntnis von Europa, genauere von 
eutsohland; Grundbegriffe der mathematischen und physischen; 

Geschichte: Hauptumrisse der älteren, mutieren, neueren; genauere 
ekanntschaft mit der deutschen und der Geschichte der neuesten Zeit; 

Zeichnen: Einige Fertigkeit im geometrischen und Anfangsgründe 
m Situationszeichnen. 

Der Au&unehmende mufste für die Dauer seiner Zugehörigkeit zur 
bteilung eine Zulage von monatlich 2 Thaler, die Mittel zur Aus- 
stong als Portepeejunker und als Offizier, sowie, wenn er in die 
nterei treten wollte, einen ausreichenden Zuschnfs nachweisen. 



104 Geschiclite des Militftr-Emehungs- nnd Bikhmgawesens in Sachsen 

Über die Aufnahme wtschieden der Kriegsmiustar und der 
kommandierende General-LieuteDant gemeinsam; beim Eintritte wnrdai 
die dazu Berufenen, wenn m Grefrette waren, zu Unterofibiereo, sooet 
SU Gefreiten und nach Monatsfrist zu Unteroffizieren ernannt 

Der Unterriclit wurde, von dem der Kadetten gesondert, ii 
den Bftumen der Militftr-Bildungsanstalt, teils durch Lehrer d« 
letzteren, teils durch andere erteilt und verfolgte die führ die Kadettei 
der 2. Abteilung der 1. Division vorgeschriebenen Ziele; die Prfifiings- 
anforderungen waren ebeuMs die gleichen. Der Lehrgang war zwn- 
j ährig. Der Eintritt geschah am 1. November und schlols la 
15. August des folgenden Jahres; dann gingen die Schaler zu ihren 
Begimentem, kehrten am 6. Oktober zurfick und wurd^ am 30. Sep- 
tember des nftchsten Jahres entlassen, um im Oktober die Schlaft- 
prüfang vor der nämlichen Kommission abzulegen, welche im Laufe 
der nächsten Monate die Kadetten zu prüfen hatte. Die nicht Be- 
standenen traten als Unteroffiziere in die Armee zurfick; die Bestandeneai 
wurden zu Portepeejunkem befördert, erhielten eine Anciennetät aber 
erst, wenn das Examen der Kadetten beendet war, da dieselbe mit der 
fElr diese festzusetzenden gemeinsam bestimmt wurde. 

Während ihres Kommandos zur Anstalt waren die ünterofiSzieFe : 
in geeigneten Bäumen einer Dresdener Kaserne untergebracht und h >. 
allem der fSr diese geltenden Ordnung unterworfen. i 

1841—1851 

Die Unteroffizier- Abteilung hatte in ihrer anfänglichen 
Gestalt keinen langen Bestand. Ein neues 

Begulativ ffir die Militär -Bildungs- Anstalt 

vom 15. Oktober 1840^ 
setzte die Zahl der in sie Aufzunehmenden auf die Hälfte herab, be- 
stimmte, dafs dieselben unter Aufrechterhaltung der fSr ihre Unter- 
bringung pp. geltenden Vorschriften gemeinsam mit den Kadetten unter- 
richtet werden sollten und- beschränkte ihre Ernennung, .da die 
Ofißziersanstellung in der Beiterei mehr Kosten verursachte, als sie 
durften bestreiten können', auf die In&nterie. 

Die wesentlichste der Veränderungen, welche das neue Begulativ 
in Beziehung auf die fibrigen Zöglinge der Militär -Bildungs- 
anstalt verfllgte, war ihre Verteilung auf vier Divisionen, von denen 

* Im Druck erschienen, ohne weitere Angaben; Oktav. 



Z. Die MiHtär-BildnngB-AnstaH 105 

jihrlich die 1. die Anstritt^rtfang zu bestehen hatte; demzufolge 
id anch allj&hrlich eine Neuanfnahme statt. Neben dem allgemeinen 
iterriohte bildeten vom Schlüsse des zweiten Lehrjahres an, also mit 
m Eintritte in die 2. Division, 4 bis 5 für die Artillerie nnd das 
genieiirkorps in Aussicht genommene Kadetten eine besondere Ab- 
ilnng. Die Unteroffiziere traten in die 2. Division; die An- 
rdenmgen in der Mathematik, denen sie zu genfigen hatten, wurden 
das gesteigert 

Der Unter richtsplan für die zur Beiterei und zur Infanterie he- 
mmten Zöglinge war ganz der 1835 eingeffihrte; der ffir Artilleristen 
id Ingenieure schrieb jetzt vor: 

Mathematik: Differential- und Integralrechnung einschlieTslich höhere 
leichuDgen; krummlinige Geometrie; Statik fester Körper; Dynamik 
it beeonderer fificksicht auf die Flugbahn geschossener und ge- 
»rfener Körper im luftleeren Baume und im widerstehenden Mittel; 
ifiuigagrfinde der Hydrostatik; kurze Übersicht derjenigen Teile der 
rdrodynamikt welche für Ingenieure und Artilleristen von Nutzen sein 



i: Anfertigung, Prüfung und Theorie des Schiefs- 
B der Knallpulver; Konstruktion und Anfertigung aller Feuerwaffen 
dMuniticm, Material dazu, Prüfung, Übernahme; Lastenbewegung und 
ischinoi dazu; Lehre vom praktischen Schielsen und Werfen; Aus- 
stung der Artillerie, ihr Oebrauch bei Belagerungen und im freien 
ilde. 

Ingenieur Wissenschaft: Terrainlehre; beständige Befestigungskunst, 
soweit es zu einem ausfuhrlichen Vortrage fiber Angriff und Yer- 
idigung der Festungen erforderlich, wobei auf den Batteriebau be- 
»ndere Bficksicht zu nehmen ist; Feldbefestigung; Abrifs der Brficken- 
ad Wegbaulehre. 

Taktik mit besonderer Berficksichtigung des Artilleriedienstes. 

Natoriebre: Physik der Ponderabilien und Inponderabilien so weit 
\ der Vortrag der Chemie nötig macht, welcher sich hauptsächlich auf 
ie bei der Artillerie vorkommenden Stoffe nnd deren Verbindungen er- 
reckt; Üboigen im Laboratorium; Erweiterung des Vortrages Aber 
HBetriadie Projektion und Konstruktion der Schlagschatten; Fertigung 
Artillerie- und Fortifikationsrissen. 

DeotBch, Französisch, Situationszeichnen, Theorie des Aufiiehmens, 
ifhdimen mit der Mensel und nach dem Augenmafse, Fechten, Tanzen, 
rmnaatik, lEteiten. 



106 Geschichte des Militar-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachaen 

Ans der Vorschrift für die praktischen Übimgen waren die An 
bildung mit dem kleinen Feuergewehre nnd im Felddienste fortgelaase 
eine Anleitung zum Gebrauche der Winkelmesser und zum Nivellien 
war in dieselbe aufgenommen. 

Für die Austrittsprfifungen gab es fortan zwei Kommissionen, v( 
denen die f3r Beiterei und In&nterie bestimmte aus einem Stabsofhii 
des Eriegsministeriums, dem Chef oder einem Adjutanten des Qenen 
Kommandostabes und je einem Stabsoffizier (Hauptmann, Bittmeiste; 
der Infanterie und der Beiterei, die für Artilleristen pp. aus den beide 
erstgenannten Abgeordneten, sowie aus einem Hauptmann des Ingenieoi 
korps und zwei Stabsoffizieren oder Hauptleuten der Artillerie bestarn 
Die Pi-üfungsbedingungen wurden erschwert, es durften nur noch d( 
dritte Teil, statt früher die Hälfte, der (Gegenstände mit 4 oder 6 Im 
urteilt sein, um den Betreffenden als «bestanden* gelten zu lassen. 

Die Zahl der Zöglinge, die Termine pp. blieben die frühersD; ( 
ward jedoch angeordet, dafs, wenn wegen ungünstigerer BefSrdenuigfi 
Verhältnisse die Zahl der ersteren vermindert werden sollte, als Volontti 
junge Leute, In- oder Ausländer, aufgenommen werden könnten, wddi 
nicht beabsichtigten in die Armee zu treten , und dafs geeignete josg 
Männer vom vollendeten 18. bis zum begonnenen 21. Lebensjahre ans 
nahmsweise zur Teilnahme an den Schlnfsprüfungen zugelassen und ii 
Falle des Bestehens als Portepeejunker bei der Beiterei angestellt werde 
dürften. Die letztere Bestimmung gab dem von jeher beobachtete 
Streben, wohlhabenden jungen Leuten den Eintritt bei der Beiterei i 
erleichtern und die freiwerdenden Stellen mit solchen zu besetzen, ei 
neuten Ausdruck. 

Im übrigen waren die durch das neue Begulativ getroffenen ii 
derungen nicht von Bedeutung. 

Einen Einblick in das häusliche Leben der Anstalt gewähren d 
von Gen. v. Schreibershofen am 1. September 1841 erlasseneo 
Begeln für das Verhalten der Kadetten.^ 

Das Waschen geschah in den Wohnstuben, je zwei Kadetten b 
nutzten den nämlichen Waschtisch, die eine Woche hindurch fing d( 
ältere, die andere der jüngere an. Böcke, Hosen und Mützen reinigb 
Dienstags, Mittwochs, Freitags und Sonnabends die Kadetten in zw 

' MetÄllüberdnick, ohne Ort und Datum, von Gen. v. Schreibersho^ 
unterzeichnet (32 Bogenseiten). 



2. Die MiUtär-Bildungs-AnBtalt 107 

bteiloDgen selbst, an den anderen Tagen thaten es die Aufwärter. 
ügel, Blomenstöcke pp. waren jetzt aus den Zimmern verbannt; eigene 
ler fremde Bficher durften nur mit Genehmigung des «Brigadiers* in 
IS Haus gebracht werden. Besuche von Verwandten waren nur mit 
orwissen des Offiziers vom Dienst und zwar im Scmmer von 12 Vi 
B IVit im Winter von 5 bis 6 Uhr gestattet Das Betreten der 
»rtier- und Bedientenstuben, sowie der Aufenthalt im Hofe, auf der 
dlerie und in den Parterregängen der Flflgel waren von Beginn der 
immerung an verboten. Nach dem Abendessen und Sonntag frfih 
r der Kirche durften im Sommer Fechtwesten und Pantoffeln, im 
inter Schlafröcke an- und die Halsbinden abgelegt werden. Das 
hlafengehen geschah auf Signal. Wer Sonn- oder Feiertags nicht 
f Urlaub war, hielt sich von Mittag an in der Stube des dienst- 
benden Gefreiten auf, die Benutzung der eigenen Stuben w&hrend 
»er Zeit war nur den Gefreiten gestattet; wer Freiheitsbeschränkung 
tte, blieb unter Obhut des Gouverneurs vom Dienst in dessen Dienst- 
mner; ebenso diejenigen, welche aus irgend welchem Grunde an einer 
Imng oder Dienstverrichtung nicht teilnahmen. Die Freiheitsstrafen 
Iren Stuben- und enger Arrest, letzterer ward in einem Baume voll- 
reckt, dessen Fensterladen geschlossen waren; der Bestrafte erhielt 
ir Suppe und Brot, zur Verschärfung Wasser und Brot Die Über- 
ndung der Censuren an die Angehörigen geschah durch die Kadetten 
Ibst; Briefe durften diese in den Freistunden oder an Sonn- und Fest- 
gen, sonst nur mit Genehmigung des Offiziers vom Dienst schreiben ; 
ie Beförderung geschah durch den diensthabenden Gouverneur, welcher 
ich die ankommenden Briefe in Empfang nahm. Geldsendungen der 
ngehörigen durften nur mit Vorwissen des Brigadiers entgegenge- 
ommen werden. Über alles, was der Kadett an Sachen besafs, hatte 
r ein genaues Verzeichnis zu fahren und in demselben Ab- und Zu- 
iDge regelmftisig zu verzeichnen. Ausbesserungen an der Kleidung pp. 
berwachte dw Gouverneur. Hemden, Strumpfe und Schnupftächer 
zren zwei-, üntersachen einmal wöchentlich zu wechseln; die Wäsche 
urfte durch die Angehörigen besorgt werden. Bauchen und Schnupfen 
aren im Hause wie aufserhalb desselben untersagt; Zivilkleider mufsten 
«h dem EintreiFen von Urlaub an den Gouverneur abgegeben werden. 
de Stube hatte einen Kommandanten und einen Stellvertreter des- 
ban. 

Unmittelbarer Vortrag eines Kadetten beim Kommandanten konnte 
sh eingeholter Erlaubnis des Offiziers vom Dienst stattfinden; war sie 



108 Geschichte des Militttr-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

erteilt, so lieft er sich durch die Ordonnanz melden; wenn diese nioht 
znr Stelle war, so klopfte er an die Thfir nnd wartete das » Heran' 
ab, bei den diensthabenden Offizieren and QouTemears ward nioht la- 
geklopft. Schriftliche Gesuche gingen durch den Gouverneur vom Dieait 

Beim Tanzunterrichte wurden weifse Strfimpfe «id Handsdralw, 
beim Reiten Reithosen, Stiefel und Anschnallsperen getragen. Vor Be- 
ginn der Vorträge fanden Stundenparaden statt, zu denmi auf d« 
grofsen Saale angetreten wurde. Beim Eintritte und beim Fortgang! 
des Lehrers erhoben sich die Kadetten von ihren Stahlen; seiofli 
etwaigen wörtlichen Gruls hatten sie gleich dem der 0£BziAre zu e^ 
widern, sonst aber jeder Begrfiisung sich zu enthalten. Der Befragte 
antwortete stehend; aulserdem ward nur auf eine durch den Lehrer 
ergehende allgemeine Aufforderung auj^estanden , um anzudeuten, dab 
man imstande sei zu antworten. Auch wenn der Kommandant ein- 
trat, blieb jeder sitzen. Zum Verlassen der Hörsäle behufs Befrie- 
digung natfirlicher Bedurfiiisse waren gewisse Zeiten bestimmt; wer 
sonst zu diesem Zwecke hinausging, erhielt am nächsten Mittag oder 
Abend nur Suppe und Brot Während der Pausen zwischen den Utxt- 
stunden blieben die Kadetten in den Hörsälen, das zweite Frflhstdflk 
ward dorthin gebracht. Der Stundenälteste fiOhrte dann die Au&idik; 
auch in Gegenwart des Lehrers lag ihm ob, das Seinige zur Erhaltuig 
von Ruhe und Ordnung beizutragen. 

Im Sommer wurde um 5, im Winter um 6 Uhr auf ein dnrdi 
einen S^alisten geblasenes Zeichen aufgestanden. Das trockene FrA- 
stäck ward auf den Ziomiern gereicht; wer Kaffee, Thee oder Ifikk 
nahm, begab sich auf den Speisesaal. Am Mittags- und Abendtiielii 
nahmen bis zum Jahre 1844 nur die Gouverneure vom Dienst, qMer, 
um fBr Ordnung und Anstand zu sorgen, sämtliche Gouverneure tdl, 
denen auf diese Weise zugleich ein pekuniärer Vorteil zugewendet wer- 
den sollte. Vor und nach den Mahlzeiten las ein Kadett ein Gebet 
vor. Um 5 Uhr ward Vesperbrot verkauft; der Gouverneur vom Dient 
hatte unmäfsigen Genuls und unverhältnismälsige Ausgaben zu verhtttM. 

Aufser im Juli frmden Ostern und Weihnachten ktbrzere Ferien 
statt; wer dann Erlaubnis hatte in der Anstalt zu schlafen, muftli 
abends 10 Uhr zurfick sein. Aufser dieser Zeit ward in der Regel nur 
an Sonn- und Festtagen zwischen vormittags llVs bis 9 Uhr abends 
Urlaub erteilt. Zur Begründung von Urlaubsgesuchen bedurfte es der 
Einladung, die Gefreiten waren von Beibringung derselben entbandoi. 
Aufserhalb der Reitbahn zu reiten war nur unter zuverlässiger Anfneht 



8. Die Kriegs-Schule 109 



itattet; es mufste Sonntags mit Hat, Wochentags in der Mfitze, aber 
its mit Degen, geschehen. Wirtshäuser und ähnliche Orte durften 
r in Oesellschaft von Personen betreten werden, zu denen die Kadetten 
orlaabt waren. Die Spazierwege, welche die vom Beibringen des 
iaabszettels befreiten Kadetten besuchen durften, waren genau be- 
ichnet; die anderen Kadetten durften nur in Begleitung derjenigen 
rsonen spazieren gehen, zu denen sie beurlaubt waren. Untereinander 
tten die Kadetten sich militärisch zu gräfsen. Nene und nicht zu- 
'lissige Kadetten mnfsten Bescheinigungen über die Zeit der Ankunft 
t and des Abganges vom Urlaubsorte beibringen. 



3. Die Kriegs-Schnle. 

1851— 1850 

Die Leistungen der Militär-Bildungsanstalt entsprachen nicht den 
Wartungen, welche man an ihre Wirksamkeit geknäpft hatte; die 
iDgd wurden namentlich von Schreibershofen erkannt, welcher schon 
47 in einer Denkschrift^ beklagte, dals die Anstalt nicht zugleich 
f höhere militärische Stellungen vorbereite, wie z. B. die Allgemeine 
iegs-Schule in Berlin es that, dafs die meisten Zöglinge mehr f&r 
) Austrittsprfifung als fär ihr kdnftiges Leben lernten und in dieses 
ider den Sinn noch die Befthigung für weitere Studien mitbrächten. 
' grOndete darauf Vorschläge zu einer vollständigen Neuordnung der 
iibältnisse, sah sich aber durch den Einfluls des Jahres 1848 ver- 
labt, von weiterer Verfolgung seiner Pläne abzusehen. Dagegen ent- 
irf Miy. V. Bouvroy,' damals Stabsoffizier des K.-K., im Auftrage 
f Kr.-M. einen Plan, welcher darauf hinausging, daCs die Offizier- 
iwärter, nachdem sie in der Armee ihre praktische Ausbildung genossen 
tten, in einer militärischen Unterrichtsanstalt fachwissenschaftlicb fort- 
bildet werden sollten. Derselbe war, nachdem der Generalstab ihn ein- 
hender Beurteilung unterzogen hatte, nahe daran eingefährt zu werden, 
, nachdem der Sturm von 1848 sich einigermafsen gelegt hatte, andere 
scbaaongen die Oberhand behielten. Der Plan ward beiseite gelegt 

' Arch. d. Kr.-M.: Bep. G. Loc. 27. No. da. 

• Wilhebn Heinrich v. Rouvroy, am 15. Januar 1799 zu Torgau geboren, 
6w Juni 188S zu Dresden als GM. a. D. gestorben, langjähriger Lehrer an 
aaehfri wehen XJnterrichtsanstalten, 1851 bis 1861 an der Bpitoe der Artillerie, 



110 Geschichte des Militär-ErziehuDgs- und Bildungswesens in Sachsen 

and die frflheren Grundlagen der militärischen Jagen derziehnng blieben 
bestehen. 

Man war darüber einig, dafs die letztere sich an die b&asliche 
unmittelbar anschliefsen solle. Streitig war nur die seit langer Zeit 
schwebende Frage, ob die Artillerie ihre eigene Bildungsanstalt erhalten 
oder ob die Vorbereitung ihres OfBziernachwuchses mit dem der übrigen 
Anwärter zusammen erfolgen solle. Die Artillerie stimmte für den 
ersteren Weg, welchem auch die anderen Waffen im ganzen nicht ab- 
geneigt waren, da sie erwarteten, dafs dann ihren eigenen Ansprächen 
mehr Rechnung getragen werden wflrde als bisher, und der Er.-M. 
V. Rabenhorst, selbst jener Waffe angehSrig, empfahl denselben der 
königlichen Genehmigung. Aus Bäcksichten der Sparsamkeit blieben 
indessen beide Teile der Anstalt, welche den Namen «Eriegs-Schule* 
erhielt, unter dem nämlichen Vorgesetzten und in denselben Bäumen 
vereinigt. Das betreffende, am 30. März 1851 erlassene Begnlatiy^ 
enthielt in der Hauptsache die nachfolgenden Bestimmungen: 

Die Eriegs-Schule bestand aus zwei, in Beziehung auf den Lehr- 
zweck und die Waffengattungen getrennten Anstalten: der Kadetten- 
und der Artillerie-Schule, von denen erstere den OfBziersersatz fBr In- 
fanterie und Beiterei, die letztere den fär Artillerie und Ingenieure 
heranzubilden hatte. Die Zöglinge hiefsen Kadetten, bezw. Artillerie- 
Schäler. Beide Anstalten standen in Beziehung auf Disziplin und Ver- 
waltung unter dem Kommandanten der Kadetten-Schule; im äbrigen 
war der Direktor der Artillerie-Schule selbständig, jedoch war der 
Kommandant des Artilleriekorps oder ein vom Kr.-M. beauftragter 
Stabsoffizier berechtigt und verpflichtet, Kenntnis vom Gange des Unter- 
richts in der Schule zu nehmen; streitige Fragen entschied das Mini- 
sterium. Zu den Ein- und Austrittspräfungen wurde der Qeneralstab 
zugezogen. Kommandant war der königliche Flägel -Adjutant Maj. 
Benno v. Witzleben, an der Spitze der Artillerie-Schule stand Hauptm. 
Frei borg von der Fufs- Artillerie. An Personal war vorhanden: 

Fär die Kadetten-Schule: 1 Kommandant, 1 Wirtschaftsoffizier, 
2 Militär-, 2 Zivillehrer, 1 Lehrer der Physik und Chemie, 2 fran- 
zösische Sprachlehrer, 1 Sekretär, 6 Gouverneure (zugleich ünterlehrer 
ffir Zeichnen, Fechten, Gymnastik) und das nötige Unterpersonal; 

Fär die Artillerie-Schule: 1 Direktor, 2 Militärlehrer. Den Unter- 
richt in den historischen Hilfswissenschaften, im Deutschen und Fran- 

* Nicht im Druck erschienen. 



3. Die Kriegs Schale J^U 



lidsehen, Physik und Chemie, Fechten und Gymnastik erteilten die 
Lehrer der Kadetten-Schale; den Beitanterricht erhielten die Schüler 
beider Anstalten wie bisher in der königlichen Bahn. 

Auch in den anderen körperlichen Übungen, einschl. Exerzieren 
nnd Schiefsen mit dem Gewehre, sowie in den praktischen Übungen, im 
Felddienst pp. konnten Kadetten und Artillerie -Schaler gemeinsam 
QDterwiesen werden. Sonst war der Unterricht getrennt Bestimmungen 
in betreff der Vortragsgegenst&nde sind durch das Begulatiy nicht 
weiter gegeben, als dalSsi befohlen war, der Lehrer der Physik und 
Chemie sowie die ZiTillehrer sollten je 6, die im Franzosischen 7 Stunden 
wjtehentlich an der Artillerie-Schule unterrichten. Die Aufnahme dieser 
> Bestimmung bezweckte aber weniger die Festsetzung des Unterrichts- 
'' plios, welche im fibrigen den Anstaltsleitern fiberlassen blieb, als die 
' Aufrichtung einer Schranke zwischen diesen beiden. Ebenso war es 
mit der Vorschrift, welche dem Direktor zu bestimmen fiberliefs, in 
welchem Um&nge die ArtiUerie-Schfiler an den gemeinsamen Übungen 
tdloehmen sollten. 

Als Gouferneure blieben unverheiratete Unteroffiziere in Verwen- 
doog. Die Zahl der Kadetten betrug 60, die der Artillerie-Schfiler 15, 
daneben durften im ganzen 15 Volontärs Aufnahme finden; letztere 
Zahl wurde im Februar 1853 auf 20, darunter — wenn genug An- 
wärter forhanden wftren — 5 ArtiUerie-Schfiler, erhöht Ausländer 
durften nur als Volontärs und nur wenn Inländer, welche als solche 
emzutreten wfinschten, nicht vorhanden waren, zugelassen werden; ihren 
Kintritt in das Heer genehmigte der Kriegsminister. Übrigens standen 
die Volontärs, abgesehen von den Geldbeiträgen, den etatsmäfsigen 
Zöglingen ganz gleich. 

Über die Zulassung von Unteroffizieren zum Besuche der Kriegs- 
Sebnle ward bestimmt: «Nächstdem können einige Unteroffiziere der 
I Armee an dem Unterrichte einer jeden der beiden Anstalten teilnehmen. 
Dieselben mfissen jedoch bei ihrem Eintritt in einer Prfifung darthun, 
dab sie dem Unterrichte in der 2. Division der Kadetten-, in der 1. 
der Artillerie-Schule folgen können.* Im fibrigen hatten sie mit den 
Zöglingen keine Gemeinschaft. 

Letztere blieben in den bisherigen Bäumen und örtlich getrennt; 
f Beköstigung und Bekleidung waren für alle gleich. 

Bei der Handhabung der Disziplin und bei den Verwaltungs- 
gesdiäften war der mit den Befiignissen eines Begiments-Kommandeurs 
ausgestattete Kommandant durch den WirtschaflsofSzier und die beiden 



112 Geschichte des MilitHr-Endehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

m ■■i-ifi» 

Militärlehrer der Kadetten-Schule unterstätzt, welche letztere in der 
Anstalt wohnten and abwechselnd den Tagesdienst fersahen. Dem 
Direktor war die Strafgewalt eines Bataillons-Eommandeurs, jedoch nur 
in Beziehung auf diejenigen Vergehen beigelegt, welche die Artillerie- 
Schaler sich während des Unterrichtes zu Schulden kommen lassen 
würden; er hatte darüber dem Kommandanten Meldung zu erstatten, 
welcher auch die Hauspolizei handhabte. Sonst stand niemand eine 
Strafbefugnis zu. Die Eingetretenen wurden durch HandgelSbnis zur 
Nachachtung der gegebenen Vorschriften und Bestimmungen verpflichtet 

Die Aufnahme in die unterste Klasse erfolgte zwischen dem an- 
getretenen 16. und dem vollendeten 17. Lebensjahre; in die höheren 
Klassen durfte der Eintritt ausnahmsweise bis zum 18. oder 19. Lebens- 
jahre erfolgen. Ein- und Austritt &nden ffir die Kadetten jährlich, 
für die Artillerie-Schüler alle zwei Jahre, am 1. April statt. Die 
Aufhahmegesuche gingen an den Kommandanten bezw. Direktor; für 
den Eintritt in die Reiterei mufste ein Jahreszuschufs von 240 Thalem 
nachgewiesen werden; sons\ brauchten nur die Mittel fSr den Unterhalt 
in der Kriegs-Schule und die späteren Ausrüstungen vorhanden zu sein. 

Die drei Offiziere der Kadetten-Schule standen zugleich an der 
Spitze der Brigaden, in welche die Zöglinge eingeteilt waren; jedem 
von ihnen ?raren zwei Gouverneure beigegeben. Die Artillerie-Schdlw 
wurden nur der Brigade des Wirtschafts -Offiziers zugeteilt, weil sie 
mit diesem ohnehin in dienstliche Berührung kamen. Jede Brigade 
zerfiel nach der Zahl der zu belegenden Stuben in 2 bis 3 Visitationen ; 
an der Spitze einer jeden stand ein Zögling aus einer der obersten Klassen 
als .Visitationskommandant* mit dem Titel eines .Gefreiten*; das 
Zeichen seiner Würde war ein silbernes Portepee. Die Emennong ge- 
schah nicht lediglich auf Grund wissenschaftlidier Leistungen, sondern 
mehr nach dienstlicher Brauchbarkeit. Das Regulativ weist ausdrUdc- 
lich darauf hin, dalSsi sie der Bedrückung der jüngeren Zöglinge durch 
die älteren vorbeugen sollten. Bei ihrer Ernennung hatte der Kom- 
mandant die Meinung des Direktors zu hören. 

Der Juli blieb Ferien- und ürlaubsmonat. Die Austrittsprüfuog 
ward vor einer unter dem Vorsitze des Ghefe des Generalstabes oder 
eines Abteilungs-Ghefe des Kriegsministeriums gebildeten Kommission 
abgelegt Die Waffencheä der Armee durften gegenwärtig sein oder 
siöh vertreten lassen. Für die Abhaltung dieser, wie der Aufiiahme- 
prüftmgen, waren eingehende Vorschriften erlassen, welche jedem der 
beiden Anstaltsleiter den ihm gebührenden Eänflufs sichern BoOtai« 



a Die KriegsSchole 113 



Wer biskandea hatte, trat als Portepeejanker in das Heer; wer nicht 
gHidgte, miiBete seine gesetzliche Dienstpflicht erf&Uen, wozu er sich 
«nen Steli¥ertreter kan&n konnte. 



IMs Kadetten schale zerfiel in fier Divisionen mit einjährigen 
Lehi|[tagon. Die 1. hatte drei, die 2. zwei, die 3. eine, die 4. keine 
goldene Tressenlitzen am Kragen. An Vorkenntnissen zom Zwecke der 
HAnhnM winden gdbrdert: 

la Dentaohen: Fertigkeit in der Orthographie nnd in den Haupt* 
lehren der Granunatik, im Abiassen leichter, besonders beschreibender 
und enihleintor Anfis&tze; F&higkeit, etwas Gelesenes mfindlich wieder- 
mgeben« 

Im FranaSsischen : ßichtigea Lesen, Kenntnis der Elementarregeln 
der Giammatik, einige Fertigkeit leichte Aufiätze aus dem Franzö- 
flachen zu übersetzen. 

ÜB der Mathematik: Zahlen- und Buchstabenrechnung mit Inbegriff 
der QUudiMgen 1. Grades; Anfänge der Geometrie. 

Ib der Geschichte: Allgemeine fibersichtliche Kenntnis der Haupt- 
epodien und der in dieselben fallenden Hauptbegebenheiten. 

In der Geographie: Üb^chtliche Bekanntschaft mit der allgemeinen 
Geographie, insbesondere von Europa; Bekanntschaft mit der politischen 
finleiliuig, insbesondere von Deutschland; Anfangsgrunde der mathe- 
matischen und physischen Geographie. 

Im Zeichnen und in der Konstruktion geometrischer Figuren einige 
Übong. Gute deutliche deutsche und französische Handschrift. 

Das Aufrucken in höhere Klassen hing ?om Bestehen einer schrift- 
lioboi Prfifnag ab. Im fibrigen war das Abhalten von Prüfungen, 
ndodlichen wie schriftlichen, in das Belieben des Kommandanten ge- 
stellt, doch sollte alljährlich in jeder Klasse mindestens eine statt- 
Men, 

Zu Uaterrichtszwecken standen dem Kommandanten zur Verfdgung: 
600 Ihaler allgemeiner Unterrichtsfond, 300 Lehrfond für physikalische, 
diemische und fortifikatorische Zwecke (vom Lehrer der Physik unter 
Anfacht dos Kommandanten zu verwalten), 900 für den französischen 
Uaterricht^ 612 für Fechten, Tanzen, Gymnastik, 1000 für das Seiten. 
Dar Allgemeine Fond war fär die Kadetten-Schule allein bestimmt; aus 
den Abrigen Betrtgen mufsten auch die Bedfirfiusse der Artillerie-Schule 
bifriadigt worden. 

QmotUtU du MUttlr'^Snieliiinfft- und BüdontinMiii In SaohMa 8 



114 Geschichte des Militär-ErziehungS' und BildungsweBens in Sachsen 

Die Artillerie-Schule zerfiel in zwei Divisionen mit zweijährigen 
Lehrgänge. Die Uniformabzeiohen der Schüler entsprechen denen d« 
Kadetten des nämlichen Jahrganges, aufserdem hatten sie eine goldene 
Granate auf jeder Achselklappe. An Vorkenntnissen waren nachzu« 
weisen: 

Im Deutschen: Fertigkeit, Gewandtheit und grammatikalische 
Korrektheit im mundlichen und schrifUichen Vortrage, Sicherheit im 
Bechtschreib^. 

Im Französischen: Verstehen eines leichten Historikers ohne Hülfe 
eines Wörterbuches, Fertigkeit in der Konjugation und ihre An wen- 
düngen, einige Fertigkeit im Übersetzen in das Deutsche« 

In der Geschichte: Übersichtliche Kenntnis der Weltgeschichte, 
speziellere der deutschen, insbesondere der sächsischen. 

In der Geographie: Allgemeine Kenntnis der Gesamtob^äohe der 
Erde, ihrer Bevölkerung und politischen Einteilung, genauere von Eu- 
ropa und besonders von Deutschland. 

In der Mathematik: Völlige Sicherheit im Rechnen mit gemeinen 
und Dezimalbrüchen, in der praktischen Anwendung der einihohen und 
zusanunengesetzten Begel de tri, der Kettenregel und Gesellschaftsrech- 
nung; Fertigkeit in der Algebra einschlielslich Auflösung der quadrati- 
schen Gleichungen, der höheren Gleichungen in quadratischer Form und 
der auf Gleichungen dieser Art führenden Au^ben. 

Aus der Geometrie: Lehre von der Kongruenz und von der Ähn- 
lichkeit ebener geradliniger Figuren. 

Eine gute deutliche Handschrift, einige Geschicklichkeit im Ge- 
brauche der Beifsfeder, im Situations- und im Handzeichnen. 

Der Unterricht im Deutschen, in Geographie und Geschichte sollte 
auf die 2. Division beschränkt bleiben und die abschlieCsende Prüfung 
in diesen Fächern vor dem Übertritte in die 1. abgelegt werden. Ende 
März, AnfiEUig Juni und vor Weihnachten hatten Prüfungen stattzufindm, 
durch deren Ausfall die Beihenfolge der Schüler bestinmit wurde. Für 
Unterrichtszwecke standen dem Direktor alljährlich 500 Thaler zur 
Verfügung, mit denen er auch die Kosten eines mit den Schülern der 
1. Division im letzten Winterhalbjahre abzuhaltenden praktischen che- 
mischen Kursus in einem Laboratorium zu bestreiten hatte. 

Zu SchieMbungen empfing die Schule eine bestimmte Menge 
Munition; im übrigen hatte sich der Direktor zum Zwecke der prak- 
tischen Ausbildung der Zöglinge mit dem Kommandanten des Artillerie- 
korps in Verbindung zu setzen. Während des letzten Ferienmonats vor 



3. Die Kriegs Schale 115 



tan Aittirilte maohte die beiareffende Klasse einen, von einem Ober- 
fiBnarwerker absnhaltenden Eoniis in der Eonstfeuerwerkerei in einem 
Laboratorimn durch. Wer in Dresden AngehSrige hatte, konnte wäh- 
rand dieser Zeit bei denselben wohnen. Mit dem Jahre 1853 fielen 
die Kurse in der Fenerwerkerei auf Antrag der Schule fort. Wenn für 
die austretenden Artillerie-Schfller nicht genug Portepeejunker-Stellen 
dEsn waren, so traten die zu viel Vorhandenen zur Infanterie oder zur 
Baterei Aber. 

Segeln fflr das Verhalten der Kadetten und 

Artillerie-Schaler^ 
ordneten das gesamte Leben der Kriegs-Schäler in und aufser dem 
Hanse in der schon früher für die Militftr-Bildungsanstalt vorgeschrieben 
gewesenen Ari Der Tag begann im Sommer um AVi% im Winter um 
57« Uhr, dann geschah das Waschen nach wie vor in den Wohnstuben. 
Unter den durch die „Regeln^ vorgeschriebenen Abweichungen von den 
Mheren Bestimmungen möge bemerkt werden, daTs in der Zeit von 
12V« bis IV4 Uhr mittags und im Winter zwischen 5 und 6 Uhr nach- 
nittaga Privatunterricht nicht genommen werden durfte, dafs der Kom- 
mandant auch beim Besuche der Unterrichtsstunden durch Aufstehen be- 
grfl&t wurde und dafs Kadetten, welche eine 4. oder 5. Zensur in 
Fleils oder Betragen erhalten hatten, von jeglichem Stadturlaube aus- 
geeohlosBen waren. Das Theater ward von denjenigen, welche Freibillets 
erhalten hatten, und von denen, welche auf eig^e Kosten gingen ohne in 
Begleitung ihrer Angehörigen zu sein, unter Ffihrung eines Qouverneurs 
oder eines Gefreiten besucht. Es war gestattet, anständige öffentliche 
Orte und Spaziergange, wie die Terrasse, den Grossen Garten, das 
Link*ache Bad pp. auch ohne Begleitung von Angehörigen zu besuchen, 
Konditoreien pp. durften nur gemeinsam mit letzteren, Wein- und 
Bierabiben überhaupt nicht betreten werden. Dabei durften reine Hand- 
nknhe nirgends fehlen. Die Kadetten — es war dies die allgemeine 
Beuichnung f&r die Zöglinge der Kriegsschule — hatten sich stets 
■ilitlrisch zu begrfifsen und die jüngeren dabei den älteren zuvorzu- 
kommen. Besondere Vorschriften galten für das Verhalten im Theater. 
Beim Erscheinen der königlichen Familie und in den Zwischenakten 
loUte stets angestanden, den Logen der ersteren durfte nie der Backen 
fl ngvkehrt und ebensowenig die Kopfbedeckung aufgesetzt werden; wenn 
1er König sich in der grofsen Mittelloge befand, richteten die Kadetten 



V. 



* Auf Zink überdmckt, ohne Ort und Jahr, 86 Bogenseiten. 

8* 



116 GeBchichte des Militär-Erziehungs- und Bildongswesens in Sachsen 

sich in Beziehung auf das Frontmachen nach den Offizieren, ftufserer 
Zeichen von BeiMl oder Tadel hatten sie sich zu enthalten. 

Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Kriegsschule erfuhren durch 
den .Etat für die Finanzperiode 1855/57 einige Abänderungen. 
Derselbe warf aus: 

Für den Kommandanten der Kadetten-Schule 2000, den Direktor 
der Artillerie-Schule 1200, WirtschaftsofiSzier 700, 4 Militftrlehrer je 
600, 1 desgl. 500, 2 Zivillehrer je 800, Sekretär 300, 4 Oouyemeiire 
je 256, 2 desgl. je 196, 7 Aufwärter je 144, 1 Krankenwärter 96, 
franzosischen Sprachunterricht 900, Beitunterricht 1000, sonstige körper- 
liche Übungen 672, den übrigen Unterricht 1000, Speisung ?on 75 Zog* 
lingen (morgens, vormittags, mittags, abends) monatlich je 6, Heizung, 
Beleuchtung, Arzenei, Hausgerät pp. 1386, Bekleidung ?on 75 Zög- 
lingen je 40 Thaler, so dafs, da jeder Zögling 60 Thaler beitrug, £e 
Kriegsschule einen Baraufwand von 20078 Thaler erforderte. 

Aus dem mit jährlich 1000 Thaler ausgestatteten aUgemenen 
Unterrichtsfond erhielt jede Schule 300 Thaler, 400 waren für Phynk, 
Chemie, Fortifikation und Zeichnen bestimmt Von den Volontärgelden 
erhielt der Unterrichtsfond einer jeden Schule 500, die WirtsohaftskiSBe 
1200 Thaler. Von den 2586 Thalem, welche im ganzen in letzten 
Kasse flössen, waren bestimmt für Medikamente 50, Heizung 700, 
Beleuchtung 500, Inv^tar 1000, Bureauaufwand 72 Thaler, so dab 
264 Thaler f^r .Insgemein* blieben. 

Für einen jeden Inländer -Volontär waren jetzt jährlich 300, fir 
den Ausländer 400 Thaler zu zahlen. Es wurde auf eine Einnahne 
von 6000 Thalem gerechnet. Davon waren zu verwenden: 1000 fir 
Unterricht der Volontärs, 1440 für deren Speisung, je 800 für ihre 
Bekleidung und ihre kleinen Bedürfiiisse, 1200 für die hänalide 
Wirtschaft, 760 für Oehaltszulagen pp. 

Für einen Kadett waren 100 Thaler zu zahlen. Davon waren be- 
stinunt je 60 (im 1. Jahre, wo alles neu war, nur 43) als Beitrag iv 
Verpflegung, Bekleidung pp. und 40 für Beparaturen, Schreib- «d 
Zeichenbedürfiiisse, Taschengeld pp. 

Die Beträge wurden für jeden Einzelnen verrechnet; FehleadM 
mufste ergänzt werden, Überschüsse wurden herausbezahlt. 



Die Qemeinsamkeit, welche seit 1836 zwischen dem K.-K. und 
der Artillerie-Schule bestanden, aber, nachdem sie bis 1851 einevoS- 






8. Die KriegB-Scbnle 117 



\ 



1 



ständige gewesen war, in letzterem Jahre eine Lockerung erfidiren hatte, 
h5rte 1869 auf. Die Anstalten blieben freilich unter dem Dache des 
ilten KadettenhaoBee vereinigt; jede hatte aber fortan einen besonderen, 
immittelbar unter dem Eriegsministerium stehenden Kommandanten 
sowie ein eigenes Lehr- und Dienstpersonal; nur fSr die Verwaltungs- 
gesohftfte war ein gemeinsamer Wirtschaftsoffizier angestellt, welcher 
pentnlidi unter dem Kommandanten des K.-E., geschäftlich lediglich 
1 unter dem Kriegsministerium, stand. 

± Wir werden daher beide Anstalten wieder getrennt betrachten. 
^ Ehe wir uns aber dazu wenden, därftie es an der Zeit sein, einen 
£, Blick auf die Stellung der 

Portepeejunker der Beiterei^ 
n werfen, deren Verhältnisse in bezug auf die von ihnen geforderten 
Leistungen und auf die ihnen zugestandenen Ansprüche wir bereits 
mehrjbcb gestreift haben. Es hatte sich darin mit der Zeit eine Art 
Ton Gewohnheitsrecht herausgebildet, welches schliefslich von oben herab 
seine fSrmliche Gutheifsung erhielt und damit aufhörte zu sein, was es 
froher gewesen: Ein mehr oder minderes Zugeständnis an die auf eine ge- 
^ nute Börse, wenn miiglich im Verein mit einem hochklingenden Namen, 
. gestOtzte Unwissenheit und geringere Schulbildung. Die Portepeejunker 
i worden damals vom Könige ernannt, standen im Dienstgrade der Unter- 
^ Offiziere, gehörten zum Unterstabe und waren zu einer Schwadron kom- 
mandiert; ihre Bekleidungs- und Qeldgebdhmisse waren durch das Be- 
l Ueidnngs-Begulativ bezw. das Wirtschafts-Beglement geordnet Ihre 
^ insbildung, welche in der Begel einen Zeitraum von 10 bis 12 Mo- 
I Osten in Anspruch nahm, bezweckte die Vorbereitung zu OfiKzieren. 
J Bevor sie zu solchen befördert wurden, hatten sie vor einer Kommission 
^ fon Offizieren eine Prüfung im Seiten abzulegen, welche der Begiments- 
l komnumdeur auf andere Zweige des praktischen Dienstes ausdehnen 
. ^ k(Hmte. Von ihrer wissenschaftlichen Befihigung hatten sie laut Dienst- 
, I leglement vom Jahre 1822, bevor sie ernannt wurden, den Beweis einer 
irissenschafllichen Befihigung zu fßhren, welcher genfigte, damit 
m später OfSzierstellen bekleiden könnten. Wie geringe Bedeutung 
^ diese Forderung hatte, geht aus der Bestimmung hervor, dafs die 
Portepeejunker zwar in der Begel an dem Unterrichte, welcher im 
. Vnnter den ünterofKzieren erteilt wurde, nur insoweit teilnehmen sollten, 



K. 



f 

s 



' .Die Portepeejunker der Reiterei*', 1855 (KgL Bblthk. su Dresden, 



118 GeBchicbte des Militär-Erziehungs- und Bildongswesena in Sachien 

als dieser sich auf mändliche UnterweisoDg über dienstliche GegGDstiade 
erstreckte, dafs aber ein Portepeejnnker, welcher in den Elementar- 
wissenschaften so weit zurück w&re, dafs seine weitere Aosbildong in 
denselben nötig erschiene, zu allen Stunden herangezog^ werden solle, 
deren Besuch ihm Gelegenheit gäbe, das Fehlende zu ersetzen. In der 
Regel, heifst es weiter, würde er eine wissenschaftliche Bildung erhaUai 
haben; dabei dürfe er aber nicht stehen bleiben; es wird ihm Fort» 
bildung empfohlen und es werden Bücher genannt, welche dem Zwecb 
derselben dienen könnten. 



4. Das Kadetten 'Korps 

1859—1867^ 

Das E.-E. hatte die Bestimmung, die .Offizierssubjekte' flr die 
In&nterie ausschliefslich, f&r die Reiterei nach Mafsgabe der, mit Bfick- 
sieht auf die bestehenden VerhUtnisse , im Verordnungsw^e zu er- 
lassenden Vorschriften auszubilden. Bei der In&nterie sollte Ton der 
Regel, dafs Aspiranten aus dem Zivilstande weder als Portepeejunker 
noch als OfSziere angestellt werden durften, nur in aufsergewShnlichen 
Zeitverhältnissen nach eingeholter königlicher Genehmigung abgewichn 
werden; die betreffenden Aspiranten hatten dann ihre wissenschaftliche 
Befthigung in einer durch den Generalstab abzuhaltenden Prüfimg dir* 
zuthun. Für die Reiterei trat diese Beschränkung nicht ein, weil er« 
&hrungsmftfsig das E.-E. nicht imstande war den Bedarf der Waffii 
an Offizieren zu decken und weil man nicht darauf yerzichten wollte, 
bemittelte junge Ausländer anzustellen. Die erstere Quelle hätte sich 
freilich unschwer durch eine Verordnung eröffnen lassen, welche den 
Weg durch das Portepeejunkertum verschlossen hätte; man scheute sieh 
indessen denselben zu betreten.' 

* Regulativ für das Gadetten-Gorps 1859. Metallographiert; 108 §§ nnd 
Anhang. — Femer besondere Instruktionen ftlr Disziplinar-Offiziere, QoD?er- 
neure, Gefreite, Stubenkommandanten, Portier, Stubenheizer, Krankenwärter, 
Kranke, Führung der Hefte und der Effektenverzeichnisse, Ordnung der Pulte 
und Schränke, Grundsätze für die Zöglinge, Verzeichnisse der Gegenstände^ 
welche von den Disziplinar-Of&deren in den XJnterhaltungsstunden (Brigade- 
beschäftigung) vorzutragen sind, Instruktionen für die grofise Terrainanfiiahmei 
Kadettenkorps: Fascikel Regulative, Instruktionen pp., Lit. 0, No. 2. — ArcL 
d. K.M.: Rep. G., Loc. 28, No. 9. 

* Arch. d. K,-M.: Rep. G., Loc. 28. No. 9. 



4. Das Kadetten-Korps 1869—1807 ] ig 






I 

! 



An Lehr- imd sonstigem Personal ?raren aaltor dem Kommandanten 
und dem Wirtschaftsoffizier, welchem letzteren ein Wirtschaftssekretär 
va Seite stand, vorhanden: 3 Militärlehrer, 3 DisziplinarofBziere, 2 
itatsmäfsige Ziyillehrer, 2 etatsmäTsige Lehrer der französischen Sprache, 
S Gfonyemenre und ünterlehrer, 6 Stnbenheizer, 1 Krankenwärter, so- 
wie die erforderlichen auf vierteljährige Etlndigang angestellten Hil6- 
Murer fSr das Französische und die Lehrer für Religion, Lateinisch, 
Physik, Fechten, Oymnastik, Tanzen. 

Ffir den nicht dnrch etatsmäTsige Lehrer zn erteilenden Unter- 
richt waren alljährlich yerfttgbar: 300 Thaler für den Hilfsonterricht 
im Französischen, 700 fQr Fechten, Tanzen, Oymnastik pp., 800 fttr 
den sonstigen wissenschaftlichen Unterricht nnd 200 znr Unterhaltung der 
Bibliothek nnd der Modellsammlnng , femer 700 Thaler fBr den Beit- 
Qüterricht in der Militär-Beitanstalt. 

