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I *
Novilt
IVO
GESCHICHTE
DES
SPANISCHEN NATIONALDRAMAS.
GESCHICHTE
ADOLF SCHiEFFER.
ZWEITER BAND.
DIE PERIODE CALDERON'S.
LEIPZIG:
r. A. BKOCKHACS.
. •
Inhalt des zweiten Bandes.
Seite
PEDRO CALÜERON DE LA BARCA 1
Biographisches 1
Besprechungen seiner Dramen 2
Tragödien 2
Dramen religiösen Inhalts 12
Geschichtliche Dramen 25
Mythologische Dramen 29
Novelleske Dramen 32
Dramen allgemeinerer Art 34
Bemerkungen üher Calderon's Katalog seiner Dramen, sein Ver-
hältniss zu Vera Tassis und Anderes 55
Autos 61
Allgemeines 61
Art der Aufführung derselben 63
Besprechungen mehrerer Autos. . 63
Rundschau über Calderon's Schöpfungen und Besprechung sei-
ner Compositions- und Schreibweise 68
König Philipp IV 79
Antonio Coello 83
Alvaro Cubillo de Aragon 90
Antonio Enriquez Gromez 105
Francisco de Rojas Zorrilla 110
Antonio Martinez de Meneses 134
Cristöbal de Monroy y Silva 138
Antonio de Solls y Rivadeneira 146
Juan Velez de Guevara 152
Agustin Moreto y Cavana 155
Juan de Matos Fragoso 187
Gerönimo Cancer y Velasco . 196
Yi Inhalt des zweiten Bandes.
Seite
(rerönimo de Cuellar 197
Die Brüder Figaeroa y Cördoba 201
Manuel de Leon Marchante 206
Diego Calleja 207
Valentin de C6spedes ! . . 208
Francisco de Leyva Eamirez de Arellano 209
Carlos de Arellano 213
Pedro Bosete Nino 215
Miguel de Barrios 217
Juan Bautista Diamante 218
Francisco de Villegas 225
Juan de Zabaleta 228
Fernando de Zärate y Castronovo 230
Agustin de Salazar y Torres 237
Juan Claudio de la Hoz y Mota 240
Melchor Femandez de Leon 244
Francisco Antonio de Bances Cändamo 246
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode in alpha-
betischer Ordnung 252
Anonyme Comödien dieser Periode 276
El falso Nuncio de Portugal 277
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter 281
DIE EPIGONEN 290
Antonio de Zamora 290
Jose de Canizares 295
Andere Dichter der Epigonenzeit 302
Schlusswort 312
Zusätze und Berichtigungen 314
DRAMEN-REGISTER 325
PEDßO CALDEKON DE LA BARCA.
Nachdem wir die charakteristischen Gründzüge der Pe-
riode, welcher dieser grosse Mann mit Recht seinen Namen
leihen kann, in der Einleitung zum ersten Bande geschildert
haben, können wir sogleich zu dessen Besprechung selbst
übergehen.
Don Pedro Calderon wurde am 17. Januar 1600 zu Madrid
geboren und am 14. Februar in der Pfarrkirche des heiligen
Martin getauft. Seine Aeltem, Don Diego Calderon de la Barca
Barreda und Dona Ana Gonzalez de Henao y Eiano, waren
von vornehmer Herkunft. Der Vater verdankte seinen Vor-
fahren unter anderm auch das Privilegium eines Hidalgo aus
dem Thale von Carriedo, sodass sich merkwürdigerweise die
zwei grössten Dramatiker Spaniens, Lope de Vega und Cal-
deron, als Kinder dieses classischen Bodens, der Wiege spa-
nischer Freiheit, betrachten durften. Don Diego starb früh,
und die Mutter bestimmte den jungen Pedro für die geist-
liche Laufbahn. Im Jesuitenstift studirte er die Sprachwissen-
schaften, erhielt die ersten geistlichen Weihen und setzte
dann seine Studien in Salamanca fort, wo er sich der Philo-
sophie, Mathematik und Rechtslehre befleissigte. Im Jahre
1620 wurde ihm der Grad eines Baccalaureus verliehen.
Bald darauf nahm er Dienste bei einem hochgestellten Edel-
manne, wahrscheinlich bei dem Herzog von Alba. Im Jahre
1625 betrat er die militärische Laufbahn und diente erst in
Italien, dann in den Niederlanden, bis ihn Philipp IV. an den
SCHiEFFBB. II. 1
2 Pedro Calderon de la Barca.
Hof berief, um ihm die Abfassung von Festcomödien zu über-
tragen. Calderon, der schon mit 13 Jahren ein Drama „El
CABRO DEL ciELo" geschrieben hatte, dessen Vortreflflichkeit
Vera Tassis behauptet, zeigte auch jetzt seinen Beruf zur
dramatischen Poesie in so hervorragender Weise, dass ihm
der König 1636 das Santiago -Ordenskleid als Anerkennung
seiner Verdienste auf diesem Gebiete verlieh. Als vier Jahre
später bei der catalonischen Rebellion die Ritterorden ins
Feld gerufen wurden, beabsichtigte Philipp IV., seinen Hof-
dichter von dieser Verpflichtung zu entbinden, indem er ihm
die Composition der Comödie „Ceetamen de amor y celos"
befahl. . Der gewissenhafte und tapfere Calderon aber fand
einen Ausweg, indem er das ihm in Auftrag gegebene Fest-
spiel in kürzester Frist verfasste und dann bis zum Schlüsse
des Feldzugs als Kürassierhauptmann unter dem Herzog von
Olivares diente. Sein Hang zu religiöser Schwärmerei führte
ihn jedoch, trotzdem er von allen Seiten verehrt und bewundert
wurde, im Jahre 1651 zu dem Entschlüsse, sich zum Priester
weihen zu lassen. Als solcher ward er 1653 zum Kaplan der
Kapelle „de los Reyes nuevos" zu Toledo, sowie später (1663)
zum Ehrenkaplan des Königs ernannt. In letzterer Eigenschaft
verlegte er auf Wunsch Philipp's IV. seinen Wohnsitz wieder
von Toledo nach Madrid und trat in die Congregation des
heiligen Petrus ein, als deren Hauptkaplan er fungirte. Dort
theilte er seine Zeit zwischen Werken der Barmherzigkeit
und den Musen, von aller Welt geliebt und verehrt, bis er
am 25. Mai 1681 im reifen Alter von 81 Jahren unter allge-
meiner Theilnahme in Madrid aus dem Leben schied.
Die dramatischen W^erke, welche uns Calderon hinter-
lassen hat, können, den Stoffen nach, in folgende Klassen ge-
theilt werden : Tragödien, Dramen religiöser Art, Dramen aus
der Geschichte, mythologische Festspiele, Dramen mit novel-
lesken und romanhaften Stoffen, und Comödien allgemeinern
Inhalts, hauptsächlich Intriguenstücke. Von den Autos wer-
den wir am Schlüsse besonders zu reden haben. Die Zahl
der von ihm allein verfassten Dramen betrug nach Vera
Tassis über 120, diejenige der Autos etwa 100.
Beginnen wir unsere Besprechungen mit „El medico de
SU honra".
Dieses berühmte Trauerspiel Calderon's ist eine einfache
Pedro Calderon de la Barca. 3
Wiederbearbeitung (Refundicion) des Lope de Vega'schen
Stücks gleichen Titels ; es ist constructiv eine nahezu skla-
vische Nachbildung seines Musters und nur sprachlich „in
«ine andere Form gegossen" (refundido). Die Inhaltsangabe
des einen ist deshalb beinahe gleichbedeutend mit der des
andern, und da das Lope'sche Stück äusserst selten ist, wäh-
rend sich das Calderon'sche in jedermanns Händen befindet,
«0 wird uns der Leser Dank wissen, wenn wir den Scenen-
gang des erstem kurz skizziren und alsdann die unbedeu-
tenden Abweichungen des letztern angeben, soweit sie über-
haupt der Erwähnung werth sind. Wir schicken voraus, dass
Calderon's Mencla, Gutierre, Leonor und Arias bei Lope die
Namen Mayor, Jacinto, Margarita und Alvaro führen.
Erster Act. Der Infant Don Enrique, Halbbruder Kö-
nig Pedro's des Grausamen von Castilien, thut in der Nähe
von Sevilla einen Sturz vom Pferde und wird in ohnmäch-
tigem Zustande von seinem Vertrauten Don Alvaro und eini-
gen andern Caballeros in das nächstgelegene Landhaus ver-
bracht. Dieses ist zufälligerweise das Eigenthum eines hoch-
angesehenen Edelmanns, Don Jacinto de Ribera, welcher sich
vor kurzem mit der schönen Dona Mayor, einer frühern An-
gebeteten des Infanten, ohne dessen Vorwissen vermählt hat.
Don Jacinto befindet sich in Geschäften in Sevilla, als der
erwähnte Zwischenfall eintritt, und die Bestürzung Dona
Mayor's ist gross, als sie in dem Verunglückten ihren Lieb-
haber erkennt. Noch grösser ist das Staunen des letztem,
als er aus seiner Ohnmacht erwacht, und dieses Gefühl wächst
zur Verzweiflung, als er hört, dass die Geliebte vermählt ist.
Er ruft nach Pferden. In diesem Augenblicke tritt Don Ja-
cinto herein und schöpft aus der allgemeinen Verwirrung
Verdacht, da ihm bekannt ist, dass der Infant Dona
Mayor früher den Hof gemacht hat. Er weiss sich je-
doch zu verstellen und bietet Don Enrique seine Begleitung
nach Sevilla an, welche dieser annimmt. — Die Scene wech-
selt nach Sevilla, in den Palast König Pedro's. Eine ver-
schleierte Dame begehrt Audienz, wird eingelassen, entdeckt
sich als die hochangesehene Dona Margarita Osorio und bit-
tet den König um Gerechtigkeit gegen Don Jacinto de Ribera,
welcher ihr ein schriftliches Ehe versprechen gegeben, sich
aber alsdann mit seiner jetzigen Gattin Dona Mayor vermählt
1*
4 Pedro Calderoa de U Barcau
habe. Der König ist höchst aufgebracht, und da er Ton einem
Diener Jadnto's Teminimt, dass letzterer im (jefolge des In-
fanten in aller Kürze im Palast erscheinen werde, befiehlt er
Mai^arita, sich hinter einer Yorthnre zn rerbergen, mn sein
Gespräch mit dem Angeschuldigten selbst anzuhören. Nua
tritt der Infant in Begleitung Don Alraro's und Don Jacinto's
ein. Nach kurzer Begrnssung wirft der König letzterm seine
Handlungsweise gegen Margarita Tor, worauf der Angegriffene
erwidert, er habe als Ehrenmann nicht anders yerfahren kön-
nen, da er eines Nachts in ihrem Gemache einen Mann ge-
sehen, der bei seinem Anblick yerhullt geflohen seL Da zu-
fallig der anwesende Don Alvaro dieser Verhüllte war, so
lässt dessen Ehrgefühl die Insinuation der Feigheit nicht zu;
ohne weitere Erklärung erwidert er, der Verhüllte habe nur
triftige Ehrengrunde gehabt, sich ohne Kampf zu entfernen»
Hieraus entsteht ein heftiger Wortwechsel, und schliesslich
fliegen die Degen aus der Scheide, worauf der König befiehlt,
die Streitenden zu yerhaften. Der Infant ist glücklich über
diesen Zwischenfall, da ihm derselbe Gelegenheit yerschafll,
Dona Mayor während der kommenden Nacht zu besuchen.
Zweiter Act. Wir hören Dona Mayor im Gespräch mit
einer Dienerin. Sie drückt ihre Besorgnisse über Don Ja-
cinto's Ausbleiben, sowie über dessen eifersüchtige Anwand-
lungen aus, als der Infant hereintritt, ihr die Verhaftung ihres
Gemahls ankündigt und um ihre liebe wirbt. Als er sie
schliesslich wider ihren Willen umarmen will, wird an dem
Hausthor geklopft, und da Mayor bemerkt, dass der Emtritt-
begehrende ihr Gatte ist (der von dem Kerkermeister die
Vergünstigung erlangt hat, bei Nacht auszugehen), so bittet
sie den überraschten Liebhaber, sich hinter ihrem Bette zu
verbeißen. Beim Eintritt Don Jacinto's erheuchelt sie grosse
Bestürzung über einen Dieb, den sie gesehen haben wül, und
nimmt einem Lakaien das Licht aus der Hand, um angeblich
selbst zu leuchten, in Wahrheit aber, um es hinfallen und
verlöschen zu lassen. Während sich nun Don Jacinto ent-
fernt, um Feuer zu holen, führt sie den Infanten in der
Dunkelheit zu einer andern Thür hinaus. Die gutgemeinte
List wäre vollständig gelungen, wenn nicht Don Enrique iu
der Verwirrung seinen vergoldeten Dolch zurückgelassen hätte ;
diesen findet Don Jacinto, schöpft erneuten Verdacht und
Pedro Calderon de la Barca. 5
iehrt höchst beunruhigt nach Sevilla zurück. Dort wird er
sowie Don Alvaro auf Fürbitten Margarita's der Haft ent-
lassen. Als er dem Monarchen seinen Dank für diese Gnade
^ausspricht, bemerkt er, dass der Degen des anwesenden In-
fanten genau zu dem gefundenen Dolche passt. Er bittet
deshalb den König um eine geheime Unterredung, erzählt ihm
das Vorgefallene und erhält dessen Versprechen, den Infanten
hierüber vorzunehmen. Unglücklicherweise aber wiederholt
der König das bei Margarita angewandte Verfahren, die be-
theiligte Partei verborgen zuhören zu lassen. Dies fällt im
vorliegenden Falle schlimm aus, denn Don Enrique gesteht
seine Liebe ganz offen und lässt sich einige zweideutige Worte
entschlüpfen, welche auf Dona Mayor Schatten werfen. Der
König ist derart ausser sich über diesen unseligen Zufall, dass
er seinen Dolch auf den Infanten zückt, welcher infolge des-
sen sich schleunig entfernt und den Entschluss fasst, Sevilla
zu verlassen. — Nach einem Selbstgespräch Don Jacinto's
über das Vorgefallene werden wir wieder in dessen Landhaus
versetzt, wo Dona Mayor abermals ihre trüben Gedanken
-einer Dienerin anvertraut und dann auf einem Sessel ein-
schlummert. Don Jacinto, welcher über die Gartenmauer ein-
gestiegen ist, um unversehens zu erscheinen, findet sie in die-
sem Zustande, löscht die Lichter aus und gibt sich in der
Dunkelheit mit verstellter Stimme für den Infanten aus.
Mayor's Aeusserungen bei ihrem Erwachen bestätigen seinen
Verdacht, da sie hauptsächlich nur auf die Gefahr der Rück-
kehr ihres Gatten (seiner selbst) pocht. Als sie schliesslich
nach ihrer Dienerschaft ruft, entfernt er sich, um gleich darauf
in seiner eigenen Rolle wiederzukehren und einige höchst
bedeutungsvolle Anspielungen fallen zu lassen.
Dritter Act. Nach einigen kurzen Scenen (in der ersten
wirbt Don Alvaro vergebens um die Liebe Margarita's, welche
entschlossen ist, den Schleier zu nehmen; in der zweiten wird
der König benachrichtigt, dass der Infant Sevilla zu verlassen
beabsichtige) sehen wir, wie Don Jacinto die meisten seiner
Diener entlässt, da er sie für Mitschuldige seiner Gemahlin
und ihres Liebhabers hält. Die zwei Verbleibenden werden
von ihm in geheimem Zwiegespräch belauscht. Er erfährt
hierdurch, auf welche Art Dona Mayor den Infanten seiner-
:zeit hinter dem Bette weggeführt hat und dass sie jetzt im
6 Pedro Calderon de la Barca.
BegriflFe steht, ihm zu schreiben, er möge Sevilla nicht ver-
lassen, da sonst ihr Bnf leiden könne. Nachdem er die bei-
den Unterredner ebenfalls aus dem Hause gewiesen hat, be-
gibt er sich in das Nebenzimmer, wo Mayor am Schreibtische
sitzt. Als sie ihren Gatten erblickt, siidct sie in Ohnmacht,,
während jener ihren Brief an Don Enrique liest, der ihm den
letzten Beweis ihrer Schuld zu liefern scheint Er verschliesst
die Thür und geht ab. Dona Mayor, welche bald darauf aua
ihrer Ohnmacht erwacht, ahnt alles und legt sich mit den
bängsten Gefühlen zu Bett. Unterdessen hat Don Jacinta
einen Barbier aufgesucht, ihn mit verbundenen Augen in sein
Haus geführt und ihm unter Androhung des Todes befohlen,
seiner schlafenden Gattin die Adern zu öfihen. Der zitternde
Barbier gehorcht und wird dann von Jacinto wieder mit ver-
bundenen Augen weggeführt, lässt aber absichtlich die Spuren
seiner blutigen Hände an der Aussenseite des Hauses zurück*
Er trifft auf König Pedro und erzählt ihm sein Abenteuer.
Dieser begibt sich in Begleitung Margarita's, welche er auf
dem Wege ins Kloster getroffen hat, in das verhängnissvolle
Haus. Jacinto tritt ihnen in höchster Aufregung entgegen
und stellt das schauerliche Ereigniss anfanglich als Zufall dar.
Als jedoch der König weiter in ihn dringt, enthüllt er die
ganze Wahrheit in deutlichen Anspielungen. Der Monarch
billigt sein Benehmen und veranlasst ihn, Margarita die Hand
zu reichen. —
Das Stück zeigt einige cultistische Flecken, welche, da
sie nur vereinzelt vorkommen, auf ßetouchirung durch eine
andere Hand deuten; im übrigen 'ist es ganz vortrefflich.
Wie ergreifend ist das traurige Schicksal der unglücklichen
Dona Mayor durch ihren ersten, gutgemeinten Misgriflf ein-
geleitet, wie schliesst sich Glied für Glied in der anschei-
nenden Beweiskette folgerichtig an, wie fühlt man deutlich
hindurch, dass der Dichter die — wenn auch schuldlose —
Neigung Dona Mayor's zu dem Infanten als tragische Schuld
auffasst und so das Grauen einigermaassen dämpft, welches
uns die erschütternde Katastrophe einflösst!
Was nun das Verhältniss betrifft, in welchem Calderon' s
Drama zu dem eben besprochenen steht, so sieht man schon
bei oberflächlicher Vergleichung, dass Calderon im ersten
Acte nahezu genau dem Scenengange seines Vorbildes gefolgt
Pedro Calderon de la Barca. 7
und dass — mit Ausnahme einiger unwichtiger Versetzungen
vom zweiten in den dritten Act und umg'fekehrt, sowie Ver-
änderung einiger geringfügiger Umstände — dies auch in den
beiden letzten Acten der Fall ist. Das Verdienst der Erfin-
dung und Disposition der Handlung gebührt demnach unbe-
dingt Lope. Merkwürdiger- und unbegreiflicherweise hat aber
Calderon, der hier im übrigen als so genauer Nachbilder er-
scheint, gerade einen Umstand weggelassen, welcher als höchst
wichtiger Indicienbeweis in Dona Mayor's Ehrenprocess be-
trachtet werden muss; wir meinen denjenigen, dass ihr
Gatte um ihr früheres Verhältniss zu dem Infanten
wusst'e. Dies betont Lope mehrmals ausdrücklich, während
Calderon gänzlich darüber schweigt. Man fragt sich ver-
gebens, was letztem, dessen künstlerische Ueberlegung ausser
Zweifel steht, hierzu veranlasst haben mag. Ebenso hat Cal-
deron im zweiten Act das Motiv des Einschlummerns Mencfa's
in zwei Scenen benutzt, eine durchaus unnöthige Häufung
des gleichen Umstandes, welche sich bei Lope nicht vorfindet.
Weit geringfügigere Abweichungen Calderon's sind folgende«
Ln ersten Act gestehen Don Arias und Leonor das Abenteuer
Gutierre's in der Letztem Haus offen ein; im zweiten Act
findet die Befreiung Gutierre's und Don Arias' auf Fürbitte
des Infanten, statt auf diejenige der frühern Geliebten statt;
gegen Schluss des dritten Acts endlich macht der Diener
Gutierre's dem König den schauerlichen Vorgang klar, den
sich dieser bei Lope selbst combinirt hat. Alle diese kleinen
Variationen sind nur Veränderungen, keine Verbesserungen.
Wichtiger erscheint im dritten Act das Billet Gutierre's an
Mencia mit der Auffordemng, sich auf ihren Tod vorzuberei-
ten, welches ein Zusatz Calderon's, aber mehr ein ausser-
liches Theatermittel, als ein organisch nothwendiges Glied der
Handlung ist.
Als Gesammtresultat ergibt sich, . dass das Verdienst Cal-
deron's an diesem Stücke ein sehr geringes ist und höchstens
darin gefunden werden kann, dass die Handlung im einzelnen
etwas condensirter, die Sprache gehobener und farbenreicher
erscheint, dass aber letzterer Vorzug theilweise wieder durch
öfters auftretenden Schwulst paralysirt wird.
Eine wunderbare Tragödie, für welche sich bis jetzt kein
Vorbild gefunden hat, ist „Eii pintor de su deshonra". —
8, Pedro Calderon de la Barca.
Don Juan Soca, ein hochdenkender Edehnann, welcher seine
beste Lebenszeit den Musen und der Malerei ausschliesslich
gewidmet hat, yermählt sich in schon reifenn Alter mit der
schönen Serafina, Tochter des Castellans Ton Santelmo. Diese
hat in die Heirath gewilligt, da ihr heimlicher Bräutigam
Don Alvaro angeblich bei einem Schiffbruche das Leben ver-
loren hat Zu seinem und Serafina's Unglück ist er aber Ton
einer Galeere des Fürsten Ursino gerettet worden, kommt mit
dieser nach Neapel und findet zu seiner grössten Verzweif-
lung die frühere Geliebte auf dem Punkte, mit ihrem Gatt^i
Don Juan nach Spanien abzureisen. Seine Versuche, ihre
eheliche Treue wanken zu machen, scheitern an ihrer Stand-
haftigkeit, und es bleibt ihm nur übrig, sich in sein Schicksal
zu ei^eben.
Zweiter Act. Serafina hat durch täglichen Umgang
ihren edeln Gemahl derart liebgewonnen, dass ihre frtihere
Neigung zu Don Alvaro gänzlich überwunden ist. Da erscheint
letzterer, um ihr neues Glück zu yemichten. Ausser Stande,
die Verlorene zu vergessen, hat er ein kleines Schiff gemie-
thet und ist mit diesem von Neapel nach Barcelona gesegelt.
In der Verkleidung eines Matrosen sucht er Serafina auf, aber
seine erneuten Liebeswerbungen finden derartigen Widerstand,
dass er im Begriffe steht, sein Schiff zu .besteigen und ent-
täuscht nach Neapel zurückzukehren. Jetzt aber greift das
Fatum ein. Ein Landhaus, in welchem Don Juan und Sera-
fina als Gäste weilen, geräth in Brand, Don Juan trägt die
ohnmächtige Gattin in seinen Armen heraus und übergibt sie
dem vermeintlichen Matrosen für kurze Zeit zur Bewachung,
um seinen noch im Landhause befindlichen Freunden beizu-
springen. Don Alvaro folgt den Einflüsterungen seiner Leiden-
schaft, trägt die Bewusstlose auf sein Schiff und segelt nach
Neapel. Als Don Juan zurückkehrt und sein Misgeschick er-
fährt, geräth er derart ausser sich, dass er sich ins Meer
stürzt, um seine Gattin einzuholen. Natürlich misglückt dieser
Verzweiflungsversuch, und der Unglückliche wird nur mit ge-
nauer Noth von Schiffern gerettet.
Dritter Act. Don Juan, in richtiger Ahnung, dass Sera-
fina nach Neapel entführt worden ist, begibt sich in niedriger
Verkleidung dorthin und tritt als Maler in die Dienste des
Fürsten Ursino. Dieser, ein Anbeter der Schwester Don
Pedro Calderon de la Barca. 9
Alvaro's, Porcia, hat schon früher Serafina bewundert und trifft
sie jetzt bei Gelegenheit eines Stelldicheins mit der Geliebten.
Die erneute Begegnung erhöht seine Bewunderung derart,
dass er; Don Juan beauftragt, die schöne Frau heimlich für
ihn zu malen. Die Gelegenheit hierzu verschafft ein bestoche-
ner Gärtner, welcher Don Juan in einem Gartenhause ver-
steckt. Als nun aber der unglückliche Maler in der zu por-
trätirenden Persönlichkeit seine entehrte Gattin erkennt und
sie im nächsten Augenblicke in des dazukommenden Don Al-
varo Armen sieht, reisst er die vorsichtshalber mitgenommenen
Pistolen aus dem Gürtel und streckt die Ehebrecher durch
^wei Schüsse nieder.
Dieses ergreifende Trauerspiel verdient die wärmsten
Lobsprüche; es ist durchaus vortrefflich und erfüllt die Be-
stimmung der Tragödie, „Furcht und Mitleid zu erregen", auf
die vollständigste Weise. Die arme Serafina kann das Schick-
sal mit den Worten des Harfners in Goethe's „Wilhelm Mei-
ster" anklagen:
Ihr führt ins Leben uns hinein,
Ihr lasst den Armen schuldig werden,
Dann überlasst ihr ihn der Pein,
Denn alle Schuld rächt sich auf Erden! —
„A SECBETO AGEAVIO, SECBETA VENGANZ A." — Ein por-
tugiesischer Edelmann, Don Lope de Almeida, hat sich durch
Vollmacht mit einer berühmten castilianischen Schönheit,
Dona Leonor de Mendoza, .vermählt. Letztere hat in diese
Verbindung indessen nur aus Verzweiflung über die Nach-
richt von dem Tode ihres Geliebten Don Luis de Benavides
gewilligt. Diese Nachricht stellt sich zu spät als falsch heraus,
aber Don Luis gibt deshalb seine Hoflftiungen nicht auf, folgt
der Angebeteten nach Lissabon und setzt dort seine Liebes-
werbungen nicht ohne Erfolg fort. Don Lope kommt der
Sache auf die Spur, verstellt sich aber und schweigt. Ein
Zwischenfall, welcher einem seiner Freunde zustösst, bringt
ihn auf den Gedanken heimlicher Rache. Der Zufall ar-
beitet ihm dabei in die Hand, denn Don Luis, welcher zu
einem Stelldichein mit Leonor fahren will, findet keine Barke
und nimmt arglos einen Platz in derjenigen Don Lope's an.
Auf hohem Meere wird er von dem beleidigten Gatten nieder-
gestossen und in den Wellen begraben. Der Rächer seiner
10 Pedro Calderon de la Barca.
Ehre verlässt sodann die Barke, erreicht schwimmend das
Ufer und erzählt Leonor, Don Luis sei bei dem zufälligen
Umschlagen des Fahrzeugs verunglückt. Die schuldige Frau
fällt über diese Nachricht in Ohnmacht, Don Lope trägt sie
in sein Landhaus und steckt dasselbe in Flammen. So sind
nur die stummen Elemente Zeugen der Rache des leiden-
schaftlichen Portugiesen gewesen, und obgleich sein König
Don Sebastian von der Wahrheit unterrichtet wird, befolgt
auch er den Grundsatz, die Tragödie in Schweigen zu be-
graben.
Man sieht schon aus diesem kurzen Auszuge, dass die
Exposition einige Aehnlichkeit mit derjenigen von „El pintor
DE SU deshonra" hat. Der Verlauf ist indessen ein gänzlich
verschiedener. Während der ältere, reifere Don Juan Eoca
erst zum Morde schreitet, als er seine Gattin in den Armen
des Liebhabers erblickt, greift der feurige junge Portugiese
Don Lope zu Dolch und Feuer auf blosse Indicien hin. Dem
Leser oder Zuschauer wird allerdings klar, dass Leonor wirk-
lich schuldig ist, aber Don Lope ahnt diese Schuld nur vom
Hörensagen. Es mag dahingestellt bleiben, ob dies eine
Flüchtigkeit des Dichters ist, oder ob er beabsichtigte, den
im Stücke ausdrücklich hervorgehobenen unmässig leiden-
schaftlichen Charakter des Portugiesen besonders hervorzu-
heben. Wie dem auch sei, das Stück reiht sich den vorher
besprochenen in würdiger Weise an. Nach Versicherung des
Dichters am Schlüsse, hat sich der geschilderte Vorfall wirk-
lich zugetragen,
„Las TEES jusTiciAs EN UNA." — Dou Lope de Urrea,
welcher sich in schon vorgerücktem Lebensalter mit der da-
mals fünfzehnjährigen Dona Bianca vermählt hatte, besitzt —
wie er glaubt — |ius dieser Ehe einen Sohn, Lope. Dieser
macht ihm durch sein schlimmes Naturell viel Kummer und
treibt es schliesslich so weit, dass er als Räuber in das Ge-
birge flüchten muss. Nach Begehung vieler Verbrechen hat
er indessen Gelegenheit, sich den neuen Oberrichter von Ara-
gon, Don Mendo Torrellas, zu verpflichten, und- dieser erwirkt
ihm die Begnadigung König Pedro's des Grausamen von Ara-
gon. Lope verliebt sich in Violante, Tochter Mendo's, und hat
deshalb einen Ehrenhandel mit seinem Freunde Don Guillem
de Azagra. Don Lope sucht die Streitenden zu trennen, wobei
Pedro Calderon de la Barca. H
sich der junge Lope derart aufregt, dass er seinem vermeinten
Vater einen Backenstreich verabreicht, der den alten Mann
zu Boden wirft. Der auf diese Art Beschimpfte und Mis-
handelte beklagt sich bei König Pedro. Ein solcher Vorfall
zwischen Vater und Sohn erscheint dem weitblickenden Mon-
archen unnatürlich; er begibt sich deshalb am Abend zu Doiia
Bianca und dringt in sie, ein etwaiges Geheimniss in Betreff
der Geburt ihres Sohnes aufzuklären. Die unglückliche Frau
gesteht unter Thränen, Lope sei die Frucht eines Verhält-
nisses zwischen ihrer verstorbenen Schwester Laura und Don
Mendo; sie habe, um die durch Altersverschiedenheit mit
ihrem Gemahl vorhandene Kluft zu überbrücken, der Schwester
Kind für das ihrige ausgegeben und damit gleichzeitig deren
Fehltritt verdeckt. König Pedro lässt nun den jungen Lope
erdrosseln und ihm einen Zettel in die Hand geben, welcher
besagt, dass durch diese Gerechtigkeitsübung drei Schuldige
bestraft seien, d. i. Lope, Don Mendo und Bianca.
Die Handlung dieses Trauerspiels beruht auf einer wah-
ren Begebenheit, wie aus einer Stelle des Bances Cändamo'-
schen Werks: „Teatro de los Teatros", hervorgeht. Sie ist
ebenso interessant als erschütternd, und die Charaktere tre-
ten mit ungewöhnlicher Schärfe hervor. Die Sprache ist je-
doch etwas mit Cultismo versetzt.
Das gleiche Urtheil darf über unsers Dichters „El mayob
MÖNSTEüo LOS CELOs" gefällt werdeu. Während aber in „Las
TRES jusTiciAs EN üna" richtigerwoise die Charaktere allein
die Katastrophe bedingen, spielt in vorliegendem Trauerspiel
das Schicksal eine Hauptrolle ; die unglückliche, durch eine
Prophezeiung dem Morde geweihte Mariamne fällt nicht als
unmittelbares Opfer der Eifersucht ihres Gemahls, sondern
das Fatum führt die Hand desselben mit dem verhängniss-
vollen Dolche in ihr Herz, statt in dasjenige des in der
Dunkelheit verfehlten Octavian. Dies ist ein organischer
Fehler, welcher allerdings durch grosse Schönheiten verdeckt
wird. Der Kern der Handlung ist, kurz gefasst, folgender.
Der Tetrarch Herodes verbündet sich mit Marcus Antonius
gegen Octavian. Als letzterer siegt, zieht ihm Herodes nach
Aegypten entgegen, um seine Unterwerfung anzubieten. Oc-
tavian ist indessen so sehr über ihn aufgebracht, dass er ihn
einkerkern lässt und mit dem Tode bedroht. Da der un-
12 Pedro Calderon de la Barca.
glückliche Tetrarch das Bildniss seiner wunderschönen Ge-
mahlin Mariamne in den Händen Octavian's gesehen und
gleichzeitig vernommen hat, derselbe wolle im Triumphe in
Jerusalem einziehen, ergreift ihn der Gedanke, irgendein An-
derer könne — wenn auch nach seinem Tode — das
liebreizende Weib besitzen, derart, dass er seinem Vertrauten
Filipo den schriftlichen Befehl gibt, Mariamne im Falle seruer
(Herodes') Hinrichtung durch den Wachthauptmann tödten zu
lassen. Das Schriftstück fällt Mariamne in die Hände, gleich-
wohl erbittet sie bei dem Einzüge Octavian's die Begnadigung
ihres Gemahls. Der hochherzige Römer gewährt ihr Gesuch,
obgleich er sich schon früher in ihr Bildniss verliebt und
jetzt in ihr dessen Original erkannt hat., Nun aber hat Ma-
riamne das Kecht, ihrem überschwänglich eifersüchtigen Gat-
ten seine Mordabsicht in bittem Ausdrücken vorzuwerfen und
sich alsdann seinen Blicken durch Abschliessen in einen Flü-
gel des Palastes zu entziehen. Die Eifersucht des Herodes
ist jedoch so übertriebener Art, dass er diesen Entschluss
Mariamne's bei sich selbst lobt, denn er will gern selbst ihren
Anblick entbehren, wenn er ihn dadurch auch Andern ent-
ziehen kann. Nie ist wohl die Eifersucht mehr auf die Spitze
getrieben worden, als in seiner Aeusserung:
Fuea' si ä mirarme Uegara
en sus hrazosy y pensara
que era tan dichoso, alli
me desconociera d mi,
y que era otro imaginara.
„Wenn ich mich selbst in ihren Armen sehen könnte und
mir vorstellte, ein solches Glück zu gemessen, so würde ich
mich selbst nicht mehr kennen und mir einbilden, es sei ein
Anderer" (um die wüthendste Eifersucht zu empfinden). Die
Katastrophe tritt indessen, wie bereits oben bemerkt, nur als
indirecte Folge dieser entsetzlichen Leidenschaft mit der
unabsichtlichen Ermordung Mariamne's durch Herodes ein. —
Das Stück ist das Hohelied des „grössten Ungeheuers": der
Eifersucht.
Hat Calderon in seinen bisher besprochenen Tragödien
die tiefsten Tiefen der Leidenschaften aufgewühlt, so hat
seine Einbildungskraft den höchsten Schwung in seinen Dra-
men religiösen Inhalts genommen. Kann man denselben oft
Pedro Calderon de la Barca. 13
die allgemeine Humanitätsidee absprechen, so muss man im-
mer zugeben, dass sie vom specifisch katholischen Stand-
punkte der Spanier des siebzehnten Jahrhunderts aus, durch-
aus logisch und von der religiösen Sonderbegeisterung durch-
glüht sind, welche — verbunden mit dem politischen Zweck —
erklärt, warum die Inquisition in Spanien auf so festen
Füssen stand.
Beginnen wir mit dem oft besprochenen Trauerspiel „El
PRINCIPE constante". Das Stück ist ebenso oft analysirt als
überschwänglich gelobt worden; es möge daher eine kurze
Recapitulation des Inhalts genügen. Prinz Fernando von
Portugal kommt in Begleitung seines Bruders Enrique mit
einer portugiesischen Flotte nach Afrika, um Tanger zu er-
obern. Er wird indessen von dem Könige von Fez besiegt
und gefangen genommen. Als sein Lösegeld wird das den
Portugiesen gehörige Ceuta verlangt. Prinz Enrique kehrt
nach Lissabon zurück, um von König Duarte diese Abtretung
zu erwirken. Kaum hat jedoch letzterer die Unglücksbotschaft
erhalten, als er in tiefe Schwermuth verfällt und bald darauf
stirbt. Bei Eröffnung seines Testaments findet sich, dass er
dem Thronfolger Alfonso den Austausch Ceutas gegen den
Prinzen Fernando befiehlt. Mit der Vollmacht des neuen
Herrschers versehen, begibt sich Enrique nach Fez, aber
Fernando weigert sich standhaft, den Ungläubigen eine christ-
liche Stadt gegen seine werthlose Person ausliefern zu lassen.
Enrique kehrt unverrichteter Sache nach Portugal zurück, und
der König von Fez versucht jetzt, den hartnäckigen Glaubens-
eiferer durch Mishandlungen und Nahrungsentziehung zum
Nachgeben zu bewegen. Dies geht so weit, dass uns der
fürstliche Märtyrßr wie Hiob, in ekelerregender Weise, mit
faulenden Lumpen bekleidet, einen abstossenden Geruch ver-
breitend, gezeigt wird. In diesem Zustande erfolgt sein Tod
auf einer alten Matte. Sein Neffe Alfonso ist indessen mit
einer Flotte angekommen, um ihn zu befreien. Der todte
Fernando zeigt ihm als verklärte Erscheinung, mit einer
Fackel in der Hand vorleuchtend, den Weg zum Siege; die
Leiche selbst wird gegen die gefangene Prinzessin Phönix
eingetauscht und als Reliquie nach Portugal gebracht.
Dass in dieser Aufopferung für den Glauben etwas Er-
habenes liegt, wird niemand bestreiten. Wohl aber kann dem
14 Pedro Calderon de la Barca.
Dichter der Vorwurf nicht erspart werden, den Aristophanes
dem Euripides macht, dass er für seinen Helden durch Vor-
führung in bejammemswerthem Zustande — in Lumpen —
das Mitleid des Zuschauers zu erregen suche. Wo der ma-
terielle Ekel anfängt, hört die Kunst auf. Im übrigen hat
das Stück auch eine starke Beimischung Cultismus, und eine
wirklich tiefsinnige Rede ist eigentlich nur die letzte An-
sprache des Prinzen an den König von Fez.
Das muthmaassliche Vorbild unsers Stücks, Lope de
Vega's „FoBTTJNA advebsa DEL Inf ANTE Don Fernando de
Portugal", soll sich (aus der Osuna- Bibliothek stammend)
in der Nationalbibliothek zu Madrid befinden, aber die Nach-
forschungen, welche der Verfasser dort nach dem betreffenden
Buche anstellen liess , haben leider bis zum gegenwärtigen
Augenblicke zu keinem Resultate geführt. Es bleibt deshalb
nur übrig, die Aeusserungen des Herrn von Schack („Ge-
schichte der dramatischen Kunst und Literatur in Spanien",
Band I, Anhang S. 85 fg.) über das vor Jahren von ihm unter-
suchte Drama zu reproduciren. Die Stelle lautet:
„Ein nur schwaches Vorbild zu seinem standhaften Prin-
zen konnte Calderon in Lope's «Fortuna adversa del In-
EANTE Don Fernando de Portugal» finden; allein wie un-
ermesslich sein Drama auch das seines Vorgängers überragt,
so entdeckt man doch in diesem viele Züge, welche der spä-
tere Dichter aufgenommen und feiner hervorgearbeitet hat.
So findet sich bei Lope schon das Liebesverhältniss zwischen
der maurischen Prinzessin (hier Arminda genannt) und Muley,
die Schonung Fernando's gegen letztem und endlich die wun-
derbare Erscheinung des Prinzen, indessen nicht um die
Christen zum Siege zu führen, sondern um die Mitgefangenen
zur Heimführung seiner Gebeine nach Portugal zu ermahnen."
Wird „El principe constante" im allgemeinen zu sehr
gelobt, so ist das Gegentheil bei dem wenig bekannten Drama
„El GRAN PRINCIPE DE Fez, Don Baltasar DE Lotola" der
Fall. Dasselbe hat allerdings bei der Darstellung den Haupt-
fehler, in höchst undramatischer Weise abzuschliessen, was
daran liegen mag, dass der Dichter einen zweiten Theil zu
schreiben beabsichtigte. Auch fällt der dritte Act überhaupt
etwas ab. Hingegen enthält es einige der originellsten,
packendsten Scenen der Calderon'schen Muse und ist weit
Pedro Calderon de la Barca. 15
weniger als „El peincipe constante" durch Cultismus ent-
stellt. Der Kern der Handlung ist in Kürze folgender. Prinz
Mahomat von Fez, eine nachdenkende Natur, grübelt bestän-
dig über die Stelle des Koran, dass Maria und ihr Sohn vom
Tribut an den Satan befreit gewesen seien. Die Aufklärung
wird ihm zu Theil, als er in Erfüllung eines Gelübdes zur
Grabstätte Mohanmied's wallfahrten will, auf der See in die
Gefangenschaft der Malteserritter ^eräth und von diesen nach
Malta gebracht wird. Hier fällt ihm die Lebensgeschichte des
heiligen Ignaz von Loyola von Pater Rivadeneyra in die Hände,
in welcher sich der Heilige mit einem Mauren über die dem
Prinzen unklare Glaubenslehre unterhält. Der Eindruck, wel-
chen das Buch auf Mahomat macht, ist jedoch nicht tief genug,
um ihn zum Wechsel seiner Religion zu veranlassen, und er se-
.gelt nach Erlegung seines Lösegeldes nach seinem frühem Be-
stimmungsorte ab. Auf hoher See überfällt ihn ein wüthen-
der Sturm, das Anrufen des Propheten bleibt ohne Wirkung,
die Wogen sprühen Feuer, und Mahomat entschliesst sich an-
gesichts dieses Wunders, die Hülfe der Jungfrau Maria anzu-
flehen. Sofort klärt sich das Unwetter auf, Maria erscheint
auf einem Drachen inmitten einer Wolke, und Mahomat kehrt
nach Malta zurück, um sich taufen zu lassen. Die Nachricht
von seiner Bekehrung erregt in Fez, wo er durch den Tod
seines Vaters die Königswürde ererbt hat, einen solchen Sturm
der Entrüstung^ dass seine Bildsäule öif entlich der Königs-
abzeichen beraubt und sein Söhnchen Muley zum Herrscher
ausgerufen wird. Dies sieht Mahomat in Vision, aber nichts
erschüttert seine religiöse Ueberzeugung, und das Stück ver-
lässt ihn in Rom, im Begriife, nach Loretto zu wallfahrten.
Das Drama ist von reiner, durchaus wohlthuender reli-
giöser Begeisterung durchdrungen. Der Geist des Lesers
wird durch die tiefsinnigen Speculationen des Prinzen ange-
nehm beschäftigt, während der Zuschauer ausserdem durch
eine Fülle der prächtigsten, originellsten Visionen auch sinn-
lich unterhalten wird. Vor allem ist die Scene hervorzuheben,
in welcher der Prinz das Buch von Rivadeneyra liest. Hier
ist der ebenso eigenthümliche als mächtig packende Effect
apgewandt, den Prinzen leise vor sich hin lesen zu lassen,
während die Personen des Dialogs, der heilige Ignaz ,und der
Maure, persönlich auftreten und die gleichen Worte laut
16 Pedro Calderon de la Barca.
sprechen: eine Verkörperung der glühenden Phantasie des
Prinzen. Die zweite merkwürdige Vision ist gegen Schluss
angebracht. Der gute und der böse Genius streiten sich
darum, ob der Prinz auch Märtyrer genannt werden könne,,
da er sein Blut nicht thatsächlich , sondern nur in Gedanken
für den Glauben vergossen habe. Der böse Genius bekämpft
dies, aber der gute zeigt ihm in Vision die beabsichtigte^
Opferung Isaak's durch Abraham, die Gott als wirklich ge-
schehen betrachtet und so die Absicht für die That angenom^
men habe.
Nach der Angabe Hartzenbusch's in dessen Calderon-
Ausgabe, hat Lope de Vega eine frühere Comödie über den
Titelhelden des soeben besprochenen Stücks verfasst. Sollte
dies in der That der Fall sein, so liegt die Vermuthung nahe,
Calderon habe das Drama seines Vorgängers benutzt und
demselben vielleicht gerade die charakteristischsten Scenen
entlehnt. — Um zu zeigen, wie wenig Calderon (oder Lope
de Vega, falls dieser des Erstem Vorbild war) dem ange-
zogenen Buche des Paters Rivadeneyra verdankte, sei hier
die betreffende Stelle des III. — nicht V. — Kapitels (gleich-
lautend in den Ausgaben von 1585 und 1605) übersetzt:
„Der Maure gab zu, dass diese selige Frau (Maria) vor und
während der Geburt Jungfrau gewesen sei, da es der Grösse
und Majestät ihres Sohnes so gebührte. Aber er sagte, dass
dies nach der Geburt nicht so gewesen sei, und brachte
falsche und anscheinende Gründe vor, um es zu beweisen,
welche unser Ignatius widerlegte, indem er mit allen seinen
Kräften danach trachtete, den Mauren zu enttäuschen und ihn
zur Erkenntniss dieser Wahrheit zu führen. Er konnte es
aber mit ihm nicht zuwege bringen, vielmehr ging der Maure
vorwärts, indem er Ignatius allein zurückliess" u. s. w. Der
Zug, dass dem Heiligen der Gedanke kam, dem Mauren die
Wahrheit mittels Dolchstichen beizubringen, findet sich so-
wohl bei Rivadeneyra wie bei Calderon. — Hiermit vergleiche
man die oben angedeutete wundervolle Scene gegen Ende des
zweiten Acts unsers Schauspiels.
„El Josef de las mujeees" ist ebenfalls ein Drama, in
welchem die religiöse Begeisterung in durchaus würdiger Art
auftritt. Es behandelt einige Lebensepisoden und das Mär-
tyrerthum der heiligen Eugenia, der hochgebildeten Tochter
•Pedro Calderon de la Barca. 17
des Präfecten Philippus von Alexandrien, welche durch eine
Stelle in den Korintherbriefen Pauli auf den Gedanken eines
einzigen Gottes gebracht wird. Auch sie hat, gleich Prinz
Mahomat, in ihrem Studirzimmer einen guten und einen bö-
sen Genius in Gestalt eines alten Eremiten und des Dämons
zur Seite, welche nur ihr sichtbar sind. Der Dämon versucht,
nachdem seine Ueberredungskunst gescheitert ist, sie durch
Erregung ihres Hochmuths, dann durch Erniedrigung zu unter-
jochen, beides jedoch mit dem gleichen Miserfolge. Die in
dieser Periode so häufig verwendete Idee, dass der Dämon in
den Körper eines todten Menschen fährt und dessen KoUe
weiter spielt , ist hier mit Glück angebracht. Die Handlung
ist im ganzen zu reich, um den Gedanken der von Eugenia
gefundenen Gottesidee so herauszubringen, wie es sich ge-
hörte; wahrscheinlich ist das Stück aus des Dichters früherer
Zeit, worauf auch die durchaus reine Sprache hinweist. Es
scheint eine Vorarbeit zu dem ebenfalls der Heiligenlegende
angehörigen, mit Recht hochberühmten Drama:
„El magico prodigioso". — Cipriano, ein junger Edel-
mann in Antiochia, kann eine Stelle des Plinius: „Gott ist
eine höchste Güte, ein Wesen, eine Substanz, ganz Augen,
ganz Hände", nicht mit dem römischen Polytheismus ver-
einigen und grübelt in der Einsamkeit oft darüber nach. Der
Dämon, welcher verhindern will, dass der Forscher die rich-
tige Lösung durch Annahme des Christengottes entdecke, fin-
det sich in Gestalt eines verirrten Reisenden bei ihm ein und
sucht die betreffende Stelle auf seine Weise zu erklären.
Da ihn jedoch Cipriano siegreich widerlegt, bescjiliesst er,
denselben nicht mehr mit geistigen, sondern mit fleischlichen
Waflfen zu bekämpfen. Als Werkzeug für diesen Angriflf fasst
er die berückend schöne Justine, eine heimliche Christin, ins
Auge. Diese hat zwei andere vornehme Bewerber, Lelio und
Floro, welche von Cipriano bei einem Duell betroffen und
durch sein Anerbieten getrennt werden, er wolle bei Justinens
Vater Lisandro für denjenigen anhalten, für den sich die
Schöne selbst entscheide. Cipriano hält sein Versprechen,
wird aber durch geheime Einwirkung des Dämons von Justi-
nens Schönheit derart in Banden geschlagen, dass er sich
selbst um ihre Liebe bewirbt. Als Justine die Anträge ihrer
drei Anbeter entrüstet zurückgewiesen hat, versucht der Dä-
SCHAFFBB. II. 2
18 Pedro Calderon de la Barca.
mon, einen Schatten auf ihren guten Ruf zu werfen, um sie
nachher zu wirklicher Sünde zu verleiten. Er lässt sich des-
halb nächtlicherweile in Gestalt eines Galans vor den Augen
Lelio's und Floro's von Justinens Balkon herunter und ver-
anlasst dadurch, dass diese beiden sowie der hinzukommende
Cipriano an ihrer Tugend zweifeln.
Zweiter Act. Cipriano begegnet Justine auf der Strasse,
glaubt sich durch das Vorausgegangene zu erneuten Liebes-
werbungen berechtigt, wird aber mit der harten Aeusserung,
„es sei ihr bis zum Tode unmöglich, ihn zu lieben", abgewie-
sen. Ausser sich vor Liebesraserei, ruft er aus, er wolle für
den Genuss dieses Weibes die Seele geben. Die Stimme des
unsichtbaren Dämons antwortet: „Ich nehme sie an", ein
fürchterliches Unwetter erhebt sich, Cipriano sieht auf der
empörten See ein Schifl[ untergehen, und der Dämon schwimmt
auf einer Planke ans Land. Von Mitleid bewegt, fragt ihn
Cipriano um seine Schicksale. Der Dämon erzählt in zwei-
deutigen Worten die Geschichte seines Falles aus dem Him-
mel und lässt geschickt einfliessen, dass er die Magie verstehe
und lehren könne. Der von Liebe verblendete Jüngling fasst
sofort den Gedanken auf, er könne mittels dieser Kunst in den
Besitz Justinens gelangen. Nachdem der Dämon durch eine
abermalige Erscheinung den Ruf Justinens nochmals befleckt,
einen neuen Streit zwischen Lelio und Floro hervorgerufen und
dadurch deren Verhaftung bewirkt hat, kehrt er zu Cipriano
zurück. Er erpresst von demselben das Geständniss seiner
leidenschaftlichen Liebe, sowie die wiederholte Versicherung,
dass er die Seele für den Genuss der Geliebten geben wolle.
Der Versucher nimmt ihn jetzt thatsächlich beim Wort, und
nachdem er seine Kunst durch Versetzen eines Berges und
eine Vision Justinens bewiesen hat, verschreibt ihm der be-
thörte Jüngling die Seele mit seinem Blute, unter der Be-
dingung, dass er ihm binnen eines Jahres durch Lehren der
Magie zum Besitze Justinens verhelfe.
Dritter Act. Cipriano hat ein Jahr lang Magie studirt
und glaubt sich jetzt im Stande, durch seine Kunst Justine
herbeizuziehen. Der Dämon, welcher weiss, dass der freie
Wille nicht durch Zauber bezwungen, sondern nur beein-
f lusst werden kann, sucht Cipriano's Beschwörung bei Justine
durch Vorspiegelung lüsterner Bilder und Gesänge zu unter-
Pedro Calderon de la Barca. 19
stützen. Seine Bemühungen scheitern jedoch an dem Gott-
Yertrauen der schönen Jungfrau, und diese sucht Zuflucht vor
weitem Verfolgungen in dem Tempel der heimlichen Christen.
Die Beschwörungen Cipriano's haben jetzt nur den Erfolg,
dass ihm ein schemenhaftes Ebenbild Justinens erscheint.
Blind vor Liebeswuth fasst er es in die Arme, da fällt dessen
Hülle, und ein Skelett grinst ihm mit den Worten entgegen:
^,So, Cipriano, sind alle Herrlichkeiten der Welt." Nun gehen
dem getäuschten Jüngling die Augen auf, er fordert von dem
hinzukommenden Dämon seine Seelenverschreibung zurück,
erpresst von demselben durch logische Schlüsse, dass es einen
Gott gibt, wie ihn Plinius erklärt, und dass dieser der Gott
der Christen ist. Auf dessen „höchste Güte" und Barmherzig-
keit baut er nun seine Hoffnung auf Befreiung von dem Joche
des Dämons, lässt sich taufen, bekennt öffentlich seine Be-
kehrung, erleidet den Märtyrertod und löscht mit dem dabei
vergossenen Blute seine Schuldverschreibung aus. Justine,
welche in der heimlichen Christenversammlung betroffen wor^
den war, erleidet gleichfalls die Todesstrafe, da der Statt-
halter damit auch die Zwistigkeiten zwischen Lelio und Floro
beseitigt. Kaum hat der Henker hinter der Scene sein Werk
vollbracht, so erscheint eine Blitz und Donner speiende
Wolke, aus welcher der Dämon, auf einem Drachen reitend,
sichtbar wird. Auf Gottes Befehl verkündet er, dass Justi-
nens Tugend eine fleckenlose sei und dass Cipriano Erlösung
gefunden habe. Hier fällt der Vorhang über eins der schön-
sten Dramen der spanischen Literatur. Dasselbe verdankt
Mira de Amescua's „El esclavo del demonio", Guillem
de Castro's (?) „El peodigio de los montes", vielleicht
auch Luis Velez de Guevara's „La rosa alejandeina" einige
Ideen, aber dieselben sind nur als Beiwerk verwandt, während
die Entwickelung des Grundgedankens — soweit wir bei dem
unersetzlichen Verlust von etwa 1500 Dramen des Altmeisters
Lope de Vega urtheilen können — nur Calderon gehört.
Und wie meisterhaft ist diese Entwickelung! Beim ersten
Erscheinen sucht der Dämon Cipriano's Verstand zu ver-
wirren; bei seiner zweiten Erscheinung (als Schiffbrüchiger)
erregt er Cipriano's Mitleid und wirkt damit auf sein Herz;
erst bei der dritten Begegnung, als auch noch Cipriano's
Sinne durch die Liebesraserei für Justine aufs höchste ge-
2*
20 Pedro Calderon de la Barca.
stachelt sind, glaubt er ihn genügend Yorbereitet, um sich
seine Seele verschreiben zu lassen. Und wie wunderbar ist
erdacht, dass gerade die Liebe zu Justine, durch welche
der Dämon Gipriano von seinem Nachdenken über die Gottes-
idee abbringen wiU, infolge der Enttäuschung durch die falsche
Justine (das Skelett) zur Ursache wird, dass der Jüngling in
dem Ghristengotte das lange gesuchte Ideal erkennt! Welch
grossen Vortheil hatte der strengkatholische Spanier gegen un-
sem freigläubigen Goethe .dadurch, dass jener seinen Wahrheit-
suchenden in die geöfiöiete Pforte der geoffenbarten Religion
als letztes Ziel alles Wissens einführen konnte, während der
Goethe'sche Faust heute noch einer befriedigenden Lösung
harrt! Der Unterschied zwischen beiden Schöpfungen fallt
überhaupt sofort in die Augen. Faust, der grübelnde Nord-
länder, studirt Magie aus Wissensdrang und erst, als ihn
diese sowie jede andere Wissenschaft nicht befriedigt, sucht
er in materiellen Genüssen, was er in den geistigen nicht
gefunden. Gipriano aber, der sinnliche Südländer, geht den
umgekehrten Weg; er beschäftigt sich mit der vermeintlichen
Krone der Wissenschaften, der Magie, erst nachdem er die
schöne Justine gesehen hat und nur, um sie zu besitzen.
Sein Grübeln über die Stelle des Plinius vor dem Anblick
Justinens darf durchaus nicht mit dem Studium Faust's ver-
wechselt werden; Cipriano's Nachdenken ist die instinctive
Ahnung der christlichen Heilslehre, Faust's Studium ein Ge-
fühl der Unbefriedigung, ein gewaltsames Streben, die Lücken
des menschlichen Wissens und Erkennens auszufüllen. Des-
halb kann auch Cipriano's Streben befriedigt werden, während
Faust's Sehnen ewig ein eitles bleiben muss.
Bevor wir das Stück verlassen, sei noch auf eine Lücke
der Handlung aufmerksam gemacht. Warum ist Justine nur
das Pflegekind Lisandro's, ein dramatisch ganz unnöthiger
Umstand, da Beide Christen sind, und warum offenbart er ihr
dies so spät, oder überhaupt? Da Calderon nicht der Mann
war, einen Faden aufzunehmen, um ihn einfach wieder fallen
zu lassen, so darf vermuthet werden, dass er schliesslich
Justine in irgendeine verwandtschaftliche Beziehung zu einer
der Hauptpersonen, etwa zu Cipriano oder dem römischen
Statthalter bringen wollte, um das tragische Interesse zu stei-
gern, und dass er dies aus Vergesslichkeit nachher unterlas-^
Pedro Calderon de la Barca. 21
«en hat. Vielleicht aber deutet dieser Umstand auch darauf,
dass Calderon — wie in „El medico de su honba", „El
Alcalde de Zalamea" u. s. w. — einem verlorenen Drama
Lope de Vega's gefolgt ist. Sollte dies der Fall gewesen
sein, so darf aber jedenfalls — Calderon's religiös-grübelnder
Eigenart zufolge — angenommen werden, dass er sein Vor-
bild philosophisch vertieft und hierdurch zu seinem wirklichen
geistigen Eigenthum gemacht habe.
In „Las cadenas del demonio" haben wir eine arme-
nische Prinzessin, Irene, welche — von ihrem Vater wegen
einer Prophezeiung in einem Thurme gefangen gehalten und
deshalb von ünmuth gegen die himmlischen Götter erfüllt —
den höllischen Gottheiten ihre Seele übergeben will. Der
Dämon, in der Gestalt Astarot's, nimmt sie beim Wort, aber
der heilige Bartholomäus kommt nach Armenien, bindet Asta-
rot mit einer feurigen Kette erst die Zunge, dann nach einer
Disputation über die Gottheit Christi den ganzen Körper fest
imd macht alle seine Pläne zu Schanden. Obgleich der
Apostel schliesslich den Märtyrertod erleidet, nimmt Armenien
•die christliche Lehre an, und Irene wird als Christin ihrer
Verpflichtung gegen den Dämon ledig. Die Frömmigkeit des
Stücks ist eine disputirende und deshalb nicht wohlthuende;
diesem Tone entspricht auch die geschraubte Diction.
In „Los DOS AMANTES DEL CiELo" begegnen wir ver-
schiedenen Ideen des „Magico pbodigioso", „El Josef de
LAS mtjjeres" u. s. w. . Auch eine äusserliche Aehnlichkeit
mit Goethe's Faust findet sich in dem Umstände, dass Cri-
santo gerade über denselben Text: „Im Anfang war das Wort",
grübelt. Wir glauben indessen kaum, dass Faust sich mit den
Erklärungen dieser Stelle, welche Crisanto zum Christenthume
führen, zufrieden gegeben hätte. Wie dem auch sei, so ist
das Drama in würdiger Sprache geschrieben, und der ein-
seitige Religionsenthusiasmus, in die ersten Zeiten des
Christenthums verlegt, von wirklichem Todesmuth
begleitet, ist ein dramatischer Hebel, welcher bei einer
christlichen Zuhörerschaft nie seine Wirkung verfehlen kann. —
Ein Beispiel, wie Calderon sich über seine eigenen Anachro-
nismen lustig macht, findet sich in einer Anekdote, welche
der Gracioso zum besten gibt: „Ein Mönch doch dies ist
nicht gut, denn es gibt ja in Rom jetzt noch keine Mönche."
22 Pedro Calderon de la Barca.
„La Auboea en Copacabana" behandelt die Einführung:
des Christenthums in Peru. Die dramatische Handlung ist
zerfetzt und das ganze Mirakelwesen so widerlich als mög-
lich. Wer allerdings das Dargestellte wirklich glauben kann^
mag das Stück interessant und sogar stellenweise packend
finden.
Das Gleiche kann von „La vfBGEN del Sageabio" ge-
sagt werden, der Geschichte eines Muttergottesbildes.
„La exaltacion de la Ceuz" führt uns vor, wie das
heilige Kreuz von König Cosdroas von Persien aus Jerusalem
weggeführt, aber von dem griechischen Kaiser Heraklius
wiedererobert und auf dem Altar des Tempels zu Jerusalem
aufgestellt wird. Die Sprache des Stücks ist geschraubt, aber
die innerliche Glaubensglut, welche dasselbe durchdringt,,
verbunden mit dem grossartigen Schauapparat, muss einen
mächtigen Eindruck auf das Theaterpublikum Calderon's her-
vorgebracht haben.
Sind die zuletzt besprochenen Dramen geeignet, durch
die Einseitigkeit ihres Standpunkts den innerlichen Wider-
spruch des Lesers zu erregen, so muss die Tendenz des jetzt
zu besprechenden:
„La devocion de la Ceuz" geradezu unsere Entrüstung
herausfordern. Dass die ganz mechanische Werkheiligkeit —
Verehrung für alles, was auf das Kreuzeszeichen Bezug hat —
genügt, einem grossen Verbrecher die Gnade Gottes zu
sichern, ist eine unhaltbare Theorie. Verschlimmert wird
dieselbe noch dadurch, dass dieser Verbrecher schon gewisser-
maassen bei der Geburt zur Seligkeit prädestinirt
ist, indem er ein Muttermal in Kreuzesform mit auf die Welt
gebracht hat, also schon während der Begehung seiner Sün-
den auf Verzeihung bauen darf. Abgesehen hiervon, verdient
jedoch das Drama vermöge seiner packenden Handlung, schar-
fen Charakterzeichnung und poetisch leidenschaftlichen, ener-
gischen Sprache die wärmsten Lobsprüche; es ist eins der-
jenigen Stücke, welche uns wider unsere Vernunft eine tiefe-
Bewunderung abringen. Sein Inhalt ist in Kürze folgender.
Eusebio, ein Findling unbekannter Abkunft, macht einer edeln
Jungfrau von Siena, Julia Curcio, den Hof. Deren Bruder
Lisardo kommt dieser Liebe auf die Spur, fordert Eusebio
zum Zweikampf, wird aber von demselben getödtet. Julia
Pedro Calderon de la Barca. 23
wird von ihrem Vater in ein Kloster gebracht, während Eu-
sebio, um sich der. Justiz zu entziehen, als Räuber in das
Gebirge flüchtet. Hier begeht er eine Anzahl scheusslicher
Verbrechen und beabsichtigt, dieselben durch eine Vergewal-
tigung Julia's in ihrer Klosterzelle zu krönen. Schon ist er
vermittels einer Leiter zu ihr gedrungen, schon ist er im Be-
griflFe, seine Schandthat auszuführen, als er auf ihrer Brust
dasselbe Kreuzeszeichen entdeckt, mit welchem er zur Welt
gekommen ist. Seine Kreuzverehrung bewegt ihn nunmehr,
Julia von sich zu stossen, während diese — von solcher Ver-
schmähung angestachelt — nach Eusebio's Abgang dessen
eigene Leiter zur Flucht aus dem Kloster und Aufsuchen des
spröden Geliebten benutzt. Julia's Vater, Lisardo Curcio,
erhält unterdessen von der Obrigkeit den Auftrag, mit einer
Schar bewaffneter Landleute die Bande Eusebio's aufzuheben.
Nach kurzem Gefecht wird letztere vernichtet und Eusebio
getödtet. Auf dessen Brust entdeckt der alte Curcio zu seinem
Entsetzen das Kreuzesmal, welches den Todten als seinen kurz
nach der Geburt verlorenen Sohn und Zwillingsbruder Julia's
kennzeichnet. Eusebio's Kreuzverehrung und seine einstige
Barmherzigkeit gegen einen Priester bewirken nun, dass letz-
terer — von Eusebio's mirakulös noch nicht entseeltem Leich-
nam gerufen — erscheint und demselben nach Beichte seiner
Sünden Absolution ertheilt. Hierauf sinkt der todte Körper
wieder zusammen, während die Seele zur göttlichen Gnade
eingeht. Julia, welche in Räubertracht von ihrem Vater er-
kannt wird und von demselben getödtet werden soll, umfasst
das Kreuz, neben welchem Eusebio geboren und gestorben
ist, und wird von diesem auf den Schwingen der Luft hinweg-
getragen, um ihre Sünden im Kloster zu büssen.
Mit dem Titel „La Ceuz en la sEPUiiTUBA" findet sich
die erste Bearbeitung dieses Stücks unter dem Namen Lope
de Vega's im 28. Bande der „Diferentes'' und der „Extra-
vagantes". Die Autorschaft Lope's scheint, dem Stile nach,
gänzlich ausgeschlossen, aber ein Vergleich beider Versionen
ist dennoch sehr interessant, da Calderon in der zweiten Be-
arbeitung nicht allein Zusätze, sondern auch Abstriche gemacht
hat. Wir wollen den Leser mit ausführlicher Angabe der
Varianten nicht ermüden, nur soll bemerkt werden, dass die
Veränderungen und Zusätze der zweiten Bearbeitung im all-
24 Pedro Calderon de la Barca.
gemeinen in gespreizterm Stile gehalten sind und dass der
Bühneneflfect am Schlüsse stark gesteigert ist, indem Julia,
statt — wie in der alten Ausgabe — einfach vor ihrem erzürn-
ten Vater zu fliehen, das Kreuz neben Eusebio's Leichnam
umklammert und mit ihm davonschwebt.
In „El pubgatoeio de San Patbicio" wird es einem
ebenso schlimmen Verbrecher wie Eusebio, Ludovico Enio,
nicht so leicht gemacht, Vergebung seiner Sünden zu erlan-
gen. Er muss in die Höhle des heiligen Patrick eindringen,
in welcher das Fegefeuer und die Höllenstrafen dargestellt
sind, und erst nachdem er alle diese Schrecken gekostet hat,
ist er würdig, ein besseres Leben zu beginnen. Die Schil-
derung des von ihm bei dem gefährlichen Abenteuer Erlebten
ist wahrhaft erhaben. — Auf die Legende, welche dem Stücke
zu Grunde liegt, haben wir schon bei Besprechung des Lope'-
schen „El matob pbodigio" (Band I, S. 203) hingewiesen.
„Los CABELLOs DE Absalon." Der erste Act schildert
uns die blutschänderische Liebe Ammon's zu seiner Schwester
Tamar, der zweite deren Rache durch die Hand Absalon's,
der dritte die Empörung Absalon's gegen seinen Vater David
und des Erstem Tod. In diesem Drama begegnen wir der
unglaublichen Thatsache, dass der grosse Calderon seinen
ganzen zweiten Act beinahe buchstäblich dem dritten Acte
der „Venganza de Tamab" von Tirso de Molina nachge-
schrieben hat, ein Beispiel literarischen Piratenthums, wie
es die in dieser Beziehung so hervorragende zweite Periode
der altspanischen Dramatik nicht nochmals aufzuweisen hat.
Ln ersten Acte findet sich ausserdem eine, wenn auch nicht
sklavische Nachahmung der Scene Tirso's im zweiten Aufzuge
der „Venganza de Tamab", in welcher Tamar, auf die Bit-
ten Ammon's hin, dessen angebliche Geliebte darstellt. Das
Drama hat, Calderon's gewöhnlicher Mache entgegen, eine
höchst unverhältnissmässige Eintheilung der Handlung, denn
in den beiden ersten Acten bleibt Absalon durchaus im Hinter-
grunde, während er im dritten der Hauptheld ist. Diesen
Fehler hat Tirso vermieden, indem er sein Stück mit der Er-
mordung Ammon's schliessen lässt. Auch im übrigen hat hier
Calderon keine glückliche JHand gehabt, denn die von ihm selbst
verfassten beiden Aufzüge stechen sehr unvortheilhaft gegen
den so unverfroren in Besitz genommenen zweiten Act ab.
Pedro Calderon de la Barca. 25
„La Sibila DEL Oriente y gean Reina de Saba" ist ein
Beispiel derjenigen Gattung dramatischer Compositionen, welche
Calderon's Poesie das Stigma als Giftblume eingetragen haben.
Die' überschwängliche , farbenschimmemde Sprache, die den
Eindruck göttlicher Offenbarungen hervorrufenden Ergüsse der
Königin von Saba, die Wunderatmosphäre, welche den zum
Christuskreuz bestimmten, dreierlei Früchte tragenden Baum
umgibt: alles dies versetzt uns in eine Treibhausluft, in wel-
cher grellfarbige Orchideen ihre betäubenden Düfte ausströ-
men. Dass der Dichter selbst mehr ein solches Stimmungs-
bild als ein Drama liefern wollte, mag aus dem durchaus
undramatischen Schlüsse des Stücks gefolgert werden. — Der
Stoff eignete sich überhaupt in Calderon's Händen besser für •
ein geistliches Festspiel als für ein Drama, was sein schönes
Auto „El abbol del mejoe ebuto" beweist.
„Judas Macabeo" hat eine magere, aber logisch ver-
arbeitete Handlung mit fast durchgehends schöner und wür-
diger Sprache. Der Schluss ist unbefriedigend, wird aber
durch die Bezeichnung des Stücks als „Primera parte" einiger-
maassen entschuldigt.
Geschichtlichen Inhalts sind folgende Stücke:
„La hija del aibe", erster ujid zweiter Theil. Beide
Dramen behandeln die Geschichte der Semiramis in durchaus
würdiger, gehobener Weise, von einigen cultistischen Schön-
pflästerchen abgesehen. Geradezu gewaltig ist der Charakter
der Heldin herausgebracht. Schon als sie von Tiresias noch in
der Höhle gefangen gehalten wird, bricht ihr hoher Sinn hervor;
als Memnon sie befreit, liebt sie ihn aus Dankbarkeit, verlässt
ihn aber, als sie bemerkt, dass ihr Ehrgeiz durch die Liebe
des Königs Ninus einen unendlich weitem Spielraum erhält.
Jetzt schwingen sich ihre Gedanken so hoch auf wie die Vögel,
von denen sie den Namen hat; ein König als Gemahl genügt
ihr nicht mehr, sie will selbst regieren. Der Vergiftung des
Ninus folgt ihre glorreiche Regierung, bis das undankbare
Volk nach Veränderung verlangt und die Thronbesteigung ihres
Sohnes Ninias fordert. Die tiefgekränkte Fürstin zieht sich
in der ersten Aufwallung ganz vom Staatsleben zurück, aber
ihr gewaltiger Geist lässt ihr keine Ruhe, bis sie Ninias —
der ihr täuschend ähnlich sieht — in einen Thurm gesperrt
hat und in männlicher Tracht unter seinem Namen regiert.
26 Pedro Calderon de la Barca.
Abermals yersacM sie jetzt das ScUachtenglück, welches ihr
so oft gelächelt, aber diesmal ereilt sie das Fatmn: Ton Yie-
len Pfeilen tödlich getroffen, beendet sie ihre Heldenlanfbahn.
Vor ihrem Hinscheiden schweben ihr die begang^ien Ver-
brechen Tor: ihre Undankbarkeit gegen den ihrethalben ge-
blendeten Memnon, die Vergiftung ihres Gemahls, der Thron-
raub an ihrem Sohne. Die Stelle ist wahrhaft Shakespearisch.
Semiramis phantasirt, indem sie in ihrem Fiebertraume nach-
einander Menmon, Ninus und Ninias vor sich sieht:
(Zu Memnon.) Nicht ich beraabte dich des Augenlichtes
(Zu Kiniu.) Nicht ich war es, die dir das Gift gegeben
CZa Kinias.) .Und wenn ich dir das Königreich geraubt,
So gebe ich es jetzt schon dir znrück
Yerhisst mich, quält mich nicht, ihr seid gerächt,
Denn ich zerfleische sterbend mir das Herz
Ich war Semiramis, ich war die Tochter
Der Luft, und nun geh' ich in diese auf! (Sie stirbt.)
Ein dramatischer Fehler der gewaltigen Composition liegt
in dem Umstände, dass Semiramis einfach als Kämpfende in
der Schlacht stirbt, also nicht den Folgen ihrer Ver-
brechen zum Opfer fallt Dies hat Virues in seiner „Gkan
SEMntAMis" besser empfunden, indem er die verbrecherische
Mutter durch die Hand des tyrannisirten Sohnes sterben lässt
Richtigerweise haben Virues und Calderon aber die ver-
schiedene Kitastrophe durch die durchaus abweichende Cha-
rakterzeichnung des Ninias vorbereitet. Virues schildert ihn
als das körperliche und geistige Ebenbild der Mutter, Cal-
deron dagegen hebt die körperliche Aehnlichkeit gegen die
moralische Verschiedenheit, den sanften, weibischen Charakter
des Ninias ausdrücklich hervor. Dass im ganzen das Werk
Calderon's demjenigen des Vini6s unendlich überlegen ist,
bedarf nur beiläufig der Erwähnung. — Es verdient noch be-
merkt zu werden, dass Lope de Vega, nach dem Katalog in
„Ell PBBEGBiKO EN SU patbia", ein Drama „La Semiramis'^
verfasst hat. Dieses scheint aber leider verloren zu sein.
„Dablo todo y NO DAB nada" ist die Geschichte Alexan-
der's des Grossen und seiner Geliebten Campaspe, welche er
dem Maler Apelles abtritt. Die Sprache des Stücks geht auf
Stelzen, Apelles trägt Mantel und Degen, und die Handlung
ist so spanisch, dass Alexander recht gut irgendein Alfonso
Pedro Calderon de la Barca. 27
von Castilien sein könnte, welcher seine Leidenschaften durch
Verzicht auf eine von ihm umworbene Dame besiegt. Das
Stück wurde bei Gelegenheit der Geburtsfeierlichkeiten des
Prinzen Felipe Pröspero aufgeführt und enthält eine höchst
geschickte Schmeichelei für dessen Vater Philipp IV. Alexan-
der wird nämlich angeredet:
Hijo del grande Filipo ....
Eso que te digo, haste ^
Pues no Kay que ser mds, que ser
Hijo de Filipo el Grande
„Las armas de la hebmosuba." Der Titel bezeichnet
die Thränen, mit welchen die schöne Veturia ihren Gemahl
Coriolan zur Aufhebung der Belagerung Roms bestimmt, als
„die Waffen der Schönheit". Damit ist auch der Stoff des
Dramas angedeutet. Die Ausführung ist nicht als eine ge-
lungene zu bezeichnen. Die Römer sind gar zu gespreizt
und können die spanische Urheberschaft nicht verleugnen;
die Sprache der wahren Leidenschaft fehlt, und der Schluss,
dass Coriolan den Römern einen billigen Frieden gewährt,
mit dessen Bedingungen auch die Sabiner einverstanden sind,
ist geradezu schwach.
Eine Vorarbeit zu dem eben besprochenen Stücke ist das
von Calderon in Gemeinschaft mit Montalvan und Don An-
tonio Coello verfasste Drama „El pbivilegio de las muje-
BEs". Die Disposition der Handlung hat keine organische
Veränderung erfahren, und Calderon hat nicht allein aus sei-
nem eigenen ersten Acte, sondern sogar auch aus den beiden
Acten seiner Mitarbeiter ganze Stellen — theilweise wörtlich,
theilweise nur wenig verändert — in „Las abmas de la heb-
mosuba" herübergenommen. Nebenbei sei bemerkt, dass die
Acte Montalvan's und Coello's einige auffallend schöne Stel-
len enthalten, welche in Calderon's Drama fehlen. So sagt
in Coello's Act der alte Senator Aurelio zu seinem Sohne
Coriolan :
Mira , / oh jöven imprudente l
que ser de enojo, valiente,
no es dejar de ser cobarde.
Hätte der „grosse" Corneille in irgendeinem seiner Dra-
men diesen Ausspruch gethan, so wäre derselbe von den
28 Pedro Calderon de la Barca.
französischen Kritikern längst in alle Welt hinausposaunt
worden.
Das Schauspiel „El segundo Scipion" ist eher .noch
frostiger als „Las aemas de la hebmosuba". Es wurde zur
Feier eines Geburtstages Karl's IL verfasst und soll offenbar
dem „Segundo Cablos" durch die Andeutung seiner Aehn-
lichkeit mit dem „Segundo Scipion" schmeicheln. Welcher
Unterschied bestand aber zwischen dem römischen Helden
und dem königlichen Schwächling, unter welchem Spanien
dem Untergange zutrieb!
„La gban Cenobia" behandelt die Schicksale der schö-
nen Königin Zenobia von Palmyra und des römischen Kaisers
Aurelian in lobenswerther Weise.
In „La Cisma de Inglatebba" wird uns die Geschichte
Heinrich's VIII. von England und seiner zweiten Gemahlin
Anna Boleyn vorgeführt, selbstverständlich vom spanisch-
katholischen Standpunkte aus. Das Stück ist cultistisch an-
gehaucht und wie ein gewöhnliches Sensations-Familiendrama
behandelt, gänzlich unwürdig des grossen historischen Stoffes.
Höchst charakteristisch ist die jesuitische Reservatio mentalis
der „blutigen" Maria bei der Eidesleistung vor dem Parla-
mente. Nachdem sie sich anfänglich geweigert hat, unter den
ihr gestellten Bedingungen den Schwur als Thronfolgerin an-
zunehmen, empfängt sie ihn schliesslich schweigend, indem
sie beiseite spricht:
„ Yo la recibo sin eUas^', d. i. „Ich nehme ihn (den Schwur)
ohne sie (die Bedingungen) an."
„Gustos t disgustos no son mas que imaginacion"
gründet sich auf die bekannte historische Episode, infolge
deren der Eroberer von Valencia, Don Jayme „el Conquista-
dor", das Licht der Welt erblickte. Die Handlung ist inter-
essant und meisterhaft geführt. Wahrscheinlich ist Calderon
durch Lope de Vega's „Comedia de la beina Mabia" auf
den Stoff aufmerksam geworden, hat aber ein total verschie-
denes Stück geliefert. — Im übrigen ist der Stoff Calderon
jedenfalls auch aus andern Quellen bekannt gewesen; er fin-
det sich in Muntaner's Chronik, in Zurita's „Anales de Ära-
gon^^, in dem damals vielgelesenen Buche des Pedro Mejfa:
„Silva de varia leccion" (Theil III, Kap. 25), in Bandello's
Novellen (II, 43) u. s. w.
Pedro Calderon de la Barca. 29
„Amab despues de LA muerte" ist ein ergreifendes
Drama, aufgebaut auf einer Thatsache, welche Gines Perez
de Hita im zweiten Theile seiner „Guerras civiles de Gra-
nada^^ erzählt. Die Sympathien des Dichters für den kühnen
Mauren sind nur schwach versteckt, und der grosse Stoff hat
ihn offenbar begeistert, wenn auch dessen Behandlung nicht
so gewaltig ist, als man es von einem Calderon hätte erwar-
ten dürfen.
„El sitio de Breda" ist ein Gelegenheitsstück. Es ath-
met schwülstigen Patriotismus, und seine dramatische Anlage
ist — wie bei dem Stoffe kaum anders möglich — gänzlich
verfehlt. Den planvollen Calderon vermisst man vollständig,
und selbst die Damenepisode verläuft ganz im Sande. Der
Dichter hat offenbar auf Bestellung, und wahrscheinlich sehr
flüchtig, gearbeitet.
Ein Guapo-Stück ist „Luis Perez el Gallego", der erste
Theil der Geschichte eines verwegenen galicischen Grenzers.
Die Handlung ist ebenso interessant als moralisch unzulässig,
denn die Geringschätzung menschlichen Lebens, Verachtung
der Obrigkeit und das Triumphiren eines gewaltthätigen Men-
schen über die Gesetze mag den gierig lauschenden Mosque-
teros eher als Ideal, denn als warnendes Beispiel erschienen
sein. Ein Calderon hätte derartige Stoffe Andern überlassen
sollen.
Die uns von Calderon überlieferten mythologischen
Stücke sind hauptsächlich für die Palastvorstellungen bestimmt
gewesen. Dies liegt schon in dem Wesen der Stoffe, welche
dem allgemeinen Publikum ziemlich fremd erscheinen muss-
ten. Ausserdem bedurften dieselben einer Pracht der Aus-
stattung, welche die Volkstheater damals noch nicht aufweisen
konnten. Diese Dramen bildeten durch die eingeschobenen
Musikstücke und Tänze den Uebergang zur Oper, und einige
derselben können geradezu als Melodramen bezeichnet wer-
den. Wo aber dieser Geschmack einreisst, mag die Blütezeit
einer nationalen Dramatik als im Welken angesehen wer-
den. — Von diesen generellen Sätzen zum Speciellem über-
gehend, finden wir, dass die mythologischen Dramen Calde-
ron's ausserordentlich ungleich sind. Einige derselben sind
geschraubt in der Sprache und machen ausserdem den ästhe-
tisch unangenehmen Eindruck, dass der betreffende Götterheld
30 Pedro Calderon de la Barca.
ebenso gut iigendein spanischer Don Diego oder Don Juan,
die Heldin eine Dona Ana oder Dona Beatriz sein könnte.
Hierher gehören:
„Apolo t CiiiMENE" und „Eli hüo dbl Sgl, Faeton",
zwei Dramen, welche organisch zusammenhängen und deren
Inhalt schon aus den Titeln hervorgeht
Ein sonderbarer Mischmasch verschiedener Begebenheiten,
während welcher die Männer mit Mantel und Degen nach
allen Regeln des Duells verfahren, ist „La fteba, el bayo y
LA piEBBA^^ Das Stück dreht sich um einen Streit zwischen
Eros und Anteros und führt uns Zephyr, Anaxarte, Pygma-
lion u. s. w. vor. — Der Merkwürdigkeit halber sei erwähnt,
dass sich in dem bei Gallardo („Ensayo de una bibl. esp.^')
abgedruckten Handschriftenkatalog der Nationalbibliothek zu
Madrid ein Drama gleichen Titels unter dem Namen des
1694 verstorbenen valencianischen Dichters Francisco Figuerola
vorfindet.
Einen Streit zwischen den Anhängern Venus' und Diana's
schildert das Drama „Flnezas contea finezas", welches
ebenfalls unter der Zwitterschaft antiken StoflFes und moder-
ner Behandlung leidet und deshalb weder künstlerisch noch
menschlich grösseres Interesse erwecken kann.
Dagegen darf „Ni Amob se ubba de amob" als eine
gelungene Dramatisirung der Fabel von Amor und Psyche
angesehen werden.
Mit den Thaten des Hercules beschäftigen sich die Stücke
„Fiebas afemina amob" (Hesperiden und Jole) und „Los .
tbes mayobes pbodigios". Letzteres Festspiel wurde in der
„Casa del Campo" auf drei nebeneinander befindlichen Büh-
nen aufgeführt, welche man am Schlüsse vereinigte. Es be-
ginnt mit einer Loa, welche hauptsächlich erklären soll, dass
Jason, Theseus und Hercules ausziehen wollen, um den Cen-
tauren Nessus, den Räuber Dejanira's, aufzusuchen. Der erste
Act, von der Truppe des Tomas Femandez auf der rechts-
seitigen Bühne dargestellt, beschäftigt sich mit Jason, Medea
und dem Raube des goldenen Vliesses; der zweite Act, von
der Truppe des Prado de la Rosa auf dem linksseitigen
Theater aufgeführt, hat das Abenteuer des Theseus mit dem
Minotaurus zum Hauptgegenstande; der dritte Act fiel der
Truppe des Sebastian de Prado auf dem mittlem Podium zu.
Pedro Calderon de la Barca. 31
und führte die Auffindung und den Tod des Nessus durch Her-
cules vor. Nach Vereinigung der drei Gesellschaften und Be-
glückwünschungen der Haupthelden tritt die Schlusskatastrophe
ein. Hercules hat sich von Dejanira auf des verrätherischen
Nessus Rath dessen vergiftetes Hemd anlegen lassen und
stürzt sich, rasend vor Schmerzen, auf einen zum Opfer her-
gerichteten, brennenden Holzstoss, wohin ihm Dejanira folgt,
im Bewusstsein, die Ursache des entsetzlichen Unglücks ge-
wesen zu sein. — Es ist schwierig, sich ein wirkungsvolleres
Ausstattungsstück vorzustellen; der Ort, die Art und Weise
der Aufführung, der schöne Stoff und die getragene Diction
mussten die Zuschauer in ganz ungewöhnlichem Grade fesseln
und entzücken.
„El mönstruo de los jabdines" behandelt die bekannte
Episode der Auffindung des in Frauenkleidem verborgenen
Achilles durch Ulysses. Wer sich das klarste Beispiel des
Unterschieds der Lope- und Calderon-Periode vor Augen füh-
ren will, lese dieses Stück gegen Tirso de Molina's „El
Aquiles".
Ein reizendes Drama ist „El mator encanto amoe".
Ulysses wird von einem Sturme auf die Insel Trinacria (Si-
cilien) verschlagen. Seine zuerst landenden Gefährten werden
von der Zauberin Circo in Thiere verwandelt, er selbst aber
widersteht ihrer Magie mit Hülfe Juno's und zwingt Circo,
auch seinen Genossen die menschliche Gestalt wiederzugeben.
War der schlaue Grieche indessen gegen die Magie des ver-
führerischen Weibes gefeit, so besiegt, ihn jetzt ihre Schön-
heit. Er versinkt in ein träumerisches Liebesdasein, bis ihn
«ine Erscheinung Achill's und die Kriegstrompete zum Be-
wusstsein seiner Pflicht führen. Er flieht auf sein Schiff, Circe
erregt einen Seesturm, die Wogen sprühen Flammen, aber
Galathea auf einem Triumphgefährt, von zwei Delphinen ge-
zogen, umgeben von musicirenden Tritonen und Sirenen, er-
scheint und stillt den Aufruhr der Fluten. Circe geräth ausser
sich, verwünscht ihre magischen Schöpfungen, ihr Zauberpalast
versinkt, und an dessen Stelle steigt der flammenspeiende
Aetna auf. Ein Ballet von Tritonen und Sirenen bildete den
Schluss. — Wie aus der Angabe am Anfange des Dramas
hervorgeht, wurde dasselbe auf den Teichen des Buen Retiro-
Parkes aufgeführt; es sind demnach diese Wasserbehälter
32 Pedro Calderon de la Barca.
ZU der Vorstellung des Meeres mit Schiff und Seesturm heran-
gezogen worden, ein Beweis, wie grossartig diese dramatischen
Festlichkeiten verliefen.
„La estatua de Pkometeo" ist ein bedeutungsvolles^
Festspiel mit Recitativen und Gesängen, welches oft nahe an
die Oper streift.
„Eco Y Nabciso", „Fobtunas de Andbömeda y Pebseo'^
und „Celos aön del aibe matan" (Cöfalo y Pocris) sind
weniger bedeutende Dramen. Letzteres wird als „fiesta can-
tada" bezeichnet, hat grossen scenischen Apparat und mag
der heutigen Oper sehr nahe gekommen sein.
Das Gleiche lässt sich von den als „Zarzuelas" bezeich-
neten Festspielen „El laubel de Apolo" (Geschichte ApoUo's
und Daphne's) und „La piJbpuba de la bosa" (Tod des Adonis)
sagen. Der Unterschied zwischen diesen Zarzuelas und der
letztbesprochenen Comödie liegt eigentlich nur darin, dass die
Comödie wie gewöhnlich drei Acte hat, während „El laubel.
DE Apolo" nur aus zwei Acten, „La pubpuba de la bosa"
sogar nur aus einem Acte besteht. Ln „Laubel de Apolo'^
sagt der Dichter selbst, seine Production sei „keine Comödie,.
sondern nur eine kleine Fabel, in welcher in Nachahmung
Italiens gesungen und gespielt werde".
Das Stück „El goleo de las Sibenas" bezeichnet der
Dichter als Fischer-Ekloge. Es behandelt die Durchfahrt des
Ulysses zwischen Scylla und Charybdis und gleicht den Zar-
zuelas auf ein Haar. Am Schlüsse hat es jedoch eine „Moji-
ganga", ein possenhaftes Stückchen in der Art der Entre-
meses, mit Gesang und Tanz. So ausgelassen lustig dasselbe
ist, so darf Calderon's einzige, aber ganz köstliche Burleske:
„Ceealo y Pocbis" demselben würdig an die Seite ge-
stellt werden. Dieselbe wurde zu Fastnacht im Palaste auf-
geführt und mag selbst dem steifen spanischen Monarchen
ein Lächeln abgelockt haben.
Romanhafter und novellesker Art sind folgende Dramen :.
„DuELOs DE AMOB Y LEALTAD." Diosos Stück behan-
delt eine Episode aus Alexander's des Grossen Orientzug,
die Eroberung von Tyrus. Es hat indessen weder eine inter-
essante Handlung, noch gut gezeichnete Charaktere und ist
in der Sprache ein unangenehmes Beispiel von Calderon's.
geschraubter Manier.
Pedro Calderon de la Barca. 33
„El castillo de Lindabbidis" und „La puente de
Mantible" sind dem Ritterromane „El caballero del FeW
imd der „Historia de Carlo Magno" entnommen. Die Diction
beider Dramen ist hochtrabend und cultistisch, passt aber
gerade deshalb zu dem innerlich unwahren, hohlen, aufge-
bauschten Stoffe. Als Schaustücke haben dieselben indessen
wohl grosse Wirkimg erzielt und mögen — mit den Ritter-
stücken von Montalvan, dem „Conde Pabtinuples" von Dona
Ana Caro und andern ihrer Art — immerhin als Beweis die-
nen, dass der „Don Quijote" die Liebhaberei für das Ritter-
wesen nicht ganz mit der Wurzel ausrotten konnte.
„Abgenis t Poliabco" und „Aubistela y Lisidante'^
sind zwei gänzlich uninteressante, wenn auch höchst aben-
teuerliche Stücke. Im zweiten findet sich folgender Ausfall
auf die Anachronismen- Auf spürer:
Senor critico, chiton,
que nadw quittty que en Grecia
haya ,, Vegas ^^ y „Betiros^^.
„Abgenis t Poliabco" ist dem lateinischen Romane des
J. Barclay, „Argenis", entlehnt, welcher in einem Jahre —
1626 — am gleichen Orte — Madrid — in zwei verschiedenen
castilianischen Uebersetzungen erschien, die eine von Gabriel
de Corral (nicht Gabriel Con*ea, wie Schack und Hartzen-
busch schreiben), die andere von J. Pellicer de Salas y Tovar.
„El conde Lucanob", ein effectvoUes, wenn auch ge-
schraubtes Stück, enthält mehrere Situationen aus der 25. Er-
zählung des Don Juan Manuel'schen „El Conde Lucanob",
welche auch Lope de Vega in seiner Comödie „La pobbeza
estimada" verwerthet hat.
„Hado t divisa de Leönido y de Mabfisa" und „El jab-
DiN DE FALEBiNA"(aus Bojardo's „Orlando innamorato") basiren
auf der unbekannten Herkunft zweier Geschwister und erhal-
ten ihren dramatischen Werth hauptsächlich durch Bühnen-
effecte und pomphafte Sprache. „El jabdin de Falebina" ist
eine Zarzuela in zwei Acten. Lope de Vega hat eine, wahr-
scheinlich verloren gegangene Comödie gleichen Titels verfasst.
Die Reihe dieser Stücke schliesst „Los hijos de la egb-
tuna" (Teägenes y Cariclea), ein ebenso ungeniessbares Schau-
spiel als das gleichnamige von Montalvan. Ueberladene Hand-
lung und theilweise bombastische, theilweise pedantische
Schiffer. II. j 3
34 Pedro Calderon de la Barca.
Sprache wirken für den Leser wahrhaft abschreckend. Die
Quelle der beiden Stücke, die Aethiopika des Heliodor, war im
sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert in Spanien sehr be-
kannt; Uebertragungen ins Castilianische (theils nach fran-
zösischen, theils nach lateinischen Uebersetzungen des Original-
werks) erschienen schon 1554 zu Antwerpen, 1587 zu Alcalä
de Henares, 1614 zu Barcelona, 1615 zu Madrid u. s. w.
Gehen wir zu den Dramen allgemeinerer Art über,
so fällt uns zuerst das vielbewunderte Schauspiel:
„La vida es Sueno" in die Augen. Der Stoff ist wahr-
scheinlich von Calderon's eigener Erfindung. Wir sagen „wahr-
scheinlich", denn solange uns noch 1500 Dramen Lope de
Vega's fehlen, ist eine bestimmte Behauptung dieser Art
eine gewagte Sache. Dass die Grundidee bei Marco Polo,
Boccaccio, in „1001 Nacht" u. s. w. vorkommt, ändert nichts
an dieser Ansicht, denn ein so weit verzweigter Gedanke ist
eben das Eigenthum Aller, und die Originalität liegt in der
Ausführung desselben.
Was nun Calderon's Arbeit angeht, so lässt dieselbe
manches zu wünschen übrig, denn die Sprache ist oft recht
verderbt und schwülstig. Ebenso ist die ganze Episode Ro-
saura's an den Haaren herbeigezogen, und die Schlusskata-
strophe erinnert bedenklich an Guillem de Castro's „La justi-
ciA EN LA piedad". AUes dies soll jedoch nicht gesagt sein,
um den Werth des schönen Dramas herabzusetzen, wohl aber,
um die — in solchem Grade unberechtigte — deutsche
Schwärmerei für gerade dieses Stück auf das richtige Maass
zurückzuführen. Die vorzügliche Disposition der Handlung
verdient, wie meistentheils bei Calderon, unbedingtes Lob,
ebenso die philosophische Behandlung des Grundgedankens
und der Nebenidee, dass der weiseste Mensch — wie
König Basilio — durch verkehrte Maassregeln das von ihm
vorausgesehene Uebel nicht allein nicht verhindern, sondern
in verschlimmerter Weise auf sein Haupt herabziehen könne. —
Der Inhalt soll, nach dem Gesagten, nur kurz skizzirt werden.
König Basilio von Polen hat seinen Sohn Segismundo in einem
Thurme erziehen lassen, da er bei der Stellung von dessen
Horoskop herausgefunden hat, derselbe werde nicht allein ein
äusserst schlechter Herrscher werden, sondern auch seinen
Fuss auf des Vaters Nacken setzen. Bevor er indessen sei-
Pedro Calderon de la Barca. 35
nen Neffen Astolfo und seine Nichte Estrella zu Thronfolgern
■erklärt, will er einen Versuch mit Segismundo machen, lässt
•denselben nach Verabreichung eines Schlaftrunks in den Pa-
last bringen und als Königssohn erwachen. Wie aber nach
«einer verkehrten Erziehung nicht anders zu erwarten, be-
nimmt sich Segismundo wie ein wildes Thier, wirft einen ihm
widersprechenden Höfling über den Balkon, macht an einer
Dame — Rosaura — einen Gewaltversuch und begegnet selbst
seinem Vater mit der höchsten Respectlosigkeit. Der König
lässt ihn nun abermals betäuben und in seinen Kerker zu-
rückbringen, während Astolfo zum Thronfolger proclamirt
wird. Hiermit gibt sich jedoch das Volk nicht zufrieden, be-
freit Segismundo und stürzt den alten König. Nun aber er-
innert sich der Prinz seiner frühem Erhebung, die ihm als
Traum dargestellt worden ist, und bezwingt seine thierischen
Neigungen, fürchtend, seine jetzige Thronbesteigung könne
sich ebenfalls als Traum erweisen. Er ehrt seinen Vater,
reicht Estrella die Hand und veranlasstfAstolfo, sich mit Ro-
saura, der natürlichen Tochter seines Erziehers Clotaldo, zu
vermählen, welche, von Astolfo in Moskau verführt und ver-
lassen, ihm nach Polen gefolgt war.
Der Gedanke, dass das Leben ein Traum sei, wird in
verschiedener Form in „En estaTvida todo es veedad y
TODO mentiea" wiederholt. Hier wird der junge Heraklius,
der im Walde heimlich erzogene Sohn des von dem Tyrannen
Phokas getödteten Kaisers Mauritius von Konstantinopel, durch
die Künste eines Magiers vollständig in seinen Begriffen ver-
wirrt, was im Leben Wahrheit oder Vorspiegelung sei. Wie
Segismundo, sieht er sich erst in Fellkleidung, dann durch
des Magiers Kunst als Prinz, alsdann wieder in seiner ersten
Tracht, schliesslich aber als wirklicher Fürst. Die Lehre,
welche er sich daraus zieht, ist diejenige Segismundo's, jedoch
ermangelt sie des gleichen philosophisch klaren Ausdrucks.
Im übrigen wird hier alles, was in „La vida es sueno" auf
natürliche Weise geschieht, mit übernatürlichen Mitteln
herbeigeführt, und schon dies allein vermindert den Werth des
ohnehin buntscheckigen Dramas. Es lohnt sich daher kaum,
auf die weitschweifigen Controversen einiger Kritiker (auf
spanischer Seite hauptsächlich Garcfa de la Huerta und
Hartzenbusch, auf französischer Viguier und Philarete Chasles)
3*
36 Pedro Calderon de la Barca.
einzugehen, ob Calderon dem „Heraclius" des Corneille ge-
folgt ist, oder umgekehrt. Nach dem Verfahren Corneille'»
im Falle des „Cid" und des „Mentetje", sowie den triftigem
Beweisgründen auf spanischer Seite, ist allerdings letztere
Annahme die wahrscheinlichere.
Von bedeutender, echt dramatischer Wirkung ist da»
Charakterschauspiel „El Alcalde de Zalamea" (El garrote
mäs bien dado), dessen Inhalt, kurz gefasst, etwa folgender
ist. Eine Compagnie des flandrischen Veteranenregiments
unter dem Befehle Don Lope de Figueroa's wird auf dem
Marsche nach Portugal in dem Städtchen Zalamea einquartiert.
Der Hauptmann Don Alvaro de Ataide wohnt in dem Hause
des reichen Bauern Pedro Crespo, welcher seine schöne Toch-
ter Isabel in einem entlegenen Gemache untergebracht hat, um
sie den lüsternen Blicken der Soldateska zu entziehen. Don
Alvaro aber hat bereits von der lieblichen Bauerntochter gehört^
und die Vorsicht ihres Vaters stachelt seine Neugier derart,
dass er nach Abrede mit einem schurkischen Soldaten, ReboUedo,
denselben in anscheinender Wuth mit gezogenem Degen bis
in die letzten Winkel des Hauses verfolgt. Die List gelingt,
Isabel zeigt sich bei dem Lärm, bittet in ihrer Unschuld um
Begnadigung ReboUedo's und entflammt das entzündbare Herz,
des Offiziers in schuldbarer Liebe. Pedro Crespo argwöhnt
die Wahrheit, und als Don Lope de Figueroa ankommt, wird
dieselbe durch das Bekenntniss EeboUedo's klar gestellt. Don
Lope, um weiterm Schaden vorzubeugen, quartiert sich selbst
bei Pedro Crespo ein und befiehlt dem Hauptmann, noch im
Laufe des Tages mit seiner Compagnie abzumarschiren. Alles
dies, sowie der Widerstand Isabel's gegen seine Liebes-
bemühungen, dient nur dazu, die Begierden des verblendeten
Offiziers noch heftiger zu entflammen; kurz nach dem Ab-
marsch seiner Truppe raubt er die Spröde und entehrt sie
in einem nahe gelegenen Walde. Pedro Crespo, welcher ihm
gefolgt ist, wird an einen Baum gebunden, aber dessen Sohn
Juan ist glücklicher, denn er verwundet den Hauptmann der-
art, dass dieser -zur Verpflegung nach Zalamea zurückgebracht
werden muss. Hier geräth er in die Höhle des Löwen, denn
Pedro Crespo ist unterdessen Bürgermeister geworden und
lässt den Verwundeten sofort verhaften. Nachdem er ihn ver-
geblich auf den Knien gebeten hat, die Ehre Isabel's durch.
j
Pedro Calderon de la Barca. 37
Vermählung mit derselben wiederherzustellen und dagegen
sein ganzes Vermögen anzunehmen, kehrt er die rauhe Seite
heraus. Er lässt dem Hauptmanne, trotz dessen berechtigten
Begehrens der Verweisung vor ein Kriegsgericht, den Process
machen und ihn im Gefängniss erdrosseln. Diese Eigen-
mächtigkeit hätte sich bei Rückkunft Don Lope de Figueroa's
schwer gerächt, wenn nicht König Philipp 11. im richtigen
Augenblicke seine Erscheinung gemacht und dem helden-
müthigen, tiefgekränkten Bürgermeister nach Durchsicht der
Processacten verziehen hätte.
Schon nach dieser kurzen Skizze lässt sich beurtheilen,
wie interessant die Handlung ist, wie energisch und logisch
dieselbe fortschreitet. Was aber gesehen oder beim Lesen
empfunden werden muss, ist die unerreichte Zusanmienstel-
lung scharf gezeichneter Charaktere, deren Wechselwirkung
aufeinander und der farbenprächtige Hintergrund, auf welchem
sich dieselben abheben. Pedro Crespo in seiner Eigenmäch-
tigkeit, seinem schroffen Auftreten gegen den gleich eckigen
Don Lope de Figueroa, ist ebenso sehr der Typus des ein
Amt bekleidenden, seines Werthes sich bewussten Bauern, als
•er in seinem anfänglich demüthigen Benehmen gegen den
Hauptmann dessen überlegene sociale Stellung anzuerkennen
bereit ist, bis dessen schroffes Ablehnen ihn wieder trotzig
Mensch gegen Mensch demselben gegenüberstellt. Der Haupt-
mann ist in seiner soldatischen Rücksichtslosigkeit vortrefflich
gezeichnet, ebenso die köstliche Lustspielfigur des sein rheu-
matisches Bein verfluchenden, hartköpfigen Don Lope de Fi-
gueroa, welche beide indessen dem zähen, kühnen Bauern
nicht gewachsen sind. Der schuftige Soldat ReboUedo und
die lustige Marketenderin Chispa, der hungernde, aber bis
zum Grössenwahnsinn eingebildete Hidalgo Mendo — der
Gegensatz zu dem reichen Bauern — füllen den Rahmen
würdig aus. Den Hintergrund bildet das tolle Treiben der
Soldaten auf dem Marsche, die Gaunerlieder der Chispa,
während der Nacht das Ständchen des Hauptmanns vor Isa-
bel's Fenster, welches mit blutigen Köpfen endigt, schliesslich
das schroffe Gegenübertreten der militärischen und bürger-
lichen Jurisdiction, welches erst durch das Machtwort des
absoluten Königs eine Lösung findet. Nimmt man dazu die
energische, nur an wenigen Stellen von Cultismo befleckte
38 Pedro Calderon de la Barca.
Sprache, so wird man unserer günstigen Beurtheilung des
Dramas gewiss beistimmen. Der Dichter versichert am Schlüsse^
es sei auf eine wahre Begebenheit gegründet, und es ist aller-
dings wahrscheinlich, dass
Lope de Vega in seinem Drama „El ALCAiiDE de
ZaijAmea" — dem Vorbilde des Calderon'schen — eine Volks-
überlieferung benutzt hat. Lope's Stück, dessen sehr er-
wünschte Neuveröflfentlichung wir Herrn Max Krenkel (im
dritten Bande seiner verdienstvollen Publicationen „Classische
Bühnendichtungen der Spanier") verdanken, zeigt, dass das
Aufgreifen des eminent dramatischen Stoffs und die Schöpfung
der so wirkungsvollen Hauptfigur — Pedro Crespo — , wie iu
so vielen Fällen, bei dem Altmeister der spanischen National-
comödie zu suchen, dass aber Calderon's Nachbildung nicht —
wie bei „El medico de su honea" — eine blosse Ueber-
arbeitung, sondern eine Neuschöpfung auf gegebener Basis
ist, die ihr Vorbild an dramatischer Vertiefung weit über-
triflft. Pedro Crespo — allerdings der Hauptheld — ist der
einzige Charakter des Lope'schen Stücks, den Calderon aus-
giebig verwerthet hat; der Lope'sche Don Lope de Figueroa
ist nur ein schwaches Schattenbild im Vergleich mit der sorg-
fältig ausgemalten Figur Calderon's, und Don Mendo, der so
charakteristische Contrast zu Pedro Crespo, fehlt bei Lope
ganz. Die zwei verführenden Hauptleute und die zwei ver-
leiteten Töchter des Alcalden bei Lope hat Calderon mit
künstlerischem Takt in je eine Figur zusammengezogen, hier-
durch das dramatische Interesse concentrirt und an Stelle der
beiden mit ihrem Willen verführten Bauemmädchen eine nur
durch physische Gewalt besiegte Heldin gesetzt. Die Calde-
ron von der Kritik als Verschlechterung angerechnete Aen-
derung, dass er Crespo (der bei Lope von Anfang an Alcalde
ist) erst nach dem erlittenen Unrecht Alcalde werden lässt^
wodurch die von ihm geübte Gerechtigkeit den Anschein der
Privatrache erhält, ist nach unserm Dafürhalten eine höchst
wirkungsvolle dramatische Verbesserung. Der Zuschauer,,
welcher vorher weiss, dass der Beleidigte die höchste obrig-
keitliche Person^ in Zalamea ist, wird eine Bestrafung der
Uebelthäter mit ziemlichem Gleichmuth und annähernder
Sicherheit erwarten. Sieht er dagegen, wie eine ehrenwerthe
Privatperson niedem Standes von einem mit militärischer
Pedro Calderon de la Barca. 39
Gewalt ausgerüsteten Edelmanne beschimpft, und wie dann
dem Gekränkten im Augenblicke seiner höchsten, ohnmäch-
tigen Verzweiflung vom Schicksal selbst das Richtschwert
det Gerechtigkeit in die Hand gedrückt wird, so muss ihm
dies augenscheinlich als die höhere Eingebung in poetischem,
wenn auch nicht in nüchtern moralischem oder juristischem
Sinne erscheinen. Das Verletzende, was der Veränderung
Calderon's nach obiger Folgerung noch anhaften könnte, wird
dadurch auf ein Minimum reducirt, dass die Vergewaltigung
der standhaften, edeldenkenden Isabela ein ganz anderes Ver-
brechen ist, als die einfache Verführung der leichtgläubigen
Lope'schen Bauemmädchen , denen die Offiziersröcke ihrer
Verehrer den Kopf verdreht haben. — Noch ist zu erwähnen,
dass der Zwiespalt der militärischen und bürgerlichen Ge-
richtsbarkeit, welcher bei Calderon ein so wirksames drama-
tisches Moment ist, bei Lope nur angedeutet wird. Das Stück
Lope's ist überhaupt, wenigstens in der Form, in welcher
es auf uns gekommen ist, ein recht schwaches. Das
Hauptverdienst des Dichters besteht in dem poetischen In-
stinct, einen wirkungsvollen Stoff aufgegriffen und durch die
Charakterfigur des Pedro Crespo zu poetischer Verwerthung
gebracht zu haben ; im übrigen ist die Flüchtigkeit der Mache
recht auffällig, und selbst Lope's sonstiger Vorzug in ähnlichen
Fällen, die idiomatische, fliessende Diction ist kaum zu ent-
decken. Schon Hartzenbusch hat deshalb bemerkt, dass viele
Stellen iln zweiten und dritten Acte die Feder Lope's durchaus
vermissen lassen und wohl einem Ueberarbeiter angehören
könnten. Wir möchten darin noch weiter gehen und von dem
ganzen Stücke annehmen, dass von Lope wenig mehr als Er-
findung und Combination der auf einer Volksüberlieferung
beruhenden Handlung, sowie die Charakterschöpfung des Pe-
dro Crespo herrühren dürften.
„Sabeb DEL MAL Y DEL bien" scWldert uus die Freund-
schaft des aus Portugal geflüchteten Don Alvaro de Viseo mit
dem in Castilien allmächtigen Grafen Don Pedro de Lara und
die damit verknüpften Wandlungen menschlichen Glücks. Die
Handlung besteht aus zusammengeflickten Reminiscenzen, die
Sprache leidet an Schwulst.
Aehnliches lässt sich von „Un castigo en tres vengan-
ZAs" sagen. Es behandelt die Verrätherei eines Günstlings
40 Pedro Calderon de la Barca.
und dessen Bestrafung. Die Handlung gleicht entschieden
derjenigen vieler Durchschnittsstücke Lope's und mag (ebenso
wie Diamante's ähnliches Drama „Cuanto mienten los in-
Dicios") einem derselben entnommen sein.
„La NINA DE GoMEz Aeias" beruht auf derselben rüh-
renden Begebenheit, welche Luis Velez de Guevara seinem
gleichbetitelten Drama zu Grunde gelegt hat. Obgleich es
zweifellos erscheint, dass Calderon das Stück seines Vorgän-
gers benutzt hat, so ist dies doch in einer Weise geschehen,
welche den Vorwurf einer Aneignung fremden Eigenthums
beinahe ausschliesst. Aus der lose zusammenhängenden Hand-
lung des Luis Velez ist ein in fast allen Umständen neu er-
fundenes, in sich geschlossenes Meisterwerk geworden, und
eine Vergleichung beider Stücke erscheint deshalb sehr lehr-
reich. Hier genüge es, zu bemerken, dass Luis Velez den
Knoten durch Begnadigung des Gomez Arias seitens Königin
Isabella's löst, während Calderon die Schandthat des Ver-
räthers richtigerer Weise mit dem Tode bestrafen lässt.
„Lances de amob t foetuna" ist, was durchsichtig
klare, folgerichtige Handlung betriflFt, ein Meisterstück. Der
Stoff selbst ist jedoch der abgebrauchte von verkannten Dien-
sten, und die Diction ist nichts weniger als rein.
„Amoe, honoe y podee" ist auch unter dem Titel „In-
DUSTEiAS coNTEA EL podee" (auch „La iudustria contra el po-
der") unter dem Namen Lope de Vega's gedruckt. Der drama-
tischen Fabel nach — Bestürmung der Tugend einer edeln Dame
durch einen König — könnte das Stück wohl von Lope sein, aber
die ganze Art und Weise der Composition und Diction schliesst
diese Annahme vollständig aus. Li äusserlicher Beziehung ist
auch der Umstand entscheidend, dass Vera Tassis das Stück
unter obigem Titel „Amoe, honoe t podee" in seine Calderon-
Ausgabe aufgenommen hat, obgleich er merkwürdigerweise in
seiner Liste der Pseudo-Calderon'schen Dramen „Indtjsteias
CONTEA EL podee" anführt. Wahrscheinlich hat Calderon ein
Stück dieses Titels von Lope umgearbeitet und seiner Arbeit
officiell einen veränderten Titel gegeben, obgleich sie auch von
einem piratischen Verleger unter dem alten Titel gedruckt wor-
den ist. — Dass Calderon zu dem Stücke die Novelle 37 (nicht
38) des zweiten Theils der Bandello'schen Novellensammlung
benutzt habe, wie Herr von Schack vermuthet, scheint ange-
Pedro Calderon de la Barca. 41
sichts der grossen Verschiedenheit beider Werke durchaus
unwahrscheinlich, abgesehen davon, dass selbst im zutreffenden
Falle dem Dichter das Material in Diego de Agreda's 1620
zuerst gedruckter Novelle „Eduarde rey de InglcUerra^^ (einer
Wiederbearbeitung der Bandello'schen) bedeutend näher ge-
legen hätte.
„Afectos de odio y AMOR." Nicht weil das Stück ein
gutes ist, sondern um dem Leser zu zeigen, wie die Sucht
nach neuer Erfindung auf die verkehrtesten Wege führte, soll
der Inhalt dieses Dramas kurz angegeben werden. Casimiro,
Purst von Russland, hat in einer Schlacht den Kaiser von
Suevien (!) getödtet und sich gleichzeitig in dessen Tochter
imd Thronerbin Christine, eine Amazone und Männerveräch-
terin, verliebt. Von dieser Leidenschaft getrieben, stellt er
sich, als armer Soldat verkleidet, Christine in dem Kriege
gegen sein eigenes Reich Russland zur Verfügung und
bringt ihr seine Schwester und deren Gemahl als Gefangene
ein. Trotz dieser Dienste tritt er nicht aus seinem Incognito
heraus, bis er durch ein Cartell des Feldherrn Christinens
zum Zweikampf gefordert wird. Jetzt aber muss er sich er-
klären, und Christine reicht ihm nach langem Kampfe zwi-
schen Hass und Liebe die Hand. — Ganz in der Manier der
Ritterromane werden hier die natürlichsten Gefühle so ver-
dreht, dass sie in jedes vernünftigen Menschen Augen zu Ver-
brechen werden. Oder gibt es irgendeine Entschuldigung
für einen Fürsten, einen „pater patriae", welcher gegen sein
eigenes Reich kämpft, um es für dessen Feinde zu er-
obern? — Ticknor hat hinter der Christine dieses Schauspiels
die gleichnamige Königin von Schweden gesucht, aber in die-
sem Falle wäre die Geschichtsentstellung selbst für einen alt-
spanischen Dramatiker etwas gar zu ungeheuerlich.
„Amado y aborrecido" ist ein Stück ohne Interesse und
mit höchst schwächlichem Schlüsse; auch eine ungeschickte
Göttermaschinerie vermag unsere Theilnahme nicht zu erhöhen.
Ebenso können „Basta callar", „Agradeceb y no
amae", „Mujeb, lloea y venceeas" und „Los tees afectos
DE amoe" als Dutzendwaare unsers Dichters angesehen wer-
den. Das letztgenannte Stück wird schon dadurch genügend
charakterisirt, dass die Prinzessin Rosarda von Cypem den-
jenigen ihrer drei Anbeter wählt, welcher bei einem durch
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T-^aiii^r lar^LiieüiL. nur '};il«L t-^l^^ ximz '^imii'is^ ini iea.
V irtitX Z»»a r-^'tr». jh ♦Hiiai)eiL Z«'a * V^i nim n ju}e z»^ieii
-ieiii jei<'nTii>ff i^iiiim LeiL IST iii>-?*ir ^<*x ilZt im iiif üfeaer
TnrL<?^ iiL 'virL i^}er mrr!i ins ZajTis.aenk'mmeii te<
'iiii'^«Lii*ä.e!i 5j.i:r*^r^ Aori V. t m ^:^Lt^^!:m aJii*^iiüIr-ML Du
*^r ;e*D>#'h. ann. Lern 5r*iiiL:':iieii [ie Trsiriie Les Str^ir^ -jiBta-
'i;ir^^ 3ms-*. '}Lr:^ "tr in ^ieniLieirji. ::im Leu lutii Leu »>«e-
-»erzi^ x^r^rr^-M »ffenniL-iLeii Z"v^iiini;]c i^^s^n Z«ja >eraim»>
in. leTijr^n. Zie^ miL?? De^viZiir: 'v-frLeü. tiliL iüs Gvcres-
i^^r.i^iir ±n[er mr-rr Zariilrmii £r.s-?ea »>e^riaij:»f< ^an. ti-
ai:r*-^!i te^ Slim^re-* ±':er ^^:z± -L^fr BLii^^er ^men Z'-üieneii
"•^.il". inm Zr^'j'iiea. Ler Eeeacunn;! ierxir:j!:. -^rkLlrt ^etce-
Aimpea rir •^•ir--^i±uifi -«^'iir^ffrc i"?er -?* o et L^rm Fi;:<t xil ebi
r:?'*'''* zur Aifj.e':iiiLir Le< ':iir*?ar'-s:ii»t!L ».'-ronii.'iifw Z'«'cl •-^?-
7 aim.<:*i FTi- q- -vtt'L a«:«'i Liiir:i v'il<cla.«I:.L: ien*f'5vrZt. Llss
ter Efiner znr Scr-Ze i.mir:. w-eL'.'ier iie I^^tlis-T^rj ol *re--
^ajii-ra iir. Vj rüa'^ -^-jrl Le rrin r»'a F'r'Lrv^w — lus
j^ir^.eitet:, Le 5^r*i.iLe vti^ air veoiiie •:uI':L<CL^:ie Scii''a~
j.rti.'rer'^iieü i:Lf. tzjI Le LJiirii*:er:eL':ii2.'izj£ T«erL»fC: Loo^
L'e '^'leZe. TTr'Viie «ljZ«Lrr:cL reurrzte. iisc viie Zweifel
P, ie SlZ.'i-:'' iZ* ^H'.*r r- - f-*; Emy*ir:d r C'.r .< *'"•. La
'v-;lt!.ieT i^r V:rfj.Z in XL E^i'^Le. i >. ^ A~i.s^'i.ce v.d Fim-
-j'yxjx V:^'A, 7^,Zrr, zz, ix^fürL^i •iir^'r^CcZ": wirL Cil-ieroQ
-Vtr. ^:n irrti '^r, r zu T^rn:e:t!i iz«i uz ,5:1 ec:-':ii iri:i:drLS*::iea
A>i*^ ':L*-i»*: zTi 'i.'iur-rü. Z^zzt^:il::i r*fi ATD.lTrj:rL:;t£i vc-r-
Pedro Calderon de la Barca. 43
genommen. In erster Linie setzte er als Ursache des ur-
sprünglichen Duells zwischen Torrellas und Ansa, statt des
geschichtlichen Wortwechsels beim Ballspiel, die erwähnte
Eifersuchtsverwickelung ; in zweiter Reihe liess er die Gegner
sich am Schlüsse versöhnen, während dieselben, der Ge-
schichte nach, diese Versöhnung in den Schranken so hart-
näckig verweigerten, dass Karl V. sie längere Zeit in ver-
schiedene Festungen einschliessen musste. Für die ausführ-
liche Schilderung der Ceremonien bei dem Gottesgerichte ist
Calderon seiner Quelle stark verpflichtet.
„Amigo, amante y leal." Hier haben wir einen jener
bei den Spaniern so beliebten Conflicte zwischen Freundschaft,
Liebe und Loyalität. Derselbe wird dadurch hervorgerufen,
dass Don Felix Colonna, dessen Fürst (der Herzog von Parma)
\mi dessen Freund (Don Arias) die gleiche Dame lieben.
Don Felix, als begünstigter Liebhaber, löst den Knoten auf die
für seine Geliebte höchst unschmeichelhafte Weise, dass er die-
selbe erst dem Fürsten, dann dem Freunde anbietet, mit dem
Hintergedanken, sich zu tödten, falls einer derselben sein Opfer
annehme. Beide wollen sich indessen von Don Felix nicht an
Grossmuth übertreffen lassen, und so gelangt er mit der Ein-
willigung seiner Nebenbuhler in den Besitz der Geliebten. —
Das Stück ist hübsch disponirt und in guter Sprache abgefasst;
es stellt sich als eins der frühem Werke des Dichters dar.
„Dar tiempo al tiempo" ist eins jener Lustspiele, welche
die gewöhnlichen Verwickelungsmittel, wie Wechseln einer
Wohnung, Nothlügen u. s. w. anwenden, in lebendiger, unaflfec-
tirter Sprache geschrieben sind, aber auf Charakterzeichnung
keinen Anspruch machen.
„No HAT cosA coMO CALL AB " behandelt den hässlichen
Vorwurf des Ehrenraubs an einer Dame, welcher indessen
schliesslich durch Vermählung gesühnt wird. Hier finden wir
auch die mehrfach benutzte Episode, wie der Ehrenräuber
sein Abenteuer unwissentlicherweise dem begünstigten Lieb-,
haber der beschimpften Dame erzählt.
In „FuEGO DE Dios EN EL QTTEEER bien" begegnet uns
eine Intrigantin vom Schlage der Damen Tirso's, welche sich
durch Ränke einen Bräutigam verschafft. Die Handlung ist
frisch und lebhaft, aber einige der vorausgesetzten Zufällig-
keiten sind gar zu ungeheuerlich.
44 Pedro Calderon de la Barca.
Das Gleiche gilt von „Manana seba otbo dia". Das Stück
ist noch dadurch bemerkenswerth, dass gegen die (mit wenigen
Ausnahmen) herrschende Gepflogenheit der spanischen National-
comödie, nicht sämmtliche Personen am Schlüsse erscheinen,
was der Dichter durch den Mund des Graciosos entschuldigt.
„^CUAL ES MATOB PEBFECCION, HEBMQSUBA Ö DISCBECION?"
behandelt den Zwiespalt der Gefühle eines jungen CabaUeros
zwischen der Bewunderung für eine einfältige Schönheit und
eine geistreiche, aber nicht gerade schöne Dame. Richtiger-
weise trägt letztere den Sieg davon.
„De üna causa dos efectos" ist ein Versuch psycho-
logischer Behandlung der dramatischen Fabel. — Der Herzog
von Mailand, welcher mit dem Herzog von Mantua in bestän-
diger Fehde gelebt hat, bietet letzterm behufs endlicher Aus-
söhnung die Hand seiner Tochter Diana für einen der man-
tuanischen Prinzen, Carlos oder Fadrique, an. Carlos ist dem
Studium, Fadrique dagegen nur thörichten Streichen zugethan.