Die Lehrer hatten den wissenschaftlichen Unterricht katechetisch 
n erteilen, d. h. sie hatten, nachdem sie einen Abschnitt oder einen 
Segenstand vorgetragen, Fragen an die Schfller zn stellen oder dieselben 
Aachen fertigen zn lassen, nm sich zu überzeugen, dafs ihr Vortrag 
Terstanden sei« Zu An£Emg eines jeden Monats gab jeder Lehrer jeder 
Division ein Thema, welches bis zu Ende desselben schriftlich zu be- 
irbeiien war. Dasselbe wurde in das Divisionsjoumal getragen. Dieses 
Jonmal, welches sich im Gewahrsam des Stundenältesten befand und 
grölstenteils von diesem gefShrt wurde, enthielt Auskaufte über alles 
den Unterricht Betreffende.^ 

Die Militärlehrer wurden vorzugsweise aus der Inftnterie ent- 
nommen und traten, wenn sie zur Beförderung zu Hauptleuten 3. Klasse 
an der Beihe waren, in der Begel in die Armee zurück. Sie sowie die 
Zivillehrer hatten, bevor sie fest angestellt wurden, eine sechsmonatliche 
Probedienstleistung durchzumachen. Die Disziplinaroffiziere wurden der 
In&nterie, ausnahmsweise auch der Beiterei, entnommen und bei ihren 
Begimoitera kommandiert geführt. Beide Arten von OfQzieren suchte 
der Eorpskommandeur aus und brachte sie, nachdem er sich des Ein- 
verständnisses der obersten EommandobehSrde versichert hatte, beim 
Eriegsministerium behu& königlicher Genehmigung in Vorschlag. War 
joies Einverständnis nicht herbeizufahren, so entschied das Ministerium. 
Den Disziplinaroffizieren lag die Sorge fSr die Erziehung und die dienst- 

* Hegulativ für die Lehrer des Kadettenkorps. Metallograpbiert, ohne 
Ort and Jahr, 8 Bogenseiten. 



120 Geschiebte des Militftr-Erziebangs- und Bildungswesens in Sachsen 



liehe Aosbildung •der Kadetten ob, der letzteren dienten „ünteiliaUnngs- 
stünden*, anoh «Brigade- BesohSftignng' genannt. Die Gtogendt&nde, 
welche dort vorznnehmen waren, ^betrafen teils das Verhstten im 
Kadetten in der Anstalt, sein aofserdienstlicbes Benehmen, die all- 
gemeinen militärischen Pflichten, die Kenntnis der DienstobUegenhettea 
des Soldaten, des unter- mid des Snbaltemoffiziers, der Eierzier- vd 
Felddiensi^irorschriften pp., teils wurden sie benntst, nm alle im BeniM 
derselben befindlichen Gegenstände, die Ordnung in den Pdtea uid 
Schränken u. dgL nachzusehen« Die Disziplinarofifiziere mnfsten on« 
Yerheiratet sein. Einer von ihnen konnte zugleich als HiUEslehrer der 
deutschen Sprache im Vorbereitangskursus (S. 128) und als Lehrer des 
Militärstils, einer zur Besorgung des Listenwesens, einer als Bibliothekar 
verwendet werden; ihre Ablösung erfolgte spätestens beim Anfiräoken zom 
Hauptmann pp. 3. Klasse. Die Gouverneure, in der Begel ebenfdb 
unverheiratet, wurden ans den gebildetesten und befthigtesten Unter- 
offizieren der Armee gewählt. Stubenheizer und Krankenwärter sollten 
womöglich lang nnd gut gediente, besonders zuverlässige ünteroffizieie 
und Soldaten sein, sie gehörten ferner dem Militärstande an« 

Die Zahl der Kadetten^ welche in fOnf Divisionen (Lehrklassen) 
geteilt waren, betrug 80, von denen sich 65 in halben, 15 in gan»» 
Zahlstellen befanden; fBr erstere waren je 100, fSr letztere je 
200 Thaler jährlich und anfserdem war f3r jeden bei der Aufiiahme der 
Anschaffungspreis der Kleidung, der zunächst nötigen Lehrbficher pp« 
mit 103 Thaler 7 Groschen 4 Pfennig zu entrichten. Die ganzen oder 
halben Zahlstellen wurden auf Vortrag des Kommandanten durch das 
Kriegsministerium an Inländer verliehen; anfserdem durften sowohl h- 
wie Aasländer, gegen Zahlung von jährlich 400 Thaler fSr ünterhalti 
Unterricht pp. und des Eintrittsgeldes, als Volontärs ao^enornnm 
werden. Diese hatten keinen Anspruch auf Anstellung in der Armee; 
wünschten sie solche, so war vor Ablegung der Austrittspräfang der 
Antrag zu stellen. Über die Entlassung von Zöglingen vor diesem Zeit- 
punkte entschied das Kriegsministerium. 

Beim Eintritte hatten die Kadetten sich zur Befolgung der Haus- 
ordnung durch Handschlag zu verpflichten. Sie waren in drei Brigaden 
eingeteilt; jede derselben stand unter einem Disziplinaroffizier, weldimn 
ein Qouverneur als Obervisitations- Kommandant beigegeben war. Die 
Brigaden zerfielen in so viele Visitationen als sie Stuben hatten; jeder 
derselben stand ein Kadett der 1. Division als Visitations-Kommandant 
vor, welcher wie früher zum Gefreiten ernannt werden konnte; zwei ?on 



4 DtB XadettenKorps 1869—1867 121 

len, je einer Ar einra Flfigel des Gebäudes, versahen den Tagesdienst; 
nntaga ihat diesen nur einer. Die Stnbenkommandanten bezw. Qe- 
nten aollten bei der Endehnng und Überwachung ihrer jfingeren 
ameraden in berrorragendem "Uzbe mitwirken; wir werden sehen, mit 
dcher Maohtfttlle sie zu diesem Zwecke ausgestattet waren; fBr ihre 
flhwattang erhielten die Oefreiten auch eine Oeldentschftdigung, indem 
ODaUich jedem von ihnen aus den ünterrichtsgeldem 1 Vs Thaler aus- 
oahlt wurden. Der Verrichtung des Pagendienstes durch Kadetten, 
dche uaausgesetat stattgefunden hatte, ward dieses mal in dem Be- 
ilatiye ausdrflcklich gedacht, weil dieselbe jetzt auf die Artillerie- 
Bkta«r ausgedehnt wurde, welche selbstverstfindlich, so lange beide 
rten von Zöglingen eine Qemeinschaft bildeten, wenn sie einen adeligen 
amen trugen^ schon frflher zu demselben herangezogen waren. Der 
1)ertritt eines Kadetten zur Artillerie- Schule und umgekehrt konnte 
iir mit Qenehmigung des Eriegsministeriums stattfinden. 

Die Uniform des Kommandanten und der dbrigen Offiziere war 
ie derjenigen „Partei*, von welcher sie zum K.-K. versetzt waren, 
asQ Hut und Degen; die Gouverneure und der Wirtschaftssekretftr 
alten dunkelgrdne WaflfenrScke mit weifsen Kragen, Au&chlägen und 
'orstoCs, gelben KnSpfen und an jeder Seite des Bockkragens einer 
oldgestickten Litze, schwarzgraue Beinkleider mit weifser Seitennaht, 
[at mit Federstutz, gräne Mütze mit weifsunterlegter Krone und 
rdlsem Yorstolse, Degen mit silbernem Portepee an weifslackiertem 
loppel Aber dem Bocke; schwarzgraue Mäntel mit weifsen Kragen- 
atten; die Uniform der Kadetten war ähnlich, der Bock jedoch ohne 
iltien und mit grfinen Achselklappen versehen, das Degenkoppel schwarz, 
tatt des Hutes trugen sie ein Käppi, bei den Gefireiten, welche auch 
as silbeme Portepee hatten, mit einer goldenen Tresse verziert Die 
Jntersdieidungszeichen der 1. Division waren drei, der 2. zwei, der 3. 
ise LitM von Goldtresse auf jeder Eragenseite, bei allen waren die 
Lchselklappen mit einer schmalen Goldtresse eingefiafst. Zu Hause 
rorden ältere WafEsnrScke mit grtinen Kragen und Aufschlägen, morgens 
nd abends auf den Stuben flanellene Schlafröcke und als Sommer- 
iÄivaig Zwillichröoke getragen. 

Die Aufiiahme in die 5. Division geschah zwischen dem zurfick- 
[degten 14. und angetretenen 16. Lebensjahre; ausnahmsweise auch 
j^, vorausgesetzt, dals der Anwärter dem unterrichte zu folgen 
tarehaus liefähigt war und dafs sein Lebensalter dem der Klasse 
mtsprach, in die 4. Division; bei Beginn des Sohu^ahres konnte 



122 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

anch noch der Eintritt in die 3. gestattet werden. Die Anfiiahme ge- 
schah bald nach Ostern; vorangegangene Konfirmation war fSr Prote- 
stanten, Zutritt zum Abendmahle f&r Katholiken Bedingung derselben. 
Anmeldung und persSnliche Vorstellung beim Kommandanten muIMen 
vor dem 15. März geschehen; zu. den gelegentlich der ersteren ein- 
zureichenden Papieren gehörte der Nachweis, dals fBr den Eintritt in ' 
die In£anterie die Kosten der ersten Ausrfistung, bei der Beiterei aufser- • 
dem ein Zuschuß von jährlich 240 Thaler gesichert war. Die körper- 
liche Geeignetheit ward durch den Generalstabsarzt der Armee, die 
wissenschaftliche Reife in einer Prfifnng durch die Lehrer des K.-K. 
unter dem Vorsitze des Kommandanten festgestellt. Letztere war 
schriftlich und mündlich: sie forderte f&r die 5. Division: 

Mathematik: Sicherheit und Gewandtheit in der Numeration, in 
den vier Grundrechnungsarten mit unbenannten und benannten ganzen 
Zahlen, Kenntnis der Rechnungsarten mit gemeinen und Dezimalbrflohen, 
der Proportionen und der ein&chen Regel de tri. 

Geographie: Kenntnis der Erdoberflftche im allgemeinen und der 
Erdteile, genauere Europas und Deutschlands. 

Geschichte: Hauptepochen und Perioden der älteren und neueren 
Weltgeschichte, nähere Kenntnis der älteren, namentlich der griechischen 
und römischen Geschichte. 

Deutsche Sprache: Möglichste Sicherheit in Orthographie and 
Grammatik, Übung im richtigen und fliefsenden Lesen, Fähigkeit einen 
leichten erzählenden Aufsatz verständlich zu fertigen. 

Lateinisch: Deklination, Komparation, Konjugation der regel- 
mäfsigen und der gewöhnlich vorkommenden unregelmäfsigen Zeitwörter, 
Übersetzung leichter Au^ben in das Deutsche und einfiEicher Sätze in 
das Lateinische. 

Französisch: Bekanntschaft mit den Regeln der Aussprache, daher 
Lesen ohne grobe Verstöfse, im flbrigen wie im Lateinischen. 

Schönschreiben: Deutlichkeit in der deutschen und lateinischen 
Kursivschrift. 

Zeichnen: Einige Fertigkeit im Zeichnen aus freier Hand, Gebrauch 
des Zirkels und, wenn möglich. Zeichnen einfacher geometrischer Figuren 
nach Vorlagen. 

Die körperlich und wissenschaftlich geeigneten Anwärter wurden 
dem Kriegsministerium seitens des Kommandanten zur Aufnahme in 
Vorschlag gebracht, die übrigen von ihm abgewiesen. 






4. Das EadettenEorps 1859—1867 123 

Dtt Lehi^sang war fBnQ&hrig, das Aafrficken in eine höhere Di- 
vkicm hing vom Bestehen einer schriftlichen Prflfong ab. Aufserdem 
wmden im Jnni and im Dezember allgemeine mündliche und schrift- 
Bohe Prflfongen abgehalten. Ihr Ans&U bestimmte die Beihenfolge 
der Zöglinge. Nach Beendigung der AuMckungsprfifong erstattete der 
Kommandant dem Eriegsministerinm einen ansfflhrlichen Bericht, 
wdoher dem Könige vorgelegt wurde. 

Der gesamte Lehrgang zerfiel in einen niederen oder Vorbereitnngs- 
md in einen höheren Kursus. Der erstere erstreckte sich auf alles, 
wa8| dem Alter der Zöglinge und ihrer Bestimmung entsprechend, zur 
allgemeinen Bildung gehört, wobei der deutschen Sprache besondere Be- 
lohtang geschenkt und aufserdem wöchentlich eine Stunde Beligions- 
imterricht durch einen Oeisüichen erteilt, von den Fachwissenschaften 
iber insoweit abgesehen wurde, als nicht etwa die praktische Aus- 
Mldong eine Belehrung erheischte. Derselbe um&fste die 5. und 4. Di- 
Tision, die drei anderen bildeten den höheren Kursus. Das Aafrficken in 
den letzteren war von dem Bestehen einer vor dem Kommandanten und 
den Lehrern, in Gegenwart eines Abgeordneten des Kriegsministeriums, 
forsonehmenden Prfifung abhängig; aufserdem ward am Schlüsse des 
Iiehijalires der 4. Division, mit welchem der Unterricht im Lateinischen 
tofhSrte, eine Prfifung in diesem Fache abgehalten, deren Nichtbestehen 
vom Aufrficken in die 3. ausscUofs. Im Vorbereitungskursus durfte 
mit Genehmigung des Kriegsministeriums eine Klasse zweimal durch- 
gemacht werden, doch durfte niemand demselben l&nger als drei Jahre 
angehören; fiberhaupt sollte nach Kräften daffir gesorgt werden, dafs 
das Anfrflcken in höhere Klassen nicht „ ersessen ** wfirde. 

Der Unterricht des höheren Kursus war hauptsächlich den Fach- 
wisseDsehaften gewidmet, daneben wurden die unbedingt nötigen Hilfs- 
wissensohafl^en und Sprachen, unter diesen besonders die deutsche, be- 
trieben; mit dem Vortrage der militärischen Wissenschaften war ihre 
praktische Anwendung verbunden. Dazu gehörte auch, dafs sämtliche 
Kadetten in der Behandlung und Instanderhaltung ihrer Bewaffnung und 
die höheren Divisionen im Exerzieren und im Scharfschiefsen der Feld- 
geschfitse sowie im Zielschiefsen mit den Infanteriegewehren unterrichtet 
wurden und dafs sie an geeigneten Übungen der Fafs - Artillerie und 
der Genietruppen teilnahmen, es geschah letzteres, wie die Beteiligung 
an den Artillerie -Schiefsfibungen, ein Jahr um das andere im Monat 
August für die beiden Divisionen; ebenso wurden diese ein Jahr um 
das andere in demselben Monate im Schanzenbau pp. unterwiesen. Im 



124 Geschiclite des Militär-Erziehnngs- und Bildangswesens in Sachsen 

September fShrte die 1. Division eine gröfsere Ternunanfhahme ans, 
WOZU ein Eantonnement bezogen wurde. Als Vorflbang znm Zielachiebea 
mit dem Infanteriegewehre, welches bei einem Infanterietruppenteüe 
geschah, diente das Schiefsen mit Stechbolzenbfichsen auf dem Schieb- 
platze. Das Sitzenbleiben in einer der Klassen des höheren Enrsas war 
grundsätzlich ausgeschlossen. Übrigens hatte der gesamte Unterricht 
insofern eine militärische Richtung zu erhalten, als alles, was fBr deo 
künftigen Offizier besonders wichtig und interessant war, vorzugsweise 
berficksiditigt und eingehend behandelt werden sollte. 



Diesen Bestimmungen entsprecbend waren die Vortragsgegenstftnde 
die nachstehenden: 

5. Division: 

Geographie: Elementarbegriffe der mathematischen und physi- 
kalischen; Übersicht der Erdteile, besonders Europas. 

Geschichte der alten Welt, ausfüihrlicher. 

Deutsch: Grammatik, Leseübungen, Erklärung des Gelesenen; 
Diktier- und Bezitierübungen; AuMtze beschreibender und er- 
zählender Art 

Lateinisch: Grammatik; Übersetzen in das Deutsche und umgekehrt; 
wöchentliche Spezimina.^ 

Franzosisch: Konjugation aller unregelmäfsigen j2eitw5rter; Kon- 
struktionsregeln im allgemeinen; Übersetzen leichter Sätze in das 
Deutsche und umgekehrt. 

Mathematik: Zahlenrechnung, Kopfrechnen, AnfEmgsgründe der 
Algebra. 

Zeichnen: Geometrisches: Gebrauch des Beifszeuges, Zeichnen Yon 
geradlinigen Figuren und Kreisen, Anlegen von Flächen in den ver- 
schiedenen TuschtSnen. Situationszeichnen: Planschrift, Wegeverbin- 
dungen, Gewässer, Schraffieren. 

Beligion: Erklärung der Lehren der heiligen Schrift zur Erweckong 
und Erhaltung des christlichen Sinnes. 

* Es verdient bemerkt zu werden, dafs, als 1864 ein neues Regiüatit 
beraten ward, der gelehrte König Johann die Frage anfwarf^ ob nicht auf 
den Unterricht im Lateinischen ganz verzichtet werden solle. Das Kriegs* 
ministerium verneinte dieselbe, indem es den Wert der Sprache als formales 
Bildnngsmittel hervorhob. 



4. Das EadeitenKorps 1859—1867 125 

SohfiDBchreiben: Deutsch und lateinisch, nach Vorhigen. — In allen 
[fiften pp. war auf deutliche, nicht zu kleine Schrift besonderer Wert 
1 legen; eine Quartseite sollte nicht mehr als 18 bis 20 Zeilen ent- 
ilten. 

4. Division: 

Gteognphie: Deutschland, besonders Sachsen. 

Geschichte des Mittelalters. 

Deutsch: Leseflbungen, Erklärung Schiller'scher GMichte, Vor- 
bungen zu freien Vorträgen erzählender und beschreibender Art, Stil- 
boBgen« 

Lateinisch: Grammatik, Lesen eine» leichten Autors, fortschreitend 
[8 zu Julius Cäsar; wöchentliche lateinische Spezimina. 

Französisch : Grammatik, Sicherheit in den Konjugationen und den 
Aoptregeln der Konstruktion, Übersetzen etwas schwererer Aufgaben. 

Mathematik: Zahlensysteme, Gleichungen und deren Anwendungen, 
erhäKnislehTe, Regel de tri, Konstruktionen einftcher Gleichungen, 
leichungen mit mehreren unbekannten vom 1. Grade, zusammen- 
esetzte Begel de tri. 

Zeichnen: Geometrisches: Sn&che geometrische Konstruktionen, 
[abstäbe, Tuschen. Situationszeichnen: Planschrift, Kopieren von 
l&aen im gleichen MaGsstabe, Anwendung des Quadratnetzes. 

Beligion: An den Unterricht der 5. Division ankntipfende und fort- 
ßhreitende Vorträge. 

Schönschreiben: Wie in der 5. Division. Planschrift. 

3. Division: 

Geographie: Europa aufser Deutschland. 
Geschichte: Neuere, bis 1789. 

Deutsch: Lesen und Erklären eines gröfseren klassischen Dichter- 
srkes, Rezitieren, freie Vorträge, Stilfibungen. 

Französisch: Grammatikalische Übungen, Gebrauch der schwierig- 
»i unpersönlichen Zeitworte, Gallizismen, Übersetzen in das Fran- 
nsche. 

Englisch: Begrflndung einer guten Aussprache, Lehre von den 
unmatikalischen Formen, Konjugation, besonders unregelmäTsiger Zeit- 
rter, Lesen eines leichten progressiven Lesebuches. 

Mafliematik: Gleichungen 2. Grades, unbestimmte Gleicbimgen, ein- 
he arithmetische und geometrische Reihen, Logarithmen; Elementar- 
metrie. 



126 Geschichte des Militär-Erziehnngs- und Bildimgswesens in Sadisen 



Waffenlehre: Allgemeine ErUämngen; ältere Waffenlehre; Schiels- 
pulver und ähnliche explo8i?e Stoffe; Feuerwaffen: das kleine Infanterie-"* 
gewehr, glatte Gewehre der In&nterie und Bdterei, allgemeine Kon^ 
struktionsgrundsfttze derselben, speziell der sächsischen; Gebrauch, 
Treffißttiigkeit pp.; Eonstruktionsgrundsfttze der gezogenen Gewehre. 

Aufiiehmen: Theorie, Instrumentenkenntnis, Abstecken pp. 

Physik: Mechanische Naturlehre, Begriffe von den €tesetzen des 
Gleichgewichtes und der Bewegung fester, flflssiger und gasfSrmiger 
ESrper. 

Zeichnen: Geometrisches: Projektionen von Flächen und Körpern, 
Tuschen derselben. Situationszeichnen: Kopieren von Plänen im Ter- 
jängten Maisstabe. 

2. Division: 

Geographie: Die auisereuropäischen Weltteile. 

Geschichte: Neueste, bis 1815. 

Deutsch: Deutsche Litteraturgeschichte, besonders seit Klopstock, 
Bede- und Stilübungen. 

Französisch: Ausschliefsung des Gebraudies der deutschen Sprache 
beim unterrichte; Festigkeit in Syntax; Kompositionen über beliebige 
Themata; Übersetzung eines deutschen Schriftstellers und eines franzS« 
sischen Klassikers. 

Englisch: Fortgesetztes Studium der Grammatik; Übersetzen von 
Gesprächen und leichten Darstellungen in das Englische; Lesen eines 
leichten englischen Klassikers. 

Mathematik: Gleichungen höherer Grade, unendlicher Beihen pp.; 
Trigonometrie und analytische Geometrie der Ebene; Einleitung in die 
Stereometrie. 

Waffenlehre: Die verschiedenen Systeme der gezogenen Feuer- 
gewehre, historisch geordnet; Einrichtung, Munition, Gebrauch, Treif- 
fähigkeit, Perkussionskraft, speziell das sächsische Gewehr; Grundzäge 
der Konstruktion der Geschützrohre. 

Befestigungskunst: Hauptsächlichstes aus dem Pionierdienste; Fdd- 
befestigungskunst; Profil, Grundrifs, Feuerwirkung, Gröisen- und Be- 
satzungsberechnung der verschiedenen Feld werke; Verstärkungsmittel; 
Bau der Feldschanzen. 

Terrainlehre: Vollständiger Kursus. 

Aufiiehmen: Topographische Aufiiahme im grofsen Malsstabe, Auf- 
nahme mit Terrainzeichnung. 

Physik: Lehre vom Schall und vom Licht. 



4. Das Kadetten Korps 1859—1867 127 

SitoatioiiBzeiclmen: Kopieren Ton Plänen, Zeichnen nach Modellen, 
iSEeidmen der Aofiiahmen; Theorie des Sitoationszeichnens. 

Fortifikationszeiohnen: Mit dem Vortrage der Befestigongskanst 
rsohreiteud. 

L Division: 

Deutsch: Grundlagen der Logik und Rhetorik , Bede- und Stil- 
lungen« 

Französisch : Ffthigkeit, französisch zu antworten und sich zu unter- 
lim; AuMtze; Fertigkeit, einen deutschen Schriftsteller auf der Stelle 
das Französische zu flbersetzen und umgekehrt 

Englisch: Mündliche Übungen, VortrSge Aber historische und geo- 
aphische Gegenstände; Bepetitionen in englischer Sprache; Lesen 
les Dichterwerkes; schriftliche Auüsätze in vorschreitender Ordnung. 

Mathematik: Beschlufs der Stereometrie; sphärische Trigonometrie. 
» fthigen Divisionen Erklärung pp. der Hauptgrundsätze der Perspektive, 
skriptive Geometrie, Statik und Dynamik. 

Waffenlehre: Konstruktion der sächsischen Geschützrohre, Lafetten, 
rotzen, Fuhrwerke pp.; Munitionsverpackung; Anfertigung der Ge- 
hfitze und der Munition, speziell fär Sachsen; Eriegsraketen; Schiefsen 
A Werfen, Handhabung und Gebrauch der Geschfitze; Wirkung, 
^e Waffen: Einteilung, Anfertigung, Übernahme pp. 

Befestigungskunst: Verteidigungsleistung und Anwendung der Feld- 
banzen; Befestigung von örtlichkeiten; verschanzte Linien; Angriff 
d Verteidigung der Feldschanzen. — Permanente Befestigung: No- 
uiklatur^ Hauptsjsteme , Belagerungskrieg, Angriff und Verteidigung 
r Festungen. 

Taktik: Elementare und angewandte; Lehre vom kleinen Kriege 
it stetem Hinweise auf kriegsgeschichtlidie Beispiele. 

Aufiiehmen: Schlulsau&ahme mit der Mensel; allgemeine Kennt- 
8 von Höhenmessungen und Nivellements. — A coup d*oeil-Auf- 
ihmen mit ünterlegung militärischer Zwecke. 

Physik: Wärme, Magnetismus, Elektrizitäb 

Situationszeichnen: Kopieren, Zeichnen nach Modellen, Auszeichnen 
er Aufiiahmen. 

Fortifikationszeichnen der den Vortrag erläuternden Grundrisse und 
line. 

Daneben erteilte in dem erforderlichen umfange ein Disciplinar« 
ffizier Unterricht Aber Dienst und Militärstil. 



t28 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

— ■ — - II I _ _ _ ^^^^.^^^^^^ 

In der 1. Division wurden die beiden letzten Monate ^ in den 
übrigen die letzten 14 Tage des Schaljahres zu Bepetitionen m- 
wendet 

Die wissenschaftliche Reife zum Offizier wurde in einer Austrittg- 
prufung nachgewiesen, welche alljährlich so zeitig stattfand, dass die 
Entlassung vor Ostern erfolgen konnte. 

Eine körperliche Untersuchung durch den Generalstabsarzt war 
vorangegangen. Die Prüfungskommission bestand aus 2 oder 3 Offi- 
zieren des Generalstabes und einem Stabsoffizier oder Hauptmann der 
Infanterie, zu denen, wenn es sich um Anstellung bei der Beiterei han- 
delte, ein Stabsoffizier oder Bittmeister dieser Waffe trat; der Chef des 
Qeneralstabes oder ein Abteilungschef des Kriegsministeriums ffihrte den 
Vorsitz; der Kommandant des E.-E. war zugegen, soviel seine sonstigen 
Dienstgeschäfte es gestatteten, der Schlufskonferenz wohnte er unter 
allen Umständen bei. Die Begiments-Kommandeure hatten das Becht, 
bei der Prüfung anwesend zu sein oder sich dabei vertreten zu lassen. 
Der Kommandant des K.-K. stellte der Kommission umfimgreichee 
Material zur Kennzeichnung der wissenschaftlichen und dienstlichen Be- 
fähigung, sowie der Charaktereigenschaften der Z5glinge zur VerfSgiuig. 
Die Kommission bestimmte die Abschnitte, über welche geprüft werden 
sollte. Die Ergebnisse wurden in Zahlen ausgedrückt und in einer Schlob- 
Zensur zusammengeMst. Auf diese übten die einsehen WisseaBckaften 
und Fertigkeiten insoweit^Einflufs, als die Zensuren über die Leistunges 
in mehreren, unter einander verwandten, weniger umfangreichen, leich- 
teren und für die miUtärwissensehaftliche Ausbädung weniger wiehtigeD 
Fächern in eine mittlere Zensur zusammengefafst wurden. In welcher 
Weise dies^zu geschehen hatte, ist im Begulative nicht vorgeedmeben. 
Bei der Erteilung der Zensuren wurden auch Fleifs und Führung in 
Betracht gezogen. Das Protokoll über die Prüfnngen ward dem Kriega- 
ministerium ubersandt, welches für die Bestandenen die Anstellung als 
Portepeejunker der Infanterie bezw. der Beiterei beantragte; die «lor 
Anstellung als Ofßzierssubjekte nicht geeigneten Zöglinge' hatten ein- 
fach ihrer Militärpflicht zu genügen (S. 113). 

Zur Anstellung als Portepeejunker in der Infonterie und der Beiterei 
durften anlserdem^solche Artillerie-Schüler m Vorschlag gd)radit werden, 
welche wegen Mangel an offenen Plätzen dort nicht gebraucht werd« 
konnten, sowie solche, welche nicht die zu einer derartigen AnatelloDg 
nötigen Kenntnisse in der höheren Mathematik umd den fecwamitai 



4. Dm Kadetten-KorpB 1859—1867 129 

_ _ 'i ■ , ■ ■ I ■ . 

Fächern besafsen, sonst aber durchaus geeignet waren; die letztere Frage 
hatten die vom Generalstabe und dem Eriegsministerinm zur Prflfnngs- 
kommission abgeordneten Offiziere zu entscheiden. Um möglichste 
Unparteilichkeit walten zu lassen, wurden in denjenigen Jahren, in 
denen auch aus der Artillerie-Schule Entlassungen stattfanden, als Mit- 
glieder beider Prüfungskommissionen die nämlichen Offiziere komman- 
diert 

Die Heranbildung von Unteroffizieren zu Offizieren durch das E.-E. 
beschränkte sich auf diejenigen Fälle, in denen die Begiments-Eom- 
mandeure besonders geeignete Persönlichkeiten emp&hlen. Diese mufsten 
den Besitz der ffir die erste Ausrüstung erforderlichen Mittel, bezw. des 
fir die Beiterei geforderten Zuschusses, nachweisen und die Eintritts- 
profung fAr die 2. oder 1. Division bestehen. Sie nahmen nur am 
Unterrichte teil und kamen sonst mit den Eadetten nicht in Berührung. 

Eadettenkorps und Artillerie -Schule hatten im allgemeinen ge- 
sonderte Bäume inne, nur der grofse Tanz- und der Fechtsaal, das 
Pbysikzimmer, die Erankenburg (S. 130) und der Spielplatz sowie 
einzelne Lehrmittel wurden gemeinsam benutzt. 

Das tägliche Leben im E.-E. erfuhr weitere Begeluog durch einen 
«Anhang, enthaltend Bestimmungen, welche sich auf den 
Betrieb des Dienstes speziell beziehen*. Derselbe enthält keine 
wesentliche Verschiedenheiten gegen die früheren Vorschriften. Die 
Tageseinteilung blieb &st ganz die frühere, nur wurde in der 
Begel um 97« Uhr schlafen und im Sommer von 5 bis 6 Uhr Abends, 
im Winter von 1 bis 2, spazieren gegangen, wobei die oberen Divisionen 
durch einen Gouverneur, die unteren durch einen älteren Eadett ge- 
führt wurden; an den Mahlzeiten nahmen die Gouverneure teil, während 
der Offizier vom Dienst eine Oberaufsicht ausübte; das Baden im Hause 
war so geordnet, dafs jeder Eadett alle 14 Tage bis 3 Wochen an die 
Beihe kam; an die Stelle von Schlafrock und Pantoffeln waren Haus- 
rocke und Hausschuhe getreten; Schwimmunterricht in der Elbe, aber 
nur zweimal wöchentlich, erhielten 30 Eadetten durch einen Offizier 
oder Unteroffizier der Pioniere, Beitunterricht allwSchentlich entweder 
15 Eadetten der 1. Division je 4 oder 30 je 2 Stunden; 3 Eadetten 
hatten an jedem Theaterabende einen Freiplatz im Parquet, einen vierten 
nahm regelmäfsig ein Gouverneur, Wirtschaftssekretär oder Stubenkom- 
mandant ein, im übrigen kamen vierteljährlich der Gefreite und der 
, Ausgezeichnete* etwa 5, der .Zuverlässige* 4, der .Ehrenerwähnte' 
3, der , Gutzensierte* 2 mal an die Beihe, wer nicht zu ihnen gehörte, 

Q«ehielit6 dM MIUtlr-Eniehoiiga- and BUdnngfwaMo« in 8aoht«a 9 



130 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildnngswesens in Sachsen 

war von der Vergunstigang ansgeschlosseo ; Urlaub erhielten die Ei 
detten mit Leichtigkeit; bei besonderen Veranlassungen konnte die E] 
laubnis bis 12, Sonnabends bis 1 Uhr nachts ausgedehnt werdet 
Sonntags wurde nach dem Essen bis um 3 Uhr Yisitennrlaub gegebei 
nachmittags von den nicht Ausgeladenen ein gröfserer Spaziergang ge 
macht, auf welchem anständige Wirtschaften besucht werden durftet 
der begleitende Oouverneur erhielt zu diesem Zwecke fSr seine Perso 
10 Groschen aus der Kegelkasse; die in unmittelbarer Nähe der Stad 
belegenen Wirtschaften, welche besucht werden durften, waren namhal 
gemacht. Die Behandlung der Kranken geschah durch einen in de 
Anstalt wohnenden Arzt unter Aufsicht des Generalstabsarztes ; letztere 
war zweimal wöchentlich zu bestimmten Zeiten dort anwesend; de 
Angehörigen erkrankter Kadetten war gestattet, ihre Hausärzte dei 
Besuche desselben auf der , Krankenburg', dem Anstaltslazareth, bei 
wohnen zu lassen. 

Zum erstenmale erhalten wir hier amtliche Mitteilungen über di 
anzuwendenden Strafen und Disziplinarmafsregeln, sowie über die Normei 
nach denen Vorrechte erteilt wurden. Schon den Stubenkommandante 
waren weitgehende Strafbefugnisse beigelegt. Sie konnten verfSgei 
Aufstehen Vi oder Vs Stunde vor dem Signale zum Wecken, Bern 
machen und Melden vor Beginn der dienstlichen Versammlungen i 
dem dazu vorgeschriebenen Anzüge, vor der Stundenparade mit de 
nötigen Büchern; Erteilen von Strafarbeiten während der Freistunden 
Stubendienst aufser der Tour, anwendbar gegen Kadetten der 4. uo 
5. Division; einfache Stubenbeschränkung, wobei der Bestrafte währen 
der Freistunden die Stube nur im Dienste oder mit besonderer, nur aas 
nahmsweise zu erteilender Genehmigung eines seiner Vorgesetzten vei 
lassen durfte; Stubenbeschränkung, verbunden mit einer Stunde Strafubei 
täglich während der Freistunden; Verweigerung der Signatur des üi 
laubszettels, eine mit ürlaubsverweigerung gleichbedeutende Mafsregel 
dabei war bestimmt, dafs 4 Tage einfacher Stubenbeschränkung gleic 
einer Woche Stubendienst aufser der Tour, 7 solche Tage gleich 3 T^t 
mit Strafarbeit oder gleich 14 Tagen früheren Aufstehens oder Bevuc 
machens zu rechnen seien; das höchste den Stubenkommandanten zu 
gestandene Strafinafs durfte die Geltung von 7 Tagen einfacher StubeD 
beschränkung nicht überschreiten, es war jedoch gestattet, an diese 
7 Tagen zugleich das Frühaufistehen und das Bevuemacben stattfinde 
zu lassen. Jede verhängte Strafe mufste sofort dem Gouverneur d( 
Brigade oder in dessen Abwesenheit dem vom Dienste gemeldet werde] 



4. Das Kadetten-Korps 1859—1867 131 



eher, wenn ihm die Strafe nicht gerechtfertigt erschien, höhere Ent- 
eidong einzuholen hatte. — Die nämliche Strafbefugnis stand dem 
avemeur zu; derselbe hatte aufserdem das Recht, langsame und 
lüSssige Kadetten noch früher zu wecken und sie in vollem Anzüge 

sich erscheinen zu lassen. Alle diese Strafen mulsten in ein 
ibenjoumal eingetragen werden. Der Qou?emeur hatte das Becht, 
in Ge&hr im Vorzüge war, Kadetten zu arretieren. — Die 
tziplinaroffiziere waren befugt, den Gefreiten auf 2 Tage, den 
"^en zum Ausgehen in bestimmten Freistunden an den Wochen- 
en berechtigten Kadetten auf 3 Tage, dieses Recht zu entziehen; sie 
rften den Urlaub an Sonn- und Festtagen auf 3 Stunden beschränken, 
i»n von solchen Yerftlgnngen aber Meldung zu machen; aufserdem 
rften sie f&r besonders unzuverlässige Kadetten die Bewirtschaftung 
es Taschengeldes durch den Visitationskommandanten oder Qouver- 
ir anordnen. — Der Kommandant, welchem das Kriegsministerium bei 
ser Gelegenheit emp&hl, die Anwendung der Strafgewalt, mehr als 
her geschehen war, im militärischen Geiste zu ordnen, die Verhän- 
ig der Ordnungsstrafen dagegen zuräcktreten zu lassen, durfte an 
in- und Festti^en einen ürlaubsabzug bis zu fSnf Stunden verfflgen, 
eater- und Extra-Ürlaub auf bestimmte oder unbestimmte Zeit ver- 
igem; er durfte ferner eine bei schlechten Zeugnissen gewöhnlich an- 
f endende Straf art «Hausbeschränkung* zuerkennen, wobei der Be- 
bende mit dem Gouverneur bezw. Ofißzier spazieren ging und sich 
über in einer neben der des Gouverneurs belegenen Stube aufhielt, 
1 durfte Stubenarrest, sowie solchen mit beschränkter Kost, verhängen . 
ler dauerte von morgens 7 bis abends 9 Uhr und ward in der Stube 

Gouverneurs vom Dienst verbüTst, der Arrestant nahm jedoch am 
ttesdienste. Mittags- und Abendtische und an den kleinen Spazier- 
igen teil; wer mit «beschränkter Kost** bestraft war, erhielt einen 
londeren Platz am Tische. An Arreststrafen waren femer enger 
rest und enger Arrest bei Wasser und Brod, ersterer auf mindestens 
, letzterer auf mindestens 24 Stunden, zulässig; beide Arten wurden 

der Regel Sonntags oder seit Sonnabend Abend verbflfst; für die 
icht wurden eine Matratze und Decke gegeben. Weitere dem Kom- 
mdanten zugängliche Strafmittel waren Entziehung der gewährten 
)rrechte auf bestimmte Zeit oder f&r das laufende Vierteljahr, wobei, 
)im das letztere Strafmafs gegen einen Gefreiten zur Anwendung kam, 
eser degradiert und aber das Geschehene dem Kriegsministerio he- 
chtet wurde; Anweisung eines abgesonderten Platzes beim Untenrichte 

9» 



132 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

üBr Kadetten, welche diesen störten ; Zaräcksetznng in der Klassifikation ; 
Entziehung allen Urlaubes auf bestimmte oder unbestimmte Zeit für 
besonders unzuverlässige Kadetten. Wer Fehler gegen die deutsche 
Rechtschreibung gemacht hatte, mufste vor Antritt seines Sonntags- 
urlaubes die Verbesserung in das Fehlerbuch schreiben und zwar 20 mal 
wenn er der 1., 15 mal wenn er der 2., 10 mal wenn er einer der 
unteren Divisionen angehörte. Wer in Fleifs oder Betragen eine ,3« 
oder noch schlechtere Nummer im Zeugnisse hatte, war fär das laufende 
Vierteljahr von Theaterbesuche und Extra- Urlaube ausgeschlossen; bd 
mehreren «3* oder schlechteren Nummern trat Hausbeschränkung an : 
einem oder mehreren Sonntagen hinzu. 

Kadetten^ welche in Fleifs nur .1' und ,2' und zwar mindestens - 
eben so oft ,1' wie ,2* hatten und deren AuffOhrung «gut* be- - 
urteilt war, erhielten «Ehrenerwähnung'; Kadetten der 1. und 2. Di- ^ 
Vision, welche im höheren Kursus in drei aufeinander folgenden Zensiir- - 
Perioden Ehrenerwähnung und bei der vierten die gleiche Beurteilimg 
erfuhren, wurden zu «Ausgezeichneten* ernannt. Bei der Emennimg 
zu .Gefreiten', welche den Visitations- oder Stuben-Kommandanten zq 
teil werden konnte, aber nicht zu teil zu werden brauchte, stand die 
Beurteilung durch die Brigade, welche die Brauchbarkeit als Vorgesetzter 
zu berflcksichtigen hatte, in erster, die Fleifszensur in zweiter Linie; 
bei der Ernennung zum Ausgezeichneten wurden beide Faktoren gleich- 
mäfsig in betracht gezogen; nicht jeder Gefreite war zugleich Aus- 
gezeichneter. Gefreiten, Ausgezeichneten und Zuverlässigen konnte auch 
in der Woche während der Freistunden Extra-Ürlaub erteilt werden. 
Die Gefreiten waren berechtigt, von 127« bis iVi Uhr mittags undm ; 
5 bis 7 Uhr abends auszugehen. r 

Die Zensuren der Lehrer wurden in Zahlen fSr Fleifs, Fortschritte -;;: 
und Betragen erteilt; 1 bedeutete ausgezeichnet, la sehr gut, 2 gut, i 
2a ziemlich gut, 3 mittelmäfsig, 3a kaum genügend, 4 ungenägeod, ^r 
5 schlecht. Jeder Lehrer hatte den Platz anzugeben, welchen seine • 
SchtQer in der Gemeinschaft einzunehmen verdienten. i 



Am 1. April 18 63 ersetzte den Ob. v. Witzleben der durch 
kriegsgeschichtliche Arbeiten bekannte Ob. v. Montbö. Unter ihm 
fanden einige Veränderungen^ äufserlicher Art statt, welche durch die 

• Arch. d. Kr.-M. Rep. G., Loc XVIII, No. 19. 



4. Das Kadetten-Korps 1859—1867 133 

I Jahre 186 4 eingetretene Yermehning der Zöglinge veranlaTst waren 
id am 19. Oktober bezw. 15. November vom Könige genehmigt 
orden ^ Die Zahl derselben stieg von 80 anf 95, von denen sich 15 
1 Frei-, 65 in halben, 15 in ganzen Zahlstellen (bezw. 50,. 110, 
10 Thaler jährlich) befanden. Freistellen konnten nur solche Be- 
erber erhalten, welche die Aufnahme -Prüfung wenigstens fix die 
, Division bestanden; wer in die 4. oder 5. eintrat, konnte auch später 
cht in eine solche einrücken; das Herabsteigen aus ganzen in halbe 
ihlstellen im Laufe der Zugehörigkeit zur Anstalt war dagegen zu- 
ssig. Es waren dies Bedingungen, an welche die Ständeversammlung 
e Bewilligung einer Dispositionssumme für Freistellen von jährlich 
[40 TThaler geknüpft hatte. Wenn Zahlstellen im K.-E. unbesetzt 
leben, so durften statt Eladetten ebenso viele Artillerieschüler mehr ein- 
stellt werden und umgekehrt. Aufser den etatsmäfsigen Kadetten 
nnten Volontäre Aufnahme finden, welche als Inländer 300, als Aus- 
ader 400 Thaler zahlten. Daneben waren für einen jeden Zögling 
i der Aufnahme in eine der drei oberen Divisionen 40, in eine der 
iteren 25 Thaler zur AnschafiFong von Unterrichtsmitteln und allgemein 
65 Thaler 21 Oroschen 1 Pfennig zur Beschaffung von Bekleidungs- 
id WirtschaftBgegenständen zu erlegen; die Wäsche hatte er in vor- 
^hriebener Menge mitzubringen. Bei der Versetzung aus der 4. in 
ie 3. Division waren weitere 25 Thaler für Lehrbücher zu bezahlen; 
li sonstigen Versetzungen wurden 10 Thaler erlegt, jedoch nur nach 
edarf verwendet. Das Kriegsministerium nahm 1864 Veranlassung 
if minder häufigen Wechsel in den Lehrbüchern hinzuwirken. 

Von den ünterhaltungsbeitrl^en waren vorgeschriebene Beträge f3r 
)wisse Zwecke bestimmt. Für einen jeden Kadett wurde genau Buch 
)fährt, um nachweisen zu können» in wie weit jeder Fonds f^ ihn in 
nspruch genommen war und demnächst sein Guthaben oder seine 
chold beziffern zu können. 

In betreff des Lebensalters ward bestimmt, dafs beim Eintritte in 
ie 5. Division das 16., in die 1. das 20. Jahr nicht überschritten 
An dürfe. 

Das Lehrerpersonal war um 1 etatsmäfsigen Zivillehrer vermehrt 
% den nicht durch etatsmäfsige Lehrer zu erteilenden Unterricht 

' Regulativ für das Cadetten- Corps und die Artillerie -Schule, 1864, 
>nick von C. Heinricli, ist ein in der Höckner'schen Buchhandlung er- 
i^'hienener Auszug der Urschrift, welcher alles allgemein Interessante enthält. 






134 Geschichte des Militär-Erziehangs- and Bildungswesens in Sachsen 

standen zur Verfagung: 1200 Thaler ffir französische Stunden, 700 fSr 
das Reiten, 700 für Fechten, Tanzen, Gymnastik pp«, 1000 fttr all« 
übrige (Physik, Beligion, Latein, Bibliothek pp.). Unterricht darch 
die Disziplinar- Offiziere war vorzugsweise für die praktischen Zweige in 
Aussicht genommen. 

Der im Jahre 1862 befohlenen üniformsänderung der Armee ent- 
sprechend war an Stelle des grünen Grundtuches Eornblumenblao ge- 
treten; Kragen und Aufschläge waren von schwarzem Sammetmanchesteff 
die Vorstofse rot, die Knopfe weifs, die Mäntel (Burnus) schwarzgraa; 
auf den Kragen hatten die 1. Division drei, die 2. zwei, die 3. eine, 
die 4. und 5. keine Silbertresse; die kornblumenblauen Achselklappen 
waren bei der 1. bis 4. Division mit schmaler Silbertresse einge&lst 
Die Gefreiten hatten Achselklappen von Silbertresse, silberne Portepees 
und Silbertressen um den oberen Czakorand. 



Eine Unterbrechung der Thätigkeit des K.-K. brachte das Jahr 
1 8 6 6 ^ Frühzeitig war die Überführung der jüngeren Zöglinge in be- 
freundetes Land für den Fall des Krieges vorbereitet. Am Morgen des 
16. Juni, als Preufsen denselben erklärt hatte, ward sie in Vollsag 
gesetzt, die Kadetten der beiden oberen Divisionen waren der Armee 
überwiesen. Unter Führung des interimistischen Kommandanten, Hptm. 
Freiherr O'Byrn, traten 47 Kadetten und 10 Artillerie-Schüler, be- 
gleitet von 1 Militärlehrer, 5 Professoren, den Gouverneuren nnd 
mehreren Bediensteten, die Fahrt nach Prag an ; acht Tage später ging 
es nach Wien, wo in der Equitation in der Vorstadt Landstrafs Qaar- . 
tier genommen wurde und der Unterricht von neuem begann; am 
14. Juli ward dieser Aufenthalt mit dem zu Liebenau miweit Grab 
vertauscht, wo die Bäume der Artillerie-Schulkompagnie Gelegenheit 
zur Unterbringung boten. Am 28. November erfolgte die Bückkehr 
nach Dresden. Hier wurden die Kadetten vorläufig zu ihren Angehörigen 
entlassen. Die Heeresleitung aber machte sich unverzüglich daran, die 
in Gemäfsheit der staatlichen Neugestaltung Deutschlands ihr obliegende 
Umformung der bisherigen Militär-Bildungsanstalten nach preuisischem 
Muster ins Leben treten zu lassen und, bevor noch die Militär-Koo- 



. ^ „Kriegserlebnisse eines Soldatenschulmeisters aus dem Jahre 1866" in ( 
den Sonntags -Extrabeilagen zu den Bautzener Nachrichten No. 35—38 Tom 
Jahre 1886 (von Prof. Dr. Knothe); Bblthk. d. K.-K. 



4. Das Kadetten-Korps 1867—1868 135 

tention am 7. Februar 1867 abgeschlossen wurde, erfolgte die Wieder- 
erofibung des E.-K. auf wesentlich anderen, den veränderten Verhält- 
Dissen entsprechenden Grundlagen. 

1867—1868 

Die Grundzfige der neuen Einrichtung enthält ein 
Provisorisches Begulativ fdr das Königlich Sächsische 
Kadetten-Eorps vom Jahre 1866 ^ 

Die Vorschriften desselben schliefsen sich in den Hauptsachen den 
in Preufsen damals geltenden an; die wichtigste Neuerung war die, 
dafs der Unterricht sich fortan auf die Sdiulwissenschaften beschränkte, 
weil die fachwissenschaftliche Ausbildung denjenigen Anstalten vor- 
behalten blieb, welche die Kadetten nach ihrem Austritte aus dem 
Dresdener Hause in Preufsen zu besuchen hatten, um sich die für die 
Beförderung zu Offizieren verlangten Berufskenntnisse zu erwerben. 
Jener Schulunterricht aber mufste derart geordnet werden, dafs er zum 
Bestehen der vorgeschriebenen Prüfung zum Portepeefähnrich befthigte. 
Dem Königlichen Flügel -Adjutanten Maj. Frhm. v. Welck fiel die 
schwierige Aufgabe zu, die neue Organisation durchzufuhren. Zeit war 
nicht zu verlieren. Aufser der Notwendigkeit, den gestörten Bildungs- 
gang der Zöglinge baldmöglichst in ruhige und geordnete Bahnen zu 
leiten, muMe Ersatz an Offizieren fQr die stattgehabten Verluste und 
für den durch die Vermehrung des Heeres gewachsenen Bedarf geschafft 
werden. Bereits am 8. Januar 1867 ward die Anstalt mit den 
Klassen Tertia, Quarta, Quinta und im ganzen 57 Zöglingen wieder 
eröffnet. Im Mai kamen nach vorgenommener Versetzung und 
Änfhahme neuer Zöglinge eine Sekunda und eine Sexta hinzu und die 
Versetzung zu Ostern 1868 ermöglichte die Bildung einer Prima, so- 
dass die sechs Klassen, deren Bestehen im Plane lag, vorhanden waren. 

Da fQr die Anstalt, wie sie nunmehr hergestellt war, bereits im 
Jahre 1868 ein endgiltiges Begulativ an die Stelle des 1866 erlassenen 
vorläufigen trat, welches den durch das letztere in Aussicht genommenen 
Lehrplan in allen Stücken bestätigte und nur eine andere Verteilung 
der Lehr- und Arbeitsstunden für einzelne Fächer des Unterrichtes an- 
ordnete, so brauchen die vorläufigen Bestimmungen hier nicht ein- 
gehend erörtert zu werden; in Beziehung auf die wissenschaftliche 
Ausbildung der Zöglinge genfigt es, die Übersicht jener Verteilung auf- 

* Dresden, Druck von C. Heinrich. 



136 Geschichte dee MUiUr-Eniehimgs- und BildnngsveBens m SachBen 

zonelimeD, bei welcher indessen bemerkt werden mufs, dafs mit dem 
AnsatEe einer bestimmten Zahl von Arbeitsstunden für die einzehigo 
Fächer nicht beabsichtigt ward, diese Zeit miter allen Cmständen ge- 
rade für jenes Fach verwenden zu lassen. Man hatte vielmehr nu 
einen allgemeinen Anhalt haben wollen: 



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Aolserdem mnTs bemerkt werden, daTs 1866 die Zahl der ZSglinge 
geringer nnd die für sie zu entrichtendeD Geldbetr^e anders normiert 
waren als 1868. Es sollten nach den zuerst erlassenen Bestimmui^ 
124 etatsmfiisige Kadetten in 20 Frei-, 84 halben und 20 ganun 
Zahlstellen zu bezw. 50, 100, 210 Thaler jährlich, also in der fräherai 
Höhe, Aufnahme finden; daneben durften, soweit der Baum es ge- 
stattete, Volontärs zugelasaen werden, welche als Inländer 260, als 
Ausl&oder 360 Thaler entrichteten; dazn kamen Anachaffungskoaten f3i 
die erste AusrfistuDg and für Unterrichtsmittel. Solauge die Zahl der 
Schaler einer Klasse 24 nicht öberstieg, durfte der Kommandant Ex- 
terne zor Teilnahme am Unterrichte zulassen, welche jährlich 96 Thaler 
Schulgeld zahlten. Wie früher durften geeignete Unteroffiziere zur 



4. Dafl Kadetten-Korps 1868—1869 137 



Teilnahme am Unterrichte zugelassen werden; es durfte von der Tertia 
ji geschehen. 

Der anfänglich geringeren Schülerzahl entsprechend war auch die 
IM der etatsmäTsigen Civillehrer um 2, die der Lehrer des Fran- 
zösischen und der Gouverneure um je 1 gerioger als später. An Geld- 
mitteln für den nicht durch etatsmäfsige Lehrer zu erteilenden Unter- 
richt pp. standen zur Verfügung: 1800 Thaler für Sprachunterricht, 
lOOO für das Reiten, 1100 ffir Fechten, Turnen, Tanzen pp., 1700 für 
allen sonstigen Unterricht, die Bibliothek und die Modellsammlung. 

1868— 1860 

Für die nach Beendigung des Überganges in die neuen Verhält- 
oisse hergestellten Zustände waren diejenigen Bestimmungen mafsgebend, 
welche das 
Regulativ für das Königlich Sächsische Eadetten-Eorps 

vom Jahre 1868^ 
nthält. Sie decken sich, wie erwähnt, abgesehen von den oben an- 
;efahrten Punkten, mit den Festsetzungen des provisorischen Reglements 
on 1866. 

Der Zweck der Anstalt war, „Of&ziers-Subjekte fär das Armee- 
korps zu erziehen, sowie wissenschaftlich und, soweit thunlich, auch 
)raktisch vorzubereiten*'. Die Erreichung des in den Vordergrund ge- 
sellten erzieherischen Zweckes ward wie bisher zunächst durch die 
Verwendung älterer Kadetten und der Gouverneure angestrebt; über 
letzteren standen die Disziplinar -Offiziere. Alle sollten ihre nähere 
Dienstanweisung durch besondere Instruktionen und durch ein Haus- 
regulativ erhalten, welches der dem Kriegsministerium unmittelbar 
unterstellte Kommandant gab. Diese Vorschriften weichen von den vor 
1866 in Geltung gewesenen wenig ab; auch die Verwaltung ward in 
der bisherigen Weise weitergeführt. 

Das Personal umfafste jetzt 1 Kommandanten, 1 Militärlehrer, 
4 Disziplinar-Offizier einschl. des V7irtschafts-Offiziers, 6 etatsmäfsige 
Zivillehrer einschl. eines Hausgeistlichen, 2 etatsmäfsige Lehrer des 
Französischen, 1 : Wirtschafts-Sekretär, 6 Gouverneure, 10 Aufwärter, 
2 Krankenwärter. 

Militärlehrer und Disziplinar-Offiziere wurden durch den Komman- 
danten, welcher sich zunächst des Einverständnisses des General-Kom- 

* Nicht im Druck erschienen. 



138 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildangswesens in Sachsen 

mandos und ihres eigenen zn versichern hatte, beim Kriegsministerimn 
in Vorschlag gebracht, erhielten Zulagen und traten der Regel nach 
beim Aufrücken in das Oehalt eines Hauptmannes 2. bezw. 3. Klasse 
in die Truppe zurück. Die vorgesetzte Behörde des Wirtschafts- 
Offiziers war das Eriegsministerium, bei wesentlichen Neuerongeii 
hatte er sich vorher des Einverständnisses des Kommandanten zn ver- 
sichern; er hatte die Au&icht über das Dienstpersonal, das Inventar, die 
Bäume pp. — Militär-, wie etatsmäfsige Givillehrer hatten zunächst eine 
halbjährige Probedienstzeit zu bestehen, mit ihrer festen Anstellung er- 
hielten letztere die Eigenschaft von Zivilstaatsdienern. Daneben gab es 
Hilfslehrer für den wissenschaftlichen Unterricht, welche, wie die Fecht-, 
Turn- und Tanzlehrer, auf vierteljährige Kündigung angestellt waren. 
Der Jahresetat stellte für die Honorierung der nicht festangestellten 
wissenschaftlichen Lehrer 1200, f3r Tanz-, Turn- und Fechtunterricht 
1100, für den Reitunterricht 1000 Thaler zur Yerfagnng. Letzterer 
wurde den oberen Divisionen in der Militär -Beitanstalt erteilt Die 
Kadetten der höheren Divisionen wurden femer in der Behandlung der 
Waffen, im Exerzieren mit dem Gewehre und am Geschütze und im 
Zielschielflen unterwiesen. 

Die Zahl der Zöglinge betrug 180. Davon hatten 20 Frei-, 84 
halbe, 66 ganze Zahlstellen zu bezw. 54, 114, 214 Thaler; 10 durften 
Volontärs sein, diese zahlten als Inländer, d. h. als Sachsen oder An- 
gehörige eines anderen Norddeutschen Bundesstaates, 264, als Aas- 
länder 304 Thaler. Aufserdem waren die Kosten für die erste Aus- 
rüstung und für die zunächst anzuschaffenden Lehrbücher pp. zu erstatten. 

Freistellen wurden nur beim Eintritte in die Tertia oder eine 
höhere Klasse gewährt; wer in eine niedere aufgenommen war, konnte 
eine solche nie erhalten (vgl. S. 133). Anspruch auf ZahlungsermäTsi- 
gung stand zu: Söhnen vor dem Feinde gebliebener oder durch unmittel- 
bare Dienstbeschädigung invalide gewordener, unbemittelter aktiver sowie 
unbemittelter anderer gut gedienter OfQziere; sodann von UnterofBzieren, 
vorausgesetzt dafs die Söhne während der aktiven Dienstzeit geboren 
waren und zwar zuerst von vor dem Feinde gebliebenen oder dnrdi 
Wunden dienstunbrauchbar gewordenen, sodann von 25 Jahre in der 
Truppe gedient habenden; endlich den Söhnen anderer Staatsbürger, 
welche sich besondere Verdienste um den Staat erworben hatten. All- 
gemeine Bedingung war Abstammung aus einer legitimen Ehe. Über 
die Zahlstellen verfügte das Kriegsministerium auf Grund der Vor- 
schläge des Kommandanten. 



4. Dfts Kadetten-Korps 1868—1869 139 

Die AnmeldaDgen geschahen bei dem EommaDdanten, welchem die 
Anwärter persönlich vorzustellen waren, vor dem 15. Februar; die Auf- 
nahmeprfifungen fanden bald nach Ostern statt; der Aufzunehmende 
iDiirste am 1. Mai das 11. Lebensjahr vollendet und durfte d^ 17. 
nicht fiberschritten haben. Der Aufnahmeprüfung ging eine ünter- 
socbung durch den Generalstabsarzt vorher; jene wurde vor einer aus 
dem Kommandanten des E.-E., einem Abgeordneten des Eriegs- 
ministeriums und einem Zivillehrer bestehenden Eommission abgelegt. 

Für den Eintritt in die Sexta, welcher im Alter von 11 bis 
13 Jahren erfolgen konnte, wurde verlangt: 

Im Deutschen: Fertigkeit im Lesen und orthographisch ziemlich 
richtiges Schreiben; schriftliche Wiedergabe einer kleinen Erzählung, 
velche als Leseprobe gedient hatte. 

Im Lateinischen: Begelmäfsige Deklination der Substantiva und 
Adjektiva, der Eonjugation von .esse' und der regelmäfsigen Verba. 

Im Bechnen: Die Spezies mit ganzen unbenatfnten und benannten 
Zahlen (keine Begriffserklärungen); Beduktionen der gebräuchlichsten 
Einteilung des Geldes, der Gewichte pp. 

Im Französischen: Fertigkeit im Lesen; Eenntnis der 40 ersten 
Lektionen der Grammatik von Flötz, L 

Für den Eintritt in die höheren Elassen wurde der Nachweis der 
entsprechenden Bildungsstufe nach Mafsgabe des vorgeschriebenen Lehr- 
stoffes verlangt; derselbe Nachweis mufste geführt werden, wenn es sich 
ausnahmsweise um Aufnahme während des Eursus handelte. Nicht Be- 
standene wies der Eommandant zurück. Zu Anfang des Schuljahres 
konnte wie bisher geeigneten UnterofBzieren , welche mindestens für 
Tertia reif waren, die Teilnahme am Unterrichte behufs Ablegung der 
F&hnrichsprüfung gestattet werden. Die von ihnen zu erfüllenden For- 
derungen waren die früheren; in ihrem Verhältnisse zum E.-K. trat 
insofern eine Änderung ein, als sie in disziplinarer Beziehung dem 
Kommandanten des letzteren unterstellt wurden, im übrigen blieb ihre 
Stellung so wie sie immer gewesen war. Aufserdem durfte der Eom- 
mandant in besonderen Fällen einigen .Externen' gegen Zahlung von 
jährlich 96 Thalern den Besuch des Unterrichtes gestatten. 

Die beim E.-E. angestellten Offiziere trugen nicht mehr die Uni- 
form desselben, sondern derjenigen Partei, welcher sie früher angehört 
hatten; eine Ausnahme sollten festangestellte Militärlehrer machen. 
Wirtschaftssekretär und Qouverneure hatten einen dunkelblauen Waffen- 
rock mit rotem Eragen, Aufschlägen und Vorstofs und weifsen Enopfen, 



140 Geschichte dea lUitär-EniehuQga- uiul BilduiieBweeeiie in SsdiMii 



roten ÄcbselkUppea mit Eio^sauDg von breiter SUbertresae und 
in (jold geschlageaen Krone, schwarzgrane Beinkleider mit rotem Ta 
stofse, Czako, Degen mit silbernem Portepee an schwaraem Koppel fite 
dem Bock, scbwarzgrauen Barnus mit roten Klappen am Kragea. ^ 
Uniform der Kadetten war im allgemeinen die nämliche, die drei obm 
Divisionen (Klassen) hatten drei, die 3. swei, die 4. eine BÜbeme Ufa) 
an jeder Seite des Kragens, die 1- eine breite, die 2., 3., 4., 5. «i 
schmale Treaseneinfassnng der Achselklappen, alle eine SilbertresK oba 
um den Czako, nnd die Gefreiten das Portepee der Gonvemeuie. iM 
6. Januar 1870 wnrde befohlen, dafs die ünterscheidong 
Tressen fortfallen aolle. Sämtliche Kadett«n hatten noD je zwä t 
TressenUtzen auf Aufschlägen nnd Kragen, die Dinsionen nntttsclütla 
sich durch Nummern auf den Achselklappen. 

Eine Strafgewalt, und zwar die des Begiments-Kommandeon, 
nur der Kommandant aus; den übrigen Vorgesetzten stand das 1 
der Arretur zu; jeder Neneintretende ward auf Befolgung der Eu»- 
Ordnung und der Grundsätze für die Zöglinge mittelst Eandscliligi 
verpflichtet; über Anträge auf Entlassung Ungeeigneter entschied dB 
Krie^miniateriam. 

Im Sinne der Hausordnung waren die Zöglinge in Brigaden gh 
teilt, welche aus allen Divisionen zusammengesetzt waren; jeder i* 
letzteren standen ein Disziplinar-Of&zier, ein oder zwei Goavemenn 
letztere als Ober-Visitations-Kommandanten, und Kadetten der l.Di« 
Vision als Visitations-Kommandanten vor, letztere konnten zu Qe&al 
ernannt werden. Für das Exerzieren bestand die Einteilung in Koa< 
pagnieen, von denen die 1. die Kadetten der 1., 2., 3., 4., die 2. dit 
der 5. nnd 6. Division bildeten. Die Tarn-, Fecbt- und Tu* 
ahteilungen wurden auf Grund der Leistungen, ohne Bilcksickt anf 
Divisionazngehörigkeit, zusammengesetzt. Der August war FerienmoBitt 
die Kadetten versehen den Pagendienst bei Hofe. 

Der Lehrplan umfafste einen sechsjährigen Korsus; die KhuM 
Seita bis Tertia entsprechen der Seita bis TerÜa, Sekunda und FriW 
der Unter- und Oberseknnda eines Gymnasiums mit dem Unterschiedgi 
dafs an Stelle des Griechischen das Englische und dalJs die Qrundltg« 
der notwendigsten militärischen Wissenschaften gelehrt wurden. Dem- 
entsprechend om&fste der Unterricht: 

In Seita {Alter von 11 bis 13 Jahren): 

Beligion: Biblische Geschichte bis Salomo; 1. Haiiptsu'tck mit, S 

KLother's Erklärung; Namen und Folge der Bücher des alt«a 
L 1^ 



M 



4. Das Kadetten-Korps 1868—1869 141 

neuen Testaments; Spräche und Lieder. — Nichtprotestantische Ka- 
detten wurden durch Geistliche ihres Bekenntnisses nach den bestehen- 
dai kirchlichen Vorschriften unterrichtet. 

Deutsdi: Lehre von den Bedeteilen, namentlich vom Haupt-, 6e- 
KhlechtB-, Eigenschafts-, Zahl- und Zeitworte; der einfache Satz. Lese-, 
^raeh- und orthographische Übungen; Nachbilden von mfindlichen und 
icbriftlichen Erzählungen; Lernen von Gedichten. 

Lateinisch: Begelmftlsige Formenlehre mit Einschlufs der Depo- 
nentia; mtindliches und schriftliches Übersetzen. 

Französisch: Lesefibungen mit Angabe der Hauptregeln der Aus- 
ipraehe; regelmäfsige Formenlehre im Anschlufse an die Grammatik von 
PIStz, 1. Teil, Lektion 41 bis 73; Übersetzen leichter Stücke aus dem 
Französischen und in dasselbe; Lernen von Vokabeln, kleinen Gedichten 
and Zahlen. 

Praktisches Bechnen: Die vier Spezies in ganzen und gebrochenen, 
onbenannten und benannten Zahlen; Kopfrechnen. 

Oeschichte: Biographische Bilder bis zu Karl dem Grofsen; säch- 
sische und preufsische Könige, gegenwärtige Glieder des königlichen 
Hauses. 

Gteographie: Grundbegriffe der physikalischen und mathematischen 
Oeogr^»hie; Heimatkunde. 

Naturkunde: Im Sommer Botanik (Bau und Leben der Pflanzen, 
besonders der heimatlichen); im Winter Zoologie (Leben und Bau der 
mere, Wirbeltiere). 

Zeichnen: Gebrauch von Bleistift, Messer, Lineal, Zirkel, Winkel; 
Übung von Auge und Hand, Abschieben von Parallellinien, Verbinden 
von Punkten durch Linien, Schlagen von Kreisbogen, Ziehen von Linien ; 
for die gefibteren auch freies Handzeichnen. 

Schreiben: Nach Vorschriften. 

In Quinta (Alter von 12 bis 14 Jahren): 

Beligion: Biblische Geschichte von Salomo bis Christus; 2. und 
3. Hauptstack mit Luther's Erklärung; ICirchenjahr, Festzeiten; Sprflche, 
Lieder. 

Deutsch: Lehre vom Für-, Vor- und ümstandsworte; der er- 
weiterte Satz; Sektion; Interpunktion; Lesen und Erklären von Ge- 
dichten und prosaischen Musterstucken; orthographische und grammati- 
sche Übungen, desgl. im mündlichen und schriftlichen Ausdrucke; 
Dddamieren. 



142 tresrhiclile des ItUlitAr- Erzieh unifs- und BilJun^cen'e) 






tl 



Lateinisch: Wiederholung der regelmäfsigeD Formenlehrt; 
Wichtigste ans der Sjmtai; UDregetmäTsige Fonoenlehre; Üherst 
Exerzitia. 

Französisch: Wiederholung; Fortaetzung der Formenlehre 
der am hänfigsteo vorkommeudea imregelmiirsigeD Zeitwörter; 
ständige Darcbarbeitung dea 1. Teiles der Grammatik; Lesen; 
aetzen; Erlernen vou Vokabeln, leichten Gedichten, Fabeln, Gespi 

Praktisches Rechnen : Wiederholung; einübe B^el ( 
Dezimalbrüche ; Kopfrechnen. 

Geschichte: Biographische Bilder bis znr neueren Zeit; Ct 
der Geschichte der Staaten des Norddeutschen Bundes. 

Geographie: Erweiterung des Pensnm von Seita; EIrdteile. 

Naturkunde: Im Sommer Botanik (Erweiterung dea Penaam 
Sexta, wichtige fremde PSanzen, das Innere der Pflanzen, Ordnen 
Familien) ; im Winter Zoologie (Erweiterung des Pensum ron 
wirbellose Tiere). 

Zeichnen: Wiederholung; Gebranch von Reifsfeder und 
Verkleinern nnd Vergröfsern; Proportional- Mafsstab. 

Freies Handzeichnen. 

Schreiben: Nach Vorschriften und Dictando. 

In Quarta (Älter von 13 bis 15 Jahren): 

Beligion: Biblische Geschichte des neuen Testaments 
Passionszeit. Wiederholang der drei Hauptstficke und der 
des Eilten Testaments; Sprüche, Lieder. 

Deutsch: VerbiudungswÖrter, Modus; der zusammengesetzl 
zusammengezogene Satz; Erklärung von Muglerstückeu in Poesie' 
Prosa; AuMtze mit und ohne Disposition; Deklamieren. 

Latein: Wiederholung der gesamten Formenlehre; Hauptregel 
Sjutax; Weller, Lehrbuch aus Herodot; Cornelius Nepos; EiuzHi 
Extemporalien. 

Französisch: Abschlufs der Formenlehre eiüscbliefslicb unregtl- 
mäTsige Zeitwörter; Regeb der Orthographie und Konstruktion; ?\^ 
II. Teil, Lektionen 1 bis 33; Lesen, Übersetzen; Erlernen von Vokabdl 
nnd Gedichten. 

Mathematik. Praktisches Rechnen: Wiederholung; Anwendung 
Regel de tri auf Zins- and einfache Gesellscbaftarechnnng. — Aiitt 
metik: Gesetze der Addition, Subtraktion, MnltipHkation, Division 
deren Anwendung nur Umformung auf algebraische Ausdrücke. -i 
Geometrie: Vergleicbung der geraden Linie in Bezug auf ib» 



4. Das Kadetieu-Korp» 1868—1869 I43 



Biehtang; Kongruenz und Flächenvergleichung der Dreiecke und Paral- 
Idogramme. 

Geschichte: Alte, bis Anfang des 4. Jahrhunderts nach Christus. 

Geographie: Nord- und Süddeutschland, besonders physikalisch, und 
deren allgemeine politische Einteilung. Alte Geographie, je nach dem 
Fortschreiten des Geschichtsunterrichtes. 

Naturkunde: Anthropologie (Bau und Thätigkeit des menschlichen 
SSrpers und seiner Oi^ane, Vergleichung mit denjenigen der Tiere, 
Henschenrassen, Verbreitung der Religionen und Sprachen, Grundzüge 
der Verbreitung der Menschen, Tiere und Pflanzen). 

Planzeichnen: Topographie in schwarz, Skala nach Lehmann. 

Geometrisches Zeichnen: Ausfuhrung geometrischer Konstruktionen 
(Errichten von Perpendikeln, Teilen von Winkeln, Parallelen, Ellipsen, 
Eonstmktion von Mafsstäben, Zollmafsstab mit Transversalen). 

Freies Handzeichnen: 

Schreiben: Deutsche und lateinische Kurrentschrift nach Vorlagen 
nnd Diktando. Anfänge der Planschrift. 

In Tertia (Alter von 14 bis 16 Jahren). 

Religion: Leidensgeschichte Christi und Apostelgeschichte; 4. und 
5. Hauptstfick; Perikopen; Sprüche und Lieder. 

Deutsch: Lehre von den Nebensätzen und dem Satzgefüge; Lesen 
poetischer nnd prosaischer Musterstücke; Belationen über Gelesenes; 
INspositionsäbungen; Au&ätze; Übungen im freien mündlichen Vortrage. 

Latein: Erweiterte Syntax; Nomen und Verbum, vorzüglich im 
Anschluise an die Lektüre; Cftsar; Elemente der Metrik; Chrestomathie 
Ton Franke; Exerzitia, Extemporalien. 

Französisch: Hauptregeln der Syntax; Analyse der Teile des Satzes 
und der Periode; schwierigere Lese- und Übersetzungsübungen; Flötz, 
II. Teil, 24 bis 49; mündliche Wiedergabe von Erzählungen; Erlernen 
Ton Gedichten. 

Englisch: Begründung einer guten Aussprache; Lehre von den 
grammatikalischen Formen; Konjugation, besonders unregelmäTsiger Zeit- 
wörter; Lektüre eines leichten Lesebuches. 

Mathematik. Arithmetik: Potenz, Proportionen, algebraische 
Gleichungen vom 1. Grade und deren Anwendung. — Geometrie: Ver- 
gleichung der geraden Linie in Bezug auf ihre GrSfse; Ausmessen der 
gradlinig begrenzten Figuren; Ähnlichkeit der Figuren. 

Geschichte: Völkerwanderung und Mittelalter bis 1517; sächsische 
Geschichte. 



144 Geschichte des Militär-Erziehangs- und BildungsweseDs in Sachsen 



Geographie: Norddeutscher Bund, suddeutsche Staaten, österreic 

Naturkunde: Mineralogie (Kenntnis der wichtigsten Gesteii 
Grundzäge der Krystallographie , Bau und Geschichte des Erdkörpers 

Planzeichnen: Topographie in Bunt; Fortsetzung der Skalen, au< 
nach Müffling; Theorie des Situationszeichnens; Modelle zur Anschauun 
leichte Pläne in grofsem MaTsstabe. 

Geometrisches Zeichnen: Projektion der Punkte, Linien, Fläch( 
und Körper unter möglichster Benutzung von Modellen; Lasieren; Ve 
jüngungs- und SchrittmalBstftbe. 

Freies Handzeichnen. 

Schreiben: Planschrift. 

In Sekunda (Alter von 15 bis 17 Jahren). 

Beligion: Bibelkenntnis und Kirchengeschichte. 

Deutsch: Wortbildungslehre; das Wichtigste über die Dichtungs 
arten; Lesen klassischer Dichtungen und prosaischer Musterstäckc 
Synonima, Definitionen, Dispositionsfibungen, Aufsätze, Relationen, frei 
Vorträge. 

Latein: Wiederholung und Erweiterung der Syntax; Curtius, aus 
gewählte Stucke des Cicero, Ovids Metamorphosen nach Auswahl ?o 
Siebeiis; Exerzitia, Extemporalia, prosodische Übungen. 

Französisch: Gebrauch der Zeiten und Modus; die gesamte Syntai 
Abschlufs des zweiten Kursus der Grammatik; Übersetzungen, Ei 
temporalia über die Hauptschwierigkeiten der Grammatik; Lektüi 
klassischer Werke, schriftliche und mündliche Wiedergabe vorgelesenf 
Erzählungen; Briefe, freie Au&ätze; Erlernen von Gedichten mit Vei 
ständnis zum Bepitieren. 

Englisch: Grammatik; Übersetzen von Gesprächen und leichte 
Darstellungen in das Englische; Lesen eines leichten Klassikers. 

Mathematik. Arithmetik: Gesetze über Wurzel und Logarithmus 
algebraische Gleichungen vom 1. Grade mit einer und mehreren ün 
bekannten; algebraische Gleichungen vom 2. Grade. — Geometrie 
Kreislehre. 

Geschichte: Neuere bis 1740; sächsische und preufsische. 

Geographie: Das übrige Europa. 

Naturkunde: Physik. 

Planzeichnen: Zeichnen nach Plänen und einfachen Modellen; Profil 
legen durch Pläne; Ausfuhren einer Zeichnung in Blei; Theorie de 
Au&ehmens. 



4. Üaa Kadetten-Korps 1868—1869 145 



Oeometrisches Zeichnen: Senkrechte Beleuchtung, Lasieren, Taschen. 
Freies Handzeichnen: Freiwillig. 
Schreiben für Ungeübte und Nachlässige. 

In Prima (im Alter von 16 bis 17 Jahren). 

Beligion: Bibelkenntnis; Beformationsgeschichte; Augsburger Eon- 
ission; Wiederholung. 

Deutsch: Litteraturgeschichte; Lesen und Erklären dramatischer 
Ucke; logische Übungen; Synonima; Definitionen, Dispositionen, Be- 
itionen, Aufsätze, freie Vorträge mit Protokoll und Disputieren Aber 
ieselben. 

Latein: Livius oder Sallust, Gurtius (kursorisch), Ovid, Yirgil, 
iehte Oden des Horaz, Exerzitia, Extemporalia, prosodische 
bungen. 

Französisch: Allgemeine Wiederholung; Lesen klassischer Werke; 
Südliche und schriftliche Belationen, Extemporalia, Briefe, freie Auf- 
tze. — Aus der Litteraturgeschichte: Gharakteriaierung der Haupt- 
doden, sowie der einflufsreichsten Schriftsteller und ihrer Werke. 

Englisch: Mündliche und schriftliche Übungen; Besprechungen dber 
storische und geographische Gegenstände, Bepetitionen darüber in eng- 
scher Sprache; Lektöre eines Dichterwerkes. 

Mathematik. Arithmetik: Arithmetische und geometrische Pro- 
ressionen. — Geometrie: Trigonometrie; Elemente der Stereo- 
letrie. 

Geschichte: Bis 1830. — Im letzten Halbjahre: Wiederholung des 
lozen Vortrages; universalhistorischer Überblick unter besonderer Be- 
icksichtigung der Kulturgeschichte. 

Geographie: AuTsereuropäische Staaten. Allgemeine Wiederholung. 
- Mathematische und physikalische Geographie. 

Naturkunde: Mechanik. 

Planzeichnen: Nach Plänen und Modellen mit äquidistanten Hori- 
ntalen und Profillegen durch solche Pläne, Ausführung derselben Pläne 
it Strichen. Auszeichnen der Aufiiahmen. 

Geometrisches Zeichnen: Zeichnen und Tuschen von Gewehrteilen, 
^blossem, Kanonen pp. und einfachen Fortifikationsgegenständen. 

Au&ehmen: Topographisches in grofsem Malsstabe; mit Tenain- 
dchnung; Erokieren. 

Freies Handzeichnen: Freiwillig. 

Die Zeitverteilung ergiebt sich aua nachstehender Übersicht: 

Ctaiehlekt« dM MUttir-Eniehniif s- and BUdnnftweMnt In SaehMO 10 



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146 OeschJchte dM Militär-GrEiehtmgB- und Bildangeweseus In Sachmn 





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Deutsch . 






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3 


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2 


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22 
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26 


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Mathematik 






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3 


3 


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5 


5 


5 


24 


Geschiclite 






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2 


2 


2 


2 


2 


2 


2 


2 


3 


2 


13 


12 


Geographie 






2 


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2 


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Math. Get^raph 


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Naturkunde . 




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lieometr. Zeichnen 


2 


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Fr. Uandzeichneu . 


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Kchreiben .... 


3 


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Waffenlehre . . . 


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Anfrifthmfin ^ 




















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Im ganzen : Lchr- 


























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169 




Im ganzen : Stunden 




























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f. Handfertigkeit. 


5 


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Im ganzen : BtHuden 




























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f(ir Aufnehmen . 


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Im ganxoii: Arbeife- 






























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19 


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24 


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i]«-iii 



Die EoDfinnaÜon erfolgte in der Begel mit vollendetem 14. Lebeni- 
jahre; auf Wunsch der AngebSrigen konnte sie angeschoben «erden. 
Der YorbereitnngBanterricht, welcher durch den HaasgeistlioheD erteilt 
wurde, begann zu Nenjahr, die Einsegnung geschah am Sonnabend toi 



Sitzenbleiben war nur in einer der sechs Divisionen gestattet tmd 
von der Zustimmung des Kriegsministers abhängig. Dem Aufrücken 
in eine hShere Dividon ging jedesmal eine schriftliche Prüfung voran, 
Anfserdem fand jährlich einmal, nach dem Ermessen des Kommandanten, 
eine allgemeine Anfrückungspräfung statt. Bei jeder Versetzung ward 
die Beihenfolge der Kadetten neii^eordnet; der Kommandant bestimmte, 
welcher BinfluTs den fdr die verschiedenen Fächer erteilten ZeugniBsen 
eingeräumt werden solle; dabei war der Sicherheit und Fertigkeit im 
mflndlichen und schriftlichen Ausdrucke iu der deatschen Spradie b»- 



4. Das Kadetten-Korps 1869—1872 147 



)Dderer, den mechanischen Fertigkeiten geringerer Wert beizulegen 
s den wissenschaftlichen ünterrichtszweigen. Nach Beendigung der 
rüfung erstattete der Kommandant dem Kriegsministerinm seinen 
ahresbericht über die Leistungen und den Zustand der Anstalt. 

Die Austrittsprufung ward alljfthrlich, nach vorangegangener ünter- 
ichung durch den Oeneralstabsarzt, vor einer durch das Eriegs- 
linisterium bestellten Kommission abgelegt. Letztere bezeichnete, auf 
rund des Lehrplanes, dem Kommandanten diejenigen Abschnitte, 
eiche Gegenstand der Prüfung sein sollten. Auf Qmnd der Ergebnisse 
8r letzteren wurde ,nach der im Korps üblichen Berechnnngsweise' 
ji Schlufszeugnis zusammengestellt, welches, unter Berücksichtigung 
3r für die Beurteilung der Geprüften aufserdem in Betracht zu 
ehenden Leistungen und Eigenschaften, deren Beihenfolge feststellte, 
araufhin wurden die Bestandenen zur Anstellung als charakterisierte 
ortepeefthnriche in Vorschlag gebracht, die übrigen ihren Angehörigen 
irückgegeben oder, wie in Preufsen, als Soldaten bezw. ünterofüziere 
egimentern überwiesen; nichtbestandene Unteroffiziere traten zum 
ruppenteile zurück. 

1860—1892 

Das Regulativ von 1868 blieb wiederum nicht lange in Geltung, 
n seine Stelle trat das 

egulativ für das Königlich Sächsische Cadetten* Corps 

vom 22. Januar 1869.^ 

Die durch dasselbe befohlenen Neuerungen sollten die Einrichtungen 
)r Anstalt in immer grSfsere Übereinstimmung mit den in Preulsen 
)8tehenden bringen. 

Als Zweck der Anstalt ward jetzt bezeichnet .den Söhnen von 
ffizieren, sowie den Söhnen aller Glassen von Staatsbürgern die Mittel 
id Gelegenheit zur Erziehung und Ausbildung und zwar mit vor- 
irrschender Bücksicht auf den Kriegsdienst zu gewähren*. Sie sollte 
adetten in etatsmäisigen und in Pensionärstellen, aber nur Staats- 
igehörige Sachsens oder eines anderen Norddeutschen Bundes -Staates, 
i&ehmen und dieselben nach beendetem Lehrgange als Offiziere, Por- 
ipeeMnriche oder Gemeine entlassen. 

Die Verhältnisse des Lehr- und Aufsichtspersonals blieben im all- 
emeinen unverändert; nur ward als Grundsatz ausgesprochen, dafs die 



* Dresden, Druck von H. Heinrich. 

10» 



148 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 



Militärlehrer und die DisziplinarofiQziere unverheiratet sein und 
letztere, nachdem eine andere Einteilung der Hanptleute stattgefunden und 
die 3. Klasse derselben zu bestehen aufgehört hatte, beim Aufrücken 
in die 2. Klasse dieses Qrades, erstere beim Aufrücken in die 1. Khiase 
abgelöst werden sollten. Der Titel «Kommandant* war in .Kom- 
mandeur', der von .Gouverneur* seit 1870 in .Feldwebel-Lieutenant" 
umgewandelt. 

Von den 180 Zöglingen waren jetzt 60 etatsm&Tsige Kadetten ood 
zwar je 20 mit Erziehungsbeiträgen von 30, 60 und 100 Thalem; die 
übrigen be&nden sich in Fensionärstellen, für deren Inhaber, wenn sie 
Sachsen oder Angehörige eines anderen Norddeutschen Bundesstaates 
waren, 260 Thaler gezahlt wurden. Ausländer konnten als VoIodULtb 
gegen Zahlung von 360 Thalern aufgenommen werden. Für diese Be- 
träge ward Erziehung, Unterricht, Unterhalt und Bekleidung gewährt. 
Aufserdem waren für die erste Ausrüstung 80, i8r die Lehrmittel bei 
der Aufnahme 50 Thaler und demnächst die thatsächlich aufgewendeten 
Beträge, sowie die Kosten der Erneuerung der Leibwäsche, zu 
bezahlen. 

Die Verleihung der etatsmäfsigen Stellen erfolgte auf Vortrag des 
Kommandeurs durch das Kriegsministerium. Auf solche hatten An- 
spruch: Die Söhne gebliebener oder durch unmittelbare Dienst- 
beschädiguDg invalide gewordener Offiziere; die Söhne unbemittelter 
Offiziere des stehenden Heeres, vom Begiments-Kommandeur aufirärts 
jedoch nur auf solche von 100 Thalem; die Söhne unbemittelter gut 
gedienter Pensionäroffiziere des stehenden Heeres und der Landwehr; 
die Söhne unbemittelter, ohne Fensionsberechtigung gestorbener Land« 
Wehroffiziere, falls letztere einen Feldzug mitgemacht hatten; die Söhne 
unbemittelter aktiver oder im Dienste verstorbener idctiver Militärärzte 
oder oberer Militärbeamten; die Söhne von Unteroffizieren, welche vor 
dem Feinde geblieben oder infolge vor dem Feinde erhaltener Ver- 
wundungen dienstunfähig geworden waren, sowie von solchen, welche 
25 Jahre gut gedient hatten, in allen Fällen aber nur, wenn sie 
während der aktiven Dienstzeit ihrer Väter geboren waren; endlich die 
Söhne bedärftiger Staatsbürger jeder Klasse, welche sich besondere Ver* 
dienste um den Staat erworben hatten. 

Sämtliche Zöglinge mufsten legitimen Ehen entsprossen sein; w«m 
es sich um die Verleihung einer etatsmäfsigen Stelle handelte, so 
muiste die Ehe eines Offiziers des stehenden Heeres schon während 
dessen aktiver Dienstzeit bestanden haben, der Sohn eines Landwehr- 



4. Das Kadetten Korps 1869—1872 149 



offiziers aber während der Zeit geboren sein, in welcher dieser jenen 
Anspruch erwarb. 

In besonderen Fällen konnte der Kommandeur .Externen', welche 
den allgemeinen an Kadetten -Anwärter zu stellenden Ansprächen ge- 
nügten, die Teilnahme am Unterrichte als „Hospitanten' gegen ein Schul- 
geld von jährlich 60 Thalem gestatten. Von Zahlung des letzteren 
waren Erzieher, Lehrer und obere Militftrbeamte des K.-K. befreit. 

Die Anmeldungen zu etatsmäfsigen Stellen hatten thunlichst 
zwischen dem 9. und 10., die zu Pensionärstellen vor vollendetem 
10. Lebensjahre zu erfolgen, weil spätere den frfiheren nachstanden, 
im fibrigen blieben das VerMren bei der Au&ahme und die Be- 
dingungen derselben die früheren. Die Zulassung von Unteroffizieren 
znr Teilnahme am Unterrichte war nach dem Begulative noch zulässig, 
fimd aber nicht mehr statt Der letzte Unteroffizier, welcher von der 
dberhaupt nur selten benutzten Vergfinstigung Gebrauch gemacht hatte, 
war schon im Dezember 1867 zu seinem Begimente zurfickgetreten. 

Die Bewohner der nämlichen Stube bildeten jetzt eine „Korporal- 
schaft*, an deren Spitze ein, wie früher nach dem Ermessen des Kom- 
mandeurs zum Gefreiten zu ernennender Kadett der 1. Division stand, 
die Korporalschaften des nämlichen Stockwerkes bildeten eine unter 
einem Gouverneur stehende „Abteilung*; einer oder zwei der letzteren 
war ein Disziplinaroffizier als Erzieher vorgesetzt 

Der Lehrplan der Klassen Sexta bis Prima erlitt nur unwesent- 
liche Veränderungen; die hauptsächlichste war, dals der fochwissen- 
schafUiche Unterricht noch mehr beschränkt wurde; die wichtigste 
Neaerung war das Hinzutreten einer nach preufsischem Muster ein- 
tnrichtenden Selekta, welche Ostern 1870 mit 12 Schülern in das Leben 
trat Eine Folge davon war die Vermehrung der Militärlehrer um 4, 
der festangestellten Zivillehrer um 1, so dafs von ersteren jetzt 5, von 
letzteren, einschlielslich der für den Unterricht im FranzSsischen be- 
stimmten, 8 vorhanden waren. Dem Unterrichte wurden .geneüsohe 
Skizzen* (4. Band, S. 234) zugrunde gelegt; derselbe erstreckte sich auf 
Waffenlehre, Taktik, Fortifikation, Terrainlehre und Au&ehmen, Plan- und 
geometrisches Zeichnen, Dienstinstruktion, militärischen Stil und prak- 
tisehe Übungen; aufserdem wurden Stereometrie, sphärische Trigonometrie, 
Differential- und Integralrechnung, sowie die Hauptlehren der Chemie 
and der praktischen Analyse vorgetragen; nach Mafsgabe der ver- 
bleibenden Zeit sollte auch im Deutschen, Franz5sischen und Lateinischen 
onterricbtei werden. 



150 Geschichte des Militär-Ersiehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Der Sommer-Stondenplan, welcher Ostern 1870 dem unterrichte 
zngmnde gelegt wurde, weist für Taktik und Fortifikation je 6, Waffen- 
lehre, Terrainlehre und Dienstinstruktion je 3, Mathematik und Deutsch 
je 2, Französisch 1, Plan- und geometrisches Zeichnen 2, Reiten 2, 
Turnen, Fechten, Bajonettieren 3 Stunden wöchentlich nach, welche 
meist zwischen 8 bis 12 Uhr vor- und 2 bis 5 Uhr nachmittitgs lagen. 
Ein Nachmittag war dem Aufnehmen gewidmet; das Exerzieren wird 
nur nebenbei erwähnt; bestimmte Stunden waren f3r dasselbe nicht 
angesetzt. 

Die Verhältnisse der Selektaner waren denen der Berliner ähDÜcb. 
Sie wurden, nachdem sie die Prflfnng zum PortepeeflUmrich bestanden 
hatten, aus den wissenschaftlich und dienstlich am meisten befthigten 
und zuverlässigsten Zöglingen gewählt, legten nach Jahresfrist das 
Examen zum Offizier ab und traten als solche in die Armee. Sie waren 
PortepeeunterofBziere, bildeten eine Korporalscbaft f&r sich und wurden 
vorzugsweise als Vorgesetzte verwendet. Ihre äuTsere Auszeichnung be- 
stand in dem Of&ziersportepee, zollbreiten Silbertressen um Kragen und 
ÄrmelauÜBchläge des Waffenrockes und den oberen Band des Gzako und 
in der Silbereinfassung der Gefreiten um die Achselklappen; die Ärmel- 
westen, welche die gewöhnliche Haustracht bildeten, waren in gleicher 
Weise mit weifswollener Borte besetzt Von den sonst anwendbaren 
Strafen waren sie nur dem Verweise, der Urlaubsentziehung, dem Stuben- 
und dem gelinden Arreste unterworfen. Wenn strengere Bestrafung ge- i 
boten war, mufiste die Entlassung aus der Anstalt erfolgen; sie Ter- ^ 
loren in diesem Falle das den Selektanern sonst zugestandene Becht j. 
auf die Wahl des Truppenteiles, welchem sie überwiesen zu werden ^ 
wünschten, einen bestimmenden Einflufs zu äufsem. Die Feldwebel- \ 
lieutenants durften ihnen Befehle und Zurechtweisungen, die Disziplinar- "^ 
Offiziere durften ihnen Verweise erteilen und Urlaubsentziehung ffir sie 
verf9gen. Von den anderen Kadetten und vom Dienstpersonale wurden 
sie .Herr PortepeeunterofSzier** angeredet Der beim Austritte ans 
der 1. Division am günstigsten beurteilte Selektaner war .Eorps&ltester', 
hatte jedoch als solcher keine Vorrechte oder Dienstgewalt Die Se- 
lektaner putzten ihre Waffen und Ausrüstungsgegenstände selbst, die 
Beinigung ihrer Kleidungsstücke besorgte ein Aufwärter. Es war ihnen 
gestattet wöchentlich zweimal eine Stunde, im Winter mittags, im 
Sommer nachmittags, und aufserdem Sonntags von der Bückkehr ans 
der Kirche bis abends 10 Uhr auszugehen. Ihre Mahlzeiten nahmen sie 
mit den übrigen Kadetten, aber an einer besonderen Tafel ein, aach 



4. Das Kadetten-Korps 1872—1879 151 

hten sie die gewShnlicheD Spaziergange, unter Fähning des Portepee- 
uro£Bzier8 vom Tagesdienste, fBr sich; beim Kirchgänge worden sie 
it in die Kompagnie einrangiert 

Der Krieg von 1870/71 brachte naturgemftTs in die Entwickelnng 
Anstalt eine erhebliche StSmng. Die Selekta ging nach kurzem 
tehen vorläufig ein; 33 Kadetten wurden als PortepeefiUmriche der 
nee äberwiesen. 

isn— isTO 

Nach Herstellung der friedlichen VerhUtnisse wurden die Vor- 
riften für die Einrichtung des Korps einer Durchsicht unterzogen, 
an Ergebnis in dem 
3gulativ fär das Königlich Sächsische Kadetten -Korps 

vom 1. Januar 1872^ 
1 Ausdrucke kam. Die wichtigsten unter den vorgenommenen Ver- 
erungen waren die Verminderung der Anzahl der Zöglinge auf 160 

der FortfiEiU der Sexta, so dafs neben der wiedereingerichteten 
^kta die Klassen Prima bis Quinta bestanden; das frflheste Eintritts- 
r ward damit das vollendete 12. LebenEjjahr; die wissenschaftlichen 
brderungen, denen bei der Aufiiahme in die Quinta genfigt werden 
ste, um&bten das Pensum der bisherigen Sexta« 

Die Zöglinge zerfielen in etatsmäfsige Kadetten, deren es je 20 

Erziehungsbeiträgen von bezw. 30, 60 und 100 Thalem gab, in 
isionäre, welche 260 und in Ausländer-Pensionäre, welche 360 Thaler 
rlich zahlten; Pensionäre durften nur Staatsangehörige des deutschen 
ches sein; ffir die Aufiiahme in etatsmälsige Stellen blieben die 
leren Bestimmungen in Kraft. An die Stelle des WirtschaflaoflSziers 
; ein Bendant, welcher die gesamte Verwaltung unter Leitung und 
antwortung eines aus dem Kommandeur als 1. und einem vom 
egsministerium bestimmten DisziplinarofiBzier als 2. Kurator be«« 
lenden Kuratoriums führte; dem Bendanten stand ein Wirtsohafts- 
stent zur Seite. An Lehrern waren 4 Militär-, 7 etatsmäfsige 
il- und 2 desgl. Lehrer des Französischen vorhanden; die Zahl der 
ziplinaroffiziere, von denen der älteste der ständige Vertreter des 
mmandeurs war, betrug 4, die der Feldwebellieutenants, deren Stellung 
I Qeschäfte die der frfiheren Gouverneure waren, 6. Die Disziplinar- 
aere hatten eine vom Kommandeur festgesetzte Stra^ewalt, den 

* bresclen, Druck von Job. Passier, 1872. 



152 Oescliicbt« des MilitAr-Ereiehangs- niid Bilduiigaweseas in Sochmi 

Feldwebellieuteüaats stand eine solche nicht zn; die Sommetferiei 
fondeo jetzt von Mitte Juli bis Mitte August statt. Eine 
larisoher Form gedruckte Obersicht: 
Stundenplan und Tages- Ordnung auf die Zeit von Osten! 

bis Michaeli 1872 (bezw. Michaeli 1872 bis Ostern 1873) 
zeigt, nie damals au WocheDtagen der Kadett lebte und lenite: 
b'/i Uhr im Sommer, 6'/« übr im Winter nard aulgestanden. 
halbe Stunde spftter fanden Gebet und Frühstdcii, um 7 Uhr die Stun 
paraJe statt; um 7V( Uhr begann der Unterriebt. Für diesen zerf 
die Klassen Prima bis Quarta in je zwei Abteilungen, welche mit 
mehr oder weniger gemeinsam unterrichtet wurden, die Quinta 
aus einer einzigen Abteilung. An Lehrstunden wurden wöchent 
erteilt in: 

Prima: Religion 1, Mathematik 6, Naturkunde 2, Deutsdi 
Lateinisch 6, Französisch 4, Elngtisch 2, Geschichte 3, Oeognpfait 

Sekunda: Beligion 2, Mathematik 5, Naturkunde 2, DentKh 
Lateinisch 6, Französisch 4, Englisch 2, Geschichte 2^ Geographie 

Tertia: Religion 2, Mathematik 5, Naturkunde 2, Deatsoh 3, 
teinisoh 7, Französisch 4, Englisch 2, Geschichte 3, Geographie 2; 

Quarta: Religion 2, Mathematik 7, Naturkunde 2, Deutsch 4, 
teinisch 6, Französisch 3, Geschichte 2, Geographie 2; 

Quinta: Beligion 3, Mathematik 5, Naturkunde 3, Deutnb 
liateinisch 7, Französisch 4, Geschichte 2, Geographie 2; 

im ganzen also 28 bis 30 Stunden. Dazu kamen Planzeicbi 
welches nur in Prima und Sekunda, und von der Prima nur im Wint 
in zwei Wochenstunden getrieben wurde, wogegen diese Klasse 
Sommer zwei Nachmittage dem Aufnehmen widmete; Handzeichneo 
allen Klassen, in der Prima jedoch nur im Winter, und d 
nur mit je einer Stunde bedacht, während dem geometrischen Zeit 
welches in den drei unteren Klassen gelehrt wurde, 2 bis 3 gebürti 
Planschrift in Tertia mit einer, Schreiben in Quarta mit 2, in 
mit 3 Stunden. 

Am Reitunterrichte nahmen im Winter, aufser den Selektanero, 
die Primaner teil; die drei oberen Klassen hatten in dieser Jährt 
je zwei Tanzstunden; Fechten lernten die drei oberen Klassen; Uni 
rieht in der Gymnastik fand wöchentlich zweimal eine Stunde lang si 
zweimal im Winter, einmal im Sommer ward wöchentlich zwei Stm 
lang eierziert. 