Beide wünschen lebhaft, den Vorzug bei Diana zu erhalten;
Carlos, weil er sich früher bei einem Turnier, dem er in-
cognito beigewohnt, in sie verliebt und Gegenliebe gefunden
hat, Fadrique dagegen aus Neid und Nachahmungssucht.
Beide kommen nach Mailand, um Diana's entscheidende
Stimme zu erlangen. Deren Wahl würde unbedingt so-
gleich auf den klugen Carlos fallen, wenn nicht Fadrique
im Gespräche das Motto seines Bruders in dem oben-
erwähnten Turniere einfliessen Hesse und auf diese Weise
Diana auf den Gedanken brächte, er Sei der geliebte unbe-
kannte Ritter gewesen. Sie schwankt nun lange zwischen
Neigung und Vernunft. Als sie endlich aus Fadrique durch
eine List die Wahrheit herauslockt, ihn derb abfertigt und
fest entschlossen ist, Carlos ihr Jawort zu geben, bieten sich
ihr neue Zweifel dar. Carlos, durch ihre lange Zögerung und
andere Umstände beeinflusst, glaubt, Fadrique's Wesen ge-
. falle Diana besser als das seine, wirft seine Bücher weg und
ergibt sich ganz seiner Leidenschaft, während Fadrique —
von der Abfertigung Diana's tief ergriffen — sich des Stu-
diums der Wissenschaften und der Erlernung ritterlicher
Künste befleissigt. Diana hat nun zu entscheiden, welches
Verdienst in den Augen einer Dame das grössere sei: das-
jenige des Carlos, aus Liebe die Wissenschaften zu verachten,
Pedro Calderon de la Barca. 45
oder dasjenige Fadrique's, aus Liebe sich dem Studium in
die Arme zu werfen. Ihr Urtheil fallt in der Weise aus,
dass beide in diesem Punkte das gleiche Verdienst bean-
spruchen können, dass aber ihre frühere Neigung zu dem
Tumierhelden — als welchen sie jetzt Carlos kennt — den
Ausschlag für diesen geben müsse. Sie reicht demnach
Carlos die Hand, während Fadrique den Lohn für seine Ver-
vollkommnungsbestrebungen in sich selbst findet. — Der
wunde Punkt der Entwickelung ist das obenerwähnte Schwan-
ken Diana's zwischen Liebe und Vernunft. War ihre Liebe
zu dem Tumierhelden einfacher Zusammenklang der
Seelen ohne Mitwirkung der Vernunft, so musste sie doch
sofort fühlen, dass Fadrique nicht der richtige sei. War
dagegen ihre Liebe auf die geistigen Vorzüge des Un-
bekannten gegründet, so musste diese schwinden, als sie Fa-
drique's Roheit erkannte. In beiden Fällen hätte es der
langen Zögerung Diana's bis zur Ueberführung Fadrique's
und infolge dessen auch nicht der Charakterwandlungen der
beiden Prinzen bedurft: mit einem Worte, die Handlung
wäre alsdann in die Brüche gegangen.
„No HAY BUBLAS CON EL AMOR." — DOU JuaU liebt
Dona Leonor, wagt aber nicht, um sie anzuhalten, da ihre
ältere Schwester Beatriz noch unvermählt ist. Beatriz, eine
eitle, vom Cultismo stark eingenommene Schönheit, bemerkt
Leonor's Liebe und beschliesst, ihren Vater davon zu be-
nachrichtigen. Da letzterer zufällig sieht, wie die Schwestern
sich um ein Billet zanken, welches Leonor von Don Juan
erhalten hat, so hätte Beatriz die beste Gelegenheit, ihre
Anklage an den Mann zu bringen, wenn nicht Leonor die
Geistesgegenwart besässe, das ohne Namensnennung abge-
fasste Billet als für Beatriz bestimmt zu bezeichnen. Der
Verdacht des Vaters fällt wirklich hierdurch in höherm Grade
auf die Unschuldige. Auf diesen Umstand baut Don Juan
seinen Plan, Beatriz als Begünstigerin seiner Liebe zu ge-
winnen, indem er seinen heirathsscheuen Freund Don Alonso
bittet, derselben den Hof zu machen. Alonso geht ungern
darauf ein, und nicht mit Unrecht, denn seine anfänglich er-
heuchelte Liebe wird zu einer wirklichen, während Beatriz,
welche sich ohne ihre Schuld compromittirt fühlt, dadurch eben-
falls für Amor empfänglich geworden ist. Das Stück endigt —
46 Pedro Calderon de la Barca.
nach dem üblichen Versteckenspielen u. s. w. — mit der Ver-
lobung Alonso's mit Beatriz und Don Juan's mit Leonor. —
Das Lustspiel ist lebendig, witzig, von guter Sprache und
zeigt einige Anläufe zu psychologischer Behandlung der Titel-
redensart. Ein sehr richtig gefühlter Zug in dieser Beziehung
ist derjenige, dass Beatricens höchst ergötzlicher Cultismus
bei dem Aufflammen wirklicher Leidenschaft sofort verschwin-
det. Eine ganz köstliche Episode gibt die Eifersucht des
Lakaien Don Alonso's auf seinen Herrn ab.
Aehnliche psychologische Behandlung finden wir in „Paba
VBNCER A AMOB, QUEBEE venceele". Hier wird die glühende
Leidenschaft Don Cesar Colonna's zu seiner Muhme Marga-
rita durch deren Undankbarkeit gänzlich ausgelöscht. Ob-
gleich letztere schliesslich durch Eifersucht zu dem ihr bis
dahin unbekannten Gefühle der Liebe für Cesar gelangt, muss
sie erleben, dass sich dieser mit ihrer Nebenbuhlerin ver-
mählt. Die Handlung des Stücks ist vortrefflich disponirt
und der Gegensatz der Naturen Cesar's und Margarita's mit
Meisterhand hervorgehoben.
„Las manos blancas no ofenden" hat eine ebenso
extravagante als wenig interessante Handlung; dieselbe ist in
kalt überlegter Weise auf fast unmöglichen Voraussetzungen
aufgebaut.
Nahezu ebenso unwahrscheinlich, aber bei weitem an-
regender ist die Comödie „La desdicha de la voz".
„El alcaide de si mismo", ein abenteuerliches Drama,
basirt auf der Annahme, dass ein verkleideter Prinz bei
einem Turniere seinen Nebenbuhler getödtet hat und uner-
kannt bei der Schwester des Gefallenen als Kerkermeister
über einen Bauern dient, welcher in seiner (des Prinzen) ab-
gelegten Rüstung gefunden und deshalb für ihn gehalten
worden ist.
„No siEMPBE LG PEOB ES ciEBTO." Die Voraussotzungeu,
unter welchen die Personen in diesem Stücke zusammen-
geführt werden, sind ebenfalls sehr unwahrscheinlich. Aber
dies beiseite gelassen, gibt es kaum eine besser verschlun-
gene, vorzüglicher geführte Intrigue; eine Situation folgt aus
der andern, Schlag auf Schlag wird die Handlung bis zur
Lösung des Knotens fortgebracht. Dass dabei die öftere An-
wendung von Bühnenmitteln, wie das von Calderon selbst
Pedro Calderon de la Barca. 47
verspottete häufige Verstecken u. s. w. nicht verschmäht wird
(es wird sich hier mindestens zu fünf verschiedenen malen
versteckt), ist natürlich, ebenso, dass die Charakterzeichnung
in der Intrigue untergeht. Don Juan, Don Diego und Don
Carlos, Dona Beatriz und Dona Leonor sind in Comödien
dieser Art nur Gattungsnamen; jede dieser Figuren würde
in gleicher Situation das Gleiche thun, sie sind nur Marionet-
ten in der Hand des Dichters. Diese Bemerkungen gelten
mehr oder weniger für alle diejenigen Lustspiele Calderon's,
welche als reine Intriguenstücke bezeichnet werden können und
von welchen wir noch eine ganze Reihe zu erwähnen haben.
„La banda y LA flob" („Hacer del amor agravio") ist
«in lebhaftes Lustspiel, in welchem ein Edelmann durch ver-
schiedene Umstände als Anbeter dreier Damen erscheint,
schliesslich aber zu seiner grossen Befriedigung auf dem
Zwangswege die Hand der wirklich Geliebten erhält.
„CoN QuiEN VENGO, vENGo" hat eine mit Meisterhand
geführte, höchst verwickelte Fabel. Wie aus dem Titel er-
sichtlich, wird eine Vorschrift des Ehrencodex beleuchtet,
welche besagt, dass man stets an der Seite desjenigen zu
kämpfen habe, mit dem man auf die Wahlstätte kommt,
gleichviel ob man — wie hier — unvorhergesehenerweise
einem Freunde oder gar dem eigenen Vater gegenüber-
stehe. Zu solchen Absurditäten führte das allzu sehr aus-
gespitzte spanische Ehrgefühl doch kaum in der Praxis, wes-
halb man diese Auswüchse wohl einfach auf Rechnung des
dramatischen Sensationsbedürfnisses setzen darf.
Auch in „Antes que todo es mi dama" spielen die be-
ständigen Duelle, sowie die stets gezückten Dolche der Väter
und Brüder entschieden eine grössere Rolle, als sie je in der
Wirklichkeit gespielt haben können. Es sind dies eben nur
äusserliche dramatische Mittel, um die Aufregung des Zu-
schauers möglichst hoch zu schrauben.
„BlEN VENGAS, MAL, SI VIENES SÖLO", „LoS EMPENOS DE
UN ACAso", „Gada uno paea si", „Peimebo boy yo", „Tam-
BiEN HAY DUELO EN LAS DAMAs" siud Beispiele der bessern,
lebhaften Intriguenstücke unsers Dichters. „Peimeeo soy yo"
hat mehr Beimischung von Ernst als die andern genannten
Comödien, während „Tambien hay duelo en las damas"
durch eine höchst verwickelte Handlung glänzt, deren ver-
48 Pedro Calderon de la Barca.
ständliche Führung wohl kaum einem Andern als Calderon so
vorzüglich gelungen wäre.
„Peoe esta que estaba", „Mejor esta que estaba'V
„DiCHA Y desdicha DEL nombre" siud geistreiche Lustspiele
ähnlichen Schlages, Meisterstücke in vollendeter Construction
der Handlung. Dass bei der unausgesetzten Aufmerksam-
keit, welche der Dichter für seine aufs künstlichste ver-^
schlungene Fabel aufwenden muss, die Charaktere der Per-
sonen zu Schablonen werden, ist schon oben bemerkt worden.
— „Peoe esta que estaba" soll nach Schack einem altern
Stücke nachgeahmt sein und dieses seinerseits einem noch
altem „ToDO sucede al eeves".
Eins der bekanntesten Lustspiele ist „Casa con dos
puERTAs MALA ES DE guardar". Die Handlung ist — wenn
auch an sich nicht sehr originell — mit grosser Schlagfertig-
keit geführt. Calderon hat hier einen Tirso'schen Typus vor
Augen gehabt, denn Marcela ist eine derjenigen Schwestern,
welche den Gast ihres Bruders nicht sehen sollen und gerade
dadurch angestachelt werden, demselben nachzustellen.
„El secreto a voces" zeigt ebenfalls die Spuren der
Einwirkung Tirso's, in der Figur der Herzogin Flerida von
Parma. Diese liebt ihren Verwandten und Vasallen Federico-
Da sie bemerkt, dass derselbe sein Herz anderweitig ver-
schenkt hat, besticht sie seinen Diener als Kundschafter.
Federico hält seine Liebe indessen so geheim, dass .selbst
dieser Diener den Namen der Angebeteten nicht zu erfahren
vermag und auch die Pläne der Liebenden nur theilweise
durch Spioniren ergründen kann. Was nun die Herzogin
durch die Mittheilungen des Lakaien an Boden gewinnt,
verliert sie durch den Umstand, dass sie gerade gegen die
Geliebte Federico's (eine ihrer Hofdamen) keinen Argwohn
hegt und dieselbe zu ihrer Vertrauten macht, femer da-
durch, dass die Liebenden eine Zeichensprache unter sich
verabredet haben. Die Art derselben verdankt Calderon
wohl auch einem Stücke Tirso's, der geistreichen Comödie
,„Amar PCR ARTE mator". Wie vorauszusehen, halten in-
dessen alle diese Listen nicht lange vor; die Liebenden be-
schliessen die Flucht, werden aber daran verhindert. Die
Herzogin macht aus der Noth eine Tugend , spielt die Gross-
müthige und reicht ihre Ha^nd einem in Verkleidung an ihreuL
Pedro Calderon de la Barca. 49
Hofe weilenden ebenbürtigen Bewerber, dem Herzog Enrique
von Mantua.
Einige Aehnlichkeit in der Intrigue zeigt das fein durch-
geführte Lustspiel „Nadie pie su seceeto". Don Cesar,
ein Günstling des Herzogs Alexander von Parma, liebt Dona
Ana Castelvi. Der Herzog wirft sein Auge auf die gleiche
Dame und vertraut dies Don Arias, einem Freunde Don Ce-
sar's an. Don Arias glaubt Cesar einen Dienst zu leisten,
indem er den Herzog von dessen Liebe unterrichtet. Neid
und Eifersucht veranlassen jedoch den Fürsten, diese Mit-
theilung, sowie die spätem Vertraulichkeiten Cesar's an Don
Arias, zum beständigen Durchkreuzen der Pläne des Liebes-
paares zu benutzen. Als Cesar sich endlich entschliesst,
offen um Dona Ana's Hand anzuhalten, will ihm der Herzog,
der sich durch dieses Auskunftsmittel geschlagen fühlt, einen
letzten Schrecken bereiten, dabei aber gleichzeitig den Gross-
müthigen spielen. Er befiehlt deshalb dem Bruder Dona
Ana's, die Hand seiner Schwester nicht zu vergeben, da er
sie bereits einem hohen Edelmanne zugesagt habe, dessen
Namen er bald offenbaren werde. Natürlich ist Cesar der
Gemeinte. — Hartzenbusch sagt, das Stück scheine eine Re-
fundicion des „Basta call ab" durch Moreto, dem es in
irgendeiner Ausgabe auch zugeschrieben werde. Dies ist
aber offenbar falsch, denn die Stücke haben fast gar keine
Aehnlichkeit, und der Stil von „Nadie eie su seceeto" ist
entschieden nicht derjenige Moreto's, sondern Calderon's.
„La dama duende", ein ganz prächtiges Lustspiel, ist
unter dem Titel „Dame Kobold" dem deutschen Publikum
wohlbekannt. Es genüge deshalb, hier daran zu erinnern,
dass Don Juan de Toledo seinen Freund Don 'Manuel En-
riquez in seinem Hause bewirthet, ohne ihm zu sagen, dass
eine Schwester bei ihm wohnt; dass diese Schwester, Dona
Angela, eine muthwillige junge Witwe, durch diese Ab-
sperrung angestachelt, mittels eines drehbaren Wandschranks
in das Zimmer des Gastes eindringt, ihm während seiner
Abwesenheit Billets unter das Kopfkissen legt, seine Koffer
und Briefschaften durchwühlt, sich sogar zeigt und verschwin-
det, alles dies bei verschlossener Thür, sodass Don Manuel
schliesslich glauben muss, ein Kobold treibe mit ihm sein
Spiel; dass Dona Angela in ihrer Kühnheit schliesslich so
50 Pedro Calderon de la Barca.
weit geht, den Gefoppten auf Umwegen in ihre Gemächer
führen zu lassen, wo aber das schwanke Gebäude ihres Be-
trugs durch Ankunft ihres Bruders zusammenbricht und nur
Don Manuel's Bereitschaft, ihr die Hand zu reichen, sie vor
dem Dolch der spanischen Brüder rettet. Wer sich diese
köstliche Intrigue durch das Gesagte wieder einigermaassen
vor Augan führen kann, wird sich des hohen Genusses er-
innern, den ihm dieselbe bereitete. Die Figur Dona Angela's
erinnert an Marcela in „Casa con dos puertas", sowie an
deren Tirso'sche Vorbilder. Auch ist der Einfall, die Taschen-
spielerstückchen mittels des drehbaren Wandschranks auszu-
führen, von den in Tirso's „Por el sötano y el torno"
und „Los balcones de Madrid" angewandten ähnlichen Mit-
telchen nur wenig verschieden. Wie populär das Stück ge-
wesen sein muss, erhellt aus den Anspielungen auf dasselbe
in „El escondido y la tapada", „El encanto sin encanto",
„El GALAN fantasma" und „Mananas de Abril y Mayo".
Dagegen lässt die Anspielung auf „La dama duende" in dem
nach Hartzenbusch's Beweisgründen (Comedias de Calderon,
IV, 668) einige Monate früher verfassten Stück „Casa con
DOS puertas" etc., vermuthen, dass Calderon eine schon vor-
handene Komödie oder wenigstens einen sehr bekannten StoflF
benutzt habe.
In „El escondido y la tapada" vertritt ein entlegenes
Cabinet mit einer unbenutzten Treppe den Wandschrank der
„Dama duende". Die Handlung ist verwickelter als die der
genannten Komödie, aber bei weitem nicht so frisch und schlag-
fertig.
„El encanto sin encanto." Ein spanischer Edelmann
rettet in Marseille einer französischen Dame das Leben, ge-
räth aber dann unschuldigerweise in einen Streit, in welchem
er das Unglück hat, seinen Gegner zu tödten. Er flüchtet
zufällig in das Haus der von ihm Geretteten, welche ihn er-
kennt, ihn seiner Sicherheit halber in einen alten Thurm
einsperren lässt und ihn dort wie „Dame Kobold" behandelt.
Die geistreich verschlungene Handlung wird durch verschie-
dene, geschickt angebrachte ßecapitulationen des Voran-
gegangenen höchst durchsichtig. Ausser an „La dama
duende" erinnert das Stück auch an Tirso's „Amar por
SBNAS".
Pedro Calderon de la Barca. 51
In „El GALAN fantasma" ist ein unterirdischer Gang
das Mittel, einem todt geglaubten Liebhaber Eingang in das
Haus seiner Dame zu verschaffen. Die Entdeckung des Be-
trugs wird während einiger Zeit durch die Furcht der Haus-
bewohner vor dem vermeinten Gespenste hinausgeschoben.
„Mananas de Abeil y Mayo" ist ein vortreffliches Lust-
spiel, in welchem nicht allein der Intrigue, sondern auch der
Charakterzeichnung Rechnung getragen wird. Die kokette
Dona Clara spielt ihrem Anbeter, einem ebenso eingebildeten
als maliciösen Stutzer, Don Hipölito, den Streich, ihn im
Park verschleiert anzulocken und dann, um unentdeckt zu
bleiben, in das Haus einer Dona Ana de Lara zu flüchten.
Hipölito folgt ihr zudringlicherweise nach, und da Dona
Clara zufällig ihren Hut in Dona Ana's Hand gelassen hat,
ausserdem ähnliche Kleider trägt, so glaubt Hipölito in letz-
terer seine Verhüllte erkannt zu haben. Die hieraus ent-
stehenden Verwickelungen sind ebenso geistreich erfunden
als ergötzlich dargestellt, und eine blühende Diction erhöht
den Reiz des mit Recht beliebten Stücks.
Gehen wir zu einigen Comödien leichteren Schlages über.
„El hombre pobbe todo es teazas" ist köstlich er-
funden. Don Diego Osorio, ein armer Edelmann, kommt
nach Madrid und verliebt sich gleich in zwei Damen: in
Dona Clara wegen ihres Vermögens, in DoHa Beatriz wegen
ihres Geistes und ihrer Schönheit. Dona Clara kennt ihn
unter seinem wahren Namen, Dona Beatriz unter einem an-
genommenen. Kurze Zeit gelingt es ihm, durch grosse
Schlauheit beide Damen zu täuschen, und selbst die Beweis-
kraft einer Confrontation vor beiden weiss er in unver-
schämtester Weise durch die Behauptung, er habe einen
Doppelgänger, zu vernichten. Natürlich werden seine Schliche
schliesslich doch aufgedeckt, worauf ihn beide Damen ver-
schmähen.
„El aströlogo fingido" verdient wegen seiner höchst
belustigenden, gut erdachten Handlung die gleichen Lob-
sprüche wie „El hombee pobee". — Don Diego erfährt
durch die Schwatzhaftigkeit einer Zofe, dass die seine Hul-
digungen schroff zurückweisende Dona Maria einen versteck-
ten Liebhaber begünstige. Kaum hat er dies in einem Augen-
blicke blinden Zorns Dona Maria vorgeworfen, als er vor
4*
52 Pedro Calderon de la Barca.
den Folgen seiner Unbedachtsamkeit erschrickt, und um die
Zofe nicht blosszustellen, vorgibt, er habe das Gesagte einer
von ihm aufgestellten astrologischen Figur entnommen. Sein
geflissentlich verbreiteter Euf als Astrologe zieht eine Reihe
der ergötzlichsten Verwickelungen nach sich, welche natürlich
mit seiner vollständigen Entlarvung endigen.
„El MAESTiio DE DANZAii" erhält trotz seines ander-
weitig aufregenden Inhalts, einen possenhaften Anstrich durch
die Fiction des ersten Liebhabers, seiner Angebeteten Tanz-
stunde zu ertheilen. Das Stück ist Mittelgut; die Grundidee
fand Calderon in Lope de Vega's gleichbetiteltem Lustspiel.
„La senoea y la ceiada*' basirt auf dem ebenfalls
etwas possenhaften Einfall, dass eine bäurische Dienerin in
den Kleidern ihrer Herrin, einer Prinzessin von Mantua, für
letztere gehalten und danach behandelt wird. Die Intrigue
ist lebhaft, die Komik oft ganz vortrefflich.
Eine Figuron-Comödie ist:
„GuAEDATE DEL AGUA mansa". Dieselbe illustrirt die
Redensart „Stille Wasser sind tief", und führt die beliebte
Figur des ungeschliffenen asturianischen Hidalgos vor. —
Ein reicher Amerikaner, Don Alonso, lässt sich mit seinen
Töchtern Clara und Eugenia in Madrid nieder. Clara ist
ruhigen, Eugenia freien Temperaments. Letztere hat zwei An-
beter, Don Juan und Don Pedro, welche der Zufall in die Don
Alonso's Haus gegenüberliegende Wohnung ihres beiderseitigen
Freundes Don Felix, eines unverbesserlichen Junggesellen,
führt. Eugenia erhält einen dritten Liebhaber in der Person
ihres asturianischen Vetters Don Toribio de Quadradillos, des
bekanntiBn Comödien- Montanes. Aber die Hauptrolle über-
nimmt die sittsame Clara, welche, durch die Triumphe ihrer
Schwester zum Neid angestachelt, sich mit Felix in eine
Liebesintrigue einlässt, welche nach mehrfachen Zwischen-
fällen zur Vermählung führt. Eugenia reicht Don Juan die
Hand, während der ungehobelte Gebirgssohn unbeweibt in
seine Heimat zurückkehrt. Das Stück ist in seiner Art ganz
vortrefflich. In dasselbe eingeschaltet findet sich eine Er-
zählung des Einzugs der Königin Marianne, der zweiten Ge-
mahlin Philipp's IV., in Madrid.
Ausser den bisher besprochenen Stücken, welche von
Calderon's Freund, Don Juan de Vera Tassis y Villaroel in
Pedro Calderon de la Barca. 53
neun Bänden veröffentlicht worden sind, beabsichtigte letz-
terer, in einem zehnten Bande zwölf weitere Dramen des
grossen Dichters in den Druck zu geben. Dieser leider nicht
zur Veröffentlichung gelangte Band sollte enthalten:
El acaso y el error.
El carro del cielo.
La Celestina.
Certämen de amor y celos.
El condenado de amor.
Los desagravios de Maria,
Don Quijote de la Mancha,
San Francisco de Borja,
El triunfo de la Cruz,
La vir gen de la Almudena , I & II parte.
La virgen de los Bemedios,
La virgen de Madrid.
Von diesen Dramen scheinen „El carro del cielo" (von
Calderon in seinem dreizehnten Jahre verfasst), „La Celestina",
„Certämen de amor y celos", „Don Quijote de la Mancha",
„El triunfo de la Cruz" und „La virgen de Madrid" nie
gedruckt worden zu sein, während „Nuestra Senora de los
Remedios", „Nuestra Senora de la Almudena", „San Fran-
cisco DE Borja" und „El acaso y el error" sich in dem
Fajardo'schen Katalog in der Nationalbibliothek zu Madrid
(1716 compilirt), und was noch beweiskräftiger ist, in dem
Verkaufskatalog der Erben des Buchhändlers Francisco
Medel de Castillo (von 1735) vorfinden, also entweder in
Drucken oder leicht zugänglichen Handschriften noch 1735
vorhanden waren. Den Bemühungen Hartzenbusch's ist es
gelungen, „El acaso y el error" und „El condenado de
amor" in Manuscripten aufzufinden, und er hat diese Dra-
men durch Abdruck in der Rivadenayra- Bibliothek dem lite-
rarischen Publikum in dankenswerther Weise zugänglich ge-
macht.
„El acaso y EL error" ist ein Stück, welches dem
Lustspiel „La senora y la criada" offenbar zum Vorbild
gedient hat. Wie schon Hartzenbusch vermuthet, mag das-
selbe das Werk dreier Dichter sein, und wenn wir in dieser
berechtigten Hypothese noch etwas weiter gehen dürfen, so
möchten wir den zweiten Act als das Eigenthum unsers
Calderon in Anspruch nehmen. Ln übrigen ist die üeber-
54 Pedro Calderon de la Barca.
arbeitong Calderon^s in „La senoba y liA cbiada" merk-
würdigerweise nur in* technischer nnd sprachlicher Bezie-
hung eine Yerbesserong zu nennen, denn die Handlang von
„El acaso t EL ekrob" ist dorch die ausgesprochenere Mit-
handlung Fisberto's und die durch das Porträt Diana's
entstehenden Verwickelungen bedeutend interessanter. Die
Motiyirungen in „La senoba t la cblada^' beruhen auf
gezwungenen und doch bis zur Äbgedroschenheit oft ange-
wandten Bühnenerfindungen und lassen das Gefühl zurück,
als sei Calderon hier im Suchen nach Veränderungen nicht
von seinem gewöhnlich so zuverlässigen Eünstlerverstande
geleitet worden.
„El condenado de amob" ist ein mythologisches Fest-
spiel von geringer Bedeutung. Der magere Lihalt desselben
lässt sich mit wenigen Worten angeben. Atys bewirbt sich
um die Liebe Vesta's, erlangt sie, verliebt sich aber bald
darauf in die schöne Ismene. Vesta stellt letzterer nach,
aber diese wird als schuldlos von Venus zu sich genommen,
während Atys von Amor verurtheilt wird, ruhelos unter den
Thieren des Feldes umherzuschweifen. Hartzenbusch, wel-
cher das Stück nach einer ziemlich modernen Handschrift
abgedruckt hat, bezweifelt Calderon's Autorschaft wegen ver-
schiedener imcalderonischer Ausdrücke. Letzteres zugegeben,
ist aber lediglich daraus zu schliessen, dass ein modemer
Ueberarbeiter das Stück etwas retouchirt hat, denn es finden
sich auch specifisch Calderon'sche Wendungen wie:
Pues apenas llega, cuando
— ay Atta — d penas llega etc.
und die ganze Diction ist bis auf Weniges diejenige unsers
Dichters. Das ausdrückliche Zeugniss des Vera Tassis wird
demnach kaum angezweifelt werden können.
Das Drama „Los desagravigs de Mabia" war jedenfalls
gedruckt, da es in dem „Indice expurgatorio^^ von 1707 verboten
wurde. Es ist jetzt verschollen, wahrscheinlich infolge dieses
Verbots.
Was „San Fbanciscg de Bgkja" anlangt, so scheint das
Stück Calderon's verloren gegangen zu sein. Ln 42. Bande
der ^^Escogidas"' findet sich jedoch ein Drama gleichen Titels,
welches dorten dem Melchor Fernandez de Leon, von Hartzen-
Pedro Calderon de la Barca. 55
busch und Faustino Arevalo (angezogen bei Gallardo: „Ensayo
de una bibl. esp.", Bd. I , Col. 274) aber • dem Jesuitenpater
Fomperosa zugeschrieben wird und offenbar eineUeberarbeitung
des Calderon'schen ist. Nicht allein enthält dasselbe lange
Stellen, welche wie wörtliche Herübernahmen aus Calderon's
Originalstück klingen, sondern der Dichter legt auch am An-
fange seines Dramas der „Tugend" folgende Worte in den Mund :
Y häbiendo una docta pluma (d. i. wohl Calderon)
en este mismo argumento
con pincel armonioso ,
y colorido discreto,
corrido tan hien, que nadie
pasarä ya de hosquejo,
es menester que de ti (die hier angeredete Person ist die „Zeit")
y dely por hreve compendio,
se tome lo que escribiö etc.
Da das einzige, den gleichen Heiligen behandelnde Drama
„El fenix de EspaÄa, San Feancisco de Bobja" des Je-
suitenpaters Calleja durchaus verschiedene Situationen
vorführt, so muss gefolgert werden:
1) dass der von Fomperosa eingestandenermaassen nach-
geahmte Dichter nicht Calleja, sondern Calderon ist, was ausser-
dem daraus hervorgeht, dass Fomperosa's und Calleja's Stücke
zur gleichen Gelegenheit, der Canonisation des Titelheiligen,
am 10. und 11. August 1671 aufgeführt wurden.
2) dass das Stück Calleja's ein selbständiges und nicht, wie
oft vermuthet, eine Ueberarbeitung des Calderon'schen ist, was
bei Besprechung Calleja's des weitern beleuchtet werden soll.
Dürfen wir nun nach der Bearbeitung Fomperosa's auf
das Original unsers Calderon schliessen, so haben wir keine
Ursache, den Verlust des letztern allzu lebhaft zu bedauern.
Von den grossen Situationen in „El gran peincipe de Fez",
„El principe constante" u. a. findet sich keine Spur, und
die eingeführten allegorischen Personen der „Tugend" und
der „Zeit" können diesen Mangel nicht ersetzen. Soweit es
das Medium einer Ueberarbeitung erkennen lässt, muss das
Original ein Heiligenstück ziemlich gewöhnlicher Art ge-
wesen sein.
Einige Bemerkungen drängen sich hier naturgemäss auf.
Calderon hat 1680 auf Wunsch . des Herzogs von Veragua
56 Pedro Calderon de la Barca.
eine Liste der von ihm verfassten Dramen aufgestellt, welche
111 Stücke umfasst, während Vera Tassis deren 122 ver-
zeichnet. Diese bei Vera Tassis überschüssigen Titel sind:
Las cadenas del demonio,
Cefalo y Pocris (Burlesca).
El condenado de amor.
Los desagravios de Maria.
La exaltacion de la cruz,
Nadie fie su secreto.
El sacrificio de Efigenia,
La senora y la criada,
La sibila del Oriente.
La virgen de Madrid,
Las tres justicias en una.
Hartzenbusch hat den vergeblichen Versuch gemacht, dem
Katalog Calderon's, des damals 80jährigen Greises, der seit
seiner Priesterweihe mit Verachtung auf seine Dramen herab-
sah, unbedingte Beweiskraft zu vindiciren. Abgesehen davon,
dass kein Kritiker es wagen wird, die Stücke „La exalta-
cion DE LA Cexjz", „Nadie fie su secbeto" u. s. w. aus In-
nern Gründen unserm Calderon abzusprechen und dass
Vera Tassis in der Vorrede zum ersten Bande der Comödien
ausdrücklich versichert, er habe sämmtliche in seiner Liste
verzeichnete Stücke von Calderon's eigener Hand contra-
signirt oder mit dessen Aufschrift („rwftncado" heisst beides)
gesehen, so legt die Nichterwähnung von „La senoea y la
criada" in der Calderon'schen Liste, eine so praktikable
Bresche in Hartzenbusch's Behauptung, dass auch die übrigen
Punkte seiner Festung unhaltbar werden. In der Vorrede
zum fünften Bande von Calderon's Comödien sagt nämlich
Vera Tassis Folgendes: „Er (Calderon) entschloss sich end-
lich auf mein inständiges Bitten, die nachgesuchte Erlaubniss
zu gewähren, sie (seine Comödien) in die Presse zu geben
und die Druckbogen durchzusehen. Dies ist für mich ein
Stolz, welchen mir alle diejenigen, die sich als seine besten
Freunde rühmen, nicht usurpiren können, denn sie mögen
sich eines bessern belehren, indem sie sehen, dass ich an-
gefangen habe, das mir Gewährte bei den zwei Comödien
zu benutzen, welche ich in dem 46. Bande der «FaWos»
(d.i. die grosse Sammlung der (LÖomedias nuevas escogidasy^)
veröffentlicht habe" u. s.w. Nun ist eine dieser Comö-
dien die in Calderon's Liste nicht aufgeführte „La senora
T LA ceiada", und da sie nach diesem conclusiven Zeugniss
zweifellos Calderon's Eigenthum ist, so kann die Correctheit
seines Katalogs auch in andern Punkten nicht als „unbe-
Pedro Calderon de la Barca. 57
dingt" betrachtet werden. Merkwürdigerweise findet sich in
Calderon's Liste die Vorarbeit zu „La senora y la criada",
die Comödie „El acaso y el erroe", und die Wahrschein-
lichkeit ist, dass der alte Mann statt des Titels seiner Um-
arbeitung, aus Gedächtnissschwäche den Titel der Vorarbeit
setzte.
Hierbei verdient noch Erwähnung, dass das ebenfalls
von Calderon vergessene , von Vera Tassis aufgeführte Drama
„El sacrificio de Efigenia" uns wahrscheinlich — aller-
dings in stark veränderter Weise — durch eine Ueberarbei-
tung gleichen Titels von Trigueros erhalten ist. Der Stoff
ist derjenige der classischen Dichtung unsers Goethe: „Iphi-
genie auf Tauris", sticht aber in der Behandlung sehr un-
vortheilhaft gegen den deutschen Altmeister ab. In der spa-
nischen ,,Efigenia" ist Thoas ein barbarischer Usurpator, Iphi-
genie eine ganz gewöhnliche Figur, und sämmtlichen Personen
geht der Adel der Gesinnung ab, welcher Goethe's Drama
zum Kunstwerk ersten Ranges erhebt. Eine Vergleichung
beider Stücke ist im übrigen sehr interessant.
Wir haben oben beiläufig erwähnt, dass Calderon, be-
sonders in seinem spätem Lebensalter (denn der von Vera
Tassis in seiner Calderon-Biographie erwähnte „Tratado en
DEFENSA DE LA Comedia" rührt ohue Zweifel aus der Zeit
vor des Dichters Priesterweihe her), mit Verachtung auf seine
Comödien herabsah. Wir haben hierfür das Zeugniss des
Vera Tassis, aber noch bestimmter spricht sich ein anderer
Freund Calderon's, Don Gaspar Agustin de Lara, in einem
schwülstigen, panegyrischen Werke „Obelisco f Unehre, pirä-
mide funesto d la inmortal memoria de Don Pedro Calderon
de la Barca^' (Madrid 1684) aus. Er sagt, dass Don Pedro
nie eine seiner Comödien in den Druck gegeben habe
und dass die veröffentlichten wider seinen Willen
gedruckt seien. Hierauf macht er einen Ausfall auf Vera
Tassis, welcher (im Vorwort zu seiner Ausgabe des fünften
Bandes der Comödien Calderon's) behaupte, „sie von den un-
zähligen Fehlern, mit welchen sie gedruckt und abgeschrieben
sind, befreit zu haben", „eine Sache", meint Lara, „welche
grossen Lobes werth sei, wenn sie im Bereiche der Möglich-
keit läge". Wie es mit dem letztern Theile dieser Behaup-
tungen aussieht, soll der Leser weiter unten erfahren; was
58 Pedro Calderon de la Barca.
aber den erstem Theil derselben betrifft , welchem sogar von
ernsthaften Kritikern eine unverdiente Würdigung zutheil ge-
worden ist, so lässt sieh^ besonders for die frühern Ausgaben
der Dramen Calderon's, leicht nachweisen, dass Lara den Bo-
gen bedeutend überspannt hat. So ist es von vornherein
schwer zu glauben, dass die Veröffentlichung des ersten und
zweiten Bandes der Comödien unsers Dichters (in erster
Auflage 1636, bezw. 1637) durch seinen Bruder, Don Jose
Calderon de la Barca, gegen seinen Willen stattge-
funden haben sollte. Noch conclusiver ist das Zeugniss des
vierten Bandes. Für diesen wurde das Druckprivilegium di-
rect unserm Don Pedro ertheilt, welcher eine Vorrede in
Form einer Widmung dazu schrieb. Da er in diesem Schrift-
stück erklärt, er habe das gedruckte Buch in der Hand ge-
habt, so darf die Authenticitat des Textes — abgesehen von
gewöhnlichen Druckfehlem — als zweifellos angesehen wer-
den. — Die gleiche Behauptung ist fiir Calderon's zwei Dra-
men im 46. Bande der .yEscogidas": ,,Las abmas de la
hbbmosuba" und „La senora t i*a criada'* gerechtfertigt, da
Calderon dieselben, nach der bestimmten, weiter oben schon
ausfuhrlich citirten Angabe des Vera Tassis, selbst durch-
gesehen hat Schliesslich darf noch erwähnt werden, dass
eigene Durchsicht bei den Werken der altspanischen Drama-
tiker entschieden nicht einen fehlerlosen Text bedeutet, denn
die Verstümmelungen in den von Lope de Vega, G. de Castro
und Alarcon selbst veröffentlichten Comödienbänden sind
kaum geringer, als die in vielen andern, ohne Zuziehung des
Autors bewerkstelligten Publicationen.
Ehe wir den Gegenstand verlassen, soll hier noch kurz
angegeben werden, welches Resultat die Vei^leichung eines
Calderon'schen Dramas, das vor der Veröffentlichung der er-
sten Ausgabe des ersten Bandes seiner Comödien (also vor
1636 und jedenfalls ohne sein Zuthun) gedmckt wurde, mit
dem viel spätem Drack des Vera Tassis ergibt. Eine solche
Vergleichung wird gleichzeitig darthun, bis zu welchem Grade
die Behauptung des Vera Tassis, „die Comödien von den un-
zähligen Fehlem, mit welchen sie gedmckt und abgeschrieben
sind, befreit zu haben", gerechtfertigt ist Wir wählen hierzu
das in der „Parte 28 de comedicLS de varios autores, Huesca
1634"" unter dem Namen des Lope de Vega veröffentlichte Drama
Pedro Calderon de la Barca.
59
„La indüstria contba el podee", welches Vera Tassis irr-
thümlicherweise in seiner Liste der dem Calderon fälschlich zu-
geschriebenen Stücke aufführt , aber trotzdem unter dem Titel
„Amor, honor y poder" im zweiten Bande seiner eigenen
Ausgabe abgedruckt hat. Die Gegeneinanderhaltung ergibt
im ganzen nur wenig bedeutende Abweichungen, und ziehen
wir leicht corrigirbare Druckfehler ab, so möchten wir bei-
nahe die alte Ausgabe vorziehen. In dieser fehlt z. B. im
ersten Act die ebenso gemeine als wenig witzige Rede des
Graciosos Tosco, in welcher er dem König die schöne Estela
in wenig appetitlicher Weise beschreibt (Seite 432 der Vera
Tassis'schen Ausgabe). Da dieselbe kaum von Calderon her-
rühren kann und wir ebensowenig annehmen dürfen, Vera
Tassis habe sich selbst diese Einschaltung erlaubt, so bleibt
nur die Vermuthung übrig, er habe keineswegs ein Autograph
Calderon's, sondern ein Bühnenmanuscript benutzt, in wel-
ches ein Schauspieler die betreffende Stelle eingeschaltet habe.
Wie es aber mit Vera Tassis' sogenannten Verbesserungen
aussieht, dürften zwei Beispiele dem Leser veranschaulichen:
Alter Druck von 1634.
I.Act. Enrico ä la Infanta:
Para que tu fueses, cuando
le oprimieses las espaldas,
Europa de Inglaterra,
y el fuese el toro de Espana.
Vera Tassis.
para que tu fueses, cuando
le oprimieras las espaldas,
Europa de Inglaterra,
y el el caballo de Espana.
Was soll hier „caballo^' statt „toro^'? Dass Jupiter Europa
in der Gestalt eines Stiers, nicht in derjenigen eines Pfer-
des entführt haben sollte, musste der cultistische Vera Tassis
doch wissen.
Alter Druck. | Vera Tassis.
Erste Verse des zweiten Acts.
Teobaldo.
La esper anzß en el amor
es un dorado veneno,
punaly de hermosura Ueno,
que agrada, y mata el rigor.
La esperanza en el amor
es un dorado veneno,
punal, de hermosuras Ueno,
que hiere y mata en rigor.
Lassen wir das „hermosuras'' des Vera Tassis als muth-
maasslichen Druckfehler beiseite, so ist das „agrada'' der
alten Ausgabe offenbar richtig, denn es führt einfach den
Gegensatz zwischen dem gefälligen Aussehen und der inner-
60 Pedro Calderon de la Barca.
liehen Gefährlichkeit der genannten Dinge zu Ende, während
„hiere y mata^' einfach nur auf die innere Gefährlichkeit
geht und den wirkungsvollen Gegensatz gänzlich beseitigt.
Dies ist keine Verbesserung, sondern eine Verballhornung.
Dagegen hat Vera Tassis den oben erwähnten authen-
tischsten Band der Comödien Calderon's, den vierten (Ma-
drid 1672), nahezu buchstäblich abgedruckt.
Als Resultat dieser Betrachtungen ergibt sich, dass, wie
bei allen derartigen literarischen Zänkereien alten und neuen
Datums, „das Geschrei grösser ist als die Wolle". Wir dürfen
uns deshalb auch hier damit trösten, dass die unsterblichen
Werke unsers Calderon im grossen und ganzen das Ge-
präge der Echtheit an sich tragen. Der weniger einge-
weihte Literaturfreund hüte sich vor der Beeinflussung durch
eine kleinliche Kritik, welche — um einen haarspaltenden
Scharfsinn zu zeigen — ihm das ebenso nutzlose als unbehag-
liche Gefühl der Unsicherheit in Betreff des wahren Textes
grosser Dichterwerke aufdrängt und ihm hierdurch deren Ge-
nuss verkümmert. Wenn wir uns auf Erden nur an ganz
Vollkommenem erfreuen wollten, so wäre es schlimm um
unsere Kunstgenüsse bestellt.
Mit Francisco de Rojas, Mira de Amescua, Montalvan,
Don Antonio Coello, Luis Velez de Guevara, Don Geronimo
Cancer, Don Antonio de Solls und Don Juan de Zabaleta
verfasste unser Calderon eine kleine Anzahl Comödien, von
welchen die hauptsächlichsten in dem später folgenden Ab-
schnitt über die gemeinschaftlichen Dramen mehrerer Autoren
kurz erwähnt werden sollen.
Dass Calderon eine grosse Anzahl Comödien zugeschrie-
ben wurde, welche er nicht verfasst hat, ist bei der Be-
rühmtheit seines Namens und der Gewissenlosigkeit der da-
maligen Buchdrucker nicht zu verwundern. Er selbst zählt
in der Vorrede zum vierten Bande seiner Comödien deren
eine Anzahl auf, und Vera Tassis gibt eine vollständigere
Liste im fünften Bande der gleichen Sammlung. Wir heben
als die berühmtesten heraus: „Del bey abajo, ninguno"
von Rojas, „El tejedob de Segovia" von Alarcon, „El
CASTIGO DEL PENSEQUE " VOU TirSO , „ Sl EL CABALLO VOS HAN
muerto" von Luis Velez. Der Drucker eines nicht verdienst-
losen Stücks „ El esoandalo de Gbecia contra las Santas
Pedro Calderon de la Barca. 61
iMAGENEs", welches von Calderon selbst in seiner Liste zurück-
gewiesen wird, geht sogar so weit, in den letzten Versen des-
selben „Don Pedro Calderon" um Vergebung der Mängel
bitten zu lassen.
Der Vollständigkeit halber soll noch erwähnt werden,
dass sich unser Dichter auch in Entremeses, Jäcaras, Mogi-
gangas (ein vortreffliches Stück dieser Art ist „La Muebte")
und derartigen kleinern Compositionen mit Glück versucht
hat. Was uns jetzt noch zu besprechen erübrigt, sind die
Autos, Compositionen, mit welchen Calderon grossartige Er-
folge' erzielt und alle seine dramatischen Nebenbuhler in tie-
fen Schatten gestellt hat.
Wie bekannt, sind diese Autos Fronleichnamsspiele,
welche während eines Monats ausschliesslich aufgeführt wurden.
Calderon hat nach dem Zeugniss des Vera Tassis deren etwa
100 verfasst, wovon 72 in der Sammlung von sechs Bänden
(Madrid 1717 und 1750) abgedruckt sind. Ein einziger Band,
zwölf Autos enthaltend, erschien zu des Dichters Lebzeiten,
von ihm selbst herausgegeben, 1677, und wurde zweimal wieder-
gedruckt, 1690 und 1715. Die übrigen ruhten in den Ar-
chiven der Stadt Madrid, bis letztere 1716 aus Geldnoth ihr
Verlagsrecht für 300 Dublonen an Juan de Ezquerra und Don
Pedro de Pando y Mier abtrat. Vielleicht mag zu dieser
Veräusserung auch der Umstand beigetragen haben, dass kurz
vorher ein Peruaner, Don Isidro de Haro, welcher durch
Kauf einen Marquistitel erworben hatte, nahezu sämmtliche
dieser Autos nach Copien derselben unrechtmässigerweise
hatte drucken lassen, um sie in Amerika zu verkaufen. Diese
Ausgabe bezeichnet der Bibliograph Fajardo als „perversa".
Nimmt man dies in moralischem Sinne als „ gottlose '^ so hat
er in seiner sittlichen Entrüstung vollkommen Recht, hat er
jedoch damit sagen wollen, der Text sei ein „verderbter", so
muss dieser Behauptung in gewissem Sinne entgegengetreten
werden. Der Verfasser hat das Glück gehabt, 20 Autos
dieser ungemein seltenen Ausgabe zu erwerben und kann nach
genauer Vergleichung mehrerer derselben mit der rechtmässi-
gen Ausgabe von 1717 bezeugen, dass die Copien, von wel-
chen beide Drucke genommen wurden, allerdings verschieden
waren, dass aber die unrechtmässige Ausgabe manchmal un-
zweifelhaft richtigere Lesarten hat als die rechtmässige. Es
62 Pedro Calderon de la Barca.
kann also die letztere ebenfalls nicht von den Originalen des
Dichters abgeriruckt sein, was zum Ueberfluss durch die aus-
drückliche Erklärung Fajardo's bestätigt wird, dass er bei
einer Revision der Autos in den madrider Archiven im
Jahre 1707 nicht ein einziges derselben mehr in der
Handschrift Calderon's aufgefunden habe. Dieser Um-
stand erklärt sich dadurch, dass die Originale, welche be-
hufs Anfertigung von Bühnenabschriften öfters hergeliehen
werden mussten, durch die Fahrlässigkeit von Theaterdirecto-
ren oder Copisten nach und nach verloren gingen und durch
Copien ersetzt wurden. Hieraus folgt, dass einem etwaigen
Neudrucke der Autos eine Vergleichung und Combination der
rechtmässigen mit der unrechtmässigen Ausgabe zu Grunde
gelegt werden müsste.
Gehen wir von diesen einleitenden bibliographischen Be-
merkungen zu den Autos selbst über, so finden wir, dass
dieselben, der äussern Form nach, von einer Loa eingeleitet,
zu einer meistentheils symbolischen Handlung ohne Acte-
eintheilung übergehen und in der Regel mit der Ausstellung
des heiligen Abendmahls schliessen. Die Loa der Autos
von Calderon ist indessen in vielen Fällen nicht von ihm
selbst verfasst und bildet demnach, wie die unvermeidlichen
Entremeses, einen unabhängigen Theil der Composition.
Dieselbe weist indessen gewöhnlich auf die Haupthandlung
hin und leitet dieselbe ein. In Loa wie in Haupthandlung
spielen die allegorischen Personen eine überwiegende, mei-
stentheils sogar ausschliessliche Rolle, nicht in letzter Linie
der Teufel oder Dämon, welcher allerdings den strenggläubi-
gen Zuhörern Calderon's mehr den Eindruck einer wirklichen
als einer allegorischen Person gemacht haben wird, üeber-
haupt muss man sich vorstellen, dass die beim Lesen schatten-
haft erscheinenden Figuren des Verstandes, der Thorheit, der
Schuld u. s. w. wohl stets in einem conventioneilen Costüme
erschienen und durch die oftmalige Darstellung zu stehenden
Masken wurden, über deren Bedeutung sich jeder Mosquetero
klar war. Nimmt man dazu das Schauwerk, die possen-
haften Entremeses, Musik, Gesang und Tänze, so wird man
begreifen, wie diese auf den ersten Blick so undramatischen,
didaktischen Compositionen dem verwöhnten spanischen Pu-
blikum während eines ganzen Monats die Comödie ersetzen
Pedro Calderon de la Barca. 63
konnten. Selbst der Gracioso treibt im Gewände einer alle-
gorischen Figur in vielen Autos seine Spässe, und in „El
cuBO DE LA Almudena" tritt sogar ein radebrechender Maure
auf, welcher sich zum Ueberfluss auch als Trunkenbold auf
offener Scene zeigt.
Die Aufführung der Autos fand meistens im Freien, hie
und da auch in Kirchen und Klöstern statt. Eine Bühne
wurde aufgeschlagen, welche von vier grossen Wagen um-
geben war. Von diesen aus betraten die Schauspieler die
Bühne, aber auch auf den Wagen selbst ging oft ein Theil
der Handlung vor sich. In der Kegel war auf jedem der-
selben eine verschiedene Decoration, z. B. auf dem ersten ein
Thurm, auf dem zweiten eine Felsengruppe, auf dem dritten
ein Garten u. s. w. aufgestellt. Die Decoration wurde durch
Oeflfnen des Wagens sichtbar, durch Schliessen desselben ver-
deckt. Auch wurde durch Drehen der Wagen eine Decora-
tionsveränderung hervorgebracht, was deutlich aus zeitgenössi-
schen Bühnenweisungen erhellt. So heisst es in Calderon's
„No HAY INSTANTE SIN MiLAGEO": „Vuelve el carro que fue
de retrete, connertido en gruta", femer „Vuelve el carro que
fue monte, convertido en jardin^^ u. s. w. Bei Schluss der
Vorstellung wurden die Wagen ganz geschlossen und even-
tuell fortgefahren. Wer sich über weitere Einzelheiten dieser
Bühnenmaschinerie unterrichten will, findet einen interessan-
ten Beitrag hierzu in Calderon's „Memoria del teairo y apa-
riencias precisas^' vor dem Auto „El socorro general".
Hier mag noch kurz erwähnt werden, dass in „La torre de
Babilonia" die Arche Noah's sichtbar wird, welche so viele
Thiere und Vögel „als möglich" (wie es in der Bühnenwei-
sung heisst) entleert, und dass im gleichen Stücke Nimrod
in Begleitung von vier auf Kamelen reitenden Riesen er-
scheint, welche letztern mit „zuccos" (wohl von Soccus ab-
geleitet), einer Art hoher Schuhe, auftreten, um sie grösser
erscheinen zu machen.
Sehen wir uns nun die Autos Calderon's nach ihrem In-
halt an, so fallen uns in erster Linie diejenigen Stücke in
die Augen, welche die Titel einiger seiner Comödien tragen.
Hierzu gehören:
„El pintor de sü deshonra". — Gott als „Maler"
schafft die „menschliche Natur"; diese wird von Lucifer zu
64 Pedro Calderon de la Barca.
•
dem Apfelbisse verleitet und von der „Schuld" entführt. Die
„Welt" verliebt sich in die Natur und beauftragt den Maler,
sie heimlich zu porträtiren; dieser tödtet Lucifer und die
Schuld, begnadigt aber die Natur. Dieses Auto hat dem
Drama nur wenige Züge entnommen und ist, wie man schon
aus der gegebenen kurzen Inhaltsangabe sieht, durchaus
nicht sehr philosophisch gedacht; es ist eins der schwächern
Stücke seiner Art.
Nicht viel besser ist „El Jaedin de Falerina". Es
stellt dar, wie der Mensch von der Schuld in einen Zauber-
garten geführt wird, in welchem ihn die Laster bestricken
und dann in eine Bildsäule verwandeln. Aus dieser Ver-
zauberung wird er durch Christus unter dem Namen „Phöbus"
mit Hülfe der „göttlichen Gnade" befreit.
„La vida es Sueno" ist eine wahrhaft philosophische
Schöpfung, reicht aber natürlich in dramatischer Lebendig-
keit bei weitem nicht an das gleichnamige Schauspiel des
Dichters heran. Segismundo ist hier der Mensch, welcher
von Gottes Allmacht („el poder") aus dunkler Höhle probe-
weise zum Fürsten der Erde erhoben wird. Wie Segismimdo,
misbraucht er seine neue Gewalt , wirft seinen Verstand (wie
sein Vorbild den widersprechenden Höfling) aus dem Fenster,
ergibt sich durch den Apfelbiss der Sünde und wird alsdann
wieder in seinen frühem Zustand versetzt. Christus, durch
das Wissen („el saber") allegorisirt, bemitleidet ihn, befreit
ihn von seinen Ketten, legt dieselben selbst an, und wird in
diesem Zustande von Lucifer und der Finstemiss zu ermorden
versucht. Die Attentäter werden jedoch durch ein Erdbeben
zu seinen Füssen geschleudert, und um die dem Menschen
erwiesene Wohlthat zu verewigen, bringen die vier Elemente
die Bestandtheile des heiligen Abendmahls zusammen. Wel-
cher Unterschied — trotz vieler Schönheiten des Autos —
zwischen der lebendigen Darstellung eines philosophischen
Gedankens durch das farbenprächtige, unfühlbar lehrende
Drama und der ostentativ didaktischen Tendenzdichtung
des Autos liegt, kann schon nach Obengesagtem empfimden
werden.
In „ Lo QUE VA DEL HOMBBE' A Dios " wird ein ähnlicher
Stoff behandelt; die Allegorie ist geistreich ausgedacht und
bis ins Kleinste ausgeführt.
Pedro Calderon de la Barca. 65
„Los ENCANTOs BE LA CULPA " folgt dem Drama „El
MAYOB ENCANTO AMOR ". Ulysses ist Mer der „Mensch", Circe
die „Schuld", Iris die „Busse" u. s. w. Wie bei „La vida
ES SuENo" zeigt auch hier eine Vergleichung beider Stücke,
dass das Auto trotz dialektischer und poetischer Schön-
heiten, einer durchaus verfehlten dramatischen Form an-
gehört.
Aus der biblischen Geschichte sind: „El aebol del
ME JOB EBUTO^', ein schönes Auto, welches der „Sibila del
Oriente" folgt; fomer „^Quien hallaea müjee eueete?"
(Deborah und Jahel), „La peimee eloe del Caemelo" (Abi-
gail und Nabal), „Suenos hay que veedades son" (Joseph
und seine Brüder) u. a.
Der allgemeinen Geschichte sind entnommen: „El lieio
Y LA aztjcena" (Chlodwig von Frankreich und Eudolf von
Habsburg), „El segundo blason de Austeia" (Kaiser Maxi-
milian's Verstieg an der Martinswand), „El santo eey Fer-
nando" in zwei Theilen, von welchen der erste fast aus-
schliesslich allegorisch, der zweite — die Einnahme von
Sevilla durch Ferdinand IIL behandelnd — fast ganz histo-
risch gehalten ist; femer „La devocion de la misa", ein
Stück, welches den bekannten legendenhaften Stoff der Ver-
tretung eines Messe hörenden Soldaten in der Schlacht durch
einen Engel behandelt.
Hinweisung auf mythologische Stoffe enthalten „Andeö-
meda y Peeseo", „Psiquis y Cupido", das prächtige Stück
„El divino Oeeeo" u. a.
Von den Autos allgemeinem Inhalts sollen folgende we-
gen charakteristischer Ideen erwähnt werden. „El nuevo
PALACio DEL Retieo" ist eiuo allegorische Vermengung des
genannten neuen Palastes mit dem Neuen Testament, sowie
der Errichter der beiden, König Philipp's IV. mit Christus.
Dass in dieser Parallele eine Gotteslästerung gefunden wer-
den kann, scheint weder der Dichter, noch die Censur gefühlt
zu haben. — „El gean teateo del mundo." Der Schau-
spieldirector (Gott) will zu seiner eigenen Ehre eine Comödie
aufführen und vertheilt die Rollen an den König, die Klug-
heit, die Schönheit, den Reichen, den Armen, dien Landmann
und ein Kind. Nachdem diese ihre Rollen ausgespielt, ver-
langt erst die Welt alles, was sie besessen, dann der Director
SOOXI'I'BB. II. 5
66 Pedro Calderon de la Barca.
Rechenschaft über ihre Thätigkeit, und theilt hierauf Lohn
und Strafe aus. Das Stück ist in der Ausführung recht ge-
lungen. — „A Dios POR EAzoN DE ESTADO." Der Geist („In-
genio") sucht den unbekannten Gott, conferirt mit dem Heiden-
thum, dem Atheismus, dem Islam ,^ dem Judenthum und dem
heiligen Paulus und findet heraus, dass das Christenthum
schon aus „razon de estado" (politischen Gründen) die rich-
tige Religion sei.
Nachdem wir durch Obiges auf die grosse Mannichfaltig-
keit der Autostoflfe Calderon's hingewiesen haben, soll jetzt
eine Analyse des Autos „El pleito mateimonial" gegeben
werden, welche als Schema für die Behandlung dieser drama-
tischen Abart seitens Calderon's gelten darf.
Die Schuld imd der Tod verabreden sich, die widerwillig
eingegangene Ehe des Körpers und der Seele zu trüben; die
Schuld soll die Seele, der Tod den Körper verderben. Bei
den ersten Schritten, welche die neuen Gatten thun, fallen
sie in die Arme ihrer Feinde, d. i. die Seele erhält Theil an
der Erbsünde, und die Geburt des Körpers ist der erste
Schritt zum Tode. Die fünf Sinne, das Gedächtniss, der Wille
und der Verstand stellen sich jetzt ein, aber die Schuld pocht
darauf, dass ihr die Seele schon in die Arme gefallen sei.
Diese indessen reinigt sich durch eine Waschung (die Taufe),
worauf sich die Schuld mit der Drohung zurückzieht, an die
Stelle der abgewaschenen Erbsünde die actuelle Sünde zu
setzen. Der Tod stösst ebenfalls seine Drohungen aus und
flösst Körper und Seele, sowie deren Tochter, dem Leben,
grosse Furcht ein. Der Gedanke an das heilige Abendmahl
beruhigt alsdann alle Drei, aber der Wille stellt diese An-
dachtsübung als blosse Gewohnheit hin und verbündet sich
mit der Schuld. Darauf veranlasst er den Körper, den Tisch
des Herrn zu verlassen und sich weltlichen Vergnügungen
hinzugeben, was die Seele so schmerzt, dass sie sich von dem
sinnlichen Genossen gerichtlich scheiden lassen will. Da je-
doch infolge dessen ihre Tochter, das Leben, in Ohnmacht
sinkt, besinnt sie sich wieder eines andern. Nun schmeicheln
die Sinne dem Körper, und der Verstand sucht ein Mittel,
dieser Verführung entgegenzuwirken, als der Tod mit schwarz-
verschleiertem Angesicht eintritt. In seiner Begleitung be-
findet sich der Schlaf, welcher sowohl Körper als Seele in
r '
Pedro Calderon de la Bafca. . 67
Schlummer versenkt. Während dieses Zustandes will ihnen
die Schuld lebensfreudige Bilder, der Tod heilsam-furchtbare
Gedanken vorführen, üeber den Körper siegt die Verfüh-
rung, aber nicht über die Seele, welche jetzt thatsächlich den
Scheidungsprocess beantragt. Der Tod löscht in dessen Ver-
lauf die Lebensfackel des Körpers aus, welcher jedoch im
letzten Augenblicke sich an den Verstand klammert und Ver-
gebung seiner Sünden erfleht. Nun verlassen ihn Sinne, Ge-
dächtniss, Verstand und Wille. Die Seele will zum bessern
Leben eingehen, die Schuld tritt ihr in den Weg, aber das
Anrufen des heiligen Abendmahls verhilft ihr zu der ersehn-
ten Ruhestätte. Jetzt zeigt sich auch der Körper in Erwar-
tung des Jüngsten Gerichts und spricht die Hoffnung aus,
alsdann durch Appellationsspruch wieder mit der Seele ver-
einigt zu werden. Mit einem Lobgesang auf das heilige
Abendmahl schliesst das Stück.
Man wird aus dem Gesagten ersehen können, wie metho-
disch Calderon die Allegorie behandelt. Gleicherweise erhellt
aber, wie undramatisch diese nur durch Tradition geheiligte
Dichtungsform ist, denn offene Didaktik und Drama sind di-
recte Gegensätze. Alles was den Autos in Spanien die Lebens-
fähigkeit verlieh, lange Ueberlieferung, Schaugepränge, Tänze,
Possen, Musik und Gesang, sind gerade die Dinge, welche
ein im höchsten und edelsten Sinne künstlerisches Drama
durchaus entbehren kann. Dies, was die Handlung angeht.
In Bezug auf die Sprache zeigt sich die unheilvolle Einwir-
kung der falschen Kunstart durch die geschraubte rhetorische
Weise, mittels welcher das didaktische Skelett verdeckt wer-
den muss. Dass schliesslich dem dritten Bestandtheile eines
Dramas, der Charakteristik, durch allegorische Personen, deren
Namen schon die Schablone andeuten, der wahrhaft künst-
lerische Boden entzogen wird, bedarf keiner weitem Ausfüh-
rung. Wem diese directen Beweise nicht genügen, mache den
indirecten durch Prüfung des unbedingt schönsten Autos un-
sers Dichters: „La cena de Baltasae". Diesem haften die
Schlacken der übrigen in geringerm Maasse an, weil die we-
nigen allegorischen Personen, die „Abgötterei" und die „Eitel-
keit" einfach als die Gemahlinnen Balthasar's, der „Gedanke"
als dessen Hofnarr personificirt sind. Der „Tod" ist seit
dem Mittelalter — ebenso wie der Teufel — dem Theater-
5*
68 Pedro Calderon de la Barcä.
publikum der darauffolgenden Jahrhunderte nie als allego-
rische, sondern als wirkliche Person erschienen, und Bal-
thasar selbst, ebenso wie der Prophet Daniel, sind histori-
sche Figuren. Beweis und Gegenbeweis stimmen also darin
überein, dass das Auto eine verfehlte dramatische Kunst-
form ist. Dass ein grosser Dichter auch in einer solchen
etwas Aussergewöhnliches leisten kann, ist natürlich, aber die
allgemeine Regel wird dadurch nicht umgestossen. Wer aller-
dings die Dithyramben noch im Gedächtniss hat, welche einige
Literarhistoriker gerade diesen Autos anstimmen, wird unsere
Beurtheilung derselben kühl, wenn nicht herbe, finden. Bei
aller Bewunderung jedoch, welche jedes empfängliche Gemüth
den in den Autos zerstreuten Schönheiten höchsten Ranges
zollen muss, bei aller Berücksichtigung, welche dem Particular-
Standpunkte jedes Dichters gebührt, gibt es aber noch an-
dere, höhere Rücksichten für die Kritik, Rücksichten, welche
jedem Schulprincip, jeder Engherzigkeit fern liegen. Wir mei-
nen die ewig gültigen Normen maassvoller, harmonischer
Schönheit, künstlerischer Klarheit und grossherziger, humaner
Gesinnung. Dass aber Calderon (und mit ihm fast alle seine
Zeitgenossen) gerade in den Autos vielfach gegen diese Er-
fordernisse jedes höchsten Dichterwerks Verstössen hat, wird
niemand in Abrede stellen wollen.
Um uns nun ein klares Gesammtbild der Schöpfungen
Calderon's vor das geistige Auge zu führen, fassen wir in
Folgendem die Ergebnisse unserer Einzelbesprechungen zu-
sammen. Wie wir es bei Lope de Vega gethan haben, so
müssen wir auch hier vor allem einen Rückblick auf den per-
sönlichen Charakter des Dichters werfen. Calderon hatte eine
entschieden ernstere Natur als sein grosser Vorgänger; bei
ihm spielten Vernunft und ein tiefes Gemüth dieselbe Rolle
wie bei Lope Einbildungskraft und Herz. Während Lope
zweimal in die Ehe trat und ausserdem mehrere nicht von
der Kirche geheiligte Liebesverhältnisse einging, hat sich Cal-
deron weder vermählt, noch ist sein sittlicher Ruf je ange-
zweifelt worden. Die auf seinen ernsten Charakter gegründete
Gewissenhaftigkeit hat er mehrmals bewiesen: in thatsäch-
licher Weise durch den in unsem biographischen Notizen er-
wähnten Kriegsdienst in Catalonien, in moralischer Hinsicht
durch den in unserer allgemeinen Einleitung besprochenen
Pedro Calderon de la Barca. 69
Brief, in welchem er seine Bedenken äussert, ob er als Prie-
ster das Dramenschreiben — selbst das Verfassen von Autos —
fortsetzen dürfe. Dass ein von Lope so verschiedener Cha-
rakter durchaus verschiedene Schöpfungen hervorbringen
musste, liegt auf der Hand, doch ist diese Verschiedenheit
hier ausserdem durch das Fortschreiten jeder Literaturperiode
bedingt gewesen. Die anfänglich naivern, wenn auch in
jugendlicherer Phantasie oft ausschweifenden Stoffe einer auf-
blühenden Dramatik werden nach und nach berechnet sen-
sationeller, Auge und Ohr werden immer mehr verwöhnt,
künstliche Aufregung tritt öfters an die Stelle wahrer Leiden-
schaft, Rhetorik und sprachliche Schönpflästerchen müssen der
vorher rein poetischen Sprache den Stempel des Kunsthand-
werks, der Zunft aufdrücken. Andererseits gelingt der Be-
rechnung, dem künstlerischen Verstände, bei wirklichen Dich-
tern eine ungleich grössere Anzahl vollendeter Meisterwerke,
als der Phantasie bei den naivern, unbewusster schaffenden
Talenten. Auf keine Dramatiker passen diese generellen Be-
merkungen besser, als auf Lope de Vega und Calderon.
Untersuchen wir, wie sich unter den Händen unsers Dich-
ters die drei Hauptbestandtheile des Dramas: Handlung,
Charakteristik und Sprache gestalteten, so gelangen wir zu
folgenden Ergebnissen. Niemand ist Calderon in Füh-
rung der Handlung überlegen; die verwickeltsten Situa-
tionen werden durchsichtig klar unter des Meisters Hand,
die divergirendsten Linien werden auf einen Mittelpunkt
geführt. Dies gewährt dem Leser oder Zuschauer nicht
allein den Genuss, von oben herab auf das Centrum eines
künstlich angelegten Labyrinths zu blicken, sondern auch,
damit zusammenhängend, die Selbstbefriedigung der spielen-
den Ueberwindung einer anscheinend grossen intellectuellen
Schwierigkeit. Dieses Ergebniss ist eine Wirkung des emi-
nenten künstlerischen Verstandes Calderon's, und ist von sei-
nem Vorgänger Lope nur in den seltensten Fällen erreicht
worden. Es ist wohl unnöthig, zu bemerken, dass diese Re-
gel nicht ganz ohne Ausnahmen ist ; diese sind aber kaum er-
wähnenswerth (Los cabellos de Absalon, El sitio de Breda).
Dagegen darf als allgemeiner Fehler nicht verschwiegen wer-
den, dass die Exposition öfters in unkünstlerischer Weise
mittels ungebührlich langer Erzählungen stattfindet, eine Un-
70
Pedro Calderon de la Barca.
Sitte, welche vielleicht theilweise auf Rechnung der auf eine
Paraderede versessenen Schauspieler zu setzen ist. Dass
Calderon wenigstens nicht blind gegen diesen Fehler war,
geht aus einer Stelle in „Casa con dos pueetas" hervor.
Hier sagt der Gracioso Calabazas zu seinem CoUegen Herrera :
En tanto que ellos se pegan
dos grandisimos romances,
gt endreis, Herrera, algo que
se atreva ä desayunarme?
(Während sie — d. i. unsere
Herren — sich zwei unendlich
lange Erzählungen an den Kopf
werfen u. s. w.)
Was dagegen die Stoffe angeht, so ist hier nicht das
gleich unbedingte Lob am Platze. Wenn auch Calderon in
vielen seiner Dramen auch hierin das richtige künstlerische
Maass gehalten hat, so hat er sich doch oft zu Ausschwei-
fungen hinreissen lassen, welche nur mit Concessionen an das
Sensationsbedürfniss des Zuschauers, nicht aber mit dem
künstlerischen Verstände des Dichters in Einklang zu bringen
sind. Beispiele findet der Leser in genügender Menge bei
unsem Einzelbesprechungen, und es sei deshalb hier nur auf
das Drama „Afectos de odio y amor" hingewiesen.
Aber auch die Originalität der Erfindung seiner
Stoffe ist Calderon nur in beschränkterm Maasse zuzuerken-
nen, und dies wäriB wahrscheinlich noch auffälliger, wenn uns
die 1500 verlorenen Dramen Lope de Vega's erhalten wären.
Allerdings muss hierbei in Berücksichtigung gezogen werden,
dass Lope ein fast vollständig freies Feld vor sich hatte,
während Calderon schon den grössten Theil desselben bestellt
vorfand. Es sind demnach die Einwirkungen früherer Dich-
ter, besonders diejenigen Lope's und Tirso de Molina's, in
Calderon's Schöpfungen deutlich erkennbar. Dies ist völlig
erklärlich und natürlich, aber ein Plagiat, wie es Calderon in
„Los CABELLOs DE Absalon" begangen hat, ist durchaus un-
entschuldbar und beweist, dass die Dichter der zweiten Pe-
riode, und voran ihr grosser Führer, nicht allein unbewusste
Reminiscenzen aus der ersten Periode herübemahmen, son-
dern auch berechneterweise alles als Gemeineigenthum an-
sahen, was nicht gerade noch seinen Platz auf der gleich-
zeitigen Bühne behauptet hatte.
Was die Charakterzeichnung angeht, so folgt aus dem
in den Einzelbesprechungen Gesagten, dass Calderon darin
Pedro Calderon de la Barca. 71
Meister war, wo ihn nicht eine allzu verwickelte, auf Spitzen
gestellte Handlung — wie in vielen seiner Mantel- und Degen-
stücke — davon abzog. In diesen allerdings wurden die Per-
sonen zu Schablonen, zu Marionetten, welche — nur im Kör-
per verschieden — stets den gleichen seelischen Triebfedern
gehorchten: das Individuum ging im Durchschnittsmenschen
unter. Hiervon abgesehen und auf die Stücke mit wirklichen
individuellen Charakteren zurückkommend, ist zu bemerken,
dass Calderon im allgemeinen den höchsten Dichtertalenten
darin gleicht, dass er seine Personen zwar scharf charakteri-
sirt, aber die sogenannte Sittencomödie, die Schilderung ab-
normer Charaktere, fast ganz vermieden hat. Glühende
Liebe, brennende Eifersucht, ausgespitztes Ehrgefühl, feuriger
Wissensdrang, todesverachtender Glaubenseifer, rücksichtsloser
Ehrgeiz, uneigennützige Grossmuth, Muth des Verbrechens,
Rachsucht, sowie andere Tugenden und Laster in Wechsel-
wirkung und Conflict, sind die Triebfedern seiner Menschen,
aber nicht Geiz, religiöse Heuchelei, Prüderie und andere
kleinliche Laster, wie sie Meliere, der Meister der Sitten-
comödie, verwendet.
Betreffs der Diction Calderon's ist vor allem festzustel-
len, dass er sich geradezu eine eigene Sprache geschaffen
hat. Dass diese ein Ergebniss der üeberlegung war, ist
eigentlich selbstverständlich, darf aber zum Ueberfluss daraus
geschlossen werden, dass Calderon sie in den meisten Mo-
menten höchster Leidenschaft vermied, dass er sich ihrer in
den meisten Stücken leichtem Schlages nur spärlich bediente
und eine wirklich ästhetisch -unangenehme Anwendung der-
selben hauptsächlich in den aufgebauschten ßomanstoffen,
sowie in den hohlen novellesken Stücken in der Art des
„Amado y aboebecido" u. a. eintreten liess. Da diese Con-
venienzsprache Calderon's in höherm oder geringerm Grade
von allen seinen Nachahmern angenommen wurde und auf
diese Art der ganzen Periode den Stempel aufdrückte, so
sind deren besondere Kennzeichen schon in unserer allge-
meinen Einleitung erwähnt worden. Dieselben sollen deshalb
hier nur in aller Kürze recapitulirt und mit speciellem Bezug
auf Calderon vervollständigt werden. Es sind in der Haupt-
sache folgende:
!
72 Pedro Calderon de la Barca.
1) Wiederholungen von Sätzen gleichen Sinns seitens
zweier Personen in der Art eines Opernduetts:
Aus „En esta vida todo es vebdad" etc.
Libia. Que si hcUlas dlgun Camino ....
Cintia. Que si dlgun modo descuhres
Libia. No dudo que dl punto mismo ....
Cintia. Äl mismo instante, no ignoro ....
Libia. Que te sigan infinitos ....
Cintia. Q^e haya muchos que te aclamsn ....
Libia. Äunque imposihle lo miro ....
Cintia. Aunque imposihle lo veo.
2) Sätze in anderer, opemartiger Weise:
Aus „No SIEMPEE LO PEOB ES CIEBTO".
Leonor. jÄhora si, piadosos Cielos! . . .
D.Carlos. jHa celos!
Leonor. Que solo podrän mis lahios ....
D.Carlos. jOh agravios!
Leonor. Quejarse al viento mejor ....
D. Carlos. / Oh amor !
Leonor. gQuien le dirä ä mi dolor
la razon que ha de culparme?
3) Häufung gleichartiger Sentenzen:
Aus „CON QUIEN VENGO, VENGO".
Lisarda. Porque con su vida mueran
tantos dbismos de males,
tantos pielagos de afrentas,
tantos Etnas de desdichas,
tantos volcanes de afrentas,
tantos montes de peUgros,
tantos mares de sospechas,
tantos linajes de agravios,
tantos generös de penas.
4) Das Beiseitesprechen in Parenthesen:
Aus „La NINA DE GOMEZ AßlAS".
Don Luis. Faltö, pues, de mi casa (j dolor fuerte!)
Dorotea, (jay desdicha rigurosa!)
Yo entönces afligido (hien se advierte)
dispuse (fprevencion dificultosa!) etc.
/
Pedro Calderon de la Barca. 73
5) Die logischen Deductionen, welche gewöhnlich die
Phrasen enthalten : ... Dejemos aqui .... y vamos ä . . . . ,
ebenso die Vergleiche, welche erst im Einzelnen ausgeführt,
am Schlüsse schulgerecht durch abermalige Aufzählung der
verglichenen Dinge registerartig recapitulirt werden. Bei-
spiele, welche hier wegen ihrer Länge nicht aufgeführt wer-
den können^ finden sich in „A seceeto agbavio" etc., I. Act,
im Zwiegespräch zwischen Leon.or und Sirena, und in vielen
andern Stücken.
6) Die sensationelle Art, einige mit anderer Absicht ge-
sprochene Worte einer eintretenden Person als richtige, aber
dem ersten Redner unbewusst prophetische Antwort auf des-
sen Rede anzuwenden:
Aus „No SIEMPRE LG PEOR ES CIERTO".
B6atriz. Diera por ver ä la dama
que pudo empenarle asi,
el dlma y la vida.
Sälen Ines (die Zofe Beatricens) y Leonor (die Dame, von welcher Beatriz sprach)
Ines. Äqui
estä. —
Ines sagt zu Leono.r: y,Äqut estä'' und meint damit ihre
Herrin Beatriz; gleichzeitig ist aber dieses ^,Aqui estä'' — als
Antwort auf die vorhergehende Rede Beatricens angewandt —
eine den handelnden Personen unbewusste Wahrheit.
Man sieht, alles dies ist auf künstlichen Effect, auf Hin-
aufschrauben der Stimmung des Zuhörers berechnet; es ist
eine Art bengalischer Beleuchtung. Dieselbe ist aber in vie-
len Stücken Calderon's mit grosser Logik durchgeführt, und
es gibt deshalb kaum einen Dichter, welchem so viele Parallel-
stellen nachzuweisen sind, als gerade unserm Calderon.
Lassen wir nun in gedrängter Darstellung die verschie-
denen Gattungen der Dramen Calderon's nochmals an uns
vorüberziehen, so ergibt sich Folgendes:
Die Stücke, in welchen sich sein Geist am höchsten ge-.
Schwüngen hat, sind die philosophisch-religiösen. Dies
liegt in der ganzen Richtung, welche des Dichters Gemüth
schon von frühester Jugend an erhielt und welcher er wäh-
rend seines langen Lebens unverwandt treu blieb. Dass der
religiöse Enthusiasmus der Spanier des siebzehnten Jahr-
74 Pedro Calderon de la Barca.
himderts ein einseitiger, unduldsamer war, ist zur Genüge
bekannt, aber innerhalb dieser Grenzen ist wohl nie etwas
Höheres geleistet worden als von Calderon. Und dies war
gerade für einen grübelnden Geist, wie denjenigen Calde-
ron's, nicht leicht. Lope de Vega und dessen Schüler hatten
einfach den naiven Glauben des Volks, und wenn auch be-
sonders Ersterer öfters religiöse Dogmen zu Gegenständen
der Disputation macht, so geschieht dies in scholastischer,
pfäffischer Weise, welche zeigt, dass er einfach das im Priester-
seminar Gelernte nachspricht. Für Calderon war jedoch die
Religion ebenso sehr Herzens- als Vernunftsache; er dachte
viel über deren Mysterien nach, und was er sagt, macht nicht
den Eindruck des Gelernten, sondern des SelbstempfundeniBn,
des Nach- und Danebenempfundenen. Calderon grübelt über
den Weg zur religiösen Erkenntniss, aber nicht wie der Nord-
länder Faust, der sein Ziel vor lauter Zweifelsnebeln nicht
sieht, sondern wie der gläubige Südländer, dessen Auge das
Ziel, d. i. die christli(5h- katholische Religionsoflfenbarung er-
blickt und nur über den besten Weg, es zu erreichen, nach-
denkt. Einen handgreiflichen Beweis hierfür liefert das Auto
„A Dies POR RAZON DE ESTADo". Das Gosagto gilt natürlich
nur von den Dramen, in welchen die geistige Auffassung vor-
herrscht, während diejenigen, welche die blosse Werkheilig-
keit verherrlichen, wie „La devocion de la cruz", in die
Kategorie der gewöhnlichen Heiligenstücke gehören. — An
den Autos ist eine generelle Kritik bereits nach deren Einzel-
besprechung geübt worden; für hier genügt es demnach, zu
wiederholen, dass Calderon durch rhetorische Verkleidung und
theologisch -philosophische Gedanken diese mehr didaktische
als dramatische Kunstform auf die bei deren ungünstigen
künstlerischen Vorbedingungen äusserst mögliche Höhe ge-
bracht hat.
Dass die Tragödie dem ernsten Charakter Calderon's
zusagen musste, beweist eine ganze Reihe Meisterstücke die-
ser Art, welche wir einzeln besprochen haben. Begründete
Eifersucht, daneben aber auch der allzu fein ausgespitzte
Ehrencodex bilden hier die Haupttriebfedem der Handlung.
Ueberall wird der Hauptzweck des Trauerspiels — die Er-
schütterung unserer Gefühle in den Grenzen einer künstlerisch
gezogenen Linie — erreicht. Die Charaktere sind scharf ge-
Pedro Calderon de la Barca. 75
zeichnet, die Sprache ist meistens diejenige echter, wahrer
Leidenschaft, und die cultistischen sowie speciell calderonischen
Schönpflästerchen treten nur vereinzelt auf.
Bei den Tragödien hatte Calderon den richtigen Gedan-
ken, dieselben (ausser „El mayoe mönstruo los celos") nach
Spanien zu verlegen. Dass er in den meisten seiner histo-
rischen Schauspiele von diesem Grundsatze abgegangen
ist, hat denselben nicht zum Vortheil gereicht. Wenn auch
z. B. „La sibila del Oeiente" durch tropische Pracht der
Sprache, „La hija bel aibe" durch den gewaltigen Charak-
ter der Heldin unsere Bewunderung erregen, so leiden an-
dere, wie „Dablo todo y no dae nada", „Las aemas de la
HEEMOSüEÄ", „El segundo Scipion" u. s. w. bedenklich an
durchaus falscher Auffassung des dargestellten Zeitabschnitts.
Obgleich der Ausspruch unsers Goethe in „Faust":
Was Ihr den Geist der Zeiten heisst,
Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
In dem die Zeiten sich bespiegeln —
ZU vorsichtiger Kritik in dieser Hinsicht mahnt, so wird es
jedem Einsichtigen auf den ersten Blick auffallen, dass die
meisten der von Calderon gezeichneten Griechen und Römer
von seinen spanischen Zeitgenossen nur durch die Namen und
die Anrufung der heidnischen Götter verschieden sind. Dass
seine vaterländischen Schauspiele „Gustos y disgüstos no
soN MAS QüE imaginacion" Und „Amae despues de LA mueete"
die erquicklichsten der historischen Gattung sind, mag als
Gegenprobe des Gesagten dienen.
Aehnliche Kritik betreffs falscher Zeitauffassung verdie-
nen manche der mythologischen Dramen Calderon's.
Während ihm aber bei den historischen Stücken freistand,
einen vaterländischen Stoff zu wählen (wie es Lope mit Vor-
liebe that), so war ihm bei den mythologischen Festspielen,
welche wegen der zu grossem Schaugepränge Gelegenheit
gebenden Göttermaschinerie die besondere Gunst des Hofes
genossen , der Stoflfkreis gewissermaassen vorgeschrieben.
Auch machen pomphafte Gelegenheitsstücke nicht die künst-
lerischen Ansprüche regelmässiger Dramen. Dass der Dichter
trotzdem in einigen derselben, wie „El mayoe encanto amoe"
und „Los TEES MAYOEEs PEODiGios", sowohl den gespanntesten
76 Pedro Calderon de la Bar ca.
Ansprüchen höfischer Schaulust als wahrer Poesie gerecht zu
werden wusste, ist ein schlagender Beweis seines ausserordent-
lichen Genies.
Die romanhaften und novellesken Dramen sind
die schwächste Seite Calderon's. Der meistentheils weit her-
geholte, aufgebauschte, innerlich unwahre und hohle Stoff ver-
anlasste den Dichter, sich seiner geschraubtesten Sprachwen-
dungen zu bedienen, um die Handlung nicht blosszustellen.
Dass hierbei eine geschminkte Larve an Stelle der reinen
Kunstmaske trat, bedarf keiner Ausführung.
Unter den Stücken allgemeinerer Art finden wir
philosophische („La vida es sueno"), Charakterdramen („El
ALCALDE DE Zalamea"), psychologischo Versuche („De una
CAUSA DOS EFECTOS", „No HAY BURLAS CON EL AMOR") UUd
reine Intriguenstücke, in welchen die Charakterzeichnung der
geistreich verwickelten, von Lebendigkeit strotzenden Hand-
lung untergeordnet wird. In letztern spielen die Haupt-
bühnenmittel des Dichters: beständiges Verstecken bei Hinzu-
kommen von Vätern und Brüdern, sowie die Verschleierungen
der Damen oft eine übermässige Rolle. Niemand hat besser
erkannt als Calderon selbst, dass ihm hierüber ein kritischer
Vorwurf gemacht werden könne; deshalb hat er sich lieber
gleich selbst kritisirt und seine Spötteleien in
„No HAY BUBLAS CON EL AMOR":
^Es comedia de Bon Pedro
Calderon y donde ha de haher
por fuerza amante escondido
6 rebozada mujer?
und in „La desdicha de la voz":
Que dehe de ser comedia y
sin duda esta, de Bon Pedro
Calderon, que hermano y padre
siempre vienen ä mal tiempo etc.
entwaffnen die Kritik Anderer im voraus. Im übrigen sind
die oft gebrauchten Triebfedern dieser Stücke etwa folgende :
Der erste Liebhaber ist geflüchtet, da er einen Nebenbuhler
im Duell schwer verwundet oder getödtet hat und kommt in
Pedro Calderon de la Barca. 77
eine Stadt, in welcher er. die alte Geliebte wiederfindet oder
ein neues Verhältniss anknüpft. Sehr oft ist die neue Ge-
liebte die Braut eines Freundes, woraus sich die beliebten
Conflicte zwischen Liebe und Pflicht ergeben; auch verliebt
sich ein Caballero oft in die, ihm als solche unbekannte
Schwester seines Freundes, und hieraus entsteht der Zwie-
spalt zwischen der scrupulösen spanischen Freundschafts-
etikette und der Liebe. Derselbe Conflict entsteht, wenn ein
Freund dem andern anvertraut, dass er die gleiche Dame
liebe. Werden Damen von Vätern und Brüdern bei einem
Stelldichein ertappt, so flüchten sie in das Haus einer Freun-
din oder begeben sich unter den Schutz irgendeines Unbe-
kannten, welcher ihnen dann bis zum Aeussersten beizustehen
verpflichtet ist. Die Anwesenheit geflüchteter f)amen in den
Häusern ihrer Freundinnen gibt deren Liebhabern Grund zur
Eifersucht, da die Anbeter der Flüchtigen dann auch im
Hause verkehren. Verwechselungen entstehen durch die
Schleier der Damen und die vorgehaltenen Mäntel der Män-
ner, durch Wohnungsveränderung, sowie durch die nächtliche
Dunkelheit. Die beständigen Duelle sind schon mehrfach er-
wähnt worden, ebenso der Ehrencodex im allgemeinen mit sei-
ner Blutrache. Wie aber Calderon diese Factoren in der lan-
gen Reihe seiner Mantel- und Degencomödien stets in neuer
Farbenmischung durcheinanderwürfelt, ist bewundernswürdig,
und die Zunge seiner Zeitgenossen hat dieser Bewunderung
in der Bezeichnung „lances de Calderon" für geistreich ver-
wickelte, schlagfertige Situationen einen treffenden Ausdruck
gegeben.
Fügen wir hinzu, dass die Liste der Schöpfungen Calde-
ron's noch Stücke niedrigerer Komik („El hombre pobre
TODO ES TEAZAs"), oiue Figurou - Comödie („Gitabdate del
AauA mansa"), ein Guapo-Stück („Luis Peeez el Gallego")
und eine vortreffliche Burleske („Cefalo y Pocbis") aufweist,
so lässt sich übersehen, welche weiten Kreise des Dichters
Geist zog. Hat er auch nicht die ungeheuere Fruchtbarkeit
seines grossen Vorgängers Lope de Vega erreicht, so hat er
durch die bessere Concentration seiner Kräfte und seinen
eminenten künstlerischen Verstand eine grössere Anzahl
Meisterwerke als jener hinterlassen, und wenn deshalb ein
Vergleich zwischen beiden gezogen werden soll, so muss die
78 Pedro Calderon de la BarCä.
Krone iinserm Calderon zuerkannt werden. Dies ist von jeher
das Urtheil der Kritik gewesen und wird es auch in Zukunft
bleiben, wenn auch angenommen werden muss, dass wii* ohne
den Vorausgang Lope de Vega's die von uns bewunderten
Schöpfungen Calderon's gar nicht, oder wenigstens nicht in
ihrer jetzigen Gestalt besässen.
ig Phüipp IV.
Dieser kimstliebende Monarch, von seinen Schmeichlern
„der Grosse" genannt, wurde am 8. April 1605 zu Valladolid
geboren und bestieg schon 1621 den Thron seiner Vorfahren.
Was man auch über die Art seiner Regierung sagen mag,
seine Vorliebe für Kunst und Wissenschaft ist ihm nicht ab-
zusprechen, und auch hierin liegt ein grosses Verdienst für
einen Fürsten. Besonders die dramatische Poesie hat ihm
viel zu verdanken. Dass er sich in dieser Kunst selbst ver-
suchte, ist eine Ueberlieferung, welche der Lauf von 2V2 Jahr-
hunderten nicht verwischen konnte, obgleich ebenso wenig
positive Beweise für seine Urheberschaft der ihm zugeschrie-
benen Comödien erbracht worden sind. Da es sich hierbei
hauptsächlich um ein wirklich verdienstvolles, vielseitig dem
Antonio Coello zugeschriebenes Stück:
„Dae LA viDA POE SU dama" („El Coudo de Sex") han-
delt, so wären solche Beweise sehr erwünscht. In Ermange-
lung derselben möge das Sprichwort: „Volkes Stimme ist
Gottes Stimme", einstweilen deren Stelle vertreten. „Dae la
VIDA POE SU dama" ist schou in Lessing's Hamburgischer
Dramaturgie ausführlich besprochen worden, aber eine kurze
Inhaltsangabe muss, der üebersichtlichkeit halber, auch hier
ihren Platz finden.
Erster Act. Graf Essex kommt, nachdem er über
die spanische Armada gesiegt, nach England zurück.
Sein erster Besuch gilt seiner Geliebten Bianca, aber noch
ehe er dieselbe sieht, fesselt ihn in deren Park der Anblick
einer badenden Schönheit. Trotzdem ihr Angesicht von einer
Maske verdeckt wird, genügen ihre sonstigen Reize, seine
höchste Bewunderung zu erwecken. Durch einen Pistolen-
80 König Philipp IV.
schuss, welcher von dem Anführer einer maskirten Bande auf
die Unbekannte abgefeuert wird, erwacht der Graf aus seiner
Träumerei, eilt der Dame zu Hülfe und schlägt die An-
greifer in die Flucht. Immer noch maskirt, schenkt ihm die
Gerettete als Zeichen ihrer Dankbarkeit eine seidene Schärpe
und geht ab. Der Graf begrüsst nun Bianca und hört von
dieser zu seinem Erstaunen, dass sie die Königin Elisabeth
von England in ihrem Landhause als Gast beherberge und
dass sie — da Elisabeth ihre Familie als Parteigänger Maria
Stuart's verfolge — die Urheberin eines misglückten Atten-
tats auf die Fürstin sei. Gleichzeitig bittet sie den Grafen,
sich mit ihrem Vetter Roberto (dem oben erwähnten Pistolen-
schützen) in schriftliche Verbindung zu setzen, um ihre ver-
rätherischen Pläne weiter zu spinnen. Essex, welcher den
Zusammenhang mit seinem Badeabenteuer sofort durchschaut,
gibt vor, auf Blanca's Ansinnen einzugehen, um die Ver-
schwörung als Mitwisser durchkreuzen zu können. Unvor-
sichtigerweise gibt er seinem Diener einen in Blanca's Sinne
abgefassten Brief an Roberto, welcher — wie wir später sehen
werden — in die Hände der Königin fällt. Sein Verhängniss
bereitet sich femer dadurch vor, dass sein angebliches Ein-
gehen auf Blanca's Verrath von dem durch eine bestochene
Zofe im Zimmer versteckten Anbeter Blanca's, dem Herzog
von AlenQon, belauscht wird. Dieser wirft ihm seine Illoya-
lität vor, versichert ihn aber seines Schweigens, wenn er
seine Pläne aufgeben wolle. Durch die später eintretenden
Umstände glaubt sich der Herzog von diesem Versprechen
entbunden und trägt durch seine Enthüllungen zu dem Ver-
derben des Grafen bei.' Vorläufig aber sind dies nur kleine
dunkle Wolkchen, welche am Horizonte auftauchen, denn des
Grafen Glücksschiff scheint im besten Fahrwasser zu schwim-
men und die Sonne es mit ihren hellsten Strahlen zu be-
leuchten. In erster Audienz bei Königin Elisabeth wird
Essex aufs höchste ausgezeichnet, und die Fürstin hat sogar
Mühe, eine leidenschaftliche Neigung zu ihrem Retter zu
verbergen.
Zweiter Act. Die Schärpe, das Geschenk der Königin
an den Grafen, geräth durch des Letztem Diener in den Be-
sitz Blanca's. Die Königin, welche sich unterdessen ent-
schlossen hat, Essex ihre Liebe zu gestehen, wird durch
König Philipp IV. 81
diesen Umstand in Eifersucht versetzt, und Bianca, welche
dies bemerkt, stachelt diese Leidenschaft auf unerträgliche
Weise, indem sie der Königin gesteht, der Graf sei ihr heim-
licher Gemahl. Rasend vor Wuth, wirft Elisabeth Bianca
ihre Leichtfertigkeit in so beleidigender Weise vor, dass diese
später die Königin während eines kurzen Schlummers mittels
einer Pistole tödten will. Sie bedient sich dazu einer mit
dem Namenszug des Grafen versehenen Wafife, aber gerade
als sie dieselbe losdrücken will, erscheint Essex und ent-
reisst ihr das Mordinstrument. Dasselbe entlädt sich durch
die Erschütterung, und der entstehende Lärm zieht den
Seneschall mit der königlichen Wache herbei. Die Waffe
findet sich in der Hand des Grafen, und dieser, welcher seine
Dame nicht beschuldigen will, wird in den Kerker abge-
führt.
Dritter Act. Die Pistole in seiner Hand, der jetzt
aufgefangene, anscheinend verrätherische Brief an Roberto
und das Zeugniss des Herzogs von Alengon bilden eine Be-
weiskette, infolge deren der Graf zum Tode verurtheilt wird.
Trotzdem spricht Elisabeth's Herz für ihn, und sie fasst den
abenteuerlichen Plan, ihn in der Verkleidung des ersten Acts
maskirt zu besuchen, um ihm einen Schlüssel seines Kerkers
zu überbringen. Sie macht jedoch ihre Rechnung ohne den
Stolz des Grafen, denn dieser wirft das Instrument seiner
Rettung durch das Kerkerfenster in die Themse und verlangt
das Angesicht seiner Befreierin zu sehen. Widerwillig ge-
währt ihm dies die Königin, denn als Fürstin darf sie nicht
mehr handeln wie die maskirte Schönheit. Blutenden Her-
zens muss sie nunmehr den Befehl zur Hinrichtung des Grafen
ertheilen. Dieser schreibt einen letzten Brief an Bianca,
worin er die ganze Wahrheit enthüllt und sie beschwört, von
weitem verrätherischen Plänen gegen die Königin abzustehen.
Dieser Brief fällt Elisabeth in die Hände; in rasender Eile
will sie einen Boten absenden, um die Hinrichtung zu ver-
hindern, aber schon ist es zu spät, der Leichnam des Un-
glücklichen wird hereingebracht, und in ohnmächtiger Wuth
schwört die Königin, sein Schicksal an Bianca zu rächen.
Abgesehen von einigen Abenteuerlichkeiten, ist das Stück
ebenso gut erfunden als vortreflflich geführt; besonders mag
in letzterer Beziehung die allmähliche Häufung der Indicien
SCHiBFF£B. II. Q
82 König Philipp IV.
gegen den Grafen und die höchst wirksame Katastrophe an-
geführt werden. Die Sprache ist energisch, die Charakter-
zeichnung verdienstvoll. Nebenbei sei bemerkt, dass der
Gracioso sehr witzig ist, eine Eigenschaft, welche der öffent-
lich so steife König Philipp IV. nach verschiedenen üeber-
lieferungen und auch wohl aus dem Grunde besessen haben
muss, dass man ihn — wenn auch vielleicht mit Unrecht
— für den Verfasser des witzsprühenden Stückes „Lo que
PASA £N UN TOBNO DE MONJAS^' halten koUUte. „DaB LA
viDA PCB SU dama" wird ihm, wie gesagt, nur durch Tra-
dition, in den vorhandenen Drucken und Manuscripten da-
gegen dem Antonio Coello, Matos Fragoso imd einem „Ingenio
de esta Corte" zugeschrieben.
Es verdient noch Erwähnung, dass Graf von Schack in .
den Nachträgen zu seiner „Geschichte der dramatischen Li-
teratur und Kunst in Spanien", Seite 102, das Streichen
der Stelle:
Todo, Bianca, lo he säbido u. s. w.
in einem alten Manuscripte , seitens eines Censors (Don Fran-
cisco de Avellaneda) am 11. August 1661 als entschiedenen
Beweis gegen die Autorschaft Philipp's IV. betrachtet. Dem
ist entgegenzuhalten:
1) dass in dem ersten bekannten Drucke des Stücks, im
31. Bande der „Diferentes'^, Barcelona 1638, die Stelle „Todo,
Bianca, lo he sdbido^^ u. s.w. sich vorfindet, also nicht
beanstandet wurde, und dass deshalb eine 23 Jahre spätere
Beanstandung (1661) einen ernstlichen Beweiswerth nicht in
Anspruch nehmen kann;
2) dass der Censor Avellaneda, welchem das Stück als
Production Don Antonio Coello's vorgelegt wurde,,
trotz seiner Beziehungen zum Hofe sehr wphl über die Autor-
schaft des Königs in Unwissenheit sein und deshalb seines
Amtes ganz unbeeinflusst walten konnte, denn Philipp IV.
soll sich bei seinen Arbeiten der Beihülfe Coello's oder Vil-
layzan's bedient und wohl auch sein lacognito durch Vor-
schieben von deren Namen oder der allgemeinen Bezeichnung
„de un Ingenio de esta Corte" geschützt haben;
3) dass die beanstandete Stelle sich auch in spätem
alten Drucken vorfindet und demnach das Verbot entweder
Antonio Coello. 83
nicht beachtet oder auf hohem Befehl zurückgenommen wurde,
was erst recht ein Beweis für die Autorschaft des Königs
wäre. Die Sache bleibt eben nach wie vor im Unklaren.
Zwei andere Stücke sind -^ allerdings stets mit weniger
Zuversicht — dem hier besprochenen Monarchen zugeschrie-
ben worden. Eins derselben, das oben erwähnte:
„Lo QUE PASA EN UN TOENO DE MONjAs" führt zwar den
Titel „Comedia", ist aber eigentlich nur ein erweitertes Entre-
m^s, in höchst witzigem, aber anständigem Tone gehalten.
Sein Inhalt wird durch den Titel bezeichnet und schildert in
einzelnen, ziemlich abgerissenen Scenen den Wirrwarr^ wel-
cher bei der Pförtnerin eines Klosters durch die vielen klei-
nen Bedürfnisse und Wünsche der Nonnen, durch deren Auf-
träge und Besuche entsteht.
Das andere Stück ist „El eey Don Eneique el En-
lEEMo", welches in d^m neunten Bande der „Escogidas''.
abgedruckt ist und dorten „seis Ingeniös" (sechs Dichtem)
zugeschrieben wird, trotzdem es in den Schlussversen heisst:
y Vuesastedes perdonen
rudezas de un Toledano,
tosca pJanta de aquel monte.
Das Stück bewegt sich in den zwei ersten Acten recht dra-
matisch, wird aber durch den unorganisch anschliessenden
dritten Aufzug zerstückt. Dass es jedenfalls nicht von Phi-
lipp IV. herrührt, wird jetzt allgemein angenommen. Wenn
dieser Monarch indessen das ihm mit grösserer Wahrschein-
lichkeit zugeschriebene „Dae la vida poe su dama" ge-
dichtet hat, so kann er nicht allein den Ruhm, Verfasser der
beiden andern erwähnten Stücke zu sein, leicht entbehren,
sondern auch eine der schönsten Lorbeerkronen der Calderon-
Periode in Anspruch nehmen.
Antonio Coello.
Dass dieser Dichter, ebenso wie Villayzan\ den Ruf ge-
niesst, König Philipp IV. bei dessen literarischen Arbeiten
zur Seite gestanden zu haben, ist bereits gesagt worden.
6*
84 Antonio Coello.
Sein Geburtsjahr fällt in den Beginn des 17. Jahrhunderts^
seine Wiege stand in Madrid. Ueber seine Studien ist nichts
bekannt. Unter der Regierung Philipp's IV. diente er dem Her-
zog von Alburquerque und kämpfte unter dessen Befehl mit dem
Range eines Infanteriehauptmanns. Der König schätzte seine
Talente hoch und verlieh ihm 1642 das Santiago-Ordenskleid.
Nachdem Coello am 17. Mai 1652 noch mit einer ansehnlichen
Würde (Ministro de la real Junta de la Casa de Aposento)
bedacht worden war, starb er am 20. October des gleichen
Jahres und wurde im Kloster unserer lieben Frau „de la
Victoria" beigesetzt. Zum Erben seines Vermögens setzte
er seinen Bruder Don Juan Coello Arias ein, war demnach
wohl nicht vermählt. Die Anzahl seiner auf uns gekomme-
nen Comödien ist nicht gross, selbst wenn man diejenigen
hinzurechnet, welche er in Gemeinschaft mit Calderon, Rojas,
Luis Velez de Guevara, Montalvan, Solfs und seinem Bruder
Don Juan geschrieben hat. Dass er vielseitig für den Ver-
fasser von „Dae LA viDA poß sü dama" gilt, wurde bereits
bemerkt, ebenso, dass er diesen Ruhm jedenfalls mit König
Philipp IV. theilen muss, bis bestimmtere Beweise für die
Autorschaft des Dramas vorliegen, als wir sie jetzt besitzen.
Jedenfalls scheint vorläufig ein Indicium gegen Coello in
dem Umstände zu liegen, dass der erste, uns bekannte Druck
von „Dar la vida pob su dama" schon 1638 im 31. Bande
der „Comedias de Diferentes^' (wie alle Dramen dieses Bandes,
ohne Namen des Autors) erschien, das Stück somit wohl
etwas früher auf die Bühne gekommen sein und wahrschein-
lich dem Italiener Fabio Franchi bekannt sein musste, wel-
cher in seinem „Ragguaglio di Parnasso'^ 1636 (abge-
druckt im 21. Bande der ,,Obras sueltas" von Lope de Vega,
Ausgabe von Sancha) als das beste Drama Coello's „El ce-
Loso EXTEEMENo" hervorhobt. Hätte „Dar la vida poe su
dama" damals als das Eigenthum Coello's gegolten, so hätte
Franchi dieses wahrscheinlich an Stelle des „Celoso extre-
MENo" gelobt oder es wenigstens an dessen Seite gesetzt.
Die betreffende Aeusserung Franchi's lautet in üeber-
setzung folg^ndermaassen:
„Und Don Antonio Coello kann Eure allerhöchste Ma-
jestät (d. i. Apollo) sagen lassen, dass wenn er weitere gleich-
werthige Comödien wie diejenige des «Eifersüchtigen Ex-
Antonio Coello. 85
tremadurers » verfasst, er auch alle übrigen dramatischen
Dichter eifersüchtig machen wird."
Dass diese Lobeserhebung eine berechtigte ist, hoffen
wir durch eine Analyse des sehr seltenen Stückes zu be-
weisen.
Don Juan Tello, ein etwas leichtfüssiger Sevillaner, ist
von seinem Vater behufs Ueberwachung eines Pröcesses nach
Madrid gesandt worden. Diese Mission passt dem jungen
Cavalier ganz vortrefflich, denn er hat in Sevilla zufällig
das Bildniss einer ihm unbekannten madrider Schönheit ge-
sehen, welches tiefen Eindruck auf ihn gemacht hat und
dessen Original er nun eifrig in der Hauptstadt sucht. Sechs
Monate lang sind seine Bemühungen vergeblich gewesen,
aber er hat sich bestrebt, die Oede seines liebebedürftigen
Herzens inzwischen durch eine Liebschaft mit der schönen
und reichen Doiia Luisa Pacheco auszufüllen, obgleich ihn
sein Vater mit einer Toledanerin verlobt hat. Das Verhält-
niss mit Dona Luisa ist so weit gediehen, dass ihm diese als
Gunstbezeigung eine Schleife schickt, während er beabsich-
tigt, ihr dagegen ein Juwel in Begleitung eines schriftlichen
Heirathsantrags zustellen zu lassen. Um sich mit seinem
Diener Talego hierüber zu besprechen, tritt er in das Portal
eines Hauses, in welchem eine Drehlade mit einem Vorlege-
schloss seine Neugierde erregt. Sein Diener erklärt ihm,
dass der Hauseigenthümer, ein aus Amerika zurückgekehrter
alter Kapitän, Carrizales, diese Vorsichtsmaassregeln anwende,
um seine junge, ausnehmend schöne Nichte Leonor, welche
er zu heirathen gedenke, den Blicken der Aussenwelt zu
entziehen; ausserdem lasse er dieselbe durch eine ältere
Tante mütterlicherseits, Dona Marialonso, bewachen. Obgleich
nun Don Juan, wie man denken sollte, bereits mehr als ge-
nügend in Liebesverhältnisse verwickelt ist, reizt ihn doch
die Romantik des anscheinend unmöglichen Abenteuers, auch
die Eroberung der eingeschlossenen Schönen zu versuchen.
Er hat das Glück, hinter der Drehlade einige Worte mit
Leonor wechseln zu können, allerdings ohne sie zu sehen,
bis diese sich beim Erscheinen Dona Marialonso's entfernt
und der romantische Liebhaber seine Unterhaltung unbewusst
mit der Alten fortsetzt. Diese fühlt sich durch die galanten
Redensarten, welche sie ohne Bedenken auf sich bezieht,
86 Antonio Coello.
sehr geschmeichelt, was nicht allein die Grundlage für eine
höchst komische Episode abgibt, sondern auch die Haupt-
handlung dadurch fördert, dass die Beihülfe der Alten das
Fortschreiten des Liebesverhältnisses zwischen Don Juan und
Dona Leonor ermöglicht. Die Unterhaltung wird durch das
Erscheinen der Zofe Dona Luisa's so jählings unterbrochen,
dass Don Juan die Schleife, den schriftlichen Heirathsantrag
und das Juwel auf der Drehlade liegen lässt. Diese Gegen-
stände fallen in die Hände Dona Marialonso's, welche selbst-
verständlich den Heirathsantrag auf sich bezieht, Leonor ins
Vertrauen nimmt und ihr als Bestechung zur Beihülfe die
Schleife schenkt. Ebenso natürlich bezieht aber Leonor die
ganze Sache auf sich und verabredet verstellterweise mit ihrer
Tante, dass sie bei einem Ausgang zur Frühmesse versuchen
wollen, durch Anlegung der Schleife und des Juwels die Per-
son des von ihnen bisher nur gehörten, nicht gesehenen
Liebhabers festzustellen. Der Plan glückt, denn Don Juan^
welcher in der Strasse auf Dona Luisa wartet, erkennt an
Leonor seine Schleife und gibt ihr dies zu verstehen. Ihr
Gesicht kann er nicht sehen, da sie es auf Befehl ihres
Oheims verhüllen muss. Aber auch die inzwischen erschienene,
durch ihre Zofe bereits argwöhnisch gemachte Dona Luisa
entdeckt ihre Schleife an Leonor, überhäuft Don Juan mit den
herbsten Vorwürfen und nimmt sich vor, Dona Leonor zu
warnen und ihr das Band wieder abzufordern. Sie glaubt um
so mehr das Recht. dazu zu besitzen, als sie kurz vorher die
galanten Zudringlichkeiten eines jungen Fremden zurückge-
wiesen hat, welcher zufällig ein aus Sevilla angekommener
Busenfreund Don Juan's, Don Diego, ist.
Zweiter Act. Nachdem Don Diego Don Juan sein
Abenteuer mit der ihm Unbekannten erzählt hat, begibt sich
letzterer an die Drehlade, um einen Versuch zur Unterhaltung
mit Leonor zu machen. Kaum hat er indessen Posto gefasst,
als sein Diener Talego — der im Interesse der Comö-
die, wie er selbst scherzhaft bemerkt, einer Courtisane als
Rache für einen gespielten Streich ein Frauenkleid und einen
Schleier entwendet hat — den alten Carrizales in Sicht be-
kommt. Schnell entschlossen wirft er sich die beiden genannten
Kleidungsstücke über und bedeutet seinem Herrn, eine Eifer-
suchtsscene mit ihm aufzuführen. Da es schon düster ist, lässt
Antonio Coello. 87
sich Carrizales durch die Tracht Talego's täuschen, kann aber
einen geheimen Argwohn nicht unterdrücken und fordert deshalb
Don Juan auf, ihm den Namen der Dame zu nennen. Dies
verweigert Don Juan, worauf sich beide darüber einigen, die
Sache mit Güte oder Gewalt an einem andern Orte zum Austrag
zu bringen, während die angebliche Dame sich einstweilen
in Carrizales' Haus aufhalte. Der getäuschte Kapitän glaubt
auf diese Weise den Namen derselben durch Marialonso zu
erfahren, während er sich den Vermittler Don Juan's in das
so sorgfältig gehütete Haus schaflPt. Dies gibt Gelegenheit
zu einer köstlichen Eifersuchtsscene zwischen der vermeinten
Dame, Leonor und Marialonso, deren Aufklärung kaum er-
folgt ist, als Dona Luisa an die Thür klopft und eingelassen
wird, da Carrizales vergessen hat, das Vorlegeschloss anzu-
legen. Nach einem heftigen Wortgefecht Luisa's mit Leonor
kehrt Carrizales zurück. Talego versteckt sich, und der Ka-
pitän ist entzückt, Dona Luisa zu entdecken, da ihm Don
Juan, in seiner^^Verlegenheit, einen andern Ausweg zu finden,
deren Namen als den der verhüllten Dame angegeben und
damit unbewusst die Wahrheit gesagt hat. Alsdanu führt Carri-
zales Luisa, welche sich mit dem Schleier verhüllt, dem jetzt
in der Strasse erscheinenden Don Juan zu, was Anlass zu der
höchst komischen Verwechselung wird, dass Don Juan in der
Dunkelheit die eifersüchtige Geliebte berechtigterweise für
den verkleideten Talego hält und ganz verblüfft ist, als sie
sich enthüllt und ihm seinen Wankelmuth vorwirft.
Dritter Act. Dona Marialonso, welche von Talego im
Interesse seines Herrn mit falschen Hoffnungen hingehalten
wird, hat nach längerer Ueberlegung dem Kapitän ihren Plan,
sich mit Don Juan zu vermählen, geoflfenbart, und letzterer
hat die diesbezügliche, in zweideutigen Ausdrücken an ihn
gestellte" Anfrage des Kapitäns mit der berechtigten Forde-
rung beantwortet, seine Braut sehen zu wollen. Da Carrizales
dies vernünftigerweise nicht abschlagen kann, nimmt er sich
wenigstens vor, Leonor fernzuhalten. Als diese sich trotzdem
dem Empfangszimmer nähert, bittet er Don Juan, sich für
kurze Zeit in ein Cabinet zurückzuziehen, in welchem sich
zufällig auch Talego versteckt hält. Kurz nach Erscheinen
Leonor's löscht der Kapitän das Licht aus, greift im Dunkel
nach Don Juan, um ihn aus dem Hause zu führen, ertappt
88 Antonio Coello.
aber Talego und bringt diesen auf die Strasse, ohne die Ver-
wechselung zu bemerken. Auf diese Art hat er den Liebhaber
selbst ins Haus gebracht, und dieser benutzt die Gelegen-
heit, sich mit Dona Leonor — welche er jetzt als Original
des von ihm so leidenschaftlich bewunderten Bildnisses er-
kennt — zu unterhalten, während die Alte, durch ein Schlaf-
pulver Talego's betäubt, bewusstlos auf Carrizales' Bett ge-
sunken ist. Unterdessen hat Don Diego die Entwickelung
eingeleitet. Von Dankbarkeit gegen Don Juan erfüllt, welcher
ihm nach Aufklärung der Identität Luisa's seine Ansprüche
auf sie abgetreten, hat er mit grosser Besorgniss gesehen,
wie sein Busenfreund von Carrizales in dessen Haus geführt
worden und seitdem nicht wieder erschienen ist. Er hat des-
halb den Corregidor von Madrid durch einen anonymen Brief
hiervon in Kenntniss gesetzt. Dieser trifft in Begleitung seiner
Leute ein und lässt nach mehrmaligem vergeblichen Pochen
eine Wand einreissen. Auf diese Art eingedrungen, stellt er
Carrizales wegen Don Juan's Verschwinden zur Eede. Der
Kapitän leugnet in gutem Glauben, ihn im Hause zu ha-
ben, geräth aber durch sein unerwartetes Auffinden in grosse
Bestürzung. Diese wird auf die höchste Spitze gebracht, als
man auf des Kapitäns Bette die bewusstlose Marialonso findet.
Der Corregidor zwingt ihn nun unter Androhung strenger Be-
strafung im Falle der Gehorsamsverweigerung, dieser die
Hand zu reichen, während Don Juan sich mit Leonor ver-
lobt und Don Diego sich infolge dessen ohne Gewissens-
zweifel um Dona Luisa bewerben kann.
Wie nicht allein aus dem Grundgedanken, sondern auch
aus einzelnen Details hervorgeht,' hat Coello die einfache,
rührende Novelle gleichen Titels von Cervantes benutzt. Aber
welche reiche dramatische Handlung hat er daraus entwickelt,
abgesehen davon, dass er die Katastrophe total veränderte!
Wer sich der Mühe unterziehen will, obigen Inhaltsauszug
mit der Novelle zu vergleichen, wird Coello unbedenklich ein
bedeutendes dramatisches Erfindungs- und Gestaltungstalent
zusprechen müssen. Dabei ist die Sprache rein und poe-
tisch, in Lope de Vega's späterer Art, die Charakterzeichnung
vortrefflich.
In Lope de Vega's früherer Art ist „Lo qxte puede la
porfia". Die Handlung ist jedoch besser geführt als in den
Antonio Coello. 89
Durchschnittsstücken des Altmeisters und lässt lebhaft be-
dauern, dass Coello nicht der alten Schule treu blieb, son-
dern sich später der neuem Geschmacksrichtung anschloss.
Von seinen Productionen dieser Art erwähnen wir:
„Los EMPENOs DE SEis HOBAs". Dieses Stück gilt jetzt
als sein unbestrittenes Eigenthum, obgleich es in dem achten
Bande der „Escogidas^' unter Calderon's Namen abgedruckt
ist. Es gehört in die Klasse der Mantel- und Degencomö-
dien in Calderon's Manier; die Handlung ist gut ausgedacht,
aber bei weitem nicht so meisterhaft klar geführt wie in den
meisten Stücken seines Vorbildes, auch lässt die Diction zu
wünschen übrig.
i)as in dem 31. Bande der „D iferentes^' ohne Angabe des
Autors veröffentlichte Lustspiel „Celos, honob y cobduba"
wird ebenfalls unserm Coello zugeschrieben. Einen Zuwachs
an Ruhm kann ihm dasselbe jedoch nicht bringen, denn es
ist weder originell noch interessant und gehört zur schwachen
Durchschnittswaare.
„PoB EL eseuebzo LA dicha", stets uuter dem Namen
Coello's gedruckt, ist identisch mit dem als Production des
Maestro Alfaro mehrfach veröffentlichten Schauspiele „Abi-
STÖMENES Mesenio" uud darf als Eigenthum des letztern
Autors angesehen werden. Es würde deshalb hier keine Er-
wähnung erheischen, wenn nicht die genannte Identität den
Bibliographen bis jetzt gänzlich entgangen zu sein schiene.
Diejenigen Acte, welche in den mit andern Dichtem ge-
meinschaftlich verfassten Comödien das Eigenthum unsers
Coello sind, tragen durchweg die Merkmale der Calderon-
Periode an sich.
Don Antonio Coello stand, wie mehrere seiner dramatischen
Zeitgenossen, auf der Schwelle der beiden grossen Perioden
der altspanischen Comödie und hat, wie oben angeführt, in
beiden Stilarten geschrieben. Sein Talent war eher ein mehr-
seitiges, als selbstbewusstes. Als Höfling wechselte er seine
Geschmacksrichtung mit derjenigen des Palastes, aber in sei-
nen guten Stunden war er ein echter Dichter. Dies zeigt
sein prächtiges Lustspiel „El celoso extbemeno", und einen
noch vollwichtigem Beweis würde „Dab la vida pob su
dama" liefern, wenn ihm dieses Drama mit einiger Sicher-
heit zugeschrieben werden könnte.
90 Alvaro Cubillo de Aragon.
Alvaro Cubillo de Aragon.
Ueber diesen Dichter sind nur höchst spärliche biogra-
phische Notizen vorhanden. Er wurde zu Granada in den
ersten Jahren des 17. Jahrhunderts geboren und stammte
wahrscheinlich aus vornehmer Familie. Anfänglich scheint
er die Eechtslaufbahn betreten, sich aber dann ausschliess-
lich der Dichtkunst gewidmet zu haben. Fortuna in mate-
rieller Bedeutung war ihm jedoch nicht hold, denn die Be-
dürfnisse seiner zahlreichen Familie legten ihm den Zwang
auf, den Schmeichler des Hofes in noch höherm Grade als die
übrigen Palastdichter zu machen und sogar seinen Wunsch,
pecuniär belohnt zu werden, in ziemlich offener Weise aus-
zusprechen. Wir besitzen von ihm ein charakteristisches Ge-
dicht, in welchem er seine Freude darüber ausdrückt, dass
ihn der König für eine Composition von 14 Zeilen mit
15 Dublonen beschenkt habe. Im Jahre 1654 hatte er nach
seiner eigenen Aussage schon 100 Comödien verfasst, wovon
uns etwa 30 erhalten sind. Wir wissen, dass er 1660 noch
lebte, aber sein Todesjahr ist unbekannt. Vielleicht dürfen
wir dasselbe kurz nach 1 667 setzen, denn von diesem Jahre
datiren die Präliminarien des 29. Bandes der „Comedias esco-
gidas"^ in welchem Cubillo's Drama „Ganar por la mang ed
jxTEGo" abgedruckt ist, dessen Schlussverse „dies werden die
letzten Federstriche Alvaro Cubillo's sein" (siehe unsere Be-
sprechung des Stücks weiter unten) eine Todesahnung des
Dichters voraussetzen lassen. Vielleicht rühren diese Verse
auch von dem Drucker her, welcher sie während der letzten
Krankheit des Dichters dem Stücke beifügte, und wären dann
um so beweiskräftiger für die annähernde Feststellung des
Todesjahrs Cubillo's.
Gehen wir zu den Dramen des Dichters über.
„La honestidad deeendida de Elisa Dido." Dieses
Stück beginnt sehr vielversprechend. Dido \vird mit grossem
Pomp zur Königin ausgerufen, aber die Befriedigung hier-
über wird ihr alsbald vergällt. Ein in Felle gehüllter Philo-
soph weissagt ihr nicht allein, dass ein zukünftiger Dichter
sie verunglimpfen werde, sondern zeigt ihr auch als solchen
den Schatten des Virgil, welcher zum üeberfluss einige Stellen
seiner „Aeneis'' recitirt. Hier beginnt die bisher hochgehal-
Alvaro Cubillo de Aragon. 91
tene dramatische Stimmung nachzulassen. König Jarbas
kommt als Gesandter seiner selbst nach Karthago, ein Lust-
spielmittelchen, welches am wenigsten in ein classisch sein
sollendes Schauspiel passt. Dido gibt ihm einen würdig ge-
haltenen Bericht ihrer frühem Schicksale, aber hiermit ist
auch alles zu Ende, was das Stück über eine ganz gewöhn-
liche sjpanische Comödie erhebt. Es folgen die üblichen Ver-
wickelungen einer solchen. Die Schwester Elisa Dido's, Ana,
verliebt sich in den vermeintlichen Gesandten, gibt ihm ein
nächtliches Stelldichein im Garten und wirft ihm als Gunst-
bezeigung eine Schärpe herab. Damit das übliche Duell
nicht fehle, erscheint der Anbeter einer Hofdame Dido's und
kreuzt das Schwert mit dem König. Der Lärm zieht Dido
herbei, und der König glaubt nun sicher, diese habe ihm die
erwähnte Gunst erwiesen. Er erscheint nun bald als König,
bald als Gesandter. Nachdem er herausgefunden hat, dass
es nicht Dido gewesen war, welche ihm das Stelldichein ge-
geben, gebraucht er das höchst unwürdige Mittel, diese Ent-
deckung zu verschweigen und sich zu benehmen, als sei er noch
immer seiner ersten Ueberzeugung. Er hofft hierdurch Dido
zu bewegen, ihm als anscheinend doch Compromittirte die
Hand zu reichen. Dieser unedle Kunstgriff nützt ihm jedoch
ebenso wenig als die Drohung, sein Heer auf Karthago
marschiren zu lassen, denn Dido — um der Asche ihres
Gemahls treu zu bleiben — will sich erst in ihr Schwert,
dann auf einen lodernden Scheiterhaufen stürzen. Der König
beschwört sie jedoch, ihren Selbstmord zu unterlassen, da er
lieber seine Werbung aufgeben wolle. Dido, hierdurch ge-
rührt, will ihm die Hand reichen, aber Jarbas hält es für
besser, diese Lösung der Zeit zu überlassen. — Dieses jäm-
merliche Ende verdirbt gänzlich den am Anfang würdig an-
gelegten Charakter der karthagischen Fürstin. Dass die
übrigen Charaktere und Situationen diejenigen einer gewöhn-
lichen spanischen Comödie sind, geht aus dem Gesagten deut-
lich hervor, und das Stück würde eine nähere Besprechung
überhaupt nicht verdienen, wenn es nicht ein Typus anderer
Dramen aus der Alterthumsgeschichte von Dichtern zweiten
Banges der Calderon-Periode wäre.