/•- 



V 



** Das Kadetten-Korps 1873—1879 153 

um 12 Uhr war der Vormittags - Unterricht, in welchem die 
issenschaftliohen Vorträge erledigt wurden, beendet; dann ward zu 
[ gegessen. Nach Tisch war im Sommer Freistande, im Winter 
id ein IVxStündigcr Spaziergang gemacht. Von 2 bis 5 ITfar war 
berricht oder Arbeitsstunde; darauf folgte im Sommer bis um 7 Uhr 
tiergang oder Besuch des Spielplatzes oder Baden und Schwimm- 
Irricht, im Winter eine Freistunde. Das Abendessen fand im 
Dmer am 7, im Winter um S Uhr statt; in ersterer Jahreszeit 
lofs sich an dasselbe eine Arbeitszeit von IViStündiger Dauer. Um 
übr ward zu Bett gegangen. 

Die Selekta hatte 1873/74 im Sommer in Taktik 4, Befesti- 

kgsknnat 4, Waffenlehre 3, Terrainlehre 2, Dienstkenntnis 2, Dienst- 

itraktion 1, Mathematik 2, Deutsch und Französisch je 1, Plan- nnd 

Dmetriscbem Zeichnen 2, Zeichneu (ohne weiteren Zusatz, beim 

ihrer der Waffenlehre und der Befestigungsknnst) ebenfalls 2 Wochen- 

Der Unterricht fand zwischen 8 und 12 Uhr vormittags statt. 

ha den Nachmittagen waren von 2 Ubr an, ohne dafs das Ende vor- 

Jescbrieben gewesen wäre, 3 dem Infanterie-, 3 dem Geschützeierzieren, 

3 dem Äoftiehmen, 1 dem Rekognoszieren gewidmet. — Im Winter 

mrden zwischen 8 und 12 und zwischen 2 und 5 Uhr in Taktik und 

lefestigangsknnst je 6, Waffenlebre 5, Terrainlehre 3, Dienstkeuntnis 

, Dienstinstniktion 1, Mathematik 2, Naturkunde 1, Deutsch 3, Fran- 

)ch 1, Plan- und fortifikatorischem Zeichnen je 2, Exerzieren 4, 

mastik und Gewehrfechten je 2, Militärstil 1 Stunde Unterricht er- 

■ Zweimal wöchentlich ward von 12'/* bis IV4 Uhr geritten. 



Die Selekta hatte aber keinen langen Bestand. Es wurden alsbald 

»eifel an ihrer Leiatungstahigkeit laut und daneben erregte der Kosten- 

iftrand Bedenken, welchen ihre Erhaltung bei dem geringen Bestände 

1873/73 waren es 9 Schüler — erforderte. Auf den Antrag des Kriegs- 

listerinms ward die Einrichtung im Frühjahr 1874 der Begutachtung 

ch den Präses der preufsischen Ober-Militär-Eiaminations-Kom- 

üon, Oen. t, Holleben, und den Kommandeur des Berliner Ka- 

uihanses, Ob. des Barres, unterzogen. Das Ergebnis der ab- 

tlteneu Prüfungen war, wie Gen. v. Holleben in seinen .Erinnerungen" 

Beiheft zum Militir-Woobenblatte vom Jahre 1 892, S. 54) erzählt, 

I nugäustiges ; es ergab sich, „dafs diese Klasse in ihren Leistungen 

1 die Kriegsschule wesentlich zurückstand, daher nicht geeignet zur 



154 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Heranbildung der OflKziere des XII. Armeekorps erschien''. E5nig 
Albert, welchem Holleben seinen Bericht erstattete, ftofserte,. dab er 
ähnliche Bedenken, wie die preufsischen Offiziere ihm vortragen, schon 
bei Errichtung der Selekta gehabt habe, und befahl deren Eingehen 
mit dem Schlüsse des Schuljahres 1873/74. 

Bei dieser Gelegenheit wurden auch die übrigen Verhältnisse des 
K.-K. einer Besichtigung durch die genannten Offiziere unterzogen. 
Gen. Y. Holleben schreibt darüber: «Dem unterrichte im K.-E. schien 
eine einheitliche Leitung und Beaufisichtigung zu fehlen, der eine 
Lehrer hatte das ihm gesteckte Ziel nicht erreicht, der andere war 
darüber hinaus gegangen. Die Lehrkräfte waren mit geringen Aus- 
nahmen gut, die Klassenstärke gering, so dafs etwas tüchtiges geleistet 
werden konnte. Die sonstigen Einrichtungen der Anstalt fenden wir 
kostspielig für die Eltern und geeignet, die jungen Leute zu verwöhnen. 
Das ganze für die Anstalt bestehende Prüfungsverfohren konnte ich nieht 
billigen; wir wohnten der mündlichen PortepeeMnrichsprüfung bei, 
konnten aber ein sicheres Urteil über die einzelnen Examinanden, die 
von ihren eigenen Lehrern klassenweise, ä 18 bis 20 Kopfe, eine Stunde 
lang geprüft wurden, nicht gewinnen. Das ganze machte den Eindruck 
einer Schlufsprüfung, wie sie auf öffentlichen Schulen stattfinden, und 
bestätigte meine Ansicht, dafs die Prüfungen aller Aspiranten des 
Heeres in einer Hand verbleiben, also vor der Ober-HiHtär-Ezamina- 
tions-Kommission stattfinden müssen. '^ 

Dieser Ansicht stimmten die mafsgebenden Persönlichkeiten in 
Sachsen zu, und die über eine Änderung des geltenden Verfifthrens ge- 
führten Unterhandlungen gediehen rasch zum Ziele. Mit Ablauf des 
Jahres 1875 hörten die bis dahin selbständig abgehaltenen Prüfongen 
der Zöglinge des Dresdener Hauses auf und es trat das in unserem 
4. Bande, S. 202, geschilderte Ver&hren in Kraft. 

Am 1. Mai 1878 verlielB das K.-K. sein altes Heim und siedelte 
in ein neues über, welches ihm in dem am rechten Eibufer stromanf- 
wärts von der Stadt errichteten Kasernenviertel geschaffen war. Von 
einem Park umgeben, liegt das Anstaltsgebäude an der in der Carola- 
Allee einmündenden Marien -Allee, eine die an eine militärische Er- 
ziehungsanstalt zu machenden Ansprüche in jeder Beziehung erfüllende 
Musteranlage ^ 

« MiUtär- Wochenblatt, Berlin 1894, Ko. 89. 



4. Das Kadetten-Eorps 1879—1896 155 

1870—1806 

Seit dem Jahre 1867, in welchem die Umgestaltnng des K.-E. 
Dach preofsischem Muster begonnen hatte, waren die Einrichtungen des 
ersteren dem letzteren immer ähnlicher geworden. Die Verhältnisse 
geboten es. Wer in Sachsen Offizier werden wollte, mufste den näm- 
lichen Anforderungen genügen, welche in Preufsen an den Anwärter 
gestellt wurden. Im Interesse der Dresdener Anstalt lag es daher, den 
Bigenen ünterrichtsgang dem. zur Vorbereitung auf die Fähnrichsprufimg 
dienenden Lehrplane der preufsischen Hänser vollständig anzupassen. 
Der letzte zu diesem Ziele fahrende Schritt geschah durch die Annahme 
1er für das dortige K.-K. am 18. Januar 1877 vorgeschriebenen 
[Jnterrichtsordnung, welche in Dresden seit dem Jahre 1879 zur Ein- 
ührung gelangte. Die daraus erwachsende Aufgabe zu erledigen, fiel 
lem GM. v. Bfllow^ zu, welcher vom 1. Juni 1878 bis zum 23. Mai 
.887, wo Gesundheitsrücksichten ihn zum Scheiden aus dem Dienste 
lotigten, an der Spitze des E.-K. stand. Sein Nachfolger wurde 
)b.-Lt. V. Carlo witz, welchen am 1. Mai 1890 Maj. v. Schweinitz 
blöste, der am 24. März 1893 durch Maj. v. Altrock ersetzt wurde. 

Da der Lehrplan des preufsischen E.-K. im 4. Bande ausfShrlich 
abgehandelt ist, so genügt, wenn hier auf Grund eines Vergleiches der 
[ort gegebenen Darstellung mit den Vorschriften, welche durch die 
gegenwärtig geltenden „Aufnahme -Bestimmungen und Lehrplan des 
iConiglich Sächsischen Kadettenkorps* ^ erlassen sind, nachgewiesen wird, 
irelche Abänderungen die auf Seite 371 ff. jenes Bandes mitgeteilten 
Nachrichten in den seit ihrem Abdrucke verflossenen beiden Jahren er- 
fahren haben. Sie sind nicht von Bedeutung: 

In Quarta ist eine Vermehrung der Unterrichtsstunden um zwei 
eingetreten, von denen je eine der Mathematik und dem Freihand- 
zeichnen zugelegt ist, die fünfte Mathematikstunde hat der Vertiefung, 
nicht der Erweiterung des Unterrichtes zu dienen. In Ober-Tertia geht 
der Geschichtsvortrag nicht mehr, bis 1648, sondern nur bis 1254; in 
Sekunda (der preufsischen Unter -Sekunda) begreift derselbe dement- 
sprechend die ganze Zeit bis zu dem ihm früher gesteckt gewesenen 
Endziele, dem Jahre 1802; in Prima hat er auch die Entwickelung der 
sächsischen Geschichte nachzuweisen. 

* Gestorben am 6. April 1896 zu Schwerin. 

' Dresden -N., 1895, C. Höckners Buchhandlung (Carl Damm), 8^ 
32 Seiten. 



156 Geschichte des MilitärErziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

Ebenso entsprechen die AofDahme-Bestimmangen bis auf gering- 
fögig^i durch die Verhältnisse gebotene Abweichungen vollständig den 
in Preufsen geltenden. 

Anders aber ist es mit manchen den Dienstbetrieb regelnden Ein- 
richtungen und Anordnungen, fiber welche ein stattlicher Band, in 
welchem eine ganze Beihe von Einzelbestimmungen vereinigt ist, 
betitelt 



Dienst-Anweisungen und Haus-Ordnung ffir das 
Königlich Sftchsische Kadettenkorps S 

Auskunft giebt. Wir lassen hier einen Auszug folgen. 

Die Dienstanweisung ffir den Studien-Direktor, dessen Stellung 
im Jahre 1877 geschaffen wurde, bezeichnet diesen als dem Komman- 
deur behufis Überwachung und Leitung des wissenschaftlichen Unter- 
richtes unterstellt. Er ist Vorgesetzter der Civillehrer, aber nicht be- 
fugt, sie durch Warnungen oder Verweise zu bestrafen, und ist nicbt 
Vorgesetzter der unterrichtenden Offiziere und Geistlichen, von denen 
jedoch erwartet wird, dafs sie seinen Batschlftgen und Winken Oeh8r 
schenken werden. Der Studien-Direktor gebort zum 

Lehrpersonal, von dessen Mitgliedern er selbst und die Pro- 
fessoren vom Könige, die fibrigen etatsmäTsigen Lehrer vom Kriegs- 
ministerium ernannt, die Geistlichen durch letzteren aus den Militär- 
geistlichen berufen werden. Sie sind sämtlich Beichsbeamte. AuTser- 
dem können auf Grund abgeschlossener Vertr&ge auTseretatsm&Gnge 
Hilftlehrer beschäftigt werden. Wenn Civillehrer aber die ihnen ob- 
liegende Zahl von Pfiichtstunden hinaus Mehrstunden erteilen, so er- 
halten sie für eine wissenschaftlich^ Stunde 96, för eine nichtwissen- 
schaftliche 72 Mark jährlich. Eine Strafbefugnis haben die Lehrer 
nicht. Wenn sie Klassendisziplin und Fleifs nicht in anderer Weise 
aufrecht und rege zu erhalten wissen, so steht ihnen Anzeige an die 
Kompagnie durch das Meldebuch offen. Es ist ihnen jedoch gestattet, 
in den Klassen bis einschl. Ober-Tertia wiederholte Unaufmerksamkeit 
durch Stehenlassen auf dem Platze bis zu zehn Minuten zu bekämpfen. 
Wenn Kadetten sich in grober Weise gegen die Disziplin vergehen, so 
läTst der Lehrer entweder durch den Klassenältesten den OfBzier vom 
Dienst herbeiholen oder er fuhrt dem letzteren den betreffenden Kadett 

" Dresden, Druck von Job. Pässler, o. J. 



4. Das Kadetten-Korps 1879—1896 157 

m. Die Kompagniechefis sind berechtigt, dem Unterrichte ihrer Kom- 
pagnien beizuwohnen; Erzieher, welche beznglich ihrer Abteilung den 
gleichen Wunsch hegen, haben sich vorher mit dem Lehrer ins Ein- 
iwmehmen zu setzen. Zur Übernahme eines Nebenamtes bedarf der 
Lehrer der Genehmigung des Eriegsministers; will er Anwärter auf das 
i K.-K. zur Präfung vorbereiten, so hat er es zu melden; kein Anwärter 
I wird durch einen Lehrer geprüft, welcher ihn unterrichtet hat oder bei 
dem er in Pension gewesen ist. 

Der Erzieher hat seine Untergebenen vom Morgen bis zum Abend 
stetig zu überwachen und zu beau6ichtigen, der Verwertung der Ar- 
beitsstunden hat er besondere Aufmerksamkeit zu schenken und die 
dafor verfügbare Zeit zu persönlichem Verkehr mit den Kadetten seines 
fiefehlsbereiches auszunutzen; die Privatlektüre hat er sorgsam zu be- 
aufiichtigen, die eigenen Bücher seiner Zöglinge müssen seinen Vermerk 
tragen; er hat darauf zu halten, dafs die letzteren ihren Angehörigen 
alle vierzehn Tage schreiben; mit diesen selbst in schriftlichen Verkehr 
n treten ist er nicht verpflichtet; es liegt dies dem Kompagniechef ob, 
welchem der Erzieher die betreffenden Mitteilungen macht; die nicht 
wegen ansteckender Krankheit im Lazareth Befindlichen hat er täglich 
ZQ besuchen und ihre wissenschaftliche Weiterbildung nach Kräften zu 
ßrdem. Die Verwendung der Feldwebel -Lieutenants als Erzieher hat 
mit der Übersiedelung in das neue Heim angehört. Was über die 
Thäügkeit des Erziehers als Lehrer gesagt ist, stützt sich auf die kleine 
Schrift des Hptm. v. Heimburg, eines am hannoverschen Eadettenhause 
and später an dem zu Berlin bezw. Orofs-Lichterfelde erfolgreich thätig 
gewesenen OfiSziers, «Grundzüge der Pädagogik für Offiziere, die an 
Militär-Bildungsanstalten unterrichten* (Berlin 1871). 

Die Disciplinar- Strafordnung zeigt insofern eine Abweichung 
TOD den jetzt in der Regel geltenden Anordnungen, als sie eine Befugnis 
mt Ahndung von Vergehen auch den untersten Vorgesetzten beilegt. 
Sie läfst „Mafsregeln* und «Strafen** zu. 

Die Mafsregeln, welche der Erzieher verhängen darf, sind Ver- 
weise ohne Zeugen oder im Beisein des Stubenältesten; Stubendienst, 
ein bis drei Tage lang, an Wochentagen; einmaliges Erscheinen zum 
Rapport in einem bestimmten Anzüge, in der Freizeit oder der Selbst- 
beschäftigungsstunde, nicht zur Zeit der Mahlzeiten, während des Ur- 
laubes am Sonntagnachmittage, nach dem Zapfenstreiche und vor dem 
Wecken. AuTserdem hat der Erzieher das Becht, einen Kadetten, 
welcher andauernd widerspenstig ist oder sich eines Verbrechens schuldig 



158 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

gemacht hat oder dessen Absonderung aus anderen Gründen notwendig 
ist, einschliefsen zu lassen; er mufs aber sofort dem Kommando Hd* 
düng erstatten. 

Die von den Lehrern zu verhängenden Mafsregeln sind schon an- 
gegeben. 

Der Stuben- und Klassenälteste hat die Befugnis, zur Abstelloog 
kleiner Verstöfse und Unregelmäfsigkeiten, während der Freizeit und der 
Selbstbeschäfbigungsstunde im Tagesanzuge antreten zu lassen, mufs aber 
dem Erzieher binnen 24 Stunden melden. 

Die Strafbefugnis des Kompagniechefs begreift: 

Kleine Strafen: Einfachen Verweis, ohne Zeugen oder im Beisein 
von Vorgesetzten; formlichen Verweis vor Vorgesetzten und Kameraden, 
deren Kreis der Strafende bestimmt; strengen Verweis, mit Eintragung 
in das Befehlsbuch und Verlesung vor der Front; Erscheinen vm 
Appell oder Bapport, bis zu drei Malen tOr das nämliche Vergehen; 
Strafdienst, entsprechend der Hausordnung; Strafexerzieren unter Auf. 
sieht eines Offiziers, höchstens Vs Stunde in der Freizeit, bei älteien 
und körperlich kräftigen Kadetten; Strafarbeitsstunde am Wochentage, 
ein- bis dreimal, nicht mehr als eine Stunde täglich, hauptsächlich zur 
Nachholung des Fehlerhaften oder Versäumten, am Sonn- oder Fest- 
tage vor dem Gottesdienste zur Bearbeitung besonderer Au^ben; 
ürlaubsverkfirzung an einem der letzteren Tage auf 1 oder 2 Stunden 
nach AnÜEmg oder vor Beendigung des Urlaubes; fix Kadetten, welche 
nicht auf Urlaub gehen, statt dessen Freiheitsverkärzung durch Ab- 
haltung einer Arbeitsstunde während der ürlaubszeit; ganzes oder teü- 
weises Stellen unter Berechnung auf Vs oder 1 Monat; Einschliefsong 
am Wochentage, 3 bis 5 Stunden, im Arrestlokale, mit Gewährung der 
halben Mahlzeit oder bei Wasser und Brod. 

Groise Strafen: Entziehung einer halben Mittagskost, so dafs der 
Kadett, welcher nicht der Sekunda oder Prima angehören darf, an 
einem abgesonderten Tische sitzend, nur Suppe, Brod und Wasser er- 
hält; Urlaubsentziehung an 1 oder 2 aufeinanderfolgenden Sonn- oder 
Festtagen, mit Teilnahme an der Vormittagsdienststunde wenn die 
Strafe wegen ünfleifses verhängt ist, ein Besserungsmittel, welches der 
Kompagniechef auch als .Mafsregel* anwenden darf; Einschliefsang vom 
Mittagsappell bis zum Schlafengehen in der für die Verhftngung ab 
kleine Strafe vorgesehenen Weise; Stubenarrest an 1 bis 3 Wochen- 
tagen, unter Teilnahme an allem Dienste bei voller BekSetigang oder 
an einem Tage bei Wasser und Brod statt der Mittagsmahlzeit; Ver- 



4. Das Kadetten-Korps 1879—1896 159 



guDg der Rechte der 1. und 2. Sittenklasse, von denen später die 
3de sein wird, auf höchstens vier Wochen; Arrest an 1 oder 2 Wochen- 
gen bei voller Verpflegung oder bei Wasser und Brod statt der 
ittagsmahlzeit oder statt der Hauptmahlzeiten an einem Tage, dabei 
ird der wissenschaftliche Unterricht besucht, der Bestrafte erhält am 
ichsten Sonntage keinen Urlaub. 

Der Kommandeur kann auiser den Strafen, zu deren Zuerkennung 
ir Kompagniechef befugt ist, verhängen: Verweis vor der Klasse unter 
iziehung des Lehrers; Urlaubsverkürzung bezw. Freiheitsverkfirzung 
s zu drei Sonn- oder Festtagen; Ferienverkurzung bis zu 2, in den 
Olsen Ferien bis zu 3 Tagen; Arrest bis zu 3 Wochentagen unter 
D oben erwähnten Verschärfungen an 2 nicht aufeinanderfolgenden 
Igen und unter Ausschlufs von sämtlichem Dienste ; Versetzung in die 
und 3. Sittenklasse während des laufenden Tertiais, in die 4. bis 
f vier Wochen und in die 5.; Entfernung von dem Amte als Kom- 
gnie-, Klassen- oder Stubenältester wegen Unzuverlässigkeit oder Un- 
irdigkeit; mufs sie wegen sich herausstellender Ungeeignetheit verfugt 
)rden, so ist die Anordnung nicht als Strafe anzusehen; Entfernung 
D der Oefreitencharge oder von der Stellung als Ausgezeichneter. 



Die Hausordnung schreibt vor: 

Die 1. Kompagnie umMst die Primaner, Sekundaner und je nach 
10 Umständen einen Teil der Ober-Tertianer, die 2. die übrigen Ka- 
itten. Eine jede zerftllt far den inneren Dienst in Abteilungen, welche 
Sglichst der Klasseneinteilung entsprechen und je einem Offizier (Er- 
eher) unterstellt sind. Jede Abteilung besteht aus Korporalachaften 
it erstem und zweitem Stubenältesten, aus denen die Kompagnie- und 
6 Abteilungsältesten entnommen werden, femer giebt es Klassen- und 
ischälteste. Alle, mit Ausnahme der durch den Konmiandeur zu be- 
immenden Kompagnieältesten, werden von den Kompagniechefs er- 
ioni 

Die Uniform der Kadetten ist im wesentlichen die zuletzt be- 
briebene, doch ist die Unterscheidung durch verschiedene Kragenlitzen 
rtgefallen und an Stelle des Gzakos der Infonteriehelm ohne Busch, 

die des Degens ein Seitengewehr mit wollenem Portepee am 
bwarzen Leibkoppel über dem Bocke getreten. Alle Kadetten haben 
nfswollene Litzen am Kragen und auf den ÄrmelaufechlägiBn , Helm 
d Waffen erhalten erst die Tertianer. Die geringeren Anzüge be- 



160 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildangswesens in Sachsen 

finden sich im Gewahrsam der Kadetten, die besseren unter der Obhot 
des Feldwebel -Lieutenants. Als Zeichen äuAerer Anerkennung von 
Fuhrung, Fleifs und wissenschaftlichen Leistungen tragen die Aus- 
gezeichneten über dem linken Aufschlage des Waffenrocks eine grtn- ] 
silberne und auf dem linken ünterärmel der Köperweste (Bluse m i 
dunkelblauem Wollstoff) eine grün-weifse Borte, die Portepee- Aus- 
gezeichneten auTserdem das silberne Portepee, die Gefreiten den Ge- 
freiteuknopf und am Kragen der Köper weste eine weifse Borte, die 
Unteroffiziere die Abzeichen der Portepee -Ausgezeichneten, die ünto- 
offiziertressen der Armee am Waffenrocke, die grün-weifse Borte am 
Kragen der Köperweste und auf den Mantelpatten. Ein oder zwei 
Vorturnern werden drei weifse Borten am ünterärmel verliehen, aber 
deren Besitz ihnen Patente ausgestellt werden. Die Aaszeichnangeo 
verleiht der Kommandeur, die Namen der Beliehenen werden auf einer 
Tafel im Hausflure verzeichnet. 

Die Vorschriften, welche für das Verhältnis der Kadetten zu ihren 
Vorgesetzten und Lehrern sowie zu dem sonstigen Personale der An- 
stalt gelten, bieten nichts bemerkenswertes; sie ordnen ausdrücklich an, 
dafs die Kadetten sich untereinander, und zwar die jüngeren die ältereo 
zuerst, dafs sie aber die Unteroffiziere der Land- und Seemacht nicht 
zu grüfseu haben. 

Den inneren Dienst in der Kompagnie überwacht ein „Offizier vom 
Kompagniedienst*', dem zwei „Kadetten vom Dienst** beigegeben sind. 
Das eigene Kompagniebereich darf nur mit Genehmigung des ersteren 
verlassen werden. 

Die Aufgabe, die durch die Aufwärter zu reinigende eigene Stube 
den Tag über in sauberem und ordentlichem Zustande zu erhalten, liegt \ 
dem Kadett vom Stubendienste ob. Für einen jeden Kadett sind ein 
Schrank und ein Pult, beide verschlielsbar, sowie ein Stuhl bestimmt; 
die Schlüssel werden an einem um den Hals gehängten Bande und an 
einem Stahlringe in der Hosentasche getragen. Es sind gesonderte 
Wohn- und Schlafzimmer vorhanden, in letzteren befinden sich die 
Waschvorrichtungen. Bei günstiger Witterung wird in der Elbe, sonst 
im Hause gebadet. 

Beschäftigungs- und Arbeitsstunden werden auf den Stuben ab- 
gehalten, die Vesper- und Abendfreizeit wird im Kompagniebereiche 
zugebracht. 

Beschwerden gegen den Kompagniechef oder den Erzieher werden 
dem ältesten nicht beteiligten Offizier der Kompagnie, solche gegen 






4. Das Kadetten-Korps 1879—1896 161 



onen anderen Ofi&zier, Lehrer oder vorgesetzten Kadetten dem Erzieher 
vorgetragen. Über Mifshandlungen oder sonstige unwürdige Behandlung 
darch Kameraden ist Meldung zu erstatten; wer solche unterläfst, macht 
ach strafbar. Die Entscheidung über jegliche Beschwerde ist dem 
Kommandeur vorbehalten. 

An Taschengeld empfangt monatlich der Kompagnieftlteste 3, der 
Stubenälteste 1, der Primaner und Sekundaner 1,50, jeder andere Kadett 
0,75 Mark; die Angehörigen dürfen an Zulagen gewähren dem Pri- 
maner, Sekundaner, Ober-Tertianer bis zu 6, jedem anderen Kadett bis 
IQ 4,50 Mark. Kein Kadett darf mehr Geld bei sich fahren, als sein 
Xonats-Taschengeld und -Zulage betragen; was darüber ist, muTs er 
dem Kompagniechef in Verwahrung geben. Über seine Ausgaben führt 
er ein Buch, dessen Bichtigkeit, auüser bei Kadetten der 1. Sitten- 
klasse, die AngehSrigen gelegentlich des Urlaubes zu bescheinigen und 
welches die Erzieher des öfteren durchzusehen haben. Geld und Uhren, 
das erstere in einer um den Hals gehängten Ledertasche, haben die 
Kadetten stets bei sich zu fähren ; goldene Uhren sind untersagt, Porte- 
monnaies und Fingerringe nur in den Ferien erlaubt. 

Der gesamte Briefwechsel der Kadetten geht durch die Hand des 
Kompagnie- Chefs bezw. des Erziehers, in deren Gegenwart die Packete 
und nach Erfordern die Briefe geöffnet werden. Empfang von Obst- 
aendungen, mit Ausnahme von Nüssen, ist nicht gestattet. Zeitungen 
dfirfen nur mit Genehmigung des Kommandeurs gehalten werden. 

Kleidungs- und Ausrüstungsstücke, sowie das Gewehr nach dem 
täglichen Gebrauche reinigt der Kadett selb&t, nur Stiefel und Reit- 
hosen werden von den Aufwärtern gereinigt. Das Waschen von 
wöchentlich 2 Hemden, 1 Unterhose, 3 Paar Socken, 3 Taschentüchern, 
1 Paar Manchetten, deren Tragen nur aulserhalb der Anstalt erlaubt 
ist, 1 Wischtuch bezahlt die Anstalt; das Waschen von mehr Stücken 
boahlen die Angehörigen, das durch die Auf Wärter geschehende der 
Handschuhe der Kadett Neben den gelieferten rindledemen Stiefeln 
mnis der Kadett 1 Paar, darf er 2 Paar, kalblederne besitzen, für 
deren Putzen er dem Aufwärter monatlich 35 Pfennige zahlt. Aufser- 
halb der Anstalt hat er Handschuhe zu tragen. Hausanzug ist Köper- 
weste, Drellhose, rindlederne Stiefel; das Anziehen von Tuchhosen, 
ünterwesten, sowie das Au&etzen von Mützen innerhalb der Anstalt 
and das Tragen wollener Handschuhe, wird befohlen. Der Besitz 
eigener Uniformstücke ist untersagt, Augengläser dürfen nur auf An- 
ordnung des Arztes getragen werden. Zum Anlegen eines Trauerflors 

Q«Mhlobte dm MUttir-Sixiehaiiga- und BUdiui(tw«teiii In Saduen 11 



162 Geschichte des MilitÄr-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

(um den linken Unterarm) ist die Erlaubnis des Eommandeors er< 
forderlich. 

Beitunterricht erhalten die Primaner von Ostern bis Weihnachtei 
je 2 Stunden wSchentlich in der Militär -Beitanstalt, Tanzunterrichl 
sämtliche Kadetten während des Winterhalbjahres (1895/96 4 Stunden 
wöchentlich), Singunterricht alle geeigneten eine Stunde wöchentlich. 
Kadetten mit schlechter Handschrift werden 1 bis 2 Stunden wöchentlich 
im Schreiben unterwiesen. Beanlagten Kadetten kann unentgeltlich 
Unterricht im Zeichnen oder Malen erteilt werden, solchen in Musik 
und Stenographie, sowie Nachhilfe- und besondere wissenschaftliche 
Unterrichtsstunden mässen die Angehörigen bezahlen. 

Der evangelische Gottesdienst findet im Fahnensaale der Anstalt 
statt, der katholische wird in der Kapelle in der Neustadt oder auch 
in der Hofkirche besucht. 

Vor Beginn des Tormittäglichen Unterrichtes sehen die Erzieher 
den Anzug nach, dann rucken die Kadetten korporalschaftsweise nach 
den Klassenzimmern ab. Beim Eintritte des Lehrers kommandiert der 
Klassenälteste „Bicht Euch* und meldet, worauf jener den Befehl zum 
Niedersetzen giebt. Während des Unterrichtes erheben sich die Kadetten 
der 2. Kompagnie, wenn sie namentlich aufgerufen werden, die übrigen 
dürfen durch Erheben der rechten Hand anzeigen, dafs sie glauben eine 
gestellte Frage beantworten zu können; die der 1. stehen in diesem 
Falle auf. Die Pausen zwischen den Stunden werden nach Anordnung 
des Offiziers vom Korpsdienst auf dem Hofe, im Park, im Exerzier- 
hause oder auf dem Flur verbracht. 

Jeder Kadett führt ein Aufgabenbuch, Diarien, Nachschrift-, 
Arbeits-, Probearbeits-, Präparations-, Zeichenhefte und je nach seiner 
Teilnahme am Unterrichte Herbarien, Schreib- und Bundschrifthefte. 
Arbeiten, welche unter «mittelmäfsig* bearbeitet sind, werden neu- 
angefertigt, sonstige Verbesserungen geschehen am Bande oder unter 
der Arbeit. 

Zum Aufenthalte während der Freizeit sind bei gutem Wetter der 
Hof und der Park, sonst das Exerzierhaus bestimmt. Es sind Spiele 
und eine Kegelbahn vorhanden. Der Empfang von Besuch findet, nach- 
dem der Offizier vom Kompagniedienst die Erlaubnis erteilt hat, im 
Offizierdienstzimmer oder im Hofe statt. Kranke werden im Bevier 
oder im Lazareth der Anstalt behandelt, fremde Arzte dürfen mit Qe- 
nehmigung des Kommandeurs zugezogen werden. Die zahnärztlichd 
Hilfe wird auf Kosten der Angehörigen durch Vermittelung des Korn- 



4. Das Kadetten-Korps 1879—1896 163 



mandos gewährt. Ffir den Besuch der Hoftheater stehen an den Sonn- 
tagen je 30, an den Wochentagen je 5 Eintrittskarten zur VerfQgung. 
Ungerer Urlaub findet zu den drei hohen kirchlichen Festen und auTser- 
dem im Sommer und im Herbst statt, die Dauer des Urlaubes an Sonn- 
uid Feiertagen richtet sich nach den Sittenklassen. Aller Urlaub wird 
nf Gnmd schriftlicher Einladungen erteilt. Über Ankunft am und 
Abgai^ Tom Urlaubsorte stellen die Einladenden den Kadetten, die der 
1. Sittenklasse ausgenommen, auf den diesen mitgegebenen Urlaubs- 
ntteln oder PSssen Bescheinigungen aus. Konditoreien und andere 
äfenüiche Orte dürfen nur in Begleitung Erwachsener besucht werden; 
es gelten jedoch Ausnahmen von dieser Begel, indem durch Befehl 
dnzelne Orte bezeichnet sind, an denen Kadetten der höheren Sitten- 
Uassen in einem spftter zu erwähnenden Umfange selbständig verkehren 
dürfen. Hier ist ihnen auch das an anderen öffentlichen Orten und auf 
der Stralse yerbotene Bauchen gestattet. Ausnahmsweise dürfen die 
Kadetten Droschken, jedoch nur solche 2. Klasse, benutzen. 

Von den bestehenden fünf Sittenklassen umfafst die 1. die Unter- 
offiziere, Gefireiten, Portepee -Ausgezeichneten, Ausgezeichneten, Kom- 
pagnieUtesten und Kadetten von ausgezeichneter Führung, welche sich 
kei wissenschaftlichen Fortschritten im Fleifse auszeichnen; die übrigen 
gdiSren der 2. und 3. an; mit der Zugehörigkeit zur 3. wird bereits 
ein Tadel in Fleifs, Führung oder wissenschaftlichen Fortschritten zum 
Ausdrucke gebracht, es werden ihr indessen auch sftmtliche neueingestellte 
Kadetten während des ersten Tertiais zugewiesen. Im übrigen erfolgt 
die Zuteilung zu den Klassen auf Grund der schriftlichen Beurteilung 
und der Zensuren im Juli, zu Weihnachten und Ostern für das nftchste 
TertiaL Beurteilungen und Zensuren werden den Angehörigen durch 
die Post übermittelt. Versetzung in die 4. und 5. Sittenklasse erfolgt 
jedesmal bis zur Höchstdauer von vier Wochen gegen entschieden faule 
oder sich schlecht fahrende Kadetten als Disziplinarstrafe. Unteroffizier 
und Gefreiter kann nur der Primaner, Portepee -Ausgezeichneter und 
Anq^ezeiohneter auch jeder andere Kadett werden, doch mufs er zuvor 
in der Begel mindestens ein Jahr der Anstalt angehört haben. Die 
Kmennungen verfügt der Kommandeur. Die Vorrechte und Be- 
Khrftnkungen der einzelnen Sittenklassen sind: 

Für die 1: Urlaub an Sonntagen von 8'^ oder wenn Gottesdienst 

ihttfindet 10^^ vormittags bis 10 Uhr abends; häufigerer Extraurlaub; 

Wegfidl der Bescheinigung über Benutzung des Urlaubes; Be- 

rtcksichtigung beim Theaterbesuche in erster Linie; Wegfall der Be- 
ll* 



164 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

scheinigung des Ausgabenbaches darch die AngehSrigen; Wieder- 
eintreffen erst bei Ferienschluls ohne Bficksicht auf frähere Ankooft ^ 
des Zages far Primaner, Sekandaner und Obertertianer; üBr dieie 
sämtlich auch selbständiger Besuch gestatteter Lokale. 

Für die 2.: Urlaub an Sonntagen von 9^^ bezw. 10^^ bis 9^\ 
beschränkterer Extraurlaub; Berücksichtigung beim Theaterbesuche in 
zweiter Linie; selbständiger Besuch gestatteter Lokale durch die 
Primaner und Sekundaner. 

Für die 3.: Urlaub an Sonntagen von 10'^ vormittags bis 8*^ 
abends; Extraurlaub nur bei besonderen Anlässen; Theaterbesuch in 
dritter Linie; selbständiger Besuch gestatteter Lokale nur durch 
Primaner. 

Fflr die 4.: Sonntagsurlaub von 2 bis 7 Uhr nachmittags; Extra- 
urlaub nur bei dringenden Anlässen; Theaterbesuch ausgeschlossen; be- 
schränktes Extra -Taschengeld; Betreten fremder Stuben und VerlaseeB 
des Kompagnie -Spielplatzes während der Freizeit verboten; die An- 
gehörigen können von dem Grunde der Versetzung unterrichtet werden; 
Vergehen, deren der Versetzte sich schuldig macht, werden ihnen 
mitgeteilt. 

Für die 5.: Die nämlichen Beschränkungen; aufserdem aber kein 
Sonntagsurlaub; der Orund der Versetzung mufs mitgeteilt werden; 
Absonderung bei den Appells, den Mahlzeiten und in der Freizeit; ei ^ 
können Stra&rbeitsstunden auf längere Zeit verfSgt werden. ] 

Für einen jeden Kadett sind auf Kosten der AngehSrigooi beim j 
Eintritte zu beschaffen: Eine Bibel, ein Atlas (nur für Pensionäre), 
Musterblätter fmr topographisches Zeichnen (Quarta), Bechtschreibungs- 
regeln; an Wäsche 9 Hemden, 6 Unterhosen, 12 Paar baumwollene, 
2 Paar wollene Strumpfe oder Socken, 12 weiisleinene Taschenttlcher, 
2 Unterjacken, 2 Wischtächer, 1 Wäscheeinschlagetuch, 1 Sohwinun- 
hose, 1 Paar rind-, 1 bis 2 Paar kalblederne Stiefel, 1 Paar schwan- 
lederne Hausschuhe, 2 Paar Hosenträger, 3 Paar weifse waachledeme 
Handschuhe; eine Anzahl von Beinigungs- und Putz-, sowie m 
Schreib- und Zeichengegenständen; 1 Beisekoffer, 1 Schlfisselnng, 
1 Oeldbrusttasche, 1 Behältnis mit Nähzeug, 1 Paar Schlittschuhe, 
Floretthandschuhe pp. 

Die Tageseinteilung fflr den Sommer ist an den Wochentagen in 
nachstehender Weise geregelt: 5^^ Wecken, dann Ausklopfen der 
Kleidungsstücke auf dem Flur, Waschen von Gesicht, Hals, Bnnt, 
Händen, wobei das Hemd bis auf die Hüften niedergelassen wird, Zähne- 






f 



6. Die Artillerie-Schale und deren Fortsetzungen 1766—1811 165 

|vti0D, welches anch abends vor dem Schlafengehen geschieht, Haar- 
Ummen; 5^^ Frfihstäck; 6 bis 6^^ Arbeitsstunde; 7 Stondenappell; 
V^ bis 9^^ drei Lehrstnnden mit je 5 Minuten Zwischenpause; 9^ bis 
10^^ zweites Frähstück; 10^^ bis 12 zwei Lehrstunden mit 5 Minuten 
Zwischenpanse; 12 bis 12^^ Eompagnieappell ; 12^^ Abmarsch zum 
ICttagessen; 1^^ bis 2^^ Freizeit im Park; 2^^ bis 5^^ Arbeitsstunde; 
6*^ bis 6*® Vesper; 6** bis 7^*^ praktischer Dienst, worunter die gym- 
Distischen und militärischen Unterrichtsgegenstände verstanden sind; 
7^ Abmarsch zum Abendessen; 8 bis 8'^ Selbstbeschäftignng ; von 8'^ 
ID Freizeit im Bevier. um 9 müssen die Kadetten der 2., um 9^ 
f Ik der 1. Kompagnie zu Bette gehen, letzteren ist es schon um 9 
gestattet, um 9^^ mflssen alle zu Bett und die Lampen ausgelöscht 
arin. — Sonntags wird um 6'^ aufgestanden, die Nichtbeurlaubten 
gdien um 9 zu Bett. Das Mittagessen findet um 1, das Abendessen 
um 7*^ statt, nachmittags wird Kaffee gereicht. Der Vormittag wird 
TOD 7^ bis 8^^ zur Beschäftigung in der Kompagnie, aufserdem zu 
Strafiurbeitsstnnden benutzt; nachmittags wird in der Elbe gebadet oder 
ein Spaziergang gemacht. 

Im Winter wird an den Wochentagen um 6 Uhr aufgestanden und 

am 9"^ bezw. 10 zu Bett gegangen; die Lebrstunden werden von 8^ 

bis 12^^ abgehalten; dem praktischen Dienste gehört die Zeit von 3 bis 

4*^, Arbeitsstunde ist von 6*^ bis 7^^ vor- und 5'® bis 8 nachmittags. — 

in Somitagen wird um 7 geweckt, nachmittags ein Spaziergang gemacht. 

Die Signale zur Begelung der Tagesordnung werden durch einen 

von der Garnison gestellten Hornisten, die Zeichen zum Beginne der 

Lehrstunden mit der Glocke gegeben, die Mahlzeiten mittags und 

ibends mit einem durch den Kadett vom Dienst der 1. Kompagnie zu 

Terleeendes Gebet eingeleitet und beendet; bei allen Mahlzeiten ist der 

Offizier vom Dienst gegenwärtig. Zur Beschaffung der Beköstigung 

werdoi für einen jeden Kadett jährlich 270 und aufserdem fQr Brod 

36 Mark als Pauschquantum gewährt. 



5. Die Ärtillerie-Schnle nnd deren Fortsetznngen 

nie lArttUerte - Sehiüe, 1766—1811 

Bis zum Jahre 1766 war der Weg, welchen der Artillerist ein- 
lOBchlagen hatte, um Offizier zu werden, der gewesen, dafs er bei 
einem Offizier oder Unteroffizier der Waffe förmlich in die Lehre trat 



166 Geschichte des Militär-Erziehungs- und BildungswesenB in Sachsen 

und, durch den Unterricht seines Meisters vorbereitet, die durch des 
Kurfürsten Johann Georg IL Artillerieordnung vom 6. November 1674 
vorgeschriebenen Proben ablegte, deren es eine 4-, 8-, 16-, 32- und 
64 pfundige gab; mit der Zahl der Pfunde wuchsen sowohl die An- 
sprüche an seine Kenntnisse wie das Lehrgeld, welches er zu zahlen 
hatte. Lange Zeit gehorte es nicht nur für Offiziere, sondern für streb- 
same junge Leute überhaupt zum guten Tone die Proben abzulegen/ 
wenn die Lehrlinge auch nicht daran dachten in die Artillerie zu treten. 
Johann Georg IL liefs seine Umgebung die Artilleriekunst erlernen; 
1688 waren unter den Scholaren, welche sich der Prüfung unterwarfen, 
HoJQunker und Kammerpagen , 1727 Offiziere der Infiemterie und der 
Kavallerie bis zum Oberst hinauf. 

Jetzt hörte dieser Zunftzwang auf. Durch den Oberbefehlshaber, 
Chevalier de Saxe, veranlafst erliels der Administrator Prinz 
Xaver am 30. Mai 1766 eine Verordnung, welche die BefSrdenmgg- 
verhältnisse der Artillerie ganz neu regelte. Das Lossprechen der 
Schüler, das Ausstellen von Artillerie-Ladelehrbriefen und die sonstigen 
Handwerksbräuche wurden abgeschafft, der Unterricht auf wissenschaft- 
liche Grundlagen gestellt. Er sollte in einer Artillerie-Schule^ erteilt 
werden, für deren Einrichtung die Militär -Akademie zu Wioier-Nea- 
Stadt als Muster diente. Die for die Schule getroffenen Anordnungen' 
beruhten auf einer .Neuen Artillerie -Ordnung*, welche Prinz Xaver 
am 14. November 1766 dem Chevalier de Saxe zufertigte, and auf 
einem «Beglement* für die Schule vom 20. d. M., letzterem waren In- 
struktionen für den Direkteur und die vier Mattres beigegeben. 

Die Artillerie - Ordnung schrieb vor, was der Artillerist kSnnen 
müsse und was er dazu zu lernen habe, und verlangte, dafis er unter- 
richtet werde. Vor allem wurden mathematische Kenntnisse gefordert, 
und es war besonders vorgeschrieben, dafs diese auf Grund der Mathe- 
matica pura erworben werden müfsten. Die Vorträge hatten zu um- 
fassen: Arithmetik, einschliefslich Proportionen, Progressionen und 

« 

' V. Kretzschmar, Greschichte der Sächsischen Feldartillerie von 1620 
bis 1820, Berlin 1876. S. 140 ff. 

^ Aaffallenderweise erscheint in den Ranglisten schon seit 1763 eine 
Artillerie-Schule mit dem Ob. -Lt. Froede (später v. Fröden geschrieben) als 
Direkteur und vier Maltres, während später in den amtlichen Nachweisen 
das Jahr 1766 als das Stiftongsjahr angegeben wird. Der erste Staatskalender, 
welcher die Schule nennt, ist der fQr das Jahr 1767. 

' Haupt-Staats-Archiv 10998. 



6. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1766—1811 167 

Wurzeln; niedere Algebra; Geometrie; Stereometrie einschl. Kegel- 
schnitte, besonders die Parabel; Trigonometrie nebst Trigonometria 
subterranea znr Applikation der Minen; Mechanik nebst Bewegung der 
Körper; Anleitung zum Nivellieren; Artilleriewissenschaft einschl. 
Batteriebau; Fortification passag^re und Festungskrieg; Artilleriezeichnen 
und Lustfeuerwerkerei. 

Die .Scholaren* waren in zwei Divisionen geteilt; in der 2. sollte 
darch Unterricht in der Mathematik und im Zeichnen eine Grundlage 
gewonnen werden, auf welche gestützt in der 1. die praktischen Wissen- 
schaften gelehrt werden könnten. Als Lehrer wurden angestellt: ein 
Oberfeuerwerksmeister (Kapitän), je ein Batteriemeister, Mathematikns, 
Ingenieur, Zeichenmeister (Premier-Lieutenants), und ein Ünter-Feuer- 
werksmeister (Unteroffizier). Direkteur war zuerst Maj., später Ob.-Lt. 
V. Froeden, welchem 1769 Ob.-Lt. Conway v. Waterford und 1771 
Maj. Johann Gottfried Hoyer, ein um die Sächsische Artillerie hoch- 
verdienter Offizier, folgte (Militär -Conversationslexikon, herausgegeben 
von y. der Luhe, III, Adorf 1836). Dieser bekleidete die Stelle bis 
1793, dann erhielt dieselbe Maj. v. Klette, 1805 Maj. Fletsch, 
1809 Maj. Tullmann, 1810 Maj. v. Bouvroy. Unterricht &nd 
nur vormittags, im Winter um 8, im Sommer um 6 beginnend, an 
Tier Wochentagen statt. Er dauerte je vier Stunden. In der 1. Di- 
vision teilten sich die mathematische Bepetition, der Oberfeuerwerks- 
meister, die Befestigungskunst und der Batteriemeister, in der 2. der 
Mathematikns und der Zeichenmeister in die Zeit. Nachmittags sollte 
nachgezeichnet und repetiert werden, zu letzterem Zwecke durften sich 
je vier Schüler zusammeuthun. Der Mittwoch und der Sonnabend 
waren praktischen Übungen gewidmet. Alle vierzehn Tage stellten die 
Lehrer, statt vorzutragen, Wiederholungen und Prüfungen an. Auf die 
Verbindung des praktischen mit dem theoretischen Unterrichte ward 
besonderer Wert gelegt und der regelmälsige Gang des letzteren häufig 
durch ersteren auf mehr oder weniger lange Zeit unterbrochen. Dafs 
die oberste Leitung der Schule und die Behörden, unter denen letztere 
stand, nicht allein eine fachwissenschaftliche Ausbildung der Schüler im 
Auge hatten, beweist das Verzeichnis der bei der Errichtung zur An- 
schaffung in Vorschlag gebrachten Bücher und zu haltenden Zeitungen; 
anter letzteren befanden sich nicht nur wissenschaftliche Blätter, wie 
die Gottingenschen gelehrten Anzeigen, sondern auch das Leipziger 
Intelligenzblatt und politische Zeitungen. Der Unterricht des Ober- 
Feuerwerksmeisters erstreckte sich auf Ernst- und Lustfeuerwerkerei, 



168 Geschichte des Militär-Erziehungs- und BildungsweeenB in Sachsen 

der Batteriemeister hatte die übrigen Zweige der ArtilleriewisseDSchaft 
vorzutragen, der Ingenieur verbrachte viel Zeit mit der Anweisung zur 
Ausschmückung von Zeichnungen und Plänen. 

Von den Aufzunehmenden wurde verlangt, dals sie ehelich geboren 
und von guten Sitten seien und dafs sie Genie bes&ben. Auslfloder 
durften nur ausnahmsweise aufgenommen werden. Ein vom Chevalier 
de Saxe am 5. Februar 1767 erlassenes «Beglement, wonach die 
Kommandanten derer Artillerie -Kompagnien sich zu achten', schrieb 
vor, auf die Auswahl der zu kommandierenden Subjekte mit der grSItteD 
Sorgfalt zu attendieren, «AUermalsen keine schwachen Qenies und noch 
viel weniger stupide und phlegmatische Köpfe zur Erlernung der 
Artilleriewissenschaft tauglich.*' In einer Vorprüfung hatten sie dar- 
zuthun, dafs sie schreiben und rechnen könnten, letzteres audi mit 
Brüchen, dafs sie die Anfangsgründe der Algebra einschlieMoh der 
Wurzeln inne hätten, Kenntnis von geometrischen Figuren und Körpern 
und einen Begriff vom Situationszeichnen bes&fsen. Wer zugelassen 
war, verpflichtete sich durch Handschlag und Revers von dem auf der 
Schule Erfohrenen nichts zu verraten, noch weniger dasselbe g^en den 
Kurfürsten oder dessen Verbündete zu gebrauchen und auch nach seiner 
Entlassung auf an ihn ergangene Aufforderung sich wieder zu stdlen. 

Thatsächlich ward die Schule erst 1767 eröfhet; am 6. Febmar 
erliefs der GM. und Oberzeugmeister Hanfs mann an Froede Befehle 
hinsichtlich der Behandlung der am 9. d. M. eintreffenden Schüler. 
Es waren ihrer 48, nämlich 12 Ober-, 12 ünterofüziere, 24 Ctomäne; 
von den ersteren sollten immer die beiden ältesten und die beiden 
jüngsten von jeder Charge gesandt werden, auch Stüclgunker hatten 
Zutritt. Die Zahl der Schüler^ ward schon 1768 auf 36, 1770 anf 
24 herabgesetzt. Als Grund dafSr ward in letzterem Jahre angegeben, 
dafs nur noch 15 bis 16 Offiziere vorhanden seien, welche nicht anf 
Schule gewesen wären, und unter diesen befinden sich manche, welche 
der Schule bereits entwachsen seien. Es läge daher die BefSrchtnng 
nahe, dafs bei so starkem Besuche die Anstalt bald aus Mangel an 
Schülern eingehen würde und dazu käme, dafs jeder, der die Sdinle 
durchgemacht habe, Anspruch auf Beförderung machen zu dürfen glaabe 
und beständig sollizitiere; es sollten daher in Zukunft nur 8 OflBziere, 
8 Unteroffiziere und 8 Gemeine zugelassen werden. Sitz der Sdinle 
war die Artillerie-Kaserne zu Dresden-Neustadt, am Palaisplatze, jetzt 

I Geheimes Staats- Archiv 10993. 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1766—1811 169 

Kaiser Wilhelmsplatz, belegen and bis 1876 von verschiedenen Trnppen- 
teilen benutzt; die Offiziere mieteten sich selbst ein. 

Für die Bedfirfhisse der Anstalt waren monatlich 150 Thaler ver- 
ISgbar, wovon auch Zuschüsse an arme Scholaren gegeben werden 
durften. 

Das Beglement vom 5. Februar 1767 machte den Kapitäns zur 
Pflicht, darauf zu sehen, „dafs diejenigen, so in der Schule gestanden 
kaben, auch fernerhin fleüsig fortstudieren und gehen ihnen hierin so- 
wohl mit ihrem Laboratorium an die Hand, als sie auch zuweilen und 
besonders im Frdhjahr veranstalten, dafs diese gewesenen Scholaren 
praktische Arbeiten auf dem Felde ausführen*; auch ordnete das Begle- 
ment an, dals diejenigen Subjekte, welche HofEhung zu immer höherem 
Avancement gäben, durch einen Offizier oder geschulten Unteroffizier, 
welcher in der Schule gestanden habe, Unterricht erhalten sollten. Die 
Terordnung vom 30. Mai 1766 hatte bereits verfQgt, dafs in der 
Artillerie, ,da es in selbiger nicht auf Diensteifer und Bravour allein, 
sondern zugleich auf gründliche, in sothanem Metier erlangte Wissen- 
schaften ankommt', niemand zum Stfickjunker . oder höherem Grade in 
Vortrag gebracht werden solle, ohne dafs er vorher eine Prüfung be- 
standen habe, und zwar sollten bei einer Stückjunker- Vakanz die zwei 
Utesten Sergeanten, Feuerwerker und Korporale, bei einer Sons- 
lientenants-Yakanz die beiden ältesten Stückjnnker, bei einer Premier- 
lieütenants-Stelle die beiden ältesten Souslieutenants, bei einem Stabs- 
kapitäns -Platze die zwei ältesten Premierlieutenants, bei Erledigung 
einer Kompagnie die drei Stabskapitäns und die vier ältesten Premier- 
lientenants herangezogen werden. Auch far das Aufrücken zum Major 
war die theoretische Befähigung nachzuweisen. Der Oberste des Korps 
bestimmte, ob aufser den beiden ältesten Kapitäns noch zwei 
jüngere zu prüfen seien. Die Lehrer der Artillerie-Schule prüften in 
Q^enwart der beiden Schulinspekteurs, des Direkteurs der Anstalt und 
eines Artillerie-Stabsoffiziers; dem Beförderungsvorschlage war das Ur- 
sprungs-Protokoll beizulegen. 



Mit den Nachrichten über die Errichtung und über die damals 
getroffenen Anordnungen hören die Quellen zur Kenntnis der Anstalt 
ffir bmge Zeit zu fliefsen auf. Das vorhanden gewesene Aktenmaterial 
scheint meist versch?nmden zu sein. Wenigstens ist dem Ver&sser 
trotz seiner durch die Behörden in entgegenkommendster Weise ge- 



170 Geßchiclite des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

forderten Bemühaogen nicht gelangen, eine Spar von ihnen zn' ent- 
decken, and auch das 1893 errichtete Eriegsarchiv zu Dresden ver- 
mochte nicht ihm zu helfen. Es darf aber angenommen werden, dab 
die Schule bis zum Jahre 1811 in wenig veränderter Weise fort- 
bestanden hat, da die zeitgenossischen Druckwerke, welche die äolsere& 
Umrisse der Einrichtung mitteilen, diese Voraussetzung bestätigen. So 
heifst es in der , Umständlichen Beschreibung Dresdens* von J. Qa. 
Hasche (Leipzig 1783) auf S. 410, dafs in der Kaserne zwei Auditorieo 
und Wohnungen für die Mattres vorhanden gewesen und daCs der Sehok 
zwei Exerzierplätze vor den Thoren zur Verfügung gestanden hätten; 
der Direkteur habe 1000, der Ober-Feuerwerksmeister 600, der Batterie- 
meister, der Mathematikus, der Ingenieur, der Zeichenmeister und der 
Unter -Feuerwerksmeister je 180, der Aufwärter 190 Thaler bezogen 



Oie ArtUlerie-Akademie, 1811—1816 

Eine grundlegende Wandlung erfuhr die Einrichtung der Schale, 
nachdem am 1 . Mai 1810 das gesamte Heerwesen neugestaltet worden 
war, nach Mafsgabe eines am 9. August 1811 vom Könige genehmigten 
Planes. Sie hiefs fortan «Artillerie- Akademie* und ihr Zweck ward 
mehr als früher darauf gerichtet, den Schülern neben einer fachwiasen- 
schaftlichen auch eine allgemeinwissenschafkliche Ausbildung zu ge- 
währen. Näheres darüber mitzuteilen sind wir nicht imstande. In 
einem bei Vorlage des Planes zu einer anderen Organisationsänderaog 
dem König Johann am 31. August 1856 von Gen. Köhler erstatteten* 
Berichte heifst es aber ausdrücklich, dafs in der Schule, in welcher bis 
dahin nur artilleristischer Unterricht erteilt worden, nun auch andere 
Wissenschaften gelehrt seien und dafs das Bestreben gewaltet habe, den 
künftigen Offizieren Gelegenheit zu allgemeinerer Ausbildung zu bieten; 
aus dem Berichte geht ferner hervor, dafs drei Divisionen bestanden 
haben. Es heifst darin, dafs in den Jahren 1817 bis 1815 der starke 
Bedarf an Offizieren dazu genötigt habe, Zöglinge der Akademie xn 
Lieutenants l^i der Infanterie und der Kavallerie zu ernennen. Auch der 
Personalstand legt von der Änderung Zeugnis ab, es waren ein Direk- 
teur, zugleich Stabsoffizier im Artillerie-Begimente, 3 Militärlehrer der 
Artillerie, je 1 Lehrer für Geschichte und Geographie und fSr die 
französische Sprache, 1 Unterzeichenmeister vorhanden; die Zahl der 
Schüler betrug 36. 



i 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1811—1828 171 

Oie nillitar^Akademie 
1816—1828 

Die Notwendigkeit, im Staatshaushalte Ersparungen vorzunehmeo, 
ad der verringerte Bedarf an Offizieren veranlafsten die Verschmelzung 
}r gesonderten Bildungsanstalten fflr Artillerie und Ingenieure zu einer 
ilitär- Akademie ^ Am 26. Juli 1815 beantragte der Chef der Qe- 
nmen Eriegskanzlei , Qen. v. Zeschau (S. 73), unter Bezugnahme 
if einen von ihm dem Eonige zu Prefsburg gehaltenen Vortrag, 
ese MaTsregel anzuordnen; gleichzeitig schlug er vor, die beiden 
bulemieen, welche unter den VITaffenchefs standen, schon jetzt un- 
ittelbar dem Könige und dessen Geheimer Kriegskanzlei zu unter- 
3llen; es sollten dadurch die Errichtung der neuen Anstalt, welche 
turgemäfs durch die letztere Behörde geleitet werden mflsse, erleiclitert 
i der unberechtigte Einflufs der verschiedenen Korpskommandanten 
f die Schulleitung sowie das darauf beruhende Protektionsunwesen 
seitigt werden; übrigens sollte, um die Schüler nicht aus dem Zu- 
oamenhange der ihnen gerade vorgetragenen Wissenschaften zu 
ingen, die neue Anstalt erst Michaelis ins Leben treten. 

Bereits am 30. Juli genehmigte der König Zeschaus Vorschläge 
id am 4. August erging der Befehl zur .Vereinigung der vormaligen 
iden militärischen Ünterrichts-Anstalten, der Ingenieurs-Akademie und 
r Artillerie- Akademie* zu einer .Militär- Akademie, aus welcher so- 
)bl das Ingenieurs- und Artillerie-Korps, als auch nach Befinden die 
irigen Truppen -Ghittungen mit solchen Offizier- Subjecten versehen 
$rden können, die, dem Bedarf derselben angemessen, in den nötigen 
Buntnissen und Kunstfertigkeiten ausgebildet wurden*. Die letztere 
lordnung war ein Zugeständnis an den höheren Bürgerstand, dessen 
hne von der Aufoahme in das K.-K. ausgeschlossen waren und daher 
r schwer Offiziere werden konnten. 

Zeschau forderte zunächst von den Leitern der bestehenden 
[ademieen, dem Art.-Maj. Friedrich Gustav Bouvroy und dem Ing.- 
).-Lt. Carl Christian Fleischer, Entwürfe für die zu errichtende An- 
ilt. Bouvroy ging auf den Qedanken bereitwilligst ein. Am 16. Ok- 
)er legte er in einer eingehenden Denkschrift seinen Plan vor, welcher 
den Hauptsachen die Allerhöchste Genehmigung fand. Das K.-E!. 
d die Akademie sollten allein den Offiziersersatz liefern und eine 
3währ schaffen, dalB diesem die erforderliche wissenschaftliche Bildung 

^ Arch. d. Er.-M.: Rep. G., Loc. 6. 



172 Geschichte des MilitärErziehungs- aad Bildongswesens in Sachsen 

nicht fehle; ,es müTsten denn bei der Eayallerie des VermSgens wegen 
Aasnahmen gemacht werden*,* setzte er, — der Macht der beim K.-E. 
geschilderten Verhältnisse, nicht dem eigenen Triebe gehorchend — , 
hinzu. Die bisher üblicb gewesene Annahme von Junkern oder Kadetten 
bei der Infanterie, von Sappeurs bei den Ingenieuren, Kanoniers und 
Unteroffizieren bei der Artillerie, durch welche dem Heere ein mangel- 
haft vorgebildeter Nachwuchs zugeführt wfirde, sollte unterbleibmi und 
niemand aus den Bildungsanstalten in die Armee treten, der nicht den 
Anforderungen der Schule genügt hätte; wer sie erfüllt habe, solle 
aber auch Offizier werden und nicht, wie bei den Spezialwaffen ans 
Mangel an Stellen vorgekommen sei, Unteroffizier; als solche verkämen 
die weniger Tüchtigen, während die, welche mehr leisten könnten, in 
fremde Dienste gingen. Der Lehrgang sollte 6 Jahr dauern und drei 
Klassen begreifen; in der untersten sollte allgemein wissenschaftlicher, 
vorbereitender, in den beiden oberen fach wissenschaftlicher Unterricht 
erteilt werden. Die Vorträge sollten für sämtliche Schüler die näm- 
lichen sein und eine Sonderausbildung für Artillerie oder Ingenieure 
nicht stattfinden; Mathematik, Artillerie, Befestigungskunst und die ver- 
wandten Fächer standen im Vordergründe des Lehrplanes. i 
Gegen solche ketzerische Anschläge bäumte Fleischers zfioft- \ 
leriscbe Natur hoch auf. Er h{J)e sich vom Nutzen grSfserer päda» | 
gogischer Anstalten und allgemeinen Unterrichtes für seine Waffe nie ^ 
überzeugen können; die Kunst des Ingenieurs sei eine so umfassende 
und so schwer zu erlernende, dafs der Schüler seine ganze Kraft zu- 
sammennehmen müsse, um sie sich anzueignen; nur wo man diesem 
Orundsatze huldige, habe man tüchtige Ingenieure, und nur wo man 
über solche verfüge, könne man auf Erfolge im Kriege rechnen, demi 
die Beschäftigung mit dem Gelände, wie der Dienst der Waffe sie mit 
sich bringe, verschaffe militärischen Überblick und die Gabe, aus dem 
Terrain Nutzen zu ziehen, durch deren Besitz der Sieg verbürgt wfirde. 
Frankreich liefere die Belege fSr diese Behauptung; dort würden die 
Ingenieur- Wissenschaften in der von ihm gewollten Weise gepflegt, und ; 
solcher Pflege habe das franzosische Heer die Früchte seiner glücklichen 
Feldzüge zu danken. Mit aller Entschiedenheit sprach er sich gegen 
das Aui^ehen der seiner Leitung untergebenen Anstalt in eine all- 
gemeinere aus; Bouvroy's Plan möge an und für sich ganz gut sein, 
die Ingenieure aber möge man damit verschonen. Sein Widerstreben 
gegen die ihm unwillkommene Neuerung kennzeichnete sich auch in 
der Säumigkeit, deren er sich bei Einreichung des von ihm geforderten 



5. Pie Arüllerie^hale und deren Fortsetzangen 1816 — 1828 173 

flatachtens schuldig machte; als dasselbe, nach wiederholter sehr dring- 
licher Aufforderung, am 8. Januar 1816 endlich eingegangen war, 
trat im Februar unter dem Vorsitze des Kommandanten des Linien- 
Inftnterie-Depot-Bataillons Ob.-Lt. Anger eine Kommission zusammen, 
welche im ganzen und grofsen Bouvroy zustimmte, Fleischers Wünschen 
aber insoweit Bechnung trug als sie eine Sonderausbildung der künftigen 
Ingenieur- Offiziere befürwortete, welche nach Beendigung des Unter- 
richtes in der Akademie ihnen zu teil werden sollte. Die Königliche 
Qenehmigung erfolgte durch ein 

Begulativ zur Vereinigung der beiden bisherigen 
Ingenieur- und Artillerie-Akademieen in einer Militär- 
Akademie d. d. 16. April 1816. 
Dasselbe verfügte, dafs die Akademie, welche nicht nur „die 
Offiziers- Subjekte für das Ingenieur- und Artillerie -Korps zu unter- 
richten und auszubilden, sondern auch zu gleicher Zeit ffir die In- 
ümterie und Kavallerie brauchbare und wissenschaftliche Offiziere zu 
erziehen habe', am 1. Oktober jenes Jahres eröffnet werden solle und 
ordnete zugleich an, dafs, um den ffir das Ingenieur-Korps bestimmten 
Offiziers-Subjekten den ffir selbige erforderlichen besonderen Ausbildungs- 
grad zu verschaffen, ffir vier ganz besonders ausgezeichnete Eleven eine 
eigene . Ingenieur - Ausbildungs - Anstalt * eingerichtet werden 
aolle, in welche diese nach völlig beendetem Kursus der Militär- 
Akademie als «Tranchee-Sergeanten* mit 15 Thaler monatlich, jedoch 
ohne alle weiteren Gebührnisse, einzutreten hatten. Sie erhielten nicht 
nur theoretischen Unterricht, sondern wurden auch bei Bauten, Ver- 
messungen • pp. praktisch beschäftigt. Die Leitung der Sonderanstalt 
erhielt zunächst Fleischer mit seinem bisherigen Traktamente, später 
8ollte sie einem Stabsoffizier oder Kapitän des Ingenieur -Korps als 
Nebenamt ohne besondere Entschädigung übertragen werden. Die 
Unterweisung der Tranchee- Sergeanten lag einem Ingenieur-Lieutenant 
ob, welcher eine Monatszulage von 26 Thaler 16 Qroschen empfing. 
Die Anstalt erhielt einen eigenen Aufwärter und eine Pauschsumme 
?on monatlich 25 Thalern, sie verblieb in ihren bisherigen Bäumen in 
der Artillerie -Kaserne, so dafs beide Teile der Akademie, wie schon 
Torher, unter dem nämlichen Dache vereinigt waren. 

« Nicht im f>ruck. — Arch. d. Kr.-M,: Rep. G. Loc. 120. — Die Anstalt 
ist auf Grund der geltenden Vorschriften eingehend geschildert in den 
Militärischen Blättern, herausgegeben von F. W. v. Mauvillon, 2, Band, 
Essen 1825. 



1 74 Geschichte des Militär- Erziehungs- und Bildungswesens in. Sachsen 

Kommandant und Direktor der Militfir-Akademie sollte 
stets ein Stabsoffizier der Artillerie sein. Derselbe hatte daneben Sitz 
in der Artillerie -Kommission, that aber weiter keinen Dienst. Sein 
Gehalt betrag 133 Thaler 8 Groschen monatlich. Anfserdem hatte er 
2 Bationen. Die Stelle ward dem Major Bonvroy abertragen, welcher 
sie bis zam Febrnar 1831 mit vorzüglichem Erfolge bekleidet hat. 

Das Lehrerp ersonal bestand aas 4 militärischen Oberlehrern, 2 m 
der Artillerie, 2 vom Ingenienr-Korps, welchen ihre Anciennetät in der 
Trappe gewahrt blieb; je einer lehrte Mathematik, Civil -Baukunst, 
Befestigangskanst, Artillerie; ihr Monatsgehalt betrag je 66 Thaler 
16 Groschen ; femer aas 2 militärischen Unterlehrem mit Zengdieners- 
ränge, besonders für den Zeichen- and den mathematischen Unterricht 
der antersten Klasse, mit je 20 Thaler Monatsgehalt, 2 Givillehrem, and 
zwar einem Professor der Geschichte, Geographie, Logik, Encyklopädie 
und des deatschen Stils mit 40 and einem franzosischen Sprachmeister 
mit 25 Thalern. Anfserdem waren ein Bibliothek -Aufseher mit Zeug- 
dienersrange, ein Ghirurgus, 3 Aufwärter und ein Hausmann angesteUt 
Der Ghirurgus erhielt zur Beschaffung der Arzenei 6 Thaler 16 Groschen; 
zur Bestreitung der allgemeinen Unkosten für Feuer und Licht, Lehr- 
mittel, Zulagen an arme Schüler und Gehälter der Dienerschaft waren 
175 Thaler monatlich ausgesetzt. 

Der vollständige Lehrgang war auf einen Aufenthalt von 6 Jahren 
berechnet; die Zöglmge bildeten drei Divisionen, die Yersetzongen 
fanden alle zwei Jahre statt; der Eintritt erfolgte der Begel nach nicht 
unter dem 14. Jahre, ausnahmsweise jedoch ein halbes oder ganzes 
Jahr früher, auf Grund einer Prüfung, welche über die Zuweisung zor 
3.. oder 2. Division entschied; Eintritt in die oberste Klasse war aas- 
geschlossen. 

Die Forderung, dafs, abgesehen von der Beiterei, nur Zöglinge der 
militärischen Bildungsanstalten Offiziere werden sollten, ward nicht er- 
füllt; neben der Beförderung auf Grund ausgezeichneten Betragens und 
hervorragender Tapferkeit waren Ausnahmen vorgesehen für «vorzüg- 
liche, durch ein Examen in der Militär -Akademie bewährt gefundene 
Geschicklichkeit*. Hinsichtlich der Kavallerie hiefs es, dafs die Waffe 
«bei Offiziers -Vakanzen so viel Bücksicht auf die reicheren Subjekte 
der Militär -Akademie zu nehmen habe, als es die Verhältnisse dieser 
Truppe gestatteten*. Diese Bücksicht durfte so weit gehen, dals, 
während far die anderen Truppengattungen vollständiges und erfolg- 
reiches Durchmachen des ganzen Lehrganges unerläfsliche Bedingong 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1816—1888 175 

rar, .fOr die Kavallerie geeignete Eleven auch vor Beendigung des- 
(dben als Offiziere angestellt werden durften*. Mit welcher Hart- 
näckigkeit die Waffe ihre Beihen allen Elementen verschlofs, die nicht 
ron den Begimentern mit der Aussicht auf Beförderung angenommen 
xraren, zeigte ein Beispiel, welches bei dem Aufgehen der Artillerie- 
die Militär -Akademie vorkam: Ein zum Eintritte in das ülanen- 
Et^ment Prinz Clemens bestimmter Estandartjunker Oöldner fand erst 
ko&ahme, als er sich bereit erklärte, seinen Platz hinter zwei im 
Begimente dienenden Offiziers-Subjekten einzunehmen. 

Die Frage, ob der Austritt aus der Militär -Akademie nur als 
Offizier oder auch als Fahnen- bezw. Stückjunker erfolgen solle, ward 
?0Q der Kommission in letzterem Sinne beantwortet, wobei jedoch 
foransgedetzt wurde, dafs das nämliche Verfahren auch fQr das K.-K. 
dogefOhrt würde. Der damalige Kommandant des letzteren, QM. von 
Tettenborn, sprach sich dagegen aus; er wies auf die sittlichen 6e- 
Uiren hin, welche den jungen Leuten durch das Verhältnis, in das sie 
Täten, erwachsen könnten, und fürchtete, dafs dieselben in solchen üm- 
«bungen das Erlernte leicht vergessen möchten. Der kommandirende 
feneral v. Lecoq trat der Ansicht bei, weil bei den damaligen Ver- 
Utnissen leicht vier bis sechs Jahre vergehen würden, bevor die 
Imennung zum Offizier erfolgen könnte. Lieber sollte man die reif 
efundenen Anwärter in der Anstalt zurückbehalten, ihnen äufsere Aus- 
eichnongen und andere Vorzüge gewähren und sie .nützlich beschäftigen*. 
)er' Ausweg wurde versucht, erwies sich aber als ganz unbrauchbar; 
iie jungen Leute mufsten notwendigerweise dabei verkommen und für 
lie Anstalt waren sie ein schweres Hemmnis. Der Weg wurde daher 
rei der Akademie alsbald nicht nur verlassen, sondern es wurde sogar 
mgeordnet, dafs, auch wenn Offiziers- Vakanzen vorhanden wären, der 
Eintritt in die Artillerie oder bei den Ingenieuren als Unteroffizier zu 
jeschehen habe. Die Entlassung aus der Akademie erfolgte, nachdem 
ror den Kommissarien eine öffentliche Prüfung abgelegt war, welche 
Dieht nur über die allgemeine Beife, sondern auch in betreff der Qe- 
signetheit far eine der Sonderwaffen entschied; fax den Eintritt in eine 
ierselben konnten die Zöglinge schon bei der Versetzung in die 1. Di- 
rision in Aussicht genommen werden. Wer in der Prüfung nicht ge- 
iflgte, durfte als Unteroffizier bei jenen Waffen weiter dienen. 

Wer für die BefSrderung zum Offizier reif befunden war, sollte 
sunächst mindestens ein Vierteljahr Unteroffiziersdienste thun, sowohl 
1er eigenen praktischen Ausbildung wegen als auch damit seine Vor- 



176 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildnngswesens in Sachsen 

I — 

gesetzten sich ein Urteil aber seine Geeignetheit znr BefSrderong bilden 
könnten. Der , Stückjanker ** der Artillerie hatte den OfiGmersdegen mit 
ganz silbernem Portepee nnd stand im Bange zwischen den Oberfeaer- \ 
werkem and den Feaer werkern. Die Stficlganker der Artillerie wie die ^ 
in entsprechender Stellang befindlichen ,Tranchee-Sergeanten* des In- ] 
geniear- Korps behielten übrigens in der Beihe der Offiziers- Anwbter ' 
den Ansprach aaf frei werdende Sonslieatenants- Stellen der Infanterie. 

Sämtliche Zöglinge der Akademie hatten Ünteroffiziers-Bang, stand« 
aber auter besonderen Eriegsartikeln and hatten sich bei der Anfiiahme, 
seit dem 21. September 1819 jedoch erst beim Eintritte in die 1. Di- 
vision, darch ein Gelöbnis za verpflichten, dafs sie ohne königliche 
Genehmigang nicht in fremde Dienste gehen wollten. Sie waren ka- 
serniert and erhielten ein Gehalt von monatlich 6 Thaler, täglich 
9 Pfennig Bi'odgeld and ein Beimontierangs- und Eleidergeld von ■ 
monatlich 1 Thaler 8 Groschen 6 Pfennig. 

Der Yerpflegangsetat der Militär- Akademie bezifferte sich aof 
12895 Thaler, während bisher die Artillerie -Akademie 12181, die j 
Ingeniear- Akademie 7233, beide zasammen mithin 19414 Thaler, ge- j 
kostet hatten. ; 

Die Uniform, welche aach der Direktor and die Lehrer tmgoif ; 
bestand in einem grünen Bocke mit einer Beihe gelber Knöpfe, rotem 
Kragen and Aafschlägen; es waren die altgewohnten and noch heate 1 
getragenen Farben der Artillerie. Daza hatten die Offiziere Hüte mit \ 
weifsen Federstatzen, die Zöglinge Czakos nnd Feldmützen, ihre Aue- i 
zeichnnng waren Unteroffiziers -Tressen am Kragen and aof jeder i 
Schalter ein zwei Zoll breiter Dragoner, bei der 3. Division von ! 
rotem Tache, bei der 2. ebenso aber mit einer goldenen Tresse, bd 
der 1. ganz golden nnd nar rot vorgestofsen ; den Dragoner der I.Di- 
vision behielten die Zöglinge, bis sie Offiziere wnrden. 

Der Lehrplan, welchen Bonvroy entwarf and welcher anter dem 
11. Jani mit der Einschränkang die königliche Genehmigang erhielt;, 
dafs der erstmalige Aastritt and Klassenwechsel nicht schon nach zwei 
Jahren, sondern erst am 1. Oktober 1819 za erfolgen habe, ordnete an, 
dafs der Unterricht am Monti^e, Dienstage, Donnerstage and Freitage 
im Winter von 7 bis 12, im Sommer von 6 bis 12 Uhr vor- and von 
2 bis 4 Uhr nachmittags stattfinden and dafs am Mittwoch und Sonn- 
abend im Laborieren, Tanzen, Fechten, Beiten, im Sommer auch in 
praktischen Übnngen im Felde, anterwiesen werden solle. Lehrgegen- 
stände waren: 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1816—1888 177 

Fflr die 3. Division: Rechnen nnd Algebra, Deutsch verbunden 
mit Logik I Schreiben nach Diktat und Schönschreiben, Eonstruktions-, 
Stuations- und Handzeichnen, Geographie, Französisch; 

fär die 2. Division: Mathematik, wobei die Qeometrie mit be- 
sonderer Bflcksicht auf ihre Anwendung im Leben, die Arithmetik bis 
zur Differential- und Integralrechnung gelehrt wurde, Geographie, Be- 
ftstigungskunst, Terrainlehre, Taktik, Lagerkunst, Yorpostendienst, 
llarschlehre, Heerverfassung, Militärstil, Artillerie nebst artilleristi- 
sdiem Zeichnen, Situations- und freies Handzeichnen, Architektur, 
Qeographie, Deutsch nebst Encyklopädie der Wissenschaften und Kfinste, 
Französisch, Geschichte bis zu Karl dem Grofsen; 

Ffir die 1. Division: Wiederholung und Fortsetzung der mathe- 
suttischen Vorträge, das gesamte Gebiet der Wissenschaft umfassend, 
Geodäsie, Physik, Chemie, Metallurgie, Befestigungskunst, Artillerie, 
Architektur, Zeichnen auch von Dekorationen, Nivellements, perspektivi- 
sches Zeichnen, Deutsch und Militärstil, Geschichte seit Karl dem Grofsen 
and Wiederholung des fräheren Vortrages der Geographie, der Logik und 
der Encyklopädie. Bei dem unterrichte in dieser Klasse wurde, soweit 
es mit Bucksicht auf das Ganze anging, die Bestimmung der Schfiler f&r 
lie eine oder die andere Truppengattung in Betracht gezogen. 

Die Vorträge fufsten so viel als möglich auf gedruckten Lehr- 
bfichern, welche den Zöglingen wie bisher geliefert wurden. Viertel- 
jährlich &nden Präfungen statt; daneben hatten die Lehrer sich häufig 
durch solche von den Erfolgen ihres Unterrichtes zu überzeugen und 
diese dadurch zu sichern und zu vermehren. Die beiden besten Zög- 
linge der 1. Division erhielten alljährlich Prämien im Geldwerte von 
etwa 10 Thalern. Im August und September wurden praktische Übungen 
in gröiserem Umfange, wie Schanzenbauten, Vermessungen, Besichti- 
gungen von auswärtigen Werkstätten, Schlachtfeldern pp. vorgenommen 
und dazu vier bis fänf Wochen verwendet. 

Auf diesen Grundlagen ward die Militär -Akademie unter Bou- 
Troys Leitung, nachdem eine Eintrittsprüfung in Lesen, Schreiben, 
Rechnen, Deutsch, Französisch, Mathematik, Geschichte und Geographie 
Torangegangen war, am 1. Oktober 1816 eröffnet Mit Bücksicht auf 
die dargelegten Kenntnisse, welche nur in einzelnen Fällen ein Be- 
herrschen der Begeln der Rechtschreibung nachwiesen und fast in allen 
nchem sehr gering waren, wurden der 2. Division 6 Angehörige der 
Artillerie, 3 der Infanterie und 2 aus dem elterlichen Hause kommende, 

QtwUehfte dM MUitlr-Ecslehiuif«- and BildangsvreMoi In Sachien 12 



178 Geschichte des Militär-Erziehuiigs- und Bildungswesens in Sachsen 



der 3. 6 Artilleristen, 6 ^os dem elterlichen Hanse kommende An- 
wärter überwiesen; ein InMterist ward probeweise auf drei Monate auf- 
genommen, ein anderer ganz abgewiesen. Der Bapport vom 31. Ok- 
tober nennt 8 Eleven, welche ihre Beife zum Offizier dargethan hatten, 
und 14 als der 1., 13 der 2., 7 der 3. Division angehSrig. 

Das Mais der für die Aufiiahme zu fordernden Kenntnisse ward 
auch später nicht genau vorgeschrieben. Es wurden im allgemeineii 
, angemessene historische und geographische Kenntnisse, Orthographifl^ 
Zahlenrechnung, einige Anfänge der Buchstabenrechnung (womSgüeh), j 
Anfiftngsgründe der franzosischen Sprache, etwas Situationszeichnen, Aa- f 
fertigung und Qebrauch eines MaTsstabes' verlangt. Die Anwärter f 
waren meist in Dresdener Schulen unterrichtet und Bouvroy schon be- ' 
kannt, welcher sie vor ihrem Eintritte von Zeit zu Zeit prfifte ond ' 
auf ihren Bildungsgang einwirktet 

Während Bouvroy sich stets in Übereinstimmung mit Zeechau be- 
fand und seine Vorschläge regelmä&ig vom Konige genehmigt wurden, 
fuhr Fleischer fort der Neuordnung Widerstand entgegenzusetzeo. 
Es geschah in einer aller militärischen Unterordnung Hohn sprechen- 
den Weise. Die unter Übersendung des Lehrplanes ihm gewordene 
Aufforderung zur Vorlage eines Ünterrichts-Entwürfes ffir die Ingenieor- 
Ausbildungs -Anstalt beantwortete er am 31. Juli 1816 mit einer 
Denkschrift, welche that, als ob der Aufenthalt in der Militär-Akademie 
den künftigen Ingenieurs so gut wie garnichts nfitzen wfirde und fdg ' 
ob in jener Anstalt mit ihrer Ausbildung von unten auf begonnen !^ 
werden müTste; ja, er scheute sich nicht, zu fragen, ob er die Tranchee- r 
Sergeanten selbst engagieren oder ob er dieselben aus einem anderen ^ 
Institute erhalten solle, „wo im letzteren Falle vorzüglich darauf mit f 
Bücksicht zu nehmen sein würde, dafs solche in den unentbehrlichen ' 
Schulwissenschaften bei ihrer ersten Erziehung ' gehörig ausgebildet | 
wären* ; für etwas anderes als eine Elementarbildung wollte er die in | 
der Militär -Akademie erhaltene nicht gelten lassen. In betreff dee ^ 
Unterrichtes, welcher den Tranchee - Sergeanten noch zu teil werden ' 
mülste, sowie der diesem zu gebenden Dauer und der Übernahme von Vor- * 
trägen durch ihn selbst sprach er sich nur ganz allgemein und in einer 
Weise aus, als wenn dieser Qegenstand ihn allein anginge. Bereits am . 

• Arch. d. Kj.-M.: Rep. G., Loc. 26. No. 3. — Aus einer Denkschrift 
des Gen. v. Schreiberehofen d. d. 13. Februar 1835 über die Vereinigong der 
Militär-Akademie mit dem K.K. 



& Die Artillerie-Schule uud deren Fortsetzungen 1816—1828 179 

iden Tage empfing er eine sehr ernste Bägei durch welche er in 
mlTszuverstehender Sprache den Befehl erhielti den geforderten 
dan vorzal^en. Zunächst verschob er die Ausführung unter einem 
ande, am 15. August fiberreichte er seinen Plan, erhielt denselben 
schon am 17. mit dem Erwidern zurück, dalB er nicht zu ge- 
hen sei. Es wurde ihm nochmals deutlich gemacht, in welchen 
mschaften die Tranchee - Sergeanten bereits Unterricht erhalten 
1. Es wurde getadelt, dafs sein Plan die Zöglinge zu wenig be- 
3ge und dafs die Beschäftigung, welche er mit denselben vorhabe, 
greisen Teile unangemessen sei, da sie hauptsächlich eine Wieder- 
g der Anfongsgrfinde in Aussicht nehme. Es war der ganze 
el einer Kaste, als welche viele Ingenieure sich damals fühlten, 
licht zugeben wollte, dafs seine Zöglinge auch durch anderen als 
ron der Zunft erteilten Unterricht etwas lernen könnten. Fleischer 
B daher bedeutet, dais es seine Aufgabe sein wfirde, dieselben in 
löheren Fachwissenschaften einzuführen; er wurde aber von der 
lichtung, sofort einen anderen Plan einzureichen, entbunden und 
nesen, zunächst der bevorstehenden Austrittsprfifang der von der 
emie dem Ingenieurkorps zu fiberweisenden Zöglinge beizuwohnen 
sich darauf durch ein von ihm selbst mit letzteren abzuhaltendes 
lliches Examen genau von ihren Kenntnissen zu überzeugen. Erst 
solle er einen anderweiten Ausbildungsentwurf vorlegen. 
Nach diesen Vorgängen wurde am 25. November 1816 die In- 
eur-Bildungsanstalt eröffnet. Der Plan, welcher dem ünter- 
) zu Qrnnde lag, war jedoch nicht von Fleischer, sondern von dem 
i diesen als Lehrer vorgeschlagenen Ing.-Pr.-Lt. Horror ent- 
n. Der Plan um£Bilste^: 
A. Wissenschaften: 

Militär-Baukunst: 1) Materialien, Erd- und Qrundbau, Verbindung 
Materialien, Gewölbe-, Kasematten-, Batteriebau, BevStement en 
irge, Holzbau, Bedachung der Qebäude für gewöhnliche Fälle und 
i Projektile, Blitzableiter pp. 2) Entwerfnng der Grundrisse, 
e Anordnung der Gebäude zu den verschiedenen militärischen 
ken. 3) Geschichte der Baukunst, schöne Baukunst, Bauanschläge. 
Wasserbaukunst, besonders in Beziehung auf Verteidigungs-An- 

Maschinenbau: Mflhlen, Dampfmaschinen pp. 



> Arch. d. K.-M.: Rep. G., Loc. 26. No. 8. 

18* 



180 Geschichte des Militär-Erziehungs- and Bildungswesens in Sacbsen 



Brückenbau: Steinerne, hölzerne, Ponton-, Schiffbracken, fliegotd 
Fähren, FlSfse. 

Analytisohe Baukunst: Tragbarkeit und Widerstand der Holzer, di 
Steine, der Seile, des Eisens, Erddruck gegen BevStementsmauem, Mi 
chanik der QewSlbe, Analysis der H&ng- und Sprengwerke und bddi 
in Verbindung. 

Befestigungskunst: 1) Beständige Befestigung und Geschichte de 
selben. 2) unterirdische Befestigung und ihre Geschichte. 3) Fel< 
befestigung. 4) Verteidigung und Angriff dieser drei Befestigimgi 
nebst Geschichte des Festungskrieges; Eommandement und DefilemeE 

Projektionslehre: Geschichte derselben, neue ProjeküonsarteD, H> 
ridian-Bestimmungen. 

B. Praktische Übungen: 

Vermessungen aller Art, trigonometrische Netze; Nivellement m 
Profilierung; Abstecken der Lager und gröfseren Verschanzongei 
Strommessungen; Beisigbauten ; Belagerungsarbeiten (werden bei d 
Praktik der Sappeurs- und Pontonier-Eompagnie mitgefibt). 

,Zu den betreffenden Wissenschaften werden die nötigen ah 
reichen Zeichnungen und Bisse gefertigt.* 

Mit der Militär-Akademie wurde ein Kursus ffir Offiziere vei 
bunden. Es war dies die Erneuerung und Erweiterung einer Eii 
richtung, welche bereits 1767 der Chevalier de Saxe für d 
Offiziere der Garnison Dresden angeordnet hatte, indem er beU 
denselben Unterricht in der Feldbefestigungskunst im Zusammenhiof 
mit der Anleitung zur Erbauung von Feldschanzen pp. zu gebe 
Dieser Unterricht, welcher zuerst von kommandierten Offizieren ertd 
worden war, ward unter dem 15. Februar 1785 den Lehrern desK-I 
übertragen, um deren Gehaltsverhältnisse aufzubessern. Im Jahre 181< 
wo Hptm. Backenberg denselben erteilte, erhielt dieser monafli( 
12 Thaler und 3 Thaler für Heizung und Beleuchtung.^ 

Zeschau regte bei Eroffiiung der Akademie die Wiederaufhahii 
dieser durch die kriegerischen Ereignisse unterbrochenen Anordnung a 
Am 27. Juli 1816 legte Bouvroy, erhaltenem Auftrage gemftls, ili 
den Plan^ dazu vor, welcher darauf hinausging, jedesmal 6 bis 8 L 

* Haupt-Staats- Archiv 1072. 

* Arch. d. Kr.-M.: Kep. G., Loc. 6. 



6. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1816—18^ 181 



iviterie- und Eavallerieoffiziere zu einem zweijährigen Lehrgange ein- 
unberufen, da eine kürzere Dauer nicht genfigen, eine grofsere die 
Offiziere zu lange dem Dienste entziehen wurde. Die Einrichtung sollte 
line Pflanzschule für den Generalstab und zur Heranbildung höherer 
Pfihrer sein ; Bouvroy empfahl bei der Auswahl sowohl auf die erforder- 
lichen natfirlichen Anlagen wie auf Vorkenntnisse Bedacht zu nehmen, 
damit nicht die besseren und rascheren Köpfe durch die weniger be- 
ßhigten und langsameren zurückgehalten wurden, zumal der Unterricht 
nie auf den Universitäten nur kursorisch erteilt werden könne. Diese 
Art der Vorträge sollte aber nicht ausschliefsen , dafs den Schulern 
Au^ben zu häuslicher Bearbeitung gegeben und dalB Prüfungen mit 
ihnen angestellt würden; auf Grund der dabei gemachten Wahr- 
nehmungen hatte die Direktion nach Beendigung des Kommandos der 
Geheimen Kri^s-Kanzlei Zensuren einzureichen; auch sollte sie viertel- 
jShrlich über die Ofäziere berichten. 

Als Lehrfächer, in denen die bei der Militär- Akademie an- 
gestellten Oberlehrer der Mathematik, der Befestigungs- und Kriegs- 
kunst, der Artillerie und Baukunst, sowie der Professor für Geographie 
und Geschichte zu unterrichten hätten, schlug Bouvroy vor: 

Für das 1. Halbjahr: Zahlenrechnung und Algebra, Zeichnung und 
Erklärung geometrischer Konstruktionen als Vorbereitung für das prak- 
tische Abstecken und Aufnehmen «nach des Lehrers Leonhardi ge- 
druckten Vorlesungen'; Terrainlehre und beständige Befestigungskunst; 
geschichtliche Einleitung in die Artillerie, Begriffe von der mechanischen 
Eiurichtung des groben Geschützes, Kenntnis der Munition und der Ge- 
schosse ; Kenntnis der Baumaterialien, Bindungsmittel, Anschaffung und 
Transport, Erdbau der Schanzen; erste Hälfte des Kursus über die 
Sncyklopädie der gesamten Wissenschaften und Künste, vorgetragen 
nach den für die bisherige Artillerie -Akademie im Druck erschienenen 
Tafeln; erste Hälfte der Geographie. 

Für das 2. Halbjahr: Fortsetzung der Algebra, Geometrie und 
Trigonometrie nebst praktischem Abstecken und Aufnehmen; Angriff 
und Verteidigung von Festungen, Feldbefestigungskunst; Ausrüstung 
und Erhaltung der Artillerie, Kugelbahnen ,- Bichtung und Art der 
Schüsse, Bikochettschiefsen, Schufsweiten der verschiedenen Kaliber, 
Wirkung der Kartätschen, Wurfweiten, Wirkung der Mörser- und 
Hanbitzgeschosse; Untersuchung des Grundes eines Gebäudes, Mauer- 
ond Zimmerbau, Anwendung zu Baracken und kleinen Magazinen; 
zweite Hälfte der Vorträge über Encyklopädie und Geographie, die 



182 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

letzteren, wie auch die späteren Vorträge aber Oeechiohte, auf Gnul 
von Karten, Tabellen und kurzen Notizen, deren Druck in Auaricht ge- 
stellt wurde. ^ 

Für das 3. Halbjahr: Geodäsie, Nivellement, Auszfige Aber fammm- 
linige Geometrie, Statik und Dynamik mit Bezug auf den Gebraoeh 
der Feuergewehre, Zeichnung einiger krummen Linien ; Heeirer&ssoDg, 
reine Taktik, Vorpostendienst, Marschlehre, Detachementskrieg; Maradh 
Ordnung und Aufstellung der Artillerie in Bezug auf das Terrain imj 
ihre Verteilung in der Schlachtordnung, ihre Bewegung in dsf Nike 
des Feindes. Auffahren und Behandlung des Gteschätzes im GrfedUs 
als An&ng des Schiefsens, Behandlung in Bäcksicht des feindlichei 
Feuers, des Ortes, der Geschwindigkeit des Feuers und Mnnitioo»- 
vorrates, Gebrauch der Artillerie im Standgefechte, im Avanderen nnd 
im Betirieren; Darstellung der Häng- und Sprengwerke, Dächer, 
Bracken, Gewölbe, Treppen, Essen, Öfen; Geschichte der enropäischen 
Völker mit besonderer Bficksicht auf die wichtigsten Kriege. 

Fflr das 4. Halbjahr: Wiederholung des gesamten mathematisdieo 
Vortrages mit besonderer Bücksicht auf die praktische Anwendung, ver- 
bunden mit gröfseren geodätischen Arbeiten mit der Mensel und i 
conp d'oeil; Positionslehre, Lagerkunst, Bekognoszieren, Strategie; Be- ^ 
scha£fenheit, Fertigung, Untersuchung, Wirkung, Erhaltung und Wieder- '] 
herstellung des kleinen Feuergewehres, Beschaffenheit, Verfertigung und ^ 
Präfung der blanken Waffen, Anfertigung der In£Euiteriemunition nebst 
praktischer Anweisung dazu; Einrichtung, Plan und Grundrib von 
Militärgebäuden, Darstellung von Dämmen und Schleusen; Wiederholmig 
der Vorträge über Encyklopädie, Geographie und Geschichte mit 
eigenen Ausarbeitungen, welche nach Grundsätzen der Logik nnd 
Bhetorik gearbeitet und geprüft werden sollten; zum unterrichte fiber 
letztere Wissenschaften sollte eine Auswahl der for dieselben geltenden 
Hauptgrundsätze entworfen und mitgeteilt werden. 

Der während des ganzen Kursus zu erteilende Zeichenunterricht 
sollte sich auf das Herstellen von militärisch -topographischen, oro- 
graphischen und hydrographischen Plänen und Tabellen, auf freies Hand- 
zeichnen und auf die praktischen Begeln der Perspektive erstrecken; 
mit dem Vortrage über Befestigungskunst sollte eine Anleitung nun 
Abstecken und vom wirklichen Schanzenbau verbunden werden, weldie 
den Offizieren gemeinsam mit den Zöglingen der Militär -Akademie 
erteilt wurde; es sollten femer Übungen im Bekognoszieren Ton 
Eolonnenwagen u. dergl. stattfinden. Ebenso sollte der Unterricht in 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1816 — 1828 183 

er Artilleriewissenschaft durch praktische Übungen unterstützt und der 
^ertrag fiber Baukunst dadurch erläutert werden, dafs den Offizieren 
Loftr&ge zu Entwürfen fSr kleinere Bauten, zur Untersuchung von 
(rucken und Gebäuden, letztere namentlich zum Zwecke ihrer Ver- 
eidigung pp., erteilt würden. 

Im Sommer sollten im allgemeinen die Mittwoch und Sonnabende, 
m Winter der letztere Wochentag der praktischen Ausbildung ge- 
ridmet werden; an den übrigen fand täglich in vier Vormittagsstunden 
heoretischer Unterricht statt. Auf diesen Qrundlagen sind die Kurse 
lemnächst ins Leben getreten. Nach der Qeschichte des 7. Infanterie- 
Regiments Prinz Oeorg No. 107 (Leipzig 1890) ist es im Jahre 1819 
eschehen, sie haben bis 1866 bestanden. Näheres über dieselben war 
Qs den Akten nicht zu ersehen (vgl. S. 194). Der mitgeteilte Lehr- 
lan zeigt, dafs der Unterricht mehr auf die Ausbildung in den dem 
Qgenieur und den Artilleristen nötigen Wissenschaften als in solchen 
inzielte, deren der höhere Truppenführer und dessen Qehilfen bedürfen. 

Eine weitere Qrui\dlage für die Verhältnisse der Militär-Akademie 
rurde durch eine , Instruktion für deren Gommandanten und 
)irecteur*^ geschaffen, welche im Auftrage des Königs am 
2. August 1816 Qen. y. Zeschau erliefs. Es ward in derselben 
ochmals betont, dafs jener Offizier unmittelbar unter der Geheimen 
[riegs- Kanzlei stehe und mit keiner anderen Behörde, abgesehen von 
^erwaltungs- und Bechnungssachen, etwas zu thun habe; er allein sei 
ir die Erfüllung der militärischen und der wissenschaftlichen Zwecke 
er Anstalt verantwortlich. Jener Behörde hatte er allmonatlich einen 
lapport, vierteljährlich einen Bericht über den Unterricht vorzulegen. 

Aus der Instruktion verdient Nachstehendes angeführt zu werden: 
)ie vier militärischen Oberlehrer sollten angewiesen werden ihre nach 
edruckten Lehrbüchern zu haltenden Vorträge durch Zusätze, welche 
iktiert wurden, zu erweitern; diejenigen von diesen Büchern, welche 
ie genannten Lehrer zum Zwecke ihres Unterrichtes ausgearbeitet 
atten, wurden den im königlichen Kriegsdienste verbleibenden Zöglingen 
ei ihrem Austritte belassen. Übrigens waren jene Offiziere nicht allein 
jehrer, sondern auch Erzieher, welche sämtlichen Dienst zu thun hatten, 
der in einer Kompagnie vorfällt"; abwechselnd hatte einer von ihnen 
ils Inspektionsofßzier die AuMcht über den gesamten Dienstbetrieb, 

* Arch. d. Kr.-M.: Rep. G., Loc. 6. 