„El yencedor de si mismo" ist ein buntscheckiges
Bitterstück, dessen Stoflf Cubillo dem „Orlando furioso'^ des
92 Alvaro Cubillo de Aragon.
Ariost entlehnt hat. Obgleich es keinen Anspruch auf hö-
hern Werth erheben kann, so ist doch die Zusammenstellung
der Handlung interessant genug, um eine kurze Inhalts-
angabe zu rechtfertigen. Rugero ist im Begriffe, sich mit
seiner Geliebten Bradamante zu vermählen, als deren Vater
Haymon Einspruch erhebt, da er ihre Hand dem Prinzen
Leo von Griechenland zugesagt habe. Die Liebenden sind
ausser sich und glauben unmotivirterweise, Ursache zu
gegenseitiger Eifersucht zu haben, Rugero auf Leo, Brada-
mante auf die Rugero mit ihrer Liebe verfolgende Doralice.
Nach einem Zweikampf mit Rodamonte, welcher mit des Letz-
tem Tode endigt, flieht Rugero die Stätte seiner getäuschten
Hoffnung, trifft in Bulgarien auf zwei kämpfende Heere, stellt
sich — ohne zu wissen, wer die Streitenden sind — auf die
Seite der Unterliegenden und wendet das Schlachtenglück durch
seine persönliche Tapferkeit. Er erfährt nun, dass er einem
bulgarischen Heere gegen den griechischen Prinzen Leo bei-
gestanden habe, aber sein Sieg bleibt vorläufig fruchtlos für
ihn und w^endet sich sogar gegen seine Person, da er zufällig
in die Gewalt Leo's fällt. Trotzdem letzterer sofort den
Recken erkennt, welcher ihm den Sieg aus den Händen ge-
rissen, behandelt er ihn so grossmüthig, dass Rugero sich
vornimmt, Leo's Interesse vor das seinige zu setzen. Die
Gelegenheit hierzu findet sich bald, denn Doralice über-
bringt Leo die Botschaft, dass Bradamante in ihrer Ver-
zweiflung erklärt habe, nur derjenige könne ihr Gemahl
werden, der sie vorher im Zweikampf besiege. Leo über-
trägt diesen etwas häkeligen Auftrag Rugero, welcher wirklich
in der Rüstung des griechischen Prinzen Bradamante überwindet.
Jetzt aber gesteht Rugero seinem Gönner, wer er ist, und
dieser ist grossmüthig genug, die hohe Loyalität seines Neben-
buhlers anzuerkennen und ihm seine Ansprüche auf Brada-
mante abzutreten. Das Glück Rugero's wird durch eine bul-
garische Gesandtschaft, welche ihm die Krone anbietet, auf
die Spitze gebracht. — Die Sprache des Stücks ist diejenige
der Calderon-Periode. Ein ergötzlicher Anachronismus liegt
darin, dass Doralice — zur Zeit Karl's des Grossen — auf
Rugero mit einer Pistole schiessen will.
„La TRAGEDIA DEL DuQUE DE Beeganza" ist ein Ver-
such, den Spuren Don Diego Jimenez de Enciso's im histo-
Alvaro Cubillo de Aragon. 93
rischen Schauspiel zu folgen. König Johann IL von Portugal
(derselbe, welcher von Lope de Vega als „ Principe perfecto "
in zwei Dramen verherrlicht worden ist) hat unter Mitwir-
kung der Cortes die Privilegien des hohen Adels in Bezug
auf eigene Criminalgerichtsbarkeit aufgehoben. Das Haupt
der darüber aufs höchste aufgebrachten Grossen ist der Her-
zog von Braganza. Trotz der Warnungen seiner edeln Ge-
mahlin, lässt sich dieser in verrätherischen Briefwechsel mit
der castilianischen Regierung ein. Derselbe wird in echt
tragischer Weise nicht allein durch einen seiner Vertrauten,
sondern auch zufällig durch einen Anhänger des Königs auf-
gedeckt, welchem der Herzog infolge der von ihm so
hartnäckig vertheidigten Sonderrechte Schutz vor der
königlichen Justiz in seinem Arbeitszimmer zu gewähren ver-
sucht hatte. Der von Allem unterrichtete König warnt den ver-
blendeten Edelmann in väterlicher Weise vor der Fortsetzung
seiner Umtriebe, aber diese Milde veranlasst den Herzog nur
zu der irrigen Folgerung, der König fürchte ihn. Er spinnt
deshalb seine Intriguen hartnäckig fort und das Ende davon
ist — das Schafott.
Der Dichter ahmt in diesem Stücke den philosophisch-
geschichtlichen Ton der Enciso'schen Dramen mit einigem
Glück nach, bleibt jedoch im Colorit bedeutend hinter seinem
Vorbilde zui'ück. Dass er besonders Enciso's „El peincipe
Don Cablos" vor Augen gehabt hat, geht nicht allein aus
der ganzen Anlage der Figur Johann's H. — einer An-
empfindung des Enciso'schen Philipp H. — , sondern auch
aus einer Stelle hervor, welche unmittelbar auf „El principe
Don Caelos" anspielt. Der Gracioso sagt nämlich:
llega, ofrece, habla, ruega,
que müntrasque tu lo haces,
yo entretendre ä Monteni,
Aber auch Enciso's „La mayor hazana de Caelos V"
schwebte ihm vor, denn der Herzog hat im Kerker eine
Erscheinung seiner selbst als Todter, eine offenbare
Nachahmung der gleichen Episode im vorgenannten Drama.
— Die Schlussverse:
De fin la trägica muerte
del gran Duque de Berganza,
cuyo mayor descendiente,
94 Alvaro Cubillo de Aragon.
siguiendo los mismos pasos,
hoy ä Castilla se atreve
deuten auf eine politische Tendenz des Stücks und auf die
Zeit seiner Abfassung, 1640 hin. Es ist im übrigen in jeder
Beziehung würdig gehalten; was ihm fehlt, ist die Tiefe der
Leidenschaften, durch welche uns die echte Tragödie hin-
reisst und erschüttert. In dieser Beziehung muss:
„La mayob venganza de honoe" höher gestellt wer-
den. — Zwei Brüder, die Comthure Don Jorge und Don
Fernando, lieben Dona Beatriz und Dona Ana, Tochter und
Nichte eines hochgestellten Edebnanns, Don Garcia. Der
junge König Johann 11. von Castilien hat sein Auge ebenfalls
auf Beatriz geworfen, kämpft eines Nachts unerkannt unter
ihrem Gitterfenster mit Don Jorge, merkt, dass dieser der Be-
günstigte ist, und beschliesst deshalb, seine aussichtslose Liebe
aufzugeben. Er lässt Don Jorge sogar am nächsten Tage in
den Palast befehlen, um ihm die Vermählung mit Beatriz vor-
zuschlagen, aber das Schicksal will, dass kurz vor dem entschei-
denden Worte der hochangesehene Veinticuatro Don Fernando
siegreich von einer militärischen Expedition zurückkehrt und
zur Berichterstattung vor dem König Audienz erhält. Da der
junge Monarch im Innersten seines Herzens die Geliebte dem
glücklichen Nebenbuhler nicht gönnt, findet er jetzt eine Ge-
legenheit, diesem wenig vernünftigen Gefühle der Misgunst
zu genügen und gleichzeitig des Veinticuatro Dienste zu be-
lohnen, indem er letztem unter Zustimmung Don Garcfa's
mit Beatricens Hand und einem kostbaren Diamantring be-
schenkt Um das eheliche Glück der neuen Gatten zu sichern,
werden die Comthure von Cördoba nach Alcalä versetzt.
Zweiter Act. Beatriz hat sich allmählich in ihr Schick-
sal gefunden, obgleich sie ihren Gemahl mehr achtet und
fürchtet, als wirklich liebt. Ihre Muhme Dona Ana, sowie
ihre Sklavin Esperanza sorgen indessen durch öftere Anspie-
lungen dafür, dass die alten Wunden nicht ganz vernarben,
und als gar die Comthure im Geheimen nach Cördoba zurück-
kehren, schwebt ihre Tugend in grosser Gefahr. Anfänglich
jedoch ist sie für jede Annäherung unzugänglich; sie schickt
den Lakaien Don Jorge's, welcher in Verkleidutig eines Bett-
lers ins Haus kommt, durch ihren Sklaven Rodrigo weg und
zerreisst ein Schreiben des Comthurs, welches durch Doiia
Alvaro Cubillo de Aragon. 95
Ana in ihre Hände gelangt. Trotzdem bestellt letztere die
beiden Brüder auf den Abend zu einem Stelldichein, da der
Veinticuatro , einem Befehle des Königs gemäss, nach Toledo
abreisen muss. Diese Reise hat der König ausgesonnen, da
er von der unerlaubten Anwesenheit der Comthure in Cör-
doba Nachricht erhalten und beschlossen hat, die Ehre des
Veinticuatro zu wahren, ohne ihn zu beunruhigen. Unglück-
licherweise ist dem letztem jedoch von seinem Sklaven Ro-
drigo, welcher den verkleideten Bettler erkannt hat, die muth-
maassliche Wahrheit angedeutet worden, weshalb er dem Be-
fehle seines Königs nur mit schwerem Herzen gehorcht.
Dritter Act. Der König postirt sich während der Nacht
als Wächter der Ehre seines Vasallen vor dessen Haus. Die
erscheinenden Comthure veranlasst er durch klare Andeutun-
gen zur Räumung der Strasse. Alsdann sagt er der warten-
den Dona Ana, bei welcher er sich in der Dunkelheit für
Don Jorge ausgibt, er habe die Liebe zu Beatriz gänzlich
überwunden und vergessen. Diese in bester Absicht ge-
brauchte List schlägt zum grössten Unheil aus und ist der
Schlüssel zur Katastrophe: was dieselbe verhindern sollte^
ruft sie in echt tragischer Weise hervor. Was die Liebe
Don Jorge's bei Beatriz nicht vermocht hat, bewirkt die ver-
meintliche Verschmähung; die gekränkte weibliche Eitel-
keit ist stärker als alle andern Rücksichten. Beatriz ent-
schliesst sich, Don Jorge rufen zu lassen und ihm ihre Ehre
zu opfern; gleichzeitig hat sie die unbegreiflich thörichte
Schwäche, ihm den Ring zu schenken, welcher aus der
Hand des Königs in diejenige ihres Gemahls und dann in
die ihrige übergegangen war. Rodrigo hat unterdessen seinen
Herrn von dem Vorgefallenen brieflich in Kenntniss gesetzt;
trotzdem ist der erste Schritt, welchen der Veinticuatro bei
seiner Rückkehr aus Toledo thut, zu seinem König. Unglück-
licherweise dringt ihm dieser Besuch die vollste Ueberzeugung
seiner Schande auf, denn der Monarch, welcher kurz vorher sei-
nen Ring an Don Jorge's Finger gesehen hat, macht Don Fer-
nando Vorwürfe darüber, dass er dieses Andenken verschenkt
habe. Der Veinticuatro rechtfertigt sich mit der Wahrheit,
und einige dunkle Andeutungen seines Fürsten bestärken ihn
in dem Entschlüsse, blutige Rache für die Beschimpfung sei-
ner Ehre zu nehmen. In Begleitung Rodrigo's ersteigt er
96 Alvaro Cubillo de Atagon.
in tiefer Nacht sein Haus, trifft auf die Ehebrecher, ermordet
dieselben und befleckt dann seine Hände mit dem Blute jedes
lebenden Wesens , welches er vorfindet. Sogar einen zahmen
Papagei schont er nicht, nimmt aber als echter Andalusier
(bzw. der Dichter Cubillo als Sohn der gleichen Erde) seine
Pferde von dem Blutbad aus. Die Verzeihung des Königs
ist ihm durch dessen Andeutungen im voraus gesichert.
Auf den ersten Blick leuchtet es ein, dass Cubillo Lope
de Vega's „Los Comendadoees de Cöedoba" benutzt hat,
ebenso muss aber sofort in die Augen fallen, dass er den
Stoff psychologisch bedeutend vertiefte. Bei Lope lernt Bea-
triz erst nach ihrer Vermählung Don Jorge kennen, und ihre
Liebe zu demselben gründet sich einfach auf sträflichen,
durchaus unentschuldbaren Leichtsinn; bei Cubillo haben sich
Don Jorge und Beatriz vor der Letztem Vermählung geliebt,
Beatriz hat gegen ihren Willen einem ungeliebten Manne die
Hand reichen müssen, und dennoch ist sie standhaft, bis die
ungeheuere Kränkung ihrer weiblichen Eitelkeit die noch
glimmende Asche der alten Liebe wieder anfacht. Bei Lope
werden die Comthure zufällig, bei Cubillo absichtlich
von Cordoba entfernt. Bei Lope spielt der katholische Fer-
dinand als König eine Nebenrolle, bei Cubillo wird der junge
König Johann mit grosser Geschicklichkeit als Treibrad der
Handlung verwendet. Am Schlüsse hat Cubillo die Barbarei
Lope's vermieden, dass der Veinticuatro noch angesichts sei-
nes Blutbads eine zweite Gemahlin aus der Hand des Königs
entgegennimmt. Dies sind die Hauptzüge psychologischer Ver-
tiefung seitens Cubillo's, aber an kleinern Zügen dieser Art
ist noch manches vorhanden. Das Stück überhaupt ist nicht
allein hierdurch, sondern auch durch den logischen, energi-
schen Gang der Handlung und die selten durch Cultismus ent-
stellte kräftige Diction eines wahrhaft bedeutenden Dichters^
sowie des Neudrucks würdig, welchen ihm Mesonero Romanos
in der Rivadeneyra-Bibliothek unbegreiflicherweise versagt hat.
„Perderse PCR NO perderse" schildert den Conflict zwi-
schen Liebe und Loyalität in der Brust eines dem König Fer-
nando von Neapel dienenden spanischen Edelmanns, ßuy
Gomez de Avalos. Die Flamme Beider ist die schöne Este-
fania, aber der König zieht Ruy Gomez ins Vertrauen, imd
dieser — obgleich von Estefania geliebt — setzt die Liebe
Alvaro Cubillo de Aragon. 97
trotz schweren Kampfes der Loyalität nach. Natürlich wird
er für diese Aufopferung belohnt, indem der König seine
Leidenschaft bezwingt und die Liebenden vereinigt. — Wie
man sieht, ist der Stoff kein origineller, aber die Handlung
ist logisch und klar geführt, die Charakterzeichnung stellen-
weise vortrefflich. Besonders ragen die Figuren des Ruy
Gomez, eines Ritters „ohne Furcht und Tadel", und des
weisen jungen Königs hervor. Die Regententugenden des
letztem lassen seinen Verzicht auf die Geliebte bedeutend
motivirter erscheinen , als die ähnliche Wandlung der meisten
sich selbst bezwingenden spanischen Comödienkönige. Man
könnte denken, Cubillo. hätte beim Verfassen des Stücks Don
Juan Ruiz de Alarcon vor Augen gehabt.
„Las munecas de Marcela" ist eins jener Stücke, in
welchen ein Duellmörder sich unbewussterweise in das Haus
der Verwandten des Getödteten flüchtet und dort bei einem
jungen Mädchen Mitleid und Beistand findet. Das Originelle
der Handlung besteht darin, dass die Puppenkammer der
jungen Beschützerin als Versteck für den Flüchtling dienen
muss, sowie dass die Lösung des Knotens durch ein neu-
geborenes Kind herbeigeführt wird, welches den Bruder der
mitleidigen Schönen zum Vater, die Schwester des Versteckten
zur Mutter hat und letzterm aus Versehen in der Dunkelheit
übergeben wird. Diese Episode, auf die Bühne gebracht, gibt
dem Stücke einen etwas possenhaften Anstrich, doch ist es im
übrigen gut gehalten, und besonders die Zeichnung der von
Kindlichkeit zu voller Jungfräulichkeit übergehenden Marcela
verdient unbedingtes Lob.
„La manga de Saeeacino." — Don Diego Giron, ein
Calatrava-Ritter , liebt Dona Elvira Carrillo, wird aber lange
Zeit von ihr verschmäht. Schliesslich rührt seine unerschüt-
terliche Standhaftigkeit die spröde Schöne, und dieser Liebes-
funke wird zur Flamme, als Don Diego den Befehl erhält,
gegen die toledanischen Mauren zu Felde zu ziehen. Un-
erkannt folgt Elvira dem christlichen Heere in Soldatentracht.
Eine imglückliche Schlacht bringt sowohl sie als Don Diego
in maurische Gefangenschaft, aber das Glück will, dass beide
der schönen Maurin Galiana als Sklaven geschenkt werden.
In dem Hause ihrer Herrin erkennen sie sich, und Elvira
offenbart ihre Liebe. Das verhältnissmässige Glück Beider
SCBXFFEB. II. 7
98 Alvaro Cubillo de Aragon.
wird dadurch getrübt, dass Galiana eine heftige Neigung zu
dem schmucken Christensklaven fasst. Doppelte Eifersucht
ist die Folge, und bei der Maurin geht diese Leidenschaft
so weit, dass sie Don Diego mit Ohrfeigen tractirt und Elvira
die Freiheit schenkt, nur um sich ihrer zu entledigen. Kaum
ist dieser ßasereianfall vorüber, als ihre Liebe wieder die
Oberhand gewinnt. Sie schmeichelt Don Diego, und als
dieser infolge dessen seinen wahren Stand und Namen ent-
hüllt, beschliesst sie, in Verkleidung mit ihm nach Calatrava
zu reisen, um sich dorten nach vorheriger Taufe mit ihm zu
vermählen, um dies in voller Sicherheit auszuführen, bittet
sie ihren maurischen Anbeter Sarracino, Dona Elvira und
Don Diego sammt einem angeblichen Vetter des letztem nach
Calatrava zu escortiren. Dieser Vetter ist die verkleidete
Galiana selbst. Als die Reisegesellschaft in Calatrava ein-
trifft, reichen sich Donä Elvira und Don Diego die Hände,
während die enttäulschte Galiana mit ihrem Sarracino vorlieb
nehmen muss, nachdem dieser sich — gleich ihr — zur Taufe
bereit erklärt hat.
Den drei Romanzen über Sarracino und Galiana, welche
Duran in seinem „Bomancero generaV unter No. 202 bis 204
abgedruckt hat und laut seiner Anmerkung zu No. 202 für die
Quellen unsers Stückes hält , kann der Dichter nur wenig ent-
nommen haben, wie man sich leicht überzeugen kann. Falls
Cubillo nicht etwa noch andere Quellen benutzt hat, muss ihm
wegen der phantasievollen Erfindung der dramatischen Hand-
lung Lob gezollt werden. Das Stück ist ganz im Stil der Lope'-
schen Schule und demnach wohl ein Jugendwerk des Autors.
Die Verkleidungen Elvira's und Galiana's in Männertracht, die
Liebe der maurischen Herrin zu dem Christensklaven, das
Anlehnen an alte Balladen u. s. w. sind ganz Lope'sch, und
was die Diction betrifft, so ist nicht allein der allgemeine
Ton der Lope'schen Schule, sondern auch öfters directe Nach-
ahmung der Redewendungen des Altmeisters deutlich zu er-
kennen. Man vergleiche z. B. die Bilder am Schlüsse des
ersten Acts:
Dooa Elvira.
Dame el peto de paciencia,
si hay en la paciencia peto Venga el espaldar de ausenciUy
ä prueha de los flechazos. | mas no hay espaldas de acero
Alvaro Cubillo de Aragon.
99
que esten seguras jamäs
de 8U8 mudanzas y efetos,
Brazales y hrazäletes
me da, pero no los quiero,
que nunca Mere en los hrazos,
quien tiene per hlanco el pecho,
Enlaza luego la gola
contra el cordel de los celos., .
pero gqu6 gola es hastante,
sies verdugo el pensamiento?
Los canones y las canas .
me pon para dar ejemplo ,
que pues hacen yerros tales,
han menester ser de hierro.
La celada de sospeehas
me enlaza; llevarla tengo,
porque todos mis sentidos
estin en celada puestos etc.
mit den ähnlichen Stellen in Lope's „La batalla del ho-
nob". Auch die Kede Galiana's in der dritten Scene des
zweiten Acts:
Mando , que mis pensamientos
contigo d Faeton no imiten,
porque no los precipiten
tus altos merecimientos etc.
könnte geradezu von Lope geschrieben sein. — Das Stück
ist im ganzen eins der erquicklichsten Cubillo's, ein Beweis,
dass der einfachere Stil der ersten Periode den Dramatikern
zweiten Ranges im allgemeinen bedeutend besser anstand,
als die krausere Ausdrucksweise der Calderon-Epoche.
„El AMOR coMO HA DE SEB." — Ist in dem soeben be-
sprochenen Stücke die Einwirkung Lope de Vega's unver-
kennbar, so lässt sich in dem jetzt vorliegenden der Einfluss
Tirso de Molina's deutlich nachweisen. — Don Gaston de
Moncada hat sich mit Isabela, Marquise von Aristela, heim-
lich verlobt, macht aber, als die schöne Herzogin Olimpia
von Calabrien Witwe wird, dieser eifrig den' Hof. Olimpia
ist indessen durch Vollmacht bereits mit dem Grafen Claros,
einem Vasallen des Königs von Neapel, verlobt. Die Infan-
tin Eosimuüda, Schwester des Königs, liebt den Grafen, gibt
ihm dies nicht undeutlich zu verstehen und hintertreibt seine
Abreise nach Calabrien. Die für Olimpia unerklärliche Zö-
gerung ihres Bräutigams bewegt dieselbe, Don Gaston's Be-
werbungen einiges Gehör zu schenken. Als Isabela dies er-
fährt, fasst sie den abenteuerlichen Plan, sich in Männertracht
nach Calabrien zu begeben, sich mittels gefälschter Briefe
als Graf Claros aufzuspielen und hierdurch Gaston's Ab-
sichten zu durchkreuzen. Das Glück will ihr wohl, denn als
Gaston bemerkt, dass Olimpia einen Brief des angeblichen
Grafen annimmt und geneigt ist, ihn selbst zu empfangen,
zieht er sich auf seine Landgüter zurück. Isabela kann na-
100 Alvaro Cubillo de Aragon.
türlich ihre anfänglich glänzend erfolgreiche Rolle nicht lange
spielen und verschwindet aus Calabrien, sobald sie ihren
Zweck, Gasten zu verdrängen, erreicht hat. Olimpia geräth
ausser sich und beklagt sich bei dem König von Neapel über
diese Flucht ihres vermeinten Bräutigams. Ihre Schönheit
entzückt indessen den jungen Monarchen derart, dass er
selbst sich ihre Hand erbittet. Diese ungleiche Verbindung
gibt der Infantin den Muth, ihre Liebe zu dem Grafen Claros
zu gestehen , und als Isabela als falscher Graf enthüllt wird,
reicht ihr Don Gaston, seiner frühern Verpflichtung gemäss,
reuevoll die Hand.
Das Stück zeigt die Diction der ersten Periode, ebenso
weist der Stoff auf diese hin. Was nun gar die Charaktere
betrifft, so haben wir nicht weniger als vier ausgesprochene
Tirso'sche Typen: die Marquise, welche in Männertracht die
Pläne ihres ungetreuen Liebhabers durchkreuzt; die Infantin,
welche dem Grafen Claros ihre Liebe mittels zweideutiger
Redensarten geradezu aufdrängt; schliesslich die zwei Wetter-
hähne Don Gaston und Graf Claros, welche beide wegen
einer höher Betitelten die vorherige Geliebte aufgeben.
Zeigen uns diese beiden Stücke, dass Cubillo's Schö-
pfungen theilweise in die erste Periode hineinreichen, so ist
das Drama „Ganar por la mano el juego", welches nach
den Schlussversen:
Y aqui da fin la comedia,
pidiendo perdon y aplauso
Alvaro Cubülo, en quien
serän los Ultimos rasgos
entweder sein letztes, oder wenigstens eins der letzten ist,
die ungeheuerliche Uebertreibung der Effecte und der Aus-
drucksweise, welche das Zeichen des Verfalls einer Literatur
ist. Die wilde, rohe, mit Heiligenkram durchspickte Hand-
lung gipfelt darin, dass eine Edeldame ihrem Entführer die
Hand versprochen hat, falls er sein Haupt als König kröne
und ihr einen vermeintlich ungetreuen Liebhaber in die
Hände liefere. Da diese beiden Bedingungen erfüllt werden,
kann sie dem verhassten Manne gegenüber ihr Wort nicht
anders einlösen, als indem sie ihre rechte Hand abhackt und
ihm dieselbe überreicht. Das Ergebniss ist, dass beide, zur
I * *
• - ■*
I :-^ *
♦ • • •
Alvaro Cubillo de Aragon. 101
Erkenntniss ihres sündigen Treibens gelangt, beschliessen, ein
heiliges Leben als Biisser in der Thebais zu führen. Die ab-
gehauene Hand fügt sich mirakulös dem Arme wieder an.
Roheit und Heiligenkram gehen in Stücken dieser Art immer
Hand in Hand, und der widerliche Effect derselben wird
<iurch die mit den abscheulichsten Hyperbeln durchtränkte
Sprache noch gesteigert.
Einen wohlthuenden Gegensatz zu diesem wüsten Drama
bildet „La pebfecta casada". Hier tritt uns in glänzender,
vielleicht etwas zu idealer Beleuchtung, der Charakter einer
edeln, fügsamen Frau entgegen, welche den ihr widerwillig
angetrauten Gemahl durch Entfaltung weiblicher Sanftmuth
imd ehelicher Standhaftigkeit zu Pflicht und Liebe zurück-
führt.
Zwei Doppelcomödien Cubillo's gehören zu den bekann-
tern seiner Stücke. Die erste ist:
„El bayo de Andalucia y Genizaro de Espana", erster
und zweiter Theil, und behandelt die sagenhafte Geschichte
. des Mudarra. Der erste Theil lehnt sich, wenn auch in
phantastischer Weise, an die alte Tradition an, der zweite ist
jedoch offenbar Cubillo's eigenem Kopfe entsprungen. Mu-
darra, welcher sich am Schlüsse des ersten Theils mit Elvira,
einer schönen Amazone, vermählt hat, wird von König Ramiro
gegen den in Leon eingefallenen Almanzor von Cördoba ge-
sandt. Da Ramiro eine heftige Neigung für Elvira gefasst
hat,' benutzt er die Abwesenheit ihres Gemahls, sie mit
Liebesanträgen zu verfolgen. Sie ist darüber so entrüstet,
dass sie seinem Unterhändler Favisa einen Backenstreich verab-
folgt. Da der König diesen Schimpf an ihr selbst nicht rächen
kann, so lässt er ihren Schwiegervater Gonzalo Bustos ein-
kerkern, aber seine bessern Gefühle siegen bald über seine
Leidenschaft, und die Rückkehr Mudarra's bringt alles ins
Gleise.
Beide Theile sind offenbar Jugendwerke. Die Sprache
ist energisch und feurig, aber stark mit Hyperbeln versetzt,
die Helden verfallen leicht in Bramarbasiren, und das Detail-
iiusmalen in langen Erzählungen tritt ungebührlich in den
Vordergrund. Nach den Lobsprüchen Montalvan's zu urthei-
len, sind indessen gerade diese Dramen — und wahrschein-
lich gerade um dieser Fehler willen — sehr beliebt gewesen^
102 Alvaro Cubillo de Aragon.
Die genannten Eigenschaften und Mängel, letztere jedoch
in gemilderter Weise, zeigt die andere Doppeleomödie „El
CÖNBE DE Saldana t Heohos de Bebnabdo del Caepio^'.
Deren beide Theile md reifere, überdachtere Werke, aber
auch ihnen fehlt trotz des dankbaren Stoffes, der unbeschreib-
lich poetische Hauch, der die Dramen Lope de Vega's aus
der spanischen Heldensage durchweht. Der erste Theil be-
schreibt hauptsächlich die Schicksale des Grafen von Saldana
bis zu dessen Tod, der zweite beschäftigt si<5h mehr mit Ber-
nardo del Cari)io und dem unglücklichen Feldzuge der Fran-
zosen, welcher — der Sage nach — mit der Niederlage von
Roncesvalles endigte. Ein schöner Zug in diesem zweite
Theile ist folgender. Ais Bernardo vor dem Grabmonument
mit der Bildsäule seines Vaters in Betrachtung versunken
dasteht, lässt die Statue den Feldherrastab in ihrer Hand
zu den Füssen des heldenmüthigen Sohnes fallen, damit
andeutend, dass das Zeichen, welches den Vater stets zum
Ruhme geführt, in dem Sohne einen würdigen Erben ge-
funden habe.
„El mejtob bey del mundo y Tbmplo de Salomon" ist
ein seltenes, aber werthloses Drama. Es schildert die Krö-
nung Salomo^s; die Ankunft seiner Braut Arminda, Tochter
des Königs von Aegypten; die Erscheinung Jehovah's, von
welcher Salomo Weisheit erbittet; die Rechtspflege des wei-
sen Monarchen und seine Inspiration des Hohenlieds. Den
höchst undramatischen Schluss bildet seine Aufforderung an
Arminda, den soeben beendigten Tempel mit ihm in Augen-
schein zu nehmen. Der Dichter verspricht einen zweiten
Theil, dessen Nichterscheinen kaum zu bedauern ist, wenn
er im Tone des ersten gehalten war. Eine schlecht ge-
führte Handlung imd steife Diction, weldie durch nicht
weniger als vier langweilige Erzählungen in pomphaften Octa-
ven geschmückt werden soll, sind wahre Geduldsproben für
den Leser.
Ein viel besseres Stück ist „Los dbsaöbavios de Cbisto",
In diesem wird die Eroberung von Jerusalem durch Vespasian
und seine beiden Söhne Titus und Domitian geschildert Die-
selben spielen sich als Rächer C^iristi auf und fechten unter
der Standarte des CnicifiKes. Die Figuren des Titus und
Domitian sind nicht allein vortrefflich gezeichnet und con-
Alvaro Cubillo de Aragon. 103
trastirt, sondern machen auch den Eindruck von Kömern,
statt denjenigen von Spaniern des 17. Jahrhunderts. Die
Sprache ist im allgemeinen des ernsten Stoffes würdig.
„El Senob de Noches bubnas" und „El invisible peijt-
ciPE DEL Baul" sind frische, lustige Comödien, welche an
die Grenze der Posse streifen ; das letztere Stück kann sogar
als Figuron-Comödie bezeichnet werden. In beiden spielt ein
beschränkter Majoratsherr, welcher von seinem Jüngern Bru-
der überlistet wird, die Hauptrolle. Die Scenen in „El in-
visible PBiNCiPE i>EL Baul", in welchen der ebenso aufge-
blasene als leichtgläubige Fürst mit der Feder am Hute
herumstolzirt, die ihn, wie er glaubt, unsichtbar macht, sind
wahrhaft köstlich.
Eine Art Gu^po- Stück ist „Anasco el de Talaveba",
und da dasselbe — wenn auch geradezu unsinnig — ebenso
selten als originell ist, soll dessen Inhalt in kurzen Zügen
angegeben werden. Dionisia, die Tochter Marcelo de Afiasco's,
ist von so männlichem Geiste, dass sie nicht allein die An-
betung des starken Geschlechts verachtet, sondern sogar ihrer
Muhme Leonor selbst feurig den Hof macht. Eines Nachts
kommt es zum Duell zwischen Don Juan, Leonor's Liebhaber
und der als Mann gekleideten Dionisia, in welchem ersterer
verwundet wird. Infolge dessen muss Dionisia flüchten und
treibt sich eine Zeit lang als Student und Raufbold herum,
bis sie wegen einer vermeintlichen Beleidigimg ihres Vaters
ein abermaliges Duell mit dem inzwischen geheilten Don Juan
bestanden hat. Dessen Tapferkeit bei dieser Gelegenheit
entzückt sie derart, dass sie ihr Geschlecht entdeckt und
seine Hand verlangt. Don Juan geht darauf ein, und Leonor
muss sich mit einem Freunde ihres frühem Anbeters zufrie-
den geben. — In einer seltenen Romanzensammlung ,,Pnma-
Vera y Flor de los mejores Rommces^^ (Zaragoza 1636),
welche Salvä besass, soll sich eine Ballade mit dem gleichen
Titel „Anasco el de Talaveba" befinden. Ob aber diese
BaUade unserm Stück gefolgt ist, oder umgekehrt, oder ob
beide Compositionen unabhängig von einander einem altern
Stoffe ihre Entstehung verdanken, lässt sich ohne Kenntniss
der BaUade nicht bestimmen.
Cubillo steht, wie Don Antonio Coello, auf der Scheide
der zwei grossen Perioden des altspanischen Nationaldramas
104 Alvaro Cubillo de Aragon.
und hat in beiden Manieren gedichtet. Aber noch mehr kann
von ihm gesagt werden : in seinen Werken lässt sich das alt-
spanische Drama in seiner ganzen Entwickelung verfolgen.
„La manga de Sabbacino" ist in Lope de Vega's Manier,
„El amob cömo ha de seb" erinnert an Tirso de Molina,
„La tbagedia del Duque de Bebganz a" an Enciso, „Peb-
DEBSE POB NO pebdebse" an Alarcon, „La mayob venganza
DE honob" und „Eji vencedob de si mismo" an die Tragö-
dien imd Ritterstücke Calderon's; endlich zeigt sein wahr-
scheinlich letztes Werk „Ganab pob la mano el juego" die
in Roheit ausartende Uebertreibung, welche das gemeinsame
Merkmal der Anfänge und des Niedergangs einer Literatui*
ist. In „El senob de Noches buenas" ist das leichtere
Lustspiel, in „El invisible pbincipe del Baul" die Figuron-
Comödie, in „Anasco el de Talaveba" das Guapo- Stück
vertreten. Eine derartige Vielseitigkeit ist immerhin — wenn,
wie bei Cubillo, die verschiedenen Werke sich über die
Mittelmässigkeit erheben — das Kennzeichen eines bedeu-
tenden Talents, und ein solches lässt sich unserm Dichter
sicherlich nicht absprechen. Erreicht er auch nie das warme
poetische Colorit Lope de Vega's, den schillernden Witz
Tirso's, die philosophisch geschichtliche Tiefe Enciso's, den
künstlerischen Ernst Alarcon's und den dichterischen Schwung
Calderon's, so bleiben immer noch als Vorzüge bestehen: eine
schöne Grundlage poetischer Erfindungskraft, meistens gute
Führung der Handlung, öftere psychologische Vertiefung der
Charaktere und zeitweise energische Sprache. Seine Haupt-
fehler liegen in öfters angewendetem Cultismo, Neigung zu
Rodomontaden, nicht immer flüssiger Versification und allzu
häufiger Anwendung überlanger Erzählungen. Zu letztem hat
er überdies in vielen Fällen die italienischen Octaven ange-
wendet, eine Versart, welche bei ihm, wie meistentheils in
den Händen von Dichtern zweiten Ranges, zu hohlem Wort-
schwall wird. Eigenthümlichkeiten Cubillo's sind femer seine
fast in jedem Stücke sich wiederholende, meistens hyper-
bolische Beschreibung eines Pferdes und die Männlichkeit
vieler seiner Frauenfiguren. Sind auch in „Las munecas de
Mabcela" und „La pebfecta casada" schöne weibliche Cha-
raktere geschildert, so erscheinen in „El conde de Saldana"
und „El BAYO de Andalucia" die Damen als Amazonen; in
Antonio Enriquez Gomez. 105
„La manga de Saebacino" verabreichen sowohl Elvira als
Galiana, in „El rayo de Andalucia" Dona Elvira Ohrfeigen ;
in „El vencedob de si mismo" figurirt die streitbare Brada-
mante; in „Ganabpobla mano el jijego" spielt die Heldin
die Rolle einer Banditenbraut, in „Anasco el de Talaveba"
gar diejenige eines Raufbolds.
Zieht man die Summe der Leistungen Cubillo's, so darf
man behaupten, dass er viel Schönes geschaffen, dass er
aber — ausser in „La mayob tenganza de hokoe" und „La
TBAGEDLA. DEL DuQUE DE Bebganza" niemals dem Höch-
sten zugestrebt habe; dass er ein Dichter war, welcher nicht
eigene, selbständige Wege wandelte, sondern sich den Be-
strebungen seiner berühmtfesten Vorgänger und Zeitgenossen
mit jeweils verschiedenem Glücke anschloss.
Antonio Enriquez Gomez
(anfänglich Don Enrique Enriquez de Paz genannt),
geboren zu Segovia, zwischen 1600 und 1602, war der Sohn
eines zum Christenthum übergetretenen portugiesischen Juden,
Diego Enriquez Villanueva. Die Indolenz seiner Aeltem ver-
anlasste den jungen Antonio zum Selbststudium der schönen
Wissenschaften, aber schon vor seinem zwanzigsten Lebens-
jahre vertauschte er die Buchet mit den Waffen. Der Haupt-
mannsrang und ein portugiesisches Ordenskleid waren die
Früchte seiner militärischen Dienste. Von 1629 bis 1636
scheint er in Madrid gelebt und eine Anzahl Comödien nebst
andern Werken verfasst zu haben. Im letztgenannten Jahre
flüchtete er nach Frankreich, sei es, dass er fürchtete, wegen
angeblich jüdischer Meinungen verfolgt zu werden, sei es,
dass er schon damals solche Meinungen wirklich hegte und
deshalb um so mehr Ursache hatte, sich in seinem Vaterlande
unbehaglich zu fühlen. In Frankreich fand er hohe Be-
schützer; er wurde Rath und Hausmeister des Königs Lud-
wig Xni. Aus irgendwelchen Gründen scheint er nach 1656
Frankreich verlassen, einige andere Länder bereist und sich
dann in Amsterdam, der Zufluchtsstätte ausgewanderter Ju-
106 Antonio Enriquez Gomez.
den, niedergelassen zu haben. Dort finden wir ihn wenigstens
im Jahre 1660. Um etwa die gleiche Zeit — am 14 April
1660 — wurde er bei einem Auto de Fe in Sevilla in effigie
verbrannt, da er inzwischen zu den Meinungen seiner Väter
zurückgekehrt war und keinen Hehl aus dieser Wandlung
machte. Von 1660 an hören wir nichts mehr von ihm; viel-
leicht ist er bald darauf gestorben.
In der Vorrede zu seinem „Sanson Naaareno", 1656,
gibt Enriquez Gomez eine Liste der von ihm bis dahin ver-
fassten 22 Comödien; etwa 12 derselben scheinen verloren ge-
gangen zu sein, während wir 2 besitzen, welche in der Liste
nicht aufgeführt sind : „ Jebusalen libebtada" und „No hay
CONTRA. EL HONOB podeb". Die erstere ist vielleicht in die
Periode von 1656 — 1660 zu setzen^ während „No hat contba
EL HONOB podeb" schou im zwoiton Bande der „Comedias
escogidas'\ 1652, abgedruckt und deshalb entweder von dem
Dichter vergessen worden ist oder ihm nicht angehört.
Das erste Stück Don Antonio's ist, wie aus den Schluss-
versen desselben hervorgeht, „Enöanab paba beinab". Ein
König von Ungarn vernimmt, dass ihm ein älterer Halbbruder
nach dem Leben stelle, und zieht sich in die Einsamkeit zu-
rück, um einen gelegenen Zeitpunkt zur Befestigung seiner
wankenden Herrschaft abzuwarten. Seine Vorsicht trägt gute
Früchte, denn der Usurpator macht sich bald so verhasst,
dass es dem rechtmässigen König gelingt, die vornehmsten
Grossen wieder auf seine Seite zu bringen. Er verspricht
sogar seiner frühem Braut Isbela wegen ihres grossen Ein-
flusses die Ehe, obwohl er sich in seiner Zurückgezogenheit
mit einer Verwandten vermählt hat. Dies ist der „Betrug,
um zu regieren", welcher ihm hauptsächlich wieder zu seiner
frühem Machtstellung verhilft. — Der phantastische Stoff, die
schiefe Moral und die überschwängliche Sprache kennzeichnen
das Stück auch innerlich als Jugendarbeit, als unreife Pro-
duction eines allerdings talentirten Dichters.
Das Drama „A lo que obligan los gelob" hat einen
ebenso abenteuerlichen StoflFund leidet gleicherweise, besonders
zu Anfang, an schwülstiger Sprache. Immerhin hat es aber
mehr poetisches Verdienst und erregt trotz aller Mängel einiges
Interesse. — Ein König von Ungarn hat in Sicilien einstens
die Liebe der Herzogin von Beiflor unter falschem Vorwand
Antonio Enriquez Gomez. 107
genossen. Nach langen Jahren findet er die Betrogene zufällig
unter angenommenem Namen wieder, heschliesst, sich mit ihr
zu vermählen, und sendet zwei Edelleute ab, um sie in die
Hauptstadt zu bringen. Diese, welche dem König eine ihrer
Verwandten zur Gemahlin bestimmt haben, versuchen, die
Herzogin zu tödten. In der Ausführung dieses Vorhabens
werden sie jedoch von einem Jüngling unbekannter Abkunft,
Lisardo, verhindert. Dieser Lisardo stellt sich als Sohn des
Königs und der Herzogin heraus, und das auf diese Weise so
wundersam zusammengeführte Kleeblatt sieht nun einer nach
menschlichem Ermessen glücklichen Zukunft entgegen.
„A LG QUE OBLiöA EL honoe" ist oino reife Arbeit, eine
planvoll angelegte und — mit Ausnahme weniger cultistischen
Flecken — in schöner Sprache durchgeführte Tragödie. Der
StoflF ist jedoch ein etwas abgebrauchter und erinnert einiger-
maassen an Lope's und Calderon's „El Medico de su hokba".
— Der Prinz Don Pedro (der nachmalige Pedro der Grau-
same von Castilien) macht zwei Edeldamen, Dona Elvira de
Liarte und Dona Maria de Padilla eifrig den Hof. Bei bei-
den findet er diejenige Gegenliebe, welche mit ihrer Ehre
verträglich ist Als indessen Dona Elvira von König Alfonso
mit dessen Günstling, dem Grafen Enrique von Saldana ver-
mählt wird, neigt sich die Wagschale der prinzlichen Liebe
auf die Seite der für ihn unmöglich Gewordenen. Durch Be-
stechung ihrer Zofe gelangt er in das Haus des Grafen, von
welchem er dort betroffen wird. Ausser sich vor Eifersucht,
stellt diesei- nach Abgang des Prinzen seiner Gemahlin in der
Dunkelheit eine Falle, indem er sich für Don Pedro ausgibt.
Elvira indessen besteht diese Probe glänzend und enttäuscht
den vermeinten Prinzen aufs gründlichste. Nun tritt aber
eine ähnliche Complication wie in Cubillo's „La matob ven-
GANZA de honob" ein. Der Prinz sucht Dona Elvira's Liebe
in derjenigen Dona Marfa's zu vergessen. Dies bringt den
Stolz und die Eitelkeit der erstem derart auf, dass sie sich
so weit vergisst, ihm einen Brief zu schreiben, welcher —
obwohl in geziemenden Ausdrücken abgefasst — mit ihrer
Stellung unverträglich ist. Dieses Schreiben findet der Graf,
als er bei Gelegenheit eines durch den Prinzen veranlassten
Ohnmachtsanfalls seiner Gemahlin, ihr Taschentuch sucht,
um ihr Luft zuzufächeln, in ihrem Aermel. Er heschliesst
108 Antonio Enriquez Gomez.
nun das Trauerspiel seiner unglücklichen Ehe, indem er £1-
vira während einer Jagd wie unabsichtlich von einem Felsen
herunterstürzt.
Ein anderes Eifersuchtsdrama, aber mit glücklicherm
Ausgange, ist „No hat contba el honob podkb". Es schil-
dert die Liebeswerbungen des Prinzen Don Sancho, Sohn Al-
fonso's des Weisen, um die tugendhafte Gemahlin Don Ro-
drigo de Lara's. Deren Ergebniss ist jedoch nicht nur das
Scheitern aller Anschläge des starrköpfigen Prinzen, sondern
auch seine erzwungene Verlobung mit einer Verwandten der
verfolgten Dame. — Der Stoff ist sehr abgebraucht und aus
verschiedenen frühem Stücken anempfunden, die Sprache
ganz ungleich. Dagegen sind die Figuren König Alfonso's
des Weisen, des halsstarrigen Prinzen, des hochdenkenden
Don Kodrigo und der edeln, standhaften Dona Bianca ganz
vortrefflich gezeichnet.
In „Amoe con vista y cobduba" vertritt Kaiser Marc
Aurel die Stelle Alfonso's des Weisen, sein Sohn Commodus
diejenige des Prinzen Sancho, die edle Cloviana diejenige
Dona Blanca's. Auch hier scheitert der Prinz mit seinen
Plänen; auch hier liegt — um die Aehnlichkeit noch auf-
fallender zu machen — in der Charakterzeichnung des Kai-
sers und des Prinzen der hauptsächliche Werth des sonst
verdienstlosen, schwülstigen Dramas.
In „Gelds no ofenden al Sol" dreht sich die Hand-
lung hauptsächlich darum, dass Federico, Verwandter eines
Königs von Sicilien, gegen diesen conspirirt, und, deshalb ein-
gekerkert, aus Rachegefühl die eifersüchtige Königin über-
redet, ihr Gemahl liebe ßosaura, eine wegen ihrer Schön-
heit „Die Sonne von Sicilien" genannte Hofdame. Nach
grosser Aufregung löst sich der Knoten durch das Bekennt-
niss seiner Verleumdung seitens Federico's. — Es ist dies
ein eigenthümliches Stück; die Handlung steht nicht im rich-
tigen Verhältniss zum Beiwerk, die Sprache ist oft schwülstig
und .besonders die ungebührlich lange Rede Alexander's am
Anfang ist eine wahre Musterkarte von unangenehmen Cultis-
men; dennoch interessirt die Comödie durch eine gewisse
Glut der poetischen Farbe.
„Contba el amob no hat enganos" ist ein Intriguen-
stück, welches in der Structur mit den Montalvan'schen
Antonio Enriquez Gomez. 109
Comödien aus dessen späterer Periode Aehnlichkeit hat. Be-
sonders weist hierauf die Lösung des Knotens hin, welche in
gordischer Weise geschieht: die Heldin, von allen Seiten in
die Enge gedrängt, weiss sich nicht anders als durch Er-
klärung ihrer bisher geheim gehaltenen Liebe zu retten, ein
ebenso drastisches, als kunstloses und gewaltsames Mittel.
Die Handlung dreht sich im übrigen darum, dass eine Ver-
wandte der Heldin diese um ihren Anbeter beneidet und ihr
denselben durch allerlei Ränke abspänstig zu machen sucht.
Das Stück schliesst natürlich mit dem Bekenntniss ihrer
Schuld, aber trotzdem wird sie dafür mit der Hand eines
edeldenkenden Grafen geradezu belohnt: eine poetische Un-
gerechtigkeit.
„Febnan Mendez Pinto" ist ein höchst abenteuerliches
Schauspiel, welches sich mit den angeblichen Erlebnissen
dieses „Fürsten der Lügner" beschäftigt. Wenn wir er-
wähnen, dass der Titelheld in der Nähe von Peking in eine
Grube fällt, in welcher er von einem Löwen ernährt wird;
dass ihn später der Kaiser von China zum Wachehauptmann
ernennt; dass er der Prinzessin gefällt; dass ihm in dieser
Liebe der Chan der Tartarei als Nebenbuhler entgegentritt,
verkleidet nach Peking kommt und wegen einer Blutrache
den Kaiser ermordet; dass Mendez Pinto das blutige Messer
aufhebt, für den Mörder gehalten wird und hingerichtet wer-
den soll; dass der Tartarenchan sich als Schuldigen in die
Hände der Prinzessin überliefert; dass ihn diese ungestraft
ziehen lässt, sich aber nachher verkleidet in sein Lager
schleicht, um ihn durch Pinto mit demselben Messer, welches
er mit dem Blute ihres Vaters befleckt hat, ermorden zu
lassen; dass sich Pinto indessen weigert, seinen Wohlthäter
zu tödten, und dieser sich alsdann nochmals der Prinzessin
zu Füssen legt: so mag der Leser selbst beurtheilen, wie
phantastisch das Stück angelegt ist. Es hat indessen eine Art
märchenhafter Buntmalerei, welche unser Interesse erweckt
und auch wohl dem Dichter selbst zusagte, da er einen zwei-
ten Theil folgen liess.
„La PßUDENTE Abigail" behandelt die Verfolgungen
David's durch Saul, sowie die Geschichte Nabal's und seiner
Gemahlin Abigail. Obgleich sich auch, besonders zu An-
fang, der Cultismo in widerwärtiger Weise breit macht, so
110 Francisco de Rojas Zorrilla.
ist die Handlung an sich einfach nnd logisch und erregt
hierdurch, sowie durch den biblischen Stoff, unsere Theil-
nähme.
„Jebusalen libebtada" ist eine Dramatisirung der
Hauptepisoden des Tasso'schen Heldengedichts. Die Aben-
teuer Rinaldo's und Armida's, Tancredo's nnd Clorinda^s bil-
den den Kern der Handlung; die Sprache hat Schwung,
aber mehr rhetorischen als poetischen, und der Cultismo
treibt auch hier sein Unwesen. Immerhin ist es ein lesbares
Drama.
Antonio Enriquez Gomez hat weder an dramatischer
Fruchtbarkeit, noch an Vielseitigkeit den vorherbesproche-
nen Alvaro Cubillo erreicht. Auch hat er in weit höherm
Grade als jener zu Rhetorik und Cultismo gegriffen, um
seine Dramen wirkungsvoller, momentan packender zu machen.
Dass er dies mehr aus Berechnung, als aus Temperament that,
geht daraus hervor, dass in der Regel der meiste Schwulst
zu Anfang seiner Stücke zu finden ist, während im Verlaufe
derselben sein besseres poetisches Gefühl merkbar zur Geltung
gelangt. Seine Einbildungskraft scheint nicht von besonde-
rer Tragweite gewesen zu sein, denn seine Stoffe sind ent-
weder abenteuerlich (ein bei Verstandesdichtem häufiger
Fehler), oder sie bestehen aus anempfundenen Reminiscenzen
früherer Stücke. Aber selbst mit dieser Krücke haben seine
Capa y espada - Comödien eine grosse Familienähnlichkeit
untereinander. Die Führung seiner Fabeln ist im allgemei-
nen eine überdachte, wenn auch deren Lösung manchmal
nicht mit der poetischen Moral übereinstimmt. Die Charak-
terisirung seiner Personen darf in den meisten Fällen gelobt
werden. Alles dies berücksichtigt, muss er zu den Dichtem
gezählt werden, welche die ihnen gewordene Beachtung mehr
durch äusserlichen Fimiss und poetische Berechnung, als durch
angeborenes frisches, eigenartiges Talent erlangt haben.
Francisco de Bojas Zorrilla.
lieber die Lebensumstände dieses am 4. October 1607
zu Toledo geborenen Dichters wissen wir fast nichts. Seine
Francisco de Rojas Zorrilla. Hl
Aeltern waren der Fähndrich Francisco Perez de Rojas und
Dona Mariana de Besga, weshalb sein Beiname „Zorrilla"
schwer erklärlich ist. Die offenbar dem Leben abgelauschten
Schilderungen des Studententreibens in Salamanca in „Lo
QXJE QTJEßiA VER EL Mabques DE Villena" lasseu vormu-
then, dass er auf dieser Universität seine Studien machte.
Die in einer Handschrift der Nationalbibliothek zu Madrid
erwähnte Ermordung eines jungen Dichters, Francisco de
Rojas im April 1638 muss sich entweder auf einen Schrift-
steller gleichen Namens beziehen (denn das Briefdatum des
4. September 1638 in „Entre bobos anda el juego" stellt
fest, dass unser Rojas damals nicht allein lebte, sondern auch
dichtete) oder unser Rojas wurde vielleicht derart verwundet,
dass das Gerücht seines Todes ausgesprengt werden konnte,
während seine Heilung glücklich — und nach dem angeführ-
ten Datum zu schliessen — sogar sehr rasch von statten
ging. Im Jahre 1654 stand er, nach üeberwindung mancher
Schwierigkeiten bezüglich, angeblicher ünwürdigkeit seiner
Vorfahren, auf dem Punkte, das Santiago -Ordenskleid zu er-
halten. Sein Todesjahr ist unbekannt, doch muss er 1660
noch gelebt haben, wenn das Auto „La ascension de Cristo"
von ihm herrührt. Dieses Stück, von welchem sich ein Ori-
ginalmanuscript in der Agustin Duran'schen Bibliothek be-
fand, ist unterzeichnet: „Francisco de Rojas, in noch nicht
ganz vollendetem 53. Lebensjahre", und der Zweifel, ob das-
selbe unsem Dichter zum Verfasser hat, ist dadurch begrün-
det, dass mehrere wenig bekannte Autoren gleichen Namens in
derselben Periode blühten. Der nämliche Umstand lässt auch
als möglich erscheinen, dass von der bedeutenden Anzahl
Dramen unsers Rojas einige abzustreichen sind, welche ihm
absichtlich oder unabsichtlich durch Namensverwirrung unter-
geschoben wurden. Da indessen vollständige Klarheit hier-
über nie zu erhoffen ist, so mag dieser Zweifel hier unbe-
rücksichtigt bleiben.
Dasjenige Drama unsers Dichters, welches seinen Namen
misterblich gemacht hat und welches deshalb an die Spitze
jeder Besprechung gehört, ist:
„Del KEY ABAjo, NiNGTJNo" („ Garcfa del Castanar").
König Alfons XL von Castilien plant die Eroberung von Al-
gecira. Unter den freiwilligen Hülfsgeldern, welche ihm zu
112 Francisco de Kojas Zorrilla.
diesem Behufe die Magnaten seines Reichs gewähren, fallt
ihm das Anerbieten eines Don Garcia del Castanar durch
seine Grossartigkeit auf. Er erkundigt sich über den unbe-
kannten Vasallen und hört, dass derselbe ein reicher Grund-
besitzer sei, der jede Berührung mit dem Hof leben vermeide.
Der König wünscht den freigebigen Sonderling incognito ken-
nen zu lernen und besucht deshalb unter dem Vorwande einer
Jagd in alleiniger Begleitung eines hochgestellten Edelmanns»
Don Mendo, sowie zweier Jäger, den „Castanar", die Besitzung
Garcia's. Der Graf von Orgaz, Vertrauter des Königs, ein
väterlicher Freund Garcia's, hat aber für gut befunden, letz-
tem von dem bevorstehenden Besuche in Kenntniss zu setzen
und ihm gleichzeitig eine rothe Ordensschärpe als Kennzeichen
des Monarchen zu bezeichnen. Diese Schärpe wird zum Dreh-
punkt der Verwickelung, denn der König gibt dieselbe vor
seiner Ankunft im „Castanar" Don Mendo, um dessen Dienste,
zu belohnen und gleichzeitig sein Incognito zu wahren. Garcia
empfängt natürlich die vorgebliche Jagdgesellschaft in gast-
freundlichster Weise, und seine schöne Gemahlin Bianca wett-
eifert mit ih"m in liebenswürdiger Aufmerksamkeit. Don
Mendo verliert sein Herz an die reizende Wirthin, erklärt
seine Liebe, wird aber rundweg abgewiesen. Obgleich Garcia
dieser Zwischenfall nicht entgeht, ist er aus Loyalitätsgefühl
geneigt, das Benehmen des vermeinten Königs für blosse Cour-
toisie zu halten.
Zweiter Act. An den Hof zurückgekehrt, kann Don
Mendo die schöne Bianca nicht vergessen. Einem in Ge-
schäften seines Herrn in die Stadt kommenden Diener Gar-
cia's vertraut er diese Leidenschaft an und gewinnt dessen
guten Willen durch eine volle Börse. Er hört, dass Don
Garcia oftmals Nachts auf die Eberjagd gehe, dass Bianca
denselben im Halbschlummer im Balkonzimmer zu erwarten
pflege und dass der Balkon leicht zu ersteigen sei. Der
Entschluss Don Mendo's ist bald gefasst; er macht sich, von
einem Diener mit einer Strickleiter begleitet, in der folgen-
den Nacht nach dem „Castanar" auf. Im Walde verliert er
sich und ruft eine in der Dunkelheit nur undeutlich sicht-
bare Gestalt an, um den richtigen Weg zu erfragen. Der
Angerufene weist ihn mit schallender Stimme zurecht und
lässt dabei verlauten, dass er Don Garcia ist. Don Mendo,.
Francisco de Rojas Zorrilla. 113
hocherfreut, den Gatten der Angebeteten für die Nacht be-
schäftigt zu wissen , setzt seinen Weg fort. Sein böser Stern
will jedoch, dass Don Garcia, in der Voraussetzung, die ge-
wechselten lauten Rufe müssten das Wild für einige Zeit ver-
scheucht haben, das Jagen aufgibt und auf einem kurzem
Wege nach Hause zurückkehrt. Bianca begrüsst ihn zärt-
lich, zieht sich sodann in ihr Gemach zurück, und Garcfa
ist im Begriff, ihr zu folgen, als sich die Balkonthüre
öfihet und Don Mendo verhüllt in das Zimmer tritt. Garcia
greift nach der Armbrust, lässt sie aber fallen, als sich Don
Mendo enthüllt und er in demselben den vermeinten König
erkennt. Seine Loyalität erlaubt ihm nur einige bittere Vor-
würfe über den beabsichtigten Raub seiner Ehre, dann aber
lässt er seinen Beleidiger gehen und verspricht ihm sogar
die Geheimhaltung des Vorgefallenen. Allein geblieben, bietet
sich ihm in verzw^eifeltem Selbstgespräch kein Mittelweg zwi-
schen Loyalität und Ehre dar: da er unter keinen Umständen
die Hand an seinen König legen darf, so muss die un-
schuldige Gattin dem Moloch der spanischen Ehre geopfert
werden. ,
Dritter Act. Garcia hat versucht, Bianca zu ermor-
den, aber seine Kräfte sind ihm bei dem Versuch geschwun-
den: er ist mit dem Dolche in der Hand in Ohnmacht ge-
sunken. Bianca flüchtet und wird von dem Grafen von Orgaz
in den Palast gebracht. Als dies Garcia erfährt, geräth er
ausser sich, eilt in die Stadt und trifft Bianca gerade im
Gespräche mit Don Mendo, welcher von der Königin beauf-
tragt worden ist, über ihre Sicherheit zu w^achen. Nach
einer kurzen Erklärung zwischen beiden Gatten tritt der
König mit Gefolge ein, und jetzt erst wird Don Garcfa über
die Person seines Herrschers aufgeklärt. Vor Aufregung
wechselt er die Farbe dermaassen, dass es der König be-
merkt und ihn fragt, ob ihn jemand an seiner Ehre gekränkt
habe. Dies bejaht Don Garcfa und wird aufgefordert, seinen
Beleidiger zu bezeichnen. Statt aller Antwort ersucht er
Don Mendo, mit ihm im Vorzimmer einige Worte zu wech-
seln; hier stösst er ihm den Dolch in die Brust und erzählt
sodann dem König die Geschichte seiner Beschimpfung. Gleich-
zeitig entdeckt er sich als Sohn des verstorbenen Grafen Garcf
Bermudo, der als Anhänger des Prätendentengeschlechts der
SOHAFFEB. II. 8
114 Francisco de Rojas Zorrilla.
La Cerda's in der Ungnade der regierenden Königsfamilie ge-
lebt hatte, während sich Bianca sogar als Tochter eines der
La Cerda's selbst enthüllt. Trotzdem verspricht der König
Beiden seine Gnade und vertraut Don Garcfa die Führer-
schaft der Expedition gegen Algecira an.
Wer mit den Vorschriften des spanischen Ehren-Codex
nicht vertraut ist, wird den Enthusiasmus der Spanier für
dieses Stück schwer begreiflich finden, aber von jenem Stand-
punkt aus betrachtet, verdient dasselbe allerdings hohes Lob.
Schon die Inhaltsangabe genügt, um das logische, energische
Fortschreiten der Handlung empfinden zu lassen; ebenso
kann die Charakterisirung des starken, liebenden, loyalen,
aber in seinem conventionellen Ehrgefühl äusserst empfind-
lichen Don Garcia, sowie diejenige Dona Blanca's in ihrer weib-
lichen Tugend und standhaften Gattenliebe geahnt werden.
Trotzdem gibt erst das eingehende eigene Studiiun des Dra-
mas selbst die Ueberzeugung, dass hier eine Production vor-
liegt, welche als classisches Beispiel einer ganzen Literatur-
periode betrachtet werden muss. Auch darin verleugnet es
diese Bezeichnung nicht, dass der Cultismo sich an einigen
Stellen eingeschlichen hat, obgleich die Diction im ganzen
eine edle und gedankenreiche ist.
„Casaese POE VENGAESE." Der Infant Enrique, Bruder
des kinderlosen Königs Rugero von Sicilien, ist im Hause
eines Haupt-ßathgebers der Krone, Roberto, mit dessen Toch-
ter Bianca erzogen worden. Die Jugendgespielen lieben sich
aufs leidenschaftlichste, und als Roberto die Kunde von dem
Tode des Königs und der Thronfolge Enrique's überbringt,
gibt letzterer der fürchtenden Geliebten seine Unterschrift auf
unbeschriebenem Papier, damit sie davon beliebigen Gebrauch
mache. Er erwartet, dass sie einen Vermählungsvertrag mit
ihm darüber setzen lasse, aber das Schicksal will es an-
ders. Roberto hat verschwiegen, dass der verstorbene König
testamentarisch die Thronfolge Enrique's von der Vermählung
mit seiner Nichte Rosaura abhängig gemacht und verordnet
hat, einen jungem Bruder zu substituiren , falls Enrique an
dieser Clausel Anstoss nehmen sollte. Als nun Bianca voll
kindlichen Vertrauens die Unterschrift Enrique's ihrem Vater
gibt, gebraucht sie dieser in kurzsichtiger* Politik dazu, einen
Vermählungsvertrag des neuen Königs mit Rosaura darauf
Francisco de Rojas Zorrilla. 115
ZU setzen, obgleich er die Wahrheit ahat. Das Document
wird vor versammeltem Parlament verlesen; Enrique ist
ausser sich über den ihm gespielten Betrug, muss sich
aber fügen, um nicht sein ganzes Reich in Aufruhr zu
versetzen. Die Gefühle Blanca's geben denjenigen ihres Ju-
gendgespielen an Leidenschaftlichkeit nichts nach; ihre Wuth
entlädt sich dadurch, dass sie dem Connetable von Sicilien,
welchen ihr Roberto als Gatten vorgeschlagen hat, die Hand
reicht: sie vermählt sich aus Rache (Casarse por vengarse).
Dass diese gezwungenen Verhältnisse den Keim zu einer
Katastrophe in sich tragen, leuchtet ein. Der neue König
kann seine Liebe nicht vergessen und benutzt eine verdeckte
Tapetenthür, welche ihm früher als Weg zur Geliebten ge-
dient, auch jetzt, um Bianca seinen Schmerz und seine Liebe
zu klagen. Der Connetable kommt durch eine Reihe von
Umständen zur Erkenntniss, dass solche Besuche stattfinden
müssen, und als er gar durch die Unvorsichtigkeit einer Zofe
die verborgene Thür entdeckt, ist die Beweiskette für ihn
geschlossen. Für eine wirkliche Schuld Blanca's fehlt aller-
dings jeder sichere Anhalt; aber der Connetable denkt wie
Garcia del Castanar: da der König unantastbar ist, so muss
der andere Theil, schuldig oder unschuldig, geopfert werden.
Die durchbrochene Wand, das Hülfsmittel des Liebhabers,
muss dem Gatten als Rachewerkzeug dienen. Er unterhöhlt
dieselbe, und als Bianca bald darauf in deren Nähe sitzt,
stösst er sie um. Schutt und stürzende Balken begraben die
unglückliche Frau, aber niemand kann ein absichtliches Ver-
brechen beweisen, und selbst der verzweifelnde König muss
dazu schweigen, obgleich er innerlich auf Rache brütet.
Das Stück ist tragisch packend; die Katastrophe ist von
innen heraus entwickelt, der Stoss der Leidenschaften auf
einander ein wahrhaft gewaltiger. Wie ein mächtiger Strom
wälzt sich die Handlung unaufhaltsam fort, und wenn der
Dichter nicht unglücklicherweise die energische, tief leiden-
schaftliche Sprache mit einer unverantwortlichen Menge Cul-
tismo versetzt hätte, so müsste das Stück an die Seite des
„Gabcia del Castanab" gestellt werden. In seiner jetzigen
Gestalt ist es ein Beweis des gewaltigen Dichtergenies un-
sers Rojas, aber auch der unheilvollen Wirkung , welche eine
Mode-Unart auf die bevorzugtesten Geister ausüben kann.
8*
116 Francisco de Rojas Zorrilla.
Auch „El Cain de Cataluna" ist eine erschütternde
Tragödie. Kann derselben auch nicht der Werth des vor-
besprochenen Stücks zuerkanüt werden, so verdient ihre
grossartige Katastrophe eine gedrängte Schilderung. Beren-
guel, ein schlechter, misgünstiger Charakter, zweiter Sohn
des regierenden Grafen von Barcelona, hat seinen altem,
allgemein geliebten Bruder Don Ramon ermordet. Das Volk
heftet sich an des Mörders Fersen, ruft ihm zu: „Berenguel,
wo ist dein Bruder?" umlagert den Palast und fordert un-
gestüm seinen Tod. Der Graf lässt ihn verhaften und ihm
den Process machen. Der weltliche Gerichtshof fällt das
Todesurtheil, der geistliche Rath entscheidet sich für Be-
gnadigung. Beide Decrete werden dem Grafen zur Unter-
zeichnung vorgelegt; die Braut Ramon's bittet um Gerechtig-
keit, die Gemahlin Berenguel's um Gnade. Der Graf schwankt
noch, als das den Palast umdrängende Volk aufs neue in
Rufe um des Mörders Tod ausbricht. Dies entscheidet die
Wahl des unglücklichen Vaters, „denn Volkesstimme ist Gottes
Stimme"; er unterzeichnet das Todesurtheil. Hat er indessen
hier als Richter gehandelt, so drängt ihn sein Vaterherz zur
Rettung des sündigen Sohnes. Er eilt in den Palastthurm
und übergibt Berenguel dessen Schlüssel, sowie denjenigen
des Palastgartens. Mit schnödem Undank wird seine Barm-
herzigkeit belohnt, mit harten Worten an seinen Befreier
beginnt Berenguel seine Flucht. Aber jetzt blendet Gottes
Gerechtigkeit den lästerlichen Sünder,« er findet in der Dunkel-
heit das Thor des Palastgartens nicht und ist genöthigt, die
Mauer zu erklettern. Da das Volk in dichten Haufen die-^
selbe umdrängt und mehrmals Neigung gezeigt hat, die Justiz
gegen den Mörder in die eigene Hand zu nehmen, so hat
der Graf Befehl gegeben, jeden niederzuschiessen , welcher
versuchen sollte, die Mauer zu ersteigen. Eine Schildwache
sieht Berenguel in undeutlichen Umrissen, schlägt auf ihn
an, und dieser kann seiü Verhängniss nicht abwenden, da
ihm Gott im entscheidenden Augenblicke die Stimme ver-
sagen lässt. Ein Schuss — und der Mörder liegt sterbend
am Boden, von höherer Hand gerichtet; die Gerechtigkeit,
welche der irdische Vater umgehen wollte, hat der göttliche
geübt, und das Mittel, welches menschliche Vernunft zu seiner
Sicherung angeordnet hatte, ist zur Veranlassung seines To-
Francisca de Rojas Zorrilla. 117
des geworden. — Man sieht, Kojas verstand es, seine Kata-
strophen wirkungsvoll zu gestalten.
Auch die Katastrophe der Tragödie „ Persiles t Sigis-
munda" wirkt erschütternd, aber leider ist dies das Einzige,
was zum Lobe dieses Stückes gesagt werden kann. Es ist
nur theilweise auf den bekannten Roman des Cervantes ge-
gründet; Rojas hat seiner Phantasie frei den Zügel schiessen
lassen, die abenteuerliche Geschichte seines Vorgängers noch
^,überherodisirt" und den buntscheckigen Stoff in das Ge-
wand einer schwülstigen Sprache gekleidet.
„ViDA Y MUEETE DEL EALSO PEGFETA MaHOMA" ZOigt
recht deutlich die künstlerische und religiöse Beschränktheit
der meisten altspanischen Dichter. Rojas schildert Mohammed
nicht allein als absichtlichen Betrüger und beraubt sich
hierdurch des viel gewaltigem Hebels des auf innerlicher
Ueberzeugung beruhenden Wahns übermenschlicher Grösse,
sondern er führt uns auch Zauberstückchen von ihm vor, wie
sie seine Zeitgenossen allgemein den Mohammedanern zu-
sclirieben und welche eine höchst unbequeme Aehnlichkeit mit
den Wundem ähnlicher Art in den spanischen ernstgemeinten
Heiligencomödien aufweisen.
„MoEiE PENSANDO matae" behandelt die bekannte grau-
sige Episode, wie der Longobardenkönig Alboin nach Be-
siegung und Tödtung des Königs der Gepiden sich mit dessen
Tochter Rosamunde vermählt und dieselbe bei einem Gast-
mahle aus dem Schädel ihres Vaters trinken lässt; wie Rosa-
munde mit Hülfe eines Vasallen, des Herzogs Leontius, Alboin
tödtet und mit ihrem Helfershelfer den Thron besteigt; wie
letzterer einen Gifttrunk nimmt, welchen er für, seinen
mächtigsten Gegner, den Herzog Flavius, hat bereiten lassen
und welchen ihm Jlosamunde unbewusst reicht; wie er, die
Wirkung des Giftes fühlend, glaubt, Rosamunde habe ihn
absichtlich vergiftet, und diese zwingt, den Rest zu trinken.
— Das Stück ist ein mittelmässiges, aber es bringt ebenfalls
den in „El Cain de Cataluna" hervorstechenden Gedanken
zum Ausdruck, dass die göttliche Gerechtigkeit die Rache in
die Hand nehme, wenn es die irdische nicht thut, denn Ro-
samunde und Leontius erleiden den Tod Eins durch das An-
dere, ohne dass sie sich gegen einander etwas haben zu
Schulden kommen lassen.
118 Francisco de Rojas Zorrilla.
„El MAS IMPBOPIO VEBDUGO POB LA MAS JUSTA VEN-
GANZ A" ist ein abstossend rohes Drama, welches uns einen
sehr schlechten Begriff von dem künstlerischen Takt unsers
Bojas gibt. Es basirt auf der Parteifehde der Guelfen und
Ghibellinen. Federico von Medicis, ein Ghibelline, verführt
Casandra Salviati, Tochter Cesar Salviati's, eines Guelfen,
um denselben zu beschimpfen. Seine Verrätherei trägt ihm
indessen den verdienten Lohn ein, denn er wird auf die Hülfe-
rufe Casandra's hin von deren Vater und Brüdern nieder-
gestossen. Der Grossherzog von Florenz, selbst Ghibelline,
verurtheilt die drei Ehrenmörder zum Tode. Da jedoch in
Florenz das Amt eines Henkers so verhasst ist, dass sich
niemand dafür findet, so verspricht der Grossherzog dem-
jenigen der drei Verurtheilten Begnadigung, welcher die An-
dern hinrichte. Der eine Sohn Cesar's, Alexander, ein mo-
ralisches Ungeheuer, erbietet sich wirklich, das Henkeramt
an seinem Vater und Bruder zu übernehmen, aber diese
Scheusslichkeit erbittert den Vater derart, dass er den Gross-
herzog veranlasst, ihm selbst das entsetzliche Amt zu über-
tragen. Er bringt nun wirklich auf dem Blutgerüste seinen
Sohn Alexander vom Leben zum Tode, weigert sich jedoch,
den andern Sohn hinzurichten, und bietet seinen eignen Kopf
für denselben an. Der Grossherzog, hierdurch gerührt, lässt
Gnade walten, und der Vorhang fällt über ein Stück, welches
nie auf die Bühne gehört hätte.
„No HAT SEE PADBE, siENDO bey" ist hiergegen ein
erquickliches Stück, wenn es auch des Tragischen genug ent-
hält. — Ein polnischer Thronfolger heftigen Temperaments,
Kugero, tödtet nächtlicherweile aus Versehen seinen Bruder
Alejandro, welchen er in enger Umarmung mit einer ihn
(ßugero) verschmähenden Edeldame trifft. Er glaubt einen
Günstling seines Vaters getödtet zu haben und ist ganz nieder-
geschmettert, als er die Wahrheit vernimmt. Der König ver-
urtheilt ihn mit blutendem Herzen zum Tode, und schon wird
Kugero zum Eichtplatz geführt, als das versammelte Volk
seine Begnadigung in so drohender .Weise verlangt, dass der
väterliche Richter — äusserlich widerwillig, innerlich hoch-
erfreut — diesem Begehren Rechnung tragen muss. — Das
Stück ist ein interessantes, aber leider treibt auch hier, wie
in fast allen Dramen unsers Rojas, der Cultismo sein Un-
Francisco de Eojas Zorrilla. 119
wesen. Der Schluss erinnert an G. de Castro's „La jtjsticia
EN LA PIEDAD".
,iPBOGNE T Filomena" ist wieder ein Beispiel der rohen
Manier des Dichters. Der antike Stoff ist in ein modernes
Gewand gekleidet und dadurch um so abstossender, da die
gigantischen Gestalten der Mythologie mit anderm Maass-
stabe gemessen werden dürfen, als die Menschen neuerer
Zeit. Was die Sprache angeht, so ist ausser dem gewohnten
Cultismo eine wahre Musterkarte von Beiseite -Reden vor-
handen, welche der Handlung ein höchst unnatürliches Ge-
präge verleihen und etwa den Eindruck machen, wie die aus
dem Munde der Figuren alter Holzschnitte heraushängenden
beschriebenen Zettel.
„Los aspides de Cleopatba" hat den Vortheil, einen
menschlich -tragischen Stoff zu behandeln, im übrigen ist die
Art der Behandlung nicht besser als diejenige des vorher-
besprochenen Dramas.
Die Palme des Gongorismus, sowie diejenige einer wahr-
haft unsinnigen Handlung gebührt dem wenig bekannten
Stück „Los ENCANTos DE Medea", wolches die Geschichte
der Kreusa, des Jason und der Medea zum Gegenstande hat.
Jason und Kreusa werden abwechselnd von Medea auf Wol-
ken entführt, Medea verwandelt die Königin Alcimede in ihre
Gestalt, sich dagegen in diejenige Alcimedens und Kreusa's,
lässt den Königspalast in Flammen aufgehen, den König Aeson
mit Kreusa verbrennen, mordet ihre Kinder und erscheint
schliesslich auf einem feuerspeienden Drachen, um dem nieder-
geschmetterten Jason ihren Triumph vorzuhalten. Ein ein-
ziges Beispiel unter vielen Gongorismen mag der Leser zu
verstehen suchen; es ist die Beschreibung eines Pferdes:
Era de tres elementos
compuesto el bruto hizarro,
de fuego, de nieve y aire;
pero äl correr^ instigado
del acicate y del fuego ,
pudo d curso ar diente tanto,
que le derribö la nube;
fuese el aire d aus pälacios,
de 8u region saliö el fuego,
nieve el aire y fuego, cuando
agua lo que äntes fue nieve,
lo que fue dntes fuego , rayo,
exhälacion lo que aire,
na da, lo que fue cahallo.
Wer erinnert sich bei einer solchen Stelle nicht an den
Schluss des köstlichen, ironisch-cultistischen Sonetts von Lope
120 Francisco de Bojas Zorrilla.
de Vega, abgedruckt im ersten Bande der Ausgabe von
Sancha, Seite 275—276:
„^Entiendea^ Fahio, Jo que voy diciendo?"
„Y cömo qtie lo entiendo" — „Mientes, Fahio,
„que yo 8oy quien lo digo, y no lo entiendo.^^
Wahrhaft wohlthuend wirkt dagegen durch würdige Ein-
fachheit der Handlung und Sprache das Schauspiel „Los tba-
BAjos DB Tobias", eine Dramatisirung der im Buche Tobias
erzählten Begebenheiten. Sogar eine Disputation zwischen
dem alten Tobias und König Sanherib über die Einheit Gottes
ist von vernünftig humanem Geiste durchdrungen, eine Selten-
heit bei den altspanischen Schriftstellern.
„Santa Isabel, Reina de Poetugal" ist ein ganz un-
bedeutendes Stück, in welchem das Rosenwunder der heiligen
Elisabeth von Thüringen und die von Luis Velez in „La de-
vociON DE LA misa" bonutzte Episode des Fridolin von Sa-
vemes als Hauptingredienzien verwendet sind.
„La patbona de Madeid, Ntjestea Senoea de Atocha''
behandelt eine bekannte Legende, welche u. a. in Quintana's
,,Historia de la antiguedad, nohleza y grandeza de Madrid^\
Madrid 1629, S. 83 fg., ausführlich erzählt wird. — Die Mauren
belagern Madrid. Nach langem, heldenmüthigem Widerstände
sehen sich die Belagerten durch Versagen der Lebensmittel
in höchster Bedrängniss, obgleich inzwischen ein zu Zeiten der
maurischen Eroberung Spaniens vergrabenes wunderthätiges
Muttergottesbild aufgefunden worden ist. Der Commandant
Gracian Ramirez beschliesst, einen letzten Ausfall zu versuchen.
Da aber nur tausend Spanier gegen zwanzigtausend Mauren
zu kämpfen haben, so scheint ihm der Ausgang der Schlacht
so zweifelhaft, dass er seiner Gemahlin sowie seinen zwei
schönen Töchtern mit eigener Hand den Tod gibt, um sie
nicht in die Gewalt der lüsternen Ungläubigen fallen zu lassen.
Gegen jedes Erwarten nimmt sich jedoch die heilige Jungfrau
der Spanier an, die Mauren werden geschlagen, und als Gra-
cian Ramirez mit blutendem Herzen nach den Leichen seiner
Angehörigen sehen will, findet er sie durch die wunderthätige
Intercession des Muttergottesbildes dem Leben wiederge-
schenkt. Am Hälse tragen sie die Spur, wo sein Schwert sie
getroffen, um ihnen das Wunder in dauerndem Andenken zu
erhalten. — Der Stoff ist gut gewählt und packend, ebenso
Francisco de Rojas Zorrilla. 121
die Sprache, wo sie nicht durch Cultismo oder des Dichters
Ungeschicklichkeit in Anwendung des „lenguaje antiguo" ent-
stellt ist. Lope besass in letzterm eine weit grössere Ge-
wandtheit, bei ihm klingt es alterthümlich , bei Rojas plump.
Die besten Scenen des Stücks sind diejenige, in welcher Gra-
€ian Ramirez seine Töchter der Ehre opfert und — wie in
vielen Dramen unsers Rojas — die Schlussscene.
„La tbaicion busca el castigo." Die Hauptrolle in
diesem gut geführten, aber als Schicksalsdrama endigenden
Stücke spielt ein vortrefflich gezeichneter leichtsinniger Wei-
berfreund und Eheverächter. Er misbraucht das Vertrauen
eines Freundes, indem er Anschläge auf dessen Gattin macht,
und schiebt, nach deren Mislingen, die Schuld so erfolgreich
auf einen frühem Anbeter der jungen Frau, dass der be-
leidigte Gatte mit seiner Beihülfe den ungerecht Beschuldig-
ten nächtlicherweile tödten will. Die göttliche Gerechtigkeit
führt jedoch den Dolch des Rächers in der Dunkelheit in die
Brust des wirklichen Verräthers.
„Los BANDOS DE Verona, Montescos y Capeletes" ist
eine höchst mittelmässige Bearbeitung der Geschichte Ro-
meo's und Juliens und durch Cultismo, sowie durch die ro-
hesten Spässe verunziert. Im übrigen hat Rojas den Stoff
durchaus umgestaltet. Der Graf Paris ist bei ihm vermählt
und soll sich scheiden lassen, um Julia die Hand zu reichen;
Julia gesteht ihre Liebe zu Alexander Romeo ihrem Vater,
und dieser lässt ihr die Wahl zwischen ihrem Vetter Andreas
Capelete, dem Grafen Paris, Gift oder Dolch. Sie wählt das
Gift, aber dieses stellt sich als Schlaftrunk heraus, welchen
Andreas Capelete zubereitet hat. Als sie im Grabgewölbe
erwacht, findet sie zuerst ihren Geliebten, aber dieser ver-
liert sie in der Dunkelheit, und der später erscheinende An-
dreas führt sie mit sich fort. Als ihm die übermächtigen
Montescos nachsetzen, flüchtet er mit allen Capeletes in einen
alten Thurm. Romeo mit seinen Montescos lässt Kanonen
davor auffahren und jagt damit den Capeletes einen solchen
Schrecken ein, dass ihm die Hand Julia's gewährt wird. —
Das Drama Lope de Vega's „Castelvines y Monteses"
steht Shakespeare's „Romeo and Juliet" sowohl in Bezug
auf Stoff als auf Behandlung bedeutend näher als diese „Ban-
Dos de Vebona".
122 Francisco de Rojas Zorrüla. '
„La MAS HiDALGA hebmosuba" behandelt die Gefangen-
schaft des Grafen Garci Fernandez von Castilien in Pamplona
und seine Befreiung durch die Infantin Doüa Sancha von Na-
varra, in wenig bemerkenswerther Weise.
Ein sehr interessantes Stück ist „La depunta jplei-
teada", welches von einigen Kritikern auf Grund des Lope de^
Vega'schen Katalogs im „Peregrino en su patria^^ dem Alt-
meister zugeschrieben wird, obgleich es in dem einzigen be-
kannten Drucke (im 20. Bande, der „Escogidcts") unter dem
Namen des Kojas steht und es keineswegs unmöglich ist^
dass Rojas und Lope je ein Stück gleichen Titels geschrieben
haben. Auch spricht das allgemeine Gepräge der Diction
und die Mache des vorliegenden Stücks für unsem Rojas.
Die Handlung ist etwa folgende. Manfrede, ein edler Nea-
politaner, kommt nach Palermo, sieht dort in der Kirche eine
schöne Dame, Isabela, verliebt sich in sie und gibt ihr dies
zu erkennen. Sie scheint nicht abgeneigt,, ihn zu erhören,
aber da sie kurz vorher auf Andrängen ihres Vaters einem
jungen Palermitaner, Leandro, das Jawort gegeben hat, siegt
ihr Pflichtgefühl; sie vermählt sich mit letzterm. Kurz nach
der Trauung überfällt sie eine todesähnliche Ohnmacht, und
sie wird als Verstorbene in einem Grabgewölbe beigesetzt.
Manfrede will sie im Tode küssen, da er es im Leben nicht
gekonnt, steigt in die Gruft hinab, findet die vermeinte
Todte noch warm, erweckt sie zum Leben und nimmt sie mit
sich nach Neapel, wo er sich mit ihr vermählt. Leandro
kommt zufällig mit seinem Vater in die gleiche Stadt, sieht
Isabel bei der Trauung in der Kirche und klagt sofort bei
dem Fürsten auf Auslieferung seiner Gattin und Auflösung
der noch nicht thatsächlich vollzogenen Ehe mit Manfrede.
Nach interessanten Plaidoyers der Väter Manfredo's und Lean-
dro's, welche Beide Advocaten sind, entscheidet der Gou-
verneur von Neapel zu Gunsten des letztem:
OottTernenr (au isabeia). Sprich, warst du nicht die Gemahlin Leandro's?
Iiabela. Ja, dies war ich, aber berücksichtigt, dass ich durch den
Tod von ihm geschieden wurde.
GouTernenr. Wie das, wenn du lebendig warst ? — Hattest du eine Seele ?
Iiabela. Ja, Herr.
Oonvernenr. Mit was gelobtest du ihm Treue?
Isabela. Mit dieser Seele.
GoQvemenr. Also war es ein Fehltritt, dich nochmals zu vermählen.
Francisco de Rojas Zorrilla. 123
Manfredo wird im übrigen nicht verfolgt, sondern erhält
das Versprechen des Fürsten , ihn mit der Hand einer Palast-
dame zu entschädigen.
Auch in „Vabios prodigios de amoe" haben wir eine
Scheintodte , deren vermeinter Leichnam von ihrem Liebhaber
zu neuem Leben erweckt wird, welche aber — gleichwie in
„La diftjnta pleiteada" — später in den Besitz ihres wirk-
lichen Gatten zurückkehrt. Der Ton dieses Stücks zeigt in-
dessen wenig Aehnlichkeit mit der maassvollen Darstellung
der „DiFUNTA pleiteada"; es liest sich wie ein Fiebertraum,
und ebenso zerfahren als die Handlung sind Sprache und
Charaktere.
Gleicherweise hat „ Selva de amor y celos " einen aben-
teuerlichen, novellenhaften Stoff, welcher in unausstehlich
schwülstige Sprache gekleidet ist.
Noch abscheulicher ist „La vida en el ataud". Zwei
edle Römerinnen, Milene und Aglaes, kämpfen im buchstäb-
lichen Sinne des Worts um die Liebe Amesto's, eines Chri-
stenverfolgers. Als dieser Wettstreit durch den Tod des Ge-
liebten beendigt erscheint, entsteht erneuter Zwist durch die
Liebe Beider zu Bonifacius, Diener der Aglaes, einem heim-
lichen Christen. Aglaes kommt ihrer Nebenbuhlerin zuvor,
indem sie Bonifacius ihre Ehre opfert. Dieser aber, obgleich
er für diese weltliche Liebe sehr empfänglich war, geht nach
Tarsus, um durch offenes Bekenntniss des Christenthums die
Märtyrerkrone zu erwerben. Er wird wirklich enthauptet und
in einem Sarge, mit dem abgeschlagenen Kopfe in den Hän-
den, zu Milene und Aglaes gebracht. Aus dem Sarge erhebt
sich der Rumpf — immer noch mit dem Kopfe in den Hän-
den — und erscheint in Begleitung des Christuskindes in der
Glorie^ der Kopf versichert, dass er in die Seligkeit ein-
gehen werde, und die beiden Römerinnen sind durch den
erquicklichen Anblick (alles auf offener Scene) so zerknirscht,
dass auch sie zum Christenthum übertreten.
„El DESAFfo DE Carlos Quinto", ein gänzlich unhistori-
sches Drama, basirt auf dem absonderlichen Grundgedanken,
dass Kaiser Karl V. bei der Belagerung von Wien durch den
Sultan Suleiman, von letzterm zu persönlichem Zweikampf ge-
fordert wird. Er nimmt diese Herausforderung gegen den Rath
seiner Generale an, aber dem Grosstürken fällt das Herz
124 Francisco de Rojas Zorrilla.
schliesslich dermaassen in die Schuhe , dass er nicht am Orte
des Stelldicheins erscheint, sondern mit seinem ganzen Heere
abzieht. Eine köstliche Episode ist diejenige des Soldaten
Buscaruido mit dem Mannweib Marl Bemardo. — ' Die Fabel
von dem Entsätze Wiens durch Karl V., der Herausforderung
des Kaisers durch den Sultan und des Abzugs des letztem
aus Furcht vor dem bevorstehenden Zweikampf, findet, sich
schon — allerdings mit durchaus verschiedenen Episoden ver-
knüpft — in einem seltenen, dem Lope de Vega zugeschriebe-
nen Drama: „El cerco de Viena y socoeeo por Cablos V."
Zu den Capa y espada- Stücken übergehend, fällt uns
zuerst die vorzügliche Comödie „Donde hat agbavios, no
HAT CELOs" in die Augen. — Don Jüan de Alvarado aus
Burgos, durch Familienvertrag mit Dona Ines de Rojas in
Madrid verlobt, kommt nächtlicherweile in letzterer Stadt an.
Kaum hat er das Haus seiner Braut in Erfahrujag gebracht,
als er einen Mann von ihrem Balkon herabsteigen sieht.
Dieser Umstand macht ihn begreiflicherweise stutzig und bringt
ihn auf den Gedanken, vor Schliessung des unauflöslichen
Bundes seine zukünftige Gattin zu prüfen. Da seinerzeit sein
Diener Sancho durch eine unverzeihliche Nachlässigkeit sein
eigenes Bild mit demjenigen Don Juan's verwechselt und er-
steres an Dona Ines gesandt hatte, so bietet sich ihm von
selbst der Gedanke dar, als Diener seines Dieners das Haus
seiner Braut zu betreten. Die köstlichen Situationen, welche
sich hieraus ergeben, sind mit grossem Geschick verwerthet.
Doiia Ines ist natürlich ausser sich über den ungeschliffenen,
hässlichen Bräutigam und fasst eine heftige Neigung für den
vermeintlichen Diener. Obgleich sie bestrebt ist, diese Leiden-
schaft zu verbergen, so entgeht sie Don Juan nicht, und das
erlösende Wort wäre bald gesprochen, wenn nicht die Auf-
klärung über den nächtlichen Balkonersteiger auf sich warten
Hesse. Endlich kommt Folgendes zu Tage: Don Lope, Vetter
Dona Ines', hatte in Burgos, während einer Abwesenheit Don
Juan de Alvarado's in Flandern, dessen Schwester, Dona Ana,
unter fingirtem Namen und ohne zu wissen, wer sie ist, ver-
führt. Er hatte gleichzeitig das Unglück gehabt, ihren Bruder
Don Diego bei einem nächtlichen Zusammenstosse zu tödten
und war deshalb nach Madrid geflüchtet. Hier hatte er Dona
Ines den Hof gemacht und mit Hülfe einer bestochenen Zofe
Francisco de Kojas 'Zorrilla. 125
Eintritt in ihr Haus erlangt. Diese hatte ihn — da das Haus
über den Eindringling in Aufruhr gerathen war — veranlasst,
den Rückweg unverrichteterweise über den Balkon anzutreten. —
Da Dona Ana unterdessen aus Furcht vor dem Dolche ihres
aus Flandern zurückerwarteten Bruders Don Juan, noch vor
dessen Ankunft in Burgos zu Doiia Ines nach Madrid ge-
flüchtet war, um sich unter deren Vaters Schutz zu stellen,
so treffen sich alle Personen der beiden Handlungsstränge
im gleichen Hause, und die Entwickelung ist nach mancherlei
Aufregung natürlich die Vermählung Don Lope's mit Doiia
Ana und Don Juan's mit Ines.
Dieses Zusammenführen verschiedenartiger Personen in
einem Hause ist ein billiges Mittel, Verwickelungen herbei-
zuführen, welches auch Calderon öfters angewandt hat. Hier-
von abgesehen, ist die Führung der Handlang eine meister-
hafte: eine Scene folgt aus der andern, und das Interesse
steigert sich bis zum Schlüsse. Die Sprache ist — abgeseheii
von dem Misbrauche unmässig gehäufter Aparte's — eine
durchaus reine, die Komik eine vorzügliche. Besonders die
Ideen des Graciosos über die Cavaliersehre mussten bei der
Zuhörerschaft die unwiderstehlichste Heiterkeit hervorrufen.
Auf gleich wunderbar zufälliger Basis — ein Don Pedro
macht in Salamanca der Schwester eines Grafen den Hof,
während dieser Graf gleichzeitig in Toledo Don Pedro's
Schwester verführt, beide ohne sich zu kennen — ist die
Comödie „Obligados y ofendidos" aufgebaut. Dieselbe ist
im übrigen — wie „Donde hat agravios, no hay celos"
— geistreich durchgeführt und durchaus interessant.
Ein in musterhafter Führung der Handlung, poetischer
Sprache und feinem Witze des grossen Calderon durchaus
würdiges Lustspiel ist „No hay amigo para amigo". Das-
selbe hat überdies ähnliche Verwickelungen wie die Comödien
des Meisters, und wenn es unter dessen Namen, statt unter
demjenigen des Rojas gedruckt wäre, so würden dem feinsten
Kenner altspanischer Dramatik aus Innern Gründen kei-
nerlei Bedenken aufsteigen. Der Diener Moscon, der von
einem CoUegen eine Ohrfeige erhält, mit seinem Herrn des-
halb über den Ehrencodex philosophirt, schliesslich seinen
Beleidiger fordert, sich bei dessen Erscheinen aber über die
Gefährlichkeit des Duellirens so klar geworden ist, dass er
i J ■
126 Francisco de Rojas Zorrilla.
r
sich zu seiner Ohrfeige noch Prügel geben lässt, ist eine der
köstlichsten Lastspielfiguren.
Auch „Sin honba no hat ajostad" ist ganz im Style
der Calderon'schen Intriguenstücke verfasst und von deren
Geiste durchweht, wenn es auch an poetischer Kraft das vor-
besprochene Stück bei weitem nicht erreicht. Es hat eine
interessante Figur, eine Männerverächterin, welche — von
dem Grundsatze ausgehend, dass Männerliebe nur eine Finte
sei — mit gleicher Waffe Kache nehmen, Jedem Hoffnung
machen und ihn dann verschmähen will. Dem Laufe der Natur
gemäss, fangt sie sich durch künstlich erregte Eifersucht in
ihrer eigenen Schlinge. Da das Stück schon 1640 gedruckt
ist, so darf angenommen werden, dass es Moreto's „El desden
CON Eli desden" vorausging.
„No HAT DUELO ENTEE DOS AMIÖOS" UUd „PhIMEEO ES
LA HONBA QUE EL GUSTO " weisou oluo Sehr magere Hand-
lung auf. Während aber das erstere Stück immerhin einiges
Interesse erregt, erhebt sich das letztere nicht über die be-
scheidenste Mittelmässigkeit. — Kaum besser sind „La heb-
MOSITBA Y LA DESDICHA" UUd „PeLIGBAE EN LOS BEMEDIOS".
Das erstgenannte Drama ' schildert die bei den altspanischen
Dramatikern so beliebte Verfolgung einer edeln Dame durch
fürstliche Personen, hier durch einen Erbgrafen und einen
König. Die widerliche Situation eines Vergewaltigungsver-
suchs wird zweimal ausgesponnen. — In „Peligbae en los
BEMEDIOS " wird eine Dame von nicht weniger als vier Lieb-
habern umworben, unter welchen sich ebenfalls ein König
befindet. Ihre heimliche Vermählung mit einem der Wer-
ber, einem Bruder des Königs, wird durch das billige Ver-
wickeljings- und Lösungsmittel eines Zusammentreffens aller
Personen in einem dunkeln Hause entdeckt, aber von dem
König verziehen.
„El medico de su amoe" ist ein so seltenes Stück, dass
Mesonero Romanos in der Vorrede zu seiner Ausgabe der aus-
gewählten Comödien des Rojas (in der Rivadeneyra-Bibliothek)
die Ansicht ausspricht, dasselbe sei nicht auf uns gekommen.
Dessen Inhalt soll deshalb nach einem leider etwas defecten
Exemplar im Besitze des Verfassers hier skizzirt werden.
Erster Act. Der Erbprinz Felix von Parma hat bei
Gelegenheit einer Jagd die schöne Nisea, Prinzessin von Fer-
Francisco de Rojas Zorrilla. 127
rara, gesehen und sich sterblich in sie verliebt. Er hat sich
ihr jedoch nicht zu erkennen gegeben, da Parma und Fer-
rara auf dem Kriegsfusse stehen. Aus dem gleichen Grunde
kann er nicht offen um ihre Hand anhalten und begibt sich
deshalb in Verkleidung nach Ferrara. Die Nacht ist bereits
hereingebrochen, und der erste Schritt des sehnsüchtigen
Prinzen ist nach dem Palast, um die Fenster der Geliebten
anzubeten. Hier lächelt ihm das Glück. Nisea, deren Vater
ihre Verbindung mit dem ältlichen Herzog von Florenz wünscht,
hat ihren begünstigten Vetter Don Juan auf die gleiche Nacht
bestellt, um sich heimlich mit ihm zu vermählen und .dadurch
eine vollendete Thatsache zu schaffen. Prinz Felix erscheint
zufällig Mher als der Erwartete, wird in der Dunkelheit für
denselben gehalten und in Nisea's Gemach geführt. Hier
geniesst er das unerwartete Glück in vollem Umfange. Beim
Abschied bemerkt Nisea ihre Täuschung und verfällt in tiefe
Schwermuth über das ihr zugestossene Unglück. Ihr Vater
ist untröstlich hierüber, und als Felix in der Verkleidung
eines Arztes im Palast erscheint, wird er ohne weiteres zur
Behandlung der Kranken zugelassen. Nisea erkennt ihn und
schöpft einige Hoflftiung, ihre Ehre durch Vermählung mit ihm
wiederherstellen zu können.
Zweiter Act. Felix hat in Parma eine gewisse Clavela
geliebt. Diese kommt in männlicher Verkleidung nach Fer-
rara, da sie vermuthet, dass der Prinz sich wegen Nisea's
dort aufhalte. Um ihrer Ankunft irgendeine Farbe zu geben,
geräth sie auf den unsinnigen Gedanken, sich für einen Ge-
sandten des Herzogs von Parma auszugeben, welcher die Ver-
mählung des Erbprinzen (Felix) mit Nisea behufs Einstellung
der Feindseligkeiten betreiben solle. Sie scheint zu hoffen,
dass der Herzog von Ferrara nicht darauf eingehen werde,
täuscht sich aber hierin und hat nun ihr eigenes Unglück
herbeigeführt. Um die Folgen ihrer Unbesonnenheit möglichst
abzuschwächen, bittet sie Nisea, ihre Schwester Clavela (in
ihrer Gesandtenrolle führt sie den Namen Celauro, von „celos")
in ihren Dienst zu nehmen, was die Prinzessin gern gewährt,
nicht ahnend, dass sie damit eine Nebenbuhlerin (Clavela
selbst, in weiblicher Tracht) zu sich nehme. Durch ein Bild-
niss des Prinzen und eine Unterredung zwischen diesem und
Clavela, welche Nisea belauscht, wird letzterer die erwünschte
128 Francisco de Rojas Zorrilla.
Klarheit über den unfreiwilligen Liebhaber und Arzt. Die
Freude über diese Entdeckung wird ihr jedoch bald durch
Eifersucht auf Clavela vergällt, welcher Felix verstellter Weise
den Hof macht, um das Ausplaudern seines Geheimnisses durch
dieselbe zu verhindern.
Dritter Act. Nisea's Eifersucht wird durch die un-
glückliche Vertauschung eines Briefes des Prinzen an Clavela
auf die Spitze gebracht Sie verliert über die vermeintliche
Untreue beinahe den Verstand und theilt ihrem Vater auf
Befragen schriftlich mit, der Grund ihres Uebels sei der-
jenige, * dass der Erbprinz von Parma ihre Liebe bereits
genossen habe. Gleichzeitig spricht sie den Wunsch aus, ihr
Arzt möge eingekerkert werden. Dies geschieht, und der
Herzog, welcher ausserdem durch die Nachricht, die Parmen-
ser rückten auf Ferrara (wie man sich erinnert, war die
Friedensbotschaft Clavela's nur eine Finte derselben) höchst
aufgebracht ist, zieht mit seinen Truppen den Feinden ent-
gegen. Prinz Felix, dessen Kerkermeister Don Juan ist, ge-
winnt diesen durch Versprechen der Hand Clavela's (in welche
er sich seit Nisea's Wandlung verliebt hat), mit ihm nach
dem Kriegsschauplatze aufzubrechen, um Blutvergiessen zu
verhindern. Nisea und Clavela erscheinen unterdessen in
Männertracht vor dem Kerker des Prinzen, kämpfen in der
Dunkelheit mit einander, beschliessen aber, als sie sich er-
kennen und von der Flucht Don Felix' und Don Juan's hören,
den vermeinten Verräthem gemeinsam zu folgen. Das par-
mensische und das ferraresische Heer stehen sich inzwischen
gegenüber, und eine Schlacht scheint unvermeidlich, als Clavela
und Nisea mit verhülltem Gesicht auftreten, um Don Felix mit
Don Juan zum Zweikampf zu fordern. Letztere errathen so-*
fort, wer ihre Gegner sind, strecken die Waffen, und nun
bilden zwei Heirathen und der Friede zwischen Parma und
Ferrara den Schluss des bunten Durcheinanders.
Das Stück ist unter dem Namen des Rojas gedruckt und
dessen Autorschaft nie angezweifelt worden. Nicht allein aber
liegt über dem Ganzen der Hauch einer bunten, romantischen
Märchenhaftigkeit, wie er viele Stücke Lope de Vega's und
seiner unmittelbarsten Schüler, wie Tärrega's u. a. durch-
weht, sondern es deuten auch die einzelnen Episoden der
Handlung, Versification und Sprache auf die gleiche Urheber-
Francisco de Rojas Zorrilla.
129
Schaft hin. In ersterer Beziehung betrachte man die fingirte
Gesandtschaft Clavela's, den zeitweiligen Wahnwitz Nisea's,
die Männerverkleidung Beider mit der Herausforderung der
vermeintlich treulosen Liebhaber zum Zweikampf, die Bei-
legung des Namens „Celauro" seitens Clavela's, diejenige
„Feliciano's" von Seiten Don Felix'; in letzterer Beziehung
(Versification und Sprache) diene als Beweis des Gesagten
folgende unter vielen gleichartigen herausgegriffene Stelle des
ersten Acts:
Siento un pesar y un placer
en mi en continua batallay
y 81 uno al otro avasalla,
el otro vuelve ä ve^cer,
Siento un dnimo coharde,
una razon sin razon,
y una vencida opinion,
que no hay pecho que la guarde.
(ap) Y dl fin siento de mi mal,
ya que desgraciada he sido,
que para ser mi marido,
no nacieses principäl etc.
Ausserdem ist das Stück, mit verschwindend kleinen Aus-
nahmen, durchaus gereimt, was keineswegs die Gewohnheit
unsers Rojas war. In Lope de Vega's Katalog im ^^Peregrino
en SU patria^'^ ist eine, wie es scheint, verloren gegangene
Comödie des Altmeisters: „El medico enamorado" aufge-
führt; sollte dies die unsrige sein? — Nimmt man indessen
an, das Stück sei wirklich von Rojas, so ist es um so in-
teressanter, denn ohne Zweifel haben wir dann einen höchst
werthvoUen Beitrag zu dem innerlichen Entwickelungsgange
unsers Dichters vor uns, da es nur als Jugendwerk des-
selben aufgefasst werden kann und eine erstaunliche Versa-
tilität seines Genies bekunden würde.
„LO QUE QUERIA VER EL MaEQUES DE ViLLENA" UUd
„Don Diego de Noche" sind interessante Stücke mit im all-
gemeinen guter Sprache, erreichen jedoch an Lebhaftigkeit
und komischer Kraft bei weitem nicht die Muster-Lustspiele
unsers Dichters. Das erstgenannte Stück beschäftigt sich
mit dem vielgenannten, im spanischen Volksmunde als Zau-
berer verschrieenen Marquis Don Enrique de Villena und
gibt dem Publikum verschiedene Zauberstückchen zum besten,
während „Don Diego de Noche" durch bunte Verwickelun-
gen interessirt. Dieselben entstehen durch die Doppelrolle,
welche ein geflüchteter castilianischer Edelmann spielen muss
und welche sich gegeii den Schluss hin auf eine Triplerolle
zuspitzt. Dass eine solche Fabel einer höchst geschickten
SOKBTFXB. IL 9
130 Francisco de Rojas Zorrilla.
Hand bedarf, ist klar, und dass Rojas dieselbe glücklich ent-
wickelt und gelöst hat, muss als entschiedener Beweis seines
combinatorischen Talents- gelten. — Nach den kurzen An-
deutungen Ticknor's (III, 102) über den Inhalt des seltenen
Salas Barbadillo'schen Bomans gleichen Titels (Don Diego de
Noche), scheint Bojas denselben — der Vermuthung Schack's
entgegen — nicht benutzt zu haben.
Eine vortreflFliche Construction zeigt ebenfalls das köst-
liche Lustspiel „Entbe bobos anda el juego (Don LiJcas
DEL Cigaeeal)". Dasselbe streift durch die Figuren des Don
Lucas und des cidtistischen Don Luis etwas an die Figuron-
comödie. Dona Isabel de Contreras, eine schöne, aber ver-
mögenslose madrider Dame, soll auf Wunsch ihres Vaters
einem begüterten, aber sonst wenig begehrenswerthen toleda-
nischen Caballero, Don Lucas, die Hand reichen. Dieser
schickt aus Bequemlichkeit einen pecuniär von ihm abhängi-
gen Vetter Don Pedro nach Madrid, um seine Braut eine
Strecke Wegs zu geleiten. Dieser Don Pedro hat einst Isa-
bel unbekannterweise das Leben gerettet und sie dann aus den
Augen, nicht aber aus der Erinnerung verloren. Das gleiche
Gefühl beseelt Isabel, und als sich beide erkennen, fliegen
sich ihre Herzen abermals entgegen. Ein verschmähter Ver-
ehrer Isabel's, Don Luis, schliesst sich der Reisegesellschaft
an, um eine Gelegenheit zu finden, der Angebeteten seine Liebe
vorzuhalten. Die Verwickelung wird dadurch gesteigert, dass
Doiia Alfonsa, die altjüngferliche Schwester Don Lucas', mit
Don Pedro verlobt ist und in Gesellschaft ihres Bruders die
Uebrigen auf dem Wege triflPL Nach einer Reihe geistreicher
Verwickelungen müssen Isabel und Don Pedro ihre Liebe ge-
stehen, und der originelle Don Lucas straft sie damit, dass
er ihre Vermählung selbst vermittelt, mit der Erklärung,
eine solche Bettelheirath sei die vollkommenste
Rache für ihn. — Das Stück ist, nach einem Brief datum
im ersten Act, wahrscheinlich im Jahre 1638 verfasst.
„Abbe el ojo" und „Lo iquE son müjeres" sind Co-
mödien ganz leichten Schlages, und besonders die letztere
kann einfach als verlängertes und verfeinertes Entremes be-
trachtet werden. Beide sind lebhaft und höchst belustigend;
in beiden werden uns Personen vorgeführt, welche hart an
„Figuras" (eine mildere Form von Caricaturen) streifen: ein
Francisco de Rojas Zorrilla. 131
geiziger, alter Regidor und ein Mischer in „Abre el ojo";
ein stets Verdrossener, ein ewig Zufriedener, ein Hidalgo voll
lateinischer Brocken und Bibelstellen und ein Caballero mit
vulgären Ausdrücken in „Lo qxte son mitjeres". Die Hand-
lung in beiden Stücken ist wenig bedeutend und mehr darauf
berechnet, die „Figuras" herauszubringen, als für sich selbst
zu interessiren, aber — wie schön gesagt — der Hauptzweck
des Dichters wird erreicht: der Zuschauer wird von Anfang
bis zu Ende vortrefflich unterhalten.
Wie schon bei Besprechung Luis Velez de Guevara's
(I, 297) erwähnt, weist das Drama „Don Pedeo Miago", als
dessen Verfasser unser Rojas bisher ganz unbestritten gegolten
hat, eine derart zerrissene Handlung auf, dass diese Urheber-
schaft dem aufmerksamen Leser von vornherein verdächtig er-
scheinen muss. Dieser Zweifel wird durch die Schlussverse:
Con aquesto da fin Lauro
d esta verdadera historia
zur Gewissheit, denn „Lauro" ist das Pseudonym des Luis
Velez de Guevara. Dieser Umstand ist von den Biblio-
graphen und Literarhistorikern bisher übersehen worden, was
um so merkwürdiger ist, als das Stück in Rivadeneyra's
Bibliothek neugedruckt und deshalb jedermann leicht zu-
gänglich ist.
Francisco de Rojas ist öfters als der bedeutendste Tra-
giker der Spanier bezeichnet worden. Nichts kann irriger
sein, denn der „Gabcia del Castanab" ist keine Tragödie,
und seine guten Lustspiele, wie „Donde hat agbavios, no
HAY CELOs", „No HAT AMiGO PABA AMiGo" u. s. w. Übertreffen
in ihrer Art seine Tragödien bei weitem. Die Wahrheit
ist, dass Rojas überhaupt ein ganz eminent dramatisches
Genie besass, und dass ihm deshalb die energische Füh-
rung der Handlung bis zu einer wirkungsvollen Ka-
tastrophe in vielen Fällen vorzüglich gelang. Da nun eine
gute Katastrophe im allgemeinen als Prüfstein einer guten
Tragödie gilt, so mag die obige Ansicht aus dieser Betrach-
tung entstanden sein. Dass eine gute Katastrophe jedoch
nur einTheil — wenn auch ein wesentlicher — einer guten
Tragödie ist, haben diese Kritiker übersehen, und leider hat
unser Rojas eben keine Tragödie geschrieben, welche nicht
9*
132 Francisco de Eojas Zorrilla.
die auffalligsten ästhetischen Mängel aufwiese. Selbst das
in der Handlung so treffliche Stück „Gasabse por vengabse''
leidet unter einer sehr schwülstigen Sprache, und in den
andern Tragödien finden sich ausser diesem Fehler auch noch
die viel unverzeihlichem, welche — einer gewissen Roheit
der Gesinnung, einem Unmaass von Einbildungskraft entsprin-
gend — sich durch die Handlung selbst äussern. Der
Schaflfenstrieb des ßojas mag mit demjenigen einiger Vor-
gänger und Zeitgenossen Shakespeare's, sowie mit demjenigen
verglichen werden, der diesem selbst den „Titus Andbonicus'^
eingab, wenn er wirklich dieses Stück geschrieben hat Die
gewaltige Gestaltungskraft unsers Rojas suchte sich Bahn zu
brechen, aber es fehlte ihm das künstlerische Maass, der
ästhetische Takt, welcher Calderön in so hohem Grade eigen
war. Deshalb trat sein Poesiestrom über die Ufer hinaus,
seine Fluten mischten sich mit der Erde und erzeugten den
Schlamm schwülstiger Sprache und gewaltsamer Situationen.
Dass hierbei, ausser eigener Geistesrichtung, auch die Ab-
sicht, ungewohnte Effecte zu bringen, mitwirkte, ist natür-
lich: die ungewöhnlich häufige Anwendung brennender Fackeln
bei schaurigen Nachtscenen, das Spielen auf zwei Bühnen in
„Los TBABAjos DE ToBiAs", auf oinor Hauptbühne mit zwei
Nebenbühnen in „Lo que quebia veb el Mabques de Vil-
lena" und andere Aeusserlichkeiten dürfen als Beweis hier-
für angenommen werden. Ebenso deutet die öftere Verspot-
tung der von ihm selbst leider allzu häufig angewendeten
schwülstigen Culteranersprache darauf hin. So antwortet der
Gracioso in „Santa Isabel, Reina de Pobtugal" auf die
Frage des Königs, wie sein Buch betitelt sei. Folgendes:
Es notable
titulo : „ Disparatorio
de todas las ciütinantes^^,
remedio para hahlar ctUto
cualquiera myjer de partes,
que enfade d toda Lisboa
y ä treinta mil mundos canse.
Das Ergebniss des Gesagten ist, dass Rojas bewusst und un-
bewusst über die Grenzen wahrhaft künstlerischer Darstel-
lung hinausging. Die Probe hierauf ergibt sich dadurch, dass
er in den eigentlichen Lustspielen (den „ GabcIa del Casta-
nab" als Phönix seiner Schöpfungen ausser Betracht gelassen)
das absolut Vortreflflichste geleistet hat Hier glaubte er
sich nicht auf Schrauben stellen zu müssen, hier Hess er
Francisco de Rojas Zorrilla. 133
seiner originellen, kräftigen Phantasie den natürlichen Lauf
und brachte dadurch Kunstwerke hervor, deren beste („Donde
HAT AGBAVIOS, NO HAT CELOS", „No HAT AMIGO PAEA AMIGO",
„Entre bobos anda EL JUEGO") sich dreist mit Calderon's
gleichartigen Werken messen dürfen.
Von diesen allgemeinem Bemerkungen zum Speciellerii
übergehend, so ist betreffs seiner Fabeln zu erwähnen, dass
dieselben originell, wenn auch hier und da roh sind, dass
deren Führung meistentheils eine vortreffliche ist, wenn auch
öfters das Fatum an Stelle einer von innen heraus entwickel-
ten Katastrophe tritt. Von keinem seiner Stücke lässt sich
unsers Wissens die wirkliche Plünderung eines vorausgegan-
genen nachweisen; in dieser Beziehung behauptet er sogar
den Platz vor Calderon. Dies ist kein geringes Verdienst
für einen Dramatiker der zweiten Periode. — Von der Cha-
rakter Zeichnung unsers Rojas kann ebenfalls in vielen
Fällen Lobendes gesagt werden. Leider ist aber seine Sprache
ganz der Ausfluss seines ausschweifenden, wenn auch grossen
Talents. Aus seinen Stücken lässt sich eine ganze Sammlung
€ultistischer Ausdrücke und Wendungen zusammenstellen, und
soll noch etwas besonders Störendes erwähnt werden, so ist
es der Schwall von „ Beiseite - Reden " (aparte's), das Laut-
denken der Personen gegenüber dem Publikum, welches den
betreffenden Scenen den Ausdruck kunstloser Steifheit oder
gespreizter Unnatur verleiht. Widerliche Beispiele hiervon
finden sich überall, unter anderm auch am Ende der ersten
Acte von „Donde hat ageavios, nö hay celos" und „Lo
QUE QUEEIA VEE EL MaEQUES DE VjLLENA".
Fassen wir das Gesagte nun kurz zusammen, so ergibt
sich, dass Rojas ein gewaltiges dramatisches Genie war, wel-
ches das Höchste hätte erreichen können, wenn es nicht ein
gewaltsamer Drang nach dem Ungewöhnlichen, Sensationellen
über die Grenzen ästhetischer Schönheit und künstlerischen
Maasshaltens hinausgetrieben hätte. Dies ist sehr zu bedauern,
soll uns aber nicht hindern, an dem „Gaecia del Castanab",
sowie an seinen vortrefflichen Lustspielen das reinste poeti-
sche Vergnügen zu empfinden und ihrem Autor unter den
sechs Koryphäen der altspanischen Dramatik den ihm ge-
bührenden hohen Platz anzuweisen.
134 Antonio Martinez de Meneses.
Antonio Martinez de Meneses.
Die Vaterstadt dieses Dichters ist unbekannt, sein Ge~
burtsjahr ist 1608. Dies, mit der Notiz, dass er 1649 der
literarischen Akademie zu Madrid angehörte, ist alles, was
wir über seine Lebensumstände wissen. Von seinen Dramen^
theils allein, theils unter Mitwirkung anderer Dichter ge-
schrieben, ist uns eine Anzahl erhalten, unter welcher sich
verschiedene verdienstliche Werke befinden.
In erster Linie ist das effectvoUe Schauspiel „Los Esfob-
ciAS DE Milan " zu erwähnen. — Der Herzog Philipp Sforza
von Mailand hat testamentarisch seine Tochter Hyppolita Maria
zur Thronerbin eingesetzt, unter der Bedingung, dass sie sich
mit keinem fremden Herrscher, sondern womöglich mit ihrem
Vetter Ludovico Sforza vermähle. Als Regent und Testaments-
vollstrecker ist der ehrgeizige Johann Galeazzo (Visconti?)
ernannt worden. Dieser aber will die Krone auf sein eigenes
Haupt setzen , lässt deshalb Hyppolita unter der Anklage, sie
wolle sich mit König Alfons von Aragon und Neapel ver-
mählen, gefangen setzen und beschliesst sogar, sie im Ge-
heimen eigenhändig zu ermorden. Der Kerkermeister Enrico,
welchen er zu diesem Behufe ins Vertrauen ziehen muss, ist
aber ein geheimer Anhänger Hyppolita's und verhilft dieser
zur Flucht in der Verkleidung eines Bauemmädchens. Ga-
leazzo tödtet statt ihrer in der Dunkelheit eine Zofe der
Geflüchteten, welche in deren Bett schläft, und bemerkt sei-
nen Irrthum nicht, da er — um die Sache möglichst rasch
zu vertuschen — die vermeintliche Hyppolita sofort in ge-
schlossenem Sarge beisetzen lässt. Da er schon vorher hat
aussprengen lassen, die Herzogin sei schwer krank, so erregt
deren angeblicher Tod kein weiteres Aufsehen, und Galeazzo
hat — da der obenerwähnte Ludovico Sforza ganz verschollen
ist — nur noch den Thronfolge -Verzicht eines letzten Sforza,
des alten Carlo, zu gewinnen. Diesen Zweck erreicht
er dadurch, dass er Carlo vorspiegelt, er wolle sich mit
seiner Tochter Isabella vermählen. Kaum ist jedoch dieser
in die Falle gegangen und hat seinen Verzicht zu Gunsten
Galeazzo's erklärt, als letzterer die Maske abwirft und seine
Absicht kundgibt, einer französischen Prinzessin die Hand
zu reichen. Carlo hält ihm seinen Wortbruch in bitterer
Antonio Martinez de Meneses. 135
Weise vor; die Antwort darauf ist, dass ihn der Verräther
thätlich mishandelt und zu Boden wirft. Der tödlich ge-
kränkte Greis hat aber das ßachewerkzeug in der Hand; er
ist es, welcher den verschollenen Ludovico Sforza heimlich
und jedermann unbekannt in seinem Hause auf erzogen hat.
Diesem enthüllt er seine. Abkunft und fordert ihn auf, dem
Usurpator das Scepter zu entreissen. Eine weitere, und zwar
die mächtigste Verbündete findet er in der Herzogin Hyppo-
lita, welche in ihrer Verkleidung auf seinem Landgute ge-
dient hat und sich jetzt entdeckt. Diese drei Sforza's ver-
sichern sich nach und nach der heimlichen Unterstützung der
hauptsächlichsten Grossen, um alsdann ihren Schlag mit
Sicherheit führen zu können. Die That soll im Senat ge-
schehen, in welchem Galeazzo mit grossem Pomp den herzog-
lichen Thron besteigen will. Alle Grossen sind versammelt,
auch Carlo, welcher von Galeazzo wegen Verweigerung des
Gehorsamseides eingekerkert worden war, sich aber jetzt
Verstellterweise erboten hat, denselben zu leisten. Der Thron-
sessel ist verhüllt; Galeazzo schreitet auf denselben zu, ein
Vorhang wird weggezogen, und der Usurpator sieht die Her-
zogin Hyppolita Maria vor sich sitzen, welche er ermordet
zu haben glaubt. Starr vor Schrecken taumelt er zurück,
die Herzogin erhebt sich und verkündet den Versammelten
mit erhobener Stimme, wer sie ist, während sich Carlo und
Ludovico Sforza auf Galeazzo stürzen und ihn mit Dolch-
stichen zu Boden strecken. Die Herzogin erklärt nun, wer
Ludovico ist, und dass sie demselben nach dem Willen ihres
verstorbenen Vaters die Hand reichen wolle.
Man sieht, dass der Dichter mit der geschichtlichen
Wahrheit auf gespanntem Fusse steht, dass aber die von
ihm erdachte Handlung interessant, klar und folgerichtig, die
Katastrophe ebenso wirkungsvoll als natürlich herbeigeführt
ist. Die Sprache ist im allgemeinen dem bedeutenden Stoff
entsprechend, ebenso die Charakterzeichnung.
So sehr dem Dichter dieses Drama aus der neuern Ge-
schichte geglückt ist, so sehr ist ihm ein solches aus der
altem mislungen. Wir sprechen von „La silla de San Pe-
dro", einem Mischmasch von Mirakeln und Capa y espada-
Intriguen, welche sich um den Marsch Attila's auf Rom und
dessen Rückzug auf Bitten des Papstes Leo gruppiren. Die
136 Antonio ^laitinez de Meneses.
verderbte Sprache schliesst sich der elenden Handlung wür-
dig an.