134 Geschichte des MiliiärErziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

wobei ihm einer der beiden ünterlehrer, anter denen diese Yerwenduig 
täglich wechselte, zur Seite stand. Diesen ünterlehrem lag im wesent- 
lichen die Beaufeichtignng und die Erziehung ob, so dals letztere ancb 
hier, wie im K.-K., Unteroffizieren anvertraut waren. Die im Bega- 
lative erwähnten Prämien konnten in einem Buche, einem BeUszenge, 
einer Eampagnemensel, einem Perspektive od. dergl. bestehen; sie er- 
hielten die Au&chrift .Zur Belohnung des Fleifses*. Wenn eine Stelle 
als militärischer Oberlehrer frei wurde, so hatte der Kommandant, 
unter Zuziehung einer zu diesem Behufe zu bildenden Kommission, 
geeignete Bewerber aus der Artillerie oder dem Ingenieurkorps, welche 
sich melden wtirden, einer Prüfung zu unterziehen, über den Aos&ll 
zu berichten und seinen Vorschlag zu machen. Das letztere lag ihm 
gleichfialls ob, wenn eine der übrigen Lehrerstellungen oder die des 
Bibliothekaufsehers erledigt war; fftr letztere hatte er womöglich einen 
gedienten, verdienstvollen Artillerieunteroffizier zu wählen und zur Be- 
stätigung vorzutragen. Die Posten der drei Aufwärter und des Haae- 
mannes sollten durch felddienstuntfichtige Kanoniere und Sappeure oder 
auch durch Unteroffiziere der Linientruppen besetzt werden. 

Die Instruktion trug dem Kommandanten femer auf, den inneren 
Dienst durch schriftliche Bestimmungen zu ordnen. Es geschah dorch 
eine von Bouvroy im Monat Januar 1820 erlassene .Dienst- und 
Polizei-Ordnung für das sämmtliche Personale der KSnigL 
Sachs. Militär- Academie'.^ 

Die darin enthaltenen Vorschriften, neben denen er allen An- 
gestellten noch besondere Instruktionen schriftlich erteilt hatte, ge- 
währen einen weiteren Einblick in die Verhältnisse der Anstalt. Sie 
lassen zunächst erkennen , dafs zu den vier Oberlehrern 'ein fBnfter 
Offizier als Lehrer des Militärdienstes und als Instruktionsoffizier getreten 
war, welcher sich mit jenen in die Au&icht über die Zöglinge und in 
die allgemeinen Dienstgeschäfte, namentlich auch in den Inspektions- 
dienst, teilte. Wer den letzteren versah, hatte die Zöglinge unausgesetit 
zu überwachen; er hatte eine Viertelstunde vor Beginn des Unter- 
richtes die Stundenparaden zu stellen und sich dabei zu überzeugen, 
ob jeder Schüler eine Pergamenttafel mit Bleistift und eine Schmiege 
bei sich trüge, ,um sie zu dieser Ordnung zu gewöhnen'; er lieb die 
Morgen- und Abendandacht abhalten, afs nebst dem ünterlehrer de jonr 
an der gemeinsamen Mittagstafel, führte die Zöglinge in die IBSrche 

> Dresden 1820. Gedruckt bei Carl Gottlob Gärtner. 



B. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1816 — 1828 185 

id zum Baden, vermittelte den Verkehr der letzteren mit dem Kom- 
andanten, sorgte dafür, dafs nach Verlauf einer Unterbrechung von 
of Minuten nach Beendigung einer Lehrstunde oder nach der viertel- 
ündigen Frühstückspause die nächste Lehrstunde rechtzeitig begann, 

ward geholt, wenn ein Zivillehrer fremden Beistandes bedurfte, um 
Ihrend seines Vortrages die Ordnung aufrecht zu erhalten, schaffte 
übe während der Bepetitions- und visitierte die Tanzstunden. Be- 
adere Obliegenheiten waren dem , Instruktionsoffizier' insofern über- 
igen, als er die Aufeicht über die wirtschaftlichen Vertiältnisse der Z5g- 
ige und, zum Zwecke ihrer sittlichen Überwachung, über die »Visi-> 
donen' führte, in welche jene eingeteilt waren; «mit aller Schärfe* 
tte er allmonatlich die Sachen sämtlicher Zöglinge nachzusehen und 
>er den Befund zu melden. Seine Hil&organe waren die ünterlehrer, 
ubenkommandanten und Älteste. 

Den Zivillehrem ward vor allen Dingen zur Pflicht gemacht, dafs 
) sich Autorität verschafften; am Schlüsse einer jeden Woche trugen 
3, wie auch die Oberlehrer, einen summarischen Bapport von ihren 
ihaltenen Vorlesungen und anderem unterrichte fär den Kommandanten 

das wissenschaftliche Bapportbuch. Die ünterlehrer sollten von 
emand als Unteroffiziere angesehen werden, «denn sie sind Lehrer 
id Ofifizianten, denen von Sr. Majest. dem Könige der Bang der Zeug- 
ener beigelegt ist und denen lediglich wegen der Jugend der Eleven 
nige Dienstgeschäfte übertragen sind, welche in jeder anderen Com- 
ignie von den ersten Unteroffizieren der Compagnie versehen werden*. 
Hier von ihnen führte die Sonderaufsicht über die ihm zur »Visi- 
tion' überwiesene Zahl von »Eleven*, welche eine »Brigade* bildeten; 
iserdem hatte einer von ihnen die Geschäfte des »Gommandir- 
irgeanten* wahrzunehmen, zu denen das gesamte Bapport- und Listen- 
)sen, mit Ausnahme der Bechnungssachen , gehörte, während der 
dere als »Oberfeuerwerker* einen Teil der Verwaltungsgeschäfte 
rsah. Abwechselnd thaten sie den Dienst als ȟnterlehrer de jour*. 
)r ihnen gleichgestellte Bibliothekaufseher war zugleich Gapitaine 
irmes, führte als solcher die Au&icht über alles königliche Eigentum 

der Anstalt, versah die Geschäfte eines Sekretärs und fährte die 
ifsicht über die Hausdienerschaft. Die Bibliothek war allen in 
resden sich aufhaltenden sächsischen Offizieren zugänglich und zu 
98em Zwecke wöchentlich zweimal je zwei Stunden geöfihet. Der 
lirurgus der Akademie fand sich jeden Morgen in der Anstalt ein; 
r schwerer Erkrankte war in letzterer ein Hospital eingerichtet, 



186 Geschichte des MilitärErziehuugs- und Bildungswescus in Sachsen 

eine Dienstordnung gab genaue Yorsohriften f&r das Verhalten in 
letzterem. 

Den Tagesdienst versah unter' den schon genannten PersSnlieb- 
keiten ein «Eleve de jour'; es wurden dazu sämtliche Zöglinge, mit 
Ausnahme der Yisitatious- und Stubenkommandanten , herangezogen; 
die Geschäfte bestanden mehr in einem Ordonnanz- als in einem Auf* 
Sichtsdienste; ein anderer hatte die «Garteninspektion de jour*. 

Jede Stube und jeder Schlafiaal hatten ihren Kommandanten nnd 
nach Erfordern einen oder zwei Älteste; jede Stube bildete eine «Visi- 
tation*; die betreffenden Kommandanten bezw. Ältesten waren die Vor- 
gesetzten ihrer Kameraden und wurden mit Bücksicht auf die dir 
solche erforderlichen Eigenschaften ausgewählt. Einer der Stoben- 
kommandanten war zugleich Schla&aal-Kommandant, deren es nicht so 
viele gab wie von jenen. Er hatte auch dafär zu sorgen , dafs nie- 
mand ohne Nachtmütze schlafen ging und so das Bettzeug verdarb. 
Für Ordnung in den Klassenzimmern sorgten «Divisionsälteste*. 

Aus den vielen für das Verhalten der Zöglinge gegebenen Vor- 
schriften möge erwähnt werden, dafs das Tabakrauchen, .obgleich es 
geradehin eine Unart ist und eigentlich nie stattfinden sollte', mit 
Bücksicht auf junge Leute, «welche vielleicht schon in der Armee ge- 
dient und Feldzüge mitgemacht haben*, insoweit erlaubt war, ab 
diesen gestattet wurde, jene «übele Angewohnheit beizubehalten", dab 
aber «vor vollständiger Erlangung des 18. Jahres' und ebenso im 
Kranken das Bauchen unbedingt untersagt war. Spielen um Gteld war 
verboten, Brett- und Kegelspiel erlaubt, für letzteres war im Anstalis- 
garten eine Bahn hergestellt Im Ausgehen waren die Z9glinge insofern 
beschränkt, als diejenigen, welche «unter den ersten Apell gehörten', 
um 6, die, welche «unter dem zweiten standen', um 8, die übrigen 
um 10 ühr zu Hause sein mufsten. Orte, an welchen getanzt wurde, 
durften nicht besucht werden. Spätestens um 10 ühr mulste jed« za 
Bett gehen; im Sommer wurde um 4^4 1 im Winter um bVi Uhr 
angestanden, der Unterricht begann um 6 bezw. 7 ühr, um 10 ühr 
war Frühstückspause, nach 12 Uhr ward zu Mittag gegessen, um 2 
begann der Unterricht von neuem. Die Zeichen gab ein von der Ar- 
tillerie befehligter^lHomist oder Trommler. Das Waschen und An* 
kleiden geschah? in den Wohnzimmern. Nur das Mittagessen wurde 
gemeinsam genommen, für Frühstück und Abendbrod sorgte jeder selbst, 
die Aufwärter^ holten das nötige ein und gingen dazu w&chentlieh zwei* 
mal auf den Markt, auch hatten sie für kochendes Wasser zu sorgen, 



B. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1816—1828 187 



damit die Zöglinge sich die betreffenden Mahlzeiten selbst bereiten 
könnten, fttr jene zu kochen waren sie nicht verpflichtet , mnfsten 
aber das Qer&t reinigen. Ffir Stiefelpatzen, Beinigen der Kleider 
und Waschen pp. sorgten die Zöglinge selbst; der Instraktions- 
Offizier unterwies sie darin. Das Bettenmachen und Beinigen der 
Zimmer war Sache der Aufwärter. Einer von ihnen war zugleich 
Krankenwärter. 

Der Dienst- und Polizei -Ordnung war eine von demselben Tage 
datierte Haus-Polizei-Ordnung beigegeben, welche eingehende Vor- 
schriften fclr das Verhalten der Bewohner der Akademie -Qebäude ent- 
hält. Sie war um so nötiger, als dieser Bewohner sehr viele waren, 
da nicht nur nur der Kommandant und ein grober Teil der Angestellten 
mit ihren Familien in der Anstalt wohnten, sondern auch, wie wir ge- 
sehen haben, die Ingenieur- Ausbildungsanstalt in demselben unter- 
gebracht war. 

Beide Polizei -Ordnungen wurden am 1. Januar 1828^ neu auf- 
gelegt. Der Veif leich des zweiten Abruckes mit dem ersten zeigt ge- 
ringe Verschiedenheiten: Die ünterlehrer heifsen Kondukteure. Der 
Kommandiersergeant wird Feldwebel genannt, von dem .Oberfeuerwerker 
und Munitionär', dessen Obliegenheiten im Jahre 1820 nicht genauer 
bestimmt waren, heifst es, daCs er .aulser dem Unterricht im Labo- 
rieren, die untere AuüBicht über alles bei der Akademie in und aufser 
der Exerzierzeit befindliche Oeschfitz und die der Akademie gehörige 
Munition habe'; seine nächster Vorgesetzter war der Oberlehrer der 
Mathematik. Der Bibliothekaufseher fBlurte jetzt den Titel Akademie- 
sekretär. Der Eleve der Qarteninspektion hatte daneben die AuMcht 
Aber den Gewehrsaal und über das Geschütz. Sämtliche Eleven hatten 
jetzt den Bang der Unteroffiziere, in ihren sonstigen Verhältnissen war 
dadurch nichts geändert Das Tabakrauchen wurde auf diejenigen 
Fälle beschränkt, in denen etwa der Akademiearzt es verordnen würde. 
Besondere Vorschriften wurden zur Ver^derung des Lesens von Bo- 
manen pp. gegeben, dessen die firühere Vorschrift nicht Erwähnung 
getban hatte; als Strafen, von denen jene ebenfalls nichts enthielt, wird 
beiläufig der Arrest genannt Neu sind das Verbot die Tanzschuhe 
als Pantoffeln zu benutzen, sowie des Spazieren&hrens und Beitens 
ohne Oenehmigung des Kommandanten; der letzteren bedurfte es auch, 
om in den Freistunden im Garten zu fechten, was aber nie ohne Ge- 

' Ebenfalls im Drucke erschienen. 



188 Gescliichte des MilitHr-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 



sichtsmaskeu und nur gegen Abend, wenn alle Zeichenstunden pp. ?or- 
über waren, geschehen durfte. 

1828—1831 

• 

Mancherlei Veränderungen, welche in der Armee im allgemantD 
oder im Laufe der Zeit bei der Militär -Akademie insbesondere 
vorgegangen waren, veranlafsten , dafs die Anstalt am 16. Ja- 
nuar 1828 ein neues Yerfassungs-Begulativ erhielt, durch welches, 
unter Aufrechterhaltung der Grundlagen, einige Neuerungen ein- 
geführt sowie einzelne Einrichtungen geändert wurden. Es waren 
hauptsächlich nachstehende: Von den fünf als Lehrer angestellteD 
Offizieren hatte einer der IngenieurofiBziere Kriegskunst und Befeati- 
gungskunst, der andere Baukunst, Zeichnungskunst und Pontonnier- 
wissenschaft, von den ArtiUerie-Offizioren der eine '— welcher aulserdem 
Protokollfahrer der Artillerie-Kommission war, jedoch seiner vielen Ge- 
schäfte wegen in seinen Dienstverrichtungen als solcher auch durch 
einen anderen Offizier vertreten werden konnte — Mathematik und 
Physik, der andere die Artillerie- Wissenschaften vorzutragen; diese vier 
hiefsen Oberlehrer. Der fOnfte, der Instruktionsoffizier, unterrichtete in 
Militärstil, in allen Zweigen des Militärdienstes und des Infiemterie- 
Exerzierens. Zivillehrer waren je einer füi Deutsch, Geographie, Ge- 
schichte, Logik und Encyklopädie der Wissenschaften, ffir FranzOsiadi, 
Englisch und Italienisch, die beiden letzteren zugleich beim K.-K*, an- 
gestellt. Von den ünterlehrem unterrichtete der eine in Mathematik, 
der andere im Zeichnen; derjenige von ihnen, welcher .de jour' hatte, 
speiste mit den Zöglingen, deren hauptsächliche Erzieher sie waren. 

Die Schüler bestanden aus besoldeten und aus überzähligen .Eleven', 
von denen letztere nicht, wie erstere, Löhnung, Brodgeld und Bekleidung 
bekamen, aber ebenfalls freien Unterricht erhielten, im Akademiegebftnde 
wohnten und im übrigen ganz wie jene gehalten wurden. Aulserdem 
durfte der Kommandant, nach eingeholter Genehmigung des Königs nnd 
ohne dafs dadurch ein Anspruch auf demnächstige Anstellung im sBob- 
sischen Dienste erwachsen wäre, junge Ausländer als .Volontärs' an- 
nehmen, welche far Unterricht, Wohnung und Kleidung jährlich 
150 Thaler zahlten und ebenso behandelt wurden wie die Eleven. 
Kleine Disziplinarstrafen, «z. B. Anweisung eines besonderen Platzes oder 
am Mittagstische stehend zu essen*, zu verhängen war dem Inspektione- 
offizier wie .dem Lehrer' gestattet; gröfsere, .Stubenarrest, Arrest in 
der Wachstube, Arrest in dunkeler Stube bei Wasser und Brod, Be- 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1828—1831 189 

strafong durch den zweiten oder ersten Appell, Hausbeschränkung auf 
lange Zeit", waren dem Kommandanten vorbehalten. Entlassung be- 
durfte der königlichen Genehmigung. Fär den gemeinsamen Mittags- 
tisch, welcher Wochentags Suppe, Fleisch und Gemüse oder Suppe und 
Fleischeswert, Sonntags Suppe, Qemäse und Braten bieten sollte, wurden 
Löhnungsabzäge gemacht; von dem Beste der Löhnung, dem Brodgelde 
und dem Zuschüsse, welcher den Zöglingen seitens ihrer Angehörigen 
in der Höhe von mindestens 3 Thalern monatlich gewährt werden 
muXste, waren Beiträge fOr die Tanzstunden, f&r Aufwartung und zur 
Instandhaltung von Tisch- und Eochgerät zu leisten. 

Es bestanden jetzt vier E[las8en oder Divisionen, von denen die 4. 
oder unterste in zwei Abteilungen zerfiel; der Kursus einer jeden 
währte dn, der Aufenthalt in der Anstalt mithin fünf Jahre. 

Bedingung fSr die Aufnahme waren das zurückgelegte 14. Lebens- 
jahr und die Konfirmation, ausnahmsweise konnte der Eintritt mit 13 oder 
13Va Jahren erfolgen. Es sollten nicht ausschliefslich Adelige zugelassen 
werden, sondern die Militär -Akademie .sollte die Pforte sein, den 
Söhnen bürgerlicher Offiziere, königlicher Beamten und Bäte, Gelehrter, 
angesehener Kaufleute und Gutsbesitzer und, dem Geiste der Zeit ge- 
mäfs, in einzelnen Fällen, wo sich äufserer Anstand, Sittlichkeit, höhere 
Geistesfähigkeit und vorgängige Bildung in Schulwissenschaften vereinen, 
auch den Söhnen anderer bürgerlicher Stände den Weg zu einstiger 
Anstellung als Offizier zu bahnen*. Der Eintretende mufste Wäsche, 
ein Beifszeug und Geld zur ersten Einkleidung mitbringen; ganz armen 
Subjekten durfte der erforderliche Betrag gegen successiven Abzug vom 
Bekleidungsgelde seitens der Anstalt vorgeschossen werden. 

An Vorkenntnissen wurden verlangt: Eine gute Handschrift, 
Fähigkeit einen orthographisch und grammatikalisch richtigen Au&atz 
anfertigen zu können, Bekannntschaft mit den vier Grundrechnungsarten 
mit ganzen, unbenannten und benannten Zahlen, gewöhnlichen und 
Dezimalbrüchen, mit den geometrischen zur Begel de tri gehörigen 
Verhältnissen und der ein&chen und zusammengesetzten Begel de tri, 
einige Erfahrung im S^ichnen und einige Kenntnisse in Geographie, 
Geschichte und französischer Sprache. 

Die Vorträge fanden im Winter an allen Wochentagen, im 
Sommer an allen mit Ausnahme eines zu praktischen Übungen be- 
stimmten Tages (meist Ifittwoch oder Sonnabend) von 7 bezw. 8 bis 
12 Uhr vormittags statt. Die Nachmittage dienten zum Exerzieren, 
zu praktischen Übungen und zu Bepetitionen. Letztere &nden von 2 



190 Geschichte des Mllitär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 

bis 4 Uhr für alle Zöglinge statt; fär diejenigen, welche sich oach 
Ausweis der von den militärischen Lehrern am Sonnabend einznreicheD- 
den Zensurlisten vemachlftssigt hatten, dauerten sie Iflnger. Nach 
4 ühr fanden Tanz-, Beit- und Fechtstunden, im Herbst grSfiei« 
artilleristische Übungen, im Sommer solche im Aufiiehmen statt Der 
Elassenunterricht umfafste: 

Für die 4. Division: Beim Oberlehrer der Mathematik wöchent- 
liche Prfifung über die beim ünterlehrer gemachten Fortschritte; beim 
Lehrer des Militärdienstes Unterhaltung über allerhand militftrisehe 
Gegenstände, den kleinen Dienst im Lande und im Felde, Diktieraboog 
und An&ng des Militärstils; beim Professor der historischen Wisaen- 
schaften Moral, deutschen Stil, Übung im Deklamieren und richiagen 
Lesen, Anfangsgrunde der Logik und Geographie; beim Unterlehrer der 
Mathematik Zahlenrechnung, Buchstabenrechnung, Algebra und Epipedo- 
metrie; beim Unterlehrer der Zeichnungskunst in der 2. Abteilung An- 
fangsgründe im Bergschraffieren, in der Linear- und freien Handzeich- 
nung, Kalligraphie; in der 1. Abtragen der Bergpläne und Bergschraf- 
fieren, Tuschen geometrischer Körper, Handzeichnung mit Blei und 
Tusche, Kalligraphie. — Die Grenzen des Unterrichtes werden ferner 
dadurch gekennzeichnet, dafs bei etwaiger Aufoahme von Zöglingen, 
welche der Anstalt noch nicht angehört hatten, in die 3. Divifflon 
völlige Übung in der Zahlen- und Buchstabenrechnung und fertiges 
Beduzieren ein&cher und quadratischer Gleichungen, ein Anfiemg in der 
Geometrie, in der Geographie und im Zeichnen «nicht mehr erster An- 
fänger zu sein", Fähigkeit, sich im Deutschen richtig und fertig ausdrücken 
zu können, und merkliche Fortschritte im Französischen verlangt wurden. 

Für die 3. Division: Beim Oberlehrer der Mathematik exami- 
nierende Bepetition über Algebra und Epipedometrie, Stereometrie, 
ebene und sphärische Trigonometrie, Geodäsie, Physik und Chemie; 
beim Oberlehrer der Kriegs- und Befestigungskunst Vorbegriffe der Be- 
festigungskunst, Tranchee- und Batteriebau mit Einschub eines An- 
griffsentwurfes der Festungen; beim Oberlehrer der Artillerie Bearbeitnng, 
Untersuchung und Aufbewahrung des Schiefspulvers, Theorie seiner Wir- 
kung; beim Oberlehrer der Bau- und Zeichnungskunst Lehre von den 
Baumaterialien und von den Stein- und Holzverbindungen, Kontonr- 
zeichnen aus der geometrischen Zeichnungslehre, Anweisung im Zeichnen 
einzelner Bergpartieen und über die Elemente architektonischer Bisse; 
beim Instruktions-OfiSzier Militärstil ; beim Professor der historischen 
Wissenschaften deutscher StU und Geographie. 



5. Die Artillerie- Schule und deren Fortsetzungen 1888—1831 191 

Fär die 2. Division: Beim Oberlehrer der Mathematik Theorie 
des Richtens der Geschütze, mathematische Qeographie, krummlinige 
Geometrie, Differential- und Integralrechnung, Physik und Chemie; 
beim Oberlehrer der Kriegs- und Befestignngsknnst Minenban, Minen- 
krieg, Terrain- und Positionslehre; beim Oberlehrer der Artillerie Eon- 
straktion, Yerfertigong und Untersuchung der Geschfitzrohre und der 
Eisenmunition; beim Oberlehrer der Bau- und Zeichnungskunst innerer 
Ausbau der Gebäude, Grundrisse und Fassaden aus der Baukunst und 
Beleuchtung der darzustellenden Gegenstände aus der geometrischen 
Zeichnungslehre, Perspektive, Zeichnen der Bergsituationspläne und 
Eintragen der Bergsituation nach dem Terrain, Zeichnen architektoni- 
scher Bisse; beim Professor der historischen Wissenschaften deutscher 
Stil und Geschichte. 

Für die 1. Division: Beim Oberlehrer der Mathematik Mechanik 
nod examinierende Bepetition des ganzen Kursus; beim Oberlehrer der 
Kriegs- und Befestigungskunst Marschlehre, Befestigungslehre, Feld- 
and beständige Befestigungskunst als Ergänzung der Angriffe- und 
7erteidigungslehre; beim Oberlehrer der Artillerie Konstruktion der 
Lafetten und Fuhrwerke, Verfertigung und Erhaltung der kleinen Feuer- 
Gewehre und blanken Waffen, Verfertigung aller Arten von Emstfeuer, 
Aufbewahrung der Artilleriebedärfhisse , Lehre vom Schiefsen und 
97erfen, Ausrüstung und Gebrauch der Artillerie für den Feld- und 
Belagerungskrieg; beim Oberlehrer der Bau- und Zeichnungskunst 
Strafsen-, Brücken- und Wasserbaukunst, Pontonnierkunst, Anweisung im 
Entwerfen von Bissen; beim Professor der historischen Wissenschaften 
Qeschichte, Logik und Encyclopädie der Wissenschaften. 

Im Französischen ward in allen Klassen unterrichtet; die Teil- 
nahme an den englischen und italienischen Stunden war freiwillig. 

Am Schlüsse eines jeden Vierteljahres fanden in Gegenwart des 
Kommandanten mündliche und schriftliche Prüfungen statt; in jedem 
ungeraden Jahre sollte vor Eintritt des Klassenwechsels in Gegenwart 
des Königs eine Prüfung vorgenommen werden. 

Die praktischen Übungen bestanden in Manövrieren, Schielsen 
mit Gewehr und Geschütz, Bombenwerfen, Entfemungschätzen, geodäti- 
schen Übungen, Abstecken von Feldschanzen und Batterieen, Feld- 
messen und Aufnehmen, Bekognoszieren , Aufsuchen von Stellungen, 
Fertigung von Ernst- und Lustfeuer, dessen Wirkung den Schülern 
iann an den von ihnen gefertigten Stücken gezeigt werden sollte, 
Tanzen, Fechten, Seiten, Besichtigung von Werkstätten, welche für den 



192 Oeschichte des Militär-Erzlehungs- nnd Bildungswesens in SachBen 

Artilleristen und den Ingenieur Wichtigkeit haben , im wirklicbeo 
Schanzenbau, wobei die unteren Divisionen Arbeiter, die obersten An- 
weiser waren, in mehrtägigen Märschen, bei denen Munitions- und Oe- 
wehr&briken, Schlachtfelder pp. besichtigt wurden. 

Die Übungen im Aufnehmen bestanden darin, dafs alle zwd 
Jahre ein Netz über Vi — 1 Geviertmeile der Dresdener Umgegend zur 
Anweisung des Verfahrens bei Landesvermessungen entworfen und die 
Vermessung im Einzelnen durch die zur Akademie befehligten Infanterie- 
und Beiteroffiziere und die Schfiler der beiden obersten Divisionen vor- 
genommen wurde. 

Ferner sollte alle zwei Jahre, und zwar gewöhnlich in den geraden 
Jahren, von der Akademie in Gegenwart des Königs ein zweckmäüngee 
Manöver ausgeführt werden. Die Artillerie- und Infanterie-TruppeDteile 
hatten diese Übungen durch Stellung von Mannschaften und in jeder 
anderen zweckdienlichen Weise zu fardem. 

Beitunterricht ward in der königlichen Beitbahn acht Eleyen 
erteilt; hatten diese ihren Kursus beendet , so kamen acht andere an 
die Beihe, der Begel nach von der 1. Division; dieselben bezahlten nur 
das «Au&itzegeld*. 

Fechtunterricht erhielt vorzugsweise gleichfalls die 1. Dividon. 

Die Eleven derselben hatten auch ihre neueintretenden Kameraden 
unter Au&icht des Instruktionsoffiziers und des Oberlehrers der Artillerie 
einzuexerzieren. 

Die. für die Beförderung zum Offizier geltenden Vorschriften 
fanden auf die für die Kavallerie bestimmten Eleven keine Anwendung. 
Während sonst niemand vor Beendigung seines Kursus in der Akademie 
das Offizierspatent erhalten konnte, durften die für jene Waffe Geeig- 
neten schon vorher bei derselben als .Offiziers -Subjekte' angestellt 
werden. Die Berücksichtigung der Zöglinge bei Besetzung der in der 
Infanterie frei werdenden Stellen ist beim K.-K. erwähnt, Artillerie und 
Ingenieurkorps sollten ihren Ersatz lediglich aus der Akademie em- 
pfangen. Die Austrittsprüfung wurde vor einer Kommission abgelegt, 
welche, unter dem Vorsitze des Kommandanten, aus den prüfenden 
Lehrern und je einem Kapitän des Ingenieurkorps, der Artillerie nnd 
der Infanterie bestand; die als «minderfähig' erkannten Zöglinge 
kamen, ohne Aussicht auf Beförderung zu Offizieren, als ünterofBziere 
zur Sappeur- und Pontonier- Kompagnie oder zur Artillerie, behielten 
jedoch ihre üniformsauszeichnungen. Die Prüfung, welcher die Kom- 
mandanten des Ingenieurkorps und der Artillerie beiwohnen durften, 



5. Die Artillerie Schule und deren Fortsetzungen 1828—1881 193 

wurden in der Weise vorgenommen, dafs zunächst sämtliche Bewerber 
das für die Infanterie in den historischen Wissenschaften und in den 
Sprachen vorgeschriebene Examen (s. S. 78) machten und dal's nach 
dem Bestehen desselben die für die Spezialwaffen Angemeldeten die 
,für diese besonders erforderlichen tieferen Kenntnisse* in einer Er- 
gänzungsprufung nachzuweisen hatten. Diese umfafste: 

Fär die Artillerie: 

Situationszeichnung und Aufnehmen; Fertigkeit in Auftragung und 
Auszeichnung eines korrekten Artillerie - Bisses, sowohl vom Geschütz 
und den dazu notigen Maschinen wie vom Batteriebau; Mathematik, 
aufser den Anfangsgründen, vorzüglich Trigonometrie in bezug auf das 
Aufnehmen, krummlinigte Geometrie, Differential- und Integral-Bech- 
nang, Dynamik in bezug auf Schiefsen und Werfen, Statik in bezug 
auf den Bau der Geschütze und der dazu nötigen Maschinen; voll- 
ständiges Studium der Theorie der gesamten Artilleriewissensohaften ; 
soviel Kenntnisse von der Feld- und beständigen Befestigungskunst als 
!)ei der Artillerie erfordert werden; vorzügliche Bekanntschaft mit der 
Lehre des Angriffs und der Verteidigung in Beziehung auf die Ob- 
iegenheiten der Artillerie; hinlängliche Kenntnis von der Terrain- und 
Sekognoszierungslehre; einen solchen Grund in den taktischen und stra- 
^gischen Wissenschaften, dals deren Studium mit Nutzen fortgesetzt 
werden kann; Fertigkeit im Abstecken der Angriffis- und Verteidigungs- 
batterien. 

Für das Ingenieurkorps: 

Situationszeichnung und Aufnehmen; Fertigung in Auftragung und 
Auszeichnung eines korrekten Bau- und eines dsgl. Fortifikationsrisses ; 
Mathematik, aufser den Anfangsgründen, vorzüglich Geometrie und 
Trigonometrie in bezug auf das Aufnehmen, krummlinigte Geometrie, 
Differential- und Integralrechnung, Statik und Hydrostatik in bezug auf 
die Baukunst; vollständige Kenntnis von der Feldbefestigungskunst und 
ausgezeichnete von der Lehre vom Angriff und der Verteidigung von 
Festungen, ferner von der Minen - Theorie und Kriegsbaukunst; soviel 
Kenntnisse von der Artillerie, um die Wirkung der Geschütze, ihre 
Schufsweiten , ihren richtigen Gebrauch und ihre Aufstellung im freien 
Felde, wie in und vor Festungen, beurteilen zu können; vollständige Be- 
kanntschaft mit der Terrain- und Bekognoszierungslehre; einen guten 
Grrund in taktischen und strategischen Wissenschaften, um mit Nutzen 
weiterstudieren zu können; Fertigkeit im Abstecken aller Fortifikations-, 
Angriffs- und Verteidigungslinien und -Werke. 

a««chiclit« dM MiUtär-£naetiuii|r»- ond BildanffiwMoiui in Sachsen 13 



194 Geschichte des Militär-Erziehongs- und Bildungswesens in Sachsen 



Die Bestandenen traten als Tranchee-Sergeanten in das Ingenieur- ' 
korps oder als Stückjanker, mit dem Kange zwischen Oberfeuerwerker 
und Feuerwerker, in die Artillerie; letztere rückten, bis Offizierstellen 
frei wurden, in offen zu haltende ünteroffizierstellen. 

Die Uniform der Akademie blieb die frühere; nur in Beziehung 
auf die, jetzt Achselklappen genannten, Dragoner war bei Errichtung 
der 4. Division insofern eine Änderung eingetreten, als deren Angehörige 
lediglich rote Achselklappen erhielten, welche in den höheren Klassen 
immer mehr mit goldenen Tressen besetzt wurden, bis sie in der 
1. Division mit einer solchen ganz bedeckt waren. 



Auch die in Beziehung auf den Kursus für Offiziere (S. 180) 
geltenden Bestimmungen erfuhren Abänderungen. Die Einrichtung sollte 
fclr die Teilnehmer nutzbringender gemacht werden. Deshalb ward be- 
fohlen, dafs letztere ganz aufser Verbindung mit ihren Regimentern 
treten und, sowohl beim Eintritte in den zu Michaelis eines jeden 
zweiten Jahres beginnenden Kursus wie am Schlüsse, durch den Kom- 
mandanten und die Lehrer einer Prüfung unterzogen werden sollten. Das 
erste Winterhalbjahr hatte besonders der Vorbereitung auf die im nächsten 
Sommer stattfindenden praktischen Übungen zu dienen. Es trugen vor: 

Der Lehrer der Mathematik Zahlenlehre (Wiederholung und Grund- 
lage für die Folge), Algebra, Geometrie, Trigonometrie, Geodäsie, Ni- 
vellement und ausnahmsweise krummlinigte Geometrie, Statik, Dynamik 
(soweit als nötig) und Physik; 

der Oberlehrer der Kriegs- und Befestigungskunst Terrainlehre, 
beständige Befestigungskunst, Heerverfassung, Lehre vom Angriff und 
von Verteidigung der Festungen, Feldbefestigungskunst, reine Taktik, 
Vorpostendienst, Lagerkunst, Strategie; 

der Oberlehrer der Artillerie geschichtliche Einleitung zur Artillerie- 
wissenschafk, mechanische Einrichtung der groben Geschützgattungen, 
der Munition und der Geschosse, die Ausrüstung der Artillerie, Kugel- 
bahn, Sichtung, Art der Schüsse, Bikochettschiefsen, Schufsweiten, Wir- 
kung der Kartätechen, Wirkung und Wurfweiten der Mörser- und Haubitz- ' 
Projektile, Marschordnung und Aufetellung der Artillerie in bezug auf das 
Terrain und dessen Verteidigung, Schlachtordnung, Bewegung der Artillerie 
in der Nähe der Feindes, Auffahren und Behandlung des Geschützes im 
Gefechte, Beschaffenheit, Verfertigung, Prüfung und Wirkung des kleinen 
Feuergewehres sowie die Erhaltung und Herstellung deeselben, Be- 







5. Die Artillerie- Schale nnd deren Fortsetzangen 1831—1835 195 

schaffenheit, VerfertigoDg and Prüfung der blanken Waffen^ Anferügung 
des Schiefsbedarfes fflr die In&nterie; 

der Oberlehrer der Bau- and Zeichnangskanst militärische, topo-, 
oro- und hydrographische Pläne und Tabellen, freie Handzeichnung und 
Perspektive, Kenntnis der Baumaterialien, Bindungsmittel, deren An- 
sehaffung und Transport, Erd-, Schanzen-, Mauer- und Zimmerbau, 
deren Anwendung zu kleinen Baracken und Magazinen, Darstellung der 
Häng- und Sprengwerke, verschiedener Dächer, Brücken pp,, Einrich- 
tung, Plan und Grundrifs von Militärgebäuden, Dämme, Schleusen, 
Pontonierkunst; 

dei: Professor der Philosophie und Geschichte Encyklopädie der 
gesamten Wissenschaften und Künste, aber noch insbesondere Philo- 
sophie, Geographie, Geschichte der Völker von Europa mit bezug auf 
die wichtigsten Kriege. 

Der Lehrplan weicht mithin von dem durch Bouvroy entworfenen 
nicht wesentlich ab, vielleicht tritt das Allgemeinmilitärische noch 
mehr als damals hinter die Sonderßlchor zurück. Es lag das im Geiste 
der Zeit, welche sich von den Anschauungen des vorigen Jahrhunderts 
noch nicht genügend hatte freimachen können. AufiTallend ist der Vor- 
trag der Kriegsgeschichte durch den Professor. Die praktischen Übungen 
wurden, wie früher, zum teil gemeinsam mit den Artillerie-Schülern 
vorgenommen. Die Verteilung der Lehrstunden blieb wie sie ge- 
wesen war. 

1S31— 1885 

Es ist bereits erwähnt worden, dafs bei den Beratungen über die 
im Jahre 1831 geschehene Neugestaltung des K.-K. die Erhaltung 
einer besonderen Bildungsanstalt für Artilleristen und Ingenieure in 
Frage gestellt war. Über den Nutzen, ja über die Notwendigkeit des 
Vorhandenseins einer solchen bestand für die Heeresleitung kein Zweifel 
und der erfolgreichen Thätigkeit der Militär -Akademie ward von allen 
Seiten Anerkennung gezollt. Zur Zeit ihrer Errichtung hatte sie an 
zwei Fehlern gelitten. Es waren Mifsgriflfe bei der Wahl der Lehrer 
vorgekommen und unter den Schülern hatte sich eine Anzahl roher 
und zu Ofüzieren ungeeigneter, dabei auch wissenschaftlich wenig gut 
vorbereiteter Elemente befunden. Nachdem diese Übelstände beseitigt 
waren, erfreute die Anstalt sich eines guten Bufes, ihre Zöglinge 
lernten und leisteten weit mehr als die des K.-K.; die öffentliche 

13* 



196 Geschichte des Militär-Erziehimgs- and Bildongswesens in Sachsen 

Meinung^ sachte den Orand darin, dais das letztere zuviel Wert auf 
Äofserlichkeiten, nameatlich auf die Erziehung für die gro&e Wdtf 
lege und zu wenig auf das Lernen, eine Sichtung, welche mit dem 
Vorhandensein vieler wohlhabender Ausländer unter den Zöglingen jo 
Wechselwirkung stand. Dem gegenüber wurde aber der Aufwand, 
welchen die Akademie erforderte, im Verhältnis zur Zahl der Schaler, 
welche sie ausbildete, für so grofs angesehen, dafs erwogen ward, ob 
sie nicht zugleich far andere Zwecke nutzbar gemacht werden konnte. 
Es wurde vorgeschlagen, sie nach dem Muster der Polytechnischen 
Schule in Paris, mit einer Anstalt in Verbindung zu setzen, in weldier 
junge Leute durch einen gründlichen Unterricht in Mathematik und 
Naturwissenschaften zu Technikern ausgebildet wurden. Der von 
militärischer Seite gegen den Vorschlag erhobene Widerspruch bewahrte 
das Heer vor einer solchen Zmtterschöpfimg. 

Es wurde vielmehr am 5. März 1831 befohlen, daCs am 1. Ja- 
nuar 1832 unter der Bezeichnung als 

Artillerie -Schule 
eine lediglich zur Ausbildung von Offizieren für die Artillerie und das 
Ingenieurkorps bestimmte Anstalt eingerichtet werden solle. Der Kom- 
mandeur des Artilleriekorps GM. Baabe und der im Februar d. J., 
als Bouvroy in die Artillerie zurücktrat, zum einstweiligen Kom- 
mandanten der Militär- Akademie ernannte Ob.-Lt. Leonhardi erhielten 
den Auftrag, ein Verfassungsregulativ far die Schule zu entwerfen. Ab 
Anhalt hatte ihnen dabei zu dienen, dafs die Anstalt 14 Eleven und 
4 bis 5 Volontärs binnen vier Jahren in zwei Divisionen zu Offiziers- 
subjekten für jene Waffen heranbilden und unter einem Artillerie- 
Stabsoffizier stehen solle, welcher zugleich Mitglied der Artillerie- 
Kommission und in allen das Kommando sowie die wissenschaftliche 
und sittliche Ausbildung der ZSglinge betreffenden Angelegenheiten dem 
Chef des Oeneralstabes, in wirtschaftlichen der Kriegs^Verwaltongs- 
Kammer untergeben war, sich jedoch in bezug auf die wissenschaft- 
liche und technische Ausbildung der Schüler und die mit ihnen zu be- 
treibenden praktischen Übungen, welche grofsenteils mit denen des 
Artilleriekorps zu verbinden waren, sowie wegen der Aufoahme und 
Entlassung der Schüler und wegen Annahme, Anstellung oder Ent- 
lassung der Lehrer, Offiziere, Gouverneure pp. mit dem Kommandanten 
des Artilleriekorps .in kommunikativem Verkehr zu erhalten hatte'. 

< Allgemeine MiUtärZeitung, Dannstadt 1831, No. 1; 1861, No. 28-8L 



6. Die ArtUlerie-Sdiiile und iloren FortBetmngen 1831— 183B 197 



' Direktor erhielt 1300 Thaler Oehalt, 300 Thaler Zulage, freie 
Mumng Qod 2 Batiooeo. Es war der schon genanote Maj. 
lomilias. 

Der Unterricht hatte zu umfassen: Mathematik, Physik nod 
bemie, Geodäsie, Artillerie, Taktik, BefestiguDgskDnst, Angriff und 
ferteidigUDg der Festungen pp., Terrainlehre , Zeicbnnngslehre , Zim> 
■erang pp., Anleitung zum Studium der Kriegsgeschichte und ward 
1 drei als Oberlehrer angestellten OfQzieren erteilt, welche der Regel 
laeh Artilleriatea sein sollten, unter denen sich aber auch ein Ingenieur 
■finden darfte. Der älteste, welcher 800 Thaler Gehalt erhielt, sollte 
I allgemeinen zurücktreten, wenn er als Artillerist zum Auirücken in 
I Stelle eines Eapit&n 1. Elaase, als Ingenieur zum etatamifsigen 
^itän an der Reihe war. Von den beiden anderen , welche je 
D Tbaler bezogen, sollte der ältere bezw. als Kapitän 2. Klasse oder 
»ifalls als etatsmäfsiger Eapitün zurücktreten ; der jGngere sollte 
mer ein im Stande der Artillerie befindlicher Premierlientenant sein, 
sicher ans den Mitteln der Schule eine sein Waffengehalt zn jener 
Sbe ergänzende Zulage erhielt. 

Über den Unterricht im Deutschen und Französischen, in Qeo- 
mphie, Geschichte und ähnlichen Wissenschaften, sowie im Tanzen, 
zunächst nur befohlen, dai's derselbe durch Lehrer erteilt werden 
Ute, welche auf stundenweise Bezahlung und yierteljährige Äuf- 
Bdigoag angenommen würden, wozu jährlich 648 Thaler zur Ver- 
lug standen. Unterricht im Englischen sollte nicht mehr. Reit- 
riebt in der königlichen Reithahn im Kadettenbause vier Schülern 
lientlich in je drei Stunden erteilt werden, wofQr die Anstalt 
flieh 200 Tbaler an den Scbulatall zn zahlen hatte. 

Ferner waren drei Kondukteurs angestellt, einer für die Ver- 
Itangagescbäfte , einer für den Unterricht im Schönschreiben and 
tchsen, einer zur Unterweisung im Eierzieren und Scbiefsen mit dem 
iwefare, im Fechten und in den Dienstvorschriften. Der Zeichen- 
terricht, das Situations-, Linear- und Eandzeichnen, das Tuschen, 
B Zeichnen von Portifikations-, Artillerie- nnd Baurissen nach den Ur- 
iem sollten unter Leitung des betreffenden Oberlehrers stattfinden, 
reicher die Zöglinge stets Risse nach Selbstentwürfen ohne Vorlegung 
D Originalen ausführen zu lassen hatte'. Die Kondukteurs erhielten 
I Gehalt von je 250 Thaler, sie führten die Aufsicht über die Zög- 
ge. Sie sollten ursprünglich .Gouverneure' genannt werden, anf 
ren Wunsch ward ihnen der Titel .Kondukteur* belassen. 



198 Greschicbte des Militär-Erziehungs- und Bildongswesens in Sachsen 

Die Erankenbehandlung und die Bechtspflege hatte das Artillerie- 
korps zu besorgen, so dafs die früher durch das Vorhandensein eigener 
Angestellter erwachsenen Kosten wegfielen; es wurden nur 18 Thaler 
als Medizingeld verrechnet. 

Die wissenschaftlichen Anforderungen bei der Aufiiahme sollten 
durch das Yerfassungs-Begulativ festgestellt werden ; im übrigen wurden, 
neben einem gesunden Körper, scharfen Sinnen und einer guten Sr- 
Ziehung, ein Alter zwischen 14 und 16 Jahren, 60 Thaler zur ersten 
Ausrüstung und eine Unterstützung von monatlich 3 Thalem gefordert, 
welche bei der Wirtschaftskasse eingezahlt wurden. Aufserdem mofaten 
die Mittel zur Beschafifung der Ausrüstung als Offiziere und zur Sab- 
sistenz als solche vorhanden sein; ziffermäfsige Beträge waren dafür 
nicht vorgeschrieben; auch durfte bei Söhnen von Offizieren und un- 
bemittelten Staatsdienem Nachsicht geübt werden, weil die Begierong 
über einige Mittel zur Aushilfe verfügte. Die Volontärs hatten in der 
2. Division 25, in der 1. 37 V2 Thaler vierteljährlich fär Unterricht 
und Wohnung zu zahlen. Ferner sollten immer 10 Unteroffiziere der 
Artillerie auf je zwei Jahre zur Teilnahme am Unterrichte befehligt 
werden, welche in der Artilleriekaserne wohnten. 

Nach Mafsgabe des Ausfalles der Entlassungsprüfung und der 
offenen Stellen würden die besten Zöglinge zu Tranchee- Sergeanten 
bezw. Stückjunkern ernannt werden und erstere alsdann in die un- 
verändert fortbestehende Ingenieur -Bildungs- Anstalt treten. Wer gar 
nicht oder weniger gut bestand oder wer sich überhaupt nicht zur Be- 
förderung zum Offizier eignete, sollte als UnterofBzier zur Artillerie 
kommen. 

Die «Etatsmäfsigen Gebühr nisse* der Schule betragen 
jährlich 7428 Thaler 2 Groschen, wovon monatlich 100 Thaler für 
allgemeine Unkosten, 8V3 Thaler zu Löhnung, Kleider- und Brodgeld 
für einen jeden Eleven bestimmt waren. 



Als der Befehl vom 5. März 1831 den betreffenden Behörden 
mitgeteilt war, trug GM. Baabe den Wunsch vor, die Anstalt scboa 
zu Jobannis d. J. einzurichten und den Aus- und Eintritt der Zöglinge 
in Zukunft immer zu diesem Zeitpunkte statt zu Neujahr stattfinden 
zu lassen^ damit die austretenden Zöglinge schon längere Zeit vor der 

' Arch. d. Kr.-M. : Acta, die Militär -Akademie, nunmehrige Artillerie- 
Schule betr. Rep. Q., Loc 18. 



6. Sie ArtÜlerie-Bcbnle und deren Fortsekungeu 1831—1886 199 

Frühjahr stattfindenden RekruteneiDStellung im praktischen Dienst« 

rebildet werden könnten. Der Vorschlag nufde am 5. April im 

oRrage des Königs durch den Chef des Generalstabes, GM. V. Cerrini, 

igt. Nach abgehaltener Prfifong worden am 1. Jnli 4 Eleven 

Stückjunker der Artillerie, 6 als Portepeejunker der Infanterie 

wiesen; acht unter ihnen wurden als .ganz mittellos' zur Qe- 

rihntng einer Ausrüstungsbeihilfe empfohlen, welche sie mit je 

[V» Thaler erhielten; 13 kamen zur Arlillerie-Schule, 9 znra K.-K., 

(darnater ein Volontär) wurden entlassen, 2 erhielten die Erlaubnis 

I Uateroffiziere in die Armee zu treten, wovon einer, welcher zur 

br^erie kam, Gebrauch machte; im ganzen hatte die Akademie 

Bleven and 1 Volontär gezahlt, »on denen der älteste 21'/», der 

14Vt Jahr alt war. Von den fünf Ausacheidenden ward einer 

;en körperlicher UnbriLuchbarkeit , vier wurden wegen mangelnder 

etetiger Beanlaguug entlassen, zwei der letzteren waren aufserdem 

diwächlich und unansehnlich. Die für die Artillerie -Schule tauglich 

rklärten wurden darauf aufmerksam gemacht, dafs sie, wenn sie dem« 

st die Eignung zu Artillerie- bezw. IngenieurofGzieren nicht er- 

ala Unteroffiziere zu dienen hätten, und es ward ihnen frei* 

teilt zum E. -K. überzutreten; sie baten aber sämtlich, in die 

ällerie-Scbule aulgenommen zu werden. Laut Ausweis vom 31, Juli 

,1t« diese 3 etatamärsige und 1 kommandierten Offizier, 3 Eon- 

llkteuTB, 3 Zivillebrer pp. und 14 Eleven nebst 4 Volontärs, 8 in der 

10 in der 2. Division, im Alter von 20'/i bis 15Vi Jahren. 