Ein ähnliches Urtheil moss über das Drama ,,Tambi£x
DA AMOB LiBEBTAD^^ gefallt Werden. Die Handlung ist an
den Haaren herbeigezogen und macht den Eindruck eines
hirnlosen, ausschweifenden Ritterromans: die Diction stimmt,
wie in dem vorher besprochenen Stücke, mit dem aufge-
bauschten Stoffe überein.
„Eli MEJOB ALCALDE EL bey", uicht ZU verwechselu mit
Lope de Vega's gleichnamigem Drama, ist ein recht ver-
dienstvolles Stück. Ein gewaltthätiger Edelmann, Don Fer-
nando, wird von König Alfons VH. gezwungen, einer Dame
— Dona Elvira — die Hand zu reichen, deren Liebe er
unter falschem Vorwand in der Dunkelheit genossen hat. Er
entschädigt sich für das verhasste Joch, indem er Olalla,
einem schönen Bauemmädchen nachstellt. Um deren Bräu-
tigam und Vater unschädlich zu machen, kerkert er dieselben
ein, aber letzterer entflieht und bringt dem König seine
Klage vor. Dieser befiehlt Don Fernando schriftlich, sein
Unrecht gut zu machen, aber der übermüthige Edelmann
gehorcht nur anscheinend und bemüht sich weiter um Olalla.
Die Situation verwickelt sich dadurch, dass die vernachläs-
sigte Dona Elvira das geliebte Bauemmädchen ersucht, dem
Drängen Don Femando's scheinbar nachzugeben, ihm ein
nächtliches Stelldichein zu bestimmen und dann sie (Dona
Elvira) in der Dunkelheit zu substituiren. Der Bräutigam
Olalla's, welcher von dieser Verabredung nichts weiss, sieht,
wie Don Fernando zu Olalla's Thür hereingelassen wird, und
steckt in wilder Eifersucht das Haus in Brand. Hierdurch
angestachelt, bewaffnen sich auch die übrigen Landleute gegen
den gewaltthätigen Herrn, aber ein höherer Richter ist be-
reits unterwegs: der König ist seinem Schreiben nachgefolgt
und bestraft den ungehorsamen Vasallen mit dem Tode. —
Schon aus dieser bündigen Skizze des Inhalts geht hervor,
wie interessant die Handlung ist und wie wenig Martinez
dem Stücke Lope de Vega's zu verdanken hat.
„El tebceeo de su aebenta" ist ein Drama mit
poetischer Sprache und trefflich geführter Handlung. Letz-
tere erregt unser Interesse trotz des abgebrauchten Stoffes
(ein Edelmann soll für seinen König den Vermittler bei der
Antonio Martinez de Meneses. 137
eigenen, ihm heimlich angetrauten Gemahlin machen) in
hohem Grade.
„Pedib jüsticia al culpado" ist ebenfalls ein interes-
santes Stück mit einer höc|ist originellen, aber unwahrschein-
lichen, anekdotischen Katastrophe. Der Prinz Don Pedro
von Aragon stellt der Gemahlin eines hochangesehenen Edel-
manns nach. Letzterer findet ihn in seinem Hause und be-
klagt sich darüber bei dem König Don Jayme. Als Antwort
befiehlt ihm dieser, seine Beschwerde bei demjenigen anzu-
bringen, welcher am folgenden Tage König von Aragon sein
werde. Zu seinem grössten Erstaunen findet der gekränkte
Gatte, als er zum Gerichte kommt, dass der Prinz selbst
Richter über sein eigenes Vergehen ist, denn sein Vater hat
ihm — um seinen Charakter zu erproben — an diesem Tage
die Krone abgetreten. Der ebenso ungewöhnliche als gefähr-
liche Versuch gelingt aber vollkommen, denn der Prinz fühlt
sich durch den Vertrauensbeweis seines Vaters so beschämt,
dass er sich selbst verurtheilt, zur Strafe seines Leichtsinns
in den Maurenkrieg zu ziehen, indem er gleichzeitig die
Krone zurückgibt. Welche prächtigen Stellen unser Martinez
bat, mag eine Auslassung des Königs an Don Juan de Ara-
gon (den gekränkten Gatten) beweisen, welcher das schul-
dige Werkzeug des Prinzen, einen Gärtner, selbst züch-
tigen will:
No es buena ley,
porque es contra la de DioSj
que haceros el juez d vos,
fuera ser ivjusto el rey.
A vos 08 toca el mirar^
cd rey le toca el oir,
d vos toca et advertir,
pero al rey el castigar.
ün mismo delito, os digo,
que dos terminos alcanza,
porque en vos fuera venganza,
lo que es en el rey castigo.
Belitos hay infinitos:
si castigarlos pudiera
el dueno, ofendido huhiera
mds Coronas que delitos,
porque en tanta confusion
faltdran en la ley que sigo,
ejemplares al castigo
y meritos dl perdon.
In „Amab sin vee" hat unser Dichter einen besser ge-
dachten als ausgeführten psychologischen Versuch gemacht.
Cloribella, die Muhme einer mailändischen Prinzessin, Diana,
lobt dieser einen aus Castilien geflüchteten Don Pedro de
Castilla derart, dass Diana sich aus Neid auf Cloribella und
Mangel an Beschäftigung (ihr Vater hat sie wegen ihres
Widerstandes gegen eine von ihm gewünschte Vermählung
'
138 Cristobal de Monroy y Silva.
in einen Thurm eingeschlossen) in den ihr völlig Unbekann-
ten verliebt. Aehnliches widerfährt Don Pedro, und eine
Heirath zwischen beiden ist die Folge, natürlich nicht ohne
Vorausgang der üblichen Hindemisse.
„La beina en el buen Retibo" war wohl eine Gelegen-
heitskomödie. Dieselbe schildert die Verwickelungen, welche
ein ideales Schönheitsporträt dadurch hervorruft, dass es
für das Bildniss einer wirklichen Person ausgegeben wird^
Zwei Caballeros verlieben sich in die gemalte Schöne und
setzen dem unglücklichen Erfinder der Lüge derart zu, dass
er schliesslich vor jedermann compromittirt dasteht Das
Stück ist leichterer Art, aber originell, von wohlthuender
Frische und geistreicher Komik.
Die Heiligenkomödie „El platebo del cielo, San Eloy"-
ist so schwach wie die meisten Stücke dieser Art
Martinez war ein begabter Dichter, ein Geistesverwandter
des Francisco de Rojas. Wie dieser, besass er eine origi-
nelle Einbildungskraft, welche indessen öfters (z. B. in „La
siLLA DE San Pedbo", „Tambeen da amob libebtad") ins
Ausschweifende verfiel; wie dieser, führte er seine Fabeln,
in geschickter und durchdachter Weise; wie dieser, verfügte
er über eine schöne poetische Diction, welche jedoch leider
allzu oft durch die Unnatur des Gongorismus und der Cal-
deron'schen Convenienzsprache verunstaltet ist. Sogar in
Einzelheiten, wie das lange Beiseite-Sprechen mehrerer Per-
sonen (siehe z. B. den Schluss des zweiten Actes der „Es-
EOBCiAs DE Milan") gleicht er Rojas und hat denselben
vielleicht vor Augen gehabt Dass ihn ein weiter Abstand
von seinem Vorbilde trennt, bedarf kaum der Erwähnung^
aber ein achtungswerther Platz unter den Dramatikern zweiten
Ranges der Calderon-Periode kann ihm nicht abgesprochen
werden, obgleich ihn die nichtspanischen Literarhistoriker
bisher in beinahe geringschätziger Weise und nur beiläufig
erwähnt haben.
Cristobal de Monroy y Silva
wurde in Alcalä de Guadaira (Andalusien) geboren. In dieser
Stadt bekleidete er 1639 das Amt eines lebenslänglichen
Cristobal de Monroy y Silva. 139
Stadtraths, sowie dasjenige eines stellvertretenden Festungs-
commandanten. Mehr ist uns über seinen Lebenslauf nicht
bekannt , wenn nicht etwa die- Autobiographie des Don Alonso
de Saavedra in „El encanto pob los celos" theilweise auch
die Biographie des Dichters enthält. In der betreflfenden
Erzählung wird gesagt, dass Don Alonso in Alcalä de Gua-
daira geboren sei, von vornehmen Aeltem abstamme, im
Alter von 15 Jahren die Universität Salamanca bezogen, die
Bechtswissenschaft studirt, aber daneben sich auch mit der
JDichtkunst beschäftigt habe, dass er in Salamanca graduirt,
bei der Rückkehr in seine Geburtsstadt seinen Vater todt
gefunden und ein grosses Vermögen geerbt habe. Das Wei-
tere, ein gefährliches Liebesabenteuer und spätere Gefangen^
Schaft in Algier, scheint dem Gebiete der Erfindung anzu-
gehören. Ob diese Notizen einen wirklichen biographischen
Werth haben, müssen wir dem Ermessen des Lesers anheim-
geben , aber bei der Spärlichkeit sonstigen Materials scheinen
dieselben immerhin erwähnenswerth.
Die Zahl der auf uns gekommenen Dramen Monroy's ist
eine ziemlich beträchtliche; eins der bekanntesten ist „El
PEisiONEEO MAS valiente" (La batalla de Pavia). Der
Stoflf — die Gefangennahme des Königs Franz L von Frank-
reich in der Schlacht von Pavia — musste den Ohren einer
spanischen Zuhörerschaft ganz besonders schmeicheln. Der-
selbe ist im allgemeinen würdig behandelt, obgleich die Idee
Monroy's, die Verlobung Franz' I. mit Eleonore, Schwester
Karl's V., von der sentimentalen Seite aufzufassen, der Ge-
schichte doch gar zu sehr widerspricht. Ein besonderes Ge-
wicht scheint der Dichter auf Schaugepränge gelegt zu haben,
denn eine Bühnenweisung im ersten Act verordnet, dass die
Schlacht auf der Bühne „a espacio^^ geliefert werden, also
möglichst lange das Auge des Zuschauers unterhalten solle,
und am Schlüsse wird gar ein vollständiges Turnier — des-
sen Arrangement dem Regisseur überlassen ist — vorge-
schrieben.
Hat der Dichter in diesem Drama den Cultismo fast
ganz vermieden, so tritt diese Untugend in den meisten sei-
ner übrigen Stücke in widerwärtiger Weise auf. So ist „En-
viDiAs vencbn fortunas" oiue wahre Musterkarte schwülsti-
ger Bilder. Nimmt man dazu, dass die Führung der Hand-
140 .Cristöbal die Monroy y Silva.
lung eine höchst ungelenke ist, so darf das Stück als ein
recht unbefriedigendes bezeichnet werden. Der Stoff an sich
ist interessant genug. Der Dichter führt uns die Helden-
thaten des Grossmeisters von Calatrava, Don Pedro Giron,
vor; er zeigt uns, wie ihm als Lohn seiner unerschütterlichen
Loyalität die höchste Ehre, die Hand der Infantin Isabela
(der Katholischen) winkt, wie er aber in diesem Augenblicke
von einem Nebenbuhler vergiftet und damit ein ergreifendes
Beispiel der Vergänglichkeit menschlicher Grösse wird. ■ Dieser
Gedanke beseelt auch das in Stoff und Sprache wahrhaft
barbarische Drama:
„LO QUE PUEDE EL DESENGANO Y MEMORIA DE LA MU-
ERTE." In diesem werden die Scheusslichkeiten eines mora-
lischen Ungeheuers geschildert, welches schliesslich durch einen
mirakulös redenden, vom Rumpfe getrennten Kopf zur Busse
veranlasst wird. Wie aber auch in diesen verwerflichen Pro-
ductionen schöne Stellen unterlaufen, mag die nachfolgende
Rede des erwähnten Verbrechers beweisen-, dem nach seiner
Bekehrung der Gedanke an den Tod beständig vorschwebt:
Jetzt seh' ich nichts mehr, was nicht an den Tod
Mich mahnte Blicke ich zum Himmel auf,
So find' ich nächtlich leuchtende Planeten,
Doch sterben sie, wenn kaum die Sonne aufgeht;
Ja selbst der Sonne Majestät vergeht:
Des Ostens Purpur sinkt ins Grab des Westens.
Schau ich die Fluren an, so staune ich,
Dass deren Blumen-Flor so fröhlich lacht,
Denn leben sie im Sommer tippig grün,
So müssen sie im Winter welkend sterben.
Blick' ich auf mich, so seh' ich an mir selbst
Gleich düstre Zeichen: denn die Seide, welche
Mich schmückt, dankt ihren Ursprung t od ten Würmern.
Still' ich den Hunger, zeigen die Gerichte
Erneuerte Bestät'gung meiner Lehre:
Sie bieten todte Vögel, todte Fische.
Wenn ich die Augen traurig niedersenke.
Verweilen sie auf meiner Fussbekleidung,
Denn die auch stammt von Thieren, welche starben.
In Allem finde ich den Tod, denn Sonne,
Gestirne, Bäche, Fluren, Leder, Seide,
Geflügel, Fische, alle lehren stets,
Wie kurz die Wollust dieses Lebens ist!
Diese Stelle ist jedoch eine Oase in der Wüste.
Cristöbal de Monroy y Silva.
141
Ganz ähnlich ist „El horrob de las montanab y Por^
TERO DE San Pablo". Hier kehrt sogar der Umstand ge-
nau wieder, dass das moralische Ungeheuer Leoncio durch
die Aeusserung eines vom Rumpfe getrennten Kopfes, er
werde bei Gott Verzeihung finden, zur Bekehrung veranlasst
wird. Eine merkwürdige Episode ist, dass der Dämon auf
Befehl Gottes eigenhändig den Leoncio mit einem Pfeile er-
schiessen muss, um ihn zum Märtyrer zu stempeln.
In „El encanto pob los celos y Fuentb de la Judia"
und „Las violenclas de amob" (Don Belfloran de Grecia)
bilden Zauberstückchen eine Hauptwürze der Handlung. Im
ersten wird eine liebreizende jüdische Gefangene in Algier
von einer griechischen Renegatin in eine Quelle nach Alcala
de Guadaira (dem Geburtsort Monroy's) verzaubert und mit
allen Umständen eines Ritterrömans von ihrem Liebhaber
erlöst. Wahrscheinlich beruht die Handlung auf einer Local-
sage. — „Don Belfloran de Grecia" ist der Sohn des Don
Belianis de Grecia von Don Quijote'scher Berühmtheit, und
wahrlich gibt seine Geschichte derjenigen seines Vaters an
unsinnigen Erlebnissen nichts nach. Die Sprache beider Stücke
ist in höchstem Grade verderbt, obgleich Monroy im erstem
den Cultismo bitter verspottet:
Oainl. ^ Que oficio tienes ?
Tripnlino. Poeta
De aquestos que entre celajes
ocultan varios conceptos,
sin que los entiende nadie;
dl fin soy poeta culto
6 poeta extravagante,
que es lo mismo.
Ein Cyclus von Dramen über den trojanischen Krieg um-
schliesst: „El bobo de Elena", „El Caballebo Dama (El
AQufLEs)", „Hectob y Aquiles" und „La destbuccion de
Tboya". Das verhältnissmässig geniessbarste dieser Stücke ist
„Hectob y Aquiles", obgleich der Dichter bei „El Caballebo
Dama" wahrscheinlich einige Scenen des Tirso'schen „Aquiles*'
vor Augen hatte. Im allgemeinen kann das Urtheil über den
Cyclus kaum ungünstig genug lauten: der grosse Sagenstoff ist
in schaudererregender Weise entstellt und durch eine wider-
lich affectirte Sprache vollends ungeniessbar gemacht worden.
In ersterer Beziehung mag Erwähnung finden, dass König
Lycomedes ein Spanier ist, dessen Hauptstadt M(erida zu
sein scheint, dass Achilles, um sich in seiner Frauentracht
142 Cristöbal de Monroy y Silva.
bei Lycomedes einzuführen, eine erlogene Geschichte erzählt
und dieselbe mit einer fingirten Ohnmacht beschliesst,
dass Pyrrhus, Sohn des Achilles, ebenfalls als Spanier vor-
geführt, dass „Aeneas*' als Graf angeredet und dass schliess-
lich bei den fingirten Friedensverhandlungen der Griechen
mit Priamus eine Kriegsentschädigung von 400000 Dublo-
nen nebst Herausgabe der Helena stipulirt wird. Aus diesen
kurzen Angaben mag geschlossen werden, wie alles übrige
hispanisirt ist. Natürlich fehlen die Graciosos nicht und
treten sogar paarweise auf, um sich gegenseitig die hand-
greiflichsten Streiche, wie in den Entremeses oder heutzu-
tage im Circus zu spielen. Was die Diction angeht, so mögen
die Anfangszeilen von „La destbuccion de Tboya" einen
Begriff davon geben:
Pyrrhui (einen Berg herabeteigend) :
En est OUmpOf padre de diamantes,
ä quien las nubes sirven de turhantes,
y Ämaltea con galas lisonjercts
coturnos le calzö de primaveras;
ya que anegado el sol en su escarlata
tiniehlas troncha y somhras desharata,
hagan dito mis fuertes Espanoles etc.
Man braucht kein Pedant zu sein, um eine solche Verun-
staltung einer schönen Heldensage mit Unwillen aus der Hand
zu legen. — Mit dem trojanischen Krieg scheint sich Mönroy
im übrigen stark beschäftigt zu haben, denn nach einer An-
gabe Schack's (HI, 365) hat er auch ein Prosawerk ^^EpUome
de la Historia de Troya^\ 1641, verfasst, welches den Stoff
vermuthlich in gleich anachronistischer Weise behandelt.
Eine ästhetisch widerwärtige Composition ist auch die
Comödie „Las mocedades del Duque de Osuna", ein Ma-
gazin alberner Bubenstreiche und handfester Circuswitze.
Selbst die von einem hervorragenden Literarhistoriker aus-
führlich beschriebene Scene, wie der tolle junge Edelmann
in einem französischen Theater mit gezogenem Degen auf die
Schauspieler eindringt, welche den König von Frankreich über
den König von Spanien erheben , ist ja schliesslich nichts an-
deres als die Heldenthat des unvergesslichen Don Quijote im
Marionettentheater, üebrigens müssen die tollen Jugend-
streiche des Herzogs von Osuna seine Zeitgenossen stark be-
Cristöbal de Monroy y Silva. 143
schäftigt haben, denn in Luis de Cabrera's „Relaciones^^, einer
Art Hofchronik aus den Jahren 1599 bis 1614, ist an nicht
weniger als vier verschiedenen Stellen davon die Rede.
„El MAS V ALIENTE Andaluz" (Autou Bravo) ist ein
Guapo-Sttick der schlimmem Sorte, aber die poetische Ge-
rechtigkeit wird durch den gewaltsamen Tod des Titelhelden
gewahrt.
„ToDO ES iNDUSTMA EL amob" ist eine Comödie mit
gezwungener, ungelenker Handlung, dagegen ist diejenige
des Dramas „El ofensoe de sf mismo", wenn auch in
moralischer Beziehung etwas anstössig, energisch und klar
geführt.
„Lo qtje pasa en UN MESON " ist eine ganz vortreffliche
Comödie, in welcher sich Monroy offenbar die guten Lust-
spiele des Rojas in gleicher Weise zum Muster genommen
hat, als er sich in seinen Schauerdramen nach den ähnlichen
Stücken seines Vorbildes richtete. Man kann sich, vor Er-
staunen kaum erholen, wenn man diese Comödie etwa nach
„Lo QUE PUEDE EL DESENGANO", „El HOBBOB DE LAS MON-
TANAS" oder einem der Dramen aus dem trojanischen Sagen-
kreise liest. Hier alles Klarheit, dort alles Schwulst; hier
freie anmuthige Bewegung, dort schwerfälliger Gang; hier
prickelnder, köstlicher Humor, dort rohe Circuswitze; hier
künstlerischer Genuss , dort ästhetischer Ekel. Die Fabel des
Stücks lässt sich kurz zusammenfassen. Don Juan kehrt nach
langjähriger Abwesenheit in sein Aeltemhaus zurück, findet
dasselbe aber in tiefe Trauer gehüllt, da seine — inzwischen
erwachsene und ihm unbekannte — Schwester Angela von
einem Don Diego de la Cerda verführt worden und seitdem
verschwunden ist. Einige Indicien deuten auf Sevilla als Auf-
enthaltsort des Verführers, weshalb sich Don Juan sofort
nach dieser Stadt aufmacht. Unterwegs rastet er in einem
Wirthshause, in welchem ein anmuthiges Zimmermädchen sein
Herz bestrickt. Dieses Mädchen ist seine Schwester Angela,
welche in der gedachten niedrigen Stellung ihre Scham zu
verbergen sucht. Da sie für Don Juan's Werbungen durch-
aus unzugänglich ist, verdingt sich dieser als Hausbursche,
um der Angebeteten stets nahe zu sein. Die Sache verwickelt
sich dadurch, dass Laura, eine Dame, welcher Don Juan in
Toledo den Hof gemacht hat, in der Nähe ein Landgut be-
144 Cristöbal de Monroy y Silva.
sitzt, Don Juan in seiner Verkleidung erkennt, von ihm ver-
leugnet wird, andererseits aber die Aufmerksamkeiten des in
der Nähe versteckt lebenden, ungetreuen Don Diego em-
pfängt. Auf diesen Prämissen fusst die interessante und leb-
hafte Intrigue, welche natürlich nach mannichfacher Auf-
regung zu befriedigendem Ende geführt wird. Die Achilles-
ferse der Fabel ist die Liebe der sich gegenseitig unbekannten
Geschwister, immer ein heikler Gegenstand. Die ohne Zwei-
fel seitens des Publikums günstige Aufnahme der in dem
Stück eingeführten köstlichen Figur eines lächerlich ahnen-
stolzen, feigen und lüsternen Gerichtscommissars hat Monroy
offenbar zum Verfassen eines zweiten Theils „Lo que pasa
EN UNA venta" vcraulasst, welcher indessen in jeder Be-
ziehung dem ersten nachsteht.
„Los TBES soles DE Madeid" erregt, trotz des unwahr-
scheinlichen Stoffes, durch ein gewisses poetisches Feuer un-
sere Theilnahme. Soliman, der Neffe und Erbe des Sultans
Amurates, ist in einem Feldzuge gegen Ungarn verunglückt.
Der General Selim wird ausgesandt, um ihn zu suchen, und
findet nach drei Jahren vergeblicher Bemühungen einen Chri-
stensklaven, Enrique, welcher Soliman täuschend ähnlich sieht.
Diesen überredet er, die Rolle seines Ebenbildes zu spielen.
Trotz der ihn umgebenden Schwierigkeiten bringt es Enrique
dahin, den Thron zu besteigen, ohne seinem Glauben inner-
lich untreu zu werden. Als der Betrug schliesslich entdeckt
wird, bietet ihm die Erbin des Sultans Hand und Reich an,
falls er zum Islam übertrete, aber Enrique wählt statt des
türkischen Reichs den Märtyrertod und damit das himm-
lische Reich. Diesem Entschlüsse verdankt das Stück seinen
Nebentitel „Dejab un eeino poe oteo", mit welchem es
unter Moreto's Namen gedruckt wurde. Nach Barrera's An-
gabe ist es ausserdem im 44. Bande der „Escogidas" als
gemeinsame Arbeit von Cancer, Villaviciosa und Moreto unter
dem Titel „Bejar un reino por otro y Mdrtires de Madrid^'
veröffentlicht worden.
„El pastoe MAS peeseguido y Finezas de Raquel"
ist die Dramatisirung der Geschichte des Erzvaters Jakob von
seiner Flucht aus Palästina an bis zu seiner Rückkehr. Dass
Jakob die Vision des Cupido hat und der Gott Mars mehr-
mals erwähnt wird, sei hier nur beiläufig bemerkt.
Cristöbal de Monroy y Silva. 145
„La Sieena DEL Jobdan" (die Geschichte Johannes des
Täufers) und „Los celos de San Jose" sind unbedeutende
Stücke, welche jedoch merkwürdigerweise beinahe frei von
Cultismen sind.
„Los PBiNCiPES DE LA Iolesia" behandelt das Wirken
und den Märtyrertod der Heiligen Petrus und Paulus in un-
zusammenhängender und schwülstiger Weise.
In „San Babtolome en Aemenlä." wird die Einführung
des Christenthums in Armenien durch den heiligen Bartholo-
mäus geschildert. Weiter als in diesem Stück kann die Bar-
barei kaum getrieben werden , denn der Heilige wird uns am
Schlüsse in geschundenem Zustande gezeigt. Die Bühnen-
weisung gibt an, der Schauspieler solle ein sehr glatt an-
liegendes Wams, von karmesinrothem Atlas tragen, um das
rohe Fleisch vorzustellen! Hier tritt der physische Ekel, das
Ende aller Kunst, ein.
Auf welche Abwege die Verfolgung des von Francisco
de Rojas in mehrern seiner Dramen eingeschlagenen barba-
risch-rohen Weges führen musste, zeigt uns Monroy. Der-
selbe — offenbar ein bedeutendes Talent, aber sehr ungleich
in seinen Compositionen — suchte den Beifall seiner Zeit-
genossen durch Ueberbieten seines Vorbildes in Grässlichkeit
der Handlung, Schwulst der Sprache und Schaugepränge zu
erringen. Dass diese Untugenden nicht etwa seinem Naturell,
sondern — wie bei fast allen Calderonianem — der Berech-
nung entsprangen, geht daraus hervor, dass er an mehrern
Stellen den Cultismo offen verspottet und sich in manchen
Stücken („Los celos de San Jose", „La batall a de PAvfA",
„Lo QUE PASA EN UN MESON ") uahozu frei davon gehalten
hat. Auf gleich berechnete Effecthascherei deutet die ge-
schmacklose Einschiebung lateinischer Brocken in „ San Bab-
tolome EN Aemenia", sowie die armselige (verschiedenen
zeitgenössischen Novellen nachgeahmte) Spielerei in „El
BOBO DE Elena", den Troilus eine Erzählung hersagen zu
lassen, in welcher der Buchstabe „a" gänzlich vermieden ist.
Was die Entfaltung von Schaugepränge angeht, so sei an die
Turniere in „Las violencias de amob", in „La batalla de
PAvfA", sowie an die Schlacht im letztem Stück und die
Entzauberungsscene in „El encanto pob los celos" er-
innert — Monroy's Fabeln sind im ganzen originell, die
SO&BFVXB, U. 10
1 Antoaio de Solis.
uiing derselben jedoch oft sehr mittelniäss^. Seine Cha-
terzeichDimg lässt viel zu wünschen übrig nnd ist sogar,
er das Altertbam bebandelt, geradezu lächerlich. Dass
manchmal sich zu wirklicher Kunst emporzuschwingen
(ste und im allgemeinen ein gewisses poetisches Fener
ass, muss zi^egeben werden, aber seine barbarischen Ans-
:hse flherwuchem seine Schönheiten derart , dass ein wah-
Genuss bei dem Studium seiner Dramen selten möglich
und man dieselben meistentheils mit ästhetischem Un-
len aus der Hand legt Das gleiche Gefiihl scheint seine
tgenossen beseelt zu haben, denn trotz seines Buhlens
deren Gunst durch die genannten unwürdigen Mittel, ist
QFoy's Name in keiner der vielen und mit nur allzu wenig
tik lobhudelnden panegyrischen Schriften der Epoche zu
len. Auch die Drucker müssen sich von seinem Namen
it viel versprochen haben, denn nur fünf seiner Dramen
1 in Sammlui^en der Stücke verschiedener Autoren und
eins („La sisesa del Jobdan") in der grossen Samm-
» der „Escogidus^^ gedruckt, während letztere z.B. nenn
QÖdieii von Martinez enthält. Die meisten seiner Dramen
:hienen später in Einzelausgaben (Sudtas), zu einer Zeit,
»elcher der weiter vorgeschrittene Verfall des spanischen
ionaldramas solche Ungeheuerlichkeiten als dem zeitge-
sischen Geschmacke besser angepasst erscheinen Hess. Die
:eilvolle Wirkung der Auswüchse des Rojas zeigte sich —
oben gesagt — nii^ends deutlicher, als bei Monroy, und
war ein Glück, dass das fortdauernde Beispiel Calderon's,
ie Moreto's Anlehnung an die Muster der ersten Periode
iem entartenden Einflüsse der Rojas'schen Schule noch eine
t lang das Gegengewicht hielt.
Antonio de Solls y Bivadeneira,
berühmte Geschichtschreiber der Eroberung von Mexico,
de am 18. Juli 1610 im Universitätsgebäude von Alcalä
Henares geboren. Er studirte in seiner Vaterstadt die
inen Wissenschaften, Philosophie und verschiedene andere
Antonio de Solls. 147
Fächer mit grossem Erfolge. Auch mit der Dichtkunst scheint
er sich schon früh beschäftigt zu haben, denn eine uns leider
verloren gegangene Comödie „Amob y obligacion" verfasste
er schon im Alter von siebzehn Jahren. Im vollendeten sechs-
ündzwanzigsten Lebensjahre trat er als Secretär in die Dienste
des Grafen von Oropesa, Don Duarte de Toledo y Portugal,
Vicekönig von Navarra und Valencia. Im Laufe der Zeit
wurde er Secretär des Königs , Beamter der Staatskanzlei
und Haupt-Chronist von Neuspanien. Wie viele Dichter sei-
ner Zeit; trat er in etwas vorgerückterm Alter (mit 57 Jah-
ren) in den Priesterstand, aber ungleich jenen, fasste er seine
neuen Pflichten so strenge auf, dass er nicht allein das
Schreiben für die Bühne von diesem Augenblicke an gänzlich
unterliess, sondern sogar eine bereits begonnene Comödie
„Amob es abtb de amab" nicht vollendete. Er starb am
19. April 1686 zu Madrid.
Der Hauptanspruch unsers Solls auf Unsterblichkeit be-
ruht auf seinem mit Recht hochberühmten Werke ,yHistoria
de la conquista de Mejico", aber auch seine Comödien, von
welchen uns neun erhalten sind, sichern ihm einen höchst
achtungswerthen Platz unter den Schriftstellern seiner Zeit.
Die originellste derselben ist:
„El amob al uso". — Don Gaspar de Toledo liebt
„nach der Mode", d. h. er theilt seine Zuneigung zwischen
Dona Clara (einer Dame gleichen Sinnes), Dona Isabel (einer
ihn wirklich liebenden Dame) und Juana, einer Zofe. Zu der
Modeliebe gehört auch, dass jede wirkliche Leidenschaft und
Aufregung ausgeschlossen, aber aus Galanterie und Selbst-
gefälligkeit erheuchelt wird. Die in feiner, geistreicher
Weise ausgesponnenen Verwickelungen entstehen dadurch, dass
jede der drei Damen Don Gaspar's auch einen andern Ver-
ehrer hat.. Die Folge davon ist, dass der Modeheld durch
die Gewalt der von seiner dreifachen Liebe heraufbeschwore-
nen Begebenheiten gezwungen wird, trotz seiner fischblütigen
Anlage Dona Clara die Hand zu reichen. Die Hauptorigina-
lität des Stücks besteht in dem Tone, welcher dasselbe
durchdringt, in der Art, wie der Autor mit sarkastischem,
überlegenem Lächeln Situationen behandelt, welche einem
andern Comödiendichter zu einer Reihe von Duellen und an-
derweitiger poetischer Aufregung Veranlassung geboten hätten.
10*
148 Antonio de Solls.
Man fühlt deutlich heraus, dass das Stück keine natürliche,
wenn auch in conventioneil dramatischer Weise höher ge-
färbte Darstellung wirkungsvoller Begebenheiten, sondern ein
geistreiches Spiel, eine feine Satire, ein Kunstwerk sein soll,
dessen Räder dem Beschauer offen liegen. Hierin ist auch,
der Grund zu suchen, welcher mehrere Kritiker zu der rich-
tigen Hinweisung veranlasst hat, dass dieses Stück ein Her-
austreten aus der naiven Nationaldramatik bedeute und dem
spätem Sittendrama den Weg geebnet habe.
Anders verhält es sich mit der Comödie „Ampasab ai*
ENEMiGo". Dieselbe ist ganz in der Art der Intriguenstücke
Calderon's geschrieben, bedient sich derselben Bühnenmittel,
derselben Sprache und gleicht ihren Vorbildern sogar darin,
dass die Charaktere unter der überreich, aber vortrefflich,
verwickelten Handlung ganz verschwinden. An feinem atti-
schem Witz des Graciosos ist Solfs hier sogar Calderon über-
legen.
„El doctor Carlino." — Solfs sagt in dem Stücke selbst,
dass ihm Göngora's gleichbetitelte Comödie das Vorbild zu
dem Titelhelden — einem Kuppler und Betrüger unter der
Maske eines Arztes — geliefert habe. Dagegen verwahrt er
sich gegen die Absicht einer Nachahmung, und in der That
lässt sich ausser der Figur des Protagonisten nur wenig Aehn-
lichkeit zwischen beiden Comödien herausfinden. Selbst die-
ses Wenige wird durch die Art der Behandlung fast ganz
verwischt, denn wo Göngora mit wuchtigem, aristophanischem,
sich in sittlicher Beziehung nichts übelnehmendem Witze
darauf losfährt, bringt Solfs mit weltmännischem Lächeln
fein ausgespitzte, durchaus anständige Situationen. Der Doctor
selbst ist eine köstliche Lustspielfigur, dessen nie versiegende
Erfindungsgabe ihm in den gefahrlichsten Lagen treu bleibt,
dessen feinste Combinationen aber durch die geistige Be-
schränktheit seiner Frau zunichte gemacht werden. In dieser
neutralisirenden Wechselwirkung liegt die Hauptkomik des
Stücks, Dasselbe ist eine vorzügliche Leistung, aber wie in
„El AMOR AL uso " fehlt das naive Aufgehen des^ Dichters im
Stoffe. Solfs lässt uns nicht vergessen, dass wir eine Comö-
die vor uns haben, und geht dfirin so weit, dass er, den Doctor
sich im ersten Acte (S. 236 der Ausgabe von 1681) in einem
Selbstgespräch direct mit dem Publikum unterhalten
l«M^
Antonio de Solls.
149
las st und dies sogar noch fortsetzt, als seine Frau einge-
treten und in Unterredung mit ihm begriffen ist. Eine solche
Behandlung muss alle dramatische Illusion aufheben und ist
im modernem Drama in keiner Weise zu rechtfertigen.
In „Un bobo hace ciento" tritt uns als Hauptfigur der
an einen „Figuron" streifende Don Cosme entgegen, welcher
durch seine mit Selbstüberschätzung gepaarte Albernheit eine
Keihe von Verwickelungen hervorruft. Der köstlich lebens-
wahre Zug, dass er sich als echter Dummkopf trotz seinei:
«chliesslichen Niederlage als Sieger betrachtet, verdient be-
sonders hervorgehoben zu werden. Eine andere Person die-
ses lebhaften, witzigen Lustspiels, Don Luis, ist ein Geistes-
verwandter Don Gaspar's in „El amoe al uso"; sein Begriff
von der Liebe ist am geistreichsten in folgender kurzen Stelle
ausgedrückt:
Pero ayer, Martin, que fm
de mi amor el dia cuarto —
que tanto en un pecho noble
dura un amor ohstinado etc.
Wenn nach Don Luis' Lehre eine hartnäckige Liebe vier
Tage andauert, wie lange dauert eine weniger leidenschaft-
liche? Das Stück wurde am Fastnachtsdienstag im Palaste
aufgeführt.
„La gitanllla de Madrid." Die Anregung zu diesem
Drama, aber nur die Anregung, verdankt Solfs der bekannten
Novelle des Cervantes. Die Handlung ist etwa folgende. Don
Juan de Oviedo soll sich mit seiner Muhme Doiia Isabel ver-
mählen. Kaum ist er jedoch in Madrid angelangt, als er
Preciosa, eine junge Zigeunerin sieht, deren Schönheit ihn so
bestrickt, dass er sich unter ihre Bande aufnehmen lässt und
seinen Freund Don Enrique veranlasst, Dona Isabel unter
seinem Namen den Hof zu machen. Die Ankunft des Vaters
Don Juan's in Madrid ist der Anfang zur Enthüllung dieser
Combinationen, wenngleich die vollständige Aufklärung durch
allerlei Ausflüchte und Listen verzögert wird. Die Kata-
strophe erfolgt, als der Zigeunerhauptmann in dem Hause
Dona Isabel's auf einem Diebstahl ertappt wird. Er gesteht,
dass Preciosa als kleines Kind von einer Zigeunerin gestohlen
worden und dass sie die Schwester Dona Isabel's ist. Da
nun Don Juan auch in Preciosa seiner Muhme die Hand
reichen kann, so begegnet dieser Bund, sowie die Vermäh-
v-tT-^^i-a. x:^-Zi^'j-:iat^- Jinn- T-rrxtrLi*ii:iiiii btr V-i^-Mltt auc iffr
O.tru ■♦:.»»: -^r v^ir je]iJ7^!i*i. ütmi '^ ii> inr tni 3r truian-
m'-T. tr^ T'-«--- "Ntinra itfsi::.. i^ irrHL V^r±Lr^«tr Tnn^ikünm:- Li
<^!r t,i.*7Hi:i':#^ 2.i*r Tx '-e^ii'iin ^♦tk ainie^ k.anr^: zu rt^iaixiiZJr-
M K'Anx Xrf'.jr: itt:. .>:er xniiTkrirt- ienii iie zl ^.-Jriiea
i;^ "Li* L^*t*;:_-eL Zr'i'i^ri, ^^^ «zur ^zie Vrrsi-iie iai r^zcüz.-
xXxZi/sxJt^. -.E~if2::x x ♦'■xTZj:* m-i _Tirr5T':t=^ rs: Ax:x
T f CäTTSa'* rn siT-i,l:.zis:i.r?i Ee?c^:-rl v-eiii^-rr zll:kl:!i
a-^*a^iÄ.-rt^ _El Aixizjjt rzz. rTSiriZTo ~ isc ein iTizirer^ wz«l
Z&'-.'.^TTr^rir.rü, welrirrzi a''.er — 'i-^ri. Xir^ir^ril »i-rs K:i:ers
$?*:Tr,/i>,* — «irr L^:'* «r E^riz eizie^ ^:1 ri-rn frilt. — T.\^ axaz«>-
.ifA>,"' iß^Tj^L-i^y. <i2L5 daLk''-ire Ti-E^iiJi ie? Inriibreirhess einer
k.*r,**l>h*:ft l*^/:n!::2 «1:15»:^ Arn Xirirtri-rb. eine Ax'z^be^
m^lr:.*: ly,if^ Ah \ffz^ in ,T.\^ xtjt^^es ^ot H-:x3aES~ indessen
vrh'^/fj vorr.^r in jK^ti^rherer WeL=e gelv-st Litte. I>azezen hat
.Sol;.H eiri^rfj gl Vrklich'rn küL.»"IerL^:::en Wurf diLrch die G>iitra-
'*X\rni2 Af:T iL^LLeren*bf:rLre::*ien Arr A/Mnen mit dem in einer
; U^/hlh er/JKifzLhji A-tolfo gethän. vel-:her bisher keine Frau
I yihVhUhl hat. — ..ErEii^icz t Okfeo"* i^n eine in ein spanis^^hes
dh^hud g^:kU:idetfr DramatisiniLg des bekannten mytholc»gischen
htoff^r«, Jja der .Schlass des Stücks wirklich originell ist und
h^iUnUfhA von der ur-pniLglichen Sage abweicht, so soll der-
M-Ahn kurz «»kizzirt werden. Orp»hens erhält Euridiee nnter
d^rr lU'A\um\\(i zurück, dass er sich [nicht nach ihr umsehe,
\m er thracjwchen Boden betreten habe. Da ihm die Sehn-
:-ucht i^ohl den Streich ge>ijielt hätte, dieses Gebot zu ver-
letzen, «o iiill «ein gütiges Schicksal, dass der arkadische
J'rinz Ari.rteus Eundice bei dem Heraufkommen aus dem
Antonio de Solis. 151
Tartarus raubt und nach Thracien bringt. Hier wird er ge-
tödtet, während Orpheus durch das vermeintliche Unglück zu
dem sichern Genüsse seiner geliebten Gattin gelangt ist. —
„Tbiunfos de Amor y Fortuna" ist ein mythologisches
Schaustück mit Musik, welches 1658 bei den Geburtsfeierlich-
keiten des Prinzen Felipe Pröspero im Palast aufgeführt wurde.
Es behandelt einen Streit zwischen Amor und Fortuna um
die Frage, wer die grössere Macht besitze, aber die Hand-
lung war hier jedenfalls nur Nebensache. Die Bühnen-
weisungen lassen auf eine Grossartigkeit der Decorationen
schliessen, welche selbst unsem heutigen Maschinenkünstlem
Achtung eingeflösst hätte und ohne Zweifel die Hauptwürze
des Festspiels bildete. Natürlich nicht zum Vortheile der
Poesie.
Ziehen wir nun die Summe des Gesagten. Don Antonio
de Solls war eine durchaus künstlerisch angelegte Natur.
Sein eleganter, fein durchgebildeter Geist, sein ästhetischer
Takt hätten ihn befähigt, in jedem Zweige der Literatur
Grosses zu leisten, aber aus gleichen Gründen wäre ihm auf
irgendeinem Gebiete das Höchste unerreichbar geblieben.
Hierfür fehlte ihm die urwüchsige Kraft, das intensive Feuer
des gottbegnadeten naiven Dichters. Die poetische Begeiste-
rung wird bei ihm durch die intellectuelle Schärfe des Welt-
manns, das Aufgehen im Stoffe durch überlegenes Herab-
schauen aus der Vogelperspective ersetzt. Nie vergisst Solis,
dass er eine Comödie schreibt, dass die Bretter der Bühne
die Welt nur bedeuten. Sein Hang zur Satire, das atti-
sche Salz seiner Graciosos, die vornehme Anständigkeit der
Behandlung seines Materials, selbst bei Stoffen so bedenk-
licher Art wie „El doctor Carlino" hängt damit zusammen.
Auch das Zusammendrängen einiger seiner dramatischen Fa-
beln auf den Zeitraum von 24 Stunden mag der gleichen
Ursache entspringen. Im übrigen ist er offenbar ein Jün-
ger Calderon's und hat deshalb auch dessen Convenienz-
sprache, wenn auch in überlegter Begrenzung, adoptirt.
Ebenso hat er bei seinen Intriguenstücken, deren Haupt-
würze die Situations-Komik ist, die äussern Bühnenmittel
Calderon's: das Verstecken, Verhüllen, die Brief-, Bedienten-
und Häuserverwechselungen reichlich angewendet, denselben
aber noch andere beigefügt. Eifersucht des Liebhabers auf
152 Juan Velez de Guevara.
den Bruder der Geliebten, welchen er nicht als solchen
kennt, Beilegung des Namens eines Freundes von Seiten des
Lustspielhelden, mögen als Beispiele solcher Solis'scher Be-
reicherungen angeführt werden. Auch in seinen ernstem
Dramen folgt er Calderon's gleichartigen Schöpfungen, hält
sich aber — seinem Naturell gemäss — in gleicher Ent-
fernung von des Meisters genialsten Productionen, wie von
dessen gelegentlichen Ausschweifungen. Kurz gesagt, Solls
ist ein Dichter, dessen Werke uns künstlerischen Genuss
gewähren, aber nirgends zu wirklicher Begeisterung oder
herbem Tadel hinreissen.
Juan Velez de Guevara,
Sohn des berühmten Dramatikers Luis Velez de Guevara,
erblickte 1611 zu Madrid das Licht der Welt. Er studirte
die Rechte und trat dann in die Dienste des Herzogs von
Veragua, Gönner seines allseitig beliebten Vaters. Auch
nach dem Tode dieses Edelmanns (1644) verblieb er noch
einige Zeit in dessen Haushalt. Später erhielt er eine An-
stellung als Gerichtsrath in Sevilla, aber schon 1655 finden
wir ihn wieder in Madrid, wo er sich mit Dona Ursula
de Velasco vermählte. Er starb in seiner Vaterstadt im No-
vember 1675.
Don Juan Velez scheint kein fruchtbarer Dichter ge-
wesen zu sein, denn ausser einem höchst seltenen Bande
Entremeses und einzelnen Acten in Mitarbeiterschaft verfass-
ter Comödien, sind uns nur sehr wenige Stücke von ihm er-
halten. Allerdings ist dabei in Berücksichtigung zu ziehen,
dass manche seiner Dramen unter dem Namen seines weit
berühmtem Vaters gedruckt sein mögen, aber eine nennens-
werthe Bereicherung seines Repertoires dürfte (von der
Unmöglichkeit einer solchen Untersuchung mit unsem jetzi-
gen Hülfsmitteln abgesehen) selbst aus diesem Umstände
nicht erwachsen.
„El diciembke por agosto" (Nuestra Seiiora de las
Nieves) behandelt die Legende, welche der Erbauung der
jetzigen Santa Maria Maggiore- Kirche in Rom zu Grunde
Juan Velez de Guevara. 153
liegt. Wir werden belehrt, dass Kaiser Constantius, sowie
dessen Vetter Julian der schönen Laura, Gemahlin des Pa-
triciers Johannes Patricius nachgestellt, dass Julian sogar
den Plan gefasst hatte, den Patricius ermorden zu lassen,
dass dieser aber durch einen Engel aus der Gefahr errettet
worden sei. Alsdann soll die heilige Jungfrau, als testamen-
tarisch eingesetzte Rechtserbin des kinderlosen Ehepaars Pa-
tricius und Laura, der letztern in Vision befohlen haben, eine
Kirche an der Stelle zu bauen, auf welcher sie jetzt — im
August — Schnee vorfinden werde. Dieses Wunder sei als-
dann auf dem Platze geschehen, auf welchem die oben-
genannte Kirche noch heutigen Tages steht. Das Stück ist
nicht übel, aber die Handlung lässt in der Zusammenfügung zu
wünschen übrig. In dieser, sowie in jeder andern Beziehung
bedeutend besser ist:
„El mancebon de Los Palacios" (Of ender para obligar).
^ — Alonso, der natürliche Sohn eines Infanten von Castilien,
wird, seiner Abkunft unbewusst, in dem Dorfe Los Palacios
als Landmann erzogen. Seine Gedanken sind indessen stets
über seinen vermeintlichen Stand hinausgeschweift, und als er
gar das Glück hat, die schöne Dona Juana de Mendoza bei
einem Wagenunfall zu retten, steigt ihm der Kamm noch
höher. Er macht Doiia Juana öffentlich den Hof und ver-
wundet einen Anbeter derselben, Don Manrique de Lara, im
Strassenkampf. Der König verurtheilt ihn deshalb zum Tode,
hört aber glücklicherweise vorher die Umstände seiner Er-
ziehung, schliesst daraus, dass er sein Neffe ist, und schickt
ihn in den Maurenkrieg. Mit Lorbeer gekrönt, kehrt Alonso
zurück, der König offenbart ihm seine Herkunft und ernennt
ihn zum Admiral von Castilien. Alle diese Ehren werden
aber Alonso durch die Nachricht vergällt, dass sich Dona
Juana durch Vermittelung und auf Andrängen des Königs
mit Don Manrique verlobt habe. Da ihm aber die Braut ge-
steht, dass sie, wenn sie ihrer freien Neigung folgen dürfte,
die Vermählung mit ihm vorziehen würde, greift er zu dem
Auswege der Zerhauung des gordischen Knotens. In Gegen-
wart Don Manrique's versetzt er Dona Juana einen Backen-
streich, die Schwerter fliegen aus der Scheide, aber der
König tritt dazwischen, und das Resultat ist, dass Don
Manrique auf die beschimpfte Braut zu Gunsten ihres „Be-
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■rr.'ir.«! iiiii n-iininir^T'ir'lifi, irni 'Wr ?lii3. weiiraer ihn
le-r ilr.-p;t;i;>.-:Lfn Lrinijnk anz-jT-fLs^n i.'it. ■tart 3iir eia.
Agustin Moreto y Cavana. 155
Agustin Moreto y Cavana.
Dieser Dichter, der jüngste der sechs Heroen altspanischer
Dramatik, wurde 1618 zu Madrid geboren und am 9. April
gleichen Jahres getauft. Seine aus Italien stammenden Aeltem
betrieben ein Leihgeschäft auf Pfänder und scheinen darin
einigen Wohlstand erlangt zu haben, denn sie besassen sieben
kleine Häuser in der Strasse San Miguel. Unser Agustin stu-
dirte von 1634 an auf der Universität Alcalä de Henares Logik
und Physik. Am 11. December 1639 wurde er zum Licentiaten
promovirt. Gegen Ende 1649 gehörte er der literarischen
Akademie zu Madrid an, deren Secretär der geistreiche Can-
cer, sein dramatischer Mitarbeiter war. Im Jahre 1654 gab er
einen ersten Band seiner Comödien, jetzt ein ungemein selte-
nes Buch heraus. Zwischen 1654 und 1657 Hess er sich zum
Priester weihen und wurde Kaplan des Erzbischofs von Toledo,
Don Baltasar de Moscoso y Sandoval. Als dieser Prälat die
Brüderschaft des heiligen Petrus zu Toledo zur Unterstützung
und Verpflegung der Armen reorganisirte, wies er unserm Don
Agustin eine Art Aufseherstelle darin an; dessen Eintritt er-
folgte am 28. December 1659. Von diesem Zeitpunkte an
fehlen uns biographische Notizen bis zu seinem, am 28. October
1669 eingetretenen Tode. In seinem Testament, von welchem
eine alte Copie in Toledo existirt, setzte er fest, dass seine
Beerdigung auf dem „Pradillo del Carmen" stattfinden solle,
ein Ort, an welchem die in seinem Hospitale verstorbenen
Armen begraben wurden. Diese Bestimmung wirft die, selbst
in neuere Literaturgeschichten eingeschleppte Fabel, er habe
sein Begräbniss auf dem „Pradillo de los ahorcados"
(Acker der Erhenkten) verordnet, endgültig über den Haufen,
ebenso wie alle sich daran knüpfenden Vermuthungen über
Moreto's Duellmord des von Lope de Vega hochverehrten
Baltasar Elisio deMedinilla, seine Gewissensbisse hierüber u. s.w.
Was zu dieser Verwechselung Anlass gegeben haben mag, ist
der Umstand, dass die genannten Pradillos unmittelbar neben-
einander liegen. Im übrigen ist — beiläufig gesagt — der
Wunsch Moreto's nicht respectirt worden, indem seine Leiche
in der Kapelle der „Schule Christi" im Kirchspiel Johannes
des Täufers beigesetzt wurde. Eine weitere Bestimmung seines
Testaments besagte, dass nach Zahlung seiner Schulden der
156 Agostm Moreto j CaTUta.
Tleberrest seines Vermögens unter die Armen vertheilt werden
sollte.
Ausser einer betrachtliehen Anzahl Comodien (etwa 20),
welche Don Agnstin in Gemeinschaft mit andern Dichtem
verfasste, sind nns etwa fonJEzig ans seiner eigenen Feder er-
halten, über deren Autorschaft kein Zweifel herrscht: ausser-
dem besitzen wir noch einige zweifelhafte. Da Moreto nur
das Alter Ton 51 Jahren erreichte, so ist dies immerhin ein
ansehnliches Bepertoire. Als Merkwürdigkeit muss erwähnt
werden, dass kein als sein Eigenthum bekanntes Stück im
Manuscript existirt, welches nicht auch im Druck Torhanden
wäre, ein Beweis, dass seine Dramen sehr beliebt waren und
den Verlegern pecuniären Nutzen in sichere Aussicht stellten.
Es ist deshalb kein Wunder, dass gewissenlose Leute dieser
Art auch aus dem Druck der Stücke anderer Autoren unter
dem Namen Moreto's Kapital zu schlagen suchten, und der
Leser wird in diesem Umstände eine Ibrklärung dafür finden,
dass es der Verfasser gewagt hat, in der Einzelbesprechung
aus innem Gründen die bisher kaum bezweifelte Autorschaft
einiger unserm Dichter zugeschriebenen Dramen in Frage zu
stellen. Man vergegenwärtige sich, wie viele Stücke, welche
Calderon in verschiedenen Drucken falschlich zugeschrieben
werden, jetzt als sein Eigenthum passiren würden, wenn wir
nicht seine eigene Liste, sowie diejenige des Vera Tassis be-
sässen!
Die Dramen unsers Moreto lassen sich in Dramen allge-
meinerer Art (hauptsächlich Capa y espada-Stücke), historische
Schauspiele, Heiligenstücke und sonstige religiöse Darstellungen
eintheilen. Die von ihm verfassten Burlesken, Loas, Entre-
meses und andere kurze Stücke dieser Kategorie können hier
füglich ausser Betracht bleiben, da sie — wenn auch ein gutes
Theil Witz — doch einen wirklichen Kunstwerth nicht be-
sitzen.
Die Besprechung seiner Dramen muss mit seinem un-
sterblichen Meisterwerk:
„El desden con el desden" begonnen werden. Der
regierende Graf von Barcelona hat eine einzige Tochter,
Diana, welche durch eifriges Bücherstudium dazu gelangt ist,
Liebe und Ehe als die Hauptfactoren alles irdischen Unglücks
zu betrachten. Der Graf, welcher sehAÜchst Nachkommen-
Agustin Moreto y Cavana. 157
Schaft wünscht, aber seiner Tochter keinen Zwang auferlegen
will, veranlasst sie, ihren drei Freiern — dem Fürsten von
Beame, dem Grafen von Foix mid dem Grafen Carlos von
Urgel — die Gründe ihrer Sprödigkeit auseinanderzusetzen
und ihnen gleichzeitig zu gestatten, sich durch alle erdenk-
lichen Aufmerksamkeiten um ihre Gunst zu bewerben. Die
beiden Erstgenannten betreten hierauf die gewöhnliche Heer-
strasse der Liebesbetheuerungen imd Festlichkeiten; Carlos
dagegen, welcher sich anfänglich nur aus Convenienzrücksichten
um Diana bemüht hatte, aber durch ihre Sprödigkeit zu leiden-
schaftlicher Liebe entflanmit worden ist, wählt den entgegen-
gesetzten Weg. An der Hand der an sich selbst ge-
machten Erfahrung will er Diana durch Gleichgültigkeit
zur Liebe stacheln und sagt ihr deshalb, dass er sich nur aus
Höflichkeitsrücksichten mitbewerbe, da er ihre eigenen Grund-
sätze betreffs der Ehe theile. Diana fühlt sich sofort in ihrer
Eitelkeit verletzt und nimmt sich vor, den anscheinend Gleich-
gültigen in ihre Liebesfesseln zu schlagen, um ihn nach ge-
machter Eroberung schimpflich zurückzuweisen. Hierzu will
sie sich Polilla's, eines vertrauten Dieners des Grafen, bedienen^
welcher sich in der Verkleidung eines Studenten als Possen-
reisser und angeblicher Eheverächter in ihre Gunst einge-
schmeichelt hat, natürlich aber das heimliche Werkzeug seines
Herrn ist.
Zweiter Act. Diana beginnt ihren Feldzug, indem sie
Polilla ihre Pläne anvertraut. Dieser räth ihr, Carlos einige
Gunstbezeugungen zu erweisen, welche indessen nicht ver-
fangen, da der Graf gewarnt und auf seiner Hut ist. Diana
muss deshalb zu dem starkem Mittel greifen, ihn zum Galan
während der Fastnachtsvergnügungen zu wählen. Der Tanz
und die Berührung der Hand Diana's üben auf Carlos einen
so berauschenden Einfluss aus, dass er sich vergisst und seine
Liebe erklärt. Diana triumphirt und wendet ihm verschmähend
den Rücken, aber schon hat er seinen Fehler eingesehen, und
mit vollendeter Verstellungskunst überredet er sie, er habe
nur Comödie gespielt. Ausser sich über die vermeinte Ent-
täuschung, verabredet die Gekränkte mit Polilla, den hart-
näckigen Frauenverächter durch Gesang im Garten zu bethören»
Auf Polilla's Rath stellt sich jedoch. Carlos, als höre er den
Gesang gar nicht und bewundere einfach die Anlage des
158 Agustin Moreto y Cavana.
Parks. Dies kostet ihn natürlich die grösste Ueberwindung,
und ohne Polilla's Gewaltmittel würde er bei dem Versuche
zusammenbrechen, aber die List thut ihre Wi^^^S- Diana
weiss vor Wuth nicht mehr, was sie thun soll.
Dritter Act. Der Fürst von Beame und der Graf von
Foix leiten Wasser auf Carlos' Mühle, indem sie jetzt auch
verspätet zur Einsicht kommen, Diana's weiblicher Stolz
müsse durch Vernachlässigung gereizt werden. Infolge dessen
machen sie Cintia und Fenisa, zwei Hofdamen Diana's, in auf-
fälliger Weise den Hof. Die Prinzessin fühlt sich in der That
höchst beleidigt und wird um so erpichter auf die Eroberung
des Grafen Carlos. Sie versucht, ihn durch Eifersucht zu
stacheln, indem sie ihm vertraulich mittheilt, sie habe ihren
Abscheu gegen die Ehe überwunden und wolle dem Fürsten
von Beame die Hand reichen. Carlos, obwohl aufs höchste
bestürzt, findet doch die Geistesgegenwart, ihr zu entgegnen,
auch er habe seine Ansichten in dieser Beziehung geändert
und gedenke um Cintia' s Hand anzuhalten. Um dieser Be-
hauptung den nöthigen Nachdruck zu geben, eilt er zu dem
Fürsten und theilt ihm Diana's eben gemachte Aeusserung
mit. Mit der gleichen Absicht trägt er Cintia verstellter-
weise sein Herz an. Als nun der Fürst und nachher Cintia
bei Diana erscheinen, um ihr das Vorgefallene mitzutheilen,
geht ihre Wuth in Raserei über. Ersterer, obgleich von
Diana rücksichtslos behandelt, glaubt nur in der Form seines
Antrages einen Fehler begangen zu haben, und verkündigt
deshalb dem Grafen von Barcelona, dass die Wahl seiner
Tochter auf ihn gefallen sei. Der Graf ist glücklich über
diese Nachricht und bietet in seiner Freude Carlos die Hand
der angeblich von demselben begehrten Cintia an. Hier aber
entwickelt Carlos seine grösste Meisterschaft, indem er seinen
Sieg nicht in brutaler, sondern in zartfühlendster Weise aus-
nützt. Er erwidert dem Grafen — zu Ohren der lauschenden
Diana — er werde Cintia's Hand nur annehmen, wenn Diana
damit einverstanden sei, denn ihr Wille sei auch der seinige.
Daraufhin tritt Diana hervor, erklärt ihre Liebe zu ihm und
reicht ihm die Hand, während Cintia die Verlobte des Fürsten
von Bearne wird.
Aus Lope de Vega's Comödie „La vENaADOEA de las
MUjEREs" haben wir hier die Laura, deren Abneigung gegen
Agustin Moreto y Cava na. 159
die Ehe dem Bücherstudium entspringt; aus „De cosaeio a
cos ABio " die gegenseitigen Bestrebungen der Liebenden, sich
durch Eifersucht zu stacheln; aus „La hermosa fea" den
Gedanken, dass die . anscheinende Gleichgültigkeit eines
Mannes die Spröde zu dem Bestreben reizt, denselben zu
erobern, um ihn nachher zu verschmähen, dass sich aber die
Fallenstellerin in ihrem eigenen Netze fängt; aus „Los mila-
GEOs DEL DESPBECio " den schlaueu Diener, welcher das Werk-
zeug der Pläne seines Herrn ist, sowie den Umstand, dass der
Boden für den intriguirenden Liebhaber durch seine Neben-
buhler geebnet wird, welche verspätete Verschmähung zur
Schau tragen. Dies alles liegt auf der Hand, aber lesen muss
man alle diese Stücke, um zu sehen, welch unvergleichliches
Meisterwerk hier Moreto hervorgebracht hat. Hier liegt keine
Nachahmung, sondern eine dichterische Neuschaffung vor, und
wenn Moreto's Entlehnungen alle gleicher Art wären, so dürfte
€r, wenn auch nicht in Originalität, doch in sonstigen dichte-
rischen Eigenschaften mit jedem seiner Vorgänger um die
Palme ringen.
In „El poder de la amistad" finden wir eine creten-
sische Prinzessin, Margarita, bei welcher die aufkeimende
Neigung zu einem scythischen Edehnanne, Alexander, durch
dessen allzu grosse Aufmerksamkeiten abgekühlt, aber durch
Erregung von Eifersucht auf ihre Muhme Matilde zu neuer,
lodernder Flamme angeschürt wird. Was hauptsächlich an
„El desden con el desden" erinnert, ist die zur Schau ge-
tragene Gleichgültigkeit des Liebhabers gegen die innerlich
heiss Geliebte, denn im übrigen ist die Maschinerie, das Uhr-
werk, in „El desden con el desden" so unendlich viel
complicirter, dass nur eine allgemeine Aehnlichkeit zwischen
beiden Stücken übrig bleibt. Aus diesem inneren Grunde,
d. i. der grössern Complicirtheit von „El desden con el
desden", nimmt man im allgemeinen an, „El podee de la
amistad" sei eine Vorarbeit zu jenem Meisterwerk. Da aber
„El podee de la amistad" nach dem Autograph des
Dichters (in der ehemals Duran'schen Bibliothek) erst am
25. April 1652 vollendet wurde, während „El desden con el
desden" auch schon in der ersten, unter Moreto's Auspizien
veranstalteten Ausgabe von 1654 und zwar, der Reihenfolge
nach, vor „El podee de la amistad" abgedruckt ist, so
»-T-TC"- T
160 Agustin Moreto y Cavana.
scheinen die äusseren Indicien obiger Annahme wenig günstig.
Im übrigen ist dem Gegenstand keine weitere Bedeutung bei-
zumessen, denn bei den altspanischen Dramatikern ist die
grössere Vollkommenheit eines Stückes keineswegs ein Grund,
dessen Abfassung nach einem minder vollkommenen zu ver-
muthen oder gar mit Sicherheit zu bestimmen,
„En EL MAYOB IMPOSIBLE NADIE PIEEDA LA ESPEBANZA'^
ist ein romantisches, mit poetischer Leidenschaftlichkeit ge-
schriebenes Jugendwerk. Die heisse Liebe eines Don Manuel
zu seiner Muhme Dona Ana wird durch die Intriguen einer
andern Verwandten, Dona Violante, zu einem so jähen Ab-
bruch geführt, dass Don Manuel sich in seiner Verzweiflung zum
Priester weihen lässt. Kurz nachdem das unwiderrufliche ge-
schehen, stellt sich der Betrug Violante's heraus. Die auf
so schändliche Weise ewig von einander Getrennten sind ausser
sich, aber eine unverhoffte Entdeckung macht die anscheinende
Unmöglichkeit ihrer Wiedervereinigung zur Thatsache. Ein
Oheim Don Manuel's offenbart, dass er diesem seinerzeit
in vermeinter Lebensgefahr die Nothtaufe gegeben habe,
und zwar — da kein reines Wasser zur Hand gewesen
sei -r- mit Rosenwasser. Dieser Umstand macht sowohl
Taufe als Priesterweihe hinfällig, und Don Manuel, von
der Fessel des Cölibats befreit, darf seine Hand der Geliebten
reichen.
Der Verfasser besitzt ein Exemplar dieses Stücks mit
dem umgekehrten Titel: „Nadie piebda la espeban25a en
EL MAYOB IMPOSIBLE " iu einer anscheinend etwa 1640 ge-
druckten Comödiensammlung. Als Autor derselben wird statt
Moreto's ein „Don Juan de Lemos" angegeben. Dies lässt
zwei Schlüsse zu. Der unwahrscheinlichere ist, dass nicht
Moreto, sondern ein bisher unbekannter Dichter der Verfasser
des Stückes ist; aus dem wahrscheinlichem dagegen, Moreto
habe den erwähnten Namen als Pseudonym benutzt, würden
zwei weitere Folgerungen zu ziehen sein. Entweder hat er
sich des Pseudonyms bedient, um den Jugendversuch eines
damals unbekannten Dichters (Moreto war 1640 erst 22 Jahre
alt) mit einem gutklingenden Namen zu maskiren, oder er
gebrauchte die Maske aus Furcht vor der Inquisition, welcher
die Katastrophe des Stücks gerechten Anstoss hätte geben
können. Jedenfalls sind beide Folgerungen in literargeschicht-
Agustin Moreto y Cayana. 161
lieber Beziehung gleich interessant, weshalb wir dem Leser
selbst die Wahl zwischen denselben überlassen wollen.
„Hasta EL EIN NADiE ES DiCHOso." AUe Wesentlichen
Umstände der Handlung dieses Dramas hat Moreto dem
GuiUem de Castro'schen „Los enemigos hebmanos" entlehnt.
Die vorgenommenen Aenderungen sind theils unwesentlich (Ab-
änderung von Namen und .Verwandtschaftsgraden), theils sind,
sie unglücklich ausgefallen. So mag in letzterer Beziehung
erwähnt werden, dass die zwei sensationellen Haupt-Ent-
hüllungen (die Kindervertauschungen betreflfend) bei Don
Guillem durch lebende Personen, bei Moreto durch hinter-
lassene Briefe einer Verstorbenen gemacht werden; dass die
Vorführung Don Sancho's als Gärtner mit der Sichel eine
ganz unnöthige Vergröberung der Castro'schen Scene ist; dass
schliesslich die allerdmgs etwas romantische Katastrophe bei
Don Guillem, von Moreto in eine prosaischere, aber ebenso
unwahrscheinliche und gezwungene umgewandelt worden ist.
Dabei hat Moreto die vortreffliche Charakterzeichnung Don
Guillem's, sowie dessen feurige, poetische Sprache bei weitem
nicht erreicht. Sein einziges Verdienst ist eine bessere Concen-
tration der Handlung, aber nur technischer Art. Obgleich sein
Stück keine Plünderung (wie „ La ocasion hace al ladbon ",
„El valiente justiciebo") genannt werden kann, sondern ein-
fach eine Stoflf-Entlehnung vorliegt, so hat dieselbe als lite-
rarische Taglöhner- Arbeit ebenso wenig Berechtigung. Die
Aneignung geistigen Eigenthums fallt nur dann in die Sphäre
des Erlaubten, wenn — wie in „El pesden con el desden**
— der entlehnte Stoff im Kopfe des Aneigners durchgeistigt
und nach seiner Individualität umgeformt erscheint. Dazu
genügt eine Arbeit mit Kleister und Schere nicht, wie sie
Moreto in „Hasta el ein nadie es dichoso" geliefert hat
„El defensgb de su agbayio" ist im Gegentheil durch-
aus als geistiges Eigenthum unsers Dichters zu betrachten.
Hierzu wird es, trotz der oft gebrauchten Situationen, durch
die meisterliche Zusammenstellung derselben zu einem packen-
den Ganzen , sowie durch die poetische Wärme , welche das
Stück durchströmt, und welche das eigenste Merkmal einer
Neuschöpfung ist. Die Handlung dreht sich darum, dass ein
Herzog von Athen eine heftige Neigung zu Nisea, Hofdame
seiner schönen Gemahlin, fasst; dass er von dieser Leiden-
SOHJBVFBB. II. W
162 Agustin Moreto y Cavana.
Schaft in Folge der Verleumdung der Herzogin durch einen
Verräther abgebracht und zu wilder ehelicher Eifersucht ent-
flammt wird ; dass er die Angeschuldigte mittels eines Gottes-
gerichts verurtheilen lassen will, sich aber vorher von ihrer
Unschuld überzeugt und mit geschlossenem Visir selbst als
Kämpe im Gottesgericht gegen den Verleumder auftritt, den-
selben besiegt und ihn zum Geständnisse seiner Schandthat
zwingt. Alles dies ist gewiss oft genug dagewesen (siehe z. B,
Tärrega's „La enemiga eavorable), ist aber — wie schon oben
gesagt — hier zu einem trefflichen Drama verarbeitet worden.
Auch in „Las teavesueas de Pantoja", einem Guapo-
Stück mit eingeschobener Geistererscheinung, finden sich
lauter früher gebrauchte Situationen, die indessen — im Gegen-
satze zu „El deeensoe de su ageavio" — keineswegs durch
gute Auswahl und Zusammenstellung erwärmen, sondern den
Eindruck eines wahrhaft kläglichen Mangels an Erfindungs-
kraft hinterlassen.
„Teavesueas son valoe" ist die Ueberarbeitung eines
gleichbetitelten Dramas, welches Moreto in Gemeinschaft mit
zwei andern Autoren verfasst hatte. Dieses gemeinsame erste
Drama erfordert eine kurze Besprechung, um daran den
Vergleich mit der selbständigen Arbeit unsers Dichters zu
knüpfen. — Ein junger adeliger Raufbold, Don Sancho, mit
dem Beinamen „der Böse", macht sich durch Gewaltthätig-
keiten in Sevilla so unmöglich, dass er nach den Niederlanden
fliehen muss, wo sein Vater, Don Sancho „der Gute" genannt,
als Oberst unter dem Herzog von Alba dient. Durch uner-
schrockene ßecognoscirung einer feindlichen Mine führt sich
der Flüchtling glänzend bei dem Herzog ein, aber sein un-
ruhiges Temperament verwickelt ihn bald in einen Eifersuchts-
handel mit Bronduque, einem wallonischen Hauptmann. In
seinem leidenschaftlichen Zorn ist er so rücksichtslos, diesen
Streit trotz Dazwischentretens des Herzogs fortzusetzen, was
seine Verhaftung zur Folge hat. Auf Bitten seines Vaters
wird er begnadigt, muss jedoch versprechen, mit Bronduque
Freundschaft zu halten. Diese feierliche Zusage erfüllt er
auf die originelle Weise, dass er den Hauptmann in anschei-
nend innigster Umarmung zu Tode drückt. Die Umstehenden
dringen auf ihn ein, er muss sein Heil in der Flucht suchen,
wird aber von seinem eigenen Vater verfolgt und ein-
Agustin Moreto y Cavana. 163
geholt. Ein Wortwechsel entsteht über die Zulässigkeit der
Kache Sancho's nach gegebenem Ehrenwort, und beide er-
hitzen sich derart, dass es zum Degenziehen kommt. Der
junge Sancho verwundet seinen Vater. Kaum sieht er Blut
fliessen, als er sich zu den Füssen des Verletzten wirft und
seine Verzeihung erfleht. Er ist so verzweifelt, dass er die
näher und näher erschallenden Fanfaren seiner übrigen Ver-
folger nicht beachtet und sein Vater ihn schliesslich kniefällig
bitten muss, sich auf seinem Pferde zu retten. Sancho flieht,
aber selbst die Verzeihung des Vaters reicht nicht hin, die
nagende Reue über das vergossene Aeltemblut zu beschwich-
tigen, und der Gedanke daran liegt wie ein schwarzer Schleier
über seinem Haupte, bis dieses unter dem Schwerte des
Scharfrichters fällt. — Sein Verhängniss erfüllt sich rasch.
Der Herzog von Alba hat Sancho „den Guten" verhaften
lassen, da er seinem Sohne zur Flucht behülflich war, und
letzterer wird darüber so aufgebracht, dass er beschliesst,
seinen Feldherm in der Verkleidung eines Bauern zu er-
morden. Dies gibt Gelegenheit zu einer interessanten Scene.
Der Herzog von Alba wird von Sancho's Plan unterrichtet,
lässt ihn aber trotzdem zur Einzelunterredung vorkommen
imd stellt sich sogar bei seinem Eintritt schlafend, um zu
sehen, ob er den Muth haben könne, die Hand an seinen
General zu legen. Wirklich überwältigt der soldatische Respect
sogar den rücksichtslosen Sancho; er gibt seine mörderische
Absicht auf, ahmt aber David in seinem Benehmen gegen
Saul nach, indem er seinen Namen und Beititel „Sancho der
Böse" auf ein Papier niederschreibt, welches auf des Herzogs
Schreibtisch liegt. Als der Herzog Erwachen fingirt, wirft
Sancho sich zu seinen Füssen. Alba lässt ihn ungehindert gehen,
kündigt ihm jedoch an, dass er ihn verfolgen und hinrichten
lassen werde. Wirklich wird Sancho bald darauf eingefangen,
und nun erfolgt die packendste Scene des interessanten Trauer-
spiels. Dieselbe geht im Kerker des alten Don Sancho vor
sich. Ein Sergeant verkündet ihm seine Freilassung, was den
armen Greis sofort mit der bangen Ahnung erfüllt, dies sei
ein Zeichen der Gefangennahme seines trotz aller tollen
Streiche aufs zärtlichste geliebten Sohnes. Seine Besorgnisse
steigen, als ihm hierauf ein College das Todesurtheil über
einen Soldaten seines Regiments zur Unterzeichnung bringt.
11*
^
164 Agustin Moreto y Cavana.
Als Grund wird ein Mordanschlag auf den Herzog angegeben*
In fieberhafter Spannung sucht der unglückliche Vater nach
dem Namen des Verurtheilten, aber die Stelle, an welcher
derselbe stehen sollte, ist unbeschrieben. Sein Herz sagt ihm,
dass der Verbrecher sein Sohn sei, aber an der Todeswürdig-
keit des Verbrechens ist nicht zu zweifeln, und seine Ver-
nunft redet ihm ein, er hätte von einer solchen Missethat
Sancho's hören müssen, wenn derselbe wirklich der Schuldige
wäre. Er ergreift mit zitternder Hand die ' Feder und setzt
in der Aufregung seine Unterschrift — also genau den
gleichen Namen, den sein Sohn führt — auf die un-
beschriebene Stelle, statt unter das Document. Der
beiwohnende Oberst und der Sergeant sind über das Omen
wahrhaft bestürzt, und noch mehr der unglückliche Schreiber
selbst, welchem es erst nach vielen vergeblichen Anstrengungen
gelingt, seine zitternde Unterschrift auch an die richtige Stelle
zu setzen. Das Stück schliesst, indem der Herzog von Alba
dem schwachen Vater den blutigen Leichnam seines hinge-
richteten Sohnes zeigt und ihm vorwirft, er selbst trage die
Schuld an der Tragödie desselben durch allzu milde Beur-
theilung und unverantwortliche Duldung seiner Jugendstreiche-
— Man sieht, dass dieses Stück nicht allein das Zeug zu
einer wahrhaft erhabenen Tragödie hat, sondern auch, dass
ausnahmsweise die blutigen Vorschriften des verwerflichen
Ehrencodex am Schlüsse nicht glorificirt, sondern der hohem
moralischen Gerechtigkeit untergeordnet werden. Es ist höch-
lichst zu bedauern, dass nicht z. B. Calderon (unter dessen
Namen das Stück fälschlicherweise im achten Bande der
„Escogidas^^ gedruckt ist) den Stoflf unter die Hände bekommen
hat; denn sehen wir zu, wie Moreto' s selbständige Neube-
arbeitung ausgefallen ist, so erhalten wir ein gar klägliches
Kesultat. Von Einzelheiten und einer bessern Concentration
der Handlung in technischer Beziehung abgesehen, genügt es,
darauf hinzuweisen, dass Moreto frisch und fröhlich mit
der Nachricht von der Geburt eines spanischen
Prinzen und der dadurch veranlassten Begnadigung
Sancho's schliesst. Hierdurch wird eine ergreifende Tra-
gödie in ein gewöhnliches Raufboldstück umgewandelt Die
Veränderung des Schlusses bedingte ausserdem die Weg-
lassung der Verwundung des alten Sancho, sowie das Streichen
Agustin Moreto y Cavana. 165
der geschilderten Todesurtheil-Scene, welche letztere natür-
lich unter den veränderten Umständen zu qiner unwürdigen
Spiegelfechterei geworden wäre, mit andern Worten die Aus-
merzung alles dessen, was das Originaldrama über eine Durch-
schnittscomödie emporhebt 1 Sogar in der Charakterschilderung
2eigt sich die unheilvolle Veränderung, denn Herzog Alba und
der alte Sancho sind bei Moreto zu zwei alten Polterern ge-
worden, welche mit ihren eigenen tollen Jugendstreichen ge-
radezu prahlen und demnach gar nicht das Kecht hätten, über
die Thorheiten Sancho's zu richten. Der kleinliche Gedanken-
gang unsers Moreto, sowie der gänzliche Abgang tragischen
Talents erhellt deutlich aus dieser seiner Neubearbeitung des
ersten Dramas, in welchem er nur einen Act, und zwar nach
dem Plan seiner Genossen oder nach einem altern Stück
in zeitgemässe Form gebracht hatte. Herr von Schack er-
wähnt nämlich (Anhang S. 68), dass nach einer ihm im Ori-
ginal vorgelegenen alten Rechnung des königlichen Schlosses
in Madrid, Ende 1622 oder Anfang 1623, ein Drama „Don
Sancho el Malo" in den Gemächern der Königin aufgeführt
worden sei. Dieses wird wohl das Original des ersten „Tba-
TESUEAs soN valoe" gowoseu seiu.
„El paeecido" ist eine interessante Comödie, in welcher
jedoch der Zufall eine unverantwortlich grosse EoUe spielt.
Eine eigene Wiederbearbeitung derselben unter Beibehaltung
eines grossen Theils des Dialogs ist „El paeecido en la
Coete". Diese „Refundicion" ist eine glückliche. Nicht allein
hat Moreto die Rolle des Zufalls verkürzt, sondern auch eine
bedeutend lebhaftere Katastrophe substituirt. Dass ihm
Tirso's „El castigo del penseque" den Hauptgedanken zu
beiden Stücken geliefert hat, lässt uns der Dichter auf einem
Umwege deutlich erkennen. Sein Gracioso sagt nämlich ein-
mal mit Bezug auf die Heldin:
Porque, aunque calla, no otorga.
Unsere Leser werden sich erinnern, dass „Quien calla,
otoega" der Titel des zweiten Theils von „El castigo del
penseque" ist.
„Lo QUE puede LA apeehension" ist ein verdienstliches
Stück. Die Idee, dass sich der Herzog von Mailand in seine
ihm von Angesicht unbekannte Muhme Fenisa verliebt, da
166 Agustin Moreto y Cavana.
ihn deren Gesang bis zur Begeisterung entzückt, während er
ihre „Eifersucht auf sich selbst" durch Gleichgültigkeit gegen
ihre Person erregt, als sie sich als Dienerin ihrer selbst vor-
stellt, erinnert an Tirso's „La CEiiOSA de si misma". Die
Episode, dass der Herzog seine Braut, die Herzogin von Parma^
durch Zurückschicken beleidigt und sie in die Anne ihres
Begleiters, seines Vetters, treibt, findet sich in Lope de Yega's
„MlBAB A QUIEN ALABAIS".
„La misma conciencia acusa" ist — was die zwei ersten
Acte angeht — eine Neubearbeitung von Lope de Vega's
„Despebtab a QUIEN duebme". Dou unsinnigen dritten
Act Lope's hat Moreto durch einen bedeutend vernünftigem
ersetzt. Hält man aber Stück gegen Stück, so wird niemand
die kernige, bilderreiche Schöpfung Lope's gegen das ver«
nünftige, aber mattere Werk seines Nachahmers vertauschen
wollen. Wer sich den Unterschied handgreiflich vor Augen
führen will, lese die letzte Scene des zweiten Acts in beiden
Dramen, denn hier — wie in „teavesubas son valob" —
ist es augenscheinlich, dass der des höchsten Aufflugs un-
fähige Geist Moreto's gar nicht begriffen hat, worin die
Schönheit der Originalscene Lope's hauptsächlich
liegt.
„El ME JOB AMiGO EL bey" folgt beinahe Scene für Scene
dem Drama „Cautela contba cautela", wenn auch nicht
den Worten, so doch den Situationen nach. Weit entfernt
jedoch, das Vorbild zu verbessern, hat es Moreto zu Wege
gebracht, dass nahezu jede seiner kleinen Aenderungen eine
Verschlechterung ist. Dies ist nicht allein in Bezug auf die
Handlung, sondern auch auf die Diction der Fall, denn in
„Cautela contba cautela" ist letztere durchaus edel, in
Moreto's Stück oft geziert. Dass letztere Arbeit auch mit
Tirso's „El amob y el amistad" Aehnlichkeit zeigt, rührt
einfach daher, dass der Dichter von „Cautela contba cau-
tela" den Hauptgedanken Tirso's aufgegriffen, aber weit
geistreicher ausgeführt hat.
„No PUEDE seb" ist eine Nachbildung des Lope de Vega'-
sehen „El mayob imposible". Moreto's Stück ist überlegen
in Führung der Handlung, aber weniger poetisch in der
Sprache.
„El CABALLEEO DEL SACEAMENTO" (El EucaS do DiOS)
Agustin Moreto y Cavana.
167
folgt im ersten Acte ziemlich genau dem gleichnamigen Stücke
des Lope de Vega. In der Weiterentwickelung geht indessen
Moreto selbständig vor; seine Handlung ist vernünftiger und
geschlossener als die seines Vorgängers und lässt sehr zu
ihrem Vortheile das Mirakulöse vermissen. Im übrigen ist
das Stück nur Mittelgut.
„El CABALLERO " stoUt sich als Intriguencomödie in der
Art der Calderon'schen dar. Sie ist fein angelegt, leidet aber
unter der Unwahrscheinlichkeit, dass der . Drehpunkt der
Handlung, das Verschweigen eines Verlobungsvertrags zwischen
zwei Liebenden, seitens ihrer Verwandten, vor diesen Lie-
benden selbst, unmöglich so lange vorhalten kann, als uns
der Dichter zu glauben zumuthet.
„Haceedel contrario amigo" (Empezar ä ser amigos)
beruht ebenfalls auf recht unwahrscheinlicher Basis, zeigt aber
eine sehr energische Hand in Führung der Handlung und
Schreibart. Man glaubt bei Prüfung dieser Comödie eine
mittelmässigere von Calderon selbst oder das Werk eines
strengen Nachahmers dieses Meisters vor sich zu haben. Ge-
radezu unmöglich aber kann man sie für eine Schöpfung
unsers Moreto halten, wenn man eine Anzahl seiner unzweifel-
haft echten Comödien hintereinander studirt hat. Einen Be-
leg für diese Behauptung mag nachfolgende Stelle liefern:
Violante.
Es intentar, que en un punto
ese gigante de piedra,
ese pülacio del duque,
esa fährica soherhia
(cuyos altos chapiteles
compiten con las estrellas)
6 se desmorone fragil,
6 caduca se estremezca.
Es querer que el Mongibelo
de Sicilia, el monte Etna,
farol de tantas provincias,
volcan de tantas centellas,
mönstruo de iantos ahortos,
urna de tantas pavesas,
dentro de un instante apague
SU ardiente naturaleza.
Es pensar, que en el estio
esas montanas de niehla,
esos pielagos del viento,
esos doseles de perlas,
esos lienzos mal tejidos
(cuyos hilos, cwyas hebras,
si en un instante se traman,
en otro instante se quiebran)
pueden empanar los rayos
del mos luciente planeta,
y eslo todo, pues lo es todo
el imposible que intentas.
Dabei sei bemerkt, dass dies keine vereinzelte Stelle ist,
sondern dass sich ähnliche Kedewendungen und Stil-Eigen-
thümlichkeiten in dem Stücke zu Dutzenden nachweisen lassen.
168
Agustiii Moreto y Cavana.
Dass Moreto's Autorschaft des eben besprochnen Dramas
bisher noch nicht angezweifelt worden ist, mag theilweise an
dessen Seltenheit, hauptsächlich aber daran liegen, dass es
sowohl im 35. Band der „Escogidas^\ als im apokryphen
dritten Bande der Comödien Moreto's (Madrid 1681) unter
seinem Namen abgedruckt ist. Diese Uebereinstimmung be-
weist jedoch gar nichts, denn der genannte apokryphische
Band ist einfach eine piratische Buchhändlerspeculation.
Nicht weniger als acht der in demselben enthaltenen
Comödien sind aus den „i/^co^idas" abgedruckt. Um
seinen Diebstahl zu bemänteln oder das Publikum glauben
zu machen, er bringe etwas ganz Neues, hat der Verleger
sämmtliche acht Comödien unter andern Titeln gedruckt,
als sie sich in den „Escogidas^^ finden, und zwar in folgen-
der Weise:
Titel in den HS>eogidM<*.
Bd. 19 : Los stete durmientes.
34: El Santo Cristo de CahriUß.
El azote de su patria.
El gälan secreto (Ämescua),
35 : Empezar ä ser amigos,
37 : Satisfacer caUando.
39 : Las mocedades delCid(Cancer).
43: Merecer para alcanzar.
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Titel im dritten Band Moreto, 1681.
— Los mos dichosos hermanos,
— El Cristo de los müagros.
— El esdavo de su hijo,
— El secreto entre dos amigos,
— Hacer del contrario amigo.
— Los hermanos encontrados,
— ios travesuras del Cid,
— La fortuna merecida.
Man sieht, dass sich der Pirat sogar nicht gescheut hat,
Stücke anderer Autoren unter verändertem Titel seiner
Sammlung Moreto'scher Comödien einzuverleiben und dass
demnach die Beweiskraft semes Buches zur Feststellung der
Autorschaft einer Comödie geradezu Null ist. Dies halte man
bei der Besprechung der unmittelbar folgenden Stücke stets
im Auge. — Nebenbei sei bemerkt, dass der sogenannte
„wahrhafte dritte Band" der Comödien Moreto's (1676) ein
Stück Don Alonso de Castillo Solörzano's („El marques del
cigaeeal") und eine Comödie zweifelhafter Autorschaft („Todo
ES ENEEDOs amob") enthält, dass also der Unterschied zwischen
sogenannten „ehrlichen" Buchdruckern und ihren piratischen
CoUegen in bibliographischer Hinsicht nicht eben schwer in
die Wagschale fällt.
„Los HERMANOS ENCONTRADOS " („SaTISFACER CALLANDO")
ist ein abenteuerliches Stück im Stile der ersten Periode. Im
I
Agustin Moreto y Cavana.
169
37. Band der „Escogidas^^ (1671) und im apokryphen dritten
Theil Moreto (1681) ist dasselbe unter Moreto's Namen, in
einem weit frühern Buch aber, dem apokryphen 6. Band
der „ Escogidas^^ (1653) unter dem Titel „Satisfaceb callanbo
T Princesa de los montes" als Werk Lope de Vega's ab-
gedruckt. Die Wahrscheinlichkeit spricht demnach für die
Autorschaft des letztern, obgleich das Stück — Innern
Gründen nach — mehr einem Schüler Lope's als dem Meister
selbst anzugehören scheint. Keinesfalls aber liest es sich, als
ob es ein Werk Moreto's wäre.
„El seceeto entee dos amigos" ist in dem mehrfach
erwähnten apokryphen Bande 1681 unter dem Namen Moreto's,
im 34. Band der „Escogid(is'^ (1670) jedoch unter dem Namen
Mira de Amescua's gedruckt. Die steife Sprache, sowie die ganze
Construction des Stücks deuten auf letztgenannten Autor.
Auch „Mebeceb paba alcanzab" (La fobtuna mebecida)
weist keine Spur der Diction Moreto's auf, ebensowenig zeigt
die Construction der Fabel seine Hand. Das Stück liest sich,
als ob es gegen Ende der ersten Periode geschrieben wäre.
Als Beispiel, wie sehr der Stil von demjenigen Moreto's ab-
weicht, diene folgende Stelle:
;0h noche, prolija siempre
ä los que tu sombra esper an,
recuerdüf st estäs dormida,
castiga las aves negras
de tu carro, tiende el manto
sobre las doradas huellas
del soly ahollando luces
con las sombras de tus ruedas,
que yo, en volviendo d tu claustro,
para que entre aromas duermas,
formare tu lecho obscuro
de balsamos y canelas,
porque^ si es Fenix mi amor,
quien me ampara^ lo parezca!
„La tbaicion vengada", in Einzeldrucken mit dem Titel
„CüANTO HAGAS, TANTO PAOUEs" uutor Lopo de Voga's Namen
veröffentlicht, darf dagegen, der Mache und Diction, wenn
auch nicht der Katastrophe nach, für das Werk unsers Moreto
gelten. Es ist ein interessantes Stück und mag im all-
gemeinen recht wohl die Refundicion eines gleichnamigen
von Lope de Vega sein. Die Katastrophe ist jedoch geradezu
haarsträubend, und es ist unbegreiflich, wie Censur und In-
quisition ein solches Drama passiren lassen konnten. — Ein
Don Felix wird durch das Fehlschlagen aller seiner Absichten
auf die Ehre und das Leben eines Don Diego so aufgebracht,
dass er den schändlichen Streich ausführt, seinem Feinde bei
170
Agustin Moreto y Cavana.
einer Maskenfeierlichkeit eine Ohrfeige zu verabreichen und
dann im Gedränge zu verschwinden. Don Diego ist rasend
über diese Beschimpfung und befolgt deshalb einen ebenso
schändlichen als heidnischen Bathschlag, welchen ihm Don Lope
de Figueroa (die gleiche Persönlichkeit, welche in Calderon's „Ei.
ALCALDE DE Zalamea" oluo SO Charakteristische Rolle spielt)
auf Befragen gibt. Derselbe besteht darin, dass Don Diega
genau am Orte seiner Beschimpfung die erste beste
Maske tödten solle. Dies geschieht, und der Zufall führt
seinen Dolch in die Brust des verrätherischen Don Felix. —
Man hat das Stück auch Bojas zuschreiben wollen, und die
Katastrophe dürfte diesem Dichter wohl zuzutrauen sein, aber
die durchaus reine Diction widerspricht dieser Annahme.
„Industrias contea finezas" und „Päimebo es la
honea", zwei wenig bedeutende Dramen, scheinen Nachbil-
dungen verlorener Stücke des Lope de Vega zu sein. Als In-
dicium diene nachstehende Bilderreihe in „Industbias contba
FiNEZAs", welche bei Lope sehr gewöhnlich, bei Moreto höchst
verdächtig ist und deshalb wohl aus dem benutzten Lope'schen
Stücke stehen geblieben sein mag:
Tomad aqui posesion
de un reino mejor que Hungria :
Falacio es mi corazon,
y 81 quer eis galer ia,
tiene mi imaginacion
pinturas de original; ,
mis pensamientos os den
con distincion cada cual,
fäbulas, los de mi hien,
y historia, los de mi mal.
Para el adorno interior,
colgadura es la esperanza,
porque defiende el rigor
del frio de la tardanza
en el invierno de amor —
und SO fort durch weitere dreissig Verse. Zur gleichen Ver-
muthung berechtigt bei „Primeeo es la honea" die Scene
im dritten Act zwischen Porcia und dem gefangenen Admiral
am Kerkergitter, sowie der zeitweilige Wahnwitz Federico's,
ein seelisches Moment, welches bei Lope eine nur allzu
häufige Anwendung gefunden hat. Man beachte femer die
Uebereinstimmung zwischen der Disposition dieser Comödie
imd der Lope'schen „ La ley ejecutada". In beiden Stücken
sind die zwei ersten Acte aus einem Gusse und schliessen
mit dem vermeinten Tode Lisarda's (in „ La ley ejecutada")
und Porcia's (in „Peimeeo es la honea"); in beiden schliesst
sich ein dritter Act mit vagirender Handlung an, ein. um-
Agustiü Moreto y Cavana. 171
stand, welcher bei Lope sehr oft wiederkehrt, aber Moreto
sonst nirgends vorgeworfen werden kann.
„Sin honea no hay valentia" ist ein Stück mit ausser-
ordentlich ungleichem Stil, eine Seltenheit bei Moreto. Ein
Theil liest sich wie die Verse Lope's und seiner nächsten
Schüler, ein anderer zeigt die gewöhnliche Schreibart unsers
Dichters, ein dritter ist aufgeblasen und cultistisch. Ebenso
wenig ist die Handlung zu loben. Was soll man zu einer
Herzogin sagen, welche — die Abneigung ihres Gemahls be-
merkend — selbst nach Rom geht, vom Papste einen Dispens
zur Ehescheidung erwirkt, dann in Verkleidung eines päpst-
lichen Curials, mit einer Brille auf der Nase, nach Neapel
zurückkehrt, ihren Gemahl von seiner Ehefessel befreit und
schliesslich frisch und fröhlich einen Andern mit ihrer Hand
beschenkt, von dessen Liebe zu ihr oder ihrer Liebe zu ihm
vorher gar keine Rede war? Für eine solche Possenreisserei
scheint die Trennung einer durchaus legitimen Ehe gewiss
keine geeignete Grundlage.
„AitfOE Y obligacion", „Fingib y amar", „La confusion
DE UN jabdin", „Los enganös de un engano y confusion
DE UN PAPEL" sind unbedeutende Dramen und dürfen zur
Dutzendwaare unsers Dichters gezählt werden.
„La negba pob el honoe." Die zwei ersten Acte dieser
Comödie sind ohne besonderes Verdienst, der dritte ist in der
Handlung so überladen und unsinnig wie eine Anzahl dritter
Acte Lope de Vega's. Nicht weniger als dreimal soll eine
Dame von ihrem verschmähten Liebhaber vergewaltigt werden,
imd das letzte mal rettet sie sich nur durch Verkleidung als
männlicher Negersklave mit geschwärztem Gesicht.. Der über-
listete Ehrenräuber, welcher ausserdem ihrem Vater einen
Backenstreich gegeben hatte und deshalb von ihr (in Männer-
tracht) zum Duell gefordert worden war, wird Bandit. Als
solcher hat er dann noch Gelegenheit, den Grossmüthigen
zu spielen, da alle Personen, die er beleidigt hat, in seine
Hände fallen! Es ist unbegreiflich, wie der Dichter von „El
DESDEN CON EL desden" eiucu solchou Unsinn zusammen-
schreiben könnte, wenn man nicLt — in diesem Falle zu
seiner Ehre — annehmen will, er habe den Stoff eines altem
Stücks geplündert.
„Yo PCB vos Y vos POB OTBO." Dou lüigo de Mendoza
172 Agustin Moreto y Cayana.
und Don Enrique de Ribera sind von einem alten Freunde,
Don Gomez de Cabrera, von Mexico nach Madrid berufen
worden, um sich mit dessen Töchtern Margarita und Isabel
zu vermählen. Als die Freunde nach Madrid kommen, finden
sie Don Gomez todt und ihr Verhältniss zu den Bräuten in
der schlimmsten Verfassung, denn durch eine Verwechselung hat
seinerzeit Margarita das Porträt Don Enrique's, Isabel das-
jenige Don Inigo's erhalten, und beide haben sich, diesen
Porträts nach, sterblich in die Unrichtigen verliebt. Dies
wäre nun nicht so schlimm, wenn nicht umgekehrt Don Inigo
und Don Enrique auf Grund der ihnen richtig gesandten
Porträts eine heftige Neigung für die ihnen thatsächlich be-
stimmten Bräute gefasst hätten. Auf diese Art will die Rech-
nung zur Verzweiflung der vier Brautleute durchaus nicht
stimmen. Hier muss nun — wie so oft in ähnlichen Fällen —
der Scharfsinn eines geriebenen Dieners die Ausgleichung
dieser Gegensätze anbahnen. Er räth den Freunden, Liebe zu
den sie Liebenden zu heucheln, ihr bisheriges Benehmen da-
durch zu erklären, dass sie ihre wahre Neigimg bis jetzt aus
Furcht vor dem mit dem ihrigen nicht übereinstimmenden Tem-
peramente der sie liebenden Damen verborgen gehalten hätten,
und deren Liebe alsdann durch brüskes Schautragen ihrer
angeblich entgegengesetzten Charaktere in Antipathie umzu-
wandeln. Da Margarita ernsten, Isabel freiem Temperaments ist,
so fingirt Don Enrique Liederlichkeit, Don Inigo übertriebene
Eifersucht. Es gelingt beiden wirklich, die Damen derart
zur Verzweiflung zu bringen, dass jede die Untugenden des
Nichtgeliebten, ihr ursprünglich Bestimmten, als erträglicher
ansieht un.d demnach schliesslich die Paare in der Weise ver-
einigt werden, wie es der Wunsch des Vaters und der Werber
ursprünglich war. — Wenn auch die vierfachen Verliebungen
auf Porträts hin nicht all^u wahrscheinlich sind, so verdient
doch die auf psychologischer Grundlage aufgebaute, die Cha-
raktere gebührend berücksichtigende, geistreich und fein ge-
führte Handlung uneingeschränktes Lob.
„Tbampa adelante" ist ein frisches, prickelndes Intri-
guenstück leichtern Schlages, in welchem die ohne Vorwissen
seines Herrn verübten Prellereien eines verschmitzten Dieners
die Hauptwürze bilden.
„La ocasion hace al ladbon" ist zu drei Viertheilen
Agustin Moreto y Cavana. 173
der Comödie „La villana de vallecas" von Tirso de Mo-
lina nahezu wörtlich nachgeschrieben. Die wenigen Aen-
derungen, welche Moreto mit der Handlung vorgenommen hat,
sind zu loben; besonders ist die Katastrophe auf einfachere,
technisch und künstlerisch wirksamere Weise herbeigeführt
Trotzdem kann diese Art der Benutzung fremden Eigenthums
(ohne jegliche Angabe des Vorbildes) nur als Diebstahl ge-
brandmarkt werden, womit jeder einverstanden sein wird,
welcher die beiden Comödien hinter einander liest. — Eine
kleine Textänderung verdient besondere Erwähnung. Bei der
Unterhaltung der zwei Hauptliebhaber im Gasthause wird in
beiden Comödien nach Neuigkeiten im Theaterfache gefragt
Bei Tirso lautet die Antwort, dass die Comödien Lope de
Vega's,bei Moreto, dass diejenigen Calderon's augenblick-
lich am meisten geschätzt würden: eine bezeichnende Aenderung!
„De fueea vendea" ist eine frische Comödie, nach dem
Muster der Lope'schen „^De cuando aca nos vino?" geschnitten;
ausserdem hat Moreto die reizende Anfangsscene von Lope's
„El aceeo de Madeid" benutzt Die Veränderungen Moreto's
«ind im ganzen wenig wichtig. Wie bei „La ocasion hacb
AL ladeon" ist die Katastrophe lebhafter geworden, aber
„De fueea vendea" hat diesem Stücke gegenüber den Vor-
zug, dass es seinem Muster nicht abgeschrieben, sondern künst-
lerisch nachgebildet ist
Die gleiche Bemerkung passt auf „El lindo Don Diego",
jedoch mit dem Zusätze, dass dieses Stück seinem Vorbilde,
.Don Guillem de Castro's „El Naeciso en su opinion" in
jeder Beziehung überlegen ist Moreto hat die handelnden
Personen richtiger gruppirt, die Handlung besser geführt und
dieselbe durch sich natürlich anschliessende Episoden be-
reichert. Ausserdem hat er die Charaktermalerei sorgfaltiger
behandelt und aus einem originell erfundenen, jedoch etwas
roh bearbeiteten Stoffe ein Meisterwerk geschaffen. Nichts
kann köstlicher sein, als die Schilderung des Gecken Don Diego
durch den Lakaien Mosquito am Anfange des ersten Acts,
sowie die etwas später folgende Scene Don Diego's vor dem
Spiegel. Diese Scene hat ein Vorbild in der ersten Scene
von Don Guillem's Stück, aber eine Vergleichung der beiden
fällt auf das entschiedenste zu Gunsten Moreto's aus.
Der Hauptgedanke des Lustspiels „El licbnciado Vi-
IJ4 Agustin Moreto y Cayana.
vtHiKHA'' ist mittelbar oder unmittelbar der gleichbetitelten No-
\vlK> tles Cervantes entnommen. Während aber in dieser die fixe
WiH^ des Helden, sich als von Glas angefertigt zu betrachten, eine
\^ irkliche, infolge eines Zaubertranks entstandene ist, wird diese
XwTlieit bei Moreto nur fingirt. Von einer Nachahmung der
Ntivolle kann daher keine Rede sein, da auch im übrigen die
Ihuuihmg durchaus verschieden ist. Dass der Carlos des Moreto
durch angebliche Tollheit dasjenige erreicht, was seinen glän-
zenden Thaten mit der Feder und dem Schwerte versagt blieb,
ist mehr ein satirischer, als ein dramatischer Gedanke,
<ler ohnedem nicht besonders geschickt ausgeführt ist.
Geschichtlichen und traditionellen Inhalts sind fol-
gende Stücke:
„Antioco y Seleuco." Dieses Drama behandelt die wohl-
bekannte üeberlieferung, dass der Prinz Antiochus sich in
die Braut seines Vaters Seleucus verliebt, diese Leidenschaft
zu unterdrücken gesucht und sich dadurch ein Seelenleiden
zugezogen, welches ihn an den Rand des Grabes gebracht,
dass der bekümmerte Vater durch den feinen Menschenkenner
Erisistratus die Ursache dieser Schwermuth erforscht und trotz
heftigen Seelenschmerzes die Braut dem unglücklichen Sohne
abgetreten habe. Die Mache des Stücks ist eine gute; die
seelischen Regungen der Personen sind mit grosser Geschick-
lichkeit dargestellt, aber die feurige Sprache echter, tiefer
Leidenschaft findet sich ebenso wenig in diesem, als in den
andern Werken des Dichters.
Ein Stück ähnlichen Schlages ist „La euebza de la ley",
in welchem die unwahrscheinliche alte Anekdote verwerthet
wird, dass der gleiche Seleucus, welcher seinen Sohn Demetrius
wegen eines Ehebruchs zum Ausstechen beider Augen ver-
urtheilen muss, sich selbst zum Verluste eines Auges bereit
erklärt, um dem Prinzen eins belassen zu können, ohne das
von ihm selbst gegebene Gesetz zu verletzen. Mit Recht
macht sich der Gracioso am Schlüsse des Stücks über die
abgeschmackte Katastrophe lustig (er ruft: „Es leben die zwei
einäugigen Könige!"), denn eine Gesetzesverdrehung liegt
ebenso gut auf diese Weise vor. Dass Moreto zu diesem
Stücke wahrscheinlich ein directes dramatisches Vorbild
hatte, wird durch eine Stelle in Lope de Vega's „El Maeques
DE Mantua" angedeutet:
Agustin Moreto y Cavana. 175
Otro, por qtiehrar su ley (eher „guardar au ley^^)
U7l OJO 86 SacÖ ä 81
y otro d su hijo^',
denn die Anspielung wäre bei dem weitaus überwiegenden Theile
der damaligen Zuhörerschaften sicher ganz verloren gegangen,
wenn sie auf nichts Actuelleres als das alte Histörchen Bezug
genommen hätte.
„Los jUECEs DE castilla" ist ein im „lenguaje an-
tiguo" geschriebenes Drama, welches uns in interessanter
Weise ein Stück altspanischer legendenhafter Geschichte vor-
führt. Das Stück ist jedenfalls dem verlorenen gleichbetitel-
ten des Lope de Vega nachgebildet, denn es finden sich Stellen,
welche Moreto offenbar wörtlich von Lope herübergenommen
hat, wie z. B. am Anfange des zweiten Acts:
Mejor que 8u cetro el rey,
tomo el timorif cargo el pechOj
rompiendo el rudo barhecho
äl tardo paso del huey.
Con gusto y pacienda sigo
8u grave huella, admirando,
que va en la tierra tirando
reglas en que escriba el trigo —
u. s. f. bis zum Schlüsse der Rede Ramiro's. Dass es aber — wie
schon behauptet worden ist — mit dem Stücke Lope's ganz
identisch sei, ist nicht möglich, denn einer solchen Annahme wider-
sprechen der allgemeine Ton der Moreto'schen Composition,
einzelne Ausdrücke (wie z. B. der Lieblingsausdruck Moreto's :
„Arroga" für „Hopp !"), sowie der durchaus entscheidende Um-
stand des Abdrucks in dem von Moreto selbst autorisirten
ersten Band seiner Comödien, Madrid 1654. Als ergänzender
Beweis mag ausserdem die Vergleichung mit La Hoz y Mota's
„El deseado principe de Asturias" dienen, welche der Leser
bei unserer Besprechung dieses Dichters finden wird.
„CÖMo SE VENGhAN LOS NOBLEs" behandelt den gleichen
Stoff wie Lope de Vega's „El testimonio vengado". Eine
Nachahmung dieses Stücks ist indessen Moreto's Arbeit nicht.
Vergleicht man die Behandlung der Fabel seitens beider Dich-
ter, so stellt sich diejenige Lope's als loser gefügt, naiver
und malerischer, diejenige Moreto's als überdachter, vernünf-
tiger, aber bedeutend farbloser dar, Unterschiedspunkte, welche
nicht allein bei diesem Stücke, sondern im allgemeinen fest-
gehalten werden dürfen.
Ehe wir zur Besprechung des berühmten Dramas „El
VALiENTE JusTiciERo" Übergehen, muss dessen Vorbild: „El
176 Agustin Moreto y Cavana.
KEY Don Pedro en Madeid y El infanzon de Illescas*'^
einer Prüfung unterzogen werden, nach welcher Moreto's Stück
kurz abgehandelt werden kann.
Ueber die Autorschaft des „Infanzon de Illescas" herrscht
einiges Dunkel; in alten Drucken wird dieselbe theils Lope
de Vega, theils Calderon, in einem alten Manuscript dem Clara-
monte, in einem neuem dem Tirso de Molina zugeschrieben*
Bezüglich Lope's liegt wohl nur die leichtfertige oder absicht-
liche Verwechselung eines alten Druckers mit der Comödio
ähnlichen Titels „El caballebo de Illescas" von Lope vor^
denn nichts Anderes kann zu dieser Vermuthung den gering-
sten Anlass geben. Was Calderon angeht, so hat Vera Tassis
ausdrücklich dessen Autorschaft zurückgewiesen. Für Tellez
(Tirso de Molina) lassen sich viele Stellen des Dramas ins
Treffen führen, andere können jedoch kaum von ihm herrühren.
Andres de Claramonte endlich war ein zu beschränkter Geist^
als dass man demselben die grossartige Conception des Dramas
zutrauen könnte. Alles dies führt Hartzenbusch zu der Ver-
muthung, die beiden letztgenannten Autorschaften möchten
durch die Annahme, Claramonte habe ein Stück von Tellez
überarbeitet, zu vereinigen sein. Aber selbst diese Rolle
Claramonte's war auf einer Iso schwanken Grundlage bisher
nur eine Hypothese, die indessen durch nachstehende Er-
wägimgen zur Gewissheit wird. Im zweiten Auftritt des zweiten
Actes unsers „Infanzon de Illescas" hat ein Dichter Namens
„Clarindo" eine kurze Audienz bei König Pedro. Der gleiche
Clarindo erklärt in der 24. Scene desselben Acts dem König —
nach Absingen einer Romanze im Vorzimmer — , er habe
dessen Erlebnisse schreiben wollen („El key Don
Pedro en Madeid" ist der Beititel des „Infanzon de Illes-
cas"). Nun ist aber „Clarindo", einem Eingangsgedicht von
Claramonte's „Feaomento a la pubisima concepcion de.
mabia" (Sevilla 1617) zufolge, das Pseudonym Clara^
monte's.
Nach Feststellung dieses Punktes gehen wir zu der Be-
sprechung des Stückes selbst über, welches trotz seiner un-
gelenken Handlung, durch die Grösse der Conception und die
scharfe Charakterzeichnung einen hervorragenden Platz in der
altspanischen Dramatik verdient.
Don Tello Garcia de Fuenmayor, eüi hochfahrender uni
AgustiiL Moreto y Cavana. 177
gewaltthätiger Edelmann von lUescas, hat Elvira, ein schönes
Landmädchen, entehrt, sie alsdann Verstössen und einem seiner
Escuderos, Don Rodrigo, dessen Braut Leonor geraubt, um sich
mit ihr zu vermählen. Der König Pedro der Grausame von
Castilien kommt auf dem Wege von Sevilla nach Madrid in
die Nähe von lUescas. Sein Pferd stürzt, er tödtet dasselbe
in der ersten Wuth und trifft dann auf die unglückliche Elvira,
welche ihm ihre Leidensgeschichte anvertraut. Empört über
solche Willkür in seinem Reiche, gibt er sich für einen Günst-
ling seiner selbst aus, verspricht Elvira seine Verwendung und
macht sich dann auf, um den übermüthigen Edelmann persön-
lich kennen zu lernen. Bevor er an dessen Schlosse anlangt,
stellt sich ihm der Schatten eines von ihm mit eigener Hand
in der Kirche ermordeten Geistlichen in den Weg, kündigt
ihm an, dass er ihn in Madrid erwarte, schwingt sich zum
Entsetzen des Königs auf dessen todtes Pferd und sprengt
davon. Der König setzt seinen Weg zu Don Tello fort,
stellt sich demselben als einfacher Hidalgo vor, wird her-
ablassend empfangen, muss aber vieles Unangenehme über
sich hören. Denn abgesehen davon, dass sich Don Tello über
die unmittelbare Königsgewalt geringschätzig äussert, legt er
ihm auf seinen Vorwurf bezüglich Leonor's die höchst zutreffende
Frage vor, was denn König Pedro's Vermählung mit Dona
Maria de Padilla Anderes sei? Trotz seines aufbrausenden
Temperaments hält der König an sich, um Don Tello in Madrid
mit mehr Sicherheit und Nachdruck strafen zu können.
Zweiter Act. Li Madrid angelangt, lockt der König
Don Tello mittels eines schmeichelhaften Briefes in den Palast,
ermüdet ihn erst durch Aufhalten in verschiedenen Vor-
zimmern, behandelt ihn dann mit Geringschätzung und zur
Schau getragener Gleichgültigkeit und geht schliesslich zu Vor-
würfen und thätlichen Mishandlungen über. Zu dieser Schmach
gesellt sich die Beschämung Don Tello's, nach Abgang des
Königs mit Elvira und Leonor confrontirt und alsdann ver-
haftet zu werden. — Der König hat sich unterdessen in seine
Gemächer zurückgezogen und fordert die ihn bedienenden
Caballeros auf, mit ihm zu fechten. Aus Furcht vor seinem
jähzornigen Teinperament will keiner diese Ehre annehmen.
Als sich nach langem Drängen sein Günstling Fortun dazu
bereit findet und gleich verwundet wird, gehen die Andern
SCHJEFTKB. II. -J^2
178 Agustin Moreto y Cavana.
ab. Der König schmäht sie als Feiglinge und will weiter
. fechten, da stellt sich ihm der Schatten des Geistlichen gegen-
über und zeigt ihm, dass er an einer wesenlosen Gestalt einen
übermächtigen Gegner habe.
Dritter Act. Don Tello wird zum Tode verurtheilt^
Das gleiche Schicksal soll Don Rodrigo treflfen, welchem der
König als „Caballero" gerathen, als „König" aber abgerathen
hatte, die Rache gegen Don Tello selbst in die Hand zu neh-
men, und welcher infolge dessen im Palast den Degen auf den
Räuber seiner Braut gezogen hatte. Die Thränen Elvira's
und Leonor's fruchten anscheinend nichts bei dem Könige
welcher ihnen vorhält, dass sie selbst nur Gerechtigkeit
gefordert hätten. Im Geheimen hat Don Pedro jedoch andere
Absichten. Er will Don Tello unerkannt befreien, ihm aber
vorher beweisen, dass er ihm nicht nur als König, sondern
auch als Mann überlegen ist, was dieser bezweifelt hatte. Er
führt deshalb nächtlicher Weile und in Verhüllung den Edel-
mann aus dem Kerker ins Freie, bedeutet ihm, zu warten^
bis er das zu seiner Flucht bestimmte Pferd herbeiführe, kehrt
dann von einer andern Seite her zurück, fordert einen Streit
heraus, kämpft mit Don Tello und wirft ihn besiegt zu seinen
Füssen. Eine herbeigebrachte Fackel zeigt dem gedemüthigten
Edelmanne, wer sein Besieger ist; er gesteht dessen lieber-
legenheit ein und flüchtet auf dem für ihn bereit gehaltenen
Pferde. Der König bleibt, stolz auf den gefeierten Triumph
zurück, wird aber sofort wieder an die Eitelkeit menschlicher
Kraft erinnert, denn zum dritten male erscheint der Schatten,
weissagt ihm den Tod durch die Hand seines Bruders, wenn
er sich nicht bessere, und befiehlt ihm, in Madrid ein Kloster
zu bauen, damit seine (des Geistlichen) Seele aus der ewigen
Glut in das Fegefeuer eingehen könne. Alsdann reicht er Don
Pedro — wie in „El Burlador de Sevilla" der Comthui^
Don Juan — die Hand, deren sengende Hitze nicht zu ertragen
ist. Der König lässt in der Bestürzung seinen Lieblingsdolch
liegen, welchen ihm der Schatten entrissen und dann zur Erde
geschleudert hatte, und kehrt nach Madrid zurück. Sein Halb-
bruder, Don Enrique de Trastamara, welcher auf dem Wege
nach der gleichen Stadt ist, um sich ihm zu Füssen zu werfen,
findet den Dolch und glaubt, durch Rückgabe desselben einer
günstigen Aufnahme sicher zu sein. Die Weissagung des.
Agustin Moreto y Cavana. 179
Schattenö in Verbindung mit diesem Umstände wecken zwar
bei Don Pedro bange Ahnmigen, aber die Demuth Enrique's
entwaffnet ihn. Das Gefolge des letztern hat unterdessen den
mit verdächtiger Eile flüchtenden Don Tello festgenommen
und in den Palast gebracht. Der König begnadigt ihn unter
der Bedingung, dass er sich mitElvira vermähle; ebenso er-
hält Don Rodrigo Verzeihung und die Hand Leonor's.
Es fällt auf den ersten Blick auf, dass die Episoden,
d. h. die drei Erscheinungen des von dem König ermordeten
Geistlichen und das dreimalige Auftreten Don Enrique's
dramatisch ganz ungerechtfertigt sind, wenn man, wie es ge-
wöhnlich geschieht, als Hauptgedanken des Dramas den Vor-
fall mit dem übermüthigen Edelmann annimmt. Forscht man
aber ernstlich nach dem Grunde, aus welchem der Dichter
diese Episoden eingeflochten hat, so kann man nur zu deni
Ergebnisse gelangen, er habe damit den wahrhaft gross
gedachten Plan verfolgt, die Worte der heiligen Schrift zu
verkörpern: „Richtet nicht, auf dass ihr nicht ge-
richtet werdet!" Denn während der König als un-
beugsamer Gerechtigkeitseiferer dargestellt wird,
sehen wir durch die Vorführung des Schattens, dass
er selbst durch Begehen einer himmelschreienden
Sünde (die Ermordung des Geistlichen in der Kirche) der
höhern Gerechtigkeit verfallen ist, und gleichzeitig
wird uns durch die mehrfache Vorführung Don En-
rique's das Werkzeug dieser Gerechtigkeit sicht-
bar gemacht. Dieser erhabene, echt tragische Gedanke
hätte allerdings deutlicherer Heraushebung bedurft und muss
selbst Moreto entgangen sein, wie ihm auch die Erhabenheit
der tragischen Scenen des ersten „Travesuras son valor'^
entgangen ist. Nur das Fehlen dieser Erkenntniss konnte auch
spätere Kritiker (welche nicht die spanische Nationaldramatik
als Ganzes, sondern nur den allgemem bekannten „Valiente
Justiciero" im Auge hatten) veranlassen, die Aufmerksamkeit
des Publikums darauf zu lenken, dass im Gegensatze zu der
Chronik Ayala's.und den alten Volksballaden, der durch diesel-
ben festgestellte grausame Charakter Pedro's I. in der Jüngern
dramatischen Poesie nur als ein „strenge Gerechtigkeit üben-
der" erscheine und letztere Auffassung ebenso viel Berechtigung
haben möge, als die erstere. Dieser Gegenstand ist in seinen
12*
180 Agustin Moreto y Cavana.
allgemeinen Zügen nach Besprechung des Lope^schen Dramas
„Los Ramibez de Aeellano'' (Bd. I, S. 159 fg.) eingehend von
uns beleuchtet worden. Mit besonderer Beziehung auf den „In-
FANZON DE Illescas" (uud hiermit auch auf dessen sklavische
Nachahmung : „El valiente Justiciebo") ist Obigem lediglich
beizufügen, dass auch hier das grausame Naturell des Königs
nur in dessen eigenem Munde als Gerechtigkeitseifer
entschuldigt, uns dagegen durch den Schatten in nicht mis-
zuverstehender Weise vor Augen geführt wird. Nicht genug
damit, sind die Auslassungen Don TeUo's über des Königs Ver-
hältniss zu seiner Geliebten, Dona Maria de Padilla, sowie seine
Anspielungen auf die unglückliche Königin Dona Bianca offen-
bar des Dichters eigene Gedanken.
Ob der Dichter des „Infanzon" das Lope'sche Drama
„El ME JOB ALCALDE EL bey" gekannt hat, ist zweifelhaft,
wenn auch eher wahrscheinlich, da die Namen des Edelmannes
Don Tello und der geraubten Elvira in beiden Stücken über-
einstimmen. Jedenfalls aber hat er eine durchaus selbständige
Schöpfung hervorgebracht, denn er hat den Charakter des hoch-
fahrenden Edelmannes dadurch total verändert, dass dieser nur
von seiner Unabhängigkeit vom König prahlt, während er des-
sen Befehlen Folge leistet. Ebenso hat er, trotz der Substi-
tuirung des grausamen Pedro I. für Alfons VII., den Charakter
des Königs gemildert, denn Alfons begibt sich mit nur zweiEdel-
leuten in die Höhle des Löwen selbst, während Pedro den Infan-
zon in seinen Palast kommen lässt, wo er ihn vollständig in seiner
Gewalt hat. Dass die Katastrophen der beiden Stücke verschie-
den sein mussten, ergibt sich aus dem Gesagten von selbst.
Ehe wir dieses höchst merkwürdige Drama verlassen, sei
noch als vortrefflicher Zug erwähnt, dass von den drei Er-
scheinungen des Schattens die erste stattfindet, als Don Pedro
nach Elvira's Erzählung in vollem Gerechtigkeitseifer erglüht,
die zwei andern — nach der Fechtscene und nach dem glor-
reichen Zweikampf mit Don Tello — in Augenblicken, in
welchen das Selbstgefühl und der Stolz auf seine körperliche
Kraft die Seele des Königs ungebührlich angeschwellt hatten
und er einer Mahnung an seine menschliche Nichtigkeit bedurfte.
Um nun auf Moreto's „El valiente Justiciebo" zu
kommen, so ist wenig nachzuholen, da er den „Infanzon de
Illescas" knechtisch nachgeahmt und lange Stellen beinahe
Agustin Moreto y Cavftna. 181
wörtlich herübergenommen hat. Die Unterschiede zwischen
den beiden Dramen beschränken sich auf etwa Folgendes. Bei
Moreto ist aus dem Landmädchen Elvira eine Dona Leonor
geworden; der Brautraub Don Tello's wird uns auf offener
Scene vorgeführt; die drei Geistererscheinungen sind auf eine
reducirt; Tello kehrt im Angesicht des Todes zu seiner Liebe
für Leonor zurück. Letzterer Umstand ist vielleicht die ein-
zige Verbesserung Moreto's, denn hierdurch ruft er unser
Mitleid für den gebeugten Edelmann wach und bereitet dessen
Begnadigung am Schlüsse vor. Femer findet bei ihm diese
Begnadigung auf Bitten DonEnrique's statt, eine Aende-
rung, welche durchaus unnöthig erscheint. Die schöne Fecht-
scene hat er weggelassen.
Der Nimbus, mit welchem die Kritik das Stück Moreto's
vor Bekanntwerden des „Infanzon de Illescas" mit Recht um-
geben hatte, muss nach Obigem schwinden und auf das Vorbild
übertragen werden, das er so unbarmherzig geplündert hat.
Es bleiben uns noch die Dramen religiösen Inhalts und
die eigentlichen Heiligenstücke zu besprechen.
„La cena DEL Key Baltasar" zeigt — mit Calderon's Auto
„La cena de Baltasab" verglichen — recht augenscheinlich
die Inferiorität Moreto's, was wahrhaft grosse Gedanken betrifft.
Bei Calderon durchschauert uns, wie den unglücklichen Bal-
thasar selbst, die unwiderstehliche, erhabene Grösse des all-
mächtigen und einzigen Gottes, welcher dem verstockten Sün-
der das Todesurtheil an die Wand schreiben lässt; in zweiter
Linie packt uns die philosophische Einkleidung des gewaltigen
Stoffes. Nichts von alledem bei Moreto; sein „Gastmahl des
Balthasar" ist eine gewöhnliche Comödie, in welcher Balthasar
(Belsazzar), Cyrus u. s. w. etwa die gleichen Rollen spielen wie
die fabelhaften Fürsten von Albanien und Siebenbürgen in den
novellesken „Comedias de cuerpo" der Epoche.
Besser ist das Stück „Los siete durmientes". Das-
selbe behandelt die Geschichte der sieben Söhne des Dictators
Valerius von Ephesus, welche als neubekehrte Christen auf
Befehl des Kaisers Decius in einer Höhle lebendig begraben
werden, aber nur in einen tiefen Schlaf verfallen, aus welchem
sie 200 Jahre später während der Regierung des Kaisers
Theodosius erwachen, als die Höhle zufällig durch grabende
Landleute freigelegt wird. Der Unterschied beider Zeitalter,
182 Agustin Moreto y Cavana.
welcher den unbewussten Schläfern wie ein Traum vorkommt,
ist interessant geschildert, jedoch nicht in vollem Maasse aus-
genützt. Die Hauptschwäche des Stücks ist der alberne Gra-
cioso, ein Geistesverwandter seines ebenso abgeschmackten
CoUegen in „La ceka del Key Baltasab'*.
„El Cristo de los milagros" ist ein schwaches Mach-
werk mit schlecht disponirter Handlung; es behandelt die
Wunderthaten eines in Cabrilla aufgestellten Christusbildes,
einer Copie des, der Legende nach, von Nicodemus nach der
Natur gemalten Bildnisses.
„El ßosARio PERSEGUiDo", eiu Drama, von welchem
der Verfasser ein unter dem Namen Moreto's, ein anderes
unter demjenigen eines „Ingenio de esta Corte" gedrucktes
Exemplar besitzt, kann unmöglich von Moreto herrühren. Die
Derbheit des Plans und der Ausführung, die fast durchgehends
angewendeten Redondillas, das Sprachgepräge der frühesten
Nachahmer Lope de Vega's, die urwüchsige, handgreiflich
derbe, aber für ein noch unverdorbenes Publikum höchst be-
lustigende Komik, schliesslich sogar die Bühnenweisungen
(z. B. „Sole el Bey enojado, y dic&') deuten auf das Ende
des sechzehnten oder den Anfang des siebzehnten Jahrhunderts
hin. Wie die Comödie „San Luis Beltran" von dem der
gleich frühen Periode angehörigen Gaspar de Aguilar, unter
Moreto's Namen gedruckt ist, so muss „El rosario perseguido"
auf gleiche Art mit seiner Flagge gedeckt worden sein. Was
den wirklichen Verfasser angeht, so lässt sich ohne besonderen
Zwang annehmen, dass es ein gewisser Pedro Diaz ist, wel-
chen Rojas Villandrando in seinem „Viaje entretenido" in
folgenden Ausdrücken erwähnt:
Hizo Pedro Diaz entönces
la (Comedia) del Rosario y y fue huena.
Das Urtheil des guten Rojas, dass die Comödie gut gewesen
sei, kann allerdings nur von seinem Standpunkt als Schau-
spieler aus gerechtfertigt werden, denn sie hat entschieden
keinen poetischen Werth, wohl aber die schon oben erwähnte,
für den Schauspieler höchst schätzenswerthe Eigenschaft,
durch Einstreuen eines beträchtlichen Quantums handgreif-
licher, zwerchfellerschütternder Komik denjenigen Theil der
Zuhörer bei guter Laune zu erhalten, auf welchen es am mei-
sten ankam: die Mosqueteros, die „Gründlinge des Parterres*'.
Agustin Moreto y Cavana. 183
„El MAS ILUSTEE FRANCES, San Bernardo" ist ein Uli-
zusammenhängendes Stück in der Art der Heiligendramen
Lope de Vega's. Was darin dem Zuschauer zugemuthet wird,
mag schon aus der blossen Erwähnung hervorgehen, dass die
Jungfrau Maria dem Heiligen während einer Verzückung er-
scheint und ihm aus ihrer Brust zu trinken gibt, um ihn zum
Milchbruder Christi zu machen.
„La milagrosa eleccion de San Pio V" scheint die
Neubearbeitung eines Stücks von Claramonte zu sein, denn
es wird darin ein Lied von dem Poeten „Clarindo" gesungen
und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass derselbe „dichte,
um sich zu ernähren". Beides sind Umstände, welche im
„Infanzon de Illescas" erwähnt werden und dorten, sowie
bei den biographischen Notizen über Claramonte besprochen
worden sind. — Das Stück an sich ist ein mittelmässiges;
sein Inhalt geht aus dem Titel hervor.
„El esclavo de su hijo" (El azote de su patria) be-
handelt die Geschichte eines bekehrten venetianischen Rene-
gaten. Das Stück ist ganz im Stile Lope de Vega's ge-
schrieben; es hat dessen blühende Sprache, dessen lose ge-
fügte Handlung und ist — gegen die Gewohnheit Moreto's —
fast durchgehends gereimt. Die Autorschaft des letztern er-
scheint demnach aus innem Gründen zweifelhaft, während die
äussern Indicien: Abdruck im 34. Bande der ^^Escogidas''''
unter Moreto's Namen und Nachdruck im apokryphen dritten
Bande Moreto (Madrid 1681) kaum als Gegengewicht gelten
dürften. Eine höchst merkwürdige Figur des Stücks ist ein när-
rischer Heiliger in der Art des „Loco cuerdo" von Valdivieso.
„El lego DEL Carmen" (San Franco de Sena) schil-
dert die in der altspanischen Dramatik so oft wiederkehrende
Seelenrettung eines gottlosen Verbrechers durch ascetische
Busse. Zwei ßeminiscenzen an frühere Stücke — an sich
unwichtig — mögen den Beweis liefern, wie Moreto's Gehirn
€ine wahre Vorrathskammer für eingeheimstes poetisches Ma-
terial war. Moreto's Lucrecia soll sich mit einem krüppel-
haften Mailänder, Namens Fabricio, vermählen. Alles
dies stimmt bis auf die Namen, den Habitus und das Vater-
land der Personen mit einer Episode in Lope de Vega's „La
MAL casada", während die rührende Zärtlichkeit des Ver-
brechers für seinen alten Vater und sein hieraus entspringen-
184 Agustin Moreto y Cavana.
der waghalsiger Besuch bei demselben an Tirso's „El con-
DENAPO POB DESCONFIADO" erinnert. Im übrigen scheint eine
Stelle in Vicente Sanchez' ,^IAra poetica^ (Zaragoza 1688,
S. 27) darauf hinzudeuten, dass Lope de Vega Autor eines
Dramas „El lego del Caemen" war, welches dem an dem
betreffenden Orte Verspotteten (Don Francisco del Cerro), so-
wie unserm Moreto als Vorbild gedient haben mag. Die Stelle
lautet: „01a, ola, 'iqu6 es esto? ^A ml se me atreve con
coplas, dijo Montanas, un poeta lego del Carmen, que le
ha bebido el aguachirle ä Lope de Vega" etc.
„La vida de San Alejo", eine in gemässigtem Tone
gehaltene Heiligencomödie, ist trotzdem, ihrer ganzen Anlage
nach, verfehlt, indem der Dichter [(allerdings der Legende fol-
gend) die Werkheiligkeit nicht etwa, wie gewöhnlich, mit der
weltlichen Sinnenlust, sondern mit dem Sakrament der Ehe
in Widerspruch setzt. Der Heilige verlässt, einem öfters wie-
derholten- Himmelsrufe folgend, seine ihm gerade angetraute,
liebende und tugendhafte Gattin , um die heiligen Stätten der
christlichen Welt zu besuchen und alsdann unerkannt (Gott
hat seine Züge mirakulös verändert) in einem Winkel unter der
Treppe seines Vaterhauses zu sterben. Dies ist ebenso wenig
erbaulich, als künstlerisch verwerthbar.
Es mag schliesslich noch erwähnt werden, dass ein Ein-
zeldruck existirt, welcher das Drama Don Guillem de Castro's
„El mejob esposo" unter dem Namen Moreto 's bringt.
Dass Don Guillem's Stück verschiedene Castrirungen erlitten
hat und die Schlussverse zu Gunsten der Autorschaft Mo-
reto's verändert worden sind, ist bei derartigen Speculationen
gewissenloser Verleger nichts Ungewöhnliches. Was aber dem
gedachten Einzeldruck den Charakter einer Plünderung ver-
leiht, bei welcher Moreto selbst die Hand im Spiele ge-
habt haben könnte, ist die Ersetzung zweier Scenen im
zweiten Act zwischen Kaiser Augustus und einigen römischen
Senatoren durch zwei kurze Scenen zwischen Nebenpersonen
(Hirten und Dienern des Königs Herodes), sowie ein possen-
haftes Einschiebsel in die Zimmermannsscene des dritten Acts»
Zu Ehren Moreto's lässt sich hoffen, dass der Drucker seinen
Namen misbraucht hat, denn im andern Falle wäre das Pla-
giat das unverfrorenste der an solchen Auswüchsen gewiss
reichen altspanischen Dramatik.
Agustin Moreto y Cayana. 185
Don Gerönimo Cancer, der geistreiche Mitarbeiter Mo-
reto's, sagt in seinem berühmten „Vejämen" („06ra5", Madrid
1761, fol. 113): „Inmitten dieses gefährlichen Tumults (einer
Dichterschlacht) bemerkte ich, dass Don Agustin Moreto da-
sass und in einigen Papieren wühlte, welche meines Erachtens
sehr alte Comödien waren, deren sich niemand mehr erinnerte.
Er sagte zu sich selbst: «Diese taugt nichts»; «aus dieser
lässt sich etwas verwenden, indem man Einiges ändert»; «aus
dieser Stelle lässt sich etwas machen » u. s. w."
Nichts kann die Dichterthätigkeit Moreto's besser cha-
rakterisiren, als diese in einem „Vejämen" unter den besten
Freunden damals erlaubte Spötterei. Je tiefer man in das
Studium Moreto's eindringt, desto zahlreicher drängen sich
die Beweise hierfür auf, und wir brauchen nur auf unsere
Einzelbesprechungen zurückzuweisen, um diese Behauptung
zu erhärten. Es bedarf keines besondem logischen Zwanges,
um die Folgerung daran zu knüpfen, dass dieses ohnehin
genügende Material zur ununterbrochenen Beweiskette zu-
sammenschliessen würde, wenn uns die verloren gegangenen
1500 Dramen des Lope de Vega, die 300 des Paters Tellez,
die gleiche Anzahl des Luis Velez de Guevara u. s. w. er-
halten wären. Als Indicien hierfür dienende Materialien findet
der Leser bei unserer Besprechung der Dramen „Pbimero
ES LA honra", „Sin honäa no hat vALENTfA", „Industrias
CONTRA FiNEZAs" u. s. w., aber der Schluss liegt an sich so
nahe, dass es dieser Einzelheiten kaum bedarf. Die um-
sichtigere Kritik muss es natürlich ablehnen, einfach jede
Nachahmung, jede Benutzung früher vorhandener Stoffe zu
verwerfen, wohl aber muss sie Moreto den Vorwurf machen,
dass er diese Reproductionsarbeit fabrikmässig und oft
nicht zum Vortheil der benutzten Stücke betrieben hat.
Ausserdem ist die buchstäbliche Plünderung einiger Vor-
bilder, wie er sie in „El valiente Justiciero" an dem „In-
FANZON de IlLESCAS", iu „La OCASION HACE AL LADRON " aU
der „Villana de Vallecas" ausgeübt hat, geradezu unent-
schuldbar. Eher zu rechtfertigen sind die Entlehnungen, wie
sie uns in „No ptjede ser", „El gaballero del Sacra-
MENTo'' und „De fuera vendra" entgegentreten. Hier kann
zu Moreto's Gunsten angeführt werden, er habe die alten Co-
mödien dem Geschmacke der neuem Zeit entsprechend zu-
186 Agustin Moreto y Cavana.
geschnitten, den Stoff organisch umgestaltet und jedenfalls
in technischer Beziehung verbessert. Freilich ging in die-
ser Umarbeitung meistens der Farbenglanz des Originals ver-
loren und damit der hauptsächliche Reiz der gewöhnlich
extravaganten Handlung. — Durchaus künstlerisch gerecht-
fertigt in jeder Beziehung ist dagegen die Anempfindung
fremder, an sich guter Motive und deren Verarbeitung in
ein einheitliches Ganze, wie es unserm Dichter in seinem
Meisterwerke „El' desden con el desden" gelungen ist.
Dieses Durchpassiren eines gut erfundenen, aber lose ge-
fügten und nicht zu ausgiebiger Verwendung gelangten Ma-
terials durch den Kopf eines spätem, feinfühligen und me-
thodischen Dichters kann, wie das genannte Beispiel zeigt,
eine Neuschöpfung veranlassen, welche die Vorzüge der nai-
ven mit denen der bewussten Dichtkunst vereinigt.
Gehen wir zu der Untersuchung über, warum Moreto
die selbständige Erfindungskraft abging, so muss die Ur-
sache — abgesehen von der vorgeschrittenen Periode — in
seinem Naturell gesucht werden. Hierauf ist bisher von
der literarischen Kritik wenig Rücksicht genommen worden,
und doch besitzen wir gerade in dieser Beziehung einen An-
haltspunkt, welcher helles Licht auf alles Vorhergesagte wirft.
Lesage hat uns nämlich in seinem „6r?7 Blas'' die Ueber-
lieferung aufbewahrt, Moreto sei ein Stutzer gewesen. Lässt
sich nicht aus diesem äusserlichen Umstände auf die seeli-
schen Eigenschaften unsers Dichters schliessen? Besteht nicht
das eigentliche Wesen des Stutzers in der raffinirten
Nachahmung Anderer? Muss nicht einem solchen Men-
schen eher ein zartfühliger, methodischer, dem kleinsten De-
tail Sorgfalt widmender, als ein grosser, origineller Geist
innewohnen? Wird er nicht eher die geglättete, farblosere
Sprache der Convenienz, als diejenige tiefer, unverfälschter
Gefühle sprechen? Mit der Bejahung dieser Fragen ist
der Beweis für die Richtigkeit des Gedankens erbracht, das
Aeussere des Dichters mit seinem Innern in Einklang zu
bringen. Selbst sein Meisterwerk „El desden con el des-
den" macht hiervon keine Ausnahme; es ist ein psycholo-
gisch fein angelegtes, geistvoll aufgebautes Drama, aber die
grossen Gedanken und Situationen, sowie die Sprache tiefer
Leidenschaft, welche die besten Dramen Lope de Vega's,
Juan de Matos Fragoso. 187
Tirso's, Alarcon's, Calderon's und Kojas' auf den höchsten
Gipfel der Poesie erheben, suchen wir vergebens. Im Ex-
trem zeigt sich dies in Fällen, in welchen Moreto durch sein
kleinliches Naturell veranlasst wurde, das wahrhaft Erhabene
eines Vorbildes gänzlich zu übersehen und deshalb beiseite
zn setzen, wie in „Teavesueas son valor".
Auf das Einzelne übergehend, darf die Führung seiner
Handlungen im allgemeinen als eine vortreffliche gelten, ob-
gleich er den Fehler der meisten Dichter der Calderon-Periode,
übermässig lange Reden zur Exposition zu verwenden, in
vielen Fällen theilt. Seine Charakterzeichnung ist oft sorg-
fältig, bis ins Einzelne ausgemalt und psychologisch richtig,
aber grosse, kühne Umrisse wird man — seinem Naturell
gemäss — nicht bei ihm finden. Dagegen fehlen ihm auch
die Roheiten, zu welchen z. B. Röjas sein gewaltigeres Ta-
lent hinriss. Seine Sprache ist fast immer rein und flüssig,
aber etwas langstielig und doctrinär. Wie Don Antonio de
Solfs, verfällt er öfter als die meisten seiner Zeitgenossen in
die Unart, seine Graciosos inmitten des Stücks das Publikum
direct apostrophiren zu lassen.
Moreto ist der Hauptrepräsentant einer Phase des
Niedergangs der altspanischen Dramatik: er zehrt von den
Gedanken seiner Vorgänger, er reproducirt das in sich Auf-
genommene in mehr oder minder gelungener Weise. Da er
aber — wenn auch auf diesem Umwege — zur Schöpfung
von Meisterwerken, wie „El desden con el desden", „El
DEFENSOR BE SU AGEAVIO" Utid „El LINDO DON DiEGO" ge-
langt ist, so hat ihm die Nachwelt mit Recht den sechsten
und letzten Platz unter den Heroen der altspanischen Dra-
matik angewiesen.
Juan de Matos Fragoso.
Dieser Schriftsteller wurde wahrscheinlich zwischen 1610
und 1614 in der Stadt Alvito, Provinz Alemtejo in Portugal,
geboren; seine Aeltern Messen Antonio Fragoso de Matos und
Ana de Souza. Er studirte Philosophie und Jurisprudenz auf
der Universität Evora, wurde zum Licentiaten promovirt und
kam dann nach Madrid, wo er in die Gesellschaft der ersten
Igg Juan de Matos Fragoso.
Schöngeister seiner Zeit aufgenommen wurde. Besonders
scheint er mit Montalvan und Moreto Freundschaft ge-
schlossen zu haben. Für welche Verdienste er später zum
Bitter des Christusordens ernannt wurde, ist unbekannt. Sein
Tod erfolgte am 18. Mai 1692 zu Madrid.
Die Zahl seiner auf uns gekommenen Dramen beläuft
sich auf etwa vierzig, diejenige der in Gemeinschaft mit an-
dern Dichtem verfassten auf etwa die Hälfte.
„El tbaidob contba su sanöbe" (Los siete Infantes
de Lara) behandelt im allgemeinen den gleichen Stoff wie
Lope de Vega's „El bastabdo Mudabba". Die technische
Construction unsers Matos ist der Lope'schen überlegen, aber
dies ist auch alles, was zu seinen Gunsten gesagt werden kann.
Die echte Poesie fehlt; die Diction ist, wenn auch rein, eine
höchst nüchterne; die grossen Leidenschaften werden uns wie
aus derVogelperspective geschildert, und die Figuren des Stücks
ziehen an uns vorbei, wie diejenigen eines Schattenspiels.
Die gleiche Mattigkeit der Sprache, aber mit Geziert-
heit und gelegentlichem Schwulst verbunden, findet sich auch
in „No ESTA EN MATAB EL venceb" (El ccrco do Zamora).
Dies ist jedoch nicht das Schlimmste. Sollte man es für
möglich halten, dass ein altspanischer Dichter von nicht ge-
ringem Ansehen Don Diego Ordonez eine Liebschaft mit Bea-
triz, einer angeblichen Tochter Arias Gonzalo's unterschiebt;
dass Beatriz ins castilianische Lager kommt; dass König
Sancho ihr den Hof macht; dass Don Diego Ordonez, nach-
dem er ihre drei Brüder im Gottesgericht getödtet hat, von
einem Bitter in der Büstung des Cid herausgefordert wird,
welcher sich als Beatriz entpuppt, und dass die Beiden nach
kurzem Wortwechsel frisch und fröhlich heirathen, während
noch das Blut der gefallenen Brüder zum Himmel raucht?
Ist es nöthig, diesem Unsinn beizufügen, dass in einer der
beliebten Dunkelheitsscenen der Lakai Don Diego's, welcher
sich aus Furcht in Weiberkleider gesteckt hat, von seinem
Herrn statt Beatricens entführt wird? Wer aus einem grossen
historischen Stoffe eine so gewöhnliche Capa y espada-Co-
mödie herausschneiden! konnte, muss jeden Verständnisses
ernster Dramatik bar gewesen sein, und selbst die Annahme,
Matos habe irgendein vorausgegangene^ Stück benutzt, kann
an diesem Verdict nichts ändern.
Juan de Matos Fragoso. 189
„ El amob hacb valibntes " behandelt eine Episode der
Geschichte des Cid. Martin Pelaez, dessen Neffe, begibt
sich in das Lager seines Oheims vor Valencia, aber eine an-
geborene Schüchternheit und Aengstlichkeit lässt ihn als
Feigling erscheinen, bis ihn die Vorstellungen des Cid, mehr
aber noch die Eifersucht auf seine Geliebte Elvira zum Hel-
den herausbilden. Das Stück ist würdiger gehalten als das
vorherbesprochene, aber der Geist der Volksthümlichkeit und
Naivetät, welcher zur Behandlung dieser Stoffe gehört, ist
ebenso wenig hier wie dort zu finden.
„La venganza en el despeno" ist ein schwächlicher
Abklatsch des Lope'schen Dramas „El fbincipe desfenado".
Auch hier hat Matos gezeigt, dass ihm für wirklich grosse
dramatische Situationen das Verständniss vollständig abging,
denn gerade die wundervolle Scene am Anfange des dritten
Acts seines Vorbildes, welche den Glanzpunkt der Handlung
bildet, hat er durch Umgestaltung der Fabel vermieden.
„Ver t cbebb." Dieses Drama hat seine Bewunderer
gefunden, welche aber wohl nicht in Anschlag gebracht ha-
ben, dass es einfach eine schamlose Plünderung von „Siem-
PBE A YUDA LA VEBDAD " ist. Die Einzelvorbesserungen unsers
Matos sind unbedeutend, und dass er im allgemeinen den
Ton des Stücks auf die erhöhte Concertstimmung der Cal-
deron-Periode hinaufgeschraubt hat, ist ein höchst zweifel-
liaftes Verdienst.
üeber „Amob, lealtad t ventuba" ist ebenso wenig
Gutes zu sagen. Die Handlung — fabelhafte Abenteuer des
Königs Matthias Hunyades von Ungarn — geht auf Stelzen,
die Sprache ist eine cultistische. Zum ernsten historischen
Drama fehlte offenbar unserm Dichter jede Begabung.
Ebenso schwülstig und unwahrscheinlich ist das roman-
hafte Stück „El genizabo de Hungbia", in welchem Matos
den Ritterroman „El caballero del Febo'' benutzt hat.
Zu den Dramen religiösen und mirakulösen Inhalts
übergehend, treffen wir zuerst auf „El Job de las mujebbs,
Santa Isabel, Reina de HuNGBfA". Die Sprache dieses
Stücks ist stark cultistisch gefärbt, und die extravagante Hand-
lung — unter anderm wird uns die Königin als Aussätzige
auf einem Misthaufen gezeigt — ist nicht geeignet, diesen
Eindruck unkünstlerischer Arbeit abzuschwächen. \
190 JusLH de Matos Fragoso.
Besser ist „Los dos pbodigios de Roma", die Geschichte
zweier christlicher Märtyrer, Hadrian und Xatalie. Hier ersetzt
die farbenprächtige Handlung, sowie die Schilderung des feurigea
Glaubenseifers der ersten Christen einigermaassen das man-
gelnde künstlerische Ebenmaass. Vermuthlich hatte Matos bei
diesem Stücke das im Katalog des „Peregrino en su patria^ an-
geführte Lope'sche Drama „Sau Adbian y Natalia" vor Augen.
„La devocion del Angel de la Guabda" ist eine
Durchschnittscomödie, welche auf dem Gedanken basirt, dass
ein catalonischer Edelmann, Don Berenguer de Moncada, wel-
cher sein Vermögen durch Errichtung einer Kirche zu Ehren
seines Schutzengels verausgabt hat, durch die Vermittelung
des letztem zur Hand einer Herzogin der Bretagne gelangt.
„El mabido de su madbe" ist eine gemilderte, aber
trotzdem kaum geniessbare Bearbeitung der widerwärtigen
Legende vom heiligen Gregorius vom Steine, welche in Deutsch-
land durch Hartmann von der Aue's Gedicht „Der gute Sün-
der" bekannt ist.
„Los BANDOS DE RaVENA Y FuNDACIOX DE LA CaMAX-
düla" behandelt die Gründung des Camaldulenser- Ordens
durch den heiligen Romuald und muss dem schwachen Mittel-
gut unsers Dichters zugezählt werden. — Eine Geschichte des
heiligen Romuald von Juan de Castaiiiza („Historia de San
Romualdo'^ etc.) erschien 1597 zu Madrid.
Dagegen ist „El hijo de la piedba" ein ganz vorzüg-
liches Schauspiel. Dasselbe ist offenbar Tirso de Molina's
„La eleccion pob la vibtüd" nachgebildet, übertriffi aber
sein Muster bei weitem in logischer Disposition der Hand-
lung und w^ürdiger Sprache. Man vergleiche den bäurischen
Charakter der Sabine bei Tirso mit dem durchaus edel ge-
zeichneten ihrer Stellvertreterin Laura bei Matos. Diese
letztere ist die ebenbürtige Geistesschwester des genialen
Felix Peretti, welcher als Sixtus V. den päpstlichen Stuhl
bestieg. Wären alle Nachbildungen unsers Matos dieser Art,
so könnte man ihm getrost neben seinem Freunde und Col-
legen Moreto einen Platz anweisen.
Zu den Dramen allgemeinem Charakters übergehend,
mag zuerst:
„CoN AMOB NO HAY AMIST AD " crwähnt Werden, da das-
selbe nach den Schlussversen:
Juan de Matos Fragoso. 191
Merezca vuestro favor
un fr es CO poeta que es
puesto en tahlas de (desde?) hoy
sein erstes gewesen zu sein scheint. Da es wenig bekannt
ist, soll sein Inhalt kurz angegeben werden. Don Diego ist
in Madrid angekommen, um sich mit seiner Muhme Doiia
Leonor zu vermählen. Sein Freund Don Juan hat ihn jedoch
schriftlich gebeten, ihn anzuhören, ehe er Leonor die Hand
reiche. Der Grund ist, dass Don Juan Leonor selbst liebt,
und Don Diego diese Pille in der Art eingibt, dass er ihm
erzählt, Leonor liebe einen seiner Freunde. Zufällig wäre
es jedoch gar nicht nöthig gewesen, Don Diego auf diese
Weise von Leonor abzuschrecken, denn er hat sich bei seiner
Ankunft in Madrid in eine Unbekannte verliebt, welche sicli
als die Schwester Don Juan's herausstellt. Beide Freunde,
Don Diego und Don Juan, sind aber vor dieser Aufklärung
infolge der ersten Unaufrichtigkeit gezwungen, sich gegen-
seitig weiter zu täuschen, was — in Verbindung mit der
Einführung eines verschmähten Liebhabers Leonor's, Don Fe-
lix — eine Reihe ergötzlicher Zwischenfälle verursacht, die
natürlich auf die glücklichste Weise endigen. Das Stück ist
frisch und lebhaft.
Ein Intriguenstück ernstem Charakters ist „Los indicios
^N culpa", welches die Abenteuer eines natürlichen Sohnes
auf der Suche nach seinem Vater schildert. — Aehnlicher
Art ist „El delincüente sin culpa y Bastabdo de Ara-
gon", die Geschichte eines 'Günstlings, welcher die Angebe-
tete seines Königs liebt und nach verschiedenen Zwischen-
fällen deren Hand erhält. — Auch „Call ab siempre es lo
mejor" und „x\ SU tiempo el desengano", zwei scharfsinnige,
aber zu sehr auf die Spitze gestellte Comödien mögen hier-
her gezählt werden.
„El yerro DEL ENTENDiDO." Die erste Idee zu diesem
geistreichen Stücke mag Lope de Vega's „La necedad del
DiscRETo" gegeben haben; die weitere Ausführung scheint
jedoch ganz das Werk unsers Matos zu sein. Der „Irrthum
des Klugen", eines Enrique von Medicis, besteht darin, die
Festigkeit seines Glücks — die Gunst eines Herzogs von
Ferrara — erproben zu wollen, indem er sich bei seinem
Gönner verleumden lässt. Wir werden durch das Stück be-
192 Juan de Matos Fragoso.
lehrt, dass man ebenso wenig wie Schwert und Weib, andere
Glücksgüter muthwillig auf die Probe setzen solle, denn ob-
gleich die Widerwärtigkeiten, welche Enrique infolge seiner
Thorheit zu erdulden hat, mit seiner vollständigen Ehren-
rettung enden, so fühlt sich der Herzog doch so gekränkt
durch das ungerechtfertigte Mistrauen in seinen Charakter,
dass er den Grübler vom Hofe verbannt.
„POCO APBOVEOHAN AVISOS, CUANDO HAY MALA INCLINA-
cion" macht den Eindruck fabrikmässiger Ueberarbeitung
eines frühem Stücks. Es behandelt die Geschichte eines ty-
rannischen Königs von Ungarn, welcher die Tugend der Ge-
liebten seines Bruders bestürmt, durch allerlei Wunder und
Erscheinungen zur Umkehr gemahnt, aber schliesslich als
Unbussfertiger von der Erde verschlungen wird.
„La corsabia catalana." — Don Juan Ladron, ein
edler Valencianer, segelt nach Mallorca, um sich dorten mit
seiner Muhme Narcisa zu vermählen. Durch Stürme wird
er gezwungen, in Barcelona anzulegen. Hier macht er die
Bekanntschaft Dona Leonarda de Moncada's, verliebt sich in
dieselbe, erringt Gegenliebe und entführt sie schliesslich zu
Schiflfe, da ihre Vermählung mit einem Verwandten bevor-
steht. Kaum hat er jedoch ihre Liebe genossen, als er seine
rasche That bereut; er setzt die Betrogene an einer ein-
samen Küste aus und segelt nach Mallorca, um seine Ver-
bindung mit Narcisa zu vollziehen. Leonarda fällt in die
Hände des maurischen Corsaren Amaute Mami, ergibt sich
dessen Liebe aus Verzweiflung und tritt zum Islam über.
Als Amaute in einem Gefecht mit Malteserrittem fällt, legt
Leonarda Männertracht an, übemimmt den Befehl über des-
sen sechs Galeeren und macht unter dem Namen Celino Ar-
raez Mami die spanischen Küsten unsicher. Don Juan, wel-
cher mit seiner Gemahlin Narcisa von Mallorca nach Valencia
segelt, hat das Unglück, in die Hände der Renegatin zu
fallen, und nun hat diese die erwünschte Gelegenheit, sich
an ihrem Beleidiger zu rächen. Körperlich peinigt sie ihn,
indem sie ihn ans Ruder schmieden lässt, während sie ihn
moralisch zur Verzweiflung bringt , indem sie (in ihrer männ-
lichen Corsarentracht) vorgibt, Narcisa's Liebe gemessen zu
wollen. Schliesslich setzt sie letztere an derselben Küste
aus , an welcher Don Juan einst sie — Leonarda — verlassen
Juan de Matos Fragoso. 193
liatte. Narcisa wird von dem Vater der Renegatin aufgefunden,
der zum Befehlshaber einer Flottenabtheilung ernannt worden
ist; sie erzählt ihm das Vorgefallene, er setzt den Corsaren-
schiffen nach und holt sie ein. Leonarda, welche durch eine
grauenerregende Vision der „Enttäuschung", sowie des todten
Amaute Mami auf das Schlimmste vorbereitet ist, wird in dem
nun folgenden Gefechte tödlich verwundet und stirbt, durch
innige Busse mit Gott und ihrem Vater versöhnt, in des Letz-
tem Armen. — Die Handlung dieses Dramas ist gut geführt
und von romantischem Reize, aber leider fallt die etwas
nüchterne Diction stark hiergegen ab. — Beiläufig sei erwähnt,
dass in dem Stücke, gelegentlich der Gefangennahme einer spani-
schen Schauspielertruppe, folgende Comödien, als deren Reper-
toire angehörig, erwähnt werden: „La bizabba Abminda"
von Cervantes, „ IjOs dos confusos amantes " (?), „ El conde
Pabtinuples " (Caro), „La Espanola" von Cepeda, „El
SECBETo" (?), „El cobtesano" (?), „La melancölica Al-
FBEDA" (jLa HEBMOSA AlFBEDA?), „LeANDBO" (iHEBO Y
Leandbo?) und „La benegada de Valladolid" (von Bel-
monte).
„La bazon vence al podeb" ist eine reizlose Comödie
nach gewöhnlicher Schablone; in einzelnen Scenen finden sich
Reminiscenzen aus „El desden con el desden".
„LOBENZO ME LLAMO Y CABBONEBO DE TOLEDO " ist OlUOS
der besten Dramen unsers Matos. Es behandelt die Ge-
schichte eines Köhlers, welcher sich durch persönliche Tapfer-
keit zum Hauptmann und Ritter des Santiago-Ordens auf-
schwingt und hierdurch die Hand einer edlen Dame erringt,
welche ihm — anfänglich im Scherz, später im Ernst — einen
Termin von drei Jahren gesetzt hatte, sich ihrer würdig
zu machen. Die Lebhaftigkeit und das rasche Fortschreiten
der Handlung, verbunden mit energischer, schwungvoller
Diction haben dem Stücke von jeher besondere Beachtung
verschafft.
„El GALAN DE SU MUJEB." Die erste Anregung zu dieser
Comödie hat unserm Matos jedenfalls Francisco de Rojas'
„DoNDE HAY AGBAVios, NO HAY CELOs" gegeben, wio schon
aus der Namens-Identität der ersten Liebhaber in beiden
Stücken — Don Juan de Alvarado — hervorgeht. Mit diesem
Material (Verkleidung eines Caballeros als sein Diener) sind
194 Jtuin <le Matos Fragoso.
Beminiscenzen aus Tirso's „La celosa de si misma" ver-
quickt, aber das Ganze bleibt weit hinter den benutzten Vor-
bildem zurück.
In „EsTADOs MUDAN cosTTJMBEEs" führt uus der Dichter
einen leidenschaftlichen und grausamen Prinzen vor, welcher
durch Degradirung zum Landmann seinen Charakter ändert
und bei erfolgender Wiedereinsetzung in seinen früheren Stand
ein tüchtiger Regent wird. Wie man sieht, ist dies ein An-
klang an Calderon's „La vida es sueno", aber nur ein An-
klang, denn die philosophische Behandlung des Problems
fallt bei Matos ganz in die Brüche. Schon seine äusserlichen
Hebel des Schicksalswechsels — doppelte Enthüllungen der
seinerzeitigen Vertauschung und Wiedervertauschung des Prin-
zen mit einem andern Neugeborenen — stechen durch ihre
Boheit und Gewaltsamkeit gegen Galderon's fein gedachte
Motive in höchst unvortheilhafter Weise ab, und die schwül-
stige Sprache des Stücks ist nicht geeignet, diesen Eindruck
zu verbessern.
Noch schwülstiger und aflfectirter ist „ El imposible maS;
facil". Die Hauptfiguren der ebenso unsinnigen als wenig
originellen Handlung sind: Eine als fellbekleidete Wilde im
Gebirge hausende Herzogin, welche von einem albanischen
König nach Verführung verlassen, später zu dessen GemahUn
erhoben wird; die Tochter Beider, welche — ihrer Abkunft
imbewusst — von einem alten Edelmanne als sein Kind er-
zogen wird; der Sohn dieses Edelmannes, welcher seine ver-
meinte Schwester mit sehr ungeschwisterlicher Zimeigung liebt
und durch Enthüllung ihrer Abstanmiung. in den Besitz ihrer
Hand gelangt.
In „El sabio en su betiro y Villano en su bincon"
hat Matos Lope de Vega's „El villano en su bincon" reichlich
benutzt und sogar eine nicht unbeträchtliche Anzahl Verse
herübergenommen. Trotzdem stellt sich das Stück nicht —
wie „Veb t cbeeb" — als eine Plünderung, sondern als eine
verdienstliche üeberarbeitung, als wirkliche Verbesserung des
Originals dar. So ist vor allem die aus Frankreich nach
Spanien verlegte Handlung bedeutend lebhafter und interes-
santer gestaltet worden. Bei Lope ist des Königs Neigung
zu der schönen Bauemtochter eine fliegende Begierde, bei
Matos ist sie eine wirkliche Leidenschaft, welcher der Monarch
Juan de Matos Fragoso. 195
aus Rücksicht auf seinen Günstling Don Gutierre Alfonso
entsagt. Unter diesen Umständen muss die von Matos er-
fundene Verführung Beatricens durch den wankelmüthigen
Höfling den König nicht allein als Gerechtigkeitspfleger,
sondern auch als Mensch aufs tiefste beleidigen, was die
dramatischen AiBFecte auf intensive Weise steigert. Bei Lope
bleibt der Höfling treu, und seine Liebe zu der schönen
Bauemtochter hält sich in den Schranken der Sitte, was
wohl vom moralischen, nicht aber vom dramatischen Stand-
punkte aus das Bessere ist. Ausserdem hat Matos in
der Detailausmalung und Diction sehr Schönes geleistet
und überhaupt bei dieser Refundicion eine glückliche Hand
gehabt.
„RiESGOs Y ALivios DE UN MANTo" ist ein geistreich
ausgesponnenes Intriguenstück in der Manier Calderon's und
würde Matos' Erfindungskraft alle Ehre machen, wenn man
sicher wüsste, er habe ohne Vorbild gearbeitet. — Don Juan
de Lara, ein verarmter Edelmann, kommt nach Madrid, um
sich auf Antrag seines reichen Oheims, Don Juan de Mendoza,
mit dessen Tochter Elvira zu vermählen. Bevor er jedoch
das Haus seines zukünftigen Schwiegervaters betritt, lernt er
im Prado eine verhüllte Schönheit kennen, welche ihn derart
fesselt, dass er den eigentlichen Zweck seiner Anwesenheit in
Madrid gänzlich vergisst Eines Tages entschleiert sich ihm
die Unbekannte und gibt ihren Namen als Dona Elvira de
Mendoza an. Don Juan ist überglücklich, dass zufälligerweise
Braut und Geliebte in einer Person zusammentreffen, aber
er hat sich zu früh gefreut, denn die Angebetete ist Elvira's
Schwester Leonor, welche deren Namen misbraucht hat. Der
feurige Liebhaber ist ausser sich, als er beim ersten Besuch
im Hause seines Oheims hierüber aufgeklärt wird, muss aber
vorläufig gute Miene zum bösen Spiele machen. Dass er
schliesslich nach vielen geistreich erdachten Zwischenfällen in
den Besitz Leonor's gelangt, versteht sich von selbst. Die
derart verlassene Elvira kehrt in die Arme eines frühem
Anbeters zurück.
„La TIA DE LA menge" (AUä se verä) ist eine Comödie
roherer Machart, welche aber — gleich ihrem offenbaren Vor-
bilde, „La discäeta enamorada" von Lope de Vega —
frisch und belustigend wirkt.
13*
196 Geronimo Cancer y Yelasco.
Matos theilt mit seinem Fremid mid Mitarbeiter Moreto
den Hang, von den Stoffen seiner Vorgänger zu zehren,
scheint aber doch — soweit sich dies angesichts des Massen-
untergangs altspanischer Dramen beurtheilen lässt — etwas
mehr selbständige Erfindungskraft besessen zu haben. Gleich
Moreto, ging ihm die Fähigkeit ab, einen wahrhaft grossen
Stoff zu erfassen (siehe „No esta en matab el vencbr",
„El tbaidob contba su sangbe", „La yenganza en el
DBSPENo"), und seine glücklichen Nachbildungen, wie „El
SABio EN STJ BETiBo", „El hijo DE LA piedba", sowie seiue
bessern, wahrscheinlich eigenen Schöpfungen, wie „Lobenzo
ME LLAMO", „BlESGOS T ALIVIOS DE TIN MANTO", beWOgeU
sich im Rahmen des mittlem Dramas und des Intriguen-
Stücks. Gleich Moreto, hat er infolge seiner Eigenart meisten-
theils die Roheiten vermieden, welche die Werke grösserer
Zeitgenossen verunstalten. Wie diejenigen Moreto's, sind auch
seine Stücke sehr ungleich an Werth, was bei beiden, wie
bei vielen altspanischen Dramatikern, nicht allein auf die
Gunst oder Ungunst des Augenblicks, sondern auch auf die
oft fabrikmässige Production zurückzuführen ist. — Was
die Diction unsers Matos betrifft, so ist dieselbe bedeutend
imgleicher als diejenige Moreto's; manchmal ist sie rein
und schwungvoll, manchmal nüchtern, in vielen Fällen ab-
scheulich geziert und schwülstig. Im einzelnen mag erwähnt
werden, dass manche seiner Assonanzen gezwungen scheinen,
was bei Moreto fast nie der Fall ist. Auch in der Charakter-
zeichnung steht er Moreto nach. Im ganzen war jedoch
Matos ein wirklich begabter Dichter und darf als der talent-
vollste Satellit Moreto's bezeichnet werden.
Geronimo Cancer y Velasco.
Dieser geistreiche Schriftsteller erblickte gegen Ende des
sechzehnten Jahrhunderts zu Barbastro das Licht der Welt.
Er stammte aus adeliger Familie, scheint aber, nach ver-
schiedenen Stellen in seinen Gedichten, in drückenden mate-
riellen Verhältnissen gelebt zu haben, obgleich er das Amt
eines Rechnungsführers bei dem Grafen von Luna bekleidete.
Gerönimo de Cuellar. 197
, Er war vermählt und hatte eine Tochter, welche den Geist
des Vaters besass. Er starb 1655.
Selbständige Comödien hat Cancer nur zwei verfasst; es
sind die Burlesken „La mueete de Baldovinos" und „Las
MOCEDADES PEL Cid". Beide sind sehr belustigend, können
aber natürlich auf hohem Kunstwerth keinen Anspruch
machen. Schon die Thatsache, dass unser Dichter sich im.
feinern Lustspiel nicht selbständig versucht hat, deutet auf
eine Beschränkung seiner dramatischen Fähigkeiten; scharfer
Witz war seine Stärke, und wo dieser nicht ausreichte, be-
durfte er einer Anlehnung an Andere. Die meisten seiner
gemeinschaftlichen Arbeiten verfasste er mit Moreto und
Matos, aber auch einer ganzen Keihe anderer Dichter ver-
sagte er seine Mitarbeiterschaft nicht; unter diesen befanden
sich Calderon, Luis Velez, Juan Velez, Villaviciosa, Zaba-
leta, Martinez, Rojas, Rosete Nino imd Huerta. Li Ermange-
lung selbständig geschriebener Dramen, müssen wir uns auf
die gegebenen Andeutungen betreffs seines Talents beschränken,
denn ein Urtheil nach einzelnen in Mitarbeiterschaft ver-
fassten Acten ist nicht allein an sich mislich, sondern hier
geradezu unmöglich, da man sich bei den alten Drucken in
keiner Weise darauf verlassen kann, dass die Reihenfolge der
angegebenen — in der Regel drei — Dichter mit derjenigen
der Acte übereinstimmt.
Dass Cancer vermöge seines ausgesprochen witzigen Talents
in Entremeses u. s. w. Vorzügliches geleistet hat, ist selbst-
verständlich ; besonders darf die „ Mojiganga del Poetugues "
hervorgehoben werden. Da aber diese Compositionen in Er-
mangelung jeglichen Kunstwerthes ausser unsem Gesichtskreis
fallen, so soll diese beiläufige Bemerkung nur zur Bestätigung
imserer obigen Andeutungen dienen.
Qerönimo de Cuellar.
Auch dieser Dichter gehörte einer sehr angesehenen
Familie an; sein Vater, Juan Lorenzo de Cuellar, war Con-
troleur des königlichen Haushalts, seine Mutter, Dona Angela
de Chaux, eine Französin, Kammerfrau der Königin Elisabeth,
198 Geronimo de Cuellar.
Gemahlin Philipp's IV, Unser Geronimo selbst war 1650
Eammerherr des Königs und erhielt im gleichen Jahre das
Santiago-Ordenskleid. Im Jahre 1660 finden wir ihn als
Secretär für die königlichen Ausgaben, 1665 für die Ver-
waltung der aus der Kreuzbulle erfliessenden Gelder, und
schliesslich wurde ihm das Secretariat für die Kitterorden
übertragen, üeber sein Geburtsjahr (seine Wiege stand in
Madrid), seine Jugendgeschichte und Zeitpunkt seines Todes
sind keine Nachrichten auf uns gekommen.
Von Cuellar sind uns zwei Comödien erhalten, welche
hier eine kurze Besprechung finden sollen.
„Gada cual a su negocio" (Hacer cada uno lo que debe)
behandelt das abgedroschene Thema der Bestürmung einer
edlen Dame durch einen König, mit dem schliesslichen Triumph
der Tugend. Da aber die Handlung rasch und logisch fort-
schreitet und die Sprache sich dieser dramatischen Energie
geschickt anpasst, so darf das Stück immerhin als ein be-
achtenswerthes bezeichnet werden. — Don Juan de Aragon
hat lange Zeit bei Hofe fruchtlos um Belohnung seiner Kriegs-
dienste angehalten. Als der König indessen bei einer Jagd
zufällig auf Beatriz, die schöne Gemahlin Don Juan's, trifft,
gehen ihm die Augen dermaassen über die Verdienste des
Ehemanns auf, dass er ihn zum Grafen erhebt, ihn aber
gleichzeitig als Gesandten nach ßom schickt. Don
Juan argwöhnt selbstverständlich den Grund der absonder-
lichen Gnade, reist anscheinend ab, kehrt aber des Nachts
zurück und findet wirklich den König in seinem Hause. Er
belauscht dessen Unterredung mit Beatriz, überzeugt sich von
der Standhaftigkeit derselben und bringt den Eindringling
durch sein unerwartetes Erscheinen zum Weggehen. Er er-
mordet die Sklavin, welche dem König Einlass gewährt hatte,
und dieser muss im Bewusstsein seiner Schuld sowohl die
Tödtung, als die Insubordination verzeihen.
„El pasteleeo de Madbigal." Gabriel Espinosa, ein
mit allen Gaben des Geistes und Körpers ausgerüsteter Jüng-
ling niederer Herkunft, wird wegen seiner täuschenden Aehn-
lichkeit mit dem in der Schlacht von Alcassar gefallenen
König Sebastian von Portugal von einem intriguirenden Stu-
denten, Miguel Alonso, dazu gebracht, sich für den genannten
König auszugeben. Es gelingt den Betrügern, die in einem
Geronimo de Guellar. 199
Kloster lebende Infantin Anna von Oesterreich zu täuschen,
indem sie eine erfundene Geschichte der Kettung des unglück-
lichen Monarchen erzählen. Von dieser Fürstin durch ihre
Autorität, Geldmittel imd Juwelen unterstützt, wächst der
Anhang des falschen Sebastian durch den Beitritt mehrerer
portugiesischen Grossen, welche die castilianische Herrschaft
verabscheuen. Gabriel, welcher vorgibt, seine Würde im be-
scheidenen Gewerbe eines Pastetenbäckers vor Gefahren zu
schützen, wird so dreist, dass er einer edlen Portugiesin,
Dona Leonor de Vasponcelos, den Hof macht und sogar deren
Vater Don Sancho auf seine Seite bringt. Hier geräth er
jedoch in eine Klemme, denn seine verlassene Geliebte Clara
hat — ihm unbewusst — bei Doiia Leonor Dienste genommen
und macht nun ihre Ansprüche geltend, welche durch ein
kleines Mädchen, die Frucht ihrer Liebe, wirksam unterstützt
werden. Dem intriguirenden Genie GabrieVs gelingt es jedoch
nicht allein, seine Königsrolle weiter zu spielen, sondern auch
€lara gleichzeitig mit Leonor in seinem Bann zu halten.
Mit der Obrigkeit hat er nicht das gleiche Glück; König
Philipp n. wird von seinen Umtrieben unterrichtet und lässt
ihn durch einen hohen Gerichtsbeamten, Don Rodrigo de
Santillana, verhaften. Der Verlauf der Untersuchung ergibt
eine derartige Uebereinstimmung der Zeugen zu Gunsten
der Echtheit des vorgeblichen Königs, dass Don Rodrigo
selbst einige Zweifel nicht unterdrücken kann. Hier legt sich
jedoch der Himmel für den spanischen Philipp ins Mittel,
denn eine Geistererscheinung ermahnt Miguel Alonso, die
Wahrheit zu enthüllen, da er nur noch wenige Stunden
zu leben habe. Miguel gesteht und infolge dessen auch
Oabriel. Der falsche König wird zur Hinrichtung geführt,
aber trotz seines Geständnisses verleugnet er s'einen Hang
zur Intrigue nicht und benimmt sich bis zum letzten Athem-
zuge derart, dass jedermann (anscheinend audh der Dichter
selbst) im Zweifel bleibt, ob er nicht wirklich der echte Se-
bastian gewesen.
Das Drama ist ein höchst bemerkenswerthes, denn in
seltener Fülle treffen hier die wirkungsvollsten dramatischen
Motive zusammen. Tragische Schuld und tragisches Ver-
hängniss gehen Hand in Hand. Die tragische Schuld er-
gibt sich aus dem Ehrgeize Gabriel's, welcher im anmaass-
200 Gerönimo de Cuellar.
liehen Vertrauen auf seine cavaliennässigen körperlichen und
geistigen Gaben, auf seine Aehnlichkeit mit König Sebastian
in Angesicht, Alter, Stimme, Kraft und Gewandtheit, eine
Stellung usurpiren möchte, zu welcher ihn das Schicksal nicht
bestimmt hat Das tragische Mitleid, welches er uns erregt,,
entsteht durch den Umstand seiner Verführung durch Miguel
Alonso, aber auch durch seine Selbsttäuschimg — die ideelle
Verwechselung seiner Rolle mit der Wirklichkeit — , eine
psychologische Folge seiner logisch durchgeführten Verstellung.
Die Herrscheranlagen seines unmündigen Töchterchens, welche
uns in drastischer Weise vorgeführt werden, tragen zu seiner
und der Andern Täuschung bei. Gabriel's Verhängniss ist aber
noch gewaltiger als seine Schuld, Er selbst rettet seinen
Richter (Don Rodrigo) vor dem mörderischen Angriffe eines
Nebenbuhlers', welcher denselben sicher getödtet hätte. Die
hieraus entstandene Verzögerung in GabriePs Verhaftung hätte
diesen unfehlbar vor dem Tode bewahrt und vielleicht zu
hoher Würde erhoben, denn wir erfahren bei seiner Hin-
richtung, dass sechs Festungen sich für ihn erklärt, sowie dass
20000 Bewaffnete in der Provinz Tras os Montes und ein
grosser Theil des portugiesischen Adels in Evora seiner Be-
fehle geharrt hätten. Und nicht genug, dass ihn das Schicksal
durch die Rettung Don Rodrigo's zum Werkzeug seines eigenen
Verderbens machte, es gibt auch durch unmittelbares höheres
Eingreifen (die Geistermahnung an Miguel Alonso) ebendiesem
Rodrigo die Beweise für Gabriel's Schuld an die Hand, welche
die menschlichen Bemühungen nicht herbeizuschaflFen ver-
mocht hatten.
Der günstige Eindruck, welchen das Stück erweckt, wird
durch Zurückblicken auf dessen Quelle noch gesteigert. Diese
ist ein interessant geschriebenes Werkchen, verfasst von einem
Augenzeugen der Hinrichtung des falschen Sebastian. Es führt
den Titel: „Historia de Gabriel de Espinosa^ Pasteier o en
Madrigal, que fingiö ser el Bey Don Sebastian de Portugal'^
zuerst gedruckt Jerez oder Cädiz 1595 (der Verleger des
Wiederabdrucks Madrid 1785 gibt Jerez, Ticknor — H. 512".
— Cädiz an). Dieser Quelle ist der Dramatiker in vielen
Einzelheiten gefolgt, aber gerade das, was seinem Schauspiele
die echt dramatische Weihe verleiht, ist sein ausschliessliches
Eigenthum. So ist Folgendes die Erfindung des Dichters: die
Die Brüder Figueroa y Cördoba. 201
Liebe Gabriel's zu Leonor; Clara's Dienstnehmen bei letzterer;
die Rettung Santillana's durch Gabriel; das Verhältniss San-
tillana's zu Leonor; der charakteristische Zug, dass Gabriel
bei seinem Verhör selbst Santillana imponirt; die Erscheinung,
welche Miguel zum Bekenntniss der Wahrheit ermahnt (in
der Erzählung vertritt die Folter dieses übernatürliche Agens) ;
endlich der Umstand, dass nur eine Spanne Zeit fehlte, um
den falschen Sebastian an die Spitze einer namhaften Heeres-
macht zu stellen. Dies sind lauter Umstände, welche das
Drama erst zu dem erheben, was es ist. Allerdings gab auch
der Stoflf an sich eine günstige Unterlage ab, besonders ist
der historische Hmtergrund — der Hass der Portugiesen gegen
die spanische Herrschaft, welcher sich schliesslich unter der
Regierung Philipp's IV. in erfolgreicher Empörung Luft machte
und schon unter Philipp H. das Auftreten eines falschen Se-
bastian so wirksam unterstützen musste — ein ganz vortreff-
licher. Es bliebe nur zu wünschen, dass Cuellar die poetische
Kraft eines Calderon besessen hätte, um das so trefflich
Skizzirte in ein farbenglühendes Gemälde imizuarbeiten. Aber
auch für die Skizze können wir ihm dankbar sein, denn sie
gibt uns jedenfalls eine lebhafte geistige Anregung durchaus
künstlerischer Art. Ueberhaupt zeigt Cuellar den Geist eines
echt dramatischen Dichters, und es ist zu beklagen, dass uns
aus seiner Feder nur die zwei besprochenen Schauspiele er-
halten sind.
Die Brüder Fig^ueroa y Cördoba.
Ueber die Lebensumstände der Brüder Don Diego und
Don Jose de Figueroa y Cördoba ist uns beinahe nichts über-
liefert worden. Don Diego war, .wie es scheint, der Aeltere
und Ritter des Alcäntara-Ordens, sowie Feudalherr der Orte
„de los Salmeroncillos", Don Jos6 Ritter des Calatrava-Ordens.
Beide blühten zu Madrid in der Hälfte des siebzehnten Jahr-
hunderts, beide schrieben selbständige und gemeinsame Co-
mödien, beide lieferten noch 1660 poetische Beiträge zu einer
literarischen Festlichkeit. Wie lange sie nach diesem Zeit-
punkte lebten, ist unbekannt. Der talentvollere der Beiden
202 I>ie Brüder Figueroa y Gördoba.
war wohl Don Diego, über dessen selbständige Comödien
zuerst Einiges gesagt werden soll.
„La hua dbl mesonebo" ist, gleich Lope de Vega's „La
ILUSTEE fbegona", auf die bekannte Novelle des Cervantes
gegründet Die zwei Dramatisirungen weichen in erheblichen
Punkten von einander ab, aber derjenigen Don Diego's muss
auf Grund bedeutend geschickterer Construction und Durch-
führung der Handlung der Vorzug gegeben werden. Man
darf dessen Arbeit unbedenklich als ein treffliches Lustspiel
leichtem Schlages bezeichnen.
„TODO ES ENBEDOS AMOB Y DiABLOS SON LAS MUJEBES"
ist eine prickelnd lebhafte, höchst geistreiche und belustigende
€omödie in der Art der Tirso'schen. Eine adelige Dame,
Dona Elena de Guevara, folgt einem jungen Leichtfuss, in
welchen sie sich von Ansehen verliebt hat, nach Salamanca,
spielt sich ihm gegenüber als Student, Zofe und schliesslich
als Dona Elena selbst auf und veranlasst ihn wirklich, sich
nach ihren proteusartigen Verwandlungen mit ihr zu vermählen.
Das Stück ist in manchen Drucken als das Werk Don Diego's,
in andern als dasjenige Moreto's veröffentlicht worden; die
Gründe, welche uns veranlassen, die erstere Angabe vorzu-
ziehen, sollen bei Besprechung des folgenden Stücks vor-
gebracht werden.
„La Espanola de Flobencia" ist eine geistreiche, wenn
auch unwahrscheinliche Comödie, deren Verfasser die gleiche
Novelle des Bandello benutzt hat, welche Lope de Kueda's
„CoMEDiA DE LOS ENGANOs" ZU Gruude liegt. Dass das
Werk des zweiten Bearbeiters — sei er, wer er wolle — die
Comödie Lope de Rueda's bedeutend überflügelt hat, unter-
liegt keinem Zweifel. Die Disposition der Handlung ist vor-
züglich, und die glänzende BravourroUe der stets schlagfertigen
Lucrecia (wohl einer bestimmten Schauspielerin „auf den Leib
geschnitten"), sowie diejenige der Amme Lida (ein würdiges
Gegenstück zu der Amme in Shakespeare's „Romeo und Julie")
sind Meisterstücke der Charakteristik. Wer ist nun der Autor
einer so verdienstvollen Comödie? Ln zwölften Bande der
„Escogidas^^ wird Calderon, von anderer Seite Lope de Vega
als Verfasser angegeben. Die Behauptung, dass Calderon der
Autor sei, wird schon von Vera Tassis ausdrücklich zurück-
gewiesen, während die Urheberschaft Lope de Vega's angesichts
Die Brüder Figueroa y C6rdoba. 203
des Stiles der Comödie geradezu undenkbar ist Auch findet
sich in ihr folgende Stelle:
Entre Göngora y Lope decir puedo : (es ist die Rede von Stil)
ni muy facilidad, ni muy enredo^'j
welche kaum von Lope selbst herrühren kann. Für die Ver-
muthung, dass unser Don Diego der Verfasser sei, ist ein
äusserlicher Anhaltspunkt, nicht vorhanden, wohl aber können
folgende innere Gründe geltend gemacht werden:
1. Der allgemeine Ton, die brillante, reine, aber etwas
flache Diction, welche „La hija del mesonero", „Todo es
ENEEDOS amoe" utid „La Espanola DE Floeencia" gemein-
sam sind.
2. Der Umstand, dass die Stofl'e von „La hija del me-
soNEEo" und „La Espanola de Floeencia" je einer Novelle
entnommen sind.
3. Einzelne charakteristische Ausdrücke. In „Todo es
ENEEDOS amoe" wird Manuela „El fenix de Salamanca", in
„La hija del mesoneeo" Constanza „El f^nix de Toledo"
genannt.
4. Die ' proteusartigen Verwandlungen Dona Elena 's in
„Todo es eneedos amoe" können mit den Verwandlungen
Don Juan's in „La hija del mesoneeo" vom Cavalier zum
Stallburschen und umgekehrt, in eine Linie gestellt werden.
Die beiden letzten Punkte berühren allerdings direct
nur die Autorschaft von „Todo es eneedos amoe", indirecter-
weise aber auch diejenige der „Espanola de Floeencia".
Natürlich muss es uns ferne liegen, die obigen Indicien als
conclusive Beweise hinstellen zu wollen, aber bei der Un-
möglichkeit, letztere beizubringen, dürften dieselben immerhin
einige Beachtung verdienen.
■ „La lealtad en las injueias" zeigt recht augenfällig,
dass der leichte, scherzhafte, etwas flache Lustspielton _ die
Sphäre unsers Don Diego war. Während nämlich die meisten
andern Dramatiker den Grundgedanken des Stücks — die
Bestürmung der Tugend einer edlen Dame durch einen Fürsten
— in ernster, oft tragischer Weise auffassen, lässt unser
Dichter auf der gleichen Basis eine belustigende Comödie
mit geistreichen Episoden vor unsem Augen abspielen.
„La sieena de Tinaceia" ist die Geschichte einer ihres
204 I^ie Brüder Figueroa y Cördoba.
Thrones beraubten und in einer Wildniss aufgewachsenen Prin-
zessin, welche nach einer Reihe von Abenteuern zu ihrem
Rechte gelangt. Sie führt den Namen der „Sirene" von
ihrem süssen Gesang, von welchem sie uns in der Comödie
verschiedene Proben gibt. Dieser Umstand führt zur Ver-
muthung, dass die Rolle eigens für eine bestimmte
Schauspielerin geschrieben war, eine Uebereinstimmung
mit der Hauptrolle der „Espanola de Florencia" (Lucrecia),
welche immerhin auch als eines der Indicien zu Gunsten der
Autorschaft des letztem Stücks seitens unsers Don Diego
betrachtet werden kann.
Von Don Jose de Figueroa besitzen wir nur eine selb-
ständige Comödie: „Muchos aciebtos de un tekko". Es
ist dies ein geistreich erdachtes und durchgeführtes Intriguen-
stück, in welchem Damenschleier und nächtliche Dunkelheit
eine Reihe von Irrthümem veranlassen, welche zufällig am
Schlüsse zu Gunsten des Helden und der Heldin ausschlagen.
Die Diction ist im allgemeinen lobenswerth.
Von den gemeinsamen Arbeiten der beiden Brüder
erwähnen wir die folgenden:
„PoBKEZA, AMOR Y eobtuna" ist ein feines Lustspiel,
welches die Hauptzüge der Handlung wohl Lope de Vega's
„Las EiiOREs de Don Juan" verdankt.
„Mentir y mudarse a UN TiEMPö" ist eine Comödie
ähnlichen Charakters, in welcher die Dichter Alarcon's
„La verdad sospechosa", in allerdings sehr freier T^eise,
benutzt haben. Der leichte Charakter der Figueroa'schen
Muse zeigt sich in der Katastrophe dieses Stücks in auf-
fallender Art, denn während Alarcon seinen Don Garcia
mit der Verachtung Aller und der Verschmähung seiner
Dame im besondem bestraft, trägt der Figueroa'sche Lügner
die Hand der Geliebten davon. Der Umstand, dass diese
von ihm als Verhüllte und Unverhüllte angebetet wird, wäh-
rend sie zufälligerweise und beiden unbewusst auch seine
Braut ist, scheint Ramon's „Las tres mujeres en una"
entlehnt.
„Vencerse es mayor valor" und „A gada paso un
PELiGRo" sind Comödien nach der Schablone, welche eigene
Erfindung der Brüder zu sein scheinen, während ihnen bei
Die Brüder Figueroa y Cördoba. 205
„Lboncio t Montano" offenbar Lope de Vega's „Nacimiento
DB Ubson t Valentin" vorgeschwebt hat.
„Rendibse a liA obligacion" hat einen so abenteuer-
lichen Stoff als irgendein Stück der ersten Periode, ein um-
stand, welcher mit der geglätteten und nüchternen, wenn
auch geistreichen Sprache der Figueroas nicht gut zusammen-
stimmt.
. Bedeutend dramatischer und interessanter ist „ La Dama
Capitan", die Geschichte «iner Waise, welche, von ihrer
Tante zum Kloster bestimmt, diesem Zwange in Männertracht
entläuft und sich in Flandern derart auszeichnet, dass sie
zum Hauptmann und Ritter des Santiago-Ordens befördert
wird. Die verschiedenen Zusammenstösse mit ihrem Bruder
(welcher sie nicht kennt, da er schon Kriegsdienste genommen
hatte, als sie noch ein Kind war), ihre Galanterie gegen
eine edle Flamänderin und ihre Kriegstüchtigkeit im all-
gemeinen erinnern einigermaassen an Montalvan's „La Monja
Alpebez".
Die Figueroas sind keine Nachbildner im strengem Sinne
des Worts, wie Moreto und Matos, wohl aber dürfen sie als
Anempfinder der Gedanken ihrer Vorgänger bezeichnet
werden. Reminiscenzen aus verschiedenen Stücken schweben
ihnen beständig vor, verdichten sich aber — mit den be-
kannten äusserlichen Bühnenmitteln der Namensverwechse-
lungen, Irrungen in der Dunkelheit, Verstecken u. s. w. auf
sinnreiche Weise verquickt — unter ihrer Feder gewisser-
maassen zu eigenen Schöpfungen. Das Hauptcharakteristicum
ihrer Stücke ist ein leichter, freier, etwas oberflächlicher Ton,
sowohl in Bezug auf den Stoff (siehe „La lealtad en las
iNjUBiAs", „Mentib y MUDABSE L UN TiEMPo"), als auf die
Sprache. Hiermit hängt sowohl die Unart, den Gracioso
öfters das Publikum direct apostrophiren zu lassen, als auch
das unkünstlerische Verfahren zusammen, einer bestimmten
Person Rollen „auf den Leib zu schreiben", wie es Don Diego
in „La sibena de Tinacbia" und wahrscheinlich auch in
„La Espanola de Flobencia" angewandt hat. Die Diction
der Figueroas ist theilweise der Conventionellen Calderon'schen
nachgebildet und zeigt hier und da cultistische Flecken, grössten-
theils aber bewegt sie sich durchaus frei und ungezwungen,
in „cavaliermässiger" Weise, wenn man uns den Ausdruck er-
206 Manuel de Leon Marchante.
lauben will. Poetische Tiefe wird man nach dem Gesagten
nicht bei ihnen suchen, aber derjenige, welcher die leichtem
Tänze Thalia's bewundert, wird bei den meisten ihrer Stücke
volle Befriedigung finden.
Manuel de Leon Marchante,
nicht zu verwechseln mit dem spätem Don Melchor Feman-
dez de Leon, wurde zwischen 1620 und 1627 in der Stadt
Pasträna geboren. Seine angesehenen Aeltem liessen ihm eine
gute Erziehung geben und sandten ihn dann auf die Univer^
sität Alcalä, wo er zum „Maestro" der Philosophie promovirt
wurde. Im Studium der Theologie scheint er nicht weit ge^
kommen zu sein; trotzdem wurde er Priester, Titularkaplan
des Königs, Notar und Commissar der Inquisition, Oberkaplan
eines RittercoUegiums in Alcalä und schliesslich Pfründner
der Domkirche der Heiligen Justus imd Pastor der gleichen
Stadt. Er starb im October 1680 und wurde in genanntem
Dome begraben.
Von Manuel de Leon besitzen wir zwei Bände poetischer
Werke; der erste enthält lyrische und dramatische Compo-
sitionen, der zweite hauptsächlich religiöse Gedichte. Unter
den Dramen, welche uns allein hier beschäftigen, befindet sich
nur eine selbständige Comödie „No hat amar como fingir",.
während die übrigen drei gemeinsam mit dem Jesuitenpater
Calleja verfasst sind und sämmtlich der Klasse der Heiligen-
stücke angehören. Da Leon's Talent unbedingt auf der
komischen Seite lag — was nicht allein durch die Comödie
„No HAY AMAR COMO fingir", soudcm auch durch die im
gleichen Bande enthaltenen Entremeses und vielfach wahrhaft
zügellosen lyrischen Gedichte bewiesen wird — so spielen die
Heiligenstücke eine ziemlich klägliche Rolle im Repertoire
unsers Dichters und müssen als gewerbsmässige Folge seiner
amtlichen Stellungen angesehen werden. Dagegen ist:
„No HAY AMAR COMO tingur" ein wirklich interessantes
Lustspiel. — Eine wegen ihrer unvergleichlichen Schönheit
vielumworbene Dame, Dona Elena, hat hauptsächlich drei
glühende Anbeter: den feurigen Don Fernando, den geist*
Diego Calleja. 207
reichen Don Juan und den reichen Don Felix. Alle drei ver-
schmäht sie gerade um der genannten Eigenschaften willen ; sie
sagt Don Fernando, sie könne ihn vielleicht lieben, wenn er
ihr nicht mehr vor die Augen komme; Don Juan, wenn er
seine unheimliche Intelligenz, Don Felix, wenn er seinen Reich-
thum abstreifen und infolge dessen ihr Mitleid erregen könne.
Alle drei fingiren nun das Gewünschte: Fernando erreicht
durch eine List, dass man an seinen Tod glaubt; Don Juan
stellt sich, als habe er den Verstand verloren, und Don Felix
gibt Verlust seiner Reichthümer vor. Nach manchen inter-
essanten Zwischenfällen trägt der todt geglaubte Don Fernando
die Palme, d. i. die Hand Elena's davon, und zwar nach echt
weiblicher Logik aus dem Grunde, dass der wählerischen Dame
sein Besitz als der unmöglichste und deshalb wünschens-
wertheste erscheint. — Man sieht, der Stoff ist originell
erfunden, aber die Ausführung und Sprache lassen echte Poesie
vermissen. Manuel de Leon war mehr ein geistreicher Kopf,
als ein bedeutender Dichter.
Diego Calleja
wurde am 7. September 1638 zu Alcalä de Henares geboren
und machte seine ersten Studien auf der dortigen Universität.
Als diese 1658 eine literarische Festlichkeit zur Feier der
Geburt des Prinzen Felipe Pröspero veranstaltete, lieferte auch
Calleja einen Beitrag und unterschrieb sich als „Licentiat".
Sein Todesjahr ist unbekannt, aber noch 1700 gab er ein
Werk: ^,T<üentos logrados en el buen uso de los cinco sen-
tidos^' selbst heraus.
Im dramatischen Fache war Calleja nur in seiner Jugend
thätig. Von seinen hierher gehörigen Arbeiten sind — ausser
den mit Leon Marchante gemeinsam verfassten — nur drei
auf uns gekommen, welche hier eine kurze Erwähnung finden
sollen. Sein bekanntestes Stück ist:
„El Fenix de Espana, San Fbancisco de Bobja", auf
welches schon bei Besprechung des verlorenen Calderon'schen
Schauspiels „San Francisco de Borja" Bezug genommen
wurde. Seine ganz unzusammenhängende Handlung macht
208 Valentin de C^spedes.
(ausser den an obigem Orte angeführten Gründen) durchaus
unwahrscheinlich, dass es eine Refiindicion nach Galderon ist.
Im übrigen ist die Diction lobenswerth, und die aufrichtige
Frömmigkeit des Titelheiligen berührt wohlthuend.
Ganz die gleichen Eigenschaften zeigt das Drama „Sak
Fbancisco Javieb, EL SoL EN Omente". Es behandelt die
Bekehrung eines japanesischen Fürsten und seiner Umgebung
durch die Lehren und Wunder des Titelheiligen. Charakteri-
stisch ist, dass letztern die Bekehrung eines sündhaften
Portugiesen, Diego Suarez, mehr Mühe kostet, als diejenige
sämmtlicher Japanesen.
„Haceb eineza EL BESAiEE^^ Zeigt uus dou guten Jesuiten-
pater von einer andern Seite; es ist ein mythologisches Fest-
spiel, welches für eine Palastfeierlichkeit geschrieben wurde.
Der übliche Streit zwischen Diana und Venus, verkörpert in
der anfänglichen Sprödigkeit und schliesslichen Liebesleiden-
schaft der schönen Hirtin Clarinda, bildet die Basis der
Handlung. Der Dichter hat hier wahrscheinlich die Calderon'-
schen Dramen gleicher Art vor Augen gehabt und ist kein
unwürdiger Nachahmer derselben, aber diese Schäfereien
können uns heute keinen Enthusiasmus mehr erregen.
Calleja war ein schätzenswerther, wenn auch kein be-
deutender Dramatiker. Seine Hauptschwäche liegt in Führung
der Handlung. In seinen selbständigen Dramen war er —
gleich seinem CoUegen Leon Marchante — glücklicher, als
in den mit diesem Dichter gemeinsam verfassten Stücken.
Dem einzigen uns erhaltenen Drama eines andern Jesuiten-
paters :
Valentin de Cespedes,
„Las GLOELÄ.S del mejob siglo", ist die Ehre widerfahren,
von Mesonero Romanos in der ßivadeneyra-Bibliothek ab-
gedruckt und enthusiastisch gelobt zu werden. Pater Valen-
tin war ein berühmter Kanzelredner, und das in Rede stehende
Stück kann den Beruf des Verfassers nicht verleugnen. Es
ist eine rhetorische Leistung von Anfang bis zu Ende, die
poetischen Bilder und rednerischen Floskeln überstürzen sich
Francisco de Leyva Ramirez de Arellano. 209
geradezu. Eine ganze Reihe allegorischer Personen tritt hinzu,
um die poetische Stimmung heraufzuschrauben. Die Basis der
Handlung ist der Streit der „ göttlichen Herrlichkeit " mit der
„weltlichen Herrlichkeit" um den heiligen Francisco Javier.
Letztere bedient sich des „Adels", der „Schönheit" und der
„Klugheit", um den Heiligen in ihre Netze zu verstricken.
Dass ihr dies nicht gelingt, liegt bei dem Drama eines Jesui-
tenpaters wohl auf der Hand, aber dass die genannten drei
Satelliten der „ weltlichen Herrlichkeit " nach ihrem Miserf olg
in die Dienste der „göttlichen Herrlichkeit" treten, ist eine
originelle Idee. Eine Kirchengeschichte von Christus bis Ig-
natius von Loyola fehlt nicht.
Eine von religiösen Meinungen unbeeinflusste Kritik wird
den überschwänglichen Lobeserhebungen des obengenannten
Mesonero Romanos kaum beistimmen können. Dass „Las
GLOEiAs DEL ME JOB siGLo" aufs eutschiedeuste den Eindruck
eines Tendenzstücks macht, ist nicht sein geringster Fehler.
Hierzu kommt, dass der grösste Theil desselben den Leser
durch fortwährende, übermässige Anwendung poetischer Ge-
waltmittel in einen wahren Taumel versetzt, während die zur
Abwechselung von dem Dichter angeschlagenen satirischen
Saiten durch ungeschickte, täppische Behandlung durchaus
unbefriedigt lassen. Das Stück ist 1640 zur Feier des hundert-
jährigen Bestehens des Jesuitenordens in Gegenwart des
Königspaares aufgeführt und sodann unter dem Pseudonym
eines „Don Pedro del Peso'* gedruckt worden.
Francisco de Leyva Ramirez de Arellano.
Ueber diesen Dichter wissen wir nur, dass er zu Malaga
geboren war und sich im Jahre 1673 dort aufhielt; ersterer
Umstand erhellt aus der Ueberschrift einer seiner Comödien,
letzterer aus dem Datum des autographen Manuscripts seines
Dramas „No hat contra un padre razon".
Leyva's bekanntestes Schauspiel ist „La DamaPresidente".
— Cesar Ursino hat das Unglück gehabt, in Florenz emen
Herzog von Mailand zu tödten, und muss deshalb seine Vater-
stadt verlassen, obgleich er Isabela, die Tochter seines Herzogs,
SCHJSFFEB. n. ][4
210 Francisco de Leyva Eamirez de Arellano.
liebt und deren Gegenneigung geniesst. Er flüchtet nach
Genua, lernt dort Dona Angela, die wegen ihrer Schönheit
und Gelehrsamkeit berühmte Tochter eines adeligen Rechts-
gelehrten aus der Familie der Doria's, kennen und verführt
sie unter dem Versprechen der Ehe. Nach dieser Heldenthat
fühlt er sich in Genua nicht mehr sicher und kehrt heimlich
nach Florenz zurück, wo er im Verborgenen Isabela's Schutz
geniesst. Angela folgt ihm in Männertracht, lässt sich in
Florenz als Rechtsgelehrter nieder und erlangt infolge ihrer
ausserordentlichen Befähigung den Rang eines ersten Gerichts-
präsidenten. Als solcher hat sie das Glück, bei einer nächt-
lichen Streiferei Cesar zu verhaften. Letzterer ist in einer
schlimmen Lage, denn Angela's Vater, der inzwischen Senator
von Genua geworden ist, klagt ihn der Verführung seiner
Tochter an, und diese selbst ist als Gerichtspräsident Richter
ihrer eigenen Sache. Aber hier kehrt* sich ihre schön-weib-
liche Natur heraus; statt sich an dem Räuber ihrer Ehre zu
rächen, wirft sie sich dem Delinquenten, welchen sie mit einem
Federstrich auf das Schafott führen könnte, um Mitleid flehend,
zu Füssen. Cesar ist einsichtig genug, ihre Beweggründe zu
schätzen, und willigt ein, ihr Gemahl zu werden.
Der Dichter spielt in dem Drama auf „La Dama Cor-
beoidob" von Zabaleta und Villaviciosa an, aber nur das
Richteramt der Heldinnen verleiht beiden Stücken einige Aehn-
lichkeit. Dasjenige unsers Leyva ist bei weitem besser; es
hat einen gewissen romantischen Reiz, sowie Energie und Feuer
in Handlung und Sprache, wenn auch in letzterer Hinsicht
manches cultistische Schönpflästerchen stört.
Zeigt sich Leyva's Hang zu erzwungenen, unnatürlichen
Situationen bei „La Dama Pbesidente" im anmuthigen Ge-
wände der Romantik, so lässt sich für „No hat contba un
PADBE BAZON" und „No HAT CONTBA LEALTAD CAÜTELAS"
nicht der gleiche Milderungsgrund anführen. Das erstg^annte
Drama führt uns einen König vor, welcher seinen ältesten
Sohn und Thronfolger aus keinem andern Grunde tödlich
hasst, als dass er das Kind einer ungeliebten Mutter ist. Der
Tyrann geht in seinem Bestreben, einem jungem Sohne zweiter
Ehe den Thron zu verschaffen, so weit, dass er den altem
vei^iften will und ihm mit fingirten Liebkosungen den
vermeinten Giftbecher aufnöthigt. Glücklicherweise
Francisco de Leyva Ramirez de Arellano. 211
hatte ein getreuer Vasall den tödlichen Trank vertauscht.
Das Volk erhebt sich zu Gunsten des Prinzen, und dieser ist
— nachdem er seinen Stiefbruder getödtet — Herr der Situa-
tion, legt aber dem unnatürlichen Vater in kindlichem Ge-
horsam sein Schwert zu Füssen. Den König hat indessen der
plötzliche Zusammenbruch seiner Herrschaft so in Raserei
versetzt, dass er todt zusanunenbricht. — In „No hat contba
LEALTAD CAUTELAs" begegnen wir einer Königin von Eng-
land, welche ihren Gemahl aus Bache für die Hinrichtung
einiger Verwandten tödten will, aber entdeckt und selbst hin-
gerichtet wird, während der König sich sofort mit einer Dame
neuvermählt, welcher er schon vor dem Tode seiner Gemahlin
den Hof gemacht hat. Die Verzerrung aller Moral in diesem
Drama ist ebenso widerwärtig als dessen unausstehlich schwül-
stige Diction.
Ein wahres Märtyrerthum für den Leser ist ebenfalls:
„CuEVA Y CASTiLLo DE amob", ein ohne jeden dramatischen
Plan zusanmiengewürfeltes Stück mit gongoristischer Sprache.
„El negeo DEL cuBEPO BLANCo" basirt auf der Grund-
idee, dass ein sicilianischer Edelmann insgeheim über die Ehre
seines Hauses wacht, indem er als Sklave mit geschwärztem
Gesicht unerkannt alles beobachtet.
„La infeliz Auboba y Finbza aceeditada" behandelt
die Schicksale zweier Neuvermählten in novellenhafber Weise.
Das Stück gehört zur gespreizten Dutzendwaare , ebenso wie
„Amadis y Niquea'\ ein hohles, mit Floskeln aufgebauschtes
Drama, dessen Stoflf d«m Bitterroman ,^ Amadis de Grecia^^
entlehnt ist. Die Aehnliehkeit der Fabel mit dem sagenhaften
Aufenthalte des Achilles am Hofe des Königs Lykomedes ist
sehr auffällig.
„NUESTBA SeNOBA DE LA ViCTCÄlIA Y ReSTAUBACION DK
Malaga" behandelt die Wiedereroberung der Stadt Milaga
durch die katholischen Kömge (Ferdinand und Isabella) nach
der Schablone der grossen Menge ähnlicher Stücke. Er-
scheinungen von Engeln und der Jungfrau Maria, Hellseherei
eines Heiligen ^ier des heiligen Francisco de Paula), Stürme
auf die Stadt u. s. w. bilden hier, wie gewöhnlich, die Haupt-
bestandtheile der Handlung. Das Beste des Stücks ist eine
höchst belustigende Duellaffaire des Graciosos. üeberhaupt
scheint Leyva's Talent hauptsächlich auf der komischen Seite
14*
212 Francisco de Leyva Kamirez de Arellano.
gelegen zu haben, und es ist sehr zu bedauern, dass die uns
erhaltenen Stücke fast sämmtlich dem anspruchsvollem, em-
stern Genre angehören und deshalb grösstentheils — mit
vielleicht alleiniger Ausnahme der „Dama Peesldente" —
misglückt sind.
Einen Beweis für vorstehende Behauptung liefert in
directer Weise die belustigende Comödie „Oüando no se aguae-
DA Y Pbincipe tonto". Die Prinzessin Fenix von Thracien
ist schon in der Wiege mit dem Erben des mächtigen Reiches
Athen verlobt worden. Letzterer jedoch, der Prinz Ramiro,
zeigt als Jüngling eine derartige geistige Beschränktheit, dass
die inzwischen ebenfalls herangewachsene Fenix den Gedanken,
sich mit einem solchen Thoren zu vermählen, aufs höchste
verabscheut. Da indessen der König von Athen, Vater Ramiro's,
eine grosse Vorliebe für den von der Natur vernachlässigten
Sohn hegt und entschlossen ist, dessen Ansprüche auf Fenix'
Hand nöthigenfalls mit den Waffen durchzusetzen, so muss der
machtlose König von Thracien temporisiren. Ramiro triflFfc mit
seinem begabten Bruder Fadrique am thracischen Hofe ein,
und sein albernes Wesen entspricht vollständig seinem Rufe,
während Fadrique die Herzen Aller imd auch dasjenige der
unglücklichen Braut gewinnt. Die Pläne Fenix' und Fadrique's,
Ramiro erst durch ein angebliches Geisterorakel, dann durch
die Erscheinung dieses Geistes selbst zum Hinausschieben seiner
Vermählung zu veranlassen, scheitern an der Hartnäckigkeit
des Dummkopfs, und dieser ersucht sogar seinen Vater schrift-
lich, durch Absendung eines Executionsheeres die Erfüllung
des Heirathsvertrags zu beschleunigen. Wirklich erscheint
ein atheniensisches Heer vor den Mauern der thracischen
Hauptstadt, und Fenix ist nach heftigem inneren Kampfe auf
dem Punkte, sich der Gewalt zu fügen, als die Rettung in
Gestalt eines Boten aus Athen naht. Dieser überbringt ein
Schreiben des Königs, in welchem derselbe erklärt, es habe
sich herausgestellt, dass Ramiro ein untergeschobener Sohn
der Amme des wahren Prinzen sei, welche letzteren als Säug-
ling aus Achtlosigkeit erdrückt habe. Nun ist zu allgemeiner
Befriedigung Fadrique der Thronerbe von Athen und Gemahl
der Prinzessin Fenix. — Das Stück streift an die Figuron-
comödie, aber seine echt komischen und von jeder Roheit freien
Situationen weisen ihm einen achtungswerthen Platz an.
Carlos de Arellano. 213
Auch „EnTRE EL HONOR Y EL AMOR, EL HONOR ES LO
PRiMERo" ist eine Figuroncomödie mit einer endlosen Kette
von Verwickelungen. Sie ist belustigend, steht aber in der
Mache dem vorherbesprochnen Stücke nach.
Francisco de Leyva war ein geistreicher Dichter, dessep
Talent jedoch — wie oben gesagt — hauptsächlich auf der
Seite des Komischen lag. Leider liess er sich verführen, die
gespreizte Künstelei höfischer Poetaster mit der echten Kunst
zu verwechseln. Anstatt deshalb seinem wahren Naturell zu
folgen, glaubte er durch Erfindung anspruchsvoller, auf-
gebauschter Stoffe mit der falschen Würze unnatürlicher Situa^
tionen und aflfectirter, cultistisch geschminkter Sprache einen
hohem Dichterruf zu begründen. Ob ihm dies bei der Mit-
welt geglückt ist, mag in Ermangelung von Beweisen dahin-
gestellt bleiben, aber die Nachwelt würde ihn höher schätzen,
wenn er den Versuchungen zünftiger Unnatur nicht nach-
gegeben, sondern sich auf die Ausnützung seines angeborenen
komischen Talents beschränkt hätte.
Carlos de Arellano.
Im 31. Bande der „Comedias nuevas escogidas'' findet
sich ein vortreffliches Lustspiel: „El socorro de los mantos",
als dessen Verfasser ein „Don Carlos de Arellano" angegeben
wird. Ob dieser Name ein wirklicher oder angenommener war,
lässt sich nicht mehr feststellen. Die Vermuthung mancher
Kritiker, Don Francisco de Leyva Ramirez de Arellano möchte
darunter gemeint sein, steht schon äusserlich, noch mehr aber
aus inneren Gründen auf sehr schwachen Füssen. Dagegen
mag darauf hingewiesen werden, dass in Bernardo de Bal-
buena's ^ßompendio apologetico en aldbansa de lapoesia"' (nach
dem Gedicht „La grandeza mejicana''^ geschrieben 1602, als
berühmter Dichter in der westlichen Welt, ein Carlos de Are-
llano, Marschall von Borobia, aufgeführt wird. Möglicherweise
kam dieser Dichter, oder wenigstens seine Comödie, später
nach Spanien, und wenn deren Druck auch erst 1669 erfolgte,
so mag sie ja schon lange vorher verfasst sein. Sei dem, wie
ihm wolle, dieser „ Carlos de Arellano" hat offenbar die besten
214 Carlos de Arellano.
Intriguenstücke Calderon's und Rojas' vor Augen gehabt und
ein Werk geschaffen, welches diesen Mustern durchaus eben-
bürtig an die Seite gesetzt werden kann. Die Handlung ist
originell und geistreich geschürzt, die echt komischen Situa-
tionen folgen Schlag auf Schlag, die Diction ist gut, und trotz
des labyrinthischen Durcheinanderspiels sind einzelne Charak-
tere, besonders derjenige Don Femando's, gut herausgebracht.
Der Inhalt des Stücks ist in Kürze folgender. Don Fer-
nando, ein heirathsscheuer Leichtfuss, verlacht jede ernstliche
Liebe und spricht seine Ansichten über diesen Punkt auf die
ergötzlichste Weise aus, als ihn einer seiner Bekannten, Don
Pedro, bittet, bei seinem Busenfreunde Don Diego um dessen
Schwester Leonor für ihn anzuhalten. Fernando lässt sich
nach einigem Spötteln hierzu bereit finden und begibt sich in
das Haus Don Diego's. Hier trifft er in dessen Abwesenheit
Leonor allein. Obgleich er sie zum ersten male sieht und trotz
seiner Vermittlerrolle, kann er seine gewohnheitsmässigen Er-
oberungsversuche nicht imterlassen, fängt sich aber in seiner
eigenen Schlinge, denn die männerscheue Leonor tritt ihm mit
so pikanter Sprödigkeit entgegen, dass er alles daran setzt,
ihre Liebe zu gewinnen. Auch Leonor bleibt dem excentrischen,
von den meisten andern so verschiedenen Manne gegenüber
nicht gleichgültig und stachelt ihn derart mit einigen Gunst-
bezeigungen an Don Pedro, dass er schon halb entschlossen
ist, selbst um sie anzuhalten. Infolge dessen hält er nicht
allein Don Pedro mit falschen Ausflüchten hin, sondern ver-
leumdet auch denselben bei Don Diego. Don Pedro, welcher
bemerkt, dass die Sache durch den Vermittler nicht vorwärts
kommt, nimmt dieselbe auf gewaltsame Art selbst in die Hand.
Er besticht die Zofe Leonor's, ihn in dem Gemache ihrer
Herrin zu verbergen, und schreibt Don Diego anonym, ein
Caballero, dessen Vermählung mit Leonor durchaus passend
erscheine, habe bei ihr Eingang erlangt; Don Diego möge das
Paar überraschen und dessen sofortige Verlobung erzwingen.
Beinahe gelingt die List, denn Don Diego findet wirklich Don
Pedro im Zimmer Leonor's, aber Don Fernando, welchen
Leonor selbst im Nebengemache versteckt hat, tritt im ent-
scheidenden Augenblicke hervor, löscht die Lichter aus und
geht ab. Don Pedro will nun angesichts des schweren Ver-
dachts, welcher durch diesen Umstand auf Leonor fällt, seine
Pedro Rosete Nino. 215
Verlobung aufschieben, und auch Don Diego findet dies später
rathsam, da er Leonor, welche sich in ihrem Schuldbewusst-
sein zu ihrer Freundin Beatriz, Schwester Don Femando's,
geflüchtet hat, im Hause vermisst. Für Fernando ist die An-
wesenheit Don Pedro's im Gemache Leonor's ebenfalls höchst
verdächtig, aber Don Pedro, welcher ihn in der verflossenen
Nacht nicht erkannt hat, zieht ihn selbst aus dieser Ungewiss-
heit, indem er. ihm den Fall im Vertrauen vorlegt und ihn
um seine Meinung darüber befragt. Nach einigen lärmenden
Zwischenfällen verlobt sich nun Fernando mit Leonor und
Don Diego mit Beatriz, welcher er schon lange den Hof ge-
macht hat. Don Pedro wird mit der Hand einer Verwandten
Don Femando's und 40000 Escudos Mitgift getröstet. — Dies
ist natürlich nur das Gerippe der Handlung, welches mit dem ,
blühendsten Fleische geistreicher Episoden bekleidet ist, bei
denen — wie der Titel sagt — die Damenschleier eine Haupt-
rolle spielen.
Pedro Bosete Nino.
lieber die Lebensumstände dieses Dichters ist nichts be-
kannt, als dass er 1641 von einigen Schurken angefallen und
verwundet wurde, da sich dieselben durch seine Comödie
„Madkid por de denteo", in welcher das Treiben des ma-
drider Gesindels dargestellt war, beleidigt gefühlt hatten.
Von seinen selbständig verfassten Comödien erwähnen
wir folgende:
„Eeear peincipios de amoe." Dies ist ein Lustspiel
mit origineller Handlung und lebhafter Sprache, welches zu
dem besseren Mittelgut der Periode. gerechnet werden kann.
Der schon durch den Titel ausgedrückte Grundgedanke des-
selben ist die Beobachtung, dass ein gleich bei Beginn eines
Liebesverhältnisses begangener Fehler gewöhnlich verhängniss-
voll für dessen weiteren Verlauf wird.
Auch „MiEA EL ein" beruht auf einem Erfahrungssatze.
Die durch den Titel ausgedrückte, von einem verstorbenen
Vater in seinem Testamente eingeschärfte Lebensregel: „Be-
denke den Ausgang", wird in diesem Stücke in ihren wohl-
thätigen Wirkungen interessant und in reiner Sprache illustrirt.
216 Pedro Rosete Nino.
Schwächer sind die Comödien „Ello es hecho" und
„Pelear hasta moeir". In der ersten haben wir die gewöhn-
lichen Verwickelungen der Capa y espada-Stücke der zweiten
Periode, verbunden mit dem undelicaten Zerhauen des Gordi-
schen Knotens durch eine anticipirte Hochzeit, wie sie viele
Dramen der ersten Periode aufweisen. Das zweite behandelt
den im altspanischen Schauspiel so gründlich abgedroschenen
Stoff der Bestürmung einer edlen. Dame durch einen König
und dessen schliessliche Selbstüberwindung, in einer nichts
weniger als neuen Form.
In „Los BANDOs DE Vizcaya" bearbeitet der Dichter ein
ebenfalls oft gebrauchtes Material, die erbliche Feindschaft
zweier Adelsfamilien, welche durch die hingebende Liebe zweier
jungen Leute aus den gegensätzlichen Stämmen — natürlich
erst nach einer Reihe aufregender Scenen — geschlichtet
wird. Die Handlung ist ungemein verwickelt, aber künstlich
aufgebaut und durch öftere Recapitulationen verständlich ge-
macht; sie hinterlässt den Eindruck eines höchst sinnreichen
Uhrwerks, bei welchem jedoch die Poesie schlecht weg-
kommt.
„La conquista de Cuenca", die Geschichte der Er-
oberung Cuencas durch die verbündeten Könige von Castilien
und Aragon, ist eine schwache Production, welche ausserdem
an Cultismo leidet.
„Solo en Dies la confianza" ist eine Verquickung des
„CONDENADO PCB DESCONEIADO" VOU ToUoZ mit „La BUENA
guarda" von Lope de Vega. Ausserdem hat der Dichter aus
Calderon's „El MAaico prodigioso" die Anrufung des Dämons
durch den Haupthelden Filipo, sowie den Umstand entlehnt,
dass am Schlüsse der Dämon selbst dem versammelten Volke
die Fügungen Gottes erklären muss. Filipo's Ausruf im ersten
Act: „Ha, mägico prodigioso!" stellt die Entlehnungen auch
äusserlich unzweifelhaft fest. Die Verquickung der genannten
Materialien durch Rosete ist keineswegs eine geschickte zu
nennen, und die Neueinführung einer allegorischen Figur, des
„Verbrechens" (delito) kann ebensowenig als Verbesserung
betrachtet werden. Das Ganze erscheint als Flickwerk.
Rosete erhebt sich immerhin etwas über die Dutzend-
dichter der Periode, aber seine Leistungen sind sehr ver-
schieden an Werth. Manchmal erscheint er selbständig in
Miguel de Barrios. 217
seinen Erfindungen, manchmal flickt er Anempfundenes und
Entlehntes zusammen. Dieselbe Ungleichheit zeigt er in der
Diction, und sein Platz kann ihm deshalb erst in der dritten
Rangordnung seiner zeitgenössischen CoUegen angewiesen
werden. Dass er als Mitarbeiter bei der Fabrikation gemein-
samer Dramen eine ziemlich bedeutende Rolle spielte, sei der
Vollständigkeit halber auch noch erwähnt.
Miguel de Barrios,
später Daniel Levl de Barrios genannt, war in Mantilla ge-
boren, wahrscheinlich zwischen 1620 und 1630. Sein Vater
war ein getaufter portugiesischer Jude ; er selbst bekannte in
seiner Jugend die christliche Religion, betrat die militärische
Laufbahn und wurde zum Hauptmann befördert. Später kehrte
er zum Judenthum zurück und schlug seinen Wohnsitz in
Amsterdam auf. Alle diese Lebensumstände gleichen den-
jenigen des Antonio Enriquez Gomez aufs Haar: ein merk-
würdiger Zufall! Das Todesjahr Don Miguel's ist unbekannt,
doch scheint er 1699 noch gelebt zu haben.
Die in seinem Buche „FZor de ApoW abgedruckten
Comödien sind folgende:
„El canto junto al encanto." Dieses Intriguenstück
wimmelt von aufregenden Scenen. Duelle, Eifersuchtsaus-
brüche, absichtliche und unabsichtliche Verwechselungen in
der Dunkelheit folgen sich in bunter Reihe ohne Vermittelung
als die des Zufalls, und die krause Sprache entspricht dem
krausen Inhalt.
Das gleiche Urtheil muss über die Stücke „Pedir favob
AL coNTRAEio" uud „El Espanol DE Oran" gefällt werden.
Das letztgenannte Drama ist verhältnissmässig das beste, und
dessen Inhalt soll deshalb hier kurz erwähnt werden, um dem
Leser einen Begriff von der Manier des Dichters zu geben.
Don Lauro, der spanische Befehlshaber in Oran, steht auf
dem Punkte, seine Vermählung mit Dona Sol zu begehen.
Sein Sklave Muley liebt ebenfalls Dona Sol, zieht den Degen
gegen seinen Herrn, soll deshalb gehängt werden, offenbart
aber vorher, dass er ein Bruder des Königs von Algier sei.
218 ' Juan Bautista Diamante.
Don Lauro begnadigt ihn und schenkt ihm die Freiheit, ^as
der hinterlistige Maure dadurch vergilt, dass er Dona Sol raubt
und nach Algier bringt. Der betrogene Bräutigam folgt ihm,
findet Gelegenheit, den König vor einem Angriflfe maskirter
Verschwörer unter Anführung Muley's zu retten und wird des
dankbaren Herrschers Günstling. Der Mordanschlag Muley's
war deshalb erfolgt, weil der König ebenfalls sein Auge auf
Sol geworfen hat. Die *neue Gunst Lauro's hat nun zur Folge,
dass ihn der König, welcher sein Verhältniss zu Sol nicht
kennt, zum Vermittler bei derselben bestimmt. Die Sache
complicirt sich dadurch noch weiter, dass Luna, des Königs
Geliebte, eine leidenschaftliche Neigung zu dem Spanier fasst.
Die Eifersucht zwischen Lauro und Sol, dem König und Luna
und der Vier durcheinander, sowie zwei nochmalige Anschläge
Muley's auf des Königs Leben, welche von Lauro vereitelt
werden , führen die bunte Intrigue weiter, bis der König, aus
Dankbarkeit für Lauro, diesem auf sein Geständniss der Wahr-
heit hin, Sol's Hand und Beider Freiheit schenkt,
Barrios zeigt — gleich seinem Glaubensgenossen Enri-
quez Gomez — in hohem Grade das charakteristische Merk-
mal der semitischen Rasse : die Sucht, sich durch äusserlichen
Pomp und hochtönende Phrasen aiiSzuzeichnen. In der Er-
findung wird dies durch beständige Aufregung und bis zur
Confusion wirres Durcheinander, in der Sprache durch rheto-
rische Floskeln und Cultismo angestrebt. Das Resultat ist,
dass der Leser wahrhaft aufathmet, wenn er die Dramen des
Barrios aus der Hand legt.
Juan Bautista Diamante.
Dieser fruchtbare Dramatiker war in Castilien, von spa-
nischem Vater und portugiesischer Mutter, wahrscheinlich
zwischen 1630 und 1640 geboren. Barbosa Machado be-
richtet, er habe alle Eigenschaften eines echten Caballeros
besessen und sich nicht allein in den schönen Wissenschaften,
sondern auch in den Waffen ausgezeichnet. Im Jahre 1660
finden wir ihn schon als Ritter des Johanniterordens, als
^
Juan Bautista Diamante. 219
welcher er das Priorat und die Pfründe von Moron genoss.
Sein Todesjahr ist unbekannt; man weiss nur, dass er 1684
noch lebte. Ausser sechs in Gemeinschaft mit andern Dich-
tem verfassten Comödien, besitzen wir von ihm zwischen 30
und 40 selbständige Stücke, von denen wir hier eine Anzahl
zu besprechen haben. Das bekannteste ist:
„El honeador de su padre", in welchem Diamante
theils den Spuren Don Guillem de Castro's, theils denjenigen
Corneille's gefolgt ist. Beide Vorbilder hat er nicht erreicht,
aber Corneille ist er näher gekommen, als Don Guillem.
Keine Spur der Energie in Handlung und Sprache, der poe-
tischen Versetzung in die rauhe alte Heldenzeit, welche das
Drama des genialen Valencianers auszeichnen, findet sich bei
Diamante. Die Armseligkeit seiner Epigonen-Gesinnung lässt
sich durch einen Vers der im übrigen wirkungsvollen letzten
Scene des „Honbador de su padre" genügend kennzeichnen.
Jimena, welche Rodrigo in Gefahr der Hinrichtung glaubt,
sucht ihn im Kerker auf; ein Secretär erscheint, verliest
ein fingirtes Todesurtheil und will Rodrigo abführen
lassen; Jimena reisst einem der Schergen das Schwert aus
der Scheide und widersetzt sich dieser Absicht mit Gewalt;
der König und Don Diego Lainez erscheinen, sehen, dass
ihr Plan, Jimena's verborgene Liebe zum offenen Ausbruch
zu treiben, geglückt ist, und Don Diego spricht beiseite:
No puedo tener la risa. (ich kann das Lachen nicht halten.)
Das ist geradezu erbärmlich. Die gewaltige Macht der Leiden-
schaft, welche eine edle Jungfrau angesichts einer vermeinten
Todesgefahr des Geliebten dazu bringt, alle Schranken der
Convenienz und weiblicher Zurückhaltung zu durchbrechen,
würde von jedem echten Dichter als ein erhabenes Motiv
aufgefasst worden sein. Von wahrhafter Erhabenheit hatte
aber Diamante keinen Begriff, und wenn sich dies auch in
den übrigen Theilen des Stücks nicht so extrem äussert, so
ist doch der ganze Ton desselben mehr derjenige eines Fa-
milien- als eines Heldendramas.
In „El cerco de Zamora por el Cid" hat der Dichter
den zweiten Theil von Don Guillem's „Las mocedades del
Cid" vor Augen gehabt, ihn aber in freierer Weise be-
handelt, als in „El honrador de su padre" den ersten.
220 Juan Bautista Diamante.
Wie sein Vorbild, hat er am Schlüsse unnöthigerweise die
Eidesleistung eingeschoben, welche der Cid dem neuen Kö-
nig Alfonso behufs Reinigung von dem Verdachte der Mit-
schuld am Tode König Sancho's auferlegt. Dem Stücke des
Matos „No BSTA EN MATAK EL venceb" scheiut er die Epi-
sode entlehnt zu haben, dass Don Diego Ordonez die Tochter
des Arias Gonzalo liebt, woraus ein ähnliches Verhaltniss
entsteht, me dasjenige des Cid zu Jimena. Neu erfunden
hat Diamante den Umstand, dass Pedro Arias, der vierte
Sohn Arias Gonzalo's, dessen letzter Schwerthieb das Streit-
ross Don Diego's über den Wall getrieben, von seinen Wun-
den genest, eine heftige Zuneigung zu seinem tapfem Gegner
fasst und diesem schliesslich die Hand der Schwester ver-
schafft. Die Sprache des Stücks ist im ganzen würdig, aber
aller echten Poesie bar.
Das gleiche Urtheil muss über „El bestaubadob de
AsturlälS" gefallt werden. Hier wird uns im ersten Acte
durch eine lange Erzählung des Königs Pelayo die Geschichte
der spanischen Gothen von der Schlacht von Jerez an bis
zur Schlacht von Covadonga geschildert; der zweite Act bringt
uns diese Schlacht selbst, der dritte schliesst mit der Wieder-
eroberung von Leon. Als Episoden figuriren die Abenteuer
zweier Liebespaare, eines christlichen und eines maurischen,
welches letztere am Schlüsse selbstverständlich zum Christen-
thume übertritt.
„La Judia de Toledo" (La desgraciada Raquel). Die-
ses in allen Drucken unserm Dichter zugeschriebene Trauer-
spiel ist von der neuem Kritik unbedenklich auf Grund einer
Notiz Ticknor's in dessen Literaturgeschichte (H, 316^) dem
Mira de Amescua zugewiesen worden. Ticknor besass, seiner
Angabe nach, das Autograph dieses Dramas unter dem Titel
„La desgbaclida Raquel", mit Darstellungserlaubniss vom
10. April 1635, aber es möge uns ein leiser Zweifel erlaubt
sein, ob er dieses Manuscript genau Scene für Scene mit
dem unter Diamante's Namen gangbaren Druck verglichen
hat, denn bei der Lektüre des letztern drängt sich entschie-
den der Gedanke auf, es müsse der zweiten Hälfte des
17. Jahrhunderts angehören. Vielleicht hat Diamante das
Drama von Mira de Amescua überarbeitet. Wie dem auch
sei, mit dem wunderbar poetischen Schauspiel Lope de Vega's
Juan Bautista Diamante. 221
„Las paces de los Reyes y Judia de Toledo" hält das in
Rede stehende Stück keinen Vergleich aus, wenn auch schöne
Stellen nicht fehlen. Neben der Liebe Raquel's zu König
Alfonso tritt hier besonders auch der Ehrgeiz der schönen
Jüdin hervor, ein Motiv, welches Lope ganz beiseite gelassen
hat. Dieser Ehrgeiz schwächt unsere Theilnahme für die
Heldin, da er sich nur in dramatisch ungeschickter, kleinlicher
Weise äussert, während der Ausdruck ihrer Liebe zu Alfonso
— in unvortheilhaftem Gegensatz zu der Schilderung bei Lope
— ein gekünstelter und frostiger ist.
Noch nüchterner ist „La Reina Maria Estuarda".
Diese sogenannte Tragödie zeigt ein wahrhaft klägliches Ver-
kennen des grossen Stoffs. Die Anführung eines ümstandes
genüge zur Erhärtung dieser Behauptung. Königin Elisabeth
will Maria Stuart heimlich tödten lassen; dies misglückt, und
da gleichzeitig ein Fluchtversuch der Unglücklichen vereitelt
wird, muss diese — ohne Process und ürtheilsspruch — di-
rect das Schafott besteigen, welches die Phantasie des Dich-
ters mit einem Schlage auf die Bühne gezaubert hat, ohne
dass vorher überhaupt die Rede von einer öffentlichen Hin-
richtung gewesen wäre. Im übrigen ist der Ton des Ganzen
mehr derjenige einer langweiligen „Comedia de cuerpo", als
der einer historischen Tragödie.
Erfolgreicher war Diamante in den Raufbold- (Guapo-)
Stücken, von welchen er eine ganze Reihe verfasst hat. Offen-
bar fühlte er sich diesen Stoffen gewachsen, da dieselben
mehr nüchterne Eflfectberechnung, als wahre Poesie verlangen.
Hierzu gehört:
„El valor NO tiene edad y Sanson de Estremadura",
sein bestes Stück dieser Art, welches die Abenteuer des be-
rühmten Recken Diego Garcia de Paredes und seines ihm
ebenbürtigen Sohnes behandelt. Es ist lebhaft und interes-
sant, aber ein Drama, welches einfach die körperliche
Stärke an sich (d. h. ohne Rücksicht auf deren Gebrauch
durch eine grosse Seele) zum Vorwurf wählt, kann selbst-
verständlich keiner höhern Kunstgattung zugezählt werden.
Die Hauptwürze dieser Stücke, eine ausführliche Erzählung
seiner oft moralisch zweifelhaften Hercules-Thaten seitens des
Haupthelden selbst, nimmt hier einen ganz ungebührlich grossen
Raum ein.
222 Juan Bautista Diamante.
Ebenso sehr auf die staunende Bewunderung der Mosque-
teros berechnet, aber bedeutend geringer an Kunstwerth sind
folgende Dramen:
„El Hebcules de Ocana." Zu diesem Stück hat Dia-
mante die gleichnamige Comödie des Luis Velez de Guevara
benutzt, aber aus einem verhältnissmässig vernünftigen ein
geradezu unsinniges Schauspiel gemacht. — „El mancebo del
CAMINO" ist die Geschichte eines Maulthiertreibers , welcher
durch seine ungewöhnliche Kraft und Kühnheit zum Haupt-
mann aufsteigt, während in „El deeensor del Penon" ein
Raufbold und Prahlhans erster Sorte, der natürliche Sohn
des bekannten Don Lope de Figueroa, die Hauptrolle bei der
Vertheidigung einer Festung gegen die Mauren spielt.
Aehnlicher Art sind auch „El vaquero de Geanada",
die dramatisirte Geschichte eines Banditen, welcher als Büsser
stirbt, und „Juan Sanchez de Talaveba", ein Drama, wel-
ches einige sehr wirkungsvolle Scenen enthält. Wir heb^i
folgende hervor. Juan Sanchez, ein junger Raufbold, hat
um seine Geliebte Laura bei deren Bruder angehalten, ist
vom diesem abgewiesen worden und hat ihn deshalb spä4»r
getödtet. In diesem kritischen Augenblicke wird Juan's Vater
zum Stadtrichter ernannt und nimmt es mit seiner Amts-
pflicht so genau, dass er dem flüchtenden Sohne nachsetzt,
um ihn zu verhaften. Ein reissender Fluss scheint 4er Ver-
folgung ein Ziel zu setzen, denn Juan hat denselben durch
kühnes Schwimmen zwischen sich und seinen Vater gebracht.
Letzterer aber stürzt sich ebenfalls in die Fluten. Bald
darauf ertönen seine Hülferufe, da er dem Ertrinken nahe
kommt. Der Flüchtling besinnt sich nicht lange, sein Kindes-
gefühl siegt über den Trieb der Selbsterhaltung, er rettet
seinen Vater und damit seinen Richter, welcher ihn zum Tode
verurtheilen muss. Der Dichter findet zwar Mittel und Wege,
das Drama glücklich enden zu lassen, aber der wirkliche,
tragische Conflict zwischen Amtspflicht und Vaterliebe in der
Brust des alten Sanchez hat uns vorher tief erschüttert
Freilich muss dabei bemerkt werden^ dass die Ausführung
bei weitem nicht der Intention entspricht, und dass diese
letztere wohl irgendeinem vorausgegangenen Stücke entldmt
sein mag.
Eine Arbeit auf Effect anderer Art ist „Mas encanto
Juan Bautista I>iamante. 223
ES LA hermosura", eine widersinnige Zauberconaödie, welche
weder durch gute Disposition, noch durch farbenprächtige
Sprache künstlerisch gerechtfertigt wird.
„El /REMEDIO EN EL PELIGRO", „PaSION VENCIDA DE
AFECTo", „Servir para merecer" sind Stücke von ebenso
armseliger Erfindung, als nüchterner Sprache.
In „Industrias de amor logradas, Juanilla la de
Jerez" versucht Diamante in die Fussstapfen Tirso's zu tre-
ten, indem er die Heldin, Dona Isabel de la Gerda, ihrem
Liebhaber Don Juan de Castro nach Madrid folgen und ihn
dossen Hand durch Spielen von vier Rollen: ihrer eigenen,
derjenigen einer Dona Maria de Estrada, einer Zofe der
Braut Don Juan's und eines Pagen des letztem, erringen
lässt. Hier hat der nüchterne Verstandesdichter den plian-
tasiereichen Tirso sogar noch überbieten wollen, dessen viel-
seitigste Heldinnen nur drei Rollen spielen. Der Vergleich
des Diamante'schen Stücks mit Tirso's „Don Gil de las
CALZAS VERDES", „La VILLANA DE VaLLECAS" U. S. W. ist
interessant: wo Tirso's Muse wie ein Schmetterling gau-
kelt, tanzt diejenige Diamante's gleich einem abgerichteten
Bären.
„Ir por EL RiESGO A LA dicha" ist ein schwaches Stück,
dessen Katastrophe Montalvan's „No hat vida como la honra"
entlehnt scheint, während „Cüanto mienten los indicios y
Ganapan de desdichas" offenbar Calderon's „ün castioö
EN TREs venöanäas" nachgebildet ist Das Vorbild — an
sich eines der schwächsten Dramen Calderon's — ist von
Diamante technisoh etwas vereinfacht, im übrigen aljer auf
des Neubearbeiters nüchternen Ton herabgestimmt worden.
„CuMPLiRLE A Dies LA palabra" ist dio Goschichte der
Tochter Jephta's, welche von ihrem Vater eigenhändig ge-
opfert wird, da er Jehova gelobt hatte, das Erste darzubrin-
gen, was er bei seiner Rückkehr in die Heimat erblicke. Am
Schlüsse sieht der Zuschauer das blutige Haupt des un-
glücklichen Mädchens auf einem Tische und hört aus seinem
Munde, dass das Opfer Jehova angenehm gewesen sei.
,^El Sol de LA Sierra" behandelt die Wiederauffindung
eines Muttergottesbildes (La vfrgen de los Enebros) in dem
hohlen Stamme eines Wachholderbaums , „Santa Maria del
224 Juan Bautista Diamante.
Monte" einen ähnlichen Vorwurf, verknüpft mit der Erobe-
rung von Consuegra.
„La CRUZ DE Cabavaca" schildert die Bekehrung eines
Maurenkönigs von Murcia, welcher aus Neugierde eine Messe
hört, aber von der Wahrheit des christlichen Glaubens über-
zeugt wird, als das zur Celebrirung fehlende Kreuz von En-
geln herbeigebracht wird.
„Santa Juliana", „La Magdalena de Roma t Bella
Catalina" und „Santo Tomas de Villanueva" sind eigent-
liche Heiligencomödien. Auch in diesen verleugnet Diamante
seine prosaische Natur nicht, hält sich aber gerade hierdurch
von manchem Unsinn fern, welcher die ähnlichen Werke phan-
tansiereicherer Dichter verunziert.
Wie Moreto und Matos, zehrte auch Diamante von den
Stoffen seiner Vorgänger, welche er indessen im allgemeinen
weit freier benutzte. Leider war er aber ein reiner Ver-
standesmensch, und das dichterische Feuer ging ihm voll-
ständig ab, so dass keine seiner Entlehnungen das Original
erreicht, geschweige denn übertrifft. Die Flamme auf dem
Altar ApoUo's wurde ihm zur Oellampe seines Studirzimmers ;
wollte er sie zu besonderer Lichtstärke anfachen, so gab sie
nur den Rauch des Cultismus von sich. Diamante's Fabeln
sind meist langweilig, oft geradezu dürftig und bleiern. Seine
Diction ist dementsprechend nüchtern, und hier und da
durch cultistische Schönpflästerchen entstellt. Wie Montalvan,
liebte er lange Parade-Reden, aber was bei jenem zur Er-
höhung der dramatischen Stimmung beiträgt, bewirkt bei
Diamante nur Erhöhung der Langeweile. — Dass er — wie
„El honeadob de su padee" im allgemeinen und einzelne Aus-
drücke im besondem (z. B, „iPiedad, destino!'') beweisen —
auch bei den Franzosen geborgt hat, kann ihm gewiss nicht
als Vorzug angerechnet werden. Es ist im Gegentheil ein
Beweis dafür, dass mit seinen Dramen ein weiterer grosser
Schritt zum Untergange des spanischen Nationaltheaters ge-
schehen war. Die grosse Bewunderung, welche ihm von sei-
nen Zeitgenossen gezollt wurde, mag als Bestätigung der
Wahrnehmung dienen, dass der Verfall einer Kunst organisch
mit der Verderbniss des Geschmacks der Kunstgeniessenden
zusammenhängt.
Francisco de Villegas. 225
Francisco de Villegas
war," wie schon bei Besprechung des Juan Bautista de Ville-
gas im ersten Bande bemerkt, ein jüngerer Bruder dieses
Dramatikers und Sohn des berühmten Schauspieldirectors
Antonio de Villegas. üeber seine weitern Lebensumstände
wissen wir nichts, auch ist die Anzahl der uns erhaltenen,
theilweise selbständig, theilweise in Gemeinschaft mit andern
Dichtem von ihm verfassten Comödien eine geringe. Die-
selben zeichnen sich jedoch durch eine gewisse künstlerische
Feinfühligkeit aus und verdienen deshalb eine Besprechung
an dieser Stelle. •
„ El bey Don Sebastian " ist dem gleichnamigen Stücke
des Luis Velez de Guevara, „El mas piadoso Trotano" Guil-
lem de Castro's „Dido y Eneas" und „Lo que puede la
crlä-nza" des gleichen Dichters „La euebza de la costum-
bee" entlehnt. Die drei Nachbildungen gleichen sich darin,
dass sie manchmal genau dem Scenengang des Musters folgen
und demselben sogar hier und da längere Stellen wörtlich
entlehnen, dass der Dichter aber im allgemeinen mit künst-
lerischem Takte das überflüssige Beiwerk und die Roheiten
der Originale ausgeschieden, sowie die Führung der Hand-
lung organischer gestaltet hat. Freilich ist dabei manche
schillernde Blume unter der Schere des neuen Gärtners ge-
fallen, freilich vermögen dessen neu und regelrecht geordnete
Beete nicht die romantische Unordnung des früher farben-
prächtigen Naturgartens zu ersetzen. Aber immerhin liegt
ein wirkliches Verdienst in jeder künstlerischen Neu-
gestaltung.
Wahrscheinlich sind auch „ Dies hace justicia a todos "
(die weniger gelungene, sagenhafte Geschichte eines Königs
Casimir von Polen, welcher einen durch Vermittelung des Jo-
hannes Hunyades mit dem Sultan Murad geschlossenen Frie-
den frevelhaft bricht und dafür von Gott mit dem Tod auf dem
Schlachtfelde bestraft wird) und „La culpa mas peovechosa"
Nachbildungen älterer Stücke. Was das erste anbetrifft, so
mag erwähnt werden, dass in dem Katalog von Medel eine
Comödie gleichen Titels von Lope deVega aufgeführt wird,
welche dessen Vorbild sein mag. Auf das zweite „La culpa
MAS pkovechosa" müsscu wir etwas näher eingehen.
SCHJBFFEB. II. X5
226 Francisco de Villegas.
Pontius Pilatus wird in allen seinen Handlungen vom.
Glück dermaassen verfolgt, dass er den Neid der Götter fürch-
tet und alles versucht, irgendein Unglück auf sich herab-
zubeschwören. Dieser Absicht gemäss, betreibt er in unmittel-
barer Nähe Roms das Räuberhandwerk und zwar unter dem Ein-
flüsse seines Glückssterns mit solchem Erfolge, dass er den
höchsten Zorn des Kaisers Tiberius erregt Nachdem er Mario,
einem gegen den Kaiser conspirirenden Edelmanne, einen
Brief abgenommen, dessen Inhalt er weder kennt noch unter-
sucht, begibt er sich nach Rom, um sich Tiberius zu Füssen
zu werfen, und denkt sicher, auf diese Art das ersehnte Un-
glück über sich hereinbrechen zu sehen. Es kommt aber
anders. Der Kaiser hat gerade für den zurückgekehrten
Mario das Emennungsdecret zum Präsidenten von Judäa
unterschrieben, aber der Glücksstern des Pilatus hat ihm die
Hand geführt: statt Mario's Namen hat er denjenigen des Pi-
latus ausgefüllt. Da zufallig die Rede auf den Brief kommt,
welchen Pilatus Mario abgenommen hat, verlangt der Kaiser,
denselben zu sehen. Dessen hochverrätherischer Inhalt be-
wirkt, dass Mario zum Tode verurtheilt wird, während das
Emennungsdecret des Pilatus zum Präsidenten von Judäa be-
stehen bleibt. — Veronica, eine vornehme Römerin, hat von
einem jüdischen Pilger das Bildniss Christi erhalten, mit der
Verkündigung, das Original, ein Jude, sei ihr zum Gemahl
bestimmt. Mächtig ergriffen von den edlen Gesichtszügen
des Heilandes, macht sie sich auf den Weg nach dessen Auf-
enthaltsort Jerusalem und kommt — nachdem sie in die
Hände des damaligen Räubers Pilatus gefallen, von dem-
selben aber ungeschädigt entlassen worden war — in der
jüdischen Hauptstadt an, gerade als Christus zum Calvarien-
berge geführt wird. Pilatus, dessen Gemahlin Julia durch
einen Engel von der Unschuld des Erlösers benachrichtigt
worden ist, hat dessen Urtheil nur mit grossem Widerstreben
unterzeichnet; er hat seine Hände darüber gewaschen, wäh-
rend das hebräische Volk mit ungestümen Rufen das Blut
des Gerechten auf sich genommen hat. Diese Nachgiebig-
keit, diese passive Sünde, führt ihn endlich dem ersehnten
Unglück entgegen, welches er durch active Schuld nicht
auf sich ziehen konnte. Kaiser Tiberius, von einer nagen-
den Krankheit gequält, hat alle seine Hofihungen auf Ge-
Francisco de Villegas. 227
sundung auf den wunderwirkenden Propheten Jesus gesetzt
und einem seiner Vertrauten, Cesarino, befohlen, denselben
nach Rom zu bringen. Cesarino kommt erst nach dem Tode
Christi in Jerusalem an, ist ausser sich über das Vorgefallene
und beruft Pilatus vor Tiberius' Richterstuhl nach Jlom. Er
kehrt alsdann zurück, erstattet dem Kaiser Bericht, und die-
ser beschliesst, Pilatus mit dem Tode zu bestrafen. Gleich-
zeitig mit Cesarino ist Veronica in Rom eingetroffen. Ob-
gleich dieselbe mit dem in das Blut Christi getauchten
Taschentuche die Krankheit des Kaisers heilt, bleibt dessen
Rachegefühl gegen Pilatus bestehen. Als aber letzterer er-
scheint und sich Tiberius zu Füssen wirft, fühlt der Kaiser,
dass ihm eine unsichtbare Macht den auf den Schuldigen ge-
zückten Dolch zurückhält: es ist die Tunica Christi, welche
Pilatus einem Centurionen abgekauft und sich damit bekleidet
hat. Veronica findet dieses Geheimniss heraus, und nun be-
fiehlt Tiberius dem Präsidenten, sich in ein Bad zu begeben.
Kaum hat der jetzt Unglückliche die Tunica abgelegt, als er
von den Schergen des Kaisers getödtet wird. Auf diese Art
hat ihn endlich das Schicksal ereilt.
Die Schlussverse des Dramas lauten:
Y pues ya desta comedia
escribiö segunda parte
mejor pluma, sus aciertos
suplan lo que en esta falte.
Da man in der Regel nicht einen ersten Theil nach einem
zweiten schreibt, so darf — abgesehen von Villegas' all-
gemeiner Gewohnheit, frühere Stücke zu benutzen — aus
dieser Stelle wohl geschlossen werden, dass er auch hier
einem altem Vorbilde gefolgt ist. Dies wird — ausser durch
die in der zweiten Periode durchaus ungewöhnliche Anwen-
dung ungereimter Hendekasyllaben — dadurch bestätigt, dass
ein noch späterer Schriftsteller, Don Juan de Espinosa y
Malagon, beinahe genau denselben Stoff in einem Drama
„El dichoso desdichado" behandelt hat und zwar auf
solche Art, dass man glauben müsste, sein Stück sei das
frühere gewesen. Da dies der Chronologie nach kaum mög-
lich ist, so erscheint die Annahme, beide Dichter haben ein
gemeinschaftliches Vorbild benutzt — und zwar der letzte
Dichter in einer sich dem Original enger anschliessenden
15*
228 JusLn de 2^baleta.
Weise — gewiss gerechtfertigt. Darf hierbei ein Rückschloss
auf den Originaldichter gezogen werden, so müssen wir die
Vermuthung wagen, derselbe sei Damian Salustio del Poyo
gewesen. Wer sich die Mühe nehmen will, dieses Autors
„VrOA Y MUEBTE DE JUDAS" mit „El DICHOSO DESDICHADO"
in Sprache und Charakteren zu vergleichen, wird uns keiner
übermässigen Kühnheit zeihen, wenn auch solche Hypothesen
aus lediglich innem Gründen selbstverständlich immer etwas
Misliches haben. Darf uns eine weitere Vermuthung ge-
stattet werden, so möchten wir andeuten, dass Villegas unter
dem schon bestehenden zweiten Theile seines Stücks, Cu-
billo's „Los DESAGBAVios DE Cbisto" Verstanden haben könnte.