Das auf Grund der königlichen Befehle vom 5. März und vom 

K. April durch Raahe nnd Leonbardi ausgearbeitete Verfassungs- 

Kfigulativ vom 30. Juni 1831' erhielt, nachdem es vom General- 

ibe begutachtet war, die Genehmigung des Königs und des Mit- 

;«nten. Es ward zunächst auf zwei Jahre eingeführt. Es entspricht 

1 der Hauptsache den für die Bearbeitung erlassenen Weisungen, ent- 

Lt aber auch einige Abweichungen. Die wesentlichsten derselben sind 

Beatimniungen, dafs der Lehrgang für Unteroffiziere nur 9 Monate, 

nicht zwei Jahre dauern solle, dafs der .kommunikative Verkehr* 

dem Kommandanten des Artilleriekorps auch mit dem Ingenieur- 

stattfinden solle und dafs dem erstgenannten Kommandanten die 

iDgnis eingeräumt wurde, sieb von den Leistungen der ScbQler za 

sowie den Prüfungen beiiuwobnen. 

1 Druck. — Arch. d. Kt.il.-. Bep. G., Loc 18. 



200 Geechlchie dem MilitAr-Erdehmigs- und BAdnngswesens in 8c€hflen 

Dem Direktor ward die Ffirsorge flb* die Entwiekelnog körper- 
licher Kraft und Gewandtheit der Zöglinge and deren Abhftitong aos- 
drfieklieh zor Pflicht gemacht Die Lehrer hatten alle theoretischen 
Vortrlge «freisprechend nach dem Leitfaden gedruckter Lehrbfieher zu 
halten*. Nur selten dnrfte diktiert werden; die ZnhSrer hatten sieb 
an ein geistiges Erfassen des Vortrages zn gewöhnen« Ergänzungen und 
Bemerkangen des Lehrers znm Lefarbnche knrz anfirazeichnen und zu 
Hanse auszufahren; der Lehrer durfte in der nächsten Stunde in seinem 
Vortrage nicht fortfahren, beyor er sich überzeugt hatte, dals er yer- 
standen sei. Gedächtnis und Urteilskraft sollten gleichmäfsig aus- 
gebildetf alles mechanische Wissen ausgeschlossen sein. Ein Schtiler, 
welcher nicht verstanden hatte, waf angewiesen sofort zu fragen. 
Anschauungsunterricht und praktische Übungen hatte die Vorträge 
zu unterstfitzen; namentlich bei den Unteroffizieren war dies zu 
beachten. 

Eine geregeltere Hausordnung und mehr geordnete Wirtschaft der 
Zöglinge ward dadurch angestrebt, dafs alle Mahlzeiten gemeinsam in 
der Anstalt genommen wurden. Die gesamte Verpflegung ward Sache 
der letzteren; sie gewährte Fröhstfick, Mittagessen in der fiblichen 
Weise und Abendbrod; zur Bestreitung der Kosten fttr Wäsche, 
Bekleidung und Lehrmittel standen die Löhnung mit SVs und 
der Zuschufs der Angehörigen mit 3 Thaler monatlich zur VerfSgong; 
der Volontär hatte den gleichen Betrag mit vierteljährlich 34 Thalem 
und daneben die früheren Beträge fSr Wohnung und Unterricht bar 
einzuzahlen. Auiserdem entrichtete ein jeder etatsmäfsiger Eleve wie der 
Volontär beim Eintritte, wo er aufserdem Wäsche u. dgl. mitzubringen 
hatte, 60 Thaler ffir die erste Ausrfistung. Das erforderliche Taschen- 
geld hatten die Angehörigen zu geben. 

Die Arbeit der Lehrer war in nachstehender Weise geregelt: 

Der Mathematikus erteilt den Unterricht fiber die mathemati- 
schen Wissenscbafben, fiber die Zeichnungslehre oder g^metrie d&crip- 
tive, fiber Physik und Chemie, sowie über den Gebrauch des physi- 
kalischen Apparates und im chemischen Laboratorio; im gleichen im 
Freien den Unterricht fiber das praktische Abstecken, fiber den Gebrauch 
der Mensel zur Fertigung der geodätischen Netze und zur topographi- 
schen Detailaufhahme, fiber den Gebrauch der Winkelmesser, fiber das 
Nivellieren und die Theorie des Bomben werfens. Spaziergänge hat er 
insbesondere zur Übung des Distance-Scbätzens und zur Besichtigung und 
Erklärung von Maschinen pp. zu benutzen. 



5. Die Artillerie^hule nnd deren Fortsetzung^! 1831 — 1835 201 

Der Artillerist erteilt den Unterricht über die Artillerie-Wissen- 
aften and die Waffenkunde, über Terrainlelire und Bekognosziemng, 
Unngs- und Lagerkunst, Marschlehre, über reine und angewandte 
echtslehre; ferner Anleitung zum Studio der Kriegsgeschichte in 
-trägen der Kriegsgeschichte einzelner Feldzüge. Überdies inspiziert 
die Zeichnung der Artillerie - Bisse nach Originalen beim Zeichen- 
ister, läfst aber in seinen Stunden nur yon den Eleven selbst auf- 
ehmende Bisse von Geschützen, Waffen, Fuhrwesen pp. und zu deren 
Stellung wie auch zur Palverfabrikation pp. erforderliche Maschinen 

Vorrichtungen zeichnen. In praktischer Hinsicht liegt ihm die An- 
mng im Bichten des Geschützes, das Geschütz -Exerzieren, das 
terie - Exerzieren en squelette und mit Bespannung, das Scheiben- 
efsen mit Kanonen und Haubitzen, die Anweisung in den manoeu- 
i de force, im Zerlegen und Zusammensetzen der Geschütze und zu 
an Beparatnr, sowie diejenige im Feuerwerkslaboratorio ob; femer 

er Spaziergänge zur Besuchung sämtlicher Artillerie -Werk- 
kten, zum Aufsuchen vorteilhafter Geschützpositionen und tak- 
her Aufstellungen, zur Erklärung in der Umgegend vorgefallener 
'echte, zur Übung in schriftlicher Terrainbeschreibung pp. zu 
utzen. 

Der Ingenieur lehrt die Grundsätze der Situationszeichnung, die 
'begriffe der Befestigungskunst, den Trancheebau, den Batterie- und 
lenbau, die beständige Befestigung, den Angriff und die Verteidigung 

Festangen, die Feldbefestigung; die Anfangsgründe der Givilbau- 
ist, jedoch insbesondere Zimmermannskunst, Militärbrückenbau und 
gebesseruDg. Auch inspiziert er die Zeichnung der Situations-, 
tifikations- und Bau-Bisse pp. nach Originalen beim Zeichenmeister 
1 hat selbigen ganz insonderheit zu unterstützen. In seinen Stunden 
t er die Zöglinge dergleichen Bisse nur nach Aufiaahmen und Selbst- 
i^ürfen zeichnen und praktische Aui^ben aus der Zeichnungslehre, 
)esondere in betreff der Schatten- und Lichtkonstruktionen, auflösen. 
1 praktischer Unterricht betrifft das Abstecken von Feldschanzen und 
terien und deren Defilement, die Erbauung der Batterieen und die 
^Stellung der Yerkleidungsmittel und deren Verwendung, die Be- 
dlung des Terrain-Eintragens, ä coup d'oeil-Aufhahmen pp. Spazier- 
ge hat er insbesondere zum Entwürfe der dem Terrain angemessenen 
age von Feldschanzen und des Angriffs auf supponierte Yerschanzungen 
I einzelne Feldschanzen, zu Defilements- Erörterungen pp. zu be- 
zen. 



202 Gescliichte des Militär-Erziehangs- and Bildungswesens in Sadiaen 

Der Zeicbenmeister giebt den Unterricht in Ealligraphief Hanc 
Zeichnung, Situations- und Linearzeichnung und im Tuschen und läf 
die von den Oberlehrern ihm übergebenen Originale von Situations 
Artillerie-, Fortifikations- , Bau- und Maschinen - Bissen auftragen m 
auszeichnen. Spaziergänge hat er insbesondere zu Übungen des Tei 
rain-Eintragens und ä coup d'oeil-Au&ehmens zu benutzen. Auch hi 
er sich der Herstellung mid Vervollständigung der Original-Zeichnungc 
zu unterziehen, wiewohl zum Ersätze solcher Zeichnungen stets eini{ 
von den als Offiziers -Subjekte zu entlassenden Zöglingen während d( 
Kursus gezeichnete zurückbehalten werden mögen. 

Der Dienstlehrer erteilt in theoretischer Hinsicht den ünterricl 
über Diensi^egenstände. Wiewohl dazu insonderheit ffir UnterofiEiziei 
gedruckte Schriften benutzt werden mögen, so soll jedoch dabei immi 
auf das Dienst -Beglement und die Exerzier -Beglements hingewiesc 
werden. Auch sind dabei Übungen in Fertigung von Dienstschrifh 
nicht zu verabsäumen. Die von ihm zu versorgenden praktischen Ai 
Weisungen und Übungen betreffen das Exerzieren unter Gewehr, de 
Wachtdienst, das Fechten mit Fleuret, Bappier und Bajonett, d{ 
Voltigieren, das Zielschiefsen mit Büchsen, Flinten und Pistolen, di 
richtige Betonung der Kommando Wörter, die Anweisung der Sigaali 
das Zerlegen, Putzen und Zusammensetzen der Gewehre, das Zeltei 
Aufschlagen. Spaziergänge mögen zu Anweisungen in der Patronilleii 
fuhrung, im Bekognoszieren, im Vorpostendienste und anderen felddienst 
liehen Übungen benutzt werden. 

Ferner wurden gelehrt: Die Elemente der mathematischen, physi 
sehen und politischen Geographie, Geographie nach Natnrgrenzei 
allgemeine Geographie und spezielle Deutschlands und der Nachbarstaatei 
Kartenzeichnung. — Übersicht der allgemeinen Geschichte, alte 0( 
schichte, Geschichte des Mittelalters, neuere und neueste Geschichte, tei 
ethnographisch, teils synchronistisch. — Deutsche Sprachlehre, D( 
klamation, Theorie des Stils und schriftliche Au&ätze, insbesondei 
Geschäftsstil. — Übersicht der philosophischen Wissenschaftei 
Vorträge über Moral. 

Für den Unterricht im Französischen sollten zwei Klassen, nac 
den Fähigkeiten, gebildet werden. Die Ziele waren reine Ausspracht 
korrekt dictando Schreiben, Kenntnis der Sprachlehre und der geläafij 
Gebrauch ihrer Begeln, Fertigkeit aus dem Französischen in ds 
Deutsche zu übersetzen, französische Aufsätze zu entwerfen an 
Sprechen. 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1831—1835 203 

An körperlichen Übungen wurden getrieben: Tanzen; Seiten, 
worin jeder Zögling ein Jahr lang in wöchentlich drei Stunden durch den 
königlichen Schulstall im E.-E. unterrichtet und woneben praktische 
Anweisung zur Pferdewartung und zum Anlegen der Beit- und Zug- 
eqnipagen bei der Artillerie erteilt wurde; Schwimmen und Eahnfahren; 
Voltigieren und Fechten. 

Die Verteilung des Lehrstoffes war in nachstehender Weise 
angeordnet: 

Zweite Division. 

Erstes Jahr: Zahlenrechnung, Geometrie, Algebra; praktischer 
Kursus über die Handgriffe und Arbeiten im chemischen Laboratorio 
nit einigen theoretischen Erörterungen des Abstrakten. — ünterhaltungs- 
tunden über Gegenstände aus den Artillerie -Wissenschafken , An- 
reisungen zum Auftragen der Artillerie -Bisse. — Grundsätze der Si- 
aationszeichnung. — Yorbegriffe der Befestigungskunst. — Kalligraphie, 
land- und Situationszeichnung, geometrische Konstruktionen, Linear- 
.eichnung, Anweisung im Tuschen. — ünterhaltungsstunden, den Dienst im 
[jande und im Felde betreffend. — Exerzieren. Instandhaltung der Armatur. 
Pechtübungen. — Deklamation, Deutsche Sprachlehre, Anweisung und 
Dbong in leichten Aufsätzen. — Allgemeine Geschichte und Geographie, 
Eartenzeichnung. — Französich. — Tanzen. 

Zweites Jahr: Ebene und sphärische Trigonometrie. Theoriedes 
Bichtens der Geschütze. Mathematische Geographie. Geodäsie, krumm- 
linigte Geometrie, Zeichnungslehre. Physik und Chemie, physikalische 
und chemische Experimente. Einübung des Gebrauches der Mensel. — 
Ausführliche Vorträge über Schieispulver, Geschützrohre, Stückgiefserei, 
Bisenmunition, Laffetten, Artillerie wagen , Bespannung, manoeuvres de 
force. — Anfangsgründe der Zivilbaukunst, insbesondere Zimmermanns- 
kunst. — Tranchee-, Batterie-, Minenbau. Beständige Befestigung, 
Abstecken von Batterien. — Kalligraphie, Hand- und Situationszeich- 
lung; Artillerie-, Bau- und Fortifikationsrisse. — Unterhaltungsstunden, 
len Dienst im Lande und im Felde betreffend. Exerzieren, Zielschiefsen, 
^^echten. Voltigieren. — Reklamation, deutsche Sprachlehre, Theorie des 
itils, schriftliche Aufsätze. — Alte Geschichte; Geographie nach Natur- 
lenzen und allgemeine Geographie. — Kart^nzeichnung. — Franzö- 
risch. — Tanzen. 

Erste Division. 

Erstes Jahr: Differential- und Integralrechnung; Statik, Dynamik, 
Hydrostatik, Hydrodynamik, Physik, Chemie; praktisches Nivellement, 



204 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildongswesens in Sachsen 

Qebraach der Winkelmesser, Netzanfhahme einer gröfseren Gegend. — 
AasfÜhrliche Vorträge über das kleine Fenergewehr, Handwaffen, 
Bichtinstnimente, Artillerie- und Eleingewehr- Munition, Wartang der 
Zeugbausvorräte, Scbiefsen und Werfen, Ausrüstung, Gebrauch der Ar- 
tillerie im Felde, sowie in und vor Festungen. — Terrainlehre, Be- 
kognoszierung nebst zugehöriger Terrainbeschreibung. — Stellungs- 
und Lagerkunst, Marschlehre. — Aufoahme und Entwurf von Artillerie- 
Bissen, Maschinen pp.; Anleitung zu den Arbeiten im Feuerwerks- 
laboratorio, „da die vollständige Instruktion in selbigen den Eleven 
späterhin nach ihrer Anstellung im Artillerie -Korps zu teil werden 
wird*. — Angriff und Verteidigung der Festungen; Feldbefestigung; 
Fortsetzung der Civilbaukunst; Aufnehmen und Entwurf von Forti- 
fikations- und Baurissen; Anweisungen der Zeichnungslehre; Abstecken 
von Feldschanzen, deren Defilement; Eintragung des Terrains beim Auf- 
nehmen und Unterstützung bei der in Sektionen abgeteilten Mensel- 
au&ahme einer gröfseren Gegend. — Situations-, Artillerie-, Fortifikatioos-, 
Bau- und Maschinen -Bisse. — ünterhaltungsstunden, den Dienst im 
Lande und im Felde betreffend; Dienstschriften; Exerzier-Beglements; l 
Exerzieren und richtige Betonung der Eommandoworter'; ZielschiefseD; - 
Voltigieren, Fechten. — Deutsche Sprachlehre, Theorie des Stils, 6e- . 
Schäftsstil. — Geschichte des Mittelalters und neuere Geschichte. — Geo- < 
graphie Deutschlands und der Nachbarstaaten. — Französisch. — Tanzen, j 
Beiten. 

Viertes Jahr: Bepetitionen aus dem mathematischen Kursus, der [ 
Zeichnungslehre, Physik und Chemie; die ersteren mit Anwendung anf \ 
technische Gegenstände überhaupt und auf Artillerie- und Ingenieur- i 
Wissenschaft insbesondere. — Beine und angewandte Gefeohtdehre; 1 
Anleitung zum Studium der Kriegsgeschichte. — Bepetitionen aus dem l 
gesamten Kursus des Artilleristen. Aufnahme und Entwarf von Ar- i 
tillerie-Bissen, Maschinen pp. — Militär-Brückenbau, WegebesseroDg, i 
Bepetitionen aus dem gesamten Kursus des Ingenieurs; Aufiiahme und 
Entwurf von Fortifikations- und Baurissen; Anwendungen der Zeich- 
nungslehre; k coup d^oeil- Aufnahmen. — Situations-, Artillerie-, For- 
tifikations-, Bau-, Maschinen -Bisse. — Dienstschriften, Exerzier- nnd 
Dienst-Beglement; Exerzieren, Zielschiefsen , Fechten, Voltigieren. — 
Entwurf von Abhandlungen; Theorie der schonen Künste und Wissen- 
schaften; Übersicht der philosophischen Wissenschaften; neuere und 
neueste Geschichte; geschichtliche und geographische Wiederholungen. 
— Französisch. — Tanzen, Beiten. 



= 



£ 



3 



I 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1831—1835 205 

Am Schiasse eines jeden Vierteljahres wurden schriftliche, in ein- 
Inen Fällen auch mfindliche Präfungen abgehalten. Der Unterricht 
arde vormittags im Sommer von 6, im Winter von 7 bis 12, nach- 
iltags von 2 bis 5 Uhr erteilt. Ferner fanden praktische Übungen zum 
nrecke von Batteriebau, Bespanntexerzieren, Schiefsen und Werfen, Ar- 
liten im Feuerwerkslaboratorio, Anweisungen im Terrain, Eintragen 
ofserer Menselaufnahmen, auswärtige Besichtigungen pp. in längerer 
isdehnung statt; es hatte ihnen stets eine theoretische Vorbereitung 
Hause voranzugehen. — Im Juli waren Ferien; die Zöglinge erhielten 
idann Urlaub. 

Die zur Schule kommandierten Unteroffiziere sollten Lesen, 
lOD- und richtig Schreiben können, mit dem Anfertigen schriftlicher 
ifsätze und mit der Zahlenrechnung bekannt und, durch ihre bei der 
nppe erhaltene Ausbildung, in mancherlei Kenntnissen auf den Ge- 
lten der Artillerie und Befestigungskunst, im Arbeiten beim Feuer- 
irkslaboratorio , im Exerzieren, Schiefsen und Werfen, im Benutzen 
s Terrains zu Positionen, im Distanze-Schätzen, manoeuvres de force, 
i Abstecken und den Arbeiten beim Batterieban und in Dienstkennt- 
3sen vorbereitet sein. Ihr Kursus währte vom 1. August bis zum 
). April, dann traten sie zum Artillerie -Korps zurück. Bei ihrem 
ntreffen in der Schule hatten sie eine Prfifung abzulegen. Auf 
rund der bei dieser gezeigten Kenntnisse stellte der Direktor den 
nen zu erteilenden Unterricht fest, aber welchen er vierteljährlich 
Den Stundenplan einreichte. Letzterer hatte diejenige Zeit auszufällen, 
Uirend deren die Eleven Unterricht hatten. Aufserdem waren Grenzen 
^rgeschrieben, über welche die Vorträge nicht hinausgreifen durften. 

Dieselben um&fsten: 

In mathematischer Hinsicht: Zahlenrechnung einschl. Wurzel- 
sziehen; Geometrie mit Gewöhnung an den demonstrativen Beweis; 
ifangsgründe der Mechanik und Maschinenlehre; allgemeine Begriffe 
r Bewegung in bezug auf Schiefsen und Werfen; fortgesetzte Übungen 
1 Abstecken; Anweisung des Gebrauches der Mensel und das Kro- 
3ren von Kolonnenwegen und Positionen. 

In physikalischer und chemischer Hinsicht: Kenntnis der 
n der Artillerie zu benutzenden chemischen Stoffe und, soviel nötig, 
ren Bereitung und Bearbeitung im chemischen Laboratorio. 

In Hinsicht des Zeichnens: Kalligraphie; Charakterzeichnung 
m Au&ehmen ohne Bergzeichnung f3r diejenigen, denen die Anlagen 
.zu fehlen, dagegen sind die Fähigen auch zur Situationszeichnung an- 



206 Geschichte des Militär-Erziehang^- and Bildnngswesens in Sachsen 

zuweisen; geometrische Konstruktionen; das Aufreilsen von Schablonen ; 
Zeichnung und Qebrauoh der Transversal-Marsstftbe; Kopieren, aber auch 
wohl Auftragen von Artillerie- und Batterie-Bissen; Tuschfibungen; 
überdies ist diesen Unteroffizieren ohne Ausnahme das Verständnis von 
Situationsrissen durch Vergleichung zugehöriger Modelle und des 
Terrains im Freien beizubringen. 

In Hinsicht der deutschen Sprache, Geschichte und 
Geographie: Übung in Dienstschriften und einfachen Au&ätzen; sehr 
übersichtlich die allgemeine, ein wenig ausfuhrlicher die Yaterländische 
Geschichte; überaus übersichtlich die allgemeine Geographie, um- 
ständlicher die von Deutschland uüd den Nachbarstaaten, vollständiger 
die von Sachsen und den Nachbarstaaten. 

In Hinsicht der Artillerie- und Fortifikations-Wissen- r 
Schäften: Das, was davon das Handbuch ffir die Unteroffiziere des } 
Artilleriekorps enthält, und zwar den Umständen angemessen mit Zusätiei '^ 
und Erläuterungen, welche stets unmittelbar das Technische betreffieD 
müssen, sowie überhaupt dieser Unterricht in jeder Hinsicht praküseh t 
und teilweise in den Werkstätten pp. selbst zu betreiben ist, wie aadi ; 
womöglich überall die materiellen Gegenstände selbst, Modelle, lostru- : 
mente pp. zu benutzen sind. > 

InHinsicht praktischer Anweisungen und Übungen aolser- 
dem: Fortgesetzte Übungen im Bichten und Distance- Schätzen; Ziei- 
schiefsen mit Büchsen; Fechten mit Fleurett und Bajonnett; Zerlegimg ^ 
und Zusammensetzung von Geschützen; manoeuvres de foroe; Geschüfai- . 

■ 

Plazierung, Modellieren u. dgl. andere Gegenstände. h 

i 

L 

Leitender Gesichtspunkt bei der Erziehung war, daTs die Eleven N 
so wenig als möglich, im wie aufser dem Hause, ohne Aufisicht sein p 
sollten. Darauf zu achten, war in erster Linie Sache des OfiBzien p 
bezw. Kondukteurs vom Tagesdienste. Dieser hatte sie auf Schritt nod ii 
Tritt zu überwachen und zu beobachten; Spaziergänge ohne Au&idit \^ 
und Beurlaubung zu Familien sollten nicht zu oft stattfinden. Jeder 
der drei Kondukteurs führte insbesondere die Au&icht über eine be- 
stimmte Zahl von Eleven; in jeder Klasse, jeder Stube, jedem H5f- b 
saale pp. stand ihm ein Altester zur Seite. Fehltritte und Vergeben fi 
sollten durch angemessene, auf das Ehrgefühl wirkende oder die Frei- 
heit beschränkende Verfügungen bestraft werden. Bestimmungen Aber 
Handhabung der Strafgewalt waren nicht gegeben. Die konmiandierten 






5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1831 — 1835 207 

iteroffiziere wohnten in der Artillerie-Kaserne und standen auTser der 
hulzeit nicht in Beziehung zur Anstalt. 

Wer als Eleve Aufnahme in die Anstalt zu erhalten wünschte, 
iTste sich nach zurückgelegtem 13. Lebensjahre beim Direktor melden, 
lieber, wenn er ihn für geeignet erachtete und sich «mit dem Kom- 
indanten des Artillerie-Korps vernommen hatte", ihn auf die In- 
riptionsliste setzte und seinerzeit dem Chef des Generalstabes zur 
nberufung vorschlug. Der Eintritt in die 1. Division konnte aus- 
timsweise erfolgen. Als Eleven durften nur Inländer aufgenommen 
rden. Die Zahl der Volontärs war durch die Vorschrift beschränkt, 
a nicht mehr als zehn Schüler in einer Klasse sein durften. Die 
tlassung etatsmäfsiger Eleven konnte von den Angehörigen nicht ver- 
gt werden; ein solches Gesuch muTste auf triftige Gründe gestützt 
rden. Volontärs durflien ohne weiteres die Entlassung erbitten und 
ivärtigen. 

Bedingungen für die Aufnahme waren, neben den gewöhnlichen 
iforderungen an körperliche Tüchtigkeit und moralische Würdig- 
it, ein Alter zwischen 14 und 16 Jahren, vorangegangene Kon- 
mation und Nachweis der erforderlichen Mittel zur Unterhaltung in 
r Anstalt, zur Ausrüstung als Offizier und zu schuldenfreiem Ans- 
mmen als solcher. Die Angehörigen mufsten sich verpflichten für 
re Pflegebefohlenen nie die Aufnahme in fremde Kriegsdienste nach- 
isuchen und diese selbst später davon abzuhalten, falls sie nicht die 
llerhöchste Genehmigung erhalten hätten. — An Vorkenntnissen 
iirden verlangt: Mit Ausdruck and geläufig deutsche AuMtze lesen. 
- Diktierte deutsche Sätze, ohne Fehler gegen Orthographie, geläufig 
id in guter Handschrift nachschreiben. — Fertigkeit sich deutlich, 
)hlgeordnet und grammatikalisch richtig schriftlich auszudrücken, 
)zu ein leichtes Thema au&ugeben. — An&ngsgründe der fran- 
rischen Sprache einschl. des Gebrauches der Hil&zeitwörter. — 
mntnis der Gebirgszüge, Hauptflüsse, Grenzen und bedeutendsten 
Idte der europäischen Staaten. — Anfangsgründe der allgemeinen 
eltgeschichte. — Fertigkeit in allen Teilen der Zahlenrechnung nach 
m bei der Schule eingeführten Kursus. — Anfangsgründe der Geo- 
3trie, womöglich mit Einschlufs des Gebrauches des Transversalmafs- 
kbes. — Vorübung im Zeichnen. 

Nach bestandener Austrittsprüfung wurden die Bestandenen, 
even wie Volontärs, als Tranchee- Sergeanten dem Ingenieur- bezw. 
3 Stückjunker dem Artilleriekorps, Nichtbestandene als Unteroffiziere 



208 GeBchichte des Militär-Erziehungs- und Bildongswefiens in Sachsen 

dem letzteren überwiesen, nichtbestandenen Volontärs durfte der Ab« 
schied gewährt werden. Zar Prüfung durfte der Direktor Milit&r* 
und Zivilbeamte pp. einladen. Die Examinationskommission bestand 
aus ihm selbst, je einem Offizier des Generalstabes und des Ingenieur-, 
zwei des Artilleriekorps, drei der Schule. Letztere prüften, entere 
bezeichneten die Gegenstände, über welche gefragt werden sollte; acht 
Tage vorher wurden ihnen die Zeugnisse der Schüler, die fraheren 
Prüfungsprotokolle pp. mitgeteilt. Die Zeugnisse der Lehrer solitan ; 
nicht unter der Benennung als 1., 2. pp. Censur,' sondern .in deat- ! 
liehen und bestimmten Beschreibungen' abgegeben werden. Die Kom- 
mission bestimmte die Beihefolge der Geprüften. Der Eonunandant 
des Ingenieurkorps hatte das Becht, unter billiger Bücksichtnahme auf r 
deren Wünsche, einen von ihnen auszuwählen; bedurfte er mehrerer, , 
so hatte er sich mit der Artillerie zu einigen. Die ganze Yerhandlung ' 
ward durch den Generalstab dem Könige vorgelegt. Mit der EdU i 
Scheidung erfolgte auch die Gewährung von Beihilfen zur Ausrfistang. 

Zu Johannis fand eine Prämienverteilung statt, von welcher aber 
die S^glinge der 2. Division, welche im 1. und die der 1., welche im 
4. Jahre der Schule angehörten, ausgeschlossen waren. Ein oder zwei | 
Angehörige der 1. Division durften zu «Ausgezeichneten* ernannt werden. \ 

Die Uniform blieb die bisherige; die Divisionen unterschiedeo > 
sich durch die gröfsere oder geringere Breite der Goldtressen aof den \, 
Achselklappen. j 

Avancements-Examina über eine selbstgewählte Wissenschaft, 
«deren fortgesetztes Studium beim Artillerieoffizier vorauszusetzen ist', 
hatten vor einer aus dem Direktor, einem jüngeren Stabsoffizier oder 
Kapitän der Waffe und den drei Offizieren der Schule bestehende Kom- 
mission die Stückjunker, nach zweijähriger Dienstzeit beim Korps, wenn y 
sie zu Sous-Lieutenants, die letzteren, wenn sie zu Premier-LieuteoaniB, 
und diese, wenn sie zu Kapitäns in Vorschlag gebracht werden sollten, 
abzulegen. 



Das Bestehen der im Jahre 1831 errichteten Artillerie-Schule war 
nicht von Dauer. Wir haben gesehen (S. 92), dafs sie am 
1. August 1835 mit dem K.-K. zu einer , Militär -Bildungs- Anstalt' 
vereinigt wurde und haben dort von ihren Schicksalen berichtet Das 
Jahr 1859 gab ihr die frühere Selbständigkeit zurück. Am 

» Arch. d. Kr.-M.: Rep. G. Loc. 28. No. 9. 



i: 






5. Die Artillerie-Schule and deren Fortsetzungen 18&9~1866 209 

11. August 1858 erging die Verfügung % auf Qrund deren sie am 
Ostertermine 1859 unter ihrer firäheren und nie ganz abgelegten Be* 
Zeichnung als 

Artillerie-Schule, 1859—1866 
3ach Anleitung des «Regulativ für die Artillerie -Schule, 1859'^ ihre 
rhätigkeit begann. Als ihr Zweck ward bezeichnet .die OfQziers- 
lubjekte für das Artillerie-Korps und Dependenzen wissenschaftlich aus- 
ubilden und dieselben soweit nur irgend thunlich für ihre spätere 
Bestimmung praktisch vorzubereiten '• Nur Zöglinge der Schule konnten 
n der Artillerie Offiziere werden. 

Von der Unterbringung der Schule in den Bäumen des Eadetten- 
lauses und von der gemeinsamen Verwaltung beider Anstalten ist 
chon die Bede gewesen; der Kommandant der ersteren stand un- 
nittelbar unter dem Kriegsminister. 

Das Lehr-, Aufsichts- und Dienstpersonal der Schule be- 
stand aus 3 Militärlehrern, 1 Disziplinaroffizier, 1 etatsmäfsigen Zivil- 
iind 1 desgl. Lehrer der französischen Sprache, 2 Gouverneurs, ein 
Titel, zu welchem sich die Kondukteurs hatten bequemen müssen, und 
2 Stubenheizern. Daneben waren Lehrer zum Erteilen von Hilfs- 
unterricht im Französischen und des Unterrichtes in Physik, im 
Fechten, in der Qymnastik und im Tanzen, sämtlich auf Kündigung 
angestellt, vorhanden; den Beitunterricht erhielten die Zöglinge in der 
Militär -Beitanstalt; es waren für diesen jährlich 300, für den im 
Französischen 600, fmr den im Tanzen, Turnen und Fechten 400, für 
iUen sonstigen Hil&unterricht und zur Beschaffung von Modellen 
roO Thaler jährlich ausgeworfen. Die Militärlehrer waren Offiziere der 
V.rtillerie, in der Begel Lieutenants, welche beim Aufrücken zum 
lauptmann in die Truppe zurücktraten; sie wurden vom Kom- 
nandanten der Schule ausgewählt, welcher sich ihres Einverständnisses 
via des Gutheifsens ihres Kommandeurs zu versichern hatte, bevor er 
lie beim Kriegsministerium in Vorschlag brachte. Sie hatten zunächst 
3ine halbjährige Frobedienstleistung durchzumachen, ebenso die etats- 
näfsigen Zivillehrer, welche alsdann die Eigenschaft der Zivilstaats- 
liener erhielten. Der Disziplinaroffizier war ein Lieutenant der Fufs- 
Artillerie, welcher in der Begel nach drei Jahren, jedenfalls 
aber, wenn er zum Hauptmann stand, abgelöst wurde. Er erhielt 
eine Zulage. 



* Metallographiert 

Gktehlehte des MiUtir-Ikxielianffi- nnd BUdont>wtMiii la BaohMii 14 



210 Geschichte des Militär-Erziehangs- und Bildangswesens in Sachsen 

Die Verhältnisse der QoaYernenre waren dieselben wie beim E.-E.; 
sie wurden ans der Artillerie genommen; einer war ünterlehrer der 
Mathematik, der andere des Zeichnens; von den Stubenheizern ward 
einer als Hausmann, der andere als Aufwärter gebraucht. 

Fflr die Zöglinge, welche in 3 Divisionen gegliedert waren, gab 
es 19 halbe und 5 ganze Zahlstellen zu bezw. 100 und 200 Thaler 
jährlich; aufserdem hatten die Angehörigen die erste Ausrüstung und 
die nötigen Lehrbücher pp. zu beschaffen. Daneben konnten einige 
Volontärs Aufnahme finden, welche für Unterhalt, Bekleidung und 
Unterricht 400 Thaler zahlten und für erste Ausrüstung und Lehr- 
bücher ebenso zu sorgen hatten wie die etatsmäfidgen Schüler; sie 
durfte In- oder Ausländer sein, während Zahlstellen nur erstere 
erhielten. 

Der Konunandant hatte die Strafgewalt eines Infieuiterie-lMgade- 
kommandeurs, den übrigen Angestellten war eine solche nicht beigelegt. 
Anträge auf Entlassung von Zöglingen mufsten beim Eriegsministerinm 
gestellt werden. Jeder Eintretende wurde durch Handschlag zur Be- 
folgung der Hausordnung verpflichtet. Für die Zwecke derselben waren 
die Schüler in 2 Brigaden geteilt, deren jeder einer der Gouverneure 
als sOber-Visitations'- und ein geeigneter Schüler der 1. oder 2. Di- 
vision als .Visitations- Kommandant' vorgesetzt war, letztere konnten 
zu «Gefreiten*, geeignete und bewährte Schüler der !• Division konnten 
bei Beginn des zweiten Lehrjahres dieser Klasse, also zu der Zeit, wo 
die gleichalterigen Zöglinge des K.-K. dieses verliefsen um in die 
Armee zu treten, zu «Portepeejunkem* ernannt werden; sie waren als- 
dann in der Verfügung über ihre Freizeit weniger beschränkt als vorher. 

Im Juli waren Ferien; den Pagendienst bei Hofe versahen die 
Artillerieschüler gleich den Kadetten, die Portepeejunker ¥nirden dazu 
nicht herangezogen. 

Die OfiBziere der Schule trugen die Uniform der Fuljsartillerie, 
jedoch mit Hut und Degen, die Gouverneure einen grünen Waffenrock 
mit ponceau-rotem Kragen, Aufschlägen und Vorstöfsen und mit gelben 
Knöpfen, an jeder Kragenseite mit einer goldgestickten Litze, schwarz- 
graue Beinkleider mit roter Seitennaht, Hut mit Federstutz, grüne 
Mütze mit rotunterlegter Krone und rotem Vorstofse, Degen mit 
silbernem Portepee am schwarzen Koppel über dem Bocke, schwarz- 
graue Mäntel. Die Uniform der Schüler war der der Gouverneure l 
ähnlich, aber ohne Kragenlitzen, dagegen hatten sie grüne Achselklappen 1 
mit einer in Gold gestickten Granate und statt des Huteis den Gzako; i 



5. Die ArtillerieSchule und deren FortsetEimgen 1869—1866 211 

die Portepeejunker trugen die Uniform der Fortepeejunker der FoTs- 
artillerie. Die Unterscheidungszeichen der Qefreiten waren silberne 
Portepees und eine goldene Tresse um den Gzako, die der 1. Division 
drei, die der 2. während des 2. Jahres ihres Aufenthaltes in der Klasse 
zwei, während des 1. eine Litze in Goldtresse an jeder Kragenseite; 
femer waren bei allen Schulern, mit Ausnahme des ersten Jahrganges 
der 3. Division, die Achselklappen des Waflfenrockes mit schmaler Gold- 
tresse einge&fst. 

Die Aufnahme in die 3. Division fand zwischen dem zurück- 
gellten 14. und vollendetem 16. Lebensjahre statt. Sie bildete die 
Regel. Ausnahmsweise konnte der Eintritt im Laufe des Kursus der 
3. and bei Beginn desjenigen der 2. Division erfolgen ; das 18. Lebens- 
jahr durfte keinenfalls überschritten sein. Es muTsten ihr Anmeldung 
ond persönliche Vorstellung beim Kommandanten vor dem 14. März, 
bei Protestanten die Konfirmation, bei Katholiken die Zulassung zum 
-1 heiligen Abendmahle, die Untersuchung durch den Generalstabsarzt und 
''I das Bestehen einer Aufnahmeprüfung vorangegangen sein. Letztere 
-|inirde bald nach Ostern vor dem Kommandanten und den etats- 
mäfsigen Lehrern abgelegt; sie war schriftlich und mündlich und 
forderte in der 

Mathematik: Vollständige Sicherheit in Numeration, den vier 
Onmdrechnungsarten mit unbenannten und benannten ganzen Zahlen, 
den Bechnungsarten mit gemeinen und Dezimalbrüchen, Kenntnis der 
einfachen und zusammengesetzten Verhältnisse und Proportionen, Übung 
im Losen von Aufgaben aus der einfachen und zusammengesetzten 
Begel de tri, Ketten- und Gesellschaftsrechnung; 

Geographie: Kenntnis der Erdoberfläche im allgemeinen, sowie 
der Erdteile, besonders Europas und Deutschlands; 

Geschichte: Hauptbegebenheiten und Perioden der älteren und 
neueren Weltgeschichte, nähere Kenntnis der älteren, namentlich der 
griechischen und römischen; 

Deutsch: Möglichste Sicherheit in Bechtschreibung und Gram- 
A matik , Übung in richtigem und fliefsendem Lesen , Fähigkeit einen 
I leichten erzählenden Auftatz verständlich zu fertigen; 

:?l Lateinisch: Deklination, Komparation, Konjugation der regel- 
r| mäfsigen und gewöhnlich vorkommenden unregelmäfsigen Zeitwörter, 

Übersetzung leichter Aufgaben in das Deutsche und einfacher Sätze in 

das Lateinische; 

14* 



212 Geschichte des Militär-Erziehungs* und Bildtingswesens in Sachsen 

■ 1.1 11 — ~ - - - — I — 

Französisch: Begeln der Aussprache, daher Lesen ohne grobe 
Yerstöfse; im übrigen wie im Lateinischen; 

Schönschreiben: Denüichkeit in der deutschen und lateinischen 
Knrrentschrift; 

Zeichnen: Womöglich die Fähigkeit einfache geometrische Figoreo 
nach Vorlagen, sowohl in derselben wie in veränderter Grölise, wieder- 
zugeben, ebenso bezuglich sehr leichter Ornamente ohne Schattierang, 
alles nach dem Augenmafse, ohne Messung und Instrumente. 

Alsdann machte der Kommandant dem Eriegsministerium seioe 
Vorschläge in betreff der Aufiiahme und der Verleihung von Zahl- 
stellen. 

Der Aufenthalt in einer jeden Klasse dauerte zwei, der in der 
Anstalt überhaupt mithin sechs Jahre. Das Aufrflcken hing vom Be- 
stehen einer schrüKlichen Prfiiung ab; aufserdem &nden schriftliche 
und mündliche Prüfungen im März, Juni und Dezember statt; ihr Aos- 
Ml bestimmte die Beihefolge der Schüler. Der Wert, welcher den 
Binzelleistungen beizumessen war, wurde vom Kommandanten nach 
den beim K.-K. mafsgebenden Grundsätzen bestimmt. Wie dort zer- 
fiel der gesamte Lehrgang in einen Vorbereitungs- und in einen 
höheren Kursus, von denen jener in der 3., dieser in den beiden oberen 
Divisionen erledigt wurde. Unter Berücksichtigung der ffir das E.-E. 
als die leitenden bezeichneten Gesichtspunkte umMste der Unterricht 
die nachstehenden Lehrfächer:^ 

3. Division: 

1. Lehrjahr: 

Geographie (3): Wiederholung des bei der Au&ahme Geforderten, 
ElementarbegrifiTe der mathematischen Geographie, spezielle politische 
von Westeuropa. 

Geschichte (3): Wiederholung der alten; Vortrag von der Volker- 
wanderung bis zu Karl dem Grofsen. 

Deutsch (3): Laut-, Wort- und Satzlehre; Diktierübungen zur 
Einprägung der Rechtschreibung, Lese- und Bezitierübungen; Inter- 
punktion, Aufsätze. 

Lateinisch (2): Einübung grammatischer Formen und Begeln nach 
einem leichten Übersetzungsbuche; Übersetzen leichter Stücke aus dem 
Lateinischen. 

> Die eingeklammerten Ziffern nennen die Zahl der Wochenatonden. 



5. Die Artillerie-Schule und deren Fortsetzungen 1859—1866 213 

Französisch (4): Anfangsgrände der Grammatik; Bedeteile, De- 
ination, Konjugation regelmftfsiger und anregelmftfsiger Zeitworter, 
fiüdliche and schriftliche Übersetzang der einschlagenden Übungs- 
lispiele aus der Grammatik, Answendiglemen der darin vor- 
immenden Worte. 

Mathematik (4): Zahlenrechnung und Algebra bis zu den 
leichungen des 2. Grades. 

Geometrisches Zeichnen (2): Gebrauch der Instrumente, Anfangs- 
ünde des Linearzeichnens bis zu dem mit den Malsstäben. 

Situationszeichnen (2): Strichemachen, Skalen, Darstellen von 
)enen und geometrischen Körpern. 

Ornamentezeichnen (4): Einfache Omamentteile und Ornamente in 
•ntour bis zum Schraffieren und Tuschen ein&cher Ornamente. 

2. Lehrjahr: 

Geographie (3): Politische von Ost- und Mittel-Europa. 

Geschichte (3): Von Karl dem Grofsen bis zur Entdeckung von 
uerika. 

Deutsch (3) : Kurzer Abrifs der Stillehre und der deutschen Vers- 
bre; Wiederholung des Ganzen, Anwendung desselben beim Lesen 
osaischer und poetischer Musterstficke; Beginn freier Vorträge; 
hriftliche Au&ätze. 

Lateinisch (2): Befestigung in den grammatischen Segeln durch 
ctemporalien; Fortsetzung der Übung im Übersetzen. 

Französisch (4): Grammatik bis einschl. Gebrauch der Zeiten und 
odus; Übersetzen und Analysieren des Übersetzten; Auswendiglernen 
Q Wörtern, Bezitieren leichter Gedichte und Fabeln. 

Mathematik (4): Beendigung der Algebra. Ebene Geometrie. 

Physik (2): Experimentale als Vorbereitung zur höheren und 
m Unterrichte über Chemie und Artilleriewissenschaften. 

Geometrisches Zeichnen (2) : Gebrauch der Malsstäbe, Lasieren und 
)tuschen von Ebenen. 

Situationszeichnen (2): Darstellung einfacher Bergformen, Kopieren 
n Topographie und Bergen. 

Ornamentezeichnen (4): Architektonische Gliederungen und Or- 
»mente nach Gips, in Tusche, Sepia oder Farbe; Zeichnen leichter 
chitektonischer Ansichten. 

1. und 2. Lehrjahr: 

Beligion (1): Erklärung der Lehren der heiligen Schrift zur Er- 
ackung und Erhaltung des christlichen Sinnes. 



214 Gncliidtl« 'Xee UilitAr-Eniehungs- und BtMimgBWEeeiu ia Stdiaen 



n 



■wirsus 



Schreiben (1): nach Vorlagen. 

2. Division: 
1. Lehrjahr: 
Geographie (2): Asien, Afrika, Anstralien. 
Geschichte (3): Von der Eatdeckung von Amerika bis lat fni 
KÖMSchen Bevoktion. 

Deutsch (2): Litteraturgeachichte (in knraen ümrisaen) big i 
Klopstock; Lesen «nd Erklären eines gröfseren Meisterwerkes, i! 
Nathan, Cid, Wallenst^in; ireio Vorträge, abwechsobid mit Reati« 
öbnngen; bisweilen Erklärung schwieriger Gedichte; schriftliche Aol 
Sätze umRlnglichen Inhaltea. | 

FranzoBisch (4) : Beendigung des grannDatikalisoben KnrsDs in ■ 
früheren Weise, Auswendiglernen und Rezitieren gewählter Pros» ■ 
Gedichte, Lesen eines nicht zu leichten Buches. 

Mathematik (5): Stereometrie, ebene und sphärische Trigonometifi 
Ärtjlleriewissenschaflen (4): Einleitung und kurzer vorianfigü 
Scbiefspulver und explosive Präparate; Kriegsfeuerwerker«, li 
Artilleriezeichnen (im 2. Halbjahre, 2): Auftragen einzelner Tai 
vun Geschützrohren und von MuuitionsgegenstiLnden; Anfänge des All 
tragens ganzer Geschützrohre. ' 

Befestigangskunst (2): Feldbefestigung: Nomenklatur nnd 9l 
leitnng, Einrichtung von Profil und Grundrifs, Verstärkung doli 
Geschätzarmierung, Qröfaen- und Besataungsberechnung der Feldireik 
Deskriptive Geometrie (im 3. Halbjahre, 2): Einleitung, Lehre T« 
Punkte, der Geraden und der Ebene, den begrenzten Figuren und & 
Polyedern. | 

Geometrisches Zeichnen (im 1. Halbjahre, 2): Äbtusuheu von gi 
metrischen KSrpern und von architektoniscben und artilleristisobl 
Gegenständen, ebne und mit Schlagschatten, nach Vorlageblättern. 
^ Situationszeicbnen (2): Kopieren von Situationsplünen in vi 
^■diiedenen Mafsstäben, mit und ohne äquidistante Horizontalen. 
^r Theorie des Sitnationszeichuens und Anfnehmens (1): Kommt 
Abschlufse. 

Chemie (2): Theoretische Chemie in dem durch die Haoi 
Übersicht bezeichneten Umfange. 
Kalligraphie (1): Planscbrift,. 
2. Lehrjahr: 
K Geographie (2): Amerika. Allgemeine Übersicht der wichtigst 



5. Die ArtillerieSchnle und deren Fortsetzangen 1859—1866 215 

ueren Entdeckungsreisen (soweit die Zeit gestattet). Allgemeine 
iederholang. 

Geschichte (3): Vom Ausbruche der französischen Revolution bis 
f die neueste Zeit. Allgemeine Wiederholung. 

Deutsch (2): Litteraturgeschichte von Elopstock bis auf die 
ueste Zeit. Lektüre von Meisterwerken mit Erklärung derselben; 
izelne Teile werden zum Bezitieren benutzt. Freie Yortrftge über 
habte Lehrstoffe, z. B. Teile der Geschichte der Litteratur pp. 
briftliche Aufsätze in Abhandlungsform. 

Franzosisch (4): Wiederholung der Grammatik; orthographische, 
ktier- und Stilübungen; mündliches und schriftliches Übersetzen; 
iswendiglernen und Bezitieren, Leseübungen, mündliches Wiedergeben 
3 Gelesenen. 

Mathematik (5): Differentialrechnung. Analytische Geometrie der 
lene und des Baumes. 

Artillerie Wissenschaften (4): Konstruktion der Geschützrohre; Ein- 
htung des Fuhrwesens, Konstruktion der Laffeten, Protzen und Wagen ; 
behor. 

Artilleriezeichneu (2): Auftragen von Geschützrohren, Laffetten- 
len und Laffetierungen nach Mafstabellen , vorzugsweise in Linear- 
chnung. 

Befestigungskunst (2): Schlufs der Feldbefestigung. Einleitung in 
) permanente: Definitionen, allgemeine Grundsätze. Einfiufs der 
stungen auf die Kriegführung. 

Fortifikationszeichnen (2): Profile und Grundrisse, Yerstärkungs- 
ttel der Feldverschanzungen, Profile permanenter Befestigungen. 

Deskriptive Geometrie (2): Krummlinige: Krumme, Umdrehungs- 
d windschiefe Flächen ; Lehre von den Tangentenebenen. — Als prak- 
ßhe Anwendung: Theorie des Terrainau&ehmens mit und ohne 
lidistante Horizontalen. 

Situationszeichnen (2): Berge und Gegenden nach Modellen, Ausd- 
ehnen der selbstgefertigten Aufiiahmen. Modellieren gegebener Berg- 
men durch geübte Schüler. — Als praktische Übung: Topo- 
iphische Aufnahmen ohne Terrain in 1 : 8000 der natürlichen 
öfse. 

Physik (2): Mechanische Naturlehre. Erste Begriffe und elementare 
tze der Mechanik. 

Kalligraphie (1): Planschrift im 1«; Stenographieren im 2. Hallgabre. 



216 Geechichte des Militär-Ersiehnngs- und Bildungswesens in Sachsen 

1. Division: 

1. Lehrjahr: 

Französisch (4): Stilfibang, bestehend in der Wiedergabe gelesener 
Stücke, Schreiben von Briefen nnd leichten Aufsätzen nach gegebenen 
Themas; Aas wendiglernen, Deklamation; Lesen eines klassischen Werkes; 
mündliches Wiedergeben des Oelesenen; Übnngen in der Unterhaltung. 