— Es bleibt uns noch übrig, mit einigen Worten zu sagen,
warum man — wie wir uns oben ausdrückten — „glauben
müsste, sein (Espinosa's) Stück sei das frühere gewesen".
Villegas hat die Handlung, wie sie uns die sich dem alten
Original enger anschliessende Espinosa'sche Nachbildung
überliefert, vereinfacht, indem er unnützes Beiwerk theil-
weise hinter die Scene verlegt, theilweise ganz ausgeschieden
und so aus einer ziemlich losen, eine treflflich geführte Fabel
herausgeschält hat. Sodann ist seine Aenderung der Kata-
strophe — bei Espinosa tödtet sich Pilatus selbst, als er
sieht, dass er den Schergen des Tiberius nicht entrinnen kann,
während Villegas ihn durch letztere ermorden lässt — offen-
bar eine wohlüberlegte Verbesserung. Denn hätte sich Pila-
tus seinem unheimlichen Glücksstern durch Selbstmord ent-
ziehen wollen, so stand ihm ja dieser Weg von Anfang
an offen, während ihn bei Villegas ohne seinen Willen
das Schicksal ereilt.
Francisco de Villegas war kein origineller, wohl aber
ein kunstsinniger, feinfühliger Dichter, dessen Werke des-
halb noch heute mit ästhetischem Genuss gelesen werden
können.
Juan de Zabaleta,
ein Dichter, welcher um die gleiche Zeit blühte, war in Ma-
drid geboren. Infolge eines Erbschaftsprocesses scheint er
einige Zeit in ärmlichen Verhältnissen gelebt zu haben, aber
Juan de Zabaleta. 229
der für ihn günstige Ausgang dieser Streitigkeiten verschaffte
ihm die Mittel zu einem behaglicheren Leben. Er war Mitglied
der poetischen Akademie zu Madrid, nahm Theil an verschiede-
nen literarischen Festlichkeiten und unterhielt ein freundschaft-
liches Verhältniss mit vielen seiner CoUegen, wie Calderon,
Matos, Cancer, Martinez, Villaviciosa u. A., mit welchen er auch
gemeinschaftlich Comödien verfasste. Im Jahre 1664 hatte er
das Unglück, zu erblinden, veröffentlichte aber noch 1667 eine
Sammlung seiner Prosaschriften. Sein Todesjahr ist unbekannt.
Von seinen selbständigen Comödien erwähnen wir:
„El hijo de Marco Aubelio." Dieses Drama schildert
in gelungener Weise den Charakter des ausschweifenden Kai-
sers Commodus und schliesst mit einem Durchbruch seines
bessern Naturells als Sohn des edlen Marc Aurel. Dieser
Schluss, wenn auch dramatisch wirksam, wird bei dem nach-
denkenden Leser durch die unwillkürliche Erwägung abge-
schwächt, wie wenig nachhaltig ein solcher momentaner Im-
puls bei dem despotischen Wüstling gewesen sein kann, aber
Zabaleta's zeitgenössische Zuhörer werden schwerlich der-
gleichen Bedenken gehegt haben. Die Sprache des Stücks
ist ungleich, aber mit wirklich guten Gedanken in sentenziö-
ser Form durchsetzt. — Ueber den Kaiser Commodus hat
Zabaleta auch ein Prosaw^erk geschrieben.
„El eemitano galan" ist wohl eine freie Bearbeitung
des gleichnamigen Dramas von Mira de Amescua. Es ist im
ganzen besser als sein Vorbild und erregt besonders durch
lebensfrische, realistische Schilderungen des ausschweifenden
Treibens in der üppigen Stadt Alexandria dramatisches In-
teresse. Der Contrast zwischen dieser Sünderhöhle und der
nahegelegenen Wüste Thebais, dem Aufenthalte christlicher
Büsser und Selbstkasteier, bildet einen wirkungsvollen Hin-
tergrund, welchen die altspanischen Dichter häufig ausgenutzt
haben. — Zabeleta ist in diesem Stücke der Legende vom heil.
Abraham (s.Rivadeneyra's „Flos Sandorum'^, Ausg. 1675, Bd. II,
S. 128 fg.) genauer gefolgt, als sein Vorgänger Mira de Amescua,
„OsAB MORiR DA LA vida" behandelt die Geschichte eines
Räubers, welcher erst Eremit wird, dann aber — da ihm
auf diesem Wege der Eintritt in den Himmel zu länge hin-
ausgeschoben scheint — sich dem Gouverneur von Alexan-
dria unter Geständniss aller seiner Verbrechen zur Hinrich-
230 Fernando de Z&rate y Castronovo.
tung überliefert. Im Augenblicke seines Todes öffnet-^ sich
wirklich der Himmel, um ihn mit dem üblichen Glorienapparat
aufzunehmen, und das Volk ruft ihn zum Heiligen aus.
„No AMAR LA MATOR fineza" ist ein langes, schwer-
fälliges Stück, obgleich dessen Grundidee — ein Prinz von
Albanien ist so hyperdelicater Natur, dass er aus lauter
Hochachtung für seine Geliebte nicht wagt, um deren Hand
anzuhalten, bis ihm dies auf die unweiblichste Weise nahe-
gelegt wird — wohl geeignet gewesen wäre, den Drehpunkt
einer belustigenden Comödie zu bilden.
Ebenso schwerfällig ist „El hechizo imaginado". Die
Handlung ist überreich und unwahrscheinlich, aber auch hier
fehlen bessere Ideen nicht. So verliebt sich die Prinzessin
Florismunda in Jiradolfo, einen verkleideten Prinzen, derart,
dass sie , um sich von dieser anscheinend unwürdigen Leiden-
schaft zu befreien, keinen andern Ausweg findet, als dessen
Tod zu befehlen. Jiradolfo, dessen ebenfalls verkleidete
Schwester Celinaura ihm das Leben rettet, fingirt sich ster-
bend und erscheint bald darauf in der Rolle eines andern
Prinzen als Freier Florismunda's. Die Aehnlichkeit mit dem
vermeinten Todten entflammt das Herz der Prinzessin aber-
mals derart, dass sie aus Wuth über ihre Schwäche — da
sie den Tod eines offenkundigen Prinzen nicht decreti-
ren kann — sich selbst den Tod geben will. Celinaura bringt
sie davon ab, indem sie ihr vorspiegelt, sie habe ihr einen
Liebestrank eingegeben. Damit wird der gekränkte Stolz
Florismunda's beruhigt. — Man sieht, wie weit die spätem
Dichter neue Situationen herholen mussten.
Zabaleta ist in seinen Compositionen origineller als die
letztbesprochenen Dichter. Er wusste recht gut, auf welche
Weise dramatischer Effect zu erzielen sei, aber die Aus-
führung seiner Ideen ist meistentheils unbeholfen, seine Dic-
tion ungleich. Er kann deshalb nur zu den Dramatikern
dritten Ranges gezählt werden.
Fernando de Zärate y Castronovo.
Das Leben dieses Dichters ist für uns in ein solches
Dunkel gehüllt, dass ein scharfsinniger spanischer Schrift-
Fernando de ZkraXe y Castronovo.
231
steller (Don Adolfo de Castro), gestützt auf die irrthümliche
Notiz eines Index der Inquisition, sich zur Behauptung ver-
steigen konnte, ein „Don Fernando de Zärate" habe gar .
nicht existirt und dieser Name sei ein Pseudonym für Anto-
nio Enriquez Gomez. Da jedoch — abgesehen von der In-
nern Verschiedenheit der Dramen Zärate's und Enriquez
Gomez' — zwei Autographen unsers Dichters von 1660 exi-
stiren und das eine, die Widmung der Comödie „La mon-
TANESA DE BuRGOs" sogar aus Sevilla vom 26. Juli datirt,
während Enriquez Gomez bei einem Auto de Fe in der glei-
chen Stadt Sevilla, am 14 April des gleichen Jahres
von der Inquisition in effigie verbrannt wurde, so
ist diese vermeinte Identität eine reine Unmöglichkeit.
Zärate war ein fruchtbarer Dichter; von seinen Comö-
dien sind etwa dreissig auf uns gekommen.
„La vida y muebte del Cid y Noble Martin Pelaez"
behandelt die Geschichte des Cid unter der Regierung Al-
fonso's VI. Als Episode dient die bekannte Begebenheit mit
dem Neffen des gewaltigen Helden, Martin Pelaez, welcher
aus einem Feigling ein tapferer Recke wird. Das Stück zeigt
offenbar zwei Hände, weshalb sich annehmen lässt, Zärate
habe längere Stellen eines frühem Dramas ganz oder bei-
nahe wörtlich eingeschaltet. Tellez hat eine Comödie ähn-
lichen Inhalts: „El cobabde mas valiente" geschrieben, welche
dem Verfasser nicht zu Gesicht gekommen ist und möglicher-
weise das Vorbild der Zärate'schen sein könnte. Mehr aber
noch deutet der Stil der Einschaltungen auf Don Diego Ji-
menez de Enciso, von welchem allerdings nicht bekannt ist,
ob er den Stoff überhaupt behandelt hat. Wir würden zu
weit abschweifen, wenn wir dieses — der Bedeutung Enciso's
nach, sehr interessante — Thema durch längere Auszüge aus-
führen wollten; es mag deshalb eine Gegenüberstellung zweier
kurzen Stellen genügen:
Aus „Vida y mueete del
«
ClD^'.
Cid:
Setenta y dos anos truje
las armas en la campana,
sin que me impidiese el sol,
ni f atigase la escarcha,
Aus Enciso's „La mayor
HAZANA DE CaBLOS V,".
Carlos V.:
Cuarenta anos he gastado
casi siempxe en la campana,
sin tener tan solo un dia
que descansar en mi casa etc.
232
Fernaudo de Zarate y Castronovo.
por mi ley y por mi rey,
por mi honor y por mi patria,
Pase cU Africa dos veces^
mi valor ha visto Italia etc.
temhU mil veces
sufriendo el yelo y la escarcha.
Pase ä Alemania la alta
nueve veces
stete he penetrado ä Italia etc.
Auch „Los HEEMANOS AMANTES T PlEDAD POB EUERZA"
zeigt oflfenbar zwei Hände, und zwar ebenso wie bei dem
vorherbesprochenen Stück, nicht etwa actweise, sondern durch-
einander gemengt, sodass ebenfalls wörtliche Entlehnung lan-
ger Stellen eines Vorbildes angenommen werden muss. Was
den Stil dieser Entlehnungen betriflFt, so weist derselbe auf
Lope de Vega oder einen seiner frühesten Schüler, etwa
Guillem de Castro hin. In der That stimmt auch die un-
erquickliche Fabel — glühende Liebe zweier Geschwister,
welche durchaus nicht an ihre Verwandtschaft glauben wollen
und erst am Schlüsse des Dramas zu besserer Einsicht kom-
men — ganz mit dem Naturell Don Guillem's. Auch könnte
die Stelle:
porque la nueva Infanta,
la Margaritapreciosa,
que sola dicen que basta
para el adorno del Hey etc.
auf Don Guillem's Drama „La Mabgarita preciosa" hin-
weisen, welches dem Verfasser leider nicht zu Gesicht ge-
kommen ist. Sollte indessen das von Zabaleta, Cancer und
Calderon gemeinsam verfasste Drama „La Margarita pre-
ciosa" eine Nachbildung des Castro'schen sein, so wird obige
Vermuthung hinfällig, denn dessen Fabel ist durchaus ver-
schieden von derjenigen der „Hermanos amantes".
„MuDARSE PCR mejorarse" — gäuzlich verschieden von
dem Alarcon'schen Drama gleichen Titels — behandelt den
Grundgedanken des Tellez'schen „La celosa de si misma".
Ein Caballero verlässt die Geliebte um ihrer selbst willen,
als er sie in anderer Kleidung und unter andern Umständen
sieht, wird aber durch das geschickte Doppelspiel der Dame
dazu gebracht, ihr bei der endlichen Aufklärung ,die Hand
zu reichen. Auch dieses Stück zeigt grosse Ungleichheit
des Stils.
„QuiEN HABLA MAS, GERA MENÜS " ist ciuc Nachbildung
des Tellez'schen „Palabras y plumas" und folgt diesem
Fernando de Zarate y Castronovo. 233
Stück im ersten Acte beinahe Scene für Scene. Der Schluss
des ersten ist, ebenso wie die übrigen Acte, freier gehalten,
aber nicht zum Vortheil Zärate's. Bei Tellez lässt sich ge-
wiss manches aussetzen, aber mit seiner bltttenreichen, dufti-
gen Comödie verglichen, ist Zärate's Stück ein recht prosai-
sches Machwerk, dessen Nüchternheit durch gezierte Sprache
keineswegs behoben wird.
„AnTES QUE TODO es MI AMIGO" UUd „QUEBEBSE SIN DE-
clababse" sind gewöhnliche Capa y espada - Comödien. Aus
letzterm Stück ist die merkwürdige Idee hervorzuheben, dass
es sich für einen Caballero der damaligen Zeit nicht schickte,
als Gast im Freundeshause, der Schwester seines Wirths den
Hof zu machen, selbst wenn diese Werbung auf eine Ver-
mählung hinauslief, welche dem Bruder nur angenehm sein
konnte. Dies ist doch die Heiligkeit der Gastfreundschaft
auf eine Spitze getrieben, welche nur als Don Quixoterie be-
zeichnet werden kann. Das Extrem eines spanischen Cabal-
leros ist eben Don Quixote. Dies hat Cervantes wohl gefühlt,
und der ungeheuere Erfolg seines Meisterwerks hängt zum
grossen Theil damit zusammen, denn die Verspottung der aben-
teuerlichen Ritterromane genügt nicht zu dessen Erklärung.
Der Grund, weshalb Zarate in den bis jetzt besproche-
nen Dramen nicht befriedigen kann, liegt einfach darin, dass
sein Talent mehr auf Seiten der niedern Comödie, des Figuron-
stücks und der Posse lag. Der positive Beweis hierfür findet
sich in seinem vortrefflichen Stück:
„La pbesumida y la hebmosa", welches auf der Grenze
des Lustspiels und des Schwanks liegt. — Don Diego de Men-
doza y Peralta, ein etwas leichtlebiger Caballero, hat eine lange
Reihe von Jahren in den Niederlanden, dann in maurischer
Gefangenschaft zugebracht und seiner Familie während letz-
terer Periode nicht geschrieben, um sie nicht in Aufregung zu
versetzen. Auf diese Art gilt er für verschollen. Zu Anfang
der Comödie sehen wir ihn indessen, in Gesellschaft eines
Freundes, der ihn ausgelöst hat, im Begriffe, in die Heimat
zurückzukehren. Dies ist eine köstliche Einleitung, denn der
Zuschauer weiss hierdurch im voraus, dass die im Hause Don
Diego's sich abspielenden, weiter unten zu erwähnenden Ränke
jeden Augenblick durch das Erscheinen des vermeintlich Ver-
schollenen durchkreuzt werden können. — Don Diego's Schwe-
234 Fernando de Z4rate y Castronovo.
Stern Leonor und Violante haben Beide stark ausgeprägte
Eigenthümlichkeiten : erstere will als gelehrt gelten und be-
fleissigt sich deshalb einer cultistischen Ausdrucksweise; letz-
tere setzt einen übermässigen Stolz auf ihre Schönheit. Ein
früherer Kriegskamerad Don Diego's, Don Juan, hat sich in
Leonor verliebt, findet aber keine Gelegenheit, sich ihr zu
nähern. Sein Lakai Chocolate, welcher einige Gesichtsähn-
lichkeit mit Don Diego hat, schlägt ihm vor, er wolle sich,
für diesen ausgeben und ihn- als einen Kameraden im Hause
einführen. Don Juan geht darauf ein, der Betrug wird ins
Werk gesetzt und gibt zu einer Reihe der köstlichsten Auf-
tritte Anlass. Die gelehrte Leonor, welche anfänglich Nei-
gung zeigt, den Schleier zu nehmen, wird durch eifersüchtigen
Neid auf ihre schöne Schwester dazu gebracht, Don Juan's
Liebe zu erwidern, während die eingebildete Violante natür-
lich alle Aufmerksamkeiten Don Juan's auf sich bezieht. Der
Lakai lässt es sich in seiner Rolle als Familienoberhaupt
wohl sein, verspricht Don Gaspar und Don Carlos, zwei An-
betern der Schwestern , deren Hand und lässt sich als Gegen-
leistung von Jedem 2000 Escudos borgen. Das Geld gibt er
Elena, einer Zofe seiner angeblichen Schwestern, indem er
ihr gleichzeitig verspricht, sich mit ihr zu vermählen. Dies
bläst das Kammerkätzchen derart auf, dass sie sich Dona
Elena de Mendoza y Peralta nennt und jedermann diese
Titel an den Kopf wirft. Als nun der wirkliche Don Diego
eintrifft, kommt es zu den ergötzlichsten Verwickelungen, bis
sich der Knoten in befriedigender Weise durch mehrere Ver-
lobungen löst. — Das Stück sprüht von Witz und Wort-
spielen, ist vortrefflich geführt und erre^ durchweg das leb-
hafteste Interesse. Hier war das Feld, auf welchem der Dich-
ter seine Lorbeeren hätte pflücken können.
„El valientb Campuzano" ist ein unerquickliches Guapo-
Stück, „Las tees coeonaciones de Caelos Quinto'' eine
chronikartige Dramatisirung der Krönungen Karl's V. als König
von Spanien, Kaiser von Deutschland und römischer Kaiser.
Ebenso zersplittert in der Handlung ist „La conquista
DE Mejico", eine unkünstlerische Darstellung der Eroberung
Mexico's durch Ferdinand Cortes. In diesem Stücke hat der
Dichter — in Nachahmung einer Scene im ersten Acte des
Lope de Vega'schen „El nuevo mundo descubieeto pob Gbi-
Fernando de Zärate y Castronovo. 235
STÖBAL Colon" — die allegorischen Figuren der „Göttlichen
Vorsehung", der „Religion" und der „Abgötterei" eingeführt.
In „Los DOS FiLÖsOFOs DE Geecia" werden die Philo-
sophen Heraklitus und Demokritus in Gegensatz gebracht,
aber die Behandlung des an sich dankbaren Stoffes ist ebenso
unbefriedigend als diejenige des macedonischen Alexander und
des Aristoteles in „El maestbo de Alejandro". Mit dem
classischen Alterthum hatten die altspanischen Dramatiker
überhaupt wenig Glück.
Einen bedeutenden Raum im Repertoire unsers Dichters
nehmen die Heiligenstücke ein.
„El Obispo dE Cboblä., San Estanislao" ist in ange-
messenem Stile gehalten. Ein tyrannischer König von Polen
will sich an dem Heiligen, der seine lasterhaften Pläne durch-
kreuzt, dadurch rächen, dass er falsche Zeugen beschwören
lässt, der Bischof habe den Kaufpreis von 10000 Dukaten
für ein Grundstück nicht erlegt , welches zur Ernährung einer
Anzahl Armer dienen soll. Da der Vorbesitzer Pedro Co-
lonna in der Nacht nach dem Empfang des Geldes gestorben
ist, ohne eine Quittung gegeben zu haben, so scheint die
Sache des Heiligen recht aussichtslos. Dem ist aber nicht
so, denn in Gegenwart des Königs lässt der Bischof den ver
storbenen Verkäufer seinem Grabe entsteigen, um Zeug-
niss für ihn abzulegen.
Ein packendes und vom engkatholischen Standpunkte aus
sogar verdienstliches Drama ist „Las misas de San Vicente
Feeber". Unparteiisch betrachtet, ist die Begebenheit, auf
welche auch Fr. de la Torre y Sevil sein Drama* „La con-
TESiON coN EL DEMONio" gegründet hat, eine höchst wider-
wärtige, soll aber hier kurz erwähnt werden, da sie kaum
zweimal auf die Bühne gebracht worden wäre, wenn sie nicht
für eine wahre gegolten hätte. Der Schwager des heiligen
Vicente Ferrer, Don Bartolome de Aguilar, muss sich wegen
eines Ehrenmordes aus Valencia entfernen, rettet auf den Ba-
learen einem Mauren, Muley, das Leben und sendet denselben
mit einem Empfehlungsschreiben an seine Gemahlin Dona Fran-
cisca. Muley fasst eine rasende Zuneigung zu der schönen Frau,
worauf der Dämon seinen Plan gründet, die Ehre des Heili-
gen in seiner Schwester zu beschmutzen. Er setzt sich mit
Muley ins Einvernehmen und überbringt Dona Francisca einen
236 Fernando de Zarate y Castronovo.
angeblichen Brief ihres Gatten, in welchem ihr derselbe einen
nächtlichen Besuch ankündigt, sie bittend, seiner Sicherheit
wegen kein Licht zu brennen. Die List gelingt, und Muley
geniesst die Liebe Dona Francisca's. Als diese den Betrug
bemerkt, geräth sie ausser sich, tödtet Muley und nimmt
dann Gift. Sie eilt auf die Strasse, um dem ersten besten
Priester vor ihrem Tode zu beichten, trifft aber auf den Dä-
mon in Gestalt eines Geistlichen, welcher ihre Beichte ent-
gegennimmt. Infolge dessen geht sie nicht zum Himmel^
sondern zum Fegefeuer ein. Dies ist eine schändliche Idee,
da sie doch moralisch schuldlos war und die unfreiwillige
Sünde einem wirklichen Priester gebeichtet zu haben
glaubte. Sie erscheint nun ihrem Bruder, dem heiligen
Vicente und bittet ihn, sie durch Lesen der 48 Messen des
heiligen Gregorius aus dem Fegefeuer zu erlösen. Da Vi-
cente dieselben nicht kennt, werden sie ihm durch einen En-
gel überbracht, und deren Lesen bewirkt in der That den
Eingang Dona Francisca's in die Seligkeit. Den Commentar
über den Culturzustand einer Zeit, in welcher man einem
Theaterpublikum eine solche Geschichte als wahr darstellen
durfte, überlassen wir dem Leser.
„La defensoba de la eeina de Hungbia" soll nach
des Dichters Aussage ebenfalls auf einer wahren Thatsache
beruhen. Die Königin Beatriz von Ungarn, eine glühende
Verehrerin der Jungfrau Maria, wird von ihrem Schwager
Federico geliebt und von diesem, da er keine Erhörung fin-
det, bei ihrem Gemahl mit derartigem Erfolg verleumdet,
dass sie zum Ausstechen der Augen und Vorwerfen an wilde
Thiere verurtheilt wird. Die heilige Jungfrau aber gibt der
Unschuldigen das Augenlicht zurück, lässt sie von Engeln
in den Palast geleiten und veranlasst die Enttäuschung des
Königs.
„Martib y Key de Sevilla, San Heemeneglldo" be-
handelt das Märtyrerthum des Titelheiligen, welcher sich von
den arianischen Meinungen seines Vaters losgesagt hat, in
cultistischer und unpoetischer Weise.
Ebenso langweilig ist „El medico pintob, San Lucas",
ein Theil der Lebensgeschichte des Apostels Lucas mit der
angeblichen Porträtirung der heiligen Jungfrau; und noch
langweiliger: „La escala de la Gbacia", eine Art Auto in
Agustin de Salazar y Torres. 237
dreiactiger Form mit den trockensten und unfruchtbarsten
theologischen Spitzfindigkeiten über die Jungfrau Maria.
Fernando de Zärate besass ein schönes Talent, welches
jedoch nicht für Dramen ernsteren Stils ausreichte. Leider
hat er dies entweder nicht gefühlt oder nicht fühlen wollen,
weshalb die Mehrzahl der uns erhaltenen Stücke nur höchst
mittelmässig genannt werden kann. Seine Fabeln sind nicht
recht originell, auch wo sie sich nicht direct an vorhandene
Stücke anlehnen, seine Diction ist nüchtern und öfters culti-
stisch. Was er in der niedem Comödie hätte leisten können,
zeigt sein Meisterwerk „La peesumida t la hermosa", und
es ist sehr zu bedauern, dass er — wahrscheinlich aus fal-
schem Ehrgeize — gerade dieses Feld so wenig bearbei-
tet hat.
Agustin de Salazar y Torres
wurde am 28. August 1642 zu Almazan geboren. Seine Ael-
tern, Don Juan de Salazar y Bolea und Doiia Petronila de
Torres y Montalbo, stammten aus vornehmen Familien. Schon
im Alter von fünf Jahren nahm ihn sein Oheim Don Marcos
de Torres, Bischof von Campeche (später Vicekönig von Me-
xico) nach Amerika mit. Auf der Universität von Mexico
machte er seine Studien. Später kehrte er mit dem Herzog
von Alburquerque nach Spanien zurück, vermählte sich in
Madrid mit Dona Mariana Fernandez de los Cobos, begleitete
dann seinen herzoglichen Gönner nach Deutschland und wurde
von ihm — in dessen Eigenschaft als Vicekönig von Sicilien —
zum „Capitan de armas" der Provinz Girgenti ernannt. Nach
seiner abermaligen Rückkehr nach Madrid widmete er sich,
wie es scheint, gänzlich den Musen, bis er im frühen Alter
von 33 Jahren — am 29. November 1675 — an der Schwind-
sucht starb.
Seine Werke wurden von seinem Freunde Don Juan de
Vera Tassis y Villaroel (dem Herausgeber Calderon's) unter
dem Titel „Citara de ÄpoW in zwei Bänden veröffentlicht;
der zweite enthält die Comödien.
„La segunda Celestina" ist ein geistreiches Lustspiel,
welches einige Aehnlichkeit mit Calderon's „El asteölogo
238 Agustin de Salazar y Torres.
piNGiDo" und Gaspar de Avila's „El familiab sin bemo-
Nio" zeigt. Eine alte Kupplerin, welche in dem Rufe einer
Zauberin steht, wird infolge dessen von verschiedenen Per-
sonen in deren Liebesangelegeuheiten zu Rathe gezogen.
Hierbei wird sie durch den Zufall, dass gerade diese Per-
sonen unter einander in Verwandtschafts- und Liebes-
verhältniss stehen und keine derselben weiss, dass die andere
bei der angeblichen Hexe Beistand sucht, derart unterstützt,
dass sie immer die Enthüllungen der einen Partei gegen die
andere ausspielen und sich dadurch in den Ruf wirklicher
Hellseherei bringen kann. Als sich indessen auf die Denun-
ciation eines Dieners hin, die Justiz in ihrem Hause einfindet,
fühlt sie sich zur Enthüllung ihrer Ränke bewogen, um dem
Scheiterhaufen zu entgehen. — Don Juan de Vera Tassis hat
oflfenbar unter dem Nachlasse des Dichters ein Manuscript
vorgefunden, welches die beiden ersten Acte vollständig, da-
gegen nur einen Theil des dritten und einige Notizen über
den Gang der Handlung bis zum Schlüsse enthielt. Er hat
deshalb unter dem durchaus unpassenden Titel: „El encanto
ES LA hermosuba" das Stück ergänzt, aber diese Arbeit
reicht bei weitem nicht an den uns glücklicherweise ander-
weitig erhaltenen Schluss ünsers Salazar selbst heran.
Mit seinen übrigen Dramen hat Salazar weniger Glück
gehabt, da er in denselben die novellesken und mythologi-
schen Festspiele Calderon's nachahmte und deshalb oft in
den gespreizten Ton verfiel, von welchem seine Vorbilder
nicht freizusprechen sind. Die meisten seiner derartigen Com-
positionen sind auf königlichen Befehl verfasst und im Palast
zu verschiedenen Gelegenheiten aufgeführt worden. Den un-
natürlichsten und gespreiztesten Eindruck machen, wie bei
Calderon, die novellesken Dramen, da deren Inhalt ein will-
kürlich erfundener, uns durchaus kalt berührender ist, wäh-
rend uns bei der gezwungensten Darstellung aus der Mytho-
logie, der durch den Lauf vieler Jahrhunderte überlieferte
Stoff immerhin wenigstens als bekannt anmuthet.
Die novellesken Dramen Salazar's sind „ Elegib al ene-
MiGO", ein unerquickliches Stück mit abgebrauchtem Stoff,
dessen steife cyprische und kretensische Fürstlichkeiten in
keiner Weise unser Interesse erregen können, und „El me-
BiTO ES LA cobona", wclches in freier Weise — gleich Cal-
Agustin de Salazar y Torres. 239
deron's „El castillo de LiNDABBrois" — auf den Roman
vom Phöbusritter gegründet ist.
In den mythologischen Dramen werden folgende Stoffe
behandelt:
In „El AMOR MAS DESGBACiADO, Cefalo y Pocbis" Und
„Tetis y Peleo" die durch den Titel angedeuteten Fabeln;
in „Tambien se ama en el abismo" die Geschichte des
Pluto und der Proserpina, des Arion und der Scylla; in
„Triunfo y venganza de Amob" hauptsächlich diejenige
des Apollo und der Daphne. Letzteres Drama zeichnet sich
durch wahrhaft opemartiges Schaugepränge aus. So wird
uns ein Besuch der Pallas in der Unterwelt vorgeführt, bei
welchem Charon in seiner Barke, der Cerberus, Tantalus,
Ixion, Sisyphus, Tityus, Pluton und Proserpina auf der Bühne
erscheinen. Barrera irrt sich, indem er dieses Drama als
identisch mit dem von Salazar und Vera Tassis gemeinsam
verfassten „Mas tbiunea el amob bendido" bezeichnet.
Letzteres ist durchaus verschieden und behandelt die Ge-
schichte Diana's und Endymion's in ebenso abgeschmackter
als langweiliger Weise. Auch der meistentheils aufgebla-
sene Stil lässt die Hand des Vera Tassis unangenehm ver-
spüren.
Einen Stoff aus der trojanischen Sagengeschichte behan-
delt das Drama „Los juegos olimpicos", dessen Inhalt, sei-
ner Merkwürdigkeit halber, eine kurze Erwähnung verdient.
Priamus hat geträumt, aus seiner Gemahlin Hekuba schlage
eine Flamme heraus, welche ganz Asien in Brand setze. Er
hat deshalb die bald darauf geborenen Kinder Paris und
Kassandra in Unwissenheit ihres Standes erziehen lassen,
ersteren als Hirten in Tenedos, letztere als Priesterin der
Pallas. Der Prinz von Tenedos verliebt sich in ein Bildniss
Kassandra's und begibt sich deshalb zu den olympischen (!)
Spielen nach Troja. Genau dasselbe geht mit Paris vor.
Bei den Spielen bleiben sich der Prinz und Paris ganz gleich,
und jeder derselben verlangt als Preis die Hand Kassan-
dra's. Priamus sieht sich nun genöthigt, die Abstammung
seiner Kinder zu enthüllen, und gibt Kassandra dem Prinzen.
„La mejob elob de Sicilia, Santa Rosolea" ist eine
Heiligencomödie, welche sich aber wie ein novelleskes Fest-
spiel liest. Musik, Gesang und Tanz fehlen darin nicht, und
240 JoAn Claadio de la Hoz y Mota.
die griechische Göttermaschinerie ist einfach durch die christ-
liche — Maria, das Jesuskind. Engel und verklärte Heilige
— ersetzt.
Salazar suchte offenbar in die Spuren des grossen Cal-
deron zu treten und zeigt in allen seinen Dramen ein auf-
fallendes Anempfindungsvermögen an Stil und Mache des
Meisters. Leider hat er hauptsächlich dessen schwächste
Compositionen, die novellesken und mythologischen Festspiele
nachgeahmt. Ob dies aus äusserer Veranlassung — Befehl
des Hofes — oder Selbsttäuschung über die Art seines Ta-
lents geschah, kann nicht festgestellt werden und hat auch
keine praktische Bedeutung. Dass aber seine Comödie „La
SEGUNDA Celbstina" — leider seine einzige dieser Art —
seine übrigen Dramen weit überragt, kann keinem Zweifel
unterliegen. Vielleicht wäre Salazar noch zu der Erkennt-
niss gekonmien, dass auf diesem Felde seine wahre Be-
fähigung lag, wenn ihn nicht der Tod allzu früh hinweg-
gerafft hätte.
Juan Claudio de la Hoz y Mota
wurde in Madrid geboren, während sein in Burgos ansässi-
ger Vater als Mitglied der Cortes in erstgenannter Stadt
weilte. Im Jahre 1653 erhielt er das Santiago -Ordenskleid
imd war 1657 — wie früher sein Vater — Cortesmitglied
und Rathsherr von Burgos. Später bekleidete er hohe Posten
im Finanzwesen und lebte noch 1709. Sein Todesjahr ist
unbekannt.
La Hoz hat eine ziemliche Anzahl Comödien geschrie-
ben, deren grösster Theil recht selten geworden ist.
„El deseado Peincipe de Astubias y Jueces de Ca-
stilla", ist ohne Zweifel — gleich dem Moreto'schen Drama
desselben Titels — eine ziemlich genaue Nachbildung des
Lope de Vega'schen „Los Jueces de Castilla". Aus der
La Hoz'schen üeberarbeitung lässt sich der indirecte Beweis
führen, dass die Stücke von Lope und Moreto nicht — wie
öfters behauptet worden ist — identisch sind und nur mit
verschiedener Autor-Angabe gedruckt wurden. Denn obgleich
Juan Claudio de la Hoz y Mota. 241
der Scenengang des La Hoz'schen Dramas beinahe genau mit
demjenigen des Moreto'schen tibereinstimmt, so finden sich in
dem erstem verschiedene Scenen, welche La Hoz offenbar
Lope entnommen, Moreto dagegen in seiner bekannten Manier,
als den Gang der Haupthandlung hemmend, gestrichen hat.
Im Ganzen genommen, hätte La Hoz seine Arbeit besser unter-
lassen, denn weder seine technische Ausführung, noch seine
Diction reicht an diejenige Moreto's heran.
„El Abbahan castellano t Blason de los Guzmanes"
behandelt die gleiche historische Episode, welche Luis Velez
de Guevara in „Mas pesa el bet que la sangbe y Blason
DE LOS Guzmanes" boButzt hat. Die Gleichheit der Neben-
titel sollte auf eine Nachbildung des Velez'schen Dramas
seitens La Hoz' schliessen lassen. Dies ist jedoch nicht der
Fall, denn der Gang beider Stücke ist ein durchaus ver-
schiedener. Das Schauspiel des La Hoz ist organischer con-
struirt und in minder cultistischer Sprache abgefasst, lässt
aber merkwürdigerweise gerade diejenigen dramatischen Hebel
beiseite, welche dem Velez'schen ein so ausserordentlich
packendes Interesse verleihen. Bei Luis Velez bildet bekannt-
lich die Antipathie des Königs gegen Don Alonso de Guz-
man, sowie dessen Bestürmung der tugendhaften Gemahlin
des letztem, den Untergrund, auf welchem sich die heroische
Loyalität Don Alonso's so leuchtend abhebt; diese Motive
werden noch dadurch verstärkt, dass der Infant, gegen welchen
Don Alonso für den König kämpft, sein persönlicher Wohl-
thäter ist. Bei La Hoz ist alles umgekehrt. Don Alonso-
kämpft für den ihm höchst freundschaftlich gesinnten
König und gegen seinen bittern Feind, den Infanten.
Seine Heldenthat entspringt demnach dem Zusammenfluss
aller natürlichen Gefühle, während sie bei Luis Velez das
Resultat der heldenmüthigen Aufopfemng aller instinctiven
Empfindungen auf dem Altar des eisemen Pflicht- und Loyali-
tätsgefühles ist.
„El montanes Juan Pascual y Pblmeb Asistente de
Sevilla" ist ,ein interessantes Drama, dessen Handlung sich
auf eine alte sevillanische Tradition gründet, welche Ortiz de
Züiiiga in seinen ^^Anaies de Sevilla''', Band II, Seite 136, er-
wähnt. — König Pedro der Grausame von Castilien kommt
auf einer Jagd in das Haus Juan Pascual's, eines alten Guts-
S0HiBF7EB. II. \Q
242 Juan Claudio de la Hoz y Mota.
besitzers, dessen gesunder Sinn ihm derart imponirt, dass er
ihn zum Oberrichter der Stadt Sevilla ernennt. Juan Pascual
waltet seines Amts in so umsichtiger und strenger Weise, dass
er ebenso sehr geachtet als gefürchtet wird. Seine amtliche
Unerschrockenheit hat aber eine schwere Probe zu be-
stehen. König Pedro stellt Pascual's schöner Tochter Leonor
nach und geht so weit, mittels einer bestochenen Dienerin
den Eintritt in das Gemach der Angebeteten zu versuchen.
Ein Schuster, welcher sich Pascual verpflichtet fühlt, da ihn
dieser wegen zweier Ehrenmorde nicht verurtheilt, sondern
auf sinnreiche Weise begnadigt hat, belauscht den König und
die Zofe bei Ausführung des Plans, sucht dessen Gelingen zu
verhindern, wird aber nach einem Wortwechsel von dem
König erstochen. Durch die einzige Zeugin des Vorfalls, eine
arme alte Frau, erfährt der in seiner Ehre tief gekränkte Juan
Pascual den Urheber des Verbrechens. Trotzdem er in seiner
richterlichen Rücksichtslosigkeit so weit geht, die von dem
Könige geforderte Verurtheilung der unglücklichen Bianca von
Bourbon (Gemahlin Don Pedro's) zu verweigern, so wagt er
doch nicht, offen gegen den Monarchen selbst vorzugehen,
bis ihn dieser kategorisch auffordert, den Mörder des Schusters
zur Verantwortung zu ziehen. Nun führt ihn Juan Pascual
an die Stätte des Mordes, wo er in einer Nische die Büste
König Pedro's hat anbringen lassen, und ersucht ihn, die Voll-
streckung der Strafe gegen den hiermit in effigie verurtheilten
Thäter selbst in die Hand zu nehmen. Der König ist über
diese Kühnheit so betroffen, dass er Juan Pascual sein Richter-
amt auf Lebensdauer überträgt. Abgesehen von der interes-
santen Handlung (welche der Dichter vielleicht nur indirect
der Tradition, direct aber einem vorausgegangenen Drama
verdankt), besteht der Hauptvorzug des Stücks in der kräftigen
Charakterisirung der Personen. Der kalte Eisenkopf Juan
Pascual ist in wirksamen Gegensatz zu dem heissblütigen
Tyrannen Don Pedro gebracht, und gegen Beide hebt sich
der edel gezeichnete Charakter der Geliebten des Königs,
Dona Maria de Padilla, in wohlthuender Weise ab.
„El vtllano del Danubio t El buen juez no tiene
pateia" behandelt die Geschichte eines angesehenen Barbaren-
häuptlings, welicher sich in Rom über die Willkür der Er-
oberer in den Donauprovinzen beklagt und von Kaiser Marc
Juan Claudio de la Hoz y Mota. 243
Aurel darauf hin zum Consul derselben ernannt wird. Der
Stil dieses Dramas ist bedeutend affectirter als derjenige der
bisher besprochenen Stücke. Eine Ausnahme hiervon macht
die schöne Rede des Barbarenhäuptlings vor Senat und Kaiser
gegen Ende des zweiten Acts, ein Umstand, welcher vermuthen
lässt, La Hoz möchte ein früheres Stück benutzt haben. Eine
Bestätigung dieser Hypothese kann vielleicht darin gefunden
werden, daäs in dem schon 1602 verfassten Drama „El Bruto
Ateniense" von Gaspar de Mesa, sowie in dem ebenfalls
Tor dem La Hoz'schen geschriebenen Stücke des Luis de
Guzman: „El blason de Don Ra^mieo", von dem „Villano
del Danubio" als einem bekannten Helden die Rede ist.
Allerdings geht aus den betreffenden Stellen nicht hervor, ob
auf ein Drama oder auf die ursprüngliche Quelle der Fabel,
das seinerzeit vielgelesene Buch „Reloj de Principes^' von
Antonio de Guevara Bezug genommen wird.
Die belustigende Figuroncomödie „El castigo de la
misebia" ist entweder direct oder auf dem Umwege einer
frühern Dramatisirung, der gleichnamigen Novelle von Maria
de Zayas entnommen. Ln ersten Falle müsste La Hoz eine
sehr geschickte Hand zugesprochen werden, denn obgleich
die Hauptfigur — der filzige Bon Marcos — mit allen Zügen
der Novelle eigen ist, so hat doch der dramatische Dichter
die Katastrophe etwas verändert, die Personen in besseren
Zusammenhang gebracht und die etwas magere Handlung der
Novelle mit angemessenen Episoden ausgefüllt. Auch das
moralische Niveau der Hauptpersonen hat er richtigerweise
etwas erhöht.
„MoKiR EN LA CRUZ coN CßisTo" (San Dfmas) ist —
im Gegensatze zu dem vorherbesprochenen Stück — eine höchst
ungeschickte Dramatisirung der Geschichte der zu Seiten
Christi gekreuzigten Schacher. Dazwischen wird die Geburt
des Heilandes ganz in der Art der „Autos al nacimiento" dar-'
\gestellt. Die albernen Spässe eines Hirten bei dieser Gelegen-
heit übertreffen die meisten ähnlichen Leistungen seiner Col-
legen und verschonen sogar die heilige Jungfrau nicht.
Ein allgemeines Urtheil über die Leistungen des La Hoz
zu fällen, ist mit Schwierigkeiten verknüpft. Einestheils sind
seine Dramen sehr ungleich in Führung der Handlung und
Diction, anderntheils müsste man sämmtliche verloren ge-
16*
244 Melchor Fernandez de I^eon.
gangene altspanische Dramen kennen, um zu bestimmen, ob
er nicht etwa in allen Fällen vorhandene Originale benutzt
hat. Dies wäre z. B. besonders interessant bei dem Drama
„El montanes Jüan Pascual"; denn dürfte man La Hoz in
diesem Falle als den Originaldichter betrachten, so müsste
man ihm eine ansehnliche dramatische Erfindungs- und Ge-
staltungskraft zuerkennen, während z. B. das Stück „El de-
SEADO Pbincipe DE AsTTJBLis " im Gegontheü auf einen ziem-
lich sklavischen Nachahmungsgeist schliessen lässt. Der ein-
zige gemeinsame Zug, welcher durch alle seine Dramen geht,
ist eine vortreffliche Charakterisirung der Personen, ein Um-
stand, dem er offenbar seine Hauptaufmerksamkeit gewidmet
und wohl auch schon bei Auswahl seiner Stoffe in Berück-
sichtigung gezogen hat. Poetische Tiefe in Bezug auf Be-
handlung des Stoffs und der Sprache darf dagegen nicht bei
ihm gesucht werden.
Melchor Fernandez de Leon
scheint um die Mitte des siebzehnten Jahrhunderts das Licht
der Welt erblickt und jedenfalls bis gegen Ende der ersten
Dekade des achtzehnten gelebt zu haben. Da die Burleske
„Gada cual con sü gada cual" theils unter seinem Namen,
theils unter demjenigen des Leon Marchante, theils als Werk
eines „Ingenio complutense" (Dichter aus Alcalä de Henares),
gedruckt ist, Leon Marchante aber aus Pastrana gebürtig war,
so ist der Schluss wohl berechtigt, unsers Dichters Wiege
möge in Alcalä de Henares gestanden haben.
Wie Fernando de Zärate und Agustin de Salazar, ver-
geudete auch Fernandez de Leon sein untergeordnetes Talent
an Stoffe, denen er nicht gewachsen war, besonders an opem-
artige Festspiele für den Hof. So ist „Venib el Amob al
mundo" eine gezierte Zarzuela in zwei Acten, in welcher
Amor sämmtliche handelnden Personen, einschliesslich seiner
Mutter und sich selbst, mit seinen Pfeilen verwundet. — JEin
Stück gleicher Art: „Endimion y Dlä.na" ist noch langweiliger,
schwülstiger und ohne einen Funken echter Poesie. Alles ist
Convenienzflitter. — Das gleiche Urtheil muss über „El ve-
' Melchor Femandez de Leon. 245
NENO EN LA GÜIRNALDA Y TEIACA EN LA EUENTE" Uüd „El
PRIMER TEMPLO DE Amor" gefällt Werden, nur bilden in dem
erstem, statt mythologischer Gottheiten, affectirte Schäfer, in
dem letztern die bekannten gespreizten kleingriechischen Fürst-
lichkeiten das handelnde Personal. — Ebenso unbefriedigend
ist „La conquista de las Molucas", eine romantisirte Ge-
schichte der Eroberung der Molukken durch Ruy Diaz de
Acunha.
Besässen wir nur die bisher besprochenen Stücke unsers
Dichters, so würde derselbe einfach unter den Tross der Dra-
matiker untergeordneten Ranges der Periode zu verweisen sein.
Die Berechtigung zu einer Einzelbesprechung lässt sich nur
aus der belustigenden, wenn auch possenhaften Figuroncomödie :
„El sordo y EL montanes" ableiten. Deren Inhalt ist
in Kürze folgender. Dona Brigida, eine etwas leichtfertige
Witwe, soll nach dem Testament ihres Seligen entweder das
Haupt der Familie Llanos — Don Suero de Llanos — hei-
rathen oder demselben das hinterlassene Vermögen ausliefern.
Die gute Brigida hat indessen einen noch bedeutend leicht-
fertigem Fähndrich, Don Valerio, unter dem Titel eines
Vetters in ihr Haus aufgenommen und ist deshalb, trotz mehr-
fachen Zanks mit demselben, aufs unangenehmste berührt,
als Don Suero de Llanos eintrifft, um sie oder ihr Vermögen
zu reclamiren. Glücklicherweise verliebt sich jedoch der auf
seinen ärmlichen Adel pochende, ungeschlachte und dabei
nicht einmal übermässig muthige Bräutigam in Leonor, eine
andere Geliebte des säubern Valerio, deren Hand er schliess-
lich davonträgt, während Brigida sich mit ihrem Fähndrich
vermählen darf. Die beiden Paare scheinen wenig Aussicht
auf eheliches Glück zu haben, und das Lustspiel leidet über-
haupt bedenklich an dem Mangel dramatischer Moral. Der
zweite Figuron des Stücks ist ein Advocat, dessen Komik sich
auf ein körperliches Gebrechen — Taubheit — gründet, ein
Motiv, welches entschieden nur der Posse zugehört.
Mit „Gada cual con su gada cüal" hat sich der Dichter
in der Burleske versucht und ein höchst belustigendes, wenn
auch reichlich mit Lidecenzen gewürztes Stück zu Stande ge-
bracht.
Das Talent des Femandez de Leon lag offenbar im Be-
reiche der niederen Comödie, des Schwanks und der Bur-
246 Francisco Antonio de Bances Candamo.
leske. Mehrseitige Begabung ging ihm ab, und dass er daher
mit Stücken ernstem Stils scheitern mosste, liegt auf der
Hand. Wie bereits öfters bemerkt, hat der Bedarf des Hofs
an Festspielen mehrere Dichter dieser Periode zum Heraus-
treten aus ihrem eigentlichen Wirkimgskreise veranlasst und
dadurch eine grosse Anzahl wahrer Misgeburten der Dramatik
hervoi^erufen.
Francisco Antonio de Bances
wurde zu Sabugo, einem Orte Asturiens, am 26. April 1662
geboren. Seine Aeltem, Domingo de Bances Grados Martinez
und Maria Lopez Candamo stammten beide aus Yomehmen
Familien. In früher Jugend sandten diese den vielversprechen-
den Sohn nach Sevilla, um ihm dort unter der Leitung seines
Oheims Don Antonio Lopez Candamo, Kanonikus der Kathe-
drale, eine gute Erziehung geben zu lassen. Der Erzbischof
Don Ambrosio Ignacio Spinola beabsichtigte, den jungen Fran-
cisco auf die geistliche Laufbahn zu leiten, und wirklich em-
pfing dieser am 16. December 1672 die niedem Weihen. Nach-
dem er dann Philosophie, weltliches und kanonisches Recht
studirt hatte, verlor er seine Protect oren und sah sich ge-
nöthigt, seine Studien aufzugeben. Er war um diese Zeit etwa
19 Jahre alt, begab sich nach Madrid und hatte dort das
Glück, von König Karl 11. mit der Abfassung einiger Fest-
spiele betraut zu werden. Er erwarb sich die Gunst des
Monarchen in so hohem Grade, dass dieser bei einer schweren
Verwundung des Dichters (welche ihm wahrscheinlich infolge
satirischer Ausfalle auf eine hochgestellte Persönlichkeit in
„El esclavo en aniiiiiOs de obo" beigebracht wurde) sich
täglich nach dessen Befinden erkundigte und ihm auch andere
persönliche Aufmerksamkeiten zu Theil werden liess. Nach
seiner Wiederherstellung setzte Bances Candamo seine poe-
tischen Arbeiten für den Palast fort und erhielt durch könig-
liches Decret vom 9. November 1683 eine Jahresrente von
1000 Dukaten. Der Neid und die Nachstellungen seiner Feinde
verleideten ihm aber nach zehn Jahren den Hof; er verliess
Madrid und bekleidete nacheinander mehrere auswärtige Posten
Francisco Antonio de Bances Cändamo. 247
in musterhafter Weise. Nach der Hauptstadt zurückgekehrt,
stand ihm nach verschiedenen andern Anstellungen das Amt
eines Corregidors in bestimmter Aussicht, als sein Gönner
Karl IL am 1. November 1700 verschied. Dieser Zwischen-
fall verhinderte zwar obige Ernennung, nicht aber seine
weitere Betrauung mit ehrenvollen Aemtem, deren gewissen-
hafte und uneigennützige Führung ihm allgemeine Achtung
eintrug. Anfang September 1704 wurde er von dem könig-
lichen Rath mit einer wichtigen Untersuchung in der kleinen
Stadt Lezuza beauftragt. Kaum dorten angekommen, \Mirde
er plötzlich von einem so heftigen Unwohlsein befallen, dass
man auf den Verdacht einer Vergiftung kam. Er starb schon
am 8. September (1704) und wurde in der Pfarrkirche von
Lezuza begraben.
Trotz der Kürze und Bewegtheit seines Lebens, hat unser
Dichter ausser einigen zwanzig Comödien eine ganze Reihe
lyrischer, epischer, ascetischer, historischer und didaktischer
Schriften verfasst, wovon uns jedoch hier nur die dramatischen
interessiren.
Sein bekanntestes Schauspiel ist „El esclavo en gbillos
DE oBo", dessen Handlung hier kurz angegeben werden soll.
Camilo, ein römischer Patricier, hat sich gegen Kaiser Trajan
und die Erbfolge von dessen Neffen Hadrian verschworen.
Durch den Senator Kleanthes erhält Trajan hiervon Kunde,
und da er ein enger Freund des verstorbenen Vaters Gamilo's
war, kommt er auf den Gedanken, den Verschwörer auf gänz-
lich neue, milde Weise zu züchtigen. Zu diesem Zwecke
lässt er ihn verhaften und vor den versammelten Senat
bringen. Anstatt ihn aber zu strafen, erhebt er ihn zum Mit-
kaiser. Camilo ist erstaunt, findet aber bald, dass er nur
auf eine neue Weise gestraft worden ist. Seine amtlichen
Beschäftigungen lassen ihm nicht einmal die Zeit, mit seiner
Geliebten Sirene zu sprechen, und diese gibt den Werbungen
Hadrian's Gehör, da sie nicht hoffen kann, der neue Cäsar
Camilo werde sie zu seiner Gemahlin erheben. Um des Letz-
tem Verwirrung zu vergrössem, lässt Trajan Nachrichten
über Aufstände in der Hauptstadt und den Provinzen aus-
sprengen, während sich im Staatsschatze kein Geld befindet.
Durch alles dies wird Camilo so in die Enge getrieben, dass
er an dem Tage, an welchem er den Eid als Cäsar empfangen
248 Francisco Antonio de Bances Candamo.
soll — nur vierzehn Tage nach seiner Ernennung — die un-
erträgliche Würde niederlegt. Trajaii hält ihm nun seine ver-
brecherische Thorheit vor und ernennt Hadrian zu seinem
Nachfolger, während Camilo alles demüthig hinninmit und nur
zu glücklich ist, die Hand seiner geliebten Sirene zu empfangen.
Das Stück ist philosophisch gedacht und gut ausgeführt;
Charaktere und Sprache sind lobenswerth, Gongorismen finden
sich nur spärlich. Im Falle der Dichter ohne Vorbild ge-
arbeitet hat, muss ihm ein bedeutendes Gestaltungstalent zu-
gebilligt werden.
Weniger gelungen ist „iCuAL es afecto mayob, lealtad
6 SANGBE 6 AMOB?", oiu Drama, welches uns den persischen
König Cambyses und die Scythenkönigin Tomyris als spanische
Capa y espada-Helden vorführt. — Dagegen dürfen zwei
Schauspiele aus der neuem Geschichte: „Quien es quien
PBEMIA AL AMOB" UUd „MaS VALE EL HOMBBE QITE EL
nombbe", als recht interessant bezeichnet werden. Das erste
behandelt Episoden aus dem Leben der Königin Christina von
Schweden (Tochter Gustav Adolph's), das zweite einige Er-
lebnisse des Herzogs von Osuna von Monroy'scher Berühmt-
heit („Las mocedades del duque de Osuna"). Die beiden
excentrischen Protagonisten bieten dem feurigen Naturell des
Dichters Gelegenheit, sich von seiner vortheilhaften Seite zu
zeigen.
„El Aüstbia en Jebüsalen" behandelt in höchst aben-
teuerlicher Weise die Eroberung Jerusalems durch den deutschen
Kaiser Friedrich H. unter Mithülfe Leopold's von Oesterreich,
während eine weitere Glorification des Hauses Oesterreich:
„La bestaubacion de Buda", bedeutend actueller und frischer
ist. Es ist ein von wildem Kriegslärm durchtobtes Stück,
und die Bühnenanordnungen: ein brennender Wald, Perspec-
tive des Meeres mit einer kämpfenden Flotte, die Stürme auf
die Stadt, platzende Minen mit in die Luft geschleuderten
Puppen, welche in Stücke zerrissen wieder herunterfielen u. s. w.
geben einen grossartigen Begriff damaliger scenischer Kunst.
„La Jabbetieba de Inglatebba" behandelt die Stiftung
des Hosenbandordens. Den grössten Raum nimmt indessen
die Geschichte zweier Liebenden ein, welche sich — wie in
Calderon's „El secbeto a voces", auf welches der Dichter
selbst anspielt — mittels einer verabredeten Zeichensprache
Francisco Antonio de Bances Cändamo. 249
unterhalten. In diesem Stücke macht sich der Gongorismus '
in hässlicher Weise breit.
„PoB SU BEY Y POB SU DAMA." — Hcman Tello Porto-
carrero, Commandant von Dorlan, verliebt sich in die Tochter
des französischen Befehlshabers von Amiens. Da diese Liebe
nur zur Vermählung führen kann, wenn er und die Geliebte
ünterthanen desselben Königs sind, er also entweder Dorlan
den Franzosen übergeben oder Amiens erobern muss, so wählt
er letztere Alternative. Mittels der bekannten Kriegslist, als
verkappte Landleute einen schweren Lastwagen unter dem
aufgezogenen Fallgatter der Festung halten zu lassen, er-
obert Portocarrero mit einigen tollkühnen Begleitern die
Stadt Amiens und die Hand der schönen Französin. Die
Handlung des Stücks ist eine interessante und schreitet von
Anfang bis zu Ende energisch vorwärts.
Wahrscheinlich nach dem gleichnamigen Stücke des Bel-
monte gearbeitet, ist „El sastbe del Campillo", die Ver-
bindung einer unsinnigen Handlung mit einer wahren Blumen-
lese von Gongorismen, aber — wie alle Stücke unsers Dichters
— lebhaft und frisch. Der Hauptknoten der Intrigue besteht
darin, dass der aus politischen Gründen verfolgte Don Man-
rique de Lara auf einem nahen Dorfe einen ihm täuschend
gleichenden Bastardbruder besitzt, welcher das Gewerbe eines
Schneiders betreibt, von einigen Nebenbuhlern aus Eifersucht
getödtet, von Manrique aufgefunden und mit seiner Rüstung
bekleidet wird, während Manrique selbst in den ärmlichen
Kleidern des Todten dessen Rolle spielt, bis eine Wendung
der politischen Verhältnisse eintritt.
In „El duelo contba su dama" ist die Heldin eine
Dame, welche ihrem sich aus Eifersucht entfernenden Lieb-
haber in der Rolle eines Infanten von Aragon folgt, ihn als
solcher in den Augen seiner neuen Geliebten herabzusetzen
sucht, aber entdeckt wird, als sie ihn zum öffentlichen Zwei-
kampf fordert und mit entblösster Brust kämpfen soll. Auch
dieses Stück erregt trotz seiner Abenteuerlichkeit durch poe-
tische Wärme wirkliches Interesse.
„La piedba filosoeal" ist eine wenig gelungene Nach-
bildung von Alarcon's „La pbueba de las pbomesas".
„La inclinacion espanola" hat eine interessante, wenn
auch etwas abenteuerliche und verwickelte Fabel. König
250 Francisco Antonio de Bances Candamo.
Heinrich von England, welcher gehört hat, dass die Nei-
gung jedes Spaniers, wenn er auch in vollständiger Isolirt-
heit aufwachse, instinctiv auf WaflFen und Krieg gerich-
tet sei, macht das sonderbare und barbarische Experiment,
das neugeborene Kind eines in seinen Diensten befindlichen
Spaniers, Don Enrique de Guzman, rauben und in einem
Thurm, ohne jede weitere Gesellschaft als diejenige eines
alten Edelmanns, Conrado, erziehen zu lassen. Nach fünfzehn
Jahren will er die Probe mit diesem, Don Carlos getauften
Kinde machen, welches inzwischen zu einem kräftigen Jüng-
ling herangewachsen ist. Hiervon benachrichtigt er dessen
Vater Don Enrique, man will Carlos aus dem Thurme holen,
aber durch einen Zufall — einen Besuch der Schwester des
Königs, Dona Sol — ist der Gesuchte entwichen. An seiner
Stelle findet man einen geheimen Anbeter Sol's, den Schotten-
könig Federico, welcher sich vor einer Verfolgung durch die
Wachen König Heinrich's in den Thurm geflüchtet hat. Da
der König und Don Enrique weder Carlos noch Federico
kenneü und Conrado aus Furcht, wegen der Flucht Carlos'
zur Verantwortung gezogen zu werden, schweigt, während
Federico instinctiv die Rolle Carlos' übernimmt, so ergibt die
nun erfolgende Probe nicht das erwartete Resultat. Der
wirkliche Carlos ist dagegen ein lebender Beweis für das be-
wusste Problem und zeichnet sich in dem nunmehr zwischen
England und Schottland ausbrechenden Kriege derart aus,
dass er die Hand der Prinzessin Dona Sol erhält, nachdem
seine Persönlichkeit identificirt worden ist. Dazwischen läuft
die Liebe Federico's zu Sol, diejenige des Königs und Don
Enrique's zu Aurora, der Tochter Conrado's, und der Tod der
ersten Gemahlin Don Enrique's, um Aurora Platz zu machen.
Die Sprache des Stücks ist leider eine sehr schwülstige.
Ein novellesk- mythologisches Drama mit Gesang und
grossem Schaugepränge ist „Duelos de ingenio y eoetuna".
Der Grundgedanke dieses Stückes ist interessant, denn in den
Fabeln von Hymen (Verkörperung der Dichtkunst) und Arion
(Verkörperung der Musik), welche von Fortuna verfolgt werden,
wird uns der Streit des Geistes gegen das blinde Schicksal
versinnbildlicht. Die Ausführung steht indessen weit hinter
der Intention zurück.
„CÖMO se curan los celos y Oblando eurioso" und
Francisco Antonio de Bances Cändamo. 251
„FiEBAS DE CELOs Y amob" sind Zarzuelas. Die erste ist in
ihrer Art eine ganz vortreiBFliche Composition. Der Dichter
zeigt uns Medoro und die schöne Angelica in ihrem neuen
Liebesglück und führt sodann Roland an die Stätte seiner
rasenden Eifersucht. Die Zauberin Melissa versucht, den
Helden durch die von ihr heraufbeschworenen Personificationen
seines Verstandes, seiner Denkkraft, der Vergessenheit, der
Enttäuschung und des Hasses von der ihn bis zum Wahnsinn
umstrickenden Leidenschaft abzubringen, aber alles ist ver-
gebens, besonders da der „eifersüchtige Hass" bei Abfallen
seiner Maske das Gesicht der Liebe zeigt. Schliesslich ge-
lingt es der „Zeit", den Helden zu heilen. Die Allegorie ist
ebenso poetisch, als logisch durchgeführt und stört den künst-
lerischen Eindruck nicht, da die Zarzuela — als Schaustück
mit Gesang — durch die Verwendung der allegorischen Per-
sonen als Sänger in Phantasietrachten, den Erfordernissen
ihrer Gattung vollständig genügt und die Personificationen
zum Ueberfluss den Zauberkünsten der Melissa ihren Ur-
sprung verdanken. — „Fiebas de celos y amob", eine Ver-
' 'Schmelzung der Fabel von Glaucus und Scylla mit derjenigen
von Acis und Galathea, ist dagegen eine höchst mittelmässige.
Production, in welcher der Gongorismus in widerlicher Weise
sein Wesen treibt.
Einen BibelstofF behandelt der Dichter in „El vengadob
DE LOS ciELos Y Rapto DE Elias". Der Ton dieses Dramas
ist ein durchaus würdiger, die Sprache ist energisch und
poetisch, nur hier und da mit etwas Cultismo versetzt. Mit
Tirso's „La mujeb que manda en casa", welches gleichfalls
die Geschichte des Elias dramatisirt, zeigt unser Stück wenig
Aehnlichkeit ; sollte es sich vielleicht an Calderon's verloren
gegangenes Jugendwerk „El cabbo del cielo" anlehnen?
Bances Cändamo war eine echte Dichternatur. Der voll-
gültigste Beweis dafür ist, dass keins seiner Dramen — mag
es auch an irgendwelchen andern Mängeln leiden — den
schlimmsten Fehler eines Dramatikers aufweist, den Zuschauer
oder Leser zu langweilen. Die Behandlung seiner Stoffe ist
im Gegentheil immer frisch und interessant und lässt uns
deshalb oft die Abenteuerlichkeiten und den hässlichen Mode-
schwulst vergessen, welcher sie verunziert. Erfindungskraft
kann ihm jedenfalls nicht abgesprochen werden, wenn er auch
252 * Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
in mehreren seiner Dramen dem Beispiel seiner Zeitgenossen
gefolgt ist, älteren Stücken StoflFe zu entnehmen. Er litt
hauptsächlich unter dem Nachtheil, an der Grenze des Epi-
gonenthums einer grossen Zeit zu erscheinen; wäre er fünfzig
Jahre früher geboren worden, so hätte er aller Wahrscheinlich-
keit nach bedeutend Grösseres geleistet.
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode
in alphabetischer Ordnung.
Acevedo (Dona Angela de), Hofdame der Königin Eli-
sabeth, Gemahlin Philipp's IV, hat drei Comödien verfasst.
Acevedo (Lorenzo de), Platzcommandant von Mezaöfrio,
soll, nach Barbosa, ein bedeutender Dramendichter gewesen
sein und 24 Comödien geschrieben haben.
Alcedo y Herrera (Don Francisco de) ist Verfasser
eines Dramas „El mayoe teiunfo de Julio Cesae".
Alfaro (Maestro Alonso de), Priester zu Madrid, gestorben
1643. Sein Drama „Aeistömenes Mesenio" muss, den mehr-
fachen Drucken nach zu urtheilen (unter anderm ist es auch unter
dem Titel „Poe el esfueeza la dicha" als Werk Don An-
tonio Coello's gedruckt), ein beliebtes gewesen sein. Der
Stoff desselben ist allerdings ein interessanter, während die
schwülstige Diction, sowie die wahrhaft lächerliche Hispani-
sirung der Personen aus dem Alterthum, des Dichters Zeit-
genossen weniger störend war, als dem heutigen Leser. — In
der Bearbeitung des Stoffes weniger glücklich war er in
seinem andern Drama „El hombee dePoetugal", Episoden
aus dem Leben des Königs Johann IL von Portugal.
Alm ei da (Antonio de), Kapellmeister der Kathedrale von
Oporto, ist Autor des Dramas „La humana zaeza abeasada".
Almeida Pinto (Manuel de), ebenfalls ein Portugiese,
hat merkwürdigerweise in „La eestaueacion dePoetugal"
— 1649 gedruckt, also jedenfalls die Begebenheiten von 1640
an behandelnd — ein nur für die Portugiesen glorreiches Er-
eigniss nicht in seiner Muttersprache sondern in der Sprache
der unterlegenen Spanier verherrlicht.
Alvarez Pellicer y Toledo (Ignacio)," Ritter des
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 253
Santiago-Ordens 1676, ist Verfasser einer Comödie mit Musik:
„La venganz a de Diana".
Araujo de Castro (Manuel de), Erzbischof von Braga,
feierte ebenfalls die Erhebung seines Vaterlandes in einem
spanisch geschriebenen Drama „La matob hazana de Pob-
tugal", Lissabon 1645.
Arboleda (Doctor Alejandro), etwa 1650 zu Valencia
geboren, Advocat, soll zwanzig Comödien verfasst haben, welche
indessen sehr selten sind, wenn nicht gar deren grösster Theil
überhaupt verloren ist. „El catölico Peeseo, San Jobge"
hat etwa folgenden Inhalt. Der heilige Georg, Befehlshaber
einer Gehörte des Kaisers Diocletian, kommt nach Phönizien.
Hier befreit er die Prinzessin Margarita vom Tode durch
einen Drachen, welchem sie vorgeworfen w^erden soll. Er
setzt darauf seinen Weg nach Eom fort, bekennt sich dort
zum Christenthum und hat deshalb, obgleich ihn Diocletian's
Zuneigung vor der Hinrichtung schützt, Martern aller Art zu
erdulden. Als Margarita dies erfährt, marschirt sie mit einem
Heere nach Rom, verzichtet jedoch darauf, Georg zu befreien,
als dieser trotz aller ihrer Ueberredungskunst das Christen-
thum nicht verleugnen will. Wenn auch die Wunder Georg's :
die Erweckung des Generals Anatolio vom Tode und der Um-
sturz der Bildsäule ApoUo's, sogar die Kaiserin Alexandra
und Andere bekehren, so bleiben sowohl Diocletian als Mar-
garita ungläubig und vermählen sich sogar, nachdem Alexandra
und Georg den Märtyrertod erlitten haben. — Die Stücke
des Arboleda scheinen recht beliebt gewesen zu sein; darf
man aber nach „El catölico Pebseo" urtheilen, so muss
die Hauptursache dieser Beliebtheit in rhetorisch überspannter
Sprache, verbunden mit Bühneneflfecten gesucht werden.
Arce (der Licentiat Don Ambrosio de), war Priester zu
Madrid; er starb 1661. Verschiedene seiner Dramen sind in
den „Comedias nuevas escogidas^^ abgedruckt. „El Hebcules
DE Hungbia" — eine Episode aus dem Leben des herculischen
Johannes Hunyades — und „La matob victoblä. de Con-
STANTiNO Magno" — die Auffindung des heiligen Kreuzes
behandelnd — sind erbärmliche, schwülstige Machwerke, wäh-
rend „Cegab paba veb mejob " — die Geschichte der heiligen
Lucia — etwas annehmbarer ist. Sein bestes Drama aber
ist „El hechizo de Sevilla", die Geschichte einer berühmten
254 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
sevillanischen Schönheit, welche durch die Schlauheit eines
Renegaten nach Algier entführt, aber durch eine allerdings
recht unglaubliche List — ein spanischer Offizier gibt sich
in türkischer Verkleidung bei dem König von Algier für den
Grossvezier des Sultans von Konstantinopel aus und lässt sich
als solcher sämmtliche Christensklaven als Kriegscontribution
ausUefem — ihrem Vaterlande wiedergegeben wird.
Avellaneda de la Cueva y Guerra (Francisco de),
Kanonikus der Kathedrale von Osma, arbeitete hauptsächlich
in Gemeinschaft mit andern Dichtem. Mit Sebastian de Villa-
viciosa verfasste er das bekannte Lustspiel „Cuantas veo,
TANTAS QuiEEO", oiu foinos Stück in Calderon's Manier, welches
die Bekehrung eines Allerweltscurmachers in der Art des Don
Fernando in C. de Arellano's „El socorro de los mantos"
schildert. Seine Entremeses, deren er eine grössere Anzahl
schrieb, waren sehr beliebt
Ayala (Juan de). Dessen Drama „Cinco venganzas en
una" ist interessant und eines der verdienstlicheren dieser
Kategorie. Die Catastrophe — ein doppelzüngiger Caballero
wird von einer Dame durch einen Pistolenschuss niedergestreckt
— ist allerdings etwas gewaltsam, ebenso häufen sich die
Duelle gar zu sehr, aber Sprache und Charaktere sind gut,
und der Gracioso ist sehr witzig, eine auffallende Seltenheit
bei diesen Dichtem dritten und vierten Ranges.
Baeza (Andres de) blühte etwa 1650. Seine Dramen
„El VAIiOB CONTRA FORTUNA" UUd „MaS LA AMIST AD QXJE
LA sangre" sind abenteuerliche, schlechte Machwerke, wäh-
rend „No SE piERDEN LAS FLNEZAs", eine nüchtomo Nach-
ahmung von Tirso's „Palabras y plumas", infolge des bessern
Stoffes etwas leidlicher ist.
Barrionuevo y Moya (Juan de), ein Geistlicher, ver-
fasste vier Comödien, welche in dem zweiten Theile seines
Buches „Soledad entretenida", Valencia 1644 abgedruckt sind.
Bocängel y ünzueta (Don Gabriel de), geboren zu
Madrid, starb ebendaselbst am 8. December 1658 in ehren-
voller Stellung. Sein Drama „El emperador fingido" ist
ein interessantes Stück, welches den Versuch eines dem
Grafen Balduin von Flandern täuschend gleichenden Mannes
schildert, sich für diesen, in einer Schlacht gefallenen Fürsten
aufzuspielen. Die Charaktere sind gut herausgebracht, und
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 255
die Sprache, ist rein, trotzdem der Dichter in andern Werken
als eifriger Gongorist auftritt.
Bolea (Jos6 de), ein Verwandter Agustin de Salazar's, hat
— wie dieser — ein Drama „Tetis y Peleo" geschrieben.
Bondfa (Maestro Ambrosio), ein aragonesischer Geist-
licher, ist Verfasser zweier Dramen, welche in seinem Buche
„Citara de Apolo y Parnaso en Aragon'^, Saragossa 1650 ver-
öffentlicht worden sind.
Botello de Oliveira (Manuel), 1636 in Bahfa geboren,
kam später nach Portugal. In spanischer Sprache schrieb er
zwei Comödien.
Bravo (der Licentiat), lebenslänglicher Stadtrath von
Lora del Rio, hat sich in zwei Comödien versucht; auch ein:
Bravo de Sotomayor (Pablo) (vielleicht identisch mit
dem Vorgenannten) wird als Verfasser einer handschriftlichen
Comödie der Osuna- Bibliothek: „A mas desden mas amoe"
genannt.
Burgos Mantilla y Bärcena (Isidoro de), ein Ver-
wandter Salazar's und des oben genannten Bolea, hat ein
Drama selbständig, ein anderes gemeinschaftlich mit Lanini
Sagredo geschrieben.
Cabeza (Maestro Juan), ein Geistlicher, hat 1662 zu
Saragossa einen Band von zwölf Comödien herausgegeben,
dessen grosse Seltenheit aber kaum zu bedauern ist, wenn
man eine derselben: „No hay castigo contea amoe" als
Durchschnittsmuster der übrigen annehmen darf. Die Handlung
dieses Stücks ist geradezu sinnlos. Ort- und Zeitwechsel haar-
sträubend, die Personen machen während der ernstesten Unter-
redungen dem Gracioso Concurrenz in albernen Witzeleien,
und die Sprache ist im höchsten Grade schwülstig. Wenn die
Hand einer Dame als „Lilien-Harpune" (arpon de azucenas)
bezeichnet wird, so ist es wirklich fraglich, ob das poetische
Delirium weiter gehen kann.
Calle (Francisco de la) ist Verfasser einiger Comödien
und Entremeses.
Campo (Antonio Manuel del) ist ein verdienstvoller Dra-
matiker. Sein bestes Stück ist wohl „El eenegado de
Francia". — Simon Ansa, ein hochgestellter Geistlicher, er-
mordet einen Monsieur de Guise, welcher ihn bei dem König
von Frankreich verleumdet hat. Da er es jetzt sowohl mit
256 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
der weltlichen, als mit der himmlischen Gerechtigkeit ver-
dorben hat, ruft er die Hülfe des Dämons an. Dieser er-
scheint ihm, gibt sich aber anfanglich für einen Hirten aus
und erzählt Simon dessen eigene Erlebnisse als die
seinigen. Dies ist ein interessanter Zug, welcher die beab-
sichtigte Wirkung nicht verfehlt, Simon auch zu den weiteren
Absichten des vermeinten Schicksalsbruders zu be-
stimmen, d. i. nach Algier zu segeln und dorten das Christen-
thum abzuschwören. Der Dämon gibt sich nun zu erkennen,
und Simon verschreibt ihm seine Seele mit Blut,
welches er mittels eines Dolchstichs seinem Arm
entnimmt. Schliesslich aber wird der Dämon durch die
Jungfrau Maria doch um die sicher geglaubte Beute ge-
bracht. — „Eji vENCiMiENTO DE TuKNo" ist oiu allegorisches
Drama, welches das seltene Verdienst besitzt, nicht langweilig
zu sein. — Lavinia (die Seele), die schöne Tochter des Königs
Latinus (der freie Wille), wird von dem ungestümen Tumo
(Dämon) und dem sanften Trojaner Aeneas (Christus) zur Ge-
mahlin begehrt. Nach verschiedenen Zwischenfallen kämpfen
die beiden Nebenbuhler in oflFener Feldschlacht, und Turno
wird besiegt. — „Los desdichados dichosos" gründet sich auf
die Legende des aus Virues' „El Monsekkate" wohlbekannten
Heiligen Juan Guarin. Das Stück — ein erster Theil — be-
handelt den Sündenfall des Heiligen und die daraus entstehen-
den Folgen, während uns der am Schlüsse von dem Dichter
selbst angekündigte zweite Theil die Sühne der schweren
Schuld und die Auffindung des wunderthätigen Marienbildes
von Monserrate vorführt. Dieser zweite Theil: „La esteella
DE Monsebbate" ist im gleichen Bande der „Escogidas^', in
welchem sich der erste befindet, unter dem Namen des Cristö-
bal de Morales abgedruckt, kann aber — dem Stile nach -—
unmöglich von diesem schwülstigen Dichter herrühren und
muss jedenfalls unserm Campo zugewiesen werden, obwohl er
— wie gewöhnlich derartige Fortsetzungen — an künstleri-
schem Werth bedeutend hinter dem ersten Theil zurückbleibt.
Die in letzterm einen grossen Raum einnehmenden scholastisch
theologischen Disputationen des Dämons weisen darauf hin,
dass Campo ein akademisch gebildeter Geistlicher war, was
bei dem gänzlichen Mangel anderer Nachrichten über dessen
Persönlichkeit immerhin Erwähnung verdient.
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 257
Canizares (Francisco de) ist Verfasser eines Dramas:
„El dichoso bandolebo, Fbay Pedbo de Mazaba."
Cardona (Don Antonio Folch de), Marquis von Castel-
nou u. s. w., geboren 1623 zu Valencia, gestorben 1694 zu Ma-
drid. Sein beliebtestes Drama war: „El mas heböico silencio",
die bekannte Geschichte des Antiochus und Seleucus. Die
psychologische Behandlung des StoflFs zeugt von entschiedenem
Talent, aber leider ist die Sprache stark mit Cultismen versetzt.
— „Del mal lo menos" ist ein interessantes Intriguenstück
mit einem vortrefflichen Gracioso.
Caro Mallen de Soto (Dona Ana), gebürtig aus Se-
villa und mit der in solchen Fällen gewöhnlichen Ueber-
treibung mit dem Beinamen der sevillanischen „zehnten Muse"
beehrt, ist der Jfachwelt hauptsächlich durch ihr Ritterschau-
spiel „El conde Pabtinüples" bekannt. Dasselbe hat in-
dessen ausser einem gewissen romantischen Reiz wenig An-
spruch auf dauernde Beachtung.
Castillo (Juan del). Dessen Drama „Las Amazonas de
Espana" hat die unverdiente Ehre gehabt, von einigen Druckern
dem Castillo Solorzano, von andern dem Cubillo zugeschrieben
zu werden. Es ist eine chronikartige Darstellung der Haupt-
episoden aus dem Leben des Grafen Feman Gonzalez, ent-
behrt durchaus der dramatischen Einheit, ist dagegen höchst
fruchtbar an Gongorismen. Ebenso unausstehlich in dieser
Beziehung ist das Schauspiel „Los esclavos de su esclava",
in welchem der aus Lope de Vega's „Don Juan de Castbo"
und der Triumviratsarbeit „El mejob amigo el muebto" be-
kannte wohlthätige Todte eine dramatisch durchaus unnöthige
Rolle spielt.
Cervero (Crecencio) wird als Verfasser mehrerer Co-
mödien genannt, welche nicht auf uns gekommen zu sein
scheinen.
Cifuentes (Don Jerönimo de). Dessen Lustspiel „Lo
QUE soN suEGBO Y cuNADo" enthält oiue Reihe ergötzlicher
Verwickelungen. Es liest sich, infolge der nüchternen Sprache
und raffinirter Bühneneffectberechnung, als ob es von einem
Schauspieler geschrieben sei. — „La eama es la mejob
dama" behandelt die Einnahme Cartagenas durch Scipio, so-
wie seinen Verzicht auf die Liebe zu dessen Gebieterin Sido-
SCHiEFFBB. II. j[7
258 Unteigeordnetere Dramatiker dieser Periode.
mira zu Gunsten seines Xachmhms. — ,,Vengai)a aittes de
ofenbida" ist ein höchst schwülstiges Stück, dessen Kata-
strophe darin besteht, dass eine Dame den Fürsten nieder-
schiesst, welcher sich zum Räuber ihrer Ehre aufwerfen wilL
Coello Arias (Juan), Bruder des bekannten Dramatikers
Antonio Coello. Seine Comödie „El bobo de las Sabinas^
ist durch Cultismus stark Yemnstaltet, aber sonst nicht ohne
Verdienst. Am Schlüsse derselben wird „Vergebung für die
Dichter'^ erbeten; vielleicht hat Don Antonio mitgearbeitet.
CoUado del Hierro (Agustin), ein Arzt, yerfosste ver-
schiedene poetische Werke, u. a. die Comödie: „Jebusalen
BEST AURADA ".
Cordero (Jacinto) wurde 1606 zu Lissabon geboren und
starb ebendaselbst 1646. Seine Dramen scheint er sammtlich
in spanischer Sprache verfasst zu haben. In „El jt&amento
AiTTE Dies Y Lealtad contba EL AMOB^ behandelt er die
vielfach varürte Legende eines Eheversprechens in alleiniger
Gegenwart eines Christusbildes und dessen Eintreten für die
Cnverbrüchlichkeit des vor ihm geschehenen Schwures. —
„AkAB POB EUEBZA de ESTBELLA Y ÜN POBTUGUES EN HUN-
OBiA^^ ist die Geschichte Don Dionis", eines Sohnes Don
Pedro's des Grausamen von Portugal und seiner Geliebten,
der bekannten Dona Lies de Castro. Dieser kommt in Ver-
kleidung nach Ungarn und erobert im Sturme die Herzen
zweier Schwestern, der Prinzessin und der Lifantin dieses Seichs.
Beide werfen sich ihm in unweiblichster Weise formlich an den
Hals, und die ältere geht so weit, den vermeintlichen Secretar
mit dem Tode zu bedrohen, wenn er nicht von der Liebe zu
ihrer Schwester ablasse. Don Dionis weiss sich nicht anders
zu helfen, als den Herzog von Ferrara, Anbeter der Prin-
zessin, bei einem nächtlichen Stelldichein unterzuschieb^
welches sie ihm (Dionis) gibt Auf diese nichts weniger als
zarte Weise gelangt alles zur Aufklärung und beMedigenden
Lösung. Cordero's Fabehi sind nicht übel disponirt, aber
seine Diction ist nüchtern und jeder Poesie bar.
Cördoba y Maldonado (Alonso de) war 1662 Ober-
aufseher und Rechnungsführer des Bauwesens und des Alcazars
zu Segovia,, der umliegenden Schlösser und Wälder, sowie der
königlichen Münze. Von dieser Persönlichkeit ist nur ein
Schauspiel „La tenganza en el sepulcbg^' erhalten. Da
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 259
dasselbe den berühmten Stoff des „steinernen Gastes" be-
handelt, so soll sein Inhalt hier kurz angegeben werden.
Don Juan Tenorio trifft Dona Ana de Ulloa auf einem
einsamen Spaziergange in der Umgebung von Sevilla, macht ihr
Liebesanträge, gewürzt mit einer langen Erzählung seiner Rauf-
boldabenteuer im Guapo-Stil, und diese weiss sich für den
Augenblick nicht anders aus seinen Händen zu retten, als dass
sie ihm einige Hoffnung auf Gewährung seiner Wünsche in
Sevilla macht. Ihre Zofe Ines hat unterdessen Don Juan's
Diener Colchon mitgetheilt, ihre Herrin sei mit dem Marquis
de la Mota verlobt, und die nächste Scene zeigt uns diesen
mit dem Vater Dona Ana's, dem Comthur Don Gonzalo de
TJlloa, im Gespräch über die bevorstehende Vermählung.
Unter dem Verwände, Don Gonzalo einen Besuch abzustatten,
tritt nun Don Juan ein, ergeht sich in spitzen Redensarten
gegen den Marquis, entfernt sich aber, ehe es zu offenem
Streite kommt. Unterdessen hat Colchon im Namen Don Juan's
Dona Ana gesprochen, ist indessen von derselben rund ab-
gewiesen worden, mit der Motivirung, der Marquis sei ihr
erwählter Gemahl. Am Abend erscheint letzterer vor ihrem
Hause, ebenso Don Juan und später Don Gonzalo. Der Com-
thur geräth in einen Wortwechsel mit Don Juan und wird
von demselben niedergestochen. Der Mörder entflieht, und
die erscheinende Nachtrunde unter Anführung des Stadtrichters
von Sevilla verhaftet als Thäter den Marquis de la Mota,
welcher mit gezogenem Degen betroffen wird, da er den Streit
zwischen Don Gonzalo und Don Juan hatte verhindern wollen.
Zweiter Act. Don Juan erscheint in Dona Ana's Hause
unter dem Verwände, ihr sein Beileid zu bezeugen, und be-
nutzt ihre Einsamkeit, um ihr nochmals das fingirte Versprechen
abzutrotzen, seine Gemahlin zu werden. Alsdann nimmt er
sich vor, den Marquis im Gefängnisse zu besuchen, um ihm
dieses Resultat mitzutheilen. Hierin kommt ihm jedoch Dona
Ana zuvor und wird, in Begleitung ihrer Zofe, von ihm bei
dem Marquis betroffen. Sie verschleiert sich, Don Juan will sie
mit Gewalt enthüllen, wird aber durch das Erscheinen des Ker-
kermeisters daran verhindert Der Marquis nimmt nun Zuflucht
.zu einer List. Er bittet Don Juan um Beistand zur unbemerkten
Entfernung der verschleierten Damen, welche er als Frau und
Tochter des Kerkermeisters bezeichnet, indem er letzteren in
17*
260 Untergeotdiietere Dramatiker dieser Periode.
ein lebhaftes Gespräch verwickle. Don Juan geht hierauf ein,
befiehlt aber seinem Diener, den Damen zu folgen. Diese arg-
wöhnen die List, treten unterwegs in die Kirche ein, in welcher
der Comthur begraben liegt, und verschwinden dann in der
Menge durch eine andere Thür. Als Don Juan erscheint, hat
sich die Kirche bereits geleert, aber seine Aufmerksamkeit wird
durch das Grabmal Don Gonzalo's mit dessen Bildsäule und
der Inschrift:
Aguardo aqui de un traidor,
que Bios venganza me di —
vollauf in Anspruch genommen. In tollem üebermuthe fordert
er die Bildsäule auf, die Hache durch abermaligen Zweikampf
selbst in die Hand zu nehmen, vorher aber bei ihm das Nacht-
essen einzunehmen. Die Statue nickt mit dem Kopfe, erfüllt
das Versprechen ihres Besuchs und nimmt ihm sein Wort ab,
am nächsten Abend mit ihr in der Kirche zu speisen, um als-
dann den verabredeten Zweikampf auszufechten.
Dritter Act. Don Juan begibt sich abermals in Dona
Ana's Haus und bedrängt sie aufs neue. Als diese sich seiner
Werbung entziehen will, indem sie ihre Ueberzeugung aus-
spricht, er sei der Mörder ihres Vaters, gesteht er es zu,
gibt aber vor, dieses Verbrechen durch Selbstmord rächen zu
wollen, nachdem sie ihn erhört habe. Dona Ana befindet sich
in der peinlichsten Situation, als der Stadtrichter, den sie hat
rufen lassen, mit zahlreicher Begleitung eintritt. Don Juan
soll verhaftet werden, bahnt sich aber mit dem Degen den
Weg ins Freie und zieht sich in die Kirche zurück, in welche
ihn der Comthur geladen hat. Hier findet er eine schwarze
Speisetafel mit Gerichten von Nattern und Scorpionen vor,
imd sein steinerner Gastgeber spricht in drohenden Andeu-
tungen, während ein noch unheimlicherer Gesang ertönt.
Schon ist sein bisher mühsam aufrecht erhaltener Muth im
Sinken, als der Stadtrichter mit seinen Leuten an der Kirchen-
thür erscheint imd Zeuge wird, wie Don Juan den Mord
Don Gonzalo's eingesteht und dann unter Donnerschlägen mit
der Bildsäule versinkt. Das Vorgefallene theilt der erstaunte
Beamte Dona Ana mit und führt ihr den jetzt als unschuldig
erkannten Marquis als Gemahl zu.
Das Stück ist in Sprache, Charakterzeichnung und Füh-
rung der Handlung ein recht verdienstliches. Was jedoch
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 261
sofort in die Augen fällt, ist der Umstand, dass das Wüst-
lingsleben Don Juan's ganz in den Hintergrund gerückt
wird. Von seinen frühem Liebschaften höreu wir nur ge-
sprächsweise, und seine hartnäckige Werbung um Dona Ana
zielt hauptsächlich auf Vermählung ab. Er ist mehr Eauf-
bold als Wüstling, und das Drama verdient beinahe den
Namen eines Guäpo-Stücks. Dass die Handlung hierdurch ein-
facher und übersichtlicher wird, als in Tirso de Molina's „El
BUKLADOB DE SEVILLA Y CONVIDADO DE PIEDRA", ist klar;
ebenso sicher ist aber, dass sie dadurch an dem eigenthümr
liehen Gepräge einbüsst, welches der Stoff durch die Ueber-
lieferung erhalten hat, und dass die Ausübung der göttlichen
Gerechtigkeit durch ein so gewaltsames Mittel, wie das zwei-
malige Auftreten der Bildsäule, durch die Verachtung mensch-
lichen Lebens und weiblicher Tugend seitens Don Juan's (bei
Tirso) eher gerechtfertigt ist, als durch ersteres Verbrechen
allein (bei unserm Dichter). Dass Don Alonso übrigens Tirso's
Drama vor Augen gehabt hat, geht aus der Bühnenweisung
„Descübrese etc. Don Gonzalo de UUoa, como se vio el con-
vidado de piedra antiguamente" deutlich hervor.
Gorral (Gabriel del), Verfasser des Schäferromans „La
CiNTiA DE Aeanjuez", hat ein Drama „La Trompeta del
Juicio" geschrieben. Dasselbe ist durch cultistische Sprache
verunziert, hat aber packende Stellen. Dies gilt besonders
ton der Scene, in welcher eine schöne Büsserin ihren Lieb-
haber umarmen will, nachdem sie dieser Leidenschaft halber
ihre Einsamkeit verlassen hat. In diesem Augenblicke gesche-
hen Donnerschläge, und aus einer schwarzen Wolke erschallt
die furchtbare Posaune des Jüngsten Gerichts. -r- In der Osuna-
Bibliothek existirt eine Handschrift dieser Comödie unter dem
Namen des Francisco de Rojas, und die Autorschaft dieses
Dichters erscheint, innem Gründen nach, nicht ausgeschlossen.
Correa (Juan Antonio), ein Portugiese, verfasste das
Drama „Perdida y restauracion de la Bahia de Todos
Santos".
Gort 6s (Bartolom6) ist Autor einer merkwürdigen Co-
mödie „La plata de San LtJcar". Die Handlung derselben
ist ein geradezu höllisches Durcheinander, aber die Verse be-
irühren den Leser wie Nachklänge Lope de Vega's und seiner
Schüler. Leider wird dieser Vorzug öfters dadurch ab-
^
262 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
geschwächt, dass ganz unmotivirt und unerwartet einzelne ab*
scheuliche Gongorismen eingestreut sind.
Cruz (Sor Juana Ines de la) wurde 1651 zu San Miguel
de Nepanthla (Mexico) geboren. Ihr Talent scheint ein sehr
frühreifes gewesen zu sein, denn man erzählt, sie habe schon
im Alter von drei Jahren das Lesen gelernt. Sie nahm später
den Schleier und starb am 17. April 1695. Sowohl ihr Talent
als ihre Schönheit wurden von ihren Zeitgenossen sehr be-
wundert; auch ihr wurde der Titel „zehnte Muse", auch „Phönix
von Mexico" beigelegt. Ihre Comödie „Los empenos de una
casa" verdient wirklich grosses Lob; sie eifert in dersel-
ben den Intriguenstücken Calderon's mit Erfolg nach, und
die geistreich geschürzte Handlung, sowie die gewählte
Sprache erinnern durchaus an die genannten Vorbilder. Nur
die Verkleidung des Graciosos als Dame streift zu sehr ins
Possenhafte über und bringt einen Miston in das sonst so
feine Lustspiel.
Cruz y Mendoza (Don Gerönimo de la) ist Verfasser
der Comödie „Sueeib mas pob valeb mas". Das Stück ist
in Handlung und Sprache ungeschickt, aber wenigstens nicht
schwülstig und anmaassend.
Cuenca y Arguello (Ambrosio de) hat mehrere Dramen
geschrieben. „A igual AaBAvio no hat duelo " ist ein sehr
verwickeltes, auf unhaltbarer Basis stehendes, aber köstlich
belustigendes Stück im Stile Tirso de Molina's; auch die
Sprache ist dieses grossen Vorbildes nicht ganz unwürdig.
Cueva (Don Antonio de la). Dessen Drama „Como
NOBLE Y OFENDiDo" ist oiu infolge übermässiger Häufung
vieler Begebenheiten verwirrtes und ausserdem durch affectirte
Sprache ganz ungeniessbares Stück.
Cueva (Salvador de la) ist Verfasser eines Musikdramas
(Zarzuela): „Cual es lo mas en amob, el despbecio ö ei*
F A VOB. "
Delgado (Juan) war aus Madrid gebürtig. Wir besitzen
von ihm eine Heiligencomödie „El pbodigio de Polonlä."
(San Jacinto).
Diaz de la Calle (Juan) ist Autor eines Dramas: „De-
JAB PCB Dies LA COBONA Y PbODIGIOS DE VALENCIA.."
Duque de Estrada (Diego), geboren zu Toledo 1589,
lebte noch weit in das siebzehnte Jahrhundert hinein. Nach
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode, 263
seiner eigenen Angabe hat er siebzehn Comödien verfasst,
welche jedoch nicht auf uns gekommen und wahrscheinlich
überhaupt nicht gedruckt sind. Es ist deshalb unmöglich zu
bestimmen, welcher Periode sie angehören.
Enciso (Bartolom6 de) ist Verfasser eines Schauspiels:
„El casamiento con celos y Ret Don Pedro de Abagon."
Enriquez (Andres Gil), ein Angestellter des Herzogs von
Medina de las Torres, schrieb zwei selbständige Comödien,
sowie in Gemeinschaft mit Matos und Diamante das Drama
„El vaqttero emperadob y Gban Tamoblan de Pebsia".
Enriquez (Don Rodrigo). Dessen Comödie „Sufbib
MAS POB qttebeb menos" ist ein durchaus elendes Mach-
werk.
Enriquez de Föns eca (Luis), etwa 1620 zu Malaga ge-
boren, hat verschiedene Dramen geschrieben, von welchen er
jedoch wohl selbst keinen allzu hohen Begriff hatte, da er in
seinem Buche „Ocios de los estudios^\ Neapel 1683, einige
Loas und Bailes, aber nur ein Fragment seines Schauspiels
„El Anibal de Espana, Vibiato" veröffentlichte.
Enriquez de Guzman (Feliciana), gebürtig aus Sevilla,
ist hauptsächlich dadurch bekannt, dass sie — nach Lope de
Vega's Zeugniss im „Laubel de Apolo" — in Männertracht
in Salamanca studirte und dort die Freuden und Leiden der
Liebe kostete. Mit ihren Tragicomödien „Los jabdines y
CAMPOS SABEOs", erster und zweiter Theil, beabsichtigte sie
nach ihrer eigenen Erklärung in die Fussstapfen der Alten zu
treten, üebrigens ist zu bemerken, dass die Identität von
Lope's „Feliciana" mit der Dichterin der „Jabdines y cam-
pos SABEOS " nicht über allen Zweifel erhaben ist, da Lope
nur ihren Vornamen „Feliciana" nennt, ihren Familiennamen
dagegen discret verschweigt.
Esquilache (Don Frtmtisco de Borja y Aragon, Fürst
von), Autor des Epos „Napoles becupebada" und vieler ver-
dienstvoller lyrischen Gedichte, schrieb eine Comödie zur Feier
der Eidesleistung an den Prinzen Baltasar Carlos (1632), von
welcher uns jedoch nicht einmal der Titel erhalten ist.
Estenoz y Lodosa (Pedro de) ist Verfasser zweier
Heiligencomödien.
Von Fajardo y Acevedo (Fray Antonio) besitzen wir
mehrere Dramen. Wahrscheinlich ist derselbe mit „Antonio
264 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
de Acevedo" und „El maestro Antonio Fajardo jr
Acevedo" identisch.
Felices de Cäceres (der Licentiat Juan Bautista), ein
Geistlicher, geboren 1601 zu Calatayud, gestorben etwa
163Ö, schrieb verschiedene Comödien, von welchen uns
„Haceb bien nunca se piebde" (El ingrato por amor) er-
halten ist.
Fernandez de Solana (Diego) ist Verfasser eines
Dramas: „Lo qxte vale un Espanol."
Flor es (Antonio Francisco de). Dessen Drama „El
SiTio DE Ceuta" ist oflFenbar ein Gelegenheitsstück; hierauf
weist die nüchterne Beschreibung der militärischen Action
und die Aufzählung der vielen Eigennamen hin. Es hat we-
nig poetisches Verdienst.
Fomperosa y Quintana (Pedro de), Jesuit, war Autor
mehrerer Dramen, wahrscheinlich auch des bei Galderon be-
sprochenen Stücks: „San Feangisco de Boeja, Duqite de
Gandia."
Francisco (Antonio). Unter diesem Namen (vielleicht
identisch mit dem vorher erwähnten Antonio Francisco
de Flores) findet sich ein Drama „Fibmeza, amob y ven-
ganz a" im 18. Bande der „Escogidas^^. Allerdings spricht
dessen schwülstiger Stil nicht für diese Identität. Das Drama
ist im übrigen nur durch das bis zum Extrem getriebene
spanische Loyalitätsprincip bemerkenswerth, dass ein König
von Gottes Gnaden ungestraft jede Scheusslichkeit verüben
dürfe.
Freire de Andrade (Manuel), ein geborener Portu-
giese, hielt sich lange Jahre in Madrid auf und starb auch
daselbst. Seine Comödie „Veese y teneese pob muebtos"
war sehr beliebt, was durch die interessante Handlung und
eine gewisse Wärme der Diction zu erklären ist; im übrigen
erhebt sich das Stück durchaus nicht über das Durchschnitts-
gut der Periode.
Fünes y Villalpando (Francisco Jacinto de), gewöhnlich
unter „Villalpando" angeführt, Marquis von Osera u. s. w.,
wird als Verfasser von vier Comödien angegeben. Merk-
würdig ist, dass zwei derselben: „Mas pueden celos que
amob" und „El vencedob de si mismo" genau die gleichen
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 265
Titel führen wie die betreflfenden Stücke Lope de Vega's und
Cubillo's; vielleicht sind dieselben Refundiciones.
Gallegos (Manuel de), geboren 1597 zu Lissabon, der
Dichter des verdienstvollen Epos „ia Gigantomachia'\ hat
eine Anzahl Dramen geschrieben, wovon jedoch nur „El in-
piERNO DE amob" in einer alten Handschrift der ehemals
Duran'schen Bibliothek erhalten zu sein scheint.
Gamez (Gabriel) ist Verfasser zweier Heiligencomödien.
Garcia (Marcos), ein Chirurg, schrieb das Drama „En-
GANAESE EN SU EAVOE".
Garcia del Prado (Jose Antonio). Von diesem Dich-
ter befinden sich drei handschriftliche Dramen in der Natio-
nalbibliothek zu Madrid.
Gonzalez (der Licentiat Manuel). Dessen Schauspiel
„El Espanol Juan de Ubbina" ist ein in aflfectirtem Stil
geschriebenes Schauerstück, in welchem der in seiner Ehre
gekränkte Held, ein durch seine ausserordentliche Bravour
bekannter Truppenführer Karl's V., seine schuldige Gemahlin,
Muhme und Zofe mit seinem Hause den Flammen überliefert.
Gonzalez de Bustos (Francisco) ist Verfasser des far-
benprächtigen, wenn auch hier und da etwas schwülstigen
Dramas „Los espanoles en Chile", Episoden aus dem arau-
kanischen Krieg. Auch seine Heiligencomödie „Santa Olalla
DE Merida" darf gelobt werden.
Gonzalez de Cunedo (Miguel) war aus Murcia ge-
bürtig. Sein Schauspiel aus der Zeit des Mauriskenaufstandes
gegen Philipp H.: „A un traidor dos alevosos y A los dos
EL MAS leal" ist ciu aufgeblasonos , werthloses Machwerk.
Guedeja y Quiroga (Gerönimo) hat zwei Dramen ver-
fasst: „En el sueno esta la muerte" und „La mejor luz
DE Sevilla, Nuestra Senora de los Reyes". Das erste
schildert, wie ein zügelloser junger Palermitaner durch die
Ränke des Dämons zu vielen Schandthaten verleitet, schliess-
lich aber durch aufrichtige Busse gerettet wird. — Das zweite
behandelt die Einnahme von Sevilla durch Ferdinand den Hei-
ligen und scheint das Vorbild zu Christ, de Morales' Drama
„La toma de Sevilla". Die beiden Stücke Guedeja's sind
recht annehmbar.
Gutierrez (Don Diego) ist Autor eines Dramas: „Con-
tra LA FE NO HAY RESPETo" (El osclavo dc SU padro).
266 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
Gazman (Luis de). Dessen Comödie „El blason bs
Don Roobo y Libebtad dkl fitebo de las ceen dokcee«-
liAS^ scheint ganz zu Anfang der zweiten, Tielleiebt aach
gegen Ende der ersten Periode geschrieben za sein. Sie ist in
würdiger und reiner, wenn auch nicht sehr poetischer Sprache
yerfasst
Guzman Matos (Francisco de) hat das Schauspiel „La
Abcabla ek BEiiEN Y Amob EL MAYOB HECHizo^^ geschrieben^
in welchem (nach Barrera) „das Göttliche mit dem Welt-
lichen 'S also wahrscheinlich die Geschichte Christi mit einer
Liebesintrigue verflochten ist
Hidalgo Bepetidor (Juan) ist Autor mehrerer Dra-
men, unter andern des Schauspiels „Los Mozababes de To-
ledo".
Hurtado y Cisneros (Juan). Dessen allein bekanntes
Drama „Callab hasta la ocasion^' enthalt lauter abgenutzte
Situationen in schwerfalliger, poesieloser Sprache.
Hurtado de Mendoza (Jacinto) ist Verfasser eines Acts
der Comödie „Besucitab con el agua".
Jimenez de Cisneros (Francisco). Von diesem Schrift-
steller ist im 38. Bande der „Escogidas^^ ein Drama „Emen-
DAB YEBBOs DE amob" abgedruckt. Handlung und Dicüon
desselben sind ungeschickt, die Situationen abgedroschen.
Lanini y Sagredo (Pedro Francisco de) blühte in der
zweiten Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts. Er war Co-
mödien-Censor und verfasste eine bedeutende Anzahl Dra-
men, theils selbständig, theils in Gemeinschaft mit andern
Dichtem. Zu „El gban Bey anacobeta, San Onofbe" scheint
ihm Claramonte's „El oban bey de los desiebtos^' die An-
regung gegeben zu haben; das Stück ist, trotz seiner zer-
rissenen Handlung, nicht ohne Verdienst und jedenfalls besser
als sein Vorbild. Dagegen ist seine Nachbildung des Bojas'-
schen „La Patbona de Madbed": „El Ltjcebo de Madbtd'*^
bedeutend schlechter als das Original; besonders ist das
Heiligenwesen ganz ungebührlich viel weiter ausgesponnen
und überhaupt jede Spur von Poesie verwischt Ebenso
nüchtern und mit Heiligenkram angefüllt ist das Drama „Seba
Lo QUE Dios quisiebe", ein abermaliges Beispiel der belieb-
ten Stücke , in welchen ein gewaltthätiger Mensch nach einem
langen verbrecherischen Leben durch kurze Beue die Märty-
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 267'
rer- und Heiligenkrone erringt. „La bat all a de las Na-
VAS Y El Key Don Alfönso el Bueno " ist eine poesielose
Darstellung der grossen geschichtlichen Periode, welche von
der unglücklichen Schlacht bei Alarcos bis zu dem miraculös-
gewaltigen Siege bei den Navas von Tolosa reicht.
Liano oder Llano (Lope de) ist Verfasser der aflfec-
tirten Comödie „Bebnabdo del Cabpio en Fbancla.", deren
Protagonist ein wahrer Miles gloriosus ist.
Lozano (Doctor Cristöbal), ein Geistlicher, hat unter
seinem eigenen Namen nur eine, unter demjenigen seines
Neffen — Don Gaspar Lozano Montesinos — fünf Comödien
veröffentlicht. Er ist ein ungleicher Dichter. So ist „Los
AMANTEs pobtugues:bs " ciu ungeloukes, gekünsteltes und
frostiges Machwerk, während „Hebödes Ascalonita" trotz
ebenfalls affectirter Sprache, durch die Gewalt der geschilder-
ten Leidenschaften und psychologische Feinheiten unsere
Theilnahme erregt. Die Eifersucht des Herodes, welche
durch die Phantasie derart erhitzt wird, dass er wie von
Sinnen um sich schlägt, kann an Litensität nur mit dem
Schmerze verglichen werden, welcher ihn bei der Nachricht
von der auf seinen eigenen Befehl erfolgten Hinrich-
tung Marianmens durchwühlt. Eine eigenthümliche Idee ist,
dass die Fama am Schlüsse der schönen Mariamne erscheint
und den Messias verheisst, wobei sie auf deren Namen —
Maria und Anna — als diejenigen der Mutter und Gross-
mutter Christi anspielt. Mit dem Calderon'schen „El mayob
MÖNSTBUo LOS GELDS " hat das Stück nichts gemein.
Von Llanos y Vald^s (Francisco de), einem Haupt-
mann, besitzen wir zwei Heiligencomödien: „El hijo de la
VTBTUD, San Juan Bueno", erster und zweiter Theil, von
welchen sich wenig Gutes sagen lässt.
Llobregat y Esteve (Francisco) wird als Verfasser
dreier Dramen genannt.
Malaspina (Doctor Francisco de) hat unter dem Titel
„La euebza de la vebdad" eine ungeschickte, schwülstige
und ihrem Vorbilde „El Diablo pbedicadob" weit nach-
stehende Comödie geschrieben.
Maldonado (Juan) ist nur als Verfasser von Burlesken
bekannt.
Male de Molina (Geronimo) hat ein Drama: „Contba
268 Untefgeordnetere Branuitlker dieser Periode.
SU suERTE KENGUKO'^ geschrieben, welches die zweite Schlacht
bei Pharsalia, Cäsar's Triumph und Tod, behandelt Dass
sich hier die Römer geberden wie die spanischen Capa y
espada-Helden, mag dem Autor hingehen, ebenso sein Cnl-
tismo und falsches Pathos; aber eine wahre Versöndigong
an der Weltgeschichte ist es, dass das Motiv des Bnitns
zur Ermordung Cäsar's in einer gemeinen Eifersüchtelei auf
eine angebliche Gemahlin des Pompejus — Roselia — ge-
sucht wird.
Maluenda (Jacinto Alonso) wird als Verfasser mehre-
rer Dramen genannt, welche nicht auf uns gekonmien sind;
auch schrieb er einen Act der noch Yorhandenen Comödie
„La YfRGEN DE liOs Desampabados de Yalencia^^
Manuel de Melo (Francisco), der Autor des vortreflF-
lichen Geschichtswerks ^^Historia de los movimientos, sepa-
racion y guerra de Cataluha", geboren 1611 zu Lissabon,
ebendaselbst 1666 gestorben, soll mehrere Dramen verfasst
haben, welche jedoch verloren zu sein scheinen. Xur das
Fragment einer komischen Composition mit dem humoristi-
schen Titel „La Imposible. Jjdilio cömico Real. Tbage-
dia" ist uns erhalten.
Marti y Zaragoza (Manuel), Dekan von Alicante, ge-
boren 1663, gestorben 1737, hat vier Comödien geschrieben.
Mesa (Antonio de). Dessen Drama „El ceelg pob los
c abellos" ist im 43. Bande der „Escogidas" als Werk
dreier Autoren gedruckt. Es ist ein ganz gewöhnliches Hei-
ligenstück und die Untersuchung der Autorschaft deshalb von
keinem Werth.
Mesa (Blas de) ist Verfasser der Comödie „Gada uno
OON SU igual", eines in Erfindung, Mache und Diction ge-
radezu idiotischen Machwerks.
Milan y Aragon (Felipe de), wahrscheinlich ein ade-
liger Valencianer, hat das Drama „Mentir poe bazon de
estado" geschrieben. Eine geistreiche, originelle Intrigue
und angemessene Diction verleihen diesem Stücke Anspruch
auf Lob und Beachtung.
Mojica (Juan Antonio de). Dessen Comödie „La ofensa
Y LA venganza en EL BETEATo" liegt der originelle Gedanke
zu Grunde, dass für ein nur scheinbares Verbrechen (ein
Prinz glaubt fälschlicherweise, die Gemahlin seines Bruders
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 269
in der Dunkelheit entehrt zu haben) eine scheinbare Strafe
— Durchbohren des Bildnisses des Uebelthäters mit dem
Dolch — genüge. Führung der Handlung und Sprache sind
etwas ungeschickt, aber hierfür entschädigt ein gewisses
Farbentalent in Darstellung der Leidenschaften.
Montero de Espinosa (Roman), etwa 1620 bis 1625
zu Madrid geboren, später zu hohen militärischen Posten
emporgestiegen, hat mehrere Dramen verfasst. „Fingie lo
QUE PUEDE seb" ist iu Erfindung und Führung der Handlung
ebenso unklar, als in der Sprache. „Lavak sin sangee una
ofensa" ist eine höchst verwickelte, auf sehr unwahrschein-
lichen Voraussetzungen beruhende Intriguen-Comödie, welche
aber nicht ohne Verdienst ist, während „Hat culpa en quis
NO HAT DELiTo" als oiu gäuzlich werthloses, abenteuerlich-
unsinniges Stück bezeichnet werden muss.
Monteser (Francisco Antonio de) ist hauptsächlich durch
seine Burleske „El caballeeo de Olmedo" und eine An-
zahl Entremeses bekannt.
Moral es (Cristöbal de) ist ein Schriftsteller, welcher in
die Fussstapfen des schwülstigen Crist. de Monroy trat, ohne
jedoch dessen Talent zu besitzen. „El lbgitimo bastaedo"
behandelt einen unsinnigen Stoff, ebenso „Renegado, eey t
maetie", dessen Protagonist einer der beliebten Heiligen ist,
welche nach einem mit Scheusslichkeiten verbrachten Leben
schliesslich die Märtyrerkrone erwerben. „El eenegado del
ciELo", ein Stück, welches von Barrera irrthümlicherweise mit
dem vorerwähnten als identisch angeführt wird, ist eine elende
Nachbildung des Guillem de Castro'schen „El eenegado ae-
EEPENTiDo", „La toma DE Sevilla" scheiut dem Drama „La
ME JOE Luz DE Sevilla" vou Guedeja entlehnt. „Dejae poe
AMOE vENGANZAs" ist eiuo vorwirrte, in abscheulichem Stil
abgefasste Intriguen-Comödie. Es ist unbegreiflich, wie solche
Stücke aufs Theater gebracht werden konnten, und doch muss
Morales einige Popularität besessen haben, da alte Drucke
seiner Dramen ziemlich häufig sind.
Morchon (Manuel) ist Verfasser zweier Comödien: „La
VICTOEIA DEL AMOE" UUd „La EAZON BTTCSA VENGANZA*'.
Die erste ist eine schlecht dramatisirte Eitterfabel, die zweite
behandelt die wirksame Geschichtsepisode des Longobarden-
königs Alboin und der Gepidenprinzessin Rosamunda. Beide
270 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
Stücke zeigen eine gezierte, hölzerne Sprache, und der Poe-
taster wird trotz seiner unterwürfigen Apostrophe an die
Mosqueteros am Schlüsse von „La victobia dbl amob":
MoBtiUttwos tan honrados,
Don Manuel Morchon os pide
rendido, apacible y hlando,
le deis de limoana un victor
schwerlich den gewünschten Beifall errungen haben.
Nanclares (Antonio de). Dessen Drama „La hechi-
CBBA DEL CiELo" behandelt die Legende der heiligen Eu-
phrasia in ebenso ungeschickter als bombastischer Weise.
Nunez de Barros (Estöban), ein Portugiese, Ende 1637
geboren, schrieb drei Comödien in castilianischer Sprache.
Olivares Vadillo (Sebastian de) blühte etwa 1650.
Sein Drama „Guabdab palabba a los Santos" ist eine
plumpe Nachahmung von Tärrega's „El esposo fingudo", im-
merhin aber noch besser als sein ebenso aufgeblasenes als
armseliges Schauspiel „Los mtjbos de Jebicö".
Orozco (Juan de). Dessen Drama „Manases, Ret de Ju-
dea" ist eine werthlose Arbeit in abscheulich gezierter Sprache.
Ortf (Marco Antonio), geb. 1593, wird als Verfasser
einiger verloren gegangener Comödien genannt; mit Maluenda
gemeinschaftlich schrieb er das Drama „La VIbgen de los
Desampabados de Valencia". — Auch sein Sohn:
Ortf y Moles (Jose) hat sich in einer Comödie „Aibe,
TiEBBA Y MAB soN FUEGo" uud Verschiedenen kleinern Com-
positionen im dramatischen Fache versucht.
Osorio (Tomas). Dessen Drama „El bebelde al be-
NEEicio" ist unter verschiedenen Titeln in nicht weniger als
drei Bänden der „Escogidas^^ (dem 4., 34. und 45.) abge-
druckt. Diese Popularität des recht schwachen Stücks mag
in dem Stoffe — der Ermordung des Prinzen Wilhelm von
Oranien durch den Fanatiker Balthasar G6rard — zu suchen
sein, aber selbst dem spanischen Dichter schien die That
einer moralischen Entschuldigung zu bedürfen, da er die Tu-
gend der Geliebten des G6rard durch den Prinzen verfolgen
lässt und somit ausser dem religiösen Fanatismus, den mäch-
tigsten Hebel zu Mordthaten — die Eifersucht — in Bewe-
gung setzt.
Osorio de Castro (Geronimo), ein Portugiese, geb.
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 271
1657, gest. 1714, hat mehrere Dramen in castilianischer
Sprache verfasst.
Osuna (Alonso de) ist Autor mehrerer Comödien. Nach
„Eli PBONÖsTico DE Cadiz" ZU ürtheileu, scheinen dieselben
indessen sehr schwache Compositionen zu sein.
Oviedo (Luis de). Unter diesem Namen ist im 26. Bande
der jyEscogidas^^ eine Comödie „Los sucesos be tkes ho-
BAs" abgedruckt, welche in geistreicher Anlage und feiner
Sprache mit den bessern Capa y espada- Stücken Calderon's
wetteifern kann. Offenbar hatte sich der Dichter auch die-
sen zum Vorbild genommen. -— Ein Don Luis de Oviedo wird
1612 in Luis de Cabrera's ^^Bdaciones " als ein von dem Car-
dinal von Toledo zum Kanonikus ernannter Angestellter dieses
Würdenträgers genannt. Auch der Graf von La Granja, Don
Luis Antonio de Oviedo, könnte als Verfasser des Stücks in
Betracht kommen.
Von Pacheco (Rodrigo), einem Portugiesen, ist ein
Band von 12 handschriftlichen Heiligencomödien in der Du-
ran-Bibliothek erhalten.
Pantaleon de Ribera (Anastasio), geb. 1600, bekann-
ter lyrischer Dichter, soll einige Comödien geschrieben haben.
Paravicino y Arteaga (Fray Hortensie Felix), geb.
1580, gest. 1633, berühmter Kanzelredner und eifriger Gon-
gorist, versuchte sich in einer „Invencion real": „Gbidonia
ö Cielo de Amob vengado." Es ist dies ein grosses Schau-
und Zauberstück im Ritterromanstil, sehr schwülstig, sehr
langweilig und deshalb einer nähern Besprechung nicht werth.
Von Paredes (Juan de) ist eine von Lope de Vega ci-
tirte Comödie „El mtjebto vivo y Lbaltad en la tbai-
cion" handschriftlich in der Osuna -Bibliothek vorhanden.
Da nur dieses eine Manuscript auf uns gekommen zu sein
scheint und das Drama nach dem erwähnten Citat ein be-
liebtes gewesen sein muss, so soll dessen Inhalt hier kurz
angegeben werden. — König Heinrich von Ungarn ist von
schwerer Krankheit befallen gewesen. Sein ehrgeiziger NeiFe
Carlos hatte während derselben den mächtigsten Grossen des
Reichs, Feduardo, zu überreden gesucht, den Tod des Kran-
ken durch Gift zu beschleunigen und ihm damit die Usurpa-
tion des Thrones zu erleichtem, welcher nach den Gesetzen
auf die Tochter Heinrich's, Isabela, und deren Verlobten,
272 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
Enrique, einen andern Neffen des Königs, überzugehen hatte.
Feduardo war, da die Partei Carlos' momentan im Ueberge-
wicht schien, verstellter Weise auf den Plan eingegangen, hatte
dem König aber nur einen Schlaftrunk gereicht und ihn in aller
Eile in der Familiengruft beisetzen lassen. Dort sucht er ihn
zu Beginn des Dramas auf, befreit ihn aus dem Sarkophag und
veranlasst ihn, sich einstweilen in seinem Hause verborgen zu
halten. Unterdessen geräth das Reich, wie zu erwarten, in
grossen Aufruhr; die einen halten zu Carlos, die andern zu En-
rique und Isabela. Die beiden Nebenbuhler schreiten zu Thät-
lichkeiten, weshalb Isabela, obgleich sie Enrique liebt, es
für rathsam hält, ihre endgültige Erklärung hinauszuschieben.
Carlos versucht in der Zwischenzeit, ihre Liebe zu erringen,
während seine Schwester Aurora sich um die Liebe Enrique's
bemüht. Als der König endlich nach langem, wahrhaft feigem
Zaudern aus seiner Verborgenheit heraustritt, wendet sich
Alles gegen Carlos, der sein Verbrechen in einem Kerker
büsst. Enrique erhält Isabela's Hand, während Aurora mit
einem Sohne Feduardo's verlobt wird. — Was dem Stücke
die erwähnte Beliebtheit verschafft haben mag, ist wohl der
Umstand, dass • die verschiedenen unerwarteten Erscheinungen
des todt geglaubten Königs ihre Wirkung ebensowenig auf die
Zuschauer, als auf die handelnden Personen verfehlten. Dieses
stoffliche Interesse erschöpft aber auch die Anziehungskraft
des Stückes, denn . die Diction desselben ist ungelenk und
rhetorisch, die Versification dilettantenhaft.
Paz (Maestro Tomas Manuel de), Schreiblehrer zu Madrid,
verfasste zwei Dramen. „La mitba y pluma en la cruz, San
Casiano" ist ein unbedeutendes Heiligenstück, während „Al
NOBLE SU sANGBE AVISA ", trotz der abenteuerlichen und etwas
verwirrten Handlung, immerhin dramatische Intention zeigt.
Pedreira (Manuel), ein Portugiese, wird als Verfasser
mehrerer castilianischen Comödien genannt.
Perez de Borja (Francisco), ein wahrscheinlich aus
Salamanca gebürtiger Schriftsteller, schrieb vier Dramen.
Von Polo (Francisco) findet sich im 23. Bande der „Es-
cogidas^' ein Drama über den Cid: „El honbadob de sus
HijAs", welches eines der schlechtesten in dieser Sammlung
abgedruckten Stücke ist.
Quirös (Francisco Bernardo de), lebenslänglicher Palast-
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 275
auf Seher, ist hauptsächlich durch seine Entremeses und
die von der Inquisition verbotene, allerdings stark ge-
pfefferte Burleske „El seemano de sxt hebmana" (El cerco
de Zamora) bekannt. Seine Heiligencomödie „La Luna de
LA SaGBA, VIDA Y MUEBTE de LA SaNTA JuANA de LA CeUZ"
ist in ihrer Art keine der schlechtesten.
Rebolledo (Graf Bemardino de) schrieb eine Tragi-
comödie: „Amob despeeciando biesgos".
Ribera (Maestro Fray Diego de) ist Verfasser des im
31. Bande der „Escogidas^^ abgedruckten elenden Dramas
„La tbaicion en pbopla. sangbe".
ßoa (Maestro Gabriel de), Mitglied der Akademie zu
Madrid, schrieb mehrere Dramen. „El esclavo del mas
iMPBOPio DUENO " ist eine langweilige Variante des so oft und
viel besser behandelten Themas der Seelenverschreibung an
den Dämon. „Pbemtar al libebal" ist ein abenteuerliches
Stück, welches im Stoffe grosse Aehnlichkeit mit vielen Fabeln
Lope de Vega's, Guillem de Castro's und anderer Dichter der
ersten Periode zeigt, aber deren wunderbar poetische Sprache
gänzlich vermissen lässt.
Rosas oder Rozas (Cristobal de) hat mehrere Dramen
geschrieben. „Lo que mienten los indicios" ist eine Scha-
blonenarbeit, welche mitunter auch Francisco de Rojas bei-
gelegt worden ist.
Salado Garens (Francisco) ist Verfasser eines Schau-
spiels „A LO QUE OBLIGA EL DESDEN".
Von Salazar y Luna (Bartolomö de) findet sich im
22. Bande der „Escogidas'^ eine Comödie „Los dos Monae-
CAS DE Eubopa", welche hauptsächlich die Geschichte der
natürlichen Tochter Karls V. , Margarethe, behandelt. Sie hat
sehr wenig Verdienst.
Salgado (Francisco) ist Autor mehrerer Dramen. „Amab
y NO ageadeceb" ist ein schlechtes Stück mit abgedroschenen
Situationen. „Nuestba Senoba de la Luz'* ist im ganzen
besser, obgleich nicht organisch gefügt.
Sedeiio (Jimenez) hat ein Drama „La Auboba del Sgl
DiviNo" geschrieben, welches die Geschichte der Jungfrau
Maria in würdiger, wenn auch nicht sehr poetischer Weise
behandelt.
Von Sicardo (Felipe) sind mehrere Comödien auf uns
SCHJBVFEB. II. 13
274 Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode.
gekommen. „La cbuz hallada y tsiukfante" führt uns
die Bekehrung des Kaisers Constantin und dessen Sieg über
Maxentius nach Auffindung des heiligen Kreuzes vor. Die Be-
handlung des Stoffes ist eine angemessene, wenn auch nicht
hervorragende. „Lo mas es sabeb yencebse" ist eines der
unendlich langweiligen novellesken Dramen in Calderon^s
Manier, in welchen cyprische und thessalische Fürstlichkeiten
ihre gespreizte Courtoisie und Tapferkeit zur Schau tragen.
Suarez de Deza y Avila (Vicente) hat ein Buch „Do-
naires de Tersicore"^ herausgegeben, welches eine grosse An-
zahl Entremeses und zwei Burlesken enthält In einer der
letztem: „Amob, ikgenio y mujeb", findet sich eine Auf-
zahlung vieler Comödientitel der Periode, welche — da das
Buch 1663 gedruckt ist — als Anhaltspunkt für die vorherige
Abfassung der betreffenden Stücke dienen kann.
Von Tapia y Ballesteros (Juan de) besitzen wir eine
höchst unbeholfene Comödie „Fuebza de amob y yengakza'^.
Torre Farfan (Fernando de la), geboren 1608, gestorben
1672, wird als Verfasser mehrerer Dramen genannt
Torre y Sevil (Francisco de la), geboren zu Tortosa,
etwa 1620, war ein angesehener Edelmann und Calatrava-
Bitter. Seine am häufigsten gedruckte Comödie ist „La con-
FESION coN EL DEMONio". Dieselbe behandelt den gleichen
Stoff wie Zärate's „Las misas de San Vicente Febbeb'^
jedoch in roherer Weise.
ülloa Pereyra (Luis de) ist Verfasser mehrerer Co-
mödien, unter anderm der in dem 43. Bande der „Escogidas"
abgedruckten: „Pobcia y Tancbedo."
Ulloa y Sandoval (Gonzalo de). Dessen Drama „El
AMANTE MAS CBUEL Y LA AMISTAD YA DIPUNTA" ZOigt UUS die
Verführung eines jungen Edelmanns durch den Dämon zu
allen möglichen Schandthaten, schliesslich aber dessen Be-
kehrung durch die Erscheinung eines verstorbenen Freundes,
Der Stoff ist in der Hauptsache ein offc gebrauchter, die Aus-
führung dilettantenhaft.
Vald^s Villaviciosa (Melchor de) ist Autor eines im
31. Bande der „Escogidas^^ veröffentlichten, recht unsinnigen
Dramas „Los pbodigios de amob^^ Die mit Cultismo stark
versetzte Sprache gebraucht der Dichter indessen mit Ge-
wandtheit.
Untergeordnetere Dramatiker dieser Periode. 275
Vargas (Doctor Manuel Antonio de) hat in „Las nineces
T PBiMEB TEiuNro DE David " die Besiegung Goliath's durch
David in durchaus e^ler Manier und Sprache behandelt.
Vega Beitran (der Baccalaureus Juan de) ist Verfasser
einer Comödie: „No hat culpa donde hay amoä."
Vera y Mendoza (Fernando Luis de). Dessen einzig
bekanntes Schauspiel „No hay gusto como la honea" ist
ein gewöhnliches Machwerk mit schiefer Moral.
Vera Tassis y Villaroel (Juan de), der bekannte
Herausgeber der Dramen Calderon's, hatte wenig Glück mit
seinen eigenen Productionen auf dramatischem Gebiete. So
ist „La cobona en tees heemanos" eine ungelenke Nach-
ahmung von Lope de Vega's« „La Campana de Aeagon".
Ebenso zeigt „El pateon de Salamanca, San Juan de Sa-
hagun" trotz des dankbaren Stoffes (eine Familienfehde,
welche der Heilige zu schlichten bemüht ist, während ihm der
Dämon entgegenarbeitet) die gleich imgeschickte Hand in
Führung der Handlung und Diction.
Viceno (Francisco). Dessen Drama „Roberto el Diablo"
ist gleich dem Drama eines Ungenannten im 11. Bande der
„Escogidas": „El loco en la penitencia", eine nicht un-
geschickte Bearbeitung der Legende von Robert dem Teufel.
Vidal y Salvador (Manuel) wird als Verfasser einer
ganzen Anzahl Comödien genannt, welche indessen grössten-
theils nicht in den Druck gelangt zu sein scheinen.
Villamediana (Don Juan de Tassis y Peralta, Graf
von), der unglückliche, übermüthige Magnat, welchem entweder
seine rücksichtslose Spottsucht oder die Eifersucht seines
Monarchen (Philipp IV.) ein jähes tragisches Ende bereitete,
schrieb das Festspiel „La gloela. de Niquea". In diesem
wenig bedeutenden Werke spielte und tanzte Königin Elisa-
beth die kurze Rolle der „Göttin der Schönheit". Ob der
Graf sich wirklich einer ernsten Leidenschaft zu der genann-
ten Fürstin hingegeben hat* ist heute noch Gegenstand des
Streits unter einigen Gelehrten. Eine vorurtheilsfreie Prüfung
der Gedichte des unglücklichen Edelmanns scheint die Ver-
neinung dieser Frage zu ergeben. Das ewige, tändelnde Wieder-
kehren der gleichen Idee allzu erhabener Liebe macht ent-
schieden den Eindruck einer poetischen Spielerei, wie bei den
Troubadours. Der anmaassende, eingebildete Graf, Fein-»
18*
276 Anonyme Gomödien dieser Periode.
schmecker der Liebe, erdachte sich als besonders pikantes
Gericht die Liebe zu einer Königin. Seine Eitelkeit fand
einen besondem Reiz darin, von den feigen Hofschranzen als
kühner Ikarus bewundert zu werden. Er hätte besser gethan^
auch an das Ende dieses Vorbildes zu denken.
Yillaviciosa (Sebastian de), Bitter des Johanniterordens,
schrieb einige Gomödien selbständig, eine weit grössere Zahl
jedoc]^ in Gemeinschaft mit andern Dichtem. Die beste der
letztem Gattung ist die mit Avellaneda verfasste: „Cuantab
VEO, TANTAS QuiEBo". Vou soineu selbständigen Arbeiten
muss „La soetija de Floeencia" — auf einen ähnlichen
Vorfall gegründet, wie ihn Calderon's „Gustos y disgustos
HO soN MAB QUE iMAG-iNACiON " schildort — zum Mittelgut
der Periode gezählt werden. „Ahob puesto en razon" ist
ein lebhaftes Intriguenstück , dessen Verwickelungen indessen
sehr an den Haaren herbeigezogen sind.
Vitoria (Francisco de), aus Toro gebürtig, ist Verfasser
der im 4 Bande der „Escogidas^' abgedruckten Comödie
„Obliöab con Eli AGBAvio". Deren Intrigue ist ebenso sinn-
reich und originell als verwickelt, aber die Führung derselben
lässt viel zu wünschen übrig.
Anonyme Comödien dieser Periode.
Viele Dramen dieser Periode . sind aus verschiedenen
Gründen anonym erschienen. Die meisten derselben tragen
die Bezeichnung: „de un Ingenio de esta Corte", aber auch:
„de un Ingenio sevülano", „ complutense " u. s. w. je nach
dem Wohnort des Dichters. Die erstgenannte Klasse ist sogar
hier und da unsinnigerweise über Bausch und Bogen dem König
Philipp IV. zugeschrieben worden, eine Unmöglichkeit, welche
sich selbst richtet. Aber auch die Vermuthung, diese Schau-
spiele rührten jedenfalls von mit dem Hofe zusammenhängen-
den Autoren her, ist unbegründet; „esta Corte" ist einfach
Madrid und „un Ingenio de esta Corte" ein in Madrid an-
sässiger Dichter. Wirklich bemerkenswerthe Dramen finden
sich — mit Ausnahme derjenigen, welche wir bei Gelegenheit
ihrer muthmaasslichen Autoren besprochen haben, wie „£i«
Anonyme Comödien dieser Periode. 277
DIABLO pbbdicadob", „El Conde DE Sex" u. s. w. — kaum
unter diesem Schwall anonymer Productionen; sie gehören
meistentheils zur Schablonenwaare. Eine ganze Eeihe der-
selben ist indessen fälschlicherweise von gewissenlosen
Druckern theils Calderon, theils andern bekannten Dichtem
zugeschrieben worden, um unter diesen Aushängeschildern
einen flotten Verkauf zu erzielen. Von diesen hat Vera Tassis
die dem Calderon angedichteten fast sämmtlich ausdrücklich
zurückgewiesen, und für die Richtigkeit dieser Zurückweisung
sprechen auch innere Gründe. Hierunter befinden sich zum
Beispiel „El escandalo de Gbecia contba las Santas
imagenes", „Seneca y Nebon", „El bigob de las des-
DiCHAs", „La codicla. bompe EL SACo", „El mebcadeb de
Toledo" und andere, sowie eines der besten dieser Klasse:
„Los EMPENOS DE UN PLUMAJE."
Dem Pedro Rosete Nino ist hier und da die verdienstvolle,
anonym gedruckte Comödie:
„El tbiunfo del Ave Mabia" zugeschrieben worden.
Ist sie von diesem Dichter, so muss sie als eine seiner besten
gelten. Sie schildert in lebhaften Farben die Heldenthaten
der spanischen Ritter bei der Eroberung von Granada, ent-
behrt jedoch — wie Lope de Vega's ähnliches Stück „El
CEBCO DE Santa Fe" — eines einheitlichen Helden.
Andere anonyme Comödien sind Nachbildungen, aber
nicht Verbesserungen früherer Werke, wie „Los montebos de
Espinosa" (jedenfalls nach Lope de Vega's gleichnamigem
Drama), „A seb Rey ensena im Angel" (nach Rodrigo de
Hen'era's „Del Cielo viene el buen Rey"), „La vibtud
CONSISTE EN MEDIO " (uach TirSO's „TaNTO es lg de MAS
COMG LG DE MENGs") u. s. w. Es würdo ZU woit führen, mit
der Aufzählung dieser für die Allgemeinheit unwichtigen Pro-
ductionen weiter ins einzelne zu gehen, aber es muss schliesslich
noch ein Drama besprochen werden, welches durch geniale
Gedanken weit über die andern hervorragt. Es handelt
sich um:
„El falso Nuncig de Pgbtugal." — Don Pedro de
Sayavedra, Sohn eines unbemittelten Militärs, fühlt den un-
bezwinglichen Drang, eine grosse Rolle in der Welt zu
spielen. Um sich die Mittel für ein glänzendes Auftreten zu
verschafien, nimmt er seine Zuflucht zu dem ebenso unerlaub-
278 Anonyme Comödien dieser Periode.
ten, als in seinen Händen wirkungsvollen Mittel der XJi"-
kundenfalschung. Auf diese Weise verschafft er sich grosse
Sununen Geldes und ein Santiago-Ordenskleid. Da er jedoch
furchtet, seine Betrügereien könnten in seinem Vaterlande
Spanien an den Tag kommen, so verlässt er dasselbe und begibt
sich in Begleitung einiger Helfershelfer nach Portugal. Auf
dem Wege hört er von einem Geistlichen, dass Papst Paul HI*
im Begriffe stehe, einen Nuntius behufs Einführung der In*
quisition nach Portugal zu entsenden. Sein Plan, sich als
diesen Nuntius aufzuspielen, ist schnell gefasst, und das Schick-
sal begünstigt ihn, indem es ihm einen Brief des genannten
Papstes in die Hände spielt, welchen der Secretär des Königs
von Portugal verloren hat. Im Besitz dieser Waffe, stellt
er sich bei einer Jagd dem König und dessen Edelleuten
unter verschiedenen fingirten Adelstiteln vor, indem er
nicht undeutlich durchblicken lässt, die edle Hülle decke eine
noch höhere Würde. Sein hoheitsvolles Auftreten sichert ihm
den Erfolg, und nach kurzer Zeit zieht er als Cardinallegat
in Lissabon ein. Die Aufgabe, welche er sich gesetzt hat,
die Inquisition in Portugal einzuführen, ist eine höchst schwie-
rige, aber sein durchdringender Verstand, seine eiserne Energie
und angeborene Würde helfen ihm über alle Hindemisse hin-
weg. Obgleich der König, der Erzbischof von Evora, der
Adel und das Volk sich gegen seine Absicht erklären, be-
zwingt er den Widerstand des ersteren durch Androhung
schwerer Kirchenstrafen, denjenigen des Erzbischofs durch Er-
nennung zum Generalinquisitor, viele Adelige durch Verleihung
von andern Aemtem in dem neuen Institut, das Volk durch
grossartige Wohlthätigkeit. Aber nicht allein auf kirchlichem
Gebiete macht er seinen allbezwingenden Einfluss geltend, er
greift auch bestimmend in die Familienverhältnisse des Königs-
paares ein. Der König vernachlässigt seine edle Gemahlin
Catharina, um einer Hofdame, Dona Beatriz de Atayde nach-
zustellen. Letztere, welche den Herzog von Braganza liebt,
verbündet sich mit der Königin und dem Erzbischof von
Evora, um ihre Vermählung mit dem Herzog durchzusetzen.
Die nachgesuchte Hülfe des fingirten Nuntius wird ihr eben-
falls zugesichert, und auf dessen Rath lässt sie bei einem
Tanzfeste einen Handschuh fallen, welchen der Herzog auf-
hebt, obwohl der König gleichfalls danach greift. Auf die
Anonyme Comödien dieser Periode. 279
entrüstete Frage des Monarchen nach dem Grunde dieses
Vorwitzes, erwidert der Herzog, als Bräutigam Beatricens
nehme .er dieses Recht für sich in Anspruch. Der König
schnaubt vor Wuth, muss aber, als sich der vermeintliche
Legat ins Mittel legt, dessen rücksichtsloser Festigkeit weichen.
Dies ist indessen der Höhepunkt der Grösse Sayavedra's. Ein
Brief Papst Paul's IH. ist eingetroffen, mit welchem er dem
Könige den Betrug aufdeckt und um Verhaftung des falschen
Legaten ersucht. Der König ersieht seine Gelegenheit, sich '
an dem Manne zu rächen, der nicht allein sein Vertrauen
misbraucht hat, sondern auch seiner Leidenschaft in den Weg
getreten ist, und gibt Befehl, ihn hinzurichten. In diesem
Augenblicke trifft jedoch ein weiteres Schreiben des Papstes
ein. Dasselbe besagt, er habe die Sache Sayavedra's genau
geprüft und gefunden, dass der falsche Legat statt Bestrafung
Belohnung verdiene; er sei das Werkzeug Gottes ge-
wesen, die heilige Inquisition in Portugal einzu-
führen; nicht allein das Institut selbst, sondern auch die
Personen, welchen Sayavedra Würden in demselben verliehen,
sollten belassen werden; Sayavedra selbst solle sich nach
Rom begeben, um dort die ihm gebührende Belohnung zu .
empfangen. Hiermit schliesst das Stück.
Die wahren Thatsachen, welche unserm Drama zu Grunde
liegen, hat Llorente in seiner maassgebenden „Histoire de
V Inquisition''^ Paris 1818, Band II, Kap. XVI, in übersicht-
licher Weise zusammengestellt. Da er es der Mühe werth
hält, die Darstellung des Sachverhalts in unserm Schauspiele
ausdrücklich als eine falsche zu bezeichnen, so muss dasselbe
wohl ein sehr bekanntes und beliebtes gewesen sein. Der
Hauptunterschied zwischen der thatsächlichen und der poeti-
schen Gerechtigkeit besteht darin, dass Sayavedra in Wirk-
lichkeit eine neunzehnjährige Galeerenstrafe zu ver-
büssen hatte. Dass aber die Katastrophe unsers Schau-
spiels den bei weitem richtigeren Abschluss der das Stück
durchziehenden poetischen Intention bildet, ist unbestreitbar.
Diese Intention ist die jesuitische, welche in des Papstes
Brief am Schlüsse deutlich ausgesprochen wird: Sayavedra,
obgleich ein Betrüger, war das Werkzeug Gottes zu einem
hohen Zwecke, mit andern Worten: „Der Zweck heiligt
die Mittel." Stellt man sich auf den Standpunkt des Spaniers
280 Anonyme Comödien dieser Periode.
im siebzehnten Jahrhundert, welcher die Inquisition im all-
gemeinen als eine wohlthätige Institution betrachtete (denn
deren Fortbestehen wäre, einem so kriegerischen Volke gegen-
über, sonst unmöglich gewesen, wie das Beispiel der viel
weichlicheren Neapolitaner beweist), so wird man gegen die
Logik obigen Schlusses wenig einwenden können, wenn man
die moralische Seite der Sache ausser Acht lässt. — Dieser
echt dramatische Plan festgestellt, erregt auch die Ausführung
• desselben unsere Bewunderung in hohem Grade, weniger durch
äussere, sprachliche Behandlung, als durch die starr conse-
quente Verfolgung des Grundgedankens. Weit über alle Per-
sonen des Stücks ragt Sayavedra. Dieser Mann war von der
Natur zur Bekleidung der höchsten menschlichen Würden an-
gelegt; was ihm fehlte, war nur hohe Geburt und ein grosses
Vermögen. Wer will es ihm verargen, dass er — theils persön-
lichen Ehrgeizes, theils eines ihm als religiöse Heldenthat vor-
schwebenden Zieles halber — diese Mängel durch Verstellung
und Fälschung zu ersetzen suchte? Sind nicht diese Vergehen
nur Sünden gegen die menschlichen Gesetze, während das
durch dieselben erreichte Ziel — die Einsetzung der Inqui-
sition in Portugal — in seinen Augen ein Verdienst vor
Gott war? Hat er diesen hohen Zweck nicht gegen den
Willen eines Königs und eines Königreichs durch feurige
Beredsamkeit, eiserne Festigkeit und hoheitsvolles Benehmen
durchgesetzt? Und was bedeuten hiergegen die angewendeten
Mittel? Dies ist des Dichters Logik, und man wird zugeben,
dass dieselbe — von seinem Standpunkte aus — nicht allein
consequent, sondern auch culturgeschichtlich und psychologisch
interessant ist. — Hier wollen wir abbrechen, um die Geduld
des Lesers, welchem wir die eigene Prüfung des verdienst-
vollen Dramas dringend anempfehlen, nicht zu sehr auf die
Probe zu setzen. Nur eine Belegstelle möge hier noch Platz
finden, um das oben Gesagte zu erhärten. Sayavedra sagt
zu Anfang des zweiten Acts, dass er alles nach Evora gebracht
habe, was zur Installation der Inquisition gehöre, und fährt fort :
Denn wenn der Zweck so sehr vortrefflich ist,
So wird — sind auch die Mittel schlecht — mein Fehler
Entschuldigt sein: Gott wird ihn auf sich nehmen!
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter. 281
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter.
Gleich den anonymen Comödien, ist auch die Fabrikations-
arbeit mehrerer Dichter, wenn auch in der ersten Periode
schon sporadisch erscheinend, so doch im wesentlichen ein
Ausfluss der Calderon-Epoche. Den grössten Raum unter diesen
Arbeiten nehmen diejenigen dreier Dichter ein, in welchen
jeder Mitarbeiter einen Act verfertigte. Aber auch eine ganze
Reihe Dramen zweier Dichter ist uns erhalten, von welchen
wir diejenigen der Brüder Figueroa, sowie des Leon Mär-
chante und Diego Calleja bereits an geeigneter Stelle be-
sprochen haben. Von den interessanteren Stücken dieser Art
erwähnen wir femer: „A lo que obliga un ageavio" (Nach-
bildung des Lope'schen „Las hermanas bandoleeas ") , „El
EEDENTOE CAUTIVO", „El LETEADO DEL ClELO", Sämmtlich
von Mato's und Villaviciosa; „El peincipe peodigioso" (Nach-
bildung des Luis Velez'schen „ El capitan peodigioso "), „El
SBGÜNDO MOISES, San FeOILAN", „El ME JOE PaE DB LOS
doce" (eine interessante Nachbildung des Lope'schen „Las
POBEEZAS DE Reinaldos"), alle von Moreto und Matos; „El
H AMETE de Toledo" (Nachbildung des Lope'schen gleichnamigen
Stücks), „Fiae de Dies", beide von Martinez und Belmonte;
:„La FUEEZA DEL NATUEAL" UUd „NUESTEA SenOEA DEL
Aueoea" von Moreto und Cancer; „La Dama Coeeegidoe"
von Zabaleta und Villaviciosa und schliesslich ein verdienst-
liches Drama zweier sonst fast unbekannter Dichter, Marco
Antonio Orti und Jacinto Alonso Maluenda: „La VfEGEN de
LOS Dbsampaeados de Valencia." Es fällt auf den ersten
Blick auf, dass in dieser Aufzählung Moreto und Matos eine
Hauptrolle spielen, weshalb hier gleich erwähnt werden mag,
dass diese Dichter, im Verein mit Gerönimo Cancer auch in
der dreitheiligen Fabrikarbeit eine hervorragende Stelle ein-
nehmen.
Von den gemeinschaftlichen Dramen dreier Dichter fällt
uns zuerst eines der früheren in die Augen, welches von hohem
culturgeschichtlichen Interesse ist und das Verbot der Inqui-
sition auf sich gezogen hat; wir sprechen von „El pleito
QUE TUVO EL DiABLO CON EL CUEA DE MaDEILEJOS" VOU
Luis Velez, Francisco de Rojas und Mira de Amescua. —
Catalina, la Rojela, die Tochter geachteter Aeltem, leidet an
282 Gremeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter.
einer unerklärlichen Melancholie, vermischt mit Wuthaus-
brüchen. Sie klagt ihrer Schwester Maria:
Ich weiss nicht, Schwester, was den Busen mir
Durchwühlt, was mir das Herz in Stücke reisst!
Di^ Sonne scheint mir nicht so klar wie sonst.
Ich weiss nicht, welche Wolken sie verhüllen.
Ich weiss nicht, welche Nebel sie beflecken
Der Himmel feuchtet nicht, wie sonst, gleich Saphir,
Sein Blau entstellen dunkle, trübe Schatten,
Verdüsternd den krystallenen Türkis.
Das weite Feld des Windes wird erfüllt
Von Dünsten und Kometen, welche Asche
Und Blut herunterregnen .... Jene Berge
Erheben sich, wie es mir scheint, um gegen
Den Himmel Krieg zu führen und alsdann
Auf mich herabzustürzen .... Stelle Dich
Vor mich, Maria! ....
Sie will in die Kirche gehen — eine unerklärliche Angst hält
sie zurück; sie will allein beten — das gleiche Gefühl. Die
Dorfbewohner raunen sich zu, sie sei eine Hexe, und werden
in diesem Glauben bestärkt, als sie ihrer Verhaftung mittels
Davonschweben durch die Lüfte entgeht. In einer Einsamkeit
findet sie der Pfarrer von Madrilejos auf einem Felsen sitzen.
Das unglückliche Mädchen schwankt zwischen ihrer Sehnsucht
nach religiöser Tröstung und einem unwiderstehlichen inneren
Abscheu gegen das Christenthum ; in dem Augenblicke, in
welchem sie der Pfarrer trifft, hat ersteres Gefühl die Ober-
hand, und sie bittet ihn flehentlich, ihre Beichte zu hören.
Kaum beginnt der Geistliche, sie zu ermahnen, als sie eine
namenlose Angst und schliesslich eine todesähnliche Ohnmacht
befällt. Sie wird als Verstorbene im Kirchengewölbe bei-
gesetzt, jedoch von ihrem ländlichen Verehrer Lorenzo wieder
ans Tageslicht gebracht. Der Pfarrer ist sich unterdessen
über ihre Krankheit klar geworden, erklärt sie für Besessen-
heit und beschliesst, den Dämon vor sein Tribunal zu fordern.
Dies thut er in aller Form Rechtens. Als Catalina vor dem
Gericht erscheint, versucht der Dämon, die Competenz des
Geistlichen zu bestreiten, aber dieser verweist ihn auf die
Worte des Markus mit Bezug auf die Priester: „In nomine
meo demonia eiicient." Der Schreiber liest die Anklage-
schrift vor, worauf der Pfarrer den Dämon verurtheilt, den
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter. 283
Körper der Unglücklichen zu verlassen. Dieser weigert sich
mit der Motivirung, er besitze ein unbestreitbares Recht auf
seinen Aufenthaltsort. Aufgefordert und durch Vorhalten des
Crucifixes gezwungen, diesen Anspruch zu beweisen, erklärt
er, Catalina sei bei der Nothtaufe durch eine nachlässige
Hebamme nur im Namen des Vaters und des Sohnes, nicht
aber des Heiligen Geistes getauft worden. Nun ist das Mittel
gefunden, die Besessene zu erlösen: sie wird neu getauft, vom
Dämon verlassen und entscheidet sich, fortan als Nonne ihr
Leben ausschliesslich dem Himmel zu widmen. — Das Stück,
wahrscheinlich auf einen thatsächlichen Vorfall gegründet
(Gallardo führt Bd. I, Col. 916 seines „Ensayo de una hihi,
esp.'^ eine vielleicht hierauf bezügliche Flugschrift an: ^^Rela-
cion de un caso raro, en que fueron expelidos de una mujer
casada muchos demonios, en Ja villa de Madrilejos, d los
14 dias de Octuhre deste am pasadö de 1607 por el padre
Luis de la Torre, de la Compania de Jesus'') ^ beweist zur
Evidenz, wie fest gewurzelt damals der Glaube an Hexen und
Dämonen war. Diese Thatsache angenommen, wird man zu-
geben, dass die dramatische Schilderung des Zustandes eines
besessenen Mädchens ein ebenso kühner als psychologisch
interessanter Wurf war, der auch in zufriedenstellender Weise
gelöst ist.
Weniger originell, auch in der Ausführung weniger ver-
dienstlich, ist „El pleito del Demonio con la Viegen"
von drei ungenannten Autoren. Dieses Schauspiel behandelt
den in der altspanischen Dramatik oft gebrauchten Stoff der
Versuchung des Helden durch den Dämon in Menschengestalt.
Nur die Katastrophe ist eine wenig gebrauchte und kühne
(sie ist in der alten „Faesa de Santa Babbaea" von Diego
Sanchez de Badajoz einigermaassen vorgebildet), indem sie
uns den Dämon als Ankläger, die heilige Jungfrau als Ver-
theidigerin der Armensünderseele vor dem Tribunal Christi
vorführt.
Die Dramen, in welchen Calderon je einen Act verfasst
hat, sind folgende. „El mejoe amigo el mueeto" ist eine
Variation des von Lope de Vega in den beiden Stücken voü
„Don Juan de Castro" benutzten Sagenstofifs. Der Umstand, dass
ein Schauspiel dieses Titels schon 1610 aufgeführt worden ist,
hat zu dem Irrthum Veranlassung gegeben, Calderon habe
284 Cremeinscliaftliche Arbeiten mehrerer Dichter.
schon im Alter von zehn Jahren dessen dritten Act verfasst.
Dem ist nicht so. Es sind yiehnehr zwei Dramen dieses
Titels vorhanden, von den^i das ältere, wahrscheinlich von
einer Hand (derjenigen Belmonte's) geschrieben, das 1610
aufgeführte ist, während das jüngere, dessen dritter Act aller-
dings Cald^on zum Verfasser hat, in Anbetracht der Mitar-
beiterschaft des 1607 geborenen Bojas schwerlich vor etwa
1625 gesetzt werden darf. Das jüngere .Drama, in dessen
Schlussversen ausdrücklich die Autorschaft dreier Dichter er-
wähnt wird, während das ältere keine derartige Erklärung
enthält, ist offenbar eine Ueberarbeitung des letzteren. Her-
vorzuheben ist, dass die zwei ersten Acte der Ueberarbeitung
ziemlich genau den Worten des Originals folgen, während
der dritte (Calderon'sche) ebenfalls die Scenenfolge des
Originals genau beobachtet, aber wahrhaft ängstlich dessen
Worte vermeidet. In „Los cABEiiLos de ABSAiiON"
hat Galderon nicht die gleiche Aengstlichkeit an den Tag
gelegt!
„Eli PBiviLEGio DE LAS MUJBBBs" vou Caldoron, Ment-
al van und Co eil ist eine Vorarbeit zu des Erstem: „Las
AEMAS DE LA HEEM08UBA'\ wio „POLIFEMO Y CeBCE" VOn
Mira deAmescua, Montalvan und Calderon eine solche
zu „El mayo» encanto amob". -j In „Enfebmab con el
BEMEDio" von Calderon, Luis Velez und Cancer wird ein
psychologisches Problem gestreift, aber nicht gebührend durch-
geführt. — „El pastob eido" von Solls, Coello und Cal-
deron, ein läppisches Schäferspiel, verdankt seine Existenz
des Italieners Guarini gleichnamigem Stück. — „La Mabga-
BiTA pbeciosa" VOU Zabalota, Cancer imd Calderon ist
ein Heiligendrama von Interesse, in welchem sich jedoch
Calderon's Act mehr durch haarspaltende und sophistische
Dialektik, als durch poetische Kraft auszeichnet. Es ist ein
Stück gleichen Titels von Don Guillem de Castro vorhanden, wel-
chem dieses möglicherweise nachgebildet ist. — „La finglda
Abcadia" von Moreto, einem Anonymus und Calderon
ist eine dem Geschmacke der zweiten Periode angepasste Be-
arbeitung des gleichnamigen Stücks von Tirso. — „La mbjob
LuNA aebicana" von zwei Ungenannten und Calderon
ist eine nicht verdienstlose Behandlung des interessanten
Stoffes der Anklage der Königin von Granada, Gemahlin Boab-
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter. 285
diPs, durch die Gomeles und ihrer Vertheidigung im Gottes-
gericht durch spanische Kitter.
Das beste dieser Dramen ist indessen „El mönstruo de
LA FORTUNA, LA LAVANDERA DE NaPOLES, FeLIPA CaTANEA*^
von Calderon, Montalvan und Kojas. Es ist durchaus
verschieden von Lope de Vega's „La reina Juana de Na-
POLES," welches unter dem gleichen Titel „El mönstruo de
LA FORTUNA " uud fälschUchor Weise drei Dichtem zugeschrie-
ben, im 7. Bande der „Escogidas'^ abgedruckt ist. — Felipa
ist eine wirklich tragische Heldin. Ihres Gewerbes Wäscherin,
fliegen ihre Gedanken weit über ihren Stand hinaus. Bei der
Einnahme von Neapel durch den üngamkönig Andreas, ist
sie die erste und letzte, welche den Palast vertheidigt, und
erlangt hierdurch in solchem Grade die Gunst der Königin
Johanna, dass sie deren erste Favoritin wird. Als solche er-
drosselt sie im Auftrag ihrer Gebieterin deren gehassten
Gemahl. Das Volk klagt sie laut dieses Verbrechens an,
und des Ermordeten Bruder Ludwig erscheint mit einem
Heere vor Neapel. Jetzt begeht Felipa den verhängnissvollen
Fehler, dem Rächer schriftlich anzuvertrauen, sie habe aller-
dings den Mord ausgeführt, aber nur auf Befehl ihrer Ge-
bieterin. Diese zwecklose Enthüllung führt sie zum Unter-
gang. Die männliche Johanna, welche bisher Felipa unter
allen Umständen zu unterstützen entschlossen war, hört durch
Ludwig von deren feiger Unbedachtsamkeit. Sie hält sie nun-
mehr der Schonung für unwürdig und übergibt sie der Rache ihrer
Gegner, worauf Felipa durch einen heldenmüthigen Tod ihre
einzige Schwäche sühnt. — Die Figuren Johanna's und Felipa's
sind vortrefflich gezeichnet, und wenn auch die übrige Aus-
führung öfters zu wünschen übrig lässt, so durchweht doch
das Ganze der Hauch der echten Tragödie.
Den Stoff entnahmen die Dichter in freier W^eise dem
1625 zu Madrid erschienenen Werkchen „Historia de la pros-
peridad infeliz de Felipa Catanea, la lavandera de Näpoles'^
von P. Märtir Rizo. Dasselbe ist die Uebertragüng einer
Arbeit des Franzosen Pierre Mathieu, welche ihrerseits in
umschreibender Weise den betreffenden Artikel im IX. Buche
des Boccaccio'schen „De casibus virorum ülustrium etcJ'
folgt. Einige Umstände scheinen die Dichter auch dem Drama
„El mönstruo de la eortuna, la Reina Juana de Na-
286 Gemeinscliaftliche Arbeiten mehrerer Dichter.
POLES" von Lope de Vega entlehnt zu haben, aber gerade
die Hauptheldin, die Wäscherin, die Lope überhaupt nicht
auf die Bühne bringt, verdanken sie ihrer Prosaquelle. —
Beiläufig bemerkt, scheint Lope's gänzlich verschiedene Kata-
strophe Pandolfo CoUenuccio's Geschichte des Königreichs
Neapel entnommen, welche in ca&tilianischer Uebersetzung
1563 zu Valencia und 1584 zu Sevilla erschien.
Um nun ein Urtheil über die Gesammtheit dieser Dramen
auszusprechen, in welchen Calderon seine Hand gehabt hat,
so wird der Leser schon aus dem Gesagten gefolgert haben,
dass dieselben — ausser dem letztbesprochenen — nur als
jnittelmässige Productionen bezeichnet werden können und
sogar theilweise in die Klasse der Nachbildungen gehören.
Dabei ist zu bemerken, dass sich diejenigen Acte, welche ge-
wöhnlich Calderon zugeschrieben werden (denn auf die
Reihenfolge der Autoren kann man sich bei den alten spani-
schen Drucken nicht verlassen), keineswegs als die besten der
betreffenden Dramen gelten können. Wahrscheinlich gehören
dieselben überhaupt zu den früheren Arbeiten des grossen
Dichters, wie denn auch nach Hartzenbusch's Chronologie z. B.
„El privilegio de las mujeres" schon 1623, „El mönstbuo
DE LA fortijna" 1633, „PoLiFEMO Y Ciece" 1634 geschrie-
ben sind.
Ein bedeutendes Contingent zu den Dramen dreier Autoren
hat das Trifolium Moreto, Matos und Cancer gestellt, theils
in genanntem Verein, theils in Verbindung mit andern Dichtem.
Wir nennen hiervon:
Von Moreto, Matos und Cancer:
„El bruto de Babilonia" (eine Nachbildung des G. de
Castro'schen „Las maravillas de Babilonli ") ; „Hacer re-
MEDio EL dolor", oiu interossautes Stück, dessen psycholo-
gische Basis die Wiederherstellung der durch übermässiges
Entgegenkommen seitens der Dame erkalteten Neigung eines
etwas wetterwendischen Cavaliers mittels Anwendimg von
Gegengift bildet; „La adtJltera penitente", ein Heiligen-
drama abenteuerlichen Inhalts, in welchem der Dämon die
gewohnten Niederlagen erleidet; endlich „Caer para levan-
tar", eine abgeschwächte, polirte Nachbildung von Mira de
Amescua's gigantischem „El esclavo del Demonio".
Von Matos, Martinez und Moreto ist das Drama
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter. 287
„Oponerse a las ESTEELLAS", welches das öfters behandelte
Motiv bearbeitet, dass alle menschlichen Mittel nichts gegen
die Erfüllung der Schicksalsbeschlüsse vermögen. — Matos,
Moreto und Villaviciosa sind Verfasser des wenig be-
merkenswerthen Heiligendramas „NuestbaSenoba delPilab".
— Matos, Martinez und Zabaleta's „La mujee contea
EL coNSE jo " ist ein durchaus einheitlich behandeltes, psycho-
logisch interessantes Drama. Es führt aus, dass man bei den
Frauen seinen Zweck am besten durch Erwecken ihres Wider-
spruchsgeistes erreicht, und lässt lebhaft bedauern, dass nicht
etwa der Dichter von „ El desden con el desden " den vor-
treflflichen Stoflf in einer glücklichen Stunde bearbeitet hat.
VonMatos, Villaviciosa und Zabaleta stammt die Comödie
„Amoe hace hablae los mudos", deren abenteuerliche Fabel
einem verloren gegangenen Stücke der ersten Periode entlehnt
scheint; femer „La VfEGEN de la Ftjencisla", die dramati-
sirte Geschichte derVergrabung und Auffindung, sowie derWun-
derthaten eines Muttergottesbildes. — Matos, Villaviciosa
und Avellaneda's „Solo el piadoso es mi huo" ist ein
unsinniges, märchenhaftes Stück, während deren Festspiel „ La
coETE EN EL valle", iu welchem König Philipp IV. als
„Fileno" eine Rolle spielt, als culturhistorische Curiosität Be-
achtung verdient. — Von Matos, Diamante und Juan Velez
ist die werthlose Comödie „La coetesana en la sieeea",
wahrscheinlich die Nachbildung eines Stückes der ersten Pe-
riode. — Matos, Diamante und Andres Gil Enriquez
werden als Verfasser des Schauspiels „El vaqueeo empeeadoe
Y Gean Tamoelan de Peesia" genannt. Dasselbe behandelt
die Geschichte Tamerlan's undBajazeth's in wenig verdienstvoller,
aber — beiläufig bemerkt — von Luis Velez' „La nueva iea de
Dios Y Gean Tamoelan de Peeslä." gänzlich verschiedener Weise.
— Matos, Diamante und Villaviciosa's „Reinae poe
obedecee" ist eine stark verkürzte, im übrigen nur verpfuschte
Nachbildung des Lope de Vega'schen „La obediencia lau-
eeada". Die Acteeintheilung ist genau beibehalten und lässt
den sicheren Schluss zu, jeder der Mitarbeiter habe einen Act
des Originals zur Hand genonmien, um ihn ganz unabhängig
von den andern nach den Bedürfnissen der modernen Richtung
zuzuschneiden. — Cancer, Zabaleta und Martinez' „La
BAzoN HACE DiCHosos" ist eine gute Nachbildung des Lope'-
288 Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter.
sehen „Dinebos son calidad", während Cancer, Martinez
und Eosete's „El abca de Noe" eigene Erfindung der
Dichter zu sein scheint. In diesem Stücke übernimmt der
Dämon die Rolle, Noah zu verleumden, und versucht, die Ge-
burt Christi zu hintertreiben. Der Hass der Spanier gegen
die Mauren kommt in der verspotteten und verfluchten Figur
Ham's zu scharfem Ausdruck. — Cancer, ßojas und Eo-
sete's „Eli BANDOLEBO SoL PosTo" ist ein Räuberstück,
ebenso Cancer, Huerta und Rosete's „Chico Batubi'*^
und Coello, Röjas und Luis Velez' „El catalan Sebba-
llonga". Die Katastrophe des letztem ist merkwürdig genug,,
um kurz erwähnt zu werden. Der Bandit Serrallonga, von
der Justiz in die Enge getrieben, flüchtet sich in eine Kirche,
vertheidigt sich heldenmüthig, wird aber von dem Grabmal
seines Vaters verschlungen. Dessen Geist räth ihm nun, sich
gefangen nehmen zu lassen und die gerechte Strafe seiner
Sünden zu erdulden, damit er das ewige Heil erwerbe. Serra-
llonga gehorcht und stirbt als Reuiger auf dem Blutgerüste. —
Von den gleichen Dichtem rührt das erschütternde Schau-
spiel „Tambien LA AFBENTA ES vENENo" her. Es folgt an-
fänglich dem G. de Castro'schen „ Alla van leyes, dö quiebek
BBYEs", nimmt aber einen verschiedenen Verlauf. Seine Kata-
strophe — Lorenzo de Acuna sinkt, vom Gewicht seiner
Schande erdrückt, vor den Augen des Königs todt zu Boden
— ist würdiger und tragischer als diejenige Don Guillem's,
wenn auch des Letztem Stück im Ganzen weitaus den Vor-
zug verdient. — Von den gemeinschaftlichen Stücken dreier
ungenannter Autoren mögen schliesslich noch „Las vis-
PEBAS SICILLÄlNAS" UUd „A UN TIEMPO BEY Y VASALLO" (aUCh
dem Belmonte zugeschrieben) erwähnt werden. Die Fabel
des letztem ist interessant, wenn auch unwahrscheinlich genug.
Ein König von Sicilien, Vater eines minderjährigen Sohnes,
stürzt auf der Jagd in einen Abgrund. Da sich der ehrgeizige
Herzog von Calabrien infolge dessen zum Herrscher aufwerfen
will, so schafft der loyale Admiral von Sicilien den Leichnam,
den niemand ausser ihm gesehen, beiseite und setzt seinen
Schützling Albano, der dem verunglückten König täuschend
ähnlich sieht, bis zur Volljährigkeit des Prinzen auf den Thron.
Alsdann gibt der treue Pseudokönig, nachdem er während
seiner Regierungszeit vielen Nachstellungen entgangen ist, die
\-
<h
Gemeinschaftliche Arbeiten mehrerer Dichter. 289
Krone dem rechtmässigen Thronfolger zurück. — Von sechs
Dichtem soll das Stück „ El eey Don Enrique el Eneermo "
herrühren, obgleich es am Schlüsse heisst:
Y vuessastedes perdonen
rudezas de un Toledano,
tosca planta de aquel monte —
und gar von neun Dichtem ist das Drama „Algunas Ha-
ZANAS DEL Marques DE Canete" verfasst.
Aus dem Gesagten erhellt, dass sich unter der grossen
Masse gemeinschaftlich verfasster Dramen wenig wirklich
Hervorragendes befindet. Dies ist an sich natürlich genug,
denn die Mitarbeiterschaft wurde damals nicht etwa — wie
in neuerer Zeit hauptsächlich bei den Franzosen — in der
Art aufgefasst, dass dem einen Dichter die Erfindung und
Ausarbeitung des Plans, dem andem die sprachliche Aus-
führung zufiel, sondem sie war einfach eine Arbeit stheilung
behufs schleunigster Befriedigung der Bedürfnisse einer Schau-
spielertmppe. Am einfachsten gestaltete sich die Arbeit bei
den Nachbildungen älterer Stücke, welche das Hauptcontingent
der gemeinschaftlichen Dramen ausmachen; hier wurde ein-
fach jedem Mitarbeiter sein Antheil — gewöhnlich ein Act
des Originals — zum selbständigen Zuschnitt angewiesen, wenn ^
auch anzunehmen ist, dass eine gemeinsame Verständigung über
den Lauf der Handlung vorausging. Dass diese Verständi-
gung bei den Dramen eigener Erfindung eine bedeutend ein-
gehendere sein musste und die Ausarbeitung eines wirklichen
Plans voraussetzte, liegt auf der Hand. Dies war ein V or-
theil der gemeinsamen Arbeit, welcher einem grossen
TheUe der altspanischen Dramen aus einer Feder abging,
aber derselbe wurde durch die überaus grosse Flüchtigkeit
der Ausfühmng — eine nothwendige Folge der fabrikmässig
raschen Production — in vielen Fällen nahezu paralysirt. Die
alte Wahrheit, dass eine Dichtung ersten Kanges nur das
Werk eines grossen Geistes sein kann, erhält durch alle
künstlichen Versuche der besprochenen Art stets neue Be-
stätigung.
IS^ SOHAFTSB. II. ]^9
DIE EPIGONEN.
Antonio de Zamora
wurde wahrscheinlich zwischen 1660 und 1664 zu Madrid ge-
boren. Er bekleidete 1689 einen Secretärposten bei der
Kanzlei für neuspanische Angelegenheiten; 1694 wurde er
zum Hofpoeten ernannt, und später finden wir ihn als Eam-
merherm Philipp's V. Sein Todesjahr ist unbekannt, üegt
jedoch sicher zwischen 1722 und 1744.
Zamora's berühmtestes Stück ist die Figuren -Comödie
„Eli HECHizADO POB fuebza". Dass dieselbe höchst be-
lustigend wirkt, kann ebenso wenig in Abrede gestellt wer-
den, als dass die groben Fäden, aus welchen ihre Handlung
gesponnen ist, nicht dem Bereiche des Lustspiels, sondern
dem der Posse angehören. Der Figuren, Don Claudio, ver-
steckt seine Abneigung, einen widerwillig eingegangenen Ver-
lobungscontract mit seiner Muhme Dona Leonor zii erfüllen,
hinter dem lächerlichen Verwände, er würde durch Heirathen
seine Kaplanspfründe von 100 Dukaten verlieren. Leonor,
welche sich durch ihres Bräutigams Zurückhaltung vor den
Augen der Welt blossgestellt glaubt, setzt alle Hebel in Be-
wegung, ihre Vermählung mit dem lächerlichen Menschen
durchzusetzen — gewiss ein nichts weniger als feines Lust-
spielmotiv. Mit Hülfe einer creolischen Dienerin und eines
ins Vertrauen gezogenen Arztes macht sie den armen Schwach-
kopf glauben, er sei behext und müsse unfehlbar sterben, so-
bald das letzte Oel auf einem Lämpchen verbrannt sei. Die-
ser sowie anderer Hokuspokus wirkt indessen nicht genügend,
deshalb spielt Leonor ihren letzten, siegreichen Trumpf mit
Antonio de Zamora. 291
einer Wachsfigur aus, von welcher sie behauptet, was dieser
geschehe, müsse unfehlbar auch Don Claudio zustossen. Als
letzterer nun sieht, wie die Creolin im Begriffe steht, seinem
Zauberconterfei den Kopf abzureissen, übermannt ihn die
Todesfurcht derart, dass er Leonor die Hand reicht. Kaum
ist dies geschehen, als das Lügengewebe — zu spät für den
armen Geprellten — durch den mitschuldigen Arzt aufge-
deckt wird.
Bedeutend würdiger und überhaupt eine recht verdienst-
volle Arbeit ist die durchaus freie Nachbildung von Tirso's
„El BUELADoa DE Sevilla y Convidado de piedea", das
Schauspiel „No hat dettda que no se pague t Convidado
de piedea". Don Juan Tenorio hat in Neapel eine edle
Dame unter dem Namen ihres Bräutigams Filiberto Gonzaga
in der Dunkelheit verführt und ist alsdann nach seiner Vater-
stadt Sevilla geflüchtet. Sein Opfer ist aus Gram gestorben
und Filiberto als dessen Rächer dem Missethäter nach Spa-
nien nachgereist. Mit Empfehlungen des Königs von Neapel
versehen, hat er bei König Alfons XL die Gewährung eines
Gottesgerichts gegen Don Juan erlangt. Letzterer ist wäh-
rend seiner Abwesenheit von seinem hochgestellten Vater
Don Diego mit Dona Ana, der Tochter des Comthurs Don
Gonzalo, verlobt worden, aber die Aufdeckung seines in Neapel
begangenen Verbrechens hat diesen Vertrag rückgängig ge-
macht. In einem Wortwechsel tödtet jetzt Don Juan den Com-
thur, wird einige Monate eingekerkert, dann aber freigelassen
und unter die Aufsicht seines Vaters gestellt. Dass letztere
Vorsichtsmaassregel bei dem ungestümen Naturell Don Juan's
nur eine Förmlichkeit ist, stellt sich bald heraus. Im Streit
mit Fresneda, einem Bravo, dessen Schwester Beatriz er ver-
führt hat, muss er sich in die Franciscanerkirche flüchten, in
welcher der Comthur Don Gonzalo unter einem pomphaften
Denkmal, überragt von seiner Reiterstatue, begraben liegt.
Nachdem er die Bildsäule thätlich beschimpft hat, lädt er
sie in bekannter Weise zum Nachtmahl ein. Dieselbe folgt
der Einladung, ermahnt den Sünder fruchtlos zur Busse und
nimmt ihm das Versprechen ab, ihren Besuch zu erwidern.
Nicht gewarnt durch die grausige Erscheinung, ist Don. Juan's
nächste Heldenthat ein Vergewaltigungsversuch an Dona Ana.
Dieser misglückt, aber der König ist dermaassen darüber auf-
19*
292 Antonio de Zamonu
gebracht, dass er bei dem nun folgenden Gotteskampfe zwi-
schen Filiberto mid Don Juan durch Herabwerfen seines
Sichterstabs das Duell miterbricht: er will die Entscheidung
nicht dem Schicksal überlassen, sondern die Gerechtigkeit
gegen den Verbrecher in die eigene Hand nehmen. Er be-
fiehlt, Don Jnan zu yerhaften, aber dieser widersetzt sich mit
dem Schwerte in der Hand nnd flüchtet in die Frandscaner-
kirche. Hier stattet er in seinem noch nicht gezähmten
Uebermuthe Don Gonzalo den versprochenen G^enbesach
ab, wird aber, nach Bewirthang mit Xattem nnd Asche, von
der Bildsäule ins Grab gezogen. — Wenn auch die Handlung
organischer gefügt sein könnte, so ist sie entschieden einheit-
licher und wirkungsvoller als diejenige Tirso's. Letztenn
müssen aber die Vorz^e der ersten Erfindung und der
poetischem Diction gewahrt bleiben.
Auch in „Mazabeeoos y Monsalyeb^' hat Zamora einen
romantischen Stoff nicht ohne Glück bearbeitet Don Diego
Mazariegos hat seinen Oheim Don Francisco Monsalve nach
einem heftigen Wortwechsel thätlich mishandelt Der be-
schimpfte Greis schreibt seinem Sohne nach Salamanca, er
möge sofort heimkehren, um seine Schmach zu rächen, sinkt
aber bald darauf aus Kummer ins Grab. Nach einiger Zeit
erscheint der junge Monsalve und fordert Mazariegos durch
öffentlich angeschlagenes Kartell zum Zweikampf. Da Maza-
riegos aber unterdessen verhaftet worden ist, so will der
Gouverneur von Zamora — in der Hofihung, unnützes Blut-
vergiessen zu vermeiden — den öffentlichen Zweikampf nur
gestatten, wenn Mazariegos dem beschimpften Todten
vor Notar und Zeugen an dessen Grabmal feierliche
Abbitte leiste. Wider Erwarten bequemt sich jedoch Ma-
zariegos hierzu, worauf der Zweikampf stattfindet. Nach einer
leichten Verwundung Don Diego's verhindern die Richter den
Fortgang des Duells, indem sie erklären, der Ehre beider
Kämpen sei durch das geflossene Blut Genüge geschehen.
Die hierdurch angebahnte Versöhnung wird durch die Ver-
lobung Mazariegos' mit der Schwester des jungen Monsalve
besiegelt. — Höchst wirkungsvoll und originell ist die Scene
der Abbitte Don Diego's am Grabmal des alten Monsalve.
Die dargestellte Begebenheit beruht ohne Zweifel auf einem
wahren Vorfall, denn im Handschriftenkatalog der National-
Antonio de Zamora. 293
bibliothek zu Madrid findet sich eine Nummer: ,,Desaßo de
Diego de Monsdlve con Diego de Mazariegos y Guadalajara
en tiempo de Carlos F."
Bedeutend weniger glücklich war Zamora in den meisten
andern seiner Dramen. Aus der altspanischen Geschichte
sind: „Gada uno es linaje apaete y Los Mazas de Aea-
gon" (die bekannte Episode, wie ein junger Edelmann seine
Vergehen gegen den König durch entscheidenden Succurs in
einer beinahe verlorenen Schlacht sühnt) ; „Poe oie misa y dae
CEBADA, NUNCA SE PEEDiö joenada" (der iu Mira de Amescua's
„Lo QUE PUEDE Eli OIE misa" u. a. St. behandelte Zwischen-
fall der Vertretung eines betenden Ritters in der Schlacht
durch einen Engel) ; „Quitae de Espana con honea el eeudo
DE cien doncellas" (oluo Nachbildung des Lope'schen „Las
FAMOS AS AsTTJEiANAs"). Alle dioso Stücko sind klägliche
Erinnerungen an frühere Grösse. Was bei den alten Dichtern
naiv ist, macht hier den Eindruck einer schlechten Posse;
wo man bei jenen die alten Helden in ihrer ganzen Rauheit
über die Bühne schreiten sieht, erblickt man bei dem Epi-
gonen einen neumodischen Stutzer im Ritterhamisch eines
Maskenfestes. —
Ebenso wenig hat Zamora mit einem zeitgenössischen
Stoffe: „Peeso, mtjeeto y vencedoe, todos cumplen con su
HONOE EN DEEENSA DE Ceemona" Glück gehabt, und sein
Schauspiel „La poncella de Oeleans" (auch ihm und Cani-
zares gemeinschaftlich zugeschrieben) darf gar nicht in einem
Athemzuge mit demjenigen unsers Schiller genannt werden:
der grosse Stoff ist wahrhaft armselig behandelt.
Vielleicht am auffallendsten hat Zamora sein Epigonen-
thum in der Nachbildung des Alarcon'schen „No hay mal
QUE POE BIEN NO VENGA, DON DOMINGO DE DON BlAS" ge-
zeigt. Alle Charaktere Alarcon's sind ins Gemeine gezogen,
und die Aenderung der Katastrophe, dass der Prinz durch
Verzichtleisten seines Vaters auf den Thron" für seine Rebel-
lion geradezu belohnt wird, muss ebenso sehr vom drama-
tischen, als vom moralischen Standpunkte aus verurtheilt
werden. Da nach der ,,Crönica generaV^ (Zamora 1541, S. 238)
der aufrührerische Garcfa erst eine Zeit lang eingekerkert
wurde, ehe er seinem Vater auf dem Throne folgte, so hat
294 Antonio de Zamora.
Zamora nicht eimnal den Vortheil grösserer historischer
Wahrheit auf seiner Seite.
Zamora's mythologische und novelleske Dramen
sind keine erfreulichem Schöpfungen. Die durch Schwulst
und Gespreiztheit der Diction mehr herausgehobene als ver-
deckte Pedanterie der Behandlung erregt ebenso wohl ästhe-
tischen Ekel, als tödliche Langeweile. Es wäre unbegreiflich,
dass sich irgendeine Zuhörerschaft solche Dramen hätte bie-
ten lassen, wenn Zamora dieselben nicht als Hofdichter für
den Palast, zur Vorstellung vor den Majestäten geschrieben
und durch eingestreute Musik, sowie durch grossen Schau-
apparat für äusseren Sinnenreiz gesorgt hätte. Zu dieser
Klasse von Dramen gehören: „See fing t no paeeceblo",
„SiEMPBE HAY QUE ENVIDIAB AMANDO", „AmAB ES SABER
VENCEB Y Eli ABTE CONTBA EL PODEB", „CaSTIGANDO PBE-
MiA amob", „Todo lg vence EL amob" (die Geschichte
des Bellerophon), sowie die zwei Zarzuelas: „Aspides
HAT BAsiLiscos" (die Geschichte der Medea) und „Vi-
ENTo ES LA DiCHA DE amob" (Geschichte Zephyr's und
Liriope's).
Auch in den Heiligenstücken Zamora's spielt das
melodramatische Element eine grosse Rolle. Zu dieser Kate-
gorie zählen: „La ee se elbma con sangbe y El pbimeb
Inquisidgb, San Pedbg Mabtib", „El custgdio de la Hun-
GBiA, San Juan Capistbano", „El Lucebo de Madbid y
DiviNO LABBADGB San Isidbo", oinos werthloscr als das an-
dere. Auch „Judas Iscabiote", ein Stück, in welchem Za-
mora ähnlichen trüben Traditionsquellen gefolgt ist, wie Poyo
in „La vida y muebte de Judas", kann keinen grossem
Werth beanspruchen. —
Es sei schliesslich erwähnt, dass Zamora in den beiden
Comödien „Duendes son los alcahuetes yEspibitu folleto",
erster und zweiter Theil, die Zauberstückchen eines Kobolds
in einer Weise vorführt, welche mehr für die Zuhörerschaft
eines Polichinellentheaters , als für diejenige einer haupt-
städtischen Bühne passt.
Nichts kennzeichnet das Epigonenthum des Zamora bes-
ser, als sein eigenes Geständniss in der Vorrede zum ersten
Bande seiner Comödien (Madrid 1722), er habe sich be-
strebt, Calderon zu folgen. Gerade dieses selbstbewusste
Jos6 de Canizares. 295
Nachahmen der ausser liehen Eigenschaften grosser Vor-
bilder (von Schiller durch die bekannte Stelle in „Wallen-
stein's Lager" ebenso derb als zutreffend charakterisirt: „Wie
er sich räuspert, und wie er spuckt, das habt ihr ihm glück-
lich abgeguckt") ist ja das Hauptmerkmal des Epigonen. Be-
sonders zeigt sich dieses Bestreben in Zainora's mythologischen
und novellesken Stücken, imd wenn auch an Calderon's Pro-
ductionen dieser Art viel auszusetzen ist, so sticht doch deren
poetischer Schwung unendlich weit gegen den hohlen Schwulst
und die stutzerhafte Gespreiztheit seines Nachahmers ab. Bei
Calderon ist der Cultismo eine Mode-Unart, bei Zamora der
Deckmantel für die Nüchternheit und Pedanterie seiner Con-
ceptionen. Hiermit hängt — in allgemeiner Verbindung mit
dem Geschmacke des Epigonen-Publikums — nicht allein
Zamora's ausgedehnte Verwendung der Musik und magischer
Erscheinungen zusammen, sondern auch die sittliche Ver-
gröberung der Charaktere in seinen Nachbildungen (wie in
„Don Domingo de Don Blas") und die geleckte, modische
Verfeinerung der Helden in seinen Dramen aus der alt-
spanischen Geschichte als entgegengesetztes Extrem. Glück-
lichere Momente hatte Zamora in seinen romantischen Dra-
men, wie „No HAY DEUDA QUE NO SE PAGUE" UUd „MaZA-
EiEGOs T MoNSALVEs" (soiue berühmte Posse „El hechizado
PCB ruEEZA" fällt überhaupt nicht in den Bereich ernster
Kritik), aber diese Inspirationen genügen gerade nur, um ihn
aus dem Trosse der dramatischen Nachzügler mit einiger
Auszeichnung herauszuheben.
Jose de Canizares
erblickte am 4. Juli 1676 zu Madrid das Licht der Welt. Er
war ein frühreifes Talent imd soll schon im Alter von 13 bis
14 Jahren seine bekannte Comödie „Las cuentas del gban
Capitan" verfasst haben. Als Jüngling betrat er die mili-
tärische Laufbahn und führte 1711 den Titel eines Kürassier-
lieutenants, obgleich er, wie es scheint, schon etwa 1702 den
activen Dienst verlassen hatte und als Angestellter in der
Rechnungskammer seines Gönners, des Herzogs von Osuna^
296 Jo86 de Canizares.
seinen Lebensunterhalt fand. Da er ausserdem aus seinen
Comödien gute Einkünfte zog, so muss er in geordneten Ver-
hältnissen gelebt haben. Er war vermählt mit Dona Lorenzä
Alvarez de Losada Osorio y Redin, welche ihn überlebt zu
haben scheint; er selbst starb am 4. September 1750. Alva-
rez y Baena in seinen „Hijos de Madrid" behauptet, vier-
undzwanzig Comödien unsers Dichters seien in zwei Bänden
herausgegeben worden, aber merkwürdigerweise haben weder
Salvä, noch Barrera, noch andere Bibliographen dieselben zu
Gesicht bekommen.
Die bekannteste Comödie unsers Dichters ist „El pica-
BiLiiO EN Espana", die romantische Geschichte Federico de
Bracamonte's , Königs der canarischen Inseln, welcher — in-
folge eines verrätherischen Vertrags seines verstorbenen Va-
ters mit den Portugiesen — in Spanien der Todesstrafe ver-
fallen, sich in niedriger Verkleidung derartige Verdienste
um König Johann IL erwirbt, dass er sich entdecken darf
und sogar wieder mit seinem Eeiche belehnt wird. Die
trefflich geschilderten Charaktere des schwankenden Königs,
des herrischen Don Alvaro de Luna, des unruhigen Infanten
Don Enrique, sowie die oft wahrhaft kernige Sprache weisen
auf ein gutes Muster hin, welches jedenfalls in dem von
Suarez de Deza in seiner Burleske „Amor, in&enio y mxjjeb"
erwähnten, jetzt verlorenen Drama „El picaeito en Espana"
zu suchen ist. Der Verlust dieses Stücks ist um so bedauems-
werther, als man vermuthen darf, der Charakter des Prota-
gonisten habe nur seitens Caiiizares' die gewöhnliche epi-
gonenhafte Erniedrigung erfahren.
Genau dieselben Bemerkungen müssen betreffs des in-
teressanten Schauspiels „Yo me entiendo y Dies me en-
tiende" gemacht werden. Dasselbe ist ohne Zweifel eine
Nachbildung des Dramas „Yo me entiendo", welches von
Vera Tassis in seiner Liste der dem Calderon • fälschlich zu-
geschriebenen Stücke erwähnt wird. Auch dieses Muster
scheint verloren, und auch hier lässt die Arbeit des Nach-
ahmers auf ein vortreffliches Stück schliessen. Es spielt zur
Zeit des unglücklichen Endes König Pedro's des Grausamen
von Castilien durch den Dolch seines Bruders Enrique auf
dem Gefilde von Montiel. Die Hauptfigur ist ein reicher
Edelmann, Don Cosme, welcher durch sein kluges, aber vor-
Jos6 de Canizares. 297
sichtshalber mit dem Mantel der Thorheit bedecktes Beneh-
men die schwierige Aufgabe löst, sowohl seinem grausamen
angestammten König, als auch dessen Gegner und Thron-
folger Don Enrique gerecht zu werden. Jedenfalls ist auch
hier der höchst originelle Charakter dieses Edelmanns, im
Vorbilde grösser gedacht, von Canizares etwas erniedrigt
worden, um der Lachlust seiner Zuhörerschaft zu fröhnen.
In durchaus grossen Umrissen tritt dagegen die Figur des
Königs Don Pedro als grausamer Tyrann auch bei Caniza-
res in die Erscheinung.
In „POR ACBISOLAB SU HONOR, COMPETIDOR HIJO Y PA-
DRE " hat Canizares einen Theil der Handlung des dem Lope
de Vega zugeschriebenen Dramas „ El pleito por lä honra"
entlehnt, im übrigen jedoch ziemliche Selbständigkeit gezeigt
und die Fabel dadurch verbessert, dass er das unnatürliche
Auftreten Fernando's gegen seinen Vater weniger der üeber-
legung (durch Führung eines Processes), als einem Misver-
ständnisse und beiderseitiger Hartköpfigkeit entspringen lässt.
Das Stück ist recht interessant.
Auch „El rey Don Enrique el Tercero, llamado el
Enfermo" ist ein wirkungsvolles Schauspiel, welchem jedoch
die Einheit der Handlung abgeht. Der erste Act schildert
die bekannte Episode, wie der König, um ein Abendessen zu
erhalten, seinen Mantel verpfänden muss, sich aber alsdann
durch gewaltsame Beraubung seiner übermächtigen Granden
bereichert. Der zweite und dritte Act behandeln den Stoflf
des Lope de Vega'schen „El mejor alcalde el rey" in
verwässerter Form.
Ein romantisch-interessanter Stoff wird uns in „La banda
DE Castilla y Duelo contra si mismo" vorgeführt. Die
Grundidee dieses Dramas besteht darin, dass ein Caballero,
dessen heimliche Anklage einen hochstehenden Edelmann auf
das Schafott gebracht hat, unbewussterweise von dessen Toch-
ter Leonor aufgefordert wird, den Verleumder ihres Vaters
durch öffentliches Gottesgericht zur Rechenschaft zu ziehen.
Er erscheint deshalb gleichzeitig als Ankläger und Verthei-
diger seiner selbst, will diesen Widerspruch dadurch lösen,
dass er sich in sein Schwert stürzt, wird jedoch von König
Alfons XL davon abgehalten und mit der Hand Leonor's be-
schenkt. Das Stück scheint Nachahmung eines frühem.
298 Jose de Canizares.
„La dtvenceble Castellana" (Antes que todo es mi
amante) soll in ausgesprochener Gegenüberstellung zu Calde-
ron's „Antes que todo es mi dama" vorführen, ¥rie ein
heroisches Weib die Pflichten gegen ihren Verlobten den-
jenigen gegen Aeltem und Vaterland voransetzt.
„Las cuentas del gran Capitan" (eine freie Bearbei-
tung des gleichbetitelten Lope'schen Stücks), „Carlos Qtjinto
80BBE TUNEZ" UUd „El PLEITO DE HeBNAN CobTES CON
Paneilo de Nabvaez" sind Schauspiele aus der spätem
spanischen Geschichte in würdiger Haltung und mit oft vor-
trefiFlicher Charakterschilderung. Wahrscheinlich sind auch die
beiden letztgenannten Stücke Nachklänge früherer Dramen,
insbesondere zeigt „Carlos Quinto sobbe T^nez" zwei ver-
schiedene Stilarten. Bei „El pleito de Hebnan Cobtes"
fallt sofort auf, dass Canizares (oder dessen Vorbild) sich in
directen Gegensatz zu Avila's „El valeboso Espanol" ge-
setzt hat, indem er Karl V. als Beschützer, Philipp ü. als
Verfolger des Cort6s darstellt, was bei Avüa umgekehrt ist.
— „Sl UNA VEZ LLEOA A QUEBEB, LA MAS ETBME ES LA
mujbb" ist eine etwas confuse Version der Episode der
Weiber von Weinsberg. — „Tambien pob la voz hat di-
cha" behandelt in langweiliger und anachronistischer Weise
die Sage von Arion. — In „El gtjapo Jullan Romebo^
(Ponerse häbito sin pruebas) haben wir wahrscheinlich die
Nachbildung eines frühem Stücks „Jullin Somebo'' (in der
Osuna- Bibliothek), in „La heböica Antona Gabcia" eine
freie, recht lobenswerthe Bearbeitung des Tirso'schen „An-
tona Gabcia" vor uns. — „La vxda del gban tacano" ist ein
lebhaftes, belustigendes Schelmenstück, welches entweder di-
rect Quevedo's bekanntem Roman oder einer frühem Drama-
tisirung desselben entlehnt ist. Das Stück ist indessen auch
Melchor Femandez de Leon zugeschrieben worden.
Zauberstücke hat Canizares, der Mode seiner Zeit
folgend, eine ganze Reihe geschrieben. Wir nennen davon:
„El anillo de Giges", zwei Theile; „El asombbo de la
Fbancia, Mabta LA Romobantina", zwei Theile (zu beiden
sind von andern Dichtem dritte und vierte Theile verfasst
worden); „Don Juan de Espina en su patbia" und „Don
Juan de Espina en Milan". Letzteres Stück — unbedingt
das beste der genannten — ist eine Nachbildung von Alar-
Jos6 de Canizares. 299
con's „La peueba de las peomesas", und ein Vergleich des-
selben mit den übrigen, durchaus werthlosen, nur auf Eflfect-
hascherei berechneten, zeigt aufs schlagendste, wie sehr dem
Epigonen die Anlehnung an ein Muster der guten Zeit zum
Hervorbringen seiner bessern Werke Bedürfniss war.
Auch das Gebiet des fechwanks, der niedem Figuron-
Comödie, eine Haupt-Errungenschaft der Epigonen-Zeit, hat
Canizares eifrig gepflegt. Nicht allein hat er solche Stücke
selbst erfunden, sondern auch — wie Zamora in „Don Do-
mingo de Don Blas " — Comödien seiner Vorgänger auf die-
ses niedrige Niveau herabgedrückt. So hat er in „La mas
iLUSTBE ebegona" offenbar Lope de Vega's gleichl3etiteltes
Stück vor Augen gehabt, was aus dem Scenengang des ersten
Acts, sowie aus der wörtlichen Entlehnung ganzer Stellen her-
vorgeht. Nicht allein aber hat er aus Lope's cavaliermässigem
Don Pedro die lächerliche Caricatur des Don Policarpo, aus
dessen Dona Clara eine possenhafte, mit bombastischen Redens-
arten um sich werfende Närrin gemacht, sondern er hat auch
die naturgemäss interessanten Begebenheiten des Lope'schen
Schauspiels durch unnöthige Theaterstreiche ersetzt. —
In „El Dömine L^cas" (durchaus verschieden von der Lope'-
schen Comödie gleichen Titels) hat er zwei höchst belusti-
gende Dummköpfe, Don Lucas und Dona Melchora, in „De
COMEDLÄ. NO SE TRÄTE,. ALL A VA ESE DISPARATE " eiuCU Geiz-
hals und einen Culteraner, in „De los hechizos de amor,
LA MtfsiCA ES EL mayor" eiuc Frömmleriu und den beliebten
Asturianer, in „El honor da entendimiento" einen haus-
backen-vernünftigen, nur äusserlich tölpelhaften Menschen, in
„Abogar por su ofensor y Baron del Pinel" einen selbst-
gefälligen Pinsel geschildert.« In den drei erstgenannten Co-
mödien ist des Dichters Absicht, nur durch Beizen der Lach-
muskeln zu wirken, unverhohlen ausgesprochen. Die beiden
letztgenannten Stücke machen jedoch grössere Ansprüche, und
ein Antonio de Mendoza z. B. hätte aus dem Stoflfe von „El
HONOR DA entendimibnto" wohl ein Schauspiel tief- psycho-
logischen Interesses geschaffen.
Die Heiligenstücke unsers Dichters, deren er eine
bedeutende Anzahl verfasst hat, haben wenig Werth. „Lo
QUE VALE SER DEVOTOs DE San Antonio DE Padtja" behan-
delt eine höchst unglaubliche Geschichte, in welcher z. B.
300 Jose de Caüizares.
das Bildniss des Heiligen einen Edelmann auf einem himm-
lischen Schiffe in 40 Stunden von Goa nach Lissabon bringt
— ,^ CUAL MEJOB, CONPESADA Y CONFESOB, SaN JuAN DE IiA
Cbuz y Santa Tebesa de Jesus" führt uns lose aneinander
gereihte Episoden aus dem Leben der Titelheiligen vor;
merkwürdigerweise spielt darin der Geist des Propheten Elias
eine Rolle. — „La mas amada de Cbisto, Santa Gebtbudis
LA Magna", zwei Theile, schildert das Leben der heiligen
Gertrud. Besonders widerlich sind die Liebeständeleien Ger-
trud's mit Christus, die unwillkürlich den Gedanken aufdrän-
gen, welches ascetische Verdienst dieselben vor einer welt-
lichen Liebelei voraushaben? Was soll man dazu sagen,
dass Christus Gertrud durch einen Engel einen göttlichen
Beschluss verkünden lässt, welcher gegen die Wünsche
der Heiligen 'geht, worauf diese so lange mit Christus
schmollt, bis er diesen Rathschluss des Himmels rück-
gängig macht? Wo blieb bei einer solchen Gottesläste-
rung die Liquisition?
Wendet Caüizares in vielen seiner Dramen die Musik in
ziemlich ausgedehnter Weise an, so ist dies in noch erhöh-
tem Maasse in seinem „Melodrama musicai'^(l): „Amob es.
TODO invencion" — einer höchst lauen Version der Ge-
schichte von Jupiter und Amphytrion — der Fall. Das
Gleiche gilt von einer ganzen Reihe Zarzuelas. Auch in dem
Metastasio nachgeahmten „No hay con la patbia venganza,
TEMfsTOCLBs EN Pebsia" spiolt die Musik eine bedeutende
Rolle. — Schliesslich sei noch erwähnt, dass Caüizares aus-
gesprochenerweise:
Y esta invencion que se ha escrito,
para mostrar las comedias
segun el frances estilo
in seinem fünf actigen Drama „El Sacbificio de Efigenia"
die „Iphigenie" des Racine nachgeahmt hat, dass aber
diese Nachbildung etwa so viel Aehnlichkeit mit dem Geiste
des französischen Vorbildes aufweist, als die Productionen
des Racine und Corneille mit denjenigen ihrer griechischen
Muster.
Wie aus dem Gesagten hervorgeht, zeigt Caüizares —
gleich Zamora — in hervorstechender Weise die Merkmale
Jos6 de Cafiizares. 301
des Epigonen. Während aber Zamora — seiner in der be-
kannten Vorrede zu seinen Comödien ausgedrückten Kunst-
anschauung, sowie seiner officiellen Palaststellung zufolge —
seine Hauptaufmerksamkeit auf die Nachahmung der ge-
spreizten novellesken Dramen Calderon's und der zweiten
Periode überhaupt gerichtet hatte, nahm sich Canizares mit
richtigerm Takte in der Hauptsache die den Dichtem der
ersten Periode so vortrefflich gelungenen Schauspiele aus der
vaterländischen Geschichte zu Mustern für seine Nachbildun-
gen. Die unter seinen zahlreichen Dramen (es sind uns deren
etwa achtzig erhalten) vorkommenden mythologisch -novelles-
ken entspringen, wie deren geringer poetischer Werth im
Verhältniss zu den historischen darthut, mehr dem Bedürf-
nisse, seine Zuhörer zu befriedigen, als seinem Naturell und
seiner dichterischen Ueberzeugung. Das Gleiche ist der Fall
mit dem Cultismus; diesem Moloch musste auch er opfern,
aber er that es in viel beschränkterm Maasse als Zamora
und gleichsam mit Widerwillen, während Zamora offenbar
eine Hauptstütze im Schwulst der Rede suchte. Mit keinem
Dichter hätte deshalb das spanische Nationaldrama richtiger
ausklingen können, als mit Canizares, denn da eben alles
Schöne ein Ende finden muss, so ist es für den spätem Be-
schauer eine ästhetische Befriedigung, in den letzten Accor-
den die Nachklänge früherer Grösse zu vemehmen. Hat Cani-
zares auch seine altspanischen Helden in manchen Fällen
nicht mit der gebührenden Würde behandelt, so sind solche
Figuren nur Ausnahmen, welche immer noch höher zu stellen
sind, als die gezierten Stutzer Zamora's; im grossen und
ganzen sind sie echt und wahr. Allerdings hat er sie nicht
aus seinem eigenen Innersten heraus erschaffen; sie sind den
von ihm bewunderten Vorbildem nachempfunden. Aber auch
das Gefühl für das wirklich Schöne, verbunden mit dem Be-
streben, Aehnliches zu leisten, ist ein Verdienst, und dieses
muss Canizares unbedingt zuerkannt werden. Dass er dem
Geschmacke seiner Zuhörerschaften durch ausgiebige Ver-
wendung von Musik, Theaterstreichen, Zauberpossen und der-
ben Spässen in vielen seiner Dramen Rechnung zu tragen
suchte, ist allerdings vom streng ästhetischen Standpunkte
aus tadelnswerth, aber im Lichte der Epoche betrachtet,
wohl entschuldbar. Jeder ist das Kind seiner Zeit, und nur
302 Andere Dichter der Epigonenzeit.
ausnahmsweise hochbegabte Geister sind dazu berufen, ihren
Zeitgenossen Gesetze vorzuschreiben. Zu diesen gehörte
eben Canizares nicht; er kennzeichnet nicht den Anfang,
sondern das Ende einer grossen Periode.
Andere Dichter der Epigonenzeit.
Ausser Zamora und Canizares, drängte natürlich no^ch ein
grosser Schwärm Nachzügler dem Dichterheere des siebzehn-
ten Jahrhunderts nach; der Vollständigkeit halber erwähnen
wir deren eine Anzahl, obwohl ihre Bedeutung in vielen
Fällen kaum genügt, eine specielle Benennung zu recht-
fertigen.
Agram on y Toledo (Juan de) ist Verfasser einer Zar-
zuela: „La cautbla en la amistad y Robo de las Sabi-
NAs", sowie eines Heiligenstücks: „La Terceba Dominica,
Santa Columba de Reati", welches mehr guten Willen als
poetische Beanlagung zeigt.
Anorbe y Corregel (Tomas de), Kaplan der Kirche
der „Menschwerdung Christi", ein von dem kritischen Zorne
Moratin's und Montiano's stark heimgesuchter Schriftsteller,
hat etwa 18 Dramen veröffentlicht. Dieselben gehören theils,
wie „El duende de Zaeagoza", „La encantada Melisen-
dea", dem possenhaften Figuronstück, theils, wie „Princesa,
BAMEBA Y MABTIB, SaNTA AeBA", „La TUTOBA DE DA löLB-
sia" (eine Geschichte der Jungfrau Maria, hauptsächlich nach
dem Tode Christi) in drei Theilen, „La oveja contba ed
PASTOE Y Tibano Bolesdag", dem Heiligendrama, theils wie
„Nulidades DEL amgb" uud „Los amantes de Salebng"
der allgemeineren Comödie an. Letzteres Stück ist sein be-
stes, es ist gut erfunden und pathetisch. Ueberhaupt kann
Anorbe eine gewisse originelle Erfindungskraft nicht abge-
sprochen werden; dieselbe ist im Hinblick auf die Epoche,
in welcher er lebte, doppelt merkwürdig und bildet seine
beste Dichter -Eigenschaft. Gehört er in dieser Beziehung
nicht zu den Epigonen, so lässt er jedoch in anderer Hinsicht
die Fehler seiner Epoche um so schärfer hervortreten. Nicht
Andere Dichter der Epigonenzeit. 303
allein wechselt cultistische mit nüchterner Sprache ab, son-
dern er lässt auch seine ernsten Figuren öfters in wahrhaft
gemeiner Ausdrucksweise mit den Graciosos wetteifern. So
sagt die Liebhaberin in „Nulidades del amob":
no me de muerte, que de ü
maldita la cosa fio
und der Galan in „El dtjende de Zaeagoza"
ha de perder In chaveta.
Das Abwechseln niedrigen Possenspiels mit dem hochge-
schraubten Ehrenpunkte des Dramas der Blütezeit bildet
einen widerwärtigen Contrast, und ebenso unangenehm ist
die ewige Rührung (in den drei Theilen der „Tutoba de la
laLESLi" befinden sich 20 bis 30 Bühnenweisungen zum
Thränenvergiessen) , sowie die süssliche Verehrung in den
Heiligenstücken. Was ihm aber Moratin und Montiano
am übelsten vermerkt haben, ist seine Tragödie „Pau-
LiNo", in welcher er sich — gleich den genannten Kritikern
und Canizares — bestrebte, auch der neuem gallicisirenden
Manier Rechnung zu tragen.
Arbues Pelaez (Pedro). Notizen über diesen Dichter,
sowie über dessen als „Comedia nueva^' 1763 gedruckte
Comödie „Mtjjeb que pob modo esteano supo eemediab sxj
dang" sind dem Verfasser nicht zu Gesicht gekommen.
Trotzdem ist das genannte Stück wegen seines trockenen
Witzes und der formgewandten Diction durchaus beachtens-
werth, und dieses Interesse wird durch den äusserlichen Um-
stand erhöht, dass man nicht weiss, ob es als wirkliche Co-
mödie oder als Parodie gedacht ist. Letzteres müsste un-
bedingt der Fall sein, wenn nicht mehrmals höchst ernsthafte
Gebete zu Gott geschickt würden. Sollte das Stück vielleicht
deshalb .von der Inquisition unterdrückt und infolge dessen
verschollen sein?
Arellano y Cruz (Ramon de). Dessen Drama „Lo
que CIEGA LA PASION A TINA MUJEB DESPECHADA" ist oiu
confuses Intriguenstück mit den abscheulichsten Gongorismen.
„Fuego y nieve me pasman", „Soy organizado yelo" sind
nette Pröbchen dieser Art.
Arm est (Manuel Francisco de), Geheimsecretär der
Inquisition, verfasste 1735 die Heiligendramen „La coroni-
304 Andere Dichter der Epigonenzeit.
STA MAS GBANDE DE LA MAS SAGBADA HISTOBIA, SOB MaBIA
DE Jesus de Agbeda", zwei Theile. Die Stücke sind wohl-
gemeint, aber nüchtern; ihr Hauptreiz bestand ohne Zweifel
in der Entfaltung eines grossartigen Schauapparats von Vi-
sionen u. s. w.
Arteaga y Montalvan (Bemardo de) schrieb das
Drama „Tbhjneos de Felipe Quinto y Efectos del Hey
Jacobo". Dasselbe zeigt immerhin etwas Talent, aber die
Sprache leidet an Schwulst, imd die Situationen sind nicht neu.
Ayala y Guzman (Marcelo Antonio de) ist Verfasser
mehrerer Dramen. „No hay contba el hado depensa y
Destbuicion de Tebas" ist eine aufgebauschte novelleske Dar-
stellung der Einnahme von Theben durch Alexander den
Grossen. — Die beiden Theile der Comödie „Las tbavesu-
BAS DE Don Luis Coello" behandeln in gleich gongoristi-
scher Sprache die Schelmenstreiche eines spanischen Cabal-
leros, welcher indessen ein tapferer Soldat ist. Den Hinter-
grund des ersten Theils bildet die Erhebung Masaniello's, den
des zweiten diejenige der Portugiesen gegen das spanische
Joch, 1640. Die Transformation des Helden in einen Schatz-
gräber, fingirten Gesandten, fingirten Herzog, Mönch, Car-
dinal, Biscayer, Geist, Zigeuner u. s. w. sind ebenso erstaun-
lich als unglaublich und offenbar auf ein Publikum berechnet,
welches an starke Würzen gewöhnt war.
Ayala (Matias de) hat ein ebenso langweiliges, als in
jeder andern Beziehung unausstehliches Drama: „Gtjebbas de
GELDS Y amob" geschrieben.
Aznar Velez (Garcia), nach Barrera Pseudonym für
Andres Gonzalez de Barcia, ist Autor mehrerer Comödien.
„(^QxjE ES LA ciENCiA DE BEiNAB?" ist oiu Drama, mit dessen
Plan und Charakteren sich der Dichter offenbar Mühe ge-
geben hat, obgleich diese gute Absicht einen nennenswerthen
Erfolg nicht aufweist. — „El sol obediente al hombbe",
die Geschichte der Eroberung Jerichos durch Josua, ist da-
gegen ein geradezu unerträgliches Stück.
Bazo (Antonio) war ein nachdenkender Dramatiker,
dessen beide Dramen aus der persischen Geschichte: „Paz
DE Abtajebjes con Gbecia" und „La piedad de un hijo
VENCE LA IMPIEDAD DE UN PADBE Y JUBA DE AbTAJEBJES,
Key de Pebsia" einen guten Plan und sorgfältige Charak-
Andere Dichter der Epigonenzeit. 305
«
terisirung zeigen. Hiermit hält jedoch die Ausführung nicht
gleichen Schritt, und die Diction ist nüchtern, wenn auch
rein. — Weniger gut ist das Heiligendrama „Los tees mayo-
RES POBTENTOS EN TRES DISTINTAS ED ADES, EL OBIGEN RE-
LiGioso Y BLASON CABMELiTANO ", wclches übrigeus auch dem
Melchor Fernandez de Leon zugeschrieben wird.
Be na vi des (der Licentiat Juan Antonio de). Dessen
Drama „Loca, cuebda y enamobada y Aceetae donde hay
ebboe" ist eine höchst mittelmässige Epigonenarbeit mit
vielen Gongorismen. Die Heldin ist eine Prinzessin, welche
sich wahnsinnig stellt, um ihren Prinzen heimlich zu em-
pfangen.
Bolea y Alvarado (Juan de) war 1698 Kammerherr
des Marquis von Belmonte. Sein seltenes Drama „Ciencias
impiden tbaiciones" ist in Bezug auf unsinnig aufgeblasene
Sprache, schlechte Führung der Handlung und Bedeutungs-
losigkeit der Charaktere kaum zu übertreffen.
Botello Froes de Figueredo (Luis), 1675 zu San-
tarem geboren, war später Advocat in Madrid und starb
dorten am 15. December 1720, kurz nachdem er zum Cor-
regidor von Alicante ernannt worden war. Seine Comödie
„CON AMOB NO SIEMPBE LA VEBDAD ES LO ME JOB " (welche
auch Don Antonio Manuel Botello zugeschrieben wird) ist
ein nicht verdienstloses Intriguenstück, welchem jedenfalls vor
vielen andern der Periode der Lobspruch gebührt, den wider-
wärtigen Modeschwulst vermieden zu haben.
Bustamante (Jos6 Fernandez de) hat 1759 zu Madrid
einen Band mit sieben Comödien — worunter eine Zauber-
comödie: „Celos atJn imaginados conducen al pbecipicio y
Magico Diego Tbiana" — herausgegeben und soll später
einen zweiten Band veröffentlicht haben. Nach dem Stücke
„No SIEMPBE EL DESTINO VENCE, SI EN SU IMPEBIO AMOB
DOMINA Y Peincipes encubieetos" ZU urtheüeu, welches
eine confuse Handlung und gongoristische Sprache zeigt, muss
er den unbedeutenden Epigonen beigezählt werden.
Canton de Salazar (Juan), Kanonikus der Kathedrale
von Burgos, schrieb verschiedene geistliche und weltliche
Dramen, unter anderen auch eine in reiner Sprache abge-
fasste Zarzuela: „Los estbagos de Cupido y Dulces elechas
DE Amob."
SCHiEFFEB. II. 20
306 Andere Dichter der Epigonenzeit.
Carbonell (Doctor Francisco). Dessen Drama „Xo
CABE MAS EN AMOR, NI HAT AMOR FIRME SIN CELOS" be-
handelt den unwahrscheinlichen Gedanken, dass ein Fürst,
um der geliebten Nebenbuhlerin zu gefallen, derselben incog-
nito sein eigenes Reich erobern hilft. Wahrscheinlich hat
Carbonell hierbei Calderon's „Afectos de odio t amor" vor
Augen gehabt. Im übrigen ist die Intrigue fein durchgeführt,
und die Verse sprechen durch Wohllaut an.
Von Carnerero (Pedro) besitzen wir ein Drama: „La
fuente de las virtudes", welches den oft gebrauchten
Stoff der Verführung eines Jünglings durch den Dämon und
dessen schliessliche Rettung durch Anrufen der heiligen Jung-
frau behandelt. Die Handlung ist nicht übel ausgedacht, aber
die Sprache ist nüchtern, die Charakterisirung matt.
Cienfuegos (Nicolas). Dessen Drama „Amor es oculta
fuerza" (Com'edia comedida) verdient keineswegs seinen
zweiten Titel: „Bescheidene Comödie." Es ist im Gegentheil
eins der haarsträubendsten cultistisch-aufgeblasenen Stücke der
altspanischen Dramatik, und man könnte versucht sein, eine
Parodie dahinter zu vermuthen, wenn diese Absicht nur ir-
gendwie angedeutet wäre.
Cordero (Pedro), ein Neuspanier, sagt am Schlüsse
seiner Comödie „El principe jardinero t Mator ciencia
latjreada", er habe dieselbe in zehn Tagen geschrieben. Das
Stück zeigt einiges Talent, welches indessen durch Unwahr-
scheinlichkeit der Handlung, Schwulst und Weitschweifigkeiten
geradezu verdeckt wird.
Crespo de laPinilla (Alonso) ist Verfasser des Schau-
spiels „Saber ser loco es cordura". Wie aus dem Titel
hervorgeht, dreht sich die Handlung um das beliebte Motiv
vorgeblichen Wahnsinns behufs Erreichung eines mit grossen
Schwierigkeiten verbundenen Ziels. Das Stück zeigt nur
massiges Talent.
Von Delgado (Manuel Daniel) lässt sich bedeutend
Günstigeres sagen, obgleich er sich am Schlüsse seiner vor-
trefflichen Comödie „Cömo se enganan los celos" als „Erst-
lings-Dichter" bezeichnet. Das genannte Lustspiel reiht sich
den Nachahmungen der Calderon'schen Intriguenstücke wür-
dig an; die Verwickelungen sind nicht neu, aber lebhaft und
logisch durchgeführt, die Sprache ist energisch und im all-
Andere Dichter der Epigonenzeit. 307
gemeinen rein. Es ist eins der erquicklichsten Producte der
Epigonenzeit, scheint aber selten zu sein, da Barrera dessen
Titel nur nach Moratin citirt.
Estrada y Bustamante (Antonio de) schrieb 1742:
„El asombro de Aegel y Magico Mahomad".
Fernandez (Antonio Pablo) war ein wenig beanlagter,
cultistischer Schriftsteller. In „La peudencia en la ninez"
ist das Hauptmotiv von Lope de Vega's „La boba para los
OTROs Y disceeta paea si" bonutzt. — „El angel, lego y
PASTOR, San Pascual Bailon" ist ein ungelenk geführtes,
wenig interessantes Heiligendrama.
Von Ferrer (Alejandro) werden zwei Comödien, unter
andern das Zauberstück „Tambien habla lg insensible ö
Encantos de Rosimunda" angeführt.
Von Fuente Arevalo (Salvador de la), einem Schau-
spieler, besitzen wir eine Heiligencomödie „La mejor flor
de Constancia, Santa Catalina, virgen y maetir", ein
werthloses Stück mit grossem Schau-Apparat.
Furmento (Antonio), ein formgewandter Autor, schrieb
das Schauspiel „Sastre, rey y reo a un tiempo, el Sastre
de Astracan", ein nicht uninteressantes Stück, dessen Stoff
er wohl Gueulette's „Le5 mille et un quart dlieur&' entnahm.
Auch befasste er sich mit der Verfertigung von dramatischen
Arbeiten für Privatvorstellungen mit absichtlich geringer
Personenzahl. Hierher gehören „Lances de amor, desden
Y GELDS " und „En vano es querer venganzas, cuando
AMOR PAsiONES vence". Die Handlung des letztern ist ge-
radezu blödsinnig.
Garro (Santiago) ist Verfasser einer Comödie: „Mtfsi-
COS AMC Y CRIADO Y El AMOR PCR EL RETRATO", in dorOU UU-
geschickt geführte und etwas langweilige Handlung als Würze
bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit Arien und
Duette eingestreut sind. Sogar „Jäcaras" und „Folias" hat
der Dichter nicht verschmäht.
Girian y Caro (Fernando de), Regidor von Carmona
auf Lebenszeit, hat ein Schauspiel „El peligro en mar y
tierra" geschrieben, dessen ernster Ton innerer Ueberzeu-
gung wohlthuend anspricht. Die Handlung dreht sich um die
Versuchungen eines Büssers „zur See und zu Land".
Guerrero (Manuel Vicente), ein berühmter Schauspie-
20*
308 Andere Dichter der Epigonenzeit.
1er, schrieb einen vierten Theil des Zauberstiicks „ El anello
DE GiGES".
Hidalgo (Manuel) hat zu Caüizares' Zaubercomödie „El
ASOMBBO DE LA Franclä., Maeta LA Romoeantina" einen
vierten Theil verfasst.
Janer y Perarnau (Matias). Dessen mythologisch-
novelleskes Drama „La Politica de Amoe" ist den Stücken
dieser Gattung von Calderon so getreu nachempfunden, dass
man es beinahe für eins der unbedeutendem des Meisters
halten könnte.
Lobera y Mendieta (Jose de) ist Autor dreier Dra-
men. „La MUJEE MAS PENITENTE Y ESPANTO DE CAELDAD,
LA VENEEABLE HEEMANA MaEIANA DE JeSUS", ZWei Theile,
behandelt die Geschichte der Titelheiligen in der Manier
eines Bänkelsängers oder Bettelmönchs, handwerksmässig und
ohne Phantasie. Dies geht so weit, dass die Stellen aus
einem, von deren Beichtvater Don Luis de Mesa geschrie-
benen zweibändigen Leben der Heiligen, nach Kapitel und
Seite am Rande citirt werden. Besonders widerwärtig sind
die kleinlichen Selbstquälereien der Heldin. — „Sin el obo
piEEDE Amoe, lmpeeio, lustee y valoe" ist eine Zarzuela,
in welcher der Sieg des Goldes über Amor, hauptsächlich
durch die Geschichte der Atalanta, dargestellt wird.
Lobo (Eugenio Gerardo), geboren gegen Ende des sieb-
zehnten Jahrhunderts zu Toledo , von Ferdinand VI. zu hohen
militärischen Ehren befördert, gestorben 1756 oder 1757,
hat zwei Dramen verfasst, worunter ,-,Los maetiees de To-
ledo Y Tejedoe Palomeque". Dieses Stück gehört der
Durchschnittswaare der Epigonenzeit an und verdient in kei-
ner Beziehung besondere Beachtung.
Lopez de Gastro (Jose Julian), geboren zu Madrid
1723, gestorben 1762, war ein Verseschmied, dessen Co-
mödie „Mas vale taede que nunca" keiner Erwähnung
bedürfte, wenn nicht der äusserliche, für eine Privatvor-
stellung berechnete Umstand, dass keine Damenrollen
darin vorkommen, für das Epigonenthum so charakteristisch
wäre.
Lozano Estarrues (Francisco) ist Verfasser des Hei-
ligendramas „El Fenix espanol, San Loeenzo Maetie",
Andere Dichter der Epigonenzeit. 309
eines unbedeutenden Stücks im herkömmlichen Stil der Pe-
riode. — Das Gleiche gilt von:
Martinez' (Nicolas Gonzalez) Heiligencomödie „Santo,
ESCLAVO T EET A UN TIEMPO Y MEJOR LIS DE FeANCIA, SaN
Luis", welche die ägyptische Gefangenschaft König Ludwig's IX.
(des Heiligen) von Frankreich behandelt.
Merano y Guzman (Antonio) hat eine Zaubercomödie
„En VANO EL PODER PERSIGUE A QUIEN LA DeIDAD PRO-
TEJE Y Magico 'Apolonio" vorfasst.
Reynoso y Quinones (Bernardo Jose de) ist Autor
mehrerer Heiligendramen , unter andern der zwei Theile einer
Geschichte der heiligen Magdalena: „El sol de la ee en
Marsella y conversion de la Francia, Santa Maria Mag-
dalena" und „Mas resplandeciö en su ocaso el Sgl de
LA Magdalena", welche einen grossen Schau -Apparat und
viel Musik, aber nur eine kärgliche und poetisch werthlose
Handlung aufweisen. — Das Gleiche kann von:
Ripoll Fernandez de Uruena's (Francisco Antonio)
„Ingenio y representante, San Gines y San Claudio" ge-
sagt werden. Es ist die Dramatisirung der bekannten, auch
in Lope de Vega's „El eingido verdadero" dargestellten
Begebenheit, wie sich der heilige Gines, ein römischer Schau-
spieler, während einer Theatervorstellung vor den Augen des
Christenverfolgers Diocletian taufen lässt und dafür den Mär-
tyrertod erleidet. An heidnischer und christlicher Götter-
maschinerie fehlt es nicht, wohl aber, trotz allen guten Wil-
lens, an wahrhaftem Dichterfeuer. — Auch einen dritten Theil
zu dem bekannten Zauberstück „Marta la Romorantina"
hat Ripoll verfasst.
Salvo y Vela (Juan), seines Zeicheiis ein Schneider,
schrieb nicht weniger als fünf, vielleicht sogar sechs Theile
einer Zaubercomödie, betitelt „El magico de Salerno". Um
Mannichfaltigkeit in die verschiedenen Abtheilungen zu brin-
gen, stirbt der Held am Schlüsse des zweiten Theils; im
dritten nimmt der Dämon seine Gestalt an, im vierten und
fünften thut ein gewisser Camilo, der eine starke Familien-
ähnlichkeit mit dem Dämon hat, das Gleiche. Das Ganze
ist ein Gewebe von Blödsinn ohne jede Spur von Poesie;
Taschenspielerstückchen wechseln mit der Vorführung grie-
chischer Gottheiten und allegorischer Figuren ab, aber dem
310 Andere Dichter der Epigonenzeit.
Geschmack der Epoche scheinen diese Stücke entsprochen zu
haben. — Auch Heiligendramen hat der erfolgreiche Schnei-
der verfasst, wohl aus dem Grunde, durch üebertragung sei-
ner Zauberstückchen auf das Gebiet des Glaubens — als
Mirakel — seinem Kepertoire etwas Abwechslung zu ver-
leihen. Im ganzen genommen, ist ihm eine gewisse Gewandt-
heit in der Erfindung absonderlicher, wenn auch oft unsinniger
Situationen nicht abzusprechen. Das Motiv seines Schauspiels
„Tambien hat duelo en los Santos", dass sich zwei Schutz-
heilige aus ßeputationsneid in Patronisirung ihrer speciellen
Schützlinge gegenseitig überbieten, fällt entschieden ebenfalls
unter diese Klassifikation.
Sanchez (Tomas Bernardo) hat eine Zaubercomödie in
zwei Theilen verfasst. Im ersten „El Magico Sigismundo"
verschreibt der Held dem Dämon seine Seele, um Magier zu
werden, im zweiten: „El gean magico de Europa, Sigis-
MUNDO EL ROMANO Ö EL IriS DE PAZ EN CaNTABRIA, NuE-
STRA Senora de Aranzazu" scheiut, dem Titel nach, die
heilige Jungfrau — wie gewöhnlich — dem Teufel die ge-
wonnen geglaubte Seele wieder zu entreissen. Der erste
Theil ist ein abscheuliches Machwerk, wahrscheinlich auch
der zweite.
Scotti de Agoiz (Pedro), ein angesehener Edelmann ita-
lienischer Herkunft, starb etwa 1730. Er ist Verfasser zweier
Comödien und zweier Zarzuelas. — Das Drama „El primer
BLASON DE Israel" behandelt den Kaub der Dina; die Hand-
lung ist gedehnt und nicht recht dramatisch, die Sprache
gespreizt.
Scotti Fernandez de Cordoba (Francisco), Sohn des
Obigen, war königlicher Feld-Stallmeister imd Santiago-Ritter.
Sein Guapo- Stück: „El valor nunca vencido y Hazanas
DE Juan de Arevalo" behandelt in ungelenker Weise und
nüchterner Sprache die zweifelhaften Heldenthaten eines
Tabackschmugglers, welcher durch das Bersten seiner eigenen
Pistole den Tod findet.
Suarez (Gabriel) ist Autor zweier Guapo -Stücke: „El
ASOMBRO DE JeREZ Y TERROR DE AnDALUCIA, DON AgUSTIN
Florencio" und „El bandido mas honrado y que tuvo
MEJOR EIN, Mateo Vicente Benet". Letzteres Drama ist
eins der besten seiner Gattung; die Handlung ist lebhaft.
Andere Dichter der Epigonenzeit. 311
die Sprache energisch ohne Schwulst. Um die Pulvereffecte
zu steigern, werden nicht allein Flinten-, sondern auch Ka-
nonenschüsse abgegeben. Der angi-eifbarste Theil des Stücks
ist dessen Schluss, da der Kaufbold statt der verdienten
Strafe ein Hauptmannspatent erhält.
Tellez de Acevedo (Antonio), ein Hofbeamter, hat
mehrere Dramen geschrieben, w^orunter zwei Theile einer
Heiligencomödie „Amae antes de nacer, La paloma Domi-
nica, Santa Columba de Reati". Dieselben weisen nichts
Xennenswerthes auf, als die unendlich langen Bühnenweisun-
gen für das Arrangement der Himmelsvisionen, ein Beweis,
dass der Autor diese für das Wichtigste ansah.
V all es (Jose), ein Valencianer, wird als Verfasser meh-
rerer Dramen genannt. Das bekannteste derselben ist „El
MAS TEMiDO Andaluz Feancisco Esteban", ein Guapo-Stück
im gewöhnlichen Stil, dessen Schluss — das unabsichtliche
Niederschiessen des Bravos durch einen Kameraden — jedoch
einigermaassen der verderblichen moralischen Atmosphäre der
Handlung entgegenwirkt.
Von Vazquez de Villasante (Jose), dem Heldenvater
(Barba) einer sevillanischen Schauspielergesellschaft, sind uns
mehrere Stücke erhalten, unter andern eine blödsinnige, me-
lodramatische Zaubercomödie „Lo que peevino el destino,
SE LOGEA CONTEA LA CIENCIA T EnCANTOS DE EoSIMÜNDA".
Von Fabrikarbeit mehrerer Dichter ist bei den Epigonen
wenig zu finden, dagegen spielen die anonymen Comö-
dien eine bedeutende EoUe. Von diesen seien zum Schlüsse
erwähnt:
„El asombeo de Jeeez, Juana la Eabicoetona", „La
CiECE DE DOS coEONAs" (oiu eigeuthtimliches Stück, in wel-
chem eine Hexe die EoUe einer verstorbenen Prinzessin von
Polen spielt), „El esclavo poe amoe y Magico Lusitaeeo",
„El Magico aeeicano 6 Esclavo y senge a un tiempg",
„El Magico en Cataluna", drei Theile, sämmtlich Zauber-
comödien;
„La chaepa MAS vengativa y Güapo Baltasaeet",
ein Guapo-Stück;
312 Schlusswort.
„La luz DEL soij en Oriente", „El mas dichoso pro-
DiGio", „El nino gigante, San Mamed", „El prodigio de
ViTERBo", „El renegado de Carmona" (von der Inquisition
verboten), sämmtlich Heiligencomödien, deren Liste sich
nach Belieben ausdehnen Hesse.
Mit unserer Aufgabe: der Geschichte des spanischen
Nationaldramas, sind wir hier zu Ende. Den wenig interes-
santen, weitem Gang der dramatischen Dichtung in Spanien
haben wir in der Einleitung kurz angedeutet. Ebendaselbst
erwähnten wir, dass die Zeiten einer wirklich nationalen
Literatur infolge des innigen Wechselverkehrs der Völker
Europas unwiederbringlich vorüber sind. So wenig dies vom
allgemeinen Culturstandpunkte aus zu beklagen ist, so sehr
gewinnt der Rückblick auf ältere Literaturperioden an In-
teresse für jeden Gebildeten. Und dass in dem von uns be-
handelten Abschnitt eine der gewaltigsten Aeusserungen des
Nationalgefühls irgendeines Volkes ans Licht tritt, ist un-
bestreitbar. Nicht allein steht das altspanische Theater
gänzlich auf sich selbst, indem es weder dem classischen
Alterthum, noch irgendeiner spätem Dramatik die geringste
Verpflichtung schuldet; nicht allein hat es eine bestimmende
Wirkung auf die französische, in geringerm Grade auch auf
die spätere englische und italienische Bühnendichtung geübt
— es steht auch da als eine homogene Masse von so ge-
waltigem Umfange, wie sie in der Literaturgeschichte keiner
andern Nation wieder erscheint. Dass sich unter diesem
Reichthum vieles vorfindet, was unbedeutend, schal oder gar
verderblich ist; dass selbst den bessern Productionen Fehler
und Gebrechen anhaften, welche uns im künstlerischen Ge-
nüsse derselben stören, versteht sich von selbst und ist
von uns nicht verschleiert, sondern deutlich hervorgehoben
worden. Aber diese menschliche UnvoUkommenheit zuge-
geben, bleibt überreichlicher Stoff zu warmer Bewunderung.
Mit ungetheiltem Stolze darf das spanische Volk auf jene
glorreiche Epoche zurückblicken; mit nationalem Selbstbe-
wusstsein darf es sich des unendlichen Schatzes freuen, den
seine Vorfahren mit so rastloser Energie zusammengetragen
Schlusswort. 313
haben. Aber auch dem Literaturfreund jeder andern Nation
blühen jene Rosen, wenn er sich nur entschliessen kann, die
nicht übermässig schlimmen Domen zu überwinden, welche
die Erlernung der Sprache des Cervantes darbietet. Dann
aber beleben sich vor seinen erstaunten Sinnen die roman-
tischen Gestalten einer ritterlichen Vorzeit, das Dornröschen
der altspanischen Dramatik schlägt die Augen auf und be-
lohnt mit seinem entzückenden Anblick den muthigen Er-
forscher seines Zauberreiches!
ZUSÄTZE UND BEEICHTIGUNGEN.
Zu Band L
S. 15. Juan Eana war der Bühnenname des Schau-
spielers Cosme Perez, hatte sich aber bei seinen Zeit-
genossen so eingebürgert, dass er geradezu als der richtige
Name angesehen wurde (s. Gallardo, „Ensayo de una bibh
esp.^', Bd. I., Col. 115 und Caramuel, „Frimus calarmis",
citirt bei Schack, II, 671).
S. 19. Comödienaufführung in Lerma. Aus einem
Werkchen: „Fiestas de Lerma en la traslacion del San-
tisimo Sacramento ä la iglesia colegial de Lerma'^^ geht
hervor, dass die von Lopez de Zärate geschilderte Feier-
lichkeit im Jahre 1617 statthatte. Diese Vor-Datirung
um einige Jahre hat im übrigen keinerlei Wichtigkeit für
unsern Zweck und soll hier nur der Genauigkeit halber
erwähnt werden.
S. 25. Dramatiker zu Zeiten des Encina. Den
an dieser Stelle genannten Dichtern mag noch Diego San-
chez de Badajoz (auch „de Talavera") beigefügt
werden. Nach dem einzig erhaltenen Exemplare der Samm-
lung dramatischer Stücke dieses Autors aus der ehemaligen
Bibliothek Salvä, ist von D. V. Barrantes ein Neudruck
derselben veranstaltet worden. Es wäre indessen nicht be-
sonders bedauerlich gewesen, wenn das Buch in seiner Ver-
gessenheit geblieben wäre. Die Stücke scheinen meisten-
theils zu Weihnachtsvorstellungen bestimmt gewesen zu sein;
Zusätze und Berichtigungen. 315
den grössten Platz nehmen rohe Possen mit dem „Tölpel"
ein, der gewöhnlich ein Hirte ist. Mit einem Torres Na-
harro kann Sanchez nicht in einem Athemzuge genannt wer-
den; die Structur seiner Fabeln ist viel roher, die Spässe
weit handgreiflicher und gemeiner. Geradezu unbegreiflich
roh ist seine „Faesa de Tamar", deren Inhalt nicht einmal
angedeutet werden kann. Auf die „Farsa de Santa Bae-
baea" ist bei Gelegenheit der Besprechung von „El pleito
DEL DEMONio CON LA viegen" (Bd. II, S. 283) Bozug ge-
nommen worden. In der „Faesa moeal", in welcher sich
mehrere allegorische Personen breit machen, wird uns —
wie später in G. de Castro's „Las maeavillas de Babilo-
nia" und dessen Nachahmung: „El beüto de Babilonia"
von Moreto, Matos und Cancer, Nebukadnezar's Verwand-
lung in ein Rind vorgeführt. Eine nähere Betrachtung die-
ser und der übrigen Werke des Sanchez gehört jedenfalls
nur in eine Specialgeschichte der vor-Lope'schen Dramatik.
S. 75. Biographisches etc. über Lope de Vega.
Grillparzer in seinen „Studien zum spanischen Theater"
macht auf eine Stelle in Lope's Vorrede zu „El mejoe mozo
DE Espana" (Band 20 der Comödien) aufmerksam, welche
einigen biographischen Werth besitzt: „D^Ve solamente en
prueba de servicios de criado de la casa y cörte de su Ma-
jestad, que el que hizo al rey nuestro senor Felipe tercero
en la Jornada de Francia (d que yo me halle presente),
cuando aquella formidahle tempestad entre Irun y Fuenter-
rabia, airado el cielo^ soberbio el mar^ y perdido el Camino,
estuvo cerca de perder la vida, pues no fue menos queddr-
sela, en tanto desamparo conducirle al puerto." Der An-
geredete ist Don Pedro Vergel, Beamter des Haus- und
Hofhalts des Königs. Die erwähnte Reise fand 1615 statt,
und dass sie Lope in der Eigenschaft eines Chronisten
mitmachte, geht aus einer von Hartzenbusch gemachten Mit-
theilung aus einem Manuscript der Nationalbibliothek zu
Madrid hervor (s. Band I der ,^Comedias escogidas de Lope
de Vega'' in der Rivadeneyra-Bibliothek, S. XX). Bei dieser
Gelegenheit sei der Literaturfreund auf die oben erwähnten
Studien Grillparzer's über das spanische Theater, d. h. über
Lope de Vega aufmerksam gemacht, denn so lose und nach-
lässig dieselben hingeworfen sind (sie waren gewiss von ihm
316 Zusätze und Berichtigungen.
nicht zur Veröffentlichung bestimmt), so zeigen sie in höchst
interessanter Weise, wie sich das Genie des „Wunders der
Natur" in einem echten Dichterherzen widerspiegelte. —
Sorgfaltiger geschrieben, wenn auch nicht von dem intuiti-
ven Dichtergeiste Grillparzers beseelt, ist die lobenswerthe
Arbeit M. Enk's: „Studien über Lope de Vega Carpio",
Wien 1839. Dagegen muss das oft citirte Werk Lord Hol-
land's: „Some account of the life and writings of Lope
Felix de Vega Carpto" als eine dilettantenhafte, durch-
aus werthlose Arbeit gekennzeichnet werden. Sie wird schon
durch das Bekenntniss des Verfassers, er habe nur 50 Dra-
men Lope's gelesen und von der Lektüre der übrigen aus
ästhetischem Ekel abgesehen, genügend charakterisirt. Auch
HoUand's Arbeit über Guillem de Castro ist gleich ober-
flächlich. Der schriftstellemde Lord steht zum Ueberfluss
auf dem Standpunkt der französischen Pseudo-Classicität.
S. 85. Lope de Vega: „Eli Peeseguido". Die Haupt-
bestandtheile der Handlung fand Lope in einer Novelle des
Bandello (Theil IV, Nov. 6). Hier wird uns erzählt, wie
sich die Herzogin von Burgund in Carlo Valdrio, einen
Schützling ihres Gemahls, verliebt, demselben ihre Leiden-
schaft erst versteckt, dann deutlich offenbart, von ihm
zurückgewiesen wird und ihn alsdann bei dem Herzog der
versuchten Verführung anklagt; wie Carlo seinen Gebieter
durch den Augenschein überzeligt, dass er mit dessen ver-
witweter Nichte (nicht Schwester) heimlich vermählt ist;
wie die Herzogin ihren Gemahl überredet, ihr dieses Ge-
hdmniss zu offenbaren; wie sie die Nebenbuhlerin alsdann
derart kränkt, dass diese aus Scham und Schmerz stirbt;
wie sich Carlo über ihrer Leiche tödtet, und wie der Herzog
hierauf seine schändliche Gemahlin erdolcht. — Man sieht,
Lope hat die Katastrophe geändert und eine grosse Fülle
von Episoden eingeschaltet.
S. 122, 383 und a. a. 0. Hexenglauben. Wer sich
ein haarsträubendes Beispiel von dem Aberglauben der er-
leuchtetsten Geister des 17. Jahrhunderts vor Augen führen
will, lese die Ausführungen Montalvan's im „Para todos"
(S. 232 fg. der Ausgabe von Pamplona, 1702).
S. 157. Italienische Novellisten als Quellen
Lope de Vega's. Dass Lope de Vega auch andere alt-
Zusätze und Berichtigungen. 317
italienische Novellisten kannte, beweist seine Bentitzimg der
fünften Novelle der ersten Decade von Giraldi Cintio's „6rK
HecatommiW in „El piadoso Veneciano"; auch könnte
ihm die siebente Novelle der sechsten Decade der gleichen
Sammlung den Grundgedanken zu „Servir a senor dis-
CRETo" geliefert haben. Ob er dem „NovelUno^' des Ma-
succio, den „Piacevoli Notti" des Straparola, dem ^^Peco-
rone'^ und andern derartigen Novellensammlungen Stoffe ent-
nommen hat, lässt sich nicht feststellen, da uns etwa 1500
seiner Comödien verloren gegangen sind; in den dem Ver-
fasser zu Gesicht gekommenen (etwa 350) sind keine Spuren
davon zu entdecken.
S. 162. „Castelvines y Monteses." Wie im Text be-
merkt, hat Lope seine Quelle, die bekannte Novelle Ban-
dello's, durchaus frei benutzt; keinenfalls aber hat er Ban-
dello's Original, die Erzählung Luigi da Porto's: „La Giulietta'^,
vor Augen gehabt, ebenso wenig die noch frühere Novellette
Nr. 33 in Masuccio's „Novellino^^.
S. 201. Lope de Vega: „Barlan y Josaea." Eine
von Juan Arce Solorzeno herrührende Uebertragung des alten
Eomans erschien 1608 zu Madrid unter dem Titel „Historia
de los dos söldados de Cristo, Barlaan y JosafaV^; ohne
Zweifel hat Lope dieses Buch vor Augen gehabt.
S. 203. „El mayor prodigio" von Lope de Vega,
sowie Calderon's „El PURGAtoRio de San Patricio" ver-
danken ohne Zweifel beide ihre unmittelbare Entstehung dem
im Texte angezogenen, 1627 zuerst veröffentlichten Werkchen
von Montalvan: ^^Vida y Purgatorio de San Patricio'^, Wäh-
rend aber Lope hauptsächlich die Geschichte des Ludovico
Enio dramatisch verwerthet, hat Calderon des Leben des
heiligen Patrick mehr in den Vordergrund geschoben. So hat
er z. B. nicht allein das sündhafte Verhältniss Enio's zu seiner
Muhme Teodosia, sondern auch die eigentliche Katastrophe
des Stücks, den Besuch Enio's in der Fegefeuer -Höhle, in
Erzählungen gebracht, anstatt diese wichtigen Motive, wie
Lope, auf der Bühne vorzuführen.
S. 207. Lope de Vega: „El divino Africano".
Die angezogenen Verse: „Desvelate en provocar^' etc. schei-
nen sich, nach einer Stelle in Eivadeneyra's „Flos Sancto-
rum'\ Madrid. 1675, Bd. I, S. 479, auf einen manichäischen
318 Zusätze und Berichtigungen.
Bischof Faustus zu beziehen, mit welchem der heilige Augu-
stinus über seine Lehre disputirte.
S. 236. „ La Babbaba de los montes " wird in
Medel's Katalog als Werk Calderon's angeführt, was —
ebenso wie die im Text erwähnte Angabe des Vera Tassis —
beweist, dass Drucke oder Manuscripte mit Calderon's Namen
vorhanden waren. Es mag hier beiläufig Erwähnung finden,
wie ausserordentlich unzuverlässig die alten Comödien- Kata-
loge sind. Schon die oberflächlichste Prüfung eines solchen
ergibt dies zur Evidenz. Der relativ verdienstlichste ist der
sehr selten gewordene Medel del Castillo'sche, da Huerta
denselben beinahe nur ausgeschrieben und in bessere alpha-
betische Ordnung gebracht hat.
S. 240. Tärrega: „El pbado de Valencia". Die
Katastrophe dieses Stücks verdankt Tärrega wahrscheinlich
einer von Don Luis Cabrera de Cördoba in seinen „Eelacio-
nes'' etc. (Ausgabe von Madrid, 1857, S. 207) erzählten Be-
gebenheit. Dem (zeitgenössischen) Bericht Cabrera's zufolge
überfiel der Herzog von Tursi, um Philipp III. eine Ergötzung
zu bereiten, mit der als Mauren verkleideten Mannschaft
einer Galeone, bei Valencia den Majordomus des Königs, Don
Luis Enriquez, und jagte ihm einen grossen Schrecken ein.
Da der Vorfall am 14. Januar 1604 statthatte-, so wird das
Stück Tärrega's jedenfalls bald darauf (es erschien 1608 im
Druck) verfasst sein.
S. 241. Berichtigung. Zeile 17 von oben ist statt
„Ordens" zu lesen „Barmherzigkeits-Ordens" und die Stelle:
„welchem unser Dichter angehörte" zu streichen.
S. 243. Zur Biographie G. de Aguilar's. In Gal-
lardo's „Ensayo de una hihi. esp.^\ Bd. I, Col. 41, findet sich
ein Gedicht Aguilar's: „Fäiula de Endimion y la Luna";
sollte dieses — wie Salvä ohne weiteres annimmt — die
Composition sein, welche Aguilar die Gunst des Herzogs von
Gandia kostete? Der Stoff ist ja an sich etwas heikel, aber
der Dichter hat ihn in durchaus geziemender Weise be-
handelt.
S. 290. „El principe Escanderbey. " Der Zweifel,
welcher über die Autorschaft dieses Dramas und seines zwei-
ten Theils herrscht, wird durch eine Stelle in Montalvan's
„Para todos" vor dem Auto ,,Escandarhech^^ gehoben. Hier
Zusätze und Berichtigungen. 319
heisst es: ,,Esta es en suma toda la Mstoria verdadera de
Escandarbech, cuya vida escrihiö en dos comedias Luis
Velez de Guevara^' etc. Dass hier nicht etwa verschie-
dene Dramen gleichen Titels in Frage kommen können,
geht aus den gleichlautenden Anfangszeilen des Dramas und
des Autos:
^Quien eres, Fälas cristiana?
^Quien eres, Hüngar a heröica?
zweifellos hervor.
S. 308. Mira de Amescua: „Los Caeboneeos de
Feancia y Reina Sevilla". — Ein Volksbuch „Historia
de la Reina Sevilla^'' wurde mehrmals gedruckt, u. a. zu Se-
villa 1532 und Burgos 1551.
S. 320. Mira de Amescua: „El palacio con-
Euso". In der Vorrede zu seinem ,^Teairo espanoV' spricht
Garcia de la Huerta von Corneille's „Don Sanche d'Aeä-
gon" als Nachahmung des Mira de Amescua'schen „El
PALACIO CONEUSO", knüpft aber hieran die auffallende
Bemerkung: „In Wahrheit gibt es eine andere Comödie
gleichen Titels von Lope de Vega, deren Erwerbung
mir jedoch nicht möglich war." Es ist nun die Frage, ob
sich Huerta nicht einfach durch den Medel'schen Katalog, den
er so gründlich ausschrieb, hat irreführen lassen (was wahr-
scheinlich ist) oder ob wirklich eine Comödie existirt, welche
von der heute bekannten abweicht.
S. 329. Andres de Claramonte lebte noch 1623, was
aus seiner Betheiligung an den Bd. I, S. 380 erwähnten
Spottgedichten auf Alarcon, abgedruckt in der Eivadeneyra-
Bibliothek, Bd. 52, S. 587, zweifellos hervorgeht.
S. 338. Pseudonymen. Ausser dem Pseudonym „Tirso
de Molina" für den Pater Gabriel Tellez (in den Schluss-
versen der betreffenden Comödien gewöhnlich in „Tirso" ver-
kürzt), sind dem Verfasser noch folgende Pseudonymen alt-
spanischer Dramatiker bekannt: „Belardo" für Lope de Vega,
„Lauro" für Luis Velez de Guevara, „Clarindo" für Clara-
monte, „Montane" für Montalvan, schliesslich „Batillo" für
Matfas de los Reyes, falls das Drama „Di mentiea, saca-
EAs veedad" ein Werk dieses Dichters ist. Die Genannten
gehören sämmtlich der ersten Periode an; in der zweiten
nannte man — wo überhaupt der Autor sich dem Publikum
320 Zusätze und Berichtigungen.
vorzustellen für gut fand — den richtigen Kamen, wie in
vielen Stücken Cubillo's, Moreto's, ßojas' u. s. w.
S. 384. Alarcon: „La manganilla de Melilla".
Eine Erzählung des merkwürdigen Vorfalls findet sich auch
in Luis Cabrera de Cordoba's .^Felipe segundo, Rey de
Espana'', Madrid 1619, S. 373 fg.
S. 407. „No HAT AMOB, DONDE HAY AGBAVIO." Es
verdient hier Erwähnung, dass die Autorschaft dieses Dra-
mas nicht zweifellos ist. In dem Inhaltsverzeichniss der sel-
tenen ersten Ausgabe von Antonio de Mendoza's Werken
„JE? Fenix castellano, Don Antonio de Mendoza", Lissabon
1690,* figurirt der Titel folgendermaassen: „La Comedia, No
ay amor donde ay a^ravio, que anda en nombre del autor,
y tiene sus dudas.'' In der Sammlung „Flor de las me-
jores doce Comedias", Madrid 1652 (welche, nebenbei be-
merkt, das unzweifelhaft Cubillo zugehörige Drama „Eii
Senob de Noches Buenas" auch unter dem Namen Men-
doza's bringt) wird allerdings Mendoza als Autor angegeben,
aber der Medel del Castillo'sche Katalog (1735) nennt als
Verfasser einen D. Gaspar de Saravia y Mendoza, von wel-
chem in dem gleichen Kataloge noch' zr^^ei Dramen: „Todo
ESTA sujETO A Amob" uud „Lo QUE ES Comedia" ver-
zeichnet stehen.
S. 426. Das alte „Auto del Empebadob Juveniano"
folgt den „Gesta Eomanorum", Kap. 39.
S. 460. Peyron: „Las eobtunas tbagicas del Du-
QUE DE Memobansi". Der erste Druck dieses Trauer-
spiels findet sich 1640 in dem 32. Bande der „Biferentes".
Da die Hinrichtung des Titelhelden 1632 stattgefunden hatte,
so schöpfte der Autor wohl aus zeitgenössischen politischen
Berichten, dramatisirte dieselben aber jedenfalls mit Vorliebe
im Hinblick auf den grossen Erfolg des im Stoffe ähnlichen
„Mabiscal de Bibon" von Montalvan.
ZUSÄTZE UND BERICHTIGUNGEN.