Mathematik (5): Integralrechnung; reine Mechanik. 

Artilleriewissenschaften (6): Kleines Feuergewehr; blanke Waffen. 
Hauptsächlichste Materialien zur Herstellung der Geschütze und Fuhr- 
werke und deren Verwendung. Anfertigung und Prüfung der Geschütz- 
rohre und der Eisenmunition. — Organisation und Ausrüstung der 
Artillerie im allgemeinen. 

Taktik (2) der einzelnen und der verbundenen Waffen. 

Artilleriezeichnen (2): Fortsetzen des vorigen Kursus; Tuschen und 
Kolorieren der Pläne. 

Befestigungskunst (3): Permanente: Einrichtung des Profils und 
Grundrisses; geschichtliche Entwickelung der Befestigungskunst, Angriff 
und Befestigung von Festungen. 

Fortifikationszeichnen (2): Zeichnen von Befestigungssystemen und 
Belagerungsarbeiten. 

Zivilbaukunst (2): Vorbegriffe, Einteilung und Nutzen der Zivilbau- 
kunst. Baustoffe. 

Deskriptive Geometrie (2): Durchschnitte krummer Flächen unter 
sich. Schattenlehre. Projektion auf eine einzige Ebene; graphisches 
Defilement. 

Situationszeichnen (2): Fortgesetzt nach Modellen. Auszeichnen 
der gefertigten Terrainaufnahmen. — Als praktische Obung: Eine kleine 
Aufnahme in 1 : 12000, eine gröfsere mit Netzlegung in 1 : 24000 
und Nivellement. 

Physik (2): Licht, Schall, Wärme. 

Praktische Chemie (2): Darstellung von Präparaten, Reaktion der 
wichtigsten Säuren und Basen - Untersuchung löslicher unorganischer 
Verbindungen. 

2. Lehrjahr: 

Französisch (4): Stilübungen (Darstellung historischer oder bio- 
graphischer Skizzen); Deklamation. Litteraturgeschichte und Lesen aus- 
gewählter klassischer Musterstucke. Unterhaltung. 

Mathematik (5): Angewandte Mechanik. Allgemeine Wieder- 
holung. 



6. Die ArtJllerie-Sdiiile und deren Fortsetcangen 1669—1666 217 

Ärtilleriewi9seDschaft«n (6): Kriegaraketen- , HandhabuugB- und 
Bllnngsarbeiten. Bedienung der Geacbütze. Schiefsen und Werfen. 
[ der GeschStze. Verhalten and Gebrauch der Artillerie im 
^[doiege. 

: (2): Aogenandt«. 
rtiUeriezeichneu (2): Fortsetzeo des vorigen Kursus. 
efestigangskunst (3): Batteriebau; Erklärung, Theorie, Einteilung 
ID der Minen und deren Anwendung im Festungskriege. Wieder- 

'ortifikationszeichuen pp. (2): Entnurf und Zeichnen verschiedener 
i«en, Verteidigungsarbeiten und Minensysteme, Pionier- und Pon- 
■Uaterial und -Arbeiten. 

"ionier- und Pootonierwissenachaften (1): Kriegs- uud Notbrücken, 
m- Dud Wegebau im Felde, Flufsübergilnge; Brucken-Equipagen 
irop&iacfaeu Heere; sächsisches Fontonier- Reglement im weaent- 

ivilbaabuist (2): Erdarbeiten; Verbindung der Bausteine nnd 
r; GisenkoDstruktionen. 
Deskriptive Geometrie (2): Perspektive, Steinachnitt, Eartenpro- 

WiederholuDg. 

renünlehre und höhere Geodäsie (1): Terrainlehre im engereu 

; ^ coup d'oeil-Aofnehmen; Rekognoszierung. Kurzer Vortrag 

Irigonometrische Triangnlieruug und Aufnahme eines ganzen Landes. 

) praktische Übung: ^ coup d'oeil-Autuebmen in verschiedeneu 

1 und zu verschiedenem Zweaie. 
Jitoationszeicbnen (1): Auszeichnen von k coup d'oeil-Aufnahmen 
lekc^üszi e ru nge n . 
iHiysik (2): Magnetismus und Elektrizität; kurzer Abrira über 
gie. — Wiederholung, 
nie (1): Wiederholung der theoretischen nnd analytischen 

Praktische Chemie (2): Untersuchung unlöslicher unorganischer 

idoiigen; quantitative Analysen leichterer Art. 
fcotserdeiD erteilte der DisziplinarofGzier im erforderlichen MaTse 
riebt Qber Dienst und Militärstil. 

5n Vortrag über ICriegsgeschichte im letzten Untei-richlsjahre ward 
eranlaasung des Kriegsministeriums nachträglich in den Lehrplan 

Dinmen. Dit> Scbnldirektion erhob EinRprache, weil der Lehrer 

tÜteriewissenschaften, welchem derselbe zugedacht war, überbürdet 



218 Geschichte des Militär-Emehnngs- und Bildtingswesens in Sachsen 

werden wurde. Es scheint, als wenn der Yorstellang OehSr gegeben 
sei; in dem 1864 eingeffihrten Lehrplane findet sich ein solcher Unter- 
richt nicht. Derselbe sollte sich auf eine «Übersicht der Oesdiichte 
der Kriegskunst, Vorträge über Kriegsereignisse und Aber einra Feld- 
zug zur Erlftuterung und Ergänzung der Taktik' erstrecken, hätte also 
dem Lehrer der letzteren Wissenschaft gebfihrt. 

In derselben Weise wie beim K.-K. fanden Prfifungen flr den 
Übertritt in die höheren Kurse und eine solche in denjenigen Lehr- 
fächern, in welchen die 1. Division nicht mehr unterrichtet wurde, ?or 
der Versetzung in letztere statt. Dem höheren Kursus ward nach 
Möglichkeit eine praktische Bichtung gegeben; zu diesem Zwecke 
nahmen die Schüler sowohl selbständige Übungen vor, als auch an denen 
des Artilleriekorps teil ; auch die Schfiler des Vorbereitungskursus wurden 
bei geeigneten Gelegenheiten dazu herangezogen. Die 1 . Division nahm 
alljährlich eine grofsere Terrainau&ahme vor, deren Ergebnis dem 
Kriegsministerium vorgelegt wurde. Wiederholen des Vorbereitongs- 
kursus, also vierjähriges Verweilen in der 3. Division, konnte mit 
Genehmigung des Kriegsministeriums gestattet werden; Sitzenbleiben in 
einer der höheren Klassen war ausgeschlossen. 

Nach Beendigung des Lehrganges der 1. Division ward vor Ostern, 
nach vorangegangener körperlicher Untersuchung durch den General- 
stabsarzt, die Austrittsprüfung durch eine unter dem Vorsitze des Chefs 
des Generalstabes oder eines Abteilungs-Ghefs des Kriegsministerinms aus 
2 oder 3 Offizieren des Generalstabes und 2 Stabsoffizieren oder Haupt- 
leuten der Artillerie bestehende Kommission abgehalten. Der Kom- 
mandant der Schule wohnte der Prüfung soweit bei, als seine sonstige 
Dienstgeschäfte erlaubten ; der Kommandant des Artilleriekorps war be- 
rechtigt zugegen zu sein oder sich vertreten zu lassen. Machte er 
dabei Wahrnehmungen, welche ihm Änderungen im unterrichte 
wünschenswert erscheinen liefsen, so setzte er sich mit dem Komman- 
danten der Schule in Verbindung; in streitigen Fällen entschied das 
Kriegsministerium. Im übrigen ward wie beim K.-K. verfiihren. Dort 
ist bereits erwähnt worden, dafs und unter welchen Umständen Zög- 
linge der Artillerie-Schule bei der Infanterie oder bei der Beiterei an- 
gestellt werden konnten. 



dl 
h 



Gleichzeitig mit den Inderungen, welche im Jahre 1864 beim 
K.-K. vorgenommen wurden (vgl. Seite 138), und in ÜbereinstimmuDg 



^'r( 



5. Die Artillerie-Scbtile und deren Forteetiungen 1859—1866 219 

i dort znr Anwendung gebracbteti Qninda&tzen, fanden solche 
i der ArtiUerie-Scbole statt'. 
Die Zahl der etatsm&fsigen Schüler wuide um 5 vermehrt, betrug 
für welche 5 Frei-, 19 halbe und 5 ganze Zahlstellen zur 
fflgoDg standen. WIb beim K.-E. waren für dieselben bezw. 60, 
10 oud 210 Thaler Beitrag zu zahlen. Eine Freistelle konnte nur 
Aalten, wer sofort iu die 3, oder 1. Diviaiou eintrat. Änfserdem 
I einige Volontärs Aufnahme finden, welche als luläDder 300, ala 
ider 400 Thaler jährlich zu entrichten hatten. Bei der Aufnahme 
I die 3. oder 1. Division waren 50, in die 3. 30 Thaler zur Be- 
ftaiFaDg von Unterrichtsmitteln, 67 Thaler 26 Groschen 6 Pfennige 
Bekleidung und Wirtächaftegegenstände, heim Aufrücken in die 
, Division waren 30, in die ]. 10 Tbaler zu entrichten. Diese Be- 
, wie anch die jährlichen ünterhaltangabeiträge wurden in der üb- 

I Weise für einen jeden Zögling verrechnet. An die Stelle der 
rigen Altersgrenzen trat die Forderung, dafs bei der Aufnahme in 

3. Division das 16., in die 2. das 18., in die 1. das 20. Lebens- 
r nicht überschritten sein durften. 

Wie früher durften einige jüngere, 2ur Beförderung geeignete 
Bfoffiziere am Unterrichte der beiden oberen Diviaionen teilnehmen. 

Der Austritt erfolgte nach IVijährigem Aufentbalte in der 1. Di- 

I vor Weihnachten, damit die Portepeejunker vor der Bekruten- 
Itellung in den Qrundl^en des praktischen Dienstes besser ausgebildet 
leo konnten als bisher möglich gewesen war. Ein in die 3. Di- 
n tretender Schüler gehörte mithin der Anstalt 5Vi Jahre an; 
jw als 7'/i Jahre durfte niemand in derselben verbleiben. 

Für den nicht durch etatsmäfsige Lehrer zu erteilenden Unterricht 

II ausgesetzt; 600 Tbaler für das Französische, 300 für das Seiten, 
für Fechten, Tanzen, Gymnastik pp., 700 für alle sonstigen Vor- 

) einschl. Physik und Chemie, NachbeschalTung von Modellen pp. 
Aach der Lehrplan erfuhr Abänderungen. Der Vortragsstoff 

r Geographie wurde anderweit verteilt: Im I.Jahre traten an Stelle 
1 Westeuropa Äaien und Afrika , im 2. von Ost- und Mitteleuropa 
alieo und Amerika , im 3. von Asien , Afrika und Australien 
npa anfser Dentschland, im 4. von Amerika Deutschland unter be- 
derer Berflokaichtignng der VerkehraverhältnisBe, Der Vortrag der 

KegnJftUv für das Cmlett^n Corps unJ die Artillerie- Schale 1864. 
Druck >■■'■ ' lliinrich. 



220 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildnngswesens in Sachsen 

Geschichte ging im 1. Jahre bis za den Hohenstanfen statt bis zu 
Karl dem Qrofsen und gewann dadarch Zeit im 2. Sachsen mehr Auf- 
merksamkeit zu widmen. An Stelle der Physik trat im 2. Lehrjahre 
der bis dahin im 3. vorgetragene vorläufige Kursus der Artilleriewissen- 
schaften, welcher fortan im 3. Schiefspulver und explosive Präparate 
und den Beginn des Vortrages über Geschfitzrohre, im 4. die Fort- 
setzung des letzteren, das kleine Feuergewehr, die blanken Waffen, die 
Fuhrwerke aller Art und die ZubehSrstficke, im 5. die Materialienlehre, 
die Anfertigung und Prüfung von Bohren und Schiefsbedarf, die Or- 
ganisation und Einrichtung der Waffen und im 6. den bisherigen Lehr- 
stoff umfoiste. Der Unterricht in Planschrift ward im 1. Jahre beendet, 
so dafs der des 2. ganz der Stenographie gewidmet werden konnte; im 
3. ward kein Schreibunterricht mehr erteilt; der Vortrag über Litegral- 
rechnung begann schon im 4. Jahre. Beim Vortrage der Befestigungskuns^ 
wurde in das 4. Jahr die Einrichtung des Profils aufgenommen, in de^ 
Physik im gleichen Jahre die Lehre vom Schall vorgetragen, welch ^ 
früher dem 5. gehört hatte; in letzterem Jahre waren auch der firfih^^ 
im 6. abgehandelte Magnetismus und beim unterrichte in der deskrip« 
tiven Geometrie die Kartenprojektion zu erledigen; bei der Begrenzui^ 
des Lehrstoffes der Pionier- und Pontonierwissenschaften ward der Unter- 
richt über das sächsische Pontonier-Beglement fortgelassen. 



Nach einhundertjährigem Bestehen machten die Veränderungen, 
welche das Jahr 1866 im Gefolge hatte, dem Dasein der Artillerie- 
Schule ein Ende. Am 1. Juni wurden 5 Zöglinge als Portepeejunker 
in die Armee eingereiht und am 16. traten 10 mit den Kadetten die 
oben beschriebene Reise nach Österreich an. Heimgekehrt, wurden sie 
vorläufig beurlaubt, am 1. Mai 1867 aber mit der Bestimmung, 
demnächst den preuTsischen ünterrichtsanstalten überwiesen zu werden^ 
in das E.-E. versetzt 



6. Die Ingenieur-Akademie 

Vorsänge In den Jaliren 1784—1742 ^ 

Seit dem Jahre 1734 hatte Eonig-EurfÜrst Friedrich August II 
einzelnen jungen Leuten, welche sich für den Dienst der Ingenieare 

' Arch. d. Er.-M.: Geheime Kriegs-Ganzley Bep. L., Loc. 47, Na 18. y 






6. Die Ingenieur* Akademie 221 

und der Artilleristen auszubilden wfinschten, Geldmittel bewilligt, um 
sieb durch Sonderunterricht die nötigen Kenntnisse zu erwerben. Diese 
Vergünstigung bewog mehrere zu dem Gesuche, sie auf königliche 
Kosten «die Architecturam civilem et militarem, als auch die Ar- 
tillerie erlernen zu lassen, um sich auf diese Weise für den Dienst ge- 
schickt zu machen*^, woraus der König -Kurfürst Veranlassung nahm, 
an die Errichtung einer Fachschule zu denken. Am 1. Juli 1738 
forderte er von dem Chef des Ingenieurkorps, GL. v. Bodt, und von 
dem Kommandanten der Artillerie, Ob. y. Wüster, ein Gutachten Aber 
diesen Plan; sie entledigten sich dieses Aufbn^es unter dem 15. d. M., 
indem sie .den numerus fixus derer Scholaren* mit 12 vorschlugen, 
^on denen je 4 bei den Kadetten, der Artillerie und den Ingenieuren 
verpflegt werden sollten, und am 25. August ward angeordnet, dafs 
Philipp Daniel Lippert, welcher den erwähnten Sonderunterricht er- 
teilt hatte, vom 1. Oktober an als „Architectur- und Artillerie- 
Zeichenmeister* mit einem Gehalte von monatlich 25 Thaler bei der 
zu errichtenden Akadenue angestellt werden solle; das Inslebentreten 
der letzteren liefs aber noch auf sich warten. Lippert strich freilich 
das Geld ein; behauptete aber, nur zur Unterweisung eines numerus 
fixus von Schülern verpflichtet zu sein und «deprecirte*, einem seiner 
früheren Zöglinge, welchen Bodt «in der runden Zeichnung* weiter- 
bilden zu lassen wünschte, zu unterrichten; er sei lediglich als Lehrer 
der Akademie bestellt, von anderen Schalem wollte er noch aufserdem 
bezahlt werden. Bodt, welchen die Anwärter mit Gesuchen um An- 
stellung bestflrmten, regte die Sache am 24. September 1739 von 
neuem an. Es erging nun am 30. d. M. an den Ober- Zeugmeister 
£lippgen der Befehl, einen Bericht, welcher schon am 5. September 
1738 von ihm gefordert war, einzureichen, auch diese Aufforderung 
mufste am 4. Januar 1740 wiederholt werden. Zwei Tage später 
ging endlich der Bericht ein und am 26. Februar erhielt Lippert von 
der Geheimen Kriegs-Kanzlei eine Dienstanweisung, welche ihn ver- 
pflichtete, t&glich. Sonn- und Feiertage ausgenommen, in einem in der 
Kaserne ihm anzuweisenden Baume »sich finden zu lassen und die ihm 
committirte Unterweisung abzuwarten*; diese Unterweisung sollte nicht 
nur den erwähnten zwölf Scholaren, sondern auch denen zu teil werden, 
welche Gen. v. Bodt und Ob. v. Färstenhoff senden wtirden. Neben 
Lippert wurde der Appareilleur Louis Bouquet bei der Akademie als 
Mathematikus angestellt. Am 4. März erging der Befehl, die für beide 
erforderlichen Bäume in der Kaserne anzuweisen. 



222 Geschichte des Militär-Erziehungs- und Bildungswesens in Sachsen 



1743—1756 

Aber wieder verging Zeit; zuerst waren die B&ume nicht ?erfägbar, 
dann fehlte es an Holz, um sie zu heizen; der erhobenen Schwierigkeiten 
waren viele und der gute Wille sie zu beseitigen war gering. In- 
zwischen ward aber die in Aussicht genommenen Zimmer anderweit 
verfugt und die beiden ernannten Lehrer, welche äbrigens Bodt nach- 
mals als «unfähige Subjekte* bezeichnet, kamen gar nicht in die Lage, 
eine Thätigkeit an der Anstalt auszuüben. Lippert wurde zum Hof- 
zeichenmeister bei den Pagen ernannt, Bouquet wird nicht weiter er- 
wähnt. An ihrer Stelle wurden am 28. August 1743 Christian 
Polykarp Leyser als Ingenieur-Qeometer und Johann Karl Schatz als 
Ingenieur -Zeichenmeister .zur Unterweisung derer Unteroffiziers* an- 
gestellt, sie hatten sich in Lipperts Traktament, welches dieser fonf 
Jahre lang ohne Gegenleistung bezogen hatte, zu teilen, erhielten das- 
selbe aber ohn6 den jenem gemachten Abzug von monatlich 2 Thaler 
2 Groschen, und bald nachher wurden ihnen in der Neustädter In- 
fieuiterie-Easeme, welche fSr so viele ihrer eigentlichen Bestimmung fem 
liegende Zwecke den Baum hergeben mufste und wo, nachdem dazu 
kurze Zeit gemietete Zimmer benutzt worden waren, der Unterricht 
stattfand, bescheidene Wohnungen angewiesen. Wann sie ihre Lehr- 
thätigkeit begonnen haben, ist nicht genau festzustellen; im Dezember 
1743 war es noch nicht geschehen; im Sommer 1744 heifst es, .die 
Unteroffiziere seien jetzt kommandirt', dabei ist aber von ihrer Wieder- 
kunft die Bede, sie müssen also schon im Winter 1743/44 versanmielt 
gewesen sein. Die im Drucke erschienenen Stanunlisten der Armee 
nennen 1742 als das Jahr der Errichtung. 

Bodt entwarf unter dem 4. September 1743 eine Dienstan- 
weisung, welcher zufolge Leysers Unterricht sich erstrecken sollte auf. 

die zur Geometrie und anderen hieraus folgenden Wissenschaften 
sich ergebenden Bechnungen einschl. Ausziehens der Quadrat- und der 
Kubikwurzeln; die Geometrie nach ihren Teilen, welche sind: die 
Handgriffe mit dem Zirkel, wonach die Anweisung der Anfimgsfiguren, 
als Triangel, Quadrate, Mafsstäbe, Gradbogen und dergleichen verstanden 
wird; Planimetrie; Geodäsie; Trigonometrie vermöge derer Tabularum 
Sinum, Tangentium und Secantium, wie auch derer Logarithmorum, 
und Stereometrie nach den Euclidischen Principüs; alles vorstehende 
war demonstrativ zu lehren. Dasjenige, was an der Tafel und auf 
dem Papiere traktieret worden, auch auf dem Felde als eine geometri- 



6. Die Ingenieur Akademie 223 

sehe AusfibuDg durch Abstecken mit Stäben; Messen mit Stäben und 
Kette; Messen mit dem sogenannten astrolabis; Messen mit der Men- 
sula proecoriana und anderen Instrumenten; Situationen mit Schritten 
und hierzu gehörigen Vorteilen geschwinde aufzunehmen; Gebrauch der 
Horizontal wagen; Aufreifsung und Gebrauch derer Schaarwage. 

Die Fortifikation , sowohl regulär als irregulär, zu traciren, der- 
gestalt, dafs der Ursprung davon, deren Verbesserung und Wachstum, 
sowohl nach den alten als nach den neuen Autoren, mit der Anzeige, 
welche Manier vor anderen etwa Nutzen oder Schaden in sich habe; 
mit Vorstellung unterschiedener Situation als in der Ebene, auf Bergen 
oder in Wässern und morastigen Gegenden; die Anweisung unter- 
schiedener Profile ; Anlegung derer Gewölbe, welche teils zur Defension, 
teils zu anderem Nutzen zu gebrauchen; wie ein Ingenieur an einer 
schon erbauten Festung die vornehmsten Mängel erkennen und denselben, 
ohne den Ort ganz einzureilsen und neu aufzubauen, abhelfen kann; 
das Modellieren mit Mappe; die Anwendung der Stereometrie in Aus- 
rechnung der Erde und des Mauerwerkes; Anweisung zum sauberen 
Auszeichnen eines Fortifikationsplanes. 

Au&chlagung der Lager fflr Artillerie, eines Begiments Kavallerie 
oder Dragoner, eines Regiments Infanterie, ganzer Lager, «wie viele 
dergleichen Regimenter zusammen campiren' und hierbei die Cirkum- 
vallations- und Kontravallations- Linie; die Konstruktion aller bisher 
bekannten Bedeuten und Schanzen, die Attacken mit Approchen; An- 
legung der Minen und Kontreminen; wie ein Ingenieur, wenn er vor 
einem Orte, der attackirt werden sollte, sich befindet, sowohl die Fehler 
der Festung wie deren äußerliche Situation sich zu Nutzen machen 
kann, auch wegen der Attacke den schwächsten Ort der Festung zu 
erwählen habe und dadurch viele Bequisita, Zeit und Volk ersparet werde. 

Geographie und Fertigung derer Landkarten. 

Architectura civilis, hauptsächlich: In Aufreifsung der bekannten 
Ordnungen; Konstruktion der Zeug-, Proviant-, Wacht- und Privat- 
häoser, Magazine, Kasernen, festen Brücken aus Stein und Holz, Auf- 
zug-, Ponton-, Schiff-, Flofs- und Fafsbrücken, nebst Anleitung zu 
Fertigung der Anschläge an Materialien, Arbeitsleuten, Zeit und Geld. 

Herstellung von Standrissen und Perspektiven von Fortifikations- 
ond Zivilgebäuden nach gegebenem Grundrifs und Durchschnitt. 

Mechanik mit Erklärung; Konstruktion und Kraft eines jeden 
Werkzeuges, insonderheit der Handmuhlen und Hebezenge nebst der 
Hydraulik, sowie der Maschinen zum Auspumpen des Wassers. 



224 Gescliichle ilee Militui-ErdehungB and BildangBweaei 

Die Vortiilge fandeo an jedem der ersten fünf 1 
bis 11 Uhr morgens statt; die Scbnler moisteii abj 
U'/t tJbr im Hdrsaale sich aufhalten, um unter An&icbt| 
.eich zu exerciren*; nur aus Anlals der hohen Kirchei 
Jahrmärkte in Neustadt - Dresden wurde die Informaüol 
auBgeaetzt. RegelmäTsig hatte Lejser dem Chef des Ingei 
den Brfolg des Unterrichtes Berichte zu erstatten; mS 
sönticbkeiten an letzterem teilnehmen zu lassen, war d(| 
drücklich untersagt. 

Der Zeicbenmeister Schatz hatte die Unteroffizlfll 
mit der Feder, nie mit dem Pinsel zu unterrichten; i 
sonohl die Eintbeilung als Stellung der menschlichen I 
und, wenn sie darinnen einen ziemlichen Begriff haben,! 
Ausarbeitung und Schattirnng erlernen', hatte ,unte( 
von Situation, als Felder, Wälder, Berge, Flösse, md 
haud Arten Räume, sowohl ins grofae als kleine, voixd 
ganze Landschaften, Laubwerk und andere Zierraten 
und dann aus denenselben Cartouchen zu componiren* 
d.iB Zeichnen nach dem Runden vorzunehmen, ,wornabj 
und andere Figuren verstanden werden*. Auf Qrondl 
worboner Fertigkeit wurden .Prospekte nach der Nil 
.weswegen danu und wann aus der Stadt gegangen i 
neu hinzutretende Unteroffizier mufste tou unten i 
riebt fand ganz wie für Leyser vorgeschrieben, aber | 
nachmittags, statt; die Schüler blieben bis 6 
arbeiteten im Wiutor bei Licht; auch Schatt hatte r| 
richten. 

Aus den Rechnungen' ist ersichtlich, daTs diel 
3. Januar 1745 erfolgten Tode, nuler der Leitung dcBl 
hoff gestellt« Akademie bis luiu Jahre 1756 einenül 
Fortgang hatte; als nach der Schlacht von EesselsdoFf(ll 
die BAume einige Monate lang andere Verwendung 
Unt«rkommoii lUr die Akademie gemietet; im Schumi 
sie durch Zatiebung von Ofliiier«! (Ingenieor-Lieutel 
hebt« erweitart; u ihr«r Spitze stand der I&g.-H| 
JcM Bacbaasg«! uigw, <U& bü der crstot Karii 



• ATth. d. Kr..Jl: Re^ l 



6. Die Ingenieur-Akademie 225 

des Unterrichtes des sehr bald als LientenaDt bezeichneten Leyser ein 
Astrolabium, eine Mefskette, Marsstäbe, Papier, Tasche pp. fnr 85, und 
fnr den Zeichenunterricht Oipsfiguren, Köpfe, Füfse und Hände, «ein 
Gliedermann von Holz um alle Actions zu stellen*, das «Werk yon* 
de la Faye*, Vorlagen zu Landschaften pp. fQr 64 Thaler angeschafft 
wurden. Für Unterrichtsmittel wurden aofserdem anfangs jährlich etwa 
20 Thaler verausgabt; als 1752 der Grund zu einer Bibliothek gelegt 
ward, verdoppelte sich diese Summe. Im Februar 1756 wurden für 
das Lehrjahr 1755/56 300 Thaler ausgeworfen, womit zugleich der 
Aufwärter (72 Thaler) un<^ das Holz bezahlt wurden. Der Beginn des 
Siebenjährigen Krieges machte der Thätigkeit der Akademie vorläufig 
ein Ende. 

1763—1816 

Nach Beendigung des Krieges wurde durch den Oberbefehlshaber 
des Heeres, den Chevalier de Saxe, alsbald auch die Ingenieur- 
Akademie hergestellt. Sie erhielt im Jahre 1767/68 Bäume in der 
Neustädter Artillerie-Kaserne angewiesen; vorher war sie in dem Corps 
de Garde, auch Blockhaus genannt, dem jetzigen Kriegsministerium an 
der Augustusbrucke, untergebracht geweißen. Die Nachrichten über ihre 
demnächstige Wirksamkeit sind aus den bei der Artillerie-Schale ent- 
wickelten Gründen sehr spärlich. Was mitgeteilt werden kann, ist 
wenig mehr, als dafs die Anstalt bestanden hat. Bachenschwanz Ver- 
zeichnet sie in seiner «Geschichte und gegenwärtiger Zustand der kur- 
sächsischen Armee*, einem in gewissen Zwischenräumen erscheinendea 
Buche (Ausgabe vom Oktober 1788), unter „Ingenieurkorps^ mit einem 
Stande von einem Major als Direkteur, einem Mathematikus und zwei 
Sonslieutenants als Architekten und Dessinateur; Hasche (a. a. 0., 411) 
berichtet, dafs die komjqandierten zwölf Unteroffiziere im Erdgeschosse 
der Neustädter Kaserne wohnten und in einem eigenen Auditorio durch 
drei Maitres einen sehr gründlichen Unterricht aller theoretischen und 
praktischen Mathematik, in Militärbaukunst pp. empfingen, dafs der Di- 
recteur 600, der Mathematikus, der Architekt und der Designateur je 360, 
der Aufwärter 96 Thaler bezogen und dafs die Akademie eine eigene 
Bibliothek besitze; das nämliche Personal weisen die gedruckt vor- 
liegenden Stamm- und Ranglisten nach; den Unterricht erteilten meist 
Offiziere, doch kommen auch bürgerliche Lehrer vor; an der Spitze der 
Akademie standen nach Maj. Forchheim, dessen Ernennung die ge- 
druckten Stammlisten schon von 1760 datieren, seit 1790 Maj. 

GMohlobte dtt MIltCIr-Enlehoiift- and BUdn uf iwit e ni In SadiMn 15 



226 Gescbicbte des MiliUkr Ersiehungs- und BildungsweseDs in l^achsen 

Schiffer» 1792 Hptm. Baekstrob^ 1796 Maj. Johann August 
Leooq, 1809 M^j. ?. GSphardt, 1810 Ob.-Lt. Fleischer. 

Von der am 1. Mai 1810 ins Leben getretenen Neugestaltung 
des Heerwesens scheint die Akademie nicht berfibrt worden zu sein, 
wenigstens weisen die Nachrichten Aber die vorhandenen Lehrerstellen 
keine Yer&n^erung nach^ unter der Oberschrift .Ingenieur- Akademie' 
werden bis zum Jahre 1816 je ein Direktor, Mathematiker, Deesinateur, 
Architdct und Aufwärter genannt Was alsdann aus der Anstalt wurde, 
ist oben berichtet. 



7. Die Unterofflzier-Schnle nnd die Unterofflzier-Yorscbnle 



Zu den bewährten preufsischen Einrichtungen, welche Sachsen sich 
aneignete, als es unter der Leitung des hochyerdienten Kriegsministers, 
Gen. Y. Fabrice, nach erfolgtem Eintritte in den Norddeutschen Bund 
sein Heerwesen nach jenem Muster gestaltete, gehfirten die Unteroffizier- 
Schulen. 

Von den Bestimmungen, welche bis dahin für die Heranbildung 
▼on Unteroffizieren mafsgebend gewesen waren, ist auf S. 102 die Bede 
gewesen. Die Errichtung einer derartigen Anstalt geschah jedoch nicht 
sofiNrt durch Herstellung einer gesonderten Anstalt, sondern durch An- 
gliederung an eine schon bestehende, das Soldaten-Knaben-Erziehungs- 
Institnt zu Klein-Struppen bei Pirna, welches, um einen Ersatz für die 
1815 an Preufsen öbergegangene gleichnamige Annaburger Anstalt zu 
schaffen, 1822 auf einem zu diesem Zwecke angekauften Landgute er- 
richtet wurde, aber nur wohlthätigen Zwecken diente und keine Vor- 
bildung fttr den Beruf des Soldaten gewährte. ^Ostern 1868 ward hier 
unter Leitung eines dazu abkommandierten Offiziers, des Pr.-Lt. Fa- 
cilidos Yom 5. Infanterie -Regiment No. 104, eine zunächst als »Se- 
lekta', aber schon 1869 als .ünteroffizierschnle' bezeichnete Abteilung 

1 Die österreichische Militärische Zeitschrift, 8. Band, Wien 1811, 
schreibt bei einer Sohilderung der Sächsischen Armee, dafs in der Ingenieur- 
Akademie eine unbestimmte Anzahl von Zöglingen für das Ing;enieurkorps 
durch Of&ziere des Generalstabes und der Waffe ausgebildet werde. 

' Die Darstellung beruht auf einer durch das königliche Kommando 
gfltigst zur Verfügung gestellten Niederschrift des Herrn Direktor Holzhaus 
so Marienberg« 



7. Die UnterofHzier-Schule und die UntflrofÖKi er Vorschule 227 

Leben gerofen, welcher «neben der Fortbildung in den allgemeinen 
I als besondere Aufgabe der Unterricht in speziell nailitäri- 

1 FAehero, nnd zwar sowohl in tbeoretiscber als in praktischer Be- 

tnug, znfiel*. Sie sollt« ihre Zöglinge in einem Zeiträume von drei 

1 la Unteroffizieren heranbilden. Wer eintreten wollte, mufsta 

tena 14 Jahre alt und honfirmiert sein, durfte aber das 17. Jahr 

. fiberschritten haben; in wissenschaftlicher Bedehung mufste er 

ijenigeQ Anforderungen genügen, welche bei der Entlassung aus der 

ilbschule gemacht werden durften. 

Am 20. April 1868 wurde die Selekta mit 57 Scfaütarn, van 
Ben 26 aus der unteren Abteilung und 31 von anawäits kamen, er- 
M; de zerfiel in znei Korporalschaflen unter Je einem UnterofQzier 
r Infenterie, jede Korporalschaft gliederte sich in zwei Abteilungen 
ter Zöglingen als Abteilungs&ltesten. Das Ziel der militärischen 
Bbildnng war mit einigen Abweichungen das, welches der Rekruteu- 
ibildung im Heere bis zur Einstellung in die Kompagnie gesteckt ist; 
r mr Erreichung desselben bestimmte Unterricht erstreckte sich auf 
«rziereu, Felddienst, Dienstkenntuis, Turnen und Schwimmen, welches 
ttere in der Elbbadeanatalt der Besatzung der Festung Königatein 
lernt und geübt wurde. Im ganzen fanden wöchentlich 35 stunden 
' den einer jeden Korporalschaft gesondert zu erteilenden Unterricht 
Gebote. Lehrer waren, aufser den für die unteren Klassen an- 
iteUten, welche in den Elementarwissenscbaften unterrichteten, der 
Ammandant für MititArstil und Geschichte, ein kommandierter Uuter- 
für Planzeichnen und Geometrie und die KorporalschaftaMhrer. 
It der unteren Abteilung kamen die Selektaner, welche abgesondert 
«alten Hauae*, einem schlofaftbulichen QebÜude, wohnten, uur bei 

1 Andachten und den Mahlzeiten zusammen; die Oivillehrer und der 
Inspektor, welche den Wochendienst in der Anstalt ausübten, 

I auch über die Selektaner die Aufsicht, 
Bei Beginn des Winterhalbjahres 1869 war die Zahl der letzteren 
69 angewachsen, von denen im Herbat 1870 elf nach dem Kriega- 
Boplatze entsendet wurden, bei Anfang des Sommerhalbjahres 1871 
: sie 70, dann stieg sie auf 90, welche in drei lnspektionen ge- 
fiedert wurden; die Neueingetretenen bildeten die 3., in zwei Korporal- 
iften unter Unteroffizieren geteilte Inspektion, die 2. und 1. zer- 
tlen in je drei Korporalschaften, an deren Spitze Gefreite standen; 
P Unteroffiziere waren nus der Armee kommandiert, als Gefreite 
^rden die meistgeeigneten Zöglinge verwendet. Kurz vorher war 

L La . 



228 Geachichte des Militär-Eniehungs- und Bildungswesens in Sachsen 



Hptm. Facilides, der verdiente Organisator der Anstalt, einem lang- 
wierigen Leiden erlegen. Die letztere aber wuchs immer mehr, so 
dafs der in Klein -Struppen verfügbare Baum für die vorhandenen 
120 Sohfller nicht mehr ausreichte und die Schule am 30. Sep- 
tember 1873 nach Marienberg im Erzgebirge übersiedelte, wo sie 
ihre Thätigkeit am 15. Oktober von neuem begann. Ffir die Unter- 
bringung standen zunächst nur unzulängliche fiäume, eine alte Kaserne 
und ein zum Wohnen eingerichtetes Magazin, zur Verfttgung. Es 
mufsten Massenquartiere zu Hilfe genommen werden, um so mehr als 
eine Verordnung des Kr.-M. schon am 7. August vorgeschrieben hatte, 
dafs nach der Verlegung zwei Kompagnieen aufgestellt und eine jede 
derselben auf 150 Kopfe gebracht werden sollte, ümfiiäsende Bauten 
halfen dem Mangel allmählich ab. Schon im Herbst 1874 konnte 
eine neue Kaserne A bezogen werden, 1878 wurde durch den Bau 
eines Schulgebäudes dem Übelstande abgeholfen, dafs der Unterricht in 
Mannschaftsstuben erteilt werden mufste, 1881 wurden eine dritte 
Kaserne (0) und eine geräumige Exerzierhalle, 1893 ein neues 
Lazareth und, wie hier vorgreifend angeführt werden mag, 1895 eine 
Kaserne (B) an Stelle der alten, welche wie das Schulgebäude ab- 
gebrochen ward, und ein Beamtenhaus fertiggestellt. Die Schiefs- 
fibungen, welche zuerst auf einem von der Stadt gepachteten Scfaiefs- 
stande im Bosenholze vorgenommen waren, fanden später im Baitzen- 
hainer Walde bei Gelobtland statt. 

jKüt der Schule waren zwei Zivillehrer von Klein - Struppen nach 
Marienberg übergesiedelt, dazu kam ein bis dahin am K.-K. zu Dresden 
thätig gewesener Professor. Eine jede der beiden Kompagnieen bildete 
drei Schulklassen. Zu den bisher gelehrten Unterrichtsgegenständen 
traten Militärdiktat, Listenfohrung, Terrainlehre und f3r den älteste 
Lehrgang Kriegsgeschichte, deren Vortrag Offiziere übernahmen. Der 
Lehrplan ward so geordnet, dafs die eine Kompagnie vormittags, die 
andere nachmittags Unterricht und die nicht in der Schule befindliche 
praktischen Dienst hatte. Im Winter ertönte um 6, im Sommer um 
5 Uhr der Weckruf, die Betraite allgemein um 9 Uhr. Die Tages- 
arbeit begann mit einer dem Frühstücke folgenden Arbeits- oder einer 
Nachhilfestunde; während dieser Zeit erhielten einige Jahre hindurch 
die besten Schüler der obersten Klassen („Selektaner') einen Sonder- 
unterricht in Militärstil, Militärdiktat, deutscher Sprache, Bechnen, 
Geometrie, Lesen und sächsischer Geschichte. Alsdann dauerte der 



7. Die UnteroMzier-Schule und die Unteroffizier- Vorschule 229 

Yormittagsdienst im Sommer von 6 bis 9 oder 10, eine Zeit lang 
auch noch von 10 bis 12, im Winter von Vl% bis 12 Uhr mit einer 
Unterbrechung von 30 bezw. 20 Minuten. Um 2 Uhr mittags begann 
die Arbeit von neuem und dauerte bis 4, von 5 bis 6 bezw. 67« Uhr 
ward Nachhilfeunterricht erteilt oder es wurden anderweite dienstlicbe 
Beschäftigungen vorgenommen, ebenso unter Umständen nach dem um 
7 bezw. Vl% Uhr stattfindenden Abendessen. Die Freitag- und Sonn- 
abend-Nachmittage wurden zum Strafexerzieren, Baden, Turnen, Singen, 
zur Nachhilfe pp. verwendet. Im Winter stand das Erreichen der 
wissenschaftlichen, im Sommer das der militärischen Ziele im Vorder- 
grunde, in letzterer Jahreszeit wurden auch einige der besseren Schüler 
der obersten Klasse durch den zur Anstalt gehörigen Stabsarzt über 
Gesundheitsdienst unterrichtet. Für den Unterricht in den militärischen 
Fächern wurde der ganze Jahrgang vereinigt; der übrige ward den 
einzelnen Klassen getrennt erteilt. 

Am 11. Mai 1891 befahl König Albert, dafs die Unteroffizier- 
Schule einem Brigadekommandeur der Infanterie als Inspekteur und 
dieser als solcher unmittelbar dem Kr.-M. unterstellt werden solle; es 
war bis zum Jahre 1894 der QM. v. Issendorff, alsdann S. K. H. 
QM. Prinz Friedrich August von Sachsen. 



1801—1805 

Eine wesentliche Erweiterung erfuhr die Anstalt, als durch eine 
kriegsministerielle Verfügung vom 5. September 1891 die Errichtung 
einer am 1. Oktober aufzustellenden 3. Kompagnie angeordnet und zu- 
gleich befohlen wurde, dafs eine jede derselben einen Jahrgang auf- 
nehmen solle und dafs die beiden jüngeren die Vorschule, die ältere 
die eigentliche Unteroffizier - Schule zu bilden hätten; die Schüler der 
letzteren sollten in Zukunft als Soldaten gelten und an den herbstlichen 
Truppenübungen teilnehmen, eine Scheidung, welche zu einer schärferen 
und auch äufserlich mehr wahrnehmbaren sich gestaltete, als am 
1. April 1893 eine 4. Kompagnie hinzutrat und der gesamte Dienst- 
betrieb der beiden, die obere Hälfte bildenden Kompagnieen von dem 
für die untere vorgeschriebenen getrennt wurde, nur der Kommandeur 
blieb gemeinsam. In der Kleidung unterscheiden sich die Vorschäler 
von den UnterofGzierschülern, welche die Uniform der Infanterie tragen, 
dadurch, dafs ihre Aufschläge nicht rot, sondern, wie das Grundtuch| 
dunkelblau sind. 



Geschichte <\ee Milit&r.Eniehunga- und BildunjreweBeDS in Sacht 



Die damals geachaffenen EünricbttiDgeii und die nocfa ] 
besteheoden: 

Die ünterofSzieraohfller geboren zu den Personen des Sol 
Blandes, sie schnöreo den Fahneneid und die Zeit ihres Äufentbal 
der Anstalt gilt ais im stehenden Heere zugebracht. Der 1 
erfolgt in der Regel aus der Vorschule, doch dürfen auch ander« 
willige nach vollendetem 17, bis znm zurückgelegteu 20. Lebea 
aufgenommen werden, wenn sie den an die körperliche Brauebb 
von Freiwilligen überhaupt zn stellenden Bedingungen genügen tu 
erforderlichen Schulkenntnisse besitzen. 

Bewerber um die Aufnahme in die Vorschule müesen miu^ 
l4Vi, dürfen nicht über 16 Jahre alt sein und müssen bestimn 
ihre Körperbeachaffenbeit gemachte Ausprüche erfüllen. 

Der insgesamt auf vier Jahre berechnete Aufenthalt in MarieA 
soll zu einer gründlichen militärischen Ansbildung, zur Vorbe 
anf die Ansfullung der bevorzugten Stellungen als Unteroffizier i 
demnächstige Versorgung im bürgerlichen Berufe dienen. Dir 
Schriften über Unterhalt und Qebübrnisse, sowie über die Verp&io 
zu demnüchstigem Dienen im Heere sind ganz die in Prenfsen gdü 
der Austritt erfolgt in der Regel zu den Fufstruppen. Die beste! 
linge werden zu überzähligen Unteroffizieren oder zu Gefreiten, vi 
Vorschülern werden bei einer jeden Kompanie zehn zu Stuben 
zehn zn Stubenzweiten ernannt. Diese wurden zunächst durch ' 
Litzen nm Kragen, seit 189.3 aber werden sie durch gMdene 1 
bezff. eine grünweifse Scbnnr in der Längsrichtung der AchaelU 
aasgezeichnet. 

1896 

Als ein drittes Glied ist im Jahre 1896 zn den in Marienlierg 
vorhandenen Anstalten eine bei der Soldatenknaben -Erziebonga- 
Austalt zu Klein-Struppen getroffene Einrichtung getreten, deies 
Zweck die Vorbereitung von Bewerbern um den Eintritt in die Doter- 
offizier -Vorschule durch den Besuch einer dort ins Leben gemfou 
Klasse V (Fünf) ist. Der Eintritt in Klasse V erfolgt nach stattgrt 
Konfirmation mit den Kenntnissen des Volksschülers; die I 
achulmäfsig , auf die militärische Seite derselben wird nur i^ 
Gewicht gelegt, als die Bestimmung der Anstalt es erfordert; t 
des Unterrichtes ist nach Ablauf eines Jahres der Ünteroffizli 
schule einen müglicbst gleichmüfaig vorbereiteten Ersatz za Kfll 



7. Die Ünteroffiner-Schiile und die Unteroffixier-Vorschule 



231 



der Vorschule st^ht die wissenschaftliche, in der Unteroffizier -Schule 
die militärische Ausbildung in vorderster Linie, hier werden im ersten 
Jahre besonders die Einzeldressur und die Zngschule betrieben, während 
im zweiten das Exerzieren der Kompagnie, das Gefecht und der Dienst 
des Unteroffiziers die Hauptsache sind. Am Schlüsse des Schuljahres 
werden die Schüler aller Klassen schriftlich und mündlich geprüft;, die 
ans der obersten Klasse zu entlassenden vor einer aus dem Inspekteur, 
dem Kommandeur und zwei Beauflaragten des Kr.-M. bestehenden Kom- 
mission, die y. in Qegenwart eines Yom Kr.-M. bestellten Vertreters. 
Die Kommission erteilt den in die Armee Tretenden Zeugnisse, in denen 
Reifs, Leistungen und sittliches Betragen durch die Ziffern 1 bis 5 
beurteilt werden. 

Die Anstalt zu Struppen leitet ein seminaristisch gebildeter Di- 
'rektor, welchem 3 bürgerliche Lehrer, 1 Hansinspektor, 2 Aufseher und 
ein Verwaltungspersonal beigegeben sind; in Harienberg ist der Etat 
1 Kommandeur, 2 Hanptleute, 2 Premier-, 13 Sekondelieutenants, 
1 Stabs-, 1 Assistenzarzt, 6 bürgerliche Lehrer, 4 Feldwebel, 2 Vize- 
Mdwebel, 45 Sergeanten, 1 Bataillonstambonr, 16 Spielleute, 30 Oe- 
fireite, 220 Oemeine, 260 ZSglinge (Vorschüler), 4 Lazaretgehilfen, 
14 Ökonomiehandwerker und ein Verwaltungspersonal, im ganzen 
620 Personen. 

Der zunächst als Entwurf eingeführte Lehrplan vom 30. Januar 
1896, welcher sich an den der lateinlosen Bealschule anschliefst, also 
höhere Ziele verfolgt als der für die gleichnamigen preufsischen An- 
stalten geltende, ist für die drei Stufen einheitlich geregelt. Er 
umfafst: 







Wöchentliche Unterrichtsstnnden : 




V 


IV 


m 


n 


I 


Lehrfach 


Anstalt 

zu 
Klein- 


Unteroffizier- 
Vorschule 


Unteroffizier- 
Schule 




1. 2. 1 1. 2. 






struppen 


Jahr 

1 


gang 

Sommer Winter Sommer | Winter 


Beligion 


2 


2 


2 




1 


— 


1 


Dentsoh n.Militftr-Biiefstil 


6 


5 


5 


2 


3 


2 


3 




Französisch 


3 


3 


3 


2 


2 


2 


2 




Greographie 


2 


3 


2 


1 


2 


1 


2 




Greschichte 


2 


2 


3 


1 


2 


1 


2 




Naturkunde 


2 


3 


3 


1 


1 


1 


1 


2 


Rechnen und Mathematik 


6 


6 


6 


2 


3 


2 


3 



232 Oeschichte des MiHtAr-Erziehongs- und BildnngHwesens in Sachsen 





Wöchentliche Unterrichtsstunden : 




V 


rv^ 


ni 


II 


I 




Anstalt 


Unteroffizier- 


Unteroffizier- 


Lehrfach 


zu 
Klein- 


Vorschule 


Schule 




1. 2. 


1 1. 2. " 




struppen 


Jahrgang 

1 Sommer | Winter | Sommer j Winter 


Freihand- u. Planzeichnen 


t 


2 


2 


2 


2 


2 


2 


Militär- Verwaltungsdienst 


— 


— 


— 


— 


1 




1 


Stenographie 


— 




— 


1 


1 


1 


1 


Schreiben 


e 


2 


2 


Nachhilfe 


Im ganzen wissenschaft- 










licher Unterricht , . 


27 


28 


28 


12 18 12 18 


Dienstunterricht . . . 


2 


2 


2 


Militärischer Dienstzweig* 


Femer: 










Turnen 

Gesang 

Handfertigkeit .... 


3 

2 
2 


3 

2 
2 


3 
2 
2 


Praktischer Dienst 
Nach verfügbarer Zeit 



* Unter „militärischer Dienstzweig*' ist zu verstehen: Dienstunterricht, 
Unterweisung im Putzen und Flicken, Singen. 



r 
I 



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