Zu Band n.
S. 14. Quellen zu Calderon's Heiligendramen.
In „El gban Pbincipe de Fez" spricht es Calderon
klar aus, dass er das Buch des Paters Pedro Rivadeneyra
„Vida de San Ignacio de Loyola" kannte. Weniger bekannt
dürfte sein, dass ihm ein anderes, seinerzeit sehr berühmtes
Werk dieses Jesuiten: ,^Flos Sanctorum^^ (ein umfangreiches
Leben der Heiligen, dessen erste Ausgaben zu Anfang des
17. Jahrhunderts erschienen) als Quelle verschiedener Dramen
gedient haben mag. So wird er zu „Los dos amantes
DEL CiELO" wohl den Artikel Rivadeneyra's „La vida de
los Santos Crisanto y Daria, märtires'^ (in der Ausgabe von
Madrid, 1675, Bd. I, S. 587) vor Augen gehabt haben.
Ebenso finden sich im „Flos Sanctorum'^ zwei Artikel mit
den Ueberschriften Calderon'scher Dramen: „Za exalfacion
de la Cruz'' (I, 510) und ,,El trimfo de la Cruz'' (I, 371).
Der erste behandelt den Stoff des Calderon'schen Schauspiels
„La exaltacion de la Cbuz" in ähnlicher Weise, der an-
dere hat den glorreichen Sieg Alfonso's VHL über die Mauren
bei den Navas von Tolosa zum Gegenstand. Man wird hier-
aus folgern dürfen, dass Calderon's verlorenes Stück „El
TEiUNFO DE LA Cßuz" den gleichen Stoff behandelte, um
so mehr als auch in andern Heiligengeschichten (z. B. in Alonso
de Villegas' „Flos Sanctorum") das gleichnamige Kirchen-
fest auf die genannte Begebenheit zurückgeführt wird. —
SCHJBFTKB. II. 21
322 Zusätze und Berichagmigeo.
Die Geschichte der Heiligen CTprian und Justina ist hii^^en
bei RiTadeneyra fl. 529; gänzlich verschieden von dem Cal-
deron*schen Drama ^Ei. magico prodigioso* erzählt Ein
reicher Lüstling , Agladio. wiU durch Cyprian^s berühmte
Zauberkunst die Liebe der schönen Christin Justina erringen.
Als aber alle Beschwörungen des Magiers fruchtlos bleiben,
bekehrt sich dieser selbst zum Giristenthum und erieidet
später mit Justina den Märtyrertod. Vielleicht darf diese
Verschiedenheit als weiteres, wenn auch nebensächliches Li-
dicium für die Benutzung eines dramatischen Vorbildes
seitens Calderons angesehen werden. — Dass Biradeneyra
ein •. Leben des heiligen Francisco de Boija** verfasste, wel-
chem Calderon s verlorenes Drama wahrscheinlich folgte, sei
hier ebenfalls erwähnt. Rivadeneyra's ernste, würdige Art,
seinen G^enstand zu behandeln, hat offenbar dem ähnlichen
Naturell Calderon's zugesagt, während die meisten altspani-
schen Dramatiker, welche ihre Heiligencomödien im Stile Lope
de Vega*s schrieben, nicht Rivadeneyra, sondern andern, nai-
yem, Tolksthnmlichem Quellen gefolgt sind. Um sich dies
durch einige Beispiele vor Augen zu fuhren, vergleiche man
Diego de Villegas' ••La loca del Ceelo", Tirso de Molina*s
,.Saxto y Sastbe", Justinianos „Los ojos del Ceklo"* mit
den betreffenden Lebensbeschreibungen der heiligen Pelagia,
des heiligen Homobono und der heiligen Lucie in Rivadeneyra's
^Flo8 Sandorum^'', ebenso die Heiligenstücke Lope de V^a's
selbst mit den betreffenden Artikeln im gleichen Werke.
S. 53. Calderon: „La vtrgen de los Remedios".
Nach Barrera's Angabe befand sich in der Bibliothek des
Lord Holland eine dem Lope de Vega zugeschriebene Ma-
nuscript-Comödie: „La Obdes de la REa)ExciON y Virgen
DE LOS Remedios''. Da Francisco de Villegas und Ju-
sepe Rojo, welche für ihre Refimdiciones ausschliesslich Lope
de Vega und dessen erste Schüler in Contribution setzten,
ein Drama „La esclavitud dichosa y Virgen de los
Remedios" verfasst haben, so ist es wahrscheinlich, dass
ihnen erstgenanntes Stück als Vorbild diente. Möglich ist
es aber immerhin, dass dasselbe Drama dem verlorenen
Calderon'schen Schauspiel gleichen Titels als Vorbild gedient
hat oder gar das Stück selbst mit falscher Autorangabe ist.
Letztere Alternative ist allerdings wem'g wahrscheinlich.
Zusätze. und Berichtigungen. 323
S. 58. Calderon's Dramen, Band IV. Der Ver-
fasser besitzt ein vollständiges Exemplar der ungemein selte-
nen ersten Ausgabe des vierten Bandes der Calderon'schen
Comödien. Dessen Titelblatt zeigt das Druckdatum 1672,
was die Bibliographen angesichts des in weitem Kreisen ein-
zig bekannten Exemplars ohne Titelblatt in der National-
bibliothek zu Madrid bisher nur vermuthen konnten.
S. 65. Autos von Calderon. Das Auto „Andeö-
MEDA Y Peeseo" erinnert in den Umrissen einigermaassen
an „FoBTUNAs de Andeömeda y Peeseo", das Auto „Psi-
quis Y CupiDo" (abgedruckt im zweiten Bande der Ausgabe
von 1717) an „Ni Amoe se libea de amoe". Ganz ver-
schieden ist ein anderes Auto Calderon's mit dem gleichen
Titel: „Psiquis y Cupido", welches im ersten Bande der
Ausgabe von 1717 abgedruckt ist.
S. 265. Gallegos (Manuel de). Die Notizen über diesen
Dichter finden sich an passenderer Stelle in Band I, S. 457.
S. 285. Quellen der altspanischen Dramatiker.
Bei „La lavandeea de Napoles, Felipa Catanea" re-
ferirt Herr von Schack auf d'Egly, ^^Histoire des Rois des
dcux Steiles '^ (ein späteres Werk) und Boccaccio's „De ca-
sibus virorum illustrium^^ etc., aber das Dichtertriumvirat
hat entschieden eher das in unserm Text angezogene Werk von
Märtir Rizo, als den Boccaccio, benutzt. Es mag bei dieser
Gelegenheit erwähnt werden, dass sich der Verfasser stets
auf Angabe der Quellen beschränkt hat, welche die be-
treffenden Dramatiker wahrscheinlicher Weise vor
Augen gehabt haben; die Urquellen oder weit abliegende
Werke anzuziehen, wie es mehrfach geschehen ist, hat wenig
Zweck, da die altspanischen Dramatiker ohne Zweifel immer
zu dem Nächstliegenden, d.i. zu zeitgenössischen Ueber-
arbeitungen, Compilationswerken u. s. w. (in der zweiten Pe-
riode auch zu dramatischen Vorbildern) griffen. Um einige
Beispiele anzuführen, hat Lope de Vega bei seinem „Bae-
liAN Y Josafa" gewiss nicht die ältere lateinische Version
des Romans, sondern die 1608 erschienene spanische Ueber-
setzung desselben vor Augen gehabt; Calderon benutzte in
„Aegenis y Poliaeco" nicht den lateinischen Original-
roman des Barclay, sondern eine von dessen 1626 veröffent-
lichten castilianischen Uebertragungen; Montalvan folgte in
21*
324 Zusätze und Berichtigungen.
seinem „Amor, privanza y castigo y Fortunas de Se-
YANo" nicht etwa dem Tacitus (Annales 4, Kap. 1 — 3 u. a. a. 0.\
sondern dem 1621 veröflFentlichten Buche ^,Vida de Elia Se-
yano^^ u. s. w. Wie nahe diese Stoffe den Dichtem oftmals
lagen, geht beispielsweise daraus hervor, dass Montalvan's
„El Mariscal de Biron" schon 1632 im 25. Bande der
,^ Di/er entes^^ vorkommt (in verlorenen Drucken früherer
Bände der gleichen Sammlung vielleicht noch eher), während
seine muthmaassliche Quelle ,^Historia trägica de la vida dd
Duque de Biron^*^ 1629 erschienen war. Des gleichen Dich-
ters Drama „Los amantes de Teruel", welches offen-
bar dem gleichbetitelten Stücke im zweiten Bande Tirso
(1627) seine Entstehung verdankt, erschien 1635 im ersten
Bande der Comödien seines Autors u. s. w. — Ebenso ist
bei den mythologischen Stoffen nicht vorauszusetzen, dass
Lope, Calderon und ihre Schüler etwa zu den griechischen
und römischen Classikem zurückgegriffen hätten, vielleicht
den Ovid ausgenommen. Im Gegentheil macht ihre Be-
handlung des Originals den Eindruck, als ob ihnen die
von den Studienjahren noch zurückgebliebene Erinnerung,
aufgefrischt durch das Drama eines CoUegen oder die Lek-
türe eines der vielen zeitgenössischen erzählenden Gedichte
mythologischen Inhalts, die Anregung zu ihren Stücken die-
ser Gattung gegeben hätte.
S. 312. Der ungeheuere Einfluss, welchen die alt-
spanische Dramatik auf die französische ausübte,
ist in Ad. Puibusque's interessantem Werke „Histoire com-
paree des litter atur es espagnole et frangaise^^ (Paris 1843)
in erschöpfender Weise dargelegt worden.
REGISTER
DER IN VORLIEGENDEM WERKE BESPROCHENEN DRAMEN.
.<Die eingeklammerten Ziffern bezeichnen die Stellen, an welchen von den betreffenden
Stücken nur beiläufig die Bede ist.)
.Abogada de los ojos, Santa Lucia. (Los ojos
del Gielo.) Justiniano. I. 457.
Abogar por su ofensor y Baron del Pinel.
Ganizares. II. 299.
Aborrecer amando.(Aborrecer lo que quiere.)
Montalvan. I. 449.
Aborrecer lo que quiere. (Aborrecer amando.)
Montalvan. I. 449.
Abrahan castellano y Blasen de los Guz-
manes. Hoz y Mota. II. 241.
Abre el ojo. Bojas 2orriIIa. II. 130.
Absalon (Tragedia de). Diaz Tanoo. (I. 56.)
Absalon (Tragedia de). Malara. (I. 56.)
A buen padre, mejor hijo. (Antioco y Se-
leuoo.) Moreto. II. 174. ^
A cada paso un peligro. Los Figueroas.
II. 204.
Acaso y el error. Calderon. II. 53.
Acero de Madrid. Lope. (II. 173.)
Acertar pensando errar. (Ello es hecho.)
Bosete. U. 216.
A oual mejor, confesada y oonfesor. GaxU-
zares. II. 300.
Adan 6 la creacion del mundo. G. de la
Fuente. I. 457.
A Bios por razon de estado. (Auto.) Cal-
deron. II. 66.
Adonis y Venus. (Yenus yAdonis.) Lope.
I. 199.
Adültera penitente. Moreto, MatosdkC&ncer.
II. 286.
Adültera virtnosa. Mira de Amesoua. 1. 319.
Adversa fortnna de Don Alvaro de Luna.
(Tirso II. Bd.) I. 875.
Adversa fortuna del Gaballero del Espfritu
Santo. Grajales. I. 267.
Adversa fortuna del Infante Don Fernando
de Portugal. Lope. II. 14.
^dversa fortuna del muy noble oaballero
Buy Lopez de Avalos. Poyo. I. 276.
Afanador el de Utrera. Belmonte. I. 431.
Afectos de odio y amor. Calderon. II. 41.
(II. 70. 306.)
Agradecer y no amar. Calderon. II. 41.
A gran dano, gran remedio. Villayzan.
I. 440.
Agravio agradecido. M. de los Beyes. 1. 461.
Agua mansa. (Gu&rdate del agua mansa.)
Calderon. II. 52.
A igual agravio no hay duelo. Cuenca.
IL 262.
Alba y el Sol. Luis Yelez. I. 287.
AI buen callar Uaman Sancho. (El celoso
prudente.) Tirso. I. 369.
Alcaide de sf mismo. Calderon. II. 46.
Alcalde de Zalamea. (£1 garrote m&s bien
dado.) Calderon. (1. 190.) II. 36. (II. 170.)
Alcalde de Zalamea. Lope. II. 38.
Alc&zar del Secreto. Solls. II. 150.
Alejandra. Lup. Leonardo de Argensola.
I. 71.
Algunas hazanas del Marques de Canete.
9 Autoren. (IL 289.)
Alma (Auto da). Gil Vicente. I. 29.
Almenas de Toro. Lope. (I. 81.) I. 185.
AI noble su sangpre avisa. Paz. II. 272.
A lo hecho no hay remedio. (El principe
de los montes.) Montalvan. I. 449.
A lo que obliga el honor. Enriquez Gomez.
II. 107.
A lo que obliga el honor y duelo contra
SU padre. (Por acrisolor su honor, compe-
tidor hijo y padre.) Cafiizares. II. 297.
A lo que obliga el ser rey. Luis Yelez.
I. 295.
A lo que obligan los oelos. Enriquez Gomez.
II. 106.
A lo que obliga un agravio. Matos A Yilla«
viciosa. (I. 133. 135.) II. 281.
AI pasar del arroyo. Lope. I. 166.
A11& dar&B, rayo. Lope. I. 112. (I. 115.)
A11& se ver&. (La tia dela menor.) Matos.
II. 195.
A11& van leyes dö quieren reyos. G. de
Castro. I. 230. (II. 288.)
Amadis de Gaula. Gil Yioente. I. 30.
Amadis y Niquea. F. de Leyva. II. 211.
Amado y aborrecido. Calderon. II. 41.
Amante aströlogo. (El aströlogo fingido.)
Calderon. II. 5t.
Amante m&s cruel y la amistad ya difunta .
Ulloa. II. 274.
Amantes de Cartago. Aguilar. I. 245.
Amantes de Salemo. Anorbe. II. 302.
Amantes de TerueL Montalvan. I. 445.
(II. 324.)
Amantes de Teruel. (Tirso II. Bd.) I. 371.
(II. 324.)
Amantes de Teruel. Bey de Artieda. I. 63.
Amantes portugueses. Lozano. II. 267.
Aman y Mardoqueo. (La horca para su
duefio.) Godinez. I. 435.
Amar äntes de nacer. (La paloma dominica.)
I A II. Acevedo. II. 311.
326
Register.
Amar detpaes de lamaerte. (Kl Tozani de
la Alpajarra.) Galderon. II. 29.
Amar es aaber vencer. Zamora. II. 294.
Amar por arte mayor. Tirso. I. 365. (II. 48.)
Amar por fnersa de estrella. (El Portnguös
en Hangrfa.) Cordero. H. 258.
Amar por rason de eetado. Tirso. I. S€l.
Amar por senas. Tirso. I. 3G0. (IL 50.)
Amar sin ver. ICartinez. II. 137.
Amar y no agradecer. Salgado. IL 273.
Amazonas. Solls. II. 15u.
Amazonas de Espana. Juan del Castillo.
II. 257.
Amazonas en las Indias. Tirso. I. 343.
Amigo, amante j leaL Galderon. TL. 43.
Amigo el enemigo. Gepeda. I. 457.
Amistad castigada. Alarcon. I. 385.
Amo criado. (Donde hay agrarios, no hay
celos.) Bojas Zorrilla. II. 124.
Amor al uso. Solis. IL 147.
Amor bandolero. Lope. I. 122.
Amor cömo ha de ser. Cubillo. II. 99.
Amor Gonstante. G. de Gastro. I. 224.
Amor con vista y cordora. Enriquez Go-
mez. IL 108.
Amor en rizcalno, los celos en frano^s y
Tomeos de Navarra. Luis Yelez. I. 295.
Amor es arte de amar. Solis. (IL 147.)
Amor es natnraleza. Montalvan? I. 449.
Amor es oculta fnerza. Cienfnegos. IL SOB.
Amor es todo invencion: Jupiter y Anfi-
trion. Ganizares. IL 300.
Amor hace discretos. (De una causa dos
efectos.) Galderon. II. 44.
Amor hace hablar los mudos. Matos, Ti-
Uarlciosa «t Zabaleta. IL 287.
Amor hace valientes. Matos. IL 189.
Amor, honor y poder. (Industrias contra el
poder.) Galderon. IL 40. 59.
Amor, ingenio y mujer. Mira de Amescua.
L 317.
Amor, ingenio y muJer. (La tercera de si
misma.) Mira de Amescua. I. 317.
Amor, ingenio y mujer. (Burlesca.) Suarez
de Beza. IL 274.
Amor, lealtad y Ventura. Matos. IL 189.
Amor m&8 desgraciado, Göfalo y Focris.
Salazar. IL 239.
Amor m4dico. Tirso. I. 358.
Amor, pleito y desaflo. (Ganar amigos.)
Alarcon. I. 389.
Amor, privanza y castigo y Forfunas de
Seyano. Montalvan. I. 444.
Amor puesto en razon. Yillaviciosa. II. 276.
Amor secreto hasta celos. Lope. I. 163.
Amor y celos hacen discretos. Tirso. 1. 360.
Amor y el amistad. Tirso. I. 362. (I. 366.
371. 373. IL 166.)
Amor y honor. Belmonte. I. 430.
Amor y obligacion. Moreto. IL 171.
Amor y obligacion. Solls. (IL 147.)
Amotlnados de Fl&ndes. Luis Yelez. 1. 288.
Amparar al enemigo. Solis. II. 148.
Amparo de los hombres. Mira de Amescua.
L 313.
Andrömeda y Ferseo. (Auto.) Galderon.
IL 65. (IL 323.)
Angel, lego y pastor: San Pascual Baiion.
Fernandez. IL 307.
Anillo de Glges y mägico rey de Lidia.
I. & IL Ganizares. IL 298.
Animal profeta: San Julian. Mira de
Amescua. I. 322.
Antes que te cases, mira lo que haces. (El
exämen de maridos.) Alarcon. L 391.
Antes que todo es mi amante. (La inven-
cible Gastellaua.) Gafiizares. IL 297.
Antes que todo es mi amigo. Z&rate. LT.
233.
Antes que todo es mi dama. Galderon.
n. 47.
Anticristo. Alarcon. (I. 381.) I. 393.
Antfoco y Seleuco. (A buenpadre, ntejor
hijo.) Moreto. IL 174.
Antona Garcfa. Tirso. I. 365. (TL 298.)
Anzuelo de Fenisa. Lope. L 157.
Anasco el de Talavera. Gubillo. IL 103.
Apolo 7 Glimene. Galderon. IL 9D.
Aquilana. Torres Naharro. I. 35.
Aqufles. Tirso. L 344. (H. 31. 141.)
Aquües. (£1 GabaUero Dama.) Monroy.
n. 141.
Aranco domado. Lope. I. 189.
Arbol del mejor fruto. (Auto.) Galderon»
(IL 25.) II. 65.
Arbol del mejor fruto. Tirso. I. 344.
Area de No6. G&ncer, Martinez & Bosete.
n. 288.
Arcadia en Belen y Amor el mayor hecblao»
Gnzman Matos. IL 266.
Argenis y Poliarco. Galderon. U. 33.
Aristömenes Mesenio. Alfaro. (II. 89.)
II. 252.
Armas de la hermosura. Galderon. II. 27.
(n. 58. 284.)
Armelina. Lope de Bueda. I. 41.-
Asalto de Mastrique por el principe d»
Parma. Lope. I. 190.
A secreto agravio, secreta venganza. (Yen-
garse en fuego y en agua. ) Galderon.
(I. 369.; II. 9. (IL 73.)
A ser rey ensena un ängel. IL 277.
Asombro de la Francia, Marta la Bomo-
rantina. I. A IL Ganizares. II. 298.
Asombro de Turqula y valiente toledano.
Luis Yelez. I. 293.
Aspides de Gleopatra. Bojas Zorrilla.
IL 119.
Aspides hay basiliscos. Zamora. II. 294.
Astrologe fingido. (£1 amante aströlogo. >
Galderon. IL 51.
Asturianas. (Las famosas Asturianas.) Lope.
I. 182.
Asturiano en Madrid. (De los hechizos de
amor, la müsica es el mayor.) Ganizares.
II. 299.
A SU tiempo el desengano. Matos. II. 191.
Atila, azote de Dios. Luis Yelez. I. 289.
Atila furioso. YiruÄs. I. 69.
Atreo desdichado. Oteiza. I. 460.
Audiencias del rey Don Pedro. I. 122. (I.
162.)
A un castigo dos venganzas. Montalvan.
I. 448.
Aün de noche alumbra el sol. Godinez.
L 437.
A un tiempo rey y vasallo. IL 288.
A un traidor dos alevosos. Gunedo. IL 265.
Anrelia. Timoneda. I. 43.
Auristela y Lisidante. Galderon. H. 33.
Aurora del sol divino. Sedefio. IL 273.
Aurora en Gopacabani. Galderon. IL 22.
Austria en Jerusalen. Gändamo. IL 248.
Auto del Emperador Juveniano. I. 426.
(IL 320).
Aventuras de Don Juan de Alarcos. (Don
Juan de Gastro. IL) Lope. I. 141.
Aventuras de Grecia. (Don Florisel deNi-
quea.) Montalvan. I. 451.
Aventuras del hombre. (Auto.) Lope. 1. 208.
Averlgüelo Yargas. (Del mal el m^nos. >
Tirso. I. 362.
Azote de su patria. (£1 esclavo de su hijo.)
Moreto. IL 183.
Register.
327
Balcones de Madrid. Tirso. I. 363.
Sanda de Gastilla y daelo contra sf xnismo.
Canizares. II. 297.
Banda y la flor. (Hacer del amor agravio.)
Calderon. II. 47.
B&ndido mis honrado y que tuvo mejor
in. G. Snarez. II. 310.
Bandolero Solpoato. Bojas, C&ncer & Bo-
aete. II. 288.
BandoB de B&vena y fundacion de la Ca-
z&ändula. Matos. II. 193.
Bandos de Verona: Montescos y Capeletes.
Bojas Zorrilla. II. 121.
Saldos de Yizcaya. Bosete. II. 216.
Banos de Argel. Cervantes. I. 329.
Barca do Inferno (Auto da). G. Vioente.
I. 29.
Bailan y Josafä. Lope. I. 200. (II. 317).
Basta callar. Calderon. II. 41. (II. 49.)
Basta intentarlo. Godinez. I. 438.
Bastardo de Genta. Grajales. I. 269. (I.
267. 336.)
Bastardo Mndarra. Lope. I. 184. (II. 188).
Batalla de las Navas. Lanini. II. 267.
Batilla del honor. Lope. I. 146. (I. 459.)
Batalla de Pavia y prision del rey Fran-
cisco. Monroy. II. 139.
Bataecas del Duqne de Alba. Lope. 1. 104.
Beata enamorada. (Marta la piadosa.) Tirso.
I. 366.
Bellgera Espafiola. B. de Turia. I. 250.
Bella Aurora. Lope. I. 197.
Benavides (Los). Lope. I. 188.
Bernardo del Carpio en Francia. Liano.
II. 267.
Bleu vengas mal, si vienes solo. Calderon.
II. 47.
Bizarrfas de Beiisa. Lope. I. 163.
Blasen de Don Bamiro. L. de Guzman.
II. 266.
Boba para los otros y discreta para sf.
Lope. I. 1*4. (L 317. II. 307.)
Bobo del Colegio. Lope. I. 171.
Boda entre dos znaridos. Lope. (I. 157.)
Brabonel. Linan. (I. 458.)
Bruto ateniense. G. de SIesa. I. 459.
Bruto de Babilonia. Moreto, Matos<fc Cancer.
II. 286.
Buena gnarda. Lope. I. 171. (II. 216.)
Bnen caballero, maestre de Calatrava. J.
B. de Yillegas. I. 336.
Buen vecino. Lope. I. 122.
Burladora burlada. B. de Turia. I. 249.
Bnrlador de Sevilla. Tirso. (I. 143.) I.
366. (II. 261. 291.)
c.
Caballero (El). Moreto. II. 167.
Caballero bobo. G. de Castro. I. 224.
Caballero dama. (£1 Aquiles.) Monroy. II.
141.
Caballero de Gracia. Tirso. I. 348.
Caballero de Illescas. Lope. I. 171.
Caballero del milagro. Lope. 166.
Caballero del Sacramento. Lope. (II. 166.)
Caballero del Sacramento. Moreto. II. 166.
Caballero sin nombre. Mira de Amescna.
I. 3i0.
Cabellos de Absalon. Calderon. (I. 8. 347.)
II. 24. 70.
Cada cnal & su negocio. (Hacer cadauno
lo que debe.) Cuellar. II. 198.
Cada cual con su cada cual. Fernandez
de Leon. II. 245.
Cada loco con su tema. Mendoza. I. 408.
Cada uno con su igual. Blas de Mesa.
II. 268.
Cada uno es linaje aparte y los Mazas de
Aragon. Zamora. II. 293. '
Cada uno para sf. Calderon. II. 47.
Cadenas del demonio. Calderon. I^i^ 21.
(II. 56.)
Caer para levantar. Moreto, Matos & Can-
cer. (I 309.) II. 286.
Cain de Cataluna. Bojas Zorilla. II. 116.
Callar hasta la ocasion. Hurtado y Cis-
neros. II. 266.
Callar siempre es lo mejor. Matos. II. 191.
Camila (ColQquio de). Lope de Bueda. I. 41..
Campana de Aragon. Lope. I. 187. (II.
275.)
Cananea (Auto da). Gil Vicente. I. 29. \
Canas en el papel y dudoso en la venganza.'
G. de Castro. I. 227.
Canto junto al encanto. Barrios. II. 217.
Capitan prodigioso y Principe de Transil-
vania. Luis Velez. I. 291. (II. 281.)
Carbonera (La). Lope. I. 158.
Garboneros de Francia y Beina Sevilla.
Mira de Amescua. I. 303. (II. 319.)
Cardenal de Belen. Lope. I. 207.
Carlos V. sobre Tünez. Canizares. II. 298.
Carro del Cielo. Calderon. (II. 2.53. 251.)
Casa con dos puertas. Calderon. II. 48.
(II. 50. 70.)
Casa de los celos y Selvas de Ardenia.
Cervantes. I. 325.
Casamiento en la muerto y hechos de Ber-
nardo del Carpio. Lope. I. 182.
Casarse por vengarse. Bojas Zorrilla. II. 114.
Castelvines y Monteses. Lope. I. 162.
(II. 121. 317.)
Gastigando premia amor. Zamora. II. 294.
Castigar por defender. Bodrigo de Herrera.
I. 427.
Castigar por defender. Bodrigo de Herrera.
(Burlesca.) I. 427.
Castigo de la miseria. Hoz y Mota. II. 243.
Castigo del pensöque. Tirso. I. 359. (II.
60. 165.)
Castigo sin venganza. Lope. I. 86. (I. 116).
Castillo de Lindabrfdis. Calderon. II. ?3.
Gatalan Serrallonga. Goello, Luis Velez &
Bojas. II. 288.
GatölicoPerseo, San Jorge. Arboleda. 11.253.
Gautela contra cautela. (Tirso II. Bd.) I.
373. (I. 386. II. 166.)
Cautela en la amistad. (Cautelas son ami-
stades.) Godinez. I. 436.
Cautelas son amistades. (La cautela en la
amistad.) Godinez. I. 437.
Cautivos de Ärgel. (Los esclavos de Argel.)
Lope. I. 110.
C6falo y Poeria. (Celos aün del aire matan.)
Calderon. II. 32.
C6falo y Pocris. (Burlesca.) Calderon. II.
32. (II. 56).
Gegar para ver mejor, San Franco de Sena.
Moreto. II. 183.
Gegar para ver mejor, Santa Lucfa. Amb.
de Arce. II. 253.
Celestina (La). Fernando de Bojas y? 1.38.
Gelestina. Calderon. (II. 53.)
Gelosa de sf misma. Tirso. I. 360. (II.
166. 194. 232.)
Celos aün del aire matan. Calderon. II. 82.
Celos con celos se curan. Tirso. I. 3d4.
Celos de San Jos^. Monroy. II. 145.
Celos en el caballo. Enciso. I. 401.
Celos hasta los cielos y deadichada Este-
fania. Luis Velez. I. 293.
328
Register.
Gelos, honor y eordara. Ant. Goello. II. 89.
Celos no ofenden al sol. Enriques Gomez.
II. 108.
Celoao Extremeno. Ant. Goello. II. 84.
CeloBo prudente. (AI buen callar Uaman
Sancho.) Tirso. I. 369.
Gelos son bien j yentnra. (San Albano.)
ti-odinez. I. 435.
Gena de Baltasar. (Aato.) Galderon. II.
67. Ol. 181.)
Gena del rey Baltasar. Moreto. II. 181.
(II. 183.)
Geroo de Pavla y prision del rey Francisco.
TArrega. I. 241.
Gereo de Bodas. Tärrega. I. 241.
Gerco de Borna por el rey Desiderio. Lnis
Veles. I. 389.
Gerco de Santa Fä. Lope. I. 182.
Gerco de Tünea y gauada de la Goleta.
Juan Sanchez. I. 266.
Geroo de Tünes y ganada de la Ooleta.
Anönimo. I. 166.
Gerco de Viena y socorro por Garlos Y.
Lope? II. 124.
Gerco de Zamora por el Gid. Diamante.
II. 219.
Gerco deZamora. (No estft en matar el vencer.)
Matoa. II. 188. (II. 22u).
Gertämen de amor y celos. Galderon. (II*
X. 53.)
Ghico Baturi. Huerta, C&ncer A Bosete
U. 288.
Gid. (Dos comedias.) Liiian. (I. 458.)
Gielo por los cabellos. A. de Mesa. II. 268.
Giencias impiden traiciones. Bolea Alva-
rado. II. 305.
Ginco (Las) blancas de Juan de Espera en
Bios. Haerta. I. 457.
Giuco veoganzas en una. Ayala. II. 254.
Girce de dos Coronas. II. 311.
Gisma de Inglaterra. Galderon. II. 28.
Giudad sin Dios. (El inobediente.) Glara-
monte. I. 332.
Gomedia del Bosario. Pedro Diaz. I. 464.
Gomedia venatoria. OönRora. I. 338.
Gomendadores de Gördoba. Lope. I. 96.
(IL 96.)
Gomo amante y como honrada. Montalvan.
I. 419.
Gömo ha de ser el privado. Quevedo. (1. 461.)
Gömo han de ser los amigos. Tirso. I. 366.
Gomo noble y ofendido. Ant" de la Cueva.
II. 262.
Gomo padre y como rey. Montalvan. I. 417.
Gömo se curan los celos y Orlando furioso.
Gändamo. II. 250.
Gömo se enganan los celos. Delgado. II. 306.
Gömo se enganan los ojos. J. B. de Ville-
gas. I. 333.
Gömo se vengan los nobles. (La pmdencia
en el castigo.) Lope. I. 116.
Gömo se vengan los nobles. (El testimonio
vengado.) Lope. I. 117. (IL 175.)
Gömo se vengan los nobles. Moreto. II. 175.
Gompetidores y amigos. Huerta. I. 457.
Gon amor no hay amistad. Matos. II. 190.
Gon amor no siempre la verdad es lo mejor.
Botello. II. 305.
Gonde Alarcos. Qr. de Gastro. I. 222.
Gonde Alarcos. Mira de Amescua. I. 308.
Gonde de Gastilla. Linan. (I. 458.)
Gonde de Irlos. G. de Gastro. I. 223.
Gonde de Saldana. I. Gubillo. IL 102.
Gonde de Saldana y Hechos de Bernardo
del Carpio. IL Gubillo. II. 102.
Gonde de Sex. (Dar la vida por su dama.)
II. 79.
Gonde Feman Gonzalez. Lope. I. 181.
Gonde Lucanor. Galderon. II. 33.
Condenado de amor. Galderon. IL 54.
(IL 56.)
Condenado por desconfiado. Tirao. I. S4&
(II. 184. 316.)
Gonde Partinupltfs. Ana Garo. IL 357.
(IL 193.)
Condesa bandolera. Tirso. I. 848.
Condesa de Beiflor. (El perro del hortelans.)
Lope. I. 166.
Gonfesiön con el demonio. Torre y Seril:
(IL 235.) IL 274.
Gonfusion de un jardin. Moreto. IL 171.
Con quien vengo, vengo. Galderon. 11.47.
(IL 72.)
Gonquista de Guenca. Bosete. IL 316.
Gonqnista de las Molucas. Femandez de
Leon. II. 215.
Gonquista de M^jico. Z&rate. H. 234.
Constancia de Arcelina. Juan de la Gueva.
I. 60.
Gon SU pan se lo coma. Lope. I. 172.
Gontra el amor no hay enganos. Enriques
Gomez. II. 108.
Gontra su suerte ninguno. Malo de Mo*
lina. IL 268.
Contra valor no hay desdicha. Lope. I. 192.
Cornelia. (Gomedia.) Timoneda. I. 4S.
Corona en tres hermanos. Vera Tassis.
(I. 187.) IL 275.
Corona merecida. Lope. I. 144.
Corona pretendida y Bey perseguido. Poyo.
I. 279.
Coronista m&s grande. I. IL Armesto.
IL 303.
Gorsaria catalana. Matos. IL 192.
Corsario Barbaroja y huörfano desterrado.
Juan Sanchez. I. 266.
Corte en el valle. Matos, Avellaneda A
Villaviciosa. I. 287.
Cortesana en la Sierra. Matos, Diamante y
Juan Velez. IL 287.
Görtes de la muerte. Garvajal y Hurtado
de Toledo. I. 50.
Costanza. Castillejo. I. 37.
Cristo de los milagros. (Santo Cristo 4e
Cabrilla.) Moreto. IL 182.
Cruel Casandra. Yiruös. I. 69.
Crueldad por el honor. Alarcon. I. 391.
Cruz de Caravaca. Diamante. IL 224.
Grus de Oviedo. Linan. (I. 458.)
Cruz en la sepultura. (La devocion de la
Cruz.) Galderon. IL 33. 23.
Grus hallada y triunfante. Sicardo. II. 274.
iCu&l es afecto mayor? C&ndamo. II. 248.
i Cu&l es mayor perfeccion ? Galderon. IL 44.
Cuando no se aguarda y Principe tonto.
F« de Leyva. IL 212.
Cu&ntas veo, tantas quiero. Avellaneda A
Villaviciosa. IL 354.
Guänto mienten los indicio's. Diamante.
(IL 40). IL 328.
Cuänto se estima el honor. G. de Castro.
I. 226.
Cuatro prodigiosdeamor. Mira de Amescua.
I. 331.
Cuatro Tiempos (Auto de los). Gil Vicente.
I. 28.
Cubo de la Almudena. (Auto.) Galderon.
(IL 68.)
Cuentas del gran Capitan. Lope. I. 189.
(n. 298.
Cuentas del gran Capitan. Canizares. II.
295. 398.
Cuerdo loco. Lope. I. 171.
Cueva de Salamanca. Alarcon. I. 383.
Register.
329
-Cneva y castillo de amor. F^ de Leyya.
II. 211.
Culpa basca la pena y el agravio la yeu-
gansa. Alaroon. I. 392.
Culpa mfts provechosa. F. de Yillegas. 11.225.
Cumplirle & Bios la palabra. Diamante.
II. 228.
Cumplir con su obligacion. Montalvan.
I. 449.
Cumplir dos obligaciones. (La obligacion &
las rnnjeres.) Luis Yelez. I. 294.
Curioso impertinente. G. de Castro. I. 227.
Custodio de la Hungrfa, San Juan Capis-
traao. Zamora. II. 294.
Dalles con la entretenida (vSase „Darles"
etc.). I. 297.
Dama boba. Lope. Il 163.
Dama Gapitan. Los Figueroas. II. 205.
Dama Gorregidor. ViUaviciosa A Zabaleta.
(II. 210.) II. 281.
Dama del olivar. Tirso. I. 348.
Dama Dnende. Calderon. II. 49.
Dama Presidente. ¥^ de Leyva. II. 209.
Danza de la Muerte. Pedraza. I. 50.
Dar con la misma flor. (Qui^n enganam&s
& quiän.) Alaroon. I. 385.
Dar la vida por su dama. (El Conde de Sex.)
Felipe IV? II. 79.
Darles con la entretenida. (Diego Garcfa
de Paredes.) Luis Yelez. I. 297.
Dario todo y no dar nada. Calderon. II. 26.
Dar tiempo al tiempo. Calderon. II. 43.
De comedia no se träte. Canizares. II. 299.
De cosario & cosario. Lope. 1. 125. (II. 159.)
^De cuändo ac& nos vino? Lope. I. 169.
(IL 173.)
De este agua no beber6. Claramonte. (I.
161.) I. 330.
Defensa en la verdad. Lope. I. 124.
Defensora de la Beina de Hungrla. Zärate.
II. 236.
Defensor de la Yfrgen. Yergara. I. 463.
Defensor del Penon. Diamaute. II. 222.
Defensor de su agravio. Moreto. II. 161.
De fuera vendr&. Moreto. (I. 170.) II. 173.
Dejar dicha por m&s dicha. (Mudarse por
mejorarse.) Alarcon. I. 384.
Dejar pör amor venganzas. G. de Morales.
II. 269.
Dejar un reino por otro. (Los tres soles de
Madrid.) II. 144.
Del cielo viene el buen rey. B. de Herrera.
I. 425. (IL 277.)
Del enemigo el primer consejo. Tirso. 1. 361.
Delincuente sin culpa y bastardo de Aragon.
Matos. II. 191.
Del mal el m^nos. (Averlgüelo Yargas.)
Tirso. I. 362.
Del mal lo möuos. Lope. I. 115.
Del mal lo m^nos. Folch de Cardona. 11.257.
De los hechizos de amor etc. Canizares.
n. 299.
De lo vivo & lo pintado. Claramonte. I. 331.
Del rey abajo, ninguno. (Oarcia del Casta-
nar.) Bojas ZorriUa. (II. 60.) II. 111.
Desaflo de Carlos Y. Bojas Zorrilla. II. 123.
Desagravios de Cristo. Cubillo. II. 102.
(II. 228.)
Desagravios de Maria. Calderon. II. 54.
(II. 56.)
Desden con el desden. Moreto. (I. 124.
126. 127. 156. 319.) (II. 126. 154. 160. 193.)
II. 156.
Desden vengado. Lope. I. 173.
Desde Toledo & Madrid. Tirso. I. 368.
Desdichada Estefania. Lope. 1.93. (1.293.)
Desdicha de la voa. Calderon. 11.46. (II. 76.)
Desdichado en fingir. Alarcon. I. 384.
Desdichados dichosos. Gampo. II. 256.
Deseado principe de Asturias. Hoz y Mota.
(II. 175.) II. 240.
Desengano dichoso. G. de Castro. I. 224.
Desgraciada Baquel. (La Judla de Toledo.)
Diamante? II. 220.
Desgracias del rey don Alfonso el Gasto.
Mira de Amescua. I. 301.
Despertar & qnien duerme. Lope. I. 165.
(II. 166.)
Despreciadaquerida. J.B. de Yillegas. 1.334.
Desprecios en quien ama. Montalvan. 1. 450.
Destruccion de Constantinopla (Tragedia
de la). Lasso de la Yega. (I. 70.)
Destruccion de Troya. Monroy. II. 141.
De una causa dos efectos. (Amor hacedis-
cretos.) Calderon. II. 44.
De un castigo dos venganzas. (A un castigo
dos venganzas.) Montalvan. I. 448.
Devocionde la Cruz. (La Cruz en la sepul-
tura.) Calderon. II. 22. 23.
Devocion de la Misa. Luis Yelez. I. 296.
(I. 304.)
Devocion dela Misa. (Auto.) Calderon. II. 65.
Devocion del Angel de la Guarda. Matos.
II. 190.
Diablo estä en Cantillana. Luis Yelez. (I.
161.) I. 294.
Diablo nino. (El nino diablo.) Luis Yelez.
I. 299.
Diablo predicador y mayor contrario amigo.
Belmonte? I. 431. (II. 267.)
Diabios son las mujeres. I. 454.
Diciembre por Agosto. Juan Yelez. II. 152.
Dicba por malos medios. G. de Avila. 1. 424.
Dicha y desdicha del nombre. Calderon.
II. 48.
Dichoso desdichado. Espinosa Malagon.
II. 227.
Dido y Eneas. G. de Castro. 1. 223. (II. 225).
Diego Garcia de Paredes. (Darles con la
entretenida.) Luis Yelez. I. 297.
Difunta pleiteada. II. 122.
Dl mentira, sacaräs verdad. M. de los Beyes.
L 461.
Dineros son q^lidivd. Lope. 1. 143. (II. 288).
Dios hace justicia & todos. F^ de Yillegas.
II. 225.
Discreta enamorada. Lope. 1. 169. (II. 195.)
Discreto porfiado. J. B. de Yillegas. I. 337.
Divino Africano. Lope. I. 207. (II. 317.)
Divino Nazareno Sanson. Montalvan. 1.444.
Divino Orfeo. (Auto.) Calderon. II. 65.
Doctor Carlino. Göngora. I. 338. (II. 148.)
Doctor Carlino. Solls. II. 148.
Dömine Lucas. Canizares. II. 299.
Donaires de Matico. Lope. (I. 462.)
Donaires de Pedro Corchuelo. (Elqu4 dir&n.)
M. de los Beyes. I. 462.
Don Belfloran de Grecia. Monroy. II. 141.
Doncella de labor. Montalvan. I. 449.
Doncellas de Simancas. Lope. I. 184.
Doude hay agravios, no hay celos. Bojas
Zorrilla. II. 124. (II. 193.)
Donde hay valor, hay honor. D^ de Bosas.
I. 462.
Donde no estä su dueuo, estä su duelo. G.
de Castro. I. 230.
Don Diego de Noche. Bojas Zorrilla. II. 129.
Don Domingo de Don Blas. (No hay mal
que por bien no venga.) Alarcon. I. 391.
l Don Domingo de Don Blas. Zamora. II. 293.
330
Register.
Don Duardos. Oil Yioente. I. 30.
Don Florisel de Niquea. (Para con todos
hermanoa , para nosotros amantes.) Mon-
talyan. I. 451.
Don Gil de las calzaa verdes. Tirso. I.
353. (I. 359.)
Don Juan de Gastro. I. Lope. I. 141.
Don Juan de Gastro. II. (Aventuras de Don
Juan de Alarcos.) Lope. 1. 141. (II. 283.)
Don Juan de Espina en su patria. Gani-
zares. II. 298.
Don Juan de Espina en Milan. Ganiaares.
(I. 384.) II. 298.
Don Lücag del Gigarral. Bojas Zorrilla.
II. 130.
Don Pedro Miago. Luis Yelez. I. 297.
(II. 131.)
Don Quijote de laManoha. Galderon. (II. 53.)
Don Quijote de la Manoha. Gr. de Gastro.
I. 229.
Don Sancho el Malo. (II. 165).
Dofia Beatriz de Silva. Tirso. I. 350.
Dona In^s de Gastro. Mejfa de la Gerda.
, I. 273. (I. 285.)
Dos amantes del Gielo. Galderon. II. 21.
(II. 321.)
Dos Garlos. (Gautelas son amistades.) Go-
dinez. I. 436.
Dos fllösofos de Grecia. Z6rate. II. 235.
Dos monarcas de Europa. Salazar y Luna.
II. 273.
Dos prodigios de Borna. Matos. II. 190.
Duelo contra su dama. G&ndamo. II. 249.
Duelo de honor y amistad. Jac. de Herrera.
I. 428.
Duelos de amor y lealtad. Galderon. II. 32.
Duelos de ingenio y fortuna. G&ndamo.
II. 250.
Duende de Zaragoza. Anorbe. II. 302.
Duendes son alcahuetes. I. & II. Zamora.
II. 294.
Dueno de las estrellas. Alarcon. I. 393.
Duque de Yiseo. Lope. I. 191.
Duquesa constante. T6rrega. I. 242.
Duquesa de la Bosa. Alouso de la Yega.
(I. 49.)
Eco y Narciso. Galderon. IL 32.
Eglogas de:
Juan de la Encina. I. 23. 24.
Lucas Fernandez. I. 25.
Ejemplo de casadas. Lope. I. 170.
Ejemplo mayor de la desdicha. Mira de
Amescua. I. 308.
Eleccion por la virtud. Tirso. I. 344.
(IL 190.)
Elegir al enemlgo. Salazar. IL 238.
Elisa Dido. Yiruös. I. 70.
El pretender con pobreza. G. de Gastro.
I. 226.
El qua dir&n. (Donaires de Pedro Gorchuelo.)
M. de los Beyes. I. 462.
Ello es hecho. (Acertar pensando errar.)
Bosete. II. 216.
Embustes de Fabia. Lope. I. 195.
Emeudar yerros de amor. Jimenez de Gis-
neros. IL 266.
Empenos del mentir. Ant. de Mendoza.
1. 409.
Empenos de seis horas. (Lo que pasa en
una noche.) Ant. Goello. II. 89.
Empenos de una casa. Juana Inös de la
Gruz. IL 263.
Empenos de un acaso. Galderon. IL 47.
Empenos de un engano. (Los enganoa de-
nn engano.) Alarcon. I. 385.
Empenos de un plumaje. (IL 277.)
Emperador fingido. G. Boo&ngel. IL 254.
Empezar & ser amigos. (Haoer del contrario
amigo.) Moreto. IL 167.
Encantada Melisendra. Anorbe. IL 802.
Encanto et la hermosura. Salazar & Yera
Tassit. IL 238.
Encanto por los celos. Monroy. II. 141.
Encanto sin encanto. Galderon. IL 50.
Enoantos de Bretana. Gastillo Solörzano.
I. 377.
Enoantos de la Culpa. (Auto.) Galderon.
IL 65.
Encantos de Medea. Bojas Zorrilla. IL 119.
En^ontr&ronse dos arroyuelos. Juan Yelez.
n. 154.
Endlmion y Diana. Fernandez de Leon.
IL 244.
Eneas de Dios. (El Gaballero del 8acramento.>
Moreto. IL 166.
En el mayor imposible nadie pierda la es—
peranza. Moreto. IL 160.
En el sueno estä la muerte. Guedeja y
Quiroga. IL 265.
Enemiga favorable. Tärrega. I. 238.
(I. 319. IL 163.)
Enemigo enganado. Lope. I. 118.
Enemigos hermanos. G. de Gastro. L 225.
(IL 161.)
En esta vida todo es verdad y todo men-
tira. Galderon. IL 35. (IL 72.)
Enfermar con el remedio. Galderon, Luis
Yelez A G6ncer. IL 284.
Engauar con la verdad. De la Fuente.
I. 457.
Enganar para reinar. Enriquez Gomez.
IL 106.
Enganarse enganando. G. de Gastro. ( I.
15.) I. 235.
Enganos (Gomedia de los). Lope de Bueda.
I. 40.
EngafioB de un engano y confusion de un
papel. Moreto. II. 171.
Enganos de un engano. (Los empenos d»
un engano.) Alarcon. I. 38 1.
En Madrid y en una casa. Tirso. I. 359.
Entre bobos anda el juego. Bojas Zorrilla.
IL 130.
Entre el honor y el amor, el honor es lo
primero. F^'. de Leyva. IL 213.
Entretenida (La). Gervantes. I. 326.
En vano es querer venganzas etc. Für-
mento. IL 307.
Envidias vencen fortunas. Monroy. 11.139.
Ermitano galan y Mesonera del Gielo.
Mira de Amescua. I. 316. (II. 229.)
Ermitano galan. Zabaleta (L* 316.) IL 229.
Errar principios de amor Bosete. IL 215.
Escala de la Gracia. Z&rate. II. 236.
Esc&ndalo de Grecia contra las santas
Imftgencs. (IL 60.)
Escarmientos para el cuerdo. Tirso. I. 363.
Esclava de su galan. Lope. I. 164.
Esclavo del Demonio. Mira de Amescua.
(I. 237. 464.) I. 309. (IL 19. 286.)
Esclavo dol m&s impropio dueno. G. Boa.
IL 273.
Esclavo de su hijo. (El azote de su patria. >
Moreto. IL 183.
Esclavo en grillos de oro. Gändamo.
(IL 246.) IL 247.
Esclavos de su esclava. (El hacer bien nunc^
se pierde.) J. del Gastillo. IL 257.
Escolästica (La). Linan. (I. 458.)
Escondido y la tapada. Galderon. H. 50.
Register.
331
Esforcias de Milan. Martlnez. II. lU.
Esmeralda del amor. Montalvan 6 Bojas?
I. 452.
Espanola de Florencia. i Diego de Figneroa ?
n. 203.
Espanol de Oran. Barrios. II. 217.
Eipanol entre todas las naciones. Bamon.
I. A II. (I. 254.)
Espanol Juan de ITrblna. Man. Gonzalez.
II. 265.
Espanoles en Chile. Gonzalez de BnstoB.
II. 265.
Espejo del mundo. Luis Yelez. I. 295.
Esposo fingido. T&rrega. I. 240. (1. 247.)
(II. 270.)
EstadoB mudan costumbres. Matos. II. 19&.
EstAtna de Frometeo. Galderon. II. 32.
Esto sf qne es negociar. Tino. I. 356.
Estragos de Gupido j dnlces flechas de
amor. Ganton de Salazar. II. 305.
Estrella de Monserrate. Gampo? II. 256.
Estrella de Sevilla. Lope. I. 89.
Eufemia. Lope de Kueda. I. 39.
Eurfdice y Orfeo. Solls. (I. 200.) II. 150.
Exaltacion de la Gruz. Galderon. II. 22.
(II. 56. 321.)
EzAmen de maridos. (Antes que te cases,
mira lo que haces.) Alarcon. I. 391.
F&bnla de Perseo. (El Ferseo.) Lope. I. 199.
Faetonte. (El hijo del sol, Faeton.) Gal-
deron. II. 30.
Falso nuncio de Fortngal. II. 277.
Fama (Auto da). Gil Yioente. I. 27.
Fama (La) es la mejor dama. Gifuentes.
IL 257.
Familiär sin demonio. G. d.e Avila. I. 424.
Famosas Asturianas. Lope. 1. 182. (II. 293.)
Famosa Toledana. Quirös. I. 461.
Fftrsas de:
Femandez (Lucas). I. 25.
Lopez de Yangoas (Fernan). I. 51.
Paris (Juan de). I. 25.
Sanchez de Badajoz (Diego). (II. 283.)
II. 314.
Favorecer & todos y amar ft nlnguno. (Dona
Beatrix de Silva). Tirso. I. 1150.
Favores del mundo. Alarcon. I. 381.
Feira (Auto da). Gil Vicente. I. 29.
F^nix de Espana, San Francisco de Borja.
Galleja. (II. 55.) II. 207.
F^nix de Salamanca. Mira de Amescua.
. I. 821.
F^nix espafiol, San Lorenzo Märtir. Lo-
sano Estarrues. II. 308.
F^ no ha menester armas. B. de Herrera.
I. 427.
F6 pagada. Bio. de Turia. I. 250.
Ferias de Madrid. Lope. I. 170.
Fernan Mendez Pinto. Enriquez Gomez.
n. 109.
¥6 se firma con sangre. Zamora. II. 294.
Fionza satisfecha. Lope. I. 203.
Fiera, el rayo y la piedra. Galderon. II. 80.
Fieras afemina amor. Galderon. II. 80.
Fieras de celos y amor. GAndamo. II. 251.
Fflis. Argensola. (I. 71.)
Filomena. Timoneda. I. 43.
Finezas contra finezas. Galderon. II. 30.
Fingida Arcadia. Tirso. I. 863. (II. 284.)
Fingida Arcadia. Galderon, Moreto y?
IL 281.
Fingido verdadero. Lope. I. 197. (II. 309.)
Fingir lo que puede ser. Moiitero de Es-
pinosa. II. 269.
Fingir y amar. Moreto. II. 171.
Firme lealtad. Muxet de Solls. II. 459.
Firmeza> amor y venganza. A. Francisco.
II. 264.
Firmezas de Isabela. Göngora. I. 33^.
Fisicos (Auto dos). Gil Vicente. I. 32.
Flores de Dqu Juan. Lope. (II. 204.)
Floresta de enganos. Gil Vicente. I. 26.
Florisea. F. de Avendafio. I. 37.
Fortuna adversa del Infante Don Fernando
de Portugal. Lope. II. 14.
Fortuna merecida. (Mereoer para alcanzar.)
Moreto. II. 169.
Fortunas de Audrömeda y Perseo. Galde-
ron. II. 32. (II. 323.)
Fortunas tr&gicas del Duque de Memoransi.
Peyron. I. 460. (II. 320.)
Fray Diablo. (Eldiablo predlcador.) Lope.
I. 431.
Fuego de Dios en el querer bieo. Galderon.
II. 43.
Fuente de las virtudes. Garnerero. II. 806.
Fuente Ovejuna. Lope. I. 99.
Fuerza de amor y venganza. Tapia. n. 274.
Fnerza de la costumbre. G. de Gastro.
I. 226. (II. 225.)
Fuerza de la ley. Moreto. II. 174.
Fuerza de la sangre. G. de Gastro. I. 227.
Fuerza de la verdad. Malaspina. II. 267.
Fuerza del Inter^s. Aguilar. I.«247.
Fuerza lastimosa. Lope. I. 157. (I. 447.)
Fundacion de la Orden de Na Sa de la
Merced. T&rrega. I. 241.
G.
Galan Gastrucho. (El Bufian Gastrucho.)
Lope. I. 110.
Galan de su mujer. Matos. II. 193.
Galan fantasma. Galderon. (I. 14.) II. 51.
Galan secreto. (El secreto entre dos amigos.)
Mira de Amescua. I. 317.
Galan sin dama. Ant. de Mendoza. I. 408.
Galan tramposo ypobre. (El tramposo con
las damas.) Salas Barbadillo. I. 376.
Galan, valiente y discreto. Mira de Ames-
cua. I. 319.
Gallardo Espafiol. Gervantes. I. 339.
Gallega Mari-Hernandez. Tirso. I. 358.
Ganar amigos. (Lo que mucho vale, mucho
cuesta.) Alarcon. I. 389.
Ganar perdiendo. (Los favores del mundo.)
Alarcon. I. 381.
Ganar por la mano el juego. Gubillo. (I.
7.) II. 100.
Garcfa del Gastanar. (Del rey abajo, nln-
guno.) Bojas Zorrilla. II. 111.
Garrote mAs bien dado. (El Alcalde de Za-
lamea.) Galderon. II. 36.
Gata de Mari-Bamos. (El Jardin de Vargas.)
Lope. I. 119.
Genizaro de Espana. (El rayo de Andalucia.)
L Gubillo. (I. 7.) II. 101.
Genizaro de Espana. (El rayo de Andalucia.)
II. Gubillo. II. 101.
Genizaro de Hungrla. Matos. II. 189.
Gitana de Mänfls, Santa Maria Egipciaca.
Montalvan. I. 444.
Gitana melancölica. Aguilar. I. 244.
Gitanilla de Madrid. Solls. II. 149.
Gloria de los Pizarros.(Palabras & los Beyes.)
Luis Velez. I. 288.
Gloria de Niquea. Gonde de Villamediana.
(I. 18.) II. 275.
Glorias del mejor siglo. Gäspedes. II. 208.
Gobernador prudente. G. de Avila. I. 423.
Golfo de las Sirenas. Galderon. II. 32.
332
Register.
Oran GenobU. Galderon. II. 88.
Gran Duqae de Florenoia. (Los M6dicis de
Florenoia.) Enciso. I. 400.
Oran mAgioo de Europa, Sigismando el
Bomano. T. B. Sanches. II. 310.
Gran Patriaroa de las Indiaa, Don Juan de
Bibera. Aguilar. I. 248.
Gran principe de Fez. Galderon. H. 14.
Gran Bey anacoreta, San Onofre. Lanini.
II. 266.
Gran Bey de los desiertos, San Onofre.
Claramonte. I. 331. (II. 966.)
Gran Semframis. Yim^s. I. 68. (IL S6.)
Gran Saltana, Dona Gatalina de Oviedo.
Genrantes. I. 328.
Gran teatro del Mundo. (Auto.) Galderon.
IL 65.
Gravedad en YUlaTerde. Montalvan. 1. 450.
Gridonia, 6 Gielo de amor Tengado. Paim-
Ticino y Arteagan, IL 271.
Guanches de Tenerife. Lope. (1. 17.) L 106.
Guapo de Andalncla. (£1 m4a temido An-
dalui Francisco EtUban.) Yallös. IL 311.
Guapo JvQian Bomero. (Ponerse hAbito sin
pmebas.) Ganixares. II. 298.
Guarda ouidadosa. Mig. Sanohez. L 262.
Guardar palabra 4 los Santos. OÜTares
YadiUo. (I. 241.) IL 270.
Guardar y guardarse. Lope. I. 162.
Guirdate del agua mansa. Galderon. II. 52.
Gnerras de eelos y amor. M. de Ayala.
IL 304.
Gustos y disgnstos no son mfts que imagi-
nacion. Galderon. IL 28.
H.
Hacer cada nno lo que debe. (Gada cnal 4
SU negocio.) GueUar. IL 198.
Hacar del amor agra-vio. (La banda y la
flor.) Galderon. IL 47.
Hacer del contrario amigo. (£mpeaar4 ser
amigos.) Moreto. IL 167.
Hacer ftnesa el desaire. Galleja. IL 208.
Hacer remedio el dolor. G4ncer, Matos A
Moreto. II. 286.
Hado y diTisa de Lfonido y de Marfisa.
Galderon. U. 33.
Haloon de Federico. Lope. (L 157.)
Hamete de Toledo. Lope. (U. 281.)
Hamete de Toledo. Belmonte & Msürtinex.
II. 281.
Hasta el fin nadie ea diehoso. Moreto.
(I. 226.) II. 161.
Hay culpa en que no hay deUto. Montero
de Espinosa. II. 269.
Haxanas del (?id. (Segunda parle de las
Mocedades del Gid.) G. de Gastro. I. 219.
Hauaas de los Pixarros. L IL HL Tirao.
L 31243. (L 365.)
Kanclares. IL 270.
Zamora. IL 290.
A. de Arce. II. 853.
Zabsaeta. IL 230.
Hediieera del C^elo.
Hecbixado por tue:
Hecbixo de Serilla.
Hecbiso imaginado.
H^ctor y Aquiles. Monroy. II. 141.
Hfenba triste. F. Peres de Oliva. L 56.
H^xeule« de HungrfsL A. de Arce. II. 853.
Hercules de Oeana. Diamante. H. 228.
Hercules de Ocana. Luis Telex. (L 112.)
I. 296. (IL 223.)
Hercules forente y Oeta. Lopex de Z&rate.
L 421.
Heraanas Bandoleras. Lope. 1.133. (ILSSl.)
Hermano de sn hennana. Quirös. IL 373.
Hcnsanos amantes y piedad por fuerza.
Z4rate. IL 232.
Hennanos encontrados. (Satisfaeer eallan-
do.) Moreto. II. 168.
Hennanos m4s amantes. (La Morica gaxxi-
da.) J. B. de Yillegas. L 335.
Hermosa Ester. Lope. L MO.
Hermosa fea. Lope. L 127. (IL 159.)
Hermosura de BaqneL L A IL Luis Yelez.
L 301.
Hermosura y la desdioha. Bojas Zozrilla.
IL 126.
Herödes Asealonita. Lozano. IL 867.
Heröica Antona Garcia. Ganixares. (L 365).
IL 298.
Hüa del aire. L H. Galderon. IL 85.
Hlja del mesonero. D^ de Figneroa. IL 808.
Hljo de la Molinera. Lope. L 190.
Hijo de la piedra. Matos. (L 344.) IL 190.
Hijo de la Tirtud, San Juan Bneno. L A H.
Llanos y Yald<s. IL 867.
H^'o del Serafin, San Pedro de Aldntara.
Montalvan. L 444.
Hijo del Sol, Faeton. (El Faetonte.) Cal-
dffiron. H. 30.
Hijo de Marco Aurelio. Zabaleta. IL 829.
Hijo obediente. Beneyto. L 853.
Hijos de la Barbnda. Luis Yeles. L 291.
Hijos de la fortuna, Teigenes y Cariclea.
Galderon. IL 33.
Hijos de la fortuna, Teigenes y Clariquea.
Montalran. L 451.
Hijo sin padre. Lope» I. 180.
Hünenea. Torres Nabarro. L 36.
Historia de Tobias. Lope. I. 800.
Hombre de bien. Lope. I. 164.
Hombre de mayor lama. Mira de Amesena.
L 321.
Hombre de Portugal Alfaro. IL 858.
Hombre pobre todo es trasas. Galderon.
H. 51.
Honestidad defendida. Gubillo. IL 90.
Honor da entendimiento. Ganixares. IL 299.
Honor es lo primero. (Entre el honor etc.)
F» de Leyva. IL 213.
Honra de Dido restaurada. Laaao de la
Yega. (L 70.)
Honrado hermano. Lope. L 193.
Honrador de sn padre. Diamante. IL 819.
Honrador de sus hijas. Polo. H. 872.
Honra por la mvjer. Lope. L 147.
Honroso atreTimiento. Tirso. L369. (1.447.)
Horror de las montanas. Monroy. IL 141.
Huerta de Juan Femandex. Tirso. L 358.
Hnmildad sobeibia. G. de Gastro. L
Hustre fregona. Esqnerdo. (L 457.)
Düstre i^egona. Lope. L 173.
! Imposible mAs f4eiL Matos. IL 194.
I IncUnacion espaaola. G4ndamo. IL 8^.
I Indieios sin culpa. Matos. IL 191.
Industxias contra el poder. (Amor, honor j
poder.) Galderon. U. 40. 59.
Industria y la snerte. Alarcon. L 383.
Industnas contra Unnas Moreto. IL 170.
Induxtrias de amor logradas. Diamante.
IL 833.
InexPereira (Fazigade). Gil Yieente. L 31.
Infamador. J. de la Gnera. L 59.
Infanxon de niescas. (L 339.) II. 17Cw
Infelice Marcela. Tim4s. L 69.
Infelix Aurora y finexa acicditada. F^ de
Leyra. II. 811.
Infiemo de amor. Oall^os. (L 457.)
Ingenio y repreeentante, San 6in4s y Sstt
Glandio. BipoU Femandex de Uruena.
IL 309.
Register.
33»
Inobediente (El). (La cindad sin Bios.)
Glaramonte. I. 332.
Inooente sangre. Lope. I. 187.
Invenoible Gastellana. (Antes qne todo es
mi amante.) Canizares. II. 297.
Inyisible Principe del Baul. Gabillo. 11.103.
Iris de las pendencias. O. de Avila. I. 422.
Ir por el riesgo & la dicha. Diamante.
n. 223.
Isabela. Argensola. I. 72.
Isla b&rbara. Miguel Sanohes. I. 263.
J.
Jaointa. Torres Naharro. I. 35.
Jaointos (Los). Lope. (I. 85.)
Jardin de Falerina. Galderon. II. 3-^.
Jardin de Falerina. (Auto.) Galderon. IL 64.
Jardin de Yargas. (La gata de Mari-Bamos.)
Lope. I. 119.
Jarretiera de Inglaterra. G&ndamo. H. 248.
Jemsalen libertada. Enriquez G-omez.
n. 110.
Job de las mujeres. Matos. II. 189.
Josef de las mujeres. Galderon. II. 16.
(II. 21.)
Josefina. (Tragedia.) Garav^jal. I. 48.
Juan Latino. Enciso. I. 405.
Juan Sanchez de Talavera. Diamante.
II. 222.
Judas Iscariote. Zamora. II. 294.
Judas Macabeo. Galderon. II. 25.
Judia de Toledo. (La desgraciada Baquel.)
Diamante? II. 220.
Jueces de Gastilla. Moreto. II. 175. (II. 240).
Jueces de Gastilla. Lope. (II. 240.)
Ju«gos olimpicos. Salazar. II. 239.
Juzamento ante Bios. ' J. Gordero. II. 258.
Jueticia en la piedad. G. de Gastro. I. 226.
CIL 34. 119.)
Laberinto de amor. Gervantes. I. 324.
Labrador venturoso. Lope. I. 140.
Lagos de San Yicente. Tirso. I. 345.
L&griroas de Bavid. Ghodinez. I. 435. -
Lances de amor, desden y celos. Furmento.
II. 307.
Lances de amor y fortuna. Galderon. II. 40.
Laurel de Apolo. Galderon. II. 32.
Lavar sin sangre una ofensa. Montero de
Espfnosa. II. 269.
Lealtad, amor y amistad. Medrano. I. 416.
Lealtad contra la envidia. Tirso. I. 343.
Lealtad contra su rey. J. B. de Yillegas.
I. 336.
Lealtad en el agravio. Lope. I. 121.
Lealtad en las injurias. B" de Figueroa.
II. 203.
Legitime bastardo. Gr. de Morales. II. 269.
Lego de Alcal&. (San Julian.) Luis Yelez.
I. 302.
Lego del G&rmen. (San Franco de Sena.)
Moreto. II. 183.
Leoncio y Montano. Los Figueroas. II. 205.
Ley ejecutada. Lope. I. 156. (II. 170.)
Libertad de Espana por Bernardo del Garpio.
J. de la Gueva. I. 58.
Libertad de Koma por Mucio Scövola. J. de
. la Gueva. I. 59.
Licenciado Yidriera. Moreto. II. 173.
Lindo Bon Biego. Moreto. (I. 124.) II. 178.
Lindona de Qalicia. Montalvan. I. 452.
Lirioylaazucena. (Auto.) Galderon. 11.65.
Lises de Francia. Mira de Amescua. I. 308.
Loca, cuerda y enamorada. J. A. de Bena-
▼ides. IL 305.
Loca del cielo. Biego de Yillegas. I. 463.
(II. 3a2.)
Lo cierto por lo dudoso. Lope. I. 157.
Loco cuerdo. Yaldivieso. I. 462.
Loco en la penitencia, Boberto el Biablo.
Yiceno. II. 275.
Loco en la penitencia y tirano m&s impro-
pio. II. 275.
Locos de Yalencia. Lope. I. 169.
Locos por el Gielo. Lope. I. 197.
Locura cuerda. Silva Gorrea. I. 462.
Lo m&s es saber vencerse. Sicardo. II. 274*
Lo que ciega la pasion & una mujer des-
pechada. Arellano y Graz. II. 303.
Lo que es no casarse & gusto. Mira d&
Amescua. I. 320.
Lo que es un coche en Madrid. (Los riesgos
que tiene un coche.) I. 411.
Lo que hace un manto en Madrid. Bojat
Zorrilla. (I. 359.)
Lo que las Iftgrimas pueden. Medrano.
(I. 418.)
Lo que le toca al valor. (El rebelde al bene>
ficio.) T. Osorio. II. 270.
Lo que merece un soldado. (La cautela en
la amistad.) Godinez. I. 436.
Lo que mienten los indicios. Gr. de Bozas.
n. 273.
Lo que mucho vale, mucho cuesta. (Ganar
amigos.) Alarcon. I. 889.
Lo que pasa en una noche. (Los empenoa
de seis horas.) Ant. Goello. II. 89.
Lo que pasa en un meson. Monroy. II. 148.
Lo que pasa en una venta. Monroy. II. 144.
Lo que pasa en un torno de monjas. II. 83.
Lo que piensas, te hago. J. de Benavides.
I. 456.
Lo que previno el destino. Yazquez d©
Yillasante. II. 311.
Loquepuedeeldesengano. Monroy. 11.140.
Lo que puede el oir misa. Mira de Ames*
cua. I. 304.
Lo que puede la aprension. Moreto. II. 16.S.
Lo que puede la crianza. F^ de Yillegas.
II. 225.
Lo que puede la porffa. Ant. Goello. II. 88.
Lo que puede una sospecha. Mira de Ames-
cua. I. 821.
Lo que queria ver el Marques ,de Yillena.
Bojas Zorrilla. II. 189.
Lo que son juicios del Gielo. Montalvan.
I. 450. f
Lo que son mujeres. Bojas Zorrilla. II. 130.
Lo que son suegro y cunado. Gifuentes.
II. 2S7.
Lo que va del hombre & Bios. (Auto.)
GaJderon. II. 64.
Lo que vale ser devotos de San Antonio
de Padua. Ganizares. II. 299.
Lorenzo roe llamo. Matos. II. 193. *
Lucero de Madrid, N*^ S^ de Atocha. Lanini.
II. 266.
Lucero de Madrid y divino labrador, San
Isidro. Zamura. II. 294.
Lucero eclipsado, San Juan Bautista. Me-
drano. I. 416.
Luis Perez el Gallego. Galderon. II. 29.
Luna de la Sagra, Santa Juana de la Gruz.
Quirös. II. 273.
Luna de la Sierra. Luis Yelez. I. 298.
Luna de Yalencia. Medrano. (I. 413.)
LI.
Llave de la honra. Lope. I. 145.
Llegar en ocasion. Lope. (I. 157.)
334
Register.
Madrid por de dentro. Bosete. (II. 215.)
MaeBtro de Alejandro. Zirate. II. 235.
Maestro de danaar. Calderon II. 52.
Maestro de dänzar. Lop«. (II. 52.)
Magdalena de Borna. Diamante. II. 234.
MAgico de Salemo. I, II, III, IV, V.
SalTo 7 VeU. II. 309.
M4gico prodigioso. Calderon. (I. 236. 309.)
n. 17. 322. ai. 21. 216.)
MAgico Sigismnndo. T. B. Sanchez. IL 310.
Mal casada. Lope. I. 153. (IL 183.)
Mal casados de Talencia. G. de Castro.
(I. 212.) I. 224.
Malpropio por bien ageno. Medrano. (1.413.)
Manaste, Bey de Jndea. Orosco. IL 270.
Mancebo del Camino. Diamante. IL 224.
Mancebon de Los Palacios. Juan Yelez.
IL 153.
Manga de Sarracino. Cubillo. II. 97.
Manganilla de Melilla. Alarcon. i. Z»l.
(IL 320.)
Manosblancasnoofenden. Calderon. 11.46.
Maftana serA otro dia. Calderon. II. 44.
Mananas de abril y mayo. Calderon. H. 51.
Maravillas de Babilonia. O. de Castro. I.
234. (IL 286.)
Margarita del Cielo. (SanU Margarita.) £n-
ciso. I. 405.
Margarita preciosa. Calderon, Zabaleta A
Cancer. IL 284.
Marido asegurado. Boyl. I. 251. (L 252.)
Marido de su hermana. (La mentirosa rer-
dad.) J. B. de YUlegas. I. 335.
Marido de su madre. Matos. IL 190.
Marido hace mujer. (£1 trato mnda costam-
bres.) Ant. de Mendoza. I. 409.
Marido m4s flrme. Lope. I. 199.
Mari-Hemandez laOallega. Tirso. 1.358.
Marina la porqnera. Carmona. I. 456.
Mariscal de Biron. Montalvan. I. 443.
(L 460.)
Marqn^s de las Navas. Lope. 1. 144. (1. 450.)
Marqn^B del CigarraL Castillo Solörzano.
L 377. (IL 168.)
Marques de Mantna. Lope. L 135. (II. 174.)
Marta la piadosa. (La beata enamorada.)
Tirso. L 366.
Mftrtires de Toledo y Tejedor Palomeque.
Lobo. IL 308.
M&rtir y rey de Sevilla, San Hermenegildo.
Z&rate. IL 236.
Mäs amada de Cristo, Santa Oertmdis la
Magna. I. IL Canizares. IL 300.
JC&8 constante mujer. Montalvan. L 446.
Mfis dichosos hermanos. (Los siete durmien-
tes.) Moreto. IL 181.
Mäs encanto es la hermosnra. Diamante.
IL 223.
M&s heröico ßilencio.Folch deCardona.II.257.
Mäs hidalga hermosnra. Bojas Zorrilla.
IL 122.
Mäs ilnstre Francis, San Bernardo. Moreto.
n. 183.
Mäs ilnstre fregona. Canizares. IL 299.
Mäs impropio verdago por la mäs jasta
venganza. Bojas Zorrilla. IL 118.
Mäs la amistad qne la sangre. Baeza. IL 254.
Mäs mal hay en la aldegUela etc. (El hijo
de la molinera.) Lope. I. 190.
Mäs merece qnien mäs ama. Ant. de Men-
doza. I. 407.
Mäs pesa el Bey qne la sangre. Luis Yelez.
I. 287. (II. 241.)
Mäs piadoso Troyano. F^ de Yillegas.
H. 225.
Mäs resplandeciö en su ocaso etc. Beynoso.
IL 309.
Mäs temido Andaloz, Francisco EstAan.
(£1 gnapo de Andalncfa.) Yallte. 11.311.
Mäs trinnfa el amor rendido. Salskiar dfc
Yera Tassis. II. 239.
Mäs Tale A qnien Dios aynda. (£1 pastor
mäs perseguido.) Honroy. II. 144.
Mäs vale el hombre qne el nombre. Cän-
damo. II. 748.
Mäs vale salto de mata qne mego de buenos.
Lope. I. ISO.
Mäs Tale tarde qne nunca. Lopei de Castro.
IL 308.
Mäs Taliente Andaloz, Anton Bravo. Mon-
roy. II. 143.
Mayorazgo fignra. Castillo Solörxano. 1. 377.
Mayor contrario amigo y Diablo predicador.
Belmonte? I. 431.
Mayor desengano. Tirso. I. 348. (I. 431.)
Mayor desgracia de Carlos Y. Lope. (I.
110.) L 122.
Mayordomo de la Duqnesa de Amalfi. Lope.
I. 101.
Mayor encanto amor. Calderon. (L 18.)
IL 31. (II. 284.)
Mayor hasana de Carlos Y. Enciso. (I.
336. 442.) I. 396. (U, 93. 231.)
Mayor imposible. Lope. I. 164. (II. 166.)
Mayor mönstmo los celos. Calderon. II. 11.
Mayor prodigio. (El purgatorio en la vida.)
Lope. I. 201. II. 317.
Mayor venganza de honor. Cubillo. ü.
94. (II. Iü7.)
Mayor Tictoria. Lope. I. 147.
Mayor Tictoria de Constantino Magno. A.
de Arce. II. 253.
Mayor Tirtud de un rey. Lope. I. 163.
Mazariegos y Monsalves. Zamora. IL 292.
M^dicis de Florencia. Enciso. I. 400.
Mädico de su amor. Bojas Zorrilla. II. 126.
Mädico de su honra. Lope. IL 3. (II. 107.)
M6dico de su honra. Calderon. (I. 331.)
IL 2. 7. (II. 107.)
Medice enamorado. Lope. (II. 129.)
M4dico pintor, San Lucas. Zärate. II. 236.
Medora. Lope de Bueda. I. 40.
Mejor alcalde el rey. Lope. I. 131. (I. 133.)
(11. 180.)
Mejor alcalde el rey. Mariinez. II. 136.
Mejor amigo el muerto. Belmonte? IL 284.
Mejor amigo el muerto. Belmonte, Bojas
A Calderon. (I. 142.) II. 283.
Mejor amigo el rey. Moreto. (I. 374.) IL 166.
Mejor espigadera. Tirso. I. 347.
Mejor esposo, San Jos6. Q. de Castro. I.
233. (IL 184.)
Mejor estä que estaba. Calderon. II. 48.
Mejor flor de Constancia, Santa Catalina.
Fuente. IL 307.
Mejor flor de Sicilia, Santa Bosolea. Salazar.
IL 239.
Mejor luna africana. Dos Ingeniös y Cal-
deron. IL 284.
Mejor Ins de Sevilla. Onedeja. n. 265.
(n. 269.)
Mejor mozo de Espafia. Lope. I. 172.
Mejor padre de pobres. Montalvan. I. 444.
Mejor par de los doce. Moreto A Matos.
IL 281.
Mejor rey del mundo y templo de Salomon.
CnbUlo. IL 102.
Melancölico (El). Tirso. L 356.
Menecmos. Timoneda. I. 43.
Mentirosa verdad. (Elmarido de su hermana.)
J. B. de Yillegas. I. 335.
Begister.
335
Ifentiroso (El). (La verdad sospechosa.)
Alarcon. I. 386.
Hentirpor razon de estado. Milan y Aragon.
II. ?68.
Mentir y mudaree & un tiempo. Los Fi-
gueroas. II. 204.
JMEercader amante. Aguilar. I. 243.
üiferecer de la fortuna ensalzamientos di-
chosos. Vera Ordonez & Bibera. (I. 148.)
I. 464.
IMerecer para alcanzar.(La fortuna meredda.)
Moreto. II. 169.
Mörito es la Corona. ' Salazar. II. 238.
Metamorfo8ea.(Comedia.) Bomero deCepeda.
I. 45.
JMiöntras yo podo las Tinas. Castellanos. (I.
456.)
Milagro por los celos. Lope. (I. 350.)
Jiilagrosa eleccion de San Pio Y. Moreto.
IL 183.
Milagros del desprecio. Lope. I. 127. (I.
423. 454. II. 159.)
Mira al fin. Bosete. II. 215.
Mirad & qnien alabais. Lope. (IL 166.)
Misas de San Vicente Ferrer. Z&rate. IL
235. (IL 274.)
Misma conciencia acnsa. Moreto. (I. 165.)
IL 166.
Mitra y pluma en la oruz, San Gasiano.
Pas. IL 272.
Mocedades del Cid. I. O. de Gastro. I. 212.
(IL 219.)
Mocedades del Cid. IL G. de Castro. I. 219.
(IL 219.)
Mocedades del Cid. (Burlesca.) Cancer.
IL 197.
Mocedades del duque de Osuna. Monroy.
IL 142.
Monjaalförez. Montalvan. 1.453. (11.205.)
Mönstmo de la fortuna. (La reina Juana de
N&poles.) Lope. I. 177. (IL 285.)
Mönstruo de la fortuna, la lavandera de
N&poles, Felipa Gatanea. Calderon, Mon-
talvan A Bojas. IL 285. 323.
Mönstruo de los jardines. Galderon. 11.31.
Montan6s Juan Pascual. Hoz y Mota. (I.
123.) IL 241.
Monteros de Espinosa. (IL 277.)
Morica garrida. (Los hermanos amanteg.)
J. B. de YiUegas. I. 335.
Morir en la Cruz con Cristo. Koz y Mota.
II. 243.
Morir pensando matar. Bojas Zorrilla.
IL 117.
Moza de c&ntaro. Lope. (I. 301.)
Muohos aciertos de un yerro. Jos6 de Fi-
gueroa. IL 204.
Mudanza en el amor. (La esmeralda del
amor.) Montalvan? I. 452.
Mudarse por mejorarse. Alarcon. L 384.
(IL 232.)
Mudarse por mejorarse. Z6rate. (I. 884.)
II. 232.
Muerte de Ayax Telamon. J. de la Cueva.
I. 69.
Muerte de Baldovinos. (Burlesca.) Cftneer.
IL 197.
Muerte del rey Don Sancho etc. J. de la
Cueva. I. 58.
Muerte de Virginia y Apio Claudio. J. de
la Cueva. I. 59.
Mnerto vivo. Juan de Paredes. IL 271.
Mujer contra el consejo. Matos, Martinez
A Zabaleta. IL 287.
Mujeres sin hombret. Lope. 1. 199.- (IL 150).
Mujer, Uora y vencer&s. Galderon. IL 41.
Mujer m&s penitente. Lobera. IL 308.
Mujer por fuerza. (Tirso IL Bd.) I. 374.
Mujer que manda en casa. Tirso. I. 347.
Mujer ,que por modo estrano etc. Arbues
Pelaez. IL 303.
Munecas de Maröela. Gnbillo. IL 97.
Muros de Jericö. Olivares Vadillo. IL 270.
Mdsicos amo y criado. Garro. IL 307.
IS.
Nacimiento de Cristo. Lope. I. 200.
Nacimiento del Alba. Lope. I. 200.
Nacimiento de Montesinos. G. de Castro.
I. 228.
Nacimiento de Urson y Valentin. Lope.
(IL 205.)
Nadie fie su secreto. Galderon. II. 49.
(IL 66.)
Nadle pierda la esperanza en el mayor im-
posible. IL 160.
Nadie se conoce. Lope. I. 178.
Narciso en su opinion. G. de Castro. I.
225. (IL 173.)
Natural desdichado. Bojas Villandrando.
L 462.
Necedad del discreto. Lope. 1. 164. (IL 191.)
Negra por el honor. Moreto. IL 171.
Negro del cuerpo blanco. F^ de Leyva.
IL 211.
Negro del mejor amo. Mira de Amescua.
L 323.
Ni Amor se libra de amor. Galderon. IL 30.
(IL 323.)
Nieto de su padre. G. de Castro. I. 227.
NiiLa de Gomez Arias. Galderon. (I. 296.)
IL 40. (IL 72.)
Nifla de Gomez Arias. Luis Velez. I. 296.
(IL 40.)
Niiia de plata. Lope. I. 14.S.
Nineces y primer triunfo de David. Vargas.
IL 275.
Nino diablo. Luis Velez. I. 299.
Nino inocente de La Guardia. Lope. I. 102.
Nise lastimosa. Jer. Bermudez. I. 62.
Nise laflreada. Jer. Bermudez. I. 61. 62.
(I. 274.)
No amar la mayor fineza. Zabaleta. IL 230.
Noble (El) siempre es valiente. (Vida y
muerte del Cid.) Zärate. IL 281.
No cabe mäs en amor ni hay amor firme
sin celos. Carbonell. IL 306.
Noche de San Juan. Lope. I. 172. (I. 410.)
Noche toledana. Lope. L 166.
No estft en matar el vencer. Matos. IL 188.
(IL 220.)
No guardas tu tu secreto. (Nadie fie su se-
creto.) Galderon. IL 49.
No hay amar como fingir. Leon Mar-
chante. IL 206.
No hay amigo para amigo. Bojas Zorrilla .
IL 125.
No hay amor donde hay agravio. Ant. de
Mendoza. I. 407. IL 32ü.
No hay bien sin ageno dano. Huerta.
L 457.
No hay burlas con el amor. Galderon.
IL 45. (IL 76.)
No hay burlas con las mujeres. Mira de
Amescua. I. 821.
No hay castigo contra amor. Cabeza.
IL 265.
No hay con la patria venganza. Canizaret.
IL 300.
Nö hay contra el amor poder. Juan Velez.
IL 154.
No hay contra el hado defensa. Ayala y
Guzman. II. 304.
336
Register.
No hay contra el honor poder. Enriqnez
Gomez. II. Iu8.
No hay contra lealtad cautelas. F^ de Leyva.
II. au.
No hay contra nn padre razon. F^ deLeyva.
. II. 210.
No hay cosa oomo callar. Calderon. II. 43.
No hay ouenta con aerranos. (£1 mejor Al-
oalde el Bey.) Martines. II. 136.
No hay denda qne no se pagae. Zamora.
IL 291.
No hay dicha ni desdioha hatta la mnerte.
Mira de Amegcna. I. 316.
No hay duelo entre dos amigos. Bojas
Zorrilla. II. 126.
No hay gnsto como la honra. Vera y Men-
doza. IL 275.
No hay instante sin milagro. (Auto.) Gal-
deron. (II. 63.)
No hay mal qoe por bien no venga. (Don
Domingo de Don Blas.) Alarcon. I. 391.
(II. 293.)
No hay mal quo por bien no venga. (Don
Domingo de Don Bla».) Zamora. II. 293.
No hay peor sordo . . . Tirso. I. S62.
No hay reinar como vivir. Mira de Arnes-
cna. I. 317.
No hay ser padre , siendo rey. Bojas Zor-
rilla. II. 118.
No hay vida como la honra. Montalvan.
I. 447.
No puede ser. Moreto. (I. 164.) II. 166.
)So se pierden las finezas. Baeza. (I. 350.)
IL 254.
No siempre el destino vence. Fernandez
Bnstamante. II. 305.
No siempre lo peor es oierto. Calderon.
IL 46. (II. 72. 73.)
Novios de Homachuelos. Lope. I. 130.
(I. 133.)
Nuestra Senora de Atocha. (LaFatrona de
Madrid.) Bojas Zorrilla. IL 120.
Nuestra Senora de Guadalupe. (Gomedia de)
Cervantes? I. 67.
Nuestra Senora de la Almudena. Calderon.
(U. 53.)
Nuestra Senora de la Luz. Salgado. II. 273.
Nuestra Senora de lasNieves. (El Diciembre
por Agosto.) Juan Yelez. II. 152.
Nuestra Senora de la Victoria. F^' de Leyva.
IL 211.
Nuestra Senora de los Bemedios. (La Yirgen
d. 1. B.) Calderon. (II. 5H.) IL 322.
Nuestra Senora del Pilar. Moreto, Matos
A Villaviciosa. IL 287.
Nuevaira deDios y gran Tamorlan dePersia.
Luis Yelez. L 289.
Nuevo mundo .descubierto por Colon. Lope.
I. 107. (IL 284.)
Nuevo palacio del Betiro. (Auto.) Calde-
ron. II. 65.
Nulidade« del amor. Ailorbe. IL 302.
Numancla. Cervantes. I. 65.
Nunca mucho costö poco. Lope. I. 119.
Nunca mucho costö poco. (Los pechos pri-
vilegiados). Alarcon. I. 390.
0.
Obediencia laureada. Lope. 1.170. (11.287.)
•Obispo de Crobia, San Estanisiao. Z&rate.
IL 235.
Obligacion & las mujeres. Luis Yelez.
I. 294.
ObligadoB y ofendidos. Bojas Zorrilla.
IL 125.
Obligar con el agravio. F^ de Yiotoria.
IL 276.
Obligar contra su saugte. Mira de Ames^
caa. I. 316.
Ocasion hace al ladron. Moreto. (I. 851.)
II. 172.
O el fraile ha de ser ladron 6 el ladron ha
de ser fraile. Godlnez. I. 436.
Of ender con las finezas. Yillayzan. I. 440»
Ofender para obligar. (£1 mancebon de Los
Falacios.) Juan Yelez. II. 153.
Ofensa (La) y la vengaaza en el retrato.
Mojica. II. 268.
Ofensor de sl mismo. Monroy. (I. 226.)-
II. 143.
Ojos del oielo. (La Abogada de los ojos,.
Santa Lucia.) Justiniano. L 457. (IL 322.>
Olimpa y Yireno. Montalvan. I. 446.
Olvidar para vi vir. Miguel Bermudez..
I. 456.
OUero de Ocana. Luis Yelez. I. 293.
Oponerse & las estrellas. Moreto, Martinez
A Matos. II. 287.
Osar morir da la vida. Zabaleta. II. 229^
Oveja contra el pastor y tirano Boleslao.
Anorbe. IL 302.
P.
Paces de los Beyes y Judfa de Toledo. Lope..
(I. 81.) I. 185. (IL 221.)
Padrino desposado. Lope. I. 174.
Paje de Don Alvaro. Lope. I. 188.
Palabras & los Beyes. (Gloria de los Pizar»^
ros.) Luis Yelez. I. 288.
Palabras y plumas. Tirso. I. 350. (IL
232. 254.)
Palacio confuso. Mira de Amescua? Lope?-
I. 320. (IL 319.)
Palacios de Galiana. Lope. I. 136.
Paliana. Timoneda. I. 43.
Palmerin de Oliva. Montalvan. I. 451.
Para con todos hermanos, para nosotros-
amantes. (Don Floriselde Diquea.) Mon-
talvan. I. 451.
Para vencer & amor, querer vencerle. Cal-
deron. IL 46.
Parecido. Moreto. II. 165.
Parecido en la Corte. Moreto. IL 165.
Paredes oyen. Alarcon. I. 882.
Pasion vencida de afecto. Diamante. IL 223»
Paso de la Bazon, la Fama y el Tiempo.
Timoneda. I. 44.
Pastelero de Madrigal. Cuellar. II. 198.
Pastor de Menandra. Boyl. (I. 251.)
Pastor fido. Calderon, Solls A Coello. II. 284»
Pastor m&s perseguido y Finezas de BaqueL
Monroy. IL 144.
Patrona de Madrid, Nuestra SeSora de Ato-
cha. Bojas Zorrilla. II. 120. (II. 266.)
Patron de Salamanca, San Juan de Saha-
gun. Vera Tassis. IL 275.
Paulino. Anorbe. IL 303.
Paz de Artajärjes con Grecia. Bazo. IL 304»
Pechos privilegiados. (Nunca mucho costö
poco.) Alarcon. I. 390.
Pedir favor al contrario. Banrios. IL 217.
Pedir justicia al culpado. Martinez.
IL 137.
Pedro Carbonero. Lope. I. 171.
Pedro de Urdemalas. Cervantes. I. 326.
Pelear hasta morir. Bosete. IL 216.
Peligrar en los remedios. Bojas Zorrilla»
n. 126.
Feligro en mar y tierra. Ginan. IL 307.
Pena de Francia. Tirso. I. 344.
Peor est& que estaba. Calderon. II. 48.
Register.
337
Perderse por no perderse. Cubillo. II. 96.
Perfecta casada. Cubillo. II. 101.
Perfecto caballero. G-. de Castro. I. 223.
Peribanez y el Comendador de Ocana.
Lope. I. 97.
Perro del hortelano. (LaCondesa de Beiflor.)
Lope. I^ 166.
Persegnida Amaltea. T&rrega. I. 24t.
Perseguido (El). Lope. I. 82. II. 316.
Perseo. (La f&bula de Perseo.) Lope. 1. 199.
Pörsiles y Sigismunda. Bojas Zorrilla«
II. 117.
PiadoBO Aragon^s. Lope. I. 188.
PiadoBO Yeneciano. Lope. L 176. (I. 447.)
. (n. 317).
Picarillo en Espafia. Canizares. II. 296.
Piedad de un hijo venoe la impiedad de
■ un padre. Bazo. II. 304.
Piedra filoBofal. C6ndamo. (I. 384.) 11.249.
Pflades y Oröstes. Mora. (I. 459.)
Pintor de su deshonra. Calderon. II. 7.
(II. 10.)
PintoF de su deshonra. (Auto.) Calderon.
It. 63.
PUcida y Yictoriano. Encina. I. 24.
Platero del Cielo, San Eloy. Martinez.
II. 188.
Playa de San Lücar. B. CortSs. II. 261.
Pleito de Hernan Cortös con P&nfilo de Nar-
vaez. Canizares. II. 298.
Pleito del demonio con la Yfrgen. Tres
Ingeniös. II. 283.
Pleito matrimonial. (Auto.) Calderon.
II. 66.
Pleito por lahonra. Lope? I. 95. (11.297.)
Pleito que tuvo el diablo con el cura de
Madrilejos. Bojas, Luis Yelez A Mira de
Ameseua. II. 281.
Pobreza, amor y fortuna. Los Figueroas.
II. 204.
Pobreza estimada. Lope. I. 176. (II. 33.)
Pobreza no es vileza. Lope. I. 176.
Pobrezas de Beinaldos. Lope. (II. 281.)
Poco aprovechan avisos cuando hay mala
inclinacion. Matos. II. 192.
Poder de la amistad. Moreto. II. 159.
Polifemo y Circe. Calderon, Mira de Ames-
cua & Montalvan. II. 284.
Polltica de amor. Janer y Perarnan. II. 308.
Pompeyo (El). C. de Mesa. I. 420.
Poncella de Orleans. Zamora. II. 293.
Ponerse b&bito sin pruebas. (Guapo Julian
Bomero.) Canizares. II. 298.
Por aorisolar su honor, competidor hijo y
padre. (A lo que obliga el honor y duelo
contra su padre.) Canizares. II. 297.
Por el esfuerzo la dicha. (Aristömenes
Mesenio.) Alfaro. (II. 89.) IL 252.
Por el sötano y el torno. Tirso. L 361*
Porfla hasta el temor. Lope. I. 145.
Porflar hasta morir. Lope. I. 98.
Por la puente, Juana. Lope. I. 164.
Pormejoria. (Mudarsepormejorarse.) Alar-
con. I. 384.
Por oir misa y dar cebada etc. Zamora.
II. 293.
Por su rey y por su dama. C&ndamo. H.
. 249.
Postrer duelo de Espana. Calderon. II. 42.
Prado de Yalencia. Tärrega. 1.240. (11.318.)
Premiar al liberal. Boa. II. 273.
Premio de la hermosura. Lope. I. 197.
Premio de las letras por el Bey Felipe Se-
gundo. Poyo. I. 280.
Premio del bien hablar. Lope. I. 164.
Prenda de amor. Lope de Bueda. I. 41.
Preso, muerto y vencedor etc. Zamora. 11.293.
SCHJBF FXB. II.
y
con
la hermosa.
pobreza.
Zfirate. II. 233.
Or. de Castro. I.
350.
de Agoiz.
Presumida
Pretender
226.
Pretendiente al reväs. Tirso. I.
Primer blason de Israel. Scott!
II. 810.
Primer flor del Carmelo. (Auto.) Calderon.
II. 65.
Primero es la honra. Moreto. II. 170.
Primero es la honra que el gusto. Bojas
ZorriUa. II. 126.
Primero soy yo. Calderon. II. 47.
Primer Bey de Castilla. Lope. I. 179.
Primer templo de amor. Fernandez de
Leon. II. 245.
Princesade losmontes. (Satisfaoer callando.)
Lope? II. 168.
Princesa, ramera y m&rtir, Santa Afra.
Anorbe. II. 302.
Principe constante. Calderon. (I. 405.)
IL 13.
Principe de los montes. Montalvan. I. 449.
Principe despeSado. Lope. (II. 189.)
Principe Don Carlos. Enciso. I. 399.
(L 442.) (IL 98.)
Principe Don Carlos. (Segundo S^neca de
Espana y.) Montalvan. I. 441.
Principe Esoanderbey. Luis Yelei. I. 290.
II. 318.
Principe jardinero. Cordero. II. 306.
Principe perfecto. I. & II. Lope. I. 190.
Principe prodigioso y Defensor de la fö.
Moreto <fc Miltos. (I. 291.) II. 281.
Prlnoipes de la Iglesia, San Pedro y San
Pablo. Monroy. II. 145.
Principe tirano. I. & II. J. de la Cueva.
I. 60.
Principe villano. Belmonte. I. 430.
Prisionero m&s valiente. (La batalla de Pa-
vla.) Monroy. II. 139.
Privanza y caida de Don Alvaro de Luna.
Poyo. I. 278.
Privar contra su gusto. Tirso. I. 364.
Privilegio de las mujeres. Calderon, Mon-
talvan A Coello. IL 27. 284.
Prödiga (Comedia). Miranda. I. 48.
Prodigio de los montes. (Santa Barbara.)
G. de Castro? I. 234. (II. 19. 318.)
Prodigios de amor. Yaldös Yillaviciosa.
IL 274.
Progne y Filomena. G. de Castro. I. 223.
Progne y Filomena. Bojas ZorriUa. II. 119.
Pronöstico de C&diz. A. de Osuna. II. 271.
Pröspera fortuna de Don Alvaro de Luna.
(Tirso II. Bd.) I. 375.
Pröspera fortuna del Caballero del Esplritu
Santo. Grajales. I. 267.
Pröspera fortuna del famoso Buy Lopez de
Avalos el bueno. Poyo. I. 275.
Prudencia en el castigo. (Cömo se vengan
los nobles.) Lope. I. 116.
Prudencia en la mujer. Tirso. (I. 275.)
I. 339.
Prudencia en la nifiez. A. P. Fernandez.
II. 307.
Prudente Abigail. Enriquez Gomez. IL 109.
Prudente, s&bia y honrada. (La perfecta ca-
sada.) Cubillo. IL 101.
Prueba de las promesas. Alarcon. I. 383.
(II. 249. 299.)
Pslquis y Cupido. (Auto.) Calderon. II. 65.
(II. 323.)
Puente del Mundo. (Auto.) Lope. 1. 209.
Puente de Mantible. Calderon. II. 38.
Puerta Macarena. I. Montalvan. 1. 443.
Puerta Macarena.
I. 443.
II. Montalvan. (I. 161.)
22
338
Register.
Pn^gstorio de San Pfttrieio. €faldecoi&.
(L S03.) II. U. 317.
Piting»torio en la irida. (El m»jox prodigio.)
Lop«. I. SOI. n. 317.
Pürpu» de 1» rot*. Caldeton. IL IS.
^Qn^ M 1« cienci» de reinar? Gonxalez de
Barci«. IL 304.
Qneier por solo querer. A. de Mendoz».
L 407.
Querene tin decl««ne. Zirste. H. 933.
Qnien calU, otorga. Tir«o. L 359.
Quito eMail* mä» & qnito. (Dar con la
miema flor.) Alarcon. L 985,
Qvieii ea qnieii premia al amor. CAndamo.
11.348.
Qnien babla mit, obra m^nos. Zirate. (L
350.) II. 232.
Qnien hablö, pag6. (Tirao Bd. IL) L 372.
^Qnito ballarA m^jer fnerte? (Anto.) Cal-
deron. IL 65.
Qnien mal anda, en mal acaba. Alarcon.
L 392.
Qnien mie miente, medra mis. Mendoza
A QneTedo. (L 410.)
Qnien no cae, no se levanta. Tirto. L 350.
Qnien no te aTentnra. G. de Castro. L 230.
Qninta de Florencia. Lope. L 129. (L 133.)
Qnitar de Espana con bonra el fendo de
eien doncellas. Zamora. H. 293.
B.
BAbano por las bojas. (El pretendiente al
rer^s.) Tirso. L 350.
Bamirez de Arellano. Lope. I. 158.
Bayode Andalucfa. (El Genizaro de Espana.)
I. Gnbillo. (I. 7.) IL 101.
Bayo de Andalncfa.(E16enizaro de Espana.)
n. Cnbülo. n. 101.
Bazon busca Tcnganza. Morcbon. II. 269.
Bazon bace diebosos. Zabaleta, Cancer A
Martinez. (I. 143.) U. 287.
Bazon yence al poder. Matos. IL 193.
Bebeide al beneficio, (Lo qne le toca al
▼alor.) T. Osorio. IL 270.
Beina de las flores. Jac. de Herrera. (L 428.)
Beina de los Beyes. (Tirso IL Bd.) I. 372.
Beina Doila Maifa. (Comedia de \a Beina
Maria.) Lope. (II. 28.)
Beina en el Buen Betiro. Martinez. H. 138.
Beina Jnana de NApoles. (El mönstmo de
la fortnna.) Lope. I. 177.
Beina Maria Estnarda. Gallegos. (I. 457.)
Beina Maria Estnarda. Diamante. (I. 457.)
IL 221.
Beinar despues de morir. Luis Yelez. 1. 284.
Beinar por obedecer. Diamante, Tillayiciosa
A Matos. U. 287.
Bemedio en el peligro. Diamante. IL 223.
Bendirse & la obligacion. Los Figueroas.
IL 205.
Benegada de Yalladolid. Belmonte. I. 430.
(IL 193.)
Benegado arrepentido. G. de Castro. I.
233. (I. 462.) (H. 269.)
Benegado de Francia. (^ampo. II. 255.
Benegado del Gielo. Cr. de Morales. IL 269.
Benegado, rey y m&rtir. Cr. de Morales.
IL 269.
Benegado Zanaga y Segnndo Job de Argel.
B. Bodriguez. I. 462.
Bepresentacion. Encina. I. 24.
Bepresentaciones. Seb. de Horozoo. I. 49.
Bepüblica al rev^s. Tirso. I. 366.
Bespeto en el ausencia. G. de Avila. I. 423.
Beepeto, bonofr j ralotr. (Amor j luAor.>
Belmonte. L 430.
Bestaniaeion de Buda. Cindamo. IL M8L
Bestanrador de Astniias. Diamante. IL SSO.
Bey Don Alfonso, el de la mano boiadada.
Lnis Yelez. L 302.
Bey Don Enriqne el Enfexmo. Scia In-
genios? II. 83. 289.
Bey Don Enrique el Tereero, l'nf*^** el
Enfermo. Canizares. IL 297.
Bey Don Pedro en Madrid. (El Infiuuoit
de niescas.) IL 176.
Bey Don Sebastian. Luis Yeles. L 285.
(H. 225.)
Bey Don Sebastian y Portngnte mAs berOieo.
F. de Yillegas. (L 286.) IL 225.
Bey por semejansa. Grajales. L 2C7. 270.
Bicobombre de AlcaU. (El raliente Jnati-
ciero.) Moreto. (L 124. 129.) IL 180.
Biesgos qne tiene nn cocbe. (Lo qne ea nn
cocbe en Madrid.) I. 411.
Biesgos y alirios de nn manto. Matos. IL 195.
Boberto el Diablo. Yiceno. IL 275.
Bobo de Dina. Lope. L 200.
Bobo de Elena. Monroj. IL 141.
Bobo de las Sabinas. Jnan Coello. IL 358.
Boma abrasada. Lope. L 195.
Bomera de Santiago. Tirso. L 369.
Bosaalejandrina. Lnis Yeles. I. 302. (IL 19.)
Bosalina. Timoneda. I. 43.
Bosario. Pedro Diaz. I. 464. (XL 182.)
Bosario pers^^ido. Moreto ? (1. 464.) IL 183.
Bnbena. Gü Yicente. I. 29.
Bneda de la fortnna. Mira de Amescna.
I. 316.
Bnfian Castmcho. (El galan Gastmcbo.)
Lope. I. 110.
Bnfian dicboso. Cervantes. I. 327.
Büstico del Clelo. Lope. I. 205.
s.
Saber del mal y del bien. Calderon. H. 39.
Saber ser loco es oordnra. Crespo de la
PiniUa. U. 306.
SAbio en sn retiro y villano en sn rincon.
Matos. (I. 157.) U. 194.
Saco de Boma. J. de la Cneva. I. 58.
Sacrificio de Efigenia. Calderon. (II. 57.)
Sacriflcio de Efigenia. Trigueros. (IL 56.)
II. 57.
Sacrificio de Efigenia. Canizares. II. 300.
Saladino. Poyo. (I. 280.)
Salamantina (Farsa). Palan. (I. 55.)
SalTaje (Comedia). Cepeda. I. 45.
San Alejo (Comedia de). Lopez de Ubeda
y Comejo de Bojas. (I. 48.)
San Bartolom6 en Armenia. Monroy. IL 145.
San Diego de Alcal6. Lope. I. 208.
San Francisco de Boija. Calderon. (11.53. 54.
322.)
San Francisco de Boija. Fomperosa. IL
54. (IL 264.)
San Francisco Javier. Callc^a. IL 208.
San Franco de Sena. (El Lego del CArmen.)
Moreto. IL 183.
Sangre encontrada. Grajales. (I. 267. 269.)
Sangre leaJ de los Montafieses de Navarra.
T&rrega. I. 241.
San Martin (Auto de). Gil Yicente. I. 29.
San NicolAs de Tolentino. Lope. I. 207.
Santa Isabel, reina de Portugal. Bojas
Zorrilla. IL 120.
Santa Juana. I. IL Tirso. I. 348.
Santa Juliana. Diamante. IL 224.
Santa Margarita. Enciso. I. 405.
Santa Maria del Monte. Diamante. II. 223.
Begister.
339
Santo Olalla de M^rida. Gonzalez deBustos.
n. 265.
Santa Pelagia. (La Loca del Gielo.) D^ de
Yilleffas. I. 463.
Santo Gristo de Gabrilla. (El Gristo de los
milagroi). Moreto. II. 182.
Santo, esdavo y rey & un tiempo. Gonzalez
Martinez. II. 309.
Santo negTO Bosambuco. Lope. I. 206.
Santo Bey Fernando. I. II. (Autos.) Gal-
deron. H. 65.
Santo sin nacer y M&rtir sin moxir. Bamon.
I. 254.
Santo Tom&s de Villanneva. Diamante.
II. 224.
Santo y JBastre. Tino. I. 348. (II. 822.)
Sastre del Gampillo. G&ndamo. (1.7.) 11.249.
Sastre, rey y reo & an tiempo. Eormento.
II. 807.
Satisfacer callando. (Princesade los Montes.)
Lope? II. 168.
Secreto & yoces. Galderon. II. 48. (248.)
Secreto entre dos amigos. (El galan secreto.)
. Mira de Amescua. I. 317. (IL 169.)
Segunda Celestina. Salazar. II. 237.
Segnnda Parte del Gorsario Barbarroja. (El
Gorsario Barbarroja.) J. Sanchez. I. 266.
Segundo blason de Austria. (Auto.) Gal-
deron. II. 65.
Segundo Scipion. Galderon. IL 28.
Segundo S^neca de Espana. I. u. IL Mon-
talvan. I. 441. 442.
Selva de amor y celos. Bojas Zorrilla.
n. 123.
Selvaje. (Gomedia.) Bomero de Gepeda. 1.45.
Selvas y bosques de amor. Lope. I. 119.
Semejante & sf mismo. Alarcon. I. 382.
Semiramis. (La gran Semiramis.) Yiruäs.
I. 68.
Semiramis. Lope de Yega. (II. 26.)
Sentencla sin flrma. G. de Ayila. I. 423.
Senora y la criada. Galderon. II. 52. (IL
53. 56. 58.)
Senor de Noches buenas. Gubillo. IL 103.
Senor Don Juan de Austria. Montalvan.
L 442.
Seraflna. (Gomedia.) Torres Naharro. 1. 37.
Serafln humano. Lope. I. 207.
Serft lo que Dios quisiere. Lanini. 11.266.
Ser fino y no parecerlo. Zamora. IL 294.
Ser prudente y ser sufrido. Montalvan.
L 449.
Servir & senor discreto. Lope. 1. 165. (IL 317.)
Seryir con mala estrella. Lope. (L 157.)
Servir para merecer. Diamante. IL 223.
Servir sin lisonja. G. d. Avila. I. 424.
Sibila Gasandra (Auto de la). Gil Vicente.
I. 27.
Sibila del Oriente. Galderon. IL 25. (H. 56.)
8i el caballo vos han muerto. Luis Yelez.
I. 286. (IL 60.)
Siempre ayuda la verdad. I. 373. (IL 189.)
Siempre hay que envidiar amando. Zamora.
U. 294.
Siete durmientes. (Los m&a dichosos her-
. manos.) Moreto. II. 181.
Siete estrellas de Francia. Belmonte. 1. 431.
Siete Infantes de Lara. J. de la Gueva. I. 58.
Siete Infantes de Lara. Hurtado de Yelarde.
I. 283.
Siete Infantes de Lara. (El traidor contra
. SU sangre.) Matos. IL 188.
Silencio agradecido. Lope. I. 118.
Silla de San Pedro. Martinez. IL 135.
Sin el oro pierde amor, imperio, lustre y
valor. Lobera. IL 308.
Sin honra no hay amistad. BoJas Zorrilla.
IL 126.
Sin honra no hay valentfa. Moreto. IL 171.
Si no vleran las mujeres. Lope. I. 149.
Sirena del Jordan. Monroy. H. 145.
Sirena de Tinacria. D" de Figueroa. II. 203.
Sitio de Breda. Galderon. (I. 255.) n. 29.
Sitio de Genta. A. Francisco de Flores.
IL 264.
Sitio de Mons por el Duque de Alba. Bamon.
(I. 255.)
Si una vez llega & querer etc. Gaftizares.
IL 298.
Soberana Yirgen de Guadalupe (Gomedia
de la). I. 67.
Socorro de los mantos. Garlos de Arellano.
II. 213.
Socorro generaL (Auto.) Galderon. (IL 63.)
Sol ä media noohe y estrellas & medio dia.
J. B. de Yillegas. I. 337.
Soldadesoa. (Gomedia.) Torres Naharro. 1. 37.
Sol de la f^ en Marsella. Beynoso y (^ui-
nones. II. 309.
Sol de la Sierra. Diamante II. 223.
Sol obediente al hombre. Gonzalez de Barcia.
n. 304.
Solo el piadoso es ml hijo. Matos, Yilla-
viciosa A Avellaneda. II. 287.
Solo en Dlos la confianza. Bosete. II. 216.
Sordo (El) y el Montanas, Femandez de
Leon. IL 245.
Sortija de Florencia. Yillavioiosa. IL 276.
Sucesos de tres horas. Luis de Oviedo.
IL 271.
Suenos hay que verdades son. (Auto.)
Galderon. II. 65.
Suerte sin esperanza. G. de Aguilar. I. 247.
Suerte y la industria. Alarcon. I. 382.
Suertes trooadas y tomeo venturoso. T&r-
rega. I. 241.
Sufrimiento de honor. Lope. I. 99.
Sufirir m&s por querer m&s. Yillayzan. 1. 440.
Sufrir m&s por querer m^nos. B^ Enriquez.
n. 263.
Sufrir m&s por valer m&s. De la Graz y
Mendoza. IL 262.
T.
Tambien da amor libertad. Martinez. IL 186.
Tambien hay duelo en las damas. Galderon.
IL 47.
Tambien hay duelo en los'Santos. Salvo
y Yela. II. 310.
Tambien la afrenta es veneno. Bojas, Goello
& Luis Yelez. IL 288.
Tambien por la voz hay dicha. Ganizares.
IL 298.
Tambien se ama en el abismo. Salazar.
IL 239.
Tan largo me lo fiais. L 367.
Tanto es lo de m&s como lo de mänos.
Tirso. I. 347. (IL 277.)
Tanto hagas, cuanto pagues. (La traioion
vengada.) Moreto? IL 169.
Tao de San Anton. Glaramonte. I. 332.
Te&genes y Gariclea. (Los hijos de la for-
tuna.) Galderon. IL 33.
Te&genes y Glariquea. (Los hijos de la for-
tuna.) Montalvan. I. 451.
Tejedor de Segovia. I. ? I. 389.
Tejedor de Segovia. (Segunda parte?) Alar-
con. I. 389. (IL 60.)
Teiles de Meneses. I parte. Lope. I. 138.
Id. II parte. I. 140.
Templarios (Los). Montalvan. I. 443.
22
340
Register.
Tercera de ti miama. Mira de Amescoa.
I. 317.
, Tercera Dominica. Agramon 7 Toledo.
II. 30a.
Tercero de sa afrenta. Martinez. II. 136.
Testimonio vengado. (Cömo se yengan los
noblea.) Lope. I. 117. (II. 175.)
Tötis 7 Peleo. Salazar. II, 239.
Tia de la menor. (A1I& se verft.) Matos. II. 195.
Timbria (Goloqtiio de). Lope de Bueda.
I. 41.
Tinelaria. (Oomedia.) Torres Naharro. I. 37.
Todo cabe en lo posible. F. de Avila. I. 456.
Todo es dar en una cosa. Tirso. I. 342.
Todo es enredos amor. D^ de Figneroa.
. II. 202.
Todo es indnstria el amor. Monro7. II. 143.
Todo es Ventura. Alarcon. I. 384.
Todo lo vence el amor. Zamora. II. 294.
Todo snoede al revös. (II. 48.)
.Toma de Sevilla. Cr. de Morales. (II. 265.)
II. 269.
Toqnera vizcafna. Montalvan. I. 449.
Torre de Babilonia. ( Anto. ) Galderon.
. (IL 63.)
Trabajos de Jacob. (Suefios ha7 que verdad
son.) Lope. I. 200.
Trabajos de Job. Godinez. I. 435.
Trabajos de Tobias. Bojas Zorrilla. (1. 17.)
II. 120.
Tragedia del Duque de Berganza. Cubillo.
n. 92.
.Tragedia del Be7 .Don Sebastian. Lope.
I. 190. (I. 285.)
Tragedia por los celos. G. de Castro. I. 231.
Tragioomedia alegörica del paralso 7 del
inflemo. Gil Yicente. I. 88.
Traicion busca el castigo. Bojas Zorrilla.
II. 121.
Traicion en propia sangre. D^ de Bibera.
II. 273.
Traicion vengada. Moreto? II. 169.
Traidor contra su sajigte. Matos. II. 188.
Trampa adelante. Moreto. II. 172.
Tramposo con las damas. ( Galan tramposo
7 pobre.) Salas Barbadillo. I. 376.
Transforqiaoiones de amor. yilla7zan.
I. 439.
Trapacera. (Farsa.) Timoneda. I. 48.
Trato de Argel. Cervantes. I. 65. (I. 110.
329.)
Trato mnda costumbres. (£1 marldo hace
mnjer.) Ant. de Mendoza. I. 409.
Travesi^ras de Don Luis Coello. I. & II.
A7ala 7 Guzman. II. 304.
Travesnras del Cid. (Borlesca.) C&ncer.
IL 197.
Travesnras de Pantoja. Moreto. IL 162.
Travesnras son valor. Tres Ingeniös. 11.162.
Travesnras son valor. Moreto. II. 164.
Tres afectos de amor. Calderon. IL 41.
Tres coronaciones del Emperador Carlos Y.
Z&rate. IL 234.
Tres edades del mundo. Luis Yelez. I. 301.
Tres justicias en una. Calderon. II. 10.
(II. 11. 56.)
Tres ma7ores prodigios. Calderon. IL 30.
Tres ma7ores portentos en tres distintas eda-
des. Bazo ? Femandez de Leon ? IL 305.
Tres mujeres en una. Bamon. I. 255.
(IL 204.)
Tres portentos de Dios 7 Principe de la
Iglesia. Luis Yelez. I. 301.
Tres senores del mundo. Belmonte. I. 429.
Tres solQS de Madrid. (Dejar un reino por
otro.) Monro7? IL 144.
^riunfante Martirio 7 gloriosa mnorte de
San Yicente. (Yida, martirio etc.) B. de
Turia. I. 250.
Triunfo de la Cruz. Calderon. II. 53.
(IL 321.)
Triunfo del Ave Maria. II. 277.
Triunfos de amor 7 fortuna. Solls. H. 151.
Triunfos .de Felipe Quinto. Arteaga 7
Montalvan. IL 304.
Triunfo 7 venganza de amor. Salazar.
n. S39.
Trofea. (Comedia.) Torres Naharro. I. S7.
Trompeta del Juicio. Corral. II. 261.
Tutora de la Iglesia. I. II. HL Anerbe.
U. 802. .
Tuzanf del Alpujarra. (Amar despues de la
muerte.) Calderon. IL 29.
ü.
ITn bobo hace ciento. SoUs. II. 149.
Un castigo en tres venganzas. Calderon.
II. 89. (II. 223.)
Un gusto trae- mil disgustos. Montalvan.
(L 25.) I. 450.
Y.
Yaleroso Espafiol 7 primero de su casa.
G. de Avila. I. 422. (H. 298.)
Yaliente Campuzano. Z&rate. H. 234.
Yaliente CAspedes. Lope. I. 112. (I. 296.)
Yaliente Juan de Heredia. Lope L 112.
Yaliente Justiciero. (£1 Bioo-hombre de
Alcal&.) Moreto. (I. 124. 119.) II. 180.
Yaliente Negro en Fl&ndes. Claramonte.
L 331.
Yaliente Sevillano. I. A II. Enoiso. L 404.
Yalor contra fortuna. Baesa. IL 254.
Yalor de Femandico. (El pleito por la
honra.) Lope? I. 95.
Yalor de las' mujeres. Lope. (I. 176.)
Yalor, lealtad 7 Ventura de los Teiles de
Meneses. (Yöase „Los Teiles de Meneses*^)
Yalor no tiene edad 7 Sanson de Estrema-
dura. Diamante. II. 921.
Yalor nnnca venoido 7 hazanas de Juan de
ArÄvalo. F« Scotti. H. 310.
Yalor perseguido 7 traicion vengada. Mon-
talvan. I. 447.
Yaquero de Granada. Diamante. IL 222.
Yaquero Emperador 7 Gran Tamorlan de
Persia. Matos, Diamante A Enriquez.
IL 287.
Yarios prodigios de amor. Bojas Zorrilla.
IL 123.
Yellocino de oro. Lope. I. 197.
Yencedor de sf mismo. Cubillo. II. 91.
Yencedor de sl mismo. Fdnes 7 Yillalpan-
do. (IL 264.)
Yencedor vencido. Ochoa. I. 460.
Yencerse es ma7or valor. Los Figueroas.
II. 204.
Yencimiento de Tumo. (Tumo vencido. )
Campo. H. 256.
Yeneno en la guirnalda 7 triaca en la fuente.
Femandez de Leon. II. 244.
Yengada &ntes de ofendida. Cifuentes.
n. 258.
Yengadora de las mujeres. Lope. X. 125.
(II. 158.)
Yengador de los Cielos 7 Bapto de Elias*
C&ndamo. II. 251.
Yenga lo que viniere. Yilla7zan. I. 440.
Yenganza de Agamenon. Peres de Oliva«
I. 56.
^
Register.
341
u
:&
liL
w.
r.
it
Tireo. (I. 8.) I. 347.
X
\
Matos. II.
Cördoba j
189.
Mal-
Yen ganza de Tamar.
(II. 24.)
Yenganza en el despeiio.
Yenganza en el sepulcro.
donado. II. 258.
Yenganza honrosa. Aguilar. I. 246.
Yenganzaa de amor. Medrano. I. 416.
Yengarse en fuego y en agua. (A secreto
agravio , secxeta yenganza. ) Calderon.
II. 9.
Yenir el amor al mundo. Femandez de
Leon. II. 244.
Yentura con el nombre. Tirso. I. 368.
Yentnxa te d6 DioB, hijo. Tirso. I. 862.
(I. 384.)
Yenus y Adonig. Lope. I. 199.
Yerdad averiguada y engaüoso casamiento.
6. de Castro. I. 226.
Yerdadero amante. Lope. (I. 85.)
Yerdad sospechosa. (ElMentiroso.) Alaroon.
I. 886. (II. 204.)
Yerdugo de M&laga. Luis Yelez. I. 297.
Yergonzoso en palaoio. Tirso. I. 360.
Yerse y tenerse por muertos. Freire de
Andrade. II. 264.
Yer y creer. Matos. (I. 378.) II. 189.
Yer y no creer. Lope. I. 122.
Yictoria de Cristo. Palau. I. 52.
Yiotoria de Espana y Francia. Salas Bar-
badülo. (I. 377.)
^ Yictoria del Albis por Carlos Quinto.
V J. B. de YiUegas. I. 336.
^ictoria del amor. Morchon. II. 269.
Vfda de Herödes. Tirso. I. 347.
YfUa del gran tacano. Ca&izares? II. 298.
Yim^ de San Alejo. Moreto. II. 184.
Yida^en el ataud. Bojas Zorrilla. II. 123.
Yida ei** aueno. Calderon. (I. 7. 201. 226.)
11.34. (IJ194.)
Yida es-.*^®fio. (Auto.) Calderon. II. 64.
Yida, maJ*"^o 7 muerte de San Yicente
M&rtir. \(E1 triunfante martirio etc.) R.
de TuriaV I- 250.
Yida y muerte de Judas. Poyo. I. 281
(IL 228.)
Yida y muerte de la Monja de Portugal.
Mira de Amescua. I. 314.
Yida y muerte del Cid y noble Martin Pe-
laez. Z&rate. II. 881.
Yida y muerte del falso profeta Mahoma.
Bojas Zorrilla. II. 117.
Yida y muerte de San L&zaro. Mira de
Amescua. I. 821.
Yida y muerte de San Luis Bertran. Agui-
lar. I. 248.
Yiento es la dicha de amor. Zamora.
II. 294.
Yillana de la Sagra. Tirso. I. 862.
Yillana de Yallecas. Tirso. I. 351. (II. 178.)
Yillano del Danubio. Hoz y Mota. II. 242.
Yillano en su rincon. Lope. I. 157. (II.
194.)
Yiolencias del amor. (Don Belfloran de
Grecia.) Monroy. II. 141.
Ylrgen de Guadalupe. Godinez. I. 435.
Yfrgen de la Almudena. Calderon. (II. 53.)
Ylrgen de la Fuencisla. Matos, Yillavi-
ciosa & Zabaleta. (II. 287.)
Ylrgen de los Desamparados de Yalencia.
Ortl & Maluenda. II. 281.
Ylrgen de los Bemedios. Calderon. II. 53.
322.
Ylrgen del Sagrario. Calderon. II. 22.
Ylrgen de Madrid. Calderon. 11.53. (11.56.)
Yirtud consiste en medio. II. 277.
Yirtudes vencen senales. Luis Yelez. I. 299.
Yirtud, pobreza y mujer. Lope. 172.
Yiuda valenciana. Lope. (I. 77.) I. 152.
Yiudo (Comedia del). Gil Yicente. I. 29.
Y.
Yerro del entendido. Matos. II. 191.
Yo me entiendo y Bios me entiende. Ca&i-
zares. II. 296.
Yo por vos y vos por otro. Moreto. II. 171.
Druck von F. A. Brockhaus in Leipzig.